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HcaUeytfon
bcr
Deutfd^en 2lltertümer.
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in 2009 witii funding from
Ontario Council of University Libraries
http://www.archive.org/details/reallexikonderdeOOgt
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fiEallEjciünn
bcr
^Eutfdjen SlItErtumer.
für
^tvtöxex enöe nxxö Saiext,
bearbeitet
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W^ ^rnft a50t3ingei:.
Xü 0 I b e m a r U r b a u.
H88\.
Mt iRe^tc uotbe^alten.
©ortaort
„2)a§ ,9teaIIeji!on beutfc!)cr Slltertümer' ift, tüte ber !IiteI au§fagt,
für ©tubierenbe unb Saien beftimmt unb angetegt unb mac^t feinen ?tn-'
fprnc^ auf fclbftänbige fac^lmffenfd)aftlict)e gorfcf)ung; bte testete tage f Ott) of)l
au^erliatb be§ Umfanget be§ 2öerfe§ atg noc^ üiet me^r au^er^atb ber
?trbcit unb ^raft feine§ SSerfaffer§. ©§ ftü|t ficf) be§f)alb ba§ gan^e SBerf
auf bie 5(rbctten ancrfannter gorfdier, lüobei üon ©ontroüerfen mögtic^ft
Ihngong genommen ttjurbe. Sie ongefü'^rten Oueüen ftnb atfo ni^t ba§u
beftimmt, ben Umfang ber öorfianbenen ßitteratur irgenbttjie §u erfc^ö^fen,
ein foIc^eS ttiäre f)ier ein eitte§ Unternehmen; fonbern biefelben foHen teil§
mitteilen, lüo^er ber ^ßerfaffer fic^ 9?at§ erholt {)at, teite benjenigen Sefern,
metc^e ben DriginalbarfteUungen nä^er rüden trotten, einen erften ficl)ern
äBeg befonber§ ju fotct)en @ct)riften tteifen, tüo bie Duetten in ttieiterem
Umfange angeführt finb. ^n ber 5tultt)at)I biefer Duetten ftnb bem SSer=
faffet bettJätjrte greunbe bereitttjittig gu S)ienfte geftanben; boct) t)at er fii^
üon 2lnfang an nid^t t)ert}et)tt, ba^ i^m t)ortäufig 3JJan(i)e§, 5tttere§ fowo^l
at§ ^TceueS, entgetien merbe; oon neuern Söerfeu ober mufete SDland^e^ be§-
f)atb bei (Seite getegt werben, n^eit fie für ein 23er! n)ie "oa^i öortiegenbe
nod^ 5u tnenig abfd^tiefeenbe 9iefuttate ber gorfd^ung entt)ietten, benn tnenn
unferer Strbeit auc^ ha§! ^emü^en §u ©runbe tiegt, fic^ auf ber |)ö^e ber
gegennjärtigen gorfc^ung ju tjatten, fo tritt ftc boc^ auc^ fein gunbort neu'
aufgebrachter §Q))ott)efen fein, fonbern im Öiro^en unb ©anjen fotdie
ftenntniffe unb 3tnfid)ten üermittetn, für metc|e betoä^rte gorfdier unb @(f)rift=
ftetter at§ beugen angezogen trerben lönnen. (5§ muB jugegeben »erben,
ba^ bei ber befotgten aJiet^obe manche 5trtifel tierttjanbten ^n^atteg in i^rer
Stuffaffung fid) einigermaßen au§fct)tieBen, e§ fd^ien bie§ aber tbuntic^er unb
bei ber JebeStnatigen ??ennung ber Duette gertiffen'^after uitb ef)rtic^er, ofö
trenn überatt ber SSerfuc^ gemad^t morben h)äre tjerfc^iebene ^nfd)auungen
burc^ attertei SKittet unb aJHttetc^en fünfttic^ in ©n§ ju oerfc^metgen.
II Somott.
Sn ber 3tu§h)a!^I ber aufgune^menben ?(rti!et mar eine getüiffe Unfid^er-
iieit nid^t gu bermeiben; fie (laftet jebem ä^nüc^en SBerfe an. SSurben arnS)
tion bom'^erein {)tftortf(fie ^erfönti^teiten , Örtlid)feiten , Sanbgebiete nnb
^JJamen et^nogra^D'^ifd^er 5ytohtr au§gefcf)toffen, fo Ukh boc^ nod^ oft §h)eifel=
{)oft, 06 ein Stttifet in bo§ t^ad^ ber Rittertümer unb nic^t bielme'Eir in bo§=
jenige ber ®ef(f)i(f)te ober be§ SSörterbuc^eS gehöre unb büeb in fotc^en
flauen bie Stufnalime ober Stbtüeifung be§fet6en üom Xafte h^^ SSerfafferS
unb üom Umfange ber öor^nbenen §itf§mittet ab{)ängig. SBie gat)treid)e
Slltertümer liefen fid^ nennen, bie ^eute nod^ jeber Mturtjiftorifc^en 93ear=
beitung ermangeln, unb n)ie üiete mögen §ntar bearbeitet, aber in fc^raer §u=
gönglid^en Suchern, ^eitjd^^ifteu u. bgt mef)r ober h)eniger t3erftedt fein?
®Dd^ bürfte bie gefrf)ef)ene 5(u§n)af)t bem S3ebürfnifje njiffenSbegieriger öefer
im ©angen entf^red^en. S)a^ aud) ber Umfang ber einzelnen Slrtüel oft
öon ber 33efd^affen:^eit ber Oueüen abf)ängig ift, tjerfte^t fid^ öon felbft.
(SJegenüber einem SSörterbud^ be§ ftaffifc^en Rittertum^ ^at ein ät)n-
lid^eg für ba§ 9}^ittelalter beftimmteS 2Ber! met)r aU eine ©cE)mierig!eit
§u überminben. ^n imgleic^ t)ö^erem 9J?a^e aU in ber ontifen SBett liegt
im SJ'Jittelalter faft oIIe§ im glufe ber entwicflung , fo ^a^ 5tnfc^auungen,
Sitten, ©ebräud^e, ©aiien, ^uftänbe ber berfcE)iebenften Statur oft üon ber ur=
germanifc^en ^cit burd§ §a6Ireid^e ©ntföirflungSftufen bi§ ba^in burc^gefüt)rt
merben tüoüen, mo fie aufhören Stitertum gu fein. 91dc^ d^aralteriftifd^er
aber ift für haS^ 9JltttetoIter, ha'^ für bie fad^tic[;en Rittertümer oft fo augen=
fättig f)inter ber beloegtid^en Sßett ber Sitte, be§ ®emüte§, be§ 9led^te§,
ber rettgiöfen Rtuffaffung gurüdtreten, ma§ alle§ beuttid^ barjufteüen un-
gteid^ fd^mieriger ift at§ bie ^toftifd^e SBett be§ !onfreten £eben§ ; unb boc^
tianbett e§ fid^ in einem 2öer!e mie ba§ bortiegenbe nidf)t fomotit um (Sin^
fü^rung in ben „®eift be§ aJiittetatterä", fonbern bie gormen btefeS (5)eifte§
fotten fid^ bemjenigen öffnen, ber 5:eilna'^me unb SSerftänbni§ bafür ent=^
gegenbringt. StudE) bie §at)Ireid^en S3erüt)rungen be§ beutfrf)en 3Jiittetatter§
mit anbern SSöttern , öon ben ft'etten Ijerab ju ben. ^un , Rtngelfac^fen,
©fanbinabiern , granjofen unb Statienern erf^loeren eine eint)eittidf)e unb
fompa!te ©arfteüung, unb nic^t minber ber burc^ bie tanbfd)afttict)en Qn-
ftönbe bebingten Unterfd^iebe, jumat bon Dber= unb Sflieberbeutfdfitanb.
SBenn e§ nun auc^ ni^t ju bermeiben mar, bo^ an berfctiiebenen
Drten biefeg 2Ber!e§ getoiffe ©infeitigfeiten ju 3:age treten, fo ift anbererfcit§
ni(f)t gu bergeffen, ba^ über ber fc^mer gu fontrottierenben SDlannigfaltigfeit
ouc^ eine ©in^eit ber Stnfc^auung it)re ebenfo gro^e Sered^tigung I)at; fie
fotl bie einzelnen bibergierenben <Strat)ten in eine gemeinfame Sid^tqucüc
fommetn. 3n biefem ©inne unb ÖJeifte War ber Sßerfaffer gu orbeiten bemüht."
55omott. III
^ortiegenbe SBorte, urj'priingtirf) aU ^rofpeft na^ ber öeenbigung
be§ er[ten SSierteüe§ be§ 9?eoItt)örterbu(f)e§ DerfaBt, mögen t)ier n)ieberf)oIt
unb burc^ einige weitere ^nmerfungen ergänzt merben. SJiancfiem ßejer
bürfte eine geloiffe Ungtei(i)t)eit in ber SDarfteünngSlüeife unb Sel)anblung
ber einjetnen %tüki aufgefallen fein, unb glüar ni^t bto§ bei foli^en
5trti!etn, bie ic^ mir öon befreunbeter §anb aufarbeiten lieB, fonbern au^,
lDa§ n)eitau§ bei ben meiften ber ^^aU ift, in ben öon mir beorbeiteten ;
manrf)e§ ift Üirger unb fna^per aufgefallen, aU tt)o^t erwartet Serben
burfte, anbere§ breiter unb ausgiebiger getnorben; I)ier finb mefir bIo§ bie
Umriffe gejeid^net, bort Wanä)t^ beigebracht, \m§> jur beffern Unterfc^eibung
üon @d)atten unb Sid^t bient; biefe (grfc^einung ift blo§ bi§ gum 2iu§=
gange be§ 9)JitteIaÜer§ , jene bt§ in§ ad^tjefinte S<il)rf)Uttbert burc^gefü{)rt ;
audj ben befonbern 2;on eine§ OueIIcnf(i)riftftetIer§ burd)fc^immern ju laffeu,
lüurbe ni(i)t ängftlid) ttermieben. 2öa§ bcm ÖJangen baburd^ an (äint)eit
ber S3el)anbtung abgef)t, gewinnt üieüeirfjt ha§ (Sin^elne on j^nfc^e unb
SJJanuigf altigteit , ,^umat für benjenigen :^cfer, bem and) in fotdien Singen
ein d)ara!teriftifd)cr (S)efid)t§jug bctiagt. Unb ta^ te^tere lüirb ja n)of)t,
loie i6) mir badjte, bei ber ajJet^rjat)! meiner Sefer ber i^aü fein ; benn öon
üorn^erein loar e§ nid)t auf (Selel^rte öon Seruf abgefet)en, fonbern auf
greunbe unb Siebt)aber be§ beutfdien 3Iltertum§, metdie o^ne befonbere
(Stubien biefer Slrt ju pflegen, einen in feiner 5lrt ausgiebigen 9f{atgeber
gerne §ur «Seite Ijoben. &ab id) mir ajiüf)e, biefeu im Sittgemeinen ba§
anzubieten, )ua§ nad) meiner @rfat}rung gelüünfd)t unb eriüartet n^irb, unb
in einer gorm, luetdie ben gefer anfpridit, fo fottte bod) aud) ber ©ruft
einer miffenfd)aftüc^:=I)iftorifd)en 9JJett)obe nic^t ju öer!ennen fein.
S8ei ber burd) bie 2ieferung§=5tu§gabe bebingten ftüdtüeifen SluSarbeitung
be§ 9leatn)ürterbud^e§ mar e§ unmögtid), öon Einfang an bie 2Iu§lüaI)I aller
aufäune^menber Strtüel feft^uftetlen unb e§ mu^te bei ja^treidien Stid)-
mijrtern öorlänfig bto§ auf einen folgeuben Strtifel öermiefen merben; hd
beffen ©teile im Stlpl}abet ongetommen, ftettte e§ fid) bann mandimal i)erau§,
ba^ au§ biefem unb jenem ©runbe ein befonberer Slrtüel untl)untic^ fei unb
ber bat)in getprige ©toff beffer unter einem großem ßJan^en untergebradjt
werbe. Sie gotgc baüon mar, ha'^ öon jenen SSermeifungen einige im
8tid) taffen; at§ o^ue B^öeifel millfonnnener ®rfa| für biefeu SJJanget mürbe
bie 5lu§arbeitung eines eingel)cnben 9tegifterS inS Stuge genommen unb
burc^gefül)rt, ein SSerseic^niS , baS nun jene im S3uc^e felbft, befonbcrS in
ber erften §ätfte, fid) öorfinbenben ä^erlüeifungen überf)oupt unnötig mac^t
unb ben S^iu^en unb (^tbvauä) be§ S3uc|e§ mefentlic^ ert)öl)en bürfte.
Sa^ SSieteS nod^ ber ^erbefferung bebarf, bof; noc^ monc^e %xt\Ul
IV 5ßottt)ort.
fe'^ten, tnand^e Söücfier unb «Sd^riften neu l^erbeigejcrgen werben muffen, ba^
manrfie ältere Oueüe burd^ eine neuere §u erfe^en tft u. bgl., ift mir längft
fiax geworben. (Sinige Slegenfenten t)atten bie ?5i^eunbtic^!eit, mic^ in blefer
93e3ie()ung auf @in§el^eiten aufmerffam ju machen unb aud^ an föotittüollen^
ben örieflicEien S3eri(i)tigungen freunbtic^er Sefer I)at e§ je^t f(f)on ni(^t ge=
fel)tt. ®ern richte ic^ ^ier bie fernere ^öitte an bie Sefer, ba| fie mir in
biefer ^infid^t jum S3e^f einer neuen 3tuflage be^ilflid^ fein möcfiten.
Sd^ h)itl enblid^ nid^t fd^üe^en oline einen ^erglicfien S)an!, einesteils
an bie äJJitarbeiter , löeld^e, meift e()emaitge ©filier öon mir, gern unb
^ilfreic^ mir beifprangen, anbernteilS an bie SSorfte^er ber beiben l^iefigen
83ibtiot^e!en, ber 8tabt= unb ber ©tiftSblibtiotfie! , bereu ©ebutb unb 3luf=
mer!fam!eit i^ in ^ot)em SJia^e in 5inf;)rud^ nehmen burfte.
@t. OJaÜen, Dftober 1882.
Dr. g^rnfl ^ö^tnger.
l.
^eitteuer, aud franj. bieaventare, »el^
ä)ti feinctfcitä »on mittctlat. adventura
!ommt, S)iefc^ ftanjöftfdje SBort, »et^e«
eine erfunbenc, munberbate, bcn ®ei|t ber
iRomantiEatmenbc ©efc^ic^te bcjci^^nete, »et'
brängte bie ftüf)eren beutfd&en Jtamcn
sage, spei, maere, liet, unb bebcutetc nun
auc^ im 5Deutfc^cn ali bie äventiure bie
tjöjif^e, tittermä|igc, romantifc^e, wun«
betbate Srjd^lung, im ®egen[a^c ju ben
(Stjd^lungen bet einf)cimifc^en 6age, bie
immer nod^ einigen *itnfpru(^ an bie
ffia^r^eit itjrer Gegebenheit machten; fo«
bann eine folc^e '-Öegeben^eit fetbet, bie
bet Siitter darch minaen solt aufjU«
fachen »erpfli^tet ifi, mf)b. äventiure
suochen , bejagen , nach äventiare riten,
gen, die äventiare erwerben, erstriten,
holn, nemen, brechen u. bgt.; perfonifijiert
crfc^eint bie äventiare oft in ''ilu^brüifcn
h)ie: wie unä bie Müentiure fagt, erj(it)It,
melbet, unb ali ein felbilanbigeö votib-
lic^e« ©cfen Don göttlic^)er ©d^önfjeit, fro
äventiare; fte fann fic^ butc^ einen Sting,
ben fte anjiebt, unjtc^tbat machen, unb fo
jiet)t fie burc^ aüi 8an&e, bcobad^tet bcn
J^auf ber iQtlt unb etfc^eint bi^roeilcn öem
eridtilcnben I)ic^ter, i^m ^tuffc^tug über
bad ju geben, mad er ju njiiJen »erlangt.
JRec^t im (Segcnfa^e ju biefcr öem franjö»
fifc^en ®cbanEentrti^ enti^ammcnben 23e=
beutung be^ ffiortcä brausen bie «Scfirei*
ber bti Jiibelungentiebe^ txxi 2öort in
ber Sebeutung oon Äapitet, aber nur bi«
©Treiber; im Xcyt erfd)cint hai 2öort
nic^t. ©patere Seiten mai^ten tai "Bort
^u einem Sieutrum, t>ai *2tbenteuer, (5ben-
tf)euer,fogar"}lbcnbtt)euer, mit<}lnle(;nung an
Qlbenb unb treuer, unb benannten bamit
jebe« [eltfamc, auffaüenbe ©reigni«. —
3m 15. 3at)rt)unbert tfi abentüre ber D^ame
be« ©^ü^enpreife« bei Oefedenfd^ieBen.
Aventariers o?>er Aventarieren ijl ber
;0lamcja^lrci(f)erS'lonane, aui bem 17. unb
ber erflen ^älfte be^ 18. Ja^r^nbert«, bte
JU ben fog. Jlobinfonaben jd^len; ba^in
gehört fcöon ber abenteuctli^e ©impliciffi*
muö beä ®f)ri^offel oon ©rimmel^fiaufen,
1639; fpdter gab ti einen beutfc^en, einen
tujiigcn, einen reifenben , einen fc^roeijeri»
f^en, btemifc^en, curiöfen, bdnifc^en, 2)re^*
bener, ßeipjiger iäoenturier. 5ßgt. Ooebcfe,
I, 511.
2lbccglaubc, m^b. abergloabe au«
obergloabe, wie aberähte ('Jtberac^t) aui
oberähte; erfc^cint erfi gegen Q,ntt bed
ÜJlittelaltcrä, in ber lutt)crif(^en 'öibelübers
fe^ung blo« einmal, Qlpofielgefc^. 25,19,
abergldubig ebenfalls einmal, 'HpofleU
gefc^. '17,22. S)a« Slöort i|l bur^ t>ai
latcinifi^e ©ort saperstitio, saperstitiosas
l)eroorgerufen unb i^m nac^gebilbet. 'ilbers
glaube ifi fomo^l (Segenfa^ beijeit , voni
ber reifte, roabre ®laubc ober maö man
bafür bält, glaubt, aU beijen, roaä bie
Dernünftige 9'latuterfenntni^ a\i »abr er«
tannt ju ^aben überzeugt ijt. Da« Mittel*
alter mit feiner unmiöerfpro^enen ®ldu«
bijfcit Eannte ben '■Jlberglaubcn meijl nur
im erfieren ©inne unb nannte i^n 3'iu'>e«i
ober ^eyeng'aube, je nac^bem er me^r
^anbelnb ober blo§ metncnb auftrat; erjl bie
9teformation«jeit, bie ja jugtei.^ einen frdf*
tigen ituffd^roung Der natürlichen äßelt*
auffaffung be^eic^net, machte i>in 'öegriff
be« 'Aberglauben« allgemeiner; Sut^er
jdblt in Der 5lu«legung ber 10 ®ebote
einen ganjen .Katalog abergldubifd^er
^anblungen unb iöoriledungen auf.
Fabian, oon bem i)Olöni^«|l an b
(iöerfe, I, 57,5 ff.) f^reibt: Item was
allen pfarrern eingebonden, dass sl Iren
befolhnea uadertonea den heideschen
altfränkeschen abergloaben zao waren
sich anderaemen sollend, and nämlich
die selzamen opfer für die toten, item
das lossen oder walsen (?), das etllch
Franken oder Almenner anfangs einer
1
5lbfcferDörun^«formeIn — %i)t.
jeden handlang im brauch hattend, das
man bei nnsern zeiten noch das loss-
bnochen oder buochlossen heisst, von wel-
chem missbranch mönch Annonius
(Aimoinas, monachns Floriacencis, f 1 008,
der eine historia Francorum fc^tieb, iji
gemeint) hin und har ouch schreibt,
item das warsagen, das vogelgsang und
den vogelflng, das selzam segnen, zno
welchem si der heiigen martrer namen
bruchtend , sam es christenlich geacht
werden solte, und dass man keine zwang-
für anrüsten und damit die misstäter
an das liecht ze bringen underston sölte,
wie bei unsrer väter zeiten noch vor-
handen gewesen, da abergloübig leut
und onholden vermeinen wellen, man
könne über ein hell feur weiss was
henken und darzuo etliche wort sprechen
und streich tuon , dardurch ein mensch
etwas zuo tuon oder zuo lassen gezwungen
werde. S)ie bct SReformation folflenbcn
3uj}änbe waren ni(i)t geeignet, bem 2lber*
glauben pfpc^ologifd) unb fiijiorifd) ge*
led^t ju werben ; bie ^cjtnprojeffc ftnb in
fat^oUfc^en irie in protcjiantifi^en Sanben
gleid) ocrbreitet. ©r^ bie 51ufflärung natjm
|ic^, inbcm fie gegen ben ©lauben eiferte,
ouf i^re SBeife beg <llberglauben« an ; eine
^ifiotif(%e unb pfpc^ologif^e SBürbigung
biefcr (Jrfcf)einung mar ber neuen 3«it auf-
bcl^alten. S^oa befle SGBert barüber iji :
Sßuttfe, bev bcutfd)e 33olE«aberglaube ber
©cgcnwart, 93erlin, 1869. 93gl. ©rimrn,
mt)tl)., Aap. 35.
Slbft^tDÖrttngöformeln, fie^c Saufge*
löbniffe.
21M, üom ft)rifcöen JBorte abba, 33atcr,
in bie tir(^Iici)4atein. Sprache aufgenom«
men unb »on ba in aüe europöifc^en
«Sprachen übergegangen, al)^. abbat, m^b.
abbet, abbat, apt, abt, ijl ein ^amt einee
ÄIofieiDorjle^er« , neben manc^ anbern,
roie presbyter, prior, guardian, praepo-
sitns (*Propjt), major ; tgl. fd)on SB a b i a n
»on bem ÜKöndj^fianb, bcutf^e ^ifi. ©dbrif«
ten, I, 70,18 ff. 2)a in ber fränfifd)en unb
farolingif^en 3«it aüe Älöfier beö ^Ibenb«
lanbe« bem 93enebiftinerorben angel)örten,
gab eä wabrenb biefcr 3"* ^'"B SenebiN
tinerdbte ; »om 5imtc beä 5lbte^ ^anbett
Caput II ber 93enebiftinerregel ; qualis
debeat esse abbas, in beffen @t. ®aflifd)er
3nterIineart)erfton (f>Qttemcr, <Bt. ®aUifd)c
Iienfmale, I, 36) ber S'Jame abbas un*
überfe^t geblieben ober burd) fatar wieber*
gegeben »orbcn ift. SDie Senebiftincrinnen
Ratten if)re ^ibtiffmnen. 2)aö [Red)t ber
5lbtn)a^I fianb jmar gefet,li(f) ben W6n=^
ä)tn be^ Äloftere ju , fam aber feiten
wirf lic^ jur 5lueübung ; in ben föniglid^cn
Älöftern ernannte regelmäßig ber Äönig.
ben ?lbt. -^läufig gelangte fogar 9?ame,
SBürbe unb einfommen eine« <Ubte« burc^
föniglid)e 33elel)nung in bie ^anb eine«
Saien, an beffen Statt bann regulierte
Unteräbte, Defane ober (ßrioren ba« Älofier
leiteten. 2tlö fid) in ^olge ber Älofier-
reform ber Senebiftinerorbcn in reformierte
unb nic^treformierte Älöfier fpaltete, be*
bielten bie reformierten ben Jtamen 5lbt
bloß für ben 2)orilel)er beä ©tammflofierä,.
bie übrigen Softer erf)ielten einen $rior,
proabbas ober coabbas. 2)ic Jtbte ber nid^t
reformierten Älöfter würben fletne iDlonar*^
d)en, bielten eigenen J^ofjiaat unb gelang-
ten sum Jtcil in ben iRei(^öfürfienpanb,
wie bie 2tbtc »on ^ulba, Äempten, @t.
ßmmcran in SRcgcnäburg , @t. ®allen^
©infiebeln, bie ^tbtifftnnen ju ©anbcrä*
beim, Queblinburg, ^erforb. 35on fpätern
Drben nannten nur wenige il)re SDorjic^et
Qlbt,baruntcrbieSifterjicnfer,Sern^arbiner,
Irappifien, ©ranbmontaner, l^rämonftra*
tenfer. (Sin Älofler, beffen Sorjie^er 5tbt
ober Oibtifftn beißt, ift eine 2lbtei, mittel*
lat. abbatiä, al)b abbateia, m^b. abbeteie,
aptei, abtei.
Sld^t, abb. bie ähta, mljb. bie ähte
ober achte, ^eißt bie im altbeutfc^en SRedjte
Dor^anbcnc ®cfe^« ober 9Je(^tlo«ertlärung.
€d^on in ber fränfifd)en ^txt fonnte ein
öerbrecber jur Strafe au« &em gemeinen
^rieben ober au« beä Äönig« @c^u^ ge«
fc^t werben; bie Strafe bicß ban; ben fie
traf, wargus, SBolf, Weil ber SBoIf ba*
frieblofe Sier i^; ber fo gefirafte Derlor
fein Vermögen, feiner burfte i^m 33rot
unb Obbac^ reicf)en unb jeber ibn unge=
firaft töten. Die Strafe fonnte com ®cs
ri^t ober Dom Äönig auägefpro(^en wer*
ben. SJiur ben öom Äönig au0gefpro(f)enen
ban nennt ber Sac^fenfpiegel ähte; ben
t»om ®crid^t auögefproci^enen nennt er
verfestung, wä^renb ber Scfewabenfpiegel
beibe« ähte I)cift; ben ®eäd)teten, mbb.
aehter, burfte nicmanb länger aläcine
^ad)t behalten, ibm Weber Dbbad), @(^u|
noc^ fonfi etwa« uerabreicljen; er fonnte
and) an gebunbenen ober gefriebeten S^agen
»om Äläger t)erl)aftet, unb wenn er fxcS)
jur 2ßel)r fe|ite, erfc^lagen werben, ißloß
ber fom Äönig pcrfiängten 2l^t folgte
nadb 2a^i unb Jag bie oberähte, nbb.
5lberacl)t, welche aUeä SRec^t unb allen
^rieben entjog.
•2tbcl.
Sliel, altb. tai adal, m^b. ia^, feU
ten ber adel, t>eth)anbt mit a^b. nodal
= ißatcrtanb, Erbgut. @g ftnb ju unter»
fd^ctbcn:
1) bcr urg«rmanif(i)c tjlbcl, jwar
t)on manchen gorfc^ern befiritten, boc^
^cute meifi alä bif|o"f^ angenommen,
fcbon »on Jacitu^ in bcr ©ermania 25
erwähnt (super ingemiosetnobiles).
6ine mijtbiWe 51bfiammung unb ®r=
tlärung be^ Qlbelä, ttiic jic t>a^ digömal
bereiten (Jbba entbält, la^t fi^ auf beutfcbcm
33oben nic^t na^mcifen; feine 33ebeutung
ifi eine biftorifcfce; er wurjelt in ber SBcr*
gangen^eit, t>ieQei(^t in einer ferneren SBers
gangcnbeit be^ iBoIfc«. (Sr befielt auö
einjelnen Ocfc^Iec^tern, bie iai Sßolf l)öi)n
t^xt aU bie übrigen ©enoffcn , beren Ur»
fprung aber im Dunfeln liegt, wie ber
Urfprung beä 93oIfö unb feiner ©licberung,
beö ®taatö unb feiner Orbnung felb^.
©ngcrcr 3ufanimenbang mit bcm IJriejier*
tum ifi nic^t na(^h)eiöbar, ebenfomenig
ein f)öbcreö Tla% üon ®runbbefi|. S)a^
fflcrgelb beö ^tbligen, fc^on a^t. ada-
ling. edeling, ift p^er aU baö ber
freien. Qlu^ bem 5lbel trcrben bie Könige
gewählt, wäbrenb bei gütjrcrn im |)cer
auf befonbcre Süäjtigfeit gefel)en ftiirb,
iJluögejeid^neter Slbel gereifte fdjon ben
Jünglingen jum 33orteiI, junqe 5iblige
liebten ben Ärieg, fic fu(ä)ten ifin auf in
ber O^erne, njcnn ba^cim triebe ^crrfd)tc.
■Jlbligc, befonberö 3""9frouen, rt)urben
gern ju (Seifein genommen, bie 93ermd^Iung
iii 5lbligen würbe befonbctö gefu(^t, unb
er nat)m njobleben be^b'^II' m^br alö dne
Stau- ,.
2) Übergang inä 5WitteIaIt e r,
Qlnfänge be^ S)ienfiabcU. 3Wit ber
■Reubi<bung ber franfifdben ÜHonarc^ie »er*
liert ber alte ©eburtöabel feine Sebcu«
lung ; »o er fid), wie bei ben Saiern unb
<Sad^fcn, in einigen Oefdjlec^tcrn erl)ält
unb »on ben fränfifd)en Königen aner^
fannt tt)irb, üermifctjt er fid) mit bem fic^
fe^t neu bilbenben Staube, ber fein ©e*
burtöftanb ifi, fonbern ein ^^ienfiabel,
ein Staub ber SBeoorjugten unb 9?orncb»
men. (5r bilbet eine oon ben freien auf^
njört^ biö jum I^ronc be« Äönig« auf«
fieigenbe 51rijiofratie , burd) 2imt, perfön*
lidben S)ienji ober Empfang föniglid)er
®üter auägejcic^net. ®iefe Jleubilbungen
beginnen auf frembem, erobertem ©oben,
in ©aßien, unb ftnb »on bort auö auf
alten beutfd^en Soben eerpflauät roorben.
J)ie Sreue unb 21nbänglic^feit an ben
Äönig ifi eine befonbere «ßpic^t bicfcrißc-
»orjugten. „3m einjelnen laffen ftc^ unter*
fcf)eiben: ÜbertraguHg »on fird^Iid^em
©runbbefi^ alg ©c^enfung, als iffio^It^at,
beneficium, auf 33ittcn, jum iJiieBbrauc^,
Sd^enfungen beö Äönigö alö SBobltbat, in
ber 23orau«fe^ung, ba§ ber Q3efc^enftc bem
Könige treu unb ergeben fei, (Srgebung \n
ben befonbcrn ®df)u^ beä Äönig^, ,*Uuf=
na^me in« ©efolgc beö Äönig«, Über*
na^me eineä *Mmteö, j. i8. beä Major-
domas, beö ■^erjogö unb beä Orafen. 2Der
Sfiame 5lbel erfd^eint in biefer ^eriobc fc^r
feiten; man finbet entttieber 9'iamen befon*
berer iJienfiflaffen, roie vassi, antrns-
tiones, »on trastis* oerbunbene Sd^ar,
leudes, fideles, homines, ober 9ta*
men allgemeinerer iWatur, wie viri magni-
fici, venerabiles, illustres viri,
majores, majores natu, honorati,
priores, primores, Primarii, primi,
primates, potentes, magni, pr in -
cipes, proceres, optimates.
3) 2)ie ßtit berÄaroIinger. dloä)
immer iji in biefer ^eriobe bie Qlrifio»
fratie fein abgefcf)Ioffener 8tanb, »ed^felt
in ibren ÜJJitgliebcrn , ifi im einjelnen
oon ^Ibfiammung unb ?[nfebn tti ®e*
fc^Icdbtö abbängig, obne ia^ bamit ein
bejiimmter rccbtli^er Sßorjug Perbunben
roärc. SScfonberen Sin^u^ inbeffen auf
bie aUmä^Iicf)e DiJeubilbung be^ mittelalter*
Iid)cn 2tbclö getüinnen bie SnPüute tti
Seneftjialmefen^, bcr Safaüität unb ber
Immunität.
a) 33enefi jia IU)cfen. Beneficium,
eigentlid^ SBoblt^at, ifi ber Smpfang Don
öanb ju SJiiePraud^. 6ö ttjirb »erliefen
cntmeber »on einer gcijilicben © tif*
tung, urfprünglic^ einem getüöbntidben
öanbbauern, fpöter unb immer bau*
figer einem angefebenen ÜJianne, ber e^
entmebcr mit ben Änec^tcn, »elcbe biäiber
barauf mobntcn, empfing ober fclbfi fol(^c
binfe^te unb nun feinerfeit« bie Öeijiun*
gen entgegennahm, ju bcnen biefe gebal*
ten njaren. ®er regelmäßige 3*"^ iP f^it
Äarl b. ®r. ein boppelter S^\)n\t, neben
melcbem noä) anbere ßcijiungcn oorfom*
men, Unterhaltung fird)Ii^er ©cbäube,
JDicnfie, ©cfcbenfe, ßriegöpfiidbt; bie (Per«
fon beö ©mpfänger^ fann b^bcm ober
niebercm, geifilii^cm ober ujeltlidjcm Stanbe
angeprcn. Ober Don meltli(f)en
©runbbefi^ern; in bicfem ^aUt fehlten
gefe^Iid)e 23orfcf)riften, unb aüee mar gegen»
feitiger Vereinbarung ober ber fi^ bilbenben
®emot)nbeit übcriaffcn. Ober »omÄönig
1*
9[bet.
in tticlc^cm ^allc auf bem fönigtid^cn
beneficium fein 3i"^ ä" la^tn ^Jflegtc.
^äufig fommt iBerwanblung iti B. in
Eigentum cor, mand^mal ou^brüdlid^ nur
auf Scbcn^jeit, ober gegen bie Sebingung
auÄbauernber jreuc unb ©rgcbenl^eit. Äein
B. burfte »erfauft, »erf^cnft ober fonfi
toeräußert, bagegcn fonnte e* an anbere in
gicicfier fficife übertragen merben. Slud^
anbere ©cgenpänbe fonntcn aU B. ge«
Itc'^en tt>erben , namcntltd^ Äircöen unb
Älöfier, an ®ci|ilid^c h)ic an ffleltlid^e.
Bei vot\(i) le^tern eö aücin auf ben ®enuf
ber Sinfünfte anfam, fobann ^orjlre^tc,
i5ifd)creien, Söüc, ttidbrenb ißericitiung Don
®eri(f)täbarfeit aU B. in „biefer *l?eriobc
meiji nictit üorfommt. ^luc^5tmter, nament«
lic^ ©raffd^aften würben aU Beneficia
be'^anbelt. SDaä B. bat für ben Serieller
ttic für ben 99eliebenen einen perfönlid^en
ß^arafter unb gilt bcöbalb nur für bie
Seben^jeit beiber; boc^ war S'Jeutoerleifiung
IRegel, befonber^ bann, h)o ber Sclie^ene
ftc^ mit bem üon i^m gef(ienften (Eigens
tum belehnen lief (precarie),
b)SBafanität. S)icÄommenbation
ober ber eintritt in bie «Bafallität, b. i.
in ben ©c^u^, mnndium, eineö anbern,
erfolgte bur<^ einen fpmbolifd)cn 5lft in
ber fficife, ta^ einer feine ^änbc jufam«
mengefaltet in bie beö ©cf)u^I)errn legte,
Welker ^anblung baö 2rcui>erfprc*en folg;
te. 2)er Äommenbierte ^eift vassus
ober vasallus, mabrfd^einlic^ au§ bem
Äeltif^en , aud) gasindus. homo,
dominns ober senior. SWit fcltencn
Slu^na^men ftnb e8 regclmä§ig greie, bie
in bie SSafaflität treten; bie 93er^ältniffe
finb nad^ bem ©tanbe be^ ^errn febt »er«
fc^ieben. SafaUen f önncn wiebcr ißafallen
^aben; c« giebt föniglicfee, ^erjoglicf)e,
gräflicf)e, bifc^öflicf)e, äbtifcbc 9Ber ein
Seneficium empfangen ^at, mu§ fid)
in bie SafaBität begeben, abgcfe^en t)on
niebcrn bäuerlichen Serbältniffcn unb *Pre5
carien. (Sin unb berfelbe SRann !(inn
me^rern Ferren aU Safatt »erppid^tet fein.
SDer Job löft bie SSafaüität unter allen
Umjiänben, fowol)! beim ^crrn al^ bei
bem Safaü; Stac^folger unb ®ö^ne muffen
^c ßon neuem geben unb eingeben. 2)er
^err bat bem SafaUen @d^u^ ju leifien,
toertritt i^n »or ®ertd^t, ^at eine gewiffe
©erid^täbarfeit über i^n; bie Safaüität ifi
ein servitium, ein 3)ienfl. S)ie ei*
gentlici^e SSerpflic^tung mar 3:reue, ber
SDienji ein ecrfcfciebener, cntmeber um bie
iperfon bed ^errn, ober nur für gewiffc
©efc^äfte, wobei ber BafaQ auf feinem
^ofe mo^nen tonnte. 311« SWittel , bie
mäcbtigen territorialen ©ewalten in eine
fiebere .31 b^än gigfett com fränfifcben Äö'
nigtum jU fe^cn, fc^lug man axii) ben
SDBeg ein, bieSn^aberberfelben, bie.^crjö=
ge, jur »afallitifAen ^ulbigung gnjul^al«
ten, ebenfo bie ^ö^em ^Beamten, Qtbte, 39i»
j^öfc.
c) 3mmunitöt. ©ic iji urfprünglic^
eine^rei]^eit»on 31 b gaben unb Sei*
Pungcn, mürbe aber mit bct 3^^* J"
einem 3nt>egriff »on ^o^eitörcdbten für
bie Scft^er , gcifilic^e Stifter ober ^o^e
SBeltlicfje. @ic fie^t juerfi na^ altem
^erfommen ben fönigli^en ®ütern ju,
bc^^alb aud^ benjcnigen Älöpern, bie »oQ«
fiänbig in ben 23eft^ beö Äönig« über*
gingen, unb einzelnen ^erfonen. I)ie ^rei^
|eit Bon ben ßeipungen an ben ©taot
führte JU einem 3lu«fdblu§ ber öffentlicbcn
SBeamten, ju einer Übertragung i^rer SRe^te
an bie 3"^aBer ber Smmunität. ©ie be=
jic^t ftct) auf Öanb unb ßeute, auf bie
JBeft^ungen unb bie auf i^nen anfäffigen
lIRenfdjen, alfo aucb auf bie ©enepjicn;
fpäter wirb fte aud^ auf 3öne unb ibnen
nerwanbte 3lbgaben auögebebnt. dagegen
ijl ber ^eerbienft unb SBad^bicnjl au^ge«
nommen. 2)aburc^ bafi bie mit ber 3- bf*
bafteten föniglid^en ®üter unb firdbli^cn
Stiftungen auc^ eigene ®erid)t«barfeit er*
balten, befommen ^e ben S^arafter befon«
berer, »on bem übrigen .Körper bc« !Reicb«
abgetrennter ©cbiete ober ^errf^aftcn.
4) Som 3tuöjierben ber Äaro«
linger bi« jur 3lu«bilbung ber
8c^ enöoerfaffung. (iinen abgefdblof«
fenen @tanb be« 3tbel« ^atte bie Äaros
lingerseit nod^ nic^t gefannt; aud^ bie im
engeren @inn Wittelolter genannte ^eriobe
fennt einen fold^en Stanb im re^tlii^en
©inne ni^t. Dagegen bilbet cö ben 9lit«
terftanb aui unb in unb mit i£)m ben;
jenigen ©tanb, ber bur^ feine gcfellfd^aft^
liefen iöcrbäftniffc , feine QSilbung unb
Äunft berlräger eine« gefc^loffenen ^\xh
turlebenö wirb. 35iefeg wirb befonber«
burcb bie 3luäbilbung ber üKinifteria^
Icn bcbingt. Urfprünglidb ifl üKinifie«
rial, 35 i e n fi m a n n , m^b. dien est-
man, plur. dienestman unb dienest-
liute, etncinfact)cr2)iener im eigentlicher
©inne beö Söorteö, o^ne SJtüdtftcftt auf bie
3lrt be« 5Dienfteö, im ^aufe um ben ^errn
ober auf bem ®injelbofc, ob niebrig ober
bö^er unb beöfialb ebrenüoH. 93cfonberc§
3lnfe^en geno§ ber ^ofbienil, bei großem
Ulbel.
ganbbejt^ern bei SRofbienfi, bic Itilna^me
am ^ticgebicnji, bie jeben, bcr i^n Icijietc,
übet bie alten ©enoffcn ju ^ö^erct ®()re
unb ju beffcrcm SRc(^te er^ob. ®oId)e
fieute t)ei§en servi, Äned^te, servi-
tores, famuli, ministri, mini-
steriales, bie Äriegäbienfi ficiflenben
milites. SDtit ber 3eit tarn bie Silbung
biefer ßeute jü einer bejlimniten QJtnerfen«
nung, ju einem Qlb[d)luf. (5« gab ein
Äec^t , einen @tanb ber SWinifteriafen.
tiai frühere perfönlic^e Sßet^ältni^ tt)urbe
ein bauernbeö, erblid)eä : neben bem ^xim
jip ber 2)icnjibatfcit rcirfte baö ^Jrinjip
petfönlid&er greifteit. 3""^^ f}^^ ^i« ^■
JU I>ienP »erppid)tet, f)aben einen Jg)errn,
Reißen feine 2)ienec, aber ber 2)icnfi felbjl
|ei§t ein freier; bie Sebeutung bcr Untere
orbnung unb Qlbtjängigfeit tritt jurücf,
iDenn ber ^crr nic^t al« ^erfon, ^önig,
93if(^of, ®raf, gebac^t wirb, fonbern alä
eine ÜRa^t, eine Äir^c, SBiötum, 5lbtei,
ba* 5Rei^, eine ©raffc^aft. 3n Dielen ^äU
len finb bic 2JJ. an bcjiimmte ®üter üer=
fnüpft , ficlien bcäl)ülb im ©egcnfa^ ju
ben %xmn , bcn SSafaflen , bie im en»
gcrcn Sinne nobiles ^ei^en. 3" ^Sc*
jug auf i^ren 5lnteil am Äriegöbienfl
bagegen mctbcn fie jenen glei($gefieüt
unb beiden bann aud^ nobiles. SSon
ben fianbbauern , auc^ nienn biefc frei
waren, unterf(^ieb fie bie ritterlid)e O'lü«
jiung unb Sradit. ^inwicberum bat ber
pax über fte ein Serfügungered^t , cer«
id)intt unb nertauf^t fte , b. l). er übei=
trögt bie SRed^te, bie er über fie bat. S«
^at ft^ für fte eine tefonbcre ®ericf)t6=
bar!eir auegebilbet. ©ine befonbere 51rt
be^ Dienjie« ift ter ^ofb i enfi, beim
Äönig unb bei ben ®ro§cn, bie ^auptbienjle
finb Kämmerer, 3;ruc^fe§, Sc^enf
unb a}Jarfc^alI, baneben Jägermciper,
.Süc^enmciPer , Bannerträger. 2)ie 6nt=
fc^äbigung für ben !E)ienfi ijt anfdnglicf)
Untertialt ; befonbetö mid^tig aber n>irb,
ta^ aümäl)licf) an feine stelle 8 a n b a l ö
© e n e f i c i u m tritt. Tlit beftebenben
älmtern unb 3)ienften würben bejlimmte
Sencfijien bcrbunben. SBon bcn 93eft^un=
gen, ju benen bic üJIinifierialen gehören,
ober üon ben ®ütern, bie fte l)aben, em^
pfangcn fte fpäter ben Stamen, bcr mit
ber 36it Saiiilicnn'init »«iiö- 2^a ju Einfang
bie Scjie^ung auf Den ^errcnlof über=
wog, rcarcn foIcbcJJamen au^ »etfcfciebcnen
gamilien gemeini'd)aftlic^. 5lu^ eigengut
fann bcr SWinifierial ^aben, ebenfo .ftned)te
unb abtjängigc Seute, bic i^n ale knappen
in bcn Ärieg begleiten. Xuxd) Äricgäbienfi
über()aupt fmb fte ju 2lnfel)en, [Reichtum
unb 2Rtt(^t gefommcn , fte bilbeten einen
Sleil bc^ 9fl i 1 1 e r fi a n b c « , ber in bie*
fer 3fit empottam. I)ie burd) gleid^cÄ
SRed^t unb gleiten 2)ienji »crbunbencn Tl.
bilben eine ®cnoffcnfc^aft , fte bilbcn bie
iöcfa^ung »on '-Burgen , oft mit baju Der»
mcnbctcn Senejtjicn Dcrfel)en ; eine ^nja^l
ü)l. pflegten 33ifd)öfe unb *äbte am <Si|e
bcö Stifte jur 5lbtt)e{)r unb fonfiigcr ^ilfä»
leiflung bereit ju l)alten.
3n ben SRitterftanb treten nun auc^ ein
freie Öeute, namentlich freie ®runb5
beft^cr , bie ft^ ijaljlreic^ crt)alten ^aben ;
bcfonbcrö fte t)ei§cn nobiles; man
fprid)t oon freiem iU b e 1 unb Dom
"jibcl ber %xti\) tit. Sic flehen im
allgemeinen im ®egcnfa^ ju bem gemein
nen ißolf bcr Säuern. 6« giebt aber f)kx
fcl)r Derfd)iebcnc ©tufen. iBoran ficfit bie
freie ®eburt Don freien ßltcrn, oon einem
freien, alten, Dornebmcu ®ef(i^Ied)t ; %ai
miliennamen folcfcer ©cfc^lcd^ter finb im
11. 3abr^. aufgetommcn, j^undc^ji in bcn
pf)ern Seben^treifen, mo fte fi^ auf ®ü*
tet unb ©(^lüffer belogen, tit ber ^amilic
angehörten; boc^ mec^fclten fie no^ in bcn
folgenbcn ®cnerationcn oöer bei Srübern.
iffiic^tig für ben Stanb bcr freien war
bie51rt bcäÄrtcgsbienficö unb bic bamit Der*
bunbene unb i^ufammcn^ängcnbe öebendart.
ßciftung beö fd)wergctüf}cten iRoBbienJie^
erfd^ien al^ auägcjcicfenct unb war befon*
berer (ä^re teil()aftig, fo fcf)r, bog aHmd^*
Vid) bic 3Serfc^iebenf)cit beä ®cburt«rec^tc^
in bcn ^intcrgrunb gebrdngt würbe. I)et
33cgriff beö iRitterimac^tYid) ot)ne SRücfs
fid)t auf anbere 33cr^dltniffe gcltcnb, ju*
erfi in fiot^ringen. ß.l)araEttriftifcf) für
alle, bic ju biefem ©tanbe gerechnet wur=
ben, ift bie ® c^ w e r 1 1 e i t e (fiel)e biefc), bie
Umgüvtung mit bem ©d^wett. Einfangs
lid) SRed)t ber freien übcrl)aupt, i(i bie
söefleibung mit ben fflaffcn ober bie
2ßet)r^aftma4ung ie|t in bicfcr gorm für
bicjcnigen üblid^ geworben, wcl^e ben
SRoBbienit leiteten unb jwar für *Uüe Dom
Äönig bis jum iütinifieriülcn tjcrab. 95gt.
aud^ Surnier.
soweit fam bie Sebeutung be^ Flitter*
fianbee, ta^ Qlbcl jule^t 3titterjionb
war, aucf) ber Ü)iinifieiial War alö iRitter
üblig; ber freie ®runbbeft^er, ber ben IRob«
bienft nid^t übte, War cbcnbc^fjalb ni^t
abiig.
Sen ^ö(^ficn ®rab ber QUi«äcicf)nun3
o^üb %xi\l)i\t mit rittctliAem ?eben Der«
9lfabemtc — Qlfrofii^on.
bunben. jE)cr freie 5Rittcr ^ci§t freiet
^err, auc^ tt)o^t blof .^crr, baro, fri.
3)urd^ 5(mt unb 2Bürbc fle^t übet bcm
freien bet princeps, bet %nx^ , feit
^eintic^ IV. bie »or^errfc^enbc Seseid^-
nung, ot)ne ba§ Dorliiufig eine benimmt
umgrenzte Stellung auögcbtüctt tt>äre. 3"
bcn geiftli(i)en i^ürflen gehören (Srgbifc^öfe,
5Bifc^öfe, 5ibte bet unmittelbar unter bem
Äönig jie^enbcn Älöfier; h)eltlt(i)e JJütfien
ftnb ^ctjögc, (Srafen, ^'falj« unb SDiarf*
gtafen. Sie bilben jufammen eine 9lrt
?(mtöabel gegenüber bem JRitterabel.
5) Übergang in bie neue 3^^*.
SDie boppelte Älaffiflfation bet ^etfonen
nad^ bem (Ptinjip bet g^ei^eit unb bem«
jenigen beö Ätieggbienjiesi erhielt ftc^ biö
in bai 15. ^a^r^unbert. 2)aneben er^ob
fxä) unöermetft eine neue Untetfd^cibung
naä) ben t^atfä(f)Iic^en Sßet^dltniffen unb
S3efd^äftigungen, auä meldtet bie Unter*
((Reibung in ben ^o^en SReid)^ ab el unb
ben niebeten Stbet ^etöorging 3fncr
befianb auä ben gütflen, ®rafcn, freien
fetten obet 93atonen, »on njeli^ Ic^tetn
bie meiften im 18. ^o^i^^iinbert ben ©ra*
fentitel annahmen. Sine mid^tige Ser^
änbctung entjlanb abet baburd), ba§ bie
Äaifet anfingen, bie gräfliche unb frei^err*
lid^c SGßürbe fünfilicf) an blof ritterbürtigc
ijamilien ju »erleiden. 2)er niebere Qlbel
befianb auö folgen, bie freie (Srunbeigen*
tümet, 93afaUen obet iJ^Jinifietialen geme=
fen rt)aten unb littetlic^e ßebensatt fü^tten.
SDutd^ bie 93etänbetung be^ Ätieg^njefen^
fiel bie tittetIid)eSeben^attfott, unb bet5lbel
blieb nun bIo§ al^ ein au«gejeid)netet ©e«
butt^jianb befielen. 3lud^ bet niebete Qlbel
tt)utbc ja^Iteid^ butd) faifetl. ©nabenbtiefe,
bcfonbet0antei(^eÄaufIeute,fog.<PfeffetfüdEe,
Seft^et üon ©dfelöffetn, cetlietjen. 5luc^
bie jutijlifc^e 2>oftorn3Ürbe erteilte bem
Sröger ben nieberen Qlbel. @ine befonbere
klaffe bee nieberen 2lbel^ bilbete bie SR e i db ö=
titterf^aft. Stuö ben Ji^eicn, bfe jtdb
in ben ©tobten ert)alten Ratten, ging baö
flabtif($e !Patrii(iat ^ercor, bie ®efd^le(^ter;
fte Ratten jum leil eigenen (Srunbbefi^,
»utben SRittet unb nahmen ßet)en.
jDaö ^aupthjetf, bem aud^ »otliegenbe
SDarfieüung jum jeil »örtlich gefolgt ift,
ifi 2öai0, 5Deutf*e 93ctfaffungögefd^id^te,
in 8 ©änben, rvo fonjolji bie teic^e fiitte«
ratut übet biefen ©cgenftanb alö bie jat)I»
teid^en Äonttooerfcn be^anbelt fmb ' @onfl
feien nod) ®timm, SDeutfd^e iRed^töaltets
tümer, B. 265 ff. unb bie bcutfd)en !Recf)t«=
gefc^i(f)ten t>on2BoItet u.3öpfl ethjö^nt.
Sßabemte a\i gete^tte Oefetlfd^aft ifl
ein Äinö bet italienif^en Jlenaiffance.
S)et ^umanifi *Pomponiuö SdtuS, gefl.
1487, ftiftete 1468 bie JRömifd^e "JUabcmie
utfptünglid^ al^ einen fteien unb an fein
feftcö^nftitut gctnüpftenSctein; man füllte
batin antife, bcfonberö $Iautinifdf)c ©tüdfe
auf, feierte jätjrlid^ ben ©rünbungetag bet
@tabt SRom, aud^ bai ®ebäci)tniÄ eine^
Berftorbencn iWitglicbeö, burd^ einen ©otteä*
bienfi unb eine lateinifd^e SRebe ; ein oblis
gatet ©d^mauä mit ©iöputationen unb
S^ejitationcn befd^Io§ tcgelmä§ig ba^ ^t^.
S)et SRömifd^en nadf) ttjutben in ja^Itei^en
anbetn ©tdbten Stalienö fold^e ^fabemien
gefiiftet, j. S. in iReapet unb ^lotenj.
®egen bie üRittc beö 16. Ja^t^unbett^
ttitt an bie «Steüe bet lateinifd^en ipocjte
bie italienifd^c, beten Setfe je^t »otgelcfen
njetbcn, unb beten Pflege übett)aupt ba«
3iel bet SSetcinigung bilbet; baö petio-
bifcf)e ®afimat)l unb bie ?luffü^tung »on
2)tamen bleiben be^e^en. Sgl. iSutdljatbt,
SRenaiffance, 220. 2)ic betü^mrefie biefct
Qlfabemien ifi bie 1?J82 ju 5toi^f"5 i^'
fiiftcte Academia della crusca, b. i. bie
®tüfcf)= obet Älcien=5lfabemie, meil fte bie
Äleie bet @ptadf)e oon bem gefunben ÜRe^l
ju fdf)eiben ttad^tet; it)t ^auptnetbienfi ifi
bie ^etfieüung eine* je^t nod^ geltenbcu
aSJöttetbudie^, juetfi 1612 etfcf)ienen.
<Mu§et biefen littetatifd^cn 5tfabemien im
engcten Sinne gab eö noi^ manche anbete,
mie bie 1457 ju S'oi^fn} gefiiftete plato*
nif^e ?tfabemie. S)iefe itolientfc^en 3lta=
bemien ftnb baä SRufiet bet fafi in allen
eutopäifc^en Staaten geatünbeten "Ufabe*
mien geworben ; Sprad^afabcmien ftnb bie
frudt)tbringenbe ®efeüf^aft ober ber (Palmen»
orben, 1617 su SBeimar gefiiftet; bie auf=
ridl)tige 2;auengefellfdf)aft, 1633 ju Stta§=
butg gefiiftet; bie bcutfdfjgefinnte ®enof[en=
fd^aft, 1643 ju ^ambutg, bie ©efettfd^aft
bet *Pegni|f^läfer obet bet geftönte Slu«
menotben ju Stütnbetg, 1644; bet (ilb»
fcbmanenotben ju TOebel im ^olfieinif^en,
1656; fobann ja^lteic^e CoUegia Mnsica,
in bet Sd^weij (aud^ in S)eutfdt)lanb ?),
3ütid^ 1613, St. ®anen 1621, 2Bintct*
tf)ut 1620, fetnet gele^tte ©efeüfd^aften
im njeiteten Sinne, j. S. bie Seopolbinifd^c
<}lfabemie bet SRatutfotfdl)et, 1652 oon
iöanf^iud JU SBien untet bem IRamen
Academia natnrae curiosornm gegtünbet,
5lfabcmie Pon «ßati«, 166«.
^Ifroftiii^on, eine poetifc^c Spieletei,
monadl) bie llnfangö» ober (5nbbu(J)fiaben
eine* ©cbid^teä jufammen ein ober meutere
Alamode — Qlld^emie.
SBörtct bilbcn, f ommt fc^on bei bcn ©rieben
t)or, unb ©pic^armu«, ein fijiIif(J)er Äomö»
1)icnbic^tcr im 5, ^ai)x^. t). 6f)r., wirb
aB (Sr^nbct angegeben. 'S>ai 5lfro|li(f)on
tt»ar in ber tatcinifc^cn 9Wön(f)äpocftc be«
fonbetö bei Sffiibmungögebic^tcn [ebr be«
liebt unb fam bal)cr auc^ in beutfd)e
@ebicf)tc; Dtfriebä crfte^ SBibmung^gebid)!
ergiebt foiDobl mit ben ^Infangö? die mit
t)cn ßnbbud^j^abcn bieSBorte: Lndouuico
orientalinm regnorum regi sit salns
aeterna, tai jTOeite ebcnfo Salomoni epi-
scopo Otfridus, ba^ britte Otfridas Wizan-
burgensis monachns Hartmuate et Werin-
berto sancti Galli monasterii monachis;
unter bcn t)öfif(f)en Did^tern menben u. a.
(Sottfrieb x>. ©ttafbutg unb SRuboIf »on
Q.mi ba^ 6picl an; in Qbnlicf)et *Jlrt liat
<CbiIipp 9'iicolai feinem Öicbe : 2Bic f(f)ön
teud)tct ber 9J?orgenjiern, *Hnfangöbud^<
ftaben ber ©tropfen gegeben, bie jugteic^
bie Qlnfangöbu(^Paben bcö SJJamcn^ fmb,
bem ba^ Sieb gettjiömet ifi; befannt i(i
hai fd)önere SOBortfpiel in ^aul ®erl)arbö :
Sefiebl bu bcine Jöege.
Alamode war baö ©cfttagroort be^
<Stu^crtum^ feit iUlitte ber 20er ^a\)Xi tti
17. ^af^xl).; cö bcjeic^nct bie »oOe ''J3nrtei*
na^me für ben franjöftfd)cn ®efcf)ma(f in
ber ^leibung gegenüber ber ättcrn , „alt=
Ddterifd^en" Sitte. (Segen bicfe <JlIamobe«
trad^t unb bie bamit ocrbunbenc geiflige
^lic^tung er^ob fid) ein umfangreicher lit«
terarifcf)er Äampf ; 1629 erfc^ien ein^Il-
mobif^ er Äletjbers Jeuffel, ^ranf*
fürt a. Tl., oon Kaplan (Stiinger, bem
flnbere dl)niid)e Südjer folgten, big 1680.
Durd) J^iguren auf „^liegenben blättern"
fud)te man bie neue Irai^t bem Spott
ber iWenge an^eirnjugebcn; bie 3:racf)t
mürbe barin u. a. alä Monsieur Alamode
perfonifiäiert. 3n biefer 5trt mirften aud^
ÜJ?of<^erof<^ä 2BunbcrIid)e unb mabr«
fiaftige (Scfid^tc, morin ber ?lIamobe=
Äef)rauö lebenbtg gcfc{)ilbert mirb, Sau»
re nb er g^ Satiren, ß og au ä (Epigramme
<^Iamcbe = .Kleiber, ^Ulamobe« Sinnen, mie
ftc^ä manbelt au§en, manbelt [iä)i aud^
innen), Qtbrabam a Santa Slara,
3 0 a dE) i m. — gfl a (^ cl 2B e i §, Äoflümf. III,
i044 ff.
2Üd)CratC , m^b. alchemte, al-
c h a m i e , au% mittellat. a 1 c h 1 m i a ,
alchemia, meld^eö auö gried). bie
ch emeia= Saft, ^lüfjtgfeit, oon ch^-
ein giefen, burd^ Vermittlung ber *Mra«
ber unb baber mit bem arabifc^en ?lrtifel
al. ^an Perftebt baruntcr bie oom 4.
bi« in bcn 25eginn be8 16 pa^r^. ge^en-
ben SÖcflrebungcn , mit $ilfe 4emifc^er
^rojeffe uneblc 'BtctoUc in eble, ®olb ober
Silber , ju »ermanbeln. SBa^rfc^eintid^
baben biefe Seftrebungen in ^(gtjpten be*
gönnen; unb man nannte fpdtcr einen
^(gppter Hermes Trismegistos
ober Mercurius bcn iöegrünbcr ber ^U
d^emie. @d)riften aber, mel<^e bie *WctatI=
ncreblung ju if)rem ^auptfädblidt)en ®egen»
fianb f)aben, pnbct man juerjl in gried)ifd^er
Sprad)e im 5. Jabr^. 93om 8. 3a^r^.
befdf)äftigt bicfe ^unft bie Araber, unb
n^ r>on ibnen fam ftc ju bcn Europäern.
3merf \^ fict«, bie iWittcl ju ftnben, »o^
burcf) uneble ÜJlctatle in cblc ttermanbelt
mcrbcn, auf d^emifd^em2Bege ein ^Präparat,
ben S t e i n b e r 2Ö e i f e n , bar^ufletlen,
metcbeö in feiner böc^jien Soüfornmen^eit
auedfübcr unb jcbc^ gef^moljcne uneblc
iUtetafl in ®olb pcrmanbelt, in einem nie*
beren 3«i^<Jn^2 ^^^ 33onfommenf)eit biefet=
ben nur in Silber umanbert , unb enb=
lic^ nod) aU ^räncimittcl gebrandet, attc
^ranfl)citen beitt , ben Äörper ncriüngt
unb bo^ 2eben oerldngcrt. 9tad^ ber er-
ften alcf)cmiftifdben S^eoric ber Araber finb
alle ÜWetaüe jufammengefe|t , unb jmar
finben fxi) in allen gmei 'Scftanbteilc, »on
beren JRcngeDcrbdltniö unb rerfd^iebenem
®rabe ber i)tcinf)cit bie iWatur be« 5DletalIö
abfängt; fie Reifen Sd^mcfel unb
Q.uedfilber, momit aber niä^t ber
gcn)öbnli(^c Sdf)mcfel unb baö gemö^nlid^e
Quedfllber gemeint ftnb, obgleic^ ftc barin
in großer Wenge enthalten fein follen.
Unter i^rem Mercurius fd)einen bie Qlli^c«
miften ben Segriff beö Unjerfc^baren unb
unb jugleid^ bie Sigcnfcf)aft beä OTctatI»
glanjeö unb ber 2)e^nbarfeit, ber üJietaHiji*
tdt, unter Sulfat ben ©egriff ber ^ix^
fe^barfeit, ber *Berdnbcrlit^feit pcrfianbcn
ju fiabcn. Über bie Jiatur einc^ Stoffel
giebt iai ^euer am bejlen 5lu^funft. 3t
nad^ bem®rabe ber gificrung beöS^mefel^
unb hti Qued ftlberg ifi bie Sd^meläbarf eit ber
ÜJletaüe »erfd)iebcn, bie ^^arbc t)ängt Dom
Sd)mefel ab. 2)er bcbeutenbfie S^cmifer
ber 5lraber ift ®eber im 8. ^a^x\).;
anbere jtnb -ütbaje«, lloiccnna,
5lt)enjcoar,Qllbufafe^; c^riftlid^e
9lld)cmiiien Qllbcrtu« SWagnu«,
dogeröaco, Qlrnolbuä Sil*
lanoDanu«, SRapmunbu^ ßul*
lu« , aQe im 13. '!jai)xl). (£« pnb meift
ÜWöndbe, bie i^re (Syperimente in im Älö*
flern mad^en, bencn smar im Einfang bed
14. '^a\)xb. bie "Sctreibung ber <Uldbes
8
3lUyanbttfagt — IHlejanbriner.
mit burd) eine pö<?ftlictc Julie fcttotcn
tomtt. 3m 15. Jo^t^. tiitt ol« briitcr
(gtunbbcflcnbtcil juGuccffilber unb€d;ttic«
fcl bö* € a I j , ircldfccs »icber nidtit mit
bcm gemeinen €alj ibcniif* ift. 5ric
^oUnic*erei tat j;»ot nr* nul)t(Tc 3o^'^=
bunbeile lang Qlnbätioier (\efunben; in ber
n)if[enid)afllid)en fWatmlebre nrutbe fie
aber fdon feit $ a t a c e 1 j n e (1493—
1541) obgelöjl butc^ bie Glitmie in bex
5Rid)tung alä 3 o 1 1^ o * «^^ i f r iufolfle
tt)eld)er jie fid) in ben JEienjl ber ^i\h
tunbe fJeflt. 5lu« ifer iji bann mit ber
3cit bie moberne 2BijTenfd)aft ber ßfccmie
crwad^fen. ^opp, ®efd)ic^tc ber 6l)e=
mie, Jb. 1 unb ebberf., bie enln?i(flung
ber (Sl)cmic ber neueren 3«^*- ^ — 32, unb
ebberf., S5 ei träge jur ®efä)i^te ber
(S^emie. Staunfd^weifl 1S69.
SHcjanbcrjagc, gebort ju bcnjenigcn
Stoffen bee l^öfifdben Äurfiepoe, bie mon
©Äulepen nennt, b. b. epen, bie i^iren
€toff ben fct)ulmö|i9en €tubien bee 5llters
lume »erbauten. 2?ergki(I:e Sineibe.
%\t ^auptqucUe ber lateinifd) fonjo^l alc
norbfranjöfifd) bearbeiteten ^llcyanberge*
bi^te ttJar ber falfcfje ÄaBifibfne«, urfprüng»
lid) 9iicd)ifcb flefd)rieben unb fpäter ine
Sateinifcbe übertragen. SDaß franjofifcfce
5llejünbertieb ton Sllberid) fon JPifinäo,
ÜHönd) ju ßlugnij um 1138, Aubri de
Besancjcn, ifi ocrloren ; erbalten ftnb aue
bem 12. 3abi^bunbcrt bie 5lIejanbtrUcber
tti Alexandre de Bernay unb Lambert li-
tors. fflaäi 5llbrcd)t »erfafte ber^Pfoffe Sam-
pte<^t, ein SGeltgeifllidier, um bie SDütte
be« 12. 3abrbunbertö, ein beutfdbe? 5lle'
yanberlieb, i>ai burcb feine fräftige, treu^
berjigc unb naitc £)arf}ellung überrafdbt.
<&i ergäblt5llffanberöJ^crfunft unb3ugenb,
ben 3w9 "Q* 5lfien, bie Siege über Tia«
liu« unb ^ßoruö, ben 3"9 i"* ßonb ber
3auber unb ©unbcr, n^o bie SWäbcben
au^ ben ©lumen macbfen unb ein SBlumen»
leben fübren: in bae ??arabieö eiujiutrcten,
tt ebrt ibn ein jübifcfccr ©reifl, 5tlef anber febrt
jurürf, regiert no(ib 12 ^a\)xt meife unb
mä^ig unb fiirbt. ©ine anbere SSearbei«
tung berfelben ©oge ift »on 9iuboIf
ton Gm« ittif<ib«n 1230 unb 1241 ab'
gefaxt, einem 9'Jüd)at)mer ©ottfriebÄ »or
StraPurg.
Sde^anbriiter ifi bet eine »on ben bei«
ben Sßerfen be^ altfranjöftfdien böfifcb«n
(£poö; mäbrenb ber beliebtere 33erÄ ein adjt«
filbiger, if! ber 5Ucyanbriner ein fcd)*»
filbiger S5er«; man vermutet, t>a^ er baei
SWufter biä ^iibelungenferfeö gewefen fei;
ben 9'Jümcn i)at er »on einem Qlleyanbers
liebe oter ron bem Tiditer Qtleyanber t>on
Seinap. 5Eie grcnjofcn bielten an ihm
fefi unb mochten itn jum fogenanten be*
roifd)en l'ercma^ in epoö unb 5^rama.
Cpi^ fübite ben ^Jleyanttiner al* bero»^
ifd}en SBerö in bie beutfcbc *Poefte ein.
6r fagt ron ibm in ber bcutfden <Poeterci,
Aap. 7: „Unter ben jambifd)«" SSerfen
ftnb bie jutörberft ju fe^en, melcbc man
5»leyanbrinif(be fon ibrem erfien Grfinber,
ber ein 3talitner foü gcnjefen fepn, ju
nennen pfleget, unb ttierben anfJatt ber
©ricdien unb Slömer beroifdbc SSerfe ge^^
braud)t: Cb glel)* iRonfarb Vers commnns
bie gemeinen S?erfe bierju tüchtiger ivt
fein permeinet; meil bie 5lIeyanbrinifcbeiT
teegen ibrer SBeitläufftigfeit ber ungebun=f
bencn unb frepen SJlebe jiu febr äbnli* fmb,
mann fie riebt ibren 9J(ann pnben, bet
fie mit icbenbigen färben berau0juflreid)en
mei§. 2Bcil aber bicfee einem ??octen ju-
ftebct unb bie, über melier 9?ermögen e*
ifi, nicbt gejmungen finb, ficb bamit ju
ärgern, unfere Spradje aud^ obnc biee in
fold)e enge ber Sörter mie bie granjöftfdbe
ni(^t fann gebracbt merben, muffen unb
fönnen mir fie onftatt ber bcroifdben 93erfe
gar mobl bebalten, inmaffen bann au(^ bie
JWieberlänber ju tbun pflegen. I)er SEeib*
lidbe 5?crö bat brcpjebn, ber ÜJJännlicbe i)at
Smölf Splben; mie ber jambns trimeter.
6« muf ober cflejeit bie fccb«te Splbe eine
caesnr ober Qibfdinitt babcn unb mascu-
linae terminatioDis, iai ifl enbmeber ein
cinfplbig SKort fein ober ben Slccent in ben
legten Splben ^abtn. ^vm ©yempel:
Sieb balte Supiter, | nicbt $aii§ ibm er»
fobren,
Unb mütb aud) je^t ein Sdyman | manit
bi^ fein Sd)>t)an gebobren.
5Du be'f{|^^«'fiia I ""b bifi aud) fo gejiert,
Unb mäiefi ®u nidbt feufd», | ®u mürbejt
aud) entfübrt."
33on Cpi^ an bicnte ber 5llcyanbriner
in flropbifdben ©ebicbten fomobl (Sonett)
aU in unfiropbifdjen iBerfen aH ttjpifdier
35erg ber mannigfaltigflen lidjtungöatten;
5Drama, Spo«, S^ibaftif, ©elegenbeitäi»
gcbid)t,ßpif}el, Epigramm, ©legic fcebientm
fieib feiner. (Srfi um bie SDtittc beö 18.
3abrbunbertd begann man feiner mübe §u
merben ; bie fieipjigtr SDidbter mifcbtcn ibn
nur nocb miOfürlidb in jambifcbt SBerfc
»erfdbicbener fiänge, Älrpftcd eiferte ibn
in ber SJJeffiabe butd) ben ^eyamcter,
JJefftng im 9'Jatban burcb ben günffü^ler.
©oetbe fd)rieb al«i Stubcnt in ßeipjig bie
Ülüegorie — lUüitteiietenbcr.
9
Joujie bc« iBciliebtcn noc^ in 5tlefanl)ii»
nein, im ^a^xt 1767.
StUegorie, b. i. biejenige iJarfieflungö»
»eife, bie ein Dbjc!t üeimittelfl eine« ibm
ö^nlic^cn tai|!cDt, f)Qtte im SDJittclalter
eine fe^r gto^e ^luöbelinutig unb 51nWcn=
^ung, fon?ol)I in ben bilbcnbcn Äün^cn
ül» in ber !Püefie. €ct)cn tai Zeremoniell
bee c^tiftlid^cn (Sottcebienfle^, »erfd^iebene
5Coflmen unb bcfonberß bie iiuelegungö«
roeife bet IBibel maien gefätligt üon alle-
gorifAer ^DatPeÜung unb ^luffaffung; mie
man fie benn in Ctftietö (5Dangclienl)ars
monic unb in ben ^tebigtcn unb Srafta=
ten ber aJI^ofiifcr überall jerfireut finbet.
— Tie bcfifd)e ^oefic ifl ber i5lDegorie
ni(f)t bcfonberö günjiig; bcd) gebort SBolfs
lame $arjifal in biefe SRi^tung, i>a bie
ganje 6rjäl)lung ein 93ilb bapon geben
(oll, mie ber SKenfcfe »on ber tnmpheit
unb bem zwifel jur saelde, au* ber Un«
erfabren^eit burd^ ben 3*i5fif£l jut 33"'
fö^nung gelange. @anj aüegorifc^ ip auc^
ber fronjöftfctc Roman de la Rose »on
Gaillaume deLorris, fortgcfe^t »on
Jean de Meung, SDiitte beö 13, Sa^tf).,
lange ein ßieblingöbud) bei 5^'i"J*'ff"«
3n ben folgenben Q^ittn roacbji mit bei
5lbnal)me lein batfleBenbeiÄunji bie^icube
an berQlflegorie, man erfinbet bieSBlumen«
fpracSe; bie fiicbeeluP miib in unääl)ligen
jjormen toeraflegorijiert; iai ^äiaä)'
jobelbud^ be* ^onrab ton 5lmmen^aufen
(1337) ifi eine tmd) ba« @cf)üc^[piel »er»
<innbilbli(J)te jDatPellung id Cebens;
ebenfo bie ^aq,t) be« J^abcmai t>on ßabct.
— 3loä) fiärfer jeigt fi^ ber @ebrau<6 ber
ftUtgoiic in ber itolienifdjen JRenaiffance
unb in benjenigen nationalen Äünpen,
bie ton \l)X auö gevflanjt moiben finb.
SBefonbcrö bie SBeliebtlicit ber antifen
SOi^ttiologie buid) bie italienifc^en Äünfi=
lei unb Siebter brod)te eine UnjobI altci
unb neueifunbenei aüegoiifdier ©arjlellun*
gen unb "Perfonen auf; 5Dünte« göttlid)e
^omöbie Wor felber eine gio§e 5lDegorie
unb entljielt ja^iliei^c aUegoiifc^e ©injeU
baifiellungen; bie SOJalerei unb bie plofti«
f^e S;ai|iellung burd^ lebenbe «Perfonen
bei gcPaufjügen u. bergl, biadite mit
Vorliebe QlUegorifct)e«. Sergl, ituicf^arbt,
Äullur ber IRenaiffance, 322 ff, 5Der Sin«
fiu^ ber italienif^en 51IIcgoiie jcigt fid)
nun boppelt jiatf in bei beutf(ften Äunji ;
SWayinnliür« Sl^euerbanf ift rein allego«
lifd), ^an« €ac^« ^lat foji alle Jugenben
unb ßaflei, 3ufJönbe unb S^egebenbeiten
bc6 menf(^li(^en Jöebene aüegorifci^ betjan«
bell; ebenfo bie ü)?alerei, bie ©la^malerei
u. a. ; »iele« baruntcr mit ©eiji. S)ie
Dpi^ifc^e 3''^ mad)t e«( nid)t anbeiö, nur
bo§ e* ibr meifl an eifinbeiif^em ®eift
gebrid)t. 6rfi iai frifd)erc ßeben bei 51uf»
tläiungspeviobc unb befonber« bie 83lüte
be« 2>iamaä brängen ollmätilic^ bie 51tle*
gorie juiücf, mobci jumal fieffmg* baiauf
beAÜglid[)e Uiitevfud)ungcn im fiaofoon-
mirtfam ftnb, £)ic antifificrenbe JRi^tung.
®oetbe* unb ber ®eifi ber iKomantif meibcn
ber Slüegorie »on neuem günfiiger, mo»
»on ber jrtieite 2eil beö %an\i ba* befte
gyempel fein bürfte.
3m engeren €inne ifi 5lllegoric bet
fjlamt eine« Srcpu«, moburd) ein ©egen«
ftanb nebft ben eigenfdiaften, bie i^m an»
fangen, unb ben SBirtungen, bie er aue»
übt, in einem einl)eitlid)en, jufammen^än»
genben 93ilbc ausgemalt miib. 51u^ i>üi
®ebiä)t, bem ein f'olc^er Jropu« ju ®runbe
liegt, j. 93. i£d)iaei« ÜJJäbc^cn au« ber
giembe, ^egafu* im 3od)e, tiägt ben Sia«
men bei QlUegoiie.
Übel 5lllegoiie in bei bilbenben Äunfi
»gl. Dtte, ^anbbu* bei firc^l. Rmp
<Uid)äoloftie. 882. 890,
Slßtttcricrcnbcr obei fiabieimenber 95ei*
ifi ber Ser« be* altgermanifcfeen epo«, fo»
moI)l ber €fanbina»ier al« bei S)cutfd)en
unb Qlngclfad^fen. (5i bef}cl)t au* jmei
^älften, beien jcbc jwei grammatifd) unb
begrifflid) bebeutenbe, ftarf acccntuierte
©üben enthält, an bie fid) eine beliebige
2lnja^l fd)madbacccntuierter gilben an«
fd^miegt; bie beiben ^albterfe werben
buid) ben Stabreim, b. i. buv* ben
®leid)laut ber Qlnfangöbuc^fiaben ber ge»
bobencn €ilben ober ©täbe fo »erbunten,
ba§ meift auf ben erfien ;^alb»eie ein,
auf ben jmeiten jwei ©labe fallen; bod>
tommen au^ bie €tab»et]^ältniffe 1, Ij
2,1; 2, 2 »or; bie 93ofale Werben atlt
aU glei^lautig be^anbelt. S)ie gan^e
altffanbina»ifd)e fiitteratur baut fi^ au&
fittbreimenben SSerfen auf, bie aümä^lic^
frcilid^ »erfünfieltcn unb iai formaUr^ptb»
mifd^e ßeben biefer 5)i*tung erfiarren
madjten. Qlud) bie ganje angelfäc^ftfcfee
«Poefie, 93coft)ulf, Ä^nemulf, Ääbmon, ifi
aüittciierenb. 93on Überrefien beutfd)ei
flabicimenbet a?eife finb ju nennen einige
JRunenfpiüd^e, bte ü}Jeifeburger 3""''«»
lieber, ba« ^ilbebranbölieb, ber Einfang
be« 2Bcffobiunnei ®ebete«(, SRufpiüi, bet
^elianb. 95eibiängt wuibe bie iUllitteraa
tion bcfonbeiö burd) Dtfiieb babuid), ba§
bei (Snbieim an feine ©teile tiat, ein Um.»,
10
moh — mtax.
jtanb, bct p^nc Swjeifcl für jtd^ aücin
fd)on üiet jum Untergänge bcr alten cpi=
f(i)en ^ic^tungen beitrug. Die iJtllittcration
tiat |id^ üon ber epif^en ^nt ^er in man«
nigfad^en iHebenäarten bcfonber^ bcr SRed^tä*
fprad^e erhalten: *JJ?ann unb 3D?auö, Äinb
unb Äegel, ab unb auf, niet^ unb nageU
fe|l, ^au^ unb .^of, 2ötnb unb 2öetter, gc*
fammelt in ®rimm^ 3tcd)töaltertümcrn,
6 ff.; fobann finbet fte ftc^ aU malcrifc^c^
<S(ement in 2)ic^tungcn mit (Snbrcim,
jiemlid) 5ablrei(^ j. ©• im fRibelungenlicb;
auc^ bic mittellateinifcfce ^oefte ^at man^
d)eö fiabreimenbe (Sebid^t ^eroorgebrac^t.
•@rft bie neuere SRomantif madf)te mieber
lßerfucf)c, bcn aUitterierenben IBcrö neuer«
bingö einzuführen, ba^in get)ört J^ouqueä
-^elbenfpicl : ©tgurb bcr ©cf)Iangentötcr,
befonbcr* aber in neuerer 3^'* '^'^^ 3liht>
lungenlieb unb ^ilbebranbä ^cimfebr »on
5roilt)clm Jorean. 95gl. ^erbinanb 33ettcr,
TÜbcr bic germanifd^e 3initteratton^poeftc,
tffitcn 1872 unb 2öilf)clm ^orban, ber
epifiie SScrö ber ©ermancn unb fein @tab*
reim, ^ranffurt a. m. 1868.
Wiob , mittcllat. a 1 1 o d i u m , alt*
frdnfifcf) a 1 6 d i s , au^ a 1 = ganj
unb tai 6t, (Eigentum , Sejt^. 25ad
2ßort finbet ftd) juerfi in ber fpdtcren OTc*
Tortiingerjeit unb bejeid)nct ©igengut ober
<Srbgut im ©egenfa^ ju 93encpcium.
Siimana^ , burct)g gflomanifd^c au« bem
9lrabifd)en cntlct)nt, wo al CMrtifel) unb
manach, entmebcr aH ®efd)enf, Dteuja^rö«
gefc^cnt ober aU iBered&nung erfidrt mirb.
5m 15. ^af)xl). tiicB man fo aftronomif^e
■^alenbertafcln, bic früf) gcbrucft crfd^iencn.
5Die granjofen fügten jucrft biefen Äalcn«
barien aüerlei 3?eigaben onbcrcr 9tatur an,
unb bcr feit 1765 etfd^einenbe Almanac
■des Moses mürbe ta^ iBorbilb bcö öon
Gbrifiian iSoie 1770 juerfi herausgegebenen
"@öttinger5}^ufcnalmana(i)c^ unb bcö eben*
foHö 1770 crfdiicnenen ßcipjiger 5Jlufen«
olmanad)cä oon fö^r. ^. @ä)mib. (5«
folgten noc^ jat)lrcid^e totale ^Hlmanod^c,
Don (Jranffurt, 33crlin, 2Bicn, ^Pfaljbaiern,
Semberg, jum Seil unter bem Dtamen
®lumenlcfc. Unter bcn fpätcrn ifl bcr
©(^iücrfd^e, 1796—1800, bcr bcrüt)mtefte
flcmorbcn.
Ullmcnbc, jtet)c S)orf,
511^, Stlb, [\ii)t mbm.
5tlpbrUdcn, ftct)e 2)rubc.
3lltat, r>om lat. altare, Dpfertifd^.
IDet ®otc oerbeutf^tc ^Itar mit hunsla-
staths = Dpferftatt, bcr 5tngelfad)fc mit
Vigbed = icmpclbett ; a\)t). ältari.
m^b. bcr alter. S>cr Urfprung bc« *MI«
tar« l)ängt mit bem IReliquiens unb ^ei=
ligcnfultuö jufammen, ber fd^on in ben
^atafombcn gefeiert murbc ^lud^ bic alte=
jien Äird^en marcn eigentlid^ ©rab^eilig«
tümer, bie ft(^ über ben JRu^ejiättcn bcr
ÜJlärtijrer erhoben. Qln bie ©tcDc bcä
©arfop^agö, bcr in bcn Äatafombcn fd^on
aU Zi^ä) für bic lotenfpcnben unb bie
®cbäcf)tni«feier gcbicnt ^attc, tritt jc^t bcr
<mtar, auf meldfiem \)ai Opfer beö neuen
leliamcntcä unb bie ©ebcte bargebracf)t
merben. 35cr Qlltar ift cntmeber ein ©ar«
fopbag, bcr ben bcitigen l'ci(^nam um«
fcf)Iie§t, ober er ijl ein Opfcrtifd^ über
bem ©ruftraum, in Wctd^en man öfter*
burd^ eine Öffnung ^inabfc^aucn fonnte.
Über bem 'Ultar ergebt ftdf) bai Cibo-
rium, ein ßon «Säulen getragener 59al-
bad^in mit 93orf)ängcn, bic nadE) bcr bei«
ligen ^anblung gefd^toffen würben, ißon
bem Steinbadf)e be« Ciborium t)ängt über
bem Sifd^e ein ®cfäg, bie Pyxis, t)er=
unter, jur ^lufberoa^rung bcä bciligen
»rote«, ^udf) in bcr Äir*e Ui Onittet-'
alter« iji bcr 3lltar entmeber ein @arg
ober ein Sifd^ , in beiben fällen bcbecft
mit bcr auö Sinem Stüdf gehauenen *piattc,
in ober unter welcher ba« Sepulchrum,
eine quabratifdf)c Vertiefung, bie ^Reliquien
nebp ber 2Bci^ung«urfunbe cntf)ält. @el=
ten entbehrte bic üRcnfa eine« weitem
©d^mudfeä. SOtan bcf)ing fte mit lüdEjcrn
unb Stirfercien, umgab fie wo^I auc^ mit
9telief« »on ^lolj unb Stein ober ma««
tiertc, bei reid^crn ÜJlitteln, bas ®anjc mit
foflbarcn ÜJletaHen, wobei bic t)orncl)mfie
ßicrbc bie Scticibung ber ©dfiaufcitc mit
bem Antipendium bilbcte. Die juneb«
menbc ißorliebc für bie 'HufPeüung Don
JRcIiquicn crflärt eä , ta^ fd)on in roma«
nifd^cr ^ät eine neue 501^'" ^«^ Elitär«
in *Hufna^me gelangte; fte beftanb barin,
ba§ man über ber Wcnfa aU iRücfwanb
eine ^o(^aufragcnbc SO?auer, retabalam,
errichtete, bie »on com wiebcr mit fojl=
baren SfUfl^n» ©fulpturen ober getriebenen
Wctallen gefdbmüctt, einen geeigneten@tanb=
ort für bic iRcliquiaricn bot. (Sine wci«
tere Steuerung brachte bic gotifd^c ^e=
riobe, inbem man über bem retabalam
einen jweiten "Muffa^ in 5?orm eine« i:abcr=
nafel« crfteütc ober einen t>erfd^lic§baren
Schrein oon ^olj, ber nunmet)r bie 3leli=
quien einfdl)lo§; ba« retabalam bicnte
bann blof no(^ alö Staffel obcrPredella,
aU 93aft« bc« Sd^rcineö. Da« ifl bie
5orm be« gotifd^cn 9lltarbaue« bi« in«
<Ult^od)beittfc6 — «Uneibcn.
11
16. ^a^x^.; auf bcr Wcnfa ru^t bie Pre-
della, ein langet unb niebrtgcö trogä^n^
l\ä)ti ®el)äufc, baä in bcr iRegel mit gc»
fcl)n)eiftcn fronten fcitroärt« übet bie ÜWcnfa
fluölabct unb, naä) üorn geöffnet, eine
tRei^e oon 93ilbtt)erfen ober, üerfd)IiePar,
bie Reliqniare cntl)ält. S)atauf ergebt
fi^ ber 6ct)rein, ein folc^er üierediger
Äaficn, mit ©tatuen auögefe^t unb mit
glügeln »crfc^cn, bie man au^en mit ©i(s
bern unb inwenbtg mit Jftetiefö 5u üct»
jicren pflegte. Dfterö ifi ber iBcrfc^Iu§
ein boppclter. ©olc^c Altäre f)ci§cn 5ß an^
belaltäre. 35a^ ©anje befrönt ein Iufti=
gcr 2lufbau »lon «Streben, ^ilii^f" ""^
'3atbad)inen mit einem oft »erf(I)Wenbc=
rifd^en IReii^tum oon Statuetten unb
Ornamenten gcfc^mücft. @cf)on in ben
alt^rifllic^en 3<i^rt)unbcrten njar eö Sitte
geworben, in einer Äirct)e mef)rcre 'Mltdre
«ufjuftcücn, bi* auf 50. 2lu§er ben toiclen
IJlebcnaltären, meiere alö «Stiftungen t»on
*Pritatcn unb Korporationen in ben ^lb=
feiten unb ben fie begleitenben Kapcüen
i^rc ^lufjieOung crl)iclten, njaren eö ic=
weilig jmci QUtärc, bie in bebcutenben
Äird)cn eine bcfonbere "Jluöftattung er^ieU
ten, ber ^ron« ober ^oc^altar in ber
STiefc beö (Stjoreä unb ber tor bcr SBejl'
feite bcr G^orfd^ranfcn ober beä Settncrö
befinbli(i)e Äreujs ober öaicnaltar.
IDcr Ic^tcre, für ben ©otteöbienft bcr
Uaien befiimmt, roar gen)öt)nli(J) üon einem
.^reujc überragt, baö man je|t nod) ju«
«teilen batb frei fd)mebenb üon bcm ®e-
lüölbe herunterlangen ober auf ber anbe*
Tcn Kante bcö ?ettnerä jwifc^en ben ©tanb*
bilbern 'Warid unb beä (Snangetipcn 3o*
'^anneö erri(f)tet fie{)t. Dtcbcn bcm Kreuj,
iai fpäter feinen <pia^ auf ber ÜJtenfa
fclbft fanb, mürben feit bem 12. ^a^r^
jwci 'Hltarlcu^tcr aufgcj^eüt. ^ak)
9lat)n, bilbenbe Äünfie in ber Sd^mcij,
@. 729. Dtte, j£>anbbu^ bcr fird^li(f)en
Utre^äologic. mfd)n. 31.
Sllt^O^beutf^ nennt man feit Jafob
©rimm bicj;enigc Stufe bcr bcr neul)0(i)?
i)eutfiJ)en üorau^gcfjenbcn, mit bcm ®efamt=
itamcn altbcutfd^ benannten ISeriobc, meldte
bcr mittcIl)oc^beutfdE)en ober böfifd)en *Pcriobe
rorauögcftt. Sic l)ei§t altt)od)beutfc^, meil
fie bie Sprache bcö oberen ober t)ol)en
I)eutfc^tantö ijl, im ©cgenfa^ äum alt=
nicberbeutf^en, iai man feinen befonbern
©tammfprad^cn nac^ altfädE)rif<^ , alt»
frieftfd) nennt. Der »Unfang beä Qllt^od)»
bcutfd)en lä§t jtc^ nid^t genau fcflfe^cn;
jene Spradie, melcftc bie 33orfabrcn bcr
nltf)0(J)beutfcf) fpred^cnbcn ©tämmc jur
3eit be« Ulfila« fprai^cn , würbe man im
engeren Sinne nod) nicfct altt)0(ftbeutfd)
nennen bürfcn, ia biefc @pra(i)c, auf ber
fog. gotif^cn fiautfiufe fict)cnb, eben
bcölialb noc^ fein alt^odjbeutfcl) war. @rft
ali fic^ biefe ältere Sprac^fiufe jur alt=
l)0(f)beutfc^en Stufe entwicfelt tiattc, wel(^e8
im 6. unb 7. 3al)r^unbert gefcf)a^, Idft
f\d) im cigentli^cn Sinne »on einer alti
i)0(i)beutfd^en @prad)e reben, b. b. ton
bcrfcnigcn Spradjc, wctdje bie ®rimmfd^c
®rammatif fo nennt. — 'J'cr gotifd^en
«Sprad^fiufc gegenüber unterfd)eibet jtc^ ba«
*}tlt£)o^bcutfä)c weniger im ißofaliMu«
üU im Äonfonanti^muö unb t)ier bcfon=
ber« in ben ÜJluten ober 93erfd)lu|lauten;
nac^ bem ®cfc^c ber ®rimmf^cn ßaut=
»crfcf)icbung wirb namlicf) gotifc^ tenuis
jur aspirata , got. media ^ur tennis unb
got. aspirata jur media, Wcld^e« na*
ben cmjclnen öauten folgcnbc« ©cf)cma
giebt, i>ai freilief) in jat)ireic^cn (Sinjcl=
fäüen gcjlört crfd^cint:
©otifd) p ph b t th d k cli g
<}lltbo*bcutfd) ph b p th d t ch g k
2)cm 2Kittclt)ocI)bcutf(J)en gegenüber be=
fx|t bie ältere @praci)c nocl) »oütönige
(Snbftlben, 5.«. giba, gibis, gibit, gebames.
gebat, gebaut; tak, takis, taka, takan.
wcld^eä mittel^ odbbcutfd) ju jlummcm ober
unbetontem e wirb: gibe, gibst, gibt .
geben, gebet, geben; tac, tages, tage, tac ;
ber Übergang in bie fpätcrc Stufe beginnt
im 10. 3al)rl)unbert unb ijl in bcr Witte
i)ci 11. 3al)rf) na^cju burd^gcfüf)rt.
Da« 31ltf)oct)bcutfc^e iji aber feine cin=
l)eitlic^c ©cfamtfprad^e, ütclmcf)r fpric^t
unb fd)reibt jcber beutfc^c ©tamm noc^
bie ibm eigene 9!)Junbart, immerhin fo,
ta^ Don Karl bcm ®ro^cn an ein cin=
l)eitlic^er, an ben $of fi* anfc^lic^cnbet
3ug wafirjune^mcn tft. Die nortianbenen
©enfmälcr ftnb entwcbcr fränfifcf)(Otfrid),
alemannifd^ (Me St. ©aller) ober bairifc!^.—
Snncr^alb be« alt^od)beutf*en 3cit--
raum« liegt bie altfäcf)ftfct)e unb altfricftfc^c
Spracf)e, beibc auf ber gotifd)en Stufe
bcr aJluten fie^enb. Da« wicf)tigfic Dcnf=
mal be« <Jlltfäd)ftf(f)en ifi ber ^clianb, ba«
widb.tigfte bc« <}ntfricfif(*cn ein ©efe^bud^.
^incibe« finb ^öfifdje 9tittercpcn,
wcldje ben *Birgilifcf)en 5tnea« unb feine
'Jlbcntcucr im ©eific be« gtittcrtum« jum
(Segenftanbe ^aben- Die franjöftfd^e
5ineibe bc« Pierre d'Anvergne ifi pcrloren.
Sr^alten \\t bie nad) franjörtfd^en Q.ucl=
Icn Pcrfa^te beutfc^c ^Incibe ober Sneit
12
'Ännalen — ^nttujiio.
be« ^cinii<^ »on Sötlbcfe , bei ale bet
JBegtünbcr ber ftöfif^cn (Rittetcpif gilt unb
befonber« tai IDJoti» bct SKinne in t>ai
apoi einführte, ^aö beutfd)e ©tbic^t
Iä|t bcn Oincfl^ au« Sroja flicken unb gur
SDibo gelangen , bie il)n bur^ ßiebe ju
feffcin fucf)t. i)urd) bic ®ötter an feine
pi)ere SBefiimmung erinncit, entfliegt ?i[neüö
in bü^ ßanb beä Äönigä Sotinuö in Sta-
lien ; um beffen Stocktet ßacinia !änipft
SÜneaÄ einen 3tt5eifümpf mit Jutnuö, bem
fiawnia f(^on t)cr)ptoc^en ip. ®en ©ipfel-
punft bce®ebi(^tc«bilbcibic SDUnne i^tt)i)(icn
3i[nca^ u. Jnmnia, bief^Iic^licbbieStamms
eitern be« SRomuluö unb JRcmusS merben.
Stnnalen f)ct§t eine miAtige ©attung
mittelalterlicher, lateinif^ gefdbtiebener ©e*
f(fei(^tequcüen ; e^ finb urfurünglid) cbro»
nologifdfee furje ^iotijcn, melcfce bie SDüffto»
näre auf bie überall »erbreiteten Dfiettafcin
fc^rieben, bcren (Ranb »on felbji boju auf*
fotbertc, neben ber 3o^rc«jat)l turjc iWacfcs
richten einzutragen. SOJan finbet fie juerft
in 3'«Iif"/ Si^lanb unb ßnglanb, feit
Äarl b. ®r. in SDeutfAknb. ÜTiit ben
Cfieitafeln mürben bic SRanbbemertungen
abgef*rieben unb gingen fo »on einem
Älofier an tai anbereüber; man »erbanb
fie, fe^te fte fort unb crgänjte fie aue
anbcrn Sc^riftfieüern. ÜJJan unterfdjeibet
JReid)^* ober ^öniglidbe 51nnalen , bie am
Äöniglicben ^ofc ertjtanben fmb, unb le-
tale Äloftcrannalcn. 3^ ^f" erjtercn gc=
^ören bie 21nnalen »on ©. *Jlmanb, Anna-
les Mosellani, bie fiorfc^er ^Innalen, bic
^nnalen (Sini)arb«, beren Urbeberf(f)aft
burct) ben ®efd)id)tfd)reibcr Äarl« b, ®r.
jmar nic^t allgemein anertannt mirb.
Älofierannalen lofaler Dflatur ftnb febr
^ablreid^. 91uÄ biefen Qlnnalen ftnb mit
ber ßtit bie au^fübrlicl)en (5,I)r onifcn,
Casus, Gesta, Chronica fceö SDUttelalterö cnt'
fianben. 2)ie2lnnolcnrinbberauegcgebeniion
$er^ im crften SBanbe ber Monumenta Ger-
maniae historica, 1S26; ficbc SBattenbad),
beutfc^e ©cfd^icbtäqueüen im SDJittelaltcr.
SInnaten beiden im SDiittel alter l. eine
5lbgabe besi Drbinicrtcn an ben Drbinic=
renben, bic biä jur pb^e bc^ erftcn 3a')=
tefleinfommcn* gejieigert »erben butfte,
»on <Pricjtern, 5ibten unb ©ifcböfen gelei=
jiet merben mu^te unb aümätilid) an ben
$apji famen. SQ?an l)ie§ fie meift ser-
vitia. 2. bie 9lbgabe ter |)alftc ber
eijien 5o^Tf«^einnal)me, meld}e bielöifcböfe
»on bcn»on il)nen»(rlicf)enen*Pfrünben er^
hielten unb ebenfalls mit ber 3cit an ben
(Püpjl abtraten. 3:icfe jmcite 5Ut l)ie$ im
engeren ©inne annata. Über beibe %h^
gaben, bic mit ber 3eit benfelben Jiamen
annata erbiclten, führte bie »ottefotmas
tcrifc^c 3«it heftige klagen; bie 5tnnaten
im engern ©inne feilten nad) einem SBe*
fd)luffc be* Äonjtanjcr ÄonjilÄ auf|)6icn,
menn jte menigcr ali 24 ©olbgulben be*
trügen, roai in 2)eutf(^Ianb bei aüen
papftlicben $frünbcn cintrof; bic ©er*
» i t i e n bejianbcn fort, unb fte ftnb e^,
benen bic »ielen klagen fpäterer 3eit galten.
Slnnitierfanen ftnb fird^lic^c 6tiftun*
gen für jä^rlicl)« »^ürbittc ju ©unfien
»onOlbgcPorbencn; jtcfamen im 11.3a^t-
^unbert auf.
2tnttc^rift, m^b. auc^ mit 91nlc^nung
an ende:endechrist. 5Dic ße^re
»om Qlnticbriji, fc^on bei ben ^ul»«« al*
^fcubomcffmö »orgcbilbet , fam frü^ mit
bem G^riftentum in bic beutfd^c Silbung;
befonber^ in ber 2luffaffung, monad) er
am (Snbe ber ffielt ben gto§en Äampf
mit ßbriPuä bcjlcljen wirb, an welchem
auf beiben €eiten übermcnfc^lid)c Jgsclbcn
teilnebmen, befonbere ber ©vjengcl SOlic^acI
unb (Sliaä, n)abrf($einlid) na(ib bem 93ricf
3ubüc, 33. 9, mo ber (Srjcngel SWidbaet
mit bem leufel um ben ßcic^nam ÜJJofi^
janft. S;ie befanntejte beutfd)c 5Darjlellung
ber 31ntid^rifis@agc ift i><\Q ©cbic^t » o m
jüngfien Sage ober ÜJJufpilli,
u. a. abgebrucft in ÜJlüllcnl^off
unb ®d)ercr, Scntmäler beutfd)er
^oefxc unb $rofa, mo in ber Erläuterung
jat)lrcid)e anberc bcutfd)e S)id)tungen »om
9lntid)riji nac^gemicfen ftnb.
5Dic auf tüi 3abr 1000 unb fpdtcr oft
mieber^olten Sßciöfagungcn be^ nat)cnben
SBeltuntergange »etanla^tcn iai ganjc
ÜJJiitelaltcr binbuid^ Sdiriften über biefen
©egenfianb in $ocfte unb ^rofa , fo
»on ber grau ^»a, gejtorben 1127,
®iet)e SBadcrnagel^ fiittcraturgefcbi^te,
§ 55. 51ud) Vridankes i8cfd)eibcnt)eit ^ot
einen 5lbf(^nitt (49) Von dem ende-
christe, baju bic 51nmerfungen in ber 31u«>
gabe»oniBez^enberger,^allcib72,p, 461 ff.
5Daö ältefic in 2)cutfcblanb aufgefunbene
Sinpjterium iji ber Indus paschalis
de adventu et interitn Anti-
christi »on iBernt)er »on legernfee,
ber 1172 ein beutfd^e« ÜRarienleben bid)tete.
6eitbem 14.3a^rbunbert fanben bie ©cgnci
be« <)3apfttum«, SBiflcff, ^u§, unb gang
allgemein bie (Reformatoren ben 31nti^rij^
im $apfic. iMud? in ©rantg 9iarrenfc^iff,
103, ifi »om Endchrist bic JRebc.
Slntrwftio, abgeleitet »on trustis, bie
Entwerfe — ^ttc^iowefen.
13
Derbunbenc @d^ar unb bcfonber« bie bct
®efol9«gcnojyen , ifi in bet SWetowtnger
3«tt bet 9?ame be^jcmgen, bet jut ®efolg*
fd)oft beä Äonig« ge^ött; et bci§t auc^
JtifdbgenoiTe, conviva, S)ie *}lufnabmc
in bie Itujii« etfolgtc butdE) bie ^otmel:
„e« iji ted)t, ba§ wct un« unoetle^te
SEteue getobt, unfete« ©cbu^e« genie|e.
Unb njeil jcnet ®etteue nadb ®otteö
aöiQcn fommcnb bort in unfetem ^alafl
mit feinen ffiaffcn in unfcte ^anb ©efolge
unb Sreue bcfi^woten bat; bcäbalb butd^
bie gegenwärtige Utfunbc bcfefilen unb
befdbHelcn tt>it, ba^ jenet obcnetnjdbnte
binfüto untet bie 3"^^ ^^^ ^nttuftioncn
gcred)net ttjerbc. Unb wenn jemanb ji*
erfred^en [oüte, it)n ju töten, fo tt)if[c er,
t>a% er fein 9Bct)rgelb mit 600 solidi ju
jablen fd^ulbig befimben tDcrbe." I)icfeä
Sßcbtgelb ift breimal fo grof wie 'iai bcr
gcmöbnlic^cn %mm. ©onft battcn bie
5lntrujiioncn t>ai gleidbe Oflcdbt unb ®e=
ridbt mit ben übrigen ^^eien, fte jinb aucb
iiid)t erblicb unb bitben feinen 6tanb bcö
5lbelö. (S«( fmb greigeborene, bie in bicfe«
Ißer^dltni^ eintraten. 9?ur ber Äönig bat
5lntrufiionen. 3Wit ber ^u^bilbung be^
üebcn^mcfen^ Derf^minbet hit^ti nur ben
gtanfen bcfanntc 3nPitut. ®icbe 2öat^.
^nttoerle, mittcllat. machinae ober
i n g e n i a beiden ii" 9)tittelalter bie ted)«
nifdbcn Hilfsmittel, beren man ftcb bei Se«
lagerungen bebiente. 3)ic Saufunft bcr
Äricgömafdbinencntttjidclte ftcb befonberSin
Stallen unb fam »on ba namcntlidb butd)
bie ^reujjüge inS übrige 6uropa. Samt«
liebe« ^ntwerf jerfäüt in 3 3lrtcn: Machi-
nae oppugnatoriae, machinae
jaculatoriae unb machinae tecto-
riae. 3u benm a chin ae oppugna-
toriae ober ©tofjeug jum üWauer*
brc^cn geboren ber feit Urjeitcn flctö im
©ebraucb gebliebene 2B i b b e r ober 6turm*
botf, bcr Garant, b. b- bcr ^ölaucr*
bobrer, bcr 5?udb« unb ber Ärebö. 3)ic
machinae ja culatoriae ober iai
©dbu^* unb SBurf^Scug jcrfällt in
a) ®cfd)ü^e für r afanten ©dbu§:
SDic ®tanb«5lrmbrufi, aud) »üd*, Surm*,
SBagarmbrujl ober Der ©pannwagcn gc«
nannt, unb bie SRuttcn, abb. ruoda,
©tauge, fäulcnartige ©cftcöe mit foloffalcr
jiäblerncr ©dbncüperfcber, mcli^c ben auf
ber ©äule liegcnbcn ipfcil bintt"«gfcbnentc;
fie beiden au^ Katapulte unb biencn bf
fonberö für 5lbfcbic^cn von ©ranbpfeilcn.
b) ®cfcbü^e jum Sogenmurfe:
SDic SBIeibc, mbb. bilde, berTrl-
bock, mbb. driboc, ber Schleu-
derkasten, bie Mange unb bie
M a r g a. — iDic Machinae tecto-
riae,2)c<fjcug unb lürme, jer«
fallen in fat)rbare ^olibruftmc^«
ren, bcbcdte ©täube ober
fallen, aucf) ^a^t unb ©au genannt,
unb Sürmc ober berc vrit , eben-
hoehe. ^aä) Jäbn«, ®cfc^tdbtc bc«
Äricgöwcfcn«, 634 ff.
^Ot^ele bebeutetc juerji ieben Äram*,
alfo audb ludb«, ©cbu^macberlabcn u. bgl.;
im 14. 3abrb. verengt jtdb bcr 93egriff ju
einem ©pcjcrcilabcn , in roclcbem |»ülfene
frücbte, ®cn)ürje, ^Irjnciitoffc, Äonfeft,
2Bad)« u. bgl. oerfauft würben; au« bem
3nbabcr fol^cr ßäben wirb bann ein
gelernter bereiter oon ^Mrjncicn, ein *Wcijler ;
ti bangt ba« bamit jufammcn, ba^ man
urfprünglidb fafi nur »egctabilifc^c *}trjnct«
floffe gebraudbte unb erjt fpäter mit bem
^ortfdbreiten ber ®l)cmie unb bet bäuftgcr
mcrben^en 9lntt>enbung »jon mincralifdben
©toffcn eine miffenfcbaftti(^e S^ätigfcit
auffommt. ^m 15. 3.?btb. beginnt man
bie 5lpot^efcn butdb 3i[tjtc bcaufft^tigcn
jU laffcn unb polijcilidbe Sorfcbtiften über
layen u. bgl. auf <uflellcn ; bie ättcfic bc»
fannte Qlpotbefer*Orbnung ift bie ^xanh
furter ». 3- ^461, mclcbc jum iÖluftcr
jablreidber anbrer würbe. S)ie iflrjncifloffe
würben au^cr ben cinbcimifc^cn torjug«;
jugSweife »on Senebig bcjogen; fte jer*
fielen in einfalle unb gemengte, ©ic^c
Äriegt, bcutfcbcä 33ürgcrtum im iWittets
alter, I, 60 ff, wo au^ bie älteftc *Itpo*
tbcfcr^Orbnung abgcbrudt ift. — ^i^^bcrs
fing, ®cf(bid&tc bcr ^Pb^vmajic. ®öttins
gen, 1874.
Apsis, au« griedb. apsis ober hap-
sis =: 'Bcrbinbung, Ütunbung, ®e»ölbe,
barau« mittcllat. absida, a^t>. abstda,
apsita, mbb. mit 'Jlnlcbnung an ab-
site: bie abs ite ober apsite, uriprüng^
lidb bie «ltar=:i«ifdbe bcr «afilifa. ©ic
bei^t aucb concha, tribunal, sanc-
tuarinm ober sancta sanctorum,
weil ber ^odbaltar barin fic^t. 3w goti:
fcbcn öauftil bort bie "Mpfi« auf, ein orga«
nifcb gcfonberte« ®licb, eine felbflänbige
iöorlagc t)ii ^Itarbaufe« ju fein, unb bet
Qlltattaum ifi blo§ ein Öcjianbtcil be«
bobcn föborc«, ba« "ilttcr^eiligfie be«fclben.
^tr^ititpcfeit« 35te fircbltdbcn Qlrdbioc
rcicben t)icl böb^t bi"a"f' ^l« bie weit»
lieben, ©ie cntbalten jwei 5öej!anbtcile,
cine«teil« bie ^rt»tlcgien, ©cbcnfungen,
95ertrag««Urfunben, ri^terlidbc ©ntfdbeibe.
14
Qhfcbuftercr — iMrmbrufi.
anbcrnietlä bit am ber eigenen ibcitigfeit
beiDorgetjenben Äonjcptc, SRegificr, ^ften
aUet 2lrt; jcneö ftnb Die Urtunben, biefcs
bie SRegijitatur. I)ic erfien Spuren
beä pappUd)en 1lr(f)iüö gehören bem 4.
3a^rt). an. infolge beä päpfilic^en Syilö
na^) 2lDignon ging fafi tai ganje ülrdjit»
j^u ®runbc. ©tP ßon Jino^nj III. an
ftnb bie Otiginalrcgifter in 2016 Sßänben
poxfeanben. 2)ie jüi^Ifofcn Äirdben unb
Älüjicratc^iDc »urben mcifi fe{)r forgfältig
retmabit; oft njurben bie ^aupiprioilegien
mit bem »g(i)a^e »ereinigt, baber fte am
ja^Ireicfeficn auf une gefommen finb. !Dic
©iegel fcf)ü^t€ man burd) Umhüllung con
2ßcrg, Scutel »on öebcr ober anberem
Stoff. Um bie ju häufige (Sinfi(^t in bie
Originale ju umgeben, legte man Äopial«
bü^cr an. 93ei »eltlicben gürf^en toai
e» Sitte, bie »id^tigficn 2)ofumente in
einem ©tift ju permafiren, bie beutfdien
Karolinger benu^ten bafür bie ÄapcQe ju
Olcgensfcurg. 33ci bem SBanbern bca .^oieö
logen bie iUrdbioftücfe oft febr äerjlreut, bie
laufenben 5lften unb wichtigen Urfunben
führte bcr ^of mit fid). 3n ben Stäbten
legte man »on Anfang an großen Sßcrt
auf ein geoibnete« ^U-^iowefen ; jur Qluf=
bctt)al)rung benu^te man ba? 9fi«tbauö
ober bie Q3farrfirc^e. fflaitenbac^,
©dbriftwefen, VII,
8lrfc6iificrcr, oon franjöf. arche-
bnse, bicfe^ au« bem altitalicnif(ä)cn
arca-bonza, lat. archibnso, ju-
fammengefe^t auö ital, archi = lat.
arci = be^SBogenö, u. ital. ber bugio,
Sod', alfo eigentlich geuerro^r mit ioä),
beutfcfe ^afenbücbfe: im @cgcnfa| jur
SWuefete ober bem ^anbroljt, ta^ ber
®(i)ü&e allein mit ben^änbcn l)anb^aben
fonntc, iji eö bad |)anbgef^ü|, tt)elcf)cd jum
Qluflegen einen ©tanb« ober ©abeljlocC
forberte. Sie follen in granfreid) burd^
gron,} I. um 1544, im fpanifd)snieber«
Idnbifdben $ecre burd) 511 ba um 1567
eingeführt worben fein, ©ie hiurben ilirer
Unbcquemlic^fcit falber in ^püanb um
1600, bei ben @d)h)eben burd^ ©uflaö
5lbolf unb feit ben 40cr Sauren beö 17.
Sa^r^unbertö überhaupt me^renteilö ab'
gcfd^afft. S)ie Qluärüjlung beö ilrfebu»
Äercr^ beftanb au^ bem eifevnen a3rufi=
unb Sftüdenfiüd, nebfi Sturmhaube , bie
Untere fpäter burc^ einen breitf rempigen ^ut
erfe^t, ber 51rfebufe an einem Duerban-
belier, bem <B(i)tont, 5ßifiolen unb 3"-
bebör.
$lnntinift , ml)b. tai armbrnst,
armbrost, burc^ 5lnlcbnung an iU t m
gebilbet auä mittellat. arbalista, Doli«
jiänbiger arcubalista = iBogen«
iZöurfmafd)ine, au« lat. arcus ber 'öo^
gen unb gricd). ballein = werfen.
ÜDie 'Mrmbruji ifi eine Sßeiterentttidlung.
beö Sogen« , inbcm berfelbe an einen
«Scbaft befejligt »arb , meld^er im oberen
jDrittteil feiner ßängc in einem oierfciti^
gen Qluöfcbnitte (fRußbrunnen) eine um
eine SBelie brebbare ?tu§ b^tte, i)\ntn
meldier bie Sebne fiurücfgcjogen unb ein=
gelegt, bie 9?u§ bagegcn burc^ bie in ibt
unten einliegenbe ülbjug^Pange fe^gc^als
ten mürbe. S)ie mefentlicbfien leite ber
^Irmbruft finb alfo ber So l je n, anfangt
»on ^olj, bann oon ^orn, enblidb »on
Stabl b«g«fieöt, ferner ber eidiene Sdbaft
mit bev i)?ui, bem Äcrn unb bem @(ilüffel
ober I)rüder , fonjie enblicb bie ©e^nc.
S5ie 51rmbruji ttjar fd)on ben ®oten be-
fannt. %üx ben 51bel unb bie iJürflen
mar fu junäd)fi Sagbttiaffe, für ben 33ür=
ger lurm* unb ÜJJauerrocbr. 3llä Äriegö=
Waffe fam fie namenilicb im 13. ^af)i^.
in Slufna^me, in ben Kriegen ber ©täbte
gegen ben 31bel. '^Sbüipp *Hugufi (ll80 —
l233) fcbuf in gwnfieid) bie etfien 5lrm=
brujlf^ü^cns Kompagnien. Scfonberd in
ben9?ieberlonbentt)ar bie SIBaffe beliebt, man
belebte bie Übungen burcb ^i^i; 1394
tt)urbc ju Sournat) ein gro^eö 2öettfdbie§en
abgel)alten. 9ibnlicb in 2)eutfd)Ianb , voo
mand^erortö bie Sßürger einen leil bc*
3»t)ingerö jmifcbcn Stabtmauer unb @tabt=
graben ju ibren Übungen innc batten. S)a*
3i£l ^Jftegte ein aui |)olj gefd^ni^ter 93o«
gel ju fein, auf einer langen Stange be^
fejiigt. 3" ^fi- Scbweij \)al)m ftc^ in
einigen Stäbten 'Jlrmbrufi* ober Sogen«
fcbü|enpefenfd)aftcn bi^ b«"'« erbalten.
Sßäbrenb bie 51rmbru|i für bie Ißerteibi*
gung fejlcr *)Blä^e gute SJienfte tbat, fom
fte für bie Sermenbung im offenen Jc'be
niemals recbt auf; fd)o§ auä) ber Sogen
weniger jiarf, fo f(^o§ er bod) »iel f^nel«
ler alä bie Qlrmbruj!; au^ fonnte ber
51rmbru)lfdbü^e in feinem Köd)er nur 18
Soljen fottfcbaffen, wäbrenb ber Sogen*
fd)ü|e 24 (Pfeile trug, ©elegentlicb »er*
feu bie 31rmbruPfd)ü^en im Kampfe bie
ffiaffe Weg ober bebienen jicb ibrer al*
Keule. Ulodb fd&werfdUigcr Würbe ber ®c*
braud) ber 2ßaffe, wenn ibr 3nbaber mit
einem ober jWci Kued)ten alö Spanner
in ben Kampf jog. 3W ü 1 1 e r unb
ÜJJot^eö, 2ßörterbudb, unb^äbn«,.
@efd)i4)te bee Kriegewefen«.
3trnienpflege — QtrtiUciie.
15
5tnncn))flcgc. S5ie Armenpflege ifi ein
mei'entlic^ cfenpiiiieö SnPitut. f^e btxüi)t
auf bem (Scbot bcr SWä(f)iicnUcbe, hat mit
r>em Staat ni(f)tö ju t^un unb reenbct ftd)
blo§ an bie ^nbiöibuen ; fie befielt in
iPripatalmofcn unb beten ©idierunfl, alfo
im ©tiftungöh)efen. 2)ie 2lrmcnfiiftun=
aen mürben bet leichten, wohlfeilen unb
ftd)eren 23crtt)altun9 rtiegcn an bleibcnbc
Äorporationen an9cf(J)Iof['cn, fleincre met)r
an Äit(f)en, gröfere, »ieSpitdter, an®emein=
ben. 2)urc6 bie ^Infniipfung an bie Äirc^c
erhielt bie Qlrmenpflege ben religiöfen St)a*
rafter unb rcar eine mirffame 5lufmunte=
rung ju neuen 5lrmenf}iftungen.
1) Äirc^Iic^e Armenpflege.
Arm ifi erftcnö ber ©cgenfa^ con ricli in
beffcn jirci ©ebeutungen, t)ornef)m, mää)'-
tig unb reicö an ®ut; bat)er arm mbb. fo=
TOo^l ben ÜUann »on geringem €tanbe,
ben hörigen Sauer, mbb. arme Hute,
üU benjenigen, ber nic^t^ beft^t, bebeutet,
ben armen I)ürftigen , ben Settier , tat.
pauperes, egeni, pauperes
mendicantes hostiatim, bie
an ben 2{)üren betteln. S)ie Armenpflege
erftrecfte flcf) meifi auf bicfe zweite Älaffe,
unb jh)ar foroot)! auf bie anfdffigen ober
Ortöarmen aU auf bie h)anbernbcn Qlr*
men ober ^ilgcr. Auei ber erficn Älaffe,
ben armen liuten, gingen bie a x -
men ®d)üler ^eroor, pauperes
scholares, bie aud^ in fiänbigc unb
manbernbe eingeteilt würben. S)ie fiän^=
bigcn befudjten bie Äirct)enfcf)ule unb roa^
ren jum ßljorgefang »erbunbcn. SWan
unterfd)icb folcfee, bie nur Srot befamen,
unb fol($e, n?elcf)en man Äojl gab. Au^
ben armen €(f)ülern mürbe bie niebrige
®eifHid)fcit gro§ gejogen , bie ton ber
*Pfrünbe bcä Altar« lebte, bem fie biente.
S>ie Armenpflege jiebt 3i a t u r a I o e r *
pflegung ber ®elbau Stellung
por, unb jmar Werben robe 9'Jat)rung«5
mittel fcltener erwähnt aU fertige. SDie
JJatural « Verpflegung bie§ spende
auö mittellat. s p e n d a , wel4)es mit
®peifc auö lat. expendere fommt,
Wäfjrenb ©elbalmofen gcmöbnlid^ a Im o -
sen, eleemosynae {)ciBcn. 35ie
©penbe gefc^a^ t)äufiger in Sßeiprot ate
in ©c^warjbrot, weil man baburc^ ber
Abfielt beö (Spenberö beffer nac^fam. So
gab einmalige €penben unb fol^e, bie
tt4 über tai ganje Ja^r erfirecften. ®runb-
fa^ mar, bie ©penben öffentlid) ju »er^
teilen, auf bem ^irc^^of, am ©rabmal beö
Stifter«, in bet Äircl)e. S)ie Armen mußten
bat)er bei ber Seelenmcffe anmefenb fein,
fc^ma^c unb fronte ^auäatme auägenom=
men. Die ©tiftungöbriefe I)ie§en litte-
raepenales oon p o e n a , b. i. ©träfe
für ben ?Jicf)t»olläug ber Stiftung.
2) 3" ^^^ ® c m e i n b e = A r m e n =
pflege ^ertfcl)t ebenfaüö ber Unterf^ieb
jreifd^en Spenben unb Almofen. Die be^
fonbern Anfialten jur Sefüftigung ber Ar^
men fmb bie S p i t d l e r , beren man
r e i c^ e 6 p i t d l e r , b. i. $frunbt)dufer,
unb arme „Spitäler, Armen^dufer
unterf(^ieb. Über bie Armen au^er ben
©pitdlern mar ein Au«f(f)u^ angeorbnet.
9Bo bie JHcformation eingefül)rt murbc,
pflegte bie Dbrigteit fofort burcf) ein be*
fonbere« ÜJJanbat eine Armcnorbung aufp»
fiellen, befonber« bamit bie iBermdc^tniffe
frommer unb milbtt)atiger Vorfahren nid^t
met)r ju einem prunfenben ©otteobienjie
unb für unmürbigc ®eifilicf)e nermenbet
mürben. 33gl. .^e§Iet6 Sabbatba, I,
92. Tlan fiiftete einen öffentlichen A l =
mofenfaficn, ftcflte eine Armenbet)ütbe
auf, richtete in ben Äir^en einen 21 Im o 3
fcnfiocf ein(bat)er ^todamt) unb ocr»
orbnete für bie ^auptgotte«bienjle ein Sin«
fammeln oon Almofen burc^ ba« „Sdcfli",
ben Klingelbeutel. ÜKonc, Über bie
Armenpflege »om 13. biä 16. ^ai>x\). in bet
3eitf^r. f. ®ef^. b. Dbcrr^cinö, «b. 1.
— Äriegt, 55eutfd)e« ißürgert. I, 161.
Slrtifleric fommt aU ÄoQefJit>namc für
®efd)ü6 im Anfang beo 10. ^.xtixi). auf,
bei iBabian artellari (etma 153U), bei
anbern Artelerei unb ArtoUerie;
au« franj. bie artillerie, prooenj. ar-
tilharia, fpan. artilleria, ital. ar-
tiglieria =^ ®ef(^ü^, con franj. ber ar-
tiller, fpan. ber artillero, ital. bet
artigllere = Stü(fgie§er , ®efc^ü^5
folbat, meines auf prorenj. artilha, ge«
ftungämevf unb julc^t auf Ableitung non
lat. ars.Äunft, im OJJittellatcinif^en auc^
foüicl als ®ef(i)ü^ jurücf^ufül;ren ifi.
Sffieiganb. ©ine Umbeutfdjung be« ni^t
cerfianbenen Aitiüerie fd)eiat Arkelei,
arkellei, arkollei ju fein. 2)er Qluä«
brud Artillerie fommt ungefdfir gur fei*
ben 3cit mie bie geuermaffen in aUgcmei«
nerc Aufnahme, boc^ ifi er dlter al« bie
^^euermaffe unb bei ben J^aniofcn f<^on
unter ßoui« IX. um 1228 befannt, aU
®efamtnamc ber iBurfgefi^offe. ^tx
Abel, ber in ben ^^"ft'^o^'^fn ^^"^ ®^'
fc^rdnfung feiner Semaffnung, unb ©ic^a
ter unb Genfer, bie in il)nen eine freche
Anmaßung göttlicher Attribute fa^en, Be*
16
^tttuÄfdge.
ärai^tctcn bic neue SBaffe mit ungünfitgen
IBIirfen. (Sine rationelle Trennung Don
^^a^bn)affen unb ©efd^ü^cn ifl bei ben ge*
tingen Äalibcrn bcr frü^€|icn ^euttiuaffen
faum burd^jufü^ten. 'HU SDtittcIbing jroi*
fd^en ^anbwaffc unb ©cfd^ü^ ging »o^l
junäc^ft bie ^otjf anone f)croor; ein ge»
fiieltcr ^anbmörfer rourbe einer arabi«
fcf)en Söaffc, bcr Madfaa, nad^gcbilbct.
Qllö fc^were^ ®efd)ü^ crfc^eint fobann ber
IBurffeffel ober 'Dtörfcr, baburd)
»erlängcrt, t>a^ man entmeber bem ®e«
-fd)ü^ vorn ein *0lunbflücf anfe^te, ober,
inbem man ben SBurffcffel in einen Sp*
linber ^ineinfd^ob; in jenem %a\i ^atte
man einen 93orber?, in biefem %a\i einen
^interlaber, OlHmä^Iid^ ging man ju
[(f)tanfern ^oi^'"^" über. ®egof[en mur«
ben bie ©efc^ü^e juerfl über einen Äern,
f^on im 15. 5a^rö. bohrte man aber in
Seutfc^lanb ®c[d)ü^e. SJaö OJlaterial ij!
anfangt ©tabeifen, fpäter Sronje. iöor«
i)errfd)enbe Xppen gicbt cö bi^ gegen 1450
faum, man f^manft »on einem (Sytreme
jum anbercn, »on fe^r furjen, fcffelartigen
JU langen, f<J)tangenglcic^en iRoijrcn. @rji
gegen Snbc be* 15. ^a^xl). laffen fic^ bc
Stimmt benannte Wirten oon ®efd^ü^en
iieutU^cr unterfd^eiben.
1 . 93 ü d^ f e , at)b. p u h s a , m^b. b ü h s e ,
lat.sgried^. pyxis, urfprüngti«^ eine au^
I)artem iöudjäbaum^otj gebre^te Äapfei,
tt)elc^e ttcft fc^raubt. ÜJian unterfd^eibct
©teinbüc^fen für ©teintugeln unb
Älo|bü4fen für Äugeln auö (Eifen,
IBronje unb Slei, Sot^büc^fcn fc^ie^en
blo§ «Ici.
2. «Diesen, a^i>. m^b. mez = 2Jla§,
@efd§ , Irinfgefd^, alfo glei^bebcutenb
mit Äanone auä lat. canna = jRö^re,
Srinfgcfd^irr.
3. (Sllbogen*®ef^ü^c, in ^orm
toon fflinWf)afen mit ^orijontalcm SRo^r
qI^ Äammer unb fcnfrec^t cmpot|iel)enbcm
JHo^r aU gflug.
4. ÜJlörfer, lummlcr ober "Böller,
anfangö feiten, ta bie alten fflurfmaf^i«
nen benfelbcn ^votd n)of)lfei(ct erfüllten;
feit bem 16. 3a^rl). werben fte bet)uf«
aöerfcn von ^cuerfugeln ^äufiger. lumm«
ler unb Böller fmb ajtörfer Elcinercn Äa*
über«.
5. ^auptbüd^fen, ©(^arfme^tn
ober 9)lauerbtc(^er , jum Brecf)fc^uffe
benimmt, feit bem (5nbe be« 14. 'Sa.\)xi).
eine befonbere ^m'bi ber ^ürfien unb
_6tdbte.
6. Äammerbü(^fen mit bemeglic^cr
ßabebüd^fc, bie burc^ vorgejiecften SttH
ober ©d^raubgewinbc im iRofire befefligt
mürbe, auc^ Sogler, 93 0 gier genannt,
in ber crjlen J^älfte tii 15. 3<i^t^. tjäuflg.
7. ^aufni^, ^amni^, ^auffnitt, ^au»
bi^, t)on ben ^ufftten in Dfia^a^mung u.
95erfürjung ber gegen fie ja^lreic^ ange*
manbtcn Äammerbüd^fen erfunben unb mit
93erjlümmelung beö beutfc^en SBorte«
|»auptbüc^fe benannt. ®d tjl ein 95ot«
bertaber, teil« mit, teil« o^ne abgefegte
(Puloerfammer.
8. Äartaunen ober Q.uartanen,
95iertel«büd^fen, burd^ 93erlängerung
ber |)auptbü^fe bei 95erminberung be« Äa*
liber« entftanbcn.
9. ©^langen, franj. serpentines ,
mit fe^r langem SRo^r.
10. Ralfen, ^Jilfaunen, 93alfenetlin,
Jalfonctt, leichtere JJelbfc^langen.
11. ^agclbüd^fen, 95ereinigung me^«
rerer 9lot)re auf einer 9lc^fe.
12. SRcpeticrgef(i^ü&.
5n sBejug auf bie 5'"ftf^<iff""9 ^^^
®cf(^ü|e« untcrf(i^ieb man 3:arra«bü(^s
fcn, b. i. folc^e, bcrcn ^a^rjeuge nid^t
bloi jum Iranöport, fonbern auc^ al3
®c^ie|gcrüfte, Sarra«, bienten unb Aar«
renbüc^fen, üon nur einem ^ferbc ge«
jogen.
Da« ältejic beutfc^e 93uc^ über 9lrtitlerie
ifl Mi '\^iUixro iitihnd) be« 9lbra^am
Don ÜJlcmmingcn, 1414; auf i^n folgt ber
^fdtjer OTartin '•JRtq, beffcn Ärieg«bu^
au« bem ^ai)xt 1472 flammt. iWa^
3dl}n« ^anöbuc^ einer ®efc^i(^te be«
Äricg«mcfen«.
SirtuSfagc, ber beliebtefle unb a\xiiit'
bilbetjlc ©agcnfrei« bcr t)öftfc^en 9IBeltlittcs
ratur. ^ranjöftfc^ fprc^cnbe anglo-nor*
mannifc^c I)id^tcr brachten ben ©toff in
(Snglanb auf, mo fte i^n, öon Quellen
jnjciten iRangc« abgefe^cn, in einer latci«
nif'c^ gefc^riebcncn S^ronif fanbcn, bie
® 0 1 1 f r i e b , ®rjbiafon ü o n 'JW o n «
moutb, um ba« 3a^r 1140 nieberge«
fcf)rtcbcn t)Mti , unb Die ben 3;itel trdgt:
de origiae et gestis rerum
Britanniae; beutfd^ überfe^t öon
©an üDlartc, ^atlc, 1854, SJarin mirb
bic ®cfc^i(^te oon 99 ^errfd^ern be« alten
99titannicn« erjd^lt, Don bem Stammoatcr
ber Briten , Brutu« , einem Snfcl be«
9inea«, an, bi« ju Sobmallaber am (Snbe
be« 7. 3al)rt)unbcrt«. @« ifl ein fagen*
t)afte«, mdr^cnDoHc« Buc^, bem t)ai Be«
flrebcn ju ®runbe liegt, fcinm ®egen«
flanb 'unbj burc^ i^n fein ^eimatlanb
iftrjtc.
17
mit ®Ianj ju umgeben; inbcm bet ®c«
fd^id)tf^reibct feinen Stoff mit bcm flaf«
jtf*en unb bibnfd)cn 2lltertum »erfnüpft,
bcmü[)t er jtc^ burc^ 3"fa"i'"^"fi^öun9
munbetbaret, rüf)rcnber, tragifc^er SÖios
mente ben (5inbrucf lüdenlofer ^Bodftän«
bigfeit unb Bu^^^^if^g^fi* ^ertoorjubrin*
gen. 93iö auf SDiilton ifi ba^ Suct) bie
DueQc ber englifc^en ®efcf)i(^tf(^reibet
getuefen; fein elfter Äönig ifi ßcar, beffen
äöcf)tcr ©onetiQa, [Regan unb Sorbaitta
fmb; ber 69fic ifi Spmbetine, ber 91fte
5lrtuö ober 5lrt:^ur, ber ben crobernben
©ad^fen im 6'. S^^rbunbert glüctlid)cn
Sßiberfianb feiftete. Über i^n alö gc=
fd)i(i)tlic^e ^erfönlid^Ecit banbelt Sappen*
berg. ©ef^id^te ©nglanb«, 1, 103 ff. 25on
ben ^ijiorifc^snationalen 3ügen bcö Äönigä
?lrtu0 iji jebod^ in ber l^öfifcfien Sage
feine Spur jurücfgeblieben , »iclme^r
mürbe er jum '^ital beä rittetli(f)ften, frei«
gebigften, frömmjien Äönig^ auägebilbct;
er iji ber aQe überfiral)lenbe Qlrtu^, bie
ISlume ber Äönige, ber ©tolj unb 9flu^m
unb einfüge ^eilanb fcineä Sanbe^, ber
mit bcm Seifianb bcö gewaltigen ^an*
bererä SDJcrlin über alle ^«'"^c ftegreic^
max. über Sac^fen, S)eutfd^c unb felbfi
über ben Äaifer ber SRömer, ßuciuö jibe«
riuö; fein Ctu^m eerbreitet ft^ über bie
(Srbc; an SDfa^t, ®Ianj unb ^rcigcbigfeit
ifi ibm fein Äönig vergleichbar; er baut
Äirj^en, ^aläfte unb Stdbtc. ®afimal)le,
Spiele unb Surniere brängen ftc^ an fei«
nem Jgsofe, ber ta^ Sorbilb aller iRittcr
mirb. SSei einem gläujenben •ppngjtfefle,
bae er in feiner ^auptftabt (Sarleon feiert,
bulbigen ibm bie 40 Äönige ber (ärbe.
Sein ®Ianj tt)irb nur getrübt burc^ bie
Untreue feiner ®ema|)Iin ®ine»ra unb
ben !ßerrat feine« Steffen 30?obreb. S)er
QUieibau ber 2trtu«fagc fct)Iie§t fidf) an bie
i^r vorauägefienbe Äarlesfage an. SÖä^renb
Äarl met)r ber frantifc^e ^elb war, mürbe
'Jlrtuö ber angto=normannifd)e; »orjüglid^
t>ai Tlotw ber 'äHinne fonnte ^ier oiel
freieren Spielraum gewinnen alö in ben
immer nod) eiiiigerma|cn f)ifiorifc^enÄarIäs
bid)tungen, jumal bie öerbotcne *ö?innc.
aSon ber ^arlöfage entlel)ntc bie <2lrtuö*
fage bie lafelrunbc mit ibren 12 «pata*
binen; auä anbern bretonifc^en @agen
floffen ber ^rtu^fagc neue ©efialtcn,
Stoffe unb ü«otiöe ju, qSarjieal, Sripan,
fo ba§ jule^t ein meiter umfangreicher
Sagenfomplej barau« ftc^ geftaltete. 2öä^*
tenb bie ®ebic^te ber Äarlöfage bei ben
franjöfifcf)en 3)i^tern chansons de geste
I)ei§en, erhalten bie 5(rtuögcbid)te ben
9iamen Roman, b. i}, ein ®ebi(f)t in bet
romamfct)en IBuIgärfpracfie gegenüber la«
teinifcf)en Did^tungen. 2)ie erfien Olrtuö«
romanc ftnb in ^rofa gefc^rieben, bie ge=
reimten folgen auf fte. 25er berül)mteftc
unb fruc^tbarjie franjöftfcfie >Dic^ter auf
biefem ©ebiete ifiChretiendeTroyes;
feine Dtomane Erek, Chevalier
an lion, Tristan, Lancelot de
lac, Percheval. (jrfi in ^i^anfreii^
ocrbanb ftc^ bie ®raalfagc (f. biefe) mit
ber *Mrtueifage. S)a^ ältefte beutfdE)e ®cs
bi(^t ber oirtuäfage ifi ber nur unoollfiän«
bige S^rifian beö (Sil^arb non
D berge, 3)ienfimann ^leinric^ bcööömen;
bann folgt ber Sanjelot beö Ulri^
üon 3aiif''»en au^ bem I^urgau, bet
bur^ einen 1194 für SRid^arb 2ömcnf)erj
gefteUten ®eifel mit ber Dueüe bcfannt
gemorben mar; ber näi^^e ifi ^artmann
Don 5lue mit bem E r e c unb I w e i n na^
Chretien de Troyes ; Dtac^a^mung be^
Iwein unb ebenfalls ber 21rtuöfage ange»
l)örig ifi ber Wigalois bc^ Wirnt von
Gravenberg. 3Rit ber ®raalfage »erbun»
ben, erfd^eint bie ^rfuöfage in SBoIfram^
üon ©fd^enbad^ ^arjifal unb liturel; tai
beliebtefie Qlrtuügebid^t aber mürbe ®ott*
frieb^ von Strasburg Sriflan unb 3foIbc,
fortgefe^t »on Uolri^ »on Sür^eim unb
^einrid^ oongreiberg. ÜJlit bemauägc^en*
ben JRittertum nerlor fid^ audf) bie greubc
an ber Qlrtuöfage ; in einem umfangrcid^en
unb gc^altlofen ®ebid^t beöJjKalerä Ulrid^
^ütercr non 1287 ifi bie Sage jum legten«
mal bebanbelt morben.
^Irjte. 51§b. ber arzät, m!^b. arzät
unb arzet, com tat. ber archiäter,
biefeö ani griecf). ar chiatrossiSrjarjt,
erfter ßeibarjt; bie ältere beutfd^c iBencn«
nung mar got. lekeis, leikeis, ai)t>.
lählii, morauö m^b. lachen aere, bet
33efprect)er , 3<^"^6ic'^' ol^ ®efc^Iedf)tös
namc ßad^ner erf)alten. 2)ic frübefiett
9irjte in S)eutfd^lanb maren ©eifilic^e,
befonber^ in ben Älöfiern; audb jjraucn
»erfianben ftdf) moI)I auf gemiffe leite
ber ärjtUd^en .Runfi, barunter befonberö;
Hebammen; aud^ Sc^arfrid[)ter mcrben
genannt. 2)a^ man ben ijtrjten fd^on frü^
menig traute, jeigt ^reibanf, S8cfcf)eibens
l;eit, Qlbfd^nitt 23 von arzäten und
siechen. 3" ben Stäbten maren anfäng*
lid^ ebenfatlö ®eifilic^e ^rjtc unb neben
i^nen befonberö3ui'en. Sie fiepen anfangs
lid^ TOagifier, ÜJieificr, feit bem ©nbe
beö 15. 3a^r^. 3)oftor, lat.^medicus
18
QJfcn — iMfiroIogic.
ober physicns, bcutfc^ auc^ buoch-
arzät, wuntarzät, ßeibavjt. 3n
ben Stäbten ^atk man feit bem 14. ^a\)x^.
einen bcfieüten ©tabtarjt. J^rül) tom*
men Qtrjte für befonbere Äranf^citen t>or,
Stugenärjte, Stein-, 93rud)s ober
^0 benfc^ncib er, 3o|)närjte ober
3äf)nebr e(I)er. 5(ud) üerärs te Eennt
man feit bem 14. 3af)r^., meift in 23er»
binbung mit bem ^anbiverfe beö ^uf=
fc^miebeö. — S)ie mebijinifdjen Äenntniffe
gab im 93eginne iii SWittcIaltere neben
ber (Srfa^rung unb bem 5lbcrglauben t>ai
©tubium mebijinifc^cr SBerfe beö 5tlter=
tum«; ta^ bcrü^mtefie bcrfelbcn mar tai
liber de naturali facultate ober
bnö arzinbuoch Ypocratis, eine
Sammlung ärjtlicf)cr 93orfd^riftcn mit an=
gei^dngtem botanif^cn ©loffar. S)iefem
unb ä^nlic^en unter bem 9?amcn beö
Hippocrates ober Aristoteles oft
abgefc^ricbencn 51rjneibiicE)ern folgt im
15. 3a^r^. tai ««rsneibud^ Drtolf«
Bon Saierlanb, bie ÜJJcinauer Uta--
turlc^re unb tM 93u(^ ber flfJatur
be8JRegen«burger2)om^errnÄon»
tab Don SDiegcnberg, ebenfo ferfc^ie«
bene .Kräuterbüci)er. S)ie erfie miffcn»
f(f)aftli(i)e Schule ber ÜJJebijin mürbe im
3a^re 1150 ju Salerno gegrünbct; bie
jmeite mürbe bie ju SKontpellier, ml)b.
2JlumpcIier, beibc f(^on in ^artmanns
SJrmcm |)einric^ genannt, ©ine freiere
mebijinifd^c 2Biffenfd^aft mürbe burcf)
S^eop^rafiuö «Parajelfug im 93e=
ginn beg 16. 3a^rl). eingeleitet. Äriegt),
bcutfc^eä Sürgcrtum, I., 1. ff., Sßadcr»
naget, Sittcratur § 90.
Stfcn, ber altnorbifc^c Dtamc ber einen
©ötterflaffc , ber bie SBanen gegenüber-
fiel)en; got. unb a^b. ber ans. 3" ^f"
ofen jä^tten au§er SBoban fiimtlic^e
Qlberen (Sötter unb ©öttinncn mit Sluö*
na^me ber 2Danen genannten $Jrepr unb
grerja. Süfen unb 2öanen füf)rten mitein»
anbcr einen ^rieg, ber burd) einen 5"«benö»
f(^Iu§ beigelegt "mürbe, bemjufolge 9Jjörbr
unb feine ^inber ^uii)X unb ^retja ben
51fcn ju ©eifeln gegeben mürben, miitirenb
ber <Mfe ^önir, Dbl)in^ 93ruber, in gleicher
(Sigenf(f)aft ju ben 2Banen fam. 2«üIIen<
I)off beutet bie bciben ©ötterflaffen auf
jmei »crfc^iebene ®ötterfulte unb bcren
Sereinigung gu (Sinem Spfiem. Die
SCßancn gcf)ören ben gotifc^en SSöIfern, bie
51fen ben SBefigermanen ; 2nann^arbt fte^t
in ben 2Banen unb 5lfcn jmei Perfd^iebene
Stufen ber germanif^cn 9!JJt)tt)enbiIbung.
©ielje ÜJlann^arbt, bie ®ötter ber beutf^en
unb norbif(f)cn SSöIEer, S. 69 unb 73.
9lfo^, ftet)e lierfabel.
Slftrologie. Qiprologie mürbe im 51U
tertum berjcnige SBiffenS^meig genannt,
melc^cr ftc^ jum 3ielc fe^tc, bie ©ejie^un=
gen ber 93emegungen ber ^immel6för»
per in ben ißorgängen auf ber ßrbober?
fläche JU ergrünben. 3" biefem Sinne
mar ber SluöbruJ 3IfiroIogie mit Sljiro«
nomie früher ftjnonijm, fo nod^ bei tHri*
^otcleö. ^m Orient , mo ber Urfprung
ber 51jirologie freilid^ in einer 3«it, au«
ber un§ Urfunben fehlen, ju fucben tft,
iji ber 93er(auf ber ©ittcrungäerfd^einungen
in ben eerfd^iebenen S^^i^c^jcitfn f^n f"
regelmäßiger, ta^ ftc^ fe^r leicht unb un«
gejmungen Scjielungen ju ben ÄonficUa-
tionen am ^immelsgemölbe ergaben. Über
bie 9?atur biefer 93ejiebungcn fonnte bie
bamalige 3fit freili(i) nod^ ni^t bie richtigen
3bcen l)aben. 6^ iji j. 93. »otlfommen rich-
tig, baß bamal« bie Sonne im Stcrnbilb
bed ßömen i^re größte Äraft erreid;tc, baß
bei \\)um (Eintritt in baäjenige bc^ 9Baf-
fermann« bie SRegenjeit begann u. f. m., aber
bie STnnabme ifi eben burc^auö falfd), i>a^
e§ bie in jenen ^immeläjcic^en jie^enben
Sterne maren, meld)c ber Sonne bie er«
p^te Äraft »erleiden ober bie Siiieber«
fd)läge »cranlaffcn k. ®ö mar olfo in
biefem Stjftem ber fogcnannten natür»
liefen 51fironomie SBa^reö unb ^atfd^cä
mit cinanber berfettet, unb bie SCßiffenf^aft
I)at eine fcf)mere unb große 5tufgabe, bai
Unridbtige mieber auäjufd^eiben unb auf
bie mat)ren Urfadben ber 53orgänge auf
ber 6rbe binjumeifen. iSReben biefer na«
türlid;en Qlflrologic gelangte aber aud^ bie
fogenannte jubijierifc^e 21. jur iÜu««
bilDung, beren Urfprung in ber SReligion
liegt. fRac^ ber alten d)albäifc^en 2tuf«
faffung maren bie Sterne ^immlifdie ®ei=
Per, unb manüere^rtc fie al^ folc^e. I)ie
^tiejler bra(i)tcn ben ©efiirnbicnii in ein
förmliches Softem. 2)er gricd^ifc^e ® ef(i)id^t*
fd^reiber 3)iobor üon Sicilien fagt (II,
31), ba^ nad) ber Qlnfid)t ber Gl)albäer
bie Planeten aufbie@eburt beö iWenfc^en
ben größten Sinfluß ausüben , im ®uten
mic im Schlimmen unb burc^ bie ißeobs
a(^tung unb (Srfenntniö i^reS SBefen*
feien ftc (bie *Priefier) t>orjügIid^ imilanbe
ju mijfen, maö ben QJlenf^en juftoßen
merbc. i)ie äußern (Srfc^einungen ber
^kneten boten aücrbingö ber ip^antafte
Stoff jur Qluäbilbung eineä aftrologifd^en
Spjiem^, unb biefc« mürbe eben beibe^al*
mi-
19
ten, aU fpäter bie ^kneten nid)t mc^r
aU bic ©Otter fctbfi, fonbern nur noc^
aU i^rc ©tjmbolc, ja fogar at8 jebcr 3«'
fammen^ang mit S(Kt)tt)oIo9ic unb SRelu
gion »ctj"d)tt)unben toai, wie c^ bei bcr
Übertragung auf anbere ißölfer bcr gaü
inar. 3n ©ried^cnlanb fanb bie ^Ufirolo*
gie crjl ©ingang, al^ unter bcm (Sinflug
ber 5ßt)ilofop^ie ber ©laube an bie eins
^cimif(^cn alten ©öttcr ing ©d^wanfen
•geriet. S)ie f(i)tt)armeri[d^en ße^ren ber
IWcupIatonifcr riefen eine ganje SRei^e
von fogenanntcn geheimen SBiffcnfc^aftcn
(2)ämonologie, SiJefromantie, ß^eiromantie
u. f.w.) l)iXt)ox, n)elct)C ntlc jur Qlftrologiein
ein gettiiffe«5Jert)äUniö traten. 3ltö*}lutori-
tät foöte ber gefeierte aleyanbrinifc^e ®c*
U\)Xk Glaubiu^ *ptoIcmäug gelten. 6ö
iß inbejfenfaji unjtt)eifett)aft, ba§ unter ben
if)m jugefc^ricbencn ajlrologif^en 6^rifs
ten nur bie eine tt)irfUc^ »on i^m flammt,
bic „apparentiae stellarum inerrantiam"
«ine Qlrt mcterotog. Äatcnbcrö, wctdie bic
Set)ren bcr natürlicf)cn Qiprologic cntt)ält,
unb ba§ namenttid) ber fogen Jetrabibloö
ihm unterfd)obcn tt)uvbe. Sei ben JRömcrn
war bie jubi5ierif(f)c Qlfirotogiemc^rgefürd^*
tet aU gcad^tet. S)urc£) bie ganjc Äaifcrjcit
l)inburd() fpielcn bic aftrotogifcf)en ^ro*
pf)cjeiungen , obwohl gefe^Iid) ücrboten,
eine gro^e SRoIIc. ßicero mar einer ber
wenigen, weli^er ftc mit treff(i(f)er 2Baffc,
bctjenigcnbcr Sßernunft, befdmpft. «Später
finbcn wir bie Qlfirologie in i^rcr pcf)ficn
Slütc bei ben 5lrabcrn 5Der fogcn. ^a'
tiliömug, bie Cc^re »on ber SSorauäbcs
fiimmung atter «Sc^idffalc tti einjclncn,
mu^te ber *M|iroIogic bie weitc|tc ^uöbit*
bung unb iBerbreitung ftd)crn. 5luf ben
i^tamitifcf)cn @(f)ulen würbe bal)cr bic
Slfirologic unb i>ai Sfiatioität« ober ^^»oros
ffopfieHen, b. \). bie Seilimmung bc^ Sebcn^*
taufet bcö Dfieugcborcncn aiiö bcr Äon-
fieüation ber ©eburtöjiunbc, öffcntlid) at^
Äunfi gelehrt. S)ie arabifd^c ^Ijlrologic
fanb im 12. unb 13. ^»^^'•^"nbert aud^
im ci)rijilic^en (Suropa (Singang , tro|bcm
bie .^ird^c üon Anfang an eine oppofttio«
neue ©teUung gegen ftc eingenommen ^atte,
ba ftc mit bem ^rinjip ber 2Bi(Icnöfrei'
i^eit im Sfflibcrfpruc^ fianb. 9ttpf)onö X.
»on ßafiilien unb ßubwig XI. »on
granfreic^ waren eifrige iUilvoIogcn. (Jr=
^erer leijiete bamit audt) bcr 5lftronomie
gro§e Dicnfic. SBenn aud^ auöfcf)lieflic^
im SJicnjic bcr ©ternbeuterei tocranlaft, fo
War bod^ bie 33eredf)nung neuer aftrono*
mifc^er lafeln, Weld^e bi« auf :Äep=
ler bie bc^en waren, oon gto§er 2Gßid^tig=
feit für bic t^coretifc^cn Untcrfud)Uttgen
über ben 8auf ber ^Planeten. Jßie früher
in Sagbab, fo würbe fpater auc^ auf ben
^o^en ©deuten ju ?Pabua unb Bologna
bic iUfiroIogie in fireng wiffenfc^aftli^er
gorm gelehrt. @ö fei ^ier ferner nur
an bie 9'iamen ®uibo Sonatu^, 9io(tra=
bamu«, ©arbanuö, ^ictro bi2lbano, 5tgrips
pa pon Sfictte^^cim erinnert, bie alle un-
jcrtrcnnlid^ mit bcr Slfirologic Pcrfnüpft
ftnb. ?lm meinen begünftigten bie ^öfe
bie Qlfirologic, Wo eö gerabeju al^ uner=
lä^lid^ galt, ^od)gcfientcn ißcrfonen i>a^
^oroffop äu fteüen. ©editier fü^rt unö in
feinem SZBaüenjlein ein ©cifpicl bicfe« ganj
attgcmctncn ©ebraud^ä t»or. 5n fe^r enge
iBejie^ungcn jur Qljlrologic trat bie 1lld^e=
mie; e« ift fein Befall, ta^ in ben unter*
irbifdf)en (Sewölbcn bcr Uranienburg, wo
I^c^o feine bcnfwürbigen ipi^^nftcnbeob*
ad^tuugen anfieHte, glcid^jcitig gro^e ßa-
boratorien ber Qtlc^emie bicnten. 3^ ^f-
tonen ifi, ba§ nic^t etwa baö copernifa*
nif^e SBcltfpßem aU folc^eö ber <)l)irologie
ben lobeöfio^ gab, fonbern erft bie Äep=
lcrfcf)cn ®efc^c. (Sopernicuö gab aud^
beri(i)tigenben 5tuffdf)lu§ über bie ©tcQung.
bie 3)ijlan3en unb bic Bewegungen bcr
Planeten. S)ie Urfad^en bcr le^tern aber
f)at er nic^t , ja nid)t einmal bic j^ot'"
berfclben ermittelt. (Srjl Kepler leitete
bic Bewegungen ber ^immeUförper aud
ben p^pftfc^cn Scbingungen bcr wirfenbeu
Gräfte ab, unb bamit erfi warber'Mßrologie
ber Soben entzogen. 2)ie 3«it ^^^ ^tot
l)at freiließ audf) Äcpler juwcilen ücranla^t,
afirologif(i)e ©pcfulationcn ju mad^en, aber
oft genug ^at er fidl) barüber au«gcfprod^en,
voa^ er cigentlii) »on ber Äunft ^alte,
um bercn ^uöübung man i^n fo oft ge^
beten. 9?ad^bcm burd^ bic SBcrfe Äepler«
unb tii fpätercn 9?ewton ber 5tjlronomie
ber 2ßeg beutlic^ »orgejeidlinet war, ber
fte üon i^rcrSRuttei-, bcr ^ilfirologic trennte,
mu§te natürlid^ i>ai fioläc ße^rgcbdube
ber le^teren jcrfallen. (Sinjclne Jrüinmet
berfclben l)aben fic^ inbeffcn, wenn aud^
nacf) mandE)erlci OTetamorp^ofen, bi« auf
unfere 3eit erhalten unb bilbcn nod^ ^cut*
jutagc einen mcfcntlid^en Seil beö iBolfd-
aberglaubenö. R. B.
2lf^I, auä gricd^.stat asylum, ^rei»
fiätte für Serbred^er; aU fold^e galt bei
i>tn Hebräern fowo^l aU bei ben ®rie(^en
unb SRömern ber tcmpcl, befonberg ber
9lltar; tai S^riflentum bct)ielt bicfe ein=
rid^tung bei, abb. ^eift bic ^reiftdtte
2*
20
iMufluflincr — 5lyt.
lotstat, m^b. vridehus, vridestat,
V Itihtestat, vriheit. 2)iefe^ 9tccf)t ifi
aud) in bic beutf^cn SSolföie^te unb Äa?
pitulatien aufgenommen wotben, t>oä)
»urben ©efiimmungcn gegen ben aJJi^*
titauc^ bicfcr (Sinrid^tungcn getroffen,
©ie^e 93abian, com aTiönd^öftanb, bcutfcfee
l)ifiorifc^e ©Triften, I, 81, 20 ff. 3n
mond^en ©täbten Reifen ganjc $Iä|e u.
bgl., bie ju einei Äird^e gepren, %xii^i\t.
2)te ^Reformation lief iai Qlf^Ire^t ein«
ge^en, unb eö mürbe aflmä^Iic^ auä) in ben
fatpUf(f)cn Staaten aufflcI)o6cn.
Sluguftincr, ber »ierte Settelorben, ou«
meifi in Stalten jerfireut lebenben iMugujiis
ner^Sremiten ober Sinjteblern be§ t)eil.
Qiugujiin in ber ÜJiitte bee 13. 3a^r^. ju
einem ©efamtorben oereinigt unb 1256
bejiätigt; man unterf(i)ieb männlid^e unb
meiblid^e, befc^u^te unb unbefd^u^tc; bie
Orbcnäfleibung ifi fdbmarj. Obgleich fte
mie bie 2)ominif aner , granjiöfaner unb
Äarmeliter ju ben 93etteIorben gejd^lt
mürben, burften fte boc^ liegente ®üter
beft^en. ßut^er unb 5tbra^am a Santa
©lara gel)örtcn bem Drben an.
StnSfo^, bie befannte auä bem Orient
^ommenbe Äranf^eit ^ei§t: a\)t}. hrnf,
nif, hriobsucht, misalsuht, m^b. meiji
miselsaht, auä franj. misellus, »on miser,
elenb ; baneben fommen maselsaht unb
muselsnht »or. SDer 5!luefa^ würbe aU
(Strafe ©otteö angefe^en, ber bamit Se«
ftaftetc mürbe auö ber ®efenfd)aft auä«
flejio§en, burfte ben öffentlichen ©otteö*
bienji nid^t befudf)en, üerlor bie grci^eit
unb bic 93erfügung über $ab unb ®ut,
ba^er ber UJame m^. uzsetze b. i.
ber 5luögefe^te, lat. projiciendus ober
projectus, auc^ auswärtig, acker-
siech, sundersiech, feldsiech,
siech allein. 5Die 5lu«fä^igcn burften
auf 5lImofen auögef)en, ioä) mit eigen*
tum lieber Äleibung, |»ut unb Älapper; jum
5llm ofenempfangen unb Srinfen ^aikn fic
einen pljernen fl'Jüpf. Sigene 5tnftalten
mürben für fie üon einzelnen, »on Älö*
fiern, non ©tobten erricibtet, siechhus,
miselhus, »or ber bemo{)nten Drtfc^aft
liegenb, mit eigener Äapeüe, mand^mal
unter einem auöfü^igen SÖJeifter, moburd)
biefe Käufer einen tlöjlerlicf)en S^atafter
befamen; fte maren bem ^eil. 3öCob ober
l)eil. fiai^aruä gemeint; ein eigener Splitter*
orben beä ^eil. Süjaru^ mürbe für i^re
q3f(egc gegtünbet. Später mürben biefe
Qlnfialten, al^ bie Ärant^eit ausging, ju
Äranfen^äufern überhaupt. ®alt jmar
ber 5lugfa^ alö burd^ natürliche SWittet
unl^eilbar unb begnügte man jtd^ eben ba*
rum mit ber 5tbfonberung ber Äranfen,
fo mar hai ülJJittelalter oon ber ^eilfraft
übernatürlicher SWittel überzeugt; baju ge?
prte in erftcr ßinic baö unmittelbare (5in=^
greifen ®otte§, in ja^lreid^en ßegenbcn
erjö^It, bann ©^langen unb befonberg
baä 931ut unfd^ulbiger Äinber; pd)iie
Steinzeit foüte pd^fic Unreinheit feilen;
aud^ Sau com ^immel fommt oor. 5Dic
befanntefie mittelalterlicf)c 5luäfa^«ßegeitbe
iji J^artmann^ »on 51ue armer ^einrid^.
Sitte SWarta ober ber englifdbe ®ru§^
bejiebt auö bem ®ru§c ®abriel§ an SWaria,,
ben iffiorten ßtifabetb^ an Waria, 8uc. 1,.
42; auö 3efii^ a^xx^ü^, 5tmen, üon
Urban IV. binjugefe^t, au^ bem im Ja^rc
1508 jugefe^ten ®cbete: Sancta Maria^
Dei genetrix, ora pro nobis peccatoribus,
unb aug bem ^n\a^ ber granjiöfaner:
nunc et in hora mortis, amen. 6r mar
anfänglich ein Seil ber iOieffe am öierten
?lbüentöfonntage; al^ allgemeine^ ®ebet
fannte hai frühere SRittelalter ben eng«
lifd^en ®ru§ noc^ nid^t, meö^alb er aud^
nicf)t in ben jal)lreicl)en altbeutfd^en litur«
gifdben ©d^riftmerfen ftdl) finbet. So^f'nii
XXII. befabl 1326 i>ai regelmäßige Seien
be« ®rufe^, boc^ mad^ten i^n erji bie
93ettelorben allgemein, unb in ber IRefor*
mation mürbe er ein ftd)tbareö Unterft^ei*
bungö}eidf)en ber beiben (Religionöparteien.
2(yt, ml)b. axt au^ bem gleidl)bebeus
tenben lot. ascia; ber al^b. 9?ame ifl
partä, m^. harte, »on hart, meil
tai (Sifen »om ©tiel in SSartgefialt ^erab*
^ängt; ein anberer JJame ifi Seil, a^h.
pihil, mp. bihel, bil. SDie 2lft mar
eine allgemeine SBaffe ber germanifd^en
SSölfer, meldte .biefclbe nic^t bloß jum
Äampf in ber 9?ä^e gebraud&ten, fonbern
aud^ mit großer ©idf)cr^eit in meite gerne
ju fd^leubern mußten. Sei ben granfen
|eißt iai 2Burfbeil Francisca. Seim
erflen SJnlaufe fd^leuberten bie granfen
baö Seil auf ben ®egner, zertrümmerten
baburd^ feinen ©d^ilb unb fiürjten jtd^
nun mit bem ©d^mert auf i^n. ©ie mar
natürlid^ audf) ^iebmaffe unb fJetlte ftd^
in biefer Sebeutung neben ben ©treit»
f)ammer, ber bei ben ©fanbinatoiern fe^t
beliebt mar.
Saccalaureu* — 93albet.
21
%
^accalcamni, fte^e Unitterfttätcn,
Sabcöicfctt. ©(f)on bic alten ®ermas
ncn liebten ta^ freie offene ^at in
^lüffen unb «Seen, Sacit. ®erm. 22, unb
ii blieb burc^ ba^ ganje SüJlittelalter
bi« gegen ba« 18. ^a^xb. im ©ebrauc^;
Äarl bet ©rogc, Dtto II. unb ^riebric^
Sorbatoffa waren aU gute ©d^wimmer
Qerü^mt. S)aneben war t>ai fünfilicfie
^ab beliebter aU je^t, wa^ Wo^I bamit
jufammenpngt, ba§ man bei meifl wolle*
nen ober nod^ fcf)Werern Kleibern bie ßeib=
wäfd^e feltener ju we(f)fctn »ermod^te. 5Dem
atitter pflegte nad^ ber (Sinfelir in eine
aSurg ein ©ab bereitet ju wetben. Wai'
^en bebienten nac^ ber (Sitte ber 3cit ben
Sabenben. Sl)e man xni Sab flieg, banb
man einen questen, wal)rfd^cinlid) einiRciftg-
büf(J)el, um bie §üften ; twahen unde
strichen ftnb bic ^auptfac^en beim
®abc *Jlud) gemeinfamcd ^at t»on Wän'
nern unb J^i^auen war in ber ^öpfc^en
3eit fc^on bcfannt, wobei bie grauen ben
fd)önfien Äopffcftmud anhatten. (Sigcne
95abejimmer gab e^ in ben 93urgen feiten.
3n ben ©täbtcn würben bie SBabeftuben
öffentliche ?lnjialten jur Unterhaltung unb
jum Vergnügen. 2)er ^anbwerfömann
pflegte am ©amätag ?lbenb ein 53ab ju
nebmen. $ri»atbabepuben gab eö fogar
in ©auern^äufern. ^m 15. '^af)xi). ge«
l)örtc ti jur ßtifettc, am @cf)luffe eine^
^efieö bic Singelabenen in eine öffentliche
Sabeftube ju füfircn; iai gcfi^a^ aud) bei
^od^jfiten , tüai man ju Dtürnberg bie
Sab labe ober hai Scrbaben ber
ßcutc nannte. Unter einem ©eelbab
t>erjianb man eine Stiftung, au^ bereu
3infen Qlrmen baö Sabegelb bcjalilt würbe
S)icfe !ünftlid)en 93äber waren teil^
2Baffcrbäbcr, tcil^ @d)Wci§« ober
5Dampfb(iber, ©ie le|tcrn, nimmt man
an, feien burd) bic Äreujfa^rer, bie S)ampf=
bäber öon SRu§lanb ^er in 5lufnal)me ge^
fommcn. S5ie 'Sümpfe würben burcf) t>ai ©e«
gießen l)ei§cr «Steine mit warmem ffiaffer
«rjcugt. Sbie Sabcfluben fianben blo§ an
ben burc^ bicDbrigfeit fefigefc^tcn lagen
offen, meijl am iWontag ober I>ienötag.
©onncrätag unb Samötag. 5ln ber ÜJti-
f($ung ber ®efcf)lec^ter fanb man nic[)t^
Slnjlö^igeö, fowenig aU an wciblicfecr 93e<
bienung. ^n ben ©abetagen gingen in
mancf)en Stäbten 5luärufcr, jum Seil mit
Römern »erfe^en, morgenö in ben ©trafen
um^er unb ma(ä)ten befannt, ba| eine ge*
wiffe SBabefiube geöffnet fei. ißeim eintritt
in tk Scbwi^fiube erhielt bet 93abcnbc
einen gfleiftgbüfc^el ober ffiebcl, um ftcf)
wä^renb be« Sd^wi^cnö ju peitf^en. (5r
legte ober fe|te fxd) auf eine ber terraffcn=
förmigen Sänfc; ^ier würbe er mitlü^etn
gerieben, mit ben ^i^Öfifttägeln gefragt,
mit bem Süf(f)el geflrid^en unb mit lauem
SZßaffer ober mit Sauge übergoffen, mit
Seife gewaf(^en , wobei man auf t>ai
fflafd^en unb Äämmcn be« Äopfe« 2öert
legte, ^aä) bem ©nbe be« 93abeö pflegte
man ftdE) burd^ ben Saber ben Sart f(^e=
ren unb baä ^aar fcfeneiben ju laffen.
ein Schlaf unb ein *mal)l folgte äulc|t.
aWit bem la. 3al)r{). fommt ta^ 93abe«
wcfen in 5lbna|me; bic ®rünbe ftnb ber
fieigenbe «prciö beä ^oljeö, ba« einbringen
ber ßuftfcud^e, ber häufiger werbenbe ©c-
brauch ber ÜKineralbäber. T>ie iülineral*
bäber tieifcn im SWittelalter natütlid^c
93äber, Sabbrunnen, .^eilbäbet,
2öilb bäber. Sic famen befonber« im
15. 5a^r^. auf Sappert, über ba«
mittclaltcrli^e 93abewefen , ^r(i)iü für
Äunbe öfletr. ®efd^ic^t«qucUen. »b, 21.
^riegf, beutf(^c^ ©ürgertum, II, 1. —
Sc^ulj, l)öfif(t)eö ßebcn, I, 163. ®cng=
ler, Seelbäber, in ber 3eitfcf)r. f. beutfd^e
Äulturgef(^. S«eue g^olge. 1873. S. 570 ff.
Salbcr, eine germanifd^c männlid^e
®ottt;eit, aud) Phol, Vol genannt, ein
®ott ber Satjreöfüde im Sommer, altnor»
bifc^ B a I d u r. Sr ifi ber So^n Odhins
unb ber Frigg, ber ®ott ber jjrömmigfeit
unb Unfct)ulb. Sr if! fo lid)t unb lieb*
lic^ »on *}lntli^, ta^ weitbin ^cHer ®lanj
t>on i^m au«tftra^lt, ßeib unb ^aare »on
reinfier Sc^ön^cit. 9Jiemanb Pcrmoci^te
i^n je JU tabcln, fo weif"e unb milbe ift
er unb jugleid^ ber berebtefie ber Qlfcn.
2lber bie befonbetc ©igenfc^aft wo^nt i^m
bei, bat f«inc Urteil^fprüd^e niemal« ge*
galten werben fönnen. 3" feinem l)imm«
li\i)tn aSo^nft^ Breidhablik Wirb
nidbtö Unreine« gebulbet. Sein 2öeib ifl
bie treue Sflanna, b ^. bie Äü^ne. S.
würbe überall im 9torben oerc^rt. 3^
22
iSaa — »aOabe.
S'JothJcgcn ^atte ei einen »ettberü^mtcn
lempcl, Baldrshagi, Salberöge^cge, eine
ein9cf)e9tc ^ricbfiätte, bie nicmanb fiäbiä
gen butfte. 2)ie ^age con feinem 2obc
iji eng mit bei gennanifc^cn SÜJljtbc Dom
SfficUuntcrgang ücrfIocf)tcn; 93. rvax etf(f)Te(ft
übet feine Jräume, ba§ feinem ?eben unb
Damit allen ®öttetn®efa^tbtot)c; bo fiielten
bicfe SRat unb befdjiofl'en, i^m <Sic()etf)cit
gegen aüe (Scfabr ju errttirfen. So na^m
gtigg (Sibe »on §euct unbSÖaf[et, »ondifen
u. dtjen, Steinen u. ßtben, »on IBäumen,
Ätanfbeiten unb ©iften, baju ton aüen
t'ietfü|igen lieren, SJögeln unb 2Bürmern,
ia^ fie halber* fc^oncn »outen, — nur
ton einer Staube, öfilic^ ton 2ßalf)ana,
aWijiiltcin genannt, alö ju jung, na^m
et feinen 6ib. %U bie ®öttet nun mit
99alber, ber mitten im Äteife t)on i^nen
flanb , ^urin)eil trieben unb noc^ il)m
f(i^offcn, I)iebcn unb Steine rtatfen, obne
baf ii i^m fc^abcte, fetbrof ti Sofi. (gr
erfuhr ton jener Staube, ri| fte au« unb
gab jte ^ot|er, bem blinben ©ruber Sal-
ber«, ^otbcr na^m bcn ÜJlifieljttieig unb
f(f)of bamit nad) 93albcr auf Sofia lifii-
gen SRat. Salbcr, baton getroffen, fanf
tot jur 6rbe. ^U iai bie ©ötter fa^en,
llanben fie alle \pxai)Ui, unb aui S(f)merj
»ergaben fie ibn aufjubeben. I)ann be=
ganr.en fte fo beftig ju hjeinen, ta'^ feiner
bem anberen feinen Sd^merj flagcn fonntc.
511^ fte fid) erholt, bradjten fte Salbet«
Seiche auf Hringhom, bai größte aQer
Sd)iffe, eö ahn tom Strante ju flogen,
um bie Cetebe ju »erbrennen, gelang ibncn
ni^t, biö ein 5Riefenmeib, auö Jötunbeim
berbeigerufen, iak Scf)iff im crflen Qln-
faffen weit »orn?ärtö fiief, baf ^txin au«
ben 2BaIjen fubr unb bie öänber jittertcn.
Sei biefem Qtnblicf bra^) Lianna »or ^üxti'
mer iai ^erj, ba§ fte fiarb. ®a roarb
audb fte auf ben Scf)eiteibaufen gelegt
unb 5euer barunter angejünbet, auc^ Sal«
tixi ^engfi, totlfommen gef(!)irrt, jum
S(f)eiterf)aufen geführt. Salbcr tt)irb ale
Sid)t in feiner ^errfc^aft gebeutet, fein
lob alö JJeige beö ßidbt«. Sein Sruber
^ot^er, aU baä ^unfel beö SBinterö, ifl
Ii(^tIoö; bie einjige 2öaffe, bie an i|m
tjoftct, ifi ein Spmbol beö büflercn 2Bin=
ter«. I;ie Tli^d, bie im Sinter rti(i(i)fi
unb reift, bie barum au* bae ßid)t nid^t
jU förbern fc^eint, ij! allein für Salber
ivid^t in 'Pflicbt genommen. 25gl. ®rimm
unb Simrocf, iUJ annbarbt, ®ottet«
le^re, 253.
l^aU = lanjfefi, aue itol. bcr ballo,
franj. berbal=Iang, t?om ital. ballare,
tanjen, au« mtttcllat. ballare, ftelcibei
na^ bent in ®ro§griccbentanb unb Siji»
lien übli^en gric^ifcben ballizein =
tanjcn, Rupfen, oom griecf). ballein =
»eifen gcbtlbet ifi. 3ni25eutf^en fommt
baä SBorc Sali für Sanjfefi nidbt cot
bem 17. '^^üi)xf). cor unb iji, anfangt ein
frani;öft[(^eä Sergnügcn ber ^öfc, »on ba
aümäblii^ in bie nid)tböfifcE)en Äreifc ge*
brungcn.
SBaßabc; ballada ton ballare,
tanjen im ^rotenjalifc^cn unb im altital. b.
12. 3btb. b a 11 a t a tft ein Iprif^eä ®cbicbt
ton geringem Umfange, bem Sonett unb
ÜKabrigal termanbt; ä^nlic^ ftnb bie
ballades bcr ^ranjofen, bie feit üJloIiere
aufer @cbrau(f) famen. I)enfelben Flamen,
ball ad, gaben bie ©nglanber ibrcn
It)rifd^=epif(f)en Solfeliebern, bie im atfge*
meinen ben altern beutfcben Iprifdb-epifcbcn
Solfälicbern hti 16. 3at)rbunbert« glid^cti
unb etenfo ben fd)ttiefcifcben unb bänifcbcn;
fte n?urbcn gefungen, entnüt)men ben epi«
fdjen Stoff meifi obne benjö^rte Unter«
fdbcibung bem nocb nid^t auägeftorbenen
mr)tf)ifdben Solfäglauben ober ber öffent«
Ii^en@efcbi(i)te ober einer engeren Segeben*
beit bee Sinjellebenö, bem 'Mbf(f)icbe, bem
SBieberfeben, bem iob u. bgl., mit Iprifcber
Setonung be« Gmpfinbung^s unb ®e*
füblelebene. 2Bäbrenb bie beutfcben ßieber
bieier 5(rt ^um leil auegefiorbei, jum
leil unter ber einfeitigen Pflege beö nie-
beren Soifcä terborfcen waren, befonberd
burcb ben Sinfluf ber Sänfelfdnger, battcn
bie fcbottifcb^englifcben Satlaben if)re ältere
SReinbeit bcffer gemabrt. 5Daber fam ii^
bn§ Sürger , befonberä tnx6) Percyg Re-
liqnes of ancient poetry tcranlaft, teil*
englifcbe Satlaben terteutf^te (Sruber
®raurotf unb bie ??ilgerin, ber Äatfer unb
ber 'Hit), kxU felbjlänbige 2)i(^tungen
ber 51rt terfafte. |ierber na^m au§er
jabireicben *Perci)fd^en unb anbern Sodas
ben, befonberS bie Colf^licber, bie ftd^ in
ben Sbafefpearefc^en I)ramcn finbcn, in
feine Sammlung auf; burcb fte unb bä*
nifcbe Saüaben ber ^erberfd^en Samm*
lung ifi ®oetbe ju feinen frühem Saflaben,
ÄtJnig in Z^ült, ßrlfönig, angeregt »or*
ben; Schiller terfuc^te fid) unb im SGßetts
cifer mit tbm lieber ®oetbe, ebenfalls an
fotcben It)rif(b'epi[cben 2)id)tungen, bie be«
fonberä ben SfJJufenalmanacb ton 1797
fußen unb turcb Sd)itlerö SRejenfton ber
Sürgerfc^cn ®ebidbtc tcranlaft »orben
ftnb. 5Der le^te flafftf^e Sallabcnbicbter
ißaüett — 93arfü§er.
23
ifi lonn U^Ianb geworben. (Sc^termetjcr
i)at in ber Einleitung ju [einer 5tuäwa^I
beutfd^er ©ebid^te einen tfieoretifc^cn Wn-
ttx\ä)itb jttjif^cn OSallabe unb SRomanje
oufjuPeUen gcfucf)!, o^nc ifiücfftcf)t auf ben
^ifiorifcf)en Urfprung beibcr 53enennungen
unb o^ne SRüdfic^t barauf, mie bie 3)ic^ter
felbji biefe 5^amen angertJonbt ^abtn.
6ie^e SBacfernagcI, ^oetif, iR^etotif unb
Stiliilif, ^aOe 1873, pag. 98.
SoKctt, au« itat. balletto, bem Dim.
pon ber ballo = Sanj, lanjfefi, pnbct
feinen Urfprung in ben ^Pantomimen ber
alten SRomer. Äünflterif^ auögebilbet
nnbet man tai Sattett juerft in 3t«li«n
im 16. 3o^t^- an ten -^öfen, mobei ^ür-
ficn, $rinjen unb ^rinjefftnnen tanjten,
beflamierten unb fancjen. «Seit ber 3fit
gehörte ti ju ben glänjenbfien ^Jefilic^feiten
ber mobernen europäif(^en ^öfe. ©eine
fünf^tcrifdie^i^luäbUbung erhielt e« in
Jranfreic^. .^
^öaßttcrfcii, ttar im SDlittelalter bc=
fonbertJ bei itn Sauern im Qlnfe^en; ob
ii aui) am $ofe betrieben würbe, ifi
jtoeifelfjaft. «Sobalb im ^^^üfiling bie
aEßitterung ertaubte, inä %xm ju ge^en,
begann tai Saüfpief; na^ 2DaItt)cr 0. b.
33.: saehe icli die megde an der sträze
den Bai | werfen, so kaeme uns der
vögele schal. 33orne^mtic^ Df^it^art üou
SRüWental ^at in feinen S5orflieberu
®äenen aus bem Idnblic^en SaüWerfen
^atgefletlt. 25er ©all «ar au« buntem
ßeber jufammengeftidt unb boc^ fo ^art,
ba| ein gut treffcnber 2öurf fdE)merjen
fonnte. @r wirb jugewotfen unb aufge-
fangen.
53ann, oon a^b. pannan, ba« ®erid)t
bejei(^nen, bur^ßabungoerbinblii^ ma($en,
bauon a^b. ber pan, ban, mf)b. ber
ban, bebeutet im attbeutfc^en üiiä)tt bie
35efugni«, jur (5rf)altung ber Drbnung unb
jur Qluöfü^rung ber ®efc^e 2)iact)tbcfe[)Ie
unb Sßerorbnungen ju erlaffen, bereu dliä^t-
befolgung eine 33u§e nac^ ftd) jog ; biefe 33u§e,
regelmäßig 60 solidi, fpätcr 60 S^iaingc,
Öei§t ebenfati« ban; ge^t biefe Sefugniö
ftet)omÄönigauö,fo ^eißt Äönig^bann.
S)iejenigc Sefugniö te« ilönig« bie über
Seben unb lob ri^tete, ^ie§ Sfutbann
unb fonnte wie ber ÄönigSbann auf ben
©rufen unb baä ®rafengericf)t übertragen
werben ober auf ben, bem ©rafengewalt
libertragen war, wie Älöfter, Stifte, freie
•Ferren, Stdbte. Sine anbere 33ebeutung
uon '-fiann war im altbeutf(f)en SRec^te bie
Jriebloftgfcit, bie über im au^gefproi^en
würbe, beffcn man }ur Sefirafung unb
©enugt^uung nic^t ^ab^aft werben fonnte;
barauö ^at ftc^ fpäter bie Qld^t (ftelK biefe)
entwicfett. 93ann atö Qtu^fcftliegung aui
ber fird)licf)en Oemeinfc^aft war fc^on im
fübif^en ©efe^e oorgebilbet unb Eam öon
ba^er in bie djrijitic^e Äird)e, mit jwei
®raben, excommunicatio minor ober
fteiner 33ann unb excommunicatio
major, anathema ober großer ©ann;
jener fd^Iießt bloß oon ber leilna^mc an
ben Saframenten, biefer auö ber ©emein*
fcf)aft ber ©laubigen ganj auö. 2)ie 33e-
fu^niö be« 33annenä fie^t bem 33ifd^of für
bie I)iöjefe, bem Äarbinal für bie Äirc^en
feine« litel« unb bem ^apjl für bie ganje
Äirc^e JU. (S« ifi befannt, wie bie *]Bapfie
be« üJlittelalter« in i^rem Äampfe mit bem
Äaifertum im Sann mi|brau(i)ten unb ba=
für i)arte iBorwürfe ju boren befamen, §. 35.
»on 9Battf)er »on ber iBogelweibe. 3)er übet
eine ganje ©emeinbc »erbängte Äirdbenbonn
^eißt 3nterbift.
Banner, ftefie ^ai)nt.
58a^Jtiftcrien, ftebe Äapeöe.
Sar, tai, bejeic^nete bei ben iWeifter*
fdngern eine befiimmte 5lrt be« ©efange«,
über beffen 93efd^affen[;eit unb Urfprung
wir noc^ feine beftimmte ?(u«funft b^ben.
©rimm. SBörterbucf), I, 1121.
Sorben waren ein abgefcftloffener unb
geheiligter Sängerfianb ber .Gelten, bet in
3rlanb unb Jßate« ftc^ bid in bie neuere
3eit trl;ielt. ©anj nnftatt()aft würben
biefe fc^on »on antifen @c^riftj!e[Iern,
Strabo 4. 4, Ammian. Marcell. 15,9 gc«
nannten Sarben ben alten üDcutfc^en ju^
gef'cftrieben, inbem man ftc^ auf bie Steüe
in jacitu« ©ermania, cap. 3, berief: Sunt
illis quoque carmina, quorum relatn,
quem barditus vocant, accendunt animos
futuraeque pugnae fortunam ipso canta
augurantur; biefe« 2ßort barditus, iai
ben Sßortrag bcjei^net, wirb a(« Sc^ilb«
gefang altn. bardhi = S(^ilb ober at«
öartweife erftärt. Älopflod unb ©erfien«
berg fmb bie ©rünber ber pattiotifdien,
au« ber lebenbigen ©egenwart in bie Ur=
jeit ftüct)tcnben Sarbcnpoefte; Äiopfiocf
machte au« Sarbe ein üöort bardiet
(jwciftitig), wa« Sarbcngefang bebeuten
foflte. Berber bat am fräftigfien gegen ba«
Sarbenunwefen geeifert.
58arctt, fiebe .Ropfbebecfungen.
SBatfü^er, mbb. barvuoz, audE)bar-
fot, ifi fein Orben«name, oielmebr bei'
ßen 'D'Jönc^e oerfcbiebener Orbcn fo, wel^e
^um unbefitubten ©eben uerpflii^tet fmb.
24
Sarml^erjige Stübcr — Saftlita,
befonber« bic ^'^^"äi^f'Jnfr, bocf) fingen
in 3eiten aud) bie Karmeliter, ^lugiiflincr,
Kapuziner barfuf. 3n ber ®(i)hjcij Riegen
bie 5ranji«faner allgemein 33arfü|er, i:^re
ÄlöPer SBarfüferflöfler.
Sarat^crjigc Söriibcr, ein fat^oIif*cr
SlJlönd^öorben, gcftiftet burc^ben^ortugtcfen
Sol^onn Siubab, geb. 1495, geji. 1550,
ber 1540 in ©ranaba in einem gemieteten
^aufe ?lrme »erpflegte unb anmäl)ti(i) einen
Serein ä^nlic^ trirfenber ©enoffcn jur
Firmen* unb Äranfenpficge grünbete ; 1572
nnetfennt ^iui V. bie DteligiofensSefeU*
f($aft nad^ ber SRegel ^uguflinuö, in brau«
ner, bann [(^rnarjer Zxad)t 93 on ©pa«
lücn fommt ber Drben nad^ Stauen, t>on
t'a nad) 2)eutfc^Ianb , $oIen unb ^ranf»
vei^, frferes de la charite ; er befl^t in
SWabrib, «Rom, ?JeapeI, O^ailanb, qSari«,
2öien, qSrag gro^e ^ofpitaler. Söeijfätfer
in |»erjogö D'Jealenctjtl.
SBaroöftU; bai beutfd^c 2Bort bar od
ijl erfi im 18. S^^t^unbert aue franj.
baroque = fd^icfrunb (t)on *PerIen),
f onberbar, biefe^ toom portug. ber b a r o c c o
= ro^e, unglcid)e fperle, eigentlid) unebe»
ner ^cl«, entlehnt. Unter Sarodjtil t>tx>
ftc^t man biejenige gorm be^ Dflenaiffance*
©tileö, bie berSlüte ber ütenaiffance ober
ber |>oä)=9(lenaif|'ancc folgt. Sie rt»irb ba»
burd^ d^arafterifiert, ia^ bie Saufunft non
ben ftrengen f^ematifdjcn SRegeln ber
alteren Äunft abfal; unb naä) inbioibuel«
ler SBiOfür auö ben römifc^en 93auglie=
bern ein neueö, brillante^ unb geijlrei^eö,
aber ber ftrengen gorm entbe^rcnbe^ ©anje
jufammenfe^te. 511^ ^Infänger bc« 93arodä
ftile« gelten SDiic^el Slngelo, bcfonber^
aber Sorcnjo Sernini unb granc. iöcrro«
mini. S)ic ^iit biefeg @tileö ift etma
t>on 1620 an big 1730. 3u i^r gehört
in ber fird)Iid^cn ©aufunfl ber fogen.
3 efui te n j! i I. 3)ie ^affaben bicfer
Äird^en jeigen meifi jmei ©äulenftellungcn
übereinanber, bie obere bebeutcnb fleiner
aU bie untere unb bie Strebebogen bur^
nnüfürlidie Cdjnörfd »erbedt. 5lnbere
©igeni^eiten finb gemunbene ©äulen, ge«
trockene, äerjlüdtc ©iebel, gefd)meifte ^tn^
fier unb ©iebel mit einer fd)nedenartigen
(Sinfaffung, abentcuerlid^e, gefd^meifte ?tuf=
fii^e, i>H ©licberungen reid) überlaben,
bie Ornamente oft mitlfürlid) unb oer»
tüilbert, tai ©erablinige überhaupt »er=
bannt unb fogar im" ©tunbri^ burd^
frumme, gcfc^tüungene ßinien crfe^t. S)ic
le^te 5lu^artung beö iBarodfüleö liei^t
lRofofo= ober Bopfftit. 3n ber beutfd)en
®icf)tung ftnb bie beiben (SpätsiRenaifTcnce*
ftile burdE) bie er^e unb jmeite fd^Ieftfd^
S)id^terfd)u!e rcpräfentiert.
S5aron, mf)b. ber barun, au^ franj^.
ber baren, melc^e^ mit ital. berbaröne
auä mitteilet, ber baro, baronis fommt,
moneben aud^ ber barus; biefeä aber J
fommt nacf)S!)Jünen^off aud feltifc^ bar f
= SO'Jann. 2)aö2ßort baro, baS fonfiaügc^
mein ben 9Wann bejeid)netc, erfd^eint guerfl
bei ben5llcmannen uubbe^eid^net einen ^öri*
gen, mie bie 3uf^ninienfe|ungen barman,
barwip, barschalk, barliute. @pä;
ter bejeid£)nct eö neben jal^lreid^en anbern
SJJamen einen freien ^ö^eren ©tanbed, ber
meber ®raf noc^ ^ürjl mar, fei eö, ba§ er
ße^nömann eine« Ijö^eren SOJanned, 95afall
u. bgl. mar ober nid^t; eö fommt mit
biefer Sebeutung aud bem ^rinjöfrfd^cn
unb 3talienifcf)en. Später f(^eint ftd) ba*
aud^ in ber l)öfif^en 3^^^ feltener ge-
braucf)te SBort mieber nerloren unb crfl
im 17. ^a^x^. neuerbingö für ^i^^iöctr jtd^
eingebürgert ju ^aben.
fSüxt ©ei ben alten ©ermonen galt
nac^ iacit. ®crm. 31. gefürjted |»aar unb
gcfc^orener 53art aU 3eid)en ber Unfreiheit
ober beö SSerlufleö ber S^re; bie 8ango=
barben trugen ben SRamcn »om langen
©arte; bie ©adf)fen bagegen trugen im
6. 3at)rl). feinen Sart. ©ie ÄaroUngifdt)en
.g)errf4)er trugen verfc^nittened ^aar unb
®cf)nurrbärte, unb noct) oon Otto I. mitb
berichtet, ta^ er gegen ben alten 93raud^
ben ©art ni^t fd)or, fonbern »öKig trug.
5lnbere ©eifpiele finbet man ebcnfaüö nur
unter ben böc^ften (Stäuben mellU(^er unb
geifitic^er 5lrt; bie mittlem Älaf[en gin*
gen barttoö, mä^renb bie unterfien unb
mit i^nen bie 3uben micbcr bebartet
maren. 3n ber Oiitterfd^aft ber .f)o^cns
ftaufenjcit unb bem böbern ©ürgcrtum
berrfd^te giinjli^c ©artloftgfeit, biö tief
in« 14. 3a^r^., mo bie SDJobe fid) mieber
ben ©arten günjlig ermied, fo t>a^ ©art=
lofigfeit ^udna^me mürbe. 5m 16. Sa^^v^.
trug man in S5eutf(^Ianb entmeberSoUbärte
ober nad^ fpanifd)<fvanjörtfdbcr *Blobe ben
bIo§en Sippen« ober jugefpi^ten Äinnbatt,
meld^ Unterer fd)Iic§Iid^ in jal)Ireid^en
JJormen ein mefentlid)ed ÜJterfmal bcö fran«
jöfifd)en ©tu|ertumd mürbe J'ilf t» ^<^<ir
iinb ©art ber 2)eutfd^en, ^In^eiger b. germ.
anuf 1858.
©afilifa. 5Dicfe alte gorm be« d^rijl«
Iidf)en ©otteä^aufed mürbe frül;er aügemcitt
aud ber go'^i" '^^^ altrömifd)en forenfi»
fcf)en ©afilifen abgeleitet, ©i^ungd«
Sa^cn — Saupttcit.
25
lofalen für bie tid^tctlic^en Sc^örbcn.
2)iefe ?lnna^ntc ijl in neuerer 3«it rt)i^er•
legt tDorben, unb man leitet je^t bie c^rijts
Ii(|e ^afilifa üon iSäumen be^ rö»
mifc^en ^rit)atl)aufcö ab. 2)iefc finb
einedteit§ bie Oeci, Exedren ober Tri-
clinien, gro^e ®äle, bie jur Dtepräfcn^
tation, jur gefcHigen Bereinigung unb
mitunter jur lafel bicnten. 3^re ßagc,
t)intcr einem ^ofe, gewö^ntic^ bem Peristyle,
fx^txti bie „bort iöcrfammelten vor ber
(Sefa^r ber Überrafd^ung. 5tnberntcilö gab
eö in ben ^aläfien nornc^mer JRömer njirf»
lic^e ^auö* ober ^Priüatbaftlifcn, bie ber
ö^rifiengemeinbe übergeben unb jur®runb«
tage »on Äirc^en ttjurben. 5Die (f)ripiid^e
ißajilifa befielt au^ bem 3ltrium, bem
€d^iffe unb bem ß^ore. ®a^ *Ittrium,
burc^ tt)el(i)eg ber 3"Sfl"9 ^<^^ '^^^ Äircf)e
fü^rt, ber 'Jlufenttjalt ber SBü^enben, ijl
ein auf brei Seiten non Säulenhallen um^
gebener 5}or^of, bem ftd^ aB nierte ©eitc
bie Sßor^alle ber 33afilifa anf(^Iie§t. ^n
feiner aWitte fiebt ein Srunnen, ^antba^
ru^, be^uf^ [Reinigung ber Äircf)enbefud)er.
®aö innere ber SDaftlifa befielt in ber
iHegel auö mehreren, genjö^nlic^ bvei, lang»
geftredtten unb parallel nebeneinanber
laufenben [Räumen, bem ^auptfd)iffe unb
ben bciben mcip f;alb fo breiten unb nie=
brigcren 51 b feiten, 9?eben« ober Seiten»
fc^iffen. 2)ic ©tü^en, n^eldjc biefelben
trennen, fmb meificn^ Säulen, in älteiler
3eit burd) I;orijontaIe Stcmmbalfcn ober
Qird^itraue, feit bem 4. 3a^r^. »ermittelfi
IRunbbögen »erbunben. 5Daö ÜJJittelfc^iff
fteigt mcift in ^oi^"! eiueä i^on ^euflcrn
burc^brodjenen $od)baueö über bie Seiten»
fdjiffe empor unb fcf)lie§t in ben älteften
Äir(ien mit einer fladjen faffettierten
lioIjbedCe al; fpätere Sauten jeigcn baö
S)ai|gebälfe, gefcf)ni^t unb gemalt, unüer«
fcf)alt. Sie S(i)iffe fmb ber 5lufentt)attö<
ort ber ßaien. Den 9lbfcf)lug erl)ält baäi
i'ang^auä burc^ ben Sriump^ogen, einen
großen SRunbbogen, ber tai !]D?ittetfcf)iff in
feiner ganjen ©reite überfpannt Der
S^or beflet)t auö einem ^albrunben 9iuä=
bau, an ^öi)t unb breite ber ®rö§e beö
Iriump^bogenä entfpred^enb ; er I;ei§t tri-
l)uiia ober concha, häufiger absis
ober apsis. %üä) bie Seitcnf^iffe fiaben
oftfolc^e^luöbaue. DerS^orbeäßangfc^iffeö
ifi baö Sanctuarium, er liegt mel)rere
Stufen ^öfter aU iai Sd^iff iinb bicnt
für bie 0ri'efierf(i)aft. 3^ teidE)cr fic^ biefe
entn)i(Iette,befiomünfcf)barer njurbc bie 53ev»
grö^erungbicfe^iRaumeö. Wan fügte beöbalb
bie Apsis nid^t mc^r unmittelbar an hai
J^auptfdyiff, fonbern fleüte jn)ifd)en Sd^iff
unb Apsis einen ju beiben Seiten übet
ba^ ßangfc^iff »orttetenben Querbau, i>a%
Duer» ober Äreujfc^iff. Der mittlere
[Raum beöfetbcn, bie SSierung, bicnte ber
nicbern ®eiftlid|f eit , bie ^^ügel ben »ot»
nehmen üJlänncrn unb grauen. 2Bar ein
ÄreUjjfd^iff nic^t anjubringen, fo erfiö^te
man ben forbern [Raum ber Skiffe unb
fd^toi pe mit (Sittern ab, at« 5lufent^alt
ber pfaüierenben ©ruber. [Rec^t« unb tinf«
er^ob ftcf) eine Äanjel, eine jum [Beriefen
ber ©oangetien, bie anbere jum [Bortrage
auö ben Spijleln. Der abgegrenjte [Raum
ber [Rebcnf(i)iffe biente bann ben tt)ettli(^cn
[Borne^men. Der Elitär lag in ber [Witte
ber ß^oreö (b. i). ^tpft^ unb abgefd^loffc
ner [Raum bc« Sd^iffe^), tior bem ^alb«
runbe ber Apsis tjinter bem [Mltar (fte^e
biefe« SGßort), in ber [Runbung ber 'Jlpft«,
fmb fiufenförmig bie Si^e für bie ®eifi»
iid^en angebracht, unb in ber SOlitte be«»
felben f}e1)t cr^ö^t bie Kathedra, ein
marmorner I^ronfeffcl, t>on njclcfiem ber
©ifc^of feine 1<rebigten ju galten pflegte.
yiaä) [Ra^n, bübenbe Äünfte, 73 ff.
Sfl^cn, urfprüngtidf) ber ©a^e, mittel»
lat. bacio, bacius, bacenus, eine
Heine, juerfl gegen 1492 ju Sern geprägte
[SRünje mit bem [ßä^, bem 93ären, b. i.
bem SBappentiere Sern« ocrfe^en, »on
4 Äreujer [Jöert; fte oerbreitete fi<^ fcf)ncU
aflgemein im fübnd)cn Deutf(^Ianb unb
bebiett ben [Ramcn, o^nc ba^ ber Sär bat»
auf abgebilbet war. Someit aU mit ®ul»
ben unb Äreujern gerecf)net würbe, ttjar
auc^ ber 58a^en »erbreitet.
Sau^iittctt. Die früf)ern mittetalter»
lid^cn Sauten auf fird)Iid)em ®ebiete ge^en
oon ©eiillidien auö, bie erjt mit ber 3«if
ßaien^ilfc, anfangt ju niebvigen Dicnfien,
beijogen. ^m 13. ^i\\)x\)., früt)ejien(? im
12., oereinigten ftd^, wie bie anbern [8e»
rufötcute, fo auc^ bie [Dfaurcr unb Stein»
me^en jU [8ruberf(f)afreu, 3nnungen unb
3ünften. Die erfie wirb im 3. 1258 in
[pariö ermät)nt. "Sie ^äupgen aBanberun«
gen, weld^e bie bamaligen *Jtrc^iteften u»»
terna^men, »ermittelten einen [Rappott
jwifc^en ben einjelnen Korporationen unb
riefen einen eint)eitlic^en [ßerbanb in grö»
§erem Umfange ind Seben. 3i'ni erften
TlaU würbe 1459 ein fold^er ju [Regen«»
bürg in« ?eben gerufen. Da« ®ebiet,
über t>a^ ftc^ biefer [Bcibanb erflvedte, be»
ftanb au« »ier Diftriften ober [ßrooinjen
für weld^e Straf bürg, Köln, 2Bien unb
26
SBefejiigungen bei alten ©ermatten.
«Bern (fpdtcr Süticf)) aU ^lauptortc bc*
jeic^net mürben. SJiefe SSetbrüberungcn,
nad^ bem auf bcr ©auficüe bcpnbli^en
SEßerf^oufe „93au^ütten" genannt, bejie^en
^c^ in erPcr Sinic auf bie SRegulictung
ber 33erufet)crt)ältniffe. ®cr 33orfic^er bcr
^ütte ifi ber ÜJJeiiier, unter Umfiänben
bur«^ ben *5arlierer fettreten. I)cr ÜJlei*
Per »erteilt bie Qtrbeitcn, befiimmt ©eginn
unb 33ecnbigung berfelbcn unb »vertritt ju*
gleiÄ tai Qlmt eine^ Ütic^terö unb ^ütcrä
ber Orbnung. ^m %ixntxn entbätt bie
Drbnung bie ®efe^e unb Sebingungen
für bie ©cfellen, 8ef)rlinge unb ^ani^
langer unb »er fonjl Bei bem ©au be*
fc^aftigt ift. $at ber ange^cnbe SD^Jaurer
feine ße^rjeit t>oQcnbct, fo empfängt er
nebfi ben ©rfennungöjeic^en, burc^ bie er
f\i) aU iMugeböriger be« Sunbeö legiti«
miert, ein befiimmtc^ SWonogramm, baö
5lBerfjeid)en, tt)etdC)eö neben feinem SJtamen
in iai ®cfetlenbu(^ eingetragen wirb.
I)iefeö SDJonogramm War gleid)fam fein
SBappen, mit bem er feine Qlrbeiten be?
jeic^ntte, unb ia^ er, OlnjIcHung fucE)enb,
aU $robe bcr ®cfd)i(flid)feit in ben Stein
ju meißeln batte. «Solche (Sbiffern, mcifi
au^ einfachen ßinicn, freujförmig unb bia«
gonal in ben oerfc^icbcnfien Äonbinationen
jufammengefe^t, fommen beinahe an jebcm
fpätmittelalterlic^en 33auh)erfe uor unb
Pnb aucf) mitunter ju 9[ßappenjei($en ge-
njorben. Sfieben biefcn 33oifcf)riften, bie
jtd^ auf baö 93eruf0»efen bejieben, fcblt
e^ auc^ ni(^t an foIcf)en, ttdi)t auf 6r*
Haltung unb ^örbetung c^rijlli^en SGßan^
belei, be^ ^Inftanbeö unb ber Sitte jielen.
I:aö Snfiitut ber Saubütten erljielt fid)
lange über baö ÜJJittelalter binauä.
5Die günjiigen Söitfungen ber Saubütten
liegen barin, ba§ fte bem ©erufeleben eine
^öbere SBeibc gaben, bie Srfabrungen ber
^unfi üon ©eneration ju Generation über«
lieferten. 2Dic tüd)tige Sebanblung bcö
3)etail^ in ben ilKonumenten auö fpät=
gotifcfier 3cit ifj^ J"»wcf)fi aU örgebnie
biefer ^anbnjertUcben Überlieferungen ju
betrachten, ©cnauigfeit unb ©aubctfcit ber
9lu«fübrung n^urben biö fpiit aU ^aupt=
erforberniffe betraditct. ^ittmieter seigt
f\d) barin ein €infen ber Äunfi, ta^ t(xi
pcrfönlicbc, inbiüibucüe freie Schalten bcr
<l)bautafie, ttiie cä bie ftübercn Saumeifter
befeffen batten, bi" jurücftritt. QtUeö ge=
fcbiel)t ttjöbrcnb ber 3«it bcr iSaubütten
mit banbtreif^mdjiger Ib^tigfeit. Dcö=
^alb überall bicfelbcn ®urt«ngen,®en:iölbe*
formen, (Pfeilergltcbcrungcn unb 5!)?a§ttietf«
fombinationen. SDie geheimen ©eremo*
nien, bie jtc^ an bie Saubütten fnüpfen
unb bencn infolge bie ^r^iwaut« ib^en
Drbcn auö ben Sau^ütten abzuleiten pfleg«
ten, ftnb burdbauä untergeorbneter SRatur.
SWacb IRa^n, b. Ä. in b. ©cbmeij, 400 ff.
Daö ^auptwerf ©d^naafe, @efcb. b. bilb.
Äünfle, IV. 212 ff.
iBcfcfttgungcn htv alkn ©cnnaitcit*
I)ie alten ©ermanen befafen feine be*
fepigten Sffiobnpld^e, Surgen unb bgl.;
bod^ bauten fte jum Qwidt ber Seberr«
fcbung mistiger ßugange ober ganjer 3:er«
rainabf^nitte Sefeftigungen, bie man in
3 ©ruppen teilen fann. 1) ©efcblof*
f en e ©injelnjerfe. ®ic benu^en mög«
lidbH ben 35orteil ber 9?atur, ©chjäffer
unb Sümpfe, ^«t^dbjiüräe, SZBalbungen, be«
fonberö fteit abfallenbe J^öben, fei e^ mit
ober ol^ne Jßall. OJJan unterfcbeibet Oting«
föällc ouf ben ©ipfeln ifolicrter ^ö^en,
@t einringe, aui^ Sßatlburgen genannt,
au^ gefammclten, meifi jerbrocbenen @tci«
ncn äufammengebäuft, ®rbf(?banjen mit
ober obne ©raben, teilö in ooaler, ^äu*
figer in freierunber Jorm. 2) Scfcfii*
gungcn größerer unb fteinerer
?tbf(|nitte beö lerrainö, mcifi in
ber 5orm beä ^albmonbe^ unb geiuö^n«
lii) auf 53orfpriing^fuppen jhjif^cn ber
(Sinmünbung eineä ©citentbalc^ in ein
^auptbal; in ebenen ©cgenben ftnb jie ge«
ttjöbnlicb auf jmei ober brei Seiten oon
2Büffir unb Sümpfen umgeben, SBaf«
ferburgen unb Sumpfburgen, Söfar,
B. G. 6, 5. gUtöfcblie§li(f) ju fflarten unb
SignalpoPen finb bie fog.Spi^rDÖllc 6e*
jiimmt. (Sin mebrfacb »orfommcnber Dfiamc
für bie SRunbmäße ifi ^aga^, in einigen
alten Stäbtcn Sranbenburgöunb Sacbfend
alöfRamebcrUmgcbungennocb ctf;alten. Sä
finb iai Se^ebrungen ber !Runbtt>älIe mit
einem •^ a g c ober einer $ e cf e , aud^
[Riefe, Schlag, ©ebücf unb ^ a *
(fei Werf genannt. JRacb lacituä ©crm.
16. pflegten bie ©ermanen ibrc ©eböfte
mit unburdjbringlicbcn S)ornn)ät(cn abju*
fdblic§en. Sgl. bie 3tamen ^agebu(J)e,
itageborn , ^agcbuttborn , ^agerofe. 3)
Sanb» unb ©renjmebren. S)eren äl*
tcftejjorm ifi ebenfaüö bcr ^a gen unb bad
© c b ü (f. 35a0 leitete ifi ein biö 50 Schritt
breiter SBalbfireifcn, in welcbem man bie
Säume in oerfcbiebcnen ^öben gefappt
unb bann ben neuen ^uäfd^lag jur 6rbe
niebergeboi^en unb bicbt t)erf[oc|ten b^tte.
2nbem biefe Saume fo uerreu^fen, ents
fianb ein unburd^bringlicf)eä ^acfelmerf.
Seg^arben — iBcinfIcibcr.
27
?lnbcte Canfcttic^rcn gießen fti) ale I)ecfe*
bePanbener (StbiraK, ale ffiatl in Srbe
obct in Stein ju^icil«" mehrere 3D?ciIcn
lang in ebenen ©egcnben ^in, balb mit,
balb of)ne totgclegte ©toben, je nai) ber
Ö3efd)affcnl)eit beä QSobenö. ©ie bilben
^eute jum Seit nocl) bie ©renjen t>on ®e=
meinbcn, iBcjirfcn unb größeren öanbge^
bieten, yiaä) 3 ä t) n ö , ® ef'd^ic^te tti Kriege*
»efcn«, 456 ff.
SSeg^arbcn, Seginen; mf). begetart,
beghart, begine, auc^ beguine, be-
gwine, begein, Seit bem 12. '^ai)xl).
bilbeten fict) in ben 3?ieberlanben grauen«
geftüfdiaften, um in gemcinfamct SBof)«
nung, naä) einfacbct Siegel, aber ot)nc
©elübbe, ein frommeä ßeben ju fü()ten.
I)ie ÜJlänncr oetje^renben Äreuäjügc unb
bie beginnenbc SBotliebe für bef(|aulicf)eö
Scben njirften baju. ^er Utfptung beö
3iamen^ lat. begbinae, beguttae, ifi
ungewig ; rigl. bie Sßörterbüc^er non
(Srimm unb (Sd^mellcr. Die 33egi;
ntnt)öfe, auc^ Ätöjler genannt, njarcn an=
fang« au§ert)alb ber €täbte angelegt, erfi
fpäter finbet man ftc aucf) innerhalb ber
SWauern; ftc ^ei^cn aud^ saminngen,
samnungen unb einignngen; bie
boju gehörigen jjrauen behielten einjeln
bie Verfügung über i^r Vermögen, j!anben
unter einer Sorfiebcrin (ÜKuttet) , lebten
einfach, bie Unbemittelten »on i^rer ^dnbe
?lrbcit; fpäter erl)ielten fie eigene Äapel*
Itn unb .Sirenen. Seit bem 13. ^a^x^.
finbet man, obgleich in geringerer 5lnjal)I,
aud) ÜJidnncrocreine berfelben Qlrt, beg-
harden. Um me^r S(^u^ ju finben,
traten biefe freien ®cfel(fd)aften fpäter
meift bem britten Drben ber ^^'^ansi^Ji'"«!^
ober ber ©ominifaner bei, baf)er ber
SRame 5*1^" """«n» ^"^ ergaben fic^
nun auc^ bem Settel, rerbanben fxä) et*
loa axid) mit Seftierern , fo ta'^ ber ^ia*
me begbarde 5um Äeiernamen »uibe.
gür begbard tarn feit bem 14. ^ai)xi).
auc^ ber Dtame ßol^arb auf. ©d^mibt
in ^erjog^ SRcalencpflopöbic. ^rieqf,
I)eutf(J)eö ©ürgertum. I, 97 ff.
Söe^aimiff^, 33et)mif($, 93ef)aimfcf), ^ei§t
im 15. unb 16. S^ifirb- in gonj igübbeutf(^ä
lanb eine *)lrt ®rof(ä)cn. 6ict)c biefen.
Seic^tÖÜ^cr, libri poenitentiales , ftnb
in ber meromingifc^en unb farolingifdien
Seit jucrfi in ©nglanb aufgefommen; aus
ber tirc^Ii^en ^rofiä tiernorgegongcn, flel=
len fie in ö^nlic^er gorm vok bie 33olf^=
red)te (leges barbarorum) ba^ Wcltlidfie
€trüfred)t, tai t)errf(^cnbe Spfiem ber
Äircf)cnflrafen unb 3BuBen bar, welche«
\\ä) ^infic^tlicf) ber eigentlichen 23etbrecf)en
bur(f)gängig an bie germanifc^e ^uffaf*
fungömeifc anfc^lie^t. S)ie bebeutenbften
ftnb bie angclfäc^ftf^en Scic^tbüc^er, bar*
unter ein^ Don Beda venerabilis, ein
anbereö tt)irb (Solumban jugef^riebcn;,
beutfc^c t)on iRabanuä ajlauru^.
Set^tfonneln, altbeutf(^e, ofjne
ßweifel nad^ lateinifc^em SSorbilbe, ftnb
in ben liturgifc^en (profabcnfmälern be^
alt^oc^beutf^en Sfitro""!^ jafjlreic^ er«
f)alten. Sic jinb abgcbrucft bei Tla^^^,
mann, biebeutfc^cnQlbfd)h)örungö', ®lau»
bcn^=, 33eici)t« unb Setformeln, Queblin*
bürg unb ?eipjig, 1839, dh. 20—43, einige
aurf) bei 3D?üllenl)off unb Stierer,.
3)enfmälcr beutfcf)er (ßoeftc unb $rofa,
yix. 71-76.
»etc^tftü^Ie ftnb jucrfi im 15. 3a^r^.
in granfrei^ aufgefommen, in SDeutfcf)*
lanb nic^t for ber äWeitcn |>älftc be^ 16,
Seilattcr. ftc^c j^oc^icit.
SBeinflcwer. S)ie alten ©ermanen ent=>
beerten noc^, abgefeljen ton ber o^ne
3n?eifel aud) bei i^nen r'ort)anbenen ^üft*
! bebecfung, bem bruoch, ber eigentli(f)cn
Seinbefleibung ; Dorn Äönig ber öango«
barben, Adeloald, mirb erjä^lt, bcß
er juerfi ^ofen getragen, f)abe unb ia^ bie
ßangobarben fortan gcrabc biefe Seflei*
bung, h 0 s i s genannt, por allem fcl)ä^*
ten. 35iefeö SBott bcjeicf)net bie enganlics
genbeSebecfung be^ Untctfc^cnfclö, gegen*
über ber |>üftbebecfung, al)b. pruoch, unb
\\t Ixixä) bie gctmanifc^en, romanifdjcn
unb feltif(J)en Sptacf)cn tjcrbrcitct; feine
urfprünglid^c 33ebeutung unb bie eigent=-
li(i)e ^eimat ifl bunfel. 2)ie 'flnnat)me
ber ^ofen burd) bie ßangobarben ifi aber
iJ?ac^af)mung römifcf)er Sefleibung^*
n^cife. T>ie ^ofen Ratten bie ®efialt von
Äreujbinben, meiere je na6) bem bö^ctn.
JRange an J^öl)e unb fünfilii^cr fflinbung
june^men. Äarl b. ®r. trug linnene
Unter^ofen, barüber 33einEleiber mit 33inbe;
tai 33olE überhaupt fleibete ftd) enttüeber
ebenfo, ober eö trug na^ btjjantini*
fd^er ^rt lange ©trumpfe nad) 5trt ber
Iricorö biö jur SRitte ber Obetfcf)enfel,
reo fte mit Schnürriemen an ben 93ruc^
angeheftet würben, ober ä^nli^e meite
53cinf[eiber, mie bie heutigen ftnb.
meiere au^ ben Unterleib umfd)loffen.
3mmer erfirccftc ftcf) ba^ ?cinfleib unter^^
wärtö enttt?eber über ben ganjen g"! o^«t
bie 3e|cn blieben unbcfleibct. Jie ftieit^
28
93cinfteibet.
punn)|)ofenarti9c SScinbcftcibungttJarlrad^t
ber Sirmern. 2)ic Iricotg ober Sang*
f^rümpfe njorcn ßon SBoüe ober ©cibc,
fietg nur gewoben unb buntfarbig, cnt*
tt)cber eintönig', meift rot, ober bur«!^
einjclne (Streifen unb Öinien öerjiert, ober
beibe Seinlängen öcrf(ä)ieben gefärbt. 3"
ben fio^en ©tänben »erfdjwanb allma^ticf)
berSBru^ ganj, man trug ^ier bIo§ noc^
eng anlicgenbe Iricotö, bic oben an bem
Hüftgürtel bcfefiigt hjurben. üJiit bem 2Iuf'
tretcn beö franjöfifd)en Äleibergefd^madfcö
i^om Seginn beö 14 Ja^r^unbertö an, ber
f\ä) burd) iai ^rinjip eng anliegeuber^Ieis
i<ix fennjeid^net, mürbe bie enge ßang«
l)ofe momöglic^ noc^ enger, fo ba§ ®d^am*
lapfeln, franj. braquettes, beutfd^ ßa^,
nötig mürben; auc^ hai mar fran»
jöfifdf) baf man i>k Seinlinge entmeber
über bem Änie trennte uub beibe Icile
burc^ D^efieln unb 93änber üerbanb, ober
über bie ganjen $ofen nod) eigene Dber^
fc^enfeU^ofen in öerfcE)icbencr tJdrbung unb
^erjierungemcife jog. ^m 16. 3ci^rl;un«
bert ma^te fi(^ in 2)eutfc6Ianb mie in
ben übrigen ßdnbern Suropa^ ein SBan«
bei ju bequemerer Srad^t ^in gettenb. Dber«
fleiber unb iBeinfleiber mürben meit. I>iefe
Söefleibungöart ging »on ber jugenblid^en
freien Sürgerfd^aft unb ben ©ölbnern
ani. SDaö lange Seinfleib mürbe juerji
t>or ben Änieen au^gefc^nitten ober ge«
f^Ii^t, bann unter ben Ruften unb längö
ben ©c^enfeln 5erfdf)nitten. 25er@^u^ »or
ber SBitterung mie ber öffentliche ?infianb
»erlangte aber, ba^ man bie Sc^Ii^e mit
.3eug unterlegte. Söeiter ging eä an bie
enge Dberfcf)enfelf)ofe, bie ebenfaHö jer*
fd)nittcn unb big ju ben Änieen ocriän*
gert mürbe, bIo§ bie Unterfd^enM^ofe
blieb eng, bie Dberfiienfet^ofc jerfd^li^te
mnn teil« ju oerfc^iebenen Figuren,
teilö ju öerfd^ieben breiten, fenf redeten
ober magerecf)ten Streifen; bie ^ifl^'^^n
maren ©reiecte, iBieretfe, ©ed^öecfe, Äreuje,
©terne, 93Iumen, 93Iätter, überaÜ in ben
buntefien JJarben oerjiert unb bie beiben
SBeinlängen mie früher oft ganj toerfc^ieben
^ef(^nitten unb gefärbt. ®egen biefe jer^
fcf)nittenen ^ofen oorne^mlidf) menbete
fid) überaÜ tit ©ittenpolijei, einjelne 9fles
formationömanbate »erboten fie, ebenfo bie
SJieict)etage oon Slugäburg in ben 3- 1530
M. 1548. 3n einer t>om 9tat ju @t. ©aüen
m5a^rel527 erlaffenenOrbnung l)ei§t eö:
Es ist ufgesetzt und verordnet, dass
alle burger und inwoner, so zerhowen
oder abgehowen hosen oder wamesser
habend, dieselben zerhownen hosen und
wamesser widerumb zaosamen negen
sollen lassen und hinfur kam zerhowen
hosen noch wamesser tragen sollend an
3 pfd. denar zuo bnoss von jedem mal,
so dick (oft) das beschicht. Man sol och.
weder hie noch anderswa kain zerhowne
klaider machen lassen und mag man die
schnlder darumb aiden, Dessglichen sol
och kain schnider kainem burger so
groben und wuosten latz an die hosen,
sunder hinfur zimlich machen, an die-
selben bnoss: Dr. *Mnbreaö SDiu^cuIug,
^rofeffor ju ^ranffurt, gab im 3. 1556
eine üon ibm gehaltene ^rebigt im 2)ru(f
l)erauä: *Bom zerlöcherten, ßuc^t* unb
ö^rüergeffenen plubrigten ^ofenteufel, 25er-
ma^nung unb SBarnung. 2>ic ©ac^e mürbe
aber e^^er ärger; mä^renb man ben untern
©toff burcf) bie SWenge ber ©d^li^e hii
jeöt nur leid^tl)in l;er»orgejogen ^atte,
»ereinfac^te man je^t bie ©(i)li^e nad^
3a^l unb ©ePaltungömeife, ermeiterte fre
anfe^nlic^ unb bauf^tc tit untern «Stoffe
auö i^nen in möglidE)fter 33reite ^erau«,
fo ba^ fte übcroU facfartig, flatternb ^erab*
i)in(^en. S)aö mar bie eigentliche $lu ber ^
^ofe; fic foQ 1553 im ßager beö Äur*
fürfien SD^Jori^ »on 93raunfcbmeig üor üKagbe*
bürg entjlanben fein. i)ie öanbsfnec^te
trugen pe fo, ia^ bie ©(^läppen bii ju
ben .Knöd^eln ^erab^ingen unb für ben
Untcrjloff big 40 (SKen ludf) rermenbet
mürbe. Mit bem (Srlöfd^en beö freien
©ölbnertumä erlofc^ eubli^ biefe Irad^t,
am längfien mährte fte in ber ©^rneij.
©elbftDerpänblicf) nahmen ni(i)t alle ©tönbe
an biefer Serjerrung Qtnteil, bod^ fam bie
$luberl)ofe auc^ bei ©tubentcn, iöürgern,
9lbligen, |>anbmerfggefenen »or, mä^renb
anbere .Greife bie älteren formen beö Seins
fleibeö beibehalten Ratten, ©eibene ge^
ftridtte ^ofen ober eigentti(i)e Iricotö, bie
auö ©nglanb ober ^ranfreidt) famen, gab ti
in S)eutfd^Ianb feit bem ®nbe beö 16.
Sabr^unbertg 3" berfclben *Periobe
fing man in ©eutfcblanb an, bem »erfieiften
fpanifd^en unb fpanifd^sfranjöfifdEien^ofen*
gefd)mad ju ^ulbigen. ©elten trug man
ieboc^ bie glatten ober mit Sanbfireifcn
bi(J)t überjogenen, »öHig ftraff auögepol«
fterten iRunbmüIfie; äumeifi fanben bie aug
breiten Sänbern mit locferer Unterfütterung
bepe^enben furjen ^ofcn (Jingang, näd^ji*
bem aber bie »on ben Ruften big ju ben
Änien fi(^»eriüngenbeauggepoljlertctJumps
l)ofc alg aud) bie »otlig faltenlofc, unten
burd)aug offene Änie^ofe. 3'" 17. ^abx'
93enebiftinct=Drben.
29
^unbcrt tarn mit bcm ©tu^crtum bic
franjöfifc^eUntctrorfs^ofe auf, at^Um«
fc()Iu§ bcr Dbcrfci^enfel^ofc, na{)Cju \odb\=
f(|er 9?atur, burdjgängig ^cr ßdngc na^
melirfad) gefältelt. Slof bie 2anbbeoöI=
fetung unb bie für ftd) abgcfc^Ioincrcn
alten 9leicf)^* unb ^»anbclöftäbtc behielten
JRcfie bcä altl)etfömmlid^ Sefie^enben, tt)ä^=
renb an ben ^öfen unD in ben ^ö^ern
©tänben, bcfonberä bcm Scamtenfianb, ber
franjöfifcibe ®efcf)madf regierte, biö nict)r
unb mel^r eine allgemeine 5tuögleic^ung ber
europäifcf)cn 9D?oben eintrat. Sßei^, Äo»
jiümfunbe. SWülIer unb SKottieö,
Sffiörtcrbu*, 9trtifel IBeinfleiber.
S3cncbtfttncr=£)rl)cn. ©ein Stiftet ijl
Scncbift Don ^Jurfia im 9'ieapolitani»
fctien, 480-543, ber ©rünber bc« Älofter«
ÜWontecaffmo bei Slcapel; bie SRcgel, bie er
ben ÜJJöud^en biefcö Älojierö gab, bejwecfte
nici^t bie ©rünbung eine^ Drben^, benn
ber i)Wönct)öfianb galt noc^ aU einiger,
ungeteilter ©tanb, eö I;anbeltc ftc^ blof "um
bie befonbcrcn 25orfd)tiften, burd) bie iiai
8eben ber iWöncfie bicfeö ober jencä Sans
bc^ ober Älofterö geregelt »erben foßte.
^U(ft anbere Äloficrregeln, mie bie bcö ^I.
dolumbon, bcö ßäfariuö »on
5trle^, bemirften feinen bcfonbern Drben.
2)ie burcf) bie irifdKn SWönd^e in S)eutfd^=
lanb gejlifteten Älöfter batfen anfänglich
bie SRcgel be« pl. (Solumban, bereu l)arte
?löcefe unb bie pufige ^Inroenbung bcr
!PrügeIjlrafe e^ allmäl;Iic[) bal^in brad)tcn,
ba§ man im 7. unb 8. 2al)x\). meljr unb
me^r auf bie iRcgel be^ \)l Sencbitt griff;
fle war milber, Harer gefaxt unb braudj«
borer aU jene. 3n @t. ©aücn naf)m
Ottmar bie Söenebiftinerrcgcl auf Sßunfcf)
•Pipinö an, in ^ulba fül)rtc fic SBonifoj
ein; Äarl« b. ®r. Spnoben »crpftic^tetcn
bie SÜJünd)e barauf. (gine beutfdje 2n-
lerlincarüerfion ber aui 73 Kapiteln bc«
jiel|)enben SRcgel, bie auö bcm 8. 3af)r^.
fiammt unb einem ni(i)t nac^mciöbaren
SD?önd)e Äcro jugefdbrieben mürbe, ift bei
^attemcr, ©t. ©nüifc^c 6praä)benfmäler,
I, 15. ff., abgcbrudt. Uiaä) ber 9flcgel bcö
bl. Senebift ftc^t an bcr ®pi^c bcr 5ln=
jialt ber Qlbt mit monarc^ifc^er ®emalt,
bem gegenüber tie Kongregation unb bie
(SItern bIo§ bcratenbe Stimme ^aben.
S5ie 5lbt«ma§I gel)ört in ber IRcgct ben
SWönd^en unb ifi i^nen bur^ befonberc
(Primlegicn gcfid)crt. S)ie nä(J)flen SBeams
ten nad) bem 5»bt fmb ?Propfi unb 2)ed)ant,
beibc burci^ ben 5lbt abfe^bar; bcr $ropfl,
33ertreter be« 5lbte«, ^at bie Dfonomic,
ber Dcd^ant bie S)iöjiplin unter fxd^.
3^re iffia^I get)t »on ben 9Wön(^en au§.
Unter bem *Propfi ftebt ber cellarius,
Äellermeifier. SDie 2Bad)c am J^or bat
ber Pförtner. Sie Sa\)l ber ÜJJönc^e ifl
unbef^immt. J)ienenbc ©ruber giebt cö nid^t,
bie Sl'iön^c ftnb ju oUen ©ienfileiftungcn
»crpf[id)tct; Mi Älofler foU beö^alb mogs
lic^fi alle Sebenöbcbüifniffe umf^Iie§cn.
Sgl. tm 33auri§ bc« Älofterä @t. ©aüett
nom ^ai)Xi. 820, herausgegeben oon g.
.Keller, 3ürid) 1844. S)ie Scforgung
bcr Äüd)e med)fclt möd)entlic^ unter ben
9D'Jön(^cn. ^anbmerf unb Sldcrbou liegt
ben ÜJiönc^en ob. •ßriöatbcft^ ifi Perboten,
aüti ifi allen gemein, unb ber 5lbt teilt
jcbem nad^ 93ebürfni(J gu. ?IU Äleibung
ifi »orgefc^rieben .^uttc, cuculla, ^lemi).
tunica, unb Übcrmurf, scäpulare.
Sllö ©pcifc gemattet bie SRcgcl jmei
@d)üffcln ®emüfe, Dbfi, funge ©cmäc^fe,
33rot, ^Ui\6) nur für Äranfc unb ©d)tt)ad)e,,
aSein gcl)ört eigentlid) für SUiönc^e nic^t,
bod) merbcn bie SSJJönc^e, fagt bie SRegel,
ftc^ benfclben nic^t mo^l nehmen laffen,
beS^alb ifi täglich eine SD?a§ (hemina)
erlaubt. SlUmä^lid^ geftattctc man fid^
me^r Scbürfniffe, jumal an befonberea
Sagen, bei Scfud^. 5Der Qlufna^me ini
Älofier ge^t eine j|äl)rlid^e ^rüfungSjcit
Doran. Oblati finb Äinbcr, bie oon bc«
Sltcrn frü^ bcm Älofterlcben übergeben
werben, i^re3a^l mar gro§, unb if;r Un^
terrid^t gab bie erfie aSeranlaffung ju beti
Älofierfd)ulcn. Reclusi t)ei§en fold^e,
bie fxd) befonbcrcr 51öcefe megen in ein.
®emad^ cinfdt)lie§en liefen. 5Dic SRc^et
Senebiftö nimmt auf ^raucnflöfier feine
SRüdrtd)t, bod^ mürben aud) bie ebenfalls
fd^on lange bcfiel^enben 9^onnenflöfier ber*
felben 9ficgel untetjicüt; ioä) finb bie
Jrauenflöfier minber fclbftänbig unb mcl;c
»om SBifd^of abl)üngig. 3)ic Scncbiftincrs
flöfier bc« 8., 9. u. 10. Sa^i^unbcrtS ftnb
bie ^auptträger berSilbung im fräififd^en
SReid)c; maS bie Qdt an ©räie^ung, SIBif»
fenfc^aft, 2)idl)tung, bilbenber .$tunfi unl>
SWufif, ®cfcf)idl)tf^reibung ^eröorbrad^te,
ift meifi i\)x SBerf. gulba, ©t. ®aüctt,
(jormet), SReidbcnau unb jal)lreic^e anbcre
Älöfier fmb 3f"tralpunftc beä geifiigen
ßebenS. ÜJJan finbet fie u. a. jufammcngc*
fieQt unb bcfd)ricbcn in ben Äir(^engc»
fd^id^ten t>on SRettberg unb ^riebrid^
urb in 3)eutfd^lanbS ©cfd^i^täqucllen
»on 2ßattenbad&. 3m 10. 3a^r^. fingen
fie an jU t)crmeltlidf)cn ; ber burc^ Äarl b.
®r. hervorgerufene JBilbungöeifer crmattettj
BO
99cncfijtum — Serd^ta.
bic Qtuöbitbung beä ßcl)nflaatc*, ttx
JHeid)tum an ßanb unb ßcutcn, ber fi^ in
i^ncn angeliauft Ijatte, fd)ob bie Sntcrcjjcn
ber Sitbung unb (Srjie^ung, bcv (Religion
unb SBifCenfc^aft in bcn |)intctgrunb, unb
SnicTcffen »cttlicfjcr 5irt traten Por. S)ie
^löPcr jlanben meip auf beö Äaifer«
®cite; ber 3u[ammcn^ang mit (Rom l^nttc
ftd^ gelocfcrt. SDagegcn trat nun eincSRc«
aftion ein; ber <3dpjtU(i)e ®tu:^l fud^te in
feinem ©inne ju reformieren, bie ^löfier
ju Kongregationen unter einer 3«n-talre*
gierung ju fammeln, ba« fpejipfd^ religiöfe
Seben ju lieben, bie Älofierregcin ju fd^är*
fen. ©er ^auptfi^ biefcr Seftrebungen
VTjurbe hai Älojier Slugnt), Clunia-
cum, in 93urgunb, »on |>eriog SBil^elm
Don ?lquitanien 910 gcfiiftct unb juerfi
bon 93er no, bann Don Dbo 927—941
geleitet. 2)iefe reformierten 93enebiftincr*
ober SIuniacenfersÄlöjier tvaren, üon
aller tiifcf)öflid^en ©ettjalt Befreit, einjig
bem ©tu^I ju 9?om untergeben; ber ge==
famte Drben jtanb unter bem 3lbt »on
(Stugnt), bem Archiabbas beö Archi-
inonasterii, jtrenge flöfterlic^e Qiöcefe
trat an bie Steüe freier !^umancr 93übung
im €innc ber Äarolingifct)en 3^^*. 5Die
beutf(i)en Könige felber' n?aren übrigen^
ber (Reform nic^t burd^auö abgeneigt;
unter ben Ktöfiern aber trat je^t eine
«Spaltung in reformierte unb nid)trefors
mierte ein. ST^ie ber (Reformation »iber*
jianben, toern)eltlid)ten in ber ^öfifc^cn
*Periobe in ^ol)em iWa^e, fird^Ii(f)e^ Öebcn,
@(i)ule unb Sßiffenfc^aft |örte auf, unb bie
"dibte beteiligten jtd) aU (Reic^öfürften
l^auptfädE)ti(f) an ben (Reic^lpnbcln. Gin
befonberö bele^renbe^ Seifpiel für iai
5BcrpItni^ ber ß.Iuntaconfer unb ber atten
SBenebiftiner bieten bie St. ®allifd)en
»Rafuö (Stfe^art IV.; Konrab II. I)atte bem
Älofter 1034 einen ßluniacenfer Stbt auö
Sot^ringen aufgebrungen, gegen bcffen
(Reformbejlrebungen bic altern S!RöndE)e
tiferten unb murrten; jum 93emeife aber,
itie tücf)tigc, toortreff(id)e 53Iüten tai KIo=
Per unter ber freiem (Regel l)eroorgcbrac^t
l)atte, fd^ricb (Sffe^art IV. feine Äcifu«, in
benen er baö Klofierleben ®t. ©aüenö fo
^Jkftifd) bargeficHt l^at. ©ie^c bie ©in=
leitungcn ju ber Iatcinifd)en unb beutf(f>en
5tu«gabe (Sffe^artö oon ®. (Wetter »on
^nonau. S)ie Gluniacenfer (Reform fanb
i^re ^auptftü^c, ma« SDeutfcf)Ianb anbe=
langt, in ben Klöfietn bcö @d)WarjtDaIbe3,
unb i)ier befonber« in^irfc^au, ponwo
au« ficf) bic ftrenge',;(Reget na* allen
©eiten »erbreitete; alte Älöfter mürben re«
formiert, neue gcgrünbet. ^irf^auet
Ttonä)i famen na^ (Rei^enba* unb ©t.
©eorgen in ©*tDor§malb, na* ©*aff»
l)aufen, ()8cter«^aufen, ^fafcrö, iJif^ingtn,
(ZBeil^eim, 3>^'fa^tcn, Slaubeuren, S^nt),
SBibtingen, Dd)fcn^aufen, Komburg in
iJranten, ^^'[^^»i'i'^^u ii"^ ©(i)etern, ^xü-
fening unb Gnöborf in (Bapcrn, na* bem
(Petcröberg bei ©rfurt, (Rein^arbäbrunn.
©ofecf, ^afungcn unb ÜRagbcburg, na*
91bmont in ©teiermarf, ©t. (Paul in
Karnt^en. Dtto »on (Bamberg führte in
aUcn feinen Klöftern bie ^irf*aucr (Regel
ein. ©erfclben (Rid)tung gehörte @t.
(Blaftcn im ©*marjmalb an. |)ier njurbe
|)artmann, früher (propft »on ©t. (Ricola
bei (Paffau, beöOcgcnfönigö (Rubolf Kap-
lan, S0?ön* unb ^rior; bann aber 1094
Qlbt »on ©öttücif), moI)in er eine Kolonie
aug ©t. (Blaftcn füt)rtc, unb balb mürben
i^m au* @t. ßambert in ©teiermarf,
Kempten, ©t. Ulri* unb (Ufra in 51uag«
bürg anöertraut. (Ra* Kremömünjler
famen S[Rön*c ani ®otte?au, einer
^irf*auer Kolonie im ©prcngcl »on
©pcier. (8if*of (8ur*arb »on 93afel aber
unternjarf 1105, eingebenf ber alten
55reunbf*aft unb innigen (Berbinbung,
tai »on i^m gegiftete Kloper ©t. ?Uban
bei (Bafel unmittelbar bem (Mbte »on
Slugnt). ©. (ffiattcnba*, ®ef*i*töqucnen
II> § 6. 3tt bie glei*c (ßeriobe mit ber
(Sluniacenfer (Reform fäKt bic ©rünbung
felbjtanbiger Drben, n)eld)c bie neue römif^c
51öccfc in no* engere 5"'^'^«'' bannten,
j.(B.bie Drben »on (8aÜombrofa,(Sf)artrcuj,
ber 2Bilt)emiten, Siftercienfer. ©ie^c bie
bcfonbcrn 5lrtiEel. (Ro* geringer h)urbe
bic (Bebeutung bc§ (Benebiftincrorbenö, aU
im 13. 3a^rb. bie 33ettclorbcn auffamcn.
35cnno* erhielt ftcf) im Scnebiftinerorben
ein gemiffer freier, »on ber römif*cn Kirche
ni*t »ötlig abhängiger ©eift ber SBiffens
f*aft unb 93ilbung biä in bic ©cgenwart.
Scnefijtum, fie^e ße^cn.
fÖttäfta, ein (Rame unb eine ©ejlalt
ber germanif*en ©öttermutter ^i^^ifl/ bie
au* grau ®6bc, grau ^txa ober ^arfe,
^olba ^ei^t. (Ml« (8er*ta, b. i. bie ©Idn--
jenbc, a^t>. Perahta, »on peraht
glänjcnb, erf*eint fic in Öfierrei*, (Baiern,
©*n3aben, im (Slfa^, in ber ©c^mcij,
Jbüringen, J^ranfcn unb Sirol. 3^rc ®e*
ftalt ging »on ber Söolfenfrau au«, mcijl
glaubte man, fte trage Kut)gefialt, ba^er
fic in Saiern no* immer in eine Kul^^aut
gefleibct erfcf)eint. ©ie jie^t an ber ©pi^e
SBergrci^cn — 33ettetn)efen.
31
beö iwilbcn ^cere«, etf^eint um 9!Bci^nacf)=
tcn aU eine %xau mit jottigen paaren, um
öic 6pinnerinnen ju beouffiditigcn, nament^
\id) am legten Sage beö 3a("^e«' >^o i("^ ä^
(5^ren 5if(|c unb Älö§e gcgeJTen »erben
unb aüeä obgcfponnen [ein mu^. gi"^^^ pf
bie Qtrbeit ber ©piimcrinnen nid)t in gc=
poriger Drbnung, fo befubelt fie ben SRocfen.
3)en liauptbePanbteil im ^cere ber 33cr(f)ta
bilben bie ©eelen bet Ungebornen, b. i.
ber ungctauft verdorbenen Äinber. TIU
bicfen, in i^üringen ^eim(i)en genannt,
forgt fte für bie jjrucbtbarfcit ber 5ider,
jiet)t mit i^nen non 8anb ju ßanb unb
fc^t mit il)nen über ©tvöme. 'Um f)eili=
gen SJreifönigötag lä§t man \\)x unb i[;tcn
Äinbern etrtjaö t>on ber 9'Jaä)tma^l^eit auf
bem 3;tfd)e fielen. 5^r 3;ag ijl balb ber
30. Dezember, batb ber 2. ober 6. Sanuar
dl »erlangt eine fJef)enbc ^efifpeife. Serc^ta
iji auc^ bie Sobc^göttin. ®eit alter
3eit tüaren irbif(^c 9^ac^bilbungen i^rer
Umjüge in ©ebraud^, mobei fte entttieber
alö eine gro§e ^xau mit langem J^aarc
»ongla^ö unb »-ocittjerabttiaUenbem tüei§en
bleibe »orgeftellt h)urbe, ober aU eine
furchtbare ®öttin, alö Milbe fflerc^tcl, mit
lüilb jerjouftcn |>aaren. 5" ber fränfi=
f(^en «Sage ifi Serc^ta alö ^^nmutter ber
2)Jenf(f)^eit ober beö töniglid^en ®efc^led)te2!
aufgefaßt gen^efcn. 5Daö golbene 3eitalter
^ei§t feit 5llterö bei ben granjofen unb
Italienern : aU 93ert:^a fpann. 2)iefer
IDJpt^uö ^at ftc^ fpäter an Äarlö bcö
®ro§en SWutter Seitraba unb an bie
neuburgunbifci)c Königin S e r t f) a gel)eftet.
Qlud) bie ireife i^xau ober bie mci^e
S)ame, bie aU i)lf)nmutter fürftlic^er
.^dufer in i:^ren ©^löffern ©lücC ober
Ungiücf üorl;erfünbigenb umgebt, ift eine
(Srfd^einungäform biefcr ®öttin. Sülann*
I)arbt, ©Otter b. S)eutf*cn unb norb. iB.,
<S. 288 ff.
Scrgm^eu, 93erglieblein, bergrifc^e
fiieber, f)ei|en im 16. 3a^r^. 93olfölieber
überhaupt, infofern fie in Sammlungen
vereinigt borfommcn, bie man in 33erg=
jtdbten ju ülu^ unb JJ'^ommen ber 93ergs
Icute jufammengejietlt l)atte. (5in fold^eö
Solf^licberbuc^ ^at DöEar Q6)<xit, 2Bei-
mar 1854, Iicrauögegeben : 33 ergreifen.
(Sine Sieberfammlung beö 16.3a^rt)unbcrt^.
Scrit^arbincr, ber fuätere 9?amc brr
^.ifietcienfer; ftel;e biefen 5lrt.
Scrtt^arbincr tion ber Dbfcrüaas ftnb
eine iJlbteilung beö ^ranji^f aner Drbenö, ge*
fiiftet üon Säcrn^arbin öon Siena, 1380
lU 1440. ?
SBcrnftcin, ein Apanbeläartifel fcf)on ber
©ermanen; er mar Seranlaffung , ba§ im
4, 3al)rl). t»or. S^r. «pptljea« au3 üJlafftlia
bei ber Vlmfcf)iffung (Suropaä aucf) Die
Dfifee unb \i)Xi 'ilnmo^ner auffud)te. 511«
dltefter 9^ame beö 93ernPein« nennt 2;ac.
©crm.45.glesum, ju ©laö gcbörig, b. i.
ba« ©länjcnbe. 2)ie «Sfptlien nannten i^n
nadf) ^liniuö, f). n. 37, 11, 1. sacrium,
oon al)b. saccari, ^iüix, alfo biefelbe
SebcutungmieSernftcin =33rcnnPcin.
ÜJJtlb. ^ei^t ber 93ernf!ein au($ agtstein,
agstein, aidstein, auö griec^. acha-
tes. 2)ie ©ermanen bcnu^ten ben 93ern»
ftein JU paU'- unb 93rufigel)dngcn, a\iä)
ju D^ad^bilbungen r>on iKaffcn unb ®e«
raten, mie man fie in ©rdbcrn gefunbcn
l)at. 3)urd) ben ^anbel fam er ju ben
©riecf)en, ©prern, ^igpptern, Hebräern,
namenttid) aber mürbe er burd) ganj Sta*
licn maffent)aft üermcnbet, aU 3lmulett,
alö ©Amuct für 33ornel)mc unb ©etinge
unb al^ 5lräneimittel. ®er 33ernftein »ar
ber mi(i)tigfte ^anbelöartifel bc« germani=
fc^en 3eitalter«, unb eö I)atten ftc^ für ben
Sßetricb bcffelben brei eigene ^anbeBfita«
§en gebilbet: bie eine lief füblic^ unb
überfdjritt bei Sarnuntum unterl)alb 2Bien
bie 35onau, um r>on ba ba^ <Hbriatifc^e
aJ?eer ju geminnen. 2)ie jmeite Strafe
ging über ©(Jleömig ju Öanb ober gu
Schiff unb »on ba quer burc^ ba^ gct«
manifc^e unb gaüifc^c ^ej^lanb nad^
SD^affilia; eine britte ging an bie Tlün-
bung be« I)niepr. Söadcrnagel, f leine
©d^riften, I, 72 ff.
SScftcbncn, ftc^e (Sibe8§elfer.
SBeftfiaiHJt, ftcfie ^aU.
Söcttelorbctt ip ein Äotleftionamc für
bicjenigen Wönc^^orben , beten SRegel ben
93cfi^ beö (Sigcntumö but(f)auö »erbietet.
5Kan jdi)lte 5 Settelorben, 2)ominifaner,
granji^fancr, .Karmeliter, 5lugujtinereremi»
ten unb ©erwiten.
iöettclfflcfcn. Daf bo« 93ctteln eine in
3)eutfd)lanb fef)r »erbreitete ^aä)t fei, ge^t
fc^on au« ben äaf)lrcic^en Dramen für bie^
fen 93egriff ^et»or; neben »ettcln au«
Sitten fommen »or (nad^ ©rimm, 2Bör=
terbuc^ I, 1729) bo^r. fcrgeln, nnl. ttog=
gelen, in «Pommern, OJlecftenburg gungeln,
anbermdrtö pradjcn. pradfjern, ^eifd£)en, ^eu-
fc^cn, forbern, qucnfen, nönen, gitcn, ter-
minieren. @in anbete« 3«uS"i^ f"i^ i^"*
3;^atfacf)e liegt in ber®rticf)tung betSettel*
otben, unb audf) mit ben ßanböfned^tcn
tt)at ba« iSctteln enge »etbunben, fte nann«
ten e« galten, unb ni^t minbct mit bet
32
Sibclübetfe^ungcn.
Sitte bcä SBaßfa^une, mit bct Äran!^eit
iti Qtuöfa^cö unb bem pnfiitut ber fa^-
renbcn ©d^ülcr. 2)0« aWittelalter, baä für
bic 2ltnim nur nofbürftige Sorge trug,
lief Betteln, mer hjoüte unb fonntc. Slinbe,
Sa|me, ®tel^fü§c, Krüppel u. bgl. waren
auf ben ®ettel angewiefen. 3" ^" ^öfi«
fd^en 3fit waren jte eine fie^enbe *^lage
ber iBurg^crren. Um ftd^ in ben ©täbten
einigermaßen cor bem oft fc^rcdfli^ über«
^anbne^menben Settel ju fci)ü|en, wur*
ben jte etroa in eine befonbere ©äffe (in
5ran!furt a. Tl. ©itergaffe) getrieben ober
ganj oerjagt, ober man erlaubte ben Settel
bIo§ für einige itage unb nur an ht-
fiimmten Orten. €(^on t)or ber SRefor«
mation famen jiäbtifc^e iSettelorbnungen
auf, benen jufolgc biejenigen, bencn baö
Setteln erlaubt war, ein befonbercd 5tbs
jeid^en erhielten, j 93. ein Äörbc^en. I)ie
SReformationämanbate wirften auc^ in bie*
fer Sejie^ung günjiig.
SBiöcIiificrfcl.onsen« 5tn ber ©pt^c ber
bcutfcfjen Sibelüberfe^ungen fic^t bie go»
tifd^e beö 93if(^of« Ulfilaö, gejt. 388;
jur ofieuropäifc^en Äirc^e gel)örenb , bie
i^ren 93ölfern ben ®ebrau(| ber eigenen
©pracbe immer äulie^, fonntc ber gotifd^e
iBifd^of fein 3Wiffton^gefd)äft mit einer
93ibelüberfe^unit frönen; nad) einer alten
^aä)x\ä)t foH er bie ganjeSDibcI überfe|tt)as
ben, bic 93ü(Ser ber Könige aufgenommen, bie
er i^reö friegerifc^en Oeifies wegen für
bie ®oten gefäf)rli(J) erai^tete. (gr^alten
finb ani bem alten 2;e{iament wenige
t8rud)jlürfe auö ®«ra unb 3?e^emia, auö
bem neuen Sejiament grö§cre Sleile ber
^öangelicn , ber Briefe an bie SRömer,
Äorintt)er , ©alater , ßp^efer , ?p^ilipper,
Äoloffer, j^effaloni^er, Simot^eu^, litug
unb *PfaImen. S5ie Überfe^ung legt einen
grie(i)ifcf)en lejt ju ©runbe mit ©puren
beä Iateinifcf)cn. Sic fritifc^e Suägabc
»on ©abclen^ u. ßoebe, ßeipjtg, 1843—46.
Sfieuepe ^anbouögabc oon Stamm u. ^erjen.
®ine altb. Überfe^ung ber 53ibel ober au^
nur be^ neuen lepamentö giebt eönicf)t; bic
ÜKi^acfitung ber römifc^en Äird^e für bic
SWationalfpradben, bie frembe SJJationalität
ber irifd^en unb angelfäd^ftfc&en iD?iffio*
nöre ferl)inbertc ein fold^e« 2ßerf; bagegen
|»at man feit bem 8. 3nbr^-; abgefcf)cn fon
poetifdt)cn Bearbeitungen bibUfdf)er 93üd^er,
Wie iselianb unb Ctfrieb^ (Sfaugeüenbudf),
SßrudbftüdEe einer Übcrfe^ung beö Goan*
gelium« üJJatttiäi unb eine üortreffIidf)e
liberfe|ungt)onSatiane(Ammonius)(j»an«
gelientiarmonie, bie an[,ber JJulbaer .Rio«
fterfd)ule entfianben ift. Die ißfalmen tti
St. ®anifi)Pn iWönd^eö Tiothr Sabeo um
1000 unb fein oerlorener ^iob ftnb ni^t
blog Überfe|ung , fonbern Kommentar
jugleidf). üDie i)o\\\i)i ^iü ^at, abgefe^en
üon gereimten Bearbeitungen, faji nid^t«
auf biefem ©ebietc geleifiet, erp bai 14.
3af)r^. fennt wieber eigentlid^e Sibetüber«
fe^ungcn, bod^ no(^ lange o^ne cingrei*
fenbc SBirfung. QU« erfier Sibclüber«
ff^er wirb 1343 ein ÜKatt^iaö »on S3e^cim,
Tlönä) ju |»afle, genannt. S)er Sud^brudC
förbertc foldje 2öerfc, unb biö jum ^al>u
1518 fennt man 14 in bod^beutfd^er Spradf)e
erfd^ienene 93ibclüberfc|uni\cn, ndmlid^ 1)
3Wainj, 3. ^uji unb 13. S(^öffcr, 1462 (?),
Strasburg ^. ßggcnfiepn um 1466 (?).
2) Strafburg, 3. iWcntel um 1466. 3)
5lugöburg, 3ob. $f[anjmann um 1475. 4)
Dflürnberg, ^rie^ner unb Scnfenfd^mib um
1470. 5) 5lugöburg, 0. 3. um 1470,
©untrer Saincr. 6) 5lugöb. 1477. ©ün«
tl)er 3'Jiner. 7) «Mugöburg, ^nton Sorg
1477. 8) Qlugöburg, Qlnton Sor^ 1480.
9) S«ürnberg, 3lnt. Äoburger 1483. 10)
Strasburg 1485. 11) 5lugäb. ^ani Sd^ön^
fpcrgcr 1507. 12) Qtugöb. ^. Sd^önfper=^
gcr 1490. 13) Qlugöb, $an« Dtmar 1507.
14) Qlugöb. $. Dtmar 1518. Sic^c 3o^.
Äc^rein, jur ®efd)idf)te ber bcutfd^cn
iBibclübcrfc^uiig t)on Sut^er, Stuttg 1851.
Qlücn biefen Überfe^ungen lag bic iBul«
gata ju ©runbc. ©rjt öutber baute auf
ben I)ebräifd)en unb gtied^ifd^en Urtcft.
®r beginnt 1517 mit ben fteben ^üp
pfalmen. benen anbere f leine Stüde, SBa*
ter unfer , 10 ©ebote unb bgl. folgen.
Urfi 1521 faite fiut^er ben $lan , bic
ganjc Bibel ju üerbolmetfd^cn; 1522 er*
fd^ien ju aBittenbcrg iai neue leflamcnt
injol. mit ^oljfd^nittcn, obne <Jlngabc bc^
SJrudferö (Wel*„ Sott^er), ber 3a^r«
ja^l unb beä Überfe^erö , im gleid^cn
3a^rc eine äWeite Qluflagc mit 2)ructer unb
3a^rja^l, 1523 crfd)ien ber erfte leil be*
alten 2e|tament«, 5 Büdner «Kofc, 1532
mit ben *13ropt)eten ber Sd^luf; bie ganje
Bibel 1534 bei ;^an«S ßufft in ©ittenberg
in 6 Seilen. %üi bie jablreidE) fotgenben
<Muegaben oerbefferte öutficr jietä wieber,
befonber« mit Untcrjtü^ung feiner ^vcunbe
9Kclan($t{)on, Bugenljagen, 3ona^< S^"'
jiger, QlurogaQuö unb SRörer fam btt
jweite Hauptaufgabe 1541 ju Staube. ®ic
le|te 5lu0gabc Sutf)erö, weldf)c bie ©runb*
läge ber fpätern 2ut^erfdf)cn Bi&elüberfe|;*
ungen i^, jiammt auö 1544 unb 1545. Dri*
ginalauögaben bcö neuen leftamcntö, aDe
Biblia pauperum — 93tt)Iiot^efen.
33
ju aBittenberg, iii um 1527 bei Ttdi).
ßottbcr, bann bei ^ani ßufft, acfl. 1584,
(^ebrurft, crfd^iencn »on 1522—1523 16,
SWacf)brücfe 54, ju Q(ugöburg 14, <Btxap
bürg 13, SSaf«! 12, äbnlic^ bic übrigen
Seile unb fpäter bie ganjc 93ibel. S)ie
Scrjögerung ber ßut^erfd)en 93ibet »eran«
Ia§tc aud) f ombinierte 33tbeln, baiun=
tcr bie Sßormfer 1529 mit ben *Prop^etcn
t)on ßubmig ^e^er unb ^anö Dencf,
unb bie 3üncf)er bei (Srijioffel J^tof^auer,
mit lut^crifc^em Jeyt, fottteit er »orlag.
unb frembem für bie noc^ fct)Ienbcn ©tüctc.
®ic ©runbfä^e, nad) bencn Cutter
üerbolmetfc^te — überfe^en ift erfl fpdter
aufgcfommen — finbet man in feinem
©enbfd)r eiben über td^ S)oImet=
f*en 1530 unb in bct ©c&rift ©on Ur =
fad^en be« 5DoImetf(f)en 1531. ^a^
raüel mit ber 8utt)erfc^en Überfc^ung gcl)t
blo§ bie ßüi^i'^f'^fd)^ ''on 2co ^üt,
aU ganje sBibel juerfl 1530 bei 6bti-
jloffel ^rofdiaucr. Über ftc unb i^re fer=
nere ©efc^icfete fiebc,, SOta^ger. S)ie
crflen fotbotifdjen Überfe^ungcn finb
tai neue Sejtament con ^einr. ßmfer,
SDreöben 1527, bie ®ibel oon 2)r. ßdf,
3ngotfiabt 1537, unb biejenigc beö 3)0*
minifanerö 3. jDietenberger, SOlainj
1534; überarbeitet erfd)eint fte fpäter uns
ter bem atamen fat^olifd^e Sibel. 2Son
fpätern beutfdjcn 33ibetüberfe^ungcn ftnb
bcfonbcrö crmälinenömert: 3)ie33erlebur =
get 95 i bei, 1726 — 39 in 93erleburg,
»e(ipl)atifd^er Sejirf 51rnöberg, »on 3-
%. 'f)aug unb a., crfcf)ienen, in ber Qlb«
^c^t, ben mt)fiif(ä)sfcf)märmerif^en Scfire«
bungen ber ß^it bibUfd)en ®runb unb ta^
mit5tnfel)enju öerfd)affen, o^ne jmeite 2luf=
läge, unb bie SZBert^eimer 93ibel, 9!öer=
tt)eim 1735, oon 3ob. ßoren;\ ©(f)mibt,
moDon nur bie fünf Sucher tOiofiä gcbrudft
tüorben ftnb , im S)ien^e ber nacftcften
^reibenferei abgefaßt; fte^e Lettner, Sit.
®cfc^. III, ©rjleö 93u*, 5tbfd)nitt 2. Über
beutfc^c Sibelüberfe^ungen überhaupt
^ritfcfce, in$erjogöiReaIcnci)EI.III,334ff.
Biblia pauperum , ein feit bem 13.
Sa^rb- in $anbjcid}nungen, ^oljfc^nitten
unD balb nacf) ber ©rfinbung ber 33u(^=
brudEetfunfi burd) bemegtic^e ßettern bet*
gejieüteö unb ujeitferbreiteteö SBer! jur
Unterweifung beö Solfeö in ben c^tiji«
lid^en ^eilömatir^eiten. Unter ben pau-
peres fmb bie Qlrmen unb Unmiffenben
unb ni^t arme ü)tönd)e , 23ettelmönc^c ju
öerjic^en. Saö 2ßcr! befielt auö einer
tReibe »on tppifc^cn SBilbern auä ber ^eili*
gen (Sd)rift, fo jwar, ba§ j!etä eine ncu^
tefiamenttid)C 2)arpetlung »on jwei »or^
bitblid)en ©arfleHungen auö bem alten
leftament unb »on 4 Sruftbilbern »on
<Patriard)en unb (JJropbeten begleitet ift.
S)er leyt ift anfangt lateinifd) , fpdter
aud) beutfc^. S)ie Silber ber 5lrmcnbibcl
würben frü^ in ©fulpturen, SBanb« unD
©laömalercien tt)ieberl)olt.
SBiHiotöefcn fennt t>ai aJJittelalter in
erfler ßinie in allen altern Älöfiern,
ibr SuP'Jn^ ^fi^t natürlid) ben Sßed^fel
ber allgemeinen Seilnabme für bie ®tu=
bien. 5m 9. ^ai)xi}. ftnb ti^alb Äloficr*
bibliotbefcn bcfonberö gcgrünbet worbcn;
Äataloge ftnb j. 93. ert)alten »on 9tei =
d)enau, beffen 93ibliot^efar 9flegin =
bert für bie 93üc^er forgte Wie ein Sater
für feine Äinber; auö berfelben S^'t ift
ein ®t (Sauer Katalog erbalten. 3)ie
93ücbcr mürben burdb 9lbfc^riften , Äauf
unb ©efcbcnfc »ermcbtt, audb gab eö eigcnt=
lidbc Stiftungen »on regelmäßigen (Sin*
fünften für biefen 3^^*- ®i« Äirdben*
bibliott)cEen fianben alle Der öffentlicben
93enu|ung offen, bodb lie^ man J)ie 93üd&cr
nur ungern auö. S)ie 99rüber be^ ge«
meinfamm ßebenö mad)tcn ibre 93ücber
»or^üglidb ben ©d)üleTn jugänglicib. ^ri:=
»atbiblio tiefen fennt Mi SDlittelalter
junadbfl im 93eft|e »on Königen unb ^ür^
fien; ^arl b. ®r. liatte eine anfe^nlicbe
©ammlung; jte foflte feinem Sefiamente
gemäß nac^ feinem Sobe »erfauft unb ber
@rlö0 bafür ben 9lrmen gefcbcnft roerben.
Äarl ber Äablc, ein großer 93üd)er=
frcunb, »erteilte feine 93ibliotbef jmifcfeen
®t. 5Deniö, ©ompiögne unb feinem «Sobn.
Qludb bie ^erjogin ^ebmig »on @d)tt)aben
befaß 93üä)er. 3n ber ^olgejeit mirb crft
miebcr »on griebridb II. berid)tet, ia^ er
im Seftl einer eigentlidben 93üd)erfamm«
lung gewefen fei. Steuer (iifer im93üd)er=
fammeln entwidelte ft($ bei ben ^uma«
nifien ^talienä im 14. u 15. 3at)rb; fcbon
«Petrarca, mie fpäter 6eb. 93rant im ülax--
renfd)iff l., eifert gegen bie neue ÜKobe»
t^orbcit beö unnü^en 9lnbäufenö »on 93ü=
cbern. 3n ©eutfc^lanb befaß fd)on ^ugo
»on Srimberg, ber 9Serfaf[er beö bibaf^
tifcben ©cbicbtes ber SRenner, um 1300
@d)ulmeifier bä 93ambcrg, 200 93ücber.
®onfi tbaten ftdb bie ^üvjien bamal^ in
biefer 93ejicbung wenig t^eroor. (grfi im
15. ^a^x^. trifft man auf Südberfamm*
lungen in ben 93urgen rcidber ^'•"^i^i^"-
Söon öffentlicben 93ibliotl^ef cn beö 911^
tcrtum«! bat bloß bie »on Äonjiantinopel im
3
34
©icr — 93ilbcr, teligiöff.
SIRittelaltet fortbejianbcn. 3m ^benbtanb
nifft man eijl im 13. ^ai)xi). auf iai
2Jetfa^ren, SBüdietfammlungcn ^roax wie
fiüf)et einet gcijilic^en Äörpeif^aft ju
übetgeben, aber, roai neu war, mit ber
auöbxücflidien Scjiimmung ju freier 3Be*
nu^ung. Daö gefc^a^ ^luerfi burcf) bcn
Jiompropfi t)on ajcrcelti, 3«^"^) ©ar*
nariu^, ber in feinem lejiament »on
1234 feine ©ammlung in ber genannten
2Öeife ben 3)ominifanern »on ®t. '^aul
»ermac^te. *]ßetrarca »ermatte feine
«Bücfjer 1362 ber *Dlarfu^fird)e Bon SBene^
big aU öffentlid)e Sammlung; gönätic^
itierna(^Jäffigt fanb man crfi 1635 einen
leil bat)on »ieber auf. I)ie bcrüt)mte
ÜJlarfu^bibliot^ef entjianb unabl)ängig
bo»on 1468 bur^ ben ßarbinat SSeffa*
rion. SBoccaccio »ermacbte feine Siblio-
t^ef ben 5tugufiiner ©remiten ju @. ®pi=
xito in iJIorenj; bie gro^e öffentliche 33i=
bliot^et JU S^orenj würbe ju ©an SDlarco
im Sabr 1414 gegrünbet. 3n S)eutf4s
lanb fd)lieBen fi^ bie öffentlidben Siblio*
liefen an bie Uniocrfitätcn; feit ber
^weiten |>älfte be^ 15, ^ai)xi). »erben
bann allgemein in ben ©tdbten ©amm«
lungen angelegt, 1413 in Staunfc^wetg
unb 2>onjig, 1469 in J^amburg.
I)er gewöhnliche üRame für eine SBüc^cr«
fammlung war armarinm, almarium,
nocf) je^t bie Almer, beutf^ liberei,
buochgad'em, buochkamer, büeche-
rei. Äojibare 93ü4er mürben oft an eine
eifcnfiange angefettet, um unbefannten
<)ßerfonen bie SSenu^ung ber Söüdber o^ne
2(uffr(f)t gefiatten ^u f önnen. SQ} a 1 1 e n b a d),
©Ariftmefen, VII.
Ster,af)b.baöpier,peor, m£)b.bier,
nad) aSacfernagct auö ber romanifd)en
Jorm beö alt» unb mittellat. iai biber,
bie biberis = ba^ Irinfen, ©etränfe,
ital. bere, bevere, b. i. lat. bibere,
trinfcn. 2)er ältere beutft^e D'Jame iji
wai)rfd)einlid) alu, in 5lle erbalten. ÜRct
unb Sier, tai le|terc fcf)on %ac. ®erm.
23 ermähnt, blieben bei ben Sölfern be«
äu§erfien S^iorbenä biö tief in ba^ HJlittels
alter i)inab faji bie einjig üblid)en ®e»
tränfe, wäbrenb bie S>eutf^en f^on burd^
ben Serfebr mit ben SRömern bie 93efannt*
fcf)aft be^ Sffieineä matten, ®erm. 23.
SWcbr unb mebr mürbe ber 2Bein baä eble
©etrönf, binter bem ber üJJet unb nod)
mebr ta^ SSier alö niebrigeö ©etränf ju»
rüdtraten. 3" 9'Jorbbeutfd)lanb blieb aber
hai 93icr in allgemeinem ®cbraud)c, fogar
ber SOfJüncf)ner Söocf jiammt auö ßinbecf
bei ©öttingcn. Sine Siecpoeftc i)at ti im;
ÜJiittclalter nicfct gegeben yiaib ^artmann
»on 5lue jiörft ein Sedier ©ein me^r aU
44 Sedier »ier.
I)ie ^Bereitung bcÄ Siercä war Sabr«^
bunberte lang fein felbjiänbige^ ®ewerbe,
febe ^auöbaltung bereitete fidb ibr 93icr
felbft, größere ^au^wefen, wie Älöfter, na*
türlidE) in gröferen Quantitäten. iBifcbüf
©alomon Don Äonjianj prallte, er babc
in 6t. ®allen eine S)arre, auf welcber
mon auf einmal 100 ÜRalter SRalj börrcn
fönne. ^m 13. '^ai)x^ famen in ben
©täbten 33ierfd)enfen auf, 1288 wirb ber
erjie ^rantfurter 23ierbraucr erWobnt, 1357
»erjapfte man in ^rantfurt fcf)on frembe*
®ier. Dk 33erwenbung tti .giopfenö fäflt
erfi inö 14. 3abr^. 2Bacf ernagel, Äl.
@dbr. I, 86. Äriegt, S)cutfcbe« bürgert.
I. Qlbfchn. 16.
»ilbcnbe tunft, fte^c bie 2trt. ©fulp^
tur, SÖfalerei, ffianbmalcrci, Srjgup, Slfen*
beinfcbni^erci, •&oli;fd)ni^erci.
SSilbcr, rcligiöje, bei^ äJiittelalter«.
SDic folgenbe Überfr^t giebt einen furjen
Sluöjug au^ Otte, ^anbb. b. Äird&I.
«Urcbäologie , «Ubfdbnitt 154 ff. SDie reli«
giöfen Sßilber teilen frdb in
I. mi)jiifd)c, matbematif^e Figuren,
bie man, im gani^en feiten, an bcn Äir*
ctiengebäubcn in SRelief auögefübrt finbet.
6ie bcjieben fid) auf bogmatifc^c unb
magifcbe aWatcrien. Da^ gl ei ^ fettige
2)rcie(f=2rinität, — Duabrat=aBBeIt.
— Äreiö=(Swigfeit. — S)rubenfu§,
ftebe biefen 5trt. —
n. ©pmbole, größtenteils auS ber
Sibel entnommen. 5lbler, Sngel,
©tier unb Söwe ftnb bie 3"cb«n ber 4
©oangelijien 3o^anneS, ÜJlattbäuS, üutai,
iWarfuö. — Qlnfer: .^offnung. —
Qlpfclbaum: erbfünbe. — Sär: Seufel.
— SBafilisf: ber ©d)langenfönig. —
93ienenforb: Söerebfamfeit. — 93uc^:
I neues lejiament. — 93 unb eä labe;
I 2Rutterlcib ber ÜJJaria. — Der feurige
i Sufä): 3ungfräulicbfeit ber SWaria. —
1 Sentaur: bie Witten triebe beS ^er^enS;
mit SBogen unb $feil: ber Seufel. —
I ©belfteine: bie Sugenben ober bie $a«
i triardben unb Qlpopcl. — ©ibedbfe: ein
j Öicbtfpmbot. — Sinborn: ©briPuS. —
I eiepbant: Äeuf^^cit. — S)er IWamc
i eta (Ave): SUiaria. — JJarben: ©iebc
I b. 5lrtifel garbenfpra^e. — ^clö:
ßbriP"^- — gifcbc(S)elpbine): eb"Pen,
namentlicb in Sejie^ung auf bie Saufe;
ber gif^ iji aud^ baS ©pmbol ber ®ott*
iBilbcr, tcligiöfe.
35
^eit unb bcÄ Söfen. — Sin ^ifc^er:
(ibiifluö. — !E)ie »ict ^lüffe beö qßa-
robiefe*: Die 4 güangeliPcn. — ®efä§
mit 2)Janna: 3)ie rounberbarc ^lu^tbar^
feit bei ÜRaria, i>ai beilige '■Jlbenbmahl. —
ßinc ^anb aus ben SBolfen: ^MQinac^t
®otted. — Sinjclnc bur(^bof)tte ^^cinbe
unb i^üffe: 25ei ©cfreujigte. — 35er
Jg>af)n, gtied). ^«yws: Logos. — ^<xi>n:
Sßericugnung *Petri, tRuf jut Su^c, SBa^s
famfcit, Dtt^obojif. — ^auö, iai ge-
baut wirb: ($iiftli(^e Äirc^e. — ^irfti^
im 2ßaffer: fjeiläbegictige 6eelc. — Äelc^:
iPriePertutn, isjtjmbolbeälemplerorbcn«. —
^in abgehauener Äopf, ben ein -^eiliger
trägt: tai (Sott jum Opfer bargebracfttc
i'cbcn. — Äreuj: lob 3efu- — Äroue,
Äranj: Siegeölo^n ber Seligen. — Äus
gel: bie SBclt. — ßamm, oft mit Äranj
ober Siegesfahne: ber leibenbe unb ftegenbc
S^rifiuö. — ßdmnier: (I{)rif!en. — 2 ei er:
bciligc Ttnfxt, ^od^jeit ju Äana. — ßilie:
.tcufc^{)eit. — öei(^e, üon ©ffelangen unb
®ett)ürm befroc^en: bcr jEob be^ Sünberä.
— ßönje: Iräger unb aBöcf)ter beä heilig«
lum^, f)äufig an Äir^t^ürcn unb Zi)xon'
feffeln; G^riftuö; öinfamfeit; leufcL ööhje
unter ben gü^en S^rifii: ber übcrmunbene
,sür|i biefer SBelt. 2(uf ßeic^enficinen:
.pelbenmut. öijioin mit jungen: 3[>?aria.
ßöme, ber bic totgcborncn jungen burc^
fein ©ebrüü ins öeben ruft: 3iuferfie^ung
3efu. — 2Rartertt?crf jeuge: Ceiben
ßf)rifii. — (Sine f leine, oft puppenhafte
ÜJlenf^engeftalt, nacft ober befteibet:
fcie bcm Sterbenben entfcf)ttiebenbe Seele.
— Dljttcig: triebe. — (Palme: Sieg
ber ©laubigen über ben Job, — «Peli*
fan, feine jungen mit bem eigenen Slute
näljrcnb: Opfertob 6^rijli; Äirc^e; Sd^itan-
gerfcl)aft 3Wariaö. — <Pfau: Unfierbtid)=
feit; 3uben; lenfel. — *pt)öniy: 5lufer=
fie^ung. — 33ergitterter Quell: SDtaria. —
«Regenbogen: ®nabc. — Diing, auä
bem ein Sn^el fi^aut: ber geöffnete |)ims
mel. — ^ünfblatterige SRofe: 33crfdti»ie=
c\enl)eit, — Sct)afe: ^iino^n 3*:fu. —
@d)iff: «Ilrc^c Uloal)^. S(f)ifflein '^etri:
^rijilid)e Äirc^c. — Scf) lange: leufel;
®ift. Schlange unb Saube: Jllug^eit unb
Unf(f)ulb; ei^ö^te eherne Schlange: gc^
freujigter (S^rijluö. -Sc^lüffct: Wütijt
ju binben unb ju löfen. — Schrift*
rolle: alteö leffament. — Sc^toan:
lob. — Stab 'Kronö : SOtavia. — Sonne
unb SlJlonb: emigfeit unb ®ottl)eit; *]3Qpfi
unb ^aifer. Tlit Sternen: iRein^eit
nnb Sd^ön^eit bcr iWaria. — Sirenen:
Serlodfung; Soüufi; Teufel. — !laube:
{)cit. ©eifi, — 93erfcf)loffcneä I^or- Tta-
ria. — Surm: ÜWaria. — !ßlic§ ®is
beonä (ßammfell): SWaria. — SBein«
ftocf, Sffieintraubc: ©lirifiuö; <Jlbenb*
mat)l. — Sffiibber: SBerfö^ner. — 3i^'
len, fte^e bicfen Qlrtifcl.
III. Illlcgorifcbc iJarfiellungen.
2)ic biblifcf)en fie^e unter IV.; bie pro=
fanen fommen auö bem flafftfc^en ^ci«
bentum ober ftnb miüEürlicf) erfonnen, bie
le^tern jmar feltener, boc^ erfc^einen fie
fd)on im \xüi)tn SDiittelaltcr, namentlich
jur S)arPellung ber Sugenben unb ßaflcr.
2)ergleicf)en 2)arfiellüngen finb bic Älug*
^eit mit aufgefc^lagenem iöuc^e, bie ©e^
rc^tigfeit mit ber SBage, iWägigfeit
in bcfi^eibener ©ebörbc, Jap f erfeit mit
Speer unb Scf)ilb. Über ©lücförab unb
Job fte^e bie betreffenben 5lrtifel.
IV. »iblifc^e Silber.
a) Jppifcfec. S)ie tljpifcfcc^uffaffungifl
in ber mittelalterlichen ^luffaffung beÄ alten
Sefiamenteö alä t^pif^e^ 33orbilb beä neuen
lefiamenteä begrüntet unb in ber bilbenben
j^unfi, ber Ifjeologie, ben ^rebigten ber
'JD'?i)|lifer meit Perbreitet , j. ©. in ber
biijlia paaperum, fte^c biefen *3trt.
Scifpiele jlnb: Ölfrug ber SD^Jutter, Spei«
fung burcf) (Slifa = Spcifung burc^ S^f"^;
(Jlia« üor *Jl^ab,3)aniel cor iRcbufctbnejar =
(SÖrifiuä for 'Pilatuä.
b) allegorifc^e, ©arfleüungcn folc^er
Sjcnen, bie in ber Sibel nic^t alä ©e*
fcf)id)te , fonbern alä iBijionen , *lJara*
beln, JBeiöfatjungen enthalten finb; jtc
»erben oft miQfürlicf) gebeutet unb weiter
auägebilbct. iBeifpielc: liimmel'gleiter, bic
Üräumc Sofep^ö, ber gute ^irte, 2Bcin=
bcrg beä ^errn, ftuge unb tfiöric^tc 3ungs
frauen, ß^rifiuä eine Äeltcr trctenb, au^
meld)er ^ojlien fallen, Qlntic^rijl , Qlufer*
ftel)ung ber Soten , g^öffUfi^ > iüngficä
©cricfet, <)lbral)amä S(^o§, |>ö[le, Dreieinig*
feit, Stammbaum (S^rifii, ber englifc^c ®ruf ,
jpeimfuc^ung 2Rarid, 3u3 "fi* 33etöle^cm,
©eburt S^rifii , ^Inbetung ber aScifen,
Darjlctlung im lempel, kjnbermorb ju
Set^leliem , ^luc^t nacfi Qlgppten , ber
jmölfiäf)rige 3efuö, ber Änabe 3ef"ä, ber
bem Sater ^ilft, laufe im 3oröan» ^Ser«
fu^ung, (S^rifiu^ al'g ßet)rer unb Söun*
bcrtl;äter, Serflärung, *Pglmeneinjup, ^\i^=
tt)afd)ung, 'ilbcnbma^l, Ölberg, ®efangen=
ne^mung, üor *pitatu^, ®ei§elung unb
Dornenfrönung, Ecce homo, (Sf)rijiuä im
Äetfcr, Stationen, ^reujigung (ftebe
Ärujifij), iPefpeibilber, ^l. ©rab, (S^rifiuä
36
Sifd^of.
in ber a3or£)önc, iUuferpel^ung, Noli me
tangere, ®ang nact) ®mau^, ^immelfa^vt,
«PfingfifeP, ©alDatorbilber.
c) I)iPorif(S)c, bic am pufigften »ot*
fotnmcnben ftnb: ®ott Sater, bic ©n*
gel, bei Teufel, 2lbam unb (Sea, Äain
unb 5IbeI, IJioa^ unb bte Slvc^c, Slurm ju
aSaBcl, «Mbrabam unb aWeld&ifcbcf, 3[aaf«
Opferung, ^atriar^en, 9Dtofc^, 3iaron,
3ofua, ©ibeon, 5Dat)ib, bic 4 ^arfcnfpie«
ler (1. e^ron. 15, 19; 16,42), ©alomo,
«Propheten; (S^rijiu«, aJtaria, Qlpo*
ftd. jDie ^eiligen njcrben fietö mit be=
fiimmtcn Qlttributcn abgcbilbet, tt)el(^c bio«
grap^ifc^ ober fpmbolifd^ ju beuten ftnb.
V. ^eiligcnbitbcr machen bieSDie^r«
ja^I ber in ber mittcIaItcrU(|en Äirc^c
»orfommenbcn Silber auö, befonberö hi)'
ren in jcbcr Äirc^e bie «Patrone ber Äird^c
ober jDiöjcfe pupg wiebcr, über bem
hjcfilic^en ^auptportal, auf ben SRücEfeiten
»icier 3iltarf(ügel, auf ben $lurmfpi|en
unter ben SBinbfabnen. S)ie Heiligenbild
ber ftnb an bem D^imbuö fenntlid), ben
fie um hai ^aupt tragen. ®ie^e ben 5lrt.
SWimbuS.
SBif^of, m^b. bischof, mdt ital.
vescovo, auk gried^.^at. episcopus.
3^r 2lmt t»ar fanonifdj-firc^Iic^ f(i)on
au^gcbilbet, al^ baö S^ripentum bei ben
granfcn 5lufnal)mc fanb. SDie Söa^l fanb
nac^ fanonifc^cm Siechte burcE) bie Älerifer
unb bie ©emcinbc fiatt. 3n ber 3«it bc^
ftnfenben 9iömertci(i)e^ ftanb i^nen eine
gro^e ÜJJad^t ju, mcifi waren ftc burc^
^eid^tum unb perfönlic^cö 5lnfc^cn auö=
gcjct(i)net. 3)en fränfif(i)cn Königen
fc^loffen ftc fi^ beretttüiüig an unb rcur*
ben burd) fte mit neuen (J^ren unb SBür»
ben auägejiattct. ÜJleip au^ ben alten
fcnatorif^cn Familien t)er»orgegangen ,
»Durben fte bic natürli^cn SZBortfü^rer unb
Vertreter ber alten 93e»ölferung gegen bic
neuen Ferren; fte ftanben an 5lnfel)en neben
ben ©rafen, übten nac^ geifilid^em SRcdite
3uriöbiftion über ben Älcru^, nahmen
I)äufig an ben ®cricl)tcn ber ©rafen teil,
i)attm mand)mal fogar öon ben Königen
bie Scfugnig, bic ®rafcn ju ernennen, ünb
foUten überhaupt bie 3ni«ßf[tn beö Staate^
jugleid^ mit benen ber kxxä)t tt>al)ren.
3n ben 5lngelegenl)citen M SRcici)^ n)u§*
tcn fte ftc^ eine bcfonbcr^ tt)i(i)tige ©tcl«
lung JU öcrfdiaffcn burdi i^rc regelmäßigen
unb auferorbentlic^en 3ufflnmienfünfte, in
bencn neben ben firc^ltc£)en fragen auc^
politif(i)e ®cfd)äftc öcrljanbclt werben
f onntcn. 2)a« SRec^t ber Sefiätigung t^rcr
aBal)l nal)nicn bic Könige tro^ ja^lrci^er
@t)nobalbcfcf)lüjfc in 5lnfpruc^, unb e^
gcfd)a^ unter ben llDlcroltingcrn fogar oft,
ia^ bic Äöntgc oertraute SDldnncr burd^
23if(i)oföft|e belohnten. Unter ben Äaro=
lingcrn tritt ber weltlid^e S^araftcr bc«
SSifc^ofamtcf no(i) ftdrfcr ^creor; ftc wers
ben neben 5lbtcn unb ®rafcn alä Äönigg=
boten t>cth)cnbet, ftnb Otatgcber tti
^önigg am ^ofc, i^r Stmt wirb alö 93enc=
pjium bejubelt, unb bie Sifc^öfe Werben
beöi^alb angehalten, ben SBafaHeneib ju
Icificn, Waö freiließ nid^t o!^ne Sffliberfprucfi
gefc^a^. ©ie waren regelmäßig im ^ecrc
beö Äönigö anwefenb unb beteiligten ftd^
unter Umfiänben perfönlid^ am Kampfe;
eri^alten Scbeutung burd^ bic jat)trei(i)en
abhängigen Seute, bie in t)crfd)icbencn
93ert)(iltniffcn auf i^rcn ®ütcrn leben, unb
aU !riegcrtfcf)c 5[)?annfd)aft für bie ^cer»
fahrten in Setrac^t fommen. S)aS aUe^
fieigcrt fic^ in ber folgenbcn Seit: großer
©runbbeft^, 3oü, Smünje, ORarftre^t,
3c^nten, jal)lreid)e ^ofbiencrfc^aft. 2)ie
Sßifcböfc Wibcrjlrebten im ganzen bem
(Smporfommen ber I)erjogli(i)en ©cwaltcn,
bic iftre |)crrfcf)aft auc^ über fte au^ju=
bclincn fucf)ten; ni(i)t minbcr lagen fie im
®cgenfa| ju ben ^tbten, wobei c^ ftd^ um
gcijili(^c fowo^l alö um weltlidje Unter*
orbnung bicfcr unter jene bftnbclte; eö gab
5lbtcien, j. 93. JRcic^enau, bic ganj in bie
^anb eineä Sifc^ofö gerieten, in biefem
§allc beö Äonfianjer a3ifcf)of^; aud^ ge-
fd^a^ c«, i)a^ ein ißifd^of Qlbt ober ein 91bt
33if(|)of würbe, o^nc baö altere Qlmt abju=
geben; Srjbifd^of ^atto »on üJlainj ^atte
»ier Qlbteicn unter ftd^. ©eit Otto III.
würben ben 93iötümcrn ganje ©raffd^aften
r)erliel)cn. jDa^ SRec^t ber freien 93tf^of«=
wal)l burd^ ©cifilid^c unb öaien ti%
®tiftö würbe jwar im ganjcn beibehalten,
boä) behielt [lä) ber ^önia, bic ißcfiätigung
regelmäßig nor, tai 2öa^lrcd£)t fclber galt
aU ein inimÄönig erteiltet *pripilegium, unb
ol)ne ben SBiKen beö Äönigä gefcfta^ in
ber älteren 3eit faum eine Sifd^oföwafit,
ja oft würben bic iBifd^öfe cinfadE) t>om
Äönig ernannt, mcijl freilid^ na^ bem
9iat ber ©roßen. „3nt Saufe ber 3^**
jlcHtcn ftd) für bic Übung bcä fönigUcf)en
SBejiätigungärcd()tcä befiimmtc formen fcjl.
5Daö ®t)mbol ber fir<^lidt)en ®cwalt für
ben 93ifd[)of waren <Stab unb SRing,
jener, ber ^irtcnfiab, al^ 3^'*^^" ^^'^
bifdf)öflid^en ©ewalt über bie Untert^ancn,
biefer, ein öcrlobung^ring, al^ @t)mboi
ber SBcrmäfilung ^ti Sifc^of« mit ber
äBIap^att — äßlumenfprac^e.
37
Äü4e. filtere Sitte fcnnt blof bcn 6tab.
®e«Dö^nIid^ h)urben narf) bcm Sobe einc^
33tfc^ofö bic SnpQnitn an bcn ^of jum
fien ®cipiicf)en unb SBcltli^cn tti @tift^
ftc^i cinfanbcn. 3" öffcntli^er iBerfamms
lung warb bann bic jiattgcfunbcnc 2Ba^l
bejiätigt ober ber »om Äönigc JJcfignierte
genannt unb bur^ bic Bu^^tt^unfl ^«f
Qlnnjcfcnbcn erforcn, njorauf et ani ber
jp)anb bc« Äönigö bic 3nftgnten empfing,
grfi hierauf folgte bic firc^licf)c 2Bei^e.
35cr <aft ^ie§ 3ncefiitur. I)cr «ifc^of
Ictficte barauf ben Jrcucib. ®ef)r oft ge«
prten bic93if(^öfcbent)ornebnificn55aniiUcn
an, boc^ fcnnt man audf) Sifcböfe bicfct 3£it
auö nicberem ober bod^ pon wenig üorne^mem
Stanbe. ÜDie «Pflanäfd^ule beä Spi^fopatä
voax bic ÄapcQc bcö Äönig^; aud^ Äanjier
erhielten mo^l alö Selofinung i^rcr 3)ienfic
ein 93iötum. Oft aber waren 93efied^ung
unb Äauf bie SRittel jut ©r^altung biefc^
,^ird)enamte*. ©agegcn trat nun bic be^
fonberg bur(^ Stugnt) inö öeben gerufene
Oppojition beö ipapjltum^ unb ber Äird)e
auf; (Sregor VII, Perbot juerfi 1075 bie
3n»efiitur bcö 93tfd^of^ burd) einen öaien;
ber «Streit, ber ftdt) infolge bapon crijob,
würbe fc^Iic§Ii(^ burc^ iai üBormfer Äon*
forbat, 1123, fo gclöft, ba| ber Äaifer bic
freie 2BabI berSifd^öfe betätigte unb auf
bic 5i'öefii*ur Pcrjic^tctc; bagegen blieb
ihm bie Seftatigung ber Dficgalien, b. i.
ber mcltlidjcn ©ewalt ber Sifd&öfc, burd^
i>a^ ©jcptcr, mcld^eä in S)eutfc^Ianb
gleid) nad) ber in OegenWatt be« Äaiferä
gef(i)e^cnen 2Ba^I, b. l). cor ber fird)lid)en
2Beif)e, gef(f)ef)en foüte. 'Jla<i} SBai^.
iBerfaf[un9«gef*i($te, bcfonbcr^ VII, gib=
fd^nitt 11, unb VIII, «Hbfd^nitt 16.
Über bie äußere erfd)cinung beö Sifd^of^
fie^c unfern 5lrt. Drnat.
fdUiftiavt, «piapt)art, qSIapp^arter, 93Iaf=
fert, SBlaffct, blawfert, urfprünglicf) ein
aueilänbifd)er SJidpfcnnig ober ®rof($en;
man unterfd^ieb alte, gute, Äreujbl., Äreu«
jerbl., gcjtampft, bebaimifdt, ÜJiailänbcr,
Sc^Iangcns©!.. (Sroffcnbl. S^meOer, bair.
iß. I, 460.
SJIibe, ftcbc iMntwetf.
SBIumcnorkn. 2)er gefröntc SBIumcn*
orben an ber i*egnifi ober bic ©efcüfc^aft
ber ^egni^fdläfcr ifi eine jener Spracfjges
fcQfdbaften, bic in 9?ad^al)mung italicnis
fcfeer ®pradi)afabemien in ber erficn ^ätfte
beä 17. 3a^r^. auftraten. Sie ifi 1644
ju ?Jütnbcrg burd) ®corg $bilipp ^arö«
börfcr unb 3"^- -^loi 9«fliftet werben.
2)er dltctn frucf)tbringenben ©cfeüfc^aft
gegenüber, beren Sefirebungen ftd^ inner«
Ijaib einer eblcrcn ®efd^macföti(^tung ^iel=
ten, Perficicn bie <Pe9ni|fc^öfer einer tön*
bcinbcn, unmdnnlidjcn, überaus gefc^mad*
lofcn SRi^tung, bie fi* fowo^l in ben
bcf)anbeltcn, mcifi bcm Sc^äfcrlcben ent*
nommcnen Stoffen, ali in ben gefuc^tcn
SRcimcn unb in bcm taujcnben baftplifd^en
95cr«ma§e funbgab. 2iie®efeUfcf)aft bc|iet)t
aU littcrarif^sgcfeßigcr *Bercin biö ^eute.
53Iumcnf<)ra$e be«s OJiittelaUcrfS. 5Dic
^öfifdic S>i^tung mad)t Pon ber Slumc
alö Sinnbilb gciftigcr Sejüge nur mäßige
2lnwcnbung. ^bx finb befonberö eigen:
bic ßilic a\i Sinnbilb ber iReint)cit,
ber Unf(^ulb, baf)er aucft iülaria Silic
genannt unb ber öngcl ©abriet mit einem
ßilienftcngel in ber |)anb bargefieUt wirb;
bic SRofe, bie Slumc ber greube; mit
i^r fd^müdften jtd^ ©dfle unb bie ©cfctlcn
beim irunf; bei fejilid)cm ^lnla§ wirb ber
Soben mit iRofen beftrcut. S)ie SRofe ifi
beö^alb aud^ bic Slume ber Siebe, wie
fte bcm Roman de la Rose ju ©runbe
liegt. JRofe unb Siebe fommen miteinans
ber Pereint por, baf)er ta^ beliebte pfifc^e
Spoä Flore unb Blanscheflur, ißlumc
unb SBci§blumc, iHofe unb Silic; ßilie
unb SRofe jtnb Spmbotc für (Sbriftu^ unb
iB'Jaria, bie leitete eine SRofc ol)ne 2)orn.
2llö britte 931ume legt man bm beiben
gern ba^ *ßeild)en, ben viöl, bei,
bie Sotin beö 55'^ül)lingö. iReid)er Wirb
bic 93lumcnft)mboliE feit bem 15. 3ö^t^.,
wobei fte ftd^ freilid^ auf ben SicbcöPcr«
!cbr bcfdjrönft; je|t nimmt bie lid^tung
mit iöorliebc Sebac^t auf bie jum Seil
uralten Slnmennamen, bie jum Seil ^eib*
nifd^-mpil)ifdf)e ober d)rifili(^e Sejiebungen
baben. 2)ie 23lumen werben perfonifijiert,
^rau aBadf)plber, ^rau .^jafclin, Su4ö«
bäum unb ^el^ins«^» 2)ornrö«dien. 2)ie
3al)l ber Slumcn wirb größer, unb neben
fn ftetlt ftc^ übert)aupt atleö, voai pftanä^
lid^er SlfJatur ip, ba^Strol), bieSBeibe,
bie SUJaie, b. i. grüne Steige unb ^ränjc
überhaupt. 3" "P" ^inic fnüpft audö
je^t bie iölumcnfijmbolif an bie ^axbt.
'S)ai blaue 93ergi^meinni(^t, iai braune
|)abmid)lieb, tati rofcnrote .^»crjenttop, tai
wei§e Sdf)abab; fpäter bleibt bie jarbe
weg, unb nur ber bejicf)ung'gpoUe 9^ame
ift nod^ ba: SBegWarte, 2Bo^lgcmut, 3«-
längerjelieber, 30^a§licb, Siebftöcfel, Un-
gnabe, Seib unb SReue, lag unb Plackt,
^olberftod. ffiacfernagel, Äl. Sc^r.
I, 143 ff.
38
93tutrac6e — ®ö^mifc^e 93vüber.
SIirtro(^c» Sie cntwicfett ftc^ au^ bem
fBegriffc bei altgermanifc^cn ^at^ili^ ^"^
bcm ©cfü^I, ba§ bie ©cmcinfd^aft beö
Sluteö oud^ jut innigPen ©emcinfdjaft
hti SSciftanbc^, beö ©cbu^e« unb bcr
iJamiliencf)rc »erppi(i)tc. 25erpflic^tct jur
Sla^e, befonbcrö für ungerechten 2;otf(i)lag,
war junäd)P bcr ^auöoater, bann oÜe
waffenfähigen SBIutöfreunbe , alfo "SBeiber,
Äinber unb ©reife nid)t. Sie Slutra^e tt>ar
red^tlic^ anerfannt, Sacituö ©ermania, 21,
SDlit bem ^rieben fud)te man bie 93Iutra(I)e
in (Sinflang ju bringen, einmal baburd),
bo^ man ben 93Iutäfreunben beö (Srf(^Iage=
ncn hai $Rcd)t gab, jiatt bcr Sßcfe^bung
eine bcfiimmte ©u§e, iai SGßergetb, ju for<
bcm unb baöfelbe unter fxd) ju teilen, unb
jwciten^ baburcf), ba^ man bie93Iutöfreunbe
beä Ifjäterö nötigte, ju bcm geforberten
2öergclb beijutragen, ober wenn bcrfelbe
o^nc SBermögen war, eä ganj ju jaulen.
ÜJlit bcr Qluöbitbung georbnetcrcr 3{ed)täs
jujiänbe nac^ bcr 25öIEer»anberung trat
iai orbcntlid^e ©eric^töocrfafircn an bie
©tcüe ber Slutractjc, of)nc ba| biefc ganj
auöjiarb. Sic bilbet tai ^auptmotio bcr
jwciten ^älfte beö DlibclungcnUcbe^, fomml
im 13. u. 14. ^a^x^. atä^auft^ u. JJebbercc^t
ncucrbingä in allgemeinen ©ebraud^ unb
ifi aU cigentlid^c 93Iutracfec in einzelnen
fällen bid über bie ^Reformation t)inaue
in 3Inn)enbung gefommen.
Slutgfrcunbft^aft, fielie «Wagfc^aft.
SBiJtte t)ei|cn im 15. 3«t)rf). üorüber»
gei^cnb jum 3^ecfe eincö Äriege^ jufam^
mcn^altenbe Äriegägcfcncn, anä) bIo| ^"1*
fned^tc. 2)cr fWame begegnet im S^lorbcn
tt)ic im ©üben unb fommt nod) im 17.
3a^r^. befonberä in ben SRbcinlanbcn al^
Sejcicf)nung militärifc^er 93ufct)flcpper »or.
Scfannt ftnb au« bcm fog. alten 3ürc^ct«
triege bie bocke; aud^ a\xi ÜJtemmingcn
wirb bcr 91ame erwähnt.
Sogen. SBcnn aud^ Weber lacituö noc^
ßäfar beö Sogen« bei ben ©ermanen (£r*
wäf)nung tf)un, fo crgiebt ficb au« ©räber^
funben mit «Sic^erl^eit, ia'^ fc^on bie Ur=
germanen 93ogen unb ^fcil gefannt b^f'^n.
3Dcr Sogen war am liebten au« bcm
^oljc bcr ben 3;obe«göttern ^eiligen (£ibc
gcfd^ni^t; boc^ fommt auc^ Ulmen» unb
^[ä)enl)olä oor, aucf) Sogen Don ^orn
worcn im ©cbrauc^e. ®cr ^^til beraub
au« Stein, Änoc^cn unb (Sifcn. 3)cr
Sogen bei^t gotifd) unb altfäc^ftf^ bogo,
a^b. poko, ber *Pfeil a\)t. sträla, ber
♦Pfeilfcbaft zein: phil au« lat. pilum
ifi [cigcntlid^ bie ^feilfpi^e. 2>ie <Pfeilc
fmb cntweber mit einer 9lngcl jum (5in=
jtctfen in ben Schaft pcrfebcn ober ^aben
eine StüHc, weldf)c über ben ©d^aft gcfd^o-
ben wirb. 2)ic Ic^tcrn Ttnb entweber bol=
jenförmig Dierfanttg ober rautenförmig
ober blattförmig ober mit 2Bibcrt)afen »cr-
feben. 3ni 4. ^ab^bunbert wirb bc« Sogen«
audb öon SdbriftficQern gebadet. 2>ie lex
salica enthält eine befonbere Su^c für
Sefcbäbigung be« ßeigcfinger«, womit man
ben $feil abfdbncQc. 5ludb in ben ^clbcn=
gebieten, imSBalt^rilicb, im Seowulf unb
im SRibelungenlieb wirb ber Sogen er»
wai)nt. Sorjüglid^c Sd^ü^en waren ju
aücr 3fit berühmt, befonber« tl)at ber
Sogen auf bcr ^aa,t) gute ©ienfie. 3"^
SWittelalter batten bei ben S)cutfdben Sogen
unb <)3feil nur geringe Sebeutung alö
cigentlidbe Äriegöwaffc, wdbrcnb fc^on im
10. 3abrb bie sagittarii bcr ^xariiO'
fen beim Selagerung«friege eine bcbcutcnbc
SRoüe fpiclcn; oon ben Ferren würbe bie
2Baffe nur jur S^gb unb ju aSaffenübun»
gen gebrandet. 3n ben S^iicbcrlanbcn cr-
ridbteten bie Stdbte im 13. ^abr^unbert
Sogenfdbü^cngcfcllfd)aftcn. ©anj
befonber« ßctbreitet unb beliebt war aber
bie 2Baffe in ©nglanb, wo Saufen unb
iJJormannen in gcf^icfter ^anbbabung be«
Sogen« wetteiferten, ^icr trat ber 3tbel
an bie Spi^e ber Sogcnfcbü^cn, bie wcfcnt--
lidb JU ben erfolgen über bie ^ranjofen
beitrugen. S)e«balb war auc^ ber 2öibcr=
ftanb gegen bie ©infübrung bcr ^anbfcucr=
Waffen nirgenb« größer al« in ®nglanb,
fo ta^ no^ unter ©lifabetb« SRegierung
bie Socienfi^ü^en in oollem 5lnfcbcn flan=
ben unb noc^ 1627 al« regelmäßige Irup«
pcn porfamen. 8tuf bcm ^eftlonb waren
ftc feitOlnfang bc« 16. Jabrb. oerf^wun=
ben. 5abn«, ©efdt). b. Ärie3«wefen«, u.
ßinbcnfd)mibt,bcutfdbc<Jlltcrtum«tunbe.
San ORarte, SBaffcnfunbe.
iBöömifi^c S^iibcr. Seit etwa 1450
fammelte ftd^ in $rag ein Ärei« ernjtlidb
frommer SlRänncr au« ben Üb erbleib fein
bcr buffttif(i)cn Sewegung, bcncn bcr Äönig
'^obicbrab einen 2)iftrift im Üfiiefengebirge
überlief, wo fie fidb niebcrlaffen unb nadb
i^rer SOßeife bie SReligion einridbten fönn=
ten. Durdb eine Verfolgung würben jte
jerfireut unb flifteten nun in Söf)mcn,
*J}?dtiren unb $olcn Dcrcinäclte ©emeinben.
Sie biegen aucb Srübcr be« ©cfc^e«
Sbrifli, Srübcr überbaupt, ücrworfen
bie fat^oUfcftc 5lbenbmabl«lebre unb bau*
ten ibr ©laubcn«befcnntni« burdt)Weg auf
bie Scbrift. 3bre Scrfaffung war ben äU
fflotcnbienfl — »tettfpiel.
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tejien apofioIifAcn S^nficngcmcinbcn na**
gebilbct. S)tc SReformation ßutf)crä bc«
gtüftcn jtc, ot)ne it)te fietirc unb 2}crfaj[unfl
M\)alb bem *Protcjiantiömuö ju opfern.
9?ad^b{m fxd) mand^c ©cmeinbcn mit bcn
eüangclifc^cn Äonfeffionen ocrbunben l)at'
ten, »urbcn bic testen in 93ö^mcn nocf)
ttor^anbcncn bur(^ bcn 30jd{)rigcn Äricg
jcrftört unb ibrc Qlnpnger ttertricben, wc
rauf bcr fclbfiänbige Seftanb ber Srüber*
fird^e ganj auff)örte gür bie cüangelifc^c
Äir(^e ftnb bic ßtebcr bcr Sö{)mifd)cn
Srübet »on Scbcutung geworben. @c^on
^u§ ^attc einen Äirc^engefang in böti*
mifd)cr ©prad^e gegrünbet. ©eine yia^'
folger t)crme{)rten bic ßiebcr unb bi(I)tcten
neue baju auf alle 9trtiEeI beä d)ri|lUd^cn
©laubenö unb auf aüe ^cfie burd^ \)ai
ganjc Sa^r, wobei fte bie alten Äirc^en*
melobien bcibcbieltcn. '^m 5luftrage ber
(Scmcinbedttcftcn übcrfe^te 3!Jl i d) a e l
äßciffc, Pfarrer ber beutfc^en ©emeinben
g3ö^mifct)cr Srüber ju San^fron unb jur
güttnacf), 156 böömifc^e ßieber in beutfd^e
tRcime, bie ali Ein New GesengLuchlen
1531 jum 3"n9en6unäel gcbrucft würben,
^icfed würbe 1538—4« ju Ulm mc^rfarf)
nad^gebrudtt. (Sine burd& ^o^. $orn
Dcrbeffcrtc *)Uiögabe erfd^ien 1544 ju 9?ürn=
berg, worauf ßut^cr t)crfd)iebene öiebcr in
feinen Äird^engefang aufnahm. 2>ie öieber
ftnb bei SBadfernagcI, etiangcl. .^ircf)enlieb,
abgcbrucEt.
SBotcnMcnft war im 9[fJittcIaItcr bei
iUiangel eincö öffentli(f)en *)3opwefenö wicf)*
tiger <xU je^t. Sieben bem iffiorte 33ote,
öon bindan, bieten, a^b. poto, m^b.
böte, fommt in ben germanif(f)en @pra«
d)en ein unerfldrtcö SBort üor, got. airus,
angelf. unb (jltnotb. är, at)b. bloö ärunti,
93otf(iaft. >Der 33ote ij^ ein S)icncr, baf)er
HDienjibotc; bic *)lpoficI at^ 2)icner
(5,t)rifli beiden bic ßwölfboten, auc^
bic ©ngct ftnb unb beigen 33oten. 3)ie
ai}t). ©prad)e jeigt üicte jum Seil nerbun»
fcltc SRannönamcn, bic mit boto jufam*
mcngcfe^t ftnb, Antarpoto, Hilti-
poto, Sigipoto, Mabalpoto, Tra-
gapoto, Lönpoto, Wolfpoto,
Waltpoto. 93oten £)öf)ern ?lnfet)enö ftnb
t)ie Äarolingifd^en missi dominici, auc^
legati, nantil regales, palatini
regii genannt, m{)b. Sendboten, sant-
boten, fie^e SBabian, beutfc^e ^ifi. ©d^rif«
tcn I, 79, 2. unb ben ?lrt. missi do-
minici. (Sine wichtige iRoüe fpielen bic
93 0 ten im iRittcrwefcn. OTcif! werben
eigene .knappen baju bcnuht, welcbc bic
iBriefe in Sü(^fcn ober ^öfc^cn am ^alfe
ober ®ürtel trugen. Sic waren burd^ be»
fonberc 2ßaf)rjcidf)en legitimiert, Wa^t=
fd^einlid^ bur(^ einen bunten, nadt) bem
SBappcn bcr Ferren gefärbten ©tab. ©er
Sote ijl geficiligt, nur 93arbaren »ergreifen
ftd^ an il)m, aud) wenn er fc^timme Sot«
fd^aft bringt. 3u ßicbeöbotfd^aftcn benu^t
man gern ©picUeutc, we^I)atb fte oft öcr=
flcincrtc Dramen fübren: Werbelin,
Swemmelin, Helnzelin, Küenze-
lin, unb bie ^äuftge 2lnrebc: 93otc »il
lieber .^nabe! 5Dic iBcIo^nung bcr 93o>
ten, aud^ beö »ornclimen, ^ic§ ba^ boten-
brot, aud^ betenbrot, worunter aud^
wertooKc ®efc£)enfe ober flingenbc 9!J?ünjc
ocrftanben Werben fonntc; urfprünglid^
unb bei gewiffen Qtnläffen noc^ fpat war
e« aber wirflidt)eä 33rot. «Rotter »er«
beutf(^t praedicare evangeliam, bic
fro^e 93otf(^aft »ertünbigen, burd) predi-
gen petinbrot. Dbrigfeitli(^c Soten
gab cö fpäter jn bcn ©tobten, folangc
!eine öffcntli(^e *5poji cjijiierte; bcr ytamt
5Botf(J)aftcr erinnert an bie frühere S3e«
beutung fürfili(f)er So tcn. ©df)ulj, ^ö«
fifdE)eö ßeben. I, 135 ff, ®rimmä aOBörtet«
buc^ unter 93ote, SBotcnbrot unb
3)icnfibotc.
SBraftcaten, »om tat. bractea, bünneä
iWetaUblcd^ , beigen bic mittclaltcrlid^cn
9[JJiinjcn, infofern fte bIo§ auf einer ©eite
geprägt ftnb. S)a feit Dtto b. ®r. iiii
bie gewöt)nlid^c *]3rägungöweifc be^ ÜJlittcIä
altera war, fönncn iJJiünjcn bcö »erjd^ic=
benften SBertcö unb »on ®oIb, ©über
ober Äupfer 93rafteaten genannt werben.
35eutfc^c DfJamcn bcr Sratteaten ftnb SIed^=,
^0^1«, ©dt)üjyctmünäen, ©lätterlinge ,
©d)üf[elpfcnnigc. Über ben ©elbwcrt
biefcr SOiünjen ftc^c bie 3lrt. S)enar, ©o«
tibu^, ©d^iüing, ^Pfenning, ^iUix u. f. ».
SSratf^c, ^Irms, 2lltgeige, auö ital.
viola da b raccio.
Srautlauf, ^octjjcit, ein in ben gcr«
manifd^en ©prägen wcitucrbreitctcö SBort,
a\)t. ber brütlouft unb bic brüt-
loufti, m^b. tai unb bic brutlonf,
bratlouft, urfprünglid^ fo»iet aU bcr ge*
fdt)mücfte 3ug (ßaiif) mit ber 93raut ober
jungen j^rau unb i^ren ©ad^en jum
^aufc beä aWanncö. ßut^cr braudE)t bai
©ort jwar nid^t in ber Sibcl, wo er nur
^od^jeit fc^t, aber in feinen übrigen
©d^riften oft. @rimm unb SBeiganb.
SrcttfJjjicL S)ie SBrettfpicIe beä 3!Jlit=
tctaltcrö ftnb, tai ©d6ac^ aufgenommen
(ftcbe biefen 'Jlrtifel), i<xi 3abelfpicl,
40
93re»e — ®rübtifdf)aftcn.
ZxxhxaU unb JDJü^IenfpicI. 2)aö3abcl-
fpiel, mt)b. baö zabel, franj. jeux de
tabel, QUO lat. tabula, ifi unfer 3)a=
mcnfpicl; bie (Steine ^ci^en 3flbel(leine.
S5a§ SButfjabel ober ber bnf, au«
franj. buffe, iji unfer 2;riftraf, eö reirb
mit brei Sßürfeln gefpielt. Ulaä) ber Soge
^atte ein SRitter 9lIco bei ber Selagerung
r»on Zxo\a baö €piel erfunben. 93om
ÜWüfilenfpiel f)at man crfi im auöge^enben
üJlittelaÜer Ulaä)x\(i}t, eö ^eift figgmüle,
f ickmtile. €c[)ul^, $öfifcf)eö geben I,'413.
SBreDc, auö mittellat. brev e = SBrief,
ifi ein päpfili(f)eö Schreiben , bog fürjer
unb eon weniger h)i(f)tigem3n^alt ifialö bic
bulle unb fcie 3uPinii"un9 i'es Äatbi^
nalfollegiumö nid)t nötig l&at. ßö ifi
buic^auß pon ben !Pri»atbriefen ober ben
motus proprii bee ^apfieö ju un«
terfc^eiben. 2)er (ßopfi fprid^t im,Src»c in
feiner eigenen !l?erfon , in ber Überfc^rift
nennt er ficf) ^apa unb ben ilbreffaten
fprici)t er an mit dilecte fili. (Sä njirb
nic^t pom ^Püpfie unterjeicinet, fonbern
Pom Segr e tario de' Brevi fontraftgs
niert, unb fiatt bes SBIeiftcgelö nur mit
bem ©e^eimjiegcl beö *Püpfie«, bem ^^ifc^er-
ring in rotem SüBacibä unb in einer blec^cr=
nen Äapfel, Perfef)en. 6? tragt bie Un=
Ierfcf)rift : Datum Romae sab an-
nulo piscatoris.
iBreöicr, breviarium im ®cgenfo|
ju plenarium, ifi urfprünglic^ ein ah
gcfürjtcä ©ebctbud) im Untcrf^ieb pon
einer Potlfiänbigen iMgenbe für ben ®otteö=
bicnfi. i)ie Untere ^iepfpdtcr Missale,
SIRePud), Sreoier h^urbe ber 2tußbrucf für
®cbetbu^. 2)ic cinjcinen ®ebcte bee Sre=
pierö ftnb nacf) ben aui ber jübifc^en Spn? '
agoge entlehnten ©ebetfiunben gegliebert:
prima (6 U^r) , tertia (9), sexta [
(12), nona (3), vespera (6), com-
pletarinm, (por bem Sd)lafengeben),
matntina (ÜReffe) unb laudes (3 Ubr '
SWorgenä). 2)ie ®ebcte rtaren anfänglid)
meifi ben 'iJfalmen entnommen, ®regorVIl.
fd)ricb 1074 eine eigene 3ufan"iienfie(Iung
POT , bie fpäter oft Perbeffert hjurbc, fo
1241, 1536, 1568 bur^ «Ptuö V., Woburd)
bie Perf(^iebcnen leite einbeitIi(J) georbnet
»utben. Daä Srepicr bcfiel)t auä 4 lei^
len für bie Pier 3af)fe05eiten , Pon benen I
icber4 51bteilungen ^at: l)*PfaIterium,
$falmen für bie fanonifc^cn ©tunben ber
tinjclncn Jage. 2) Proprium de
tempore, für bie ^ff^f- bie fid) auf
S^riflue bejic^en. 3) Proprium de
S a n c t i s , für I>ie gefie , ber ^eiligen.
4) Commune sanctorum, für gefic
o^ne befonbere ®ebctfiunben. üln^önge
finb officium B. Mariae, de-
functorum, psalmi gradua-
les, psalmi poenitentiales,
ordo c 0 m m en d a t i 0 n e s ani-
I mae,benedictio mensaeetiti-
! nerarium clericorum.
j S3riefmalcr f)eiBen im 15. 3a^r^. fol-
I ^e , welche bie Semalung Pon {^ragmen*
i ten unb*Papier (mbb. brief) alö Seruf be*
1 treiben, befonber« für änbac^tä* unb <Bd)\xU
I büc^er, Äalenber unb bgl. unb i^rc SZBore
I auf 3af)rmärt'te Perfaufen. Sic finb burc^
! ibre 23crfud)e, i^ie Silber auf ^olj* ober
SOJeta [(platten abjubrucfen, bie SBorläufer
ber SBu*bru(fer geworben.
S5rU(^, f. 33eintleibcr.
SBtiiticr btS freien ©eifteö ^ei§t eine
im 13. unb 14. 3a()r^. fe^r ntrbreitetc
i Sefte, mit fiarf pant^eifiif($en Jenbenjcn.
€ie würben Pon ber Äir^e Perfolgt , er*
! f)ielten fid) aber biö in« 15. ^a^xb.
83rübctf(^aften, in SRprbbeutfc^lanb föa*
lanbsgilben, in öfiencicf) Qtd^tn,
i)\t^m im üHittelalter fidbtifdic SSereine,
bie juglei^ für iai religiöfc Sebürfniö,
für gefellige 3^'5£<f« unb für gcgenfcitige
i)ilfeleipung Dienten. Sie werben jucrfi
im 14. '^a\)xb. nac^gewiefen. 3^re 3we(fe
i finb; SReligionäübungen, welche ju be«
fiimmten 3tt3cd«n in ©emeinfctioft began*
gen würben, gemeinfame Seilna^me an
öffentlid)cn *Crojeffionen, Sorge für ein
anfiänbii^ei? Segräbniö fowie für bic ©ee*
lenrube ber oerfiorbenen iSrüber, gotteä*
bienftlictie %mx ber 2lnnioerfarien berfeN
ben ober aud) eine jd^rlic^e üReffe für aÜe,
gegenfcitigc Unterfiü^ung in ber fJlot, na»
mentlic^ in Äranftjeiten, gcfelligeö 3ufani5
menleben in ben mit Jrinfgelagen Pcrbun*
benen ©eboten ober 93erfammlungen ber
Srüber. S)ie Srüber leifieten pefuniärc
Beiträge fowie a\i ©träfe für Pcrfäumtc
q3f[id)ten ®elb, Sffiein ober SBad)ß. Scbe
Srübcrfc^aft f(^Io§ fid^ an eine befiimmte
.Äird)e an, picie Peret)rten einen befonbern
©d^u^patron; mand)e Ratten einen befon=
bem aitar ober au(^ eine befonbere ^a^
peile. @oId)e Srüberfc^aften famen in
perfc^iebenen ©täuben Por, eö gab eine
ißrüberfdjaft bcä pfäljifd)en |)ofgeftnbeö ju
^cibelberg, ber fa^renben ©^üler, ber
^Pilger, ber 2tuöfä^igen. 3)ie Perbreitet=
fien unb wirffamficn Srübcrfc^aften ftnb
aber bie ber ^anbwerföfnc(^te; ba»
burd), ba^ fi(^ biefe aümäblic^ burc^ hai
SWittel ber firc^Iic^en ©enoffenfc^aft ju
iBiüber tiom gcmeinfamcn ßcben — SSrünne.
41
einem befonbern Stanbe Ijeranbilbcten,
würben fie ®ef eilen, bcnen aflcä baran
lag, i^re ®e[cflenebre ju »afjrcn. I)er
gintntt in biefe ©cfeüfc^aften ttiutbc obli^
gatotifd^ für alli, ifjre Statuten unter-
lagen ber 93efiätigun(^ beä JRate« unb ber
3unft, fte biibetcn einen ben 9J?eif}ert»er*
bänbcn cntgegenfie^enben ®cfcnenr»erbanb,
fo jn)ar, ba§ mit ber 3fit »orab infolge
ber (Reformation , baä fird)Ii(f)e Clement
jurütftrat ober ganj oerfd)h)anb unb blof
noc^ baö weltliche SIemcnt jurüdfblieb.
3^rc Slütc l^atten fowo^l bie firc^Iidjen
aU bie nicf)tfirc^Iid)en Srübetfc^aften im
15. 3a^r^. fmit bem SBerfaü bcä ^lanb::
merfö unb beä 3""ft>^«fcn^ verfielen auc^
fte; ifire SRec^te gingen atlmä^Iicfe an ben
(Staat über. iDcr fRame ber Sorfie^er bei
ber ißrüberf(f)aft War meift 33ücf)fcnmeifter
ober Äcrjenmeifter, bei ben fpätern ®c*
feüenfcbaften ©tubenmeifter, OlItgefeHe,
^Itfnecf)t, Äna^jpenmeijler, 3[Reificrgcfeac,
ÜKeifterfnappe, *J[JJcif}erfned)t, Ürtenmeifier.
3f)rc meift äeremonieü abgehaltenen iBer«
fammlungen I}ic§en ®ebot, Qabcntag,
griebenetag, Umfrage, (Singang, SBier^
tt)o(f)engebot, Sd^enfe, lifc^gefa^, iWittel,
fpäter mcij! Qluflage. ©iejenigen ^anb«
Werfer, in benen am Mufigften folc^c Ser*
bänbe auftraten, ftnb bie ®d)neiber, @d^uf)5
madber, ®erber, ®cf)micbc, SBeber, Sdcfer,
ÜJJüacr, SÖJe^er, Äürfd)ncr, SWaureru.Sim*
merleute. S)ic SBerbänbe ber 93ucf)brucfer
feaben fid) biä ^eute erhalten. S^anj,
3ur ®efd)i^tc ber 5Deutfdt)en ®efeüent)er*
bänbe. 1877. Äricgf, I)eutfcf)eg Sür--
gertum I, 178.
»ruber öom gcmeinfamcn SIeficn, eine
®rfd)cinung ber »orreformatorifc^en Wt)'
jiif. 3^r ®rünber ifi ®er^arb ®root,
geb. 1340 jnS)eoenter, fiubiertc ju ^ari^,
würbe ju Äöln, wo er Se^rer war, ä^n=
lic^ wie Puttjer burc^ ältere $5i«unbe ju
einem tiefen, religiöfen Scbcn erwccft unb
wirfte eine 3cif'"n9 "lit ®enet)migung
be^ iBifAof^ oon Utrecht alä wanbernber
SuBprebiger obnc priejlerlicfeen ßbaraftcr.
S)urd) ben »mpftifer 3ot). (Rup^broef,
*Pair beö ißereing ber Äanonifcr ju ®rün'
tbal bei Srüffel, Iie§ er fic^ jur Silbung
cineö Sercin^ giei(f)gcjinnter Jünglinge in
feiner SSaterfiabt anregen, bie unter feiner
Leitung bie Schrift unb anbere nü^Ud^c
33üc^cr abfcf)riebcn. (Jincr berfelben, §Io«
rentiuö, machte ben 93orf*Iag, ben (Sr=
tpcrb jufammen ju legen unb gemcinfam
ju leben; biefer iöercin, ber balb jum
ÜJJittelpunft einer weitt>erjweigten ©enof^
fcnfd)aft würbe, nannte fid) 93rüberbcd
gemcinfamen 8eben#, aud^ fratrea
bonae voluntatis ober ^jieron^mia
aner unb ®regoriancr, weil fte .^iero»
npmuei unb ®regor ben @ro|en aU ^ai
tronc ocre^rten. ^aä) ®root^ Sob, 1384,
folgte 5510'ccntiuä in ber Seitung be^
Sßerein^, geb. 1350 ju ßeerbam, aud) ^lo»
rcntiu« SRabeWinö, b. i. SRabewin^
So^n, genannt. Unter ibm oerjweigte
ftcf) ba^ 3nfiitut i" h^^^ (Richtungen, in
bie regulierten Äanonifer mit flö>
jlerlid)em S^arafter unb in bie gewö^na
Iid)cn 93rübe r, bie, teilö ßaien, teilö Älea
rifer, cntwcbcr jufammen wot)nten ober
jerfireut in geifiUd)en 5i[mtern unb für
3ugenbbilbung wirften. glorcntiu^ lei»
tete felber iai fog. reiche gtaterliauö ju
SJeüenter unb war SRettor ber ganzen ®es
noffenfdE)aft; er fiarb 1400. i)ie Srüber
beö gemeinfamcn ßebcn^, aud) oon i^ren
religiöfen 93crfammtungen, Soüatien, So(s
lationen: föoüatienbrüber genannt, waren
oerbunben burd^ ®emeinfamfeit bcd 93e*
fr^eö, ber 2Bot)nung, ber Sebenöweife unb
ber (Srbauung. 2)ie 23rüber= ober ^xakx^
Käufer bet)erbergten etwa 20 ©ruber, bie
Äleibung ein grauet Dbcrgewanb, 9flocf='
unb iBeinfleiber unoerjiert, eine graue
.^opfbebecfung, baf)er aud) cucnllati,
.^Qppenberren, ®ugel= ober .Rogel^erren.
hieben |)anbarbeit unb gemcinfamer (Sr=>
bauung würbe befonberö tai *)lbfc^reiben
ber t)eil. @d)rift betrieben. 5ln ber Spi^e
jebe^ ^aufeä jianb ein SReftor, an ber
©pi^e ber 5?rauent)creine eine (PPegcrin.
S[Rartf)a genannt. '^i)xt bebeutenbfic SBir^
fung liegt in ber ©rünbung t>on Untere
ric^t«anpalten , namentlid^ für ärmere
Sd)üler. 3bre Verbreitung auö ben (Ric^
bcrlanben reut bcfonbcr^ rt)einaufwärt^
bi^ nad) Schwaben. 3" i^nen get)örten
JÖo mos aÄempiö, ^ermann !8ufd),
Sauge, ^egiu^, 5lgrifoIa, 3t'()-
Söeffel; aud) (graömu^ war i^r Sd)ü=
ler. ^m (Berlauf be^ 16. ^ai)X^. erlofd)
bie (Bereinigung infolge ber *21uöbreitung
ber (Reformation. (R.o. (Raumer, ®ef(ii(^te
ber (Päbagogtf, I, unbUIImann in ^cr«
jog« (Reaiencpfl.
Srünne, a^b. pmnjä, m^b. bränne,
ett)moIogifc^ noc^ nic^t freier, batb aus
bem Äeltifd)en, balb auö bem ©Iaoifdf)en
gebeutet, eine uralte Sdf)u^waffe, (Rings
panjer, au^ einfai^ bie ringe genannt,
al)'!). aud) saro, sarawi, genannt. Ur»
fprünglid) fdieint bie (Brünne aud prners
neu Scfeuppen bergefießt ju fein, nai man
42
SBud^brudferfunj!.
aui bcm häufig »orfommenben SBcinamcn
hei „hörnernen" f^Iic§t, ben bie finblic^c
^Öontaftc ficf) auö bcm 93abcn in ©raien*
blut bergcfleüt badete. 3" altgcrmanifdficn
©räbern i>at man bic SBaffe biö jc^t ntd^t
oufgefunben. ©tc War in ber [Regel aui
JRingen gcfd^niiebet,bicfe iüurben wiccin^emb
übergctt>orfen ober h)ie ein doct angejogen;
abgcjogcn fielen fte in einen .Raufen ju«
fammen, fo ia^ fie bequem in ben aSaffcn«
facf (särbalk) ober in einen ©d^ilb get^an
Serben fonnten. 2ßeil bic [Ringe unter
Umfiänben bcm ©cfemert unb ber Sanjc
nic^t ftibcrfianbcn, begann man frü^, be*
fonbcr« ttidbtigc ©tcaen beö [Ringpanjcr«
mit aufgenieteten platten ju Derfe^cn, ba»
taug ifi bann ber *piattcnpan,^er cnt*
fianben. 3ä^ng, 430. ©an 9}larte,
aSaffenfunbe 28.
S5ui55rutfcrfmtft. ©ie gc^t au8 bcm
(Sehjcrbe ber ©picIfartcnBcrfertigcr unb
©riefmaler (b. b. Söcmaler Bon «Pergament
obcr'J}apier mitgigurcn, bcfonbcrö^ciligens
bilbcrn , Sud^fiabcn unb S3erjicrungcn)
beruor, mclcbc ibrc Silber »crmittclfi gc<
fto(§cner ^oljplattcn öcroicifältigcn unb
fc^on im Seginn bcö 15. Safrbunbertö ju
Innungen jufammcntraten. SBon cinjcU
nen ^ciligcnbilbcrn ging man fpdter ju
flanjcn Silberreiben mit begleitcnbcm Seyt
über. ilRit ^oljtafclbrucf ftnb befom
tcrg in ^oÜanb latcinifd^e ©lementar^
bücf)cr, jumal ber 2)onat, gcbrudt mor^
i)cn. S)ic (Srftnbung bcWcglidt)er ßettern,
jucrfi in ^olj, bann in SDietaH, unb beren
5lnn)cnbung jum SudjbrucE »urbe fd)on
im 15. 3aftr^. allgemein bcm 3oI)anncg
©Utenberg auä SOtainj jugcf(^rieben;
bocf) ifi ftc^er, ta^ auä) an anbern Drten,
in ^aarlem 2orcni( Sojlcr; in Sam«
berg Qllbrcd^t qsfificr glcidöjeitig ben
Sud^brucE enth)i(f elten ; bie ißcrbrcitung
ber ^unft jcbocb über S5eutfc^lanb unb
bie übrigen Sänber Suropa« gebt [xä)tx
»on ©utenberg auö. 30^«""^^ ®uten«
berg gilt ald 1397 ju üRainj geboren;
fc^on 1424 lebte er ju Strasburg, »o er
alten eingaben jufolge, für ttjcld^c aber
ein fidbcrcr 93ch)cig nicfct beizubringen ifi,
feine Äunft crfanb unb guerfi ausübte.
3m 3al)rc 1444 ober 45 fel)rte er nad^
ÜRain^ jurüd. .^ücr fanb er naii) Dielen
mißlungenen Sctfud^cn einen reichen aber
eigennü^igen ©cfellfc^after in 3''l)ann
tVufl ober t^aufi, mit bcm er 1450 in
ein iycrtragöoct^ältnig trat, ©utcnberg
übte aud) je^t nod) ben Safelbrud, arbci«
tete aber aucb mit böljcrncn 93u(^fiaben.
211« crfte ©rucfc ©utcnbcrgä in ÜJloinj
mcrbcn genannt ^Ibc^büd^er, ©cbetbücfter,
SScid^tfpicgel, S)onatc. Sin ttjcitercr ^ort«
fc^ritt mar bie Qlnmenbung »on SWctatl«
tt)pcn, bie ani freier $anb gefdjnittcn
Waren, unb ber miti^tigflc gottfd^ritt ber
®u§ ber @cf)rifttt)pcn. 1452 mürbe ber
J)rud ber lateinifd^en Sibel begonnen unb
1455 in 2 Folianten »on 600 Sldttern
»oüenbct. Sfficiterc ^ortfd^ritte ftammcn
tton «Peter ©d)öffcr ani ©crnä^cim, ber
in «Pari« aU 3üuminiercr gearbeitet |attc u.
oon %u^ a\i ^amulu« angcficHt würbe. 6t
erfe|tebicnoct) fcbrungleicbunb unfc^arf ge^
goffenenSud^fiabcn burd^ foldt)e, bic mittclfi
eine« ©tal)lftcmpel0 in bünne Tupfer« unb
ÜRcffmgplättdjen cingcfd)lagen würben.
SRad^bcm ^ufi bem @ä)öffcr feine loc^tcr
jur grau gegeben ^atte, betrieb er 1455
einen ?}roje§ gegen ©utenberg wegen 3"*
rücEbcja^lung ber gcliel)enen Kapitalien,
unb ©utenbcrg würbe »erurtcilt, bic ganjc
«Pref[c famt allem SWatcrtal bcm gujl ju
überlaffen. ®urd^ Unterfiü^ung cineö gc^
acbtetcn ÜRainjcrö, Äonrab .^ummer, gc«
langte ©utenbcrg in ben Scfx^ einer
neuen 3)ruderei, auö Wcld^cr 1460 bai
Katholikon, eine beliebte grammatif^*
Icfifalifd^c .Kompilation tii 3ol) be Salbi«
bcroorging. Siiadibcm ©utenbcrg feine
SJruderci nad^ Sltwpl im SRl^eingau »ers
fc^t ^attc, ftarb er um« fRcuja^r 1468.
2luö ber guftsScböfferfd^cn Dffijin ging
1457 tai Psalteriam ^eroor, ba« erjic
nadb 2)rudEcr unb 2)rucEort batierte 2)rudf»
werf, ein« ber fd^önften S)rudEwerEe bi«
^eutc, mit Dcrjicrtcn 3nitittl«n in l'lflu "•
rot, 1460 ctfdt)icn bie latcinifd^c Sibcl.
5m ^a^xt 1462 würbe IWaing infolge
eine« ©treitc« jwifdlicn bcm Srjbifc^of unb
feinem SJiac^folgcr näd^tli^ überfallen unb
jum 2;eil »erbrannt; babei ging auct) bic
aßcrfjlättc oon guft unb ©cböffcr in glam^
men auf, bie 5trbciter, obwol)! bur^ einen
Sib an bic Scwa^rung be« ©el)cimniffc«
gebunben, jerftreutcn ftdb unb Bcrbrcitcten
Die Äunfi an üiclc Drte. 3n SOtainj crs
ncuette ©d^öffcr fein ©efd^äft unb brudtte
fort, feit 1503 »on feinen ©ö^nen abge*
löfi. 2)ic frü^ejicn Sudf)brudcrcien
anberer beutfd^cr ©täbtc finbet man in
Äöln, 5lug«burg, «Nürnberg, ©tra§burg,
©peier, (5§lingen, SRcrfcburg, äörcälau,
ßübecf, «Pilfcn, qgrag, (Si^jiäbt, Urai^,
Tübingen, ßeipjig, «Dlemmingcn, «Paffau,
SBicn, «Wündbcn, [Reutlingen, Erfurt,
Sütagbeburg , ^eibelbcrg, [Rcgen«burg,
^agenau, Hamburg, grciburg, ^Jranffurt
93ii<^ei'.
43
a. SW., aSittcnberg, in bet ©e^iucij 93afcl,
IBernmünftcr, SSurgbotf, S^xxi^. 93ergl.
<8an ber fiinbe, ©utcnberg , 1879;
^alfcnfiein, ®ef^t*tc ber Sudbbvucferei,
üeipj. 1840; granfc, ^anbbucf) bcr
Sud^br. aDcimat 1867.
2)ic Sfitfl^wofff" ©utcnbcrg^ unb i{)tc
<Sö^ne unb (Sntet ^aben bic !8u(i)brucfcr=
funp flctö aU eine befonbere &ab« unb
Onabe ©otteö angef(I)aut. ®ie l)at bie
[d^neibenbfte SBaffe gegen tai romantifc^c
(Smpfinbungglebcn beS mittleren 21Iterd
unferer ßitteratur gefc^affen unb wax be-
rufen, auf ben manigfaltigfien SBegen üon
ben »erfdiiebenficn ©eiten ^er neueö SiU
bungömaterial ju bcfi^affen. Die 93uc^s
örucferfunfi bat einen ätinlic^en llm[(^tt)ung
im ibeeHen 93erfct)r ber (Sebanfen bewirft,
mie in unferem S^^tbunbert ber S)ampf
unb bie Jelcgrop^ie im SBerfet;re beö ^aw
i)di unb ber 3nbuftric. 3u'^ot ^"t biefe
(Srfinbung ben auöeinanberfaüenben ©täns
ben gegenüber ein ganj unerwarteteö
SOJittel neuen Sufti^i^i^n^iing^» '^<^^ benn
aui) ialt, mit ber ^Reformation, in gro§*
artigfiem SOfa^flabe jur *Mntt)enbung tarn.
S3ü(^er. 2)ic gorm unferer Sucher
fommt juerfi bei ben SSJacf)0tafeIn »or,
tabulae; tai ^ßapier mürbe mcifi gerollt,
*JJergament gefaltet, ©old^e SZÖa^ötafeln
{)ei§cn codex; über bejeid)nete urfprüngs
\ii) mo^l nur SRoüen. SWe^rere ölätter
ju einer fiage gefaltet t)ci§en quaternio,
urfprünglidi eine ßage Don 4 QSIättern, in
ben 93üä)eTn meift mit 3''Men oberSuc^*
ftaben gejätitt. «Seit bem 14. Jal^r^. finben
fic^ bic einjelnen Slätter ber ßagen unb
fdmtli^e SSlätter beö Sudjeei gejät)It.
5n SBejug auf iai gormat ift bem ^oben
"Jlltertum üotjüglid^ eine breite Duartform
eigen, bie Seite ju 4 ober 3 Äolumnen.
3n fpäterer 3eit, mi) bem 6. 3a^rt).
fommt bie ^Dreiteilung nur no(^ feiten oor.
Sd^on im cbriflli^en §IItertum führte bic
SBere^rung für ben bciligen 3n|^alt bcr
jum ©otteöbienfi bcfiimmtcn 93üd}er ju
einer fcbönen aufern Qluöj^attung burc^
bie Äunjl unb frütijcitig gefiörte ein foft«
bar eingebunbeuer (Soangelienfobef jum
f^dnbigcn ®(f)mucE ber «Jlltäre. ®tci(i)e
e^rc geno? bai 3Wif|ale. 3f)rcn Urfprung
hatten biefc Sinbänbe in ben Slfenbcin«
bifi^c^en, öon Sölagiftraten beim Eintritte
itircö 51mteä Derfd)enft, jn)ifcf)cn mcld)e
man bcfcf)ricbene 5ßergamentbtätter legte.
2)ie Suc^becfel felbfi befte^en au« ^olj,
»worauf man bie (Jtfenbeintafeln feftnietetc
Um bie Jafel bcrum jieben fi* aU Um=
ra{)mung mit ®olb= unb ©ilbcrbled^ um--
jogcne ^änber, in metct)e8 Sbetfleinc unb
qBcrlen gefaxt finb. 3cber I)e(fel ^at ftet«
feinen eigenen S^mucf. 3" ber römif(6en
3cit batte man eigene Suc^binber, fpäter
beforgte bie ®eif!licbfcit au§cr bcr ©c^tift
auc^ ben ©inbanb. görmlid) gcmcrbd^
mäfig betrieben juerfi bie Srübcr beö ge=
meinfamen gebend bic aBud)binberei, in
ben 6t(ibtcn tt»urbe biefetbe ein bürger=
lic^cä ©emerbe. ®ö giebt aud) 93ü*er =
namcn, norjüglicf) für ar^iöjiücfe,
für n?eld)e man feinen iUutornamen batte.
@erid)t0bücf)er l)ei|en rote 93üd)er;
Qlnbere f)ci§en libri aurei, llber blancus,
über viridis, gemma preciosa, über
niger, liber crinitas, Sären^aut, pauper
Henricus, nudus Laurentias, bie beiben
le^tern nad^ ben Schreibern, ^oflbar
eingebunbene 93üc^er Ratten jum «Scftu^
ein ^emb, camisia. Sincn gemiffen
Sücber^anbet gab ti f(^on im 2J?itteIaUer;
bo^ befc^rdnfte er ftd^ auf einjcinc gang-
bare 5trtifel unb jufäQig in ben ^anbel
gefommenc alte IWanuffriptc. SD^an pflegte
fic^ bic gefud)ten 2ßerfe jum 5lbf^reiben
JU erbitten ober fd)idte eigene ©d^rciber jU
biefem ^"'e^f- S)urc^ «Pfänber unb
Sürgfc^aften fieberte man fid) »or ißerlufl.
ßcutc, bic auö bem 93üc^erabfd)reiben unb
Scrfaufen ein ©cwerbe ma(f)tcn, finbet
man ^mar fcbon im 33cginn hti ÜJJitteI=
alterö; nacb longem 3tt>ifcf)enraum fommen
fte wieber an ben Uniocrfitäten jum iBor^
f'icin. ©ic Dcrmietcten Söüc^er jum 5tbs
fc^reiben, nad^ obrigfeitUc^er Zn^t, unb
vermittelten ben Südjcrecrfauf. Iro^bem
ifi ber cigcntlid^c Öud^tianbel nid^t in
Unioerfitdtcn, fonbern in anbcrn ©tdbten,
uoräüglicf) in SDi^ailanb, 33enebig unb
^loren, aufgcfommcn, bann in J^ranfrei*
('iJariä), (Snglanb unb ben SJiiebcrlanben.
5n 3)eutfc^lanb pflegten bie ©tubenten
il)re Süct)er mef)r alö anberömo fetbft ai'
auftreiben, ober fte entlef)ntcn fic auö ben
Älofter^ ober Uniucrfttdtöbibliot^efen.
Qlufer^alb beö geifilicben ©tanbeö fam
erfi fpdt ein ßefcbebürfni« auf. grauen
befafen il)rcn in bcr SRcgel in einem
Älojler gefd^riebencn qSfalter. Um 5ln=
ba(^töbü(^er unb ®^ulbüdf)cr matten fxdb
torne^mlidf) bic 33 ruber oom gemein*
famen ißeben pcrbient. 5tn ben ^öfen
fdt)rieb etma ber ^offaplan, in ben Stdbten
bcr ©cfiulmeifier unb ber ©tabtfd^rciber
Südbcr ah, a\xi) *pirmenter ('Pergament'
mai^er) oerfauftcn unb fauftcn ^öüc^cr auf
berSOtcffe. 93uben, in bencn man Sdbreib^
44
i8üd)fc — «urg.
matciialicn unb Sßü^er ticrfQufte, pflegten
an bie SBanb bet Äüc^c gcjicüt ju werben.
Sattenbad), €c^nfth3efen beü SDlittet«
altera.
SBÜt^fc, f. iMititletic unb Ciborium.
S5u^ftabcnf^rift, f. SRunen.
^M^nicb iji im 16. ^ai)ii). ein 9^ame
für Siebeötieb; ^onö ©ad^ö braucht j. 95.
biefen für feine ^dt ebcln *Muöbrud.
SBu^itrt, ber, irie ba^ mt)b. berhurt,
€tof , pof enbcö Öoärennen, auö bem %xan='
jöjtfc^en aufgenommen, behonrd, mittel*
lat. bago/da, quo bem «Stammwort
heurt, it. arto, ®to§, mlat. hurdns,
= 93o(fauö feltifd) hwridh,Sto§ unb 93orf.
I)er Su^urt fie^t aU ritterUd)cöÄampffpieI,
wobei ^aufe gegen ^aufe fdmpft, bem
tjost gegenüber, wobei Tlann gegen
2Kann jief)t. SOiit bem Jurnier berührte
fid) ber iSu^urt nur bann, wenn im ©rnfle
bu^urbicrt würbe, auf ©treitrojfen mit
eingelegtem Speer. ®ewöt;nlid) wor je=
tod) ber 93uf)urt bIo§ ©piel unb ÄuräWeil,
tai man bei hochgeziten fürfiUd)en *Pers
fönen ju (£f)ren gab; ftalt ber ®c!)Werter
würben Stäbe gebaucht, ^m Sffiigaloiö beö
iffiirnt t)on ©rafenberg, 9009 ff. tieift e«:
Gein der bürch reit er dö
mit fr 6 liebem schalle.
Die ritter begunden alle
vor ir buhurdieren
mit riehen banieren.
Von hurt die Schilde gäben schal,
so daz manech knie geswal
von hurte und von gedrenge.
Diu sträze wart vil enge
von der edeln riterschaft.
Da wart zebrochen manech schaft,
von siegen und von hurt enzwei.
Ez waere worden ein turnei,
heten si ir harnasch gehabt.
SBuUc, mf)b. bulle auö lat. bnlla =
Jßafferblafe, bann ein runbeö 3^'"^^"' ^^
äilittelalter haß Siegel einer feierlichen
Urfunbe, wie bie bleierne, golbene, unb
bie Urfunbe felbp. 3m engern Sinne jtnb
SuDen offene päppiid)e Urfunben, mit
einem ^erabl)ängenben Siegel terfeben.
%n ber Stirne tragen fte ben ^lamtn unb
litel beä *^3apfte^, j. Ö. Innocentius
eplscopus, servus servornmDei;
nac^ ben folgenben SingangöWorten er-
bdit bie 93uüe ifjren Dramen, j. 33. In
coena Domini, Unigenitus,
Ecclesia Christi. 'Jlngcbüngt Wirb
baö in S3Ici abgcbrücfte grofe Siegel ber
TÖmifchcn Äird)e, baä auf ber Sorberfeite
frülier bie Silber ber *Hpoftel *Petru0 unb
^auluß, feit bem 16. ^ai)xl). baö iffioppcn
beö regierenben $apf?eö, auf ber IRürffeitc
beffen Flamen jeigt.
S3ttni)f^u^. 3m aWittelalter ber SRame
für ben ©auernfdjul), m^b. buntschuoch
ein Scf)u^, ber gebunbcn wirb. „2)ie
Sd)u^ ^ettenb auf beiben Seiten (Riemen,
breper (Jübogen lang, bie flocht man unb
f^nürt fie umb bie Sein unb leine ^ofen
creujwei^ ^erumb wie ein gctter." 2>aö
SBort fie^t im ©egenfa^ ju bem feinen,
jicrlic^en brisschnh, m^b. bris-schuoch,
ein Sc^u^ jum einbreifeln, fdinüren.
Statt buntschuoch fagte man aud), aber
nur in ber eigentli(ä)cn 93ebeutung, bot-
schuoch, bozschuoch. SDie Sinfü^«
rung beä 93unbfc^u|)ö würbe auf Äarl ben
®ro§en jurücfgefü^rt. Seit berSRitte be^
15. 3af)rf). unb befonberö im 3. 1513 wer»
wenbeten aufrü^rerifc^e Sauern ben 93unb=
fd^uf) alö Sunbe^sßcic^en, worauf tai
S?ort gäujlic^ in bie Sebeutung con (Em-
pörung, Sunbfd^ü^er in bie oon (Sm*
pörer überging. Wan beutete bann 93unb
ni^t me^r auf tai Sinben ber SJliemen,
fonbern auf Sunb, ^lufru^r. ®rimm,
ffiörterbu^.
S3urg, ein uralte^ 2öort, wörtlich bie
bergen be, fc^üfeenbe Stätte; lacituö
nennt in ber Germania 3 einen Ort As-
clbnrgium, b. i. eine fefie S^iffö=
jlation, »on asc, ßfc^e unb bürg; an«
bere Ortsnamen auf bnrgion, burgi-
um fmb t)on griecbifcl)en QUitorcn genannt.
Ulfilaö üerbeutf(^t polis burct)baurgs,
ebenfo latian, Dtfrieb, |ielianb bie 2ßör<
ter nrbs, civitas; bat)cr bie alters
Stäbtenamen mit bürg: JKegenöburg,
Strasburg, Qiugöburg, SDtagbes
bürg, Silbungen, neben welcfcen auc^
bau jiammüerwanbte bcrg jum Seil für
ben gleichen *piti^ porfommt: Bamberg,
Äönigöberg, SRürnberg. 2)ie ^w
fange felb^änbiger ©ntwidlung be^ Äriegö=
bauwefen^ im ÜWittelalter liegen bei tm
^raufen; ®oten , Sangobarben unb
Surgunber arbeiteten noc|) mit römif(^en
SBerheuten; bocfi bejlcl)en bie .^rieg^bau«
ten be^ 5. u. 6. 3abrl). fafi nur in SRepara*
turen römifd)cr ©anwerfe. Sinjig bie
^Königin Srunljilbe galt al^ eine Surgen»
bauerin unb geno§ bcö^alb ben Otuf einer
jWeiten Semiramiö. 3'" %(^W^ fud^en
bie ^raufen ibren 3lufentbalt nacb alter
Sitte auf bem Sanbe, in ben ißiüen.
2)ocf) befa^en bie ^fionigc auc^ '?5aläfle in
ben ©täbfen; aud) befefiigte Älöfier Wer-
ben genannt, unb .^arl SWarteü wirb ber
99urg.
45
95ttU bcr Sutg (S^iö^ctm bei ßolmar
unb bie ©atjburg an bcr ®aatc juge*
fd)net»en. ®ei bicfcn unb anbcrn Äönigö'
bauten biente baä römifc^e Äa^ell jum
Sßorbilbc, »äbrenb bie Sauroeifc beä
einjcincn freien tcbiglid^ aU SBeitcr-
entroicftung bcr altbcutfc^cn ^auäcinrid^s
tuug crf(^cint, wie jtc fic^ nod^ l;cutc in
einjcincn ©egcnben SBcjifalcn« erfjaltcn
\)at. Unter ^arl b. ®r. beflanbcn nocf)
bie meinen foTtififatorif(^cn Anlagen auö
^olj unb (Srbc. 2lbgcfc[)cn »on ben
JRcjten bcr ^faljcn ju 'Machen, Sni^ft^cim
unb granffurt a. SOJ. Jinb bie S03aci)ttürmc
faft bie cinjigen Übcrblcibfcl mafftocr
33auart auö bcr farolingifc^en Qdt; biefc
Jürme ftnb »icrccfig ober runb, laffcn
bcn (Eingang nur burc^ eine ßciter er=
rcict)cn, eine in bcr ÜJJaucrbicfc angcbracbtc
Sreppc führte ju einem 3^*f<^ß"i^o'ftt'ß'^fß
ober unmittelbar auf bie bcjinnte *l5latt=
form. *Jlud) unter ben fvätern Äarolin=
gern würben bie wenigen 53urgen faft blo§
auö rein militdrifc^en ©cftcbt^punftcn
für gemeinfamc Qwtdi bcö SSeidjcä cr=
baut. 5llä befefiigte ®i^e mad)tiger ^crren^
gcfcbled)ter erfc^einen Surgen in 2)eutfd)=
lanb feit bem 10. ^üf)x^., bie fleinercn
ficticnöträger wobnten nod) auf ben ^öfen.
%U bie älteficn bcutfc^cn ^errcnbur«
gen werben genannt |)o{) entwiel,
©tammbcim, S)icpoIbäburg unb
Dnfribinga, alle wenige ©tunbcn öon
cinanber entfernt, ©rft bie Sfiormanncn^
cinfäUe unb Ungarfriegc »erlangten burd);
auö eine größere S<^^\ fefier *piä^c; boc^
fd)eint bie befannte SWapregcI ^nnric^ I.
übcrfd)a|t worbcn ju fein; bie |>auptfa^e
war, ha^ größere 2Bo^npIä^e mitaJJaucrn
unb (Sräbcn unb mit rcgclma^i«
gcr SSefa^ung nerfeben werben foüten.
2)aä gcfcbab unter ^einrid^ I. gewif mit
^ergfelb unb SWerfeburg, wabrfcf)ein-
lid^ mit Queblinburg unb (Sorwei;
auf erobertem flaöifc^en Soben würbe
SOteifen angelegt. Unter ben Dt tonen
famen binju 3Wagbeburg,^aIber =
ftabt,@t. ©allen, ®orje, öifc^öfe
befefligten bie ©i^e Sffiormä, öüttict),
^Jaberborn, |)ilbe«^eim, 93re«
men, S^aumburg. .Köln, (Eam*
brai unb 93 e r b u n erbalten im 12.
3abrb. eine bebeutenbe SßerftärEung i^rcr
SBerfe. Qtüe biefe fepen @i^c t)aben ben
gemcinfamen 9iamen 33urg, lat. castrum,
castellum, oppidum, mit bem
befonberen Segriff ber Sefefiigung ober
blo^ aU iöejeid^nung größerer a3obnpIä|e
urbs, civitas, manicipiam.
3!)ie neuen ©urgenbauten entftanben in-
folge innerer Kriege, jur ©icberung gegen
gcijilicbe unb wcitlicbe »erfcinbete dürften.
Safaücn unb SWinifterialen fingen an,
ibre 2ßol;njt^e ju befefiigcn. ©aö begann
mit Ummaucrung ber ^öfc unb fübrte
aOmäbticb jut Anlage fünjllid) befeftigter
^tä^e an ben baju befonberö geeigneten
Drtlidbfeiten. SO^an jog auö bcn 35örfcrn
auf bie ^öben ober auf 3nfeln ober in
fdbwer jugänglid^e Sümpfe. (Seit bem
®nbc bc^ 9. 3abrt). werben biefe SBurgcn
jabircicber , namentticb in ßotbringen.
SDJancbe 93urg würbe gegrünbet, um frieb=
Iid)en ©efd)aftigungen ®d)U^ ju gewäf)ren,
Strafen ober ^lüffe ju beberrf^cn, bcn
93crfcbr ju bcfd)ügcn, gerabeju iRaub ju
üben, \a gegen ben Äönig felber; aud) folgte
wo^l einer ot)ne bcjlimmtcn ©runb bto§
bem 93eifpicl eine^ anbcrn. Svoax galt al^
iRcd)t, ba§ äur Einlage befeftigter $lä|e
bie (Srtaubniö beö .Rönigö nötig fei, boc^
würbe im einjcincn barauf wenig geartet,
namentlicb wenn cö ftc^ um 2ßibcrfianb
gegen bie .ßrone banbelt. 5ludb bie Ä ö =
nigöburgen nabmen unter fol($en
Umftdnbcn ju, j. 99. unter |>cinric^ IV.
2)ie ©efamtmaffc ber felbjidnbigen Sur^
gen ftnb ^öbenburgen ober ^lieber;
bürgen. (|;infad)e SSurgnamen ftnb fei«
ten unb oft fremben Urfprungö: Stamm,
9Balb, 93runn, (Srla, S)obra, ^\)aia. 93ei
ben jufammcngefc|tcn SJamen erf(J)eint
am öftefien ©tein; %ü^ nicbt oft, oud)
Surg feltener, bagegcn fc|r f)dupg Serg,
in ber (Sbenc S)orf unb gelb;
fonfi aud) nod) SBört^, i^urt, ®cf,
93ü(^el, Seiten («Mb^ang) ^oc^. 2lu*
jur fleinjlcn 93urg ftnb 5 ©tüde unent*
bebriicb: 1) bcr 3 i «gel, bie Umfaffung^^
mauer. 2) S)cr *PaIaö, bie ^afle beä
SBurgberrn. 3) bie Kemenate, ein
mit einer ^eucrfiatte (caminus) üerfct)cne»
©emad) , wcld)eö bem cigcntlid)en ^amU
lienlcbcn, inöbcfonbcrc bem 91ufcttt^altc
bcr i^raucn biente, aud) gadem. 4)
.K ü d) e unb 5) ba^ B e r g f r i d , mittcllat.
berfredar, altfr. b e r f r o c , bcr
Surm, au'g bergen unb vride =
©cbu|. ©a fidb '^alaei, .Kemenate unb
Rüä)i in ben ©cfdboffcn beö Surmcö an=
bringen liefen , fo war ju ber fleinjicn
93urg nidjtö nötig alö Umfaffungemaucr
unb Slurm. S)cn ©cgcnfa^ ju bicfcn
fleincn Surgfldllcn bilben bie ^o f =
bürgen, bereu ooKc Qluöbilbung in fpd^
tcre S^it fdüt. Unter bcn frdnfif^cn Äai«
46
iBürget — 33urfc.
fem etfolgen bebeutenbe govtfc^ritte im
aSurgcnbau. I)et tomanif^c ®lil tritt auf,
man ging fon ben (Sirtjelburgcn über ju
'•Burgengruppen; bcr ißergfrib ober
lurm ttJurbe blo^ für ben jjotfaß auf*
behalten. !|3alaä unb bie übrigen QSurgs
teile »erben in «Stein aufgeführt unb I)in
unb wieber ornamentiert. I)ic ^ic^ter
fprec^en je^t öon „turn und ijalas." 2)ie
crjie nad)n3ciöbare 93urg biefer 3eit ift bic
^aböburg bei 93rugg in iHargau; an*
bete fmb Äiburg bei 2öintcrt^ur, ^o-
&cn-(Sgiöbeim in ben SBogefen unb
ebenbort Ädftcnburg unb 2; r i f c I ö ;
al^ eine ber ältejlen Hofburgen er«
fc^eint in biefer 3fit i'i^ SBartburg.
Sine neue fperiobe beö Sßurgenbaueö fe|t
mit ben Ä t e u j j ü g e n ein, bie J^nic^te
ibtcr Erfahrungen jeigen ftd^ teil^ in
jmecfmöfiger unb reid^crer 5tuögePaItung
ber fcfcon oor^anbenen formen, teilö in ber
5tuöfü^rung neuer (Srrungenf^aften. Se«
treffcnb bic'Ot u^fiattung beöSOiau*
etgürtelö »erben bie ÜRauern böber,
für bie grofen ^Intwerfc »irb ber 5[Baü=
gang »erbreitert burc^ iai *ll n f e 0 e n
überwölbte r@trebepfeiler na^
innen; bie 3 i " " « " entwicfctn ftc^
in mannigfaltigften Jotmen; in ben SDtau*
crwinfcin »erben ©diü^en* unb ©c^aar«
»arttürm^en , ballistarien, für
58ogen« unb ^Irmbrufifc^ü^cn angebrad^t,
2)er @ r f e r erfc^eint at§ neue fortififa«
torifc^e 55orm, mbb. är k e r , auö mittellat.
ärcora öon tat. arcus, Sogen. 3"™
^erabgic^en fiebenben Üßaffer^, brennenben
^ec^ö unb bgt. bientcn ® u § I ö d) er
ober ^ e ^ n a f e n. 33racf)te man ben
(Erf er auf bem ganjen Umfange be^ SDtauer«
gange^ ober ber Surmplattform on, fo ent*
iianbcn bie Umgänge; in $otj auöge«
fü^rt, »aä oft »orfam, ^ei^en fte -& u r *
ben, and) bann noc^ , ali man fie ber
5cuer^gefä()rlid)feit »egen auö 9[)iauer»erf
baute. üDen ® r u n b r i f betreffcnb ging
maniml3 3bt^, juerfi in ^ranfreid), ba^
JU über, ben lürmen fo»o()I einen gtögc«
ren ©urc^meffer ju geben alö auc^ ibrc
^laufen ju üerlängern, inbem man fte
mit einem f^nabelartigen Sorfprung »er*
fab. 3)a^ jeigt fic^ ,^uerfi an ber |)erauö=
bitbung beä P ro p u gn a cu lu m s, ber
Zi)oxbnx%, einer 9'iac^a^mung ber
orientalifdben Babacane; m^b. bie
barbigän, ift ein auö ^olj ober @rbc
^ergejlellteä 'i(upen»erf, mit 3 u fl b r ü cf e,
breite m®raben unb d u p e r n '^3 a 1=
li f a b e n pcrfe^en. Sin anbereö "iUi^cn*
»er! ift ber 3^in96'^' ebcnfaliö bcm
Orient entlebnt , i;»ifcf)en einer öugcru
unb ber innetn SÖJauer. ?llö Äcrn ber
iöurgbefefiigung erbält ftc^ ber ^ a u p t -
türm, bercfrid, aber »ie eö fdbeint
me^r trabioneU aU cigentlid^ praftifc^.
©einen ^auptbienfi Itifiet er alä SBarte, ju
»eld)em Snbe er oft burcb einen böU^tnen
5lufbau mit ^elm erhöbt »irb. 2)et Jurm
galt beratt al^ arcf)iteftonifc^eÄ 2lbjeic^en
be« 2lbel^, ba§ felbfi baä jiäbtifc^e ^atri:=
jtat Sürmc neben ibre 93ürger^äufer j^etlte.
5Iuf biefer Stufe blieb ber beutfcf)e 93urs
genbau beö SDJittelalterö ; bic neuere fortt=
fifatorif(!^e Sedjnif, bie ibn ablöfie, fam
ani ^taVun. ^aä) 5 ä b n ä , ©efc^icfcte
be^ Äriegä»efenö. 93gl. oucf) ® c^ u I ^ ,
^öftfdieg 2eben I, 5lbfd)nitt l.
iöürger» SWbb. burgaere bebeutet ba^
Sngcfmbe beö ^errn ber 93urg, bann bie
Se»oI)ner einer befejligten @tabt. Sic^e
©täbte.
SBurggraf, m^b. burcgräve, lat. bur-
gravius, praefectns ober praetor
urbis, burgicomes, comes urbis,
bejei(^net ein 5tmt, iai in feinem Ui=
fprung ni^t wefentlidb oetf^ieben ifl üou
bem ber ®rafen überhaupt. So ijl an
einen befeftigten unb fonfi bebcutenben
Crt gefnüpft, »o ber ^n\)abix bie gräf=
Iicf)en Steckte, militdrifc^c, gericbtiicfee unb
anbere ju üben ^atte; bie Sffiirffamfeit be^
©rafen fonnte auf bie Stabt befd)rdnft
ober bamit ein umtiegcnbeä öanbgebiet
oerbunben fein. 5Daä dttefie 93urggrnfen=
amt ifi ta^ jU SRegenäburg, tai unmittcU
bar unter bem Äönig jianb unb »ie an=^
berc ©raff^aften in ben erblichen 93eft^
einer angefebenen ^amilie fam. Sonfi
ftebt faft überad ber 93urggraf unter einem
geipiid)en gürflen, ber bie grdflic^en SRe^te
in ber Stabt ei»orben i)at unb pe nun
ganj ober teil»cife burc^ jenen ausüben
Id§t. So finbet- eä fi^ feit bem Snbc
beä 10. 3abrb. in Soul, SBorm«, Äötn,
SWagbeburg, Strasburg, ©peier, SÖiainj,
Srier, iüie^, Serbun, Sambrai, Utrecht,
5liigeburg, Slßürjburg, Samberg, Salzburg,
iWünjler, $aberbotn,..giaIberjiabt, |»er«felb,
Sornei, *)J?ölf. Um Übergriffe oon Seiten
mdd)tiger Burggrafen ju oermeiben, »urbe
tai *Jlmt feit 'bem 12. 3abrb. öfterä an
üJliuifterialen »ergeben. S^ fommt auc^
üor, baß 53orfiebcr fleinerer Orte inner*
balb fürftlirf)cr lerritotien al^ Burggrafen
bejeicbnct »erben. 2Cai^, Berfaffungä;;es
fcf)ic^te VII, 41 ff.
SBnrfl', ^iirfc, bie, au'^ mittellat. bie
Spjantimfc^er ©aufiil.
47
bursa = lebctnct iBcutcI, bann @tifs
tungöfaffe ju flcmctnfamem Untert)aUe,
Doine^mlicf) bcr (Sd)ülct an ben föniglicfeen
Spulen, ber'^o^fc^ule in granhci(^, cnb=
üä) jufammcnicfcenbc ®enof('cnf(i)üft, be«
fonbcr^ eine [olcfce, beren ÜJiitgUebet auö
gemeinfamet ©tiftungöfaffe Untcrftü^ung
empfangen. 2)aTau^ f^on in ber jtt)eitcn
.^älfte be^ 13. ^apxi). mt)b. bie barse =
®elbbeute(, Äaffe, im 15. ^af)x^. jufammens
Icbenbe ©enoiJenf^aft, gemeinfd^aftli^es
■^aui bcrfelben. *pf)ilanbcr t>. ©ittewalbt
i)at bie iBcrfe:
bursa studentorum finstri sub tempore
nachti,
cnm sterni leuchtnnt, monns quoqne
scheinet ab himlo,
gassatim lanfent per omnes compita
gassas
cum geigls, cytharis, lautis barphisqne
spilentes,
hanjantqne in steinos, quod feurius
springet ab illis.
tunc veniant wechtri cum spiessibus
atque reclamant:
ite domum, gasti, schlaxit jam zwel-
fius ura.
2llö Äoücttiübcgiijf einer SRottc ober
öd)ar Don ©cfeücn, namentlich üon ©tu?
bentcn ober Äriegöleutcn ober i^re^ ©e^
lage^ »irb ta^ IZBort bie Surfe ober
fpdter bie Surfet im 16, u. 17. ^a^x^.
fejigef)alten; aümäl)lid^ ging ba^ SBort
»ic camerata unb grauenäimmer
Don bem ftnguinrcn .^oüeftie begriff in ben
pluralen 33e9iiff über jur Sejeid)nung
berer, bie jur 93urö gehören, unb jule^t
entmidelte ftd) barauö ein männlid)er ©in*
gular, ber iöurfd), i8urfd)e. ®rimm,
SQBörterbucf).
Slisantiiiif^er Sauftü in 2)eutfc^Ianb.
2Bic ber romanifc^e Saujlil au^ bem
©afilifenbau, fo gel)t ber Spjanti*
nif^e aui bem ©entralbau (fte^e biefen
Slrt.) ^ernor. Seine befonbere 'Jtuöbilbung
fanb ber Sijjantinifcfee Stil im SD^orgen*
ianbe, borf) finbcn fic^ unter ben Äir^cn,
welche äut 3"t ber (äoten^errfc^aft am
@d)Iuffe be^ 5. ^ai)X^. burd) römifc^e unb
8tied)ifcf)c Saumcifter au(^gefüf)rt mürben,
ani) einzelne Zentralbauten, unb gerabc
biefe maren eö, bie l^axl b. ®r. für feinen
bebeutenbficn Äircf)cnbau, ben be^ UTtün^
fierd ju 5lac^en, jum aSorbilDe wät)Ue.
@r ifi aber nic^t weiter mieberi)oIt morbcn.
2)a(^ iBorbilb be« *Mad)ener SÖJünfieri^ ift
San Vitale ju Ravenna. jDie Umfaffa
ungömauern bilben ein 5l^lecf (mit öjilicf)
vorgelegter 5lpp), ani beffcn 'Dritte fid)
eine gteic^faü^ ad)tedigc Äuppet ergebt;
ber niebrigere Umgang be(tet)t au^ jmei
(Stocfmerfen : tai untere ©todmerf öffnet
fid) jmifd)en ben a^t bie Äuppcl tragen^
ben, burc^ Sogenmölbungen »erbunbcnen
liauptpfeilcrn ('pifc^en benen, mit 5lu«a
fd)Iu| ber Dftfeite, je 2, im ganjcn alfo
14 Säulen aufgefletit jtnb) innerlich in ben
ßentralbau; tai obere StodrcerE bilbet
eine t>on jenen ©äulen unb ^reujmöl»
bungen getragene, umtaufcnbe,, »or ber
iMpfi^ untcrbrod)ene ©mpore. 5i[f)nlid) be*
jie^t t>ai 5tacbener SlJJünfter auf^ einem
innern ac^tedigcn, mit einer bo^en Äuppel
überwölbten JRaume, umgeben oon einem
fed)äcbnedigen Umgänge geringerer ^öbe,
aber in jmei Stodmerfen, mit einem (Sin*
gange burci^ einen lurmbau auf ber »eß*
Iid)en unb einer 2)oppelfapeUe alö ^U
tarnifd)e auf ber öfilic^en Seite. 9l^t
jiatfe, äufammengefe|tc Pfeiler, o^nc Äa*
pitdle, mit einem einfacben Äämpferge»
fimfe fluten im innern ben SWittelbau.
Über ben Sogen, meld)e biefe Pfeiler
Derbinben, ergeben fid) bie bebeutenb
t)ö^ern 51rfaben beö jttjeiten Stodmerf«,
»on benen früf;er febe burcfe eine boppelte
Säulenjleüung »on jmei Säulen in brei
Qlbtcilungen geteilt mar, I)ie untere
biefer Säulenjtetlung trug inncrliatb jebet
5lrtabe ein ÜJtauer jiüd , mit einem Sogen
in feiner SÜRitte, auf mclc^em bann bie
beiben obern Säulen auffianben unb mit
einem cinf(id)cn, jiemlti^ unfd)önen, arc^i»
trao-ä&nlid)en SWauerjtüd an ben Sogen
ber ^rfabe anftie^en. Über biefen 5tr«
faben faf) man bie ad)t runbbogigen
genjter ber Äuppcl unb enblid) bie ifflöt»
bung felbft, in welcher in IDtofaif auf
©olbgrunb Stiriftuä unter ben 24 iÜltejien
ber 5tpofal9pfc bargefieüt mar. Dtte.
^anbb, b. firc^l, .^unfiarc^, 3lbf*n, 60.
(gd)naafe, Äunjigefc^id)te III, 466 ff.
48
6, — Campas Martins.
(([ (fie^c au(t t.)
(Joltiaricnbetgc, f. Stationen.
Campus Martius ip bie Sßcrfammlung
beö fränf. ^^ccrc^, bie ju (5.§Iobtt)igö 3fitcn
regclmdgig im SWärj jum S^Jctfe einet
üKupevung ftattfanb. Qtuf i^r foQten bcm
Äönige and) bie jafjrlic^cn (Sefc&enfe bar*
gebracht tüerbcn; eine Beratung jroifd^cn
Äönig unb ^ecr fanb babei im aügemcinen
nid^t jlatt. SWit bem ^erantt)aä)fen beä
franfif(i^en ütcid^eö würbe eine foI(i)c ad*
gemeine ^ecrferfammlung unmöglid^ ;
tt>cgen ber Teilung ber 9tcid)e, wegen bcr
93efci^ränfung -ber auswärtigen Kriege auf
cinjelne ©ebiete, wegen ber immer wieber=
tet)renben innern ©treitigfeiten fam tai
ganjc aSoIf faum jemals mef)r jufammen.
9tur in 5tuftraften erf)ielt ftc^ bie alte
©itte ber jä^rlid^en SBerfammlungen ; t)ier
Würbe if)nen fogar ein größeres ^iä)t, alö
fte früher befeffen ^tten, juerfannt; nur
war ee nic^t me^r baä ganje |)eer, fon*
bem bIo§ bie ^Beamten unb ®ro§en beä
Sfleic^eö, bie hier jufammenfamen unb mit
bem Könige bie Serpltniffe beö (Reic^eä
berieten unb ©efe^e erliefen. Unter ^pipin
würbe bie SDJärjoerfammlung auf ben Tlax
»erlegt, bai iRärjfelb in ein ÜJlaifelb,
Campas Madias , öerwanbelt , unb jWar
würbe ber 9'iamc aud^ bann beibetialten,
als Äarl b. ®r. bie Sßerfammlung ^äupg
im Sunt/ S^Ii ober erji im Qtugujl abf)ielt.
Campas Madias erinnert fortwäi)rcnb an
bie atte ^eereöüerfammlung , wäf)renb bie
9'iamen Synodas, Synodalis con-
ventns, bie man berfelben Sßerfammlung
beilegte, auf bie enge SSerbinbung mit ben
fird^Uc^en 3ufinintenEünften ber 93tfc^öfe,
ber S^iame placitum auf bie großen
^ofgerid)tötoge unb enblid) bie Dtamen
generalis conventus, conventns
allein, conciliam auf bie allgemeine poli*
tifc^e Sebeutung biefer Jnj^itution I)in=
weifen. 9Wan(^maI würbe ia^ SWaifelb
erfi mitten wd^rmb beä S^Seö abgehalten,
fonft aber unmittelbar nor Seginn cincö
JJelbjugeä, wobei bann bie Berufung jut
SSerfammlung sugleid) aU Qlufforberung
unb ©ebot erf(^eint, fiä> wo^Igcrüjiet jum
^cere einjufinben. Qlud) wenn tein ^etb-
jug fiüttfanb, würbe bie Sßcrfammlung ab*
gegolten. 3n anbern Ratten, wo fird)tic^e
Ser^ältnijfe fid) geltenö mad)en, tragt bie
Serfammlung ben (Sfiarafter eineö ÄonjitS,
befonberS unter ßubwig bem frommen.
ÜWanc^mal würbe im ^erbfic eine gwcite
fleinere (Rei^önerfammtung abgehalten.
5n ißeäie^ung auf ben Drt bejianb f einerlei
allgemeine ®ewof)nbeit. 2öog ber mili*
tärilcf)e (J^arafter »or, fo befiimmte bie
©egenb beö Krieges ben Ort berSSerfamm*
lung; fonft betief ÄatI b. ®r. iai ÜWaifelb
gern an feine $faljen ju 2öorm« unb
5lad)en, wot)in and) ßubwig b. ^r. bie
meifien Oteic^ätage berief. Ort unb 3eit
einer 93er)ammlung würben entweber non
einer Serfammlung fetber für bie näcf)fi«
folgenbe benimmt, ober ber Äaifcr mit
feinen SRäten gab bie ®ntfdt)eibung. Sc*
fonberc ©ct)reiber unb 93oten gingen bann
an bie ®ro§en beö SReid^e^. 5Dic Sera*
tungen unb Sßefd^lüffe gingen fietg blof
üom Äaifer unb ben ®to§en beä SReic^ee
auö, bie oetfammelte ÜRenge beteiligte fxä)
nid^t baran. ©owo^I biejenigen ®rofen,
bie Äarl b. ®r. aU erfte iRatgeber, sena-
tores, bejeid^net ^atte unb bie eine 5lrt
iUugfdt)U§ bilbeten, alS bie übrigen ®ro§en,
Ratten ein befonbereö ßofal. Sei gutem
SJBetter berieten fte nad^ ber alten feitte
aüer ißoIEötterfammlungen im freien, fonji
in bebedten SRäumen. (Sine fefie Drbnung
in betreff bcr ®efd^äftöfü^rung bcjianb
nid[)t, bie 5tntröge gingen balb »om Äaifcr,
balb öom 5(uäfdt)u| auS. Sßon einet
fd^atfen Umgtenjung beg IRed^tS bei 93ci«
fammlung, namentlich einer genauem
Untcrfd^eibung, jwifc^en JRat unb 3"*
fiimmung fann feine SRebe fein, ßubwig
bet ^t. ^at eä auöbtücflid^ auSgcfptodben,
i)a^ et ol^nc bie 3"fiimniung bet ®io§cn
nidt)tö untetne^men woüc. Solange Äatl
lebte ging bagegen freilid^ ber ^mp"^^ jn
allen wid^tigen Scfd^Iu^nabmen »on i^m,
bem 9[)Jäd£)tigcn, im toüften 5tnfe^en liefen*
ben ©ebicter, auä. S)ocf) aud) er ad^tetc
bet alten getmanifd^cn Sitte, ta^ nid^t
ber SBiHe unb bie (Sinfid^t beä cinjclnen,
wenn and) hochbegabten unb bo(f)gefietItcn
SRanneö, entfd^eiben bürfe über SBo^I unb
2Bc^e, Sun unb ßaffen beä ißolfö, fonbcm
ta^ berfclbe beö SciratS unb ber ÜRit*
wirfung foIdf)et bebütfe, wcldE)e but^ i^re
©tcüung berufen feien, ?luöfunft über bie
Scbürfniffc unb 3ntereffcn ber einzelnen
Capitalaria.
49
Seile unb ©lieber beei SRtid^ea ju geben.
3)ie SReic^ötagc bienten, benSufflimien^ang
unb bie (£inbeit in ber ßeitung ber
fiaatlid^cn ^(ngclegcn^eiten ju el•l^^lten unb
weiter auöjubilben: ()ier fanb ber Äaifer
©elcgcn^eit, perfijnlid) mit ben Sorjlebern
ber ®aue unb Siötümer ju oerfe^ren, wie
e^ bei bem weiten Umfang beä iRcid)eö
fonfi nic^t mögli(^ war; l)ier, bie M^i=
meinen ©runbfä^e fcp^uftellen unb au^=
jufprec^en, nad) bencn fxc unb bie Äönigö=
boten l)anbe!n, übcrl)aupt bie öffentlici^en
5tngetegcnl)eitcn geleitet werben foHtcn-
?tbcr eä ijl baö nicftt baö (äinjige, tvai in
Sctra(I)t !ommt. 3)ie SReic^öoerfammlung
war äugleid) ein 5luäbru(f ber im beutfc^en
SSolf lebenben Qluffaffung vom Staat,
nad) welcbcr jeberjeit ein 3ufammcnwirten
»on $errf(^cr unb iBolf in ben wichtigeren
5(ngelegent)eiten erforberlie^ ifi, bie ju
Dcrfc^iebcnen 3«*^«" «^i^e tcrfc^iebene 5ße=
tätigung er'^altcn bat, bie ftd) aber aud)
^ier, nur in beftimmt arifiofratifc^en
formen, jeigt unb nid)t gering angefd)lai]en
werben barf. SBobl fmb eö bie Beamten
be^ ®taatä unb ber Äirdbe unb einige
anbere befonbcrö angefcl)ene SDJdnner,
wcld)c bie eigcntlid)en Beratungen fialten,
unb auf bie eö bei allen (5ntfd)eibungen
anfommt: allein fte l)anbeln im Sfiamcn
ber ®efamtl)eit unb fönncn wie eine 5lrt
SBertretung beö ßanbe^, bie ®rafcn ber
®auc, bencn fxc üorfie^en, bie Sifc^öfe
ber 35iöcefen ober aud) ber auf i^ren Sc*
ft^uucicn äöo^ncnben, angcfef)cn werben.
SDcm 93olf, ta^ au|crbem auf einer folc^cn
23erfammlung ftd^ cingcfunben ^atte unb
im %xiun umt)crlagertc, Warb jule^it oer*
fünbet, toai bcfd)loffen war, wenigfienö
infofern eö bie ©cfamt^eit anging. 2)a
mo^te ba^fclbc öie(leid)t in alter Sffieife
feinen Seifall burd) S^xnf ober 2Baffen=
getö^ JU crfennen geben. ÜJtitunter war
ee ber ^errfd)er felbfi, ber jule^t baä SBort
nal)m, über bie gefaxten Sefdblüffe Stacks
rid)t gab ober fonfi no^ einmal ju ber
93erfammlung fprai^. SBenn biefe gc=
fd)loffen, l)at er bie '■Jtnwefenben förmlich
entlaffen, Die Sefd)lüffe würben aufge=
jeid)net, mitunter aud) burd) bie Unters
fc^rift ber Qlnwcfenben befräftigt. Unb
regelmäßig ift bann aücö in einem 5lftcn=
fiüd iieibunben, in anberen fallen aber
i>at^, waö bie ®eifilid)feit betraf, oon bem
Übrigen getrennt, ober eö ftnb noc^ wci*
tere Slbteilungen gemai^t. S)ic Originale
Würben im 5lrd)iD bewaf)rt, aber aud:)
Wol)l gleid^ ^befonbere 5luäfertigungen für
bie 93eamten gemaci^t, ober bicfcn fpäter
?lbfd)rift gegeben. S)er allgemeine ^amt,
weld^cr üon biefen 5lufjeid)nungen gilt, ifi
Capitularia. ©ie^e biefen '■ilrt. ytai)
ßubwig b. i^r. ftnb feine SD^aifelber mc^r
abgehalten worben. yiai) 2Bai^, iBer=
faff.=®eid)., befonberä III, 5lbfd)nitt 5.
Capitularia. 2)a bie 93eftimmungen
ber 93olföre(^te (ogl. ben 5lrt. leges Bar-
barorum) nic^t für alle iöerf)ältniffe ge=
nügcn fonntcn, fud)ten bie Äönige ben
ÜJtängeln unb ßücfen burc^ neue ®cfe^c
abjuljelfen, welche fte tcilö abgefonbert
publizierten, teilö alö ©rgänjungen jur
lex Salica fd)reiben liefen. >Sie galten
aU gcmeinei^ !Red)t für ben ganzen Um»
fang beö SReic^eö unb führten in ber mero«
wingifc^en 3«^* ^i^ 3tamen Edictum,
Auctoritas, Decretum ober Decretio,
Praeceptio ober Praeceptum, Constitutio,
Pactum. (Jö giebt i^rer oon ©blotiwig
an; fpäter würben fic oon ben ^auömeiern
erlaffcn. 6eit .Karl b. ®r., wo fte über*
liaupt ja^lreic^er unb eingreifenber finb,
Reißen fte Capitularia ober Capita, weil fie
in Äapitcl verfallen. Sie fxnb wcfcntlic^
Sefd)lüffe ber SReit^öoerfammlungcn , mit*
unter bur* bie Unterfc^rift ber *UnWcfen=
ben befräftigt. Siegelmä^ig ifi aüe^, wa^
eine SSerfammlung befc^log, in Sincm
5tftcnfiüd oerbunben, in anberen gäHen
baS, )!V>ai bie ®eifilic^feit betraf, fon bem
Übrigen getrennt. ©iel)e b. 5lrt. Cam-
pns'Martius. 3nt)altlid) finb eö 2n*
firuftionen, 93crid)te, ®utad)ten, namentlich
aber ®efe^e. Otegelmägig fpric^t ober bc*
fic^lt barin ber Äönig. ^anbelt eö ftd^
um ein SRec^t eines befonbern SBolfeö ober
©tammeö, fo werben bie Sejiimmungen
ben ©auoerfammlungen jur *}lncrfennung
oorgelegt unb t;ier burd) Unterfd^rift ber
5lnwefenben befräftigt. ®ro§e«i ©ewid^t
würbe auf bie Serfünbigung biefer ©cfe^c
gelegt. S)ie .Sönigöboten, ®rafen, Sri*
bifd^öfe, Sifc^öfe Ratten bie '13flic^t, für bie
öffentlid)e öcrfünbigung ju forgen; bod)
flnbet ftd^ feine 6pur einer offijieUen
beutfd)en «uöfertigung, alle Kapitularien
ftnb in lateinif^er Sprache abgefaßt.
®aö ^Brud)fiüd einer beutft^en 3nterlinear*
oerfton, tai bciü)JüUenl)off u, ®d)ercr,
3)enfmäler, LXVI, abgcbrudt ifi, fd)eint
(ßriimtarbeit. 2)ie Kapitularien nehmen,
fowcit fie gefe^lii^e QSorf^riften entl)alten,
ooüe unb unbcfc^ränfte ®eltung in 5tn=
fpru«^; nur waren fte nie rec^t allgemein
oerbreitct. Qtuf tai römifd)e iRe^t ip:
feine SRüdftc^t genommen. Unter ßubwig
4
50
Carmiua burana — (Zentralbauten.
b, frommen ^at ein OcifiUc^cr Anregis
eine ©ammlung ber Kapitularien ber
legten Seit reranfialtet, bie an ftcf) feine
cffijieüe SBebeutung ^attc, aber balb in
allgemeinen ®ebrauc^ tarn unb oon ben
Königen fclbft wie eine aut^enti[d)c %ui'
gäbe ber gfleic^ögefe^e angeführt würbe,
obgleich jie burcbau^ unr>ollitänbig ifi.
Benedictus Levita lieferte eine un«
bebeutcnbe J^ortfc^ung be« Anregis.
SBai^, 23erfaff.=®cf(^., HI, Qtbfc^n. 5.
— ©tobbe, beut f(^eSRe(i)töqu eilen,
I, § 20 ff. S)ic Poll(lanbige ^luegabe ber
Kapitularien oon ^tx^ in ben Monu-
menta Germaniae legum I, 1835.
Carmina burana ^at ©dimell er eine
Sammlung lateinifc^er, beutfc^er unb ge^
mifd^ter lateinifd);beutfci)er Sieber genannt,
bie in einer ^anbfdirift beifammen fielen,
welche einfi im Seftic ber oberbairifc^en
5lbtei Scncbiftbcuren (baber ber IRamc)
mar, unb bie er in Sb. 16 ber Sibliotbe!
beö litterarifcf)en Sereinc^ in Stuttgart
toeröffcntlicbte. ®ie lateinifd)en Sieber
ftnb teilö in antifen Seröma^en , teilö in
mobern accentuievenben Oibptbmen mit
(Snbreimen gebaut. S)cm Snbalt naä) ftnb
CS geifilic6=polemifcf)e ßieber, JRatur«, Irinf-
unbßiebeölicber, ®nomen, geiftli^c Spiele,
mand^eö batunter fet)r meltli(^,ia friool.anbe^
res überauä frifc^ unb lebenbig. Sie frühere
5lnftd^t non ber (Sntftebung biefer Öieber
mar bie, ta^ fie nac^ 1200 »on fabrenben
Klerifern ober Vaganten ber bcutfd)en
^öfifd)en ßl)rif in Stropbenbau,5R^t)tbmuä
unb lluffaffung nadbgebilbet feien; in
neuerer 3eit ijt bie *Mnftcbt au«gcfprod)en
morbcn, bn§ mir bier ^ic^tungen vor unei
bätten, melcbc neben ber fübfranjöftfcben
{'t)rif unb bcm niebern 33olf^lieb eine
mirfungetoüe Dueüe be« böfifcf)«« Iptifc^en
©efange^ gemefen feien. Siebe 5!)J artin
in ber 3fd)r. f. b. Qlltert. 33b. 20 (8).
Carolina ift ber Ütame ber SReicf)^«
^alögericbtöorbnung Karlä V. oom 3flbre
1532. Jßä^renb tai Strafrecßt im 9«ittel=
alter nur in unnoUfommenen Mufjeid)^
nungen oft blo§ lofaler 3Jatur, in ben
SReicbägefe^en, in ben iRecbtefpiegcln , ben
Stabtrc(f)ten ober blo§ na* münblicb^r
Überlieferung oorbanben gemefen m ir,
fanben iml5. 3al)rbbic auf t>ai fanoni|Cf)e
unb römif(*c iJiecbt gebauten Schriften
ber italienifcben «^raftifer ©ingang anb
»eranlafteneineDteibe nadb ben®runbfü^en
biefer neuen Juriäprubenj bcrgefiellter
$al0geri(J)t^orbnungen. SBebeutenb mürbe
namentlict) bie burc^ ^obann grciberrn
ju S^marjenbcrg üertaBte ©amberger
^atögeridbt^orbnung »om 3a^rc 1507, fie
mürbe t>ai ÜJiufier ber a9ranbenburgif(^en
t>om3abi^£ 1516 u. ebenfalls ber peinlicben
©eri^töorbnung ju ®runbe gelegt , bie
auf 5lnregung bcö Kammergericbtö nad^
Dielen Serbanblungen feit 1498 cnblic^
auf bem *}lug^burger SReicb^tage »on 1532
publiziert mürbe. ^it Carolina, mie
fte fpdter genonnt mürbe, ober Constitutio
criminaUs Carolina befielt ouä 219
*)lrtiEeln.
Scntcno, Sentcnar fiebe ®au unb
Scbultbei^.
Zentralbauten i)ti^tn biejenigen firdb»
li^en SUonumente, bie cntmeber freiörunbe
ober polpgone Einlage äcigen, ober bcrcn
®runbri§ bie ^orm ein eö gleicbfc^enfligcn,
beö griecbif^en, Äreujcö ^ai. Sie ent»
fiel)en aU altefic cbritlUcbe QSauart gleidb=
jeitig mit ber 93aftlifa. Sc^on bie Ctömer
pflegten gemiffen .Heiligtümern, »orjugg«
meife ben ©rabtempeln, bie ^otm cineS
heisrunben Kuppelbaues ju geben; fte
marcn nieijt jmeigefcbofftg, unten ber
®ruftraum für bie öcicfee, oben ber SRaum
für ben ©rabfultuS. Solcbe Sauten ftnb
t)ai ©rabmal ber .^elena, ber ÜJlutter
KonftantinS b. ®r., unb iai ^an»
foleum Sbeoberidb^ ju JftaDenna. iBer«
manbt mit ben ©rabfiri^en ftnb bie
ÜJJemorien ober ®ebädbtni0fird)en, S>ent=
maier jur SSerbcrrlicbung einer gemeibten
Stätte. Sine britte Klaffe Don (Sentral*
bauten ftnb bie Saptijierien ober Sauf*
fircben, in meldbcn bie Kotleftiütaufc ber
alten Sbnfi«n Dorgcnommen mürbe. 3n
ibret ÜJiitte befanb ftc^ ein Saffin, in
melcbeS bie Iduflingc binunterfiicgen, um
burd) Untertaueben bieSßeibc p empfangen,
©ie arc^iteftonifcbc öntmicflung biefer
(Zentralbauten Doll^og ft<^ befonbcrS ia'
burd), ta^ man bie Kuppel ni^t mebr auf
ben Umfaffungemauern felbfi rubcn, fon*
bem fte non Säulen tragen lie§, bie
freiöförmig inncrbalb ber SRotunbe aufge*
fiellt maren. (5S entftanb baneben ein
ring^berumlaufenber Umgang, ben Seiten»
fc^iffen ber 'J3aftliEa eniiprec^enb, beffen
®emölbe bem bodbanfieigenben unb felbfiän«
big beleucbteten Kuppelraumc ein genügen«
beö iffiiberlagcr bot. ^m Orient entmicfelte
ficb auä biefer ^orm bie ®runbform ber
b^jantinifcben QSauEunfi, im 9lbenblanöc
blieb fte fajl auäfdblic^licb auf beftimmtc
Kultuäjmecfc befd)ränft, mie ®rabEapenen,
Scblo^tircbcn, ©aptiftericn. 9^1 abn, über
ben Urfprung unb bie Sntmicflung bcd
(S,t)iromantie — dfiotfiü^Ic.
51
(^tifihi^cn 6.cnti"aU unb Kuppelbaues,
1866. »ilbenbe Äünjie in b. ed^weij, 80.
(S^iromantic , Sffia^rfagung mi ben
ßinien bcr ^anb, flel)ört mit ber 5lftrofogie
unb ^Ic^cmic ju jenen auä bem ^lltcttum
fiammenbcn ßebenöerf(i)einun9en , welche
jwnr auö bcr SBcobncfjtuug ber ?Jatur ent*
Panben, bie natürliche Srfenntniö jcbod) nic^t
rationell auejubilben fermoditen , fonbern
in teilö nait> finbli(f)er unb p^antafiifd^er
5lrt, tcilö Ol« SDUttcI beö Setrugeö }u
fünfllicben ©pflemen auögebilbet unb,
Dorn SlJiittelalter lebhaft aufgegriffen,
93erju(i)0fclber fortiori romantifcfeer Sräu^
merei ale bctrügerifc^er ^anblungöweife
a\i enblid^ reblid^cr, aber ungcnügenber
S'iaturbeobaditung gen^efcn fmb. ©d^on
Slrifiotcleö ernjöbnt bie 6.t;iromantic, %x=
temibor er^ob fic im 2. ^a^xl). n. (S^r.
jur St^eorie. Da« 16. unb 17. ^a\)x\).
l)aben in allen europäift^cn ßitteraturen
jafjUofe gelcl)rte unb tolfömdfige, mit
Silbern oerfebene ©arfteüungcn biefer
vermeinten 2Biffcn[d)aft l)erüorgebraci)t,
unb nod) im (Beginn beö 18. 3af)rl). n)ur=
ben auf ben Uninerfttätcn eigene Äodegien
barüber gclefen. Tl\t bcr ©bironuintic
ging eine auf fämtlic^e Slcile be«s Körpers
fic^ crftrccfcnbc !pt)i)fiognomie ^anb in
^anb. S)ie Sbiromantie fclber jcrficl in
eine Chiromantia medica unb eine Chiro-
mantia curiosa. 2)ic ^auptlinien ber
^anb finb: bie ^erjenö- ober ßcbcnslinie,
bie .Rüpfs, aWittcIs ober D^aturlinie, bie
3;i[d)=, ©ebärm^, ©cnitalium«, D^ieren«,
®atl= unb bei bem graucnoolf bie SD^utter^
linic, enblic^ bie ßeber-, Sungen- unb
»Dlagcnlinie. 2)aneben giebt e« 8 SRebcn=
linien, 3 Triangel, ben Sifc^ ober
Quabrangel unb 7 Serge ber ^anb: 93erg
Veneris, Jovis, Saturni, Solls, Mercurii,
Lunae, Cavea Martis.
g^or, bcr gottcöbienjilid)e 5lufent=
^altsort bcä (Sf)orcö bcr ©ciftlidicn, mo^
t>on er ben Flamen Chorus tragt, aud)
bol)cr Sbor ober Presbyterium (,>Pricpcr=
räum), Sanctnarium, ip urfprünglid^ ba^
tegclmäfig quabratifd)e ailtarbau«. gr
liegt f)ö|)er al^ bai ©c^iff bcr Äird)c, be^nt
ftd) aber jumcilen »cftlic^ biö in bie
SBierung au^. SBom übrigen SRaum iji er
burd) «S^ranfen (cancelli) ober eine nicb?
tigc SBanb getrennt, an bcr SBeftfeite gegen
baö ßangf(^iff l)äuftg burd) einen förmlid)en
Ducrbau ober eineömporEirc^c, berßctt^
ncr, Lectorium, genannt wirb. S)crfclbc
ifi mct)r ober meniger geräumig, burd)
eine enge SBcnbclfticgc jugängli(^ unb
Don offenen Sogen getragen ober mit
35urd)gängen »crfcljcn. dt bient aufer
jur SJerlcfung bc« epangelium« (babcr bcr
«Ramc) au^ jum <}lufftcaen bcr ©ängcr=
c^örc unb l)ie§ ba^cr aud) Doxal, t>on
Doxologie= ßobpreifung, ober ©ingcd^or.
©cit bem 13. 3a^r^. erlaubte man fid)
5lbmcid)ungen »on bcr quabratifc^en ^orm
t>i5 Qtltar^aufcö, fowo^l burd) Scrfürjung
aU namentlid^ burc^ Verlängerung beö
Quabrate«; tai Ic^tere murbc im gotifc^en
©tu normal, ein gänjlid)ee( %ti)kn bee
^Itarl)aufcö ifi feltenc 5luänal)mc. ©ie
©rtjö^ung bc« ß^orraumc^ über ben
gu^oben ber übrigen Kirdie beträgt oft
nur eine ober ^wci ©tufen, jicigt aber aud^
bi« 22 ©tufen; ein bebeutenb cr^ö^tcr
(S^or läft jietä auf i>ai ißort)anbcnfein
einer Ärt)pta unter bcmfclben fd)l(cien.
3)cr ©d)mibbogen, bcr ba^ 2lltarf)auö oon
bcr ißierung [d^cibet, mirb JJronbogcn
ober Triumphbogen genannt, hjcil er mit
einer SDarfleaung beö triumpbiercnbcn
(Jrlöfcrö gcfc^müdt ju fein pflegte. 25ie
Krijpta, mit einem ober mehreren 5Utären,
mar ausfc^lieglic^ bem SDienjlc bcr £oten
gcmibmet. S)ie dijlcrcicnfcr fotlen fic in
ibren Äird)en juerfi aufgegeben ^abcn.
S)ic Beleuchtung rid)tet frc^ nad^ i^rcr
me§r ober minber tiefen ßagc. 2)ie Ärijpta
ifi pctö gcmölbt, unb bie^SBölbung mirb
burcb mehrere q3fcilerreil)en getragen. 51uc^
S)oppcld)örc fommcn »or, t^om 9. bi^ 12.
3al)rt). in SDcutfc^Ianb fogar gcmöl;nli^;
fold^c mxd)tn fieücn ftc^ gleid)fam al^ jmei
Kird)cn mit einem gemeinfc^aftlid)cn Sang*
baufe bar, mobci jcber (H)ox feinen eigenen
^eiligen ^at. S)ie erfie Kird^c mit J)oppcl-
d)örcn ift bie KIojicrfird)e lu %u\i>a. —
Otte, ^anbb., «Mbfd^n. 19.
&IOXal, üon mittellat. choralis = jum
d^or gel)örig, ifi uod^ bn Sutf)cr foDiel
al« (s:i)orfängcr. 3n ber Sebeutung bcr
2Bci[e cincö Äird)enliebe« finbet man tai
SBort juerfi 1580. 2öciganb ©ic^c b.
2lrt. Äirc^cnlieb.
e^örftcrr, S^or^crtnftift, f. .Ranonifer.
g^orftiiftlc. 3n ben attdE)rifilid^cn
■SaftUfen pflegten bie ©eifitid^en it)rc ©i^c
in bcr 21pft^ cinjunebmen, auf ben ficiner=
nen, mit qSolfiern unb Ieppid)cn belegten
Sänfen, bie ftd^ ju beiben ©citen ber
bifd^öflic^en Äat^ebra bem Sl;orrunb an=
fd)lof[cn. eigentliche d^orfiüfjle jc^einen
erfi um bie SKittc bc« 13. 3a^rb. aufgc*
fommen ju fein. 3c|t nämlidf) mürben
bie ©i^e in bcr ßängenad^fe ber Kirche
aufgcjicüt, an ben ÜBänbcn bcö ^lltar^aufcö
4*
52
ßöriämon — (5ijicrcienfcr»Drben.
ober Idngg bcr S^orfd^ronfcn, wo fie jic^
ju beibcn ©citen bei ^^od^altarö in einer
langen i^olge, meift in boppeltcr 9?ei^e,
biö in bie ißierung beö Duer^aufei^ unb
nod) über biefelbe ^inauö biä inl J^aupt=
fc^iff fortfe^en. 5Die einzelnen bleiben
jtnb fiufenförmig {jintcreinanber erijöbt,
bie öorberen @i^e naä) bem (5,^ore burcö
eine 95ruf}rt)c^r mit ben barauf beftnblic^en
93etpulten abgegrenjt. ©iefelbe (Einrichtung
jeigt bie SRüdronnb für bie ba^inter be=
pnbtic^e ^olge ^«^ ^od^jiü^Ie, bie i^rcr-
fcitä in ber JRegel eine reid^e 93cfrönung
»ermittelft tveit über bie SRücfmanb oor-
ragenbcr 93albad)ine er|)ietten. ^tirn
*pia^ ifi »on ben folgenben burc^ ^Irm:-
Ief)nen getrennt unb äWar gcwö^ntic^ burc^
boppelte, bie niebrigen jum ©ebraudfee
beim ®i^en, bie t)ö^eren jur öegucmlidf)^
feit beim Stehen befiimmt. S)ie ©i^e felbft
jtnb jum Qlufflappen eingeri($tet unb auf ber
untern Seite mit ben fog. ÜJJiferiforbien
»erfefien, Heinen Äonfolen, mit Figuren
ober Spiiaöfen gefd^mücft unb ba^u befiimmt,
ben ätteren ober gebrec[)ticben Äapitularen
tt)ä^renb ber jum Steffen »orgefd^riebenen
3eit ber fö[;orjiunben eine ^alb aufregte
©teüung ju ermöglichen. 3" ^^^ örc^i=
teftoni[|)en Sterben, bie man tm einjelnen
©liebern ju teil werben Iie§, fam fc^on
früi^ ein rei(ä)er ©d^mucf mit Ornamenten
unb balb aud) eine SOf^annigfaltigfeit ftgür=
lieber 2)arficnungen. iRaI)n, ©ilbenbe
Äünfie in ber ©(I)n)eij, 748 ff. Dtte,
^anbb. b. Äunp=?lrci). 197.
Sftriömon, ftc^e 2Ronogramm (E^rifü.
g^riftfiflitm, f. 2öei^na$t.
e^riftuöbilkr» 5)ie altc^rijilicfte Äunp
begnügte ficf), ßi^riftuä burc^ ©pmbole
(SiJionogramm, i^if^, Äreuj, ßamm) ober
bur^ Oitlegoricn (Drp^euö, ben guten
Wirten) anbeutenb barjuPetlen. ^m 3.
3af)r^. er[d)cint auf ©arfopbagen ber fog.
Äatafombent^puö: bcr ^eilanb in boIb=
feiiger ^ugenb of)ne 33art, in einer ibealen
5luffaffung, bie fidb, ber ^Mnfc^auungättjcife
ber ^etben=®t)riften cntfprec^enb, an ben
bereite! fertigen 3;t)puä beä guten ^irten
anf(^lof , niie biefer formell auö bem an»
tifen ©ilbnig beä »ibbertragenben ^ermel
i^eroorgegangen h>ar. ®eit bem 6. ^a\^xl).
entmicfelt [xä) baneben aul bem ©trebcn,
ber göttli(f)en ©efialt eine t)ö^ere SBürbe
unb gcmic^tigern *}tuöbrucE ju oerleifien,
ber fog. ÜKofaifentppuö, ba^ tnngU(i)e
®eftcf)t mit bem gefpaltenen 53art unb ge=
teilten |)auptf;aar, mit unbebedftem ^aupt
unb unbeüeibeten iJüfen, longem Unter-
flctüanb unb fürjerem Dbergewanb. ytaii)
Dtte, ^anbb., Qlbfc^n. 158. Sögt, au^
Äru;;ifij: unb ©aloatorbilber.
g^roinf, f. ®efc^i^tfcf)reibung.
6^ronoftt(i^on, eine im üJlittelalter oft
angewanbte iBerbülIung ber ^a^reöja^t
in ber "Jlrt, ba§ bie StJ^J^^^J«^! in fämt«
ticken ober einer Qai)l burc^ ben Sf)arafter
ber ©c^rift fenntti^ gcmadjter 3<'f)tf'U^=
ftaben oerbecft iji, bereu §Ibbition bie
3at)re«äaf)t giebt. S)ie 3nfä)rift auf einem
Äel(f)e in ber ÜJiarienfircfje ju Dani^ig
lautet: Fulgidus ille calix divine porcio
mense, Aurea quo f actus anno per
grammata cense, tt)el(^el bie 3'*^^ 1'*"-^
giebt.
giöortum ^ei§t fowo^t ber iHItar»
balbac^in aU tai üon ifim ^erab^ängenbe
®efä§ jur 2tufbcit)a^rung ber (Sud^ariftie;
je nacb feiner 55orm nannte man eö Südbfe
(pyxis), 5Eaube (columba, peristerium),
2;ürmcf)en (turris, torricula), ÄQpfet
(capsa), ©peifegefd§ (ciborium). S)ic
allgemeinfiegorm war eine runbe,cplinbrifd)e
©üc^fe, pyxis, in älterer 3«it aul $oIj,
Sein, ©tein ober eblem SOtctall, fpäter
faji immer auä le^terem oerfertigt. S)ie
®efä§e in Saubenform, mit ber fpmbolifdjen
®ejiet)ung auf im 1)1. (Seift, jianben auf
einer ©(I)üffel, bie mit ben baran befinb»
Iid)en Äettd)en an ein«r ©c^nur über bem
3tttartifcf)c fcf)tt3ebenb ^erab^ing unb waf)*
renb ber SWeffe heruntergeladen »urbe.
©cit ber (Einführung bei ^ronlei(^namö*
fefieö im 13. Jaljrl). fommen jur SBorjei*
gung (monstrare) ber (Euc^arijiie bie SOion*
firanjen auf, welche fic^ jum leil an bie
früher befianfcenen SReliquiensSOtonfiraujen
anf(i)Iiefen, ©d)augefafen jur ^lufbewa^*
rung oon Cfleliquien, bie feit bem 14. ^atixi).
auö einem fenfrcd^t gefietiten ^rpfiaUsSp«
linber befici)en, getragen oon einem bem
gotifd^cn Äelc^fu^e gleic&enbcn metaHencn
©tänbcr unb eben mit einem SEabernafel
in ben mannigfaltigen formen ber
gotifd^en Qlrc^itcftur gefrönt. Dtte,
^anbb. «Mbfcfcn. 45.
(£iftmicnfcr=Drbcn, ©ein ©tifter ifl
SRobert, auö ber (E^ampagne, ein eifriger
(Eluniaccnfer SWönc^. SRac^ met)reren oer*
geblieben Semü^ungen, einige auö ber
flöfierlicben 3"<^t gefallene Senebiftiner«
flöfier im ©inne einer firengen Qtäcefe ju
reformieren, unb nacf)bem il)m bie Drbnung
ber (Einfiebler im Söalb oon SWolefmed
ebenfalls mißlungen war, fiiftete er in
einer ©inöbe bei ©iteauj: unfern Dijon
1098 mit Unterftü^ung bei (Stofen Obo
ßifiercienfer«Orben.
53
iai Älojler Sitcauf mit ber jivengilen Se*
obac^tung bcr (Reget beö ^eit. öenebift.
3tt)ar tvüxtt er burd) päpfili(^ficn 93efel)I gc*
gwungen, nacfe SDIolcfmeö jurüdjuf£t)ien,
tt)o er anä) im 3af)r 1108 ftarb; aber
feinen S^Jac^fotgcrn in (Eitcauf, 3ilberic^ unb
bcm (gngtäuber ®tepl;an ^arbing, gelang
ii, bie 3upimmung $a("d)aliö II. ;%u einem
neuen Orbenöflatut ju erhalten. 3" ^^'^^^
9lufnai)me fam ha^ Älof^er burc^ ben (Sin^
tritt bcü 15jäl)rigen ©rafen 33erni)arli
t>on föl)ätiUon mit 30 ®efäf)rten. Die
3a^l ber 3Wönc()c mürbe [o gro§, ta^ man
neue Kolonien auöjufenben ftd) genötigt
fat; in malbigcn ©inöben muvbe La Fert6
(Firmitas), Pontigny (Pontis nidus),
Clairveaux (Clara vallis) unb Morimond
(Mors mundi) gegiftet. Clairveaux ^fam
unter 23ernl)arbö Seitung. ißon ben gc=
nannten fünf iltöflern ftnb otle anbercn
abgeleitet; bie Äolonifation unb eine be<
bingtc 5tb^ängigfcit ber Söd^ter wom *Kut=:
terflofier mürbe @»)flem. ©obatb bie3i'l)l
ber S!jRönd)e cö erforberte ober gcfiattetc,
ernannte ber 51 bt momöglic^ bTeijel)u Srüs
ber, unter iljnen tai ermäljlte Oberhaupt
hti jufünftigen Älojierö, meiere bann mit
fefigcileüter ^ ^J5örm!id)!eit i§re bi'g^erige
Heimat terlie^en, um an reuer ©teile bie
Sefd)merben ber®rünbung ju übernet)men.
5lllc biefc Älöfter mürben in ©inöben, ge*
mö^nlid) in Spätem angelegt, oie fingen
mit ben rau^efleu Qlrbcitcn an, mußten
öfter verlegt werben. 2)er Jiame mürbe
frei unb bcbeutungöroü gemä^It, Clara
vallis. Aqua bella, Portus S. Mariae.
SDa§ $rinjip M Drbenö, bie Dfieugrün^
bungen in Sinöben anzulegen, fül)rtc ju
lanbmirtfc^aftlic^er 2t)ätigfeit in umfaffcn«
bem ©inne. «Sobalb ftc^ tai ©ebiet burd)
SRobungen u. ®ct)enfungen auögebeljnt ijatte,
legte man 3D'ieiert)öfe, grangiae, an, auf
meld)cn bie 9!Birtfd)aft burd) 5D'lönd)e un=
tcrgeorbncten iRange^ betrieben mürbe;
baß ifi bie 6ntpel;ung ber bei ben alten
Söenebiftinern nod) unbcEannten Caicn«
brüber mie fic fd)on bie ßluniacenfer ein
geführt batten ; fte l)n^tn conversi, gegenüber
ben professi. SDie conversi auf bem ^ofe
Ponbcn unter ber ßcitung eineä professus.
SDie Sebenämeifc mar ftrenge: grobe ®e«
müfc, ^arteö ©rot, ein ®trof)fa(f; gleifd^,
ßier, gifc^, ÜJJilc^ unb iZBein maren »erpönt.
S)ie ßeitung ber (Siftercienfer Älöficr
^dlt bie ÜJJitte smifcfeen bem rcpublifani*
fd)cn SBefen ber alten ©enebiftiner unb
ber firengen Äonjentration ber Sluniacen^
fcr. 3mar blieb ßiteauf ber SKittclpunft,
fein 5tbt ^ielt bie ©eneralfapitcl bc5 Drs
benS ab. 51ber jcbe^ Älofler t)atte feinen
eigenen 2lbt, unb jebeö SDJutterflofier führte
bie Qlufjic^t über aüt oon it)m auegegange'
nen Älöfter. 3" ber innern Sßermaltung
unb ber Sßa^l beö Qlbteö maren bie ein«
jelncn .Klöflcr felbflanbig, unterlagen aber
jä^rlid) einer Sifttation. 2Bie bie ©lunia«
cenfer ftnb auc^ bie ßifiercienfer oon ber
bifd)öflid)en ®emalt eyimiert unb jlel)cn
bireft unter bem papfilidjen ©tu^le. 3"
^ranfreic^ nannte man ben Drben 33ern =
tjarbincr^Orben. 3tn3«^rell5l gab
i§ 500, in ber SOtitte be« 13. 3al)r^un=
fcertä 1800 (Eificrcienfer ^löfter , bie mei=
fien »or 1200 gcfiiftct. ^l)u Strenge
^ielt aber nicf)t lange an, unb gegen (Snbc
beö 3iif'i^^unbertö mürbe allgemein über bie
Sermeltlic^ung auc^ biefeö Drben« Älage
gefülirt. 2)a«S Drbenöfleib ifi im (Segenfa^
ju ber fc^marjen 5lrad)t ber alten !8ene=
biftiner mcip mit grauem ©fapulier.
2)ie ©rünbung unb ®ntmicfelung beö
föiftercienfersDrbenö bilbet ein ^erüor«
ragenbei^ ®lieb in ber Äettc ber (Srfc^ei«
nungen, meldbc im 10. unb 11. ^al)i^.
taii einfeitig;firc^lid)e ßeben bc^ 3QJitteI*
altera jur 3fitiguiig bringen. S)er ältere
93enebittiner*Drben batte fi^ mürbig unb
nerjlänbig an ber ©efeftigung ber d)ri)l«
Iid)en ßebre unb 2n<i)t beteiligt, mar je*
boc^ flctä im engen 3ufi"i'"<^n^'in3 "^i*
ben mcltlid)cn ©emalten unb Sebürfniffen,
geblieben, ©taatlid) mar bei ben fönig»
liefen Älöfiern au«( Dem SBorfteljcr
beö Äloflcrö ein prft beö *Reid^«
gemorben, unb jemebr bie 3f'tücrl)ältnijje
bie meltlid)c Seflimmung ber Älojlerftif=^
tungen f)eroort)oben, befto me^r erlaljmte
ber fird^licbe (S^arafter, in {^ranfreid) mebr
aU in I)eutfd)lanb. ©iefem (5_^araftcr
mieber ju feinem SRed)te ju »er^elfcn unb
bie äBurjel ber SBeltlic^teit au^juJiieben,
entftanben im 10. unb 11. 3^if)'^l'U"bert
bie reformierten Drben ber föluniacenfer,
©rammontaner , Äartäufer unb (Jijler«
cienfer, beren einflutreid)ftc bie (Slunia«
cenferunbSifiercienfer fxnb. 2Bäbrenb jeboc^
bie älteren ßluniacenfer neben itirer jlrengen
Äir^lic^feit toä) bie 23erül)rung mit Der
mcitlidjen ©efeUfc^aft nic^t flof)en, il;re
Stiftungen in ober bei ben ©täbten aiu
legten, ben betrieb ber aSiffenfdjaften
unb Äünfie erneuerten, ergaben fid^ bie
(iiftercienfer einem au^gefuc^t prengen
21öcetentum, fteüten eine ^od)geftetgecte
3bec oon 9[J?önd)öbeiligfeit auf, mä|)lten
für H)Xi «Stiftungen mit Vorliebe öbe
54
Cithara — (Sluniacenfer Äon(^rcgation.
Dxkx, jieütcn jic^ in fc^roffen, feinblic^en
®cgcnfa^ jur Sc^olafiif, jur Äunfi, jur
freiem ^orfdjung. ^n ben ^llbigenfer*
frieden ^at bcr Dtbcn ^ctüorragenben 5ln«
teil genommen.
?lu(i) tai fc^eint für ben Drben bcr
(Siftercienfcr d)arafteriftifd) , baf er ftd) fo
überaus fc^ncü entwictelte, er repväfentiert
mc^r eine fc^neU erfd^cinenbe ©timmung
beö (Semüteö aU ein baucrnbc^ crjie^eri«
fä)e« $rinsi^).
35 er Drben ber Sifiercicnfcr f)at ci\xä)
auf bie Sntmicfclung ber 2(rd^itcftur Sin^
flup gefiabt; fein ©eifi fütirte auf t>ü9
(Prinjip möglicf)f!cr (Sinfacf)^eit. S)aö ®e»
läute burfte nur Don einer ©locfe auö-
ge^en , getuö^nlic^ bradjte man beö^alb
auf i^ren ÄirdE)en bIo§ einen S)a(f)reiter,
ein fleinc^ Sürrndjen, auf ber iBierung
beö Äreuje^ an. ®oIb, Silber iinb ©eibe
roaren nur für qcmiffe ©cgenpnbe ge«
jiattet, ©fuiptur unb SWoIerei ju üben
ben Srübcrn »erboten; Sticbrigf eit , 5trn=
Ii(^feit ber Älöfter galt il;nen aU ein 2ob.
SJennod) ntarcn befonber§ infolge ber jum
5ßrinjip erhobenen ©afifrei^cit bcä Drbenä
geräumige Äirct)en unb anbern)eitige gro^e
^äume notmenbig, unb bie Saumeifier beö
Drben« famen beä^alb bcm neuauffoms
mcnben gotifAcn ©tile umfolieb« ents
gegen, aU bicfer gegenüber bem romani»
f(^cn ©til mit feiner Qtn^äufung t»on
müßigem, oft fd^mer oerfiänbUd^em iöilbs
»erf, iBerf(i)tt)enbung üon cbeln SDRetaüen
unb fofibaren ©toffen, crnüer unb feufc^er
auftrat, 5Dod^ übten bie ©ij^ercienfer in
^ranfrcid) feinen ct^cblid^en ßinflu^ auf bie
Qtrc^iteftur au«, fie gaben nur i^rer fIöPer=
liefen Strenge gcmäf bie t)ereinfad)ten3^or«
men. Dagegen brad^ten fie in JJeutfc^lanb
neue unb praftif^ nü^lic^e ,5ormen mit,
meiere ^\ä) jur 5lnna^mc empfahlen. ®ie
bauten überaß gemölbte Äird^en, machten
bat)er bie biöt)er nur feiten angemanbtc
SBölbung populär unb lehrten fic mit
^ilfc be« ©pi^bogen« unb anfirebenber
«Pfeiler ju f\d)txn. @ie marcn gleid^fam
Jölifftonärc ber franjöftfc^cn Qlrdjiteftur.
S)oc^ übten fte ben frgnjöfxfc^en ®til mit
2Jereinfac^ungen unb 5tnberungen, mel(f)e
ben einl^eimif^en ©itten unb ^Infidbtcn
jufagten. Statt ber ©öule jogen fte ben
«Pfeiler t>or, fie ücrmarfen bie ©alcricn
über ben Seitenf(J)iffen, i^re ©infad^^eit
bcr tt)efentlid)en formen erjeugte bie ^tU
gung ju forgfältiger unb anmutiger 2lu«i-
bilbung ber SDetailö.
iJeutfc^tanb fianb »orjug^wcife in SBet*
binbung mit ÜJi o r i m o n b , beffen erfict
5lbt 5lrnolb ein 2)eutf^er unb 93ruber beä
Srjbifd)of« ^^icbricf) I. oon ÄÖln mar;
er grünbetc ba« erjtc bcutfc^c Sißcrcienfct
Älojler Sampcn ("MltsSamp) bei Äöln.
2luc6 Dtto »on 55rcifingcn, ber ®efd^ic{)t*
fd^reiber, D^cim Sarbaroffa«, mar SWön(^
ju SDtorimonb. Slu^er ßampen finb 5llten*
berge, St. ©eorgbcrg (©eorgent^al) in
J^üringen, ßu|etl im (Slfa|, ©bra* in
^raufen SWorimonbif^c Äolonien; ifirc
3a^I muc^ä fpäter auf 117; nur jwölf
beutfc^e (5.iftercienfer Älöj!er l^ammen oon
ßlairoeauy. 5Dem (EiftcrcienfersDrben ge«
^örcn u. a. an : ^cilöbronn, Sberbad^,
ßoccum, ÜJtarient^al, SRibbagö^aufen, Sa*
lern, ^eifierba^, *Pforta, 5Doberan, ÜWaul*
brenn, Sßeben^aufen.
(Sine genügenbc Untcrfuc^ung über ben
Drben mangelt ; »gl, ^int in Srfd) u.
©ruber, 5lrt. Sijtcrcienfer. — @d)nna«
f e % Äunftgcf*. V, 8, ,^ap. 6. — SR a ^ ,
»ilbcnbe Äünjie, 346 ff. — S)erfelbe in
ben ÜRitteil. ber antiquarif<^cn ©efcOfd^.
JU 3üric^, 93anb XVm. ^cft 2.
Cithara ijl bei ben ßateinern bcd
iKittelalter« ber üblicf)e Dtame für ^arfe.
Stelle biefe unb 3't&«t.
ßluntflccnfer Kongregation beigt bie«
jenigc Qlbart be« 93encbiftincrorben«, bie
jic^ im 10. ^a\^xf). Pom Äloflcr Slugnt)
a\xi Dcrbreitete. S)er ältere Scnebiftiner»
orbcn mar mit ber 3«it ju einer iBereinigung
»on OJtönc^en gemorben, bie in gefc^loffcnen
^Bereinigungen ben d^rifili^en Unterricht,
bie (f)rijilic^c 2ßif[cnfc^aft u. Äunjt ^anb*
liabten, bocf) mürbe bie Pflege nationaler
unb meltlic^er Sejie^ungen bcr SRcligion
juliebe nid)t ^intangefe^t unb ali
ÜRujter allgemein bie flafftf^en Qlutorcn
bcö llltcrtum« benü|t; bcr Drben mar je«
bod^ nac^ einem ^ot)en geizigen 5luffc^mung
unter ben Karolingern al(mäl;licf) »crmelt*
liefet, maä um fo leichter gcfcfeebcn fonnte,
aU biefe monarc^ifc^cn 3njtitutioncn bei
il)rem fictig mact)fenben SReicfetum unb
®runbbcfi| na^gerabc jU einem mic^tigcn
®ltcb ber JRcicfeöorganiftttion ermad^fcn
marcn. 511« ficfe nun im 10. ^a\)x^. auf
ben ©cbictcn ber ÄircfjcnDcrfaffung , ber
•Poefic, ber Äunjt, ber (Religion, iti
Staatölcbcn« fcfenell bcrfenige ®eifi ent*
micfelte, ben man ben ®cifi beriRomantif
nennt, unb ber ficfe im Otittertum, im
ÜRinncbicnjt, in ber romanif(^en 93autunfi,
im ^apptum unb in bem erbitterten
Äampfe beöfclbcn mit bcm Äaifertum, in
gefteigertcr Vorliebe für ?l«cefc, für religiöfe
Sluniacenfer Äon^regation.
55
©emütöinneilic^fcit funbgab, ba trat bicfer
®cifi aui) an bic Älöftcr bcran, bie ta^
maU alle bcr 33encbiftincrrc9cl Ijulbigtcn,
unb fuc^te baö bcfie^)cnbc, trie man meinte
permeltlid^tc , SWönc^älebcn gcifilic^ ju re^
formieren. 3)a^ bcm ©tubium bcö
tlafftfd)en ütitertumö, ber nationalen Sil^
bung, bcr njcltlic^en Sitbuntj überfiaupt
fcinblic^e ^rinjip »rar jmar j'd)on feit
langem üor^anben; aU gcfi^Ioffene ÜJJac^t
trat ti erft im 10. ^a\)xi). an eerfc^iebenen
Orten, j. 93. in 8otf)ringen, mcifi burc!^
rcligiöö gejtnnte SDJänner auf , am fräf«
tigflen aber in (Slugnp, Cluniacnm.
.^ier, in Surgunb, einige SWeilen »on
Mäcon, ftiftetc im ßaf)Xi 910 |)erjog
9BiIt)eIm üon Qlquitanien ein Älofter, iai
ein Sölufier eine^ reformierten .Rlofterö
»erben foüte. 51n bic ®pi|e berief er
ben 5lbt bcö Älofter^ Seaume, Serno.
Da^ neue Älojter mürbe üon 5tnfang an
unmittetbat bcm päpftlic^en ©tul)l unter-
fieüt. Sernod Dfiac^folger mürbe Dbo,
mt 927—941. er i^ bcr eigentliche
^Reformator tti ÜJlöncfjeimefcn^. ©eine
consuetudines Cluniacenses, bur^ meld)e
bie iRcgcIn 93enebiftö tocrfci)drft mürben,
mürben balb in anbercn älteren .^löftern
cingcfülirt, unb neue Älöjler cntjlanben
nadb bcr erneuten (Regel. iZöaö biefe refor-
mierte Senebittinerregel fcnnjeic^net, ift
bie Umgebung ber bifd^öflid^cn unb bie
einjige Setonung bcr pdpfilici^cn ©cmalt
unb fobann bie Äonj^cntration fämtlii^er
biefer SRegel angcl)örigen Stiftungen unter
eine Sentrallcitung ; bie alten fclbfiänbigcn
9lbteien mürben, menn [\i ber jleforma«
tion beitraten, al^ ^riorate bel)anbclt,
(Slugnp mar tai Arcbimonasterium, fein
51bt bcr Archiabbas; bie SSorfte^cr foütcn
iät)rli(f) ju einer beratenben ^Bcrfammlung
in eiugnt) jufammcnf ommen. ©regor VII.,
Urban II. unb ^afc^alia II. maren SIu=
niacenfer. S)ic Äirc^en ber Kongregation
glänjtcn bur^ bic^rac^t if)rer51ueiftattung.
3al)lreic^e mcltlic^c dürften, baruntcr auä)
franjöftfc^c unb bcutf^e Äönige, maren
ber 'Jlcform geneigt. "Jöie jtarE aber an
mannen Orten ber Sffiibcrjianb gegen bic
fRcuerer, bie ©d)iämatifer, bic 2Bclfc^en
mar, unb mie man i^rc fird)lic^e Strenge
unter Umjiänbcn alö |>euc^elei crfldrtc,
ge^t auö ben @t ®aEifd)en Äafu« Q.th'
bartö IV. l)eroor ; biefe an Scifpiclcn au^
bcr dltern, frifc^en, natürli(J)cn .Klofterjcit
fo reidbc 6.f)ronif ijt eben ju bcm Stvidt
abgefaßt morben, um aU *Partcifc^rift
gegen bie SReucrungen cince bcm .Rloficr
aufgebrungencn duniacenftfc^en ^bte^ ju
bienen unb ben SScWcid ju leijicn, mie uiel
S^öncä unb ^crrli(^c* unter bcr dltern
freiem SRid)tung geleiftet morben fei.
Sic^c bic (Einleitungen ju bcr latcinifc^cn
unb beutfc^cn Qluögabc burd^ ÜReper oon
Änonau. 3)ic Sluniaccnfcr SRcformation
bat ftd) in S)eutfc^lanb juerft in ben Klö*
jtern beö ©c^marjmalb« fcftgefcBt: „.^icr
öcrfc^rten bie ßcgaten unb ©cgcnEönigc,
^ier feierten ftc itjrc i^i^i, \)m fuc^ten fic
unb it)re 'ilnt)dngcr 3uflud)t in3«iten t)er
iRot. Die ÜRönd^e öon öbcrä^cim im
©Ifaf baben 9tubolf oon *Jtl)cinfclben fogar
feine Ärone gefc^miebet. (So mar ni^t
mie bei ben Sad)fen eine jufdflige Über*
cinftimmung in bcr Oppofition gegen bai
iRcid), melcf)c biefe ÜRöncfee mit ®regor
jufammenfül)rte, fonbern ber reine bogma«
tifc^c (Sifer. Sic lebten in ber 95 nftellung
öon ber pdpftli^en iUügemalt unb fonnten
einen anbern fctanbpunft gar nic^t hf
greifen."
„3n 93erbinbung mit (Jlugnp ftanben
biefe Älöfter mo^l fc^on lange. (Sin red)t
lebenbigcd unb fcfie^ 93aub aber fnüpfte
ftc^ erfi burd) SBiUclm uon^irfc^au.
S)icfer fül)rtc auf ben SRat beö befannten
pdpfilic^en ßcgatcn Scrn^arb, 51bt^ üon
®t 93ictor, bcr fic^ 1077 ein gan^cö 3af)r
lang bei il)m auf|)ielt, bic ßluniacenfcr
[Regel in feinem .^lojier ein, unb »on ^ter
au^ Dcrbrcitctc jtd) nun ber ^irfct)aucr
Orben nac^ allen Seiten; neue Älöjier
mürben gcfiiftet unb alte nad) ber neuen
2Beifc reformiert. ^irf(^auer üJlönd^c
famcn nad^ SReic^enba(| unb St. ®eorgcn
im Sd)marjmalb, na$ Sd)aff^aufen ,
^etcröf)aufcn unb «Pfdfer^, nad^ ÜBcil^cim
(fpdter nac^ St. *pctcr bei ^reiburg vnx'
legt) unb S^^^f^^t^n- Slaubeuren unb
3änp, 2Biblingcn unb Oc^fen^aufcn, nad^
Äomburg in granten, naä) gifc{)bacöau
unb Sct)cicrn, ^rüfcning unb Snöborf in
Saiern, nad^ bem ^etcröberg bei ©rfurt,
SRcinbarböbrunn, ®ofc(f, ^afungen unb
OJlagbcburg, nad^ *Mbmont in Stciermarf,
St. qjaul in Ädrnt^cn. Otto üon ©am»
berg führte in allen feinen .^löftern bie
^irfcöaucr iRcgel ein. 3)erfclben iRic^tung
gehörte St. Slaften im S^morjmalbe an.
^icr mürbe ^artmann, früher 'Jßropfi oon
St. 9?icola bei (Paffau , beö ©egenfönig*
iRubolf Kaplan, ÜRönd^ unb *Prior; bann
aber 1094 ?lbt üon ©ötmei^, mo^in er
eine Kolonie ani St. 931aficn füt^rte, unb
balb mürben i^m audf) St. ßambert in
SteiermarE, Kempten, St. Ulri^ unb
56
CoUegia mnsica — 2)cutfcf).
9lfra in Slugöburg ancerttaur. dlai)
Ätcntämünficr famcnüJiöndf)c auö®ottc0au,
einer ^irfcf)auer Kolonie im «Sprengel t>on
©pcier. Söifc^of Sßurc^arb Pon ©afel aber
unternjarf 1105, eingebend ber alten
^rcunbfd&aft unb innic(en Sßerbinbung,
hai üon i^m gejliftete ^lof!er ©t. 5tlban
bei 93afel unmittelbar bem 5tbtc »on
Slugnl)." SBatten bad),®ef(^id^t^quellen
IV, § 6.
2>ie Sluniacenfer iWönctie trennten ftc^
nie »öüig üon ben alten 93enebiftinern,
behielten auc^ bie fd)n)arjc %xad)t. %b'
gcfe^en »on ben jircngeren Üiegeln ber
Kongregation unterfc^iebcn ftd) ibrc (Stif=
tungen baburc^ »on ben alten nicfctrefor«
mierten, tia^ biefe burd) bie näcf)ftfoIgen-
ben 3a^i^f)"n^fi^t£ i^re ©clbjlänbigfeit
unb ibre 93ebeutung aU 9fietd^öfiänbe be«
»atjrten, bie möd^tigeren unter i^ncn fo«
gar ju (Reic^efürßen würben, wä^renb bie
reformierten Älöfier bem S^arafter
ber fird)Iid^en (Senoffenfc^aft treuer blieben.
ÜWit ben Sifiercienfern, bie aucb Senebif^
tiner fein wollten, ober ta^ ?5rinjip bes
geifili(f)en 91Rönd)ötumä riet einfeitiget
barfieüten, aui) jur weisen Irad^t über*
gingen, führten bie Sluniaccnfer heftige
^e^ben, befonberä Sern^arb oon Slair*
Deauf aU ßifiercienfer gegen ben iHbt Don
Slugnt), (Pcter ben (S^rtnürbigen. ®iebe
g^inf in ©rfc^ unb ©ruber, Qtrt. Sifier«
cienfer.
Collegia Musica Reifen mufttalifc^e
Qlfabemien, bie glcidijeitig mit ben @pradb*
genoffenfd^aften unb ben ©ic^teröercinen
nac^ italicnifd^em ÜRujler in ber erjicn
^ätftc beö 17. ^a\)x\). auftraten, um gc*
meinfam Drd^efiermufif gu üben. ÜWan
finbet fotd^e (Sefetlfc^aftcn u. o. in 3üri^
1613, in @t. ©aüen 1621, Sffiintert^ur
1629 gefiiftet. S)ie <2t. ©aüifd^e ©efeO*
fcbaft f)at ftc^ unter bem Df^amen „*MntIi|«
gefeüfc^aft" big ^eute erhalten unb fiet)t
nocE) im ©eft^e fämtlid^er ^rotofoüe unö
anbcrcr ©c^riften. ©iel^e ®ö|ingerg Sit*
teraturbciträgc auä ©t. ©allen, ©t. ©aßen,
1870.
gotttmcitiiatio, ftebe 5lbel.
S^mfialum, f. ©lorfenfpiel.
ß^^jcrtuein, mbb. klpper, f. aBein.
D.
3)aIt^Itf(]^C bcutfdbc 93erfe finb juerji
im 12. ^ai)xt). neben anapäj!i[(f)en in
9fad;a^mung lateinif^er baftt)Iifcf)erS8erfe,
leononifcfcer .5>^?<i"ifter ober ©equcnjen
oerfu(^t h)orben, unb jwar juerj! in gcifl=
Iid)en 8eid)en; boc^ waren fie bei ben
böftfc^en ßprifern Weber befonberö beliebt
no^ gcfcbicft gebanbfjabt. 3" t)ie Cpi^ifcfce
©cf)ule würben SDaftpIu^ unb *Mnapäfi
bur(f) 99uct)ner eingefübrt, ber baftt)Iif($e
33erfebc3Ü)Hnnefdngerö Ulrich oon i3ie(4tcn=
fiein nad)af)mte. „S)iefeä 9f{eimgefc&[ed)t",
fagt ©d)0tteliug »om 2)atti)luö, „ifi cine^
eon ben ßicblidEifien in beutfd^er ©prai^e,
nicht o^ne (Ruhm unb Ulxi^ enblii ^er^
toorgefuc^t unb richtig nac^ eingcppanjeten
natürlichen ©rünben unb 8ieb = leic^Iid^em
Vermögen teutf^er ^auptfprac^e, »on
»ornel)mtn *Poeten, bocfe anfänglich non
.^crrn *Hugujio Sßuc^nero aufgebract)t unb
^crauägeftlmücfet". 93cfonberä bie^egni^^
©d^äfer tiatten eine bcfonbere UJorliebe für
bie beiben IBer^arten.
35amaft, geblümte^ ©eibenjeug oon
©amaöfue, auö ital. damasco, fran^. da-
mas, wirb im 14, ^af)ii). juerft erwähnt.
plante, mittellat. domna, ital. dama
unb donna, fran^. dame, ift nacb ©rimm
wal)rfcf)einlicb erjl in ber jwciten ^älfte
beö 17. 3af)r^unbert« bei unä eingeführt;
im ©implicifftmuä, 1669, ijl hai 2öort
fc^on geläufig.
Dei gratia, oon ©otteä ©naben, ifi
äuerft oon $ipin- in feinen 2itel aufge*
nommen worben. I)ic 3ia(i)folger betiicl«
ten ed bei, fpäter nahmen eö anbere
SBürbenträgcr, wie .^crjöge, ©rafen an.
25cnar, f. üJJünje.
Scutf^, abb. diutisk, m^b. diutisch,
diutsch. fränfifc^slateinifc^ theotiscas,
ift abgeleitet oon at)b. ber unb taQ diot
u. bie diota, got. thiada, altfäcf)ftfc^ tWod
unb thioda =: ißolt, a3ol!«fiamm, unb be»
beutet: bem 23olfe eigen, oolf^mä^ig,
9'lacf)bem infolge ber SSölferWanberung ber
alte ©efamtname ber ©ermanen (ftet)e
biefen 5lrt.) oerloren gegangen war, fam
aümä^lic^, juerfi für bie ©pracf)c, im
S)eutf(f)c iEeiter — SJicnflmannen^JRed)!^
57
©egenfa^c jum ßatcin bcr Äird^c, bcö
SRcd^tcö unb ber ^ö^crn Silbung
überhaupt, bann aui) im (Segen*
fa^e jum JRomanifc^en ber 9^ame
beutfcf) cuf; man finbet baö Sffiort juerfi
im Sa^vc 788, »on ba nod) längere 3«'*
feiten gebraucht. 35er gebräud)Iici)ere S^^ame
be« 33otfeö [omo^t alä [einer @pra(ä)c
war^Tanfen unb fränfifdje Sprache.
JRed)t in 9lufnaf)me fam ia^ SBort
beutfcf erfi im 12. 3abr^., unb ättjar ju*
erfi in S^Jicberbcutfc^Ianb; benn im ^tt*
franjöftfcften unterfc^ieb man Alemant unb
Tyois aU Ober* unö Sfileberbcutfc^ , «ic
nod^ beute bei ben (Jnglänbcrn Dutch
ein ^oüänber ijl; tai franj. Tyois [d^eint
aud) bie im ^i)t. oft üorfommenbe
©c^reibung be^ Sßorteö mit t: tintsch
üeranla^t ju ^aben. 2>ic nl)b. Sdjreibung
mit t l)Qt feinen @inn. S)aö SBort ©eutfcf)*
lanb fommt juerft im 12. unb 13.3abrl).
»or ; im 1 6. jeigt eö ftc^ tidupger. ® r i m m ,
©rammatif, *8b. 1 ber 3. »aufläge, ©citc
10—20.
2)cutf^c JRciter fiei^t eine Qlrt ber
^Reiterei, bie ein fflJittelbing jtrifd^en Äü«
raffteren unb 5trEebufteren war unb ftd)
lüä^rcnb ber fcfemalSabifd^cn Äriegc bcrauö*
bilbete. ®ie beiden auc^ JRingerpferbe,
roeil fie geringere, b. l). Ieid)tere iPferbe
ritten, ©tatt ber öcrfc^lie^aren ^ehnc
trugen fte offene (Sifenbüte, fiatt beö ^an*
jcr^ bequeme 58ruflbarnifcf)e ober blog
ßcberfoücr mit ^al^berge. 2Beil fte hui
(Sifenjeug fcf)tt)arj anjuftreic^en pflegten,
{)ie§en fte aud) „bie ©djWarjen". %li
^Ingrifföroaffen bleuten ©djrtiert unb
^auftro^r. Jt^rc g^ec^tttieife, ganj na^e an
ben^einb ju traben, iai Üio^r abjufc()ie§en
unb bie ^ferbe fofort binter ben Raufen
prüdf juJrerfcn , »abrenb bie näd)fien
©lieber immer iricber folgten, f)ie^ 3t at«
tcruieiätummeln (Xummeln nad) dlat--
tcrnart), Saracoliercn ober jgsarce«
lieren. 3" if)ren SRei[;en entmidelte ftd)
jum erftenmal ein fananerijitfi^er ®eifi
im mobernen ©inne. '^hitn ^auptfc^au*
pla^ fanbcn fte in J^ranfreic^, wo bie
„reitres" in ben Hugenotten * Kriegen
berühmt unb gefürchtet mürben. SDurd)
bie beutfcfeen JRciter würbe bie uralte
IReiterlanje auf er Äurö gefefet. 3«^"^»
1215.
3)eutf(!^Öcrretiorbcn, f. SRitterorben.
2)it||tcr. einen ©tanb ber SDic^tcr
ober ©änget ^at e^ bei ben 2)cutfdben nie
gegeben; bie SWänner, bie r>oräüglid) mit
ber Äunft begabt waren unb bea^alf'
Dic^iten unb ©ingen wie einen 93cruf
ausübten, t)ic§ man scof, b. i. ben
©d^affenben wie gricd^. noir]rris öon
noielv, fd)affen, ober in 93ejug auf ben
Vortrag ben©änger. 2)aö erfterc SZBort
teilt 'iiüi ©d)icffal bcä alten aüitterierenbcn
epoö, erhalt ftd) ahn oercinjclt in ®\o\'
fen unb Äompofttionen nod) biö inö 13.
3at)rl)unbert: salmscoph= psalmista,
leodscaffo r=r carminnm conditor,
scofleod u. winileod, scopfsang,
das schof = Srbic^tung; schophlich,
bicfcterifd), erbic^tet; schopf-bnoch =
®ebid)tbud); schophen = bid)ten.
2)er anbere 3?ame ©önger erhält ftc^ bi^
ju ben S)Jinneftngern unb SOieij^erftngern,
bie aucb S)ic^ter finb. 'S)\t Ijöftfc^e ©id^t«
fünft crmangelt eine^ gleid)mä'^ig »erbrei«
teten JJamenci für ben allgemeinen Segriff
beiS 2)id)terö ; ibre Sbätigfeit ^d^i singen
ober singen nnd sagen, le^terc jwei ur*
fprünglid) ber 3iame für ba^ jDid)ten
überhaupt nacb ^orm (singen) unb 3»^<itt
(sagen), fpöter ber 2(u^brucf für bie bei-
ben au^einanber gegangenen formen bet
epif unb eprif. 3)ie fiprifer biegen bann
senger ober singaere, bie dpifer tihtaere,
üon tihten, auß lat. dictare = jum
9tacbfd)reiben »orfagen, nieberfd)reiben
laffen , oorfagenb anfertigen ; benn ber
epifcbe I)id)tcr be^ SOf^itteklterä fonnte ge*
meiniglicb nic^t f(^reiben, er bittierte;
mit ber 3^*^ gingen beibe SBörtcr, tihten
unb tihtaere in bie eblerc Sebeutung
be^ (Srftnnen^, ^tnorbnenö, förbenfenö,
Otad^benfenä , ©innen« unb Eünfilerifc^en
©d)affenö über; bod) wiegt baöSBerbnocb
nor, tihtaere ijl; feltener, unb nod^ bi^
in^ 16. 3at)rl). behalt e« .uigleic^ t>ic alte ©e*
beutung be^ 93crfafferö einer nid)tpoetifcben
©cbrift bei. SJiebcn biefem Söort erf^eint
oft meister, b. i. berjenige ber ea nerjtebt,
fet^ aB ®egenfa^ ju bem, ber e« nid)t eerjtebt,
feiö aU ©brenname be« 5Did>ter« auä
bürgerlicbcm ©tanbc , j. 23. meister
©ottfrieb üon ©trafburg, gegen*
über bcm abiigen 2)icbter , beffcn
2;itcl herr ifl. @rft bie JRenaiffance
bat ben Dramen S)id)ter alö gleid)bebeu*
tenb mit poeta allgemein gemacht; bodb
nennen Dpi0, (ad)otteI u. a. ben
2)icbter nodb regelmäßig $oet, feine
Äunft S)id)tfunfi ober '^Joeterei.
2)knÖtag, f. a[Bod)entage.
S)tenftraonn, f. S[>Jinifteriat.
2)ienftmannen=9ic(^te. 5Da baö 93cr*
bältniä bc« I)icn)tmanne^ , SDtinifterialcn,
;;um 2)ienfiberrn ein wefcntlicb perföniic^e^
58
Dies irea dies illa — jDing, thing.
war, fehlte eö an !Rc(i)t0queIIcn, »el^e für
bic SWinificrtalen beö ©efamtreid^eö gleicb^
mäßige *|Bnnjipien ent()ieUen. 3)ic SRedite^
bü^cr fprec^en bcöfialb fafi nie uon ben
Dienjileutcn. 2)a^cr fam eö, ba§ im 12.
3at)rt)unb<>rt bcfonberö in geifilic^en ^crt=
tc^aften tai ©ebürfni^ entj^anb, bic gegen«
fettigen SRed^te unb *Pf[icf)tcn ber SO'iinifie'
lialcn ju Perbiiefen; es gef^af) unter TliU
»irfung ber 2}linifterialcn felbft, äbnlid)
wie bei ben Öffnungen. S)icfe 5tufjetd)5
nungen bejief)en ficE) auf bie 2)ienßppict)t,
hau 6rbrect)t, bic33erpf[id)tungen beö Ferren
ju einjelncn ßeifiungen, mancftmat auc^
auf bie fonjligen Jßermögenäöerfialtniffe,
jjamilicnre^t, ^roje^ unb Strafrec^t. Sie
ifobm meifi nur geringen Umfang. jDie
nnc^tigflen ftnb baö Sambcrger, Äöl«
ncr, i>üi Sifc&ofö« unb ©tenßman'
nenrecf)t ju Sa fei Cf)erauägegcben »on
SB. SBocfernagcI) , bie Leges feudales
Teklenburgicae, ia^ SBotmfer S)ienft=
red^t. ©tobbe, Diec^töqucüen, I, 579.
Dies irae dies illa, bie bekannte ©e»
quenj auf ben 5tl(erfeelentag , tt)irb je^t
meiji bem Zijomai »on Selano, einem
graniiiefaner au* Selano in ben 5tbruäjen
jugefdbrieben; biefer lebte um 1250 unb
|ielt fic^ längere 3«it '" ^öln auf. Q.i
giebt brei Steyte biefeö iöiebeö unb unjä^«
lige Überfe^ungm in« 2)cutf(f)e.
2)tetn(^ üon 33crn iji ber bcliebtcfie
^elb ber beutf(^en Soü^fage im ÜJJittel-
alter. @ein @cf)idfat liegt in folgeubcn
3ügcn: 2(uf 5lnfiiften beö ungetreuen
Matcä @ibic^ »ertreibt ber Äönig ©r«
mcnric^ t>on (Rom feinen 9ieffcn 2)ictri(^
auö Sein; biefer f[üd)tet an S^eU, beö
^unnenfönigö, ^of, mo i^n u. a. i>a9
SWibelungenlicb üorfinbet. 6^el giebt if)m
barauf ein pax mit, fein ßanb lieber ju
erobern; mit beffen ^itfe bepegt er bn«
^cer ßrmcnrid)* in ber iRabenf c^lad) t
(©c^Iad)t bei SRawenna) unb gewinnt fein
3fleid^ mieber. Die erhaltenen 2)ic^tungen,
bic ftc^ an bie «Sdjicffalc biefe« |>elbcn
anfc^lic§en, jtnb baö altbcutfd^c aüitterics
renbe ^ilbebronbölieb, in mitteI|od)=
beutfcf)er @pract)c bie unftrop^ifd)en ©ebictte
Sitcrolf unb 3)tctleib üom 23eifaf[er
ber iRibelungcn Älagc, erjäf)It einen grofen
lurnicrfampf 2tttilag unb ber ©einen,
5Dietrid) Doran , um 1225 gefc^riebcn;
©ictrid) unb SBcne^Ian, ein Srud)«
fiücf, tai ben 3rt)eiEampf mit bem dolens
fönig aöenejlan etjii^It; 2)ictridE)ö
5l^ncn unb 5tucf)t ober daz buoch
von Berne üon ^einric^ bem Sogler,
unb ßuarin ober ber tlcine Ctofcn«
garten. ©trop^ifdjc 25ic^tungen ftnb:
5llp^art« Zoit, ber gro§e iRofen*
garten, bieSRabcnfcfilacfet, «Sigenot,
ecfe,®otbemar, 35ietri(^ö5Drad^cn«
fämpfe, (S^cU ^offialtung.
25ie föntjiebung unb 93ebeutung bct
2)ietric^öfage unterliegt ben manigfaltigßcn,
jum steil rt)iberfpred^etibften 2lnjt^ten.
S)er S'iame S)ietri($, ber Ort, wo bic
Sage fpielt, Scrona , (Rat;enna, (Rom,
liefen eä frülicr a\i fclbfiöerfiänblid^ er«
fd)einen, ba§ ber ^elb ber Sage ni(f)tö
anbereö als tai epifc^c 93ilb beö DPgoten*
fönigö 3;f)eoberid) beö ®ro§en fei; »er*
glei(|t man jebod) ben ßebcn8int)alt beibet
S)ietrid)e, fo fiimmt ni^tö miteinanber
überein, unb man fam beö^alb ju ber lln*
ftd)t, bic Sage fei älter alö ber ^ifiorifc^c
Ootenfönig; »obei bann eine jWeite %raQt
ftc^ aufbrängte: ij! in bicfem gaüc bic
@age bcnnod^ ^iftorif(^, obei: ip fie
mpt^if^ ? S)a« legiere fänbe barin einen
^alt, ta^ mit ber S)ictri(^fage bie m\)t\)i\ä)t
Söiclanböfagc burc^ beffen @o^n SOBittig,
tiroler S^iergfagen, ber 9!Ri)t^uö »om gc*
treuen (Scffiart unb 3üge beö alten 5Don«
nergotteö »erbunben ftnb. Stimmen übri»
genö bie ßebenöfcf)i(ffafe ber beiben 2)icts
ric^c nic^t miteinanber überein, fo fcbeint bie
allgemeine Sebeutung, baö itnfe^en,
baö ber bijiorifc^e S)ietric^ geno§,um fo e^ct
in ber Sage jt^ mieberjufpicgeln , Wenn
man annimmt, bicfelbe fei bei ben Äle«
mannen auögcbilbet worben ; bie 5llcmannen
»erbanften I^eobcridf) bie @cf)onung, mit
welcher bic ^ranfen fie befjanbcln mußten ;
33rcifad^, wo bic ©agc ooii ben ^arlungen
fpielt, liegt in 5llemannien, unb an »ielen
Orten 6(|wabenö wirb 25ietrid) alö Scs
fämpfer fct)äbliä)er Ungel)cuer genannt,
wie benn auc^ eine ÜRenge Ortönamcn
feinen 9?amen tragen. Äarl ÜRcpcr, tie
S)ietrict)fage in i|rcr gcfcf)ic^tlic^en ®nt»
wirfelung. Safel 1868.
2)xng, thing = ®cric^t. A. 3n ger*
manif^er 3eit. 2)er ÜRittclpunft beö
paatli(^en Öcbcnö bei ben I)eutfd)cn war bic
(ßerfammlung beö (ßolfeö, fowo^l ber ©c*
fomt^cit alö ber einjelncn 5lbteilungen, in
bic eine (öölfcrfc^aft jcrpcl: 35örfcr, ^un*
berte, ®aue. 3cbe biefer (ßerfammlungcn
bie ber Dörfer auögcnommcn, war jugleic!^
(Seric^t, b. i). Serfammlungcn, in welchen
alle bffentlid)cn 5lngclcgenbeiten ber (Warf,
beö ®aueö unb ber öanbfc^aft jur «Sprache
famen, alle ^^'"l^ftiten beö unfircitigcn
(Re(f)tö »orgenommen, enblic^ au^ 3tt'iPig*
®inc<, thing.
59
feiten beurteilt unb 93u§en erfonnt hjuts
ben. Sei ben meijien ©tämmen ^ie§en
bicfc ißerfammlungeu thing, ding,
t)aupt[äd&lic^ bei ben ^ranfen mall, bei
ben ^Ingelfadjfcn gemöt, engl, meet,
meeting, bei ben ^^i^icfen warf, alle biefe
Flamen pon ber Sebeutung ber iB crbanb =
(ung, 23efpred)ung.
lacituä, Genn. 11 u. 19, Id^t nur
bic g r 0 ^ c 93olf0oerfammlung al^ tt)al)re
35olföüetfammIung , conciliom , gelten,
bie ber ^unbcrtc erfd)einen ii)m
aU ®ert(f)t. Sie fanben, fleinerc wie
größere, bei 9?eu5 unb iDoünionb fiatt.
5110 fpdtere @itte erfd)eint, ba§ bie ^un=
bcrte aüroöc^entlic^ , alle üierje^n läge
ober aüc ÜJlonatc jufammenfamen. Söer^
fäumniö ber ©erid^täncrfammlung njurbe
bei einzelnen ©tdmmen mit 93ufe bebrobt.
51u^erorbentli($c !Berfammlungen würben
üertünbet bur^ 5tnjünbcn ton g^u^'^"'
burd^ ^erumfd)i(fen eine« ©tocfeö ober
^feile^. Tlan nerfammclte fxä) unter
freiem ^immel , auf ^In^öbcn ober in
|)ainen, wof)! üorjugötteife in ber Diäbc
ber ©tdttcn, fto bic @öttcr ücre{)rt njur»
ben. ^it>i ^unberte, tttie fct)on jebeö 2)orf,
^atte o^nc 3^2*f^t ^^^^ regelmäßige aSer*
fammlung^ftdttc. 2Ber tciluabm, crfc^icn
bertjaffnct, JRccf)t unb 3eic^cn ber ^^c^^fi*^
SRur bie ^ufenbefi^er ftnb, n)enigftenö fpd;
ter, bic »oüberedbtigtcn ÜJiitgtieber ber ®e^
meinbc, bie jur leilna^mc am Urteil be=
rufenen. Ulai) lacituö [aßen bie SBoIf'f:
genoffen bei ber iBerfammlung, fpdter jlanb
bie 2)?engc um ben für bie ft^enben ißor=
fte^er abgegrcnjtcn iRaum, fte f^tug ben
ding, h)ie man ju [agen pflegte. 2)ie
Scrfammlung hjurbe niä)t ju beftimmter
3cit, aber feierlich eröffnet. Sic *Pticfier
geboten ©c^meigcn unb ben 2f)ingfrieben,
über ben fre ju ma(i)en ^abcn. 3)er Äönig
ober gürfi trägt bie @ac^c cor, um bie
eö ficf) f)anbelt. 6ine tücitldufige a3crl)anbs
lung pnbet ni(f)t fiatt, aud^ ju einer form*
Ii(f)€n 5lbfiimmung (^reitet man ni(i)t.
2)ic ÜJ^engc gab i^ren ®eifatt burc^ S^ivf
ober 3"fammcnfd)lagen ber SBaffen funb;
tt)aä mi^n«l» »errt)arf fic mit unmiüigem
SWurren. 2)ie befonbercn ®cfct)äfte maren
SGßaf)l ber dürften, (Srl)ebung cineö ^cr=
jog* , 2Bef)rf)aftma(^ung ber Jünglinge,
^reilaffung, Soöfagung non ber Familie,
in cinjclnen j^dücn iBcrIobung unb Scr*
mdl)Iung, Übertragung non ßanb. 5inge=
meine aBcfdblüffc über Äricg unb ^^tifben,
SBünbniffe unb Verträge fönnen nur auf
ben allgemeinen Serfammlungen gefaßt
fein. 3n bie gcridbtlicf)en a5erl)dltniffe
teilten ft(fi ßanbf^aft unb ^unbertc.
®cf)tt)ercre, öffentlicf)c ^erbre<ten, bic mit
ßcbeneftrafc bebrotjt maren, famcn an bie
Sanbeöoerfammlung. Sonfi war bie |)uns
bcrte aU ®eti(f)t tt)dtig; bie @rf)lic^tung
oon ©treitigfeiten, tai Urteil über ißera
Ic^ung beö einjelncn erfolgte regelmäßig
f)icr. Überall gilt bei ben ®ermancn,
ta^ bic »erfammeltc ©cmeinbc urteilt,
baö SRed)t meift, bic ©ntfc^eibung trifft,
wdl)renb ber 9flidbtcr bie ßeitung beä ®e«
ric^tö, bic 5tu«fül)rung bes Urteilt unb
maä weiter jur ©id^erung be« 5{ed)t0 ge*
f)ört in .^dnben ^at. 33ieQeict)t gab c^
SWänner, welche aU bcfonber^ bc^ iRcd)tc^
funbig über baöfelbe 33elcbrung ju geben
Ratten, bie alten Formeln unb 33ußefä|e
bcrfclben bewahrten. 93ie[lci(i)t mar eine
fold^e Stellung manchmal mit ber dc^
SBorjlel)er^ ber ^unbcrtc, in älterer 3^1*
mit ber beö 55i^i«j^«i^* verbunbcn gemcfcn,
3)a^ ßanbe^tl)ing war au^ baä San»
b c ö b c £ IC f bem 9?amen fowobl alö bem
aOßefcn nad). 2)ie IBerfammlung , bic ben
,^rieg bef^Ioß, führte ibn aud), brac^ un*
mittelbar jum ^^^l^ä^S «"f-
ÜJlit ber Stuöbilbung größerer 9tcid)e
dnbcrn ftd) bic urfprünglic^en 3uP<inbc
üiclfa^. ©aö ßanbcätbing wirb unmög*
lid) ; an feine ©teile tritt jum Seil iiai
aWdrjfelb, ftc^e ben *Mrt. Campus Martins,
dagegen bleiben bie ®erid)t(^oerfammlun*
gen ber ^unbertc in Sefianb.
B. 3" ^^^ mcrowingif^cn
3 c i t. 35ie 23erfammlungen ber |>unbcrtc
gingen wefcntlid^ unncrdnbcrt au^ ber
diteften 3eit in bie merowingif<$c l)inübcr.
S)er regelmäßige leimin War ein oierjelin«
tdgiger, ber gewö^nlict)c ®cricbtÄtag t>on
211ter« ^er , wabrfc^cinlid) feit t)eibnifdbct
3cit, ber 2)ien«tag. Sei tin *Hlemanncn
fanb ba« ®cri(^t ftatt i3or bem ©rafen
unb bem Scntcnar, welcher in biefcm ^aö
auc^ judex beißt, bei ben 33aicrn ttot
bem ©rafen unb, ba bic 93aiern ben Gens
tcnav ni^t fanntcn, oor einem wie ti
fdictnt burcf) Sölitwirfung be« SBolEeö bc*
fieüten judex ; in bciben ©tdmmen battc
ber Sentenar ober judex bie ©ac^c, um
bic ti f\i) l)anbcltc, ju unterfudbcn, et
cntf(i)ieb , ob fte jum Urteil reif unb
fertig war, gab an, toai iai ®efc^ übet
ben Dorliegenben ^all bcjiimmtc, unb ging
mit feinem 51uöfprudf) ber ©cmcinbc t>or«
an. 6r erf(i)cint fo aU Vertreter unb
Organ bc« !Bolf«t, baö jum leil burd^
i^n feinen Sinfluß auf bic Oficc^töwcifung
60
©ing, thing.
übt. S>et ®raf iji an»vcfenb, ttjeil er bcr
Strägcr bcö f öniglid^cn 93Iutbannc5 ifl. Sei
ben granfen giebt eö außer iljm feinen
anbern SRid)ter. S)cinef»en n.tiU- aber, wie
früher immer, bie 93er[ammlung ber freien
©runbbefi^er gegentt)ärtig, um iai $Rc(I)t
lü fpted^en. SDef ®raf [a§ auf einem er»
^ö^tcn ^Jla^c, ein neben i^m aufgebängter
©cbilb bezeichnete bie -Regung be« ®erici)tö.
(Regelmäßig ifi aud) ein ©l)reiber gegen*
märtig. 2)ie SBerfammlung fanb unter
freiem ^immcl an ber befiimmten (Se*
rid)täftätte fiatt. ©ie bauert biö ©onncn*
Untergang. SDie Öabung ergebt fom Älä*
gcr felbfi. 2)aö ^rinjip bcr Vertretung
ijl fd)on meit gebietien, junäd))! natürli^
in (Jiüilfa^en. '©ibcf^bctfer, ®ot«
t e ö u r t c i I unb 3ttieifampf (fie^e bie
bcfonberen 5trtifel) behaupten if)ren 5pia|.
©rötere 93erfammlungen aU biejenigen
ber |)unbertfd)nften , eigentliche ©auner*
fammlungen, gab eä in meromingifc^er
3eit nicbt me^r. dagegen finbet man in
biefer '^eriobe ßanbeeiDerfammlungcn ber
alemannifd)en unb bairifdien ©efamt^eit,
wobei bie wcltli(^en unb geifilicben ®ro§en
ficft um ben |)erjog jufammenfd)arten unb
freie Söotf^genoffen ftd) fonft einfinben
mod)ten; biefe ßanbtage mürben mie
bie großen Ü}Jarjfelbcr im SDiärj abgef)al«
tcn unb maren, waü in bem Söefen atlet
bcutfd^en Serfammlungen liegt, immer gu«
glci(^ ®erid)tc.
C. Ä a r 0 l i n g i f d) e 3 e i t. SDie
3:eilna{)me am ©eri^t, früher ein JRed)t
unb eine (S^re beö freien, mirb allmä^lid)
aU ßaft empfunbcn, ber man fid^ ju ent;
gießen fudit; bie S^if)! ^« cotibercdjtigtcn
freien l)at abgenommen, ein Seil ber[el=
ben unb namentlid) bie ®rafcn, bie buvcb
i^re militärifd)e ©emalt ber gcric^tUd)cn
oft entzogen merben, liegen brausen im
gelbe. 2)arauä ergeben ftd) folgenbe 33er=
änberungen im ®eric^tömefcn : ®eri(^tö::
»erfammlungen beö ganjen ®aueä foüten
jät)rlid^ bloß jmei bi« brei ftattfinben, uon
je^t an unter einer ta^n bergefteUtcn ©e=
ba^ung, einem förmlichen ®erid)t0l)au«,
nie in ber Äirc^e. (Sine größere Qaljl
»on Teilnehmern mürbe fi^on baburd)
auögcfc^loffen. SJJiemanb foU bier bcmaff»
net mit fianje unb ®d)ilb — ta^ ©d^mert
blieb gemattet— ftd) einfinben. ®erid)t0^
unb ^jcerocrfammlung fallen alfo nic^t
mcbr jufammen. I)ic in fürjeren, rner=
zehntägigen Triften abjuf)altenben ©eric^te
werben »on einem ^bgeorbncten (missus)
ober »om (Sentenar abgef)alten; fol^e ®es
ridbtc urteilen nur über geringere ©ac^en ;
über ßebcn, ^^rci^eit unb Eigentum ent=
fdbeibet ta6 ©rafengeric^t, jebod) o^ne ge*
fe|li^ befiimmte Äompetenjauäfc^eibung;
benn immer nocb erfc^eint ber ©raf al^
bcr orbcntlic^c ^iä)ttx; bcr "Vicarius ober
Centenarins fungiert nur in Vertretung
bee ©rafen. SDie 3a^l ber ©crif^t^tage
möglic^ft ^u befd)ränfcn, iji ©treben ber
farolin9ifd)en ©cfcfegebung ; ebenfo foü gu
anbcren ®eri(ftten alö ju ben brei allge=
meinen niemanb geloben werben, als wer
etwaä babei ju »crrid)tcn i)at. Q\xi ^tX'
ficllung eine^ einfachem unb fürjcrn, an
ber ©teile bcei alten unb förmlichem 2)er«
fabrenö würbe auc^ befiimmt: wer nad)
bcr jwcitcn Slufforberung auäblieb, beffen
Vermögen foüte mit bem 33 a n n belegt
Werben. S)ic 23uße für Verfäumni^ fiel
nicit me^r wie frübcr an bie ®egenpartci,
fonbetn an ben Beamten.
Tlit bem allen ftet)t im 3ufammcn^ang,
baß bejiimmte ^crfonen für bie Urteil*
finbung bejeid[)net unb jur regelmäßigen
\Mnwefen{)cit im ®cric^t nerpflidbtet wur*
ben, fic bfißf" ©fabinen ober ©cböf«
fcn, üon ai)h. scafan, n^b. schaffen in
ber Sebeutung: Oicc^t fprecben; ber ^ami
crfd)eint balb nac^ bem Vcginn bcr ^err*
fc^afi Äarlö b. ®r. 6ö ftnb angcfel)cne
SJännet mit freiem ®runbbcrt^ , beren
Qluöwal)l unter ÜJJifwirfung bee ®rafcn
unb beö Volfcö erfolgte, ©ie würben
t>ereibigt unb fonnten nur wegen Unwür*
bigfeit entfernt werben, ^n Stauen wa*
ren eä oft ®cijilicbe. S)ie ©fabinen ge»
l)örcn bem ©au , nid)t ber .^unbcrtfd^aft
an. 2Bie »icl ©fabinen jebcr ©raf ^atte,
iji nicbt auägemittelt; im ©crid)t follten
regelmäßig fteben anwcfcnb fein.
3n ber farolingifcben *Petiobc \)at aber
aud) fc^on bie 3ttfplittcrung bc« ©erlebte*
wefen^ begonnen, baburd), ia% neben ben
gewö^nlid)cn ©rafengeri(itcn bie gciji«
iid)en ©eridbtc ftci) auöbebnten, befon=
berc w e 1 1 1 i d) c ® c r i c^ t c auf ben ®ütern
bcr ®rafen entftanben unb ein bcfonbcrc«
föniglic^eö ®cridbt »orbanben war.
D. 3)ie 3«it ^«* ßcbn^wefen«.
2)ie im Saufe biefer *Periobe cor ftd^
gebenbc ?luftöfung bcö SRcicbeö in eine
^ciljc öcrfd)iebcnartiger ®cwalten unb
.^errfd)aften jcrfplittert aucb tai ®crid^t0»
wefen, unb ee bilben ftdb je^t bie befon«
beren ®eri($tc: tau föniglidbe, ^of«
ober ^f al jgeric^t, bie l)erjoglidben
®eric^te, bie gräflichen ®C'
rid^te, bie !öogteigeti(^te, ^ofge»
Diocletianus — Diptpcf)?».
61
ri(i)te, (Scric^te t>on Unterbeamtcn,
«StabtgcviAte. 35ie otbentli^c ®c=
rid^t^brtrfeit i\i aber forttüä^renb bic gräf«
Iicf)c, [clbft ber ■^erjog wirb al^ iRi^ter
ju bcn Orafen gerechnet.
2>aö e(^te 2)iiig, b. i. ba^ alte ®ra*
fengcridjt , n)irb in bergebradjtcr 2ßeife
brcimal im '^ai)i abgehalten, eö f)ei^t baö
jdbtlii^e, baö allgemein c, baäge =
meine, ba'g gro^c ober oolte ®ericf)t,
[pöter 8anbgerict)t, ßanbbing, bai
Ungebotcnbing ober and) tai Sot*
bing. Qlu§er bem ®rafen fonnten ein
folcbc« 2)ing ber ^erjog, ber ©teürertreter
beö ©rafen, 53ögte mit grafUcf)em SRed^tc,
S)ing»ögte, unter Umftänben ©ciftlic^e
ober mcr fonfi in ben 33efi^ biefe« SRed)^
teö gefommen toar, abf)alten. £)ie 3«**
wax pupg ein für aüemat beftimmt, an
ben bo|cn fircbli(J)en ^eften , ffieibnadbt,
Dficm unb *Pfingfien ober S)reifönige,
ÜRontag nac^ bem tneifen Sonntag unb
9Wai, ober jtreimal jur ßeit bcö ©rafeä,
einmal bcd J^cueö. 3nn«^«l£' ^^^ ®raf=
fd^aft fanben fid) regelmäßig »erfc^iebenc
©erid^töjlätten, meifi ,^mei ober brei, mancb=
mal nur eine. 9?od) immer würbe nic^t
feiten in aller iffleife unter freiem |iimmel
getagt, in einem SBalbc, auf einem
|>ügel, einem ilir(^l)of, an einer ©rücfe,
einem t^tuf, bo^ auc6 in großen Orten
unb ©tobten. «Jltlc ^reie ber ®raffcl)aft
waren bingpftid^tig , fpater ^aben aud^
SDliniflcrialen teilgenommen. Urtciler ftnb
bie ®d) offen, »oüfreie Scanner, auö
angefel)cnen (Sefd^le^tern, lebenölänglicf),
pieQei*t felbfi erblicb. Sffier ftc ernannte,
ifi nid)t beutlicE). 2>ie ^ompetenj ber
®rafengerid)te bleibt im aUgenieinen bie
alte: f(l)Were iBerbrecf)en, ©treit über 5rei=
t)eit unö (Sigentum.
9llö uncc^teö Ding galt baö ®eri(i)t
beö alten Gentenaret ober ©c^ulttjeißcn,
ber jwar aud) mit @d)öffen richtete; bie=
feö ®ericbt wirb befonbetS in ben ©täbtcn
Pon 93ebeutung.
S)ie ©ntwidelung ber öffentlicfjen ®e=
ri(i)täbarfeit war nun im allgemeinen bie, ta^
bie ®ericf)töbarfeit, it)rer Dtatur na* baju
ba, iia^ SRec^t unb bcn ^rieben ju ftd)ern,
bemjenigen, ber fte befaß, bem fte mittels
bar ober unmittelbar übertragen würbe,
bie ®runblage für eine ®tctlung pon
nicf)t bloß amtlicber, fonbern felbfiänbig
poUtifc^er ©teüung gab. S)et S^rfatl ber
geric^tlicben 3njlitutionen in bie greife
ber 9flitter, ber 93ürger, ber abt)ängigen
aSauern crfd)Werte bie S)urc^fü^rung gleid)*
müßiger 9lcd)t^grunbfä^e. IRac^e unb
55et)be benachteiligten ba«( SRed)t; bie ^uö=
beutung beö SRed)teö auf 33uße für finan,^ienc
3wedc erjeugte Übelftänbe ber fd)limmfie!i
llrt, fo ta^ bie ®erid)t«bar!eit gcrabeju
ein SWittel jur Untcrbrüdung ber unteren
klaffen würbe. 3"9l^i* würbe ftc ber
2Beg jur 58ilfung felbfiänbigcr größerer
ober fleinerer $errfd)aftcn. 2)er ©eft^
ber ®crid)tegcwalt galt fo fel)r ale aRittet^
punft aller ' fiaatlic^en ®ewalt , M^ fte
bie ®runblage ntc^t bloß für eine obrigs
feitlid)e, fonbern ^crrfd)aftlic^e Stellung
würbe. — 'iRaä) SBai^.
Diocletianus ober bie flcben weifen
SWcifier, ftebc iR o P e 11 e n.
2)tptt)C^ett ftnb bei ben SRömern ber
crften 3abrt). d)rifilii$er 3eitrec^nung Zat
fein Pon ®olb ober «Silber, bei rcicf)erer
Qluefiattung Pon.g>ol5 ober Schiefer, aml)du*
figfien Pon Elfenbein ober, in (Ermangelung
bcffen, Pon ^famelbein. Diefe Safein
waren mit Säubern ober Sd)arnicren Pcr^
feigen, fobaß fte wie Sucher auf= unb ju«
fammengelegt werben fonnten. i)ie ^ußen«
feiten pflegte man mit ©ilbfc^ni^ercien ju
pcrjiercn, wät)rcnb bie inneren gläd)en, mit
2Dad)ö ober QJappru« überwogen , aU
Sd)reibtafeln btcnten. Sie würben, be=
fd}rifben unb Perftegelt, nidit feiten nl«
©riefe Perfanfct. Sie waren ein beliebter
©egenPanb non ®efd)enfen, bie fowobl
Pon" *priiiaten alö namcntlid) t^on ^öl;eren
Beamten, Äonfuln, «prätorcn, Duäftoren
bei Einlaß tl)reä ?lmteantrittcä Perabfolgt
würben. SDie D^clicfö fieüten bcöljalb in
ber Siegel btc bei jenem Qtnlaß flattgel)ab*
ten Sierfämpfe bar: oben ft^t ber Jlonful,
Pon SSegleitern umgeben, bie ßnfip*^"
beö 2lmteö in ber ^anb, ba^ 3eid)en jum
SBeginn ber Spiele gebenb, unten im flei*
nern SRaßfiabe finben ftc^ bie 'Spiele felber
bargejlcüt. Solche 2)ipti)d)en würben frü^
für 'fird)lidie 3wede bcnufet. ORan pflegte
auf bcnfelben bie «Ramen ber ORärtprer,
ber Äird^enporjle^er, ber Seßol)ltbäter unb
anberer l)crPorragenber ®cmeinbcgenoffen
JU pcr}eid)nen. S)iefe 'tafeln würben bann
wä^renb ber gürbitte auf bem Qlltar aufs
gefteüt unb im Olbenblanbe bi« inö 12.,
in ber gricc^ifc^en Äitä)e bi« in« 15.
3abrb. iH^nu^t. SlRan fd)müdtc fte in
d)rifiUd)ev Qai mit Heiligenfiguren, bibli«
fd)en ober legenbarifd)cn 2)arftellungen.
(Sinö ber berüt)mteften 2)tpti)d)cn ifi ba^
St. ®aatfd)e, ba« ben fRamen bc« Sutilo
alö Serfertiger trägt. (Ra^, ©ilbenbe
fünfte. 108 ff.
62
Directorinm hninanae vitae — ®oniinifaner«Dtben.
Directorium humanae vitae , alias
Parabolae antiquoram sapientium , ijl
eine latctnifd^e ^Bearbeitung ber au« bem
Bidpai fiammenben SJiocetlenfammlungen,
im 13. ^a\)x^. Don bem getauften 3uben
Sodann »on ©apua auö einer ^ebrdi»
fcf)en Siiad^bilbung überfe^t , gcbrudt
jrcifd^en 1470 unb 1480 (tt3a^rf(i)ein=
lid^ auf Seranlaffung ©bcr^arbg im
93art al^ Suc^ ber ©cifpiele ber
alten SÜBcifen, SSud^ ber SBciö^eit,
ber alten SBeifen Syempelfpru^ , juerfi
n)a^rf(i^einltc^ Urac^ 1480 , bann Ulm
1483 unb öfter.
Disciplina clericalis ^ei§t eine latei-
nifdje, im 2)?ittclatter üielfa^ gelefene93e=
arbeitung ber auö ^n^i^n fiammenben
S'ioDellcnfammlungen, ju bencn Pantscha-
Tantra , Hitopadesa , bie fieben mcifen
ÜJteifier u. a. geboren. ®ie mürben t)cr*
faft im 12. ^af)xi). »on einem fpanifc^en
Suben üJIofee!, ber ftc^ in ber d)rißUcf)en
Saufe Petras Alfonsus nannte. 2>ie
DueHe mar eine arabif^e. Sä finb ber
i^orm nad) ©efpräc^e smifc^en iBater unb
©o^n, !öe^rer unb @(!)üler, eine (^x^ä^'
lung o^ne Sinfleibung, Scmerfungen über
a5erf)ältniffe beö ßcben«, jufammcn 39 *Mb=
fc^nitte. herausgegeben fon ®cE)mibt,
Scriin 1827.
2)oftor fie^e Uniocrfttät.
2)0l^. ©er «Rame ifi erjl im 16. ^a\)xf).
aus bem ©lamifc^en ^erübergcfommen :
bö^m. poln. ber tulicli, mie $anö <Bad)i
noc^ doUich fd)reibt. ©aS Sffiort :^at mit
abb. ber dolk, tolk = äffiunbc, altnorb.
iai dolg = Äampf, got. ber dulgs =
©c^ulb, nidbtö ^u tbun. ©ie^c bie 5lrtifel
Ü)J cf f e r unb @ a y.
Soraöcrr, 2)omftift ftcfje Äanonifer.
2)ontinifoncr= ober ^Prcöigcr = Drbcn.
©ein Stifter ifi D o m i n i t u g , geb.
1170 ju ßalaruega im altfaftilifdbcn 93ig=
tum DSma ; er erbielt eine miffenf(ä)aftli(^e
Silbung, mürbe 3)omberr ju Oöma, aU
»elc^er er jur 2öefct)rung »on 90Jo^amme=
banern unb Äe^ern auögefanbt mürbe.
5tl0 Söegleiter feinet Sifä)of« lernte er
bie rcrfommenen fircblic^en Sufiänbe 6üb=
franfreic^g fennen, beren golge bie 31uS=
breitung ber Äat^arcr (Äe^er) ober Qllbi=
genfer unb ber SBalbcnfer mar. (£iftercien=
fer *Mbte roto»-. gerabe je|t im ßanbe ^er=
um, Die Äe|er ju befc^ren, fanben aber,
ba fte bie Sebürfniffe bc« Sßolfe« ni(f)t
öerjianbcn unb alö »orneljmc reiche Ferren
auftraten, fein ®ebör. l«un traten ber
©ifc^of SDicgo »on D«ma unb 5Domtm!uö
mit i^ncn in 'iJertc^r, bereiften in ber
fd)Iic^tejlen ÄIcibung mie Settier iai ßanb,
prebigten bem 95otf ta^ Soangelium unb
namentlici) bie ©riefe bcö QlpojiclS ipaulue.
SJiacbbem bie Sijicrcienfer unb ber Sifcftof
in it)re ^eimat jurüdgefe^rt maren, mar
Dominifu« auf ficft felbfl gejieüt. 3"
^rouiüe im 93iötum Souloufe grünbetc
er juerfi ein ^tfpl für ÜJiäbcben , bie erfie
feiner «Stiftungen; bann erf)iett er für fxd^
unb feine ©cfä^rten ein ^auö jU louloufe
gcfc^enft, mo bie 'KifftonSprebigcr einen
SWittelpunft fanben. 511« bann freiließ
Snnoccnä m. 9torbfranfreic^ ju einem
Äreujjuge gegen bie Äe^er aufrief, l^örte
bie manbernbe iKifftonäprebigt auf, unb
2)ominihiö erhielt bie ^lufgabc, bie 93er«
bä(i)tigen unb ®efangcnen be« falfd)cn
©tauben« ju überführen. 3llö er nac^
bem Äricgc in Gliom um bie ©cmö^rung
eineö eigenen DrbenS einfam, mar foeben
ber SBefä)Iu§ gefaxt morben, leine neuen
Drben me^r jujutaffen; bie ja|)lrci(I)cn
neuen DrbenSbilbungen bcä 11. unb 12.
3a^rf)unbcrtS Ratten bie Äurie ermübet.
©0 fa^ ftd) ©ominifuö genötigt, eine ©e«
fellfc^aft »on .Ranonifern nac^ ber (Reget
beä ^eiligen 5lugupin ju bitben, mit *iln«
te^nung an bie SReget ber <prämon(iraten*
fer: ©tiüfcfemeigen , fafi unaufbörtid^e«
^ajien, feine gleifd)fpeife, 5lrmut ; dli
Zxaä)t bie ber ©om^erren, langer fc^morjer
(Rocf unb furjer, meifer Ubermurf obne
©ürtct. ytaä) 3"nocenö HI. lobe aner?
fannte |)onoriu« HI. im ^a^x 1216 ben
Drben ber ^rebiger ober Pratres
praedicatores unb betätigte i^n burd^
eine Sude. 2)a« ffiappen beö Drben«
mürbe ein §unb , ber madjfame ©cfäbrte
beö ^irtcn, mit einer brennenben %adt\
im ÜJiaute. S)aö erfie Ätofler blieb ba« ju
Soutoufe; ft^nell mürben anbcre gcgrünbet;
ton bem *|}arifer Älofier im ^aufc fon
©t. 3<icob erhielt ber Drben ben in ^xanU
reicf) »etbreitcten 9?amen 3 ac bin er. 3"
iRom reformierte 5Dominifuö bie -ERonnen«
flöfier nac^ feiner iReget unb mürbe megen
feiner ißerbicnfie um bie 3)iener unb ^of«
leute bc« ^apfie« jum magist er sacri
palatii ernannt, ein 5lmt, tai immer
noc^ Bon einem SDominifaner ocrmattct
mirb, unb in beffen ^änbcn bie oberfie
SBücberccnfur liegt. 3m ^(ii)Xi 1219 murbc
bie ADomt)crrentrad^t mit berjenigcn ber
Äapujincr »ertaufcftt: meiner 9locf, mcife«
©fapulicr mit fpi^iger meiferÄapuje, ia>
rüber beim 5tuegcljcn fc^marje Äutte unb
Äapuje. (Srfi 1220 murbc auf bem erften
jDonar.
63
®eneraltü>)itel in 9tacl)abmung bet gran-
ji^faner bcr ©runbfa^ ber tiöüigen 93e-
ft^toftgfcit unb tägltcf)c Srbettctung bcr
nöttgflen Sial^rungö'iiitel fejigcfe^t. 2)ic
Drganifation beö Drbcnö ficüt ^Ptioven,
(Ptooinjiale unb 2)cfinitorcn unb einen
©cneral auf. Domtnituö flarb ju öolognu
1221 unb hjurbc 1233 bf'tig gefprod)en.
®Icic^ ben g^ranjiefanern gicbt cü anä)
unter ben 2)ominifancrn einen brüten
Drben, Sertianer, aud) Drbcn de poeni-
tentia St. Dominici.
2)er ©runbfa^ ber ecangetifc^en 5lrmut,
ber bei bcm ©rünber beä ^ranjisfancr*
orbenä tai treibenbe (jSrincip war, war
für S)ominiEuö unb feinen Drben blo§
ÜJUttel jum SttJed unb tt)urbe be«t)alb
fd)nell aufgegeben, dagegen waren fic
fef)r einflufireiift burc^ it)ren Serfe^r mit
ben bürgerlid^en ©tünben, wie fte benn
aud) ibre Älöfter felbftücrfiänblicf) in ben
©tobten grünbeten. Sie 93ctteIorben ftnb
rcd)t eigentli«^ bic 9!)lönct)öorben beö Sür^
gertumä gcwefen. .Hauptaufgabe jebod)
bcr ^rebigermönd)e blieb, bie S[Baf)rl)eit
be« ^rifilicfeen ©tauben^ innerf)alb unb
auferf)atb bcr cbrif^Iic^cn Äir(^e burd^
aSiberlegung unb Sefämpfung aller 3tn*
beräbentenben ju »ertcibigen unb über ber
JRcin^eit ber d^rifilicbcn 8et)re ju wad^en.
3u einem tiefern ftttlid^cn ©inftc^en für
bicfeö <)Briticip nac^ bem Seifpiel beö uon
ben 3)ominifanern am meiften nerc^rtcn
5lpo(lefö '^Pauluö fonnte e^ natürlich nid)t
fommen, ba fic fic^ fofort in ben 3>tenfi
beö *Papjtcö unb ber :^errfc^cnben Äird^e
ficHtcn. 3t)r ©cbict würbe bic Jnquifttion
(Äonrab »on ÜJlarburg), bic d-cnfur unb
bie @(f)oIafiif; ben crftcn 8ef)rPuf)l erhiel-
ten fre 1228 ju <pariö , alä infolge bon
6trcitigfeiten bie Sct)rer ber Ünir>erfxtät
ftcf) auf einige ^dt auö ber ®tabt cnt=
fernt {)attcn ; balb folgten i^nen bie gtan«
jiäfancr in bicfcö ®ebiet. 2)ic bciben
Drbcn würben, fiet^ miteinanber in ©treit
(fgl. ben "Jlrt. ©c^olaftif), bifä jur SRefor=
mation bie Iräger ber fc^olafiifc^en 5lbeo=
logie; atä I^omiilen:unb ©fotifien, iWomis
natifien unb 9tcaUfien janEten fte fxd) i>ex'
um; befonber^ galt c^ für bic 3)ominifa=
ncr, bie bon ben ^wnjiöfancrn terteibigte
ßc^rc ber unbeftedten ®mpfängni§ SDfarid
JU wiberlegcn. 2Bie tief f^lie^Iid) tai
fittlid^e 93ewu§tfein beö Drben§ gefunfcn
War, jcigt ber befannte 3f|et^onbeI im
«Prebigcrfl öfter .^u Sern »om Ja^r 1509;
au($ be^ ?tbla§^anbelö nahmen fic ftc^
an; SEc^et l)at it)rcm Drbcn angebört.
5lnbererfcitö ftnb aui^ bcbcutenbe SD'länner
auö if)rcr üWittc beroorgegangen: Qllbcrtuä
'JDlagnuö, Sfjomaö üon *ilquino, 9U?eifiet
(Sf^arb, 3obann Sauler, ^cinrtci) Sufo,
(Saoonarola, 2aä föafa^ , *öinccnö üon
Seautiai^ waren 2)ctminifaner.
Jionar ift ber jweitgrögtc ber germa*
nifcf)cn ®ötter, in ber Ürjeit waf)rfc^ein«
lii) me^r geehrt ali Sffioban, baljcr bcr
fünfte 2Bo(|entag, dies Jovis , ju ®on?
nerötag Würbe, ber nocf) f)eute mancf)c oolfä«
mäßige ^(nfd^auungen bewahrt f)at. ÜBdbs
renb 2öoban im faufenben ®turm auf
weitem SBoIfenroffe reitet, fät)rt 35onar
auf einem JBagen burc^ bie SGßolfen , ben
»ermutlict) jWci 93ödc jogcn. J)cö ®otteg
Äinn umwallen bic feuerroten ^aare fei«
nti Sarteß, in bcr iRcitten trägt er einen
fieinernen ^cil ober einen gcwid)tigen ^am-
mer, ber, fo oft er i^n oon fid) fc^leubcrt,
uon fclbfi in feine .^anb i^urücfEel)rt. 3^m
war bie Sid^e geheiligt, bereu rote ^axht
an feinen 5fW2i"fi>^a^' erinnerte, unb bie
ber 2öctterjtraf)l gern äertrümmertc. *Jluf
il)r bauft ber |)irfcf)fäfer , Donnerpuppc
genannt , ber glü^cnbe .^of)len auf bic
2)äd)cr tragen fotl. Qlnberc SBäume unb
Sicre, bic wegen if)rer bU^äl)nli(^en roten
ober blauen J^arbe ju 3)onar in 93c=
jicl)ung gefegt werben, ftnb ber ^»agebuts
tenjlrauc^ unb ber *Bogelbcer= ober Siuet*
fcf)enbaum, bic ^»afelnu^j^aube, ber 6rb*
ep^eu ober ©unbermann, aud^ ©onncrrcbe
genannt ; bai rote 6icf)^örnc^en, bai 9tots
fef)td)en ober SRotfd)Wänjd^en , ber ^a^n,
bic ;HeerfcC)nepfe, aui^ SDonnerbocE, Don«
nerjiege ober ©cwitterjiege genannt, bc«
fonberä aber ber @torc^ mit ben roten
Seinen. - ©onar mclft mit fdöimmern«
bem 33U^firal)l bie PoUen (Suter ber 2Bol«
fenfül)c, fo ha^ fte i^tc SDtild), ben atcgcn,
bcfrud)tenb jur (Srbe nieberfaüen lapn.
'Born göttlichen gcuer beß 'öli^c« flammt
bie |)erbf(amme , bcr TOittelpunft be^
^aufeö, ber ^amilic, bcö ©tammeä. SDa«
l}er ijt 2)onar and) ^ä^ü^er ber 6f)c,
Spenber öon .Rinberfegen , ißorjlc^er bcr
(Sippe, ißertcibiger bcr (Scmarhtng. .^eilige
®ebrnud^c, bic ftd) anfänglich an ben
.^erb anlehnten, gingen fpätcr auf ben
Dfen über. 2)onar ijl ber fräftigfte won
allen ®öttern, er teilt ben OWcnfc^enfinbcrn
.Rraft unb Starfe mit, er ^eilt Srfranfte,
3Dtcnfd)cn fowol)l al^ 93ie6, bal)er gewiffe
.Kuren am S)onnerötag vorgenommen wer*
ben muffen; burd) bai Dtotfeucr, Weld^c«
burd) bo^renbe SDre^ung einer 2öaljc in
bcm ßocftc eineö '!Pfa^leö l)crr»orgebrad^t
64
©onncrätag — S)otf.
tt)irb, treibt man bai ücrfcuc^tc SBief). 2)a
ber 93U^ftraf)I iai (Srbreid) locfctt unb
ber nacf)rauf(f)enbe JRegcn bcn ©oben be*
fruchtet, tüirb 3)onar jum ^rü^Iingsgottc,
i^m banfcn oorjugättieife bie ^flanjen
t|r Sffia^ötum. Ojltti unb 3uba«feuer
fom S^arfamötag) hJerben t^m ju g^ren
im i^rübling angcjünbet, befonbec^ aber
um bie 3«'* ^61^ ®ommerfonnenh)enbe bic
©onnmenbs ober 3o^anniöfeuer. 5(uc^ an
SBei^nadötßumjügen ip er Beteiligt. 5luf
feinem SBagcn burc^ bie Süftc fal)renb,
»onfüt)tt ber 2)onnerer in bcn SBolfen
felbfi ben geinaltigjien aUer kämpfe,
meldte bie 2BeIt erfc^auen fann. (Sr Der=
folgt bie S)amonen, Welche ba^ gic^t beö
^immel^, ben ®Ianj ber ©onne mit bem
®d&atten ber fctittarjen ®eft)itternjoIfe, bem
S)unfet ber ytaä)t, ber j^infierniä unb
Ädlte be^ Sßinterö DerbecEen unb ben Sauf
beg evquidenben SRegenä jur (Jrbe auf^aU
ten. 21uf^ biefen 2)ämonen jtnb im ßaufe
ber ©ntmicfelung bie Ütiefen unb 5Drad)en
gemorben. Sßon beiben «Seiten wirb ber
(Streit mit 5BU^ unb SJonner geführt, biö
ber milbe ®ott ben ©ieg erringt , ber
[Riefe tot ju Soben ftnft, fein ©olbfiort
ober bie ^xau, bie er geraubt ^at, befreit
ftnb. 3)onar^ Jammer felbfi mirb 3a^r
für 3af)r im |)evbfle oon ben (Riefen ge-
jio^len unb bie fteben aBintermonate ^in=
burd^ in i^rcm Serge »erftetft gehalten,
Ui im grü[;Iing ber ©ott i^n mieber ^ott.
— S)ie SEanbinaöier nannten ben ®ott
Thor, ytaä) manni)axt>t, ©ötter, 187 ff.
aSergl. aufer Orimm unb ©imroct nodE)
aCßuttfe, 5lbcrglauben, § 20 ff.
Somtcrgtag, f. aSoc^entage.
5)orf, got. ba^ thaurp = SBauIanb,
gelb, jiimmt mit griec^. rvgßTj = ®e-
brängc, fiärm, lat. turba = Stenge, .^au=
fen, a^t). unb mbb. dorf, nieberbeutfd^
dorp. lacituö, Germ. cap. 16, befc^reibt
i>ai S)orf noc^ nic^t ; boc^ nimmt man
allgemein an, i>a^ fcf)on bie alten ®erma^
nen fomo^I bie aBot)nart in einjel^öfen
((Sinöben) fannten, bie nod^ in Söejlfalen
unb im beutfcf)en ©üben oorfommt, als
eigentliche SDörfer; biefe feigen in altgcr*
manifc^cr 3^'^ (^^^ wich, got. veihs;
heima, got. haims unb bürg, got. baurgs.
I)ie 5lnficf)ten über bie ältefie Sßo^nunge*
unb gelberbebauung«imeife ber S)eutfct)en
9ef)en auäeinanber: mir folgen ber 2)ar-
jiellung Don 2Bai^, I, ßap. 4. S)ie in
engerer ®emeinfd)aft nerbunben maren —
burc^ Sermanbtfc^aft ober anbere Umfidnbc
— nahmen einen großem ober fleinern
öanbjlric^ in iöejt^. ?ln einer ©tcttc
bauten fic bic aBo^nungen, bena(I)bart,
aber nicfct in gcfc^loffenen ©trafen, fon«
bem jebe^ ^au^ frei belegen, mie ei bem
einzelnen gcffct. Unmittelbar ju bemfcl«
ben gehörte ein gemiffcä ßanb, ju ^of u.
©arten ober fonfiigcm ®cbrau(^. S)ag
®anje l)icf fpäter .^ofjiätte, in Dfiorbs
beutfd)lanb Wurth , im ffanbinaoif($cn
SRorben Toft. ^ür bie einjclnen Dörfer
mar mo^l ein gemiffe^ ÜRaf befiimmt,
einzelne |)offtdtten fonntcn aber einen
gröfern Umfang ^aben. 2lnbere finb
fpdter burc^ Teilung ober Slblcgung an
Äncd)te unb .^örige oerfleincrt.
gür ben 51 cf c r b a u mürben in ber
glur Derf($iebenc 5^elber angelegt, fe nac^
ber 8age unb 93efd^affen§eit beö SBoben^,
Gewanne, Breiten, Kamp, balb mef)r,
balb weniger. 9ln jebem g^Ii* ^<it ^^^
2)orfgenoffe feinen Stnteil : fo oiele ÜRit*
glieber, fo oiele ®arten, nid^t feiten nac^
bem ßofe oerteilt. 2öenn i>a^ anfangt
bebaute ßanb nicf)t auörei($te, mürbe ein
neue^ i^clb gebroci)en unb gleidfemäfig
»erteilt, fo ta^ jeber bcn gleichen Slnteil
an gutem unb geringerem, an fettem unb
magerem, na^em unb entfernterem Sobcn
{)attc. 9Ran rechnete nacf) SDJorgen (=
foDiel alö man mit einem ®efpann an
einem 9[Rorgen , fpdter läge pflügen
fann) ober Jagemcrfcn, unb ba^
ÜRaf für ben (Sinjetnen marcn 30, 20
ober 40 SIRorgcn. ^ür bie 5lbmcffung ber
einäclncn 2l(ferfldd^cn mar Weffung mit
bem Seil , im ffanbinaoifcöen SRorben
©onnenteilung genannt , üblich,
im ®egenfa| gegen bic jammertet*
l u n g, bie auf bem 2Burf eineö ^ammcrö
beruhte.
%iü^ fanb bic 5Drcifelb<rmirtfd^aft ©in*
gang; bie oerfcfeiebcnen ®emanne mürben
in brei grof c Sl&eile, 3 eigen, jerlegt,
nad^ meldten ber 2ßc(^fcl ber Sefleüung,
SBinterforn, ©ommerforn unb
Srac^c fiattftatte unb an meiere jeber
©injelnc gebunben mar. S)aö 'Bcr^dltniö
l)icf gel^gemeinfd^aft ober Jim*
jmang.
SBalb unb SBcibc, überhaupt bai nic^t
jum Stcferbau bcnu^te 2anb, mürbe nid^t
geteilt, gehörte »ielmcör ber ®cfamt^eit,
mar 5tlmenbe, m&b. almeinde, ma^
aßen gemein ifi. ®ie mürbe benu^t
al^ SBcibe für [Rinbcr unb ©c^afe, jur
@cf)meinema|l, jum .^»''Ijte^^ii^f- 3)a^
SRed^t, an ber 51lmenbc teilzunehmen, ^ie§
fpdter bie were ober bai echtwort, bai
Dotfpocjte.
65
ungeteilte ßanb bte »JOhuf = 2;orfgebiet,
©rcnje, bic ©cmeinfd^aft TOarfgcnoffcn =
f*aft.
2l(teö, waei ber ©injelne im jDorfc bc«
fa§, |)offiättc, Qiderlanb unb !Recf)t in ber
gemeinen 'üRaxt l)k^ a\)t). bic huoba,
hnopa, mbb. bie huobe, huofe, n{)b.
^ube unb ^ufe, bation m^b. ber
hnober, aU Familienname ^uber cr^
:^altcn. QInberc 93eäcict)nungen finb ßoö,
^flug, ^of, mansus. ?luf ber ^ufe
rubtc ta^ SReÄt ber Sinjetncn in ber ®e=
mcinfd)aft, fie »ar bic ©runblage ber ^xn-
l^eit. Qum Unterfd^icb feincö ®ute8 unb
^aufeö ton anberen bebientc ft^ ber greie
r\aä) atter Sitte eine^ ßeidbenö, hant-
mäl, hantgemäl, melc^eö auc& alö
SRame für bcn ©runbbeft^ [eiber erfcbcint,
febe ben 5Irt. ^ani' unb |>ofmarfe.
(Sin anbcrer febr alter 9?ame iji odal,
nodal = ererbter ©runbbeft^. I^ie |)ufe
fonnte fpäter ber Teilung unterliegen, bot^
tt>ar Teilung jcbenfaüö nid)t beliebt; man
fucbtc iiielmebr bem33cbürfniä burdbQlnlagc
neuer |)ufen unb Dörfer ju genügen. £)ie
®emeinfd)aft be^ Sanbeä begrünbete mancbc
®cmeinfcbaft bes Öebenö. Sei ben fali-
fc^en ^ranfcn rvax bic SJZieberlaffung im
2)orfe an bie 3u(timmung aller ©emeinbe-
genoffen gebunben. S)ic ÜJJitglieber beö
2)orfeä waren ju gegcnfeitigcr ^ilfe unb
Untetfiü^ung üerpfli*tet, j. ^. burcb3«U9'
n\i r>or ©ericfjt. Son jebcr b^itten bie
5Dörfer oI)nc 3*^^*ff^ ^^"f" SSorj^e^cr, uou
ben SWitglicbern crttiäblt. S)cr jur i8era=
tung gemcinfcbaftU<$er *}lngelegenbciten be»
jiimmte *Pla^ war burd) cineßinbe auä=
gcjei(^net. (Sine gericbtiidbe Scbcutung
tiefer 33erfammlungen War nicbt üorbanben;
hai mar @acbc ber Sentencn, bic meifi
umfangrcidjer gemefcn fein werben aU bie
itorffd)aft.
51uf biefe alten (Sinricbtungen ber S)orfs
gcnoffenf^aften i}atttn wäbrenb unb nad^
ber SSölfcrwanbcrung Weber bie Söanbe-
tungen felber nocib bic Bereinigungen ber
©tdmmc JU gröfercn iöerbänben nocf) bic
fränfifcbc |)errf(iaft ober baä 6brif!cn=
tum wcfcntlid)en (Sinflu§. 3" ben lateis
nifc^cn S)cnfmälern ber merowingifdjcn (Pc=
riobe fommen bie lateinifcben Flamen vi-
cus unb Villa auf. Qlud) bann warb
ber Sefianb ber alten ©emeinbeorbnung
nicfit gehört, wenn ein Seil ber $ufen an
ein geijilid)c« Stift ober an einen [)öi)txn
weltlicben ^errn gcfommen War unb nun
Pon abbängigen Seuten bcwobnt unb hi'
wirtfdbaftet würbe. üDann war e^ ber
^err, ber bie an ber Jpufc bängcnben
JRecbtc übte; bic abbängigen öeutc felber
Waren ni($t befugt, felbflänbig on ben
(Semcinbefacben teii^unebmen. iTJacf) 2Bai^.
Über bie weitere ©ntwicfliing biefcr iBcrs
biiltniffe fiebc ben *21rt. 3[Rarf gen offen«
fcf)aft
!5)orf^oefic, pfift^c, bat jucrft 8acE)=
mann biejenigc iRicbtung ber böfif^cn
^t)x\t genannt, bcren Scrfaffer jwar wie
bie |)örer bem böfifdien «Staub angcbörten,
beren ©cbalt aber unb teilwcife aucfe bcren
Form auö bem öeben ber 23auern fdböpftc.
®ie ging leroor auä einer bcgreifltcbcn
SReaftion gegen bic gebunbene, fonpen*
tionellc, nai) Form, Jn^alt, ©egenftanb
ber ^oefie überbaupt unb jumal ber 'OWinne
rein böfifcbe ßprif. ®egen fie ta\xä)t
plöfeli(^ im äwcitcn Jabrjebnt beö 13.
3abr^. eine Stjrif auf, bie mit üoöcm
Scwuftfcin unb mit ©ntf^icbenbcit fxcb
t>on bem 3wange ber böfifcben Forn^^"
loötrennt, bie ftdb nic^t mebr mit fonwcn*
tioncüen, jarten (Smppnbungen unb weidben
Älagen begnügt, fonbcrn mit ^umor unb
Sebenslufi ftd) bem ßcben unb ber Siebe
ergiebt. 3brcn Urfprung unb ^auptft^
batte biefe SRii^tung am ^ofc su SBien,
wo ber (Srfinber ber ©attung, Siiitbart
oonSRiuWental, fcbon um 1207 tbätig
war. 51m $ofe ju 2öicn fangen bie Für-
fien ben F'^^^'^n ^^" iReigcn t>or, unb
bicfen famt im begleitcnben ßicbcrn, mit
wclcben ia^ lebenelufiige 93olE ben Sc«
ginn bcö Sommert unb ber gefcHigen
Freuben bcö iZöinter^ begingen, abmte
^Ritbart nacJ), f,\xm iBerbru^ ber an ben
Sitten beg böfifcben ßebenö feft^altenben
3)i(i)ter, jumal üöaltberö v. b. 23. (g«
gicbt jWei Wirten biefcr ßtjvit: bie F^üb*
lingäliebcr, gefungen jur Segleitung
beö SReigen^ unb im F^^eien, übcrwiegenb
epifi^ gebalten, jum Jeil mit SRefrain aug
blof gejaucb^tcn Sauten, j. ©. traranu-
retum traranurirantandeie, unb bic
Sfflinterlieber, jum Sanj in ber Stube.
S)ic meiftcn ßicbcr bcibcrlei 51rt fmb
ÜRinnelieber, oft liinblidbe SiebeäDcrbält*
niffe be« 2)icbtcrö felbji. Stitbartä Dflame
war fo beliebt, ta^ tai 14. unb 15.
3a^rbunbert eine UnjabI öon Siebern ibm
untergefcboben unb Slbcnteucr nac^ Qlrt
bed (Sulenfpicgelö angebicbtet bat. 21u§cr
iJiitbart baben folgcnbe2)idf)ter an bieferSHidb«
tung berSi)rif teilgenommen :ber5Ean^äus
fer, ber oon Stamm^eim, Seopolb Don
Sdjarfenbcrg, ©eltar, Äonrab »on
.Rir^bcrg, Steimmarauö bem S^ur«
5
66
S)rad&c — 35rama.
gau unb bcr3ütd^er ^ablaub. ßilicn*
fron in ^auptä 3- ^I«; ©ci^röbct in
®o[d^e« Sa^ib. I.
2)ra^C. Sßä^rcnb in bcr ^rifilic^en
Oinft^t ber Segriff böfcr unb teuflifi^er
(Schlangen üortttaltet, »erel)tte ia^ ^iu
bentum me^r gütige, nio^Itf)ätigc@ct)Iangen;
bic ©cf)tange ifi ein ^eilbringenbcö, un*
t»erlc|li(^eä Siet, bem bie ßangobarbcn
eine eigene SBcrefirung nsibmetcn. ©ie
friec^t ober ringelt ftd^ auf bem Sßoben;
fielen it)r jyWgel ju ®ebote, fo ^eigt fte
5Dra(f)e, aug lat. draco, aber fc^on
frü^ einge[üt)rt. 2)er beutfd)e Utamt,
welcher allgemeiner aud^ bic ®d)lange
mit begreift, iftaBurm ober lint, ba|)er
bie ^Doppelnamen öinbbradie, ßinb»
ttjurm. 2iuö biefem lint, mit bem pc^
ber 5iuöbrucE beö (ad)önen, ©c^meid^elnben
»erbanb, fmb »iele ^rauennamen gebilbet:
Sigilint, Reginlint, Ermanllnt,
Eburlint, Gerlint, Winilint.
S)ic l)errfc^enbe öorfieHung oon ben
SDrac^en war bie, 'i^a^ fte auf bem ®olb
liegen unb baf on Ieud)ten, bie ©d)ä|e
bemac^en unb nad)tö burdb bie ßüftc tra:=
gen. Sie galten gleich ben [Riefen für
alt unb bod)begabt. ^mt ber gelben
mar eö, SRiefcn unb 3)ra(f)en auf ber
SQöelt ausjutilgen, Zf)ox felbft befämpft
bic SWibgartöfdjlangc , unb ©igemunb,
©iegfrieb, Seomulf unb »iele anbere, j. 35.
©trutl;an 2Binfelrieb, finb tapferjie
SDrac^enüberminber. S)er Sefieger ert)ält
aufer bem ®olb|)ort noc^ anbere Soor«
teile: bcr ©enuf beö I)ract)en^erjen«
bringt Äunbe ber 2:ierfprad)e jumege,
unb tM 93eftrei^cn mit SDrac^enblut
l^örtct bie ^aut. Stac^ alter «Sitte werben
klinge unb anbere ©cfc^meibe gern in
©c^Iangcnform gearbeitet, fo auf Reimen
unb bcfonberö auf gähnen. Der fliegenbe
Qlbler über einem 2)ra(i)cn ober Söwen mar
büö 55clbjei(^en ber Sacbfen. 51uf ber
«Säule Jrajanö erfcf)cinen 2)rad)engcfialten
aU fat)ncnartigc ^clbjci(f)en, fomo^l unter
bcr Äriegebeutc aU in ben 2)ar)tellungen.
®rimm, aJJ^tfiol. 652 ff. — ßinben =
fc!)mitt, ^anbb. L, 276 ff.
2)rogoner gcprcn eigentlid) jum
gu§DolE unb ücrbanfcn i^re (Sntfie^ung
bem alten (Sebrauc^, 3nfantcrie l)intcr bic
leichten SRciter auf« $feib ju fcj^cn , um
fte auf biefe SBeife rafcf) an einen ents
fernten Ort ju bringen. (Sic unterfc^eiben
ftc^ je nac^ ibrcr SBcmaffnung in (piEc*
niere unb ÜJiuäf etic rc, bercn SIBaffen
unb fonfiigc 51uörüjiung bcnen bc^ %\xp
»olfe^ üoUjiänbig cntfprad^cn, führten
jebo^ feine ^JJifioIen. 3^^^ eigcntlidie
Scjlimmung mar, ju 5u§c ju fdmpfcn,
moüon man jeboc^ in fpäterer ä^it ab«
ging. 3^^* unb Umjiänbc ber Sntflcl^ung
biefcr Truppengattung ftnb cbcnfo unft(^er
mie bic Sebeutung unb ber Urfprung
iljrcö 9'iamen^. S)ie (Sntjlc^ung fc^t man
in bic jmcite ^älftc bc^ 16. ober erfi inö
17, 3af)r£) ; bcr Ulamt mirb balb öon
»S)ra<^c" abgeleitet, ben fte alä {Jelbjeic^cn
getragen Ratten ; nad^anberen mardragon
eine englifc^c Sejcic^nung für eine SOJuäfc*
tenart. 5ä^nö, 1216.
Sroma» SDaä 2)rama entfiel)t tcil^
aus bem mimifc^cn Spiel einer ober
mehrerer fPcrfoncn, tcilö auö bem SBcc^fcl«
gefpräc^, beibeö im Einfang nid^t notmen^
big ocrcinigt. !Wimifc^e «Spiele, Qlufjügc,
5Kummereien finb oline 3">c'ffi fc^ott in
oorc^rifilid^cr 3fit oor^anben gemefen unb
crbaltcn ftc^ tai ganjc ÜJlittcIaltcr ^in«
burcf), in cinjcincn ^ottnen biö ^cute; fie
l)ei§en im SRittelalter kapfspil,
schowspil, bic C'läumli(i)Eeit , in bcr
fte begangen merbcn, spilhof, spil-
liüs, schimpfhüs (schimpfen = Spa§
treiben). Qluc^ ^uppcnfpicle merbcn fc^on
im 12 ^al)xi). ermähnt. 39efonberö beliebt
unb oerbreitet mar baä ^^üblingöfpicl,
liaQ ben Äampf beö 2Bintcrg unb bc«
Sommerö barftcüte. „5lm SRofenfonntag",
erjä^lt ®eba|itan grancE , „^at man an
etiicben Orten in ^raufen im Qtpril ben
i3rau^, ha^ bie ®uben an langen Dlutcn
Sre^cln l)erumb tragen in bcr ©tabt, unb
ämeen anget^ane SDlann, einer in ©ingrün
ober (Sp^eu, ber Ijcift bcr ©ummcr, bcr
anbcr mit ®mö§ (ü}iooö) angelegt, ber
l)eift bcr Sffiintcr, biefe fireitcn miteinan*
ber, ta liegt bcr ©ummcr ob unb er*
iä)hä)t ben Sffiintcr, barnac^ get)t man
barauf jum aSein." 2ßurbc biefcr ©treit
jmifcbcn ©ommer unb Sfflinter in SBorte
gefleibet unb fobann auf anbere ©egen«
Üänbc übertragen, auf ^crbji unb ÜJiai,
!8u^äbaum unb g^lbingcr, SRittcr unb
^iJfaff, 39atml)crjigfeit unb SBa^rbeit, fo
erhielt man eine jmeitc Quelle bee 3Drama^,
bic ft(^ jugleidt) an lateinifc^e SBotbilbcr an*
fcf)Uc§en fonntc. ®ic @efprdd)fpicle gc^en,
aud) na(f)bem ftc^ baö eigentltcE)c ©df)aufpici
fc^on lange auf eigene %ü^t gefteüt i)at,
il;rcn felbfiänbigcn ®ang metter; auö bem
15. ^a^xi). fcnnt man bie ©treitgc«
bict)tc SBolf unb *)3faffc, rpricjicr unb
2öeib, eiirifi unb 3ubc, SRittcr u. Sauer,
JVrau unb Jungfrau, Ärieg jmeier ^wuen.
S)rama.
67
ob Sieben ober 9tid^t»8ieben bcffet fei,
^erj unb SD^iunb , SRinnc unb SBcIt,
©c^anbe unb ®{)re (2Bacf ernagel, ßit.
®. § 84.). «Sei |>an^ ©a^ä ^ei^en ftc
Äatnpfgefpräcfee, j 93. jmifc^en Mftn*
t)eit unb ©cbutb , jrt)ifcf)en 3"^" "«^
©onftmut, ^offaf)rt unb SDcmut, ?(rmut
unb SRcic^tum, 3us^"^ ""^ Filter, 3:od)tcr
unb üHutter, Äranf^cit unb ©efunb-
I;eit. ©in fotd)eä totreitgebid)t, jugleicfe
aberein SRätfeIftreit(f. 5(rt. gftdtfel) ijl
berSängcrtricg aufberSOöartburg,
entjianben umä ^al)x 1300. ©iet)e biefen
2JrtifeL
2)aö eigentliche Drama finbct feinen ^Ins
fang erfi in ben fird)Uc^cn ©ä)aufpielen;
bcnn bie nod) älteren tateinifcf) gcfc^riebenen
jDramen, barunter 6 ©tücfe bcrSfionne^ r 0 ö*
roit^ ober Roswitha, Hrotsvitha
»on ©anberö^cim, t>or 984, ttielc^e bie un-
tüchtigen @tü(fe be^ Sercnj burd^ c^rip=
U(^e Spiele ju erfe^en trachtete, fmb
gänjlic^ oline SRact)»irEung geblieben. 2>ie
tircl)lid}en I>ramen, bie uom 12. 3^1^)^^-
an beginnen, teilen in 2)eutfcf)lanb ludi,
in 5':<infi^«i'i) misteria, altftanj. mis-
tere, oon ministerium, f{rd)li(^c
^anblung, aui^ mysteria gef(^rieben,
bod) ot)ne Suf^iiinien^ang mit myste-
rium = ®e§eimniö. «Sie rtJaren baju
befiimmt, bie firc^lic^en ^eP'e, eorne^mlid^
bie ^offton unb bie Dfiern ju »erl;errs
Iicl)en. Spieler maren bie Ocipiidben, ber
Drt ber 5luffü^rung bie Äir^e, bie Sprache
latctnifc^; jte entmicEeltcn ftd) auö ben
geftliturgien. SDa^ bebeutenbfic biefer
©lüde ifiber Ludus paschalis de
adventn et interitn Anti-
christi »on SBcrn^cr won Siegern*
fee; anbevc 6ei§en Ludns in resur-
rectione Domini; beutfd)e ©teilen
mürben vorläufig nur fpärlid) eingefügt,
fo ber Dfterlei^ „Krist ist erstanden"
ober einjelne ßiebcr, bie man befonber^
gern ber Maria Magdalena, einer Sieb?
lingöfigur ber Djlerfpielc, in ben SOJunb
legte.
3m 14. 3al)rf). !ommen folc^e gcijl'
lic^e ©piele, mie jte »on ba an l)ei^en,
in beutfcf)er ©pracl)e nor unb gef)en »on
ben Älerifern auf bie Öaien über. 2ßelts
lic^e SWotioe, 2Iuflel;nung gegen bie (Setfi-
lic^fcit, $a§ gegen ia^ 3iibentum, teilö
burd) ben geminnfüc^tigen 3ui>a^. tsitö
bur^ ben ©pejerei »erfaufenben Ärämer
üertreten, traten in fomifc^er 2luffaffung
unmittelbar neben tai Sragifdjc. Einfang«
fpielen nod) bie Älerifer, bann biefe mit
ben ©d)ülern, bann bie ©c^üIer allein,
enblid^ nur ?aien. Qvoax banb fic^ bie
^tuffü^rung immer nod) an bie Äird^en«
fejle, aber ber Drt ber 5luffül;rung mürbe
ber Tlaxft ober fonft ein freier $la^, mo
eine fünjilid)e 93ül)ne errid)tet mar. Die
grauenroHen mürben üon Scannern ge=
fpielt. Der Umfang beä in t>ai ©piel
eingefc^altetcn ®efange^ fomo^t einzelner
*Perfonen alö ganjer 4^öre ijl oerf^ieben;
felbfi Sanj mürbe jugelaffcn. Dod) über=
mog bnö ©efpräd^, nad^ bcm ®efcf)macfc
ber 3«'t in ^Reimpaaren »erfaßt, tai ge=
legentli(^ auf ber 93ül)ne nur getefen
mürbe. @ö mar fe^r breit auögcfponnen,
mie aud^ bie ^al)l ber mitl^anbelnben *Per=
fönen bi^ auf metjrere |)unbert fteigt.
iUZand^e ©tücfe maren fo breit, ba^ i^re
^Jluffü^rung 7 Sage in Qlnfprud^ nalim.
Dem Sn^alt nad) ftnb e^ in crjler Öinie
<Paffion^= unb Dfierfpiele, rüdroärtö
unb pormärtä oerfürjt ober »erlängert, fo
ha^ unter Umflänben mit ber ®eburt
fö^rifti begonnen unb mit ber J^öüenfa^rt
unb ber $immelfal)rt gefdjlofl'en mirb.
Da biefe ©piele ä^nlic^ bem kpoi aui
einem gemeinfamen .Kern l)eniorgel)en,
fel)len überall 93erfaffernamen. Dläc^fi ber
*)ßafftonös unb DJierjcit mürben aud) bie
®eit)nac^t, SHariä SerEünbigung, üiä)U
me§, Himmelfahrt, ba^ gronleic^nam^«
fcft mit ©piclen gefeiert. @d)on bei ben
jule^t genannten mu^te eine paffenbe
^anblung erfi erfunben merben; ganj felb«
ftänbige ©piele ftnb fobann flöten*
tun je (jiet)c biefen Qlrtifel), \)ai ©piel
»on ben fingen unb ben t^öric^ten
3ungfrauen, iai »on ber feufc£)en
©ufanna, »on ber ^eiligen Do rot l)ca,
»on 3;i)eopl)iluä; im ©piel »on grau
3utten \)at ber ©eifili^e 2;|)eoberic^
©Cherub erg um 1480 bie ®efcf)ic^te »on
ber ^Pdpftin 3o^anna bef)anbelt.
ütod) me^r alö bie Dfierfpiele fdjliefen
fid) bie gajinaci^tfpiele an »orci)rifilic^e
Überlieferungen unb @ebrciu(^ean. 5lnfcing-
lid)blo§c®elegenl)eit2imummereien,©tra§ens
unb Äird)enlauf, oft, mie bie geiftli^en
©piele, in gorm eineö gerichtlichen ^xo"
jeffeö, merben fte im 15. ^a\)x\). litten
rarifc^ auögcbilbet , unb jmar ju S^ürn*
berg burd^ ^an^ SRofenblüt, ben
©dE)nepperer unb _burd) |)anä i^olj.
©ic mürben nid)t ÖTfentlid^ unb im Jreien,
fonbcrn »on um^er3iel)enben munteren ®e'
feilen in ben ^Räumen befreunbeter Käufer
aufgefüt)rt. Salb fmb ilirer blof ein
*Paar, balb met)r, biö 12 ober 14, bie in
68
35rama.
leichter Sßcrmummung frcmbartigc ©cftal*
ten batPellcn , trübe 'JJJänncr , Säuern,
IBettcIooH, atlegorifc^e Figuren. 2)cn
Stoff bet ^anblung bieten Sjcncn beö
täglicfien ßeben^ , beim ^auf auf bem
ÜJtarfte, cor ©eri^t, ebc^«if!e, 3ant bc«i
©eftnbe^. „ÜJJit einer (Srflnbungsfraft t)on
fiaunen^tt)erter Qluögiebigfett nsurben bie
Sßer^ältnifle beö ®efd)lerf)teö jum ®egen=
ftanbc beö fc^amlofeften , im ©c^mu^e
fcligen 2ßi^eö gemad)t unb in immer
neuen üöcnbungen entf)üllt unb »crfjö^nt.
2)ie brutale SHo^eit ber ©itten i)at in
bicfen «Spielen ben ^öc^jicn ®rab erreicf)t;
jcber Sprec^cnbe ein <Bd))x>(\n, jcbcr Spruch
eine SRo^eit, jebcr 2Bi^ eine Unfläterei."
©oetefe, I. § 93. <Ku§er Jtürnberg ^aben
Bamberg unb 5tugöburg on ber (Sntfie^ung
biefcr Spiele einigen Qlnteil.
®egen hai 6nbe beö 15. 3a^r^. treten
in ber ®ef^irf)te beö beutfi^en ©d^au*
fpielö Pon mebreren Seiten f;cr neue
[Regungen unb 93ett)egungen auf.
3n ben Greifen ber ^umaniften mürben
bie ©ramen beä ^piautus unb lerenj,
fpätcr auc^ griec^if(J)e be^ 5lriftop£)anei
üon ben Schülern aufgefüt)rt unb in SJiac^«
a^mung antifer SO^ufler jaf)treid)e *Reu-
bict)tungen ferfud^t; ba^in geboren Iatei=
nif^e "Sct)aiifpietc non SÖöimfeling,
tReuc^tin, ^at. ßoc^er, Sonrab Sel =
ter, S^rifiop^ ^cgenborf, S^omaö
9'iaogeorguä(.kird)mair) oon Straubing.
®eorg ÜRacropebiuö, 9^icobemuö
5rifd)Iin u. a. ®ocbefc, § 113.
Scbon vor ber [Reformation fing man
an neben ^lautu« unb lerenj auc^ folc^c
neuere 2)ramen ju überfe^en, natürlii) im
©ewanbe unb Sßerfc ber Qixi. ?ll brecht
»on 6ibe, 3)om[)err ju Bamberg, gejt.
1485, überfe^te bie Menaechmi unb
Bacchides tcö (ßlautuä , ^anö
iRiptMtt oon Ulm I48fi ben ®unucf)en
bc0 Icrenj, 1499 ein Ungenannter ben
ganjen lerenj, erfd)ienen ui Strasburg. 35on
neulateinifd)en Stüden mürbe ber Henno
bc^ [Reuc^Iin, ber Acolastns (oertorene
Sobn) beö Gnapliaens unb mandbe
Stüde be^Naogeorgns überfe^t unb
aufgefül)rt, ^an^ Sac^ö bearbeitete ben
Platns beö Qlriflopbaneä na(f) einer latei«
nifd^en Bearbeitung (ber gried^ifdje Zip
mar JU 3ürid) im 3a^r 1531 unter
3n)ingliö fieitung aufgeführt morbcn), oon
lerenj ben Sunucf)en unb bie ü)?en(ic^men,
»on Macropedins ben Hekastus.
3m Qlnfdiluffc an folcf)« frembc Stiidc
unb jugteic^ burd) ba« mac^fcnbe jläbtifd^e
SBoIf^leben, in 5Deutfct)Ianb burd^ ßut^er«
Scilnafimc geförbert, entjlanb im Beginn
be« 16. 3fi^i^^unbertö ein auägebilbeteö
Sc^aufpiet. 2>ad fd^meijerifd)e, tai am
üii)än berab mirffam blieb, ging me^r »om
35oIfe, tai mittel^ unb norbbeutfd^e me^r
»on ber ®eifiIi(^Eeit unb ber Sd)ulc au^.
3n ber Sc^meij ijt Bern repräfentiert
burd) SRiflauä üRanuel unb $ang
»on iRüte, Bafel burcfe ®engenbad),
Sift Bird, 3o^. Äo^Iro«, Balentin
Bol^, 3ürid) burd) 3a!ob SRuof,
Biet burc^ '^at. ^undctin. — 5«
Sac^fen unb Reffen mirfen 3o^<^i"i
®raff unb *JJaul iHebf)un, beibc »on
3midau; in 'Jlugöburg SebaftianSBilb,
in ^Jürnberg aufer |>anöSad)« ßeon*
^arb Sulman; überhaupt ifi biefe
SJic^tung bem ßebcn ber Qät gemäf burd?«
au^ lofaliftert, unb eä frnb nur fe^r Wenige,
barunter in erjier Sinie .^»anö Sad)^,
meiere über bie 2Rauern i^rer Baterftabt
{)inauö mirffam ju werben »ermoc^ten,
2öa^ bie Stoffe anbelangt, fo finb e^ mit
Borliebe biblifcöe, me^r auö bem alten
at^ bem neuen jejiament: *Hbam unb (S»a,
2tbral)am unb Opferung 3faafö , ^\aat
unb SRebeHa, Safob, 3ofep§, |>iob, ba«
gotbene Äalb, 3ofua, S)a»ib unb ®oUat^,
S)aoib unb Salomo, 5lbfalom, Subita,
Sobiaö, beibe le^tgenannten burc^ ßutber
empfohlen , Belagerung Babplonä , am
^äufigften Sufanna im Babe. 5lu« bem
neuen Sejlament: SBei^nad^täfpielc, S"-
^anneö ber Säufer, ^od)jeit ju Sana, ba^
jüngfie ®eri(^t, am fcitenften bie ^afjtong«
gef^i^te; bramatifiertc ^Parabeln »om
SDßeingarten be^ f>crrn, »om »crlorenen
So[;n (Acolastns), »om reid)en Tlann u.
armen ßajaruö.
3mar bicnte, mic überhaupt bie ganje
Sitteratur biefer ^eriobe, fo auc^ i>ai Spiel
ber ßcl)re, auc^ mo biblifd)c ober profane
®ef^ic^te bargefieQt mar; eö giebt aber
fold^e Stüde, bie »on »orntierein lel;rl;af«
ten Stoff im engern Sinne befonberö fatt*
rifc^ be^anbeln; ba^in gcliören bie ®au(^*
matt, bie jcf)n '■Mkx unb ber SRoü^arb
»on ©engenbacb, bie fünf Bctrad^tungcn
jur Bu§e »on Äolro«, 2öol)l= unb Übcl=
ftanb ber Sibgcnoffenfc^aft »on ^atob
[Ruof, ber SBelt Spiegel »on Bol^, bie
SRarrenfc^ulc »on ^erp\>vt.
Qlm liebjten aber ben^egtc jtd^ Öebtc u.
Satire auf bem ©cbiete ber iReformationö*
fireitigfciten. SDaljin jäblt hai »on 2Ö.
JJarel in fran^öftfd)er Sprache erbic^tcte
unb öfter beutfc^ überfe^te Spiel im
■Drama.
69
föniglid^cn Saale ju ^avi«,
bie 5aflnad)tfpiel£ beö S^itlaittf »DJanuel:
S3om ^ap^ unb feiner $riefier[d)aft, 5tb»
la§Erämer, öarbali, (SlfU Svagbcntnabcn
(ältere Qluögabe uon ©rüneifen , neuere
von 93ad)toIb, J^iflauä SOJanuel, grauen«
fclb, 1878); anbcre ©tücfe bcr Qlrt [xnh:
3o(}anneö .^u§, 1537; ber neue beutfc^e
Sileamöefet üon (iammerlanber, um 1542.
3u n.->eltli(i)en ©toffen beö Otomanö, ber
©efc^ic^te unb ber Sage griff man im
allgemeinen feltener; ^anö ©acf)^ auöge*
nommen. ber über{)aupt bcn Ävei^ beö
jeitgenöffifc^en ©tojfe^ weit überfc^reitet ;
er t)at in feinen 208 bramatifd)cn ©tüdcn
©toffe auö SSoccaccioö >Decameron unb
ben 23üd)ern ber burd)Iäuc[)tigen g^''"'^"
bramatifd) bearbeitet , <xx\i ©ebafiian
%xandü ffleltbud) , Qllbett Äran^' dljxomt
t>on 2)ancmarf , au^ ^omcr, .^erobot,
^lutard) , Xcnopfjon , Dpib , €uc«
ton, Öiuiu«; bem beutfd)en .§)ctbcnbuc^e
entnal}m er einen |)örnen ©eifvicb, wobei
freitidi ju bcbenfen, bii§ biefer 2)ic^ter
feine Stoffe, wo immer er fte fanb, (o*
njobi für Ü}rifd)e aU epifc^c alö brama-
tiid)ei)id)tungen verwenbete. SBon anberen
2)id)tern ^at man auö biefer Qdt bie Histo-
ria Magelonae, Dctapianuö unb bie fieben
weifen SOicifler, 2öilf)clm leü, grau 2Ben«
beigart, 2ucretia, 2)amon unb *^3i;tl}ia«,
3ei'|lörung oon Ivoja.
iBon ben aiitifen ©lüden ^attc man
nunniel)r aud) bie Unterfd)eibung§namcn
51 r a g ö b i c unb Ä o m ö b i e f'enncn lernen,
o^ne ha^ man irgenbwie über ha^ innere
SBefen terfelben 1luff^l«§ cr[)alten ^ätte;
^mi 'Bad)^ nennt biejenigen ©tüde , in
bcnen ein Ärieg üorfommt, Sragöbie,
bie anbern Äomöbie; gern bcnu^te man
beöbalb jur 5lu«^ülfe äragifomöbie,
ober man beljiett t>a^ alte 2ßort Spiel
bei. S)a^ geiftlic^e ©piel im engern
®inne würbe in protePantifd)en (Segenben
natürlid) nid)t weiter geübt, ouci} ba^
cinfadberc gajlnaditfpiel ift, aber uerebelt,
nur von ^an^ <S>(xi)i unb Saf''^ Qlprer
forigefübrt. 3)en antifen SDJuPern ent«
nabm man aud) bie Sinteitung in 5tfte
unb ©jenen, ebenfalls obnc tiefere (Sinfi(f^t.
2öic im altern geifilidjen ©piel liebte
man eö je^t nod) SQJuftffiüde einjuf[ed)ten,
feiö an Einfang unb @nbe, fei«; fonft an
paffenben Orten. (Sinjelnc geleierte S)ic^tcr
machten bcn iBerfud), antife ißerös unb
©tropl)enmcffung, anbere welfd)c SR^t)t^«
men nac^juabmen, befonber^ $aul
IReb^un. 3"^ Belebung be« immer
nod^ fcf)r gebunbencn ©celenleben« ber
banbclnben (Perfonen würbe etwa bie
ü)Junbart verwenbet. 3)ie 9luffü{)rung ber
©tüde burc^ bie jüngere ®ürgerf(^aft gc«
fd)at) unter '}luffid)t unb Untcrfiü^ung ber
Obrigfeit, bei einfac^jler Sütjnenjurüjtung
unb ÜJJafc^inerie, bagegen mitunter !oft-
barer .^ojlümietung, bie ftetö ber gegen«
wärtigen Ira^t entnommen würbe. '^xU
ten in bie ernfle J^anblun^ würben o^ne
2lnfianb fomifd)e ©jenen eingefd^oben, be«
fonberö an 5irjte, '^ntixx, ben leufel unb
ben Starren fid) anfd)lie§enb. 3!)Jand)er«
orten fpielten bie a)leifierfinger, j. 93. in
5lugöburg, ober ßiebljabcrgefeUfc^aften.
S)er frifd)e 'Jluffdjwung ber «öolföfpicle
burd) bie 9fleformationöbewegung erlahmte
balb an ber allgemeinen (Srlabmung be^
geizigen ßebenö; einjig ^anä ©a^(^ t)iclt
i'olange er lebte unb nod) längere ^txt nad^s
bcr, burc^ ben ®inftu§ feiner ©d)riften bie
©rinncrung an frühere 3al)rjel)nte auf«
rcd)t. ©onj^ trat ba« ©d^aufpiel mel)r
unb me^r in bcn ©ienft ber ©c^ule, be«
fonberg feitbcm bie 3^fuit«n ^^^f« ®attung
für i^rc 51nfialtcn nac^ if)rem ©eiftc aus*
bilbeten unb proteflantifd)e *Mnftalten mit
ibnen in protePantifd)em (Seifte Wetteifer«
ten ; ber ^auptfr^ biefer le^tern 3;l)ätigfeit
war ©traiburg.
9?ur D^ürnbcrg :^atte in 3afob
9lt)rer, gep. 1605, eine ^rt 9^od) folger
von .^ane ©ad^ö, ber fogar xxoä) gafina(^t«
fpiele fd)rieb, bod) fommt er feinem 23or«
ganger Weber an govm nod) ®el)alt nabe.
^Dagegen iji feine 2:i)<itigfeit baburd) in«
tcveffant, ha^ fid) in einigen feiner ©tüde
?iuerft ber (5influ§ ber c n g l i f d) e n .^o m ö «
bianten jeigt. ©d)on wäbrenb bcr
3al)rc 1556—84 Würben englifd)c SDiuftfcr,
giebler, Srompeter unb «Pfeifer am marf«
gräflid)en |)ofc in ^rcu§en gef)alten.
Später finbet man äl)nlic^c Struppen an
anberen .^öfen, bie ^uglcid) DWuftfer, ©^au«
fpicicr, ©ciltänjcr u. bgl. finb; vor
1586 fpielte eine folc^e Sruppe am bäni«
fd)en ^ofe, fpäter in Dre^ben, 2öolfen«
büttcl, .Gaffel, von weldjer bäufige .Kunfi«
reifen in äat;lreid)c ©täbtc äRittel« unb
©übbeutfc^lanbö unternommen würben, fo
nad^ granffurt, Ulm, «lug^burg, Safcl,
Diürnbcrg, Stuttgart, 2)armjiabt, JRcgcnö«
bürg. SDiefe englifc^en .Romöbiantcn,
3eitgcnoffcn ©bafefpeareö , einige von
ibnen o{)nc 3weif«t feine ®ct)ülfen, fpicl«
ten anfangt in englifd)er ©ptac^e, fpäter,
befonberä als bcutfc^e Sd^aufpieler i^ncn
beitraten, beutfc^; aU e« fd)on ganj
70
Dtcifönig^fcft.
beutfcf)e @d)aufpielertruppm nad) 5lrt ber
älteren cnglifdficn gab, feieren fte immer
noc^ englifc^e Äomöbiantcn. üJlan fcnnt
ben ©()arafter ber t>on i^nen gefpielten
»Stücfc, bie fiVim %ä\ auf englt[(^e Ducüen,
namcntlict) ©^afefpearc, jurücfgingen, jum
%txl auf älteren beutf(^en ruf)ten, teilö auä
3afob 5(i)rerä Spielen; benn biefer
roar i^r 3uf<i)'Ji'ct gewefen unb f)atte it)re
2trt nac6geaf)mt; teilö auö einer im 3a^r
1620 of)ne 5(ngabc beö S)rucEorte« fietauö*
gcf ommencn Sammlung t)on 20 ©tücEen :
„Sngelifc^e Somcbicn unb Sragcbicn,"
teil^ au^ ben ©tücfen beS .^eräogg ^ein«
ric^ 3uli"^ *"'n 93raunfc^h)eig, 1564
ixi 1613, fterauögegcben tion ^oHanb,
SBibl. beä litt. 25crcinö ju ©tuttg. 1855.
I)ie Sebeutung ber englifc^cn Äomö-
biantcn liegt nid)t in ber (|infül)rung beö
Stottjnö, ben man in Dcutfc^Ianb nad)
bem nieberlänbifc^en Stamen *picEett)äs
ring unb bie 3^i[^'"fpi^If' ^^^ ^^"^ f'^'^
i^n benimmt maren, ^idel^äringö =
fpiele nannte; nocft nseniger liegt fte in
ber barbarifd^en ©ittentoftgfeit , )x>t\<i)t
i^ren ©lüden jum Seit eigen ift ; fonbern
barin, ta^ fte juerfl in 5Deutfd)Ianb bie
perföntid)e, inbiinbueUeÄunj! beö SDiimeu'
fpielö aufbrad)ten unb jugleic^ bieienit^en
Sütjneneinric^tungen einbürgerten, bie feit;
bem bem Jtieater eigen geblieben ftnb.
©ic fclber mußten noc^ in paffenben 8ofa=
Icn anberer 3trt, 5ec^tfd)ulen, !ßaUt)äufern,
Slattjäufern fpielen; ta^ erfte Jfteater baute
äanbgraf iWori^ non Reffen in Gaffel, ju
(S^ren feineö ©o^neß Dt ton in m ge^
nannt. ©eit ben englifc^en Äomöbianten
giebt e^ in ©eutfc^Ianb einen ©d)au^
fpielerftanb.
5Wit bem so jährigen Kriege prte ba^
©d)aufpiet faft überall auf, cineißelufiigung
be^ 35olfe8 ju fein; e« würbe entmeber
blo^ ßefebrama ober ging an bie $öfc
über, unb jn)ar entweber aU Oper (fiebe
biefen QlitiEct) ober alä ®elegen^eit«ibi<^«
tung, ganj im ©eifte ber Dpi^ifi^en *Poetif.
5ürjltid)c ^od)jeitcn, Äinbtaufen unb
©eburtöfefie mürben mit ^ofmä§igen
©df)aufpieien gefeiert. ?luö ben ®elegen=
I)eitöfd)aufpielen, bie eine ernfi^afte ^anb=
lung in t)o(]em ©teljenfd)ritt unb baneben
ober barin eine luftige |»anblung mit
f[ad)en ©pä^en unb Prügeleien »orPettten,
entmidelten fid) bie ^aupt* u. ©taate*
aftionen gegen tai (Snbe be^ 17. unb
im 93eginn beö 18. ^<xi)xi}.; bie älteren
tomifc^en ^igui^^n mürben barin burd) bie
neueren beö '^Jideltiäring unb ^an^murP
erfe|t. S)er einjige namhafte bramatifc^c
Siebter ber jmeiten ^ätfte bcä 17. 3a^r^.
ij^ Qlnbreaö ®tpp^iu«, in bcffenffierfen
ber 6inf(u§ ber 2lntife, ©^afefpeare«, ber
95olföfd)aufpicle beutlic^ erfennbar fmb.
.t>arjujtcüen , mie bann ber franjöjtfcfie
®cfd)macf in ©eutfc^tanb einf)eimif(^ mirb
unb gegen i^n antifer unb engtifdEjcr ®e«
fc^mad anfämpft, gehört nid)t in ben
SRaömen biefer ©fijje. Sßgl. $ru^, ®e*
fd)id)te be« beutfc^en J^eaterÄ, 2)eürient,
®efc^. ber beutfc^cn ©d)aufpieIEunft, unb
au^cr ben ßitteraturgefc^i^ten namentlid^
toon ©erninuö, 2Badernagetunb®oebcEe, bie
einleitungen ^u: ©d)aufpiele au« bem
16. 3af)r^., ^erausg. ». Sittmann, 2 iBbc. ;
J^anö ^a<i)i, bie ©d)aufpiele ber engtifc^en
.^omöbianten, bie ©^aufpiele bcä ^crjogä
$. 3. t)on ©raunf Ameig, 5(nbreaö ®rt)p^iu^,
fämtUd) in ben ©ammlungen „3)eutfc^c
S)ic^ter beö 16. rcfp. 17. ^ai)x\). »on
®oebede u. littmann. Seipj. Srod^au«.
!5)rci!öntgöfeft, @pipt)ania«; mie in
ben meiften fird)lt($en ^e^f" freujen unb
octbinben ft^ ^ier f)eibnifc^e unb dirifi»
Iid)e *}lnfcbauungcn unb ®ebräud)e. ©er
3)reifönig8tag, 6. 3anuar, ifi ber ©(^tu§
ber 3 mölf nackte (fte^e biefen 9lrt.).
35ie SRad)t auf (Spip^aniaä ^ic^ im iDJit*
telalter giperahta naht, bie Ieud)tenbe
yiaä:)t, ober perhtennaht , perktentag;
ber Sag galt aU Sag ber Sert^a. ^xxi
®egenfa^ ju ben 3tt'ölfnäc6ten, mo bie
©o'nne im ©tiüfianb ijl, meöf)alb ft(^ fein
^ah brel)en barf, f^cint man an biefem
Sage tai mieber beginnenbe 23orrüden
ber ©onne gefeiert ju f)aben; ber ©tern,
urfprüngtid) iai ©onnenrab, mu§ ftd^
bret)cn. yto^ je^t fnüpft ftd) an ben
Sag 5at)treid)er Aberglaube, SButtfe,
§ 79. S)ie ^riftli^e ßegenbe fe^t auf
biefen Sag bie 51nbetung beö ß^rijtuö*
finbeö bur^ bie2öeifen r>om ÜJl orgen«
lanbc; bie ©refjat)! i|l bem breifaci^en
®efd)enf, ®olb, 2öei£)raud) unb 5WijrtI)en,
nad)gebiibet, menn xxxd^t aud) barin eine
Erinnerung liegt an bie mo^tt^ätige
Söanberung ber oft alä S)rcit)eit gebac^tcn
germanifdien ®ott^eit in ben 3tt)ölfnä(^s
tcn; frül)ere 3äf)rbunbertc nahmen bie
3a^t 12 ober 15 an. ^inftc^tUc^ ibreä
Oftangeö unb ©tanbe^ badete man ftc^ bie
SOtagier aU ^crnfunbige ®etet)rte, 5lfiros
logen ober a\i 3auberer; erfl fpäter
f(^lo§ man aue ben föniglid^en ®efc^enfcn,
ta^ eö Äönige gemefen feien.
Be da Yen erabilis, 672— 735, ermähnt
jucrP ibre iRamen Äafpar, 9D'leId)ior, ^aU
Drube — Druiben.
71
tf)afar; anDcie nennen fic anbetä : Apellus,
Amerus unb Damascus, ober Magalach,
Galgalath unb Saracin, ober Ator,
Eator unb Peratoras. "^iixt Seichnamc
foUen im ^al)Xt 1162 aufgefunben unb
nnd) SRailanb in bie (SuPorgiucsfirdjc ge^
fommcn fein; bei ber (SrobcrungSWailanbö
fcftenfte fte Sarbaroffa bein ßr^bifc^of wn
Äöln; fte liegen noc^ im Kölner S)om.
SBefannt ifi bie alte Sitte, b(i§ am SJrei^
fönigötag brei ßeute in abentcuerlid)em
Äojiüm, beren ^auptfpre^er einen bli^en«
bcn ®tern »oranträgt, um eine milbe
&abi, baö fog. ©ternbre^crtieb
fingen, eä fängt an; ®ott, fo »ollen wir
loben unb cl)rn, bie beiligen brei Könige
mit i^rcm 8tern, fte reiten bal)er in aller (Sil,
in brei^ig ©tunbcn t)ier^unfcrt SDteil;
ober: bie 4 I)eiligeu 3 Könige mit it)ren
Stern u. f. m., öfter abgebrucft.
3n ^ranfreid) finbct an biefcm lag
tai So^inenfönigefeft ftatt. ©in großer
gejlfucf)en cntt)ält im Innern eine 33ol)ne
®erfetbc wirb in fo inel Stücfe jerfc^nitten,
aU J^nniilienglieber üorl)anben ftnb; wer
in feinem ©tiicfe bie Sotjne t)at, wirb
93of)nenfönig unb gilt an biefem lag aH
^err unb ^önig. JPicrjog, SReaUlSnc.
Snibe, bie, ifi altnorbif* alöThiüdhr
ber 9iame einer ®c^Ia(ä)tiungfrau, altbocf)^
beutfd) in jal)lreid)en 5'^^'<i^f'i"^if"f" ^"^
balten: Alpdrut, Regindrut, Jrmindrüt,
Ämaldrüt, Gerdnit, Sigidrüt, Trüdhilt.
SOiit (Sinfübrung beö (5,l)riftentum^ ging
ber D'Jame ber Ijalbgötilid^en Jungfrau in
ben non ^eje, Unl)olbin über , befonberö
bicjenige, tt)eldE)e alö 21 Ip bie ®d)lafenben
brücft. ^i)xt urfprünglicf) gute Scbeutung
ifi in Sirol erl)nlten, wo man fte no*
für eine fcf)öne ^xan bält; an anbercn
Orten ftnb eö alte, in *Balblöd)ern l;au=
fenbe Söeibcr, l)ä^lid) anjuf^auen. 6ie
treiben näcbtlidie Äüufie, fommen nacf)t0
als 5llp mit Icifen ©^ritten an ba« 33ctt
beä ®d)lafenben, aud) in ®efialt eineö
weisen Sünbelö, legen fid) auf ben Sc^la^
fenben, brücten i^n, ba^ er fxd) nid^t regen,
nic^t atmen, nid)t rufen fann. ©in
anbcrcr ??ame ifi üJtare, 30tat)rt, 9'?ad)tmar.
©rimrn, Sßörterb., *Urt. 3)rubc. —
SButtee, *Jlberglaube, § 402 ff.
2)rilbenfll^, Pentagramma, Pentalpha,
5Upfreuj, JJrubenEreuj, Salus Pythagorae,
iji ein auö jwei ferfc^ränften glcic^fcitigen
S^reiecfen gebilbeter fünfediger ober fedb^=
ediger ©lern, galt im SOJittelalter aU
®c^lo| unb Sflicgel gegen hai' (Sinbringen
ober Sntweicben böfer ®cifier. eigentlich
ftnb es iBogelfü^e (®änfefü§e), bie tai
geificr^afte Sffiefcn beö ju 95erf^eud)enben
bejeic^nen; gewöljnlic^ werben iDrei lange
3eben angegeben, brei nad) r>orn, eine
nad^ hinten, üßeiber, wcld)e plattfü^ig
finb, fommcn baber am meijien in ben
Serba<$t, t>a^ fte 3)ruben abgeben. 3)ag
3eic^cn wirb üerfc^iebentlid) angebra^t,
am 5"§3fPföf ^«^"^ Scttfiatt, an bet
©d)wclle, an ©efägen, 93üd)ern, ©erat«
fc^aften, an S)orffd)enEen aU Qluötjänge*
fc^ilb.
2)rutbcn bilbeten neben ben 9littern
ben jweiten ©tanb, ber bei ben ©atliern
»on Sebeutung unb *}lnfet)cn war I)ie
$aupttl)ätigfeit ber J)ruiben waren ba^
Opfer unb bie iDJantif , 'Hai SRid)teramt, bie
Qlnfe^ung ber Ort«!« unb ®aufe(ie, bie
5^ercd)nung bcö Sonnen« unb OTonbtau*
feö, 'Beobadbtung ber ©efiirne. Sie fa^en
mit il)ten Familien in allen 3)örfcrn unb
Stäbtcn be^ ßanbeä unb tierric^teten an
ben l)eiligen Orten bie priefierli^en
^anblungcn, unter welchen man Stammet«
unb Sanbeö^eiligtümer unterfd)ieb. Set
berüt)mten Heiligtümern Ratten fte ibre
Sd)ulen, wo bie religiöfen ©ebrdudbe er«
flärt unb bie 9!J?oralpbilofopl)ie geleljrt
würbe, unb woliinein immer eine gro§c
5!J?enge ber Jugenb ber ßel)re wegen
firömtc. 2)a biäputicrten fte oiel über bie
©ejiirne unb t^ren Sauf, über bie ©rö^c
bor Srbe unb be« SBeltaüci, über bie yia^
tur ber SDinge, ®ewalt unb Tladjt ber
unfterblid)en ®ötter unb überlieferten e§
ben Schülern. SBon einem liauptljeiligtum
ging nermutltc^ bie 23ereinigung ber
S)ruiben auö unb mag burd) hai *princi«
pat eincä Staatee! ober burd^ einen gropen
politifd)cn ©unb mel)rerer begünjiigt
worben fein. Sie fieQte in ber S^it ber
p>erfplitterung wenigjien^ bie nationale
(iinbeit bcö eigentlich gaüif^en SBolf««
fiammeö bar.
35ie 3)ruiben waren ein in ftd) fefige«
fdlloffener ?tanb, ber ft^ äu^etlid) aud^
burd) eine Orbenötrad^t unterfcf)ieb. ®ur4
^Jrioilegien fianben fte au§ert)alb bet
bütgerlid^cn ©ewalten unb bilbeten eine
eigene Korporation. (Sin erblidber Staub
ober eine Äafie waren fte aber n{d)t,
fonbern fte ergiinjten fx<S) au^ bem ganzen
33olf. 3n il^re Orbcnöf(^u(en fonnte
jeber %xtk eintreten, Sö^ne beä gemeinen
iDianneö ebenfo wie Sprößlinge ber be«
rül)mtefien ®ef(^lecf)ter, unb fte wätjlten
biefcn ©eruf ber großen 33orteile wegen
teilö freiwillig, teilö burd) il)re (Sltern unb
72
2)u, S)ujcn.
S3ermanbten baju befümmt. Die ßc^täcit
bauertc fe^r lange, manche btacftten i)abt\
20 3a^re ju. 2>ie ße^rlingc Ratten in
bcn ©(i)ulen eine groge iDJenge 23erfe auä=
ttjenbig ju lernen, bic aüe ntcf)t nieber»
^efd^rieben »erben burften. 2ln ber »äpi^e
beö ©tanbe^ flanb ein Dbcrbruibe.
2)u, 2)Ujcn» Unter biefem STOort mögen
einige Einbeulungen über bie %xt ber per=
fönli^en ^tnrebe in älterer 3eit ^la^
finben. S)ie gotifc^e Sprache fennt ft)ie
bie griecl}ifd^e unb lateinifc^e bto§ bie
naturgemäße 5lnrebc ber ginjelperfon in
ber ©inja^t: hails thiudans! fpätcr
noä; altbeutfc^: heil herro, heil liebo!
2)ie erfie eingreifenbe 23errücfung beö
fKumeruö beim ''^Jronomcn jiammt auö ben
fönigli($en Äanjleien; in ?{a(^a^mung bea
römifc^en ober bpjantinifcfjen (Se[d)äftö=
fiileö beseicf)neten bie beutfd^en Äönige
%f)iohmä), $ipin, Äarl unb bie foIgen=^
ben if)re imperatoria Majestas baburd^,
ia^ ftc iion frc^ im «lülural fcE)rieben. *Mtt=
mä^Iic^ brang biefer (jSIural öor in bie
©ctireiben ber Sifc^öfe, iÜbte, ®rafen u.
bgl. ®aö gefd)a^ alfo in ber erfreu
«Perfon. 3m 8. unb nod^ me^r im
9. 3a^r|). ging biefer q31ural in bie *Jln=
rebe, alfo in ik äWcite QJerfon über, baö
S^rjcn ber Könige tüirb geläufiger. 3m2öal=
t^arilieb rebet bie |)unnenfönigin Dfpirin
ibren®emal;l mitvosan,ebenfo2!BaItf)ariuö
ben Äönig, »ä^renb ^agen, ©untrer unb
aüe färapfcnbcn ^selben fict) bujen. 3n
beutfc^er ©piac^c rebet juetjl Dtfrieb ben
Sifc^of ©alomon in feiner 2Bibmung ber
(5t)angelicnf)armonic mit ir an. Unter
bem ganzen Solf ftatte ftc^ aber t>ai 3t)rjcn
ber Äönige unb dürften fc^mcrlid) fci)on
»erbreitet. 3n ben t)öpfcf)en ©ebicfcten beä
12. unb 13, 5af)rb. ift bai majeflätifc^e
SBir^en überaQ gemicben, ber ^ürft fpricf)t
mit id); ia^ bie geifilictjen ®ebicf)te tai
tu gürjlen gegenüber ann^enben, ift ^aä)-
a^mung ber biblif(i)en 5tniebe. SDen vodt=
lidjen ®ebid:;ten ifl, wo fte rittertid^en
©toff be{)anbeln, baö S^rjen gemein, ber
Äaiferc^ronif, bem QUepanbcr, ber Sneit,
bem Gfiot|)er, Strifian jc. 3m Qlnnolieb
tt)irb gcfagt, ba^ man ben 3"liuö Säfar,
um itin ju ebren, gei^rjt ^ahe. Die ^aupt--
regeln ber Qlnrcbe in ber pfifcfcen 3«it
»Darcn: unter ©eiteiiüerwanbten, Könige
unb Königinnen man(i)mal aufgenommen,
gilt bu. ©Item gaben ben Äinbern du,
ber SÖater empfing non (go^n unb Jod^ter
ir, bie SDJutter oom ®of)n ir, öon ber
Sloc[)tcr du, (S{)eleute ibrjen fxc^. giebcnbe.
minneroerbenbe nennen ftc^ ir, ge^en aber
leicht in hai »ertraulic^e du über; in
'JDtinnetiebern mirb meijl du angefiimmt.
Der (Geringere giebt bem ^ö^ern ir unb
erf)ält du jurücf. 5« ber Äaiferc^ronif
bujt ber ^apft ben Äaifer unb wirb »on
i^m geif)rjt. B^^ifc^f" J^reunben unb
®cfeüen gilt du; boc^ galt bai ir al*
befonberö ^öfifc^, unb hjcnn im Ulihi'
lungenliebc bie (Ritter ftc^ me^r, atf fonjl
gef^icf)t, bujen, fo f(%eint bai Überrefi
beö t)olfömä§igen Slementeä. grauen,
®eiftlic&e unb ^renrbe erhalten ir, bafür
ftnb aber grauen unb ©eif^lic^e gegen
©eringere leict)t ^öflicfecr aU 5[JJänner
unb SBeltlic^e. fPerfoniftjierte 2öcfen »er«
ben Pom Did^ter gei^rjt, j. 93. %ia\i
SiJJinne, i^xaix Qlbenteuer. S)aÄ gemeine
iöolE bleibt nod^ beim S)ujcn fielen.
Seibenfdbaftli^e , belegte {Rebe a^tct ber
Sitte nidE)t unb jie^t balb traulidbes du,
balb ^öftic^eä ir por.
3m Saufe beö 14., 15. u. 16. 3a^r^. blie*
ben bie 93erf)ältmffe ber 5lnrebe ungefähr
mic fte bai 13. geregelt f)atte, nur ba^
bei Königen, ^^ürflen unb anberen Irägern
bof)er SBürben im 15. unb 16. %\hx^. bic
titeliDJaiefiät, ^ürfilic^eSnaben, Strenge,
i^efie, SBciö^cit u. bgl. überbanb nahmen
unb tttenigfienö beim Seginn ber SRebc
ba^ unmittelbare ir »er^inbertcn. 3"
jenen liteln rourbe, je nacbbem fie im
Singular ober Plural angewenbet waren,
bai 93erb, in ber brüten *Perfon bei
Singular ober ^Plural fonflruiert: (5uer
faiferli^e DD^ajefiät bat befol)len, Suer
fürftlid^e ®naben finb ber SDteinung;
aber f(ä)on bai beigefügte <Poffeffto ®uer
^cigt, ba^ baneben immer no4 gei^rjt
würbe; auö ber brüten !J}erfon fonnte im
"öerfolg ber Dtebe in bai birefte ir übcr=
gegangen werben. Solcf)e Sitel galten
aucf) für ben ^^aü. ber wirElidt)en brüten
^erfon, beim örjä^len , unb bann würbe
bai entfprec^enbe *)8offefftt» bamü »er«
bunben: Seine 9[Raitflät, Seine, bii
(^ürfien, ®naben, wobei man aber irrig
Durd^ ben *)8lural beö 23erbum8 ju bem
pluralen *Poffefftti ire, iro, S^ro »er«
leitet würbe. IFG ^eigt: ^\)xo fürfilid^e
®naben. 'äui fog. „Stetborifen" jener
3eit lägt fic^ umflänblid) erfet)en, wie i%
mit bem ibrjen unbbujcn gel;alten würbe.
Die Stragburger, 1511 gcbrudtte erteilt
folgen&e 'ilnweifungen: ber Kaifer bujt
alle ©eifilicfecn bi^ an bcn 5)apf^, bie
®ei|llic^feit it)t;5t fid) in il;rcn Scbriften,
ebenfo i^rjen ficf) gleiche weltliche 5"ip«n
5)ufatcn — 2)uf
73
unb ®rafcn. tRittct »erben »on gürjicn
gei^rj^t. Süe ©bellcutc bujen cinanber;
wen jic m(f)t für cbel galten, benif)rjen
fie „ju merfcn iA^ er ein 93urger ober
nit tujenö üon inen gno^ fei." deinem
uneblcn SCRann, wie boi) »erbient ober
»erfreit er fei, gejiemt eö einen Gbelmann
ju bujen, er fei it)m benn nabe nerwanbt.
Äinber i^rjen i^re Altern, boct) bie Äinber
ber (Sbelleute bujen. (Sltcrn bujen i()re
Äinber, folangc fte nid^t in einen l)öt)ern
@tanb treten. <So fianb cö h\i etwa in
ben 33cginn bes 17. "^aljxt)., um tt)elcf)e
3eit, ttial)rfd)eintic^ nad) franjörif(i)em 33cis
fpicl , bie Benennung ^crr unb ^xaxi
nid)t mef)r trie früt)cr eine wirflic^e
€uperiorität beö iJtngcrebeten über ben
5lnrcbcnbeu ju ernennen gab , fonbern ju
einem bloßen J^öf[id)fcit0jciii)en Ijerabfant
5n unmittelbarer Qlnrebc Iie§ fic^ nun
freili^ mit biefen Jitcin ba<^ Pronomen
tt)r cerbinben; allein mon fing an, fie
gleid) ben übrigen t)öt)eren Titeln bireft in
ber brittcn ^erfon ju oermenben, unb
alö fte immer weiter um fid^ griffen, balb
mit au^gelaffcnem ©ubjiantio tai bare
^Pronomen er unb fie, ju bem 93etbum
britter $erfon fonfiruiert, j^att ber bireften
<llnrcbe ju fe^en. 2)iefeö er ober fie
überbot bie ^öfli^feit be« i^r, uielci)e0
fortan eine blo^e JJiittelftufe ber iBcrtrau*
lidjhxt ober ©eringfc^a^ung abgab, rval)'
renb bn bie unterjle Stufe auäbrüdte.
Sine neue 2}erfd}raubung ber natürlid^cn
5lnrebcoermtniffe mürbe gegen ben ®ci)lu§
beö 17. ^a\)x\). erfonnen, bie mit ber bis-
herigen eine Scitlang ju fämpfen ^atte,
aber ungefähr jmifc^en 1730—1740 ben
©ieg banon trug unb burc^ ben je^t
mächtig eintretenben 5luff^mung ber
^xo\a befefligt mürbe. 211« bie feinfte
^jöffic^feit tam nämlid) auf, ha^ man t>a^
er unb fie ber britten *Pcrfon au^
bem Singular in ben $lural rüdtc, mo*
nnd) fxd) benn aud) i>ai 23erbum ju ridjten
^attc. SWan mar aljo ton bem bu auf
baei if)r, oon bem ilir jurücf auf ben
Singular er unb fie, oon i^)ncn mieberum
auf ben ipiural fie gelangt unb batte bie
jtt)eite*Perfon jiatt bu bifi anjureben:
fie finb! 25ie erften Spuren biefe^ plu=
talen fie erfd^einen jmifc^en 1680 unb
1690, cö iji ein *Jlu0flu§ bc8 bamaU bc=
ginnenben k la Mode«Stu^crtumö. I)a;
neben lie§ man übrigen« bie älteren Stufen
ber ^öfli^feit, il)r unb er ober fie auc^
nid)t faf)ren, nur ba§ fte mit ber 3eit ^W
Öebeutung etma« änberten. Um 178U
ftanb e« folgenberma^en; ber (Sbelmann
crjte feinen ©erid^tsbalter unb ??farrer,
griebrid) b. ®r. feine t)ö^eren SiuiU unb
ajiilitärbeamten, ber 5lmtmann ben Süttcl,
ber (Pfarrer ben Äüficr, ber Sd)ulmei)ler
ben Sd)üler, ber Sd)tt)iegeruater ben
(Jibnm (^err So^^n), ber (Seemann fiejte
(Singular) feine ^rau in »ertrauli^er
ßaune (bore fte, befietle fte mir); in ber
Sd)n)eij rebeten gebilbete tDIäbc^en ben
Jremben mit er an (er tanjt mol}l gern?),
ebrenbe« er mürbe bem |>anbmerfömeiper
i^u teil, «Plural fie etma nur ®olbfd)nues
ben, U^rmacbern, öarbicren, SBirtcn. ^i)x
befamen ^anbmerfßgefetl , (Jubrmann,
®ärtner, Solbat, söauer, .ftned)t unb
SWagb, bu mar für alle S)icnPbotcn ein
ßei^en längerer a3ettraulid)fcit. Sie er«
bicltcn ade, bie nom Qinrebenben meber
abbängig no^ ibm näl;er o ertraut maren.
(Sinjclne länbli^c Seoölfcrungen bi^tten
wie b^iiff "od) am alten bu feft. 3" ^'^
cble «Poefte fanb fie feinen ©ingang, mofel
aber ibr unb felbfr er, ©oetbeö |)crmann
ibrjt feine (Sltern, in 23o§' ßuifc
erjt ber *Pfarrer ben S^miegerfobn.
^ad) ©rimrnä ©rammatif, IV. 298 ff.
2)ufatcn, ©olbmünje, brci 2;l)aler an
5Bcrt, au« ital. ducato, mittcllat. du-
catus, franj. ducat, mbb. ducate,
oon dux = •^evjog, meil, mie man be=
bauptet, ilönig SRoger IL t>on Sidlicn,
alö ^erjog r>on *)lpulicn, juerft biefe
®olbmünje 1140 prägen lie^ mit ber 3n»
fd)rift: sit tibi, Christe, datus, quem tu
regis, iste ducatns. 2)er D^Jame fommt
m Urfunben oon 1181 unb 1186 oor, ge«
prägt muiben fie in ißenebig juerfi 1280.
3m 16. 3abrb crfdieinen aucb bie Jomten
trucktaten unb ductaten. ®rimm,
iffiörterbud).
2)ufef, S)ufcfc, 55ifaf, 2)ifcctcn, au«
böbmifd) tesäk, beif,t ein im 15. unb
16. 5abrb. oft genannte«, breite«, ge=
möbnlid) böljerne« Sd)mert o^ne ^eft,
fiatt beffen ein ®riff ober eine Öffnung
in bie Älinge gemacbt mar, mie ein iRabel=
öbr, fo gro§, ia^ man mit ber $anb bin?
bur(^greifen fonnte.
74
Ecbasis — ®bl)a.
Ecbasis, fte^e licrfage,
@(f^art, ber gctrcnc, ifi eine (Scfialt auö
bem Greife ber beutf(ien ^clbcnfac^c, ber
©oftn ber ^aä)t, ber ^flcaer ber @ö^ne
^arlungä, bie Srmcnrid) töten tie§, ein
|>clb 2)ietrid^ö non 93ern, mit bem er im
Tt)^tt)üi bic Sleilna^mc an ber mitbcn
^(iq,t) teilt. Sdftart jie^t cor bem müten=
ben |)cerc ^er mit ^otba unb ifi f erit)ünf(ä)t,
biö jum jüngften Sage am Scnuäberg ju
meilen 2Bcnn |)oIba nact) ber ©age mit
bem mütenben ^eerc auä i^rem Serge
jie^t, fc^reitet ber treue öcffiart aU ein
alter SJiann mit langem 93arte unb mei-
nem Stabe norauf. 3)iefer marnt jcber^
mann, auä bem 3Bcge ju gef)en. (äinmal
begegneten i^m stnci Äinber, bic foeben
einen Ärug 93ier für if)rc ©Item auö bem
Sßirt^Öaufe geholt Ratten. 2)aö wütcnbe
pnx I)ielt fte an, ricfige SüfJänner nal)men
i^nen ben Ärug ab unb leerten iön. ©ie
Äleinen meinten bitterlid^. Qlber ber treue
(Scffjart beruhigte fic unb fagte, fte fodtcn
ni(f)t bange f^ein, ber Ärug merbe ftc^ mie=
ber füücn unb niemals leer merben, fo=
lange fte »erfcE)miegen f)ielten, roo^er bie
2öunbcrgabe fommc. 5lfö bie kleinen auf
bie 5lnfragcn ber ©Item unb 91adf)barn
fdblief lid) bocf) auäfd^ma^ten, »erfiegtc tai
93ier.
dbia ifi ber 9tame jmcier aug bem
altnorbifc^en 5tltertum erhaltenen Sicber-
unb©agenfammlungen, gett)öl)nlic^ ältere
unb jüngere (Sbba ge^ei^en. I. 3)ie
qlterc (§.tt>a. ®en Sf^amen Q.tta =
Oiltermutter, fem. ton Aetti = 93ater, er=
bielt bie altere Sammlung erfl burd) ben
93if^of 93rt)niulf ©menbfen ju @fal{)olt,
melcf)er im ^ai)Xi. 1643 bie ältefte ^anb=
fc^riff, ben codex regius, auffanb unb
einer .^opie berfctben ben Sitel Edda
Saemundar hinns froda, Q-tta ©ämunb
bee ®clel)rten, üorfe^te; biefer ©ämunb
ifi ©ämunb ©iguffon, non feiner ®e=
let)rfamfcit äubenannt, 1056—1133, ber
©tifter einer ber ältefien iölänbifd)en
Schulen. Semeife bafür, ba§ ©ämunb
ber Sammler ber Sbba gcmefen fei, f)ai
man feine. 3et>enfa(lö ftnb bie Sieber
auf bem ^efilanbe gcbict)tet unb üon ben
S^länbcrn mit nact) ber 3"fel gebra(f)t
unb fo gerettet morben. 2)ic ältefien
öieber werben bem 6. ^aifti). jugefc^rieben.
5ltlc ^aben tm Stabreim. 9Kan unter»
fct)eibet, obglcicl) nid^t glei(f)mä§ig, mt)t^o«
logifcfee öieber unb |)elbenlicber. 3" ^«n
mr)töologifcf)en geprt:
1. Völuspä ober bie 2öeiöfagung, baS
®eftct)t ber 2ßala; bie ©e^erin SBala ent«
^ünt bie ganje Ocfd^i^te beö SBeltaES in
mt)tl)ifd)er Raffung.
2. Grimmismäl, b. i. ©efang ©rim«
mirä, eineö SRamen^, unter bem fic^ Odhin
»erbirgt; biefer, »on feinem (Pflegcfo^n al§
3auberer gequält, beflagt feine ßage unb
f(f)ilbert im ©egenfa^e bie jmölf Sßo^*
nungen ber ®ötter unb bie ^errlid^feit
2öalt)aaaö.
3. Vafthrudnismäl, b. i. ©efang
Jßaft^rubnir^. Db^in Va^t [xä) mit bem
(Riefen 2Baftf)rubnir in einen 2öcttfampf
ber 2Beigl)eit ein über (fragen foämogonis
fd^en unb mt)tl)ologifd)en Sn^ilteö; ber
skiefe üerliert Sßette unb öaupt.
4. Hrafnagaldr Odhins, Db^in^
flflabenjauber, ta^ bunfelfie aüer ©bba*
lieber. SRad) ©imrocE lägt ftd) ber allge«
meinfie ©inn bcö ßiebcö bal)in angeben,
ba§ bie (Sötter in bem (Eintritt ber 2Bin»
terjeü ein ©innbilb beö na^enben 2Bclt»
Untergänge^ erblicEen, ta fte beim iUbfatt
be«^ ßaubeö non trüben 5tl;nungen er*
griffen werben.
5. Vegtamsquidha, tai ßieb com
SBanberer: Db^in, ber Sffianbcrer, reitet
nad) SJiifl^el unb befragt l)ier eine 2Bala
um i>ai ©c^idffal Salber^, über beffen
Job fünbenbc Sräume alle ©ötter in
Qlngfi ftnb.
6. Thrymsquidh a ober Hamars
heimt, .^ammerä ^eim^olung. J^or,
in }Sxi\)a üerf leibet, gel)t unter ßofiö Se«
gleitung aU 33raut nad) 3ötunbeim; mit
bem i^m al^ Srautgabe übergebenen
Jammer tötet er tai Ciiefengefd^lec^t;
u. a. üon S^amiffo überfe^t.
7. Härbardhsliödh, ta^ ßieb »om
^aarbärtigen. Dbl)in alö iJ«^'^'"^""
^arbarbl; foQ bem jenfeit^ be« S^uffc^
Pe^enben I^or bie Überfahrt gewähren;
Ibor jiebt im ©efpräc^e überall ben
Äürjern unb mirb nid)t übergefa|)ren,
Sbba.
75
fonbctn IJcim ju feiner SWutter ge?
»icfcn.
8. Alvismäl, be^ Qlüweijen Sieb, eine
\ä)maä)i 9'Jadf)a{)mung »on ^x. 3. 6in
^ragefpiel S^orö mit bem S^^^i^S 5ltüiö,
bei bem e^ um eine 93raut gilt, giebt 33er=
anlaffung, eine Steige poeti[ä)er ©ijnontjme
»orjufüf)ren.
9. Hymisquida, bie ®age t>on ^\)=
mir, %f)oxi §if(f)fang mit bjm SRicfen
^pmir.
10. Oegisdrecka, Ögirg Srinfgclag.
2)ie ®ötter jtnb bei Dgir ucrfammclt,
ßofi aber wirb einer ©enmtttbat balber
weggejagt. Sr fommt jebocf) jurüd unb
tt)irft nun allen ®öttcrn unb ©öttinnen
@d)anbt|aten unb SBerbred^cn oor, bie
enblid) i.l)ox burd) fein Srfc^einen öofi
betttegt, baö i^clb ju räumen.
11. Skirnis för, «Sfirne^ ^al)xt.
©firnir, grei)ä 1)iener, tt»irbt für feinen
^errn um bie fc^önc ®erbur, bie Joi^tev
beö Otiefcn ^tjmir.
12. Hyndluliodh, baö ^IjnblaUeb.
greija begiebt ftc^ mit it)rem <Scf)ü^ling
Dttar jur iRiejin |)t)nbla unb lä^t biefe
feine *)lbpammung funb tbun, bei welchem
Qlnkffe auc^ bie Stammbäume anbercr
.^clbcngcfc^lecfeter angegeben werben.
13. Häva mal, bic ^thi beö ^o^en,
b. i. Db^in, entt)ält ßcbenäregeln unb
SBorfc^riftcn für ben ®aP unb "iReifenben,
für ^»auebattung unb i)äuötic^eä ßeben,
für bie ßanbtt)irtfcf)aft, fobann einge=
fc^oben bie (Srmcrbung be^ S)id)tcr =
ÜJiet^ burcf) Dbbin, bann öc^ren beö
Satcrö an feinen ©o^n unb bie 8e^re oon
ben SRunen.
14. Sölarliodh, ©onnenlieb, ein
ci^rifilicbc^, aber mit altbeibnif(^en, mptbo^
logifct)en Silbern unb Sßotfienungen auö=
gef(J)mü(fteö Sieb,
15. Gröugaldr, ®roa^ (grmecEung,
eine 9iac^abmung »on Obf)in^ Utunenticb
im ^aüamal.
16 Rigsmäl, mr)tbifcbe (Srjä^lung
»on Urfprung ber brei ©tänbe: beö 5lbli-
gen, beö j^rcien unb beö Änecbteö.
17. Fiölsvinnsmäl, beä SSielwiffers
fiteb, ein burcbauö bunHeö SRätfeltieb.
2)et ^elbcnfage get)ören folgenbc
öiebcr an:
1. Helgaquidha Hjörvardhssonar, baö
Sieb üon -^elgi, bem Sotjne ^iörmarbe.
^clgi x'ä<i)t mit ^ülfc ber SJalfüre ©mäma
ben 9Sater feiner SCilutter an beren erjiem
abgemiefenen g^reicr, fällt aber im Äampfc
2. Helgaquidha Hundingsbana fyrri.
SRa^bem ^elgi, ©igmunbö @o^n unb
ber SBorgbilb, ben |)unbing getötet, ge^t
er baran, bieSßalfüre ©igrün i^rem erften
ißerfprod^enen abzugewinnen, toai ^clgi
gelingt.
3. Helgaquidha Hundingsbana hin
önnnr, bai anbere ßieb üon -^elgi, bem
^unbingötöter. iJiac^bem ^elgi feinem
^ater ©igmunb im Äampf gegen ^un*
bing geholfen unb Sigrün oon ibrem
33crlobten |)übbrobb befreit, »ermä^It et
ftcf) mit «Sigrün; i^r 93ruber aber, beffen
93ater unb Sruber non •f>elgi getötet
morben, burc^fiic^t biefen. '}\U ®ei)i fet)rt
ber ©etötete jU feiner ©attin jurücf unb
unterrebet ft(^ mit if)r; ba er aber bie
jweite 9'lad)t »ergebend erwartet Wirb,
fiirbt jene oor ^arm unb ßeib.
4. Sinfiötlalok , ©infiötli^ (Snbe, ein
profaifd)cr 3tt'ifi^enberi(f)t, ber ba8, tüai
in ben ^elgiliebern t»on iSinfiötli, bem
älteren @o^)n ©igmunbö, crjäf)lt war,
burc^ bie (Srjäf)lung non feinem jEobe er*
gänjt unb ta^ SBerwanbtfdjaftäoer^ättnig
üon (SinfiötU unb ^elgi ju Sigurb er»
läutert.
5. Gripis spä. ©ripir^ 2ßeiöfagung,
ober Sigurdharqnidha Fafnisbana hin
fyrsta, ba^ ixftt Sieb uon ©igurb bem
gafnirötöter. 8igurb (Siegfrieb) reitet
»or Öeginn feiner ^etbenlaufbabn ju
®vipir, bem ©ruber feiner iUJutter ^iörbi^,
bamit biefer ibm aüe feine ©efc^itfe big
JU feinem Sobc iwrauöfage. ®r erbält
cic gewünfd)tc ?tuöhmft unb reitet
t)inweg.
6. Sigurdharquidha Fafnisbana hin
önnur, ha^ anbere ßieb Don ©igurb bem
^afnirötöter unb
7. Fäfnismäl, hai Sieb fon g'^f'"'^-
SRegin begiebt [xä^ an ben ^of ^ialpretg,
wo ber junge ©igurb lebt, erjä^lt ibm
oon bem ^orte, Weldjen einfi bic brei
®öttev Obt)in, ^tjmir unb ßofi feinem
SBatcr ^teibmar aU Suge für bic Sötung
Dturö, fcineg €oI)ncö, burcb 8ofi gaben,
unb auf weld)em nun ber britte Srubet
^^afnir, um beei ^orte^ alleiniger ^err ju
bleiben, in S)racbenge|!att at^ |)üter liegt.
Sr reijt i^n jur Sefämpfung '{Jafnirä unb
fi^miebct il)m ju biefem S*^^'*^ ^^^
@cf)Wcrt ®ram. Sigurb jie^t nun mit
(gcbiffövolf auö jur iRa^e an ^unbingg
®öbnen, bic feinen 33ater ©igmunb er*
fi^lugcn, bcficgt fie unb reitet bann auf
bie ©iufa^cibc, wo er ^afnir tötet. S)a
offenbart itjm SRegin, war er erfc^lagen
babc, er trinft »on i^afnir« iölut unb be«
76
ebba.
fieblt ©igutb, iai ^erj am %tmx ju
braten. S)aburd^ ia^ bcr @aft be^ ^er*
jen^ bicfem bic 3w"9ß "f^t, eilangt er
bic gö^igfeit, bie Sprache bcr äJögel ju
»erj!el)cn, Vorauf er burd^ bie Unterrebung
cineö 5tblerpaarö fofort erfährt, ba§ SRcgin
i^n JU »erberben ftnne. ®r i§t ^^afnir^
^cr§, tötet bcn fi^Iafenben JRegin, be*
lafiet [ein iRo§ mit bem ®oIbe unb reitet
JU (Siufiö 93urg.
8. Brynhildarquidha Budla dottur
hin iyrsta ober Sigrdrifamäl, bai crfte
ßieb üon SBrtjnt)ilb, Subliä Soc^ter, ober
©igrbrifa« SRebe. Qtuf bem SBegc ju
©iufie Surg crbltät Sigurb einen 99erg,
bellen (äipfel ßof)cn umgeben. ®r reitet
i^inauf, bringt burc^ bie ®Iut, tritt in
einen ®aal unb ftnbet ha einen in üoücr
SRüj!ung fcf)Iafenben SD^ann. 5tl« er mit
bem Sanierte bie 33rünnejerfd)nitten unb
abgejogen, ift eä eine 3ungfrau, bie nun
enyad)t unb erjä£)lt, ha^ Dbbin fte in
bicfen ©d^Iaf gebracht Ijabc. ®ie rcid^t
ibm ben SPlinnctran! unb nennt jtd)
©igrbrifa. Stad^bem fte i^m bie näheren
Syorgänge crjäf)lt unb ibn bvtxii) SRunen*
unb ©ittcnfprüdbe belehrt, bri<^t tai Sieb
plö^licf) ab.
9. Brot af Bry nhildharquidha,
a3ru(f)pcf eine« Srtjnbilbenlicbe«. ®er
verlorene Einfang I;atte ol)ne B^^^iffl ^i^
®ett)innung ber ißrpnbilb burcb Sigurb
für ®unnar unb i^re unglüdlid^e S^f
mit ©unnar jum ©egen^anbe. S)aö
SBrucbPücf beginnt nun mit ber uon
SBr^nbiib an ©unnar gerichteten Sluffor^
berung, ben treulofen ©igurb ju töten,
er^äl)U bie Q(u«füt)rung beö SUlorbe^,
5^rt)nbtlbö ^reubc unb ^o\)nlai)tn , alö
fte bic Zi)cit erfährt, ©ubrunö Sernjün^
frf)ung beö DJJörbcrei, 33rt)nbilbä ©efiänbniö,
ia^ ©igurb un[cf)ulbig gemefen, unb i^re
SScrfünbigung be^ bctjorftcbcnben Unter*
gangeö ber 9Jibelungc.
10. Sigurdharquidha Fäfnis-
bana hin thridja, ta^ britte ßieb oon
@igurb. ©igurb ifi mit ®iufiö (£öl;nen
in Söerbinbung getreten , unb t)at i^re
©c^hjcjler ®ubrun gcebdicbt; barauf jicben
pc'auä, bic Srpnbitb für ®unnar ju
Werben, ©igurb crnjirbi fte unb überants
tt)ortet bem ®unnar bic unberübrte Sraut.
9lber biefe füblt ft* ungtücflic^ >?crmdt)lt,
bcflagt ibr ©cfcbicE unb reijt ®unnarn
ju ©igurbö SWorbc auf ®unnar f^itanft
unb fragt |)ögnin (^agen), bcr ben SBer*
tat mipiüigt. 2)a wirb bem jüngftcn
93ruber, bcn feine eibe binben, bem ®unb*
wurm, bie 5iuäfü^rung übertragen. S)icfer
ftö^t bem an ®ubrunä Seite fcf)tafenben
gelben bcn ©ta^t inö ^crj, wirb aber
fetbjl von bem ©dbwcrtc, ba« ber Slob^
wunbe i^m nadbwirft, mitten cntjwei gc*
fpaltcn. 2)er ©terbcnbe nennt ber er«
wa(i)cnben ®attin iörijn^ilb aU 5tnjiiftcrin
bcö ÜJZorbeö, ®unnar fdbilt fte barum,
aber if)n bemütigenb fagtc fic, ta^ fte
wiffc, wie fte bei ber SSermäblung betro«
gen worben fei, fic geftcbt ibre Siebe ju
©igurb unb wiH mit ibm bcn Slot teilen.
@ic jlicbt ftcb i>ai ©dbwert in^ .^erj,
wciöfagt ®unnar SScrfö^nung mit ®U5
brun, wel^e bie ©wanbilb gebiert unb
bann mit 2ttli ftd) t>ermä^U. 3"^«^* ^^'
fteüt S3tt)n^itb nod) itjr unb ©igurbö Se?
gräbni^.
11. Helreidh Brynhildar, !ßrl)n*
bilbö Sotcnfabrt ju |iel, ber fte itjr
@(i)icffal erjäblt.
12.Griidhrünarquidhahin fyrsta,
hai crftc ®ubrunlieb. @(i)ilberun9 be^
©c^merje« ber ®ubrun beim 'JlnblicE i^reä
toten ®emabl^.
13 Drap Niflunga, «Korb ber iRi»
belunge, furjer profaifcber ßwifcbenberid^t
jur Überleitung auf bie folgenben
Sieber.
14. Güdhrünarquidha hin ön-
nur, hcii anbere ©ubrunlicb. ®ubrun,
mit Qltli öcrma^It, flagt bem Ibio^i^«?
(3)ietri(^ tion Sern) ibr ©(i)icffal, ba^ fte
wiber ibre 9Jcigung 5ttli, bem 93ruber
bcr ©rljnbitb, ibre .^anb l)aht reicben
muffen. ®ie fct)Iie§t mit 'Jingabe bcr
Unbcil »crfünbenben Iräume QUliö unb
mit ber ißerftcbcrung, ba^ fte fucben
werbe, biefelbcn in ©rfüüung gcbn ju
laffen.
15. Güdhrünarquidha hin thridja,
iai Dritte ®ubrunlieb. ®ine 2JJagb,
^erjaf (^cldjc), l)at ®ubrun 51tli gegen«
über ber Untreue mit Sbiobref gejie^en,
burcf) ein ibr günftigcß ®otte0urteil be*
freit fte ftcf) tJon ber ^Intlage.
16. Oddrünar grätr, Älage ber
Dbbrun, ein fpätcreö, unedjtce Sieb.
Dbbrun, 5itli^ ©cbwefier, crjäbtt einer
^reunbin, wie fte gegen ben SBiUen ibreä
iöruber^ ein SiebcöPcrbältniö mit ®unnar
gebabt bnbc, um beffen wiClcn 5ltli ®unnar
unb ^ögni getötet l)abi.
17. Gunnars slagr, ®unnarg
^arfenfcblag , tai Sieb, mit welkem ber
t)on 2ttli in bic ©cblangenböble geworfene
®unnar bic ©cblangen bi^ auf eine, bic
ibn tötete unb 2Uliö 9)hitter war, cinge»
ebba.
77
fc^Idfcrt i)abtn foü. 2}icUtirf)t eine
Jälfc^ung.
18. Atlaquidha unb
19. Atlamäl, @aqe unb ©cfang »on
^ttli. iöeibc ßieber fc^ilbcrn ben idm-
tüdifc^cn SBerrat 2ltliö an feinen ©(^roä^
gern, ben ©iufungen ®unnar unb ^ögni,
unb bie beö^alb »on ®ubrun, ihrer
®d)tt)e|ier, an i^m ausgeübte iRacfce.
9ltli jürnt ben beiben 5^ürjlen, weit er fte
für fä)ulbig ^ält am Zohi ber S3n;n^ilb,
unb »eil er aU ®emaf)l ber ©ubrun auf
ben ^ort 5lnfprücf)e mac^t, ber ihr nad)
8igurbä Sobc oon ben Srübcrn gewaltfam
entriffen würbe, (är labet fte burc^ einen
93oten jum ©aümale ein, unb fte, t»er=
gebenö gen^arnt, folgen ber Sinlabung.
©leidE) bei il;rcr Qtnfunft in *atli« 33urg
»oerben fte binterlißig angegriffen, erliegen
jebod) erfi nac^ ber tapfcrften ©egcnvoeör
''Mix forbert non ben (Sebunbenen ben
$ort , (Sunnar aber weigert fxd), ben Ort
feiner Seroaljrung ju entbedcn, folangc
^ögni lebe. Da lä§t ?Uli einem .5lned^te
hai ^crj auö bem ßeibc fcf)neibcn unb
c^ blutig aU ^ögni« $crj cor ©unnar
tragen; ber aber erfennt an bem 93eben
beö ^erjenö, ta^ cä nic^t ^ögniö ^erj
fein Eönnc, ba^ nie gebebt ^abe. ?Jun
wirb ^ögni felbft getötet unb feinet ^er*
jcn^ beraubt, unb ®unnar erfennt e^ aU
fol(ä)eö an, boc^ foHe 2ltli ben Drt beö
®(^a^e^ nienmlö erfahren. 5Da Wirb
(Sunnar in bie (Bcf)langengrubc geworfen,
um feinen Sro^ ju bü^tn. SJiun Wirb
©ubrun oon ber ^ei^epen ytaä)i oufge-
fiac^elt, fte tötet il;re mit 5ltli erjeugten
©ö^nc, giebt bem 93ater beren |)crj ju
effcn unb beren 93lut mit SBein riermifd)t
ju trinfen, burc^bot)rt bann if)n felbfi mit
^ülfc pon |»ögniä ®of)ne 9'Jiblung, alä er
trunfen im 33ette fcbläft, unb flecft bie
93urg in 33ranb. «Sie felbfi wiCl ibren
Job int Speere fu(i)en, aber if)r ®efcf)icf ifi
noc^ liiert crfüQt.
20. Hamdismäl, ba^ ßicb üon^am=
bir, erjäl)lt, wie (Subrun i^re nad^ Qltli^
lobe mit 3ön<tfur erzeugten ©öt)nc ^am:=
bir unb ©örli jur 'Jlad)e an Äönig ^öi-
munref (ßrmanric^) aufreijt, ber il)re unb
©igurb^ 2;od)ter, bie it)m »erlobte ©wan*
^üb, auf bed treulofen Siffiö CBihiä))
9lat Wegen falf(i)lic6 angefd)ulbigter Un-
treue üon SRoffen ^atte ju lobe treten
laffen. ^txxi reiten na«^ furjer Sffieigerung
ai itnb finben il;ren ^einb beim S^^%^'
läge. ®ie ri(f)ten eine gro^e 9^ieberlage
unter Jörmunrcfä ÜJiannen an, berauben
ifin felbfi ber ^änbe unb güpe unb wer«
ben fo lange üergebenö betämpft, biö Dbbin
felbfi erfct)eint unb ben SRat erteilt,
Steine auf fte ju werfen, benen fte enb*
licl) erliegen.
21. Gudlirünarhvüt, ©ubrunä *2hif«
reijung ober SRa($eruf, an il)re Söljne
wegen ber (Srmorbung il;rcr Sc^wefter
gcrid)tet, 2öel)f lagen über il;r eigene^
jammerootleö ®efd)icf unb 5lufforberung
an it)ren crflcn ©emabl Sigurb, wie er
oerfproc^en ftabe, auf fdöwarjem D^offe
berjureiten unb fic aua bem ?eben abju»
^olen. Sie befiehlt, ben 93ranb ju ruften,
ta^ xi)xt 93rufi »oll Scibe^ nun brennen
möge.
22. Völundarqnidha, ta^ ßicb
tion Sölunb, bem Sd)mieb SBielanb.
2)icfer, ein finnifd)er Äönigäfo^n, bat mit
feinen Sriibern ©itid unb Slagfib^r bie
^eimat werlaffen unb in 2Bolft^alen im
SHeicfte beö iJtiarenfönig^ Sfiibtjubljr SBoljnft^
genommen. Sinft überuifc^ten bie brei
Srübet brei ©(^wanjungfrauen (üßatfüren)
am Seeftranbe, fingen fle unb üermäl)ltcn
ftcf) mit it)nen. äßie jeboc^ bie brei
©rüber einmal auf ber 3agb finb, be*
mäd)tigen jene ftc^ i^rer Sc^wan^emben unb
fliegen fort, Jlampf aufjufudien. 2)ie tieim*
gefommenen 53rüber finben il)r ipaxxü leer,
SgiU unb Slagfib^r ma^en fid) auf, il;re
grauen ju fud)en, SBielanb aber bleibt
babeint , fd)miebet (Solbringe unb reil^t
fte on ben ßinbenbafi. 5Da cernimmt
9?ib^u^I)r, ba% Söielanb in Sffiolft^alen
fi|e unb äie^t mit feinen ÜJiannen
bei iRad)t auö, ftd) feiner ,^u bemacbtigen.
Sr ift aber md)t ^^u ^aufe; ba verbergen
fte fid), nad)bem fte einen ber Dtinge weg«
genommen. (Srmübet »on ber 3agb fommt
Sßielanb l)eim, jiibtt bie O^linge unb uer=
mutet, ba einer fel)lt, feine ^rau 5llwitr
fei 5urücfgefet)rt. (5ingefd)lafen, wirb er
pon 9iibl)ubl)r an Rauben unb t^üßcn
fc^wer gefeffelt unb |inweggefü^rt. 2)a«
i)eim giebt ber Äönig ben SRing feiner
Jod^tcr Söb^wilb, ÜBielanbö Schwert aber
behält er für ftci- 5luf ben SRat feiner
©ema^lin, bie 2BieIanb^ SRadje fürchtet,
lii^t er ibm bie Scf)ncn an ben %ü^in
burd)fd)neibcn unb fe|t ben @clä|mten
nadb Säparftabl;, wo biefcr i^m atler^anb
Äleinobe fc^mieben mu^. 5lber jur JRa(^c
tötet aSJielanb ^Jltbliub^rö junge ©ö^nc,
wirft bie ©ebcinc unter ben ßöf'c^trog,
fd)weift it)re |>irnfd)alen in Silber unb
giebt fte bem Äönig, i^rem «Bater. 51uö
ibren Qlugen ma^t er Sarfnafieine, ^ugen^
78
' (Sbclbing — Sf)e.
jieine, unb fcnbct fte S'libfjub^rö SBeibc, aug
t^ren 3^^^"^" SBrujitinfltein , bie et bcr
93öbf)Witb fcf)idt. ©inft fpicit biefc mit
SBiclanb^ SRing, unb er äerbticfet. 3)er
(Sä)mtcb, äu bem fte gelit, t)cr[pricE)t tf)r,
i^n tüieber gatij ju mad)en, fd^läfcrt fte
aber ein unb bewältigt fte. ©arauf nimmt
er fein eon i^m gefertigte^ 55ebergeh)anb
^ernor unb bebt ft^ loc^enb in bie ßüftc.
51UÖ ben 3!Botfen giebt er bem i£)n be»
fragenben Äönig Äunbe über haii ©c^icEfal
feiner ©öfine unb feiner Slod^ter unb ent»
fliegt.
il. 2>ic jüngere ®bba ober Snorra-
edda, meil fie, aber mit Unrcd^t, bem
<Snorri ©turlafon, 1178—1241, bem
23erf affer ber .^eimsfringla, eineö großen
ttorbifd^en ©efc^icbtöwerfeö, jugefc^rieben
tt)irb. S5ie jüngere ^itha ifi ein ^anbbuc^
für junge ©falben, bie ftc^ mit ber (Sötter-
iebre, ber ^elbenfage, ben ®efe^en ber
2)icf)tfunjl unb 93ereb[amfeit befannt
mad)en wollen, unb jerfäHt in fotgenbe
Seile:
1. Gylfagiuning, ®t)Ifiö 93erblenbung,
fd^Iieft ftc^ in feiner ©infleibung an baö
britte mr)tI)oIogifc^e ßieb ber altern Sbba
an, an 2Baftt)rubniömäl. 2Bie bort Db^in
unter bem 9^amen ©angrabr einen mää)'
tigen unb meifen [Riefen befuc^t, um fein
SBiffen auf bie fprobe ju fietlcn, unb fo
ein aSettftreit beginnt, bei bem hai ^aupt
beö Unterliegenben ju $fanbe j^el^t, fo
wirb umgefefirt ^ier bie SZßeiöbeit ber
©Otter auf bie $robe gejieEt. @plfi, ein
mt)tf)ifd)er .^önig oon ©^roeben, begiebt
ftd) nai) 5tögarb, um ju erfa{)ren, wo^er
bem 5tfenüoIf feine 2)?ac^t fommc; fein
JRame ip ©angleri, ber SBanberer. 2)ie
©Otter machen i^m aber ein ©lenbwer!
ober ©auEelfpiel r>or unb jeigen ft^ i^m
nid^t in it)rer magren ©eftalt, fonbern
beantworten feine (fragen ßon einem brei*
fachen Apodjft^e aug unter ben Stamen
^ars, S^Jftil'fli^^ "Ob 2:t)ribiö, b. i. ber
^o^e, ®Ieicf)f)o^e unb ber Stritte. 2)ie
»orgetegten fragen geben SSeranlaffung,
bie ^auptlel)ren be^ norbifc^en ©ötter»
glaubenei barjulegen.
2. Bragarödur, 93ragiä ©efpräc^e,
ber Ögisbretfa, bem ^e^nten mpt^o*
logifcben ßiebe bcr altern (ä.hta, na(^gcbil=
bet. Dgir, ein jaubertunbiger, auf^Iefe^
wo^nenber SDIann befucbt bie 5lfen unb
wir^ oon ifinen mit ©aufelfpiel empfangen.
Sei Z\\d)i ft^t Dgir neben Sragi, wel«
<^er \\)m bie norgelegten ^^ragen burc^
mpt^ifdje ®rjät)Iungen beantwortet. SJeren
Ie|tc bejie^t fid^ auf ben Urfprung ber
S)icf)tEunjl , worüber Sragi, ber ©falbe
ber ©Otter, f^idlid^ ?Iuäfunft giebt.
3. Skaldskaparmäl, f)at bie ©falben«
fünft jum ©egenfianb unb serfätlt in
a) Kenningar, Umschreibungen, b) Okend
heiti, einfädle Benennungen, wie bie=
jenigen, bie in Qllwiömät, bem a^ten
mpti^ologifd^en Sieb ber alten (S.tia, auf«
gejeic^net ftnb. c) Fornöfn, in ber ©fal«
benfunjt gebrdu^Iic^e 9iamen ber ÜRänner,
Jyrauen, @d)Werter, ©(i)iffe u. bgl., bie
aufgejä^It unb nac^ t^ren mi)t^ologifcf)en
Scjie^ungen gebeutet werben. (Sinigemat
finbet [xä) Sßerantajfung, größere ©tücfe
aüi bcr ©Otter« unb |)clbenfage einjufiec^«
ten. 2)ie ©infleibung iji biefelbe wie in
Sraguröbur. Koppen, litcrarifc^e Sin«
Icitung in bie norbif(J)e ©Jpt^ologie-
©imrocE, bie (§,ti)a, überfe^t unb mit
(Erläuterungen begleitet. ©ttmüller,
8iteraturgefcf)ic^te.
©kUng, fte^e 5t bei.
©bclfnak erfd)eint im mittel^od^beut«
fc^en ©prad^fd)a^c nic^t; neuere 33üc^er
oerj!el)en barunter junge Knaben ebler ^er«
fünft, bie bei einem bcfrcunbetcn ^errn
ft(^ in rittcrli(^er ßebenöart auSbilben
foüen, m^b. meifi kint genannt.
^Mintäft, ftel;c O^ittertum.
Edictum Rotharis unb Theodorici, fte^e
leges Barbarorum.
ehaftiu not, au^ bIo§ die e hafte
bci^t ein nac^ bem ®cfe|e juläfftger @nt«
fcf)ulbigung^grunb beffen, ber ber ßabung
r>or ®erid)t nicf)t golge leiftet; fränfifd^
sunnis. 3n ben ältcften JRcd^töaufjcid^«
nungen werben aU e^bafte S^iötc aufgc«
fü^rt ^ranft)eit , ^errenbienfi unb
5tob eineö naben 25erwanbten; in
^artmannö 3wein l)ei§en fte slechtuom,
vancnüsse ode der tot; im ©adjfen*
fpiegel: Vier sake sint, die ehte not
betet: vengnisse unde süke, godes
dienst bute n lande (iBetefat)rt) unde
des rikes dienst; anbcre SRec^te nen«
nen anbere ülok.
fö^C, a\)t. bie ewa, ea = (Swigfctt,
enbloö lange 3eit, (feit langen , unbcnf«
lid^en Seiten geltcnbeö Otedbt ober) ©efe^,
tiom got. ber äivs = 3eit, ewigfeit,
weld)C!3 bem lat. aevum, gricd^. alcov
= Si^i, Ccbenöjeit, ©wigfeit, fanöfr. ewa
= @ang, SBanbel, cntfpricf)t. 25aö a^^b.
ewa ftnbet ftd) juerp bei 9Jotf e r (f 1022)
in ber Sebeutung eineä auf bie Sänge be«
ßebenä gefcf)loffenen 3ied)t^rier^ältniJTed
e^c.
79
ober Sünbniffeji ätüifc^cn Tlann unb
2ßeib, mf)b. ewe, e. SBeiganb.
S)er alte ©ermane ^attc bcr ©ittc fei«
neö ^oUii gemä§ nur eine ^Jrau, obgleich
re(ä)tlic^ bie Vielweiberei nid)t unterfagt
war. ^üi^Pen nahmen etwa politifc^er
(Srünbe wegen mel)rere Söeibcr. Urfprüng*
lief) Würbe bie 93raut üon bcm !öater ge«
fauft; bod) fennt fcf)on Sacitu^ (Germ.
18.) ben cigentli(ä)en Äauf bcr 33raut
fetbcr nicfit mit)X, fonbcrn blo^ ben Äauf ber
®cwalt über fic, ben Äanf beöSDUmbiumö
(f. biefen 5trt ), bcö gefe^Iicf)cn D^ec^teö über
fie, womit ber 2öaffenf<$u^, bie i*ertretung
toor ®erid)t, Darlegung beö SBeljrgctbee
»erbunbcn war. ©ae SWunbium mu^te
gcfauft Werben, in erjler Cinie auö ber ^anb
beä Sßater^, in jweiter ßinie je nad) ben be*
fonbercn 93oIf öred)ten ausi ber ber SDJutter ober
bcr ißerwanbten, bei Unfreien aui ber ^anb
beö pnxn, bcffcn ©inwiüigung aufcrbem
gewö{)nIidE) an bie Entrichtung eineö 3'"'
fco gefnüpft War; Wenn nid)t alö Sted^t,
fo nat)m bod) alö ©rauc^ unb ©ewobn^eit
bcr |)err oiclfai^ \o%ax baö jus primae
noctis für fid) in Qlnfpru^. 5Da^ Ser«
fügung^rec^t über bie |>anb beö Söcibeö
Pon feiten bcö Söormunbcö ifi altgerma«
nifc^, bcr ißormunb burfte cö üerniäl)Ien,
Wem er woHtc, o|ne auf i^rc Steigung
unb ©inwitligung SRüdftc^t ju nehmen.
2)oc^ minberte ft^ biefc ^drtc frü^ burc^
einwirfung beö ©{irij^entumö-, wcl(ie^ iai
ötec^t ber freien Sinwittigung Pcrlangtc.
Oft Eam, tro^ Ijarter ©trafen, bie barauf
gefegt waren, gcwaltfamc ©ntfütjrung,
^rauenraub por; in ber t)orf)öfifc^en, wie
tn ber ^öftf^en 3«t ijt biefcä 5ibcntcuer
Piel bcfungen worben, j. 33 in ber ©ubrun.
ebenfalls alt unb Piel Perbreitet, bei %ÜX'
flen jlcf)enber (Sebrauc^, ifl bie ffiöerbung
bur^ einen ^Jürfprec&cr, weld)cr üorne^m«
lid) bie $ö^e beö 33rautfaufeö ju ner^an*
bcln ^attc. S)er Srautfauf, aud) ma-
halscaz, muntscaz, brütmiete,
langobarbifc^ metä, burgunbifc^ wit-
temo, mittellat. mundiam, sponsa-
litium, arrha, pretium emtionis,
nuptiale pretium, dos genannt, ifi
bie Qlblöfung bcr Sraut üon ber ange«
borenen 3D'iunbfd)aft unb bie Sbebingung
bcö rechtmäßigen (Sintritteö in ta^ ®c-
fd^(ed)t unb ben ©c^u^ bc^ Sräutigam«.
£)f)ne 9JJat)Ifd)a^ gab cä feine ebclid)e
i|rau, bloß eine 93cif(^Iäferin. Urfprüng*
lid) würbe er nur in beweglicher ^abe
gegeben, in Aneckten, ÜJtägben, ^Pferben,
0linbern, ^ojibarfeitcn, SÖaffcn, fpüter aud)
in ßanb. S)ic |>öl)e bcäfclben würbe ur*
fprünglic^ bem Übereinfommen »on bciben
«Seiten überlaffcn, unb jubem rid)tete et
fid^ nai^ bem ©taube beö SUtannc«. ©d)on
frü^ neigte fid) bcr germanifc^e ®eifi hat
i)in, ben ©rautfauf nur aU einen ©c^cin»
fauf fefijul;alten, bcr jur bloßen 9ficd)t^s
formalitiit würbe. 5Docö blieb bie Ctebcn««
art „ein 2Beib faufcn" noc^ lange belieben.
2)ie 3<5^Iung an ben ißormunb würbe
in ©egenwart Don 36"9f" ^^^ rec^tmäßi«
gen SBcrlobcr ju feinem Sigentum über«
geben. Olümäblic^ fam eö »or, ha^ man
bie Sraut felbcr in ben ®enu§ bcö 33raui*
fd)a^eö treten ließ.
QUö ©cgcnleifiung gegen ben Sraut;
fauf, nacfibcm biefer mef)r ein ©efc^enf an
bie ^amitic bcr 93raut ober an bicfc felbfi
geworben war, fam bie SOiitgift auf,
m^b. heimstiur, histinr. Si War bai
eine ®aht ber rc(^tmäßigcn SSerlobcr, be^
33ater^ ober ber 33rüöcr^ an bie Sraut felbfi,
ein ®efd)enf, taii \l)x eigen blieb, unb über ta^
bcr TOann fein ißerfügungöred^t !^atte. 5tuc§
bie Sinitgift fonnte urfprüngli(^ , aU tai
iZßcib noc^ nic^t liegcnbcö ©igen befi^cn
burfte, nur in fabrenber ^abe gegeben
werben, voa^ fid) fpäter änbcrtc.
3ur ®egengabc gegen bie SDtitgift, Pon
bcr boc^ bcr SDtann cbenfaü^ mc^r ober
weniger ®enuß jog, fam bie ©itte auf,
ha^ bcr ^rau Pon bem üJlanne ein Seil
feineö ®uteö auägefe^t würbe, bie 2Bi =
bcrlage, mf)b. bie widerlege. jDurc^
fte würbe bie ajJitgift aufgewogen, fo i>a^
bie i^rau fortan feine '2lnfprü(^c mcf)r an
fic battc. 3nbem bie Söiberlage befonbcr^
für ben ßcben^unter^alt ber üBitWc auä«
gefegt war, bieß fte öcibjuc^t ober
l*eibgcbinge.
SJiad)bem bie Sercbung über tafi Sßer«
mögen beibcr Seile bcenbct, SSrauttauf
unb 2Ritgift unb, wo ta^ 33rauc^ War, bie
aSiberlage, etwa aud) eine ®abc an bie
Serwanbten be^ SDtanneö ober ber 93raut,
oon ber ®egcnfeite ®cfc^cnfc beä Sräus
tigamö an bie Sraut gegeben Waren,
fc^ritt man jur 3Solljicf)ung bcrSer«
lobung. ^auptbcbingung war, ta^ bie»
felbc üon ben rc^tmäßigcn 93crlobern er»
folgte unb öffcntlid) war. 3)ie 3fugen
fc^loffen einen Äreiö (SRing) unb t)ai
Srautpaar würbe in bie SOZitte bcefclbcn
geführt. ^Darauf richtete ber Scrlober an
ben 9Wann juerft, bann an i>ai SDiübc^en
bie ^rage, ob fte ftd) jur @^e wotltcn,
fte^e i>ai f^wäbifd)c Söcriöbniö auö bem
12. 3a^r^., u. a. abgcbrudt bei 9Wünen^off
80
et)e.
nnb S^crer, iJeiifniälcr, 'Jlx. 99. iBci bcm
a3crlö6ntä tnurbe Dom Ißctiobcr bem Sräu'
tigam am @4tt)cvte ein SRtng übctrei(^r,
bcn ber le|tere ber 93raut fctbfi an=
j!cdtc. 6r ifi baä tcd^te S^i^cn ^f«
gcf^lof[cnen 93unbeö, bic Urfunbe ber
Sreuc unb 5Winne; in älterer 3^'^ f<^eint
jiatt beö iRingeö ein ^aben ober Sanb
3ei(i)en ber Q3erIobung gewefen ju [ein.
9in bic ©eringung fcf)lieBt ftd^ Umarmung
unb Äu§; in mand^en ©egenbcn über*
reichte ber Sräutigam ber 93raut noc^ einen
Sc^u^ ober er trat i^r auf ben gu^.
SÖ3ar bieg gcfc^c^en, fo war bie 33er=
lobung gefc^Ioffen unb burfte nic^t me^r
gebro(|en merben; eine beftimmte ^rift
war biö jur |)eimfüf)rung ber 33rout ge=
fe^Iic^ gcfiattet, auf bie Scrfäumni^ ber=
felben eine Strafe gefegt; cbenfo Wie auf
ein abfxd)tlid)eä 3urücft)alten ber Staut
burd) ben 9Ser(ober. Untreue ber 33raut
Würbe ^art gebügt, Untreue beö 35räuti=
gamg Icic&t.
3u einer rechten 6l;e geborte (Sbenbürs
tigfeit, es foKten bIo§ ^xm mit freien,
Unfreie mit Unfreien ftc^ Perbinben. (£t)cn
jwifc^en (freien unb Unfreien würben nad)
einigen iBoIf§gefe|en mit bem Jobc be»
jiraft, in anberen mit ©elbbu^en ; bagegen
galt im SWittelaiter bie (St)c jwif($en einem
©beln unb einer gewöf)nlid^en freien als
burd}au« „gefiattet, nod^ im 13. ^al}ii).
famen in Dficrrcic^ unb 93aiern (S^en
5Wifd)en SRittern unb freien iöauerö-
töc^tern ober jwif($en Dilitterötöc^tern unb
Säuern oielfad) »or. dagegen würbe
bod^ f^on frü^ barauf geft^en, ta^ ber
befonbere ©tanb in ber (St)e gewahrt
würbe, Könige mit Äönigätöditern, dürften
mit i^iii^ninnen Serbinbungen eingingen.
SJie eigcntlicfien ^Parteigänger für biefe
neue 8ct)rc oon ber (Sbenbürtigfeit waren
bie i^rauen. ^ür bie ef)e jwi[d)en gteicn
unb Unfreien, auf bte urfprünglid) ber
Job gefegt war, bilbete fid) für bic fol»
genbc 3fit ber SReditögrurbfa^, ba§ in
folc^en St)en ber freie (Satte famt bcn
erjeugten ^inbcrn unfrei werbe, ber arge*
rcn ^anb folge.
3n Scjiebung auf bie Scrwanbtfc^aftgs
grabe ber Sbe^atten waren bie bcibnifd)cn
©ermanen fe^r freibcnfenb, unb au§er
heiraten jwifd)en ©Iteiii unb Äinbern
fdieinen aUe ©bcn erlaubt gewefcn ju
fein ; man l)at Seifpiele oon ®efd)Wiper»
ct)en, (Sf)cn mit ber (Stiefmutter, mit ber
Sruberöwitwe, bem ®efd)Wijlertinb. 2)ie
Äird^e ftetltc bagegen ein St)fiem ton »er*
botcnen Serwanbtfc^aftegtabcn auf, ba^
ni^t blo^ big m bcn ftebcntcn ®rab ber
Serwanbtfd^aft ging, fonbern fogar bic
(Sben 5Wif(^en 2auf= unb gitmelpatcn
oerbot.
Spätejtcng ein 3a^i nad) ttolljogener
Verlobung erfolgte feit bcm 13. 3af)r^.
bem ®cfe^e naä) bie ß^elic^ung ober
^oc&jeit, a{)b. hileich, kihileich,
hirät, brütlouft, brütleite; {)eira«
ten: hiwjan, hien, gehijan, gewi-
ben, briuten. SDie gewöhnliche 3^^*
jum heiraten war ber ^crbjl unb
ÜBintersanfang. Verbotene ^iciratgjciten
^at crfi bie Äird)c aufgebracht. 3"^^
^oc^jeit fclber lub man felbfi ober
burc^ ben Srautfüf)rcr, Srautmann ober
J^oc^jcitbitter ein. 2)ag cigentlid)e ^ejl
würbe im ^aufe beö Sräutigamg gefeiert,
eä war eine ^eimI)oIung, ein Sraut*
jug ober Srautlauf. £>ie Wefcntlic^»
Pen ©ebräucbe babci jtnb : ber Sräutigam
fenbet eine ©c^ar auö, bie Sraut in fein
^au0 ju ^olen; ber Srautfüf)rcr ifi felbjt
für ben gaD, ta^ ber Sräutigam am 3uge
teilnimmt, ber Spred)er unb Untert)änbler ;
er bringt bie SIBerbung noc^ einmal cor,
i^m wirb bic Sraut übergeben, unb er
fü^rt fie bem Sräutigam ju.
5lllgemcin verbreitet war bie Sitte, ba§
bic Sraut bei ber^cim{)oIung i^r^aupt »er«
büütc, ^auptfd)mud ber Sraut hai lange lofe
^aax, aliQää)tn bewahrter SReint)cit; bagc=
gcniji berSrautfranj nid)t altgermanifc^
unb crfi tmä) bie SBcrmittcIung ber
Äird)e aufgcfommen, bie if)n aug bem
flaffifd)en 3lltertum cinfüfirtc. Jm 13.
3airl^. war ber Srautfranj aber bereit«
im Srauc^.
Die Sraut war baö ganje 3^cP über
fafi aüent^albcn in bie Db^ut ber Sraut*
fr au gegeben, einer nabcn Scrwanbtcn
ober einer !Pate," wel^e für bicfen Jag
bic Stelle ber SÖJuttcr ücrtritt; i^r Soor«
fommcn in altgermanifdher 3«it ifi toa^r»
fd)einlid), aber nid)t bewiefen.
2ßag bie rcligiöfe «Seite ber Beirat
belangt, fo fd^eint im ^cibcntum Sitte
gewefcn ju fein, bier wie in jcbcm wid^*
tigen Seginnen bie Stimme ber ©öttcr
burd) tai 800 ju erforfd)en, wie biefe«
aud^ f)eute nod) üicifacf) geübt wirb. Un*
ter ben gcrmanifd)en ©ott^citen fmb aU
Sorfieber ber Sl^e ju bcjei<^nen: ßofi,
2)onar, grctjr , ^xo. ßieber, a\)t). brüt-
leich, brütisanc, hileich, leichod,
würben beim Srautlauf gcfungcn.Jj^i
(i^c.
81
Die d^nfili(i)e Drbnung »erlangte fpäter,
ba| man ben ^teäbpter unb Sifcfcof über
bie eingefiung ber (Sfie um SRat fragte
unb bie 6t)c nad) bcm ©cnuffe beö Ijeil.
Qlbenbma^Ie^ unter pricPerIidE)em @egen
fd^lop. ^iäfjereä in iRettbergö Äir(i)enä
gefcf)ic&te, II, § 117; toä) gemö^nten fi^
bie S)eutf(J)en langfamer an bie neue 5ln*
fc^auung unb (Sitte alä bie romanifc^en
ßdnber , ©nglanb unb ©fanbinatien.
Doppelehen tt)arcn bei ben meroh)ingifcf)en
J^önigen I)ergebra(i)t. Qwax würbe bie
!ir(f)Ud)e Sinfegnung üon ben Karolingern
angenommen, aber nod) lange ni(i)t aUge«
mein burctigefüf)rt. 93i^ inö 15. Ja^rb.
f;aben Äonjilien= unb ®t)nobaIbef(^IüfTe
mit biefer ®ad^c ju t^un. 5tm Ieid)teften
fügten ftcb bie ^ö^eren ©tänbe. 51ber auc^
tt)o fir(f)tic^er Seijlanb nadjgefuAt war,
gefct)af) bie (Sinfegnung oft nicf)t in ber
Äird^e, fonbern im ^oc^jeitö^aufe, mitten
im lauten ge^. Dagegen fanb bie firc^«
Iict)c Sinfegnung be^ jungen $aareö n a d) ber
^0(f)äeitönacbt frübcr unb leichter (Singang.
3n ben unteren ©tänben begnügte man
^ä) immer nod) gern mit, ber bürgerlicf)en
Verlobung unb mit ber DffentlicbEett ber
i^odiäeit. 93oIfömä§ige ©ebräudbe, bie
jum Seil febr alt ftnb, ftnb bei Sffluttf e,
Öolfäaberglaube, § 558 ff. jufammen«
gefieüt.
Die ^auptuntet^altung ber |>ocbjeitö«
gäfle toax ber San 5: bie t^ejilidbfeit be=
gann mit einem SRcigen, bann folgte i>ai
bürgerIicE)e ober fird)lic^c 3uf<init"fnsef'ßn
bcö Srautpaarö; warb babei ein 3^9 in
bie Äircbe teranj^altet, fo mürbe er unter
Sanj, ©efang unb Satlfpiel abgehalten;
meifi feblten auc6 bie (Spielleutc nic^t.
(Sinen Seil beö ^efieö bilbet bie Übergabe
ber ^od)äeit^gefd)enfe an baä ^Bräutpaar.
3n ber ^ocf)äeitönac^t mürbe bie Sraut
f on ben (Eltern ober ißormünbern , oft
con ber ganjen ©efeüfcfeaft in bie Sraut--
fammer geleitet unb bem Bräutigam übers
geben, ©obalb eine Decfe baö ^aar be=
fd)Iug, galt bie (Sf)e aU rec^t^giltig ange;
treten, bie 93raut mar (S^efrau; beö^alb
würbe bie Sefd)reitung beö ®{)ebette*
in Gegenwart ton 3^"9^n i^^ S^ff^'
lid^en Sebingung erhoben, in fpäterer
3eit nur baburd) gemilbert, ha% beibe ftd)
»ötlig angef leibet nieberlegten; bod^ erl)ielt
fi^ ber ältere ed)t germanifc^e iBrauc^,
ber ftc^ auf ben ©inn beö IBolfeö für bie
CffentUd)feit ber 3f{ec^tätierf)ältniffe baute,
manc^erorten bis ins 17, 3a^i^b.
^ai) einiger 3eit fe^rten bie SSerwanbten
ober bie ganje ©cfetlfc^aft in bie Äammer
jurüd unb brauten ben jungen St)eleuten
einen Srun!. 5lm ÜKorgen würbe i^nen
al^ 5rüf)fiücf gewö^nli(^ ein ^u^n , ba^
briutelhuon, Bor baö 33ett gebrad)t,
beibeö uralte ®ebräud)e. ©itte war ti
ferner, bem ißrautpaare neue Äleiber oor
baö 33ett jU legen. Die %iau änberte
il)rc ^aaitra^t, f^ürjte iai jungfräuli^c
lofe ^aar jufammen. legte bie ^i^auen*
binbe um bie Stirn, sie bant ir hoabet.
9Run folgte bie gefe^li(^e ©c^enfung
ber DJiorgcngabe, b. |. bie am SOtorgen
nac^ ber ©rautna^t übergebene (S)abt beä
SSrdutigamö an bie Sraut, ali 3«ic^en
ber ßiebe (in signum amoris) für bie
Übergabe ber Collen ©c^önbeit (in honore
pulchritndinis) unb ber 3u"9fräulicbfeit
(pretiam virginitatis). Söitwen erl)ielten
fic etft in fpäterer 3"*- 2Iud) bie SKor^
gengabe bejianb anfanglid) nur in fatiren«
ber ^abc, Äleibern, |)auärat , @(^mucf,
fpdter fonntc liegenbeö ®ut gegeben wer*
ben; bie ^öbe ber ®abt würbe gefe^Iic^
geregelt unb richtete fic^ nad) bem ©tanbc.
Die ©itte ber 23orfeier am SBorabenbe
einer ^od^jcit, ber fog. ^olterabenb, fd)eint
ni^t alt ju fein.
Daö c^eli^e ^Regiment War bei ben
Deutfd^en ein prenge^, o^ne t>a^ bie ^rau
baburcb ftttlid^ ^erabgewürbigt worben
wäre, fte warb aU ©enofftn beö ÜJJanneö
an ßuj^ unb 8eib, an SRecbt unb ©tanb
betrad)tct. 3« älteficr Qät folgte bem
Sob beö 2}^anneä ber gewaltfame Sob ber
grau; boc^ wei^ Sacitu« fc^on nid)t»
me^r t)iertion; bie ©age, 5. 93. oon ber
93runf)ilb, Fiat ben (Sebrau^ überliefert;
bei ben ©fanbinat>iern erhielt er ftc^ länger.
Der ©ermane fonntc fein SBeib aucö lc|t=
willig »ermad^en, oerfi^enfen, mit $au^
unb ^of »erfaufcn, woüon jat)lreic^c 93ci*
fpiete corbanben finb.
SBielweiberei, nad) Sacit. ®erm. 18 oon
ben ©ermanen oerpönt, fommt im iRorben,
fpäter befonbers bei ben ^^ürflen regel«
mäßig oor, ebenfo bei ben DJJerowingern
unb überl)aupt nid^t feiten bei J'cn granfen.
SBar bie i^xau Weber gefauft nod) Der«
mäl)lt, lebte aber bennod) in ef)elid^em
SBunbe mit bcm 3Wann, fo l)ie§ f'c Äebfe,
abb. chepisa.keblsa, chepis,kebis,
mf)b. kebese, kebse, kebes, urfprüng«
Ii(^ foüiel als ©flaüin; anbcre alt«
bocbbeutfd)e Dtamen finb friudila,
friudilinna, ella, gella. @ie Waren
urfprünglid) unb gewc^nlidi unfreie 2Bei«
ber, bie freien üerjianben fic^ nic^t baju.
6
82
e^re — (SiD.
SDa^ ßeben mit einer Äebfe, boä Äonfu*
binat, mürbe baö ganjc iDJittcIoItcr t)in*
burc^ tjon ben reid)eren geüflcgt, of)ne ba§
bie öffentIi<J)e üJJcinung ein Oirgerniö ia*
ron na^m. Äarl b. ®r. foüte bafür im
gegfcuer befonbere ©träfe empfangen
I)abcn , ßubwig ber fromme lebte mit
Seifc^Iäferinnen. 3)ie Äird)e f^ritt bIo§
gegen baöjenige ÄonEubinat ein, baä
neben einer re^tmä^igen Sfie befianb, bie
®ei|iti(i)feit felbcr fat) ftc^ burc^ bie Äir='
c^engefe|e allgemein oeranla^t, ftatt mit
(J^efrauen, mitÄebfen ju leben. DieÄinber
berÄebfen f)ie§en unechte, m^b. unecht,
aug unehaft jufammengeäogen, natür*
Iict)e, 93aftarb, Sanfart = auf ber
San! erjeugt, Äcböfinb, Äegel (in ber
§ormel ^inb unb Äegel = e^eli^e unb un*
e^elic^e Äinber), beikind, ledigkind,
unb genoffen ni^t bie SRed)te ef)elic^er,
t)atten öor aüem feinen 5lnfprud) auf iai
Ȋterli(f)e Srbe, fonbern fonnten nur von
ber SD^utter erben; ebenfo »erf)ielt eö fid)
mit ber Seilna^me an Söergelb unb
Su^en.
SBä^renb naä) älterer 3lc(i)täanfi(J)t bie
j^xau feinen Qlnfpruc^ auf bie Sreue be^
SÖJanneä |attc, mürbe biejenige %xaxi,
meiere bie Ireue »erlebt ^atte, naä} Zac.
®erm. 19 cor ben 2lugen beö ©efcfeled^teö
fdbimpflic^ auä bem ^aufe gejtofen, ber
freien, langen ^aare beraubt, nactt, unter
©erlägen com Süfanne bur^ hai 2)orf
gejagt. yto<^ firengereä Oted^t gestattete
bem (Sermanen, hai ouf bem d^ebrucf)
ertappte 9Beib famt bem 6^ebred)er auf
frifd^er Zijat ju erfcf)Iagcn. 3)o(^ mu§te
ber ÜJJann bie Z^at cor ©eri^t jur 5(n*
jeige bringen. (Srft fpäter fam auc^ bie
^rau ju if)rcm SRecbte unb mürbe i>ai
^erbred)en be^ (St)ebruct)ä an bem aJJanne
ebenfo gefiraft mie an ber grau.
(Sine notmenbige i^olc^i ber 9Wunbfcf)aft
be« ÜJianne« über bie grau ijt bie (Süter=
Bereinigung beiber in ber ^anb bcö Tlaxi'
nee, ber iai 23ermaltungä« unb 0tu^ungö»
red)t baran ftatte. ®ur(^ lob ber grau
ober ©c^eibung mürbe bie vereinte ^abi
mieber getrennt. 2lnfänglid& ftanb ber
gamilie ber grau nod^ ein gemiffeö 5tuf=
ftc^terecftt über haii Vermögen berfelben
ju, fpäter nic^t mefir. S)ie grau felber
l)atte fein 53erfügungerect)t über tai S^rige,
fonbern jum Serfd^enfen, Söerfaufen unb
35erlei£)en beburfte fie ber (Sinmiüigung
i^reä ÜKannes, ber it)r Sogt mar. 9'Jac^
Sffieinbolb, beutf^e grauen, VI. u. VU.
@I)rc, ftebe iRittcrtum.
(g^^a^, mf)b. erschaz, ©ebü^r,
bie bei SSeräu^erung eine« ®ute^ ober
©runbßücfcö ober bei fonfliger SBerünbe*
rung, fei e« imä) Äauf ober SobeöfaU
bes 93eft|erä, an ben ^im- ober ße^en^^
f)crrn »on bem Ääufer ober ©rben ju
entrichten ijt. (5ö ift ni^t auögemacf)t,
ob ba^ aSort ju m^b. ere ober ju her
gehört.
gib, (Sibegöclfer, Stcuciö, I. mt,
got. ber äiths, a^b. eid, ml)b. eit,
(gen. ei des), ift feinem Jöorturfprung
nac^ bunfel. (Jib unb ©ottedurtcil
finb biejcnigen Semeiämittel beö altgers
manifd^en SRec^teö, meldte nid)t fomo^l auf
bie Don natürlichen *BerjianbeöregeIn ge*
leitete eigene S^ätigfeit be« Urteile« ab*
feben , fonbern burc^ ^erfommen unb
burc^ ®efe|e bejlimmte ißorauäfe^ungcn
fmb, unter meld)en etma« »on ben Ur*
teilern aU ma^r ober nic^t ma^r angc«
nommen merben muffe. 2>er (Sib felber
ifi bie feierliche Beteuerung ber 2ßa^r^eit
einer »ergangenen, ber Sc^t^eit einer gegen«
märtigen, ber ©id^erbeit einer jufünftigen
^anblung. 2)a« geierUcf)e beruht mefent=
lic^ barin, ia^ ein bem ©c^mörenben ^eiliger
®egenfianb angerufen unb jum S^UQ^n ge«
nommen mirb. 3eber (Sib mu§ in lauter
gormel gefprod^en merben; ben (Sib
ablegen ^eiBt in ber alten ©prac^e sva-
ran, fc^mören, ober saljan, sellan;
ben 6ib l elften mirb bagegen uon bem
galten unb (SrfüUen bcä gef^morenen
©i(^ert)eitseibeä gebraud^t.
S)en (Sib ablegen fonnten alle SRün?
bigen. 2)ie Reiben fc^muren bei einem
ober mel)reren ®öttern jugleic^, bie ®er*
manen befonbcrä bei grepr, SJiiörb^r,
Söuoton unb S5onar, bie ß^rifien bei
®ott, gemö^nlifi) aber aud) bei i^ren
^ eiligen. ®er@d)mörenbemu§te, inbem
er bie ©ibeeformel ^erfagte, einen ®egens
^anb berühren, ber fic^ auf bie angerufe«
nen ®ötter unb ^eiligen ober auf bie bem
SPteineib folgenbe ©träfe bejog. 3n©fanbi*
naüien fafte er einen imicmpel bema^rten,
üom ^riefter bargebotenen, mit Dpferblut
geröteten Dling, ber bem ®ott Ullr ge*
mei^t mar. (S^rißen fc^muren auf ta^
Äreuä ober gemöl)nlid^er auf iai ^eil»
tum. 3m pcf)ften Altertum f(^muren
bie SWänner auf i^r ©c^mert; anbere
®egenftänbc, bei benen man fcf)mur, ftnb
®rbe u. ®ra«, Säume, ^eilige SOßaf*
fer, Srunnen, glüffe, l)eilige
Serge, gelfen, ©teine. ©c^mörenbe
grauen legten bie ^anb auf i^te 33 ruft.
eib.
83
nad) einzelnen ©cfe^en mu§te bcr über bic
Schulter bängenbc ^aarjopf mit angc=
lü^tt »erben; au* Scanner, namentlii)
»orneftmcre unb fürpii(J)e , fcf)einen in
einigen ®egcnben leichtere Sibc ober bIo§c
©clübbe mit auf bie 33 ruft gelegter |>anb
get^an ju ^aben. S)er friefiftie ÜJiiinnereib
gefd^ab auf bie Soden. ©ct)»ören bei
bem 93art unb mit 5infaffung beö Söar«
tcö fommt nic^t in ben ©efe^en cor,
aber oft in ßiebern, wie 5. S. bie Sage
pon Otto mit bem Sarte erjäf)It. Sei bem
©tttjonb u, !R 0 (ff d)o§ legten 'biegriefen
geringere Sibc ab. Verbreitet ift ber gib
mit angerüt)rtem <£tab beä Slic^terä. 3"'
weilen berührte ber ®cf)»örcnbe nid)t ®lie»
ber feinet eigenen Ceibe^, fonbern bie bc^
©egenteilö. (Sibe bei ®aitmäf)Icrn ge»
fd^a^cn mit S3erüörung beg Opferticr^
ober beö norncfimjlen ©eri^te^, im iRor*
ben bcö Sbets, in ber SRitterjeit in granf^
lei* beö '^faueö, in Snglanb fommen
©clübbe bei Schwänen »or.
3um(Sibablc9cn gef)örcn jn.iei Seile, einer,
ber' it)n abnimmt, unb ber anöerc, ber ihn
fd^ttjört. 2)er ben ßib abnimmt, ift ent«
roeber ber beteiligte felbft ober ber 9ii(^ter,
er fagt bem ©cftinörcnben Die (Formel Dor,
ttlei;rt, giebt bie 'Borte, erflabt ben
(Jib. i)er ®d)«ur gefc^a^ mit ÜJlunb
unb >^anb, b. b- ber teerten, bie ben
Zeitigen ©egenfianb anrührte, ©ewötjn^
lidb legten iTJiännct nicfet bie gan^e ^anb,
fonbern nur bie jwei^-öorberfinger ber recb=
ten -^anb auf. ©crScftwörenbe pflegte bie
2öatfen »or^er nieb crjulegen unb ju
fnicen. Ort ber ©ibeöablage »ar
tit @tcUe, tt)o tai anjurübrenbe .^»eiltum
ftdf) befanb, »renn eä unben3egli(i) mar;
mar eö bemeglic^, fo gefc^a^ ber gib in
bem Ming, Dor ®eri(^t, ju (^rifiUcber
3eit meift »or bem Qtitar in Äirc^en unb
Äapetlen. 3"^ 9torben mürbe bcr 6ib cor
ber .Kirc^tbüre auf ber ®d)mene unb,
wenn fein 9!JJe§bu* ba »ar, mit Scrüf)»
Tung beö Jbiirpfoftenö gcfc^moren.
2)ev falfcf)e gib bcift »IReineib, at)h.
unb m^b. meineid, bellen crfler Seil
mein in feinem Urfprung noc^ unauf^
gebeut \% Jreubrud) unb SSJetneib mar
ben ©ermanen fo unleiblid), ia^ auf bem
Ort, wo er norgefaden mar, bcr fRame
SDleineib haftete. SWißtrautc ber Seil,
gegen meli)cn gefcl)moren werben foüte,
ber Dtedfitfcfeaffenljeit beö Sibbictenben, fo
fonnte er bie (Sibeäablagc Ijinbcrn unb eä
auf ben 3"^2if'i'^Pf anfommcn laffcn.
Sbenfo butfte ein fcf)Wöven SBoUcnber
burcf) ben abgehalten werben, bcr felbet
einen jlcirfern (Jib ablegen Eonnte. ?tuc6
lianb e^ bem SRicf)ter ju, bei S3efürcf)tung
üon üJleineib ben Sib ju hintertreiben.
Strafe beö ©ibbrud^e^ war 51 brauen
bet meineibigcn ^anb. SRad) ©rimm,
iHecf)töaItertümer, 892 ff, ©ine neuere
bijiorifcf)e Unterfucf)ung fc^cint ju mangeln.
II. (5ibcäf)clfer. Um ftd) ber ^iä)U
fcöaffen^eit beö eibleiftenbcn ju ücrft(f)em,
»erlangte fc^on lai ältcjte germanifd)e
SRe(i)t Sibes^flfer: aidi, juratores,
conjuratores,sacramentales,con-
sacramentales. ©icfe befcf)muren ni(J)t
bie ®acf)e felbfi, fonbern nur i^re Übet*
jeugung, ia^ berjenige, bem ftebeiftanbcn,
einc^ falf^cn (Sibe^ nic^t fä^ig fei- 2)ie
3abl ber Sibe^belfer gegen @tanbeögleicf)c
War regelmäßig fec^ö, mit bem ®ibfd)wbs
renben alfo fieben; bie 93eweiäfübrung
burcb biefc ftebcn Sibc nannte man fpätcr
besibenen. ©aä ®ewicf)t biefeö (Sibe^
fuct)te man ^u »erfiärfen: burd) 33eftrafung
ber (Sibcöbelfer, im gaüe ber 33etlagte im
©ottc^urteil unterlag, nic^talä *IReineibige,
fonbern alä ßeicf)tg{dubtge; burd) eine
gröBcre ^abl ber S^iitfcbwörenben, ba^et
bcr fpiitere 5tuöbrucf übersibnen; t>a'
burd), ta^ ber ®tanb ber (äibeäbelfer in
5lnfd)Iag gebogen würbe unb ber (äib eine^
5lbligen mebr galt aH ber eines i^xixm,
biefer mebr alö ber eineä Unfreien; fcbUc§*
üä) burd) bie Strt bct Sffiabl bcr ©ibeei^
belfer. 3n ältef}cr3eit fianb e^ ben q3Iut^*
frcunben ju, bie ©iöesbi^fe Ju leiftcn, fie
war eine *BerWiinbtf(^aftöpf(tcbt. 2)ie eine
$älfte wäbltc ipiiter ber Kläger aue; be«
Seflagten Slutöfreunben, bic anbere ^alfte
ber 93cflagte, wober er wollte.
III. Sreueib finbct [xä) nad) bet
53ötferwanberung in ben r>erfd)iebenen
gcrmanifcben [fteii^cn unb ift rticücid)t ein
utfprünglidbe^ *Jlc^t beä beutfd)en Äönig*
tumö gewefen. ®ä war beutfcbe ©ewobn«
beit, ha^ ein neuer .^önig fein 9flcic^
burd)5og, um ficb aU |)ervfcber ju jeigen
unb üon aUem 5BoIf bie .pulbigung ein«
äunebmen; war tai nid)t möglieb, fo
würben auf erorbentlid)c ^Ibgefanbtc in bic
Seile beä SJanbeö gefcbidt, um bie (£ibe ju
empfangen. 2)ie gorm biefeä ©ibeei ?ennt
man nicbt. ?Jur einmal wirb auä me*
rowingifd)er 3«'t berid)tct, txi^ aucb ber
Äönig feinem 'Bolf einen (Sib leifiete.
Unter ben fpäteren SOlcrowingern fam bcr
©ebrau(^ beö Srcueibe^ in SJcrgeffenbcit,
unb er|l Äarl b. ®r. rieran|laltete 786
nacb Sntbetfung einer 23erfd)wörung einen
6*
84
(Sigcnmann — 6lbcn.
aügemetnen Sib aller, btc iai 12. ^a))x
jutüdgelegt l^atten. 5Die tjormcl lautete:
„®o »ctfpre^c ic^ meinem |)errn bem Äös
nige Äarl unb feinen ©ö|nen, baf id)
treu bin unb fein »erbe bie Sage mcineö
■ßebenö, o^ne Jrug unb ©cfä^rbc." 3«
ber folgenben 3f't erfolgte in ben neu er^
»orbcncn ©cbieten immer fofort bie ®ibe0=
leijiung. 3?ac& feiner Äaifer?rönung o,ab
Äarl ber ®r. bem Sreueib fofort
eine üiel umfaffenberc Sebeutung; er
»erfügte, ia^ aüi, ®eifHict)c unb ffielts
lic^c, bie i^m frül)er afö^önig gefc^moren,
nun einen neuen (Sib aU üjiannen
(Sßafallen) beö Äaifer« leijien foüten.
2)erfelbc folle nid)t blof enthalten, ta^
man bem Äaifcr, folange er lebe, bie
Streue bcWatjre, feine ^einbe in tai 8anb
fü^re unb nic^t jemanbcö Untreue unter=
fiü^e ober »erfcf)n)eige, fonbcrn eö tt»irb
eine ganje 9tei£)e tciU moralifc^er ober
fircf)li^er, teilö befiimmter jiaatlid)er Sei=
jtungen aug bemfelben abgeleitet. S)as
burc^, ba| nac^ biefem (Sibe bie Sreuc
gegen ben Äaifcr biefelbe fein fett mie bie,
welche ber 25afall feinem $errn gelobt,
tt)irb t>ai allgemeine Untertt)anenücrbättniö
ber befonbern unb engen Serbinbung,
n)eld)e bieÄommenbation begrünbet (ftefe
3t bei) gleid)gcflellt. <«icf)t ha^ burd)
biefen ©ib alle ttiirflid) SUlannen ober
Safallen beö Äaiferä werben foütcn: nur
i^re Sirene unb ©rgeben^ieit foll feine ge*
ringere fein. 3" Su^unft ttiurben alle,
inelc^c baä 12. 3al)r jurücfgelcgt Ratten,
immer fofort bur(| bie Äönigöboten bc=
eibigt. 5llg ^arl b. ®r. bie Sejiimmung
über bie ?lac^folge feiner ©ö^ne getroffen
^atte, lief er no(i)malö eine allgemeine
Seeibigung Dornefimcn, bie einige ^a^u
fpäter mieberl)olt würbe.
Unter ben 9ia(^folgern Äarl« Weigerte
fic^ bie ??orberung fold^er ®ibe jum
tt)af)rcn SWifbraucf); je weniger bie Sreue
gehalten würbe, befto öfter mu§tc fie t>er<
fproc^en werben, ©erireueib würbe wie
ber ®eric£)t^eib auf SReliquicn befd)Woren.
©incm anbern al^ bem Äaifer ober bem
befonbern |)crrn, befahl Äarl, burfte fein
<5ib geleijiet werben. 5Der 93ruc^ ber Ireue
würbe regelmäßig mit ÄonpöEation beö
93ermögcnö ober "boc^ ber föniglicf)cn Sc
nefijien befiraft. ßebcneftrafe, bie in
früljcren 3eiten barauf fianb, fam jegt nur
in fc^Wererengdllcn jur QlnWenbung, wenn
tai ßeben ober bie ^errfcf)aft beä ^önigä
bebrol)t gewefen war.
93on eibli(f)en 35erfrcf)erungcn be^ Äö^
nig§ an bai 33olf ober bem ^apfi gegen=
über iji unter ben erfien Karolingern nt^t
bie iRebe. ßrfi in ber jweiten ©eneration
nad^ Äarl b. ®r. liefen fic^ bie @ö^ne
unb ßnfel ßubwig^ bewegen, um bie
Unterpfeung ber '®rofcn ju crl^alten,
biefen gegenüber aud^ eibli^e SBerpflid^s
tungen einjuge^en. 2lud^ bie $äpfle
benu^ten je^t bie Umjiänbe, um bie Äoi«
jer jU förmlichen eiblid^en 3"I<i9f" J"
r'erpj!id)ten. ©onji würbe nod^ fpäter
barauf gel)alten, baf berbeutfc&e^önignid^t,
auc^ bei ber Salbung wie bei ber Äönigö»
unb Äaiferfrönung nic^t, einen förmlichen
(5ib ablegte, (är gelobte bloß in anberer
feierlidjer 2Deife, burcö befonberc 93eteue«
rung ober J^anbfd)tag, ober lief anberc in
feinem 5luftrag unb SRamen fdjwörcn.
yiüx Äönige untereinanber mo(i)ten ^ä)
gegcnfcitig ben J^^iebcn aud^ eibli^ ge*
loben.
®ie !ßerpf(ic^tungen beö Solfeö in eib*
liclier ^orm famen bagegen baö ganje
!Wittelaltcr burc^ in weiter 2luöbel)nung
jurülnwenbung, ju ber Sefrdftigung einjcl«
ner S3erpf(icf)tungen , ber 93ewa^rung be3
^riebenö, ber ßeijlung beä geerbten jie^,
al^ SSafallcneib, aU aKgemeiner Jreucib.
S)er ®ib Warb junäc^ft bem neuen Äönig
bei ber S^ronbefieigung geleiftet, bo^
niijt me^r com ganjen !ßolf , fonbern
blof »on ben ^"^Pen, ben ©rofen,
üon bem, ber ein Qlmt empfing. 2)a*
gegen liefen bie dürften unb anbere,
welche abbdngige ßeute unter ftd^ Ratten,
[\ä) üon biefen bem Jreueib an ben Äönig
nacl)gebilbetc ®ibe leijien. ?lur einzeln
würbe bei fold;en ße^nöeiben bie Sreue
gegen ben König Dorbet)alten, |)ilfe ober
5Dien|t gegen biefen au^gefd)loffen. Dft,
befonber« wenn bie Sirene einmal »erlebt
War, Würbe ber Sib burc^ ©cifelficHung
befrdftigt. 23om Srut^ beö ©ibeä ^at
man äa^lreiclje Seifpielc, unb ju ®regorg
VII. 3cit erflärte man, ber ©ib binbe nur,
folange ber König red^t l)anble unb bie
üon i"^m gegebenen Serfpred^ungen ^alte.
©rcgor nat)m iai (Red)t in 5lnfprud^,
au(^ bie (5ibe gegen einen König ju löfen,
toai jablreic^en ffiiberfprud^ fanb.
Gigeumanii, fte^e Safaü.
©igcnuanteu ftel)e Ortsnamen, (Perfonen«
namen.
ßifen, peifeö, fiebe ®otteäurteil.
Gifcnjeitaltcr, fiebe Steins, Sr^* unb
©ifeni^eitalter.
i Gtfcrnc Äronc, fte^c Krönungöornat.
6Ikn, ßlfcn, abb. unb ml^b. ber alp,
@ltif(^mancnoiben — (SIcnb.
85
neben m^b. bic elbe, angelfdd^ftfc^ el-
fen, englifd), [cf)Webifd) unb bdnifc^ elf;
n^b. bauert 9tlp mit bcr Sebeutung eine^
Stat^tgeifleö fort, baneben ^abcn Sc^rift^
jiellcr beö 18. ^aiix]). bic unfcrer SJJunbart
ungere(J)tc J^orm 6If, Slfen eingeführt.
yiad) ber (Sbba untcrfd^eibet bie norbi[rf)c
SD'Ji)t^oIogie jmei ©attungen Don (Slbcn,
ötcf)telben unb @(f)tt)arj* ober ÜDun*
felelben. S^ fmb ÜJlittelwefen jnjifc^en
(Söttern unb SDienf^en , eine gefonberte
©efeüfc^aft für f\d), fte ^aben Äraft,
bem aJlenf^en ^u fd)aben, unb fc^euen fic^
bod) »or ibm, t>a fte i^m leiblich nid^t
getra^fen ftnb. Unter ben Segriff Stben
ober 2Bi(f)te, ^at (Srimm in ber iKpt^o»
logie alle Slöefen biefer 5Irt jufammenge-
fa^t, Aap. 17., 3tt»erge, SBaffergeifier, |)auö=
geijier u. bgt. S)ie beutfc^e 'Jluffaffung fte^t
in ben (Slben eine befonberc Qlrt ber me^r
einer ^cibnifc^;bi^terif(^cn Ofiatutbetrac^»
tung als ber eigentUcf)en [Religion ange«
t)örenben SBefen, bie ebcnbeebalb fic^ im
23olfögIauben länger aB bie eigentlict)en
©Otter erhalten t)aben; eä gehören baju
bic 3*^f'^9f' Äobolbe, Älabatcr*
männäiin, Sergs unb aSalbgeifter,
iWifen unb nid)t minber bie ®lbcn.
2)ie legieren fmb freie, im SIBalbe unb auf
SBiefen ftc^ bewegenbe 9?aturgeifier, balb
milber, balb fdjäblic^er 'üxt, SOtenf^en
berbeijielenb unb fte äerrei§enb, 3n ben
bairif^en 2llpen leben bie gutmütigen,
weiblidE) gebadeten (Slfen in Sergfc^luc^ten,
ftnb fel)r fd^eu, baber fcf)>per ju fe^en,
nähren ftc^ »on ber S[)iil(^ ber Äü^e unb
Siegen unb geben ben aWenf(^cn bafür
rei(i)Iid^en Segen. SßuttEe, SBolf^aber^
glaube, § 50.
(Slöfi^toanenorben ^ei§t bic »onSob.
ati|t um 1656 ju 2Bebet im ^olfteinifAen
gcjiiftete beutfcf)e ©prad^gefeüf^aft. @ie
foüte ein „^flanjgarten" für bie frucf)t=
bringcnbc ©efeüfc^aft fein." SDie SUfitglies
bcr führten mie in ben anberen@pra^ge=
fcllf(i)aften Sd^äfernamen. SDJit bem 1667
erfolgten 2obe beö ©tifterä ging bie ®e=
fcüfi^aft mieber ein.
(glenb unb ©lenben^^crbergen. S)a6
SIcnb, ml)b. baß eilende, elelende,
a^b. baö elilenti, auö alilanti, ift
^ufammengefe^t au^ bem mit lat. alias,
gried^. dkXos := ein anberer, in Uroer-
tt)anbtfcf)aft übereinftimmenben , nur in
Sufammcnfe^ungen oorfommenben a^b.
^bfeftit) all, eli = ein anberer, unb
auö bem mittelft i fon lant gebilbeten
lenti. I)a9 SBort bebeutet alfo urfprüng=
lic^ foüiel aU anbere^, frembe^ Sanb,
roorauä fic& bann im SW^b. bie ©ebeutung
größter Sebrängni« unb Sefc^merniö er«
giebt, 2öie man tai 8anb baute, fo
baute man bai 6lenb, micj. 93. ba^
aBaUfal)rtelieb nac^ 6t. 3acob oon (£omp.
beginnt:
wer das elent bawen wel,
der heb sich auf und sei mein gsel
wol auf sanct Jacobs Strassen.
3)al)cr aucf) bie ja^lrei(^en 'Uu'äbrücfe:
inä (Slenb gef)cn, fahren, »anbern,
fliegen:
e ich mein bulen wolt faren lan,'
e wolt ich mit ir ins elend gan ;
im (Slenb fein, bleiben, laffen, jubringen,
jtreifen, fdl)tt)ärmcn:
Insbruck, ich mass dich lassen,
ich far dahin mein Strassen,
in fremde land dahin;
mein freud ist mir genommen,
die ich nit weiss bekommen,
wo ich im eilend bin.
gerner: inöSlenb fdt)irfen, ücrfenben, jagen,
bringen, treiben, jlo§en, »ermeifen, au«
bem Slenb ^eimEet)ren, führen, ^olcn.
®leicf)er Silbung unb cbcnfatlä fc^on
alt^ocf)beutfc^ ijl i>ai ^Ibjcftio clcnb,
aht. alilanti, m^ö. eilende, ba«
cbenfaüi^ mit ber 3eit auä ber Sebeutung
beö in ber grembe ßebenben in bie be«
beraubten unb Stoßen, 5lrmen,Qlrmfeligcn,
©eringen unb <Sd)le(f)ten überging.
(5lenbenj|)erbergen ftnb im 15.
^ai)xl). l)auptfticE)lid^ für *lßilger einge*
rid)tet morben. SDereine, bie ftc^ bic
•Sorge für arme unb franfe ^^rembe jur
5lufgabe gemadl)t l)atten, t)ie^en ©tenben«
Srüberfd^aft en. S)ie (51enben=$erberge
glitte einen SBermalter. SD^anc^mal geborte
jur Verberge eine ÄapeUe mit bem 5tlmos
fenftode; mar ber Untere in einer öffents
licf)en Äiid)e aufgefteüt, fo brannte an
it)m mol)I bie burd) milbtfjätige iDienfd^en
geftiftcte (Stenben=Äerje; anbere Äerjcn
mürben in bie Verberge felbft jur abenb»
lid)en Q3eleudf)tung gefiiftct. 3)ic 33eber«
bergung mürbe in ber [Regel nur für eine
Ülad^t gewäf)rt, unb eö maren befonberc
Sejtimmungen jur Qlufredt)t^altung einer
guten Drbnung getroffen. 3- ^- *t»ar
bcfiimmt, i>a^ jeber Qtufgenommene Äleibcr
unb ©eriitfc^aften mit Qluäna|)me be«
Unterf)embeö vox ber ©d^laffammer ab>
lege unb bafelbji liegen laffe; nai) aä^u
fiünbigem (Sdblafen mürben bie .Kammern
mieber geöffnet, jeber jianb auf, mai)U
fein 93ett, fleibete ftc^ t>or ber Kammer
86
Slfen — (Sneibcn.
an unb »urbc nic^t c^ct au« bem ^aufe
gelafjcn, ali lii er crüärt ^attc,
ba§ i^m nid^tö »on feiner ^abe ab^anben
(^efommen fei. ® rimm, SBörtcrbu^, unb
Äriecif, SSürgertum, I, viii.
©ifcn, fut)e eibcm
(SIfcnbetnarfieiten. 5Daö üBort eifcn*
bein ip mt)b. helfantbein, ba mbb.
ber (Slep^ant helfant [)eigt. @cf)on [cit
bem ftü^ejlcn ÜJiittelalter würbe gef(^ni^=
teö ©Ifenbein jumSc^mucEe eon Qtitärcn,
Don fircE)Iict)en ©eräten, für tojlbarc
JBüd^ereinbänbe um fo lieber angelucnbet,
aU ber (SIcpfjant nact) D^otfer ßabco at^
ein c hin sehe fieo, ein feufd^eö 93iel)
galt. 2)ie(Slfenbeinarbciten,9ieIicfö fon fef)r
ungleidjer ©rö^e, balb jum @^mucfe Don
®efä§en unb felbfi con größeren ©eräten
nic^it feiten fabrifmä§ig jum »orauä ges
fertigt, balb auc^ alö felbfiänbige .^unft=
hjerfe angefertigt, fc^lie^en fxd) in ben
erjlen 2ai)r{)unberten nac^ @til unb
3n^alt iiorf)errf(I)enb antifen Sorbilbern
an. Später tritt baä c^ripiic^e Clement
in ben 93orbergrunb. ®ef)r beliebt maren
unter ben aus antif j^eibnifc^em in
(^rifilicben ©ebraud) f)inübergett)anberten
©erätcn bie2)iptt)ct)en (fie^e biefen 5lrt).
5(ud) äu ben Pyxiden, freiörunben
93ü(f)fen , it)el(^e von bem Siborium, bem
©(i)irmba$c beö 5lltareä Iieruntettjüngenb,
jur Qiufbemaf)rung beä ^eiligen SBrotee
bienten, mürben öfter f;eibnifct)e Sffierte,
©c^mucf= unb SoiQcttenfäfidjen, benu^t.
3m eigentlid)en ÜJJitteialter bcbiente man
frc^ beö ©Ifenbeins nid)t blof ju tird)Ii=
c^en 3*^^^^«' i^ Dicliquiarien, 93ücf)er=
becfcin, für fleinere Sragaltare, fonbern
aud^ für ©eräte bcö meltlid^en öufuö,
Sagbä unb Jrinfbörner, ©ec^er, ©ei§eln,
8an5cnfd)äfte , ©c^mucffäfien, ©picgel^
tapfetn, ja ganje ®dttel. 2)ie ©otif mar
ber ©Ifenbeinffulptuv nic^t günftig, erft
in ben legten 3'^^^'^f)u"^fiten wirb bie
Äunfi, namentlid) an ®d)mucfgefä§en unb
©eräten profanen 3>»tdeö, mieber erneuert,
befonberfl in S'Jürnbcrg unb 5lugeburg,
mo ber (Slepbantenjal)n in [einer ganjen
atunbung ^u pumpen unb trügen, ganj
mit fReliefö umgeben, bearbeitet mürbe.
©mail, mittclat. smaltum, esmalc-
tum, ital. smalto, franj. ömail, beutfd;
Smalte, Schmälte, Schmelz, aßc^
biefeö fom beutfd)en 23erb. fc^meljen, be=
beutet urfprünglid) ©e|'d)meläe »on ©olb
unb Silber burd)einanber. Spuren ber
6mail=2;ed)nif finben fid) fdE)on in ägt)p=
tifc^en, etruefifc^en unb altgried)i[d)en
Äunfiraerfen, faum bei ben iRömcrn. 5Dte
Spjantiner »erliefen berfelben einen neuen
aiuffcftroung, eieüeid^t in 5lnlel)nung an
^inboPanifd)e, pcrrrfd)c unb ^ine|lfd)e
2ed)nif, 3l)re f)öc^fie Äunfl erreid^te biefe
Sed^nif feit bem 10. ^a\)x^., inbem fte
je|t nid)t blo^ jum ©ermüde fteiner
aSerfe, fonbern felbftänbig in großartigen
2)imenfionen betrieben mürbe. 3m 3lbenb=
lanbe, in ©aüien unb (Jnglanb, mürbe
biefe Äunfi ebenfalls fd)on früt) geübt,
bodö meifi in fleinercm a)?aPabc unb in
beforatioem Sinne. (Einen l)öf)ern 9tuf=
fd)mung erl)ielt jte feit bem 10. 3«^^^.,
aU burd^ bie SBermä^lung Otto UI. mit
einer gried)i[c^en ^rinjef^n bpjantinifc^e
Äunftmerfe unb oielleid^t aud) bpjantinifcbe
Jfüiij^ler nad^ S'iorben famen. 3^rf -^aupt^
fi^e lagen am Dtieberr^ein unb in ßot6=
ringen, etma feit bem 12. ^a\)xi>. in ber
meftfranjöfifcf)en $roi?inj Don Limoges.
\voi)ix bie ®mail!un|l ben iJiamen Opus de
Limogia ober Lemovicinnm ert)ielt. S5ie
Sed^nif Der meiften abenblänbifd^en (Smailä
\\t Don ber ber bpjantinifd^cn Derfc^ieben.
©iefe fmb pormiegenb 3^^^^"^"^'^^^^'
emaax cloisonnes; ber gefärbte ®taÖf[u§
wirb in Qiütn au^gegoffen , bie Don
bünncn aufrec[)t fte^enben ©olbblättdben
erjieüt morben fmb; bie abenblänbifd£)c
Sec^nif ift mcift ©rubenemail, email
champleve , bei Welcber ber ©la«t"lu§ in
bie auögeticften Jeile einer flärfern
Wetallplatte eingelaffen mirb. S)ie abenb^
länbiid)cn (Smailä ftnb aud) Diel einfadber
aU bie bt)jantinif(^en. 2)ic ^'''^^«"f^'^l'^
ift fc^r bcfd)räntt unb Dormiegenb bumpf :
bunfleä !Ölau für ben ©runb, 5lot, ©rün
ober 93lau, ©elb ober 2Bei§ in meicöer
5lbftufung. 5igürlid)c 2)arftetlungen ftnb
feiten, nieifl ifi bie .$lunfi bier für 33cr=:
jierungen angemanbt. dlnd) SRa^n, öilb.
.ßünjle. 280 ff. Sdt)naafe, IV, 2.
i8ud)er, ©cfd). b. tec^n. Äünfte, I.
@netJ)cn, fielie Ülneiben.
©ngcl mürben im frütiern SOUttclalter
geflügelt, in reifer 3ünglingöge|lalt, in
2)iatonentracf)t unb unbefc^u^t bargeficüt,
feit bem l.'i. 3'il)i^l> aud) al^ fc^mebenbt
Äinber. S)ie legieren tragen |)äuftg mufi=
Ealifi^e 3nftrumente, ©rj enget gicbt
eö für ben Dccibent brei, für ben Orient
Dier: 93hd)ael, in ritterlicf)er 9tüfiung,
fämpft mit bem 3)rad)cn, magt bie Seelen;
©abriel, mit bem Öilienftengel, im 15.
unb 16. ^al)xi). aud) "l« 3äger mit ^ift=
^orn unb .^»unben, weld)er tai in ben
Sd)o§ ber SWaria gef[üd)tete 6inl)orn er=
Snglif^c Äomöbianten — Spo(i)c.
87
jagt; !Rapt)ael, ein aBanbcter, ^Begleitet
bcö Sobiaö, crfc^eint ben Ritten bei bet
©cbutt Sbrifix; Uricl, »on bet römifcfcen
Äirc^e nid)t anerfannt unb bcnnod) öiel
bargc^cüt, mit ©(^riftroüc ober 33u$,
erfc^cint bcm 9Kofeä im feurigen 23ufd),
fi^t auf bem Orabc 3cfu, ge^t mit ben
3üngcrn »on (Smauö. 93c[onbere 3?amcn
anbetet (Sngel [xnt: (5f)amacl, ^anicl,
3opt)ieI, ^abfiel, 3ap§fiel. Otte,
lanbb. 5lbfd)n. 158.
©ngUfc^e tomööiarttcn, ftefie 5Drama.
©nglift^cr @ruj^, fte^e 5Uic ÜJJatia.
(S:|ji^)Öania^, fiet)e btei Äönige.
©Jpiftelfcitc IjeiBt bicjenigc Seite beö
5tltatö, tt)eld)e linfö tion bemaufbem'jntare
fiet)enben Ärujifife iji, olfo gcwöfinlicf)
bie fübli(^e; üon bet auf biefct Seite bc=:
finblid)en Äanjel mitb bie Spiftcl öet=
Icfen.
Epistolae obscurorum virorum. @te
fmb tjctPorgcgangen aui bem Iangiät)tigcn
Streite Dieud)Un^ mit ben Kölner S^co«
legen. Der getaufte 3ube "Ufefferforn, ein
tüiberttjartiger, unfauberer SWenfc^, bem bie
Sefebrung feinet ehemaligen ®taubenä»
gcnofien burcb (£rma^nung mi§lungen
war, I)atte im 3«f)v 1509 Obtigfeiten linb
SBoIf ju gemaltfamcr 93efef)rung ober 35ets
treibung ber 3"t)en unb jut Söctbtennung
ibtet solltet aufgefotbett. S)ie ^Ungelegen;
beit fam an ben Äaifer, bet norerft com
©ominifanerptiot unb Äegcrmeiftet ^atob
^oc^fttaten ju Äöln , fom ct)cmatigen
SRabbinet Sictor non ßatben, t>on SReuc^*
lin unb non ben UntDetfitäten ju ^öln,
Tlaini, etfurt, |)eibelberg ©utacfcten ab--
forberte. <Mlö lReud)Iin ftc^ im ©egenfa^
JU ben übrigen iubenfeinblid)en ®utacf)ten
ba^in auäfprad), ,M^ man ber 3uben
93ücf)er ni^t foüc terbrennen, fonbern fic
burc^ r)ernünftigc!E)iöputationcn fanftmütig
unb gütl{(^ ju unferem ®Iauben mit ber
^itfe ®otteä Überreben", begann IJfeffers
forn öffentlid) gegen SReuc^Iin aufzutreten;
(Reud)lin antwortete; Briefe, ®utadt)ten,
©d^riften ber Dcrfd)icbemlen Qlrt in *Profa
unb S3erfen, in lateinifdjec unb beutf^er
@prad)e mürben gemei^felt, unb befonberö
bet Äteiä bet beutfcfcen ^umaniften be-
ttaci)tete bie *3(ngelegen^eit alö eine öffent«
licf)e ©ad^e bet Silbung unb 2ßa^tf)eit
gegen S)umm^eit unb qßfaffenfiolj, qßapji
Seo X. f(f)Iug enbli^ ben 'jJrojef , nai^bem
ein befonbere^ ®eridE)t ftcf) für ^ieui^Un
entfcf)icben ^attc, nieber. ^m ©egenfa^e
nun ju einer Sammlung Don ©riefen bc=
türmtet ^umanifien an iReud)tin, bie bet
©mpfdnget im 3a^t 1514 untct bem litet
Clarorum virorum Epistolae hebraicae,
graecae et latinae ad Jo. Reuchlinum
l)erausgegeben I)atte, bamit man fef)e, wie
atle ^etl unb gut ©enfenben in S)eutfc^«
lanb unb S^^ili^" f^'^ "™ i^" fc^atten,
etf(J)ien im ^etbfi 1515 ein Sucb: Epi-
stolae obscurorum virorum, 41 93tiefe
entl)altenb; äWeimal «iebetfjolt 1516, i)ai
jmeitemal mit einem 5ln^ang Don 7 ©tic«
fen; ein jmeitet Jeil mit 62 ©tiefen fam
1517 ^etauö, moju in ber jmeiten 5lu8»
gäbe noc^malö ein 5tnbang Don 8 ©riefen
trat. Die ©riefe ftnb an Drtuinu^
(Sratiuö, (Drtmtn be ®tae«), 2e{)tet unb
$oet an bet Äölner Scf)ule, ben lateini^
fc^en ^anblanger unb poetifc^cn Sc^ilb-
balter ber Äölner 2t)eoIogen, gericf)tct, bie
©ticffcf)reibet ftnb bie ÜJiagtjlet unb
©accalautei Genselinas, Caprimulgius,
Scherschleiferias, Dollenkopfius, Mist-
laderius u. bgl., einigemal ani) bie Äöt*
net S^eologen felbet. Die ^olemif liegt
Dorne^mIi(i) in bem fc^eu§li4)en Tlöni)i'
latein unb in ber. naiD=bummen S)enfart
bet S(^teiber. Übet bie ©etfaffet bet
©riefe ifi Sicf)etcä nic^t aua^umitteln.
3laä) Sttaufe flammt bet ctfte Seil
roefentlicf) auä bet ^ebet bc« 3o^ann
ßtotuö SRubianuö, eigcntli«^ 3ol)ann
3äget, um 1480 in bcm tl)üringtf^en
^Iccfen S)ornt)eim bei 5lrnfiabt geboren.
(Sr jiubiertc in (Stfurt unb Äöln unb mar
ein ÜJJenfc^ Don großer ©egabung unb
namentlid) in l)o^em 2JJa§e »i^ig. "iJiad):
bem er eine 3^'^ lang 2ef)tet an bet Älofiet»
fdE)ule ju gulba gemefcn mat, fef)ttc er
nad) gtfutt äutücf. ®t »at ein tteuet
55reunb ^uttcnö unb trat anä) offen auf
Sutbcrä Seite über, freiließ ot)ne babeiju*
bleiben; bie legten 3a^te feines mec^fel*
pouen ßebens fmb gän^lic^ in ©unfel ges
\)üüt. 5ln bet 5lbfajifung beö Qlnbang^
jum etfien leile unb bet ©tiefe be^ smei«
ten 2eileä ^at o^ne 3>Dcifel .g>uttcu
t)ctDottagenben 5lnteil, otjne ta^ frei) t>ai
Tla^ be^ Qtnteilä nützet befiimmen liefe.
5lnbete ©etfaffct meint man in ^etmann
Don bem ©ufc^e, ^lermann Don 9Juenar,
(Soban ^effe unb $ctrejuö (Sberbad) finben
ju Eönncn. Die au§erorbentlic^ fc^neüc
©crbreitung ber ©riefe bauette blo§ bi^
JU bem 'itugenblicfc, mo feit 1518 iai
Snteteifc bet Qi\t gänälic^ in bet iRefot^
mationsfai^e aufging. Sie^e Sttauf,
^utten; bet leyt bet ©tiefe in ^uttcn^
SBetfen Don ©öding.
G^JO^c, fie^e 3£ittc(f)nung.
88
epoö.
^pBS ifi tnic für bic übiigcn inbo*
gcrmanifdben ßittcraturcn, fo aud) für bic
bcutfc^e bic natürliche ^Dicbtungäartbcr ältc*
jicn *Pmobc; bcr befonbern gntmicfclung
ber bcutfd)en Literatur unb ©ilbung gc»
mä§ \)ai I)icr ba^ gpoö nacf) govm unb
3nf)alt eine ganje Oiei^e »on ßntwide*
lung^ftufcn burd)gemad)t , biö eö nad^
jd^em Seben auflförte ober einem neuen
Äunjiepog «Pla^ ma($te.
1. aSomßpoä ber älteften 3cit fmb
nur njenigeS'Jacfcri^ten unb Überrede er^al^
ten. Zac. Germ. 3, bcricf)tet »on öiebcrn,
ttielcf)e bic alten SDeutfc^cn auf ^erfnleö
(2)onar), Zl)\x\ito, SlJJannuä unb beffen
igö^ne gefungen {)ätten; jte befa^en alle
mt)t^ifdf)e gieber unb genealogifiie ßieber,
bic t)on ben üi^n^erren ber SOfenfc^en unb
ber befonbcren «Stämme erjä|)Iten. Qluc^
ßicber auö ber Sierfgge »erben fd)on bie*
fer 3«it angepren. Über bie ^orm biefer
älteficn Sieber ijl nic^tö erhalten; ta^ fie
gefungcn würben, liegt im SBefen ber
diteften *l!oefic, begleitet njurbe ba^ ge=
fungene SBort mit bcr ^arfe. D^nt Qtvti'
fei war bie mctrifdie ,^orm ^ier fc^on bie
allittericrenbc; man erf^Iie^t baö be«
fonberö barauö, ba§ bie SJJamen ber ®öf)nc
bc^ äJiannuö: Ingo, Isco unb Jrmino,
unb ebenfo anbere 9?amen ber norbifcfjcn
unb angelfn<$fif(i)en Sage, Hengest unb
llorsa, Skyld unb Skeaf aüitterieren. 2)ie
Sänger geprten feinem befonbern Staube
an; eö fang, von bie &aht baju befa^
(fte^e ben 5lrtifcl S)icf)ter). %uä) auä
ber Qi\t unmittelbar nad) ber SBölfernDan«
berung ftnb bie fRadjric^ten über baö ger=
manifi^e ßieb fpätli(^; ber ®ote Sotn""'
beö berid)tet 551, ta^ Sieber über bie
SBanberjüge ber ®oten no^ gefungcn
wurtcn, über ben gefallenen ^unnenfönig
2lttila unb äl)nli^cö. ^Die diteften er*
^altencn Sieber fxnb bie fog. iKerfebur«
gcr ß'iu^ti^^^f^ ^i öuf ben ccrrcnften
§u§ eineä $fcrbcä unb auf bie ö;cffc^"
eincö ^ricgögcfangenen , ia^ .^ilbc*
branbölieb unb ber5lnfang bcä SBcffos
brunner ©ebetcö. ^oä) Äarl ber ®r.
lie^ eine fd)riftlic^c Sammlung bcr beuts
fc^en J^elfccnliebcr, morin bie j^iaten unb
Siebcr üor5citlid)er Könige gefungcn »rur*
ben, aufjcidinen.
2. 2)aö epog im 9.-10. Sa^rl^.
^dtte ftc^ ba^ bcutfd)e ©poö tjon fremben
©inflüffen bcr iReligion unb Silbung un«
gefrört eniwicfeln bürfcn, fo wäre ifim wo^l
mit ber Sntwidelung bcr Sc^reibefunfi ein
natürlicher Fortgang jur ©popöe auf ben
©runblagcn feiner alten fRatur fo gutalö bem
inbii"($en unb griec^ifc^cn 6po^ »ergönnt
gcwefcn. 5lber bic 51rt unb SBcife, wie
iai (Sl;rijlcntum in ©eutfc^lanb auftrot,
feine priejlcvlic&e 51bncigung nidfet bIo§
gegen bie ^eibnifd^e iRcligion , fonbern
gegen aücä, toa^ üolfämd^ig unb bcutf^
War, lic§ bic Sammlung Äarl^ b. ®r.,
bic leibcr auc^ nic^t erbalten if!, iai le^tc
fein, tviai unö »on ben alten Siebern in
echter alter ^orm überliefert ijl. ^attc c^
bod) bcr perfönlicfeen Siebe .^arfö ju feiner
angcjlammtcn SBoll'äart beburft, ta^ er
übcrliaupt jene Sieber no^ auffcftreibcn
lie§; f(*on lange »or i^m brachte bic allein
f^rcibfunbige ®"cijilid-)fcit bcmSolEögefang
nid)t bIo§, wie es fpdter in SfanbinaDien
gefd^a^, i^re 2;eilnat)mc nid)t entgegen,
fonbern fie \)a^k unb verfolgte bie ^cimifd)c
>Did)tung.
2)ai fi(^ jwar bic aüittcricrcnbe ^orm
nod) einige 3^'* crbielt, beweifi baö bem
9. 3al)rt). angeprige ®cbid)t ÜHufpilli,.
bcr ^elianb auö bcmfelbcn 3al)rt)unbert
unb bie erji im 10. 3öf)t^. aufgcfd)riebcs
nen 3au&ci^lif^«- Son^ trat je^t an bic
©teile ber *Jttlitteration ber (Snbreim
(fiel)e SRcim), ein SBcc^fcI im ®efd)made,
bcr für fxä) aßcin ber ^ortbauer ber alten
Siebcr in l;o{)cm ilJJa^e im SBcgc fianb.
3war vermittelte jctit bic firi^iicbe Sil*
bung bic @rfd)cinung jwcicr ©popöen,
bcö Dtfricbifdjcn Sfangelicnbuc^eä unb
be« _^elianb, t)ai erficre bem einjcllicb
infofern fid) annd^ernb, a\i cä ft^i au^
einäcincn, jum Singen bc|iimmtcn Olb*
fcbnittcn jufammenfc^t. Q,i finb ©popöen,
infofern jie gefc^ricbcne S)id)tungcn
gröfcrn Umfanget ftnb, bem Umfang bcr
fönangelicn cntfpred)enb , aber auä bem
Icbcnbigcn Solfögcfang fmb fte nid)t I)cr=
vorgegangen, unb fpätere Sßirt'ung ifi »on
il)nen, abgefet)cn oon bcr JRcimformDtfriebe,
nid)t ouögegangcn.
®er pon ber neuen Silbung jwar nid)t
unterflüfetc, aber fcineöwcgö au^gclöfdE)te
cpifd)e23olfögcfang erhielt ft(| in ben^änben
fal)rcnbcr Scute, Spiellcutc auß ben unteren
Stäuben; biefe bewahrten tcilö bie alten
Sagen oon SDictri^ »on SBern, Siegfrieb,
QUtiia, ben SSurgunbern, nad) ibrem ro^ern,
ben äußeren ^l^atfac^en me^r aU bem
innern Seben jugewaubten ®cl)alte, bem
imä) t>a^ S^riftentum jumal bic pbere
rcligiöfe SBcilie entjogcn Worben War, teiB
fangen fte neue Sieber auf Srcigni)Te ber
©egcnwart, auf (Srjbifd^of ^attoi ©errat
an Qlbelbcrt ton Sambcrg, 904, auf bic
©rbämter — (Stbicd^l.
89
giliebctlagc bcr %xmhn bei ^«Coburg,
915, auf bie SBunbert^aten be« fieiligen
Ulrich, bi« 973. S)a^ [ogor in Äloper*
räumen, aber freiließ nur in folgen, in
tt)eld)cn bcr ©eifi .^axU b. ®r. nod) fort«
lebte, Wie in ®t. Oaüen, bie alte iBoIfä*
fage noc^ überaus lebcnbig war, jeigt hai
Sieb üon JBalt^er unb ^iltgunt unb
bcr SR u blieb, beibe in latcinif^cr
®pracf)e gcbid[)tet, aber barum nid^t min«
ber bcutf(^ empfunben unb bargeftetit.
3. 51)0« (5poö ber f)öfifd)en Seit.
6ö War nicf)t ta^ ßbtiftentum aüein, baä
ber alten (Spif entgegenjlanb ; wai H)x ben
Sebenönert» nic^t minbcr angriff, voax ber
Übergang auö bem freien 23oÜöftaat in
ben 'öef)n«ftaat ; bie alten freien Sänger
t>erfcf)tt»anben mit bem freien Oefamtpolfe,
ber Unterfc^ieb ber unteren unb oberen
©tänbe brängtc bie üolfömä§igc Silbung
in ben untern ®tanb jurücf, unb e« ging
3a^rfeunberte lang, bi« bcr obere @tanb
ber JRittcrbürtigen ju einer fclbfiänbigcn
Silbung empormuci)«. 5ltö bies mit bem
iBeginn beä 12. ^ai)x^. cnbU^ gefc^at),
trat aucf) eine neue *Periobc bcr cpif(i)cn
35i($tung ein. SBoraud gef)t eine burc^ bie
(Srneucrung be« firc^tid)=rcligiöfcn 8eben<$
im II. ^a\)xl). ^eroorgerufene *Jiei^e geijl«
lid^er 5Dic{)tungen fcrfc^iebenjlen ©tileä
unb Umfange«, eine ttjirfungslofe SReaftion
gegen bie auffommcnbe »eltlic^e 2)i(^tung
be« ^öfifd^cn Stanbeö. ^l)x folgen gleid)«
geitig bie bcibcn (Gattungen bc« »olf««
mäßigen (Spo« unb bc« i^öfifc^en Äunft«
cpos , beibe in ber goi^m gcf(i)riebener,
fünfilerifcf) tt)irffam aufgearbeiteter ©po«
pöen, beibe noc^ infofern an tai alte
Spoä erinncrnb, aU bie S^i^tcr immer
nocf), njcnigjlcn« in ber SRegel, beö ©c^rci-
benö unfunbig ftnb, alfo biftieren muffen,
»äfirenb üon feiten bcr gcnicßcnben *t!aitei
nii^t gclefen, fonbcrn einem Söorlefenben
juget)ört mirb. SGßot)er tai nolförnägigc
(Spoö feinen Stoff f(J)öpfte, ift mit ©ic^er«
^eit ni($t auäjumitteln ; er mup üon fa^*
renben <Sängern ber unteren Stcinbc erf)at-
ten morben fein, jumeifi o^ne S^^^'f^^ '"
bem »om t)öfifct)cn ßebcn unbcrüt)rtern,
noe^ mct)r in alter iöolfäfraft unb 23oIfö«
erinncrung Icbcnben S^Jorben I)eutf(i)lanb«;
benn üon f)ier nsurben biefelben Stoffe
im 13. ober 14. 3abr^. na^ Sfanbinaöien
getragen unb ^ier al« SBilfinasSaga
aufgefc^rieben. 5iuö 9iorbbeutf(^lanb bra^«
ten ga^rcnbe bicfen Stoff nacE) Sübbeutf^-
lanb , alö aud^ l)ier bie Seilna^me bafür
n.Meber erwachte. 3" Ö{ierreicf), n?o am
2Biener ^ofe franjöftfc^eö Sßefen mcf)t
ebenfo auöfcf)Iie|Itd) tjerrfc^te wie im
SBejien S)eutfd^lanb«, ftnb bann r»on un«
bekannten 2)id^tcrn ba« iRibclungen«
lieb, ®ubrun unb bie übrigen ßieber
be« |)elbcnbu(^eö entfianbcn (fte()c
biefe 'Jlrtifel), alle in ber gorm ber
Dtibelungenfirop^e ober ^Ibarten ber«
fetben.
2)a« ^öfif^e ßunjiepo« empfängt
bagegen Don granfreic^ ^nftofe, Stojf,
gorm, 51uffaf[ung, Umfang. 2)er 93er« ijl
ia^ SReimpaar, ,bie ^auptj^offe 5llefan«
ber, ^tnea«, Äarl unb feine Safelrunbe,
*Mrtu« unb feine Safelrunbc, ®raal; baran
fc^lie§en ftd) b^jantinifc^e oon j. 93. -^erjog
ernft, einbeimifc£)e SRittcrfagen, j. 93. Otto
mit bem 58arte, unb burc^ bie ganje ^tit
l)inburc£) natürli^ ©eifiUc^e«, mit Vorliebe
bie Öegenbe.
(Jine »eitere ®ntmidelung ^at tai alte
®po« faum mef)c gehabt SDJit bem 25er«
faß bcr l)öfifd)cn 93ilbung »etfäüt aud^
\i)xt 2)i(ä)tung , für ta^ nationale iiben
ein f^merjlic^cr 93erlufi; xväxi bie ange«
ftammte Sage in if)rer mittelaltcrlid)en
©cftalt (Eigentum be« ganjcn S3olfe« ge^
mcfen, e« t)ätte ft^ mcnigPen« bi« in«
16. 3at)r(;. retten mögen, »icüeic^t ben
SCßec^fel bcr Seiten ganj überbauert; fo
aber war c« (Eigentum ber ^öfe unb bc«
SRittertum« unb ifl mit bicfen Elementen
in baSfelbe Scf)icffal mit l;ineingeriffcn
»orbcn. 2)Qnte« göttliche Äomöbie ifi
nur wenig met)r al« 100 3al)rc jünger
al« ba« Oiibclungcnlicb; wa^renb biefe«
fd)on im 15, ^a\)x\). oergeffen war, lebt
©ante« ®id)tung noc^ f)eute. 23loB ein«
äclne untcrgeorbncte oolf«mä§igc Spen
Ijattcn fic^ bi« in bie Qät bc« Suc^brucf«
gerettet unb würben üon 93änfclfängern
noc^ tcilwcife gefungcn unb geleiert. iDlan«
d)e«, 2)eutfc^e« fowo^l al« granjöftfc^e«,
fam al« *tJrofaroman wieber auf ben
ÜRarft, wie bcr l)ürnene Sicgfricb, Die
toier ^aimonefinber (ficl)e ben 9lrtifel
93olf«büct)er). SBie feit ber jWeiten
^älftc be« 18. 3al)rl). bie ältere Siteratur
wieber erwedt würbe unb atlmäblid) neue
Äcime trieb, gehört nid)t t)icrt)er. 93gl.
ben 2lrt. ^clbenfage.
©rtämtcr, fiel)e |)ofämter.
(Stbttäit 5E)a« (£rbc ifi Cil)i. ia^
arpi, erbi, erbe, got. hai arbi, ba«=
fclbc 9[Bort in ben norbifd) german.
Sprachen; in welcher aBurjel, »on bcr
auc^ 9lrbeit abgeleitet ifi, bie 93or«
fteüungen bcr 3lnge^örigfeit unb ^örigEei
90
Sref.
(milbcrer ?cibctgenfd>aft), öer Ätnbf^aft
unb bcr Äned^tfd)aft tneinanbet flicfen.
25et ®rbc ijl got. bcr arbja, ai)t). bct
ärpeo, äripeo , erpeo, eribo, erbo,
m^b. bcr erbe. SBeiganb.
S)ic regelmäßige Srbfolgc bcr ©crmanen
beruhte auf ber SBIutöfrcunttfcf)aft unb
fionb mit ben übrigen SRcd^ten unb (Pflid^s
ten ber g^amilie in bcr engficn Sejic^ung.
2)ie SBerh)anbtfc^aft, bie jur (Erbfolge bc«
rcti^tigte, mu§tc aber cincötcil^ eine burc^
eine gütige (S^c (ficfie biefen 9trt.) be*
grünbctc Scrmanbtfd^nft unb anbcrntcilö
mußte bcr 23crtt>anbte bcm SrblaflTer ebcns
bürtig fein. Sie 9iä^c bcr SScrtüanbt*
fd^aft würbe naä) bcr größern ober ge*
ringern ©cmeinfc^aft beö ©lute^ gc*
mcffen, bic ?iäc^ficn waren ftc^ alfo bie*
jenigen. Welche ben näc^jten ©tamm^altcr
gemeinsam Ratten, waö man eine *P a r c n t e I
obcr©i^)pe nannte, bann fam bie^arentel
unter bcm jwcitnäd^pcn Stammhalter u.
f. W. S)ie naberc *parcntel fc^Ioß bic
entferntere fdf)Ied^t§in auö. 511^ |>ilfä'
mittel, bie SBcrWanbtfcf)aftögrabe ju »er«
itnnli^en, brauchte man hai 23ilb bcä
tnenfcf)IicE)cn Äörpcrä, inbem man an iai
^awpt ben @tammf)alter j^elltc. 5Die 93Iutö=
freunbe, inöbefonbere bic ©citenoermanbten,
i)icßcn 11)1 agen, unb eö Würbe babei bic
paterna unb materna generatio, ober
lancea unb fnsus, bie ©c^wcrt* unb
©pillfeitc unterfcf)ieben. 2)ic altejle
(Srbfolgcorbnung War, foweit [li) erfcnncn
läßt, (Sacituö ®crm. 20. 32) auf bic
Sebcutung ber ©ippe ober bcr ©enoffcn«
f^aft ber Slutäfreunbe gcgrünbct, burc^
beren Tla<i)t feber be«s jjricbcnö, bcä ge«
waffncten ©i^u^eö unb bcr Vertretung
naii) außen unb nor ®eric[)t unb na^
bcm lotie bcr (5f)rc ber Slutrac^c Per*
fiebert warb. 2)iefcm (Scbanfcn gemäß
mußte tai Vermögen aU bie ®runb«
bcbingung ber Tla(i)t bloß an 93Jänncr
unb jWar, weit SBeibcr burc^ i^re 93er«
l^eiratung au^ i^rer ©ippc f)crauägingen,
an bloß burc^ iWänner ücrwanbte mann*
lic^e Sölutöfreunbc ücrerbt werben. !E)ic
3;öcf)tcr waren auf bie ©crabc, m^b.
gerade, angcWicfen, b. i. im Wcfentlic^en
ber uorf)anbcne ®c^mucf: ^alöEctten,
paiu, ^Irmbaugc, Dljrringe, gi^ciucnfleibcr,
im weitern ©inne eine ganje Qiu^pcucr:
93etten, q3fül)Ic, Äiffen, Sctt« unb 2ifd)«
wä|'d)e, Scppic^e, Umgänge, Ääpen, Öaben,
©effcl, Spiegel , Surften, ©eueren, Seud)«
ter, Sedcn, adcö ©am, bie Kleiber, bie
gotteöbicnjiIid)en 93üd)cr, bie ®änfc unb
@^afe, oUcö bie^ b«r ©egenfa^ jum
^eergcräte, bem ©d^Wert, iai bcm
©o^n aU (5rbe juficl; bcibe^, ®erabc
unb |)eergcräte, würbe bcr ©rbtcilung
Borau<S Weggenommen. iHOmäfjIi^ brängte
fcf)on in ben alten 93oIf«sre(i)ten bie «Sitte
jur aBcfferftcDung ber 2;ö(f)tcr; ftc traten
cbenfaHö in« ©rbc bcö ®runbeigcntum^
ein, anfangt mit einem I)rittcl, fpätet
mit gleichem Jeil mit ben ©ö^ncn. 93ei
bcm Qlbel unb ben iBauern erhielten ftd^
aber ni^t nur bie alten (Siemcnte, fonbcrn
würben in befonbercr ?lrt weiter auSge«
bilbet. 2llä fcE)Were ißerle^ung bcr 93er«
wanbtfc^aftöpflid)t galt e«, ben 93Iut8«
freunben i>a^ it)ncn jufommcnbe ®rbe ju
cntjie^cn. 3m ^ortf^ritte ber 3«it
fämpftc jcbo^ baä ®cfü^l ber 5i^eit)eit
gegen biefe S8ef($ränfung an, unb man
fuc^te eine 9luggleic^ung. Sejlamcntc jWar,
alö einen Qlft, ben man im ®cf)eimcn »er«
richtet, ließ bcr ®runbfa| ber Öffentlich«
feit im (Recf)tölebcn nic^t ju. hingegen
War bic Übertragung »on ^ani unb J^of
unter ßebcnben jugelaffcn, unb bicfeö ge«
fd)af) in mand^crlei SBenbungen fo, ta^
bcr 93ergeber [xä) felbf! baburcf) möglicfe^
wenig cntjog, unb bic üBirfung frc^ ^aupt«
fäcf)Iic^ crfl nac^ bcm Sobc äußerte. 5luä
ben 93crgabungcn unter Scbcnben würben
(SrbDerträge. 93on biefen 93crgabungen
bei tebcnbigcm ßeibe gab eä breicriei Oib«
fiufungen: entWeber ging ba^ 93crmögen
fofort nidt)t bloß in baä Eigentum, fon«
bem audf) in ben SSefi^ beö anbern, unter
93orbc^aIt ber lebenslänglichen SJcrpflc«
gung ober 95crpfrünbung, ober man »er«
gab fein ®ut, behielt [li) aber biö ju
feinem CcbenScnbc ben 93cfi^ »or, wobei
häufig bem Scfcf)enften ein 3^"^ *"''"
®utc bebungen würbe; ober enblic^,
man »erfc^enfte fein 93crmt)gen bem an«
bcm fcfl, fo tcbod), ta^ hai ßigentum
erfi nacf) beä ©c^enferi? Zott auf ben
93efc^enften übergeben foütc 3" ^f"
beiben erfien gäflcn war gcric^tlid)c 5tuf«
faffung notwenbig, bcr britte r^aU würbe
alö ®clöbniä angefe^cn, wofür auc^ eine
Urfunbe Ijinrcic^tc. 2)aS römifc^c SRcc^t
beö IcfiamentcS befaßen in S)eutf(^Ianb
anfängii^ bloß bic ©eiftlic^en, bic über«
l)aupt nad) bcm römifd)cn [Red)t lebten;
Don i^nen auS, namentli(^ burc^ bic
geifiticf)cn ®eri(f)te, fanben bic Scfiamcnte
feit bem 13. ^a\)x^. in ben ©tabt« unb
Sanbrccbten ©ingang.
6rcf \\t ber yiami: eine« SRittcrö au^
^IrtuS' Safclrunbe unb bcr ^elb eine«
(Srmcnticf) — ®rjbifcf)of.
91
ftanjöftfcfjcn (Spo^ M Crestien de Troyes
utib eineö tanad) bearbeiteten beutfcl)en
»on ^artmann üon 5lue. Ereo i)at bie
f^öne Enite jur %xan genommen unb
üetliegt fi^, b. {). er oerfäumt rittcrlicfie
9lbenteuer. Darüber trauert ©nite; Srec,
tt)ie er ben @runb erfät)rt, äiel)t mit i^t
auf I^aten auö, verbietet il;r jebocf), \\)n
»or ©efabren ju warnen. S)a fic tai
bennocf) jebcömal tbut, be^anbclt er fie
t)art bafür. 9?ac^ fielen Qlbenteuern tritt
er feineö IBaterö DJcicE) an unb oertiegt
ftd^ ni(^t itiieber. 5Die ®runbmotit)c finb
SRittcrei^re unb ^rauentreue.
ßrmenrt^ ift bcr ^auptfeinb Dietri*«
t>on 33ern in ber ^elbenfage. Jßaß er mit
bem goti[d)en Äönig Airmanareiks
geme^nfam bat, ifi ni^t nad^juweifen : in
ber feagc eTfd)eint er aU römifd)er Äaiier,
Dbeim J)ii'ttid}ö; er entebit bie ^vau [ei=
ncä 3DJar[d)aü«i ®ibic^, n->orauf er, burd)
beffen treulofe SRäte »eranlapt, [ein eigene^
®ef(i)ted)t ju ®runbe rid)tet. 2)ie (£öt)nc
[eineö 93rubersi ^arUtng Ui^t er f)ängen,
unb feinen Steffen S)'ietric{) oon Sern
jmingt er jur gl"*^ insi .^unncnlanb;
6^el giebt jebocf) b*m iycrner ein i^^eer
mit, burd) beffen Apilfe biefer in bet a?a=
bcnfd)Iad)t ben (Srmaurid) beftegt unb [ein
Üanb »üiebergcminnt. 2)ic einjelnen 3!}Jo^
mente beö ßebenä (Svmenrid)^ laufen in
ben 2)id)tungen, bie bafon crjät)len, fet)r
auöeinanber.
@rnft, ^»crjog, ifi in ber Sage ber
@ol)n einer bairi[d)en .^»friogin *2lbetbeit,
weldie mit (Sinwiüigung eben biefeö Sobs
ncöÄaiferDtto ben SRoten {)eiratet. S)urd)
ben !}3faljgrafen A^einrid) »irb örnji
bei feinem Sticfimtev oerleumbet unb i>a'
rauf{)in feiner ®üter entfe^t; eine ^ebbe
entbrennt, unb ßrnfi evfd)Iägt feinen 5Ber=
leumber im %\\a^t tii Äaiferö; barauf
fliebt er in Segleitung feineö treuen S)ienj^=
mannen, beä ®rafen «ffie^el, aU Äreuj^
fafirer nad) Jerufalcm. -iluf ber ^afjrt
gelangt er ju einer einfamen , präd)tigen,
mcnfc^enleeren 93ur_g DoQer Sebenämittel.
SBäbvenb bie ^reujfal)rer ftc^ ^ier gütlich
tl)un, reitet ein feltfameä aSolf l)eran, in
Weisen Äleibern, langen Ralfen unb fdjmas
len 6cbnäbcln tt)ie Äranidie, in ibrer
SWitte eine auö 3nbicn geraubte Sungfvau
tü^renb, bie ttjic eine betaute SRofe unter
X^fänen einfjergebt. ^^lerjog (Srnfi unb
feine Scannen fallen über tai @c^nabel=
fiel) ber, o^ne bie ^unsfro" erretten ju
fönnen. ®ie jie^en roeiter, fommen in^
Sebermeer an ben ÜJJagnetberg; nad)bem
fein @d)iff ^ier geflranbet, lä§t er fxä)
üon ©reifen auf einen fernen §cUen tra*
gen. 2)ann fommt er ju ben ?lrimafpen,
bie nur ein 5tugc l;aben, flreitct für beren
.5?önig gegen bie ^lattfüfec , bie jum
6d)ui^e üor Unmetter i^ve gü§e wie
©d)irme über ft^ ausbreiten, unb gegen
bie fiangobren, bie if)re D^rcn alS Älei=
bung braud)en. dlad} anberen trunberbaren
Qlbenteuern fommt er enblid) nac!^ Jeru*
falem, wo er groge Itjaten jum ^eile ber
St)ri|lent)eit nodfülirt; ber 9tuf)m feiner
Saaten befänftigt ben jürnenben Äaifer
unb ©tiefoater, er febrt jurücf unb erl)ält
^rieben unb •Ber,^eil)ung.
2)er ©toff biefer Sage scrfäüt in jwei
Seile: beren crfter entbält t>olfömä§ig
epifd)c Erinnerungen an 4>eräog ®rnjt II.
oon €d)tt)aben, ber f\<i) gegen feinen
©tiefüater Äonrab II. auflehnte unb tro^
ber Serwenbung feiner SRutter ®ifcla
famt feinem treuen ^reunbe, bem ®rafen
aSerner oon Äiburg, ben Untergang fanb;
tiermifdbt unb ^urd)fe^t mit alteren ©r*
inncrungen an bie ®efd)id)te ßubolfa oon
(Schwaben, €tieffol)ncs ber Königin 'Übel*
l)eib, ^2lufrüt)erö gegen feinen iöater Dtto I.
unb ^einbeö feines Obeimö, ^einrid) non
33aiern. 3?er anbere Seil, bie .^eerfabrten,
entl)äU morgenlanbifd)e Sagen unb gabeln
ber antiten 2Beltbefd)reibung, bie burc^
bie Äreujjüge entweber erft befannt ober
ju neuer 2eilnat)me gcwedt reorben
waren.
Die Sage com ^crjog Srnji erfc^eint
in ben iierf*iebenf!cn formen; im 12.
3al;rl). bearbeitete ftc ein Ja^renber, bem
im 13, unb 15. 3al)rb. Überarbeitcr folg*
ten, ^a5rt)if(^en latcinifcftc ^Bearbeitungen
in qßrofa unb 23erä. ©er Sänfelfanger,
ber ben @toff im !5. '^a\)xb. in ber fog.
Sernern^eife bearbeitete, gab *ßeranlaffung,
bicfe üJtelobie lierjog (£rnfiö Son ju
nennen. (Snblidi »urbc gegen (änbe beS
15. 3a^rb. auS ber latoinifc|en '^Jrofa ein
beutfd)er Oioman gemad)t, ber nun unter
bie aS olföbü(^er geriet.
försämtcr, ftebe ^ofdmter.
erjMft^of. SBiö in bie erjie Seit
^axU b. ®r. tt>ar bie äöürbe eine« ©rj^
bifd)ofö ober SDtetropoUten nid)t mit einem
beftimmten ißiötum fefl uerbunben, fonbern
peifönlid) balb bem einen *-8ifd)of, balb
bem anbern übertragen »orben; je^t
würbe biefe ffiürbc anmäf)li(^ mit SRücf«
ftd)t auf baß feit 5llterö begrüubete Sin»
fe^en einjelner Äird)en geregelt. 3n
üKains erbielt «itü, beö Söonifaj 9lad^-
92
grjsguB — exjsie^ung.
folger, 780 baö «Pallium (ftc^c biefen
9lrtifcl), unb um bic S!«itte bcö 9. 3af)rf).
^ci§t Spfiainj ÜJJetropoUö »on ®ermanicn;
in Äöln erhielt ^ilbebolb, ^axU b. ®.
Kaplan, bic cräbif^öfUd)e SBürbe. ßub*
»ig ber i^rommc cnicf)tctc baö (Srjbiötum
Hamburg, beffcn SKetropoIit in Sremen
teftöiertc, mit ber ?tufgabc, bie obere ßci«
tung ber ffanbinaoifdjen Äir(^e ju über*
nehmen; in ©aicrn empfing ber 93ifc^of
»on (Salzburg baä *Pa(lium; im SDiofcI*
lanbe bcfanben ftcf) anfangt bie SBifc^öfe
non SWe^ im Sefile ber erjbifdjöflic^en
SBürbe; 'feit Äarl b. ®r. mar Jricr
SWetropoIitan für ÜJJe^, Soul unb SBerbun.
2)ie ©rteilung beö <)3aüium^ erfolgte burd)
ben Q3apji, aber mit 3ufiimmung beö
frcintifc^en Äönigö. Dtto I. giünbete 970
t)ai förjbiötum SÖJagbeburg.
(Srsgu^. ®ein fünfitcrifd)cr betrieb
gc^t in S)eutfcf)Ianb ni(^t f)inter bie Äaro«
linger jurüd. Äarl ber ©ro^e lie^ fun=
bige SDiänner axii ^talun unb anberen
ij^roüinjen fommen, um ba«i 5(ac^encr
a)iünfier m.it ®oIb unb Silber, el)crnen
(Sittern unb Spüren ju fcfemüden. Unter
ben ©rägiegern am föniglicben $ofe befanb
ftd) ein 9JJÖnct) au§ @t. ©allen, 9iamenö
Sanfo, mit bcm ein frember 3!JJeijl:er, ber
in aüer Tldaü.' unb ©laäarbcit oortreff*
lic^ mar, metteifertc. Diefe "Jlrbeiten ftnb
jum 2eil in 4 ü}JetaUtl)üren , Sruftgelän*
bern ber ©mporen, einer mafferfpeicnben
2Bölfin unb einem ^inienjapfcn nod) er=
galten. 3m 10. Sa^rb. grünbete 33ifd)of
Sernmarb üon ^ilbc3l)eim eine f[öjierlid)e
®ie§bütte, beren anfel)nlid)e Sßerfc in
6ad)fen tcilmeife erbalten ftnb, 2;l)ürflügel,
eine nad) bem ÜHuficr ber Srajanöfaulc
entworfene ©äulc ju ^ilbeebcim, ^ron»
Ieud)ter unb bie ©rabtafet bcä ©egenfönigi^
SRubolf üon €c^maben (t 1080) im S)om
ju ÜJJerfeburg. 2ßäl)renb in biefer frül)ern
«Periobc bc^ 2)littelaltcrö bie >S2tein=
merfe an ülnja^l üon ben ©uftmerfen nod)
überragt merben, nimmt mit ber ®otif
bie 93iibnerei in «Stein übcrl)anb unb tritt
ber (Srjgui jurüd, ber oon ha an längere
3eit met)r bcinbmerf<^mä§igem 'Betriebe
überlaffen bleibt. 3n ©a*fen finben [\ä)
bie meinen gcgoffenen Sauffeffel, unb bie
©täbte !8raunfd)meig, Sortmunb, Erfurt,
ßcipjig, ÜJlagbeburg, 3tt''d<i" merben aU
©iepätten genannt. 5luö DJürnberg gin=
gen fpäter bie grö§tcn erjgie§er ^eroor,
barunter qScter a3ifd)er, 1460—1529;
er beteiligte ftc^ aucfe an bem bebeutenbflen
aSerfe beö (Erjguffcä auä ber ^rü^*
ienaijfance«3«ii/ ^£"1 ®rabmal beö Äaiferä
iDlay 5U ^nnöbrud.
(Srjtc^ung» dla^ altgerm. Stedjt^an-
fd)auung ftanb eä in ber Sffiillfür be§
23aterö, ob er iai neugeborene Äinb über*
l)aupt aufjie^en laffen mollte; cö fianb
i^m frei, e^ ju töten, auäjufe^en ober ju
oerfaufen. 5Doc^ fam bicä im me(ili(^en
©cutfd^lanb feltener oor alö im D^orben,
unb fd^on Sacituö (Germ, 19) ermähnt
biefe^ 9ied)teö nid)t meljr. Salb nad) ber
®eburt mürbe t>a^ Äinb auf bie 6rbe ge«
legt, big frc^ ber Sßater erflcirte, ob er e«
leben laffen mollte ober nid)t. (Sntfc^ieb
er fi(^ für jeneö, fo mürbe ba^ Äinb auf«
gel) oben, ba^er ma^rfc^einlid) ber DiJame
|)ebamme. (£ntfd)icb er fr^) für bag
le^tere, fo mürbe ta^ Äinb au^gefc^t;
boc^ befd)ränfte ftd^ bie 5luäfe|ung auf
gemiffe ©tämme unb auf bcftimmte SScr»
bältniffe, mie gro§e 5trmut ber (Sltcrn,
ieurung, ober fte betraf fd)mäd)lic^e unb
ftüppell)afte Äinber unb jmar SDJabc^en
l)äufiger aU Änaben. ©obalb bem Äinbe
nur bie geringftc Jia^rung ju teil gemor*
ben mar, ein Jropfen ÜJJilc^ ober |>onig,
fo mar bic ^uäfe^ung nid)t mc^r gemattet,
©agegcn fonnte hai Ätnb no(6 fpdter im
^alie äu^erfier ülot in bic ©Elaücrci »er«
!auft merben.
2öar iai Äinb aufget)obcn, fo mürbe
eö gcbabct, mit SBaffer bcgoffcn unb i^m
babei ber fRame gegeben, eine altgerma«
nifd) beibnifdjc ©itte. Die ganj ju ber
Saufe jlimmtc. ©onöljnlid) mar cd ber
oornct)m|le ber anmcfenben ÜRanncr, ber
taQ Sßapr über hai ^inb go^ unb i^m
ben Flamen beilegte; man mäi)lte baju
mit Sßorliebe ben JJamen beä mütterlid^cn
Dbcimö ober beä ®ro§Daterö. Siel 3«"*
gen ju ber ^anblung ju ncrfammcln, mar
alter Srau^. SBcr ben 9?amcn gab, fügte
ein ®efd)cnf an Uegenbcr ober fabrenber
^abt binju. ß'benfo pflegte man ben
ctpen 3«^" "^it ^i"^'^ ®'^^^ ä" begrüfen.
®a na*^ germanifd)em SRcc^t ber Un«
münbige ben ©tanb bcö Unfreien teilt,
ba^er Äne^t unb Änabe, iWagb unb
Jungfrau in ber alten teprac^e jufammen«
fallen, fo mud)ö ha^ Äinb beö ^xmn ju«
lammen mit ben Äinbern ber Anette auf;
Sacituö Germ, 20 berichtet: „3n febem
^aufc mad^fen bie Äinber nadt unb
fd)mu^ig ju jenen ©liebern unb ßeibern
i)tran, bie mir anPaunen. ®ic SOiutter
näbrt ein jcbcä an i^rer eigenen 93rufi,
unb fte merben ni^t SWägben ober 5lmmen
Übermiefen, ^errn unb Äned)t fann man an
(Srjie^ung.
93
leinctlei SSeöotjugung in bet (Srjie^ung
unterfc^eibcn. Unter bcmfclben 33ie^, auf
bcmfelbcn ©oben leben fte miteinanbct,
bi« iai ^eranreifenbe QlUcr bic ^reigeborc*
ncn auöfonbert, Sapferfeit fic fennttid)
maä)t." Oft »urbcn 9leicf)aUertgc un«
freie Äinber ben freien Äinbern bei ber
Sflamengebung jum Eigentum gcf($enft
unb blieben baö ganje öeben in if)rer
näc^ften Umgebung. Überhaupt trug
baö 3"f>-ini"ifn5ei*f" ^ft f'^fif" ""^ ""'
freien Äinber ju einer ^iuögleii^ung ber
©tanbeäoerfc^iebcn^cit bei. 3" ^s:n erjlen
3al)rcn lebten bie Äinber beiberlei ®c»
fc^Iec^t^ unter ber Db^ut ber ÜJJutter; ob,
n)a^ in ®fanbina»ien pufig gcfc^a^ , bie
Knaben a\xä) bei ben alten ©eutfd^en frü^
f^on in hai ^auä eineg §rcunbc« ober
eine« SBerWanbten unb i'max befonberö 5um
Sruber ber 5Kutter gegeben mürben, ifi
burd^ feine Bcufln^ff^ belegt, aber nid^t
untta^rfc^einlid). ©ie 3;ö(f)ter ttiurben
au^er in ben QIrbeiten i^reö ®e[($led^teä
aud^ in ber ^enntniö ber 3flunen unter«
richtet; im Übrigen blieben fxe in ber
aWunbf^aft bcä Saterö ober be^ gebore«
ncn iBormunbeg, biö fte mit ber Scrl^ei«
ratung in bie üJtunbfd^aft iiti (Stjemanneö
traten; waö fte äuferlid^ üor ber iBcr«
^eiratung einjig fennjei^netc, tüar ber
freie ^aarftu^ö, fonjt bIo§ ber ®d)mu(f
be« freien; aU Sraut mu§te fte bie
Soden üerfd)neiben, unb bic B^Pft würben
xi)x aufgebunben. S)ie Änaben bagcgen
ttjurben, folangc fte in ber ®ctt)alt bcö
SSaterö waren, j^ctö »on frifc^cm gefc^oren.
SOlit ber Stellung ber Jlinbcr ju ben
(Sltern l)ängt ein eigentümlicher ®ebrau(^
frül)crer 3i>f)rl)unberte jufammen, ta^
nämlid), njcnn bie ganje ^amilie über
bic ©träfe fc^ritt, jucrji bie lö^tcr, bann
bic aJlutter, fobann ber SBater unb bann
erfi bie ©ö^ne famen. 2)ic 2öeibcr geben
ben ÜJJännern »oran, wie fonfi bog ®e«
ftnbe coranjuge^en pflegt, um ber ^err«
fc^aft ben 2Beg ju räumen, unb unter ben
Söeibern fommcn bic Söc^ter üor ber
Söjfuttcr, ttseil fte in \\)xtx 5>icnfibarfeit ju*
nd^jjl biefer untergeben finb. 25ic ®ö^ne
aber folgen bem iBatcr, tvcil fte, gleic^fam
bag ftet)cnbe |>ecr bcö ^aufeö, i{)n aU
i^ren Sßaffcnmcifier unb gdb^crrn an ber
©pi|e l)aben muffen.
^atte ber ©o()n, na^bcm er frü^seitig
ju förperlict)en Übungen angepltcn ttjor«
ben War, jum ^ül)rcn ber aSaffcn, Sflcitcn,
©«^»immcn, Jagen, J)inrei^enbc groben
feinet SWuteö abgelegt, fo erfolgte bie
feierliche aBc^rl)aftmad^ung. Dffent*
li^ , cor bem 33olfc, »or ^rcunben unb
ißerwanbtcn würbe er com SSatcr ober
einem befreunbcten (Sbeln mit @d)ilb unb
gramea auögerüftet unb mit bem erjten
il)m fclbji gcprenben ©cfewcrtc mürbe er
aU fci^ig bcjci(i)net, ftc^ unb anbere ju bc«
fd^ü^cn. Sic 2Be^rl)oftma^ung gefd)a^
ctioa im 15. 3al)re; ttoUEommen frei
mürbe ber ®of)n aber erfl mit eintritt bc«
21. Ja^rcö; bann mußte er, menn bicfc«
ni(f)t f(ion tjorlier gefd^ctjcn mar, auö ber
a}lunbfd)aft be« SBater« austreten, fein
eigener ^err merben, mo(^tc er ftd^ nun
t)crt)ciraten unb einen eigenen ^auö^anb
grünben ober unocr^eiratet bei feinem
Satcr ober anbcrämo um öotin arbeiten
ober in bic ®cf)ar eineö ©cfolgö^crrn
eintreten.
3)ie aSölfcrmanberung bracf)tc in biefe
cinfad)en Sufiänbc manche SSermirrung unb
anfänglich jebenfaüö ni(f)t« ©c^önercä.
@(^on im 6. 3a^r^. liebten e« reid)e
Qlngelfact)ftnnen , it)rc Äinber Qlmmcn ju
übergeben, eine Unfttte, bic in ber I)öfifc^cn
3cit aügcmcin mürbe, ^ür bie Knaben
unb 2)Jäbc^cn famen 3ud^tmcijicr auf,
Qf)b. magaczogo, magazogo, mbb.
magezoge unb magezoginne, ztiht-
meister unb zuhtmeisterinne, ju«
crfi of)ne 3meifel für bic Äinbcr bc«
Äönigö unb ber ^^ürjicn, bann meitcrgrei«
fenb für bie ber iBorncljmen unb beä 51bcU
überhaupt. Äcnntniä ber ®efe|c unb bed
©(irifttumö überpupt »erlangte einen bc«
fonbern Unterricht, ber naturgemäß oon
®ciiili^cn geleitet unb gegeben mürbe.
S)ie« mürbe bcfonbcrä burd) Äarl b. ®r.
meiter auägebilbct. Dcrfclbe ri(i)tcte fogar
für feine Söc^ter neben bem Untcrri(f)t im
Soeben unb Spinnen eine 51rt miffcnf^afts
liefen Unterricfct« ein. Scfonberö foütcn
bie Älofierf^ulen für ben Untcrrric|)t ber
©ö^nc be^ W>üi bienen; nad) bem Sor«
bilbc cnglif^er grauenflöfier mürben burc^
englifd)c Stonnen beutfd^c ^raucnflöftcr
gefiiftet, befonberä 93ifc^of«l)cint an ber
iauber, ©tättcn, bic in ber golgcjcit bic
gemö^nlid^en erjicf)ungöftätten für reichere
9J?äbc£)en mürben , unb in benen ncbfl
feineren meiblicftcn 3lrbeiten aud) eine gc*
miffc miffcnfd)aftlidic 93ilbung gegeben
mürbe; ber Scft^ eincö gefd)rtcbenen ^\aU
tni ifi im 3D?ittclalter für bic %xa\i SRcgel
unb 5ä^It jur ®erabc (ftc^c ®be).
SBeniger Grfolg Ratten auf bie ßdngc
Äarlö b. ®r. 93emü^ungen um miffen»
f^aftlic^en Unterrid^t ber .Knaben. S^^^
94
©rjfansler — ©ulenfpiegel.
maren in ben Älöfiern neben ben für ben
ytaä)Wuii)i ber iüJiönc^c beftimmten inneren
©d^ulen befonbere äußere ©c^ulen für
2öelt9eipiict)e unb ßaien eingerichtet; bie
golgejeit tticifi aber einen @tanb ber 93ot>
nehmen auf, ber »on gelebrter 93ilbung
fe^r wenig angenommen ^at. ^Dagegen
^at bie 5tuöbilbung be^ titterlid^cn ©tan«
beö aud) eine ganj befonbere fon»entio»
neue iStanbeöerjief)ung gcfi^affen. S^d
bcrfelben »ar cor aüem eine ^öfifc^c
ßebenöart, zuht, hövescheit, im ®egcn<
fa| jur nnzuht, dörperlieit, un-
hövescheit; fte berut)te auf einem an*
fiänbigen 93ene^men, auf Äenntniö ber
gert)öbnUc^en Spiele, ber SOiufif unb ber
©pracben. kluger ffleltgeijilid^en , $of»
faplanen befonberö, bebiente man ftc^ ha^
bei ber ©pielleute , bie jugleic^ ©prac^*
meifter waren; franjöftf(|e famen nad)
Spanien, 3talien unb S5cutfd)Ianb ; beutfd)c
©pielleute waren in^talien, beutf(^c ©eiger
in granfreid^ im 13. '^apx^. fe^r beliebt.
gürbieÄnaben Warfrübe Übung imSQBaffens
fpiel uncrlä§lic^, ä^nlic^ ben Änaben ber
Saciteifc^en ^ät; fte lernten Strapasen
ertragen, reiten, laufen, flettcrn, fpringen,
mit bem Sogen fc^ie^en, htn Speer wer«
fcn , mit @cf)ilb , ßanjc unb Schwert
lämpfen. (Jin eigentlicher J^^«^*'"^^!^"
{)ie^ Schirmmeister. Söenn in ben
S)ict)tungen biefer 3eit ^äufig bai 7. Ja^r
ali ber Seginn folc^er ©rjie^ung ange«
gegeben wirb, fo fc^cint iai ni^t germa«
nif(^, fonbern Don ben SRömern §erge=
braute Sitte gewefen ju fein, dagegen
ifi eö germanif^e^ SRec^t, wenn ber Änabe
mit bem 12. 3a^r an einen fremben ^of
gefc^icft wirb, um bort unter ber Db^ut
eine^ befreunbetcn SDknneö jum (Ritter
I)eranäuwac[)fen, er gc|)örte bann unter bie
kint; er War ju feinen Sa^^^en ge«
fommmen, er versan sich, b. l). er
War jur SBefinnung, jum eigenen S)enfcn
unb ^anbeln gelangt. 2)ie le^te Staffel
»or ber iRitterwürbe naf)m ber knappe
ein, ber feinem ^errn fd)on in bem (Srnjt
beä ßebenä ein Segleiter war, unb bie
altgermanifc^c 9Be^rbaftmac^ung er«
^ielt frd) cnbli(J) im iRitterf^lag, in
ber sw er t leite. SRäl;ereä beim 5lrtifel
IRitt ertum.
3n ber J^olgejcit fommen für bie neuen
aSer^dltniffe aud) neue Silbungömittel auf:
für Äunfi unb .^onbwerf ßel)re_unb
aGßanberfd)aft, für bie gelehrten totänbe
bie niebere unb bie bo^e Schule, für
ben iJlbel hai ^iRcifen. Sßein^olb,
®eutfd)e grauen, 'Hbfc^n. IV; Sd)ulje,
^öfifc^e* geben.
©rjfonjlcr, f. Äanjiei.
dx^fa^lan, f. Aap eile.
6fo<)U0, f. Sierfabel.
6^el, eine befannte *Perfon ber beut*
fc^en ^elbenfagc. S)ie ©runbjüge feiner
Sage fmb folgenbe: (5|el, Sotelung*
So^n, erobert fic^ ^ünenlanb unb
überlädt feinem altern Sruber t>ai »ötcr»
lid&e SReid^. SDann roirbt er um ^erc^c,
Dferid)« Zod)kx. Sie wirb i^m »erfagt,
aber ÜRarfgraf SRübiger fommt in einet
SerEleibung an i^rc^ Saterö $of un&
entfül)rt fte ju S^el, ber nun in fortwä^*
renbcr geinbfc^aft mit Oferic^ lebt. —
®^cU 3u9 9^8^" ilöalbemar, Ofe=
ri(|ö Sruber. 5Dietri(^, SÖalbemar« So^n,
wirb com Serner gefangen, ^erd^e bcilt
feine Sßunben. (Sr entfliegt, aber ber Sers
ner l)olt i^n ein unb ^aut ibn nieber.
®ro§e @d)la(f)t jwifdien ben ^ünen unb
iRuffen, ööüiger Untergang SJalbematd
unb Eroberung oon iRuBlanb. — (S|€l
t)at nad) bem lobe ber ^erc^c um Äricm*
^ilb geworben, unb biefe t)at in ber J^off*
nung, baburd) an ben ^«inben Siegfrieb^
SRac^e nehmen ju fönnen , eingewilligt.
Sie^e iüibclungenlieb. (Sä lag öon je«
^cr auf ber ^anb, ben $clb ber Sage mit
bem biporif^en ^unnenEönig 5tttila ju
ibentifijiercn, unb eä ift fein 3tt>t^f«I' ^<i§
ber t)iftorifd)c Qlttila ^ur iUuebilbung bet
Sagengefialt ©^elö beigetragen ^at; ob
aber ber fagenl)aftc (S^cl auö ber t)iilori*
fc^en *Perfon ^Utilaä l)eruorgegangen, ifi
fe^r jWeifell)aft. S)er bem beutfci^en (Sfeet
entfprec^enbe norbifd)e ^elb ?ltli jiimmt
in Dielen Sejiebungen gar nid^t jum
I)i|iortfd)en |)unnenfönig.
GuIcuf^Jtegel, ber iRamc eines Sdialfö«
narren, auf lan ^af)lxi\d)i Sdt)Wcinfe ber
wanbernben ^anbwcrfi^burfc^en unb fonjii*
ger faf)renber ßeute, ältere unb neuere,
frembe unb ein^eimifc^e, oberbeutfc^e unb
nieberbeutfcbe übertragen würben. iDie auf
einen ©rabjlein [xi) ^ü^enbe iRa^ric^t,
ba§ er 1350 ju SOiöün, einem Stiibtc^en
bei Öübed, gcfiorben fei, ifi uvfunblic^
nict)t belegt. Sicher ijl aber, ta^ ber
SRamc Sulenfpiegel alö ber ciueö Sd)alfa*
narren unb Sd^wänfe non ihm lange cor
bem erftcn befannten Solfebudje Dor^an*
ben waren; Spiegel fd}eint l)icr eine ä^n'
lic^e Sebeutung wie in Sd)Wabenfpiegel,
specalum historiale u. bgl. gel;abt ju
^aben. 2)ie erfie befannte Qluögabe ift
Dom ^übx 1519, oberbeutfcft gefd)rieben,
6t>an(^cIienbarmonien — (Jwigcr 3ubc.
95
unb wirb in einer iSpottf(ä)tift auf iDiurs
ner biefem jugefc^rieben , voai ebenfalls
ni^t nät)er nacöjuroeifen ifi; icbcnfatlä
»or tai 93ud^ urfprünglic^ niebcrbeutfc^
t)erfa§t, i)a bcr ^elb in S'iiebcrfadjfcn ju
^aufe iji: „Bei dem wald Melme ge-
nant, in dem land zno Sachsen, in dem
dorf Knetlingen, da ward Ulnspiegel ge-
born, nnd sein vater biess Claus Uln-
spiegel und sein muoter Ann Witcken,"
2)er ältere nad^geföiefene S)ru(f ifi ju
©tra§burg 1519 erfcfeienen, unb ba^ Suc^
h)urbe üon ia an hai am meiften t)er=
breitete öolföbuc^ unb inö IJJieberldn?
bifd)e, granjöftfcf)«» ©nglifc^c, *PoImf(^e
unb 8ateinif(|c überfe^t. 5ifd)art bracf)te
ti in SReimc. SDie ältejic ^tu^gabe [amt
5lbl)anb[ungen bei Sappenberg, Dr.
Thomas Mnrners Ulenspiegel. fieipjig
1854.
©öangeltcnöormDntcn feigen 3ufam»
menficflungen ber otcr (Sinjeleüangelien in
einem Sinäcieüangelium. 5Der erpe, ber
biefeö tl)at, ifi ber 5lfrt)rer latian, ber,
ton fcftiercrifcf)em 3nt£i^efre geleitet, bie
eöangelifcöen Söeric^te mit miQfütlic^en ^uö*
lajjungcn, j. S. bcr ©encalogien jufam=
menpeütc; biefeö SBerf, einft beliebt, ifi »er--
loren gegangen, ©benfoftenig erhalten ifi bie
Harmonie beä 51Iefanbrinerä Qlmmoniuä,
Se^rerö beö Origencö, um 224, ber fxä) bie
2lufgabe fleUte, ben »oüfiänbigen Seyt ber
»ier Snangelien jufammenjuflellen. (är*
galten ifi bIo§ bie »om 93ifd}of Sßiftor
»on (Sapua neu rebigierte lateinifdje (Sean«
gelien^armonie öu^ bem 6. ^al)x\)., bcren
Original^anbfc^rift burc^ 33onifajiuö nad^
gulba gebrad^t unb bier inö SDeutf(i)e
überfe^t »urbe, ^erauögeg. eon ©c^meüer,
1841, unb ©ieüer«, 1872. 2«it bem
fRamcn (Joangelien^armonie benennt
man au^ bie bciben df)rifilic^5beutfc^en
Spopöen beö 9. Sabrb-, biefenige beö
Otfrieb unb ben äuget fad) ftfc^en ^e^
lianb, unb enblid) eine jüngere Scarbei«
tung be^ üon ber 5^rau 5lDa um 1100 gc«
bicf)teten Sebenä 3cfu, ttjelc^c jüngere 93c*
arbeitung man bie ©örli^er (SüangeUcn=
Harmonie nennt.
(Süangdtcnfcitc ^ei§t bicjcnige Seite
beä 5tltarö, »eldie Xi<i)ti »on bem auf
bem Elitäre fief)enbcn Ärujifife ifi, alfo
ge»öf)nlic^ bie nörblic^e; »on ber auf
biefer Seite befinblici)en Äanjel njcrbcn
bie Soangelicn »erlcfcn.
ßtoiger ^ube. ©einer erwähnt juerfi
ber englif^c Senebiftincr SDtatt^. »Pariftuö,
gcfi. 1259, in ber historia major. (Jin
armenifc^cr 93ifd^of, bem ber ctt)ige Swi'e
feine @efd^id)tc felber crjäl)lt t)aben foU,
^at bem S^ronifien bie 9^ad)rid)t gegc*
ben: SDer 3ube &artapt)iluä war
(Pförtner be^ (palafieö im ©icnfte be«
<i3ilatu«. 21I(^ nun bie 3uben S^rifiu^
auä bem *palafi fc^Ieppten, üerfe^te i^m
ber ^Pförtner unter bem I^or einen Schlag
mit bcr 3^aufi unb fprad): „®e^c ^in,
3efuä , immer ge^e fd^neüer, ma^ jögerfi
®u?" 3efuä fa^ fxd) um mit firengem
Slide unb fpra^: „3c^ gelje, 2)u aber
foüfi ttjarten, bxi ic^ njieberfomme." S)er
Pförtner »ar bamal«i 30 3a^re alt, aber
aüemat, tt)enn er wicber 100 ^a\)u ju>
rücfgclegt ^at, mirb er »on einer 6c|n)äc^e
ergriffen, fäüt in Di)nmaä)t, bann mirb er
rtiieber gefunb unb lebt »ieber auf. ®r
^at fic^ oon 5lnaniaä taufen laffen unb
ben Jlamen 3offp^ crf^alten, fü{)rt alö
ß^rifi ein frommet, ftrengeä Sü^crlcben,
in ber Hoffnung, bereinfi begnabigt ju
merben.
Unter bcmD'Jamen Ql^aöoeru^ erfc^eint
bcr ewige 3ube in 2)cutfc^Ianb im 16.
3fl^r^, Sin Söefifate, Chrysostomus Dada-
laens, erjäl^It nämlid) in bem öon i^m
im 3a^re 1614 herausgegebenen 33oIfäs
buc^c t)om ewigen 3"ben, ber Sifc^of »on
©c^Ieöwig, ^auluö üon (giljen, fein it^-
rer, l^abe ben 5l^aöoer 1547 ju Hamburg
gefeben; fpäter erfc^icn er in S5anjig,
SD^agfceburg, ßübecf, SBicn, iRccal, qSari«.
Q.X crjü^lte bem *PauIuä tjon (Siljen, ta^
er jur ^tit S^rifii aU S^uficr in
3erufalem gelebt :^abc unb einer t»on be=
ncn gcwcfen fei, bie am lauteficn in hati
„Äreu,?igc" einfiimmten. 21Iö bann 3ef"^
jui ©c^äbelfiätte ^inauSgefü^rt würbe,
führte bcr 2Beg an beö (Scf)ufierS |)auS
öorbei. (grmattet »on btr Safi bcS Ärcu*
jeö lehnte pd) 3efu^ an ben S^ürpfofien,
aQcin ber Sc^ufier Wieö i^n mit f)artcn
2Bortcn Weg, worauf 3efuö ibn fiarr an«
faf) unb ju i^m fprac^ : „3<^ wiü aübier
fief)en unb ru^en, aber 3)u foÜfi getien
big auf ben jüngfien 2ag." S)aÄ furje
93oIfäbuc^ erfd)ien juerfi 1602 ju 3)anjig
unb blieb feitbem alö 3«f)rmarfteiartife(
»iel begehrt.
S)er ewige wanbernbe 3"be wirb aU
ber ©Ott SB ob an gebeutet; ber ewige
3ager ifi jum ewig 2öanbernbcn geworben ; er
trägt wie Söoban einen breiten ^ut, einen
grauen jcrfc^ten 9?tantel unb iJiagetf^u^e,
unb 5at)trci^e Solfsfagen f)abcn bie ur=
96
Exhortatio — ^i^n^-
alte 93cbcutung biefeä ewigen 3uben er«
galten. 3" ber ©dfiwciä {)cift er aucf)
$ilatuö ober *pilger i>on SRom. ^U er baö
erfie Tlal in ben SBinfel beä SRbeineä fam,
Wo je^t 93afet fief)t, fanb er einen fd^war»
Jen lannenwalb, baö jtreite SDlal ein brcitcö
S)orncngefirüppc, 'i^a^ britte SWal eine com
örbbcbcn jerriJTcne gro§c @tabt. 5lu(^
über bie ©rimfel unb t>ai Tlatinjodi ifi
er mef)rercmal gefommcn unb ^at bei feinem
erften ^inüberfieigen nidbtö aU 2!öcinberge
gefe^en, wo je^t ®Ictfct)er unb ©d^neefcU
ber finb. 3)eä Juben ©tedcn unb ®c&u^e
würben aU Oflarität in ber öffentlicf)en
Sibliot^ef ju Sern aufbewahrt. ®rä^e,
Sie Sage oom ewigen Juben, S5rcöben,
1844. - 2BoIf, Beiträge jur ÜKpi^oI. I,
10—21. — SRod^^olj, @cf)weijcrfagen,
II, 306.
Exhortatio ad plebem ohristianam
^ci§t eine Iateintf(^ unb beutfc^ abgefaßte
Qlnrcbe beö *priefterö an bie erwa^fenen
©lieber feiner ©cmeinbc, worin bicfe auf*
gcforbert werben, boö apoftolifd^c ®Iau«
benöbefenntntg unb bai SJatcrunfer felbjl
gu lernen unb i^re Staufpaten ju lehren.
3Jad^ SWüüen^off u. S^erer, SJenfmäter beut«
fc^er $oeftc unb (Profa, »erbanft ber latei*
nifcfte 2eyt ber non Äarl b. ®r. berufenen
©pnobe oom SRoocmber 801 feine (Snt«
fie^ung, unb würbe bie beutf(i)eliberfe|ung
ju 5tnfang be^ 3a^re^ 802 wo^l auf
Seranlaffung beö 93if(i^ofö Otto »on ^rei«
fing (782—810) angefertigt.
I.
Facetiae. (Sammlungen furjer, wi^i«
ger (Sinfäüe, ©ticf)elreben in Iateinif(i)er
©pradje, fmb nad^ antifen 23orbiIbern un«
tcr biefcm Dramen juerfi oon bem italie--
mf(i)cn ^umanifien *poggiu« Sraccio«
lanuö, gefl. 1459, gefammelt worben
unb juerft 1470 im 2)ru(f erfd)icnen; fte
enthalten 273 gaceticn unb würben in
ganj ©uropa gelefen. 2}on fpdtercn ®amm«
lungcn I)abcn [lä) einen 9iamen gemacht
bie facetiae beö |>cinri(^ Sebel, eineö
Wirffamen ^umanißen, ber aU ^rofeffor
in Tübingen Qtl)xn SD'JeIand)tf)onä war,
gejl. 1514; feint Facetiae, juerft 1508 er«
fcf)icnen, waren fet)r beliebt unb würben
mef)rfac^ inö ©eutf($c überfe^t. ©ie bil«
ben bie ©runbla'ge t^on .Kirc^bofö SBenb«
Unmut; fobann fmb erwähnenswert bie
Joci et Sales mire festivi beö Dt^omar
ßuöciniuö, bie Facetiae beö iKicobemuö
grifdjiin, 1547 — 1590; bie Jocoram et
seriorum libri duo be^ Dtto SOIelanber,
juerfi 1600 erfcE)icncn.
t^a^itc» 3n älterer 3eit führten bie
beutf^en Sßötfer gewiffe 93ilbcr al« ^etb«
jeid)cn, auf Stangen befefiigte Sierbilber,
be« eberö, beö ©tiereä, ber ®d)Iange.
5Daneben erfdf)eint fd^on in ^eibnifcfter
3eit alä 3^^'^^" für bie SBeWegung ber
^eerfd)aren bie Saline; eä giebt bafür jwei
9ßörtcr, einmal baö bandum , vandnm,
bandora , com Serb binden, fpäter
nüttellat. banderia, baneria, banerium,
woraus ital. bandiera, franj. banniere,
barauö ml)b. bie unb tai baniere.banier, im
14. ^a\)x\). tai paner; baS anbere 2ßort
i|l got. ber fana = 3cugftücE, wurjcloer«
wanbt mit lat. pannus = ®tü(f Slu(^,
Sappe, Sinbc; ai)t). ber fano, m^b. ia9
vane, van unb bie vane, n^b. J^i^ne.
(5ä ifi iai an ben @peerf(^aft gebunbene
gelbjeic^en, mit beffen Sr^ebung ba^ SiU
ä)tn jum 93eginne tti Äampfcö gegeben
wirb, wie mit bem ©enfen bcrfelbcn bie
a[Öaffenruf)c eintritt. SDci fliegenbc Qlbler
über einem 2)rad)en unb ßöwen ber im
6. 3al:)rt). alä ^eiligeö gelbjeic^en ber
©a(^fen erwähnt wirb, bai SRabenbilb
ber ^eibnif^en SRormannen waren ^atinen.
3ucrfi würbe bie %a^nt, vexillam, »on
bewäf)rten gelben ebeln ®efd)Ied)tcö gc«
tragen, bie nad) alter Sitte ju gufe kämpften.
5tUbeutfd) f)ei§t bie Äriegöfa^^ne gandfano,
lion gundja, worauf aitfranj. gonfanon,
ital. gonfalone = .Rriegöfa^ne, neufranj.
bagcgen ift gonfalon eine .Rirc^enfa^nc ;
ital. gonfaloniere, gonfaloniero ifi 93anncr=
fjcrr, gonfalonata eine SD^annfd^aft, bie einer
^abne folgt; mittetlat. ifi guntfanonarias
ber SSannerträger. SWittel^o^bcutfd) ^ei§t
bie §auptfat)nc stnrmvane, hervane; fie
würbe bem |)ecve ju IRoffe porangetragen.
©aneben t)atten bie cinjelnen Raufen i^re
bcfonberen Salinen »on geringerer Sebcu«
tung. Sffiurbe bie %almt auf einer be«
lagerten 93urg aufgefiedt, fo war fie gc«
ga^renbc ©dbülcr — ga^renbe^ 95oIf.
97
faßen-, »utbe ftc in bcr @c^lacf)t oon
einer 6cite frctrt)itli9 gcfenft, fo gab jtd)
bicfe für befiegt. 5" 3falien tarn bcr
Ja^ncnwagen auf, ba^ Carroccio, ju=
erfi »on ben üJlailänbcrn 1038 ermdbnt.
3u 5tnfang ^e^ 12. 3a^r^. fam btefe Sin*
ric^tung nad) S)eutfd)Ianb , m^b. bie
karrosche, karrutsche, karräsche, bcr unb
bie karrotsch, karrutsch, karratsch, kar-
räsch, englifd) unb beutfcf) aud) Standart
genannt, nit)b. fcer stanthart, mit 5ln=
ic^nung an ©tanb unb Ijart auö franj.
estendart, ital. stendarto, t»on lat. exten-
dere = ausbreiten, aud) •^»eerwagen
tommt »or. (Sin t)obcr OTaflbaum, ber
hai %aiimni\xi) trägt, i|t auf einem öier-
täberigcn 2Bagcn bcfefiigt. S)er 2Bagen
wirb immer Don Od)fen gejogen. 3"*
»eilen war no^ eine ®!ode auf bem
2Bogen angebracht. 91uf einem großen
{^abnenrcagen i)atit fogar eine eigene Se«
fa^ung *pia^. ®aS gabnentud^ ifi meifi
feibcn; bie §arbc ber @turmfat)ne oft rot
ober wei§. 35ie gobncntüi^cr werben erfi
furj »or ber ©(f)Iadit an bie ©tangen ge^
bunbcn. ^li^S^nbe ^abnen fmb baber
hai 3^^*^^" ^^^ Äampfbereitfcbaft. 2)ie
alten Ärieggorbnungen legten bem ^cii)n=
ridb öuf> fein anbefohlen $5'Jb"tcin ju
»crwabren unb in Sbfen ju balten, gleicb
feinem e^cUcben SBeib. Sffiürbe er »om
JJeinbe fo gebrängt, ta^ \i)m bie rechte
^anb abgefd)! offen »ärc, foü er iaa
^äbnlein in bie linfe nebmen, unb h)irb
ibm bie aud) abgefdjlagen, eö mit ben
Stumpfen an ficb jieben, ftd) barein »icfcin,
8eib unb öeben babei laffen.
S)ie ^a\)nt ifi nebft ber ßanje ein
®t)mboI ber Selebnung. ®cbon *)8apjt
©tepban fd^idt Äarl a^arteH bie Scblüffel
jum ©raiJe beö beiligen *Petruö unb bie
Ja^ne ber ®tabt iRom, ber ^atriarcb non
3crufalcm äbniicb Äarl bem ©rofen bie
©d)lüjfel jum belügen ©rabc famt einer
%ai)nt. 23ei feierlichen 'J3elebnungen »urbe
regelmäßig eine ^abne übergeben. 2)ie
rote SSlutfa^ne ifi baö ©tjmbol be« Slut--
banneö. Sei SJ^ärftcn jiedte man jum 3ci'
d)en berlöiarftfreibeit^abnen auf. Sin ben«
f*mit,I, 275. — ©d)ul^, ^öfifd)es
8cben. © a n OJt a r t e , SBaffcnEunbe i.II, 51.3
^a^rcnbc ©C^ÜIcr, scholasticl, scho-
lares vagantes, auö vagantes burc^ Solfö«
»i^ forrumpiert audb 33ad)anten mit
2lnlc^nung an Bacchns. ®ie erjie
t^orm bicfer im ÜJtittelalter febr jabtreidben
ä^ieufdienflaffe fin^ bie clerici vagantes,
bie im H. unb 12. ^ib^^^unbert obne
befiimmte«! ?lmt ein freieö Söanberlcben
führten unb aU Äaplanc , ©efetl«
fd)after u. bgl. an ben ^öfen Dicnfte
fanbcn. 2tu«! i^nen entmidelt fid) im
13. ^a^xi). ber gefcbtoffenc ©tanb ber
©aliarbcn, franj. gouliards, wanbernbe
©efeüen mit oict 33orlicbe für ®id)tfunfi,
bie ivoax im ©ebraucb ber loteinifcbcn
©pra(^e i^rem Elerifalen Sbarafter treu
blieben, bagegen in ber freien, fröbUd)en,
bem ßebcn entnommenen 5)arftellung »enig
fircblid)en (Jfjarattcr aufliefen. 33on
ibnen flammen u. a. bie Carmina
burana (ftcbe bicfen ^Irtifet). 60 finb
nid)t mebr burcbgängig wirflic^e ,^Ieritcc,
fonbern jum Seil ©tubenten , bie crji
Älcrifer werben »oüen. 3m 14. ^a\)xf).
Werben fte ganj auS bem geifilid)en
©tanbe auögefioßen unb treiben fid) bei
ben 93auern a\i 3'^"^erer unb ^efenban*
ner, 2BunberboEtoren unb .Kuppler umber;
ibnen ocrbanEt man wabrfdjeinlid) bie a\ii
biefer 3eit erbaltencn SKifdjlieber in öatcin
unb S)eutfcb. Srji gegen Snbe beä 14.
3abrt)unbertö fommen bie eigentlichen
93acbantcn auf, alte ©cbulbuben unb
wanbernbe (|3rootforen , bie ben ©tabt-
fc^ulen nadbgebcn unb frd) alö Untcrlcbrer
oermieten. 51uf ben SBanberungen fübr=
ten fie fleine Änaben, Ql^iBsS-Scbüj^en ge=
nannt, mit fi(^, angebticf) um fxe in eine gute
©d)ule ju bringen unb felbfi ju unterricb=
ten, in Sffia^rbeit um jic für ftdb betteln
unb fieblcn — fc^ießen — ju laffen. ®o
ein Ql*23=(5,=©d)ü^ war Ibomaö *piater,
1499 -t5S2, fpäter «Reftor ju Safel, beffcn
©clbfibiograpbic allgemein befannt ifi unb
baS anfdjaulic^fie 33tlb bicfeö Jreibene ab'
giebt. Qibnlic^ bie Siograpbie beö 93urf =
barbt 3^ngg in ben scriptores rerum
Boicarum , I. ^al)lxäci)t firc^licbe ©tif«
tungen forgten für ben Unterbalt biefer
ßeutc. *palm in ©cbmibö ®nct)fl. —
©iefebrec^t in klugem. ÜJlonatgfci^rift f.
Sffiiffenfcbaft unb ßittcratur. 1851.
i5a^renbc§ öolf. 3)er im SWittelalter
Diel genannte ©tanb ber ^abrcnben,
bie um ßobn ibrc .fünfte auffül)rten, ifi
ben 25eutfd^en urfprünglidb fremb; bcnn
bie alten beutfc^en ©änger, ob fie fcf)on
auä) ein SBanberleben nic^t Derfcbmäbten,
unb fidb wobl audb aU iSoten gebraudben
ließen, fangen nid)t um ®ut unb ©elb;
aucb bie 5Did)ter unb 3}?eifier bcr böfif^cn
3eir, Wenn fie fc^on oft gezwungen waren,
mit ibrer Äunfi ibr 33rob ju fucben, ftnb
feine ^Vabrcnben; ibrc Äunfl abeltc ftc.
aSiclmebr liegt ber Urfprung ber ^a^ren*
7
98
^afultäten — ,5<J^ff"t>cije.
bcn in bcn römifc^cn ©auEIern unb Wlu
men, joculatores, histriones, thymelici,
bic fxd) in bie gcrmanifd^e SBclt I)inein
erl)icltcn. ^m [üblichen ^^anfreid) 30=
biegen bicfe Sanbcn am äa^lreic^jien ; uon
ba auö fanben fte ben 2öeg nac^ 55cutf(^=
lanb, tt>o man befonbcrö in ben ©lojjen
itjre fRamcn finbct: spiliman, scarra,
mimus , histrio , thymelicas scenicus,
tümäri, sprangäri, b. \). @ptellcutc,
^PoiTenreißcr, Sänjcr, ©pringer u. bgl.,
nie Sänger ober ^larfenfpieler; aud) 2Bei=
Ber, spilwip, fanb man unter it)ncn, bie
ftc^ fcfcled^ten SRufeä erfreuten. 2Bar bie=
fem aSolfe iebocf) bie ^oefie nod) längere
3eit »erfc^Ioffen, fo nahmen fie fxä) boc^
halb ber 3nfii:ui"ßntalmurt! an, fte rour*
ben spilman ober spilliute im engern
©inne. 3" ^^^ glötcn, Sauten unb
Rauten, bie fte ju il)ren Sänjen brauchten,
traten mit ber ^txt Warfen, ^^ibeln unb
©eigen, fpäter Diotte, ßaute, auer=
pfeife, SRo^rpfeife, S)ubelfad, SDre^orgcl,
^orn, Srompete, fPofaune unb Slrommet.
dlo<i) h)eitcrn SBobcn gewann biefer ®tanb
baburdö, ba§ ftd) Iei(f^tftnnigc ©eijilid^e
unb 3DJönd)e unter fte mifcfcten; aU 33 a«
ganten (flet)e biefen Qlrtifel) lebenb, bid^-
teten fte t»oIf^mä§ig cmpfunbene unb ge»
bac£)te ßieber in lateinifdjer ©prad^e, mo*
JU i^nen einige Äenntni^ ber antifen
2>ict)tertt)elt unb ber fir^Iic^en ißoeftc unb
iÖluft! 5U fiatten fam. SSon i^nen lernten
bic nieberen ©piellcute ©efang unb ©ic^«
tung in ben Ärei^ i^rcr biö£)crigcn Äunfl*
Übungen einjujie^en. 2)abur(J) entjianb eine
Spaltung in tl)rem ©tanbe. SDie beffcren
unter il)nen traten ju ben abtigen Tlinnt'
fängern aU 93cgleiter i\)xn ®ebict)te mit
g^iebel ober Ütotte in ein näf)ereö Sßer^älts
niö. ^\xä) eigene S)i(ä)tungen , »ic bie
ßegcnbe com ^eiligen Däwalb, bie erjä^s
Icitben ®ebi(ä)te üon 9iott)er, ©alomon
unb iDJoroIf fd)reibt man i^nen ju, in
rof)er aber lebenbiger ^Jotm, jum Seil in
ro^er unb gemeiner *Uuffaffung gefc^rte-
ben; me^r aber gaben fte ftc^ ab mit ber
Q3f[ege fd)on »or^anbener ®efc^id)tcn unb
©dömänfe, au«i römifc^en, bpjantinifdjen
anb morgenlänbifd)en Ducücn.
2)ic aftaffc ber ^o^rcnben unb
®et)renben jebodö blieb bei il)ren
niebrigcn Äünj^en flehen. 23on i^nen
fprid)t berÄanjlcr, ein SDiinneftngcr ber
fpätcrn ^ixt:
Manie herre mich des vräget,
dar waz der gernden si so vil;
ob in des niht betraget (ocrbric^t),
dem wil ich betiaten, ob ichz kan,
wie ez umb die gernden si:
Ein gernder man der triaget,
der ander kan wol zabelspil,
der dritte hoveliaget,
der vierte ist gar ein gumpelman,
der vünfte ist sinnen vri,
so ist der sechste spottes vol,
der sibende kleider koufet,
der ahte vederliset wol (f(^meid^elt),
der niunde nmbe gäbe loufet,
der zehende hat ein dirne,
ein wip, ein tohter, unbehuot;
den gebent ninwe nnde virne (b. i).
neue unb alte Äleiber)
die herren durh ir toerschen muot:
sie gebent durh kunst niht guot.
SDiefe fa^renben Seute ber nicbcrn 9trt,
varndez volc, varndin diet, varnde
liute, fanben ftcE) überall ein, mo eö etma^
ju Berbienen gab, befonber^ bei ^^eficn.
©ic nerftanben ftcfe auf ©eiltänjerflüde,
©piele mit SOJarionettcn , SlJleffetmerfen,
Sßecfen mit ©tecfen auffangen, ©teinc jcr«
fauen, ^Jeuet frcffen unö auö bem ÜKunbe
blafen. ©ic ahmten bic ©timme ber
iJla^tigal, beö Cflel)ö, beö <PfaueÄ nac^,
mirftcn alä Äunfireiter. ÜKanc^mal gab
eö für fte eigene spilhus, theatra. SRc^t*
lidt) fianbcn jte tief; fte i^attcn fein SRec^t
unb feine ^orberung an Sßuge. SDer
©d)mabenfpicgcl enterbt bcn ©o^n, ber
gegen feinet ÜJatcrö Sßitlen ©pietmann
mirb, unb erflärt bic ©piclleutc für uä)U
loa; bie ©tabtred)tc Dcrmeigcrten i^nen
ben 3"ti^iti ober jmangcn fte ju öffcntU«
(^en 5trbciten. Ttan na^m an, fte feien
bem Jeufcl Dcrfc^riebcn. ^aax unb 93art
f(f)orcn fte nad) alter 5lrt unfreier ßeute.
ffieinf)olb, bcutfc^c ^r. Vin. —
'(sä)nl^, |)öf. öcben, I, vi.
i^atultätcn, ftc^c Unioerfttät.
§al!cnbeijc. 2)ic bcfonberen mittel
^oc^beutfd^en Dfiamen ber »erf^iebcncn
^alfenarten ftnb ger- ober girvalce,
sackers, au^ altfr. sacre, lat. falco
sacer, pilgrimvalce, edelvalce, ha-
bech, sparwaer (©perber), smirl :=
3mergfalfe, terce. S)er ^alfc ifi crfi
braui^bar, wenn er ftc^ nac^ bem erficn
3at)re jum crjlenmal gemaufert i)at, ein
müzervaice, muzaere. 2)er abgc*
rid^tete 93ogcl I)ei§t auä) vederspil.
2)ie jungen iBögel werben cntmebcr bem
9?cfie entnommen ober cingcfangcn, feite«
nere Qlrten audb üon Äaufleuten crf)anbclt.
3ur 3ä^mung blcnbet man fte cinjlmcilen,
inbem man burd^ bie unteren ?tugcnlibcr
^ad — 55<""i^i6-
99
«inen j^aben jict)t unb benfclben aufbinbet;
au^ werben i^nen bic ^än%i abgefiumpft.
2)arauf wirb bem licre an jcbcn 5u§
ein wärfei, b. t. ein SRiemen auö weis
d^em ßeber, angelegt, t>on bem ein fleiner
«Ring ^erabf)angt; buvd) bic SRinge ifl ein
längerer SRiemen, ber lancvezzel ge^
jogcn, Womit ber ^alfc an feiner ©tangc
angebunben unb beim Slragcn auf ber
^auft feftgeftalten wirb. 2ln einem ober
<in beiben gü§en ip eine @^etle ange»
bunben. 'S>k ^anb, auf bie ber %alh
fid) fe^t, ij^ burd^ einen ftarfen Scber*
i)anbfc^u^ gefc^ü^t: ber lancvezzel wirb
um ben fieinen ^inc^n gewidelt. fRun
Wirb ixi^ lux lag unb *Rad)t auf ber
^anb getragen, geä^t, an bie |)anb bcä
§ü^rer* unb an ben Älang feiner Stimme
9cwöi)nt. Sp 'i>ai einigermaßen gelungen,
fo werben if)m bie klugen juerfi halb,
bann ganj geöffnet unb er nun auc^ (o
gejäbnit. 33ei ben Orientalen war ftatt
ber Slenbung bic leberne Äappe ober
^aube gebrau(^Iid^, mit einem 2o(l)e für
®d)nabel unb 9tafcnlö(^er; ^riebricf) n.
führte fic juerfi im 5lbenblanbe ein. «Sie
würbe bem Sicre crji abgenommen, wenn
tai Söilb in ®icf)t war..
S)ie 5lbrid^tung beö J^alfcn gefd^a!^
cntwcber oon ßiebl)abern unb ^i^f""^«"
biefer Äunj^, wie j. ©. .Ärimljilb^ Sraum
jeigt, ober fon einem baju bcjicütcn
S)iener, bem valkenaere, lat. falconarius,
»on bem man ganj befonbere Sigcnfdjaf;
ten beö Äörperä wie beä ©cmütcä Pcr^
langte. ®ic 33Ögcl, auf bic man mit bem
fjallcn beijte, waren: Äranid), 9f{ei^er,
®d)Wan, Srappe, ^^afan, 55etbt)ui)n, wilbc
©anö, ®nte, laubc, 58rad)t)ogel , Äiebi^,
@iaar unb 8erd)e. Sefonberö abgeri(J)tete
SSogelbunbc fd^euc^tcn tai Sffiilb auf, cbcn^
fo Srommcllärm. — Über bic ^alBenbeije
i)abcn u. a. Äaifer ^^^i^^ii«^ ^- ^*"
93ud) De arte venandi cum avibus, unb
^Ibcrtuä ilRagnuö De Falconibus,
Asturibus et Accipitribus gefd)rieben,
beibe jufammen 2lugöburg 1596 gebrucft.
— iRad) @ c^ u l ^ , ^öftfc^eö ßeben I., 368 ff.
gaü, ^^otfatt t)ei§t ba^ienige ©tücf ber
-^intcrlaffcnfdjaft cineö unfreien ober i)ö'
rigen ^interfaffen , tai an Steüe beö
ganjen (Srbcö, wclc^cö in früherer Sät
bem ^ofl)crtn anf)eimgefallen war, fd^lie§«
Ixd) nod) ald ©pmbol unb 3ei^«n ^on
ber ©rbfä^igfeit ber ^of|)erren übrig
blieb. ai befiet)t aui bem beficn
*13ferb, ber beiden Ruf), (5fcl, ©cbwein,
@c^af, biö jur beften ®an^ ober jum
bejien |)u6n; oft aber au^ bem beftcn
.bleibe, jumal bem beften fetbfltierfertigtcri
Älcibe. S)ie ja^heic^en Jtamen für ben
'\^all ftnb 33efl^aupt, optimnm caput,
jus capitale, Scuerft^aupt, ^auptrecf)t,
^auptoaa, a3aUred)t, ©terbfatt, Sotfaü,
iEotenjoü , tote |>anb, ßä§ ober Wcläß,
©rbbing, ©terb^aber, (Srbred)t, löeibfaU,
öeibpfennia, ^auptjinö, ©cwanbfaQ, 2öat=
mal, ©eftewatmal, kurmiete, büteil, büwe-
teil, mcij! ein Xeil bc^ ^auörateö ober ber
gefamten fa^renben ^abt an ^ru^t unb
an i^utter. ©c^on Urfunben be^ 8. u. 9.
3at)rt). erwähnen beö Sejibauptcä , fe^r
häufig ift cö feit bem 11. ^ai)x\).
Fallgatter, mf)b. schöztore, slagetore,
valporten, franj. herses, sarraslns, mittel^
lat. chlatrae, cataractae, f)atte ba^ I^or
ber mittelalterlid)cn 93urg juweilen jwei.
2)a^ eine lag bann unmittelbar t)intcr ber
eigentlid)en *i3forte, baö anbere am innetn
^Huögangc beö S^orburc^gangö. 5Da bie
5Dlafd)incrie beä äufammen^ängenben ^^alls
gatterö burd) einen untergcfdjobenen großen
Stein u. bgl. leicht inö ©tocfen flcbrac^t
werben fonnte, erfanb man ta^ Drgel-
werf, organnm; ^ier fingen bic einäcl«
nen oertifal gcorbnetcn ißalfen an einer
Jöinbe unb fielen o^nc med)anifd&e 53er-
binbung nieber, fo baß bei ©törung eine^
ober mct)rcrer "Salfcn bie übrigen il)ren
Dicnf^ bennod) tbaten. 5Dae ^allgatter-
ip auf üielcn mittclalterlid)cn ©täbtefiegeln'
5U fe^en. _3äf)n«, 664.
Familie» 3ur 3^'^ tt^ Sacituö be«
f)errfc^t, wie in nod) früherer 3cit ge*
fc^c^cn fein mag, ber {^amilicnpcrbanb
ha^ ilaatlic^e geben nid)t met)r; bic ißer=
bältniffe beö ©runbbefi^cä, ber Qlnficbes
lung, ber ©emcinbe fmb bic entfd)ciben=
ben geworben. 2)ennod^ ^at in biefer
3eit ber ^amilienpcrbanb eine weiter rei«
^cnbe ©cltung, alä ilim fpäter jufommt.
J^amilie ifi bic ©cmcinfc^aft bercr, welche
mit bem Wann, bem ^au^oater, burc^ bai
33lut uerbunben fmb: 3D?ann, 2öeib unb
tinber. SBcitere ©lieber fehen fid) an
unb werben in ber ißcrbinbung crtjaltcn.
S)em SWann fommt tai iRed&t ju, im
^aufe ju l)errfd)en; er ift ber ^err, in
älterer 3cit fro, er barf bie Äinber aui^.
fe^cn, bie grau jüd)tigen, im ^aU ber
SRot bcibc oerfaufen. dx i)at ben ©d^u|
überfic, badüRunbium, baöif)maud) über
feine Änecf)tc juftcfit. 'Muö bem 93cgriff
ber iJamilic gci^t i>ai 5Rcd^t ju erben ^er^
üor; bie näd^fien am Srbe finb ©öbnc,
iBrüber, 93atcrbrüber, erji fpäter würbe-
7*
100
Familiennamen — ^otbenfprac^e.
Soc^tcr unl) ©Anjcftcr i(um Srbe lü^c
laffcn. 6in ©cfamteigcntum bcr ^Jamilie
ifi nicf)t tt)abtfcf)finlid^ ; ebenfo untt)a[)r=
fcfceinlic^ ift, ba§ ein 95o^ug beä ältefien
©obneö ein ©tpgeburtdredbt, germanifc&e
Sitte gen^efen [ei. 2)a9egen nabm bie
rteiblicbe SBcmanbtf^aft am (5rbe teil:
ber iUJutterbruber fiebt beim 6rbc bem
Satetbrubtr gleic^. 5m SDJittelalter h)itb
pupg bet @obn ben Srübern bcr ^tau
empfoblen; ol« D^Jamc für ben SRcugebore«
nen »ablte man mit Söotliebe ben bcö
IWutterbrubcrei ober be^ Oro^üaterö.
tpflicbt unb iRecbt ber ^amilic mar cö,
ben erfcblagenen iBerwanbten ju rdcben,
Slut mit '-Ölut ju fübncn ober bie gefc^=
li(i)c 33u§e ju forbern; bie lefetcrc empfing
bad gan^e ^auö. J)ie üJJitglieber ber
Familie jtnb Derpf[icf)tet, unter ftc^ \^x\t'
b en }u balten, (S i p p e ifi 5"^^'« )- U"b nicftt
befugt, »or ®cri(^t gegeneinanber aufju«
treten. S)ie (Sntticbtung beö SBergelbe^
für einen oon einem F'^milienglieb ge=
fd^cbenen %xtr)ü mar ^ngelegenbeit ber
ganzen Familie F^^^i^^f^g^nofK" maren
urfprünglicb Gibeeib^Uf^ (fifbe biefen
2Irt.). Sinen engem 3»fammcnbang bcr
Familie mit ben ^eereäabteilungen, ben
örtlicben ©emeinben, ben 2lnfiebelungen
fennen meber Jacituö no^ bie Solfärec^te.
3m allgemeinen blieb bie SBebeutung
ber Familie al« F'^'^^^^"^' U"^ Diecbteige-
nojfenfcbaft bie gegen ben <gcblu§ bed
SOflittelalterö unocränbert ; bie gefamtc
!Bcrmanbtfd)aft beißt mbb. sippe, sippe-
8chaft. 3"^ befonbern i)d^t bie 9?a(^«
fommenfc^aft in gerabe abjleigenbcr ßinie
Tauosem, Sufen, nacb bem 23ilbe be^
menf(f)lici)en ?eibeö, unter rt)elcf)em man
bie iBermanbtf(^aftägrabe barjuftetlcn
pflegte; alle übrigen (Seiten=) SBermanbten
Don ben ©efcfjmijlerfinbern an i)t\^tn
mägen. ©iefelben finb im iWanncefiamm
swertmägen, imSöciböftamm kankel-
ober spilmägen, spinnelmägen , 25er«
wanbte berÄunfel ober6pinbeI. 3)a« ältere
Sffiortmandium f)ei§t feiten mebr ber ober
bie mnnt, bäuftger vormuntschaft,
vogti, phlege, unb eö giebt einen
cbcmännlidben , üätcrlicben unb ücrmanbt-
f^aftlidben mnnt. ®eit bem 15. Sab^b-
erbält bag römifcfee ditd)t ©influf auf bie
beutfcbc iJJecbtäanfdbauung »on bcr Familie.
j^familiennamcn, ftcbe *Perfonennamcn.
§arbcnf<)tatftc. S)a« iöUttclalter
fcf)>i3anfte i^mifcbcn fedbö unb ficbcn Far«
ben, bie ftebcn ftnb SEßeif, äcbmarj,
gtot, S8lau,@elb,®rün u. »raun;
fe(^« mürben gejäblt, inbem man bo*
@4marj ober iai ©raun bei Seite lie§.
31m Sflciienbogcn aber unterfcbieb bag ge«
möbnlicfie "iluge nur bie örei Farben: ®rün,.
®elb unb iRot, ober blo§ ®elb unb iRot.
I)ie jinnbilblic^e 51nn)enbung bcr Farben
fuft auf ben jabircicben Farbencrfdieinun*
gen ber 9?atur, namentlicf) auf bem menfc^«-
lieben 51ntli^c. tffleig unb ©cbmarj finb
bie Farben beö 2ageö unb bcr iRac^t, JRot
bie Farbe bcr Siebe unb Fteube, aber auc^
ber S<$)am, ttjo^u blcidb alö Farbe bcr
Serjagtbeit, bcr %üxä)t ober beö löcibcS
ben natürli(i)cn ©cgenfa^ bitbet; ioä)
fönnen 3orn unb $a§ ba« Qlntli^ auc^
grün unb gelb färben. S)aö SRot unb
2öei^ iti "JtntU^ce ifi ein üRertmal ber
Scibcefcbönbeit; eö erfcf)cint bann tt>ic
üRild) unb 33lut, ober mie «Schnee, ber
mit Slut geträuft iß, „hadd ik doch en
Kind, so rood as Blood nnn so wit as
Snee" feufjt bie ÜRutter im üRärcbcn Born
iUlacbanbelbaum. S)aö 9Beib, bem Don
JJatur 2Bci§ unb SRot nic^t gegönnt mar,
fcbminfte frei; fünftlicb bamit, fomo^t
Frauen üon Stanb als Säucrinnen unb
Sublbirnen; ein ungefcbminftcö SBcib
f)ei§t mbb. selpvar. 2Bic man ftcb
aber in romanif(^en Sanben mancbmal
blo^ ber roten Farbe jur ©dbminfe bc*
biente, fo in 3)eutfd)lanb blo§ ber mci§en;
benn 2Bei§ galt aucf) für frcb allein ali
bie F<^rbe bcr ©c^önbeit, mie ®db»orj
aU biejenige bcr |>ä^lidbfcit, mäbrcnb
baöfclbe Sdbmarj bi»tt)iebcrum, j. 93. im
©neemittc^en , felbfi mieber jur britten
Farbe bcr ©dbönbcit gcmorben ifi; fic ifi
ein .^inb fo mcip mie ©dbnee, fo rot mie
331ut unb fo f^marj mie Sbenbolj. 2>ic
fcbmarjc Farbe gilt bier bem ^aarc, a\i
beffen oornebmfte Farbe fonfi im beutfcbcn
SDtittclaltcr tau ©lonb galt, mbb. val
(falb) ;ober gel; baö SBort blonb, m^b.
blunt, fiammt auö bem fonfi bunfcln
fran^öfrfcbcn blond unb mürbe juerfi üon
®ottfrieb »on ©trafburg gebraucht; »er»
glicbcn mirb biefe Farbe mit bem ®oIb,
bem 5Ba(^ä ober ber frifc£)en ©eibc.
3n finnbilbli(^cr 2)eutung merben ®elb
unb ®rün bie Farben beet 9?eibcö; aBci§
bie F^rbe bcr fittlicbcn SRcinbcit, ber
.Rcufd&beit, ©djmarj bie F^rbc ber Un*
rein^eit, ber Srauer, ber ®ünbc;* ber Sngcl
mirb wei^, bcr Scufcl fdbmarj gebadbt;
IRigromantie ifi bie fcbmarjc Äunfi, 3auber«
bü^cr bci§cn fcbtnarjc Sücicr , mci^e
©üdber feigen bie bciligc Schrift unb
bcren ®ebotc. S)er beiliöc ®cifi »itb
^atbcnfprac^e.
101
bur^ bie tt)ei§e Saube, bct Stcufcl burc^
ben fc^njarjcn 9flaben fpmboliftctt. 2lucft
bebcuten 2ßei§ unb ©djirarj bie qutc unb
bie böfc Seit, ®Iüct unb Unglücf. «Rot
ifi nic^t bto§ gotbe ber ®ci)önt)cit, bet
greube, bcö 3orneö, bet Sctjam unb ber
Siebe, ei» roirb axii) %axbi ber 6ünbc;
toter ®att unb ^aupt^aar ijl 3^^^^" '^^^
5al[d)t)cit:
die bleichen glichent den toten,
n-ngetriuwe sint die roten,
die swarzen glichent moren,
die wizen zagen oder tören.
Roter Bart, untreuwe art, Rot Bart und
erlin Bogen (Sogen Dom (£tlent)oIj) ge-
raten selten, ist nit erlogen; Rot bar
ist entweder gar fromm, oder gar boess.
I)ie[e *llnf(^auung foH it)te Dueüc in ber
toten ^arbe beä gu^feä ber Sierfage
^aben; fonft galt bei ben ©eutfcften rote«
^aax unb Satt nic^t alö e^renrülirig; rot
ijl Seiname ücrf(^iebener dürften gc^wefcn.
SWocf) njeitcr ton ber 9^atur entfernt
fid) biejenige ijarbenfpmbolif , bie jum
Seil an bie 3latüx frd) anlef)nt, jum
Seil ganj wiflfürlicf) bnr(^ bic5<"^t>c be^
©ewanbeö ju fpred^en fucfet.
3)ie Iiturgif(f)en garben ber abenb;
länbifdjen Äircbe finb SBeig, ©djttiarj,
{Rot, ®rün, SBioIett unb unter gemiffen
33orfommniffen ®elb unb Sölau. Unb
ivoax njirb getragen:
2ßeif alä ein Silb ber 9teinbcit unb
^^reubc bei |egUd)en ®ebäd)tni«fcicrn ber
®e!enner unb Jungfrauen, Sie ni(f)t ben
ÜRärtijrettob ctlitten, ju a!Beif)nad)ten,
<5pipt)ania, Dftern, J^immeIfat)rtÖ5 unb
gronlei^namöfeft, 2(üert)eiligen unb an
ben heften bet *)ßäpfie , 5)oEtotcn unb
Äonfeffoten:
SRot, ein 93ilb bet brennenben ßiebc,
bei allen ^eften jum «Mnbcnfen ber Olpo^el
unb DIärtprer («Pfingften).
©tun, garbe ber Hoffnung auf bie
ewige ©eligfeit, an ben 6onns'unb %ip
tagen.
@dbtt)atj, ein 93ilb bet Staurigfeit, bei
ben gajien unb Sotenfeietn, 6.l)arfrcitag
unb bei ©eelenmeffen.
©lau, ein ©ilb ber Srübfeligfeit unb
ber gänjlid^en Olbtötung, no(^ jur ^dt
3nnocen;i in. a\i buntelbiau ober viola-
cens auöfc^Iie^Iid) nur ättieir.;.,! im 3af)t,
an bem ijefle ber unfd^ulbigen Äinblein
unb am Sonntag Laetare, fpäter I)ingegen
^dufiiier unb mit ber f(^marjen garbe
tt)ccbfelnb, tJon Septuagesima biö Dficrn
unb mötjtenb bet Duatemberjeiten, an ben
ißigilien unb 93ettagen.
®elb aU eine ni^t eigentlich fefige»
fiellte Iiturgifct)e x^axbi nur au^na^mgä
ttjcife bei einjelnen iRiten, bei bem gefie
tii bcil- Sofep^ unb ber jweiten ?(Reffc
5u 2öei^na(^t.
8c^tt)arj unb 2Bei§ ftnb beibeä auc^
allgemein Jrauerfatben , 3Bei§ jeboc^ in
biefcm Ö^aKc nur mit ®(^>natj »erbunDen,
j. 33. f(f)mar^cr 3fto(f unb «ei^e Äopf=
bebccfung. Sißei^ ift iai ©ewanb ber
iReugetauftcn unb ber ^Jirmlinge, babet
Der Sonntag Qaasimodogeniti, an Welkem
gefitmt roirb, dominica in albis, ber tt)ei§e
Sonntag, ^ei§t.
SBabrenb bie ^^arbe ber ÜBettgcifllic^fcit
«ed^feltc, blieb bie .^loftergeijllict)! eit
bei ber einmal angenommen Drbenöfarbe
|lef)en. ^m atigemeinen finb 6^warj
unb ®rau bie oerbreitetpen J^'iil'en für
Sü§er unb Pilger, grau t)ei§t ber unge=
näbtc [Rod dbrifii (obgleid^ berjenige ju
Irier in SBitflii^feit purpurfarben iji).
3nöbefonbere bcbicnen fiä) bie älteren
*JJiönd)0otben folgenbet ^'"^J'cn:
Söenebiftiner: fdbwarj, t>ermutli(^
nad) iBorgang bet motgen!onbifd)en Safis
lianet; Scncbift felbet ^at feine JRegcl
übet bie ^Jatbe aufgefteßt.
(S-luniajenfet: f^matj.
Dtben »on Sallombrofo: grau,
hal}n gtaue 9!Rönd)e genannt, fpätet
gegen brauntote unb julc^t gegen fc^marje
5a"tbe Dertaufc^t.
Äamalbulenfer: tt)ei§.
©rammontaner: fc^marj.
jlattduf er: trei^ mit fd^roarjer Äappe.
^ofpitalbrüber bes t)eil. 5lnto«
niuö: fdjttiarje Butten mit einem f)immel»
blauen T, Potentia genannt, b. i. bie
^anbfrücfe beö §1. 2lntoniuö.
dificrjienfer ober Setn^arbinet: §u*
etfl fd)matä, bann balb n)ei§ mit f(^tt)at»
jem ©fapuliet.
«Ptämonflratenfct: n)ei§ mitweigcm
©fapuliet.
.Katmelitet: juetfi tt)ci§, fpdtet braun
unb »ei^ geftteift.
Jtappiften: mie Gifictjienfer.
4)umiliatcn: afdigtau.
©älefiitiet: njei§ mit fc^marjem ©fa»
puliet.
Äanonifct, Oiegulicrte (Sl)ot»
fjetrcn: je nac^ ÜRa^gabc ber ©prengel
»e^felnb tragen fic ein fdimarjeäi, inei^ed,
Dioletteö ober braune* Untetfleib, batübet
102
^a^nacfet.
iai (E^or^emb nebji einem fc^warjen
i^tanjiöfaner: braun, bafier „bie
Sßraunen" genannt.
SJominifaner ober ^rebiger:
tt)ei§e* UntergettJanb, mit weitem @fapu-
lier unb fd^roarjem SKantel, bie Siionnen
mit braunem ÜJlantet unb [^»ar^em
^auptfd)Ieier.
Qlugufiinercremiten: grau, fpäter
fc^rt)ar^
99 eg inen: braun, grün ober blau,
fpäter f^warj.
©eg^arben, SoIIbrübcr: grau.
5R i 1 1 e r 0 r b c n :
Orben beö ^eil. ©rabe«: meiB
mit rotem Äreuj in frlbernem ^tMi.
3o^anniter: fd)h)arj mit meifem
Äreuj.
2; e m p l e r : bie SRitter meif mit rotem
Ärcuj, bie ®ciftUci)en meif, bie bienenben
SßrüCcr grau ober fc^marj.
S)eutfc()^erren: fdjwarje« Unter=
gemanb, weiter ©(^ultermantel mit
[(^marjcm Äreuj.
5tuct) bie QS ö l f e r unterfc^eiben ft*
burci^ bie ^^arbe if)rcr ^leibung. S)ie
3 u b e n trugen im ÜJUttelaltcr einen ^ut
Don weiter ober gelber garbe, auä)
ganj gelbeö Äleib, ober einen SRing üon
gelbem S^^a^ ""f ^^^ ^xn^ beö SRocfeä
aufgcndl^t; gelb ifi aber auc^ iai (Semonb
ber feilen 2)irnen. 2)ie ißauern beö ÜJiittel-
alterä trugen fid) fc^marj ober grau;
grisette ifi eigentlich ein SKdbcfcen »on
geringer ^crfunft; bancben crf^eint für
benfelben Stanb bunfelbtau. SDer bösere
©tanb jog in bunten ^ii^bcn auf, oft feit
bem 12. 3abrf). fo, ta^ man baöfelbc ®e=
tt)anb jTOeifarbig machte, tjalb in ^alb
gcgeneinanber ober in Streifen ober
SBürfcIn burc^einanber , jeneS bei§t mbb.
teilen, zesamene sniden, biefeö under-
sniden, zersniden, zerhonwen, mengen,
parrieren. I)ie bejeic^nenbftcn Äleibcr»
färben beö f;öfifd)cn ©tanbe« fmb aber
tt) e i § unb rot. 3" meiner i^arbe
erfcf)ien bie fürfili^e Oemalt: wei^eö
*Pferb, meiner ^unb, meiner ©tab, mci§e
Sücf)er auf %i[ii) unb Sett, mci§e« (£§=
unb Srinfgcfc^irr; ber Stab be^ JRic^terö,
beö ®ericl)teboten unb ^erolbe^ ifi roeife.
{R 0 t mar nad) alter beutfc^er ©ittc nur
bie ©emanbfarbc für ben Ä r i e g , bie
@d)ilbe ftnb urfprünglic^ rot ober »ei§
bemalt; fo mar bie gemö^nlic^c garbe ber
5 a :^ n c rot. SRotc © i e g e l f a r b e galt
al« bcfonbere iJlueäei^nung.
€eit bem 14. ^a^x^. übertrug man bie
55arbenfpmbolif ber Siebe gerabesu auf bie
mirf liefen Äleiber; licbenbe S^nglingc
unb 3""9fwucn erfct)ienen in roten
SRöcfen; mer bie 93efiänbigteit feiner Siebe
öffentlich bemeifcn moi^te, in blauen,
blau tragen l)eif t fo»iel alö bejiänbig fein.
SCßei^e^ Äleib beutete auf Hoffnung,
fc^marjeä auf Trauer, gelbe^ auf pd^fie
©eglücfung , brauned auf iBerfci)miegenbcit
unb Sebutfamfcit, graueö ironifc^ auf ben
^ol)m ©tanb ber ®eliebten, grüneö auf
ben fröljlid^en Anfang beö Sieben«!; mit
mehreren ^Jai^ften an einem unb bemfelben
©emanbe liefen fic^natürli^ mehrere SiebeS?
bejüge bejeicf)ncn. 2)aä iBolfelieb oom
15. 3af)rf). an üertaufd)t bann bie färben*
fpracbe mit ber 93 l u m e n f p r a cfe e (ftcfie
biffen 9lrt.). «Ra* 9B a d e r n a g e l , Äl.
Schriften, I., 143 ff, unb für bie firc^l.
55arben nact) 2B c i fe , .^ojiüm!unbe.
gaftna^t, f^fJ^nfl^t, m^b. vasenaht,
vasnaht, vasennaht , fd^eint feinesmeg^
ju fajien, fonbern ju fafen, fafcln,
baüon ^afelHnö, m^b. vasen, a^b.
fason ju gepren , mit ber urfprüng«
liefen ©ebeutung »on ©(fymarmfcji.
S)ie ^orm vastnaht mit 9lnlct)nung an
fasten ifi juerfi in IRorbbeutfd^Ianb auf»
gefommen, neben vastelnaht; in Sapern
unb Dfierreid) ^eift eö ^afdbing, tvai
man ebenfatlö üon vasnaht abjulciten
pflegt. SB e i g a n b. — 3n ben gafinad)t«*
gebräud)en mifc^cn ftc^ altgermanifdjc
grül)lingäfttten, c^rifilid^e 2lnfc^auungen,
Solföaberglaube unb jum Jeil »on ben
SRömern ^erfiammenbe itaUcnif(f)e Äarne*
üalöfeierlic^feiten. 2)ie 5afinad)tfreuben
befianbcn in Sanj, ©cfemaufereien, Srinf*
gelagen, üRummcreien, 9lufjügen, mancher*
ortö im 9lbl)alten eine^ 9'Jarren9eri<i)te«.
S)ie ©ucl)t, ftd) ju oerfleiben. War im
ORittclalter fe^r grp§ unb ma^tc fid) auä)
JU anberen Seiten a\i bloB jur ^afinad^t
geltenb. (5igcntli($e ^ufjügc f^cincn aug
3talien ^erübcrgefommcn ju fein, mo im
14. unb 15. 3a^Tl)unbert ber Äarner»al
ju \)oi)n 2luöbilbung gelangte. 3"
©eutf^c^tanb mar bie ^auptfacf)e ©c^mau*
fcn, Irinfen unb 2anjcn. IRat^^erren,
93eamte , ^anbmerfer mürben in ben
©labten ju 5aftnac^tmät)lern »erfammelt;
bie 3"nftt l)atten an biefem Sage i^ren
3unftf(f)mauö , bcfonberö bie patrijifd)en
®efetlfd)aften. 3" S'^anffurt währte bei
einer folc^en ®efetlfd)aft bie 5fPf«i«t neun
Jage, mit bem jur ©r^olung nötigen
9lu«ifatlc non brei lagen. Qluffallenb ift.
^ajinad^t.
103
ta^ man id)on im SOJittelalter bie ^ap
nac^tfeier biä in bie gaftcnjeit fortfe^tc.
5llle Älaffen feierten ben 2(f(ftcrmitttt)0(f)
mit (Jffen unb Srinfen; in (Sonftanj
tt)urbe biefe $(uöbcl)nung ber ^eiet im
3a^r 1450 »erboten.
(So giebt eine umfan9reicf)e %a^\\ai)U
fiitteratur 3" ^^^^^ ^^^^^ gehören baju
bie gaftna^tfpielc, bie im 15. 3a^rl).
bcfonberö in SJürnberg blühten; |)anö
Sflofenbtut unb ^anö golj Ijaben if)rer
eincÜjRenge^intcrlaffen. Qlud^nac^ beriRefor^
mation blieb HfJürnberg ber Ijauptfife beö
öcrebelten 5aj^nacf)tö[piele^, üertreten burd)
^an^ ®ad)^ unb Jiifob 2lt)rer ; (fte{)e
ben 2lrtifel S)rama). ^Jafinac^tlieber
^at man melirerc auö bem 15. ^a):)xl).]
ein 93oItöIieb non ber gejina^t (Ut)lanb,
SRr. 242) f)at u. a. folgenbe ®tropt)en:
55ürtt)i^, ber framer, t)at uil rcat
gebracht au§ frembben lanben,
tt)er icfct« bebarf, ber fücg f\ä) bar!
finbt mandberlei t>ort)anben;
benn iebermann finbt fein manier,
»er gelt barauf ttiil hjenben,
bamit er fid) fdf)ön fc^mücf unb jier,
bie faönac^t juc noüenben.
2)er narrenfappen ^at er fit
für alt unb jung gefeHen,
bie bienen jue bem faönacbtfpil,
rotx fid) fan nerrifc^ l^eüen;
Dil fittei juc ber mummerei,
gcmad)t üon allen färben,
»il larben bie jinb aud) barbei,
rcei ber ie ntc^t »il barben.
atot büet gebraucht man bifer jeit,
ein fd)Ieir barumb gebunben;
mer umb boö ©retlein freien reit,
ein franä mit lan (ßein) umbnjunben,
ein ^anenfeber mu§ er ^n,
ein I)emb mit feiben nätcn,
bamit er möge mol bcjian
unb gfaOen feiner (Sretcn.
2>er framer ^at Dil feitenfpil,
bie i^ ein« teiB rttil melbcn:
ein facfpfeif unb ein pfannenjiil,
pofaunen ^ört man feiten;
ein lauten, bie fein feiten f)at,
barjue ein ^üljen glecfjter,
barbei ein fuet)orn fer mol |iat,
baö bienet für bie wed^ter.
(Sin f)ären ftb bie paufen fei!
bie f(^led)t man mit bem querlen;
»il ofcnruc§ ift auc^ barbei
unb Rauben o^ne perlen,
bamit Derftelt t>a^ angcftc^t,
fo man nac^ ȟr^en finget,
an gabeln tregi man aufgeri(f)t,
tvai febed feltfamö bringet u. f. m.
5lucf) gajinact)tprebigten fommen
fcf)on im 15. 3at)rt). cor, im 16. 3abrf).
mcift auf bie alte Äirct)e gemünjt, fo bie
„Äur^weilige 5a§nac£)t < 5ßrebigt »on Dr.
©^warmen ju |iummclöl)agen, auf (Sritlen=
berg unb Jappened," unb „Sin fur^tt)et)lig
$rebige, bie unä bef^rcipbt Dr. ©d)mo§-
mann, am üier unb jwein^igjien Äappen-
äipffea."
©ebafiian ^ranf bcfcf)reibt imffielt»
bud) bie 5afinad)t folgenbcrma^en:
„««a(^mals fnadi Sic^tmeB) fumpt bie ^a^-
nad)t, ber SRömifd)en Sf)rijlen Sac^analia.
Oln bifem ^efl pflegt man Dil fur^Vüeil,
fpectafel, fpil jue l)alten, mit jiedicn, tur«
nieren, tanjen, lodenfart, faftnac^tfpil.
S)a üerf leiben fic^ bie leut, laufen reic
narren unb unftnnige in ber flatt, mit
mand)erlei abentt)eur unb fantafei, »aö fte
erbenfen mögen: mer ctreaö närrif{^ er«
benft, ber ijl meijier. S)a frl)et man in
fel^amer lüjiung, fel^amer mummerei,
bie fragen in mann« fleibern unb bie mann
in n)eiblid)er »aat, unb ifi fürrcar fd)aam,
jud)t, erbatfeit, frumbfeit an bifem d)rift*
liefen feji t^eur, unb gefc^ic^t »il buobcrei,
bo^ berric^tö gelt aüe^ in ber beid^t, att
bo|t)eit unb unjud^t ift jimlic^ an bifem
fe|i, ja ein moljianb. 2)ie Ferren ^abcn
ir ga^nad)t an einem fontag, barna* auf
ben aftermontag (Sag nad) bem Wontag)
bie öeigen. 3n fumma, man fad)ct baran
aüen muotmiH unb fursweil an. ötlid)
taufenb on aüe fd)am aller bing nacEenb
umb, (Stli* fried)enb auf allen eieren tt)ie
bie tbier, (Stlic^ brüllen narren au§, (Stlic^
feinb münc^, fünig jc. auf bi^ ^i% Mi
no\ lad)enö wert ifi. ®tlic^ ge^n auf
^of)en fieljen mit flügeln unb langen
©^nabeln, feinb fiorfen, etlid^ bdren,
etUd^ »ilb I)oljleut. ctlic^ teufel, etlic^
tragcnb ein frifd^en menfdbenfot auf ein
füffin t)erumb unb mörcn im ber fliegen,
»ölte ©Ott, fre müe^ten im auc^ fc^neijcn
unb crebenjen. etlic^ feinb äffen, ctli*
in narrenfleibcrn oerbu^t, unb j»ar bife
ge^n in ir redeten mummerei unb ftnb
in ber »arlieit bai, baö fte anseigen.
SBann fre ein anbrer ein narren fd)ilt unb
efelorcn jeigt, fo möEen fte jürnen, t)arDen
unb fielen, unb f)ie beichten fte willig
unb öffentlich cor jeberman felb«, wer
ft ftnb. S)ie Stali ober ffialfen in Stalia
104
gfaufi.
fleflen ftc^ aui), aU tüöUcn fie bie leut«
fd^en in biefem fall übeiminbcn, ^a fcinb
au(J) narren «olfeil, bod) etwa« fubtilct
bcnn bic teutfc^en Um Ulm ^at ee
einen ixaui) an ber ^afincc^t: von bi§
tag^ in ein ^au§ gef)t unb nit fagt, er
fle|e mit urlaub au| unb ein, ben faj[en
fi unb binben bem (e^ fei fragen ober
manng bilb) bie t)änb alö ein Übeltäter
auf ben rüdfen, Elopfen mit einem böcfcn
toran unb füerenö in ber ßatt ^erumb.
31uf biefe fumbt bie gaji. S)en näc^jlen
tag barnad) jur cingang berfelben lauft
ba« nolf jufirc^en, ba jlreftet ber pfoff
cim jcben umb ein Pfennig ein menig
äfd^en auf ben Äopf. (Stlicb ^aben ir
eigen gebet unb anbackt auf bie fagnad^t,
für ben frörcr ober feler. Qluf biefen tag
ber äfcf)erigen mitreoc^ leuten fte ba^
ijaficn ein mit großer mummerei, balten
pan?et, unb necfleiben ft^ in ein funber
munier. (Stlid^ flogen unb fuo($en bie
fafinad^t mit fadten unb laternen bd
gellem tag, fc^reien fläglid^, mobin bie
^afnacbt fumcn fei. (Stlic^ tragen ein
^aring an einer jlangen unb fagen: SRim«
mer reürji! ^aring! mit »iel fel^amer
abent^cur, fafinadbtfpil, gfang unb reimen,
laufenb aber etli^ gar nacfenb burd) bie
fiatt. Stli(^ ^endenb ein {)aufen buoben
an ftct) unb fingen inen »or, etlic^ roer^
fenb nu^ au§, etlicf) faffen einanber, tra*
gen einanber auf fiangen in bac^ unb
treiben ber fantafei unjälid^ »il. S)en
näc^fien ©ontag barnac^ gibt man ber
ga§nad;t Urlaub, »erbu^t unb Dcrl)ült
^c^ aber, trinfen fid) »oü, fpilen u. rafften
juletp. Qllö bann folget bie traurig faft."
Unb bei ®elegenl)eit ber Sefc^reibung i>ii
ßanbcö ber ^i^anfcn: „5ln bem SR^ein,
^yronfenlanb unb etlid) anbern orten fam*
ien bic jungen gefeüenallc banjjungfratt)en,
fe^en fi in ein pfluog unb jieben iren
©pilman, ber auf bem pfluog fi^t unb
pfeift, in baäi n)affcr. üln anbetn orten
jie^en fie ein feurigen pfluog, mit einem
meifterlidf)cn barauf gemadjten feur an*
gejünbt, bi§ cä ju trummern feit.
galten auc^ ir »ier ein Iet)Iac^ (8cin=
tud)) bei ben cier jipfeln unb ein ^röinen
angemad)tcn bu^cn in bofen unb ttjammcö,
mit einer larüen tt)ie ein tobten mann,
fd)mingen fie in auf bie t)ö^e unb ent^
Pfaden in »iber in tai U^laä). iai trei«
ben fie burd) bie ganj jlatt, unb mit Dil
anbern figuren ge^n bie JRömif^cn ^»eib»
mfd)cn (S^rifien in ber ^a^nad^t umb,
aU unftnnig, mit großer Icid^tfertigfcit."
I. ßtteratur beö J^a uflbucfeeö. ^n
d^nlie^em ©inne mie baö 16. Ja^r^unbcrt
cinjelne 8anbfaf)rergefcbi(^ten auf ben
©ulenfpiegel, 9'iarrengefct)idf)ten auf ben
Ort ®d)ilba cereinigtc, »urben bamalÄ
and) feit alter Qnt umgebenbe Saubtxtx^äb'
lungen auf ben SRamen cineö Dr. Jo^anneä
%a\x^ fonjentriert. 5Diefeä fog. 5^auftbud^
erfd)ien juerfi 1587 ju ^ranffurt a. ÜJI.,
unter bem Sitel: |)ifloria Söon Dr. 3o^ann
JJauften, bem meitbef(^ret)ten 3auberer unb
@dbtt3orjfünfiler , mie er ftd) geaen bem
teuffei auff eine benanbte jeit üerfd^ricben,
3Ba^ er ^ier^wifd^en für feltjame 2tbent^etT)r
gcfebcn, felbä! angeridf)tet unb getrieben,
bi§ er enblicft feinen motjluerbienten 2o^n
empfangen. SWebrertlieil^ aug feinen eigenen
^interlaffenen ©dirifften ^ufamen gebogen
unb im S)rud »erfertigct. (Scbrudt ju
55ranffort am ÜJlapn, burd^ Johann ©pic^."
1588 erfd)ien jU Sübed eine nicberbeutfd^e
?luögabe, in bemfelben Jqbre ein gereimte«
gaufibu^, balb barauf Überfc^ungen in«
2)änif^e, ^oüdnbifdje, ^ranjöftfc^c unb
Snglifcfte, 1599 ju .^»amburg eine mit
morali[d)en 93etradbtungen üerfe^ene, bur^
®eorg ^lubolf Sßibmann »eranftaltcte
'Jluäqabe, biele^tere*iluägabe »erme^rt burd^
3. yi. qSfi^er JU 9?ürnberg 1674; 1728
eine »erfüräte Qluögabc ^u ^'ranffurt unb
öeipjig , meiere bie ©runblage beö fpätcrn
3ai)rmarftoolf0buc^eä gcttiorben ift.
n. 23 erf affer. S)er unbefannte 93er*
faffer bcä älteflen 23olf0bud)e« mug ein
protefiantifc^er j^eologe gewefen fein, einer
ber ja^lreidben nad^reformatorifd^en ©iferer,
tit eö äu it)rer Qlufgabe madbten, ben nie
ru^enben Unglauben ju bcfämpfen. ®r
rcar jum minbejlcn ein febr abergloubifd^cr
ÜJJenfd^; benn er teilt 93riefe unb Urfunbcn
al« äd)te mit, j. S. ^au^i 33ertrag mit bem
Teufel, beruft fid^ aud^ auf bie oon Dr.
9^auft felbft üufgejeic^nete unb feinem %a'
muluö Sffiagner tefiamenteweifc »ermatte
^ijlorie feinee fiebcn« roä^renb ber ^tit,
ba er mit fcem Teufel Sßerfe^r pflog.
m. 3nbalt beö gaufibud^e«. SDa«
jjaupbudl) jerfiiHt in brei Seile. 2)eren
erfier l)anbelt »on Dr. gaufiä iBcrfu^ung
unb t)öaifd)em Sünbniö. Dr. J^auft i^
eine« 93auern @ol)n gcmefen, ju SRob bei
ffieimar gebürtig, ©eine ©Itcrn waren
gottfelige unb dbrifilid^e ßeute, unb fein
bi)m, ber ju Wittenberg fe§^aft unb ein
Dcrmögcnber Sürger mar, bat ^aufium
auferjogen unb wie ein Äinb gel)alten.
(Sr lie§ ibn in bie ©^ule ge^en, Jtieologie
5?aufi.
105
ju jiubietcn. ©t ifi aber Don biefcm gott*
feligen 23otnct)mcn abgegangen unö ^at
©otteö ffiort miPraud^t. Da gaufluä
aU ein gelefirigcr unb gefd^winbcc Äopf
jum ©tubicrcn geeignet unb geneigt war,
ijl cä balb [o meit gekommen, t>a^ man
ibn jum üJiagifter eyaminiertc. Söeil er
aber einen unfmnigen unb tjoffärtigen Äopf
gehabt, tt)ic man if)n benn aüejcit ben
6pefulicrer genannt ^at, ift er in böfe
®e[enfd)aft geraten, f)at bie £)cilige ©cf)rift
eine fficilc binter bie Z^üx unb unter bie
San! gelegt unb ein raub unb gottlofe^
SIBefen geführt; »ie c«i benn ein «abr
©pridjmort ift: SBa« äum leufel mü,
ba^ lä§t ftcf) nicfct auft)alten. Da
ging er benn nad) Ärafau, i>a warb er
<in SBeltmenfcf), ein Qlflrotoguö unb
9)1 a t ^ em at i f uö, nannte fid) einen ©oEtor
ber 50Jebijin,'balf aucb crftlid) »iclen Seuten
mit Kräutern, Sßurjeln unb ^flajlern unb
roar babci rebfelig unb in ber göttHd)en
®({)rift rcoblerfa^ren. 5Bie nun Dr. ^aufiö
©inn bat)in geftcßt rcar, tai ju lieben,
maä ni^t ju lieben war, na^m er Slblcrös
flügel an ftd) unb »otlte aUe ®rünbe oon
^immel unb Srbe erforfd^en; benn fein
leidbtfertiger 35oitt)i0 fiac^elte unb reijte
tbn alfo, i)a^ er fid) auf eine 3eit Pornabm,
etli(f)e sauberifc^e Sßofabeln, gigurcn unb
üBefcbwörungen ju cerfucben unb inö 2Berf
JU fc|en, bamit er ben Seufel oor ftcf)
forbern mö($te. Söiittcn im SBalbc bei
Sffiittenberg befd^mor er, auf einem Ärcuj^
megc, burc^ ctlid)e S^^^^^ "lit feinem 6tabe
ben böfen Oeifi. Unter fd)redlicften (Sr»
f^einungen fommt biefer in ©eflalt eineö
i^rauen SWöndbö. %a\x\t jitiert i^n beö
nä(^flen ÜJJorgenö in feine Äammer unb
f(^ldgt ibm ein "Bünbniö »or: erjilid)
Derlangt ^auft Pom Jeufel, ta^ er, ?^aup,
aucb ®ci($icf, ^orm unb ®efialt eine«!
©eifieö möge annehmen fönnen; jmeitenei
foEte ber Oeifi aüe« tbun, maö er beget)rte;
brittens in feinem ^auö unft(^tbar re^
gieren, unb »iertenö, fo oft er if)n
forberte, foüte er in ber ®e|talt erfcf)einen,
wie er i^m auferlegen würbe. Der ®eiji
miüigt ein, falls ^^a\x^ feinerfeitö fotgenbe
93cbingungen eingel)t: 1) ta^ ^au^ »er»
fprcd)e, beö 5lcufel« eigen fein ju wollen;
2) \o\ä)ii wolle er ju mebrer ©cEräftigung
mit feinem Slute bezeugen; 3) ta^ er allen
c^riPgläubigen 5Wcnf^en feinb fein wolle;
4) ba§ er ben d^ripiicben (glauben oer-
Icugne, unb 5j ta^ er ftd) nic^t Derfüt)ren
laffe, fo man i^n befe^ren wolle, {^auft
ge^t ben <Pa!t ein. (gben in biefer ©tunbe
fiel ber gottlofe SDJann oon feinem ®ott
unb Schöpfer ab, ber tbn erfcf)affcn bat,
unb warb ein ©lieb be^ leibigen Jeufelö,
unb War biefer 5lbfall nict)t«( anbcre^ benn
ftoljer, oerjweifelter ^oc^mut, verwegene
'Öernieffenbeit, wie ben iRtefen ju 9JJute
war, Don welchen bie ^oeten bid)ten, ba§
fte bie Serge jufammentrugen unb wiber
©Ott friegen wollten; ja wie bem böfen
(Sngel, ber ftcb wiber ©ott fe^te, weöt)alb
er für feinen Übermut unb .^'off'ii^t üon
©Ott üerfto§en warb. Denn wer f)oc^
fieigen will, ber fällt axxä) bo<^ berab. —
9lun lebt \^au^ in Sau«i unö Srauä;
feine 9Jabrung bat er überflüfftg, ber ©eiji
bringt iim JBein auö ben Äetlern, wo er
will. iJiur bie (Jingel;ung einer S^c »er*
bietet er ibm, alä bem ^afte juwiber:
benn bie (Jl)c i|i göttlicher ©infe^ung. Dr.
^aujl üerfuc^t nun »om ©eiji aücrlet
©eiö^eit ^u erforf^en, bie er auf gött*
lidjem üBege nid)t erfahren ^atte; waö für
ein ©eift er fei? wie fein J^err im ^immel
gejiert gewefen? wie ber Teufel feine iöer*
fucbungen non 5lnfang an getrieben ^abe ?
wie bie ^ölle befc^affen fei? was Tlepl)u
ilopl;eleä, angenommen, er wäre al^ ein
ÜJtenfc^ non ©ott erfdjaffen, tl)un wollte,
um ©Ott unb ben üJJenfcfeen ju gefallen.
Die 33cantwortung biefer fragen gefdbie^t
mit ben nctbürftigen t^eologifdbcn ÜHitteln
ber S^it.
Der anbere Seil banbelt Don Dr.
,^aufli ©efc^ic^ten unb 5lbenteuern. 5lm
@nbe be^ crfien £eileö t)itte ^»er ©eifi
gauftm erflärt, er werbe ibm auf feine
gottfeligen ^'^flS^n ^^i""! Antwort me^r
geben, ©o mu§te eö ^^auft für gut fein
laffen unb fing an, .^alenber ju fd^reiben. Da»
gegen frug er ben ©eift über Sommer unb
üBinter, wot)er fie il)ren Urfprung näbmen,
t)onbeö|)immelö!Bewegung,ßaufunb3i8rbe,
woraufibnber©eift gar woblbefd&ieb. Darauf
tat)rt i^aufi mit bes ©eiftö ^ülfe jur ^ölle,
fät)rt in hai ©eftirn auf, wo er ®elegenl)cit
finbet, tai Himmelsgewölbe, Sonne, ÜRonb
unb Sterne in ibrer 2Birfltd)feit ju beob*
achten, unb fdjlieflic^ mad)t er eint SReife
in bie »ornctjmften ©täbte unb ßänbet,
nai) *Pari^, D^eapel, nad) 9iom }um $apft,
glorenä, Äöln, ®enf, Strafeburg, Sffiien,
»Prag, Ärafau unb burd) Uni]arn nac^
Äonfiantinopel. fRad) anbcrt^alb 3''^'^«"
teljrt er jurüd, ber Scufel I)atte i^m iai
möglidbft grofee SD?a§ üon weltlid^er (Sr»
Eenntnid oerfcbafft.
Der brittc 2: eil erää^ilt in crjtcr
Sinie etwa 40 ßoubergefc^idjten beä Dr.
106
5ouji.
^auii: njtc er »or ÄatI V. Ullcjanber
ben®ro§en unb feine ©emaötin üorjaubcrt,
einem SRitter ein ^irfd^gewei^ an ben Äopf
jaubcrt, einem Sauetn ein ^ui^er .^eu famt
Sffiaflen unb (ßferben frij^t, brei ©rafen auf
i^r Sßegeljren burcf) bie 8uft na^ Tim(i)tn
füfirt auf beä jungen Saietnfürfien ^oi)'
jeit, con einem 3uben (Selb entliet) unb
i^m feinen S^entel ju *Pfanb ^ab. ben
er ficft felber in beä 3uben Seifein ab--
fügte. Sin anbermal cer;;aubcrt er 93auetn
ibi offene^ 2)JauI, ba§ fie cö, offen, nid^t
fd^Iiegen fönnen; er jaubert ©peifc unb
Jranf nad^ SBiÜfür. rco^in er reiü; er
jaubert ein anfet)nlicf)eö Scfelo^ auf eine
^ö^e; er jaubert üor ben Stugen cingelabe^
ncr ©tubenten bie fcfcöne Helena ins ®e=
mac^; er ;;aubert jid) bei einer Belagerung
feinblic^e j^ugeln in bie ^anb u. a.
(Sin %ni)an% crjä^It enblic^, voai ftd)
mit Dr. ^auftuä in feinem legten ^a^x
begeben £)ai. Sr ma^t, wie er merft, ia^
bie 24 '^ai)Xi fcinea 23ertrageö balb öor=
bei ftnb, fein Seftament ju ©unfien feine«
^amulu« SBagner, jammert unb feufjt
über fein Tud)lo^ Sebcn unb barüber, t>a^
er feine Seele bem Jeufel nerfc^rieben,
unb mirb jule^t com Teufel jerriffen.
IV. (Elemente beö 55auftbucf)C0.
Sd laffen ftcft im ^auftbuc^e folgenbc
ßtcmente unterfc^cibcn:
a. 2)ie 3öubergefcbic^ten; im 3"=
fammenf)ang beä ^auftbuc^eö ftnb fic frei*
l\d) aU «yuäflüffe gotttofcn Zl)\im betradf)=
tet-, fic gehören jeboc^ urfprünglid) in
ben Sereicf) ber übernatürlichen (£rfc6ei=
nungen, bie tai c^riftli(^e SJiittcIalter auä
ber tieibnifc^en syorjeit überkommen unb
bem ©cipe ber 3^'^ gemä§ mit aSorliebe
überliefert unb auegebilbet f)atte. «Sie
unterliegen beebolb eigentlich nidbt bem
SDtapjlabe bee (Suten unb QSöfcn, fonbern
allein bem beö Äönnen« unb 9'iic^tfönnen«;
bie Sage unb iai Äinbermärc^en }^abin
ben 3<'u&« unmiberfproci^en bi« ^eute hf
ftaf)«, bie SRübejabl ' SOJärcfien finb feiner
Doli. SOtanc^eö non bem 3ii'tfi^ ^^^ I^r.
gaufi mag orientalifdier ^ertunft fein, in
ber fd)önen Helena fpielt leife tau $rinjip
ber SRenaiffance in biefc fonji fefjr mittel-
alterliche 2Belt.
b. SDic $erfon be^ 3iuberfünfi =
lerä. 2i[d)tcr 3auber iji urfprünglid) Sad^e
eines ©eiftee ; ber SDtenfc^ fann blo§ ju jau=
betn Borgeben, mclcf)eö tmmerl)in fo lange
eine gemiffe (5ntfct)ulbigung bii fxi) i)at,
ali bie ÜJlenfc^en »on i^rc« (Sleid)en 3auber
anneljmen unb glaubenmögen. Sold)e ^au»
bcrer fanntc ba^ glaubensoolle aJiittelaltet
Diele, öeute, n)eld)e bie ^reube ber 3R\u
menfc&en an 3'^"^««* benü^ten, um ftc^
gute Jage ju mad^en, ü)?enfd^cn »on auägc*
fprocfecn fd)led^temßebensn)anbel, Q3etrüger,
ßügner, SBollüpUnge, Sdf)lemmer u. bgl.
(Sin fold^er SOlenfc^, 9?ameng ^auji,
fc^eint in ber jnseiten ^dlftc beö 15. 3cibr=
l)unbertö in 3)eutf^lanb gelebt ju ^aben.
®ett)i§ ifi, ta^ tttoai fpäter ein ät)n*
lidt)er Serufämann alö S^itgenoffe ßutl)erö
in I)eutf(^lanb fein 2Befen trieb. (Sr
nannte f\i) felbft unb fd)ricb eö auf feine
^arte Magister Georgias Sabellicus,
Faustus junior, fons necromanticorum,
magns secondas , chiromanticus , aero-
manticas, pyro manticus , in hydra arte
secnndas. 5llö fein ©eburtßort mirb tai
Stäbtd)en Änittlingen in SBürttcmberg
ober SRob bei SBeimar angegeben. (5r foQ
in Wittenberg unb Ärafau Ib^ologie unb
SWebi^n fiubiert ^aben, aU fa^renbcr
Scf)ülcr umliergejogen unb bur^ feine
3auberfünfie in 2>cutf(i)lanb me^r berü^s
tigt ali berülimt gewefen fein. (Srfurt u.
Wittenberg ftnb bie ^auptft|e feiner
2;^ätig!eit, in SBittenberg fieüte er fic^
unter anberen ü)Jelanc^tbon cor. Qlbei
auc^ auö aiöürjburg, Äreujna*, TlanU
bronn, üKagbeburg, ©otba, S^ürnbcrg,
©oälar, Q3rag, a)?eiBcn laufen SWactjrid^ten
über ibn ein. Sein 2ob fc^eint um tai
3a^r 1540 erfolgt ju fein.
c. 5llö brütet (Slement pnbet fid^ im
^aufibud) bie naturmiffenfdjaftli^e,
auf eigenen 5"i«" ^et)enbc 5"!*
fdjung niebergelegt. SWur mü^fam ringt
^d) »ätjrenb be^ ÜJiittelaltcr^ eine auf
Ibatfad^en gebaute naturmiffenfc^aftlid^c
grfenntni« burd^ ; fiillgeftanben aber bat
aud) in jener ^eriobe biefe ©eifieöarbeit
nicl)t. Qlm e^eften gelingt e^ it)r auf bem
^elbc ber 5lfironomte ju fid)eren iRefultatcn
5U gelangen, befonber^ mo bicfelben burd^
!Red)nen ju gcminnen maren; auf bem
©ebiete ber ^l)t)ftf unb namentlich bct
(5.t)emie fa^ eö bunfler auö, unb eö i^ bc«
fannt, tt)ie bamalö (^emifdbe gorfc^ungen
mit allerlei bunfeln Problemen unoerfian*
bener iDlagie jufammentrafen. S)af e« aber
auc6 bereit« eine fe^r beteu^te Statur*
erfenntnis gab, bemeifen u. a. bie 'ün-
fd^auungen beö in ®enf ocrbrannten
Seroet; in 33abianö Fragment einer
®efcf)id)le ber römif(|en Äaifer (S)eutfdt)e
t)ifi. S*riften, m, 20. 40) jie^t ber ©a^:
„Dan die natnr nünt anders ist, dan
die kraft Gotes, der gaist Gotes, ja Got
^auflrecftt.
107
selbs, durch welchen alle geschepft er-
halten wirt nnd von welicher wegen
man der Wirkung der geschepften den
namen der natur geben hat." 2tucl) Dr.
^aujl flubiert neben ber 2;f)eoIo9ie 5[Rebijin,
er warb ein 2Bettmcnfd) , ein ^Jl^tologuß
unb ÜJJat^ematifuö, nannte fic^ einen
5Doftor ber ÜJJebi^in , l)alf nuc^ etjilid)
ptelen Seuten mit Kräutern, 2BurjeIn unb
ÜBafTetn, SRejepten unb ^Ittftieten. (St
ma(j)te aucfe ^alcnber, unb man tobte
feine Äalenber unb '2llmanacfte t>or aüen
anbeten; benn et fe^te n\ä)ta in ben Äo=
lenbet, ti voax benn alfo. Sä waten feine
Äalenbei nic^t rt)ie bie etli(^et unetfa^te=
net 5iptoIogen, bie im SBintct falt übet
®i^ unb Sdinee, obet im «Sommet in ben
^unbötagen matm, I)onnct unb Ungcmits
tet fe^en. St nannte aüemat 3^** u"^
®tunbe, mann ctmaä gefc^ef)en foüte, unb
matnte jebe« ßanb insbefonbete, lak eine
cot Äiieg, tai anbete oot leutung, tai
biitte üot @tctben u. f. vo.
d. 'S>ai oiette Slemcnt beö JVauftbuc^eä
ift bie fitc^Iid)e, off cnbatungö=
gläubige Sßeltanf c^auung. 2)iefe
iii§t ben SDlenfc^en bIo§ tuxi) bie ®na<
bcnmittel bcö 6|)tiftentumä feiig mctben ;
met nic^t glaubt, ftd) oom ©tauben toö=
töfi, ifi tietbammt, tft beö leufetö, i^n
^olt bet Seufel, et geliött bct |)ötle an.
®(f)on bie etfien d)iifilid)en 3at)t^unbette
batten biefe ^nfc^auung auögebitbet, mic
man benn auc^ fd)on fo ftüb bie 23et=
fc^teibung bee ©otttofen mit eigenem
93tut an ben 2eufet unb tai $oten eineä
©otttofen butd) ben Seufet fetbet fennt.
Sine dttete fatbotif^e ®age (J^eopbituä)
tä^t ben 5lbgefatlenen but^ bie gütbitte bet
ÜJlatia getettet mctben. Unfct gaujibud)
ifi ptotefiantifcf). (Kettung buti bie®naben=
mittet bet Ättd)e gilt nic^t, jebet ^at 2öot)t
obet SBetje fetbet ju ttagen, %aü^ f)at
ftc^ üon ©Ott toägelöfi, atfo ^ott i^n bet
Seufcl.
Sä ticktet ft(^ abet bie @ttafe für ben
2lbfaII glcid)mä§ig gegen fdmtlid)e btei
SIemente beä gauftbu^eö. %au^ mitb
alfo etjienä oom Seufcl gef)ott, meil et
ein S'iuf'etct ijl; bct teufet ^at i^m bie
Äiaft bc« Saw^fin^ mitgeteilt, mit feinet
^ütfc t)at et auc^ biefenigen S'^u^^'^^i^"
unfcf)ulbiget DiJatut begangen, bie an an*
beten Otten o^ne Su^'ü^f^iT'^m« be^ leu«
fetg betid)tet metben. 3tt'fitcnö mitb
^aü\t com Seufet geholt , meit et ein
igcfcminbtet ift, ein ®d)temmet, ein "Ptaffct,
ein aBoltüjlting. ®(^on oot bem ^aü^-
bud^e ^atte man ft^ an octfc^icbenen
Dtten eti^a^tt, in bet unb bet ©äffe, in
bem unb bem -^aufc, fei bet mitfti(i)e
Dr. }^au^ nai)ti com 'leufet geholt unb
in ®tü(fe jcttiffen motbcn. 2)titten3
t)oIt bet Scufet ben ^'Jufi, meit et eö un«
tetnommen t)at, bie a!öat)tbcit in bet 9ia*
tut auf eigene %au^ in geminnen, meit et
in feinet SZBiffenfd)aft oom 2Begc bet Itjeos
togic abgewi^en ift.
dlaä:) bem ^auftbu^ fcbeint am Snbc
beä 17. '^al)i\). eine btamatifcf)e ©eatbei«
tung bet (Sage in Qtteyanbtinetn \>oxi)an'
ben gcwefen ju fein. «Stücfe batau« fin=
ben fic^ im "Puppenfpiet ^aü\t, beffen
^auptquetlc man getoö^ntid) in bet ooit
ÜJlattome, geji. 1593, Dctfa§tcn engtifc^cn
Jtagöbiegaufi fu^t, bie oon fog. englifc^icn
Äomöbiantcn nacf) 2)eutfd)lanb gebtacfet
moiben mäte. 2Bie t>ai '^iuppenfpiet im
ituffliitungöjeitattet ben iflnftop ju neuen
gaußfictitungen im ©cifte einet fteien
^ilbung gab unb jumat Seffing unb
©oetbe befcfcäftigte, gebött nii^t i)m\:)(x.
gauftrct^t unb ^c^berc^t. Sin $5 c ^ b c *
tec^t fennt fd)on baä altgetmanif4)e9flcd)t;
eä gebt auei bem Segtiff beö 55'^*^^^"^
betüot, ben bie einjelnen Ätcife fetbet ju
fc^ü^en t)atten; tt)et jemanbcn böömitlig
netteste, bn bxai) mit bem Sette^ten unb
beffen 5^amitic unb ©enoffen ben gtiebcn,
fe^tc ft^ ton fetbfi mit ibm in .Jltieg««
fianb, unb bet Sette^te t)atte tai SRed)t,
mit feinet ^^iTii^i^ ^^^ feinen ©enoffen
toibet ben ^tiebenöbiec^et ^^'e^be ju et*
^eben, i^t aüe i^m nut mögtid)e 2tuä«
be^nung ju geben unb im 33tute beö
5tiebbtccf)etä ©enugt^uung füt ben ettit«
tenen |)obn ju fucben. ©aä 2Bott ^e f)bc
iji m^b. bie vehede, ai}^. fehida, angel«
fäc^)f. faedhn, faedhe ; mit bem af)b. Sctb
fehan = feinbfelig, gtam fein, Raffen,
angteifen unb »etfotgen, unb bem a^b.
Slbjeftio feh, mbb. vech = feinbfetig, unb
bem tongobatbifc^en ®ubftantip bie falda
flammt eä matjtfd^einlid) oon bem got. faijan
= anfeinben, tai miebet mit got. fijan,
= tjaffen, bem iZBurjetoetb oon geinb,
»etmanbt ifi. 3)amit fi^ abet bet ©taife
gegen ben ©c[)tt)a(J)en nicfct aües etlaube,
bejianb jugteid) tai iRed)t auf ein «Sü^n*
g e t b , compositio. 2)et iBette^te f onntc
ftd) an hai 23oIfögetid)t menben unb ba«
ißotf fotgte füt bie ©teUung beö gticb*
btec^etä oot ©etic^t unb jmang ibn jut
®enugtf)uung unb babutcb jut 2Biebett)ct*
fieltuiig be« ^ytiebeng. ^m gcf)be betec^=
ttgte abet bto^ biejenigc SRec^töoetle^ung,
108
tjed)tfunjl.
burd) roelcfce bct 9"«^« wirflic^ gebrochen
n>ax. bei Gioilanfprüc^cn unb bei nic^t
Dotfd^lic^ jugefügtcn SSerle^ungcn roax bic
%il)tt unjuldfftg; im etfien %aUi raupte
ber SRidbter angegangen n^erbcn, im jweiten
%i\üt trat bIo§ Äompofition ein. 2lud^
h)ar bie Qluöübung besi 55€f)i'«e<^tö babutc^
bef(i)rän!t, ba§ gegen ben Serbtec^et in
feinem ^aufe unb in feiner 2S?et)re, in ber
Äirc^e ober an ber ©erid^t^fielle ober auf bem
2öegc ba^in unb juriid ober beim Äönige unb
auf bem Slöege ju unb »on i^m nid^tö
unternommen werben burfte. «Seit ber
Äarotingerjeit würbe aber tai ^cbberec^t
aU einem georbneten SRec^täjuflanb jumiber
fcbr cingef^ränft. S)er Äönig fonnte
einem einjelnen Scfeljbeten ben Äönig^«
frieben erteilen, lüoburd) jebe ^eijbe gegen
it)n gcf)emmt mürbe; bei f(i)tt>erercn iBers
brechen, namentliif^ bei 2JJorb, Sranb, iRaub,
SRotjudbt, 2>iebjtat)l trat ber ©taat burd)
eine öffentlid)e Strafe für ben Serle^ten
ein, ta babur(i boc^ mittelbar ber gemeine
gricbe be^ Staate^ gejlört mar.
2m fpätern 9JJittetaIter, feitbem oom 11.
3a^irf)unbert an bie üBirffamfeit ber (Seri^te
fo oft geläf)mt mürbe, änberte fxi) bie
Sebeutung bes ^^ebberec^tc^ ba^in, ba§
biefeg jmar gemattet rourbe unb jmar fomol^I
gegen fd^mere SBerbred^er aU gegen geringe
Verlegungen, ja auÄ megcn bes unbe«
beutenbPen (S,ir)ilanfprud)eö, aber nur gegen
ben, gegen meli^en bie ®erict)ie ÜRai^t ju
ücrf(^affen nic^t imfianbe waren; bie
ge^be war blo§ nod) eine erlaubte ©elbfi*
^ülfe in aüen §ä(Ien, in welchen bem auö
irgcnb einem ©runbe berechtigten ber ©taat
JU feinem [Rechte nid)t üer^elfen fonnte.
S)ic 5luäübung bicfc« in ben ßanbfrieben
(fie^e bicfen 5trt.) geflatteten (^et)bered^teä
war aber an gewijfe go'^'^en gebunbcn.
2Ber [i<i> in bic ßagc »erfe^t fa^, ge^jbe
ju ergeben, mugte feinem ©egner bie gebbe
tjorber offen unb förmlicb brei Sage Dor
i^rem Scginncn anfagen. 3)ie %t\)i>t mu§te
angcfünbigt werben burcE) einen 23 rief,
ben ein Söotc in bie 2Bof)nung bcö ju
93efebbenben bei Jage ju bringen f)atte.
©cwiffe (Perfonen unb ©a(i)cn mußten ge=
fe^tic^ bei 2iucübung ber gcl;bc gcfc^ont
werben: ®eijllid)e, .^inbbetterinnen, fct)Wer
Ärante, ^ilgcr, Äaufleutc, 5ut)rleutc mit
i^rer ^abt unb Äaufmannf^aft, 5ldcrmann
unb SIBeingärtncr wa|)renb ber ^etbgefc^cifte,
Äird)en unb Äir^böfe. S)ur^ ben Älcruä
würbe jur 28cfd)ränhmg be« 5ct)bcrc(f)tcö
bei ®ottc«fricbe eingefübrt, Pax ober
Treuga Dei. %n gewiffen lagen beö
3at)re« unb auperbem in jeber 2Bod^e »on
Snittwod) <Mbenb bi« OJJontng frü^ follte
je&c 5et)bc ru[;en. Der ©otteöfriebe würbe
iebeömal eingeläutet. SBer i^n »erlebte,
fam in ben Ätrcbenbann, wer fxä) baraud
nid)t löjie, in bie SRcid^äadfjt. ^Dagegen
fc^ü^te,. Wie es im alten Dfledf)te gcwefen
war, .^augred)t unb ^auefriebe ni(i)t me^r
in bct mittelalterlichen J^cbbe. 2Ber ^^c^bc
crf)ob, oI)ne ri($terlicf)e |)ülfe »erfud^t ju
f)aben, wer fte nidbt anfünbigte unb fonfi
ftd) gegen iai gef)bcre^t »crfe^lte, war
ßanbfriebenocrbrcd^cr unb bü|tc gc«
wö^nlt(^ mit bem ©trang.
S)aö mi|bräud)Ii(^ ausgeübte iStl)ii'
xiä)t ^eif t nun 5^ a u ^ r e cf) t, ein Sßort, iai
juerfi im 16. 3al)rb. erfc^cint. S)ie a)li§»
bröuc^e lagen bei bem ganzen 3"fiitute
nat)e, unb bic SSet^altniffe ber 3eit bc«
günftigten fte. ißefonberä ben 5IbeI trifft
ber aSorwurf folcber 3Wi§brdud)e; bie ©tobte
Waren in ber SRegel frob, wenn fte ni(^t
befet)bet würben unb nid^t jur ^e^be ju
greifen ftc^ gezwungen faben. 2)em ätbcl ba?
gegen war bie jyet)be ßuj^ unb (Stwerb;
bcnn ber SRaub war, am (Segnet unb feinen
5lnge{)örigen begangen, gefiattet. Sich auf
Räuberei legen, vom Sattel ober vom
Stegreif leben, war ber 31uöbrud für biefe^
^anbwerf. ütoä) gegen 6nbe beä 15. ■
5abrb. fagte ein römifc^er Äarbinat »on ■
2)eutfi^Ianb : Germania tota unum lätro-
ciniam est, et ille inter nobiles gloriosior,
qui rapacior : (Sanj 2)eutfc^lanb ifi ein
einjigeö iRäubcrnejl unb unter ben @bcl«
Icuten ber am ru^mwürbigPcn , ber am
mciften raubt. 2Begen ber ftcinficn S3a«
gatellfad^en würbe oft gebbe angcfünbigt;
ein $err üon <|8raun^cim fcbidtc j. 93. bei
©tabt ^rauEfurt einen ^ebbcbrief, weil eine
^tanffutterin auf einem 93atle feinem 93cttcr
einen Sanj ücrfagt unb mit einem anbcm
getanjt Iiatte unb bie ©tabt i^m nic^t
bafür (Senugt^uung geben wollfe. Oft,
wenn ein [Ritter jemanbem %i\)tt etfläitc,
fcbicEtc aUn Irof , bct ju i^m ge^ötte, aud^
5et)bcbriefe. ytai) ÜBä^tet, beitrage jut
beutfd^en @efd)ic^te.
get^tfunft SDa« im ÜRittel^odbbeutfd^en
fel)t oft gcbtauc^te 93crb fechten, wabt*
fct)einlid^ mit ^Jaufl wutjcloetwanbt, ^at
bic allgemeine 93ebeutung bcö ftd^ 2tb»
mü^enö, eiftig ©ttebcn*, beö 2tnfitcngcnS
bct ^änbc, im bcfonbern wirb eö »ora
kämpfen, ©tteiten im ®efe(^tc ange»
wanbt. 2)ic Übung im ©ebtaud^c beö
©dbwetted ^ie§ in bet böfifd^en ©ptac^e
schirmen; schirmknaben finb Änabcn, bie
5e(^ttunil.
109
bcn 5c*tunterric^t erhalten; ber %id)U
meiflcr iiei§t tnt)b, schirmmeister, 6rfi
in ben ©täbtcn nannte man bie Don
jünftigcn ^anbwcrfcrn ausgeübten 2ß<iffen-
fpicle, bie obne S^i'fU'el fin« Siac^abmung
ber rittcrli^en iZBaffenübungen waren,
^c^tfunjl; aU Dolfömd§igeö SIcment
mifd^tc ftd) bamit bie Äunjl ber »on
altera ^ct umjief)enbcn ©pietleute unb
@(i)Werttänjer. 'HU bie ältejle ^ecfeter^
gcfcllfc^aft in 3)eutf(f)Ianb gelten bie
»JOiarybrübcr in ^ranffurt a. Tl., ober
bie33rüberf(f)aftöon®t. ÜJiarcuöoon
ßöwenberg, tii auö einem |)auptmann
unb Pier 2)?ciftern jufammengetreten war.
SBer mit it)nen ju festen magtc, ber gab
fic^ if)nen entmcber in bie Schule ober
fianb ganj oom ^ec^fen ab. 3n ber
granffurter ^erbftmefTe fönten bie üJlarys
brüber auf öffcntti^cm $la^e mit fremben
^cc^tmeifiern; mer bie ^robe befianb, bem
würbe oon i^nen bie „|>eimlid)feit" an«
oertraut, b. f). atlerlei Äunfigriffe in ber
^üfirung beä ©cfemerteö. 3e^t burftc er
baö SIBappen ber SIRarybrüber, einen ßöwen,
führen unb in ganj S)eutfcf)Ionb bai
5e(J)ten lehren. ®aS <PrioiIcgium ber
^arybrüber mürbe Dom Äaifer 1480,
1512, 1566 unb 1579 erneuert. Unter
ben nidbtpriüilcgierten ^««^tf^u^f" "j'^r
bie ber 5tberfcd)ter bie öerbreitetfte; fie
fticf au^ grcife^ter Don ber^^eber,
mobci eö ungemi^ i|t, ob fte ben Flamen
Don einer am ^ut ober Spiet aufgefiecften
^cber ober baoon trugen , ta^ fte ur*
fprünglic^ auö bem @tanb ber ©djreiber
^erDorgcgangcn waren, bafter bie Sffiorte
geberfuc^fer, 55^^^^^^^^» ober ob
gar geber ber 9^ame eineä Sto§begenä war;
tVen ^auptfi^ batten fte ju ^rag. 5tucf)
eine ©efeüfd^aft ber ßujbrüber fommt
Dor, beren Sebeutung nod) weniger flar
iji, wie übert)aupt eine urfunblic^e iDar^
jietlung biefeS ©egenjlanbeä mangelt. SWan
bat Don ^anS ©acbs (2Berte m ^^ol. I,
307) ein ®ebid)t: S)er ^e^tfpruc^,
StnCunft unb ^reifieit ber Äun^.
5Darin wirb bie ^ecf)tfunfi Don ^erfulcö
hergeleitet , ber bie Dltjmpifdjen Spiele
giftete; Don ben ©riechen fam bie %tiiiU
funfi ju ben iRömern; tai ßbtificntum
jicDte jwar bai blutige Äampffpiel ah,
Dennoch ein jiütf Dom tampf no^ blieB,
33il ^elb fdmpften in freiem ^elb
unb ritten jfam in ftnfter SBälb,
Ollö (Sd unb ber alt ^ißebrant,
Saurein, ^ürncn Sewfrib genannt,
Äöng gafolt unb S)ietricfe Don Sem,
Sbatcn einanber ^ampf gewern k.
QIucI) bie 5ctf)tfunft bc« «Hbel«, bie ju
93erwunbungen unb 5;ob führte, würbe
abgeftedt unb bie Äunft ber ©t. SWarys
33ruberfcbaft übergeben. 2)ie Äunfl felber
be[d)rcibt ^anä @ad)^ foIgenberma|en:
3cb fprad): 2Bic ftnb bie ftücf genanb,
55ie man mu§ lebren im anfang?
(gr fpra*: 2)er Äunjl ju eim cingang
lebrt man ober? unb unterbaro,
SfJittet« unb 55'ügel= f)avo genaw,
<Mudb gfcbloffen unb einfad)cn ^urj,
Den tritt barju, aucb lebrt man turj
S)en 'J3offen unb ein aufbeben,
^luggäng unb nibericgen eben.
3* bat: ßieber ÜJteijler, jeigt an,
Sie nennt man bie ftüd Dor bem iDtann?
Sr fprad): Db id) bir^ glei($ tbu
nennen,
Äanß bu bie ^M onS iIßerE nit fcnnen.
2BeiI bu nit liafi gelebrt bie .^unft,
S)ocb icb bir aug befonbrer ®unft
(Stlii^ bäw unb jtüd nennen will,
I)ie mcifierticb ftnb unb fubtit:
®er jornbaw unö frumpbaw, fdbaw,
3wcrcbbaw, f^iüerbaw, fcbeitlerbaw,
SBunber Derfa^ung unb nacbreifen,
Ueberlauf, S)urcbwecbfel etlidb beiden,
©cbneibcn, b^i^«"/ j^i"^ iw winbcn,
2lbfd)neiben, Mengen unb anbinben;
2)ie Äunfi l)ait in Dier läger flug,
5tlber, lag, Dcb« unb ben ^flug.
3)iefe{ben feltfamen 9'iamcn ftnbet man
au* in ben im 16. Jabrb- ju granffurt
etfcbienenen, mit ^oljfc^nitten oerfebenen
j^ecfctbücbern; \)kx wirb untetfcbieben iai
g^ecbtcn mit bem langen Sd)Wert, ba^
21'Jeffcrfed)ten , beffen 4 l)'aw genannt
Werben St"^"^«*^' ©ntrüfibciw,
©eferbaw, (Entweder, 3'T'in9et ""^
SBinfer, iai 3^e(^tcn mit Solchen ober
Rampftegen unb tai ^ti)Un in ber ®tan=
gen. Tlit ber 35erbreitung ber ©cbü^ens
gefeüfcbaften famen bie bürgerlicf)en %id)'
tergefeüfdbaftcn in Söerfatt.
S)agegen erbicit fidb bie J^ecbtfunfl aU
notwenbige Seigabe einer abeligen (Sr*
jiebung unb auf ben Unioerfitäten , beren
©tubenten ben Solang eineS gelebrten IHili
beanfprucbten. 511« Segrünber ber afa«
bemifdben ^e^tEunfi wirb 333 übe Im
Ärcuf ler genannt, 6obn eine« 9?affaui«
fcben Scbulmeifierä, ber ju granffurt
iDlarfbrubcr unb in 3« na priDilegierter
g^ed^tmeifier würbe, er ftarb 1673. SSon
feinen jwölf Äinbern würben Dier wicber
gecbtmeifter an Dcrfcbiebenen ^ocbf(^uIen;
110
Jebcrfpicl — ^cmgcridit.
biefee ®cf(^lcdpt blieb Der Äunft noc^
burä) brci ©eneiationcn l)inburd^ treu unb
^at bie berü^mteficn beutfcf)en i5eci)tmeijlcr
unb bur($ ftc eine bcutf^e gec^tmetbobe
:^erDorgebracE)t. ©ic^e 3«^n, lurnfunfi,
unb ®ct)eibler in 6rfc6 u. ©ruber.
^cöcr^JicI, ftet)c galfenjagb.
^cen, bei ben romanifd^en 25öIEern auö
bcm lateinifc^en 2Bort fatum entftanbcn,
itield)eö an bie 6teüe non parca, $arje,
getreten h)ar, ital. fata, fpan. hada, proD.
fada, franj. fee. Äcltifd^er unb germo«
manifd^er SBoIfäglaube, bie beutfcbenDfiornen,
mögen ftc& mit biefcn Sc^idfalägöttinnen
»crmifd)t ^aben. ®dbon ^ufoniu«, 4. ^aiiX'
ftunbert, ertt3ät)nt neben tres Charites: tria
fata, njtc benn übert)aupt bie 35reijQf)l,
banebcn einigemal bie 3«bl 7 unb 13 für
fte c^arafterifiif(^ ftnb. ®ie ^aben au^
bcfonbere SRamen, befonberä berühmt ifi
bie fata Morgana, Morghe la fee. @ie er«
fc^cinen bei länblid^en (5^eftcn unb belohnen
fleißige ©pinnerinnen, ^ibnlid) ben beut«
fd)en SRiefenjungfrauen tragen fie ungefteurc
jjelöblödc auf bem Raupte unb in berSd^ürje,
tDäf)renb ftc mit freier ^anb iljre ©pinbel
brc^cn; al^ eine ^ce, tt)eld)e ben Sau »otls
führte, jußnbe mar, rief fic ifiren ©<^meftern
ju, mit bem herantragen auf5uf)ören,
biefe, obgleich jmei ÜJ?eiten meit entfernt,
^örten ben SRuf unb liefen bie Steine
fallen, bie ftd) tief in bie Grbe fenften;
fpanncn aber bie %tm nid)t, fo trugen fte
Pter ©teine auf einmal, ©ie waren gut«
mutig unb nal)men ft^ befonber^ ber
Äinber an, beren ©c^idfal fte oerfünbigten,
5n bie Käufer ber Dflacbbarn fliegen fic
burd) ben SRaud^fang ein unb auö; ba^cr
fam eö , ia^ ftd) einji bie untiorfid)tigPe
unter ibncn verbrannte unb ein lauteö
Älagegefd^rei au^ftic^, auf tt)el($ed aüc
gccn ber ®egenb jufammcnliefcn. iäufdjen
liefen ftc ftd) nid^t; benn aU ein !0?ann
feiner grauen Kleiber anjog unb bc« ^mte^
pflegte, jlrafte ftc i^n baburd), ia^ ftc bie
auf bem ^crb fod^enben Qlpfel in Sirnen
Bcrmanbeltc. ®rimm, ÜJJt)ti)ol. 382. 2)ic
altfranjöftfcftcn Gpifer t)erflod)ten bie %nn
in bie romantifd)en Abenteuer ibrcr gelben,
»on »30 fte auc^ al^ m^b. feie, feine,
merfeie, wazzerfeie, aber nur fpärlic^, in
baä beutfc^c f)öfifc^c Äunfiepoö eingcfüf)rt
tt)orben ; ©ottfricb »on ©tra^burg fagt
»om «Slicfct Bon ©teinad) (Iriflan 4698):
ich waene, daz in feinen
ze wnnder haben gespunnen
und haben in in ir brnnnen
geliutert und gereinet,
er ist benamen gefeinet.
3tu^ Solföübcrlieferungen unb nid)t, mtc
man früt)er meift annat)m, aui arabifc^cn
Quellen ftnb feit ber jmeitcn |)cilftc beö
1 7. 5af)rf)unbcrt^ bie franjöftfdien Contes
de fees entftanbcn, beren etfte unb beflc
bie bcö Sari qSerrault (1633—1703) ifi,
erfd)ienen 1697; gleidjjcitig fammcitc fol^e
SRärd)en bie ®räpn 5lulnop, 1650—1705,
fte erfc^ienen 1698; »on beibcn ©amm«
lungen giebt eä äa^lrcid)c D^ad^a^mcr.
© d) r c i b e r , bie ^ccn in ©uropa, ^Jreiburg
1842, unb Änigt)tlcr, SD?ptf)ologic ber
5cen unb (Slfen, beutfd) oon O. ß. 33.
äßolff, SBeimar 1828. 2 «be.
ielbgcfd^m, ftebe Kri.
§cmgeri(^t, SBe bmger id)t, m^b. bie
veme = ©träfe, ©trafgerid)t, vemen =
ha^ Urteil über jemanb fprccfeen, nerur*
teilen, baoon vervemen, nl)b. üerfc^men,
auö bem 'Ulittcl«, urfprünglid) iJiiebcr«
beutfd)en, bunfeln Urfprunflc«. 25ic ^cm«
gerid^tc maren fatferlid)c 8anbge =
rid)tc, bie iljren ©i^ in 2Befifalcn,
in einem Seile t>on (Sngern in bem
aßinfel jn3ifcl)cn bcm 9flf)eine unb ber
ÜBcfer Ratten, ©ie felbfi fcfereiben i^ren
Urfprung Äarl bcm ®ro^en ju, ber fl«
auf ben Otat be^ (PapPce Cco eingefe^t
l)abi, unb berufen ftd^ barauf rcgelmäfig;
richtig ifl bie^ nur, infofern eben Äarl
ber ©ro^e tai 3"1^'tut ber ®d)öffen in
bie 9Solf«= ober ®augerid)tc einfübrte
(fte^c ben 5lrt. 2)ing). 311^ nun nad^ bct
Äarolingifc^en ^tit bie alte ®auDerfafs
fung ftd) allmät)lidf) auflöste unb bie
®rafenge»alt in ein crblid)e^ SRcd^t, unb
in ßanbcstjo^cit übcrjuget)en anfing, üer*
lorcn bie %nkn fafi itbcraü einen 2cil
ifireö angcftammtcn SRcd^tcö, fte mürben
tiogteipflid)ig, unb menn jtc auc^ an ben
Sanbeögerid^ten noc^ teilnat}men, fo
bitbeten ftc bod) feine faifcrlic^cn ®erid^te
me^r über greie. 3n menigen ©egenben
erhielten jtd^ alte ®erid^tc, j. 33. in Ober«
fc^ttsaben tai faiferlic^e Saubgerid^t bei
2Bangcn, l)auptfd(^li(^ aber in 2Bcfi«
falen unb einem ieile non Sngern. ^icr
bilbctc ftc^ bie 2anbeöl)of)eit fc^r langfam
auä, bie Ferren maren meifi gcifilid^c, iai
alte ©ac^fcnlanb t)ing überl)aupt firengcr
an ber l)crgcbradE)ten ©itte, Diele freie
®runbbeft^er crl)ieltcn ftd^. 3)er fHid^ter,
ber bem ®eric^tc norfaf, h)ar immer nci)
ber alte farolingifdf)e ©augraf, ein faifcr«
lid^er 93eomtct, ber oom ®nbc be« 12.
3al)t()unbcrt« an jur «Muöjcid^nung oon
(Jemgeri^t.
111
anbcrcn ®rafcn igreigraf, Comes libe-
rornm t)ic§, »te bic ©d^öffen %xtX'
fd) offen, Scabini liberorum ober liber-
scabini. Qlüe eingcfcffenen freien Waren
unb blieben fd)öffcnbar unb jaulten an bcn
Comes bic alten iReicf)öabgaben für bcn
faiferli^en gi^f"^- ®«i^ ä"'<i>^ "i*t ju^
fammentiängenbe ®cricf)t^bejirf t)ie§ 'Jrci«
9raffcf)aft, comitia libera. S)ie %nu
grafen mürben unmittelbar »om Äaifer
ober namenä be^ Äaiferö t>om ^erjog mit
bem ©cric^te bele^int. S^Jar gelang e^
auc^ l)ier ben Jerritorialljerren, bie jrei*
graffd^aften in ein 5lb[)ängigEeitöiier^ältniä
ju ftc^ ju bringen unb fxd) mit ber ®raf=
f(i)aft fclbfi aU fog. @tu{)l^crren, b. l).
!®eric^t^l;crren , erblid) »om Äaifer be»
Ief)ncn ju laffen, aucf) bie [Reic£)öabgabeu
an fi6) ju jic^en; bennod^ blieb baö alte
@erict)t, mit i^m bie alten 3U?al)lplä^c,
§rcijlü^le; ber @tut)lt)err mu§tc ben
greigrafen alä bcn SSorfi^enben beö ®c«
rid^tcö bem Äaifcr ober bem ^erjoge prä«
fentieren, bamit er non biefem ben faifers
liefen Sann unmittelbar erbaltc. ©o er*
l)ielten f\d) biefc ^wgcridjte fort alä
faiferlic^c ©eric^te unb übten nid^t blof
kriminal«, fonbern aud) SiDilgeri^töbar«
feit, junä^fi jebod) nur über bie jur
greigraffd)aft geprigcn „ 5^reifiuf)lögüter
unb bereu *ilnget)örigc. Über biefe ^om*
pctenj ^inauä ging ha^ @erid)t baburd),
bog fxä) bic iSd)öffen, ebenfalls nac^ einer
»on Äarl bem @ro§en hergeleiteten *13fli(^t,
für bered^tigt bielten, oor bem ®crid^t al^
iRüger, b. i). aU ^Infläger im eigenen
Slamenöermögeilircr eiblid) übernommenen
3'JügepfIic[)tauf;(utreten, unb jmar audb gegen
95erbrecbcn, bic au^crbalb i^re^ ®eri(^tö«
fprengeijs unb »on frcmbcn ^erfoncn Der»
übt hjurben, mcnn niimlidC) ber orbentlic^e
Stifter nidbt imftanbc war, beä @d)uls
bigcn mädt)tig ju werben, ober ben guten
SBiUen ^icrju nid^t battc; wann biefe Sr«
Weiterung gefc^al), ifi ungewiß. Um aber
gegen bic jat)Ircid^en ^ixUt gerüfiet ju
fein, wo ber Scflagte bem ©eric^tc ein»
fad^ nid^tö nadt)fragtc, ridf)tetc man neben
ben ©i^ungen, woju wie gcwö^nlid^ jcbcr
3utritt t)atte, anbere ein, woran nur
©d^öffen teilnahmen; tai offenbare
5Ding »erwanbclte ftct) in ein ^eimlid&cg
ober ©tillgeridf)t, eine ^eimlid^c
ober bcfd^loffenc Qld)t, t)ai nid)t etwa
bei Dtad^t ober an befonbcren Orten abgc«
Ijalten würbe, fonbern am gewohnten
SWa^lplal im jjreicn, nur unter Qluöfd^lu§
aüer Dti^tw.iffenbcn. Qlm offenen ®e*
rid£)t würben jc^t blo§ nod» ßiniU unb
geringere SRügefad)en Dcrbanbelt; cor i>ai
offene ®eri(i)t mu^te aud) ber Unwif*
fcnbc gelaben werben, unb e^ würbe
t)ier über ibn gerichtet, wenn er crfd)ien;
erfdf)ien er nid)t, fo Dcrwanbelte fxc^ tai
®ericbt in bie i)eimticf)e ober bef^loffcnc
'ücftt boburd), i>a^ allen *Jlnwefenben, bie
ni<i)t ^teifd^öffen waren, bei Sobeöftrafe
geboten würbe, ftd) ju entfernen, ^ux
fiebern SBoüjieliung beö Urteilt würbe bc«
llimmt, ta^ bic Dorn $5fni9«iid)tc auöge«
fproc^ene D b c r a (i t jugleid) i>ai £ o b c d «
urteil t>ti ®erid)teten fein fodte, ta^
cö nur eine Jobeßftrafe geben fotl, ben
Strang ober bie wid, sßcibenftrict, unb
ta'^ ber näi^fie befic Saum ber ®algcn
fein foüte. 2)cn ©d^öffen war bem be«
ftebenbcn SRcdf)te gemä^ alä allgemeine
*;pflidf)t aufgelegt, tai lobeöurtcil ju ootl=
5iel)en. ©obann nafim man aüi) au^er^alb
©eutfd^lanbö ©(^öffen an, nai^ bem ©runb«
fa^, t(x^ jeber SDcutfc^e »on gutem SRufe,
wenn au<^ ber ßanbe^bo^eit unterworfen,
faHö er nur nic^t l)örig ober non liörigen
(Sltern geboren war, jum ©d^offen aufge^
nommen werben fönne, wenn er in 2öeft*
falen ftdf) baju melbcte, benn nur auf
wefifälifd)er Srbe fonnte man jum Sdl)öffcn
^emad^t werben. 3« ^öl)er ta^ 5lnfc^cn
unb bie 'JJJac^t ber gemgcrii^te flieg,
bcpo me^r brängte ftd) atlcö jum @dl)öffcn*
amte, in bem ein befonberer ©d)u^ lag.
S)ie freien ©täbtc forgten mei(t bafür,
unter ben SD^itgliebern i^re^ iRate^ einige
^Jreifd^öffcn ju ^aben; bic dürften faben
c^ gern, wenn ibre iRätc Q^reifd^öffen
würben; Dieid^^fürfien , ja Äaifer reifien
nad^ SBefifalen, [xi) wiffcnb mad^cn ju
laffen; im 15. 3al)rbunbcrt foüen ftd)
taufenbc oon ^rcifdjöffen in ©eutfd^lanb
befunben b^ben.
3m Übrigen fu§tc t>ai SSerfaliren auf
allgemeinen germanifd^en 9te(^tögcwobn=
l)eiten. 3)aö ®eridbt würbe bei Jage jwi^
fd^en morgen^ 7 Ul)r big SJlai^mittag,
unter freiem .^immel, an bcn bcEanntcn
9!)Jal)lplä|en ber einjclncn gi^ei^üblc, beren
eö übet 100 gab, gehalten. SBorft^ct war
ber ^rcigraf, ber ein Söejlfale fein mugte,
fo ixoax, t)a^ jcber freie SBcfifalc, Sbel-
mann ober Sauer, ^i^cigraf fein fonnte
unb wirfli^ war. Sor bem ®rafen jlanb
ein lif^, auf bemfelben lag ein blanfcä
©dbwert unb ein aBeibenfiridf. (Srfc^einen
unb am Urteile teilnehmen fonnte jebcr
^reigraf unb ^reifc^öffc, foba§ bei wic^s
tigen Ser^anblungen ibrer bunbert an»
112
gcmgeri^t.
hjefctib fein motten; jum »cnigfien
aber mußten fiebcn jugegcn fein, fjum
UrtetUfinbct rief ber SBorftienbe einen
ebenbürtigen ©Söffen auf, bicfer beriet
[\ä) mit ben Umjlebcnben ; fein 5tuöfpruct).
wenn er »on ber ißerfammlung mit Billi-
gung aufgenommen »urbc, bilbete bai
Urteil, iai ber ^reigraf oerfünbete. (S^
fonnte nur auf Sin f läge perfabren vpct-
ben, unb 21 n flog er fonnte nur ein 5rei=
fcböffe fein; er f tagte balb auf eigenen
SWamen, balb im Jiamen eine« oerle^ten
aUiffenben ober 3iic^ttt)ijfenbcn. Stuf er=
^obenc Qtnflage njurbe juerfi entfc^icben,
ob ta^ bcflagtc 33erbrc^en vemwroge,
b. ^. ein Dor bie ^ycmc ge^örigeö S8er=
bred^cn fei. 2ßar bicfeö befabt, fo njurbe
ber 2lngeflagte, h)enn er ^iti^diö^^i
»Dar, »or bie ^eimlicbe 5ld)t gelaben,
bur* fc^riftlicf) ausgefertigte unb com
ijreigrafen beficgeltc ßabung. 5Die Sabungö=
frifi betrug nac^ altem JRecftt fec^ä 2Boc^en
unb brei Sage. S)er ^reifdjöffc ftiurbe
brcimal gelaben unb erbicit brei ijriften, bie
crjie Sabunggef(f)ab burc^ jtrei greifcböffen,
bie jmeitc burc^ cicr, bie britte burd) fecbe
greifcböffen unb einen ^^reigrafen; wenn er
baö britte 9WaInidt)terf(i)eine,fontc bie bö(f)fie
SBette, bie Ic^te fdjtncre ©entenj au^ge^
fprocftcn »erben, ©in greigraf foötc jum
crjienmal burc^ fieben ^reifd^öffen unb
jtüei i^reigrafen, bann burd) »ierjebn ^xtU
fd^öffen unb oier ^reigrafen, jutc^t bur^
cinunb/iwangig Jveifcböffen unb fieben grei*
grafen gelaben «erben. 3)ic ßabung eines
?ltd)tn)iffenbcn gefcbaf) »or baö offen e
jDing; blieb er auö, fo oerttianbelte ftd)
baö offene 2)ing fofort in bie beimli(f)c
5tcbt. ®r erhielt in ber SRegcI bIo| einen
Icrmin non fec6ö 2Bo(feen unb brei 3;agen.
S)ie fcbriftli(^e ßabung an ibn rourbe burcb
ben Ji^onboten be^ g'^^iP"!''^ ober burc^
gwci ^Tcifc^öffen beforgt. ffiar ber 2Bobn*
ort beö jiu fiabcnben unbefannt, fo mürben
an öier Orten bes ßanbeö, in bem ber
ju ßabenbe ftc^ t>ermutlid) auffielt, auf
Äreujflragcn gegen Dfien, SBePcn, ©üben
unb ?lorben je eine fdf)riftlicbe ßabung auf=
gcftcdft unb ju jcbem ©riefe eine Äönigö=
münjc gelegt. Unter Umjlänbcn, tt)o 2)or=
ftd^t nötig mar, fonnte bie ßabung aud)
bei üta&it gcfd)eben unb an bie Ü^orc bes
@cbIoffc^ ober ber ©tabt, mo ber Qlnge=
tiagte ba"«*«- gfpcdt mcrben. erfd)ien
ber 5tngef tagte nid)t, fo ^atte am legten
Sermine, auf nictd)en bcr^tngeftagtc gelaben
mar, ber 2tnfläger feine Älage ju wieber«
i^olen. SJann würbe auf ben ©elabenen
gcmartet, „bis bie Sonne auf bem ^ö^»
Pen gemcfcn", „bi^ mittagö in bie britte
Ubr". @rfd)ien ber 2tngeftagte ouc^ je^t
nid)t, fo mu^te ber Äläger nad)Weifen, tia%
bie ßabungen gebörig gefc^eben feien; bann
rief ber ^i^eigraf ben "5tngettagtcn im ©c*
ri^te noii »iermat beim SJiamen unb 3"-
namen auf unb fragte, ob niemanb oon
feinetmegen ba fei, ber tt)n ücrantmortea
moHe? 2öar iai Dergebenö gefd^e|en, \(y
forberte ber Äläger Sotigeridbt, b. b.
bie le^te ©entenj, menn er nid)t fetbjl
noc^ eine le^te ^nft öon breimal Dierjef)ir
5Jäd)ten, einen fogen. Äatfcr Äarlö lag
gemattete. ®r mürbe nun aufgeforbcrt, feine
Ätage ju bemeifen. S)icö gefcbab nad^
beutfdbcm SRe^te burcb Sibcöl^clfer
(ftcbe biefen 5trt.), wetd)e bie ©bren^af*
tigfeit unb »oüc ©laubmürbigfeit be*
©d)mörenben eiblid^ ju befräftigen batt«n-
Söenn alfo ber 2tnfläger fnieenb mit jmei
Ringern ber redeten J^anb auf bem btanfen
©dbmerie fc^mur, ia^ ber 9tngcflagte fdbuU
big fei, unb menn bann fe(^ö grcifd^öffcn
eiblid) befräftigten , |te feien überzeugt,
ber 5tnflägcr fdjmöre rein, nid^t mein,
fo mürbe bie Slnflage alö toolt crmiefen
angenommen. 9?un mürbe bie le^te fd^mere
©entcnj in feierlidE)fier gorm über ben
©dbulbigen auögefprod^cn ; jie lautete im
SDtunbe beä greigrafcn:
„S)en beflagten IKann mit Dlamcn SR.,
ben nebme idt) auö bem ^rieben, aug bem
iRecbte unb auö ben i^reibciten, bie Äaifcr
Äarl gefegt unb I^Japfi ßeo betätigt b^t
unb ferner aße Surften, Ferren, SRitter unb
Äned^te, ^i^eie unb |^reifd)öffen gelobt unb
bcfd)moren §aben im ßanbe ju Sterten,
unb mcrfe ibn nieber »om ^öc^fien ®rab
äum niebrigfien ®rab unb fc^e ibn aug
aüen ^i^fibtiten , ^rieben unb 9iccbten in
.^önigöbann unö SBette unb in ben l^öcb»
ften Unfrieben unb Ungnabe, unb mac^e
ibn unmünbig, ed^ttoö, red^tlos, fiegcltoö,
ebrlo^, friebeloö unb unteil^aftig aUe*
SRed)ts unb »crfübre ibn unb oerfeme i^n
unb fe^c ibn l)in nadl) ©a^ung ber b^im*
ticken 5l^t unb meibe feinen |>al^ bem
©tride, f^einen fleid^nam ben Sieren unb
ben Sögein in ber ßuft, ibn ju »crje^ren,
unö befehle feine ©eele ®ott im ^immel
in feine ©etuatt. Wenn er fte ju fidl) neb=
men miU, unb fe^e fein ßeben unb ®ut
lebig, fein 2Beib fotl SBittüc, feine Äinber
Söaifen fein."
hierauf, bti§t eä in ben alten Jcmred^ts*
bü^ern, foü ber ®raf nebmen ben©trid »on
Söeiben gcflodbten unb ibn werfen auö bem
^cmgeric^t.
113
©cric^te, wnb fo foüen bann aCle %XiX'
fci)öffen, bie um ba^ Oerid^t fielen, auö
bcm SWinibc fpeien, gicid) aU ob man bcn
Verfemten fort in ber ©tunbe klänge.
^ad) biefem foü bergreigraf fofort QtW-
ten allen ^Jreigrafen unb ^rcifd) offen unb
fte ermal)nen bei ifiren (Sibcn unb Sreucn,
bic jie ber ^cimlid)en 5ldE)t getrau, fobalb
fte bcn ecrfcmten UJtann befommen, ba§
fte if)n Rängen foUcn an ben nac^fien
iSaum, ben fte haben mögen, nac^ aller
i^rer OJlad&t unb Äraft.
5Diefeö Urteil vomtt uor bem a3erfem=
ten in ber [Regel geheim gehalten; ein
Schöffe, ber eä »erriet, mar felbp bem
(Strange »erfatlen. 2)em 3tnfläger würbe
iai Urteil fcf)rifttich mit bem Siegel be§
^rcigrafen ausgefertigt, jur ßegitimation
gegen anbere ^i^^if^öffcn, bie i^m bei ber
eyefution be^ülflicf) fein foHten; bod) burf»
ten nur brei bei berfelben fein. Sßo fte
if)n trafen, richteten bie @(i) offen bcn 23er=
fcmten, t)ängten il)n an ben nä(i)flen
befien Saum unb ftccftcn jum 3ei<^en, ba§
er »on ber t)ciligcn ^enie gerichtet fei, ein
SÖtcffer in ben Saum.
j»ie i^rcifc^öffcn erfannten fid^ gcgenfcis
tig an ber gcf)eimen ßofung. ÜDiefe
befianb auö ben 2ßörtern ©trief, ©tein,
®,raö, (Srcin, auö bem fog. SiJotmort
Reinir dor Feweri urb auö bcm
beimlic^en @ dl) offen g ruf: ber anfom-
menbc Sd^öffe legt feine redf)te ^anb auf
feine linfc ©df)ulter unb fpricf)t:
Eck grüt ju, lewe man;
Wat fange ji M an?
darauf legt er feine redl)te $anb auf bcö
anbern ®dE)öffcn linfc ®dl)ultcr, unb ber
anbere t^ut be6glcid)en unb fprid^t:
Allet Glucke kehre in,
Wo de Frienscheppen sin!
J)ie (Sd^öffen mußten fd^mören, bie ge=
beime ßofung unb bie J^eimlid^feiten beö
®eridf)teö überhaupt t>or 2öeib unb
Äinb, ®anb unb Slöinb ju betoa^rcn.
©rfdfiien ber Slngeflagte auf bie ge-
fd^e^ene fiabung oor ®erici)t unb geftanb
er bie Zi)at, fo mürbe i^m fofort 't)ai
Jobcäurteil gefproi^en unb an ibm »oüfütirt.
ßeugnete ber Qtngeflagte bie S^at
unb mar er felbcr greifc^öffe, fo
brandete er anfängli* nidbtö aU einen
SReinigungöeib ju tl;un, unb man mu^tc
tt)n feineä SJBegeä geben laffen; fpätcr, ali
biefeö Sotredbt ber greifdf)öffen bem mi^--
braudl) auögcfe^t fdbien, mürbe benimmt,
ia^ ber 5lnfläger burc^ feinen (£ib unb
jmei ©ibeö^elfcr unter bcn anmcfen*
bcn ^reifd^öffen ben Kläger überbieten
fönne. >Dem gegenüber fonnte ber 93e*
flagtc mit fed^ö (SibeiJljelfern ftcf) loS=
f(i)mörcn, berÄldgcr mit br eisern (Sibeä=
belfern it)n mieber überbieten unb ber 5lngc-
flagtc im ^nüe mit jmanjig gibeöf)elfern
ftd^ enbgültig loöfc^mörcn; biefe 3a^t
fonnte nic£)t mc^r überboten merben.
2öar ber 5lngeflagtc ein JMd^tmiffens
ber, fo mar feine Stellung üon oorn^cr-
ein fdfimierig. 3mar fonnte er inman(i)cn
gciücn beö Äaiferö ^ülfe anrufen, auc^
fonnte fein orbentlid^cö ®eridf)t bic 'S>aä)t
abforbcin unb ftd^ ju 9fte^t erbieten; aber
er muf te bic *Hbforberung fofort mitbringen
unb jmei ^rcifd^öffcn alö »ürgen ficücn,
ta^ er bort bem Äläger ju (S^rc unb S)ic<^t
liefen mollc. Dft jebod^ beachtete ba«
5reigeridf)t beibee! ni(^t, unb bann fam ee
äum gleichen 33erfat)ren mie in bem gaüe,
mcnn ber Seflagte felbcr ^Jmfdböffe mar;
aber mie fotltc er bcm Kläger gegenüber
unter bcn ^reifchöffcn bie nötigen ©ibeö-
Ijclfer pnben? S)eeibalb crfcbien ein fold^cr
2lngeflagter ^äufig lieber gar nicf)t, ob-
glcid) i|n bann unnad)ftd^tlid^ bie aScr*
femung traf.
Söenn febod^ ber ißerbred^cr, mo eS im*
mer fein modf)te, auf ^anb^after £^at ober
mit bcn 2Bcrf jeugen, mit benen er fte ootts
brad^te, ober mit bem, maö er burd) bie
%l)at fidf) angeeignet, auf eine SBcifc be=
troffen marb, bic it)n ganj unoerfennbar
aU 2;i;äter be^ei^netc, ober er bie ')ii)at
geftanb, „mit |)abenber ^anb, mit
blidfenbcm @ct)cin, mit gid^tigem
901 unb", fo fonnten brei grcifi^öffen i^n
fofort ridE)tcn unb ^cnfcu.
*Mnmäf)lid^ artete t)aii SBaltcn be« Jcm*
geridbtö in gro§c aSißfür auS; ganje Stäbte.
ber SJiat ober fämtlii^e 6inmot)ner »on U
biö 70 Sauren mürben »orgelaben; Äaifer
^riebrid^ III., fein Äanjlcr unb fein
Äammcrgcridl)t mürben jmeimal porgelaben,
„ta^ er bafelbfi feinen Scib unb bie hödE)fie
®t)rc »erantmorte, bei ©träfe für einen
ungef)orfamcn Äaifer gehalten ju merben".
©(^on um 1400 befct)äftigte man fid^
mit bcn laut gemorbencn 2>ti§bräud^en;
im 15. '^a^xh. crmivftcn bie iReidhäfiänbe
für fid^ unb i^re Untcrtl;anen *Pri»iicgictt
gegen bie 33orlabung, bie ^al)! ber SBif«
i'cnben aufcr^alb Sße^falen na^m ab, bic
»erbefferte SRci(f)öiu|liä macfetc bie Berufung
an fte übcrflüfftg, in SöcPfalcn felbcr mür-
ben bie 55reiftüt)le in lanbcä^crrli^c ®c*
tidt)te umgemanbclt. S)ie ißerl;ängung oon
ßebenöfirafen fam auf er Übung ober mürbe
114
f^enjier — ^efie.
bcn 55reipiend)ten auöbrüdüd) unterfagt und
ftc babur^ auf bie geringeren g^recet eingc«
fc^ränft. 3n bicfer ^oi^nr aber beftanbcn
fic nod) lange fort, in SBeftfalen »urben
fte 1811 burc^ bie fran^öftfc^e ®cfc^ge=
bung aufgeftoben. ÜJieift nad) 2B ödster,
^Beiträge jur bcutfdjen ®efc^ict)te. Tübingen,
1845.
gcnftcr finb im roraantfc^cn S8au=
jiil flein unb fcfemal. 3>ie ^irc^en mit
nicbrigen ®eitenf(i)iffen ^aben im Sang«
baufc "jttiei gcnfierrci^en, eine für bie 5lbs
feiten im Untergefdf)of, bie anbere für baä
^auptfcbiff im Dbergefä)of , bie Untere
SReit)e fe|t ftcf) in ben ^reujf^iffen unb
im ©bor fort. S)ie 3a^t ber genfier beö
ßangf)aufe6 forrefponbiert nic^t immer mit
ber 3a^I ber Sogenfieüungen. Sie ^cn^er
ftnb wie aÜc SOBöIbungen im Slunbbogen
gefctiloffen. 2)ie genjtermanbung, bie
ßeibung, befiet)t aus jwei fog. Schmiegen
ober ©cfcrägen, tt?el*e in ber SWittc auf
einem platten 99anbe jufammentreffen, fo--
i>a^ fid) bie ^enfieröffnung nad) innen
unb au§en erweitert, — baburc^ mirb bie
SSeleu^tung bcö Jnnern »erfiärft unb bcm
SRegen na^ au§en Ieid)terer 3lbpu| ge«
fiattet. 3" i>«tt romanifc^en Sürmen
nimmt bie ^al)l ber ^enjier mit ber ^öf)e
be^ (Stocf»erEö ju; in ben oberen ©tod*
ttjerfen gruppieren jre ftd) nebencinanber,
foba§ bie Öffnungen blo^ bur^ bie bie*
felben jlü|enben 3;eilfäuld)cn getrennt
ftnb; man bei^t fte gef uppelte genficr,
Welche für bie romanifcbc Qlrc^iteftur eine
fe^r d)arafteripifc^e Silbung fmb.
3m gotifdien Sauftil ftnb bie ^fens
fier äat)lreid)er unb erfialten größere 2>i'
mcnftoncn. ^\)Xi erfle ^tuäbilbung txi)aU
ten fte in *)ßrofanbauten unb Äreujgängen.
^ier würben äWei. burc^ eine mittlere
©äule getrennte Öffnungen eon einem
gemeinf^aftlid)en ©lenbbogcn umfd)loffen,
unb bie jwifdben bem le^tern unb ben
iJenPeröffnungen beffnbUd)e 9Jfauerfläd)e,
ta9 Sogenfelb, mit einem Äreisrunb, einer
breiä ober Bierblättrigen Clofette burc^s
brocken. Spater würben bie iRunbbögen
lu Spi^bögcn, wäf)rcnb man fowot)l iati
Söogenfelb als bie fräftige 3wifd)enfdule
nod) beibehielt. 2)ann, alä mit ber ®otit
immer met)r tai Streben erwa*tc, bie
5läd)en ju burc^brec^cn unb bie fiü^enben
Seile ju erleid)tern, rebusierte ftd) bie
3wifc^enfiü^e 5Wifd)en ben ^enjlern auf
einen fd)lan!en, |iabarttgen ^Pfeiler ober
^Pfoften, ber in ben älteren Sauten in @r*
innerung an feine ^erfunft au« ber ®äule
nod) mit einer 'üafts unb einem Kapitale
»erfeben if!; an bie Stelle ber jtcinernen
^läd)e tritt ein großer offener Ärei^, »on
einem bünnen SRinge umfd)loffen; an
©teüe ber ÜJtauermaffc ifi ein leic^te^
latabs ober ©itterwerf oon fenfred)ten
?Pfoften, t>on ©pibbögen unb bem barübet
befinblic^en Äreife getreten, txii ®anje
öon ben offenen |)auptbögen umfcbloffen.
SZÖie früber gcffaltete man bie ^«"i^erbanf
unb bie ßeibung beö |)auptbogenö ein«
wärtö unb augwärtö fd)räg, je|t belebt
burd) einen SJÖed^fel Don »orfpringenben
unb eingefeblten ©lieberungen, eine ®lic=
berung, bie aud^ bem ©tabwer! ber ^foften,
Sögen unb Greife juteil würbe. iJtocö
meljr neue Elemente treten ^tnju babur(^,
ia^ bie unteren ©pi^bögen »erbreifacbt
unb öerüierfac^t Würben, t>a^ man fte
paarweife burc^ größere umfd)lop, inbem
man größere unb !leinere, alte unb
junge *|3foffen miteinanber wei^feln
lie§. 2)abur(i^ enblid^, ta^ man bie »er«
met)rte Qa\)l ber Sögen unb Ärcife burc^
Einbringung fleiner ©reiede, fog. üla^tn,
mit fleeblattförmigen ÜJJujlern füllte, cnt*
ftanb ta?, Wafwerf, ein SDBcd^fcI
mannigfaltigfier Kombinationen, bie ftd^
alte auf tai Äreiörunb jurüdfübrcn laffen.
3e na(^ ber 3t^Ir in ber bie 9?afen an«
gewenbet würben, erhielt man eine btei«,
üiers ober fünf blättrige iRofettc, einen
2)rci^, ißicr* ober günfpaf.
Seit bem 14. ^af)t^. betrad^tete man
i>a^ SDk^roerE nur nodb al^ blo§eg %üüt
werf unb fud^te bie biö^er offenen Seile
fo reid) wie möglicE) ju beforieren. San bie
©teüe ber Greife traten fpbärifc^e SDrci» unb
SSierede, bie nun tt)rcrfeitö wieber mit bc»
fonberem ÜJiafwerfe gefüllt würben. Seit
bem 15. ^al)xi). wirb tai 5ifd)blafen«
mufier bie tonangebenbe SD^af werf form.
^ad) iRat)n.
tiefte, ^riftCti^c, ober ^Ifeicrtagc. 5Dic
ältejlen firc^lic^en gefl* unb 5^'f'^*<^9^
würben üor bem ÜJlittelalter geffiftet;
ber (Sonntag alg ber üluferfie^ungä*
tag iff fc^on im 2. ^a\)ii). allgemein
gefeiert worben; bod^ orbnete erfl Äaifet
Äonfiantin im ^abxi 321 eine jirengere
©onntagöfeier an, inbem er nerorbnete, ta^
an biefem Sage bie geridl)tlid^en ®a(^en
unb bie öff'entlid^en unb gewöbnli(^en
Sageöarbeiten ruben foüten; nur bie 8anb*
leute foüten bie günjlige äßitterung /für
ii)xt ^clbarbeiten benuhen bürfen. iÜltet
nod) ali bie ©onntagöfeier ifi bie Dficr*
feicr ober bie %im beö jübifd^en !Paff al).
gefic, c^rifilid)c.
115
6ci welcher an ©teHc beö jübi[cf)cn Dficrs
lammcö bai Dpfer be^ |)erra gefeiert
hjurbe. 3n biefeö jj^f^ $"8 "^"" ^'f ijf'c^'
beö Jobcstageö 5efu, beö 6t)arfrcitagä,
unb ben barauf fülgenben, gvo§cv €>ab'
bau) genannten ©onnabenb unb [e^tc
bcr ttJÜrbigcn 93orbereitunA wegen tati
»orauögcf)enbe 40 teigige ^Jafien an. 2Bie
bic Subcn, fo begannen bie S^riflen \\)x
Äird)enjal)r anfangtid) mit Oftern. So
entnat)men bic följriften ben Juben auc^
baö fünfzig läge nacft Dfiern ftattfinbenbc
SBo(i)enfeft ober baö ^eft ber %xn},)'
ernte, ^fingftcn. 3Itö aügemcingültigeö
(Jcji erf(i)cint*13fingPen aber erjl im 4.3at)rl).
3n baöl'elbc 3i^r^u"^eft fäüt bie aügc*
meine 6infüt)rung beä |)immelfal)rt;
fcfie^ unb bct aBeit)nac^ töfcicr, aüc
btci ^ejie bebingt huxä) ^ntct)nung bcö
<i^riftUd)en Kultuö an bie iReligion ber
©crmanen, am meinen tai 2ßeit)nac^töfc(l,
tüelci^cö gerabcju tai gcrmanifc^e ^^efi ber
SBinterfonnenmenbe ju bedcn bc=
jiimmt war. 3SgI. ^tüi. tt)cltlid)e, unD
2ßci^nad)t. ©aö ©pip^anienfcfi am
6. Januar [d)eint älter alä ta^ 2öeib=
nac^t^feft äufein; alö crfleö Äirc^weit)«
feP, ba^ balb 5iad)a^mung fanb, wirb
bic (Sinwei^iung ber oon Äonftantin bcm
©ro^en erbauten 9}iärt9rerfird)c ju 3c=
tufalem genannt; crji bem 6. ober 7. Ja^rt).
gct)öit bcr Qlboent, bem 5. S^tjrt). bcr
Stag bcö crften 3!)Jarti)rcr^ Step^anuä,
bcr britte bem ©»angelifien 3"'
t)anne^ gett)eit)te Sßei^nai^tötag , btefer
crjt im 13. 3al)rb. aügemein geworben;
bcr unf^ulbigc Äinbcrtag, Festum
Innocentium , rcurbe anfänglich mit
(Spip^anien jufammen gefeiert. 3m 5.
3at)r|). war bamit bcr gro§c d)riftlid^e
gcficpfluö abgefc^Ioffcn. 3ebe« bebeutenbe
geft ert)ielt [d)on feit bcm 4. ^al)xi). feine
9iact)« ober @d)Iu§feicr am ad)ten jage
nac^ bem ^^cf^c, bic Oftanc
©ine Erweiterung bcr '(Feiertage gcfcf)al;
bur^ bic *Bcrcbrung ber 9[JJä rtprer, i^rcr
JRcItquien unb ber Otte un& Äird)cn,
in bcncn jene aufbcwat)rt würben. @anj
befonbcrö aber trug bic im 5. 3abrb. über«
l)anbnebmenbc SJiarienrercbrung jur
(Srünbunii unb 5luöbilbung ber ilfaricn«
fcftc bei. ®iefelbcn ftnö folgenbe: 1}
ÜJlariä 5öcrf ünbigung, 25. aJtärj,
Festum Annunciationis Domini ober
Annunciationis Angeli ad B. Mariam,
fpäter Annunciatio Mariae ober Festum
Conceptionis Christi genannt, wa|)rfd)ein-
lid) baö ältefic, fd^on awii bcm 3. ober 4.
3abr^. fiammenbc SRartenfep. 2) SWariä
SRcinigung, 2. g^cbr uar, au d) Festum
Praesentionis Domini, Festum Occursus,
Festum Simeonis et Hannae , Festum
Candelaram ober Luminum , fiid)tme§,
ßic^t-'2öei^e, .Rerjen = aßeit)e , .Rcrj^gWeffe
genannt, auö bem 6. ^ai)xi). 3) !lRariä
|)immclfa^rt, 15. ^uguft, üiefleic^t
fc^bon im 6. 3^i^'^f)unbert gefeiert, ^ei^t
aud) Festum Herbarum oberOBürjs
2öeif)c, 2Bürj = ü}icffc. 4) 9JJariä
®eburt, 8. (Sept., Festum Nativitatis
Mariae, im 7. 3<>^r^unbert cntjianbcn-
5) 9Wariä Opferung, 21. Sfiocembet,
Festum Praesentationis Mariae, g^eicr oon
TOaria^ @inwcif)ung jum Scmpclbienji
unb jur bcjlänbigen 3unflfrnufcf)aft.
5Daö ^eji fommt auö bcm Orient unb
rourbe crfi im 10. '^ai)x^. im Stbenblanbe,
unb nie allgemein, angenommen. 6) »JJiariä
(Smpfängniö, 8. ©ejcmbcr, Festum
Conceptionis Mariae, b. i. bic unbefledte
(Empfängnis bcr 'üRaxia toon i\)xtx 9Wuttcr
^nna, nid)t bic (Smpfäitgniö 3«f" bon
bcr 9[Raria. (5ö foQ juerjl in ®nglanb
im 11. ^a\)x^. aufgefommcn fein; bcr
1)1. Sern^arb fprad) ftdb nodb gegen bicfcö
^cfi auS; bagegen marfen ft(^ bicg^ran«
jiflfaner ju Scrteibigcrn biefeö gefiel
in ber 2et)rc auf, ha^ DJJaria o^nc ®ünbc
oon i^rer 3Wuttcr empfangen worbcn unb
folglich obnc ©rbfünbe fei. Sro^bem bie
2)ominifancr tai 2)ogma bcftrittcn,
erflärte iai Äonjil ju 93afel 1439 bic 5ln=
na^mc ber ^^ranjiSfaner für orttiobop unb
fi^ricb iai ^eft allgemein cor al«i eine
consuetudo antiqua et laudabilis. 7)
SWariä ^cimfud^ung, 2. 3 uü, Festum
Visitationis Mariae, fam im 14. 3'i^i^^-
alö Äirdbcnfefi auf unb würbe im 15.
3abrl). crfi allgemein. *Pap|l Urban VI.
orbnete 1389 tai Q^eft an, bamit bei bem
unt)eiloollen 3«tWürfni'g bcr Äird^c Matxa
feiner i)ittc bcflo geneigter fei unb tai
Scbiäma bcfcitige.
5?lcinerc ÜJIaricnfcjlc, bic jumJcil
erp in bic nacbreformatotifc^e S^xt fallen,
ftnb baä iR Ofen fr anjfcfi, 1. Ottober,
fat 1573; SWariaö *ßerlo bungäfcji
mit 3ofepl), 23. 3anuar, feit 154(5; 3D?a«
riä ObnmaAtöfcicr ober %i^ bcr
ficben ®d)merjen, i^rcitag ober Sonnabenb
üor *PaImfonntag, feit bem 15. 3obvl).;
iKariä greubenf eicr, 24. September,
feit 1745, unb SOJariä ®cl)necfcicr, 5.
51ugujt, jur (Erinnerung an bie (Sinrict)tung
einer OJiaricnfitdbe jum ®(^nec.
I)ic »ornc^mfien unb am meiflcn oer«
8*
116
gefie, (f)ripii(i)c.
breitete« ^cjle ber «DUrtprcr, ^eili-
gen unb ^po^d jinb:
3)a« gcji 3o^anne« bc^ läuferä,
24. 3uni, auö bem 5. ^a^x^.
Zaa, qpetri unb qSauIi, 29. Juni,
4. 3at)r^.
*J}etri ®tu ^Ifeier, Festnm Cathedrae
Petri, 22. gebruar ober 8. Januar, 5,
3a^rf).
«Pctri Äettenfeier, Festnm Petri ad
Vincula, 1. 5tugufi, 4. 3a^r6.
qSauIi 33efef)rung, Festum Conver-
sionis Pauli, 25. Januar, 1200 öon Jnnos
jenö ni. begrünbet.
iJlpofieltag beä *P^itippu§ unb
Jacobuö, 1. Tlai, üon Sonifaä IV. im
7. Ja^rf). gejiiftet.
51po<icltag be« «Simon unb 3u =
baö, 28. Dftobcr.
Qlpofteltag beö 'Hnbreaö, 30. dlo^
»ember, feit bem 4. 3al)r^. 51nbreaö, 93ru=
ber beöqSetruä, <MpojteI ber ©fptben, erlitt
ben SIKärtijrertob auf einem fog. 31 n b r c a g =
!reu5, b. i. einem Äreuj in ber gorm
eine« X. ©eine JReliquien ftnb febr »ers
breitet, ebenfo feine !]ßatronatfc^aften gan«
jcr ßänber, ©täbte, Innungen unb 93rü»
berfi)aften. 2ßegen feiner «Berbinbung mit
ber i)i. SSirgo ift er «Patron ber (S^e unb
lüirb Don lebigen Jungfrauen angerufen.
91uf Qtnbrea^ ging ein Seil ber Sebeu^
tung be« ©ottcö ^repr über, be« ©ottcö
ber grud)tbarfeit unb ber (S^en.
21pofieItag bcö Z^oma^, 21. SDe*
jember.
Olpofteltag beä Jacobu«, beö
*MItern, 25. Juli.
qSartbolomäuötag, 24. 31uguji.
iüfattl)äuötag, 21. September.
«Mpofteltag beö SUlatt^iaä, 24. %t>
bruar.
Sag bcö iMpoPeU unb etjangeli*
jtcn Jobanne ö, 27. 2)esember.
Sag be« et>angeli|len 3Warfu«,
25. iMpril.
Sag beö ©»angelifien ßufaö, 18.
Dftobcr.
S)aö^c1^ all er ^eiligen rourbcrton ber
morgcnlänbifdf)en Äirc[)e fcl)on im 4. Jabr^.
am Sonntage nac^ (Pfingficn, im SKorgen*
lanbe feit bem 8. ober 9. Ja^r^. am 1.
Jtoriember gefeiert.
S)en t>iev ^auptle^rern unb ©äulen ber
abenblänbifct)cn .Kir^e: ©regoriu«, 51us
gujlinu«, Qlmbrofiuö unb^ietont)^
muö, »erorbnete Sonifaj VIII. im Jabre
1295 je ein eigene« gej!. 2)aö ^eft beö
^1. (Sregor, ba« auf ben 12. Wax^ fiel,
rcar Äinber« unb S^ulfeji. 91u<^ bie
»icr |>auptle^rer ber morgenldnbifc^cn
Äircbe, 31t^anafiu«, Safiliu« ber
®ro^e, Oregoriuä »on SRajianj
unb db^pfojlomuö mürben im ^benbs
lanbe Wie im SDtorgenlanbe burcf) {Jefic
au«gcjeicf)nct.
Unter ben ©ngeln erbielt bto§ ber
Srjengel Tli^ad fein %i^ am 29.
September; e« mürbe im 9. Ja^rb- aHgc*
mein. «Wan(^e ®ebräu(f)c be« ÜJJic^aeli«»
tage« in S)eutf(^[anb pngen mit ber
^crbfifeicr beä SBoban jufammcn, mie
überbaupt mand^e ©lementc ber SBoban«*
mptbe auf ben Srjengel ÜJlicbael übergc«
gangen ftnb.
3u erhabnen finb enblicb cinjelne bc«
fonbere ^ejle, bie fi^ auf Sbrijlu«, auf
®lauben«artifel unb auf bcfonbere SBor«
fäCe ober ßebenölagen ber ©laubigen be=
äie^en.
1. S)a« ^efi ber 23er!Iärung
ß b 1^ i Pi . Festnm TransfiguratiomsCkristi
ober Patefactionis Christi in monte
Thabor, am 6. 31ugufi, urfprünglicb im
SJiorgenlanbc ju ^aufc, feit bem 9. Ja^rb-
im 5lbenblanbe, allgemein aber erfi feit bem
15. Ja^rb.
2. Äreuje« = 6rftnbung, Festnm In-
ventionis S. Crucis, 3. SDiai, feit bem 13.
Ja^rb. im Qlbenblanbe rec^t tierbreitet,
i^u Sbten ber 3Iuffinbung be« Äreuje«
ßl)ripi burd) Helena, bie SDlutter Äonfian«
tin be« ®r.
3. Äreuje«er^öbung, Festum Ex-
altationis S. Cracis, 14. September, üom
Äaifer ^erafUu« 631 gefiiftet, al« bie be»
ftegten «Perfer t>a^ au« Jerufalem fortge»
nommenc .^reuj, ta^ ftc 14 Jabre bcfcffen
batten, mieber bewusgeben muften.
4. §efi ber ßanje unb ber 3?ägel
S^rij^i, Festum Lanceae et Clavornm,
16. Qlpril, auf Sitte Äaifer Äarl« IV., ber
bicfc SHeliquien ermorben batte, im Jalirc
1354 t>on Jnnojen« VI. für SSö^menunb
2:eutfc^lanb bejlätigt.
5. ^ronleicbnamSfeji, Festum Cor-
poris Christi, am S5onncr«tag nad) Srini«
tati«, al« allgemeine« Äird^cnfej^ juerji »on
Urban IV. im Jabre 1264 beiiätigt (fie^c
ben befonbcrn ilrtifcl).
6. S)a« Srinitati«fef!, am Sonntag
nac^ ^fingften, ifi erfi im 14. Jal;rb. aO*
gemeine« Äitc^enfcfi gemorben.
7. ^eft aller Seelen, Festnm Om-
nium Animarnm, 2. O^ooember. QU« Ur*
beber btefe« gejte« gilt Dbilo, 3tbt ju
ßlugnt); e« mürbe befonber« ton ben
Jcjle, tt>cttlid)e.
117
<5[uutajenfern »erbrettet, erhielt aber nie
bie päpfitic^c Sefidtigung.
Die %xt unb Sffieife, wie bie gejie ge«
feiert JDurben, tvax natürlich naä) ber Se«
beutung bc^ ^eftcö felbft, na* ber iBotfö=
art ber ^^eftfeicrnben unb nad) ber ©enf^
unb ©mpfinbungättieife ber 3^'^ t)crf(i)ie=
ben; ja^Ireic^e Überbleibfei Qltgermanifcf)er
©ebräuc^e, bie ftc^ namentlid) auf bie
geier ber 3«&'^föäeiten unb i^rer ©öttcr
bejogen, ttiaren in bie d)riftlict)e ^eftfcicr
einbezogen worben unb fanbcn il)ren *pta^
teil« im ©ottcöbienfie felbft, teil^ unb
fiärfer im weltlichen Jeile beö )5efteß, in
<)8rojefftonen, <£d)maufercien, ©cfänflcn,
jänjcn, in ber geflHeibung, in 5lupf)5
rungen, ©pielcn u. f. to. S)ie Slüicjeit
für bie fatbig=h5eltlic^e %mi ber ^i^i
roar iebenfatlö ber 3luögang beä 9KitteI=
altcrö, beö 14. unb 15. ^aljxi). SDie ernfte
SBürbe ber ^öftfcf)en S^^U bie o^nc
3ttieifct auc^ in bie .^ird^en hinein gewirft
l)atte, war gebro(^en, unb bie jlnulid)cn
©cnüffen fel)r ergebene (Seftnuung be«
Sanbüolfeö wie ber ©täbtebcwo^ner gab
bcn 3^eften ein bunteä, lauteö unb d)araf'
teriftifd)eö Ocpräge, beffcn wcltlid)er ©eift
baju beitrug, eine SReformation aud) biefer
3ufiänbe wünfc^bar ju machen. Sebenbigc
©d^ilberungen biefer weltlidien jJePfrcuben
geben@cbajiian ^ranf im iffieltbud),
Slatt 130 ff.: «Bon ber SRömild)en (Sbri.
ftcn Jefifepr, Jempel, 5tltar, Segriibniö,
Söefingniö unb Sreuc^cn burd) bai ganj
jar, unb 3o^anneöÄc§Icr im crj^en
Sud) ber ©abbata: Epitome ober ain
furje Sefd)ribung be^ qSappumbö. QlU(S=
gäbe bon ©ö^inger. (St. ©allen, 1866,
Sb. I., 6. 51 ff. Über bie befonöeren gefte,
wie Dftern, *PaImtag, ':|3fing|ien, gronleic^=
nam, SBei^nac^t ftet)e bie befonberen 5trtifel.
S)aö ^auptwerf über bie c^rijilic^en %i^t
tfi immer noc^ iHugufii, bie g^fte ber
alten (Sörifien. 3 93be. Seipjig. 1817—20.
ÜWeifi banac^ ^anbclt auäfül)rlic& über bie
Scfic JJinfJn Srfc^ unb ©ruber, Qlrt.
geiertagc. Über bie germanifd)=üoIfätüms
lid)cn Sejie^ungen ju t>m ^ejten »gl.
SButtfe, ißolf^aberglauben § 73 ff.
tiefte, tDEltUc^c»
1. 3n gcrmanif^cr 3eit. 2öic bie
©ötterocre^rung überl)aupt, fo fianben
audb bie befonberen §efte ber ©ermanen
in engem 3ufanimenl)ang mit' bcm SBed^fel
ber 5af)reöäeiten. 2)ie |)auptfeftc, dult,
fpäter hochzit, höchgezit, fallen
barum auf bie beiben ©onnenwenbcn
unb bie beiben Dla^tglcid^en; bo^
tritt, ba bie ©ermanen bIo§ bie brei
3a^re«jeiten ^rü^Iing, ©ommcr unb SBins
tcr fannten, bie ^erbftsD'iad^tgleid^e £)inter
bcn brei anbercn Qäkn jurüd. 35aä be=
bcutenbfte geft ifi aber baö 3"l' ober
3ocIfcft; e^ beginnt mit ber Diac^t jum
25. S)ejember, ber ^eiligen SBeif)» ober
ÜJlutternac^t, unb bauert 12 9'Jäd)te
tjinbur^ — bcnn bie ©ermanen 5af)Iten
nac^ DfJüf^ten unb na^ 2öintern, nid)t
nad^ Sagen unb 3al;rcn — bi^ jum 6.
3anuar, bem ^eiligen ßid)ttag ober
Dbcrfttag. S)icfc 3^^* war ber aBiebcr=
te^r beö $5rüt)ling0 unb ©ommerö geweil)t.
2)ie 12 Sage feigen bie 3>^ Elften, bie
12 9iä(^te. 9}Jit i^nen beginnt iai 3a^r.
3n if)nen wirb ber Äalenber für bie fol«
genben 12 DDtonate gemad)t: wie eö in
hin 12 Jagen fei, fo wirb eö aud) in
ben 12 S!)Jonaten eintreffen. 3n biefer
3eit ertönt tai Sieb beö wütenben ^eereS;
bie ©Otter, namentli(^ SBoban, fteigcn
wieber jur SDiJenfc^enWelt t)erab unb Ratten,
in^ ßanb einjiebenb, einen fegnenben Um*
jug in S)örfern unb ^Ii'i^cn- Darum ijl
je^t f)cilige 3^**/ ^^^ 5lrbeit ru^t, auf ben
'•Bergen lobern Zeitige ^euer. Uralte ÄuU
tuögebräud^e fteüten ben Umjug 2ßobanö
bramatifc^ bar. ÜJJan opferte bem ©otte
^eftgebäde, auf bem |)erbe brannte ber
aSeibnac^töflo^. ®ie^e ben 5trt. äBeil^*
nad)t. QU}nIid)er Statur waren ia%
jyrü^tingeifeft, ta^ Sommer- unb
^erbftfeft; Urnjüge, Opfer, ^e|tlid)fei*
ten aller Qlrt trugen jur SBeifjc biefer
^eiligen Qtikn bei. 3)ie Erinnerung baran
bat fxä) unter anberem barin erhalten,
ta^ in bcn ^öflfd)en 5Did)tungen, jumal
im Sfitbelungenliebe, bie hochgezite an
ben sunewenden jiattfinben.
2. Übergang inö ß^rijientum.
Die 5efte ber alten Deutf(^en waren ju
tief in il)rcn ©ebräud^en unb 2tnfd)auungen
begrünbet, alö ta'^ c« bem (5.l;rifientum
gelungen wäre, biefelben gänjlid) auöju«
rotten unb fiatt i^rcr bie d)ri"jili^«fird)li^en
t^ejle cinäufü^ren. 3nbem man jwar bie
legieren fird)lid) orbnete, fügten [xd) il)nen
i)k alt{)ergebrac^ten gefte unb ^eierlic^*
feiten non felber an unb fd)miegtc ftc^
ni(^t minber umgefefjrt ber c^ri)"tlid)e ^tp
fultuä an bie «Sitten ber l)ergebrad)ten
55efie, fo ia^ Umjüge, Opfer, %iu<ix, ©rü^e,
SRebenöartcn, Z'dnit, SSerflcibungcn u. bgl.
ftd) aU ©c^mud ber firc^li(i)en %t^t fe^r
jablreid^ erhielten. Dabei i(l aber ju be=
benfen, einmal, t>a^ bie ©ermanen ber
3al)re^rcd^nung Porauö eine ÜJionbrec^nung
118
5^cfie, wcltlidic.
{)atten, beven Erinnerung im JBortc 5)io =
nat ftc^ erf)altcn fiat, unb tvdd)t o^ne
3tt)cifcl in manchen fepUdben ©cbräuc^en
nod} mitfpiett; [obann, ha^ bie Äir($en=
fefie, meldbc h)ie Djlern unb $fingfien ge^
bunbcne 3c'ten l;atten, bie alten ®onn=
ttjenbjcitcn unb üag^ unb 9^act)tglcic&en
ni(i)t becften unb e^ bc^&alb gef^e^en
fonnte, ta^ mani^c alte @ebräuci)e [päter
auf tierfcfciebene fird)(idöe 3eiten unb j^cfie
fxd) üevteilten, unb bicö um fo me^r, alö
bei befonbere @influ§ ber Oegenb unb beä
Stammet getri^ fcbon fe^r frü{)e üicl
SOtannigfaltigfeit aufnjieö.
(So fcbr tt)u§tc fic^ ber (^rifilicöe Äult
ben ^eibnifd)en ^tnfc^auungen anjufcblie^en,
ba§ t>ai aBei^nad)töfe|i auf baöjul-
fefi »erlegt würbe. 3'Tin^«'^ ^od) get)t ber
trilbe '^äQn um, bie |)ej:en roalten in ben
jtrölf ?Jäd)ten frei, bie h)ci§e i^'can jeigt
ftcf). SDer auä SB o bau cntj^anbcne Äned)t
Oluprec^t unb bie i^n begleitenbe, auä
ber ©öttin ^ifi^Ö entfianbene tt)eiblici)e
$crfon, mei§ gefleibet unb ferjc^Ieiert, tritt
auf aU baö „(5{)ripfinb", atö SDiaria ober
ajJuttcr (Sotteö, grau Sertfia ober grau
^ulba ; ftc befiienfen bie Äinber mit Gipfeln,
Pergolbeten Uiüffen, firafen fte mit ber
SRutc. 2)cr iffieii)nad)töbaum erinnert an
SBoban^ beiligcn Saum unb bie 8ici)ter
an ben alten Älo^, ber in bicfer Qnt auf
bem ^erbe cerbrannt njurbe. S)ie ©c^mau^
fercien unb ©peifen ber 2Bei^na(f)t jtnb
nicbt minber altgermanifc^.
®ipfel* unb SWittelpunft ber an bie
3tt)ölften fic^ anfnüpfenben 3eiten in i^rcn
potfötümli^en ©ejietjungen ifi bie ©tjl«
Pcfiers ober SJJeuja^rönac&t. i8ec^ =
telitag, b. f). Sag ber 33er(^ta, ber
^immelögöttin, ^ei^t entmcbet ber 2. ober
ber 6. 3finuar; im Unteren gaü fönt er
mit bem 3)reifönigötag jufammen unb
f($Iie|t bie alten 3tt'ölfnäcf)te fowo^I aU
bie c^rijlli^e 2Beit)na^täfeiei.
©ine I)eibnif^c 33orfeier be^ grü^Iingö,
bie auf S)onar unb grigg 33cjug ^atte,
fd)eint ftc^ in ben gajinacf)tfreuben crt)alten
ju {)aben; bie befcnbern läge fmb ber
2)onnerötag üot gaftnai^t, fcf)mut=
äiger, gumpiger, unfmniger ober feiger
2)onnerötag, aud) 2Beiberfaf!nac^t genannt,
ber gajlnad)tfonntag, ÜJ^ontag unb 25ien^=
tag u. a., ttjie 2öeil)nacf)t unb Djlern burd)
befonbere Opfergebäcfe , Srejeln, Ärapfen,
Äüd^Ic, fficcfen u. bgl. gefeiert.
Dicgcier bergrül)lingönacf)tgleicf)c
^at i^re alten SSejie^ungen an Oftcrn
abgegeben, bereu ?iame felbp ber ^xüi)'
lingögöttin Ojiara entlehnt ifi. 3" ^«n
alten Srinnerungen gehören bie Ojier»
fcuer (fief)e geucr), bie Dficrcier,
©innbilber be^ neubcginnenben iJiatur«
lebend, tt)obei ber ^afe ebenfaü^ ber grü^«
lingegöttin angebört ober ber ^ulba; et
War ben alten Deutfc^en heilig, fie a§cn
if)n ni^t; iai ©ierlefen. 3)er®rün*
bonnerätag ^at 93ejie^ung ju 2)onat.
(Sine anbere gorm nimmt ta^ gtü;^*
lingä« unb Sommerfeji am 1. SO^iai, am
Sßalpurgiötage an. *Hud) biefer Sag
ifi jDonar geweift unb War einer ber ^ei'
ligfien Sage bcö beutfcfecn ^eibentum^,
Opfers unb ©erid^tötag ber SDlaioerfamm«
lung bcö 3Solfe(^. SBenigcr Dtcjic alter
gefijeit baben fid) auf 5|}fingjien über«
tragen laffen; bocb fmb ßüQt be^ @om«
merfonnwenbfcfie^ auf biefe^ Äirc^cnfefl
übertragen morben, u. a. ber ^fingfibaum,
ber fonj^ bem ÜJJaitag angeprt, unb tai
3luöf(ä)mücfen ber Käufer mit Sirfenlaub.
®cr blumenbcfränjte *t?fingjioc^fc, bet
einem Dfieroc^fen parallel ge£)t, beutet auf
alte Opfer. S)er ^immclfatjrtötag ifi »iebet
ein S)onarg Sag.
2)ie eigentliche ©ommerfonnen«
menbe (^ auf ben 3of)anniötag
üertegt, eö war tai waf)rfc^einli(^ bem
gro gewibmete Opferfefi; an biefem Sag
lobern bie 3of)anni^= ob. ©onnwenbs
feuer, Sirfen werben aufgeri^tet, SIu«
mens unb öaubgewinbe an bie |>äufer ge*
pngt ober quer burd) bie ©tra§c gejogen,
Sannenbäume mit bunten Siern unb Slu«
men gefd)müdt unb oon ben SDtdbi^en
ftngcnb umtanjt. ©ie|)e 2öuttfe, iMbct<=
glauben, § 74 ff., unb pon SRcinäbergs
3)üringöfclb, 5Daö fefilid»c ^cit)i in
Sitten, Oebräuc^en unb ge^en ber get*
manifd)en Söölfer. Ceipjig, 1863.
3. gefie ber ^öfifd)en 3eit. O^ne
3weifel nabmen aud) ^öfifd)e Greife cinis
gen *}(nteil an tm oolfetümli^en gefien;
bie pfifd^e ©efetlfc^aft al^ folc^e aber
Perlegte it)re großen gefie auf bie brei
fird)li($cn höchgeziten, 35Bei^nad)t, Ofiern
unb ^fingficn, bencn Tlaxi'a. ©eburt an
bie Seite gefieKt wirb. 31n bicfen Sagen
fanben ficb bie geifilic^en unb weltlichen
SZßürbcnträger am ^»oflager ein, begingen
bie fir(^lid)c geier mit bem ^errf^er, bet
babei im Ärönungöornat erfd)ien, unb
waren bann aud) in geric^tltd)en unb an*
bercn 5(ngelcgen^eiten mit i^m tl)ätig.
SBefonberö beliebt war tai ^fmgjifefi, wo
man fid) jugleid) im freien ergoßen
fonnte. 3m IReinede gu^« lägt Rönig
J^cubalrec^t — ^cucr.
119
Sipbcl feine SSafaÜen auf ^ßfingftcn naä)
$ofe berufen. 93efonberö bctü&mt )max
unb blieb lange in Erinnerung bcr gro^e
^oftag, ben Ji^i^^ii^ Sarbaroffa ju
«Pfingficn be« 5at)rcö 1184 ju SWainj ftielt.
«Dkn f^a|tc bic ßahl ber iRitter unb
Ärieget, ber ®eifilic^en unb ber ,Viibren =
ben auf 70U00; ber |»erjog griebrid) oon
Söbmen fam mit 2 000, ber erjbif^of
öon ^öln mit 1700, anbere mit 500 biö
1000 «Reiftgcn unb [Rittern. 51m erften
qgfingfifeiertage (20. Tlai) fc^ritt Äaifer
J^riebrid) mit feiner ®emaf)Hn Seatriy im
©d^mucfe beö faiferlic^en ©tirnreifeö in
feierli(^cr ^rojeffion, xion einem glänjens
ben ®cfoIge begleitet, ju ber in ber SWitte
beä ßager^ an bem faiferlic^en ^alafic
errichteten ÄirAc; mit ber fönigtic^en
Ärone auf feinem jugenbUi^en Raupte
folgte i^nen Äönig lieinric^. S)em ^n%i.
Poran fcbritt ®raf Salbuin Don ^ennegau,
be^ !Rcid)e^ Schwert tragenb. ^radbtDoüe
®afimäl)Ier unb gtänjenbe ®elagc fd)Ioffen
ben erften i^ePtag , babei »erfabcn ben
2)ienji beö SDJunbfdEienfen unb 3;vu(f)fep,
bcö iIJ?arfd)aIlö unb Äämmererä bei bem
Äaifer bic |ierjöge unb 9ieid)öfürften in
eigener $erfon. 5(m jiueiten Sage fanben
nac^ ber ^lübmeffc glänjcnbe SHitterfpiele
unb SBaffenübuncien ftatt, bei tt)eld)en be^
Äaiferö ®übne, Äönig ^einric^ unb |)crjog
griebric^ non tocbttjaben, ebe fic bie
©dimertleite empfingen, if)re ®en)anbtbeit
in ber gübrung ber 2Baffen ju jeigen
l)atten. Sei 20 000 SRitter foüen M
bamaU in ben ©dbranfen getummelt i)a=
ben. Äaifer grieDrid) felbft erfcfjien in
ibrer 9?Jitte. 9Jad) bem Äampffpiel mür-
ben be^ Äaiferö ®öbne feierli^ mit bem
@cf)merte umgürtet unb fobann jur geier
beö froren Sreigniffeö an bie ©c^aren
jufammengejlrömter ©ienjlmannen, ®än«
gcr, *pilger, armer 8eute, ©autler unb
©auflerinncn ®oIb unb ©über, «Pferbc
unb ®eh3anbcr in t)erfd)Wenberifc^er ^uu
gebig feit oerteilt, ein 93eifpiel, ta^ »on
ben jürfien unb ©rogen metteifernb nadt)*
geabmt mürbe. Unter äbniicben Jeptid)«
feiten üerlief ber brittc Sag. 2)oc^ mürbe an
biefem bie allgemeine ^^Pfreube babutd)
gejiört, t>a^ gegen Slbenb ein b^ftiger
©turmminb bie inmitten beö ßager^ er«
ridbtete böljerne Äirdic, eine 21njal)l anbe^
ier®cbäube unb eine ÜRenge 3elte nieber==
ti^ unb fünfjebn i]!Renfd)en ba§ 2eben
raubte. «Seit SDJenfcbengebenfen mar fein
fo pra^tiger ^oftag gebalten morben; für
^einrid) non iBelbefe mürbe baö SDfainjer
%i\i 53orbilb für bie t>on jbm gcfd)ilberte
^odbjeit feineö J^elben ^tnea^. ^ru^,
®efd). ^fif^i^'^^ I- ^u^er biefen regel«
mäßigen fir(^lid)en |)oftagen gab eö natür=
lid) nod) anbere böpfdbe J^ejle, bie befon»
bcren *}lnldffen ibr 2)afein »erbanften,
Krönung«* unb $ulbigungöfeftc,„-5)0(^jeis
ten, ©cbfoevtleiten, Segräbniffc. Über bie
Surniere [iebe ben bcfonbcten 5lrtifel.
4. a3ürgcrlid)e ^^i^t. 5lud) in ben
legten S^^'^l'un^^'^ff" ^^^ SRittelalterg
bauerten bie alten fejllicben iBolfsfitten
fort; ein neuer ^efic^arafter bilbete ftd)
in ben Stäbten, Wo einesteils eine gro§e
®efamtbcoölferung bie meUlidien unb
fird)li^en 33olfSfefle bot», anberfeitS bcr
JlorporationSd)arafter ber Seit fi<^ aud)
ber ^efte bemäd)tigte unb eine große
ÜRannigfaltigfeit gefd)loffener ^efigefeU-
fcftaftcn erjeugte unb auäbilbetc. Solcbe
an gemiffe j'inungen U"^ ^»anbmcrEc fid>
anfd)liefeenbe gefie ftnb bie @d)ü|enfefie
j ober ®efellenfcbie§en, ha^ ®d)öns
bartlau fcn bcr glcifc^erjunft unb ber
nod) beflebenbe SlRe^gcrfprung in
SRürnberg, ber ©cbäfflertanj ber Sött=
d)et in 5)Jünc^en, ber Zanij ber ©öttcber
in ^ranffurt a. Tl , ber auf bem jugc*
frorcnen ÜRain am ^aftnacbtmontag fiatt«
finbet unb mit bem Sinben eineS %a^i^
oerbunben ift, hai 5ifd)erfie(^en in
Ulm.
f^cubaltedjt, fube ßebnämefen.
§cucr, Dfterv 3foöonnig= u. Stotfeucr»
Offene geuer baben ftd) no^ b^ute als
Überbleibfei beS ©onar^JlultuS überall in
S)eutfd)lanb erl)alten. S)ie grüblingS«
feuer bciBc" ^etersfeuer, 3uboS*
feucr ober Dfierfeuer, fie flnb befon*
berS in ^Jorbbcutfdblanb befannt. ©ie
merben entmeber am Sorabenbc beä Djiei«
feficS, biSmeilen an ben folgenbcn Sagen
ober am ©onntag nad) t5aPna<^t ober adbt
Sage nacb bem ^afinad)tfonntag angejün»
bet, meifi auf Sergen unb -^ügeln, auS
©tro§, ^olj, befonbcrS oom SodSborn,
(Äreujborn), 93efcn. Änaben laufen mit
brennenben ©tro^büfcbeln um bie gelber,
fie frud)tbar ju madjen. 3m ^arj merben
oor bem ßntjünben beS ^Jeuerei (|id)börn*
eben, bie Siere beS ®onav, im Sßalbc
gebebt unb gefangen. 3" SBefifalen
fdbliefjt t)ai 23olf einen ÄreiS um ben
^oljfiof, einer fcblägt mit einem in einen
Änoten gefnüpften Sud) (Älumpfad,*piump*
fad) jeben einzelnen unb fpricbt: Kik di
nit um, das Foesken dat kämt, fcfeau bicb
nic^t um, ta^ güd^Sc^en fommt! S)tcS iji
120
i^euevpTobe — ^cuernjaffcn.
bcr Urfptung bes ineitDerbreiteten $Iump=
fatffpielcö, bcö SRefieö eine^ altf)cibnifd^cn
®ö giebt aud& ein fit(i)Itä) angeorbnc*
teö Dperfcuer, ba^ in bcr fatf)oIifc^cn
Äir($e am S^atfamötag morgen mit @tat)I
unb ©tein angejünbet mirb, nac^bcm »or«
f)cr olle fird)Iicften Sicf)ter auögelöfcf)t finb.
5ln biefem %tun n^erben .Roi^Ien, bie »or^
l}n gefegnct ttjutben, glü^enb gemacht unb
mit biefen bie OPerferje angejünbet, burd)
Jüeld)c nun n^eiter bie üor^er auögetöfc^ten
entäünbet Serben. 51n »ielen Orten wirb
mittelfl biefeö %n\ni auf einem freien
*PIa|c in ber 9?ä^e ber J?ir(f^e ein ^olä»
feuer angejünbet unb barin aKeö im legten
3n^re übrig gebliebene ^eilige Dl, biö*
roeilcn aucf) bie Q^igur iti ^ni>ai, inel=
teilet urfprünglic^ ben SBinter barftcHenb,
Bevbrannt. 2>ie ■^ol)Icn oon angebrannten
55fa!^Ien gelten aU ©en^itterfc^u^ ober,
in bie gelber jerfircut, aU iKittel gegen
SOJi^rtja^ö unb Ungejiefer. I>iefeö fir^Iicf)e
Dftcrfeuer erf^eint in SDeutf(^Ianb juerfi
im 9. 3a^rl).
@in anbereä uralte« %mtx, ba§ 5Donar
beilig ttar, n)ar iai um bie Qät ber
<5ommerfonnenn)enbe angejünbete,
je|t meift auf ben ^o^anniötag (25. 5uni)
»erlegte JJcucr; ee! ifi bcfonberö in @üb=
beutfc^lanb ju ^aufe unb |)eift isjonnens
iuenbfeuer, So^^inni^ffucr, j£»immel^feuer,
3ünbelfeuer. S)iefe ^^euer »erben au§er auf
Sergen aud^ auf 9Wärften unb in (Strafen
angejünbet. SJJJan fpringt burd^ baö geuer,
fc^Ieubert brennenbe |)oIjfc^eite, in bcr
9Wittc mit einem ?ocf), l)0(i) in bie ßuft;
auö ©trol; geflochtene brennenbe SRcibcr
»erben ben Serg ^inabgeroüt. 2)ie 3"=
gcnb befränjt [\ä) mit Slumen, namcntlid)
mit Seifu§ unb ©ifenfraut, unb biefe
Äränjc »erben bann in ben Käufern jum
€dbu| gegen ben Ü81i^ aufgehängt. @c*
bajiian J^rantf erjätjlt im SBcItbud^
ton ben g'^'^"^^"- »^i^ ®*^- 3o[)an^
tag machen ft) ein Sinetfeur, tragen auc^
bifen tag funberc frän| auf, »ei§ nit au^
»aö aberglauben, üon beifue| unb cifen*
haut gemacht, unb ^at fd^ier ein jeber
ein bla» fraut , Dtitterfporn genannt, in
ber i}ant>; »eld)cr barburd^ in i>ai fe»r
ftt)et, bcm t^uet baö ganj jar fein aug
»el), »ie fi aberglauben. 2ßer »om fc»r
I)eim jul)auf l)in»eg gel;n »iü, ber »ürft
bi^ fein Äraut in tai feur, fprec£)enbe:
(Sä ge^c t)in»cg [unb »erb »erbrent mit
bifem fraut au mein unglüdf. ®a« bi»
fcf)öf[ic^ t)ofgcftnb »ürft auf bifen tag
bei i^rem freubenfeur auf bcm 93crg bin«
term fcE)Io§ feurine fügten in ben flu§
Moganum (ÜJJain), fo mcifierlidt) juegericbt,
aU ob cä fliegenbe Srad^cn »eren." 3n
früheren 3eiten na^m aud^ bie feine SBcIt
an biefen ^^rcubcnfcucrn teil. 3" 3lugä«
bürg jünbetc 1497 in Äaifer Tlaf
@egen»art bie fdf)önc ©ufanna ?leit^att
ba^ 3of)anniöfcuer mit einer gacfel an
unb mad^te bann juerfi ben Sfteigcn um
bie ^^lammc an ^^ilippä ^anb. ^m
3a^re 1578 lie^ ber ^erjog Bon ßiegni^
3o^anniäabenbö ein greubenfeuer auf bem
5lpnafi galten, »obei er felbft mit feinem
^of jugegen »ar. granjöftfc^e ©d^riftfieller
beö 12. unb 13. 3a^rf). bejcugen bie ®itte
für g^ranfreid^.
93er»anbt mit bem Dfier« unb ^o^annig«
feuer ftnb bie fdbon im 8. ^a^x}). fird^Iid^
öcrbotcnen Dtotfcucr, bie f)eute nod^ nid^t
ganj auögejiorben ftnb; audE) fic »urben
bem ®e»ittergott SDonar ju (ä^ren ent* |
flammt, alö einer ©ott^eit, bie baö geben |
unb bie ©efunbbcit ber ü)ienf(^en unb
Sicre bef(^ü|t. 2)aä Dtotfcucr »irb an^
gcjünbct, fobatb eine ©cud^e unter bcm
25ie^ auftritt unb j»ar burd^ SReibung
mit einer ÜBalje ober einem SRabc. ®ta^I
unb ©tein barf nidf)t ange»anbt »erben,
unb im ganjen Orte muf jebeö geuer unb
ßidbt auägelöf(^t fein, fonfi gerät eö nid^t;
jeber (Sin»of)ner mu§ ct»aä SRcijtg unb
©tro^ ju bem ^Jeuer liefern. 2)aö 93ic^,
befonberä ®^»eine, Äü^e unb @änfc,
»irb bann breimal burdf) t>ai %tnn l)ins
burc^getrieben ober «gejogen. SDaö ^oU
feuer f)ei§t aud^ iaii »übe ^-inti.
®rimm, Tl\)tl)ol XX; SDlann^arbt,
® Otter, VI; SButtfe, 2lbergl.
^tnttpvoUf fie^e ©ottcäurteil.
^cuetttaffen. 3^re ?ln»enbung cntwidtelt j
ftdt) auä ben im Orient feit uralter ßtit 1
befanntcn Äriegäfeuern. (iypiobierenbc ■
©emenge, auä ©alpeter, ©^»efet unb
einem britten ©toffe, ^edb, ^arj, Öl ober
^oljfoble, jinb in ben ßänbcrn, in »eld^en
ber ©alpctcr häufiger Borfommt, in 3nbicn,
5lgV)ptcn unb (5.l)ina, juerji ju |)aufe gc=
»efcn. SÖtit fold^cn cfploftöcn iWifc^ungen
fpielte man jucrp, bann oermertcte
man fte im Kriege, julegt führte bie ©r»
fennung ber baüifüfc^cn Äräfte, »cldbe bie
bei ber (Sypiofton ent»idfelten ®afe bc«
ft^en, jur ^euentiaffc. 2)ie .Renntniö bcr
eypiofioen ©toffe unb SDJifd^ungcn »urbc
im Orient namentlich in ben *Pricfier*
fdf)aftcn gct)eim gehalten unb benu^t, um
bcr ÜJJcngc banbgrciflic^ ju imponieren.
iJcuemaffen.
121
3n t^cofratifd^en 25cfpotien, unter Sei*
tung bcr (Priejter, h)urbc aud) Die *pt)ro=
tcc^nif juerfl in ben S)tcnfl bcä -^tiegeö
gejogcn. 5tue bem Orient tarn bie 5ln=
ftenbung beä Äriegöfcuerö in bie tt)eftlicf)cn
Cänbcr, unb bie iRömer öerfianbcn pd)
fc^on äur ^ät bet Stepublif auf tai
©cfeleubcrn brenncnber ©ubpanjen jur SHw
jünbung belagerter ©täbte. 6in weiterer
5ortfd)ritt lag in ber ^erfteUung »on ÜJJi*
fc^ungen, bie fic^ »on fetbft, b. ^. bei ber
93erü|)rung mit ber ßuft ober bem SBaffer,
entjünbeten. «Solche Riefen in bcr ^olflf
gried^ifcfteä J^euer, ta^ im 4. ^a\)x\).
nad) ß.f)rifiufii bereite befannt genjefcn fein
fott; ber 9kme flammt erfi auö ber ^iit
bcr Ärcujjüge. ^m 7. 3a^r^. ttturbc hai
gried^if^c %imx mit (grfolg gegen bie
arabifd)e ^^otte angewanbt, »elcfic Äon=
fiantinopcl belagerte, eö brannte aud) im
SBaffcr unb flammte nicf)t blo§ , roie iai
gcn)öt)nUc^e geuer, aufrcärtö, fonbcrn au^
lorijontal unb abmärtä. 3" Äonftanti*
nopel würben aud) fc^on im 10. Saf^i^f)-
i5euerrof)rc angewenbet, tt)eld)e mit lang;
fam brennenbem Qlu^pogfa|c gefüllt maren
■unb einen i^euerfirom fprü^ten; fte maren
t)on tt)eic^ercn Stoffen, non 53ambu^ ober
fieber, ober oon SWetaü, Tupfer ober (Sifen.
51uc^ geuerlanjen mit fold)em g^euer
ircrbcn erniatint. SDaburd) ferner, ta^ man
ben in ben SRo^ren fejlgcflampften ®a^
nid^t mc^r an ber glatten Dberftä^e cnt*
jimbete, fonbern bie eypioftblc SHaffe
burd^bo^ttc unb einen 3""^f«^^6n ^i"'
führte, befam baä ^^eueii^o^r eine „@eelc"
unb erhielt man bie erjle Oiaf ete, unfern
„©c^märmer", ben man tt)iebctum in ben
^änben ägtjptifc^er, inbifd)er unb gried)ifd)er
SRagicr unb J^ierop^anten finbet. Qtud^
biefeö Äriegäfeucr mürbe im 4, ^al)x^.
bem Kriege bienfibar qemad)t ; tai SRejept,
iai für bicfeö aus ©d^mefel, Äo^Ic unb
©alpeter jufammengefe^te Äriegsfeuer er-
halten ijt: 1 Seil Sdjmefel, 2 Seile 2öeiben=
fot)le unb 6 Seile ©alpeter, ergiebt unfcr
@d)ie§puloer. SBa^ bicfem $ulüer aber
nod) mangelte, mar norjüglid) bie Körnung.
^Paraücl mit bcr Sntmicfelung ber ^euer»
njcrfcrei bei ben (Sricdicn unb Otijmcrn
ge^t biejenige bei ben 51 rabern; boc^
fd)eint bei il)nen ber ©alpetcr ctfi im
13. '^a^xi). in ®ebrau^ gefommen ju
fein, morauf balb oerfd)iebene Äricgö«
»Daffen, mit ejploftblen Stoffen üerfel)en,
«rfunben ober fd^on »or^anbene nac^gc*
af)mt mürben: ©laäbdlle, ^euer*
lanjen, «Hrmbruflpfeilc , SBurf-
fpic|c,®trcitfolbcn,ü)'lorgenficrne;
aU cigentlid)c ^Jeuermaffc tt)irb bie SOtabs
faa, ein geftielter i)öljcrner ^anb^
mörfer ermähnt; anü it)m fd)o^ man
juerji SBoljcn ober Äugeln. 5lu§erbem
berid^ten arabifc^c ©cbriftfleöer üon au^«
gep()lten 5euei^rol;ren.
3n SBe^europa entmicfclte ftc^ teil«
auä ber fd)on Dortjanbenen (Srfa^rung bcö
Drientö, bie namentlid) non ben italie-
nif(^en äflcpublifen auögenu|t mürbe, tcil'S
burd^ (Sntmidelung bcr naturmiffenfd)afts
liefen ^orfd^ung befonberö auf bem Soben
>Deuffd)lanbö unb ©nc^lanbö bie J^euer^
maffe. 'iJllbertus Sötagnuö, *Prcbiger«
möm^ (ftarb 1280 ju Äötn), fannte tai
®ci^ic§puli>er ; ebenfo fein 3eitgfnoffc, ber
englifd^c SJJinorit Ctogcr Sacon. 3"
^Jicberbeutfdjlanb unb §lanbern mar ber
^auptft^ bcö ^^euermerfmefenö; bort ents
midclte fid) auc^ allein ein befonberer
5lu^brud für «puluer, Äraut, *Kud) bie
SDtetaüinbullrie mar bort rege, unb eö ifl
möglid^, ta% bie 93cl)crrfd)ung beö btjjans
tinifd)cn iRcid)eä bur^ ben ®rafen t>on
glanbern üon 1204 bi^ 1261 einflu§
auf bicfe Äunji ausübte. Qlnfänglid^
mürben aud) auf biefem 33oben ^euer»
lanjen, Dtafcten, ^euerro^re angc«
wcnbct; oermittelft be^ le^tgenannten
marf man fd)»ere *Cfeile, 3ünbfä^e,
geuertöpfe unb Äugeln juerfi aui Slei,
fpäter auä ©tein ober ®u§eifen. 2)a§ bie
SR a f e t e lange 3eit im Söorfprunge mar,
erftcöt man baraui^, ba^ baö 2Bort «Seele,
meld)eö urfprünglic^ nur bie ©urc^bob-
rung ber SRafctenad)fe bebeuten fonnte,
Icbiglid^ analog auf tai fe|lj!ct)enbe
geuerro^r Qlnmenbung fanb. Urfprünglid)
t)ie| bie 9tafetc fomol)l Äanone, »on
canna = tRöl)re, mittellat. cannonus =
gro§cä Dlol)r, aU Sombarbe, üon lat.
bombus = ia^ Summen, bal)cr bomba =
fummenbeö ®efd)o^; bombas ardens =
©efc^ü^, alö Scopetto, fon mittelat.
sclopus = @d)lag unb ©d)u§. barauö
ital. schioppo, scoppio = ÄnaU , schio-
petto, scopietto = ^euermaffe; franj.
escopette = ®tu^bü(ftfe. aSelc^en ßinflu^
Scrt^olb ©cfemarä auf bie |>erPctlung
ober 5tnmcnbung ber gcuerrolire ausübte,
ip unbefannt; i>a^ er aber allgemein aläi
(jrfinber beö ®(i^ie§pulocrö gcpriefcn mirb,
beutet barauf l)in, i>a^ man bie *}lnmenbung
eigcntlid)en ®cfd)ügicä 2)eutfd)lanb ju«
fd^ricb. 5Da8 altcfte urfunblic^e S)atum
aber, melcfteö bc^üglidt) beö ®ebraud)e^
»on Feuerrohren überbaupt crbaltcn ift.
122
^icbel — j^Ioficiebicfitc.
finbet f\d) in ben ®enter QInnalen
jum ^ai)i 1313: „Jtem, in dit jare was
aldereerst ghevonden in Duutschland
het gebrunk der bussen (büd)fen) van
einem mneninck. 93cfiimmte 6ttt)äf)nun9en
für ben ©ebraud) ber J^euerrtjaffen finben
fxc^: für mt^ 1324, 55Ioren5 1326,
eiüibale 1331, «aiicante 1331, (Sftc
1334, SRoucn 1338, Sambrap 1339,
Jarifa 1344, TOa inj 1345, louloufe
1345, bcr Snglanber bei ©rccp 1346 jc.
3u betfclben 3^^^ wie bie 5^euertt)affen
fommt ber Sluäbrucf 2lrtiIIerie auf;
^el)e biefen itrtifel unb ^anbfeuer=
rti äffen, ülai) ^ähni.
%kbtU Me ÜJiufifalif^e 3njiru =
mcntc.
ginfenritter 6ct^t ein juerfi im 3al)re
1560 ju 6traPurg gebrudter, fpdter alö
93oIflbu($ oft ttiieber^oltcr SRoman, in
»tetcfeem im ®inne ber fog. Sügen«
märdien (fte^e biefen 5lrt.) ^öc^fi un=
finnige, üerrüdte, jum Öadjen reijenbe
geograpf)ifc^e unb ^ij^orifdie Unmöglid)^
feiten ancinanbergereibt tüerbcn, alö: eine
SBelt, ttio bie fieinernen Sirnbäumc fieben,
ber Sac^ brennt unb bie SSauern mit Strof)
löfd)en.
^Flagellanten, ftebe ©eitler.
^Itegenöe S3Iöttcr beiden bie jablrei^en
iJIugbläiter, bie feit bem Snbe beS 15.
3a{)r^. mit einem ober mef)reren ßiebern,
me^rfac^ alö offene goliobogen, feltener
in Duart, am Ijiiufigfien aber in ftein
D?taD, namentlid) auö ben Drucfjiätten
ju ©trapurg unb 53afel, ^lugäburg unb
Stürnberg ftd) »erbreiteten. @ie tt)urben
o^ne 3^f^f^^^ ™^ifi ^'^f^ ^'i"" gebrucft,
Wenn bie münblic^e Fortpflanzung ju fioden
begann, »^rübjeitig rourben fte »on greun«
ben be« Siebet ober ber ®ef(^ic^tc jufam^
mengebeftet.
^Itnte, ftebc ^anbfeuerioaffe.
^lo^gebit^tc. ©ie finnli(f)=muttt)illige
Sebenälufi ber ^oefte beö 16. 3at)r^. f)at
ft(f) auct) tcr 51öt)e al^ ÜJJotio bemächtigt.
5Da« ältere ber beiben glo^gebidite ifi
5if(f)artß: glö^^^aä Jöeiber 2raä,
ber ttjunber unri(f)tige unb fpotroidjtige
9fle(J)töbanbcI ber j^Iöb mit ben Sfficibern.
©in 9?en) gelää auf taii übcrfurhweitigefi
ju betad)en, voa anberö bie %V6b mit jiec^en
einem bie furgmeil nit lang machen.
©traPurg, 1573. 5Der %loh n^enbet ficb
an 3upitfi^' i^n unr (£d)u^ seQen bie SScrs
folgungen ber Söeiber ju bitten. jDie
SWücfe bort ba^ 3«nimcrn t>ti Siere^, fte
fud)t il;n ju tröfien, unb e^ entfpinnt ft^
ämifdten beiben ein ©efprä^, in »üelcbem
eine SReifie Don ^lo^abenteuern erjäblt
werben. Unter ben glo^namen finben
[\ä) u. a. €enfim^emb, D'Zimmerru,
^bejftelinb, ^intenpicf, Scf)leicf)inötal,
3»i(frt, Seiötapp, Sortif, qSuIöfüler,
Springinsröcfel, Sopffifetf, TOauöambaucfe.
3m jWeiten Seil trägt ber >Did)tcr al^
»om Jupiter bereuter Flol)fanjler bie
Sßerantwortung ber SBeiber »or, bie er
burd) bie ^ofi befommen, unb faßt fc^liei*
lid) tai Urteil, ba§ eä ^en SBeibern er«
laubt fein follc, ben i^Iöljen nac^jufieüen;
toä) folle eö ben j^Iö^en gemattet fein, bie
aSeiber auf ber „gangen 3iinS«" 5" fiec^cn
unb ftd) in ben großen .^alöfraufcn unb
SD'Janf(^etten ber ffleiber aufjul)alten unb
bicfe beim 2:an5e ju fi^eln.
25aö anbere ^^lobgcbic^t geprt jur
maccaronifd)en *Poefie (f. biefen 51rt.),
b. l). JU einer Qlrt ©ebic^ten, bie in mitt?
fürlid) gemifcbter beutfc^er unb lateinifdier
iSprad)e nerfiftjiert fmb. 6ö f)ei§t: Floia,
corttim versicale, de flois, schwartibus
Ulis deiriculis, quae omnes fere Minschos,
Hannos, "Weibras, Jungfras etc. behnppere
et spitzibas suis schnaflis stekere et
bitere solent, autore Gripholdo Knick-
knackio ex Floilandia , juerji 1593 , mit
nieten 9leubruden. ®aä S)eutf(^e barin
ifi nieberbeutfcfi , i>a^ ®ebid)t ifi etma
200 ^eyameter fiarf, ber 5lnfang lautet:
Angla flöosque canam, qni wafftmt pul-
vere swarto,
Ex Wateroque simnl fleitenti et blaside
dicke ,
Multipedes deiri, qni possunt buppere
longe
Non aliter, quam si floglos natnra de-
disset.
Ulis sunt equidem, sunt, inqnam, Cor-
pora kleina.
Sed mille erregunt menschis martrasque
plagasque,
Cum stecknnt snaflum in livnm, blau-
tnmqne rabentem
Exsngnnt: Homines sie, sie vexeirere
possnnt,
Et quae tandem ilUs pro tanta lonia
restant ,
Vxeeritate, et quem nemant per volnera ,
dodam
Sunt variae plagae , qaibns ob sua Sönda
suamque
Ob mntwillitiam strafit Menrosque Frau-
asque
Ipse Dens, caelnm et sternas qui fecit et
Erdam.
^(orc — gormelfammluncicn.
123
SJJeu bcrauöcicgcben Don @d) ab e im 2ßei*
marifcben 3abrb. II.
glorc unb Slanfc^cflur, b. b. ©turne
unb fflei^blume, JRofc unb ßitie, ift ber litel
einer in ber böfiid)en ®efe(I[ct)aft beö TUtkU
altera rocitcerbreiteten 2iebeei9e[c^ici)te,
bie firf) an bcn Saqenfreiö ÄarU bcö
®roien antct^nt, o^nc B^^^if"-'^ »^^^»^ ff'"^'
t)iftorifd)e aSejiet^ung ju ^art ^at. 2)aö
ßiebcapaar gel)ört neben *}(nea^ unb S)ibo
unb Sriftan unb 3fotöc ju hm berü^m=
tePen ßiebeäpaaren ber ritterlid)cn 3^'*-
©ine c^ripli^e ©räftn aug ^ranfreic^ tüirb
auf einer *Pil(}erfaf)rt üon ben ßeuten bed
t)eibnifcf)en Äönigä ffienij in Spanien ge*
fangen unb an beffen |>of gebraut; bie
©räfin n^ar [(^n^anger unb gebar eine
loc^ter, 33Ianfc^eflur, in berfelben 6tunbe
bie Königin einen <So^n, gtore. Scibe
Äinber warfen jufammeu auf, oon einer
Qtmme gcnäbtt. 'üuö 39üd)ern lernen fte,
nod^ Äinber, bie SWinne Eennen, bie, fietö
unfct)utbig bleibenb, immer innig,er tüirb.
Der 23ater, ergrimmt über biefe Siebe, will
bie Jungfrau umbringen, giebt jeboc^ bem
milbcren $Rate feiner ©emabün, beibe ju
trennen, ®ebör. glore »irb ju feiner
Sante, ber ^erjogin ju ÜJlantua, gefd)icft.
SBIanfi^eflur aber an Äaufteute ner^anbelt,
tt)eld)e fie tüieber an ben *Jlbmiral, ben ©mir
Bon Sabi)Ion, »er^anbetn. ^n bie ^leimat
jurücfgefebrt , njitl glore üerjweifeln, ba
i^m ein fdlfd)lic^ aufgefteüteö QSrabmal
ben lob feiner (ScUebten t?erEünbigt. 2)o^
gcftef)t i^m bie äJUitter bie SBabrtjeit unb
giebt ibm, ba er ftd) entfc^lie§t, S(anfcf)e=
flur aufjufu(i)en, einen SRtng mit, ber bie
Äraft befi^t, jcben, ber ibn trägt, Dor iBer^
le^ung ju bewabren. Slanfcbeflur ift in-
beffcn ju 93abt)lon in einem feften jurm
bema^rt tüorCen, unb ber (Smir mirb fre in
einem 3abre fetber jur ^xau nel)men.
5lore gewinnt burc^ foflbare (Sef(^enEe
ben 2ßäd)ter biefe^ Jurmeö, iia^ er i^n
in einem Q3Iumenforbe einlädt. 5Der fü§en
lüiinne pflegenb, werben bie Siebenben
jeboc^ uom Smir überrafcf)t unb pm 5cuer<
tobe verurteilt. Durd) ben 2Bctt|ltcit ber
Siebe, inbem iebeö ber beiben ßiebenben
bcn rettenben iRing bem anbercn übcrlaffen
lüiH, gerührt, fcbenft ber ^üx^ beiben baö
ßeben unb la§t fte nac^ ber ^eimat jieben.
^lore erbält Daä SHeicf) feinet ißaterö, wirb
Sl)rifi unb beiratet 33lanf(^eflur. ^unbert
Snbre alt, jterben beibe an bemfelben Jage
unb ruben in einem Orabe. 2)ie einzige
5tud)t ibrer Siebe »ar 33 er t ^ a , bie ÜKutter
Äarlä be« ©ro^en.
S)ie franjöftfcbe CiueUe ift ein nicbt ert)al»
tenerSRoman be^ *Ruprect)t üonDrbont; eine
franj. Überarbeitung beöfclben bi^t '^xna'
nuel '-öeder berauögegeben. Ulai) SRuprec^t
non Drbont bearbeitete Äonr ab ^lid,
ein fcbwabifcber ober fcf)rocijerifd)er böfi«
f^er 2)id)ter auä ber «d}ule ©ottfricb«
t>on Strasburg um 1230, hai x\oä) er«
baltene ®ebi^t. Soccaccio legte bie Sage
feinem [Roman II Filocolo o Filocopo ju
®xunbe.
goltcr, ftebe Tortur.
§ormcIfammIungcn unb ^ovmtWmtv.
A. ^^ormelfamm lungen. Salb na^
ben erjlen SRecbt^aufjeicbnungen entjlanben
in S)eutf(^lanb 5ormelbüd)er, bie 'JJlw^ti
für Urfunbcn ber föniglid)en Äanjlei, für
UrEunben über SRed)t«gef(^äfte ^mifdien
qSrinatleuten, für ©cbreiben oon Beamten,
®erid)t(3oerbanbtungen u. f. ». entbielten.
S)ie |)erPeaung oon Urfunben roar eine
Äunjt (ars dictandi), n)eld)e gelernt fein
mu^te, um fo mebic, ai^ ^« eigentliche
iRe^töinbalt in 9f{eic^tum unb ®d)mucf bet
SRebe, ®entenjen, fünftlid)e Eingänge, mo*
ralifd)e 33etrad)tungen unb Sitate auä ber
33ibet unb anbcren ®d)riften eingehüllt
würbe. S)iefc gormein lebnen ftcfe meifl
an bereite »orl)anbene Urfunben an, au^
benen man bie tonEreten iöejiebungen be^
fpeUetlen gaüeä entfernte. S)ie topra^c
ift bie lateinifcbc, bie iBerfaffcr geiftli^en
©tanbeg. 9flömifcbe Sßorbilber n^irften bei
ber <«bfaffung mit. 3wif*en ben Jormeln
ober innerbalb berfelben fteben etwa furje
!8orfd)riften über bie *Jlbfaffung ber Ur*
funben; anä) nerbanb man mit ben Ur«
funbenformeln Sriefmufier, wofür bie
Äorrefponbenj eincö Sifcbofö ober 2lbt^
alö 2)hi)ler biente.
^bgefel)en oon einigen wefi« unb ofi-
gotif^en gormclfammlungen beö 7. '^(^iixl).
itnb bie für 2)eutfd)lanb wid)tigfien Samm*
lungen: Marculfi monachi formu-
larum libri duo, um bie SDJitte be^ 7.
3abrb. oon einem ORöndje ÜRarculf im
Qluftrage beö erjbifdiofö Sanberid) üon
$ari^ oerfa^t, „um junge Seulc bamit ju
unterrid)ten-. ®a« löerf i^erfdüt in prae-
ceptiones regales, Sorf^riften für ben
iBerfebr ber föniglicben .tanjlei, unb in
chartae pagenses, Urfunben, bie für tai
®augerid)t benimmt fmb. Späterer 3eit
unb bem alamannifdben dedite geboren
einige in iReicbenau unb @t. ©allen »er«
fa^te Sammlungen an, barunter biejenige
beä 3f 0, eine^ St. ©aller ü)tönd)eö, gefi.
871,unbba«gormclbucbbe(^i3ifd)of«
124
gottunat.
©alotno ni. Don Äonfianj, aui bet
gtDciten ^älfte bcö 9. ^ai)xl}., ta^ aui)
«ine Srieffammlung umfaßt. (Sine bai»
tifie gormclfammlung iji n3a^tfcE)einIic^
in iSaljburg entfianbcn.
B. ^ormelbü^er ä^nlidjet iRntur er*
fd)einen nad) längerer $au[e »icber im
12. 5a^r^., äucrfi in kteinifd)er, bann in
beutfd^er €praä)e, bie älteficn im Siiorben
S)eutfd)Ianbö, bie fpäteren in ben fübU(i)en
©egenben. @ie ^ei§en dictamen, summa
dictaminis, summa, usus sive practica
dictaminis, rhetorica. Sßerfaffet fmb an*
fangä bie ©cijllicfeen, bann Dtotare gcift«
iid)cn ©tanbcö, jule^t eigentliche iRecE)tö*
gelehrte. 3" fielen Sammlungen oerbanb
man mit ben SRecfctsformeln auct) anbere
Belehrungen. 2)iefe finb: gormulare für
tBriefe be« gett)öt)nlicf)cn Gebens, fpäter aU
eiaentlicf)e Sriefftcüer gefonbert, bann eine
Qtft SRt)etorif mit ben |)auptgrunbfä^en
fiilifiifcber SJarflellung, enblic^ tt)eoretif(f)e
Erörterungen über bie »erfd)iebenen SRect)t0«
inftitute. <Huf bie 2trt ber Sc^anblung
gewannen bie Sffierfe ber 3taliener über
bie 3iotariat6funft einflu§, aucf) na^m
man italienifcbe Formulare nac^ 2)eutfcf)s
lanb I)crüber. SDie 3af)l foI(*er Sü(ä)cr
iP eine gro^e, ibr innerer 2Bert flein.
@eit (Srfinbung ber 33ud)brucferfunfi
nimmt biefe ßitteratur noc^ mef)r ju, unb
man brucft Sucher mie: De arte notarii,
Formulare instrumentorum, Formularium
diversorum contractuum, Rhetorica pro
conficiendis epistolis accommodata, Specu-
lum notariorum, tatelliarnm et scribarnm
etc., manche« barunter auc^ inä S)eutfcE)e
überfe^t, bis 3ulet,t, fcfcon im 15. 3af)r^.,
felbjiänbige beutf^e iißerfe erf^einen.
S)eren ältefieä iji: In dem Namen der
heiligen unzerteilten drivaltigkeit Amen :
Hye hebt an der Formular! darinn be-
griffen sind allerhand brieff auch Retho-
rick mit frag und antwnrt zegeben, tittel
aller ständt, Senndtbrieff, Synonima u.
Colores, das alles zum brieffmachen
dyenent ist, 1483, in fpäteren 5luflagen
al« Formulare und Tütsch rhetorica oft
ft)iebcrt)oIt. Dft gebrudt »urbe unter bem
jute^t genannten jitel ein SBerf bee ^einr.
©e§ter aus ^reiburg, juerfi 1493, in
bcmfelben 3a{)rc crf(^ien [R i c b r e r Spiegel
der wahren Rhetoric, 1528 bie Ct^etorif
Don Slleranber |>ug. ^iac^ ©tobbe,
®ef*id)tc ber beutfd)en SRec^täquedcn.
gortunot ifi ber ^elb cinee beutfd)cn
33olf0bucl)ee auö bem 16. 3al)rt). S)ers
felbc ift ber @obn eine« ebeln Sürgerö
ju J^awaguila auf ber 3nfel G^pern. 2>a
er ben Äummer beä burc^ ritterlichen Qlufs
manb arm geworbenen iBaters bemerft,
nerlä§t er !^eimti^ tai SSaterbauö unb
nerbingt ftc^ bei bem auf ber OiüdEcör
pon 3eTufaIem ^u J^amagufta eben getan*
beten ©rafen Don ^lanbern. S^iefer »cn*
bet it)m feine ganje (Sunft ju; ein auf
gortunat neibif(i)er Wiener aber, SRupert,
überrebet biefen, ber (Sraf rt)oüe ibn ju
größerer Sid)erl)cit »erfc^neiben laffen,
morauf ber 5üngling nacf) ÜJonbon ent-
f(tel)t. ^ier wirb et bei einem reichen
Florentiner .Kaufmann Sluffeber über bie
anfommenben unb abge^enben ®ütet, mu§
aber wegen eine« im ^aufe feine« ^errn
Dorgefaüencn SJJorbeö auc^ biefen ^ienfi
unb bae ßanb felber räumen. 3n ber
'Bretagne ^at er nun auf freiem ^clbe ein
5lbenteuer mit einem Bären, ben er
erlegt, wobei ibm eine f(i)öne i^xau,
gottuna, erfcfieint. @ie bietet i^m bie
ffiabl ä^ifd)en 2ßei6{)eit, 9f{etd)tum,
StärEe, ©efunb^eit, ©cfcön^eit unb
langem Seben; ta gortunat of)ne langet
Bebenfen 9fieicf)tum wäblt, giebt ftc i^m
einen 6ectel, au« meld)em er auf jeben
®riff äe^n ©olbfiüde äiel)en werbe, fo lange
er unb feine c^eli(J)en Äinber lebten; bo^
ftnb folgenbe brei Bebingungen baran ge*
fnüpft: 1. t>a^ er auf biefen Sag feiere,
2. ta^ er an biefem Jag fein ebelic^
SBerf noübringe, unb 3. ba^ er auf biefen
Sag, wo er immer fei, bie mannbare Joc^*
ter eineö armen 9)knneö e^rlicf) fleiben unb
bie eitern unb fte mit 400 ©olbfiücfen
begaben fotlc- 3^ Begleitung einee ßiel*
gewanberten alten Sbelmanneö burcbjie^t
er nun alle möglieben ßänber unb ©tobte
in 3)eutfcfttanb, ben $Rieberlanbcn, ®ng*
lanb, @d)otttanb, granfreid^, Staoarra,
*Uragonien, Spanien, «Portugal, 3tnlien,
Surfet, Ungarn, ?JoIen, Sd^weben, Böb*
men, biä er enblicf) nad^ 15jö()rigcr 5lb-
wefenbeit nad) J^amagujia jurüdfe^rt.
©ie eitern finb tot. 5ln ber ©teile beä
iiäterlid)en ^aufeä baut er ficf) einen
*palaft unb heiratet eine ®rafentocf)ter.
9tac^ jwölf Tul)igen S^^i^en, wätjrenb
welcher feine ®emablin i^m jwei ©ö^nc
gefcbenft t)atte, 5ief)t er aufö neue auf bie
äöanberung, um nun and) ben anbern
Seil ber Srbe, bie J^cibenfd)aft ju erfun«
ben. 51uf ber ^eimfet)r »on biefer ifieife
jeigt if)m ber ©ultan »on 'Jtlcfanbria feine
©d)ä|e unb barunter ein unfdjcinbare«
^iljtjütlein, weld)e0 ben, ber e^ auf
bem Äopfe trägt, augenbtidlicb an jeben
Framea
Jtanjiöfancrorbcn.
125
gemünfc^ten Drt bringt, gortunat fe|t
e^ f\i) auf, wünfd^t ft^ in feine im ^afen
lüartcnbc ©aiccre unb fegelt I)eim nad)
^amaguj^a. ^ad) einigen Siifren, rtjic er
feinen Job herannahen füI;U, übergiebt
er ben ©öbnen 21nboIofta unb 5Impebo
bie bciben Älcinobe, offenbart ibnen bic
^eimlicbfeiten berfelbcn unb beftcf)lt it)ncn,
bie Äleinobc nimmer ju trennen. 2)aä
le^tere gefcfiicbt bennocE), inbem ber ältere
Sruber *l(nbolofta mit bem ©ecfel auf
[Reifen jief)t unb in ben 2)ienft r»erfd)iebe'
ner Könige tritt. 93on ber Softer beö Äönigö
oonSnglanb, 5tgrippina, tt)irb er |ebod^ be*
tprt unb be« «Secfelö beraubt; jmar ge^
iingt e^ i^m, mit |)ülfc beö bem 33ruber
entiocftcn ^uteö, bie *Prinjeifin ju ent=
fübren; aber burd) feine Unflug^eit »er=
licrt er an fte audt) ben $ut; burd) ßifi
gelingt e« il;m and) beffen ftc^ tt>iebcr ju
bemad)tigen, bod) ifi iai ®lücf ba^in, ber
Srubcr *Mmpebo ftirbt au« ®ram, nac^bem
er ben 2Bünfd)^ut verbrannt, unb 5tnbo<
lofta tt>irb beä ©ecfelö beraubt unb im
Werfer erwürgt.
5lu^ ben jabtreic^en t)iftorifdben 5tnbeu=
tungen bcß SWäri^enö erbeut, ba§ cö um
bie üJlittc beö 15. ^a^i^unbcrtö entftan=
ben fein mu§. D^ne S'i'fif^l i|^ £^ ^ewf-
fd^en Uifprung^; ba^ 2Bunf(^t)üt lein ifi
urfprünglid^ ber breitfrempige ^ut aBuo =
tanö, an ben ftc^ eine gülle mi)tboIogi=
fcber ißcrfletlungen fnüpfte. 2)cr ©edel
fcbeint bagegen bretonifdjen Urfprunge,
tt»ie bie gortuna ef)er einer feltifcben gee
aU einer beutfd)en 2Bal&frau glcid)t. ^er
jmeite ieil beä 5Dtärdicn^, bic ®efd)id)te
ßon iJortunatö €öbnen, finbet im 120.
Äapüel ber Gesta Romanornm ein ®egen=
fiüd. jE)ie 3"ftJni>n£nf<iffung ber t)erfd)ie-
benen Seile beö SDtär^en« ifi jebenfallö baö
3Serbienfi einc^ beutfd)en ©d)reiberö. SDie
erjie befannte 51uägabc iji ju 5tugöburg
1509 erfdjienen; fpdter ttiurbe ee oft auf^
gelegt, ^an^ 'Badji l)at ben ®toff ju
einer Sragöbie oertoertet. jDer beutfdie
Seyt ifi inä ^ranjöfifd^e, Sta^icnifc^e,
SRieberlänbifc^e, ®nglifd)e unb @^tt>ebif^e
überfe^t morben. jDramatifd)e Searbei^
tungen ^at i>a^ 9Wärd)en noc^ erfahren
burd) Zi)omai ®eder, einen ß^^^S^noffe"
@^afefpeare« , burc^ bie e n g 1 1 f d) e n
.Komöbianten (ftefje S)rama) , burc^
Sied, md) 3 ad) er in (Srfcl) u. ©ruber.
Framea, ber ®pie§ ber alten ©erma«
nen, it)re einjige Söaffe, bie Sacituö nät)er
fd)iibert: fte fei jugleid) mörberifi^ unb
fiegreid). 2)ie aBet)rf)aftmad)ung gefd)ie^t
burd) Überreizung »on ©d^ilb unb ^^a«
mea, bie framea begleitet ben SDtann in
bie iBolföoerfammlung, Jünglinge fül)rcn
jtt)ifd)en 6d}n)ertern unb gefällten gi^amca^
ben Äriegätanj auö, unb Verlobte fcfeenfen
ficb me*felfeitig bie framea. ®efd)ilbert
mirb bie Sßaffe, Germania 6, aU ein ®pie§
oon fd)malem unb furjem Sifen, aber fo
fc^arj^ unb braud)bar, ha^ fie mit berfcl»
ben SBaffe, wie eö bie Umfiänbe erforbern,
in ber 'Ml)t fomobl alö aus ber i^ixnt
firciten fönnen; i^re Älinge jiebt alfo im
©egenfa^e ju ber ber römif(^en ßanje,
n)eld)e bie ©efialt eine^ Sffieibenblatteä
^atte. 3)ie verbreite 5lnnat)me , ha^ bie
framea eine jur Sanjenfpi^e umgefialtete
*ilft, vorn mit breiter ©d)neibe fei, mirb
oon ßinbenfd)mit burc^auö jurüdgettjie*
fen. 5^on framea, beffen etpmol. Urfprung
mit €id)er{)eit nid^t crfannt worben ifi, fmb
abgeleitet ba^ angelfä(^fif($e franca, unb
weiter francisca, mabrfd)einlid» auc^
Franco, ber granfe. ßinbenf^mit,
^anbb. I, 163; 5ät)nö, 406.
t^rauäiöfancrorbcn. 2ein Stifter,
Johannes Bernardone, ifi 1182 in Qlffift
aU ber @o^n eineö reiben 3;uc^l)änbler0
geboren. 2)en fRamen Francesco ert)ielt
er vom Sßater erfi jur (Erinnerung an ba^
i^m liebgettiorbene JJranfreic^. Sorgfältig
erjogcn, aber o^nc tiefere 5lenntniffe, trat
er in ha^ ©ef^äft feinet Satcrö, gab ftd)
aber jat)lreid)en 3«i^f^r£uungen ^in. (jrfi
aU er auö einem j^riegöjuge feiner ßanbö«
leute gegen bie (Perugianer unb auö einer
babei erfolgten ©efangenfd)aft ju ^aufe
in eine fc^mere Äranfbeit verfiel, begann
er fein fieben ju änbern. (Sr begab ft^
in bie ©infamfeit unb manbte ftd) ber
(Pflege befonberö efell)after unb anfieden»
ber Äranfbeiten ju. Qluf einer üßatlfabrt
nad) iRom, aU er an ben Äirditpren für
bie Firmen bettelte, ^örte er ben SRuf an
ftd) ergeben, bie äerfallene 5?ircbe ©otte^
miebcr^erjufietlen. Sine *13rebigt über
SDJatti;. 10, 9—10 oeranla§te ibtt , ein
grobeö Äleib anjujiebcn, Safdic, ©d)ul)c
unb «Stab abzulegen unb einen StricE
fiatt beö ©ürtelä anjunebmen. Sein
fiteblingöaufentbalt in 3lfftfi mar ba^ oon
ibm ^ergefieQte Äird)lein ber SOkria ber
©ngel, '^ortiunfula. Sinige Jünger unb
3lnl)änger, bie ftd^ ibm anf^loffen, »er*
anlaste er, paarmeifc burcb^ ßanb jU
jie^en unb ju prebigen. S)ie erfie SRegel
ber gemeinfamen Sebenöorbnung tt)ar fafi
ganj auü ©prüd)en ber 'Bergprebigt ju*
fammengefe^t, i^re ©elübbe bie ^ergebrac^«
126
^ranjiöfanerotöm.
tcn: Qlrmut, Äcufd^beit unb ®et)orfam, bie
Slrmut in jirengficr "Jluffaffunfl. ®ic
nannten fic^ anfant^s bie atmen Öü^cnbcn
fon 2lfrift; erp als' im 3abr 1209 ^nno*
jenö ni. eine »orldufige Scttiilligung ets
teilte, nahmen ftc ben DJamen Fratres
minores, 'DHnoviten, S)Unbern
S3rüber, 9[Rinbcrbrüber an. S)er
*Rame ^ranäiäfaner iji fpätercr Sntjleftung;
in Dbctbeutfd)Ianb ^ie§en fte meijl 5ßar =
fü§er. ß'in obetjiet 2)iener, minister
generalis, [oüte ber gefamten ä3rüberfcl)aft
»orfieben, bei ibm foüten alle in 3ti»li«n
lebenben trüber ftc^ aüiät)rlid), bie antif
märtigen alle brei '^ai)U »erfammeln.
IRac^bem bet Drben rafd) ju einet euto*
p(iiicf)en Setbinbung ^etangercac^fen »at,
ttjutben füt bie einjelncn Äonoente ®uat=
bianc, custodes, eingefe^t, füt ganje Äteife
unb ÜJänbet SSotjiebet; aüe foüten
ministri Reifen; iod) fütjtc man ben
9Jamen ministri provinciales balb in
<|}toöinjiaIe, ben bea Minister generalis in
Dtbcneigenetal. Sc^on fiüf) ttaten im
Diben fftoä fiä) befeinbcnbc fRi(^tungcn
^etüot: bie eine, milbctc , fotbette bai
9ted)t gemeinfamcn SBefi^tumö unb Seil»
nabme an fitcf)ticbet , fünfiletifc^cr unb
n)iffcnfd)aftlic^et Sitbung; fte iji befon?
bet^ but^ Helias von Kortona oet«
tteten, feit 1221 ©enetalöifat beö ©tiftetä;
bie onbete flreng aäcetifc^e unb an bet
*2ltmut unbebingt fejli)altenbe ftebt ibten
'5)auptDetttetet in Antonius von Pas
dua, gefl. 1231. Dbgleicf) Snnojenä IH.
no(^ 1215 bie ©tünbung neuet Otben
Ibattc üetbieten laffen, »utbc bennoc^ Don
^onotiuö UI. bie 9leget ^tanccäcos 1223
feietlicfe betätigt. 3" i^i^r SRegel t>et*
Iptic^t ^tanci^cuö bem *iJapjie ^onotiuö
unb feinen 9'la(^foIgetn ®ebotiam unb
ö^tfutc^t, bie anbeten Siübet ftnb gebal^
ten, bem Stubet gtanciäcuö unb feinen
giia^folgetn ju gebot(f)en. 9Bet in ben
Dtbcn cinttcten roiü unb feji im fatbolis
fdben ©lauben ctfunben iji, foU l)ingelien,
oücö baä ©eine octfaufen unb eä ben
21rmen geben. S^Jac^ einem '^Ptobejabt
voix'ii et jum ©elübbe jugelaffcn. Die
Stübet etbalten eine Äuttc mit einet
Äapuje; bicjenigen, bie e« bebütfcn, fönnen
©cfcubwetf ttagcn. 51üe foüen ftc^ in
gelinge ©etnanbe fleiben unb mögen fte
ausfiicfen mit ©öcfen obct anbeten gc^en,
untet ®ottc« (gegen. ./Jlbet id) oetma^ne
fte, ia^ fte bie UJicnfc^en ni($t uetadjten
nod) rieten, welche fie feben mit voää)m,
bunten Älcibetn angetban obet feine
©peifen unb ©etränfe genie§enb, fonbetn
ein jebet tidite unb üeta(|te nur fidb felbji."
©ie foden butc^ bie ÜBelt manbetnb nic^t
babetn unb mit Sffiotten fiteitcn, fonbetn
ftiebli^ , befcbeiben , bemütig jebetmann
ebtbav ^ttt fiebcn unb in ein ^auö ein«
ttetenb juetjl fagen: gtiebe fei mit biefem
^aufe! 2)ic ^tieftet wetben jut ^eiet ber
beiligen ©tunben beö Jagö unb bet ^ai)t
nacb bet römif(i)en .Kitcbenotbnung, bie
Saien untet ben ©lübetn ju einet be=
jiimmten ?lnjabl *t)atetnofiet an bicfen
©tunben oerpfiicbtet, baju Mafien faft bie
^älfte beö 3abteä. Sic Grübet, benen
bet .^ctt bie ®nabc einet ^anbatbeit »er«
lieben bar, mögen getteu arbeiten, 'äit^
ßobn ibtet 5itbeit mögen ftc, mit Slug*
nabme beö ®elbe^, füt ftc^ unb ifite 33tü«
bet nebmen, maö bet ßeib bebatf, befcbei*
ben, wie eö ßieb^abein bet 5ltmut jicmt. ■
2)ie ©ruber foQen ftcb nic^t^ aneignen, i
nidbt ein ^auö, nocb eine ©tätte, noc^
itgenb eine ®aä)t, fonbetn alä ^remb«
linge in biefer Söelt bem ^ettn in *ittmut
unb 3)emut bienenb foden fie nac^ ^Imo«
fen geben unb beffen ftd) nidbt fc^ämen,
bcnn bet ^ett bat ftdb arm füt unö in
biefet aSelt gemacht. — Die SßabI eineö
Diiacbfolgetä beä ©eneralö gefc^ief)t burc^
bie iptooinjiale unb ©uatbiane auf ber
regelmäßigen ^ppngfioerfammlung. «ßrebis
gen foH nur ber Ötuber, ber oom ®eneral
geptüft iii unb oom 33if(i)of beö ©ptengcB
©tiaubniö etbalten bat-
35utcb bie Zoä)tn eine^ angcfe^encn
(Rittet^ in 5lfftft , ß,lara©cifi, eine
ciftige 5tnbängerin beä Ji^anciäcuö, h)itb
1212 bet Dtben ber armen grauen,
na(^mal^ meijl (Jlariffen genannt, nad)
bet iRegel bet SlJJinbctbtüber gejiiftet, nur
t>a^ fte nicbt tt)anbetten, fonbetn in M^
Älofiet eingcfcbloffen blieben.
ßin btitter Dtben, Sertiaricr,
uri'ptünglid) SBtü'bet unb ©cbweftetn ber
'43ugc, nabm foldbe ju SDtitgtiebetn auf,
bie in ibtem Q3eft^tum unb bütgctlidben
8eben, aucb in bet Q.i)t, blieben unb bei
bet ^ufnabme nut oetfptadien , aüe ®e5
böte ®otteö ju bitten; ou§etbem mitb bie
3utücE|leüung atleä ungctec^t Stwotbenen,
bie Qluäföbnung mit bem 9'läct)jien, füt
Sbefiauen bie ^uftimmung ibtet *ölännet
»erlangt. 2)ie üWitgliebet foüen getinge
bunfetfatbige Äleibung tiagen, ©(i)au|'pielc,
iänje unb anbete ilücUiufi meibcn, in
ftommen SBctfen fi(^ üben unb aüe tirdb*
lieben !)3f[i(i)ten na^ bejlimmtet SBotfcbtift
eiftig etfüüen, inöbefonbete nebji butd)'
^ranjisfanerorbcn.
127
flärtgigei iUiä^igfcu langauage&cl^nte gajten
galten. 3" f^wören in gemeiner Stebe
unb feierlicfje (Sibe foQcn ftc möglicf)fi
meiben, Streitigfeiten nacf) beni SRate ber
Oberen tiergleidjen. QlngriphJaff'en bütfen
pc nur rubren jur iBerteibigung ber römi^
\änn Äir(^c, bes ^rifilidjcn ©laubenä
unb it)rcä öanbeä. 2)ie Eingetretenen
^abcn nac^ brei SlJJonaten über \l)U ®ütcr,
foweit fie baju berect)tigt, le^jtmiüig ju
»erfügen. 5lüeö bietS unter 5iuffid)t auö
ibrer ÜJJitte auf 3fit crwät^Iter Sifitatoren
unb in unbeflimmt gcbaltcner iJerbinbung
mit bem eigentltd)cn SÖtönc^ätum. Spätere
Überlieferung »erlegte ben Qtnfang be^
5rertiarier=Drbenö in ha^ ^bt 1221-
©eine SBerbreitung War eine unerme^Iidje,
com Könige unb ber Königin |erab biö
lum Söettler, unb ber Drben burc^bracb
baburd^ in tüirffamer SBeife mitten in ber
Slüte beö i^öfifcben ©tanbeei bic Sanbe
ber ©tdnbetrennung.
^ranciöcuä fiarb 1224 ju Ülffift unb
tnurbc fcbon 1228 f)eiUg gefprocben. QwtU
unbnierjig ^al}xt nadb feinem Sob jäblte
ber Drben 5 000 Älöficr mit 200000
SOJöncben in 23 ^ro»injen. 3)icfc gro§c
Verbreitung banft ber Drben »erfdbicbcnen
Umflänben!^ 3" ^"^^^^ ^ini« ^^^ ^crfön«
liebfeit bcö ©tifterö, bcffen gemütöinnigc
Vertiefung in ta^ 93orbilb ©brifti unb
beffen unbebingte cntfagungö»oüc Siebe ju
allen 5lrmen unb (Slenben in biefer 3«it
fircblicf)er Vermeltlid^ung einen tiefen <Sin=
bruj ^eroorbracbte. 2)ie 93el)auptung,
ia^ in feinem ßeibe bie SBunbenmale
Sl)rif!i eingeprägt gemefcn feien, ert)ö[)te
nac^ feinem Jobe bie unbebingte 23er:=
el)rung be^ SWanneö; im 14. ^a\)xi). xcnx--
ben burd) q3ifiö ^llbiäji (gep. UOl) in
bem Liber conformitatum nidbt Weniger
aU »ierjig 5i[l)nlicf)feiten jmift^en 6.t)rif^uö
unb granciecuö nac^gemiefen. Sobann
gab ber ©runbfa^ urcbriftlidbcr 5lrmut,
ber f)crummanbernben $vebigt, beö ßebcnö
in unb mit bem Volfe biefcm Drben nodb
mef)r alö feinem [Riüalen, bem SDomini*
fanerorben, einen ungemein populären 3ug;
tai maren meber reicf)e, »ornebme 'öDiönc^e,
tüie nod) bie ßluniajenfer unb ßiflerjien«
fer, nocb übert)aupt geijilic^e Drbeneleutc,
bic, »on ber SBelt abgefonbert, blo| auf
i^rer eigenen Seele ^cil beforgt waren,
fonbcrn fromme SDJänner , bie mit bem
9'iieberften wie mit bem ^öcbfien in ber
Sracbt be^ erfiern »erEe^rten, ibm balfcn,
il)m jufprac^en, Vorbilb waren in ber
(Sntfagung. S)a§ tai crfie ^taal beö
beiltgen granciäcu« »ielfac^ »erlebt ju
Sage trat, »erjlanb ftc^ oon felbfi : bie
fatl}olifcbe ^ir^e mit ibrem 9teic})tum unb
ibrem Streben nacb 'öJla&)t fpottcte ber
freiwilligen 5lrmut; innerhalb beei Drben^
felbft bötte bic Spaltung in eine freiere
unb eine gcbunbenerc SRicf)tung nie auf.
3)ie Kongregationen ber armen (5.öle<
ftiner Eremiten, ber Spiritua»
l e n unb ber S r ü b c r ber fi t e n g e n
D b f e r » a n j finb au^ biefcm S^icfpalt
^er»orgegangen. ^ud) ber ^ranjiöf anerorbcn
würbe julc^trcid), unb feine Äircben cntbebr*
ten bee ©olbee uub Silber« fcincöwegö;
au^ er ^atte ben ei)rgeij, bic 2el)rjlüt)le ber
UniDcrfitätcn ju bcfc^en unb baburc^ (Sin*
fluf auf bie Äirdbc ju gewinnen. ®o
tam ti, ia^ bie 9[)Jinoriten famt ben 2)o«
minifanern jule^t ben Verfall bct tat^o^
Uferen Äircbc am beutlid)flen reprafentit*
ten unb fc^on Bor ber 3fleformation ber
öffcntli(ä)cn Verad^tung ant)ctmficlen.
^afe, ^ranj üon ^Jlfftfi. ®in ^eiligen«
bilb. Seipjig 1856. igebafiiangrancf
fcfereibt in feiner ß^ronif, 3eitbud) unb
©ef^icbtbibel folgcnbc« über ben Drben :
„33 ar f ü§ er=0 r b c n. ^nno 1222 befiätigct
baplt ^ononuö III., ber müncbäoater, aud)
bifen Drben, »on ^rancifco einem 2Bald)en
cingefiift, ber ein Kaufmann unb \aft weit*
lid)er mcnfdb bi§ in 25 jar voai. ©arnac^
gebacbter S^rifio nad)juofolgcn, »erfd)ma^t
aüc irbif^c bing. Unb aU er gefd)uoc^t
nit i^weicn rinfen gcgürt gicng, ba warb
er eingeben! be« Ferren wort: ^x folt
Weber fedcl nocl) tafc^cn, filber ober golt
tragen, aud) nit gcfd)U0(^t fein, unb wer
ftc^ nit alter bing ccrjeil)et, ber mag nit
mein jünger fein. S)cö^alb warf er alle
bing »on im, aud) bie gürtel, gürtet ein
jlrid umb unb fieng allbalb bifen orbcn
an. 3n bem waö er im fclbö alfo fireng,
iai er in Winter jeit, in anfed)tung bcÄ
fleifd)«, ft^ mit fcbnee ober ei§ juo bccfct.
®r l)ie| bic armuot allweg fein tjerrin, fo
bort er lieber fd)ma^ bann lob »on im
fagen, behielt nid)t auf morgen, fein ^erj
fdjwcbet in bcgirb ber marter. (Sieng in
Spriam für ben Solban, ber cmpficng in
ceilicb. Darbei wol abjuoncmcn ift , tai
er im freilid) bie warl)eit nit gefagt ^ot,
ban bie warbeit wenig gottwiltummcn iji
an ben gütjlenpfen unb in aüer weit.
3db unberla§ ^ic bie fabel juo fe^en, wie
in ©t)rifiuö mit feinen bciligcn fünf wun*
ben be5eid)nct l)ab. Sllö er nun 18 jar
feinem gleifc^ fein ruow lief, ia ftarb
er jur 5lfftö, »on papfi ©regor IX. in ber
128
grauen.
^eiligen jal gefdiriben. 2llfo bafiu bife
äffen beö (Suangeltumbö befc^tibcn, unb
bct Sarfuefer grunbfcfi unb fcul. 9'iun
i(6 Ia§ inö gtcid) reit unb guot gemeint
fiaben, »a feinb feine na(f)foIger? 2)ie
Äutt unb Heib ftbe i* inlleid)t, abei
^lancifcu^ teben nienbert. (ä(^ fief)et nit,
tai webet er noc^ bie feinen mit ber
buc^^ umb^er fei gelaufen unb in allen
fpilen gert)efen. Jtem nit, baö er auf
^oljfctiuo^en fei gangen k.
Drben ber minbern Srüber 6.
^rancifci. 5Inno 1224 ober balb barnad)
feinb üon ben porigen 93arfüe§er bie S!JJino=
re^ abgefiigen (%iax\ä meint bie Sertiarier)
unb gcl)edt nsorben, aud) unber S. gran^
cifci fleib unb regel, on idi fte nit fo
^reng feinb, fcfeuo^ an tragen, gelt ncmen
unb anregen unb etwa« mit ber regel @.
^rancifci biepenftrt t)aben.
®ie feinb in oil Siegel, @ecten unb
Drben jerteilt: ^oIäfd)Uoer, QSarfüeffer gc=
regelt, grancifcaner ober Obferoanjer unb
SKinoreä genant, y.cm ÜJiinimi. ©tUcb
^eiffen de Evangelio, etlic^ de Capntio,
unb ^aben in eil bingcn unberfc^eib, on
aücin in ber fuperfiition feinb fie alle cin^.
3(i) fan bie untcrfd)eib nid^t afle an*
jeigen, i^ finb, ta^ bie SDJinoreö üon ®.
^roncifco gepflanjt feinb, »on ^onorio HI.
f(^tt)erlic^ befietiget. ®emelter grancifcuö
^at in ein Siegel juo leben geben, nemlic^,
ba* heilig ßuangelium (S^rif^i juo l)alten,
in armuot, feufc^^eit unb ge()orfam, gleich
al^ ob fte nun aücin 6-^rifien feien, unb
welcher ein fö^rifl xobü. merben, muo§ ein
löarfüeffer «erben, ober aU feien mancf)er=
lei d^rificn unb 6l)rifiug in im felbä jer=
teilt. 3)ifer Drben i)at getiabt Scr^arbi-
num Don ©eniö, 33onaoenturam ein Sar=
binal. 3tem 3 23äpft, SRicolaum IV.,
illieyanbrum V., 6if tum IV. 3tem 5lleyan«
brum be 5lled, ttielc^e oüe in be« Sapjiö
regifier canoniftert feinb, erljebt unb in ber
{»eiligen anjal gnogefelt.
©ant eiara^Drben. 5m jar 1225
leuchtet ©. ßlara, ein füngerin ©. ^ran»
cifci, üon ber ftatt 5lffiö, bie l)at bei ©.
Damiano firc^en ein f)eilige »erfamlung
unb Drben ber armen frawen angefangen,
faft auf ®. ^rancifci tt)ei§. S)arin 17
jar ir fleifd) cafteiet. Sapfi 3nno IV. ^at
fl in iren ficrben f)cimgefuo(i)t, ^onoriuö
unb (Sregoriuc! t)aben ft mit gnab unb gab
gccrh)ürbiget, unb Qileyanber IV fr unter
bie t)eiligen gejölt. Sie tragen gratt), leben
naä) ®. ^rancifci regel (roa ft todä) unb
Unb ifi), bod^ in fil fiücfen etma^ ü'crens
beret, unb ber orben fc^leu^t nic^tö bann
»eibeöbilb ein unb fein mann, eä ge^c
bann etwa in ber fiittmc§ juo." <Bxd)t
mi) ben 5lttifel (Ptebigt.
t5rancn.
1. S'iamen. %xau, a^b. frouwä, mftb.
fronwe, im Ulfila^ ni^t erfdbeinenb, ifi
bie rceiblidje g^orm oon got. frauja, af)t),
fro, fiatt frouwo, melc()eä frü^ bem heriro,
herre, lierr gemid^en ifi, mä^renb fid) bie
weibliche ^otm ertiielt. 2)er meiblic^cn
i^orm ber Söurjel entfprid)t ber 3?ame ber
@öttin Freya, ber männlichen berjenigc
beö ®otteä Freyr. 5tU urfprünglic^e Se*
beutung gilt: ber ©rfrcuenbe, %xo'i)'
macf)enbe, ©ütige, SDZilbe, ©igen»
fd^aften, "bie foh)o^l bem (Sötte al^ bem
®ebieter unter ben ÜJJenfcften ^ufommen.
5llä Qlpellatio fommt bem Söort ^rau in
erfler ßinie bie Sebcutung ^errin, ®e-
bi et er in ju. 5lIImäblicf) fommt ber
5?ame me^r unb mebr auc^ bem ©eringc«
ren ju, am längfien credit fid) bie alte
Sebeutung in ber Slnretie unb alö Sitel:
Unfcre %xau, Unfere liebe ^xau ift ÜJlatia
(frauj. notre dame), ^xan Äönigin , ^er=
jogin, unb in aKen 6tänben biejenigc, bie
bejae^lt, ber S)ienerfc^aft gegenüber, in ber
gamilie %xa\i SBtutter.
Äone, Äon, m^b. kone, ekone =
®attin, (Sbefrau, oereinjelt in 93aiern„unb
Dftcrreicf) lebenbig geblieben, finb Über*
bleibfel beö einfl »iel gebrausten a^b.
chuenä, quenä, got. qvino, altnorb. kona,
neben meldten ^otmen eine jrtjeitc iJorm
^erläuft: got. qvens, agf. cven, altn.
kvän, im ^oc^beutfd)en fel)lenb, entartet
engl, quean = SBeibsbilb, -^urc, unb
queen = Königin. Daö SBort entfpric^t
ett)mologifc^ bem gried^. ywr/. I)ie SBur*
jel ifi gan, gen = gebären, jeugen^
»ernjanbt ftnb ^inb, Änabe, Äne^t,
Äönig unb fönnen.
<}ll)b. itis, altf. idis, altnorb. dis,
war urfprünglid^ ber ^iame eine« göttlid)en
SBefcnö, namentlid) ber ©öttinnen beä
®efd)icfeö unb tt?irb im ?lltt)0^beutfc^cn,
v5äcf)ftfd)en unb namentlid^ im Ringel*
fdd)ftfSen allgemein für jebe grau jebe«
QUter«, »erbeiratet ober nid^t, angemanbt.
2Beib, a\)i>. unb m^b. i>a^ wip, gebt
befonberö auf baö ®efc^led^t, mie man
benn aud) bem Sicre fein ffieibc^en ju=
legt, ^aä) ®rimm get)t tai 2Bort auf
weben unb meifen jurüd. |>öfifd)e
SJi^ter ftreiten ftc^ gern barübcr, meldbed
üßort, grau ober SBeib, ootjüglid^er
JJrauen.
129
fei. SBalt^icr uon ber SSocjelrocibe ent=
fd)cibct ftd) für SZBeib, weil in if)m ber
Inbegriff aller bem ®cfc^Iecf)te cignenben
lugenben liege; ^cinrii^ fon *If?ei§en er=
flärte ftd) ba'9ec3en für ta^ 2Bort x^ x an
unb erhielt bafür ben 9?amen graucnlob.
iÖraut. ®ot. ifi bic braths =
©c^lt)iegertoc[)ter; al}b. bic prüt, brüt =
IBerlobte ft)ie Dieunermcibltc, nu(^ Äeb^^
tt>eib; angelfäd))'. bryd, altnorb. brüdhr =
aScrIobtc. ©er (Srunbbegriff ip bie §eim-
gefül)rte; benn baö 2Bort ifi au^ got.
fra = tov, unb einem mit lat. vehere =
fahren Bcrmanbtcn SBcrb jufammcngcfe^t
2. tDieStellung bergi^^ui" tilt»
<^ermani[d)er ^Periobe. Urfprünglic^
tt»ar bic Stellung bcö SBeibcö bei ben
(Sermnnen feine anbere aU bei allen an=
teren Solfern, ct^ tt>urbc aU eine blo§e
<Bia<i)i unb al« JßcrfjfUji ftnnli(^er 93es
friebigung aufgcfo§t. S)aä 2Beib mu§tc
ftd) mit beni toten Wanne perbrennen
laffcn, ber TOann l)atte iai SRec^t, eä ju
ticrfaufcn, ju uermad)cn, ju üerfc^enfen,
feinem ®afie anzubieten. 2)ur(f) bic ®nabc
bcö Satcrö mürbe ihm i^u leben erlaubt;
fcurd^ @elb mürbe eä von einem ^rcnrben
bcm Sßatcr abgcfnuft; auf bem 2Beibe lag
bic 93cfteüung iion %)ani unb ^elb. 2)iefe
ältcflcn, t)artcn 33evl;ältniffe beö SBeibeä
mürben aber fd)on frü^ teil^ burd^ tai
Sluffommcn eine^ milberen 9ied)te0 ober
mcnigfienö einer milberen ©cmo^nbcit,
teil^ burc^ bie SBirfung religiöfcr 51n=
fc^auungcn t>crebclt , fo ha^ f^on bei
jacitu^ ber urfprünglidfie B^f^""^ "i<i'^
mehr bcutlicf) I)eroortritt. *}Uö bie midf}=
tigftc SBefiimmung für bie Stellung be«!
SBcibeä gilt ber ®runbfa^, ba^ nac^ ger-
manifc^em iRcd)te bie Äinbcr unb bie ^xan
fein eigene« 3ied)t befi^cn, fic fieljcn unter
ber OJJunbfAaft bcö ^amilienoater« ober
ffincö Steüncrtretcrö, meld)c in ältejler
3cit fel)r fireng mar, fo t>a^ bie Soc^tcr
ot)ne feine ß^l^i^iniu^S »fcber über il)rc
*Per[on nod) über ihr Sßermögen irgenb
mdcfcc Serfügung treffen fonnte. iDitann
unb 2ßeib fd)ritten bei ben alten ©errna?
neu crji fpät jur (£l)c. 3)ie Cled)t«form
berfdben mar ein Äauf, ben ber 23or=
tnunb, in crfter ßinic ber Satcr, mit bcm
©cmcrber abfd)Io§. Unfreie Seutc bcburf«
ten ber ®enel;migung ilireö ^errn , bem
fie bafür eine Steuer bejablen mußten.
Stur aHmä^lii^ unb burd) Untccp^ung
ber fir*lid)cn *}lnf*auungen ermud^ö hai
Selbflbeflimmungötec^t ber Jungfrau. 2)ie
SScrabrebung über bie ju jaljlenbc @ummc,
mahalscaz, mantscaz, brütmiete, ober ba«
öffentlid), vor gclabenen 3f"d«" au^ge«
fvro(^cne ®clöbniö be^ Srautigam*, ben
3!)Junbfd)a^ ju erlegen, unb hai ®egcn«
gekJbni^ beä iBormunbe^, bafür bie '-Braut
JU überantmorten, mar bie oornebmfie unb
binbenbfie ^anblung bei ber (äljefcftlie^ung.
Sßon mahaljan = fprec^cn , befonberä in
ber gerid)tlid)en 33erl;anblung, nannte man
bic ^anblung beö Scrloben^ mahalon;
der gemahel unb diu gemahele finb bie
SScrlobten; das gemahel für bie iBerlobtc
mirb crft im 15. 3al)rbunbcrt gebräuchlich).
Über bie meiteren @;l)el;anblungen fie^c
ben 'Mrtifel (Sl)c.
2Bar bie 3u"9^öu ^^t" 9Wannc anges
traut, fo mar ftc rccbtlid} Eigentum bcö
SDJanneä gemorben. Sr burftc fic töten,
vererben, firafen, förperli*^ ;!|üct)tigen. dloä)
im 9?ibelungenlicbc erjäl^lt Äriemt)ilb,
Siegfrieb babe ibr für baö unnü^c ®c=
fd)md^ ber 93runl)ilb gegenüber ben lip
zerblouwen. (Jl)elid)e Untreue beö Jßetbcö
mürbe auf ia^ t)artefic beftraft, ber DJfann
burfte fic, menn er fie auf frifc^er Xl)at
ertappte, crfd)lagen; ivurbc i^r geben ge-
fc^ont, fo Pcrlor fie iljr iBermögen an it)n,
mürbe in ®e9enmart ber Sermanbtcn
fd)impflid) auö bem ^aufc geflogen, beö
langen ^aarfc^mucfcö beraubt unb unter
Sd^Uigen burcft bai 3)orf gejagt. Untreue
beö SDtanneä in ber (£t)e blieb ungcjlraft.
*Bielmciberei mar jmar ben ®ernianen
nid)t gauj frcmb, llriorn^ j. !ö. l)atte jmei
g^rauen ; bod) mar biefe Sitte meifi burd)
politifd)c SRüdfid)tcn Bornc^mer SDJänner
Bcranlapt. Sacituö rechnet eö ben ®crma=
neu jur obre an, ta'ß fie fic^ mit einem
SBeibe begnügen. Äebfen bagegen, b. f).
nici)t burd) öffentlid}en 2)?unbfauf ücrbuns
bene grauen galten burcl)ö ganje SWittel-
alter ^inburd) nic^t für unjiemlid^.
®e9tnüber ber rcd)tlicö niebrigen Stel-
lung ber gcrmanif(^en '^xan machten fic^
im praftifd)cn fomol)! alö im fittlic^s
religiöfcn Scben ''^Infd^auungcn gcltenb,
melcf)e ber Stellung ber grau fe^r jugute
famen. Die gtau mar be« Sianneä ®c=
noffm in \5rcub unb Seib, fie mar, ma^
ibr yiami bcfagt, |>errin bcö Jpaufeö.
grauen unb 3ungfrauen rcid)ten beim
äiablc ben Sed)cr ober tai Zx{nti}oxn
uml}er , fie folgten bem Spanne in bic
S(^lad)t, feuerten feine Sapferfeit an unb
pcrbanbcn feine aSunbcn.
51m l)eQftcn fpiegelt fid) bie fittlicf)e Se*
beutung ber germanifc^en grau im religio*
fen Scben beö iJolfee unb t)ier jucrfi in
9
130
{grauen.
bcn ® Ott innen bcä93oIfeö unb jumat in
bcr getmanifc^m ©öttcrmutter , %xi\a
(fte^e bic bcfonberen 'Hrtifcl). 'aber axid) in
ben fierbtic&en grauen faben bie ©ermanen
cttttaö ^eilige« unb Jßei^fagenbeö ,• fxe
fud)ten in bcn &öd)^en 2)ingen il)ren SRat
unb metftcn auf ibte Qlntworten. Dieben
bem ^auöfater, ber im .^aufe bie pricjier«
liefen ®efd)äftc poUsoc^, crfcljeint bie ^auö-
muttet nl^ *priefierin beä i>aufe^, neben
ben <Ptieftern ber (Semeinbc erf(^eincn aud)
*priefterinnen ber ©efamt^eit. iBeleba
würbe ton ben Srufterern fafi göttlid)
»ere^rt unb batte auf bie Unternef)mungen
be« "Solfeä ben größten ®inftu§; bie
^raucnnamen auf trüt, Electrndis, Ans-
trudls, laffen ^ricfterinnen für bie
Präger beä iJJamenö »orauöfe^en. ^xtt)^
Scmpelbienft n>irb burd) eine Jungfrau
oerfet)en. Dagegen f)at man fein iHet^t,
einen abgefd)loffenen @tanb ber 'Pricjie»
rinnen anjunebmen; mo *Prief^erinnen ers
f(^einen, ftnb eö folc^e J^rauen, bic ftc^
jum göttlicf)en I)ienfic unb jur 3Bci«fagung
Bcfonbevö befäbigten. 2)enn SBeiefagung
mar bie ^auptf)ätigfeit ber priefterlid^en
grauen. Sie erfcbauten hai ®efd)id auö
bem ßofc, bem rinnenben Dpferblute ber
geopferten Äriegögcfangenen. ®aä Sofen
%t\d)a\) bind) bie C^unen: Sucbenfläbe, in
meldbe 3eicben geriet waren, mürben auf
ein mei§e^ Juc^ geworfen, unb mit ®ebet
unb 331id jum |)immel bob ber ?)rierter
ober bie (|3rieilerin brei Stäbe auf, auö
bcncn fte ben Söitlen ber ®ötter lafcn.
I)aäu geborte alfo bic Äunbe »om ßefen
unb €d)rciben, eine Äunjl, bic biä inä
ÜJJittcIalter bie ^^rauen »or ben üWännern
»orauä [galten. Qiuct) ®efang unb 3;anj
jät)lten ju ben gotteäbienftlidjen iBerpflicf)«
lungen bcr *Priefterinnen, bie natürlich ouc^
an benUmjügen, meldte bie ©cttbeit im'Bilbe
ober (Symbole auf ^eiligem Ißagen atiläbr*
li^ txixä) ba^ öanb biett, teilnahmen.
*l!rieflcrinncn maren beim Opfern tbätig,
fle nerricbtcten in ältefter 3^'^ fogiir
iüJenfd^cnopfcr; fic beforgtcn tai Sieben
ber Cpfertierc, ^ai ^adin ber Opferfud)en.
QUui) anbere 2l>ciber neben ben ^riePc-
linnen mibmeten fxä) ber «Beißfagung, fte
I)ie^cn wisin wip, Weife ober fluge grauen.
€ie t)aben ibrcn göttlichen |)intergrunb
on bcn i)?ornen unb ffialfürcn; nor«
bifd) heilen f^e völnr; völuspa, ber iffiala
aBeisfagung, ift ein^ ber hltej^cn dtta'
lieber, morin ber «Scbcrin Heidr bie Ser^
fünbigung bcö 2öeltgefd)icfeö in ben SOJunb
gelegt mirb. ©oldbe Söciber jietjen mciä*
fagenb im ßanbc um^er , mit ^anbtx^
fprüd)en oertraut unb auf ßiiut^crmerf ge*
übt ; man labet fte gern ju 5eflfd)mäufcn,
bei met*cn fte bann in ber 9'Jad)t bcn
3auber fteben unb vom Dierbeinigcn @d)e*
mel berab if)re SBeiöfagungen »erfünben.
©er 3*iuf'eftranf gab Tlaä)l über ÜWen»
fd)en, iierc unb Sßetter; feine SBirfung
mar nad) bcn ®cgenftänben , bic in bcn
Äeffel famen, »crfcbieben. S)ie Sinnesart
ber 'JWenfc^en fonnte ccriinbert , $a^ ober
ßiebe it)m eingeflößt merben; (angfamcö
^inftec^en, ißerfcfeen <\ni ber ^ixni: in bie
yidi)i, ©rjeugung »on «Sturm, Unwetter
unb SOJiömad)ä fd)ricb man bem QanhiX'
gebrau ju, au^ Teilung ber Äranf«
Reiten. iDenn fomol;l *^ricficrinnen alö
meifc gfauf" erfcbicnen jur ^eitfunfi be«
fät)igt. Teilung »on .^ranf^eiten War ein
Opfcrbicnft, bie grauenfranthciten, befon*
ber^ bie ®eburten, ftanbcn unter grcia^
9[Jlac^t. Tlit bem Untergang beä getmani«
fdien ®öttcrglauben^ ftnb biefc weifen
grauen ju ^eyen gemorbcn, (f b. Qirt.).
Über bie Srjie^n g ber SWäbcften [uijt
biefen Qlrtifcl. SBa^ enblid) für bic alt«
germ. fperiobe bie ßicbe beö 2öcibe^ jum
ÜWannc, ber Jungfrau jum Jüngling betrifft,
fo mirfte ber feufd)e Sinn beö 53otfeö, bic
Qld)tung t>or 3"'^)' unb @^re ^eiligenb auf
ben Ted)tlid) nicbrigen Stanb beö SBcibc^
ein. Sigenttidie SiebcöoctficiUiiiffe Eonnten
ber St)e nicbt riorauöge[;en, meil tai ®efe^
bcnSBcrber ^um 33atcr unb nidjt äurlodbter
^inmieö. I)ic Siebe entfprang in bemSufen
bc«20cibeö, unb berSOJann nat)m fte bin aU
Qlncrfennung feiner Süc^tigfeit, bic cv for=
bem fonnte unb bie er mit cfirlic^er 3unfi=
gung belohnte. I)icfer ®eip [prid)t ftd^ in
ber früt)mittelalterlid)en I)icbtung auö,
namentlich in bcn ©bbaliebcrn, im ßicbe
t>on SBaltbcr unb ^iltgunt. 2>q« ffiort,
bciii in biefer älteren ^i\t bie 3"n6'9uns
bed 2Beibcä jum 2}iannc bejeic^nete, ift
minne, minna, urfprüngli(^ tai S)cnfen,
tai Qlnbcnfcn, bie ©rinnevung.
3. Stellung bcr grau in !^öfif(^cr
3 ei t. ®tft bie böfifcbc 3eit ^at burd) frembc
(Sinflüffc ta^ 93crl;ältniö be« 2ßcibeö jum
Wanne, aber blo§ inner{)alb bc^ SRittertum^,
gänjlid) »eränbcrt unb bcn OWann jum b^^'
wunbcrnben unb wcrbenbcn leil, bic wcib*
lic^c S*önl)cit an StcHc ber männlidben
2;üd)tigfeit jur Quelle ber ßicbe gemad^t.
2)icfer Umfd)Wung i)nt febr oetfc^iebene
Urfadben- 5)ie fojiilc 5luäbilbung be^
SRittcrftanbcä ali cineö oon bcr nidjtrittcrs
ltd)en SBclt getrennten jog natürlich aud^
grauen.
131
bie tt)cibli(^e ®cfeQfdE)aft in bie ©ptjare
b«ä abgcfonberten 6tanbe^Icbenö; im
Orient t^at [xd) für bie Äreujfa{)rcr tai
Silb cineö ücrfcinerten , au^gcbilbetcn,
burc^ ^Poefte unb ^un)l gefi^nüicftcn ©tan=
beälebcnö auf, tüorin baö Slßcib eine »efent«
lid^e SRofle fpielte; bie 5iuöbilbung beä
SWarienfuItuö fieüte auct) für ben gldubis
gen 6£)ri|len ein jungfräulictieö Sßeib in
bie nii(ä)Pe 3läi)t ®otteö unb gab ben
Jungfrauen unb 51^^''^" ^^^ ©cgcnwart
ein erirünfc^teö, burdf) bie Äircftc gebeilig*
tcö 3beal; bie fübfranjöftfi^cn SRitter, bie
in einem rei($en, blütjenben ßanbe längft
on feinere ®enüffe gewobnt maren alö
ber beutf(i)e iRitterömann fte fannte, unb
bencn bie ffiürbe unb (5t)re ber e^clid)en
^eufc^bcit unb Sreue im ©inne ber guten
bcutfcben (Sitte fremb hsar, bitbeten juerfi
ben fonoentioneücn ritterlict)en ÜHinne-
bienfi auö. ^Jac^ it)rer ilJJinnefunji
giebt eö iner ©tufen be^ IDJinnebienfleö.
Stuf ber erficn ©tufe jl:cf)t ber fctimad)«
tenbe SRittcr, ber feine ^eim!iä)e Siebe nic^t
ju gcftebcn lüagt, fonbcrn üerbirgt unb
ftcf) rierfteüt, ber feignaire; Jjat er, burc^
bie ^rau ermutigt, bag ®eftänbniö ge=
tuagt, fo tt)irb er ein Sittcnber, pregalre;
nimmt fie i^n jum förmlichen IBiebeöbienft
an, fo h)irb er ein Srprter, entendaire,
unb ifi i^m enblicfi bie böct)f}e ®unft gc=
tt)äf)rt, fo t)eift er ber Siebfjaber, dratz.
S)er (Sr^örung ging eine *Prüfutigöjeit
»oran, beren i)auer bem ©utbünfen ber
S)ame übcrlaffen voax; biefelbe bebnte ftd)
nid)t fetten auf fünf ^ai)n auö. 2Bar
bie ^Prüfung glüdlicf) iiorbeigegangcn, bann
tt)urbc ber JRitter ber iBafatl feiner ^erjenö«
fönigin unb förmtict) üon i^r belebnt.
3n ©übfranfrei«^ njenigfienö gefc^ab bieö
mit ben gleichen ftjmbolifdien S^ic^en, wie
fte bei ber tt)irflid)en 93elef)nung eineö
SSafaüen j^attfanbcn: ^nieen, ^cinbefats
ten, ^u§ unb SRing, aüä) baö ©c^e*
ren ber ^aare fam »or unb pricfter«
lic^e Sinfegnung. S)er JRitter trug nun
an ©(f)ilb ober ßanje bie Q^arben ber %xan
unb ein r>on il;r erteilteö 2ßappenjeid)en:
JRing, ®ürtel, ^aarbanb, ©ct)Ieier ober
Strmel. 2)ie grauen oerlangten au§er all-
gemeinen Setüeifen ber ßiebe biefe ober
jene S^at be« ©e^orfamö unb oft auf
fc^r launenhafte 5trt; man(^e iRitter ftnb
bon i^rer S)ame gejwungen tt)orben, an
einem ^reujjug teiljunefim'en. '^ittx SRitter
mufte ftc^ nad) bem ®eifte ber 3fit f*"^
^errin annebmen, bie jebod) nie feine
eigene ^rau fein fonnte. 2)er p^antajiifcbc
®eijl: ber ^dt ermöglichte cet jttJar, baß
ber ÜRinnebienfi junjeilen gänjli(^ ibeal,
blog in ber (Smpftnbung lebenb fid) ge*
f^altete; cö gab S[)emänner, vodd)^ bie
(Srtaubniä erteilten, ba^ anbcre i^ren
grauen bienten. Qlnbcrfeitä war ber
®eift ber 3eit bei beiben ®efcf)lect)tern
fmnlic^em ®enuffe nicfet minber jugett^an,
unb ber S!Rinnebienft war bie gegebene
Leiter baju. 2Bie nac^ ber ©itte bie an-
wefenbcn 55afa(ien ben ßebnäfjerrn ju
ißcttc begleiteten unb ftc^ erft entfernten,
wenn er'^ftcii niebercielegt fiatte, fo beglei<
tcte ber begüniligte Sieb^aber bie ^rau
inä ®d)Iafgema^. 5a, bie ^rau gewährte
bem ßiebl)aber juweilen eine SRac^t in it)ren
Firmen, wenn er [xd) eiblid) üerpflid)tete,
fid) nid)tö weiter alö einen Äu§ ju erlau=
ben. Qtuö biefer verbreiteten ©ittc ftnb
bie Sagclieber entftanben (fief)c ben be=
fonbern^Jtrtifel). 5Dcr3wiefpaIt jwifcben ber
bloß empfunbenen 2iebe«fet)nfucf)t unb ber
ftnnlic^en SBirflic^feit lieg 23erfc^wie =
gen^eit aU eine befonbcre @orge ber
Siebenben erf^einen; eö war beebalb eine
e^renppi^t be^ 'Utinnefanger^, ben iRamen
ber grau gar ni^t ober nur t>crf)üüt ju
nennen. Qlucf) bie 'Jlufpaffcr ober merkaere,
welche bie greube ber ßiebenbcn 2ag unb
9ia(I)t »erbittern, geboren jum fiel;enbcn
Sciwerf beS SOJinnelebene.
SBelc^e befonbere ®eftalt ber fon*
tientionelte grauenbienfl be8 SRit*
tertum^ in I)eutfc^Ianb angenommen
haU, iji mit @ict)erf)eit nid)t ju fagen.
®ie oben genannten ßier Stufen be^
ÜRinnebienfie« ftnb bei beutfc^en 5Dic^tern
nid)t na^juweifen, unb überf)aupt ift c#
mebr ber gefeüfd)aftlid)e unb poetifc^c
SRePey, ber auö ber «JJrotience nad) S)eutf^=
lanb t)inüberf($eint, atö bie ©ac^c felber.
5Die Vorliebe ber ritterlid)en Sänger für
ben grauenbienji, baö ®eiammer über bie
merkaere, bie Sagetieber, tai ®efe^ bct
*ßerfd)Wiegent)eit , atleö mad)t ben ®in=
brud beä auö ber $|rembe eingelernten, unb
eö ftnb auc^ b!o§ einige wenige aügemeinc
3üge, auö beren leid^tbcr^ulfetlenber üRi*
fd)ung ber etwa« wäfferige SReid^tum
ber grauenbic^tungen tjemorgeljt. 5Der
pronenpalifd^e 31Rinnebien(i t)ob ba'ä Don
ber 33oIföfttte geforberte Sf)eleben eigent*
Ii(^ auf, unb franjöftfd)e ©d^riftftcQer er«
flären, ia^ nur folc^e «Perfonen unter ben
®efe^cn ber Siebe fielen, welche ni^t
miteinanber »erheiratet ftnb; jwifd^en ©tje«
leuten finbe feine Siebe me^r jtatt, unb
wenn jwei Siebenbc einanber heiraten,
9*
132
JJraucn.
«rlüfd^c auc^cnblicflic^ baä iBerl)äUniö. 2)a§
ein SKann ober eine S5anie öetbciratet [ei,
^inbcrc feinen Seil, ein8iebe^oerf)äItniö mit
einer britten ({Jerfon einjugelien. 2)cr
HRöncf) D^oftrabanniö, ber Siograpft ber
Iroubabourö, erflärt: Causa conjugii ab
amore non est excusatio certa. 2)er beutfc^c
ÜJJinnebienfi fd}n.iebte flletci)fam in ber
Suft, über ben tttirfliiien *Pert)aItnif[en,
blo^ in ber *]ßf)antafte beä 3fif''tff'^^- ©eine
-^auptquctle ftnb bie, franjöfifd^en Ducüen
entnommenen Slitterepen, bcfonberö tk Qir*
tuöcpen, bcren gelben 3tt)cin,®arDein, 6ref,
<Parjit)al, S;iturel,Irijlan al^iWufier galan*
ter 5Ritter bargefleüt finb. .(ao iji aud) ber
2Bort[ct)a^ beä beutfcfcenSWinncbienjleönicfct
gerabc reid). 2)aö SBort frouwe get)ört in
crjter ßinie baju, »eil ber GUitter [o [eine
(Srforene, [eine^errin an[prQd); genäde
I)eiit ber Spfünnelo^n; [eine 2lrt ^iingt
[et)r Don 5tbft^t, ®c[innung unb Oeftttung
ber fiicbenben ab; fic fann reine järtlid^e
Zuneigung, ein Slid, ein ffiort, ein (gr=
röten [ein, ober ein äu§creö 3cicf)en ber
Suneigung: Srie[,5Ring,2lrmbanb, «Spange,
®ürtel, ®cf)Ieier, 5lusfiattung an SRog,
Äleibungen, 2ÖQ[fen ober enblic^ ©emätj*
tung ber minne.
fein ttie[enüicf) üer[(f)icbeneö Clement ift
ia^ DlJJotio ect)tcr, n^al^rer ßicbc in
ben äugeren formen ritterltd)cr ©alantcrie.
SiKit ber fonuentionellen grauenminne tvar
aud) im au[9e[d)Io[[enen ©emüte bie[er
3cit natürlich aud) bie Jüa^re ßiebe er«
tvai)t, bie ben Süngling jur 3ung[rau
I^in5iet)t; ibr ge()ört ta^ [d)öne öiebc^en an:
Du bist min, ih bin diu,
des solt du gewis sin.
du bist beslozzen
in reinem herzen.
verlorn ist daz sluzzelin:
du muost immer darinne sin.
2)iefe DDUnneträger fmb nidit mc^r
frouwe unb herr, [onbern man unb wip,
unb ber beliebte Stielt, maä eblcr unb
be[[cr [ei frouwe ober wip, bcruljt mc[ent5
lid) au[ ber grage nad) p[ifd)=fonnentio=
neuer üJJinne ober nad) ber tie[eren ßiebe;
Sßalt^er l)at ftd) [ür bie le^tere au0ge=
fprod)en. Sic menigen tiefemp[unbenen
ßieber unter ber großen ^ai)l ber SWinne»
lieber ftnb ßieber ber ßiebe; bie ßiebc ifi
€0 aud), bie, immerl)in an ben ritterlicben
grauenhilt erinnernb, taii D^ibelungenlieb
unb bie ®ubrun in ftc^ au[genommen l)aben;
soltu immer herzenliche
zer werlte werden fro,
däz kümt von mannes minne,
du wirst ein schoene wip,
übe dir got gefüeget
eins rehte guoten ritters lip.
S)arin tlingt v.od) tief unb t>oII bie
ältere Qluffaf[ung t>om iBfrl)äItniö bc«
ÜKanneö jum 2Beibe, unb ebenfo in bem
jmeiten ®tunb ber *}lbmei[ung Äriembilbenss
(ber erpe ijt, ta^ fie xi)xi jungfräulid)c
©d)önl;)eit nid)t aufop[crn miü), i>a$ liebe
mit leide ze jungest Ionen kan. I)ic[er
@egen[a^ »on liebe unb leid ifi au^ fonfl
in ber l)öfi[d)en Sichtung meit üerbrcitct;
mäl^renb ber Stame minne in [einem ur«
[prünglid)en Sßerte längji üerbunfclt, jum
fonoentioneüen ßiebeöauebrucf geworben
mar, gab tai Sffiort liebe eben bur^ [ei*
neu ®egenpart, tai leit, bem Segriffe
ncueä, unmittelbare^ ßeben, hai auBcrf)alb
ber ^öfi[d)en ®efetl[d)a[t [einen ®runb
i)atte. SBie über wip unb frouwe, [o
roirb aud) über ben pt)eren Söert ber minne
ober liebe geftritten; SReinmar oon S^JCter
[prid)t ftd) [ür minne auö, Ulrid^ üon
fiied)tenjiein ibentifijiett beibc SffiÖrtcr:
Staetiu liebe heizet minne.
liebe, minne, ist al ein:
die kan ich in minem sinne
niht gemachen wol zuo zwein.
liebe muoz mir minne sin
immer in dem herzen min.
^^reibanfö Söefd)eiben^eit ^anbelt in 3lb*
[c^nitt 37 von minne unde wiben, unb
benft babei faum je an ben ritterliä)en
2)icnft, [onbern an baö natürliche SBcr*
^ältniö üon iDJann unb SBeib:
Swer minnet, daz er minnen sol,
dem ist mit eime wibe wol;
ist si guot, erst wol gewert,
swes man von allen wiben gert.
Ein man sol sin getriuwer wip
minnen für sin selbes lip ;
swer ein getriuwes wip hat,
diu tuot. im maneger sorgen rät. —
Ist schoene wip getriuwe,
der lop sol wesen niuwe.
3?ie 51rt tti ßicbeälebenä i(l nid^t tai
einzige, maö bie ^rau ber I)öfi[c^en 3cit
befiimmt, aber ta^ am mciften (Barattes
ri[ii[d)e; [ie \)at ben I)ö[i[d)cn I)ic^tern ben
Jiamen 2)?inne[dnger öcr[d)afft. 3n engem
3u[amment)ang mit ber ßiebc jtc^t bie
Sd^önl;eit, ml;b. diu schoene. QIHc
.^»elbinnen ber Ctittergebic^te fmb, a\i ob
fii) tai non [elbcr eerjtänbe, [c^ön, bod^
gelingt e^ ber 3eit nur in befd)cibencm
Wa^i, bie einzelnen 3ügc ber ©cfcön^cit
bar^u[ietlen ; mie benn an Äriem^ilb ni^t
gerabe anfc^aulid) diu ir unmäzen schoene
grauen.
138
gerühmt tüirb, ßux ©d^ön^cit gcfiört ba^
lange, blonbe ^aar, eine ani rot unb
h)ei| gcmifcf)tc »eftcfjtsfatbe, ber ÜJtunb
rot unb burct)f*einenb wie eine Slüte,
flein, fefigefd)Ioffen unb Devf)ei§enb; bie
3ä^nc iveig unb eben, bie 5lugenbrauen
gebogen, f^arf unb fcf)mal wie ein ^in«
feljiric^, ber 3tt''Wf"'^<ii™ jtüifi^cn ben
jtugen breit, bie 3Jafe gerabe unb lang,
Jüeber ju ftumpf noc^ ju fpi^, baä Äinn
gerunbct mit einem weiften @rübd)en, ber
|)afö tt)ei§, Doü unb feft; bie SBruil runb,
tlein unb weif; bie ©eftalt mäftig groft,
fc^lanf unb boc^ lioü, in ber 'iJJittc bee
ßcibeö fd^mal unb gelenf, bie -^JÜften uotl
unb jart, bie Seine gerabe unb runb wie
eine Äerje, bie ^iiie fd)mal, flein, ge«
iDÖIbt; 5lrme unb ^änbe wei§, gerunbet
unb fein, bie i5'"8fi^ ümg, gerabe unb
glatt. Einige «Stellen mögen bieö nä^er
öeranfcf)aulid)en:
Ir wol geroeter munt, ir liebten oagen,
ir kel, ir kinne, ir roeselihtiu wangen,
die hant daz sende herze min betwangen,
d6 si darin geblickten lieplich tongen,
dar nach zehant dö wart ich ir gevuiigen.
©ottfrieb oon dli^tn.
Wengel rosen var,
wol gestellet kinne,
ougen lüter, klär,
mineklichin tinne ( Stirn e'*
hat si, diu mir krenket leben nnde lip:
hei, saelik wip,
dar din besten tugende mirminleit vertrip !
^effe pon SRinad).
I)ie ®rjiebung ber abligcn Söditer
bcjog fic^ mebr, aU bei ben .Knaben ber
%aü trar, auf bie ^un\i beö ©direibenä
unb ßefenö unb aufterbem auf bie *}lrbei«
ten ber Hausfrau. SJJcibcn unb «Spinnen
mürbe frü^ gelernt. 3)ie Äleiber für bie
Scanner, befonberö bie Sbrenfleibcr, mur*
ben in ber kemenäte oon ben gi^auen
öcrfcrtigt. Soeben aber galt alä einer
^Jreien unmürbig; fo überlieft man baö
Sßoüefpinnen gern ben 3)ienitteuten, mäb*
rcnb cble i^rauen ©efpinnft üon %Ud)i unb
©eibe Perfertigten. 'Jim beliebtefien aber
tü'XX baö ©tiefen , wirken in ober an der
ram, für 2Banbteppic^e, Sifcbtüdjer, SOicft^
gcmänber, Qlltar=Qlnbepenbien. Qln biefen
5lrbcitcn l)atten bie jungen 9D?äbcf)en teil»
june^men, bie ficb ju ibrer Qluöbilbung
an einem befreunbeten ^of aufhielten; fte
maren flets in ber 9iät)e ibrer ^errin unb
muftten fie jumal, menn fte ausging, be=
gleiten; benn eine eble j>ame ging nie
allein auö. 5luf iai äuftere aSene^men
mürben natürlich ^obe ©tücfc gehalten,
e^ giebt barüber befonbere *3luf;ieict)nungen,
unter anberen bie ßcbrcn ber SBinäbccfin
an ibre Sot^ter. @ö galt als für eine
2)ame unfef)icflicf), mit groftcn 6ef)ritten
eint;er^ugeben, bie 5lrme lebbaft ju beme«
gen; bie 5lugen fotl fie gefenft baben,
obne ftc^ uüijufe^auen. (äinen fremben
Tlann juerft an^ureben, mar oerpönt, fic
fotltc il)n niebt einmal anbliefen, biö fte
angerebet mürbe. ?autee Sprc^en unb
lautet l'acten mar gegen bie Sitte, bie
^tau unb Junflf'^«" foöf^ ^'"B läcbeln,
smielen ober smieren. Sinige Äenntni^
ber ^eilfunjl batten bie böfifcf)en grauen
au^ frü£)erer 3fit ber geerbt.
*iluf bie fieibeäpflege, Äleibung
u. bgi. t»ermenbete bie böfif(^c grauenmelt
natürlie^ fiel ä^it, Tlüljt unb .Kunf!. 3n
erfier ßinie auf taQ $aar. ^""öfrt^utn
trugen lange, mit Säubern burebfloi^tenc,
eigene ober frembe 3öofe. bie man auc^
JU färben mußte. i)Jad) ber 53ermäl)lung
mürben alter Sitte gemäft bie ^aare auf*
gebunben. Jungfrauen gingen gemöbnliei^
ol)ne Äopfbcfecfung; im Sommer flo(^ten
fie fief) einen 33lumentran^, schapel, ber
aud) auö fünfilid)cn Slumen befielen
fonnte; befianb ber 5topffcbmuct aus mc^r
al^ einem schapel, fo beiftt er hai gebende,
ta^ nad) äJal;l, ©efci^mact unb ajtobc
fel)r tierfdbieben fein fonnte; eei mürbe al^
ber t)orjüglid)fte Seil be^ $u^eö einer
grau angefeben. Ulaä) ber SDJobe einer
gemiffen 3^'^ würbe burc^ ta^ gebende
bas ^aax am ^interfopfe üf gebunden;
ein 2,eil be^ gebendes lief unter bem
Äinn t)in unb bebedte bie 2öangen; menn
baljer ein .Ruft empfangen merben foüte,
muftte tai gebende aufgerüdt merben.
iDieÄopftrad)tt)erl)eirateter grauen
ift ber (Sd)leier, diu rise, er bing frei
ju beiben Seiten beö ^aupteö nieber unb
reid)te mit feinen 3ipf^^" ^^^ '^"f ^^^
Sruft. Verbreitet mar tai Sdjminfen
mit roter unb meifter garbe. 'ün ben
güften trugen bie grauen Soden, bie
Sd)ut)e maren mit Stidercien »eruiert
unb au0gefd)nitten. >Da6 ^emb oon meifter
garbe, leinen, banfen ober motten, mürbe,
mie alle anberen Äleibung^fiüde, bloft bei
Jage angelegt. 6ä mürbe bid)t an ben
Körper gefd)nürt unb fiel in reidjen gal=
ten biä bidbt auf bie güfte; ber obere
.^alöteil bee ^embes mar mit feinen
Diäbten , mit (Solb» unb ^erlenftidereien
gegiert, ober fein gefältelt unb mit Ärau*
fen befe^t. (Jine Agraffe, spange, vür-
134
grauen.
Spange, fd)Io§ bic ^aleöffnung. ©oroo^I
bic in in jwcitcn Jöätfte beö 13. 3al)tf).
aufgcfommcnc Sitte ber 93ruftcntblö§unc^
aU bte engen, bic ^örperformen fcf)arf
j^etwor^cbenben Kleiber »utben »iel ge^
tabelt. Qitmei würben erfovbeilidien
%cil[ti an^ ^enib angcfc^nürt ober ange«
heftet. (Sä njarcn jum S^eil lange $runf=
ormcl fon toftbaren Stojfen. 2)er rechte
Äleibcriuyuö beginnt erfi mit bem SR od e,
bcffen €d)nitt burd) bie franjöftfd)c »D'Jobe
bejiimmt \vax, nach der Franzoyser siten,
in dem snite von Franze , als man ze
Frankriche pfliget. Sr rei(f)te bi^ ju bcn
fjü^cn l^evüb, lag am Dberförper feil ge=
fc^nürt an unb »aöte unten in galten
berab. 5tm ^alöauö[d)nitt wirb er burd)
ein ©pani^e äufammengebalten; an ben
firmeln, am ^alö unb biömeilen am un«
tcren Saume ifi er mit ^eljftterf befe^t,
um bie ^üfte burd) einen ®ürtet jufams
mengefaft. @r ijl ein= ober mehrfarbig.
5Dae snrköt ifi ein über bem SRod getra«
gcnees, meiji mit $elj gefüttetteö ©emanb,
ebenfo bie ben ©tarnen entlef)nten sackenie,
godehse, bie garnasch ein ^cljüber«
n)urf nad) italienifc^er üJJobe (ital. gar-
naccia); aud^ bic kürsen ijt ein *PeIjfIeib,
baoon ber Äürfd)ner. Über bie Äleiber
nmrbe ber sw;\nz ober i>ai swenzelin an=
c,etcgt, ein lang nad}fd)Ieppenbeö ©cmanb,
ia^ befonberö jum %an\i getragen nnirbc,
fauber gefältelt, gefticft unb gegürtet. 2)0«
obcrfte ®tüd enblid) if! ber mantel, ärmcU
loö unb bi^ auf bie %ü^(. lierabreid)cnb,
unter Umfiiinben fo lang, ta^ er »on
3)icncrn na(^getragen merbcn mu^te. (Sr
lt»at haii am präd)tigfien ausgefiattetc
Älcibungäflütf, au^en unb innen reic^
tcrjiert, mcift mit Hermelin gefüttert.
3u ben (g;d)mudfa($en ber grauen
gebort ber ©ürtcl, er bejlc^t auö ber
borte, meifi auö ®eibc gemirft unb oft
übcrauö fopbar auögcftattct, ber rinke
ober i2d)naflc au^ ®laö ober (Jbelfteinen,
unb bem senke], b. i bem 9[)?etanbefd)lag an
bem anbern (Snbc ber Sorte, ber burd) bie
rinke burd)gejogen würbe unb üorn lang
l)erabl)ing. 9Jamen für ©pangen ftnb
bic nusche, ber vnrspange, baS fiirge-
spenge, bie bratsche. 2)aju fommen
Dt)rringe,^aleEetten, gingerringe,
*2trmbanbcr. 35ie |)anbfd)ul;e ftnb
öon Seber ober €eibe. Sllterc verheiratete
grauen bebcdten ben Äopf mit einem ^ute
a\ii eamt, qßcljwerf ober q3fauciifcbcrn.
Um baö93tlb be^ mittelaltcrli(^engrauen<
Icbenö in meitercm Umfange for fid) ju
^aben, mü^tc man bic grauenflöjicr in
i^Tcn Berfd)iebenett , abiigen unb bürgcr«
liefen ©eftaltungen, i>ai grauenlebcn bet
nieberen arbeitenben ©tanbc unb nid^t
minber tai ßeben ber fa^renben SGßeibct
fidb veranfc^aulid^en; ber legieren gab c^
überau« oiele, ^oä) mannigfaltiger aber
gefaltete ftc^ hai grauenlebcn in ber Ic^*
ten 3^it i5t^ 5DKtteIalterö. Q^ax blieben
cinjclnc SÜQt bcö &öfifd)cn ßebenö auc^
an ben fpätercn .^öfen ju SRec^t beflcfjen,
ja baben fid) al« 5lntiquitäten biö ^cute
ert;alten; aber ber SWinncEuIt fiarb grünb»
lid) ab, wie überhaupt bie im 12. unb
13. 3''^i^f)""^^rt beftanbene ©in^cit ber
t)öfli'd)en ©ilbung in bic S8rüä)c ging. 3n
ben ©tdbten jog ftd) bie Sürgerfrau auf
bcn Äreiö i^rer ^duölic^feit jurücf, bcnn
baö (bewerbe unb ber ^anbcl war cinjig
©ad^e ber Scanner. 5ln ©teile bcö (Segen*
fa^cö 3roifd)en f(^önen imb ^ci§lic^cn
grauen, jwif^en folcf)en, bie minne, unb
fol(^cn, bie unminne geben, 5mifd)en bobet
unb nicberer OJÜnne tritt ber (Scgenfa^
jwifd^en tugenb« unb lajier^aftcn grauen,
jmif(^en feufd^en unb unfeufd^cn, äroifd^cn
QBeltbamen unb frommen ®emütern. 3c
mebr [id) aber ein ©tanb niebriger grauen
pon bem el)rbarer grauen abfonberte, befio
eber modt)ten bie Ic^teren in ber ©teile
beö ffiürgerbaui'eä gebeiben. ©ogar in bcn
Älc)|icrn tritt ber moralifdbe 3tt5iffP''lt
jmifd)en frommen unb liebcrlid)en ®e=
noffenfdbaften auf; in mand)en 9?onnen =
l)äufern finbet bic 'DJpflif ibre fd)öne *t?Pegc,
man t)at ßieöer unb bcfdbaulid^e 23etra^«
tungen, bie in grauenflöftern cntfianbcn
ftnb; auct) ©infteblerinnen r»ermel)ren fic^
wieber; wie umgefel;rt bie ß^ronifen oiel
Don hbä)\i ftttenlofcm Iljun in ben grauen«
flöfiern bcrid)ten. 2ln ©teile beö ÜJMnncj
ließcö tritt tai Siebcölicb, tai jWar jum
Icil aud) friüolere Söne anfcfelägt, aber
im ganzen mel)r ben Srnfl ber Siebe, bai
©d)idEfal ber ftc^ treu fiiebcnben, Trennung
unb ;2Bicberfe^en befingt unb cielfac^
ältere, epifc^e unb mptbifd)c 3ügc in fidb
aufnimmt, ^ad) 35 ab i an berrfd)t in
©t. (Sauen euch ein schoen und wolge-
zogene frouwenzucht, mit schoenem nnd
souberm wandet und erbarllch bekleit
und gnoter sitten, zuo allerlei arbeit
geschickt und geneigt. 2>aö reid^fic ®ilb
beä beutfd^en grauenlebenö im 16. 3a^r«
^unbert gewinnt man wobl auö ^an^
©ad)^' (Sebidbtcn, wo in fräftigen garben
ta^ ßeben unb treiben beö beutfc^cn
SOBeibe^, beö tugenb« unb beS lajlcr^aftcn.
grauen^au«.
135
bed tnilbcn unb böfcn, bcö armen unb
icid^en, bee ^oöen unb nicbtigcn in Srnft
unb ©cfcerj 9efd)ilbctt ifi; foli^enbc SBcrfc
auö einem feiner ®c|>räc£)e , „S)aö
graben ßob eines ©ibcrweibä,
mögen bicfen *MrtifeI befd)lie§en.
(Sin alter Ü)Jann fprid;t ju einem jungen,
bcr fürjlic^ ein 2Beib genommen, mit meU
ä)em er nidjt auöfommt, unb ber beötjalb
auf bie grauen fd)mäl)t:
©ie (mein mcib) fod}t, fpült, fert,
mefd)t, neet unb fpinnt
Unb 5cu(^t mit flci§ bie iren Äinb,
3fi arbeitfam, f)äu§Iic^ unb cc^tig,
©mbfici, enblid), tvei^ unb fürtrec^tig,
TIH aiim fingen in bcm -^auß,
3»^ fei barinn ober barau§,
'üuc^ ifi fie me^ig, nimbt für gut,
S'jQd} bem bie Qnt eö bringen tbut,
5in bing ift mol mit ir verfetjcti,
3r bing mu§ aM mit ratt) gefc^ef)en,
9iLid) gel}t fie cplenb ^in ir ilra§,
€tc^t nit ju blappern bi§ unb iai,
Qu unnü^ ftc mir nid^tei ricrgeit,
Unb ift mir trem ju aller jeit ....
3fi mir aud^ millig untcrtl)an,
3u allem bcm tai i^ mitl l)an,
3u ^3ett:^ unb üfd) frcunblid)er n)ci§,
ÜJkinö miüen« ^at fte otljcit flei^,
Unb ob fie etwas unredjt tl^ut:
©traff i(^«, fo nimbt fic es für gut;
Db gleid) ein jorcn ic^ anfad),
60 güiet fte unb gibt mir nad).
©ie ifi xierftanben unb r>etfd)wiegen,
SWit feinem 9kd)baUHa t^ut fie triegen.
Sßann ic^ traunig, unmutbig bin,
IReöi fte mir baö au^ meinem Sinn
Unb tröflet mid) mit guten 2ßorten,
3fi mir freunblid) an allen orten
Unb aüe bing jum befien menb.
^ergleid) meiber unjalbar fenb,
2)ie ir ^lann tialten lieb unb mert^,
Unb tt)un, wai nur ir l)er| begehrt , . .
ei;meibcr balten flete Sieb
Unb ftnb ein el)rentreid)e Äron
3rcn Ü}{annen, fprid^t ©alomon.
5llS id) felb ^an ein c\)xlid) gramen,
jDer id) r>on l;er0en tlju oertramen,
2)ic ftd) aud) alfo jüdjtig ^elt,
5Ber) jeberman fo ehrbar fielt,
3n morten, merfen unb gepcr,
SDa§ id) ftc t>on anfang bi§t)cr
9^it ^ab gefpürt mit einem roort
ßet(^tfcrtig, frcc^ an feinem ort,
®cl)t nit nil au§ bem ^auR ma^ircn,
5tl)ut ftd) nit überme^ig jieren,
Sonbcrn fein c^rbarli^ unb fc^tc(J)t ;
ÜJiit SDtannöbilben ftc nit t>il fpred^t.
®ic ifi nit gögcl noc^ fürmi^,
?ftoci) mit fpric^morten jenä nod) bi^,
*Dlan börtö nit bubenlieblein fingen,
Sie ifi f^amljaft in allen bingen,
®ie minfcltänj ftc allmal fleud)t,
Uneljrlid) (Sfpiclfd^aft ftc aud) fd)eud)t.
33ei) mir aüein ba ifi ir mol,
©ic ifi ja aller Iiigenb vol.
Dt)n !^al ftnbt man ber SBeibcr me{}r,
SDen ir ftnn fiel)t auf Qüdtit unb S^r,
6mbfig, freunblid), in Sieb untabelid^,
ßöblid), unb mirbig unb ganj ^Ibelic^,
©in auffentl;alt irs SJJanncö leben.
2Bem ®ott ein folid^ SBcib ifi geben,
S)en fprid)t aud) feiig ©alomon
2)as ^auptmcrf über bicfen (Segenfianb
unb unfere ^auptquellc ifi 2Beinl)olb,
I>ic beutfd^en grauen in bem SJittelalter.
SBien 1851; anberc Duellen finb Sd)ul^,
^öfifdjcö ßcben; San SOI arte, 'JSarjiüal*
©tubien III.
i^tfluenöauö, m^b. frouwenhüs, aud^
grauenjimmer , iöc^tetljauä , gemeines
^aui^, freieö ^auö, offenes ^auö genannt,
ifi eine für bie Unjud)t bcfiel)enbe öffent«
lii^e 5lnfialt. grauen^äufer fommen in
S)cutfd^lanb fd)on im 13. 3i^^vf)unbert üor
unb befianbcn in allen größeren ©täbten.
©ic ftnb meifi ©igcntum ber Dbrigfcit
unb merben burd^ söeamtc ober *^Jd^tcr
ücrmaltet. Qluc^ bie Äir(^e fieütc folc^c
Käufer unter il;ren ©d)u^, ma^ j. 33.
in SRom feibor gefd)al). ÜJlan erfannte
jmar bie Unet)rbarfcit foldt)er 3nfiitutc,
f)iclt fte aber aufredet, um gröfereö Übel
ju iicrmcibcn. S)ic Sinnatjmc, bie ber
päpfilic^en Äammer jährlich auö bicfen
'Jlnfialten jufam, foü im 16. 3'i|)r';unbcrt
manchmal 20 000 ©ufatcn betragen l)abcit.
SiandK grauent)äufer ftnb fürfilid)c,
bifd)öflid)c 9ieid)Slel;cii. Dieben ben offcnt*
lid)en graucnt)äufern befianbcn fafi überall
noc^ t)eimUd)e grauent)äufer, oon iBKinnern
ober t>on grauen unterl)aUcn; grauen?
mirt, graucnmeificr, |)urenmirt,
greimirt l)ciBt ber iöorficber einer obrig*
feitlid)en, SHuffian, ml)b. raffiän, riffieii,
riffin, ruffigan u. bgl., üom ital. ruflfo,
raffiano, ber 9)tann, ber auf eigene gaufi
biefeö ®emerbc treibt. 3Iuc^ Oafimirte
trieben bas ®cuierbe unb unterl)icltcn
fabrcnbe grauen moc^enlang S)ie |)aufcr
fianben cntmeber bireft unter bcr 2tuffict)t
beö SRateä ober beä ©ürgermeifiersi, ober
unter einem ber niebrigfien öeamtcn,
©c^arfric^ter, ©tocfer u. bgl. S)ic Sage
ber grauen{)äufer mar überall eine abge«
fc^iebene, mcber in ber yi'ai)i pon Äirc^cit
136
i^rauenjimmct — Freia.
noc^ fiarf bctt)of)ntcn ©trafen, oft an ber
©tabtmaucr; man erfcnnt [old^e (Segenben
jum Icil beute noc^ an if)rcn SRamen:
J^rauengofc^en in DiJürnberg unb gc()aff=
baufen, §rauenflecf in SBien, öibergaffe
in gtrafburg, J^i^^wen^oi^n, J^rauentutm,
^tauenpfortc in granffutt a. Tl. 2)ie
dlteficn g^'m^nbäufer ftnb bic beiben (Si-
linger oom %\iii 1300; in S^xiä) »urbe
1314 ein folcbeö aufgebobcn. S)ie 93lüte
be^ 3nfi'tutö im 15. ^abrbunbert b«"öt
mit bem SRcicbtum unb Suyu^ bev ©täbte
in biefcm 3'if)'^f'unbert jufammcn. 3n
bcn jablreid) erbaltenen grauenbau8orb=
nungen wirb unter anbetem befitmmt, tci^
eine S)irnt unter feiner Sebingung am
Qlußtreten »erbinbcrt »erben fönne, oud)
war ibnen bie leitnabme am ®otte«bienft
gefiebert; befonbere non ben ^auebewob^
nern unterbaltenc Äerjen brannten ftiäb«
renb ber ©onntagönacbt i" ^^^ ^auplEircfte;
am (Samötogabenb unb an titx großen
iJeiertngen blieb tau ^aui gefcbloffen;
auc^ für Äranfenpficge unb ^Iteröferfor^
gung ber fsnfaffinnen roaxtn an mantbcn
Orten ©ejlinimungen getroffen. 3n be«
treff ber 9}?änncr war an manchen Orten
tierbotcn, Q3riePer unb anbcre genseibte
^erfonen einjulaffen , an anberen Orten
fotltc ein $rie;ler nur nic^t über iWacbt
im ^aufe gelaffen »erben; Sbemänner
»aren jum leil ebenfaüö auägefd)Ioffen,
ober fie »urben im %a[i beö 23efud)eö mit
©efäiigni^ ober ®elbbu§e geftraft; ben
3ubcn »aren biefe Käufer überatt nerbo»
ten. 5f«i'e"i^''ii^te unb 2)irncn »aren überaü
frcmbe Seute, nicbt Sürger unb Bürge-
rinnen. S)ie jDirnen »raren üonObricifeitää
»egen ju einer bcflimmtcn, auffälligen
Ira^t angebalten; biefe beftanb in einer
befiimmten 'ilrt »on SWänteln ober ^al^*
fragen ober in roter ©dblcifc auf ber
linfcn ,€dbulter ober in einem um ben
*Hrm genjunbcnen ©anbe »on beflimmter
^arbc. 33efonberö bic gelbe ^axbi wax
bier bejeicbnenb; in 93crn unb ^üxiä) tiu«
gen fte rote Ääpp^en. 21n üielen Orten
roar c^ Sitte, ta^ man bie S)irnen bei
fejilidben ©elegcnbeiten, Sänjen, ^od)äeitös
fefien inö ^atbauö ober in ^atrijier*
ttjobnungen einlub. ®ie überreicbten bie
Slumenfiräuf e unb »urben bafür bewirtet,
einjiebenben gürten »urbcn auf 33efebl
beei iRütcö burd) biefe ^erfoncn Sölumen»
firäufe überreicbt; in Jßien tanj^ten fic
öffentlich mit ben ^anbmerfögefeüen im
3Beifein ton ©ürgermeifter unb Cftat um
bau Sobannisfeuer. infolge ber SRefor»
mation tnurben in proteftantifdben unb in
fatbolifcben ©täbten bic ^raucnbäufet auf«
geboben. iRa* Äriegf, Deutfcbe^ ©ür«
gertum, II, <abfd)n. 15.
grauenjimmer, auö abb. zimpar, mbb.
zimber, zimmer = Saubolj unb bamit
crricbtete^ ©ebäube, ijl urfprünglicb g^rauen«
gemad), ^rauenfammer unb feit bem 15.
Jabrbunbert corfommenb; ia^ SBort galt
gegenüber ^i^^menbauä (fiebe biefe^) a(^
ber Qlufentbalt fittfamer ober bod) oor-
nebmer J^raucn, ^offrauen, j 33.
ihr zarten jungfraun gross und klein,
kompt mit ins frauenzimmer rein.
^tjrer.
5tuä biefer erfreu Scbeutung entwidelt ficb
um 1500 bie foüeftiüe iBebeutung ber im
3immer mobnenben grauen, ber n)ciblid)en
©ienerfcbaft, be« ®efoIge^ ber gü'^fiin^
j. 23. bie |)erjogin unb basi ?5iouenjimmer;
bic OWuftf mar lieblid), ber Sffiein gut, ba*
^rauenjimmer fd)ön. 35ic meitere söcbcu*
tung lief ben räumlid) einbeitlid)en 23cs
griff t»on ^itnirier fabren unb nannte
^rauenjimmer ^i^""*^" insgemein, in ber
SRegcl üornebme, mobfgcfittete. 3"Ie&t
trat au^ bem Äotleftio n?ieber bic 23or»
flctlung be« Snbiüituumö bfti'or, mie bei
Söurf^ unb .Kamcrab, unb ^'^auen*
jimmcr mürbe ber D^ame für eine cinjcine
unb jmat eine feine, gcbilbetc ^xamni'
perfon; biefer ©ebraucb beä ilöorte^ finbet
ftc^ juerjt bei Opi^ in ber 1622 gefcbric*
benen ®cb eiferet: „2Bie nun ein 2)?cnfcb
in einem ißilbe bie Äunfi unb nid)t tai
23ilb, in einer $flanje bie ^ruc^t unb
nid)t bie ^flanjc liebet, alfo muffen mir
in einem fd)önen ^^rauenUmmer nicbt bie
®e{ialt, fonbcrn bic €cbönbeit beö ®emüte^
erbeben unb bod)balten." ■^äufig mirb
biefe Sebeutung jebodb eril jmifd)en 1730
unb 1750. ®rimm^ SBörterbud).
Freia, Fria, Frigg. S)ie germanifcbc
®öttermutter entflcbt auä ber Dtaturbe«
beutung ber näbrenben Söolfe, ber firab=
lenben iSonne unb ber frucbttragenbcn
6rbe, namentli^ au^ ber erflen biefer brei
ißebeutungen; bic 2Bolfenfrau ifi be^
©turmgotteö ®cmablin; mit ibr fmb bann
9?orjleUungen oon bcn leucbtenbcn 5'^^uen
ber SWorgenrötc unb ©onnc jufammenges
floffen, unb bie Sßorftellung ber Söolfcn*
göttin im ©ctreibefelb bringt fic ber (5rb*
göttin nabc. 35af aber ibre 3iaturbebeu«
tung früb burd) ctbifd)c ©ebanfen »er«
geiftigt morben ijl, bezeugt ibr iilteflcr
SRamc, Friia, Fria, Frea, b. b- ^'C ßie«
bcnbe, 5«wnt>Iicbc. Steben biefen ^iamcn
Freia,
137
ctfd^eint aber auä) bie nicbetbeutf^e, »et*
bict)tetc ^ort" bcöfclbcn Slßorte««, Frikka.
®ie entnimmt il)re ett)ifd)en Süge bem
Söalten ber beutf(i)en ^rau unb 93iutter,
bcr ^errfd^erin auf bem ^ofe; ȟic biefe
fpinnt unb wixU unb webt fte unb f)äit
5luffti$t über bie Änei^tc, SOJägbe unb
jlinber. 'Jluf ber ^auäfvau rul^t bie 'öe*
^aglidifeit unb iai @IM be^ ^aufcä.
3m SDIetfaalc fxtjt fie, golb9efd)mü(ft,
mit leuc^tenber ^lUiflcnbrauc, beä SOJanneö
33anfi3eno[fin, obenan. 23om SRat unb 5IuÖ5
fprud) ber JVniuen marfite ber ®ermane
oft bcn 33e9inn beä Äampfeä abt^angig;
einjelne ^i^'^wcn fianben alö ^Beraterinnen
ganjer *ßölfcr in faft götttidjem '2lnfe[)en.
©cfeon im 4. 3ii()'^f)unbert erhielt ber
fed^fte SBocfientog,' dies Veneris, nad)
Fria , ben 9iamen Friatac , Frigetac,
i^reitac). *}Uö (Söttin ber f^urmgejag*
ten SBolfe cvf(i)eint Fria aU tu übe
3ägerin, tie gleid) SBoban juv Qät ber
SBinterfonnenttienbe nad)te burd) bie ßuft
tobt; bann i)ält fie, tt)ie fpäter im 5rüt)Iing,
einen fcgncnben Umjug burd)ö ßanb. ®ie
ge^t tton ^au^ ,^u ^auö unb fd)aut in
bie Stuben, ob bie !)DJäbd)en ben ^UAii
oom »gpinnrod'en gefponnen l)aben; ifi
ba^ nid)t gefdieljen, fo verunreinigt fie baö
®efpinft. (Sern bält fid) bie ®öttin in
SBäibern unb unter Jßcibenbdumen auf;
ta fi^t fte am ftiüen See unb fpinnt unb
t)afpclt mit il)rem großen S)aumen, unb
aü il)r ®efpinil mirb flareä ®olb. Sic
ffioban feiner ®emaf)lin im Sturme na^*
jagt, fo flreift umgefcl)rt '^xan Frien, mit
tt)ei§er ^aube unb meinem, tangbcrab=
tüaQcnbem ©ewanbc anget^an , meinenb
unb flagenb über 93erg unb Zi)(il, i^ren
®emat)l ober freier ju fud)cn. 3t;r eigent*
Ud)ct 2Bol)nft^ aber ifl im ^immel. 'ÜU
J^immel'fgöttin trägt [xi. ein leuchten*
beö ^al^tiefc^meibe, Brosingamene. Sie
fiel)t bem *JIderbau vor, mirb üU ^übrerin
ber milben "^a^t, bie auö Seelen bcPet)t,
lobeögöttin, unb tt)irb au^erbem atä®(jttin
ber (Sbc unb ber ®eburt »erebrt.
Qtuger bem älteftcn iWamen Fria, bcr in
Drtänamen überaü in Dcutfc^lanb unb in
bcr 93oIföfagc ber Ucfermarf unb ber ?llt=
mar! ^eute noc^ fortlebt, fü^rt bie ®öttin,
nod) Seinamen, unter roei(^en fte in an*
bcren Sanbfd)aften jum Jeil mit befon*
bcrct ©ctonung einjelner 3^9« üerel)rt
h)irb: 3n ber ^riegni^ unb in Skcficnburg
f)ei^t fie i^xau ^öbe ober Rauben, in
anberen Seilen ber »DJarf i^xan ^era ober
•g>arfe, in I^üringen, Reffen unb Sirol
|>oIba, im übrigen Oberbeutfc^lanb
Sert^a, auf attfränfif^em *Boben Hrodsa
^•rau |)6be, Rauben ober ^aue ifl
Quä Sffiöba, ber n)eiblid)en gorm oon
2Böbau entftanben. '^\)Xi ®eftalt ift njc*
niger entroicfelt aU bie ber ^ul ba,
^olba, |)olIc. 2)iefc ift eine j^xan von
wunberbarcr @d)önl)eit mit langem, golb«
gelbem ^aar, lanaem, meinem ®emanb unb
Sd)leier. Sie fenbet al^ SBolfengöttin
Sd)nee unb 3tegen. SBenn bie n)ei§en
Sd)neef[odcn fliegen, fagt man, %xan ^otle
f(^ütte bie 5^ebern il}reö 'öetteä ober fte
fdjlage i^ren meiien ÜJiantel auöeinanber.
5luf einem präd)tigen Scf)immel reitet fie
über 8anb unb JBaffer, Sattilbedc unb
©cjäume mit ftlbernen iRö[ld)en unb ®löcf«
d)en befel^t. ®in ®efolge göttlid)er grauen
unb Jungfrauen, auf Äo.l^en reitenb, bc«
gleitet fte, ober baä wütenbe ^cer. Tlit
it)rem ®efolge fdjlägt fie il)ren SBo^nfi^
in Sergen auf, auil benen fte nad)tö l)er«
oorftürmt, um am borgen ju il)nen ju=
rücfjufct;rcn. 3)a^ 3n"erc beö Sergeä,
eigentlid) ber alö 33erg gebaditen Jßo If c,
bie hai glanjtioüc ^immelögeft>ölbe bebedt,
fiebt ani ftiie ein avo§cö, lid)terbeüteö ®e'
njölbe. 3t" 15- 3af)rl)nntert unube bem
f^elc^rten QnQ,t ber 3<!it gemä§ bicfct
ißerg jum SBenuöberg umgewanbelt;
f)ier ^ätt fic burd) it)rcn 3'^'-'^^''^ ^f"
Sann^äufer gefangen. 2)em Söoban
al^ ^t^if^'^i'^ 33arbaroffa im jlt)ffl)äufer
fie^t |)olba aU Sd)affnerin jur Seite.
SBenn bie ®()tttn mit bem inütenben fieerc
auä ibrem Serge l;erau^^ie^t, fd) reitet ein
alter 50?ann mit langem Sarte unb weitem
Stabe vorauf, ber treue (Sdl^art gc«
beiden (fiebe biefen ^Irtifel).
(Sin anberev 2Bobnfi^ ber ®öttin, ber
ebenfan«t »on ber SHJolfe feinen Urfpruug
f)at, i(l ein See ober ©runnen. Unter
bem 2Baffer cineä Srunnen^ befx^t ^olba
einen h)unberlieblid)en ®arten, l)ier nimmt
fie bie Seelen ber 'öerflorbenen in (Sm*
pfang unb fenbet fie »iebergeboren aU
Äinberfeelen auf bie (Srbe jurüd. Sag
ift ber Urfprung bcr Sage vom 3iing«
brunnen ober Quidborn unb bcö
®Iauben^, ta^ bie neugeborenen .^inbct
auä bem Srunncn Eommen. |iier ^olt fte
ber Stord), Qlbebar ober Dbcbat,
ber ber Söget ber ^reia ift. Som |)immcl
l;erunter, auä ben Sßolfen, bringt ber
SOlarient'äfer, t>ai Jperrgottepferb, bie
Seelen ber Äinber, er ^ei§t bcö^alb au^
Sonnenfalb, iWonbfalb, Sonnenf)üt)nc^en,
5rüuen!üt)lein.
138
Preia.
3n Dbevbcutfc^lant) t)at bic germanifctic
©öttcrmuttev bcn 9Jamcn 93ert^a, Perahta,
bic ®Idnjcnbc, angenommen, 3" i{)ren\
^ecrc finben fic^ bie ©eelen ber ungcborc»
ncn ober ber ungetauft oerilorbenen Äinber,
in Jtjüringen ^cimc^en genannt. 9J?it
biefen forgt fie für bic gfucfetbarfeit ber
«jidcr. 5br Jag, qSerdjtentag, fätlt auf
ben 30. 5Dcäembcr, ben 2. ober 6. Januar,
alfo icbenfaflä in bie 3'^ölfndcf)tc.
®te[;enbc ^e^fpf'fe in Ibüringen ifl bann
ein ®erici)t t)on ^ifi^^" ""^ Älö§en ober
93rei mit geringen, tvM aU eine uralte
gerTnanif(^e ©ötterfpcife galt; an anbern
Orten finb anbere geftfpeifen ober sgebäcfc
alßSiinncrung an bie alten Opfer gebräui^s
lic^. Snft'fern bie ®öttin 33erti)a ben Oeifi
bcö ©terbenben empfängt, ttjirb fie jur Zo-
beägöttin. Umjiige ber ^rau 'Jicrc^ ftnb
immer noci) in ©cbrauc^. 3" '^^'^ franft=
fc^en ®age h.nirbc 23er^ta aU Q({)n =
muttcr ber 9Wenfc{)f)eit ober beö fönig«
licf)m ®ef(^Ied)te^ aufgefaßt. S8ci ben
granjofen unb J^iilicnern bejeic^net man
feit altera tai golbene 3^iffilfcc mit bem
Qlusbrurfe: aleiSevtba fpann. Später
\)at fid) bicfe Sage mit ber ÜJJutter Äarlö
beö (Svogen, Bertrada, unb ber D^eubur«
gunbifd)en Königin 33ertba Permtf($t. 5(18
VHt)nmutter füvfllid^er •'päufer gebt fte al«
wei^e 55'^''"- niei§e2)ame um unb
tcrfünbet i[)ren 9Jad)fommcn ®(ücf ober
Unglüd; fo in ben 'ächlöffern ju Serlin,
2ln6bac[),2öaireutl), 9?eubaue unb Üiofenbevg
in ®öt)men. 3" überaus äat)treicf)en
@agcn n:iä|d)t bie roei^e ^Jrau roci§c 2öäf($e
im ©ee ober an OueÜen ober in Srunnen
unb feängt fte bei Sonnen= ober SJonb?
fc^ein auf ober bleicht fie auf ber SJBiefc.
3n einigen fäd)frfcl;en ©egenbcn f)ie§
bic ®öttin ^era, in ber ü)Jarf ^crfc
ober .^arfc, in ibüringen %xan ^olle,
im |)avj bie ^aulemutter ober bic
Älagefrau, in lirol grau ®tcmpe
ober ©tampa; SWutter JRofa Ijci^t fie
in einem Äinberfpiel. 3" Süh- unb
ÜJJittelbeutfd)Ianö crfd^cint bie rcei^e grau
aU Urfcf)el, Ur fei, Orfcb el, J^orfel,
Urfula, non ns, brennen, leuchten, ltiei§
ober fdjiüarj getleibet, immer mit einem
großen '^^lüjfclbunb am ®ürtcl; fie be-
hjadbt ®d)ä|c unb mill crlöfi fein; aud)
ben fc^iüar^en ^unb t)at fic bei fic^ ; bis-
weilen crfd)eint fie otjnc Äopf. 2)iefe
gorm ber ©öttin gel;t bann auf biejenige
ber nenvünfd) ten 4)urgfräulein
über; biefe crfd)einen einzeln ober jmci,
am i)äufigficn brei, in le^terem Jalle oft
bie eine n)ei§, bie anbere t)alb f(^»t)atj,
bie britte ganj fcftrcarj; fic berüt)rett fi^
aufeer mit ber iiimmelämutter mit bet
lobesgöttin ^cl.
23iele 39ejiet)ungcn unb 3üge ber grcia
als |)immelsfönigin fmb fpäter auf ÜJlatia
übergegangen; aud^ biefe maltet in S)on«
ncr unb 93li^ unb mirft mit golbencn
Äugeln. 2)ie !Warienfcftc jief)en in befon«
bcrcr 93c5ict)ung jum fficttcr unb ju ^ciU
fräutern, befonberö iDkriä Äräutermei^e.
@(f)on im SWittelalter mürbe SD^atia um
^egcn angcflel)t; ber ^Regenbogen ifi ber
'»aum itjreö ©emanbeö, ber Sd^nee tai
„3ngefieber" tbres QScttes; batict SOiaricn«
fd}nee ober üfjaria im Sdbnee, Maria in
nive ober ad nives ber ?Jame »erf(^iebe«
ner auf iSergen gelegener 2!ßanfa6rtöfir(f)en.
3n Dielen Sagen crfc^eint SWaria alä
Spinnerin. Sie fommt mic ^otlc um
bie 2öci^nad)töäeit beö Jiad^t« in bic
Käufer unb ftc^t ju, ob in ber Äü^c
aüeä orbentlicb ifi. 2)ie »olf0tümlid)ett
3!?tarienbilber tiabcn mie ^olba faji alle
blonbeö ^aar; ein ber greia gei)örcnbe0
garrenEraut l)ci§t SOlariengraä; ÜKarieu'
^ac^s beutet auf bic Spinnerin. Söeibcn
grauen, i^olba unb ÜJJacia, iji bic SRofc
gemei{)t , ÜJJaria trocfiiet ihren Sdilcicr
gern auf SRofenfträudiern. S)er ber ^ulba
get)örenbc Sommcrfäfer , Sonnenfäfet,
SonnenEälbd)e!i [)eiBt audj SRaricnfäfer,
9Jkrienfüblein.
211S „(ii)X\[ttint" crfdicint bic ® öttin
am 2Bei^nad)t0.ibenb jur Seite beS Änc^«
tce Qiupred)t ober beä Ulitlai ober SofepN.
alä roei§gefteibete, oerfd^lciertc meiblid)c
©cfialt; fie l)ciBt aud) Sngcl, SlJ^aria,
5Jhittcr ®ottes, grau 23crt£)a, grau §ulba,
bef(^enft bic ifinber mit Qlpfeln, pcrgol«
beten Dflüffen, ober firaft fie mit ber iRute.
Qln mand)en Orten fommt fic allein.
5luc^ als f riegerifd)c ® öttin tritt bie
^immelömutter unter bem 9iamcn ^ilbe
auf; in öaicrn I)ic§ Berclita aud) Hilda-
bertha.
3n ber ffanbinaoifd^en 3[)?pt|)ologie tritt
bic ®öttcnnutter unter bem S^amcn Frigg,
Freyja unb Jdhunn auf.
Frigg, entfprcc^enb bem beutf(^cnFrikka,
ifi bie tiornel)mfie ber 'Mfinnen, ^errfc^crin
beä |)immelö unb Obt)uie ^auafrau.
23on H)x unb bem ®ötterEönig ifi iai
®öttcrgefd)led)t entfprungen. Sie wci§
atlee, maö fid) bcgiebt, obmo^l fic nid^t
bapon rebet. Sic fpinnt auf golbcncm
3fiocfen. Äinberlofc ßcute flel)ten fte um
SfJadliEommcnfdiaft an. ^i)xt fönigliä)en
iJreibanf.
139
JDicnctinnen ftnb Füll ober FuUa, njclc^e
gviggä ©d^mucffäficbcn trägt, i^rea ©c^u^-
xvtxU «artet unb teilnimmt an ihrem
I)cimltc^cn SRate; Hlin ober Hlyn t)at haii
3lmt, bic SWenf^en ju be|'cf)irmen, tt>eld)e
grigg t>or ®efa^r behüten voiU ; unb Gna
ifi bie ißotin grigc?^.
Freyja, got. Franjo, a^b. frouwa, m^b.
vrouwe, nt)b. J^rau, b. i. bie (Srfreuenbe,
grobe, bie ^errin, ifi ebenfaüä nur
eine D^ebengcfialt berfclben ©öttin. ®ic
gehört bem ißanengefc^lec{)te an. Sie ifi
%Xit)i ©cferoefier unb ijjjörbbjs Sodjtcr.
@ie fd^inebt in galfengepalt burd) bie
ßüftc ober mirb üon ibrem ©ber mit ben
lobenben Öorpcn im Söagen gebogen. ®e=
tröbniicf) aber bilben jmei Äa|ien \\)x
©efpann. 5lu(^ i^re ©ruft bebecft ber
leud^tenbe .^aläfcbmucf Brosingame. Sie
ift ©ebieterin ber 33alfl)ricn. Slßäbrenb
bie ^immel^Eönigin met)r hai beilige
ßcben ber (S^e befcbirmt, nimmt grct)ia
ftd) foräugewcife ber jartcn erblübenben
Siebe an. 2)ie britte ®eilalt, unter ber
bie J^immetemutter bei ben ©fanbinaoiern
erfc^eint, ift Idhunn: in i^r fmb bie
.f>immel«tt3aifer ober bie SJBaffer überhaupt
in ibrer beilfrciftigen ^öebeutung pcrfoni^
fixiert. Sie mobnt in Brannakr, 33run=
nenfelb, unb pernmljrt ©oloäpfel, beren
®enu^ ben ®öttern emige SuG^'ib unb
Unfterblii^feit t>erlei{)t. ^aä) 9}Unn*
f)arbt, (Sötter, vm, unb äßuttfc,
5lberglaube, § 23 ff.
^rcitianf ^eißt ober nennt [xü) ber
93erfa[|'er ber ißefcbeibeul^eit, eine« mit*
tel^od)beutfd)en @pru(^gebid)teö auö,,ber
iBlüte^eit ber f)öfifc^en Sitteratur. Über
bie *Perfon teö Sßerfafferö berrfcbt S)unfel ;
9!BiIl)eIm ®rimm mad)te ben Serfurf), bie
Sbentitiit grei&anf^ mit SBultber von ber
i^ogeIroei^e ju bcineifen; boc^ ifi: feine
2Inftcht nicf)t buvcf)getirungen. dagegen
ifi big iet,t nic^t fxinx, ob ber dlamt
^yreibant ber überlieferte Familienname
tei T>id}ter3 ober ein angenommener 9^ame
ift. gür baö erftere fprid^t eine DJoti, in
bem 33u(^e öes JJürnbcrgcr "^Irjteg ^axU
mann 2d)ebel , Opus de antiquitatibus,
roorin ber Sßerfaffer crjätjtt, er fei auf
einer J^unfireife um 1466 in Jrctiifo ge=
tüefen unb ^abe bafelbft büß irot)Iert)al'
tene ©rabbcnfmal greifanfö gefeben, mit
ber 3nfc^rift:
Hye leit Freydanck,
gar on all sein danck,
der alweg sprach und nie sanck.
2>0(^ ifi bic Jbentitdt au^ bicfcd ^xit)'
band mit bem 2)id)tcr^ ber 18cfd)eiben()cit
nid)t nad)gemiefen. Äic^er ifi, ta^ grei«
banf ein fal)rcnCer Siebter aue Sdjroaben
war, ber jroifd)en 1216 unb 1240 bietete
unb unter anberem Äaifer 5rifbri(^ II.
auf feinem Äreujjug begleitete. 3)aö
Sprud)gebid)t trägt ben JJamen Scfd^ei«
bent)eit, b. i). fiebensmeiäfjcit:
Ich bin genant Bescheidenheit,
diu aller lügende kröne treit.
mich hat berihtet Fridanc,
ein teil von sinnen die sint kranc.
3roar im ganzen auf bem 33oben mittel«
alterlid)er unb rittcrlid)er ii3eltanfd)auung
fiebenb, ifi er bod), foweit reiche ('ebenes
erfal)rung, SWenfc^enfenntniä, ein fc^arfeä
'Jluge für hai ®anje eä geftatten, ein
freier 3)enfer, ber überall pon ber jufäüis
gen, fonoentioneüen »vorm bc^ S)enfenö,
©laubenö, .^anbelne, beä gefeUfd)aftlid)en
öebenö unb treiben« ber 3fit ^tn tieferen
(Srunb bleibenber 3Bat)rl;eit ju erfennen
trad)tet unb fic^ uornebmlic^ bcel)alb alä
geifiigcr (Senoffe 2öaltl}erö üon ber Sßogel«
ireite funbgiebt. 3n roenig jufammcn«
bängcnben (l;injelfprüd)cn unb Of^eimpaaren,
bie fid) nur jua^ilen häufen, befprid)t er
alle möglid)cn Serhältniffe »on ben SJins
gen biefer unD jener äßelt; uon (Sott unb
iliatur , .giimmel unb (Srbe , Staat unb
.Kirche. Spätere .&anbfd)riften Ijaben bie
Sammlung in flcinere Qlbfc^nitte geteilt,
tt)eld)e folgenbe Überfd)riiten trogen: von
gote, von der messe, der sele, den men-
schen, den Juden, den ketzern, wuocher,
hochvart, werlde, Sünden , riehen und
armen, triawe und untriuwe, dieben,
spile, dieneste, rechte und unrechte, edele
and tngende, alter, blinden, konege, ge-
winne und guote, sorgen, arzäten und
siechen, nide, lobe, scheltenne , gesellen,
zorne, himelriche und helle , pfaffen,
künegen und forsten, wisen und tören,
muten und kargen, ere, trunkenheit,
Munden, minne und wiben, erkanntnisse,
hunger, wäne, gnot und übele, unkünde,
tieren, schätz und pfenning, Röme, Akers,
Zungen, liegen und triegen, endekrist,
Gotes geböte, töde, junger tac, gebet,
(Se ifi ein feltener, roabrbaft erquicfcnbcr
iKeiditum an gprüd)en ber ißeistjeit, ben
heften Sprud)gebid)ten alter unb neuer
ßitteraturcn mürbig an bie Seite ju fieüen.
Über bie Duellen ber iE)id)tung unb über
bic Qlrt ihrer Senu^ung geben bie (Sr=
flärcr au* aueeinanber; wätjrenb bic
140
^reic Äünfic — freier «Stanb.
einen bie 93efc^eiben^cit aU ein planöoll
gearbeitete^ ®ebi(l)t rühmen, fef)en anbete
in ibm bIo§ eine Äompilation Don 33ibel*
fPTÜd)en, 3)ijlid)en Äatoö, fabeln be^
^tfop, ben (Sttjmologien bcä 3f^öor, antifen
®d)riftfie[Icrn, <Scneca, Doib, •^oraj, ißir-
gil, (jicero, (piautus; auc^ 5eitgenö|'ft[(^e
S)i^ter, wie |»einndö oon 2Jie(E , ben
a5Bc![d)cn ®afi, SBinäbefe unb SBaltfier
fotl et xtidjlid) ausgefc^tieben ^aben;
gteibanf Ijabe nur eine Slütenlcfe bee
Sefien geben raoüen, ttjaä i^m Don ^ap'
men unb JRcflejionen auö alter unb neuer
3eit befannt war unb in ba« et ben eige*
nen SBorrat einwob. 3" jcbem gati aber
bliebe bem S)ic^ter bie g^rtn, burc^ bie
er biefcn 23orrat erft bem SBoIfe unb fei=
ner 3eit nabe bra(^te, unb ber freie ®e*
banfe, bie freie ^ebenöauffaffun^, bie ixn
geifiigen ^ern beö ©anJien bilbet; er ent=
fleibet gteicfefam bie einfeitige 2)cnfn)ei[e
ber geiflUAen unb ber böfifcf)en 2)id)ter
ibreö befonbcren ©eftanbe« unb bilbet auä
it)t eine Seben^^weiätieit besSoIfeS; baf)er
benn aucf) hai Sud) ben Untergang bet
^öfif(ä)cn 'Jäilbung um 3'>f'i^""^f>t« ü^^t^
bauert f)at. 3)a4 ®ebi^t bat febr jaf)U
reicf)e |)anbfc^riftcn oeranla^t , ijt in^
9Rieberbeut[d)e, in« 9?icberlänbifcf)e, in^
8ateinifcf)e übertragen motbcn. Sebajlian
53rant l)at etS 1508 in erneuerter ^orm
jum ®rucfe gebracht; ber ^ame ^^i^cibanf
rourbe alö befonberä etirenooE auf äbnlicfce
S)id)ter nad) \\)m übertragen. 9^od) 5ioüens
^agen ^at im 5i^ofcf)mäufeler ben ^xn-
bont benu^t. (Srfi im 17. 3abrl)unbert
oer[d)n3inbet feine €pur. 5luegaben t>on
SBilbetm ©rimm unb üonJBej^enberget.
. grcic ftünftc, bie Überfe^ung oon
artes liberales, finb urfprünglicb biejenigcn
Äünfte , beren ©tubium ben Äinbern bee
freien notwenbig ifi. (ärft in bet lehten
3eit ber römi((ien Silbung , befonber«
burc^ Marcianus Capeila, in feinem 53ud)c
Denaptüs philologiae etMercDrii.unb burd)
Boethlus, beibe im 5. 3«brt;unbert lebenb,
würben bie Dbjefte ber elementaren unb
^öl)eren ©ilbung in berjenigen fd^ulge«
red)ten Otbnung gufammengeftetlt, meld)e
burd) baö gan^c StJittelaltet t)inburd) bie
berr)'d)enbe blieb. 2)ie septem artes
liberales jerfielen banad) in hai trivinm,
Welche« ben unteren Äuvö umf^Io^ unb
au^ ®rammatif, SR^ctorif unb 2)ialeflif
bejtanb, unb in tm oberen Äur^ be«
qaadrivinm mit Qhitt)metif , Tlü[\t, ®C0ä
metrie unb *}lj!ronomie. 5)er versus me-
morialis \)t\^t:
Lingua, tropus , ratio, numerus, tenor,
angelus , astra.
Sin Magister artium liberalium Wat eben
ein ?et)rer ober 9J?eifter ber fteben freien
.Rünfie, unb bie ^^afultät, meldje biefelben
Iel)rte, ^ieß lirtiilenfafultüt. '^m früheren
SÖJittelalter {)ie§en fie die siben liste frie.
freier ©tanb. 3" Sacitue' 3eit teilt
ftd) baä Sßolf ber 2)eutfd)en in brei
Stäube: 5tblige, J^teic unb |)ötige.
2)et .^»«"Pttetl unb bie 5^taft beö SBolfeö,
bie matten SBolfjigcnoffen, ftnb bie ^Jt ei en;
bet SRamc ftei gebt burd) alle beutfd)en
3ungen, baneben friman, frihals unb bei
ben ©ac^fen friling. 2)ie ®eburt üon
freien Sltern gab bie ^f^if'fii; "i"^ n^it
ber freien %xaü erzeugte ^tt freie 3D?ann
freie .Kinbei. 3^1^ 3'^'^'^«^^ gehört not*
menbig eigener ®runbbcfi^. Det
5|reigelaffene blieb ein .poriger (ftef)cßi ten.)
5i[ut!ere^ .^ennjeid)en beö ^'^fif" iP ^''^
lange, lorfige |)aar, Anteile unb Unmün*
bige f)atten il)r .^aar ju fcfceren. 3«bcr
^reie i)at tci^ SRed)t, unbetjinbert ju
gef)en, mot)in er will, c« folgt it)m
fein ^err nad), ber i^n jurüdöeflangen
barf, er ift nid)t an bie ©c^olle ge*
bunben. 2)a^ Ißetgelb wirb nacf) bem*
fenigcn be^ %xi\m gemeffen: ber Site
ober ^reigelaffene ^attc i>a9 ^albe, bet
<}lbtige ia^ boppelte Sffiergelb bcä freien.
3um Diec^te ber freien getiört tai 2Bafs
fenred)t; feine SBaffen legt bet ^xtit
oon bet 2Bel)rt)aftmac^ung an bi« jum
lobe nid)t mieber ab, ftc folgen if)m fo*
gar ine ®rab. ©t^mert unb 8anje gelten
alö 3t'i*<:n ber 5i^^if)cit- 2)ie Saffen
jtreden bei^t fic^ ber ^'^^^^^^^ begeben.
Sin »eitereö SRecbt unb juglei^ 'l^flic^t
beö freien i^ Seilna^mc an ißolfä*
oerfammlung unb ®etid)t. 3)er
gteie fann feine gteil)eit fteimiQig pieiö*
geben, ^ S. bur'c^ö Spiel-
3nfoIge ber SBölferwanberung unb
namentlich infolge ber fiaatlid)en SJieu*
bilbungen burd) bie ®rünbnng be^ gran«
Ecnreicbeö Derrtiifd)te fid) bie frühere fttenge
Sd)eibung än»ifd)en %xmn unb Un«
freien, unb es bilbeten fid) eigentümlidic
Übergänge unb 3mif'*f"P"^"- -^nec^te
würben waffenfähig unb fliegen babur^
bei bem Könige ober »orne^men $errn ju
5lnfcben unb ©influ^, bie 3"^^ ^«^ S"i*
gelaufenen fernul^rte fid), römifc^e Stäube
mittlerer greibeit fanben bei ben S)cutfd)en
(gingang unb ißerbreitung; {^reigeborene
traten in Qlbt)ängigfcit unb 2!ienft ju ans
t^rcie ©täbte — J^rcifierr.
141
bcrcn, lebten in ibrem ^au« unb cmpfins
^^cn i)on'il;)ncn Canb ju 2e{)cn. ^uß bcr ß'if'I
ber ^i^fif" f^c'flt «ine *}ln^al)l burcf) 9)Jad)t
unb *Heid)tum über bie ftübcren ©tanbeö«
flcnoJTen empor. ^auptfadK für bcn '^xmn
bleibt aber immer ber freie ©runbbeftfe.
5ln le^tcren fnüpft fid) audi je^t nod) bic
leitnabme nn ben 9erid)tlidien ®efc^äften,
nur ba^ je|t hai alte SRed)t in einen
3n)anfl pcrmanbclt ifi. 60 ttar aud) ber
freie @runbbefi|er aüein jur ^eereefolge
»crpflic^tet.
3n ber Äarotinger^ßfi^ 9«^* ber
Umwanblung^projep ber Stänbe noc^
rafd)er von ftatten; J^rei^eit, mit freiem
®runbbefitjüerbunbcn, ijifo feiten gerporben,
ta^ man einen ©efifter bcefelbcn nobilis
nennt ; ber i^emöbnlidjc D^ame für biefen
©tanb ift aber honi homines; fie allein
fonnten «u €di offen berangejotjen ttier=
ben (ftcbc ben 'ilrtifel 2) in 9); aber aucft
bie ®au- unb ®d)Dffen9erid)te würben
ton ben ^at;Ueid)en anbercu ©ericfeten mehr
unb mehr uerbrüngt. ®benfo ift unter
ben .Sarolin.iern ber ^ecrbienfi jWar nod)
eine allqemeine '!pflid)t be« grunbbefi^cn»
ben i^xdiix ; aber idjon je^t »waren jabl'
reid^e SOJänner porbanben, bie obnc %Xiu
i)tit unb (Mrunbbefi^ ibrer perfDnlid)en
Stellung jufolge jum 2Baffenbienfi r>er=
pflid)tet mann, unb bie iReiterei machte
(d)on unter ^axl bem @ro§en einen an=
(cbnlid^en Seil bee ^ecres auö; biefc aber
bcftanb nidit au« ben 9emöbnlid)en freien,
bic ben Heerbann ju leiften Ratten.
3mmer mebr traten an ©teile ber burc^
Oeburt unb ©runbbefi^ bebingten 5ifit)eit
antere !ßerbältnif|e, mel^e bie 33ebcutung
unb ben äßert eine^ iDianneö bebingen:
bic Stellung im ifieid) unb ju ben cer^
fd)icbenen ®emalten beöfelben, ber '-Befi^
»on 5imtcrn, iRec^ten unb ®ütern , bcr
SMenft, ben man leiftet, ber Seruf, ben bcr
cinjelne treibt, ha9 ßeben in einer Stabt
ober auf bem Sanbe. 3'^'"^ mirb bcr Un«
tctfc^ieb oon g'^^i«" ""^ Änediten noi^
immer gemad)t, befonberö in SRec^täge«
f^äften; aber anbere Untetfd)icbe, wie ber
jmif^en 'ilbligcn unb Unabligcn, SBür^
gern unb ©auern, SRitlern unb Äaufleuten,
ftnb 9cbräud)lid)er unb bem ®eifi ber
3cit angemeffener. 2)od) mar bie 3'*^'
-bcr gi^eien no(^ im 11. 3*if'rl)unbert fo«
tDobl in ben ®täbten a\i auf bem Öanbc
feine geringe; es übermog aber bic3iibl bcr
^albfreien unb bcr Unfreien bergcftalt,
ba§ Dielfa^ altbemalirtc J'^^ibcit beii 5n=
.^abct in b€n 6tanb beö Qlbclä er^ob ;
biefeö ip ber Urfprung beöfcnigcn SlbcU.
ber fidi mljb. fri nannte, fpäter ^itii^txt.
2)ic nid)t ablig geworbenen ed)ten freien
beiden im tead)fenfpiegel bie Schöffen»
barfreien, scepenbäre vrie, im ^gcfemas
bcnfpiegel bie !)Jt i ttelfreien, mittelvrie,
boi^ ift bicfe Älaffe in beibcn Spiegeln
fd}on im engen 3"f'i"i"if"^^in9 "^it bem
2cl)n^Mvcfen gebad)t. SJJur in cinjelncn
©cgciibcn, mic in Jßcftfalen, bei ben '2)it»
marfd)en, in ber Sc^meij, erhielten fic^
cdite freie Sauern bis über bic ?et)neit)er=
faffung hinaus unb r>crmod)tcn il)ren alt^
bcrgebraditen Stanb bis in bie ftaatlidjen
DJeubilbungen bes ousgeljenben SOlittelalterä
ju retten. 25ic ßitteratur hti \)ö^id)tn
DJJittcl alters braud}t ta^ 2öort vri fafi
bloB mit abftratten Dbjeften: alles übels,
der Sünden, armüete. der eren, vreuden,
guoter sinne, des lebens, vor missewende,
vor valsche vri u. bgl. So ifl audb ^ai
Jßort grcil;eit, vriheit im Tli)t). feiten;
mo es oorfommt mirb es meift nid)t in
gefellfd)aftlid)cr ober red)tlid)er Sejiebung
gebraurf)t, fonbern cntmcber als Staub
be« greicn, Ijäufigcr aber als iprioi«
Icgium ober Immunität, als gefreiter, au^
einer größeren ^crrfd)aft abgetrennter
^errfd)aft«l-ejtrt ober alö 2lfpl. grei^cit
im ®egenfa^ ju .Rned)tfd)aft unb Unter«
mürfigteit fd)eint als Überfe^ung üon
libertas crft tüxti) ?utber^ iöibeluberfe^ung
aufgefommen ju fein; baber bic Säuern
eine fo große ^reubc an bem neuen Söortc
bejeugten.
gretc Stäbte, fie^c Stdbtc.
^rcigclaffeuc, ftebe ßiten.
grciöcrr. Das 2Bort Eommt crft im
15. 3al)rt)unbert oor. Sac^lid) ift grei«
f)err ber ablig geworbene alte ^'^cic, mcl«
dber, o^ne burd) i>a^ iReid)8amt cine^ ^er*
50g« ober (Srafen ausge^eid)nct ju fein, in
ben <Btanb be^ Qlbelä eingetreten mar;
greic, bie nic^t ablig geworben, alfo
freie Sauern geblieben waren', würben,
weil fie bes Sitels ^err cntbebrten, au^
feine freien Herten. Sie benennen fic^
burc^ 3'Jad)fe|ung beö ^JlbjeEtiDä fri t)inter
il;rcn @cfd)led)tsnamen, j. S. Walther
von Klingen fri. Sie ftnb alfo bie unterftc
Stufe beredeten, alten, in ben SRitterfianb
gebobenen i^reien unb wobl ju uns
tcrfd)eii>cn »om 2)icnfimanncnabcl ober
ben Dhnifterialcn, bic be« Siamenä fri
cntbcbren unb unter S)ienftmannenred)t
lieben, wäbrcnb jene ibrcn ®erid)t8fianb
unmittelbar oor bem Äaifer im SReic^öge«
ric^t Ratten. SDurc^ (ärwerbung einer
142
Freimaurerei.
gräflichen ©eric^tdbnrfeit ober aucf) nur
eineö Scilcä berfelbcn festen fi^ t>kU, bie
nie ttiirfli^e ®rafcn geroefen ttiarcn, in
beu S>tanb, ftc^ ®rafcn ju nennen, rt)a«
befonbevä im 15. unb 16. 3a^rf)unbert
gefdiat). €ie^e übtiacnö bcn 51rtifel 2t bei.
Freimaurerei* 5^et 9?amc ^reimaxuet
Pammt auö bem ©ngli^en, in weld)cr
Sprad)c freemason berjenige beift, ber
ben free stone, ben freifiebcnben ober bcn
Duaberfiein bearbeitete, alfo ber Stein*
me^, gegenüber bem rough mason, ber
bcn rongh stone, ben ro^en ober bcn
Sruc^jlein bearbeitete, ober bem SDi a u r e r.
S5ic freemasons bilbetcn aber in ©ng«
lanb nicf)t mie in S)eut[cf)Ianb gefcfjlolTcne
Q3rüberfc^aften, [onbern fte ftanben nur
al^ tai ^croorragenbpe ©lieb in ber
größeren ©cnoffenfc^aft ber ÜRafonen
ober ^Bau^anbnrerfcr. 2)aö bauptfädE)Ii(^Pe
3iel ber genicinfamen 93eftrcbungen nnb
Serfammlungcn ber i0?a[onen wax bie
ißcrbcffcrung i^rcr materiellen Sage. S)ie
^anbtt>erEögcbräucE)e, 3^'ct)f" ""^ ®viffe
Panben unter bem Siegel beä ®el)eim5
niffe^. Sfjrc einige Sffiiffcnfc^aft mar bie
Saufunfi, uon il;ncn ©eometrie genannt.
2)ie ältefte befannnt gemorbene Äonfii'
tution ifi jmifd)en 1429 unb 1445 ge*
[d)riebcn. ©ie bie beutfc^en 39aul)üttcn,
erlagen im 16. 3al)r^unbert bie engli[(^en
^OJafonen einem allmäl)lirficn (giedbtvim.
2llö bann im 'Beginne beä 17. 5'-f'rt)i;n^
bertä ber italienifdie 23au)til in (Snglanb
unter bcn böbcrcn 6tänben 'Jlufnabme unb
Pflege fanb unb eö notmenbig mar, bie
SBaugemerfe in bie (Srforbcrniffe bc^ neuen
©tile^ erfi einzuführen, fo liefen ftc^ nor«
ne^me unb reiche Saulieb^aber förmlicl)
in bie 3i'"ft '^^^ SO'Jafonen aufnef)mcn.
5Dennod^ jerfielen bie 93auf)ütten ober
Sogen, nadt) ital. loggia, franj. legis, engl,
lodge, balb miebcr in tiefen iBerfaQ, unb
erfi im ^a\)x 1716 entmicfelte fid) auä
bem 3ttf^itute ein neueö Seben, ta^ ^xn'
maurertum.
3n biefem Satire »ereinigten ftdf) näm»
lid) bie oier noc^ allein in ©übcnglanb be=
fiel)enbcn ßonboner Sogen ju einer gemein*
famen ^Bereinigung, (Sroüloge genannt, bie
unter einem ®ro§meifier f!anb. S)ie ®runb»
lagen ber *ßerfaffung, ber ^lanbmerfögcbraud)
unb tai Siegel ber iBerfd)n3iegcnl)cit rnur*
ben beibct)altcn, im Übrigen aber ber 93er»
cinigung ein mcfcntlid) bumaneä ßiä ge=
geben. üEiic ÜHaurer fcrpflic^tcten fid) jU
berjenigen CfJeligion, in meld)er aüe SCRen*
f(^cn übcreinftimmen, unb belaffen il)nen
fclbfl ibre befonbcrcn ÜJieinungen. ®e«
boten mirb ber ®el)orfam unter bie bür*
gerlid)e ®ema(t, unb bie [Ret>olution »er«
abfd)eut, bod) 'üa^ um ber le^tcren miüen
fein 93ruber auö ber Soge »erbannt fein
fotl. Wt 2)ieputc über SReligion ober
«Pditif merben auä ber Soge »ermiefen
unb bie brübcrlid)e Siebe al^ bie ©runb«
läge unb ber ®runbfiein, ber Äitt unb
ber fRu^m biefer alten Srüberfc^aft be«
jeid)net unb treuer, brüberlid)er Seifianb
em^jfoblen. S)ie Ijerüorragenbiien Stifter
beä Sunbe^ maren 3o^«nn Jbeopiji*
l u ö ^ e ö a g u i l i e r ö , auö einer gcflücf)te'
ten franjöftfd)en |)ugenottenfamilic abt
fiammcnb, ©oftor ber Slecbte unb aU f)e=
rül)mter *J3^l)fifer SD^itglieb ber föniglidyen
Sozietät, unb J^^ob Qlnberfon, ein
anglifanifd)er fCrebigcr.
m ifi fein 3meifel, ba§ bie ®efeafd^aft
ber Freimaurer il)rc (Sntfie^ung unb fel)r
f($net(e Verbreitung bem burd) ben j^eiö«
muö in (Snglanb »erbreiteten Streben nad^
einer ÜberbrücEung beä fonfefftoncK^reltgiö«
fen 3^iffP«I^f^ »crbanft , bem Sud)en
naä) einer natürlichen, auf Jugenb unb
ü)Jenfd;lid^fcit gebauten SReligion. I)ic
Stifter maren aber felbft feine S)eifien,
unb bie ^Jlnlebnung ber ®efeafd)aft an
ben l)oben unb böd)jien *}lbel unb tai
Sßerbot, über SReligion unb ^olitif ju bi^pu«
tieren, laffcn »ermuten, ta^ ber ®eiji ber
©cfcflfc^aft nic^töbejlomeniger ein met)r
fonfer»ati»er mar. S)ie ber»orragenbften
Iräßcr nnb ißcrtcibiger ber freien Silbung
unb gorfdjung gel)örten nur auönat)mö«
meife bem Drben an, ber baburc^, ta^ er
bie freie 33ilbung in bejiimmte formen
banb, »on »ornl)erein in einen gemiffen
Sffiiberfpru^ mit i^r trat. iDa^er i>ai auc^
»on Sefftng mieber^olte 2Bort, man fönne
Freimaurer fein, o^ne Freimaurer ju f)cifen.
2)ie meiterc ®efd)id)te beö Fi^cimaurerä
orbenö t)at eö "barum and) »iel meniger
mit errungenfd)aften geifiigcr ^atux ju
tbun, alö mit Innern Streitigfeiten unb
Äleinliiiöfciten, bie an tai erinnern, mad
inncrbalb fir^Iid)cr ®efcnfd)aften »orju«
geljcn pp[cgt ; ti IjanbeU ftd) um bie Sffiabl
»on abiigen ®ro§meiftern , um gefd)aft»
lic^c SBcrbanblungen, um Sc^maufereien
ober Safcllogcn, um Sßermaltung beö Qlr*
menfonbö, beffen (Srgebniffe meifi blo^
ben Srübern ju gute famen. Sc^on frü^
erregte ber *^unb bie 93eforgniffe »on
Staat unb Äird)e, ber protcfiantifd)en »ie
ber fatbolifcben. ßlemcnö XII. tf)at 1738
bie 93rübcrfc^aft in bcn 93ann; in Spanien
Freitag — t^viebc.
143
unb *|}ortugal »wütete fiegcn fie bie 3"*
quifition.
5)cr yiamc, beu bic ©cfettfc^aft in öng^
lanb anfangt annahm, war 23rübcr =
fc^aft, Company, fraternity; fie be«
fc^ränftc [xd) auf bic bvei Stufen ober
®rabe beö ?e()vIing(S, (äefellen unb *Keifierö.
(Srft in JJvanfrcid) n^urbe bic Srübcrfc^aft
jum Orbcn unb befam über bcn genante
tcn nicberen, fog. 3o^'inni^graben, — tion
bcn bciben ^Patronen be^ ©unbcä, bem
laufer unb bem (Soangelifien fo genannt —
nod^ {)ö^crc Drbenögrabe. ißiö jur SReoo*
lution fiatte bie franjöjifd^e SWaurerci jroci
m9ili[cf);p^antafi:ifc^e iRidjtungen ju über^
n)inben, bereu eine fid) aU SBiebcraufIcben
bcö 3;em))Ierorbcnö gcberbctc, beren an^
bcre fid) an bie ?Ud)t)inie, SKagie, (Seifter*
befd^tt>örung anfd^Iog unb ben berüchtigten
ßagliofiro ju ifiren *Jlbepten ädIjUc. *}tucf)
bic beutfd)e 3Waurerei blieb uon foIcf)en
5lucfcf)rcitungen nic^t oerfc^ont; ber franjö*
ftf(f^e leniplerorben natjm I)icr bic ©ebcuä
tung unb ben D'Jamen ber jlriftcn Ob«
f er» ans nn; auch an Setrügern, ©olb^
mac^ern u. bgt. fehlte cö nic^t. (Sin foI(^cr
grünbetc 1773 ben Orbcn ber SHofcn*
freujcr, beffen 5lblegcr njictcrum ber
Orbcn ber afiatifd)fn 23rübcr unb
ber ber Äreujbrübcr ober Äreuäfrom*
men n>arcn; äf)nlid)e 93ebeutung ^ot ber
üon Qtbam SBei^^aupt, ^rofeffor beö fano^
nif^en öle^tcä ju ^ngolfiabt, 1776 ge=
grünbetc SUuminatcnorbcn, tt)cld)cr
in feiner Organifation bem S^fui^fnorbcn
nac^gcmacfit ifi unb gegen unten ouf bic
©tubiercnben, gegen oben auf bic Dbrig»
feiten mirfcn foüte. Utad) 6tet| in ■§tcrjog^
SRealencpftopäbic. 93gi. aud) ^ettncr,
engt, ^itteratur, Sud) H, 9lbfd^nitt 1.
i5rettag, fiet)e SB o c^ e n t a g c.
triebe, aht. fridu, ml)b. vride, ju got.
frijon =r lieben, moju aud) (^rcunb ge>
|ört. 55riebc ifi nad) ältefter 2tuffaffung
fottjot)! bie ungcftörte SRu^c, ber ®egenfa^
üon ^c'nbfdjaften, n)eld)e $a§ unb blutige
Scrfolgungcn, ^^^^c entjünben , baficr
gre^r ber ®ctt bc« gricbcnö ^cigt; al^
baöjenigc, h)aö biefen ^'^if^f« crfjatfcn,
ttenn er gebrod)cn ift, it)n wiebcr^erftetlen
foü, atfo ber georbnete unb gcfidjcrtc Qu'
panb unter ber |)etrfd)aft beö iRed)teö.
j^riebc \\i ba^cr mit SJled)t gtcid^bebcutenb,
nur ba§ bei SRec^t me^r bie '-öcjicbung auf
bcn (Sinjctnen tjernortritt. 2öer im grie-
ben beö 35olfeö roar, bem mar baburc^
fein iRec^t gefegt unb gematjrt, er fonnte,
tt>enn er ftc^für beeinträ(^tigt ^iclt, bic J^ütfe
iii ®cri($te^ in »Unfprud) nc()men ;
bur<f^ bic aSetle^ung bcö iHc^tc^ beö (Sin-
jelnen mar jugleid) an iljm ber ^riebc
5ltler gebrod)cn. ©emeinbenerbinbung unb
Opfergenoffcnfd)aft ftanb in einem ^rie«
ben unb einer J'^fi'nbfi^aft.
Sine (Srmeiterung beä JJricbenö fanb
ftatt, mcnn ^anblungen, bic bieficr nid)t
aU ^ticbenöbrüdic galten , burc^ 9luöbe[)=
nung ber Unuerle^Iic^feit ober @e^ung
eines befonberen {^'''ebcnö biefc (Sigenfd^aft
crf)ielten. ©iefeö gef^of) in 53ejicl)ung auf
•Perfonen j. 53. fvcmben ©tammcagenoffcn,
in Schiebung aufissa^en bcn *PfIügen unb
ÜRü^icn gegenüber. 6inc (ärmeiterung
bcö gricbenö mar cä aud), mcnn bicfer
aU mirffam aud) ia anerfannt murbc,
mo er burc^ eine ^anblung t>crmirft mor*
ben tt)ar. ©iea mar ber gaü , mcnn bic
33cfugniä unb hai SRe^t, 9iad)c an einem
9[)Jiffet[)iiter ju üben, au^erorbentlid)er=
mcifc bcfd)ränft mutbc; eö gcfd)at) bieö
cntmcbcr burd) ein ©elöbnis ber ^Partei
ober burc^ einen Scfel)! beö iRiditerö, ober
mcnn ber Scrtc^er ftd} ju SRc($t ju flehen
erbot. üDicfer ^ficbc mar nur ein jeit«
meilig mirfcnber, eine Qlrt SBaffcn«
ftiflftanb; ein bcftiinbigcr^riebc aber
murbc gelobt, menn eine ©treitigfeit uon
grö§crer 33cbeutung , befonbcrö burd) ben
Jotfdjlag cineä 93ermanbten uerurfndjt,
burc^ Srlegung einer Su^c ober cine^
2ßergelbcö auögegli(^en mar; ein joUfcr
triebe gefc^a^ burd) eibltd)c 3"fi'i)fi'"ng
beibcr ^Parteien, im fränfifd)cn Dteic^c burd)
lluöpcllung befonberer UrEunben.
|>öl)erc triebe n finb fold)c, bie eine
ücrpärftc Unnerlcelic^fcit nid)t blo§ für
©injelnc, fonbern für 51 He mirften. ©in
foId)cr triebe mar burc^ Ort, ^nt ober
anberc Umfiänbc bebingt. S)te befonberen
Qlrtcn beö Ijöbcren gricben^ fmb:
a) S)er 2) in gf riebe. (Ss ift ber«
jenige J^tiebe, ber urfprünglic^ in ben bo^cn
gcfiäciten ^crrfd)te, menn bie gropcn 5Solf^ä
ober Sanbeöticrfammlungen gehalten mur«
ben, biejum Opfer, jum (Selage unb jur Sc*
ratung mic^tiger <Mngele^enl)eiten unb @nt*
f(^eibung r>on*5trcitigfeiten bienten. 2)ann
mciltc, obfd)on unftd)tbar, bie®otlt)eit fclbft
unter ben SOJenf^en, ein l)eiliger®otteöfriebc
^errfc^te im ganjen ßanbc. Sacit. ®erm.
40. S)icfer ©ottcöfricbe murbc aud) nad>
6infüt)rung beä Gliriftentum^ auf bic gc=
botenen 2)ingc, bie Solfögcridjtc, übertrat
gen, er murDc jum S)ingfrieb cn. S^
lüar bie^ ein bei febem ®crid)te ^errfd^cn=
ber, »om ©eri^töüorjianb in einer üblichen
144
triebe.
gorm bei'onfccrö ncrfünöeter ®eri(f)t6fricbc.
er umfaßte ni(^t bIo§ bic ®erid)t0fidttc,
fonbern (Wii) biejcnigen, bie jum i)inge
gingen ober i>on bort nad) t^rer ^cimat
jutüdfcbrten. 5d)on früf) war ber bö^tu
^vicbe ber ^Dingücrfammlungen auf an-
bere 3uf«ni'^c"fünfte, ^od)jeitcii, Seicfcen«
feiern, *Berfammlun9enPon®enoffenl'd)aften,
au^gebe^nt worben; für Wdxttt cntfianb
ber 'JKarf tfriebe; übnliAer Dlatur wax
ber gricbe für bic ct)ri|tlic^en ^tp
jetten.
b) Der ^eerfriebe tt>ar urfprünt35
lic^ berfelbe »ie ber ®cricf)t«i= ober l^in^^
fric^e, ia haii »erfammelte 23olf ^uglcid)
©cric^töPerfammlung unb ^eerocrfnmmlung
tt>ar. 3n feiner iDJitte mattete ©otteßfriebe,
eö jog auö unter bcm Sc^u^e beä [d)lad)ten=
lenfenben ©otteö, I;cilige, ben |)aincn ber
®ötter entnommene 3'^i'i'^" ^or ftd) l)er
tragenb. 2Ber ben gii'fben brad) , mürbe
ton ber ^anb beö (i^tieper^ ergriffen unb
fiel H)x jum Opfer. *Jlud) unter bem(i5t)rijten«
tum blieb ber für bie ^ccrfüf)rung burdiauö
notmen^ige ^eerfrieoe ju SRe(^t bekleben.
S)ie iBolfärcd)te beflimmen für jebe Rötung
ober gemaltfamc 90Jiffett)at auf ber ^ccr-
faf)tt brei« bis neunfad)e ©u§e, ober ßcbenö'
ftrafe, Verbannung u. f. m.
c) Der ^eimfricbe. ®ä mar o^nc
3meifel urgermanifd)er Ofiec^t^grunbfa^,
ta$ jebermann in feiner Heimat ftieb^eilig
fein foütc. Grid, giicbe, bejeidjnet alt=
norbifc^ auc^ baö ^auä. Qiucb ber ^au^=
friebc bangt t)ie[Ieic|t urfprünglid) mit ber
9fleligion jufammen, ba neben bem ^oc^fi^
bic *-öilber ber ©ötter fianben. S)er .^au8=
friebc foütc gegen gemaltfamcä ©inbringen
in bie Se^aufung unb gegen 33crübung
Bon ®emalttt)ätigfetten an $erfonen unb
©ac^en ftd)er ftcllen. 3tud) bcm a3erbred)cr
gemäbrtc fein cigencä ober ein frembcö
|)auö, mcnn ber ^auö^err cö gemattete,
eine gemiffe ©ic^erlpcit, bie jmar obne
3meifel an tai 9UJa§ einer bcfiimmten 3cit
ober an anberc 23ebingungen gefnüpft mar.
Die im engeren «Sinne befnebcte .^»eimat
mar tai ^am mit bem eigentlichen .^ofe.
2lu(^ einer Vereinigung oon Käufern unb
■^öfen, menn biefc burd^ Umzäunung ober
Ummaüung ein ®anjeö bilbctc, fam ber
^ausfriebe ju.
d) Otdcr-' ober ^rü^jafjrä^ unb
^ er bfi friebc. 3n ben 3eiten, meld)e
bcfonbcrä jur ScfteUung bee {^clbcö bicn=
ten, gcno§ ber (Sermane eine« ^oberen
^^riebenö; ni^t blo^ mürben baf)er ^anb*
lungen, mobur^ biefer triebe 9ebrod)cn
würbe, bcfonbcrö gca^nbct, fonbern man
fotlte mät^renb ber Dauer beßfelben nic^t
einmal im Söege SRccftten^ 'Mnfprüd)e ner^
folgen fönnen, bamir ber ßanbmann nid)t
in feiner *Urbeit gcfiört mürbe. Sin ber*
artiger, ebenfaüä mdbrcnb einer gc*
«»ifff" 3«it bauernbcr %xkit mattete,
mcnn ber Heerbann auögerücft mar, für bie
Hinterbliebenen.
e) Der Äir^enfr ieb c. Die J^eilig«
feit ber attgermanifd)= Ijeibnifc^en .^aine,
Sempet, ^ef^e ging aud) «uf bic c^rif!lid)cn
®ottc0t)äufer über. Diefcr triebe mar ein
triebe beö Drteei, ber beol)atb ni(^t
blo§ burc^ iBerte^ung ber Äir.tc unb ber
,^u berfelben gebövigen ®egenilänbe fctbf},
fonbern aud) burd) einen j^rcocl an ^cr«
fönen »erlebt mutbe, meldie fi't an ber
^eiligen, ®d)U^ t)crlcit;cnben S tatte bcfanben.
*itlä raumtid)e ®renjc ber beliebeten Äird)e
gatt bie ÄirAc, ber 5litd)t)of unt) baju
iiod) ein gefriebeter Umfieiß von einer gc*
miffen %ni,a\)l, j. 93. HO ober 40€<^ritt;
je nac^ ber ®töpe unb 33cbeutung ber
jlirdie mürbe ibr ein mcbr occt mcnig
^of)er triebe beigelegt, ber in ber ^ö^e
ber griebenefirafe Qlu^brud fanb.
f) Der iiönigäfciebc. 23on jeber
^atte ber Äönig *llnteit an ber ©rbattung
beö ^rieben«, ba er ber Sorj^anb unb Scitcr
ber SotEeocrfammlung mar, in mctd)er
über bie (Srbaltung bc^ ^^if^*^"^ beraten
unb übet Jricbcnöbrcdjcr gcrid)tct murbc
9)tit ber ?luebilbung ber perfönticben Äös
nigögcmatt ttermanbctte fid) ber 23otE^«
friebc in einen .Koni gäfrieben. 93om
Äönige mürben bic Vorjlcber ber ®eric^te
ernannt, uon il)m ging ber SBIutbann auö;
^rieben^getber unb oerfatlenc ®üter bei
grteben«brcd)er'g fteten t>orjug^mcife bem
Könige ju. Unb jmar mar bicfeö fomof)t
beim ©emeinfricben alö bei bcm böt)ern
5 rieben ber gati; bod) fanb ein un«
mittetbareö (Singreifen unb öinroirfen bc^
.Könige befonbet«* bei ben le^teren flatt'; bei
^tx Verlegung eine« böberen griebcnä fo*
mie bei jebcr grobem 'Jied)täoerIe^ung er*
fd)ien ber .König unmittelbar beteiligt, bai
*itnfef)en feiner ®ebote Bericht, iöru^
eine« t)ö^eren grifbene mar babcr Äö«
nigefricbcnsbruc^, unb ber Segriff
ber üeifd)iebenen ^oberen ^"«bcn ging
fafi ganj in ben eines Äönig^ftiebcnö auf;
fomobi ber Äird)cnfriebe, ba ber Äönig
ber Sefc^ü^er ber Äirdie mar, aU ber
Dingfricbe, ha bie Dinge unter be* Äö«
nigö befonbercr Dbbut ftan&cn, olo bct
^ccrfriebc; IfldxUt unb fpäter ©täbtc
5ricbf)öfe.
145
fonnten nur mit Setüilligung beä Äönigä
gcgtünbct »erben, ta baju fein griebc ge=
forte. S)ic Äiriie bcförbcrtc unb befe=
^igte biefc ^Inftcfct unb mad)te bie 33ett)at)=
rung be^ ®otteäfricbenö jiir erflen ^flicf)t
beö Äönigö. (Sin befonbcrer ^(uv^brud ber:=
fclbcn War ber triebe ber Jöitrocn,
aSßaifen unb 2Be^rtofcn, bcn bie 8e^=
rer ber Äirctie bem Äönigc befonbcrö unb
bie Äönige tjinmiebcrum if)rcn ^Beamten
ern(l(ic^ anempfahlen.
S)er .König fonntc aber feinen 5i^i<^^«"
zeitweilig ober bauernb aucE) einzelnen $er«
fönen geben, urfprünglic^ in Sejie^ung
ouf eine beflimmtc fcbmebenbe ober been^
bigtc 9'Jec^t'?ifacf)c, fpäter einjclnen wie
ganjen .Klaffen oon *i^erfoncn ein für alle«
mal; ein ilönigöfricbe im engern Sinne
aber war berjcnige triebe, ber an jebem
Drtc Waltete, in welchem ber .König blei=
benb ober nur »orübergebenb weilte; aud)
bie Äönigeböfc balten batier tai *Jlft)U
re^t, ja felbfi ber ®tabt unb ber Ißrottins,
in ber ber Äönig ftd) auffielt, teilte fid)
fein t)öf)ercr gnebe mit. Unter bem Äö=
nigäfrieben fieben audb biejenigen, bie, um
ein öffentliche^ ®efd)äft gu oollfübren, nom
Äönige abgefcnbet werben.
3cbeö Wabre Unred^t war bem ccbten
2ßefen beö jjriebenö jufotge ein ^^rie«
bcn^bruc^, ein Sßerbredjen, ia^ lefe*
tere 2ßort jwar erfl feit bem 17. ^a\)x\).
bctannt. ÜJJan unterfd)ieb aber bie wal)=
rcn, j^Ti^^^oftgfeit nad) fid) jie^enben
gricbeni^brü^e, unb bie, weli^e für ben
SWiffet^öter nur bie SJiotwenbigÜeit erjeug=
tcn, fid) eine neue 5lnerfennung feineö
^riebens ju erwerben, ol)ne ia^ er, biei
bieö gefc^eben war, al^ ein gleid)fam
burd) bie Z\)at gricblofcr bel;anbelt wer-
ben fonnte; bie legieren fönnte man im
©egenfa^e ju ben ^5riebensbrüd)en
SRedjtßbrüd^c nennen; jte jie|)en blog
!8u§en nad) fid). 2)er Umfang ber eigent^
lid^en ^'^'^benebrüc^e war im altgermanis
f^en ^cd)t bebeutenb gröper , ber ber
[Red)töbrü^e üeincr alö in fpäterer 3fit-
i^rieblofigfeit ifi bem ®runbgeban=
fcn nad) eine burd) ißcrfcftulbung, gleich«
fam burc^ einen 5lreubru(^ begrünbete
5lu0fc[)lie§ung aus ber griebcnl« unb
{Red)t«igcmeinfd)aft, wel^e bem baoon Se?
troffenen nic^t nur ben iRedit^fchug ent=
jog unb it)n in bie 8agc eine« Unge =
Hoffen, cine^ »öüig grcmben »erfe^te,
fonbern ibn al^ J^etnb feinet Sßolfe^ unb
be* Äönig^ besei^nete. ©er grieblofe
fonnte bu|lo« »on allen unb jebem er«
fd/iagen werben; bie grieblofigfeit näherte
\\(i) alfo ber 3;obc«(|lrafe ; allmäblici) ging
fte aber mehr in ßanbeöuerweifungüber. 'Jim
eine 2ßirEung ber i^ricblofigfcit war eä, ta^
niemanb mit bem ^"cblofen5Sertet)r ^aben,
ibn bel)erbergen, fpeifcn burfte, bei Strafe
eigener J^rieblofigfeit. SOtit ber griebloftgs
feit War in ber frül;crn 3fit ^'^ (Sinjies
f)ung be^ ganjen Sermögenö t>er*
bunben, ja felbft Cie ©pur unD tai Qln*
benfen beö grieblofcn auö ber ®emeinbe
würbe burc^ bie 3^'^P''rung, burci) ha^
9iieberbrennen feiner 2öol;nung getilgt.
ÜJJit bct 3tit würbe bie griebloOgfcit in
it)rer llnwenbung mel;r unb mü)x be*
fd)ränft, bie g'^d^t au3 bem ßanbe j. 93.
erleichtert, bie Sinjic^ung beö SBermögeng
nur auf haii unbeweglid)c ®ut bejogen,
unb bie Strafe ber ^riebloftgfcit löfie
ftc^ in it)re Sefianbteile auf, fo ba^ ali
felbftdnbige Strafen Sobesfirafe, Sßerban*
nung unb (äinjie^ung be« QSermögenö
barauä ^eroorgingen. dlad) ©ilba,
Strafrcd)t, IV..
Sriciööfc* af)b- frithof, ml)b. vrithof
:= ber jur Sd^onung unb Si(^ert)eit
Dor einem unb um ein ©ebäube cingc«
fangene JRaum, ber iBorl)of; bann erfl
'J3orf)of ber Äird)e alü offen tlid) er Scf)u^ =
ort geflüd)teter a3erbrect)er, enbli^ f^on
im *Jlitbochbeurfd)en ^ixä)\)oi ©otteäader.
5Da3 aSort frit fommt Don af)b. friten =
begünftigcn , Welc^e^ l)inwieberum mit
griebe unb gtfunb wurjeloerwanbt ifi.
^illt^oc^beutfd) fagte man auc^ fritgadem.
— gricbl)öfe t)at man au« merowin^if^er
3cit nocfe jablreic^e crbaltcn; fre be^eicf)«
ncn neben ben eigentlid)en ©rab^ügeln
bie ältejle ^efiattungsftätte ber ©crmanen
nad) ber 93ölEecwanberung. Sic befielen
auö einfad)en (Jrbgräbern, weld)e in met)r
ober minber regelmäßige SRei^cn georbnct
jtnb. SDie ©ruber, meiji in einer Siefe
öon 3 bis 8 gu§, ^aben i^rc SRic^tung
»on 2tbenb gegen Storgen mit 4 bie 5
t^up breiten 3wifd}enräumen. 21m Tliüth
rl)ein buben natieju alle Dörfer, bie üoer«
l)aupt aii feijr alte D^ieberlaffungen anju=
fel)en finb, auc^ il;re frünfifc^en (gröber,
unb ein Umfreit^ mit bem ©urc^mcffer
oon 2 biö 3 SBegjlunben umfaßt oft 8
biö 10 jum Seil anfe^nlict)e gricbt)öfe.
S)ie größten Sotenfclber in SDeutfd^s
lanb ftnb auf bairifc^em unb alamannis
fc^em (gebiete cntbedt worben, baQ bairifc^c
bei gribolfing an ber Saljac^ wirb auf
3000 — 4000 Sote bered)net, b&Q ala=
mannifci^e bei SRorbenborf, 7 Stunben oon
10
146
Frö.
SlUflSburg, ergab biö jc^t 362 Ordbcr.
3ut 3^'t i'et crflcn (Sntbcdungen bicfer
i^rtebl^öfc glaubte man ber jal^lreic^en
aöafftnfunbe «cgcn biefclben für S>d)\ait)U
felber unb für bie "Beilattungsorte ber @t'
faücnen erfldren ju muffen; aber bie
gleichmäßige Öcifeöung oon üJJdnnern,
grauen unb Äinbern, bie 'Muefiattung ber
äoten mit i^iem »oürn ©cbmucfc unb
mit aücn *3lrten ®efäßen bciriee, ta^ man
I)Io§ eigentliche ^riebböfe Por ficf) babe.
3m Sühiteloltor famen bie Dramen Äird)^
^of, ßcid)enbof, ßicb^of, im 15.
3abr^. ©otteäücfer auf. Urfprünglic^
^atfe jebe Stabt unb jebeö 3)orf nur eine
cinjige 33egrabnidftatte, ben ^^ricbbof ber
Haupts ober fpfarrfircbc; aümdtjlic^ er=
langten Älöficr unb Spitäler baö Üiec^t,
auf ibrem (Srunb unb ©oben befonbere
ffle^räbnieftäiten t)aben ju bürfen. 2)ie
gtiebböfe ttjaren bciüge, fir^Iicf) einge=
tüeitjte Stätten; bie im 33ann ober roät)=
rcnö beö Jntevbifteö ®efiorbenen, bie tai
©tcrbefaframcnt ni(^t empfangen batten,
bie tot "ilufgefunbenen, bie SelbfimörDer
rrurben nid^t ouf bem Äircf)bof» bejtattet.
5lußer ben 5'^iibt)öfcn tt>urbe auct) ber
93oben ber Äirc^en al^ (Srabftätte benu^t,
anfänglid) jebod) bIo§ fiir bie (Seifthc^en;
fpäter namentlid) für foldie ßaien, bie ftd)
burcb ©c^enfuni^en um bie ^ird)e oerbient
gemaci)t tjotten. ©olcbe Äitd)engruften
tüurbcn nad)bcr Srbbcgräbniffe. 'iSei @eu-
d)en u. bgl mürbe juroeilen t>ai Sci^raben
in Den ^irc^en auf eine gewiffe ^ät ocr*
boten.
Die 0riebl)öfe ber I)orffird)en Ratten
im ÜJUtielalter oft bee^atb eine ftrategifcfee
Sßicbtigteit, weil bie 2)orffird)cn meijt
auf bem ^ödjften ^Puntte beö lerrainö
lagen unb ibr {^i^icöbof ber einzige mit
einer SDJaucr umi^ebene iRaum bcö Dorfeä
tt)ar. 2)er giiebijof trar beä^alb bie 3"'
fluct)t«ftät(e für bie 2)orfberoobncr unb
oft bie Stätte blutigen ÄJmpfea, j. ^ö.
bei Dcffingen. 3""ii^ tie •^'ir<i)« tbat aud)
gegen biefe 'i^enu^ung beö grieb^ofeä ©in«
fproc^e, aber Pergebenö.
3)ie 5riebt)öfe bicnten aucb für gerieft»
tid)e ^anMungen, bie mitunter aud) in
Äreujgängen unb in ben 5tird)en felbit
porgcnommen mürben; biefe (Sintid)iung
l)at ficb mand)erort« batin ert)alten, l>a^
nad) bem ®otte«bicnf}e oon ber ©mpove
fierab obrigtcitlicbe Srlaffe bifannt ge»
macbt unb oor ber Äird)e auf bem Äird)=
l)of ®emeinbePerfamnilungen ab,.\et)alten
njerben. Sogar jum §eil|)altcn Pon
Sffiaarcn bicnten mitunter ÄirA^öfe unb
Äreujgange. J
3ur "Aufbewahrung ber auägefd)arrtcn |
Sotcngebeine roar tai Scini^au« bcs
fttmmt, m^b. beinhüs, ober ber Äernct,
Äernbcr, Äarner, ©erner, altfranj.
carner, fran,. charnier, lat. carnariam,
manchmal auc^ So ten ^auei genannt; ed
bcfianö jumeilen auä einer untcrirbifd)cn
©ruft unb bet barübcr erbauten Äapeüe.
Soinol;! einjelne i^amilicn a\i einzelne
33rüberfi^aften befa|en befonbere ®rabs
ftäiten auf bem ^rieb^of. S)ie ©rabfteinc
lagen in ber D^iegel. ^xvi\) f ommt bie 3"'
fd)rift Requiescat in pace unD auf ben
©rübileinen »on ©eiftlicben ber ^eld) üor.
©in {jöljetner Sd)ilb mit bem Slöappen
beä Uierftorbenen l)ieß ßeidjenf^ilb
ober ßei^enfc^cibe. "JJud) Ärujifiyc
auf ©räbern fir.b alt. ßinb enf djmit,
"JUtertumsfunbe 90, unb Äriegf, ißurgcr*
mm n, ''ilbfd)n. 5.
Frö, Freyr. J)ie norbifc^o ÜWptbologie
fennt einen teud)tenben ®ott, mit feiigem
Si|, ^Jamenä Freyr, auä Fravis, b. i).
ber (Svfreuenbe, (5rot)e, ber J^err. (5r cnt«
fproß bem Stamme ber SBancn. (Sr
roaltet über bem iRegen unb Sonnenfc^ein
«ic über bem ©rgrünea unb JÖad)«tum
ber ®rbe. Sr fäbrt entmcber auf feinem
ju Sanbe wie ju SBaffer fegelnben Sd)iff
Skidhbladhnir, in melcbem er jletö mit
gutem Sffiinbe jleuert unb meldje^ nad)
bem ©ebrauc^e toie ein luc^ jufammen«
gelegt tterötn fann, ober faijtt auf feinem
Sffiagen, ben ber golbbor(itge @ber Gullin-
barsti ober Slidhragtanni , b. i. Spi^«
jatjn, jietjt, ober er reitet auf bem Sber.
Sd)iff unb Sber ftnb S'laiurbilber bet
Ud)tburd)ßraf)lten Jßolfen, auf benen bie
Sonnenftrablen über bie SBeiten be* ^im«
melö fc^meben. J'retjr ip ber trefflidjfte
aller ©ötter; feine ^au^ftau ijl bie lieb«
lic^e ©erbbr, be<* SRiefen ©pmir lodjtct.
SDtan rief ben ©ott um 5rud)tbarfeit berörbe
an, er fpenbete ben (Srntcfegen ourc^ alle
ßanbe. Darum t)ie§ er freunbli;^ , mo^l«
tbäiig, fruchtbar, glücflid) unö gibnütbe.
3m ^t"t'li"9 >r»uröe in Sd)meoen eine
^iibfdulc beö ©otte^ auf einem 2Bagen
burd)^ Öanb gefabren. 'Dian meinte, i>ai
fei ber lebcnbe ©ott. 5ret)r unb eine
tJriefterin, bie man fein ffleib nannte,
faßen im fflagen, ein Diener fd)ritt »or«
auö. Daö oon überall äufammengeitrömtc
93olE empjrng i>m ffiagen mit Dpfermabl«
Jetten, um ein fcud)tbareö 3'^bt ju erbit*
ten, mit ©aben oon ©olb, äilbcr, guten
5ron — gtonböfc.
147
Kleibern. 2Bo bcr ®ctt einfet)rtc, fläite
fid) bod SBcttcr auf unb mon erwartete
n\ä)i (Srnte. Srcpr füllte ouch boö ^aue
mit blübcnben 5linbern unb fpcnbete ben
@tetblid)cn löiebeelufi. iBei JP)od)^citen
opferte man i^m. t^^i^'c ifi aud) bcr
®ott beä ^Tiebenö. ^DJan tranf feine
2)(inne um ^rieben unb grud)ibinfeit.
Um SDlittrointer^ieit leitete ein breinHid)ents
Iid)er ^u^f'^ifbc, tt'äbrenb beffen aQe
gcbben fd)roei9cn mußten, ta^ gro^c ^eit
tcr SBintcrfonnenmenbe , baä Julfel^,
ein. Qluf ba«i feierlidje Opfer im Sempel
toor %xtr)i^ ^i(b folgten ©afiereien unb
Spiele; jum 9'?ad)tmat)t trugen bic ©iencr
ben bem '\^n'()x unb ber 5'^fpi''' 9ftt>cil)ten
Sübneber auf ben Jifd), unb man legte
biirauf ^a« (Seiübbe ab, im beginnenben
3nbrc grof;c unb fübne Jbaten ju tbu". 3"
Dflergotlanb roirb nod) jc^t am 3ulabenb
ein mit einer Sd)n)ein«baut überzogener
931oct auf ben lifd) gefegt, unb bcr J^auö=
üatcr , bic ^au?frau unb tai. (Serrnbc
fd)mören, itjrc i'flid)t treu leiflen ju rooUen.
51n anberen Orten fterbfn Äiid)cn in (5;ber=
geftalt gebaden. 5lud) Stiere fielen bem
^repr (\U Opfer. Um manei^e lempel
^^reprö mcibeten tjeilige ©onnenroffe.
®egenüber bem in 9<ortt)egcn nerebrtcn
5tt)ort galt t^repr al^ ber <Sd)meben ®ott;
fein gro§er ^uupttempel, in roeldjcm bod)
üud) iborrö unb Obbine! *Silbniffc flan^
ben, lag ju Upfala. ^rcljr^ ©obn t^eißt
5^jölnir, mäd)tig, frudjtbar, glürflid) unb
fricbfelig, roie fein ^ater. Sei ben S)änen
l)ie§ ber @ott 5rib{)leifr = gric^fi^^
erbe, (^i^obtii = ber 2Beifc, obcrjii^t)*
frobl)i.
S)erfelbe ®ott nun, ber bei ben DJorb^
länbern 5rcl)r ^ie§ , mürbe ton ben
S)cutfd)en pcrebrt; er ift ein Sonnenaott,
fein beutfdjer ^amt aber nicfct me^r naAs
Vocisbar; man nennt ibn mit bim bem nor=
bifdien^icpr entfpredienben bcutfdjcn 2Bortc
Frö, melc^cö im '2lltbeutfci^en al? ®emein<
nanie für ben ©egriff ^crr, vociblii^
Fronwa = %xau, ^errin unb juglei(^
aU "Jlbjettio, abo. froh, auftritt. S)tc
©onncnräfer, rDeld)e beim ^c^anniös unb
beim Ofterfcuer angcjünbet rocrbcn, gelten
mabrfe^cinlid) bieftm ■Sonnengott. 3t)m
tvax bcfonb^rö 1>ai 3«lfeft eig«n. ba^
%iit ber SBinterfonnenrocnbc.
t5ron=, ^robn« m 3^'fa"i"i«"ff^""'
^en ift urfprüngli(^ ber b^ilb por.
Salb nad) ©ubftantioen gefegte ©enitio
*)Bluraliö beö obb. frö = j^err, beffen *^''eni=
tit> $lural fröne lautete = ber Ferren,
b. b. tjicr tt)o^t naä) d)riflUd)cr ^nftc^t
„®otte^ unb bcr ^eiligen". 2)iefer ®eni»
tiü ^luraliö mürbe aber balb mi^oerftan«
ben, in abrerbialem Sinne gefaxt unb al^
ein n)trflid)e^ llboerb fröne in ben 33e«
beutungen: bcr^erren, l)erifd)aftlid), öffont»
lid) , beilig, genommen, morau^ enbli(^
allmablicf), ^ueift im 11. Si^brb. i^ai bieg«
famere ^ibjeftio frön ^erootging, hai im
12. 3^1)^^^- l)äiifigfi; ootfommt, aber fd)on
im 13. 3afif') micber feltener ju rocrbcn
beginnt; eö l)ie§ alfo: boe J?reuj fron,
fein ^eiliger ?eid)nnm fron, bcr ebel iRittcr
fron, baö frone J^reu;, bie frone jcben
gebot, bcr jarte fron ?eid)nam. 3"5f'ftlbaft
ifl, ob bic mit gron ;\ufammcngefcBtcn
SIBörtcr aU oon biefcm *}lb|eftio ober ritel«
mebr al^ r>om tt)irflid)en älteren ®cnitiD
l^lurdliö abgeleitet anjufcbcit feien; e^
bcjieljt fid) in fold)en ffiörtern ta^ 33c<
ftimmunci^roort ^ron ftetä auf ein bunflcä
l)crrfd)aftlid)e^ ober beiügeö IBctbältniö.
®old)e ilompofitioncn finb gronaltar,
Jljronarbeit, 5^ronbau, fronbar,
Fronbauer, gronbotc, ^'^''nbrot,
^ronbienfi, ^ronfaften, Jytonfclb,
i^ronfefte, gronfubr, gron garte,
grongebot, grongeifi, J^ongclb,
grongemic^t, gronglaube, ^^t^on*
gut,5ronbauä,5ro"brtK^l«'^'f'^on'=
heilig, ^ronljcrr, J^ronMf, i^ron*
l;ubc,^ ^ronfäfe,§ronfned)t,5ron =
torn, gronfreuj,5ronlünb,^ron«
leib, gronleid)nam, 5"^""^^"**^
J^ronmatte, ^ronpfcnnig, ^ron*
pfcrb, ^ronpflidit, gronrcc^t,
55ronfd)iff, ^r onfd)rei bcr, ^ron«
ftod, ^rontatij, ^rontcil, ^"^on*
tiogt, ^tonmalb,5ronmalt, gron*
maffer, gronmed)feI, ^ronmeifc,
JVronmerf, gronmiefc, gronjinö.
yinä) SBeiganb unb ®rimm.
gronljbfc. "Der ^robn- ober Ferren*
fiof entftcbt in altgcrmanifd)cr ^dl ta^
burd), ba§ jcber freie ®runbberrfer mit
feinem ßoosgute in bcr ^ffbmarf aud)
einen ^errenbof in bem 35orfe befaf.
3u befonberer |»au^s unb Jpofbaltung gc^-
bie^ ein foldjer ^of fcbod) erft, fcitbem
bic 3abt ber ©emeinfreien fid) feit ber
3eit "bcr *)[l?eroroinger rocfcntlid) geminbert
^atte.
1. 2)ie 3^ronl)öfc tii früheren
SRittelalte r^ biö in bic 3fit bcr
Karolinger. Der ??ron5 ober Ferren«
bof ift curtis ober cnrtis dominica, casa
dominicata, sala ober ©albof. ^(hix
freie ©lunbbeft^cr bi^ jum ^^'önig befi^t
10*
148
gton^öfc.
einen ^ronfjof. S)en |»crrenf)of bee
Äönigä nannte man Äönigetjof, fönig^
lid)en ©aIt)of, fijmnlid)cn ^jiötue,
•PalaP; bcn bcr Si[d)öfc 2)om[)of;
bcn bet ©orfgeipUcfjen q3farrf)of. 3u
jebem ^ronfjof geborten me£)r ober »c=
niger auegebebnte ßänbereien, »el^e bie
®runbl)errid)aft beä J^of^errn bilbeten.
(Sine fefir nuegebe^nte ober quo mehreren
©runbbcrrfcbaften äufammengebracbte
®runbtierr[d)aft entj^ielt mehrere 5ron=
t)öfe, jumat bei Königen, Sifdjöfen u. bgl.
S)ie jum J^ronfiofe get)örenben Sdnbereien
»erben teilö ton bem |)ofe aus, teil« burc^
Colonen gebaut; bai ^ofgefmbe beflebt
aue unfreien ober tt>enigjlen« nid)t iioüfreien
geutcn. €d)on früb f)atti ber umzäunte
^errenbof mit ben ÜBobnungen beö |)errn
fott)obt aU ber £)iener ein burgartiges
Qlnfeben. Qltle Sßobnungen niareii aus
^olä gebaut, bie 25ä^er mit <Sd)inbeIn,
feiten mit 3*^9^^" bebedt. S)ie Ferren*
TOobnung be"« Soüfreien \a^ in altfränfi=
fd)er 3eit auö »ie t)iüU nod) bie gröBeren
^öfe güDbeutfcblanbä unb ber €d)»eiä;
fte befianbcn aus blocfbauäartig ju[am=
mengefügten Salfen mit einem bob«"
2)act)e, bem }^ix^\ iai 2)adb fotrobl ale
baö 3»inere maren burd) Säulen getragen,
unb ©äulen Dor bem ©ebäube trugen
ba« Dotilebenbc 3)ad) unb bilbetcn baburd)
einen bebecften ®ang. ©üö 3nnere ber
SCBobnung, bie2)iele, beflanb aus einem
einzigen SRaume, in melcbem bie ganje
i^amilie, um ben ^Jamitienberb rerfammelt,
ttjobnte. Qlüc ^aupt* unb SJJebengebäube
famt ben Qirbeitebäufern unb 2ßirtfcf)aft0s
gebauben bejlanben aue einjelncn', neben=
einanber ftebenben, einj^ödigen unb nur einen
einzigen Oiaum entbalten^en ©ebäuben.
93en)ad)t ttiurbe tai ®anje mie nod) beute
bie '■Bauernböfe »om^ofmart, b. i. bem
^ofbunbe.
S)iefet Scjtanb ber dltejlen ^tonböfe
erbieit burcb Äatls be^ ©ro^en !8c=
Semübungen ein n>efentlid) tierän=
berte^ SInfeben. ^arl bcr ®ro§c erlie§
genaue 93e|limmungen für ben Äönigsbof
unb beffen einzelne Icilc. 5Da« ^aupt«
geböube foüte tai geräumige unb mobl«
cingerid)tete Ferren baue fein; inegc-
mein aus Stein ober menigftenö au§en
aus Stein ober aud) ganj aus ^olj ber=
gcfietlt; bie übrigen äffiobn* unb *Mrbeitö=
Käufer, bie Käufer für bie grauen famt
bcn nötigen Stuben unb iBorrai«fammern
foüten fid) baran anreiben. jDa« ganje
.^ofgebäube mar mit Söüern, ^in unb
wieber auc^ noc^ mit bebedten (Sängen
umgeben, moju erfi noc^ bie Dfonomiege=
bäube, (Satten, J^ofräumc unb gifc^teidje
famcn, alle« mieberum mit einer gemein*
f(^aftlicften 3[Rauer ober mit einem 3'iun&
umgeben. ÄarU beä (Sro§cn Seifpiel fanb
bei ben mcltlid)cn unb geiftlic^en ©runb«
berren balb Dtai^abmung.
■Jinf fotd)en j^i^ouböfen entmidelte ficf>
nun , ebenfati« in ^Inlebnung an bie
föniglicben ^öfe, bie J^ofbaltung
beö ü)JitteIaIterä, meldje aufä engpe mit
ber 23erfaffung, ber Sitbung, ber Äunfl
biefer ^eriobe jufammenbängt. .^ier fott
bIo§ bie (5ntmidlung unb (Sefialtnng tii
grobnbofmefenö im engeren Sinne furj
gejeic^net merben.
3n Schiebung auf bie föniglidbcn ^öft
entmidclt ficft ein Unterfcbieb jtt)ifd)en
fpfaljen, ju benen fiel« gemiffe fönig«
Iid)c Sitten geborten unb in melcben eine
föniglid)e ^ofbaltung beftanb, unb jmifdben
gemöbnlidben ftönig^böfen, bie bIo§
für eine Sillenoermaltung, feineämegi
aber jum (Smpfange beä Äönigä unb ber
föniglid)en ^ofbaltung eingerid)tet maren.
5inberSpi^e eine« Äbnigäbofeö ober einer
SBitta unb ber baju gebörigen ^^errfcbaft
jianb ein berrfcbaftlid) er Beamter, bcr
febr ücrfd)iebene 9Jamen trägt, j. ©.
judex, villicus, major, major villae,
cellarins, decanus , centenarius , decurio,
Sd)ultbci§ u. a. 2)iefer Seamte, ber balb
bem Staube ber bofbötigen ßfute, balb
bem ber böbcren|)ofbeamten angebörte, b*ittfr
bie 53ermaltung unb 'J3emirtfd)aftung bcr
ßänbereien beä ^ofeä unter fid) unb bie
5lufftd)t über bie arbeitenben unb bienens
ben grauen, Äünf^ler unb .^»anbmerfer.
S)er Serfaffung ber föniglid)en |iöfc
unb 55iüen mürbe biejenigc ber übrigen
(Srunbberren nad)gebilbet, unb jirar un*
terf^ieb man bicr bie innere gamilie
beä .^ofberrn, bie jur Söcforgung bea
eigentlid)en ^ofbienjleä »ermenbet mürbe,
unb bie äußere gamilie, moju bie jur
ßanbmirrfcbaft oerwenbetenÄnedbte, 93tägbe
unb anbere unfreie unb börigc ßeute iäi)U
ten, bie um ben gronbof berum mobn«
ten. Sallänbereien, terrae salicae, agri
salici, .^erren« ober gronlänbereien biegen
bie oom gronbofe aus bebauten ßänbe*
reien, jum Unterfcbicbe »on ben an Äo=
Ionen binflcgebenen 3inägütcrn unb !8ene-
fijien. '^udi an ber Spi^e biefer ^öfe
fianben SDJeier , S^l'fntf'^ "ber (Sentncr,
DrtsDorfteber (praepositi), .Rettncr, iBer*
Walter (actores) ober Sßögte, in 9eiftlid)en
iJron^öfc
149
@runbberrfd)aften ni(^t feiten ÜJJöndje unb
anbete ©ctpiic^e.
3u ben ^ronböfen gef)örtcn aber aud)
bie im 93e[i^ bcr -Äolonen ftd) bcfinblic^en
Sauernl)öfe. ©ic geborten infofern
gum ^ronbofe, a\i i^rc 3nf"il'<!i^ flwiffe
SJienfic unb Seifiungen, ju bcnen fie oer;
1jflicf)tet waren, an ben f)errfd)aftlicben
©camten beä ,5ronf)ofcä ju entrichten
■i^atten. ©ben au^ biefer 3uf"ii'^f"9fi-
|)örigfeit bcr 23auernl)öfc jum .^errenbof
ifi bcr SRame |>örigEeit, |)ofl)örigfeit
«ntfprungen. ^od) lagen biefe 99auerns
^öfe niä)t notwenbig unmittelbar am
^ronbofe, fonbern I;äufig burcf)au0 jer«
prellt, ©onfi njar bcr !öauernt)of, abge--
fel)en non feinem abhängigen Swfi'Ji^öf/
im fleinen, voa^ ber ^^rotjntiof im großen
tuar. 6r bcj^anb auö einer 2Bol) nun g
im I)orfc, nicifi mansus genannt, mit
ben baju ge[;örigen Stallungen, Sd)eunen
u. bgl. unb au« einer Slnja^l ^^elbern unb
SBiefen in ber i^clbmarE. 2)ie Colonen
fonnten lieber ibrunfreieö ® efinbe, man-
cipia, babcn, bie, an bie (£d)oüe gebunben,
mit bem ®runb unb ©oben oeräu^ert
njuvbcn.
I)ie 93auernbicnj^c, rttel^e bie Colonen
unb porigen an ben ^i^ontjof ju cnt^
richten t)aben, fmb ^^ronbienfte; ju
bcnfelben waren nict)t blo^ bie *JJJänner,
fonbern aud) bie grauen t>evpflid)tct. Sie
fmb fel)r »erfd)iebener 5lrt, bie bäufigflcn
aber finb bie Ql cf erbten jle; onbere ftnb
bie 23otenbienjle, ^ronful;ren unb
Sßorfpannbiefie; aud) ju Äriegö*
bienften unb gemiffen ^auö* unb
Jp)ofbienPen »üaren bie Sn^öt*«! ^^^
Söaucrngüter t>erpf[id)tct.
jiDie Colonen unb @d)u^^örigen eincö
iJronbofeö bilbeten jufamnun eine |)of=
gcnoffenfd)aft, beren ^aupt ber jebeßmalige
^crr bee g-ronl)ofeö mar. (är cermitteltc
ben SRe(^t8iierfcl}r ber ^ofgenoffen nad)
au§en; er üertrat fie. 3)ie ^ofgenoffen
felbft t)atten ibr eigeneä .^ofrecfet, eine
eigene genoffenfcboftlid)e ®erid)töbarfeit.
SBie bei ben 2iolt0gerid)ten fanben bie
©enoffen felbfi ia^ iRed)t, ber »orfi^enbc
9flid)ter mar nur ^rager bes Siccbteö.
2. 2)ic 5ronl)öfe beö fpäteren
SWittclattere. S)u 2Bobnung beö
®runb^errn ^ei^t au^ im fpätern iDiittel-
alter ^lon* ober J&crrenbof, domns
dominica, mansus dem., curia, curtis;
anbere 9'Jamen fmb sal, salhof, selhof,
bannhof, twinghof. 5llö @i^ bcr J^err«
fc^aft ^ei§t er sedelhof, sidelhof, morauö
fpdter sadelhof, seidelhof unb sattelhof
mürbe; aud) stadelhof fommt Dor, 2lmt«s
bof unb ®ingbof. 3nfofern }U jebcm
S^ronl)of eine *ilnjabl Sauernböfe ober
|)uben geborte, fo bie§ er hnobliof, ^aupt«
bof; infoforn er feiner ®runb= unC> ®d)u^s
berrfd)aft untermorfen wax , 5rei[)of,
freier gronl)of; na^ anberer Se=
jiet)ung enblid) l)ei§t er einerfeitö (5bel =
bof Don bem ©tanbe feinet Sefi^ers,
DJ? ei erb of, Äelnbof, villlcatus, villi-
catio, infofern er an ilfieicr ober Äcüner
jur 2öemirtfd)aftung abgegeben mar. SRit
allen biei'cn 3iamen bejcid)nct man nun
aber entmeber nur bie berrfcbaftlii^e ißot)s
nung im ©egenfafee ju ben baju geboren^
ben Öänbern unb Bauerngütern, ober aufer
ber 2Bobnung nocb alle baju gebören-
ben 2Birtfd)aft2(j unb anbercn ©ebiiube
nebfi .^ofräiimcn unb ©arten, ober enbs
lid) ju allcbem no(^ bie baju gef)örigcn
Cän&ereien, mcld)e nid)t feiten eine ober
mebrerc 3)orffd)aften umfa§ten. 3^ »ii^
bei" @vöfe be^ »on einem ®runbberrn ju»
fammengebradbten Serritoriumö mar bie
3abl ber ^'^'■''nl'öfe üerfd)ieben; beftanb
bie ^crrfcbaft a\ik mebrcrcn 55>^onl;öfen,
fo ftanb an bcr ®pi^c berfelben bcr
Dbert)of, |>auptt)of, 3lmtäl)of, ^falj*
ober Äammcrbof. 3" 33cjiel)ung auf ben
^errn unterfd)eibet man 1. '^Jalaticn
ber Könige unb bie il^ncn nad)gcbilbeten
Q3 fallen ber ?anbcöt)errcn; 2. bie für bie
liermaltung bcjlimmten ^önigäböfe unb
bie bicfcn nacbgebitbeten lanbeöberrlicben
^ronböfe; unb 3. bie gronböfe ber
geiftlid)en unb meltlid)cn ©runbbetren,
meld)c fet)r büufig ju gleicf)er ^iit ber >£i^
ber J^crrfd)afi felbjt unb. bcr t)eirfd)artlic{)en
iieimaliung marcn. Über bie Q3fal;!|en
felic man ben befonberen *Jlrtifel. 2)ie
töniglid)en unb lanbeöl)errlid)en g'^on«
l)öfe entbtelten in erfter ßinie ein jur
2Bo£)nung beö lanbe«beirlid)en Seamten
bienenbcei a[Bol)ngebäube, Äbnig^s
1)0 f, Ferren bof, curia, curtis, .^er ren«
baue, fpätcr meijt Qlmlöl)of, officium,
5lmt0l)au0 genannt, moju bann bie
nötigen lanbmirtfd)aftlid)en ®ebäube
famen, ®d)eunen, ®pcid)et, Mafien, ÄcQcr,
93ormcrfe u. bgl. iÜbnlid), nur fleincr
unb befd)eibener, maren bie S5'^''"^öte bcr
geifllid)en unb meltli(^cn ®runbl)errn
befd)affen,meld)c juglcicb llanbigcräöobnfi^
berfelben, berrfd) aftlid) c SBobnung
unb SBermaltungen maren.
5lu« ben SIBol;nt)äufern berjvon-
l)öfe, bie man nun mcifi auö Stein
150
^ronfeöfc.
baute, iiai)ix ber 9'?ame steinhüs, unb bie
fd)on frü^) mit 3äunen ober SWaucrn
umgeben maren , mürben bie ©urc^en
be^ awtttelattcrö; ftc treten erfi feit
bem 10. unb 11. 3af)'^f)unt)ert alö foldie
^crnor. Qlnberc Iburgen, bie erf! fpiitcr
jQblreic^ aU feftc Qtufcntbaliö» unb 93es
mabrungöorte an9eTec^t mürben, untcrfAie«
ben fxd) Pon ben älteren ciu^ ^'^'^"^öfcn
entftanbcnen iBurgen baburc^ , ba^ fie
au^er it)rem Surgbann ober Surgfrieben
feinen meiteren '-öejirf befa^cn. 9?eben
ben ju Surgen gemorbenen ^ronbofbäufern
gab cö aber immer nod) joblreiAe (5ron=
böfc, bie nie ju 23uTgcn un^gebaut mürben.
i>ie äu einem gronfjofe getiörenben
ßänbcreien ^ie§en tai Territorium
ober ta^ ®ut, praedinm. ®ie maren,
menn fie um ben ,5fO"'"'f I)erumlagen,
öfter« mit einem ®raben, 3'^""/ ßtter ober
(Satter, meift aber mit SDkrffleinen ober
©renävfäblen, (Srenjbäumen, Äreujcn unb
©renjfciulen bejcid)net , bie Umzäunung
aber mit Jboren, befonberö mit %alU
tf)oren oerfcben. 23on biefcr Qlbmarfung
erf)ielt tai ju einem ^'^onbr'fe get)örige
©ebiet felbfl ben SJJamen Tlaxt ober
^ofmarf, aucf) Stter, 3oun, Sannjaun,
@d)u^bann. £^ie l^änbcreien ber ^ofmarf
befinben ficb entmeber in unmittelbarem
93efi^e beö ©runbberrn felbfi unb mcr-
ben t>om gronbofe auö ober burc^ Jlolo*
nen, jebod) nur fronmcii'e, bebaut, ober
fte finb gegen beflimmte Öeifiungen feit
unbenflid)er >^eit an Colonen b'ngfgfben,
alfo Bauerngüter. I)ie erfteren ^ie^en
audb im fpdieren ÜJtittetalter nocb terrae
salicae , ©allanbereien, agri salici,
u. b(\I., auc^ ©eellänbereien, ©eclgüter,
@eell)uben, seilend, sale, auc^ ahtae,
ahten, baten, achten, ^ofad)ten, ju mf)b.
ber ähte, achte, b. t). ein au^gefonbertfö
unb unter befonberen iRed)t?fc()U0 genom»
meneö ^.Jlcferlonb eineö ^errn; aud)iöüns
ben, ©ebunben, *13eunten; ^of^ ober
^ronlänbcreien, grongüter, gronäcfer,
^ertfd)aftlicf)e ßänbereien. ®iefe @üter
Ratten mancberlei Freiheiten, maren mie
bie F'fn^'öfc felbl? fteuerfrei, frei oon
aflcn grunbberrlid)en unb fogteilic^en 2Ib=^
gaben, pom ^errfcbaftlidjen 3«^r>ten. ®te
maren nid)t überall arronbiert, fonbcrn
lagen oft jerflreut unter ben börigen unb
unfreien 3?auerngütcrn. 3n ©übbeutfc^=
lanb maren bie meiflen ©allänbcreicn früb ju
3in?gütcrn gemorben, al^ ?ef)en oerroenbet,
an Colonen abgetreten u. bgl. unb battcn
bann i^ren freien fö^araftcr mciji mit ber
3eit einaebüft. 3n 3?orbbeutfcf)Ianb er*
hielten fie fid) länger. *Muö ibren iRcftcn
finb bie 2)omänen, Äammcrgüter,
ÄammerforPen, Sfiittergüter unb
herrfd)aftlid)cn üöalbungen bei»orgcgangen.
^a freier ©runbbe^^ im ü)(ittelaltet
anmäbli(f) meijt bie ikitterbürtigfeit jur
golge batte, mürben bie ^^nböfe ju
6b el^ Öfen, bie ^of* unb ©runtJberr» J
fd)aften ju !Rittcr(}errfd)aften ober ^
iRittergütern, unb ta^ iRed)t fte ju
befi^en ein iRed)t beö ilbelö. 3eber
5ront)off)err ^atte baö freie Sigcntum
an bem ju feinem 5f'"i')''f£ gebörigcn
®runb unb iBoben; bo^ maren aud) gc*
miffe iPerppi^tungen bamtt oerbunbcn,
namentlid) mar ber 3n')''''ff ^c^ Jron«
^ofeö jur Haltung beö notmenbigen ^ a) el-
ober 3'I^P'fM ober ber aBuct)cr>
ticre angehalten. 3" ^^" befonbereit
SRed)ten be«( ^ixxn geborte tai Sigentum
an ben SBalbungen, an SDaffer unb
SBeibe, an tJIüffen unb Sachen, an
bem ©anb, an ben ©er gen, j^elfen,
2:bälern, SZßegen unb ©legen, freien
*ßlä^en unb an ber ^Imenbe, fo feboc^,
ta^ hen .Colonen mt[)x ober mcniger auäs
gebebnte ®ebraud)Ö5 unb SKu^ungere^te
juiiejlanben maren.
3um {Jronbofe gct)ören aufer ben
Sallänbcreien bie in ben ^änben
bf^ .Colonen liegenben Bauernhöfe.
3ht ?Jame ifi ^öfc, curtes, curiae, mansi,
^ubböfe, ©abelljöfe, ®ebelf)öfe,
3in^t)öfe, %alli)ö^t, Urbare, -^of*
guter, Bauerngüter, j^allgüter,
Erbgüter; ju i'ehen gegeben l)ei§en frc
Bauernle£)en, ü>{ annleben, 6rb*
leben, freie Sehen, Sin^^e^f"-
Sie maren in oerfc^iebenen ^ronböfen
unb ®runb^errfchaften Derfd)ieben gro§,
meijl etma 30 SDJorgen oPer 3ucharte,
aüentfialben aber in einem unb bemfelbcn
^ronhofe gan;} - gleich, fo gro§ jmar,
ta% ta^ ®ut jur örnäljrung einer hörigen
gamilie f)inreic^te. 'ilüe 93auerni^üter
maren bee^alb urfprünglidi oermeffen.
aSegen ihrer urfprünglichen ®lei4)t)eit
fonnten bicfe ®üter auch nod) fpäter oer*
lojl merben. S)aneben befi^en bie hof*
hörigen Ceute auc^ nod) ungeteilte
^elb* unb Sffialbmarfen, ®emein»
marfen, |)Oljmarten. 2)ie ®efamts
l)eit ber in einer fold)en %t\t>t unb Sßalb«
marf anciefeffenen höcigen l'eute ^ei§t
ÜJiarfgeno f fenf c^aft ober ^ofmarf»
gemeinbe, bercn ootlbetedhtigte ®enoffcn
nur biejenigen fxnb, meldte ^ofgüter innc*
^ronlcid^namsfcfl.
151
l)abtn; ia^ rcd)tc ©igentum über bic
©emcinmatfen ftanb aber bem |)crrn bcä
^ofe« äu.
2)ie 2)icnfte ber bäucrti(^en Äo =
Ionen an bcn ^errn njaren febr mannig*
fac^. SKan unterfd)cibct O^aturaU
ieipungen, 5tüd)te, ;^auötiere, (Scflügel,
(Srjeugniffe ber Diild)n?irtfd)afr, ber iöieneu-
ju(f)t, bea gifd)fang«s, 5^lad)^, ^anf, be«
Obft* unb ©einbaue«, ('iefcrungen ber in
ber Äüc^e nötigen ®evätfd)aften, beö .^außs
geratet überhaupt, ^^ifdicrne^e, Züd)tx,
^eljWerfe , fertige Älcibungöftüde wie
6*ube, ^anbfct)uhc, $anDtücI)er; ferner
ben täglichen unb ben 9B o d) enb ienft
jur Sebienung ber ©runbl^errfcfcüft; au§er=
orbentlidje IDienfte an ben fcierlid^en ^of^
unb ®erid)tötagen, !Öct)erbergung unb 25ers
pflegung ber ®run^berren unb ihrer '-öe^
amten bei ihren '■Jlmtsreifen, n)eld)e3 man
ben S)ienfi, bic 2t^ung ober 51 0e,
tai ÜJhrhl, *«ad)tmahl, l)cn Smbig
u. bgl. nannte. Tlc\\i mürben mit ber
3eit biefc D'Jaturalleiilungen in ®elb=
leifiungcn terwanbelt. 5lnberer 9iatur
iinb bie J^ronbienfie, grontage,
aui) ©cf)ar, ®d)artt)ert, 6 cfcarwerd),
©(^arwagcn, 5lnger, Sagman,
5ldhten genannt. Sä gehören ^aJu bie
Safelbienfte , Sotenbienüc , gronpferbc
unb gronfuhren , ©diiffcsbicnfte , 99au=
fronen, Jagb«, %[\ä)ixti'' unb San^froncn ;
bie ^'^ontäuje, urfprünglid) beftimmt,
bie ^errfc^aft ju unterhalten hieben
auci) ^fingft* ober 2)ienfitän,^e. !)ßflid)t
ber |)err[d)aft roai eö, bie hötigen ('eute
tDÖhrenö beä ^'^^nbicnfleä ju beföfiigen
unb ju befleiben. ?lnbere Dienfte ftnb
■Waturallieferungen unb 2)ienPe
für bie 2anbwirtfd)aft, ildn- unb
gelbbienfie: ßieferung fon 2>ünger, $flü«
gen, Säen, (Srntcn, |>auen, iRoben, 2öein'
lefen, 3aunmad)en. JDen hörigen grauen
fianben meiblid)e *ilrbciten im ^aufe unb
in ber Äüdje ju, S3cforgung ber D^dherci.
5Die hörigen 2)icnfimägbe wohnten mit ben
©belfraucn im grauenj immer.
©ie 'Huflöfung ber gronhöfe beginnt
fdhon im 12. ^ai)xl). unb fe^t ftd) biö
jum Qlbfdhluffe beö SOJittelalter^ ftfttig
fort, ßö finb babei roirffam: 93eräu§erung
cinjelner ®tücfe ober fhmttidier iBauern=
guter ton bem gronhofe alö Sehen ober
al« QJacbts ober SOJeiergüter, aümählicfce,
jum leil unoermerfte fioelöfung biefer
Ätüde com ®anjen ; 93erpad)tungen ber
gronhöfc unb ber baju gehörigen Sans
bereien, Serdu^erung an auörodrtigc ©tifs
ter unb Älöfter, ebcUcutc, ©tdbte unb
©tabtbürger, un& »aö fonft ben *-8ci^anb
ber mittelalterlichen ®runbred)te aufröfte.
yiaä) t>. URaurcr, ®efd)idhtc ber gron«
höfe, ber Bauernhöfe unb ber ^ofoer*
faffung in 3)eutfchlanb. 4 33dnbe. Sr«
langen, lxfi2, 1863.
^ronlctC^nam^feft, Festum sive, solen-
Yiitas corporis Christi , bic J^eier ber
IranofubPantiation, entfianb halb, nach-
bem bie ßehrc oon ber tt)irfli(f)en Sers
wanblung bcö Srotcö unb 2ßeine^ in ben
Öcib unb baä 53lut ^i)x[\ii auf ber ßate«
ranfpnobc unter Jnnocenj HI. im ^a\)x
1215 alö tird)lid)cö Sogma fanttioniert
»orben war. iWehrcre ^^rauen beö iJJonnen^
Eioflcrö ju ßüttid), namentlich Juliana,
3fabeüa unb (Soa, erblicftcn »dhrcnb ihre^
®ebete^ einen gldnjenbcn, jebod) an bet
Seite eerbunfclten ÜJIonb unb matten
ihrem 33ifd)of ^In^eige baoon. 511^ biefer
barauf für feine ©iöccfc ein geft ber
^ojtienanbetung angcorbnet, würbe $apfi
Urban IV. burc^ ein ncue^ SBunöer be«
wogen, baafelbe im 3ahr 1264 burd) eine
23uüe alö ein %i\i für bie ganje Äivche
^u üerorbnen. 3>a jcbod) biefer *Papjl
furj nad) ber Srlaffung ber 'J3utle jiarb,
fam hai ^i\i nid)t eher jum 35o(ljug, aU
biö Giemen^ V. e^ burd) eine neue SuHe
1311 betätigt hatte. SSor 1316 td§t fxä)
ein allgemeiner ©ebrauc^ nid)t aufweifcn.
2)a^ SBefentliche ber (Sinfe^ungebuQc
befleht barin: Obgleich ber grüne
Donnerstag baS §eP ber ©infe^ung
beS heiligen 'Jtbcnbmahlö fei, fo tönnc
bo* bie .Kirche an biefem Jage wegen ber
51uöföhnung ber ©ü^enben, ißerfertigung
beö geweihten Dteö, beö gugnjafchenS unb
anberer 'Sefcf)äftigungen jeneö Saframent
nid)t gebührenb feiern, unb eä muffe ba*
her ein befonberer Sag baju beftimmt wer«
ben. Diefeö geft, für beffen bußfertige
geier ein 5lbla§ »on 40 biö 100 Jagen
oerheißen wirb, foU baju bienen, bie
.Ke^er ju befd}dmen unb ben wah«
rcn ®lauben ju befefiigen. £)ie
ffiahl beS 25 0 n n e r ö t a g ö nncf) ber '^pngft«
Dftaüe hatte offenbar ^iejiehung auf bcn
grünen SJonner^-tag unb auf iiai Dogma
oon ber 35reieinigfcit. 5ltlgemein wirb
bem ©dhokjliEer Ihomaö 'llquinaö ein
großer llnteit an ber 'ijtti unb ^luSfüh«
rung biefeö Jnj^itutö jugefc^rieben. ^on
ihm lührt tai' je^t noch gebräu(^Itd)C
Difijium her, baö unter bic oorjüglic^iictt
liturgifd)en 5lrbciten gere(J)nct wirb ; befon«
bcrS fdhön ijl ber ^pmnuö:
152
g^rofd^miiufclcr — ^ruc^tbringcnbe ©efeßfd^aft.
Pangae lingua gloriosi
Corporis mysteriam
Sanguinisque pretiosi,
Quem in mundi pretiam
Fractus ventris generosi
Rex effadit gentium.
5Dic i5i^''"l<^'^"iiiii^pioi<^[r^on mü. t>nxi)
hai ftd)tbcire Unibertiagcn ber ^oflic unb
hmd) ben übrii^en ftnnlic^en 5lufn)anö"
nacf) bem 'Jlnöbrucfe beö Sribcntiner Äonjilä
bie ^evrlic^fcit bev tat£)olii'*en Äirc^e
aud) öor ben Qlugen it)rer ©cgner ojtcn=
büven unb beren Seelen crfd)üttern unb
gewinnen. 3ot)anneö Äc^Icr cjtebt in
bet •(cabbata, I, 103 folgcnbc S8efc^rei=
bung bcö i^efleg, »ic eä biä ungefä£)r
1525 in ®t. ®aC[cn abgebalten ttiurbe:
Demnach ist angesehen in onvorlangen
ziten anno 1254 ein fest und procession
zuo lob und vererung des gegenwurtigen
wesenlichen libs Christi im sacrament
des abendmals, so jarlich uf dondstag
4 tag brachmonats in solichem pracht
und apparat, baide von gaistlichen und
"weltlichen baider geschlechten personen
nnd kostbarlichen ceremonien, dass ich
die nit wiste ze beschriben, begangen
wirt. Was sol ich sagen von den un-
zaligen langen und von gold und arbait
gezierten kerzenstangen , mit gras und
allerlei bluomen nmbwunden, glicher-
massen wie die haiden ire thyrses ge-
nant in den festen Bachi zuoberait haben?
Dise thyrses oder wandelkerzen giengen
der procession umb die ganzen stat
ussert den muren zuovor; demnach die
schuoler in iren wissen linwaten über-
rocken , singende und schellende mit
cymbalen ganz lustbarlichen ; demnach
die priester und monachen, alle in kost-
lichen, siden und samaten klaider, darin-
nen och si zuo den hoechsten festen
die opfermess haltend, jeder in siner
band oder armen ain guldin oder silbe-
rin stuck und gefess tragend, darinnen
etlicher abgestorbnen haiigen bain ver-
schlossen ligend. Uf die gaistlich ge-
nanten zuoletst gieng irer obersten des-
selbigen orts , als pfarrer , bischoffe,
propst, decan, bi uns hie der abt, für-
treffenlich kostlich tragende in einem
gnldinen oder silberin monstranzen das
brot des abendmals Christi als den
wesenlichen, personlichen, selbstendigen
lib Christi. Und zuo baiden siten ward
der gefüert von der stat obersten bur-
germaister oder schuldhaissen under
ainem himel, welcher mit sechs Stangen
von den sechs zunftmaister entbor tra-
gen ward. Uf der gaistlichen procession
volgte dan der laien hnf in iren allerkost-
barlichsten klaider, und jjederman, gaist-
lich und weltlich , Jungs und alts tra-
gende uf irem hopt von wolriechenden
bluomen ainen kränz. Mit solichem hoch-
zitlichen apparat von claidung, zierden,
singen, cymbalen, harpfen, gigen, luten,
orglen etc. procediert man umb die
stat. Ueber den vier toren warend von
den burger zuoberaite altar von tüecher,
bilder, kerzen; alda hielt man under
jedem stil, singende ain evangelion, und
empfieng man von dem obersten den
segen. In der stat aber, an welchen
orten die procession maost fürgon, wa-
rend alle hüser nach vermugen dem
sacrament zuo eren mit bildern, brinnen-
den kerzen , tüecher zuoberait und be-
hengt und die gassen mit lobästen wald-
wit-s besteckt, och mit gräss beströuwet
und bedeckt. Ich glob: wo die Juden
werend darzuo komen, si bettend im
anschwick vermaint, es were ir fest der
loberhütten, oder die haiden für ire
orgia und bachanalia angesechen. Was
flaischlicher und lustbarlicher andacht
und hochfertige demuot hie jsie ussge-
stossen, wissen wir, die wir hiemit sind
umbgangen, und jeder licht mag er-
messen. Diss fest weret mit usstailung
der gnaden und papstlichen aplas acht
tag ; welcher den gegenwurtigen im tem-
pel durch ainen segen, so mit dem mon-
stranzen des sacraments crutzwiss von
dem priester, hin und her, uf und ab
gewehet, überraicht ward; och die zit
von besunderm ablas genant die aplas-
wuch. (sine anbeve Sefd)reibung giebt
©cbafiian %xant, 2öeltbud^, ©. 132a.
grof^mäufelcr ^et§t ein cpifc()=fatiii=
fd)cö ©ebic^t be^ ®eorg [Roüentjogcn,
1542—1609, fRtUox in ^alberfiabt unb
9Jlagbeburg. m ifi eine 9?act)a^)mung ber
^omcrifdjeii SatrQd)omi)omac6ie,abcr bur(^«
auö inä ßel)rl;atte unb 'J?olemif^e ge«
arbeitet. (Jvjle Qluögabc SDJagbeburg 1595.
i«nd) bem SBcrfc felbp I)anbclt bai erjle
'üüd) uom »Priuatflanbe, t>ai jmeite »ora
gcifllic^en unb nieltlii^en SRegimcntc, baä
brittc Pon Äricgöfad)en, unb obgleich üon
*JJ?äufcn, gvöfcDen unb ^nfen bie [Rebe
fei, [o [cieu toi) immer 5Wcnfc{)en abgc=
malet unb gemeinet.
f^rncftttiringcnbc ©cfeüfi^aft ober ^aU
mcuorbcn l^eißt t>ie Iitteranfc^e ©efetlf^aft
^uftrtücrf — gürfi.
153
iic bei 5tnlag cineä fürfiUi^en 8eid)cnbc«
^ängmjfcö im '^ai)x 1617 ju Sßcimar gc*
fiiftet mutbe. <Sic würbe nad) bcm (Rate
be« oielgcrcificn geheimen SRate«! unb
•^ofmarfttaüö Äafpar üon Seuticbcn in
?iac^al)mung italicnif(f)er 5lfabemien er*
rid^tet, beffcn Sorfd)lag bafiin ging, „aud)
in 3;eutfd)lanb eine [olcf)e (Sefeüfd^aft ju
crroccfen, batin man gut rein leutfi^ ju
rebcn, ju fcörciben ficft befleipige unb
ba^jcnigc tl^dte, ttjaö jur (5r{)ebung ber
SDtuttcrfprad)« bicnlic^ märe." S)ic ©efeü*
fdiaft nannte f\d) bie fr ud) tbrin gen be,
ttjeil jebcä !J}Jttgtteb „überall |^ruct)t ju
fd)affen gefliffen fein foUte". ^\)xt 2)enifc
war: „QlQcö ju Df^u^en." S^beei SKitglieb
^atte aufer feinem bejie£)ung6reid)en ^A'
mea ficft aud) eine cmblematifc^e 33Iumc,
eine jrudjt, einen Saum ober ein Äraut
ju wählen, tai an ben aBaf)Ifprud) „^lüeö
ju 9^u^en" erinnerte. S)ie iDJitglicber ber
©efeüfdiüft fotiten fic^, „wcä etanbeö ober
n5eld)cr iReligion fic aud) feien, eljrbar,
Perftdnbig unb weife, tugenbt^aft unb l)öfs
lic^, nü^Uc^ unb ergö^lid}, leutfelig unb
mäßig überall erweifen, rü[;mticft unb
eljriid) t)anbeln, bei Suftinimentünften fic^
gütig, fröblid) unb vertraulich, in 2öor=
ttn, Oebärbcn unb SBerfen treulich er^
Weifen, feiner bem anbern ein wibrig iffiort
übel aufnehmen, auc^ ftc^ alter unjiemcn«
ben JReben unb groben «Sdier^e entbaltcn."
2)ann aber foLlte „ben ®efeßfd)afiern
»or allen Dingen obliegen, unfere l)od)ge«
ebrte 2JJutterfprad)e in it)rem gtünblid)en
SBefen unb rechten SBerfianbe, ol)ne ©in«
mifd)ung frember, ausilänbifdier glidwörter,
fowol)! im SHeben, ®d)reiben, ®ebid}ten
aufä anerjietlid)ftc unb beutlid)ftc ju er=
iiaikn unb auöjuüben, aud) möglid)fi ju
üert)üten, ha^ bicfem in feinem gatle möge
juwiber ge^anbelt, inclmebr gct)orfamlid)
nadigelcbt werben". Die ®rünber ber @e«
feüfd)aft Waren auger Seutleben: ber Jürfi
Subwig Don ^nl)alt^^ötl)cn unb fein
©obn ßubwig ber 3üngere; bie |>erjöge
3obann (Jrnft, ^^riebrid) unb SBilljelm oon
Höeimar unb jwei an^altifd)e (Sbclleute
ßbriPopl) unb Söernbarb non Äroftgf.
Die ^iiU ber ©efetlfc&aft waren offenbat
burd)auö würbige; bod) War fie oornebm«
U^ eine ©efeflfc^aft beö llbclä unb war,
wie bie 33ilbung ber 3fit überhaupt, mit
(äinfeitigfeit fdiöner unb löblicher Jorm
jugetban; aud) war Wirfüd) bie b«Biii^€
•gprad)mengerci, welcher bie ®cfetl[i^aft
entgegentrat, am weiften in ben t)orncl)men
Greifen jul;aufe. Dat)er |!iftetc auc^ eine
?lnna, ®iäfin oon QSentlieim, noc^ in bem-
felbe 3at)re 1617 ju »Mmberg in ber Ober-
pfalj eine Academie des Loyales ober
i'Ordre de la Palme d'or, beftimmt, bie
franjöftfdje Silbung unter ben J^rauen
i^reö ^aufe^ ju ücrbveiten. DieSWitgliebcr
ber ,5rud)tbringenben ®efellfd)aft bemühten
fich befonöerö, franjöfti'dje unb italienifd)e
@ebict)te in^ Deutfd^e ju überfe^en unb 3tin»
gclrennen unb bergleid^en •^offcftc mit ihren
beutfi^en *probuftionen ju jieren. Sin
befonbcrö fleißiger Did)ter war in biefer Sf
jiel)ung ber im ^aljx. 1620 bem Drben
beigetretene Dietrid) oon bcm SJcrber, ber
*ilrio|iä [Rafenben SRolanb überfe^te. ^le
bai jweil)unbertfte ajiitglieb würbe Dp ig
unter bem 9iamen bti „©efronten" unb
mit bem (Jmblem eine« breitblatterigcn
ßorbeerbaumeö aufgenommen. 9'Jad)bem im
^ai)x 1650 erfolgten Jobc beö ^erjogä
l'ubwig Don *2lnl)alt=Äött)en, ber 30 3at)re
lang bie «eele ber ®efeüfd)aft gewefeu
War unb eö mit ihren Qlbfic^ten wirflid)
ernft meinte, fam bie ßeitung ber ©efell*
fd)aft nad) SB ei mar, ino -^erjog 9BiUiclm
ba^ neue Oberhaupt ber ®efeUfd)aft würbe;
benn hai Dberhaupt mu§te nach ben
Orbenögefe^cn ein ^ürft fein. (Sr ftatb
1662; fein 9^ad)folger würbe erft 1667
|)erjog ^iluguft fon (Sad)fen; nai) beffen
im ^c[i)x 1680 erfolgten jobe würbe fein
Dbert)aupt mel;r gewählt. Döring in
(ärfd) unb ©ruber. Sart^olb, %xüä)U
bringenbe ©efeüfdiaft
J^u^rttJcrf, fict)e 2ßagen.
prft. 1. 5n altgerm. 3eit. 9Jac^
Sacituö ©ermania, Aap. 13 l;atten bie
©ermanen principes, beren 2öal)l in ber
Solfönerfammlung vorgenommen würbe.
Jfach £acituö ftnb biefelben iBorftct)er ber
|>unbertfchaften, eö ifi aber wat)rfd)einlii^,
ba^ eä au($ dürften beö ganjen *Bolfö=
fiammcö gab; bod) fennt man wenigftens
ben Dramen eineö folgen Qlmteä ni^t.
Der princeps würbe frei auö bem ganzen
iöolfe, ohne !Rüdftd)t auf beflimmte ©e»
f^led)ter ober auf ben (Stanb bed *Uoclß
gewallt. Die iffiahl erfolgte nid^t auf
einzelne 5al)re, fonbern ber ©ewählte blieb
^ürft, folange bie Äraft jur J^ührung fci=
ner Stellung auäreidhtc. Die J^ürP«" ^^^
©neuen 5eid)neten ^xd) burd) \i)xm ^aaxs
fd)mucf auö. Ob fie noch anbere 3^**^^"
ihrer ©ewalt, Stab, ©peer ober Schwert
befa(3en, wirb nid)t übetliefert. 5ln ben
allgemeinen $8erfammlungen brachte il)nen
bai 5Bolf ©aben, ^rüc^te unb 33ieb. 3)on
©runbbeft^, ber mit bem "ilmt uerbunbcn
154
5ür|i.
voax, fagcn bie Duellen nickte; e^ iji
Wal)tfd)einUd)et, bug überl)aupt nur bie=
jenigen jur Stellung eineä t^-ürftcn gC'
langten, tt»eld)e burc^ SRcid)tum au«ge=
jcid^net »arcn. ®cr ^ütii aüein ^atte
ba« iHcd)t, ein ©efolge an fid) ju jiel)en.
35ie ü)Jad)t bcr ^ütften mar met)r eine
leitenbc ala eine gebietenbe. 3"' Stieben
hjoren ftc bie (Richter unb 9Sorfttt)cr ber
^unberte, unb «o eö Sanbeöfütften gab,
Sorftct)er ber t'anfeöueriammlung , bic
aud; jui^leidl) ©eridstöDerfammhing war.
2)ie Sffic^rbaftmac^ung eine^ Jünglinge
erfolgte burd) einen güifien, ben 35ater
ober einen SBcrwanbten in bcr ißolfßticr=
fammlung. I)cr %üx^ voax aud) bei
religiöfen .^»anblungen beteiligt, unb YOf
nigfien« gcwiffc priefletlidbe Setugniffe
flanben ben ^^üi^Pen ju; »iellcid)t n)arcn
jene mitunter ganj auf bie j^ürflen über^
gegangen. SBie im (Stieben beim ®erid)t,
fo roaren im ^rieg biefelben J^iitf^f" bic
^ecrfüljrer; ban<btn würben befonbeie
^ecvfübrer, |)erjöge gen)äl)lr.
2. 3m »Httelaltcr. (Srft in bicfer
*Periobe ^at man eigcntlid) ein SHcd)t, »on
J^ürft en ju fprert)cn;bennbie principesbeä
Sacttuö biegen auf feinen galt gürftcn;
iai ®otifd)e fennt taii SBort nod) nid)t;
crfi baä <yitl)od)beutfd)e bilbet auö bcm
StbDctb furi = r^b. für einen euperlatio
faristo, fursto , mf)b. (abjlcrbenb) vürste
= bcr *Üorbcrftc, Stfic , „^öd)Pe in SRang
unb Jßürbe, fci)on ftüf) Überfe^ung r>on
princeps, proceres.
ü)Mt princeps tt)urbc fcit bcr ^tuöbilbung
be? friinfifdim SRcid)eö überf)aupt öcrjcnigc
bejcid)net, ber an iRong unb SBürbe ju
ben J^öd)fien ääl)Uc: ber .König, bcr ÜJJas
jütbomuö, bic l)ol)en 93eamten. Uloä) bic
fä(^rii(^cn unb fvänfifd)en ^aifer unb
Könige unb bie ®d)riftf}etler ibrer 3«'t
fprcd)en allgemein ton ben ®TO§cn, ben
^üifien be« SReidjö; feit ^einricl) IV. et*
id)eint ber 9Jamc principes regni in ben
föniglid)en Urfunben , alö !Öejeid)nung
betjenigen, n)cld)c im ftaatUd)en Öeben bic
bcbcutenbjlc Oioüc fpielen. 3^^«"^ «*"«
bcfiimmte Umgtcnumg tti ©cgnffeö finbet
jcbod^ nod) nidit fiatt. 3u ben gei(ilid)en
gürften bc^ iHcict)c« geböten in bicfer Seit
bic (är^bifc^öfc, 93ifd)öfc unb Qlbte ber
unmittelbar unter bcm Äönig ftebcnbcn
Älöfict, bod) Werben aud) Äanoniter,
(ßriefter unb fctbjl OTöndjc baju gerechnet.
2Bcltlid)c gürfien t)ei§en bic |)eTjöge unb
®rafen, boc^ Werben aud) angefet)enc
grcie mitunter baju gcjätjU. ai^ cljrenbe
5lnrebc empfangen befonbcr^ jene ^öitfieu'
Beamten bee Oteic^e^ ben iRamen princeps.
"ilQmäljlid) werben bic gütftcn bcfiimmtct
üon ben 'Ubiigen unb freien getrennt,,
unb bic principes fteben nun aU 5tmtö»
übel bemSRittetabel gegenübet. 3n'i^teibanf3
93efd)eibenbeit banbclt bic 31. Übetfd^tift
Don künegen und fürsten, unb e«l finbett
[\ä) batin u. a. folgenbc @ptü($e:
Der fürsten herze und ouch ir leben
erkenne icli bi den rätgeben:
der wise suochet wisen rät,
der töre sich zen tören hat, —
Ein fürste der mac wol genesen,
Wil er ze rehte meister wesen. —
Swelch fürste frides und rehtes gert,
der wirt gote unde der werlde wert. —
Die fürsten hänt der esele art,
si tuont durch niemen äne gart.
(Jteibftecfen.)
Ich weiz wol, daz der fürsten kint
den alten erben vient sint. —
Die fürsten twingent mit gewalt
velt, stein, waszer unde walt,
darzno beidiu wilt unde zam;
sie taeten lüfte gerne alsam,
der muoz uns doch gemeine sin.
möchtens uns der snnnen schin
verbieten, ouch wint unde regen,
man müeste in zins mit golde wegen,
doch möchten s' alle bilde nemen,
daz mucken, fliegen, floehe, bremen
sint in vint als eim andern man,
der nie schätz noch lant gewan.
ir herschaft dunket mich ein wint,
Sit boese würme ir meister wint. —
2>ie Qlu^bilbung beö mittelalterlichen Sc*
amtentumä in Staat unb Äirc^jc cntwicfcltc
jule^t unter bcm ßinfluffe beä \?e^nwcfend
befonbete (Gewalten, bie in ilirct ©elb*
jlänbigfcit jwar mannigfach abgefiuft, bod^
eine gemcinfam.e (Stunblage l)aben. S)ie
Präger bicfer ©eWalten l)ei§en gürjlen,
bcr 3nt'egtiff ibter iRed)tc unb 'i>cfi^ungen
gürücntümct, mi)h. fürsttuom unb
fürstentnom, baneben herschaft unb her-
tuom, urfprünglid) berblo§ciRamcber2Bürbe
eines ^"'^Pf"' fpäter mit näljercr a3cjiel)un9
auf beffen ßonb unb ®ebiet.
©tjnonpmen fmb Regimen, Postestas,
Territoriam, ta^ Ic^tere 2Bort fül)tt bann
jum aSegriff ßanbcöberr, ßanbeöfürf}.
®ol^c ©ejeic^nungen werben juerji im
51nfange be^ 12. 3at)rt)unbcrt^ unb befon«
ber^ in Cot^ringen üblic^. ©in 91uebru(f
ber Stellung, bic bcr %m\l einnimmt, iji
gürfienfcbulea — gugbeflcibung.
155
bcr Streueib, bcn er ftci^ »on bcn Unter»
^ebenen Iciftcn lä^t, junüd^ji Dort ^en
Safaüen unb SDtiniflcrialcn , in manchen
^üüen Don weiteren Greifen ber Untergc»
bencn, s. 33. ben 93eroot)nern einer gcifl»
Iid)cn ©tabt. $Die SRed)tc beä gürten
»aren ©eridjtögewatt, ^eergcttialt unb ßr»
Ijebung Don (Sinfimften. %nx bie Übung
berfclben unb für bie obere Leitung be=
burfte ber ^^ürfi nid^t minber alö ber
Äönig Serireter unb ©ebülfcn. 6eine
Umgebung bci§t ^of, curia, fott)o£)I als
©friert (|)of^etid)t) wie al« ^at (^ofrat)
t^ätig. ß"'" •S'of werben bie 23afaüen
unb SWiniflerialen berufen. I)aö leitete
ift befonberä! bei ben geif}Iid)en ^ütfien
ber %aä; t)in erfolgten 33efi^oeränberun=
gen nur unter ibrer 3"P™'^""9/ ^'<^
He nerweigern fonnten; fie bitten (äinf(u§
auf bie Srnennung ber Beamten bee Stifte
unb ?lnteil an ber 9Bat)t be^ 33i[d)of^
ober ^bte^. 5)er beutfd)e 9tame für biefe
«eltlidben Seiräte ifi i>a^ gedigene, b. i).
bie 3)egenfd)aft. Stuö ben ÜJJinitlerialen
gingen bei njeltlic^en unb geijilic^en i^üx'
ften bie ^ofbeamten bcroor.
iBefonberä bie ^^ämpfe jn?if(i)en (Staat
unb R\x<i)t mann bem Qluffommen ber
^ürftentümer günjlig. ©er Äaifer b^'te
ftd) bem $ap|i gegenüber auf bie gürften
ftü^en muffen; bie »Jolgc war, i>a^ biefe
fid) mebr unb mebr felbfliinbig auöbilbe»
tcn. 3" immer weiterem Umfange würbe
bamal^ in ben nieltlicl)en gürftentümern,
bie urfprünglic^ ja blo§ Jfile be« iReic^e^
unb Don biefem unb be^en Dbcrf;aupte ab»
t)angtg waren, etblicfce Jiadjfolgc Derlangt,
beftimmte @efd)Ied)ter befeftigten fxi^ im
Sefi^e ber großen ^ütPentümer. 2)en
iBifd)öfen fte£)en fe^t bie '-öewotjner ber Stäbte
jur ®eite. 3^ Derjettclter bie föniglicf)en
93efi^ungen würben, befto fompafter fd)lof-
fen ficf) bie fürftlicben Territorien, jabl»
reiche Söiinifterialen jianben ben Unteren
ju ©cbotc, wie it)nen aud) i<ai *Miifblüben
ber ®täbte, beä ^anbet^ unb ©ewerbeß,
be« aBot)lftanbe9 in evfter Sinie jugute iam.
6eit bem 12. 3»-^'l>^f'unbcrt , nad)bem
bie ©teüung bcr ©rafen al^ cinjliger i)oi)tx
Sfleicb«beamter f\ä) f(I)on wefentlic^ abge»
fc^wäd^t ^atte unb Diele (SbcUeute infolge
(Srwerbung eineö Stücfe^ alter ®taffc^aft fi*
ben ®rafcntitel beigelegt l)atten, trat eine
©paltung jwif^en eigcntUdjen ^i'i^P^"
unb (Srafen ein; Don ben legieren gcbör=
ten nur bie wenigen jum J^ürftenftanbe,
bie Dom Äaifcr in ben JReici)0fürftenilanb
erhoben worben waren, wot)er fte bann
gefürftete Orafen |)te^en. iDiei|l nac^
ilßai^. QSgl. gicfer, «om Dfleic^efürflen»
jlonbe I. rsnnöbrucf, 18öl.
i5ürftenfd)iilcn beiden im ®egcnfa^
gegen bie ftaötif(i)en ®d)ulen bie brei
fädjfifcben, auf einer Stiftung be^ ßanbeä»
fürften bcrubenben unb unter feiner un=
mittelbaren 5lulfid)t geleiteten (Spmnafien
ju ÜJlei§en, *13forta unb ®rimma.
@ie würben auö ben burd) bie SJtefor»
mation frei geworbenen geiftlic^en ©ütern,
namentlich Der Älöfter crrid)tet unb jwar
bie ®d)ulen ju ÜJJei^en unb *Pforta im
5abr 1553, biefenige ju ®rimma 1549
burd) ^erjog Tloxi^ oon Sad)fcn, nament«
lid) unter *JJlitwirCung ber D^dte Dr. Äo=
merftabt unb örnjt Don «Uiilti^.
guPencibung. 2)q§ ben S)eutfcbcn
fd)on fvül) eine '^u§beflei&ung eigen war,
jeigt i)ixi früt)e 33orPommen be« fflorie^
got. skohs, at)b. scuoh, mbb. schaoch,
nt)b. ®d5U^ unb bie fpmbolifd)e Ser*
wenbung beö Sid)ube0 in ben 9ttd)töalter«
tümern. 3^ norbif^cn !Red)t fommt bcr
<B(i)ül) bei ber *Uboption unb öegiti»
mation Dor : bcr SSater foü ein 9!)iabl
aufteilen , einen breijatjrigen Dd)(en
fd)lad)ten, bcffen red)tcm ^u%i bie .f)aut
ablöfen unb barauö einen ©d)ub machen,
ben er äuerft felbft anjiebt, naä) it)m ber
aboptievte ober legitimteite €obn, sule^t
bie (Stben unb ^^«iinbc. SRad) altbeut»
fd)er Sitte bringt ber Sräutigam ber
Sraut bcn €d)ul) beim ißerlöbni«; fo»
balb fte il)n an bcn Jfu§ gelegt i)at, wirb
fte al«l feiner ®cwalt unterworfen bc»
trad)tet; Dicüeid)t war e* bcö '-Ördutigamd
eigener ®(^ub. SlJä^tige Äönige fanbten
geringeren it)re '£d)ube ju, weld)e biefe
jum ßfi'ä)^" ber Unterwerfung tragen
foUten.
Ster dltefic Sdbu^ ifi ber Sunbfc^ut),
m^b. buntschuoch, nach alter ü)?einung
Don Äarl bem ®ro§en Dorgefd)rieben, ein
biö an bie Änöd)el reid)cnbeö, au^ ßeber
o^cr .Raulen beftebenbe« ®d)ul)wetE, mit
iSct)nürriemen gebunben, weid^e Untere
fo lang waren , ta^ man fic über bie
*Jöaben freujweife bie ;(um Änie winben
tonnte. grembc^uBbeflcibungen, aber eben»
fallä alt, ftnb mbb. ber unb bie soc, socke,
auö lat. soceus, unb m^b. berunb bie stival,
stiväl, aus ital. stivale, fronj. estival, Dom
lat. aestivale, alfo eine ©ommerbctlci»
bung be^ i^uBcö , beibc au^ lei(i)tcren
Stoffen, feinem ßeber ober iJilj^ gemacht
unb Don Dorne^men *Perfonen getrogen;
fie reichen etwa« ^öljer an bcr SEBabe auf*
156
5uBfu§ — ©atantctic.
w'dxti aU Der @(f)u^', bcr bei »ornc^men
Seuten ebenfaü« aui feincrem Stoffe, ^xli
ober ttjeic^em Seber gearbeitet unb oberfjalb
bcö ©pannö au0gcfcf)nitten unb etwa juge^
f<^nürt mar.
S)ic ppfi^t OTobe aboptiertc bic um
1090 Dom ©rafen ^uclo »on Qtnjou jum
tßerbcrgen feiner @d)miclen ober Seulen
aufgebrod)teu ® d)na b clfc^u^e, bie porn
fpi^ jutiefen unb barum über bie Qihtn
l)inauä Derlängctt »erben mußten; bie
Borragenbcn ©pi^cn maren mit SBcrg
aueigcftopft unb bei ®tu|ern mancf)mal
üon fo bcbeutcnber Sänge, ta^ fte mit
einer Äcttc ober ^Igroffe, etma oud) mit
einer Sd)etle t>erfef)en an% ^niebanb
ober an ben »orberen Sappen beö ©c^ubö
fclber feflgebunben mürben. 2Ber Irifote
trug, bebientc fid) , befonberö *ßorne^me,
fiatt ber (g'd)uf)e einer Serftärfung »on
ßeber unmittelbar unter ber @ot)Ie. 2t"
15. 3at)rb. famen für fd)Ied)teö üöctter
Unterfci)uf)e ober Grippen ouf, genau
nacf) bcr gorm ber ®o^le gearbeitet unb
langfpifiig mie bie "Sd^nabelfcfeutjc; fie
Ratten unter bcr ^erfe unb öem SaQen
eine (Srböbung unb beftanben auö $olj,
ha^ mit ?eber übcrjogen mar. (Stgent*
lic^c Stiefel mürben in biefer *PerioDc
bIo§ fon SReitern bei ber Z^a%t unb im
Kriege gctracien. ©ic ©chnabelfcbuljc
midien nac^ »ierbunbertjäbriger üöirffam^
feit, unb nad)bcm übevaü SBerbotc gegen
fte ergangen maren, erfl gegen ias ^al)X
15U0 bem umgefebrten öftrem breiter
(Sc()ul;e, bic äuerfl ©ntcnfdinäbcl, bann
bei cr(;öf)ter ©reite ©ärenf lauen,
D^fens unb 5?uf)mäulcr genannt
mürben.
aBa^ aber biefem ^ugmcrf an Sreitc
juging, ging it)m an |)öbc ab; e^ mar
meift fef)r tief auägcfd^nitten. ®cgen 1550
öcrfd)manb bie ©reite unb mad)te einer
Dctftanbigen fpi^cren gorm *p[ah; bagcgen
bemächtigte ftc^ bic auffommenbc gc*
fc^Ii^tc SKobe aud) ber (Sd)uf)c, unb
äbnli^ ben ättcren Irippcn legte man
jc^t ebenfalls gefcbli^te Üntcrfd)u^e ober
Pantoffeln unter ben ©c^uben an;
©tu^cr pflegten burd^ i^r 'PantoffcIEIopfen
bic *Hufmerffamfeit bcr ßeute anjujicbcn.
J)ie franjöfifc^c SOJobc fd)mü(ftc ben fonfl
ber ^u§form angepaßten ®cf)u^ mit [Ro*
fetten unb ©c^lcifen unb ncrfc^afftc im
18. 3af)it)unbert für ia^ männlidjc ®e*
fd)ted)t bem mebr militätifdjcn Stiefel bie
^errfd^aft über ben ®c^u^.
^U§fu^ aU 3fi^e" ^«r aScre^rung
Eommt fomo^I al« gciftli^e ßercmonie
oor, in 3inlcbnung an ßuE. 7, 38. 45:
©rac^t fte ein ®Iaö mit ©alben unb
tüffet feine %u^t unb falbet fte mit ®al*
ben (bat)er mit bcr ©cremonie bcr J^uf*
mafd^ung bcr gu^f^B »crbunben ifi), al^
in meltlic^en Äreifen, mo bcr jußfuß
maf)rfd)cinlicb auf bie ^ulbigung jurücf»
get)t, bie man ben ©öttcrn bot:
Gäwän bot Ir sinen grnoz,
si kust im Stegreif unde vuoz.
Parz. 621, 16.
Sr gilt als 3cid)cn t)öcbftcr ißere^rung,
aud) t)öd)fler ficubigcr Olüfjrung, unter*
mürfiger S)anfbarteit. 2)abcr tai Äüffen
beö päpfllid)cn iPantoffel«. ©iel)c Äüffcn.
^u§tDaf(^ung aU firrf)lid)e (Zeremonie
fnüpft jtd) an 3cb. 13, 4, mo Jefuä bei ber
legten Ü)Jabljeit feinen 3"nflfi^n felbf! bie
5uße mäfd)t. SDic iRad)abmung biefer @ittc
fam fd)on früb auf unb mürbe im 7.
3abvbunbert auf ben grünen 3)onner^tag
Dcrlegt. 3« ber gricd)ifd)en Äirdbc galt
iai %\x^\r)Ci^(i)tn als ein ©aframcnt. 5n
ber römifd)en Mxd)t cmpfal)! es ©ernbarb
tion ßlairuauj: bringenb, unb cö fjabet fid^
im ÜJJittclaltcr ^äupg an ben ©i^cn bct
93ifd)öfc unb jjütfien.
®abcl ift bei un« als 2;ifd)gerät crji
nad) bem Mittelalter, im 16. 3at)rbunbert,
in ©ebrauc^ gcEommcn unb oon ber
glcif*gabcl in ber Äüd)e ausgegangen.
Sorijer füt)rtc man bie Siffcn mit hex
bloßen ^anb jum ÜJfunbc; bcr ©ebraud^
»on (Säbeln galt nad) ber 9lnfid)t bei
(Scitllid)cn als fünbbafte Üppigfeit.
©alontcrtc beipt tAi aöcfen beö ©a»
lant, mclc^ lehtercs SBort feit etma 1670
©algen — ©aiten.
157
baä iZBott alamobifd^ (fie^e Alamode)
oblöfi. üDaä franjöfifc^c SBort galant ift
eine parti^ipifc^e ^Ittjeftiübilbung cnttnebcv
»Ott altfcan^. galer = lufiig fein, ^t^i
feiern, obcv t>on gala = fcjllid^e Äleiber«
pra^t ober Jcfiprac^t übcrtjaupt, befon-
betö bei |)ofe, tt»eIdE)eö SBort auä bem
3tatienifcf)cn ober ©panifd)en, vt)nf)tfcf)ein-
lid^ oon einem bcfünimtcn .giofc, wie es
f($eint bem äBicner , ein9cfüt)rt »vutbe.
(5in galantliomme , galantuomo ift ein
SKcnfcf), ber fic^ nact) ber SD^obe trägt
unb fxd) überhaupt, befonberä gegenüber
bem „Jrauenjimmer" mobifcfe betragt. —
©alant foüte aber ni(f)t blop iai Äleib,
bie Q^rifur, hai billet doux fein, fonbern
überhaupt aüeö S!JJenfc^li($e. ©alante
5ßrebigcr mürben begel^rt, bie !J)ict)tEunfi
foQtc galant fein ; S^rifiian Sffieife beieict)=:
nete bie ^oefie al^ „ben galantejlen Jeil
ber 93erebfamfeit", unb DJJenantcö fi^rieb
ein Se^rbuc^: Die aüerneuefie 'Jlrt jur
reinen unb galanten *Poeftc }U gelangen,
Hamburg 1707, auc^ tijeatralifi^c, galante
unb gciftlic^e ©ebici)te, Hamburg 1706.
3o^. (ll;ri(i. Söart^ fd)ricb 1720 „3)ie
galante 6t{)ifa, ober naä) ber neueftcn
Qlrt eingeridjtetc ®iiten=2et)rc, in tt)eld)er
gezeigt wirb, «ie fid) ein junger SWenfd)
bei ber galanten ffielt refommanbieren
foQ, allen 2iebl)abern ber heutigen $oli=
teffc ju fonberbarem 9?u|en unb Söergnü^
gen anä 8id;t gefteüet." ®rimm, Slßörtcrb.
©algcn, got. galga, t>om Äreuj dl^ripi,
allh. galgo, uil)b. ber galge. ©owot)! baö
SBort aU bie ©träfe be^ iiängenö get^n
in bie ältefte Sorjeit äurüd. S)cr dltepe
©algen ijl; ber bürre Saum, nadf) Zac.
®erm. 12 Ijängen bie ©ermancn ßanbcä^
oerriiter unb Überläufer an Säumen auf ;
it)at)rfcf)einlid) benu^te man baju befummle
laublofe 93äume an befiimmter igteüe
ober, menn biefe ausflarben, eingerammelte
Stämme unb $fä^le. üTaä ^erbeifat)ren,
Eingraben unb @rri($ten beö ©algenä
it)irb in ben iRec^tequellcn auöfüf)rlid) ge*
fd)ilbert. ©er Ort be^ ®algen^ voax an
offener ^eerfira§e, an 2öegfd)eiben. Statt
ber fianfenen Seile benu^te man anfängt
lic^ Btt'cigc »on frif^em, jä^em ®id)en'
ober Sßeiben^ülj. Uralte Sitte ift bie
Sßerbütlung beö ^ntli^eö; Steigerung ber
Strafe mar baö ^öl)erl)ängen, ober tü^
man üßölfe ober |)unbe bem armen Sün*
ber jur Seite l)ing, meld) Ie|tereö befon^
ber« bei ^utnx gefc^a^. grauen auf=
juböngen mar gegen bie Sitte beei 5lUer=
tumö; mo für Scanner bie Strafe be«
bälgen« auägefprod)en mar , mürben
grauen jum 93erbrennen, Srtränfen ober
Steinigen beftimmt. S)a« Rängen mar
bie eigentlid)e S)ieb)labl0firafe unb fommt
alä fold)e fafi bei allen germanifd)cn
Stationen cor. ©rimm, 5Red}töaU. 682.
©arten, got. ber garda :;=: Stall, af)b.
garto, ml)b. garte, neben got. ber gards
= ^auö, bann in 3uf>^'ii'"f"fc^ungen f.
0. a. ©arten, Äreiö, urfprünglid) e;in=
jäunung, (Sinfriebigung eines ®runbflüd^,
al)b. ber gart, mbb. nur feiten ber gart.
33 om beutfdjen 2Bort ©arten unb nii^t
Dom lateinifc^en hortas finb entlehnt franj.
jardin, mit alter D^ebenform gardin, fpan.
jardin , ital. giardino unb giardiua,
mittellat. gardinas unb gardinum. Ur«
üermanbt mit ©arten ift griei^. ;to^Tos-
= a3ie{)futter, eigentlid) Sßeibeplat^, lat.
hortns unb cohors (cohort -), eigentUd^
©e^ege, ^ürbe, 33iel)[;of; aud) im üittaui*
fd)en unb @Iamifd)en ift ba« 2Bort meit
»erbreitet; in ber Sebeutung Stabt, 93urg
lebt eö in Ortsnamen auf altflamifd)em
93oben, j. 93. Selgarb in '43ommetn,
Stargar b = 21ltenburg, Nowgorod :=
3Jeuftabt. 2)ie erreict)bar ältefte Sebeu^
tung fd^eint 3iw"- 2)arauö cntmicfelt
ftd) hai ßingejäuntc, ©inge^egte, bat;cr
©eftütgarten, Stuttgart, Tiergarten, S(^afs,
^afengarten. S)ie fernere Sebeutung
ifl ißotjnftätte ober tai jur ÜÖoljnftätte
©eprige, mel^e Scbeutung in ben norbi=
fc^en Sprachen meit üerbteitct ift Sobaiin
ift ©art auc^ ein fianbma§ gemefen,
äl)nlicfe bem fflort ^ufe. S)er legten
Sebcutung gemä§, monad) ber ©arten ein
jum pai>\t geljörige^, im unmittelbaren
2)ienfte ber .^ausbemobner fiel;enbeö, bem
9^u^en unb ber ßu|l bienenbeö, mit bem
Spaten bearbeitetet ©runbfiücE ift, jer^^
fäUt ber ©arten in Äraut*, !8aum= unb
SBeingarten. 6^ l)at in früherer ^dt
einen öffentlid)en, umt)egten *pia^ in ober
bei ben Orten gegeben, mo man ^ufam=
mcnfam, ^eimgarten, Äofegarten
genannt, ber aber aud) aU ©erid)töftättc
bleute; er mar mit ßinben bepflanjt unb
mürbe fpäter al^ Spielplan gebraucht.
$Der ©arten im engem Sinne mirb auf
beutfd)i:m Soben mol;l juerft in Äarlö be«
©ro^en Capitalare de villis et curtis
imperialibus r>om ^a\)X 812 grmät)nung
gctt)an, morin u. a. bie Slumen* unb
ftü^engemäd)fe beö ©artenä unb bie Obfi-
fortcn, bie gebogen merben foUen, ßilien,
Otofen, (aalbei, SRaute, ©urfen, !Bot)nen,
.Slürnmel u. f. m. unb ni<^t minbcr bie
158
®affcnl)aucr — ®ajl.
Dbfis unb 3ifi^^''ii'iic ^^^ flcnaucPen auf?
gcjQblt fmö ©enau nai) biefct 93or«
fd)tift finb auf bem bcfannten, unter Qlbt
®ojbcrt (816 — 837) t)erqffleUten ®t.®üüi^
fd^m Äloilcrplan bie Älojlergätten borg«»
jicüt, tianilict) ber Dbfiflartcn, bcr ju^
gicid) bcr gtiebfiof, mit "Jlpfel^, Sirn^,
^Pflaumenbaum, (£berefdic, SQ^ifpelbaum,
Sorbeer, ^aflanien«, geigen^, Duittcn«,
^fiificbbaum, ^afclnu^jlraud), SDKmbeU,
SWauIbeer« unb 2ÖQlnu§baum; fobann
ber (Semüfeg arten, in beffcn *pian
folgcnbc ®eroäd)fe cingcjeidinet finb:
3niiebeln, ßaud)=3tt>ietiel, ©tllciie, Sorian^
bcr, 2)ifl, ü)Jobn, SRctsige, iBfangoIo,
©d)nitts ober Änoblau* , ©djiilottcn,
<CeierfiIien, ®attenterbel, Äopffalat.Satui ei,
«Pailinaf, ^ot)I unb scfemarjfümmcl;
neben bicfem ®iirtin f}e{)t baö ®ärtncr-
= *Borratebnuö; fleiner enblic^ ift ber
^räneiträuterg arten neben ber 2Bob=
tiung beö *Hrjtcä unb bcm Spital, Worin
u. a. folgenbeäi ui fi'iben: Solbei, SWauie,
(gd)fficrtel, q8olct)=T^iinäe, ßicb(löcfel gcn-
d)el. ireifie Öilie, SRofen, ©otjnen, Soturei,
Ißocfjbornflee, Sioemaiin unb Pfefferminze.
<Muicr ben .Slöilcrn l)attcn tt)obl au(^
bie Surgen be^ *JJ(ittetalterö ibren Äraut^
unb JBür^garten, in bcnen bie JHofen unb
Ciüen nii^t feblten ; r>on eigentlicber ®ar5
tenjud)t ifi ober taum bie !Hibe. Srft bie
Italiener bcr SRenaiffance^'Periobe erricfcte»
tcn ®.irtcn in größerem iDia^ftabe , wie
oud) bie erflen botanifd)en ©iivtcn in
Italien entftanbcn fein foüen. 2)er me^r
unb m(l)i auf bie iRatur gericbtcte ©inn
lieB gürflen unb anbcre reid)e ßeute bei
ber 9lnlage it)ret Juftgärtcn auf ba^ (Sam«
mein pielcr nerfd^iebener (Pflanjen unb
Savietätcn berfelben geraten, fobap im 15.
3ai)rt)unbert einzelne ®ärtcn burd^ i^rc
lSlumenjud)t weit berühmt waren.
3n ^oQanb unb S)eutfd)Ianb ftnb feit
bem 16. S'J^f^- gtöfiere ®ärten angelegt
worben unb begann bie lulpcn^ unb
i^t)a^intt)enjurf)t ber Dtieberlänber. ?IU
23egrünber einer eigentlidicn ®arteni-
baufunfl gilt aber erfi *Jtnbre 2c =
nötre, 1613 — 17üO, weiter bie ®drten
Pen Q3erfaiücö, &l)antiap, gt^Sloub, in
ben Suiletien, ju ^ontainebleau unb €t.
®ermain anlegte unc^ baburd) tai '13rinjip
ber biö auf^ Olu^eifte gettiebtnen Spms
■metrie mit jierlid) ge;irtelten ißlumcn-:
beeten , Scrraffcn , ^onlanen, großen
SBafferfünften, t)o^en ^eden, ®itterwer*
fcn, ßabi)rintl)cn , ®rotten, 6tatuen ein=
fübrte. dloä)^ weiter al^ bie ^ranjofcn
gingen bann bie ^oHdnbcr, mit Perfd^nittc«
nen Siiumen, bemalten f)öljerncn giguren,
farbigen Steinen unb ÜJiufd)eln. (Sng«
lifd)e 'Huffldrer, namentlich *Jlbbifon im
Spectator, <|3ope in ben fntifd^tn ©riefen
unb .g)orace ffialpole in ber „®c»
fd)id)tc ber neuen ®artenfunft," überfe^t
pon *}!. 2B. €d)Iegel, fofann ÜRilton
burd) bie S^efdjreibung beö ®artcnö ©ben
unb aU «Prattifer Sßill. Äcnt, würben
bie ©egrimber ber freien, an bie SRotut
frd) anfd)miegenben englifdjcn ©artenan*
lagen.
©affcnftaiicr, urfprüngli(^ ein lani
auf ber ®dffe im brciteiligen laftc; aufs
bauen ifi in Sffiicn ein Äraftwott für
tanjen. 33om Janj unb ber Sanjweife
gebt bann bie ©ebeutung auf ba« auf bcr
®.iffe gefungene Sieb, tai SSolfelicb, wie
man feit fem 18. 3^il)rbunbert fagtc, unb
jwar niu§ eö urfprüngli^ eine befiimmtc
*2lit öicö gewefen fein , wie bcnn ^ani
^aä)i gciftlidic Sieber , ®affent)aucr,
.^riegälieber unb 59ublliebcr unt(rfd)eibet;
in allen ßieberfommlungcn werben „®affen«
t)awer unb SReuterlieblein", „®affcnbawer,
SReuter= unb 93erglieblein" unterfd)ieben.
(S^ werben Sicbcr gewefen fein, wie ftc
nä(^lli4c ®affengänger fangen; bcnn
®afient)aucr bcjeidjnet aud) ben ®affen*
gdnger, ©affentrcter. iBenor im 18 3iibt'
bunbert ber 'Jlamt ^Bolf^licb au ff am,
nannte man bie ganje ®dttung in c^rcn«
bem ©innc ©offen biiuer.
©aft, ©aftfreunbfdiaft, 35a« SIBort
®ofi ift got. ber gasts, a^b. gast, mbb.
gast, c8 ift PerWanbt wt lat. hostis,
S)ie dltefie erfennbarc ©ebeutung ift bie
beö 5'^^iTi^f"' ""^ ®dfte ftnb (Slenbe
in bcr alten 33ebeutung bcö ffiorte«. Olud«
Idnber in ber ©tabt, in ber ®cmeinbc,
im ßanbc ^ic§cn in ber Sprache beä
9Red)t0lcbcnä bi« in« 17. 3abrb- ®dftc:
Bürger ober ®aft; ®aftgerid)t ijt ein für
einen fremben iDfann aufgejtellte* ®erid^t.
3n get'teigertcm Sluöbrud bci§t bct
grembe ein wilb er ® aft , ber nirgenbö
beimifc^ ift, ein den ber ober fr cm bcr
®aft. ^m befouberen beiden frembc
.ftaufleute ©ifte, aber aud) lanbfabrenbc
Äriegcr, *Mbentcurcr, .Sielbcn, dbnlid) wie
iRede urfprünglic^ ben 93erbannten, alfo
ebenfaCl« ben in bcr grembc fid) auf^al*
tenben SWann bezeichnete; bie If^terc *J3c«
beutung bcö .gelben finbet man in .^cl«
bennamen: Liodegast, Hiltigast, Hada*
gast, unb nod) mbb. war gast al« ^elb
ein gcldiifiijer 5luöbru(f. Sc^on enger
®au.
159
n)itb bie 33e^cutung bc^ SBortc^, tt>cnn
©oft tin Äunben, ben J^remben im
®ei'd)äftötierfc^r bebeutet, roetcfteö ber ^aü
ift in Äaufgcift = ®efd)äftefunbe,
aRatftaQfi, 9DJül)lgofl , 5nl)n3ajl, ©nbcgaft.
35ie neuere SntixMcfclung bfö SBorteö ®afl
(je^t anbem (Scgenfa^c fon ® ap un^ ilBirt
Bot fid), rcobei i>ai le^tere SBort urfprüng«
lid) ben ÜJJann mit eigenem -^aufe, ^au6
unb |>ofc ober oudi l'anbe (bcö Canbeä
aßirt = ^üif^), ®afi alfo baö gerabe
©egenteil bc.^e'c^netc. Sßuibc nun ein
®afi, b. i. i^rember, Pon einem SBirte,
^auei^etrn, a\i fein ®iifi aufgenommen,
in fein |)auö unb in feinen Sd)u^, feine
^Pflege unb ®aftfreunbfd)aft, fo ergab fiA
bie eine, meitere, ber beiben jc^t gang=
fcaren Sebeutungen; bie anbete fam bann
jum iBotfd)cin, mcnn ber üßitt ® aft m itt
(gastgebe) unb ber ®afi SBittsgafi
irurbe. ^lud) im le^tgenannten iBertjälts
tiiffe toaren utfptünglici) nut grfiribc ge=
meint, bie beim üßitt ^lufnabmc fud)ten
unb fanbcn, unb etft fpcit mod)ten ftd)
€inl)eimifd)e nad)tlicf)e 3ed)cr ®äftc nennen,
um beim JBcinc fi^en bleiben ju tonnen.
IRad) ©rimrn, ffiörtetb.
S)ic ® a fi f t e u n b t cb a f t bet ®etmanen,
b. b. atfo bie ^reunbl'cfcalt gegenübet bcm
^remblina {t)ai 2Bott ®aftfreunb ifi
jüngetn 5)atum« unb etjt feit 95 o§ in
®ang gcfommen) trat Weit berühmt.
(Eäfar erjQ^lt, mic ben grcmben aüe Käufer
offen fldnbon unb ibncn geboten mütbe,
voai an ©peife unb iran! oor^anben fei.
2;acituö ®etm. 21 crflärt, fein anbere«)
25olt tonne fi^ in ber Sugenb ber @ap
freunbfd)aft mit ben ®ermanen miffen;
fein 5'rf"iber, mcr er auc^ fei, Werbe oon
einem iDact)e abgewiefen, cö tt)etbe bem
©afte wotgefe^t, ma« baä ^auö biete, unb
fei aüe^ aufgeje^tt, fo gebe bet iBirt mit
bem ®dfic ju bem nöcftf^en .f)ofe. 33eim
3lbfd)iebe mürben erbetene ®efd)enfe gern
geinäbrt. ^art ber ®rojFc fci)ärfte in fei«
nen ^Kapitularien bie Übung bet ®afi=
freunbf(^aft micbert)oU ein. S)agegen Der^
langte man tom ®allc, ba§ er nid)t ju
iange bleibe; in gfanbinanien toaren brei
Dtüdbtc ober läge bie tängfic '^x\ft\ blieb
ber ®afl länger, fo trat er in ein nät)creö
S5erl)ältnid ju feinem üöitte. 3n oielen
iölänbifc^cn ^äufetn, bie an bet Vanb)lta§e
lagen, ftanb ftetei ein üfcb füt ®äfte be-
reit, unb bie |)auäftau fa§ cor bet lijüx,
um jeben Söanbetet einjulaben, untet ibt
2)ad) ju tteten. 2)et iüiit ging bem
®ajie entgegen, bcttjiüfommnetc it)n unb
bat i^n einiutteten; bie ifflittin aber bc*
grüpte ben ®afi mit einem .Ru§.
5il)nlid) blieb ed biird}d ganje OTittcl«
alter, mäl^ronb weichet 3eit eö an pilgern,
fabrcnben ßeuten jeben ©tanbe«, fabten«
ben -Jpielleuten unb Sängetn nicf)t fehlte.
91m ^ofe abet l)aik fid) ebeln ®äftcn
gegenület ein eigene^ Getemonieü ou«gc*
in btt, \icii ficb an bie ältetc ©itte an=
fdilo^. ^xau obet 2,oct)tct beö ^aufcö
nabmen bcm tittetlicben ®afte feine
SRüitung ab, Teid)ten ibm ftifd)c bleibet
unb, nact)bem et einen Srunt aenoffcn,
ein 93ab. 2)ann legte fict) ber ®aft ent*
metcr füt fut^e 3«'^ ju Sett, obet et bc*
gab fid), mit ben Kleibern be«i 2Birteg
angetan, jur SDJabljeit, mo er ben ebten^
pKi^ bem 2Birtc gegenüber, ta^ g^gen-
sidele, einnabm. Sßirtin ober locbter
treben^ten ben 93ecbcr unb fdbnitten bie
Speifen »or. 3"^^ SHacbtrube in bie
Ädmmer begleitete ben ®a)t »ieberum bie
|)auöfrau, um nacbjufeben, ob nicftt^
fel)le, unb nad) einer SZBcilc tarn fie roie*
ber, um nod)jufragen, ob er gut gebettet
fei, jugicid) brad)te fic x\)m ben *Rad)tttunE.
*Mm SDiovgen fonb bet ®aft oot feinem
Q3eitc frif*c 2Bdf*e, bie .^au^frau erfun«
bigte fid), n.iie er gefd)Iafen babe, ror bet
Qlbreife legten 2Birt unb 2Birtin bem ®aPe
bie SBaffen an unb entließen ibn, nadjbcm
fic ibm 3f"b'^ unb Itunf getcid)t t)atten.
9?od) altet Sitte übetteid)te bet Jßirt bcm
®aftc ein ®a|lgefc^ent , tai biefer auc^
forbern mod)tc.
*Mud) für g^remblingc niebern ©tanbeö
forgtc i>ai alte iRed)t unb bie alte ©itte.
'ü<enn ber (^rcmblina abenb^ teinc 2öoö«
nung mebr erteid)te, fo it>ar il)m geftattct,
ungej^raft €peife für ftc^ unb J^utter für
fein ermattetet '^5ferb auö ber SDJarf ju
nebmen. 2)er SReifenbc barf fid) brei
Qlpfel oom Saume bred)en, brei ober nict
2:rauben in bie ^»anb fd)neibcn, ben ^anb»
fd)ub »oll 9?üffe pflüden, fopiel ^eu, ali
ein 'Pferb jum 5"*^^'^ braud)t, nebmen,
aud) ^olj büuen, um fein ®efd)irr ober
©efdbrt bamit anäjubeffern unö feine
®peife ju tod)en. S)od) burfte er fein
^utter mitnebmen unb mu§te fid) auf
gebabntem 2öege balten ober im Jßalbc
ein ^orn blafen, menn er nic^t alö Dieb
gelten moUte. SBcinbolb, S)eutfc^e
grauen, 390 ff. ®timm, 9fied)töalt. 399 ff.
©au, got. ha^ gavi, ®en. gänjis, ai)i>.
hai gawi, gowi, gouwi, ml)b. ^a^! gonwe,
gon, niben abb. bie gawa, gonwa, männli«
I eben ®cf(^lei^teö erfi feit bem 17. 3al)t^.,
160
®ou.
ift cti;moloc^i^c^ bunfcin Uifprungä. ©Jan
bejeicfcnet bamit bic uralte, auf tai
Staates, ®eri(i)tör unb ^eetroefen bejügs
Iid)c Unterabtcitung ber beutfcfcen iBölfer;
ftämmc ober Staaten , im ©egenfa^e ju
ben OJJarfcn- unb 2)orfqenoffenfd)aften,
tt)eld)e nid)t politifcber Statur fmb, fon=
bern b(o§ auf bas 3i'fi'"i"^f"'^o^nf" unb
bic 93ebfluung bc^ Jelbc^ ^-Bejug ^abcn.
Db jcbocfe bcm ÜBortc ®au fc^on in
ältcfier 3^** j^"^ 93ebeutung jutam, ift
ungcnjif , ba au(f) felbftänbige iBölfer*
fc^aftcn, civitates, ®aue genannt rt>erbcn.
S)cr öerbreitetere 3Jame für bie ftaatlid)en
Unterabteilungen in ben ätteficn Quellen
ifi Dielmebr bic ^unbertc, centena,
btren urfprünglid)e öcbeutung au§erbalb
ber l)iftorifd)en 3^** ju fu(^en ift; man
tt)ci§ nidit einmal, ob barunter nad) bcm
S)uobcjimalft)Pem hai fog. gro§c ^un*
bert = 120 ober bae tlcine'^unöctt »er*
fianben ift-, ot)ne 3tt'eifel «ber gel)t bie
i^unbert urfprüngtid) auö einer Bereinigung
»on ^unbert greien ober bunbert ^ufen
^erpor, n)eld)e0 auf einä ^erausfommt, ta
nur ber Sefi^er eineö freien ®utcö felb=
ftdnbiger iBolfögenoffe ifi. 2>ie alten
Dfiamen ftnb: altnorbifd) hnndari, angel*
fäc^fifcf) hundred, alamannifd) huntari,
ber 93orftebcr einer ^unbcrtfdjaft bei§t bei
Den ©a^fen unb ^tanfcn hnnno. Sd)on
;^u Sacitus' Qdt tvax baö 3o^'c"öefbält=
niö, hi\% ber ?iame auebtücEt, burcftauö
»crbunfelt unb gab eö .^unberte, bie »cit
mel)r ober treniger alä fjunbert ^ufen
ober ®cnoffcn umfaßten. 3" mannen
®egcnben fommt fiir benfelben '-Begriff
ba^ Söort (Sent ober3ent Dor. 2ln ber
®pi^e ber ^unberte fianb ber »on ber
iBoltäüerfammlung gctt)äf)lte princeps, ber
§ürfi, aU 35orftanb ii^ ®eri(^te0, bc^
^eereö, ber Sßolfäoerfammlung, h)eld)e^
urfprüngli(fi wieberum auf ein« l;erauö=
fam. 3n ben ^unberten bewegte ftd) ha^
politifdje ßebcn be« ißolfe^ , bat)er man
bie SBerfaffung ber alten ®ermancn ® au =
»erfaffung genannt t)at; bie regelm(i§is
gen ißerfammlungen ber 33ölfer bei 9ieu«
unb SBoümonb finb bie ®aut)etfammlungen,
neben njclc^ien jwar auc^ QSerfammlungen
be^ gnnjcn, au^ mehreren ®auen ober
^unberten beftebenben 93olföPamme^ ober
«Staates genannt roerben, benen böljere
gürften beä ®efamtt)olfeö »orjianben;
fie^e aucf) bie 5lrtifel 25ing unb ^^ürft.
3m franfifchen 9iei(f)e f(^liepen fic^ bie
fiaatlid)en Unterabteilungen im allgemein
nen an bie befiel;enbcn alteren 3u)iänbc
an; nur ta^ mit ber 3fit ein Untcrfd^ieb
in ber ©ebeutung ber Unterabteilungen ein*
tritt, je nac^bem fte im engern Sinne alg
Serwaltungäbejirfe beö fränfif($cn SReicfteä
unter einem [Reic^«beamten ober alö für
fic^ befie^enbe, ibre eigenen 3n*ti^cfffn
Perfolgenben ®emeinf^aften aufgefaßt »er*
ben. ©ie erfiercn Dorncf)mlic^ ^ei§en
®aue, bie legieren ^un ber tc. ^^ür bie
(Einteilung ber ®auc behielt man be*
fiebenbe ^erl)altniffe bei, alle römifc^cn
Stäbte mit it)rem ®cbiete , aud) neue
Stäbte, Welche Si|ie ber Beamten mürben,
j. 33. 2Bormö=, Speicr«, 3ütic^=, Salzburg*
gau. •'iUnberc ®aue , mic ber O^bein*,
S)onau*, DJtain*, 9Jcdar*, Jbufgau fdblie^cn
ftd) an 55l"lTe. »icber anberc an SBölfer*
fd)aften an: Jbüringau, ^effcngau. iJie*
ben pagus unb ®au fommen bie Sßorte
bant tior: Bralbant, Ostrobant; eiba in
Wettereiba , "Winegartheiba; feld in
Wormazfeld, Meinefeld, Grapfeld, Eichs-
feld; bara auf alamannifd)em ©oben:
Folcholtes para , Bertoltis para, ^eute
in ber fcb^äbifcben 8anbf(l)aft Sßaar er*
galten.
S)ie alten ®eri(^t6üerfammlungcn blies
ben jttjar ben ^unDerten; beren jjorjicber
centenarius , centnrio , hnnno , hunne,
mürbe wie früher t>om Sßolfe felbfi ge*
mäblt, aber er gab atlmiililicb bie eigent*
liebe fieitung unb jmingenbe ®emalt, »o*
mit bie SBoüfiredung bc^ Urteile unb bie
©yehition ber Strafen 5ufammcnt)ing, an
ben föniglicben ©camten, ben ®rafen,
ab, beffcn ®au mehrere ^unberte, alfo
aud) mebrere Gentenarien ju umfoffen
pflegte. Seit ^arl bem ®rofen trat bie Öe*
beutung be^ ®rafen immer mebr ^erüor,
bie beö dentenar«! jurücf; ber Untere mar
blo§ nod) Unterbeamter unb Stclloertretct
beö ®rafen in ®eri(^t^facben unb jmar
blo§ in feiner ^unberte; mit bcm
|>eermefen t)atte' er nid)tä me^r ju t^un;
ber 9'iame ®au mürbe in ben Urfunbcn
mobi nod) jur Scjcicbnung ber Sage oon
Orten gebraudbt, ber l)äu^gcre 9Jame be^
5(mtägebicteä felber mar ®raff<^aft,
comitatns; infofern ein alter ®au mel)rere
gräfli^e ^Imtegebicte umfaffen fonnte,
fonntc cö gefd)ebcn , tia^ fiä) mcbrcrc
®rafen ober ®raff^aftcn in einem ®au
Dorfanben. üDie JJamen ber alten ®aue
unb bic 53cjcid)nung ber Orte nad) ber
ßage in benfelben ert)alten ficb bi^ in bic
SKittc beö 12. 3al)i^^-; «l» einbeitlicbe
5tmtöbejirfc beö 9ieid)e^ fmb bie ®aue
aber fd)on h)cit früher allmöblicb »iclfadb
©auncrtum.
161
jcrfiört unb auäeinanbcrgcriffen werben;
»Ott ben alten ^unberten jinb nur in
2tlamannien unb 8otf)ringen gemiffc ®c=
rid&töbarfeiten ber ©cntcnarien er()alten.
2)ic ^auptutfac^en »on ber 5tuftö[ung ber
alten ©aunerfaffung waren bie Setlung
ber ®aue unter mei^rere ©rafcn, bie 23er=:
einigung mcf)rerer ober ber Seile t)on
mehreren ©auen ju einem ©raffi^aftöoer«
banb, tii jaf)Irei(^en Syemptionen »on ber
attcn ®raffd)aft burct) Übertragung ber in
ibr liegenben jiecf)te an anöere, befonbere
an bie geifllidjen Stifter, bie teitö grdf«
licf)e ©efugniffe auf if)ren SSeft^ungen,
teiiä ganje ©raffc^aften empfingen, aber
auc6 an n)eltlicf)e ®ro§c; fobann bie
felbfiänbige (Jntroirfclung ber ®täbte,
bie ftd) au^ bem ®raff(^aftöt)erbanbe
löjien. >Daburd) t>crIor ber alte ®au aU
®eric^tei' unb überhaupt politifc^er 99ejirf
feine 93ebeutung unb meifi aud) feinen
fRamen. Stur alö allgemeiner fianbfct)aftös
name ^aben ftd) einige alte ®aunamen
erhalten. SRa* 9Bai^'.
Gaunertum» S)aö ©ort ®auner tanäii
jwar er(l im 18. ^a\)ii}. in ber jj^rm
5auner in Oberfd^roaben auf unb wirb
bei norbbeutfc^en ®c^riftfietlern ju ®aus
ncr. Sä ftammt fom rotwclfc^en; im 15.
unb 16. Sa^rt). bezeugten ber joner =
Spieler, auä ^ebrätfd) jänä = ©ewalts
tl)ättgfeit üben, überüorteilen, betrügen,
übcrltfien. 'S^ai ®auncrtum ifi auä bem
Settlertum entflanben, unb biefeä Untere,
bei bem Dlec^tä^uftanb ber alten ®ermanen
noc^ nic^t möglief), gel)t oorne^mlic^ ^er*
Dor auä bem *JJU§brau^ bes d)rijls
lid)en ©eboteä ber 9Jlilbt^ätigfeit gegen
bie Firmen, ©c^on bie Kapitularien Äarlä
beä ®rof en warnen »or Settlern unb cor
liaufterern, bie unter bem S)edmantel
fird)lid)cc *]3önitcnj im ßanbe um^er-
fcbweifen unb bie ßcute betrügen; auc^
Don jübifc^en unb onberen Jg)anbcleleuten,
weld)e Kird)enf(^ä|e oon gewiffenlofen
unb nad)Iäfftgen 2ßä4)tern aufjuEaufen
Wiffen, ifi in bcnfelbcn iRecötöquetlen fd)on
bie SRebe. S)ie Qlufnabmc ber ©tcibte, bie
jum Seil burd) flüd^tige Äned)te üeranla^t
war, bewog »iele porige jur i51ud)t, o^nc
ba§ fie beö^alb in ber ®tabt wirflic^
Unterfunft fanben; woburc^ fte bewogen
würben, tai ßanbfireic^ertum entweber
auf eigene gauft ober im 2)ienjle cineä
rduberifc^en 'ilbligen ju führen. 3u fol«
<^en gefeilten [xd) fa^renbe «ßriefter unb
2Beiber, faf)renbe Äird)cn= unb @d)ullet)rer,
wanbcrnbe^anbwerfägefellen, ÜJiarftf^reier
unb 3;ofcf)enfpieIer. aCßeitcre Kontingente
lieferten gerid)tli(^ ebrloö ©rflärte, Sans
beäocrwiefene , entlaffene SReifige, ßanbg«
Cned)te, 3i9f"nerbanben unb 3uben.
Sie bur^jogen in ©c^arcn bai ßanb unb
lebten t>om Settel unb oon i8erbred)cn unter
ber ÜJiasfe »on fleinen ®ewerbcn, ©auf«
lern, pilgern, Sügern, Äranfen unb ßa^s
men. ®ie nannten fic^ Äod)emer ober
3enifd)e, beibe Öejeicfcnungen auä bem
$ebräifd)en fjergeleitet unb fo biel al^
SBiffenbe, ÜJJänncr beä SBiffenä, 3ü"ftise
bebeutcnb. 3^rc 3Biffenfd)aft war bie
©aunerei, b. i). ber Setrieb beä Settelng
mit allerlei Künfien, bie Serübung oon
iBerbred)en, S)icbftd^len unb namentlid»
©etrug unb '^JreUerei burd) 2ßat)rfagen
unb 3i»uberei, Sorfc^ü^en non aller^anb
geiftigen unb leiblidien ©ebrec^en. ^\)i
treiben war in ein abcrgläubifd)eö 2)unfel
getjüllt, mit bem fte ftd) umgaben, ^^xt
Sprad)e l)atte ftd) im Verlaufe ber 36it
fe^r auägebilbet: jübifd) = beutfc^, jigeune«
rif^, SBörter auö ben S)ialeften fafi aUet
europäifd)en ®pra(^en , felbfierfunbene
2Bi^* unb ®d)lagwövter, beutfd)e %ui'
brüde au^ bem Solfäleben fmb ber 3"*
halt biefer ©prac^c, welche üon il)nen bie
Kod^euier, bie 3fnifd)e, bie ßuffen*
taubifcfce genannt würbe. 2)aß ißol!
nannten bie ©auner bie ©ilen, bie
Carmen, bie 23ettler, i^re Sprache
ixxii SWengifd^e, in ber @d)weiä and)
tai $omperlufifd)c.
Die erfie genauere 9'iad)ric^t über t>ai
®aunertum fommt auä 93a fei. ■§)ier be*
fanb ftc^ nämlic^ „am Äol)lenberg" eine
^reifiättc ber ®ilen unb 8al)men, ein SBor*
red)t, hai bie „freie" ®tabt Safel mit
Augsburg, .^amburg unb einer britten
(unbefannten) ®tabt geno^. Die Settler
genoffen t)ier befonbere ^rioilegien, bilbe*
ten eine Korporation unter einem ^aupt*
mann , fianben unmittelbar unter bem
[Reic^eoogt unb f)atten i^r eigeneä ®erid)i.
S^ iji nun ein *Uftenfiücf erl)alten, eut*
Weber ein förmlic^eö ÜKanbat beä State*
ober eine prioate ober amtU^e, auf Un»
terfucfeungäaEten gegrünbete »ssd^rift, welche
bie Sitten unb ®ebrduc^e ber ©ilen unb
ßa^men beä ndl)eren auseinanberfe^t; fte
jiammt etwa auä ber ÜJJitte beä 15. 3"^^^.
^ier werben unterfc^ieben: bie ®raute«
ner, welche iai faüenbe 2öe^ erl^euc^eln;
bie 23alfentreiger, welche ben blutig
angejlrid)enen 5Irm in einer @(^lingc tra*
gen, alö ob fie gefangen in iRingen ge«
legen wären; Sraffeln, welche fic^ an
11
162
©aunettum.
ben Seinen fo perunfialtcn, als ob fte in |
ben Stöcfcn gelegen mären; .Klant, tra«
gen SIBac^äfiöcfe unb fagen, <5t. Diüflauö
feabc if)nen aus bem (Sefängni^ geholfen,
betteln für ein Dpfer; & um e« erger,
geben mit langen 'Keifern um , fogen, üe
lätten in ber ^lotroebr einen niebergef^la*
gen unb foüten nun eine ©umme ©elbeö
jablen, ober fte mürben b'ngericfitet;
©umemergerin finb eE)eti(f)e ober an*
berc ÜBeiber, bie fagen, fre bätten ber
©ünbc gefröbnt unb moüten fici befebten,
bitten um ©t. SDJaria OJJagtalena miUcn
um cm^Umofcn; Sille, SJBeibsbilber, bie
f ^ mit alten „3Bammetfd) unb Sie« unber
bc Äleibcr" fdjroanger ftcüen, hM {)eiBt
„mit ber Sitten gegangen; 3ut^9fi^ö»e,
SJBeiber, bie Ätappern tragen mie bie ^lui-
fö|igfn, i>a^ tiei^t „mit ber Junsfromen
gangen"; 2)Junifd)e, ©eiber, bie ]\ä^
als Segbarben oetiletlen; Äufcbe 3ias
tungc, ÜSeiber, bie oorgeben, fte feien
ebler ^erfunft, aber burd) ^rieg, Sranb
unb (Sefängniä ibrer ^aht beraubt; 03 a =
bune, bie behaupten, fte feien Äaufteute,
benen man ibr Äaufmannsgut geraubt;
SBcrmcrin, befonbers j^f^uen, bie fic^
al^ getaufte 3"ben auegeben unb ben
Seuten fagen, ob ibr I<ater ober OTutter
in ber ^ötte fei ober nicfct; S^emefer,
al« 'JJriefter cerfappte ®auner mit ge«
fcborener tilatte unb 'D^onfiran,, bie ben
btitten Seit ibree Gintommens bemjenigen
geben, ber it)nen baju uerbolfen b^t;
Äammerierer, bie an it)ren ^üten be=
fonbere S^i«^«!^ "^o" ödnbern unb Stdbten
tragen, als ob fte bort gemefen waren;
(Su^beterin, bie ftd) at« Äinbbetterins
nen auegeben; ®efer, bie ftd) fted) Don
langer 3^^^ ^^^ fietlen; Slocbarb, bie
fic^ btinb f^etlen unb fagen, fte bitten
ibren Äugetbut cerloren bie .fiüte, bie
man i^nen bann fchenft, Perfaufcn fte;
^anbblinbcn, ftd) btinb ftctlenbe ®au=
ner, bie fagen, (Sott i)abt fie um einer
©ünbc mitten gebtenbet, unb fte fümen
öon fernen Söatlfabrteorten ber; bie
mit bcm Srud) manbetent, ®au=
ner, bie btutige Saummotte über« *2tuge
binben unb behaupten, fte feien at« Äauf=
leute ober Krämer in einem ffiatbe
überfallen unb gebtenbet motben; ®pan-
felber, bie ftd) hatbnacft, ^itternb oor
Äätte, por bie Äirc^en legen; Sßopper,
^tauen ober ÜJiänncr, bie ftch an eifernen
Letten führen lafen, als ob fte unftnnig
mären; bie (Statten, halb (Setehrte, bie
ftc^ atä beraubte unb beimreifenDc ^riefier
ausgeben unb beten; Äracfcere, ßcutc, bie
genfer maren unb behaupten, fte motten ftc^
befehlen, unb boch mieberum genfer merben.
„Unb biefc, fo fd)tie§t ta^ «Uftcnjlüd
mit einer $robc bes Slotmelf^, bie
txx anbcigent, hai ift gegangen
— uf bem Je rieh, baö i(i uf bem
Sanbe — mit bem Alant unb mit
bem ßume, hai ift mit (Sif enh altun*
gen, atä ob fie gefangen roercn gemeffen;
— unb menn bie jufammen fommen in
bie '$öfe, b. i. in bie ^erberg, — fo
motlcnt ft haben ein Sreitfu§, iai ijl
ein (Sans, — unb Jtughart, ba^
finb ^lüener — unb Johanns gnug,
b. i. ber ©ein ; menn fte benn Derfched)ent mer*
bent, baa ift fo ft t runden mcrbent, fo
hebet ftc^ ein 3 nnen, baB iil ein Spiten
— mit ben SRübtingen, ta's fint
2Bürf fct — menn bcnn ettid)epcrinnet,
bas ift oerfpttet, ta\i er nit me h<it,
fo mit er D^Jarunge anfachen, bamitte fo
mirt er merden, t>a^ ift oeretfcht,
baB er bie fchuber ftd)ent gemar mer«
bent, tai ftnb bie <Jlmbttüte bafelbä;
— fo mirb er gebruft in ber ®abcl,
ia^ ift gefangen in ber Statt, ift ta^
es umtich narung ift, ba^ ift böä, —
fo mirt er gef löffelt ober gern ö gen,
ta^ ift ertrendt; — ift cä aber ficin
I gefüege narung. bie nit oaft böffe ift, fo
; fd)niDet man ime bie Süfelinge ab,
I baB ftnt tit Oren."
Diefeä Sa«terifd)c ©auner = Qlftcnftüd
mirb nun bie duettc anberer ßitteratur über
bas ®aunertum. 3" f^^fter ßinie gehört
ba^u ber 73. yiaxx auö ©cbaftian
Srants SJiarrenfdhtff, befonberä aber
bns pietgefrudte unb pielgelefene Su^
Liber vagatoram, meli)e3 jmifchen 1494
unb 1499 mahrfcheinlich ^uerft in Safel
erfd)ien, bie Sasler 'öefanntmachung fpfte«
mattfch rebigierte unb mit3ui'ä^en, (Srem*
petn unb einem atphabetifch gcorbneten
fflörterbui^c oerfah. Tlan hat als iBcr«
f affer auf ©ebaftian Srant geraten.
(Ss ctfd)ienen 5roifd)en ben ^^i^ten 1510
unb 1529 ad)t ho^beutfche unb eine nie«
I berbeutfd)e 'Ausgabe, Don jenen acht eine in
; Änitteberfe aufgetöft , eine öom ^a^x
1524 oon Suther beforgt unb mit einer
iöorrebe ausgeftattet. *2tnbere 'Jluägaben,
metd)e bas Sofabutar poranftetlen, nennen
ftd) iRotmetfche ©rammatif; hier ifl
in fpäteren "Jlusgaben tai 2Börteroerjetchs
nis bebeutenb oermehrt morben. 2)ie
niebetbcutfche Qlusgabe bes Liber vagato-
ram nennt fich Der bedeler orden und
(Sefäfic, ^äuölic&c.
163
or vocnbalar in rotwelsch. (Jinc iöerjts
fifation id Liber vagatoram l)at aüi)
<Pamp{)iIu«! ©engcnbac^ in 93afct
»eran flauet.
(Srfl im 16. 3af)rf)unbert orc^anifierten
jid) bie ®auner, bercn ®efd)äft butc^ bic
[Reformation unb o^ne 3>^"f^l ^^^^ ^^^
9}etbreitung be^ Liber vagatoram (Jinbu§e
erlitten hatten, ju gefd) [offenen, bur^
(Sib tierbunbencn Sanben, bic eö befon*
berö auf ÜJfJorbbrennerei abgefet)en f)alten,
fpdter JU eigentlichen 5täubcrbanben,an
bcren (£pi^e Ijerüorragenbe ©pi^bubcn flan*
bcn; befonberö ber breigigjäbrigc Äricg ^at
bicfer Srid)einung 35orfd)ub gcleifiet, öorbcr
fd)on bic Saucrnfriegc; fic liaben ©cutf^:;
lanb h\i in bicfe^ 3a^i^f'"iii'ttt t)inein
üiclfad) unrid)cr gemacht.
3ur Drganifation be^ Oauncrtumö gc^
boren feit alter 3cit geheime *B er fidn =
bigungöjeid)en, 3i"ffn genannt; ftc
tüurbcn unb rocrben nod) in bie iRinbe
ber Säume, an iWauern, 2Bänbe, ©rücfcn,
fogar in bcn ®d)ncc eingcjcicf)net ober
cingefcftnitten. ^tn^jßaUemant, S)a^
beutfd)c (Gaunertum. 4 ©be i'eipjig 1858
hxi 1862. ißgt. bie 5lrttEeI 3uben, Äc^*
Icr unb 3^<^""^^-
(Scfä^c, 'iiöitöli^c, ftaren für bcn gc*
meinen Diann unb ben gemöhnlichen |)auÖ5
gebrauch biö inö *IRitteIaUer t)on fehr
einfadhen , meifl rot)en formen unb cnt«
tucber ixiii gebranntem 2 t)on, $>otj ober
JU höberem Sebarf au« üJJetaU uerfertigt.
SWetaüenc ®efa§e auü (Sifen, Äupfer unb
3inn mürben feit ber SJtittc beä 10. 3nt)r*
hun^ertö in bcn iJlieberlanben aU .^»an'
belöortifel »erfcrtigt unb Pcrfcnbct. S)a«
neben finbct man fd)on früf) im .giauähalt
ber hcrrf^enben ®tänbe unb nod^ mehr
in bcn Äird^cn *I!runfgcfäge au^ cblem
WetoQ unb Slfenbein, aud) biefe jeboc^
anfänglid) in oft plumpen ®eftalten. ©ic
Stinfgcfcftirrc maren ber Äeld), ^alb^
tugclförmig unb auf einem furjen J^u§e
jlc^cnb, ber SfJame, fd)on früb auö bem
lat. calix entlehnt, abb. chelih, mbb.
kelcb, unb ber ebenfalls bem ßatcinifdien
(üolfömii§ig= lat. bacar.mittcllat. baccha-
ricnm) entlehnte 39c($cr, at)b. pecbar,
mt)D. becher; er ^atte im lüJittclalter ent:=
tücber bie jc^ige gorm ober bic (Sejlalt
Heiner, mit 2)auben »erbunbener ^olj«
fäfd)en; fein beutid)er ?Jame ifi 6tauf,
al)b. unb mt)b. der stonf; baneben be^
bientc man [xd) immer noc^ ber alten
Srinfbörner, entmeber auö mirfli(^en
©tierljörnern ober aui (Slfenbein gefc^ni^t;
Srinf gefd) irre ani ®trau§enciern, .^otoif
nüffen unb bgl. flammen auö fcem Orient.
5liid) bie ©Rüffel, bic mit unb of)ne
guigefieü »orEommt, bat fremben Flamen;
(i{)i). skuzila, mbb. schüzzel fommt fom
lat. scutula, bem I)iminutii:)mort t>on scata
= flad)e ©d)üffcl. Sefonbere Jeüer ma*
ren nicht üblid); hai mbb. teler, auä ital.
tagliöre, tagliero ijl iai 5lüd)enbadbrctt,
jU ital. tagliare, franj. tailler = fd)nci*
ben. S)ie Äanne mirb non einigen
ebcnfaüä auö bem ßateinifcben crfldrt, lat.
canna = SRöbrc, .ftrug . 2;rinfgef(^irr;
nad) ®rimmö Jöörterb. foü bae Söort mit
Äabn einer SBnrjel fein, bcibcö aui
•öaumjlöcfen auögeböbltc Dinge. Äan =
bei unb Äante fmb 2Beitcrbilbungcn
uon Äanne.
I)ie ®otif unb ber 3luffd)tt)ung beö ba*
mit ticrbunbenen Äunjlbanömerfce» fam
natürlid) aud^ ben ®efa§cn in hohem
ÜJia^c JU gute, üöährcnb biä jum ©d)lu§
bcö 13. 3abrbunbertö blo§ bie berifd)cnbcn
Stänbc ®ef(^irrc Don ©öclmctaü bcfeffen
batten , begann nun bie Vorliebe für
®cbmudgefä§e aud) ben ©ürgcrfianb ju
ergreifen. Unter «Bermenbung jahlrcid)cr
ißerjicrungömittcl entfaltete man , am
meijlcn in J^ranfen, einen früher nie ge*
fanntcn gormenreid)tum, befonberö in
©cbaufiücfen. jDaju gehören ücrfd)Iie§*
bare Jafelbefledc in ber '\^oxm t>on(öd)if*
fen, melcfcc ©emürje, iffiein, Jrinfgefd^e,
ßöffel entbieltcn unb in oft feltener '^iradht
bergefleüt maren; Sronnen, JBeinbehäls
ter in ^orm reid)gegliebcrtcr Q3aumerEc,
(galjf äffer, ©rcifüBc jur Unter*
ftü^ung grö§ercr ®cfd)irre ober alä fclb«
ftänbigc ©d^auftüde. 33efonbcren üßert
legte man auf Eunftrcid)e IrinfgcfäBc
jumal auf 33 cd) er, bic halb mcbr in
ber SBcife einer ©d)ale, balb in ber eine^
jleld)e«i, eincö lönndicnö ober einer Saffe
gebilbct rourben, mit ober obne ^ü^, mit
ober obne 5)cdel. ©aneben fainen für
ben bäu0lid)en ©ebraud) immer no(^
tbönerne, jinnerne unb böljcrnc
®efä§c jur Qlnmenbung. 3m 15. 3abrb.
fleigcrtc fid) ber «Jlufmanb fomobl aU ber
(ärfinbungögcifl, ber fid) in aücn mög=
lid)en, jum 2cil_ böd;)ft Pbantafiifd)en
{formen ermie^. «20 nehmen nun auc^
bie 9? amen ber Srinfgcfdie ju; nacb ber
©efamtfaffung ober bem 'JJJaBin^altc un«
tetfd)eibet man je^t ©d^cirn, pumpen,
Äeld), 33ecber, .^rug, Äanne^ Äopf ,
Scboppcn; na(^ Q^orm unb Stoff !)J?uÖ5
fat, eic^el, Äofo^nufe, iraube,
11*
164
®efä§c, ^öu^Ud)e.
©trau^, IJcIif an, ©d^Wan, ©ct)iff,
Tlönä), 9tonne, Ulan, SReiter,
©rcifenflaue, ^orn; bei bcn Are«
benj* oter 2)oppeIbcd)ern bilbetc
ein Sedier ben 2)edfcl bcö anbern.
35er im 16. 5a()t^. in 2)eutf(f^lanb
auftretenbc SWenaiffanceftil äußerte ftd)
an ben ®efcf)irren, abgefefjen uon ben
formen ber Söerjierungen, barin, ta^
ber fünftlerifc^e ©cbanfc [o fe^r bctoor«
trat, bai ber natürUd)e 3*^^^ ^et ©egcn«
jtänbc babur«^ beeinträd)ti9t n)urbe unb
bie »erjierenbc *Hu0ftattung in^altlid) aü'
mät)Ii(^ auf er Sejug ju ben Oegenflänben
aU [otogen trat; unb in ber übcrbanb*
ncbmenben Serwenbung beä ®Iafe^,
ber SPtajolifa unb ber »Jaience, »o*
burd) bie ®efä§e in ®olb unb Silber
juvüdtiraten. ®ie frü[)eren Q3ronnen unb
©rcifüpe famen in ^bnafjme, wdtirenb
bie 6d)iffe immer noi) forfamen; be»
fonberö mürben aber alö 2;afeIbcilecEe
teilö feld^äbnIidE)c ©tönber ober üon äu«
meip bt'b«" 5"Bfn gefiü^te [c^alenförmige
platten beliebt, reid) mit Ornamenten bebecft,
morauf ftd) ein funftuoüer S^ixat txljob,
teilö in 5lunb burd^gefübrte ©arfteüungen
au§ bem SO?en[ct)ens unb Sierieben unb
ber fpflanjenmelt, ©jenen gefdjii^tlic^en
ober aüegorij'd)en 3nb«lt^/ mptbologifd^e
$l)antafien, Sagbflüdc, Sierfämpfe u. bgl.;
dt)nltcf)en ^"'f^^n bienen reid^ferjierte
ÜJlufd^elauffä^e. Sei ben ®ie§gcf(^irren
mürbe bie Äannenform übermicgenb
l)errfd)enb, mobei %n^, 2)c(Jel, |)entel unb
5luögu§ mannigfaltige reict)e S)ur(t)bilbung
erfut)ren. %üx ben eigentlid^en Sebältcr
ober ben Saud) fam bie ®iform auf unb
für iai ®cfd^irre überf)aupt bie altrömif($e
93afenform jur Geltung; auc^ menn
tai ®efä§ felber auä gebrannter ßrbc
f)ergejtellt mar, pflegte man ben ©d)mud
an J^enfeln, ^ü^tn u. ^gl. au^ getrieben
ner aJlctadarbeit bfifsufteüen. ©el)r in
iUufnabme famen bie ®Iaögefä§e., melcf)c
bis ctma 1550 auöfc^liefli^ im 33enctia-
nifc^en angefertigt mürben. Sie abfon=
berlid)en ®eftalten , meld)e bie Dörfer«
geljenbe ^eriobe fo fet)r beoorjugt b^tte,
befd)ränften fic^ con jc^t an me^r auf
bie 5lrbeiten aui ©teingut unb mürben
©ad)c ber eigentlid)en löpfer, bie nun
rec^t im ®egenfa^ jur SBafcnform i^ormcn
au^ ringförmigen Dtöbi-en unb bie
Sonnenform ober aufredet fauernbc
giguren unb bgl. auöbilbeten. 3^^^^"
ben eigentli^en ©icf» unb ben eigent»
lid)en irintgefä^cn fam für ben ge*
möf)nlid^cn iBetfe^r eine jugleic^ jum
®iegen unb Srinfen benu^te ®efä§form
auf, ber ^enfclfrug, aud) Ärug über*
^aupt. Qluö WlttaU ober Steingut ^ergc*
^etlt, gcfialtete man ben Ärug alä Ser*
einigung ber Pannen* unb Sedjerform,
fpöter bäufig mit |)inneigung gur Sige*
fialt ber ißafe; baju famen bilbnerifdic
Serjierungen, Qlrabeäfen, Sßappen unb
ein »erjierter Dedel au^ ÜJietatt. 2)ie
aSec^er mürben je^t bäufig au^ (Slfenbein,
®laä unb 55>>i6"ct bfrSffl^Qt, unb jmar
meift obne metallenen ©cf)mu(f; bie ®c*
fialt mar mie früber eine überaua mannig*
faltige unb abenteuerlid)e , fo ta^ ein
©diriftfteller flagen fonnte: „^eutige^
Jage^ trinten bie Sßeltbrüber unb Srinf«
belben auö ©dbiffen, Sffiinbmüblen, öatcr«
nen, ©adpfeifen, ©cfereibjeugen, SBüc^fcn,
Ärummbörnern, Änebclfpiefen, Söeinmagen,
Weintrauben, *}tpfeln, 23irnen, Äodelbäbnen,
^ffen, Pfauen, *13fajfen, Ü}Jönd)en, D^onnen,
Sauern, Sären, Sömcn, $irfd)en, SRoffen,
©trauten, .$^a^en, ©cbmanen, ©c^meinen,
(51enböfü§en unb anbercn ungemöbnlid)en
3;rinfgefd)irren, bie ber leufel erbad)t ^at,
mit großem 5Dtigfat(en ®ottcö im ^immcl."
©päter fc^ritt man gar ju 9'?ad)abmungen
oon ©tiefein, ©cbubcn , ©(^ubfarren,
^riegögefd)ü^en fort. 3u »ormiegenbei
®eltung famen alö OJJetallarbeit Srinf«
gefäfe »on Sannen« unb ^tJinien«
japfen, ber SBeintraube, oon Äöp»
fen, namentlich t>on |>örnern mit
reii^en Sefd)Iägen; fobann Sedier in ber
^orm oon OWönc^en, fRonnen unb
reid)gefleibeten meltlid)en S)amen in ftei«
fem iReifrod, ober ber fpi^igen ^älfte beä
Sie«. 2)ie @.rebenjbed)er bilbeten
meift eine mciblid)e i^iqnx mit feitmdrtd
auegebreiteten 5lrmen, über bem |)aupt ein
©efäfc^en tragenb, bai ftd) um feine
Qucrad^fe bemegtc; er biente alö ÜDoppel*
bec^er für ^err unb iDame. 2)er »Bill«
fommbed)er mar meijt ein fe^r umfang*
reifer *PoEol ober pumpen, 'ku iai cot*
nebmfte 2;rinfgefd)irr galt immer no<i) ber
Äel(i, ben man ie^t ju äu§erfter ©d)lanf«
beit gefialtete unb bcffen 5u§ man miüfür«
lid) »erjierte. Qlud) bie 3;rinfgefd)irrc au«
®la« mürben in ocrfd)iebenjier ^^orm, alö
$ofaIe, Äeld)gläfer, ©cfealcn, unb in ?llaä)'
aljmung jebmeber ®egenjiänbe gearbeitet.
2m 17. 3abrbunbert, aU bie Äunjl ju
jtnfen begann, famen Srun nen, I>rci«
füfe unb ©cbiffc gänjlid) ab, ebenfo
bie 9[Ret)rjabl fonberbar gejialteter ®efd§e i
bagcgen mürben aU 2;afelauffd|eä®erdtc
®efä§c, fird^Iid)« — ©cfolgewefen.
165
in 35afenform mit 93Iumenftrau^ barin
beliebt. Äunfigläfer nafjmen no* met)r
über^anb; bie ®efä§e fielen ber 23erfd^nör«
feiung onbeim, würben immer flacher be«
^anbelt unb bie frü|)cren Silbnereicn burd)
blop eingcri^tc ^inak oon oft ro^er
Lüftung erfc^t. (Sine neue 5lrt »on
@ie§5 unb itinfgefcbirren brad^te bie (£in=
füt)rung be^ Äaffceö unb j{)eeö mit
ftd), bie Soffen, bie man juerft auä
SWetaU verfertigte. 5Der aiofofo=@tiI be«
18. 3af)r()unbert^ enblic^ brachte ben ®e»
fä^en baö lang* unb quergefurd^te, fiel«
jadige SKufc^elttJcrf, fc^arffantigc unb ecfige
6d)nörfel obne fefic ©runbgeflalt, aufge«
malte, eingelegte ober leicht erl)abene 2)ar=
fieüungen, (Scnicn, SBIumen, ßanbfc^aften,
5ütll)örner u. bgl. S)a^ ^auptmaterial,
i)aä für biefe ©efdbmacf^ric^tung auc^ am
gceignetftcn war, mürbe baö^oräcUan.
S«ad) ÜBci^, .Roftümfunbe.
©cfäftc, firiiilit^c. ^eilige ©efäfc,
vasa Sacra, bcilcn bie bei ber Siturgie
gebrauchten ®efä§c , nämlic^ Äel(i)e,
^atenen, ^ofiienbüct)fcn, ©iborien
unb ü)ion jiranjen, i)Ugf ännd) cn unb
®ie§gefä§e SBcibx"aucf)becf en unb
® d^ i f f d) c n , ® e f d § e für bie f) e i I i =
gen Die, iRe§g,lödcf)en unb Sßei^s
tüafferf effel. Über bie im engem
»Sinne vasa sacra genannten ®efd§e,
meiere burc^ il)ren ®ebraud^ in unmittel=
bare Öcrü^rung mit bem fonfefrierten
93rot unb Sßem beö Qiltarfaframentcö
fommen, ftetje bie befonbercn 2lrtifcl
Äeld) unb föiborium. Jiie übrigen
fird)lidben ®efä§c ftnb »on minbercr ©id^*
tigf cit. ©ie il a n n c n , amulae, ampnllae,
baben er^ in fpdtgotifdier Qät einen be«
jiimmtcn Jijpuö angenommen. 6ie fem«
men immer paarmeife, auf einer ©d^üffel
fie^enb, oor, ba^ eine Ädnnd)en für ben
Sßein, iia^ anbere für tai jur 2iuäfpülung
beö Äeld)e^ erforberIid)e SBaffer. 2)cr
baudE)ige Äörpcr beflef)t gemöbnlid) auö
@laö; gu§, ^enfel, Älappbedel au^ m^
tau] anüi) fommt baä ganje ®efdB metal«
len Por. ©er ®ie§gefd^e, manilia,
aquaemanilia, bebiente fid) ber ^rieficr
jum 2ßafd)en ber ^dnbe, fie l)atten bie
gorm irgenb eine« ber 9iatur nac^gcbiU
beten ober p^antafiifc£)cn Jiereö, cineö
fiömen, ^ferbeö, einer laube, einer ^enne,
eineä 99aftliöf, aui SJetatt gegoffen. 3«
ben Didu<^erungcn get)ört baö2ßett)raud)*
gefd§, acerra, incensarium, pyxis thuris,
unb ia^ SRaud)beden, tburibulum ;
jene^ !^atte, mic i>ai ®ie^gefdf, oft bie
^orm einer 53ef!ie ober bicjcnigc cinc^
®(^iffd)en^, hai burc^ einen in ber TOitte
geteilten Älappbedel Perfd)lie§bar mar.
hai SRaud)bcden Ijat jum A^infieüen einen
einfad)en runben %\x^, h)dl)renb ia^ [\i)
au^bau^enbe Äotjlenbcden jum 3^^*^
beö ©d^wingenö an Letten bdngt. Sie
ftnb in älterer 3eit meifi auö (Srj, erjl
fpdter üon 6ilbcr. 2)ie ®efd§e für
bie beiligen Die, ^eilöl, Äranfcnöl
unb Salböl fmb Perfc^liepare iBü(^fcn
unb 5lafd)en, aud^ in ^örnerform. Dtte,
^anbbud) ber iJtrd)dologie.
©cfoIgcttJCfcn, eine ben Urjeiten ber
®ermanen eigcntümlid^e (Sinrid)tung, Pon
ber Sacituö in ber Germania 13 — l-i
t)anbelt. (£ö tt»ar ein (Redbt ber gürften
(nid)t beä 5lbelö unb cbenfomenig jcbeö
einjelnen im ißolfe), ein ©efolge, comi-
tatas, ju l)alten. Junge ÜJidnner auä bem
Söolf fi^lie^en fid) bem ^^ürftcn an, frei«
millig, fobuB ber Jüngling felbft ober ber
iBater für i^n ben dürften md^It; aud^
®öt)nc bcö Qlbelö traten in iai ®efoIge.
2)ie Sßcrbinbung ifi bauernb, nid^t für
einen befonberen '3tt5e*/ bo(^ aud) nid)t
unauflöölid). 2)urd) einen ®ib mirb tn^
Sßerbdltniä befrdftigt, ber jur Sreue unb
Eingebung Perpflid)tet. 2)ie ®efolg^gc«
nof[en bilDen bie Segleitung be^s t^ürflen.
mo^ncn mit i^m, fd^maufen in feiner
^aüe , ba^er fte fpdter Heerdgesellen,
Bankgenossen, Tiscbgenossen be« "J^ürften
ober Äönigö i)ei§en, audf) Notgestalden,
al)b. nötstallo, Gesinde. S)er 2)ien)l al^
®l)tcnbien|l minberte bie ^i^^'b^'t nid)t.
@in jat)lreid)c4 ®efol9e gab bem gürfien
SRul)m unb ä)Jadt)t, im »^i^iftien (Sbre, im
Kriege ©c^u^. 3llö ßo^n erl)iclten fxe
SBaffen unb §ioffe, awd) Sd^d^e auö ber
iBeute ober anbere ®aben. 2)ie 91b«
leitungen beö 2lbelö, ber SSölferwanberung,
ber |)eerperfaffung , ber Safaüitdt , be^
33enefi^ialmefenö auö ber £aciteifdf)en ®e«
folgf(^aft finb alle »ibcrlegt morben; nad^
2ßai^, !öerf.«®efd). L, »J(bfd)n. 10, mac^t
bie ®cfolgfdf)aft , eine 3^^tlang in ben
ÄönigreidE)en ju bcfonberer Sebeutung ge«
langt, fpdter anberen Silbungen JHaum,
bie pornebmlidl) auf ber (Sntmidelung
ber frdnfifd£)en SJionardbic unb beö
®runbbeft^eä beruben. 3n ben norbifd^en
SReid)cn erbdlt ft*^ bie ®efoIgf(^aft am
reinflen unb Idngflen. ®ie (Erinnerung
an fie lebt in manchen ©ebi^ten bee
SJittelalter« fort, in ben SJibelungen,
®ubrun, im ^clianb, am lebenbigfien im
angclfdd)fifd^en Seomulf.
166
@cifct — (Scificr.
©Cifcl, ai)i>. gisal, gisil, mbb. der unh
das gisel. S)ie ältcfien 3eM9niffi= f"i^ ^'^
©cifelfleüung bei ben (Sermanen ftnt> bie
mit gisil, gisal, üerfürjt gis jufammen=
gefegten jablrcidjen (Sic^cnnamcn: Willigis,
Madalgis, Fridngis; Gisulf = Gisalwolf,
Gisfrid, Gisalfrid, Gisibald, Gisalbald,
Gisalbrand, Gisalmund, a\iä) bto§ Giso,
»ueibtid^ Gisa, neben Gisilo, Gisila, Gisela,
Gisel, Gisalhart. Gisalmaot, Helidgis,
Wolfgis, Berengis, Ebergis , Adalgis,
Godigisil, Ansigisil (ju ans = *Mfe).
ÜJ?an leitet ba« 2Bort »on ger =: €peet*
eifen, Speer ab, tüonac^ ®eifel ber €peer=
gefangene wate, föcnn nidjt eine 3tt'i[^«n-
bcbcutung = ^elb anjune^mcn ifi. S^
ifi möglich, bü§ in früt)eften 3eiten blo^
i)oit (gefangene, gürjien alö (Scifcin an*
genommen mürben , matirenb man bic
übrigen tötete; bie bof)en (Seifein bienten,
h)ie ^agen unb 2Baltt)ari am |)ofc (S^elö,
gerabeju aU 3ierben ber ^öfc. 2)ur^
baö ganje ÜJJittelalter blieb bie (SeifeU
fieüung eine «efräftigung beö (gibeö, na«
mentlid) menn bie Sirene einmal »erlebt,
ober SBerbac^t beö 5lbfatle^ oorbanben
mar. ®ogar ber Äönig fa^ ftc^ unter
Umftänbcn »eranlagt, für fein gegebene^
SSort (Seifein ju fteQen; hod) ertlärte
^cinric^ IV. ben ©ad)fen gegenüber, bie
»on ihm ©eifeln begehrten : (Seifein ju
ficüen liege tt)cit ab »on ber tönigli(f)en
SQJajejlät.
(Bti^ltXf ©eigelbrübcr, Ärcujbrüber,
93ü§er, Flagellantes, Flagellarii u. a.
ftnb Benennungen einer im )3., 14. unb
15. Sabrb- auf bem (Sebietc beö ftrc^li*en
SBu^mefen^ auftrctcnben (Srfcfccinung. 2)ie
altbritifct)e unb angelfad)frfcf)e .Kirche
fannte al^ einjige 5lrt be« Sugroerfeö ba^
galten; ba biefe^ nicfet in allen gälten
au^reid)tc, famen alö Srfa|mittel beöfels
ben a3eten, ©ingcn, ^erfagen Don «Pfal*
mcn, Kniebeugen, (Selbfpeiiben ju Uxi)'
liefen ober mot)ltt)(itigen 3tt>ccfen unb bie
©ci^clung auf. 2)ic legiere crfcf)cint
luerfi in einem 93u§bud)c beö 8. 5at)rl)-
tn ?iacl)al)mung ber (Seifelungen S.l)rifti
unb ber ?lpoPel. Sie blieb lange nur
auf Älöfler befd^ränft unb erlangte ^ier
eine fp^emotifd^e 5luöbilbung, fobQ§ bic
3al)l ber €^lägc nac^ einer feftcn laye
bercd)net njurbc. ©efonbetö ber Äarbinal
5Damiani, gcft. 1072, mürbe nic^t mübe,
bie (Seifclung anjuempfel)Ien unb brad^tc
ti fo meit , ba§ bie ©eifetung nic^t
blof in ben Älöftern eine fe^r au^ge=
gebe()nte ülnmenbung fanb , fonbern
aud) in bic ^riwatbäufcr btang. S>ie
macf)fcnbc SBcrmilberung bc^ gcifili(ftcn
©tanbc^, bie 23erau§erli(^ung bc^ iöufs
begriffet, bie Slbfolution buri^ ben 'Criejier,
bie ftet^ abcnteuerlid)er fid) ausbilbenbc
fatt)olifd^e 25ogmatif, bie 53erme^rung beö
Äe^ertumö unb ber milbe Äampf ber
Äirc^e gegen baöfclbe, ber 2öiberfpru(^
jmifcben bem öorl)anbenen rcligiöfen 33e«
bürfniffe unb ber Ol)nma^t ber Äird^e,
bemfclben jU genügen, bie infolge baoon
juncbmenbe ißere^rung ber iJBanberprcbigcr,
iafi *Jluffommen ber geifilid)cn Spiele, ber
®efang freier religiöfer Sieber, allc^
brängte ftd) ju befonberen 5luäbrüd)en bcö
franfl)aft gejieigerten religio fen aSotfägcs
füblä. 25on ber SBirfung beö ^ntoniu«
»on fpabua, geft. 1231, l)ct§t eö in ber
Sebenöbef(^reibung: „SDamalä fingen bic
9!J?enfd)cn juerji an , fd^artnmeifc [\ä)
geigelnb unb geifili($e ßicter fmgenb in
'^Jrojeffion ju geben. „^Beglaubigt ifi, i>a^ im
5al)r 1260 jU Perugia, infolge' langer unb
furchtbarer Äämpfe, fic^ eine SD^enge ißolfe^
ju reuiger ®ei§elbu§e ücrbanb. „'Dtit ent'
blö§tem Dberförper matltcn (Jblc unb Un«
eblc, (Sreife, SOtänner unb Jünglinge, ja
felbft ^inbcr paarmeife in feierlid)cm 'üuf*
juge burd) bie Stabt unb f^lugen {\(i)
mit lebernen ®ei§elricmen über bic Sc^ul«
lern, 'oa§ baä Slut berabflof. 3>ann er*
goffen fie ft<^ l)inauö über bai 2Beic^bilb
ber ©tabt, unb immer neue ®d)aren
fd)Ioffen fic^ an, mie uon *llnfiedung er«
griffen, unb fo jogen bic 33ü§er roeiter ju
|)unberien, ju Jaufcnben, ja ju 3fb»tau«
fenben eon S)orf ju 2)orf, oon ®tabt ju
©tabt, angefüf)rt oon *Ptie(lern mit Äreu«
jen unb gi^ti^n» ""^ marfcn [li) oor ben
Elitären ber .Kird^en nieber. Otüc mufxt,
aller (Sefang netftummtc cor i^ren iSu§«
liebern. SRcue unb Sebürfni« ber 93cr-
föbnung ermad)tf in allen (Scmütcrn; jebcr
beeilte fiä) ju beid)ten unb gctf)aneö Un*
red^t miebcr gut ju mad^en. SBuc^crcr j
unb SRäuber jieUten tai unred)tma§ig ge« M
monnenc (Sut jurüdt, gcinbc föl)nten fxc^ ■
aug, (Sefangcne mürben entlaffcn, 93crtric=
benc miebcr aufgenommen, reid)c 5llmofen
gefpenbet. 93iä nai) SHom l)in manbertc
tai ©eiflcr^ccr unb aufmättö burc^ bie
öombarbei unb *picmont bi^ na^ ber
$roocncc; felbfi ber iSJinter cermoc^te
i^ren Stfer nic^t ju bämpfen."
Da« 5a^r barauf, 1261, fa^ ben erjicn
®ei§lerüug in 2)eutfd)lanb unb jmar in
ben öjicrrcic^ifd^en ßänbern, Saiern,
^olcn, Sö^men, SJlä^rcn unb Ungarn.
®ei§lcr.
167
3n Stalten tt)icberf)oItc fi(^ bic (Srfdjeinung
im ^a\)i 1334. I)ie grögte ©emegung
bicfer QIrt gefd^a^ jcbod) unter bcm (Sin=
brude bee! [d)tt)arjen lobe«, ber, üon
Dfiaften t)erEommenb, unglaubli(i)e 33er=
n)üPungcn annd)tcte (ftet)e ben befonberen
Slrtifel). dlad) l!eutfd)lanb fam biefe
*PeP im 3at)r 1348; it^r ©inörucf mürbe
»crmet)rt burcft tai auf bem öerftorbcnen
fiubmig bem 93aier unb feinen j^reunben
unb ■2int)ängern lafienbe 3"f"t)itt. 3)a
fammeltcn ftd) im %\i)x 1349 an t)er=
f^iebenen Orten neue ®ci§lerfd^arcn, bie
üon febr Derfdjiebenen Orten fic^ mef)renb
unb fid) mieber jerteilenb , t)ai Sanb üon
ben ?llpen bi^ nad) I)änematf unb binüber
nad) 6nglanö burd)jogen; aud) ^f""«"
unb Äinber waren babei. S)ie au^^ülji'
lid)fte iJiai^ric^t barüber jrnbet man in
©lofcnerö ©trapburger föbronif , bie
im ^al)X 1362 ootlenbet mürbe.
Sßer in bie Srüberfc^aft eintreten moüte,
mu^tc jucrft ertlären , ba§ er gebetd)tet,
aufrid)tig bereut, feinen Jcinben nergebeti
unb bie ©inmiUigung feiner (äf)efrau
jur ®eipelfal)rt ert;alten l)<\bi; bann
mu§te er 11 (tod)iUinge unb 4 '{5fennige
aufmcifen, um burd} 3o bis 34 läge (jum
5lnbcnfen an S^iifii ßebenöiaf)re) fid) mit
täglid) 4 Pfennigen erbalten ju fönnen;
fobann foQtc er i^ie SBeife ber ©etiler
galten unb ben iDJeiftern ber Srübeifdjaft
©eborfam angeloben. 9}Ut J^rauen ju
Dcrfe^ren mar nid)t gefiattet. 3n ber
S«ät)c einer bemobnten Ortfd)aft orbnete
ftd) ber 3^ig, ooran bie gemunbenen Äerjen,
^reuje, i^o^nen, bann bie *ü§er paar-
meife, in ä)?äntel unb ^üte gefleibet mit
barauf gct)cfteten roten Äreujien. iUte^rcre
SBorfdnger fiimmten bann einen 8eiö an
(flef)e biefen 5lttifel), ben bie gan^e 'Sc^ar
nad^fang, mäl)renb alle ®loden be« Orteä
jum (Jmpfange geläutet mürben. 2)er ge;
bräud^lic^fte ßeiö lautete:
Nu ist die betevai't so her:
Crist reit selber gen Jerusalem,
er füerte ein kriaze in siner hant;
nu helfe uns der heilant!
Nu ist die betevart so guot:
hilf uns, herre, durch d in heiiges bluot,
daz da an dem kriaze vergossen hast,
und uns in dem eilende gelassen hast!
Nu ist die Strosse also breit,
die uns zuo unserre frouwen treit,
in unserre lieben frouwen laut;
nu helfe uns der heilant!
Wir snllen die buosse an uns nemen,
daz wir gote deste bas gezemen
aldort in sines vater rieh;
des biten wir dich alle gelich ;
so biten wir den heiligen Crist,
der alle der weite gewaltig ist.
5n ber Äird)e, mo^in jtc jogen, fnietcn
fte niebcr unb fangen:
Jhesus der wart gelabet mit gallen,
des suUen wir an ein kriaze vallen.
Wit biefen 2ßorten marfen fic fxi) mit freujs
meiö au0(3ebreitetcn *2lrmcn jur ®rbc, unb
nertjarrtcn fo, biä ber ißorfdnger an^ob:
Nu hebent üf die iuwern hende,
daz Got dis grosse sterben wende,
morauf jte ftd) mieber erhoben. 3)ie« ge*
fc^a^ breimal. 2)ann traten Sürgec ber
Stabt f)inju unb luben bie örüber jum
3mbi§ JU ftd) ein. 3um ©ei^eln aber
ober jum ©ü^cn, »elc^eö t)or= unb nad)*
mittägig gcfd^at;, begaben fte ftc^ mieber
in ^^lirojeffion auf einen freien ^.pla^,
etma ben Äird)bof, ftloffen einen Ärei^,
legten in bie 'JJJittc famtlid^e Äleiöung^s
fiücte bi^ auf bie ^ofen, tnüpften einen
®d)urj um unb legten ftd) in einem mei*
ten Äreife fo nieber, t>a^ bie Sage o&er
Oebdrbe bie J^auptfünbe Ui einjelnen
anjeigte, ber et)ebred)er auf ben Sau^,
ber OJiörber auf ben iRuden. 2)er SUleifier
f^ritt bann über jeben mcg, rüljrte \\)n
mit ber @ci§el unb fprac^:
Stant üf durch der reinen martel ere
und hüete dich vor den sünden mere!
3eber iJerü^rte f(^ritt bem SlKeijier nad^
unb ti)at mie er. Diadbbcm ade aufgc*
ßanben rcaren, fteßten fte ftd) mieber ju
einem Ärci«i jufammen, gingen paarrceifc
um ben Äreiö, ben iRiiden mit (Seigeln
blutig fd)lagenb, non benen breidiemen in
Änoten mit oier eifernen Sta(^eln au^*
liefen, unb mätjrenb ber ©eigelung fangen
fie ben 8ciä:
Nu tretend herzuo swer büessen welle !
fliehen wir die heissen helle!
Lucifer ist ein boese geselle:
sin muot ist, wie er uns vervelle,
wände er hete daz bech ze Ion,
des Süllen wir von den Sünden gön.
Swer unser buosse welle pflegen,
der sol gelten und widerwegen;
der bihte rehte, lö sünde vam.
168
©eistet.
so wil sich got über in erbarn:
der bihte rehte, lö sünde rinwen,
so wil sich got selbe im erniuwen.
Jhesus Crist der wart gevangen,
an ein kriuz wart er erhangen,
daz kriuze wart von blaote rot;
wir klagen sin martel und sinen tot.
durch got vergiez wir unser bluot,
daz si uns für die Sünden guot!
des hilf uns, lieber herre got!
des biten wir dich durch dinen tot.
„Stinder, womit wilt du mir Ionen?
dri nagel und ein dürnin krönen,
daz kriuze vrone, eine speres stick,
Sünder, daz leit ich durch dich:
waz wiltu liden nü durch mich?
So ruofen wir uss lütem done:
uusern dienst gen wir dir ze lone;
durch dich vergiez wir unser bluot,
daz si uns für die sünden guot!
des hilf uns, lieber herre got!
des biten wir dich durch dinen tot.
Ir lügenaere, ir meinsweraere,'
dem hoechsten got sint ir unmaere;
ir bihtent keine sünde gar,
des müesst ir in die helle dar!
dovor behiiet uns, here got!
des biten wir dich durch dinen tot.
9iun knieten fte mieber ntebcr unb fangen:
Jhesus der wart gelabet mit gallen,
des Süllen wir an ein kriuze vallen,
tüarfen ftd^ mit frcujttieiei ausgebreiteten
Sltmen ju ©oben unb erl)oben fic^ etji
tüiebcr auf btc Ante, Wenn bte aSotfönger
Begannen:
Nü hebent üf die iuwern hende,
daz got dis grosse sterben wende!
nü hebent üf die iuwern arme,
daz got sich über uns erbarme!
Jhesus durch dine namen dri
du mach uns, herre, von sünden vri.
Jhesus durch dine wunden rot
behüet uns vor dem gaehen tot.
fftait) biefem breiteten jtc i^re 2lrme freuj=
njeiö an^, fd)Iu9en ftd) an bte 'örup unb
fangen:
Nü slänt iuch sere durch Cristes ere,
durch got so länt die sünden mere,
durch got so länt die hochvart varn,
so wil sich got über uns erbarn.
9lun flanben bie ®rüber »tebcr auf unb
begannen ben jtüciten Umgang ber ©ei^e«
lung, mä^renb folgenbcr öeiS gcfungen
»urbe, ber »aferfcfeeinUd^ bet ©equenj
stabat mater entnommen tji:
Maria stuont in grossen noeten,
do siu ir liebes kint sach toeten,
ein swert ir durch die sele sneit;
daz 16 dir, sünder, wesen leit!
des hilf uns, lieber herre got!
des biten wir dich durch dinen tot.
Jhesus rief in himelriche
sinen engein algeliche;
er sprach zno in vil senedeclichen :
„die kristenheit wil mir entwichen,
des wil ich län die weit zergän,
daz wissent sicher, öne wän!"
dovor behüet uns, herre got!
des biten wir dich durch dinen t6t.
Maria bat den sun, den süessen:
,, liebes kint, 16 sie dir büessen,
so wil ich schicken , daz sie müess en
bekeren sich; des bit ich dich,
vil liebes kint, des wer du mich!"
des biten wir (sünder) ouch algelich.
Swelch frowe od man ir e nü brechen,
daz wil got selber an in rechen:
swebel, bech und ouch die gallen
giusst der tiuvel in sie alle ;
fürwär si sint des tiuvels spot!
dovor behüet uns, herre got!
des biten wir dich durch dinen tot.
Ir mordaere, ir strossroubaere,
iuch ist die rede ein teil ze swaere,
ir weint iuch über nieman erbarn,
des müesst ir in die helle varn!
d6vor behüet uns, herre got!
des biten wir dich durch dinen tot.
3)en ju einer britten ®ei§elung get)ö*
tigen ÖeiS übergeben »ir. 3tacf)bem bie
(Singangä = (Zeremonien »tcber^olt «arcn,
legten bie ®ei§Ier iljre .Kleiber an , ac^t«
bare 2eute unter ben ßiifct)'!"^'^" fammel*
ten eine Seij^cucr ju 5?erjcn unb i5af)nen
für bie 33rüberfc^aft, unb wenn bieö ge*
tl;an, trat einer, ber ein ßaie War unb
tefen fonnte, auf eine (Srfiö^ung unb »er^
laö einen langen ©rief, ber angeblid) Don
S^rifluS felbfi auf eine üJiarmortafet ge=
fc^riebcn , tuxti) einen (Sngcl ^erabge*
bracf)t unb auf ben ?Utar ©t. Cetera ju
3etufalem niebergelegt worben fein foQte.
er entf)ielt bie "ilufforberung jut ®ei§elfal)rt.
3n feierlidbcm 2u%i, unter ©lodfengeläute,
fe£)rten bann bie ®ei§Ier in bie @tabt jU'
rücE, »errichteten in ber Äir^e i^re ^n*
ba^t unb gingen auöeinanber. ©ie butften
©cifilid^c« Drnat.
169
nic^t über einen Sag unb eine yta(i)t an
einem Drte »crmeilcn; beim gortjie^en
aui einem Drte fangen fie:
0 herre vater, Jhesa Crist,
wan du allein ein herre bist,
der uns die sünde mac vergeben,
DU gevriste uns unser leben,
daz wir beweinen dinen tot,
wir klagen dir, herre, al unser not.
<Mnc bie Sieber tttaren crp für biefe ®ei§el*
fal)tt üon einem unbefannten Sßerfaffer ge--
bid^tet morben.
(So au§erorbcntIi(^ bie Seilnaftmc an
biefer fettfamen (Stf^einung voax, fo
f(J)neII ging fie norbci ; nai^ einem fjalben
3af)re »erbot man in @tva§buvg unb
anbermärtö, jumtcil burc^ bie ©eiftlic^fcit
angeregt, bie öffentliche (SeiBetung. 2)a=
ju fam, ta^ bie fran5öri|'cf)en (Sei^elfafir»
ten, wofür bie beutfc^en Seife übevfc^t
Werben waren, pon ©eite bcö Äönigjs unb
ber UniDerfttät »erboten würben unb ber
^apji noc^ im ^icrbfl beö 3al)re0 1349
eine 93uüe gegen bie ©eitler erlie§, worin
er it)nen jur Saft legte, ta^ fic eigenmäd)«
tig ^anbclnb, bie @d)lüffelgewalt unb bie
biöciplinarifc^e Drbnung ber Äitc^e mi§?
ad^ten, unb ben 93ifd)öfen befaf)!, fte ju
unterbrüdfen.
3n 3talien, ^xantxäi) unb Spanien
trat bie (Srfd)einung ber ®ei§ler oom
3abrc 1398 an in anberer gorm auf; ge»
^lüüt in lange, wei§c, leinene ©ewänber
(batier Bianchi, Albi, Albati genannt),
welche aü<i) ^opf unb @efid)t oerbcdten
unb nur jwei Öffnungen für bie "Jlugcn
freiließen, wallten fte in neuntägiger 23u§=
fa|rt in großen .^»aufen unter ^Ibfingung
beö Stabat mater burd^ bie Sänber ' unb
(gtäbte; oud) biefe (Srfd^einung würbe
balb untcrbrüdt, unb bie ©eißelbuße nur
nodt) im ®et)cimen oon ben nie ganj jer=
jiörten S8rüberfd)aften fortgefegt. "^ 3m 15.
3at)rtjunbert würben niele gebeimc ^In-
jünger berfelbcn in 2)eutfdblanb non ber
3nquifttton auf ben Sdbciter^aufen ge-
brac£)t. 3laä) 3 ad) er in Srfdb u. ©ruber.
©ciftlt^cr Drnat. S)ie ^erfletlung einer
liturgifd^en Iracbt für bie c^riftli(^e Oitiit'-
li^fcit erfolgte nid^t oor bem 6. 3a^rl).
S)ie *yuöbilbung beö priefterlic^en '}lm\i''
ornatcö ging oorjugöweife oon ber römis
fd^en ©efleibung auö unD üoQjog ftc^ aU
allgemein maßgebenb juerfi in SiJäanä,
erljielt bann aber im ^benblanbc aümäl)*
Iid& eine baoon abweidf)enbe felbjlänbige
9li^tung. 2)ie geftfietlung ber ®runb=
formen bc« occibentaltfc^cn Drnateö »er«
legt man in ben Seginn be^ 9. ^ai)xl).
tton welker ^dt an biö inö 14. 3al)r^.,
bie geiftlidE)e SErad^t im 31llgemeinen bie»
felbe blieb.
3um Ornat be§ Sifdf)ofS, (Srj:=
bifdbofö unb ^Papjleö getjörten folgenbe
@tücfc :
1. Strümpfe ober ©odEen, Caligae,
Tibalia, eö ftnb bieä biö ju ben Änicen
reidbenbe ßangfirümpfe, oberl;atb mit Ante«
bänbern oerfetien, ^uerfi auö Seinwanb,
fpäter auö (geibe ober Sammet, bunfeU
eioletter SJarbe.
2. Qä)ü\)i, Sandalia, Calceamenta,
Socculi, urfprünglidf) baö römif(^e 23inbe«
fc^ut)WerE , fpdter ein ooü|lanbiger gc=
f(^loffener ®d^ut) mit breiten 2;afd)en oon
ber (Sot)le bi« jum Spanne, garbe meifi
farminpurpur, außerbem oft ®d)mucE »on
®olbfiidEwerf, perlen unb ©belfteinen.
3. ^aH' ober ® c^ u 1 1 e r t u d) , Amic-
tus, Superhumerale, ein großcä , oblon*
geö lud), teilä um ben ^aii ju fd)ügen,
teils um bie anbcrn ®ewänber vor einer
unmittelbaren Serü^rung mit bem ^a\i
ftd)er ÄU fietlen.
4. 51 1 b e , Alba , Camisia , Poderis,
Tunica talaris, iai ältefle @tücE beö gan*
Jen 31mt(Sornateö, ein mäßig weite« ^emb,
t>ai biö ju ben güßen reicht, mit langen
gegen, bie .gjanbfnö^el ju fxä) t)erengen=
Den Oirmetn unb weitem Änopflod^, »on
Weißer Seinwanb, ot)ne ©dimucf.
5. S)er jur 51lbe geprenbc ©ürtel,
Balthens , Zona, Cingulnm, urfprünglid^
fdE)mucfloö, fpäter reic^ auögejiattet mit
Srobbelwerf unb ®olbf(^ellcn.
6 ©tole, Stola, Orarium, ein langet
um ben ^aU gelegte« Sanb, beffen
beibe (Snben je jur Seite f)erabf)ingcn.
211^ biefe^ Sonb fidb foWeit »erlängcrte,
ta'p eä am ®e^en l)iubette, freu.^te man
c^ auf ber 23ruji, gürtete eö mit bem
©ingulum unb jog eö binter biefem Ijcr»
auf. S)ie ©tote war mit religiöfcn Sinn-
bilbern unb anbern QSerjicrungcn auöge=
fiattet, ber Stoff Slßotle ober ©cibe.
7. 35aÖ 5üianipel, Phanon, Mani-
pula, Mappula, urfprüngUd) ein Sud)
üon Sinnen, beffen ftd) ber $rieftcr
jum ^btrocfnen beö S(^weißeö, unb
jur Säuberung ber l)eiligen ®efäßc
bebicnte, fpäter ein fcbmaleö, bem linfen
5trm übergcbängte« '-Öanb.
8. Qmi ^embfijrmige Über jieljer,
Dalmatica unb Tunicella, ein längerei
unb ein für3cre« ®ewanb, üon benen ent=
170
©eifili^c^ Ornat.
ttttin überhaupt blo§ eincö ober öae
fürjere über t>cm längeren getrogen würbe,
ber ^orm nad) gef^Ioffene Überfleiber,
ju ben Seiten je ber ßänge nai) mit
einem fd)malcn üiolettroten Sanb^reifen
bcbecEt, baö längere Äicib mcifienö rot,
iai türjcre n3ci§.
9. I)aö ÜJte^geWanb, Paenula, Pla-
neta, Casnla, Casubula, ein ringeum gc«
f(J)Iof]'ener , glocfenförmiger Itberfjang ,
burd) reii^cn (äolbbefa^ auögejeic^net, ber
jt(^ um ben untern «Saum, um ben SRanb
be^ Äopfaue[d)nitteö unb auf ber SSorber-
unb JRüdenfeite längä ber SJfitte t)in be=
fanb, feit bem 15. 3af)rb. bradite man
auf bem SHücfenftüd oft einen fe^r breiten
53cfa^ in ®eftalt beö lateinifc^en Äreujee
mit ber %\QUX bcö ©efreu^igten baruntcr an,
»orn einen fiangftreiien mit fleineren
Äreu^en au« ©toff, ©cibe ober ©ammet.
10. |)anbf(^ut) c. Manicae, Chiro-
thecae, bie nid)t genäbt, fonbern gemirft
fein muffen, auä €cibenjloff, purpurfarben
unb reid) gejiert, fpäter mit (Stulpen »er«
fet)en.
11. ©eriRing, Annnlus, urfprünglicft
am 3£i9ffi"9f'^/ fpäter am vierten i^inger
ber rechten |)anb getragen; er foüte con
®oIb, mit einem (Sbcljleine gefctimücft fein
®r würbe über bem ^anbfdiui) getragen.
12. ©ine Äopfbebectunq, Mitra,
Tiara, Tnfnla, Phrygium, Corona sacer-
dotalis, Cidaris unb Caphia.
a) ®ie bifc[)öflid)e Äopf bebedung
ober Mitra mar eine D^adbbilbung ber
aud) im getDÖ^ntid^cn l'cbeu allgemein
üblid)en SRunbfappen; biefelbe ruurbc ins
mitten beö ®d)äbetö mäBig eingefenft,
burc^ bie -äcnfung, uieücid^t um biefelbe
überl)aupt ju crjieten, ein »ertifal laufen-
beö breitet -td^mudbanb gejogcn, mctd)eö
fi^ pon ber 2)Jiitc beö auä) fonft üblid)en
©tirnreifenö cr^redie ütümäblid^ löfie
man ben Stirnreif, ber bei allen berarti?
gen Äappen feit jeber ben ^auptfd)mud
lilbete, Don feinem ®runbe ab unb beban=
belte it)n in ®ejlalt einer langen ©inbe
aU felbßänbigen ®d)mud, beffen (Snben
gleichmäßig auf bie ®d)ultern fielen. Um
ben ®d)lu§ beä 11. 3a^r^. erweiterte
man jene erfic (Sinfcnfung bergefialt, ha^
bie Äappe in jwei gleiche ^^»älften gefcfeie=
ben unb j\ur wirElid)en 2)oppclmüe>e
würbe, wobei bie Sinbebänber nur nod)
gelegcntlid) bie Sebeutung einer befonbern
51u0jeic^nung beibehielten. Später fdjwanfte
biefe Sebedung blog nod) in ibren ^ö^e«
tterfjaltniffen unb in ber bcftänbig ftc^
»crmebrenben Qluöfiattuug.
b) 2)ie Äopfbebedung beö *Capjle«
ober Tiara ifl ein t)of)er, juderf)utförmigcr
®pi|f)ut, mit einem fentrecbtcn goibenen
Streifen auögefiattet; biefer fowo^l aU
ber golbene Stirnreif rei<^ mit ©bei«
fieinen befe^t. 6r|i ©onifajiue VIII.
(gefi. 1303) gab bem Stirnreif bie ®e«
fialt einer Ärone unb bradbte barüber in
einiger Entfernung nocb einen bcrartigen
SReifen an, wobur(^ bie Siara jur ®op«
pelfronc würbe. S3enebift XII. (1334
bi^ 1342) ober Urban V. (1362—1370)
foü einen brüten JReif binjugcfügt unb
Urban VI. um 1378 biefe breifa^e
Äronc bauernb eingefüfirt f)aben.
13. ^er .^irtenft ab, Baculus episco-
palis, pastoralis, Ferula, Virga, Pedum,
Sambuca , urfprünglid) eine mit einer
Ärüde t>erfcl)enc Stü^e. 'Stan oermutet,
ta^ ber Stab im 8. 3af)r^. jum "Jlbjeidjen
ber Eird)Iid)en ÜRad)t würbe Srft um
ben Schluß beö 10. ^ai)x^. ncrlängerte
man ibn, brad)te an Steile ber furjcn
S)oppeIfrüde eine ben Sd^äferjläben ä^n*
Iid)e nad) innen gewenbete bafenförmige
Ärümmung an unb oermittelte biefelbe
mit bem Sdiaft hüid) einen Änopf. Sd)on
bie altern Ärüdenfiäbe waren mit plajli'
fd)cn 3ifi^^cn üerfebcn; bie .^rummfiäbc
i)atten eine SBinbung auä glfenbein unb
einen .Knopf auä SOJctall; bie Sffiinbung
erbielt bie ®efialt einer S<^lange ober
irgetib ein fpmbolifdie^ Slätter«, S3Iumcn*
ober SRanfenwerf, auä) ganje Sjencn aud ber
beiligen ®efd)id)te. S)er urfprünglidy
l)öljerne Stab würbe fpäter wof)l ganj.
auö ©Ifenbein ober SRetad ^ergefieüt. —
S)er *}}apft braucht, ba er bei *ßrojeffto*
neu fi^cnb getragen ober fonfi untcrflü^t
wirb, feinen ^irtenjlab; bo«^ trägt er gc«
legentlic^ auf iöilbwerfen einen langen
Stab mit einem Äreuje barauf. — S>ic
aSinbung ber 5lbt «Stab e ifi nad) 3nnen
gebogen.
2)ic folgenben Drnatfiüdc werben ent«
Weber bloß com *]3apfi getragen ober finb
nur folc^en Srjbifc^öfeu unb 33ifd)öfen
jugefianben, welche ber $apfi ebenbaburd^
auöjeid^nen wid:
14. Sin Öanb, Pallium, Pallium
archiepiscopale. (Jd ifl ein jiemlid) f(^ma»
let, etwa brei Ringer breiter Streifen, auä
fiommwoüc gewoben, mit mehreren fc^war«
jen, fpäter purpurroten Äreujen Derjicrt,
ber fo um bie S^ultern getragen wirb,
ia^ eineei ber beiben ßnbcn ootn, baÄ
®cifili*f«i Drnat.
171
anbcrc tjintcrwärtö ^erabföQt. 2)aö ^aU
lium ifi tai 6t)renäeid)cn te« ßrjbif*ofö.
15. (Sin iS(J)ulterEIeib, Amiculum,
Superhamerale, Rationale episcoporum,
Dom 12. — 15. 3abrb. gebrd»i(i)licf) , ein
bcm ©d)ultcrf(cib beö jübi[(^en ^ol)en»
pricfler«* nncbgePattetcö ®en)anb, baö auö
i;tt)ei einanbcr uöüig gleiten »ieredigen
^(ilften, einem 25orber= unb einem SRücfenä
teil beflanb, beibc an ben untern Tanten
ju fur.^en oblongen Streiten verengert,
beibe 2eile mit iSinnbilbern, giguren u.
bgt. Xild) gefd)mücft.
16. SRationale, Pectorale ober For-
male, S^acbabmung beö fiobenprieficr^
lid)en 33ruftf(i)ilbeö, ein länglicfeeö
95iered mit barauf fenfred^t in oier SReifjen
gefaxten jroolf Gbelfteinen; eö nnirbc
[päter burd) ein Stujlüreuj ober burd)
eine reid)e 23ni jlfponge erfc|t, unb tai
93rujtfreuj auc^ auf bie Si[d)öfe über^
tragen.
93on geringerer Sebeutung fmb folgenbc
Drnatpiicfe:
17. 3)cr SOJantcl, Plnviale, Kappa,
ein mit einer .^npujc üetfebencr Sd)uUer5
um{)ang, anfänglid) blo§ ein @cf)U^fleib
(^Regenmantel), gegen i^älte unb SRegen,
unb baber [d)mucfIoä auö einem berben
©toff bevgefieflt. ^rübcfienö ju (gnbe beö
12. ^([l)xi). oermanbcite man biefeö ©iu^^
fleib in ein ^e ftf Icib, fteate basfelbe
aue foftbaren Stoffen ^er unb fdbmiicfte
üorjugemeife bie ©öume Idngä ber Dff=
nung unb tai Oberteil jirifc^en ben
®d)ultern mit reicb geflicftem 93e[a^, ben
untern <Saum tt>of)I aud) mit (Slöcfcben.
3cber ®eiftlici)e fonnte ftcb biefeö Äleibeö
ot)ne 9'iangunterfd)icb bebienen; baö SRüden=
fd^ilb cerfleincrte ftdb im 15. 3a^r^. ju
einer ?lrt ©enidfragen.
18. ©er (Eborrod, Rocchetum, Roc-
chet, Superpelliceam, eine Qllbo, bie nid^t
beim ^Itarbienfte, fonbern al^ bequeme
2)ienfifleibung getragen mürbe ; biefeä
Äleib mürbe mit ber ßeit me^r unb met)r
»erfürjt.
19. SDa« Sarett, Birretum, tp im 10.
3a^r^. auö ber bamalä allgemein üblid^en
^unbEappe baburd) f)en)orgegangcn, i>a^
man fu jum bequemeren *iinfaffcn etwaö
erf)öbtc unb fältelte, ©päter mürbe ftc
»öüig quabratifd) gefaltet unb auägejleift
unb oben in ber 'JDiitte eine Duajic an=:
gebrad)t.
20. 2)er Äarbinalä^ut, Pileus unb
Galeras ruber, fam crfi im 13. 3abr^.
a}i atangbejeid^nung auf, »ermutlid^
in ber ibm jc^t no^ eigentümlichen gorm
einer mit breiter gereifter .Krempe au^ge*
Matteten iRunbfappc; ©cbnüre unb Qua*
ften fdjeinen jungem Saturn^, ©päter
famen jum roten |)ut ber rote ßeibrocf
unb iia^ rote S3arett.
Über bie liturgifcben färben fiel)e ben
ben 'MrtiEel J^ arbenfprad)e, ©. 101.
2Ba0 hai fird)lid)e Ornat ber niebern
©eiftlüfeit anbelangt, fo roar mit ber (Sin*
meibung in ben $riefierftanb ober la^
Prespyteriat bie Sctleibung mit ber
©tola unb ber Casula oerbunbcn. 2)a=
neben beftanb bie übrige amtli(^ firc^lid)e
^Insf^attung auö bem *}lmictuö, ber
511 ba, bem (Singulum unb bem SWa«
nipel. 2)ie niebern (Mrab c ber ®ei^s
licbfcit trugen burcbgöngig baö rociie
i^eicr fleib, bie Tnnica alba ober talaris,
moju fpäter für (Sinjelne, namentlich bie
*!Hiniftr an ten, ta^ (it) orbemb unb
für bie ©an g er au§erbem tai Plu-
V i a 1 e fam.
2)ie au§erf irdblid^c Iradbt ber
®eijllid)feit fierocgtc ftd) im ÜRittelalter
faft unau0gcfet;t fe nad) 3Kaftgabe ber 3n*
bioibualität beö (Sinjclnen wormiegenb in
ben (Sftremen einer äu^crftcn ©ürftig*
feit, äbnli(^ ben "iläfeten unb JVlofier«
gei(llid)en, ober eineö böd)jl gefteigcr*
ten 5lufmanbes unb *prunfc^ nacb rein
meltlid)cm ®efd)mad. ©eöbalb na^m
man aucb feinen 'änftanb baran, baf) bie
l}öbere ®eiftlid)feit eö bcnÜJittern gleic^^
tbat unb in xioüer f r iegerifd)er ober
fagblid^ei 5luörüfiung erfcbien, obgleicb
Sie meltlid^e Obrigfeit inelfa^ bagegen
eiferte unb ber ®eifilid)feit „bie ^inmen^
bung fon bunten , tiielfarbiqen , roten,
grünen, ju furjen un^ aufgefd^li^ten Älei*
bem , r>on golbenen unb filbemen *}lrm*
fpangen, fojlbarem $eljmerf, gefd)näbelten
©d)ul)en u. bgl. mef)r" jlrenge ncrbot.
3n ben SSilberbanbfcbriftcn beö 12. unb
13. ^a^xi). erfennt man bie ®eifilid^en
blo§ an ben hellblauen lunifen unb am
gefcfcorenen .^laupt. Äird)lid)er Orbnung
gemä§ follten ftd^ aber bie ®cifilid)en ber
ben ganjen .Jlörpcr üerbüilenben einfadben
.Kappe unb bes langen SRüdcnmantcl^
bebienen, beibe fon bunfler ^arbe.
3)aö liturgifd) einmal fcRgejletlte 3lmt^*
ornat änberte ftdf) feit bem 14. 3abr^. in
mefentlid)cn ©lüden faum mebr; bie
SBanblungen, bie dwa no^ norfornmen,
betrafen meift bie oerjierenbe "Huöftattung,
bie im 15. 3a^rb. bie böd)fic ißoQfommen*
^eit erreid)t; ma« bie 3nbufirie ber mau*
172
©elb — (Selegen^citäbic^terei.
ttfd^en ©ciDenfioffe, bie fflcbcrci, bie
SBirfcrei, 9?a^clll^cfcm , SuntßidCcrci in
(Solbfdben, ©olbfdbenfpinncrei, SRelicf»
jiirfcrei erfanb unb octDoüfommnete, ttjurbc
in erfter Sinie in ben ®ienfi ber fird^*
liefen ©emdnber gcfteüt. QllfS au§cramt»
Uc^e geifilid^e Zxaä)t bilbctcn ftd) ncbfl
bem faltenreichen, mit Äapuje oevfef)enen
ÜÄantel jWei liauptformen ber Äappe,
bie eine ein faltenreicher Salar mit lan«
gen unb n)citen 5irmeln; bie anbere, eng»
anliegenbe mit engen itrmeln, ber ganzen
i!dnge nacf) bic^t mit Änöpfen jum
6df)Iie^en bebecft , I)ieB Sutane; ber
Stoff beiber ©emänber mar 2Boüe ober
^albfeibc; bie ^axii bei ben Äarbinälen
^oc&rot, bei 93ifc^öfen fiolelt, beim qSapfi
meif unb jmar nur in «ffioffe, bei ber
übrigen ®cijili(i)feit fc^tüarj; über ber
Äappe lag in gleid^er J^arbe ber breite
Hüftgürtel. S)aju fam bei ber bö[)crn
@eipiict)feit ein furjer Ärempen£)ut oon
fdjmavjer garbc in ®ebrauc&.
S)ie SRcnaiffance übte mef)r (5inf[u§ auf
bie fünftlerifd[)e «Musbilbung ber f(i)müctens
ben 3iei^bcn, aU auf bie ©eu'änber [elbfi.
gutl)cr bebicnte fic^ für bie auf?erfird)»
Iid)e ■Jlmtßtrac^t ber f)errfd^cnben ®e=^
Ie^rtentra(^t; für bie firc^licf)e Irac^t
behielt bie lut^erifcbe ©cifilidjteit jum
Jeil ben St)orrocf unb tai *Die^ge =
manb bei. Utaä) 2öei§, Äojtümfunbe.
©cli», aiih. unb mbb. gelt, t>om ÜSerb
gelten ift eigentlich bie 3'^f)Iun8f ^i^ S^'
leiftet mirb; got. gilt ijl ©teuer, ßinö,
altfdcf)fifci) geld ift SBergeltung, 3at)Iung,
Opfer, angelfäcftf. gield, gild, gyld, unb
norbif* giald hai gleiche. 3t" ®inne
tion Tlitaü aU allgemeinem 3'if)^"ng^=
mittel fannten bie (äermanen t>ai (Selb
nod) nicf)t; ^bie runben ®oIbbIecf)e mit
eingeprdgten SSilbern unb 9iummern, bie
man öfterö in norbifcf)en ©rdbern finbet,
ftnb feine SWÜHi^cn, fonbcrn Qlmulete unb
93ruftjierben. 2)er ©ermane tauf(J)te ®ut
geqcn ®ut; am meißen SRinber, ^ferbe,
alleö 93ie^ unb SBaffen. 2Bortc, bie ur^
fprüngtid^ ben 93egriff bei Siet)eö bejei(^-
neten, mürben bat)er fpdtcr auf ben 93C'
griff bei ®elbel übertragen, mie fc^on
bei ben SRömern pecus unb pecunia; got.
faihu ift fc^on ein iRame für ®clb. 3n
93teb unb ifflaffen mürben bie geri(ä)tli($cn
93u§en unb ber Äaufpreiö für ein ffieib
bejat)It. 2)en Übergang »om Äaufc burc^
laufet) äum Äaufe burd^ ®elb bitbeten
bie et)ernen unb golbenen SRinge, bie um
^aU unb Qtrm getragen nod) im iWittcU
alter ein beliebter ©(i)muc( ber S^eutfd^en
morcn. ®oIbene JRtngc galten aH iBu§*
unb Äaufgelb, feil ganj feil in cinjelnen
iRingfiütfen. (jrft unter ben üReromingern
fam infolge iRa(^af)mung römifc^^gatlitd^cr
S[Rünjeinri{^tungen ein ®ctb im engern
Sinne auf "'(fiele ben QIrtifel SWünjen.)
Sffiadernagel, m. ©^riften, I, 55 ff.
©elegen^ettöötc^tem, b. i. biejenigc
SRid)tung unb «Hrt Der 2)ict)tfunfi, bie jtc^
an du§erlicbe Sorfdüe beä öebenl bei
einjelnen ÜRenfd^en ober ber einzelnen
Äörperfc^aft, ©emeinbc u. bgl. anfängt,
ift juerjl bei ben ^umaniften Italien«
in Qtufna^me gefommen. S^ax gab el
f^on früher an einjelne iperfonen gc^
rict)tete ®ebi^te, beren 5. 25. 2Baltl)er Don
ber aSogelmeibe mehrere oerfa^te. aber jte
fnüpfen fic^ an eine cinjcinc, freie
8ebenlcrfat)rung; ^anö ©ad^l fennt S)ic^»
tungen an ^erfouen gar nic^t ®rfi tai
ben feinen ßebcniformen nad^ge^enbe
^treiben ber ^umaniften unter fid) felber
unb gegenüber il)ren ^o^en "IRdcenaten,
i\)xt !Rut)mfu(i)t, bie anbere rühmen Iie§, um
ftdf) bamit felber iRut)m ju erl)olen, gewöbnte
ftc^ an regelmäßige poetifdie 33emei^rdu(i)es
rung ber Srbebung ju afabemifcf)en ijtm«
tern unb SBürben, ton ©eburtätagen,
Ho(i)jeiten . ©terbefdUen. 3n beutf^en
®ele^rtenfreifen brudt man feit ber aJJitte
bei 16. 3«Öi^^- regelmäßig foldbe Carmina
gratularia etc. ©ie ftnb anfänglich tateis
nifd), menni ^öber reic[)t, gricc^ifd), unb
menni nod) l)öi)tx fommt, l)ebrdifdh ober
arabifcö gefc^ricbcn; mit bem 95eginn hti
17. '^ahxi). treten franjörifct)c unb italie=
nif(f)e ©prad^c auf, mit Dpi^ bie bcutfitc;
oon ^a an biegten nic^t bloß bie eigent«
licf)en iDtcE)ter , mie Dpi^ , glemming,
®rt)phiul fol(ä)e ®elegenbeitlgebic^te, fon»
bem überall finben ftct) fiubierte öeute,
moI;l meifi *Pf^nrer, bie fid) gegen einen
ßol)n baju [^ergeben, auf '.öeßellung ber«
gleid^en ©cbic^tc ju liefern. 3" ^^n
jaf)lrci(^ erhaltenen Sfnjelbruden unter*
fc^eibet man red)t beutlid) ben bejfern
®efdl)mad ber erjlen unb ben ro^ern
unb unfcufc^en ©efc^mad ber jmeiten
fc^lertfd)en ©dt)ule. 2Bal bie ^^orm biefcr
®elegenf)eitlbid)tungen betrifft, fo ifi jmar
bie am meinen gebräud)li(^e bie Obe ober
bie eiegie, refp. ein refleftierenbel ®ebid)t
in 5llefanbrinern; el fommcn aber aud^
ftropl)i[che 2)id)tungen cor , bie ©atirc,
tai |)irtengebid)t, Santatcn, ©crenaben,
<PajioreUen , ÜRalferaben unb SSaüabcn.
®rji bal 18. 3a^rl). tiat bicfc [Richtung
©cnoocfa.
173
bet SDi(i)tfunfi ba^in jutüdgebrängt, wo
ftc ^in 9e{)ört, in bie Äreife beä *pn»at*
lebend.
Ocnoticfa t)ei|t bie ^clbin eineö weit»
»crtreitcten Solföbuc^eö. 2)ie Sage ijl
jucrjl 1472 in Iateini[d)er Spraye burd^
einen mi Slnbcrnad) gebürtigen Äarme=
Iitcrmönc^,5[JJattbiaö (Smid), niebcrgefc^rie«
bcn »orbcn unb er[d)eint f)ier ale! eine
SDRarientegenbe , an bie ffialbfapeüe
5raüenfird)cn gefniipft , n)eld)e einige
TltiUn üon (Soblenj entfernt liegt. 3^r
3nl)aU ifi folgenber: S^"^ 3fit beö 2rier's
fctien erjbifc£)ofä ^ilbolf lebte ein fronis
mer ^Pfaljgraf ©iegfrieb, beffen [d^önc
®emat)Un ®enonefa , eine Soc^ter beä
|>eräDgö t)on 33rabant, bcr Jungfrau
5Karia mit ©ebet unb QUniofen eifrig
biente. 9Jun begab e^ ftd) , ia% öer
^faljgraf an einem ^cerjug gegen bie
Reiben teitnct)men foüte, unb, nod) tinber«
loö, üerorbncte er, ta^ feine ©emablin
hjä^renb feiner *3lbTOefent)eit auf fei*
ner im SORaifetbe belegenen 23urg ©immern
n)of)nen foüte; ju feinem iöermefer aber
befiimmte er nac^ bem SRate feiner 23afal-
len i>in tapferen ^cermcifier ®oIo. 3"
ber iJiacfct üor bem Qlufbrud^e gcfd)a^ eö
buid) göttlidjc Sc^icfung, ta^ bie (Sräfin
tom *Pfaljgrafen empfing. SKit ©mpfeb«
lung feiner ®emal)lin in ben ®d^u^ ber
Jungfrau ÜJJaria eilte ber ®raf traurig
»on bannen, ©alb barnad^ entbrannte
ber trculüfe ®oIo in fünbli(i)er ßiebe ju
ber fc^öncn 3^rau; bod) alle eintrage fiud}=
teten nid)t^, fomcnig aU bie falf($e SRac^;
ric^t, ta'^ ber ^err im SUJeerc umgefom=
men fei. SJJun entjog ibr ®olo aüe
Diener unb Xiiencrinnen unb lie§ \\)X für
bie Stunbe ber ®cburt nur ein alteö,
böfeö 2Beib jum Seiflanbe. Qllä aber bie
Jfai^ric^t fam, ber ^fal^graf fei auf ber
$eimfet)r begriffen unb in Strasburg ein?
getroffen, ging ®oIo i^m entgegen unb
tierleumbete ben Äod) alö 33ut)len feiner
^errin, »u§te if)n aud) ju »crleiten, ta^
er bem 23orfd)Iage jufiimmte, SWutter unb
Äinb im (ßaac^er) See ju ertränfen 2)ie
mit ber Qiuöfüf)rung beö Scfebleö ter«
trauten Diener fd)onten jebod) §rau unb
Äinb, liefen jene im Söatbe jurücE unb
brad^ten bie auögef^nittene 3""9^ ^i"'^
mitgelaufenen ^unbe^ alö Söal^rjeid^en
beä ®e()orfamä mit. 'JOJaria aber gelobte
ber ücriaffenen SDiutter i^re ^ütfc unb
fanbte bem »crfd^macbtenben Äinbe eine
^irfc^fut), bie d fäugte. ©ed)ö Ja^re
unb brei SlJtonate barauf gebac^tc bet
qSfaljgraf feinen iBafaUen ein gro§cä ^efi
ju geben; »eil aber oiele ®äfte früher
eintrafen, jog er am Sage t>or (Spiptjania^
mit ifinen ^inauö jur Jagb. Da fiief er
auf bie ^irfd)fu^, fanb bei if)rer ißer=
folgiing DDJutter unb ^inb unb etfannte
fie alä bie feinigen an. (Srjbifd)of |>ili
bolf meil)te auf ©euocefaö Sitte unb 53er=
langen am Dreifönigetage bie fd)ü0enbe
©tättc bcr beiligen Dretfaltigfeit unb ber
Jungfrau DJfaria. Sei bem großen ^eflc
aber, baf ber ®raf jegt gab, mürbe ®oto
burd) »icr Dd)fen jerriJTen, bie jrod) nic^t
im Pfluge gegangen maren. »c^on am
2. 5ipril ftatb ©enoüefa unb mürbe in
ber neugcfiifteten S^arienfapeüe begraben.
Die befiimmte ®efialt einer lofalifierä
ten ÜJfarienlegenbe fdieint bie ®efd)id)te
©enopcfaö gegen bie SOiitte beö 15. Jabr«
^unberte erl)alten ju {)aben, mabrfd)cinlid)
unter bem ©infiuffe bcr Äarmelitcr, roelc^)e
ber SOkrienoerebrung bcfonbcra ergeben
maren. SSicCIcii^t haftete bereit« eine
ber ^ortbilbung faltige Sage an bet
Äapcüe JVvaucnfirc^en. Der Jriercr Sifcfeof
|>ilboIf ift eine apofrl)pf)ifc^e *Pcrfon unb
r>on einem rbeinifd)cn *13faljgrafen , ter
umö 3al;r 1100 in biefcr ®egenb gelebt
l)abcn foü, meif man fc^r menig ®cft>iffcä.
(Svft um bie ÜJtitte beö 17. Jatjrbun«
bertö, nac^bcm bie ßegenbe biö bat)in
menig befannt gemefen mar, ermeiterte bcr
franjöftfdjc Jefuit Kene de Ceresiers,
geb. 1606, bie Segenbe ju einer erbau*
liefen 9^0 0 eile unb cntfleibete fic be«
lofalen unb inbiüibuctlen (Sl)araftcrö einet
iDJarienlegenbe. Seitbem mürbe biefcr
Stoff üielfad) epifd) unb bramatifd) juerj!
in franjöftf^er Sprad)e bcbanbclt; in ttn
9'lieberlanbcu fc^liff fic^ föcriftcrö 9iot>eIle
jU einem Öolfäbuc^e ab, au« meld)cm
mat)ri^cinlic^ ba^ beutf^e SBolföbuc^
fierootgegangen i|i.
Jn ber iRad)barfc^aft bet Äapcfle grauen*
fird)en murbc ®cnotoefa Sabrbunberte lang
üH ^eilige »erebrt, obmot)l ftc nie f)eilig
gefproc^en roorben ift. 5lüiä^rlid) am
Dfiermontage, bem Sterbetag ber $falj«
gräpn, jogen bie Sürget bcr benachbarten
Stabt SDJatjen in üollct .^riegörüfiung nac^
graucnfiriien, fübrten ein Scfeeingcfei^t
jmifd)cn ^raufen unb Sarajencn awf
unb febrten nad) »errid^tctem ©cbcte in
qSroäcffton juiücf. (Srfi im Ja^r 1785
^örte bie *Projeffton auf.
3ad^et untcrfd)eibet an ber ©enooefa«
ßcgcnbe jmei Scfianbteile, einen utfprüngs
liefen, fagcn^aften unb einen iüngcrn,
174
©eograp^ie.
nooeüiftif^en. SDaö noücüiftifc^e (SIement
h)ar feit bcm 13 3'Jf)'^t)Uti^e'^t in einet
gto§cn 5tnjat)I t>on @efd)ict)ten jur 2)ar'
fleüung gelangt, tt)eld)e ben Sieg bct ef)e»
lieben ßiebe unb Steue oerfterrlicbten, bie
<iuä 5DrangfaIcn unb iBerfolgungen ge=
prüft unb geläutert ^eroorge^t. >Der
©toff biefer bis inö 16. 3abrf)unbcrt
reicbenben SJottetlen voax aber mcifi »on
früber ßett f)er überliefert unb gebt iim
unb in anbern (Sr^^äblungen auf bie
©ötterfage felbfi jurücf. ©s ifi ndmltcb biefc
ßegenbc ein ©rucbfiücf jener hjeitperbrei«
teten ©age, rtield)e bei jablrei(J)cn bcutfcben
SJolfeftämmen »ieberfcbrenb, an bie 3Jamen
ber 6tammI)eroen, ©cbttunritter, ©iegfrieb,
SBelf u. a. fid) anfnüpft unb über biefe
auf 2Buotan bin aufretd)t, auä beffen
25erbinbung mit einer 2ßalft)re jene ©tarn«
tne«it)eroen entfproffen gebad)t ttiutben.
©enonefa ifi niemanb anberö alö bie
beutf^e (Sötterniutter , }^nr)a. ®abin
roeift ibre ?lufflnbung, fefilid)e |)eimfüb«
rung unb bie 6inroei[)ung beä J^eiligtumg
am legten Slage ber 3>i^ölften , am (Spi^
pbanioßfeft, oieücicbt aud) bie ^lirfc^fu^
unb bie !jiad)bar[(^art ber 3^ieberlanbe, h)0
bie ©cbruanenfage am meijlen beimifcb
War. ^a&i 3^ifber in (5rfd) u. ©ruber.
(Scogra^JÖtC. SBenige SBiffenägebiete
waren bem ®eijl ebe« läj'Httelalterö [o frcmb
unb mürben bei ber befcferdnften 9'iatur;
anfcbauung unb bempbantajlifcben Jßunber;
ftnn jener 3eit fo farrifaturmäßig »erjerrt,
tüic ha« ber ©eo.jrapbie. SSon ben geos
grapt)ifdben llnfcbauungcn unb ÄenntnifCen
ber 'Jlltcn rettete fid) blo§ ein ganj unbe^
beutenber Jeit, maö etma 'JJIiniuä, 9U?eIa
unb ©olinuö gefcf)rieben i)atten, bie felber
bcm Jöunber fo nai)t jianben, in bie 93il--
bung«jlätten unb in bie Äöpfe beö ü)?ittel<
alterö. Sic *Unfcbauung »on ber Äugele
gcftalt ber (Srbe mar mieber uerloien ge«
gangen ober tt>ar menigjlenö nur nod)
Sißentgen, mic bcm Seba iBenerabiliö, be=
fannt, ber aftronomif(i)e Äenntniffe jur
©erec^nung ber Ofiertafcin anmanbte. i)ie
©ejlalt ber SBelt backte man fidb f(^cibem
förmig ober oierecfig; im erfleren x^aüt
jeicbnete man eine f. g. !}lab(^arte,
nämlicb einen Äreiö, bie 6rbc, unb um
fte l)erum in einem meitercn fon-
centrifchen .^reiö im Dceanuei, a\)t. win-
telseo , wentil meri. 5l)er Srbfreiö mirb
bann burd) einen I)orijontaIen *-8aIfcn in
jmei ^cilftcn jerlegt, in eine öf!Iid)c afu
atifd)e unb in eine mefilic^e, bie unpar«
tciifc^ jmifc^en Suropa unb Qtfrifa geteilt
murbc; jmifcbcn ©uropa unb 'Hfrifa liegt,
burcb einen Ducrbalfen angebeutet, ba^
Marc Magnum. 3"'*"^^'^^ i"i 2lfiatif(f)en
.^»albfreiö ftel)t Paradisus, üuroberP Gog
et Magog, baä finb bie apofalpp«
tifc^en 23ölfer, bie nacb ber 53ibel beim
9^at)en beö ®crid)te« bie 2ßelt mit iBer*
l)ecrungen überjieben foücn. ^m ÜJJittcl*
punft ober im 3?abcl ber SBclt ftet)t 3e*
r Ufa lern eerjeicbnet.
2)ie Semabver beö geograpbifd^en
SBiffenä ber 21Iten unb jugteid) bie f[ei§ig«
ften unb unterne^menbften ßanberentbecfer
marcn im früben ilJittelalter bie 5traber;
ber Äalif üfJamun, 3^'^«""^^" Äarl«
b. ®r., lic§ bie großen ©pntayiö tii
^ totem äuö unter bem SRamen Qllma*
gefi (»7 fisyiar?] mit bem arabifct)en 2lrs
tifel al) unb üieQei^t audb feine geogra«
pt)ifd)en Safein übcrfe^en. ?Jic^t blof
fannten bie ^Iraber bie Äugelgeftalt ber
©rbe, fte ma§en fogar jmei Srbbogen«
fiücfe, mobei fie nur um Vio juüicl üon
ber ffiirfli^feit feblten. 2)ic 33erü[)rung
nun beö d)riüiid)en SOiittelaltcrö mit ber
arabifd)en ©cfittung in l)eiligen Sanbc unb
in (Spanien, ber (Sinbrud) ber SWongolcn
in ©orberafien, bie (Eröffnung eine« at«
lantif^en Seemcgeä oon ben italienifc^cn
.§)anbcläpäbten nacb glanbern unb bie
erneuerte !8efanntfd)aft mit ben Urteyten
ber griecbif^en ©cbriftftetler tiermittelten
enbli(^ in ber jweiten ^älfte be« SDiittcl*
alter« auc^ bem d)riftlid)en 3tbenblanbe bie
Qlnfänge ä^ter i^eograpbifd^cr ©rfcnntniö.
SÜHit ben mongolifdben ^crtfcbcrn, bie gegen
®lauben«formen gleid)gültig maren, ent»
midelte ftd) feit ber 50Ütte beö 13. 3abr^.
oon ben franjöfifdien ^öfen auä ein leb*
bnfter SSotfcbafterferfcbr, ba man it)rct
|»ülfe gegen bie ägt)ptifd)cn üHamelufcn
,;;u bebürfen meinte. 3""i<Jt 3) o mini*
f aner unb IRinoriten maren bei biefen
®cfanbtf(^aften', bie sngleid) SiJiiffiong*
reifen maren, tbatig; barunter jeid)net fi^
ber Script beö üon Submig bem ^eiligen
entfanbten SWinoriten Ruysbroek ober
Rubrnquis, burdb feine t>on jlörenben
fabeln foft unbefledte 9?aturmabrl)eit fclir
üorteilbaft aui. iJJod) böl)ereö jcboc^
leifteten bie ®ebrübcr Poli au^ 33enebig,
Nicolo unb Maffio Polo unb bei
Nicolo ©obn, Marco Polo, bie 24
5abre im SD?orgenlanbe manbcrten unb bi3
na^ beding !amen, »on mo fte über .Ro«
cbincbma, 6umatra, Seplon, iWalabar,
Sdbri« unb Srapejunt ber ^cimrcife an»
traten.
(Scrmania beö Sacituö.
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2;f)eoretifcf)e Äenntniffe beö 5lltettumö
€ntnaf)m fobann iai *ilbenblanb auö ara=
bifcf)cn 6(^riftfleC[ern ; bcfonbetä ifl £)icr
ju nennen beä *M Ibevtuä SRa gnu ö Liber
kosmographicus (um 1250) unb SRoger
Sacoö Opas majas, 1270, n^orin fd)on
bcr @a^ aufi]cfieüt toitb, eä muffe nacf)
ber füblic^en J^emifpf)arc ju nod) ein
groger, trocfener unb unbefannter Erbteil
norbanben fein, ci;i ®a^ über bcm fpiiter
(Solumbuö grübelte. 6inc ifficttbefc^reibung
bagegen Peä Gervasius von Tilbary,
Äanjler« bc«t Äaiferö Dtto IV, bie Otia
imperialia, sea liber de rairabilibas mnndi,
sen Solatinm imperatoris seu Descriptio
totias orbis per 3 dicisiones distincta
überid^ricben ifl, ftrojjt »oü pöbeln ^lucf)
einige ®efcf)i^tfdireiber fd)icften ibren
SBeifen geograpf)ifcf)e Sinleitungen norauö,
i- *-8. Otto t»on JJreifing feinen gesta
Priederici I. eine iöcfd)reibung t>on ^ranfs
rei(^, 3talien unb Ungarn S)urd) folcfec
unb ät)n[i*e ®c^ri|ten rourbe bie Äugel=
geftalt ber @rbe im *3ibenblanbe »iebcr
aügemein befannt unb angenommen
unb foimte man fic^ felbftanbig an
aftronomifd)c Drtäbcfiimmungen Wagen.
<5in rtefentlic^er 5ortfrf)ritt gefc^af) burd)
bie ißerbreitung ber 3Dt a g n e t n a b c l
im 12. 3al)rb. feit Kicicfter 3tit auc!b bie
f. g. Gompagfartcn in "lUifnabme famen;
b. l). mit 2ßinb« unb 5lompagrofen be*
bctfte Äarten, auö benen flrablenförmig
bunte ©triebe nad) ben ^aupt^immelörid)^
tungcn auslaufen, um fic^ auf anbern
fünften ber Äarte ^u anbern ÜBinbrofen
ju Percinigen. 3)ie merfrcürbigften Äom^»
pagfarten jinb baö f a t a I a n i f d^ c 2ö e 1 1 *
gcmdlbe pom 3at)rc 1375, pon einem
unbefannten ©teuermann Perfertigt, unb
bie harten beö iß e n e t i a n e r ä ^ r a
SWouro. 2)enn überhaupt ftnb eö bie
Strtliener, benen (Suropa t)ornef)mIi($ auf
bem (Gebiete ber, ®cograpl)ie unb ilBett«
entbecfung ben Übergang auä bem ÜJJittct«
alter in bie moberne Seit Perbanft. 3btc
^anbel^fiaaten, iBenebig unb Oenua, be«
^crrfd)en ni^t bIo§ mit if)ren @d)iffen bie
SO?eere, fonbern mit bem in ibnen ge»
Pflanjten Oeiftc bie (Srfenntniö fetber. ®ie
l)aben juerft bie ßänber unb 33ölEer ob jeftip ju
beobaditen unb ju befd)reiben Pcrftanben;
ßolumbuä ift ein Jtaliener Pon ©eburt unb
39ill>ung. «Sie baben aud) juerft bie geo*
gr,ipt)i[d)e Söiffenfc^aft ber Qllten, nament=
lid) S t r a b 0 unb *P t o t e m ä u ö mit ben
Aorten beö *}lgatl)obdmon h)ieber für bie
(äuropäifc^e Silbung nu^bar gemacht.
Unter ben beutfd)en ^umaniftcn, tt)eId)C
bcr geograpbifd)en 2öiffenfd)aft itjrc ipftcgc
^uroanbten, roirb befonberi^ Vadian ge«
nannt, ber Herausgeber beä Pomponius
Mela, ber juerjl bie amerifanifd)en (Snt«
bedungen perreertete ; *^etcr 'Upianud
gab 1524 bie erfte beutfd)e klarte f)erauö;
Scbafiian^rand unb © e b a ft i a n
551 ü n ft e r fd)rieben jucrft in bcutfd^er
®prad)e umfaffcnbe 2öeltbefd)reibungcn.
(Sctntania bt§ XadtnS* ^n ©tcac
einer Slb^anblung ü'jer bie alten (Serma»
nen trirb ^ier eine Übeife^ung Pon Zacu
tuS (Sermania eingerücft; fie wirb um fo
ermünfd)ter fein, aU in jablreid)en einjel^
nen Qlttifeln auf biefeö ©riinbbud) beut^
fd)er Urgcfcbid)te Sejug genommen voixi.
'Bon umfaffenben neueren S)arjle[Iungcn
feien crreäbnt: ber erfte 'Banb ber iBer=
faffungöaefc^ic^te r>on äJlaite, — Sir*
nolb, i&cutfd)e Urjeit, ®otba 1879. —
I)a^n, Urgefd)id)te ber germanifcftcn unb
romanifd)en liölfer. Serlin 1881, unb
3 ad) er in Grfc^ unb ©ruber, OlttiEct
(S ermanen.
ß 0 r n c 1 i u S J a c i t u ä , ber bcbeutenbflc
®efd)ic^t«fd)rciber ber römifdjen Jlaiferjeit,
mürbe wabrf^einlid) im ^ai)xt 54 v. ßb.
geboren 2)ie ®ermania fd)ricb er im
jalne 9S, mic auö ber *)lrt bcr ßrmii^nung
bcS jmeiten Sonfulatö Don Irajan (®ap.
37) ^erporgebt , t^ai in biefeS '^al)x fällt.
35aö SRömerüolf füllte f<^on bamalS tt>ot)l,
ba§ cö mit feiner Herrfd)aft jur Dfleigc
gebe, unb ben Jieferblicfenben roar cö
nidbt Perborgen, ta^ bie beutfd)en ©tämmc
ben Untergang beö 3ieid)eä berbeifül)rcn
mürben. Seit 210 3al)ren befdmpfte man
fte faft ununterbro(^en , unb bie (Jrfolge
wogen bie 25erlu|le nid)t auf. lacituö
mar im ^a\)Xi 97 consul suifectas neben
bem Äaifer Jieroa geroefen; befto mebr
mu§te er auf bie bcbeutfamc Stellung bcr
©ermanen gegenüber Den iRömern aufmcrfs
fam geworben fein. 5E)iefeci 3"tercffc gab
ibm bie l^eranlaffung i^u einer einge^enöen
©tubie über germanifd)e« 'Öanb unb 53olB.
(Sr äeigt fid) überall au§erorbcntlid) gut
unterri^tet unb feine ©arf^eüung wirb
aU l)öd)ii wat)rf)eitögctreu bcfiätigt, foweit
fte mit anbern uni crbaltenen 3?ad)ri^ten
üergU(^en werben fann. 2)a§ er aber
felbfi in ©ermanien gewefen fei, barf nid)t
angenommen werben. *Mu§er Picien ®d)rift*
werfen ftanben ibm münblidje iOTittbeilun*
gen ju ©ebote. S)er '^Jrocurator ber Gal-
lia belgica, ber auc^ Sorneliuö lacituö
^ie§ unb Wa^rfd)einlid) ein SBcrwanbter
176
©crmatiia bti Zacitixi.
»on it)m war, wirb \i)m tt)o^l Diel ÜJla«
tetial geliefert ^aben, ba^er bie »iclen
S^Jacferi^ten üon ben Sataoern, welche
jenem ^rocurator al« ©renjnac^batn wol)!»
bcfannt inarcn;.
93orUeaenbeÜberfe^ung fuft aufber'fluö*
gäbe Don ^ Sd)ft)ei5er^®ib ler, |)alle
1871, tt)o fic^ in ben reic^^alticien ^Jlnmcr»
fungen anä) bie cinfc^Idgigc Literatur oer-
jeic^net finbet.
aSerbeu tfdjun g.
1. ©ermanien aU ©efamtlanb ifi
Don ben Oaütern, iRätcrn unb '13annoniern
burd) ben iRbeinjlrom, üon ben Sarmaten
unb S)acen burc^ ©ebirgsjüge ober bie
gegenfeitige gurdjt gleicf) mächtiger iöölfer«
fc^aften gefd)ieben. S)ie anbern Seiten
umfpült ber Ocean, au§gcbef)nte ^alb'
infein unb gewaltige ©treden non 3nfel*
lanb umfaffenb; wie uns \a erfi neuer«
bingä einjclne SJölfer unb ÄÖnige befanni
würben, ju benen ber Ärieg uns 93abn
gebrocf)en i)at. ©er SR^ein, an einem un«
jugänglid^en, jäb abfaüenben ®ipfel ber
räti1d)en *Jltpen feinen Anfang nebmenb,
wenbct ftd) bann in mäßiger Ärümm.ung
gegen ÜÖeftcii unb münbet in bie iJ^orbfee.
I>ie 2)onau entfpringt in einem aümäblig
fanft auffieigenben 3ocf) be^ Slbnoba
unb Hii^t an Dielen ißölfern Dorbei, um
frd) barauf in fcd)« glu^Idufen in tai
pontifi^e DJieer ju ftürjen, wäb^enb ber
fiebcnte 5{rm nur ©ümpfe nät)rt.
2. 3(^ bellte bafür, l>a^ tit (Serma*
neu bie Ureinwohner btefes öanbeä finb
unb ficf) faum burd) ©inwanbetung unb
*ilufnabme üongremblingcn gemifc^t tjaben,
weil cor 3(:it£n «^n 33olf, wenn eö neue
SCßobnft^e auffuc^en wollte, bie SOSanberung
ju Schiff antrat, unb weil ber jenfeitä
in«( ©nblofe gebenbe Ocean, ber fojufagen
»on einer anberen ffielt ju un^ b^^über*
rcid)t, feiten fon einem ©d^iffe auö unfctm
erbftrid)c befuc^t wirb. 2Ber ^dtte aucb,
abgefeben oon ben ©efabren eineö rauben,
unbefannten SDJeere^, Elften, 5lfrifa ober
3talien oerlaffen mögen, um nad) ©er«
manien ju jieben, beffen ©oben fo wüft,
bcffen Älima fo raub, beffen 5lnbau unb
5tu0febcn für jeben fo nicberbrüdenb fmb,
bem nicbt l)ier feine 2Biegc gefianben \)at'^
3n alten ßiebern, ber einzigen 5lrt
gefd)icbtlid)erUcberlieferung, bie fie beit|en,
feiern fxe ben non ber ®rbc erzeugten ®ott
luißo unb feinen @obn SDknnu^, bie
Urüäter unb ©tünbcr ibreä iBoUe^. Dem
ÜJJannuä werben brei ©öbne jugef^rieben,
unb nad) ibrcn fRamcn foüen bie junddbfi
am !ü?cere 3Bobncnben 3"9'i>'oncn, bie
üJJittleren Herminonen, bie Uebrigen 5Päs
Donen genannt worben fein. Sinjelne —
unb ba^ fann ja bei bem weiten «Spiel«
räum, ben fo bobe« 5tltertum gibt, nic^t
auffallen -__ bebaupten, jener ®ott \)abt
nod) met)r »öbne gehabt, unb e^ gingen
nod) mebr SSölfernamen auf biefe jurüd,
fo DUiarfen, ©ambrioier, Sueben, Söanbilier.
I)a« feien alfo bie dd)ten alten 3Jamen;
(Sermanien fei bagegen ein junges Söort
unb bem ©efammtoolEe erjl in neuerer
3eit beigelegt worben. 3)ic Sungrer,
weld)e juerji ben iRbein überfcbrcitenb bie
©allier oertrieben, bdttcn ndmlid) bamalö
(Sermanen ge^eigen; allmdblig fei biefer
iliame, ber eigentlii^ nur einem Stamme,
nicbt bem ganzen ißolEe gcbüf)rte, bie oor»
berrfc^enbe Sejeicbnung geworben, inbem
bie Sieger anfangs ibr ganje« Solf mit
bem S($reden«wort il)re^ Stammet (Ser*
manen benannten, worauf jene bann balb
felbfi ben i^nen beigelegten 0iamen ge*
braucbten.
3. 3brer Sage jufolge foU audf ^tu
cule« bei ibnen gewefen fein, ben fte al^
ben erfien aller .g)elben befrngen, wenn e^
jur Scblacbt ge^t. (Sä fxnb auc^ Äriegs«
gefdnge bei ibnen üblid), beren ißortrag,
'-öarbituö genannt, bie 33egeiperung ent«
flammt unb felbfi fd)on ben ^Husgang ber
Sd)lad)t oerEünbet; entWeber jagen fte
bem (^einöe baburd) Scbretfcn ein, ober
fte abnen Sd)limmeö, je nad) ber ÜJlac^t
beä Sd)allc0, womit ber Sang burc^ il)re
iRei^en braufi. (Sä iji feine Harmonie ber
Stimme, fonbern beö fampfmutbigen Sin«
neä. SRaubeit beä Sd)alleä unb brö^nen«
beä Sraufen, barauf fommt cä an, unb
tai erzielen fte baburd), ta^ fxc bie Si^ilbe
gegen ben 2Runb galten, bamii bie Stimme
wieberballenb um fo ooller unb mächtiger
anfcbwetle.
'JRancbe glauben, auc^ Uliffeä fei, auf
jener langen unb fagenberübmten 5tif<ibtt
in ben Dcean oerfd)lagen, auf germani«
fdben 23oben gefommen, unb Slöciburg,
t)ai am Ufer beä [Rb^i"^ liegt unb no^
je^t bcwobnt wirb, fei oon ibm gegrünbet
unb benannt worben. 3^ ^(^^ ^^^ l^gat
cor Siitm einen oon Uliffcä geweibten
Elitär mit bem 3iamcn fcineä iBatcrä
Saerteä bort aufgefunben ^aben, unb noc^
jc^t füllen fid> 2)enfmdler unb ©rabbügcl,
mit gried)ifcben 93udb|laben befd)ticben,
auf ber (Srenje ©ermanienö unb iRdtienä
finben. 3^ b^^« nid)t bie 5lbft^t, biefe
2Reinungen bur^ Seweife ftü|en ober
)crmonin be^ lacituö
177
itiiberlcgcn ju moQen; 3ebet mag i^nen
na<^ cic^entm Urteil ©laubcn bcimcf[cn
ober Detfagen.
4. 3<^ für micf) teile bie 'JlnfiAt bcrcr,
tt)eld)e bie iBölfetfc^afren ©ermnnien«, »eil
burc^ feine ©fjeüerbinbung mit au6tt)är=
tigen ©tämmen mit frembartigen (Siemens
ten Dctmifcfjt, für eine ganj eigenartige,
reine unb nur ficf) felbjl gleicftenbe IRation
galten. Daber ijl a\xä) ber Körperbau,
fo gro§ bie iBolfejal)l ifi, bod) bei allen
bcrfelbe: wilbe, blaue Qlugen , rötlic^e^
.^»aar, eine wahre üliefengePalt, fteilid)
nur jum ftürmi)'cf)en ^Ungriff rei^t tüd)tig ;
©trapajcn un& mübfamen wirbelten gegen«
über jeigen fte ftd) nic^t in glei(^cm 'Dia^e
auebauemb. 2)ur|l unb ^i^e fönnen f\e
burd)auö nicht ertragen, gegen Äälte unb
junger aber fmb jie burc^ ßanb unb
Älima abgef)ärtet.
5. 2) a ei 8 an b, obwohl in feinem 'Jluös
febcn einigcrmaBen »erfcbieben, madjt bocfc
im ^ungemeinen mit feinen fc^aurigen
©albern unb müfien Sümpfen einen
büpern ©inbrucf. Segen ©aüien t)in ifi
eö me^r feud^t, gegen Jloricum unb iCan<
nonien mel)r reinbig. gür «Saaten ifi bcr
©oben ergiebig; Obfibäume fommen aber
nicfet fort. Sieb iji bie gütle forbanben,
aber efl ifi meifi unanfetjnlic^ , aud) feljlt
ben JRinbcrn tati ftattlic^e 21u0fc^cn unb
ber fiolje ^örnerfc^mucf , ben mir an ben
italifd)en gemol)nt fmb. (Sine jat)lreid)e
beerbe, ia^i ifi ibr ®lü(f, ibr einziger,
^od)gef(f)ä|ter SReicbtum, 3'^ ttJ«iB ni^t,
foll ii) eö eine ®unfi ober Ungunfi bcr
®ötter nennen, ta^ fte ibnen ®olb unb
Silber Derfagt l)aben. ^toax möchte id)
bocfe nid)t bel)iiupten, ta^ ©ernianien feine
Silbers ober (Solbaber berge, benn mer
bat je barnad) gcforfd)t? — aber 33efi^
unb ©cbrauc^ biefer ebeln DJJetalle madjen
feinen fonbcrlicben ©inbrud auf fie. SÜJan
fann feben, mie bei ibnen filberne ®efä^e,
bie i^rcn ©cianften unb gürfien jum
®cfd)ent gemacht mürben, gcrabe fo ge=
ringfchä^ig bebanbctt werben, mic bie
Jöpfe, bie fic felbfi au« I^on formen.
'JJur Die unferer ©ren^e jundc^fi Jöo^ncn=
ben i)abtn ben ®ebraud) oon ®olb unb
Silber beim .^anbel fennen gelernt unb
roiffen fie ju fdjä^en ; einzelne ®epräge f)aben
fte ftd) gcmerft unö nehmen biefc mit Vorliebe
an, mdt)renb bei ben Stämmen, bie tiefer
im 5nnern baufen, noch ber urfprünglic^e,
alte 2;aufd)^anbel im S^mange ge^it. 5lm
liebften ftnb i^nen, meil alt unb längfi
bcfannt, bie am SRanbc ©ejacften unb bie
mit bem ®eprägc eine« Stt'tiflffpann^ »eis
febcncn S)cnare. Silber Rieben fte bem
®olbc t>or, nid^t au^ einem 53orurteil,
fonbern weit bie größere 3<ibl ber Silber«
fiücfe für ßcute bequemer ift, roeld)e allerlei
moblfeiles ^tu% ^u erl)anbeln pflegen.
6. *)iid)t einmal @ifcn tft reid^li^ por«
banben, wie fich au« bcrülrt il)rer Söaffcn
fd)lte§en lö^t. 9tur wenige fütjren ein
©(^wert ober eine größere ßanjc; ein
Spie^ ober, nad) i^rem eigenen 2lu«brucf,
eine 5i^^f"^<^ if^ ^^^^ 2Baffe, bie, mit
fc^malcm, fur^em (Sifen Detfel)en, fo fci^arf
unb bcinblii^ ifi, baB fte fc naä} ben Um«
fiänben jum iRat)« ober jum gf^nf^nipf
gebraucht werben fann. ©er C^eiter be*
gnügt ft<h mit Sd)ilö unb Spie§, wä^rcnb
bcr Ärieger ju %a^ aud) noc^ JBurfgc«
fd)offe ^u tjcrfenbcn f)at, bcren er mehrere
beft^t. 55afi nacft ober l)öchfien« nod)
mit bem furjen ÜWantcl befleibet, ber allen
Bewegungen freien Spielraum lagt, weip
er biefelben auf eine crjiaunlic^e (Sntfers
nung ju fc^leubcrn. 2)lit ber 5lußrüfiung
wirb fein prunfenber Suju^ getrieben, nitr
ber Scbilb erbält eine Semalung burch
bie au«gefu(^tefien färben. Söenigc tragen
einen ^anjer, faum ^ie unb i>a einer ifi
im 33eft^ einer (Sturmhaube oon ÜJJetaß
ober Qeber. ©ie $ferbe 5eid)nen ftd) Weber
burd) Sd)önl:)eit, noch burcf) ScbneQigfeit
au^; fte Werben auc^ nid)t auf fünfilidi
Dcrfd)lungene SBcnbungen einbreffirt; ge=
rabe au« gebt e« immer ober mit einer
einzigen Sc|wenfung nac^ reditö, wobei
ta^ Greifen in fo fcfi flefd)loffener Sinie
gefchiel)t, baf feiner hinter bem anbern
jurüdbleibt.
3m allgemeinen liegt i^re ^auptfiärfe
im ^ü^voit unb be«balb fämpfen au^
j^utgänger unter bie SRciter »erteilt, inbem
bie Sd)nelligfeit berfelben fte ^um SReiter«
fompf ganj tauglicf) unb gefd)idt ma^t.
@ö ftnb 5lueerlefene au« ber ganjen jungen
ÜJJannfcbaft, wel^c fo oor bie Sd)la^treil)e
gcfiellt werben, unb ibrc 3«^l if^ fi"^ ^^'
fiimmte; jeber ®au ftellt bunbert iDiann
baju unb barnac^ werben fte unter il)ren
35olf^genoffen genannt. So würbe t>ai
Sßort, bai urfprünglic^ nur ihre 3a^I ^t'
jeid)nete, nunmebr i^r g^renname.
2)ie Sc^lad)torbnung wirb au^ feil»
förmigen Raufen gebilöet. Son feinem
Starborte ju weichen, um nad)t)cr wicber
auf ben geinb anjufiürmen, gilt ihnen
me^r alä 3tichen fluger Äriegefunfi, ni^t
Don '^Mxi)t. 3b« ©efaUcncn bringen fte
immer, au^ wenn bie bro^cnbe öntfc^ei«
12
178
©crmania bcg lacitu^.
bung De« Äampfeei Die ^öc^fte 'ilmireiiijung
gebietet, hinter bie @c^lQd)tlinic. 2)ie
grö§te Sd^anbe ijt e^, feinen '8chilb preiö»
gugcben; wen folcfiet Sdjimpf befledt, ber
ifi gebninbmatFt, Ot)fer unb (Ratäperfamm;
lung fmb i^m t»crfc^lof[en, unb oiclc, bie
\\)x ?ebcn um bicfcn 'Jtci« au« bct 8ct)Iac^t
retteten, machten i^rcm f^mad^üotlcn 2)0«
fein burd) bin ©trief ein (Snbe.
7. 3um Äönig wirb ber gcroä^tt, ben
fein Uibel am p(^fien fieüt, jum 51 n«
fü^rer ber Sapferjic. 2)et Äönig oerfügt
aber nic^t über unbefc^ränfte SDtac^tDott»
fnmmen^eit, unb ber iJü^rer ^at mcbr
©ewicbt burc^ fein Scifpiel, ale burc^
feinen ©cfe^l; bie SSewunberung, bie man
ibm joQt, mcnn er feine entfdjloffenc %i)aU
fraft bewährt, wenn er e« *Uüen juoort^ut
unb ftctö an ber Spi^e ber ©c^Iacbtorb*
nung jircitct, bie madjt it)n jum Rubrer
ber SRenge. Sr barf aui) iRiemanbcn bin-
ridfjten, in J^effeln legen , ja nid)t einmal
gei§eln laffen; nur bcm '^riefier fommt
bie^ ju, benn e« fotl nicöt alä Strafe, bie
ta^ bürgerliche SRccfet unb ha« ©uibünfen
bc^ ^ü|)rer« bcftimmt, fonbern ald 2Biüe
be^ Ootte« erf(^einen, ber nacft ibrem
©lauben ben Äämpfenben na^e ip. iöiU
ber ber Qlttribute ibrer ©ötter unb ber
i^nen geheiligten Jiere fmb it)re %eli>'
üeicben, bie fie jum Äampf au« ben ^eiligen
Rainen f)olcn. 2öa« jie ganj befonber«
jur lapferfeit anfpornt, begebt barin, M^
ber ^aufe, ber Äeil, nid)t burci) ben 3"'
fall, burc^ beliebige^ 3iif'^"i"^f"l'^^^^" ^^"^
©injelnen gebilbet »irb, fonbern nach ®e-
fd)led)tern unb 35ermanbtfchaften; unb in
ber 9'iäbc h)eilen i^re Sieben, fo ha^ iai
2Bebegef(^rei x\)xtx Oattinen, i>ai ©einen
it)rcr Äinber ton ben Äämpfenben Der=
nommen roerben fann. 2)a^ ftnb jebem
bie am ^öc^jten cere^rten 3fU8fn< i''^ ßob
gilt it)m am meinen; ber IRutter, ber
©attin bringt er feine ffiunben au« fcem
Äampf jurücf unb fte fcbeuen ftd) ni(^t,
biefelben ju jäblen unb reol)l ju prüfen;
fte tragen i^m Stärtungen ju unb feuern
i^n ju neuen Saaten an
8. 3fl i^if grauen foKcn bie
©chlachtlinie, menn fte fchon «anfle unb
ttiid), tt)icber jum ®tanbl)altcn gebrai^i
baben, inbem fte fich ben Kämpfern in«
fiänbig fiebcnb entgegenroarfen unb auf
ibrc na^e benorfiebcnbe ©efangenfdjaft ^in»
ttsiefen, weld^c ber (Sermanc rceit mebr für
feine ©attin fütcbtet, unb jnjar fo fetjr,
ia^ ber miberfpänftige ©inn ber Staaten,
bie au^ abelige Jungfrauen al^ (Seideln
fteUen mußten, »irtfamer im ^a\xm ge«
galten «irb. 2)er Oermane glaubt, ta^
^en grauen etwa« ^eiligeö, ^rop^etifie«
innemotine; i^rc SRäte bält er boc^ unb
achtet mo^l auf ifire 3lu«fprücbe. Unter
bem Dereroigtcn Sßcfpajian faben mir bie
ißcleba lange bei gar Dielen für ein gött«
liehet 'Bcfen geltcnb , aber aud^ früher
fd)on genoffen bie ^llbruna unb manche
anbre eine gleiche 93crcbrung, toä) ni(it
etma fo, wie e« bei unö »orEommt, ta%
man biefelben au^ ©cf)meichelei ju ©öttin*
nen erhoben l)ätte.
9. Unter ben ©Ottern wirb befon«
ber^ ÜRerEur oere^rt, unb e^ ijt l)eilige
Orbnung, ihm an gewiffen Jagen auc^
ÜRcnfdjenopfer barjubringen. S)cn Tlaii
unb ^in ^erculeö Timmen fte ft^ günftig,
inbem fte i^nen — unö tai ift au^ aücin
hai SRecf)te — nur 2.iere weihen. (Jin
Seil ber ©neben opfert auc^ ber 3P- j
Über ©runb unb Urfprung beä fremben 1
Äult^ habe ic^ nic^t mel)r erfahren fönncn. 1
alö ha^ i\)x 5lttribut bie ©eftalt eine«
gQ^r!,euge« i)at, unb baburc^ wirb i^r
S)ienfi alö ein eingefüf)rter charafterijtert. J
t)k ©Otter in ÜJiauern ein^ufi^liefen unb "
ibnen ein ÜJJenfchenantli^ ju geben, Ratten
fte für unoereinbar mit ber (Sr^abenbeit
ber ^immlifdien; fte meinen t^ncn ^ainc
unb SBalbtriften unb benennen mit bem
'JJamen ber ©ett^eit jene« 'gehcimniöDotle
(Jtmaö, hai jtch nur ber e^tfur^t^ootlen
^nbüc^t offenbart
10. Sorjei^en unb SBetffagung
burc^ Sofe ftetien bei ihnen in ^ödjftem
*2lnfe^en 2)ie Qlrt beö Sofen« ijl einfach.
ÜJlan t)aut einen ^'mii% oon einem gru^t*
bäum, jerfdjneibet ihn in ©täbchen , bie
man burd) geroiffe 3^id)en unterfcheibet,
unb ftreut fte nac^ blinbem 3"fi>ü über
ein mei^eö %üä). 3)arauf betet ber 'J5riefier
tii ©taate«, wenn bie 'Befragung ber
Sofe »on ©taatö wegen, ber ^iiu«t)ater,
wenn fte in einer Familienangelegenheit
gefd)ie^t, ;;u ben ©öttern unb ^ebt jum
j^immel auf blicfenb nacheinanber brei ©täb»
(^en auf, beren 33ebeutung er na^ ttn üor«
ber eingeferbten 3eid)en erflärt. 3Ji i^r
'ilusfpruch ücrneinenb, fo finbet in biefer
©a^e am ghic^en läge feine Befragung
ber ©öfter mebr fiatt; ifi er bejabenb, fo
werben jur Scfidtigung no^ bie iBor«
jeic^en ju ^ülfe gerufen, ©er Srauch,
©timmc unb glug öer ißögel ju beachten,
ifi auch ibnen befannt; au«fd)lie^lich eigen
ifi e« i^nen aber bie Sorjeic^en im ®e*
bahren ber ^Pferbe um Dtat ju fragen, tit
©ermania beä lacitu^.
179
auf ©taatäfoficn in jenen SBalbttiftcn unb
Rainen ßcbaltcn n)erbcn. @ie jtnb öon
rociicr '\^axbe unb nerri^tcn nie ein pro«
fane^ fficrf. ®ic tt)ctbcn »or bcn tjclligen
SBiigfn gefpannt unb oon bcm 'itrieflcr
un& bcm Äönig ober ^ürflen bcä €t.iate^
bca leitet, »eldje batauf ad)ten, ob fie
lioiet)ern ober fdjnauben. deinem Drnfel
Wirb me^c ®lauben geWenft, tt)cber beim
93olf, no(t bei ben iBornet)mften, no(^ aud)
bei ben ^^ricfiern; benn bicfc holten ftc^
nur für ^Diener ber ©ötter, jene aber für
SOUtwiffenbe. ©ic erfovfcfcen bie 3ufui^ft
aber aud) nod^ auf anbere QUt, um ben
5lu^gang fc^merer kämpfe ju erfahren.
®ie laffen nämlich einen irgenbwie auf=
gegriffenen (gefangenen jcneö ißolfe^, mit
bem fic Äricg führen, mit einem 5luäcr=
lefenen aug i{)ren Solf^gcnoffen fämpfen
unb i^mar jcben mit ben 3D3affcn feineö
©tamme^; ber Sieg beö einen ober an=
beren gilt aU IBorbcbcutung für ben
ganjen ^rieg.
11. Über bie Weniger micbtigcn 9lnge«
legenbeiten Ijaltcn bie Häuptlinge !Rat,
übet Die bebeuiungäooflern 'ilDc; inbeffen
tt)crbcn aud) jene 'lUinfte, über meld)e Mi
IBolf ju entfd)eiben bat, juerj! t>on ben
Häuptlingen einläßlicher bel)anbelt. ©ieöer»
fammeln fid), außer wenn etmaö Unoor*
bcrgefebeneö plö^lid) eintritt, ju befiimmten
3eiten, fo jur 3f't beö 3Jeumonb^ ober
beä SoÜmonbö; benn fte balten bafür,
t>c[^ einem 33oibaben bie günfügücn Sterne
leud)ten, wenn eö f^u biefer ßdt inö 2öerf
gefegt mirb Sie reebnen nid)t na^ lagen,
n)ie mir, fonbern nad) 9Jäd)tcn ; barnad)
fc|en fte bie Termine fefi unb mad)en ibre
SSorlabung n; bie JRac^t fdjeint ben Sag
in« ircffen ju fül)rcn. ^\)xt greitieit bat
bie fd)led)te ©emobnbeit mit ftd) gebrad)t,
i>a^ fte nic^t mic foldie, bie i!3efebl erbaU
ten baben, jugleicb jufammenfommcn,
fonbern ber jweite unb fogar ber britte
Slag ge^en burd) tai Säumen ber ftc^
95erfammelnben nu^lo^ Detloren. SBenn
beren 3i^I ^inreidienb crfd)eint, fo fefeen
fie fid) jur Beratung unb jmar in ü^affen.
2)ie '^jriefter, meld)e bann audb i>ai SRecfet
i)aben, bie anbern in ben Sdbranfen ber
Dr&nung ju Ijalten, befehlen Stillfdiweigen.
2)arauf mirb ber ^önig ober ber g'ürjt
angehört, feinem *}llter, feinem 5lbel, feinem
Äriegerubm, feiner SereDfamfeit gemäß,
mehr um bc^ 3iitr""«n^ h)iUen, tai man
feinem iRate f*cnEt, aU meil er bie 5!)?ad)t
bat, ju befehlen. üBenn eine 9lnfid)t miß=
faüen hat , fo gibt JDJurren i^ic ÜRifbil*
ligung funb ; menn fie aber moljigeficl,
fd)lagen fte bie Spieße an cinanber. Der
Ä'lang ber ÜBaffen ifi bie ehrenbfie 5lTt
bei^ *beifaaö.
12. e« ift oucb geflattet, bei ben Viati^
Derfammlungen Auflagen üorjubringen unb
auf lobeöiirafe anjutragen. 2>ie Se«
fiimmung ber Strafe ergibt fid) au^
bem 53ergchen. Verräter unb Üeberläufer
merben an 39äiinien aufgenüpft, Feiglinge,
Äriegeflücbtige unb tierrufene xiüfilinge
metben in iumpf unb Sd)lamm oerfentt
unb ertränFt, inbem man ?fled)tmerf über
fie mirft. 2)iefe 33erfd)iebenbcit in ber
iöoUflredung ber loDeeftrafe beruht ouf
bem ©cbanten , baß, mie bie 35erbre(^en
ber iffielt sum abfd)re(fenben Seifpicl mit
ihrer Scftrafung Dor bie klugen gebellt
werben, fo bie Sdhanbthaten fpurloö »om
Srbboben »erfd)tt)inben foHen. 5lber aud^
für bie geringern 'Vergehen ifi je nac^
ihrer Sd)merc bie Strafe benimmt ; bie
Sd)ulbigen metbcn an ber Qabi ihrer
^ferbe unb iRinber gefiraff. 6in Seil ber
Süße fäüt bem Äönig ober bem Staate
ju, ber anbere jenem, Der fein SRc^t ttx-
langt, ober feinen SBcrmanbten.
3n ber *l*olf«Derfammlung werben audb
bie HiJuP^-^^S* gewählt, weld)e in ben
®auen unö auf ben ÜDörfern SR c d) t
fpre£^en ^&im pon ihnen (Ichen je hunbert
aui bem Solfe aU ratenbe unb bejiim«
menbe iBehörbe jur Seite.
13. 3u feinem ©cfcbäfte, fei e^ ein
öffentlid)cö ofer ein prioatcö, fdjrciten fic
anberö alö in SDBaffen. 5Daö He'^fo'nnien
erlaubt aber feinem bie 2Ö ehrhaft*
mad)ung, beoor bie ®emeinbc ihn ta*
JU fähig erflärt hat. Dann fd)mücft ihn
in ber 'I<olf«ferfammlung cntweber ein
Häuptling o^er Der *Bater ober au^ ein
SSerwanbter mit 8d)ilb unb Speer. S)ie^
ift ihre loga, bie^ ber crfte Sd^mud ber
3ugenb. *ßorher war er nur ein 5tnge*
höriger bes H^ufcö, je^t aber Wirb er al§
ein DoQbered^tigte^ ©lieb tti Staate^ bf
trad)tet.
Hö(^ftcr 5lbel ober große Scrbienjte ber
ilhnherrn Derfdhaffen auch fd)on ganj
jungen ORännern bie ffiürbe eineö Haupt*
ling«. Sie fd)ließen ftd) ben übrigen,
altern an, cie fd)on lange Sßaffen tragen,
unb »erf^mähen e^ nid)t, im ® c f o l g c
berfelben ju erfcbcinen. Hat ja audh bie
®efoIgid)aft felbft SRangftufen, nämlid) im
Urteil beffen, ber fie anführt, ©in großer
SÖetteifer fpornt bie ©efolgöleutc an, nacb
bem näd)ften <|31a^ bei i^rem Häuptling
12*
180
©etmania be^ lacitu^.
ju flrcben, unb bic .^auptlcute, bic iai)U
teid^jicn unb tü(i)tt9flcn Äricflct in it)rem
(Sefolge ^u fiaben. 35aö ift 2Dürbc , baö
ifi üJlac^t, Pctö oon einer Sc^aar auöet=
Icfcner junger 5D'?änner umgeben ju fein,
im 5"ebcn jur 6t)re, im Äriege jum ©d^u^.
Unb ni(it allein bei itjrem 3Solf, fonbern
aud) bei ben benachbarten Staaten Der?
breitet ftcft fein 9?ame, fein JRu^m, wenn
fein ©efolge an S^'^^ unb Sücfctigfeit
hervorragt; man fcf)icft ©efanbtfcbaftcn
an ibn, ct)rt in burcö ©efc^enfe, unb gar
oft fcf)lägt blo§ fein Siuf fd^on einen
Ärieg nieber.
14. 3fi e^ einmal jum Äampf ge^
fommen, fo ifl cö eine ©c^anbe für ben
Häuptling, fid) an Sapferfeit übertreffen
ju laffen, eine ©d^anbe für iai (Sefolge,
eö itirem Rubrer ni^t gleidb ju t^un.
6(^ma(^bebedt unb ef)rIo^ ifi ber furo
ganje ßeben, ber, nacbbcm ber 5ül)rer ge=
fallen, auö ber ©c^loc^trcibe entweicht.
Ufiefen ju certcibigen, ju fc^ü^en, ja feine
eigenen ^lelbentbaten nod) in beffen
tRubmeöfranii ju ftecbten, bog ifi ber cor*
ncbmfie ^unft beä Äriegereibe^ ; ber
5üt)rer fdmpft für ben ®ieg, tai ©efolge
für feinen ^ülirer.
2Bcnn i^r 23olf in langem müfigem
^rieben tbatenlod ba^inlebt, fo jieben
gar Diele eble Jünglinge über feine
®tenjen ju jenen 93ölferfcbaften, bie gerabe
im Äricgc begriffen fmb. S)enn bem ®er«
manen ifi e^ bei einem rubigcn ?eben
nidbt n)of)t; in ©efabren erringt er ftdb
leicfeter 9tubm unb nur burd) .^ampf unb
©treit tann er ftd) eine gro§e ®efolgfcf)aft
erljatten. Die gi^figf^igfcit if)»^«« ^übrcr^
mu§ if)nen jene ®d)lac^trofTe, jene bluti^
gen unb ftegeögetröntcn Speere liefern,
bie fie in« JJelb führen, j^üx <Solb gelten
tl)nen ©afimäblcr unb reid)lic^e, menn
aud) nicbt gerabe feine ©elage, unb ju
biefer ^reigcbigfcit muffen eben Staub unb
Ärieg bie SOtittel fcf)affen. 5)en ^Ider um*
}ubre(t)en unb ben Segen be^ Jabreä ju
ettt)atten, baju würben fte fic^ rool)l
fcftmerlid) oerfiebcn; gilt eö aber, ben
iJeinb ^erausforbern unb Sßunben ju gc*
tüinnen, fo ftnb fte mit ßeib unb Seele
babei. SOtan ^ält ti fogar für trag unb
feige, im @(I)tt)ei§e feinet ^ngeficbtö ju
erarbeiten, Yoai man mit feinem 33lute
errti erben fann.
15. 3ft fein Ärieg im ßanb, fo ifi ein
Wenig 3 o g b ber ©ermanen !8ef(!^of=
tigung; bie meifie ß^'t aber »erbringt
er mit 9'Ji^töt^un , mit Schlafen unb
(Sffen. ©crabe bie lapferfien unb ÄampfV
lujiigjien t^un am menigjien. gür ^auö,
|>erb unb JJelb mögen SBeiber, ©reife unb
überhaupt bie Sc^wac^en in ber gamilic
forgen, fte felbfi leben in bumpfer SRube
babin. SOßunberbarer SDßiberfprud) ber
Statur, ba§ biefelbcn OJlenf^en, melcbc ben
gemä^Ud^en ^rieben fo febr \)a^m, anber=
fcitö bem 9?ic^tött)un fo lcibenfd)aftUd^ er*
geben ftnb !
^reiroiüig bringt jeber, mie eö im ßanbe
Sitte ifi, bem |)duptlinge eine ®abi an
iöief) ober J'^U'^t- f'" ®biengefdbenf , t>ai-
jugleicf) ju feinem Unterbalte bient. 5lm
meifien fc^äht er aber bie ©efd^enfe be*
nacbbarter 33ölfer, meiere if)m nic^t nur
Don einzelnen IJJciüatleuten , fonbern auä)
ton ber ©efamtbeit bargebta(^t njcrben,
au«gejeid)netc Cfloffe, gro§e 2Baffenfiüde,
golbene ©ucEeln unb 2lrmringe; auä) ©elb
anjuncfimen ^aben fie fd)on oon unö ge-
lernt.
16. ®a§ bie germanifdien Sßölfer feine
Stäbte bewohnen, unb ba§ fte überhaupt
5ufammenf)ängenben 3[öobnfi|cn abge*
neigt fmb, iji genugfam befannt. 3bre
SRieberlaffungen fielen getrennt unb jer«
jireut, je nad)bcm ein Dueü, ein %di),
ein 2öalb jum iöleiben lodte. 25ie Sffieis
Icr baut man nicbt nac^ unfcrer SBeife mit
gefcbloffcnen, jufammen^ängenben .^äufer*
reiben, fonbern jebcr umgiebtfein^auei mit
einem freien $la|e, n)ohl ju Scf)u^ gcgfit
geuerögefaljr ober aucb, Weil fte eben oon
ber 93auEunfi nicbtä cerfteben. Sic eer=
Wenben aud) meber SOtauerfieire, nod) 3**=
gel, fonbern ro^ gejimmerteö '-öaubolj
bient jur ^erfiellung aller Jcile, o^ne iln*
fprud) auf Sdbönt)eit ju ma^en. (Sin^el*
neu Stellen f^enfen fie inbeffen me^ir Se*
ac^tung unb befirei(f)en fte mit einer fo
reinen unb glänüenben ®rbe, ba§ e« faft
mie ÜJialerei unb 5arbenjeid)nung auä*
ftebt. *I«an gräbt ft^ al« 3uf[udbt«ort
für ben SBinter unb aU SBorratöfammer
für bie 5elbffüd)te unterirbifdbc |)öt)len,
bie mit oiel S)ünger überbecft merben.
Solcbe J^öbten milbern bie tjarte SBinters
falte, unb bridbt einmal ber 5«inb herein,
fo plünbcrt er bo^ nur hai offene Da«
liegenbe , oon ben »ergrabenen ©e^etm*
niJTen tt)et§ er entmeber nic^tö, ober er
ftnbet fie eben nidbt, meil er nic^t weil,
mo er fte fucben foÜ.
17. fianbcütrac^t ifi bei Tillen ein
Ueberttiurf, befie^enb au«! einem »ieredtigen
2;ud)fiücf, tai mit einer Spange ober in
beten Ermangelung mit einem 5Dorn jU«
©ermania beö a;acitu*.
181
fammcn^e^eftct roitD. Dt)nc anbete 33c-
bccfung liegen fxc ganje Sage lang am
^eröfcucr. 35ie SBo^lbabcnben unterfd^ei»
bcn ftc^ bur^ ben ©toff beö Unterfleibcd,
ta^ ni(i)t baufc^ig, «sie bei ben ©armaten
unb <partf)crn, fonbern anliegenb ijl unb
bie einzelnen ®Iiebma§cn ^eroortreten Iä§t.
2iud^ 2;t)ierfeüe tragen Tte, wobei bie 5tn=
h)obnct beö 3lt)cin2i unb ber 35onau feinen
befonbern Unterfc^ieb mad)en ; bagegen
finb bie im 3"ne'^n ^^^ Öanbeö niäBleri?
fd)er, i>a i^nen fein ^anbcl [onf^igcn ^u^
bringt, ©ie jieljen gcnnfje Jbierartcn öot
unb burd)[e^en if)re '^ele mit Sappen auä
anberefarbtgcn Sälgen, njelc^c fte fom
entlegenem Dcean unb bem uns unbc«
fannten SDJeere ijer erbalten. ®a^ Älcib
ber $5raucn ift ganj glei(^, wie tai ber
SDJdnner, nur l)ütlen fte ft(^ öfter in lei«
nene, mit ^utpur üetbrämte ©emänbcr.
S)cr obere Seil beö Älcibeö Wirt» nid)t ju
«Uermeln »erlängert, fonbern Dber= unb
Unterarm fmb ganj frei unb cbenfo ifl
bie 53tuft v>om ^alfc an jum Seil blo§.
18. 5Die Q,i)i wirb bei iljnen aber
ftreng gebalten unb wo^l in feinem ©tücfe
haben il)re Sitten mcl)r Qlnfprud) auf
.^ocbacfctung; benn oon allen 33arbaren=
pölfcrn ftnb f>c fafi bie einijigen, \mlä)t
firf) mit einem Söcibc begnügen, ©e^r
wenige mad)cn baoon eint Qlusnalime unb
jwar nic^t »on ©innlicbfeit geleitet, fon«
bem weil fte i^reö 5lnfet)cn6 wegen mit
meutern Einträgen angegangen werben.
35cr SKann bringt ber 93raut eine 5luö«
fieucr, nicbt umgefc^rt. S)ie Sltern unb
IBetwanbten ftnb iabä unb prüfen bie ®e=
fd)enfc, bie nid)t in auögefuc^ten ßuyuö«
fadben jum ©cfjmuiJ ber SReuoermäbltcn
befielen , fonbern in Otinbern, einem aufs
gejäumten iRoffe ncbft ©cbilb, ©peer unb
©cbwert. Tlit biefen ®efd}enfen gewinnt
«r bie Staut, bie if)m bafür wieber einis
geö an fflaffenftüdcn jubringt. 2" biefen
jDingen erblicfen fte hai fcftejie söanb, ein
^eiligeö ®el)eimnt^, bie Sbc bef(^ü^enbc
©Otter. Daß SQöeib foll nt<^t fern Don
©ebanfen an männlidbe Sapfcrfcit unb
unbetüt)tt üon ben SOßecbfelfdüen beä Ätie=
ge« ba^in leben, fonbetn gleid) beim 93c*
ginn ber @t)e wirb it)r eingeprägt, ha^ fte
an bie ©eitc bcö ©attcn ttitt, al^ treue
©cnofftn in ü)Jüt)falcn unb ©efa^ren, ta^
fie im gtiebcn unb im Ärieg mit it)m bul*
ben unb wagen mu|. S)a« fagen if)r bie
jufammengciocbten SRinber, hati getüfiete
9lo§, bie Eingegebenen SSJaffen. 5Dicfer
•Pfli(i)t foH fte treu bleiben biö jum legten
^aucfec. Wai fie jur23etlobung empfängt,
bat fte ibren Äinbetn unpctlc^t unb in
wütbigem 3"!^'^"^^ ü" überliefern , ba^
foHen it)re ®(f)micgertö(tter wieberum em*
pfangcn unb auf i^re Snfel uererben.
19. ©0 führen bie grauen ibr Se-
ben in ben ©(^raufen feufcfier ©tttUd)feit,
frei »on ben ißerlocfungcn üppiger ©c^au=
fpiele, unberührt üon bem ©innentaumel
ftttenlofer ©elage. Sßon geheimen Siebet*
briefen wei^ Weber SÖJann noc^ %^CiVi;
(Jbebrudh fommt bei bem bod) fo jahU
rei(^en 35olfc fehr feiten »or, unb :bie
©träfe, welche ber iöefiimmung beä «Satten
überlaffen bleibt, folgt tt)m auf bem
5u§e naä). Tlit furj gef^nittenen ^aat
ren unb entblößtem ßeibe wirb fie »or ber
ganzen Serwanbtfcfeaft Don ihrem (Sht-
mann auä bem ^aufe gejagt unb butc^
ba^ ©otf gepeitfcht. gut »erlorenc Äcufc^*
heit giebt e« feine ©nabe; Weber ©chön»
heit, noch 3"gfnb, noci) SHeic^thum wer«
ben iht je einen ©atten jufühten. 35cnn
ba iji S^iiemanb, bet übet tai ßafict
fd)erjte, 9'liemanb, ber iBerführen unb 23cts
führtwerbcn ben Sauf ber Sßelt nennte.
©ewi§ l^eht cei mit einem ©taate, wo
nur 3""9f>^'^"^" P^ Dcrmählen unb wo
bie ©attin mit ihrer Hoffnung unb ihrem
©elübbe ihr Öeben für immer befiimmt,
bcffet, alö mit Ccm unfern. (Sinen ©at«
ten etl;ält hai SBeib, wie fte nur einen
Äörper unb nur ein ßeben empfing, unb
fein ©cbanfe, fein ©elüfi foll biefe ©dbtan*
ten übertreten, fte foü in ihrem ©atten
nid)t ben IJJann, fonbern bie 6h« lieben.
2)ie ^al)l feiner Ä in bet wiüfürlic^ ju
befdhränfcn ober cineä »on ben fpätet ge* .
borenen ju tobten, gilt für eine ©d^anbe,
unb bie gute ©ittc wirft bei ihnen mcfjr,
al^ anbetäwo gute ©efe^e.
20. üiadt unb fd)mu^ig wäc^fi bie
3ugenb in aöen |)auöbaltungen ju jenen
gebrungenen iRicfengeftalten ^eran, bie un*
mit QScwunbetung erfüllen. 3ebe SDiuttet
ernährt ben ©äugling an ber eigenen
Stujl unb entlebigt ftcft nicht ihrer üJJuttet«
Pflicht, tnbem fte ihn SOtägben unb <Smmcn
überläßt. ^erten= unb (Sflaoenfinb unter*
f^eibet feine ausgefucfetete 'i*flcge; unter
benfelben .^auötieren, auf ben gleichen
'lilä^en treiben fte ftdh hetum, biö ba§
Qlltei bem ^teigebotnen feine abgefonbctte
©lellung anweift unb fein eblet ©tamm
fich Dcrräth ©pät etfi wetben bem 3üng«
ling bie ^^euben bet ßiebc ju Shfit» ""^
bähet auch feine uncrfchöpflid)e Tlannti'
fraft. ajJit ber Verheiratung ber 3un9f'^<i^
182
©etmania iti Zadiui.
eilt man a\xä) nic^t; i^r Slltcr ifi baffelbe
unb fafi a\iä) i^re ©rößc; in bct glcicbcn
Soüfraft bcr 3"Sf"t> »etcinigcn fte ftcf)
unb bie Äcrnbaftigfcit bet Sltern fpiegcU
fd) in ibren Äinbern.
S)ie ®ö^nc ber €c^h)cficr jiebcn jum
Dbeim in bemfelbcn »crwanbtfdbaft^
Heften aSerbältniffe, vok jum Batet.
Ginjelnc tialten baö 93anb bicfcr iÖlut^=
gemeinfcftaft fogar nocö für enger unb
^eiliger unb forbern baber am liebfien
folcftc ©lieber bet gamilie al^ (Seideln,
inbcm fte babutd) bie 33ettt)anbtf^aft in
(\tö^etet *Mu«bebnung unb if)re niiberfpen=
jiigen Oelüjte fefict im 3'iuni i^u b^lten
meinen. Jiacfcfolget unb Stbeu finb abet
nut bie eigenen Äinbet; le^miüigc SBer*
fügungen giebt e« gat nicftt. iginb feine
j^inbet ba, fo baben ben näcftfien *Hn[ptud)
auf ia^ (Stbe bie Srübet, bie Df)eime Don
oäterlicbet unb müttetlicfeet ©eire. 3e
gtöger bet Äreiö ber SlutäDetmanbten, bie
3QbI ber ißerfd)tt)ägerten iji, befto freunb=
Hefter gefialtet ftcft baß 5llter; bie^inber^
loftgfeit ^at feine *Uusftcftt auf irgenb einen
Vorteil.
21, ©omofti bie freunbfcftaftlicften SSets
binbungen bes 93aterö ober beö ißermanb*
ten mu| ber (Stbe auf ficft neftmen, alü
aucft beffcn ^ebben. 3)iefe brau(ften be2=
megen aber uiAt unoerfö^nlicb fort^u=
bauern; felbfi bie Sötung eine^ 2JJenf(ften
fann burdb eine bejlimmte ^a^I »on gropem
unb fleinem Sieb Derbüpt werten, unb bie
ganje 93ern)anbtfd)aft beä Setreffenben em^
pfängt iai SBergelb alö üoüfidnbige (äe=
nugtbuung. 2)jö ift eine b«ilfflm« €>\ttt
für baö ©emeinmefen, benn bei bet bert^
f(ftenben g^tcifteit ftnb folcfte gef)ben bop=
pelt gcfä^tli^.
Äein anbcteö 33oIf giebt ftcft feinem Itieb
ju gefeüigen ©elagen unb gafifteunb =
Tieftet 9lufnaftme fo tüejfbaltöleö ftin.
S« gilt füt J^refct, itgenb S^m^nben, e^
fei mct e« fei, nieftt untet fein 2)a(ft auf=
june{)men. 'i^tttx bemitiet feinen ®aft fo
gut, aU cö feine 95etbciltniffc etlauben.
Sinb bie 33ottätc aufgejefttt, fo mecftfelt
bct bißberige iffiitt bie iRoQe, et meift
feinem ®aft eine neue .^etbetge unb gebt
gleieft felbfi mit. Uneingelaben tteten fte
inä SJadbbatftauö unb bcibe oftne Untet;
fefttcb merben mit gleicftet Jteunbltcftfeit
aufgenommen; benn ob befannt obet un=
befannt, barnaeft ftagt bnö ©afirc^t nieftt
3)ie Sitte üetlangt, ta^ man bcm ©eftei^
benben bemiüigt, maö et fieft auöbittet;
anbetctfcitß ttägt bet SBitt cbenfo wenig
Sebenfen, einen SBunfeft an feinen ©aft
lu ticftten. 9in biefen ©efeftenfen ftaben
fte iftte ^teube; ma« fte gaben, bringen
fte nieftt in 5inf^Iag, unb mai fte em*
pfingen, »etpflicfttet fte nieftt; nur gegen*
feitige J^reunblieftfett ifi iai 93anb, bad
bie ©afifteunbe Petbinbet.
22. Äaum Dom ©eftlafe etmacf)t, ber
in bet SRegel biö in ben Jag binein aug«
gebe^nt mitb, baben fte ftcft, gcmöbnlieft
matm, ta ja bei ttinen bie meifie 3eit
übet bct aSintet ftettfcftt. «Raeft bem Sabe
mitb gcftütjftücft, wobei jcbet feinen bc*
fonbetn ©i^ unb feinen eignen iifcft eins
nimmt. S^'ann gebt ee an^ ©efeftäft ober,
unb jwat ni^t wcniget oft, jum ©elagc,.
immet abet in fflaffen. Sag unb SRad^t
ununtetbto^en fottjujecbcn, btaucftt fteft
JRiemanb ju fcftämcn. Sffiic bei Stunfenctt
wobi begteiflieft ifi, cntftebt bäuftg -^tieit,
wobei ce feiten bloß mit ©eftimpfteben
abläuft; meiflenä fommt eß ju IZÖunben
unb Jobtfcftlag. *Mbet aucft übet bie^üußföb*
nung t>on ^^inben, bie Änüpfuna »et*
wanbtfi^aftlieftet ©ejiebungen, bie ©ewiit»
nung ftembet j^ürfien unb übctftaupt über
Ätieg unb ^rieben witb gewöbnli(ft beim
©elage betaten, weit bet Wenfcft fonfi nie
fo tteubctjig gejlimmt unb für gto§e2)ingt
fo begeifiert fei. ^eute nod) etöffnet biefe*
•Bolf ftei oon 5ltgli|l unb 93etfcftlagenbcit
feine innctfien ©ebanfen in bet Ungebun-
benfteit bet ßufi, Unoetftüüt un& offen
legt ^itix feine ÜJicinung bat, unb am
folgenben Jag witb bie -Sacftc no(ft ein«
mal butcftgefptod)en. ©o wetben fte jcber
Seit gcteeftt; fte betaten, wann iftnen SSet«
fietlung unmöglidb ifi, unb befcftUe^en,
Wann fte uot Jrrtftum gcfeftü^t finb.
23. 3tlä ©ettänf bient iftnen eine
auö ©etfie obet SBeijcn beteitete ^tüff^fl'
feit, welcfte man gäbten läpt, fo ta^ [it
einige 2leftnlicbfeit mit bem SBein bcfommt;
bie Qlnwoftnct beö SHf)ein^ etbanbeln fteft
aucb 2Bein. 25ie ©peifen ftnb einfacft:
wilöeö Dbfi, ftifcfteö Sffiilbptet obet gc«
tonnene Tlilib ; um iftten junget ju fiiüen,
btaucftt eß Webet eine feine ßubeteitung,
nocft außgefuefttc ©ewütje. 2)em 2)utfic
gegenübet jeigt bet ©etmane nieftt biefelbe
ajJägigung; untetfiü^t man feine Sttunf«
fueftt. fd)afft man iftm fo picl ju ttinfen,
al^ fein ^etj begefttt, fo witb man iftti
gewi§ leidbtet buteft feine fiafier, ali butd^
Sßaffengewalt beficgen
24. 33on ©cftaufpielcn gtebt e*
nut eine einjige ?ttt, wel^e fteft bei jebet
gtö§etn ißetfammlung wiebctftolt. UJacftc
©eimania bed Socitu^.
183
junge ü)länn«t führen biefc^ Spiel au«,
inbem fie tanjenb jwifcfeen ®d)trctter unb
bio^cnbe Speere fpringen. 'Durd) Übung
büöete ft* eine gro§e ®efd)icflic^feit auö,
in beren Oefolge fic^ bic Qlnmut einfanb.
2lber nid^t ^lueftdbt auf (grrcerb, auf 33e-
jablung Detanlapt ben 3üngling ju biefem
Spiele, bcnn fo to[lfüt)n c2( aud) ijt, bcr
einjige fiot)n befief)t in bcm Vergnügen
ber 3ui^*auer- 2)a« Sffiürfelfpiel aber,
voaü \vvi)l auffaücnb er[d)einen mag, be^
treibt ber ©ermane bei pöüigcr ))lü(i)tixn'
^eit aH ein ernftbafteö ®cfd)aft mit [old)er
Seiben[d)aftli^feit bei ®eminn unb 93cr--
lufi, t>a^ er, TOuin fonft 'üUeö oerloren ijt,
Freiheit unb ^ßevfon auf ben legten ent-
fd)eibenben Sßutf [c^t. j^reiroiUig nimmt
er tai 3oc^ bcr Äuc(^{fd)aft auf Hd);
tt)iberftanbelo« la§t er fi^, wenn au(^
nod) i'o üiel jimger unb fröftiger, in
geffeln legen unb oerfaufen. ^aö ifi freiließ
Gbarafterfcfiigfeit in üertt>crfli(^er Sa(^e;
fie felbfi nennen es d^renbaftigteit. So
ern)orbene Stlaven »erbanbelt man bann
tceiter, um tai brücfenbe Semußtfein be«
befdiämenben Siege« loa ju merbcn.
25. 2)ie übiigen Sflaoen »erben
nid)t fo perwenbet, wie bei unä, mo man
jebem einzelnen an^ bcm ©eftnbe fein be-
fiimmtcö (Sef^äft juteilt; bei it)nen bat
jeber feinen eigenen 2ßol)nfi^ , gebietet
über ein ^cim; ber ^err bffiimmt il)m
nur eine 5lbi(abe an ©etteibe, SSict) ober
Äleibungäbebarf, mic cö bei uns bem
<Päd3ter gegenüber gefd)icbt. Dtur fo meit
gebt bie ^ienfipflid)! bes porigen. Sic
^au0gefd)äftc beforgcn %xau unb .ftinber.
Selten wirb ber Sf lar e burd) bic ^eitfd)e,
burc^ i^ffT^l" ""^ 3*^'i"9^'J'^^<!i^f" gcjüd^s
tigt, meiften« erfcblägt if)n ber ^err fo^
gleidb unb jrear nidit, roeil bie ^au3ju(^t
eine folc^c Strenge »erlangte, fonbern Pon
ber ^i&e feine« Sdbjorn« übermannt, wie
er feinen ^einb nieberbaut, nur M^ ber
%ot> fcineö Sflaoen ungerä^t bleibt. S5er
^reigclaffene ftel)t nid)t Diel über bcm
Sflaocn, feiten l)at er eine etttia« bebeu:
tenbere StcEung im ^auü, nicmalö aber
im Staate. 9?ur bei jenen Stämmen Dcr^
l)ält ftd) bie« anbers, mo ein firenge«
Königtum f)errfd:it; benn ba fann er auct)
über bie jjreigeborcncn unb fogar über bic
^beligen emporfieigen, fo ta^ bie niebrigere
Stellung ber j^reigclaffenen bei ben übrigen
©ermanen gerabeju ein d)arüfieriflifd)e«
(DJerfmal ilirer freien SBerfaffung ifi.
26. SDUt Ä a p i t a l i e n (Sefdidftc ju
mad)en unb burd) bie 3infen anwadjfen
ju laffen, ifi ben ©ermanen unbcfannt;
man ifi alfo »or 2Bud)er gef^ü^ter, ali
wenn er burc^ ©efe^c oerboten wäre, wie
bei un«.
5n bie ^elbmarf teilen ftd) bie ®e«
noffenf^aj^ten nadb bcr 3^^^ if^rer freien
Sauern, inbem babci oon ^ät ju ^ät
bic ©runbfiüdc gc«c(^i'elt merben. S)icfc
©runbfiücfe merben bann unter it)nen nad>
bem ^Infe^cn bc« ©injelnen mieber oerteilt.
33ci bcr großen 5lu«bcl)nung ber gelbmarf
Id^t fic^ eine fold)e iöerteilung j'cbr leicht
machen. S^^fö 3ibr werben anbere Saat«
felber bebaut unb bo(i bleibt immer noc^
5ldcrlanb übrig. S)cr ©ermanc ringt bcm
iöoben nid)t immer größere ©rgiebigfeit
ab, unb firebt nid)t barnad), tau frui^t»
bare ßanb ftet« Weiter auejubcfjnen. Dbft=
pflan jungen, abgefonberte SIßiefen, wo^l»
bewäfferte ©arten ftnb i^m unbekannte
I)inge; nur ©ctreibe mid er Pon feinem
<3(der ^abcn. 2)aber wirb i)aQ ^ai)i aud)
nid)t in gleich viel 3a^ reßjcitcn geteilt,
wie bei un« ; Sßinter, gtübling unb Som=
mer ftnb ibm allein geläufige iöcgriffc unb
tragen allein SRamen; eine Sejeid)nung be«
^crbftc« fennt er fo wenig als feine
i&penben.
27. S)ic öefiattunt^ bcr Sotcn ge*
fc^ie^t obnc ©eprängc; ber einjige 8uyu«,
ben hai |>erfommen er^eifd)t, befiel)t barin,
ba§ jur iBcrbrennung ber Ceid)en t)erDors
ragenber SD^dnner beftimmte ^oljartcn t>er«
wenbet werben. S)cn Sd)eitcrt)aufen jicrt
man nid)t mit barauf gebduften Seppidjcn
unb woblnec^enbcm SRdud)erwctf; nur
feine üßaffcn, mand)mal auc^ fein SRog,
werben bem Soten in« ^cuer mitgegeben;
ein Sflafenbügel erbebt fic^ über feinem
©rabc. 2)ic burd) oiel SWübe unb Qlrbeit
erfaufte *Prac^t »on 2)enfmälern wci^ ber
©ermanc ni(^t ju j'cfedöen; fte eri'd)eint
il)m ni(St als eine (Sbre für ben Soten,
fonbern al« ein 2)rud, ber auf ibm lafiet.
2Bet)tlagcn unb Z\)ianin gibt er ni(^t
lange SRaum, Sd)merj unb 2Bef)mut ober
ucrlaffen it)n nur langfant; benn bem
ffieibe jiemt bie laute Srauer, bcm iRannc
jiillc« ©ebenEen.
So cid babe icb im ?lllgcmeincn über
Urfprung unb Sitten aller gcrmanif(^cn
93ölferfd)often in (Srfabrung gcbrad)t. Stun
wiü ic^ bic 93rdu(^e unb Sitten bcr ein=
jclncn ißölfer in it)ren unterfcfccibenben
*13unftcn barfieüen unb bic ßinwanberung
germanifc^cr Stdmmc in ©aüicn betraci^ten.
28. 3)a§ ©aüicn frül)er ein mdditigercr
Staat war, bezeugt bcr juncrläfftgjiie ©es
184
©crmania be« lacitu^.
tr>ai;iömanii, öer vereinigte Juliue; C6 iii
ba^er root)l glaubli^, ba§ aucf) gallifc^e
©tämme in ©eutfd^lanb cinge*
wanbcrt ftnb, benn wie wenig fonnte
ber iRbeinjirom ein nicid^tig gett)orbcne^
33otf ^inDcrn, feine Sßotjnft^e ju oerlaffcn
unb neue in Sefc^lag ju nef)men, aU bic
öänbereien nod^ öerrenloö unb nocf) ni(i)t
alö [elb|i^ertIi(J)e Staaten eine fePc (Sin*
tcilung bcfa^en! ©o baben jmifcften bem
^cic^nifcfeen SBalbe unb ben ,^'"iTf" *Ji^ein
unb IJJJain einmal bie ^clt>etier ge=
tüobnt, weiter öjllicf) bie 93oier, beibes
gaüifcfce 53ölferfd)aften. Dtacf) beute lebt
ber IJJame 93öl)ämen unb gibt Äunbe oon
ibrer einzigen 5lntt)c[en^eit, menn audb
längft anbere Sewo^ner tai öanb einge«
nommen t)aben.
Die 3t ratio! er \)aii.n gicidbe ©pracbe,
gtcidbc Sräudbe, gleite Sitten wie bie
Ofen. Db fte aber ein Stamm ber Ofen,
cincö germanifcbcn 25oIfc^, waren unb bann
naci) *jßannonien au^wanberten, ober ob
bic Dfen bie ^trauiöfer üerliefen, um ftc^
eine neue^cimat in ©crmanien ju fucben,
lägt ficb nic^t entfc^eiben, weil biefen
©tdmmen, bie an Qlrmut unb ^reibeit fic^
gleich ftanben, ein Ufer eben fo oielc 3Sor=
teile unb S^ladblcile bot, alö baö anbere.
2)ie Sreoerer unb ^J? eruier frnb fo«
gar e^rgeijig barauf, gcrmanifdbeö 93lut
in ben ^bern ju ^aben, um fi(^ burcf) ben
5lbcl i^rer ^bflammung ju ben fd)Iaffen
©aütern in ®egenfa| ju fe|en. Die bai
IRbcinufer bewobnenben SBölfer finb äweifel*
lo^ gcrmanifcf)en Stammeö: bie Sangio«
nen, Iribefen, ^licmetcr. Selbft bie
Ubier, obwohl fie für i^rc 93erbienfie ju
einer römifdben Kolonie erijobcn würben
«nb ftd) lieber nad) bem Dfiamen ibrer
©tifterin 51gripDina nennen f)ören, fcf)ämen
fid) ibreä germanifc^en Utfprung^ nid)t;
■fte baben Dor ^txtm ben iRbcin über*
fd)ritten unb burftcn ftd) jum 2o§n ihrer
fieten Ireue unmittelbar am 5Rl)cin nieber*
laffen, um ein SBaH gegen bie Jcini'e ä"
fein, ni^t um beflänbig bcwad)t werben
^u fönnen.
29. Tillen biefen 53ölfern fielen an
Sapferfeit bie Sa tau er Doran, tvdia
nur nod) einen flcinen «Streifen be^ SRbein*
uferö, fobann aber bie Jnfel im Strome
fcewobncn. *i3ormal« ein ®Iieb in ber
@emeinfd)aft ber Statten wanberten fte
infolge innerer 3etn>ürfniffe au«S unb
liegen ficb {)w nicbcr, um bann bem
Tömifcben SfJei^e eineerleibt ju werben,
(äine gcad)tete Stellung unb bie ^udjeid^«
nuiig alter öunbeögenoffen ftnb tönen ge»
blieben; feine Abgabe erniebrigt pc, fein
Steuerpät^ter faugt ifinen bai Warf au«
ben Änoc^en. ÜJlit öafien unD Beiträgen
oerfcbont unb nur für Äamof unb Ärieg
in Qlnfpruch genommen, gleid)en fie einem
SJtüflbauö, ta^ für bic Ärieg^jeiten aßc^t
unb 2Baffcn birgt. (Sbenfo oerbält ti pc^
mit ber '3lbt)ängigfeit ber 'Ulattia f er; benn
bie ®roge beä römifd)cn iBolfeö \)at bie
Sf)rfurd)t oor feiner üWa^t big über ben
SRljeiu unb bie alten ®renjen binaud ge-
tragen. Siegt auch 'bt ßanb, ibre §eimat
auf bem jenfeitigen Ufer, fo ifi bodb i^t
^erj unb Sinn bei unei, fo gut wie bie
SataDer auf unfrer Seite fielen, nur ba^
jene ber Soben unb ber ^immel ihrer
alteit ^eimat feuriger belebt.
3u ben germauifchcn Stömmcn fann
ic^ bie ©ewohner ber becumatif^en
gelber nicht jäblen, obwohl üc ftch icn=
feitö beö ütheine unt) ber Donau nicbcr*
gelaffen l)abm. hergelaufene^ gaUifchee
(Sefinbel hat, non "Jlrmut gebrängt, gewagt,
biefen Soöen, wo ber Scft| fiel« oon ®e*
fabren bcbroht ijl, ju feiner .^eimat ju
mad)en. Darauf würbe bann ber ©rcnj*
wall gejogen unb bie Sefa^ungen Dorgc=
fchoben, unb feither betrad)tct man biefc^
®ebiet als Sluäbuchtung unfere^ [Rei^eä
unb Jeil bes '^rooinjiaüanbeö.
30. iZBcitcr nörblich beim herctjnifdhen
fflalbc beginnt bag 8anb ber d hatten,
Dag feine fold)e Äctte üon fumpfigen
©benen bilbet, wie bie anbern üänber,
über welche fic^ ®crmanicn erjirecft; crji
nad) unb nach ocrlieren ftdh bie ^ügel, ber
betc9nifd)e SBalb geleitet feine Chatten her*
nieber unb »ertraut fie bann öem ^lachlanbe
an. 6in befouber^ auäbauernöer Körper,
gebrungene ®Uebma§en, ein broheubcr
ißlid unb ein ungewöhnlidh gewcdter ®cifl
,5eic^net fte auö. Dem Sbatten wohnt im
*öerglcid) mit ben übrigen ®ermanen ein
fein beredhncnbcr Söerfianb unb tlugc 5tn=
fdhlägigfeit innc; er »erjieht eä, bie ric^*
tigen ßeute ^ü gübrern ju wählen unb
ihnen bann ju gehorchen; er fennt bic
ateihcn, er wci§ ben günjiigcn 5lugenblt(J
ju nü^cn, einen Eingriff auf gelegenere
3eit ju Dcrfdhiet'en» ben Sag jwcdmägig
cinjuteilen unb fich für bic SWad)t ju ocr*
fchanjcn. Da^ Äricgöglüd ifi wanfclmütig,
barum ocrläf t er ftd) allein auf bie lapfer*
feit unb — mai i><x^ ©igentümlichfie ifi
unb fonji nur aU ©rrungenf^aft römifdhet
Äriegötunji gilt — er wei§, ba^ ein tücfe*
ttgcr Rubrer mehr wert ifi, als ein ganje^
©crmania i>ii lacitu^.
185
^ccr. ?tßc ibre @tärfe Ue^t im gu§Dolf,
t)ai aufer feinen SBaffen aud) nocfi eifctnc
ÜBerf^euge unb ÜJiunboorräte mit ftd) tra«
gen mug. 5lnDcre jie^en jum ®efc(^t,
bic Glatten jum Äriege; Streif jüge unb
jufäüigc ®(fiarmü|el fommen bei il)nen
feiten t>or. (Sine berittene Jruppc l)at
freilief) ben 53orteil , in rafd)em 5Inlauf
ben @ieg banon ju tragen, ober ftd) eben
fo raf(^ micbcr jurücfjicben ju fönnen;
allein nabe bei ber ®d)nenigfeit wobnt
bie jyurd^t, langfame^ ^anbeln ftebt ber
^efiigfcit nä^er.
31'. Jöaö bei anberen gertnanifc^en
Stämmen nur feiten aU ein *i(u^f[u§ tti
3:f)atenburPeö einjetner uorfommt, i^ bei
ben ©batten gäng unb gäbe geworben; ta
lä§t ber Jüngling namlid) |iaar unb
99art roacbfcn unb erp, wenn er einen
iJcinb getötet bat, befreit er fein QlntU^
»on bicfcm ''Ku^feben, tai er gelobt unb
ber Sapf'erfeit al« ^fanb gegeben bat.
Uebcr bem *81ut bcä ^einbeö unb ben er*
beuteten Üßaffen mac^t er feine Stirne
frei, unb ic|it erjt glaubt er tai @efd)enf
be^ S)afcinö öeröient jiu baben, be^ 55a=
terlanbeä unb jeiner ©Itcrn mürbig ju
fein. S)cm feigen unb Unfriegerifc^en
bleibt fein |>aarmufi. S)ie tapferften ApeU
ben tragen barübcr, wai fonft bei biefcm
Stamme ein fd)impfli(^c^ *)lbjeid)en if!,
einen cifemcn SRing. gleicbfam als j^effcl,
»on ber ite ftdt) burc^ Jötung cineä gein«
beö JU löftn ^abea. ®ar manchem ifi
biefe STrac^t Heb geworben , er ifi ergraut
barin, SRubm bat fid) an feinen Dramen
gefnüpft unb Jeinb unb ^Jreunb weifen
mit 5inö«u auf ben gelben. 'Diefe
Sapfcrn fmb bie SSorfcimpfer bei iebem
Streit, fie bilben bic erfte S^lac^trei^c,
ein überraf(f)enber *}lnbli(f, bei mit ®nts
fe^en erfüat; benn felbP ber triebe mil»
bcrt i^re roilben 3üge nid^t. deiner ^at
ein ^auö, befieöt ein ^elb ober fümmcrt
jtd^ um irgenb ein ®efc^äft; wo er f)\n-^
fömmt, wirb er bewirtbet; fremben 93cft^
Perfcbwenbct er unb üera^tet eigenen, big
enblidb ta^ jitternbe «Mlter il^m bie 2öei=
terfübrung biefe^ barten ^elbcntumö un=
erbiitlid) rerfagt.
32. 2)en 6f)atten junadbjl, wo ber
IRbein in feflem Sette f(ie§t unb breit genug
ifi, um eine natürlidbe (Srenjc ju bilben,
wohnen bie Ufiper unb Icncterer.
S)ie lenctercr, fd)la^tcnbcrül)mt, wie bic
übrigen ©ermonen, jeidbnen ftd) burc^
eine Dorjüglic^ gefd)ulte JReiterei auö,
fclbft ber 5Ruf bc« cbattifc^en guioolf«
übcr(irat)lt jtc nic^t. @o war ii ber
'8rau($ ber Söätcr unb bie 9?a(J)fommen
ftnb in i^re 5}*Bftapfen getreten. 9fleltcr--
fampf ifi iai «spiel beö Äinbe«, ber et)r»
gei^i beö 3ünglingö, unb nod) bcc ®reiS
fann fidb nid)t t>om S($IacbtrofJe trennen.
2ßic für baö ©cftnbc, baä ^auäwcfen unb
über{)aupt bic ©egcnfiänbe rec^tlict)er ©rb«
folge gilt anbcrfeit« für ha'i iHo§ ein be»
fonbere^ ©rbrec^t, nic^t ber ältefie ©o^n
erbält cö, wie ta^ Ucbrige, fonbern ber
fampfmutt)igfic unb tapferfie.
33. 'ÜU Dfiacbbarn ber Sencterer traf
man »or Seiten bie 33ructerer; je^t
ftnb, wie beridbtct wirb, bic ß^amatjcr
unb *}lngrioarier bort cingctranbcrt.
Die Sructerer würben niimlicö bur(^ bie
oerbünbeten 9ia(ä)barfiammc »erjagt unb
gänjlid) aufgerieben, fei e«s , ta^ bicfc
burdb bereu Uebermutb gereijt lüurbcn,
ober t>a^ bie ©cute ftc lodtc, ober ta^
bie ®öttcr unö eine ®unfi erweifen woü»
ten: benn fclbft ba« ®cf)aufpiel bcö
Äampfe^ ^aben fie unö ni*t mi§gijnnt.
lieber fe^jigtaufcnb fielen, nic^t burd) bic
"Baffen be^ SRömcrö, fonbern, wa^ ^crr«
lieber ifi, il)m jur ^ugcnweibe D möge
bo^ — i>ai ftebe id) — bei biefen 33öl«
fern, wenn aucb nid^t bie IMcbe ju un^,
fo bod) bie 3tt.Hetrad>t unter ftcb befiänbig
forbaucrn ; benn je^t, wo 'i>t^ SRcidbeö SBcr*
bängni§ öor ber Sbür ficht, fann unö
i>ai S^idfal ja bod) nic^tö 'öeffereö mcl)r
gcwäbrcn, ale bic Uncinigfeit unferer
^cinbc.
34. hinter ben Qlngriüaricrn unb
Sbamaoern fdblie§en fic^ bie Iiulgub*
nier unb Sliafu artet an nebft anbetn
'Bölfcrn, öon benen nid)t eben oiel ocr«
lautet. ®egen2öeften reiben fidjbie^ricfen
an, wcl<^e man nacb it)rer Tlaii)t in ®ro§=
unb Älcin s ^Jriefen fcbcibet. ©a^ ©ebiet
beiber Stämme wirb t>om Oft^ein bcfäumt
unb umfaßt gewattige (Seen, weld)e aud^
fc^on »on römifd;)cn flotten befahren wut*
ben. 2Bir wagten cö ja fogar, in bie cnt*
legencn ®ewäffer tii angrenjenben Ocean^
unferc SHuber ju taud)cn. 60 ge^t bie
Sage, baf bort nocb Säulen beä |)crculcg
porbanben feien, feie«, ba§ ^erculee wirf«
lidb babin fam, ober i>a^ ftc in gleichem
®cfüble, wie wir, aüeö ©ewaltige feinem
erbabeuen 9?amen äufcbreibcn. Qludb fehlte
e« 2)rufuö ©crmanicuö nicbt an Äübntjeit,
aber ber Dccan fe^ic ben ^orfc^ungen
nad) feinen ©ebeimntffcn unb nad) |)erculcg
ein gebictcrifdicö ^^alt entgegen. Später
nahm Stiemanb bic iBerfud)e micber auf.
186
®ermanio be« Sacitug.
bcnn ber ®Iaube an bie Saaten in @otU
^cit fehlen frömmer unb ehrerbietiger, ali
tai SffiifTcn.
35. (So hjcit fcnnen wir bcn 2öcficn
©ermanienö; gegen iHorben bebnt e^ ftd)
in gemaltigcm 33ogcn auö. ®Ieic^ jucrft
tritt unö tai 93oIf ber Sbauccn cnt=
gegen, beffen ®ebiet, obmobl eä bei ben
^riefen beginnt unb einen Seil ber ÜJJceres:
füjle in fid) fcblieBt, bie ©renken aller biö
je^t aufgefübrten 33ölfer berührt, bi^ es
f\d) enblidi nodb in has Sanb ber Sbatten
bincinbrängt. 5)ie[cn getttaltigen SRaum
beberrfcben bie (lf)aucen ni*t blo§, fon»
bern fte fußen i^n mit ibrer reicben iBoIfe=
jabt aud) am. 2)a« ifi ein Stamm, ber
ju ben nngcfebenftcn ©ermanicnö ^ablt
unb ber feine ®rö§e nur auf ®ere*tigfeit
gegrünbet miffen miü. Dbne ^errfdbfucf)t,
obne ßeibenfct)aftlid)feit lebt er rubig unb
frieblic^ babin, giebt ju feinem Kriege
91nla§ unb Derbeert fein ßanb mit 9flaub
unb ^lünberung. Denn tiai ip tai frd)crfte
3eid^fn üon Sücttigfcit unb Äraft, ba§
man feine ©rö^e nicbt bem Unrecht ricr=
banft. 5e^fn QlugenblidE aber ifi ber ß^auce
bereit, bie SBaffon ju ergreifen; ruft i>c[i
SPaterlonb, fo fiebt ia^ $eer fd)Iagfertig,
üon Äriegern unb 6treitroffen eine mädi=
tigc Sai)V, unb auc^ wenn fte ruben, lebt
i^r gefürcbtctcr 9kme.
36. 2)ie ®renjnad)barn ber Sbaucen
unb 6f)atten, bie &beruäf er boben unan=
gcfeinbet einen langen, tfjatenlofen ^rieben
gro§ gcjogen, ma« ibncn »obl Sequem^
lic^feit, nicbt aber Sidicrbeit »erfdjaffte.
I)enn umringt pon ®ett)alttt)at unb Ueber-
mad)t ift e« gefäbrlicb ju fcblafen; wo
bie Ö'aufi SRecbt fprid)t, t)ei§t ber Stärfcrc
flet« ebrlid) unb bieber. So nennt man
bie St)eru0fer, ebemals bie 2;üd)tigen, ®e=
redbten, nunmebr faul unb einfältig, ben
fiegrcid^en ßt)atten Wirb ibr Äriegfglücf
alö 2ßei?t)cit anqeredjnet. 3" ^f" Sturj
ber (5.l)eruöfer würben ibre 9tad)barn, bie
$5 0 f e n mit bineingejogen ; im ® lud e jenen
untergeordnet, fieben fte nun im Unglüd
mit tt)nen auf gleid)er Siufc
37. 3n ber genannten Qluebud)tung
©crmanienä wol)nen am ®ejlabc bee
Dceane bie S im bern, geacnwdrtig nur
ein fleiner ©toat, aber gro§ an Änegä*
rubm. 2Bcit oerbrcitete Spuren, aucge»
bc^nte fiagerplägc auf beiben Ufern bce
9il)t\r\Q, beren Umfreiö bie iPolfsmaffen
unb bie 3abl ber fampftüd)tigen 5lrmee
ermeffcn lä§t, geben Äunbe uon ibrer
ru^mPoUcn 2Sergangenbeit unb finb leben^
bige ScuQfn i«"«^ fo gewaltigen iMu^juge«-
640 3abte Waren über unfcrc ©tabt bin»^
gegangen, al^ jum crflen üJJal unter ben
Sonfuln ßäciliuö SUletellu« unb ^apiriud
Sarbo bie 2Baffen ber Simbern auf rö«
mifdjem 33obcn erflangen. 3«^lfn tt)ir »on
ia biö ju bem ^weiten (Sonfulat beÄ
.^aiferö Irajan, fo ergeben ftd) etwa 210
3abre: fo lange ringen wir nacb ber Se«
fiegung ©ermanien« unb biefer lange
3eitraum ^at beiben Seiten »iclc SSerlufte
gebracht. Sßebcr bie Samnicr, nocb bie
5ßunier, weber ^ifpanien, no^ ©aQien,
fclbft nid)t bie $artt)er ^aben unä fo
mancben I)enfjettel gegeben; benn furcht«
barer aU bie ^errfcbermacbt bc^ 5lrfaceS
ifi bie germanifd)e greit)eit. 2Baä anbered
fann ber Orient, ber f>or einem 33entibiuö
im ©taube liegen mu^te, unö entgegen«
balten, alä ben Job be^ Sraffuö, treuer
crfauft mit bem ©lute beö (Pacoruä? 2)ie
®ermanen aber baben ben ßarbo, ben
dafftuö, ben ecauru« ülurcliuö, ben ©er»
Diliu« ßaepio unb ben ©näuö ÜJladiu*
Qefd)lagen ober fogar gefangen, fünf con«
fularifd)e J&eere beiben fte mit ibnen bem
römifd)en SBolf, bem 93aruö mit feinen
brei ßegionen felbji bem (5.äfar geraubt,
unb nid)t ungefiraft ^aben ®ajuö OJiariuÄ
in 3talien, ber »erewigtc3i'liuö in ©aQien,
I>rufuö 3?eto unb ®etmanicuö in ibrem
eignen Sanbe ibre SWadjt ju crfd)üttern
»erfudbt. önblic^ mad)te nod) ber Äatfer
Saligula feine gewaltigen, »iel üerfprecben«
ben SRüfiungcn, beren finbifdjeä ®nbe
lci(^erUd) genug ausfiel, ©aranf war SJlut)e,
bi« bie ®ermancn, benen unfere innern
3wifie unb iöürgerfrtege eine günfiige ©e«
legen^eit boten, bie äßinterlager ber 8es
gionen erfiürmtcn unb ©aüien ^u ge«
winnen tra(^teten; bo(6 würben fte wieber
jurüdgebrängt. 3" neuefter 3e't bat man
bann wobl nielc Iriump^e über fte Qt'
feiert, aber wenig ©iege.
38. 3d) gebe nun ju ben ©neben über,
beren iBolf nic^t, wie iai ber (Statten
ober Sencterer, eine« ©tammeö ifi-; fte
t)aben ben gröfern Jeil ®ermanienä inne
unb trennen pd) wieber in felbjiänbige
©tdmme mit eigenen SRamen, obwohl fte
in^gefamt Sueben genannt werben.
®ö iji eine d)arafterifiifc^e Sitte biefe«
SBolfed, tau ^aax feitwdrtö geftrid)en unb
in einen .fnoten gef^lungen ju tragen.
©0 unterf^eibet ficb ber ©uebe »on ben
übrigen ®ermanen, ber freie ^uebe non
feinem Änecbt. Sei einigen anbern ißölfern,
bie Dietleid)t mit ben ©ueben Perwanbt
©crmania bcä lacituä.
187
pnb ober, »ic eö ttjo^I gefcfcebcn mag,
beten ©itte na($at)men, fommt bieä au*
»or, aber feiten unb nur auf bie SwQfnb
befc^ränft; ber Sucbe aber fircidjt fein
^aat immer noc^ jurücf, wenn c^ fcf)on
grau unb flruppig gcroorben, unb binbet
ben Änotcn oft t^crabe über bem Eablen
6d)citcl; bie ^iii'Pfn tragen i^r .^aar noA
gefünHelter. Daö ifi i^re ^u^fu(^t, aber
feine eitle; m<i)t um ju liebeln unb feiner
©uble ju gefallen, fonbern um grijger
unb furchtbarer in ber 6d)lact)t ju er=
fd)eincn, für baö Qtuge beß j^einbe^
f^mücfcn fte fid».
39. Sie <Scmuoncn nennen fid) Die
ältejlcn unb ebelftcn unter ben Sueben,
unb ein reiigiöfer 23raud) lägt i^r altee
^erfommen tt)ol)l glaubwürbig erfi)einen.
3u einer befiimmtcn 3^'^ ^f^ 3at)rea
fd^icfen aße jlammtierwanbten SSoIferfcfcafj
ten ihre Vertreter ^er in einen burd) bie
2Beil;e ber ißorfabren unb tai mit Sb^«
furcht erfüüenbc 2Bef)en ber Sorjeit ge=
heiligten 2Balb, unb mit einem für ben
Sitaat gebrad)ten SDJenfcfeen Opfer beginnt
bie fc^aurige 5|eier nad) barbarif^er Sitte.
3lo<i) in anberer Sßeife jeigt ftd) bie reli»
fliöfe (5l)rfurdit, mit ber biefer ^oin Der«
t^rt wirb: D^iemanb betritt ihn anber«(
alä c(cfenelt, um feine Untcrmütfigteit uns
ter bie ©emalt ber (Sott^eit ;u befunbcn.
Jäüt etttia einer ju Soben, fo barf er
»eber auffte^n, nodb fic^ aufrichten laffen;
auf bem 'ioben mu§ er ftc^ I)inauön)aljen.
Qlüe bicfc religiöfen 33räud)e weifen ta-
\)\n, baK t)ier bie 2Biege beä Solfeö fei,
t>a^ ^ier ter aüe« be^errfc^enbc ®ott
tt)ot)ne, bem aKeö anbere untcrtbänig unb
bicnftbar fei. 2)ieö »irb au^ beglaubigt
bur^ bie günjligen äußern SBerbältnijTe
ber ©emnonen; t)unbert (Saue beniot)nen
fte nämlid) unb t^eftü^t auf ibrc gcroal=
tigc ©efamtbeit, betracf)tcn fie fic^ aU baö
■^aupt bes SuebenDolfeö.
40. 25erSRu^m ber ßangobarbcn ^a^
gegen beruf)t gerabe in ihrer geringen
»Änja^l; umringt »on mäAtigcn Sölfern,
»ijfen fte ibre ®ic^erf)eit ni^t burd) Un=
tcrrcürftgfcit , fonbern bur^ Äampf unb
©efaj^r ju magren.
S)ieSReubigner fobann, bie 51 o i o n en ,
ringeln, Mariner, ®ub ofen, @uar =
bonen unb Jiuitbonen finb üon bluffen
unb 2Bälbern, wie' mit S^u^mätlen um=
grcnjt. Son biefen Stämmen ifl im ein=
»einen ni^tö SOJerfmürbige« ju berieten;
oeaAtenöroctt ifi inbcffcn i^r gemeiniamer
Äuitu« ber ®öttin 3lertl)uö, ber
2)?uttererbe, rDcld)e ficf) nad) ibrem ©lau*
ben bei ben SOfienf^en einfinbet unb t>on
ißolf JU 35olf ibren Umjug bält. 3luf
einer 3nffl int Dcean liegt ein beiliger
^ain unb barin, bebecft mit einem 2eppi(^,
Pebt ein gewei^iter Söagen. ^er *|3rieiler,
ber ibn aUcin betül)ren barf, erfennt, wenn
bie ®i3ttin im .^»eiligtum ifl, unb an«
badjt^üoQ geleitet er ben oon Äül)en ge^
jogenen SBagen. SWit frot)er geier, fej^«
lid) gefd)müdt, empfängt jeber Drt bie
©öttin, bie i^n il)rc« Äommcns unb 93er«
weilenei würbigt. ^ern i|i hai ©ctümmel
beö Ärieaes , bie Sßaffen ruben , t)C[i
©Äwcrt liegt wo^l oerwabrt. 9iur bann
tennt man ("vrieben unb SRube; nur bann
liebt man fte , bi« berfelbe ^ricfier bie
©öttin, bie beö SSerfetjr^ mit ben TJcn*
fdjen fatt geworben, it)rem |)ciligtum wie*
ber juiüdgiebt. S)ann werben 2Bagen
unb 2cppid)c unb — wer eä glauben
Win — aurf) bie ©öttin felbji in einem
einfamen See gebabet. I)ie Sflaoen,
weld)e bnbei bel)tlflid) ftnb, werben fo«
gleid) in bie 2,iefc be^ Scee tcrfentt.
©ebeimer Stauer unb l)eiligcö ®ebeimniö-
waltet bat)er über einem SBefen, i>ai nur
bem Sob ®eweibte fd)auen.
41. ©iefer Seil bee Suebenlanbe^ reid)t
aber fc^on in ben unbefannteren leil ®er*
maniens; une näher wohnen — um wie
frütjer bem SRhein, fo jeht ber 2)onau ju
folgen — bie ^ermun buren, bieben
SRömern treu geftnnt unb bcöbolb unter
ben ©ermanen hai ein.^igc 93olE ftnb, baft
nicl)t itur am ©renjfluffe mit un^ .^anicl
treiben fann, fonbern mitten in unferm
ßanbe, in ber glänjenbften ^JJflanjftabt ber
rätifchen *prot>inj. Überall überfd^reiten
fte unbeaufft^tigt bie ©renjc, unb wä^«
renb wir anbere Stämme nur unfere
äßaffen unb ßager flauen laffcn, ^aben
wir ihnen qjalä|le unb 93illen geöffnet,
ot)ne baB fic ee beget)rten. 3" ibreni ®c=
biet entipringt bie ®lbe, vormals ein
berühmter unb wobibcfannter gluß ; fe^t
fennt man i^n nur nocf) oom ^örcns
fagen.
42. 'Itn bie ^ermunburcn reiben fi(^
bie SSarijler, bann bie 2)tarcomancn
unb Du a ben. Qllle überfirahlt bec ÜDlar*
comanen ÜHac^t unb Äriegäruhm, unb
felbjl it)ren ffiohnft^, auö bem fte einfi
bie 33ojer oertrieben , ^at i^rc lapferfeit
errungen. 'Aber auc^ bie 93arijler unb
auabcn l)aben nidbt auö berllrt gefdjlagen,
unb fo bilben biefe iBölferfc^aften, fo weit
fte längö ber I>onau wohnen, glei(^fam
188
©crmania iei lacitue.
bic @tirn (Germanien« gegen Den iJemD.
3)ie SWarcomancn unb Duabcn maren
no(6 bi« in unfcre 3^1* ^on ÄÖnigcn au«
i^rem eigenen ©tamme beberrfdit, t>on
ben 9'Ja(^fommen beä "äJ^arobob unb Subcr;
nunmeljr müfyen aucfi fie frembe |)etrfcbct
bulben, beten SWacbt unb ®en?alt i\ä) aber
auf römifcfce ^ilfe gtünbet. ©elten finb
unfere SBaffen, öfter unfer ®cI^beuteI \i)xt
©tü^e; i^r ^lnfef)en if! barum nid)t gcs
ringer.
43. ?m iRücfcn ber SWarcomanen unb
Duaben bilben bic ü)? arfigner, Soti«
ner, Ofen unb Suren bie Orenje, non
benen bie 'JJJarftaner unb Suren fid) burcö
©prad)c unb Sitten qI« «Sueüen fenn^
jeic^nen. S)ie Sotiner oerrdt nic^t nur
ibre gaüifdjc, bie D[en ibre pannonifc^e
@prad)C alö au^crbeutfcben Stamme«, fon«
bern aucb, ta^ f\t bie Scfemad) ber Sribute
gebulbig ertragen, »elcfce ibnen jum 2;eil
bie (garmaten, jum Seil bie Quabcn als
Solfern frcmbcr *3lbfunft auferlegen; unb
boc^, Scbanbe über Sd)anbe, liefert ben
(Sottnern iljr eigener Soben Gifcn genug.
Ollle biefe 9Sölferfd)aftcn bemobnen nur
ein f leine« Stücf Sbene; if albige •5>ügel/
Serggipfel unb ^öl)enjügc bilben ben
übrigen Xeil ibrc« ©ebiete«. (Sin fort«
laufenber ®ebirg«famm burcbf($ncibet unb
jcrtrennt bas Suebcnlanb. Senfeit« beä«
felben häufen nod) fiele iBölfer, Don bes
nen ber D'lame ber öpgier ba^ gröfte
®ebiet für ftd) bat, ba« »ieber in meljrerc
Staaten jerfdüt (S« roirb genügen, bie
mdi^tigfien bai>on angeführt nU ^aben :
2>ie parier, ^eloäonen, OTanimer,
^elifier, 9?abanart>aler. 93ei ben
legieren ttiirb ein non "JUters t)cr ferebrter
i^ain gezeigt, wo ein $ricfler in reeib«
liebem ®ett>anbe bcm Sicnfte forgefe^t
iji; al« ®ötter «erben, mit Übertragung
auf römifc^en Äultu«, (Saftor unb fpoQuf
genannt. S)aburd) ift ha^i Sei'en ber
®ott§eit bejeicftnct, mit il)rem mirflicben
fRamen aber bci§en fte Alicen. Äeine
©ötterbilber, feine Spur ron auöldnbi«
fd^em Äultu^ fmb »orbanbcn, unb toi)
Werben fie aud) at« Srüber, alö Jüng^
linge Dcrebrt. Die parier, an Stdrfe bie
eben genannten Stdmme überragcnb , finb
um fo furd)tbarcr im streite, al« fie bie
angeborene SOBilbbeit burc^ raffinierte 93e»
rcdpnung in ber Qluerüfiung unb in ber
2Bat)l ber 3cit fünfilicb erf)öt)en; fc^warj
finb ibre ©dbilbe, ber ßeib bemalt, bie
^injierni« ber 9?ad)t «d^len fre jum
Äampfc. 5Daö Unt)eimli(^e unb ®eificr*
bafte bxefcö gcfpenfiifdbcn ^ecr^aufcn^ er*
füllt aüeö mit (Sntfe^cn; fein g^einb ifi,
ben bei biefer übermdttigenben, glci^fam
ber Unterroelt cntftieoenen (Srfdbeinung
nidbt ein f alter Sc^auber überliefe; benn
in jebcm Äampf ifl e^ t>a^ ^uge, iai ju«
erfl unterliegt. iWebr nörblicfe oon ben
Stjgiern Raufen bie ®o tonen, welche
id)on mit firafferen 3ügcln regiert «erben,
als bie übrigen Sölfer ©ermanicnö, aber
bo4 obne ii)re ^^«iheit ganj cinjubüfen.
ffieiterl)in bem Dcean ju gelegen erfdbeinen
bie (Rugier unb ßcmonter 5lQe biefe
l'ölfer fübren al« gemeinfame« Jlcnnjci«
d)en runbe Scbilbe unb furje Scbreerter,
cbarafterijlifcb i^ aud) H)x unterwürfiger
®eborfam gegenüber bem Äönig.
44. Sie Sölferfdbaften ber Suioncn
fobann, beren ffiobnfi^ ringsum ber Dcean
befpült, ftü|,en ibre ÜJJad)t ni(^t nur ouf
eine «oblbemaffnete iüJdnnerfcbar, fonbern
audb auf eine ^''''tte. 2)ie ©eftalt ibrer
Skiffe ift barin etgentümlicb, ta^ iBoT=
ber« unb ^intettcil gleid) gebaut finb; baö
5(^iff bietet alfo jletö jum öanben be«
reit ben >ä^nabel bcm Ufer entgegen.
5)00 Schiff burcb Segel ju regieren, xnx'
fteben fie nicbt; fo bringen fie au^ bie
SRuber ni(l)t in fefier SHeibe an ben Seiten
an, fonbetn biefe ftnb frei unb unbefepigt,
wie man fie mancf)erortö jur 5lu§fd)iffs
fabrt gebraust; je nad) ©ebürfnio fönncn
fie balb auf biefer, balb auf jener Seite
gebraucbt «erben. Sei ibnen geniest auc^
ber SRcicbtum ein befonbeteö 5lnfcbcn, ba^
her berrf^t nur einer unb j«ar unein«
gef^rdnft, unbebingten ©e^orfam forbernb.
I)ie fflaffen ftnb nicbt, «ie bei ben übri«
gen ©crmanen in ber J^anb einc^ jeben,
fonbern fie liegen «oblt>er«abrt in bet
$ut eineä SBdcbter« unb, 5«ar eineö
Sflaten. 93or plö^lidben Überfällen ber
J^einbe fcfcü^t ber Dcean genugfam; 2Bafs
fen in müßigen ^dnben fütjren aber gar
lei^t ju Qluefcbreitungen. Segreiflicbcr«
«eife liegt eö im 3nt«f£|[f ^«^ Äönig«,
«ebcr einen Qlbligen, no* einen J^icK,
felbß feinen ^reigelaffenen jum ^üter be
iZöaffen ju bereuen.
45. Den S)?orben ber Suionen begrcnjt
nocb ein anbere«, fiarre« unb fafi unbe«
«egte« ü)Jeer. 3?a§ e« ben Srbfrci« um«
fdumt unb abfcblieft, if! barum »o^l
glaublicb, «eil ber Ic^te Strahl ber nie«
berge^enbcn Sonne bie ju ibrem 51ufgang
in fol(!^cm ©lanje fortleudbtet, ia^ bie
Sterne baoor etbleidbcn. S)er gute
®laube «ill baju nod) einen Älang bei
©ermania be« Jacitu^.
189
i^rcm 5lufPeigcn t»ernc^men, ^ferbcgcfid«
tcn unb ein prabUnumglänjtcä ^aupt cr=
blicfcn. Siö bat)in reicht bic Schöpfung;
Ijier — unb barin i)at bie ©agc SRecfit —
fic^t \\)x ©rcnjflcin.
2öir folgen alfo «ieber in öfllic^er
iRichtung bcm ©ucbifc^en ÜWecre, «cle^ee
bic üon bcn iifiifcben Stämmen be=
Wohnte Äüflc bclccft. ^bxt Sitten unb
©ebrauc^c fmb bie ber Sueben; it)re
Sprache fiebt aber ber britannifd)en nii^cr.
Sie »erebren bie ©öttermutter; aU '}[m\\'
lettc tragen fie fleinc ©bcrbilber, rccic^c
ben ber iißaffen unb euer Sd^u^mittel
entblößten *Berebrcr ber ©öttin mitten im
J^cinbeäbecr ftd) fic^cr füllen laffen.
Sci)tt)ertcr finb feiten, gen3ö|)nlid) fd)tt)ingt
i^r 5lrm bie Jleulc. Sie arbeiten mit
mcf)r 33et)arrlid)teit unb ^nfivcngung an
ber ©cttjinnung üon (betreibe unb anbern
^elbfrücbten, aU bie gett)o£)nte germanifcfee
Sequcmlid)feit eermuten ließe. Qlbcr aucf)
baö SWeer burd)fucf)t il)r gleiß, unb fic
ftnb ee ganj aüein, bie ben 93ernfiein,
ben fic fclbfl ®läö nennen, in ben Un=
tiefen unb am Stranbe jufammenfu^en.
Sfficl^e Umfiänbc ^u feiner öntficbung
nötig fmb unb burcf) tt)elcf)en '^rojeß er
fid) "bilbet, barnac^ ^aben fte aU iöarba«
rcn tt»eber geforfcf)t, nod) njurbe eäi ibnen
fonfi befannt. Sr lag auc^ lange ^iit mit
anbern ^Muätüürfen bee JJJeereö amStranbc,
biö unfer ßuyuö ibm einen (Ruf »erfdjaffte.
Sic felbft tt)iffen nid)tö bamit anjufangen ;
in ro^cm 3uPanb fammcln fxi ibn, brin^
gen i^n no^ formlos ju un^ unb njun=
bern fid), nste man nur bafür etma^ bc«
jQ^len mag. 5D?an barf aber tt)ot)l fi^ließcn,
büß eö 93aum^arj fei, benn gar oft fmb
gcnjiffc ßanbtierdjen, aud) geflügelte, in
ber bur(ftftd)tigen, glänjcnbcn SOJaffe wa^r»
nelimbar, n)cl(ä)e in bcm nodt) flüfftgen
^arje flcben blieben unb bann in bcm
aümäblict) »erbarteten Scrnfiein eingc*
fd^loffcn fmb. 3d) neige mic^ babcr ju
bicfer 5lnftd)t: ÜBic in cinfamen ©egen?
ben be^ 3Worgenlanbeö 9[Bcif)rau^ unb
SBalfam if)rcn Saft auäfd^mi^cn , fo »er«
bcn aud) im ilbenblanbc in fruchtbareren
Sßälbern unb Rainen Saumfäftc crjcugt,
tt)cld)e, burd) bie Stral)len ber nat)cn
Sonne aU'^9efod)t, langfam fticßcnb jum
näc^fien iUJeere l)inuntergleitcn, ba^ bic
fclben bann burd) bie ®ett)alt ber Stürme
an tai gcgcnüberliegenbe Ufer fcfewemmt.
$rüft man bcn ißernfiein am geuer, fo
cntjünbct er üc^, tüic Äienbolj, unb er=
jcugt eine fettige, fiarf riec^enbc JJIamme;
bann crfiarrt er roieber ju einer pcc^=
ober ^aTjät)n liefen ÜJlafjc.
51 n bie Suionen fcf)licßen fi^ bie
Stämme ber Sitonen, tt)elcf)e nur in
bem einen *ßunfte t>on ben übrigen 3301=
ferfchaften abtt)eid)en, ta^ fic Don einem
äBeibe be^errfd)t merben. So tief finb fte
nict)t nur unter freie Sölfcr, fonbern fclbfi
unter gefnecf)tetc gefunfen.
46. 2)amit ijl Suebien ju ®nbe. Ob
id) bic ^euciner, iöeneber unb ^ixi»
nen mit bcn germanifi^en ober bcn far«
matifd)en iBölfern jufammenßellcn foü, ift
mir unflar, obwof)! bic *Peuciner, üon
mand)cn aud) 93aftarner genannt, in
Spraye, ßebcnämeifc unb ©etiaufung ganj
bcn ®ermanen gleichen. Sd)mu^ig fmb
fie alle , bic ^äuptlinae uor Faulheit
fiumpffmnig; burc^ il)rc 9Wifd)beiraten
baben fte oicl "oon bem l)äßlid)en äußern
ber Sarmaten angenommen, ^ic 33enes
ber f)aben ftd) bie farmatifd^cn Sitten
größtenteils ^u eigen gemacht; benn mo
jmifd)en ben fpeucincrn unb jjf""^" ein
fflalb ober ©erg fid) crl)ebt, ta fireifen fic
ficl)lenb unb raubenb umber. *J[)?an jäl)lt
fic aber nod) et)cr bcn ®ermanen ju, benn
fic bauen fefie 2Bol)njiätten, führen Sc^ilbc,
fmb tüd^tige Säufer unb jeigen il)re Se«
benbigfeit gern; i>aii atleö ift ganj anber«
bei tm Sarmaten, bie i\)x ßeben im 2Bagen
unb auf bcm ^ferbc anbringen, ^ür ben
Rennen fmb eine erftaunlidbe Sffiilb^eit
unb n)iberli(^ armfclige *öerl)ältniffc (i)axaU
terijlif*; feine iZBaffen, fein qjfero , fem
|>eim nennt er fein eigen; Äräuter finb
feine 9'lal)rung, ein ^etl feine Äleibung,
feine Sagerfiatt ber nacfte 33oben. Sein
einziger Sd)a| ftnb feine ^feile, bic er in
Ermangelung be«6ifen0 mit einer Änorfeen»
fpi^e Dctfiebt. 3)crfelbe Sagbjug muß
'JJtann unb 2Beib bie 9?at)rung liefern,
benn überallhin folgt i>a^ 'Miib nad) unb
mad)t *llnfprud) ouf einen Seil ber ©eute,
%üx bie itinber l^abin fie feinen anbern
Sd^u^ort gegen milbe iiere unb jRegen*
güfl^c, als ein ®cfted)t con '■Baumämeigen.
2)af)in fet)rt ber Srn)ad)fenc jurücf, unb
baö ifi üu^ ber 3"fli"^tsort ber ©reife.
Qlber Ciiefeä ßebcn f^eint il)ncn glüdlidjcr,
aU bei barter JJelbarbeit ju fiöl)nen, fid)
mit bem 33au con Käufern ju plagen
unb mit eigenem ober frcmbem @ut aufS
Ungewiffe i)in ^anbel jU treiben. Unbe«
fümmert um bie iöJcnf(|cn, unbefümmert
um bie ®ötter, ^aben fie tai Sd)tt)cr|le
errci^t, ta^ fie feincö aBunfd)cö met)r jut
3ufriebcnbeit bebürfen.
190
©ctmania bc^ Sacttuö.
93on bem, voai tttcilct ^inau« licflt, er«
jäftUn nur märc^enfjaftc S3cri*tc; fo
foKcn bie ^elluficr unb Dfioncn
ein 2JJen[^cnantli^ mit mcnfd)Ud)cn Oc^
fid)t^jügen, aber ßciber unb ®Ucbma§cn
»tlbcr äiere btft&en. '2)q^ roiQ i(J^ al^ un*
»erbürgt aufjid) beruljcn lajfcn.
Überfe^t toon 9i. ©piller.
©rgänjung bcr D'Jad^riAten bc^
Sacitu^ auö Safari gallifc^cm
Ä r i c 9 e.
Gäfar [prid)t an jnjci ©tcdcn fcineö gaüü
fcben Äriegeö, im »iertcn unb fed)fien 93u(i)e,
im3ufamment)ange über bietScrmanen, unb
trgänjt bamit auf tt)iDfommenc 2Bcife bcn
23erid)t be^ fpäteren Xacitu^; fo ^mar, ba|
in manchen SinjiCltjcitcn, j. iß. beim Qicfer«
bau, ber ißeric^t (Söfarö offenbar einen
altern, bei Jacitu^ fcfcon übermunbencn
3uftanb befcbreibt. Die beiben ©tcQcn
lauten nacf) ber Übctfc^ung »on Äö(f)lt)
unb SRüfiott», ©tuttg. 1S56:
9Siertc^ 93uc^: 1. S)ie ©ucoen fmb
weitaus bic größte unb friegerifc^ePeSSölfer«
fdjaft (^''ermanienä. ©ie foQen 100 @auc
bilben, jeber »on biefen fenbet jdttrlii^
1000 bewaffnete ju Äriegsjügcn über bie
©renjen. 2)ic 5lnbern bleiben ju ^aufe
unb fcbaffen ben nötigen Unterhalt für
ftd^ unb ben 2lu^äug. 3)ie 3"i^ücfgeblic=
benen jie^en bafür iai nä(^fle 3abr in
ben Ärieg, tt)äf)renb bie iMnbern ju ^aufe
bleiben. €o Dcvlerncn fte föcber ben
9l(feibau nod) Äenntni« unb Übung beö
.Krieget. 93efonberen $rit)atgrunbbeft^
giebt cö bei i\)ntn nicftt; auci^ barf nie^
manb benfelben glecf länger alö ein 5al)r
bebauen. ®ic leben and) nic^t fowo^l
tton (Setreibe, aU »on SOJilc^ unb ^l^'f^/
unb fmb au§erbem eifrige S^gcr. i)ie
3agb ftärft i^re i?örper unb gicbt i^nen
biefen riefenmäfii^cn SBu^«; bie *2lrt ber
3lai}xur\%, bie tdglidjc Ü^ung unb ^ie un*
gcbunbene ^i^eibeit »irfen glci^mä^ig ju»
fammen; bcnn üon Suctenb auf an feine
3ud)t unb Drbnung gei^unben, tbun fte
nichts, aU wai ibncn gefüllt, ©ie ftnb
bergejlalt abgebärtet, hatj fte fetbjl in ben
!ältciien (Se^cnben ihre Säber in ben
glüffen net)men unb feine anbcrc ^leibung
al« einen furjcn $elj tragen, ber öen
grö§ten Jeit bei .Rörperö blo§ lä|t.
2. .^anbelöleutc laffen fte mc^r beöbalb
baju, um it)re J^riegabeutc ju ®elbe ju
mad)en, al^ um irgenbmel^c ®intubr=
artifel ju erl)altcn. ©clbfi frcmbe ^fcrbe
laffen bie ©ermanen nic^t einführen,
luätjiunb bie ©aUier mit befonbercr 8icb»
baberei unb großen Äofien jtc^ bergteic^en
anfd)affcn; fonbern fte begnügen [xdi mit
ihrer einbeimifcfecn SRaffe, mclf^e flein unb
iinanfebnlid) ift , aber burd^ tägliche
Übung jur äu§crficn 5lu«(Ciauer erjogcn
«irö. ^ci bcn iReitcrgefed^ten fpringen
fte oft üon ben *Pferben, um ju %\i^ ju
fämpfcn , möbrenb bie (Pferbe tjortrefflic^
brefftert, auf berfelben ©tcUe fiet)cn biei»
ben, ttjobin fi^ bann bie SReitcr nötigen^
faüö njiebcr rafd) jurü(fjiet)en. 3?idbtö
gilt bei ibncn für f^impflic^cr ober me^r
für ein Sei"^«" ^on Sßei^li^fcit, aU
ber ©cbraud^ bc^ ©attelö. @ie mögen
bat)er no^ fo fctjmad) fein, boc^ tragen
fte nie iöcbenfen, felbfi bie größte 2ai)l
t>on SReitern auf gefältelten $ferbcn an*
jugreifcn. S)ie (Sinfubr »on Sffiein ifi bei
i^nen gerabeju oerbotcn; fte meinen, bcr
ÜÄcnfd) tt»erbe baburd^ Derttiei(^lict)t unb
unfäi)ig, Strapazen ju ertragen.
3. ©ie betrachten e^ ale ®t)renfact)c für
ein 95olf, an feinen ©renken fo »eil l)in
aU möglid^ Sinöben ju t)abcn; fie feöen
bieß al^ einen Semei^ an, ta^ tjicic SßöU
fcr if)(er Tla<i)t nic^t f)abcn miberfielien
tonnen, ©o fotl bcnn auf ber einen
©rcnje ber ©ucöcn tai fianb auf 600
SWeilen tt)üfi liegen. 5luf bcr anbern
©eile gren^^en mit ibnen bie Ubier, bercn
©taat nac^ germanifci)cn ©cgriffcn cinfi
gro§ unb blü^cnb mar; fie ftnb auä)
etma« fultioierter, alö ibre anbern ©tamm*
genoffen, mcil fte unmittelbar am SRl)einc
motmen, cid Jg)ant)el^t)ertel)r bei i^nen iji
unb fte felbfi mand)e^ üon ben Sitten
it)rer gaüifc^en *)'la(^barn angenommen
baben. iJluc^ mit biefen l)aben bie ©ueoen
oft gcfriegt unb haben fte jttjar wegen
ber *Jll{ad)t unb 2luäbehnung ibreö tliiid)i
nicht au0 bem ßanbe treiben fönnen, je«
bod) menigflcn^ • jin«tbar gemacht unb be»
beutenb gefchwäc^t.
©e elftes Such, 21. 2)ic ©ermanen
haben meber S)rutben für bie Öeitung beä
©ottcebicnPe«*, noc^ i)altin jie oiel auf
Opfer, ©ie glauben nur an folche ®ötter,
meiere fte mit 5lugen fehen unb beren
fegenäreiche Sffiirtfümfeit jie honbgreifli^
erfahren, wie an bie ©onnc, ben 'DJonb,
ben Jeuergott; oon ben übrigen h^i''«"
fte feine 'Ahnung. ^\)x gauje^ ßeben
bret)t ftd) um 3agb unb Ärieg. SBon
Älein auf fudhen fte ftd) burd) ©trapajen
abjuhärten. ®er fpätc Eintritt ber
SDJaimbarfeit gilt für einen befonberen
ißorjug; baburd), meinen fte, werbe bcr
©crmania beÄ Sacituä.
191
SEBuc^ö beförbcrt unb Die ♦jütuäfclfraft gc»
^äi)lt. ©crabcju für eine @c^anbe gilt
c«i, it)enn einet »or bem jttianjigfien ^abxi
([voai von einem SQSeibc weif. Unb boä)
nnrö tai^ Ding gar nic^t ge{)cim ge^al*
ten. Denn bie ®efd)led)ter baben gemein^
fc^aftlic^ in ben S'i'iTf" ""^ ^if !8eflei=
bung befielet in SierfeHen ober furjen
fieibpeljen, meldte ben j^örper nur mangel*
^aft bebeJen.
22. *2ldEcrbau ifi nic^t ibre ^aupU
beWaftigung; ibre S^abrung begebt
gtö§tenteilö in SDtilcfe, Ääfe unb ^'f'f"*)-
^ud) \)at 9'licnianb einen fenfteben»
ben ober bejlimmt abgegrenzten ®runb*
beft^; »ielmebr »erteilen bie 33ebör=
ben unb dürften tai Sanb an bie ®e«
fdjlec^ter unb gcfc^IcjTenen ©ippfdbaften
nadb ©utbefinben auf je ein ^aht unb
laffen bann i>ai 3abr barauf einen 2öe(^fel
beü ©eft^eö eintreten, ©ie begrünben
biefe (5tnricfttung auf mancberlei tffieife :
bie 33ett)irtfcbaftung oon ©runbeigentum
fönnte ju ©unficn beö *Ilcferbaue^ bem
ftiegerifc^en ©cifle Sintrag tbun; man
Yoüht auf ßrmeiterung be«i ®runbeigen«
tumg fmnen unb bie Sieicbcn würben
bann ben Firmen it)re SeftBungcn ab*
nelimen; man mürbe bei ber (Sinridbtung
ber ^dufer ju »iel SRüdjti^t auf ^i^e unb
Äälte ne()men; mau müröe ftd) ein SBer*
mögen ma(f)etj moQen, unb t>ai fei eine
uncerfiegbare Dueüe »on *|8arteiungcn unb
©treitigfeiten , enbUc^ fei e« tni bcjtc
SD'littel ben* gemeinen Mann bei guter
Saune ju ermatten, wenn er fäbe, ba§
3«bermann ebcnfo»iel {)abc aU ber Wt'ddi^
tiflfic.
23. Der größte @tolj ber einjeU
nen iBölfcrfcbaften iji e§, ringsum ibte
©ebiete möglicbp weite Süften ju
baben. (So gilt ibnen alö ein Seweiö
i^rer eigenen Sapferfeit, ta^ bie Dtacbbarn
t)on ibren gelbern üertrieben werben ober
wei(f)en, unb feiner e^ wagt, in ibret
IWa^c ftd) nieberjulaffen; juglei^ füllen
fic ftd) babei ftcberer, ta fie fo einen
plö^Ii^cn Eingriff nidbt leicbt ju befürcfe*
ten ^aben. 3Btnn eine SSöI!erfd)aft einen
Qlngriff^s unb iBerteibigungsEricg ju fübren
^at, wäblt fie für biefen Ärieg eine Ober«
bet)örbc mit ®ewalt über geben unb lob.
3m ^Jrieben eyiftiereu folcbe ßanbcöbebör«
ben nid)t, fonbern bie güiflen ber ßanb«
f^aften unb ®aue verwalten bie ©erecb»
tigfeit unb «Polizei für ibre Untertbonen.
aHäuberei aufer^alb ber ®taat«igrenje gilt
bti i^nen nid^t für ©cbanbc unb wiib
nad) ibren ©runbfä^en nur betrieben, um
^ie junge SD?annf^uft ju üben unb bem
'JWüiigciang ju ileuern. iZBo immer einer
ber dürften in ber iBolfäiierfammlung al^
güljrer ftd) anbietet unb biejenigen, weld)e
ibm folgen woüen, aufruft, erbeben fid)
aüe, benen bie ®adbe unb ber DJann ges
fäüt, unb fagen unter bem ScifaUerufe
ber *Bfaffe ibre Seilnabme ju. SBer oon
biefen bann nid)t wirtlii^ mitjiebt, wirb
für einen Jiusreipcr unb SSerrdter geartet
unb ftnbet in nidbt« mef)r ©lauben. (Sinen
®aPfreunb ju fdidbigen, balten fte für
>Sünbe; wer au« welkem ®runbe immer
i^u ibnen fommt, wirb cor Unbiü ge*
fd)ü^t, für unücrle^lid) gead)tet unb finbet
aüe %i)ixim unb Äüd)e unb ÄeQer offen.
24. 6ä gab eine 3fit , ba bie
®allier ben ©ermanen an JapferEcit
überlegen waren, ja biefc angriffen
unb wegen Überoölferung unb SOfangel
an ^JldEcr'lanb Äolonien über ben [R^ein
fAicften. ©0 nabmen bie üoIEifcbcn %tt'
tofagen bie frud)tbarften Stridje ©erma«
nien^ um ben bcvctjnifdien 2Balb ein unb
liefen ftd) bafelbfi nieber. 23on bicfem
iZßalD l)atten, wie id) finbe, auc^ (Srato*
ftbene« unb einige anbere ©riedien, wel^e
\\)n ben Otcpnifdjen nennen, reben boren.
3ene leftofogen wobnen bi^ auf ben
öeutigen Sog bort unb i^re ®erecbtigfeit
unb iapferteit wirb t)0(^ gerühmt. Die
®ermanen ftnb nun jwar bei ber alten
ÜKittelloftgfeit, Dürftigfeit unb Sntbeb-
rung, bei ber alten öeben^art unb *flbbdr*
tung geblieben. Qluf bie ®aüicr aber i(l bie
9Jdbe ber römifd)en*Proi)injen, bie ÄenntniÄ
ber überfeeifd)en ßwilifation, beren 33or=
teile fte ftcb größtenteils angeeignet, nicbt
o^ne (Sinflul geblieben <mimd^lid) [)aben
fte ftdb baran gewöhnt m unterliegen,
unb in üielen Jreffen beftegt (küen jtc
je^t nic^bt einmal felbft mebr bie Über-
legent)eit ber ®ermanen in Qlbrebe.
25. Durd) ben erwdbnten ^ercpnifcben
2Ö a l b b>tt feiner ißreite nad) ein guter
Fußgänger 9 Jage ju marfd)ieren; eine
anbere Eingabe war nid)t ju erlangen,
weil bie ®ermanen nid)tS oon ^.'ängen*
maßen wiffen Der ffialb beginnt an
ben ®ren(en ber ^cloetier, iJiemetet unb
Otaurafcr unb jiebt paraücl bet Donau
bi« jum ßanbe ber Dafier unb Quartier;
Don i)m ab biegt er com ijtuijc linf« in
mebreren 3™fi9f'^ ^^^ ""b berübrt feiner
^lu«bebnun^ gemd§ bie ®ebiete oieler
ißölferfdbaften- Jn bem unö befannten
©ermanien ijl fein ÜJienf(^, ber bebaup*
192
©crniania naä^ ®cb. grancf.
tete, btö an jcneö Snbe gefommen ^u
fein, fclbji hienn er 60 ^lagcreifen weit
fottqcbrungen ttjdre , ober »ernommen
^ätte, »0 jencö ®nbc ftc& pnbet. ©ic^cr
efijiicren in bicfem iffialbe »ielc lierartcn,
hjelci)c anberwärtö niä)t »orfommcn. 3)ie^
lenigen unter ibnen, meiere bcfonbcrö auf*
fdOig unb erttjäbnenäwert fd^einen bürf«
ten, ftnb folgenbe.
26. ^mx^ giebt eö eine 9lrt Stier,
ber wie ein ^irfd^ auäfiebt unb auf ber
©tirn mitten ämifdben ben D^ren ein ein«
jige^ ^orn b^it, »elc^e^ länger unb »e?
niger gebogen ift, aU bei anbern geljörn^
ten Vieren, bic mir fcnnen. 5ln bev
®pi|e oerjttjeigt jid) bog ^orn in fcf)au=
fclförmigen ^u^n^ücfcfen ttieit in bie Sreite.
2)aö SBeibd^en ifi mie tai SpfJänndben be»
fd)affen; aucfe fein ^orn t)«t bicfclbe ©e*
jialt unb ®rö§e.
27. Sann finben ftc^ bie fogenanntcn
5llfe. ®ie fe^cn auä »ie bie B'^Qe"»
fommcn aud^ mit ebenfo »erfd)iebenen
g^arbcn üor, ftnb inbeffen etwaö gröfcr
al^ biefe, baben abgeftumpfte ^örner unfi
feine ©elenfe an ben Seinen. 3tuc^ legen
fte ftd^ barum n^eber i\ur IRube nieöer,
noc^ fönnen fte, menn fie einmal fallen,
ftd) h)ieber aufridjtcn unb erbeben, ©ic
Säume pnb ibre Säger , an biefe lebnen
fie ft(i) an unb ru^en fo, nur ein menig
jurücfgelebnt, au^. 2Bcnn nun bie Sägev
au^ ibrcn ©puren ibre gen?öbnlicl)en
©cblupfminfel bcrauögefunben b^bcn, un*
tergraben fte bort entmebcr aUe 93äume
an ben SQöurjeln ober fdbneiben fte an,
boc^ nur fomeit, ta^ biefelben »öQig fefi
ju fjle^en fd)cinen. öebnen ftcb nun bie
lllfe mie gemöbnlicb an biefe madligen
93äume an , fo rocrfen pc biefelben um
unb fallen felbjl mit ibnen.
28. ®ie britte 5lrt finb bie fogcnannten
Ure, menig Heiner ale ©lepbanten unb
an ?luefeben, J^arbe unb (Seftalt ben
©ticren gleicbenb. ©ie jinb üou großer
Äraft unb Semeglicbfeit unb f(^onen mc=
ber ü)^enfci)en noi) liere, bie ibnen unter
5lugen fommen. 35ic ©ermanen »erlegen
fic^ eilig barauf, biefe Siere in ®ruben
JU fangen, unb töten fte bann. Sei bic=
fer mübfamen 2lrt eon Saflb borten frd)
bic jungen Seute ab unb üben \i)Xt Gräfte.
2Bcr bie meifien Ure getötet ^at unb jum
©etioeife beffen bie ^örner öffentlicb »orjeigt
erntet bcii größte fiob. 5lber fclbji menn
bie Ure ganj flein eingefangen merben,
gemö^nen fte ftd) bod) nie on bie ÜKcn^
fcben unb werben nie ja^m. ^l)n ^öf
ner ftnb in Umfang, ©efialt unb "Jlnfeljen
febr gcfucbt; man befdblägt fxe am 5Ranbc
mit ©ilber unb gebraust fie bann bei
(Safimäblcrn , mo e^ bod) bcrg^b^n fotl,
alö Sri nfgefc^ irre.
©crmonto na* ©ebajtian 5?iait*-
©ebaftian J^^""*' 9«^- ^'^^^ i^ 2)onau«
mörtt), gefi. in Safcl 1542, gibt in feinem
1534 JU Tübingen erfd^ienenen „Sßelt«
bud), fpiegcl unb bilbtni^ beä ganzen
©rbbobcnö" eine fürjerc Sefd)reibung
2)eutfc^lanb^ , meld)e ein ©egenbilb ju
Sacituö' SBer!lein genannt merben fann
unb t)icr im *llu^juge folgt.
ÜJJanc^e^ barauä iji ber ©ermania be^
Sacituö entnommen, tai 3D?ei|le bejie^t
ftd) auf bic ©egenmart. ®« ijl für bic
iUuffaffung grandö d^arafteriftifd) , ia^
ibm bie 3uftänbc bcö Kulturleben^ jiet*
al^ in ber ©ntmidlung begriffene, üoriibcr«
gc^enbc erfd)einen, morauö ftcft an<i) er-
flärt, marum er meniger an ben äußeren
formen beö Kulturleben^ bangen bleibt
unb mebr ibrcm inneren ßufammenbang
na($ge^t. 9JJan barf ibn in bobem
5Jia|e, mebr a\i eö bei ben meifien feiner
3citgenoffen ber gaü ifi, einen Vertreter
moberner ®efd)ic^töauffaffung nennen, mie
er aud) in religiöfen SDingen ftdb nie ent*
fd)lic§en fonnte, cinfeitig mit ber beutfdben
ober mit ber fcbanijcrifc^cn (Reformation
ober mit ben aBibertäufern, ju geben, ©ein
Urteil ifi oft bart, aber g^^tragen oon
einer tiefreligiöfen unb patriotif^en ©e»
ftnnung ?lud) fein ©til ifi oft bart. 2)er
3ol)anncö . Soemuö ?lubanuö, ben
er im Sitcl jitirt, ifi ber fßcrfaffet
i)ti im Sabre 1520 ju Qlugeburg erfdbie»
nen Sud)e^: Omnium gentium mores,
leges etc., mclcbcö ein Siebling^buc^ be*
gonjen 16. ^a^x\). trurbc.
aSon ©ermania, irer bilbtnig,
gclegenl)eit, oölferen, poUicei,
glauben, begriff unb gerco^n»
betten, au| Sornelio Jacito,
Joanne Soemo 5lubano unb
anberen, etma«* funberö.
(Seutfcblanb unb fein umbfang.>
©ermania etn ganj meit mitterna^tifc^c
gegne (Surope, pon ben gianjof«" ^^^
bem iRbein» »'on Dfierreidb mit ber Ibonam
aulgejeidbnet. 9^un aber fd)ier nod) fooil
länber in ficb gcfaffet unb begriffen, je^t
äBinbifd) lanb, bie oölfer Sulgaro« ober
Sulgariam, SRb«tam, «Binbeliciam, D^orfem,
(SRoricam) ben Si^cinfirom, bei ctman ©aüift^
©crmanta nad) ©et». 'J^röntf,
193
ober Jranjöjtfd^ fleitjcfen ifi, unb jc^t nit
me^t ^ören »in. ^Um bie Sc^weijer feinb
auä) mit ber 3^^^ in biefe fprac^ unb
nammcn 2;cutfd)cr lanb fummcn, Stem ein
großer teil 2öclfct)Ianbg, (Eiäalpine ®allie
genant. SBei brcit)unbett jaren t)abeni bie
teutfd^en Herten *preuf[en lanb mit feinem
abgöttifd^en volt mit gcwalt an ®crma«
nien bracht, berglcic^cn juo ber 5Römifd)en
fird^en glauben. (6in anbete au^s
tcilung ©crmanie.) D'iun ganj Ger-
mania Wirt in jWen teil geteilt: ba^ jum
gebürg ^in juo gegen mittag mirt \}ai
ober Mc^ Jeutfc^lanb, iati anber
gegen mitternac^t tai nibcr ©ermania
ober iaii niber £eu tfd) lanb geljeiffen,
t)elt in ftc^ 5'^anfenlanb, weld^eö ein groffer
teil gegen mittag in ^oc^ Jeutfcfelanb ftd)
erfiredEet, barnac^ ^afftam, ßott)ringiam,
Srabanciam, (Selriam, Selanbiam, ^olan=
biam, ^f)rifiam, gliinbriam, SBefip^aliam,
^Sayoniam, 3)aciam, *tJennin[ulam, *Pome--
raniam, ßiuoniam, ßieflanb ober (Siflanb,
StRcrrbcn, 33öl)emerlanb, SWeiffen, bie Ttaxd),
2l)üringevlanb, Ütiberlanb. ^o c^ Jeutfd^s
lonb \)at aüii in ftd), roaä jcnfeitljalb
ber Jt^onam unb SRliein ligt, t>on bem
glug 'JJJagano, al« i5f^i"f«nl>i"'^/®^tt:'ii'^cn»
Seiern, Dfierreidb, 6teirmarf, 5ltl)eftm,
IR^eciam ober 9tie6, ®d)tt)ei,^, Slfa|, ben
SR^einftrom bi^ gen 9[)ien^, unb t>ai,
yioxdm, ßec^felb :c.
(©elegen^eit unb eigenfd^aft
®ermanic.) Germania ifi ctwan ge«
»üefen ein raul) unbeumig fiud)ilo§ lanb,
alö 6.otneliuö Sacitu« [c^reii't, mit grobem
üolt bfc^t, roel($e fid) einfältig nom üil;e
alfo nörten, brauchten lücber golb, fünft
noc^ filber, bevl)alb oon bifem finftetn
beurifdjen lanb lüenig gfd;ic^tfd)reiber
jufagen unffen. 9Jun ifi« aber alfo suoge^
riefet mit notfeften liätten, fd)10ffern,
fiarfem fireitbarm oolf, barjuo in allerlei
fprad) unb tünficn fo finiuci^ unb fiir*
treffli^ njorben, hü^ ft) weber ben gran=
jofen , SBalfeen ober i>ifpaniern weichen;
miemol !l3ircfeimcruö (auö iRürnberg,
1470 bis 1.530) ad)t, (äcrmaniam almeg
ein namljaft oolt unb laut» gemefen
fein, t)ab aber nit fd^reiber gel)abi, bie it
tat aufjeicfeneten. ©^ Ijat bife gegne, ma
nit ben überfluf, aüer bmg ein notturft,
guoten feimmel, luft, erbboben, fliiß, bcrg,
h)ifen,' tal, acf ergebe«, oil namhafte
fiätt, lanb, fleden, leut; item oon füeffen,
fauren, marmen brunnen, oon allerlei
metüH fo reid), ta^ alle crfignannte brei
länbet ir golb unb allerlei metaü Durcfe
faufmannfdfea^ alba fuodjen; item üon
oilen feltjamen früd)ten, frud)tbarn beu«
men ein gnuogfam mol luftig lanb, mit
einem freifamcn, bluotgirigen, bodfe gegen
freunben ein gafifrei, frölid), guotnjillig,
freunblicfe unb juo allen fünfien, fa^cn,
l)anbtierungen fo ein lijiig, gefc^minb oolf,
ba^ fl) niemant nacfegeljn njötlen; in htn
t'riegen gleict) ein unübermintlidl) unb ftgfeaft
oolt, ba^ allen »ölfern ein f^recten ift,
bem aucfe fein abenteur unb muotmill ju*
oil ifi, ia^ aüt fpil Wagt, ha« niemant
magen miü, unb oaö mcr au§ fürmi^
bann au§ not alle länber bur^fd)n.ieift,
alle mör, infein unb oölfer, big juenb ber
melt, erguden unb erfaren miH, unb fogot
ein »ermegen füen oolf, iai nicfet^ flt)et
ba^ e^ nit nadfetuon mitl, unb mie ein
51 ff allerlei fleibung, fpra(^, cffen — —
trcgt, rebt unb iffet, alfo ba§ ein fprüd^«
mort bei oilen motben ifi.
3r glaub, geifilid)f eit unb Steli»
gion bur^au§ ifi SRömifcfe , bi§ auf bife
unfere jeit feaben brei glauben fampt bem
iHömifd)en in ®ermaniam gcnift unb »il
anl)angö, nemlid) ber Öuterifd) ober
eoangelifd) (mie fp fid) nennen), 3^^in9'
lif(^ ober ^arlftabifd) , unb teuferif^,
alfo i>üi^ faum Ijalb jeutfc^lanb ben 8a=
tiner glauben mer befcnnt unb ber 9tös
mif'dfeen tird)en ein groger abfaü gefd)et)en
ifi, aud) beimlicfe bei bencn, fo fid} t»or
irer Obrigfeit nit börfen merfen laffen.
2>iei?leibung ®ermanie ifi mandberlei,
barjuo bei bifem fürmi^igen oolf fid) oft
iinbett, ha^ niemant idits gmig baroon
fdjreiben fann; bod) ifi baä gmein burdfe*
aug, ta^ fafi aU ir fleifung" jerbacft unb
jerftüdtlet iii, barjuo etroan oon mancherlei
färben geteilt; tragen ganje unb abge=
fdjnittcn bofen breite paret unb fd)lappen
xÜ ber burger tracfet; ber paurcn filsbuot
unb fitfei, unb alleä auf mand)erlei mei§,
na^ lanbebraucfe, unb i)at fd^ier ein jebe
prooinj ire eigne ftiten, naä) bem fprüdfe^
loort: länblicfe, fittlii^.
2Dod) fafi burd)aug ifi big oolf gleid^
mol ein t)ofli4), bod) bod)trogon oolf gegen
anbern nationen, t>a^ niemant n)ei(^en
m , oil t)on im fclbö belt unb niemant
bei im etmaö fein laffen miß. (5ö t)at
aud) big lanb ein firengen abel, ber in
groffem überflug lebt unb oil auf fein
rüftung, reutteret, gcbem, finber jc. legt,
al^ möüen \\) emig leben. (So bat auct)
»il beitige be"fd)aften, ab h)eld)en bie
unbertonen feet flogen unb benen t<xi
milb (melc^ee fp aucfe auf bem itea nit
13
194
®etmania naä) ©eb. ^rancf.
beicibigen borfen) an »il ottcn großen
fc^abcn tuot; barjuo mit gült, iin§ unb
täglid^er jlcucr überlegt fcinb, flagenbe;
barumb fp nädbjloerfcfeinener jeit onno
1525 auffiuonbcn unb ber fac^ törlic^ mit
aufruor l)elfen reolten; beä jur jiraf ber
fünb groffcn fc^aben cntpficnflcn.
SBeiter ifi iai Jcutfc^ oolf ©ermanie
ein jörlid) (b. ^. je^rlic^, je^rbaft) rat«
lid) Dolf, ba^ io^lid), l)erri[d^ lebt,
bairet unb bcfleit fein tüiH, im fecr uil
barlegt unb aQjeit mer, bann e^ l)at, »er«
tuon tt)iü; betbatb e« gmeinflid) on gelt
unb golb nit ein bab^aft jiattli^ »olf ijt,
wie ÜBalbcn, Slürfen ctj. S)arjuo fauft e^
und^riftlidi juo , wein, bier unb mai eö
bat, fpilt, pra§t, unb wann eö t)at, fo
tuot eä, (Dert^ut ti) bocb an einem ort mer
bann an bem anbern. ®ann tt)ie®ermania
mancberlei ^ßroüinj in ftcb i)at, alfo auc^
mancherlei üolfö, fttten, glauben, breud),
fleibung. (£ö iji and) cm fo ra^girig
an^ebig unlcibli(^ üolf gegen feinen
feinben (bod^ langfam juerjürnen), ia^
im fein greulic^feit ju »il ifi, funberli^
in fricgen, bap fp mol neben bem lürfen
bleiben. (S«i ifi aucb fein »olf, barbei bie
gotslcfterung ireö ®ot^ fo gmein ifi, oon
bem finb an bi^ auf ben alten, al^ bei
ben leutfcben. (Sd bei^t aber ©ermania,
t>a^ biefe^ Dolf an färb, gefa^en, glauben,
giialt etj. gleicbfam brüeber leinb, meiere
®ermani genannt werben auf Sffielfc^
unb ßatinif^; »otmalö ifi e^ Seutonia
ober lllemannia genannt worben; anbere
jeigen anbere urfac^en an , warumb cö
(Scrmania genant merb. ötwan fo bie
Jeutfc^en friegen wollen, ruoften fi) ^er«
culem an , wie je^t 'B. ®eorgen ben bei*
ligen JRitter. 2)1^ etwan graufam für-
fdjret (oierf^rötig?) üolf, ber arbeit (wie
no^ l)eut) ungebulbig, iai Weber tjun^er
no^ burfi (wie bie Surfen unb ^ranjofen)
no^ falte leiben fan, funber bi| fd)ier
über al anbere oölfcr fräffig oolf muo§
aljeit jufaufen t)aben, funfi ifi ce ^icüig
(mube) unb nic^tö wert; ooU feinb fp
aber guote friegeleut.
Einfalt ber erfien alten Seut*
fd)en. *yorjeiten baben \t) Weber oon
golb, filber noc^ eblem geficin ein wiffen
tragen; ir filber gefd)irr bwlten \t) nit Dil
mer in a(i)t, bann bie irrbin, bra(f)tcn
ta^ filber tuxd) t)anbtbierung (^anbel) an
fi(^, unb Witten nit, ta^ ir erbrid) auc^
foüid) metatl ^)ett. @p wiften auc^ ^ie
eifenberg nit jufuodien; berl)alb auf
mangel beö eifen« fp wenig fc^werter.
funber Dil fpic§ mit fleinen eiftn fdbiften
betten, weld^c fp in friegen braud^ten, bie
fp audb gur not Warfen, fcfeier wie j;e^t
bie fd^eftleinlin (fc^eftbeinlin?). 3t
reuterei Wor fdbilt unb fpieg ; bie fuo§*
fnecftt brausten wurffpiep; bie feinbt
griffen ft) blo§ an on einicb ^arnaf(^;
etli^ wenig truogen banjer, Dil weniger
fc^ilt unb eifenljuot, ^xt pferbt Waren
auf'ä einfeltigfi, Weber an form nod)
f(l)nelle fürbünbig, funber wie bie bawren*
ro§ giengcn fp fdjle^t ben eben weg
bin. @o jemant feinen f(^ilt im frieg
^inber im lie§, ber war in bann unb
act)t, Dom ©olte^bienfi unb ber gemein
auf gef^loffen , alfo ta^ auf bifcr fcfeanb
inen Dil ben tob antetten. jDie Äünig
würben auf ben eblen erwölet, unb bife
betten nit atleä mad)t; tai i)öx füeret
bifer, ber an tugcnt unb mer am eyempel
bie anbern fürtraf, bann an abel ober
gewalt. ©ingen, tobten, auf bie lafier
act)t f)aben, gebürt aüein ben priefievn,
auf baf nit ber gwalt, funber ®ott burc^
bie priefier bie lafier unb Übeltat firafen
geglaubt würbe.
3rer ®ötter bilb fücrten fp für ein jci^en
bod) herein im Ärieg, bie angreifenben
juerl)i^igen unb mannlid^ jumaä)en. Q,i
jot)e alleä in frieg, Weib, finb, mann, unb
war all ir fa^ babin gerid^t, baf ft) eint«
weber^ ritterlich figten ober eljrlid) fielen
unb barniber lägen; beö fp weib unb
finb juo jeugen unb juofe^ern mit inen
füerten. S)ie Derwunbeten truogen fp jut
muoter, weib, finb jc. 5Dife waren fo
mannlidb, ha^ fp inen bie wunben jälten,
fpeif gaben unb bie anbern jupreiten
üermaneteii.
@inö malö (wie bie ^ifiori jeugen) foüen
bie jerbrod)nen fpi^ auf ber Weiber juo«
fd)reicn wiber gan,; worben fein, ©p
balten aud), eö fei etwaö funber^ Weif«
^eit unb gf(^idli;\feit in ben weibetn, bercn
lat unb anfag man mit nickten Dera^ten
foQ. iUJercurio opferten fp juo feiner jeit
uienfd)enfleifc^ , ^erculi aber unb üJlarti
fünft wilber tier fleifi^.
9Bciter auf ia^ lof unb Dogelgef(^rei
bielten fp Dil. !ßon fleinen fadben banblet
ber Jü'^fi ber ftatt, üon grofen aber bie
ganj fiatt. 2>ie anfdng irer fad^ namen
fp auf beö 9Wonö juonemen unb abnemen
ab.
I)if üolf reebnet ir jeit nad^ ber nid^t,
nit nadp bem tag 3n ir gmein famen fp
bewaffnet, ©o fp inen im felb ein mei«
nung gefallen tiefen, fo fdbüttelten fp ben
©ermania tiac^ ©eb. ^ranrf.
195
fpie§, bi§ War ein jeid^en cinö tuotgcfal*
icnö; fo [p aber fartcn ober farrctcn, xvax
c« einä mi^cjunflö jcic^en. 1)ic fetbflüc^tigcn
unb üerräicr bcnften fp an bie beum,
aber bic ebrlofen, 9ef(t)rt)ä(^ten ober bc=
TÜd^tigtcn inarfen fp in ein Waffcr ober
mo^, mit tat juoacbecft, tia^ man offent=
Iic^e lafter folt offentlicbcn flrafen, bie
l)eimUcl)cn beimlid). Dtid^tö faben fp an,
bann gmapnet; aud^ ift ir magiflrat al«
jeit gcrüft, voa fp bingicngen, mit maffen
eint)cr treten. 6^ mar gar fcbänblid) bei
inen, fo ein trieg^mann fein gürjlen,
«Hauptmann ober börfüerer überlebt, eö
were bann tai er figbaft t>on ber fpi^
baoon fummen mere. Kriegen mar ir lujl,
unb bicitenö für ein bfilloft narung, mit
fd)roei§ unb arbeit etma^ erobern, ta^
man mit bluot überfummen mag. »^rib
War ein bö§ ®fd)rei bei inen. ®o fp nit
triegten , ergaben fp fid) bem fd)Iaf,
müefftggang, effen unb trinfen. Die bciu§=
forg, acfergebe» licffen fp ben meibern
unb alten befolgen fem, ha^ glcid) jmci
mibermätttge I>ing in bifem uolf juos
famen famen, namlict) liebe be« mücffig*
gangä unb \)a^ beö fvibenä unb ruom.
3r mat (Äleibung) mar aQentbalben
fo eng unb an ben leib gemoblet, ha^
inen alle glibmaf au^jejeicpnet unb über
bie arm fpannet, aucp b^^ttcn bebe, mann
unb framen, faft ein Älcibung. Unb
l)aben bie ©ermani anfanfUd) bisher
an eim Segcmabel ficb »ernüegen laffen,
miemol aucp etlid) mit eilen ein (Sebunb
gehabt ifcibtn S)ic fram bracht bem mann
fein i)iixat guot juo, funber ber mann
gab ber framen bie morgengab. Di§
»olf fuocpt nit fun^erltcl) gef^mucf,
moüufi 3c. (Sin munberbarlicl)e teufcbeit
erfanb ftd) bei iren meibern; fein un«
jucl)t ober geil^eit modit man meber in
roortcn, äugen, fleibung ober manbel
fpucren. ÜJlan fuo^t ntt oil mirtutaft
ober gafiung. €eUen marb ein (Sebrud)
erbört; fo eine barin ergriffen marb,
fcbneib ir ber mann ba^ baar ab unb ent^
plöffet fp por allen iren na(^paurcn unb
freunben, fc^luog fp bie ganj ga§ für unb
für; niemant, meber gfialt, reid)tumb,
freunb, alter, gnab, mocpt fp mer ein*
täoingen , niemant burft ftd) aud) barein
legen unb bie lafter terlacfeen; bann fp
bulten fp für ein jeijtötuni) guoter
litten. Unb mar ia^ ir meinung, ein
fram folt barumb ein mann nemen, ha%
fp mit im ein leib, ein leben, unb feine
anbere (äebanfen, aucf) fein anbcr begirb
weiter l)abin folt, al^ bie, fo ebv liebt,
nit ben mann, unb galten guote fttten
bei inen mer, bann anber^roa guote
gefa^. SJJan fam fpat in @tlicf)e Pflicht
bei inen jubauf; biht, Jüngling unb junf«
framen, muoften ^upor mol crmad)fen.
jDen tobfcblag büe§t man mit einer an«
,^al Picfeg. (ki maren f oftfrei leut, bie ii
für ein großen übelftanb bielten , folten
fp jcmant non irem tifcp jagen. Jag unb
nad^t Poljogen fp mit ftdtem tcinfen;
bie trunfenljeit marb feim oerargt, naä)t
teilig nocp ein aufrupfung. ©meinfUd^
folget barauf ein ^anf unb jergieng nit
on ein b^bcr, ja nit feiten folgten aud)
Preid^ unb tobtfcplög. 35on frieg unb frib
tractierien fp nit mer, bann beim mein,
glcid) aU ob fein jeit barjuo bequemer
mere. G^ mar nit ein t)inberliftig oolf,
entbedt fein gcl)eimniö einfältig einem
iei5en. ^x. tranf mar au§ gerften gemacht,
mie ein gebrocbner mein. 2)ie an flüffen
fa^en, pi^'ten im bxauiS) etma^ frembbc,
juogefüette mein, ^joljöpfel, gefianbne ober
gevennte mild), fcplcd)te fpei§ brauchten
fp j^ur fpei^ unb tranf.
3)eä fpilbretö maren fp alfo ge«
fliffen, ta^ fp oft, fo fp aüe bing ücr«
loren Ijatteii. juletil umb bie frei^eit mit«
einanber fpilten; ber übermunbcn gab p<^
in mitlige bienflbarfeit, unb ob er mol
jung unb ftarf mar, fo litt er bod), ba^
er gebunben, gefangen unb oerfauft mürbe.
3n ber f l a g ober t o b t e n l e u (^
marfen^ bic flag balb oon ftd); in
fd^mer^en unb trauren bliben fp länger,
aber flagen mar allein ben meibern juo«
gelaffen, bie mdnner follten aüein bic
flag gebenfen on alle flagfleiber ober
fappen
2)i§ feinb ctma gerccfen ber
Jeu tf eben fitten; maö aber für
ein Dcränberunn mit ber jcit, mte aud^
in antern *Jiaiionen gefd)e^en fei, mag
au§ bem gcgcnmertigen mefen unb jlanb
ber Jeutfdjen abgenommen merben.
SÖom jegigcn ^anb bcr3;eutfd)cn,
ben mir t>or äugen feben, barf id) unÄ
2;eutfd)en nit oil fd)reibcn, bann bie erfarung
Urt e« ; barjuo mad)t Die tüglid) oeränberung
i^er fittcn, 9iei(^, glauben, teligioncn,
potliceien K, baei man nid)t^ 9ttii§, ob
man gleid^ gern lüolt, baroon fcpreiben
mag.
(Sermania \)at je^ üiererlei
Dölfer unb fürndme ftdnb.
3uerll gei^licp Pfaffen unb
müncp. 2)ie pfaffen tragen lange meite
196
Ocrmania nacb ©cb. ^ranct.
rö(f an, jitfel runbc paret auf, tragen
auc^ fappenjipfet »on feiben unb »uHinera
tuoc^ , t^c^n gmeintlid) auf pantofeln,
mücffig, ccIo§, niemant nü^c leut, bic
wenig fiubicven, bie tr jeit fajf mit fpilen,
effen, trinfen unb fc^önen frattten bin«
bringen. 2)i[e tjaben gro§e frei^eit »on
Mpfien, in geiflli^en rechten eingeteibt,
alfo ba§ ft) niemant öon einic^er facfecn
njcgen meber jlrafcn nod^ für recl)t jie^en
ober antai^n barf, bann allein ir ober^
feit, ber i8ifd)of unb Sapji. 'Jim «er uil
jufagen Don iren mer bann ^eibnifdicn
prioilegien, «ejen, leben, rechten, religion,
tt)ic unb mit tvai geftalt, gwalt ober
lifien fp afle n>elt unber ftd) gworfen,
[o gar, t)a^ aucft ber Äeifer irem obern
unb ©Ott, bem 33ap|i, ju fuo§ faCten, bie
füffen, t>on im bie fron unb ini öefien
beä Äeifertumbö unb SRömiici^en iReid)ä
entpfaljen muo§; »on rt)elct)er buoberei ^a^
geifilid) iHec^t, ad ire büect)er, unb auc^
mein fotig au§gangen 6.l)ronif x>oü ift,
unb h)ol ein funbere liberei ton nöten
mer, all ir bing unb finanj jubfd)rciben . . .
((Sine längere polcmifcöe ^luöeinanber«
fe^ung ip l)icr übergangen).
9hin aber ^er gemein mann in (Serma=
nia' ip faft aüen, rec^t unb falfd) gei|i=
Iid)cn, feinb: ben rechten, ia^ ft) ein
ruot unö falj beö üolEö feinb unb nit
au§ irem farf oCcr au§ irer pfeif pfeifen,
mie (Sbvifto k. ; ben u ermeinten gcift*
liefen, ob fpe n>oI äu^etUd) bencbeien unb
meil fp ir lieb ftuiien, auf ben t)änben
tragen, feinb fp boc^ innerlid) batumb
giam, ha^ \\) täglicf) burd)tribne bö|e
fd)alfl)eit, gcij, boöl;eit, unb aücilci oer;
«egne böfe finauj, lafier, untreu, betrug
unb buobenilucf bei ben treulofcn mit irem
fdjaben erfnren, alfo iia% mie in allen
lanben, bie geifilicl}en übel ron ben anbern
t)ören, inen menig getramet ober pertramt
mirb, fogar, ba§ auc^ oil böfcr fprüd)^
njörter baiDon beim gemeinen mann ent=
ftanben feinb, nämlid): ©5 fumpt niemant
r>on etm Pfaffen unbefcl)iffen. (äö fumpt
feiner el)e fon eim Pfaffen, fo er in bes
leibigt, er fd}lag in bann gar jutobt.
Pfaffen madjen äffen. I)ic gelerten bie
»erferten. 2Ba« ein münd) gebenfen barf,
i)a^ barf er aud) tuon. (5« ift fein pfaff
frumb, er l)ab bann Ijaar auf ber jungen.
2Ber eim pfaffen ocrtramet, ber i\i felbä
nit faft frumb. (gö tuot fein guot, mir
fct)Iagen bann bie pfaffen all jutobt. 2ßer
fein l)au§ miH Ijaben fauber, ber f)üet fic^
für vffifff" "i'b tauben
2)er anber panb (Sermantc, ber
31 bei. SDer anber fianb ©ermanie ift
ber 5lbel, bie au§ (Sottet orbnung re^t
ebel, ta^ ifi oäter be^ oaterlanbö, ein
for(^t unb ruot ber böfen unb ein fc^ilt,
bürg , aufentbalt ber frummen fein
folten, mitmen unb meifen l)anb^aben;
bie fct)inben unb fc^aben fp felbö, unb
bie bie ^unb tot bem pferrid) fein folten,
feinb oilmal^ felbö mölf unb reifen aüei
mit gmalt juo inen, ma« fp oermögen,
unb mer not, ha^ man oor htn tiüetern unb
mäd)tern büetet unb tt)ad)et. 2)ercn 2lbel
ganj Don feinem alten glanj fummen ijt,
unb etman an tugenb fiuonb, je^un^ aber
allein mit jtoljl)cit, pra^t, reic^tumb, ge*
burt, tprannei iren aöel bemeifen, unb mic
\\) jebermann föri^t unb f)affet, alfo müeffen
\t) aud) fordeten unb toon feberman »ers
baffet fein, unb ni^tö bann ol)renfta»er
unb ^eud)ler für mare freunb, \a in ber
ma^r^eit foniel feinb, mieoil fned^t unb
unbertanen fp t)aben.
Stun jeuget jWar bie näd)ft beurifc^e
aufruor gnuogfam, maö für lujl unb
freunbfi^aft bie unbertonen juo iren |)erren
i)aben, bie alfo mit gemalt faven- S)ic
alten ©bleu motlten mit moltat inen bie
unbertonen bewegen unb mitlig machen,
unb bi§ mar aud) ir maur unb feut, bar^
^inber unb barauf ir ditid) fiuonb
6t) aber ad)teten ft^ aud) reid), fo fp
reich unb moll)abenbe unbertonen f)etten,
bie fp in almeg mit guoter orbnung, for^
ge^ung unb gefa^cn fürbevten, auf i>a^
fp immer je mer jugeben tietten. 3c^
miH man eö aüeö mit gemalt au§ropfen,
ja auf einmal nemen, unb julieben, ftiegen
unb geben nöten, unb in f'umma törlich
unmiütge l)unb jujagen füeren, fo bo^
nie nic^tä in bie lange beftan^en ift, t)a^
furd)t ober notjmang au^getrofd)en unb
abgenöt bat. S)ic natur entfiel ab bem
notjmang, bie liebe mitl frei fein, unb
hi'iii ber miH unb bai {)erj ungcjmungen.
3n fumma, e« ifi jeberman eingepfianjt
ein liebe ber freit)eit uon bem freien ®ot,
ba§ mir lieber gefüert, bann gebogen mec=
ben motten. SDarauf haben oil unebel unb
ebel menig ad)t, funber forberen i)iüt bif,
morgen i>a^ ; mit maö fuog, tM fragen
ft) nit umb.
®p treiben fein anbere ^anbticrung,
bann fagen, beiffen (beijen), faufen, praffen,
fpilen; leben t)on rent, jin§ unb gülten
im Überfluß foftlid). SBarumb fp^ aber
nemmen unb ma^ fp barfür fcfeulbig feinb
jutuon, gebenft faum einer feinet ampt^.
©etmonia iio(i^ ©et), ^tand.
197
fo in iod) bifc mac^t, tmai auf bcr bürget
palä julcgen unb ein einigen Pfennig ju
forbcrn, nit on utfa^ unb afi'infl, jut bcf»
fcrung unb nic^t jum nacf)teil ber unber^
tonen geben ifi; foftol aU bem tngloner
fein taglon, iai er barumb bcn tag f^affe;
alfo and) bifen, nämlid^ barumb, ba§ fp
tüittrcen unb roeifen rot groalt entfc^ütten,
ben atmen iior gttialt SRe^tg »etbelfen unb
fid) umb aüet mcnf^en not aU itet eig=
neu annemen, wie »ater tti öaterlanbö.
jDatumb feilen fp it tent, gült, jtn^ unb
oufentt)alt \)abm, n)ie einet bet bem altat
bienet, »om altat, bamit ein jebet taglöner
feind tiiglon^ befummc; tuonb fi) bajifelbig
nit, fo iftei eitel tptannei unb ein gmaltii^ö
abnemmen, tai ftj ben unfcf)utbig anfot«
betn unb mit gwalt abnemmen , nit an;
betö bann aU mann ein tagtt)etfct fein
taglon an mid) fotbctt, ja mit gttialt
abnöttigt, unb I)ett bod^ fein arbe't je an=
gefangen no* angerüett. 'T)od) foü man
in aüweg gtt)alt on auftuet unb rt)ibet=
ttiertigtcit leiben unb ®ott f lagen, ia^
tri ted)e unb ablege. SBann ein jebet
feineä ampt^ gebockt, fo würben ftc^ nit
alfo oil unbetüeft einttingcn unb umb bie
*Ptcbicatut ämptet, Dbetfeit unb natten*
fappen alfo teiffen. 31uf bie vootl unb
mild^ fi^et man gat, mit gto^em flei§,
abet auf bie njolfatt unb Iiuot bet fd^aaf
l^at niemant fein adit.
S)atumb iß ber %bel faß aller, roie
et je^ im fc^toanf ge^t, ein übetbliben
jiucf bet $cibcnfcf)aft, uon unfetn ältetn
auf una geeibt, ba nic^tö ift, bann ein
tennenö, jtedbenö, turnierenö, feinen fd)ilt,
flamm unb nammcn l)ocb aufwerfen«!, fpi=
ienö, friegenö, ^e^enö, t)crrfc^enö, müeffig«
^ebnei, übcrmuot treibend etc.; tücld^er
abel bi§ fleif*e^ für ®ott ftinft, cer=
»orfen, auBgetilft unb qu^ feinem SReicfe
au§gemußett ift. 1. ßorintb. 1. «Jlcto. 16.
2ßeii im 6t)ti(tentumb alle? ein^ in 61)rißo
iß, unb alle gteid) eble btüebet feinb, ivie
f9 aüe einen üatct in bem Ijimmel an-
beten, ob fp njol in ben ämptctn unbet=
fd)eii""en feinb, wie i>ai aug t>on bet l)anb,
fo gehören fp boc^ all an einen leib. 9llfo
i|t ein Oberfeit ober *}3rebiger nit ein
funbete, füt ®ott eblete ßteatut, bann
ein frummer bawr, auc^ nit oon bcn an*
bem unbcrfd)eiben, bann amptö t)alben,
Wie ein ^afner unb Sßagner. ®ott fibet
auc^ nit auf bie perfon, Por bem wcber
Äünig, ^ürß nod) bamr iß.
3)ie Welt aber f)at iren 'Jlbel; ben la^t
(tj ir nit juden noc^ bauten, ber ße^t in
obetjälten ßuden; abct ein ftemba bing
im 5f)tiflentumb ; bann unö (Sott ju^auf
in einen leib fd)mibet unb aQjumal btüebet
nennet; t<x iß webet ^ett nod) Änec^t,
funbct aUe^ ein«
SBeitet gebunft fi^ bet 5lbel teutf(^et
nation beö guot fein, ta$ fp jagen, müef=
ßggef)n obet teubetei unb febetfpil treiben;
fd)ämcn fid) aüä} feer gemeinfli* burger
^u fein unb gmeine ßattred)t juleiben, ober
nur einid&e faufmannf(^a| unb banbwetf
jutteiben, ober juo einer burgerin jubeira*
ten; fp flieljcn aud) ber burger gefellf^aft
unb l)anbtierung, t)alten fii) juofamen,
mit gefelfd^aft, l)eiraten et^.
dlün Weiter ir wonungen feinb not«
fcße ©c^löffer, an Sergen, wälben etj.
.palten foftlic^ ()aug, mit oilerlei gßnb, pfer*
ben, t)unben, gefc^mud, ^aben ein bfunbern
brangenben gang unb ein nad)trab ber
uerwanten, i>a^ man fp alöbalb am gang
unb ber gebärb erfennet. Tlan nennet fp
(Sbcl unb Stirenoefi, ir wappen fienfen fp
in fird)en an bie wänb, altar, t)in unb
wiber in bcn ßätten an bie wür^beufer
entpor, barbei man einen jeben 51bcl et^
fenne; l^aben aud) ein jebet fein eigen an«
gebotnen infigel, unb fumpt ben metetn
teil nit wie ben alten bet abcl oon tugcnt
obet bapfetn tcbli($en taten, funbet »on
gebutt ^et, ia^ \>ox ben weifen gnuogiam
läd)etli(^ iß unb batoon ein ®ptüd)Wott
etbadbt l)aben: Aut regum aut fatnum
nasci oportet. *}ltmuot iß bifem ßanb gat
fd)änblid), begeben fic^ ebt in aüetlei ge«
fat, bamit fl) el)r unb guot item jtanb
nad) übetfummen.
23il äie^en fliegen, ^'"^Pf" ""'' fetten
nac^ ; getat inen bann ein beut, ba§ fp teid?
wicbet ^)eim fummen, fo feinb l'p erß rec^t
ebel ; bann rcid^tumb aud^ oil burger unb
bawren ebel unb wapenögno^ gemad)t
bat, quia pecuniae obediant omnia, ®elt
regiert bie SBelt, wie ©nlomon fagt. ©p
get)n feiten jufuo^ überfelb, iß au^ irem
ßanb fd)cnblic^. QSerlc^t ober angetaß
red)en fp ßc^ feiten mit 5Red)t, funber t>il
bred)en inen etwan ein ttäl;e (5fl)be, geinb«
fd)aft) ab einem joun, fagcn ab'mit feinbä=
briefen, friegen unb ted)enö mit feur,
raub 3c , barmit fp bie oerle|et jum oct^
ttag gleid) oft nötigen. 3)ie *Ptießet
teutfd)et nation t>etmögen ftd^ nit wol
mit inen; jc^od) bamit fp juftiben mit
inen feien, t)eud)len fp inen tebticft unb
etjeigen gto^e fteunbfd^aft. ©p achten«
abet ^eimlic^ füt ein taa^gitigö, l)od)j
ttagenö, jtolj, untüewigö polf, tai be
198
©etmania nai) Scb. ^xcinä
fiteren güetcr gfor ifi, aucfe bie gciftlic^cn
oft annjenbct; tt)ünfd)en bert)albcn oft, bQ§
fp unter ba^ Surgetlic^ joc^, h)ic in
£(^tDcij, gebogen, bamit ir tprannci ge-
fiürjt unb ir gett>alt geminbert »urbc;
njietrol iä) ir tprannti Ieiblict)er ad)t,
bann jener beud)lerei, atö bamit fp un^
allein umb leib unb guot bringen, jene
aber umb tai aflcrtcurcft pfanb, bie fecl.
£)arumb hjcrben »ir bifen gematt juleiben,
jenen aber nit juobören, in alle meg
iumiber|!cl)n ge^ei|en. 'JDfat^. 5.
JJun ber 5lbel teutf($er nation ^at faji
iit üüen 2)ingen etma^ funbcrö: ficib,
l^erberg, gang, rcb, fi^ im tempel, begrub;
ni* 3C. ^er gang ift ^ol,^, bie reb tru^ig,
baö fleib milb unb meltlid^, iai ange^c^t
coCl trawens, ir gemüet, menig au§ge=
nommen, unverträglich, frieggirig unb
öoQ raac^ä k.
SBeil nun biefer ^eibnifd^ %bel beä
fleifd^^ öor ®ot ein greumel iji unb ber
teufel beöielbigen %nx^, unb bifen melt^
lid^en Qibel berf^et, fo müeffcn »on not
mcgen bifen 2t&el oerleugnen, üu§jiebcn
unb geiftli^ non ftc^ merfen aüi, bie für
(Sot red^t ebel fein möQen, biemeil ber
S03clt ^bel, mei^^eit, leben unb mcfen fid)
gar nit reimt juo bem, tai ®otteö miü
iji. 23on be^ 5lbel^ anfunft li§ mein
»orige (S.I)ronif.
S)er brit jianb ©ermanie, bie
burger fcbaft. 2)er brit ftanb ift bie
burgerfdbaft ober fiatticut, beten feinb
ctlic^ bem Äaifer, alö in ben 9Reic!)Bfiätten,
etli(^ ben JJ^vj^cn oapf(id)t, etlicf) für
fid) felbü, ale in Scf)meij unb gteifiätten.
5Die form einö Sfiat^, SRediteö, mal unb
9flegiment, ifi uns Seutfcben molbefannt.
3r gcmerb iji mand)erlei, fünfltic^, ale
ienbcrt ein iBolt auf erbrid): micmol oorjci:
ten barbati unb ein ungefAidtö, funftlofee,
milbe^, ungejämpt^, trieggirigä 33olf,
jeboc^ je| ein fubtil, meltmeif, {unjlreic^
üolf, barjuo juo allen l)änbeln füen,
freibig unb gcfc^icft. yian icf) ad)t aber,
mie x\\<i)ti bcftänbigö auf bifer erben ifi
unb bie JReid) umbgonb unb »on einer
banb in bie anbre faüen, alfo aud) ta^
^crj, fünft unb alle anbere gaben ©ottee
— je^unb ^Qt bi§ »olf iai ^erj, muot,
freub unb fter!e, bife^ bie fünji unb aud)
mei^ticit, jcneö bie ^errfd)ung unb SRegi>
ment ber melt; aber alle« ein meil, big
eö jioljieret, ftc^ be^ überlebt unb bamit
fid) eben boffertig, übcrmüetig unb un=
mürbig mac^t, ba§ ed miber »on bem
fiuol ^oc^müctig geprjt »irt unb ba^
iReic^, ^erj, fünfi unb atleä miber oon
inen genummen unb eim anberen geben,
ba^ bejcugen alle f)ifiori unb erfarung.
aSeiter ifi aucfe in mäd)tigen gveifiätteti
unb rcid)§fiätten i^meierlei »oltä, gemeine
burger unb gefc^lec^ter, bie etma^ (Jbet
fein roötlen unb auf abelif^ munier »on
ircn renten unb jinfcn geleben. ®9
leiben fein gmeinen burger in irer gfeü*
fcbaft, ob er inen gleidb an reid)tumb
gleid^et, heiraten auc^ eben fo menig oU
ber ?lbel unber ft), funber glei^ ,iuo gleid^,
mer nit cerfdjmddjt unb ein au^rourf
fein mill; bod) baben fp ein SRcc^t unb
ifi fein teil bem anbern unbermorfen.
2)i§ gruo§bar frcunblic^ oolf lebt unber»
einanber freunblic^ ; auf gmeinen unb
funberen planen fummen fl) jubauf, rcben,
banbtieren, laben einanber. jDie flei*
bung ifi, mic gefagt, alltag neum, nit
lang. 9^oc^ bei menfd)en gebäd)tniö truog
man fpi^ige fd)Uocö mit langen fc^näbcln,
flcine enge furje fleiber, fappcn mit jotcen;
jc^ ifiö alleö anber^ unb umbfert, mcit,
grog, bie fc^uod) breit unb maulec^t. 5)er
meiber fleibung iü je^ foflli(^, aber erber
gemad)t unb menig (auggenummen ben
fürmi^igen Überfluß) ju taMen. 3fbod^
l)at ©ermania fr ei f am e, heftig, ben
männern ungel)orfamc meibcr, alg
ienbcrt ein »olf, beren meijierfd)aft nit
lieberlic^ 5U mören ifi; ba§ i^ anbcrer
untugent unb unäU(^t gfdbmeig. 3" meg*
boren unb Icfen laffcn iji e^ ein an«
bäd)tig, aber abergleubig oolf, tai oil
auf mc§ lefen i)dt unb audb tior tagö oft
fne^t unb mögt jur früeme§ nötigt. 3"
almuofen geben ifi« milt, ernört üil
bettet mönc^ unb anbere geifilic^en, beren
fl) ben l;aufcn baben, al^ faum ein tolf.
3tem t»il fiiftfircfeen ooüer (S^orI)erren,
Jumberren, 93iid)öf, 'isrataten, äpt, fl^röbfi,
Tief an jc. 35cr fpitat ^at bi§ totf nit
menig. 3tcm in. fiätten bin unb t)et oil
arme fd)Uoler unb f)albpfaffen, bie fp
juo Pfaffen aufhieben, unb mieivol ft) inen
nit feer t)olb feinb, fo l)elt boc^ ein jei'^er
gern ein pfaffen unb ber^atb fein ganj
gef^ted^t feiig ad^t. ©ermania gibt feei
Dil arm ootf^ unb bettcr, i^i met
aug unmäffigfeit bann »on natur in ar«
muot unb franf^eit gfatlen ifi, unb fo
ein nerton »otf, ta^ eö meer au§ feim
müeffiggang unb fiatem jöten unb vooU
leben an bettetflab fummen ifi, bann au§
übetjianb be^ lanbö unb teurung ber
narung ; bann ^at bi§ üotf, fo tuot («er*
t^ut) c« unb lobt ®. ilWartin, lebt alfo
©ermania nc\^ ©eb. $Vrancf.
199
in tag auf gerat tttol, on aOe fürforg
bcr mcrtcil, unb ifi it narung burc^ gmcin
^inburd^ (o abgenjejcn, ta^ \\) altag aufs
get)t unb faum ein böfc »od) einbücffcn
fünben, ic^ gfc^weig ba§ [p ein bö§ jar
mit ftätem übcrttang bulben folten. 2)iir'
juo i)at bi§ »olf oil anfiö§ unb abnemen,
bebe öon irer ^eirfd)aft, aÖerlei gcifilic^en,
unb fot)iI arme nötige Icut, ta^ bu liä)
»ermunbern mö(^te|i, tt)ie fpö ernören
möd)tcn, bann taum ber t)albteil, ja nit
bei btitteil arbeitet, fo bu ire Ferren,
müeffigen, burger, fnuf leut, abel, JJütjlen,
fd^uoler, pfaffen, aQerIci münc^, finbcr,
franfen, betler, f(i)njangere frawen, ja
alle tt)eiber rcdincft. ffiic bie tempei,
fd^uolen unb ftätt gebarocn feinb, fei;cn
tt»ir täglich für äugen.
5Dcr »icrt fianb biebairrcn. S)iB
mücfelig Dolf ber bauren, fübler, Wirten jc.
ift ber üiert jtanb. 2)eren bc^aufung,
leben, fleibung, fpei§, n.iei§ sc. rt)ei§t man
mol, ein fecr arbeitfam DolE, iai jcber=
man^ fuo§^aber ift, unb mit fronen,
fc^armerfen, jinfcn, gülten, (teuren, jöQen
f)ürt befd)rt)ert unb übcrlaben ift, boc^ ni(^tö
bef! frümmcr, au* nit mie etman ein
einfältig, fun&cr ein mtlb ^inberliftig un=
jämt tiolf. ^x fianbtierung, fitten, &ot§^
bienfi, bauen ifi jebermaa befant, bod)
nid)t aflenttjalben gleid), funbcr tote an
aüen orten Sänblid), fitii^.
9Son ©ermania, unb ber2;eutfd)en
leben unb fitten oorjeiten, etmas
in gemein, au§ ßornelio Sacito
unb anbern.
jDie alten Sf)ronitfcJ)reiber baben gar
wenig »on teutfcben ßanben, al^ ob bie
felbig nation auffertl^alb be« umfrei§ ber
erben läge, gefd)ribcn, unb atleä troum=
meig Don teutf(f)en fachen melbung gc=
tan: benn fo rtiir »on alten jeiten lefea
(rt)ie mir gel)öit t)aben unb id^ etma« miber^
^ole), fo finben mir, ta^ bie Seutfdjen
ctifan in groben barbarifdben fttten gelebt,
fid) jerri§ner fd)nöber fleibung gebraucht,
beö milbfangö unb oelbgebam^ genärt Ijabcn,
©raufam unb friegäbegierige menfd^en,
aber golb^ mangel^iaftig unb feinä meinö
gebreud)ig, ein arbeitfam, malbfd)eul)eö
malbDolf etroa gemefen, innertljalb bem möbr
unb ber S^onaw, miberumb innertbalb
fcem SRbein unb bem glu^ 'illbiö ober Slb
etma befc^loffen. JBie ferr aber bie leutfd^en
nun juauil ir gvmj übertreten feaben, hüi
ifi unferborgen unb oben angejeigt; mann
be« ifi fehler mer, t>ai fp in Oallia, im
obern iRie9, im JRorcfäm, im ßecf)felb, unb
*13olnifc^cr art erobert, bann hai \\) Dor=
mal^ inget)abt tjaben, fagar meit l)aben
ft) ir gren,^ ermeitert. iJJun ift aber ba^
grob beurifd) 93arbarifcfe oolf in ein folc^c
jicr unb ^oUijei gcma^fen, tü^ fp« fd)ier
ollen lanben oortuonb; alfo mann einer au§
ben teLitfd)en, ber jur jeit 3ulii be^ ^cifer^
gelebt l)ett, erftüenb unb leutfdjlanb
(mic ^riooifiuö) burc^manbert, fo fennet er
fein eigen uaterlanb nit unb fpre(^, i>a^
ti nit bie erben mer, bie er etman gfel)en
bett, fürnämlic^ fo er alle befc^ung,
Weinberg, pfianjung, fleibung, l)öflid)feit
ber fttten, fci^einbarfeit ber ftätt, ^oQijei
unb regimenteu marnäme unb bei ben
Jeutfdien ft^omet; alfo ha^ fp je^ cor
allen d^ronilmürbige leut feiitö, in melt*
lii^cr fünften, reblidifcit, gered)tigfeit ic,
bie etauin fo nicmant nü^ t)eillo§ leut
geac^t maren, ba'$ man fp faum beö namens
mürbig ad)tet unb glci* für milbe un^
jäme tier l)iclt, bie jebermann alä ber
büec^er unmürbig für gan, unbeacbtct lie|.
Sßiemol man fagt, *piiniu^ unb ©amoni«
cuä ^aben etma^ von ben leutfc^cn in
fd)rift binbcr inen gclaffcn, aber c^ ifi
au§ Unfall ber Qcit nit an tag fummen.
9iaein Someliu^ Sacituö l)at ctmaö oon
ben Seutfdien unb oon ©elegen^eit
irer gegne befdjriben ; ber bebt an mit
bem lob beö ftnftern 'ßolU t)erfür ,^ubrcd)en,
unb l)at ftd) mit ber ^t\t bi§ ißolE^ »er«
änbert, ba§ je^tbiliic^ bie ®ried)ifc^en grob,
<Jibgötterifd), baget\en bie Jeutfd)en biüic^
ßatinifd) unb ßl)rifilid) genannt merben.
SJiad) oiler Urteil, funberlid) in meltlii^en
fad)en, ifi e^ jufdiimpf unb ernfi ein mol=
gefd)i(ft unb fo« bie not erforbert, |)i^ig,
ernfit)aft, friegäleuffig , rceitgemanbert, er*
faren t»olf. 3"" ^^^ i" ^iö^" Singen,
fo man juo menfd)lid)er notturft crbenfen
mag, bife nation gnuogfam oerfeöen, oolf*
reidö für anbern oölfern, glaubroürbig, trero,
Ootcförc^tig unb fo ein fircitbar »olf, ba^
ft) allein bem meltjämer 3uliö miberfianb
getott l)aben; miemol er toä) bie ^ranjofen
unb ©aUier betrudt unb mermalen über
iRt)ein gto§c 2)ing geton ^at, jeboc^ ^at
er bi§ ©c^rcäbifc^ niemant meid)enb, jianb=
^aft rolf, ungeäämt unb unoermältigt laffen
müeffen. 2lugufiuö = Dctapianu« (unter
allen Äeifern ber lanbreic^efi, bem aud) bie
5nbier unb *)3avt^ier gefc^enf fenbeten unb
;^rib mit ergebung oon im fauften, ifi in
feim fireit barniber gelegen, bann allein
gegen ben 'Xeutfd^en. So ifi munber, ma^
je unb jc unfuogö, bf4)merb , öerbrie§ :c.
200
©ermania naä) <Btb. ^xani.
bic tcutfc^cn ben iRömern juogefüeat haben,
unb ob fi) gleich tt)ol je bciftcilcn übcröenfd)ct
aU »cife teut bcm SRömifd^cn glürf tüid^en,
fo ^aben fp bodf) balb aüwcg barnad^ bie
9lömer, ©aUicr, ^ifpanict, 93ritannicr,
jungem bePritten unb roiebcr ettcgt. I)ic
hörnet ^abcn naä) crobetung ire« gcmoltö
groge bing geücbt unb nodb, aber nit on
beijianb ber unübemintli^en 2;eutfd)en, in
Äricgf fachen xtox allen tauglich, in f)cimlid^en
fa^cn atfo glaubf)Qftig unb tre» erfc^inen,
ia^ fp oft für Äamerer unb ^üetcr beö
Äaifcr^ leib »ov meniglid^ au^erforen
worben. (So ifi aud^ wiffentli^, ta^ ^örjog
©otftib »on Öott)nngcn allein mit ben
IRömifd^en Jcutfdjcn, etlid) ©aüiern unb
unb wenig SBatfien i>a^ ^ungerifc^ lanb
erö§t (teer gemalt, »cr^eert), ©rie^ifc^
lanb burc^trungcn, ^etlefpontum, iMjtam
burd)reifct, ^irufalem au§ bcr ungläubigen
gettjalt erobert unb aüe^ unbcrwegen er*
legt l^at, obleic^ tt)ot ber Züxt fid) mit
jtt)cimal bunberttaufcnb ftreitbarer mann
ttjiberfp^tc, unb fiabcn alle üölfer je unb
je befcnnen müeffen , ia^ fp meinen, bie
3;eutfd)en (^ic man je^unb San^Enec^t
nennet) feien Seufel ober aber ftäbelin.
Unb njiemol inen »il oölfer nacheifern, fo
mögen fi; bodf) t>a§ jit irer mannlid^feit
nien^ert crrcidicn. ^MKe gütfien unb Äünig,
oud) türfifd) unb au§länbifd), baben bte
Jeiitfd^en gern, meinen bie fd^lad)t fei mol
f)alb gemunnen, mo in berDrbnung ber
m erteil teutfcf)e jireiten. S^ ifl for Stnbern
ein gtaubmürbig, gelübbl^altcnb, tru^Iid),
beflänbig, nur juoil freibig, mannlict) oolf,
jei gro§tätig, milt, gäbi'g, fojifrci, uner;
f^rocfen, ar))eitfam, ^art, e^renreiii, Iob=
girig, ruomfüdbtig, tai in cUen ritterlid^en
S)ingen bie fpih füeren tt^iü unb Pornen
bran fein. ®p geben anä) jc^t feim lanb
id)tö be»or in aÜen t'ünjien, jungen, nemen
fünben;oon inen (^atmonba^bnod^trucfen,
bücfcfen jc. unb nil anbere Äünjl. «Strabo
fprid)t, bie 3;eutfd}en, bcr ©aüifcbcn nation
nad)foIgenbe, feinb grabs Icibö, mciffer
unb röf lec^ter färb, unb in anbern S)ingen
an gcjlalt, gepärb unb fittcn ben ®aflifd)cn
gltid). S)arumb t)aben inen bie JRömer
bifen namen biüicb geben, ia fpö brüeber
ber ©allier nennen mollten, unb t)ci§en
barumb ®crmani, tai ift brüeber, Pon
irer trem megen ; etlicf) meinen , uon ber
änlid)feit megen in »it Dingen, bie ft)
mit ben ©atliö t)aben.
9'lun ©ermania, mie gefcigt, ifi »on
ben gfd)id^tf(^reibcrn »il »erfaumpt; bann
ire juogäng maren mit mafferflüffen »er«
pinbert, bcr mälb unb fee i)a.lb unwegfam»
grober f)irtifd)cr fttten. 9lber nadb an*
nemung be^ Sl)rifilid)en gtoubenö ifi ®et»
mania jü^tiger »orben unb in großen
aufgang fummen; bann ©ermania fioft
»on aufgang bi| an *PoIn unb nibct
^ungerifä) lanb, »on mittag enbet fid^«
mit bem iRcin, mit bem 5lügem ober ge«
bürg , »on nibergang unb mitternac^t
firedt* fein fuof bi§ anö mör, mit bcm
eö bfc^loffen mirt unb bi§ an bie ©aUict
flo§enb; allein bie Sö^em ft|en alö bie
frembbcn, mit jungen unb glauben »on
Icutfc^en unbcrfd)iben, im Seutfc^en erb«
ricö, bo(^ unbcr einet unb gmeinet ^ctr«
fd^aft; bann auc^ ber böbemifdl) tünig
unbern (Sburfürfien bie »orma^I f)at unb
ben erfien fr^
5Die namf)aftigficn flü§ ©ermanit
feinb ber (Rein, ber fein urfprung im
mittagifc^en gebürg ouf eim l)ot)cn gipfel
liat, mit girigem lauf gegen mittctnac^t
laufenbe, boc^ erfilid) gegem nibergang
fleugt, burd^ täler unb gälje berg, unb fo
er burd) bie föurienfifd) lanbfc^aft fumpt,
mirb er fd)iffreid^; alöbalb barna^ teilt
er ftd^, mad)t j^men ©ee (bie man ©oben«
fee ober BcQftffß nennet, bie fiatt (Softni^
in bcm mittel laffenbe, unb fürtan läuft
er janfd^en bem berg gfdfiwenget, er«
fd)rodEenlid) faufenbe, butd^ iöafel für
Strasburg, -stpeier , Sffiormb^, SDien^,
(Sobolen^, (Söln, mit aufnemung in fx^
»il f(^iffreid)er flü§, als be^ SDföng,
iUedferä, ßimag, SDlufel, ÜJiofa; unb geupt
ftd) bann, ein ^n\d madt)cnbe, au§ in
i)aQ 5leutf(^ mör, beren etlid) »on ben
@ellerifd)cn, etli^ »on ben ^riefen, etlid>
»on ^tn |)olänbern bemonet «erben.
3um anbern ercuget fid) bie 2 1) o n a m,
bcr berüemptfi flu§ ©urope, entfpringenb
au§ bem 5lrnobifd)en berg bei bem anfang
bcö ©d^marjmnlbö, in einem 35orf 2)on«
efd^ingen genant, unb fleugt »on 9?iber«
gang gen Orient, erftlic^ auf jtt)o tag«
reifen bi^ flcn Ulm langfam. ^Jlßba mit
ber $lam, ^Ux unb anbern flüffcn gc«
flcrft, mirt fi; fcf)iffrcid) unb rinnet »on
bannen ^in für öauging, 2Börb, unb
faffet ben Scdt) unb Sßerni^ in fid), unb
rinnet fürtet auf iRegenfpurg, Saffam. i>a
nimpt fp in fxd) bie 3fcr, bie für SRün«
c^cn fleugt, unb rinnet l)in auf 2ßicn,
Ofen, julctfi auf 60 ber mcrteil fd^iffreid^e
iffiaffcr in fic^ nemenb, alö bife befanten,
bie etfdf), 9lber unb ©am etc., fleußt fp
an fedf)^ orten in t)ai Sujinifc^ mör.
®efd)icfetfdbrcibunfl.
3um titittett begegnet bic (Slb, cnt=
fpringcnbc in ben Sergen bcr ®(f)Iefier,
bife öon ben 53öf)em teilenbe; bie fleugt
mit bct ÜJJuIta burc^ 5Jö^emer lanb, t>on
bannen butc^ ben 93ö^emifci)en njatb für
SOfieifTen, SlJJabenburg unb anbeve ftätt ber
2J?arf unb ®d(^rifd)en lanb, bi§ ^inab bei
Hamburg in baö 2;cutfcf) mör.
3um inerten crfdjeinet in ®ermania
ein 2Batb, .f>ercinia genant, ben bie
umbfäffen ber Kjona» ben ©(^tt)arj =
h)alb nennen; ber ifi atä ^omponiuö
SO^clanu^ fe^t, 60 tagreifen lang, ober
tüie Scfar im fe(iöten buod) feiner ßom«
mcntaren fe^et, 49 tcigreifen breit; er i)at
Dil börner unb äft, »eichen bie einüoner
anbere unb anbere nammen geben; bann
Don anfang feines urfprungS bi§ ^um
S^ärfer bebalt er er feinen nammen
©c^warjroalb, unb »om D^dder bi§ an
ben Wön bei§t er Dttenmalb, aber
Dom Tlön bi§ an ben flu^ öonam bei
Soblenj SBe^ertttalb; barnaci) wcnbet
er ftd) gegen Orient unb teilet ^ranfen^
lanb Don Iljüringen unb .^»effen , unb
barnac^) tuot er firf) in ber mitte »iber
auf unb umringet jirfelömeig tai QSöbcmer
lanb, ba l)ei§t er ber 33 ob em er malb,
unb firecfet fid) fürtan in baö Werrbifd)
gebürg, Ungarn auf ber rechten, 'Jßoln auf
ber linfen laffenbe, fürfliegenbc big jum
S)anif^en ober (5ktifd)en DotE, Dilcrlci
namcn entpfabenbe.
3tIfo \\i ©ermania ein feiige gegen,
barin gemäffigter luft, fruditbare felbung,
Don allerlei getreib überflüfftg, bicfe mcilb,
maffcrreid) mit guoten quellenben brunnen
aücntbalb gelieret, gnuogfamfcit allerlei
tücin, metaÜ, treib, biinbtierungen, ben
gäften guot, ben bittenben fänftmuotig,
Doraug in frieg^fac^en jurog unb fuog
feiner DiJation tt)eid;enbe, aud) an rcic^*
tumb ber metaÜ; bann oüe 2BcIfd)e,
^ifpanifd)e, ®allifd)e unb Dil anbere na=
tionen baben fd)ier aüeö filber aug ben
tcutf^en faufleuten. Unb bife nation
»ermag on eufferlic^e bilf Jui^oB ""b fuog,
tt)a funP glücf barbei fein foQ, t)a^ ft) fid)
aüer irer feinb lcid)tlid) ermören mag unb
ben euffcrlid^en lenbcrn rciberflanb tuon.
@cfcötc^tf(^rcibung. S)ic ®efd)i^t=
fd)reibung rcurjelt in bem b'fiorifc^en
3nbalte ber iBolEöfage unb beren fprai^*
Iid)em «uäbrutfe, bem epifc^en SolEöliebe,
baö jugleid) ®efd)id)te unb ©icbtung ifi.
SDaß ßbrifientum iji Urfad^e, U^ biefer
201
natürlicbc Übergang au« bem (Spoö m bie
®cfcbid)te bei ben Deutfd)en nid)t fiatt«
fanb ober ftd) wefenilid) anberä geftaltcte,
iia bie neue Sebie bie anfange ibrer ®es
fc^i^tenid)taufbeibnifd)'germanif^em,fDn*
bem auf d)ri|ilic^;römifd)cm ©oben fuc^tc
unb fanb; womit jufammenbängt, bag bie
5tnfange beutfcb« ®efcbid}tfd)reibung ni(^t
in beutfd)er, fonbcrn latcinifdicr (5prad)c
auftreten. Sie fmb aber bennod) eine Sr^
fc^einung beutfd)en ?ebenö, £)aben bcutfd)e
ißerfaijcr, jeigen beutfc^ie 2)enf= unb (Sm*
pftnbungömeife unb fämpfen fid) mit ber
3cit ju einer aud) fprad)Iid) nationalen
(5rfd)einung burd).
I. ®ic Übergangäjeit bi^ ju Äarl
bem ®rogen.
%üä) ijl ber innere 3"faniiu«nl)ang, ber
jmifcben Sage unb ®efcbid)te fowobl aU
ärciifd)en SDic^tung unb ®efd)id)te befiebt,
nod) 3abrbunberie binburd) ftd)tbar; bie
erjlcn beutfcben ^iftorifcr beridbten Sagen,
CiU ob biefelben ®cfd)id)tc mären; bie
®cfd)i(^tc ber d)rijllicben Stiftungen be*
ginnt mit Segenben ober Vitae, glei(^=
[am ben ^elbenbüd^ern ibre« S)afeind,
in benen fo gut mie an ben gelben ber
ältcficn 33olE3gefd)icbtc bau SBunbcr eine
in ber finblid)en QUiffaffung ber ßeit be=
rut)enbe ttJefentlicbeOfiolIe fptelt; nod) lange,,
biö gegen baö(Snbe bc^iWittelalter^, bcTrfd)t
ber Srieb, bie ®efcbid)te alö 2)id)tung ju
bet)anbeln, poetifd)e ®efd)id)te ju fd)reiben.
sei« bie beutfd)e ®efd)icbtfd)reibung auf
bem *|3unfte angelangt mar, l)af; fie au^
bem üanbe felbft beiauämad)fen unb Don
.ftinbern be^ 8anbe« ausgeben tonnte,
brauste e^ einer längeren UbergangS =
jeit, in melcber fid) bic d)rijllid)germa=
nifd)c 53ilbung aömäblid) an bas 23obürfä
ni« unb bie 5Uiffaffung einer in ben ^n*
fangen ^rifilii^er 33ilbung murjelnben ®e'
fc^ic^te gemöbnte unb bineinlcbtc.
3tv>eierlei 2BerEe ftnb eS Dornebmiid),
melcbe ben (^rifllid)=römifd)en ®efd)icbtä«
fioff bem 'JDtittelalter oermittelten unb ju«
gleich ©htfieru ^üorbilberfürbie mittelalter=
lid)e ®efd)icbtfcbrcibung würben: 2)ie Sffierfc
beS (Sufebiuö unb bcr römifdb« Staats*
falenber. SBoneufebiuö (264—340) bat
man jmei 23ücber *Jnigemeiner ®es
fd)id)te, Don ^ieronpmuS fortgefe^t unb
bearbeitet, unb eine Don Üflufinus fortge=
fe^te J?ird)engef(^id) tc. 2)oS erftere
2BcrE entf)ält neben einer Sbronograpbic
2Ö2
®cf*ic^tfc&reibung.
in öarj^eüenDcr ^TWi bcn tabeflarifi^ auf*
gcficQten ft)nd)ronifli[4en Äanon unB ftef)t
»oüfiänbig ober im ^luäjug an ber ©pifee
afler umfQf]'en^en Gl)ronifcn bcö SDJiitel-
alterö. SJer römifcfcc Staatöfalenbct
entbleit folgenbe Stüdc: 1) ben eigcntlidben
Äalcn^er mit Silbern; 2) jlonfularfaßcn
bie jum ^atre 354; 3) Dfiertafeln auf
100 ^abxt, »on 312 an; 4) ein iBer^eic^?
nie ber Stab tpräfeften; 5) bie Jobcö«
tage ber römifcfecn ©ifc^öfe unb ber
SDtärtprer; 6) einen 'JJapfifatalog unb
7) eine bürftige Söcltdir onif bi3 334,
Derbunben mit einer @t ab tiSronif non
JRom unb ber 9ieg ionenbefcbreibung.
S)ie Äonfutarfüftcn unb Dflertafeln
gaben 25eranlaf[ung, fur^e anna liftifc^e
5lufjeic^nungen ät)nlicf)er 5irt aufjufctrei«
ben; baä !ö er,5 ei* nie ber lobe^tage
ber 2JJdrtr)rer unb ^dpfie mürbe iai SWufler
für bie *3JJartt)roIogien, melcbe batb ju
ben bIo§en Jiamen *J?ad)ri(iten über Seiben
unb Scben ber ÜHartprer {jin^ufügen unb aQs
mäblid) ;u einer mid^tigen (Äefcbicbtequellc
beranmad)fen ; au<^ bie Sfiefrologien
f)aben fi* an biefes i^erjeic^niä ber lobe««
tage angefc^Ioffen-
2)ie erflen, beutfc^en Stämmen an-
gel)örigen ®efcbicf)tfcl)reiber »or Äarl bem
©ro^en fteben nod) burc^auä auf bem So?
bcn ber antiEen 2BeIt, beren Untergang fie
beflagen, beren bergebrad)tcn, ber Scf)ulc
ber legten Dtbetoien entnommenen ®iil fie
nacfeabmen; gemeinfam iji ibnen neben ber
SSorliebe für bie antife abfierbenbe ÜBelt
tai d)riftlic^e ^ntcreffe, ba« fid) in fircften«
gefd)id)tlid)en '2lrbeiten ober in ber Scs
(cbreibung Don Heiligenleben funbgiebt,
gemeinfam ani) bie Vorliebe für bie ein«
|eimifd)e ©agenroelt, ein Q\ic[, ter freiliefe
mit il)rem antifen Söcfen in naioem JBiber*
fprucfe ju ftel)en fcfeeint.
(Jö get)ören baju bei ben Opgoten:
ajJagnue >yurctiu«t5.aff io boriuö(Gaffio=
boru«) Senator, gejl. um 5T0;fein ^auptmcrf,
jmölf '-Bücfeer gotifcfeer ®efd)icfatcn, i)l bIo§
im "Jlue5ug beä jmeiten oilgotifcfcen ®efcfeicf)t=
fcfereiber« 3orbani^ ober Jornanbcö
crbalten; beffen au« brei älteren Sd)rififiel=
lern fompihene Ä ircfeengefcbid? tc ober
historia tripartita rourbc neben
ßufebiue hai fird)engefd)icfetlid)e ^anbbucfe
be« "JÜUttelalter?; Saffiobor ifi ee aucfe ge*
tt)efcn, ber bie roiffenfcfeaftlidbe 'Mrbeit ju=
€rft grunbfd^licfe in bie Ätö|ler einführte.
Unter ben Sffiepgoten mirfte norne^ms
lid^ 3fibor üon Seoitla, geft. (336,
beffen 20 Sücfeer Originum sive Etymolo-
giarnm bie (Summe aQer öorbanbcnen au^
ber antifen 2BeIt hinübergeretteten .^ennt«
niffe in ficfe auf^unebmen trachtete unb im
üJJittelalter eine auperorbentticbe iBerbrei*
tung erlangte. jDarin ftnbct fid) auch eine
Gbronif, meiere, ben fed)^ 8d)öpfungötagcn
entfpred)enb, in fed)ö Sffieltalter eingeteilt
ift, eine ©rfinbung, bie im 2)?ittelaiter aH*
gemein nad)geat)mt mürbe, ^ucfe 3fibot
mar burd) fein 'i^ud) De scriptoribus ec-
clesiasticis auf fircfeengefd)id)tlid)em ®e*
biete tbätig. — 2)cm fr änfifcfeen ©tamme
gehört »or allem ®regor oon Jour^
an, gefl. 594, au« einer alten gaUifcfe*
römifdien gam'lie flammenb; er fleht fcfeon
ber antifen 'SilDung ferner urb mirf t mehr in
einfeitig römifd)sfatl)olifd)em Sinne; fein
^auptroerf ifi bie Historia ecclesias-
tica Francornm, beffer jel)n33üd)et
fränfifdier ®cfd)id)te genannt, morin
ältere heilige unb profane ®efd)id5te, fränfi*
fd)C ®agengcid)id)te unb memoirenaitige
Srjdhlung pon ibm erlebter Jahre in mun«
cerlidjem ©emifd) beifammenfle^en. 2>ur^
feine libri septem miraculorum
fd)lie6t er [xd) jualeid) an bie au§eror^ent^
Mi) große ^atil ber Heiligenleben, welche
in ber ßeit ber 5Werominger auf fränfif tcm
Soben entftanbcn ftnb. 5luf angelfäcfe«
fifcfeem 53oben fleht ben genannten 9D?än-
nern enblicfe ©cba Sencrabiliö jur
Seite (672 — 735), au^ er auf bem StanD«
punfte met)r be« Altertum« unb be« Shrificn?
tumö al« ber SJiationalitdt feine« 25olfeg
llehenb; feine fflerfe finb tai Such oon
ben fed)ö 2Beltaltern, bie ®runbliigc
ber meiften Uniperfald)ronifen be« 'Drittel«
altera, bie anglifdje Äirctengef d)id)tc,
ein *J[JJ a r t 9 r 0 l 0 g i um unb O fi c r *
tafeln; er ifi ber Hiiwpt^srtreter bct
angelfächfif'dien Silbung, meldje beftimmt
mar, bie altere. au« 3 i^ I a " b fiammcnbc
'öilDung abjulöfen unb ju »ertiefen.
n. !BonÄarl bem ®ro§en big
inbieÜJlittc bcöl3. 5ahrf)unbert«.
ÜJJit bem IlufiretenÄarlö bc^®ro§en
unb feiner 'Bemühungen umeine Ijöhcre, bem
®eifte unb ber Jorm be^ "Jlltertumö mür«
big jur Seite fiehcnbe Silfung fe^t eine im
engern (Sinn beutfcfee ®efchid)ifcfereibun9
ein, bie nun and) fachlich oon bem
®lanje ber Il)atcn Äarlö unb feinet '^aü»
feö getrugen mirb. Unter ben Ü/Janncrn,
bie ^ail an feinen Hof berief, fmb ber
"Jlngelfad^fc ^Ifuin unb ber fiangobatbe
®cfd^id)tfcöreibung.
203
*PauluÄ Diafonu«, ÜBarnefribd ©o^n,
fclber auf bcm %i\tt ber ®cfc^id)tfd)rei=
bung tbätig gewcfcn, Qllfuin mit ©iogra?
pbicn foI(l)ct -inänner, bie fic^ in bem
5Dicnfi ber ^ixcbt auögcjeicbtict l)Qtten,
^auluö mit ^cr ®ef(i)icfttc ber 33ifd)öfe üon
ajlc^ unb ber ®efd)i(^te ber ßangobarben,
tüeld^c jVüar nod) tef)r an bie Dorfarolins
gifcben 93oIEägefd)icbten erinnert. Die 93c«
beutung ber nun ^eröortretcnbcn jablreid)en
®ef*i(^tf(^reiber liegt in erjler öinie in
ber 5öcberrf(^ung ber ^otm, ber €pradbe
unb 2)atftetlung, bie unter ben ÜJJeroroin«
gern ber fcftrecfiicfcfien Jlofjeit ant)eimge*
fallen maren. 2)icfe SOiänncr [(^reiben mit
bemühter D'Jarfjaljmung ber ibnen befannten
latcinifcfeen 93orbilber, tai 6ucton, Saciiuö
u. ?l. üJJan unter[(^cibet aber jrcei ®rup5
Pen. ^m älteren gef)ören bie am ^ofe
kaxU felber Icbenben ßebrer unb beren
unmittelbare, ebenfalls bem JP>ofe ange^ö«
tenbc ®cl)üler, namentlidb 5lngclbert,
ber ^omer ber tarolingifd^on ^Ifabemie,
ber ein (Spoö auf Äarl Derfii§t f)at; bann
<Sinf)arb, t»on bem 21nnalen, bae ßeben
Äarl^ unb ber 93cri*t t>on ber Übertra-
gung beö {)eiligen SKärtprer ^Petruö unb
2>?arcellinuö erhalten nni»/ wni» i^Jit^arb,
ein eifriger Qlnbänger Äarl^ bc« Labien.
<Sine jüngere ®ruppe bilben ÜJJänner, bie
»on ben S^itgenoffenÄarl^ angeregt rour*
ben unb burc^ rt>el(f)e erft bie neue 33il=
bung in Weitere Ärcife getragen murbc.
Der SOf^ittelpunft biefer unter ifubmig bem
S5eutf«^en jur ^öf)e gefommenen miffen«
f^üftlicben Silbung, moju eben au^ bie
©ef^iditfc^reibung je^t jä^lt, iti gulba
unter JRtiabanu^ iDiaurud, bejjen 6(^ülcr
u. ^. bie ;^i(iori?er SRubolf ». gutba unb
SBalafrib ®trabo, *}lbt üon SReidjenau,
ftnb. Unter biefen ®clef)rtcn bilben ^xä)
nun bie formen ber |)iftoriograpbie au^,
toelcbe im *Dlittelalter bie l)errfcf)enben ge«
blieben ftnb. 3)aju gel)ören in erfter ßinie
bie *Hnnalen. ®ie cntjletjen auä für«
jen l)iftorifd)en D^Joti^en, bie anfänglid^ auf
ben SRanb ber Ojlertafcin gefc^iitben unb
öQmäblic!^ burd) gcgcnfeitigen *llu«itaut"c^
ocrmebrt, jufammengeorbnet, nacb Umfang
unb 3n^alt erweitert mürben. &k ge^en
»on Derf^iebenen *Punften auö, befonberi(
unterfcbeibet man aber bie SReic^ö«
ober Äönigäannalen, an benen (Sin*
i^arb beteiligt gemefen fein foü, unb jabl=
reiche Älofterannalen. ^uU^t f onnte e«
gefct)et)eti, ta^ ein gefcf)icfter 'Wann ben
gegebenen rot)cn ©toff überarbeitete unb
«in n)irtltd)C(^ äufammen^ängcnbeö ®es
fd^id)t«tt)erE barauö t)erfietlte; gegenüber
ben älteren ober fleineren Qlnnalcn,
bie fxd) übrigen« fortmäbrenb mieberbolten
unb neu entfianben, nennt man bie barauö
bergeftetlten größeren ®efcfti(^tänjerfc grö»
^ere Qlnnalen; jtc fmb im 9. unb
11. 3abrl)unbert jur ^öd)(ien Qluöbilbung
gelangt.
9?eben ben ^nnalen bat bie 3cit felb«
fiänbige ®efc^i(^tgwcrf e biogra«
pbtfdber 9?atur unb eigentliche 3«*^-
gefdbid^ten ^eroorgebrad^t, bie frc^ an
bie ©cgenmart anfcf)lie§en unb ben mebr
fad)lic^ gebaltenen 21nnalen gegenüber eine
freiere, für i^ren ®egenftanb eingenommene
Sebanblung aufrreifen. Solche 2öcrfc,
}u bencn ßin^arb^ ficben Äarl^, tii Stierer
Sbor 93ifd)of«i 2)egan, T heg an ober
Theganus ßeben ?ubmig beä frommen
jäblcn, ftnb ftarf politit'cfeer 9tatur.
33on einer brüten ©attung öer ®efcf)id^t=
fcbreibung, melcbe fid) neben ber ©egenmart
^ugleicf) ber "ö ergangen^ eit ^umenbet,
giebt eä wieder ^mei tierfct)iebene ^rten.
i)ie allg emeine ©efc^icl)te ber älteren
Seit, bie Unioerfalt)iftorie, bilbet fid? in
ber 6t)ronif au^. Dbne üiel Äiitif unb
Urteil werben für biefe ©attung beibnifcftc
unb d)riftlid)e, ^ifJorifdbe unb anbere SBerfe,
xx)a^ bem öerfaffer ju ©ebote fiet)t, beuü^t
unb jufammengetragen. <}1U äußere yiai)'
mcn benüßen fie bie fec^ö aetates beö
3ftbor unb 'Btia, geben römifi^e unb
beutfd)c ®ef(i)i(^te unoermittelt nebenein*
anber unb werben erft bann auöfü^rlic^er,
wenn fie mit iljrem Stoffe in bie ©egen*
wart gerücft finb; auö farolingifcf)er 3eit
finb fold)e ßbronifen üom ©rjbif^of
"Jlbo oon *Bienne, oom 'öifcbof 5red)ulf
00 n iCifieuf, einem ©d^üler 'fi^abanö,
unb »om 2lbt SRcgino oon *Prüm er*
ballen.
2)ic anbere 5Irt rüdwärt« fc^auenber
©efcf)id)t'8büc^er befc^vänft ^x<i) auf ein
ßanb, ein 93olE ober nod) mebr auf
eine befummle ßoEalität. ^voax Solfä*
gefc^ic^ten wie fte SaiTiobioruö, ©regor
oon iourö unb '}5aulu« Diaconuä oerfa^t
Ratten, fommen in größerem Umfange nid)t
mebr oor, nur fompenöienartige ^ufjeid)*
nungen giebt eö auf ciefem ©cbiet; bagegen
ftnb bie ®efd3id)ten ber ein j einen
Siötümer unb Älöfier je^t bäufiget
unb bebeutenber. Sie fd)lie§en fic^ an bie
Drte an. wo bie bebeutenbften ßebrcr ber
3eit wirftcn, unb erblübcn balb ^ier balb
ba ju reifer (Entfaltung. 2Battenba^
f)at feine Betrachtung ber mittelalterlichen
204
®ef(^ic^tfc^rei6unfl.
^ijiorio grapMe nad) biefcn lofalen ÜJlittel*
punftcn geotbnet unb für bie Äarolingifc^e
3cit jumal ben Älöjictn unb ißifcftoföfi^cn
gulba,^et^felb, aJiünfier, Sternen,
Hamburg, ßoiDcp, ©ianber^^eim,
Jticr, ^rüm, ®t. ©allen, iReicftcs
nau befonbere 2)arfte[Iun9cn gcrctbmct.
S)er 6.1)arafter bcr ^ijioriograp^ic, ben
bie farolin9ii'cf)e 3^'^ au^gebilbet ftatte,
erhielt f\d) im ganjen big in bie üJiitte
t>ti 13. 3Qf)T^.
3ttjat trat gegen ia^ ©nbe beö 9. ^ai)xk-
in bet ©Übung ©eutfcfclanb« überf)aupt
eine etwa fünfjigjdfjrige *Paufe ein, burc^
innere unb dufere 2ßirrcn {jeroorgebradit;
nacfjbem jcboc^ Dtto I. bie ÜJJadjt beei SReic^eä
neu begrünbet t)atte, traten auc^ bie alten
gcijligen Äräfte njieDer auf ben @d)aui>Ia^.
hoä) bilben bie ©efcfeidjtäfcfcreibet biefer
3eit feine befiimmte <Sd)ule mc^r,
treten »ielme^r an t>crfd)iebenen Drten
unter ganj Pcrfcfjiebencn S!3ert)dltniffen auf.
S)ie gröpten unter ibncn jtnb Sffiibutinb,
S^ictmar unb Ciubpranb. 2Bibufinb,
SWöncfe Don ßortep, fct)rieb brci Süd? er
fäd)fi[d)cr ® efd)i(i)ten , bie mit ^er
Urgefc^idjte beä ©ac^fentoolfeä beginnen.
(Bein ÜJJufier ifi ©aüufi, nnb er üerroeilt
in epifd)er SBeife öorjüglict) bei ber
gc^ilberung ber 6(i)lad)ten unb anberer
33egcbenl)ctten; er ift einer bcr »orjüg-
Uapcn ©d^riftjieaer :be« •mittelait.-r«.
j;t)ietmar »on OTerfeburg, Sifd^of,
976 — lOls, »ertt>anbt mit ben Ottonen,
gebac^te in feiner ßbronif cor allem bie
@(i)i(ffale bes Siötume Ü)krfeburg barju=
jtetlen, rt>o;u freilid) mit i)Jottt)enbigfeit
bie (Sefdjic^te beö Dttonifd)en ^aufcä ge=
borte, unb ta er überhaupt ein 33udi
fd)rieb, fo legte er nebenbei barin aud)
5lüeö fonft nieber, mas ibm benfmürbig
fehlen, alle tleincn unb großen (Srkbniffe
unb «300 er in anbern !Büd)ern fanb
fiiubpranb d on ßremon a, gell. 972,
ifl jmar ein ^t'^'i^ner, bod) lebte er am
.^ofe Dttoö beö @ro§en, fd)rieb einen
Seil feiner Sücf)er in S)eutfd)laut) unb
befd)äftigtc ftc^ grö§tentcil0 mit bcutfd)en
Segebenbeiten. Sein ^auptmerf l)ei§t
^ntapobofis, b. i. Sßieberoergcitung,
meil er ftd) mit bcmfelbcn an Äönig
Screngar üon 3tili"i P rächen gebcnft.
©g ift ah'o eine ?Jartcii"d)rift, leibenfd?aft=
lid), auffatlenb, buntfcbecf ig . bie erjdt);
lenbe 'Xhofa »iel burd) ißerfe unterbrochen.
5La0 Suc^ ift 3titgefct)id)te im umfaffenb^
flcm »Sinn, ba ber Serfaffer mit großer
i)ifiorifc^er Äunfi 'Jlllcß, maß in ganj
(Juropa gef(I)ie^t, in ben Ärciö feiner (Jr*
jd^Iung bineinjiel^t.
Übertiaupt fci()icn unter ben Dttonen bie
93Iüte ber Stubien berjenigen aui ÄorlÄ
beö ®ro§en3eit ni(fttönad)geben ju wollen;
roieber trat eine einflu§reid)e |>offd)uIc in^
Hieben, unb jumal Dtto« be^ ®rogen
jüngfier 33ruber, Sruno, (Srjbifc^of oon
Äöln unb ^erjog oon ßotliringen, »ar
ber eifrigjie Seförbrer ber Äünjie unb
SBiffenfc^aften. 35on SKeuem mürbe mit
®lücf an ber ®efd)i($te ber einzelnen 33ids
tümer unb Älöfier gearbeitet, (barju ge«
^ören j. 33. bie Casus sancti galiis
»on Sffebarb IV), roomit fii^ eine
befonbere SDorliebe für b iograpbifcbe
Qlrbeiten oerbanb, bie befonbcrä im
11. ^'iabi^. reichen Srfolg ^atte. 6^ galt
alö ©brenfac^c , 'ixi^ ein bebeutenber
iJJiann, befonberö wenn er bem geijilid)en
€tanbc angebörte, feinen Siograp^en fin^c.
2)aju gebort ta^ Öeben 93runoe Don
feinem ®d^üler SRuotgcr, beö Äaifer*
öeinrid) ü. üon i8ifd)of 'Jlbalbol*
bue t)on Utred^t, ia^ ßeben 93 cm*
marbö, Sifc^ofö oon 4>ilbe«'
l)eim Don beffen altem ßc^rer Slangs
mar unb mand)c anbere "arbeiten, bie
ficb burd) bie beffere *}luffaffung unb bie
fajt burcbgängige 9iücffi(^t auf politifd^c
Ser^dltniffe vorteilbaft augjeict)nen. 2)ie
brei bebeutenbftcn Qöerfc bes 11. jabrl).
aber ftnb folgenbe: S)aö ßeben Äon*
rab II. Don feinem Äaplan 2öipo,
einfach unb getreu, anfc^aulid) unb leben«
^ig gef(^rieben ; fobann "it b a m ä » o n
93 r e m e n (als ©om^err in Sremeu um
1076 gcftorben) Gesta Hammenbur-
gensis ecclesiae pontificum, ba^
Jeben unb bie Saaten ber (Srjbifd)öfe »on
Hamburg unb Sremen, bag trefflid)fte
®ei<^id)t0merf beö nörbli^en 55eutfd)lanbe,
unb bie91nnalen?ambertg pon^erä*
felb, eines 2)lönd)e« , ber bie ®cfc^id^tc
feiner 3^^^ - ^f® beginnenben Äampfcg
jWifcben Königtum unb 5ürftenmad)t,
jmiic^en Äaifertum unb ^ierarc^ie in
mürbiger 9f{ube unb einfach fd)önem Stile
aufgejeid)net l)at. ßambcrt^ 3*^1 «J«. bie
®cfd)id)te feiner 3cit äu fc^reiben; er fängt
aber nad) bem l)errfd)enb3n @ebraud)e mit
ter Sd)öpfung au unb fiellt bann einen
ganj furjen cbronologifd)en 'ilbri^ bet SBelt-
gefd)id)te feinem eigentlichen 'Berte coraug;
bie ®efd)id3te feiner eigenen S^it, bie nad>
unb nad) immer umfatfenber mirö, orbnet
er ebenfatles nac^ Sauren, o^ne fic^ ßreuge
baran ju binben unb ol)ne i>a^ fic^ biefe
®efd^tcf)tfc^rcibung.
205
engere ^o^m ^ei i*ft 5üüe i>(X ©reigniffe
unb bev 'Jluefüfivlicfcfeit bcr SJarfiellung
fiötcnb benicrfbar maä)t. ©ans in ät)nUcf)er
^rt rtjie ßambertö 5(nnaten finb naä) ber
OJtitte bc« 11. 3abrb. einc*Mnjal)l d^xomtm.
bic mit einet auöfübrlidjen, nact) Söt'i^cn
georbneten 3eitgefd)i(f)te cnbigcn, t>on be-
beutenben ^iilorifern ferfa§t niorfen. 2)a=
5U jciblcn |) ermann con SRei^cnau
ober Hermannus Aagiensis, vulgo
Contractus, b. i. ber ®id)tbtüd^ige, mit
feinem ^ortfe^cr 93ert[)olb uon Äon«
ftann, bann Sern^olb oonSäjaff*
baufen ©igcbert Don ©emblourö
unb ®fEe[)arb t>on Qlurad), baruntcr
Sertbolb unb i8ern[;oIb eifrige *Jln^änger
be§ $apfte^. ©inb nun fcf)on"biefe d^ro-
nifen voü lebenbigen Jntereffcö an ben
Gegebenheiten bcr 3eit, fo giebt e^ i>a=
neben etflentlid) bi!^otifd)e ^artei =
f c^ r i f t e n , urhtnblid) belegte *)lrbeiten,
bie blo§ jum ßft'ccfe ber SBerteibigung ober
5lnflage oerfa^t würben. Iiaju gel)ört beö
berübmten Herbert, ®efd)tct)tc beö
SR^eimfcr .^onjilö, bem ber
SSerfaffer feine Srbcbung jum (ärjbifc^of
uerbanfte, bie @efd)id)te beö fäc^ftfd^en
Äricgcö unter |>einrid) IV. non bem
gjJagbeburgcr ü-Ierifer ^öruno,
eine bcftigc ©treitfdirift gegen ben Äaifer,
beö Äarbinatö Benno, Vita et
Gesta Hildebrand i seu G r e -
gorii Vn. papae, cincü rt)ütenben
(Segnerö bcä $apfteö, baö Sebcn ^ e i n =
xxd)i IV, ein fteineö Äunfttticrf, hai
man mit bem Agricola beö Tacitns üct=
glid)cn bat.
@ e f d) i d) t f d) r c i b e r b e r Ä r e u 3 j
jüge giebt eö mebr fran^öftfd)e aU
beutfd^c ; unter bie Ic^tcrn gebort ber fc^on
genannte Sffc^arb »on 5turac^
burc^ feinen Libellas de expu-
gnatione Hierosolymitana.
Sßom 12. 3nbrb. an treten bie Qlnnalen
ober gemöbnli^enßbronitcn fowobl aU bie
einjclnen Sistum^^ unb jlloilergefdiicbten
jmürf ; wo bie leßtern fid) nod) forfmben,
rubren fie meifi pon unbebcutenbcn, namen=
lofen, oft rerfd)iebcnen fii) nad)foIgenben
SBcrfaffern {)er; ben ncuentftebenben Qln«
naien bagegen liegen nun burd)gcbenb
frühere 2Berfe ju ©runbe unb ^War in
gcwiffen ©egenben immer biefelben, in
Sotbringen unb 9^orbfranfreicb Sigbert,
in 'Sübteutfd)lanb, Sdimabenunb Cjierreid)
^erman t)on SReid)enau, unb im
mittleren unb nörblicben ©eutfcblanb
<S f E c l) a r b üon 51 u r a d). 2)ic hi'^m'
I tenben Scbriftfieaer jielien me^r freie aü*
gemeine ©arftetlungen nor, jum %t\l
untcrflü^t burd) bie namcntltd) in qJari^
auffommenbcn wiffenfd)aftlid)cn <Stubten.
®er bebeutenbfie |)iftorifer ber -f^obens
ftaufifd)en 3eit ifi D 1 1 o non %xti>
fing, ©tiefbruber Äönig Äonrab III.,
in qgariä gebilbet, bann in ben (Iifier=
cienfer Drben eingetreten, fpöter 33ifd)of
Don ^reirtng, ber mit Sarbaroffa in
t>ertraulid)en ißer^ältniffen jtanb. ©eine
ß ^ r 0 n i f , iia^ erpe SBerf, ^a^ er fd)rieb,
untcrfc^eibetfic^ non allen ftül)ern ®efd)td)tö*
werfen 'I)eutfd)[anbi3 burd) bie foündnbige
93el)crrfd)ung bec* Stoffes unb bic Sßerarbeis
tung beöfelben nacb gewiffen^eftd^töpunftcn;
feine Dtid)tung ifi me^r pbilofop^ifd) aU
biflorifc^, befonbere fd)He§t er fi($ an
5tugufiin an. ©eine 5lbfid)t iji, ha^ glenD
biefer iffielt unb bie |>errlidf)fcit bcö *Reid)eö
©ottcö äu fdjilbcrn, bie er in ibrer irbifc^en
iöermifd)ung barflcüen will. Söcbeutenber
aU eigentlid)e§ ©efd)ic^täwcrf fmb bie
Gesta Friderici I., bie ©efdbic^te ber
3lnfänge bc^ |)obenfiaufifd&cn ®efd)Ied)teä
unb ber erfien 3af)re 5yriebrid)ä. QSorauö
gcl)t ein 33erid)t, ben ber ^ontg fclbcr
feinem O^cim auf feinen SBunfd) über bie
5lnfänge feiner IHcgicrung jugefanbt bat.
5U?it offenem, Wabrfjcitäliebcnbcm «liefe
ficüt ber ®cf($i(^tfd)reiber jebeö (Sinjelne
bar, obne ben Slicf auf ba^ ©anje jemals
5u üerlieren. Jmmer ifi i^m babet iit
55orm, ber (£d)mud ber I)ar)leüung fafi
ebenfo wicbtig alö ber ^nbalt, unb nimmt
im l)öd)ften ©rabe feine 51ufmerffamfeit in
5lnfprucb. Ottoä oortreffIid)er gortfe^jer
ber Gesta Friderici I. ift i){abewin ober
SRajewin; nid)t minber würbig erfd)eint
ber J^ortfehcr oon Dttoä Cüironif, Otto
üon et. Slaficn.
Sen ®efd)icbtfd)reibern bcr ^obenjiaufen
ftcüen iid) nid)t unwürbig bie ©cfdiic^ts
fc^reiber ber 2öelfen, namentlid) ^einricös
beö Ööwen, jur (Seite: ber ^Probjt ©er^
Ijarb iion Stcbcrburg, |)eImoIb
»on Sofau unb beffcn ^ortfe^cr 3(r noib
00 n Sübcd.
III. iBon ber «Kitte beö 13, 3a|)r*
l)unbertö b iä ine 15. Sa^r^unbctt.
33on ben Karolingern an bis in bie
iDJitte beö 13. Jabrbunbcrtä war hk
bcutfd)e ®efcbid)tfd)reibung me(}r unb mef)r
fom ©elfte unb ber Sebcutung be^ beutfdien
»Reid^eö unb feiner oberfien ^ürjien getrau
gen werben; obwohl fie fxi) »on jabtreis
14
206
®cf^icE)tf(f)teibung.
c^cn ÜRittelpunften geiftUc^er Silbung ani
immer oon neuem lofal bilben mu^te,
gingen »on biefen einjetncn (fünften
t)k [euc^tenbften Strahlen jietö bem MiU
telpunftc ju; man barf oon bicfem ®e=
ft^t^punfte auä bie ®e[ct)i(i)t[^teibung beö
9. big 13. 3a§r^unbert« eine ^tiä)^'
!^i|ioriograpI)ic nennen; eö Ieuci)tet
ein, ia^ [\ä) biefelbe eben infolge bct
jiarfen 3Iu6prägung i^reö innern (J^araE=
tere befio reiner t»on anbern ber ®ef(i)ic£)t=
fc^reibung an^ängcnben S^gen ju galten
üermoc^tc. SOtit bem 3«i^f<itt ber faifer*
Iict)en ^aiit in ber ü«itte beö 13. 3a^r==
^unbeitö ^örte biefe gro§e am iReic^e t)af=
tenbe 'itrbeit [(^ned auf, unb tai ^ijio=
rifct)e S^tercffe manbte [xä) ben neu inä
Seben tretenben gefeüfciafttic^en , rclis
giöfen unb poIiti[(i)en ®eftaltungen unb
@;rf(i)einungen ju. 2)a^ cerlei^t »on je|t
an ber ^ifioriograp^ie einen überaus man*
nigfattigen, ja buntf(i)ecEigen S^araftcr, ber
nod) babur(i riermel)rt mirb,ba§ baneben auc^
bie alten Q^ormen immer no($ beibeßalten
rcerbcn unb [elbft in ber fpateficn3eit Söerfe
entftelien, bie benen beö frühem TlithU
altera na^geabmt ftnb. SDie S<^i)l ber
I)ijiorifci)en (Srf(^cinungen mirb überauö
gro§ unb für einen ÜJtann faum mc£)r
überfebbar, unb an nielen fünften burd()=
mift bie ®cf^icbtfcf)reibung t>on neuem
ben *Proje§, ben fte für bie ®efamtbeit
in ben »ergangenen 3i'<f)i^^iiiiberten burc^*
gemacht f)attc: auä annaliftifd)en, cinjelnen
Slufjeicfjnungen ermäc^ft aümäi^lid) eine
jufammen{)ängenbe SDarfieüung, bie erj^,
wenn tai @lücf ii)r günfiig ijt, nacf) länge«
rer Qnt ^u eigentümlichen, felbjiänbigen
SBerfen t)ö^erer @cfc^i(J)töbarjietlung fxc^
auffd^mingt.
@o ij! nun aud) für bie 3cit beö 12.
unb 13. 3ö^tf)unbertei eigentümlich, ta^
bie ®efc^icl)te con neuem 3üge ber (Sage
in ftcf) aufnimmt, »on ber fte ft($ in lan=
gem .Kampfe loögeriffen l^atte, freilid^ jum
Seil baburd^ bcfiimmt unb betrogen, haf,
f\t in gelelirter, t>ornel)mer Dppofition gegen
bie im Solfe lebenben fagenbaften (5;rjäl;=
lungen falt geblieben mar. 5lm früfjcfien
ftatte ftc^ bie ®efd)ic^te in gorm »on
beutfd)en erjä^lenben ©ebic^ten
an bie Sage angcf^loffen; biefe gingen
aber »on einem greife ber 93ilbung au«,
tt)el(^e bem l)öfifcf)en Seben nac^ feiner
bic^tcrifc^en Seite ^in jugemanbt mar.
S)ic Äaifer = e^ronif geprt baf)in,
»Deiche in l)öd)fi p^antaftifct)cr SBcife unb
mit ßegcnben untermif(f)t bie ®cfcl^ici)tc ber
römifcf)en Äönige unb Äaifer »on 3uliug
(Saefar an bi^ auf Äonrab III. erjö^lt,
eine Kompilation »erfd^iebcner ®tüctc; »on
mel)reren SßeltÄronifcn, j. S. »on
iRubolf »on @mö, ijl blo§ ein biblt»
fc^er 5lnfang fe^^tig gebieten; 3anö bct
Snenfel f^rieb eine folc^e als SBorflücf
feineö öfierreid)ifc^cn ^Jürfienbudteä.
5tber in bie bifiorifcf)en Söerfe felbfi gc«
minnt feit ber a«itte beö 12. ^a^r^unbert«
bie fagen^afte Überlieferung immer melit
Qlufnabme, bebingt unb f)crüorgerufen burdö
bie immer breiter merbenbe einfeitig fird^»
lic^;pl)antafiifc^e, ben SBunbern jugencigte
^luffaffuug bes Äleruö. (gine mud)ernbc
J^üüe trabitioneüer Überlieferungen fe^t
[xi) an bie ®efcf)i(I)te an unb »erfüllt unb
»erbecEt bie SBa^r^eit. Tlan fte^t hai be»
fonberö an ben ^trbeiten be« ©otfricb
» 0 n 93 i t e r b 0 , mafjrfdjeinlic^ einem ©a$»
fen, ber aber lange in 3talien lebte. (Sr
»erfaßte für ben jungen Äönig ^cinri(f)VI,
ein pt)antafiif(^eö öc^rbuc^ Speculum Re-
gum, fobann eine poetifcf)e Sßebanblung
ber Ibaten griebric^ I.; biefe (Poefxe na^m
er in fein wieberum ^cinrid) VI. gemibmcteö
2Berf Memoria saeculoram auf, hai aui
$cofaunb23erfengcmifcbt bie ganjc Sfficltge»
fcf)i^te umfaßt, unb alö i^m Otto« »on
g^reiftng Gl)roniE befannt mürbe, über*
arbeitete er barnai^ feine aBeltgefcbidE)tc
noc^malö unter bem fRamen Pantheon,
$ier juerft firömt bie ganje gütle ber
J^abeln au^ in bie gelehrte ®efd)icbt5
fd)reibung, über ben Äreuäjug Äarlö be^
®ro§en, über bie Dttonen, über ^einrid^ III.
*Hbf'unft unb ®eburt. ©aä *Pant^eon l)at
ben größten (Sinflu^ auf bie fpdtern Qtuto«
ren ^eutfd)lanb'ä unb 3lalien^ ausgeübt.
Sefonbtr« grof t»ar ber 6inf[u§, ben
in biefer $inftd)t bie Settelorben auf
bie 5lrt ber ®efcf)id^tfcf)reibung übten, ^üx
Sofa[gefdbid)te t)atten biefe anfangli^ me*
nigjienäi fein 3ntereffe,ba fte fatjrenbeDWöui^e
ol)ne ®runbbeft0 waren. @ic fcf)rieben
®cfcbirf)te, um |)anbbüd^cr für i^re 2)iö*
putationen unb (pvebigten ju babcn, mobci
es il)nen nid)t auf ben politifcf)en Sn^^It
ber®efd)icl)teanfam,fonbernauf®efd)id^ten,
bie ftc^ gut anmenben liefen, entmeber in
ber goTm »on Äompenbien jum ^anb«
gebraud), ober »on ®nct)f lopäbien, in
benen fte aücö nod£)fcf)lagen fonnten, maö fic
beburften. *2lnfängUdt) mar es blo§ 2Belt*
gcf(^id)tc, mofür fte 3;eilnat)mc l)attcn;
fpäter, al^ fte in größerer *llbt)ängigfeit ju
i^ren 2Bol)norten ftanben, befd^ciftigten pe
ftc^ aud) mit ber 2lbfaffung »on ©täbte«
®c[cf)i^t[cf)rcibung.
207
ober ßanbcö9cfd)i(i)tcn. 35ic t)erüf)mtePe
{Sncpftopäbie, bie auö bem S)omttttfa =
nerorbcn ^cniovgincj, i^ ta^ Specalum
quadrnplex beä Sinccnj Don 23cau'
»ai^, I24i cjefc^rieben, tai in Speca-
lam naturale, doctrinale, morale unb
historiale jerfäüt; ein üon SBincenj felbfi
bearbeiteter ^tueijug beä Specalum histo-
riale f)ei§t Memoriale Temporum. iRocf)
größeren (Sinflu^ Ijattc baö Sßeri: be^ 2) o-
rainifanetä SlJhutin nonüroppau,
auc^ SOhartinuö 'i* otanuö genannt, ber
balb fcift ber au0fd}Uc§Iic^c ®cf^ic^tälef)rcr
für bie fat[)oIi[d)e 2Bclt würbe. (Sr voax
auö Sroppau im jlonigreid) ®öbmcn gc^
bürtig unb lebte lange in 91om ciU piipjt^
lid)cr Kaplan unb *Pönitentiar. Seine
2BeItgefd)id)te »urbc alö ein Äompenbium
für 2l)cologen unb 5?anoniften gefi^rieben.
(äö ift eine ganj oberf[äc^lid)e, tnerar($i[d)e
3tt)e(fe iierfolgcnbe Kompilation , burd)
weli^e bie ja[;lreicften ®efd)id)t^fabeln crft
re^t feften ^u^ gefaxt unb |)crv[d)aft ge»
tüonnen baten. 25er äu§evUd)en @inricö=
tung na^ ftanben fid) auf je jwei Seiten
bie ^äpfie unb Äaifer gegenüber, jebe Seite
^atte 50 3filcn, jebe 3^'^^ ^'^'^ füi^ ei"
3a()r be|limmt; Dom ^a{)Xi 1276 an, wo
brci $äpf!c jufammen t)atten ocrjeii^net
werben muffen, ijbrt bicfe (Sinridjtung auf
iinb beginnt eine mef)r äufammenl)ängenbe
liberfid)t ber föreigniffe. 2)urcf) 33ruber
SDiartin fam bie ^abel oon ber $äpfiin
3of)anna, oon ber (Sinfe^ung ber fteben
.$?urfürflen unb überhaupt bie ganje grunb=
falfd)e <}luffaffung ber (Sefd)id)te in <3luf=
na^me; benn bie (It)ronif ücrbreitete fxd)
in alle ßänber unb ®prad)en. Sie forg«
faltige, grünbUd)e unb tritifc^e 6rforfd)ung
ber ®efd)i(^te be§ frühem SDlittelaltevS
würbe burd) biefeö SKa^werE fap ooüftdn=
big erfiicft.
(5ine ä^nlic^e Stellung wie bie ß^ronif
beö SWartin Don Xroppau nimmt baö um*
fangreid)e Sßerf Flores temporum ein,
iai einen SQlinoriten jum iBerfaffer bat;
alte 9'iad)ric^ten nennen il)n bcn ÜJiino»
riten 9JJartin, ober |)ermann ober
^ermann ©pgaö; eä fd)eint eine Äon=
furrenjarbeit gegenüber bem 'iöerte bce
S)ominifaner^ ÜJkrtin ju fein.
Cit)arafterifiifd) für bie ®efd)i^tälitera«
tur beö fpdtern ÜJJittelalterö ifi im ferneren
ber 5unet)mcnbe®ebraui^berbeuts
fd)cn Sprad)e. !öon bcn mel;r fagen*
t)aften bcutfd)en SReimgcbid)ten war fd)on
bie 3ftebe; an fie fnüpfen ftd^ je^t eigent^
Iid)e SRcimd^ronifen, Derfd)teben nad}
bem Sn^alt unb ber 3nbiDibuaUtdt be^
23erfaffcrö, mitunter Bearbeitung lateini»
fd)er Quellen, ober eigene treuere ober
freiere 2)arfieüung ber J^atfai^en. Sie fmb
am wid)tigPen, wenn gicidjjeitige Begeben-
t)eiten ben ®egenftanb ber 2>arfiellung auö»
machen. Jiem SJiorben 2)eutf(^Ianbö ge=
^ovt ©otfrieb ^agenö 9teimd)ronif
Don ©öln, Dom ^aljxt 1270, bie ßicf»
Iänblifd)e ß^ronif eine^ Ungenann«
ten; bem Süben bie Dftcrrei^ifd)e
(Jt)ronif beö Dttofar Don ^orued
auä Steiermark, auö bem (Snbc beö 14.
^a^rfiunbertö, ein SBerE Don fel)r leben*
biger Qluffaffung unb poetifd^cr Sebanb«
lung. 23on -Wicolquö 3ei^ofd)in ^at
man eine reimenbe Überfe^ung ber latei«
nifc^en ßbronif beö bcutfd)en Orbenö in
$reu§cn, welche '4Jeter Don ©uiöburg
Derfa§t ^attc.
li3on gereimten ß^ronifen fd)reitet man
fd)lie§lid^ ju bcutfd)en '^^rofadjronif en
Dor; beren crfie bie Säd)fifc^e Söelt*
c^roni.f ifi, bie man bem (Sife Don Mep?
gawjujufd)rcibenpf[egt, auöbereriien|>älfte
beö 13. 3a()rt;. 2)iefe beutf(^en (5.()roni!en
fmb nun feiten met^r Don ®eiftlic^en,
fonbern Don 5Did)tern , Oted^tögctcörten,
Staatsmännern, bcfonberö Stabtfd)reibern,
Don Sliitgliebern beö Bürgerftanbeö Der«
fa§t; baneben erfd)cinen immer nod) la«
teinifi^ oetfa^te ®ef(^id)töwerfe, wie iai-
jenige beö *DJ in o riten 3ol)anneö Don
*Ißintertl)ur; beö DJiatt^iaö Don
S'tcuburq, ber o^ne St^fifcl $roEurator
beö geifilid)en ©erii^teö in ^ätraBburg
war, unb beö Johann Don Siftring,
5lbt beö Älojierö «Biftring in Mrntf)en.
S)eutfc^c ßbronifen fmb j. 33. nod^ bie
5J^agbeburger auö bem 13. 3at)r{)., bie
Nüwe Casus Monasterii Sancti
Galli beö S^riflian i?,ud)imeiPer,
bie Strasburg er (£f)ronifen beö
©Ijorbcrrn §riebrid) ßlofener unb beö
Jüngern 3«cob Swing er Don Äonigö*
f)ofen, bie ß im bürg er (Elironif beö
Staötfd)reiberö ^obanncö, (5.t;roniEen
Don Bremen, Öübed, Äöln, dlüxu'
bcrg, 5tugöburg, SDJ ag beburg ,
©raunfd)wcig, Hamburg unb Dielen
anberen größeren unb Heineren Stdbten.
SReid) mit fol(^en SBerfen fmb namentli^
aud) bie Stdbte unb ßdnber ber fd)Weis
ä e r i f d) e n S i b g e n o f f_e n f d) a f t
auögcftattet. Wo bürgerliche ^öelbftdnbig«
feit befonberö ftül;e fiarf ftc^ entfaltete:
eö gibt ß^ronifcn Don 3ürii^, Bafel,
Bern, Sujcrn unb bcn Urfantonen. 5iae
14*
208
®ef(i^icf)tf(^rcibung.
btefc aSerfe pflegen mit fagen^after, jum
Jcil Idct)erli(^et , gcrabeju fabrijiertcr Ur«
gcf^id)te anju^ieben, «äf)rcnb i^re 3)ar=
fletlung fpdterer Sertjältniffe burcf) ge-
funbe 5Iuffaffung bcr 33er{)äItnifTe, burd^
bie frifd^e, naioe, Icbenöh)a{)rc ©rjä^Iung
ftd) auöjcicftnct. ®tji [pätet gcf(|rieben,
aber in i^rer (Snt|!cf)ung fd^on bcr Dor^
refotmatotifc^en S^xt ange^ötig ifi bie an
fagcn^aftcm ©toff feiten teicE)e (^^xonit
beö fct)h)cibifd)en ®ef(i)lec^teg
bcrer von 3ini"i'^^"-
9ieben folgen SRid)tungen gibt cö auä)
immer noä) Sifcf)ofö= unb Älojierd^ronifen,
j.a3. bieD^ei^enauer (i^xonit beö ® a 1 1 u ä
Dc^em, fieben^bcfd^reibungen
angefe^ener Ocifilid^er, 2Beltcf)roni?en,
bie tc^tcren balb rein annaliftifi^ , balb
na(^ Äaifern unb Königen georbnet, unb
mit tt)eitf(^icf)tigcr Oele^rfamfeit aufge«
paufd^t; bie Dramen bcrfelben ftnb Spe-
culum historiae, Flores hi-
storiarum, Imago mundi.Cos-
modromium, F as ci culu s tem -
p orum unb Qtijnlii^e.
IV. |»umani^muä unb SRefor*
m a t i 0 n. Tlit ber SBtrfung be^ ^uma=
niömuä auf bie ®cfc^ic^tfct)rcibung macf)en
nac^ langer 3crfplitterung tt)iebcrum cen=
tripetale Senbenjen ben bieder f)errfd)enben
ccntrifugalen SRi^tungen <pia^. 2)ie 33e»
megung fommt natiulid) auä Stalten, Yoo
bie |)ifioriograpI)ie fottJo^I in ber ^lational»
fprac^e nod) bem OJhiper ber großen bitten,
aU in nod) engerer *llnlc^nung an bie
5ltten inlateinifd)er®pracf)e gepflegt nnirbe;
bie |>auptnamen jener erj^en 9flici)tung
ftnb 9Jiacd)ia nein (1469-1527) unb
©uicciarbini (1482—1540). ^aupt=
Vertreter ber lateinifd) fcf)reibenben $ifio=
rifer finb Flavius Blondns, gefi-
1461, Aeneas Sylvias Picco-
lomini(Piasn.), 1405 — 1464, B a r-
tholomaeus Piatina, 93ibliott)e=
far am Satifan, gefi. 1461, beffcn über
de vita Christi ac de vitis snmmoram
pontificum Romanornm faj! in alle @pras
d)en, aud) in bie beutfc^e, übcrfe^t njurbe;
Julins PomponiusLaetus, gcfi.
1497: de Caesaribus unb de Romanae
urbis vetustate ; RaphaelVolater-
ranus, geft. 1521: Commentarioram
nrbanoram libri 38. 2Banbten bie ge»
nannten Staticner i^r ^ntereffc mef)r bem
römifcf)cn 5lltertum ju (boc^ ^at Aeneas
Sylvias ben Otto von Freising unb ben
Jordanis benu^t), fo rid)tetcn bie beut*
fc^en, r»on ben 3talienern angeregten.
^umanifien i^r 5lugenmerf auf bie Quellen
einbeimifc^er ®efc^i(^te , unb befonberg in
2Ö i e n beförbertc Äaifer SD^ap t>nterlän=
bifc^e ®efd)ic^töbefirebungcn, er lic^ nad^
alten Urfunben unb Sf)ronifen fuc^en unb
betof)nte jebcn ^^unb; rüftige SBud^^änbler
üeranjialtcten 31ut^gaben ber mittelalter«
lid^en aucdenfd^riftftcQer, beö 3orbani^,
'Jßauluö jDiaconuö , ©regor con lourö,
©igbcrt, ßuibpranb, Dtto ron 5'^<^if^n9-
©Efarb u. a. Qvoai »irfte bie Vorliebe
für ©rbic^tungen, Sagen unb ilfiärdf)en
noc^ lange nacf), njie 5. S. 3 "!)«""
»onJritten^eim, Trithemins,
1462 — 1516 namentlidö in feinem Chro-
nicon Hirsangiense PoK Don fold^em
(Stoffe iil. SBaö bie ©pracbe ber beutfc^en
bem ^umani^mu^ jugejä^Iten ®ef(^id^t«
fd)reiber betrifft, [0 ifi biefelbc t>orläufig
nod^ bie Iateinifd)e. S)ie |)ervorra=
genbften 9'Jamen ftnb ^artmann@ct)C5
bei, 1440 — 1515, mit einer SB e 1 1 *
d^ronif, S^cob SBimpfeling,
1450 — 1528, 3of)an"2;urmair ober
Qt t) e n t i n u ö mit feiner b a i r i f d^ e n
(£ f) r 0 n t E, bie er felber aud^ beutfd) über=
fe|te, Gilbert Äranti, geft. 1527 mit
ber Saxonia, ©pic^^ammer ober
3o^anneö (Euöpinian, gefi. 1529, ein
5trjt auöSßien: de Caesaribus atque
imp eratoribns Romanis; Beatus
Rhenanus, gefi. 1547 mit Rernm Ger-
manicarnm libri III. SKelirere biefcr
SDJänncr rcidtjen fcf)on in bie 1Reformation^=
jeit hinein unb I)aben mcfentlid^ jum Qtuf=
■fdf)tt)unge beö geifiigen ßebenö in meiteren
al^ bloßen ©eleljrtenheifen beigetragen,
jumal baöurdf), \>a^ i^re Sucher früt) in
beutfd)en Itberfe^ungen erfd^ienen. ©anj
beutfd^, nad^ "^luffaffung unb (Spradt)e, unb
in t)ot)em S)Ja§e Polfötümlid^, jugleiii ge=
tragen r>on ber religio fen unb politifd^en
3bee bcr bcutfd)cn Oteformation, geübt an
ben bcfien S[Hujiern beä 3ntcrtumö, bie,
mic ßaefar, ©alufi, Jacituä, ©ueton, ^txo'
bot, 2:t)ufi)bibeö, 3£cnopf;on unb ^lutarcfe
bem Solfe je^t felber burdt) libcrfc^ungen
nabc gebraut würben, treten je^t eine ^n»
ja^l beutfd^er ©efc^id^tfd^reibcr auf, bercn
SEßetfc jum ©d)ön^en gcf)ören, maö bie
SReformation t)ert>orgcbradf)t ^at. ÜBicber
ifi bie ©c^meij befonberä reidf) in biefcr
Scjic^ung; i^rc üBertreter ftnb Soad^im
t>on2öatt, ©efd^id^te ber5tbte beö
Ätoficrö ©t. ©allen, Johanne«
©tumpf, 93efcbreibung ber ©ibge»
noffcnfd)aft, SuIIinger, iReforma»
tionögefdf)i^tc unb 2(cgibiu^
®cfcncnf(i^ic§cn — Gesta.
209
Sfd^ubi, €c^tt3cijei- (S^ronif, bcr le^tgc»
nannte feiner religiöfen unb politif^cn
SteQung gemä§ mef)r ein ÜSertreter bet
älteren (Rid)tung unb bat)er befonbcr'Ä für
bie fagcnt)afte Überlieferung be^
mü^t. 2)cutfd)lanb gct)ören an bieÄoö*
mograpl)ie©ebaftian iDtünjlerö unb
ber vortreffliche ©cbafiian ^ran cE, 'Ber*
faffer eine« Seitbudje« (a[öcltgefci)ic^te),
eineö 2B c 1 1 b u (^ c ä (Sefcftreibung ber Jöelt)
unb ber (Sermania. ^vom reichen ät)n*
lic^e 2(rbeiten biä über ben Schlug beö
16. 3a^rl)unbevtö ^inauä, fie ftnb jeboc^
meiji lofaler 3iatur, barunter 5Jfattl;iaö
Du ab, teutfd)er iRation=^erligfeit, 1669,
bie ^ßommeiifd^e (i^ronif von 3:[)oma§
Äanl^ottt, bie ©peirifcbe von Sljriftop^
ß ermann, bie Saätetifdic vondbriflian
2Bürftifen, bie ®d)aff[}aufcrifd)e von
3ot)anneä iRüger. !2Dic cigentlid) ge*
lef)rte ®efd)id)tfc^rcibung ge^t fc^on mit
ber aJlitte bee 16. S^^^i^^u^bertä in hai
(^^eleifc ber lateinifc^cn Sprache ju*
rüd; \i}x l;ervorragenbfteö 2Berf ift beö
3ol)ann ©leibanuö (1506— 1566) Suc^
de Statu religionis et reipublicae CaroloV.
imperatore. iBon ba an bleibt lange S^it bie
tt)iffenfd)aftlid)c ^Betreibung ber @efd)td)te,
n)clc^e je^t ®efd)id)tönnffenfd)aft nnrb, in
ben ^dnben ber äunftmii§igen, meijt latei^
nifc^ fc^rcibenben ®elc^rten, mäbrenb bie
Stironiflif im engeren Sinne beutfd) bleibt,
immerf)in fo, boB gclegentli(^ bie eine iRid)«
tung in bie anbere l)inübcrgreift.
Dteben be« !öiograpl;i en, bie immer
noc^ bearbeitet lüurbcii, obgleich n^enig
vortreffliche IBerfc biefer 5lrt ju nennen
Wären CäJJattljefius, ßebcn ßutberö;
Qlbam Otei^ner, ßcben be«®eorg unb
€.aöpar von ^'^^n^'^^^i^fl > fiat biefc
3eit, meld}e fo fel)r baö fubjeEtive ®efü^lö=
leben beö (Sinäelnen fieigerte, bie Qluto«
biograpljic aU neue ®attnng ber ®e-
f^id)tfd)reibung eingcfüf^rt. 2)af)in gel)ören
bie ^ufjeic^nungen beö ®ö^ von Scr*
lid)ingen, beö ^ani von Sd)wei«
nicken, be« S^oma^ unb ^eliy ^la«
ter unb bie lieblid^fte unter if)nen, bie
ganj unter bem (Sinbrude bee ,,nufblül)en«
ben ©vangcliumö", im 5tngefid)tc gleich«
fam ßutl)er(^, 5}Jeland)tbonö, 3n.nngliö, (äraä=
muö gefd)ricben ift, bie © a b b a t a beä
@t. ©aüerö 3ol)anncö Kepler, beö>
fclben SOknneä, ber alö Jüngling bem
Dr. ßut^cr im fd)tt)arjen *i5ären ju '^ma
begegnete, al^ ber nod) alä SRciterämann
geflcibete ^Reformator von ber Söartburg
nad) aßittenberg jurüdeilte.
©efcttcnf^ießcn, ftel)e «Sc^ü^enfejie.
©efettfc^aft^ieöcr nennt man biejcnige
©ruppe von 93olt«liebern beä 16. unb beö
beginnenben 17. ^a))xl)., meld)e für bie öuji
unb Hebung l)eiterer ®efellfd}aft awi ben
altern cinftimmigen SBeifen jtttei« unb me^r=
ftimmig umgefe^t würben ; in eigenen ® amm=
hingen ober gieberbüd)ern vereinigt
ftnb jte bie 9'iac^folgcr bcr flieg enben
Slätter geworben. Sie ®cfeUf^aftölieber
ftnb ^in unb wiebet nod) äc^tc 23ol!öliebcr,
entfernen fic^ aber immer mef)r von it)nen unb
werben Äunil=ober®ele{)rtenlieber,inbem bie
ÜRufiferbie älteren Jeyte vevänbern ober mit
neuen von ipnen felbfi ober von gelel)rten
ßeuten verfaßten Seyten vertaufc^en. jDie
erften Sammlungen biefer *Jlrt ftnb bie Wert»
voüften, fpäter finben ftc^ in if)nen viel fabc
^Reimereien unb namcntlid^ SlfJai^a^mungen
welfc^er Seytc mit Welfcben SO^elobien. üRit
italienifdjen unb franjöftfc^en {formen,
'DJiabrigalien, (Janjonetten, ÜlRotetten, 3:ri*
cinien, 3ntr«i'en. SSiUancHen, ®aüiarben,
Souranten, ^ßabnanen, D^capolitanen, Sal«
tareOen, 33olten, ißaüetten, QJarobicn, ^affa=
mejäen, unb juglcic^ mit QlQegorien, mpt^o*
logifd)en SRamen unb Sejeid^nungen, frem=
hin ÜBorten unb JRebenöarten füllen fxä^ ii^t
bie beutfd)en ßieberbüc^er. Slnfangä würben
bie leiteten in tlcinem, länglichem Q-uart«
formal gcbrudt, mit gutem Rapier unb
jum Seil vortreftlid)em iRotenfa^, fpäter
feit 1600 in gewö^nlid^cm Duart auf
fc^ledbtem Rapier unb mit immer elenber Wer»
benbem Scferifts^Jotenbrud. 2)ie wic^tigjien
S)rudortc ftnb fRürnbcrg, gran!furt unb
löJünc^en. Die ®täuel be^ brei^igiä^rigen
Äriegeä unb bie mit Dpi^ auftretenbcn
©ebic^tfammlungen einjelner S)ic^ter laffen
um 1620 bie @cfcllfcf)aftdlieber auäfterben.
®iet)c bie beutfd)en ® cfellfc^aft«»
lieber beö 16. unb 17. Jabrl)., au«
gleic^jeitigen Duellen gefammelt von •$> o f f =
mann von ^alleraleben. 2 Zl)tiU.
ßeipjig. 1860.
Gesta, Geste, Chanson de Geste
®d)on bie lateinifc^e Sprai^e entwidelte
auö bem fonfreten 51u«brude res gestae.
eine in ber altd)rifilic^en ßittcratur f)äufig
gebraucl)te neutrale '^luralform gesta,
baä nid)t mef)r blo« Saaten, ^anblungen,
3Sert)anbluugen, fonbern aud) "Jlnfäeic^*
nungen bebeutet, paraüel bem 2Borte acta,
bem nun vorwiegenb bie geiftlicf)e Sphäre
in Acta apostolorum , Martyrum , Sanc-
toram, Conciliornm u. bgl. überlaffcn Wirb,
wäbrenb gesta überwiegenb bie weltlid^e
unb im engern Sinne bie ^croift^c Spt)ärc
210
Gesta Romanomm.
behauptet. 3"^^^^ »ranbelt eö ftc^ mittels
lateirtif^ in ein tt)eibIicf)C0 ftngularcä ©üb*
fiantit», aU n)cld)cö eö in bie romanifc^en
©prad^en übertritt: ital., profenj-, fpan.
gesta, altfranj. geste, balb fingularifd^,
balb pluralifcf) gebraud)t, mitben Sebeutun-
gen 1) ber 2;f)aten eine^ norne^men ®efcf)Ie^ä
teö, 2) einer ß^ronif, 3) ber ®efcE)Icd)töfoIge
beö ©tammcö. 3" '^^'^ altiranjöftfcf)en
^oeftcijl Chanson degestebcr fle^enbe
Sluöbrucf für hk in cinreimigen jiraben
abgefaßten, fott)of)I jum Qlbftngen alä jum
^erfagen ober SBorlefen bejlimmten (Spen,
junäct)ft auö ben einbeimifcf)en ©agenfreifen,
bann für ^elbengebic^tc biefer ^orm über-
:^aupt, im ©egenfa^e ju ben ritterlid^*
pfifc^cn Romans unb Contes, beren ©toff
anberen Ductien angcprt unb beren gorm,
firop^enlofe (Reimpaare, nur für hau $er=
fagen ober SBorlefen bcjiimmt ifi. S)ic
Chansons de geste fiammen auö ben, im
einzelnen nicfet mefjr erfennbaren .^ȧl^^ti'
unb ©cfc^led^töfagen ber germanif(i)en
(Eroberer unb it)rer SiJaäifommen. Sie äl-
teften iiorbanbenen Sienfmäler äeigcn einen
j^e^nfilbigen , burd) eine ßafur untcrbro^
cf)enen 23erö, mit männlidiem JReimc ober
Qlffonanj unb jirengem 5(bfc^luffc beö
©inneö am (Snbc beä SBerfeö; erji auö
fpäterer 3^**' ^2. 3a^r^., flammt ber
jn?ölfftlbigc i5er§ ober *Mleyanbrincr,
ftelje bicfen Qtrtifel. Seibe SBerfe, ben jel^n»
mic ben jmölffilbigen »crfnüpft ein unb
biefelbe Slffonanj ober ein unb bcrfelbe
[Reim eine unbeftimmte SReifje »on ßciUn
f)inburci) ofine Unterbrechung, biö ber Sid)--
ter ju einer anbern Olffonanj ober einem
anbern iReim übergebt; man nennt bie
Qlbfä^e tirades monorimes. 2^ if)vem
Sntmicftung«gange laffen ftd) brei §aupt*
ftufen ber Chansons de Geste unterfd)ei5
ben. 2)ie erjle fl3criobe d)arafteriftert fid)
hmä) ein trotjigeö Safaüentum, bie (Roheit
unb €elbjifud)t beö fränfifd)en ^clbentuni^,
ben ^aber ber ©tdmme unb ber ^«milicn-
5IRit $l)ilipp Slugujl unb ben Äreujjügen
tt)anbeln fic^ bie Chansons de geste ju
d)rifitid)5ritterlid)en 6pen um, ein opfere
mitligeö, ibcoleä (Rittertum fämpft für ben
©lauben. .^arl unb feine $alabine, ba=
runter befonber^ (Rolanb, fmb fromme
®Iaubene()clben, alle 5ei"be Reiben, b. \).
2Rut)amebQner. Seit ber SÜRittc beä 13.
3at)r(). beginnt bie britte *|3eriobe. 5luö
ben 2lrtu«romanen bringen (Riefen, 3it»erge,
%itn, SRinne unb ©alanterie, eine fub»
jcftioe unb mitlfürlic^e Sefjanblung in
biefe bi^ ba|)in ftrcng epifd^ gef)altcncn
.^clbengebicbte. SBaö t>on biefen SDi(^tungcn
am ßnbc beä SD^ittelalterg nid)t gänsiic^
in (ßergcffen^cit gerät, löfl ftd) in pro*
faifc^e ^oi^ni «uf unb ge^t in (Bolfebüdjer
über. üla<i) 3 ad) er in (Srfc^ unb ©ruber,
Qlrt. Gesta.
Gesta Romanorum hei^t eine im fpä^
teren (Dtittetalter meit i^erbreitetc ©amm<
lung ton moralifierten Parabeln, 5''^^!^"
unb 6r5äf)hingen, bie um hai Jahr 1472
juerfi in Iateinifd)er ©prac^e, 1489 in
beutfcfeer unb oft in englif^er Sprache
gebrudt erfd)ien. Ulaä) ben llnterfud)ungcn
Defterlep'ö liegt bie (Sntfiet)ung ber Gesta
Romanorum barin, ha^ ju einer 3^^^, ^u
ber hai grembartigfte unb SBibermitligfic
moralifurt, b. l). in einem geifilidjen ober
d)rißlid)en ©inn gebeutet ju werben pflegte,
mitflic^ @rä(if)Iungen auö ber römifc|en
®cfd)id^te, ober »ielme^r ©tüde auö rö*
mifd)en ©^riftfteüern, mie fie fd)on feit
langer 3^^^ 5" ^^rebigtjweden gefammclt
maren, au^ lebiglid) jum 3^^^^^ ^^^
S[RoraIir|erung jufammengelteüt unb früher
ober fpätcr mit ber (Bejei<$nung Historia
ober Gesta Romanornm moralizata ober
äbnlid)em Perfetien mürben. 3" «in folcfeeä
©runbmerf mürben nun jucrft Parabeln ein*
gefügt ober anget)ängt,meld}e einer geifilid)cn
ijlu^iegung ftd) Ieid)t anfd^miegten ; bann
nahm mcn nacft (Reigung ober ©clegen*
{)eit ©tüde auf, weld}e jum 93efien ber
ilRoralifation umgefialtet mürben, unb enb«
lic^ evfanb man, oft ungcfd)idt genug,
©rjdbUmgen Iebigli(^ jum Qvotät it)rcr
gcijlUd)en 2)eutung. ©d)Iie§lid) fanbcn
auä) blofe (DJönd^ö= unb |>eiligtngcfc^ic^ten
ohne (IRoralifation einen *lUa^, unb enbtic^
f ehrte fid) ha^ ganje (Bcrl)ältniö um, fo
ta^ bie (Srjäl)tungcn in ben (Borbcrgrunb
traten unb bie (IRoralifationen 9^ebenfad)c
mürben. ®ö iji mal)rf(^einlid), aber md)t
unmiberleglid» bemeiöbar, ba§ bie Gesta
Romanornm in ©Jigtanb entftanben finb ;
bod) tonnte baö 2Berf auc^ bloß in Sng*
lanb, unb jmar auö S)eutfd)lanb, eingc*
fü^rt unb ermeitert morben fein. 2)cr
(Rame bcö erften (Berfafferö ober ©amm«
lerö ift nid)t mel;r nad)jumeifen , bie Qtxt
ber 2lbfaffiing ift gegen (Snbe be« 1 3. 3a^r^.;
oI)ne 3tt'«ifcl l)abcn *Preöigcrmönc^e, menn
nid)t an ber 5lbfaffung. fo boc^ an ber
gortbilbung unb Verbreitung ber iBüd)er
21ntcil. Snbaltlic^ ftnb bie einjelnen ®r=
jät)Iungen fi^li($e (Re(^t^fäQe , gemanbte
(Mntmorten, liftige unb fd)alfl)afte ©treidle,
6f)cgcf^ic^ten unb anbere (Borfdüe it^
täglichen iöebenä, aud) Icgenbarifc^e ©toffe,
©übe — ©lagmalcrei.
211
unb halt) treu erhaltene, balb wunberlicf)
cntjicttte ^Inefbotcn unb erj<if)lunacn aiik
ber alten ®ef(^i(^te unb ÜJJ^tboIogic, fotrie
ani ber flaffifcf)en ®efd)id^tc, ^errüt)rcnb
auö flaffif($en, orientalifcEjen unb abenb^
iänbifc^en Duellen. Dag Sud) tfi »or
ber SRcformation aufev in ben genannten
in franjöfifc^er unb nieberlänbi[d)er®prac[)e
gebrudt tttorben; infolge ber Sffefotmation
unb ber Verbreitung flaffifd^er ©tubien
geriet eö allmäf^Iid) in QSergeffen^eit.
Äritifcfie 5luägabe üon |)ermann Defter*
let), Serlin, 1872; bcut[d)e Ucberfe^ung
^on ©raffe, 1847.
©ilöc, ftebe ß^nfttfefcn-
maSmaUxtl — S)ie Äunfi ber ©Iaö=
bereitung nnirbc im Rittertum fd)on in
umfaffenber SBeife betrieben, junäc^p jur
Verfertigung t>on fleinen ©egenftcinben,
©efäffen, ©cf)mucffad)cn u. bgl. 3)od^ ner?
fianben fic^ fd)on bie O^ömcr aui^ auf bic
Fertigung non Safelglaö , 'bdi fie neben
bcforatifen 3weden aud^ jum iBerfd)Iuffe
ber 556nfi<!i-" braud)tcn. 3" ben Ȋrmeren
füblic^en ©egenben mar aber 'ba^ *J3ebürf»
niß nadi einer müglid)ft lid)trcid}en 33c=
fenfierung geringer alö in ben nörblid)en
fiänbern. |)ier fam baf)er bie Sitte, bic
^enflcr mit ©laö ju »erfc^Iie§en, o^nc
3h)cifel zeitiger auf. '^m 5. 3af)vbunbert
erhalt eine ;^u Si;on erbaute Äirdje ©laö*
fenjler; in €t. ©aüen maren im 9. '^a\)X'
tiunbert bie jllüftcrfirc^e unb bie ©direib*
jiube mit burc^fid)tigcn ©laßfenftern t>cr=
feilen unb mirb ein ©laömadjer ®trad}oIfuö
ermäbnt. 2)a man in biefer 3cit '^(^^ ©In«'
nur in fleinen ©tücfen ;(u bereiten uerfianb,
fp fonnte ber 25erf<$Iu^ einer größeren
Öffnung nur auei einjcinen ^artifeln ju=
fammengcfe^t h)erben; farblofeä ©lag mar
feltencr unb fd)merer ju befd}affcn alg baö
farbige, unb man muf fic^ barum ben
gläfernen i5fJiflwoerf(^Iu§ ber älteren
ilird)cn non tiornberein buntfarbig »or«
fleüen. 2)iefc Umfiänbe fübrten non felbft
barauf, Xia'^ man bie unglcid)cn bunten
©laöteile nic^t regelloä nebeneinanbcr
fügte, fonbern biefelben nad) il^ren iiers
fdiiebencn färben unb g^ormcn jum ^r=
monifd)cn Spiele ju tiereinigen tradjtete,
SU SÜJuftern äf;nlic^ benen, meiere bie 9Wo*
faifen an SBänben unb ^^upöben jeigten.
3ur eigentlid)en ©laämalcrei beburftc
cä aber ber Vereinigung gmeier färben auf
einem unb bemfelbcn «Stüde, ber (Srfinbung
einer @d)meljfarbe, bic ftd^ im ^eucr burd)
einen d)emifd)en *Proje§ mit bem ßofalton
»ctbanb. ©efiü^t auf ein (Sd)reiben beä
Qlbteä ©ojbcrt Won Segernfec (982-1001),
in melc^em biefer bem ©rafen lltnolb für
bie ^^njier bantt, mit benen burd) fein
3utl)un bie Äloftcrfird)e gefd)müdt morbcn
fei, foba§ fe^t bie ©onnc burd) ba« bunte
©lag Bon ©cmälben fd)cine, pflegte man
früt)cr ben Jiubm biefer erfinbung 35cutfd)=
lanb jujufd)reiben, um fo mebr, alg balb
nad)l)er in Segcrnfcc einer ©laöfjütte gc=
bad)t mirb, bie für auömärtige 23eftellcr
5lrbeitcn lieferte. Ob 'itai nun aber mirf=
lid)e ©laggemälbe maren ober blo§ nad)
5Irt ber SD^ofait'en aug einfarbigen Stüden
jufammengcfe^te 5Dlufter, la^t fid) nad) bem
allgemeinen ?lugbrude beg SrieffieOerg,
per discolaria pictararum vitra, nic^t
me^r bejlimmen. Dagegen fprid^t eine
anbere 9^ad)rid)t aug berfelbcn ^i\i un?
jmeibeutig imn ©laggemälben, 'iia'^ nämlic^
ber neugemäblte (Jräbifd)of '■Jlbatbcrt »on
SRl)eimg (gefi. 989) feine Äatljcbrale mit
t^enilern Ijabe fd)müden laffen, auf benen
cerfdjiebene ®cfd)id)ten gemalt maren. 2)a
nun au^erbcm etmag fpäter alg gcfd)idter
©laomaler Diogerug »on 9tf)einig ermät)nt
mirb, in ^ranfreic^ bic iiltcpen 2BerEe biefer
£ed)nif erhalten ftnb unb ber $regbt)ter
3;t)eopbilug aug bem 12. 3*i|)i^^.)ii>''tiert, ein
SDcutfdjer, in feinem Sßerfe Schedula
diversaram artiam,(morin ber®lagmalerei
ein befonbereg Sud) gemibmet ifi, bie be*
fonberc ^ertigfeit beg i^i'-iti^pf^" ii^ ber
©lagmalerei berüorliebt, fo ijl fcf)r \oa^X'
fd)einlid), td^ bie ©lagmalerei in ^xanh
reid) unb nicbt in ©eutfd}lanb erfunben
unb juerfi auggebilbet morben ift. 3^i
^auptfi^ mar bie 9]ormanbie unb bie Um*
gegenb von $arig. 2)ie alteficn bcEannten
^cnfier beg 12. Jabrlmubertg maren bie,
meldje ©raf goulqueg V. oon 'Jlnjou unb
feine ©emal)lin für bie üon it)nen 1121
erbaute Qlbtei Sorouy bei Vernanteg malen
lic§; fte entbielten bie 33ilbniiTe ber (ssttfter
ju ben ^i'^c" ber beitigen 3un9frnu unb
finb erft in bicfem 3al;r^unbert ju ©runbc
get^angen. Die ^a\)\ ber in ^rantreid) aug
bem 13. 3«bvl)unbert ert)altenen ©laggc*
miilbe ift fet)r groß- Die Äatbebrale oon
SBourgeg bat allein 183 gemalte '^tn'^ti.
Von granfreid) brang bie Äunft jucr|i
nad) ©nglanb, bann nac^ Deutfdjlanb,
mo jmar nur bie ©laggemälbe im Dom
ju 51uggburg noc& aug bem 12. ^<x^xt
i)unbert ju ftammen id)einen; bem 13. 3a^t'
l;unbert gehören bie fö^orfenfier ber im
3al)rc 12Ö8 eingemei^ten Äunibertgfird)e in
Äöln an. Von Deutfd)lanb aug fd)eint
gegen bie iüJitte beg 13. 3abrl)unbertg bie
212
©la^malcrei.
©la^matetei nai) Stallen »erpflanjt Wof
bcn ju [ein; bie älteften in Statten ge«
malten ^enfier ftnb biejenigcn ber Äird)e
@. ^ranjcefo ju 3lfftft, »on einem beut[(^en
ÜJieijler Jacob »erfertigt.
SDie Sedbnif ber (Slaämalerei tt)ar btä
jum 11. 3at)r6unbert nod) fcf)r cinfad).
S)aö Jyenfier ttjurbc auö fleinen, farbigen
(SIa«fiü(fen jufammengefe^t, bie man nad^
ber Sorjeicfenung jufcfenitt, fo ia^ bie
Umriffe burcf) SBleifiveifen gebilbet maren;
bie SDJalerei befc^ranftc fic^ auf Umriffe
unb @d)attierungcn mit einer fd&marjen
^lyarbe, bie man auä Äupfcraf(i)e mit einem
3ufa6e t)on grünem unb blauem @Iafc
bereitete. 2)a0 Ginbrennen biefer <Sd)mc(5=
färbe erfolgte in einem feljr unooüfommnen
Ofen; 3eict)nen, ®Ia3f($neiben, iSfalen,
Srcnnen unb 3"fa"inienfe^en ber ^enper
mar gemöt)nlic^ in ber ^anb eincei
Mnfitcrö nereinigt.
SDer @til ber ©laögcmälbe entmicfelte fid)
in biefer $eriobc teile burc^ bie SScruoE«
fommnung ber ©laöte^ni?, teilä burd) bie
Öejie^ung 5um Saußile. 2)ie 23erbefferung
in ber äed^nif befianb barin, ta^ bie
einjelncn ©laöflüdfe at(mii{)Iic^ grö§ere,
gtcid)farbige 5läd)en, ba^er feltcner burd)
Öleiilreifen unterbrochen mürben unb ta^
bie dombination ber J^arbcn ftd) aus*
bilbete. 3n ber iiltefien 3eit I^crrf^te ein
bunfleä, blaues @Iaä uor, ©ap^ir genannt,
mit bem man, gcmö^nlic^ fe^r un^ar*
monifc^, grün unb gelb ^ufammcnf^eUte;
feit bem 13. 3a^rt)unbert mirb ein fcf)öncö
roteö ®Iaö vormiegenb. 5iud) hai färb»
lofe ®Ia0 mürbe je^t bäupgcr unb billiger
als tai gefärbte, unb man üerbanb jegit
nid)t allein groge rote unb mei^e gtäd)^",
fonbern man erfanb bieörifaille, b. \).
bie graumeiBe SÖtalerei mit einer grauen
ober f<^mar^cn ^axht auf roafferl)cllem
©lafe; biefelbc murbc meifi ju arabeäfen^
artigen üliuflern pcrmenbct unb bebedte
oft ganje ^^nP^^; ^'^^ bebiente man ftc^
i^rer ctma jum .^intergrunbc für farbige
Sßilber unb giguren. 23efonberäi bie ßiflcrs
Sienfer, beren [Hegel gemalte genfier ucrbot,
bebienten ftd; ber ©rifaitle. 3ii ber '}[n'
orbnung ber ©laögemälbc unterfcl)eibet
man ben romanifd)en, unb bcn gotifdjen
©til.
S)ie ^cnficr romanifcfcen ©tilcö
enthielten 2)iufler, bie ftc^ in ber iRegcl
in ben bur(^ bie eifernen Duerriegcl beä
J^enjlerö gebilbetcn 2lbteilungen mieber=
holten. Oft batte ein 5|elb in ber Ol^itte
entmcber eine Siofcttc, läufig mit fragen*
^ften Siergefialtcn , ober ein ©c^ilb mit
einer t)iporifd)en ober fpmbolifct)en ©ar«
fictlung. 2>iele ®d)ilber waren meij! tunb,
awi) pieredig mit frei^förmigen Qluö*
bauc^ungen, feltcner üon ber owalcn ober
oben jugefpi^ten ÜJJanbels ober 5ifd)6Iafcns
form. S)üö gan^e umgab eine Äante mit
'ilrabeefen oon 93lumen, 2}erfc^lingungen,
SBappen u. bgl. gebilbet. ©in fold)eö
^enjier erinnerte an bie Seppic^e, mit
bencn frül)er bie genfter üerpngt mürben.
S5er 3nt)alt ber @d)ilber mar eine Srläu*
terung ber ^rebigt ober bejiimmt, ber reli«
giöfen Setradjtung p $ülfe ju fommen;
eine bebeutenbe fünftlcrifc^c SffiitEung ging
oon biefen Q^enfiern nod) nid^t au«. 3n
mand)en Älofierfircften mar t>a^ ganjc ®e=
biet ber fc^olaflifd^cn ?e^re: ®ef(^i(f)tc,
S^eologie, «llftronomie, *pi)9rif, SKuftf unb
*13f)ilofopl)ie in ben ®d)ilbern oerfinnlid)t.
9lud) in fpätern gotifd^en SaumerEen finbcn
ftdb fold)e altertümlid)e ©laäfenjler, tcil^
neben genficrn gotifd)en ©tiles, tnli ab'
fiditlid) ali Umgebung berfelben, um ta^
TOittelfenfter um fo glänjenber |cr»or*
treten ju laffen.
2)ie ©otif forberte tnnoc^ meit l)ö|erm
Tla^t äur 2lnmenbung ber ©laämalerci auf.
5n ben altern romanifdjen Äird)en t)atte
man SBänbe unb 2)eden bemalt mit großen,
jufammenljängenben iiilberfcrien, bie oft
bcn ganzen ^ni)a\t ber biblifd^en ©efd^i^ten
erf(^öpften. 'JIU ber gotifd)e Stil bie
Sßänbe fo niel mic möglief) burc^brac^,
ben ganjcn Q3au in ein ©crüfle oon
fd)lanfen Stuften mit meiten Sögen unb
fül)n gcfpanntcn SBölbungen auflöse, ging
ber malerifd)e ®d)mud oon ben 2Bänbcn
unb 2)edcn auf bie jatjlreid^cn unb gvoBcn
JJenfier über, mcld)eä um fo crmünfd)tcr
mar, aU bie ^üClc beö t>on überall i)ti'
jujlrömenbcn 2id)tcä notrcenbigermeifc einer
fanftcn *JJJilberung beburfte. iluc^ bie '2lrt
ber gotifd)cn ^cnficrglie&crung mar für
bie Einbringung unb ftilijlifd^c 'Jluäbilbung
ber ®laögemälbe eine befonberö günflige-
©er SHaum ätt.nfd)cn btn fenfrec^tcn Stäben,
bcn (Pfoflcn ober Sproffen gab bie J^läc^cn
für bie grö§ern figürlid)cn ©arftellungen,
mät;icnb bie iWaBmerfc ebcnfofc^r jur
ornamentalen Eluäilattung ober ä^r 5tnä
bringung erläuternbcn Söeimcrtc^ geeignet
marcn.
3)cr Ucbergang jum gotifd)en Stile mirb
burd) i>ai 23crbrängen ber blauen ®rünbc
burc^ iRot unb burcf) bie vcic^cre Sntmicfs
lung ber einzelnen (soc^ilbcc oorbercitet.
2)aö Seppidjmupcr murbc blo§ noc^ aU
©laämalerei.
213
.^intcrgrunb, bann aU Sorbürc beibehalten.
"an ©teile bcr ©c^ilbct treten einjelnc
größere, fogar folojyalc g'S"'^«"- ®iff'
erfc^etncn juerft in cinjelncn gtofcrn ^tU
bern bet Seppic^c, bann fclbfliinbigcv, jus
»eilen nur in bem untern Seile bcr JenRcr,
balb Pet)enb, balb auf J^ronen ft^cnb,
unter Salbad)incn ober in Stübten, oor
einem .^intergvunbc, ber oft einfarbitj ifi,
ober bcn ©tcvnenbimmel barftcüt ober iai
OJluPer cineö leppic^ö entbält, ber bie
SRüdmanb ju bebängen fcbeint. ^ilHmab*
lief) (jeben bic Salbad)ine in bie ^'"^•^
bcr gotifi^en Jabernafelfrönungen mit
einem fpi^en ©iebel unb ^lüei i'd)lanEcn
ijiliolen über, foba§ ber ©til bev ®taß-
fenjler ftcb je^t in ber DoOfornmenfien ^ar*
monic mit bem bcö t3oti[d)cn .^ircbenbaueö
bcfinbct. Unter ben turmartigen '8albad)inen
prangten bic foloffalen ©ejtalten bcr !Pro=
pbeten, Qlpoj^cl, ©nangeliftcn, ^eiligen unb
©onatorcn, befonber« ^"i^Pf" ""'' ^i=
fd^öfcn; jumcilen baute man in einem J^enficr
mebrere ®tocfrt>erfe uou ilabernafcln über--
cinanber auf ober ocrcinigte in anberer
Seife igpftcme oon *i3albad)in n, türmen
unb g^ilialcn, bie fid) nad) oben in baö
lleinernc iöJapmerf oerliefen. 2)ic figuren^
rcid)en biblifcbcn ®efcbid)teu unb ^eiligen'
Icgenben oermicö man in htn unterfien
2;cit bcr lyenftcr. 2)ie ßwü^Hini^nficüung
ber garben murbc immer gUinjcnbcr unb
im befonbcrn bic frül;er unbcfanntc rofen*
rote ^IfM'^f»i'^''f gcinöbnlid) burd) farb^
lofcö ®la^ crfctit. .,2)ie DOTalerei mar in
ben gotifd)en Äird)cu oon bcii immer mcbr
eingefd) rauften SDJaucrmiinben unb oon bcn
mit fogenannten alten unb jungen 2)icnftcn
umgebenen Pfeilern gcmid)en unb fafi auf
bie i^enficr eingefd)ranft, b'cr aber erfd)ien
fie in einem neuen unb munberooüen, faft
überirbifc^en 3i'i"''cr unb entfprad) allen
äji^etifdjen Qlnforbcrungen auf eine mu
äbertrcfflid)c SBeifc. ^n bem neuen ©tile
bet gemalten ^y^nf^^n mar ganj unb gar
ber geiilige ®ebanfc, bie 3bee auöge«
fprod)cn, auf mclcbf'^ ^ic (Sntmidelung bcs
Äiri^cnbaueä jur gotifd)en gorm berubte.
Sic bcr ganje gotifd)e SJau mit feinen
bimmclanfircbcnben Sölbungcn, fo erboben
biefc genjier bcn 93lict unb bic (Sebanfeu
über baä S^bifcic, inbem fic baä ^simm»
lif(^c in feinem ooüpcn (SJlanjc \)txän'
llrömen liefen, obne ha'^ fu iaü "Jlugc
oerlodtcn, von bem, maö ha brinnen oor«
ging, ft(^ abjumcnben, um ber 5lu§enmelt
ju gebenfen. 2)cr Äünjilcr ba^te mc^t
met)r baran, burd) bcn ^n\)aU feiner S^at^
fiellungcn hai 25olf ju betebren, er wollte
bcn Slnbä^btigen bie ^Infc^auung bcö |>im«
melreic^ö unb ber .^eiligen entgegenbringen,
unb fie in bie Stimmung oerfe^en , ha^
fic ben ©cböpfer in feinen Serten preifcn
mußten. Qlber nocb in einer anbern ^in»
ft(^t maren bic ©laögcmälbe eine notmen?
bige (Srgänjung beö gotifd)en Sauflil^.
2)ic reid)en J^ormen beö Ic^tern mit il)ren
jabllofen ®inbud)tcn unb Qluöfeblungen
»ertragen feine SBelcu^tung burd) unge=
bämpfieö Sonnenlicht, unb erfi bic far«
bigen (älaötafeln gemübrten bem 3""«"
bicfcr .Kird)en jene gemäßigte, gleid)förmige
(Srleudjtung , bic allein biefcm oielglie»
bcrigcn Stile angcmeffcn ifl. 3)a^u fam
nod), M'^ fclbft bic UnPollfommenl)cit bcr
2;cd)nif eine ber ®ro§attigfeit bcö ©au*
IWcö cntfprcd)enbe Scbanblung ber ©laä»
färben mit fid) brad)te ©ä mar eben fo
unmöglid), bic Slcilinicn mit ber J^einbeit
unb Seid^beit äaitcr unb gefälliger Um*
riffc ju fübrcn, als ben i^arben eine ooH«
enbetc malerifd)c *}lu3fübrung ju geben.
3)aburd) aber mar man ju einer Sebanb«
lungöweife genötigt, meld)e bei bcr ®rögc
unb .^öbe ber 'i^tnitii unb bem ernjlcn 3"-'
baltc bc^ fird^licbcn Silbmcrfeö biefcm
einen mürbigen monumentalen unb roabt«
t)aft religiöfen d^axattn fidbcrte." Unger.
©cit bem 16. 5abrb. fanb ein i beben«
tenbct Umfcbraung in ber Olaömalcrci )latt.
Unb jmar furb eö in erftcr 8iuie bic tc<^s
nifd)cn gortfd)rittc, bic eine Qjnberung be^
biöberigcn ©t^flem^ bebingten. fl'iocb in
ber erften |)dlfte beö 14. 3abrb. begnügte
fid) ber ®la«maler mit einem mofaifartigen
®efügc cinjelner »Stücfe, bereu jcbcä in ber
SRegei nid)t mcbr alö jmei färben, bcn
öofalton unb baä aufgebrannte ©cbttJarä*
lot ocrcinigte; nur feiten fam baju eine
ämeitc '^luftragfarbe, baö fogenannte .^unft«
gelb. S)ie Ic^terc garbe pflegte man erp
nad) bcr ÜJIitte be^ 14. ^al)x\). in umfang=
reid)ercm Tla^i. ju ocrmcnbcn. ®a^u fommt
bie (Jrfinbung beö Überfangglafcö, 'i>a^,
erft nur rot, in ber Seife bereitet mürbe.
baf man biefc ^arbe auf bie roci§e ©Iqös
platte auffd)molj. Sic bilbcte fo eine
jmeite Sage, bie beliebig butd) Qluöfd)lcifen
entfernt werben fonntc. ilam bann mieber ber
farblofe®runb5um23orfd)ein, fo fonnte man
mit i^ülfe Don @d)marjlot unbÄunjigelb, oier
färben auf einer unb berfelben platte oer«
einigen. !13ermittelft bcö Äunftgclbcö er*
äicltc man auf blauem ®lad ®rün, hai
frübcr in befonbcrn 'JJfittifeln gefaßt mcr*
bcn muftc. So murte bem ÄünjlUr er«
214
Olaömalcrei.
möglic^t, ganjc ^Partien oijm bie iJtnrocns
bung ber bleiernen aJiittelfiücfe ju foIo=
rieten , unb bie Schattierung mit aller
5lue!fü^rlict)feit ^u be^anbeln.
3n jftjeiter ßinie roor eä bie im 14.
Sabr^. auf allen ©ebicten ber Äunft jur
^err[d)aft gelangte Hinneigung jum SRealiö«
mu^ ber ^Jatur, ivaä ben ®ang ber
Olalmalcrei beeinflußte. SZÖö^rcnb aber
bei ber altern 5luffaffung ber Äünftler,
burcf) bie «Scfiranfen ber Secbnif feiner
Äunft baju betrogen, feine ®efla(ten unb
©cenerien in beforatitoer Unterorbnung mit
teppid)artiger Umgebung bargefieÜt bitte,
trieben bie beibcn genannten 5ortfd)ritte
ber Ztä)mt unb ber fünftlerifd)cn 5luf*
faffung ben ©laömaler in ©ebiete, bie
auf^er ber 9tatur feincä Stoffeö unb feiner
färben lagen. 3"fff9c beffen fermilberte
einmal bie ilompofttion, inbcm ficfe ber
Äünfiler geätrungen ]ai} , auäfü^rlicbere
©cenen entrticber in einem unoerbältniäs
möBig tieinen 9Jia§ftabe berjufteüen ober
biefelben in ber SBeife aueisubeljnen, ba§
fie of)ne (RücffK^t auf Bnfiolt unb formen
burd) bie fleinernen 'i^fojlen geteilt unb
jerriffen nturben. ©obann litt unter bie*
fem einfeitigen SRealismu« bie früber be-
|!anbcne bobe tjarbenfjarmonie, ba bie
färben jc^t nid)t mebr roie frül;er, mit
rorberrfcbenber JRücEftcbt auf ba^ ®anje
geroablt trerben fonnten, fonbern einfeitig
von ber 9?atur beö gett)ä()Iten ©egenftanbe^
ab[)ingen.
3n 3uffli^"if"f'0!i9 bamit j^ef)t bie fer*
änberte «Stcüung ber Äünftler unb ber
gefeüf(i)aftlid)en 3iij^änbe übcrbaupt. Uloä)
im 13. Jabrb. batte eö SKeifter gegeben,
n3eld)e bie unioerfeüftcn .Renntniffe befaßen
unb in aUen SKid)tungen ber Äunft be=
tranbert niaren; baä fpätere SKittelalter
fpaltete infolge ber erböf)ten Qtnforbe^
rungen ber inelfeitigen Sccbni! bie 6inf)eit
bes Äunflbettiebö unb njieä htm einzelnen
bloß noc^ einen bef(i)iänften Sßirfunggs
freiö an; ber einzelne aber »anbte ftcb
nunmef)r fleinern felbjlänbigcn 'Jlrbeiten
JU, hk fxd) gleicf) ben Jafelgemälben rafd)
unb of)ne ben 5lufwanb allgemeiner Stu«
bien uoüenben ließen. ')tu(^ bie i)iad)frage
fam folcben üeinern 2lrbntcn entgegen,
unb ttiäbrenb bie ®la«malerei bis jum
14. ^ai)xi}. fafl auefd)ließlicb im ftrcblicben
2)ienjlc gcfianben b«tte, läßt fie ftcf) je^t
ebenfogern ju meltlid)en 3»eden braueben,
jum Sdimucfe ber Sffiobnbäufer unb ipro»
fanbauten übertiaupt. 2)aber erftärt ftc^
au(f), ha^ mon feit bcm 15. ^a^x^. »icl
bäufiger aU früf)er ben D^lamen Bon ®Ia8=
malern begegnet, ©efonbere bie iBorliebe
für beralbif(i)e Si^ic^s" %<^^ 5« profanen
(gc^ilbctcien einfloß. Ratten f<^on früher
einzelne ©onatoren ibre SBappen in bie
©laöfenjicr anbringen laffen, fo njoütcn
je^t immer f)äufiger einjelne .Korporationen,
3ünfte,iSruberfd)aften, I^eröorragenbe^^ami»
lien ibre Jeilnabme an ben großen firdE)«
Iid)en Sauten burdp bie Stiftung eigener
Äapeüen bezeugen, an benen man, jum
Qirger ber ®eiftlid)feit, ^eralbifdbe 3^^^^^"
anbracbte. (Snblicb »erlangte feit bem
15. 3al)i^Ö' ou($ bai bürgerlicf)e S!öoI)n:
^auö fein gemalte« ^^nftfi^. fobaß biefcä
balb in SRatbäufern, 3unftf<iten, ©c^üfecn*
t)aufern, @d)löffern unb bürgerlid)en SBo!^«
nungen ein allgemein üblid)er ®d)mucf
»urbe. 9^ur auenabmsmeife mürben me^?
rere foldie i®la0fenfter ju dijflcn auögc»
arbeitet; bod) rt>ar üon einem einf)eitlid)en
ß^arafter berfelben faum ju fpred)en. ©er
gcmö^nlicbe Sn^x^It ber gemalten SBappcns
f(^eiben beftet)t auö einer einfachen 3"*
fammenpetlung fon SBappen unb ©inäel»
figuten, meld)' Ic^tere entmeber mit per?
fönlicber 39e;iebung auf bie $erfon beö
©tiftere beffen ©(^u^beiligen, ober, neben
ben SBappen fon ©tobten unb ©täuben,
beren .f'crolbe unb ^tibnenträger barftetlen.
Qlucfe Sßappentiere , milbe üJtänncr unb
SBalbfräulein oertraten jumeilen bie ©teile
ber ©cbilbbalter, ober eine 2)ame, bie in
grajiöfcr ©tellung unb pompf)aft gcfleibet
bai J^tcinob ober bie .^elmjierbe umfaßt.
5llle biefe ©arfiellungen ijtbm ft^ t>on
einem bunten, grau ober fd)tt)ar5 geflammt
ten 2)amaftc ab. 2)aö ©an^e umrahmt,
balb meiß, balb violett ober gelb, eine
ftidibogige Qlrd)itcftur, fon Pfeilern, ©äu«
len ober fnorrigen ©tämmen getragen,
umranft von S3lattornamenten, treli^e bie
oberen 3>'Pi<feI fällen, ober eä tritt an bie
©teile biefer Ornamente eine 3ogt>» ober
Äampffcene, bie grau in grau mit gelber
Sluftragfarbe gemalt ijl.
3n biefer Qdt tarn c^ nur nod^ auö=
na^mömeife vor, baß ber ©laömaler feine
©ntniürfe felbcr jei^ncte ober „vifierte";
bie SReget mürbe, ba^ ber eine bie ^ifu-
rung machte, ber anbere fte in ©las auä-
fübrte. Q(ud) Oelgcmälbe unb ^oljfdjnitte
mürben auf ©las fopiert, mobei eö aU
©Iücfe;fall 5U betrad)ten ifi, menn bie 2ßat)I
auf Silber fiel, bie ftcb vermöge i^rer3u==
fammcnfefeung auö mcntgen gisu'^f" füt
foId)e Uebertragung eigneten, mie 5. 95.
bie Holjfd)nitte ber Biblia Panperum.
®Ic» — (Sloctc.
215
SDa^ Übcr[}anbne|mcn ber iRenaiffancc
unb beö ^rotePantiämuö förberten ben 2?««
faü ber Olaemalerci, nadjbcm bicfclbc
fd^on burd) 5lu^eracl)tlaffen if)rcr natura
liefen Scbingungen unb ©renjen »on iljrer
cinjiigen ^öbe I^erabgefunfen War. 3n
ben SJiieberlanben, Yoo bie ®la«malerei un«
tcr bem (SinfluJTe ber JRubcnö'fdbcn TlaUx'
fcf)ule nod) einmal ju einer Qlrt 23lüte
fam, galt bicfe Äunft in ber SOUtte beä
17. 5at)r^. al^ crIofcf)en. 3" SBöf^men
tt)ar fd)on 1617 fein Olaömater mel)r.
33efcf)äbigte genfter fiicfte man mit meinem
®Iafe ober rebujierte bie ©emälbe. 3)a=
gegen fam im 17. '^ai)x^. eine SKalerei
hinter ®Iaö auf, bie aU iHJöbel- ober
SBanbbeforation r>errt)anbt nnirbe. Dla()n,
SSilbenbc Äünjle in ber ©d)n)eij. — Unger
in Srfd) unb ©ruber, 5lrtifel ©laömalerei.
— 93ud)er, ®e[d)id)te ber ted)nifd)en ÄünPe.
— SBadernagel, SDie beutfd)c ®Iaä*
maierei.
@kö, fiebe 2 an je.
@Ioäc,mf)b. glocke, glogge, al)b.klocca,
glogga, auö mitteltat. (8. 3at)rf).) bie
clocca, cloca = Äivd)engIocfc, meld^eä ju
af)b. clocchon = flopfen, anfd)Iagen ju
gehören f(^eint. SBetganb. S)ie Über=
lieferung mad)t ben 23ifd)of *Paulinuö in
D^iota (tat. nola = @d)ene) in Gampanien
(campana=: ©locfe) um 400 jum (Srfinber
ber ®Ioden , iraö eine ctpmologifdje
Spielerei ift. ©rmäbntmirb ba^Si^P^""^^"*
juerft unter ber 23ejeic^nung signum im
6. 3cibrt)unbert in ben ®d)riften beö ®regor
toon Sourß, unb man nimmt an, bn^ eö
äuerft burd) irifd)c unb britifdic 9D?iffiDnen
in 3)eutfd)lünb befannt gettDorben fei; ival;r=
fdieinlid) batte fxd) ber ®ebraud) fon
Älingeln, meld)er [xä) bie alten iRömer alö
bäueilid)e SBed-, mobi aud) al^ öffentlid)e
93erfammlung'gi;eid)en bebientcn, obne Unters
bredjung inö OJJittelalter fortgepftanjt unb
mar ?uerfi iion einjelnen Älöftern aufge»
nommen unb aUmä^lid) Sitte geroorben.
3tlö 3^^^ ^^'^ allgemeinen Verbreitung
ber Äird)engIocfen in 2)eutf^Ianb mirb
bie ÜJtitte beö 9. 3af)rl)unbcrti^ bejeic^net.
I)ie ©locfcn ber ^xm waren au^
gcfc^miebeten 93Ie(^en äufammengefe^t;
in I)eutfd)Ianb untcrfd)ieb man im 9.
3al)r^unbert vasa fasilia, gegoffene, unb
vasa productüia , gefdimiebete ©locfen.
(Sine genietete ®lode ber le^tern Qht,
Saufang genannt, auä ber 6,äcilienfird)e
jU Äöln f)erftammenb,unb berÜberliefcrung
iufolge bem 7. 3at)r{)unbert angeprenb,
Wirb im |läbtifd)en SOJufeum ju Äöln auf=
bewahrt; fie ifi fon ber g^orm ber fog. Äul)^
fc^eüen unb befiel)t am brei mit fupfernen
Sfiägcln äufammcngenieteten Sifenptatten;
i^rc 2Beite beträgt am oinilen Oianbc 13^/^
unb &3/4 3oa, if)re^öt)e lö'/j 3oü. *Hl«
iBerfertiger ber norjügli^fien ®Iode für
ben 5lad)ener 2)om wirb ber St. ®aüifc^e
Tlönä) ianc^o gerül^mt. Später würben
bie ®locfen umfangreid)er unb fafi nur
nod) t>on 93ronje gegoffen. Sine ®tocfe
ju |)ilbee{)eira, um bie Tlitk beö 11. ^a\)x='
l)unbertö 'oon Sifd)of ^jelin befd)afft, fott
fc^on 100 3cntner gewogen traben. 5llö
bie größte ®Iode in 35eutfd)Ianb gilt bie«
jenige auf bem mittleren ©omturme in
Dlmü^, Maria gloriosa, iion 1497 ; jle
wiegt 275 3tr. 9^a^rid)ten »on ®loden«
namen f)at man feit bem 10. 3tif)r[;unbert;
fte lel)nen fic^ an Stifter, *l^atronen, an
Sigenfd)aften ober Seftimmungen ber ® lode,
Sd)on früb fam bie Sitte auf, ben ®Ioden
Por bem 5tufbängcn eine firdilid)e 2Beit)e
JU geben. 3^^ ®regorö bce ®ro§en 3«it
war bafür fd)on ein (SeremonieU auöge*
bitbet, unb bie ®(odenweif)e würbe balb
auf ä[)nlid}e 2Beife foUjogcn wie bie Äinbö*
taufe. Äarl ber ®ro^c nerbot wegen ber
baran gefnüpften abergläubifd)en Soor*
ficüungen 789 bie ®lodentaufc, o^ne ta»
mit burd^jubringen. Später würben gegen
mand)erlei3[)JiBbräud)e, wie ^atengefc^enfe,
obrigfeitIid)e Seiträge, ©a^mäler u. bgl.
aSerorbnungen erlaffen; aud) entftanb nac^
ber ^Reformation unter ben fatboUfd)en
unb proteftantifd^en Sbeologcn Streit über
bie 3uläffigfcit ber ®Iodentaufe, ber biä
tn§ 18. 3(i^i^f)unbcrt fortbauerte unb erjl
mit ber allgemeinen ©infübrung ber
®Iodenprebigt bei ben ^protejianten
ein (änbe erreid)te. Sei ben ÄatboUfen
bauett bie (Sinfegnung nod) fort.
S)ie ältefte befannte batierte ®tode i^
Bom 3at)r 1249 unb l)ängt in ber Sur*
d)arbifir(^e in SBürjburg.
Sßaci ben ®e brauch ober bie 8 es
fl immun gen ber ®todcn betrifft, fo
bicnten biefetben urfprünglid) offenbar
jum 3^i'^f" ^'^^ beginnenben ®otteä*
bienfte^. Später famen für befonbcre
93eflimmungenauf: 1)23 et gl öden, fd)on,
wie bef)auptet wirb, im 7. ^abrl^unbert
jur SBcjeid)nung ber ftebcn fanonif(^en
Stunben eingefüf)rt; nod) l;eute bcjeic^net
«öetglode t^ai 9Worgen=, 3Kittag» unb
2lbenbläutcn; am früljeften würbe iwn ben
le^tgenannten brei 3^^'^)^" ^^^ 2lbcnb=
lauten eingeführt, inbem !Papfl 3of">"n
XXII. jur 3eit ber 2lbenbglodc aüen
216
®(oric — ©loffcn.
d^rifien brei 'Hüc ÜJtatta ju beten befaßt,
taä aWoraenläuten rcurbc in @täbten crfi
im 15. 2^f)r^urtl>fi^t aügemein übli(^. 2)
2)ie Sotenglocf e, tt3eld)e jur ^ürbitte
bcr ©laubigen für einen frommen ®ter«
benben aufruft, wirb fc^on im 8. ^abx-
^unbert ernjdfint. 3) Die^rebig tglocf c
njtrb mei|l breimal geläutet, ad invocandum,
congregandum et inchoandum, jum ßins
berufen, 25erfamme(n unb ^Beginnen 4)
2)ie SBetterglocfc ift fd)on fe^r frü^ in
©ebraud^ gemefen, fomof)! gegen »irflic^en
Söafferfcfcaben , 93Ii^, „•^lagel , 2Bolfen»
bxüä), ali gegen anbere Übel unb bie $eü.
5llä friiftig a.tg,tn bie 2)ämonen galten in
ber fat^olifc^en ^dt bie Sibelfprücfce 3ol)-
1, 1 u. 14: „3m Qlnfang n.tar baä 2Bort,"
unb „S)aö SBort würbe ^yleifcb unb njo^nte
unter unö", bann bieiJiamen beeCSefreu^ig^
ten, ber ©Dangelifien, ber f)I. brei Äönige,
beö @t. 3of)ann unb (Paulu^ a\i fogen.
SBettert)errn. 5) (S tu üben- ober 3fit =
glocf e.
Heber ben urfprüngtic^en 3u['^rnnienä
bang ber lürme mit ben ©loden ifi man
nid^t genou unterriditet; boc^ ifi felbfi^
öerftdnblic^, boB man bie ©tocfen, wo fte
eingeführt waren, gern in üorbanbene
Sürme biingtc. ^m ®t. ®a[lifcf)en Älofier«
plane finb wefili^ t>ou ber Äir($c, in
einiger Entfernung oon bem balbfreiä»
förmigen 8äulcnoorf}ofe besfelben, ju
beiben Seiten beö pon au§en in baä ÄIo=
fiet fübrenben üBegeä ^wei fpmmetrifcf) ge=
ficUtc mit 2Benteltreppcn gefüütc Otunb»
türme angegeben, feren einer bie S^Wi^ift
ascensas per cochleam ad universa super-
inspicienda, ber anbere alter similis
trägt. €iebe ben %ü. lurm.
25ic 0 lo cfeninfc^riften fmb ent^
Weber Sprüche, bie frcf) auf bie Sefiim»
mung ber ®Iocfcn bejicben, meift in Serfen
ober 33ibelfteücn unb ©ebeteformen, ober
DfJotijen über rjntfietjungsjeit, ©ießer, 2)05
natoren 2C. €prüd)e, bie fid) auf bie
33eftimmung ber®Iocten bejiel)en,
finb j. 33. Vivos voco , mortuos plango,
fulgnra frango iD^ünjler ju Sc^affbaufen).
— Defanctos plango , vivos voco , fal-
gura frango. — Sabbata pango , funera
plango, noxia frango. — Excito lentos,
paco crnentos, dissipo ventos. — Laude
deum verum, plebem voco, congrego cle-
rnm. — Sit tempestattun per me genus
omne fngatum. — Consona campana de-
pellat singula vana. — Vox mea, vox
vitae, voco vos ad sacra, venite. —
Gloriosa heiz ich, die hochzeitlichen fest
die belent ich, die schedlichen wetter
vertreib ich und die toten bewein ich.
Sibclftcüen finb : Procul est dominus im-
piis et preces pastorum exaudit, Proverb.
15, 29. — Clama, ne cesses, exalta vo-
cem tuam sicut tuba, Jes. 58, 1. — Lau-
date dominum in cymbalis bene sonan-
tibus, Ps. 150, 5. — In principio erat
verbum et verbum erat apud Deum, Joh.
1, 1- — Gloria in excelsis Deo etc.,
Luc. 2, 14. — Ave Maria, gracia plena,
dominus tecum , Luc. 1 , 48. SBeitauä
bie beliebtefle ©ebetäformel ift: Orex glorie
christe, veni cum pace, eine Jnfc^rift, bie
feit bem 13. ^a^rbunbert crf($eint unb im
15. 3'^^'^f)unbert ganj allgemein würbe;
man legte offenbar biefer formet eine ma^
gifd)c SBirffamfcit gegen Ginflüffc ber 35äs
monen ju. 2)eutfc^e ©ebetäformeln auö
älterer ^ixt finb feiten: 0 Maria, kum
zuo tröste unde zuo gnaden allen den
die da han Christi nam. (Sinjelne jauber*
frdftige Joimefn unb SRamcn fmb Jesus
Nazarenus rex Judaeorum ; Jesus, Maria,
Johannes, gloria patri; Osanna in excel-
sis; Benedictus, qui venit in nomine
Domini, Jesus Nazarenus; Gloria spiri-
tui sancto; Gloria patri, filio et spiritui
sancto; »DJaria, @otte3 3«Q; 5^aria, reine
muöter; "^Ine ÜJJaria ; üJfaria, 3*^1"'^; So-
nuit sonus apostolorum; Lucas, Marcus,
Mateus', S. Johannes defendite nos; ich
lüt in sant Franciscus ere; ich lüt in
sant Jergen ere. — ^ifiorifc^e Jioti^cn
über Serfertiger, S)onator unb Sntfte^ung«»
jeit ber ©(ocfen fmb Por bem 11. ^at)X'
tiunbert feiten. Sie gormel fecit in latei-
nifct)en ®locfeninf(J)riften fann ben ©ießer
ober ben 2)onator be^eicfenen; bie bcutf(^e
formet für ®ie§er ifi N. N. goss mich
ober hat mich gössen. Siefie Dttc,
fir($lid)e .Runfi=*Mrd)äoIogic unb beäfelbcn
iBerFaiJerä ® locf enf unbe, Seipj. 1858.
©lorie, fiebe 9iimbug.
©loffcn, altf)od)bcutfci^c, auö gricc^ifd^
y>lc(5iTaa=3'Jnge, Sprache, barnac^ latei«
nifd) glossa, m^b. feit bem 12. ^ai)x-'
bunbcrt glöse = 'Jluelegung, glosär =
Sammlung üon glosen, baju glösen
unb 'glosieren = auflegen, beuten, bit=
ben einen wertooüen iöejianbteit ber alt=
beuifcben Literatur. Sie beginnen mit ben
frül}e)len attt)oc^Deutfcf)en '■Uufjeic^nungcn
im 7. ober 8. 3at)rt;unbert unb erftreden
ficf) biö tief in« JOJittelalter, an beffen
Snbe fie in umfaffenbere, alpbabetifcf) ge«
orbnete ©loffaren übergetjen, auä bcncn ftc^
jule^t bie 23örtcrbüd)er entwicfeln. S)ic
Otücförab.
217
altbeutfdfien ©loffen fmb »cn 9Wiincf)en
unb ©eifilidjcn nicbcrgefc^rieben inorben,
,;^um 3»tic(fe fird^Ud)er unb tt»iffcnfct)Qft=
Iid)er Stuöbilbung. Sei ben meinen ifi
ba()er ba« öatein bie ^auptfacfee, unb bie
neben bie frembcn SBörter c^efe^ten Ser^
beutfrf)un9cn foUen nur bie ftviernung ibcö
ßatein unb ta^ SSctflänbniö ber gloffierten
latcinifc()cn @cf)tiften erleid)tern. 3t)rer
©rf^cinung nad) ftnb bie (Stoffen ent;
ttiebcr 3"terlineargIofyen ot>ix QJocabuIarien.
3 n t c r I i n e a r - ober ÜJJarginaIs®lof=
f en ftnb Sßerbeutfdjungen einzelner 2Börter,
bie ftcb 5ttiifd)cn bcn Seiten ober an ben
Slattriinbern latcinifcfjer ©Triften wor»
finben, foirobt profaner al« t[^'oIogi[d)er
2trt. (Srfdbeint bei bcr ©toffierung jebcm
einjelnen SBorte beö Iatcinif(f)en Seyteö tai
entlpred)onbe bcut[cf)e beigefcE)rieben, fo ^at
man eine 3"t'^i^ti"£fii^^^^'^fi''n' ®'^
93 ocabularien ftnb enttt)eber alptia*
betif(^ ober fad)Iicf) georbnet, j. i8.
5Ui6brücfe auf ©ott unb götttidK S)inge
bejüglid), auf Äirdientvcfen, auf ben Tltn-
fd)en, ©ebaube, ©crätc, kliere, ^l^flanjen,
Steine u. f. \x>. 5Dtanc^e ©loffenfamm»
lunacn bcftef)en auö wenigen üßorten ober
3eilcn, anbere ftnb umfangreid)e QUbeiten;
ältere Vorlagen »erben i^ou fpäteren
®d)reibern immer wieber benuUt unb um«
gemobett. 9lm fruä)tbarjtcn an ©loffen
mar bie <St. (Sauer Ä[ofterfd}ule. Unter
ben gloffierten SBerfen flcljt bie Sibel
obenan, t>on ber man 100 gtoffterte^anb«
fd)nften fcnnt, namentlich \üx bie ©enefiö,
bie (Soangelien unb bie *perifopen; aud^
alte 93ibe[tommentare üon Qlmbroftuei,
^ieronpmuö, 58eba, ^rabanuö finben fid)
glofftert; fobann bie (Sebic^te bcä $ru =
bentiuö, eineö ä)rift liefen S)i(^terö beö
4. 3abrf)unbcrte mit 21, bie Canones
apostolorum et conciliorum mit
16 unb hai Liber pastoralis mit 17
beutfd)=g!ofrterten ^anbfc^riften. 95on 3ns
terlincarterftonen ftnb jmei >Denfmälcr ers
I)alten, bie SenebiftinersSRegel auö
@t. ®aüen, bie einem apohppl)ifd)en
SWönd&eÄ er 0 jugefd)rieben tt)urbe, unb eine
^Injabl ^i)mnen beö Qlmbrofiuö. 93on
alp^abctifd) georbneten ©loffaren ftnb bc«
fonberö mertfott bie fog. Reronifd)en
unb bie (Salomonifdien (Stoffen,
beibe auö ®t. ©atlen ftammenb. 25a^
jüngfte (Sloffar biefer (Sattung iji ber
Vocabnlarius optimns. 3<^<^^i^ ^'^
erf(^ unb ©ruber, Strtifel ©loffen, att«
^d^beutfc^e.
©lüöörab unb Sugcl be§ ®ms, 5luS
ber antifen Q3oefte unb Äunfi, »etc^c ben
@ottt)eitenbeö®cfd)ideö, bcrIpc^e,ber5or*
tuna, ber9(emeft£>, atö®i)mbot eiuDtabobet
eine Äuget beigeben, Ptlanjte [\ä) bie iBor»
ftetlung t>on einem SRabe ober einer Äuget
beä ©lüdeö in bie mittclalterlidie 2ßelt
fort. Sie beutfc^en 2)ic^ter brauchen bes«
l)a\b für biefe enttebnte 93ilbung fetten
bcn ^eimifd^en 9'Jamcn be^ ©tüdes, saelde,
fonbern gett)ö^nlid)er ta^ abftrafte 2Bort
glück ober ha^ tateinifd)e Fortuna; au^
ifl md)t immer ftar, ob fte ftd) hai ^at)
i?on ber ©öttin rottenb umgetrieben ober
ba« ©lud felber ftd) in «Rabform benfen
fotlen. ©inntt(^er no^ mürbe IJiefc iDor«
ftetlung, menn man ftd) baß ©tüdörab
mit 2»cnfd)en befc^t bad)te, bie mit t^
auf unb ab geführt merben. ©as 33itb
mürbe fo beliebt, ba^ c« in bie lebenbige
®age überging, j. 33. in bie (Srjät)tung
von ben jmötf 8anböfncd)ten, meld}e ber
Jcufel unter bcr Sßorfpicgetung, fte mür*
ben bann mciöfagcn unb ©d)ä^e graben
lernen, auf ha^ ©tüdx^rab lodt unb fte
bamit umbrct)t jmölf ©tunben lang jmi«
fd)cn SKoffer unb ^cuer, biö er einen ber
3al)l burd) bie flammen mit ftd) füt)rt.
©rimm^ Sagen, 1,286; aud) im brama-
tifd)en Spiel unb ganj befonberö in bcr
bilbcnbcn Äunfi ftnbct ftd) Mi ©tüd^rab
öftere, in 93ilbert)anbfd}vtften unb ^olj*
fd)nittcn, mo bie berumgematjten Sterb=
tid)en batb Könige, balb'bie fed)0 l'cbcn«»
alter, batb «Rarren mit (SfcI^Eöpfcn ftnb.
3n Äird)cnbautcn mürbe bac! ©lüdörab
oft aU (Sinfaffung cer runben ©icbct=
fcnficr über ben ^portalen angcmanbt, j. 93.
am SOIünjlcr ju 93afet. Qluä ber bitben»
bcn Äunfi f)aben ftd) bann micberum bie
2)id)tcr 'a\)nl\ä) auögcfül;rte ©lüdöräber
get)oIt, mie eö 5. SB. im SRenner be^
|)ugo »on 93amberg ^ci§t:
Gelücke daz ist sinewel
und blibet niht an einer stat:
des triuget manchen man sin rat.
Eins stigt: den will es machen riehen;
der nider sigt, dem wilz entwichen;
jener sitzet: wer könd im geliehen?
diss mnoz in d'aschen jaemerlichen.
Ditz rat betringet uns alsns:
wan ez ist wilder danne ein fus (»Juif^^)
Wart ich sin hie, so ist ez dort;
hiur vinde ich niht, da vert lac hört,
(t)eucr finbc id) ben J^ort ni^t
met)r, ber im Porigen 3a^i
ba tag.)
Er goukelt mit uns allen:
die nn vil ho hie schallen,
218
(Solbene SButtc — ©olbcneä SÖIiep.
swenn ez beginnet vallen,
der honic wirt ze gallen.
aöeitcr hxaä)U man b.aä 9lab bei ©lüdeö,
ba |a biefeä leitete bie Sffielt regierte,
nocfe in Sejug auf ben Äreislauf unb bie
2Be(^fcI in bem großen überirbi[(ä)en
SZBeltatl, unb trie man [onjl [(f)on 'ge»
ttjoljnt tnar, bie Sßanbelbarfeit beä ®lücfä
mit ben SOJonbp^afen ju Dergleichen, ja
aU abhängig bacon gU betrachten, fo
öerglid^ man nun baö ®Iücf«rab bem
diatt beä SUJonbeö:
So sprichet ein meister denne,
den ich wol erkenne:
„est rota fortunae
variabilis ut rota lunae:
crescit, decrescit,
in eodem sistere nescit."
Diz sprichet: ,, glücke ist sinewel,
ez ist ze wenkenne snel:
ist ez ieze in der hant,
ez ist balde in ein ander lant.
S)er OJJinne ßef)re, 1989 ff.
2)al)er fommt el, ta^ hai 2Bort lüne,
ha^ juerfl ben SDJonb, bann bie 2Jionb«
p^afen, bann ieglic{)e J^onjleHation bc-
bcutete, nun gerabe^u ben ©inn iion ®Iücf
erhielt, ©en öier ^Ijafen bei SDionbeö
war auc^ bie gevoö^nlic^ »orfommenbe
aSierjat)! ber (ßerfonen entnommen, tt»elcbe
einen unb benfetben 5IHenfcf)en im fort«
f(f)reitenben 2ßei)fel t)erfd)iebener 3uPänbe
bejeic^nen follten.
üßeniger cerbreitct irar bie iBor*
ficllung beö ©lücfel unter bem Silbe einer
Äuget, fci)on bcs^alb, weil bie Äenntniö
öon ber Äugelgeftatt ber Srbe erft im
fpdtern SDIittetalter langfam 23oben fa§t;
ber bilbenben Äunfi war biefe Sergtei*
c^ung ganj fremb. 2)ie Siebter nennen
bie j^ugel beö ©lücfeä entweber einen
©all:
gelücke ist rehte als ein bal:
swer stiget, der sol vürhten val,
greibanf.
ober eine ©c^cibc:
Fortuna die ist so getan:
ir schibe läzet si umbe gän.
ßampr. 51Iey.
hjobei ®cE)eibe meifi fooicl aU Äugel be«
jeid)nct. dla^ 2Badcrnaget, 3)aö
©lücfsrob unb bie Äuget beö ®lüdä,
fl. (Sd)riften, I. 241.
©olbcne Sutte ^ei^t baö »on Äaifer
Äarl IV. im Saljr 1356 crlaffene SBer*
faffunglgcfc^. ßux Beratung beäfel*
ben Waren bie ©tänbc 1355 auf einen
!Reicf)0tag nad^ SRürnberg entboten wor«
ben; am 10. Januar 1356 publizierte ber
Äaifer in öffentli(f)er 9ieid)öDerfammIung
bie in 23 Äaüiteln jufammengefa§ten 93e=
fd^Iüffe über bie Äaiferwat)!, bie üßorrei^tc
ber iiurfürften im JReic^e unb einige iBer«
l)ältnif[e bei öanbfriebcn«. 3)a fxä) balb
nad) ber ^ublifation Sßiberfprud) unb
llnjufrieben^eit gegen einige Seflimmungen
erf)ob , würbe in bemfelben Ja^re auf
einem SReicE)ätag ^u Th^ ein 9'iad)trag in
7 Äapiteln fePgefieHt. S)aö ®efe^ würbe
in mehreren (Syemplaren für bie Äurfür*
fien unb bie ©tänbe ausgefertigt unb mit
bem gotbenen ©iegel uerfe^en, ba^er
ber Jtame golbene Sulle; eö ^cift
aud) Carolina.
(Solbcncö Sölie^, Orben bc« g. SB.,
Ordre de la toison d'or, el Toyson de
oro, el Tusan, in früt)eji:en 3^1*«" "ud)
ber Dtitterorben beö gülbenen Sämbleinö
üon 58urgunb ober beö belgifc&en <Sd)(iperl,
würbe uon (Philipp HI. (bem ®uten),
^erjog Don ißurgunb, bei ®elegen^eit fei-
ner mit ber ^rinjefftn 3fat*fßa »on $ors
tugal, feiner brüten ©emablin, gefeierten
aSermä^lung am 10. ^an. 1430 ju S3rügge
gefliftet. ®ro§meijler beöDrbenö foüte ber
|)erjog oon Surgunb fein; nad) äaxU bei
ÄütjnenSojse fam biefe SBürbe auf SWafimi«
lian Don Dfterreic^. 25er ^auptjwcd bei
Drbcns war 93efd)ü^ung ber Äirc^e burc^
©r^altung bei tat^olifctien ®Iaubenl unb
2Ba£)rung unbeflecfter ®t)re be« Otittertuml.
(gr war ber Jungfrau SDlaria gcwibmet
unb ^atte ben ^pojlet unb SKärtprer
2lnbreai jum @d)ufepatron. S)ie Qaitl
ber SRitter war urfprünglid) auf 31 fejl»
gefegt , würbe aber fpater erweitert.
Statutengemäß burfte neben bem golbenen
SBIieße fein anberer Drben getragen wer»
ben, fpciter würbe »on biefer Älaufel fafi
immer bi«penftert. 3)ie SRittcr burftcn
leinen anbern ®cricf)töpanb ancrfennen,
aU eine ißerfammlung ber Drbeniritter
unter SBorft^ bei ®ropmeifierl ober einci
»on biefcm beDoümäc^tigten SRitterö. 3)tc
Otittcr ftnb frei Don allen 51bgaben, wcl*
d)en 9'Jamen biefe aud) I)aben mögen, unb
^aben überall, namentlich bei ^offeierlid^*
feiten, SBorrang unb Sßorttitt Dor allen,
außer gefrönten Häuptern. 2)en fpani*
\ä)m Drbenirittern erteilte $|)ilipp iai
5led)t, gleich ben ®ranben bei iReiii^el in
®egenwart bei Äönigl ha^ ^anpt be»
becfen unb in bie föniglic^en ®emäd^er
(Solbmünjcn — ©otifc^c ißaufunft.
219
unangcmelbct eintreten ju bürfen. >Daä
Drbenö5 eichen ifl baö 33tlb eineä SBibberö,
barüber ein golbener , btauemaiüierter
geuerfiein unb bie einem ^emifiic^on be^
Slaubian cntIcf)ntcnaBorte: Prelium non
vile laboram. 2)iefe 3)eEoration joüte
urfprünglid) an einer |>alöfette getragen
Werben, au§ ^euerjläljlen unb ^^cucrfleinen
jufammengefe^t, wornusglammen fpüngen,
bem atten ©innbitbe beö Kaufes! ©urgunb.
SBon ber fonfiigen ur(prünglicf)cn Drbenö=
fleibung bilbete naci) Der *2tbfic^t beö
©tifter« 2Bo[(e bcn .giauptbefianbteil. 2)er
Drben teilte ftd) nad^ bem 2obc Äarl« V.
in eine [panifd)e unb eine öjlcrrei(ä)ifct)e
graftion, bie cinanbcr gegcnfeitig md)t
anerfennen.
©olbmünscn, ©olbplben, f. SDtünjen.
mtmt Saufunft,
&l)arafteriliiE ber gotifrfien
Seit. 2)ie SBerfe be« gotif(ä)en Saupilö
ftnb , tt)ie bie cineö jeben anbern ®tilö,
bie großen ©ebenftafcln, bie in ©tcin über^
festen ®efc£)id)töblatter ber 2?ölfer, n^el^e
biefelben erjeugten, gro§jogen, jur pc^^
fien Slüte entfalteten unb bann, alö bem
neu einbrect)enben (Sebanfenfreife alö Qtuö^
brucfsmittel nid)t me£)r genügenb, fümmer*
lid) in fi($ felbft üermilbern unb jufammen«
ftnfen liefen. S)er gotifcfee Saufiil »ar
feine Saune be« 3'itge[d)ma(feä, er nsar
tai notmenbige Srgebni^ beä geifiigen
Sebenä unb ©trebenä feiner 3^^*, baö
©picgelbilb beä mittelaltcrlidjen „ifflevs
benö". 2Bät)renb bie antue Sßelt ben 5tn-
blicf eineö ruhigen, in ficfe felbfi jufricbcnen
®anjen bietet unb abgefcE)Ioffene ®ruppen,
entjlanben burc^ ben oöüigen SinHang ber
gefamten Syiftenj mit bem geifiigen 3n=
nern, im I)armonifd^en 2Bec£)feI nebenein=
anber befielen, bie Oteligion tai ©täeug-
niö be« eigenen Sobenö, eine 33Iumc ber
einl)eimifc^en *^3f)antafic ifi unb unö beö^
l;alb bort jene flare ©efdjloffen^eit, jene
mafefiätifd^e ruhige SBürbe entgegentritt:
bietet hai Süiittctalter ein im (5ntftel)cn
begriffene^, burc^ innern Äampf unb in*
nere ©iitirung, üon frembartigen (Slemen*
tcn bur(^tt)irtte6 93ilb einer unrut)igen,
»erbcnben Semegung. — ilU ein 5remb=
Ung fommt bie jReligion über bie 5(Ipcn,
aU ein ^^rembling bie ©runbform, aU
ein grembling ber Äultuö. 2)ie einljei»
mifc^cn, ber ftnnlid)en ^^antafte enifprun*
genen (Sötter nserben ge|lürät unb an it)re
®tcüe tritt ein geijitge^ ober<ieä Söefcn,
unbcgreipid), unergrünbtic^. 2)ie SReligion
iji feine SReligion beö 9iaturgefüf;lö me^r,
fte ift eine SReligion ber 3bcc, bcö ®eifteö.
2)a^ Sbriftentum tritt ben natürlichen
3'ieigungen entgegen, eö erflärt ben ßciben«
fc^aftcn ben Äampf unb forbert ein ioi<
reiben t>on ber SDtatetie unb ein (Smpor?
fc^mcben ju ben reinen $öf)cn eine^ oer*
geipigten ®nni. S)ie urfprünglicf)e S^ai*
oität beö S!J?enf<$en mirb baburcf), voit Öübfc
fagt, jerjiört unb an beren Steüe erfüüt
ftc^ bie @eete mit S^iffP^^t "»b SBibcr*
fireit. SÖiitten über att biefem ©treit aber,
ber tai 3tt"fre be§ Jnbiinbuumei erfüüt,
ergebt fidf) tM d}ü\tl\d)t 2)ogma, iafi bie
aümä|)Ii^ erfolgenben SRefuItate in ein
gro§eö (Sanjeä jufammenfügt unb Sin*
^eit unb Übcrftd;t anjlrebt. 3)ie ^ixä^t
wirb baburd) jur SBcIt gebietenben SWai^t.
3t)r ©inftuB n»ä(^jl , aber bamit jugteic^
auc^ bai ißebürfniä einer wirfungöooUern,
bMjiifd)eren Ofepräfentation. S)aö 5lbge«
fc^Ioffenc beö früheren Äultu^ genügt nic^t
met)r , bie Seele will innigere 35evgegen'
märtigung beä ^eiligen unb Überirbifd)en;
fie fe^nt fid^ nad) unmittelbarer 9?äi)c beö
unerforfd)lid)en ®el)e{mniffeö. ®ine lic^t«
»olle ®r^abenf)eit unb eine einheitliche
©licberung beö SRaumeö ifi bie ^oli^i.
tMon. ^aö ®unfel ber romanif^en 5ln=
lagen »erfc^Voinbet. S5cr ^rüdenbe ^alb«
freiö fpi^t ftd) ju, bie SWaffen ber OJiauern
fonjentrieren ftc^ auf wenige *Pfeiler, welche
eine lichte, im tioflfien 5'^tfee"9i'inje fpie»
Icnbe ®laäfläcf)e jwifc^en fici^ einfpannen.
S)ie ®eden erl^eben ftc^, fi^eincn ju fi^we«
ben unb ben ganjen Diaum erfüüt ber
fc^würmerifc^e Sraum bcö anbern ^enfcit^.
©in 5lufiireben nad) oben in aüen ®lie*
bem, eine 23erfpottung be^ |»orijontalen,
eine 9[Jii§ad)tung beö 3tul}igen, ein ©ieg
be^ ©eifie^ über bie SOJaterie.
®ro§e Umwäljungen ge^en im fiaat*
lid)en öeben »or fi^. 2)ie fd)Wdrmeä
rifc^e 3bee ber (Srrid)tung be^ SReic^cö
(Sottet auf ©rben, ber gegenfeitige Äampf
ber fiaatlic^en ©Icmente, ber frifc^ jtd^
emporarbeitenbe fiarfe 5lrm beö jiäbtifd^cn
©emeinbewefenö, ba^ (Smporwadöfen einc^
öon flöfierlic^er ^bpngigfeit fid) abtren«
nenben freien 93ürgertumö, tai aügcmeine
Streben nac^ Qlutonomie unb ^reitjeit, aü
tai bringt (Reibung, Semegung, Äampf
unb fieben. — ©aju fommen nod^ bie
ungeheuren SBirfungen, wclcf)e bicÄreuj«
jügc auf bie ©emüter ber germanif^en
23ölfer ausübten, jeneö 2luftt)ad)en ber
fd)lafenben *p^antafie, gcWecft burd) bie
SBunber beö Dricntö, ber märd)ent)aftc
Sraum, welcher ben $ilger unter ben
220
®otifcf)c »aufunfi.
fd)Ianfen, ju einem «olfenlofcu ^immel
jid^ emporretfcnben (Sebern beä Libanon
umfing unb ber n)ieberfcf)rte unter ben
t>on breiter Saftö jum ®ipfcl fic^ ju^
fpi^enben , in grüner Jßalbeöanbadit »er*
funfenen Sannen ber ^eimat, oüe^ ia^
bewirfte eine gewaltfamc Umwätjung im
inncrn ©ein beö ÜJJenfc^en, »cli^e fid)
naturgemäß ber 5lu§entt3elt tttieber mit«
teilen mußte. I;ie übcrfprubeinbe DueUc
ber ftnnlid)en $^antafte beö Oriente er^
tt)ucf)g 5um bunbertfira^lig eraporraufc^ens
ben ©pringbrunn beä fpiritualipifc^en
ytoxhmS.
I)en iricfentU(ä)fien (Sinfluß aber übte
ber erttJacfcenbc Äorperati onögeift axxi.
5J)a^ Clittertum mit feiner roeitfd^iiiitigen
Entfaltung, bie ©täbtebün&niffc mit il)rer
bett äußern SinwirEungen tro^enben 9!Jlad)t,
nor aÖcm aber baä 3""ft^f[<!tt, n:ield)eö
bie einmal erworbenen Äenntniffc beö ^anb^
»erfö hütete unb baöfclbc for bem jcrftörcn^
ben (Sinfluffe eineö frei ftd) bewegenben
*Pfuf($ertum§ ju magren fud)te, iai voax^n
bie Iriebfebern, bie großen ®eh)icf)tfieinc,
h)elcf)e baö SRäberirerf beö ÜJJittelalterö in
53ett)egung festen, tnä^rcnb 'i^a^ gemattige
^enbel beö i^rifllid)cn Sogmaö ben ma<
jeftätifd^en Saft baju fcfclug unb bie über«
fprubeinbc 93enicgung erbarmungäloä bur^
unantaflbare ©laubenöfä^e regulierte unb
einfpanntc.
S)er «eii^e 3ug beö germanifctjen ©e=
mute* unb beä ß^rifientumö , ber fici) in
bem Jrauenbienfle fo poetifdö ausprägte
unb feinen ibealficn ©ipfelpunft in ber
gefleigerten 23crel)rung ber „gebencbeiten
unter ben SSeibern" erreichte, burd)brad}
oII biefeö tro^ige SRingen unb Streben unb
übertt»ob ben mittelaltcrlid)cn 9^a(itf;immel
mit feinen ben Snbioibualiemug fennjeid)^
nenben laufcnben oon cinäclncn ?id)tpunf-
ten, mie ber leiste ©d)leier ber 9J}iId)flraßc
ben ajironomifc^en |)immel übcrtDcbt.
S)aö 3ufammentt)irfen aller biefer (Sie*
mente, aüer biefer ^^aftoren, ber Oieiigion,
beö ©taatcä, ber einzelnen 3»birnbuen,
tonnte nid)t oi)nt Sinfiuß bleiben auf
hai, maö ber ü}^enfd) fc^uf, auf ha^, xvai
Äunft iji. 6e! f(oß I)inüber, unb ber mitteU
altcrlid)c Äünjller fc^uf unbewußt fein
eigene^ 3d). S5a«! ganje milbe tro^ige
©trebcn, ba^ O'tingcn nac^ ^rei^eit unb
tai ©erwärmen in ibealcn ©ebieten , iai
Seinen nac^ einem forperlofen, oergcifiigten
©ein, ali iai brüctte fi<^ in ben SSauten
axii. ©0 entwidelte fid) iion römifc^er
Jrabition auäge^enb burc^ mannigf^ac^e
Umgcftaltung ber romanifd)c ©til, teilö
iRedjnung tragenb ben f)eimatlid)en Scbürf*
niffen unb bem Sinfiuffe be« norbifc^en
Älimaö, teil^ aU unmittelbarer *Uuöbru(f
feiner Qät, aU ©enffiein ber enggefd)Ioffe'
nen .^ierard)ie. I)ie oben angeführten
®rünbc Wälzten bieie eingcfd)Iagene SRicft'
tung um. ©ic genügte nidjt mef)r. 3tbcr
biefc Umraäljung gcfd)ab nid)t r>on beute
auf morgen. S)aß rafcbere lempo, baö
bie gotifd^e 3^^^ anfd)lägt, ift fein alla
breve, eö ifl ein aümäblicft fd)neüer »ers
benber SR{)t)tbmuö, gefc^affen burd) auf:=
einanberfotgcnbe 3evfleinerung ber fd)»eren
^funbnoten in immer fleinere unb bemeg=
tere ^^iguven. Dbne eine än)ifd)engc(egtc
*Paufe üoUjie^t frd) biefe Umwäläung, o^ne
t)a^ mir eine gered)tfertiate Gäfur an ber
einen ober anbern ©teile ma(^en fönntcu.
©injig in S)eutfd)Ianb ifi eä möglich,
eine annäfiernbc ©renje 5U jicbcn, benn
bie 2)cutfd)en bielten feft an ben gemof)nten
formen beö iRomani^muei , nnibrenb in
^ranfreid) ber ®pi|bogen fd)on feinen
iriumpbjug burdis ganje ?anb foüenbet
f)atte, bi^ enblid) ber neue ©til, tai
opus franzigenum, fc^on fertig gebilbet,
in 2)eutfd)Ianb einbra^ unb bort 5U
feinen Ict3ten Äonfcquenjen gelangte, aber
leiber aud) balb barauf, eingcfc^nürt burd>
fiarre ipanbmerfo^regcln, ^lun ^anbroer!
^erunterfanf; ju einem ^anbmerf, ta^ in
feiner Soüenbung unb gettigt'eit atlcrbing«
in aller S^re boftebt, aber beö bilbenbcn
Äunjlgeifieö entbcbrt, an beffcn Stelle eine
abgefd)madte Spmbolif al3 Öüdenbüner
eingefüf)rt mirb. 2Baö früf)er ber jlünftler
in freiem iißaltenlaffen ber ^bantafic ge=
fd;affen, ba« nnirbe je^t fonfituiert aue
gegebenen Elementen, unb menn aud) biefe
Elemente urfprünglid^ ber fünrilcrifd)en
J^anb enlfprunjen »aren, febtte bod) tem
©anjen ber einl)eillid)e frifi^e 3^'fl' ^^^
Dolle rbi}tf)mifd)e @ang; cö maren .Rnittel=
terfc, allerbingö oft pon Ijerjgeminnenber
Mi)nl)eit unb v'lnmut.
A. Sie fird)lid)c <Krd)iteftur.
1) ®ad ©i)fiem. 2Bie mir fdbon oben
betont haben, ifl ber gotifd)eSau|iil fcinee^
megö baä Äinb beö ?tugenblidä, fein mo-
mcntaneö, burd) ha^ SBebürfniß xxai) etmae
^Jrembartigem cntftanbeneö ©ebilbe. 35er
gotif(^e Saujlil fnüpft eng an ben roma=
nifc^en an unb entmidelt ftcb auf ber cin=
mal gegebenen, oon ben ©ermanen ac'
ceptierten ©runbform ber antuen Saftlifa.
5Die Scbürfniffe beö Äultus maren ja im
®olifd)e ©aufunß.
221
allgemeinen biefclbcn geblieben. S)cr berr«
[cbenbe 3f't9^^<^"ff forberte porber^anb
feine örjlebung auö alten ©laubenäfä^en.
3)er ©piritualiömuö trat im aügemeinen
nidit in Äampf mit bem berrfd)cnben SRiefen
bc0 cf)riftli(f)en S)ogma^. ^m ©egenteil,
im Settiefen, im 53ettac^ten ber einmal
gegebenen i5<^Woren, in einer QUiöbibung
bcrfelben jur fcfeönflcn ibealcn ^^orm, tai
xvax ee, vorauf ftc6 iiorläuftg baö Streben
ber anbre(^enben3a{)tf)unbette fonjentricrte.
— 2)iefeö Streben, biefe^ 6rtt)a^en jur
©elbfttl)ätigfeit, l)ai bebinqte bie großen
©rfolge, n)elci)e bie gotifi^e Sßaufunft in
jene ätl)erifd)e ßidit^bbc erl)ebt, in ber tt)ir
unö in 2lugenblicfen beö bewegten ^crjenö
unb beö aufgeregten (Semüteö fo I)eimifc^
unb fo tt)ot)Iig fiit)Ien.
S)ie du^ern ÜJtittel jur (Sntnjidflung
biefeö lic^tpoücn ©pftemö tt)aren aüe fc^on
gegeben. Sie fc^Iummerten in bem roma*
nif^cn 93aun.terf, fie lagen »erborgen
in ben gett)attigen SDJauermaffen, mit bcnen
ftc^ bie romanifd)c SBaftUfa umbiiUte. 2)ie
Strebepfeiler, bie Strebebogen, bie Qlrt ber
®en)ölbe, bie ©runbform beö Sempelö,
aüi^ lag üor; ja fetbji jene^ (il;araf«
terifiifum beä gotif^en Sauftil«, ber
Spi^bogen, mar feine ©rfinbung beö
9J{itteIalterö. Sd)on langft ^atte ftd) ber=
fclbe im mQurifd)en Stile eingebürgert
unb im fogenannten Übcrgangöftil aud) auf
beutfcf)em ©oben bereite fd)on mannigfache
5lnroenbung gefunben. 2)tefe gegebenen
^aftoren aber ju einem Softem vereinigt
äu ^aben, bai war hai *8erbienfi beö üJtitteU
altera, unb biefeö Sijftem au« ber f^mcr-
fdüigen Äörpermaffe beö iHomaniömuä ber=
ausgcfdjält ju I)aben, ha^ ift hai 2Weifter*
merf ber gotifd)en Saufunft.
2) ©runbriganlage. 3^ie antife
Saftlifa batte ftcf) fd)on im romanifd)en Stil
mannigfad^oeränbertunbmarreif gettiorben,
um an ftd) bie legten Umgefialtungen ju
einer »oüenbeten go^m »ornel^mcn ju
laffen. ®ie entfd)iebenfte Umroanblung
crfubr »orerft ber ^yitarraum ober ber fog.
<S.t)or. 2)ie romanifd^c *Jtrd^iteFtur öatte, lüie
Angler fagt, bem ®ef)eimniö bort eine ab'
gefd)Ioffene Stätte fd)auerlid)en ©unfeU
bereitet, ben Ärt)ptenraum, ber fafi burc^?
gängig unter einem Seile beö fir^ttdjen
©ebäubeö angelegt mar. ©ic gotifi^e
9trc^iteftur manbte ftd) ^ieroon ah. Sie
butbete bie baburd) bebingte unnatürliche
Grt)öf)ung beö (E^oree nid)t mebr. S)ie
Ärt)pte tierfd)minbet unb nur in ganj
ttienigen ©cifpielen erhält fte frc^ no^.
Sine geringe 5tnjat)l Stufen fül)rt ju bem
menig ert)öt)tcn *Preäbt)terium unb nähert
fo ba« ®ebeimniäi tcm gläubigen 25oIfc,
i>ai [xi) feinem ®otte nä()er füllen miü.
Tlit biefem Ummanblungsproje^ gef)t ein
anbrer J^anb in |)anb, bie Sffiegtaffung
bcö fog. ßettnerö, ber iBolf unb ®eifiUc^=
feit fo fireng öoneinanber gefd)ieben.
2)aburc^ rourbc ber 9fiaum frei unb lidjt,
unb nur Ieid)te niebrige Sc^ranfen, über
bie tas *Jluge leid)t Ijinmcgfdimcifen f onnte,
bielten bie anbad)tige 'OWenge in refpeftnoüer
(Entfernung »or bem ©otte in Srote^gefialt.
Üiingö um biefen 3entralpunft beö ben
lempel burd)f[utenben Seben« jiel)t fid)
Wie ein ^eiligcnfd^ein ein ^ranj oon
Äapeüen, »on benen bie in ber Sängöaci^fc
beö Sd)iffeö liegcnbc gonöbnlii^ größer
unb meiter auögebilbet ift, ein funfetnbct
Stern, in bem baö ganje Sßunbcrmcrf auö*
flingt — ber Stella maris, ber lIHutter
(Sottet gemibmcr. greilic^ fam biefeä
rcidie Spflem nur bei großen Äat^ebralen
juv roden 'iluöbilbung. kleinere Sauten
liefen Umgang unb .ftapeüenfrans, roeg
unb fi^Ioffen tDJittel- unb Seitenfd)iff hnxi)
einfad)e *J(bfibcn, bie in mannigfaltiger
®eftaltung auftreten, befonberö ia bie
burd) hai Strebcpfeilerfpitem bebingte
^orm ber ecfigen ^olpgone gegenüber öen
früt)ern romanifd)en balbrunben 9iif(^en,
ein untiergleid}Iid) bemeglid)ereö (Stement
mar. 3" ber SRegel würben ^u biefen
e^orfd)lüffen £)albe 8s, 10^ unb I2.(5de
»ermenbet unb ^iefelben fo geftellt, ia^
auf bie ßängenad)fe eine Seite ju fielen
fam, ol)ne £»a§ eä inbes an gegenteiligen
Seifpielen fetalen mürbe. Qlud) bie ein*
fad)fte 'Jlrt beä (I()orfd)luffe0 feljtte nid)t,
bie gerabe ßinie, wobei bie fidb ergebenbc
breite .^»intermanb jur glanjoollen Snt^
midlung »on ^enfterardjitefturcn rnid'
fommenen ''^Inlaf bot. 51[Iein ift unb bleibt
biefer (5,^orfc^lu§ immer eine frembartigc
6rfd)cinung, bie bem SBefen ber ®otif
nic^t entfpri(^t. 5Dort wo ber Si^ bcö
^öd}jien i(i, foU e« ni(^t aufboren mit
ber t»crj!anbeänüc6ternen geraben ßinic,
mäl)renb im übrigen Sauroerf Seben unb
JRcgung ^errfd^t; bort foü nid)t ber 'M'
f(^lu§ üon *Bernunftfd)lüffen fein, bie ju
einem oberfien 2Befen fübren; I;inter jenem
eine 9Wauer auffüljren, über bie t)intt»eg
ju febcn, bem menfd)lic^en 2Burmc nid)t
anl)cimgegeben ifi, tai entfpric^t bem
Sinne beö SD'tittelalterä nid)t. m Witt ftc^
in feinen ®ott vertiefen, unb eine unenb«
Ud^e, ftd^ weit ijffnenbe «Perfpeftioe fott
15
222
©otifd^e Saufunfi.
bet ©ecle erlauben, in jenen ^ö^cn weiter
ju fd^mätmen, hjoi^in un^ ein ibeolcr
Olaube einfienö führen mirb. 2Bte fd^ön
iji baö getöfi in bem ftc^ polpcion ju»
fpi^enben ?tBf(i)tuf, mic »oü unb lebenbig
aber erji in bem Umgang mit ÄapcHen«
franj.
(Sntfprec^cnb bicfcr (Snttt>ictlung beö
S^ori^aupteö ifi bie bcö ßang^^aufcö.
SEßä^renb man im romanif<ä)en burc^ bie
%oxm hii J^albfreifeä gejttjungen Voax, jiet«
2 Oewölbefclber beö ^atb fo breiten ©eiten*
fd)iffeg auf eineö beö 2)^ittelf^iffeö faQen
ju lafen, gefiattete ber eingefül)rte ®pi|j
bogen bie mannigfaltigfte ßöfung, ba burd^
beliebige ißetrücfung ber 9JJitteIpunfte bei
gegebener Sprengnseite eine beliebige (Sr=
bö|iung be^ ©c^eitclpunfteä erlangt »erben
fonnte, Wdfjrenb ber iRunbbogen, ber^alb=
frei«, ben ©c^eitelpunft biftierte. — 93orerfi
hJurben bie ©evrölbefelbcr ber ®eitenfd)iffe
unb be^ SKittelfcfeiffeö nac^ ber ßängöa(J)ie
be^ ©ebaubeö gleid) breit gemacht, rtjoburc^
ber Unterfd^ieb jmifd^en ®ett)ölbepfeilcrn
unb QIrfabenpfeilern üerfc^tt>anb, unb ein
tt)cit ein^eitlid^erer (SinbrudE erjielt würbe.
S)ie Ieicf)tere (jinmölbung mit bem ®pi^=
bogen ermutigte aber bie Saumcifier iw
gleid^ ju gröferen Einlagen, unb fo ent«
fianben neben Sfd^ifjigcn 5= unb Tfd^ifftgc
Einlagen berart, ta'^ man an bai ftct^
p^ere 9D'JitteIfcf)iff juerfi 2, bann 4 unb
fd^Iieflic^ 6 «Seitenfc^iffe anlehnte.
©Icid^jeitig mit bem ßangbauö erfufir
oud^ baö Duerf)auä, baö cor bem si)ore
eingelegt iji, feine Umänberungen, menn e^
au(| nie fo Iiebe»oII be^anbclt mürbe mie
in ber romanifdE)en !8auEunfi, inäbefonbere
im Übergangejiit. ^m ©egenteil mirb
baöfelbe oft t>erna^Iäfftgt, oft fogar ganj
meggelaffen, mcnn.eö aud^ hti reiben Ein-
lagen bem SR^pt^muö beö ©anjen folgt
unb in ber SHegel eine Sfd^iffige Einlage
erhält. 33cüor mir bie Setraci&tung über
ben ©runbri^ fc^Iie§en, bürfen mir ber
Einlage ber jürme nidf)t Pergeffen,
jeneö ®toIäeö unb 2[Ba^rjeid)enä ber mittel^
alterlid)en ©tdbte. I>ie romanifc^e 3^'^
mar in ber Einlage ber 2.ürme gerabeju
übermütig gcmefen. 33i^ ju 9 Jürmen
erhoben jtdf) oft auf bcmfelben ©enfmal,
aber feiner non alten »ermo(ä)te ftc^ mit
jener Äü^nf)eit ju ben EBoIfen emporju*
recfen, mie ba^ in ber ©otif ber JaH iji.
5n ber JRegel ergeben jid^ ^ier nur 2 ge=
maltige ©teinriefen an ber mejilidf)en
55ront unb fdt)Ue^en jmifdf)cn f\ä) bie
reidien ^Portale ein. 3" anbern ^^JQ^n
legt fid^ nur ein 2urm cor bie ganje
Einlage. 2)er gewaltige SBierungäturm
über ber Äreujung bes ßang« unb Quer*
^aufeö aber fd^rumpft sufammen in einen
neinen,niebIicf)cn,^od^auff(6ie§enbcn2)ad^*
reiter. 35a« SBejienbe be« Saueö erhält
baburd^ feinen bejtimmten fröftigen Etb^
fi^tuf , md^renb er am Djienbe allmö^Ud^
auöflingt unb ftdt) in bem unbejiimmten
Eluöbrud bcö <Strebcnä nac^ bem emigen
ßic^te I)in »erttert.
>Die antife SBelt f)attc i^re Sempel fo
gejiellt, ba^ bie auffiammenbe SWorgenfonne
JU ben weiten (portalen einjirömen unb ia^
geliebte ©ötterbilb mit it)ren ©trauten oer»
golben fonnte, bie mittelaltcrlidt)e Etnfd^au«
ung wanbte bie Einlage um. ®ie wiQ fein
©ötterbilb, ba« im golbncn Df^ejTeye bem
©icnfd^en entgegenjira^It. S)ie mittelaltcr*
Iid)e Seele wiü bem ©traute felbji ent-
gegeneilen, fte fü^It jäd^ äu ibm bingejogen,
unb fc^wdrmt i^m entgegen auf ben klü-
geln eine« erbefreien ©piritualt«mu«.
3. innerer Elufbau. 2:reten wir in ba«
innere eine« oollenbeten gotifdE)en 25ome«
ein, fo wirb un« fofort bie ben ganzen
iRaum be^errfdfienbe (£infadf)^eit in eine
Stimmung oerfc^cn, bie un« eine unge-
ahnte @^rfurdt)t »or einem au^er un«
jie^enben SIßefen abjwingt. ®« iji, al«
ob wir in einen Sßalb eintreten, e« iji al«
ob 2öalbe«anba^t un« umfinge unb leife,
nad^ feiner 2öeife ber liebe Herrgott fpa-
jiercn ginge äWifc^en ben frdftigen ©tdms
men ber ©dulenbünbel , bie ftdf) oben im
©ewölbe oerjWeigen unb ben 9taum über*
fdf)atten wie ein Sldtterbad^. S)urd[) bie
ÜHaffe, bie me^anifdb bem (Srbjentrum ju*
brüdft, fcf)eint ber «Strom be« ßebcn«, fd^ei«
neu bie Sdfte eine« lebenäooHen Saume«
aufjujieigen. S)aju fommt nod^ jene
rt)pt^mif^e 33eWegung, Weld^e burd^ t>a^
(Smporjieigen oon ben niebern Seitenfd^iffen
jum f)of)cn SD?itteIfd^iff l^ernorgerufen wirb,
unb jene« ESermeiben oon allem ESeengen*
ben, tai 53erlegen ber Äonjiruftion nad^
äugen. EBir füf)ten ^ier innen ni($t« oon
ben mafftgcn Strebepfeilern, bie im Etufern
bie ®cdfe tragen unb jiü|en, ni(i)t« ton
ber fpannenben J^dtigfeit ber Strebebogen,
nidf)t« »on au jenen notWcnbigen Äon*
jiruftion«mitteIn , welche ber Elttraftion«»
fraft ber @rbe cntgegenäuwirfen ^aben. 33on
ber Eiugenwelt abgefd^ieben bur(^ fattgemalte
^enfier, bie ein gebdmpfte« gebrod^ene« 8idf)t
in bie ^atle fenben unb, burd^ bie cor«
^errfd^enben ^ol)tfet)Ien unb SRunbjidbe
unterjiü|t, tiefe, weic^au«Iaufenbe Sdt)atten
©otifd^e Saufunfi.
223
eri(eugen, eröffnet ftd) ein S^iaum, in bem
fxd) Me Seele mit ftidem 33erlangen erfüllt.
«Pfeilcrcntwicflung. 2)ie romani=
fcfien oierecfigen Pfeiler ftnb fräftigen
Säulen gen)id)en, breit unb tt)U($tig
genug, um bie über if)nen lagcrnbe ßafi
5U tragen. ®ie erinnern nocf) leifc an ihre
Uraöncn in ben griec^ifcf)en Sempein, ftnb
aber umgemanbelt unb umgejlaltet, nac^ ber
»eränberten g^unftion, bie fie ju »errichten
^abcn. I>ie attifc^e 93 a f i ^ , bie in ber IRegel
torfommt, ifi meit au?gefef)lt, ber untere
2BuIfi l)erauögebrücft, fo ha^ er oft ttieit
über bie *piinte r>orragt unb burd) Sonfolen
gefiü^t trcrben mu^. 2)er Schaft ifi mafftg,
obnc 5lnjug, ctjUnbrifcft unb fif.t ol)ne
irgcnb tttel^c Vermittlung auf ber 93aftö
auf, bie im Übergang t>om SRunben inö
Ql(itecf unb in mannigfaltiger Qluflöfung ju
einer einfachen ©runbform ft^ bem ©oben
anfcf)Ue^t.
I)ie .Kapitale laben weit auö unb
nebmen auf itjrer Oberfliicbe teilö bie
©emötberippen , teit«i bie ©iiulc^en auf,
melcbe böber liegenbc Oettiölbe fiü^en,
SBucbtige ftarfe Sölätter mit Änoüen fluten
bie uier *Punf'te ber tragenben ^platte, bcg
Äampferö, welken bie romanifd^e 5lrcbi=
teftur auö bem antifen ©ebdlf gebilbet
batte. Die Ju^punfte ber Sogen balten
ficb ni(J)t mehr an bie gortfc^ungätinien
be^ untern 6äulenfd)afte^. @ie fe^en fo
ireit au§en alö möglicb an, foba§ hai
JBlätterttierf beö Äapitäl« suglei* aU
tragenbe^ SIement, als ^onfole ju bitncn
bat. S)ic ®ntrt)icfelung beä gotifd)en
©tileö änbertc biefc urfprünglicbe ©dule
gum SRunbpfeilcr um, inbem ftc bie ^ort«
fe^ung ber Oeinölbcrippen burd) fleine
<Säul(|en, bie fogenanten ©ienfte rers
mitteltc, mel(f)e fid) anfangö frei um
ben runben ^crn lagerten unb nur leicbt
mit ber urfprünglicben Säule an .Kapital
unb 93aftö »erbunben würben. üfJatürliä)
fiel baburd) bie SJJotwenbigfeit ber meitcn
Äapitätauölabung weg unb an bereu Stelle
trat ein leicbter 931atthanj oon einbeimifcf)en
(Sieben unb 2Beinfiocf blättern , biö fd)Iie§5
lieb bie Spätseit, wo biefe letite iHemini^jenj
an ben ^lorijontatii^mu^ bem milben Ser=
tüaliömuä binbernb im SBege fianb, aucb
no^ bie Kapitale befeitigte unb bie ®e=
»ölberippen in einem Scbwung pom
Soben biö jum Sd)eitel aufjagte. 3n
t>ielfad)en Variationen mieberbolt ficb tai'
felbe Schema unb fudjt bie g^ormen immer
flüffiger, immer fcblanfer gu macf)en. 2)cr
mittelalterlid)e SSünbelpfeiler war fo für
bie @otit tai geworben, waö bie «Säule
bem antifen Scmpel war.
Gewölberippen. ?luf bie fo gcbil*
beten Stü^punfte baute ftcf) nun bie ©ecfe
mit ibren *J?ippen unb ©ewölbcn auf.
2)ie t>icr *Punfte fon je rier (Pfeilern
würben burcE) 6 Sogen »crbunben, fobap
Dier ®urt» unb jWei £)iagonaIbogcn ents
fianben, welcf)e »ier fpbärif(i)e breiecfige
gelber in ftd) einfd)loffen. 25abur(^ fon«
jentrierte fid^ ber S)ru(f bes gonsen ®e*
wölbeiod)e0 auf bie (Jcfpfeiler, eineöteiB
bortbin geleitet burcf) bie ©urtbogen,
namentli(^ aber burd) bie Siagonalbogen,
Welcbe nun burd) fiarfe ficinerne SHippen
üerförpert würben, hiermit War eigentlid)
ber ©ewölbebau fertig unb b<inbelte eö
ftd) nur barum, leid)te Äappen in bie oier
fpbärifd)en gelber einjufpannen, welcbe ibre
Stü^punfte Wieberum an ben SRippen
fanben.
2)ic *|3rofilierung ber SRippen lebnte fid)
anfange* bem SRomaniömu^ an, fonnte
aber bei ben edigen JJormen mit ben t>or?
gelegten SRunbfiäben nid)t fteben bleiben.
I)er 5luäbrud ibrer äfibetifcben ^u^f^ion,
ber Verbinbung be« 3luffd)iffenö, beä
Spannend, beä ft^ felber Sragenö, mupte
flargelegt Werben. So lie§ bie ®otiE bie
©runbform beö SBieredä fallen unb fc^te
an beffcn SteEe ein 2)reied mit nacb
unten gcrid)teter @pi|c. Jiefe |)oblfeblen
in Qlbwecbfelung mit fräftig ftcb löfenben
9iunbfiäben unb namentlid) ben wirfungö*
»ollen Sirnftäben fieigerten ben (Sffeft
unb ben Sinbrud. ®ie Spät^eit ging
aud) bierin immer weiter. 2)ie ^oblfeble
mit ibrem tiefen weid)en Sd)atten gewann
bie Dberbanb unb überfiimmte atleö anbere.
©in Mafien unb Sagen nad) Sffeftcn trat ein,
baburcbaber gerabejene nüd)tcrne(£intönig«
feit in ben ^rofilierungen fpäterer Sauten,
weld)c in ber ununterbrod^cnen Qlnwen*
bung beö gcfteigertfien QluäbrudsmitteU
ibre le^tc ^raft oergeubet. Qlud) bie ein«
facbe flare J"'^"! ^^^ .^reujqewölbeö ge*
nügte nicf)t mebr. Tlan fpannte ein f^ieö
von mannigfaltigen ©runbripformen über
bie [Räume, inbem man jwifd)en bieSRip«
Pen wieber SRippen fpannte unb fo bie
jwifd)cnliegenben ©ewölbefelbcr nicbtä
mebr bilbeten, aii gro^e Steinplatten,
©elbfi auf biefe bebnte ftcb iUle^t bie
Dcforation^wut au^ unb überfäete bie*
felben mit ben beliebten ÜRa§werföformen,
2)er "Hnblid einer foldicn ilie^bede ifi ein
unenblid) reidier unb lebenbiger, fann aber
ben Qluöbrud non etwaä ®efud)tem, nac^
15'
224
©ottf^e ißaufunfi.
fonfiruftiüen ©pi^finbigfeitcn ®c6enbcm
feineöfaüö »crleugnen, roenigflcnö in fei*
ner legten 5tuöbilbung nid)t.
^iermit ijl iai innere ©ctippe ber
gotifd^en Äirc^e gegeben. 2)0« übrige ifi
alleö ^üHtticrf. 2Bir Reiben fdf)on betont,
ta^ bic ÜJlauermaffen beö romanifi^en
©tileö, ber biefelben nur mit fleinen un*
bebeutenben ^^enftern burcbbrac^, na(^ unb
nai) »erfc^ttjanben unb fii) auf bie *Cfci'
ler fonjentrierten , fobaf bie legieren
jtt)if(i)en fi($ ein frcieö burj^ feinen ©e»
ttjölbebrucf belajlete^ %dh einfd)Iofyen, in
bem fxij bie ©eforation nun in i^ren
lublidbften ^^ormen tummeln !onnte.
Über bcn Sögen ber (Seitenfct)iffe öffneten
fic^ in ben erpen ^äkn bie jicrlic^en
5trEaben ber über ben (Seitenf($iffen an»
gebrachten (Emporen 2)ie folgenben
3citen brüdften bicfe (Smporen immer mel)r
jufammen, bi^ fd^tiepid) nur no^ ein
fcbmaler Umgang blieb unb jule^t aud)
bieicr megfiel. 5llä beforatioeö (flement
aber mürben biefe 5lrfaben, bie fogenanns
ten 2;riforien ober 2)reiöffnungen
bcibe^^alten. «Sie mußten jur QKaöfierung
beö an bie ÜJJauer fid) anle£)nenben *Pult=
bac^eö ber (Seiten[(^iffe bicncn.
^Darüber entmicfelte fi(^ eine grofe
©lasmanb, bie g^cnjier, üon ber fiarf
abgefc^rägten 5<;nfierbanf aufi^eigenb unb
in bem, bem ©cwölbe ftd) anfc()miegenben
©pipogen enbigenb. ^bxtx ©röfe megen
mar e^ notmenbig, fte burd) mehrere ©tein-
pfojien 5 u teilen, bie fxä) oben in bcn ta^
ganjc ^cnfter überfpannenben ©pi^bogen
in ben geometrifc^cn ?^ormen beö foge=
nannten Wa^merfö nerfi^tangen unb auf=
löjten. ^oä) beutlid)er tritt unö bic fer*
tige ^orm ber $5^"^^^'^ entgegen, mcnn
tt>ir fte in i^rcr ©ntmidelung betradjten.
®a^ erfie ÜWotiü mar in bem gruppcn^
mäßigen 3ufammenjleIIen einjciner fleincr
gcnjier gegeben. 2Dur(h 3iif«"i"if"'^üden
berfetbcn entftanben Ieid)tc burd) 6äuld)en
getrennte 3trfaben, unb ben aüe umfaffen=
bcn ©pi^bogcn füHte eine einfache SRofette
auö. üBie aber nad) unb na^ ber 3nnen=
Bau pffigcreö Sebcn unb ^ovm annabm,
tauchte aud) in ber gcnftcrardiiteftur
flüffigereö geben auf. S)ic fc^rdgen ©elaufc
tüurben belebt burd) ©äutd)8n unb ^ot)i=
fehlen, baö iRofettcnmotio fanb I)unbert=
fältige Variation mit ftc^ fc^neibcnben ^reiö«
linien in bcn fogenannten 3,4 unb 5 *Paffen;
in ber Slütcäcit nod^ in ma^tioKen
©d^ranfen, fpäter in oft überfprubeinbcm
Formenreichtum, oft aber auc^ in ben
abgcfd)madten ^^ormcn uncrmüblid^cr 3In*
menbung ber fogenannten ^ifi^blafe, cinc3
flammenartigcn, runblid^ gefc^mungcnen
«Paffcö, ber bcreitö bic ©efe^c geomctri*
fd)er Silbung auft^elöfi jeigt. 2n fpätcret
3eit, alg man barauf bcbac^t mar, bic
^?auermaf[cn möglid^j^ ju rcbujieren unb
allcö in 8id)t aufjulöfen, jog man fogar
bic 2;riforien in baö barüber liegenbc
gcnfter ijinein. ^a^ ßid)t mürbe baburc^
erhalten, ta^ man bie @eitcnfd)iffbäd)cr
abmalmte, aöerbingö ein gefät)rlid)e^ Qluö*
f unftämittel , bcnn man bilbetc baburd^
3uflud^t'eiminfcl für D^cgen unb @d)nec.
®inc munbcroolle ©eftaltung erlangte bie
OJta^mcrföardiiteEtur in ben fogenannten
SRofen, mic fte an ben Uöänbcn be^
Duerfd)iffeä unb ber ^auptfront auftreten;
gro^c meitgefpannte DJäber, anfangt mit
rabiaten ©pcid^cn ncrfe^en, fpater über*
flutet »on gcometrifd()en formen aller
5lTt. Dtamentlid^ bic franjöftfd)c ©oti!
brad^te bie SRofen jur boüficn Slütc,
mabrcnb 5Deutfdf)Ianb biefelben, aU bem
ücrtifalcn ^rinjip mibcrfprecbenb , fallen
Iie§ unb burd) gro^e ©pigbogenfcnßer
erfe^tc. — 2)iefer fieinerne ©ittcrbau bot
nun ber SBcrglafung i^ren ^a\t, bic bann
aud^ in bcn leb^aftcüen buntejien -Dhifiern
jufammengffe^t mürbe unb bem falten,
norbifd)en, fdarfen lagcslic^tc ben Sin^
tritt in^ 3"ncre termeftrtc.
@o mar ber innere Aufbau BoKenbct.
!Bon pulfterenbem ßeben erfüllt, mic ja^l«
reid)e ,^ontänen fictgen bie Pfeiler auf,
jira{)len oben au^etnanber, fliegen inein*
anber über, ein emigeö ftüffige« ©Icment.
2)ic longe jid^ öffnenbe ^4?erfpeftii?c flutet
bem ßid^te entgegen, baei in glutfarbcncr
fPradE)t burd) gemalte ©d^eiben bti^t unb
bie leblofen SD'iaffen ücrflärt unb ibealiftert,
ha^ man oergeffcn möd)te, mit meldten
funfltioöen 9Jiitteln bic i>unbcrte »on
«Steinen ju i^ren bcfiimmten ^unftionen
gcjmungcn merben, in äßa^ir^eit ber
Offenbarung eines SQ?t)fteriumö gleidf), mic
Äugler fagt, meld)e3 bie Sinne befängt,
bie ©eifler mit ftdi rei§t unb bie funfi*
t>otlen iKittel jur ©rjielung feiner 9[Bünfd)C
üergeffen mad^t.
4. ©anj anberö tritt unä iai 5tu^crc
entgegen. S)a begegnen mir bcn gemal*
tigen ®tü^en, ha finbcn mir bic mannig*
faltigften Äonjlruftionömittcl offen uiib
cl)rlid^ unb aüti, maö unö im Snnetn
bic Söunber cincö mit unumfd^ränfter ©c*
malt berrfd)enbcn S^eoli^ni"^ «ä<i^lt/
finbet bier au§en feinen Hortleiter jut
©otif^c »auEunll.
225
realen SBelt. äunä^jt fallen bie ©tre*
bcpfeiler, »ucfetige fon breiter Saftö
auffieigenbc ©teinfoloffe, in bie Qlugen.
2Bir ^aben oben gcjeigt , njic ftd) ber
SDrucf ber ©etttötbe auf einzelne fünfte
fonjcntrierte. 2)ie[c ^^unfte galt eö t»or
allem ju ft(^ern. S5em Sd)ub ber ®eiten=
fcf)iffgettiölbe fonnte tmä) bie ®trebcpfei=
ier bircft begegnet Serben, iräljrcnb ber
@(ftub beö SDJittelfc^iffgenjölbeä über baö
(Seitenfc^iff ^intt)cg auf ben Strebepfeiler ge^
leitet ttierben mu§te. 2)ie« gef(f)a^ nütteljl
frei gefpannter Sögen, ben fogcnannten
Strebebogen, bie einerfeita gegen ia^
SOfJittelfc^iff, anbererfeitö gegen ben @trebc=
Pfeiler brüdten unb fo ben ®en>ölbefd)ub
auf bie ©teinmaffe be^ le^tern übertrugen.
SBaren meljr aU jniei ©eitenfcl)iffe t>or=
Rauben, fo fprengte man bie Strebebogen
entttieber in f'üt)ner Spannung über beibe
Schiffe t)inroeg, ober aber mau führte auf
ben bie Seitenfcftiffe trennenben lifeilern
Sürmd^en auf, tt3eld)e ben meitgefpann«
tcn Strebebogen bUTd)fcI)nitten unb ben=
fclben fo in jttiei felbftcinbige Seile jer^
legten. So ftnb bie Strebepfeiler bie
tral)ren Mitlauten beö 23aueä unb tragen
auf ibren S(ä)ultcrn bie 8a|i ber gefamten
Äonfiruftion, bienen aber jugleid) aud)
ale fefte3 fcnfred)teä SRal^nmerf für bie
mit luftigen genftern burdibtodienen
SGßanbe. ?tnfangö finb fie fa^l unb nadi
oben burc^ einfädle f(iräg abfaüenbc
5lbj!ufungen fi^ »erjüngenb. 2)ie f($affenbc
$bantafte oertiefte ftd) oorerft auf ha^
innere, unb erft als basfelbe mit feinem
3auber bie pc^fie fünftltc^e ©eftaltung
erreid)t, bcfc^äftigte fie fid) mit ber äluö=
bilbung ber äußeren 5'-'"^"i'^"- ®ß^
fdb^^cicfälliöe Strebepfeiler erroud)ö balb
unter ber [cbaffenben ©eftaltungöfraft ju
einem eigenen fleinen S3aumevte. Dlatur^
gemii^ mürbe ber Pfeiler bctrad)tlid) über
ben 3lngrippunft ber ©cmölbe ert)öt;t.
S)aö gab ben erften 5lnla^ jur 2)cforation.
5Die merftbätige $anb fäumte ni($t, biefen
5luffa^ JU einem eigenen fleinen Sürm-
d^en mit fteiler t)of)er Spi^e auöjubilben.
®iefe ^feilertürmc^en , ober mie fie bie
bamalige ^anbmerföfpracbe nannte, bie
ijialen, beftanbcn auö bem fogenannten
ßcib unb bem fd^lanfen Spigba^e, bem
(Riefen, au^ beffen Spi^e eine freujförmig
auölabenbe 23lume ^eroorblüt)te unb an
beffen .Tanten f leine Stcinblumen, bie
Ärabben ober Änollen, cmporfrod)en, aud)
il^rerfeitß bie aufmärtätreibenbe SeWegung
pd)ft lebenbig auäfprec^enb.
Sie fc&on ermiibnten 5lbfä^c aber boten
miüfommenen 5lnla§ jur "Mufjletlung »on
fleinen Sabernafeln, Statuen mit Salbas
c^inen jc, foba§ ftd) ber ebemalö fo
plumpe Steinpfeiler fd)lie§lid) in einen
SIßalb üon auöeinanber l)erau«smad)fenben
lürmc^en unb 9'Jifd)en auflöfie unb un=
ter biefer jum ^immel cmporfirebcnben
fpielenben 93cmegung bie entgcgenftemmcnbc
2öud)t faum metjr apen lie^. £>er
Strebebogen, oberhalb mit einer Sd)räge
äum *ilblauf beö Söaffcrä oerfcl)en, au^
ber bie fd)on ermäbnten Ärabben cmpor=
muc^fen, erfuljr ebenfalls ben ©influf ber
*P^antafie, bie feine fd)rcere Jyliidie mebr
bulben , fonbern alles aufgclöfl l)aben
nioUte äu einem Icidjtcn , fc^mebenben,
ben Sd)mcrpunft in ftd) felber tragenben
©ebeimniö.
2)ie Strebebogen bleuten nebenbei aber
jugleid) al^ fleine ?lquabufte, meiere baö
'übtüaffcr bes ^od)nierfö über bie Seiten^
fc^iffe megiül)vten. llngcl)euerlid)e ®t'
Italien, meiftens Zierformen ober D!J?en^
fd)enföpfe, bie fogenannten äffiaffer*
fp eier, fpieen bas ftd) fammelnbe Söaffer
auä unb fc^leubertcn e^ meit oom Sau
meg.
3n tt>ed)felt)oller Söeife fpannte fidö
jmifdien biefeö r>ortretenbe fonflruftioe
®erü|t hinein ber präd)tigc Jeppic^ ber
^cnfier, beren umfaffenbcr topi^bogen
überbackt mürbe oon ben fogenannten
SBimpergcn, giebeläbnlid)en Öluffä^en,
in beren 2)reic(f bie *pi)antafte in 5lnmen=
bung ber ßieblingsbcforation beä SlRitteU
alters, beö ÜJJa^merfö, ein unbefc^rdnfteä
5^elb fanb. — 2cid)te burd) i^re tiefen
Statten aber ungemein mirfcnbe |)ori =
jontalgefimfc oerbinben bie einzelnen
Strebepfeiler unb umäiel)en, ba ftd) in
ben ^ot)lfe|)Ien gcmöl)ulid) ein reidicö
©lättermcrf entfaltet , ben ganjen Sau
mit einem fieinernen Äranje.
2)en größten Sriumpl) aber feierte bie
©otif in ber (Sntmidelung ber SBeflfa^abe,
im Turmbau. 2Bte mir fd)on bei ber
Setrad)tung beö ©runbriffcs belcbrt »ur=
ben, ergeben ftcb in ber SRegel jmei maffige
Sürme. 2Benn aud) bie ^(nmcnbung ber
Strebepfeiler beim Surmbau burd) feine
inneren Strufturüerl)ältniffc fcineäweg^
geboten mar, fo überzeugte man ftd) boc^
balb, ta^ bie Symmetrie ber gansen Qtn*
läge »orfpringenbe ÜJIauermaffen erforbere
unb t)a^ auf biefe 2öeifc mit leid)tcrcr
Äü^nbeit bem ®anjen ber ß^arafter be^
emporjlrebenben gegeben werben fönne..
226
©otifd^e 93aufunfi.
<So fe^en benn Pier gemaltige Pfeiler am
gu^oben an, ficigen auf, fd)Ianfe l)o\)t
^enfiet ein[cf)tie^enb, biö eine jSaüerie,
tai Untergefdjof trennenb, ben Übergang
üom a3ier= in^ 3l^ted marfiert, in tvtU
<f)em ber Äein feinem (Sipfclpunfte äujagt.
S)ie üier (Scfpfeiler, jerflüftet üon 9iifd)cn
unb fid) ab^ufenb in 5Du^enben pon
gialen, aU felb|iänbige.,3;ürme fid) aufs
bauenb, vermitteln ben Übergang auf bie
ieiüegtefte 5trt, inbem fte, mie ßüb tt fagt,
alä emporjagenbe Senblinge ber axi)itdtO'
nifc^enÄraft, bie in ben gewaltigen Pfeilern
tubt, Den mittleren Äern ju feiner luftigen
^öl)t begleiten, er fxd) bort mit einem gen)al=
tigen ®teint)elm überbacf)t. SDie jlrenge
Äonfequenj, bie im gotifd)en ©pjlem liegt,
ftotlte aber auc^ bier oben auöflingen.
Stuf bem lebenbigcn, mit iÖeicf)tigfeit auf=
queßenben ©tjfiem beä Unterbauet fonnte
feine »olle >Steinmaffe al« 5lbf(i)IuBbeIm
laficn. Unbefümmert gegen bie Unbilben
ber SBitterung, mit fünillerifdber ©leid)*
gültigfeit bie praftifd)en löebürfniffe ^int»
anfe^enb, crftanb ein luftigeö burd)brod)e«
neö ®erüft, beffen fräftigc UJippen, unter*
einanber üerfpannt, burc^ S)Ja§tt)erf aüer
5lrt, an if)rem Söcreinigungspunft alä Ie|te
Slüte eine gewaltige Äreu^rofe auffnofpen
liefen. Unten am %n^t aber öffneten
ftd) brei Wette *]3ortaIe. 2)ort, wo ber
SÖJenfd) ftd) anfd)idtc , cinjutreten jur
2ßof)n|latte bes ®ef)eimniffeö, bort, wo
tai Heiligtum t^n empfing unb ibm eine
3uf[uc^t0fiätte por ben 2Bed) fei fallen bcä
ßeben« bot, bort berrfd)te ber btlbnerifd)e
©cfemud mit gewinnenber Qtnmut. 3n
tiefüegenben ^of)Ifet)Ien, fecf untcrbrod)en
Don fd)Ianfen @äuld)en, empfingen ibn
bie Sparen ber ^eiligen , beren ©tatuen
unter Salbad)inen, auf Äonfolen ruf)enb,
berniebergrü§ten , wdbrenb tai t>on bem
33ogen eingefpannte gelb, ta^ fogenannte
Stjmpanon, ©jenen ani ber 33ibel erjd[;lte
unb ber baö breite Q3ortal trcnnenbc
fJJfeiler bie ©tafue eine^ beforjugten ^ci*
ligen, in ber [Hegel biejcnige ber aJiabonna
präfentierte.
Über ber reid)gefd)müdten 5lrd)ipolte er*
^ob fid) ein großer fteiler ©iebel, bem wir
fd)on bei ben i^enftern unter bem 3Jamcn
Söimpcrg begegnet finb, nur ta^ ^ier bie
weit größere ^Iad)e oft auc^ nod) in ben
9tat)men bcä bilbnerifd)en ©^mudeö hin-
eingezogen würbe, ftatt mit ÜJJaBwerE auö*
gefüllt ju Werben. Unbefümmert ragten
biefe ®iebel in has barüberliegenbe genjler
ober bie 9iofe l)inein unb fcnujeid^nen fo
Ted)t bie SRücfftcbtsIojigfeit ber mittelaltct*
li^cn Saumeifier, wenn eö galt ein be«
jiimmteö 5lrd)itcfturfiücf fonfequent au^*
jubilben.
hiermit fte^t ber gotifc^e .Rircbcnbau
»oöenbet »or un^; gro§ in feinem ®runbs
gebanfen, gro^ in ber fonflruftinen unb
beforatioen Sefianblung beöfelben. Stile
Äräfte beö ©eijteö l)atten fxc^ angefpannt,
t&i 2Berf jur oollficn 23olIcnbung ä"
bringen. Sin märd)en^afteä £raumge=
bilbe gautelt unö cor, bem wir folgen
muffen, of)ne unö flat ju fein, wie unb
Warum, biö wir jule^t auf ben ©ipfel
ber 23erwunberung angefommen, erwachen,
unb iai, tvai con bem unentfd^iebenen,
bie goi^mft^ ibealinerenben ßid)te beö
mittelaltetlid)en ®ternenf)immcfö, beleuc^*
tet, un^ über baä SBefen ber ÜJiaterie
binwegtäufc^te, im 2id)te ber aufge^enbcn
ÜJJorgenfonne bem nüchternen 33erjianbc
aüc feine ÜWcingel offenbart. 2)ie taufenb
unb aber taufenb feinen ©pi^en, weld)c
ber Vernichtung if)ren 5lrm entgegenjlreden
unb im wilben S^aoä, befonberö am
(S.l)orbaupte webcr ein flareö Silb, noc^
eine formenfd)öne®iU;ouette juftanbc brin*
gen, t>ai Überfc^neiben ber ja^Irei(^cn
^ögen im 3nnern in oft nic^tö weniger
alä fc^önen j^'^i'^i^"' ^^^ unöermittelte
51uffa^ ber ©ewötberippen auf ben 5Diens
fien, bie bilbnerifd)e Überlabung ber $or»
tale mit ber wiberftnnigen ©teüung ber
©tatuen gegen ben ©dicitclpunft bc!^
Sogen« tjin, bie gWedtofcn, rein bcfora*
tioen SBimperge, bie 2;urmf)elme, beren
burc^brodjene 2)ia§werfeformen nicbt nur
bem praftif^en Sebütfniffe nid)t im gc=
ringften cntfprec^en, fonbern fap für jeben
©tanbpunft beö !Befd)auerä fic^ übers
fc^neiben unb fic^ in unrt)t)t^mifd)er SBeife
beden, oor aClem aber bie burd) gänjlic^e
Unterbrüdung ber horizontale beroorgc=
rufene Unrul)e, erinnern nur ju fet)r baran,
ha^ nic^r 2öaf)r^eit, 9?atur unbS^i'trfiTi'i^ig-
fcit bie ftiirfjten ©eiten ber gotifc^en Strebt*
teftur Waren unb ha^ biefelbe beftrebt
War tai Jbeale ju realifieren, fiatt iai
SRcale ju ibealifteren.
©(^lie^Iid) bätten wir nod) ber a'b=^
Wei($enben ^^ormcn ju gebcnfen unb
benfelben einen 5tugenblid ber i8etrad)tung
ju wibmen. 33ei ber umfaffenben !8er=
breitung beä gotifd)en ©tiieö war e^
fclbftoetfiänblid), ta^ mannigfache *Jtbanbc=
rungen fowol;! in ber ®runbri§form ali
im Stuf bau jur ©eltung famen, teilä
bcbingt burc^ nationale (5;igentümlid)fci=
®otif(|)c Söaufunji.
227
tcn, tcilö t>mä) ben eeränbertcn 36it9«ifi.
teil^ aber namentlich burd) iai ^a\x>
matcrial.
SSoretji ^atte jeneö eycenttifcf)e Stre-
ben nac^ aSertifali^muä ni(^t überall bie
Dbcr^anb gewonnen. Tlan i>\üt jum
Seil noc^ fcft an einer ru{)igen, bem SHo«
manifc^en fiä) mel)r anle^nenben (Sntiüicfs
lung. (Statt ha^ 3D'JitteI[d)iff ju jener
engbrüjiigen ^ö^e emporjufüfjren, jog
man eö cor, bie ©eitenfc^ijfe ju erweitern.
iD?an machte biefelben breiter, jule^t [ogar
^leid) breit, wie iai SOJittelfc^iff. Sine
natürticf)e \^o\%t bax>on war bie Sr«
pt)ung bcsfelben, unb hai Siefultat biefer
Umwanblung war eine ^aße mit brei
glei(i)bebeutenben ©c^ijfen. ^iefeö ®t)jicm
ber ^allenfird)en beeinfin^te bie ^orm
ber äußeren Qlnlage beträcf)tli(^. 2)aö
Duerfd)iff fiel Vota, unb ber S[ßccf)fel beö
I)öl)cr emporragcnben ÜJJittelbaueä ju bem
niebrigen Seitenf^iffe erftarb ju einer
glatten ÜJJauer, bie tro^ ber langen großen
^enjler unb allen möglid)en fonoentio*
nellen 3i"itf" f^^ nif 5" jenem leben=
bigen iR^t)tl)muö ber Safilifenanlage em^
porjufd)Wingcn fermoc^te. 2)ie gro§e
butc^ brei gleidl) i)oi)i ©c^iffe entjlanbene
glä(4e be« ju überbacf)enben (Raumes be=
bingte aber jugleid) jene gewaltigen
2)a5)er, bie tro^ aüen angewanbten S)efoä
rationömitteln, tro^ beö ^luflöfen^ in
farbigem ®cf)mucf bem ©au ein für alles
mal ein fd)Werfälligeö ©epräge aufbrücften.
^iU SDtateriat würbe bei ben mcifien
Sauten ein fügfamer 33aufiein cerwenbet.
3n ben nörblic^en ®egenben inbeffen, wo
berfelbe fi^wer ju erhalten War, faf) man
fic^ auf ein ©urrogat Perwiefen, auf bie
Riegel. (Sacffieinbau.) ©aburcf) entflanb
bort eine eigentümliche Dtic^tung. 51tle
ftärfer auälabenben 2)etaiB fielen weg
unb machten einem beforatiüen farbigen
5lacl)ornament ^la^. 3nt»eö üermoc^te
biefe iRicf)tung in ber Äirc^enard^iteftur
ftd) ni(ä)t ju einer wirflic^ tünfilerifc^en
Sntwidelung emporjufc^wingen. ®ie blieb
«ine loEale.
2)ic3citwar nid)t me^r baju angetfjan,
neueö ju f(f)affen. 2luf bie Spod^e beö
fc^wärmerifc^ überfpannten 3beali^muö
folgte eine allgemeine ®ntnüd)terung.
DWan lie§ ben ©efamtgebanfen auö bem
%ige unb Wanbte ßiit unb ®efd)macE
«iner beforatioen 5lu^bilbung ber SDetailö
ju, bie nur ju balb in eine balb an*
mutige, balb nücl)ternc Spielerei auö*
artete.
S5aö Äennjeid)en jebeö S^Pfe^ , ba^
^afc^en nac^ gef^wungencn Sinien brac^
aud) ba ein. S)ie Sffiimperge würben ge=
frümmt unb nahmen bie ©ejlalt bcö fo*
genannten Sfelärücfen^ an, hai jjenfler«
ma§werE oerwilberte in ben 5if'ä)^l<ifen'
formen, bie gialen würben fpiralförmig
gcbrct)t unb bie ©pi^e oft fadenförmig
umgebogen, bie ^Profile befianben fd)lie§*
lid) auä ni^tä mel)r alä tiefeingefi^nitte*
neu ^ol)lEe^len. @o würbe bie gotifd)c
Qlr^itcftur reif, ber cinbrec^enben iRes
naiffance ju weichen, unb wi^ aucf) faji
o^ne Äampf. 2)ie Übergänge fmb gering.
®ie SRcnaiffance tritt unnermittelt ein unb
»erfünbet hin Anfang einer neuen 3fitf
eine« anbern ©ebanfengangeö.
|)ifiorif^er 5lbri§. ^yranfreid^.
®c^on in ber SRitte beä 12. 3af)rl)unbertä,
wäörenb ©eutfc^lanb noc^ flreng roma«
nifd^ bad)te unb baute, erjlanb unter 5t6t
©uger an ber ^Ibteifirt^e ju ®t. 2)eni^
ein neuer (S^orbau, an Welchem jum
erjienmale ber foHenbete ©trebepfeiler aufs
fam, tierbunben mit ber reid^ auägcbilbe«
ten G^oranlage; ^ier na^m and) bie fon=
jiruftioc SSerwenbung beö ©pi^bogen^
i^ren Anfang, nac^bem fci^on lange Dort)er
ein ©rübeln unb @uc£)en nad) biefem
©pfiem in ber romanif(^en 2lrci^iteftur
oorbereitenb ben ®runb ju biefem, wenn
man fo fagen wiü, neuen ©ebanfen ge*
legt batte. 2)erfelbe fanb rafc^ Stnflang,
unb in furjer 3eit folgten biefem (Srjllingäs
Werf bie Äatljebrale oon ®t. (Remp ju
SR^eimö, fowie bie ^at^ebralen t)on
8aon unb $ariö. 5lm glanjoolljien
entwidelte ftd) bie franäörifd)e ®otif im
13, Ja^r^unbcrt an ben ^at^ebralen oon
e^artreö (1195-1260) unb SR^eimä
(1212) unb erreic[)te ben ©lanäpunft i^rer
93lütc in ber Äatt)ebrale fon Qlmien^
(1220— SS). 2)aö gleite 3af)rl;unbert
lie§ bie Äat^ebrale oon Öeauoaiö, bie
@t. Stapelte in ^axü, bie Äat^ebralen
r»on irope^, 9iouen, Sour^, 'Jtuferre,
fipon :c. erflehen, wii^rcnb i>ai 14. ^a\)i>
^unbert jxc^ grö§tenteilä mit iöoHenbung
ber begonnenen Sauten befc^äftigte. '^m
15. 3a^r^unbert jerfiel bie franjöpfc^e
®otif bereite, inbem ber fogenannte %lam'
botjantjlil ober wie man auf S)eutfd) fagen
würbe, ber $5if^t)lafenfiil einbrad).
S)cutfd)lanb firdubte fic^ biö tief xni
13. 3at)rf)unbert l)inein, ben jtc^ ba^n*
bred)enben neuen ^otnren fein ®ebiet ju
öffnen. So ^ielt fefi an ber 3luöbilbung
bc^ romanifd)en ®tilö, ber atlerbingö tro^
228
©otifAe «aufunfl.
aUebem in feiner Slütcjeit in bem r^cini»
fd^en liberqanqöjlit ben ®influ§ bcr btX'
anrücfenben ®otif, namentlid) in bcr
©runbripilbung, feincötreg ju verleugnen
»ctmag. S)qö erflc bebeutenbe Seifpiel
bcr Qtufnal)me gotifcfier formen jcigt ber
&\)0X be« S)oniö ju 9)1 agbe bürg, ber iai
ftanäöftfc^e 23orbilb beä ÄapeÜenfranjeö
Qcceptiert. ßin liebliche« iöcifpiet ber
Übertragung biefeä franjöfifc^en ©ebanfenä
auf ben 3fntralbau ifl bie ßiebfrauentirc^e
in Sricr (1227—44), mdbrenb bie (Slifa=
tet^cnfircfce in iDlarburg alö tai erfic
frühe »eifpiel (1235-83) einer fallen»
fir^c erfcfceint. 35aö Ducrfcfciff [^ naä)
93orIage be^ rheinifcften Übergangöfiileä
im fPoIpgon abgef^Ioffen. S)ie garje
Einlage ift no^ äu§erji ruf)ig , einfad)
unb fc^licfct, jeugt aber oon großem Qlbcl
bet 5luffa|'fung.
3n bem fd)on 1248 begonnenen Äölner
2)om entfaltet ta^ gotifd)e <5r)ftem fic^
i(U ebelfier Harmonie unb gro§arttgjtcr
S)urcf)iu[;rung , bie inbeö nicht frei ift
öon f($ulmä§iger [Regelricbtigfeit. 5Dcr
6inf(u§ ber franjöfifd)en ©otiE ift untier=
fennbar unb ber Kölner I)om fojufagen
eine getreue Äopie ber Äat^ebrale t)on
Slmienö, aüerbing^ eine >Äopie, »elcfce t>ai
Original burd) Sauterfeit, 5oIgericf)tigfeit
unb Älarl)eit ber 3)iöpofition überholt,
ein 93aumerf, beffen gemaltige ADimenfio^
nen an tai menfd)Iicf)e Äönnen unb
bie menfd)Ud)c Äraft berartige 51n*
forberungen fleüte , ia^ eö unferem
5a^rbunbert vorbehalten mar, mit ber
^rcujblume bie ©teinriefen su frönen,
iai gemaltige SBerf ju feiner Soöenbung
alfo nid)t meniger alä fe^äunbeinfialbeä
3at)r^unbert beburfte. Ungleicf) origineller
in ber Qluffaffung ift bie ^atbarinenfirc^e
ju Dppenbeim (1262—1317), mo bie
üJla^merföentmidelung in ben ^enftern in
fprubelnbem ßeben jur ©eltung fommt.
2)a^ im gleid)en 3i^i^^""i'stt errichtete
SDlünfier ju gteiburg imponiert nament=
l\ä) t)uxd) feine eble Jurmbaute mit
bur(^brod)encm |)elm.®aä Stra^burgcr
SWünjler (1275-1439) jcigt faft aüe
*l}t)afen ber mittelalterlichen Saufunfl.
5baö ßangbauä ifl ftreng frü^gotifd), bie
@eitenfa(;aben bee Querfcfiiffeö unb ber
(S^or mahnen an romanifc^c formen,
mäbrcnb bie oorbere mcftlicbe 5«9i^f "i^*
it)rem gercaltigen SRabfenfler beutlicfee 5ln=
f länge an bie franjöfifcf)e ®otif in i^rer
93tüte5eit jeigt, unb ber Turmbau enblic^
(1439 Boüenbet) jeneä 2luflöfen ber »Jtrd;i*
tefturformen, jenes 5^9^" nac^ fonftruE«
tiöen hanbmertöma§igen par forces?eiflun»
gen offenbart, bie man böc^ftenö megen
ihrer Äü^nheit bemunbern, nie aber
fchön finben fann. 3m füblichen S)eutfcf)«
Innb ftcHt ber 1275 eritanbene JRegcn^s
burger 3)om tai öorbilb für bie beutfi^c
Sl)orbilbung auf, meiere ber rcid)en fran=
jöfifchen *llnlage entfagt unb biefclbe burc^
einfad)e *J3olt)gone erfe^t , mährenb im
'Cragcr 2)om(l343 — 85) eine nod^malige
Qlufnal)me beö ÄopellenEranjeä jum 2)ur^*
bruch gelangt. 3m 14. 3a^r{)unbert ift
bie (Sotif in 2)eutfcl)lanb in %Ui\ä:) unb
SBlut übergegangen unb feiert nod^maB
itireSlütejeit, fo im3)om ju .falber fi ab t,
namentlich f^ci^ in ber meitern Qluäbil«
bung be^ ^allentirchenfppems. 3i'9l6i<^
bridht aber mit bcr Übcrbanbna^mc ber
gegenüber berSaftlifa ungleicf) nüchternem
^orm ber ^aüenfirdie eine gemiffe i)ani»
merfömä§ige gertigfeit an @teEe„ ber
fünftlerifd)cn ©eftaltungsfraft; ein Übers
l)anbnel)men von tonftruftioen Spi^finbigs
feiten, mie 9'Je^s unb (Sterngemölbe; ein
(Sinhüüen ber goi^men in ein ma^reö 9^e^
üon frei baf orgefteütem Stabmerf, bie
unumfd)ränftc |)errfd)aft Der gifc^blafe
unb beö (Sfelörürfenä. Sie 93eifpiele bie«
fer (5p0($e entbehren jmar feineämeg^
einer gemifj'en 5tnmut unb ßeic^tigfeit,
befonberä in ber ^luöbilbung oon (Sinjcl«
ard)itefturen; mir erinnern nur an bie
2Biefenfird)e in Soefl mit bem munber*
hübfchcn (5,l)orfc^lu§, an bie 5)krientirchc
ju 2Rühlhaufen, bie ©ome ju SDtin =
ben unb *Dlei§en, in ©übbeutfc^lanb
namentlid) an bie ßiebfrauenfirche in ®§ =
lingen mit bem t)ö(hfi anmutigen Surm,
an bie Jiürnberger Äirdhen ®t. Scbalb
unb (&t. öorenj (1439).
2)aö gemaltigfte jDenfmal bcä 14. 3tt^r»
hunbert^ aber repriii'entiert *St. Stephan
in 2Bten, eine mcite ^aüenfirche mit menig
erhöhtem SFJittelfchiff- 3"i 5tu§ern faden
namentlich bie mit größtem fünfilerif(hen
^lei^e crftcUten SBimperge in^ *}>uge, voo--
burch bie ©dimerc be« gemaltigcn S)arhe§
etmaö gemilbert mirb. SBefonbcrö aber Ijat
ftd) bie ®otif in bem gemaltigen Otiefen«
rcerfe bc^ Surmbaue^ (1433 ooQenbet)
ein Ic^te^, aber burch alle 3fif)i^f)unberte
5ld^tung gebietcnbeö 2)enfmal gefegt.
S3on ba an jcrfätlt ftc rai'ch- sSaö 15.
5ahrl)unbert vermag ftc nic^t mehr ju
platten. S)ic Sinjcfglteberungcn merbcn
nüchtern ober p^antaftifd), fic fangen an,
ftd) ju bäumen unb ju biegen unb ju
©otifcfie ißaufunfi.
229
t)er[cf)nörfe(n. S>ie geometrifcfcen Jvormen
werben ju 3ffi^foTmen ber SJfatur unb arten
julc^t in unuerfianbene plumpe ®efialtun=
gen auö. ©ine [oId)e Slüte gotifcben S^Pff«
bietet baö *Portal beä SÖierfeburger
2)onie^ unb berÄlofterfirtfie ju 6^ em ni^K.
2)er SBadfieinbau finbet [eine «fiauptüettretcr
in bcn nörblid)en ßiegenben, namentlid)
in ber ilJJarienfird&c ju 8ü bed (1276 be=
gönnen), n>o bie ganje tt»eiti'(i)id)tige ^In^
läge beö franjöfi[d)en (Stjors in ißacffiein
jur 5lu0fül)rung gelangte, ferner in ber
ßifiernenferfircbe juS)oberan, bem 2)om
äu (Schwerin unb ber *Dfarienfircbe 511
iRofiotf nnbüßi^mar, ber Äatbarinen«
fir(f)e 5u *J3 rauben bürg, bem 2)om ju
Äönig^berg unb fielen anfccrn raebr.
3n ©nglanb fc()lug ber gotifcfie Stil
feinen eigenen (Sntwidelungegang ein.
S)aö öangl^au« Würbe fiet'g nur bretfcf)iffig
angelegt unb ungewöf)nlicl) in bie Öirnge
gejogen. ^er 6^or erbielt ben nüc^ter^
nen gcraMinigen *llbf(^lu^. 9?eben ben
äWei SBefitürmen tjielt fid) ber Duer^
fd)ipturm. 2)er beutfc^e ^elm madite
beinal;e immer einem einfad)en Sinnen*
franjc ^lafj.
5Die bauptfäd&Iid)fien Seifpiele ftnb bie
Äatt)ebrale üonSanterburp, bieffiejlmin|ler*
fircbe in gonbon (1245— 69), bie ^at^e*
brale non Saüsburt) (1220 — 1259), Don
SBorccficr unb anbere me{)r.
3n Jtalien tarn ber gotifi^c 93aujlil
nie ju feiner (Seltung, ober er erbielt.
Wo er jur 5tuäfü^rung fam, ein ben
nationalen 5lnfc^auungen unb 53ebürfs
niffen entfprecbcnbeö, bem gotifc&en fprin«
jipe aber frembe^ ®eprdge. Stalten lebte
ju fe^r in ben antifen (formen unb folgte
nur wiberftrebenb bem 3ugc ber 3cit,
wä^renb iai fom bena^barten J^ranfrcirf)
beeinflu§te Spanien ben gotifcfcen ®til
freubig auffaßte unb benfelben mit mau?
ri[(hen ^^ormen ju einem eigentümlichen
Silbe üerquicfte.
dlaä) biefem Jlunbgange burd) bie eer>
fcl)iebenen Öanber unb Sabrijunberte Un=
nen wir ungefähr folgenbe (Spoc^en beö
gotifcE)en Saufiils ouffieöen:
(Srfie (Spocbe: Übergangcftil tiom (Snbe
beö 12. btö jur SÜUtte beö 13.
3abrt)unbertö.
Swcite (5pocf)e: grü^gotif (änbe beö 13.
unb Qlnfang beö 14. 3al)rl)unbertö,
jugleid) bie ©lütcjett.
25ritte (gpocE)e: ißerfaü unb Qluöartung,
®nbe beö 14. unb 15 3at)rbunöert«.
B. I)ie ^rofanbauten.
S)er Sßobljianb ber mitte(alterlid)en
Stiibtcbewobner, genä(;rt burd) ben em=
porblitf)enben |>anbel unb geilärft burd)
jene ^»anbwerföüerbinbungen, bie ßünf^«'
mit ihren ftreng organifierenben ®efe^en
unb S.^orfd)riften, rief r>on felbfi eine gc(!et=
gerte Q3aulufi aud) im *Profanbau bernor;
fei berfelbe nun für bie Dffentlid)Eeit bi-
red)net ciewefen, ober biene berfelbe
al^ äBohnbaues ober Äaufhau«. @o ent*
f!anben SRatbäufer, (Silbenballen, 3""f^*
baufer unb *)3ritiatgebiiubc aller 5trt.
®elbp bie baö 2Beid)bilb ber ®tabt be»
grenjenben Umfaffungäimauern geben burd)
ibre prä(^tigen iürme unb Sbüren 3^"^'
nie ber lebenefrob erwad)ten SSaulujl.
®ie i^acaben ber Söobnbäufer bauen
fleh meiji mit ben burd) bie Äird)enarchi=
tet'tur gegebenen (Elementen auf, nur ha^
hier bie irtaffen ber Strebepfeiler leid)tcn
Sifcnen Weichen unb bae fpi^ibogigc »^en^
iter einer gefuppelten (^enftetanlage ^U^
macht, bie überbedt unb geteilt ifi bur(^
jWei l)orijontale Steinbalten. ®egen bie
Strafe ^u baut ftd) meiil ein fieiler ®iebel
auf, ber ^nla§ ju mannigfaltigen 2)efo=
rationen bietet. I)er Symmetrie wirb ge«
wöhnlid) feine SRcd)nung getragen unb
gerabe in einer gewiffen (Regellofigfeit
liegt ein hoher maUrifd)er iReij biefer ®e=
bäube, erhöht burd) fed üorfprtngenbe, mit
reicher Sfulpturarbeit überbedte (Srfer.
Unten an ber Strafe aber öffnet fxch eine
fd)attige Qlrfabe iwn Erciftigen Sögen unb
Pfeilern. ^i)iefe fe^t fid) gewöhnlich unter
ben 9'Jad)barhaufern fort unb bilbet fo jene
Sogengdnge, bie unter bem SJJamen ßauben
befannt ftnb unb ben mittelalterlichen
Stäbteanlagen tai (äeprdge eineö i)cm\t=
ligen Seifammenfeinö aufbrüden. ^m
3'inern Waren bie fiäufcr meiji eng unb
entbehrten beö ßi($te^ unb ber öuft. iBon
ber erwähnten ßaubc trat man rorerjt in
einen großen glur. ^ier pulfterte hai
gefd)äftlid)e Seben bce öaufeö unb würbe
überwad)t »on ber im ^intergrunbe ange«
brauten Schreibfiube beö Äaufhertn. öine
meip enge, fteile Slreppe führte tjon ber
|)alle jum Söller, ber bie Serbinbung
mit ben 2Bobn= unb S($lafräumen bei
obern ®efd)offe0 »ermittelte imb oon beffen
aSrüftung man ben unten oor ft^ geben«
ben ißerfehr beobad)tcn !onnte. 3n ben
weiten hohen ^ad)crn aber bargen groie
Speid)er bie (tod)ä|e beö .ffaufherrn unb
bie Vorräte ber ^auöfrau. 2)ie Strafen
230
©otifc^e SBilbnerei.
rvaxm metji eng, mitten burc^jogcn Don
bcm fogenannten StabtbacE), unb etrDciter'=
tcn ftd) feiten ju freien offenen ^lä|en,
\Di\ä)i bann gewö^jnlid^ mit oielröferigcn
Srunnen gefdbmücft mürben, ©en (Slanj^
^junft aber feierte bic $rofanarcE)iteftur,
namentlich in ben Dlieberlanben, in bcn
impofantcn SRatbäufern, meldte ge*
mö^nlid) burc^ einen gemaltigcn lurm
mit fi^Ian? emporfirebenber ®pi^e bie
JBebeutung bc^ ©ebdubeä aU foorbiniers
teö (Slieb ber Äirc^c frdftig auöfprac^en.
5D^it gleicher Sebenöfrö^Iicf)feit entfianben
aber anä) jene meitt)afligcn Älojieran*
lagen mit i^ren romanttfi^en Äreujs
gangen, bic tro^igcn 93urgen mit if)rem
bie ganje ©egenb be^errf(|enben Sßertci*
bigungöturm, bem SBerffrit.
2)ie ^öcf)fic 5lu3bilbung erfuhr ber $ro=
fanbau in ben ffanbrifd^en ßanben, allein
auc^ in 2)eutfd^Ianb fet)It eö nic^t an
einer mannigfaltigen, oft eblcn ®e|ialtung.
3unä($P fei ber oiat^äufer in 93raun«
f<^meig unb ÜKünfier gebadet, bie jmar
bcö Surmcä entbef)ren, aber burd^ eigem
lümlic^e Qlnlagc ber übereinanberlicgenben
©efd^offe unb anmutigen Sogen^aüen an«
fprec^en. *|3riüatf)tiufer pnbet man ju
SRünfier unb Äuttcnberg, namentlid) aber
ju Sfiiirnberg (^aus i'iaJTau). Unter ben
®^Iöffern ftnb bie i^on Äarl IV. gebaute
93urg Äarlöfiein unb bic großartig ange»
legte Stlbredjtsburg ju S!}Jei§en t)ert)orjU5
^ebcn. ^öcbfi bcbeutenb ifi bic (5ntfal=
tung, bie ber $rofanbau in Pänbern beö
Sacffieinbaueö gefunben ^at, fo im
{Rat^auö juSangermünbe, bemStabtt^orju
©tenbal :c. T)en Stotj beägotif(ä)cn*Profan«
baueö in ©eutfcftlanb aber bilbet tai ^aupU
fc^Io§ be^ beutfd)en Drbenö, biefogenaunte
Sparten bürg mit i^rem mun&erooHen
JRempter.
3n 3trtlien fanb ber gotifc^c
$rofanbau eine meit prunfüollerc ©eftal*
tung unb 3luöbef)nung , mie aud) in
Q^ranfreicf) unb (Snglanb, mo ber ^ac^s
merfäbau feine *JluferilcI;ung in bcn jier=
Ud)fien unb mannigfaltigjien (formen offen«
barte.
©ottft^e Stlbncrci.
1. 5ingemetne3. Somcnig alö eä bei
ber got. Qlrd^iteftur möglicf) ijt, eine fd)arfe
©venjc jmifcfeen romanifi^cm ©til unb
gotifi^em «Stil ju jicljen, um fofiel me-
niger ip c^ benfbar, in ber gotifd)cn
SBilbnerei einen DOJarfftcin aufjuRnben,
ber im aUmcibli^cn (äntmicflungögang
ben 93eginn einer plo^lic^ ciutrctcnben
neuen 5tra be^cidjncn mürbe. Die SBilb«
nerei machte einen langen Älärung^projci
burd^ unb ootlenbete biefen erfi in ber
ÜJlitte be^ 13. S^^i^^unbcrtö unb jmat
»orerfi aud^ miebcr in ^ranfrcic^. ^m
allgemeinen inbeffen i|i t>a%, maä man
mirflidf) gotifd^c Silbnerei nennen foH,
fel)r unflar. S)ic Silbnerei mirb aÜer«
bingö >?on bemfelben 3«tseiPc beeinfluft
roorben fein, »eldf)er ber *arc[)itcftur i^r
eigenartige^ ©eprägc »erlief ; allein, ha
bort bie ®ejialtung ber ^^orm felbji in
mannigfad^cn 5lbjlufungen unb Ummanb*
lungcn ber fc^affenben !P§antafte in bie
.^anb gegeben mar, in ber Silbnerei bie
gorm aber bereite gegeben iji, unb fo
bic 3luffaffung unb 3luäfü^rung , bie
Silbung berfelben allein fd^on eine neue
©tilrid^tung l)crDorjubringen oermag, fo
muB Jene SSanblung ber SauEunfi, meldte
in ber ftete fxi) dubernbcn, burdl) bic fort«
fdl)reitcnbc 33emegung bebingten 5luf*
faffung il)ren gufpunft bat, eine SRei^c
Don oerfd^iebenen ^Stilen in ber iSilbncrei
bewirft l)abcn, beren cinjclne S^itiäumc
im aKgemeinen ftd^ bcn brei gro§en Snt«
micEelungöepocöen beö gotif^cn (Stilen
anfdf)lie^en mcrben. SSetrac^tcn mir j. S.
eine Statue ber frül)gotif(^cn Äat^ebralc
oon *ßari^ unb eine anbere non 35cit
@to§ üerfertigte, fo mcrben mir taum
fagen fönnen, biefe gel)ören bem gleid^en
Stil an. S)ic einmal gegebene _5orm
bc3 menfdl)lid)en Äörpcr^ murbc ^ter fo
anbcrö aufgcfa§t, ta^ cigcntlidf) nur bie
Umrahmung mit 5lrdf)itcftur crfennen
Id^t , ta^ ' mir eö mit ?ßrobu!ten bc^«
felben großen 3eitabfd^nitte3 ju tbun
l)aben. 2)ie Silbnerci oermoc^te ftd^ in«
beffen nod) meit länger ju l)aUen, aU eä
ber "Jtrd^iteftur üergönnt mar. SBa^rcnb
biefelbc fd^on im 15. 3öf"^^"n^fi^t ^«^
©oben unter i^rcn ^ü^en ücrloren, bc«
ftanb bie Silbnerei nod^ rüfiig biö inö 16.
Sa^r^unbcrt fort, mo bann aUcrbing«
auc^ l)ier iai aüeö fünfilerifcl)e Schaffen
jerftörcnbe ®ift cincö :^anbmcrfömä§igen
^onoentionaliömuö unb einer au§crltdt)cn
SDtaniriertbcit eine SBerflad^ung ber ^or«
men unb ben Döüigcn S^x^*^^ beö gotif(^cn
©cbanfcnä berbeifül)rte.
qßlajiif. iBiel 9tcucö ^atte bic im
13. 3al;rbunbcrt an^ebenbc Semegung
nid^t iu. fagen. S)er ßpfluö ber |>eiligcn«
geftalten, bie ®cfdl)idbten ber 23ibel, bie
figürlid^e 2)arftetlung ber firdE)lidf)en S)ogs
men, hai maren bic alten ÖbfeEte, auä
bencn bie Silbnerei i^re SBcrfe jufammen*
®otifcf)c Silbncrei.
231
fe^te unb in unenblid^er Siclgepattung
immct tt)icber|)oIte.
(MUein, tvai ber romam[d)e ®tü ge^
boten, o^nc eine Qtnfirengung nad) cblerer
©ejialtung, meifi to^ unb plumü,
tai gejialtete »otab baä 13. 3af)r=
:^unbcrt iu [^önen rcid)en formen. 2ßiit)=
renb bie 2lr(i)iteEtur mit i^ren tro^igen
fecfen formen prunfte, unb fo bcn mitteU
alterlid^en 3'J'tgcifi tteffenb cf)ara!teris
fierte, fommt f)ier in ber Silbnerei jener
weiche äartc 3^9/ ^" ft<^ neben aüem
gerben unb ©cfigen burc^ö S!JJittelatter be=
metflid) mn^t, jum lebenbigen ^luäbrucE;
jencö SBeiblic^e, «Sentimentale; jene innige
®ebnfud)t unb fd)n)atmerifc^e |)ingebung,
bie ftc^ in ber über[d)raängUci)eu ißerebrung
ber i^rauen, in bem SDJinnebienfic QU«prägt.
Sie J^iguren ^abcn ni^t bie jtolje SIDürbe
ber antifcn Sffielt , bie hai Scwuitfein
ibre^ eigenen fclb^änbigcn SBefenö unb
®einö in fxcf) felbfi ju tragen fct)einen.
©ie hja^fcn fd^Ianf auf unb eine eigens
tümlic^e QBercegung jiei;t fii^ burc^ ben
ganjen Körper, ale moüte berfclbe hm
©d^ttiingungen ber (Smpfinbung folgen.
S)ie ©ewanbung fliegt i^oü unb falten^
reic^ ab unb nabert ficb immermebr ber
mittelalterlid)en Eteibfamen Srac^t, h)elcf)e
bie iöemegungen beö Äörperö ma§t>oII
burc^blidcn lägt. S)ie liebepoüjie a3e=
banblung aber erfubr ber Äopf, ta^ ©e^
ficf)t; er War ja ber €i^ ber ©ebanfen,
tai ©piegclbilb ber gemütlicben (Erregun-
gen beö Snnern. (Sd)n)armerifcbe 8ocfen=
föpfe leicht jur €eitc geneigt, mit länglich
oöatem ©eftc^t unb feiner langer 3^afe,
unter ber ficb.ein fleiner, con einem über*
fcligen nerflärten Säckeln umjogener
SWunb Ieid)t öffnete, tai »naren fajl obne
2tuönabme bie jppen, unb »Denn aucf) bie
übrige Äörperform oft oerfümmertc unb
in rerfd^robencn Stellungen ju feinem
»Darren ^usbrucE gelangen fonnte, »ar
e^ bocf) immer hai ©efic^t, ha^ mit ber
größten ©orgfalt unb mit Eünpierif(i)em
©efc^icfe auögefüljrt »urbe.
2)ie ©efialten finb meifi jugenblid)
unb »erraten beinabc immer ben weib-
licben 3"Ö' ^^^ ilinen hai ©epräge
fon ettoaö (Sentimentalem unb Überirbi*
feiern giebt, im »robltbuenben ©egenfa^
ju jenen grieegränügen, Eto^augigen gt*
guren, meiere ber 23t)jantiniömuö in bie
romanifd)c Qlri^iteEtur binübergefd)muggelt
t)atte. 3u einer wirflieb felbjiänbigen
Sebeutung Eommt inbeffen bie 33ilbnerei
be« ajjittelalterö eigentlich erfi in ben
3eiten be« 16. ^abrbunbcrtä, Xüo [\i) be»
reitö frembe ©inflüffe geltenb macf)en.
3n bcn früheren S'^brbunberten ift ftc
ganj im 2)ienjie ber 5trct)iteEtur unb otb*
net ibre *tJrobufte immer bem ari^iteEto*
nif^cn ©runbgebanEen unter, ber biefel«
ben mit einem umfaffenben Otabmen um=
gicbt. iBir erinnern nur an ben plafii*
fct)en S(^mucf ber portale, ber XabernaEet,
ber Elitäre, Saframentbäuäcben, Äanjeln,
©rabmäler k.
3)aö im ßaufe be^ 14. unb 15. 3abr«
bunbertö auftretenbe Sefireben ber gotifdjen
^IrcbiteEtur, bie 2Banbp[äd)en möglid)ii ju
rebujicren, übte einen bebeutenben Sinflu^
auö auf bie (Sntwicflung ber Silbncrei,
üorab ber SKalerei. 3n ber romamf(^en
ülrcbiteEtur b^tte biefelbe an bcn fablen
glatten SBiinben ein meiteä gelb für \f)it
SbätigEeit gcfunben.
«Jllä biefe 2Banbflä(i)cn immer me^r ju=
fammenfcbrumpften unb fcbliefeüc^ crfe^t
würben burc^ grope ©laöraänbc, würbe
aucf) bie SOJalcrei oerbrängt unb flüchtete
ficö ju fleinen ©egcnjliinben , wie ju
5lltartafeln u. bgl. 51üerbingf^ erpanbcn
in ben weiten §eniiern bie prunEootten
©laögemiilbc mit ibrer glutfarbencn $rad)t,
bie jur Sarjlctlung »on ^^iguren reicben
5lnlaB boten. Qltlcin bei ber auBcrorbent=
lic^ befcbränEtcu Ic(i)niE ber ©laömalcrei
t)ermod)ten ftd) biefe ©emiilbe wo^l ju
einer großen ^^arbcnpra^t, aber nid)t ju
einer freien Eünfilerifd)en ©cjialtung cm«
porjufcbwingen. Sie blieben eben nur
©eforationäftücfc, bie einjig in Serbin«
bung mit bem ganzen Sau ju ibrer ®cl=
tung Eommen mo(ä)ten. 2)er fünftlerifc^e
©cbanfe erfiarrte unter ben §änbcn cine^
unootlcnbeten mangelbaften |)anbwerE(S.
2. ©efcbi^tlicber 1{bxx% «piafiif
in granErei^. SBcnbeu wir junäcbP bcn
SIBerEen beö 13. Jabrbunbertä unfere 3luf«
merffamEeit ju, fo werben wir enlfprec^enb
bem Urfptung ber gotifcben ^Ir^itcEtur,
mit ber bie gotifc^e '^ilbnerei fo eng »er«
bunben iji, bie crjlen Äeimc auf franjö«
fifcf)etn Soben fucben muffen. 33or allem
ücrlangten bie großen neuerftanbenen
Äatbebralen einen bilDncrifci)cn Sdt)mucf,
welchen Eein früherer ©til in biefem Um«
fange fanntc. 2ln ben ^Portalen ftebcltcn
ftd) ganje ©emeinben iwn ^eiligen an.
2)aö Spmpanon beoolEerte fi<^ mit bibli«
f(i)en ©efialten, unb weit über iai Sau«
werE jerfireut, in bnnberten non £aber«
naEeln, prebigt bie ben Sempel umfpan«
nenbe ctjElifc^e S)arfiellung bcö Sünbcn«
232
©otifc^c Silbnerei.
faüö, bcä ©rlöfungätücrfeö, ber 9lufer=
jie^ung unb bcö jüngften ®cticf)te0, bcm
SBoIEc bic in <£tein gehauene divina
comedia. ^äufig finbcn rtiir eine ^ülle
t)on @cf)ön^eit, weld)e ben Scrgleicf) mit
ben ©eifen beö QlUertum« nii^t ju freuen
braucht, fo an ber Äatfiebrale üon ^aris,
9tmicnä unb Söartres. 3^ fafi coücnbe^
ter Qtnmut unb €d)ön^eit et[)ebt ftcf) tai
ptafiifc£)e SBermögen ber ^ät an ber ^aupt=
facabe ber Äatt)ebrale uon SRlieim?.
3n S)eut[^Ianb ertt)ad)t jur 32^*
be« 14. 3''if)rljunbertä ein neues fünflle=
rifc^e« Seben. iSd)on baä 13. 3af)rf)unbert
f)atte ein5elne 5infUinge an eine neu er=
wachte 'Jlurfaffung gejcigt. ®o ftatte bie
fäc^ftfcfce Scf)ule in ber Äir(^e jU 2öed)fel=
Burg, Dorab an ber Äanjel unb am 5lltare,
bcfonbers aber an ber golbenen (Pforte ju
greiberg bie erften 23er[ud)e einer »on ben
plumpen formen beö SHonuiniemue fic^
löfenben neuen 9iid)tung gemagt. SBenn
ftrf) aud) ik i^iftui^fti >^on ber bl)äantiiü=
fd)en Steifheit nod) nid)t gauj ju löfen
»ermögen, fo ^eid^ncn ficfe bod) ganj be=
fonberö bie Äöpfe burc!^ einen gemifj'en
®rab fon ©diöntieit unb Qlbel au«. 5luf
bie Sauten am SRbein »ermodite ber
franjönfd)e (Sinflu^ fühlbar einjuwir^
fen, fo namentlid) auf bie figürli(^e
Stuefiattung ber Siebfrauenfird)e in
Srier, bie SSorballe bes 5'^^i'^W'^l^«'^ "nt>
bie ^atabe bes Strapurger SDiünfiere.
SDaö 14. 3abr^unbert fübrt un« in ben
(Sfulpturcn bes Äötncr S)ome0 mürbige
iRcprdfentanten feiner ®tilrid-4ung ent=
gegen, befonbcrs in ben Statuen Gfjrijli,
feiner SDJutter unb ber ''ilpoflel an i)in
(Sf)orpfeilern, jugleid) burcb tref[Hd)e
5PoU)d)romie fon befonberem Jntereffe.
(Sin regeö ßebcn entmidelte ftd) in
S'lürnberg, mo nod) auf ber ©renje bcß
13. unb 14. Ji-i^i^fiun^fi^tä bie reid)en
©fulpturcn in ber prächtigen ^o*?'-''^« t)on
©t. 2orenj entjianben unb um ©ilbbauer
©diönfiofer in bem „fd)öncn Srunnen"
ein rci;enbe0 Seifpiel ber Qlnirenbung ber
©fulptur ouf $rofanbau oorrceift. 2tuö
bem *3tnfang bes 15. 3al)rt)uiibertö jiam--
men bie ^auptportale ber grauenfiK^e,
fott)ie bic fogenannte Srautt^üre ber ®e«
balbu?fird)c bafelbjl. ^m Qluegang ber
gotifd)en ßpoc^e brad)te bie fränfifd)e
»Sd)ule in 2ibam Ärafft ihren bebcutcnb*
jicn ÜJJeijlcr ^eroor. (äine geroiffe berbe
©ebrungenbcit ber ©efialten fenn}eid)net
feine Sfficrte, unter benen bie 7 Stationen
unb bie *Paffion09efd)id)tc am Sc^reperfc^cn
©rabmal, befonbcrö aber baö ficinerne
@aframentbciu«d)en in bct St. öaurenj«
fird)e in 9iürnberg betr>orju{)eben ftnb.
3n Sd)maben fi^wingt ft(^ ber bilbne«
rifdie Sdiniucf namentlid) an ber Siebs
frauenfirc^e in (Ehingen ju lieblicher
Entfaltung auf , mie aud) im Ulmet
ilRünller. ©in weite« %di> fanb bie
gotifd)e $Iajlif an ben (Srabbenfmälern.
ßö finb bie« in ber (Regel ^orijontale
*131atten, mit SRelief bebanbctt, bie ©efialt
be« Serfiorbenen auf einem Sette rubcnb
barfteüenb, ju beffen ^üßen pbantafüfc^c
Siorgeftaltcn, gertöbnlid) bie Wappentiere,
für bie SRube ber iBerficrbenen tt)ad)en.
$Iafiifd)er entmidelten ftd) biefe ©rab»
benfmaler, al« fie aufgepeüt n^urben unb
üiel tiefere Unterf(^eibungen unb baburd^
erf)öl)te Sdiattenttjirfungen erbielten. Qu
ben beroorragenbften ^eifpielen geboren
bic ©rabbenfmälcr ^einrid)« be« Söiren
unb feiner (SemabUn im 2)om ju iBraun*
fd)tt)eig, bes Öanbgrafen ßonrabin non
Sbüringen in ber 6UfabctbenUrd)c ju
ÜJ^arburg u. a. m.
®an^ bebeutenbe ^unpn^crfe brachte bie
^ oljfd)ni^er ei bcrpor, »el^c fid^
namentlid) im 51ltarbau «erfuä)te unb
ibre ©lütejeit bi« in^ 16. 3af)i^hunbert
binein verlängerte, ©er arcbiteftonifc^c
JRabmen tft bei biefen SBcrfen aücrbingg
fd)on in n)iflfürlid)e goi^^i^n aufs
gelöft, unb pljantafiifd) gefd)n3eiftc 35e!o«
rationöformen unb fraufe« Sd)nörfeln)erE
erinnern nur 5U fe^r an bic ard^itefto*
nifd)e Sßermilberung biefer Spätjeit.
■■llber ber reid)e figürlid)e i&cbmud mit
bellen färben bemalt, Don golbenem $in*
tergrunb fidi förperlid) abf)ebenb unb »on
jierlid) ornamentalem JRabmen umfc^loffen,
pcrlci^t biefen SBcrfen boc^ einen großen
Otcij unb eine mit bem einjirömenben
farbenooUen 8id)te nDetteifcrnbe ^racfct.
S)ie Seifpiele, .bic biet anjufü^ren wären,
ftnb beinahe unjäblig, ta fafi jebe reid)erc
©emcinbe i^ren Stolj barauf fc^te, einen
fo gefd)ni^tcn 5lltar il)r ©igen nennen ju
bürfen. iJurd^ biefc gro^c 9tad)frage
blühte bas |)ol5fd)neibc^anbmerf ungemein
auf, unb reieber ifi e^ ein Sfilirnberger
Äünfiler, ber an ber Spi^c fie^t: Seit
Stog (143S— 1533), beffen ^auptwerf
hjobl ber gcf(^ni|te Sflofenfranj in ber
8orenifird)e, ein fmntiolle«, ansieljenbeö
aSerf, ift. Senor wir tae Äapitel übet
^oläfi^ni^erei f(^licBcn, bürfen wir jWeier
fd>wäbifd)er Äünjiler nid)t Dcrgeffcn, ber
beiben ^bx% Sirlin, Don benen bct altere
@otifd)c iSilbncrci.
233
in ben S^orjlü^Ien beö Ulmcr SD^ünjier,
ber jüngere in ber Äanjet bafelbft unb
bem (£^orgcf5ü^l ber ÄloPerfird)c su ©lau«
teuren fi^ für aUc 32*^^" »erettiigtc.
2)er (STjgu§ fommt meiji nn üxä)'
Iid)en (Seratfd^aften jur *}intt)enbung, finbct
tnbeffen befonber'^ in (Snglonb eine weit«
auögebebnte SBernienbung für ©rabmüler.
3n 2>cutfc^Ianb iji eö l;auptfiid)Ud^
qSeter QSifd)er (geft. 1529), ber im ©ebal=
buögrabe in 9Jürnbcrg ben ®rjgu§ ju
einem monumentalen 2BerEe »ermenbete.
Sßenben n^ir ber mittelalterli(ä)en
SDtalerci nur nor^ furj unferc '■JlufmerE*
famteit ju. 2)iefclbc wirb, mie fd)on hf
nterft, in ber gotifc^en (5poc[)c pon ber
^piajlif in ben ^intergrunb gebrangt unb
fann fid? nur in fleincren ^lufgaben Per*
fu($eii. ©ie ift auf neben[äcI)Ud)e (Segens
jiänbe angemicfcn unb bient felbfi i)ux
oft nur als ^ülf^mittel ber *iUajiif, fo
an ben Qlltaren, iwo bie bereite ertt)äl)n5
ten ®^ni^ereien iljr ba« Jcrrain für ®e=
mälbe inelfad) bcfc^ränften.
£)ie <^rül)jeit bietet nod) n-»enige ißci«
fpicle Don Sffianbmal ereicn, fo bie
Äirdie ju Sraun»ciler, ber Sf)or beö Kölner
5Domö, bie Stiomaöfiri^e ju «Sooft u. a. m.
3m allgemeinen aber flüchtet fid) bie »er«
brdngtc SBanbmalerei auf bie ^cnfter unb
übermebt biefelben mit Sepptchm-uficrn
unb figürlicften ©c^mucf aller *ilrt.
3n ber fogenannten Tafelmalerei
— fo nannte man bie Lanier, »elAe
bei ben 5lltarbilbern ^Inwenbung fanb
— übertrifft 2)eutf^lanb afle übrigen
Sönber. 2)iefe jafelgemiilbc mürben
auf einem jiarfen, aber feinen Äreibeübcr*
jug, ber bie Ungleid^l)eiten bee ju be=
malenben Dbjefteö ausglid), in Sempera,
b. {). mit einem jälien Sinbemittel, (Simei^
unb bergleidien, auögefüf)rt. S)urd) biefe
Sec^nif erbielten bie ®emdlbe ctmaei un*
gemein SBciieö unb Sneiir^nberflie^enbeä
ber JJarben. DÖJe^rerc felbfiünbige @ct)ulen
entjianben, oon benen bie frühere mo^l
bie bö^mifc^e unter bem hmftliebenben
Äaifer Äarl IV. ift. SBictitiger ift bie
9'Jürnberger ©cfeule, bie eine ftrenge 3"ct)'
nung , entfc^iebene ^^ormengcbung unb
SWobeüierung »erlangt unb an einem
kräftigen Kolorit fefiplt. Qllö «eifpicl
bicfcr (Scf)ule fei ber 3m^offfct)e Qlltar in
ber ®t. l'aurenjfirci^e in SRürnberg ange«
fül)rt, bem ftc^ ber 23oIt:marfct)e ebenba*
felbft unb ber ^aücrfdie in 6t. 6ebalb
onfc^liegen. ^öl)er unb reiner entfaltet
ft£^ bie ctmaö fpatere Schule »on Äöln,
bie rcinfte Vertreterin iene^ meieren, gemüt«
Collen ibealifterten ©tileö, mie er fid) fct)on in
ben plaftif^cn 5[Ronumenten biefer ®egenb
ausprägte. 2öir begegnen njieber jenen
fdjmärmerif^en , n^eiblicijen, jugenblic^en
Socfenföpfen, jener I)emut unb Eingebung,
bie meit entfernt ift »on aller 8eibenfcf)aft
unb bie fd)lie§Iicl) in eine fonoentioneüe,
gemachte «Sentimentalität ausartet.
(Sin frifcbcr lebenbiger ^aud) jicljt burc^
bie ÜRiniaturmalerei. 3" anfprud)ös
lofer naiuer SBeife, in ber Qlrt ber ^^eber«
5cid)nungcn mit leiclitcr Schattierung ^er«
geftetlt, gereift biefelbe ben ^anbfdjriften
jur 3icrbe unb jum anmutigen Sd)mu(fe.
23efonberä merben bie SOJinnelieber tion
bicfen SRanbäeic^nungcn, meld)c oft einen
mi^igen fünftlerifd)en ^umor verraten,
begleitet, fo bie SBcingartner |)anbfc^rift
in ber föniglid)cn 53ibliot^ef in <Stutt=
gart. 3'i^Ii^'^''^c Silber fi^müdcn ' bie
SI}Janefftfd)e ^anbfd)rift in ber Sibliotbef
ju *Pariö. |)ö(^ft geiftreic^e 3cid)nungen
finben ftd) in einem ÜDianuffript auf bem
SOiufeum in Serlin, anbcre nic^t minber
originelle in einer Sibel be^ 14. ^a^X'
l)unbert<? in Stuttgart.
3n 3talien erbielt bie 23ilbnerei ein
gänjlii^ anbereö ©eprägc alö im Dtorben.
Sie (Sotif maltet l)ier femesfttegö mit
ibrem ftrengen ®t)ftem. S)ie Sfutptur*
mcrfe cntmideln ftd) in uncnblid)etn SRetc^s
tum, mebr aber nod) alö bie ^piaftif »at
cö bie *l)ialerei, ber f\ä) bie bebeutenbften
fd)öpferifd)en ©rö^en jumanbten unb bie
in ben gcnialtigen 2BetJen ber Florentiner
unb ^ifaner iDJeifier neu erftanb, foba^ in
3talien bie SUJalerei fd)lic§li(^ bie qßlajiif
unb 5lrdiiteEtur überflimmte, im ©cgcn«
fa| jum Dtorben, mo biefelbe in ber un«
umfdbränt'ten $errfd)aft ber *Jlrc^iteEtut
beinat)e unterging.
3m 15. unb 16. '^ai)xl). inbeö ermad)tc
and} in S)cutfc&lanb bie f^i^u^'ß ^^" ^^"^
5[Ralcrei mieber unb mürbe biefelbe jut
eigentli^en Sieblingö£unft. ®ie an*
brec^enben 3i^i^l'unberte l)atten jmat ber
gotifd)en Saufunft bereite ben 3tüden ge*
U\)xt unb fuc^ten neue 5tuöbrudömittel
auf, bie bem 3f'tgeifie«ibeffer cntfprac^cn,
allein gerabe auf bie emporblü^cnbc
SJlalerei fällt nod) ein 2Bieberfc^ein ber
ocrgangenen (Spod^en, ba^ 5lbenbrot ber
untergegangenen mittelalterlid^en ßebenä*
anfdiauung. ^aä) ben funfi9efc^i(^tlid)en
SBerEen »on Sübfc, .kugler unb
S^naafc. 5t. ^.
234
©Ott Sßater — Oötter bcr Oermanen.
©Ott Satcr, ali Silbwcrf, würbe in
ber altcjicn (^rijilicficn Äunfl mtircber
Blof ft)mboIi[d^ bur^i bie fegncnbe ^anb
unb burc^ bcn aui ben SBoIfen xixäftn-
ben 5lrm bargefieüt, ober burc^ S^rifiuö,
bcn ®oi^n (Sottcö. ©cit bem 12. ^a^x)).
übertrugen inbcö bie ^ünftler bie ®es
jialt beä ®of)neö au^ auf ben 93ater, fo
ia^ bie Sntfd^eibung , tt)er von bciben
gemeint fei, oft f(i)rtter fäüt. ©in eigner
Jtjpuö für ©Ott ben 93ater bil&ete ftc^ erfi
feit bem ©nbe beö 14. 3af)r§unbertö au§,
unb jtt)ar aU @reiö Pon 60 — 80 Sifti^^rt,
mit !angem, n>ci§em, ungeteiltem 93art,
eine abgelebte ©ejfalt, mit ben 3"fi9nien
bet SWajepät beEIeibet, im ^ojlüme beö
qSapfieö, Äaiferö, Äönigö, ben JReic^öapfel
5um S^\i)in ber SBeltrcgierung ^altenb.
Otte, $anbb. b. 5lrd)äot. Srbfcf)n. 158.
©Otter kr ©ermanen» 35ie germa=
nifd^e (Religion entiricfclt fid) aüi ber
9?aturreIigion ber aTifd)en ober inboger=
manifcfeen SSöIfer; fie fiimmt ba^er in
i^ren ©runb^ügen mit ben SReligionen ber
3nbier, (ßerfer, ©rieben, ^talihx, ©laoen
unb Gelten, unb eö iji 5tufgabe ber ocr^
gleicf)cnben SD^tjtßoIogie geworben, nac^ju=
meifen, auf »etd)e SBeife fte fi^ a[Imäf)Iict)
ju if)ren bcfonberen formen ^erangebilbet
iat 9Kit bcr ältefien inbogermanifc^en
ü)]t)t^oIogie teilt bie germanifc^e noc^ beut*
lid^ ben ß^arafter eineö non einem ^ir*
tentoolfe geübten ßid^tful tu ö. Qtn ber
@pi^e ber gcrmanifc^en ©ötter fianben in
ben legten 3a^i^6unberten oor G^riüi ©e-
burt bie lichten Wädjtt beö ^immel^, bie
tivas, altnorbifdf) tivar, b. f) bie ^imm*
Iifcf)en, unb bie vaneis, norbif(^ vanir,
bie ©länjenben. „®er ©ott bcö Icuc^tenben
|)immcfögert>ölbeö Tius wirb »orjüglii^e
25ere^rung genoffen f)abcn." 5ln feiner
(Seite fc^eint eine (Srbgöttin Fulda ge*
fianben ju ^aben. Dieben il)nen würbe
ein leuc^tenbcr Sonnengott unb ein firaf)*
lenber SIi|.gott, Tliunar, Deref)rt. Diefc
!ämpfen mit bcn finjiern ©ämoncn bcö
SBoIfenbunfetä, ber ^ai)t unb bcä Slßinter^,
Welche bie grauen, tai ©olb unb bie
Äü^c rauben; bie 35ämonen werben balb
atö ^tiefen, balb aU B^^^S^ ^<^^^ "^^
25ra^en aufgefaßt. 5luö ber <B^ax ber
I)immtifcf)en SBafferfraucn unb ber 3u"S'
fraucn ber SIRorgenröte, welcf)e bie arifc^e
aKt)tt)ologic fannte, trat alö ©efamtoer*
förperung eine bof)e ©öttin f)ert)or, welche
in ber 2öoIfe t^ronenb mit bem Sturme
ba{)erfät)rt, aber auc^ ba8 ßicf)t ber Sonne
unb SWotgenröte fpenbet. Sie fpaltete fic^
fpäter in bie perfc^iebencn ©öttergefialten
berFria, Frigg, Hulda u. a. 2)ie
im Sli^c, ben Sonnenfirafilen, wie in aüen
üeben ber SJiatur waltcnben Seelen bc^
arifd^en Urtiolfeö waren bei ben ©ermanen
ju gilben, ©Iben, ©Ifen geworben;
aui ben ©eifiern bcr SBinbe, ben ÜJlarut^
ber 51ricr, bie jum Seil auö ben Seelen
ba^ingefc^iebcner SlJJenfc^en bej^anben, wur*
ben bei bcn ©ermanen bie Märten unter
ber ^Benennung beö wütcnben ^eereö. I)ie
ÜJJptfioIogie biefer ^eriobe jianb jebocö noci)
ganj auf bem Sobcn bcr SJiaturanfc^auung,
unb bie D^atur j Gräfte unb (Srf^einungen
Ratten fic^ nod) feineöwegä ju abgefc^Ioffe«
nen, inbioibuctien, bem ÜJJenf(^enb afein
angelernten ©öttergcPalten f)erau«gcbilbet;
baf)er beri(f)tet nod) Sdfar: „2)ie ©ermanen
rcci)nen jur Qa\)i ber ©ötter nur bie, weld^e
fte feben unb burd) beren Segnungen fte
offenbar geförbcrt werben, Sonne, 9J^ o n b
unb ben ^euergott (Vulcanus, Thanar).
öon ben übrigen baben fte nic£)t einmal
burcö ^örenfagen oernommcn."
3m Äampfe mit ben 9*{ömern würben
bie germanif^en Stämme fdjneü au« bem
^irtenlebcn ju einem bewegten 3^9«=,
Ärieger* unb "Jlcf erbauleben binübergefübrt;
auc^ bie mpt^ologifcben 5(nf(^auungen wur=
bcn baburcE) wefentlid) ocränbert. „(Sin
rafd)ereö S)enfen, erregtere^ ^nifUn, fri?
fd)erc« ^anbeln fübrte ba^in, in bie alten
©ötter immer mcfjr gcifiige unb ftttUd^c
©cbanfen bineinjutragen unb baburc^ i^r
SBcfen immer mcnfcf)tid)cr, pcrfönlicbcr, in*
biüibuetler unb mannigfaltiger ju gej^alten.
2)cr urfprüngli($c Sinn otelcr mptbolo*
gifd)er Silber ging oerloren, unb bieö
gab gur Übertragung bimmtifcber QSor?
gänge auf irbifcbe, ju ßofalifterungen aller
5lrt 93eranlaffung. Qiuö ben SBolfcnfü^en
unb SBoIfenbcrgen würben teilweife irbifd)e
Äü^e, irbifcf)e ^öerge; bcr Sßobnft^ ber
(Stbe würbe jum Zäi auf bie Srbe »er«
legt, unb fo rücftc bie ÜJJ^tboIogie im ganjen
unb großen bem üJIenfd)cn in ocrtraulic^e
^äi}t {)erab. Sacituö nennt unö bereite
eine ganjc Slnja^l inbioibueller ©ötter unb
banebcn ^eilige .^aine, wel($e ben religiös
fen 5WittcIpunfte einjelner größerer Stämme
bilöctcn. ©(eic^woM war bcr ant^ropo=
morpf)ifcf)e ©ötterbegriff nocf» feinegweg« fo
fiarf, ta^ man plaftitd^c ©cfialten ju benfen
unb barjufteKcn gewußt i^ättc. So ijt ber
31u0fprucf) beö Sacitue ju oerftcben:" SDie
©ötter in lempclwänbe cinjufcblieBcn ober
bcr!Dlenf^cngefiaIt itgenb äftnlii^ ju bitben,
t>ai meinen fte, fei unoerträglicf) mit ber
©Otter ber ©ermoncn.
235
®rö§e ber ^immtifd)en. SBdlbct unb ^oinc
weisen fte ifjnen, unb mit bem [Ramen
bei ©ott^cit bcjeid)nen jtc jcne^ ©e^cimniö,
baö fte nur im Olauben [trauen. " S)a bie
Pürmif($cn 3eitcn beö Kampfe« fo jicmlid^
jcbe«! anbere Snterefj'e ticrfdblangcn, traten
je^t biejenigen ©ottl^eiten in ben iBorber=
grunb, tt)elci)e einen Sejug auf bie neue
friegerifc^e [Richtung be^ germani[cf)en
©cijieö Ratten ober julie^en." 5luö ber
®cf)ar ber im ©turrn umfabrenbcn ©eelen
i)oi ftc^ ber (gturmgott SB ob an Ijernor
aU ein t)orjugött)eife friegerifc^er ®ott. 3^nt
»urbcn pon'ben anbern ©ottern Opfer unb
©ebete bargebrad^t. Sacituö fennt i{)n
unter ben Otamen 90t er für. SBon ben
©ac^fen unb ^ranfen t)erbreitcte ftd) ber
Äult be^ 2Boban al« Dbergott ju ben
übrigen germanifc^en Stämmen, feltifc^e
unb römifdje QInfct)auungen würben auf
il)n übertragen unö gaben 35cranlaffung
jur (Sntfte^ung germanif (i)er SDttjt^en«
fl)jieme. So bilbcte jtc^ ben irbifcf)en
!BeTt)ättniffcn analog ein ©öttcrfiaat, an
beffen (Spi^e SBoban al^ friegcrifc^er Ober?
^err j^anb. 5lud^ bie übrigen ©ötter traten
in Sej^ie^ung ju Äampf unb Ärieg, unb
ttjaö ftc^ t)on alteren 3lnf(^auungen in
biefe neuen iBer^ältniffe nic^t fügen fonnte,
rt)urbe jurücfgebrängt ober »ergcffen. *yn bie
©teüe ber älteren Öic^tgötter, ber SBanen,
traten bie 2tfen. QIIö fic^ bann, ebenfaQg
im ©efolge ber Kriege mit ben SRömern,
aümäliUd) ein Staub beute^unb eroberungö*
füd)tiger Sbler »on ben auf ber (Scftoüe
ft^enben -porigen ober 93auern im engern
®innc abtrennte, fpaltcte fid^ anolog auc^
bie 99'Jt)t^oIogie in eine ^öftere unb nie«
bere 9!}tt)tf)oIo gie; jene baute jid) auf
äu einem geijiiger unb plajtifd)er gebadjten
©ötterjlaat mit einem großen unb unifer*
feilen |)intergrunb, biefe blieb im ©ebiete beä
ro^en -SRaturlebenö ftebcn unb bett>a^rte aU
©cenerie burc^geljenb bäuerlii^e 2?etf)ältniffe.
®cbon fing bie germanif(i)e 9}Jt)t^ologic
ber pf)eren Äreife an, im 2lnf(^Iu§ an
bie ©öttertforfteüungcn ber antifen 93ölfer,
aucf) i^re ©ötter bilbtic^ barjufietlen unb
i^nen lempel unb ©tatuen ju errichten,
namentlicf) ba, mo, befonberö in Staiicn,
©ermanen in römifc^en aSo^nft^cn fic^
angejtebelt Ratten, aU baö (S^rifientum
ber ^ortbilbung ber germanifd)en SReligion
<xU einer f)eibnifc£)en |)alt gebot unb fie
im ganjen unb großen unterbrücfte; baf)er
finb t)on ben auö ben ebteren Greifen beä
33oIfeg hervorgegangenen mt)t|)ifc^en Siebern
fo n^enig SSruc^jiürfe erhalten, fte würben
einfad) burd^ bie Dcnfmäler beö c^rifilid^en
©laubenö erfe^t.
?(nber^ jlanb eö mit bem nicbcrn 33oIfe.
iöon i^m verlangten bie d)rijllic^cn SWif«
ftonare vorläufig menig me^r, a\i äußer«
Iid)e Seobadfetung ber tir(^licf)en Sere=
monien. Tlan leugnete bie Sjiftenj ber
beibnifc^en ©ötter nicf)t, man erflärte fte
für leufel ober für 5JJenfcf)en, welche
Vergötterung erlangt Ratten, ^u^ verfuhr
bie Äircl)e mit manchen {)eibnifct)en Sitten
fe^r fcf)onenb. ©regor ber ©roße empfiel;lt
bem angeIfäcE)ftfd)en ?lbt üJteüituß, bie
Jempet ber |)eibcn nic^t ju jcrf^ören, fon«
bem mit 2ßeit)tt)affer jU befprengen unb in
cf)rifilic&c Äir(i)en ju veriranbeln, bamit
tai aSoIf an ben burd) lange ©emot)nI)eit
geheiligten Orten befio lieber unb et)er
an ben I)ienfi beö magren ©otteä '\\ä)
gen)öl)ne. 5Die Opferma^Ijciten oon Stieren
im ©ienfie ber ©ötter foüten" in TlaliU
jeiten ju ei)ren ber ^eiligen SDJärtprer vcr«
wanbelt werben. 5ln ben g^Pti^S^n ^"
^eiligen möge ba^ 33oIf runb um bie
Äirct)en, bie einjl ^eibnifcf)e Stempel waren,
in 3ttten auö SSaumsweigen ftcb tagern,
in gcwof)ntcr SBcife Sicrc f(i)Iacf)ten unb
verje^ren, aber unter ^Inrufung ©otteei,
nur nid)t me^r ber Seufel So fam eö,
t>a^ viele l)eibnifcf)c iBorftcüungen ftd) nur
unter ben f($ü^enbcn SRamcn ©otteö, ber
^eiligen ober teuftifc^er SDKtc^te iu flüchten
braud)ten, um unangefod^ten fortbeftet)cn
JU bürfen unb ta^ neben ber ct)rijlltci)en
^Religion bie mit ben ©öttergejialtcn beö
^eibentumö unb mit mannigfa(i)en ©e*
brauchen beö täglichen ßebcnö eng verbun«
bene bilblic^e SRaturanfd) auung be§
ßanbmanneö aU ein inbiffcrenteö, abge«
fonbcTteö ©ebiet fortleben fonnte.
2öäl)rcnb auf bem germanifc^en ^cft«
lanbe bie felbfiänbige SDJptbologie früf)
bem (5f)riftentume wtd^, vermod^te fte ftd;
in SEanbinavicn nocb fünf weitere 3^^^=
^unberte 5U erhalten unb weiter ju cnt«
wicfeln. 3m je^nten 3abrt)unbert würben
bie S)änen S^rijien, im llnfang beß elften
bie SJJorWeger unb JeUinber, in ber jweiten
|>älfte beö elften 2al;r^unbertä erjl gänj*
lief) bie ®d)Weben. SDer ftiegerifcE)e 5tufs
fc^wung ber Sfanbinavier unter fd)Wc*
bifcf)en, norwegifd^en unb bänifc^en ^cer«
fönigen, bie 2Bifingers ober 9tormannen=
fat)rten im adbten unb neunten 3a^r^u".^^'^t
riefen auc^ in ber gei|iigcn Silbung biefer
asölfer nachhaltige Bewegungen ^ervor.
2llö im Qtuögang be^ neunten 3'^^'^^""*
bertö ^aralb ^arfagr (^aarfdt)Ön) bie
236
©Otter ber ©crmanen.
»iclen ficincn üiää)t ^Jotwegene unter
feine ^MÜcinberrfdjaft oereinigte, flogen
»tele (Sble unb 23aucrn, ben 23erluft ber
?5rcit)eit nid)! erttagenb, nadt) ^ölanb, ben
garöers unb btn Drfnet)ö=3ii[eln. S)ur^
bte ^rmut ber ^eimat gejUiungen, bur^=
j^reiftcn biefc tt)atenburj!igcn ÜJJänner auf
Äriegö* unb ^anbetäflotten ben Djcan.
3l;rc Sffiifingevjügc «ccftcn in i^nen fo
Diele neue 3lnfd)nuungen, ha^ ilire TlV)tl)C:
logie, einfi i^r unb ber Sübgermanen ge^
meinfameö (Sigentum, fxä:) jc^t ooKenbä
}ur legten fricgeri[ct)=menfd^li^cn (Sejlals
tung außbilbete unb juglcic^ einen auö«
gebilbeten Sempelbienft t)ert)orbrad)te.
Iräger unb Silbner biefer SWtjtboIogie
ftnb t)ovncI)mIid; bie ^ofbiditer ber ®fal =
ben. 33on i(}nen angeregt, ttiurbe an ben
toielen fleinen gürftcnljöfen be« D^orbenö
unb überhaupt im Greife ber hööern
©tänbe eine eble SDtditfunfi gepflegt, bereu
Übung in altern Seiten allgemein
tt>ar unb ben (Sliarafter ber 93oIEöpoefte
trug. 3" it;rem Greife erft ujurben bie
2;t)aten ber ®öttcr, bie (Seöanfen über
Uriprung, 2)auer unb Snbfc^icffate ber
2ßett in ein einl)eitlict)eö ©t)ficm gebracht,
hjie eö biefübgermanifd)eSÖ?t)tf;oIogie nod)
nid)t auögebilbct ^attc. ßwax jog fii) im
neunten unb jefintcn 3at)r^unbert bie
Äenntniö jencö altern in ebeln Greifen
gebicf)teten 23olfö(iebeä faft ganj auf bie
3nfel Selanb jurücf, unb bie äaf)Ireict)en
an ben norbif(i)en Äönigöf)öfen con 3««
lanb berufenen ©falben fangen bem ©eifle
ber 3^'t folgenb nid)t me^r bie alten
mt)t^ologif(^en , fonbern neue ber ®cgen=
wart unb ber ®efd;id)tc angct)örigc Sieber.
2)0 jeboc^ aud) biefe neuen mit gelet)rter
ÄunP gebi^teten ßicber itjte 33ilbcr unb
auöfd)mücfenben Umfd)reibungen immer
nod) ber SDJi)tl;oIogie entnatjmcn, war man
tro^ ber um haii Sa^i 1^00 in 3^lanb
burct) S8efd)tu§ ber SBoIföüerfammlung ein=
gcfü|)rten 2lnna^me bc^ ß^riftentumö ge:=
jmungen, bie alten Solfölieber unb Sagen
ju Pflegen. 3)iefeö traten fpäter befon^
ber^ bie ein^eimifd)en ©eifili^en, tt>eld)e
jiatt beö ßatein^ bie ü)lutterfprad)e unb
bie einl)eimifd)e *)3ocfie pflegten unb be=
h)at)rten. ©o entftanb am Snbe be^ 13.
3al)r^unbcrt« bie (Sammlung ber alten, im
7., 8. unb 9. 3a:^rl;unbert gebic^teten
SBoltelieber »on ben Staaten ber (Sötter
unb gelben, bie man bie ältere ober
poetifc^c ©bba nennt, ftel)e biefen 5trti!ct.
Über bie befonbern ©ötter ber ©er*
manen Ijanbeln bie Qlrtifel 2ßoban,
S)onar, 3^"/ Salbcr, ^i^^i^i/ %^o
u. a. |>icr mögen im ilnfc^luf an SWann*
liarbt, bie ©öttcr ber beutfd)en unb nor*
bifd)en ä3ölfer, bem mir überhaupt in bie*
fem *Jlrtifel gefolgt ftnb, einige 5lnmerfungen
über bie crjten ?iaturelemcnte ber ger«
manifdien ü)it)tt)en angefüat merben, fofern
biefe nic^t ant^ropomorpl)ifc^ ben einzelnen
©öttergeftalten 5ugefd)rieben morben finb,
2Bolten unb Giebel. 55ie 2ltmo=
fpbäre erfc^ien bem unbefangenen 5luge
beö *iUtertumö alö ein grofee, jufammcn»
l}ängenbc^ SBaffer, ein ÖUer ober ein
Srunnen. 2luö bem Suftmcere ^eben
fxd) SJfcbel unb 2Bolfcn ah, bereu mannig«
faltig mec^felnbc ©cftalt ju ben »erfd^ie»
benften 5tuffaffungen 5lnla§ gab. S)ie
geballten ^aufmolfen, auö benen ber SRegen
nicberrinnt, r>ergli(^en ftc^ bem fegnenben
ßuter ber Äübe, ben 3D?utterbrüpen ber
grauen , unb ^icrauö erzeugte ftc^ bie
Sorj^eüung non ben QBolten alö fjtauen
oberÄüljcn bcö^immelö, bereu 5Diild) ber
SRcgen ift. 3"^ S)onner r>ermeinte man
bas ©ebrüll ber SBolfenful) ju boren. 5tuf
ber namlid)en Qlnfc^auung berubte bie
SBorfieüung non ben 2Bolfen aU 33 öden
ober 3icgcn, bereu guter beim Ütegen
gemolfen werben, bal)er je^t nod) bie
licbtmei^en ober rötli(^gelbcn geber^auf«
Wolfen © d) iif c^ en genannt werben. 'Hud^
aU Äa^cn ober ßucbfe würben bie
2Bolfen gebad)t, feltener aU !Ro§, ffiagcn,
©cbiff ober ^lo§ beä SBinbeö, ©ewanb,
©ebirge, Surm, Saum. 3"^ 9?ebel ba«
gegen fuiit bie *$bantafte beö 23olfc^ balb
getfterbafte ijrauen, balb ein © e»
fpinP, ha^ um bie ©ipfel ber Serge ait
gefponnen wirb. SJiac^ anberer 2lnfd)auung
ift ber Diebel tai Srauen ober Äod^en
beä t)immlifd)en JRcgenwafferö, ba^er er
altnorbifd) J^eycnbräu genannt wirb.
5luc^ aU ÜJlantel, ^ut ober Äappe
wirb ber fRebel angefd)aut. ^erfonifijicrt
wirb ber Diebel jum Diebelmännlein,
ober, Wenn er, in ben ÜJiantel gel)ütlt, auf
weitem SRoffe auf unb ab jagenb, bk i^m
Segegnenben oerwirrt unb in bie ^nt
treibt, jum Sacbreitcr ober ©d^immcl*
reiter. — ©c^nccfloden f)t\^tn ^txdb'
faüenbe fjtbern eincö SSogelö, ober fein«
gemat)lenc^ SOie^l.
Der 2öinb würbe mit bem i^eulcnben
^unb ober JBolf oerglic^en, weldb«
hungrig ben ©taub aufwühlt unb atle^
auf feinem SBege jerrei§t unb oerjc^rt.
5tu^ bem ©ber »ergleicbt er ft(^, jumal
aU SBirbelwinb. SBiöweilen würbe ber im
©öttcrbämmcrung.
237
Sßinbe t^ätige ®eifi als ein tt)eiblirf)cö
Sßefen, eine ißinbin, gebucht; bei" bem
größeren Sturm üorauffa^rcnbe SBirbcU
niinb ^ei§t fcE)on im 9. 3a^rt)unbert
windisprüt, Sßinböbraut, b. I). bie
©emablin beä SBinbe^. SSom SBinbe, bcr
alö @c^tt>ein ober ^unb, gi^i^'^^^'ii^^^it
wirfenb, burd) i>ai ©etreibe ge^t, glaubte
man, ta^ er leibhaftig im Jnnern bcr
©aatfelber bleibe unb in ber legten ®arbe,
bie auf bem tiefer gefd^nittcn trerbc, gegen=
märtig fei. ^ier erfaßte man it)n unb
füf)rtc itin jubctnb in^ 5Dorf.
^ür ha^ ©ettjitter unb feine raec^feln*
bcn ®rfci)einungen erfd)uf bie finblic^e
$t)antafte üerfd)iefcene S'Jaturbilber. 2)er
93 li^ tnirb al« ®tab ober @peer, aU
Äcil, Äeule ober J^ammer, als feucr=
roter ©ort gebaut. S)ie Qaäin beö
6immUfcf)en ©trableö fmb ^auer eine'^
Stieret ober 3^^"« einer ®ottI)eit. liuc^
aU ©erlange ober I)rad)e tnirb ber
95Ii^ gebad)t.' SDa§ bie 93h^e, inbem fte
bie ©eroittermolfc fpalten, bie oon xt)x
um^üdtc golbene Sonne »ieber auf^
Ieu(i)ten laffen, gab ju ber (s^age iBeran^
laffung, ifi^^ bie f)immlifcf)cn Si^Iangcn
einen rounberbareu ©belftein verfertigen.
3)erfelbcn 5(nfd)auung cntfpringt bie 23or=
fieflung i^on Sdilangen ober ©ractjen, bie
über einem reichen ®oIbl)ort lagern unb
i^n beir>ad)en.
©cftirne. I)ie Sonne »urbe als
Ieud}tenbe0 ®olb ober alö I)immlifc^er
©belft ein aufgefaßt; aU iRab, Sc^ilb
ober Qluge. ©einiger mirb bie 5lufs
faffung von ber Sonne, menn fte eine
göttlid)e3früu, ber ü)tonb bagegen ein SDfann
fei§t. SBeibe waren ®attcn, ber DUJonb
aber ein fü{)Ier fiicbt)aber, fo ia^ er bie
Sonne nerlief. Sie fd)Iug bem ®atten
eine Söette üor: voer juerfi auftv)act)en
Würbe, foüc hai SRe(ä)t ^aben, bei jage ^u
fc^einen, bem Jrägen gebore bie iRacbt.
5rüf)e am SRorgen jünbctc bie Sonne ber
23elt t)aii 8icf)t an unb Wedte ben frojligen
©atten. Seitbem Icucbten beibe getrennt.
SBeibe reut jcbo^ bie Trennung unb beö=
^alb fu(i)en fte fid) einanber ju näf)ern.
S)a^ ifi bie Qstit ber Sonnenfinfterniffc.
3)ann machen fte fxäi gegenfcitig 93or=
Würfe, aber feiner behält xtä)t, unb fo
trennen fte ftc^ wieber. SBoU Sc^merj
nimmt ber SDJonb bann ab unb fii)Winbet,
iii bie |)offnung ihn wieber belebt unb
t)oümacf)t. 2)ie9Jlonbfleden Derurfac^ten
bie Sage »om ÜJlann im SJ^onbe.
©öttcriiämmening. 3n^«Äoömogonie
bee D^orbenä tjabcn bie ©ötter fein »or*
weltlid)cö jDafein, fonbern fte jtnb crfi mit
ber 2ßett entfianben unb ^war crft nac^
ber (Sntjitef)ung bes Urriefen 2)rnii^ ober
Qlurgelmir, beä 33atcr3 ber iReifriefen
(|>rimt{)urfen), ber auö ben Iropfen be«
giftigen iRcifeä geboren würbe, welcher
auö ber nörblic^en SRebcIwelt fommcnb
burd) Sßcrü^rung mit ben oon bcr füb=
Itd)en glammcnwelt SWufpet^eim auös
firömenbcn warmen Süften unb ^unfen
fc^motj; bie®öttcr aber jlammcn au« bem
burd) bie Auf) ''üubtiumfa auä bem Urcife
pcroorgelodten llrmenfcften iBuri. .Kaum
iji aber tai ©bttcrgefc^Icc^t neben ba«
®cfd)lec^t ber JReifriefen getreten, fo fommt
eö jwifd)en beiben jum Äampfe. Suriö
(Snfet, Dbin, Sili unb SBe, crfd)Iagen 2)i«ii
mit feinem ganjen ®efc^Ied)te, mit *ilu^=
nat)me beö i^ergalmir, bcr auf einem Sootc
entfommt unb »on bem bie ®efd)Icd)ter
ber neuen Ofteifriefen jlammen. 3tt'if'^t'^
®öttern unb IRiefcn t)crrfd)t unoerfö^nlic^e
55einbfd)aft, bie ftc^ burd^ bie ganjc gcr*
manifd)c SRptljologie t)injict)t unb in bcr
furd)ibarcn Äataftropl&e enbigt,burc^ wctd)e
Oticfcn, ®ötier unb Jßelt it)rcn Untergang
finben. £)icfer ©öttcruntcrgang tiei^t in
bcr norbifä)cn Sprad)e ragnarökr, ®öttcr*
bunfelbeit, ©öttenicrfinjicrung; bie^aupt*
queüe für biefen 9J?t)töuä ifi baö crf c unb
ältefic Sieb ber Sbba, bie Völuspä.
S)ie Urfacbc ju bem attgemeincn Unter*
gange ift iai in bie ®öttcr= unb 9Kenfd)en»
weit cinbringenbc unb um ftd) greifenbc
Söfc; baburd) ta^ ta^ ftttlid)c Jßcfcn unb
SBaltcn bcr®ötter ftdi oerfinfiert, werben bie
iion ibnen gebänbigten, fd^on »or it)nen
eyifiicrcnbcnS'iaturmäc^te, bie Siiefen, wieber
frei, unb c« gelingt itjnen mit .^ülfc bcr
»on if)ncn erjeugten Ungetüme i^r SBer«
nid)tung«werE ausjufübren.
yiaä) g)mirö (Srmorbung gehalten bie
®öttcr au^ feinem ßeic^nam fofott unferc
SJßelt unb befd)ränfen bai cntftobeneSRicfcn«
gcf^Icd)t burd) Qlnweifung if)rer aBobnfi^e
längs bcr «seefüfic, fte felbfi aber nc£)men
it)re 2Bot)nft^e im ÜRittclpunftc ber 2öclt,
richten ftc^ bafelbji ein, laffen üon it)rcr
Weltfd)öpferifd)en2:bätigfcitabunb genießen
in barmlofer Unfd)ulb tM golDenc 3^^^'
alter. 2)a na^cn brei Jungfrauen auö bem
JRicfcnlanbc, bie übermäd)tigen Storncn,
bie alö ®öttinnen t>ti unabwenbbaren
Sd)idfalö ibnen jcigcn, ba^ fte nic^t bie
abfoluten Öebcrrfc^er bcr 2öclt finb;
mit ibrem (Srf^einen finbct ba^ golbene
3citalter bcr ®öticr ein (Snbe.
16
238
(Sötterbämmerung.
©ie beginnen jcbod^ auf« neue i^rc »elt*
f(i^öpferifd^e2;()ätiflfeit,inbemfte bie 3*^«Sf
«nb iKenfd^en fdjäffen, boc^ bef(I)mören ^e
ftcfc je^t felbft i^r eigene« 5Betbetben unb
ba^jenige ber burd) fic gefd)affenen SBelt
j^erauf. 2Iuf [clbpfüd)tigc 2.^tenIoftgfcit
unb ©enuffuc^t, in weld)c ftc vox^n oet»
funfcn rvann, folgt je^t unexfattlid)e ©olb*
gier, tt»etd)e nun au^ bie ÜJienfc^en ergreift,
feä^renb bie ©ötter aber noc^ beraten,
ob fic t>a§i in ber SWenf^ennjelt auöge«
bro^enc Söfe betrafen ober ©üI)nopfcr
bafür nc£)mcn foüen, »erben fie oon ben
SBonengöttern mit Ärieg überäogen. 3»ar
fommt jwifcben 5Ifen unb SBanen ein
griebe äujianbe, bem jufolge ber aBanen»
gott D^iörber nebji feinen beiben Äinbcrn
§iei)r unb ^repa ju ben 31fen fommen
unb fo an ber ^errfcf)aft ber SBelt teil«
nehmen; aber baburct), ta^ Dbin in biefem
Äriege feinen Sobeäfpie^ unter bai 23oIf
gef(i)teubert f)at, t)at frc^ t>ai Söfe fc^on
jum ÜJJenfc^enmorb gejieigert, unb e^ ifi
bem 33erberben nicf)t mef)r p tt)el)ren, ob«
gleicf) bie SBanen »OTäug«tt)eife bemüht
^nb, ein ßeben in güüe unb ^rieben,
iKilbc unb ^reunblic^feit ju jliften unb
fomit unter ben aJJenfd)en Olüd unb
^rieben reieber ^erjufieücn unb baucrnb
ju bcgrünben. 25crgeblic^ ge{)en bie 3Banen=
götter teils gejwungene, teilö freiroiHige
c^etict)e SJerbinbungen mit ben SRiefcn ein ;
aud^ ha^ Dbin bcfiänbig auf Der ga^rt
ifi, SRicfen ju »ertilgen, bringt feinen
SRu^en; bcnn ber ^^"^"^^f^ ^°^^' ^^^ ^'^
©Otter in if)re üteid^c aufgenommen fiabcn,
arbeitet im gef)eimen an i^rem Untergange,
fiürjt fie burc^ feinen fatanifd^cn föinfiuB
»oüenbä in @ünbe unb Unglücf unb crjeugt
mit bem Otiefenmeibe ülngrboba bie uu
berbli^cn Ungcf)euer: ben genrirwolf, bie
aJlibgarbäfc^Iange unb bie ^el, bie in
SRtefenf)eim erjogen »erben. Unauft)altfam
fd^reitet tau iöerberben »or, unb baei 53öfe
greift unter ber ©ötterrcelt fo mcit um
^ä), ta^ bie ©ötter i^rer ®d)n)üre unb
(Sibc ni^t mel)r acf)ten, unb ber *8ruber:=
morb aucf) unter ibnen jum *JIuöbrud)
fommt, inbem fie auf ßofiö 5lnfiiften ben
gütigen Salbur töten.
„iJiun erfenncn bie ©ötter i^ren iBer«
berber unb treffen fofort bie ernftefien
33orfef)rungcn, il)n für immer unfcbäblic^
JU mad^cn. *Mt« aber Soft fat), i>a^ bie
5lfen gegen if)n aufgebrad)t waren, meil
et juerjl Salbur« Slob »erurfac[)t, unb
baran (5cf)ulb voax, ta^ er a\xi ^tU @e*
»alt md)t erlöji »arb, entflog er unb ^ielt
ftd^ »erborgen. Dbin lief nun bcffen
Äinber ergreifen, »on benen SBciöfagungcn
eerfünbet Ratten, ta^ ben ©Ottern »on
i^nen nod) größere« Unheil be»orfie|e, unb
mirft bie @d)Iange inö ÜJieer, bie aber gu
bem »eltumgürtenben SDJibgarb^wurmc
^eran»dcE)(l, unb fo oft auc^ Jf)or ben
Äampf mit il)r aufnimmt unb fo §art et
fte aud^ bebrängt, fo fann er fte bod) nid^t
erlegen; bie |)el mirft et in bie Unterwelt
l)inab unb gicbt i^r bie ®e»alt über bie
neunte SBelt (baö Sotenreidb); ben genrit=
»olf aber gießen bie ©ötter anfangt bei
ftdt) felbji auf; al^ jebod^ aud^ er jum
furd)tbaren Ungeheuer ^eranmä^fi, unb
bie SBeiöfagungcn oerfünben, ia^ er ju
i^rem Q3erberben beftimmt fei, unb fte ni(|t
»agen i^n ju töten, um ben ^eiligen
^rieben ibrer Sffio^nungen nid)t ju »er«
le^en, fcf)lngen ftc ibn in geffeln. Sin
®leid)eö gefcf)ie^t enblic^ aud) ßofi felbji,
nad)bem er üoü giftigen ^o^neä unb
fatanifdE)er Sos^eit bie ®ötter unb ®öts
tinnen mit ben bitterften SBorwütfen unb
©dbmä^ungen übet^äuft i)at.
3ltlein tro^ aller bicfer aSorfe^rungen
ifi ber gcabnte Untergang bennod) unocr«
meiblid). 2>er oon Soft auägefireute @ame
beö 33erberbenö reud^ert fort, obglei(^ er
felbfi in ^fffe^n liegt, unb biefc feine
j^effeln, fowie bie be^ ,]fenrirtt)olfeö, bro^t
bie 3eit enblid) ju löfen, unb ^el »er*
fiärft pon Sag jU Za% xf)x traurigeö SReic^.
3»ar iji bie 3eit ber furdbtbaren ®ötter«
bämmcrung nod^ in unget)eure g^erne ge=
rücft, »a« baburdl) angebeutet »irb, ha^
bie feinblic^en iRiefen jum ©elingen
i^reö 9ladl)cplancä eineö Si^iffe^ bcbürfen,
ta^ aus ben 9'iageln toter SUiänner ge*
fertigt fein mu§ unb ben ?iamen iJiagls
far fü^rt. 23iö aber ein folc^cö iSd)iff
auü fd^malen 9tägelfc^li|cn ber Seid^en
jufammengefe^t »irb, oerfireid^t lange ^üt,
unb ftc leibet" nodt) burd^ Mc marnenbe
93otfd)rift 5luffdE)ub, allen Joten bie 3iägel
üor ber SSefiattung ober iBcrbrcnnung jU
fd^neiben. S)ic ^tiefen aber bringen fcne^
©d^iff bennodf) juftanbe, unb grauen«
üoKe äBalnjeid^en bejcit^ncn ben Scginn
ber Äatafiropl;e. ßaut frä^t ber lic^trotc
^a^n bei ben iRiefen, ber fd^marjrote unter
ber Srbe bei ben ®alen ber ^el, unb ber
golbfammige bei ben 5lfen, unb „»edt bie
9D?änner beim ^eert>ater (Dbin)". 2)ic
©Otter, aU bie „Soften unb 93anben" bct
fittlid)en unb pl;i)ftfd)en aBeltorbnung, ^aben
aber alle SO^ad)t oerlorcn, foba§ 8""äd)ji
alle ftttlidt)en Sanben ftc^ löfen unb iai
(Söttcrbammerunin.
239
Söfe auf @röcn in »öQige, aücö jctfiö-
Tcnbc 93crtt)ilberung au^bricfit: „53rüber
werben fämpfen unb ju Sotf^Iagern rrer«
ben, ®d)roefierföbne »rcrbcn bie ®ippc Dcr=
le^en: bie ©rünbc geden, bie ©tteitajt
fliegt, fein SRonn nnrb beö anbcrn [(^onen.
^art gebt eö in ber 2ßelt, gro§c ^urerei,
Zeitalter, ei(^uiertaltev; ®(i)ilbe »erben
gcfpalten; 2ßinbalter, SBoIföalter, ef)e bie
Slöelt jlürjt. 3)iefer futli^en 23ermilbe=
rung entfprid)t bie (Sntfeffclung aücr oer»
berbli(f)en i)hiturmäd)te, als bercn $cr[oni=
fifationen bie Dtiefcn galten. (Sin entfc^-
iid)er „äBinter tritt ein; ta fäüt ©d^nee
oon aüen ©eitcn, ta i[t ber %xo^ gro^
unb fmb bie Sßinbe fd^arf; bie ©onnc ift
o£)ne Äraft; brei folc^e SBintcr folgen auf
cinanber, of)ne ha'^ ein «Sommer bajwifcben
iriire." 3([lc ffietter geraten in 'Jlufrubr;
Soft nnil^t ftcf) Ijerum, t>a^ bie Srbe bebt
unb atle (Sebirge, bie Jßiitber entwurjelt
roerben unb bie Serge jufammenftürjen,
felbft bie Sßcitcfcbe „glggbrafil ;;ittert, e?
xauiä^t ber alte !8aum, ba ber iRicfe (?oEi)
loa t'ommt" : aüe j^cffeln unb Sanben brc=
(t)en unb reiben. S)a wirb ber ^enrirmolf
loö; hai '■Shii fiürmt auf hai Öanb ein,
tt)eil bie SDJibgarböfdilange im SRiefenmute
ftd) mdijt unb anei Qanb miü. ®a ge=
fd)iel)t es, ia^_ iJiagIfar flott mirb, ^x\)mx
i)ei§t ber DfJiefe, ber 9?aglfar fleuert; auf
it)m fmb aüe Dieifriefen, aber mit 2ofi tfi
^di ganjeä ©efolgc „I)er genriritiolf
feiert mit Haffenbem SRacben umt)er, 'i>a^
fein Dberfiefer ben .yimmel, ber Untere
fiefer bie (Srbe berübrt, unb märe SRaum
baju, er mürbe it)n noc^ weiter auffperrcn:
geuer glütjt i^m auö 2lugen unb 9?afe.
S)i_e «DJibgarböfc^Iange fpcit fo ®ift am,
t>a^ fie aüe ^limmel unb ÜJieerc bene^t,
unb fre ifl gar fc^irecflic^ unb ge^t bem
2ßoIfe jur Seite. 25a fommen ä)hifpelö
®öt)ne bcrangeritten, Surtur fäf;rt an il)rcr
©pi^e, unb nor ibm unb hinter if)m bren=
nenbeö ^euer; fein ©cfimcrt ift überaus
trefflid) unb firal)lt bcücrn ®lanj aui aU
bie Sonne; aber in bem ftc über bie .^im^
metöbrüde ^Bifröfl reiten, jerbrid)t fic.
Steinberge flogen jufammen, SRiefmncn
fiürjeu; Die loten betreten ben .^oInu\^ unb
ber ^immcl fpaltet Ttd)." ®a ergebt [li)
^eimbaür, ber SIßäd)ter ber ©ötter, unb
f^ö^t mit aüer .^raft inä ©iaflarborn unb
Widt aüe ® Otter, bie bann iRat hatten.
„S)Umir0 @öbne (bie flammen) fpieten
""^ Ssgbrafxl cnt5ünbet ftcft bei bem *Jlufe
beö alten ©iaüarborns." 2)a reitet Dbin
jU üJJimirä Srunnen unb [;olt 9^at c>on
!Kimit für [\i) unb fein Ocfolge. „SBa«
ift mit ben «Jlfen? 2Ba« iü mit ben ilttfcn?
Qlcbjenb gittert bie ganje 9liefenmelt; bie
5Ifen ftnb am I»inge. 2)ie B^^^^S^ ftöt)nen
Dor ben >Steint[)üren, ber 33crgfcPe .^erren:
2Bifet it)r eä nun? ober maä?" ÜRufpel^
Söl)nc jieben nad) ber (Sbene, bie SBiprib
{)ci§t unb [junbert SRaflen breit ift nad^
aüen Seiten, ba£)in fommt auct) ber J^i^'^i'^'
molf unb bie i0?ibgarböfcf)tange, unb auc^
Soft ij! i>a mit ^tU ganzem befolge unb
i^rpmr mit aüen iReifncfcn; aber 9DiufpeI^
©ö^nc i)ab<:n il^re eigene Scblac{)torbnung,
bie fef)r gldnjenb ift.
3e^t wappnen ftc^ bie ^fen unb @in*
t)ericr: „(^ünft)unbert Sbore unb cierjig
meine xäj, ha^ in SBattiaüa fmb, ad)t()un=
berte ©inberier geben Äuglci(i) au« einem
Jborc, mit bem Sßolfe ju fämpfcn." 3^=
pörberft reitet Dbin mit bem (Solbbelm,
bem f(^önen ^arnif^b^ u'i^ feinem Spiele,
ber ©ungnir b^i^t; er gebt bem ^^cnrtr«
Wolfe entgegen unb Sb"!^ fcbreitet an feiner
Seite, aber er fann ibm nicbtö be^f^"/
benn er Ijat üoüauf ju tbun, mit ber 5[)iibs
garbßfd) lange ju fämpfen. %xtX}x fämpft
gegen Surtur, unb cß wirb ein i)axm
jlampf, ebe ^^^^epr fäüt, unb wirb ta^
fein iob, ha^ er fein guteö Schwert
miffet, tiai er Sfirnir gab. üDa ijt aud)
Oarmr, ber $unb, loa geworben, Der üor
ber ©nipabbble gcbunbcn lag: hai giebt
hai größte Unbeil, ba er mit %\)x fämpft
unb einer bem anbern jum 'JOJörbcr wirb.
Jbor trägt ben Sieg über bie 2)libgarbö =
f(f)lange bation; aber wie er neun Scbritte
banongcgangen i|l, ba fäüt er tot jur (Srbe
Don bem ®tft, baö ber Jßurm auf ibn
fpeit. 2)er 2BoIf »erfcbüngt Dbin unb
wir^ tiai fein Job; aber alßbalb wenbct
fiii) SBibar, Dbin^ Sobn non ber JHiefin
Oribbr, gegen ben 2Bolf unb fe^t ibm ben
5u§ in ben Unterfiefer, mit ber |)anb
ergreift er beffen Dberfiefer unb rei§t ibm
bell iRacben auöeinanber, unb Das wirb
beö aßolfe« lob. Öofi fämpft mit |>eim*
baür unb wirb einer beö anBern 'DJörber.
2e^t ift ber Untergang biefcr äBelt ent*
f^ieben: „5lüe 9Diänner_werben bie fieim«
ftabt üerlaffen. 2)ie ^aonne beginnt ju
bunfeln, bie Srbe fmft inö 9?Jeer, iwm
f)immet fd)winbcn bie bcitern toternc, hai
I geucr wütet gegen hai ^euer, eä fpielt
j Die i)oi)t |)i|c gegen ben |»immel felber. "
Unmittelbar auf bie ©ötterbämme«
rung folgt in ber (Sbba bie (Erneuerung
ber SBelt unb bie üßiebererficbung
i ber (Sott er. Unb ätt>av bebt ftcb nad) ber
16*
240
©öttcttcmpel unb ©öttcrbilbct.
Völuspä bie ttiaf)renb bet ©ötterbdmmcrung
in^ ÜJlcct gefunfcne Stbe ^crriid) gtüncnb
«lieber empor, tai SCßaffcr firömt ab, unb
bcr im ©ebirge naä) ^i\<i)in jagcnbe ^blcr
fliegt über baöfetbe bin- 2ßo oorbem
Mggarb mit [einen (Sötterburgen fxd) erbob,
breitet ficb je^t taS Sbafelb ber Urjeit
micber aue, bie 5l[cn hi)xtn nsieber, aucb
©albur unb |>öbur fommen jurücf qu^
bcr .^el, fowie ber ttn Sßanen oergeifelte
|)önir; fte finbcn ftcb auf bem S^i^Hbe
jufammen, fprec^en »on ber mad)tigen iWib*
garb^fcf)Iangc unb erinnern ftd) an bie ge=
maltigen iBorgänge unb an Dbinä alte
JRunen. Dort finben ft(^ bie njunberbaren
Sßürfel am ®rafe, tweli^e in bcr Urjeit
Dbin unb fein Oefcbjecbt gehabt l;atten.
Unbefäet tragen bie *M(fer unb atleö Söfe
wirb mieber gut gemad&t. ^üucE) bie Tltw
fc^cn leben mieber auf unö empfangen in
ber neuen SBelt je uac^ iBerbienjt ßotjn
unb Strafe, ben Outen mirb ein ©aal
auf ®imli (b. i. ber ®Uinjenbe) jur 2ßob-'
nung angemiefen, joo fre ewig SBonne ge=
niesen, ben ©c^Ie^ten bagegen ein anbrer
©aal in SJlafirönb (b. i. bem Sotenjlranbe),
tt)o bie furcbtbarjien Dualen jur ©träfe
ibrer ©ünben ibrer barren, mäf)renb früber
aßatbaüa nur bie in ber ©d)Iacbt (Gefallenen
aufnahm, bie übrigen, ©ötter mie SDicn*
f(f)en, pr $el fal^ren, obnc ia^ beren
SBobnung immer aU ein ©trafort gegolten
f)attte. SDöie bie DOlenfcben, fo leben aud)
bie Smerge unb [Riefen mieber auf; jene
bemobnen im 3torben auf ben SJiibabergen
einen ©aal aus (Solb, biefe auf bem Dfolnir
(b. b. Unfaltcn) ben ^Bierfal 33rimir.
„2)oct) obgleid) bie 3ifen h)iebergel)oren
unb cntföbnt finb unb »t>ieber in barm-
lüfer llnfdl)ulb leben, wie in ben Jagen
ibreö goibenen S^italterö, fo fmb bocb
Weber fxe nod) bie weifen Jßanen fe^t bie
33ef)errfcber ber neuen SBelt, fonbern ein
mä(i)tigerer ®ott. S)a fommt ber SOtäcb*
tige jum (äericftt ber ©ötter, ber (Gewaltige
Don Oben, ber über aüeä waltet; er fällt
Urteile unb entf(^eibet bie Saiden, fe^t
beilige Drbnungen, bie gelten foüen! 5lIfo
ein böberer, mäcbtigerer (Sott alö bie *Mfen
übernimmt nun in ber neuen, jum para=
biefifcben Urjufianbe jurücfgefcbrten 2ßelt
bie oiegicrung, begrünbet neue ^eilige Drbs
nungen, b^It (Sericbt unb teilt \t nacf)
IBerbien)^ ben üHenfcben ßobn in (Simli
ober ©träfe an bem fRaftrönb ju. Unb
fo febrt mit ber erneuten Sßelt, worin nur
eine ÜJ^acbt, baä reinfie unb b^ilißfic ®ute,
ewig b«tfcf)fn foü, wenn au(| hai 93öfc
wenigfien^ unter ben ilJlenfd^en wieber aug«
brecben fann, folgeri($tig »om (ßolptbciös
muä jum iüJonotbeiömuä jurüdf; bie alten
©Otter befte^en jwar neben ibm fort, aber
fie leben in jtitler Unfcbulb unb ©etigfeit
in ibrem ©Ipftuw babin, o^nc an ber
SBeltregierung *Mnteil ju b<«ben."
(So iji bie SBermutung aufgeftetlt wor=
ben, ha^ unter biefcm einen mä^tigeren
®ott — ber öon Jacituö ©ermania —
Aap. 2 genannte Jui^fo gemeint fei:
fte feiern in alten ßiebern ben ber (Srbc
entfproffencn Suisfo unb feinen ©obn
iöJannuö, alä Urfprung unb ©rünber
ibre§ ©tammeeS. ^aä) 'ä. iRa§mann in
(5rf4 unb ©ruber, 3lrt. ©ötterbämmerung.
©öttcrtcnHJcI u. ©öttcrMIber» lacitu*
fagt in ber ©ermania, Aap. 9: 5Die ©öttcr
in iöJauern einjufcblie^en unb il)ncn ein
3!)Jenfd)enantli^ ju geben, balten bie ©er*
manen für unoereinbar mit ber ®rbaben=
{)cit ber ^immlif^en; fte weiben ibnen
|»aine unb SBalbtriften, unb benennen mit
bem Siiamen ber ©ottbeit jenes gebeimniä-
»otle (gtwaö, ba« ftcb nur ber ebrfurcbtö*
t)olIen2tnbaci)t offenbart." 3m ajßiberfprucbe
mit biefer ©teEe fd)eint eä ju fieben, wenn
berfelbe ©ef(i)icbttcbreiber in Aap. 40 bei
ber 33efcf)reibung be^ beütgen .^aine^ unb
hti feierlicben Umzuges ber 9Zertbuö er^
jci^lt: ber $riefier merfe eö, wenn bie
©öttin in ibrem .gieiltgtume gegenwärtig
fei, unb gebe biefelbe, jtatt beö Umgangs
mit ben ©terbli($en, bem Sempel jurüd;
barnad) werbe ber SBagen, auf bem bie
©öttin, »om qjriefter geleitet, ibren Umjug
bielt; bie Züä)n, mit benen er überbecft
War, unb — wer eö glauben will — bie
©ottbeit felber in einem gebeimen ©ee
abgewaf(^en. ©e^t fcbon bier ber Um^ug
auf bem SBagen unb ba^ 33aben ber ©Ott*
beit unjweifelbaft ein 93ilb t?orauö, fo
fpricbt eine anbere ©teile beö S^acituö,
5lnnalen I, 15, nod^ beutlicber; i)\a wirb
bei ©elegenbeit einer 3iacbri(St über ben
3ug bes ©ermanicu^ gegen bie SDiarfen
im 3abre 14 n. (S^r. berietet, es feien
bie geweil)ten fowobl alä bie ungewei^ten
©ebäube unb namentlicb ber jenen ©tämmen
überaus berübmte Scmpel, ben fte ttn
lempel ber Tanfana nannten, bem (Srb*
boben gleicbgemacbt worben. Offenbar
Waren (Söttertempel unb ©ötterbilber ber
©ermanen ju Sacituö' 3«it nocb f)öcbjt
feiten unb blieben eö aui^ biä in tai 4,
unb 5. Sabrbunbert, ba bi« babin aüe
übrigen ©cbriftfteüer baton fcbweigen.
erfi aamä|)U^ entftanb ber ©ebanfe, auc^
©öttcttcmpel unb ©öttctbilber.
241
i>en ©Ottern bleibende Sffiobnfiättcn ju er»
richten. Seit bcm 5. ^abrbunbcrt mcbren
fid) bic 3euS"iff6 über beutfdje ®ötter=
tempcl, in föniglicfjen unb päpftlid)en
^biften, in Sffiettc^ronifcn unb namcntlid)
in ben fiebenöbefdhreibungen ber ^eibfn=
apojlel, unb jtttar bei ben ^ranfen, 5ila«
mannen, 2BeP(3oten, ?ongobarbcn, Ringel*
facf)fen unb ^riefen. 2)ic bcuJ[d|en
Benennungen beö Sempel«! fmb: got alhs,
a^t). alah; a\)i>. wih, agf. vih, veoh =
Söaibtempel; ai^'ii. harne, ctgf. hearg,
cbenfaKö SZBalbtempel. ®aö entfprec^cnbe
oltn. 2ßott hörgr bebeutet urfprünglid)
ben ©tcinciltar im 2Batbe; — c\l)h. paro,
agf. bearo, ebenfalls = SBalbtempel;
altn. harr ifl 53aum unb barri ifi J^ain;
aiit., agf., attf. hof boi^t blo^ ber ge =
baute iempel; al}t>. ha IIa, agf. heal,
^aüe; — agf. reced, altfäcfif. rakud;
— abb. plaostarhüs, Opfcrbauö; —
at)b. petapür, oucf) petahüs, abb.
betehüs; aucb a^t. chirihhä fommt
aU i8eäeid)nung bcibnifcfeer Sempel i^or,
unb altn. godhahüs — ©ötterbauö.
S)a bic lempel auö j^oIj erricbtet waren,
ftnb fte giinälid) uerfd^munben; cntmeber
würben fte bem Soben gleic^gcmad)t, um
auf bemfelben bic d)ri|ilicf)e ^irc^c ju er*
bauen, ober ibre ^aUtn würben ,;ium
■cbrijllicben (Sottcöbicnfie t>ertt)enbet. S)enn
ba biefe .Sultuöjlätten feit graucficr *Döruit
ber für teure ^Heiligtümer ber ©tammc
ober ibrer (äefdilec^ter betracbtct unb ner«
cbrt mürben, fi^ien e^ burcbauä nötig,
ibre ^eiligfeit unb Unoerle^lidifcit auf ben
d)rifitid)en 9?ad)foIger be^ ©otteö, in ben
meifien ^äUtn einen d)rijllid)en ^eiligen,
überjutragen.
S)ie lempel erhoben [\6) nid)t nur auf
ben ^öben ber 33erge, fonbern aud) in
-Rainen unb auf SBiefcn unb *Muen unb ftan*
ben namentlid) in enaer 93erbinbung mit ben
•ÜJlalftätten. Obne 3tt>cifcl beftanben neben
ben Sempein bie eingefricbigtcn freien
beiligen JRaume in großer Qaljl fort.
S)ic 3"^U9ii'ff^ füi^ bic ® Ott erb über
beginnen mit ®id)erbeit im 4. ^abrbunbert,
fte finbcn ftd) mei)^ in ben lüebcnäbe*
fcbrcibungen ber .^eibenapoftcl, u. a. in
berjenigcn beö beüigcn ®aQuö, meldier bei
Suggcn am 3üt*erfcc fomobi atä in
SSregen, beibnifd)c ©ottcrbitbcr antraf. S)ic
beutfd)cn Sluöbrüdc für ©ötterbilbcr beiden
got. manleika, abli. manalihho, altn.
likneski = baö nad) menfd)licber ©ejlalt
geformte 33ilb unb abb. avarä. (Sinäelne
berartige Silber auö Sifen, Stein, Scber,
@rj, ^olj ftnb erbalten, fte ftetten 2Boban
mit feinem Stoffe unb feinen beibcn ^un«
ben ober SBölfen, ^ro, ^ria u. a. bar.
Ungleid) beffer aU über bie fübgcrma«
nifcben ©öttertempel unb ©ötterbitber ftnb
mir über bicienigen ber ©fanbinaeier
unterrii^tet. |>ier bej^anb tai Sempclge-
bäube a\xi jmei rierfd)iebenen llbteilungcn,
auö einem ßangbaufe unb einem runben,
au* mobl gewölbten SiJebenbaufe, ha^ bem
Sf^ore an ben d)rijllicben Äird)en dbnlid)
war. S)aä le^tcrc bilbetc tai eigcntlidbc
Heiligtum; in ibm fianben in einem ^alb*
freife auf ©eficaen bic ©öttcrbilbcr; t>or
bemfelben, alfo in ber SWitte bcö ^alb*
frcifeci, erbob ftd) ber funjlrcid) gefertigte
unb mit (Sifen getäfelte *}lttar, auf bem-
felben brannte tai geweibtc ^^uer, tiai
nie erlöfd)en burftc, banebcn jianb ber
fupferne ©lutfcffcl, in wcldiem man tai
*81ut ber gcfd)lad)tcten Dpferticrc ober
2)?enfd)cn fammelte, unb in bem ber 931uts
jweig lag, mit wcld^cm man bie ©efteüe
ber (Sötterbilber unb ben <3ntar, bie SBanbc
bcö lempdö au^cn unb innen, fowic bie
ßeutc unb i>a^ ®ut befprengte; ferner bi'
fanb ftd) bafclbfi ber heilige SRing, auf bem
alle (5ibe abgelegt würben unb ben ber
•Häuptling bei aüen l^otföucrfammlungen
tragen foüte. 3n bem gangbaufe, weldieö
oft oon fctjr beträd)tli(^er ßänge war, jlanb
in ber SWitte jcbcr ßangwanb ein $od)ft|,
beffen jwei fpi^julaufenbc ©dulen über
i>ai jDad) emporragten unb gewöbnlid^ mit
einem Sborfopfe gejicrt waren; in biefc
©äulen Waren ©ötternägel eingefd)lagen,
bercn *.8ebeutung unbefannt ifi. Qluf ben
|)od)ft|en nabmen berJempelbäuptling unb
wie in bem ^prioatbaufe, je bie »ornebmjtcn,
beim Dpfermat)lc anwefcnben ÜJJänncr
«pia^. 3" beibcn ©eiten ber ^oc^jt^e,
alfo ben ®eitenwänben entlang, waren
gcwöbnlid)c Sänfc angebrad)t. 3^ifcbcn
ben beibcn @i|.reiben brannten auf bcm
33obcn wäbrcnb bc« Dpferfefteö ^euer,
über benen bie .Steffel bingen, in wcld)cn
t>ai Dpferfleifd) gefottcn würbe; über biefc
^cuer pflegte man ftd) gcgenfeitig ben 23otI=
bcd)er ju bringen, ber, wie alle Dpfcrfpeifc,
oon bem .Häuptlinge geweiht war. S)er
ganje lempel war burd) ©laöfenjler erbeut,
mit Sapeten behängt , juWeilen aud) mit
@d)ni^wcrE, ®olb unb ©ilber unb
fonfiigem ©d)mucEe gcjiert. 3n tin Seiten«
wänben, quer bem 9^ebcnbaufe gegenüber,
bcfanben ftc^ bic Schüren, bic oerf^liePar
Waren unb an bencn juwcilen ein metallener
iSing hing, beffen "Beftimmung unbefannt
242
©ottcöftiebe.
iji. aSor bet %f)üx befanb f\ä) ber Opfer«
fiein unb ber Dpfetfumpf; in »elc^cm
ic^terert bie jum Dpfertobc »erurteilten
SÜHenfd^en , naäbem if)ncn am Dpferjleine
bcr (Rüden jcrbro^en it»ar, cerfenft »ur«
ben. Iieilige Sßäumc, an benen gewiffc
Seile bcr geopferten 5j;iere, aud) nio^l bie
geopferten SO'Jen[d)en aufgepngt rourben,
umgaben ben Icmpel. 5bie gonje {)eilige
6tätte fd)Io§ eine @infa[fung rion |)olj=
pfäl)ten ein, bie i^rerfeiti? ebenfaüe rter=
fd^loffen werben fonnte unb innerhalb
beren bie f)eiligen Siere meibeten. 2)ic
Sempel erI)obcn fic^ in ber SRegel in bcr
iRafec ber ©ingfiätten, juttieilen aud) in
^eiligen Rainen."
2lucb bie norbifdien Tempel it>aren obnc
3ttieifel auö ^olj aufgefüt)rt. ^ai) ben
©agcn finben fic^ in i|nen meift mehrere
©ötterbilbcr ^ufanimen aufgeficüt, beren
eineö, %i)ox ober g^el^r ober Salber ober
Dbf)in bie ^auptflefle einnal)m. ü)?eifl
hjaren bie Sßilber auö ^olj gefd)ni|t. Sie
fieütcn bie ®ottt)cit in ?ebcnägiö^e ober
barüber »or, gefd)müdt mit n.nrflid)en
©emänbern, ®oIb, Silber, ^leinobien unb
i^ren 5Utributen, bie nadten Seile bemalt.
5lufer ben Stcmpelgötterbilbern gab e«
au* ^au^gö^en, bie mcijl fff)r Hein ge-
tticfen ju fein [(feinen; man trug fie au*
im Seutel. 5tud) ©ötterbilber auö Scig unb
SI)on h)crben crhjübnt; Sborö 93ilb finbet
itd) an ber |»od)fi^fiiule unb an bem
SBorberfiecen eines |)eerfd)iffeg aus ^otj
gefdjni^t.
3)ic 2BoI)nungcn ber (Sötter, fowie fie
felbfl unb i^re Sefi^tümer unb tiefte
j^anben unter einer l)of)cn ^eiligfeit unb
einem tiefen ^rieben, beren 93erlc|ung unb
Störung bem ^eibentum für baä fdjWerpc
23erbred)en galt, >t)cld)eö, mie man glaubte,
bie ®ötter felbji aljnbeten. Zac ©ermania.
39. 2)ie ^eiligfeit ber ©öttermobnungen
ging fpöter auf bie c^riftlid)en Äird)en unb
Älöftcr über.
99ci feiner ©rünbung »rurbc ber gemein«
famc öffentliche Sempel mit einem gemiffen
©runbeigentum botiert, auf n5cld)e« fid)
bie ^ciligfeit beß Scmpclö miterfiredte.
Qluf porige, mcld)c Scmpeln angebörten,
beuten bie (Sigcnnamen Alahdeo = Wiener
bes IcmpelJi, Cotadeo.Gotadeo, Cotascalh,
Gotascalc, Gotmau, Wihman, "Wihdin.
^ad) 51. iRa^mann in (ärf(^. unb
©ruber, *Mrt. ©öttcrtcmpel unb ©ötter«
bilber. ißgl. ©rimmß SDJljtboIogic.
©OttelftteliC , treuga Dei, pax Dei,
iji ein mittelaltcrlid) tird)lid)e0 ^nflitut.
bcfiimmt, bem ungeregelten ^^bbemefcn jU'
fieuern. Qlnfangö maren e« bie 93ifd^öfc
üon 5lquitanien, tt)eld)e feit bem 10. 3a^r«
^unbert it)re ©üter gegen Eingriffe bur*-
Qlnbro^ung beä 5lnat{)cmö ju frd)ern
fuc^ten, unb ju bem (Snbe mit mcltlicfeen
®ro§en in freiwillige Bereinigung traten.
Srfl: alei burc^ biefe iBerfu*e eine btab'
ftd)tigte unb burdigreifenbe ^erlieüung unb
©id)erung be« allgemeinen ^riebenä nidit
errcid)t mürbe, befd^lo^ man, ftc^ gunäd)fi
mit befc^ränfenben SDk§regeln gegen Qluä«
Übung beä 5^^^^^^^)^^^ h^ begnügen, voo'
burd) bie ©cmüter atlmä^li($ Dom 2Begc
ber ©emalt auf ben bes 9led)teö ge«
leitet Werben fofltcn. I)iefc le^tern 9Ha§«
regeln beiden erfi ©ottesfrieben, im engern
Sinne treuga Dei; benn bie pax Dei,.
unter Weld)em man ben immerwabrenben,
grunbfä^lid^en gerieben Perftanb, meld)en
bie Äirc^cn, bie ®eiftlid)feit, bie 93egräb«
niepUi^e, bie Älöfier, bie Äinber, bie
(pilger, bie J^'rauen, bie ^Iderbauer nebfV
il)ren ©erätcn genoffen, mar »icl älter;
erft bie treuga Dei bef(^ränfte ba^ ge«
fe^lic^ bcfie{)enDe Jebbere^t für bejlimmte
3citen unb banb eö an fird)lid) beftimmte
(Regeln. 2>aä gefd)a^ jucrfi auf einer
Sljnobe ber S)iöcefc son (Sine im '^<xi)xt
lü27; t)icr mürbe für bie ©raffc^aft
(Rouffiüon fcpgcfe^t, ta^ ber Sonntag,
baburcfe geheiligt werben muffe, ta^ iton
ber ?Jone beö Sonnabenbä biß jur *]ßrime
beöSDJontagö jeber Eingriff auf einen 9[Rcnd)
ober anbeten ©ciftlid)en, auf einen Äirc^«
ganger ober einen (Begleiter con gi^auen
unterbleiben folle, fowic ba§ aud) .^ird)cn
nebfi einem Umfreife oon 50 Schritten
nac^ allen Seiten gegen jebcn Eingriff
fi*er fein foüten. 5>er 5'^ifbcnßbred)cr
üerfiel ber (Syfommunifation. 93alb famen
ä^nlid)e ^efd)lüffe in anbcrn Seilen
^ranfreic^ä jufianbc unb nic^t bto§ wur«
ben bie befrieb'cten 3^i*'^'ii*"^^ oeroiclfät«
tigt, fonbern au* rein weltlichen 5lngc^
legen^eiten bcr gleiche Sc^u^ jugewenbet,
ä. S. bem OWarftc. 3)ie ®ro"|en, bie
(Bürger unb bie nicbere (Botf^flaffc erftiir«
ten mit ßifer, ben 5Sorfc^riftcn ber .Rirdie^
golgc leijien ju wollen , foba^ balb in
ganj granfreid) biefelbeu ©runbfä^e jur
^nnat)me famen. 2)ic jDauer ber bcfric«
beten ^ät ftatte fid) auf bie Qät oon
Sonnenuntergang beö 3)onnerötagö bi^
Sonnenaufgang bee ODiontagö oerlängert
unb als weitere griebenöi^eitcn waren ia'
JU gcfommcn bie 3^'^ ^om erfien Sage
beö (JlbPcnt biö jum 13. ^a^uar, oom
©otte'^urtcile.
243
SfWontagc t>or bet ^Jajienjeit Bio jum ÜJton?
tag na^ ber Dftettt)od)e unb an einjelnen
iejlimmten ^^cjitagcn. >Die DoUcnbcte (Sin*
fü^rung beö ©otteöfriebcnö in granfreid)
ttjirb in iai 3at)r 1041 gefegt.
3n 2)cutf(^Ianb gelang cö ijuerP
bcm ®rjbi[cf)of oon Äöln im ^ahx 1083,
einen ©ottesfticben für feine SDiöcefc ju»
jianbe ju bringen, ^einricf) IV. nat)m
bic biä baf)in partieHe SJiagregel auf einem
Äonji! ju SWainj 1085 in bic DteiAege*
fe^gebung auf; beibe Urfunben f)ie§en
noc^ pax Dei. %üx befricbete Jage »ur«
ben erflärt bie 3eiten öom erften 2ibbent
biö epipfiania unb oom Sonntag ©ep»
tuagefima biö ^fingfien, foniie an jeber
3Bod)c bie Sage tiom 2)onncrötag biä
jum ©onntag, mit (Sinfct)lu§ ber barauf
fotgenben Diait biö Sonnenaufgang, fer«
ner bie »ier Duatembettage unb bie 3Sigi*
lien ber D^amenstage ber *Mpoftel nebfi
ben barauf folgenben Jagen, cnblid) aCIe
fircf)Ii(i)en ^ap unb ^^iertage. 2)en
<S(i)u^ beö ©otteöfricbenö genoffen bic
SReifenben unb .^cimbteibenben, felbjt tt>enn
fie ©cmaltt^aten begangen f)atten, au««
genommen bic gemeinen ÜDiebe unb SRäu*
ber. 5Uö befonberö gefct)ütit werben ge«
nannt bie Äaufleute auf it)ren .^anbelö«
reifen, bic 5idfcrbauer bei i{)ren Qirbeiten,
bie grauen , bie S!}JitgIiebcr geijtlicfter
Drbcn.
*Papfi Urbau machte enblic^ auf ber
Äirct)enüerfammlung ju (Slermont ben
©otteöfrieben jur 2lngc!egent)eit ber gc=
famten 6^rijtcnl)eit; feine befinitiüc ^lu^'
bilbung crfiielt haQ ^nftitut aber im
3a^r 1131 auf einer .^ircbennerfammlung
ju Oflbeim^, meiere auö ben ocrfc^iebenjten
Sänbcrn 6uropa2i befucbt mar; bic 33e=
fc^Iüffe fon SHbeim^ mürben fpdter öftcrö
burcf) bie $äpfic beftätigt unb enblic^ in
hai Äircf)enreci)t aufgenommen. Wit ber
3eit machte ber ©ottcöfrieben mit feinem
ürc^tidjcn ß&araftcr ben Sanbfricbcns-
geboten »on meltlid)er 6eitc ^la^, unb
je me{)r bas Königtum erfiarftc,'^ bcfto
feltencr fanb ftc^ noc^ in ©efe^en, Ur*
funben unb gcfd)id)tlic^en Seric^tcn eine
»ereinjelte (Srmäbnung be^ veralteten
©otte^fricben^. 93ranbeö in (Srfcf) unb
©ruber, 5irt. ©otteäfticben. ÄlucffoI)n,
©efcfti^te beß ©ottcöfriebcnö, fieipjig,
1857. SBgl. bie 5lrtifel gc^bercd)t unb
triebe.
©Ottegltrteilc, Orbalien, ordalia,
tai latcinifc^e Sßort jufällig nad) ber
angclfdd)fifd)cn ^orm ordale be^ beutfd)cn
SBorteä urteil gcbitbet. SRan »erficht
barunter groben, an bereu Ausgang man
einen ^uöfpru^ ber ®ottt)cit über <S(^uIb
ober Unfdiulb, (Red)! ober Unrcd)t ju er*
fenncn glaubte. ®ie famen auc^ bei
anbcrn Sölfern »or, bei ben ®ried)en,
namentlid) aber ben 3nbiern.
5Dic Wirten ber ®otteöurtciIc bei
ben (Sermanen jtnb fotgenbe:
1) S)a^ Äampfurteit ober ber
ßmeifampf, judicinm pngnae sive
campi, pngDa dnoram, duellnm, mono-
machia, singulare certamen, a^b. einwic,
chamfwic, wehadinc, altn. holmgangr,
mar iai oornef)mfte ©otteöurteit, unb ur*
fprüngii^ feinem germanifdien SBolfe
fremb. 3n ber SRegel fonnte nur ber freie
ÜRann einen anbern j^um ßweifampfe
forbern, ber fc^Ied)tere 2)tann aber !onnte,
menn er angcfprod)en mürbe, htn Äampf
nid)t meigern. ^erfonen. bie nic^t fclbjt
JU fämpfen imfianbc maren, tonnten
ober mußten, je nac^bem fte Ätiiger ober
Seflagte maren, einen anbern für fid)
ftellen, unb jmar fonnte bie^ entmcber ber
ißogt ober SBormunb ber *Perfon fein, bie
ii)riRcd)t butd)Äampf geltcnb mad)entt)oate,
ober fonft jemanb, ber ftd) freimiüig ober
für ®elb baju f)ergab. ©aa 9fied)t aber,
einen anbern alöÄampfer für [\d) ju ftcUcn,
ftanb aügemein ju: 1) benienigen, bie
burd) förpetlid)c SÖtängel, burd) «altera*
fd)mad)c ober 3ugenb t>er^inbert maren,
felbft ju fämpfen; 2) ben 2öeibern. 3)en
le^tcrn mar, menn ftd) niemanb fanb, ber
für fte einfieben mod)te, in fpäteter 3eit
gefiattet, ftd) felbfi ju pcrteibigen, mofür,
um bie Äriifte au«jugleid)en, eigentümlid)e
*ltrten beä 2ßeiberfampfcö erfonnen mürben,
monad) ber 'Iflann biä an ben ©ürtet in
einer runben, etma^ meiten ®rubc jU fte^en
unb iion ha am rermittelii beäi .^olbeng
mit ber au§erbalb ber ®rubc fiebenben
^rau fämpfen mu§tc; 3) ben ©eiflli^en;
4) ^erfonen Porne^men ©tanbeä. 93ci
ben Öongobarbcn mar e« ©itte, bic ilampf*
orbale burd) gemeine, beja^Ite .Kämpfer
ausfegten ju laffen. <E)a ber gerid)tUd)e
3mcifampf im fpätern *Kittetalter ef)cr ju=
\\ai)m, fo bitbctc fti^ in rerfi^iebenen
ßänbern ein eigener Äampfproäcg. S)urd^
Privilegium maren gemiffe Orte ju Äampf^
geiid)ten erhoben, ober gemiffen mit ®e«
rid)tebarfeit beficibeten «perfonen baä SRed)t
erteilt, bai aüe 3»eifämpfe innerhalb eine^
gemiffen S)i(triftö unter ibrer '3luffid)t unb
!i}eitung auögefo^ten merben mußten. Sc-
fonberä befannt maren im 14. unb 15.
244
Oottcäurtctic.
5a^rftunbcrt bie Äampfgertcfete bcr ©tabte
^aü in sr^ioabcn, iJlnfpacf), SBürjburc;,
beö Surggrafentumö DiJürnbcTg, be^ öanbä
gericE)ts ju granfen. 2)er Äampfpla^
ttjutbe »Ott bem SHidjtcr nnciewiefcn , boc^
^attc man aud) befiimmte umjäunte Q3la^e
bafür; Pon ber Snfel- auf »eldjer im
SJiorbcn meifi ber Äampf Dor fic^ ging,
\)k^ bin bcr ßtt'cifampf -^»Plmflnng. ;'^um
^olmgang würbe eine fünf Stten lange
|)aut ober ein Seppid^ f)ingclegt unb an
»ier *}}fä6Icn befcfligt, beren einer ber
^auptpfa^I, Tiosnar, fjieB- S)er, welker
ben ^ec^tpla^ juricfctete, mupte gu biefen
^fä^Ien rücfmärt« geben, gebücft unb feine
Obriäppiten t)altenb, fo ta^ er ben |)imniel
äwifcfien feinen Seinen bur(i)fe[;en fonntc,
unb eine Sßefcbiüärungäformel f)erfagen.
Um ben Seppicf) I)erum foQtcn brei SRäume,
jcgti^cr einen gu^ breit, unb biefe burd)
oier ©taugen begrcujt fein. 2)er fo ein*
gericbtete ged)tpla^ biep eine bcfriebete 2)krf.
3eber foüte brei ®ct)ilbe baben; wenn biefe
jcrfcblagen frnb, mu§ man wieber, menn
man auä) früficr jurüdgerpi^cn war, auf
ben Jeppid) treten unb bie ^icbc mit ben
2öaffen auffangen. 2Bar einer fo Per^
Wunbet, ha% Slut auf bic (ärbe fiel, fo
tonnte man ben .ffampf ali beenbet an=
feben. Sßer fo weit gewieben war, i>a^ er
mit beiben güBen auperbalb bcr ©renj«
fiangen flanb, war in bie glucf)t gcfcblagcn.
3cber Streiter foüte einen Tlann aU Scfcilb*
balter bei fic^ baben. 2)er, Weldber über*
Wunben War, wu^te brei 9}Javf alä ^öfegelb
für fein ßcben erlegen.
5tud) in S)eutfd)Ianb war eine 5irt Sc
funbantcn üblid) , bic ©rijs ober
©rieswärtel. @ie waren mit langen
Stangen ober ißäumcn bewaffnet, wcldic
fie mit örlaubnie beö 'Jiic^tere bem Sinfen*
ben, SSerWunbeten ober Ermatteten jur
Stüfee barreid)ten. 'ilucb bitten fte über»
f)aupt bafür ^u forgen, ta^ bei bem .Kampfe
aQeö o^nc Irug, Üift unb ®efät)rbe juging,
ftc mußten Sonne unb 2Binb, Sid)t unb
Scbatten beiben Kämpfern glei(^ teilen.
i)ic aBaffen waren urfprünglid) bic bei
jcbem Stamm gcbräudilicben: bei ben
^^ranfcn unb ßongobarben bic Äeule, bei
ben 5(Iemanncn, Sad)fcn, S^riefen unb
9iormannen i>ai' Sd)wert. iRitter crfdiienen
fpäter in roüer SRüflung auf bem Äampf«
pla^e, ben übrigen ^^^xäm war eine
eigene Jlüftung Dorgcfd)rieben. 3nmand)cn
©egenben blieb bie Acute aU äöaffc beä
geringen i^olfs unb ber ÜJo^ntdmpfcr
üblid). 3utn Siege genügte cö, hn^ tai
93Iut beö 93cftegtctt ben ßrbbobcn fdtfetc,
ober bcr Seftcgte burd) Sntfräftung ober
Söerluj^ ber Sffiaffen ntd)t me^r ju fämpfen
imjlanbe war; wer aber biö jum Sonnen*
Untergang ficb pcrtcibigtc, würbe Pon bcr
gegen if)n ert)obenen Äfagc freigcfprod^en.
2) S)aö Soö; feiner bebienten ftc^ nacb
Sacituö Oermania, ^ap. 10 fd)on bic
Oermanen, um ben SBiüen ber ®ötter ju
crforf^en. ®ö Wirb in ben Serorbnungen
fränfifc^cr Könige unb in ben ißoIfögefe|icn
crwäljnt unb würbe befonber^ bei S)ieb»
ftaf)lbcf(^ulbigungcn angcwcnbct. Später
Pcrfd)Winbct eä.
3) Feuerprobe, Judicium ignis,
probatio per ignem. 3u unterfd)eiben ftnb
brei 5irtcn: a) ber 93efc^ulbigte mu§tc feine
$anb eine, wa^rfcbeinlic^ genau bcflimmte
3cit in baö r^cntx baltcn unb galt aU
unf^ulbig, wenn er fte unocrlcgt jurüdjog.
b) 2)er ©eflagte mu^tc feine Unfc^ulb ba-
burd) beWeifen, ha^ er im bloßen ^cmbc,
ober in einem 2ßad)^^embe unPcrfe^rt burc^
einen brennenben ^oljjiot ging; mit bicfer
*Probe foü 3lid)arbiö, bie ©cmablin Äarl^
beö,2)iden, it)re Unfd)ulb bcwäfirt l^abcn.
c) Üblidjcr unb pcrbrciteter als bic beiben
genannten ^fU^Pi^oben war bie *Probc
hi^ I)ci§cn öifenö. 'änä) bicr ftnb
JU unterfd)eiben: aa) bic *)3robe bc^
Sifentr agenö, wonacb ein Sifcn t>on
bcjlimmter Schwere eine Stiede (gewöhn«
lid) 9 Sdiritte) weit mit bloßen |)änbcn
getragen werben mu§te, unb bb) bic
$robcbcrgIüf)cnben*J)flugfd)aren,
beren in bcr Siegel 9, oft aber auä) 6
ober 12 in einer befiimmten (Sntfernung
fon cinanber gelegt würben, über bic bcr
51n_geflagte barfug gct)en mugte. Qlud^
biefe 'Probe fott nac^ alten ßtironijlen bie
(Scma^Iin Äarl^ bcä S)icfcn, au§erbcm
Äunigunbe, .^»cinrid) II. ©ema^Iin, unb
(Smma, bie SDtutter ©buarb besi Sßcfcnncr^,
rül)mlic^ bcftanben I;abcn.
4) 2Baff erprobe, a) «Probe mit
beigem ißaffer, Judicium aquae fer-
ventis, bei ttn %xii^in Äctelfaug,
Äeffelfang, gel)eigen , gebort nebfi
bem fragen beö glül)cnben ©ifcnß unb bem
.Rumpf ju ben am weitefien »erbreiteten
unb am ^äufigpen crwä()nten Drbalicn.
S)iefe QJrobe ging baf)in, ha^ ber 'Bcüagtc
au« einem Äcffcl, in weld)cm iffiaffer ftebcnb
gemad)t worben, einen SRing ober Stein,
bcr bincingcroorfen war, mit blogem 2lrm
uuPcrlc^t berporbolen mugte.
b) qSrobe mit Ealtcm Sßaffcr. 5)cr
i8cfd)ulbigte würbe cntflcibct, mit einem
©ottcöutteile.
245
«StiicE um ben ficib (um x\)n miebcr ^erauö»
jieJien ju fönnen) ein ober aud) wetirere
aJtale in baö ÜBaffer c^emorfen; baö Unter«
ftnfen würbe für ein 3<!icbcn ber Unfci)ulb,
bog ®cf)h)immen für einen 93emeiö ber
©d)ulb ftct)alten. 3utt)eilcn warf man ben
93cfd)ulbigten in ein gro^e'ä, breifubrigeö
®cfä§ ftatt in cincigentUd)e^ (Semäffcr. I)aö
ältejte l)iflovifc^e 3«"9"i^ fi"^ ^f" (Sebrauc^
biefer $robe ifi ein iBerbot bcöfelben burd^
Öubmig ben gi^t'iiii^'!" ''om ^al)x 829;
man finbet fie wenigflcnö oom 12. 3al)r*
^unbert an über 2)eutfd)lanb, ^ranfreid),
©ponien, Stalien, (Snglanb unb ®d)ott5
lanb tierbreitet. <5ie crf)ielt fid; bcfonberö
in ben ^^»eyenprojcffen.
5) Äreujurteil. 33eibe fiteitenben
Seile mußten mit aufgct)obencn ^änbcn
on einem .ßreuje ftet)en; mcr »on üjmn
jucrft bie ^änbc finfcn ließ ober bewegte,
galt für befiegt. 3"^filcn würbe geforbert,
ha^ beibc 3;eilc fo lange for bem j?reujc
fielen mußten , bis einer t>on iljnen oor
(Srmattung I)inficl. 2)tefe $robe wirb
juetfi in einem Äapitularc $ipin^ rom
^a\)Xt 782 ermä{)nt; in mefjrcren %äüm
t)at fie .$?arl ber @ro§e iiorge[d)rieben, ber
auc^ üerorbnete, ta^ bie Äreuje^probe unb
nic^t ber Äampf, ent[d)eibcn follte, wenn
unter feinen ©öf)nen Streit über ©renken
unb Umfang ii)Xii (Sebieteä entfiet)en
würbe. Subwig ber fromme oerbot biefc^
©ottcßurteil im 3al)re 826.
6) fprobe beß geweiteten Siffen^.
S)cm 58efd)ulbigten würbe ein »or^er
bencbicirter *-8if[en Srot unb Äafe gegeben,
unb er galt für überwiefen, wenn er ben*
fclben nic^t leicht [)inunterbringen fonnte,
er i^m im .^alfc fiedcn blieb ober wieber
^erauägenommen werben mußte. 2)ie die-
bcnöart „ta^ mir ba« Srot im ^alfe fieden
fcicibe" fott t>on biefem Oottcöurteile ber»
rubren.
7) aibcnbmaf)läprobe. ®er33efd)ul=
bigte mußte mit ben SBorten: corpus
Domini sit mihi ad probationem hodie,
tai 5lbenbmaf)I nel;men. 2)iefe *probe war
toorjüglid) bei ber ®eifiUc&Ecit in ®ebrauc^,
boc^ würben aud) 8aien oft jur [Reinigung
burd) biefelbe jugelaffen.
8) ®aö33al)rrcd) t, jus feretri, würbe
angewcnbet, um ben 5tf)ätct bei einer rter=
übten 9Jlorbt£)at ju ermitteln. 2)er (är*
morbete würbe auf eine 33abre gelegt unb
biejcnii^en fperfonen, auf welchen ber *Ber=
bac^t rubte, mußten Ijinsutretcn unb unter
5luöfpred)en gewiffer gormein mit ber
•^anb ben 8eid)nam be3 (Srmorbetcn, ge*
wöf)nlid) bie SBunben unb ben SJiabct be«
rü£)ren. ÜJ^an glaubte, baß, wenn ber
@d)utbige ftc^ auf biefe 2Beife bem Sr*
morbeten nähere, ein 3«*^^^" gefc^c^en
unb bie SBunbcn ju bluten oöer ju jittcrn
anfangen, ber lote feine (Sefi^töfarbe
änbern würbe. ®efd)ab »on bem allen
nid)tä unb bekannte ber a3erbäd)tige nic^t
freiwillig, fo mußte feine Unfd)ulb aU
crwiefen angenommen werbe. ®iet)c
SRibclungenlieb, 984— 9S6, ^artmannö
3wein, 1355-1364.
*llbgefel}en uom 3weifampfe, ftanbcn
bie Drbalien unter ber Leitung ber ©eifi»
lid)feit unb würben bid auf tai taltc
•ffiaffcrorbal in ber Äird)c ooUjogen, mit
Einwilligung ber *13riejler. m fonnte gc*
fd)eben, ha^ «Reinigungen burd) ®otte^=
probe nic^t nor fid) gingen, weil bie
*i3riefier il)ren ©ien^ oerwcigerten. !Jiamcnt=
lid) burd) gaften bereitete man ftc^ pm
®otteeurteil oor. Bur q3robe felbji war
bie mxii)t für M^ Solf verfc^Ioffen unb
nur gcwiffen 3'"9fii geöffnet. i)a^ jum
Urteil (Sr|^orberlid)e würbe »orbereitet, ber
Äeffel aufgefegt, tai ©ifen in iia^ geuer
gelegt. S)er *2(ngcElagte fnicte nieber, ber
fßviejier erflel)tc 'im ®ebetc ®ottcg 53ei*
fianb. dU<i) bcenbigter »Jeffe befd)Wor
ber (ßriefier ben öeflagten nod) einmal,
®ott nid)t äu pcrfud)en; fdiwieg berfeibe,
fo reichte il)m ber *l}tiefter baö *ilbenbmat)l
mit ben 2Bortcn : Corpus hoc et sangais
Domini nostri Jesu Christi sit tibi ad
probationem hodie. ''JlEc ©egenwdrtigen
würben mit 5ßeit)Waffer befprengt unb
mußten oor bcmfelben beten, ©iiangelium
unb Ärcuj würben iljm jum Äüpn ge=
reid)t. J)em 5lngeflagten würben anberc
Älciber angelegt. 2Bäb«nbbem fingt ber
$riefler eine furje Litanei unb fprid)t bann
über ba§ ÜBaffer, geuer :c, einen ©forciä*
muei unb eine Senebiftion. 2)nnn fprengte
er ta^ Sifen, baö auf bem gcuer lag, mit
2öeit)Waffcr unb reid)te c« bem "ilngetlag*
ten, ober ber Äeffel würbe »om geucr ge=
nommcn, ber @tein ober SRtng l)inabge«
laffen. iBei einigen Drbalien würbe fo-
gleid) über ben glüdtid)en oöer unglüd«
lid)cn ^lluögang entfd)ieben, beim 3"^^^*
fampf würbe ta^ Urteil fon bem Äampf-
rid)tern auögefprodicn. Sei ber *Probe
beä f)eißen Sifenä unb ÜBafferö würbe
nad) ber f|3robe bie |)anb fofort einge=
widelt, tierfiegelt unb erfi am brüten
läge geöffnet. S)ie ©eifilid^en ließen fi^
für ibre «DUibewaltungcn bei ben Drbalien
bejablcn.
246
®raf> — Oraf.
Tlan betraä)tetc bie ©ottcöurteile aU
ein ctfc^Werteö unb äufcrf^eä Selreiömittcl,
qIö bie Ic^te 3uftu^t ju (Srmittelung bcr
SBafir^cit. Srfi tt)cnn bct (Sib unb bie
©teüung Don (£ibeö{)elfern nid)t mebr gc*
nügtc, griff man jum S^'eifampf unb erfi
naä) biefem ju ben übrigen Drbalicn. ®ie
SRed^töfammlungen cntf)alten bes^alb überall
iai Streben, baö ©otteöurtcit auf befon»
berS qualifizierte (Streitigfeiten su befd)rän*
fen. Oft ^ing es »on ber Slßiüfür beö
Magert ah, bie gett>ö^nlicf)e gefe^Iic^e Se^
jreiöfü^rung ju permerfen, inbem er bei
Srftebung ber Älage erflärte, bie ©ac6e
auf bie ©ntfÄeibung ©otteö anfommcn
laffen ju ntoüen. Unter Umjiänben ftanb
aui) bem Ätdger eine Slöa^I jtt)ifc^en t>cr=
fä)iebenen "^iroben offen.
3m 13. unb 14. 3(if)rbunbert noä) Voa^
len Äampf unb anbere Proben in ben
mcificn europäifdien ßänbern ein fe^r übs
licfteö 93eniciömittel. 5n ^ranfrei^ {)ob
ßubroig IX. ben gerid)tlicf)en 3tt^fifif"Pf
im S^^re 1260 auf. 3" Snglanb maren
feit bem 12. ^^firbunbert bie Ärone unb
cinfK^töoclIe SRönner bemüht, bie Drbalicn
aufer ®ebrauc^ ju bringen. 3" ^f" ffau;
binai)if($en ßänbern mürbe bie 2lbfct)affung
ber Drbalien befonber« burcf) bie Sßemüs
l^ungen ber rbmificnÄurie unb ber Ijö^eren
®ciiiliä)feit bemirft. 3n S)eutfc^Ianb, mo
tai ^ampfredit aU geri^tlid:)e0 Semeiä^
mittel nie bie 5lu0bef)nung erf)alten ju
i^abcn fd)cint mie in ^^i^anfreic^ unb (Sng<
lanb , t>erf(^manb in ben ®täbten baä
Äampfrccf)t mit ber Sntmicfelung eines
eigenen @tabtred)teö bercitö feit bem 13.
3aör^unbert, bod) fommen einjelnt %'äüt
noci) im 15. 3abrf)unbert oor. 3" ben
mciften europäifcfeen ßänbern trat an bie
©teile ber ®otte«gerid)te bie lortur, nur
in (Snglanb nicf)t. 3" neuerem ßeben
mürben bie auö ben ®ericf)ten fafl ganj
Berfi^munbenen ©otteöurteile burcf) bie
^ejrenprojeffe ermecft, Ijefonberö bie falte
SBafferprobe unb tai 20 ägen ber ^ejren.
'^an glaubte nämlic^, ta'^ bie von bem
Seufel befeffenen ^cjen il)re natürli^e
Schwere »erlicren, moburd) fie teilä im
SBaffer oben auf fi^mammen, teilö bei bem
SIBiegcn ungewöhnlich Ieid)t befunben mur«
ben. Qlud) hai Sabrred[)t t)at jic^ alä
le^ter SKefi ber ©otteöurteilc in einjelnen
trauen biö inö 18. 3al)r{)unbert erbalten.
2ßilba in (Srfd) unb ©ruber, 21rtifel
Orbalien.
(Btah, [n\)t Sotenbejlattung.
©rflf , at)b. krävio, gräveo ,
grävo, m^b. gräve, ctpmologifc^ nodfy
nic^tgcnügcnberflört, f. Sffiai^, iBerf. ®ef$,
13, 265, tji ber regelmä§ige 23ertreter bc^
Äönigö bei ben igranfen; er nimmt
^ier bie Stelle ber alten Solföfürficn
ein unb j!ebt über ben 33orf!e^ern ber^un*
berten, an bercn Ernennung fortmd^renb
baö SBolf einen 5lnteil ^at. ©ietje (S>au
unb ^unbertfc^aft, ©eine ®emalt be*
Sief)t ftd) überall auf ben ® au, of)ne9tücE«
ftd^t auf fläbtif^e ober länblic^e Seüöls
fcrung; er bei§t in ber altfranfifcf)cn
*}Jeriobe aud) judex, praesesu. prae-
fectus. 2)ie Q^flic^ten beö ©rafen ftnb:
Sorge für SRec^t unb ®erec^tigfeit, für
iJrieben unb SRu^e, ©cf)u^ ber ®(f)mad^cn
unb .^ilf^bebürftigen, Unterbrüdfung ber
SlRiffetbäter, (Srl)ebung ber föniglic^en (Sin^
fünfte, bie militärifd)e ®emalt, bie *^oIijei,
ber SBorfi^ am ©ericf)t, bie Sabung unb
(Syefution, überf)aupt ber Sann. S)er ®raf
empfangt feine Scfugniffe unmittelbar nom
Äönig, für ben er auc^ ben 6ib ber 3:rcue
unb bie ^ulbigung entgegennimmt ; er jie^t
an ber ©pi^e feineö ®aueä ju ^^elbe. 31Iä
93elof)nungfürbcn 2)ienft empfing er fönig=
lid^eä ®ut. 35ie mic^tigfie Qlu05eid)nung
für it)n ifl ba^ breifacfce üöergelb. Son^
ifi fein SHed}t ben Untergebenen gegenüber
burcfe fein ®efefe befiimmt, «Red)t imb Slßill*
für fliegen ineinanber. ©eine 2Baf)I fianb
in ber Sßitifür beö Äönigä unb mar on*
fangä burdjauö an fein ®efd)lec^t gebun?
ben. S)ie ®raffc^aft, comitatus, co-
mitia, behielt einen übermiegenb öffent*
lici^en ß^araftcr. 3nnf'^f"itf' beö ®aue8
fonntc ber ®raf einselne ®efc^afte burdfy
©teÜDertreter Dornebmen laffen, eigentliche
Unterbeamte beiden vicarii.
.!^arl ber ®ro^e änberte an biefem alten
©tjftem ni^ts, abgefeben baöon, ta^ et
in bie neueroberten ßänber ^auptfäcfilicfy
^ranfen al§ ®rafen einfette. 2Me SRegcl
mar Seftaüung "auf öebenöäeit. Unter ben
Karolingern mebrte fid) ber Umf!anb, ha^
fic^ angefel)ene unb mdcbtige ^^amilicn in
ber SBermaltung befiimmter ®raff($aften
erl)ielten, in ber fte angefeffen unb begütert
maren.
2ßar bie ®raffcbaft früher ein 5tmt, fo
iinbcrte ft^ allmd^lii^ i^r S^arafter baljin,
ia^ biefeö ein Seneficium mürbe unb bie
bamit »erbunbenen Vorteile in ben IBorber«
grunb traten, ©er ®raf mar 95afatl bc«
Äönigä. I)ic ©rafen gehörten fletö
ju ben oorncbmfien ÜJJdnnern, unb Sinjel«
erfjebungen oon DiJUinnern niebriger |)ers
fünft ju ®rafendmtern erregt 5luffe|en.
Oral ober ®raat.
247
Wann [c!&on früf)cr bic ©roffd^aftcn oft
in bet ^anb angcfcbcncr Familien j^ewefcn,
fo rt)urbe jc^t bie ®taf[d)aft erblid).
5E)aburd[) tt)urbe nun anä) ber ftüöere
enge 3ufnnimcnÖQn9 jwifcften Oraff^aft
unb @an gelocfert, bie ©vaffc^aft btängt
ben ®au jutüd unb baä Sfieid) jerfäüt in
®raff($aften rtiie einft in ®aue; ein ®au
fannmel)rere ©rafcn baben unb oerfd^icbcnc
©aucfönnen unter einen ©rafengefteüt [ein,
ober ein ®raf I)at in einer *JDiei)rjal)l non
®auen, meip nur in einjelnen leiten eineö
®aue^ ober an ein^elnenDrten bie ®ra[fcf)aft.
3eber unter einem ®rafen jleljenbe Se^irE
ober ßanbfompley fann ®raf[d)oft l)ei§en.
hervorgerufen >v»urbe biefe 5luf(öfung ber
alten ®auiierfaffung am meijlen burd) bic
Sycmtionen ber geiflUctien Stifter oon ben
®raffd)aften, iuxä) bie fclbftänbige ßnts
it>ideiung ber ©tdbte. S)er alte ®au oer*
lor überhaupt al«! ®ericf)te-' unb politifd)er
SejirE feine Sebcutung. 5lu(^ bic alten
©aunamen verlieren ihre !8ebeutung unb
ttjie frül)er foni ®au, fo »erben bie ®rafen
jc^t nacft bem Ort bejcic()net, it)o fte regel*
niä§ig ibren Si^ hatten, unb gewinnen
ba burift Familiennamen ; aud) nac^ ber
$rouinj finbet man fte benannt, ber fte
anget)örten, ®rafen ton "Sadifen, Söeils
falen, 3;f)üringen, Sapern, .ftärutben, ^la=
mannicn, ©cfcroaben, 6lfa§.
9!)?it bem Qlufbiireu ber ße^nö»erfaffung
gef)en bie ®raffd)aften in lerritorialberrs
f(f)aften über unb bie ®rafcn jdl)lcn ftd)
jetit jum bo&en^ibel; eine gro§c3i't)t nod)
übrig gebliebener freier Ferren nimmt im
15. 3af)rl). ebenfaü^ ben ®rafentitcl an,
unb julc^t wirb bic grdflid)e Jßürbe öom
^aifer, befonbersi feit Äarl V. fäufUd) burcb
S5ibIom an rittcrbürtigc gtimiUen t>erliel)en.
®iet)e auc^ 33 u r g g r a f , ß a n b g r a f, üJf a r f ^
grafunb fpfaljgraf. ^auptqueüe: 2öat0,
SSerfaffun9ö-®efd)id)te.
@ral ober ©raal. 2)er beilige ®val
njor ber SD^ittelpunft cineö auögebe{)ntcn
2)i(f)tungöErcife6 ber mittelalterlichen iRo^
mantif, woran bie iRittcrmclt ftd) erbaute
unb burd) beffen '-Bearbeitung bie S)ic^ter
|i($ bie ©eligfcit ju t>crbienen glaubten.
3n ber ®ralfage meinte man bie uner=
forfd^lic^en ©eVimniffe beö ©laubenö,
bic SBunber beö fö^riftentumö unb bie
fcgenörcidien l'ebren bcö neuen *-8unbe^
ju ergrünben, in @t)mbolen anfc^aulic^
äu mad)en unb an bic poetifd)en unb
^ifiorifd)en Jrabitionen im ®eifie bcö
^rifilid)en Sfüttertume anjufnüpfen. 2)er
Sej^anb ber urfprünglic^cn, watjrfc^einlic^
auö |@panien burc^ maurifd)e Sermitte«
lung nad) ^ranfreid) gekommenen Sage
ifi bi(8 je^t nid)t flar gelegt morben; mir
fcnnen fie blo^ in bcrjenigcn ®efialt, in
mcld)cr fte in Scrbinbung mit ber ©c«
fd)id)te *i3aräioalö unb ber gefamten 'üx-
tuofage aU ßieblingöftoff ber franjöfif^cn,
fpätcr ber bcutfd)cn (Spifer auftritt. Ttan
befi^t jmar ein altfranjöjtf(%e(8 ®cbic^t beä
Chrestien de Troyes, Contes del Graal ;
biefcö ifl iebo(^ nic^t bie Duelle ber bei»
ben®raalbid)tungen9[ßolframö oon ©fc^en«
bac^, be« *ßarjiiial unb beö Xiturel; Diel=
met)r nennt Sißolfram felber aU feine
DueUe einen franjöftfc^cn I)id)ter ilpot
oon ^roocncc, roeld)er fid^, nad) SÖolf*
ramö Angabe, fcinerfeitö mieber auf eine
©dirift beö glegctani^ in l)eibnifc^cr
©prad)e beruft, ber ein ^eibc oon ißaters
feiten, oon SWuttcrfciten ^nht aui ®alo«
mono ®cfd)le^t, in ber ©ternfunbe er«
fat)ren, ein Äalb anbetete unb in im ®ter«
nen oom ®ralc laei; biefe ©'trift lüitl
Ät)ot JU Solebo gefunbcn baben; ia fte
inbeffen nur allgemeine eingaben über
ben ®ral entl)ielt, forfd)te er meiter nad)
in ben (Sl)ronifen t>on SStitannicn, ^xanU
rcid) unb ^xlanh unb fanb enblicf) ju
•Jlnjou bie red)tc Waxi. SBon biefen
Duellen, bie etmaä jmeifelljafter Statur
ftnb, ifi nid)tö tücitercö befannt.
S)aö Sßort ®ral mirb bei ben alten
Sd^riftpellern in ber QSebcutung ®efä§
nadbgemicfen; jablreic^e anbere ''Jlbleitun'
gen, wie Sang real ober royal, ober com
^ebrdifd)en garalah =: ■ 25orl;aut, ftnb
falfc^.
«Seinem 2Bcfcn nad) ifi ber ®ral ta^
ljöd)fie, maä auf (Srben nur gettiünfd)t
werben Eann, ja hai über aüen wünsch
nod) weit binauörei(^t, baö bem ^immcl«
rcid)c felbft gleid)fommt, ein ®efd§ fo
fc^mcr, ba^ btc ganje fünbige 9!}tenfc^beit
cö nicit oon ber Stelle ju bewegen oer
möd)te, unb glei($wol)l bod) aud) fo leicht,
ba^ eö mü^eloä oon ber jartcn ■5>anb
Urrepanfenö ftd) tragen ld§t, beren ^o^c
9ieinl)cit fte ju ibrem 51mte al« ©ral*
trdgerin |)eiligt. SDlit bem Stein, auö
weldicm ber ®ral gefd)flffen ijl, oerbrennt
ficft ber Sogel ^böniy, um fd)öncr ju
einem neuen ßeben wiebergeboren ju wer«
ben ; ber Stein bewirft alfo 3^tfiörung,
2Bicbergrburt unb 'Jluferjicljung. ^m
Karfreitage fcbwingt ft(^ eine Wci§e
Sa übe oom ^immel l)erab, legt eine
fleine wei§e Dblatc auf hai ®efd^ unb
fliegt bann wieber empor jum ^imniel,
248
®ral ober ®raat.
®urc^ biefeö 9DJi)flenum erhält ber ®ral
aöe bie göttlicben SBunberc^abcn, bic weit
über aQe menfc^Iic^c Äraft unb irbifcf)e
^crrlid^feit ^inauöget)en unb unenblic^e
SBonnc unb unauöfptecf)li(^e§ ^eil wirfen.
Urfprünglidf) toax ber ®ral im |)immel
bei ©Ott unb t>on ©ngcin bebient; nad)
bcm «Sünbenfaüe ber (Sngcl unb ßuäifcrs
©mpörung mürben bie teilnabmloö ge*
hliebenen Sngel auä bcm ^immel t»er*
flogen unb verurteilt, bem ®ral auf (Sr<
ben ju biencn, biö ®ott fte in bic emigc
Sßcrbammniö Berfiie§, unb nun ta^ ^eilig*
tum ben burc^ kiusche unb triuwe, biefe
^arbinaltugenben, auögcjei^neten ^uöer«
roäblten ber SWcnfdfjcn anvertraute. S)iefc
muften aber ®etaufte fein; ®ott er«
nannte fte felbfl unb berief fic bur(^ feinen
(5ngel ju bem erbabenen 25ienfic, unb
2;iturcl mar ber crfte, bem tai f)obe
©c^irmeramt alä ©ralefönig anvertraut
mürbe. ÜDer ®ral ifi aud) nur ben ®e=
tauften fi(f)tbar. S)ic vom ®ral be=
rufenen Wiener ftnb von allen lobfünben
befreit, ber SBeg jum §immcl ift ibnen
eröffnet unb bie l)öi)^i ©cligfeit iji i^r
ßobn im jenfeitigcn Seben. >Dcr ®ral
crmäblt bie Seinigen obne 5lnfebn
be^ ©tanbeä o^cr @efc^Ic(i)tcä; bie jum
®rat berufenen muffen aber bur^ i^r
9eben fid) ber ibnen fonber Scrbienj^
jugeteilten ®nabe rvürbig mact)en, baber
ber hochvart, ungennht, des valsches
fid) entfAIagen, diemüet üben, in kiusche
leben unb bamit ibre trinwe bcmabren.
Snöbefonbcrc muffen bic ®ralrittcr mett*
lieber lOTinne entfagen; nur ber .^önig
barf vcrmdblt fein; mer aber vom
®ral in ein frembcö ßanb aU bcffen
$errf($er gcfanbt wirb, barf bort ftii vcr«
mäbien, bamit fein ®cfcblcci)t mieber bem
®ral bienc. Scfonbers aber mu§ ber
SRitter ^ur Gbfc unb 33crteit>igung beö
®ral^ taß ©ctirvcrt füfiren unb fiet« jum
Äampfe bafür gerüPet fein. (Jr barf me=
ber ^arbon geben nocb nebmen, unb fo
bcm ®rat in Seben unb lob geiveibt,
bü^t er bie eigene £ünbenfcf)ulb ^u feiner
Heiligung, füt^nt bamit aber anii) juglcidb
bie (günbenfdiulb ber SD]enfd)beit unb be-
reitet ficb feine ©eligfcit. 2)er ®ral
f^ebt aber audb feinen 2)iencrn in Sobeä«
gefabr bei. (£ämtlid)e ®ralbiener mcrben
eine 53rüberfd)aft genannt; ber ®rat
fpenbet ibncn alle Sebürfniffe, Äicibung
unb fflaffen, ©pcifc unb Iran!, unb jmar
ber föjtlid)Pen Qlrt. ^tx ®ral gemäbrt
feinen getreuen "Sienern aber nod) i)öi)nt
®abcn: «er ibn crblicft, fann in einet
SBocbe barnacb nid)t Herben, er credit
ibn in voücr 3ugcnbblüte, unb mürbe er
aud) ämcibunbert ^ai)Xi alt. 5Der ^önig
ifi ®d)irmcr über beä ®ralö ©cbeimniö,
fein SReid) erftredt ft^ über bie ganje
@rbc unb meiter biö in bic ©tcrncngeplbe;
benn eä ift bie ganjc ©cböpfung in roih
cber ber ®ral maltet; aber er ift nidbt
^txx über ben ®ral felbft, fonbern nur
hai ^aupt ber ©ralgemcinbc, ber 2Bäd)ter
über bie (grfüttung feiner ®efe|c. S)er
.^öntg beö ®ralö fübrt ein 2Bappen, bie
5lurtcltaube , tai ©innbilb ber SRcinbcit
unb treuen Siebe. Unter bicfem S^^i^«"
bat bic 9flittcrfc6aft jur Scrbcrrlidiung
beä ®ra[g ju fämpfen unb ber Äönig
vom beiligcn ®eiji erfüllt ju regieren.
Daö Heiligtum beä ®ratö mirb in
einem Sempel aufbemabrt, ber ftc^ ju
üJiunfalüäfdjc bcfinbct, im mons
salvationis, ber ®ratburg unb JRefibenj
beä Äönigä. Son i)\n au^ mirb ber
^eilige ©amen in bie SBelt au^geftreut.
2)aä baju gebörige öanb, 30 üRcilen
ringsum bei§t Terre de Salvätsche;
bann entfpringt bic Fontäne la salvätsche,
an metdier bie Älaufc Irevrijentä (treve
recent, ber neue ^riebc) liegt, mo ^ax^U
val feine .^eilsbelebrung empfängt. 2)ag
©ralgcbiet ift ein 93annforfi, ben niemanb
ungefiraft betreten barf, unb mit 5[Bad)cn
unb aßarten umfteüt. S)ic Surg liegt
unüberminblid) auf fteilem 33erge, aber
gro§eö ®ebeimni« umgiebt fie. üßer fte
fud)t, mirb fte nid)t finben; benn nur,
men ber ®ral felbft ju ftd) beruft, fann
JU ibm gelangen, er ift mit Söaffcn nic^t
JU crjtrciten. ßmcimal im ^cil)x, bei
boben tieften, mirb mit ungemeinem 21uf«
manbc von (Pomp unb '.ßcrfonen bai
beilige ®efä§ mit ber blutenben ßanjc
im gro§en ©aale vor ben Äönig unb feine
!Ritterfd)aft getragen. 6in ntterli^eö
^eft mirb auf ber 33urg nid)t begangen,
aüeö ifi in tiefer Iraner; benn bie ®ral«
gemeinbe befinbet fic^ in ber 33u§e, unb
jmar megcn ber ©cbulb beä ''Jim fortab;
bicfcr Jlönig t^rale batte ficb namlid) ge»
gen hai ®ebot burc^ unfeufd)e ilHinne
3ur .g»cibenfönic\in ©ccunbitla unb bem»
näd)ft jur vcrfübrerif(^en Orgclufe vci*
gangen, unb im Dienfie ber le^tern er«
bielt er beim Äampfe mit einem Reiben,
ber ben @ral crjtreiten moütc, burdb bcffen
vergifteten ©pcer eine unbcilbarc, unfäg«
lid)c ©djmcr^cn bereitenbc SBunbc. 3)ic
treuen ®ralrittcr manbten vergebend aüc
®xal ober ®raal.
249
natürlichen unb übernatürlichen Heilmittel
an, bi^ fie bu^fäHig jum ®ral beteten;
biefeö (Sebet würbe jtnar bem Äranfen
nic()t jur ©enefung, boc^ feinen JRettern
jur Hoffnung; eö erfd)eint nämlid) eine
Sdjrift am ®rat, ba§ Qtmfortaä genefen
rcerbe, ivenn ein SRitter fommen tnürbe,
ber unaufgcforbert fragte. %li biefec
[Ritter , $arjii)al nämlicf) , beim Orale
erfc^ien, t^at er bie oerljängniäüoüej^rage
nicf)t; ?lmfortaö aber nimmt biefe^ für
eine göttlii^e Prüfung an, unb aU *Par=
jioal, ber fc^on ernannte ©ralfönig, jum
streiten Male erfcbeint, roibmet er [xd) be«
mutig bem |)eiligenben ®ralbienft , inbem
bieÄrone beä ®ralö auf ^arjifal überget)t.
2ßäl)renb 5lmfortaö fict) butcf) offen be*
mu§te Serle^ung be« ®raU ober ®otte6=
geboteä iierfünbtgt, labet ^Jarjiüal bie
©ct)ulb auf ftd) burd) feine ®erec£)tigs
feit, ^arjioalä einfame (Srjiebung im
2ßalbe öffnete nic^t fein Hcrj bem ßii^t«
blicfe beö ©laubenö; mit eblen, l)ot)cn
Einlagen, »on angebornem Iljatenbrange
getrieben, mit trot3igem 6elbftgefüble ftc^
»on ber SlRutter loörei§cnb ftürmt er m
bie Sffielt, erjmingt ft^ bie SRitterfcfcaft,
geminnt ein berrlic^eö SBeib, üotlbringt
bie größten H^I^ent^aten, erringt überall
@ieg unb SHu^m unb bie iiöi)^t ®^re
om <piimijol, wo 2lrtuö i^n in bie 3al)l
ber Jafelrunbritter aufnimmt. £)ennod)
^at er mit fafi jeber feiner Wohlgemeint
tcn, iai ibm gegebene ®efe^ nur befol*
genbenHcinblungen Unl)eil binter ^\d) gc^
kffen, ol)ne ta'e er es weiB; ober begreift,
tDCöbalb e^ fo fommen mußte. I)a reißt
Äunbrienö S)onncrmort ibn auö bem
Saumel beä (SlücEä, unb fiatt Sbre giebt
jtc il)m ben %hxd) aller ®uten. 5n bem
Sewußtfein gewiffen^aftefter (Erfüllung
aller ibm funbgegebenen $flic^ten, un^
fäf)ig, bie ®cf)anbe, bie il)n getroffen, ju
tragen, wenbet ftd^ empört fein (Semüt
gegen (Sott, unb er fallt bem S^^eifet
unb ber 35 eräWeiflung anbeim. 2)a
belehrt i^n SrcPrecent jum erjlen 2Ral
über bie unenblic£)e Siebe ©otteiJ unb bc*
äei(f)net ibm SReue, 93uße unb ©emut a\i
ben 2Beg jum Heile. 3llä ein neuer
aRenfd) fe|i er fein ^orfc^en na^ bem
©ral fort, ben er um feineö eigenen Heüeö
WiHen unb im ©lauben an bie j^raft beö
®xaU auffudit unb finbet.
iRac^ biefer, bem »erbienten (parjioal«
J5orf(f)er ©an *JRartc entlel)nten (5rläute»
rung be« ©ralö fietlt fict) nun alö 3bee
bee ©ral« im ©eijle ilöolfram« eine *rifi-
li^c ®enof[enf(i)aft entgegen, ein 9teic^
ber ©laubigen unb *Uuöcrmdblten be^
Herrn, eine d)ritlli(f)e ©emeinfcfcaft o l) n e
römifc^e Hi^i^>if"*i<^' of)"^ $api^ unb be=
üorrect)tete *Priefterf(f)aft, ot)ne Sann, Jn»
terbift unb Äe^ergerid)tc, worin ©ott felbfi
burd) ben ©ral im ©elfte beä reinen
(Süangeliume H^'^'^f'^er unb iRid)ter feiner
©emeinbe ift; nom lempelberrenorben
aber entliel) ber 2)id)ter bie Hülle ju fei=
ner ibealcn ©efialtung biefer ©enoffcus
fd)aft. ©einer ^hti gemäß ftel)t ^ai
©ralrei^ im ©egenfa^ fowol)l jum ort^os
bofen (£t)nftentum alä jum Heibentum,
obgleid) er fid^ ber ^olemif enthält. 9^ac^
©an SIRarte ijt ber ©ral unb hai
Sempelrittertum, Wie eä »on Jßolfram ge-
fd)ilbet wirb, ein ber freien Dicf)tung an*
gebörigeä !Pbantaftegefd)öpf, bem ber iöos
ben wirflic^en ißolföglaubenä fcl)lt, ju
bem jeDod) bie Färbung »on fet)r mannig«
faltigen ©citen l;er entlehnt ift. 3" in*
bifc^en ÜRptben wurjelt bie ©age »on
einer ©tätte auf Srben, bie it)rem S8e=
wol;ner mül)elofen ©enuß unb ungetrübte
t^rcube gewäbrt, ein irbif(^eö '^iarcibieö;
ät)nlicf)er *Jluffaffung entflammt bie 3«it beä
©aturn. baö golbene ß^italter ber ®rie>
d)in; ber ^Ünm befigt fein mit ben
glül)enbfien g'^'^'^^" auegefiatteteö *^ara«
bice, unb nidjt minber bie üieligion ber
Äelten in ber 3nfel QUnilon, bem glücf«
feiigen Sanbe , wo^in 2tvtuä nad) ber
©djla^t üon (Sambula entrüdt warb.
S)en ©tein, auö bem ber ©ral bejlel)t,
Ijat man geglaubt in iBe5iet)ung bringen
JU bürfen mit bem fcf)Warjen Steine ber
Äaaba; er foU einer con ben (Sbelfteinen
be^ *Carabiefeö unb mit "ilbam \)ixab' auf
bie (Srbe gefallen fein. S)er Tempel jU
ilReffa l)eißt aud) ber unoerle^lidic, unna|«
bare, wie Muntsalvatsche im Üiturel ber
behalten berc beißt. ©o benft man
aud) an ben altägpptifc^en Hermeäbc<^er,
ben Sedier beö 2)fd)emfd}ib, beö H^i^^^^^^
unb Sac^uä, ber juglcici) aSeltfpiegel,
ßauberfpiegel unb ©efäß bes ^dhi ifi.
erfi fpdtere franjöftfdje ^rofaromane,
beren nod) mehrere biö inö 16. ^attr^un*
bert oerfaßt würben, fe|en ben ®rat mit
3ofep^ oon 2lrimatbia in SBerbinbung
unb nannten il;n bie ©(Rüffel, auö ber ber
Herr mit ben Jüngern gefpeifi unb in
ber ^oiipf) iai 23lut aufgefangen i)<^bt,
baö ben SBunben beei Herrn bei feiner
aSeerbigung entftrömte. 5tu($ bie 5lbleis
tung ber blutenben ßanje pon berjenigen,
womit Songinuö bem Heiinnb am Äreuje
250
©ranbmontanet DJJöndjsorbcn — ©regor com Steine.
in bie €eite flad^, mee^alb fte fletö unb
biö jum Sage bes SBeltgeticf)!^ bluten
wirb, ifi fpatern 2)atum«. SRac^ 6 an
ÜRattc in ©rfc^ unb ©ruber, <3Utifet
©raal, »gl. aucf) beäfelben ^Jorfd)ers
iParjtPai'Stubien.
©ranbmontancr aJiiin^öorkn, Ordo
Grandimontensis, ein reformierter iöenebif«
tincr=Drben bcö 11. 3at)r('unbertö. Stifter
berfelben ijl (Stept)anu^ fon Jigerno, geb.
1046 auf bem ®d)Ioffe 2;t)ierß in 5iut)ergne.
®regor VII. gefiattete ibnt bie ßrrid)-
tung eine« geifilid)en Drbenö, berj nad)
ben ®ebraucf)cn ber calabrifd)en 5!}Jön(f)e
eingerichtet itiare, worauf Stepbanu« un^
Weit Simogeä in einer (Sinöbe ber Qtu=
bergne, ÜHüret genannt, eine glitte erbaute
unb bier alä (Sinftebter lebte. Qllö ftc^,
burcft ben SRuf feine« beiligen ßeben« an*
gebogen, anbere ibm beigefeüten, lieB er
ftd^ »on i^nen bloß Äorreftor nennen; er
jlarb, f)oc^betagt, 1124. Ulaä) feinem lobe
fprai^en bie iMuguflincr »onQlmbajocSDJüret
aU it)r (Sigentum an unb nannten ftd)
»on ba an ® ran bmontenfer. 93alb rier=^
breitete [xä) ber Drben inQlquitanicn, 21njou
unb in ber Dtormanbie. I)a6 etfte eigent=
lic^e .R'Iofier be^ Drbene fiiftete Äönig
ßubwig VII. 1164 ju 33incenne8 bei *Pariö.
jDie Älöfier biegen ^tüm unb bie ?luf»
na^me erfolgte bIo§ burcft ia^ ju ©ranb?
mont tt)ol)nenbe Drbensbaupt. *ßon 51n=
fang an ^atte ber Drben mehr öaienbrüber
al« ®eifHid)e. ©er Drben blieb fletö auf
iJranfreid) befd^ränft unb jaulte fein ein=
jigc« SKitglieb t>on größerer 33ebeutung.
®rcgor bom ©teilte, bei^t eine pou
|) artmann Don b er 3t uc in böfifc^em ©e*
fd)mact bel)anbelte ßegenbe; il}re Dueüe ift
Wabrfc^einlid) ein altfranjöftfdie« ®ebid)t
beö 12. 3i^i^t)unbert6, Vie du Pape Gre-
goire le Grand, bem ftd) ^artmann genau
anfcblie^t. 5)er 3"l)fllt ift folgenber: ©in
i^ütft Don 51quiianien t)interlä§t jwei
Äinber, einen 8of)n unb eine Socfcter, bie
fid) auf ha^ järtlic^fle lieben. S)urd) bie
fiodungen bee Söfen wirb aber ber aUju*
Dertraute ©ruber Dericitet, feiner ®d)Wefter
in unerlaubter SBeife ju naf)en. 25et un^
9tücflid)e ©ruber wanbcrt barauf au|er
?anbe« unb ftirbt, bie Sc^wefler aber wirb
^eimlid) eine« Änaben entbunben. 2)iefe^
Äinb wirb in eine Äifie getrau unb i^m
eine Üafet beigegeben, auf weld)cr Der=
werft ijl, bafe eä Don iio^er ©eburt, fowie
baf fein ißater fein Dfieim, feine SWuttcr
feine 93afe fei; fo wirb tai Äinb in eine
93arfe gefegt unb bem iDlcerc preisgegeben,
bie ÜKuttet aber lebt gottergeben unb ju«
rüffgejogen wie eine Sü§enbe unb oerfagt
allen 2Berbern bie ^anb ; Don einem ber*
felbcn, einem mächtigen ^erjog in bct
S'Jadjbarfc^aft wirb fte beö^alb fogar in
if)rer ^auptftabt belagert.
Unterbeffen Wirb bie ©arfc mit bem
Äinb an einem fremben ©ejiabe unweit
eines ÄtofierS Don ^'fc^etn entbecEt, unb
ber baDon benad)ri(i)tigte 5lbt oertraut hai
nad) beS *3lbte6 SJJamen ©regoriu« getaufte
^inb einem ber gifd)er jur Sr.^iel^ung an.
^Später wirb es in bie Äloflerfcbule felbji
aufgenommen, wo eä gro^e g-ortfdiritte
mad)t; t>a feboA feine Pflegemutter i^n
im 3"^"^ bafür, i'O^ er ibrem eigenen
©of)ne beim «Spiel unDerfel)enS Weöc ge«
tf)an, einen ^inbling gefc^olten l)at, er*
bittet unb erl)ält er Dom Qtbt QtuSfunft
über feine ©eburt unb jiet)t in bie Weite
2Bett, um, mit jener Safel Derfeben, iai
ßanb feiner ©eburt ju fud)cn. ®r fommt
jufäüig in \}ai Sanb feiner ÜJiutter, bie
eben Don jenem ^erjog belagert wirb,
finbet ©inla§, befugt ben ^erjog unb Der*
mä^lt ftd) mit ber ^errin beä öanbeS.
Salb erregt bei biefer taii Scfen ber lafcl,
bem ber ©o^n [\ä) täglid) unterjie^t, 9trg»
wot)n, fte bemad)tigt ftd) ^etmlid) berfelben
unb finbet, hafi i[)r®ema^l i^r @ot)n fei.
iBeiber bemdd)tigt ftd) namenlofeö 2öe^.
©regor ermal)nt bie SÖJutter jur ©u^e unb
5U guten SBerfen unb jiebt im 33ü^er*
gewanbe fort. (5in ®d)iffer bringt i^n
feinem 2Bunfcf)e gemäß auf einen einfamen
Jyelfen im SOteer, fd)lie§t ihn in eine eiferne
^effel unb wirft ben @d)tüffel baju inS
Slieer, inbem er fxi} l)öbncnb du§ert: wenn
ber Sdilüffel wiebergefunbcn werbe, woHe
er ibn für einen ^eiligen iDJann t)alten.
Qluf biefem Stein Deriebt ©regor unter
freiem |)immel, faj^ oline Dialjrung, fafi
ftebjel;n 3«l"^£-. 3^1* ^i«fcr S^it fott in
Ütom ein neuer $apft gewäljlt werben;
bur^ ©otteö Stimme werben bie fireiten*
ben SRömcr auf ®regor nac^ 5lquitanicn
gelenft. Q\vi\ iJlbgeorbnete, bie i^n auf*
fud)en, fommen in bie Apütte jeneS g^ifi^erS,
ber foeben ju feinem Sd)reden ben Sc^lüffel
in eine« )5ifd)eö 33audb wieber gefunben f)atte.
S^arauf f)in laffcn bie 23oten ftd) l)inüber
auf ben Strom fahren unb ©regor, ber
in bem SBicberfinben beS Sc^lüffelä eben*
falls ©ottc« (^ügung erfennt, giebt enblii^
bem 2ßunfd)e ber Sotcn nad), bricht mit
it)nen nad) JRom auf unb Wirb *Papfi. 5luc^
feine nod) lebenbe üHutter pilgert mit
anberen ju bem wunbcrausübenbcn So^inc
oriusfefi — ®renabierc.
251
unb etroitft 5tei[ptect)ung üon it)rcn ®ün--
bcn. Sfieucfie <Hu8gabc in ^artmann^ oon
ber Qlue SJcrfcn Don gebor 23cd).
©tegoriuöfcft f)ei§t ein im SWittelaltct
öcrbrciieteä, am 12. SDJärj gefeicvtcö ®c^ul=
feji, beffen (£ntftef)ung irot)! mit ber t^rü^?
ling^feier ber ®ermanen jufammenbängt.
2)ie Schüler tt>äf)Iten für biefcö 3^efi einen
ber itjrigen jum 93i[c^of unb jntei anbere
njurbcn iljm als Älerifer jugcfeüt. Slüe
brei würben in geiftlid^er irad)t fon bcm
gefamten €:ä)üUX' unb !öet)rerperfonal unter
bem ®e(autc üöcr ®loden jur Äirc£)e ge*
[ü^rt, n.10 ftd) ber Änabenbiic^of unb (eine
jrcei 2tffrjienten in poffen[)after 'i^imlii)'
Icit an ben ©tufen beö *UItarei auf ©effel
nieberlie§en. Sin wirflic^er (Seiflli(i)cr
^ielt eine iRebe, »orauf man einen ®re=
goriu^gcfang anftimmte, bat)cr ber IRame
(Sregoriuefingen. 9^ad) einer ®d)lugj
rebe, meiere ber ,Jtnabcnbif(f)of bielt, trat
man ben üiüdmeg an, auf wetct)em bie
Knaben mit Srejeln befc^enft würben, \vo=
für einesteils "PriDatleute, anbernteilä öffent^
li^e Stiftungen baS @elb ftetgaben; jum
Steil maren ^^-ifitmärfte mit biefer geier
iierbunben. S)er äWeite 'ütl beßanb batin,
ta^ bie in bie Schule neu eintretenßen
Änaben in ii^ren Käufern ber tReitje nadb
aufgefud):, alö ®regoriancr in eine *Mrt
€t)ort)emb gefleibet unb in '^Projeffton jur
©c^ule geführt mürben. *iln anberen Drten
bejlanb hai ^eft bIo§ au«! einer t)tfenttid)en
Speifung ber Änabenfci)aft; fo wirb aus
©t. ©allen gemelbet: anno 1509 am zins-
tag nach der alten fastnacht band meine
lierren ain hirs im spital lassen machen
und mit breteren tischet vom rathus bis
zuo den brotlobeu, und alle knaben in
der stat dazuo gefüert und trait, was
nnder 14 jaren ist gesin, und hiess man
essen die schwangeren frowen, so gelnst
band, und sind an der zal gesin 1000
junger Knaben, die man verschriben hat.
'S)in ytamm fott tai ^t^ nad) qSapft ®re=
gor I. erf)aUen l)aben, ofine i>a^ eö biä
ie^t gelungen märe, ben (Srunb biefer
3^amengcbung ju entäiffern.
©renabicrc fmb juerji im brei^igid^s
rigen Äriege aufgefommen ; fie foüten bie
fonfi aus bem (Sefc^ü^ gefci)leuberten (Sra=
naten ober ©renaten mit ber ipanb merfen
unb baburdf) hai geuer ber Snfanterie ju«
inal gegen Äaoaüerie bei bem Kampfe um
DrtUc^Eeiten unb üorjüglid) im gcftungä^
fliege unterftü^en. 25a^ Sffierfen ber eifernen
©tanaten erforberte bebeutenbe .Rörperfrdfte
unb bie baju befiimmten ßeute mürben
be0f)alb aug ben größten unb fräftigjicn
9)iannf(f)aften auögemäfilt. 2)a il)re Sc«
maffnung eS au^erbem mit fi^ brat^te, ia^
fte ben ^änh nabe ^eran fommen laffen,
[\ä) cyponieren, in näd)fier 9iäl)e ber ®c«
fa^r ins 5tuge fel)en mußten, fo mürben
bie ©renabicre oon felbjl eine @Ute=3n*
fanterie. Später, aU bie ©renabiere alS
fold)e »erfdjroanben, befjielt man ben Dta^
men für eine auöerlefene 3i^fi"terie bei,
mcld)er man aU befonbereö Qlbjcic^en eine
fpringenbe ©Monate, an ber Äopfbebectung
ober bem Seberjeuge getragen, Perliet). 5ln«
fangä befanben ft^ bie ©renabiere oon ber
übrigen SWannfd^aft in öemaffnung. 51us*
rüfiung unb 33efleibung nid)t unterfc^ieben,
untermifc^t unter ben $ifenieren u. üHuös
fetteren; aläbefonbereSßaffengattung mur^
ben fte non Öubmig XIV. juerft im ^a^xt
1667 eingefüf)rt. '^Icmming fc^ilbert in
bem „33oilfommenen beutfdjen Solbatcn",
ßeipjig 1726, ben ©rcnabier folgenber«
ma§en: „Sin Grenadier ift gleicftfallS
(mic ber 9}Juöfetier) ein gemeiner ©olbat,
bod) l)at er »or einem Mousquetirer barin*
nen ben Sorjug, iia^ man il)n bei ©türm«,
laufen unb bei benen gefä^rlic^ften Actio-
nen gebraucht, um ©ranaten ju merfen
unb mu^ babei Ober* unb Untergemel)r
tragen. STfan ermet)lt f)ierju bie anfe^n*
Iid))^en, ftärffien, bauer^aftcfien unb ra-
massirten ßeutc unb fuc^t gemeiniglich aug
jeöer ©ompagnie ein 8 — 10 'JJJann auö,
nad)bem bie Kompagnie ftarf ifi. 51nfiatt
bcö >^uts tragen fie eine grohe Grenadier-
SOlü^e, in ber großen '^atrontaf^e führen
fte brei eiferne, gefüllte, fertige, mit ©lafen
Derbunbene ©ranaten. Sei bem ©yercicren
merben nur Ijöljetne ober gepappte ®ra«
naten gebraud)t, bie eifernen aber in ber
f(^arfcn *Jtction t>or bem geinbc unb in«
5mifd)en bei bem ©tabe t)ermat)rt unb auf-
gcf)oben. gorne auf bem [Riemen an ber
Sruji ip ein blecherner ßunteuDerberger
befeftigt, um bie glimmenbc Sunte oor iRegen,
fRebel unb geud^tigteit mol)l ju uermafjren,
„aSirb ein [Regiment jur SDJuperung,
Campirung, jum Exerciren unb bergleidien
jufanimengefteüt, fo merben bie ©renabiere
üon allen Kompagnien auf ben rechten
^^lügel ftii^ ju ft eilen commandiret unb
nad) ber ©nbigung ge^et ein jeber ju feiner
Kompagnie. iJiefes gefc^ie^t bei einem
regulairen gelbregimente. 2Ran I)at auc^
ganje [Regimenter unb Bataillon's formirter
Corps fon Granadirern, als gleid)fam
Gardes con l)oben [ßotentaten, bie oon
fonberbarer ©rö^e unb 5lnfel)en ftnb, ju«
252
Orifelba — ©robianug.
fammcngcff^afft. 2>0($ foIdf)c fmb gröiten»
tcil^ blo^ jur *Parabe unb iretben in bie
SRcftbcn^en »erlegt. S)ie ^elbtegimenter
aber ftnb Dcrbunben 2)ienjlc ju t^un.
„(jin Granadier mu§ nict)t weibifd)
auöfcbcn, [onbern furchtbar, Bon [cf)tt3ar^=
braunem Qlngeftc^t, fd)»ar^en paaren mit
einem jlarfen Änebclbartl), ni(ä)t Icic£)t
lad^en ober freunblic^ tbun. Sor alten
3eiten bit "lan »^"n benen ©renabierö
nicf)t oiel gemußt. 3n S)eutf^Ianb unb
fonberlid) in ©ai^fcn fmb fte erß anno
1683 aufgefommen, bei bcm glücflicf)en
(Sntfa^ bcr Äai}[erlid)en Sfteftben^ = Stabt
«ffiien, al3 ^i)xo ©I)urfürfiti(^c S)urcf)kucft-
tigfeit »on Sac^fen Jobann ®eorg HI.
|)Oct)fifetigen «Jtngebenfenä frc^ ibrer jum
erfien ÜJJate mit großem D^tu^en unb mit
Berluft ber Surfen bebiente." Srepbing,
Prüfet (iJrenabier in ©vfd) u. ©ruber.
©rifdba, @rtfdt>i§, beifet Die |»etbin
ber legten SRooetle in Soccaccioö 3)eca=
meron, bcren pnbi^It folgenbcr ift: SÖIarf»
graf ©ualtieri üon Saiujjo, Don feinen
Safatlen gebrängt fxcb }u iierbeiraten, nimmt
©rifelba, bie Soc^ter eincä armen ßanbs
mannö, juv (Semablin. *JlIö fie ibm eine
Soc^ter geboren, Id^t er ibr, um ibre ®e=
bulb unb ibren ©eborfam ^u prüfen, ba^g
Äinb megnebmen unb mad)t fte glauben,
er babe eö töten laffen, wäbrcnb er e^ inä^
gebeim ju feiner @c^»efter nacb a3oIogna
gefd)icft bat. (Jbenfo nerfa^rt er mit bem
jweiten Äinb, einem @of;ne, unb beiöemal
fügt frrf) ©rifelba obne Slßibeijlrcben unb
SDlurren. ^ad) breijebnjäbriger (Sbe giebt
ber iKarfgraf cor, er i)aht r>om fßapil
SJispenö erbalten, ftd) fon ©rifelba ^^u
fdöeiben unb eine anbere ebenbürtige ®e=:
mablin ju nebmen, unb fd)icft ©rifelba
im bloßen ^embe ju ibrem iBatcr jurücE.
ißalb aber laft i^r ber SDIarfgraf nnffen,
fie möge an ben |)of fommen, um für bie
beüor^ebenbc |)odbjeit atte« bcrjuriAten
unb bie eingelabenen 2)amen ju empfangen,
©rifclba tbut'ö unb empfangt am |)0(i)=
jeitätage bie junge Sraut. 9^ad)bem man
i\d) äu Sif^e gefegt, lägt ©ualtieri ®ri=
felba jU ftd) rufen unb fragt fte: „Stun
njaöbünftbir ponUnfererneuen®emablin?"
„9[Rein ©ebicter, mir bünft Diel ©utcä »on
ibr, unb ifi fte fo cerfiänbig, al« fte fdiön
iji, unb hai glaube icb, fo äweifie idb nid)t,
ba^ 5bt alö ber äufriebenjlc ^err mit ibr
leben mcrbet. S)ocf), fofiet icb fann, bc*
fcbtnöre icb (Sud), erfpart ibrem |)erjen bie
©tid)c, welche bie anbere, bie einfi (Sure
»Dar, »on (Suc^ erhielt; benn icf) glaube
faum, iaf fte biefclben ju ertragen Bcr=
mö^te, teitö, ft)eil fie jünger ift, tcilä, »eil
fte in 2Seicblid)feit crjogcn roarb, mäbrcnb
jene oon flein auf in beftänbigen ÜJJü^en
gelebt bat." S)a entbcdte ibr ®ualtieri,
i>a$ bie angeblicbe junge Sraut unb ibr
mit anwefenber Sruber feine unb ibre
Äinbcr feien unb bcr ÜJJarfgraf lebte nocb
lange mit ®rifetba glücfli^ unb f)ieU fte
in bo^cn (Sbten-
®iefe IRoPeüe Soccaccioö bat Petrarca
frei in Iateimfd)er @pracbe nad)erjäblt,
unb biefe Bearbeitung ijl foreobl 33oIBbucb
alö bie Qucüe jablrei^cr epifcber unb bra«
matifcber ©icbtungen in »erfdiiebenen eu=
ropäif($ien ßittcraturcn geworben.
3n S)eutfd)Ianb blieb bie Überfe^ung
bcr®rtfetbiö beä ^Petrarca burd)^ctn*
rid) ©teinföffel für bie legten 3a^r*
jebnte be§ 15. 3af)rbunbertä biö in bie
erjle ^älfte beö 17. 3abr^unbertö 23oIfäs
bucb, jucrji gebrucft ju ?lugöburg 1471 in
^ol. burd) ©üntbcr 3ainer unb fpäter öfterä.
SReuere, ebenfaüö juiBoIEäbücbcrn geworbene
Überfe^ungcn ftnb: aJiarfgraf SBattber,
pon 3obann Siebtem, Dreöben 1653, unb
bie Überfe^ung beä Äapuäinerä ÜJi a r t i n u «
üon (Sod)em in „^Uiäcrlcfcne^ ^lifiorp*
bud)" 2)itlingen, 1687, aucb cinjeln unter
bem Sitcl: 2öun^crbarcr 2)emut= unb
©cbulbfpiegcl , Dorgcfteüt in ber ©räfin
©riefelbiö. Qlnbere Überfe^ungen bat man
in nieberbeutfd)er, fransöftfdier , nieber=
länbifd)cr, englifd)er, bämfd)cr, fd)tt5ebifcbcr,
böbmtfd)er ©pracbe. ^octifcbe !8e=
arbeitungen biefcä O^ofleüenfioffeö fennt
man ebenfalls auä 5ablrcid)en europäifd)cn
ßittcraturen, 5. «, auä ©baucerg (Santcr»
burt) %aM; in ©eutfcbtanb ift e§ im
16. 3abrt)unbcrt breimal alö Äomöbic be«
banbelt morben, barunter ton ^ani €:a^i.
33occaccioä aueDc ifi biöber unbefannt ge=
blieben. $R. Äö^Ier in (Srfdj u. ©ruber,
*Mrti!et ©rifelba.
©robifliiug. 3tm ©dbluffc beä 15.
3abrbunöertö febrte ein Stürnberger Siebter
bie feit bem 13. Sabrbunbert norbanbenen
51nfianb0regeln in poetifd)cr ^orm
um unb gab JRegeln für Sßernadbläfftgung
beä 5lnftaitbeä. ©ebaßian 93rant erfanb
aU ©d)Iagtt3ort für biefe ©attung ben
beiligen ©robianu«, ein iRamc, ber ftcb
rafd) ausbreitete unb baften blieb. gr.3)ebc=
finb au0 ««euftabt an ber Seine fcbrieb
ein lateinifdbeü ©ebicbt übet bie ©robianer,
tai Äüfpar @^eibt in SBormö überfe^te
unb erweiterte. S)aneben lief eine *45tofa«
®rof(^en — Oubrun.
253
bearbeitung. 35iefc ganje Dlid^tung bcr
«Poeftc war buv(J)auä Dolfötümlid^.
©rofdpcii, früf)cr awä) ber ®rof, üon
mittellateinifcf) denarias grossus, grof*
Pfenning, bidfpfenning. 2)ic crficn ®tofd)cn
foüen entnjeber im ^al)xt 1104 ju iricr
ober um 1300 unter Äönig SBcnjel oon
Söt;mcn gef(^Iagen morben fein. Sie be»
flanben aui lölötigcm Silber unb wogen
10 6ent. Qtuf eine 9)iarf gingen 60.
3uerP in 9JJei^en, bann in Dielen anberen
beutf^en ©tobten unb fiänbcrn nQ(f)gc*
fd^lagen, gab e^ balb eine ÜJJenge ©rofd^en
unter üerfc^iebenen ^amm. ©eit bem
17. Sabrf). mar ber ©rofci^en ber 24. Jeil
bcä SReid^^t^alerä unb mürbe in 12 ^Pfennige
geteilt.
©ubrun, jireng oberbeutfc^ Äubrun,
ein mittelt)oct)beutfcf)c« (Spoö mit voIfö=
tümli(i)em «Stoffe, mürbe fe^r mal)t«
fd)eintid) in ber crften ^älftc beä 13.
3a^rf)unbertö gebid)tet unb l^at in feinen
^auptjügen folgenben Jn^alt:
1. .^agen, ber Sobn bcö Äönigö t>on
3rlanb (nic^t ju üermec^feln mit bem
^agcn beö 9?ibclungenlieböj, mirb feinen
©Item alö ftcbenjäbrigeö Äinb burcb einen
©reifen entführt. S)urc^ einen 3i'f<iö ani
ber ®emalt ber jungen ®reifen gerettet,
finbet er brei ebenfaHä geraubte Äönigö=
töd^ter, meiere xi)n aufjie^en. ©in ge*
jiranbeteö gabr^eug »erf^afft i^m ÜBaffen,
unb je^t erf($t(igt er bie ®reifen. 3)ie
Bemannung eine^ anfernben ©c^iffc^ mirb
Bon i^m bejmungen unb fü^rt i^n mit
ben brei Sungfi'^ucn ia feine ^eimat, mo
eine berfelben, bie fci^öne ^ilbe »on 3"^^««^
feine ®attin mirb unb eine 2;od^ter gebiert,
meiere ebenfalls ben 9?amen ^ilbc erpit.
2. |)agen Id^t alle 93oten ber freier
töten, ta nur ein gleich mäd)tiger Äönig
feine Sod^ter ^eimfüf)rcn foü. 2)er Äönig
^etel oon ^egelingen fenbet brei feiner
tü(i)tigfien JRecfen aU jßerber, ben frei=
gebigen ^^ruote, ben Ueberreic^cn |>oranb
unb ben fampfberüt)mtcn 2ßate. Qln ^agen^
$of geben fte jid) für Äaufleute auä;
2Bate fe^t burc^ feine j^ed^tfunji oüe in
Staunen, g^wte bur^ feine $rad)t, ^o;
ranb buri^ feinen füfen ®cfang, ber bie
liere ton i^rcr SBeibe lodft, bie ^ifd^c
unb SIBürmer \i>xn gd^rte »ergeffcn mad^t
unb bie SKenfct)en entjüdt. ^ilbe Ia§t
ben Sänger ^eimlid) ju jtc^ fommen, unb
fo fann ^iUÜ Werbung angebrad)t merben,
meiere bei ber jungen Äönigin günfiige
5lufnabme finbet. (Sine ßift mirb »erabs
tebet; bie brei SRecfcn bitten ^agen unb
bie Seinen, i^re Sd^iffc gu befud^en unb
i^re fReidbtümer ju bemunbern. Äaum
bat aber bie Jungfrau i^rcn %\i^ auf ba«
J&auptfc^iff gefegt, fo fd^rt ti »or ben
5tugen it)rcr ©Item ai unb lanbet gtüdE=
lief) im ^egclingenlanbe. ^agen folgt
if)nen, unb eö fommt ju einem l^i^igen
Äampfe, ben ^ilbe f(i)eibet, gu beren 93er;
md^Iung |>agen enblid^ feine SinmiKi^
gung giebt.
3. |)itbe gebiert ben Drtmin unb eine
munberfct)öne Jocfiter, bie ®ubrun. Sieg=
frieb »on üJJorlanb mirbt nergeblirf) um
fie, ebenfo mirb ^artmuot öon Ormanic
abgemiefen. 5lud^ bem ^ermig üon See»
lanb mirb i^re ^anb »erfagt; er aber
bringt mit bemaffncter Tlaä)t in ^eteU
öanb ein, unb ®ubrun mac^t bem Äampfe
ein 6nbe, inbem fte |t^ ben gelben jum
SSrdutigam md^tt.
Siegfrieb non ÜJJorlanb maü)t unter-
beffen einen fer^eerenben (Sinfaü in bie
ßanbe ^ermig^, metd^em ^etel ju |)ülfe
eilt, ^artmuot benu^t biefen Qlugenblidf,
um im ^egelingenlanbe einjubringen. ©r
melbct ®ubrun feine Slnfunft, fie ant*
mortet mit ber Ula^x\ä)t i^rer Serlobung
mit ^ermig, ^artmuot entführt fte aber
mit ®emaU nebfi if)rer J^reunbin ^ilbe-
burg. Siegfrieb, mit bem unterbeffen
ein ehrenvoller i^xkit gefdf)Ioffen morben
ifi, erfldrt fid^ bereit, ^ctel unb ^ermig
in ber SBieberertangung ber geraubten
Jungfrau ju unterftü^en. Sie treffen bie
Räuber auf einer Jnfel, bem Sßülpenfanlie;
üom ÜJiorgen biö jum Qlbenb bauert bev
^ei§e Äampf, morin ^etel fdtlt. ^artmuoi
mit feinen Sf^ormannen benu^t hu 9?acbt
jur ^lud^t. ^ermig« öeute ftnb jum
größten Seil gefallen; er mu§ oon ber
Verfolgung abftebcn, biö bie junge SD'Jann'
fd^aft ju einem friegätücf)tigen ^eere ^er=
anmdd^fi.
3n feinem 9leicbe anlangenb, fud^t ßub«
mig bie Jungfrau jur SBerbinbung mit
feinem Sol)ne ^artmuot miüfdbrig ju
madt)en; fte mcigert ftd) aber entfdf)icben.
SBütenb erfaßt er fte bei ben paaren unb
fd)leubertl fte in« SOSaffer, auö bem jte in-
beffen con ^artmuot gerettet mirb. Um
jie ju jmingen, ber SBerbung beöfelben
®el)ör JU fdl)cnfen, merben it)r Oon feiner
9D?utter, ber ®erlinbe, bie niebrigften ^Ir^
beiten auferlegt, obtno^l ^artmuot bie«
mißbilligt; allein ni^tö fann fte beflimmen,
t>on il)rer Sreue ju meicl)cn, meber ^drte,
nod) gütigeä Sn^^^^^n. Idglid^ mu§ fie
am Stranbe mit i^rer greunbin ^ilbeburg
17
254
®ubrun.
Äicibet »rafc^en, unb fo »crgel^en 13 Ja^re
in 0?ot unb ßlenb.
Unterbcffen ifi im ^egelingenlanbe ge«
Tüjiet tttotben, unb ein (Sngcl tttfünbet
®ubrun bie na^enbe ^ülfc. ^crmig unb
Ortnjin ge^en gegen Qlbcnb aU Äunb»
fc^after bcnt antüdenben ^eere »oran unb
treffen btc beibcn 3unsfrau«n, i>ic tro^
beä tiefen ©d^neeö auf Sefei^I ber ©erlinbe
in blof en güf en if)TC 5lrbeit t^un. Salb
erfenncn jtc [xä), Drtwin mibcrfc^t fic^
aber einer i^rer unhjürbigen ©ntfüfrung-,
mit ben SBaffen in ber ^anb ttiitt er feine
©c^wejier jurüd^olcn. 5n i^rcr J^rcube
unb im neu erma(^ten ©toläe i^reö fönig»
lid^cn 93Iuteö n)itft ftc bic Äleiber, bie
fie mafc^en foKtc, in« Tim. SBütcnb
barüber läft ©erlinbe bie lieimgefe^rte
an eine Scttfieße binben, um i^r bic
^aut toom öeibc ju f(|Iagen, unb ©ubrun
rettet f\ä) »on biefer fd)mad)üoIIen Qüä)'
tigung nur burc^ i>ai üfiigc 95crfprc(^cn,
^artmuot minnen ju ttioHen. @ie Iä§t
i^n alle« jur |>oc^5eit bereit ma(^en unb,
um baburd^ bie SBefa^ung ber S3urg ju
f(f)n?äd^en, veranlagt fie ifn, 93oten nad^
feinen Dienjimannen ju fenbcn.
3m J^eerc ^at man »et)flagenb ben
!8ericf)t ber beiben Äunbfd^after »ernom^
men; jornig ruft ber alte SBate auö:
„kälten Söeibcrn jiemt iai ^ammixn;
wir tt)oUen mit 93Iut bie Äleiber färben,
bie i^re meinen ^änbc gemaf(i)en ^aben."
2)ie iülorgenrötc jeigt ben SBurgbewo^nern
bie J^eertiaufen cor ben Sporen , unb bie
SCßappen »erraten balb bie nal^cnben
atäd^cr. ©in luöfaH wirb gewagt, ^art«
muot perwunbct Ortwin unb ^oranb,
^erwig erfc^Iögt aber Subwig, unb 2Bate
vertritt bcm weid)cnben .^artmuot ben
9(tü(fjug. 3c^t giebt ©erlinbe aüe« vn-
loren unb will ©ubrun in i^rer 2But
töten laffen; allein ^avtmuot fte^t e«
unb oer^inbcrt ben SÖiörbcr burc^ feine
Drohungen, fiartmuot mu^ ftc^ bem
alten SBate gefangen geben, ber nun in
ber 35urg t)erumtobt unb fclbp bie Äin=
ber in ben 2Biegen niÄ)t verfc^ont. ®er=
linbe finbet bei ©ubrun ®($u^, allein ftc
wirb SIBate »erraten unb famt i^ren
^Dienerinnen nieberge^aucn. ,^rof) fc^rcn
bic ^Sieger ^cim, unb »ier 33crmät)lungcn
fct)lie^cn bic (Srjä^lung: Drtwin erwät)lt
jtäE) auf ben 9flat ©ubrunö bie Ortrun,
bic ©(^wefter ^artmuot«, Weld)er bic
^anb bor ^ilbeburg gewinnt; ©iegfrieb
ert)ält bic @d)Wcfier|icrwig«, unb ©ubrun«
au«barrcnbc Svcuc wirb burcft ibre 5Ser=
binbung mit bcm geliebten Herwig gc«
frönt.
2)er Stoff bc« ®poö lagt bcutlic^
brci Jcilc unterf(^ciben : 1. ben SRaub
|>agen« burd^ einen ©reifen; 2. bic (Snts
fü^rung feiner Soc^ter ^ilbc mit i^rcr
3ujiimmung; 3, bic ©ntfübrung ber
Sod^ter berfelbcn wiber i^rcn Seilten unb
bic enblic^c Selo^nung i^re« treuen ?lu««
Darren«.
3m etftcn Jcilc ^aben wir feine be*
fonberc ©age ju fu(i)cn; c« ijt eine ^in?
jufügung be« S>id^ter« unb »errät ganj
ben ©cfd)ma(f feiner S^it.
S)er jweite Icil beruht auf ber uralten
|)ilbcnfagc, beren |)cimat »icHcic^t bic
norbif(i)en 3nf«In» ^i« ©c^ctlanb«* unb
Drfnepäinfcln ftnb, »on wo ftc bann nac^
»Norwegen unb an bie SRorbfeefüjic ge«
langte. 2Bir ^aben fie im SRorbifd^cn
überliefert in ber jüngeren (i.tba (Skäld-
skaparmal, c. 50) unb »on Saxo Gram-
maticus (ed. Okulier I, 1, 238), wobei
bic crjtcre ijaffung jweifello« bic ältere
ifi: Sffiä^renb Äönig ^lögni jur Äönig««
»crfammlung gcjogcn ifi. Wirb i^m »on
Jpcbin, ^jarranb« ©o^n, feine lociiter
|»ilbe entführt. ®r »erfolgt bic ^lic^en?
ben bi« ju ben Orfnep«, wo c« jum
Äampfe fommt, ia ^ögni feine 93u§c
annehmen Wiü. Den ganjcn lag fämpfen
fie, aber Qlbcnb« crwedt ^ilbc mit ^(^ubiX'
liebern bie ©cfaKencn wieber, am üJlorgcn
beginnt bic ®d)lad^t »on neuem, unb fo
wirb e« fortgeben bi« jur ©öttcrbämme*
rung.
3cugniffe für iiai 93cfanntfein biefer
@age liabcn Wir in einem angelfäc^fifd^ctt
©cbic^tc be« 8. 3a^r^unbert«. Scmcts
fen«wcrt ifi ferner eine umgcfialtctc^^affung
ber ©age in einer auf ber ©cf)etlanb«s
infcl %vda gefungenen SaHabe (»gl. S.
^ofmann, 93eri(|te ber SRünd^ner Qlf ab.
1867, n, 205). Ob unb Wie au^ anberc
©agen, in benen (Sntfül;rungcn »on 5u"9*
frauen »orfommen, mit ber |>ilbcnfagc
äufamntenf)ängen, lägt ftc^ ni(^t mit ge=
nügcnber ©icf)cr^cit befiimmcn.
2)er Urfprung ber ^ilbenfage ifi wa^r^
fci^cinlic^ in ber 3[JJptf)ologie ju fu(i)cn.
SDic fic^ fiel« crncucrnbc ©^lac^t erinnert
an bie ftd^ immer wieber^olenben Äämpfc
ber Einherjar, ber ^elbcn[d^ar Obin«,
welche ftc^ alle Sage in f)ei§cm Kampfe
gcgeneinanber üben unb jcben 3lbcnb, »on
allen Sßunben gel;eilt, ju neuer iZBaffen«
Übung au«rn^cn. SBcnn bic ©ötter*
bämmcrung anbrid^t, bann werben ftc
®ubrun.
255
unter Dbinä gü^tung bcn Äampf gegen
bic böfen ilKä(f)tc ber i^infierniö aufnel;»
mcn. 3{)re ftc^ fietö wieber^olenben
SBaffenübungen berufen auf bem 2Bcc^feI
üon ZaQ unb ütad)t 2>er iHaub ber
fd)öncn Sunflfto" ^"^ '^^^ ©ewalt beö
l)arten SSaterö beutet auf bie ©rlöfung ber
frül)ling(Sfrifd)cn SRatur auö ben iöanben
ber SBinterriefen.
Die (Subrunfage, treidle bem brit»
ten Seile ju ©tunbe liegt, flammt auö ber
©cgenb ber Ölt)ein* unb ©c^elbemünbung.
ÜJlan l)at fn gemö^nlid) für eine t>eran=
bernbe 2Beiterbi(bung ber ^ilbenfage an=
gefeben, inbeffen fmb bie inneren 23erfc^ie=
bcnpeiten bod) ju gro§ unb bic Äonfe^
quenjen biefer 5tnnat)me ju bebenftid).
ajJan tl)ut am bejien bie ©ubrunfagc als
felbj^cinbig ^u betrachten, mobei immerbin
(Sinjelnljeiten fon einer ©age in bie an=
beve gebrungen fein fönnen.
3)i"e 3^"9niff« ^^"^^^ Scfanntfcinö fmb
feljr bürftig. (Subrun fommt alö lauf^
namc in Dberbeutfi^lanb feit bem ©übe
be« 11. 2al)i^l)u^i^2Vt«! einigemal t>or;
ferner beäiet)en fxä) auf biefen ©agenjtoff
brei Saüaben, tt)eld)e in (Sottfd^ee an ber
Saoc gcfungen merben, unb meiere »on
ben beutfc{)en Sinmanberern im 12. ^a^r;
l)mibert aus i^rer ^eimat am 9'Jiebcrrbein
mitgebracht »rurben. 2)aä Slleyanberlieb
beö qSfaffen ßampred)t, 58erö 1830— 183S
fpielt auf ein fd)mungtioIleä ©ubrungebidjt
an, melrf)eä fi^ offenbar einigermaßen an
bie |)ilbenfage angelehnt ^atk.
S)en Urfprung ber «Sage in ber Tit)il)o=
logie ju fu^en, bcred)tigt unö nic^tö;
a«ünent)off (^aupt^ Seitfc^r. VI, 67)
jeigt, i)ü^ ber riefifcbc 2Bate ber ©age
urfprünglid) fremb iji, ßß ij! alfo eine
biftorifc^e ©runblage anäune^men. Sffiib«
mann mad^te auf bie Scf)i(ffale ber jmcis
ten ®emat)lin Äaifer Dttoö I., Qlbclbeib,
aufmerffam.
5Die ©ntfie^ung beö ®ebid)te§
t)at man ftd^ alfo etma fo ju benfen. Qluf
ben norbifd)en 3nfeln it)ren Urfprung
nel^menb , »anberte bic |)ilbenfage na^
9iormcgen (nid)t t>or bem 10. ^a^rljuns
bett) unb üiel früher fd^on an bic niebcr-
beutfd)c Jlüjie, r>on roo ^e fid) in baüa*
benartigen Siebern ben JR^ein hinauf biö
nad) Dberbeutfc^lanb verbreitete; freilid)
ifi fie bafelbp crfi um 1100 bejeugt. S)ie
©ubrunfage , an ben ÜJiünbungen non
'Jibein unb Scheibe entjianben, brang
Von ba nad; Obcrbcutfc^Ianb, wo fie gegen
baö ßnbc be« 11. Sa^r^unbertö tJolEä*
tümlidb gemefen fein mu§. (Stwa in ber
crfien ^älfte beä 13. 3a{)rbunbcrt0 bid)tete
bann ein nid)t nadjgemiefencr 2)id)ter Der*
mutlicb in ©teiermarf bie ®ubrun, inbem
er beibe «Sagen »erbanb unb eine Sor«
gefd)id)te im ©efc^mad ber bamaligen
3cit binäufügte. ©r nal)m fic^ offenbar
baö SRibelungenlicb jum 5Sorbilb. 2)ic
55ragc, ob mir eä , mie eä 8ad)mann«s
51nftd)t in betreff beä DJibelungenliebö
mar, bloß mit einem Konglomerat von
einäelnen ßiebern ober mit einer einl)eit=
lid)en 2)id)tung ju t^un baben, ifi ent=
fd)ieben ia^n bcantroortet morben, ia^
ein einziger liai flnujc Jßerf bid)tcte,
mel^cö fpäter namentli^ jum ßwtd ber
(Srjeugung Don Binnenreimen rot; über*
arbeitet unb interpoliert mürbe. (Jtt*
m Uli er, barauf mit forgfaltigcr Äritif
30]üllenl)off, rterfud)ten bie ju Orunbe
liegenben ßieber auö ber überlieferten ©c
fialt bcrauäjufcbülen; bie 3">-''«Iäffigfeit
beö SRcfultateö mürbe aber oon 93artfcb
(©ermania IX, 41 unb 148) unb SZÖtU
mannö (2)ie (Sntmidlung ber ©ubrun*
bid)tung, ^atlc 1873) befiritten,
S)ie ^orm ber ©tropfe tp ber D^übe*
lungcnftropbe nad)gebilbet, unb bic iöer«
dnberungen begeben barin, ia^ bie brittc
ßangjeilc einen tlingenben ©^luß crbal*
ten bot, mäbrcnb bic üierte bur^ eine
Hebung fermebrt mürbe unb ebenfalls
flingenb fd)lie§t. ©iefe ©ubrunfiropbc
mürbe oon SBolfram non (Efi^enbadb
im Siturel etmaä umgecinbert oermenbet.
3umeilen crfd)cinen in ber Oubrun
audb fold)e ©tropben , bcren Ic^te
3eile ju huj ifi, außerbem aber aud) 98
JRibelungenfiropben. 2)ie erfteren erfldren
ftd) bur(^ bic Ungcnauigfeit ber @d)reibcr;
bie le^teren mitl SJiartin entfernen, mdb'
renb Sartfd) fte bem feiner neuen ^orm
noc^ ungcmobnten ©id)ter jufcbreibt.
9iur eine cinjige ^anbfcbrift \)at
un« haii ®ebi^t erbalten. Sä ifi eine
$anbfd)rift aud bem ©d)loffe 2lmbraö
unb entbält bad fogenannte liclbenbucft
an ber (Stfd), wcld)eä $anä JRieb, 3011*
einnebmer am ©ifad in 93o^en, auf Sßc*
fcbl beä Äaifcrä SOkfimilign I. Don 1502
biö 1515 fd)ricb. 2)ie Überlieferung ifi
febr feblerbaft.
S)er Umftanb, ta^ i>a^ ®ebid)t nur in
einer ^anbfcbrift erl)alten ifi, mäbrcnb
eine fo oictfältige Überlieferung ia^ S^Jibc*
lungenlieb bemabrt bat, jcigt, ta^ bie
©ubrun nicbt Diel gelefcn unb abgefc^rie«
ben murbc. Unb bod) ifi cö einer ber
17*
256
|)aat — ^agefiolj.
fofibarPen Übcrrejlc unfcrcd poetifd&cn
Qlltcrtumö, ein ebenbürtige^ ©eitenftüd
jum 9libelungenliebe. ü)ian f)at biefe
bciben (Spcn in »ieten Scjie^ungcn [c£)r
trcffcnb mit ^\iai unb Dbt)[fee öerglid^cn;
toie bic leitete ijl aud^ bie ©ubrun ein
me^t :^äuälic^eä Gpo^, unb wie ber ®runb«
ton beö SJiibelungenUcbc^ ein tief tragi=
f(^er ijt (als ie diu liebe leide an dem
ende gerne git), fo baut ft^ bie (Subrun
auf ben ©ebanfen auf, ia^ bic leide jule^t
mit liebe lo^nt, ba§ trcucä 5Iu«^arrcn
in (SIenb unb (Stniebrigung am (5nbc
gefrönt wirb, auf benfelben ©cbanfen,
ber a\xü) ber Dbpffee ju ®runbc liegt.
2)ic Sittcratur ber ©ubrunforf^ung
finbct ftdö am »oßjiänbigfien »crjeic^net
in erf^ u. ©ruber, iöanb 96, 142.
Qluägaben »on Sartfc^, ©ubrun, ßcipjig,
3. 5tuf[age 1874, unb »on OJiattin,
©ubrun, ^aUi 1872.
^aar. Seit bcn ältefien ^dkn tvax
langet, tocfigeö $aar bei ben ©ermanen
3eid)en ber ^teilieit unb SDlünbigfeit, tai
51bfc^neiben beä ^aareö ©pmbol ber Un«
freifieit; cö n)irb bes^alb bem Knaben unb
bcm Äned^te »erfd^nitten , eine 2Iuänabme
maä)t bie freie 3ungfrau; ebenfo ifi Stb^
feieren be^ ^aupttiaareä entel)renbe Strafe,
aud^ bei gefallenen SBeibern. ©olbaten
im Äricge fcfenttten mitgelaufenen S)irnen,
bercn fte mübe waren, baö ^aar ab unb
jagten fte fort; aud) ber DIarr ifi befdjoren.
SOtönd^e unb Jionnen geben ftct) mit bem
Serlufte \l)xt% langen ^aareö ©ott ju eigen.
S)ie meifien germanifd^en Sölfer trugen
ta^ ^aax frei auf Sd)ultern unb [Rüden,
nur bic ©ucncn fäm.mten eä feitwärtö
jurüd unb banben cö in einen knoten.
yioä) tnxi) längere^ unb mc^r gepflegte^
^aar jcic^nctcn fi^ bie ©bleu unb Könige,
namentlid) bic Sierominger, aui. ©citbem
cinjelne Karolinger »on ber Sitte i^rcö
93oIfc« abnnd)en unb fid) bai .^auptt)aar
furj fd)nitten, legten bie ^^ranfen überhaupt
bic langen Coden ah. 2)ic Sangobarben
unb Sapern trugen tai ^aax im Dladcn
furj , Dorn ^ing cö gefcbeitelt unb lang
l)erab. Die ©ad)fcn bewabrtcn ibr langeö
^aar wie ibre langen SRöde.
<Sc^on bic alten ©ermanen befiric^en
it)r ^aar mit beijcnbcn Salben auö S^t%ixi'
talg unb Suc^cnafdje, eine Sitte, meldjc
bic9tümer r>onit)ncnannal)men, wie fic aud)
auf falfd^c gleiten uon beutfdicn |)aaren
begierig waren. 2)ie böfifcbe Sitte bradjtc
iai lange unb lodigc S^aax wicbcr ju
(^i)xm, ber (Söeling trug cö biä ju ben
Sdbultern, iod) fo, ta'^ c« biefe faum be«
rührte; über ber Stirn unb unterhalb
ringöbcrum war eö glatt abgef^nitten ; cö
würbe cugcrbcm gelodt, gefräufelt, gc*
fcf)eitelt unb fogar gebrannt; aud) bic ©cift*
liefen woüten fid) tro^ bäufigcr fird^Uc^er
SScrbote ibr jicrlidbeö ^aax nic^t nehmen
laffcn. 2)ie gi^au?" ber böfifd)cn ©cfcHs
fcf)aft trugen ibr $aar in ber 9J?ittc gc^
fcbeitclt unb hielten cö burdf) ein Sanb
ober einen iReifen in Drbnung; bic längö
ben 2öangen bcrabbängenben ^aarc würben
fürjer gebalten unb ju Coden gebrebt, bic
ftcf) jierlic^ um tai Dbr b^i^um ringelten.
S)ic übrigen $aare fielen entweber frei
über ben 9iMa\ ^erab ober würben in
3öpfe geflodbten, wcli^c le^tere meijl über
bie Sd)ultern nacb »orn gelegt unb mit
©olbfiibcn, ^crtenfcbnüren unb Sorten
burdbftoiftten würben. Spater baute man
auö ben 3öpfcn allerlei SBerjierungen auf.
3n ber legten 3ett beö üRittelalterö war
bic ^aartrad)t beiber ©cfdblcd)ter gropcm
Slßei^fel unterworfen, balb lang berabfatlenb,
JU Coden gelegt, balb furj gefd^nitten.
Seit bem (Snbc beö 15. Jabr^unbert« war
totale Äürjung bcö ^aarcö ü)Jobc geworben,
aud) bic ßanb<5fnecbtc fd)orcn hai ipaax turj.
§agcftol3,abb.liagastalt unb hagastalt,feit
bem 13. 3abvbunbert fommt hagestolz auf
mit Qlnlcbnung an stolz. 51bb.: hagastalt
war junädbft Slbjeftio unb bebeutete ben
cineö ^ageö waltenben, ibm norficbcnben
ober ibn befi^enbcn ; ^ag aber ifi l)kx ein
tleinereö ©runbfiüd, ein Sflcbengrunbllüd.
3e nad)bem fic baä le^tcre Don einem
^ofbcrrn erbaltcn batten ober nicbt, waren
fic börige Colonen ober freie Ccute , unb
fonnten aiii), ba fic icbcnfaKö fricgöbienft«
^aimondfinber — |>ammer.
257
pfli^tig tüarcn, JRittcr [ein. ^aii unb
nad) »utbe bie urfptün9ticf)e Sebeutung
auf bcfit3lofc, unf ctfjei ratet eunbba=
i)tt bienenbe ?eute befcftränft. (Etil [eitbem
l(i. unb 17. 3af)r&unbert i)k^ Isagefiotj
jebe lebige $erfon, n.iel^e »cber (Scfdiwifiet
noc^ anbere (Srben in aufjleigenber fiinie
I)intetlie§. 5Uö Einfang bcö bcfonberen
SRec^tcö, unter bem bie -pageftoljen fianben,
würbe ein bejümmted *JlIter fcjlgcfe^t, meift
50 ^af)Xt ober 50 ^ai)xt 3 Spiionate unb
3 Jage.
Iioimonöfinlicr. ^ie franjöftfdje Sage
oon bcn Dier ©öfjnen -^serjogö |)aimon
ober *}lpmon, iRanienet 5ifcelt)art, Jtitfart,
ißJritbart unb JReinalb non üJJontalban
gehört bcm .Rarolingifc^en ®agenfreife an
unb ^at bie Ädmpfe biefer .pelbcn mit
i^rem 8el)n«l)errn Äarl bem ©ro^en jum
3nf)altc. SBon bcr franjöfifcfeen ^rofa*
auflöfung eineö iiltern 6poö erfdtien 1535
äuerfi eine bcutfcftc Übetfefeung : (Sin
fc^ön lujlig (Sefc{)ic^t, mic Äaifer 6arle
ber (Sro§, t>ier Oebrüber, -^jer^og ^Jl^mont
üon Dorbonä 8öne, fed)5ec^cn jarlangt)
bcErieget, für^Iid^ au§ Jran^. [prad^ in
tcutfd) transferiert. SDod) ijl biefe Über=
fc^iung nic^t tai gangbare bcutf^c Ißolfö^
inid); biefeö le^tere ift nielme^r auö bem
!)JieberIänbifdf)en bearbeitet unb ^at meit
geringem 2Bcrt aU jencö.
bufierer), harkebuse, aud) furjmeg nur
|»afen genannt, fommt in bcr jmeiten
Hälfte be« 15. Sabr^unbertg nor unb ifi
bie erjlc Feuerwaffe, bie ein otbentlic^eS
3iclen ermöglid)te. 3^ren IRamen erf)ält
fte fon bem J^afen, ber auf ber Unterfeite
beö fiaufeö na^e ber 9DJünbung angebracf)t
ifl, um bcn 6top auf eine fefte Unterlage
ju übertragen. S)ie Sücfjfe war l^/j m
lang, bie Äugeln 60—70 g fd)wcr.
2>ie ^oppet^afcnbü^fe mit einem oor?
unb einem rüdwärtägerid^teten ^afcn, bie
»on fiarfcn ^ebern niebergef)alten würben,
war oft 2 m lang unb entfenbete ®e-
f^offe uon 150 (Siamm. (Sic bientc ge»
wöbnli* jur Serteibigung bcr Söaüc unb
^ei§t barum iffiallbü^fe.
§alm iji ein alte^ bei gtanfen, 33apern
unb 51Iamannen im €ci)Wanöe gewefcncö
üledjtäfpmbol; er Wirb jum 3ei^cn fcicr^
lieber <lluflaffung, (Entfagung ober Miw
bigung mit ber |)anb geworfen, gcreid)t,
gegriffen,'balb üon bcn beteiligten, batb f on
bcm 9iid)ter; feine |)auptanwcnbung ftnbet
jebod) ber ^alm bei Qluflaffung von
(Srunbftücfen bur^ (Sefd)enf, Scrfauf unb
ißerpfänbung, wobei bie bcutfd)cn %ox'
mein lauten : mit halm und munde, b. b.
mit bem ©pmbol unb ber ba^u gct^örigen
(Rebe, mit band und balm , mit halmen.
®rimm, SRcc^töaltertümer, 121—130.
I)er J^alm wirb in ücrfd)iebcner SBcifc
aud) jur Sefiimmung burd) tai SoS r»et«
wenbet, in bem man feine Änoten ober
(Slieber jäfilt unb bcn legten Änotcn eine
bejaticnbc ober oerncinenbe (Sntfd)eibung
faüen Iä§t; fo bei 3Balt{)cr oon ber
Sogelweibe:
mich hat ein halm gemachet frö:
es gibt, ich sül genäde vinden.
ich maz daz selbe kleine strö,
als ich bie vor gesach von kinden.
nii beeret nnde merket, ob siz denne
tue:
,,si tuet, si entuot, si tuet, si entuot,
si tuet."
swie dicke ichz tete, so was ie daz
ende guot,
daz troestet mich, da hoeret euch
geloube zno.
Ober cS Werben unter mefjrcren |)alme
üon ungleid)er ßänge gcjogen; wer ben
längeren jieljt, bat gewonnen, m^b. gräse-
lin ziehen. (5)rimm, SBörterbud).
§aIÖ6erge , halsberc , angelf. heals-
beorg, altfranj. hauber, habere, haber-
gon, ^ei§t ein Üeil bcr 5luärüjiung einest
ÄricgcrS unb jwar in erfier 2inie bcr«
jcnige, ber ^alö unb fRaden ju beden
battc, Ijöc^jicnö nod) ben Oberteil ber
33rujt. ^m weiteren «Sinne i)erfiel)t man
barunter auc^ iai „aüti bcrgenbe" al-berc,
alfo baS *}}anjer^cmb, tai vom |)elmranb
big ju itn Änieen ^inabreid)te. Sie^e
^arnifc^.
Jammer, ifi urfprünglid) fowot)r^anb=
werfSjcug di 2ßaffe, unb jwar ani 5^'"^=
ober ^fWftP''" »erfertigt. (Sr ift baö
5lttribut beö ©ewittergotteö Donar unb
{)ciBt ali foId)er 2;onner§ammer, i8lip=
bammer unb I)onncrajt. 9?oc^ wirb in
glüd)en für „2)er Donner fc^lagc Didi"
ber Qluäbrud gebraud)t: Der Jammer
fd)Iage Dic^! ober beim Apammer! po^
Donnerbammer! yto(b Äarl IWartett batte
feinen ??amcn vorn (sstreitbammer, Äarl
ber (Sro^e fanntc i^n nid)t mebr. Da
Donar jugleid) ber t>ai Öanb fegnenbe
unb bewabrenbe (Sott unb ber Sd)ü|cr
bcr JRecbtegefdiäftc war, fo bientc in foU
d)en 5^üen ber Jammer alä Symbol.
Tlit bem Jammer würben bei ben Sfan«
binaoiern '-Scc^cr geweif)t, burd) ifjn gc
\ä)ai) bie Sraufwci^e. (Sr war ein ^cili=
258
^anb — ^anbarteiten.
gcö ©erat, burc^ beffen SBurf i>ai ^tijt
auf ®runb unb Soben, auf Söaffcr unb
J^Iüffe ober anbere Sefugniffe befiimntt
tt)crbcn fonnten; wo ber geworfene ^am=
mer einfiel, mar ber Orenjpunft. 3m
9iorben berief neben bem @to(f ober *Pfeit
ber Jammer bie aSoIfögemeinbc. 3n Dber-
fad)fen tt>urbe burc^ einen f)erumgetragc=
nen Jammer ©erid^t angefagt. ©o iji
ber Jammer für ben Seilbaber an einem
©emeinbertialbe 3cic^en beä S5titbe|r^ee
unb mit bem Qlnfangöbucf)fiaben beä SWa»
menä feinet (Sigentümere ferfefien. S)aö
Oiecbt, einen folc^en Jammer ju »erleiden,
gcbübrt .nur bem oberfien öorfte^er ber
Tlaxt Öffentliche^ 5(uögcbot oon ©egen«
j^anben gefctjie^t unter bem 3fi*cn iii
|>ammer^', ber burd^ QluffcE)Iaqen ben
SReiftbietenben in ben 93eft^ ber ©ad)c
fpmbolif^ einmeift.
^awb aU JRec^töfi)mbot ifl baö ein-
fadipe unb natürlid)fie Sei'ä)^" ^^i ®« =
tt)att. 2)er ^anb fc^Iag War feit alter«
bie attgemeine ißefrciftigung aüer ©elübbe
unb ©ertrage, benen bie €itte fein feier=
li^eree ©pmbol corfdnieb; burd) ben
^anbfc^Iag terbanben beibe Seile il^re ®e*
h)alt gegenfeitig ; baber bie mittel^ocft»
beutfc^en 5lu0brü(fe hantslac, hant in
hant geloben. 5luc6 bie Stuflaffung
eines ©runbflüdes gefd^a^ jumeilcn
mit bloßer ^anb, oI;nc 2)arreid)ung bcö
5tfieö ober SBerfen beä |)almeö. 93ei
^ulbigungen nadfi ßebnrec^t legte
ber SDtann beibe ^anbc jufammen; ber
^err nabm fte jwifd^en bie feinigen; ju^
weilen fniete jener , feine ^änbe bem
fi|enben ^errn auf bie ^^üfe bietenb;
mbb. die band strecken, einem die bände
valten, tt)eld)eö €pmbol bie SDiinnefänger
auf ben ^rauenbienfl anmenben: min
hende ich valde uf ir vüeze ; min hende
valde ia, vrowe min, ich armer pilgerin ;
ein wiplich wip im billich ir hende
valdet. S5ie ^anb fd)Wört ben Q^ib ,
fte totibringt unb ^dlt iljn. 3)ic ©itte
roar, i>a^ ber ©d^mörenbe mit ber rechten
|)anb etmaö l)ielt ober berübrtc, ü)?änner
im ^eibentum ben ©djWertgriff , im
(Sbripentum bie SHeliquien; grauen bie
linfe 23rufi unb ben ^aarjopf; ©eifilid^e
unb fpätcrl;in prften Srufi unb ^erj.
©iebe ben Qlrtifel ©ib. Iraf jemanb
fein Sieb in frembem Serih unb inoütc
eö mieber erlangen, fo mar ^anb aufläge
nötig; er berübrte for ©eridit mit ber
SHed)ten bie SHeliquien , mit ber linfen
fa§te er iai lintc Ot)r bee Siebä. 3m
5 em gerieft iüurbe ber ^eimlid^e
®d)öffengru^ baburd) auögefprod^en, ba§
ber eintretenbe Schöffe bie rechte J^anb erfi
auf feine linfe 6c^ulter, bann auf bie be«
anbern ©Söffen legte. 3n fielen %aUtn
mirb bie b er $anb beigelegte fi)mboIifd)c SUer-
ricbtung genauer burd) Ringer bejeid)net.
6ibc würben mit 5Uif[egung beiber iBox'
berfinger ber rechten ^anb geleifiet, eins
fad)ereä ©elöbniö erging mit üluffiredung
eineö i^'^ger«. 5t brauen ber .^anb mar
eine ßeibe^ftrafe. ©rimm, 9leä)töalter»
tümer, 137 ff.
Landarbeiten ber ^^rauen finb feit
ältciter3eit ©Pinnen, Soeben, ©tiefen
unb SJä^en. 35aö ©innbilb ber grau
ifi bie Äunfel; ©pinbelmagcn ^ei§en bie
Sßcrmanbten ber SWutter, wie ©c^wcrt*
magen biejenigen beö SDatcrö. g^'^«^?^'»"
unb ©Pinnen fielen unter ber Ob^ut
ber germanif^en ©öttermutter, unb SRorncn
wie ©d^wanjungfrauen unb IRiefrnncn
bre^en feine Reiben auö j^I'ic^^- ßeinene
Äleiber f)ielten in ältefter ßdt bie beut*
f(^cn $yrauen für bie fc^önften. 2)ie Bit*
bereitung beä gl'i^ff^/ ^"^ blauen, m^b.
bliawen, fc^wingen, m^b. dehsen, becf)eln,
bürfien beforgten bei ben 3ieicE)en nur bie
ÜJJägbe; gefponnen würbe audf) »on ber
gürflm unb jwar am SRodfen mitteljl ber
©pinbel; ta^ ©pinnrab ift crfl im 15.
3a^r^unöert erfunben worben. 5luf alten
Silbern fte^t man ftetä ben 5Rocfen jwi«
fc^en ben Äniccn geljalten ober in einem
gufgefteüe f^eden, bie ©pinbel wirb in
ber ^anb gelialten. ©o arbeiten bie
grauen aud) am aBebfiuljle, bocf) mebr
für feinere 5trbeiten, wie Sorten , ©ürtel,
|>auben, Saferen u. bgl., unb für ge«
wö£)nlic^e ßeinwanb. 2)a« iffieben ber
SBoüe War blo^^trbeit unfreier SJläbcfien; ba«
^auö, in Welchem fte gemeinfam ber 3lr«
beit oblagen, bie§ baber auc^ webehüs.
©d^on frü^ fud)tcn jtc^ arme grauen
burd^ SBeben unb ©pinnen aud^ gu er*
näbren, metfi gegen färglicf)en ßo^n, wä^s
renb bie gro§en Sßeber in glanbern unb
am 9iieberrl)cin Wie in ©übbeutfd^lanb ju
großem SReidt)tum gelangten. Qluc^ in
ben grauenflöpern würbe ta^ Soeben balb
jum Vergnügen, balb jum Srwerbc betrie»
ben; ©pinnen unb 2Bcben würbe ben
3ionnen auf bem Qlai^ener Äonjil üon
816 empfot)len. 93iS jum 14. 3a^rl)un'
bert Waren cö bie grauen, benen legcl«
mä§ig tai ©efd^äft bee 3ufd)neiben«
unb 9täbenö ber SfRanners wie ber
grauenflciber jufam. Qlud) baran betei-
^änbetoafc^en — ^anbfcueiiüaffcn.
259
ligtcn ft^ gürjiinnen, namentlidf) mit bcm
3ufcf)nciben. S)cr ^luäbilbung beö \)b^'
fc^en ßebcnö »exbanftc man aber aud) be^
fonbcrc <S(f)neibermeifter , snidaere, bie
fi($ auf bie frcmbe SOlobe »crjianbcn. !߀=
fonbcre Sorgfalt tnurbc auf bie Uial^t t>er*
tucnbet, bie gerabeju 93c»r>eiö l^öfifc^cn
5lnjianbcö ifl. 2)ic 8iebliHgäbefd)ciftigung
Dorne^mer SJi^oucn )x>ax 2Birfen unb
©tiefen, wirken an der ram. 5Die
(Segenjlanbe njaren feibcne Sänbct, 93or=
ten, h)el(i)c mit ®oIb unb (Sbeljieinen be=
fe^t auf bie Äleiber, bie $Dccfen unb ben
iRopffdt)mucf genäht mürben, ober eö tt)ur=
ben auf bie ©toffe Sßud^fiaben unb 93ilber
mannigfaltigPev 9lrt gcfiictt, au« ber
l^eiligen »wie ber profanen ®efd^id)te;
namentlicf) tüaren bie (Scfcn unb ^nben
bev Äiciber unb iRo§bedcn berart gejiert.
2luf ber ^aubc bcö ÜJ^!eierfoI;ne« ^elmbrcc^t
ftiar auf ber rcd)tcn ©elte bie SBelagerung
unb 3ei'Pörun9 Sroja« famt ©neaö glu(f)t
ju feben, auf ber linfen bie Staaten Äönig
Äariß unb feiner ©efeüen SRoIanb, Zux'
pin unb Dlioier; i(tt)ifcE)cn ben D^ren
fianb bie SRabenfd^lad^t, nnc 2ßitege ^el^
d)ti bcibc @öl;ne erfd)Iägt; baju tnar
f>on einem D^r jum anbern mit glänjen=
ber ©eibe ein Sanj genät;t, jn.nfd)en je
jniei grauen ein SRittcr, unb bie JJiebler
babcl. ©enä^t f)attc ha^ ^Prac^tfiücf eine
entfprungene ^ionne. a!öcinl)oIb, 2)ie
bcutfcbcn giiutn. IV, unb ©cf)ul^,
^öfifd)eö fiebcn, iMbfc^n. II.
^änbcttjafd^eu bei Jifc^e ift eine atlge*
mein ncrbreitetc I)öfifd)e ©itte gen^efen,
9tad)bem ber Sruc^feg ober ©enefd^al
fnieenb bem ^crrn beS ^aufeö gcmelbet,
ta^ bie SDJabljeit bereit fei, beftcblt bicfer
bem Sruc^feg, iai ©ignal jum ^änbc=
n^afdben ju geben. I>urd) ^orn, SJ;rom=
Pete ober 3nr"f «»erben bie ©äfie aufge*
forbert, ftd^ auf i^ren <pia^ ju verfügen.
Unter ber ßettung beö Äämmererö boten
(Sbelfnaben eine ©d^üffet fnieenb bar unb
goffcn aue einem ©ie^affe Sßaffer über
bie ^iinbe. Um ben ^alö f)atten fte eine
©troiette, m^b. twehele, dwehele, zwehele,
f)ängen, an meld)er fid) bie ^errfd;aften
bie ^änbe abtrodncten. Damen mürbe
tai Söaffer juerjl prafentiert, unb Ulrid^
üon Sicd)tcnficin tranf jum 3eid)cn feiner
2)ienfibefliffcn[;eit ba« 2Baffer aui, in bem
feine ©elicbte ftd) bie ^änbc gettiafd^en
^atte. ©c^uU, ^öfif^eö" Scben,
5lbfc^n. IV.
^anbfcucmaffciu 5llö ältefic curopäif^e
"^aubfeuermaffe fann man bie JRafeten-
boljen betrachten, meld)e mit ber ?lrmbru|i
gefäjoffen mürben unb j.93. in ber jmeiten
|»älfte be« 14. 3a^t()unbert« ju ben 3f"9'
^auäbeftänbcn iöologna« gehörten. iJBa^r*
fd)einlid^ auf Qlrmbrüfie, meldte mit ber*
artigen SRafetenbü(|fen »erfe^en maren,
bejie^t fxä) urfprünglid^ ber 5luöbrudt
Qlrfebufe, ital. archibnso, franj. arque-
buse, »om lat. arcus = ißogcn, unb bem
nicberbeutfd^en busse = S3üd&fe (fte^e eine
anbete (St^mologie, nad^ SBeiganb, unter
bcm Qtrtifel 2(rf ebufierer).
S)ie erjie mirflic^e J^eucrmaffc fam be»
fonberö in glanbern auf; e« ftnb bie in
ßüttid) I;ergcftentenÄ n a 11 b ü c^ f e n , canons
ä main, b. ^. tragbare, gefiielte ^anb^
fanonen. ©ie beflanbcn auö einem
furjen , engen eifernen ßplinber , mcld^er
l)inten in einen fd)mad^en, biö auf gcmiffe
ßänge ebenfalls I)o!^Ien , eifernen ©tab
enbigte, beffen Sßo^rung a(« Kammer jur
Qlufnat)me beä ^Juloerä biente. 2)a« 3""^=
lod) befanb fid^ am (Snbe biefer So^rung
auf ber oberen glä^e beö ©tabeö unb
mar mit einer fleinen pfannenartigen
93erticfung »erfe^en, in mclcbe iai Sixaüt
aufgefc^üttet unb mittel« ber ßunte ent=
jünbct mürbe. 5Der iReiter befejligte bie
Sü^fe mittel« eine« am I;interen ®nbe
beß ©tabe« befinblid^en Slinge« an feinem
Söruflfjarnifc^e unb legte fie beim ®cbraud)c
auf eine com am ©attel befinblid)c, be=
mcglid)e ®abet auf. 2)er *Jiame bicfer
O?eitermoffe ift mcifi Petrin al, b.i. 93ruft=
büd)fe. SBon glanbcrn fommt biefe 2Baffe
nad) Stallen, mo ftc 1364 ju 5ßerugia,
1386 ju qSabua, 1399 ju »ologna ju
^aufe ift. Sie Süc^fen maren in plumpem
©ifenguffc Iiergeftetlt unb mürben gclegents
lid) pgleid^ al« ÜJJorgcnjiern oermenbct;
fold^e ©oppelmaffen pflegt man ©c^ie§ =
prügel ju nennen. (Sine anbcre Qlrt
^anbfcucrmaffen ftnb fold^c, meiere
eine ober mel^rere bemeglid^e
ßabefammern neben bem iRot)re
Ratten, bie Äammerbüdf)fcn. 2)ie
Sabcfammer, bie eigentliche „!ßüd)fe", mar
meiji au« (Sifen gefd)miebet, ba« Otobr
bejlanb au« kupfer ober e« mar au«
fcbmiebeeifernen Stäben jufammenge-
fd^mei§t unb oon au§en mit eifernen (Keifen
ummunben. ÜJian lub bie Äammer mit
«Pubcr, fd^lug einen ©töpfel ober „53or?
fd)Iag" barauf, bie fo gelabene Kammer
mürbe in ba« 9to()r eingeführt unb burd)
einen eingcfc^obenen Äeil ober iRiegel fcfi=
gclialten, bann tf)at man ben ißoljen ober
bie Äugel in ben Sauf, fd^üttete ^raut
260
^anbfeucmafttn.
auf tai fBaxbloä) (ßünbloc^) , JDcId^eö
oben lag, unb cntjünbcte ba^ Äraut mit
einer glü^enbcn Äo^Ic ober Suntc. ©e«
»ö^nlid^ gehörten ju einem ^^ufii^o^i^c
brei big üier Kammern. Iiie crfien in
Itugöburg unb 0legenöburg 1376 terfertig*
ten i8üd)fen »aren öermutlic^ Kammer«
büd)fen.
aWit ben ^naU' unb ben Äammerbü(f)fen
»or ein 3ielfd^u§ unuereinbar; man »arf
bIo§ bic Äugeln ober 93oIjen in ^obcm
Sogen gegen ben geinb. Um bie SWitte
beö 15. Sab^^uni'fttö fommen bie erjien
rof) gearbeiten ^oljfaffungen auf; an«
fangg nic^tä anbereö al^ b'er (5rfa^ beö
©ifenfiieleg burc^ einen bic 33ü4fe mebr
ober minber umfd^Iiefenben ^oljftab, ge*
fialtet ftcf) gegen ©nbe beö 1 5. 5at)rt)unbcrtö
barauä ein jnjar plumper, aber »ollfiäns
biger 6dE)aft, beffen Hinterer Seil jt^
fcnfte unb ben man unter ben rect)ten 3trm
fd^ob, Ȋ^renb man iai 93orbertciI bcr
©äffe auf eine ©abel fiü^te. Um bo5
•JUiflager auf ber ®abel ju fiebern unb
ben iRücf|io| aufjufangen, erf)ielten bie
©eh^e^re frü^jeitig na^c ber ÜJlünbung
einen ^afen, nac^ melc^em man bieSBaffc,
fie mod^te im übrigen fo ober fo fonjiruicrt
fein, ^afenbüdfjfe ober furpeg ^afcn
nannte. 2)ie ^l)nV\ä)h\t ber SZÖörter^af en «
büc^fc, nieberlänbifc^ haakbuse, mit
franj. arquebuse, führte baju, i>a^ fd^licf«
lic^ Qlrfcbufe unb ^afenbüd)fe noQjlänbig
ibentifijiert würben, ©nblic^ fonfiruterte
man ben ©c^aft bcrart , ia^ man bie
iBücbfe an bie (S(f)ulter anlegen fonnte.
«Seit Qlnfang bc^ 15. 3<J^i^^unbertö
njarcn nur noc^ |)anbfeuertt)affcn gebräucb«
lid), bei bencn Äammer unb SRo^r awi
einem ©tüdegegoffen maren; man lernte
ii, aucf) längere Sßaffen »on ber SDJünbung
aug ju laben, urb93orberIaber machten
ben älteren ^interlabern *]8Ia^.
®ie näcf)Pe 95erbefferung, ttiel(^c furj
naä) ber ©infüf)rung beö ©c^afteö eintrat,
beraub in ber Verlegung beö 3""^'
lodbeg auf bie rc(f)te Seite be^ ßaufea,
fomie im einbringen einer 51rt »on Pfanne
bart unter bem 3ünblod^e, fowie in einem
üedel ber Pfanne, njelc^er iai ^ubcr
t>or Sf^äffc bemabrte unb bcffcn uncor^er«
gefebened ^erabfaüen nerbinberte. 2»aö
(Sntjünben beö auf ber !]ßfanne befinbliAen
*?ult>er« gefc^ab immer nod) mit ber ßunte
au« freier >^anb. — ?Jad)bem infolge ber
genannten QSerbefferungcn bic ^anbfcucr«
Waffen wcfenlli^ oerbrcitct »orbcn Waren,
ba(i)te man barauf. Die (Sntjünbung bee
^ultter« burdb bic lofe ßunte burd) ein^
mcc^anifcbe 93orridbtung ju erfc^en. SWan
brad^te ju bem (5nbe am «Schafte cor ober
binter ber Pfanne ein gcfrümmtcö, beweg«
liebe« (Sifenfiäbc^en an, bejfen obere« ®nbc
jur 3tufna^mc ber öuntc gefpalten war.
I)amit f)atte man ben |>a^n (2)rad)c,
(Sd^Iangcn^a^n — ?untenträger, Serpentine)
erfunben; berfelbe würbe anfang« jur
Sntjünbung be« *)8ulocr« mit ber |)anb
auf bie (Pfanne gebrücft, fpäter mit ^ilfc
einer %iiti.
2)a bie unmittelbar am ©cbafte be«
fejiigten Seile be« £ (^ w am m e n g el ä f f e « ,
b. i). bee J^abnc« unb feine« 3"^f^ör«,
feine genügenb fiebere SBefejiigung am
^olje fanben unb bem (Sin^uffc ber
SBitterung ju febr au«gefe^t waren, fo
brad)te man unterhalb ber ^Pfanne eine
eiferne platte an, auf ber au§en ber
^a^n folibe Sefeftigung fanb, wäbrenb
bie anberen Seile be« nacf) unb nad) Per«
befferten SDtcd^aniömu« unter bie *piatte
Dcrlegt würben, ©o entjianb tai juctft
1378 auffommenbc 8untenfcblo§. Qludb
ba« ßuntenfcblo^gewebr ^ie§ |»afbücf)fe,
^af enbüdE)fe, ^afcn, ^arfebufe;
fein SRo^r war etwa l m lang; ba« ®c«
wi^t betrug 5 kg unb bie kugeln waren
pierlötigc Slcifugeln.
daneben gab e« ^albc ^afen, and)
^anbrobrc genannt, welcf)e2— 2'/2lötigc
©leifugeln f(f)offen unb tJorjug«weifc im
freien ^ilt>t gefüt)rt würben, wobei man
ftd^ ber ©abeln bebiente; bie lej^teren
würben wäbrenb bc« 51uf[egen« mit ber
linfen ^anb gehalten unb wäbrenb be«
SOiarfd^e« auf ber linfen Schulter geführt,
wobei ftc bann jugleicf) jur Unterjiü^ung
ber auf ber red[)ten Schulter getragenen
J^euerwaffe bienten.
SDer S)oppe Isafen ober „Scbarfe«
bünbel" bebiente man ftdb au«fdblie§lic^
bei 93erteibigung- unb iBelagerung fejtcr
*piä^e gegen fleine IJatrouiüen unb gegen
bie in ben Sran^een unb Sattcrieen
arbeitenbe 9[>knnfci)aft. 2)ie ÜDoppelbafen
waren mit ©cbeüjopfen (©cbilbjapfen)
ferfeben unb lagen auf einem breifüfigen
Sode, ber e« gemattete, tai SRofjr nad)
jeber beliebigen Stiftung ju breben. ©ie
bauen 4 bi« 6' lange eiferne SRobre, au«
benen 6« bi« 12 lötige Slcitugeln gefd)offcn
würben. S« gab auc^ b o p p e 1 1 e
2) 0 p p e 1 b a f c n.
S)ie Sinfü^rung ber orbentli(^cn
©(^äftung unb bic (Sinvicbtung be« Sunten*
fdbloffe« würben Seranlaffung jur f£r»
^anbfc{)ube.
261
pnbung bcr SBifictHng; bicfc würbe
anfangt butc^ einen auf ber f)interen oberen
%l'ää)i be^ 3f{ot)reö angebra^ten, hoblen
unb äiemlid) »reiten ©plinbcr bcreerffieüigt,
ber fpäter biä ju einet formalen offenen
«Spalte »erfc^Ioffen nsurbe; fpäter erfc^tc
man biefe Sificrart burc^ fürjere unb
offene «Stanbüifierc, nselc^e auf if)ter
Dberf(äcf)e mit einem 6infcf)nittc nerfe^en
waren, unb noc^ fpäter fam baö Äorn
in 5tnrt)enbung.
Der iSd)aft murbc baburdf) »crBoüs
fommnet, ta^ man i^m einen burc^ eine
Dünnung abgetrennten Äolbcn gab. gut
ben 8 a b |} 0 cf , welcher guerfi von ber
2Baffe getrennt geführt würbe, brad^te man
eine SRinnc, SRute, an ber linfen Seite ici
@(^afte^ an, bie man fpatet an bie untere
^tcii^e »erlegte. @t befianb auö ^olj unb
mar an ber ©to§fIäcf)c meifi mit einem
^orns ober ÜJJeffxngfnopfc nerfel;en.
3m ^ai)X(. 1515 mürbe ju SJiürnberg
t>ai 9fl ab fcf)lo§ erfunben. ©ein üJicc^a^
niömuä befianb barin, ta^ ein fiäblerneö
brePare« 3flab mit gejafinter *Petipt)etie
in bie Pfanne griff unb im 3""^!^" ^«^
©cfeloffe^ burc§ eineÄetk mit einer jtarfen
©cfelagfeber in 23etbinbung fianb, meiere
burd) ülufjie^cn iti SRabe^ mittele eincä
Sd^Iüffel^ gefpannt mürbe. QSormärtö ber
Pfanne mar ein ^a^n mit einem ©c^mefel»
fiefc angebracht, ber fiä) auf jiarfer gebet
bewegte. Süaö burd) bie auöfc^ncüenbe
gebcr fräftig um bie 3lc^fc gebretitc ^at>
rieb ficf) am Sc^wefcUiefe unb ctjeugte
babur^ gunfen, bie ixxi (pultier auf bei
*Pfanne entjünbeten. Daö SRabfc^Iol
fungierte aucf) bei SHegenwettet unb ge«
wäl)rte eine rubigere (Snt^ünbung aU tai
ßuntenfd)Iop; ba ft* tai ^at jcboc^
infolge feiner Scrübrung mit bcm $uIoer
naä) einigen €d^üffen balb bcrfd^mu^te
unb bann benDrucf ücrfagte, oerfa^ man
baö ®ewe^r oft mit einem ^att unb
einem ?untenfd)lo^. ^tügemeine 3lnwen*
bung fanb boö 0tabfd)lo§ nie; c3 würbe
fafi bIo§ in Deutfc^Ianb unb I)ier »or«
jugöwetfc ju ben Feuerwaffen ber SReiterei,
5lrfebufen=ipi Polen, wie für €(ä)ciben*,
3agb= unb ^uyuöwaffen benu^t.
föinc Weitere Sßerbcfferung befianb in
bet ßtfinbung beö @(J)napp^a^n*
fcf)Ioffeö, weld)cö burc^ Serü^rung
von <g(f)WefelfieÄ ober geuerfiein (bat)er
glinte) mit einer fogenannten Batterie
ben jünbenben gunfen t)ertiorbra(f)te. 'ülud)
biefe^ namentlici) in Spanien unb ben
Jiicberlanben gebraudjte '£d)Iof ifi nie für
eine allgemeine OrbonranjWaffe bcrwcnbct
werben.
©ejogcnc ßäufe ftnb gegen Snbe
beö 16. 3a^r^unbertä juerfi bepimmt nac^*
weiälid); man nannte foId)e gezogene
®ewet)re fpäter üorjug^Weife 93ü(^fc ober
franj. carabine. (Sine golgc ber ge*
jogenen (Sewe^re War bie ©ifinbung bcö
©tecf)erfc^Ioffeö. Doc^ blieb für bie
geuertaftif beä gu^oolfe^ t>a% 8 unten*
gewet)r ma§gebenb; inbem man ftd) nun
onfircngtc, biefe^ teilö I e i d) t c r , teilö
Wirf famer ju machen, fam man auf bie
alte Doppelwaffe jurücf; ben .^»auptteil
ber S^iftitttcrie rüjiete man mit bcm ot)ne
©abel terwenbbaren ^anbro^t, ÜJiug*
fetc, iRol)r auö, eine Slite aber mit ber
fd^weren unb unbeholfenen ^afenbüc^fe,
wel($c jum *Uuf[egen ben ©tanb* ober
® a b e 1 fi 0 cf f orberte. Diefe fi^wcte J^anb*
feuerwaffe wi(^ fobann bet leichteren im
Seitaltet bcg btei§igiaf)rigen Äriege^ für
immer. 3*^^"^' ®efc^i(^te beö Äriegö»
wcfenä.
^anbft^u^e, ap. hantscuoli, ml)b.
hantschuoch, hentschnoch, ijl ein feit
ben ältefien Briten al^ @cf)mucf unb 5luäs
jeid)nung, wie jum @c^u^ getragene^ Älei»
bungöfiucf; namentlich gehörten fic jur
©cfleibung unb jum Ornat weltlic^et unb
geifilid)et ©ro^cn. Die *ßcljf)anbfc^u^e
wie überhaupt bie gröberen waren Äloi*
^anbfc^u^e, b. \). bio§ mit einem Daum«
ling fcrfe^en. Die i^öfifd)c ©itte erwei*
tertc ben ©ebrauc^ biefeö Äleibungöfiücte«,
unb fd)on im 11. 3<if)r^unbert würben
buntgefiicftc gTauenl)anbfd)U^e getragen.
ÜKitten auf bem ^anbrücfen war ein
größerer (Sbeljiein angebtac^t, fleincte
Steine unb l^etlcn fonji baju »erwenbet.
Die anfiänbigjie garbe war bamalä fd^on
bie Weife, bet Stoff balb Seibe, balb
feineö ßeber. Sie teid)ten balb blof bi^
jum ^anbgelenf, balb bi^ jum GQenbogen.
Die 5linge würben über bem ^onbf(|u^
getragen.
^anbfd)u^ aU !Red)töfpmbol. 2Wit
batgerei^tem ober bingeworfenem ^anb«
fcf)u^ würben bei granfen, 5Uamannen,
Sangobarben unb Sac^fen ®ütet übet*
geben, glei^fam auögcjogen unb abgelegt.
3um 3fid)en anögefprod)enen SÖanne^
warf bet Äönig obet Diid^tet ben Jg)anb*
fc&u^ I)in unb erflärtc bamit ben 23er«
bred)cr afleö feinet ®uteö für »erlufiig.
ißerbreiteter al^ bie beiben genannten 5ln»
wenbungen bcö ^anbfc^u^e^ iji ber im
gnnjen ^Mittelalter gebraud)lic^e SBurf be^
262
^anbwerf — ^atnifd^.
|>anbfciu^e^ aU Slufforbcrung jum
Äampf. (Snbli^ bcjeic&nete bcr ^anb=
f<^ut) 93erlei^unq einer ®cn)alt tjon feiten
bcr |>ö^eren auf einen ©cringercn; 93oten
würben bur^ Überreicbung beö ^anb«
fd)u^eö unb ©tabe^ uon Königen ent»
fenbet. ©tobten, meieren ber Äaifer
IDiarftrcc&t giebt , fenbet er feinen
^anbfc^uf).
^anbtticrf, ftc^e ©tabtenjefcn unb
3unftn)efen.
^aiiötourft; ta^ SBort erfd^eint äu«fi
in ber 1519 crfd^icnenen nieberbeutfd^en
ißearbcitungbeö 9Jarrenf(ä)iffe^, wo eä einen
groben ÜJicnfc^en t>on unbeholfener »Jigur
malen foll, beffen löeibcögefialt an eine
SJßurfi erinnert. Sllö ©aueramann crfc^eint
-^ansmurft juerfi in einem |^aPnad)tfpieI
1553, unb bie Sebeutung beö 9?arrenö in
ber Äomöbie gef)t enblid) auf ein ©c^au*
fpiel beö 3iiti^fä 1573 jurücf, mirb aber
erft gegen Snbe bee 17 3at)r^unbert rcc^t
gemein, ©eine 5lracf)t ift eine bunte, ge(fen=
^afte .Ktcibung. (Sri mm, SBörterb.
§arfc, ftel;e mufiL Snjirumente.
^arnifc^» S)aö Söort ^arnifd), m:^b.
ber unb iaQ harnas, harnasch, hämisch,
hernisch, fiammt r»om fpmrifc^en „haearn",
tt>et(ä)eö foüiel wie ©ifen bebeutete; hemez,
harnez = ©ifenjcug. 3m »eiteflen
©inne njirb barunter bie gefamte Qluö«
lüfiung eineö Äriegerö »erftanben , im
fingeren ©inne bie Sefleibung beö JRumpfeö
unD ber ©lieber, alfo mit Qtu^fc^Iu§ t>ii
©cf)tt»erte^, ©d)ilbe^ unb ^etmö; im
engften ©inne bebeutet |)arnifd^ hai aus
SRingen befiebenbe ^anjerl^emb, alfo t>ai
Sörujlflcib, tai burc^ bie S^i^r^wn^c'^te
«ine merfretürbige SBanblung ju befiel)en
hatte unb enblic^ burci^ bie ^anbfeuer«
inaffc unb burd^ hk neuere Slaftif »er*
brängt rourbe.
®ie erften fogenannten ©(i}u^n?affen
roarcn ©d^ilbe auö 93aumrinbe, gled^t*
rocrf unb |)oIj, baneben SlierfcEe, ^Ji^J'
beden unb 5itjtücf)er, unb enblii^ »erben,
allerbingü ni^t me^r in ber Urjeit,
©teppnjämfer üon Seinen crrt)ä^nt. Unb
tDat)renb ferfdjiebene feltifd[)e ©tämmc in
barbari[c{)em Tlut unb ©elbfigefübl U)Xin
gcinben bie nacften ßeiber entgegenjlcüten,
trugen nad) 2;acituö anbere fcfeon golb-
gcfdimücftc ^anjer^emben, ja pllten ftc^
ganj in (Srj. Q.i mirb hai aber un^n^ei«
felt)aft nic^t auf ganjc ©tämme Scjug
baben, fonbern nur auf bercn Häuptlinge,
bcnn nac:^ äuücriäffigeu S3eric^tcn unb
nad^ bcn aufgcfunbcnen 9!}?oprleic^en ju
fd^liefen, gingen bie alten ©ermancn hü
jur erfolgten ÜJlannbarfeit »öttig nadEt
unb trugen aU SOidnner 'ein mantelartige«
©cwanb (sagam) o^ne 9iabt unb ol)ne
ÄnÖpfe, non gewalEtem ©toffe mit ^aU^
unb 5trmellöc^crn. Qluf beßmögUcfjen
@d)u^ gegen feinblidE)e Pfeile , ©peere
unb ©d^njerter mu^te aber felbfit)erflänbs
lid) gehalten inerben, unb fo fam benn
neben ©c^ilb unb ^elm balb aud^ bie
^anbberge (handberc) auf, aU »oll«
gegoffener ^anbring jum ©d^u^e be«
|>anbgelenh^, ober alö iRüfiärmcl, ber
entweber au« einer gebogenen Srjfd^ienc
ober au^ einer febernen ©pirale bejianb.
Söom (Jrfolg biefcr erften ©cf)u|mittel ju
njcitcren 33erfuc^en angefpornt, fud)te man
nun namentlich bie 93ruji bejfer ju bccfen
unb erreidbte bieö babur^, ba§ man fiatt
be^ gemö^nlid^en ©ewanbe^ ober unter
baöfelbe eine leberne „lorica" anjog. ©ie
93ornel;mPen begannen biefclbe ^in unb
ttiieber mit ©d^uppcn pon (5rj ober mit
JRingcn ju befe|en unb enblid^ ücrbanb
man bie Otinge ju fclbfiänbigem ©efled^te
unb fdl)uf fo bie ©rünne (got. branjö,
al)i. praniä, angelf. bryne, altnorb.
brynja, altflaf. br"nlja.) Jür biefelbc
©c^ugttjaffc wirb auc^ ber *Muöbrudf [Ringe
(bring) gebraui^t, ireftgot. zaba ober
zava, unb cnblic^ ift ber ißejeid^nung sar,
sarwerc, al)b. saro, sarawi, gasarwi,
gasarwa ju gcbenfen , toai eigcntlid)
Siü^ung ^ei^t, aber ber ißrünne gleid^«
fommen mag. |)ilbebranbälieb : „iro saro
rihtun" r= fte marfen i^re ^anjer^emben
über; „sarkes bar" = o^nc iJ3anjer. Ur»
fprünglid^ fdjeint bie 93rünnc auö tjörner»
neu ©d&uppen l^ergefteHt werben ju fein.
5Die Erinnerung baran t;at ftd^ bei bcn
alteren S)icl)tcrn infofern erhalten, alä bie
abfonberlid)en Oiüfiungen i^rer SRiefen unb
Reiben fct;r oft ale hurnin gcfd^ilöcrt
Werben. S)eä Reiben Jlmarä ßeute j. 93.
waren mit ,, hörne beslozzen", bie Söölfer
beö Äönigä Don Tarmarche faorten hur-
nine gar, gleich Wie bie 6,t;rifien isen
und gewant. ©c^on im Söcoftiulfliebe
fommt jebod^ 93rünne burdt)gängig al^
JRingpanjer unb Äettengef(e(i)t »or unb
bieä bcjcugt fet)r beutUd), ia^ auä) bei
ben norbifcfjeu ©tiimmen, welche in feiner
unmittelbaren 33ejiel)ung ju ben Qlfxaten
fianben, ber ©ebraudf) biefer SBaffentrad^t
uralt ift. Qlud^ ^ilbebranbö« unb
2Baltl)arilieb fennen bie Srünnc. S)a^
bicfe in bec DIegct am Düngen gc«
fd^miebet war, foba§ 53lut unb ©c^wei^
^atnifd).
263
burd^ jte ju bringen ücrmoc^tcn, jciflen
toielc ©teilen hn ben S)id^tcrn. ßanj, 1996,
daz bluot im durch die ringe ran üz der
tiefen wunden. 2tu(^ I»a9en ftnb bic
ülingc »on bluote naz. S)ie Otingpanjer
ftarcn üerl^äUmömä^ig Icicf)t, liefen bie
?uft burd^ imb fcE)Ioffen ftd) fügfam bem
Körper an, gematteten ballet unget)cmmte
Bewegung unb tonnten jubcm mit ge«
linger ÜJJü^e an unb uneber abgelegt
rocrben. 3m ©egenfa^ ju bem *piatten=
panjcr, bet angefd)naEt »Derben mu§te
unb jmar mit ^ilfe anberer, jog man bie
JRingpanjer an tine ein i^leibungöftütf,
baber ber ^(uöbrutf: si sehnten sich üz
dem gewaffen nach grözer müede, ober
si sluffen in wiges gewäte unb abe
schuotte er sin isengewant. S)ie IRinge
liefen frd^ jubem ineinanberfd^ieben, fo«
ba| bie abgelegte 93rünne bequem in
einem Söaffcnfacf (särbalc) ober in einem
©(f)ilbe nachgetragen »erben fonnte.
Brünnen, bie »nie ein $emb übergeworfen
mcrben f'onnten unb bann big an bie
(Sc^enfet Ijcrabreidbten , bcjeic^net bereite
tAi Ruolandes liet (um 1180) aU SHöd'e:
di von Clamerse mit ir guoten isern
ronchen. Kün. Ruoth. do schlaffen die
recken in staline reche. SDiefem ent«
fprid^t ber lateinifctje Qluäbrucf für Qtal)U
xod: tnnica ahena, Söaltljer trug eine
breibrä^tigc tanica; übrigen^ jog ein
tRecfe je nad; 93ebürfniä aud) mel^rere
58rünncn — tnenigftenö jmei — über=
cinanber an.
SBic feft aber biefe iRinge aud) fein
mod)ten, bie ©änger njiffcn üiel ju be=
tickten »on tortreffUd^ gejielten ®peer=
nnirfcn unb ritterlii^en ®^mertfcf)lägen
unb ®tid)en: do schniet im durch die
ringe der küene Wolfhart. (®. SRofen«
garten.) Unb roeiter:
Die ringe begunden risen in der
rosen schin,
Sie lagent do geströwet, als sie
werint geset dar in.
DJJan l^at beöf)alb bereite febr i;rül)e
begonnen, Stellen, bie bem feinblic^en
Eingriff befonber« auögefetjt finb, noc^
mit einem »weiteren ©(i)u^e, ndmlic^ mit
aufgenieteten platten ju oe'rfe^en, mit fog.
©udeln, bie oft in fdf)önen Ornamenten
bie ^Panjer fcftmütfcn, »nie bie in Kegel-
gräbern unb Torfmooren aufgefunbencn,
mcifl gut erhaltenen ©jremplare eö Ijeutc
nodt) meifen. 5a, fogar eigentlid^e ^piatten^
Ijarnifd^e treten — »venu aud) in rot)en
formen — bereite im 4. ^abr^unbert auf
unb j»t)ar aU ein beutf(^cö ^robuft. SJa«
altefie berartige @tücE »nirb im 3ürtc^er
<Mntifenfabinette aufbema^rt. ®« befte^t
aüi langlid)en , aufeinanber genieteten
*CIatten. ©egreiftict) ifi, ba§ bom 'Bd)[ä'
fal befonbcrö begünftigte JRitter batb in
ben iRuf famen , al^ trügen fie gefeite
Srünnen, auf bencn fein (Sifen ju ^aften
imftanbc [ei. ^a. norbifd)e ©agen fd)rei=
ben bie gleid)e ®igenfd)aft fd)on bIo§cn
©ciben^)emben ju, bic in befonberer, jau=
ber^after SBeife ge»i3ebt trorbcn. 9licf)t
nur ift ber Sräger eincö foI(^en für jebe
Klinge unöermunbbar; auc^ ^euer bc-
fd^dbigt if)n nid^t; »?on Kälte leibet cv
mebcr ju ßanbe, nod) jur See; fein
©djmimmen ermattet, fein junger quält
it)n. 6ö Pub bieö bie „Jlot^emben" beö
beutfd)en SWittelalterö.
2)ic alte iRingbrünne »rar nodt) in ber
J^ranfenjeit offenbar nur im 93eft^e tieroor»
ragenber unb »t>ol;U;abenber .Krieger. 5Die ge-
ringeren Öcutc, auc^ fold^c ber 9leiterei, be-
gnügten fid) mit minber fofibaren ®urro=
gaten unb jinar nod^ auf lange 3£it f)inau0,
bauptfäd^lid^ mit bem ©d^uppcniuom'?
oon ßcber mit aufgenähten, übereinanber
faüenben , metallenen ©d^uppen. *itu*
treten fd^on !ö-einfd^iencn (beinbergae)
vereinäclt ouf, oornel;mlid^ bei Üiittern;
boc^ befd^ü^ten fte met)r nur baä red)te
Sein, meil biefeä beim Qluöfaü nid^t fo
unmittelbar bom ©dl)ilöe gebedtt tt>ar.
Kaifer Karl ^ielt befanntli^ fef)r auf
berbe, fdt)ü^enbe Kleibung bei feinen
Kriegöleuten; feiner teurer ^litter »rar
it)m ju»t)ibcr. ©epanjerte ^ferbe
»Derben ebenfalls fd^on im 9. Ja^r^unbert
genannt, unb eä ftet)t au^er ßweifel, baB
aud) ijin bie ©d)uppenpanjer gemeint ftnb.
S)ie S^ormannen SSil^elm beä (Srobcreri?
»t»aren, nadf) ber berüf)mtcn Zaptk »on
Sai;euj: ju fd^lie^en, in einen biä über
bie Kniec rcii^enben, bequemen 2öaffcnrodf
t>on Seber ober ©teppleinmanb getlcibet,
ber burd^»tieg mit eifcrnen SRingcn bcfe^r
»Dar. S)ie alte 58rünne bebetfte nur
SKumpf unb Oberarm, lie§ aber namentlid)
ben ^alö unb 9tacfcn frei, »cämegen bie
näd)fie golgcjcit befircbt mar, fre in biefer
(Rid^tung ju tjerbe^ern. ©o cntftanb bie
Kutte ober ^alöberge (halsberc), aglf.
healsberg, altfrj. hauber, habere, hauberc.
»Delcf)e namentlid} bei ben fvanjöfifdtien
SRittern beö 10. unb 11. 3al)rl)unbertö
allgemein in ©ebraud) fam. 5lnfänglid)
nur hü an bie |iüfte retd)cnb, iierlängerte
fie fid} 5ufebenbö, bie fie ju ben 9)littel=
264
^arntfc^.
(\elenfcn bcr 5Irnic unb 93eine reichte. 3tm
iBoiDerorm fommt baö geficpptc 5irmel«
»amg äum iDotfcfccin, an bcm Untetf^cnfel
iai Äteujgeflecf)t bei Scberriemcn beö
i8unbfc^uf)eä, berm iBcrf(i)tin9ung ®d)icns
bein unb SBobe fc^ü^cn. iJJur bie ^ü^tcr,
j. ». 2BiIt)cIm fclbji, t)abcn aiid) bic
SBcinc mit (Panjcrfjofen bcfleibet. 5Die
Cffnung jum ^Insie^en iii „beringten"
Äampfgetranbeö befinbet fic^ auf ber ©ruft
unb ift l)ier mit einem ebenfalls beringten,
tiererfigen, bert>eglic^en 93rujila^e jugebedt.
5Die fRormannenreiter trugen bic ^alöbergc
nur über bem SBomfe; in ber ^^olgeseit
aber, alö bie SBetraffnung immer fcf)rt)crer
würbe, fam eä aud^ for, ha's bie |>alös
berge über ber 93rünne getragen ttiurben.
5lnberc gorfc^cr nehmen hai UmgcEebrtc
an unb rcrfie^en bann unter ber ^alö=
berge nur eine metallene 2öef)r für ^al«,
*Jtacfen unb ©ruft. Über Srünne unb
^alebtrge trug ber SRitter mo^I audb ben
SBan'enrocf auö ©eibe ober anberen föftlid)en
Stoffen.
Sie begnnden sniden
Den wäpenroc von siden
Und den halsberc darnnde.
Soüte ber 2Rann in ber ^'alöbergc ficf)
bequem bercegen fönncn, fo mu^te fte jid)
in ber SJJä^e ber J^üftcn crivcitcrn, um
ben (gc^enfeln ben beim S^eiten nötigen
3?aum äu gemät)ren. 2)ieö niurbe babuid)
crjielt, ba§ fid) entweber im unteren Seile
slitze befanben, foba^ bie ^utte in mef)«
rere @d)ö§e terlief, ober ta"^ fte unten
mit teilförmigen 3>ü'cfeln, b. ^. mit geren
ncrfefjen »aren, n?ic beren aucf) an SBoppen=
röcfen unb ber ©ifiltleibung oorfommen.
Hlric^ üon Siec^tenjlcin 451, 2: in feinem
üöoppcnrod tt^aren zwelf geren gesniten
dnrch sine wite.
(Sin weiterer ©c^ritt war bann bie
Qtuebe^nung ber gegitterten ober SlJJafc^ens
rüjiung au^ über bic 5lrmc unb Seine,
unb jWar fc^eint biefe Srac^t juerfi in
2)cutfd)Ianb gebräuct)Iic^ geworben ju fein.
Sine ber frü^ej^en SDarjleQungen biefer
Bewaffnung finbet ft^ in Äaifcr |>einric^ II.
Evangeliarinm, wo ber alfo gewappnete
JRitter über ber Schulter einen norman»
nifchen ®(l)ilb unb auf bem Äopfe einen
niebrigen ©loden^elm mit JRafenbecfel
trägt. 5Dic 3led)te fü^rt einen Änebelfpie§,
bic ßinfc ift befcf)äftigt, eine Äurjwaffc
(»iefleic^t ein skramasax) auö ber @cf)eibe
ju sieben; barurter bangt iiai eigentlic^ic
©diwert. S^bitft äf)nlid}e SKüftungen bc»
gegnen un« auf nicf)t wenigen, namentlid^
bcutfc^en ©enfmälern, aud) beö 12.3(»^r=
^unbertä. 3"9^f''ft i}^%^ Ü* <^'"^ SBcittr^
cntwidelung, inbem bic ®(^ö^e be^ 3Baffen=
rodeä meifi ^u enganlicgenben i£d)enfcU
f)ofen ausgebilbet werben, wcld)e biä jum
^nie reid)en. 5lm oonEommenfien ge-
haltet fic^ biefe iRüj^ungöweife am 5{f)eine.
$ier erf^einen ju (Snbc beö 12. ^a\)X'
bunbcrt^ bie JRitter feß eingeficibet in bie
iKinge, bie alfo nic^t nur ju einem blofen
Überwürfe, fonbcrn ju enganlicgenben
ÜBämfern mit Dberfc^enfel^ofen auögc=
fialtet ftnb. 2)aran fc^Iic§t ftd^ fnic*
abwärts ein ebenfalls auö SKingen gebil^
bcter (£d)icnbcinf(^u|. ©ic ^ofen waren
gleich unfern mobernen entweber gc=
fd)loffen, foba§ ber %ü$ oon oben {)incin*
fu{)r, b. l}. fte würben „angefcbubt' ober
„angefcftüttet", ober fte waren offen unb
würben bann an ber f)interen «Seite bcd
93cineö mit iRiemen jufammengebunben.
Söigal. 6136:
Die frouwen im do bnnden
Die isenhosen an diu bein.
Ober «p. 157, 7:
Zavuo liebte hosen iserin
Schuohterm über diu ribbalin,
Qlnber^ in ^yranfreid) unb in Spanien,
^ier ifi bie iöepanjerung ber Seine offenbar
fpäter üblid) geworben, als auf beutfc^em
33oben. S^'^^ einige Siegelabbrüdc cor*
ne^mer J^rieger äcigen ben Seinpanjer,
wenn gleid) nur alö Schuppen*, nid^t aH
Äcttengewanb; aber auf ben mcijlcn ^ar«
fteüungen fet)lt er; ja fogar bic in I)eutfd)=
lanb üblid^e Scpanjcrung oon Unterarm
unb r^au^ mangelt nod). Unter bem
ßflenbogen tritt tai oom 12. bif 14. ^ai)X'
Ijunbcrt allgemein getragene 5i[rmelwam*
(franj. wambison, gambison) beutUc^
^ernoV Dicfe^ SHJam« befianb auö Sebcc
ober Jud), War mit SÖattc ober 2Bcrg ge«
füttert unb meifi mit Seibe gefteppt.
(Segen (Pfeire, Solsen, Sd)Wert^iebc,
meifi aud) gegen Canjemlö^c gewäf)rten
bie ÜJIalc^enpanjer ^inlanglid) Sc|u^, nic^t
aber gegen bic Sd)Iagwaffen, Äeule, 5lj:t,
®d)laggeifel, SWorgenftern, Streitayt,
weswegen le^terc jlarf in *llufnabme famen
unb ber Sd^Werpuntt ber fricgcrifd^en
5Ution mel)r in baö gu^üolf oerlegt würbe,
wä^renb er big an^in in ber SReiterei ju
fuc^cn War. 2Bag War natürlicher, aU
t>a^ man bejirebt war, auc^ bie ©(^ufes
Waffen in entfpred)enber ffieife ju rieroofl«
fommnen. 5E)ic nac^ bem belmbebedtcn
Äopf gefüfjrten Strcid)e fieten nämlid)
meifi abpraOenb auf bie Sd)ultet unb »er=
i^atnifc^.
265
urfac^ten burcf) bercn 99ruc^ Äampf«
«nfd^igfcit. ©eöwegcn brachte man an
befagter ©teile bie f ogenannten 8 d) u 1 1 e t '
flügel an, eiferne *}31atten, \vtl<i)t baä
fötfen beö ^clmce gcmifferma^en terläns
gcrten unb jeltartig nac^ au^en abf^rügten.
S)iefe Ailettes ftnb in bet ®efd)i(^te ber
99ctt)affnung fon großer SBi^ttgfeit, n?eit
ftc bic crficn (Sifenplattcn jtnb, ivclcbe auf
bem Äettenpanjcr crfc^einen.
Süßte bie ©djultern, [o fu^te man aud)
^aU, 5trme, Cd^cnfel unb namentlich bie
Äniee beffer ju bcden, inbem man platten
unb ®d}icnen auf bie betreffenbcn ©tcüen
bcs SRingpanjcre befefiigte unb jtrar burd)
'2lufnicten ober S'Jageln. 5lnfänglic^ Der=
»enbetc man hierfür öeber, tai buti^
©iebcn eigen* jubereitet unb burd) metallene
IBudel unö Sänber ferfiätft mürbe. I)iefe
Seränberungen beginnen bereits gegen 6nbe
bee 12. 5atjrf)unbcrte unb ncl)men in ber
^olgejeit immer ju. 2Bo bie iRinge ge^
nagelt erf(^eincn, ia gepren fte minbeflenö
fc^on bcm 6nbc bcö 12 S^i^i^^unbertö an.
2)ie 23er)ldrfung ber iHüilung burd)
^platten fommt junäd)fi auf beutfdicm
©oben jur ©eltung. 2>aä bcutfc^e
tDJanuffript imn Jriftan unb 3folbe,
meld)eä ju 93erlin aufbemabrt mirb unb
ber jmeiten Hälfte beö 13. 3al)rt)unbert^
angcl)ört, jcigt bereite JRitter in üoUfidns
bigen $lattcnrüfiungen mit gefd^ientem
Qlrm= unb 23einjeug , nebfl gefc^ienten
(Eifenf(i^ut)en. 3n ^ranfreid) mar ber
g-ortfdjritt ber Bewaffnung langfamer.
^ie IRingbrünne fommt erft fe^t ju i^rer
böc^jten 93oücnbung, immerhin mit Qln=
fangen ber @d)ienenrüfiung. 93emerfenö»
mert ift, ha^ ha, mo bie Serfiärfung ber
Oiüjlung burc^ ®d)ienen eintritt, im übrigen
oft iion einer 3lueftattung mit bem eigent»
li(^en SWafdienpanjcr abgefebcn, inelmebr
SU bem älteren, billigeren ®d)uhgemanbe
fee« befetteten ober befd^ilbeten' .^ampf;
gercanbeö jurüdgcgriffen wirb.
2)er .^lanbf^ub »ar urfprünglid^
mit bem ^ßanjer »crbunbcn ; mer il)n auss
äiel)en mollte, ber mu§te sugtei^ bm ganjen
*13anäer ablegen, ©aä mar um fo unbe^
quemcr, als mit 5lusnal)me bes i)aumens
bie tjinger gar ni^t gefonbert maren;
bat)cr machte man fpäter einen (Sinfd)nitt
in iai ü)tafc^engeirebe, um mit ber ^anb
burc^langen ju fönnen, unb lie^ ben t>or=
bcren Seil ber SDtafc^en bis jum Olugcn«
blide beö (Sebrauc^ö f)inter ber |)anb bcrab^
bangen. 3ni"icr^in aber blieb, au^
menn bas .^'ettenl)emb über bie ^^cmft ge=
jogen morben, ber ^anbfcbu| ungenügenb,
unb babcr verfertigte man feit ber jrcciten
.^»alfte beö 13. 3at)rl)unbert3 ^anbfcbut)e
öou ftarfem ^irfd)leber mit gcbammcrten
©ifenplatten auf bcm ^anbrüden unb auf
bem unteren ^Jingergelenfe bes I>aumens.
3n glcid^er Sffieife gehörte jur SRüftung ber
Sporn, ber unmittelbar mit ber S!)Jafcben=
bcpanjerung beö %a^ti jufammenf)ing.
(Siel)e Sporn.)
Einfangs bes 14. 3a^r^unbcrts befianb
bie ritterliche SRüftung aus ilöamö, SRing=
brünne unb (Sifcnl)ofcn, mel(^ le^tere in
oben angefül)rter 2Beife burd) 'i^tatten »crs
ftärft maren, bem a[öaffenl)embe ober SBaffen«
rod von Sucf) unb ber ^alsbcrge, aucb
®d)ulterfra9en ober DWafc^enfapuje ge=
nannt, meld)e meifl mit ber fleinen 23eden!=
l)aube verbunben mar. 2)aö SBams (Gam-
bison) mar eine enganliegenbe ^irmeljade
mit baran befeftigten .^'ofen unb Strüm«
pfen. 6ö beftanb auö ßeinmanb ober ßeber.
23or ber 93ruft, vor bcm ©emäc^te unb ben
Äniefc^eiben mar eö beringt. S)ie in»
jmifd^en erfunbcne Äunft beä 2)ral)tjic^enö
evmögli^te es jcbem Ärieger, ftd) eine
SHingbrünne ($an5crt)emb) ju »erfcl)affen.
@d)ultcrplatten (epolieres) unb 3lrm=
fd)iencn (armisen, bräzel ober, menn fie
nur bie Qlu§enfeite bes Qlrmcs beden,
demibrassards genannt), fomicStlenbogen=
!ad)eln unb Äniebudel fet)len nirgenbs
met)r, njcrben gegcnteilö immer grö§er unb
ndt)ern ftd) burci) meitcre DJlittelglieber
mci)r unb mel)r, bis bie fortf^reitcnbc
^unfi ber ©cbmiebe einen *piattcn =
panjer baraus entftef)en lä§t, ber [Rüden*
unb Srufiplattc (Äüra§), Saucbplatte
(Saud)panjer), .^alsberge unbApdngcplatten
für bie Dberf^enfel in f\ä) faft. *Uuc^ ber
Untcrfdbenfcl erl;ält feine Sffiabenptattc unb
juglcid) »erldngert man bie üorberen Unter»
fd)enEclf(^ienen bur^ mebrercaneinanberge-'
fügte Q3lättd)en unb entmidelt fo jufammen--
l)ängenbe ©d)ienenfd)ul)c (iserkolzen, col-
zenschab, bie biö ju (Snbe beö 1 5. 3abrb. bie
gorm langer unb fpi^er ©cbnabclfcbul)e
l)aben. 2)er SRitter fa§ ofine (5;ifenfcf)nabcl
auf'ö $ferb; ber Änappe „^adte ibm bann
ben Stachel an", ber gemöbnli^ ^2^ I'fi
©rafen oft 1', bei dürften fogar 2' lang
mar. Denft man ftcf) nocö bie mit be=
rceglic^em (Seftcbtsfdiiule tcrfe^cne Äeffel=
^aube, einen ®ted)^elm ober (Sifen^ut bin=
ju (ftc^c ^elm), fo mar t>ai liebe ßeben
eineö folc^en 9ftitterö unbejtritten treffli^
gefcf)ü^t. Unb menn ber Doüfiänbii^»
platten-' ober <Sc^icnenf)arnifd^ aud) feinc.3=
266
^atfc^ier — ^eerwefcn.
voegö eine bequeme Äleibung gettjefeit fein
mag, fo hemmte er t>oä) ben ©ebraud)
bei ©liebet meniget, feit funflfertige SWeijter
bemüht waren, ben treibenben Jammer
fo gefc^icft ju führen, 'ba'^ bie formen ber
einjelncn *PanäerteiIc bem anatomifc^en
'-Bau ber ©liebmafen möglic^fi entfprai^en.
SDic berühmteren 2öaffenfd)miebe '^ta--
lien^ bejlanben ju SDiailanb. SBar bocf)
bicfeeineStabtnac^ berSd^Iac^tbeiüJJacalo
(1427) im €tanbe, binnen tt)enigen Jagen
SBöffen unb JRüfiungen für 4000 iHeiter
unb 2000 ^u^fnei^te ju liefern. 2)ie sar-
würker ober sarwetter (Sffiirfer unb SBeber
»on Äettenpanjern) foh)ie bie platenaere,
thorifex, ^elmf^miebc, ^arnif^macf)ev,
Sporer unb ©d()Ioffer genoffen grofe $ri=
üilegicn; fo waren fie in @panbau »on
aüen Qtbgaben frei, jiie beutfcf)en a[ßaffen=
fcf)miebe (Qlugäburg, SJJürnbcrg) genoffen
einen SBeltruf. ©an SUJarte, SBaffen^
funbe u, 3ä^n^, ®ef(^id)te be« Äriegö*
»efenö.
^atfi^icr, |»atf^tcrer, §artf^icr, feit
bem 15. 3a^r$unbert au« bem juerfi feit
bem 12. 3a^r^unbert bezeugten franäöjrf^en
archer, ital. arciero = SBogenfcf)ü^e ent=
Icl^nt, ^ic§ ein Trabant, ßeibtrabant, ber
in fleineren (Semeinben auc^ Süttelbienfie
oerric^tete.
tank, fie^^e ÄopfbcbecEung.
aittii^e, ein grobem ©efc^ü^ jum @c^ie=
Ben Don ©ranatcn unb Äartätfc^cn, feit
ben |>uffttenEriegen bem bö|mif^en harif=
nice = ©teinfd^Ieuber , entnommen, tu'
ber iai 2Port beutfc^ aud) juerji hauf^
nitz lautet.
^auömarfc beift tai befonbere B^i^f"»
mit «eld)em nad) altem ©ebrau^e bie
2Bo^)n[;äufer unb bie Stammfi^e bejeic^net
mürben. 3)a fi^ ber ^auöbeft^er biefee
3ei(^en» auc^ bei Unterfd)riftcn alä ^anb=
^cid)en bcbientc, erbiett eä ben SRamcn
hantgemäl, rocldie^ 2Dort nun auf iai
©runbfiüd, ben ©tammft^ felbcr über=
tragen mürbe. S)urc^ ia^ ^antgemal
mürbe ber Ort für ben gcric^tlid)en 3wct=
fampf beö ©Äöffenbarfreien bcßimmt unb,
mo es auf (Sbenbürtigt'eit anfam, ber 23e«
mei« be^ fc^öffcnbaren ©tanbeö gefüllt.
Später mid) bie liausmarfc über bem
i^or bem SQSappen, unb ber ®erid)t0flanb
richtete ftd) nid)t met)r nad) bem ®tamm=
ftfe, ber bie ^au^mart'e trug, fonbern nad)
bem 2)omiäiI. ^ome^er, Qlb^anblungen
über tai ^lantgemal.
^oitöntEier, Majordomus, mar ber Stame
eine« Beamten, ber in ber SOJeromingerjcit
frü^, namentlid) bei ©eijllidben unb an
ben |5»Öfen ber .Könige ocrf^iebener ger=
manifd)er Stämme »orfommt. Sei tm
granfen ijl ber QJiajorbomue ma^rfdiein*
\xä) urfprünglid) nid)t^ anbere^ alä ber
alte ©enefc^all; if)m ftanb bie Dberauf-
ftc^t über ba^ |»auömefen im ganjen ju.
ö^ gab iprer mehrere, ta jebe ^ofbaltung,
au(^" bicjenige ber .Königin, ber ißrinjen,
i^re^ eigenen J^auömeierä beburfte. 3"l«&t»
aU bie Wlaä)t beä ÜHajorbomu^ eine fol^e
Sebeutung erlangt f)atte, ta^ eine Teilung
berfelben unter mehrere unjlatt^aft ge*
morben mar, gab eö bIo§ noc^ einen S8c=
amten biefeö SJJamenä, ber aud) major do-
mus regiae, major domus palatii, prin-
ceps palatii, palatii praepositus, prae-
fectus palatii, rector palatii ^ie|. 21 lä
53orfie^er be^ ^JJalafieä unb ^^ofeö erhielt
er einen ßinffu^ auf atle 'i>er^ältniffe beö*
felben; bie (Srjie^ung ber jungen an ben
^of gebrad)tcn Scute j^anb jum Seil unter
feiner Ii3eitung; er batte für bie Sßa^rung
üon 3"^t unb 3Re^t unter ben ©rofen,
für itn gerieben im ßanbe ju forgen; in
ber SRatöoerfammlung fa§ er bem Äönigc
juncic^jl, ober führte, menn biefer abmefenb
mar, ben 2)orjt^ felbfi; unter minbcr«
jäbrigcn .Königen fianb i^m bie ©rsie^ung
unb 9ieicböoermefung ^u. Sßa^rfc^einlid)
oerbanb fic^ bamit ein 5lnteil an ber 23er=
maltung beö föniglic^cn |)aufeö, ber ßr*
bebung unb iBetmenbung ber föniglid)cn
(Sinfünfte. lUfprüngli^ mürbe ber S^ani-
meier mie jcber anbcrc Scamte von bem
.Könige ernannt, fpüter unter SHitmirfung
ber ©ro^en gemiitjlt. 3"^^^* gefien alle
wichtigen ©ej'c^äfte burd) feine ^anb, üon
ibm bangen bie Seamten nb, er erteilt
©naben unb (J^ren, er tcrtritt ben .König
gegen feine Untert[;anen. 6r ^ält an be^
Äönig« q3Ia^ ia^ ©eric^t in ber qsfalj,
fein ?tame mirb auf ÜJJünjen Qcfe|t, er
erfc^eint aU ber eigentlid)e SRegent i>ti
SReid)e^, er f;cigt ^ürjl ber gronfen ober
Unterfönig, subregnlus. SJiad)bem (pipin
bie föniglii^c ©emalt lange 3^^^ unter
biefem Sitel gefül;rt unb tai Königtum
fetbfl an fein Apauö gebrad)t mar, murbc
fein QJJajorbomu^ mef;r ernannt. SBai^,
25erf.=©efd). Q3b. 2 u. 3.
§cetö)efcii, 3" ältej!cr3£it ifi tai
.^ecr ber ©ermanen ni(^tö anbereö ali
ta^ 33olf in Sßaffcn. ©lieb iti Staate*
mar na^ Sacituö, 13, mer bie Söaffen
Eannte. Qn friegerifd)en Unternehmungen
öereinigte fic^ entmcber ein ganjeö 35olf
ober ein Stamm, mit 3Beib unb Äinb, ^ab
^eeririjfcn.
267
unb ®ut, Wenn c^ galt, neue ®i^c ein«
junef)men, ober für bcfonbcre Unternef)*
munflen junge ßeute im ©efolgc eines
^ürfien-, wenn bicfe bcfonbercn ßüg«
größeren Umfang hatten, niu'^tcn fte, ttja^
mä) bei SRaubs unb Seutejügen gefe^al;,
üon ber SSoIfätierfammlung gebilligt tticr»
ben. 2>ie 5lbteilungen be«( iöolfe«, ®aue,
^unbertf(i)aften unb ©emeinben, bilbeten
auc^ bie Qlbteilungen beö |»eeteä, mobei
auf 93crmanbtfc^aft unb ®ef(^IedE)ter\Jcrs
binbung bie niögti(ä)fie SRücffic^t genom=
men mürbe. Tlan biente ju 9fio§ unb ju
?^u§, o^ne ba^ ber 3io§bienft einen be«
fonbcren ®tanb »eranlaft t;dtte; ben !Hei»
tern maren befonber^ gcmanbte unb Ieicf)t
bemeglic^e ^u^gänger jur Unterjiü^ung
beigegeben. 5Dic ©d^tac^torbnung mar
biejenige bc^ Äeileä, bie urfprüngli^ aßen
arifei^en Sölfern eigen mar, unb jmar
bilbete i>a^ germanif^c ^eer regelmäßig
brei Äeile nebeneinanber, beren iRei^en
hinten äufammenfiie§en , morauf erfi bie
eigentli(|e Waffe beä |)cereä folgte; mit
biefer einen ©d^tac^torbnung ging man
jum gemeinfamen Eingriff. ^ü\)xn beä
j^cere« marcn bie Jütpcn, für bie ßeitung
beä ©anjen mürbe ein |)crjog gemäfilt.
SJiad^ Sacitug übten bie ^riefier im ^cer
bie obeifie ©trafgemolt unb t)er|)ängten
mic auf ®ebot ber ©ötter 2ob, geffcin
unb @(^Idge, mie benn bie beiben legieren
©trafen überhaupt cu^ ber prengeren Drb«
nung be^ ^eermefenö ju flammen fcf)ei=
nen. SDer ^»eerbienjl »erlief bem Äämpfer
einen befonberen ®cf)u^ ober befonbere
2tuöjei(!)nung ; unter bem ©c^u^ ber
®ötter unb unter göttlichen 5^elbäei(ä)en
jog man au§; ben QJuögang einer ©c^Iad)t
fu^tc man im »orau^ ju erfennen, burc^
3»eifampf jmcier üorragenber ^leerge*
noffcn ober burc^ meiäfagenbe ^^rauen.
a)lit ©efang unb ©efdirei ging man jum
Äampf. 2)er ©ermane pflegte nic^t ju
fliegen, aud^ ben ©d^ilb nid)t megjumcr*
fcn; er ftegte ober ftarb. ^efie qsiä^e
Ratten bie ©crmanen menige; aU 3u-
fluc^tfiätten bienten SRingmaüc auf 5tn=
^ö^en; ©triebe ßanbeö, bie man müfic
liegen ließ, famen l)äufig por. ©ct)on
Bon 5lnfang an marcn bie germanifd)en
Äüjlenbemo^ner auc^ jur ©ee jireitbar.
S)er befiegtc unb gefangene geinb biente
fortan, menn er nid)t ben ©öttern aU
Opfer fiel, aU Äne^t ; untermorfene iBöI=
fer verfielen in ^örigfeit ober mußten
Tribut jablen.
3ur 3fit ber ÜJicrominger unb
Äarolinger mar ber ^eerbienji auf
biejenigen J^rcicn eingcfdjränft , melcf)c
©runbbefi^ befaßen; baö mar fc^on
be^f)alb nötig, rceil ber ^rcie mit eigner
SRü^ung unb iBcrpflidbtung ^um eigenen
Unterhalt feinen S)ien|i ju Icifien batte;
bo^ brauchte ber ©runbbeft^ nic^t (Eigen*
gut äu fein ; auc^ ber 33eft^ »on abt)ängigem
ßanb »erppidjtete ben perfönlidt) Jv^eien jum
.^eerbann; Äne(J)te aber maren nic^t bicnfi*
pf(icf)tig unb mürben nur auänabmämeifc
bei feinblidbem ©infaU aufgerufen, ißon
einer 6ntf(f)dbigung , einem ©olb be^
Ärieg^bicnfte Seiftenben mar nic^t bie
[Rebe; nad^ alter ®emo^nI)eit fotlten
SJBaffen unb Äleiber auf ein f)albcö ^a\)x,
ßebenämittel für einen S[RaTfd^ non brei
SWonaten jenfeitä ber ®renje ober ton
ber ^eeroerfammlung auö mitgefüf)rt mer*
ben; bod^ bauerten man^c 3ügc natürlich
meit länger. 3"^ SRüfiung »erlangt ein
©efe^ Äarlä be^ ©roßen allgemein ?anje
unb ©(^ilb ober einen 33ogen mit jmei
©ef)nen unb jmölf *PfeiIen. QlB SBaffen,
bie ber SReiter füf)rte, merbcn ßanäc, ©d)ilb,
©^mcrt unb ^albfdt)mert ober ©olcf),
Sogen unb ^Pfeile angegeben; ^elme unb
^anjer mürben nur von ben *}lngefc^enes
ren, ein Sruft^arnifd^ pon bem Sefi^er
»on 12 |iufen »erlangt. 3m ^ccre Äarl^
beö ©roßen bilbete bie SR eiteret feben*
fatlä fd^on einen fet)r mcfentlidf)en 93e«
ftanbteil, ja bie SReget, mie e^ bei ben
ßangobarben fcf)on um bie 31Ritte beä 8.
Sa^r^unbertö ber gaü mar. '}\ui bem
6nbe beö 9. 3'i^i^l)unbcrt^ mirb beri(f)tet,
baß eö ben ^raufen ungemöfjnlicft gerne*
fenfei, ju ^ußju fämpfen ; einjelne ©tämme,
mie bie ©adt)fcn, fämpften nod^ meit fpä=
ter ju ^uß, unb jcbenfallö mar ein jat)!*
reid^er Sroß jur Segleitung be^ ©epäcfg
unb ber Öebenömittel t)ort)anben.
SDurd) ben 93efet)I ober Sonn bed
Äönigg mürbe jum ^cerbicnfi einberufen,
bei ber ©träfe, mel(^e übert)aupt auf 33cr*
le^ung bc^ föniglidien Sännet jlanb unb
meldf)e ba^er Heerbann I)eißt; fie be«
trug nid^t meniger aU 60 solidi. 3)ag
|)eer felbjl: bicß ein gebannteö unb
feineömcgö Heerbann. i>ai 5lufgebot er«
folgte jur allgemeinen iöerfammlung beg
Sa^rcji, ber ^eerserfammlung ; ber ©raf
oerfünbigtc ben Sann in feinem ©au unb
^atte bie 5lufjtd^t über bie SRüfiung ber
Sinjelnen ; ber Sann bauertc aber nod^
40 Sage nadt) ber SRüdEfe^r, morauf erfi
bie Sßäffenlcgung ober scaftlegi erfolgte.
Scfonbere Sorre^te, mie ^öbereö SBe^r*
■268
^cemefcn.
gelb, gcno§ in bicfcr (Periobc b« Ärictut
ntd&t mef)r, bod) foÜtc ttdbrenb bcä Ävicgä*
gugeö ein t)öf)ercr ^rieben i^crrfc^en.
3m Oanjen ttjar ber Äriegöbicnfi in=
folge ber lange anbauernben, rt)eit ent^
fetntcn Äriege unb ber 1111^^)6:1)611 beä
l^eimatUc^en ®utc^ rt)ät)renb ber iUbwefen-
bcit beö SSeftlerä immer me^r eine ßafi
geworben, bic fct)tt)er cmpfimben tt^urbe
ünb äu einer ncit)eren iRegelung beä ^eer^
tt^efcnö nötigte, bic jebocf) ju feinem ge«
nügenben 5lbf(i)Iu|'fe tarn; e^ trat in 53e-
jie^ung auf bic urfprünglid) allen gleid^e
©träfe eine milbernbe Ülbjiufung ein; man
regelte bic 5Dicnfipf[ic^t nad) ber ®rö§c
beö Söefileö unb nai^ ber (Segenb , wo
ber Ärieg gcfüt)rt würbe; man fe^te feft,
ta^ ein leil ber Sluöjie^enben üon ben
jut)aufe ©leibcnbcn eine $eil)ülfc empfing,
welche bic ©teile beS ©olbeä »ertrat. S)a^
SSerlaffen beö ^eere«(, ber herisliz, galt
aU ühajefiatäüerbrec^en unb mürbe mit
bem Zot>i bebro{)t, ein 3ufP'itfommen bei
ben ®ro§en beö Sfleic^ö nur mit %a^in
belegt; fornel Sage Serjögerung, foüiel
^aftcn an ^^leifd) unb SBein. 35en ^od)'
betagten oertrat ber ©o^n, ben Unmün«
bigen ber SSormunb. Dffentlid)e Sffiolfö«
jager waren fc^on »on Äarl bem ®rofen
vom Äriegäbienft biepenfiert.
5Dic ßajl tti ^ecrbienjlcö Tratte f(J)on
uor Äarl »leie ^^xtk t>cranla§t, il)r freiet
^igen an Äirc^cn unb mcltlidjc ®ro§e
ju übertragen unb SafallentierMltmffe
einjugel)en, um ft(^ ber <Pf(id)t bc^ |»eer-
bicnficö ju entjie^en. Äarl trat einem
[old)en SSerfabren mit (Jntfd)icbenl)cit ent=
gegen unb fieüte mit Otüdftd^t auf bie
ä>ienfipflid)t tai Seöcngut bem (Sigengut
gleid^; nur jur Sefriebigung berechtigter
3ntcref[en jtente er jugleid) feft, baf bic
©rafen ton i|)rcn al)l)ängigen Öeuten jmei
jum <Bä)n^ ber gamilie unb jmci jur
2Bat)rnel)mung amtlid)cr ®cfc^äfte, QSifd^öfe
unb 5i[btc übcrl)aupt nur äwei bispenftcren
bürften; ben ®eijilic^en war eö nad) firc^s
li(^cn ®efe^en »erboten, 2öaffen ju tra«
gen, weö^alb fte aud) nid)t in ben Ärieg
jic^cn foüten; bod) ^at bicfer ©runbfa^
nur beiüJJönd)en unb ^ricftern unbebingte
5lnwenbung gefunben ; aud) machten bie
Sibte baüon Wiebcr eine 5luänat)me; fte
fowol)l aU bie Sifc^öfe äogen pcrfönlid^
in ben Äampf unb waren mit i()ren ab'
pngigen öeutcn regelmäßig im ^cere an*
wefcnb. 'S>o<i) ftrcbten bie geifilid)en ©tif»
ter banad), ftd) wie t>on anbern offcnts
lidten Seifiungen, fo aud) t>on ber ^eerc^*
pflid)t burci^ 5luäbc^nung ber Smmunitdt
ju löfen. 2Ö0 biefe^ nid)t gcfd^af), trat an
©teile be« ®rafen , ber bic 2)icniipflid)tcn
feineä ®aueö bem ^ertn jujufü^rcn ^atte,
ber ^err.
®aö |)cer glicbcrtc fid^ nad) ben Der*
fdiicbenen ©tammcn unb ®auen. 2)ic
SDiannfd^aft feincä ®aucö führte ber ®raf;
ben Dberbefebl führte ber Äöuig ober
einer feiner ©ö()ne, iai föniglid)e Sanner
War »on einem angcfel^enen SlJJann, etwa
einem ® rafen, getragen. S)em Äriegö*
beer folgte ein bebeutcnbeä SRüjiwerf:
aSurfmafc^inen , ®cvät, S^^te, *13fal)Ie,
ßagcrwerfjcug, öebenömittcl unb waä ju
beren ^errid)tung erforberli(| War, SDtüt)*
Icn, Äo^gefc^irr. S)aäu würben ©aum»
tiere unb Sßagcn in bcbcutcnbet 5lnja|I
erforbert, bie le^tcren »on Dc^fen gcjogcn.
Seber ^rooiantwagen ^atte 12 ©d^cffcl
a«c^l ober 12 Tla^ Sffiein ju enthalten
unb bei jcbcm foüten fic^ bie nötigen
Sßaffcn, ©d)ilb, ßanje, Sogen unb Äöd)cr
befinben. ^m Lieferung folc^en Ärieg^*
bebarfö waren bie abl^ängigcn ßanbbcft^cr,
bie nidit fclbft ^cerfolgc leiftetcn, au«»
brüdlid) »crpflid^tct, fei eö in Olatural«
Icijiung , fei eö in ®elbja^lung. gür
Srüdengerät , @d)iffe unb Ää^nc, beren
man bcburfte, !^attc ber ®raf für feinen
5tmtäbeäirf ju forgcn. 9Zur auöna^mss
Weife überwinterte iai ^cer. ^^fic <]3lä^c
würben »on ^arl in ben neuunterworfenen
^rofinjen, fpäter l^auptfdd^Iid) nur an
ben ©rcnjcn angelegt, .^arlg 9Jad)foIger
nahmen tai SRc^t in 5lnfpruc^, baf neue
fflefeftigungen of)nc i^re 3uPimmung nici^t
angelegt werben foüten. ©ei ber 93e*
lagerung fcjler ^lä^c benu|itc man bic
f(^on im 5tltertum gewöhnlichen ÜKittcI
ber 3erfiörung ober Srjleigung ber !Wauern,
@ä)ilbbäd^cr , Sffiibber , a[Burfmafd)inen,
Scitern, für beren Sranöport ber iDtarfc^alf
JU forgcn t)atte. 5m ©cefrieg, fowo^l
gegen ®ricc^en unb Qlraber im SDlittcl*
alter alö gegen bie S)änen Waren bic
fränfifc^cn flotten nid^t glüdlid).
üloi) im 10.— 12. 3a^tl)unbcrt beriet
ber Sönig in aügemeiner Serfammlung
einen Äricg^jug unb ließ Sefd^luß barü«
über faffen; bie feierlid^e 3uftc^erung würbe
fpäter burd) einen (5ib gcfräftigt, ia^
ber ®ienjipflid)tige wirflic^ bie Äriegö«
bilfc leifien woUe, ju ber er »crpfli^tet
war. 2)anebcn aber bcftanb wie frül)cr
tai föniglid)e Qlufgcbot ober ber ^cer«
bann. 5Dic regelmäßige 3al;reöt)ecrfal)rt
ber frül^eren (Periobc, bie frc^ an bie ^cer«
^eerhjcfen.
269
oerfammlung im Wdx-^ ober 3Wai (ÜJlärjs
unb aWaifelb) an9e|"d)loffcn t)attc, fommt
nic^t mei)r v>or; enttt)cbet ifl ein Unters
nehmen, n3ic namentlich bie ^ü%i naä)
Stalten, längere 3^'* »or^er inä üluge
gefoft, fo fiXoat, ta^ no^ in bemfelben
Safere i8e[c()tu§ unb 2tu^füferung fiatt»
fanben, ober cö wirb plö^lid) inö Sffierf
geridbtet. I>aä 'ilufgebot ging ni(f)t an
bie einjcinen, »elcbe ^eerfoti^e leificten,
fonbern an bie f)öl)eren ©ertjalten, meiere
ÜJlannfcbaften führten unb fielltcn, aüge«
meine ßanbeönot aufgenommen, welche
alleö in ben ©äffen rief 2)er 3)ienft
ift je^t gänj^ti^ ein üieitcrbienfi ge*
trorben; man unterfc^eibet babci Icicifetbes
tt)affnetc unb foldbc fd^merer 9lü|iung; bie
leiteten (jicfcn bie ©epanjerten, lori-
cati, ober bie 33 efcfeil beten, clipeati,
bafier feei§t bie friegcrifcfec unb befonberö
bie fcimergcrüftcte SÖJannfd^aft cincö 2an=
beö, ^ürjien ober ©tifteä fein ^eerfcfeilb.
3eber fdfewergerüjiete iRitter pflegte feit
bem 11. Saferfeunbert einen ober mehrere
berittene ^Begleiter ju feaben , bie mit
©cfeilb unb ©cferoert beiv>affnct maren unb
au§crbem ein fleinc^ Seil am ©attel
trugen; ber ©(^mergcriijietc aber jog mit
^elm, *ßanjer unb Seinfcbienen, mit Speer
ober ßangc neben bem @^»ert unb mit
großem @cf)ilbe in ben Äampf; ju bem
©treitroffe, beffen er ftc^ im Äampfe bc«
bientc, fam ein befonbereö für ben SDtarfd) ;
bod^ feinberte bie fdfemere 9lüjiung nicfet,
tai SRo§ JU üerlaffen, um SDlauern ju
flürmen ober fon^ ben Äampf ju ^\x^
oufjunefemen.
S>ie ßeiftung beg fdfettJergcrüfietenSRoffc*
bienfieä fe^tc größeren Sefi^ Hnb friege«
tifd)e ßcbenömeife norauä. 2" biefer 2age
befanben [xä) Safaüen ober 2JJinifierialen,
beren iBerwenbung im Äriegöbienji ben
]feauptfcict)lic^en ®runb ju iferer fpdteren Xid)U
lid^en unb polittf^en Stellung legte; ifere
3a|)l mar jmar bebeutenb geringer aU
tai alte ütufgebot; bafür gaben aber bie
befferc iRüilmig unb Übung einen ®rfa^.
9iuf ben grofcn ©emalten, mel^e bie er=
forberIi(^e SDiannfc^aft ju fieflen featten,
tufete bie ^eereöorbnung beö Oteidfeö, ben
^crjögen, ®rafen, Sifc^öfen, 5tbten; auc^
bie legieren jogen in eigener ißerfon ju
JJelbe, fei eö in priefierli(ä)em ©emanbe
unb ^reuj ober bie fecilige ßanje üor»
tragenb, fei e^ friegerifdfe gerüjlet, wenn»
gleich bie Äirdfee tai le^terc oerbot unb
bagegen eiferte. Sei einem Qlufgebotc
würbe nic^t, »ie früher, unbepimmt bie
Doxfeanbcne friegerifc^c äJlannfc^aft in 5tn*
fprud^ genommen, fonbern eä war ein
Kontingent fejigefe^t, roel^c^ bei %h-
wefenfeeit be^ dürften grö§er mürbe, al«
wenn er felber mitjog; bie Kontingente
ber geifiticfecn gürjlen übertrafen biejeni:
gen ber Weltlid)en um ein Sebeutenbeö ;
ti featten j. 33. für einen 3"« Dttoä n.
nadfe 3t<*Ii«n J" ftcüen: ÜJlainj, Köln,
Strasburg, 5lugöburg je 100 ^anjer^
reitcr; Srier, «äaljburg, Slegenäburg je
70; 93erbun, Öüttidfe, JBürjburg unb bie
5lbteien {^ulba unb iReic^enau je 60;
eid^jläbt, öorfct) unb SBeilenburg 50;
Äonfianj, ßbut, Sffiorm*?, grcifmg, $iüra,
^eräfelb, ©Uwangen 40; Kempten 30;
©peier, Slout, Seben, <B>t. ©aßen unb
ÜWurbadfe 20; d-ambrai 12; oon iHug^^
bürg, irier, Serbun, (5i(^ftabt, ©feur,
2Borm^, Stei^cnau, ßorfcfe, $rüm, Sil*
Wangen, Kempten unb üJlurba^ würbe
bie "Jtnwcfenfeeit ber Kirc^enfeaupter »er^
langt. 2)aö ^erjogtum eifa§ bagegcn
fd)icfte 70 , 9äcbcrtotbringen 20 ; je 40
fleüen ein ^erjog Dtto unb Gono, wäfe=
renb anbere @rafcn 30, 20, 12 unb 10
ju fietten feaben; 10 iji bie geringjic
ßeifiung, bie überhaupt ferlangt wirb.
5tlö 3)urd^fcf)nitt eine* föniglidfeen ^eerc*
werben für ben 5lnfang bcö 12. 3afer=
feunbertö 30 000 iRitter angegeben, mit
©ci^ilbfnappen unb Srof ungefähr 100000
ajiann, ein ^eer, bai nur in feltenen
fällen jtd) ooüfidnbig »erfammelte. 3)en
§ür|!en fianb eö ju, bicjenigen unter ifercn
Safaüen auszuwallen, welche ben einzel-
nen ■^»eerjug mitmacbcn fotltcn; für ©e=
freiung com SDienfi, fei e* ganj, fei ea
»on einem S^Q^> würbe unter Umfidnben
®elb bejafelt. SBcr ber 5lufforberung beä
ßebnfeerrn, 2)ienP ju leifien ni^t nac^fam,
featte bad Öefeen oerwirft; bie alte gefe^«
lidfee Su^e , ber Heerbann , roat au§er
Übung gekommen.
3ur Sntfd^äbigung an bie ^eerfolge
Ceifienben erfeob nunmcfer ber^err, unb
nicfet wie früher ber König, eine 3lbgabc
ober ^cerfieucr oon feinen Untergebenen,
bie ftd) nad) ber ®rö§e beö @runbbefi|e*
abjujiufen pflegte unb Don ber iebet^arnifcfe
eine gewiffe Summe (Selbe*, ein Dberme^=
rere $ferbe u. bgl. erbielt. 2)arau* entfianb
ber 35ienfi gegen Solb, bei jucrft in
Stalien aufgenommen iji unb ju einer
förmlichen Erwerbsquelle für bie SRitter
würbe. 3"nft^iil^ ber beutfcfeen ©renje
^at ber ©olbbienfi juerfi in ßotbringen
Weitere Verbreitung erhalten, wo bie
18
270
^eilige SBäumc.
®io§en Ui Sanbeö in i^ten Äämpfen
mit geworbenen, für ®elb gebungencn
Ituppen, 6ölbnein, solidarii, ein«
anber entgegentreten. SJiefe ©itte griff
balb um |tc^, unb ^einrid^ IV. »er»
f(]^mä^tc e« nic^t, in Stauen unb S)eutf(^*
lanb mit geworbenen ©ölbnerfc^aren
gegen feine geinbe aufzutreten.
(Sine befiimmtc 3eit für ben Dienfi
war nur auöna^mäweife fefigefe^t. 3flegel*
mä§ig ifi auc^ ic^t noc^ ber Äömg p^rer
be« ^eereö. 2)ie einzelnen Qlbteilungen
be^ ^eere^ entfprac^en ben großen ©tamm«
»erbänbcn unb jianben unter ben ^er*
{(ögen; unter i^nen bilben bie ©c^aren ber
QSifd^öfe, 5tbte unb ©rafen bcfonbere
illbteilungen »on größerem ober geringerem
Umfang, ^elbjei^en waren bie ^eilige
öanse, ba«i 93ilb eine« Sngel«, fpäter ber
3tbler. 2)ie Oegner |>einric^ IV. führten
ein grofe« Äreuj auf einem SBagen mit
roter ^a^ne. ÜWand^mal fül^rte ber ^önig
felbfi tai S^i"^««/ f^nfi ein angefe^ener
«Wann. Jeber ^eer^oufen l)atte ein be*
fonbere« Sanner.
5tuöwärtigen ^einben würbe ber
Ärieg förmlich angefünbigt, plö^lic^er
Überfall galt al« unehrenhaft. 2Benn
tai |»eer oerfammelt war, bei ben Slömet*
jügen auf ben JRonfalifd^en gelbem,
fonb t)or ber ©c^Iac^t eine ^eerfd^au
jiatt. ÜJlanc^mal würben Drt unb 3«it
ium offenen Äampf im »orau« gegcnfeitig
fejigefeit; benn bie @cf)Ia(I)t würbe wie
ein ©öttergcric^t angcfc^en, iai über
iRt(i)t unb Unrecf)t ju cntfc^eiben ^atte,
unb nic^t aU @acf)e be« Bufaflö. 35or
bem QIngriff fprac^ ber Äönig ermutigenbe
JBorte jum |)eer; bie Ärieger aber t>er»
pfIidE)teten ftc^ eiblid^ jur Jreuc. 5ln ber
gemeinfamen ßofung erfannte man fxä).
ÜKit lautem Schlachtruf, baä Kyrie elei-
son jtngcnb, rücEten bie ©d)aren in« ®e«
fec^t. ÜJlit iubeinbem 3"r"f ""^ e^rcn»
bem iWamen würbe na^ gtücttid^em (5r*
folge ber gü^rer begrübt, geinbc ^eib«
nif^en ©lauben« würben meip mit
fcf)impf[icf)em Sobe belegt, ebenfo bie 33e*
wo^ncr eroberter «Stäbte.
5Der anmä^Ii(f)e Übergang ber faifer»
Uä)en ©taaögewalt, baä *Huffommen ber
©table, ber BerfaU be« »teic^e« in einjelnc
SReic^öpanbe, bie QlnWenbung ber geuer*
woffen löjie im 13. unb 14. 3a^r{)unbert
bie alte ^eert>erfapng auf. 3)er Äaifer
als folcf)cr unterf)ielt feine Gruppen ; ba«
^eer beftanb au« ben Kontingenten ber
[Reicf)«ftänbe. 3nini« me^t fam bie Sitte
auf, für ben ÄriegäfaQ ©ölbnertruppen
anjuwerben; ongeworbene guf Gruppen
nannte man Öanb«fne^te, flebe biefett
Slrtifel; bie JReiterei Warb man au«
atitterSleuten. 3« «in^m 0leid^«frieg gc«
borte ein Sefc^lu^ be« 9fleic^«tage« , bie
Ärieg«erflärung gefd^a^ bIo§ »om Äaifer
in feinem 9'iamen. ^m 15. Safe^^bunbert
famen bie fte^enben|>eere auf, feitbem
Äarl vn. üon 5tanfi^fi<^ fünf Drbonanj«
fompanien errict)tete, bie auc^ im ^rieben
befolbet würben. tBon grantrei^ au«
»erbreitete ftc^ biefe« ^eerfpfiem in bie
übrigen europäifd^en «Staaten, wobei bie
Sruppcn anfang« burd^ freie üßerbung,
fpixter burd^ Äonffription »oHpänbig
erbaltcn würben. Sie^e Sffiai^, 33er«
faffung«gefc^. ; für bie ältejle (Periobc
5trnoIb, beutfd^e Urjeit. SSergleic^e ben
iMrtifel Ärieg«wefen.
^eilige SJöurac, fogar ^eilige üßälbet
waren mit bem Äultu« ber alten ©eutfd^en
enge »ertnüpft. ©rfiere waren bie Stempel,
ber Drt ber regelmäßigen Opfer, Solf««
unb ®eric^t«»erfammlungcn, wie noc^
i^eute mand^erort« unter it)nen ÜJleffe gelefen
wirb unb altbemoo«ten Stämmen ^eilige
Silber in $ut gegeben werben. 2öie tai
ßeben ber grie^ifdben 2>ri)aben unb
^amabrpaben auf« engjie mit bem ßeben
be« Saume«, ben fte bewohnen, »erfnüpft
ifi, wie |te mit bemfelben leben unb
jierben, ja jebe Serle^ung mitempfinben
unb barum mit we^»onem SRuf ba« fre«
»elnbe Seil »on il^m abgalten, fo »er»
förperten ftc^ bei ben S)eutfc^en befonber«
einjelnfie^enbe mäcl;tige Säume in ÜJlen«
fd^en unb ®ötter. Sold^e Säume burften
Weber i^rer B^^cige no^ be« fiaube« be»
raubt, nodf) »iel weniger umgehauen
Werben, unb fein ^profaner wagte c«, ben
beiligen ^ain ju betreten, in welchem be«
graben ju werben jebe« Sterbenben le^ter
SBunfd^ War. -Stod^ im 8. 3a^rl)unbert
ließ fic^ ein fd^wer»erwunbeter Sad^fe in
einen ^eiligen 2Balb tragen, um ba jii
jierben.
Sei ben ßangobarben fommt bie Ser*
e^rung be« fogenannten Slutbaum« »or.
Unter ben l^eiligen Säumen (im fpä«
tercn «Kittelalter ftnb fie gewö^nli^ mit
„grau" angercbet) fie§t obenan bie 6id^c.
Sie al« ber mäd^tigjie Spro§ be« beutfd^en
SSalbe« unb befannt burdb bie Qlnjie^ung,
bie fie auf ben Sli^ au«übt, ifi in erfier
ßinie bem roben, berben, titanenbaften
S)onar, aud^ S^unar, norbifd^ St^or ge»
nannt, geweift. Sie ^at mä) ^eute auf
^ciligcnBere^rung.
271
bem ©cbicte bcö 2lberglaubenö i^rc SRotle
nod^ nicbt auögefpiclt. SWäd^ji bcr 6i^e
h)or bie ® f cf) e l)cilig, tt)ie fc^on bcr
Sülpt^u^ eon ber ©rfc^affung bcö ÜJlenfcJjen
leiert, bann bic ßinbc, noc^ je|t in »iclen
2)örfcrn am ©ingange bc^ Äirc^^of« in
gemütooKcr ©innigfeit ber einigcnbe
ä^ittelpunft , ferner „^rau ^ a f e I" , bie
»ielbcfungcne, bie einfi bie alten ®erict)te
wie noc^ ^cute bie ©aatfelber ju ^cgen
bat. ^aä) DItgötatag foü in gemeinem
Sißalb jeber ^aucn bürfen, obne 93u^c,
au§er (Sidien unb ^afeln, bie ^aben ^^i^icbe,
b. b- fie fönncn nid^t gefaßt merben.
9Iud) ber |)oIunberbaum, ber ,.|>oner"
— »iefleid^t ber ^oUe, ber ®öttin beä
^aufeö gcmibmet — gcno§ auögejcidt)neter
Screl)rung, wie er no^ je^t allgemein ber
Saum bc^ ^aufeä ijt. 3" S'lieberfai^fen
^ei^t er ©fiorn ober Sül)orn, unb ein
ß^ronifl erjäl)It unDerbäcbtig: 5ltfo ^laben
unfere 93orfaI)ren bcn en^orn auc^ leilig
gettaltcn, wo ftc aber benfelben untert)auen
(bie 2i[fte finden) mußten, ^aben fte üor^er
pflegen bieö ®ebet ju t^un: „^rau (Süs
born, gieb mir n>ai »on beinern ^olj,
bann will iä) bir »on meinem auc^ \va^
geben , wann c^ wäc^fi im SBalbc",
welc^eö teil« mit gebeugten Änieen, ent^
blö^tem Raupte unb gefaltenen ^änben
ju t^un gewohnt, fo ic^ in meinen jungen
3a^ren i^um öftern beibeä gehört unb ges
fe^en. — S)er Söarfjotber (SD'Jad)anbet=
boom), in Dem Stben unb anbere ®eijier
baujten, burfte ebenfomenig abgehauen
werben. |>aut man bic Srle, fo blutet
unb weint fte unb ^ebt ju reben an. (Sin
öjicrreicf)if(^eä ü«ärcf)en (3iöfa 38-42)
erjäl;It üon ber fioljen ^ ^ ^ ^ e , worin
eine %it ft^t, wel(^er B^^'^S^ biencn, bic
Unfd)ulbigc bcfd^enft, (gdbulbige nedt, unb
ein ferbif(^eö Sieb r»om SD?äbcöen in ber
%\ä)U, beren SKinbe ber 5?nabe mit goI=
benem unb jilbernem ^orn fpaltct. ^aw
bcrfprüd)e bannen in ^xan 5'^*^ i"iö
falte (lieber. Orimm, 2Ri)t^ologie.
©imrod, a«t)tljoIogie. 2öuttfe, 33ol!«=
abcrglaube.
^eüigcnticrc^rung. @ä)on in ben apo=
jtolifc^en ßf)riftcngemeinben pflegte man
bic ®emeinbegenof[en alö ©lieber an bcm
ßcibe be^ .§)crrn nac^ alttcjiamcntlidjem
iBorgange^cilige ju nennen, Dtöm. 1,7;
(Spb- 1,1; fpätcr würbe berfctbe QluöbrucE
S^renname für biejenigen Gbrifien, weld^e
imä) lebenbigcn ©lauben, mujier^aften
SZBanbel unb j^anbbafteö Sef enntniö imSeben
unb Sterben fxä) alö ®e|)eiligte bc^ .§)errn
^eröorgetfjan Ratten, unb fci)on in ber
^weiten ^alfte beö 2. 3a^rt)unbert« feierten
ganjc ©emeinben baö 51nbenfen i^rer ißlut«
jeugen an bcren Sobeötagen, wel^e mon
im ^oberen @inn i^re ©eburtötagc nannte.
3)cr Drt, wo bic 2JJärtiprcr beftattet waren,
galt bemnad) al^ geweifte ©tdtte, wo man
an ben dies natalis bie ®cfc£)ic^ten i^re^
ißcfenntniffeö unb öcibenö nortrug unb
gemeinfam bie Kommunion beging, ©d^on
im 4. 3a^r:^unbert entfianb neben ben
©cbäcbtniötagcn cinjelner ü)iärti;rerinit)ren
©emeinben unb ©prcngeln ein aügemeineg
5cjl aller ^eiligen unb SlJidrttjrcr in bcr
$fingjtoftaüc ; ta^ 5tbcnblanb, welc^cg
biefeä ^efi erfi im 7. ^a^r^unbert ein*
führte, ocricgte e^ auf ben 1. 0?ooember.
jDie *8eret)rung ber ^eiligen gewann ^la^^
rimg bur<^ bie größere Betonung be^ 2öcr*
M ber «Möfefe, unb feit bem 3. ^df)X'
^unbcrt i>uxd) t>a^ ©infieblerlebcn unb
3Wön($ötum, woburc^ cinäclnc in ben ®e*
rud) bötjerer Segnabigung unb »odenbeter
®Iaubenöfraft famen. SÖian erjä^Itc oon
ben aSunbern, welcbe bcrgleic^en ^eilige
ÜJlenfc^en wiit^renb ibreä ßeben^ unb nac^
ibrem lobe an i^ren ©räbcrn unb bur^
ibre ^Reliquien gewirft f)ätten; nad) bet
a3erfict)erung bcr größten ^irdicnle^rcr,
®regor, 5lugufiin, 2lmbroftuö, fö^rtjfo^
jiomuä. War man überseugt, t>a^ jene
üJlänncr unb grauen ber |öd)jlen ©eligs
feit im 5lnf(^auen ©otteä genießen unb
am ®cric^tc 6,^rifti tcilnel;men, aud) burd^
if;re 9!Jiit= unb gürbitte möc^tigc a3efd)ü|er
unb trofircid)e Vermittler bcr ®Iaubigcn,
unb bcä^alb anzurufen unb ju e^ren feien.
D^amentli^ lehrte man, ta^ bie ^eiligen
nid)t bIo§ um Vergebung ber ©ünben,
fonbern aucb in leiblichen 93ebrängniffen
mit (grfolg prbitte tfjun. 3Wan erbaute
baber ÄapeKen unb .ßird)en über ii^rcn
®räbcrn, legte bie Äranfen barin nicbcr,
Wie früher im Heiligtum bc« Qiäfulap, ^ing,
wie frül)er, in ben ®öttcrtcmpeln, golbcne,
ftlbernc unb anbere ?lbbilbungcn ber ge*
nefenen ©lieber al^ aBci^gefd)enfe auf
feierte ju (Sljren ber al^ ®dfic gelabenen'
^eiligen c^riftlidie ®afimä§Ier, trug SRc«
liquien aU Qlmulettc unb anbere (Srinne*
rungöjeic^en, flehte um i^ren Scijianb ju
einer beabftd)tigtcn SReife, ftcHte ta^ ©d^iff
unter il)re Obljut. Bo entjianben tit be*
fonbercn ©dbu^^eiligen für einjcine Stäube,
©täbtc, ßänbcr, Äird^en, ®Io(fen, Sfiatur*
crfd^einungcn: *Pcter unb *PauI bie*Patrone
SRomö, Satobuö ©panicnä, 91nbreaö ®rie*
dbcnlanbö, *P^ofa« für bic Seefahrer, 8ufa«
272
^ciligen»ere^tung.
für bie ÜJlalcr, 3o6anneö (SoangcUjia unb
««ugufiinuä für bie S^eologcn, 3üo für
bic gürjicn, ©rcgoriug für bie ©c^üIer
unb Surijien, ^rumentiuö für bie Äauf=
leute. ©egen bic ^efl würben ber ^l. Qlnto«
niuö, iRo^uö unb Sebajiian, gegen ©tein^
fc^mer^en ßiboriuö, gegen Sa^nfdbmerjen
bie ^l. <apotIonia angerufen ; fo ifi ^fra
bie 'Patronin reuiger ©irncn, ?lgat^a ber
SBrüjie unb gegen ^eueränot, bie (Sänfe
f(ä)ü^t ütmbroftu«, bie ©djireine 5lntoniuä,
sBencbift üon D^urfta Wirb gegen Oift,
(J.ntjünbung unb D^lofe angerufen, Sricciu«
gegen ßcibwe^; Gücilia ifi «Patronin ber
üJlufif, ßoömu« unb S)amianuö ber Oirjte,
Griöpin unb ßriäpinian ber ©c^ufier unb
SBcber, (Eraömu^ ^iiit gegen ©d^juterjen
beS Unterleib«, (Suftad^iuÖ flebt ben Jägern
bei, iJIorian fcbü^t gegen ^^cuer^brünfic
unb Unfru(^tbarfeit, bic oicr ©efrönten
frnb Patrone ber Sau^ütten, @t. ®eorg
ber iRitter unb Cfteifenben, ^ubcrtuö ij!
«Patron ber Jäger unb f^ü^t gegen ^unbö?
Wut, 3obanncö®f)ri;fojlomuögegen faßenbe
@u^t, Jobanne« ber Käufer ijl «Patron
ber ßämmer unb ©c^neiber, ÜHagbalena
ber SüBcrinnen, üJJauritiu« bilft gegen
«Pobagra, Dttilia gegen Qlugenfranfbeitcn,
^cinbolb ifi «Patron ber ©teinme^cn, Sc*
bajiian ber Sc^ü^en; für gute« ©elingen
wirb ©eroatiuä angerufen, gegen gieber
©igiämunb; «Patron ber «Pferbe ifi (Ste*
pbanu«, be« SBeinbauö Urban.
3war wirften f(i)on früb ^uguftin,
(£^ri)[ojiomu« u. a. ber übertriebenen 25er=
et)rung ber ^eiligen entgegen, boc^ obne
nad)f)altenbcn ©rfolg. 55iclmebr oer»
grö^erte fid^ bie 3abl ber |)eiligen ju=
fc^cnb«; au§er ber ^eiligen Jungfrau
traten feit bem 4. Ja^r^unbert aüc in ben
I)eiligen Scbriften erroäbuten ^erfonen,
welche irgenbwie für bie «ffiabrfjcit ge«
litten \)C[tkn, in bie t)eiUgc Sc^ar ein:
bie Stpojtel, bie ©oangclificn, ©tepbanu«,
Jo^anneä ber Säufer, bie brei «ÖJagier,
bie ÜJlaffabäer; bann «Wänner beä geifis
li^cn Stanbe« ber folgenben Ja^rfjuns
bertc, wcld)e für (Jrbaltung ber !Re(i)t=
gläubigfeit gefämpft unb gcfiritten batten,
«Mtbanafiu«, «Umbroftu«, «Hugufiin, «ÖJartin
»on Sourd. 2öaä fo nad^ unb naä) aü-
gemein ©Ute unb (glaube geworben war,
baö fud)ten nun im 12. unb ben folgenben
Ja^r^unberten bie f(^ola|lifc^en Ideologen
fpjiematifc^ fcftjujieüen.
«Dlan unterfdbeibet nunmehr ^eilige
ober Sanctl b. b- folcbe, bie o^nc ber
ßäuterung bur($ baö %i%\tmx ju bebürfen.
unmittelbar mit bem lobe in ben ^immel
fommen; @ elige ober Beati, b. ^, foU
cbe, bie erji, nacbbem jtc einige 3eit im
qjurgatorium jugebrac^t t)aben, jur ewigen
^errli^feit eingeben. SDtärt^rcr finb
bicjenigen, welche um ber göttUcben äöa^r*
bcit Witten gcwaltfamen lob leiben; Se =
fenner ober Confessores, 93eid)*
tiger, welche ein Sefenntniö berSBa^rbeit
ablegten, o^ne bcöbalb ben Job ju leiben.
Sine befonbere ^eiligfpre(^ung f ennt
bie ältere 3eit nic^t; ^atte tai «Bolf ober
ber Äleruö einen «DJärtt)rer ober «Dlöncb,
Wegen bes l)eiligen öeben«, tai er gcfübrt,
wegen ber SGBunber, bie er ober feine Cte*
liquien getban b^ben fofltcn, für würbig
erfannt, um ibn aU einen ^Jürbitter bei
©Ott, aU einen |> eiligen anäurufcn, jtc^
feinem ®dbu|e anjutertrauen unb i^m jU
obren einen ijejitag ju feiern, fo würbe
üon bem Sifdbofe ein %i\itix% wirtlid) fefi«
gefegt, baju eine neue ßiturgie »erorbnet
ober ber 9iame beä ^eiligen in bie früberc
ßiturgie unb juglei^ in t}ai Äalenbarium
ober ajJartprologium eingetragen. S)ießi*
turgien ober ßitaneien ber ^eiligen waren
beäbalb in ben nerfcftiebenen S5iö;(efen febr
üerfcbieben UmbemUmfuge berßrbcbung
unwürbiger «Scanner ju |)eiligen ju fieuern,
oerorbnete .Rarl ber ®ro§e, ba§ obne ©c*
nebmigungbeö93if($of« feine neuen ^eiligen
oerebrt werben foflten. «Kebrere Ja^r«
bunbcrtc jianb beebalb tai SHecbt ber
|)eiligenernenn.ing auöfc^lic§licb ben 93i*
fcböfen ju, bie entWeber felbft 3enge iti
2Bunber« unb beä ßebenö beä ^»eiligen
gcwefen waren unb Don anberen glaube
wüibigen Öeuten fic^ ißeiicbt geben liefen,
mancbmal unter '-Beratung uon ^Jattifulats
fpnoben ober benachbarter Sifcböfe unb
(Stjbifcböfe. Snl mit ber 3eit würbe bie
©ene^migung beö «Papftcö in biefer 51n*
gelegenbeiteingcbolt, befonDer^oomSilcbof
ßuitolf t>on ^lußäburg, ber im Jalire 993
bem «Pappe Jobann XV. unb ber bei ibm
üerfammelten ®t)nobe bie ^eiligfprecbung
bee ebemaligcn 'i3ifcbof0 Ulridb oon 2lug«'
bürg f(^riftli(i) befürwortete, ^iacb unb
nacb würbe bie ^eiligfpredbung ein auö=
fd)lie§licbe^2}orre^tber«päpfic; gewöbnlidb
wirb «MIcyanber ni., 1159-1181, für ben
crften gcbatten, ber biefe ©ewobn^cit gefe^=
lid) fifierte; er ifi eä aucb, ber öernbarb »on
Slairoauy bcitig fprad^. 2lud) fürfilidbe
«Perfonen würben nun beiliggefprodbeu,
Äönig @^uarb oon Snglanb unb ^nut
ber Jüngere uon I)änemarf bur^ bcnfelben
«Uleyanber III; Äarl ber ©rofe oon 5lle»
^eilige Sicte.
273
yonbetä ©cgenpapfic Q3.if^ali0 III. auf
9lnfucf)cn bc« Äaifcrs ^i^'f^"'^^ I- ; Äaifer
^einrtd) n. oon ©ugcn IJI.; beften ®c=
ma^lin Äunigunbc »on Jnnocenj ni. ; bic
ßanbgröfän ©lifabctö i^on Slbüringcn Dort
©regorIX., Äönig CubiriglX. »on i^xant--
xtxä) üon 93onifas VIII. auf ?lnfuc^en
Äönigö $f)ilipp III. ißcfonberä finb eö
aud) bic Stifter t>on ÜJIiJndfeöorben, trctcfie
je^t in bic S<^1)\ bcr |>ciligen aufgenommen
»ctbcn, SDominifue, ^xan^ t»on ^ffift,
Qlntoniue( »on ^abua, (Slara, Äatftarina
tton v?iena;bann ange[ct)enc Äircbenlct)ter,
njic Stiomn^ üon 'Mquino, Sonafcntura,
3t>o ton ß^artrcö. Übrigcnö unterf(I)ieb
man jttiei ®rabe ber ^ciligfprcdiung, bic
beatificatiounb bic canonisatio; bie erPcrc,
€cligfprcd)ung, begritnbct nur eine Q^cr^
ctirung, bican gettjijfen Crten, in cinjclnen
*Prot)in5cn ober I)iöjcfcn ober unter ein«
jelncn ünönd)^orbcn fiattfinbct, bie canos
nisatio gilt bcr ganjen römifc^en (S^rificn;
^cit; beatus l)ei§t, mer bcatifijicrt, san-
ctns , voer fanonifiert morben ifi.
2)ie (^ripiid)e Äunfi beö SÖiittcIaltetä
\)at ben ^eiligen it)rc bcfonbcrcn *Jlttributc
jugctcilt, meiere teilö ani ber f)I. (gd)Tift
cnticljnt ftnb, wie *Petruö mit ben €cfeliif=
fctn, ber Sdufer 3o^anneä mit bem Agnus
Del auf bem Qlrm, tcilö au« ber Irabition,
mie 3of)fln"«^ ^^^ ßfangelift mit bem
©iftfcld), 51nna mit bem ÜJ?aria= unb
3cfu0finb auf bem iJtrmc, (Scorg mit bem
l'inbmurm, (£t)rifiopb mit bemSffuäfnaben,
Florian mit bem ßöfc^fübel; tcilö auö bem
SlJarttjrologium , mic iJJautuö mit bem
©c^mcrt, Äat^arina mit bem ^ai, ©allu^
mit bem iPür. Dttc, ^anbb. b. ^Mrc^ciol.
§ 159. Über bie Sammlungen üon ^ei=
ligenlcben fic{)c ben ^Irtifcl ?c gen ben.
ßangc in (Srfcf) u. ©ruber, unb
©rüncifen in ^crjog^ SReal-ßncpcI.
^cUtgc Xtere. SJlo* fjäufigcr aU oon
l^ciligcn Säumen ifi fon ^eiligen Stieren
bic JRebe; fd)Iic§en fte jic^ boc^ enger an
bic mcnfd)Iid^cn ißerl)ältniffc an aU bie
fiummc iJlatur. Tiaö lier ftanb entmeber
in Sejug ju einjcinen ©öttcrn, gcmiffen*
ma|cn in bcren S)icnft (fo geborte ber
eber ju %xo, ber Sffiolf unb üiabc ■ ju
SGßuotan); ober eö liegen 33ertt>anblungen
göttlictier SBcfen in liergePalt bem .Ruituä
ju ©runbc, bercntmegen nun bic ganje
©attung in ^öt)crer 6l)rc bleibt; ober ii
n)irb ein OJJenfcf) jur Strafe für irgenb
ein ißcrgct)cn in licrgefialt »ermanbelt
unb fo ber morgcnlÖnbifdbc ©lauben an
eine Seclenftianbcrung nienigfienö geftrcifl.
5Di£ ajlptfic fom Äucfud, «gpe^t unb bcr
inacf)tigall 5. S9. gcmöl)rcn eine güflc Pon
fcf)önen Sagen, bic oft in ben ^elbenfultu«
eingreift.
Obenan Pct)t bai fPfctb. SGßic noc^
beute bei ben Söhnen bcr Steppen unb
iffiüftcn , fo gehörte eö bei ben alten
I)eutfc^cn red^t eigcntlicf) jur ^amilie,
mar SZBobanä bciligcö Slier, ja Dpfertier,
bei »eI(J)cr ©elegcnf)eit fein %Ui\ä) ani)
genoffen murbc 3^ancben mar e^ bem
§re^r gezeitigt unb murbc in bem gc=
meisten Umfreiö feiner Icmpel unterhalten.
2öic gelben nad) ifircm (Pferbc .^engcfi,
^orö, Ijcifen, fo erhält eö einen Sigcn*
namcn gleicfc bem 9Wenfcf)en. 3" ^^^
norbifcften SWpt^ologie ijl beinahe jebcm
©Ott fein befonbcrce, mit SBunbcrfräftcn
au^gefiatteteö $fcrb jugcmicfen. Obind
3flo§ biefe Sleipnit; es mar gleicf) SRiefen
unb gelben a^tfü§ig. I'ic 2nd)t reiner
unb gemeinter SRoffc bieiite ju heiligen
©cbräudien, namenttid) ju Opfern, SBci^*
fagungen unb für ben Umjug ber ©ötter*
wagen. ^i)Xi 9}?ät)ncn mürben forgfam
genäbrt, gepflegt unb gcfc^mücft, mie bie
2?euennung ^ayi (jubatus, comatns, alib.
vahso) anjcigt; t>ermutlid) manb ober
flocbt man ©otb, Silber unb Siinber in
bie ?ocfcn (Gnllfaxi, Skinfaxi). Unter
allen ^^oil'fn galt bie mei§e für bic cbcl^c;
aucb Äönigc jogen auf meinen iSoffen ein
unb bclcbntcn auf meifcn O^offen ft^enb.
De* meinen SRoffeö gebenfen bic SBeiä»
tümer aucf): 2Benn eine ©rbfc^aft lebig
liegt, fo foü ber iBogt auf einem meifen
goblcn fi^enb, einen SD^ann Dor, ben anbern
bintcr frd) fe|en unb einen ba»on auf
iai ®rbc fjcrüblaffcn. I)aö gol)len galt
für nocb eblcr unb reiner al* ein 9to|.
Kriegern galt baö 2Biebcrn (a{)b. hueion,
mbb. weien, mnl. neien, altn. hneggja,
fcbmcb. gnägga) alö ein SSorjeicben tti
Siegeö; entbielten fic^ aber bie *ßferb£
bee lufiigcn SBiebernö, fo beutete t>ai eine
fiebere SRieberlage an. Unb mie in iDJimirg
abgehauenem Raupte feine Älugbeit fort«
baucrtc, fc^eint tai ^eibentum mit abge«
fcbnittcncn, aufgeri^teten 'Cferbebäuptern
»ielfacben 3""^" getrieben ju l)abtn.
Sic würben jur Qlbmebr alle* Söfcn auf
bic ^auögiebel befejligt, oft mit meitgc«
öffnetem JRacbcn nacb bcr Seite binf(^aucnb,
oon bcr bic ©efabr ju erwarten jianb.
Sefannt ift ba« rebenbc ^aupt ber treuen
galanba im ÜJJärdben. 2)cr <Pfcrbcfultug
war ben Geltm, 25eutfd)en unb Slauen
m glcicber SBcifc eigen unb bat ftd) aii
^ofugpofu* in mam^crlci ©ejialt biö ou|:
ben heutigen lag erhalten.
274
^eilige Zxtxt.
^ud) SR i n b e r würben nid^t feiten
geopfert , galten atfo unjireifet^aft aU
beilii^e 3:iere. «Si^ jogen noc^ im fpäteren
ÜJiittcIalter bie Äriegewagcn. 5Der fran=
fif(i)c Äriegätt)agcn tnurbe mit ©ticren be«
fpannt. S5ie Äu^ fdjeint fafi allerorten
bem 6tiere smar oorgejogen hjorben ^u
fein. Dpfetrinbcr würben ebenfalls mit
@oIb gefci^müdt unb jmar an bem Oc^örn.
ober unb Öocf Waren ebenfaüö ^eilige
Dpferticre, bcr ßber bem %Xi))x , S3öcfe
unb S'^S^" ^^^ Z^on gcmibmet, wie jie
nod^ jc^t für S^eufelögetier gelten. 2)em
göttliä)en ober aber gilt wo^l 9'iotEerö
8ieb:
imo sint faoze fuodermäze,
imo sint bürste ebenho forste,
unde zene sine zuelifelnige.
(Seine ißorficn ragen ^o(^ wie ber SBalb,
feine ^auer ftnb jwölf Sllcn lang.) ©inen
®runb ber ^eilig^altung beö Sbet« will
man barin finben, bo§ er bie ®rbe auf=
wü^lt unb bie ÜJlcn[d)en oon if)m tai
qjpgcn gelernt t)aben. — Opferbar waren
nur bie ^auötierc, bod^ auc^ unter biefen
j. S. ber ^unb nic^t. ®r iji wo^l ein
treueä unb flugeö Jier, er ifi aud^ geifier«
ftd^tig, b. l). er erfennt bie ©ötter unb
©eifier, beoor fie bem menfd^Ii^en 5tuge
fti^tbar Werben, unb fünbct bieje burd)
feine Stimme an, aber er ifi bod; ein
uncblee, unreine^ Sier, weswegen bie99e=
nennung „|>unb" für ben SWenfcfeen ein
arger ©d^impf ifi unb bie libcrfd£)i(fung
beö raubigen .^unbe^ eine unjweibeutige
^erauöforbcrung.
©igentlic^ f)eiligc liere waren bie
2Balbtierc nic^t, bo^ würben niele unter
ibnen mit ®d)eu oere^rt, »or allen Öar,
2Ö 0 t f unb 5 u ^ «■ 2)er erfigenannte
galt alö bcr Äönig ber Jiere. QJiörn war
ein Seinamc bcö Z^öix. unb nad) ber
welfcfjen ©age würbe Äönig 5tttur al^
Sßär unb ©Ott bargepeUt. 2)er Sdr am
^immel Wirb ^üufig genannt. 6« ifi
nic^t ju überfcf)en, ia^ einjelne Jtierfabeln
in mcnfd)lidt)e 3W9tl)en oerwanbelt würben
ober umgefct)rt 5. S. bie SRoüe be« !öarcn
ober 5^ud)fe0 auf einen [Riefen ober Scufel
übergel)t. So finbet fidt) bie et)Pnifd)e
(£räät)lung Pon bem TOann, ber mit bem
©aren SRübcn unb |)aber auf bem 5lder
baut, anberwärtä üon bem 2:eufcl. S^^i
SÖJölfe, ®eri unb grefi, waren bem Dbin
^eilic^, ibnen gab er ju freffen, waö i^m
an ©peifc Porgefe^t würbe, fte waren
gleict)fam beö ®otteö ^unbe. (Sin ©obn
beö Soft, ber t^enrifülfr, tritt in SBolf»
gejialt unter ben ©öttern auf; überhaupt
fennt unfer 'Altertum feine häufigere Scr«
wanblung, aU bie ber ÜJienfd^en in 2BöIfe
(SBcrwölfe). 93ar unb SlBolf ftnb böufig
in Söappen aufgenommen, leben aber nod^
weit {läufiger fort in unfcren ©efd^Ie^tö-
namen, wät)renb ber %ü<i)i faft auöfdf)Iie6*
It^ auf bie DtoHen tti ©d^laufopfe^ in
lsabel unb ü}Järc^en angewiefen ifi.
S)er SBagen ber %xiX}{a war nac^ bcr
Sage mit jwei Äa^en befpannt; ba aber
altn. fres nic^t bIo§ Äater, fonbern auc^
93är bebeutet, ^at man neulid) gar nid^t
uneben bet)auptet, köttam fönnc au^
fressum entfprungen fein unb bct ©öttin
ftatt beö Äaiengefpann^ ein JBärgefpann
jugc^örcn, wie Spbeleä 2öagen 8öwcn
jogcn. .^a^en unb SBiefct gelten übrigen^
für Huge, j^auberfunbige Siere, bie man
fc^ü^en mu^.
^0^ üertrauter lebte ba^ Qlltcrtum
mit ben 33 ö g e I n , bie oermöge i^rer
grofen iSeweglicl)feit leidet gci^er^after
erfdjeinen fonnten al<^ bie ©äugcticte.
Tlit Äornfpenben würben bie Heineren
unter it)nen geneigt gemad^t, ia^ fte ben
55luren nid)t fd^abcn fodten. ©öttcr unb
©öttinen pflegten ftd^ nadf) iöelieben in
Ü3ögel ju »erwanbeln, aber aui^ ben iRiefcn
war biefe ®abt eigen. Saropita , bet
c^iinifdl)e ©ott, fliegt »on einer «Statte
jur anbern. SDie gried^ifd^en ©ötter finb
geflügelt, wie bie jübif^cn ©ngel unb
bie altbeutfd^en Jungfrauen (Sdf)WanfIügeI).
S^iorbifcfee ©ötter unb [Riefen tragen ein
2lblerEleib (arnarliam), ©öttinnen ein
galfenflcib (valsham). Der 2öinb wirb
a\i Dtiefe unb Qloler barge^ellt.
S)ag ^auäoögel aU Opfer gebient
bättcn, ifi wenig befannt. Dagegen
würben mit iüorliebe ^dtinc auf ^eilige
Säume gefegt, unb möglich ifi, M^ bie
d)rifilid)en ©laubcnäbotcn auä ®d)onung
für biefen ^eibnif^en SBrauc^ auc^ bem
ücrgolbeten >^a^ne, bem Sinnbilb ber
2Bad)famfeit, ein ^lä^d^en auf unfercn
Äitd^türmen eingeräumt. effel)arb erjdblt,
wie bie ^unnen ben ^af)n auf bem Älofier
St. ©allen gefürchtet al« bie ©ottfiett be^
Orteä.
Der ^blcr ifi ber Äönig ber 95ögel,
Sotc bc» 3cuö; bcr SRabc ifi fflolf unb
gud)ä unter ben befieberten ©cfd^öpfen,
er beft^t bie f^-rc^gicr bcä einen unb ju^
glcid) bie .Klugheit beö anbern. 3*^^^
JRabcn (wie jwei ÜBöIfc) ftnb Dbin« Öc*
gleitcr; fte bringen i^m Äunbfdjaft »on
allen ©reigniffen. [Raben ftnb auc^ bie
^eilige liere.
275
Se^tfitcr be« {^eiligen ©rcgor, h)ie beä
i^eiliften SDJeintab, beffcn ÜJlörber ftc ald
Slntläger Dcrfolgen. ®ic ftnb ^auptfdd^Iie^
tebcnbe Sögcl, rate bcnn bit ißögel über*
l)aupt it)re eigene Sprache Ratten, bie ber
SD^nfc^ baburd^ üerftc^cn lernt, ia'^ er
eine raci§e @(^tange i§t. ©d^raalbenju
töten bringt Unheil; i^re iWeficr barf
man nid^t berüt)ren. 2)ie m^tt^if^c ®igcn=
l)eit beö @ (^ ra a n ^ befunbet bie ©age
»on ben Sc^raanfrauen unb bcö jierbenben
3;icreö ®c[ang. 2)er «S t o r c^ raurbe
ebeufallö »ereljrt, raie er nod) ^eute, tro^
beö abfct)ä^enben Urteilä ber IRaturforfc&cr,
bem öolfc me^r gilt, aU er oerbienen
mag. dlad) friefifc^em Solfäglaubcn treten
SBanblungen be«s ©torc^ö in SWenfc^ unb
hii iIJlenf(|en in @torc^ ein. 2)er Specht
Würbe befonberä »on ben iRömern geebrt,
J)od) aüi) bie 2)eutfc^en Üannten ben
93eoiiulf (Sienenraolf b. i. @pecf)t) raol)I
unb in ?iorraegen f)ei|t ber rot[)aubige
©cftraarjfpedjt (äertruböoogel, ta er bie
»enüünf(i)to SacEcrin ®ertrub i|i, bie ben
l^ungrigcn ^errn tro^ be^ @egenö, ber in
i{)rem Äud^cnberg ftc^ jcigte, mit leerer
^anb Don ber 2()üre raie^. (Sine ®pur
beö ©Ifierfultu^ bauert nod) in
53oitou fort, reo man il;r ju ß^rcn auf
ben ®ipfel eine^ t)o^en Saumeä einen
Strauß üon ^eibe unb Sorbecr binbet,
raeil fte burcfe itir Ocfc^rei ben ßeuten tai
Sia^cn bcä SBoIfeä üerfünbet. 3n att=
bötimifcfecn ßiebern ifi ber «Sperber ein
I)eiltger Sogel unb rairb im ©ötter^ain
gehegt. <äuf ben Qijlen ber @id)e, bie au^
bem ®rabc be^ (ärf^Iageneu fprie§t, ft^cn
beilige Sperber unb öcrfünben gcfd)c^encn
SWorb.
211« fonberbarfier unter ben iSügeln
gilt ber Äudfud. ©r ifi ein *prop:^et, ber
ni^t nur tieiratslufiigen ßeuten angicbt,
toit lange fic noc^ lebig bleiben miiffen,
er raci§ aud), raie lange ein jebe^ nod)
leben barf unb jeigt bur^ feinen SHuf bie
guten unb böfen 3"tläufe an. 93alb ijl
er ein uerraünfc^ter 93äderEnc(^t, ber jur
©träfe für feinen ®eij bie 2ßelt burdjirrt
unb raeiefagt, babei aber bie ßeute oft
narrt; balb ifi er ein ®^ebrcci)er, ber Uns
frieben ju fäen bcmül)t ifi; balb ifi er
gar ber Seufel felbfi; in *j8olen aber ifi
er ein f erraanbcltcr ®ott , raie er in
®ac^fen„Äududt)am^äoen"(r>om^immcl?)
bciit. ®au(^ ifi aud) gleid)bebeutcnb mit
ytaix, babcr bie SRebensarten: 3d) tumber
®auc^, tumber benn ein ®aud), ber trcitc
®au(^e8 ^oubet. 2>af aber bem Äucfud
aüertei 6puf jugetraut wirb, beraeifi hai
»ielfad)e ajorfommen feinet SJiamenä cdi:
©auc^^berg , ®uggiöberg , ©ödtcrliberg,
Äudfudeifpeid^cl, Äududöbrot, ®au^lau(|,
Äurfucföblume, ©aud^^eil K
Sßon ben flcinen Singüögeln ifi bie
ÜTl a c^ t i g a 1 1 nod^ befonberd ju nennen,
bie im ÜJtinnefang gro§e 93erf)errlid)ung
pnbet. 2)er Tl\)t\)v.i, t>a^ fte i^re tot*
geborenen Äinber lebenbigftnge , f^cint
nid)t beutfd^en Urfprungö ju fein. S)er
Saunfönig lebt ebenfalls im ÜJlärd&en
fort, boc^ in größerem 2lnfel)en ber ^eilig*
feit fc^einen befonberö nod) iRotfe^ld)en
unb TOeife gefianben ju liaben. (jrfiereö
gcraä^rt bem ^aufe jeglidien <Sd)U^ unb
jicfjt im iRufe, ia^ ti Slurnen unb ^Blattet
auf tai ®eft($t ber (5rfd)lagenen trage,
bie auf freiem ^elbe ober im SOBalbe liegen.
Die üijcife aber, alji. meisä, agä. mäse,
nnl. meze, geno§ in ben SBeiätümcrn
cineö ©c^u^e^, ber offenbar oon einer
botien ^ciligt)altung be« SSogclä jeugt:
9Ber t>a fet)et ein Sermeifen, ber fal geben
ein topped)te Rennen unb jraclf ^unfein
unb fcc^jig ©^iüing Pfennig unb einen
|)elbeling. SBer eine Äo^lmeife penge
mit ßimen aber mit ©lagegarn, ber fal
unfermc ^errn geben eine falbe ^enne
mit fteben ^unfein. SBer ein ©terjmcifc
fa^et, ber ifi umb Öeib unb ®uet unb
in unfern $errn Ungnab.
2)ie@d)lange erfdbeint alä ein ^cil--
bringenbcä, unnerle^li^eö Sier unb üotl-
fommen für ben l^eibnifc^en .^uttuä gc=
eignet. 2tn ben ^eilbrunncn lagen
©d^langen, unb ben 6tab tii ?I^flepiod
umraanb eine folc^e. '^üx ^otrimpo^
unterhielten bie alten (Preußen eine gro§c
©d^lange, unb bie *Priefier Ijütcten fie
forgfam, betteten fie in Äorniit^rni unb
näbrten fie mit iWild^. Sei ben öetten
f)ei§en bie ©erlangen OTilc^mütter (peene
mahtes), fielen unter bem ©d)u^ einer
^ö^eren ®öttin, ber Srelifia, raclci^e ben
Gintretenben jufc^rie, man fotl i^re peene
mahtes ungefiört im |>aufe laffcn. 5lud^
bie ßittt)auer perebrtcn ©(^langen, hegten
fre im ^auö unCi brad^ten ibnen Dpfer.
©er ägpptifc^e ©d^langenbienfi ifi aue
ber ©ef^i^te beä iöraelitifd^en iBolfe*
befannt. %a^ bie ganjC J^eibenroelt fc^eint
ben ©d)langenfultuö ju Fennen, raiibrenb
in ber S^rifienbeit ber begriff böfer,
tcufiifc^er ©d)langen forraaltct; raäbrenb
bort bie ©ct)lange ein x^erraanbelter SDienfc^
ifi, fprid)t l)ier au^ ibr ber tü(fifd)e 23er=
fübrer. Die longobarbil'(^c ©age erjä^li
276
^eilige lictc.
pom Äampf eincö fcuerfpcienben Itetlein«
mit einem ööwcn unb Sßolfbiettidb :
iWun ^öret burdf) ein Sunber, tt)ie ba«
licrlein ifi genannt,
e« ^cift ju »elfd^ ein 3"nfcet, ju teutfd^
ein saribant,
3n ©ittenlanb nocf) (S^ren ijl eö ein
vipper genannt.
(Unter ©ittenlanb njirb tt)a^rf(f)cinlicf) bet
Äanton SffioKiö gemeint fein.) 3m votU
teten SSerkuf be« l'iebeö erfährt man, t)a^
immer nur jmei folc^er Pipern lebten,
inbem bie jungen balb nac^ ber ©eburt
i^re Altern auffrafen. 3m 3ura t)ei|t
eine geflügelte unjierblic^c €d)lange mit
biamontenem Qluge vonivre (vipera). 33on
^auöf($)Iangen unb Unfen gel)en nod^ je^t
Piele Überlieferungen. iMuf SSJiefen unb
SQßeiben, fogar in bie Käufer fommen
@d)Iangen ju (infamen Äinbern, trinfen
3WiId) auö ber ©d^üffel, mobei fie, wie
beim 33aben, bie ©olbfrcnen auf bie ®rbc
nieberlegcn. 2)ie Äroncn bürfen aber
niemals entmenbet nietben, benn baö
bxdä)k bem .^aufe gro^cö Unglürf; aucfe
barf man tk €d^Iangen nid^t tören, fonfi
fiirbt i^r @c^ii|Itng, tai Äinb unb
f(f)minbet unmieberbrtnglic^ ber 0teid)tum
in ^auä unb €taU. |)of unb jjelb. 2Ber
ober ein Dtternfrönicin finbct unb bei jic^
trögt, ber mirb baburd) unfi(f)tbar unb in
ber tjolge jieinreic^.
^er 3) r a d) e , lat. draco , al)b.
traccho, agf. draca, altn. dreki, in ber
Edda ormr, angelföc^f. vyrm, a^b.
wurm, got. vaürms, ifi eine flcfliigelle
©d^Iange. Der ^rac^e, melier Ärimt)ilb
gefongen pit auf bem I)ra(f)enftein, fommt
burd) bie 8uft gefahren, ber anbere, ben
Siegfrieb, t>om (Scf)mieb auögefanbt, früher
tötete, liegt unfüegenb an einer ßinbe.
Iiiec war ber ebbifct)e i^^fniif' ein SWenfd),
ber SCßurmgejittlt ongenommen ^atte, im
©iegfriebÄlieb lintwnrm, fonft aui) lint-
drache unb heidewnrm genannt. SWit
lint finb Diele ^rauennamen gebilbet, j. 93.
©igilint, unb ed fönnte ma^rfc^einli^
biefe Benennung aud) für ben i>ra(J)en
ben 93egriff ron ®Ianj unb ®cf)önbeit
tntf)altcn. 1)ai Altertum ^atte aD*
gemein bie iSorfiellung, ta^ Drad^en auf
reeid^em (Solbe liegen unb baDon Ieu(J)ten
I)iefc <Bd)'a^t bewachen fte unb tragen
fte naditö burd) bie ßüfte. 2)aä ®oIb
bei|t wnrmbett. I)radf)en finb geiji^,
ncibifd), giftig unb flammenfpeienb, iie
baben if)rc heimwist in einem l^ah,
metfen 3taud), flammen unb 2ßinb unb
fpeien geuer unb ©iter. 2lmt ber gelben
mar c^ nun, mie bie (Riefen, fo bie ge*
»ifferma^en bomit ibentifc^en Dramen
auf ber 2BeIt auszutilgen. Jbörr felbjl
bctämpfte ben ungeheuren midgardsorm,
unb 6iegmunb, Siegfrieb, 93coDuIf jief)en
alö tapferfie Drac^enüberminber ba. 5^"«"
gefeilt ftcf) eine 2)'? enge anbercr, mie fte
nai) Qixt unb Ort aflentt)alben a\xi bem
8d^ofe lebcnönoüer ©agen erftel)en. 2)er
fc^önen J^ora ©orgartiiijrtr mürbe ein
fleiner lyngormr gefdientt, ben fie in ein
Ädjic^en auf @oIb bettete, ©ie er mud^g,
mudbö awä) iai ®oIb, foba§ bie Äijlc ju
eng rourbe unb ber 2Burm fid) im ÄreiS
um bie Äijte legte; balb mar fein SHaum
me^r in bem ß'^tiier, er legte ftc^ um
iiai 3'"i'"ei ""^ nal)m ben @df)tt)an^ in
ben SD^unb. SRiemanb liefe er in baö
®emadf) alä ben Slßärtcr, ber i^m ju jebcr
SWa^ljeit einen Dc^fen brad)te. Sf^un
würbe bcfannt gemacht, mer it)n erlege,
foUe bie Suifl^'»" W Sri"* unb fopicl
®oIb, al^ unter bem 2)rad)cn lag, jur
Stu^lieucr empfangen. 2)iefen S)ra(^en
übermanb ütagnar Sobbrof.
Qlufeer bem ©olbee^ort aber, ben bie
gelben alä Seute baoontragen, entfpringen
nod^ anbere Vorteile auS bem ®ieg; ber
®enufe beS ®rad)enf)erjenö bringt Äunbc
ber Jierfprad&e unb tai i8ejirei(^en mit
bem SBlut gärtet bie ^aut gegen aüe iBer«
le^ung.
©ogar einige ©puren Don Ääfer*
f u 1 1 u ö fmb ßorlianben. 2Bir nennen
ben iJonnergugi in unperfennbarcm
93ejug auf I)onar, bann ben ®oIb5 unb
SRopfdfer, bie mie bie 2!)rad)en aU
^eilige unb felbjt golbcne liere ©df)ä^c
bcmac^en, nor aüen ober baS ÜJIariens
f ä f e r cf) e n , auc^ ® otteäf ül)lcin, ® otteäfalb,
^errgottöfalb , SWarienfälblein genannt.
2llt mufe tai Ätnberliebd^en fein:
2Rarienfnferd)en, flieg' auäl
I)ein ^äu0d)en brennt,
I)ein ä>Jütterd)en flennt,
I)ein 95äterd)en fi^t auf ber ©d^meKe.
tJlieg' im ^immel aui ber ^oQe.
2(uö ber Äfaffe ber mirbellofen liere
finb ferner einjig nod^ bie 93 i e n e n ju
nennen, bie no^ aui bem golbenen QiiU
alter, anü bem oerloren gegangenen
^arabieö übrig geblieben ftnb. S)er lau-
tere, fü§e |)onig, ben bie 93ienen au§ allen
931üten fangen, ifi ^auptbefianbteil bee
©öttertrantö, t)eiliger ^onig bie erfie
©peife, bie bcö eingeborenen Äinbeä Sippe
berührt. ®rimm, Tlt)t\)o\oQii.
|)einri(i), atmet — ^eiiatcn.
277
^ctnrit^, armer, feei^t bot ^elb einet
Don ^artmann pon 3lue poctifc^ beat*
beiteten ßegcnbc, beten lateinifc^c Quelle
noä) nic£)t gefunben »otbcn ifi. ^eintid)
»on 5lue, ein SRittet beejenigen (Sefc^Iec^tc«,
bem bet 2)icbtet felbet aU Tiienfimann
angeptte, lebte im iPoügenuffe ^öd)ften
(Jtbcnglüd e^ , aU et »on einem 'Jluöfa^
befallen roitb. ^Hc JRettung fc^eint t>etÄ
gcblid), aud) baö SDJittel, mitbemi|)m ein
2(tjt ju @aIetno befannt mad)t, namli^
tai fteittiüig füt i^n oetgoffene ^etjblut
einet teinen Sungfioi^ fd)eint ibm unct=
tei(t)bat, unb et oetf^enft beeftalb feine
(Sütetan SBernianbte, *Mtmeunb®Dttcöbäus
fei unb bcbiilt füt fi^ nut einen SDteietbof,
wo et oom 3!)Jciet unbbeffen ^^tau un») einet
8 jäbtigcn Socbtet Atifllicf) oetpflegt »itb.
3iacb »iet S^bi^«" c'P ^f''^ ^^^ atme ^leinticfe
feinem SlWeiet mit, wai bet ©aictnitanifcfce
Sltjt ibm gcfagt, unb bicfe SRQcbtid)t maä^i
auf bie Sungf'^nu einen fold)en SinbtudP,
ta^ ftc fid) entfchlicft, fxä) füt ibten |)etrn
ju opfctn. SDlit *JJJübc btingt ftc bie
(ättetn äui Sinmittigung in ibt SSotbaben
unb jicbt batauf mit bem Ätanfen nacb
©aletno. @(i)on ijl bet Qltjt beteit, bem
3!J?äbcben tai ^etj auöjufdjneiben , alö
iHeue unb ÜJJttleib ben ^ettn etgteift, ia^
et ftd) untet bem fdbmetcn JoAe bet Ätant«
beit ju bleiben entfcblieft. ®ott abet bc«
lobnt bie Dpfctfteubigteit iti Watä^mi
unb bie c^iiftlid)e Untetgebung ibteö |>ettn
in fein 25etbäni^niö babuti^, t)a^ et ^ein^
ttd) auf bem SRürfmcgc b«ilt. £)ie Öegcnbe
fdblieft bamit, ta^ ^äm\ä), micbet ju
®ut unb 6f)ten gelangt, bie Jungftau ju
feinet ©cmablin annimmt.
betraten unb ^o^jciten» (S^ ifi jwat
fd)on im Qlttifel ©b« »"" ^ocbjeiten bie
JRebe gcmefen; l)'m mögen nacb .^tiegb^
33ütgettum II, Qlbfcbnitt XI einige be^
fonbete biebergebötenbe 3"Öf ^^^ ^^^
fiäbtif^en ßcben be^ fpäteten SWittclalter«
jufammengeftetlt metben. Dffenbat galt
bie geiet bei •^»ocbjeit füt ben jiäbtifä)en
Sütgct alä ein eingteifenbeteö unb mefent*
lidbete^ Seben^moment, aU eö füt bie
böfif(^e ©efeüfcbaft gewefcn wat; nidbt
bIo§ bemegte ficb bet tittetlicbe giauen«
bienft abfcitö oon bet Sfie, fonbern bet
®eijt beö SRittettum^ beootjugte übctt)aupt
mel)t folcbe gePe, meiere mit bet Stellung
beö iRittetö aU foldbem jufammcnbingcn,
gonj befonbetö bie ©diwettleite, ben |)of5
tag, baö Sutniet u. bgl., gejie, tt)eld)e eben
bie böfifcbe 3^^* untet bem ®efamtnamen
höchzit, höchgezit jufammenfa^te.
Stfi in ben ©tabtcn bing bieö ^efl bet
(S,i)mn%ii)ünQ enge mit bem ßebenäbeiufe
beä iBütget^ jufammen unb blieb füt bie
Sejeicbnung ^odbjeit an biefet Jeiet baften.
j^eitaten waten in ben ®tabten bäufiget
al^ fe^t, wie benn offenbat biet iai sijott
j^agej^olj, bo^ utfptüngli^ ben 99e*
ft^iet eineö iJJcbengutcö bebeutctc, bie SBe*
jeid)nung füt einen 3unggefeflen gewotben
ift. 6^ gab ©table, wo ^agejlolje webet
Statöb^^t wetben, nod) in bet 3u"ft "1^
ilfJciPet aufgenommen wetben butften
SBitwet unb SBitwen fetbeitateten ftd)
fd)neQ wiebet, oft befot iai „5abt bet
^lagc unb beö Öeibc^" abgelaufen wat;
ja jweite unb btitte 23etf)eitatungcn fAeinen
in I)eutfcbtanb fogat bie SRegel gewefen
ju fein. 93iö inö fpätc SO^ittelaltet wutbc
nicfet bie titd)licbe Itauung, fonbetn bie
Setlobung aU ^auptaft bet (Sbefcblief ung
angefcben. 3iimet nnd) bcjlnnb bie iöet?
lobung ob« 53etttauung auö ben
btei ^ften, 1. au^ bet Sctabtebung übet
Stautfcba^ unb SKitgift, 2. au6 bet Äcn*
fenöctflatung beö Satetö unb bcö (Sbe«
fetfptecbenä »on ©eile beö ^tciet^, unb
3. au^ bet ^anbiei cbung, beö ^ anbs
f(blag^,^anbfiiei(^ö obet be^ 9Bein*
fauf«, wcld)ci alleg Dramen füt bie
eigentliche SBetlobungö^Ietmine ftnb; fie
fanb inmitten bei beibctfeitigen 25ct5
wanbten ftatt unb befianb in betOSejabung
bet an Staut unb Stäutigam getidbteten
^tagc, ob ftc einanbet bfitaten wollen,
aüi Umfa^ung unb 93tautfuf; t>on je^t
an biffftt bie 95etlobtcn ©emable,
fpätct biö jut J^^ff^Jf't immet nocb ©taut
unb Stäutigam. £>ie beiben etjien Qlfte
Waten bäufig mit bet 'Jlbfaffung einet
fcbtiftli^en Ut?unbe übet bie Qluöftattung
unb ben ©tautfcba^, mit bet Qtudf!etlung
eineö ©be^ticff^ u"b mit bet Setemonic
»etbunben, i>a^ ein Sßetwanbtet obet i^teunb
bie 33tautleute fötmlidb jufammengab. ^ai
leitete gef^ab balb tuxd) einen Saien,
balb but^ einen ©eijllicben. ©efeüige
^efilicbfeiten fanben nacb bet 33ctlobung
im J^aufe bet Staut, im iRatbauö obet in
einem Älofiet jiatt unb befianben in länjen,
©dbmaufeteien unb Itinfgelagen ; iWamen
füt biefeö i^efi fmb ßautmetung, b. b-
öffentlicbc Sefanntmad)ung, weil aud^
Uneingelabenc beiwobnten, Üffenbatung
unb QJotgift, Sotgabe.
2)ie Äopulation, ®infegnung,
Senebiftion in bet Äitd)e, Äitd)*
gang,®olemnifietungbet Q.\)t obet
3ntbtonifation fanb fietä in bet Äitcf)e
278
heiraten unb ^od^jeiten.
jiatt; taii Dorauäge^tnbe breimaUge firc^*
licfce 51 uf gebot, fc^on jur römifc^m
ÄatferjcitDor^anben, war feit bcm 13. 3«^!'
hunbert ein Äird^engefe^. 2)ic Äopulation
tourbe an einem beliebigen läge in ber
2Boc!)e gehalten unb ^»ar SBormittagö nad^
ber SDteflte. iJJJcfircre Sage frütjer fanb baö
Saben in einer iöabfiube fiatt, n)orauf
eingelabene Scrwanbte unb ^reunbe, au(J)
S)ienflboten bii ^aufc« im ^aufe ber
SBiüut ober tii Sräutigam^ bertiirtet njur»
bcn. 2)cr Srautfranj toax nicfet aü«
gemein gebräuchlich; bagegen ba^ Verteilen
üon Äränjen feiten« ber Sraut an ben
Sördutigam, bie iBrautfü^rer, bie Sanjlaber
unb bie ©picüeute, ni^t aber an bie »irE*
liefen ©äfie.
iöraut unb Sßräutigam gingen bei ber
Jrauung nic^t gufammen jur Äir(^c, fon*
bern \it)iQ Bon i&nen n)urbe burc^ jwci
S3rautfül)rer ba^in begleitet, wobei aud)
bie 93raut mand^mal männliche ^Jübr«
ibatte. ©cim ßn%i in bie Äirc^e mürbe
mit ©locten geläutet ober tom Jurme
i^etabgcblafen, mae man tai 3lnblafen
ber iöraut nannte, ©eiger, ßautcnifien,
Pfeifer, Trompeter ober Trommler gingen
bera 3"9f Boran, an melci)em nid^t blog
bie Scrmanbten unb ^teunbe, fonbern auc^
bie männlichen unb n)eibli(^cn SDienjlboten
teilnat)mcn. 3" 9^ürnberg gaben bie
Verlobten einanber cor bem Eintritt in
bie Äir*e bcn 9Jla^ dring, melier an
anbern Drten fd)on bei ber Verlobung
übergeben mürbe.
2)a« erfie Seilager fanb fietö im
^aufc ber Sraut jiatt, meip in ber auf
bie Jrauung folgenben 9iacftt, manchmal
aber erjl mehrere Sage fpäter. "Sn ^xanh
fürt fü{)ite babei einer ber Srautfüiirer
Die junge »^rau, auf bercn ®ammetfci)uf)cn
SBappen, SRamen u. bgt. mit ®otb unb
<)3crlen eini<efiicft maren, in t>a9 ^xauU
gemad^ unb jog if)r bafelbft bcn linfen
^äcfeu^ aui, meld)en er einen ober mehreren
bei ;5ur ^oc^^cit gclabenen SunSS^f^öf"
fc^enfte. 5tm *Diorgen na^ bcm Scilager
überreichte ber ö^c^ierr feiner ©attin bie
ü)lorgengabe, beflebcnb au^ einem ober
gmci ftibernen Sec^ern ober einem anbern
Älemob ; alä ©egcngcfc^cn! fommt an
manchen Orten ein ÜFlanuä* ober 93übe-
bcmb Dor. ©emö^nlii^ an bemfelben
SJJorgen mürbe bie junge %xan burd) bie
^o^jeitägajle fcierlid) jur 'Beffe unb in
iai ^am ibrcB ©attcn geleitet, menn
nic^t, ma« oft gefc^iab, iaii junge $aar
nod) eine fiivjcre o^cr längere 3«it ^i"'
but^ im ^aufe ber ©attin wohnen blieb'
mo i^m mit ber SBo^nung auc^ bie Äojl
frei mar.
2)ie ^odf) jeitägefc^enfc ber 23er*
manbten unb gi^eunbe an baä ^Brautpaar
begannen f($on bei ber 93erlobung, unb
jmar mar biefc^ meiji ein @^mu(f,
Sringat genannt, »om feierlid^en
Überbringen. Qtuf ber ^oc^jcit
pflegte jebcr (Jingelabene bcm neuen ®f)e=
paar fomol)l aU beiben Sltern, in beten
^aufe bie ^oc^jcit gefeiert mürbe, ein
©efc^cnf ä" malten, alö Scitrag ju ben
Äojien beö 5^M- an man(i)en Orten mar
bagegen ein offene^ Tlai)i unb ein ^xtU
tanj gebräuchlich. Jene 5lrt oon $oc^«
jciten fielen ® ^enf ^ od) jeiten; bei
5reit)od^jeiten , bie erp fpäter auf*
fommen, gaben bie ©äjie blo§ einen münb»
lidjen 3)anf. ©cgen bie foftbaren ©e*
fc^enfc ober ©^enfinen mürben la^U
rcid)e Serorbnungen erlaffen; bie ©ef^enfe
felbcr befianben in »Samuel, ^auägeräte,
filbcrgefiidten Kleibern, ftibernen Jrinf»
geraten unb barem ©elbe. 'S)ai S8raut=
paar ^atte für bie i^m gereichten 93raut*
gefc^enfe Jtinfgclber ju geben, moju an
mand)en Orten no^ anbere ®efd)enfc
famen, befonberö @peife unb Sronf für
bie ^Ungehörigen ber beim %t\it beteiligten
ßeute. ÜbeHaupt mar ber iJlufroanb, ben
man beim ^oc^jeitöfefi entfaltete, meifi fef)r
üppig; eö gab bürgerlid)e ^odijciten, bie
neun läge bauerten, üon abeligcn unb
fürfilid)cn ju gefc^meigen, unb überall
fallen ftd) bie Obrigfciten genötigt, miebers
i)olt cinfcbränfenbe aScrorbnungcn jU er«
laffen. 2)ie ^o^jeitefeier mürbe im ^aufc
ber 93raut ober in ber Jrinffiubc, bie ber
©räutigam ju befuc^en pflegte, im iRat'
t)aufe ober in einem anbern fiäbtifd)en
©ebäubc, »on ^anbmerfern auf i^rcr
3unft get;alten. ©egen bie Scnü^ung beä
Ütatbaufeä ftnb - aber ebenfalls Verbote
erlaffen morben. S)ie Sinlabung ber ©äfie
gefdjal;bur^j^ ocbjcit^laber ober Sanj*
lab er unb mar oft beritten unb »on
einem lleinen ©efotge begleitet, ©in oon
Stabt megen angejleßtcr @precf)er, bei
^ängelein ober ^egelein ober 93ors
bang dein, »om Dorge^ängten 51mtö*
fd)ilb, aucb ©benfpred^er, ©dblcn«
f er lein, trug feine 5lnrcbe reimmei« cor.
^tbnli^er DJatur maren bie ßotter ober
Sottcrer, b. b- 8ufiigmadl)er. i^äx bie
3abl ber ©äfie mar meifi ein obrigEeits
li^c^ SÜiayimum aufgefiellt. ©in ^aupt«
teil ber bod)^eitlid)cn Vergnügungen mar
^el — .^elbenfagc.
279
in ben nadbfien ÜWonaten nac^ bcr ^oi^jeit
ju ©bren ber 9teuoermät)ltcn abgehalten
»erben. Sie etfie %t\ix einer golbenen
^od^jeit wirb im 3a£)re 1661 er«
Wd^nt.
^cl, Dorn attb. helan , n£)b. fee^Ien,
»erlebten, ifi bie germanifcf)e ©öttin bee
3;obeö unb ber Unterwelt; erft fpdter, aber
nod^ in bcibnifdjer ^tit, a\i man eine
Unterfi^eibung jwifc^en ben iotcn mad)te
unb befonbere SBo^nft^e für bie ®uten
unb bie Söfen annahm, würbe bie (Sottin
|)el jur iBorfteljerin bcrjcnigen ©eiPer ge=
maäit, bie nac^ untbätigem, ru^mlofem
ßeben ba^ingegangen ftnb, unb i^r 9lame
erweiterte jtd^ ju .^»ellia, ^etla, n^b.
^elle, ^öllc, wot)er ber (^rij!lic^e
9lufent^altöort ber 23erbammten fpüter ben
Slamen ^etlc, ipölle empfing. 9Jkn baci)tc
ftc^ bie (Söttin ^el in Sümpfen ober
Ißrunnen tebenb, ober im 53erge, ^eüebcrg,
bie @ec(en ^ütenb. 3" ibrem unter?
irbifc^en ©i^e foQte bie Ü}Ji((^j!ra§e führen,
bie babcr in 3Jorbbeutf(^Iaub ber ."pelwcg
genannt wirb. Die norbifcfee ^el i(!
^atb fi^war^, ^alb mcnfdbenfarbig unb
I)at ein grimmige'^, furd^tbare^ iluöfeben.
3l)r gehört bie ^crrfcbaft in fRifelbcimr ,
wo f\t unter einer SBurjel bcr (Sf($c
2)gpbrarttt in i^rer Surg ^elOeimr wo^nt.
S)en langen unb traurigen 2Beg babin,
ben |>elweg, reitet man neun Sage unb
ül'ai)U nad) 9Jorben ju t>üxd) bunfle tiefe
5lbäler ben *Ilbgrunb binab. Über 2)ornen=
l)eiben unb ©ümpfe fommt ber SBanberer
5u einem reiBen&en Strome, ben bie®jaC(ar^
brürfe überwölbt, bie mit glänjenbem®olbe
belegt ift. Sic Ijiingt bod)fim 2Binbc unter
bem (Sewblf, bie 9JMI d)ft r a§e. 3" einem
l)oblett unb mit mäcbtigen ®ittcrn oer=
ttJabrtcn ®ebege bewacbt ein ^unb mit
blutgeflecfter 33rufi unb flaffenbem SHadben
ben Singang ju ^tU SBobnungen. 3bt
Saal bei§t Slenb, ibrc Scbüffel -junger,
ibr OJUffer ®ier, ibr Äned)t Sräg, ibre
SWagb Sangfam, i^re Sd:)Weüe ©infiurj,
ibr ßager Äranfenbett, ibr SSorbaug bau?
ernbeö Übel. S)amit bie Seele jene S)ornen=
Ijeibe nid)t barfuß überfdireiten muffe, gab
man ben Joten inö ®rab ein ^aax S(^ube
mit. Sffier ben *}lrmen auf ©rbcn eine
^ub gefdbcnft bat, wirb nic^t ftraud)eln
unb f^winbeln, wenn er bie ©faüarbrücfe
übetfd^reiten mu§; bean bort finbet er
eine Äub , Welcbe feine Seele über bie
lotenbrüde geleitet; baber man in tielen
germanifc^cn gänbern eine Äub binter bem
Sarge i)a biö auf ben Äircf)bof mitgeben
lie§. ÜJlonnbarbt, ©öttetwelt.
^clWing, alttxti SWünjßücf im balben
iffierte bee jeweiligen Pfennig«; größere
Summen Würben ju Sd)iüingcnunb *Pfun?
ben ^elblinge bered)nct.
%>tlbtnbtt{if, der beiden buoch, nennt
fid) eine im 15. 3al)i^bwnbert me^rfac^ ge?
brudte Sammlung ber unter bem Flamen
aSolfbietrid) jufammengcfa§ten ®ebid)te
iion Drtnit, ^ugbietrid) unb SBolfbietrid^ ;
ben gleid)en Dtamen pflegt man aud) feit
23on ber^agenö ®runbrt§ jur ®cfc6id)te bcr
bcutfd)en (ßoeftc, 1812, Sammlungen »on
®ebidbten auö ber beutfcben ^elbenfage,
mit (Sin= ober Qluäfcblu§ beö 91ibelungen=
liebet ju geben; fo i)i[^tn audb bie ueuejie
5luögabe ber bem 3lmelungenfreiö onge«
börigen mittell)od)beutfdbcn 2)id^tungen,
berau(Sgegeben üon *}lmelung , 3änide,
SDiortin unb 3upi^'i' ^ Sänbc, ©erlin,
1866 — 73, unb bie erneuerte Sammlung
uon Simrod in fedb^ Sanben, welche in
bie ®ubrun , ta^ S^ibelungenlieb , t)ai
fleine ^elbenbucb (Sßaltbcr unb ^ilbe?
gunbe, 'illpbart, börnerner Siegfrieb,
Ö^ofengarten, |)ilbcbranbölieb) unb "Daii
^melungenlieb jerfdllt, wonon bad le^tere
jerfäHt in: SBielanb bcr Sdbmieb, SBitticb
äBielanb^ Sobn, (Sden 5tuöfabrt, 2)ietleib,
Sibid)^ 35errat, bie beiben 2)ietrid)e, bie
9labenfd)ta(^t, bie |^eimfe^t.
^clbcnfagc. 2)ie gcrmanifcbe gelben?
fage teilt mit ben ^clbenfagen aller übri?
gen arif^en Sölfer ben boppelten Ur«
fprung aui bem SÖtpt^u^ unb ber fSolti'
gefcbid)te. 35a^ mptbifcftc Slement ber
^elDenfagc entjiebt baburdb, ta'^ einjclne
®ötter mit ber 3<^it '^^^ Sterbliche auf?
gefaßt werben, ©aburdb entpel)cn juerft
bie |)eroen; man »erga^ non einzelnen
®öttcrgeftalten, jum Seil baburcfe, ta^
burdj bifiorifcbc ©reigniffe ibr Äult au^er
Übung fam, ta^ fie ®ott^eitcn feien unb
fa§te fie nur nodb il^ gewaltige unb Dor?
jug'äweife mädbtige Stcrblicbe auf, aU
J^elben iwn göttlicJber Qlbjtammung, bereu
l'eben man in bie Qlnfiinge bcr 33olfäs
gefd)id)tc iierfe^te. ^si)xt Sbatcn würben
je^t größtenteils nid)t mebr ibrer inneren
göttlid)en Siatur, fonbern äu§ercr ^ilfe
unb linderen *DJitteln jugef^rieben, Wcld)e
ibnen bie ®ölter an bie ^anb gegeben
bdttcn; fold)en ^eroen ftnb in ber beut?
fd)en ^elbenfagc Siegfrieb, ®untber,
^agen, fettet, Lorant, üBatc, Sffiielanb,
Drenbel, .Ü^rimbilb, ^ilbe. 2)icfe ^eroen
pflegen nun mit ber 3eit eine 23erbinbung
280
^elbcnfagc.
mit 9c[rfiic6tli(f)en Erinnerungen einju=
ge^en, ber 5D?ijtt)u^ wirb lofalifiert unb
®öttlid)c« unb Wenfc^lid^eö flie§t in ein
93ilb jui'amnicn. SBa^fcn fo gröfcre unb
lebcnbige Tlt}if)m mit (Srinnerungen auö
bcm glänjcnbcn ^elbenalter, n?eld)eö gc
tt)öt)nUcl) bcm (äintritt ^oc^ organiftertcr
Sölfer in tai f)clle Sic^t ber ©efdfiictjte
üorauöjugeben pflegt, jufammen, fo ent*
t^c^t bie |)elbcnfage. 2)qö iDJptbif(J)e
an il)nen ifi ber fcfle Äern, um ben ficfe
tai ^ifiotifc^e fierumlegt. Wannljarbt,
©Otter , 3lbfd)n. n. Tit mt)tl)ifd)en
Elemente ber |)elbenfagc finb if)rer yiaim
nac^ mecfefelnb; manche Qüqt mögen in
bie gcmeinfame Urjeit ber arifd)en SSoÜer
hinaufreichen, nnberc finb iRefuUate ber
tierfd)iebenen93ilbungeperiobenberSDit)tl)cn=
bilbung; oft finb ee blof einzelne ^üq,t,
meldte an bicfem unb jenem gelben ober
on biefer unb jener Sage mptbologifcber
yiahn finb, mä^renb anbcreö bifiorifc^ ift.
Sbenfomenig aU tai mi)ti)ifcf)e ©Tement
ber ^elbenfage lä^t fic^ iai I)ijiorifd)e
Element auf eine (Jintieit jurüctfü^ten.
D^ne 3*^'f'fft fmb fd)on lange oor ber
Sölferftianberung {)iflorif(f)c 3:f)atfad)cn oon
ber Sage aufgefaft unb gePaUetmorben;bie=
felben fielen abcrmeiftenteilsberiöergeffenbeit
ant)eim, alö bie großen tiefeinfdineibenben
(Sefd^icfe ber iBölfermanberung famen, an
meli^c fid) bie Erricfetung beei fränfifd)cn
9tci(i)e^ unb bamit ber Eintritt ber ®er^
moncn in bie curopäifd)e (Staatenentwicf«
lung fnüpftc. I)iefe Ereigniffe gaben
fortan bie I)ijtorifd)c Unterlage, bie Ula^
men ber 93ölfer unb gürRen , ber «Stäbte,
ßänbcr, ^lüffe, Serge unb ffiälber, roelcfce
ben SRabmen ber ^^elbenfagc bilben, obne
bo§ man ben ®rab ber Ürfprüngiid)feit
biefe^ l)iPoiifcf)en Element« im eiuiielnen
jcbcemal anjugeben permöAtc. SBilbclm
®rimm fagt in ber (Sc^Iupbettod)tung
jur ©cutfd^cn .^»«Ibcnfage: „SRubenb m\h
in eine fefie go^ni gebunben, bitrfcn mir
unö tai Epoö ju feiner ^t\t beuten.
35ielmebt |errfd)t in it)m ber Srieb jur
Semegung unb Umgefialtung, ja, obne
it)n mürbe e^ abwerben, »enigftene bie
Äraft lebenbigcr Einmirfung verlieren,
^ier erprobt fid) bie ^dtjigfeit jur (jBoefte,
unb ein unfreieei, »erarmte^ ©cfü^l mirb
jebeämal eine iBerfd}led)terung beö Epo«
bemirfen. Ed)te gortbilbung gebt nie-
mal* au* Saune unb üöillfür, immer auö
innerer D^otmenbigfeit beroor. Ein* ber be«
beutenbjlen SWütel if^ babei obne 3tt3eifel
bie !in nerfdiebcnen Erfd)einungcn be»
obad)tctc ißerf niipfung cinjelner Sagen*
©er 3?orben bat bie ^5>clge= unb Ärafa=
fage ber €igurböfage beigcmifd)!, I;cutfd)«
ianb bie ©ietrid^«fage mit nocb größerem
Erfolg. Qlber iai glönjenbfie 93eifpiel ifi
unfer DfJibelungcnlieb. ©erabe ber au*«
gejeiAnetfie leil, ber Siftieite nämlid), ifi
lebiglid) au* einer foId)en iBerfnüpfung
berporgegangen. S^äbme man [Rübiger
unb ^ietri^i ^erau*, bie bebeutenbfien
«Dermicfeluagen unb ergrcifenbften ©teilen
mürben fehlen unb ber ganje grofc Äampf
in bie Erjü^Iung »on ©untber* ..unb
^agen* tapferer ©egenme^r oor i^rer Über«
mältigung fi<^ ^ufammenjief)en. So aber
treibt bie i>i^tung, fxiii) getränft, neue
Sproffen unb überall oerfünbigt ficb ein
böberer S^mung unb eine reicbere, gleiA*
förmigere ^^üüe be* 5lu*brucf*. Sffiabr ifi
e* auf ber anberen Seite, tai 3ieue mirb
niemal* obne Einbuße an bem lllten ge=
monnen, unb Einfa^beit unb Sßerfianb
ber ©runblagc leiben bei foldben Umbil«
bungen fafi immer; aber mir baben an
bcm erfien 2;eilc be* j)}ibelungenlicbe* ein
iBeifpicl, mie obne eine foUte Srfrife^ung
bie Sage lücfcnbaft mirb, in ficfe serfäUt
unb aümii^lid) crlifdit. Siegfrieb* Suflcnb*
leben, nur unfotlftänbig angebeutet, jum
Seil oergeffen, Srunljtlbens bamit ter*
tnüpfte* ©efdjid, e* mürbe fid) beffer,
freilid) aud) in anbercr ©efiolt bemal)rt
i)aben, menn ein neuer Strom ber Sage
märe binjugeleitet morben" ....
„3d) barf al* au*gemad)t betrachten,
ta^ bie gefd)id)tlid)en 39ejie^ungen, mcldic
bie Sage je^t seigt, erfi fpdter eingetreten
fmb, mitbin bie Sebauptung, ba§ jene
Ereigniffe bie ©runblage geliefert, aller
Stufen beraubt ifi. SRoc^ eine anbere,
nid)t gcringtre Sdbmierigfeit, mad)t bie
bamit rcrtnüpfte iBorfieflung fon ab'
fid)tlic^eT, poetifd)er *au*bilbung be*
biftorifdien j^aftnm*. I)er I)id)ter ber
9iibelunge 9'Jot mufte banac^ tiorfä|lic^
dironologifc^e SÖcrfiö^e begeben unb fe^r
genau miffen, ta^ bie ©efialten, bie er
auftreten lie^ , bi* auf einige Dtamen,
©efdböpfe feiner eigenen Einbilbung*fraft
maren; gleid)er ÜBeife fonntc er ftd) über
bie Unmat)rbeit ber Ibaten, bie er ' fre
pollbringen lief, unmöglid) töufd^en. SZBic
fiebt tae in SBiberfpruc^ mit ber nid)t
blo§ in ber frü^efien ßcit» fonbern nod^
bei ben gebilbetfien ..©id)tern be* 9DtitteI=
alter* berrfc^enben Überjeugung oon ber
pontommcnen Sßaljrlieit ber Überlieferung ^
Äann man glauben, ta^ gerabe bie, meldte
^clbenfagc.
281
man fic^ ali SSerfaffet jener ffierfe bcnft,
eine anbete, ber ^lug^eit unfcter 3^1*
entfprorf)cnbf 2lnftcf)t iuct)t allein Regten,
fonfern au* mit un9ett)ö{)nUc^er ©d^Iau»
^eit oerbarc^cn ? Übcratl bxid)t ein e^r^
lieber ©lau bc an bie HBabr^eit burd^, jebe
ßutbot unb weitere Qluöbilbung galt für
eine blof'c Srgiin^ung berfelben. SJicfer
©laube tft freilieb naio, aber nicbt unt)er=
fiünfig benn er roiQ in bem ©emüte Pon
Wenfdben , bie ^iflorie unb $oefic ju
trennen nod) nicbt gelernt i)ahm. ntd)t
mehr fachen, atö bug bier nicbtä ani ber
Suft (i)ei(riffcneö , fonbern feiner legten
Duette nad) im n3irfli(f)en ?ebcn 33egrün«
betea aufgenommen fei. ®c^t man nodb
Ibinju, bal auf eine Jßabrbeit biefct Qlrt
iai (Sanje, mie jeber einjclne leil, »oü^
fommen bcnfelben QInfprucb macbcn fönne
unb nacb einer bifiorifcben S^iitfacbc ju
fragen ncrgeblid), ja finnloö fein würbe,
ba in biefer poetif^en ßduterung unb
^erübcrnabme in tai ®cbiet beö freien
(Sebanfenö jebee äu§erc 'JJJerfmal beö
(Scfdbic^tlicben teid)t eerfcbminben mü§te,
fo ^at man, wie eö mir fc^eint, ta^
SRi(^ttgc."
5Dae @po^, raelcbeö tai ganje
Seben ju crfaffen ftrebt, fann ben ©lau«
ben an überirbtfdbe 2)inge nicfct bintan»
fe^en, nod) bie SOßeife, wie er ftd) äu§ert,
ibr unbefannt bleiben. 6^ wirb bort
immer ein wefentlicbe« SIement feinet
Snbatteö pnben, ja, eä fcbeint mir obne
eine fol<^e ü)Jif(^ung beö ßeibticben unb
©eifiigen gar ni($t befieben ju fönncn,
etwa wie ©efang bcibeö, 2Borte unb Jone,
»erlangt. Äcinem ©ebicbte, wenn e^
wabrbaft bcfeelt ift, fcblt innere Sebeu«
tung ober eine fittlicbc Grfenntniö; aber
nicbtg bcred)tigt un^ biö je^t ju ber iBer«
mutung, ta^ bie beutfd)e ^elbenfagc auö
Grforfc^ung göttlicber 2)inge ober au^
einer pbitofopbifi^ben Sctracbtung über bie
©ebeimniffe ber SWatur bß^^Dorgcgangcn fei
unb in einem ftnnbilblicben 'ilusbrude
berfelben ibren erflen 5tnlaf gefunben
t)abe. ®ie felbfl bat, fo weit wir jurü(f=
blitfcn tonnen, fldb aUejeit neben ber ®e=
fdbidbte ibren $ta^ angewiefen. S)ie ßie=
ber, weldbe bie ©age oon bem auä ber
6rbe geborenen ©Ott IbuiPo unb feinem
©efcbicdbt entbielten, bie Sacitu^, ©erm. 2,
alte nennt, ftnb untergegangen; meiner
5tnft^t na^ bcfianben fxt neben ben ^iU
bcnliebern, bergleic^en jene waren, wcldbe
bie Sbaten beö Qtrminiuä feierten."
SDian pflegt bie ©cnfmdlet ber gelben»
fage auf üerfcbiebene iffieife ju gliebcrn;
entWeber na^ ben ^auptbelben ©icgfrieb,
2)ietri^ oon Sern unb ©ubrun, ober
nac^ ben beibcn großen Spopöen iJiibe«
lungenlicb unb ©ubrun , benen man t>u
jablrciciben flcineren ^elbengebidbte nai^
älterem Vorgänge unter bem Siamen
^elbcnbucb gegenüberfteüt; ober man
fieüt eine Qlnjabl ©agenfreife auf, meifl
nicr: 1. ben niebcrrbcinifdben ober frdnfis
f^en, bcffen ^elb ©iegfrieb b^i^t;
2. ben burgunbif^cn, mit ©untber,
©ernot unb ©ifelber, Ute, Ärimbilb unb
SSrunbilb , ^agen unb 33olfer; 3. ben
ofigotifiien ©agenErciö, bcffen ^cl«
ben au^er S)ietridb oon Sern, ^ilbe«
branb, Solfbart, iJBolfbrant, SZßolfwin,
©igefiab unb Jg)clfricb bcifcn; 4. »on
5lttila, woju bie |)ctben SRübiger, ^a'
Wart, '^unQ unb Srnfrit fommen. (So fallt
in bie 5lugen, t)a^ biefe ©lieberung, weil
rein örtlicfc, ni^t im urfprünglidben 2Befen
ber ©age begrünbet fein fann. Ublanb
nnterf(^eibet bie ©agen »on tm '}tmc=
hingen (2)ietricb oon Sern) , ben 9tibe=
lungen unb ben ^egelingen (©ubrun).
2)ie auä bem Äreiö ber bcutfcben'^el^
benfage crbaltcnen ©ebicbte ftnb folgenbe;
A. 5tmclungenfreiä.
1. ^ilbebranbälieb, frebe biefcn
5lrtifel.
2. ©igenot; I)ietricb ßon Sern wirb
oom SRicfen ©igenot überwunben, in eine
|)Dblc geworfen unb jule^t non feinem
Sleijier ^ilbebranb, gegen beffen 9flat er
auägeritten unb ber ben 9tiefen crfi^Idgt,
auö ber ^aft erlöft.
3. ©den *}luäf ab rt. S)ic ÄiJnigin
©eburg üon 3o^9'^it" i" 2irol wünfdbt
2)ietrid) lebenb gefangen ju feben. Sdc
jiebt Don ©ripiar (Äöln?) aud, um ben
Serncr ju bringen, »erliert aber im Äampf
baö Seben. S)ictrid) beflagt feinen Job.
4. ß aurin. 2)ie |»elben ju Sern
unterreben ficb über 25ietrid) unb prcifen
feine tapferen 2;b«ten. '^ux ^ilbebranb
Witt nidbt ganj jujiimmen, ia ber ^clb
nod) nid)t mit S^'f^SC" gefämpft ba^c.
S)arauf 5luöjug nad) bem 9tofengatten
bcö 3wergtömg^ ßaurin , bem ©ietri^
ben 3t>il'crgürtel nimmt, ßaurin gewinnt
feinen ©dbwager SDietricb, beffen ©cbwcfier
©imilte er geraubt, für ftdb unb rettet
babur^ fein ßebcn.
5. 2)er iR ofengarten. Ärim|)ilb
bält |>of ju gSormä nnb ^at bafelbß
einen fcbiJnen iRofcngarten , aU beffen
282
^clbcnfagc.
^ütcr ©iegfrieb unb eine SJnja^l feinet
gelben bcfiimmt ftnb; «er btefc i)üter
beilegt, tion bem entbietet ftc^ Ätim^ilbö
93ater fein ßanb ju ßct)en gu ncbmen;
aufeerbem fotlen bie ©icger einen dofen*
franj unb einen Äu§ öon Ärim^ilb jum
So^n erltalten. 5luf ^jübebranb^ eintrieb
mad)t fi* ÜDietric^ üon Sern auf, um
ben Äampf ju befielen, tüttfli^ hjcrbcn
©iegftieb unb bie Sutgunben^elben über*
»unben. 5llä eigentümlid^pe i^iflur tritt
in bem ©ebicfttc ber Tlön^ S^fin ""f»
^ilbebranbä ©ruber, ber 3a()r^unberte
lang eine Sieblingöfigur beö beutfdien
SBolfeei blieb.
6. 2)ietrid)« glud)t. Sietric^ öon
Sern n)t\ä)t, um feine fxcben gefangenen
(Redten, n?eld)e Srmenrid) aufju^ängen
brot)t, t)om 3;obe ju retten, »on feinem
@rbc ju ben ^unnen.
7. 9t ab enfc^Iad^t. S)ietrid) flagt
an ®|el^ ^ofe um ben 33crlufi feiner
ßanbc burd) ben aüeö »ermüftenben ©rmen^
xxdt) unb erhält »on (5|el ein ^fjeer, feine
ßanbe mieber ju erobern; auc^ giebt ®|et
bem Sietrid) feine bciben 6ö^ne mit, für
bereu fieben ficf) 2)ietricö bei ber SPfJutter
oerbürgt ^at. Sor SRaoenna lä§t S)ictri^
fte nebji feinem eigenen 93ruber S)iet^ar
unter ^Ifanä Obt)ut jutüd; aber »oH
Äampfceife^nfuä)t bitten fte, man möge
if)nen geftatten, cor bie @tabt ju reiten
unb fi^ umjufef)en. SDa geraten fie in
bae feinblic^e |)ccr unb fiofen auf ben
furd)tbaren gelben Slöittic^, ber mit feinem
©dinierte Sülimung auf fie loäfiürjt unb
beibe nad) langem rü^mlid)cn .Kampfe
erfdilägt. 3)ietri^, fobalb er oon ber
(Söf)ne lob prt, »erfolgt jmar ÜBittic^
jornig; boc^ fpringt biefer inö üJ^eer unb
mirb üon einer 2Jteerfrau aufgenommen.
S)arauf folgt eine fd^merjlid) rü^renbe
Älage ber ^eld^e um i:^re Sö^ne; fte
fludjt I)ietrid)en, eergiebt i^m aber, ba
jtc feinen tiefen ©c^merj jte^t unb feine
laute Älage um bie gefallenen jungen
gelben »ernimmt.
8. *Jllp^art^ lob. I)ictrid^ wirb
oon feinem D^eim (Srmenrid) auf tgibic^^
»erbd^tigenbe 5lnfiiftung befricgt. 2)em
l)eranäiet)enben $eere reitet ber junge
5llp^art entgegen auf bie SZÖarte. SJort
wirb er oon ben ju (Srmenric^ überge-
gangenen beiben treulofcn gelben |)eimc
unb üßittid^, jtt)ei gegen einen, befianben
unb »on 2ßittid) getötet. SDen ©efaüenen
gu räd}cn bringen bie Serncr fteran unb
treiben (5rmenrid) in bie gluckt. S)ie
©ic^tung jät)lt ju ben fd)önfien ^cnf»
mdlern ber .^clbenfage.
9. «Btterolf unb 25ietleib. äßite-»
rolf , Äönig ju lolct , t»crld§t ^eimlid^
SBeib unb Äinb, um bie gepriefene iDlad^t
beö ^unnenfönigä (S|cl felbfi fenncn ju
lernen , unb begiebt ftd) unerfannt in
beffen I)ien|i. 2ilö fein ©obn ©ietleib
faum ^erangcmac^fen, befd^lie§t er, feinen
93ater ju fud)en, jiebt audb gu (56et unb
finbet ben 33ater mitten in ber 6(^lac^t.
Sine Scleibigung, ftielc^e ber junge Diets
leib auf feiner ^afirt »on ben r^einifc^en
Äönigen bei Sffiorm^ erfahren , »eranlaft
einen großen ^»ecrjug baj^in, »oju (5^et
feine ^ilfe giebt, au^ 25ietric^ mit feinen
0teden, fomie 6rmcnri(^ö ^selben mit auö«
reiten. 9?a^ ftegreid^em Äampfe fe^ren
Sitcrolf unb I)ietleib gu 6|eln jurücE
unb mcrben »on itim mit ber Steiermarf
begabt, wo fie frd) mit ben 5f)rigen nie«
bcrlaffen.
10. S)ietricf)ä 3)ra^cnf ämpf e.
liietrid) unb feine ©efetJen fämpfen mit
(Riefen unb 3)rad)en; echter Mageninhalt
mirb ^ier gänjli(^ »ermißt.
11. ®|ielö .^of^altung, eine alle«
gorif^e S)id^tung be« 13. 3ai)rf)unbertä :
^rau ©aelbe mirb »on bem 2Sunbercr
gejagt unb »on ©ietric^, ber ben ^aqtu'
ben tötet, errettet. ■
12. Äönig Ortnit »on ßamparten 1
entführt mit |)ilfe feine« Saterö , be«
3n)erge« Qllbcrid), bie Jo^ter be« Äönigö
ORardjorel »on ÜJJontebur, bie in ber
laufe ben iJiamen <5i)brat empfängt.
Über ben Sßerlufi jürnenb, fenbet bei
^önig unter bem ©d)ein »on ®cf($enfen
bur^ ben Säger Sßelle bem Äönige Drtnit
S)rad)en in« ßanb, bie ^erangewadjfen
aüeä »erwüjlen. Drtnit felbfi ^nbet im
Äampfe gegen biefelben ben Job.
13. .^ugbietrid) »on .Ronfiantinopcl
gewinnt, aU SIRäbd)en (^ilbegunt) »er«
fteibet, bcä Äönig« 2öalgunt »on ©alnede
fd^öne 2;od)ter |>ilbburg, mit ber er einen
@ot)n erjeugt. 2)iefer wirb ^eimlic^ auö«
gefegt unb »on Sffiölfen »erfd)leppt; »on
einem Jäger gefunben , gelangt et an bie
(üiutter unb wirb aSolfbietric^ genannt.
Sßalgunt willigt jule^t in bie Q,l)t feinet
2od)ter mit |ugbietrid^, ber 2öeib unb
Äinb {)eimplt.
14. SBolfbietric^, bem feine Srüber,
aU einem unechten So^ne, fein Srbreic^
jireitig mad)cn, fud)t baäfelbe mit ^ilfc
feine« getreuen ÜWeijier« 33red)tung unb
ber ®öt)ne be« tc^teren ju erfämpfen. ^Sr
^clianb — ^elm.
283.
mirb buref) 3<i"^" cnttücft unb feine
getreuen 5Dienfimannen muffen, ju Äonftan^
tinopel auf ber Waucr anaef^miebct,
3üaä)t ^aütn. iBom ßaut"« befreit, fucf)t
er auf langen 3rrfaf)rten ©eifianb ju
i^rer (Sriöfung unb jur (Erlangung feinet
©rbe«, xoai i^m erfi gelingt, nad^bem er
alä iRdd^er beö üon ben ßinbtt)ürmern ge«
töteten Drtnit bie ^anb feiner SZBittre unb
mit ibr txii ytäd) ju ßampartcn gcwon«
nen ^a\.
B. Dtibelungenfrci^.
Da^in geboren ber bömcne Siegfrieb,
iai Sßalt^avilieb, baö 9'iibelungenlieb unb
bie Älage, worüber man bie einjelnen
«rtifel fe^e.
C. |)egclingenf rei^.
©iefer ijl einjig burd) ba^ ©ebic^t
®ubrun »ertreten.
2BtIf)etm ®rimm, 2>eutfc^e gelben*
fage; Ubianb« ©cbriften, Sb. t;®räie,
I)ic grofen Sagenfreife beä SRittelatter^ ;
SRa^mann, S)ic beutfc^c ^ctbenfagc unb
i^rc Heimat.
§cHanb §ei§t bie non einem unbefannten
5Dicf)ter in altfddbftfc^er ©pracbe unb jroar
im 25erisma| bc^ altgcrmanifc^en gelben«
liebet, bem aUiterierenben, oerfafte epöpöe
»on ®f)rij!u^, bem ^eilanb. @ie mürbe
um tai ^ai)t 830, nacb einer alten
JRacbricbt auf ißcranlaffung Äaifer ßubmig
bc^ frommen gcbi(f)tet. 2)ie jtarjiellung
nähert ftdb berjenigen ber alten $elben=
gebicbtc; ba^ 93erbältni^ beö ^eilanbe^ ju
feinen Sängern ift ha^ beö ^Jürj^en ju
feinen ©efolgöleuten, unb aucf) fonji madbt
fid) ber 2)ic^ter feine ©frupel barauä,
einjelne üJiotioe unb ©egenjiänbe, meiere
ben ©ac^fen im bibltfcf)en ^luäbrudf un*
»erftänblidb gewcfen mären, in t>ai ßic^t
ber gegenwärtigen 3upänbe unb 93erf)ält*
niffc ju eerfc^en.
^cHetiartc. ^taä) SBatfemagel ifi bie
hefinbarte, helnbarte, helbarte „bie |)elme
jcrbauenbc ©arte". IRicbtiger bemerft
Wobt ®rimm, \}a^ ^clm ober ^alm fo*
t>iel wie Stiel unb helmbarte fooiel Wie
©tielayt bebeute. S5ie Jg)etlebartc ijt eine
©treitajt, bie üon SReitern unb ^u^üolf
gebraudE)t murbc. 6ie ifi jWar eine nicbt
ritterliche SBaffe, bicnte aber üortrefflidb
ju ^ieb unb ©to§. (SntmicEelt bat fie ficb
unftrcitig auö ber alten @treitayt unb
jWar baburc^, ba§ ber Stiel bebeutenb
»erlängert, bie 9ljt (bie 99arte) »erbreitert
unb fiatt be^ abgefiumpften ^aubel eine
Canäcnfpi^e angefügt murbc. 2)er ®arte
gegenüber jic^t ein ^afen, ber jum SReipen
bient.
2)ie ^ellebarte biefer gorm tritt nac^s
meiöbar erfi um taii 3af)r 1300 auf unb
jwar in bem ©ebic^te Don ßubmigä ^reuj«
fobrt, mo »on ben ^^^iefen gcfagt ifi:
Sie trugen engestliche wer, Hellenbarten
an Stilen langen Beslagen, daz selbe ir
Stangen, Vorne scharf, danoch dar in
En vir ende lange nagele sin , Gespitz
alsam crapen, die Heiden tzur erden
rizzen; sie stalten an ir grozen mort,
Die Frisen hie, gräve Burchart dort.
Qtuö ber auöfü^rlicben Sefdbreibung ber
SBaffe will man auf bie Dfieu^cit be*
®ebraudE)e^ betfelbcn f^lie^en. Die
^eOebarte f(i)eint rafc^e unb allfeitigc
Verbreitung gefunbcn ju ^aben, nac^bem
bie ©cbweijer mit berfelben i^re ^Jreibeit
gegen Dfierreid^ unb 9?urgunb fo tapfer
ju »erteibigen ge»u§t. 2ßte gcfürcbtet fte
einfi mar, fagt beute noc^ ein franjöfifcf)c«
©pricbwort: Cela rime comme hallebarde
et misericorde.
§CÜcr, mbb. ber hallaere, haller, häller«
heller, ifi, mit "Hnölaffung beö 2öorte«
Pfennig fiatt haier pfening, mittellat.
denarins Hallensis, ein ju ©dbreäbif^*
^atl geprägter Pfennig. Die ÜRünje er*
fc^cint juerft 1228. Jm 14. unb IS.Jabr*
i)unbert finbet man bäufig bie grö§tcn
Summen in Maliern, Scbitlingen (furjcn
ju 12, ober langen ju 30 ©tücfen) unb
(Pfunben ju 240 Stücfen Roller angefe^t.
5Der SSert biefer OJJünjc mar nacf) ißcr*
fcbiebenbcit ber ßnUn unb ber SlJJünj«
fiätten t>erfd)ieben, bo(i gingen meift auf
ben «Pfennig jcbeä Drtcö jmei ^aüer, ba*
^cr benn aucb ^atlcr oft mit bem ^elbling
oermec^felt mürbe.
§elra. 3u Sacitug' 3tit tonnten bie
©ermanen nocb feine Äopfbebedung. Sar«
baupt fiürjtcn fie ftcf) in ben Äampf,
firäubtcn babei bie ^aare empor, um bem
^einbe recbt fürcbterlid) ju erf(i)einen. Den
®ebraucf) bcä ^elmeö lernten fte alfo mof)l
t»on ben SRömcrn. Scbon Diobor fagt oon
ben ©atlicrn, ta^ fie ebcrne .^elme trügen,
mit Römern unb ScbäbelEnocben gefc^mücft.
@ine beliebte J^clmjicrbe ber alten Deut*
f(^en waren bie (Sberbilber, ber Jaliöman
ber Äämpfenben; aucb bie Äopfbaut ber
5lucrocbfen, bc^ ^irfcbeö unb ®Id)8 würben
in gleid^em Sinne benu^t. Der ^elm
batte oft felbft bie ®efialt eineö (fber*
fopfe^ unb war au« Srj gefertigt; ^banebcn
284
^elrn.
toai aud) bic gcllfappe nod) uielfad^ in
Oebraud^.
3ene ^eibnifd)cn ©ber^elme »urben
aud) Don bcn jum ßfitificntum bcfet)tten
(Sad^fen ün Snglonb fortgeführt , aller*
bingd nur t>on bcn l)öt)eren gül)rern unb
eornc^mcn Äricgern. 3n'fi ßycmplare finb
unferer 3«it erhalten geblieben. 2)aö eine
befielt aui Sifenrippen, »eldic firablcn*
förmig äum ^opfwirbcl emporjieigcn unb
bercn ß^ifc^cnräumc mit fAmalen (platten
Don .f>orn ausgefüllt njaren. 2)cr anbere
befielt au« treujWeiö übereinanber ge*
bogcnen Spangen, meiere bur«^ einen um
ben Äopf laufenben iReif jufammengcl)altcn
würben. iMuf beiben ©eiten finben fii)
iJortfä^e jum "itnbcften ber SBangenbanber.
2>iefer ättjcite .^clm ijl auä (Srj gemacht.
^aä) bem a!Baltl)ariltcb war ein foli^er
^etm auc^ mit ^elmbüfc^en ober 9lof«
fdjrceifen gejiert.
S)ie erfie ^iftorifc^ jtc^er nac^mciöbare
gorm credit ber $elm (abb. agif. heim,
oltn. heim, hialm, got. hilms) erfi in ber
jmeitcn ^älfte beä IL Jabr^unbertä. 2)a^
fpröbc (Srj i)at bem fd)miegfamcren ©ifen«
blec^ *pia^ gemacht, iaü anfänglich in
niebriger dlocfenform ©c^äbcl, Stirn unb
Schläfen bccft, mdbrenb unter bemfelbcn
bie auä SDtafcfcen geftricfte Äapuje unb
^aläbcrge bie SSerbinbung mit ber Brünne
^erfteüen. 2)aö ®eficf)t i(! einjig no(^ frei,
wenn aud) eng begrenzt; ciii ftarteö ©tirn*
banb giebt bem ^utc bic nötige iJeftigfeit,
unb ein com in ber iJJittc fejlgenieteter
SD^etaUpreifen (Üiafcnfd^irm , 9Jafcnbanb,
nasale, nasile) gewahrte ber 9?afc ctmeld)en
©c^u^. S)iefcr isenhuot erfd)cint balb
aud^ met)r fegeiförmig, um bie 2Buc^t ber
©treidle ju milbern, bie auf bem nä^er
anliegenben topfartigen SBorgänger immer
no(^ empfinblicfee ©ifd^ütterungen Hi ®e»
l^irn^ t)erDorrufen fonnten. S^id^t feiten
ift bie 6pi^€ beä .Regelt leicht nac^ Dorn
geneigt unb e« tritt neben bem Jlafcn=
banb aud) ber 9iadenfc^irm al« ein tt)ei=
terer Sejlanbteil t>ti ^elmc^ ^inju. 2)ie
berühmte Sapete oon Öaijeujr (1066) (leüt
bie meijlcn Ärieger in bem fonifdben .^elm
mit ^iafenblatt, aber o^ne SRacfcnfd^irm
bar unb jeigt beutlid^, ta^ biefe unbc*
queme Äopfbebcdung erfi im 3tugenblide
beö Äampfbeginncn« aufgefegt mürbe. 2)ic
^lafcnplatte De^ ®locfenl;elme^ erweitert
ftc^ in ber golgejeit in ben üöcrffiätten
ber rbeinifc^en ÜBaffenfc^miebe ju üoll=
fiänbigen ©efic^töfd^irmen, bie nur für bie
5ltmungd' unb @eftd)täorgane bie nötigen
ventaille (vintalha, venteilen) offen Iic§en,
wäl)rcnb anbere tai Äettcngefled)t unter
bem Äinn berart »erlängerten, ia's eä über
bic ©tirnc am ^elm fejigclnöpfi Werben
fonnte. Sine fol^c SBoni^tung bic§ bar-
bier, barbel, D'iocfe anbere oerlängertcn
bcn ©tirnteil ber .^apujc, foba§ biefcr
beliebig ^inaufgcfcfelagen unb ^erabgelaffcn
Werben fonnte. ®o entfianb ba^ härsenier.
(Man stroufte im ab sin härsenier." ,,Sin
härsenier von im er zoch, des twanc in
starkia hitze.") Unmittelbar auf bem
,Ropfe liegt bie lebcrne, au^enberingtc
|)irn^aube (gupfe, hübe, hüetelin, pat-
wal) alä fd)ü^enbe Unterlage, fobag ber
Äopf breifad) gefd^ü|t war, burd^ biefe,
burdi) bie Äapujc bcä hauberts unb enb»
lidf) burd^ ben ^elm. 3"i- Seit ber Äreuj*
jüge tritt no^ eine fd^Ieierartige ^clm*
becfe l)inju, wcld^e bic fprifd^cn ©onnen-
fira^len abjut)alten bejiimmt war. 2)cnft
man ftd^ no^ bie fd^wcrc 9trbeit eincÄ
fold)en Äriegcr« btnsu» fo ifi wol bic
^i^c be^ Äampfeä, »on ber bic Sänger
fooicl ju melbcn wiffcn, genügfam iUu»
jiriert, unb begreift man wo^I, ia^ ber
^elm nur wät)renb be^ Äampfc^ getragen
würbe, fonfiaber am Sattel bing, ja, ba§
er au^ in ben (Raufen beö ©efcd^tc^ ab?
gelegt würbe, bamit ber Slräger ber ©c«
fa^r be^ ßrfiicfcn^ entgebe. 3)ic Qucr=
f(^ranjc, ber wagred^tc i)urc^fd)nitt für
bie Qlugen, wirb oft burd) eine fenf redete,
nafenartige 93crftärfung gefrcujt.
SJlebcnbcm Jopf* unb ©lodcnfeclm
fommt bie lei(^tere unb bequemere fo«
genannte flcine Äeffelfiaubc in ®cs
braud), welche man aU eine Erweiterung
ber ^irn^aube ober wenn man miß alö
eine SScrfleincrung bc^ alten ®Iödfen!^clm^
bctract)tcn fann. Sie mürbe über ber
Äcttenfapujc getragen unb war mit ber«
felbcn fogar juweilen unmittelbar Der«
bunben, benn fie bilbetc im ®runbe nur
einen ®rfa^ ber ^irnliaube unb würbe
aud^ nidt)t abgenommen, wenn man ben
3;opfbcIm auffegte, oiclmc^r fiülptc man
biefen über bic Äeffcl^aube. Q.i bürftc
um bie ÜJiittc beö 13. 5fl6t^"tt^ci^t^ 9^'
wefen fein, ta^ man barauf fam, an biefcr
Äeffel^aube ein SSificr ju befefiigcn, wcl«
dl)eö bei plö^lid^cu gäUcn ber StotWc^r
^crabgefd&lagen werben fonnte, faBd ber
grof e 2;opfl)ctm nidf)t jur ^anb war. J)ie
flcine Äcffcl^aube biefcr ^orm fanb fe^r
Diel ©eifatl, benn fre erlaubte cö, fxd^
in jebem Qlugenblidc burdb 5luffd^lagcn
beö SBificr« ßuft unb freie Umftd^t gu gc*
>5>ctmbrünnc.
285
jiatten unb fid)crtc ben Äriegcr 9tci(f)h)of)I
auötücic^enb gegen ©daläge, bie naä) ^aU
unb ©efic^t geführt würben, ^^x gröltet
üla<^k{l War ber, ta^ tai Ijetniebcr^
gclaffenc iBijter aU ein rüffclartiger iöors
fprung ben feinbli^cn ©c^Iag Ieid)ter auf=
fing aU bie Duale unb ^lä^en, unb fo^
mit, wenn au^ feine 93erwunbungen , fo
bod) l^eftige ^irner[d)ütterungen julic^.
S)arum fommt mit unb neben i^r aud^
ber cinfacf)e (5ifenl)ut auf, gerunbct unb
fpi^, o^ne Sifter, aber mit breitem Sianb.
35er (gifen^ut fd^ii^t nur5lopf unb ©tirne,
wäl)renb bie (S i f e n f a p p e cud) mit 2ßan=
genflappen ober bod) öfter mit Dfirfierncn,
©c^örrofen »erfeben war.
3m fpiitercn SKittelalter tritt mit bem
QJIattenpanjer bie grofe ober ,f)od)gefegelte
Äcffeitjaube, beggelhftben (!8ecfcn=
^aubc) auf, bie mit ibrem ißiftcr iaü' *}tnt=
li^ »öüig bedt, aber bie i)Jad)tciIe ber
tieinen teilte. S)aneben ifl cö ber oben
genannte einfädle ©ifenbut unb wieber
ber Jtopfljelm in r>erf^iebener ©eftalt unb
unter ben S^iamen ©tulpl;elm, i)elmfa§,
J?übeU;eIm, ber üorjügli^ im ritterlid^en
ßanjenfampfe biente unb nod) immer über
ber einfachen Äeffel^aube getragen würbe.
Sr befict)t meifi au« brci big fünf ju=
fammengenieteten 8eberf[äd)en ober Sifen^
platten, bereu eine bie @d)eitelfc^ale bilbet,
bie fic6 im 14. 3flf)i^^i'nbert mef)r nac^
ber ^ö^e Wölbte, weil fte in biefer ^^orm
ben wud)tigen ©d)lag ber ©treitfolben
Weniger empfinben Ui§t, aU mit ber
ebenen platte. ®er „grand heaume",
weld)er anfangt beö 14. 3al)rl;unbertö in
j^ranfreid) unb ©ngtanb üblid) war, ijl
fogar na^eju eiförmig unb überragt ben
@d)äbel füfi um Äopfeöp^e. @r würbe
meijl in Serbinbung mit ben Qlc^felfd^ilben
(ailettes) getragen. 3n S)eutfd)Ianb
rcid)en wä^renb ber erfien ^dlftc be^ 14.
Sa^r^unbertf^ bie .5>clmfäfi'er no^ nic^t
auf bie ®d)ultern f)erab; balb aber »er*
längern ftc^ bie ©eitenwdnbe unb jwar
meifi berart, ta'^ ber ^elm auf ben 5tc^feln
aufft^t. Qluf Srufi unb «Rüden wirb er
fcftgefd)nant. SDie Öffnung für bie «Mugen
beftc^t entWeber aus jwei 6d)Ii^en, bie bi0=
weilen mitüHcffmg eingefaßt ftnb, ober auö
einem offenen ©palt (©et)fd)nitt) swifd)en
Äappe unb Äübel (Dber= unb Unterteil).
5ln ber ©eite befinben fi^ einige fleine
?uftlöd)er unb ein freuäförmigere:infd)nitt
äur ©efefiigung an bie ^al^fe^e. 25ie
Sopfficlme würben balb blanf, balb ticr=
golbet, balb ^eralbifd) bemalt getragen.
(Segen (Sube be« 14. 3iif"^^un^«it^
wirb ber 2;opfl;clm wieber niebriger, erhalt
aber ein 95ifier, älmlicfe ber Ä'effcll)aube,
weld)e«! entweber ÜJJunb unb Äinn aücin
ober anä) bie 5lugen mit bebedte. 6r
bürgerte ftd) jcbod) nie vööig ein, 't>a er
nic^t mit ber TOafd)enfapuje in 3u[iiwmen*
^ang gebrad)t war, unb fo würbe er benn
balb wieber »erbrängt burc^ ben gefd)lof;
fenen Äübel, ber nun enblid) burc^ «Mb»
plattung beö |)irnftüdeö fowie bur^ «Mue»
fd)Weifung bcö ®eft(^töfd)u^c6 biejenige
©efialt erhält, wcld)e er al^ ©tedj^elm
biä in^ 16. 3al)r{)unbert hinein bewaf)rt.
SDiefe Ärötentopft)elme entfprad)en il^rem
3wede »ortrcfflic^. ®cr obere Seil folgt
ber natürlidjcn SRunbung bcö Äopfeä, ber
untere fd)liegt frd) bequem bem i>alfe an
unb fteigt über Äel)lfopf, Äinn unb «Jlafc,
mit einem jlarf üorfpringenben ©rate cm*
por, foba§ er über ber ?iafe weit auä=
labet. 25ie ©e^fpaltc, weld)e ^orijontal
über biefem iBorfprunge liegt, bietet ber
©pi^e beö feinblid)en ©d)Werteö ober ber
8anje feinen *)(nbalt; bie jurüdweid^cnben
5lu§cnfeiten laffen ben $icb abgleiten;
foUbe platten reid)en auf 93ruft unb
JRüden jum Äürra§ l)erab unb gefiatten
eö, ben |)elm l)ier feiijufd)naücn. 2lber
biefe ©d)u|waffe war fet)r fc^wer (18 bi^
20 ^funb) unb foftbar, unb fo fommt
e^, i)a% fie al^ «grand heaume de jonte"
ober „tilting pot-helm" mefjr unb mcbr
bem iurniere anheimfällt, wä^renb fic im
gelbe r>on ber gropen J?effell)aube unb
bem ©ifen^utc nerbrängt wirb.
Sei ber Steiterei fommt an ber ©teile
ber erftcrcn bie fogenannte ©c^ale
(©(^aüer) auf, oben naä) bem ©c^äbel
geformt, ^erabreid)enb über 9'Jafe unb
ÜJiunb, f)inten mit einem großen ytadm'
fc^irme ober ©c^weif. Die unteren ^ax-
tieen bc^ Äopfeö würben bur^ bie Äinn»
fappe ober Sartljaube gefd)ü^t, bie
jugleid^ alö ^lalöberge biente unb om
^arnifd) fefigefd)raubt werben fonnte.
25er SBurgunber^elm brachte in
feinen 35ariationen tai Sifter ju bcfon*
berer ©ntwidlung unb jicrte ft* mit
aKern möglichen unb unmöglidjen ^^txat.
©r ifi jcbod) nic^t beutfd)en Urfprungs, wcö*
Wegen wir hier ni(^t nä{)er auf benfelben
eintreten. $auptfäd)lid) nac^ 3ät)n0, ©e*
fd)ic^te be«t 5lricgäwefenS.
.^elmfirünne ober ^elmf)aubc , auc^
SRingl;aubc bie^ man bie SDkfdjcnfapuje,
weld)e teilö ju bcfferem ©d)u|i, teilä jur
Sßerminberung bes S)rude^ unter bem
19
286
^elmsietbc — ^cvr.
^etm getragen itutbe. ®ie tvat mciji
mit ßetniüanb ober ßcber gefüttert.
^Clmjicrbc, zimier, zimierde, nannte
man ben $eImfc[)mucE, ber befonber^ bem
lurnier^elm nid^t festen burftc ©r be*
ftanb entroeber in beliebig geinä^Iten
Figuren unb Emblemen, ober er entfprad^
bem aSappcnbitbe, ba^ in glei(^er aBeife
aud) auf bem ©dbilbe, bem fflaffenrocf,
ben <PferbebecEen unb bem ißanner angc=
bracht Yoax. ©olc^er ©c^mucf mad^t ben
Präger beäfelben fd)on »on ferne fenntlic^.
Sriftanä ßimierbe ijl ein *Pfeit, Sffiigaloiä'
ein ^at, ®a|muretä ein Qtnfer ic. ©a«
neben fommen ^elmbuf*, ^«^«f'uf«^ "nb
^elmbecfe üor, n)cl(^ le^tere auö Suc^
bejlanb unb ftiie ein ÜJIäntelc^en ^erabl)ing,
balb cinfad^, balb gefaltet, batb in h)unber=
liefen formen auögefc^nitten. Sieben ben
2ßappcn fommen auc^ belaubte S^^fiö^'
*BogelfIügeI, ^örncr, 5lier» unb ÜJienf(^en*
föpfc cor.
^erolb ijl feit bem 12. Ja^rljunbert
aus bem ebenfalls erji in biefer 3£it er=
fc^einenben franjöfifct)en 2Bort heraut,
herault, in ber beutfcfjen gorm heralt
ober umgebeutet aH erhalt überfe^t njor*
ben; bas franjöftfc^e SBort ge^t aber auf
ein altt)oct)beutfd^eö, alä QlppeUatit) nicf)t
me^r nad)jutt)eifenbeö a\)t. hariowalt,
^eerroalt, ^eerbeamter jurücE, tai nocf)
im (Eigennamen Chariowaldus erfd^eint;
bic fpateren ©efialten bcä beutfc^en SBortcö
fmb infolge meiterer Umbeutungötterfu(f)e
©^rcn^olt, (51)ren{)alt, ^erolt, ^eerliolt,
alle ju ©unften »om |»erolb eingegangen;
boc^ flingt herald noc^ nac^b in ^eralbif,
SBappcnfunbe, unb in bcralbifd^. aSelc^eö
I)öl)cre 51mt in S3ejie^ung auf ba^ ^eer«
wefen ba^ beutfcbe ®runbmort urfprüng»
lid^ beäeic^nct, ifi nic£)t befannt; bag 5lmt
fclber ober unb fein 9iame mu|te in ben
romanifc^en ßdnbern noc^ unnergeffen fein,
aU man feit ber 5tuöbilbung ber ^Ritters
fpiele ben Dtamen auf einen Beamten an^
wanbte, ber über ben regelreä;ten J^crgang
bei jturnieren unb bie 9litterma^igfeit ber
baran Jeilnelmenben tk 51ufjiä)t führte,
unb jtt)ar nicf)t früher, at^ bi« bei ben
furnieren bie ?ll)nenprobc ber Siit^er unb
bie Sffiappenprobe it)reö ^lelmeö unb &)cf)ilbeö
jur ^auptfac^c beö ©pieleö geworben
tnar. Ula6) bem 14. 3f<^i-^U"^crt er«
f(i)eint tai 51mt cincä ^erolb^ alö bcrr=^
f^aftlic^eö unb faiferli^e« naä) f^unftion,
Äteibung, Qtttributen, ßel)rjeit auögebilbet,
unb ber .^erolb »virb naä) unb nad^
Äenner unb SRic^ter be^ SHittermä^igcn
aud) au§er[)alb beö Jurnierö; jugleid^ ift
er al^ fürjitidier Sote, ißerfünbiger unb
*Huärufer, namentlid) bei 51ufäügen unb
im Kriege gegen ben fjeini) Dertuenbet.
S)er ©taub ber ^§>erolbe ift ber bürgerliche ;
bod) gereid^t i^m bie Serü^rung mit bem
fabrenben Sängertum, iai jum J^erolbe*
amte beigelaffcn voirb, ntd)t ju p^erem
*2tnfc^en. 2)ie 93ermenbung beä ^erolb^
alg Qluöfd)reier, ßröffner unb 93efd)liefer
be§ alten jDramaä rül;rt üon SRofenblüt
ber , ber in bes dürfen ^afinad^tfpiel be«
Surfen SIBappentrager unb ^erolb baju
oertnenbete.
93on ben i^erolben ober SBappenfun^
bigen ge^t eine befonberc Qlrt poetifc^ec
3eitgef(^id)tc auö , bie SBadcrnagel
.'perolbäbic^tung genannt l)at; fte
entfielt baburc^, ia^ bie üouiJürfien, Ferren
unb ©tobten angefieHten ^erolbe bie Äunji
beö Surnieren^ unb bic 93ilber unb färben
ber 2ßappenfunfi poetifdl) betrieben; mand)e
biefer S)id)tungen I)aben bie ijorm ber
^cier ober Älagc gleichzeitiger «Perfonen
cvlaud^ten ©tanbcö. ® r i m m , ffiör«
terbudE).
fterr ifi bie im 9. 3a^r^unbcrt in
fubfiantioifdbe iBerttienbung gefommene,
f ontrai^ierte Äomparatiuform beä Slbjef tiU'^
her, nl)b. l)ebr, unb lautet a^b. herero,
heriro, herro, hero, af)b. herre, herre,
befonbcrji in ber ?lnrcbe her unb her ge-
fürjt. 2)iefeö SBort trat an bie ©teile
cinerfeit^ bc^ älteren vro, fro, urfprünglidb
üon (Sott unb »üeltlii^en Ferren gebraucht
unb in ber mciblidf)en ^orm i^^^i^i- '^^^■
frouwa erl;altcn, anbercrfeitö beä ai}i>.
traktin, ttjeldjeö urfprünglic^ ben $ö(^fi'
gcfieüten, ben eigentlidl)en ^errf($er fenn=
jeid)nete. Qlnfänglid) bebeutet baä alte
heriro, herro junädl))^ nur ben f)ö^er ®t'
ftcütcn, ben iSefel)lcnben gegenüber bem
Änedt)te. 3n ber ^öfifc^en $eriobe wirb
herr ber ©tanbeäname für ben 5tbeligen,
herr Walther von der Vogelweide, herr
Wolfram von Eschenbach, herr keiser,
herr künec, her Iweln, her Wirnt von
Grävernberc; ber unerwad^fene ©obn
l^ei^t jnncherre, 3unfer. S)er perfönlid)en
Unterorbnung ber SBafatten unb 'JJlinijlc*
rialen gcmä§ unter einen Sebnö^errn
wirb bie f^ovmel herre min ober min
herre, franj. monsienr, fe^r t)äupg, otme
fidl), wie eä in ben romanifd)cn ßänbern
unb im *Rieberlänbifdt)en gefc^af), bi« in
bie (Segenwart ju behaupten. 3n ben
©täbten ge^t ber ^amt ^err auf bic
jidbtifcl)e Dbrtgfcit über, bie regelmäßig
^erjog — J^eyen unb ^eyenprojcffe.
287
mine herren, meine herren ^ci§t. 9Wit
ber ßdt eerwifdjt fic^ bicfc ©tanbes«
bcjeidbnung unb ber 9'iame $err fmft ttwa
feit bcm QSeginn beö 17. ^a^r^unbertö ju
einem bloßen ^öflid)fettäjeid&en I)erab.
^crjog, a^b. herizogo, herzogo, m^b.
herzöge, aui aftb. heri ^eer unb einem
»om Slierb jie{)en abgeleiteten, nur in
3ufammenfe^ungen »orEommenben, al)t).
ber zoho, zogo; alfo urfprünglid) „ber
mit bem ^eer auöjiel)t". 5Der Urfprung
ber l^etjoglic^cn SBürbe i^ängt mit ber
alten Sitte ber 3)eut[c^en jufammen, für
bie 3fit "^«^ Äriege^ einen gcmeinfcf)aft=
Iicf)en ^eerfü:^rer für mehrere öanbfd^aften
ju n)äl)ten. ^m fränfifd)en SRcic^ ift ber
^erjog ein föniglid)er Seamter über
met)rere unter itjm üereinigte ®aue, bolb
blo§ für eine gett>iffe 3eit, balb regelmäßig
cor^anben, bem außer feiner militärifd^en
©tetlung aud^ anbete ^unftionen ber
fiaatlid)en ®cmalt jufommen. Unter bem
^etjoge blieb bie gräffidje ®ett)alt ju
9le(|t bejlebenb, bie fid) namentlid) in ber
fieitung bev ®ericf)te f,tia,U. 2)er Umfang
ber Herzogtümer umfaßte einen Äreiö t>on
brei biö jreölf ®auen. ^rü^ njurbc bie
äßebcutung ber -^erjoge im frdnfifdben
9ieic^e eine felbfidnbige, ftc »nurben bie
Häupter ber (Stämme. Urfprünglid) öon
ben Königen eingefe^t, mürbe it)re ®emalt
frü^ eine in bejlimmtcn ®efci)Icditcrn erb«
iid^e, mel^e bie Könige anerfennen mußten.
2)aö ®efe^ gemäl)rte bem Herjog tiöbcre
9led)te, namentlich ein met)rfac^ gcPeigerteö
2BergeIb. ©r ruft tai 35oIf ber qSropinj
ju aögemeinen 35erfammlungen jufammen.
Unter 2}Jittt>irfung be« 23olfeö befieüt er
bie 3tid)tcr , »ielteid)t ^at er felbfi bie
®rafen ernannt, ißefonber^ in5llamannien,
S^üringen unb ©apern mürbe bie ®emalt
be^ H6tJ''S^ inner[)alb feinet Serritoriumö
eine faji felbj^änbigc Aar! ber ®roße
brad) bie ®emalt biefer bem ©cfamtreic^e
t)erberblid)en ©emaltcn, unb ließ feine
neuen H^^jöge auffommen. Seim QnfaU
ber farolingifd^en SÖionard^ie famen aber
infolge ber mieber junc^menben Sßcbeutung
ber eingelnen ©tämme oon neuem H^i^jöge
auf, juerjl bei ben @ad)fen, bann in
Sarjern, 91lamannien, %xanhn unb öot^rin«
gen. 2)ic mit ber tierjoglic^en SBürbe
üetliebene ©emalt mar fel)r umfaf^enb.
I)er H^Tjog fianb bem Äriegöroefen in
feiner ^rotinj cor, ctUeß tati Qlufgebot
unb rüdte an ber ®pi^c feineö ^tmi in^
Selb; JU feinem ^mt gehörten bie ©tärfung
bee iRed)teö unb beö öanbfriebcnei, t)ie
©orgfalt für bie gemeine ©i^er^eit unb
bie §örberung ber ßanbeämol)tfa^rt. (Er
übte bie ^o^^it über bie it)m untergebenen
93ifd^öfe, iDJatfgrafcn, ®rafen unb H^i^i^^"'
entbot fte ju feinen Hoftafl^n» li^lt mit
i^nen ®eri4)te. Sui" H^^jogtum gel;ötten
jat)lreid^e Safatten, aug beö H^i^jogg ^""b
mit SReic^^gütern beletint unb i^m burd&
bie Sanbc ber ßebenstreue iievbunbcn. @o
traten bie Herjöge fajl mit einem föntg«
Ud^en iMnfe^en auf unb nannten fi(^ früb
Herjöge pon ®otteö ®naben. 2tuc^ bai
Qimt biefer nad)farolingifd)en ^tx^ö^t,
urfprüngticfe oom Äaifer eingefe^t, mürbe
mit ber 3^*^ ein erblid)eö. 93ei ben
@ad)fen mar bie Sßererbung Don 5lnfang
an ®emobnt)eit; unrubige 3>!iten braci^ten
jeboc^ nod) man<^crlei a[öed)fel unb e»
gelang ben Äaifern nod) fpät, wegen ber
25erle|ung ber QJflic^ten gegen iai SRcid^
ein H«Jogtum ju entjieften. Die fernere
(Sntmidlung ber f)erjogIic^en ©emalt wirb
baburc^ befiimmt, ta^ üon unten herauf,
»on ben Sifc^öfen, <PfaIjgrafen, TlaxU
grafen, ®vafen unb H«tcn, eine 9leaftton
gegen bie bcrjoglic^c ®emalt auffommt,
inbcm biefe fleinen ®emalten bie berjog«
liefen dit<i)k felber ju ermerben jtd^ be«
mü^cn. 2>iefeö gelang in mannigfad^et
aßeife, unb feit bem ®nbe beö 12. ^abn
^unbertö teilten ftd^ infolge ba»on bie
meltlic^en unb geijilid^cn ®roßen in jmci
Hauptflaffen, in biejenigen, meldte bie
^e($tc bcö Hct^äos^u"^^ / "^it ober o^ne
biefen DIamcn, befaßen unb baburc^ bem
SReid^e unmittelbar »erbunben maren, unb
in biejenigen, mobei jeneö nid)t ber ^att
mar. 3m 13. 3a|rf)unbert bießen jene
j^ürjien, biefe H«itfn-
§cfcn unb ^efcttprojcffc. S)a^ 2Bort
Heye ifi al;b. hagazussa, üerfürjt häzns.
häzis, häzes, häzissa, m^b. hecse, hexse,
hesse; eä ifi jebenfaü^ ein Äompofitum,
beffen erfter leil hag i|i in ber Sebeutung
ßanbgut, ^elb unb glur; ber jmeite Jeil,
nodt) nid)t genau nac^gemiefen, mirb im
®rimmf^en 3Börtcrbud^e mit bie © * ä =
bigenbe erflärt, Heye alfo alä bie ben
Hag fdt)äbigenbe.
S5er Urfprung ber ^tfm liegt in ben
«Prieflerinnen unb ben weifen 2Beibern
ber alten ®ermanen, grauen, bie, obgleidö
feine eigentli^en »Priefterinnen, jtd^ ror-
jugöweife ber Söeiöfagung mibmeten, unb
im l)?orben al^ völur, späkonur, spädisir
bcfannt jtnb. @ie baben i^ren göttUdben
Hintergrunb an ben SR o r n e n , meldte
biiT* bie Sermebrung ibrer 3i6l aUgemad^
19*
288
^eyjn unb ^cycnprojcife.
ii)xt SBebcutung cinbü§tcn unb fxä) ber
©tcllung wei^fagenber SDlenfc^enfrauen
näherten; ni(^t minbcr betü^ren jtc jtc^
mit bcn 2öalfürcn. 35ag crfie unb ättcjle
(Ebbalicb, Völuspä, b. i). ber SBala
SBciöfagung, legt einer «Seherin bie a3cr=
fünbigung beä 2Bettgefd^icEeö in ben 2JJunb;
^c jie^t im ßanbe I)erum, meiöfagenb, mit
3auberfprü(^en certraut unb auf ßawbtx'
Wixi geübt. 3n anberen Duellen »erben
bie 2BaIen »on ben ©laubigen eingelaben,
i^nen über hai ßeben, über t>a% ©ebei^en
ber ^Jelbfrüc^tc im nä(i^jien ^ai)xt unb
über anbercö ju »eisfagen. SReifi »on
einem ©efolge umgeben, im ßanbc bcrum
wanbernb, iji bie weife ^^rau bei ben
^erbjigajiercien ein »iHfommener ®aji,
ber in ber dlaijt ben S^iu^fi^ f'ti'^t unb
»om öierbeinigen @d)emel ^erab i^re
äßei^fagungen »erfünbet. 2)er © e i b b ,
ber jur 5luöübung ber ©e^erfunji uner*
lä^lid) fcbeint, muf ein ® o b au^ allerlei
jauberfräftigen I)ingen gemcfcn fein, ber
unter |)erfagen »on ©pruc^ unb Sieb be*
reitet würbe. 9Iu8 bem SBaüen beö
gßafferö, bem Äräufeln ber Sut^'Jten in
ber ^i|e, »ieKcic^t au^ bem Sßobenfa^e
lai bie grau bie 3ufunft. 2)cr ©eib|,
ben au(^ ÜJiänncr trieben, gab SDlad)t
über 9D'?enf(^en, Siere unb ÜBetter. ©eine
Sßirfung war nad^ ber 3Waffe, bie in ben
Äeffel fam, »erfcbieben. S5ic ©inne^art
ber SWenfc^en fonntc »erünbert, ^a^ ober
Siebe i^m eingeflößt werben; langfame^
^inftcc^en, SBerfe^ung au^ ber iJerne in
bie ytä^t, jum Seil urplö^lic^, jum Icil
burd) unenblic^e ©ebnfud^t, welche bcn
fernen trieb; aSerjauberung auf bo^e,
unäugcingUcf)e Orte, (Srjeugung uon©turm,
Unwetter unb ÜRifwacf)ä fcf)rieb man bem
©eibb ju. ?luc^ Teilung ber Äranfbeiten
lag in ber ^anb ber *priejierinnen unb
weifen grauen ; benn bie Teilung war ein
Opferbienjl, ber je nad) bem ßeiben biefer
ober fener ©ott^eit gewibmet war; bie
grauenfranf leiten, namentU^ bie®eburten,
ftanbcn unter grepa^ Tlaä)t, iffiunben
würben ben ©c^Ia^tcngöttern anempfohlen.
2)ie beliebteren |>eilmittct ftnb ©prüd)e,
©egen, ©tabe mit SRunen beriet, STränfe
auä Kräutern, ©alben unb ^ppaficr.
5)cm Sbnfientum crwuc^ö in bem
©tanbc ber ißriefterinnen unb ber weifen
grauen eine unerbittlid)e ©cgnerfd^aft,
jumal i>a ber neue ©laube unb Äutt be=
fonbers au« bem Orient 93ejiimmungen
cntbielt, welcf)e bie ^eiligfeit ber grau
seriellen; namentlid) war fefigefe^t, ha^
fxä) feine grau bem 5tltare nähern unb
feinen nocb fo auf eren ©ienft an il^m unb
für if)n befolgen burftc; beim 5tbenbmate
burften bie 2öeiber aU unreine 2Befen bie
^ofiie nur mit bem ©cf)Ieier anfaffen, um
jte in ben äWunb ju jiedcn. @o Idf t fäd^
begreifen, bat i»i£ bcutfcbcn grauen ftd^
jc^t gern ben fe^erifdben ©eften anf(^Ioffen
unb |ier für i^re Steigung jur 3nnerlid^s
feit, jum ©e^eimniöooHen unb ©otteö*
bienjilic^cn me^r SBefriebigung fanben aU
in ber {)errfd^enben Äir^e, welche nun
gegen bai ^lefenwefcn einen mcl«
^unbcrtjäbrigen ^ampf führen ju muffen
meinte.
2)cr aSewei^ bafür, ia^ bie ©runb*
lagen beö ^eyenwefenö wirflic^ au« bem
germanifc^en Qlltertum jiammen, liegt in
folgenben 3Ü9«n- 2öaö bei bcn -^eyen
bie S^u^fi^^i ^Pf ^P ni(J)t^ anbereö ali
iai einfi eblerc unb reinere Qlmt bet
Sßei^fagung; namentlich ifi ba^33efd^wörcn,
SBejtngcn, SBcfpred^en, ©erufen unb ©egnen
ber ^cyen fd)on ben weifen grauen eigen
gcwefen. ©o erfc^eint in ben Sßcrfäcugen
ber |)cyen hai alte Dpfcrgerät: ber Äeffcl,
in bem fie ben Sou^fi fteben, iji ber
Opfers unb ©eibbfeffcl; ber Zan^ ber .^lefett
bei t^ren ücrmeintlic^en 95erfammlungen
ma^nt fowobi an bie Sänjc ber ©Ibinnen
auf ^ügeln unb SBiefcn, Wie an ben Zani
ber ^riePerinncn ; bie Söerbinbung ber
©Otter mit i^rcn Wienerinnen würbe jum
Sunbe ber ^cfcn mit ben Seufeln. 2)et
SGßetter= unb ßiebeöjauber ber |)Cfcn er*
innert an ^xi\)a; ebenfo bie SBerwanblung
ber liefen in Äa^en, wet(^e berfelben
©öttin geheiligt waren ; bie iBerwanblung
in ©änfe bringt bie ^eyen ben ©c^wan*
Jungfrauen nabe, ben SBatfüren, benen auä)
tai gliegen burd^ bie fiuft angehört; bie
fpäter erwähnten SOiittel, iai gliegcn ju
ermöglichen, ©alben unb anbereö, finb
jüngeren 3)atumg, alt bagegen bie fRaä)'
rid^t, bap bie ^cyen auf Stoffen burd^ bie
ßuft reiten unb ia^ fte ber leufel,
SIßuotan iji gemeint, in feinem üßantet
burc^ bie ßuft fü^re. 5Dcr Sefen ^e^t
JU 2)onar unb ffiuotan in «öejieiung; er
iji junäcf)ji ein Sßilb be8 auöeinanbers
faf;renbcn, bie ßuft ober bcn i^immel »er«
einigcnbcn Sli^eö, in SSerbinbung mit
bcn oft befenartig erfd^eincnbcn ©türm*
Wolfen, bie ben |iimmel fegen. 5Die am
aCßalpurgiötagc aufgeri(^teten ÜJlaibäume
Waren urfprünglic^ grüne, nac^ oben ge*
rii^tete Sefen, unb eö iji wabrfd^einlic^,
ta^ bie im 2)icnjie ®onarö jicbenben
^cyen unb ^ejenpiojeffe.
289
«Ptteficrinncn meiji Q3efcn getragen ^aben.
2)ie SScrwanbtung bcr ^»cyen in S^mctteti
linge unb 5Ii«(<fn erinnert an i^re ©Iben«
fRatur, tai SBerbergen in ©tro^^alme unb
J^cbern an ben ©d^ttian unb an eine
gelbgottf)eit; bie [c^Iimme ©innjirfung ber
^eycn auf bic Äüt)c jicf)t im Sufiniitt^n«
l^ange mit bcr Auf; al^ bem ®t)mboI ber
^rud^tbarfeit unb it)rem SSejuge mit ben
clbifc^en ©cifiern. 5tuc^ im ©efolge be^
milben 3«öei^ö fintd man fte. ^U 3eiten
finb ben ..^^cyen bic beiligcn unb ©eridbtäs
jeiten eingeräumt, Djlern ober 9Dtai, 9Wit=
fommer unb ^-»crbp:. 5Der 93orraurf, 'i^a^
fu $ferbefIeifA genie§en, erinnert an bie
alten DpferfdE)maufc.
©($on frül; mürben bei ben d^rijiiani«
fierten beutfcfjen Stammen 93efiimmungen
gegen Sceintriidbtigung beö Sebenä burc^
&ift ober ge{)cime Äünfie getroffen; au^
mirb fd^on einer ^eycnoerfolgung im
großen unter ben ü)?erott)ingern ermähnt.
3)er Iongobarbif(i)e Äönig Diottjar unb
Äarl ber ®ro§e eiferten gegen ben §eyens
aberglaubcn unb bebrobtcn bicjenigen mit
f(ä)tt)eren ©trafen, mcld)e ft^ gegen einen
foldjen »ermeintlicEjen 23erbred)er oergeben;
bocf) liegen namentlid) bie ©cifilic^en üon
ibrer ^efenoerfolgung^fucbt nic^t ah.
3um 2;eil uned&te Äonjilienbefc^Iüffe be§
4. Sab^bun^ett^ fomie bie bem Qlugufiin
gugcfcbriebene ©(fbrift de spiritu et anima
gaben bie (Srunblage für neue tir^Ii^e
^epimmungcn, meldte, uon ber meItUct)en
Tlaä)t bcfiätigt unb angenommen, jur
Verfolgung ader QIrten fogcnannten
Sauber^ bleuten. Diodb ip aber bcr Scufcl
nicbt bcrbeigerufen; crjl bie 5nquifttoren
beö 13. 3abr[;unbcrtö mußten ibn hm
armen .^efen ju »crmablen unb erbauten
auä ben fe^erifcben SDJcinungcn früberer
unb ber eigenen 3fit eine nötlige Seufclö«
lebrc. ©abei mar ber oolEötümlic^e
(Slaube, ber fid) an bie fingen grauen
fnüpftc, cigentlidb Diebenfacbe. 3)ie ©uüc
Summis desiderantes bcö ^apfie^
Snnojcnä Vni. ijom 5. ©cjcmber 1484
gab fd)Iie^Iid) bie ßofung, bie feit etma
1450 in ^yranfreid) begonnenen ^leycn-
projeffe atigemein ju öerbreiten. 3n biefer
SButlc mürben bie für 2)cutfd)Ianb befteHten
Äe^erridbter, bie ©ominifaner ^cinrid)
5 n jt i t 0 r (Äramer) unb 3 a f o b
® p r e n g e r , *profefforcn bcr Sbcologi«.
beauftragt, mit aüem (gifcr aud) jene
Sauberer ju »erfolgen. 93eibe unterzogen
ftdb il)reä ^luftragce auf^ eifrigfte, fcbricbcn
auc^ mit Qtpprobation bcr tbeoIogtfd)en
JJaf ultat ju Äötn ben berücb tigten M a II e u s
maleficarum ober ^eycnbammer,
1489 erfdbienen, in meld^em bie Sebrc oom
3auberbunbe mit bem leufel meitläuftg
auöeinanbergcfe|t, ibre iRealitdt bemiefen,
mit einer DWaffe iSeifpiele belegt unb um=
ftänblidb gejeigt mirb, mie meltlid)e unb
geijili^e 9{iä)ter gegen bie ^eyen oer^
fahren muffen.
S!J?an »ermutet, ta^ ti nic^t bto§ ber
95erfoIgung«mat)n unb bie Jeufelöbogmati!
ber Äir^e, »erbunben mit ber mei^
fd)Ie(^ten fittlic^en Sebenäfübrung ber ciU
lieyen angesagten SBeiber, unb ber SRetbobe
beö ^rojeffuiereng gemefen feien, maä bie
ja^llofcn ^eyengefiänbniffe ermögtidbt,
fonbern jugleid) ber @influ§ einee nat*
fotifd)en Wittel^. Sei allen $eyengefcbid)ten
ging ber ^ejenfabrt eine Einreibung mit
einer ^eyenfalbe »orauä unb oft ifi »on
einem ^eyentranf bie 9tebe. S)ie 3"'
fammenfe^ung ber ®albe i)l nic^t genau
befannt; SBilfenfraut mirb babei genannt,
unb mabrfd)einlid) mar auc^ ÜJtanbragora
unb ©te^apfel babei; ber le^tere foH crji
bur(^ bie SiSfU"^"^ ^^ Einfang ixi
15. 3a:^rl)unbert^ nac^ 2)eutfd^Ianb gelangt
unb fd)nett »erbreitet morben fein, ber
®enu^ biefer ^flanäc erjcugt aber t>a^
®efübl bc« gliegenö unb, äbniid) bem
Dpium unb bem ^afd)ifdb, abenteuerlidbe
(Sinbilbungen mie »on fleinen fc^marjcn
Sicren.
gaft überall lautete ia^ ©ej^änbniä
ber ali |>eyen angcflagten SJBeibcr gleich;
ber Seufel, i}k^ eö, fei unter ber ®efialt
eineä anjiänbigen SWanneö, eines 3"^iEer«,
Dieiter^, Jägern, 93ürgcr^, unb unter »er=
fd^iebcnen 9'lamen: SoUanb , geberlin,
geberbann^, fölauö, ^ölbcrlein, $eterlein,
Q)appcrlen, 3"*cr, Äafperle, ©raBle,
Kämmerlein, Äreutle u. f. m. ju ibnen
gefommen; am 6nbe I)(itten fte it)n aber
immer an feinen Sod^füfen erfannt. Sr
babe oerfprod)en, ibnen in ibren Sebräng*
niffcn beijuficben, ibnen aucb ®elb gegeben
(tai frd) aber meiftenä in ©gerben ober
S5ung »ermanbclt) unb fte mit glatten
Söovtcn JU einem Sünbniffe mit ibm »er*
fübrt. ©ie bätten ftd) ibm ganj ^inge*
geben, ®ott gelagert unb i^m abgefagt,
bem ieufcl gcbient unb ibm »crfprod)en,
SOienf(^cn unb üeren möglid))i ©dbaben
jujufügcn. ©ic babcu 3"^w^nifnfünfte
mit bem 2eufcl unD anbeten -^cren unb
3aubercrn bei 9lad»t auf bena(^barten
iöergen ober in ©ditöffcrn, auf Reiben,
im. atatbauä unb im SRatöfetler gefeiert'
290
^ieronpmiten — ^ilbebranbalitb.
bort gcfd^maufi (in ttx SRegcI o^ne ®qIj
imb Sßrot), gctanjt unb aüctici Unfug ge»
trieben , ju biefen gefien [cien fte auf
Dfcngabeln ober ißefcnflielcn ober auf
einem fc^marjen Sode ober auf (Pferben
burcE) bie Öuft geritten mit' ^ilfc einer
|»eyenfatbe, mit ber fte ft^ ober bie ®abel
bepric^en. Der Seufel ()abc ibnen auc^
gelehrt, !DJenfc£)cn unb iBie^ bur^ SSe-
rü^rung ^ranff)eiten anjupngen, ©ettjitter
unb Sffiinb ju mad)en unb i^nen ein ^uU
fer gegeben, mit bem jie frcmbe gelber
rerberben fönnten.
35en Umj^anb, ta^ erfi gegen 6nbe be«
15. 2<if"^^unbertö bie |)efcnprojejfe in
(Bang famcn , tuäbrenb bo^ ber bem
.«Öerenn.iefcn ju ©runbc liegenbe Qtberglaubc
uralt iji unb nie aufgeprt tjatte, erflärt
2B achter Dorne§mIi(| barquä, ia^ in
biefcr ^dt eine tt)efentli{^e Ünberung im
Vroäeffuatifc^cn ©erfahren unb Semeiä--
fpftem eintrat. 2)amalä fingen bie ®e=
ri(f)te an, jum Seil auf faiferlii^e ^riwis
Icgien gefiü^t unb nai^ bem *Borgange
ber geifilicSen ©eric^te, ta^ alte, rein
formelle, auf bem ©ib unb ben 6ibeöbel=
fern berut)enbe SenjeisfpPem ju uerlaffen
unb aüeö oom Oeftänbniffe ber Qtnge^
fd^utbigten abhängig i\u ma(^en unb bie*
feö auf alle 2Beife t)erbeiäufü^ren fuc^en.
'lllö 2JJittet ^icrju »urbe, »ieber nad^ bem
Vorgänge ber geifttid)en ®erid)te unb ber
italienifc^en $raji^ unb ^oftrin, fon ber
beutfd)en 2Biffenfc|aft unb *Prafi3 jur
Wolter gegriffen. I)a^ SöcmciöDerfaijren
im Äriminalprojeffc mar nun lebiglicb
auf BfUflf» un^ auf ©efiänbni^ bes
'llngefcfiulbigten gebaut unb t>ai ÜJJittel,
i'ai le^tere ^lerbeijufü^ren, mar bie goltcr.
®ie SDBirfung ber 5''ltf'^ mürbe baburcf)
uerfiärft, ta^ man bei ben ^eyenprojeffen
uon ben bejiclienben ©runbfä^en aus«
brüdlic^ abfiraf)ierte , nad) melcf)en ber
'Itngefdiulbigte freigefprocf)en merben foUtc,
menn er bie einmal angemanbte J^oltcr
überPanb unb nicJ)t nad^^er neue felbf}än=
bige fc^mere 2}erbacf)tögrünbe an ben
lag famcn; bem entgegen erfanb man
bie (Gattung beö deÜcta excepta, bei
meieren ber !Rid)ter bie bcfd)Tänfenben
•ßorfdjriften ber ®efe|c übertreten
bürfe unb unter tt)el<^en namentlid) bie
ber ^eyerei 5lngefc^ulbigten famen. Die
ecf)merjen, meldte bie Wolter t^erPorricf,
waren aber fo entfe^lic^, t)a^ ber ®efol=
tertc atlcö auäfagte unb auf ftd) nai)m,
rcaö ber iKic^ter nur münfd^te. Tlan be*
gann bie Jolter ober bie peinlid^c %xa%i
meifi mit bem Daum enji od; ^alf biefer
nidf)t, fo nabm man bie Seinfd^rau*
ben ober ben fpanifd^cn Stiefel;
ber näd)fie ®rab mar ber 3 "9' ^""^
Gypcnfion ober ©leoation genannt; enb«
lid^ nabm man brennenben 'Sc^mefel ober
brennenbe« fPed) ju ^ilfe, baä man auf
ben nadten Körper träufelte, ober man
t)ielt ben 5lngefd^ulbigten brcnnenbe 8i^*
ter unter bie 5lrme ober unter bie guß*
fol)len. 511^ bäufiger ißerbad^tögrunb
galt: im ©erudbc ber |)eyevei fielen, moju
e^ oft blo§ äu^erlid&er ßeibeägcbredben be*
burfte; meitere Sn^isi^" maren %^\ii)t,
anberen beigebra(^ter Schaben, audf) menn
blo§ ein Qlnmünf^cn be<^ Söfen, ober
eine Serü^rung oorfierging, menn hk iperfon
anberen nid)t offen in bie 5lugen fc^en
fann, menn fie lange in ben Za% hinein
f^ldft, mitterna^tö com ^^a\i\i abmefenb
ijl, SBunben ober «Striemen am ßeibe i)ax,
moDon man bie Urfad)e nidbt fennt, menn
jentanb auö freien ©lüden ^eyen ners
teibigt unb bebauptet, maü man oon
ibnen fage, fei 2;bor^eit. 2)aö gefäf)rli^ft«
3nbicium mar aber bie 5lngabe t>on ®e*
noffinnen »on feiten gefolterter ^eyen.
Unter biejenigen, meiere gegen ben
.^eyenglauben unb bie ^rojejfe auftreten,
ä(il)len namentlid^ ber S^fuit unb 2)idt)ter
griebrid) oon Spce, beffen Cautio
criminalis im ^ai)Xi 1631 erf(^icn, bann
ber reformierte $rebiger ;;u Qlmjicrbam
Salti;. Keffer unb Slirijiian Zi)o*
mafiuö bur^ feine „5ebrfä^e fon bem
ßafler ber 3t>u6f'^fi"- ®'f ®efe|gebung
^at hin ^crenpro^eg juerfi in (ßreu^en,
bann in Dfierreid) unter ÜJ^aria S^erefta
unterbrüdt; ^u ®laruö »urbe nod) 1782
eine |)eye oerbrannt.
SB c i n ^ 0 1 b, 5Deutfd)e Jrauen ; 233 u 1 1 f c ,
5lberglauben; Solbau, ^eyenprojeffe,
unb 3Bäd)ter in ben Beiträgen jur ®c*
fdbidbte beö beutfcf)en Strafre^t^.
^ierontjmtten, ^ieronpmitaner. Sin*
fiebler, Sremiten beö beiligen ^ierontjmu^,
i)eifen oerfd^iebene S^^ifi^ 'in^^ Drbenö,
ber al^ Sc^u^patron ben l)eiligen ^iero«
nt)muö t)erel)rte unb na^ ber (Regel be^
Ijeiligen ^luguftin lebte. SDer Drben ent«
jlanb juerji um 1370 im Äird^fpielc non
lolebo unb breitete ]xä) halb ani; St.
3uji unb ber gefurial gel)örtcn i^m an.
Drbensfleibung mar ein meiner iRod r»on
grobem Stoffe, eine fleine fd)marje Äapuje
unb ein fdinmr^es Sfapulier.
|)iIiic6ranööHcJ).
1. Da« ältere ^ilbcbranbelieb
|>ilbcbranbölieb.
291
ifi tai einjigc unb jföat bIo§ ftagmens
tarifc^ erhaltene alt9crniani[d}c ^elbcnlieb;
e« ifi in einer ^anbfc^rift beö 8. ober 9.
3al)t^unbert(^ auf unö (^efommen unb in
fte[ftfd)er , fiatf nieberbeutfdf) gefärbter
iDiunbart Wa[;rfcf)einltcf) ju J^ulba nicber=
gefd^tiebcn. 2)ie gorm ij^ ber atliterierenbe
^crg. ^itbebranb , ber SBaffenmeiPer
©ietrid^ö »on Sern, ifi mit feinem $errn,
v>or Dboofer flief)enb, ju ben ^unnen ins
©fil gejogen. Ulaä} Sauren an ber ®pi^e
eineö t)unnif($en |>eereö jurüdfef)renb, tritt
\\)m fein <SoIjn ^abubranb mit einem
^eere entgegen. |)ilbebranb unb ^abu^
branb rüfien fic^ jum 3tt»cifampf; man
barf öermuten , ia^ ber *Uuögang beäfel-
ben bciben Parteien aU ©ottcöurteil gel*
ten foü. Söereit jum Äampfe, fragt |)ilbc*
branb ben jüngeren Oegncr um feinen
9tamen: 5Du brauc^fi mir ni(f)t S)ein
ganjeö ©ef^Iec^t ju nennen, nenne mir
nur einen, id) fcnne fte aüe. J^xi^iif"^''"'^
antwortete : S)a^ fagten mir unfere Seute,
alte unb n^eife, ba§ ^ilbebranb mein Sa-
ter ftci^e: ic^ f)ei§e ^abubranb. ©r jog
ojlmärtö, flo^ Cboaferö $a§, t)in mit fei-
ner 2)egen inel; er lie^ im ßanbe jurücf
etenb fi^en eine ®attin im ^aufe, ben
unertt>ad)fenen ©oljn. 3mt^^t f^''"^ «>^
an ber ©pi^c ber 33ölfer, fict^ rvax ber
Äampf it)m aüjulieb; nic^t meine xä), ta'^
nod) im geben er fei. 5tuf biefc SBorte
giebt fid) ber 5llte ju ernennen, unb jur
SePätigung ber 2Baf)rt)eit bietet er bem
(SoI;nc an ber ®pi^c beö Speere^ golbene
Ülrmringe. ^abubranb üerfd)md^t jebocb
biefc, t)ält ben ®rei^ für einen argliflis
gen 93etrüger, ber wenn er fidj nähere bie
fftingc abju|oIen, ben Speer nad) it)m
fc^Ieubcrn mürbe: „SDJit bemSpccr foü ber
IWann ®abc empfangen, €pi^e miber
@pi|e; bu bifi bir, aller ^unne, unmäßig
Hug, oerlodfi mi<^ mit beinen Sßorten,
wiUfi mic^ mit beinem Speer werfen ; biji
ein fo alter SDJann unb fü^rji bod) fietö
nod) diänh bei bir! 2)a§ fagten mir
©eefabrcnbc, wefimart^ über ba^ SBcnbel»
mcer (Djean), bü§ Äampf i^n baDonnal)m:
tot ifi ^ilbebranb, ^eribranbö ©of)n!"
Überaus fc^ön unb watjr flingt nun auö
bem 5inunbe beö SSater^ bie Älage über
ia^ fd)merälic^e ©efd^id, iai \\)n betroffen,
„2Be^ nun, waltenber (Sott! SBet)fd)idfaI
gcfd)ief)t! 3^) tüanberte ber ©ommer unb
Söinter fed)jig, ba man mic^ fietö fd^arte
iiiä 3Solf ber @d)ü|en, ha man mir for
feiner 93urg ben lob brachte: nun foll
mid) mein eigene« Äinb mit bem Sd)merte
^auen, erf^lagen mit feinem Seile, ober
iä) if)m jum !l}lörber werben! ®od), cö
fei ! 2)er wäre ein übler geigling, ber
ben Äampf fe^t weigerte, naä) bem ben
®egner fo fe^r gelüfiet! 2)aö (Snbe er«
weife, auf weld^er Seite i)ai S^e^t war!"
hierauf beginnt ber Äampf, fte eilen mit
ben Speeren auf einanber loö, biefe prallen
»on ben Sd)ilben ab, fie oerloffen bie
$ferbe unb jerbauen bie Schübe mit ben
S^wertern. J^ier bricht leiber bie ^anbs
fd^rift ah. Dbgleid) fid) bie ^anblung
burc^ bie ®rwä£)nung 2)ietrtc^ö unb Oboa=
ferä aU ein Seil ber an Ibeoboric^ ben
®ro§en ficb anle^nenben Dietric^fage giebt,
ifi eö gcrabe t)ier feijr wabrf($ einlief, ia^
erft fpätere 3eit biefcn Kampf äwifdjcn
25ater unb So^n in ben ^reiä ^ifiorif(^er
Segeben[)eiten eingereiht f;at, bie ^anb«
lung felbfi aber einer weit älteren Sagen*
fiufe angel;ört; ganj ä^nlid)c Sagen flnbet
man bei ben $erfern in ber ©pifobe »on
iRofiem unb Su^rab be^ girbujtfd)en
^önigäbu*eö unb in ber ferbif(^en ^r*
jät)Iung üon (^rebrag unb S^emab; ber
Qtusgang biefer beiben genannten Sagen,
wonad) ber SSatcr ben Sof)n erfd)lägt,
Ui§t einen äl)nlid)en Stuögang be^ beut*
fd)en ®ebtd)teä »ermutcn.
2, ®aö jüngere |»ilbebranbälieb.
©in feltfameö ®efd)id ^at bcnfelbcn Stoff,
ber unsi in bem ältefien erhaltenen bcut-
f4en ^clbenliebc entgegentritt, im 15.
3a^r^unbert nod)maI^ aU legten 3f"9ß"
ber abfterbenben ^elbenfagc erl)alten; bi^
ing 17. 3abrbunbert war ba^ Sieb oom
iBater mit bem So^ne in ber ^ibi'
lungenfiropf)e, bie ton biefem beliebten
©efang lange ben 9tamen ^ilbebranb^*
ton trug, weit verbreitet. 2)ic SOtanier
ifi, ber 3"^ angemeffen, ^oljfd)nittartig,
marficrt, mit oiel fräftigem ^umor unb
jule|t in ein Jöiebeömotio auöflingenb.
^erjog <Hmelung (eö ifi Dietrid) gemeint)
wirb Don Söiciftcr ^ilbebranb berietet, er
fei gefonnen, einen Söefuc^ in feiner ^ei«
mat Sern bei feiner J^rau Uten ju machen,
wo er 32 3a^re nimmer gcwefcn fei. iffienn
tai fei, fprad) ^erjog *Mmelung, fo möge
er ben jungen ^errn Qllebrant, ber bie ©renjc
bewad)e, unb aüe iJremben anrenne, üon
it)m grüben unb i^m fagen, er, QUebrant,
möge iljn, |)ilbebranb, freunblid) reiten
laffen. ^ilbebranb freut fic^ aber fc^on
auf ben il)m erwünfd^ten Strauß unb ba
auf ber ÜJJarfe Qllebrant il)m entgegen*
tritt, giebt eg fofort beiberfcitö fd)nöbe
unb lanbßfnec^tmä^ige Späge unb Stiche-
292
^od^jcitcn — .^ofämter.
leien. 2Bie nun gar bcr Junge bcm Otiten
einen fräfticjen ^ieb werfest, ia. brennt
^ilbebranb auf, entreißt burd^ eine ßifl
bcm ©eflner tai ©d^Wert , crn)ifd)t i{)n
bei ber ikitte unb fd)tt)ingt i^n hinter*
xüdi ins grüne ®raä. 2Bie jebod^ nun
ber beftegtc QUebrant melbct, wer er fei,
ta giebt ficf) Jfiilbebranb ebenfo freunblid^,
aU er »orber fampflufiig gewefen, ju er«
fennen, fü§t ben @obn an ben 93lunb,
unb beibc jielien »erföfint in 5llebrantö
93urg ein. ^ier fe^t Ollebrant ben Otiten
oben an ben %i^ä) , unb ha bie iWutter,
bie i^ren ©atten auc^ nic^t erfennt, bor«
über 5Ürnt, ta^ ber (So^n einem gefangen
nen SlJlann fooiel (äf)rc erweife, ia nennt
jener beö *Bater^ SJianten:
m Ttntkx, Itebfle SDJutter,
IRun beut i^m 3"^^^ unb (£r!
S)a fjub fie auf unb fc^enfet
Unb trug^ im'^ fetber ber.
SBaä bet er in feinem SDluitbe.^
S3on ®oIb ein ^ingerlein:
®a^ Iie§ er in ©ec^cr fmfen
©er liebften ^'^^^^n f^*"-
§oc^ScUen, geiftlit^c, Reifen bie ^efte,
tteld)c am Sage ber Otufna^me in ein
Älofier fonjie an bem 2;age gefeiert »er*
ben, an toelc^cm ein junger ^ricjier jum
ctjlen Sötale eine üJlcffe unb iöigilie pit;
ba« le^terc geft beißt aiict) erjie ÜJJeffe.
%xü^ arteten beibc %i^t. in iprunfen unb
Sc^njelgcn auä unb njurben beö^atb ein
©egenftanb potiäeilid)cr ißerorbnungen;
au^ 33ifd)öfe, njie ber non Samberg 1490,
erlief ein Statut bagec^en. 3" 9iürnberg
njar im 14. 3af)rbunbcrt nur ein lökbl
für bie eitern unb ®efd)n)ijier erlaubt;
an anbercn Orten roai bie 3<if)t i>«t ©in*
gelabenen auf jebn befd)rcin!t; mieber an
anbercn Orten roanbtc man auf bie geifi=
Iicl)en |>od)jciten einfad) bicfctben ein«
fc^rdnfenben 23cf}immungen an, it»etd)e
für bie melttic^en ^oc^jeiten galten, fflie
bei bicfen le^tercn, fo ttturben au^ bei ben
geifilic^cn ^Jocbjeiten ®efd)enfe erteilt,
eine ^auöfrau vertrat bei biefem gefie bie
©teile ber leiblichen 9J?utter, fie übernabm
bie lUJutterfd) aft , wobei an mandben
Orten bie 2;etlnal;me bet nnrfUdien iDiutter
gänjlid^ »erboten war; jene gciftlid)e
SRutter faß bann mit anberen jur Seil«
nabme erbetenen grauen md^renb ber
fird)Ii(^en ^anMung am Qlltare, eine
©itte, gegen bie ebcnfatlä ju 3eiten obrig«
feitlicb eingefcbritten nunbcn ifi. ©iebe
Äriegf, Sürgertum, n, Qlbfd)n. 10.
^Ofämtcr erfc^einen juerft am fränfi«
fc^en ^ofc, tüo ftc^ feit (Srünbung be«
fränfifd)cn iReicfieä tai offcntlid^e ßeben
fonjentrierte unb bem Könige Jülänner
jur ©eite fianben, welche ben ^ofbienfi
um bie ?Perfon tti Äönigä unb ben eigent«
Iid)en ©taatäbienji ju beforgen f)atten.
2)iefctben fcbeinen urfprünglic^ au^ ber
3al)l ber Unfreien genommen tt)orben ju
fein, gingen aber frü^ auf ^ö^er gefieUte
unb freigeborene ßeute über, n)eld)e ju«
nad)fi ben 3)ienfi bei ber iperfon be^ ^errn
felbfi JU beforgen Ratten, bamit aber ju=
gleid) bie 5luf^c^t über bie untergebenen,
unfreien Äned)te »erbanben. 3)ie ältefieu
ftamen ftnb seniscalcus, mariscalcus,
cocus unb pistor, ober major, infestor
für (infertor), scantio unb marescalcus,
2)er ©enifd)alf, b. b. ber dltcfte
Änec^t, I)at alö folc^er bie Oluffic^t über
tai ©eftnbc; ber iRamc major domus
fd)eint urfprünglic^ eine anbere Scäeid)?
nung für benfelben Seamten gemefen ju
fein, er löjie ft^ aber nom Qlmte hti
©enefd)aIE unb mürbe ein fo einflu§reid)eö
ülmt, ha^ feine Jri^fl^fic gule^t ben alten
Äönigßftamm qan^ »erbrängten, fie^e ben
befonbercn Olrtifel. ÜJiarfc^alf ober
iRoßEncd)t, lat. comes stabtili, ©tall-
graf, mirb außer feiner gemöl)nlid)en
Sbotigfeit auc^ aU ®efanbter unb Oln*
fü^rer im ^eer gebraud)t. S)ic Oluffxc^t
über ha^ bemegtic^e ®ut führte in ber
merott)ingifd)en $eriobe ber thesaura-
rius; il)m mar ber föniglicbe ©^a^ »er*
traut, momit [xä) bie 5lufftd)t über tai
ferbanb, maö an ©erat unb ®ett)anb
am |)ofe »or^anben mar; er mar junäcbfi
an bie Königin gemiefen, bie aU otbnenbe
^auöfrau bie Qlufftd^t über biefe ©efc^äfte
fü^rt. il^iebriger mar hai *Mmt be^ came-
rarias ober dümmerer, unb no^ tiefer
fianb baöjcnige beö pince'rna olier
©d)enfen, baö jmar üornc^mcn, aber
meifi jüngeren ßeuten übertragen mürbe;
eä galt ah ber QInfang auf ber ßaufbabn
beö ^ofbienfleö. üJ?ef)r untergeorbnete
2>icner ber OIrt maren ber coquns ober
Äü(j^enmeifier; ber mapparius, ber
bem Äönig ta^ .^anbtud^ reicbte; ber
spatarius, ber i^m baö ©d)mert reicbte;
baju fommen Otrjte, ©änger, 2;^ürfiet)er,
ßaufer unb bgl. ÜJlit ber ©tetlung be^
.Rönigö alö ^errfd)cr unb baburc^ mit
ben j?aatlid)cn ®efd)aften üerbunben ma^
ren *!pfalägraf unb ber (Referenbar. ©er
«Pfaljgraf, comes palatii, ifi bem
Könige bei ber ^itiäübung feiner Ijö^ercn
®eric|t«barfeit jugeorbnet, fiebc ben bc«
J^ofämtcr.
293
fonbercn 2trtitcl; bcr referendarius
ift naä) 5lmt unö 9iamcn auä römifd^en
23crl)ältniffen entlehnt. (Sr fertigt bie
Urtunben be« Äönigö auä, untcrfc^rcibt
imb ftcgelt fte, ju tt)eld)cm ©ct)ufc er bcn
föniglid^en Siegelring ju bemal^rcn \)at.
<Sg ijl ein Söeltlidbcr, ber mit bicfcm ?lmte
»ertraut ifi; bie Königin ^at einen befon=
bcrcn SRcferenbar für fid^.
3n bcr ÄaroIingi[($en Qät tritt nac^
bem Qlufbören bcö SDtajorbomuä bcr
®cnc[d)alf ttjiebcr befonberä I)ert>or; er
I)at bie ©orge über iai ^auäroefen, bc=
fonberä über ben Unterhalt beä |)ofeä unb
namentlid) über tae SUJa^I; er f)ei|t ba=
ber and} 23orfieber bed föniglic^en 3;ifd)cä,
9)ieifiev bcr Äo^e, Sräger ber ©peifen,
infestor, dapifer. ^Ön^ Si"^ ©eite
ftel)t ber Dberfcf)enf ober QJicijlcr bcr
©(^enfc, magister pinceruarnm, ber jc^t
äu ^öf)ercm 5lnfel)cn gelangt ift; al«
Scbenfen fungierten au^erbcm jüngere
DJlanncr, bie am ^ofc lebten. 2)cr ©talU
graf ^at fein altcei 5tnit bcibcbalten;
voai früher thesaurarius l)ie§ , bei§t je^t
Kämmerer; unter Dberaufftc^t bcr
Königin bat er bie Äofibarfcitcn, ben
6d)mu(f, mae gu ®efd)cntcn bient, ju be=:
maf)ren unb ju nenücnben. Ü)?eifi mur=
ben biefe ©teilen mebr aii einmal befef3t ;
bie ajütglieber bea föniglict)en |)aufeö
I)aben jum Jeil il;rcn eigenen |)oft)alt.
Qlnbcre aU bie genannten vier .^ofämtcr
ftnb ber IKeifier ber 2;bürl)ütcr ober
Dbcrtfiürwart, magister ostiariorum,
ber Ciuartiermeijier, mansionarius,
Säger» unb ^alfenmcificr, ©djmertträger,
Sädermeifter. 2öie früf;cr fief)t bcr
Q}faljgraf bem ^ofgeric^te bor; ta'
gegen ^ei§t jc^t ber ehemalige referen-
darius Äaujlcr, cancelarius, ober
notarius; e« finb i^rcr jletä mc{)rere,
unter benen fic^ jebod) feit ßubmig bem
frommen ein befonbevcr 93orflct)er ^erau«»
bebt, bcr protonaias, archlnota-
rius beö taiferlic^en ^alafieä. ßr mar
fafi immer ein ©eiftlic^er. ßrfi fpcitcr
fiel biefeä 5lmt mit bem Sorftcbcr ber
föniglidicn ÄapcIIc, bem arcliicapel-
lanus, bem Srjfapellan, jufammen,
mat^rfc^eintid) infolge beö Urnftanbee, ta^
tM Qtrc^io in ber töniglid^cn Äapeüe auf-
bcma^rt mürbe.
Die Sebcutung ber ^ofämter am
!önigli(^en ^ofe nimmt fpiitcr el)cr ab :
oon einem crblid)cn Übergang in einjcts
neu 55aiuilien mei^ erft bie ^oben(laufen=
3eit ©eifpiele auf. 2)er dapifer ober
Irud^fcö trug bie ©peifen auf, biente
am Sifcbe unb batte ma^rfdieinlicib a\xi)
für bie 93efcbaffung beä Unter^altd an
ben vierfd^iebenen Orten ju forgen, »o
ber Äönig ftc^ auffielt. Sruc^fcf fomolil
aU ©c^en! , üJlarfc^alf unb Äämmerer
mürben feit ben Königen bcö franfifcben
.^»aufcä regelmäßig nur SRinifierialcn,
mäljrenb bei bcfonberä feierlicf)en ©etegen«
beiten bie ^crjögc fungierten unb fo im
Saufe ber 3eit alö bie oberfien 3nt)aber
biefer ^Imter crfd)ienen. (Sä mar juerfi
Otto bcr®roße, ber fid) bei bemÄrönunge»
mabt in Qlacben üon ben Hier 4»crjögen
be0 Üieic^eg bie 2)icnftc Icifteu licB: ber
^erjog »on ßotfiringen, in bcffen -^crjog»
tum 5lad)en lag, mar aU Äämmcrer
tt)ätig; ber non 5^*^"^«" ^^^ Iruc^fcß,
ber üon ©d)maben aU ©d}cnE unb ber
uoni8ai)ern atäSWarfc^alf ; cä foQte biefcä
ein S^ii^f" baöon fein, ba§ ber .König
gemiüt fei, fünftig t>a^ ^erjogtum in
fircngcr 9lb^ängigf'eit üom ^önig ju f)ah
ton. 5Die bier begrünbete Übung crt)ielt
fid) ton ia an, obnc ia% bie gunftionen
fcft mit einjclnen vierjiogtümern »erbunbcn
gemcfcn mären. C^rfi feit Otto III, t;at
©ad)fen ftetä tai 9JJarfd)aIfamt, Sapern
baä ©c^enfenamt für fid) in "Hnfprud^ ge«
nommen, melc^' letUereö iwax fpätcr an
!Böl)mcn fam; baä ^Imt bcä Jrud^feffen
fam äutc^t an ben '^ßfaljgrafcn fom JR^ein,
iai beä Äämmererä an Sranbcnburg.
©ic genannten ^tmter beißen ©rsämtcr;
ber ©uboffiäiat aber, ber bem 3n^a^«
bcä (Srjamtcä gegen getüiffc ®f)rengcfd)cnfe
in feiner 23erri(|tung befielet, befr^t ein
förbamt, t>a^ mieberum bei gemiffen
.^Säufern erblich gemorbcn ifi; Srbmarfc^aöc
maren bie ®rafen ton *tJappcnI)cim, Srb--
fämmerer nac^cinanber bie »on ^alhn--
fiein, SBcinäberg, ©einäbeim, ^ot)enäonern,
erbf^enfen bie ton ßimburg in granfen
unb bie ©rafen ton 5lltbann, (Srbtrud)«
feffcn bie ton 9tortcnbcrg, bie ton ©et»
benc(f unb jule^t bie ©rafen ton SZÖalb»
bürg.
©(^on fvüb fuib bie ^-»ofämtcr aud&
auf bie ^^'öfe bcr kleineren ^^ürften übet«
tragen morben, unter benfclben 9'Jamen
alä Äämmercr, Srui^fef, @d)enf unb
ÜJtarff^aa. Uvfprüngti^ nad) bem Se»
lieben beä $>erru tergeben, auf Qtit ober
obne befiimmte 2)auer , oft unter regel*
mäßigem 2Bed)feI, fmb biefe iÜmter fpätcr
bod) aud) in SlJJinifterial^gamilicn erblid^
gemorbcn; and) f)ö^er geftente %xm tcr*
fd)mä[)tcn cä nid^t, in ben Dienft reicher
294
|)öfi)'d)e 2>ic^iung.
Stifter ju treten unb aU Sßorilef)er ber
oberen ^pfdmter ju fungieren. iBergIeid)e
aSai^, iBetfaff.iSefd)., unb SWaurer,
üTonböfe.
^Öfifd^e Si^titng ifi tai bleibentfie
unb [(tönfic Sienfmal ber mittelalterlidb=
ritterlidien Silbung unb jugleic^ eine
rcefentlidie ^etie in ber (Sntttiicflung ber
beutfd)en Sitteraiur überhaupt. Qvoai gebt
ber I)id)tung bcs bcfifd)en Stanbeö eine
I)i(i)tung ber unteren luci-tböfifcfcen gtänbc
paraüel; biefe ijl ober nue erbaltencn
©enEmälern faum, alfo fajl blop aui
Scugniffen abgeleiteter *J(rt befannt unb
\i)X Ö,\)axattn bejlanb überhaupt mefir in
berßr^altungber t)or[)ergeI)enbeni8iIbunge=
periobe, als in einem gortfcf)ritte ber
nationalen Silbung; ber eigentlid)e Iräger
beö mitlelalterli(i)en (Seij^eä iji bie l)öfifc6e
iPoefte. (Sie ift ber litterarifi^c Sluebrucf
jener SSilbung, bie ftc^ feit ber Q(ufna£)me
be^ 6t)ri|ientuinö unb feit ber ©rünbung
be« fränfifcf)en Seltreicbes febr langfam
unb bur^ mannigfai)c Übergänge ^inburc^
erji im 11. unb 12. 3af)rf)unbert ju einer
nacf) ^orm unb ^nfj^lt eigenartigen, in
fid) fclber abgerunbeten 93ilbung DoUenbete.
2Ba8 i^r üorausgc^t, finb in erfler Öinie
bie 39emüf)ungcn ber t^riülicfcen ^Ipofiel,
'HJifftonäre, Äletifer unb SD^öndie um eine
bIo§ auf bem Umfang ber c^rifllicf)en [Re-
ligion fic^enbeSitteratur, beren bebcutenbfle
Dcnfmäler bie cftrifili^cn ßpen .^»elianb
unb bcä Otfrieb ftnb; fobann bie Semüt)-
ungen Äarlä beä ®ro^en unb feiner
greunbe um fofortige SBiebcrernjccfung
be« Oeiftes unb 3nf)alte« bee flafrifd)en
Qlltertum«, eine grope, aber voreilige
Dicnaiffance , an rcelc^er bie beutfiie
Jittcratur, wenige gpuren {)interlaffenb,
vorübergegangen ift, rcäbrenb ^ie OJefc^icbt«
fcfircibung it)r iJenfmäler Don l)o^er ©e»
beutung perbanft; enblic^ i>ai ääf)e löeben
ber nationalen ^elbenfage, bie, nur oer»
einjelt, wie im S[ßaltl)ariliebe, in bie
Sitteratur eintritt, bagegen im iBolEe ficf)
baucrnb er{)alt unb auf bie 3^it wartet,
n?o günjiigere Ser^ältniffe fre oon neuem
in ben ^reiä nationaler Silbung ein=
füpren werben.
S)iefe iBer^ältniffe erfcbcincn in ber
geizigen QUtebilbung beö f)öfifc^en SRittcr-
lumä, reelcf)cr natürli(^ bie fiaatlid)c
33Ubung bc« Öe^n^fiaateö. »orauögegangen
fein mu^te, bet>or eine Slüte beä geifiigen
unb litterarifd)cn Gebens barauä {)erttor*
gef)cn fonnte. Unb wirflic^ fnüpft ftd)
bie f)cififcf)e 3)i(f)tung nur mit fcf)Wad)en
gäben an bie »orberge^enben 93ilbungcn
an; fie erfd£)eint fc^netl unb aU cmai
iReue^, als eine Qluejlrablung beä ^öfifc^s
fonoentioneücn Sebene, burcfcau^ ein
*45robuft ber ßeitbilbung, mit i^r fomraenb
unb ücrft^winbenb, 3^^ unmittelbar Dor=
auei unb iai 11. Ja^i^^unbcrt füEenb,
ge^en aSerfucfce gcijllicber 3)icftttr, ben
nabentcn weltlichen ®eiji beä SRittertumä
neuerbings in i>ai je^t ftcE) ebenfalls er*
neuernbc geiftlic^^fird^licfjeSebcn ju bannen.
Tiie I)öfifcf)e Stiftung ifi wie bet
Stanb unb bie ©efetlfc^aft, r>on welcher
fie getragen wirb, eine allgemein europd=
ifd)e ©rfcbeinung; 5lnteil an ibr nel)men
nur biejenigen SBölferunb Sprachen, welche
auö bem (Scf)OBe bee franfifc^en SReicbe«
berporwacf)fen; bie ffanbinainfc^en SBölter
bejilen batjer feine l)öfifd)e Sitteratur.
2)ie {)öfifcben SBeltlitteraturen ftnb bie
fübfranjöfifcfee ober prooen äalifd)e,
beren Söercii ]\ii) nacf) iJJorbfpanien unb
über ganj Stiiü^" enlrccft, bie norb*
franäöfifc^e, befonberä »on ben Jior«
mannen getragen unb burcf) fie aud) in
(Sngtanb ^ur ^ern'c^aft erhoben, unb bie
beutfd)e, beren Sprache man bie mittel«
t)o4)beutfcf)e nennt; in Sübfranfreic^
etwäd))! bie böi}fd)e Silbung unb2)i(^tung;
etwa ein DJtenfcfienalter fpäter tritt fte in
iRorbfranfreicf) unb wieber nad) einem
2)?enfc^enalter in 2)cutfd)lanb auf. Äcnnt« ,
nie ber franjcftfd)en (Sprache gehörte bei 1
bem fonfiigen ÜJ^angel an jeglicher wiffen« 1
fcbaftlic^er Silbung jur guten ®rjiet)ung
beä beutfd)en SRitterä. 5Die ^reujjüge
finb Unternehmungen beä europäii'cften J
©efamtrittertum«, unb im allgemeinen \
weifen fämtlic^e brei Sitteraturen nac^
3nbült unb gorm biefelben Srfc^einungen
auf.
daneben aber wirft jcbe biefer ßittcra«
turen auc^ national, jumal bie bcutfc^c,
beren ©ebiet juglcid) ftaatlic^ geeint War.
Ratten einji alle %nim jufammen bie
^eid)0pfli(^ten, bie !Reic^äred)te unb bie
9fJeid)0intereffen vertreten, fo War je^t ber
weitauä gröpere 2eil ber Ovation, alle
biejenigen, bie im €d)Weiie it)reä 5tnge*
fi(^teä auf 3l(fer unb SBeibe if)r unb il)rer
^erren 33rot cerbienten, von ben (Reid^ä«
intereffen abgelöfi. ®er tf)üringifc^e, frön«
fifd)e, fd)Wäbifcf)e 93aucr fül)lte jldb in
erjier Sinie nic^t mel)r alä 2)cutfd)er,
fonbern alä Jfjüringer, gi^anfe, Schwabe,
©einen 3lnteil wedte wobl, xoai in feinem
engeren Umfreife gefd)ah ; an ber Sentral*
gewalt beä iReid)eä unb an bem, nai
^öjäf^c SJidjtung.
295
I)at>on aiiöging, fjing er blo^ burc^ aScr*
mittlung beä ^crrn. Sic ©efamt^eit ber
Ferren, ber iRittcrftanb, certrat üon Ofle^tö
wegen bic D^ation: feine SDid^tung ifi bie
nationale, feine Sprache bie nationale.
Söei i^m get)t ha^ lanbfc^aftlicbe Sebcn
im großen ©efamtleben auf, feine S5ic^«
tungen gefjören ber ganjen JJation an,
tticrben in biefem Sinne gef(^affen unb
aufgenommen. 5lu(f) bie IJJerfon beö
I)i(^terö ifi national, unb bie 93ejüge gu
bcrjenigen l'anbf(J)aft, bie i^n geboren unb
erjogcn ^at, ftnb ftetä fef)r untergeorbncter
J^atur. Sie felber unb i^re S^itgenoffen
^aben eä nicf)t für nötig era(i)tet, i^re
engere |>eimat aufjujeic^nen.
5lU(ft barin fmb bie pfiffen 2)i^ter
national, tci^ fie mit oerfc^minbcnben
5luönat)men faiferli^ unb nid)t päpfilic^
geftnnt finb; i^r 5luge fcf)aut nad) bem
Äönigä^ofe, in bem aucf) i^r gefellfc^afts
li^eö ßeben feine t)öc^)le ?tu^bilbung er*
holten ^at. 3^» ^n«^" finbet bei il)nen
f(f)on bie Äeime einer patriotifc^en $ocfie
im engeren «Sinne, mie fie ber altepifc^en
*Poefte burc^auö unbefannt mar unb beren
«eitere 3lu«bilbung nod) 3ii^i^('uni'"tc
auf fic^ märten läft. I)al)in ge^ijrt tai
2BaIt^erfcf)e Sieb:
Ich hän lande vil gesehen
nnde nam der besten gerne war;
übel müeze mir geschehen,
künde ich ie min herze bringen dar,
daz im wol gefallen
"wolde fremeder sitte.
nü war hülfe mich, ob ich nnrehte
strite?
tiaschen zuht gät vor in allen!
Tiusche man sint wol gezogen,
rehte als engel sint diu wip getan.
Swer si schildet, derst betrogen,
ich enkan sin anders niht verstän.
Tugent und reine minne,
swer die suochen wil,
der sol komen in unser lant: da ist
wünne vil:
lange müeze ich leben dar inne!
ÜJlit ber eigcnf^aft ber ^öfifcf)en
I>id)tung aU fRationallitteratur ^dngt tk
bebeutenbe 3ai)l matjr^aft gro§er S)id)ter
au^ biefer3eit jufammen; bie Sßereinäelung
ber Sitteratur nad) lanbfc^aftlidjen ©tdm*
men, meiere bie folgenben 3a^r^unberte
eintritt, läft groge |)Ctrfc^aft befi^enbe
Salcnte faum auffommen. ®ie epif
nennt bie brei gro§en JJamen ^artmann
von <Uue, SBoIfram pon efc£)enbac^
unb (Sottfrieb oon (gtrapurg, bie
Qx)xit 2ßaltt)er fon ber IBogelmeibc
unb iJlitbart oon iRümentt)aI.
I)ie l)öfifcE)e $eriobe bereichert jum
erfien TlaU bie bcutfdie Did)tung mit ber
ß^rif. Überall auf inbogermanifc^em
SBoben tritt bie St)rit, bie i)icf)tung be«
fubjeftioen ©efü^Ieö, crji auf, menn ba«
epod fid) ooüenCet i)at. Öprif mdre ber
beutfc^en 2)ic^tung aud) oi)nt i>ai
S^rifientum jugefommen; boc^ iat biefc^
ber 3eitigung ber Sprif o{)ne Btt'eifel
25orf(^ub geleifiet. 3ur 3eit ber Sbrijüani*
fterung 5Deutfc^Ianb« gab eä fd)on eine
reid)e grie^ifc^e unb lateinifc^e (^rifilid)e
öprif; bie Äird^e brad)tc bicfelbe mit, mo
fte ^infam, ju ben erjien altbeutfc^en
Iienfmdlern jd^It eine gntertinearoerfton
ber $lmbrojtanif(^en ^pmnen. Dtfrieb foU
feine oierjeilige SReimPropt)c ber lateinifc^en
.5ii)mnenpoefte entnommen f)aben, unb bic
®efc^ic^tc ber ^pmnologic jdi)U au^ bem
farolingi}d)cn 3eitalter eine ganje 5lngabl
beutfc^er 2)i^ter auf: iRoÜer Söalbuluä,
2utiIo unb SRatpert auö @t. (Sauen,
SSalafriebStrabo unb^ermann Contractu«
auö ber SReic^cnau, Jtabanuö 'JJiauruö;
fogar .^arl ber Orope mirb aU Serfaffer
beö Veni creator spiritns genannt, ülud)
religiöfcr SßoIEögefang in beutfd)cr ®prad)c
muf fc^on frü^ aufgefommen fein, t)at
ftc^aber ber Iateinifd)en.ffirt^enpocjtc gegcm
über immer nur müt)fam betjauptet.
Über bie (Sntfte^ung meltlid)cr ßt)rif ftnb
mir nur mcnig unterrid)tet; gemi^ mar
eine fold^c Dor|anben, beoor bie St)rif ber
^öfe in« ßeben trat; iai ßubmigölicb
unb anbereö gemd^rt fpdrli(^en Sinblirf.
Steben einer diteren oolfämd^igen ßtjrif
mar es bann bie pronenjalif^e ^oflprif
ber Iroubabourä, meiere ben nac^baltigen
ülnfioB iur (Sntfiefiung unb 21uöbilbung
ber f)öfifd?sbeuti"d)en ßlptif gab; bie pro=
»enjalif^e ßljrif ifi bie OTutter ber beutfdben.
S)ic f)öfifd)e ßprif fte^t in engfier
Sejie^ung jur 9Ji i n n e unb jum
^raucnbicnji, i^re 2luöübung mar ein
leil, eine Seite bc« ly^^u^ri^'f"!^^^; i^^^
fennt aud) bie Spif ilJJinne unb grauen«
bienji, aber aU bid)terifd)c« frembcä Obs
jeft; mit feinem ßiebe jiebt ber SDtinne*
fdnger t^atfdc^Iic^ im ©ienfie feiner S)amc.
2)abei Id§t fi^ crmarten, ia^ bic fonocn*
tioneüc |)altung be« ^ijfifc^en SBcfen«
überhaupt unb, bc« grouenbienPe« tnö*
befonbere aud) in ber ßprif mitfpielt unb
biefc eintönig, nac^ einer gemiffen6d)abIone
lierauä gearbeitet mad)t; tai (Stanbeä=
bemuptfein mar eine Sd)ranEe bee ®emüt^«
296
^öftfd^e 2>i(i^tun9.
leben« geirotben, ba^et aud) tüo^l bet
Umjianb, ba§ cd fo »Dcntg wa^t^aft gro^e
Slamcit unter ben fiijrifern bicfer Qixt giebt,
aufer bcm unbejitittcncn SBalt^er nur
iJJit^art.
Die 6öfifcf)e Sichtung tji ferner mefent*
üi) Äunfibic^tung. SDad jeigt ftc^
barin, ba§ ftc, tüenigc 2)tc^tungcn auögc^
nommen, an befiimmten einjetnen 5Di^tern
^dngt, njeld^c if)re be»tiu§te Äunfi jwar
nid^t in eigentlichen ©angcrfc^ulcn lernten,
aber boc^, wenn ni^t in perfönlic^em
Umgänge mit üJieijiern, an ben lebenben
Sorbilbcrn älterer unb erfahrener 2)ic^ter ;
in Dficrreid^ ^at SJßalt^er fingen unb fagcn
gelernt; barin ferner, ha^ neben bicjenige
9lrt ber ©id^tung, meiere nac^ alter Übung
gefungen tt)irb, je^t eine bIo§ gefagte
tritt; tcL^ iai (jpoä meiji in ber gorm
ber (Spopöe erfd^eint, in audgefül)rten,
umfangreichen epifdjen ©ebilben, bie
t)on üorn^erein i^rer ganjen 5tnlage nad^
nid^t me^r »on üJJunb ju SJiunb get)en
fönncn unb beren ©d^öpfung o^ne ein
bebeutenbeö ÜJiaf ar^iteftonifd^er 25urd^=
arbeitung nidf)t tnöglidf) iji; ba§ in ber
(5pif wie nod^ metir in ber ßprif eine fct)r
fomplijierte, ja fdf)on früt) anä ©efünfielte
grenjenbe ted)nifci)e Äunfit^^ätigfcit unb
Äunfifertigfeit ju Jage tritt; ba| je^t bie
(Einfügung einer leitenben ftttIidE)en 3bee
in bie ®i(^tung, wie bei ben SiJibelungcn
unb im «Parjifal, möglid^ unb tl)atfdd^lid^
Wirb; ta'ß überf)aupt je^t bie altepifc^e
objeftioc *13ocfte einer bur^ unb burc^
vom ©ubjcft getragenen S)i(fttung $Ia|
mad^t. ©ä »ttirb faum je auöjumad^en
fein, wie biefc Äunfttbätigfeit eigentUd^
juftanbe fam; jebenfallö t)ängt fie ju=
fammen mit bem im ganjen ßeben unb
Soeben bcd böfifd^en ©tanbcö frd^ offen*
barenbcn ^triebe ju t)öf)er gejleigerter
ßebenstbätigfeit, 2>er SRitter mar unb füblte
fid) aU ber ^err ber 3eit, berSßelt; feine
Scbenäjicüung, fein 9tcicf)tum, feine feinere
©itte, feine SIBeltbilbung, fein meiter Slicf,
feine 5tbmenbung won allem (Srwerb burdt)
ber ^dnbe Slrbeit riefen eine gejieigerte
Äraftäu§crung beroor, bie in aüen 93e=
jiebungen fic^ nidf)t jufrieben gab, bii fic
tai $"ödf)ftc gelcifiet i)attt. S)amit f)dngt
jufammcn, ta% biefe S)ic^tung ftdf) nict)t
über ein balbeä 3at)rbunbert auf it)rer
|>öbc crl)dlt, ibre 931üte bauert für
35eutfdl)lanb ctma »on 1190 biä 1240.
2iae großen böfifd^en S)i(^ter ftnb S^iU
genoffen gemcfen.
SBaö bie befonbercn ©iditungsartcn
ber ^öfifd&en *Pcriobe betrifft, fo begegnet
man juerfi bem nationalen 95 olf depo«.
©0 jerfiörenb ^batte ber Sifer ber ®eijt=
lidbfeit bod^ nidbt gemirft, ta^ jc^t fdbon
aüe epifdben SBolföerinnerungen üernidbtet
gemefcn mären. Utoä) in ber erjien ^dlfte
beö 10, 3abtl)unbertä ^atte ber ©t. (Sauer
iWönc^ (Sf f cbar bbaä Sieb »onSZÖ alt ber
unb ^iltgunt gebi(ä)tet, lateinifd^ unb
nad^ 93ergild iBorbilbe, aber nid^t allein
au« einem ber ^elbenfage entnommenen
©toff, fonbern jugleidb in ber ^rifdbc ber
51uffaffung, ber mdnnlid^en ©tdrfc unb
ber jarten Snnigfeit burd^auö beutfd^.
2Ö0 freilidf) ber ©t. (Sauer ^tönä) bie
©age ^er t)atte, miffen mir fo menig, aU
mir bie Duetten bed SRibelungenliebcö mit
irgenb meldl)er ©id)er:^eit nad^meifen
fönnen; man »ermutet, ia^ ein »erlorened
Iateinifd)eö (Sebidbt cincö gemiffen Äonrab,
©(^reiberd beö 93if(ä)of« *)3ilgerim »on
$affau, unb Icbenbe beutfdbe ^elbenlieber
bem böfifdben ®poä Don ben 9'iibelungen
ju ©runbe gelegen baben. SDcnn bcm
löfifd^en ©tanbe ^at ber 2)id)ter bed
9?ibelungenliebcd angehört; er ift mit ber
Silbung iei pfifdben ©tanbcS mie mit
ber poetifd^en Icd^nif beöfelben enge r>er=
traut, menngleidf) feine Siebe unb 2:eils
na^me mebr bem frdftigcren ^clbentume
ber 93orfabren gilt. S)aö 3iibelungenlieb
fomobl alö bie übrigen ©idbtungen ber
nationalen J^clbenfage, ©ubrun, SHofen=
gärten, ^ugbietric^, SBolfbietridb unb an»
bere, ftnb blo§ (Eigentum ber beutfdben
iöilbung; bie ^^ransofen, Stormannen nidf)t
aufgenommen, bitten mit bem SBerlufte
i^rer germanifdjen Solfäfpradben Idngji
audE) iljr germanifd^ed (Spo« eingebüßt.
Siefer aber aU bie genannten ©ic^*
tungen muräelte in ber Siebe unb ®unfl
Der beutfdf)en ^öfe unb ibrer (Sefeüfd^aft
baö neue tiöfifcfte Äunfiepoä. 5n
ibm fmb bie reic^fien ©d^d^e beS gei|iigen
Sebend jener 3«^! niebergclcgt, in i^m
gipfelt bie romantif^sböfif^e *Poefte. 6ö
ift ta^ (Spoö bed «Rittertum« überhaupt;
in if)m ftnb bie 3bcale, bie S^re, 3"**/
ber ^rauenbienft , aber auc^ bie SSer«
irrungcn beö {Rittertum« mie nirgenb«
onberö ju pnbcn. ©ein Urfprung ift
franjöftf^.
2)ie 93emol)ner ^ranfrcidt)« befa^en feit
Sabr^unbcrten fein eigene« SRationalepo«
mebr. iBon ber römifc^en Äultur war
taQ ganifd)e JJationalepoei, iai fo gut
alä ba« gcrmanifd)c einfi eyifitert baben
mup, iierördngt morben, unb audf) ben
^öfifc^c ©ic^tung.
297
germanif^cn Sinwanbctctn, ben granfcn,
®oten , Surgunbcrn war e« n\ä)t ge*
lungcti, i^re@tammfagen ouf biefcmSobcn
fefiju^alten. ©o war alfo ben ^Jtanjofcn
fein anbereö @poö me^r cor^anbcn aU
tai, tt)cld)c§ ifincn bie gelehrte ßittcratur
bcr 9tltcn bot. 2)ie troianifc^e @age,
befonbcr^ wai bie 5tneibc 95ergxlö
baraug gemalt, unb ein gefd^ic^tU^er
|)elb, bcffen ©efialt fd)on fafi ju feinen
Sebjeitcn bie ©age ju umfpinnen begonnen
^atte, ^lleyanber. 2)aö fonnte eine
Duelle werben für 'bai romantifc^e ®poö
ber ^ranjofen, aber eine ff^neü au^ju^
beutenbc. Unb bie g^reube an abenteuere
Iicf)cn erää^Ienben ©ebicbten, an ^loen^
türen, war mäcf)tig erjiarft, feitbem fic^
bie Diiormannen auf franjöfifd^em ©ebicte
niebergelaffen , bafelbjt it;re <Spracf)e unb
bamit i^re ^eimatlicJ) germanifcf)e Sage,
aber feineäweg^ i^re ßujl am epifc^en
©efange »erloren Ratten, ^an i)aüt e^
ft(^ getroffen, ta^ gerabe ju ber 3eit, Wo
bie SJiormanncn ^ä) bem franjöftfd^en
Soben cinücrieibten, in iJ'^anfreicb bie
$erfon beö großen ^ranfenfönigä Äarl
mc^r unb mef)r fagenl)afte 3üge erhielt
unb baburd^ ben fangeölufiigen norman*
nif(i^en ^ranjofen aU cortrefflic^er ^elb
i^rer 2)i(|tung fic^ anbot. SSalb fammette
ftd) um if)n ein reid&er Äranj non
Qlttentüren; er erhielt eine Safelrunbe
mit ^alabincn, SRoIanb cor allem, bann
ÜKilon, ^aimon, Dliüier, anä) ben S'ior*
mannen^erjog 9fti(i)arb finbet man jule^t
in biefer ®efcEfcf)aft. 3m Ja^re 1066
erobern bie 9?ormannen (Snglanb, rict)ten
ftc^ bort ein, unb franjöftfc^e 6pif ift »on
ia an in Snglanb ^eimifc^. 5lber nocf)
iji ber junger biefer ©dnger nac^ neuen
Stoffen nic^t gejiillt; ein Wönä) weiji
ben Sängern burd) eine »on if)m gufams
mengefioppette (ä.^ronif ber altbritifd)cn
Äönige ben SBeg ju einem längft »er=
fd^oüenen ^önig Qtrtuö; fte greifen i^n
auf, unb balb winbet ftc^ um i^n ein
ganjer Knäuel romantifct)en 5lDentürcn=
jloffeö. SBä^renb ?Irtu^ felber me^r ju=
rüdtritt, treten feine ^alabine in^ feuere
gic^t: $arjifal, 3wcin, ©awein, ©ref,
Srifian, ßanjelot; mit ber 3trtuöfage t>er«
fnüpft ein crfinbungäreid)cr Äopf enbtict)
bie au^ bem Orient pammenbe ©ralfage.
Olüc genannten franjöfifc^snormannis
fd^en ©agenjioffe, bie antifen, faroHngi=
fd)en unb artufifc^en, in nielen franäöftfd)en
9iöentüren bargefteüt unb ju ben ibealen
Prägern ber ^ö^fc{)en Utomantif geworben.
werben nun oon ber bcutfc^en pfif(^en
Äunfibi(fttung aufgenommen, fo jwar, ba§
ber beutfdt)e SJid^ter meifl feine münblic^e
ober fc^riftlic^e Quelle nennt, babei jebod^
ben «Stoff frei nac^ Steigung unb perfön*
licf)er Stimmung bur^« unb aufarbeitet.
2>ie brei Ätafjtfer be^ Äunfiepoö, §art =
mann, SBotfram unb ®ottfrieb,
t)aben alte gelben au« ber 5lrtuöfage jum
ÜJlittcIpunfte i^rer ^auptbidf)tungen ge«
macf)t. 3eber ber brei ^at feine felb«
fiänbigc, cf)araftcrijiifc^e ©teile in bcr
ßitteraturgefdE)id^te ibrcr 3eit, unb bie fpa*
teren get)en meift einfeitig auf ben »on
ben brei SDteipern gebat)ntcn ffiegcn. 3m
©inne ber ß^it, aber in unferer ©pra^c,
^ätte man jene franjöftfc^en ©toffe bie
mobernen nennen bürfen , im ®egcnfa|c
ju ben einf)eimif(^en , aU ocraltet ange*
fe^enen ©agenjioffen.
©e^örte bie gro^e 9Ket)rja^t ber flafft*
fcf)en Dichtungen biefer 3eit, foweit fic
Äunfiepen finb, ben genannten brei ©toffen
an, fo ^at bod^ bie frucf)tbare, uner*
fd)öpflic^e <pt)antarte noc^ fe^r oiel ge*
liefert, roai anberen Greifen entnommen
ifi: Drientalifcf)e ®ef(^icf)ten r»on ber
reic^Pen ip^antajte, ^eroorgerufen burc^
ben infolge ber Äreujäügc üorneI)mli(^ er*
wac^fenen 93crfef)r be« Orient« mit bem
Occibent; fobann religiöfe ©toffe, befon=
berä Segenben in großer 3^1)1, unter be*
neu ftd) oft uralte Überbleibfei germani»
fc^en Söolfäglaubenä Ber|iecfen; enblid)
Bcreinjelte e^te ©agenbilbungen fpäteren
SJatumä, bie [xä) an Otto ben ©ro^en,
^einrid^ ben ööwen, ^erjog ßrnji »on
©d^Waben anfc^liefen. fRur »ereinjclt iji
in bcr pfifd)cn (Spif iai ^umorijtif(J)C
(Slement »crtreten.
2)ie Sprif ifi gegenüber ber antifen
wie ber mobernen bcutfcf)cn ßijrif no^
fe^r einfach. SDeitau« bie meiftcn S)icf)*
tungen biefer ®attung gehören bem^tauen*
bienji an, ftnb DD^inneliebcr, wobei bie
©mpfinbung ft* fe^r oft an ^rü^ling
unb aßinter fnüpft, ber üKinne ßeibcn an
ben aSinter, ber SD^inne 8ufi an ben ßenj.
Sieben bem ^rauenbienfi iji aber bie ßprif
auc^ in ben 5Dicnji bcr SReligion getreten,
mit ®cfängen auf SOtaria, welche jugleic^
bcr aJJinne l)öd)jie Scrflärung barjietlt,
auf hai gelobte ßanb, auf bie SDreicinig*
feit. Unb bcr bcbcutcnbjie 3)id)ter unter
biefcn g^ac^tigaüen, 2öaltt)cr, ^at bie
rcid)jie %Mt feine« ®emüte« in benicnigcn
Sichtungen an«gegoffen, bie bem Ferren«
bienjic, ber e§re unb 3u^t bcr gürften
298
^öfifcfee ©ic^tung — Hofnarren.
unb bcö SBatcrIanbes bicntcn. 6d)on ixt
ßririf ber Iroubabourä bat bic brcifad^c
Qlrt beä grauen*, ©ottc^* unb Nerven*
bienj^cö gcfannt, aber bie bcutfdic 2)ic^=
tung ijl tiefer, crnficr, geljaltpoßcr. 3"'
mal aber beft^t fie eine 2lrt ber OKinne^
Iprif, Bon ber bie granjofen nic^tä it)U§ten.
SBie oben fc^on bcmcrft, n^ar baö foncentio«
neue ®ebal)ren beö liüfifc^en ©tanbeä bcm
2)ienjic ed)tcr l?t)ri! nidit gerabe günjiig;
fd)tdtc fid) aucf) fiel in ben 5tugcn beä
JRitterö, barunter mancfteö, »aö fic^ beffer
ni<f)t gcfdiicft liätte, fo fct)i(fte ftd^ bod)
nid^t atleä, waä gerabe baä ßiebesleben
ber S)idE)tung bieten fann. ^ii^t oer=
geben« ift unä au^i bcm böfifdjen ÜHinne-
bienjl ber *}luöbrucf überfommen: ben
^ofmad)cn, bie 6,0 ur mad)en, mos
ju eben feine ßeibenfc^aft gehört. ®af)er
iji c^ nidit ju üerwunbern, wie ftc^ jur
3eit ber pd^fien Stute be^ SDiinnegcfangeö
eine me^r bas natürliche öeben anpacEenbe
SRid^tung funbtl)ut, bie ftd) mit (änt*
fcfeicben^eit fon bem 3tt>anse ber ^öflfc^en
formen loslöji, „bie nic^t me^r fonttcntio»
nette, tt)ei^c, jarte ©mpfinbungen unb
tt)eid)e klagen auäfpri^t, [onbern mit
frifd)em |)umor unb nait>er @innlid)feit
fxd) bem Sebcn unb ber ßiebc ergtebt unb
in il)rer fecfen unb toleranten ßebenä-
anfc^auung bie natürlic^fien S)inge alä
etwas burd^aus nic^t Qlnfiö§igeö betian»
belt." ÜJJan Ijat bicfe Oii^tung ber
ÜJJinncl^rif alö l)ö|if^c S)orfpoefie
bejeid^net, im ®egenfa| ju ber jirengeren
I)öfifd)cn |)ofpoefie. ^\)i genialer
.^auptoertreter ifi 9titt)art »on 9tü*
tt)cntal, ein SBatjer, bei bem aud^ fofort
ein lanbfd)aftlic^eö Stement fiärfer ^crttor*
tritt, ©eine ßieber ^bcn am Idngfien
üon allen Sicbcrn ber DWinnefänget au^*
gebauert.
3um leil im 3"f'"^"ifn5'i"8f "i**
ben Stoffen ber ßt)rif fie^t il)re gorm.
2ludt) fie ifi breierlei Qlrt: 8eic^, Sieb ober
©prud^. ©er Seid) mirb gefungen, ifi
unjiropl)if(^ gebaut unb bcbatf baljer einer
burc^ge^enben mufifalifc£)en Äompofttion;
et mürbe am liebften jum 3tu^brudEe
rcligiöfcr (Smpflnbung angemenbct, er«
fdbeint übrigen^ jiemlict) feiten. 5Da^
Sieb ifi eine ober mct)rerc gleid^gebaute
breiteitige @tropl)en ; bie ©tropfe ifi nad^
einem audt) auö granfreicf) fterübergenom»
menen Qrd)iteftonif^en ©efe^e ficti^ brei*
teilig, b. i). fte befielt auä jmei t^^t^s
mif(| fongruenten Seilen , ben beiben
©tollen, unb bem ba^u auf irgenb eine
5lrt in rljpt^mifc^em ®cgenfa|c jiel^enben
Slbgefange. S)ie ©tropbc mirb gefungen
unb bient »ornef)mlict) jum Sluöbrude ber
StTiinne. iDer ©prudö enblid), breiteilig
Vüie bie ©tropben, mirb blo§ gefproc^en
unb ifi fietg einfirop^ifdt). Sr tjat ju=
mcifi politif(^en ober fonfi bibaftifdtien
3n^alt. 2^ mciter bic 2)idt)tung ftdf) bon
i^rem $iit)epunttc entfernt, befio mc^r
nimmt ber ©prud) an 5lu^bebnung feine?
©cbraud^eä ju.
S)af eine poctifd^ fo bcmcgtc S^^K tt'if
bie ber l)öftfc^en 2)idötung cö mar, aud)
ber bibaftifd^en ©id^tung gepflegt l^at,
mer follte ha^ nid^t crmarten? 3cbe
Sölütcjeit ber 2)idt)tung mirb eine foldie
gültc üon 3been, (Smpfinbungcn Oln«
fd^auungen, (Erfahrungen neben bcm in
ber eigcntlid^cn S)idt)tung nicbcrgclcgten
©toffe eorrätig befificn, ta^ ftc, einmal
cingemö^nt in bie Äunfi ber SRcbc unb
beö SSeifattg ber ÜJ^enge nerftd^crt, gern
itiren (Sinftu^ benu^t, um iai ftttlid)c
S^cfultat it)rer 9trbcit in fd)önem ®emanbe
porjufübren. Unter ben $robu!ten biefcr
9lrt fic^t greibanf« Scfd^cibcn^cit
obenan.
©dbnett, mie ftc gcfommen mar, l^ört
audö bie f)öfifdbc Sitteratur mit ber ^öfi»
fd^en ®^re, 3udE)t unb lugcnb auf; mo^l
»erfud)en fid^ big inö 14. Ja^rl^unbcrt
nod^ mand^e ßicbbober ber S)id^tfunfi, ber
Söat)n ^öfifd)er *Pocfte getreu ju bleiben;
aber ber Icbenbige ©eifi ifi crlofd^en unb
madf)t f(^nell anbcrcn iRid^tungen ber
SBilbung 5ßla^, bic man unter bem fRamen
Dolfätümlidbsbürgerlidt)e Sitteratur jufam«
mcn ju faffen pflegt. ®ö Ringer,
3)eutfdt)c S)idt)tcr. (Einleitung jur fünften
9luflage, aSacfcrnag cl, Sittcraturgcfdt).
■Hofnarren ftnb feit bem 15. Sa^rtiun«
bert mit ben ^ofpoeten unb ^of«
jmcrgen an ©tcUe ber früheren fiänbi*
gen ©ängcr, *Pocten unb ©pielleutc ge«
treten. 2)ic ^of= ober ©d^alf snarrcn
maren in granfrcid^ unb SJcutfd^lanb an
ben ^öfen ber SRei^öfürfien unb ber
größeren (Srunb^crrcn cigentlid^c SScamtc;
^ürfiinnen biclten i^rc |iofnärrinnen; ftc
erhielten au|cr ßofi unb SBoi^nung nod^
J^offteiber. 3^rc Srad^t ifi bie ©^cücn«
tradt)t, bic urfprünglid^ oon d^rifilidljcn
(Prieficrn fomo^l aU »on mcltlid^en
(Sroicn , fürfilid^cn ©cfanbtcn u. bgl.
biä in^ 15. ^a^r^unbert jur 5luäjcid^nung
getragen morben mar. 2)aju fam ber bc*
fc^orene Äopf, bie fRatrenfappe mit @fel«»
obren ober bcm ^abncnfamm, ber breite
^oljatc^iteftur.
299
^»alöfragen unt> bcr D^arrmfolben. 2)em
3ugc bcr ßtit gcmä§ traten bicfc ßeutc
ju ^eden= unb JJarrengefeüfd^aften ju=
fammen, bic alö ^cdengcrt(i)tc, j. 93. ju
Jionaucfc^ingen, biö in bic neuere 3^it
fortbaucrtcn. 2>ic berütimtePcn ^of^
narren fmb : Äunj ton bcr SRofcn,
luftiger SRat ÜJiayimitianö I. unb Älauö
9?arr ober ^lauä »onSRanftat, Jp)of*
narr Äurfürfi ^riebric^« bc^ 3Bci[en, bcffen
luftige (Sinfäüc unb ©($n>än?e ficbcnmal
(1551-1600) aufgelegt würben, flöget,
@ef*ic^te ber Hofnarren, 1784,
i»ol5ttr^iteftitr. S5ic alten ©cutfAen
irohnten nic^it in ©tobten ober aucf) nur
in Drt[(i)aftcn bei cinanbcr. S5aö 3"'
fammenicbcn war ber perfönlid^cn Unab«
pngigfeit bcr gcrmanifdicn 93ölfcrf(f)aftcn
in l)o^em ®rabe juwiber; ein jcbcr baute
fein ^ani, wo er wollte. Qln eine cigent*
iiiSe Saufunfi unter bcn ®ermanen i|l
be^^^alb aud) faum ju benfen. Sic fann=
ten Weber ^auftein noc^ S'^ö'^^; ^<i^
aiJaterial, womit fic il)re Sßobnungen cr=
richteten, beftanb auö ^olj unb wie fc|)r
gcrabc ber ^oljbau »on ^aufe auö beutfd),
ber ©tcinbau aber römifd^ ijt, bejeugt
f^on bic ©prad^c, weldic für „Sauen"
urfprünglid) nur „3inimcrn" fcnnt unb
bie einfad)jicn Benennungen für bcn
Stcinbau (wie SDJaucr tion murus, Äalf
oon calx, QiiQtl iwn tegula) auö bem
Sateinifd^en t;crübergcnomnien l^at, wd^«
renb aQc bcn ^oljbau bctrcffcnben 5tui=
brüdc urbeutf^ finb. ®ic altejie SRad)*
ric^t über bie Sauweifc ber ©ermancn liefert
un^ Sacitu^, ®erm. 16. yiaä) bemfclbcn
genügten il)ncn 2Bo^nungcn auä rollen,
faum bel)aucncn Saumjiämmen. 2)ic
gugen würben mit f^immernbcm Seiten
aufgefüllt unb hai fo cntftet)enbc bunte
«Spiel ber Sinicn bientc if)rcn mit t)o^cn
9io^rbäcf)ern üerfcbcnen $ütten al§ cinji«
gcr barbarifd^er (Sc^mucf. S)ie Sec^nif
biefer ^ol^bautcn fann jweierici gcwcfcn
fein; entwebcr mit Ijorijontalcr öagcrung
bcr Saifcn im 93Iocfiierbanbc ober no(^
rot)cr, auö fenEre(i)t nebencinonbcr aufgc«
richteten ©tämmen.
S5erart ift eine auä angelfäd^ftfd^cr
3cit in ©ngtanb (Greenstead) biä {)eutc
€rf)altene ^ird)e t;ergeficllt. ©onfl i^ natür«
lid) auö jener frühen ^ät nidjtö met)r
auf un^ gefommcn unb iji unb bleibt bie
gragc nad) ber inncrn räumUd)en S)tö«
pofttion bcr altcflcn beutfd)cn |)aufer
eben ungelöft. Dtte glaubt jwar, in Qln*
betratet bcr ancrfanntcn S^^igfcit bcr
bäuerlid)en ©itten unb bei bcr im 5lllgc=
meinen ftcreotppen ^orm bcr bcut[d)cn
Saucrn^öfe ^u einem 3iü(ffd)Iu§ üon bcr
©cgcnwart auf bie ferne Vergangenheit
bered)tigt ju fein unb erblicft in ben wcfi=
fälifd)en unb frän!if($en Sauernt^öfcn bie
Slac^bilber biefer altgermanifc^cn Söo^j
nungen.
Wit bcr 3^** wirb aucft auf biefe
primitit>cn (Einrichtungen römif^er Gin=
fluf fxd) geltenb gemad)t f)aben unb inet=
Ieid)t fd)on unter Äaifer Juliin tier
römii"d)e 5ad}Werföbau ftatt beä g3Ioc!=
baueö cingefü{)rt worbcn fein, wenigften«
nac^ bem Serid}te eineö faft gleichzeitigen
®e[c^id)t6fd)rcibcr« ju fd)IieBcn. ®te
iffiofjnungcn werben fid) aber nic^t nur
in ber bcn ro^jcn Sloctoerbanb übertreffen^
ben .^onjlruftion auö Sinbwerf mit bcr
3eit öcrbcffcrt l)aben, fonbern fctbjt in
gefd)ni^tcn Serjierungen ber iBau^öIjer
wirb f\ä) ein ^^ortfdjritt befunbet fjaben,
bcnn für bie ®cfd)idlid)Ecit bcr alamannis
fd)en 23ötEerfd)aften in ben üerfd)icbcnften
.^oljarbeitcn fprcd)en bic ®räberfunbc im
2!Bürttcmbcrgifd)en. ^m SBerlaufc beö 7.
unb 8. 3a{)r^unbertä ftreuten irifd^c3Dtönd)c
ben ©amen beö Gbrificntumö auä. 3n
Heineren unb größeren ©d)aren pflegten
ftc ju wanbern, listeten mit iljrer Styt
bie SBiitber unb bauten ^ütten unb ^n--
d)cn na* I)eimifc^cr Qlrt.
SRegel war aucft t)ier natürtid) ber
^oljbau unb wal)rfd^cinlid^ in einer ben
irifi^en Tlönä)in eigcntümlid^cn SBcifc
(nad^ ber 93e^cic^nung bcö gleidtijcitigen
Beda venerabilis: more Scotoram ober
opus Scoticum) ganj auä (£id)enbatfen
(de robore secto).
Überfjaupt werben big in fpate 3«it6ri
hinein bie crj^cn eiligen 93auten bei bcr
®rünbung »on Älöftcrn unb .Rirdbcn
immer auö ^olj erridf)tct worbcn fein unb
felbfi unter Äarl bem ®ro^cn, ber wenig«
ficnä für bie Äirdien bcn rcmifd)en ©tein=
bau etuäufü^ren tra(^tcte, werben beinahe
aUc im ©ac^fentanbe crrid)tcten Äirc^cn
faum über ben bejc^eibenjlcn Sebürfnis-
bau !^inau^gereicbt l)abcn unb eben aud)
au^ ^olj crrid)tet gcwcfcn fein. 9Wit bem
10. 3a^rt)unbcrt brad^ über S5cutfcf)Ianb
eine unfägli(^ traurige 3cit herein. S)aä
Cflcic^ Äarlö lag jertrümmert. 3m Jnncrn
bcö SRcid^e^ I)crrfc^tc 93ürgcrfricg unb oon
fingen war eä bebro^t r»on ben 91ormanen
unb Ungarn. Tlan tradbtetc ba^er auf
Sffiibcrjianböfäljigfcit unb aSe^r^aftigfcit
unb äog wenigfien« auf cinäctfic^cnbcn
300
.^oljaV(f)itcftur.
©cbäubcn bcn ©tcinbau bcm |>oIjbau
cor. 2c|tcrct aber flüd^tetc jtc^ üon ta
ab I;auptfdc^lic^ in bie ©täbtc, xodä)t fxä)
gemcinfam burc^ fiarfe Stingmaucrn ju
f(f)ü^en fu4)tcn.
ffiir «iffcn übet bic 9trt unb SSeifß
h(i fßrofanbaueö biefer Seiten übrigenä
äu^etjl Wenig. ÜRan wirb ficf) aber bie
grofe ÜJlc^rja^I ber SBobn^äufer faum
bürftig genug »orfieQen fönnen unb bie
oielen ücrbeercnben Sränbc bereifen jur
©enüge, ta^ biefclbcn regelmäßig auö
^olj, mobl in j^iid^^^erf erbaut unb wenn
nicf)t mit 9tol;r ober 6tro^, fo bo<^ t)öc^=
fien^ mit ^oljfc^inbeln gebedt roarcn.
S)afür fpridfjt aud) bic fabelt)afte ©cfinefligä
teit ber Sauten, «too wirb öon ber ®tabt
Sebufa erjäf)lt, fte [ei in 14 Jagen »oücnbet
worben. ®anj äbnlid^ lautet ber Serid)! i>ii
Sif(i)ofö Dietmar Don SDterfcburg über
bie a[BieberI;erfteIIung ber abgebrannten
©tabt ü)iei|en. 2ßo ia^ {xä) barbietenbe
SOkterial e« erlaubte, begegnen wir feit
5(nfang beö 12. S'i^ic^unbertf^ bem fid)
immer mef)r auäbreitenben Duabcr- ober
3icgelbau, aüein in »ielen (Segenben, wie
in *J!Hä^ren, Dberfd^Iejten, (ßommern unb
^Jreu^en blieb man bei bem urtümlid)en
^oljbau fiet)en. @o befinben ftc^ unter
ben obcrfc^lefifd)cn Äird)en einige, wie bic
ju @t)rin unb Subom bei SRatibor, an
benen fpdtromanifc^e 2)etail^ »orfommen.
%üx bie (Erbauung ber bciben genannten
Äirc^en werben bie ^ob'^^^ä^b^f" 1304
unb 1305 angegeben. QlCle biefe Äirc()en
»on einfad) rcd)tedigcm ®runbri§ mit
fd)mälerem üUtarraum unb mit 3Sorbau«
ten an bcn Sbüren, finb im S8Iodr»er=
banbe au^ aufcinanbetgefd)id)tcten, grob=
bet)aucnen SSalfen erridbtct. 'ÜU bc=
fonbcre , auc^ bei bcn glcic^jeitigcn
norwegif^cn ^oljfircben (wie bie ju
^itlubaI,53orgunb, Urue^) ftcb Dorfinbcnbe
(SigentümU(^teit bcrfelbcn erf(^eint ein
iai ganjc (Sebäubc umgcbcnbcö weit tior^
fpringenbe^ SRcgenbad), woblgceignet, um
bie Sad)traufc »on bcn ©ruubfdbweüen
abzuleiten. 2Dcr Surm, nid)t feiten ge*
trennt oon ber Äird)c ftebcnb, pflegt in
fc^rdgen 2ödnben aufjuficigen unb ifi an
ber SÖrcttcroerfd)alung beö oberen Zcüti
juwcilen mit ©d)ni^ereicn Dcrjicrt. 3"
33öl)men finb ^otjtürme bcfonbcrö büwp9'
aud) neben fteinernen Äirdicn ja felbft in
Iiörfcrn, bic gar feine Äiri^cn babcn. @o
finbct fid) neben bem im 14. 3«bt^unbert
errichteten ©teinbau ber (Seorgäfird)c in
*13r^aölawic bei Jurnau ein ^oljtnrm über
einem fieincrnen ©runbbau; no^ \iatu
lid^er erfd)cint ber grofc ©locfenturm ju
<Parbubi^.
©in ©tdbtebilb biefer 6po(S^c bietet
unä enge (Soffen unb JRdume. (Jine
cigentümlidbe Sluönu^ungöfucbt bcö JRau*
meö riß in ber Sürgerfd^aft ein. S)ie
©tdbte , bic an föinwobncrn junabmcn,
mußten in bic alten Ofiingmauern cingc*
pfercht werben. SD^an begnügte ftd^ be^*
balb nid)t mebr mit me^rfiödigen ^dufcrn,
fonbern man fud)te ta^ pa\x^ nod^ naä)
oben, allem ftatifd)en ©efüble juwiber, ju
Dcrbreitcrn. 5Diefe „Surgsäimpere" ober
„2tuäfdnge", bei benen jcbcg ©todwerf
über tai anbcre »orragtc, erweiterte allere
bingg bic obcrn SRdume unb bot juglcicb,
weil Unterjiü^ungö- unb iBcIajiungöpunft
auf üerfc^iebene Stctlcn fielen, ein ©egen*
gewicht gegen i)a^ (Sinfd^lagen ber i8alfcn.
*llnbrerfcitö aber würbe bcn of)ncbin engen
©äffen burc^ biefe iBauart ßuft unb Sic^t
nod) mebr entjogen. ©elbfioerfidnblid^
fonnte biefe Sauart bauptfdd)Iid) nut bei
gac^wcrföbautcn üor!ommcn. 5Der ©tcin^
bau bef^rdnfte fic^ bei *Profanbautcn in
ber 3ficgcl auf Äefler unb (Erbgefc^oß.
Überbaupt waren ficinerne ^dufer no(^
eine große Seltenheit. 3n ben alten ©runb*
regipern, ben fogenanntcn@dbreinöbüd)evn,
ftnb 5. 33. üon ber ®tabt Äöln, bie fi^on
im 13. 3abr^unbcrt an bic 6000 j£)dufer
befaß , nur ungefähr jcbn al^ domus
lapideae bcjcic^net. S)ie Sitte, bie ©tod*
werfe übertragen ju laffen, fübrte inbc^
balb unb bcfonbcr^ in ber gotifd)cn 3^it
JU mand^erlei 2)cforationäformcn. Die
Dorj!c^cnben Salfcnföpfe werben mit
6d)ni^werf in »egetabilifcber gorm, Sicr-
unb ÜJienfd^enbilbungcn gefc^müdt, auc^
oft (Srfer unb «ausbauten angebrad)t, fo=
haVi ein ©anjc^ oon ungemein malerifd)cr
aSirfung ftd) crgiebt.
Seifpielc auö bcn frühen Seiten bed
13. unb 14. 3abr^unbcrt« finb aüerbingö
faum me^r erbaltcn, teilö erlagen biefel«
ben bem 3abn ber 3cit, teil« würben ftc
bur^ fpdtcrc ©teinbauten ocrbrdngt. 5Die
^errfc^aft be« gotifdjcn ©tilcä ging in»
beffen an biefen ©d)öpfungen iti SJoIfö»
geij^eä nid)t unbemerft vorüber unb nod^
in ber fpdtercn 3cit bcä 15., ja fclbji im
16. 3abrf)unbcrt finbet man, wie wir
feben werben, an ben gad)Wcrfgbauten
noc^ lebbaftc Stnfldngc an gotifc^e gor*
men. ©ebr fd)önc Scifpiele in biefer
|)inftcbt bietet namcntlid^ a3raunfd)Weig,
wo burd) bcn ^oljbau bie mittclaltcrlid)e
^oIjarcf)itcftur.
301
Irabition noc^ lanijc in Ävaft blieb.
SJicfe frühen Sauten jeigen ein ftrcngcö
iltnfd^Iieüen bev S)cforation an bie Äon«
firuftion.
2>ic ©c^njeHbalfen unb »yüQÖöljer ev=
I;altcn fräftige ^luöte^Iung unb ^Ibfafung,
»oburd^ bie t)ovijontaIe Sinie ber über=
cinanbcr Dorhagcnben ©tocfn.ierEe raitffam
betont roilb. Überaus beliebt iji bie
SDeforation mit rcd^treinflig gebrod^encn
ßinien, bie man alö mäanberartig bejcid)=
nen tann. SDaniit tt)ec^[clt ein anbcrcö
Ornament, ba^ feine SDlotioe bem $flan=
jcngebiet entlel;nt unb au^ einer ßaub=
ranfe befief)t, luelc^e ftcf) um einen
^orijontalen @tab winbet unb bie cbavaf=
terijiifcf)e gorm bcä fpdtgotifd^en SBIatt--
WixH jcigt. dliiit minber reid^ trerbcn
bie Salfenföpfe beljanbelt. ®ie erhalten
nic^t bloö friiftig ausgefeblte *^3rofiIe,
fonbern biöiueilen in ^oc^relief bur^ge-
fü^rte figürlid)e 2)arf}cnungen , 5lpofieI
unb anbere -fieiligc, aber auc^ ®cnre=
lafteö unb Surlcefes. ÜLiie 5tnja^l ber=
artiger iSauten ber legten S)ejennien beö
15. unb ber erj!cn beJS 16. 3af)rt)unbertei
iji überaus gro^. dU&i ganj in mittel*
alterlic^en formen erbaut, iji namentlich)
ber gro§c Sau ber „9lltcn SBaage" (1534)
in 23raunfd)meig.
3)ie SRenaijJance bringt in bicfc Se*
Imnblung ber g-a(^aben junadjji nur
einige 33ereid)erung be« Ornamentei.
®ine^ ber früljcjlen 93eifpiele beö Qluf«
treten« ber neuen jormen finb bie treffe
Iid)en SRejle Don einem abgebrochenen
SRat0fücf)engcbäubc üon 1530. £)a fxnb
bie ©lemente ber Oicnaiffance, wie S)€lpl)ine,
Äanbetaber, ®ott^eiten unb gelben beS
Sdtertume nod) ganj unbefangen mit
aüertei mittelaltcrlid)en ©enrcfcenen unb
^Poi'fenfiaftem gemifcf)t, ein tt>at)rer gafc^ing
ber f^bantafic, meint Siibfe. Q\x gleid^er
3eit inbeffen taud)t ein neuc^ SOtotiti für bie
S)cforation ber ©c^nieüljöljer auf unb eine
23crfd)Iingung oon 3^)610«"/ bie faft vok
Sänbcv a«sfel;en unb ftd; frieeartig auö=
breiten, söeinabe fein ^au« entbetjrt ber
<gprüd)e, nielc^e basfclbc in ©otte« ^anb
legen, ober fonjl fieitcrn ober evnften 3"=
baltee finb. Um ben ©d)Iu§ be« 16. 3at)r*
bunbertö erfährt ber ^oljbau feine Ic^te
Umtvanblung. ®er ©teinbau wirft auf
it)n merflid^ ein. i3isf)cr waren bie 93alfcn
burd) "Jlbfafen unb (Sinferbcn rcc^t im
©innc ber ^oljfonjiruftion auögebilbet
lüorbcn. 2e^t aber werben bie Salfenföpfe
mit aSorliebe alö .Konfolcn bel;anbelt, bie
©c^weaenbalfcn cibalten 3ct)nf(^nittc,
eierjtäbe unb $erlfd)nüre nad) antifer
^rt. Die legten Slüten biefer (SntwicEIung
treffen wir namentlid) in ^ilbeö^cim.
^ier iji es ber alte fäc^fifd)e ^oljbau,
ber jajl ausfd)Iiefii4) ben iPrioatbau be-
berrfd)t. 2)ie Scifpiele auö bem frühen
9JJittelalter ftnb inbejfen ^icr feiten. ^a=
gegen treten bie SRcnaiffanceformen fd)oa
fel)r frül; auf, fo fd)on 1529 an einem
ber gro^artigjien ^oIjf;aufer S)eutfd)lanbs,
an bem fogenannten .^noc^en[)aueramts=
t)auö.
Uncrfc^öpflid) reid) iji ber plajiifc^c
©c^mud an biefer 5a<;irbc. ÜDic Äonfolcn
ftnb jwar nod) mittelalterlid) geformt,
in berber ^umoriftifc^er Qtuffaffung. 5n
ben ^i^iefen bagegen fmb bie *Wotioe ber
^Jrü^renaiffance m Slumen, 5rud)tfd)nürcn,
Äanbelabern :c. überwiegenb. (Segen ßttbe
beß lö. 3ii^rf)unbert2i tritt ber ausgebilbcte
«Stil ber ©pcitrenaiffancc auf. 21uf bie
®Iiebcrung unb 51u3fci)müdung ber 5a<;abcn
wirft ber (Steinbau gewaltig ein. S)ic
ganjen 5'it'i^f" werben mit .poljbrettern
»erf leibet, fo ha^ aöe Seile ber Äonjiruf«
tion bis auf bie al^ fräftig uortretenbc
Äonfolcn entwidelten Salfenföpfe mit
ibren (Stufen Dert)üUt werben. 5Die
©d)Weübalfen aber bilben einen burd)«
laufenben %xki, mit Ornamenten reid^
bebedt. Sine fonfequente üertifale Teilung
wirb burd) f(ad)gefct)ni6tc «Säulen, !^ilaftcr
ober ^ermen bewirft." "Jluf ben J'nf^fi^'
brüjiungen aber entfaltet fid) in figürlidicn
fflelicfs ein unerfd)öpfli(^er JReic^tum, unö
um bie jierlic^c 91nmut bes ©anjen ju
üoQenben, jlnb alle |)auptlinien bur'c^
feine ©lieberungen antifer Äunjl belebt.
3)as S[RuftcrbeifpieI bicj'esi ©tilö iji t>a^
2ßebefinbfd)e ^aus t>om 3al)r 1598.
2)er alte Sifd)ofrt^ ^albcrjiabt bieter
ebenfalls eine reid)e 'Jlusbeutc an ^ol,«
bauten, ju beren bebeutenbjten ber im
3at)rc„1461 erbaute SRatöfeüer gef)ört.
2)en Übergang in bie SRenaiffance be*
jeid}net namentlich ber ^oljbau be'o
©c^uPofeö, an welcf)em baö 'JOJotio ber
931enbarfaben an ben ^^cnjicrbrüjiungen
präd)tige 5lnwenbung erlebt. Dieidie unb
i)übfd}e Seifpielc, namentlid) ber 33er=
binbung bes Apoläbaueö mit bem ©teinbau
bietet >pannooer, no fid) jugleid^ aud)
ein reicber Srfcrbau entwitfelt, im ©egen*
fa^ ju bem benad)barten 58raunfd)Weig.
3n ben mittleren SBefergegenben, befonbefs
gegen ©üben ju, berrf^te ber .poljbau in
befonbers eleganter SBeife, wie in Wörter
20
302
^ot^ardjiteftui.
unb Wünbcrt. 3" ftaftPoQer S^ur^bilbung
tcr Sc^iDellfiöIjer, bcr Äopfbänbet unb
Äonfolcn, foroic bcr gcnf^erbrüfiungcn
mit ßielfad) nariirten üJiufdjcI^ unb gäc^er^
formen gehören biefe Sauten ju ben
f«i)önjien ©c^öpfungen biefeö ©tild.
*J!}lurterl)aft ift berfelbc namentlid) in bcr
2)e^anci in^öytcr(l561j cntroicfelt, Ä>el(i)e
fi^ burc^ einen Pattli(*en polpgoncn (Srfer
auÄjeid)net. 5lud) in 92ieber^cf|en ^at
ber ^oljbau in ^eräfelb, StQenborf, g^^i^Iar
äablreiAe 35ertrcter, ttiie auc^ in aBcfl=
fatcn in ^eröforb, SSicIefelb :c. 3"
©c^rcabcn war bcr ©teinbau, geförbcrt
bur(S ben präitigcn ©anbj^cin, for^
f)crrfc^cnb, inbeffen tjieltcn bie bürgerlichen
Äreife noäi lange an bem |)oljbau mit
(Riegclttjänben fej?. 2llö 93eifpiele mögen
©^tndbif^ $aE unb t>M SRat^aU'S in
Tübingen (1508) angefüf)rt fein, granfcn
bettiat)rt in bem ©aljbaufe ju ^^'^'^"ffu'^t
ein ^ra^tfiücf. SDie fctjmalc ©iebctfcite
ift reid) in ^olj gefc^ni^t unb ^war in
tiöUiger Jiadjabmung bcr Stcinard^itcEtur,
glei^fam eine Sift^^tf^oti"" ^on ^olj«
platten bilbcnb, unter »eld)er ftd) iai
fonjiruftirc @erüfic oerbirgt. 9]amentli(^
cntmicfelte ftd) ber Ijoljbau in ben großen
^ofanlagen ber mittelalterti(^cn unö fpä=
tcren SBo^n^äufer, nso oft mcbrcre ©alerien
»on ^olj übercinanbcr gelagert finb, fo
im ©ebad)f(^en |)aufe in 2Bürjburg, im
^affncrfc^en in SRottjcnburg, im granfc^
fd)en unb ICaClcrfc^en in SJiürnbcrg :c.
©ebr anjiefienb unb bcbeutenb i(l ber
|>oIjbau in ben 9if)cinlanben. SEßä^renb
in ben nieberfdcf)ftfc^cn öanben bie einjcU
nen ©tocfroerfe fo roeit als mögtidb üor*
gefragt mürben unb baburc^ jenes reiche
malerif^e ßeben, jene encrgifct)e (Slicbcrung
crbielten, fmb bie rl^cinifc^en ©auten bei
möglid)jt geringem SSorfprung ber ©tocf^
tt»erEe minbcr fräftig entmidelt unb fud^cn,
mai i^nen an ßebenbigfeit abgebt, burc^
eine mc^r malcrif^e Drnamentierung ber
glasen ju erfe^en, obne inbeffen bie
fonjlruftiricn eiementc ju oerbüüen unb
gu verleugnen. 3t" ®cgenteil werben
biefelben jum iMuegangöpunft bcr ©efora^
tion gemacht. 2)abcr meröen bie (Pfoftcn
befonbers fräftig betont unb namentlid^
bie ©dpfoften in ©äul^cnform auegebilbet.
25ic ^orijontalen aber mcrbcn burc^
müßige« 33ortreten bcr ©(^»eübalfen nur
bcfd)ciben angebeutet, fo ia^ einige au0=
gefcbltc unb abgefaflc ©lieber, bismeilen
roo^l als ein gcmunbcneö djaraftcriftcrt,
genügen. ?JamentIic£! aber fallen bie ror=
tretenbcn 53alfcnföpfc ii^ meberfä(^jtf(^en
^oljbaueä fort. 35ic S)cforation aber
meift fletä eine feine Qlnmut auf. 2Rit
iBorlicbe fügt man ben ^apaben fräftig
uorfpringcnbc (Srfcr ju. <Hlö Seifpicle
mögen bicr bie ^oljbautcn ju JR^enfe,
Dberlal^nficin, Sopparb, ^a^ttaä) unb
Sremen angeführt fein.
aBäf)rcnb bcinai)e überall in beutfc^en
ßanbcn bcr Of^iegelbau, wenigfienä roo es
ft(i) um fünfilerif^e 5luöbilbung bcr
J^a^aben l)anbclte, ben reinen ^oljbau
ucrbrängt battc, battc ftd^ berfelbc in ben
(Sebirgegcgenbcn, namcntli^inberSc^wcij,
nod) gcfunb unb fräftig fortcrbaltcn. 3"
ben fladben Kantonen mar jWar ber Slocf»
bau aud^ ücriaffen morben unb bie bort
acbrauc^lic^e ^rt beä abgcfprcijtcn unb
üerftrcbtcn ©tänbermcrfö mit cingcfc^obe*
nen Soblcnmänben let)nte ftc^ bem beut=
fc^cn 3flicgelmcrfäbau an. ©Ici^jcitig
finben mir aber aud^ in ber ©djtpcij t>a9
mit ©tein ausgemauerte 5acf)merf iM-
rcid) »ertreten. 3"! 5iu§cren fmb bie
fc^mcijerifd^en ©täbte^dufer meiji fc^r eins
fnc^. S)ie einjigc ^itxtt fmb ja^lrci(f)e
^oljerfcr, beren ©(^ni^crei aber f^on ben
fi^mülfiigcn üppigen ©arocco be^ 17. ^a^X'
bunberts jeigen, fo biefenigen in ©c^aff=
häufen unb ©t. ©alten.
üßo aber bie ©dEimeijcrbautcn als
93Iocf^äufcr auftreten, tragen fte überall
ben ftrcng ausgeprägen Itfpu^ fce^ ®locf=
fcrbanbe« an fiä). S)ie mögli(ä)fi burd^=
laufenben liegcnbcn SBanbbalfcn über=
fcbneibcn fidb an aüen Äreujung^punften
mit ber Qlbgabe ibrer balben ^oljfiärfc
unb treten au§en als fogenanntc 33orPö§c
an ben SBönbcn um eine ^oljftörfe oor.
2)abei tjaben bie 2)äc^er eine flaAc, bem
benachbarten ©üben entfpred)enbe Steigung,
um bie ©diinbelbedung mit fdjmcren
©teinen bclaftet, tragen ju fönnen. Qlus
ber ganjcn Einlage biefcr ^oljbauten, mic
fie namentlich in ben Urfantonen , bem
Öcrncr Dberlanb, unb bem ^Ippenjcücr
ßanb auftreten, fpridbt iai naiüe ©d)ön'
bcit^gefübl eines fmnigcn ßanboolfc^.
yt\i)t nur haben biefe 33auten burc^ frhftige
5)JaIcrci, prächtige ©(^ni|erei unb fern«
bafte ©prücfte einen unauöfprccfjliAcn
iReij, fonbcrn bie (Sefamtanlagc mit ben offc
nen t'aubcn, meit »orfpringcnbcn 3)äd}crn
unb jablretrf)en gefuppeltcn ^enjlern ge=
mäbren eine ruhige arc^iteftonifd^e 2Bir=
fung, meld)C in Harmonie mit ber ndc^flcn
Umgebung unb in einem gemiffcn Oegen«
fa^e ju Der ferneren großartigen ßanb«
^oIjf(^neibeEunfi.
303
f*aft fiefit. )Radi Otte, ®c[aic^te in
bcutf^cn SöauEunfl. öübfe, ®efd)id)tc
bct beutfc^cn SRenaiffance. ©labbad),
.^oljf^nctbclunft. Der fogenaimte $olj=
f(^nitt in SBerbinbung mit bcm Äupfer^
^i(| voax jur 3eit ^c^ 15. unb 16. ^a^r^
bunbcrtö baö ßieblingöauöbrudömittcl bcr
Äünfilcr [otnobl alö au^ bcö 93oIfcä ge«
roorben. 2Benn bctfelbe aucft fc^on 5ö^i^'
[junbcrte frübcr gcfannt war, trat er boct)
eben crft bann trirfUd) an bic Dffcntlid)'
feit, ali bic 3^1* feiner beburfte, aU er
notmenbig al^ *}luäbrucfömittel gctt)orben
mar.
2>ic beutfd^e SBlalerei ir»ar in bcr
gottfd)cn <Periobc toon ber Qlr^itcftur bei*
na^e erbrüdt trorben. 3m Saufe beö
14. 3abrf)unbertö i)atk fte äwar bic Um=
armung ber 5lrct)iteftur abgcfd)üttclt, o^nc
inbcffcn bcr Ulad^Wirfungcn feiner mäc6=
tigcn ^itin, njcld^e bic SJiationcn bcä
ganjen SWittelaltcrs btnbitrct) be^errfd)t
battcn, ööQig ^err ju »werben. 3"^ ®egcn«
teil führten bie bamoligen S[Raterfd)ulen
nod^ beutUd)e ©puren i^rer ^erfunft mit
fi^. 3n Äöln ^atte iai geifili^c 9D?ittcI=
alter feine mciflen 53crtreter gefunben,
»ä^renb im Dfien beä beutf^cn iRcidjc^
bic ^ragerfdbulc unter faiferlic^cr wclts
lieber ^errfd^aft cmporbIüt)tc. Olüein bie
erjierc oermodjte bem einbre^enben reali«
flifd^en ßuge nic^t ju mibcrfie^en unb
bie Ic^tcre erbleichte, fobalb bic ©onne
bcr faifcrlid)cn ^ulb aufgcf)ört fiattc jU
leuchten. 3*i'if<^fn tk^nx beiben (^olcn
bcutfcf)cr Äunfientmicflung im Djicn unb
SBcjlcn aber erjianb eine britte ©c^ule in
Slürnbcrg. 3{)rer ^atrte ein anbereö Schief»
fal. ®i(i)ercr at« in ber «Stabt bcr
^ricjlcr unb in ber ^önigäfiabt »urjelt
bier bic Äunjl in bcm 53ctt3u§tfcin eineö
gefunben, fraftootlcn, auf ftd) gefieütcn
33ürgertumö. aBcit entfernt oor bem
^aüä)t bcr neuen 3eit, mclc^er, burc^ bic
fan (St)f in ben Jlieberlanben gcrcecft unb
ber großen ^anbeläftra^e ber ^anfa fol*
gcnb, rafd^ gegen Dberbeutfc^Ianb ftd^
verbreitete, ba^injufc^winben, nafjm yiüxn'
berg toictmebr aüe Strömungen berfelben
auf, um fie feiner eigenen SRid)tung bienfi=
bar ju machen, ©ctvagen mmbc biefe
neue aiid^tung bauptfäc^Ud) bur^ eine
neue 3eicf)entc^nif, eine Sec^nif, meld)e
nic^t nur bie Umriffe, fonbcrn auc^ bie
^örpcrlic^fcit mittclfi blogcr ßinien bar*
juilcflen Dcrfud^tc. 3ur (Srfinbung biefer
3«i4)enfun|i mar bie bcutfd)e 5WaIcrei burd)
bie gtä(^cnfc^eu ber gotifc^cn Saufunp
gebrängt morben. Die SWalcrei mürbe
baburd) jmar be« iRcijc« bcr färben bc=
raubt, adcin fte jmang bafür bic Äünfller,
bcr mabren ©efialtung bcr {formen mebr
^ufmerEfamfcit ju^umcnbcn. Daburd^
üerftüd^ttgtc jtc^ atlerbing^ bie rein fpiri-
tueöc Qluffaffung be« SWittelalterä unb in
gicicbcm ÜJiafe, mie bicä gefc^ab, fliegen
Äunfi unb Sitteratur in bie bürgerlichen
unb bäuer(id)en Äreife ^crab, maö jugleido
bebingte, t>a'^ ton nun an iai 58ilb in
bcn i8üd)ern bie |)auptfac^c mürbe. Da^u
gefreute fid) aber noc^ bcr Drang nadi
SJiitteilung, unb bieg aüe^ führte, menn
aud) nid)t jur ©rfinbung, fo boc^ juv
praftif'c^cn 5luöbeutung unb Eünftlerif(^cn
©cfialtung beö .^oI}f(^nittc«. (S^ galt
jc0t für bie ^tügemcinbeit ju arbeiten.
5)a^ 53olE mar ber ÜJtäcen bcr Äunfi ge»
morben. Die Jcc^nif ber |)oIjf(^neibc'
funfl tfi ibrcm ^rinjip nad^ äugerfl ein*
fa($ , menn fte aud^ gro§e ©orgfalt unb
Diel ®efd)icf erforbert. SlIö Dbjcft, auf
melc^cö bie 3eid)nung aufgetragen, refp.
auä melc^cm bic 3eid)nung auägcfc^nitteu
mirb, bienen Jafcln öon trodencm 33u($«*
ober Sirnbaumbolj, auf meldte, nad^bem
fje gehörig geglättet unb mit einem bünnen
Überjuge »on Äremni^cr 2öei§ ücrfcbcn
ftnb, bie 3«icf)nung fd^arf unb rein, natür*
lid^ ücrfc^rt, aufgetragen mirb. 3P bic«
t>oncnbct, fo ifl ii bie 5lrbeit bed ^orm*
fd)nciberö, fämtlid&e Stellen, meldte auf
bem 'JlbbrucE meip crfd)cincn foUen, l)iX'
auöjufd)neiben. Dieä gcfdfiicbt mittelfl
äufcrfi feinen SIReffer^en. 33erinben fid^
©cgenilänbc auf bem Silbe, meldte bintcr
anbere jurüdtrcten foüen, fo mirb bie
ganjc %lö.6)t, um bic c? ftdb ^anbelt,
ctmaö oertieft, moburdl) bic @tri($e beim
5lbbrud in ücrminberter «Stärfc erfd^einen.
Den ?lbbrud bcr ^oljplatten nabm man
in bcn frü^efien Qäkn mit |)ilfe öce
SRciberä Dor. Das gcfeud^tete Rapier
murbc auf bie mit färben beflridiene
^oljplatte gelegt unb nun bie iHücffcite
bcö *Papicr^ fo lange gerieben, bi^ bie
ßinien be^ ®df)nitteö ft»^ attmäblid) in
iai Rapier eingepreßt bitten. Olle bic
treffe erfunben mar, ooüjog man ben
5Kbbrucf natürlidb burd) glcid)mä§ig mir*
fenben ocrtifalcn Drud.
Sßann, mie unb üon mem bic ^olj«
fdbncibefunfl erfunben morben, mcig man
ni^t. ilßa^rfdf)einlid^ marcn bie crftcn
23orbilber in ben Stempeln gegeben, mo*
mit Urfunben unb bcrgl. fiatt bcr Unter*
20'
304
^otjf^neibcfunji.
fc^rift bcbtutft tt)uiben. ^tnberc »oEen
in ben ©piclf arten, beren ^crfunft unb
©eburt ebenfo bunfel jtnb, bie iöorldufct
ber ^ol5[dE)ncibcfunfi ctblicfen, inbcffcn
p^t man fc^on in fc^t alten ^anb=
fcf)rtftcn auf Snitialen, tt)el(i)e fic$ mit
übeirafi^enber iibcrcinji:immung micbev»
|)oIcn unb beä^alb auf *Mbbrucf fcf)Uc§en
laffen, rcä^renb gebrudte ©picifarten erfi
feit bem 15, ^a^r^unbcrt na^meiöbar
finb. ©icicnigen au^ früherer ^tit UX'
raten i^re SBerüiclfaltigung burc^ ©d)abs
Ionen, ©elbfi einige Silber, mie ein
S^rijiu^ am Äreuj, laffen bem ©til ber
3ei(^_nun9 nac^ auf eihe frü^c (5mfie|)ung^=
jeit fd)lie|en, etwa auf ben 51nfang t)ti
13. 3a^r^unbert^. S)er erfie batirte ^olj*
fd)nitt, ben man fennt, flammt t)om ^a\)u
1423. 2luf bemfelben ifi ber ^eilige
e{)rifioferuö abgebilbet, wie er iai
©t)rijiuöfinb über ben glu§ trägt. 2)er
|»oljf^nitt ijt in ©cöwars mit breiten
Sinien gebrucft unb foloriert unb trägt
bie 3nf<l^ift:
Christofori faciem die quacumque
tueris
lUa nempe die morte mala non
morieris
Millesimo cccc" xx« tercio
3nbcffcn eyifticrt eine t)inlän9lic^e S<^\>^
t>on blättern o|ine S)atum, wel^e bem
(i\)axatta ber 3eit nad^ in bie 36it »or
ber ^errfd)aft be^ Van Eykfd)cn @tile^
gewicfcn werben muffen. Äennjeicben finb,
abgefel^en t)on ®tileigentümlid)fciten ber
3eit, ben gcfd^wungenen (nicf)t gebrochenen)
galten ber ©ewänber: bicfe Umriffe, fowie
9Dtangel an €d)raffirung , bafür aber in
ber JRcgel eine naditräglic^e Äoloricrung.
©aö jweitältejlc baticrte SDenfmal be^
fi^t bie ^ofbibliotl)ef in SBien in bem
iSlartprium beä I)ciligen ©ebafiian mit
ber 3at)rjal)I 1437. Qlua berfelben 3eit
flammen noc^ eine ®ro§jaI)I »on (Schnitten,
unter welchen namentltd^) idufiriertc ^Ublafs
jettel unb Dfieujaliröfarten eine gro^e fRoÜe
fpielen. Sei legieren erfd^eint in ber iRegel
M^ (St)ri|lueifinb mit einem Sanb in ben
^änben, worauf ju tefen ift: Ein gut sälig
ior oder fil gad jar und dage leben etc.
2)ic atamen ber Äünftler fel)Ien im
14. 3at)rl;unbert ganj unb fommen auc^
in ber erflen |>älftc beö 15. 3at)r^unbertö
äuBcrft feiten t>or. dagegen berichten bie
3unftbüd)ev uon iJUirnberg unb Slugöburg
uon Sricfmalcrn, 3üumini|lcn unb gotm^
fd^ncibcvn unb führen bie iJJamen auf.
2)ie Silber , wel(^c bie 3wnftg£noffcn
t)interlaffcn, ftnb mcifi ro^ unb ungefüge
unb laffen nur ju beutlid) burd^blicfen,
ba§ ber ^anbwerfer oorbert)anb eben auc^
ben jeic^nenben Äünftler erfe^en mu§te.
Die ro§e unb grelle Semalung befiätigt
biefe Slnftc^t üoUauf.
S)ie jal)lrei(^fie Serwenbung fanb ber
^ol5fd)nitt in biefer Qtit jur lierfiellung
einzelner Silber, wie fie an 2öaD[fat)rt^»
orten ben ©laubigen jum Äauf angeboten
würben. 5ltlein biefe einjelncn Slättet
reiften ftd) oft jufammcn ju ganjen
Suchern, wo für jebe einjelnc @eite eine
Jafcl gefc^nitten würbe. S)aö finb bie
fogenannten Slo(fbücf)er, bie Sorldufer
ber Suc^brucferfunft. S)a^ ältefie ber«
fclben batirt auö ber erjlen ^älfte be^
15. 3a^r^unbertg, e^ ij^: „Das Buch der
haymliclie offenbaronge Johans", weldie^
fogar mehrere 5tuflagen erlebte. Daneben
fpielt bie „Ars memorandi" , worin ta^
düangclium burc^ tai Symbol ber ©nan*
gelifien bejeic^net ift unb Siffern bie
©teilen ber ©d^rift anbeuten, eine bebeu*
tenbe SRoIte. 6e^r fd^öne 3nitialcn weift
tai aJlainjer ^falterium non guP ""^
@(f)öffer 1457 gebrucft auf. S'ieben folc^*
firc()Ud)en Suchern, bie wir un^ jum
fleinflen leil auö Sejt, jum weitau*
großen auö Silbern befic^enb »orjufieüen
l;aben, erging fic^ bie |)oljfc6ncibefuufi
in DarficUung »on naturgef(ä)id)tlicf)en
unb anberen Serfen aller 2lrt.
3n ber ^weiten ^älfte beö 15. 3a^r=^
l)unbcrtö werben bie i)kmen ber gotni»
fc^neibcr fd^on häufiger. 2Bir begegnen
einem SDJeifler öubwig ju Ulm, einem
Qllbert ^fiflcr ju ÜRürnberg, ber un^ eine
ülrmenbibel l;interlaffen bat, einem Ulrid^
^an, einem griebrid^ 2ßalt|)cr, einem ^an^
©euerer 2C. 3" ^e" fogenannten Firmen*
bibclu beftanb jcbeö Slatt aui mehreren
gelbern. 3m SDiittelfelb erfcf)eint bie fort*
laufenbe ®cfd)id}tc beö |>eilanbes, wäbrenb
bie D'Jebenfclber baöfenige auä bem alten
Scflamente Pcranfc^aulid^en , WM man
alö ©pmbol unb Serfünbigung be^ neuen
anjufelicn pflegte. 3a fogar ßanbfatten
ftnb au^ ber 3eit be^ 15. 5al;r^unbert«
auf unö gefommen. ©ie tragen ben
Stamcn eineä 3o|ann ©c^ni^er oon
5lrnö^l)eim. 3" ben: „heyligen reyssen
gen Jhernsalem", illupricrt üon ©r^arb
ütewic^, liegt fdt)on ber Sorbote Hi
fommcnben 3ii§ti)unbertö, inbem bort bie
©chatten nidf^t bloö burdl) parallele ©trid^e
t)crf orgebrad;t finb, fonbern bereite Äreuj«
|»oIjfc^neibefuttfl.
305
lagen in fe^t gefd)icEtct 93et)anblung auf»
treten.
Üt>crf)aupt roax mit ber ©cf)cibe beä
15. unb 16. 3aftrt)unbertö ber cntfd^eibcnbc
iWomcnt getommen, ttjo bic ^oljfc^ncibe^
funfi in ber ©ntmicthtng ber SWaterei ein
€ntfcf)eibenbeö SBort mitjufprec^en t;attc
unb tt)o ftc aU eine n)ai)re Äunjt bie
grö§ten ^ünfilcr befc^äftigen foüte. <B^on
geilen (5nbe beö 15. 3at)rt)unbertä üoüjog
fid) eine folgenreiche Trennung üon Äunfl
unb Äunftt}anbwerE. SBefentlid) günftig
wirft aber bie ©c^mefterfunft, bie 93u($)5
brutferei, unb befonber^ ber burd^ biefelbe
im 2lufbtül)en begriffene S8u(fit)anbel ein.
9Uä funfiftnnige 5Rdnner legten bie gto§en
S3uc^!^änbler in *Jlugöburg, S'fürnbcrg,
Safel 3C. SBcrt auf gebicgcnc <2luöfiattung
ibrer aScrlagöartifel , meld)e in ber SReget
cined fünfilerifcfien ®cf)mu(feö nicf)t ent^
beeren burften. Unb jmar bef^rirnfte ftd)
bicfer nicbt auf bie bitblid^en 3öuj^>^«=
tioncn, fonbcrn erfiretfte ftd^ auc^ auf
Sitelumrabmungen, Dtanbferjicrungen,
3nitiaten k. ^iinjller erfien Otangeänjcuä
beten f\ä) folc^en ?lufgaben ju unb eö ift
Vfot)I anjunct)men, ia^ bie .^ünfiler i^re
3cic^nungen jumeitcn aucf) felbfi in ^olj
fc{)nitten , allein ju tnelen ©ad^en merben
ftc eben nur bie 3eid)nung geliefert baben.
Über bie „©igenbänbigfeit" ift ein großer
©etebrtenjireit entbrannt, ber i^cute nocf)
ni^t ju ®nbe ifi unb bcn njir beö^alb
umgeben motten.
2Bir baben anfangt betont, ia^
Diürnberg es fei, melcf)e^ für bie beutfcbe
SWalerei auf 3if"^l)iinbcrte bin bie S^iQd
in bic |)dnbc genommen, ©ort merben
mir alfo auc^ bic Äünfilcr fud}en muffen,
meld)e für bie .f>oIäfd)neibefunii gearbeitet.
5ln ber ©pi^e berfelben fte^t »orerfi
SWicf)aet aSo^tgemutb unb fein ®tieffot)n
^lepbenmurff, melcbc in ber SJürnberger
großen ßfironif bcm ^oljfdinittc ihre Qtufs
mertfamfeit jumanbten. 51flein ben grü§e=
Ten ikubm, bcn Slßoblgemutb beanfprud£)en
fann, ift mof)I ber , ber ßefjrmeijier eineö
©eniu^ gemefen ju fein, ber an Jiefe ber
Segabung , an f<$öpferifc^er ^^Mi ber
$^ntafte, an aüumfaffenber Äraft be^S
©ebanfen^, an fittlid)cr dnergic cincä
grunbcrnflcn ©trebcnö ber erjie unter
allen beutfc^cn DJieifiern genannt mcrbcn
mu§: QUbred)t S)ürer. ®r ift mit iRedit
ber <Stol5 unb bie Siebe beö beutfd)cn
SSolfeö, menn er aud) in bcn berben
fcbroffen ^i[uBerlid)fcitcn feine« ©tue'S
feine ©dimädien jeigt. SDürer bat mic
menig anbere SÜJlcifier bie aBirftidf)feit in
aüen if)rcn ^(ugcrungen auf^ liefjle er^
grünbct. ©eine ^eüigengefialtcn f)olt er
fxi) auä feinen D^ürnberger ÜJJitbürgern
^erau« unb bemüt)t [xä) nic^t im gering-
jlen, bicö 3ufänige be^ gcmö^nlic^en aU--
täglid)en ßebcnö abjujireifen. ©eine
Figuren moücn nirgenb« mebr fdjcincn,
aU ma« fte ftnb. '«ttllerbing« üermod)te
Dürer bie (Sinflüffe ber pfiantafliifi^en
SRic^tung feiner 3^^ ^^^^ ^o" f^'^) fem
ju t)alten. ©omofit in ber 3cid)nung ber
Äöpfe unb ^änbe, aU au^ anberer Seile
jeigt ftd) oft eine fnorrige millEürlic^c
SO^ianier unb in jenem fnitterigcn un=
ruhigen galtenmurf erlag er bcm ®inf(u§
ber i)oljfd)ni^erei feiner 3eit. Mein fo
l)erb unb abjio^enb auf ben erftcn Slicf
mand^eö erfc^cint, fo bemunbernämürbig
ift gcrabe bic Äraft, bic fd^Iid^te ©infac^«
beit ber ßinien, meldte bcfonberä feinen
^ol5fd)nitten innemof)nt. ©erabe ta mar
er ber erfte, mcld)cr mit r>olIer fünjileti^
fd)er 9!Reificrfd)aft benfelben auf bie ^ö^c
^cbt unb it)n jum magren Sinbilbungäs
mittel für iai 23olf gcfialtct. ©(^on
1498 gab er bie Apocalipsis figuris
I)crauö. 1511 bic grofc ^affion unb
baei ßebcn ber Jungfrau, ©aämifc^en
unb nac^^er eine SJienge einzelner iBldtter.
1502 voücnbete er bie au« 92 «platten
iufammengefc^te (Sf)renpfortc ÜJiajimilian«,
alä bereu |)auptmitarbeiter ein Jeron^mu«
Slnbrc erfc^cint. S3on ben ©c^ülctn
IJJürer« ip i^or allem $«anö ©djäuffclin
bert>oräu{)eben, wn bcm eine ÜRenge Sil'
ber mit bem SJRonogram H unb S vox'
banben ftnb. 5Beiter ftnb ju nennen:
^anö ©pringinflce, ©olbenmunb, Sauten«
fad u. f, m.
Dieben fRürnberg mar eö ha^ reicbc
Qlugöburg , eine ©d^mcjierjiabt in ber
großen |»anfa, mo bie Äunj! frdftig
empormu^ö. platten fc^on bie beiben
älteren |>oIbcin ber realifiifd^cn Äunfi ben
93obcn geebnet, fo bemegtc fxci) namentlicb
^cini Surgfmair in biefer 9lid)tung aU
ein tüditigc'^r banbfcrtiger üReijter, üon bem
eine überauä gro^e 3*161 fon ^oljfc^nitt=
merfen berrül;rt, unter meldben befonber«
biejenigen jum „Sriump^jug ÜRafimilian^
unb jum Söcipfunnig berDorgei)oben fein
mögen. 5lücin aud^ ?lugöburg erhielt
einen ®cniu« auf bem ©cbietc ber ^Walerci
in bcm jüngeren ^an« ^lolbein, al^j beffen
recf)te ^Janb im ©cbiete ber fioljfc^ncibe*
fünft S^^ani ?üb.elberger erfd^cint. SSefon«
I ber'S 5cidinet fi* ber Sotentan;, aU in
306
|)oIj[d^ncibefimfi.
allem »orjüglic^, vaai in ^oIjfdE)nitt ju
Icifien ifi, aui.
3n (Regen^burg begegnet unS bcr TtaUi
%{bxtä)t «lltorfct (1480-1538) unb beffcn
Sd)üler Dftenborfcr. 5tlö 5tuägängcr bcr
fcf)iti(ibif(ä)en ®(I)uIe [inb ju nennen: $anö
•■Salburg ©rien, tt)eldf)cv »ov allen anbern
ein meifier^afteö @piel beö 2ici)teä, in bcr
2tuöbilbung be« fogenannten ^eUbunfel^,
jufianbe brachte. Tiiefeö ^eUbunfel ober
Chiaroscuro, njel^c^ t)on beutfd^en Äünji*
lern f(i)on fe^r früf) ausgeführt irorben
war, giebt bem ^oläfc^nitt eine ^^arbe in
r'erf(i)iebcncn 5lbtönungen, beren jebe burd)
ben 2)rud »on einer anbern *)3Iatte bemerk
fteüigt «irb. 9?ur bie I)öd^|len Öiiiter
werben »ci^ auögefperrt. ©in ungemein
frud)tbarcr Mnfiler be« 16. 3n^rl)unbertö
war 3ofi 5lmmann, ber 1539 in QüxxAi
geboren »urbe unb 1591 in 0iürnberg jiarb.
©nblid) pent ftc^ aU 91uSläufer bei
friinfif^en Schule ein iDkifter bar, ber
bie (Sinftüfife berfclben nac^ Sadifen über^
trägt unb bort an ber ©pi^e einer über»
aue banbfertigen Schule tf)ätig war:
Suca« ßrana^. 3luö feiner €(iule gingen
;,a^Irei(i^e SDieifter ber ^oljf^neibetunft
berüor, nne Sd^Warjenberg, Suciuä, Seigel,
©ottlanb, Sßrofamer unb anberc. ßranad)
war eifriger 5ln{)ängcr bcr D^eformation.
I>ie erhabenen 51nf^auungen 2)ürerS
gingen i^m äWar i\h, bafür ifi H)m ein be«
fonberS gemütlicher, ^armlofer 3ug eigen,
ber feinen Silbern eine »olf^tümlic^e 93c=
licbtbeit nerfd)afft Ijat.
So War bcr ^oljfd^nitt im 16. ^ai)\=
liunbert ju I;öc^jier 93lüte gelangt, ültlcin
mancherlei Umjlanbe, welche wc^felßwcife
;u cinanber im SBcrljältniä »on llrfad)e unb
iBirfung j^anben, üereinigten fic^, um bcn
£turj ber $oljfd)neibefunft ju bereiten
unb ju bef^Ieunigen. S)ic großen Wcifier
üarben unb I)interliefen feine örben, bie
Äunfifertigfeit fanf wieber jum J^anbwcrf
herunter unb tai ^ublifum gewöhnte ftd»
nad) unb nad) an bie SBorftellung , ha^
ber ^oljfc^nitt ein ro^eS, »crfc^mierteö
Silb fein muffe. SDer 30 jährige ^rieg
war ber ^oljfc^neibefunp aud) nid)t gcrabc
förberlid). 5Der ^auptfeinb aber erftanb
berfclben in bem emporblü^cnben Äupfer»
üi^c. 2)ae aSefferc war beS ®utcn gcinb.
I)ie bösere iBoDenbung, welche man burd)
»Srabjlic^cl unb [Rabiernabel bamalö ben
Äupfcrblättern ju Pcrlci^en glaubte unb
ber Umfianb, ta^ bie iKaler il)re @mpfin=
bungcn fd)nctler burd) einige 3üge ber
iJJabel felbj! fdiaffen unb ber 2Belt mit=
teilen tonnten, fcranla^te junöd^fi bie
a5crna(^läfftgung beö |)oljfd)nittce'. (Sv
frijiete äWar fein Seben nod^ biö ing 17.
Sa^r^unbert hinein, wo unö namentlid^
in *paul ^reujberger »on 9?ürnberg ein
ad)tbarcr Äünpicr entgegentritt, allein im
allgemeinen würben bie .f)oläfd)nitte nur
me^r jum Sebruden untergeorbneter Stoffe
benu^t. 2)ie Qluferwcdung ber ^olj«
fd)neibefunft war unferem 3fl^tl)uni'fi^t
t>orbel)alten.
3n ben Dt icb erlauben brang ber
.5>oljfd)nitt juerfi r>on 5Deutfd)lanb auü
oor. 2)ie SJlieberlänbcr woücn jwar aller«
bingS bie (Srpnber bcS |>ol3fd)nitteö fein.
So foUcn fd)on im 13. 3al)rbunbcrt in
Aparlem SBcclbcfnibcrö eji^iert l)abcn, unb
ber Streit bejüglid) ßrfinbung ber 93u^s
bruderfunji burc^ Sorenj Softer, 1370
geboren, ift befannt.
%\ix bie ©ntwidelung ber grap^ifd^en
fünfte in ben SRiebcrlanbeu l)at ÖucaS üon
ßcpbcn (1494biö 1533) eine äbnlid)e53ebcu=
tung, wie ©ürer für 3)cutfd^lanb. ®egcn
©nbc beS 16. 3cil)r^unbcrtS wenben fic^ bie
uieberlänbifd)en ^ünfilcr mit Vorliebe bem
^eübunfel ju unb jwar fcrbinben fte
tjciufig babei Äupferjiid) unb ^oläfc^nitt.
2Rit großem Srfolg arbeitete in biefer
aOBeife ^enbrif .^oliiue: in ^arlem. 3"^
17. 3o^i^^u"^cil ging ül»«! i^ie Sticber«
lanbc in SRubenö ein gewaltiger Stern
auf. %üx benfelben arbeitete namentlidb
ein bcutfdjer ^oljfc^ncibcr: d^riflop^
3egt)er. 9Jod) wäre cineö ^opfeö, bed
fogen. ^l)ilofopln mit bcr Sanbu^r Sr«
wäl)nung ju t^uu , wcld)en SRembranbt,
bcr ^auptmcifler bcr Ijoüänbifd^en Schule,
felbft gcfcfcnittcn babcn foß. 6in Sd)üler
JRembranbtä ifi 3an 2ir>en« (1607--1663),
weld)cr ben ^oläfc^nitt in einer SBcife be«
banbelte, i>a^ bcrfclbe Einblättern äl;nli(^
unb jU ganj. folorifiifd)er 2Birfung gc«
brad)t wirb. 3"^ !'='• 3flt)i^^u"bert ^ört
aud) in bcn JJicbcrlanbcn ber fünfilerifcbe
^ol5f(^nitt fafi ganj auf.
haä) 3talien würbe bie ^oläf(^neibe=
funji ebenfalls burd) bcutfd)e 33ud)brucfer
gebrad)t. 2Bir begegnen bort anfange
iauter beutfd)cn SRamen, wie: Oflalbolt,
3ol)anncS bc gruncfotbia , ^atoit non
Strasburg :c. Unmittelbar »or (änbe beS
15. 3al)rl)unberti( erfc^icn in 33encbig baS
bcrübmte 93ud): HypnerotomacMa Poli-
phili, ein topograpl)ifd)cS SDJeifierwcrf bee
3llbo *}3io 2)ianutio. *}lu§crorbentlid)e
Sljätigfcit cntwirfclte fid) ju SInfang beS
16. 3a^r^unberte. 3" II90 ba Sarpi er»
^öiigfeit — hörnerner (Sicgfrieb.
307
blidcn bie Stfl^i^n" ^f" (Sifinbcr beS
(J^iatoäcurod. ©eine Hauptarbeiten ftnb
Serüielfältigung 9(lafael[cf)cr ®nthJÜtfe.
5n feiner 2Beifc arbeiteten u. 5t. Slntonio
JJaulurri, ©olbrini, 5(nbreani, ß^ariolano,
bcr Ic^te gute j^ünjllcr im ß^iaroöcuro.
3n ber jroeitcn ^iilfte bc«f 16. 3al)rf)un=
bcrtö fommen in 23cnebig beutfc^e gorm-
fd)neiber t>or.
3n granfreid) flogen njir etfi im
legten ^Drittel bcö 15. ^af^r^unberts, mit
geringen früheren 2luönat)men, auf bie
|)oIjf(ä)neibefuuf^. Qlud) ^ier ttjaren eä
2)eutf(i)e, meiere 1470 bie erjlc S)rucferei
in fjBariä anlegten. 5Uö ba« ältejie 33ei=
fpiel franjöfifd)en ijormenfd^nittö gilt ge^
tt)öt)nlic^: le proces de Belial, proc-
meno d'enfer al'encontre de Jhesus
uon 1481. 3" ^f" ältefien ®c^nit=
icn gef)ören ferner bie Jotentduiiie con
93evara unb SBernier. 9]amentli(i aber
r>crfud^en fic^ bie franjöfif^en $oljfc^nei=
ber in Sitclumra^mungen, Jnitialeu unb
bergleic^en befonber^ im 16. 3a^rt)unbert,
fo: eine SfatxiQe Quatrepomme in Oiouen,
93ernarb@aIomon, namentlich) abcrjacqucß
5ßcriffin unb Jean Sortoret. 3m 17.
3a^r|)unbert maren eö norne^mlid) bie
^amilien ^apißon unb Sucur, rt)elcf)e ben
gormfd^nitt pflegten unb bie Slüte beö=
fclben, namentlici) beß &l)iai:üöcurog biö
inäi 18. 3<if)i^{)unbert nerlängerten.
3n ®nglanb erfd)ien ta^ erjle mit
^oljf^nittcn üerjierte 23ud^ 1483 unter
bem 9'lamen; Aurea legenda. 3" Anfang
be«S 16. Jaljr^unbertö l)atte ber gorm^
fd^nitt in ©nglanb feine 93(üte erreidjt.
S)ann aber geriet er gänjlic^ in 95erfaü,
bi^ jum Seginn beä 18. 3al)rl)unbert0,
tt)o jld) bie englifc^jen ^oljfc^ni^er bamit
abmühten, eö bem ©tabifiid) gleic^jutbun
unt) eö aud) ju einer bemunbernämerten
Sec^nif brad)ten. 'Jlai) söud)cr, ®ef^.
ber ted)n. .ßünfic, I^aufing, Dürer,
Sübfe, Äunpgcfd)id^tc. 51. ^.
^»örtgfcit» S)a« Sffiort ^ ö r i g , m^b.
hoerec = untert^änig, eigen, fann nid)t
über baö 14. 3at)rt)unbert nac^gemiefcn
Werben, iji aber »on Dieneren allgemein
für baö Sßerfjältniö ber lofcren, ftd) bem
©tanbe ber gJ^ci^eit näbcrnben Äned)tfd)afi
im alten 2)eutfc^Ianb cermcnbet, fKf)e
Siten unb ^ned)t.
«^orn, biente bei ben alten 25eutfd)en,
uermutlic^ fd)on in früt)cftcr 3^**- ^^^
i5clb= unb 3a9bseid}cn unb als Irinf^
gcfd)irr; meift benu^tc man baju Süffel-
ober ©tierljörncr, bie t)äufig mit DJtctatl,
93ronje ober Silber befd^lagen waren.
I)aneben fommen auö bem Orient fiam=
menbc ^örner auf, bie bort feit altera
gebräu(^li(^, auS ©Ifenbein gcf^ni^t roaren.
'i)ai Heerl)orn finbet man ^äufig in ben
älteren ©i^tungen unb bcnen ber beut*
fd)en ^elbenfage genannt unb fomobl ben
c^rijilid)en al« ben {)cibnifd)en beeren bei-
gelegt. Äaifcr Siaxl Idfet 60000 Apörner
blafen , um feine 2lnfunft anjujeigen.
iRoianbö $iorn Dlifant if! berüljmt in ber
(Sage; ber iJtamc bebeutet (Elfenbein. S)a^
^orn, mit bem bie Signale im Jlricge
gegeben werben , bei^t herhorn, wichorn.
'i»(jnierncr ©tegfricb ^ei§t ber ^clb einer
nur in Druden bcö 16. 3abrl;unbert« er*
baltenen unb im ^ilbcbranbäton, b. ^.
in ber fpäteren 9'iibelungenilropl)c uerfaftcn
2)id)tung, liet vom hürninen Sifrit,
meld)eä bie 5lbenteuer be^ gelben, feine
Drallen» unb SRiefentämpfe, bi^ ju feiner
:Cermäl)lung mit Äriem^ilb unb ju bem
morblid)en ^Infc^lag feiner ®d)mäger fül)rt;
bicfeö unb ein ncrlorene^ ßieb oon
©iegfriebö ^odiseit jtnb bie Quellen
beß profaifd)en Solfäbuc^eö »om ge =
f)örnten ©iegfrieb, meld)e^ ben Jitel
füt)rt: „eine munberfd)öne ^ifiorie eon
bem gehörnten Sigfrieb, »aä munberlidje
©benttjeuer biefer tt)cure 3f{itter au^gge«
fianbcn, fel)r benfmürbig unb mit ?u|i ju
lefen", Äöln unb Siürnberg, gebrudt in
biefem 3al)r. Der unbekannte 'Berfaffer
be^ big je^t ni^t batierten 93uc^e« giebt
üWar ale! Duelle eine franjöftfdje llrfd)rift
an, aber ot)ne S^i^eifcl ^^^^ ^^ fein 33ud)
baburd) aU empfehlen. Der ^niialt ber
€age ijl folgenber: (S^riembüb, bie2;od)ter
beäi Äönigä ®ibic^, ijl üon einem Drad)en
geraubt unb wirb auf einem %tl\in ge=
fangen gclialtcn; in fünf 3«l?'^fn ^^"^^
biefer mieber äJtenfc^ werben, feine fdböne
©efangene heiraten unb fte bann i^ur .^öüc
fahren laffen. @iegfrieb, ber ^^dii aui
ben DJieberlanbcn, ber burd) tai gett
eineg getöteten Drad)cn unt>erwunbbar
geworben iji, einen %lcd äWifd)en ben
5ld)feln aufgenommen, b^Jt ftd) nun auf
ber 3agb oerirrt unb trifft auf ben S^^^^
Äuglein, ?Jibelung0©ol)n, ber if)m 6^riem=
ftilbeng ®d)ldfal erjäblt. ©iegfrieb la§t
fxd) üon if)m nad) bem Drad)enftein führen,
befiegt ben Dtiefen .Rupcran unb äwingt
il)n jum Dienjie, wirb aber beim iBe=
fieigen beö ^^^H"^ >^''" ^f'^i SRiefen
meud)ling6 ju Soben gefd^lagcn unb nur
burc^ ©ugleinä Sarnfappe gerettet. 95on
neuem befugt, muf .^upcran bem @iegfrieb
SOS
Hortalas deliciarum — ^umaniemu«.
bic Surg auffc^UeBcn unb ibm i>ai ©^rocrt
geben , hjomit ber 3)ra^e aücin getötet
trerbcn fann; mit bcffen ^ilfe erlegt (3teg=
fricb ben 2)racf)en unb befreit bic ^uncj^
frau. 3)ann ^olt er ben 9iibeIungent)ort,
rerfenft il)n in ben iH^etn, feiert ju SBormö
mit (S^riemljilben ^odbjcit unb wirb enb=
lid} an ber Duedc vom grimmen $agen-
fttalb crfd) lagen.
Hortulus deliciarum, ifi ber 9iame
eine« Söerfeig, beffcn Sßerfafferin bic aui
bem Obilicnflofter ^o^enburg im (SIfa§
cntfprungene 3i[btiffin ^errab uon
fianböperg ifi, geftorben 1195. (5ä
ijl eine Qlrt (Snci)fIopdbie, beftcbenb au^
biblifc^en, tbeoIogifci)en unb rein miffen^
fd)aftliii)cn 5(u^äügen, Iateinif(|en ®c=
biegten unb baju gehöriger 9JiuftfbegIeitung
unb SDJalerei, mobei auc^ IRac^ri^ten über
Jrad)ten, «IBaffen, ©erätfdiGften, Qlrdfjiteftur
unb ^äuötic[)c ßebenönjeife oermerft fmb.
herausgegeben oon Gngel^arbt, Stuttgart
1818, mit 12 .Tupfern.
|)Of|iitaIitcr ober $of^jttaI6rüi)cr ^ei§en
aDe biejenigen firct)Iic^ georbneten 25cr=
cinigungcn, roelct)e fic^, meiji nac^ ber
5lugufiinif(j^en iRegel, ber "Pflege ber in
bie ^ofpitälcr aufgenommenen Äranfcn
itnb Firmen mibmetcn. SD^eifi mit cigent»
tieften .^loflerorben Perbunben, fielen fie
unter ber ^lufpcfjt beS Sifdjofö, fpejiell
bei größeren 33erbrüberungcn unter
einem ©eneral; jitii. einjcine Sertrübes
rung bat einen Sorfie^er, Superior
ober 9!}^aior. ^^i^^"''*^ ^tlofiergelübbe
^aben nur fefir wenige Drben ber ^ofpi^
taliter, bagegen perpfticbten ftd) pielc au§cr
jur Qlrmens unb J?ranfenpf(egc noc^ jur
2(rmut unb ©afifrei^eit. g^^'^'^f^ f"t=
flanben bie Apofpitaliter in 3ti-itien feit
bem 9. 2af)r^unbert in bem Drben Unfer
Sieben grau della Scala ober Pon ber
Stufe ber Siena. SDiit ben .Rreuj^ügen
wuci)ö it)re S^i^'I au^erorbentli^ unb fie
Perbreiteten f\d) bur(S ganj (guropa. *3lu§er
ben .giofpitalitern beö beiligen '■Jlnton gab
e^ .^'ofpitatbrüber jum beiligen 3o^anne«,
ben Drben ber beuti'd)cn SRitter, bic$ofpital=
brüber pom Drben beä beiligen ©eijle'ä
unb piele anberc.
^of^italiter ht§ öciligcn Slntouiuö.
®egen (Snbe beö 11. Saf)^""^«^^ miitetc
in (^ranfreii) eine Äronf^eit, bie man i)ci^
gcuer beä f;eiligen 5(ntontug nannte,
»eil man Pon biefem ^eiligen SHettung
hoffte. QltS ber einjige «Softn eincS 6beU
manu'g in ber 3)aupbine, ©afton, Pon
biefer .^ranfbeit befallen würbe, tbat ber
Sater über ben ^Reliquien beS ^eiligen
ein ©elübbe, t)(i^ er, wenn ber @o^n ge=
nefc, fein ganjed Vermögen jum Sejien
ber an biefer ÄranE^eit ßeibenben pcrwen=
ben Würbe. Seibcö gefc^af), unb ber
23atcr ©ajionö würbe mit ac^t ®efäf)rten
felbfi Äranfenwärtcr. 5lnfangö waren c?
blo§ ßaien; Jnnoccnj HI. gab i^nen 120S
bie (Srtaubniä eine Äir^e ju bauen, unb
^onoriuö III. gejiattete 1228 ben a«it=
gliebcrn bic ^IBlegung beö HJJönc^ägelübbeö.
Sonifaj III. machte fie ju regulierten
.^anonifern unb gab ibnen bie iReget bcö
l;eiligen *)lugufiin. ®ewö^nlic& nannte
man \\t Ülntoniuäberren; aU Drbenö=
tra(ä)t trugen fie ein f^warjcä ©ewanb
mit einem baraufge^cfteten himmelblauen
cmaitlirten T, nad) ®jed&. 9, 4. iBcim
Sllmofenfammeln trugen ftc ein ©loderen
an ibrem ^alfc. 3)aä iBotf pflegte ibnen
jä^rlid) ein ©d^wein ju Pcrefiren, weld)e«
lier bem fieiligen Qlntoniuö geweifit ift.
©er Drben breitete ftd) fd)ncE aud; bie
frieren nannten ftd) Äomture unb ber
5lbt Pon @t. 9lnton ju Sienne war
©rogmcitler. ^ogenbai^ in ^etjog«
iReaMäncDfl.
^iimanigmug beift bic literarifdic i8e=
wegung, weldjc, aui ber 95efd)äftigung
mit ber antifen Äunji unb ßitteratur ^cr?
norge^enb, jucrfi in Stalten unb fpäter aud>
in ben übrigen ßänbern beö romanifd)-
germanifd)cn (Suropa , bai ÜRittelalter
perbrüngt unb bie Saftä ber mobernen
Silbung, 8ebcnßanfd)auung , Äunfi unb
Sffiiffenfd)aft wirb; unter ben mannigfaltig
gen (Srfdbeinung'Sformen ber Stenaiffancc,
an wetd)cn tak ©taatislcben, ta^ ßebcn
beö SnbifibuumS, baö Qi\)tn ber ©efeU-
fd)aft, bie Perfd)iebenen Äünfte teilnc|)men,
fallt atfo bem ^umaniömuä bic 51u«bil'
bung beä litterarifd)cn ßebenS ju, unb
in biefem namentlich bem barin walten«
ben Sebenöprinjipc beö ^umaniSmuS,
ber fcftönen, bem flafrifd)en 'JUtertum ent*
nommenen 3[Renfd^Iid)Eeit, welche ber
^umaniömuä in bewu§ter @elbperfennt=
niS bem (f)rifili^=Eird)lic^en ScbcnSprinjipc
beö SKittelalter« gcgenüberfiettt. 2)er
^umaniSmuö bilbet beübatb eine ÜRittcI»
jiufe jwifd)en bem antifcn ßebcnöprinäipc
ber hamanitas unb bem .^»umanitätöibealc
beö 18. 3al)rl)unbertä. S)cr ©ntilc^ung
beö ^umaniömuö porauö ge^t bie Silbung
bcd mobernen Staate^ auf italienifd)em
53o&en, namentlid) beö jiäbtifi^en 2cbcnö,
bic 33ilbung einer allgemeinen ®cfell|c^aft,
welche fid) bilbungöbcbürftig fübltc, unb
^umaniemu^.
309
ba§ Stft)acf)cn bei" ^erfönlic^Eeit au« bem
gebunbenen Sffiefen ber mittelalterli^cn
sffictt; erft im 14. Jaljibunbcrt tritt aU
neue (Srfcftcinung bic *Partcina|mc ber
3taliener für tai Altertum fiinju, ttietd)e«
fic6 nun ber neu fid) cntroicfelnben realen
Öilbung in allen ©ebieten be^ Oeiftc«
alä fidjerer Jvübrer anbot. Unterjlüt^t
irurbe biefe Strömung baburd), ta^ ha^
mittelalterlid)c Äaifcrtum feit bem Unter=
gang ber ^o^enftaufen im ganjen auf
Italien vierjid^tet l^ittc unb hai !J}apfitum
nad) 5Ungnon übergeficbclt war.
*3llö ein erfter bebcutenbcr 3"8 i"
biefer neuen ®eijleärid)tung wirb bie
Scitnatime ern3ät)nt, bie fid) feit etnia
1300 für bie iRuinenfiabtiRom funb^
giebt; ißoggio ifi bier ber erftc, ber in
feiner Ruinaram nrbis Romae descriptio
um 1430 tai "gtubium ber iKcfic felbft
mit bem ber alten 'JUitoren unb mit ben
Snfc^riftcn inniger oerbanb; an feine
furjen *Jlufjeic^nungen fd)tie§t [xä) baä
SöerE be^ 33lonbuö non ^orli, ge=
porben 1447, Roma instanrata, beffen
_3tt>ed fd)on über bic Sc^ilberung beö
'Borbanbenen ^inauö auf bie *3luömittelung
beö Untergegangenen fid) eijlredt. *piuä II.
iji ganj üon antiguarifd)cm 3ntereffe erfüllt
unb bat bic ^JUtertümcr ber Umgebung
ülomä juerp genau gcfannt unb bcfd)rie=
ben. d« entftanbcn je^t bie erften Samm=
tungcn uon 'iUtertümern jcber ©attung;
man begann ^Utägrabungen nad) ^^nter«
tümern, "fanb ben 5tpon oon 93ctr>ebere,
ben ßaofoon, bie oatifanifdje iBenuä, bie
Cleopatra; unb fe^te fi^on frül) bic
©runbfälje feft, nacb ireld)en 5lufna^men
cntifer *}Uteitümer gefc^cbcn foHtcn, niim*
lid) für jebcn Übcrrefl ^lan, *}Uifri§ unb
2)urd)fd)nitt gefonbcrt. Tlit bem ar^iio«
logifc^en ^"^«iffff •&ani> i» ^anb gebt
ein patriotifd)eä , unb ba(b vcrfnüpft fid)
au^ bamit eine gemiffe SRuincnfentimcn«
taUtät, bei man bic erjlen ibealcn SRuinen=
anfid^ten uerbanft.
Sffiid^tiger aU bic baulid)cn unb fünfte
Icrifd)en !Reftc bcö Stltcrtumö nnirbcn bie
alten ^tutoren, auö benen man vor=
ncbmlid) ben ©eifi ber fd)önen SSilbung
f^öpfte; non it^ncn fennt ba^ 14. ^a^X'
bunbert erft bic gangbarficn lateinifd)cn
2)id)tcr, ^ij!orifcr, 9{cbncr unb (Spijio*
lpgrapt)en nebfl einer Qtnjal;l latcinifc^cr
Uberfc^ungen nad) einigen «Sd^riften beä
5lrijloteleö unb *piutar^; crfl mit bem
15. 3«l)tbunbcrt beginnen bic großen unb
ja^Ircid)en (Sntbcdungcn verlorener Qluto-
ren, bic fl)fiemati)'d)c *}lnlage von iBibUo=
tbefcn burd) Äopicren unb ber eifrige 53c=
trieb beö Überfc^enä auö bem ©rie^ifc^en.
ÜJlit ma£)rcr Scgeiftcrung unb mit größtem
*Muftt)anb ö?ononiifc6er Mittel trurben
feltcne Sü^er gcEauft unb abgef^ricbcn;
?iifoIaug V. I)intcrlic^ bicfcnigc Sibtio^
t^ef, bic ber ©runbjlod beä Satifana ge^
morben ift; in ^^orenj »crmad)tc iJliccolo
SfJiccoli feine wcrtüotlc Süd)crfammlung
bem.Älojlcr St. ÜJJarco mit iSebingung
ber Dffcntlid;fcit. QU« bic beiben größten
i8üd)crfinber merben ©uarino unb iCoggio
genannt; auä antifem «Patriotiömuö fam=
meltc ber ©riei^c, Äarbinal Seffarion,
600 §)anbfc^riften, für bie er einen filteren
Ort fud)te, wobin er fie ftiften fönntc,
bamit feine unglüdUd^c .^eimat, menn fie
je micbcr frei mürbe, i^re ücrlorcne Sittc=
rntur mieberftnben möd^tc; er fanb ben
Ort in Senebig. 93efonberö in glorcnj
blüf)tc baö ©tubium ber gric^ifd)cn
6prad)c unb ßittcratur , getragen i^on
einer .Kolonie gried)ifc^cr ^lücbtlinge, be*
ren erficr tOJanuel Sbnjfolaraö war; ber
Umgang ber italienifdien ©elcbrtcn mit
geborenen ©ricd)en brachte eö aud) mit fic&,
hafi griecf)ifd) Ofieben eine 3icrbc ber l)uma«
nifitfd)cn®cle^rten mürbe. 511^ bie gricd^if(Sc
.5?olonic auöj^arb, lic§ bie Scilnabnic für
bas ®ried)ifd)c in Italien fc^ncü nad^.
'Jluc^ baö ©tubium ber t)cbräifd)cn unb
arabifd)cn ©prad)en gewann in Stalicn
einen jiemlidb bebeutenben Umfang.
S)er ^umaniämuö fielet in Stallen
in enger *ßerbinbung mit bem ©rwac^en
einer italienifd)en D^ationalpocfic
unb ber italienifd)cn ©prai^e überhaupt:
bic Elaffifd)cn S)id)tcr fmb in bicfem ßanbe
juglci(i ^unianijien. ©o fifton ©ante,
ber Sergil, ben größten antifcn ®id)ter
in ben üUtgen feiner 3eit, jum gü^rcr in
ber -^öüt unb im ^urgatorium gcwäf)lt
unb juerfi eine %ü{lt antifer 8cbcnäbci=
fpiclc in feiner 3)id)tung gepuft l)at.
«Petrarca ift für feine 3«it weit mcbt
ber begeiflertc ??rop^ct ber antifcn Sil*
bung al^ angcfcbener S)id)tcr gcwcfcn;
er abmte alle ©attungen ber latcinifd)cn
^oepc nacft unb war ber eigentlid)c iRe=
präfentant ber antifcn 93ilbung. @o War
aud) ^Boccaccio als ^umanifl unb S3et«
faffer mi)tbograpl;)ifd)er , geograp^ifc^cr
unb biograpbifd)cr Sammelwerfc in latci*
nifc^cr ©prac^c inncrl^ilb unb au^crbalb
Jtalienö weit bcrübmtcr benn aU 23crs
faffer bcd S)cfameronc.
311^ fpmbolifi^c ßeremonic ifi ben
310
^umaniämu«.
.f>umanifien bie $oetcn frönung mit
bem Sorbeerfranj eigen, eine öffentticbc
2)emonfiration , ein ft(i)tbareT 5luöbrucf
bc«i ItttcrQvifd)en iRuI;meö ; if)re 91nfänge
im ü}Httclatler ftnb bunfel; bocf) fielet fie
ohne 3"-'fif£l ii" Sufi'nu'^^nf'inQ "^it ben
nai) gvied^ifc^cm ißorbilb ijon 2)omitiQn
gcflifteten fapitolinifc^en SBcttfämpfen.
iUnfängli^ na^imen ißifd&öfe, Diieftoren ber
Unit>etfität , bie ©tattbe^örbe »on fRom
bic ßeremonie »ot; feit Äavl IV. in
Italien einen *Poeten gefrönt, tt)aten
reifenbe Äaifer balb i)a, balb bort eben*
baöfelbc; im 15. TNofirbunbert ging bie
Zeremonie rom *13apfie unb anbcrn
$5ürjien au«.
jDer ^umaniömuä l)aik eine bcbeutenbc
SBirfung auf bie Uninerfitiiten; v?on
ben ^rofeffuren beä geij^UAen unb melt-
lic^en SRecf)teö, ber SDiebijin, ber iRljetorif,
ber *pt)iIo[opf)ie unb ber 5lftronomie mar
bicjenige ber JRbetorif befon&er^ ta^
3iel ber ^umanifien, abgefeljen i^on be-
folbetcn Sef)rern ber grie3)i[d)en Sprad^e.
^oä) gab es baneben noc^ ja^Ireid)e an=
bete geleierte 3njtitute längerer ober
fürjerer S5auev, namentlid) üud) freie
5lfabenüen , an meieren ^umanijiifite
x.'et)cer beteiligt maren; im ganjen liebte
man bie iMbme(l)öIung, unb eß mar übevs
t)aupt meniger auf eine grünblicfee pI)ilo=
Iogifd)e unb reale 93ilbung abgefe|^cn,
als auf eine Öebenöjül)rung im ©inne
bcö ^umaniemuö, beffen mefentlicbe (Sie»
mentc perfönli(J)er Umgang, SDiöputationen,
bejlänbiger ©ebraud) bcö !?ateinifd)en unb
jum Jeil beö ®ricd)ifc^en maren.
Unter bcm (Sinfluffe beö ^umanifgmus
ftnb in Stcilien axxä) bie crfien.iion ber
Äirc^c unabfjängigen ©cbulen cntfian=
ben, bie teil^ ftäbtifcf)er, teil^ prircter
iyjatur maren. 6rft t)ier mürbe baö
€cf)ulmcfen unter bem ®efid)täpunfte
tiö^erer ©räiebung betrieben; am mirf=
famfien maren in biefer 93ejicl)ung 93ittos
rino ta ^^eltre ju SUJantua, ber ju^
crft Mi lurnen unb jcbe eblerc ßeibeö*
Übung mit bem miffenfct)aftlid)en Unter*
rid)te »erbanb, unb ©uarino von
23erona; befonber^ unternommen je^t
^umaniften bie früber non 2;t)eoIogen
geleitete (Srjie^ung oon ^^"'■'Pfnfi"^^'^"-
®anj bcfonberö bientcn in Sf'tien
bie .§)umanijlen ben OiepubUfen mie ben
gürftcn unb $äp(leu jur Qlbfaffung ber
Briefe unb jur öffentlichen, feicrlid^cn
iRcbe. gaft aüe großen SÖJänner ber
SBiffenfc^aft in Jtalien bienten im 15.
3af)rf)unbcrt einen %ti\ if)re3 ßebenä aU
©efretäre unb ®ef)eimfc^rcibcr. S)ie
2BrieffammIungen beö dicero unb ^liniuÄ
mürben ju bcm 6nbe aufi« genauefte
jiubiert unb mit groger 33irtuofität naä)>
geat)mt. ^oä) mid)liger aber mirb bie
©loquenj, bic [xä) je|t »ötlig Don ber
^ixä)e emanjipierte unb ein notmenbige^
(Element ber Rotieren ®efenfd)aft jeber 5trt
würbe. 2)er 9^amc ber ®cfanbtcn »on
Staat an @taat ij^ Dratoren; gütfien
mürben bei jebem feicrlid)cn ©mpfang oft
ftunbenlang angcrebet; bei Seamtener*
neucrungen , .(Sinfübrung neuernannter
33if(^öfe, bei Überreid^ung bcö gclbl)crrn=
ftabcö fet)It nie bie folenne 9^ebc; bie
lobeätage ber ^ürften mcrben burt^ ©c«
bäc^tniäreben gefeiert, unb namentlid^ fällt
bic Scicbenrcbe bem ^umaniftcn anl)eim;
neben ben afabemifd)en SReben flel)t bie
aniiquarifd)«pl)iloIogifd) auögcftattctc iRcbe
be« *Jlbriofatcn unb be§ $eerfüf)rerä nor
unö nad) bem Äampf. Grnjierer fRatur
finb bie '-Bemühungen ber |)umanißen um
bie Qlbbanblung in unmittelbarer ober
bialogifd)er gorm, um bic latcinif^c
@efd?ic^tfd)rcibung, um bicSDlono*
grapbic unb 93iograpl)ic, um bic
6rforfd)ung beö iPJittelalters, beffen (Sr*
tennung aU eine übcrmunbenc i3ilbung
juerfi in biefen Greifen auftritt, überhaupt
um bie DJcubilbung unb Söcarbcitung
fämt(id)er gai^miffenfd^aftcn.
(S{)araftetifiifd) für ben ^umani^mu^
iji bie 5tntififierung ber 9iamcn;
biefelben merken tcil^ einfad) au^ ben
SBornamen be^ QUtertumei genommen,
3lgamemnon, Striftibee , 'JlpeUe«; ober fie
erfc^en 33or= unb ®efd)led)t0namen ju«
gicidb, mie fid) j. 33. Sanfecerino, ber ®e«
fd)i^tf($reibcr, 3uliuö $omponius Sactu«
umtaufte; ober eö finb gried)ifd)e ober
latcinifc^c Übcrfc^ungen ber nor^anbenen,
fomot)! Sauf*' alä 3unamcn, monac^
j. 93. aua ©iooanni Sooianuö ober Sanuö,
auö ©annajaro ©pnceru« murbc; bie
le^tcrc Qtrt ifi bei ben beutfd)en ^uma»
nipcn fafi auöfd)lieglid) 93raucb gemorbcn.
S)er |)umaniömuö ifi e« gemefcn, ber
juerji mieber t>on ber lateinifdben 2Rönd)äs
fpradje ober über|)aupt ber latcinifc^en
Sulgärfprac^e be^ IDlittelalterö auf ba*
flafpfc^e Satein jurücfgegriffen ^at, mobci
feit bem 14. 3abr|)unbert Siccro unbc«
ftritten al^ ba« reinjtc iötufier ber *Profa
galt; ber (£iceroniaui«niuö jeboc^, ber fic^
feben Qluebrucf uerfagte, menn berfelbe
nid;t au0 Sicero ju belegen mar, begann
^umaniömue.
311
cvft am önbe bcö 15. 3a^i^unl>crtö uni>
l)attc immer ©egner, tt)eld)c einer eigenen,
inbiDtbueKen gatinität t>ai SGBort rcbetcn;
für bie Äonoerfation ging man auf ^ptautu^
unb Serenj gurüdf, bcren Äomöbieu pufig
aufgeführt würben.
2)er ^öd)fte ©toi, ber |)umanijien iji
aber bie n eulateinifd^e S)ic^tung. 5luf
bicfcm ®ebiete ^at bie 33ert)unberung für
baö Altertum ein teiinjeifeö 2öieberertt)ad^en
be« antifen italienifd)en ©eijie^ in ben
2)icf)tern fetbj! möglich gcmad)t. Unter
ben ßpen fief)t *^etrarcaö 5lftifa, bercn
^clb ber ältere ®cipio Qlfrifanuä iji, oben»
an; ja^treid^ ftnb bie 2)icbtungen mi)t^o=
logif^er unb bufolifc^er *Krt, tt)orin eine
ganj neue, fclbfiänbige ©ötler* unb ^irten»
melt ju Sage tritt; i^on d)riftlicf)en Spen
I)at ber italienifc^c .^»unianiömuö namcnt=
lid^ bie (S.l)ripias bcei 33iba unb de partu
Virginis bcö ©annajaro tjcrüorgebrac^t,
weld) Ic^tcrcr unbebenHic^ alte IWipt^ologic
mit bem d)vifilid'en Stoffe mifc^t; oud)
bie 3'^it9ff<i)i<^tf reurbc in J^ejamctern
über Diftid^en bcf)anbelt, meifi ju (Sijreu
eines dürften ober gürpen^aufe^ , wovon
bie Sphorcias, Borseis, Borgias 3fU9cn
finb. 3)ie bibaftifd^e 2)ic^tung t)at befon«
ber« im 16. 3öf)i^5un^«t einen großen
5luffd)mung genommen unb j. 93. tai
©olbmad^en, tai 6c^ad)fpiel, bie ©eibcn*
5ud)t, bie ^Ipronomie bel)anbelt. 51uf
bem ©ebictc ber l9rifd)cn ^ocfic »Durbe
befonbcrö (Satuü nac^gea^mt; weniger
antit crfd^einen bie Oben in ben alten
Dbenüerömafen, taufc^cnb antif bagegen
eine %nia\)l ©ebidjte im elegifc^^eu $er^;
ma^ ober bIo§ in J^'^y'^iictti^" > tmn
Sn^alt uon ber eigentlid)en ölegie bi^
jum Ieid)teren Epigramm l)erabreicftt; mä)
i)kx ifi ©annajaro ber erpe ü}?eifier.
SfJan fannim italienifd)en^umaniömu^
einen bleibenben Äern unb eine üorüber«
gcbenbe ^orm unterfd)ciben; biefe le^tere
\\t bie bcfonberc ©ejialt, wel^e bie ©efetl-
f(^aft ober ber @tanb ber Jp)umanitlen \)kx
angenommen f)atte; berufsmäßige 93ertrctcr
ber antifen Silbung, bie ni^t blo§ in
ber Se^re unb ®c[)rifi{ieüerei, fonbern
nod) mel)r im Umgang unb ©tonb ein
in fid) abgefd^toffeneö (Element ber ita=
licnifd}en (Sefeüfd^aft bilbeten; ber blei«
bcnbc .^ern liegt in ber Söfung oon ber
®d)olaflif unb in ber 2Biebergeburt ber
antifen äßeltanfc^auung ; er wirft unr)cr=
äu§erlid) biö ^eute, wäl)renb jene bunuv
uiiiifc^e ©efeüfc^aft Staliene fAen in ben
erpcn Sejcnnien be« 16. 3ai)rt)unbertä
f(^nell abjiarb; aU Urfad^en be* 9'iiebers
gang« werben angegeben bie (Srftnbung
beö Söu^brucfö, welche ben pcrfönlidben
Umgang mit ben ®elet)rten teilweife ent--
bebrlid^ machte, baß geringe ÜJiaß ibrer
fittlid^en 2;üd)tigfeit , ibre SRubmfucfci,
föitelfeit, ©d;mät)fuct)t, Dbcrfläd)lic^feit,
unb fc^on in Italien eine SReaftion be«
gläubigen Äirc^entumS gegen ben wenig
firct)lid)en (Scifi ber .^umanijten. 2)agegcn
erneuerte unb vertiefte ftd^ ber ^umani8=
muS in ben ßänbcrn bieöfcitö ber Qllpen,
in weldf)e er in ber jweiten ^älfie bea
15. 3al)vbunbertö langfam ©ingang fanb.
3n I)eutfd)lanb finbet man juerjt
an ben Äonjilien von Äonftanj unb
Safel italienifd^e .^umaniflen teils für
ftd) auf ^anbfd)riften auögc^enb, nament*
lic^ $oggiuö, teils f(^on unter I)eutfd)en
*)3ropaganba mad)enbfür i^reSeftrebungen;
tai le^tcre ifi befonberä bei 2inca« ©^loius
ber ^aü. 'Sioi) lagen con t>ornl)erein bie
Serljältniffe Wefentlicl) anberS alö in 3ti>*
licn; bie lateinifd^e ©pradje war fel)r »iel
frcmber für bie beutfd^e 3^ation; eine
SRationalfpradfje unb eine DiJationalbid)«
tung, bie mit ber 2)id)tung ber ®e«
lebrtcn ^anb in J^anb gegangen wäre,
gab eS nic^t; bie beutfd)en j^ürfieuä
gefd^lec^ter jelirten nod) an ber roberen
ißilbung ber oorljcrgegangenen 3al)r{)un=
berte, unb nur wenige, wie SWajimilian,
modbten ftct) für eine fd)önere Silbung
begciftern laffen; bie italicnifd)e ©täbte«
Üpranniö war 2)eutfd)lanb ganj fremb,
unb in ben «Rcii^ejläbten bominierte eine
ben ©ewerbö* unb ^anbelsintereffeu er«
gebene 93ürgerfdf)aft. ©tanb ber Äleru3
jwor anä) i)m tief genug, fo arbeitete
ftdt) bod^ feit bem Seginnc beS 15. 3abr=
t)unbertö felbflänbig ein ernfterer 33ilbungä=
trieb butd), weither ftd^ mit Eingabe bem
Sugenbunterri^tc wibmete. 2)ie ©ruber
bei gemein f amen CebenS (oergl.
biefen 5lrtifel) würben Die Segrünber cineS
fird^lid)en unb bocf) ber freieren Sßilbung
offenen Unterri^teS, unb au« ü)m\ ©dl)ulen
gingen balb ®elet}rte t)eriior, bie jwar
meiji i^re 93ilbung in ^ttilicn polten, fict)
a\xi) in biefem Sanbe bie fonpcntionelle
fiebcnöfü^rung ber ^umanifien aneigneten,
in i^rer eigenen ^cimat bogcgen ernfter
unb würbiger alö i^re Sorbilber ju wirfen
pflegten, bcfonbciß in Scjug auf it)re
t^eologifd^en 93ibel ' ©tubien unb auf
bie 3"3tnbbilbung; ber ©t| biefer
^umaniftenfc^ule iji am SRbein', oon
ben iJJiebcrlanben aufwärts in iffiefel.
312
^umiliatenorben.
jpeibelbcrg, ©c^tcttfiabt, SBafcI, njoju be*
fonbcr« nod^ Slübingen unb Erfurt !ommcn.
3>ie cinfluircic^lien Dtamcn ftnb ^obcinn
Sfficfcl, SRuboIf3l9tifola,^Iej:anbcr
^egiu^, 0lubolf üon ßange, ^cr*
mann t>on bem Sufä), 3afob
SBtmp^cIing, Scatug Ot^enanu^.
<Sie »erben aüe übertroffen üon bcn
gürjlen be« beut[(i)cn |)umaniömu'g,
tJteudblin unb (Sraämu«, jener befon-
ber« für tai $ebräifd)e t^ätig, biefer
überhaupt ber größte ®elel)rtc feiner 3eit,
ton bem ein Seitgenoffe, 3o6. ÄcBler in
feiner ©abbata, folgenbe« f(f)reibt: Wie
hocliverrüembt der name Erasmi bi allen,
fürnemlicli aber bi den gelerten ge-
halten werd, ist mengklichen und be-
snnder die der latiniscben sprach wissen
tragend, onverborgen, dann er alle sine
büecher in diser genanten znngen be-
schriben (Sunst ist er ain borner
Holander von Roterdam); welche ge-
lerten sich nit gnnogsam verwunderen
können der kunst, wishait ordenlicher
schribung, damit er sine ussgangne
büecher geziert hat, also dass zuoglich
sin nam in ain spruchwort verwendt
ist, solichermassen: was kunstrich, fur-
sichtig, gelert und wiss geschriben ist,
spricht man, das ist Erasmisch, das ist
onfelbar und volkommen. Disem Erasmo
ist die latinisch sprach vil eeren schuldig,
dann er si durch die Sophisten verwiiest
uss dem kat und unflat gezogen, ussge-
suberet und poliert hat. Zuo dem hat
er die studierenden jugent uf recht ban
zuo lernen gefüert; die älteren aber hat
er mit teglichem ussgeben nuwer nutz-
baren büecher, och mit Verbesserung vil
der uralten büecher, erfröwt und be-
lustiget, also diiss menigklich, jung und
alt. zuo flissigem studieren baider haiiger
und weltlicher geschriften durch Erasmi
anlaitnng entzundt ist : zuo dem das
nuw testament nach kriecheschem text
warhaft in latin verdolmetst, daruss vil
nutzes und besser verstand erwachsen ist.
(Sin anberer, bem beutfd^en ^umaniö*
muä eigener 3ug i|l ber nationale; er
?eigt ft^ tcilä aU <PoIemif gegen ben
9iomaniämuö, namentlich gegen bie elcnbe
fc^oIajlifd)e Silbung ber S[Rönd)e, unb feiert
feinen ^öf)epunft in ^uttcn unb in
SReuc^Iin, in SSejug auf lefiteren nament^
lid) in ber Qtrt, vok ber ^umaniömuä
folibarifcf) für ihn im Äampf gegen bie
Äöincr eingebt, fte^e ben Qtrtifel epistolae
obscurorum virorum; teil^ crweifl er ft(i)
in ber liebeooUen unb ausgiebigen SBe^
f^äftigung mit ben ducHen ber beutfc^en
®efd)id)te unb Sßilbung ; DJlittelpunft bicfeö
3:retben« ijl SBien, wo Äaifcr SUJayimilian
bie (Srforfd^ung ber beutfd^en ®efd^i(f)tc
auf aüe SBeife beförberte; bie bert>or=
ragenbjlen Dornen biefe« Greife« fmb
ßu^pinian (<Spie§f)ammer) , ^onr ab
ßelteö, Äonrab *Pcutinger,
SB ab i an.
'üuä) bie beutfc^en |>umanificn reprüfen^
tierten, mcnngleid^ ,nic^t in bem ®rabe
mic bie italienif^en , eine in [\ä) ah-
gef(f)Ioffcne fc^öne SSilbung, bie ä^ar bem
S^rijlentum ni(^t fern jianb, bod^ be^
tra(i)tetcn fie aU ben fc^önflen ©rfolg i^rer
5trbeit bie ^t^ibeit ber 53ilbung, »eictie
am menigjien unter bem S)rucE eineä
bogmatifd) gcbunbenen ^trä)engtaubenö
gebeizt, unb niarcn jeberäcit bereit, ibr
^)rinjip gegen fird)Ii(J)e Ssnoranj unb
3ntoIeranä ju ucrteibigen, inbem fie ju*
gleid^ einen lebhaften, eleganten, litterari«
fcf)en unb briepidben 35erfe^r unter ftdb
untcrbielten. ÜJtit ber ficgenben JRefor^
mation \)'öxt ber ^umaniemu^ auf; bie
Srägcr beöfelben geben entweber in bie
[Reiben be^ Sßroteflantiömuö binüber, wie
aJlclanc^t^on, Sßabian unb Piele anbere,
ober, «jowon e^ noc^ mebr ©eifpiele giebt,
fte bleiben ber alten Äirdbc getreu, jieben
ftcb aber in biefem ^c(ü.t mei^ Pom
litterarifcben %dU jurücE, hai nun »or«
läufig ben alten unb neuen Jfieologen
für i^re Senbenjen überlaffen bleibt,
©cbon in ber ÜJJitte ber breipiger ^a^xi
t>erpummt fajl plö^lidb bie im engeren
©innc bumanijlifc^e Silbung. SBaö bleibt,
ifi, unb jwar je^t in crböbtem Tla^i, bie
Seitnaijme für bie Duellen be« Sbriften^
tum^, für ben 3ugenbunterri(i)t, für bie
Dueüen r>atcrlänbifcber ®ef(Jbid)te. 2)ic
Tateinif^e 2)ic^tung, weldbe ebenfall'o
tton ben beutf^cn J^umanifien, namentli(f)
eon 6rban ^effe, gepflegt »orben war,
jlirbt jwar aucb ni<f)t au^, oerliert jcbocb
ibr cigentümlicb freieö bu^finil^if*^^ ®f'
präge unb fällt bcn fogenannten 9ieu5
lateinern nnf)eim, mäf)renb bie Äritif
unb Bearbeitung ber flafftfcben Qlutoren
bcn jünftigcn *PbiIoIogen überlaffen wirb.
Surdbarbt, Dienaiffancc; So igt, bie
erften .^»umanifien. ® e i g c r , ®efdbiditc
bcö .^umani^muö.
|>ittniIiatenor&cn ober Orbcn ber S)cmut.
entllanö im 12. 3abrbunbcrt unb foQ
burd) *Hbelige, bie meift au^ ber ßombarbei
gebürtig unb al^j ®cfangcnc nacb ©eutfc^*
Hünengrab — $t)mnen.
315
lanb gebraut uuiibcn roaren, nad^ ibrct
iHücffc^r baburc^ gegrünbct «orben fein,
ha^ fie jxc^ alö Sü^cnbe, ©ebcmütigtc,
humiliati j^u einer Älojiergefeüfc^aft »er=
bunben Ratten. 2)ie Dlegel war bieicnige
beö beüigen 93enebiEt; ^iuä V. löjie ben
Orben 1571 auf.
Hünengrab, §ünc'nbctt, «Seit bem 13.
3a|r£)unbcrt war ta^ m^b. Hiune pon
bem Segriff beö ^unnen and) auf ben
cine^ SRicfen übertragen worben unb f)ieU
fid) in biefer Scbeutung biö inö 16. ^aijx-
bunbert, ober= unb fd^riftbeutf^ aU
^eune, mittel* unb nieberbeutfd) Hüne.
2Bäf)renb nun um biefe S^^t bic ober*
beutfc^en ©egenben tüü 9Bort auöjlerben
laffen, bewahren bagegen bie nieberbeutfd)en
(Segenben mit ber ^orm Hüne einen
vei(|cn, um biefen 93egriff angefdjloffcnen
@agenfcf)a^ , unb norbbeutf^e ©elebrte
baben taä SBort fpäter für arc^ciologifcbc
JJunbe Berwenbet. Hünengräber ober
|iünenbetten ^ä^tn nun bie auö f;eibnifd)er
Sorjeit pammenben ©rabmälcr, bie ft(|
teilö einzeln auf*}lnbö^en ober inSBälbern,
teilö in [Reihen georbnet rorfinben. $üncn=
bctt im engeren ©inne i)i\^t ein folc^e^
(Srab, ta^ ein au« großen iJcIöjiücEen er=
bautet länglid^cä iBiered alö Äern birgt,
mit mächtigen platten getöfiücfcn bebectt,
über melcben meifi ein ©rab^ügel aufge=
fdbüttet \% SOtancbmal fü^rt ein Stein*
gang jur ©rabfammer; au^erbcm umgiebt
itaii ®rab oft ein Steinfreiä. S)ae ^nmu
birgt Sfelette, ©efä^c, 2öaffen.
^ufar, Benennung einer nac^ ungatifd)er
airt befleibcten, berittenen unb bewaffneten
©attung Iei(i)ter Oieiterei, entftanben aus
bem berittenen Qlufgebote ber ungarifd)cn
ebclleutc im 5a^re 1428, abgeleitet oon
husz = jwanjig, weil con äWanjig 5luö*
gehobenen einer ein iRciter werben mu§te.
„ §ut M SRecbt^fpmboI ifi Sijmbol bcc
Übertragung Don ®ut unb ßebcn; ber
Übertrageube ober an feiner ©tatt bev
SRic^ter pftegt ben ^ut ju f)alten, ber ®r*
werbenbe tjinein ju greifen ober einen
Halm barein ju werfen. S)er Hut war,
g(eid) ber x^al)m, gelbjeidjen; wer ibn
aufftedte, forberte t>a^ 33olf jur H««* unb
®erid)töfoIgc auf unb b^^tte bic ®ewalt
baju. ®e^lcrö aufgefiedter Hut ijl Symbol
ber Obergewalt ju Oericbt unb gelb. 2)er
Hut war au^ ein Qädgm ber greibeit
unb be« *Jlbcl0 ; bei ben ®oten trugen bie
ebeln aU $rieper Hüte. Hut aU Äopf*
bebedung fxe^c ben le^teren 5trtifel.
§t)mnen» ©d)on t>ai apoftolifcbe 3eit«
alter befa^ neben ben *)3falmen böcbfi
wa^rfd)einlid) eigene d>riftU^e Oefänge.
bie aber bloß rf)ptbmifd) ober blo§ in
feierlicber ^rofa abgefaßt unb meijien*
teil^ biblifd)en Jn^'iit«' waren, wie ber
©efang Gloria in excelsis Deo. Qlbet
erji com nierten Ja^rbunbert an erbicUcn
fowobi bie morgenldnbifcf)e Äirc^c in
griecbiWer unb bic abenblanbifd)c Äiri^e
in latcinifc^cr Spradjc cigentUd)C Hpiunen
in metrifd()*ftropbifcbev .'^onfiruftion, wcld)e
in engjicr 93cjiet)ung jur aJiufif biefer
qjcriobc jianben. 3war bat bic fird)Iid)e
Srabition fd)on früb für bie ältefien
bcrfclbcn beftimmte Söcrfaffer genannt;
bo(i ip ein ficbercr 93eWeiö ber 5lutor*
fd)aft meift nid)t bcijubringen. Ülaä) ber
gewö^nlid)en *llnnabme war H^lariu«,
»ifcbof ju ^oitierö, gefiorben 368, ber
erile, ber bie iRei^c biefer latei*
nifd)en HP^unologcn eröffnete; i^m wirb
por allem ber Hpuwuö Lucis largitor
splendide äugefcbriebcn ; aU ben gefeiert*
j^eu Hputnenbicbtcr nennt fcbod) bie Sra»
bition ben b^itigen Qlmbrofiuä, 374
biß 397 Sifcbof pon SDlailanb, »on bem
ber 9Jame ambrofianifcbe Hpu^uen
fogar al« ®attungöname biefer ^rt geifi*
lieber 'läoefie uerwenbet würbe. ÜDicfem
Äir(^enlebrer würbe auc^ ber fogenanntc
ambrofianifd^c öobgefang Te Deum
laudamus jugcfd^rieben , ibm allein ober
U)m unb bem ^t\l\%m illugufiin gemein*
fam; foWol;l feine freie rb9tbmifd)c gorm
alö fein 3nbalt beuten aber auf böb"c«
5llter; im fird)li^cn ®ebraucbe beä 5lbenb=
lanbe« fianb ber Öobgefang fd)on im Se*
ginn beö 6. Jabrbunbertö, anfangs wabr*
fd)einlid) aU SOtorgengefang beftimmt; im
8. unb 9. 3abrl)unbert finbct man i^n in
S)cutfcblanb fd)on bei Ärönungefcierlic^*
feiten unbÄird^cnoerfammluugen gefunden;
man vermutet als Duelle ein altgriecbift^e»
2Rufier. Dieben ülmbrofiuö werben aU
Siebter be« 4. bis 6. 3al)rl;unbert^ be*
fonber« nod) 5lugufiin, ^rubentiuß
unb gortunatus genannt; in ba^
7. 3abrbunbert fäüt ®rcgorber®ro§e,
fceffen Semübungen um t>ie Äircbenmuftf
febod} weit bebcutcnber als feine bid)te*
rifd)en 5lrbcitcn gewertet werben. _ ©ine
neue ^eriobe bes Hptunus f^licßt ftc^
an bie burdj bie Karolinger neu bt-
ginnenbe ^\iiii ber aBiffenfd)aftcn; babin
gebort als iBorläufer ^ttxi ber (Sb^-
würbigc, bann ^aulu32)iafonu6 unb
QUfuin, SRabanus ÜJiaurus, bie ©t.
©aller SJlotferbcr Stammler, Sutilc
314
Sagt».
unb SRatpctt, SBalafrib ©ttabo
aui bct SRcidbcnau, ber Sifd^of I^eobul f
ton Orlcanä; boc^ fic^t aucf) ^iet bie
Qlutorfd^aft feiten fcfl; ȟb bod) fogat
Äarl bcm ©ro^en ber ^t)mnu^ Veni
Creator Spiritus jugefc^rieben, a\i beffcn
SSetfaffer aud) JRabanuä SDtauru^ ge^
rtannt wirb. 2)aö Jntereffe biefcr 3^**
an bptnnologifd^en I>i(f)tungen erbeut anä)
aui ber altbo^bcutfcfccn, bem 9. ^ai)X'
bunbert angc'^örigen itbetfe^ung ambtos
jianifc^cr |it)mnen. ©ie J^pmnologie
nimmt bann *Hntcil an ber befonber^
burd) bie ßiflerjienfer unb (Sluniagenfer
bewerffieüigtcn JReform beö firc^Ud)en unb
religiöfen ßcben^ im Sinne einer fubjcf«
tiüeren, »cltfeinblidicn, in ftd) abgcfd^loffc
nen, religiöfen SBeltanfdiauung, au^ roiU
i)ix fpdtcr bie Sc^olajiif ^erauöhjdc^fi;
bie ^ietl)er gehörigen Spanien ftnb Obc
öon (Slügni), ^ßctru« 2)amtani,
JJuIbert üon ©bartrcs, Sctnl^arb
ton Slairncauj:, ^bam t?on @t,
23iftor, Sbomaö üon Qlquino,
Sonaocntuta.SfiomaäöonSelano;
pon bem ^ranji^fan^r 3acobu§ bc
öencbiftu^ foll ba^ Stabat mater !^er*
rütiren. 5öom 14, 3fl^'^bu"^6^t an pnb
nur nod) wenige bebeutenbe ^pmnen ge^
biegtet tt)orben. S)ie bejien Sammlungen
ber ^pmnen finb oon ÜJtonc, Daniel
unb ^b- SDSadfernagel; tom ®. ?(.
Äönig^fetb ^at man jwei flcinerc
Sammlungen lateinifcber |)9mnen mit
bcigefc^ter bcutfcf)er Überfe^ung, 93onn
1847 unb 1865.
J.
Sagb. Urfprünglic^ fAeint bie '^aq,t)
bei ben S)cutf(ften überaÜ frei gereefen ju
fein; e^ bejianb freieö S^igbrecbt ober bie
freie 'JSirfcb. ^laä) ber ^ölfermanbe-
rung würbe bie 3agb unb bie meifi gleidb«
geficüte unb jufammcn genannte gifdbcrei
ein 3ubebör hii ®runb unb Q3obeng; ein
2lu«flu§ bee ©igentumö, t>ai ber einjelne
hatte. 'Seit .Karl bem ®rofen mürben
»ieU fönigli^e Sannforpen , silvae de-
fensatae, errii^tct, äßalbungen unb SBalb*
bcjirfe, in meldten bie 3agb bem Äönige
unb feinen ©teÜDertretern Dorbebatten unb
anbercn gegenüber bei Strafe beö Äönig^»
banneä »erboten mar; bodb befianben ta'
neben bie S^^S^«" ^^^ freien ©runbeigen-
tümcr ungefiört fort, unb bie S^gbüerbote
bicfer 3^*^ bejogen ftd) bIo§ auf bie
(Seifilic^cn, auf ben Sonntag unb auf bie
©rafen an ®erid)tötagen. S)aneben be^
mirtte freilieb bie junebmenbe SBerminbe-
rung ber 3ii('I ber freien aud^ eine 95cr*
minberung ber Jagbbeft^er unb eine Äon*
jeiitrierung ber Sagbbefugniffein bie^anbe
ber angefeben^en unb mäd)tigflen ®runb*
etgentümcr. »Jlnfanga batten bto§ bie
Äönige ibre SBalbungen unb 3«9^en ge»
fd)loffen, unb nur einjelne .Königäforjten
ibren Beamten unD anberen ©rofen balb
fd)enfmetfe überlaffen, balb benfelbcn auä-
na^mdweife gemattet, eigene ober »on
anbercn auf |te übertragene SBalbungen
ju 93annforfl:en ju ertlären. Ttit ber 3"t
famen fo bie mciPcn SflSbgebiete in bie
^anb geipiid)cr unb weltlicher 3!)pnafiien,
unb im 13. pa^rb. fmb bicfc nid^t blo§
im 33ejt|e fämtli^er ebemaligen Sann«
forficn, fonbcrn im 93efi^e be^ Äönigd«
banneö felbft. 5lber erp feit ber 3luöbil=
bung ber eigcntlicben ßanbe^^o^eit im
15. '^a\)xl). erweiterte fidb bie Sefugni*
biefcr Scrritorialbcrren jum ^agbrcgal;
bie S^gbbefugni^ crfcbicn nunmebr bIo§
ein 5lu«flu§ ber obrigfcitlid)cn *Polijci«
gcwalt, welcbe bem gemeinen SDtann,
namentli^ ben iöaucrn, bie 3«9b fcbledbt«
bin unterfagtc. Seitbem geborte bie ^a%i>
wie bie gifc^erei unb ber 'Bogelfang nid|t
allein in ben 2ßilbbanncn, fonbcrn aud)
in ben übrigen SBalbungcn, unb grofcn«
teil^ au^ bie ^elbjagb bem ©runbbcrrn.
Dbne feine (Srlaubniö burftc bei bober
Strafe niemanb jagen. 9?ur auf SRaubs
tiere war ju aüen S^ikn bie 3agb frei,
unb eö würben ju biefen feit alten 3eitcn
auf er ben Saren, Sßölfen unb ^üdbfen
bäuftg aud) bie wilben Sd)weine gerecbnct.
Übrigen^ gab e^ aucb ©cgcnbcn, wo ftdb
feit uralter Qiit Spuren ber freien 'JJirfdb
crbieltcn, mancbmal fo, M^ ftdb ber $of«
Sag^-
315
ficrr bie bof)c S'^gb »orbe^ielt, tüätivenb
bie Sigcnleute bie nicberc S'Jflb bcfa§en;
befonberö in bcn leicftsunmittelbaren |)cir=
fi^aften, in ber fianbirngtei S^moben, im
@d)ttiarjtt)alb unb am 9?cdfar mar bicfc
^(i^i) frei geblieben.
2Baä bie materieücn 3agbjufiänbe belangt,
[o mar bie ältefie St^Sbart bie ber (Sinjel=
jagb: Oiotmilb fuc^te man mit jat)men
abgerichteten Socfticren in eingejdumte
iRäume ju loden ober baöfelbe burd)
Äirrungcn bineinjujieben; ober man fing
€6 in ©ruben, Schlingen ober Sieben,
mclcfce man über ben 2Bed)[et fpannte.
«Sauen mürben auf glci(f)c Qlrt erlegt ober
mit ^unben gef)e^t unb mit bem 3^8^=
fpic^ abgefangen, eine 5agb, mcldie aucfe
i)äufig auf 93dren angemanbt mutbc.
©lenrcilb, meiere« ftc^ üoräüglid) in ben
S3rud)gegenben aufbiclt, mürbe im SBinter
auf bem (Sife gebebt, mo man eö lei^t
erlegen fonnte. .^afcn mürben mcnig ge=
aditet unb bcn Unfreien jur 3"9b über^
laffen; aud) mar biefcö Sßilb ben (Sbriften
anfangt aU Spcife uerboten, ia cei frütiev
aU Dpfcrmat)Ijeit genoffen morben mar.
3ur 3agb ber geringen ticre, 93iber, Dtter,
♦JUtarber, mürben ücrfd)iebenartige ^unbe
abgerid)tet, bie fe^r t)oben SDBert batten.
©eflügel fing man größtenteils in 9^e^en
unb ©klingen, bod) mar bie iBogelbeije
ebenfaQä feit früh begannt. Äarl b. ®ro^c
mcnbete ber 3agb große ?Iufmerffamfcit
ju, fo ta^ bie Jagb Pon je|jt an mebr
funf^gemäß betrieben mürbe; eä mürben
3agbgel)ege angelcat, »oräüglid) in bcn
©ümpfcn unb Dfliebcrungcn unb mit
93obIen eingcjäunt; eine ®d)onjeit mürbe
feftgefe^t unb bie 3agb auf bie ÜKonate
3uU, "Jluguft unb September, in ben
äßintermonaten auf Sdren, ©aucn unb
SBölfe befd)ränft; befonbere 3agbmagen
maren oor{)anben, eine jat)Ireic^c 9)ieutc,
^angapparate; ju feinem ^offiaatc geborten
^irfd^meifier, *Muffel)er über bie 9Binb= unb
anbere 3agbt)unbc, Siber^ gu^ö= unb
2)ad)öjäger. igeitbcmtciltc fidb bie Sagbin bie
ftanäöpfd)e ober bie eigentliche $arforccjagb
unb in bie beutfd)c 3agb, meiere oor*
jüglid) auf *}lbrid)tung beö ficit^unbcö
unb tai (Stellen mit 9?c^en unb Suchern
gerichtet mar, roaä bie granjofen unb (Sng-
länber als eine nid)t ritterlid)e 3agb Per=
ad)teten. (Senauerc SRa^ricbtcn ^at man
crft aus ben Sc^riftfteacrn unb ©intern
ber böfifc^en 3eit erbalten. 9^od) immer
ifl in ber ^öfifdben ©efellfdbaft bie 3agb
ni*t bloß eine Äur^mcil, fonbcrn lein
notmcnbiger Äricg gegen reißenbe Siere,
mie ffiölfe, 93ären, i?ucbfc, unb eine not-=
menbigc Qlnflalt, i^leifd^ in bie Äücöc ju
liefern; benn im 3U?ittclalter mar baS
^Icifd) ber ^auStierc noc^ menig beliebt.
^IH ^aOitl^unti merben genannt ber
Srade, aU Seitbunb, unb ber SBint
aU ^e&bunb. ©aä gcfamte jur S^gb er=
forbcrlic^c *Pctfonal i'omic bie ÜJJeute ftebt
unter bem S^igf^meificr. Der 5lnjug ber
3äger ift grün; um ben furjen SRocf mirb
ein tü^tiger, fefler ßebcrgürtel gcf^naUt,
in bem IFfeffcr, ®tal)l, Sc^mamm unb
^euerftcin jlcdt. Die -5>ofen frnb auS feften
Stoffen gefertigt unb burdb (Samafdien
gefd)ü^t. «Jlußerbem trägt ber ^ä%ti baä
3agb^orn; ein grüner, mit ©raumerf ge«
füttertcr OTantel PoUcnbet ben ^Jlnjug.
Die gcmöbnli^en Sflgbmaffcn ftnb Spieße,
2Burffpeer, ml)b. gabelöt, <}lrmbrufi unb
'.bogen; mit bem Spieß erlegte man Särcn,
'IBilbfcbmeinc unb ffiifento^fen, mit bem
2Burffpeer |)irfd3c. Die gemöbnli($en 3'^g'^'
tiere ftnb ©ären, 2ßölfe, Cucbfe, ^lucr=
od)fcn, Söifcnte, 9fliefenbirfd)c (schelch),
Glentiere, 2öilbfd)meine, .^irfcbe, SRcbe,
^afen unb ^üc^fe. 5}?an nnterfd)eibet bie
qSirfd^iagb, bie ^e^fagb unb bie i^alhw
fagb; bei ber fpirfd)iagb ging ber '^'a%n
entmeber auf ben Qlnftanb unb locfte ben
9iebbo(f, inbem er, auf einem Blatte
pfeifcnb, bie Stimme ber Oiicte nac^atimtc
unb ihn bann ze dem blate erlegte, ober
er jog mit anfe^nlicbcm Slroß Pon ^unben
unb 3dgern aui. DaS 2ßilb mürbe Don bem
Seitbunbe aufgefpürt, bie gefunbene ^äbrte
mit einem frifcf)en JReife geseid^net unb
bie ißeute bem perftedtcn Sd)ü^eu äuge-
tiicben; (obalb ber ^ix^<i) Pcrmunbct mar,
mürbe er Pon ber loSgefoppetten SRcutc
gelje^t, bis er äufammenbrad). SJiit einer
lauten ^ornfanfarc mürbe bie (Srle^ung
gefeiert. 2öer ben f>irfd) erlegte, bitte
'i)ai SRc^t, Pon einer ber anmefenbcn
Damen einen Äuß ju Perlangcn. (£S ge=
borte jur Äunft eineS im '^a%in bemäfirten
SiJJanneS, bie curie ju mad)en, b. i). baS
Sier jagbgere^t ju erlegen, mie in ®ott=
ftiebS irijian anfdiaulid) gefd)ilbert mirb,
S. 71, 28 — S. 83, 12. Da« 5agb=
jercmonieH mar, mie bie ja^lreicben fran=
jöfifdjen QtuSbrücfe äeigcn, franjörrfcfecn
Utfprung«. Sie^e Scftult^, ^öfifd(ieS
geben, *abfd)n. V.
SDlebrfact) mürbe bie 309b ju alle<
gorifd)en DarfleEungen benu|t, fo burd)
ben bai)rifcben Did)ter "^aDamar üon Sabcr,
ber in ber „3agb" bai ritterlidje Siebe*
316
Sa^teäanfang.
leben unter bei" ütüeftovic einet 3*^9^ bar*
^eiieüt f)at; anbcvc ®ebict)tc bcr 2lrt Reifen:
„i)er iDlinnc tjalfner" unb ..^aQ,t ber
iKinnc". 5i[^nli^eö ifi ber Jyaü bei Äaifer
'JOtaftmilianö Seucrbanf, wo |)irfd)s,
©cmfen* unb öüreniagben eine gro§e
3f{oIIe fpielen.
enger mit ber ^ag^h felbp »erfnüpft
fmb aber bie alten üßeibfprüc^e unb
3äger[c^reie, beten »iele aus |»anbs
fd)riftcn beä 16. unb 17. ^al)x^. erhalten
nnb, bie aber offenbar auf ein weiteres
'Jtiter ftinaufrei^en.
eö finD JHätfelfragen, welche bie SBeib«
leute r>or unb nad) ber ^aa,t jU gegers
feitiger ßrfieiterung unb Q3rüfung einanber
aufzugeben pflegten unb rcorin ein reicher
S(^a| üon ^enntniffen, .llünjien, ©itten,
ilßörtern, bie auf bie ^ao^h 93ejug ^aben,
aufgefpeic^iett ift. <£ic fangen meift an mit:
Siebet ffieibmann, fag mit an? obet: Sag'
an, mein liebet äBcibmann, u. bgl. ^oU
genbeä mag als Seifpiel bienen:
^0 ^0, mein liebet SBeibmann, ^afiu
nic^t »etnommen ,
voo meine ^oc^lautenbe 5fi9bt)unbe ftnb
t)inf ommen ?
^0 1)0 ^0, mein liebet SBcibmann,
id) ^öte je^t ju bicfet ©tunb
mebct 3äget nocf) f)oct)lautenben Sogb*
^unb.
^0 1)0, mein liebet ffieibmann, fannjl
bu mit ni(^t fagen ,
ob bu meine ^od)lautenbc 3<i9b^unbe
f)aft fel)n ober Ijören jagen '^
3o ^0 ^0, mein liebet 2Beibmann,
roeit Ci) gut in jenem Sfeal,
fte ^aben ben ted)tcn Einfall;
I)aö fag icf) bit ftei,
ee toaren ber ^unbc brei;
ber eine bcr war weife, weife, weife,
2)cr jagte ben ebeln ^irfd) mit allem
gieife;
ber anbre ber war fa^l, fa^l, fa^I,
ber jagte ben cbcln ^itfct) übet 53ctg
unb 2;l;al;
bet btitte bet wat tot, rot, tot,
bei jagte ben ebeln $itfc^ bis auf ben
Job.
3)icfe äBcibfptüd^e ftnb gefammclt in
®rimm^ Wtbeutfc^cn Sffiälbern, S3b. 3.
Saljrcganfaiig. Gs jtnbcn fic^ im
iDlittclalter fed)S Derfc^iebcne ^(xl)xci'
anfange:
1. '2lm 1. 5cinuar, ber 5af)rc«anfang
bes römif(^;julianifcf)en Äalcnbcrs. ®(i)on
früt) im üDJittelaltcr eiferte man gegen
biefcn Slnfang unb bie mit j[^m rcrbun«
benen 5tusfc^wcifungen, bie Überrejic ber
römifc^en ©aturnalien, alö gegen eine
^eibnifcf)e 3nPitutip"- 35a aber bcr ®cs
brauch, ba«S ^abx mit ben Äalenbcn iti
3anuar ju beginne.., im bürgerlichen
ßeben anbauerte, legte man, um einen
Sorwanb für bie fir(^Ii(Se ^^eier bicfet
5a^re^epoc6c ju f)aben , bie circumcisio
Domini, bie 93cfd)neibung ß^tifii, barauf.
(£s ifi nidfit ausgcmad)t, ob nun iai
bürgerliche Scben bas ganje 9)?ittclalter
binburc^ an biefcm ©ebtauc^c fepgc{)altcn
bat; auf fitc^lic^em ©ebietc unb in ben
öffentlicl)en Urfunben aber wutbc bet
1. 3onuat fc^on frü^ burd) ben 25. DJtär;
unb SBei^nadjtcn ocrbrdngt, unb crfl in
ber erfien .^alfte be§ 16. 3>i^i^^"ni>ci^t3
gelang es ibm wieber ju allgemeiner
©eltung 5U fommen.
2. S)cr 1. nJldrj, ber »or = cäfarifd^c
3abreöanfang, würbe üonbcnd^riftcnfcfjon
im 5. 3al)rt)unbcrt angenommen, oermutli^
weil ber jübifc^c SKonat Dtifan, in weld^cn.
bas ^affa^fefi fiel, bcr crfte im ^ai)Xi
war. 3" granftci^ l)ielt et fid) big
ins 8. 3al;tbunbett; bie SRepublif SSenebig
tcÄncte fo big ju ibtcni Untetgangc.
3. «Jim 25. Tl'dxi, bcm Sage bet
annnuciatio Mariae, ÜJlatiä Setfünbigung.
3Wan liefe mit bet 93ettünbigung glei^fam
bas itbifcf)c S)afcin 61;tifii beginnen, eine
51nf(i)auung , wclcf)ct bet f($on ftü§ et«
wad^enbe iTJaricnfultus gtofeen 23otfd)ub
Icifiete. 3" 3talicn befafeen namentlid^
glotenj unb (|3ifa, jum Seil aud) bie
päpftlid^e Äanjlci, biefcn 3iif)iicganfang,
womit bas fogenannte SDJatien ja^t be=
gann; in 3)eutfd)Ianb fommt et nui »er«
einjclt 00t, in ben 5Diöcefcn Jtiet, Äöln
unb öaufannc.
4. Djietn, unb jwat entwebet 00m
Äatfteitag an gercci^net, obet fom Dfict«
fonntage an, bet jebod) nai^ bet mittel«
altcrlid)cn Tageseinteilung mit bet iBefpcr
bes Äarfonnabcnb, in weld)cr bie Dftctfcräe
geweift wirb, beginnt, ©iefer ^ai)xci'
anfang War in ^^itinfi^ei«^ feit bem 13.
3a^t^unbcrt beliebt unb oerbrcitete fid)
t)on t>a nad) 3)cutfc^lanb.
5. %m 1. September. Qlus Spjanj,
Wo biefer 3«^ie^'i"ffln9 lange Qdt f)txx'
fd^enb war, wanbctte er xiaij 3tiiiie"-
G. <3lm 25. S5e5,embcr, mit wcld^cm
I)atum, bcr ifi>intcrfonncnWcnbnad)t, auc^
bie alten ®crmanen il)r ^aln begannen.
3n gtanfrcid) war biefer 3iif)if^i'"ffl"a
unter ben Jilatolingcrn ber l;crrfd)enbc;
3dbTc»bc5cic^nun9 — jafJie^^'nJeilunfl.
317
btr eigcntlidjc @i^ bicfce Sf^^i^^anfanfl^
ifi jCeutfc^Ianb , wo et ^errfc^cnb blieb,
bi» im 15. 3a^i^f)un^6rt bet l. Januar
fic^ me^r unb mcl)r ©cltung cerfc^affte.
Orotefenb, ^anbb. b. d^ronol. §. 12.
,, 3>a^rcg6cjei(^nun9 nac^ (Spoc^en unb
'jtten im *DfittelaUer. 2)ie urfprünglic^c
römifdjc Sa^reäbejeic^nung na^ ben bei=
ben ^onfuln ragt nod) in bie erfie 3«it
be« bcutfc^en iOUttelaltcr« t)inein. 2)enn
M baä Äonfulat im 3al)ic 541 mit ^em
ÄonfuI glaoiu^ Safiliuäi junior auft)ürte,
bejeid^nete man, oon ben Stören feine«
Äonfulatä tuciter jät)Ienb, eine Steige Don
Sagten mit post consulatum Basilii.
SBon ben ojirömi[(i)en Äaifetn, bie ftd)
feit 567 cbenfaüe tai ^onfulat beigelegt
batten, ging ber ©ebrau^ auf bie beut=
fd)en Äönige übet , befonbet« auf bie
Äatolinget, hoä) i)l tae \)in blo^ übet=
flüffiget Sc^mucf, ba bie .Konfulatejabre
ftetd mit ben Äaifetjabten übcteinjiimmen.
aSon ben ftübefien St)roni^en bea
ÜJJittelaltetö rourbe aud) nac^ 3i^i^ß"
bet Stabt, ab Urbe condita, batiett,
wae fpätete ®d)tiftj!eüet con flaffifcf)er
iBilbung nac^a^mten.
Sotjügliii) beliebt mar im SDtittelaltet,
namentlid^ in Utfunben, bie 2)atietung
nac^ ben iR egie tun gs jagten ber
Äaifer, Äönige', ^äpjle, ©rjbifc^öfe,
Sifi^öfe :c. SDie iRegietungäia^te »etbcn
utfprüngti(^ »om Jage bet Ätönung,
fpdtet auc^ »om Jage ber 2DßaI)l an g,(.=
tect)net.
®onfi tcc^net hai DÖJittelalter nac^
ber (^riji liefen ßfiti^^'fenuttö» *^
incarnatione Domini. 2)er Urt)eber biefer
3eitred)nung mar ber 'Übt Dionysius
exigQus, geworben ju SRom um 556, ber
fie in feiner mit bem 5a^te 532 beginnen^
ben Cfiertafel juerjl jur *Mnmenbung
brachte. 93eba0 Djlertafelu , bie gort=
fe^ung ber bionpfif^en, er^öt)ten bie SSer^
breitung ber neuen iRecf)nung im *2lbenb5
lanbe fef)r, fo ta^ fie im 8. 3at)rl)unbett
in t\xi)[id)m Utfunben granfteidjs fcf)on
jafjltei^ uettieten mat , md^tenb bie
Äütolinget fi(^ it)ter crfi feit 840 in Ur=
funben bebienten. 3" päpftlid)en Urfun=
ben !ommt bie Arifilic^e S^iti^^önuns
erf! unter 3ot)annee Xin., 965—972,
üor. 2)ic bei ben I)atierungen ange=
manbten gormein t)ei§en: anno ab incar-
natione Domini, anno ab nativitate Do-
mini, anno Christi gratie, anno salutis,
anno verbi incarnati, anno orbis re-
dempti, ober in beutfct)en Urfunben:
nach Christi Gebart, nach der Geburt
Christi unsers Heilands und Selig-
machers, nach Gottes Geburt. ®rote =
fenb, .^anbb. b. (£t)ronoIogie, § 10.
Sa^re^cintcilung« Sieben ber Einteilung
be0 3abre« in 12 SOJonate ifiebe ben ^rtifel
iDJonatänamenj läuft eine anbere, mobl
urfprünglicfeere 3a^reeieinteilung in 2, ;i
ober 4 größere Äompleyc. Die ^neu
teilung teilt taii ^ai)x in Sommet unb
iffiintet, wobei al« giypunfte SE3inter=
anfang (SDtic^aeli^ = 29. September,
bann auc^ auf iDlattini = 11. S'ioDember
Derf^oben) unb Sommeranfang (Dfiern,
wegen bet Semcglic^feit biefeö gejicd getn
auf ®eorg — 23./24. «ptil, üßalpurgiö
= 1. ^ax, bann auc^ auf ben f)atbeii
iDlai tctfc^oben '2lucf) finben jt^ bie
Termine ÜJtitminter (Seit)nacf)ten =
25. Dejcmber) unb ÜDtitfommer (3o^anni«
:= 24. 3uni) >il^ iRepriifentünten biefer
3rceiteilung. fflinter unb Sommer ober
Umfc^reibungen bafür mie im rise und
im lobe, bi strö und bi grase finben ftcf)
oft in beutfd)en iRedjtöqueüen cinanber
gegenübergcileüt unb fpielen im Sptid);
mort, in 3iebenäarten , im Solfslieb unb
in bem meitoerbreiteten Spiele oon Som=
met unb fflintet eine große IKoUe.
S^on lacitue etmdl)nt, ®etm. 26,
eine 2)teiteilung bee ^ai)n^ in SDßinter,
ßenj unb Sommer. 2>ie Jetmine fiiic»
t>eifcf)icben, bo(i) ^eitfc^ten SJiitmintet ober
SBinteianfang, Djietn unb iKitfommet üov.
iJieSietteilung be^S^it)!:«^ ifi «in« äwei^
fa(^e, je nac^bem man ben (Sinttitt ber
bie 3ti^icßstiten cf)arafteri{terenben SBitte;
rung ober bie biefe SBitterung begrün^
benbe ^immeläerfcfeeinung, aequinoctium
ober solstitinm, alö Öeginn ber ^al)xt9'
jeit betrad)tete. I)er erfien iUuffaffung
entfptcd)en bie Jetmine 2id)tmeB (2. gebt.)
obet Äatl)ebta, (Stu^lfeier)<)3etri(22.5ebr.>
bie Sateiner (2)kmertuß, *Pantratiuö unb
Setoatiuß am 11., 12., 13. ÜKai) ober
Urban am 25. iDlai; ÜJiatid .^immelfalirt,
15. 51ug. ober Sart^olomdue, 25. Slugufi;
üDJartini, 11.9100., eiifabct^, l9.i»ot)., obet
Cilemene, 22. 3toD. 5Die le^tere ')luffaffung
macf)tc bie Jermine Ojicrn, 3o^anniö,
iD^iic^aelie unb aBeibnad^ten ju Vertretern
ber aftronomifc^en 3i<^ipunft£» inbem ber
©ebtaucf) beä bütgetlidjen Sebene gtü^=
ling0= unb .»perbjianfang oon ben ajiro-
nomifct)en gifpunften , 25. 9Jidrj unb
24. September , auf bie nat)eliegenben
größeren %t^i Derfc^ob.
(Sine anbere 3o^t«ö«intMlung gaben
21
318
Sabrjcitbucb — 3ambii'd)eä ^DerämaB.
bic Diertelja^rigen gebotenen gafitaftc,
bic angaria ober quatuortempora, Qua«
tember, bie wegen i^ret ftrengcn ^afien^
otbnung tief in tai bürgerliche ßeben
eingriffen. 25ic Termine für tai ©in-
treten biefer gaßen ftnb bie 9Wittrcod)c
Dor iReminiecere unb vox Srinitatiä, nacfe
Ärcujert)ö|iung (14. September) unb nacfe
ßucia (13. SDejember). 3f)re Dauer ift
cinfc6Iie|lid^ tti ^reitagö, ber ja fiet^
ein ^afitag ifi, Don ÜJJittrooc^ bi« jum
Äonnabenö influfiD. ^i)xt Seäcicbnung i|l
quataor tempora, quatertemper, quatem-
ber. qnartal, vierzeiten, angaria, fron-
fasten, goldfasten, weichfasten. ©rote«
fenb, ^anbb. ber G^ronologie, § 13.
SiO^rjcitfiut^, anniversarium, Ijei^t bas
Sßerjcicfeniö ber @eelenmeffcn , »eldbe in
einer .tircbe jäbtUc^ an beftimmten Sagen
i^ermöge oorbanbcncr Stiftungen gelefen
werben muffen. (Somobl bie Seelenmeffen
felbfi als bic bafür gemachten Stiftungen
an (Setreibe, 2öcin, ®clb, beiden ^a\)X'
jeitcn. Sei jebem ÜJJonatätage ifi in bcn
3abr5eitbüd^evn ber 9tame bcsjenigen ein«
gefd^rieben, ber entrceber felbft noc^ bei
Sebjeiten ober beffen Ji-funbc unb SSer«
manbte naAber burci) eine Scfcenfung
an bie Ätrd)c bie Haltung einer jdbrlid)cn
©eclenmeffe erfauft baben; bicfelbc fällt
immer auf ben Sobeetag beffen, für bcn
ftc gefiiftct morben ifi. 3" ben älteren
Sa^räeitbücbern febtt leibcr meift bie Safjr*
jabi ber Stiftung ober biefelbc iji erji
fpäter beigefügt morben.
3^aIo6öbrüber biegen bie SBallfatiret
nad^ St. ^acch bi Sompeftctla, bem
^aupt^icl ber 9!BaUfaf)rcr, feitbem ber 3"-
gang jum ftfilifl^n ®i^a& immer metir er«
fc^mcrt morben mar. Unter ben erhalte«
nen unb meit üctbreiteten 2BaUfa^rtä=
liebern ber 3'if''^^'"^über beginnt tai
bcEanntejic:
2Ber baä elent bäumen roel,
ber ^cb fic^ auf unb fei mein gefcl
mol auf fant jacobö firagen!
jroai par fcbuoc^ ber barf er wol,
ein fcbüffei bei ber flafc^en.
©in braiten buot ben fol er ^an
unb an mantel fol er nit gan,
mit lebcr molbefe^et,
CS fc^nei ober regn ober w'ai)t ber
mint,
ba§ in bie luft nic^t nc^et.
Sad unb jiab ifi audj taxbii,
er luog, ta^ er gebeicbtet fei,
gebeichtet unb gebüe|et!
fumpt er in bie melfcben laut,
er finbt fein teutfc^en priefter.
So jic^cn mir burcft S^meiäftlant
ein,
fie ^eiBcn une got melfum fein
unb geben un« irc fpeife,
ftc legen un^ mol unb bcden unä
Warm,
bie firagcn tuout ftc un« weifen.
®o^ ßieb weifi bann ben ffieg weiter
burc^ bie wclfc^en lant, tuxä) ber atmen
Jecfen (5lrmagnafcn) lant, burd) Soffcien,
ßangebecfcn , J^ifpanierlant , ben 9erg
gtunäCDaüc (ipprenacn), erjä^lt bann »on
bem abfd^eulicbcn Spitalmeificr ;u 9?urgoä,
ber 350 beutfd)e ^ilger üergiftetc unb
bafür ju 93urgo(S an§ Ärcuj geheftet
würbe; bie Ie|te Stropbc lautet:
Sei fant ^acob »ergibt man pcin
unb fdjult,
ber liebe got fei unö aücn bolt
in feinem pd)fien trone".
ber fant ^acob bicnen tuot,
ber lieb got fol im Ionen'.
(Sä war für bic «Pilger im 11. ^aftr«
bunbcrt ein bequemer 2ßcg nact) St. 3ago
angelegt worben, unb auf beiben Seiten
ber (pprenäen unb tief nacb ^ranfrcicfe unb
nad) S)eutfd)lanb binein waren ^ofpitien
für bie <pilger errid)tet; aud) bilbetc'fic^ in
Spanien ein eigener SRittcrorben jum S<$u^e
ber 3^fo&öpil9et-
S^ambif^eö SJcrömaR, befiebenb auä
regelmdpig abwcd^felnbcn Senkungen unb
.^ebungen, erfdjcint ^uerft bei ben bbfifcibc"
ßprifern bc« 12. unb 13. 3abrbunbert0,
hod) fo, baB bicfc« wie Mii entfprcc^enbe
trod)äifd)e ißerämag noc^ in bie fflißtür
bce einzelnen 2)td)tere gefteUt war. (Srft
OpiB bat bas 23eremaB unb ben iJlamcn
beä Sim^uö aU allgemeingültig in bie
beutfdie £)id)tung eingeführt, na^bem in
ben oorau«get)cnben 3<ibt^unbertcn eine
auf iBcrä^ä^Iung beru^enbe Sedjnif bie
Sebeutung beä beftimmten JRbt)tt)mu(^ fafi
ganj unterbrüdt ^atte. 51nbere IRamcn
tiß jambifd)en unb tro^difc^cn Scr^*
ma§c0, welche bai 17. 3abrbunbett auf«
brachte , fmb turslangc unb langfurjc
Söcrfe ober 9tad)tritt« unb SBortrittjcilcn.
2)en Unterfcbieb ber beiben jweifilbigen
*Beräma§e erfannte Opi^ im 93orf)anbcn*
fein ober im Jcblcn einer 5luftattftlbc,
eine ^Infidbt, bie noc^ (Soetbc unb Sdtiitter
mit Dpi0 geteilt l)abcn. 2)er jambifd^e
günffüf ler, welchen bie (Jngldnbcr ben
3bf)unn — 3efuitcnorben.
319
Italienern cntlefjnten, finbet fxd) in beut=
[djer SJic^tung juctfi in bcr älteften Über=
fe^ung üon SÖliltone oetlorcnem ißarabied,
«eli^e Don Ibeobot ^aarfe in Äönige^
berci unb beffen Jortfe^et 6- ®- Dom
gSefge fiammt unb 1682 ju 3erbfi crfd^icn.
©pdter &emül)tcn ftd^ namentli^ 93obmer
in Überfe^ungen 2;t)omfonfd)cr etjd^lun«
gen, 3o^ann ^\\ai ©erleget,, (Sronegf,
SQBielanb in feiner ®t)QEe[pearejÜberfe^uiig
unb Berber um bic 5lufna^)me biefcö Serfee
in \)M feutfd^e I^eater, bi« jule|t Scffing
im 9tatl)an benfelben cnbgültig einbürgerte.
3i&Öunn ijt in ber norbifdjen 9Wptf)olügie
bie ^erfonififation bee jg)immcl«tt)af[cr«
ober ber 2Baffer übcrt)aupt in ii)rer
^eilfräftigen Sebeutung; fie ifl bie
©emablin Sragiö unb tt)o()nt in Örunn«
atr, 5)runnenfelb. 8ie oerttja^rt @oIbs
äpfel, beien ®cnu^ bcn ©ottern ewige
3ugenb unb UnfterbU(f)feit t)crlei{)t.
^fititenorbcH. 3>er Stifter be« Orben«,
I)on 3nnigo Sopej be SRecatbe,
njcir als ber jüngfie So()n beä SRitter^
Öeltran Don ßopola au« aUabelig=fpani=
fdjem ®ef(tlect)te 1491 in ber iproDinj
©uipujcoa auf bem üäterlid^en S^loffe
geboren. — «Seine 3"92ni' »erbrachte er
am ^ofe Jerbinanbä be« Äatf)olifcf)en ;
ritterlicher Sinn unb J^atcnbrung, eine
beoote S^rfurd)t üor ben ^eiligen maren
frülie ^ercorfte^enbe 3üge feine« Q,i)ax(xU
ter«. Sei einer 93erteibigung ^amplona«
gegen bie ^ii^iofen jerfc^metterte i^m
eint Äugel ben einen 5"§' woDon er fein
ßeben lang {)infenb blieb. 'Jluf bem
fdjnjeren Äranfenlager lae er in Ermange-
lung Don SHitterromanen, feiner 8iebling^=
leftiire, tai ßebeu 3efu unb bcr ^eiligen,
be« 25omini!uä unb 5i^«J"äi^fu^, rooburcf)
fein ©emüt lebf)aft aufgeregt mürbe.
Sßieberbergefieüt, ging er nacfe bem Älofter
JDlontferrat , legte ein Öettelgemanb an,
l)ing feine *jiüpung üor bem iDtarienbilbe
auf unb ^ielt mit bem *pilgerjiab in ber
.^anb üor feiner neuen .^errin nac^ alter
JRiiterfitte 2Baffentt)ac£)t. JÖalb nad^^cr
liegt er in ÜJlanrefa, in einer einfamen
^öble ober im S)omimfanerflofier , ftren^
gen ©Übungen, ®ei§elungen unb gajien
ob. ^iet merben i^m munberbare SÖer*
jüdungen unb Siftonen jutetl, ber
SDreieinigfeit, bed®ottmenfc^en, ber siWaria,
be^ Scufel*. ®a er in 5«ufalem unb
in ber Sefe^rung ber Ungläubigen bic
Statte unb ben 3Birfung«Erei^ feiner 3"=
fünft fat), begab er \\ä) na* 5Daläjiina,
»0 bcr jjtanji^tcinerprouinjial ibm jroar
einen längeren 2tufentbalt ni^t ge«
fiattetc. ^cimgefcbrt, erfannte er, tia^
jur gctj^lic^en SBirffamteit eine geleljrte
iöilbung unerlä^lid) fei, unb er fiubierte
nuij in 33arceflona, *2tlcala unb Sala-
manca (SrammatiE unb ${)ilofop^ie, lebte
t>on *lllmofcn unb mibmete fid^ bcr .ftran«
tenpflegc, mad)tt [xdt) aber jugleid) ber
3nquijttion oerbä^tig unb fa^ ft* ge«
nötigt, l)a er bem Sefet)le, feine Unter«
rebungen über gciftlid)e S)ingc oicr ^alnt
lang einjuftcüen nic&t nac^tommen ^u
fönnen meinte, na* ^ari« übcr^uftcbeln.
.^icT, ttjic voxi)ix auf ben fpanif*en S*u=
Icn, gelang e« ibm, junge ßeutc, bic fi*
feiner ^ü^rung anvertrauten, in feine
Syercitien cinjumeifen unb fo atlmäbli*
einen Ärei« üon ©enoffen um ft* ^u
fammeln; bie crftcn moren fein Stuben-
burf*e in *Pari«, ber Sapoparbc ^eter
i^aber (8cüc»re), ber Spanier %x<yni
Xaoier; bann 5llfon« Salmcron, "^atoh
öainej , IWitolau^ SobabiUa , fämtli*
Spanier, unb ber ißortugiefe Simon
SRobriguej. 'Um 15. ^uguft 1534 legten
fte in ber ilir*c i>on ÜJtontmortre ba«
iäclübbe ber Äeuf*^eit unb 5lrmut ab
unb gelobten, naci) SoUcnbung i^rer
Stubien cntmcber in 36i^wf'>'fni ber
Äranfenpflege unb ber äußeren ÜJtiffion
fi* ju mibmen , ober, faü^ biefer 5|Jlan
auf .^tnbcrniffe fto^c, ji* jeber SJliffion
be^ ^apfie« ju unterjie^en.
9iad)bem Sfl^i^tiu^ i" Spanien bic
2lngelegenl)citen feiner ^rtunbe georbnet,
trafen fämtli*c ©cnoffen, bur* brei neue
oerfiärft, 1537 in Scncbig jufammcn, um
Don l)ier au^ nad) 3«fufalem ju reifen,
(äin .Srieg jtt)if*cn 25cncbig unb ben
Surfen ocr^inberte i>ii. 'Übteifc unb gab
ben 3üngern Scranlaffung , in ben
^ofpitälern ©cfc^äftigung ju fu*cn. ^ier
lernte 39iititiu0 oon ©araffa, bem gcifi=
li*cn ßeiter biefer Qlnftalten, ben oon
biefem furj oor^er gefiiftcten I^eatiners
orbcn fenncn, ein 3n11itut, rocldbe« bie
tlcrifalen mit ben flöjlerli*en ^^picbien
innig oereinte unb t>ai auf SRcgencration bcd
fir*li*cn ßcben« unb auf .^»cranbilbung
cine^ tüchtigen <Pric|lerftanbe^ angelegt
»ar. i)lacl)bem fämtti*e ©enoffen in
ißencbtg bie iprieftermci^t empfangen
Ratten, mirftcn ixt al« 95olfäprebiger in
ben Stäbten iöeneticnä, firaften bic ßaflcr,
empfablen bic Sugenb unb prebigten
ÜBcltocradbtung. So traten fic auf Dcr=
f*iebencn SBcgcn bie ffianberung na*
\Rom an. SofofS« ei"«t uifionären (St«
21*
320
3efuitenotbcn.
f(f)tinun9 6.^rifii, bie bem Ssn^ti"» i"
einer alten »erlaffenen Äitd^c üor Sflom
begegnet [ein [oüte, nannte et fpäter bic
Oefellf^aft societas Jesu. 2)ur(^ i^ren
feltenen Sifet in bct ^lusübung ^3rie|ietli^cr
«Pflichten erwarben ft^ bie ®enof[en in
SRom balb bie ®unjt beö *Papjie« unb
tt)eltlid)er ®ro§en ; ber Äönig Jotjann III.
pon ^Portugal lie§ granj Xaoicr unb
Simon Dflobriguej in fein yanb fommen,
um fte bort für bie inbif^e SKiffton ju
»erroenben ; toä) blieb nur ber Untere im
Sanbe, Xaoier eilte unter bie Reiben. 5lm
27. Sept. 1540 befiätigte ^aul in. burd^
bie '-öutle Regimini militantis bie ©e«
fcll[(^aft 3«fU' anfange mit ber 93 e =
fc^rdntung auf 60 ÜJlitglieber.
£)ie 2öa^l bee ©eneralä fiel einfiimmig
auf 3gnatiu«. *Mlö biefer am 31. Suli
1556 jiarb, idl)lte ber Orben f^on 13
*ProDinjen, üon benen fteben auf bie
Vprenäifc^e ^albinfel unb i^re Kolonien
famen, brei auf Stylit"» «int luf ^"^cmU
xtiit); bie beiben beutfdben ^PtoDinjen
waren im entjiel)en begriffen. 3m 3a6«
1623 mürben 3gn<itiu« unb Xaoier feiig
gefpro(^en.
3)ie innere öinricfetung bee S^fuiten«
orbene ip teile in ben (Sjercitien be*
3gnatiue, teile in ber ©efej^gebung aue^
gefprod)en. ®ic üon 3gnatiue felber I)er»
rüi^renben ©jercitien enthalten eine
mctl)obif(^e 5lnmei[ung jur eii^enen SWebi*
tation unb beäWecten, ben SD^ebitierenbcn
burc^ 93ctra(l)tung unb ©ebete in eine
foId)e Stimmung ju cerfe^en, tü^ er
fraftDoücn, unwiberruflic^en (Sntfd)lu^
faffe unb burd) bcnfclben feinem ganjen
Heben eine cntfcl)icbene 9flid)tung gebe.
i)ae ®anjc ifi in vier 2öoct)en geteilt
unb batin jebcm Sage fein ^enfum ju^
gemeffen. 2)ie erjte SBoc^c iji bem ^ad^'
benfen über bie <Sünbe gemibmet, bie
jmeite über Die ® ebutt unb bae Scbcn d^rifti,
bie btitte über fein Seiben unb Sterben, bie
inerte über feine 93er^errli(l)ung. 2)iefe
*fietract)tungen werben ju fünf »erf(i)iebe=
nen lageejeiten meift eine Stunbe lang
angejteüt, wobei es barauf abgefe|)en ifi,
ben 3n^alt ber biblifc^en unb auperbibli=
f(l)en iBilbet möglid^p jinnlid) mit ^uge,
Di)i. ®efc^macf, ®eru^, ®efüt)l in fxä)
lebenbig ju machen unb jld) innerlid^ ta'
ju ju bieponieren, ba§ \i)m tai tünftige
Üebcn unb Sßirfen in ber ®efeUfd)aft ale
eine freie 2.l)at unter ber (Sinwirtung ber
®nabe erfc^eint, unb fein Urteil »öüig
unter bie öntfcheibung ber ■ftircf)e gefangen
gegeben iji. I)ut^ bie Syercitien l)at
3gnatiue bie aecetifc^e Ofli^tung feinet
Drbene befiimmt.
3laä) ben Äonjiitutionen unb ®runb=
gcfe|en bejlet)t ber Drben aui oicr Älaffen,
ben Sflopijen, ben Sd)olajiifern, ben
Äoabjutoren unb ben iprofeffen. 5Der
3ulaflfung jum 9iot)ijiat get)t eine genaue
'Prüfung ber Sßer^ältnijfe unb 3nt«ntionen
ber ?lufnal)mefuc^enben fowie bie ©fercitien
Botauö. 2)a6 SJJoüijiat bauert jwei ^a^xe
unb bie Jageeorbnung f(^rcibt für jebe
Stunbe bie 93ef(i)äftigung firenge t>or:
Äir^enbefu^, fromme ßeftüre, Setracf)«
tung, ®ebet, ©ewiffeneprüfung unb (Sr=
l)olung. I>ae SJiooijiat wirb im SWoDijen«
^aufe jugebracf)t. ytaä)f)tx tritt ber 0iopije
ale ©d^olafiifer in ein ÄoHegium ber
©efeüfc^aft unb t)at ^ier jwei ^a\)xt bem
Stubium berüt^etorif unb ßitteratur, brei
3al)re bemjenigen ber ^^ilofopl)ie, ^tivfxf
unb SOiatl)cmatif objuliegen. (5rfi nad)*
bem er Ijierauf 5 bi^ 6 ^af)xt lang oon
ber ®ramraatit an burc^ alle Älaffen bie
^a^er biefee Sebrgange alö it^xex vox-
getragen unb praEtifd^ eingeübt ^at, tritt
er baö gtubium ber Jbeologie an, hai
wieberum 4 bie 6 ^ai)Xi umfaft; ber
dltefie ©tubiengang, ratio studiorum,
jiammt aue bem ^a^xi 1586. ®tft nad>
einem weiteren $robejal)re empfängt ber
Sd^olaftifer bie *18riejierwei^e unb legt
bae ®elübbe entweber ale Coadjutor
spiritualis ober ale $rofeffe ab. 5luBet
ben brei SOJönc^egelübben, welche ber
Sd^olajtifer abzulegen ^at, oerfprid)t ber
Coadjutor spiritualis rücffid)tlici) be* ®c*
liorfam.e noc^ fpejieüe eifrige Eingebung
an ben 3"g«nbunterric^t unb ber ^rofeffe
befc^wört augerbem in feierlicher Sßeife,
f\d) jeber ÜJtifjion bee ^apfiee unbcbingt
ju unterhielten (professi quatuor votorum).
Die societas professa, ber 31^^^ ^^^ ^^^
tleinjle Seil ber- ©efeüfc^aft, fmb bie be»
rec^tigten ©lieber ber ©eneralfongregation.
*ltn ber ©pi^e bee ©anjen jtel)t ein ®e«
ncral , praepositus generalis. Seine
Stelle Dertritt in ieber *proDinj ber *Pro«
innjial , praepositus provincialis. S)ad
Qtmt bee ©enerale ift ein lebenölänglid)e«.
*Ullc ©lieber fmb i^m jum ®e^orfom
oerpflidt)tet , er ernennt bie ^ropinjiale
unb bie übrigen Beamten meijl auf brei
3al)re, er entf^eibet über alle 5lufna^men
unb fann aue bem Drben entlaffen unb
toerftopen, er t)at ha^ 9led)t oon ben
3njiitutionen unb SRegeln ju bi««
penfieren; in feiner 2-lpanb liegt bie
3mmunität — Index librorum prohibitorum.
321
gartjc Semaltung, iRegierung unb ^nxiii
öiftion. 2)ie ©eneralfongrcgation tritt
jufammcn 1, ,^ut SBaftI bc^ ©eneral*,
2. wenn e^ ftd) um bic ^bfejung
bc^fclbcn I)anbclt, 3. lüenn bie ?t[jtfien«
ten, ^roinnjialcn unb Sofaloberen burc^
©timmenmcbrt)eit bie SRotmenbigEcit
ibrer iöctufung crfenncn , 4. wenn bie
alle brei ^ahxt unter bem 33orft^e bcä
©eneral^ ju ^iom tagenbc Qlbgcorbneten'
»erfammlung auä bcn ^rooinjen fid) tia'
für au0fpri(i)t. SWeift [ucfete man bcr
Berufung ber Oeneralfongrc^ation audju«
tt)ei(^en. 9Jadb €tei^ in ^erjogö JReal«
(Sncpfl. I)ie nortrefflic^fie ©arPeüung gab
IRanfc in ber Oefd^ic^te ber ^dpfle.
3n ber ®e[cf)i(i)te ber beutfd^cn Sitteratur
unb 93ilbung ift ber 3«fu'tenorben metjr^
fad^ mirffam geiuefen. ßr ^at ttiefcnttidf)
Qlntcil an ber feit bem Äonsil ju Jrient
eröffneten rücfftditölofen polemif^en Sitte«
rctur, an meld)er beibe Äonfefftonen teil«
nahmen, auf protejlantifd^er Seite nament;
lic^ Jiftfcart mit bem Jefuiten^üt»
lein unb mehreren anberen «Schriften.
5Der 3f[iiitf"orben t)at burcib feine ftreng
formale SRetbobe beä f;öt)eren Unterricf)tö
jur 5luöbilbung ber ©pmnaften über»
laupt beigetragen, in feinen ©rjie^ungö«
anftalten ftnb namentlid) auä) bie @($ul«
tomöbien, anfangs lateinif^, fpäter ju=
gleid^ beutfd^, gepflegt unb ber ©efdjmad
baran in meitercn Greifen ferbveitet mors
ben. %n ber neulateinifc^en *13oefrc I)aben
fic u. 51. burc^ 3ii' ob Salbe rü^mtic&en
^Intcil genommen unb nici)t minber rü^m^
lic^ ift ber 9iame 5riebrii$^üon©pee,
eineö nicf)t unbegabten Di(i)terä ber erften
fc^Iefrfc^en 2)i<i)tcrfd)ule, ber ftd) jugleid)
um bie 23cfämpfung ber .^»erenprojeffe
grofcö iBerbienft erworben f)at.
3fnttnunität bei^t baä pon bcn SOJero«
mingern unb namentlich oon ben Äaro«
Ungern ben Stiftern unb Älöfiern erteilte
tJlecht ber Befreiung »on öffentlicften Saften,
ber 6rf)ebung ber föniglidben Sinfünfte für
eigene 5Rec^nung unb ber Qtufna^me it)rer
•porigen in bcn befonberen f öniglicfecn Qä^nP,
mit ben ftcb baran fnüpfenben 2öir!ungen.
SBeitcre «^o^^ bcv 3tnf"iinitat mar eö,
ia^ bie Äönige jenen 'Jtnftalten burd) be«
fonbere ^rioilegien für if)re ©ert^ungen
au<^ bic Befreiung pom 3wtritt ber öffent-
lichen Beamten verlieben, oon mclcber ßtit
an ®eri(6te unb «Strafgea-'alt r>on "Beamten
beä Stifte« gebanb^abt unb juglcid) bie
entfprcd)enben i8u§en unb Strafgelber bc-
jogcn mürben, ^nx Apanbbabung be^J
föniglic^en Scf)u|>eS mied ber .König ge«
möt)nlid^ einen mächtigen Jp»errn an; fpäter
mürbe burcf) ^ripilegien bem Sifd^ofe ober
5lbte bie fflaf)l beö Sc^irmoogte« über«
laffen unb bicfcm fobann für fein llmt ge»
miffc jä^rlic^e (St)rengefcf)enfe übermiefen.
I)er Jsefcnfor ber 5lboofatur, ber fc^on
nac^ ben alten Äird^engefe^en jum S(i^u^c
unb jur Vertretung ber j^ird^e na^ aufen
bcjiimmt mar, mürbe je^t infolge ber
3mmunität ber eigentliche ©erid^tä« ober
2)ingoogt. 5i[bnli^ ben Gentcnaricn foUte
er unter ber SDiitmirfung beä ®rafen unb
be« SBolfeä auögemäblt merbcn unb jmar
ani ben in ber ©raff^aft Següterten,
nur nic^t ber (Scntenariuä bed ©rafen
ober ber ®raf felbfi. Sie l)atten ju i^rem
?lmtc bcn ®cnu§ beftimmter ^öfe unb
nac^ 5lrt ber ®rafen ein Sritteil ber
StrafgcfdUe. ©en Slutbann mu§te ber
33ogt, ba bie Äirc^c nac^ bcn fanonifdbcn
Sa^ungen feine 93lutgemalt ^aben burfte,
pom Äönige fclbfi empfangen, kluger ben
Stiftern unb Älöftern maren aui) bie
.Krongüter unb iReic^öliöfc, bic gro§cn
Sejt^ungen bcr meltli^cn 93Jagnaten unb
mit ber Qt\t Stäbte, Rieden unb 2)örfer
burd) 3ni"iw*t«t« « ^Jrioilegicn oon bcr
gemeinen ©ericbtebarfcit befreit unb ^anb»
babten i^r Oied^t burd^ befonbcrc ®eri^te.
S)ie 3inniunität gab ben mit i^r au«ge-
ftatteten Sejt^ungen bcn ß^arafter bc=
fonberer oon bem übrigen Äörper beet
Dleicfcö abgcfonbcrten ®ebietc ober $crr-
fd)aftcn. «ergl. Sogt.
Index librorum prohibitorum. tBer«
jeid^niä ber eerbotenen i8üd)er. Dae SBcr^
bot ber Äird&e, fe^erif^e ober ber Äe^erei
oerbäd^tige 33üdf)cr ^u lefen, jtammt fd^on
aui bem 5, 3'>^i^^unbcrt, unb bie Übcr=
tretung beöfelben murbc mit bem SBanne
betraft ; namentlid^ mar ti babci auf un=
ed)te, untcrgcfd^obenc Schriften abgcfcl)en,
bic man auä bem öffcntli^en firdblidben
©ebraud^c bringen moütc. I)ie Spnobe
JU (Sbira 813 bebro^te biejenigen mit bem
*Mnatt)cm , meldte libellos famoses in oie
Äird^c bringen. SDJit.bcr Serbreitung ber
3nquifttion ging bic Übcrmad)ung ber Der=
botenen Sü^er in bic ^änbc ber 3nc(uifi=
toren über. 3)ie ©rftnbung bcr Sudf)brudcr=
fünft unb bcr bcginnenbc iReformationägeill
leiftctc fe|crifd^cn 'Jlnfid^tcn unb Sudlern
großen 3}orfdf)ub, unb "Papfi 2tlcranber VI.
beftente beömcgen eine eigene Sc^örbe, iit
fomobi bie bereite gebrudten 2öerfe ale bie
Apanbfiftriftcn oor bem 2>rudc unterfud)en
unb fofort cntfdbciben foflte, ob ber 2)rud
322
Jnbiftion — Jnfunabeln.
unb (Berfauf tti a3iid)e« ju gcpatten fei;
qpapji ßco X. erlief u. 51. im 5al)rc 1525
bie IBerorbnung, bni ebne Qlpprobation
bc^ 33if4)of^ ober bcs Legaten ober ber
3n<1uifition fein i8u(f) gebrudt »erben
bürfe bei ©träfe ber (gxfommunifation;
tai 93ücf) fei ber foHtc fonftöjiert unb ner--
brannt werben. I)aö erfle iBerjeid)niöi,
index, »on »erbetenen 93üct)ern aber roar
baöjenigc, i>a^ bie Uniferfxtät t>on ööwcn
auf 3?efef)I Äarlö v. 1546 befannt maäim
lief; im ^al)xt 1550 gab ber päpi^licbe
iJegat in Sencbig, ^o\)ann SDctla 6afa
ein äbnlicfieä S3erjeicf)nig ^erauö, unb
l^apft *PauI IV. Iie§ enblic^ im 3<i^re 1 557
n^dbrenb ber ©ufpenfion be^ SribentinifAcn
.Eonjilö burc^ eine befonberc Kongregation
bcn offijieflen Index librornm prohibitornm
veröffentlid)en; er jerlegte bie Q3erfoffer
rerbotcner ©dbriftcn in brei Klaffen : 1.
fold)e, beren Schriften fd)lec^tl)in iierboten
mürben, 2. fold^e, üon benen nur einjelne
Sä)riften bem Sßerbote unterlagen, unb
3. bie SJerfaffer anonymer, namentlicb
aller feit 1519 erf^icnener ©diriftcn. ^en
£(J)luf bilbctc ein SSerjcic^nis x<on 62
2)rutfern fe^etifd)er Sücfeer 5ll3 ©trafen
auf ta^ öcfen ber ^ier ferbotenen 33üdbcr
M?urbc bie Excommnnicato latae senten-
tiae, (Sntfe^ung i^on allen iümtern, immer^
njdbrenbe Infamie fefigefe^it. Unter ben
rerbotcncn 53üd)crn ftnb bie meijlen fold^e,
b'.e ta^ 5lnfcben ber meltlithen Obrigteit
gegen bie (Singriffc ber Älerifei retten, bie
5ied)te ber Konsilien unb 93if(i)öfe gegen
bie 93ceintrd(^tigung bcö römif(f)en ©tuljlcö
bcbaupten unb bie ^euc^elei, Itjrannei unb
3icligion«betrügerci ber Pfaffen unbü)Jönd)c
an ba^ Si^t bringen. SBegen ber in biefem
^nbej »orberrfdjcnben großen ^axU mürbe
ba^ 33erjeict)nic jebod) nod^male in iBers
binbung mit ber tribentinif(^en Äirdben=
rerfammlung umgearbeitet unb enblid) im
3at)re 1564 üon (pius IV. cnbgültig ge«
billigt. ©0 ift bie ©runblagc aüer anbern
ri^mifdben S3er5ci(f)niffe biefer ?lrt gemorbcn.
^nbiftion, indictio, 3n^'flic römif(^en
©eboteö, Äaiferlid^e ^a^^l, SRömerjin^äaljl,
ift eine ber t)äufignen Sa^if^l'^s^iiitiungen
be« SDMttelalterä unb f4on frül) in bie
Dftertafeln unb in bie ^Datierung ber Ur=
funbcn aufgenommen worbcn. Sie ift bie=
jenige S<^i\, meiere angiebt, bie micüielte
8tefle ein ^a^x in einem (Sptluö eon
15 5al)ren einnimmt. 5Dic 15iäl)rigen
6t}flen laufen burd) unfere gefamte S^iU
icd)nung. Über bie (Sntjiet)ung biefer 3"=
biftion^redinung fmb bie ^Infi^ten geteilt:
bie einen fnüpfen fie an eine, jeboti^ blo§
»orau^gefe^te ©runbficuerpcriobe be»
römifc^en 9fleid)e^; anberc madben ben
ögt)ptifcben Urfprung ber 3"^'ftionen
mal)rfd)einlid). Tlan untcrfc^eibet il)rem
jät)rli^en ^Infangc nod) brei 5lrtcn ber
Snbiftion^red^nung:
1. Indictio graeca ober constinopoli-
tana, beginnt mit bem 1. September; ftc
mar im 9!}?orgenlanbe au^fcftlief lid) , im
5lbenblanbe forne^mlid) in ber päpjilid^en
Äanjlei in ®ebrau(^.
2. Indictio Bedana, mit bem 24, ©cp*
tember beginnenb. perbnnft ibre Sntjictjung
bem ^lnfcl)en bec Beda Venerabilis; fie
mar in ^i^anfrei(f) unter bcn Karolingern
nad) ßubmig bem 5rc"ii"fn üorjugämeifc
gebräucblid) , in ber faiferlicben Kanälei
©eutfd)lanb^ feit ber DHtte be« 9. Jabrb.
unb in ber päpfilidl)en Kanzlei feit 1088.
3. Indictio romana ober pontificalis,
beginnt am 25. I)ejember ober 1. ^a'
nuar; anfangt neben ben bciben anberen
3nbittionen gcbräucblid), ifi fte im fpäteren
iDJittelalter bie gebräucf)lid)jte 5lrt.
2)aö crjie ^ci\}X eine« 5"^iftionöcyflu9
fällt auf Mi 5al)r 3 tor ßl)rijiu0.
©rotcfcnb, ^anbbud) ber (S^ronclogic.
§. 8.
^nfunakln, Süöiegenbrucfe, nom lat.
incnnabula = ÜBiege, nennt man tit ©r«
jeugniffe ber Sud)brucfeTfunfi in ber crjtcn
3eit i^rer (Srfinbung; bie ®renje ber 5"-
funabeln fe|t man mcift inä ^a\)x 1500;
boc^ ftnb aud) anbere ©renken, mie 1520
unb 1 536 in ^Inmcnbung getommen. S)ie
3al)l ber Drude bce 15. ^a^xl). mirb auf
ctma 1500 bcrcd)net; ibie Seltenbeit mirb,
abgefel)en Dom 5Utcr, burd) bie flcineren
'Mutagen ber erften !8ud)bruder bebingt.
'Jlnfangei brudte man meiji auf !Perga*
ment, fpäter faP auefd)lie^cnb auf ^Papier.
Seim (Pergament untetfd)eibet man Kälber»
Pergament, in S)'eutfd)lanb, granfreic^ unb
ben 9?icberLinbcn gemöt)nlid^, namentli(^
für goliobänbc gebraucht: Pergament
Don totgeborenen Sämmern, »on Sämmern,
meld)e gelebt ^abcn, unb ©d^afpergament.
2)a^ ^ormat mar anfange 5'*^'"; ""^ ^'^^
3al)r 1470 gab es aber f^on 33änbc in
DftaD unb ^uobe^. Die Settern fxnb in
ben ältcjlen Druden bie gotifd)en; fpäter
mcrben biefe, äuerfi in 3talien, burd) bie
runbe antifc ©d)rift erfe^t. ®ried)ifd^e
?cttern finbcn fid) ;uer(l in einjelnen
2ßörtern unb jmar in ^olj gefc^nitten;
bae cvfie mit -.^cgoffenen Settern gebrudte
gricd)ifd>e 23uct) ift Lascaris Grammatica
Snnung — Snquiiuion.
323
graeca, Mediol. 1476. 4. I)ie gro^e
@d)rift, bic man bei 2)?e§Micf)ern unb
•Pfaltcrn flnnjanbtc, I)eitt ÜKiffaltppen.
Iiie 3ii^t^ölfn »uxben gch)öt)nlid) ni(^t
cingcbrucft, fonbctn in anbeten ^''i^^'ii'
meifl rot, eingefd^rieben; ta biefe Qlrbeit
ber IRubrifatorcn oft längere 3^'^ ""'ä)
bem 5Dru(Je gefcfiab, finbet man t)äufig
Jnfunabeln o{)ne Snitiil«"- Oft ftnb
bie lefiteren in ®oIb unb fojibar »erjiert.
<Mu^ ^m Äonteyte ftnben ftd) »icle mit
roter unb blauer ^axbi eingetragene ^n^
fangöbuc^ftaben , bie gebrudten ftnb ju<
meilen mit roter unb blauer %axbi blo^
burcf)ftri(i)en. Signatur l)eift ba33fi^)f"'
tt)eld)e2i bie 33ud)bru(fer unten auf bie
SBorberfeitc beö 93Iatteß fe|en, um bei bem
(Sinbinben SSertuirrung ju »ermeiben; in
bcn alten SDrurfen brauchte man baju ge»
wöl)nlid) bie 93ud)jlaben beö ^Ip^abetcö,
unter Umfiänben fo lange Per»ielfac^t, alä
e« nötig ift. Äufioben nennt man baä
unter ber legten ßinie jcber «Seite jtel)enbe
2Bort, »elct)e« auf bie näd)jifoIgenbe ©cite
i^inmeift unb auf biefer iai crfte SBort
ifi. kaufen bie ßtiUn ununterbroc^jen
burct) Ht 33reite ber €ettc burcf), fo t)ei^t
t^e ein ^rucf mit auelaufenbcn 3^'^^"'.
finb bie Seiten in ber SDJitte geteilt, fo
l)at man Äolumnenbrucf , in $]folio=
bänben ber riorberrf(f)enbe. 3" ben
frübejien I)rucfen finbet man feine fort^
iaufenbe 3''^'""3 ^^i Slätter, unb al^
biefe eingeführt ttiurbe, jäljUe man ftcte(
bloB bie «lätter. Die »lattja^len ftnb
anfangs mit römifchen 3ablen auägcbrucft,
erft fpäter mit arabifc^en 3'fffif"- S^iteU
blätter befi^en bie ättefien ^ifuntJ^fl"
nid)t, fonbern am (£nbe eine 6d)lu^fcbtift,
date, Colophon, in toelc^er geuiöbnlicf)
ber iWame beö ©rudere, foroic Ort unb
3nl)r bed Trucferä angegeben ftnb; oft
fet)lt aber eine biefev 33ejei($nung ober
alle. Jitelbliitter mit genauer Eingabe be^
ginnen J485. 3)a8 erjie 93ud), tnotin fid)
JRupferfii^e finben, ifi in gloren; 1477
erfd)ienen : *il ntoniuä ba Sie na, Monte
Santo di Dio; ^oljfcf)nittc fommen früher
t>or. Äülb in Srfd) unb ©ruber.
Innung, ftef)e 3unft.
Snqufinom S(i)on bei ben {Römern be-
jeidinetc inqaisitio biejenige Unterfudbung
unb richterliche 3Birffamfeit, welche mittcU
3eugcn unb anberer ^ülfämittel über ben
l'ebenöwanbel ber Setlagten ücr^ängt
tt>urben, unb tt)er biefeö (äefcfeäft leitete,
l)ie§ inqnisitor. ^m SDJittelalter nannte
man inquisitores u. a. gcmiffe Scnbbot«
fcbaften, meiere bic Äönige in it)re *Pro;
»injen f(f)i(ften, um tai 33ctfal)ren unb
SSetragen ber Scamten obet a\xä) gcwiffe
iBotfäüe äu untetfu^cn unb nötigenfafläi
ju befirafcn; in J^anfreicfc «ä^lte man
bierju nid)t bIo^tt)eltli(f)e$erfonen, fonbern
auc^ ©eiftlic^c. SWit^in voax ber <Muäbrucf
längft befannt unb üblicf), alö bie Äir^e
ibn auf biejcnigen Senbbotf(i)aften ber
$äpfie übertrug, bie jum SRict)ten unb
Seftrafen ber ©laubenöoerbrec^er beDoli«
mädbtigt mürben.
©ac^lid) ijl bie pnquifttion eine unter
Spflitmitfung ber 3citö«t)ältniffe f)erbcigcs
fül)rte (Sntmicflung unb ^luäartung ber
alten Äirc^enjuc^t, ber ;(ufolge bie Sanb;
bif(J)öfe fc^on ftül) bie (Pflicbt batten,
3rrletjren ju fteuern unb bie 33ifttationcn
ber Äir^cn i^rer Sprengel au^ jur Qlu0=
fpäl)ung etma auftauc^enber Äe^ereien ju
benu^en. Die l)ö(J)jle firdjli^e ©träfe
gegen entbecfte Äe^er mar bie (SyEommuni*
fation, mit ber aU bürgerli(^e ©träfe bie
lyerbannung unb ber Sob »etbunben fein
fonnten. S)od) etflärten fid) angefet)ene
Äirdienle^rer, mie ©t)ii)fcfiomu^ unb 5lu=
guftin, gegen bie lobeäftrafc ber Äe^er,
rcäbrenb fie ^ieronpmu^ unb Seo ber ©ro^e
befütmotteten, bod) fo, ta^ bie Äir^c bie
Jobcöurteile »on ber meltlic^en ÜJtae^t voü-
jiet)en lic§. 3)a bie 33if^öfc für bie 5tuf=
rccbtl)altung ber ®Iauben^rein^eit m<i)t ju
genügen fd^ienen, mürben im 6. 5'J^'t^-
©cn^gerid)te angeorbnet bie fic^ feit
bem 9. 3abrt)unbert mebr unb mct)r au«'
bilbeten unb fic^ in bifd)öflid)e, ^r(^ibia=
fonatä= unb erjpriefierlic^e ©enbe teilten.
?J1« bie Äird)e burd) bie Äat{)arcr (?llbi=
genfer) unb SBalbenfer beunrubigt mürbe,
mar e^ ba« ^nfiifut ber fiegaten, burd)
meld)e bertömifd)c Stuf)I gegen bie Äe^et
einfd)titt. (äift '^apfi Jnnocenj in. ttaf
bie 5(notbnung, bic biäljctige SBirffamfeit
für bie *31u0fpürung unb 33cfirafung ber
Äe^cr ju einer bleibenben (Sinrid)tung ju
gehalten; er liep bur^ baö oiertc öateran=
fonjil tai iBerfabren gegen bie Äe^er jum
^auptgefi^äft ber bifc^öflid)en ©enbe_
mad)en, in bem Sinne, i>a^ ber ©rjbifc^of
ober Sifdiof biejenige 'TJaro(f)ie, in ber
fid) bem ®etüd)t nad) Äc^er befinbcn
foüten, felbft ober bur^ @teüticrtre=
ter befuc^cn unb burd) geeignete *Per=
fönen ciblid) ftci) beö iJiamenß ber
.Re^er t>erficf)ern laffen foüte. Die Qtuf*
ftd)t über bie 33ifct)öfe füt)rten aber bei
bicfem ©efcftäfte bie ßegaten. ®enauere
Sejiimmungen über bic ^rt ber Äe^erauf-
324
3nquifition.
fpürung lieg berfclbe «Papfi 1229 buvd)
iai Äonjü Pon Souloufe ergeben unb ba*
burd^ bic SniTuifttion äunäd)|l in Souloufe
unb im übrigen füblicfecn ^ranttcicf) fon*
ftituircn. %li aber bie 33if(f)öfe immer
voi) nid^t genügten, ernannte (Srcgor IX.
1,232 in ©eutfc^Ianb, iMragonien unb
DßcTreid), 123;< in ber ßombarbei unb in
granfreid) bic S)omintfancr ju befiäm
bigen päppiid)cn 3niuifttorcn , bie nun
eine reiche fe^ercerfolgcnbc S^dtigfeit cnts
falteten, »clcf)e burc^ immer neue ßrfin-
bungen ber fird)Iicf)en Äe^erproje^orbnung
unterflü^t mürbe. ®o burftc feinem Qln?
geflagten ein Selajlungäjeuge namftaft
gemacfet merben; SWitf(i)ulbige unb 33eri
brec^er mürben alö S^^S«" s"9etaffen; bie
n)eltlict)en Dbrigfciten "mürben angemiefen,
bei Serbafteten ni(f)t bIo§ jum ®e«
jiänbniffe, fonbern aud) ^ur ^tnflage anbercr
ibnen befannter Äe^er bie Jortur anju«
hienben; fpdter nahmen, um bie 2luö[agen
beä ©efolterten geheim ju halten, bie
geiftlicfeen Sit^uiptoren bie *ilnmenbung
ber Tortur felbfi in bic ^anb. 3)em be-
griffe ber Ackeret mürbe eine mafloe meite
Scbfutung beigelegt, [o ba§ auger fef*
ticreri[d)er 3[>?einung 3in^rt)ucf)er, aßaf)rs
fagcrei, Sefcfcimpfung ti^ .Rrcujeä, ißer=
acbtung be^ Älcrue, S^crbinbung mit iMnö«
fähigen, 3"^«"/ iiamonen, bem Icufcl,
ben ^cfcn jum ^rojefTc führen fonnten.
2)ic ©trafen lauteten auf 2>erluft ber ßbrc,
ber bürgerlichen unb fird^lid&en Med^te,
I)nrte ®cfangenfd)aft im Äerfer ober auf
ber ©alecre, Job burd) ^inrt(i)tung, burdj
einmauern, burdb geucr. 93alb galt ber
Sag einer .$?c^erhinrid)tung at« Feiertag.
5lppetlationgab eöni(i)t. ^apP5"n»cenä IV.
mie« 1252 ein Drittel bcö eingebogenen
23ermt)gend ber Sniuifiti"" S" unb befahl
ein jmeiteö jDriitel für fünftige 3ni"i'
ptionö^medc ju beponiercn. ©piitcr crtiiclt
bic 3nquifition iai ganjc ißeimögen ber
9lngeflagten. -heftige 3?olföbcmegungen
unb blutige 5iuff!dnbe gegen bie tier*
f)a§tcn Tribunale frud)tcten auf bie S)auer
nid^te. 2)agegen Idbmtcn cnblich ia^
pdppiid)e ®d)i6ma unb bic .Äon.^ilicn beö
15. Si^ihiinbcrtö mit ber Äraft ber
■^icrard)ie audi biejonige ber 3nq"ifition,
fo bag bie franjöftfd)e Sn^iuifition meijt
nur nod) mit Qlntlagc ber 3aubcrei unb
Icufcl^ocrbinbung gegen heimliche ober
t>erbdd)ti9c .Ke|,cr cin|'d)ritt. 3n ber Witte
bcö 16. Sahi^hunbcrtö erlofd; fic in %xant'
reic^ gdnjlid).
3n I)cutfdhlanb t>erbreitete fldi bic
3nqutjition balb nad) bem Äonjil »on
louloufc burch bic Iiominifancr Äontab
Drofo ober lorfo unb namentlid)Äonr ab
t)ona«arburg, 1231-1233; bo$ fielen
nic^t blog biefe beibcn Äe^crtid^tcr al«
Opfer ber 23olfsmut, fonbern ber UnmiDc
unb SBibcrfianb beä Solfcö unb ber ©rogen
War überhaupt l)[tx fo allgemein gegen
bic 3nqwifitton geri(f)tet, hci^ DeutfdhIanD
über f)unbert 3ibrc lang nur oercinjelte
Äe^erprojsejfe erlebte, ^m 14. 5a^rl)unbcrt
gab iai auftreten ber Segharben nod^male
Seranlaffung , ber Snquif^tion roicbcr ein
grögcrcä ^dt ju eröffnen; bod) blieb wie
in iJianfrcii^ bic Äe|crtietfolgung meift
auf fog. ^eyen befchrdnft; ftche bcn 'Hrt.
liefen.
3n ben 9torbjlaatcn Suropaö, in (ing*
lanb, 3)dnemarf unb ©fanbinaoicn, jeigt
jtdh bie 3nguifttion nur al^ eine Dorüber=
gehcnbe Srf^cinung. 2)efto mirffamcr trat
fie in «Spanien auf, mo^tn fie im
13. 3abrhunbeTt au^ ^ranfrcidh bcn SBcg
fanb. ^ier mar fic befonberö gegen bic
SWauern unb 3uben eingeführt unb babuvd^
gcfrdftigt morben , ta^ ©iytuä IV. 147s
bem Äönigöpaare bag iRcd)t gab, 3n<iui*
fitoren ein« unb abjufc^cn unb bic ®ütcr
ber Verurteilten einjuäichcn, moburi^ bic
Snquijttion ein töni^liijti ®crid)t mutbc.
Sic entmidcltc aläbalb eine furd^tbarc
ShdtigEeit, namentlich feit ber ^rior ber
2)ominifancr ju SegoDia, SEhoma^ be
Sorquemaba, jum ©eneralinquifuor öon
Spanien ernannt morben mar. ÜDic 51n*
gcbcrci gemährte bürgerliche Vorteile unb
Qlblaf unb fdctc 9lngfi unb Sd^recfen
unter bic ^amilie. 5luf Sorquemabaö SRat
mußten 1492 alle 3"^^"^ i>ic nicht ©hnjitn
merben motttcn, auämanbern; 1501 traf
bie üfJauern ba?fclbe Sdhidfal. SEorquc*
maba ^atk »on 1483 bii 1498, mo er
fein 9lmt nicberlegtc, 8800 93?cnfd)cn
lebcnbig , 6500 in effigie »erbrennen,
ÖOOOO mit Dcrfchicbenen Strafen belegen
laffcn. Sein 9'?ad)folger ÜDoja fanbtc 1664
2)Jcnfd)cn auf bcn Scheiterhaufen, unb
ber brittc ©encralinquifttor, ^xani^ 3''
mene« be Siöncroä, 1507—1517, ihrer
2536; 1368 mürben unter ihm in effigie
pcrbrannt, 47263 in anbercr 2Beife gej^raft
3cbc^ Snquifttionötribunal jdhltc brci
Snquifitorcn, aufcrbcm ^ffefforen, Sefre«
tdrc, (Einnehmer, f^amiliarcn, Äcrfcrmcificr
unb anbere sBcamtc. gür jcbeö iWitglicb
mar Serfdhmiegenheit jlrcngjic *Pfli^t.
S)aä ^auä ber Snquifition l)it^ Casa
Santa. I)er ^rojcg begann mit einer brci«
Snterbift — 3rmin.
325
maligen ©biftaflabung bc« ^IngeHagten ;
crfd)icn er, fo würbe er nad) einer [org^
fältigen Untcrfud)ung in ein bunficö ®e=
föngni^ gefperrt, ixiH ^aar pom |)aupte
()efd)orcn, feine Sücfcer unb ©c^riften
forgfältig üetjeic^net, fein Vermögen gc=
wö^nlid) fofort fonfi^jicrt; er fclbfi galt
ald ein ®eäcf)teter. @d)ueüc^ (Singefiänbni«
«rettete jioar nom 2;obe, jog aber mcift
ben Sertuft bürgerlid)cr iRcdjtc unb bee
Scrmögcne wie bie iibernat)me ftrcnger
Sitzungen nac^ ftd^. ßeugncn ^attc meifi
eine ftrengcvc |)Qft jur S^olge. ©cfianb
ber ^ingcflagtc ni(it, fo wutbc er gefoltert,
mit ben ®raben ber ©trief*, aCßaffer* unb
g^euertortur. |)alfen biefe Wittd nic^t, fo
erfolgte bie iBcrurtcilung unb langfame^
^infted)en im 5?erEer. Da^ lobeäurteil
befianb im 23erbrennen. 3n ber 9fiefor=
mation manbte [xd) bie fpanifdjc ^n^^wi^
fition mit erneutem ©ifer gegen bie *Mn=
banger be^ $rotefianti^muä.
3n 3tali«n ttjurbe bie Sniiuifition 1233
gegen bie SBalbenfer eingefül;rt ; boc^ war
it)re ÜJJac^t l)ier ni^t fo gro^, biä fie in
ber ÜJlitte be« 16. 3aÖi^f)»"t'frtö ebenfalls
gegen ben 'JJrotefianti^muö neu eingeführt
würbe. Dteubeder in -^erjoge 3f{eal=
enc^)fl.
Sntetbift, ftet)e Sann.
^ntetlincaröcrfion, ftet)e ©loffcn.
3nöeftihtr l)ci§t bie fpmbolifc^e ^anb=
lung, burd^ we^e ber 33orfie^er einer
Äird)e, ein Sifc^of, bie ©eelforge über
eine d^rtfilid^c ©cmeinbc erhielt unb ba-
bur<i jugleic^ oon aEen übrigen ©liebem
berfelben untcrfd^ieben Würbe. ®($on in
ber cilteftcn fräntifd)en Äird^e erfolgte bie
Sefiätigun^^ beä Sifc^ofö für iia^ it)m
übertragene *ilmt unb bie Sßerlei^ung mit
ben ju bcmfelben gehörigen ^frünbcn
burc^ ben Äönig, unb jwar in feierlicf)er
SBeife burc^ Überreichung eincö iRinge^
über eine« <Stabeä, bee Stingeö aU Spm*
bol ber engen SSerbinbung bcö Sifc^of^
mit ber ©emeinbc, bcö ©tabeö als ©pm*
bol feiner SBürbe unb Sorgfalt in ber
fieitung ber ©cmeinbe. 2öäl)renb frül;er
balb ber iRing, balb ber Stab allein über«
rcid)t worben war, würbe ed nad) Äon=
rab n. gebräud)lic^ , bie Snt'fPitur mit
"bciben Symbolen ju vottjieben. 3n 23er=
binbung mit ber Snoejiitur jlanb ber
Seben^eib. Sfiadjbcm ®regor vn. bie
Snnefiitur burd^ ben Äaifer verboten
^atte, würbe ber lange fog. SnPcfiiturjireit
burd) baö Äonforbat »on SBorms im
3at)re 1122 baburc^ au«geglid)en , 'öa^
fünftig bei 53ifd)of inncrl)alb 6 üJionate
nad) feiner SBa^l bie iRcid^älc^en oom
^aifer burc^ tai ®cepter ert)alten folltc,
wä{)renb bie 3nt)eftitur mit SRing unb
Stab bem *)8apfie überlaffen blieb.
^oöannc^mimic ober ^foftanncöfcfleu
I)ei§t ein »om ^riefier im fat^olifd^cn
Seutfc^lanb geweifter 2öein, ben jener
am Jage ®t. 3ol)anniö (joangeliflae,
27. ©ejember, am Elitäre ber ®emeinbe
mit ben ©orten rei^t: bibe amorem
Sancti Johannis in nomine patris etc. ;
oft wirb ber üom ^auönater in bie Äird)e
gebrad)te, fletei rote ffiein blü§ »om
iiuiefter geweift unb erft ju ^aufe fcicr=
lid) getrunfen, oon ber ganjen göi^i^'*
ber SRei^e nad^ auö bemfelben 93ec^er,
felbfi »on bem .Kinbe in ber SJBicge, jum
Seil aber aufbewahrt ober in bie SBein=
fiiffer gegoffen. ^IRiBüerfiänblic^ wirb Dom
*Bolfe bie 3o^anncöminnc biöweilen al^
eine ?lrt *Hbenbmaf)l betrachtet. 2)iefer
4Bcin bewat)rt ben übrigen 3Bein oov
*Berberbniö unb l)alt oon it)m böfcn
3auber ab; al^ Heilmittel wirb ber 5Refi
t>on Srfranften getrunfen, cor einer iReife
al« ©c^u^ unb «Starfung; ba« Sraut«
paar tiintt i^n bei ber Irauung, wo er
i^m oom *}3riefier nad) oorangegangener
Segnung gereicht wirb, iübnlic^, ober
obne bie fiVd)Iid)e i^tin, ip ein jum Ziil
ani) im eoangelifd)en Sübbeutfc^lanb am
3ol)anni0tage , 24. 3iini / getrunfcner
So^anniöfegcn. SDtan beutet benfei«
ben auf ben üon bem 5lpo(iel getrunfenen
©iftbed^er, mand)mal auf bie Ho<^äcit ju
Äana; er ift aber unjweifelliaft eine »on
bcutfc^en ^cibnifd^en Sranfopfern abfiam^
menbe uralte Sitte, bie nur c^rifllii^ um=
geflaltet würbe. 3o^cinneä, ber jugcnb«
lid) norgefietlte 3lpoflel be« ^ticbenö unb
ber Siebe, f^eint an bie Stelle ^i^epr«,
bcö freunblic^en ®otteö beä grieben^ unb
ber 5i^ud)tbarfeit getreten ju fein, beffen
^ejie fowol)l in bie 2ßinter- aU in bie
«icommerfonnenwenbe fielen. 23ei ^oc^s
jeiten opferte man bem ^i^epr, trinft man
ben 3o^anniöfegen. SButtfe, 25olfö*
aberglaube, § 194.
3[b^anmterorbcu , rxel;e SRitterorben.
^cnitn war ein germanif^er, friegcrifcfe
bargcfieüter ®ott, boc^ ton 2ßud^ä unb
auf jcbcn ^all ein lii^teö ^immeläwcfen,
ber fid) wabrfc^cinlicfe mit Sburnarr unb
3iu berüt)rte. ©arficüungen oon \\)m waren
bie bem®ottcA^irmin geweiften ©äulengU
©(Reibungen in £f)üringcn, ju Sreöburg
in Sad)fen unb bie Irminsül, Hirminsül
326
Subclja^i: — 3"^^"-
ober Ermensül im 2öalbcjcbirc<c Döning bei
S)ctmolb. ©in Ijeiligcr .5>f''n unb ein
beilic^e? @el;egc umgab biefcö „bevübnite
^vbol", iinb reid)c ®olb> unb ©ilberfcf)ä^c
»vürcn babci niebergelegt. @ö mar ein
bobev üBaumfiumpf, unter freiem |)immel
CTri(i^tel. Äarl ber ®ro§e begab fxd) naä)
ber Eroberung pon (Sre^burg ju biefcm
jpeiligtum unb ;erPörtc e§. 1>er 3iamc
3rm , 3i^i"itt >^^ii^f' 'i>üxd) got. airman,
abb. irmin, agf eormen, irmen erflärt,
»el^e« aU »erpärfcnber 2?orfo^ in ber
Sebeutung allgemein fermanbt rtiirb;
Irmingod ifi ber allgemeine ®ott, ber
©Ott beö ganjen 5?oIfeei. DJlann^arbt,
@ötter.
3nl)£lja^r. ÜDiefes, bem Jubeljabr ber
i>ebräer nadigeabnite S^i^itut ber tatifc-
lifdben ^irdje nimmt feinen Einfang im
3a^rc 1300. ©0 mirb erja^lt, am 5lbenb
be^ eben beDorjtetjenben Sohi^«^ ^^00
i)aii [xä) in iHom ia^ ®crüd)t oerbreitet,
ia^ benen, bie in bie Äird^e be^ fieiligen
ipetruö fommen mürben, ein Poüer 'Jlblaf
juteil merben foütc. 6ine 9)?cngc Tlm=
fc{)en perfammelte unb tiermel;rte ftcf) in
ber ^ird)c burc^ ^erbeifirömenbe Pilger;
oudb fin ®reiö üon 107 S^bren fanb fid)
ein unb rerftdjertc bem ^opfic, ia'^ er
fid) erinnere, mie man fc^on vox 100
3af)rcn einen l)unbertiä^rigcn 5lbla^ l)abc
gewinnen fönnen. infolge biefer Slu^fage
erUe_§ ber *i<apft Söonifas vm. bie 93uüe
Antiquorum habet, berief fiel) auf jene
Eingabe aU auf eine glaub{)aftc 9'?ad)rid)t
unb erflärte, ha^ jur (Sl)re ber 5lpoftel
*Petru^ unb $aulu6 nid)t nur bei bem
bcuorficbcnben 3a^re 1300, fonbern aud)
in jebem folgenben bunbertjlen ^Q\)Xi ein
rei(f)cr unb »oflfommener Qlbla^, ja ber
iioflfommenjic 51blaB aller ©ünben benen
jutcil Werben foHe , rDeId)e unter molarer
3ieue unb bußfertigem Sefenntniffe it)rer
Sünben bie ^ir(J)en ber 51pojtel bcfud^en
mürben; bod) müßten bie, meiere SRömcr
feien , bcn Scfu(^ wenigften^ auf 30,
^vcmbc auf 15 Sage auebeljnen. (Sire
ungc{)cure SWenfdjenmcnge fanb fid) bei
ber ^cier ein, unb ber große ®eminn »er«
anlaßte bie $ävjic, bie 3^'^ ber i^em
eine« Subelja^ire«! ju Perfürjen. 6Ie=
men« VI. fefite ba^er im ^al)X 1349 burd)
bie Suüe Unigenitn.s Dei filius bie 3^'*
auf i>a^ 50. 3a^r ^erab; Urban VI. »er=
legte bie gcier im 3a^r 1389 auf jcbeö
33. 3a()r, mit Sc^icliung auf ben 9lufent=
balt 3efu auf ber (Srbe; jc|t würben
aud) JRodiiubeljabre ueranfialtet, unb 93oni=
faj IX. fanbte ?lblaßperfäufer um^cr, bie-
für bie ©umme, weld)e bie !Rcife jur
^eier beö 3nfeclj<i^'^f^ "''* ^""^ gefojlet
bätte, ooüfommenen 'Mblaß erteilen fonn«
ten. ^aul n. rebujierte cnbli($ bie %t\n
auf jebeö 25. ^ai)X, weld)e 23eftimmung
big je^t in ber fat^olifc^en Rixä)t i)txx'
fd)enb geblieben ifi. SReubecfer in
^erjogö $Real=(5nct)fI., unb I)onj in 6tf^
unb ®rubcr.
3iUben. 2)er JRed)t0jujtanb ber 3"^«"
im römifc^en Sfieid), nad)bem biefc^ ba^
ß^rijlentum aU ©taatöreligion ertlärt
batte, war fo befdiaffen, ia^ fie jwar in
ber *)luöübung i^rer SReligion gefd^ü^t,
jcbod) befd)ränft in ber *}lugbreitung ber-
felben, baju auögefdjloffen t>on allen
^imtern, »erbinbcvt cbriflli*e Qtrbeiter unb
©flanen ju befi^en, unb be« ßonnubiums
mit bcn (S^riften beraubt waren. ®o
blieb eö iiorlaufig aucb in ben germanifcben
Staaten; benn wenn auc^ fd)on unter
bcn ÜJJerüWingern einjelncr 3"i>e">'erfol5
gungen (Srwäbnung gefd)ie^t, fo fd)einen
im ganjen bie ^ürPen fowoljl alä tai^
Solf bie 3uben unbehelligt gelaffen ju
l)aben Unter ben .Karolingern namentlich
gen offen fic einer großen 5reil)eit in ber
Qlrt ihre? Srwerbeö, unb biejenigen 3"ben,
wcld)e für bie Sebürfniffc bec föniglid)en
.^ofbalteö forgten, waren in ben befonberen
(£d)u^ beö 5tönigg aufgenommen unb mit
befonberen *I?rit)ilegien auögefiattct. @ie
waren »on aßen 5lbgabcn, 3öncn unb
Staatcilaften befreit, befaßen ®tunbjiüde
unb burften a\x<i) (Sl^rijten in i^ren 2)ienft
unb ßo^n nel)men; ber ©flaeenbanbel ifl
il)nen gemattet unb ber Äönig bet)ält ftdE)
in allen wid^tigen 5lngelegenbeiten bie
®erid)töbarfeit über feine Sdjufejubcn »or.
3u biefer 3fit befanb fid) ber ^anbcl
bauptfäd)li(i in iübifd)en .Rauben; 3"^^"
betrieben auögebel)nten ^anbel jur See
unb pcrmittelten ben 2ßarcnt)erfebr mit
bem Orient; Äarl ber ®roße unb Subwig
ber gromme erließen einige ®efe^e für bie
3ubcn; aud) eine eibeöformel Würbe für
fte aufgearbeitet. 3w ^ahxi 817 würbe
beftimmt, baß fte ben je^nten Seil i^re^
^anbel^gewinneö an ben Äönig abgeben
foUten, mäl;renb c^rifilic^en Äaufleuten bie
<Mbgabe bcö elften Icileö aufgcbürbet war.
*D?it ber 5lufna^me ber ©täbte finbct
man 3"^^" in größerer ?lnja^l nur in
ber füblicl)en >§)alfte con S)eutfd)lanb unb
im 2öefien; in bcn ©tobten an ber Dji«
unb iJJorbfee unb in ben nörblict)en ÜJJarfen
fommen fte erft gegen i>a^ @nbe bcö
3ubcn.
327
13, 3a^r^unbert« ober no^ fpätcr t>or;
am jafiltcic^ficn waten fte am iSbcin, nn
ber ©onau, Dom ®I[a§ Inö nad) 93öt)men,
Waf)xtn, Dficrreid) unb ©d^Iefien; rt)enigcr
jalilreid^ im mittleren SJeutfdöIanb; man
nimmt ba^er an, ta^ fie großenteils »on
Jtalien unb ^ranfrcic^ in 2)eutfc^Ianb
eingcttianbcrt feien. 5JuäbrücfIic^ erwäl^nt
«erben ^uhtn in ÜJJc^, .Köln, üJJainj,
2Borm^, €peier, Siegenöburg, Sßamberg,
lÖJerfeburg, ÜJlagbeburg unb ^tag.
3a{)r^unbertc lang [deinen bic 3"^<!"
frieblic^ unb oljne foni&erIicf)e 5lnfed)tung
unter ben I)eutf(^en gelebt ju fiaben. QÜä
aber burdf) bie .Rrcujprebigt am 5lu«gang
beS 11. 3<if)if'""'^f'^t^ 'in* ^*f nieberen
SBoIfeflafi'en in 33ertiegung gefefjt würben
unb ungecrbnere ®c{)aren burc^ bic
(Segenben beö SRtjein^^ , be« OJJain^ unb
ber I)onau jogen, oer^ängten biefe in
religiöfcm (^anatiömuö, n.iol)I auci) burd)
bie 9leid)tümcr ber 3"^^" S^reijt, eine
blutige SSerfolgung über fte: roer tai
l'ebcn wahren »oüte, mußte fid) taufen
laffen; boc^ fel)rten fie balb micbcr jum
alten ©lauben jurücf, obne t>a^ ber ^atfcr
unb bie beutfc^e ©eiftlid^feit ein .§)inberniö
in ben 2Beg legten; nur ber *Püpfi fprad)
fid) entfc^iebcn bagcgen quo.
Seit bem 13. 3af)i^f'unbert beft^t man
3eugniffe bafür, ia^ bie 3ubcn bfä
ÄaiferS ^ammerfnec^te genannt
»urben; man bezeichnete bamit bie be=
fonbere «Sdiu^gemalt beS .Rönigö, unter
ber fie fianben unb wofür fte bem Äönig
ein @d)u^9elb jül}lten, beffcn (Erhebung
aber auä) auf anbcre, namentlid) bie
Sif(^öfe alö i^erren ber ©täbte, in rt»el(^en
fte woljnten, übertragen ifi. ©ie «Sage
füf)rte biefen Sd^u^ auf bie ä^^^Pörung
3crufalem« ^urüd, wo 3ofep()uö bie übet*
gebliebenen jübifdien ©cfanaenen ibrer
brcißig um einen fi^k^ten «Pfennig üet=
faufte; Äaifet Situs biefelben aber ju
eigen in be« SRcic^ee Äammer gefütjrt
Ijaben foüte. SBai^ füf)rt biefeS befcnbere
©(^u^tjerbältniö auf bie farolinigifc^e
Seit jurücf, wä^renb ©tobbe baöfelbe
ctfi in ber Seit ^riebricE) n. entpel)en läßt.
2)ie Äammerfned)tfc^aft ber 3uben war
jebod) Don geringem ©rfolg; feit ben
Äreujjügcn wucf)S t>k Unfti^erf)eit i^rer
Stellung, unb bie Äaifer felbft beuteten
il)r iRec^t ^abfüdjtig auä; man entwicfelte
ie|t bie Jfjeorie, ia^^ ben ^nitn x\)x 33cr=
mögen nur precario gcpre unb com
Äaifer jeber 3eit wieber genommen werben
fiJnnc. ^an jwang nc jujeiten, ibte
$tiinlcgien frciwiHift {jerausjugebcn , ober
man raubte fte il)nen mit Oewalt, um
i{)nen für neue «Prioilegicn große Summen
ju erpreJTen ober fte fortzujagen; namentlid)
waren bie 3"^«" »erpflicbtet, icwcilS bei
einem ncugewat)tten Äaifcr um Sßcfiätigung
iljrer «Prioilegien einjiitf ommen , unb ber
Äaifer ^attc eö in feiner $anb, ob et fte
überhaupt leben laffen woüe; t\}at et
biefeö, voai> natürlid) immer gefd)a^, fo
{)attc bie Subenfc^aft bafür, abgefe^en »on
ben regelmäßigen (Steuern, eine befonbere
außcrorbentli(!^e "Jlbgabe }u entrichten,
Weld)e ben brüten 2eil il)re« 23ermögen6
auömacitc; SigiSmunb war ber crfie, ber
biefe „(Sprung' innerbalb ganj 2)eutf*=
lanbs »erlangte unb bejog.
I)er 5ubenfd)u| fonnte al? föniglidjee
0legal an anberc J^errfd)aften übertragen
wet^en, bergeftalt, baß bie 3"^enWoft
an einem befiimmten Orte übertragen ober
einer Dbrigfeit gemattet würbe, eine 3ubcn=
gemeinbc neu aufzunehmen. 3" ^«n SKeid^e-
jiäbten blieben bie ^ntm am längfien
unter bem bircften ®d)u^e bca ^aifcre ;
in ben bifci)öf[ic^en unb lanbesberrlidien
Stäbten War es anfange meift ber 33ifd)of
ober Sanbeef)err, auf ben hai iRegal über=
tragen war, unb ber e« fpätet an bie
f^äbtifd)e Dbrigfeit abjugebcn pflegte; oft
wed^felte aud) ber 3"!)«''^'^ ^^^ 3"^^"-
fd)u^eS. Äaiferlid)e *Priüilegicn jur ®c=
flattung einer neuen 3ubengemeinbe werben
feit ^tiebrid) II. befonberö an fleinerc
fetten ober an fleinere, neu auffommenbe
€täbte erteilt, wobei bie ßai)\ ber aufju=
nel)menben ^ütm unb bie ®auer be«
fBriPiieg« oft nä^er beäeid)net if^. ©q«
füfotiü ber 3wt'en''"f""^"ie' ''f* f*"^ ^^
bloß il)rer jwei, ifi entwebcr bie ^erbei»
fd)Qffung oon ^erfonen mit großen ®elb=
fummen, ober bie Erwerbung jieuetfräftiger
iSürger. Tlit ber 3«'! hatten Ifafi alle
ßanbes^erren unb «Stäbte t>ai SRed)t et*
l)alten, 3"*"«" ^ei fi<^ aufjunelimen; bic
Suben Waren lanbeöf)errli($c ober fiäbtifcbe
Äammerfnec^te geworben. 3^^ 2)omiäiI
o^ne ®enel)migung il;reö ^ixxn ju Der=
lafien, war ben 3uben nic^t gefiattet.
fflaren bie 3ui>f" in ^f" ^^i^f^en 3«^*«"
beö ÜJJittelaltcrö bie cigentlid)en *Bertreter
beS ^anbclS, fo änberte ftcfe bie« feit ben
Ärcujäügen unb bem «Jluffommen bcrStäbte
ebenfalls. Sie burftcn oon ie|t an nicf)t
me^r ben ©roß^anbel betreiben unb auf
SD'lcjfen unb IRärften erfcf)eincn, fonbcrn
blieben auf ben 6d^ad)er unb SBui^tr be«
fd)ränft, auf f leine unb große 2)arleben
328
3ubcn,
gegen 3inf«n mit unb o^ne iPfänbcr, auf ben
<Sins unb SBertauf »on gebrauchten ©ad^en.
(S^ ^ängt bieä bamit jufammen, ba| bie
cftrifilidbe Äit^e ben ©litijlen »etbot, ®elb
gegen ^m\m auf ffiuc^er au^julei^en;
bem 3uben War bei 2öu(^er geflattet unb
er roax ti, ber i^m tro^ bcr reltgiöfen
Unbulbfamfeit überall bie I^orc bcr ©tobte
unb Surgen öffnete. 2)oc^ »urbcn oft
Sefiimmungen ertaffen, njobutd) nament»
lic^ ber 3i"^fuB füi^ fleinere 25arle^en
geregelt werben follte; ber 3i"öf"§
fc^Wanftc aber im 14. unb 15. ^a^x^.
jwifd)en 212/3 unb 86^/3 «ßrojent unb War
bem ^tctnben gegenüber ganj unbefd^rdnft.
Qlud) 3inf«öiinfen waren in manchen ^äücn
gefe^lid^ gefiattet. $(n einzelnen Orten
^iclt man bie 3ubcn für »erpflici^tet, S)ar»
le^en ju gewähren, Wenn fic genügenbe
Sid^er^eit empfingen. 5Dtc ipfänbcr, gegen
weld)e 5DarIe^en gegeben würben, waren
(Sinfünfte, namentlich 3öÖ£, ©eric^tö«
einfünfte, Stl)ntin, fogar ©täbte, b. fe.
bie iidbtifc^cn iMbgaben, ©runbftücfc
unb bewegliche ©ac^cn, wie 2Wobilien
unb Äojlbarfeitcn. %nx ben ©rwerb be*
weglicfeer ©a(^en bepanb ein befonbcreö
3ubcnred^t in weit cerbrciteter ©eltung.
3ur 5tuff)cbung ober SRebuEtion ber
$5orberungen jübifc^er ©löubiger bcbiente
fxi) iai OJlittelalter t>erf(^iebener SOJittel.
Iiaä cinfad)jie war, bie 3uben totju*
fc^lagen, toai burd) bie (ßrayi* fowo^l
al^ burd^ bie 2t)corie gefc^ü^t würbe,
ia^ Äaifer unb ßanbeö^crrcn nad) ©efatlen
über i^r ®ut unb 33lut ocr|ügcn burften.
(Sin anbereei SWittel war, bie §orberungen
bcr 5"ben für null unb nid)tig ju cr-
flaren, ftc auf eine bejlimmte Quote ju
rebujieren, bie 3iii^i'rf^f3ablung auf tai
Kapital mit ^Ib^ug bcr 3'"fw ju be*
fd)ränfen. QJäpPc, Äaifer unb ßanbc^^crrcn
wenbeten bicfee SDJittel an. ©0 erlief
wä'^rcnb bc« ^Weiten Äreujjugeö ^app
(Sugcn eine 93utle, Wonad) afie Äreuj=
fairer an bie 3"ben feine 3i"ff" h^ ^^'
jaulen brauchten; iai gleite t^at 3"=
nocenj in. im '^af)x 1213, wobei ben
Dbrigfeitcn bcfot)lcn würbe, ba§ jtc ben
3uben jebe ®emcinfcf)aft mit ben &t)ripen
in 25erfel)r unb ^anbel fo lange i^crfagen
foütcn, biä jene üon i^ren 3inöforberungeii
abfiel)en würben. 93on weltli(^en bcutfc^cn
gürften werben folc^e 3inä = 3Jieber5
f<^lagungcn feit bem Seginn bcö 14. 3at)r^.
erwähnt, unb ßubwig ber 93at)cr unb
^arl IV. gingen in bicfer 5trt gegen
einjelnc ©laubiger por. .^önig aSenjcl
führte bann biefe 3"benberaubung in
fpjiematifc^er unb grogartiger iZBeife awi
unb »erfc^afftc ni(f)t blo§ ben ©cöulbnern
Srleid^terung baburd^, fonbern er bereicherte
cittäclne ©täbte bamit unb namentlich fid)
felbfi. ©0 lie§ er fiä) 1385 oon einer
grogen 5lnja^l fc^wdbifd^er ©täbtc 40000
(Sulben für ein ^ricilcg jaulen, Wonai^
für länger aU ein 3^^^ auöftclienbe
©d^ulbcn bcr »ierte Seil bcr auä Kapital
famt 3infen jufammen gcrecbncten ©umme
erlaffen würben, bie anbercn brei Viertel
aber auf bie ©täbte aU bie neuen
©laubiger übergingen ober cö wenigficnö
poüpänbig im Scliebcn bcr ©täbtc ftanb,
wicoicl jie «on ben gorberungen fic^ axi'
jueignen für gut fanben. SDiefer ©d^ulben*
fRad^la§ bejog fic^ auf bie in ben be«
treffcnbcn ©täbten angcfcffcncn 3"^«";
ein paar ^sal)Xi. fpätcr (1390) würben
ebenfalls burd) SBenjcl bie ©c^ulbncr in
einer Qlnja^l oon Territorien unb ©täbten
i^ren iübifcl)en ©laubigem gegenüber bc»
freit, glcid)Oiel ob biefelben an biefen
Orten ober fon(iwo im SRcic^ anfä§ig
waren; bod) fehlte ti gegen folc^e Un«
gercd)tigfeiten nic^t an SBibcrfprud^
man^er ©täbteobrigfeiten, unb e« fam
oor, ba§ gcwiffc 3"benfc&aften fclbft ein
*Prioileg erhielten, ta^ ibre gorberungen
auf eine gcwiffc SRcit^c oon 3«^Tcn l;in
nid)t burd) 6rla§ getilgt werben fotltcn.
I>ie 3u^€" ^in^"^ ©tabt bilbctcn in
rcligiöfcr, mcifl auc^ in fommunnaler unb
rec^tli^er 93c5iebung eine eigene ©emeinbc
unb bewohnten ein befonbereö ©tabt-
»iertel. S>iefclbe fianb unter eigener Obrig-
feit, bcren iRcd)tc unb 99efugniffc jebod)
fct)r werfd^icben woren. ©oweit bie Äom*
pctcnj bc^ jübifc^cn SRid^ter* rcid)tc, fo«
weit reid&tc auc^ bie ^crrf^aft be^ \ü'-
bifd^en [Re^ted, unb ^war crjiredte ftd)
bie iübifd)c ©cridtjt^barfcit nid^t blo§ auf
(Jioilitrcitigfcitc'n , fonbern aud^ auf Äri«
minalfad^cn in weiterem ober geringerem
Umfange, ^ür ©treitigfeiten jwifcftcn
5uben unb ß^riftcn gab cö an mandt)cn
Orten aui^ gcmifd^tc ©erid^te. 3" luancftcn
©täbten waren bie 5uben unter bie ^crr-
fd^aft beä SRatä gcfommcn, in anbcrn einem
befonberen faiferlid)cn ober lanbcä^errlid^cn
Seamten, mcijl bem Äämmerer, ber ber
Äammer, b. li. ben ^tnanjcn oorfianb,
unterworfen.
(Sine ©efamtocrfaffung ber bcutfd^en
3ubcn gab iü n\6)t ; rabbinif($e ©pnobcn,
bie in ^rcinfrci* feit bem 12., in ^cutfc^*
3ubcn.
329
lanb feit bcm 13. 3i«t)tN"t»crt öorfommen,
roaten «priwatuntcrnclmungcn.
3m ©eric^t^Derfa^rcn war bcr ^ntt,
\ovot\t ii bcn 3fWÖftt^f"'fi^ anbelangt,
jcbem anbern ^temben glcic^gejicUt ; ba-
gegen »anbtc man gegen i^n anbere ©e-
raeiÄmittcl an, bencn fonfi nur ßcibeigene
unterlagen : man unterwarf jte ben ®otte^=
urteilen unb ber Tortur, freiließ erjl im
fpäteren iWittelalter; noc^ ^einric^ IV.
^attc eö »erboten, [n jum ©ottc^urtcil,
beigem ©ifen, t)ei^em ober faltcm SBaffcr
ju smingen, fre ju geißeln ober einju:=
fperrcn. Qluc^ würbe ber ^ütc fpäter,
obglcid) iai jragen ber SBaffen i^m üer=
boten mar, jum ß^fiffl^ipfc genötigt.
35er 3"^fii'i^ mürbe mit ^ä§licf)em
^Raffinement auögebilbet, fomo^l maa bie
2Borte betrifft, bie ber ^ntt ju fpre(ä)en
^atte, alö in SRücffic^t auf feine Äleibung
unb fein fonfiigeö SBcr^altcn n)äl)renb be^
vä(^mure^. @d^on in farolingifd^eu
3ubengefe^en ^ie§ eä: „©treue ®auer=
ampfcr jmeimal Dom Äopf au^ im Um^
frei^ feiner 5ü§e; menn er fc^mört, fotl
er ba fielen unb in feiner |>anb bie fünf
SBüd^er SD^Joftö galten, gemd^ feinem ®e=
fe^, unb menn man fte nic^t in ^ebräifd)cr
Sprache ^bcn fann, fo foü er fie latci*
nifd^ ^aben." 2>cr @d()mabenfpicgel aber
bejlimmt: Er sol uf einer sawe hüte
stan unde suln diu fianf buchern Moysy
vor im ligen, unde sol im diu rehte
haut in dem buoche ligen unz an daz
riste, b. ^. bi^ ani ©elenf; nacb anbcren
23orf<^riften fottte ber 3iibc auf nadtem
Äörper einen grauen SRocf unb ^ofen of)nc
SJorfü^e angaben, einen fpi|en ^ut auf
bem JRocf tragen unb auf einer in ßamm=
blut getaud)ten ^aut fielen. Die ältcfie
55ormeI be« üon ben frdnfifci^en Königen
aufgcficüten 3ubeneibc^ lautete: „6o mabr
mir Oott ^elfe, ber ®btt, melier ÜJiofeä
hai ®efe^ auf bem 33crge ©inai gab;
möge mil) ber 5lugfa|^ »erfc^onen, ber
über S^aeman unb ©iri fam; möge mid)
bie Srbe oerfcftlingen, mie fte Dat^an unb
5lbiron öerfd)Iang; id) \)abi in biefer
6ad^e nid)tö ©öfe« gegen bid) cerfc^ulbet.
3n beutfdber ©prac^c iji eine erweiterte
^ormel erhalten, bie »om ®rjbifc^of Äon*
rab öon ajlainj, 1160—1200, au^gear*
beitet mürbe; fte ^ei^t ©rfurter 3uben'
eib, u. a. abgebrucft bei Sölüllen^off
unb ©euerer, ©enfmale beutfcber $rofa.
Obgleid) im ganjen al« ^rinjip galt,
ba§ ein '^utt nid)t anber« aU ein c^rifi»
li(t^er 35erbrec^er bü§en foütc, mürben boc^
an Dielen Orten bie ©trafgelber für 3ut»en
t)ö^er angefc^t unb S«eibcö= unb ßebene^
firafen an il)nen fcf)impflid)er »olljogen.
©0 fe^te man bem 3ul>6n. ^^^ i^^ ©träfe
be^ ®algcn^ oerurteilt mar, an manchen
Dtten einen 3"^^"^^^ mit brcnnenbem
*^ed& auf« ^aupt, ^ing iftn au§ert)alb be*
®algen« an einem Salfen, ober smifc^en
jmei mütenben ^unben, oft mit bem Äopf
na^ unten , auf. 3« ^^" meltlicf)cn
©trafen fonnten befonbcre iübif(^e ©tra-
fen ftinjutreten, namentlid^ ber Sann, t>tn
ber 3ubcnbif^of ober iRabbiner auöfprac^ ;
aud) ber faifcrlic^e unb ber tirc^lid)c
93nnn mürbe jumeiten über 3"^^" ''>^^'
l)ängt.
3)ie fojiale Sage ber 3"^t" "'«^"
im ÜRittelalter überhaupt eine fe^r niebrigc.
Äirc^e unb ©taat erflärten ben Übertritt
Dom d^riftcntum in« 3ubentum für ein
meltlic^e« S5crbrcc^en, »ä^renb man burc^
J)rol)ungen unb ®emalt ben Übertritt
ber 3u^cn i^^ E^rifientum erjmang, tai
le^tere jmar jiet« gegen Mi öffentliche
SRc^t ; die Juden sol nieman twingen zer
cristenheit unde ze cristenem gelouben,
Ijei^t e« im ©c^mabenfpiegel. SBefonber«
^tte ee bie ®eijilid)fpit barauf abgefc^en,
3ubenfinber otjne ffiiffen unb SBitlen i^ret
Altern ju taufen. 2Riffton«prebigten für
3uben, ju benen man bicfe jmang, tamen
namentlid) feit bem ©afeler Äonjil auf.
SRegelmäfig bcfa^en bie 3ubengemein5
bcn i^re ©pnagogc, beren Unterle^li^teit
oft bur^ geift'li(^c unb meltUd^c ,$riDi*
legten gef(ftü^t mar. 3!Rand)e ©pnagogen
ftnb nac^ bcn IBerfolgungen in c^riftlid)e
Äirc^en oermanbelt, üerfauft ober gefc^Uf*
fen morbcn. Sinen ^ird)^of befa^ ntd)t
jebe 3"^^"9f^f'"^f ; mand^e ©emcinben
faften ji^ genötigt, i^re Set(^en auömärt«
auf einem fremben 3ubenfirc^^ofe ju be»
fiatten. ©d()on im frühen aRittelalter mar
bcn 3ubcn Dcrbotcn, ftc^ »om grünen
Donnerstage bie ju Ofiern auf ben
©trafen unb üJiärften fef)en ju '.laffcn.
3^ren eigenen ®otte«bienfi foüten fte on
il)rcn 5|eptagcn md)t öffentlid) begeben,
am ^it^itage ben ganjen Sag über Jpren
unb genjier gefd^loffen l)alten. ©o ^attc
feit ältefier Seit bie ^irc^e it)ren ^nge*
porigen üerbotcn, mit ben 3u^2" äufam*
men m fpeifen. 5tn Dielen Orten erziel«
ten fte befonbcre glcifd)banfen unb mar
e« ben (5.£)rifien Dcrbotcn, Don ben ^u\)m
gef(^lad)tctc«) glcifd^ jU faufen. ©o muß*
ten bie ^uttn eigene Srot^dufcr unter«
galten. Sbrijilic^e ©flauen unb Dienfi*
330
Suben.
boten ju £)alten, octbot 5n5ar Me Äiti^e
icn 3"fcfn, bociö tarn es i;äuftg üor. S)ie
btücfenbfic iöorfc^rift für bie 3uben »ar
eine befonbcrc 3ui'«ntra(ä)t, bcicn eine
fd)on bic 5ltaber für i^re ^utm eingc^
fü^vt Ijatten. 3"noten8 M- ö^^ot 1215,
ia^ aUi 3uben unb ^übinnen in ber
gnnjcn (5.l)rifien^eit ftcf) burc^ i^rc Älei*
bung üon anbern Stationen unterf(f)eiben
foüten; boc^ »erging längere ^tit, biö in
SDeutfc^Ianb ba^ ©ebot burc^gefübrt njar.
3m 14. unb 15. Jiibrbunbert trugen bic
bcutfd)cn ^uttn einen gehörnten, fpi^en
^ut üon gelber, blauer ober roter i^axbi.
I)ie gelben unb roten SRingc, bie rabför*
migen Qibjeic^en auf i^iren Äleibern, Srufi
ober SRüdten, bei Ji^auen auf i^ren
Schleiern, wie fie anberortä feit bem 13.
3a^röunbert getragen tt)urbcn, famen in
S>eutf(^Ianb erfi feit bem 15. 3a^r&nnb€rt
in ©cbraucf;.
2)ie 3ui'ett>^i«tel ber ©täbte maren
raand)mal, j. 33. in .Köln, 9Regcndburg
unb ^ranffurt a. Tl. üon ber übrigen
Stobt bur(^ dauern unb J^ore getrennt.
2)ie Käufer felbfi fianben im Sigentum
ber ^\xim unb aucft Öanbgütcr ^aben fxi
im SDUttelalter in inclen ®egenben befeffen;
erfi feit bem 14. 3«Jf)t&unbert mürbe it)nen
ber 5tnfauf meitercn ©runbbefi^eö meift
unterfagt.
2Bar e« jwar uon Äirdöe unb Staat
[)äufig unterfagt morben, ba^ man 3uben
öffentiidic ^Imfer über ß^rijien einräume,
fo mürben fie nicf)t0bejioroeniger oft a\i
^Jinan^öermalter berufen; fo felbfi oon$app
^teyanber in.; |»erjog |>einrid^ IV. »on
©d)lertcn (1296- 1335) t)atte einen Suben
i^alomon feinem ^oftjalt unb feiner Äüc^e
üorgefe^t. ^oä) t;äufigcr merben "ijüttn
aUiÜrjte, namentlich aud^ al« ßeibärjte
geifilid^er unb weltlicher ^ütöen cermen*
bet; fc^on mero»ingifcf)e ©cfcriftfieKer er«
mahnen ifirer; Äaifer Äonrab n. t)attc
einen jübifcJ^en ßeibarjt, unb ein JBur^«
burger 93ifdf)of erteilte 1419 ber 3übin
©ara bie (ärlaubniö, in feinem ••öi^tum
überall bie 5lrjneifunbc auöjuüben.
ÜDie erfie, aber nur lofale ^\xbtn'
Verfolgung in 2)eutfc^lanb fanb
1012, olfo nod) cor ben .Kreujjügen fiatt,
jtc tjängt o^ne B^^'fifft "lit bn burcfe bie
ßluniacenfer unb Sifierjienfer i^erbreiteten
^Reform be« fir^lidi^religiöfen Öcben^ ju:=
fammen; Äönig ^einric^ II. nertrieb ba^
mala auä religiöfen !Dioiiuen bie 3uben
au3 aWainj. Sine allgemeine blutige 35er«
folgung ber 3uben bra&te erfi ber erfie
Äreujjug mit jtcfe , unb jmar in ben
Stäbten läng« ber 2)oiiau unb bee
SHl)einö, ju Irier, ©peier, 2Bormö, SDtainj,
Äöln, Dtegeneburg, ^rag. Sine 2Bieber=
bolung brachte ber jmeite Äreujjug, al«
ber •papfi bie Äreujfal)rer oon aüen
3ubenfc^ulben befreit erfldrte unb *Peter
pon Slugnp in ^^i^^nfreic^ , um meöv
50Jittcl für ben Äreujjug ju geminnen,
bie ^übin menn auä) nid^t ju töten, fo
bod) it)re^ in fc^ma()lid)er SBeife ermovs
bencn 5}crmögen§ ju berauben riet.
Ratten [xd) bei ber SSerfolgung mä^renb
beö eifien .Kreujjuge« Söürger unb ^ütjien
nod) meifi bem *pöbel gegenüber auf
Seite ber ^ubm geficQt, fo machten bie
33ürger je^t mit ben SSerfolgcrn gemein«
fanie ©acf)e, nur einjelne JJürfien »aren
bereit, bie ^übm in il)ren Surgen jU
fcf)ü0en.
3m 12. unb 13. 3a^r^unbert famen
5at)lreid)e loEale 93erfolgungen »or, bti
benen e^ me^r auf bie ^Beraubung alä
Sefel)rung ber Swi'tn abgefe^en mar.
SOtan gab ben 3uben fc^ulb, fte töteten
S^riftenfinber unb oermenbeten i^r 93lut
beim ^affa^feji, ein Sßorwurf, ber in
^ranfreid) fd^on 1171 eine graufame 93e=
fe^rung ^eruorgerufen ^atte. Äaifer
^riebridi U. berief oiele gelehrte iDlänncr
unb legte il)nen bie %xaQi »or, ob, mie
baö ®erüd)t ginge, bie 3"l>«t^ wirtli^
bei i^ren religiöfen ®ebräud)en fö^riften»
blut nötig Rotten; märe ba« ber goß, fo
moüe er aüe ^ubin in feinem iRei(^e »er«
berben; bie *Jlntmort lautete, man fönne
nid)tö barüber erfahren, ©eitbem muc^erte
jener iUberglaube meiter, unb e^ nu^te
nid)t^, ba'^ 3nnot«"5 IV. in einer iöuüe
üon 1247 bie 3uben in ©d)U^ nal)m unb
aüe ferneren SSerfolgungcn »erbot. 9iad)«
bem üereinjelte SSerfolgungen faji jebeö
3aör aufgetreten marcn, mäljtc fid^ 1298
ein neuer ©türm unter ^nfübrung bed
fränfifc^en ©belmanneö iRinbfleifd) »on
Ort ^n Ort; bic 93cranlaffung mar eine
angeblid)e ^ofiienfc^änbung. 5lnbere
fc^mere unb blutige Verfolgungen muteten
im @lfa§, iJranfen, ©cfemaben, Sapern unb
Djierreid) »on 1336 biö 1338; nod) aß«
gemeiner maren bie Verfolgungen »on
1348 unb 1349 bei <Mnla§ beö fd^marjen
Sobe^, ali eä allgemein ^ie§, bie ^\xbm
Ratten bie Srunnen »ergiftet, unb aud^
jc^t fruchteten bie 2öorte be^ ^apjie^ unb
be« j^aiferö ju ®unfien ber 3ubett nic^tö;
Dbrigfeiten, bie fi^ iljrer annal)men, mur«
ben abgefegt, bie ©d^ulben »ernid^tet, bie
3ulfeji — ^wtin.
•631
'JBfänbcr unb ©c^utbbriefe abgenommen,
i^r barcd ®ut unter bic ^anbwetfer
»erteilt , oielc 3"^^" getötet. SBenige
3a^re mi^pn bemühten fid) bie Äurfür=
Pen bocf) wieber um ta^ ütii)t bcr Jut'c»'
aufnähme unb erhielten eö in ber golbe=
nen Suüe; bie ^nitn ert)olten fid) unö
fammeltcn neue Sc^ä^e, bi«! in bcn
ad^tjiger 2at)ren neue SubensÄrawaQc bcs
gannen.
Seit bcm Seginn be^ 15. ^abi'
^unbertö begannen bann bie SSertrei^
bungen ber 3"^^" luf ^en 93ef(J)Iug
ber Obvigfeiten; fo hjurbcn fie 1420 auä
SWainj unb ÖPerrei^, 1424 au« greiburg
im Srei«igau unb Sü'^i'^/ 1426 au^ Äöln,
1432 au« ©ac^fen, 1435 au« >gpeier
unb ttjicbcr au« 3üifict>< ^438 n)iebcr ani
SWainj, 1439 au« *Hugsburg, 1450 auö
33at)ern uerttiebcn. Seitbcm Ratten fie in
«inem großen Jeile 2)eut[d)lanbö gar
feine fcfie ^lieberlaffung metir unb burfs
tcn nur gegen ein bejlimmte^ ©elcitgelb
l)inburc^jiet)en ober i[)re« |)anbel0 roegen
ein paar Stunben ober Sage [\i) auf=
Ratten; fo blieb e^ bi§ in bie ßtit ber
ijlufflärung unb ber franjöftfct)cn deDos
lution. Sladb ©tobbe, 2)ie ^ubin in
2)eutfdölanb »ä^renb beä SD'Jittelalterö,
töraunfcf)n)eig 1866. 2)aä |)auptn)erf
über bie ©cfd^ic^te ber Suticn ifi ®rä^,
©efd^ic^te ber ^uim.
äuifcft, fie^e 5efie, Weltlidfie.
Fünfer, m^b. junc-herre, junc-herre,
bann junkher, im 16. 3a^tt)unbert ge-
tt)ijl)nlic^ 3unfer, bejeic^net al^ ®egen=
fa| ju altherre junäc^jl ben ®o()n au^
abUgem ®efd;lecl)t, gegenüber bem al«
©enior fungierenben ißater unb we^felt
mit Änabe unb Äned^t. Später ge^t bie
Sejcic^nung al^ litel aucft auf unabligc
Greife über, junä(^P auf ^eioorragenbc
flabtifc^e, alö @ot)n beö gewctbtreibenbcn
Sürgcr« unb Äaufmann^; in Hamburg
beißt fo ber jüngjie Säcferfne^t. 35a
ber 2eufel gern in ebelmännif^er Älei«
bung bef^rieben «irb, t)ei§t er oft eben^
fad« 3unfer.
3ö)ein ifi bcr iJJame eine^ gelben au«
bem ©agenfreife beS 5lrtuö unb jugleid^
be« »oHenbetpen epifcf)en ©ebic^teä t»on
^artmann oon 3luc, i>a^ naä) einem
altfranjöftfdien ©ebid^te be« Chretien de
Troyes gebic^tet «urbe. Unter ben !Rit>
tern am .^ofe be« Äönig« 2lrtu0 ermähnt
einer be^ 3'*"^«'^^'^"""^"^' ^o ^" Äönig
beä Sßalbe« f)errf(i)c. 3mein fü^lt F^*
aufgelegt, mit biefem ein *llbenteuer ju
befielen, unb eö. gelingt it)m, i^n ju be-
ilegen unb bi«! in feine 53urg i^u »erfolgen,
^ier jeboc^ biitten if)n beä Äönigö Wiener
umgcbradbt , lücun nid)t ßunele , eine
3ungfrau bcr Königin l'aubine, ihn burd)
einen 3i^uberring unft^tbar gemai^t t)atte.
öntjücft »on ßaubinenö @ct)önbeit, beren
®emal)l unterbeffcn geworben roar, wirbt
3mein um i^rc öiebe unb wirb ert)ört,
'IM aber Äönig 'Jlrtu^ mit anberen 9tit=
tern gleic^faü« jum 3ciuberbrunnen fommt,
terlä^t 3tt>fitt ffi"^ ßauDine mit bem
Sßerfprcci)en, in 3«^re«ifrifi mieber jurücf-
juEe^ren. S)a biefe^ nidit gefd^ie^t,
Derroanbelt fic^ öaubinen^ ßiebe in 3"^.
unb ^Xütin wirb bei feiner fpateren Qln«
fünft ^art oon i^r abgcwiefen. $on bem
ißa^nftnn, in bcn er barübcr »crfäüt, wirb
er burc^ brei (grauen, bie il)n im ffialbe
Uegenb finöen, burd) eine 3au&c'^f'^»ll'£ 9«'
t)cilt. 93on neuem jum öeben gerufen,
üotlfül;rt er Ijerrlic^c iRittert^aten, über=
winbet einen 3)ra(^cn , ber mit einem
ööwen fämpft unb »oflfül;rt mit bed
ic^tern |»ilfc neue ^elbentl)aten. 3" ^'f
©egenb be« 3'>uJ'c'f^'^"nnenä burcfe feine
5lbcnteuer jurücfgefü^rt, befällt i^n bie
Erinnerung an fein »crloreneö ®lücf mit
fold)er Tlaä)t, ha^ er beftnnungölo« »om
iPferbe fiür^t. 3n ber nat)en Kapelle l)ört
eine gefangene 3un8f'f'»" ^f" flagenben
iRitter; eä ifi öunele, bie bafür, ba^ fie
i^ren ^errn ju nct)mcn getatljen, aber fie
böölit^ »erlaffen t)atte, am näc^fien bor-
gen oerbrannt werben foH, eä wäre benn,
t>a^ fid^ ein (Ritter fänbe, ber für pe
fämpfcn woHte. 3wcin t^ut biefeö, wo-
bei il)m ber ßöwe ^ilfrcic^ beijie^t. Stbcr
nod^ wagt er nid)t, um bie Siebe feiner
®emal)lin ju werben, unb erfi nac^bem
er im ritterlid)en Äampf für bie bebrängte
Unfd^ulb über jwei Dtiefen, bic jwcit)un=
bert 3u"9f>^ii"fn gefangen l)ieltcn, über
(Sawein, ber einer ungerechten ©ac^e fein
®d)Wert geliel)cn, gefxegt i)at, feljrte er
jum 3i>"''trbrunnen jurücf, wo i^m ßu«
nelc feiner ©attin ^ulb wieberjugewinnen
^ilft.
332
Äaifcr — Äiuferi'age.
1.
ftaifcr, fie^e Äönig unb Äaifer.
J^aifert^ronif beiBt eine in bcr iUlitte
beä 12. 3al)'^t'unt'«»^fö »crfaite ©efc^ic^tc
bcr tömifcfjcn Äaifer üon Juliuö ßäfav
big Äonrab IIL ©er unbe!annte 93er«
faf[er, feinet ©tanbcö ein abeliger Älcrifer,
bat ti babei meniger auf ®efc^id)te aU
auf bie (Srjablung ber Sbaten rü^mlid}er
gelben in Äircl)e unb ©taat abgefel)en
unb in unglaublicfc oerwirrter 2Beife i)[^0'
rifd)e SJlad^ridbten mit ßegenben unb %a'
bcin bunt 5ufammengemifcf)t, ^um Seil
ceranla^t burcf) bie einjelnen Duellen, aue
benen er fd^öpfte; ber 5lbfd)nitt »on Juliuei
ßäfar unb ben 2)eutf^en ifi faft rcörtlid)
auä bem 51nnoliebe genommen; einzelne
Segenben, mie bie üon ber ^eiligen (lrc«=
jentia, laffen ftd) obne meitereä fon bem
übrigen jcyte löfen. 2)a6 2öerf muvbc
biß inß fpäte iüiittelalter einer SDJenge »on
*Profand)roniEen ju (Srunbe gelegt unb
crf)ielt gottfe^ungen bis ju iRubolf uon
^ab^burg. ^lusgaben oon Ziemer unb
»on 2){afmann.
ÄOttcrfttgc. 2)ic in >Deutfc^Ianb meit
verbreitete Sage non in 93ergen fd^lafcn=
ben Äaifern ifi mi)t^if^en Urjprungö.
6ß ifi SBoban, ber milbe, fegnenbe ®ott,
ber bie grucl)! beß 'ilcfer« fpenbete unb
nun im 2Binter, menn fein mot)ltf)uenbeo
2Balten ftd) nic^t bemäbren tann, tot
ober Derjaubert einfd)läft. 3"^ 2BoU'cn=
berge, in ber SBoIfenburg, rocldbe bann
flcfd)loffen iji unb nid)t bcfru^teiibcn
iRegen fonbern nur eiftgen ©d)nee jur
Srbe fenbet, träumt er mit feinem ganjen
lotenijeerc bem f^fü^tinge entgegen. 2)ie-
fcr Sölpt^ue lofalifterte ftd) unb ging in
bie ®ejialtcn ber ßieblings^elben be«
iBoireö über. *iln üiclcn Drtcn t)cutfd^s
lanbe erjdl)It man f\ä). im 93erge ft^e ein
»crjaubertce Äriegatjecr unb f^lafe, an
icincv Spi^e ein 'gürfi ober .^aifcr. 6o
ld)Iaft Äaifer Äarl ber ©rope im SDefen^
berge bei SOiarburg, in ber 93urg ^erjiatta
an ber Sßefer, in ber Äarleburg bii i'6i}x
am ©peffart, im Irautberge unb 2)onner«=
berge in ber ^Pfolj. 5m ©ubemerberge
bei Ooälar rubt Äaifer ^einri(^ ber 93ogIer
iiertt)ünfd)t. Otto ber ®ro^e jt^t »crs
jaubert im .Ki)fff)dufer bei Sittcba, bcr
alten (Pfalj beä fä(^ftfd)en .Kaifer^aufeÄ ;
fpdtcr Ijat bie SSoItöfage Otto ben Oro^en
mit ^riebric^ 93arbaroffa »crtaufd^t, ber
aber fälfdilid^ für ^i^it^ii^ I^- S^ff^*
mar; benn oon lehteren glaubte bas 95oIf,
er fei nic^t tot, er werbe mieberfommen,
um ben unfertigen Äampf mit ben Pfaffen
auöjufämpfen. Über biefe« f)iftorifd)e
SRoment ber .Kaiferfage fic^c 93oigt in
®pbcl0 :^ifiorifd)er Seitfd^r., 93b. 26, unb
aticäler in 93b. 22. 3m ^ppäufer,
etjäblt nun bie Sage, ft^t ber Äaifer in
einer unterirbifd^en |ö^le mit allen feinen
Ü^ittcrn unb knappen um einen großen
Sifd), burd) ben fein 93art gemac^fen ifi.
9tunb uml)er fiet)en j^^^^ofe qgferbe unb
raffeln mit bcu Äetten, fobaß e« einen
gercaltigen ßärm giebt; in ben Grippen
aber liegt fein ^eu, fonbern grofe 2)orn=
mafen. '9(n ben SBänben iji bcr tojibarfic
9Bein in großen uralten gdffern aufge=
fpeic^ert, unb obgleich eö eine unterirbifd)e
(Srotte im 93ergc ifi, fann man bafclbjl
bod) bie größte A^errlid)feit fd)auen.
Sbcnfo berühmt iji ber Unter^berg
bei ©aljburg als Bi^ bee fd^lafcnbcn
Äarlö bee ©rogen ober griebrid^ 93ar*
baroffa«.
5Dtit ben ©agen üom fc^kfenben
.^aifer= unb ©eifier^eer ^at fiä) eine feit
bem 14. 3a^r^unbert bel)auptctc oricnta^
lifc^c Irabition oerbunben , monad) ein
^eerfürji ^err ber ilBclt merbe , bem c^
gelinge, an einen gemiffen bürrcn
93aum feinen «S^ilb aufju^dngen. S)en
Sattaren ftanb biefer 93aunt in Sauri«,
vor filtere in ©ufa, anbern Orientalen
Äalanbe — Äalcnber.
333
im ^ain lOJamrc. 3" alteret 3<^it W^
ti , bei ber Sßelt Snbe »erbe Äaifer
Jtiebric^, »on bem man ni(f)t ttiffc, ob
er noc^ lebe ober gcfiorbcn fei, »ieber
üuferjie^en. (Sr bangt feinen @cf)ilb an
einen bürren 93aum, ber grünt auf^ neue
unb ber Äaifcr gewinnt tai ^eilige ®rab
miebcr auö ben |>änben ber Surfen. 5tm
Unterberge erjäl^Ite man: $at Äaifer
griebrid^ö 23art bie btitte 2;ifd)cde erreid)t,
fo tritt iai SBeltcnbc ein, ber ^ntic^rifi
etfcbeint, bie Sngelöpofaunen ertönen unb
auf bem Jßalferfclbe toixt eine blutige
@(f)Iad)t gefc^Iagcn. 5Da fief)t ein bürrer
93irnbaum, ber fc^on breimal umgehauen
hjurbe, feine SBurjet fcfelug immer »ieber
auö. ^iet ^ängt Oflotbart feinen «Sc^ilb
auf, aUt^ wirb binjulaufen unb ein fol*
ä)ti ißlutbab fein, ta'B^ ben Äriegcrn baä
93Iut in bie ®ct)u^e rinnt. 2)a »erben
bie böfen oon ben guten ÜJicnfcben er=
fd)Iagen »erben. Über aüe beutfc^en ®aue
^at jtd) biefe Sage »erbreitet. S'lac^ SD^i a n n ^
latbt, ®öttermt)t[)en. ©. 135 ff.
Manbe, MaubSfirülicr, l)ie§ eine im
13. ^atitbunbert entftanbene, über SRorb^
unb ©übbeutfc^Ianb cerbreitete Srüber^
f(^aft, auc^ Äalenbcr^erren, fratres
Calendarii genannt, »eil fte unter prieficr=
lieber ßeitung fii^ regelmäßig am erften
Sag eineö ÜJicnatä, Calendis, »erfammelte.
3f)r S^id »ar SSeranfialtung gemein»
f(J)aftlic^er 91nbad)töübungen unb gefie,
gegenfeitige Unterpü^ung unb 25erri(i)tung
guter 2Berfe, namentli^ ^a^en unb 5tU
mofenfpenbung, feierliche Seerbigung i^rcr
SKitglieber unb 5lb^alten ber für bie lefe«
teren befiimmten Scelenmeffen. S)ie ©efeU-
fc^aft tonnte auä geijilic^en unb »elt=
Iid)cn ^erfonen , au^ üJiännern unb
grauen befielen; ber SSorjianb ^ieß
S)cc^ant, unter »elc^em ber .Kämmerer
ober Äaffen\}er»alter fianb. S)ie Dbcr=
aufjt^t führte ber a3ifd)of be« ©prengel«,
ber fie auä) betätigte. 2«it ber Seit
»urbe bie 5lb^altung monatlicf)cr gejicffen
bie ^ttuptangelegen^cit biefcr ©cfcEfc^af-
ten. SOJerj in ^erjogö 9(ieal=enci)fl.
^aleitbcr, m^b. kalender, kolender,
ou^ bem mittenateinifcf)en ber calendarius
ober tai calendarium, 51bleitung üon bem
lateinifc^en ^lural calendae ^= erjier
SDtonat^tag, oom tat. calare = aufrufen,
»eil bei ben SRömern ber erpe Sag bcö
5Wonatä aufgerufen »urbe. S)ie gorm
beö (!)rifilid) = mittelalterli(f)en Äalenbetö
fiammt aul bem flaffifd^en *Mltertum, na=
raentlic^ con Den Oiiömern. ©r »urbe
urfprünglic^ nicf)t für jebcö 3af)r befon*
berö, fonbern in feiner allgemeinen JJaffung,
für aUc 3a^re gültig, aufgeftcüt. @d}on
bie römifcf)cn Äalenber entljalten äuget
einigen afironomif(f)en eingaben ben 5tn=
fa^ religiöfcr 5?efie unb bürgcrlici)ct gcjis
li(J)feiten. S)er d^rifilic^e Äalenber erfe^te
bie altrömifc{)en ^Jefic burd) d)tifili^e
^ejle unb geiertage; ha aber urfprünglid)
baö ®ebäc|)tniö ber S!J?drti)rer t)ornct)mUc^
nur an bem Drte, »o fte gelitten f)atten,
gefeiert »urbe, fo l)atte jcbe (Semeinbc
il)r befonbereö gefit)er^eid)niö unb i^un
eigenen Äalenber; eö finb i[;rer fe^r fiele
erhalten, ta fet)r häufig ben ^anbfd)riften
liturgifc^er Sucher, aud^ ber 93ibel unb
beö ^faltetö, ein Äalenbcr üorgefe|t
»urbe; fte pflegten aber mit bem ;|>ilfö'
mittel cerfef)en ju fein, um für jcbe^ ^ai)x:
bie be»eglid^en ^Jefle, junäc^fi baö Djler*
batum, abjuleiten. Unb j»at enthalten
fie ntd)t allein bie 93ud)P:aben A— G jlet§
»iebeife^renb mit bem Stnfang üom 1.
3anuar für bie Serecftnung ber a[Bod)en=
tage, fonbern aixä) bie S'i^If" I— XIX
jur ©ejeic^nung aller 9teumonbe, bie jebe^s
mal in bem foDieltcn ^a\)Xi beä igjä^ri*
gen Gijflu^ an bemjenigen SDionatötage
eintreffen, »clc^em biefe 3at)I beigefe^t i^.
(Sin JRonatöfalcnber mit einem fol(J)cn
Suc^fiabens unb 3a^l«n''«'^äet^"i^ ^eigt
ein immer»al)renbcr (julianifc^er)
Äalenber; »ermittclfi beäfelben finbct man
für jebeö beliebige 3a^r, fobalb man beffen
(Sonntagöbud)fiaben nebfi bet 3tff^i^ '^^^
Utjä^iigen ßpflu^ fennt, ben !![ßo(f)enta3
iebcö Datumö unb alle Sfieumonbe tai
3a^r ^inburd^. 5lug ben legieren folgt
juglcid) ia^ S)atum beö JJrütjlingätoü«
monbeö unb baraug, nac^ Sejiimmung
feinet Sffiod)cntag^ mittele bcö ©onntagö«
bud)fiabenö, bo^ S)atum bc§ Dfierfefle«.
Einleitung ju biefer Sered)nung giebt tai
c^ronologif^e ^aupt»erf be^ früheren
SWittclalter^ Don Seba, de ratione tem-
porum.
©rfi gegen Eluögang bc« SlJlittelolterg
»urben bie lateinifd) abgefaßten Äalenbet
in bie Sanbeöfptac^en übertragen; boc^
giebt e^ einige 5luänal)men baoon, na«
mentlid^ iia^ 33rud^)lücf eincä gotif(^en
Äalenbetö auö bem 4, 3a^tl)unbcrt, ein
angclfäd)fifd)eö Äalenbarium auö bem 10.
3a^rt)unbert , ein franjöftf^eö auä bem
13. 3al)r^unbert. ©cutfclie Äalenbet fom*
men nid^t »or bem 14. 3al)rt)unbert cor.
2)ie erficn gebrucften Äalenber l)aben ganj
bie (Einrichtung ber ftanbfc^riftlic^en unb
22
334
Äolenbcr.
jxnb allgemein, für jebeö 3a^t paffenb,
auögefiattet. i)ie frü^eften ftnb in ^olj
gefct)nitten unb in Tupfer geflodjcn. 2)er
etjie Drucf eine« Äalenber^ für beftimmte
3a^re jiammt nad) ber ißearbeitung beö
So^anneö (Regtomontanuö aus fRürnOerg
im Sa^re 1475; bcrfelbe i|i für bie 3abre
1475, 1493 unb 1513, aU bie etflen
^at)):z einer breimaligen 19jä^rigcn$eriobe,
geficHt, bod> fo, ta^ barauä bie S)ata
für bie übrigen ^a\)xt berfelben abgeleitet
Werben fönnen. ©oc^ bejie^t [xä) biefc
©pejialifterung nur auf ben afironomiä
fc^en iöefianbteil; ber Äirc^enfalenber ijl
noc^ in feiner 5lügemein^eit ücrblieben;
er ent[;ält nur bie ^eiligennamen unb
jWar na^ älterer SBeife an einer be=
fd^ränften 5tnjat)I oon jagen, nici)t aber
hk (Sintcilung in 2[Bo(f)en unb bie beweg«
liefen ^efie. S5ie erpen eigentlicf)cn SBolfö*
falcnber ftnb bann faft an aßen Sagen
mit ^eiligen befe^t, Wie bie Äalenber
»on 2lug0burg 1481 u. f. w. , (Erfurt
1505, 3ürid^ 1508. 3u allgemeinerem
®ebrau^ fommen Äalenbcr für ein be«
fiimmteö '^(x\)x, mit ber bemfelben ange»
paften SBod^ens unb gcftorbnung, erfi
nad) ber 3[>litte be« 16. ^a^rbunbcrte.
®cgen Snbe bcö 15. 3a^t^"n^"tö füftr«
ten bie 5lfir otogen bie fogenanntcn
*13raftifen in bie Äalenber ein, 51n=
Weifungen , an welchen lagen gewiffe
2lrjnci» unb Heilmittel ^eilbringenb feien
ober nic^t, befonberö aber 2tn weifungen
jum 5lbetlag. (5in ju Oppenheim 1522
erfc^ienener 'Äalcnber führte juctji tai
5lbcrlaBmännc^cn ein. (So folgten 5ln«
weifungen jum Schröpfen , (Purgieren,
93aben, ^aarabfc^neiben, ^flanjcn, ^olj«
fällen, Ernten, ©äen u. bgl., ferner toai
gewiffe Vorgänge am ^immel anbcutcn,
j. 93. ber @onnenf(J)ein an jebem ber
fog. 3tt'ölfnäcf)te Dom 25. iJe^cmber biö
6. 3anuar, wet^e einfiüffe ber SDJonat,
in bem bie ©eburt eine« Äinbeö erfolgt,
auf beffen ßeben ^abe. ?lu(^ biefe Äalen«
beräPracticae Waren urfprünglid) r>on ben
Qiprologen auf tnet)rere ^<x):)Xt oorauö al^
*Propbejeiungcn befannt gema(f)t unb ftnb
ctfi fpäter mit ben gemeinen Äalenbern
»erbunben worbcn.
©regorianifd^c Äalcnberreform,
gür bie Beobachtung beö OflerfePe« war
in ber aleyanbrinifdjen Äird^e feit ber
jWciten ^älfte be^ 3. Ja^r^unbertö bie
SRegel angenommen, ba§ basfelbe anju-
fc^cn fei am ©onntag nad) bem grü^*
tingsüoümonb, i<xi l)ei§t bemjenigen, ber
am 'läge Ber ^i^ü^Iingänaci^tgleic^e felbft
ober äunädbfi nac^ berfelben eintrifft, unb
ba§ als 2)atum biefcr 9'Ja4tglei(^e ber
21. SKärj feftjubalten, ber IBoQmonb aber
na^ einem lOjäbrigen (Jpflud ju berccfe;
ncn fei. I)iefc alej:anbrinif(^e ÜJJetfiobe
litt an äwei "^tifXtxn. (irfienö, inbem fte
bie 5i^i'^Ii"9^n'i*t9l«i^f ^"^ 21. SOlärj
annafim, fd)lo§ fte ft(^ an bie Julia«
nifc^e ^tJ^i^form unb Sd^altorbnung an,
wonach bie Sänge beö 3i^^«^ ju 365^4
Sagen angenommen, bemnad) alle 4 3a^re
ein Sag eingef(^aUet würbe. S)aö 3aÖr
ifi aber in ber Sßirflic^Eeit um me^r aU
11 ÜRinuten fleincr, mag alle 128 Ja^re
einen Sag auömac^t, ber alfo juoiel ein»
gef^altet würbe. 3*^eitenä , inbem fte
ben ^lü^lins^^'otlmonb nad) bem 19iäöris
gen Gpflu« »on 235 ÜHonaten bered^nete,
nabm fte biefe ju 19x36574 = 69393/^
Sagen. 5lber biefer (Spflu« oon OJlonaten
ifi in ber aiBirflid)Eeit um mc^r al^ eine
©tunbc fürjer, wa^ etwa alle 310 3a^te
einen Sag auömac^t, um ben alfo ber
aSoClmonb ju fpät angefe^t würbe.
(So bauertc lange, e^e man auf biefc
^c^ler aufmcrffam würbe, ^xoax mac^=
ten f^on im 12. 3il)t^unbert einzelne
geteerte 5lfironomen auf ticii '^oxixMtn
ber SJladitgleic^cn unb im 13. ^i^rbunbert
aud^ auf Xxxi %oxix\xdtn ber ÜJtonbpbafcn
aufmerffam; ba jebod^ ein Äonjilebcf^lug
jebe 93eränberung beö Äalenberwefenö oer«
bot, jog man erfi im 15. S^^tbun^ßi^t
nad^bem man burd^ genauere afironomtfd^e
6tubien fic^ oon ber SRi^tigfeit ber St)at»
fad)en genügenb übcrjeugt tjatte, bie .2Jer«
bcffcrung ber burd^ fte entjianbenen Übel«
ftänbc ernfilic^ in ©rwägung. @d^on bie
iiarbinale ^etruö be ^fliaco unb SliEolauÄ
be (Sufa l)atten auf bem Äonfian^er unb
Safeler Äonjil bie Äalenberreform ^erbei«
jufübren unb burd^ eigene <S(^riften ju
bcgrünbcn »erfud^t. 2)oc^ gelang e^ erfl
(Sregot Xin. (1572-1585), unter SDUt«
bilfe ber gelebrtcfien Qlftronomen feiner
3eit, bie wichtige (Reform jujtanbc
JU bringen. Um bie um 10 Sage »er«
fd^obcncn Dladbtgleic^en wieber auf i^re
eigentlict)en 6i^e jurücfjufübrcn, befiimmtc
®regor, ta^ im Dftobcr 1582 je^n Sage
auö bem Äalenber wegfaüen foüten, foba§
nac^ bem 4. fogleid^ ber 15. gejault wer«
ben foUte. Um aber bie grüblingöna^t«
gleict)e auf bem 21. ÜJiärj für alle ^z\i
ju erl)alten, foüten in einem 3eitraum
oon 400 3a^i^e" 3 ©^alttage auäfaüen,
unb jWar auö ben ©äfularja^ren, beren
Äamalbulcnfet — Äomm.
335
3a^r^unberte nic^t öurc^ 4 teilbar fmb,
rtic 1700, 1800, 1900.
Die fofortige ©infü^rung bcd ©rcgo-
rianifctien .Ralenber« gefc^afi blo^ im
größten Seile Stt^^if"^» in Spanien unb
«Portugal; bie übrigen ßänber (Suropa^
entfdjtoffen ficfe erft i'pätcr baju, nament=
Ii(J) bie protcflantifd)en; fo na^m hai
proteftantifd)e S)eutfi^(anb tax neuen
Äalcnber unter bem Spanien beö oerbcffcr«
tcn mit Dänemarf, ben SJlieberlanben unb
ber eoangelif^en Sdimei,:; erft 1700, 'Pifa
unb ^torenj 1750, ©ro^britannicn 1752
unb ©d)tt)cben 1753 an; 9lu§Ianb ^at
ben julianift^cn Äalenber beibehalten.
«Piper, *]lrt. Äalenbcr in ^crjog« JHeal'
dncpfl. unb ©rotefenb, .panbbud) ber
d^ronologie.
Äamalbulcnjer, ein reformierter SOtönc^««
orben beä 10. 3al)rbunbertö , »urbe iion
iRomualb, geb. um 950 ju ölaoenna,
gefiifiet. ÜDerfelbe gefjörte einer Dorneb'
men unb reichen ^'""i'i^ ^"' ^^"^ ^'"
lei^t erregbarer, ftiirmif(^er aJlenfc^, »on
einer obne (Seifte^bilbung unb in roitbem
ßeben^gcnuffe oerlebten Sugenb; jur ©üf)-
nung eincd üon feinem SBater eerübten
Üotfc^lageö, ging er für einige 3^'^ nad)
JRanenna in ein öencbiftinerflofter, Yoo
er ftrf) cntfcf)Io§, ber iZßelt ju entfagen
unb Dtöncf) ju werben. 3" ^«"^ '^'^^^
Senebigö fanb er in ÜJlarinu^ einen jroar
bilbungälofen, einfältig frommen ^Mna^o»
reten, ber it)n in feine ^niit ber J^eiligung
nabm. iD?it ibm jog er 976 in 'öeglei>
tung beä Dogen unb bem auf ber ©aü*
faljrt begriffenen 51bt SRarin in bie iJldbe
Don bcffen Äloftcr @t. Ürti^el be ßufan
bei (Perpignan in SübfranEreic^, lebte tjier
aU *Unad)oret, fe^rte aber mieber nac^
Stalten jurücf unb begann fein unfteteä
?lnac^oretcnteben oon neuem, gemann bie
leilnatime unb 33emunberung oieler,
namentli^ ^of)er «Perfonen, roie Ottoä HI.,
^einri(^ H. 3m 3abrc 1018 jiiftete er
auf einem l)ol;en, f(imer jugdnglic^en
Drte, tem ßampuä SQRalbolbi in ben
9lpenninen bei ^Hrejjo, eine Dfüeberlaffung
»en fünf ©infteblern, mo er ein fcl)r
firengeä, namentlich an ®ei§elungen rei*
d)ti Sremitenlcben einführte; er ftarb im
Sa^rc 1027, nac^bem er mel)rerc ül)nli(^e
Jnftitute geftiftet. *ilber Eeineä bemal)rte
beu eremitif^en (Seift SRomualbä beffet alä
bie Sinfiebclei üon (jamalboli. 3n befon=
bere ~2lufna^me fam biefer Ort baburc^, t>a^
^Petruä Damiani , ber «Propt)et beä
aäfetif^ = mittelalterlichen Äirc^engeiftcä,
Wöni) oon ^onte ^loetlana, einem ^loftet,
baä ßubolf , ein £d)üler iRomualbä , im
Sabre 1000 geftiftet batte, balb na* 1040
\>ai ijebcn SRomualbä befcf)rieb. Damiani
prägte bie !8u§tbeorie in ber g"'"^ beä
üerbienftlid)en (Seigelnä nocb fcfearfer auä
unb übte baäfelbe nad) iRieberlegung fei«
ncä Äarbinalatä in feinem Ätofter §onte
*ilüeüana felbft an fid) auä biä ju feinem
im 3al)re 1072 erfolgten lobe, ßrft in
biefem 3a^re mürbe burtf) päpftlic^e Se«
ftätigung ber eigentliche Orben ber
Äamalbulenfer aufgeftettt, alä eine
«Ubsmeigung ber 'Scnebittiner, bie eä ju
t)öbeter *BoUfommenl)eit gebracf)t baben
foQten. ^n ber Spiöe ftanb ber «Prior
oon ßamalboli alä 'JJtajor. Sie motin«
ten unb a§en abgefonbcrt üoncinanber,
gleifd) mar oerboien, gaften fef)r bäufig,
baä rcid)tigfte @ebot mar iai beä @cf)roei«
genä. Sic trugen mei^e (Semänber. Die
erfte gefd)riebene *Jlegel ftammt auä bem
3a^te 1102, oon bemfelben «Ulajor «Jlubolf,
ber auc^ bie Äamalbulcnfe rinnen
einführte. Qtud) (£amalboli t)atte tai
gleiche Schief fal, mie bie meiften Älijftet
biefer 3at)r^unbertc, eä mürbe reic^ unb
befaß ganje ö)raffcf)aften, bie alte Strenge
mürbe mehr unb mei)r gemä§igt, unb ne«
ben ben ©infteblern entftanb ein regel«
rcc^teä ^lofterleben, namentlich im ®e«
biete ber Stabt «Benebig, auf einer ^n\il
jroifc^en 55enebig unb «D^urano unb in
«JJlurano felbft. S^"^ 3ei' ^^^ 3teformation
unterf^ieb man ba^er ©remiten , Dbfet*
oanten unb .^onoentualen.
tamm, lat. pecten, franj. peigne, engl,
comb. Sc^on in oorgefc^ii^tlidjer 3^it
benu^tc man jur «Pflege beä ^aupt= unb
Sartbaareä eine 'UrtÄamm oon^oU, ^orn,
Änocfcen ober Elfenbein; auc^ Eommt et
alä ^aarf^mucf bei grauen faft überall
cor, in ben mannigfaltigften »formen unb
auä ben oerfc^iebenften Stoffen gearbeitet.
3m tlafrtfcf)en 'Altertum, mie audj im
»Wittelaltec finbet man il)n bäufig Eunft*
reicfe aus Slfenbein ober Öucf)äbaum ge«
f<^ni^t, mebr boc^ alä breit, ein= ober
j\reireibig gejabnt. Sei inn cinfacf)en ift
ber obere, bei ben Doppelfammen bet
mittlere fla^e Seit mit «Reliefä ober Du
namenten gcfc^mücft. Der Äamm Äarlä
b. @r. mirb angeblich im Dome ju Dana«
brücf, ber 'öartfamm ^einric^ä I. im
3itt)er ber Scblo§Eir*e ju Queblmburg
aufbema^rt, ber beä \). Ulric^ in "Hugä*
bürg K. 'JDlan fte^t barauä, ia^ biefeä
je0t geringgefc^ä^te Oerät früber roo^l in
22*
336
Äammetbotcn — Äanuen.
^öt)crcn 6^tcn fianb. SDaäfelbe gilt
namentlich a\xi) t>om Äonf cfration§«
!amm bct Sifdböfe unb «prieficr, ber biö
in^ 13. 3af)Tf)unbett «ine hx<i)\ii)i Se«
beutung ^attc. 2)er SD^Je^famm würbe
»or bet iUJeffe jum Dtbncn ber $aare
get)rau(f)t, bet ^onfefrationsfamm naä)
ber Salbung ber 99ifcf)öfc. (Er würbe
fobann forgfam aufbewahrt unb bem
Iräget inö ®rab mitgegeben.
Äammerbotcn, fic^eMissi dominici.
ftämmercr, ftetie J&ofämter.
Samraergerit^t, fatfetli^cö. Sin oberfteä
©ericfct, bae ^of geriebt, befianb unter
ber ßeitung bes ^faljgrafen (ftef)e
biefen 2trt.) fc^on am merowingifc^en
^ofe; fpäter üerfc^winbet ber ^faljgraf,
unb baä Äönigögcric^t blieb unter be^
Äönig^ eigener ßeitung. 5IIä bie SRecf)tfl«
terf)ältnijye fid) aümdblic^ locferten, ge*
langten neben bem ^ofgeric^t in ben
9fleid[)0t)ogteien einzelne igd)öffengcri(f)tc
angefe^ener 6täbte ju bcfonberem Qtnfefien,
inbem fie p Ober8erict)ten für bejlimmtc
anbere @täbte unb Drtfc^aftcn erhoben
würben ; tai war ber gatl bei ben
(Scf)öffenjlüblen ju 1^1^'^"^ f"i^t ' Qlac&en
unb feit bem 14. 3öf)'fbunbert namentlich
ju (Rottweil, befi^en ©etic^t ben Sfiamen
faifcrlid)Cö ^ofgerid)t annal)m. (Sä
bejianb biä in bie legten Qtittn bee
5Reid)eä unb erftrecfte (eine ©eric^täbatfeit
über einen großen Seil üon ©übbeutfc^«
lanb, toä) f 0 , ta^ foji alle torne^meren
Oteic^äftönbe 'mit ber 3^'^ bacon cyimiert
worben waren. S)aö 2tmt beö |)ofti^terä
wor bei ben ©rafen »on €ulj, fpäter bei
ben ^üifttn »on Sd^warjenberg erblich
geworben. I)iefer ober fein ©teiloertreter
^attc elf i8eifi|.er, teilä üon 5lbel, teilö
iRottweilif^e SRatecerwanbte.
%nx tai eigentli^e Äönigö« ober ^of«
geriet fe^te ^riebrid) II. 1235 einen
^ 0 f r i d) t e r ein , justiciarius curiae,
welker ben ^of begleiten, täglicfe anflatt
bee Äönigö ©ericfct t)egen unb minbcjien«
ein '^a^i lang im 5lmt bleiben fotlte.
2Bid)tigerc ®a(f)en aber, namentlich) wo
ti ^ütften ober anbern ^o^en |>erren an
il)ren ßeib, SRe(i)t, S^re ober 23ermögen
ging, blieben bem Könige perfönlid),
mit 3usiebuii9 >">n JJürjlen aU Urteilern,
»otbel)aUen, ober fie würben, nac^ feinem
Qluftrage, nom ^faljgrafen com SRtieine
geleitet. Ulun fonntc man Fk^ aber unter
Umftänben ftatt an ben ^ofri^ter unb
hai ^ofgerid^t an ben Äaifer fclbft unb
feine Äammer wenben, unb nacf)beTn
wäljrenb ber ißerwirtungen beö 15. 3o^r*
bunbertä »on ben »Jütficn wiebcrfiolt
klagen gegen bae ^ofgcri^t laut gcwor*
ben waren, fe^te enblic^ ^riebrid) HL
1471 ein bleibenbeä Äammergeri(^ t
ein, beftebcnb ani einem „.Kammerrid^ter
mit einer jimli^en 3^^.^ etbaren, tebeli«
eben, beifi^enben Urteilern", unb jwat
o^ne fejlen ®i^, an welcf)eg unter bem
IRamen beä faiferli^cn ^of' unb Kammer*
gerid^tea appelliert werben fonntc. 2)iefcä
®erid)t würbe 1495 jum faiferli^en
ober iRcic^äfammergerid^t erweitert,
©aefelbc würbe ju ^rdnffurt eröffnet,
bann balb t>a, balb bort gehalten, einige«
mal auö TOangel an Unterhalt in Stiflfianb
gefegt, 1517 in ©peier terfammctt, burc^
!Rei(|ebef(^lu§ 1530 bort für immer fijicrt,
aber naä) ber Verbrennung ber ©tobt
burdi bie ^ranjofen 1689 in 2Be^Iar
1693 wieber eröffnet. 2)ie 16 Urteiler,
5ur ^älfte JReditägele^rtc, jur ^älfte »om
■ülbel, würben juerfi öom Äaifer mit bem
SReic^ätag gewäl)lt, bann mit ber 3«it <iuf
41 cermebrt unb ibre ^räfcntation feit
1507 unter bie Äurfürfien, ben ^aifer für
feine (Srblanbe unb fecft« Äreife oertcilt.
5luä üJJangel an Sefolbung flieg bie wirf*
lic^e 3at)l "'cf)t über 17. 2>er Äammer*
ri(f)tcr, ber ein ^^ürfi, ®raf ober i^rei*
l)crr fein mufte, würbe 00m Äaifer ge«
wä^lt. jDie erj!e Äammergericfttöorbnung
flammt auö bem 5al)re 1495, bie Doll»
fiänbig erneuerte, f on Äarl V. vorgelegte,
auö bem 3al)re 1548, publijiert 1555.
3ur 5lufrcci)terl)altung ber Drbnung war
eine iäbrlict)e SSifttation burcft ein au*
faiferlic[)en unb reüäflänbifdjen Äom«
miffarien gemifc^te S)eputation üorge»
fc^rieben; feit 1588 fanben jebod) nur
nocf) einigemal au§erorbentIi(i)e ^ßiftta«
tionen fiatt. (Slöalter, iRecbtägcfc^i4)te.)
Pannen. Sie gro§c SDleffannc, lat.
ama, nrcens, war ein @ammel!rug, au*
bem ber ©ubbiafonuö ben ©ein in bie
tleinen a)ie§fännd)en fluttete, au« welchen
ibn ber J)iafon in bie Äeld)e go§. ^Daneben
fennt man aucf) bie (Sie^Eannen,
welcbe bem ^riejicr tai 95ßaf^waf[er auf
bie ^änbe träufelten. SDie ^orm ber
Äannen war weniger genau befiimmt al*
bie ber Äel^e, unb wä^renb bie erjigc=^
nannten wo möglich ebenfaü* au* ©Über
ober ®olb gemalt würben, befianben bie
Unteren ^auptfäcblic^ au« SronjC, 3^""
ober ®la« unb erhielten mit Vorliebe
liergePalt (Cöwen, "Dradien, ®reifen,
Vögel); oft jletitcn fic anä) (Reiter bar.
Äanone — Äanonifcr
337
5Dcr SRüden trägt gett)öl)nlid) einen ^enfel,
in OJJunb ober ©tirn j^ecft tai Sluöguf»
rot)r. @o bürftc ber „filberne D^eitcr",
bcn nebfi Dielen golbercn ®efä^en unb
©eräten ber Srjbifd^of ©runo ton 6öln
^interlic§, nur eine foIcf)c ©ieffanne gcs
tt)efcn fein. iSronsenc Äannen trifft man
ober f(ion unter ben alt^eibnifc^en @rab=
funbcn, WQÖ auf beren ©cbrauc^ beim
©ötterfultue fcf)tiefen lä§t, unb eö bürfte
i^rc (Sinfü^rung in ber c^rifilic^en Äirdtje,
tt)ie fo man^ anbere ^anblung unb Sitte
berfelben, auf urcint)eimifd)er Überliefe^
rung berufen. ^Daneben mar aud^ bie
^onncnform gebrdud^Iic^ , fo namcnttid)
mä) für bie Sauf* unb 9We§f ännd^en,
bie oft mit biblif(f)en Silbern unb Snftg«
nien (Äreuj, ßamm, Saube) öerjiert unb
mit Vorliebe au^ ®Ia^ gefertigt ttjurbcn,
bamit man »on äugen ibren 3nf)alt unter=
fd)eibcn fönnc. SBaren bie Äännd)en
metallen, fo be5cicf)nete man fic mit einem
V (vinum) ober mit einem A (aqua),
töeibc Äannen Ratten fd^on früf) eine ge«
meinfc^aftlic^e ©cl)üffcl alö Unterfa^«
teuer. Siatürlid^ blieben aucf) bie ^Jormcn
ber Äannen, mie bie ber ÄeM)e, nicf)t
immer bicfelben. 9iamentlic^ maren eö
bie %ü^i, Änäufc, ^enfel, S)ectel unb Qluös
güffe, bie oft pbantajlifdb b«au^gebilbet
trurben. ülad) aBei|, Äofiümfunbe.
Kanone, ftebe ^Irtillerie.
^ononifcr t)ie§ urfprünglic^ jcber ®eiji=
tidje, ber in ben Äanon ober bie SpfJatrifel
einer Äird^c eingetragen unb ju (Sin=
fünften barauö berechtigt war, jum Unter=
fc^iebe üon folcfeen (Seijilic^en, bie nur an
Äapcllen fungierten. @c^on ju Olugu^inö
3eitcn lebten »iele ©eifllid^c, oljnc gerabe
in eine flöjlerlid^c 33eveinigung jU treten,
nad) einer allgemeinen, cor ben 2öelt=
9eijilid)en fte auöjeic^nenben 9'Jorm, Canon ;
\i)x Dtame war Canonici, il)Te Sebenömeife
Vita canonica. ®ie lebten nac^ geifHid;en
fRegeln, legten fein SKönctjägelübbe ab,
famen täglich in i^rem Sl^iünPer jufammen,
l^ielten Äapitel, Capitula, unter bem SSor*
p|e il;reö Sifdjofö, bef^äftigten ftd) mit
Wiffenfc^aftlid^em Unterri(ä)te , a§en unb
fd^liefen jufammcn. 2)iefeö Snflitut ber
vita canonica neu eingeführt unb bamit
ber jerfaücnen geifilid^en 3u<^t aufgef)olfen
gu t)aben, iji iai 93erbienfi 6.t)robe«
gangö, Sifci)ofö üon 9!)ie|, geft. 765 ober
766. 3n feiner auö 32 Äapitcln bejtet)cn'
bcn SRegel gebot er bae gemcinfamc ?ebcn
unter ber unmittelbaren iHufficbt beö
Sif(!^of^, »erorbnetc bie brei gcwötinlicfjen
^lofiergetübbe ber ^rmut, .^eufcf)beit unb
beö ©e^orfamg, befat)l fromme Übungen
felbfi in ber JJad)t nadb ber ^olge ber
fanonifct)en @tunben, wieö jeben ©eift»
lid)en an, täglid^ jum Äapitel ju tommen,
in weld^em ein 5lbfd)nitt ber Drbenöregcl,
Capitulam regulae, Porgelefen werben
fotltc, legte bie Beobachtung beö ®till=
fc^weigenö auf, tai nur im ^alle ber
IRotwenbigfeit f^n untcrbrcdien gcjtattet
war, unb überlieg bem 93if(^of ober Drbcnö-
obern bie ©eftimmung für ben Untcrl;alt
ber Orbenöbrüber au^ einem Seile ber
©tiftögüter unb 3c^ntcn, geftattete jeboct)
bcm einzelnen Eigentum ju bcp|(en.
Äarl ber ®r. betätigte bie 3fiegel
Sl)robegangä auf bem Äonjil ju *)lad^en
789, unb Öubwig ber fromme üermebrte
unb erweiterte fie auf bem .f^onjil ju
*Jlac^en816. 2)ie Äanonifer bilbcten nun
eine geiftlid^e Korporation, unb namentlid^
entftanben an ben S)om= unb ilollegiat«
b. i). ben nid)t bifcl)öflid)cn .^irdjen Monas-
teria Canonicoram ; jene t)ie§en Canonici
cathedrales, 3)om Ferren, m^b. taom-
herren, bicfe Canonici coUegiales. SDic
S)om^errn, auc^ @,tiftöl)erren ober
Äapitularen genannt, bilbeten alö
geijllid)e^ ÄoUcgium tai 2)cmfapitel.
©eit bcm 10. 3af)rl)unbert fing wie
in bcn großen Älöftern ani) in ben ^Dom*
fapiteln, welche nun rcgclmägig bem böfi=
fd^cn ober abcligen ©tanb anget)örtcn,
tai gemeinfame ßeben an aufjuljören;
bie fiir i>ai SDtünfter bcflimmtcn (Sin=
fünfte ber Äir^c, 3el)nten, Pfarreien unb
ein Seil ber (5innal)men beä 93ifd)ofö
würben, jucrfi in Äöln 853, ben Äano»
nifern aU ©tiftögut überwiefen unb
bienten nur jum Seil nod) für 3*^^^^
ber (Scmcinfc^aft, fonft aber würben fie
auf bie einjelncn Äapiteljieacn aU felbs
jlönbigc *Pfrünben repartiert. @eit bcm
12. 3a^r^unbcrt fügten ftd) f)ier unb ba
nad^ bem Sefe^le ber Äird)e cinjclnc S)oms
fapitel ber fflicbercinfü^rung be^ gemein«
famen ßebenö unb fet)rten ju beö beil.
5luguftinug (Stiftung (QUigu^incr«
regcl) jurüd, nabmcn aud) etwa iDiönd}ö«
regeln, namentlid^ bie *Prämonfira«
tcnfcr SRegel an, welche felber au«
einer SBerfc^drfung ber ^lugujiincrregcl
beroorgegangen war, unb l;ic§en bann
regulierte G^or^erren ober Cano-
nici reguläres, im ®ei?cnfa^ jU bcn
ber SRegel ber 2Bcltgeipiid)cn angeboren«
ben Canonici seculares. S5ic Ic^teren
waren nic^t einmal jietei Älerifer. Sn^nict
338
Äanonif(^e^ iRtd^töbuci^,
mc^r gelang eö if)nen, ben 93ifd)öffn
gegenübet eine unabhängige Stellung ju
erringen , fie lebten »on ibrcn reidben
(JJfrünben aU Vetren unb überliefen bie
fleijilid)en gunftionen gemieteten 33ifarcn.
iSö nü^te wenig, ba§ bie Äircfce gegen
biefen 9}?i§braud^ auftrat unb j. 33. i>a^
SBaeler Äonjil perlangte, ta^ bie ^älftc
bcr 2)onil)errcnfieücn ÜJlännern f on »iffen^
fd)aftlid)en unb firc^lid)en Serbtenficn
jugewiefcn würbe. 3" fielen S)omfapiteln
Würbe e« gefcgilic^e 93cPimmung, baf nur
folc^e 5lbcHge al^ ©ombcrren aufgenom?
mcn werben foüten, bie ac^t biö fed>jebn
5l^nen nac^juweifen bitten ; aud) würbe
allmdblid) feit bem 16. Jab^bunbert bie
p.abl ber ÜDomberren fefl benimmt, bie
Äapitel Würben Capitnla clausa, ^m
®egenfa| ju ben eigentlicben ^»omfierrcn
ober ben Canonici majores nannte man
je|t bie Syfpeftantcn Canonici minores
ober D omicellares; man forbcrte üon
tt)nen au^er bem 3lbel^na(i)Weife ein 5Uter
t>on minbeftene 14 5ol)ren, bie gertigfeit
latcinifd) ju lefen unb ju fingen un^ bie
Qlbbaltung eine« Q^robcjabrc^ im Äirc^cn^
bienfi. ^n ber ©pi^e ber Kongregation
flanb, ber ÄlofterDerfaffung entlehnt, ein
Praepositus, bem ein befonberer Qluffeber
bcr ©cbule , Scholasticus , ein S)irigent
beö ßboi^g^fi^gc^» Primicerius ober Can-
tor, ber Custos , bcr Thesanrar ober
Sacrista, ber Cellarius unb ber Portarius
untergeben Waren; fpäter trat nod) ein
Decanns bojU. „8(^war^ röcf unb ein
fdjepicr tragen ft) umb ben arm ge=
mcintlic^ gefdblagen unb feinb t)alb 3J?ünd)
\)a\b ^Pfaffen," [agt ©cbaftian %xant.
3n tai 8. ober 9. ^a^rbunbcrt nerlegt
man ben Urfprung bcr Canonissae,
Weld)c, im ©egcnfa^ ju ben eigentlidbcn
fRonnen, jur freieren SSerbinbung ber vita
canonica j^ufammentratcn. 2luc^ bicfc
Snjlitute ftnb mit bcr 3eit abclige ©tif*
tungen geworben.
brei 3«brbunbcrten bejeid^ncte Äanon
bie teilä auf fdjriftlidjcr, teils auf münb=
lidbcr Überlieferung beru^cnbc SRic^tfdjnur
für Hi ßcben ber gcfamtcn Äir^e. QU^
bie ©tjnoben bie ^auptträger für bie Snt^
wicfelung beä fir^licben Sebcn^ geworben
waren, unb namentlich bie allgemeinen
©pnoben, würben bie iöepimmungen bie-
fcr au^ canones genannt. SD^it bcr 5lu*s
bilbung unb ©ntwicfelung bcö «|3rimateä
bcr römifd)en 33ifc^öfc würbe bcr Segriff
Äanon auf bie ®enbfd)reibcn bicfcr ober
bie Dcfretalcn übertragen, unb enblicf)
nad^ bem ®pra(i)gebrau^ i>ti SDUttelalterd
jcbc fird)li(f)e S3cjlimmung mit bem
*ilu«brucf Kanon bejeicfenet, im ©cgenfa^
jur bürgeTli(^en lex, ®efe^.
S)ic dltcfien (Sammlungen fircftlic^er
25crorbnungcn, namentlich »on Äonäiliens
bef(^lüffen , ftnb in gric(^ifcf)er @prad)c
abgefaßt; »on tbnen bcfa§ bie abcnblän^^
bifd^c Kirche f(i)on im 5. 3^^'fbunbert
latcinifc^e Überfe^ungen, »on bcnen brei
bcfonbcre ©cltung erlangten: 1. bie fogc
nannte fpanifcftc ober tfiborifdjc,
bie lange 3cit fdlfd)licf) bem 3fibor con
©coiüa jugcfcbricben würbe; 2. bie Wat)r=
fcbeinlicb in 3talien »erfaßte versio ober
translatio prisca, unb 3. bie ©ammlung
beö 93Jönd^c8 Dionysius exiguns;
Mefelbe fam in bcr römif(i)cn Äirctic aü^
gemein in Oebrauc^ unb erbiclt unter
Karl bem ®ro^en bie Qlutorität cinc^
offiziellen Codex canonum. ÜJJit 3"'
grunbclegung biefer ältejlcn (Sammlungen
entflanbcn bis ins 12. 3abr^unbcrt in
ben einjclncn Sönbern mit ber ^ät jabl=
reid)c neue Kompilationen, welche ben
3wedE bitten, tafi in ben früberen SBer=
fen jcrflrcutc aj?atcrial in Serbinbung
mit neueren fircblicbcn ©a^ungen ju einem
überftct)tlid)cn unb bem prattifc^en 93e»
bürfnijfe entfpved^cnbcn ®anjcn ju »cr=
einigen. ®egenüber ben älteren tompen=
biÖfen unb mcijl nur lofalen Sutereffcn
bienenbcn Sammlungen finb bie fpätercn
großenteils pon bcbeutenbcrcm Umfange
unb Pon ber 5lrt, ta^ fte über bie 2)iöccfe
binauö , in ber fte cntpanben , benu^t
werben fonnten; babin gehören u. a. bte
Sammlungen bcö 5lbteS Ütcgino Pon
q3rüm, geft. 915, bc« Sifcbof« «urc^arb
Pon Söormö um 1220, bce 93ifcf)of«
300 Pon Sl)artrcö, geft. 1117. 3nimer
blieb jeboc^ tai ißebürfniS einer Sarnm«
lung, welcbc mit 93cfcitigung beö unbrauc^«
bar geworbenen baöjcnige jufammenflelltc,
maii bleibenben praftifdben fflcrt befaß
unb namcntlid) bie oiclfadben SBiberfprüc^e
pcteinigte. Sine fold^c ©ammlung bt'
wcrfftekigtc ®ratian, wabrf(f)cinli(^
Kamalbulcnfer ÜJiönd) im Kloficr ©t.
Selty ju ©ologna, um bie iDiitte bcö 12.
3abtbunbert«; fte trägt mcifi ben 9?amen
Decretam Gratiani. 2)iefc« SffierE, burc^
wcldbeö bie älteren ©ammlungcn pcrbrängt
würben, crfcbien ju ber 3eit, wo ©ologna
ber ÜJJittelpunft ber berübmtcn JRecbtä'
fd)ulc war; bie SWetbobe ber ßebrer unb
©loptoren be« römifcben Oiec^tcö mürbe
j^anjel.
339
Sorbilb unb SDJufier für bie »iffcnfcfcaft*
lid)e Sc^onblung i>ti ®ratianifd)en S)c-
frctcö, unb ©ratian felbft \)Hlt juerft
a3ortrttge über fein SBcrf unb ttjurbe ta--
burct) ber Sßegrünber einer neuen ®d)ule
bcr Äanoni^en ober S)efretifien. ©aburd)
ttjurbc bie Sammlung in ben tt?eiteften
Greifen bcfannt, unb bie tüpfle felber
benu^ten unb citierten fie in i^ren SJefre^
talen, o^ne ia^ jie jwar »on irgenb einem
(ßapfic auäbrüdli^ befiätigt ober aU
autbentifc^er Äobey ber Äircbe angenom*
men njorbcn tüäre. 2)er Umftanb, i>c\%
bai Decretam Gratiani in eine ßeit fiel,
h)o bie fruchtbare gefe^geberifcbe ibätig=
feit ber auf ber ^öbe il;vcr SKac^t fiebcn=
ben *PQpftc ein neue^ au^crorbentlid^eö
reicbcö tircbenred&tlicbeö SWaterial bert)or=
brad)te, tüelcbeä bie bisberige 2)iöciplin
pielfai^ mobipjierte unb tt)eiter entnjicfeltc,
lie^ ba^ 2Berf ©ratianö balb alö antiquiert
unb unüoQpänbig erfdbeinen unb rief tai
SBebürfni^ neuer Sammlungen l)iXt>ox,
wclcbe, t>a ftc fajl auöbrüctiid) papjilicbe
©enbfd)reiben unb unter päpfilid)er *Uuto*
rität abgefofte Äonjilienbefdblüffe entt)iel=
ten , meiji Collectiones decretalium ge«
nannt reurben. Die fünf Widjtigflen biefcr
Sammlungen lie§ ©regor IX. im Sa^re
1230 butä) feinen Äapeüan unb $öni'
tcntiar SRapmunb non *Pcnnaforte
in 93erbinbung mit ben ®re9orianifd)en
2)cfretalen nad) einem üerbeffcrten ®t)fiem
in eine Sammlung verarbeiten, roelc^e
ben D'iamen Decretaliam Gregorii
IX. compilatio trägt unb fottJOl)! auf
ben Unirerfi täten mie in ber *Prayiö ein=
geführt routbe. SRacbbem bie folgenben
$apfie neuerbing^ tirdblicb^ ©efe^e al^
*Jlüd)triige unb Qtnbange jur üorigen
Sammlung publijiert bitten, Iie§ $apfi
SBonifajiuö Vn. biefclben in Serbinbung
mit feinen eigenen jal)lreic^en ©riefen
ncucrbingö ju einem ©anjen aufarbeiten
unb »crüffentlid)tc biefe Sammlung 1298
unter bem Jitel Liber sextus, meil
burcb fte bie fünf S8ü($er ber 25efretalcn
©regorö IX. ergdnjt »erben fofltcn. 3)ie
le^te offtäieüe Sammlung fanonifc^er
SRetibtöquellen ftammt oon Slemen« V.
auö bem S^bre 1313 unb trägt ben ^ta^
men Constitutiones Clementinae.
Tlit ibnen fd)lie^en bie offiziellen 5Defrc=
lalenfammlungen ab. 5Da^ erfd)ütterte
31nfeben bcr 'köpfte, bie feit bem 14^ 3abr=
bunbcrt fic^ jieigernben Äämpfeberfelben mit
ber n)eltli(^en ©eiüalt unb einjelnen 3^iatio=
nalfircben liefen ben ßrfolg berartiger
Unterncbmungen alö problematifdb crfcfeeiä
nen unb naftmen bie Sbätigfeit bcr ^äpftc
für anbere 3tt'ede in 2lnfürucf). 93ebeu=
beutenbe lietretalen mürben vorläufig
nur noc^ einjcln verbreitet unb von ben
ßebrern beä Eanonifcftcn $Red)teä fommen«
tiert; erjt burd) 3obanncö ©bappni^
»urben fte ebenfalls gefammelt, in jttjci
Seile geteilt unb alä ©ytravaganten,
b. b- einjelgcbcnbc, im 3abrc 1500 jueiji
ben ßlementinen beigefügt.
©^on im 12. 3abrbunbert rourbe
©ratianä Defret Corpus juris canonici
genannt, nic^t minber l)ii^ bie ©rcgoria*
nifd)e Sammlung frül) Corpus juris; fo
ifi in ben Qlften ber Äonjilien beö 15.
^sabtbunbert« ijfterö »om Corpus juris, Jus
scriptum, Jus commune bie SRebe. 5ln«
fangö finö bie Sammlungen , aui
benen baöfelbc befiebt , nur cinjeln ge*
brudt worben, tai ®ratianifd)c ©efrct
in StraPurg 1471, bie ©regorianifd)ctt
I)efretalen äuerji in SOJainj obne *llngabe
be« 3i^)i^^^' fin^ folgenbc 1473 ebcnba*
felbji bei *Peter ScbiJffer, ber Liber sex-
tus in 2Rainj 1465 bei Job- ^n^ unb
^. Sd)cffcr, bie Clementinae bei benfei«
ben 1460. 3"^ ^ß- 3«bi^bu"bcrt mürben
biefe einjelncn Seile, feit Sbappui« mit
ben ©ytranaganten pcrmebtt, gcroöbnlic^
üon berfclbcn Dffisin in 3 Sänbcn b«*
ausgegeben, bercn erjicr iai Dcfret, öet
jmeitc bie ©cfretalen ©regor« IX. unb bet
brittc iiüi übrige umfaßte. @rft feit man
in ber jroeiten ^älfte beS 16. 3abrbun*
bertä alles in einem Sanbc äufammen«
fa^te, finbet fid) aucb bcr ©efamttitel
Corpus juris canonici. 2Baff erfd)leb en
in |»erjogS SReal=®nct)El.
tanjel» 3n ber altd)rif^li^cn Saftlifa
crbobcn ftcb rechts unb linfS oom Sänger«
d)ore, bai »om ^\)ox bei in t>a^ ßang«
^auS bineinwcbte , rittlingö auf ber
«alufirabc eine Äanjcl, 2lmbo genannt,
bercn eine auf ber Storbfeitc befinblicbe
jum SSerlefcn ber etangelien, bie anbern
gegenüber jum SBortrage aue ben Spificin
benimmt mar. QluS ben ^Mmbonen ent«
midclte fxd) mit ben crften *Itnfängen bet
©otif bcr ßettner, lectorium , eine
auerbübne jmifdben ß^or unb Scbiff, bie
gcmöbnlicb auä brei nebcneinanber befinb*
lid)cn ©cmölbeiod)en beftanb unb vor«
märt« unb rüdmärtS oon reid^gefcbmüd«
ten iöogenjieHungen getragen mürbe. *Muf
bem ßettner fclbfi befanb fxd) eine f(^male
(Smpore, auf meld)er gemöbnlid) ein Scfe«
pult erricbtet mar, bie Äanjcl, bercn
340
Äattilet — Äapeüe.
3lamt auö lat. cancelli flammt, b. i. bae
©ittcrmerf, umgitterter JRaum. SBd^renb
bicfeö ßefepult in 2)eutfcf)Ianb noc^ im
14. 3af)r^unbert jum 5lb^alten ber ^rc=
bigt benufet mürbe, trennte man in 3tatien
ju Ounflen ber prebigenben Settelmönc[)e
bieÄanjel ober ben ^rcbi gtftuf)! f($on
im 13. 2al^rbunbcrt pon bem ßettner unb
crrict)tete if)n juerft in ber 9?d^e beö Ie|=
teren, bann an einem Pfeiler an ber
Siorbs ober 6übfeite bes 9!}iittelfc^iifeö als
felbpänbige, auf ©öulen ruf)enbe (Sm^
pore. 2)ie ®otif gab ber aus «Steins ober
©c^ni^merf gebilbcten Äanjel eine vitU
cdige ^^oi^i"/ ^'^ unten ton einer Säule,
öon einem .Sragjleine, fpdter aud^ non
einer SWenfd^ens ober Siergcftalt getragen
toirb, unb über ber ein ptjramiDalifi^ ge=
frönter iSalbac^in, ©d)allbecfel , Äanjel»
i^aubc genannt, angebracht ift. Dtte,
Slrc^äologic, § 48.
Äaiijlcr. Unter ben meromingifc^en
Königen mar es ber aus römifd^en 33er^ält=
niffen ftammenbe referendarins, ber bie
Urfunben beöÄönigö ausfertigte unb unter-
fc^rieb, jU meiern Sefjuf it)m ber fönig-
Iici)e Siegelring übergeben mar. (Eö ift
unter ben meltlicf)en ^of ämtern eineö ber
cinf[u|reici)ften , ia eö bem ^n^aber Sifc
unb Stimme im fönigli(^en JRat unb
(Seric^t erteilte. (So gab ibrer mie ber übri^
gen |>ofämter mehrere jugleicf), bie .Königin
^atte einen befonberen für fici). Seit
<]3ipin unb Äarl bem ©ro^cn ^ci^t ber
SBeamtc, bem bie Qluäfertigung unb Se-
ftcgclung oon Urfunben jufommt, regel*
mäfig Äanjier ober iJiotar; eä giebt
i^rer aud^ je^t nocf) mehrere, bie jum
2eil ju 93otfcf)aften Permenbet werben.
(Srfi unter ßubmig bem frommen tritt
unter il)nen alö erjler ein oberfier ^Jotar
ober (Srjn 0 tar, protonotarins, summus
notarius be^ faiferlicf)en *palafie« auf,
ber unter Submigs ©öt)nen summus can-
cellarius, oberfier Äanjler piip. ^aji
immer mar eö jefet ein ©cifitic^er, ein
9lbt eine« Älojierö ober fonjl ein SWitglieb
ber fönigUd)en Äapelle (ftef)e bicfen
Qlrtifel), bie je|t überf)aupt in na^e 93e=
jiebung jur Äanslei gcbra(i)t mürbe. S)o*
«r^ält bie le^tere erft aümä^Iic^ eine be=
Pimmtere Drbnung, unb bie 5luöbrücfe
IRotar, ergfaplan unb Srjfanjler mect)feln
nod) längere 3eit. Stfl feit ßotbar gab
€ö regelmäBtg nur e inen Äanjier, ber
mcifl nur bie Urtunben unterfc^rieb; t)ei=
faft unb gefcf)ricben mürben ftc non un=
tergeorbncten Äansleibcamten. SDtit ber
Äanjiei maren oft anbcre gcifilid)c Stellen
üerbunbcn, namentti(^ bie *Propfici be^
iDJarienfiifteö ju *ila($en. Oft »ermattete
ein 93ifcf)of ia^ Äanjieramt, hai über^
^aupt eine Staffel ju ben bödjjlen Stiren
beä SReid^es mar; bcnn es t)atte burd) bie
SD^änner, bie i^m »orfianben, unb ben
(5influ§, ben biefe übten, eine »icl mid^=
tigere Sebeutung erlangt, al^ bie formeüc
ßeitung ber Äanjlei mit ftc^ gebracht
^dttc. S)ie Äanjler maren bie regelmäfis
gen ^Begleiter be^ Äönige auf feinen
3ügen unb mürben burd) iai SBcrtrauen
besfelben ju allen bebeutenben ^Ingelegen?
Reiten beigejogen.
3ebe Urfunbe beö Äönigö mar an bc^
pimmte i^ormen gebunben unb beburfte
ber Beglaubigung burcfe ben Äanjler, mie
ber Sßeftegelung, bie oon ibm abging unb
um berenmiüen er iai Siegel bemattrte.
Übrigens befianb neben bem eigent«
lid^en Äanjteramt tai beö Srjfanjler^
unb Srjfapedans fort unb ämar meifi in
ben ^änben ber 6rjbifd)öfe r>on SKainj,
Srier unb Äijln; für Stauen unb Surgunb
gab es eigene .Ranjler; fpäter blieb bie
©räfanjlermürbc in (Sermanien an ben
cräbif^öftic^cn Stubl in SOtainj gefnüpft;
ber bann ben eigentlichen Äanjter aU fei*
nen iBijefanjler ernannte, jefcodb bie 25or*
bereitung unb ßeitung ber iReic^sgefcbäfte
unb SRci^soer^anblungen in eigener ^anb
bef)ielt. 2ßai&, 23erf.=@efdb.
ta^jeüc, ftönigltt^e Äctjjcüe, tdplon.
Kapellen ober Oratorien frnb gotteö«
bicnfilid)e ©ebäube, melcbc blo§ jum (Se*
bete ober jum <Prioatgebraucbe benimmt
finb. 3" altcbrifilict)er3eit war baö ^aupt*
fäd^lid^fie unter ben firdilic^cn 3?eben=
gebäuben bie lauff ap eile, Baptis-
terium, meldte aui einem 93orgemad^e
unb bem ^auptraumc mit bem 2öaffer=
beden, piscina, befianb unb in ber
iRäljc ber .^auptfird^en crrid^tet mar. S)cr
^auptraum mar gemö^nlid) pon runber ober
adbtecfiger ©runbform, unb bie innere
(Sinrtdptung beö regelmäßig bem läufer
3obanncö gemibmeten (Sebäubeö erinnerte
ebenfo an bie glcid^namigen Sd^mimm*
teic^e in ben antifen Bäbern, wie bie
©runbform an bie antifen (Srabmälbc.
Sold^e laufbäufer befanben ftd^ nur an
ben bifdt)öflic^en Äatbebralen, mit benen
fte burd^ einen Säulengang perbunben
maren; bcnn bai Saufred^t fianb in
älterer 3cit ^lo^ ben i8ifd)öfen ju. (Sr*
[)alten ift auf bcutfd)em ©oben feincö;
bod) erinnern oerfc^iebene in ber Siälje
Äapcüe.
341
üon Äat^ebralcn erbaute, jum 2;eil crjt in
neuerer 3^*^ abgcbrodf)ene 9?cbcnfird^cn,
tüeld)c bem So^''""^^ 39aptifta getrciljt
ftnb, an ba^ el^emalige SBor^anbcnfein
tton Saptijlerien, fo in ÜJiainj, 2Bormö,
©peier, ©traPurg, ^ugöburg, iRegenöburg.
Qtlö befonbcrc Sauwerfe ftnb au§erbem
SBaptiPerien bei ber 2lbtei!ir(^e ju j^ulba,
unb in fpätcren Umbauten oorfianben bei
bcn iKünfiern ju 5tacf)en unb ®ffen.
aSernjanbt mit ben 93aptifievien ftnb
bie ^äupg bem (Srjenget SOtic^ael geinibs
metcn runbcn ober »ielecfigen (Srab*
f apellen auf Äird^pfen, üU 9'?ad)bil=
bungen ber SRotunbe über bem l^eiligen
®rabe ju 3«ufalem; ixxi älteftc Scifpiel
baüon ifi bie iKid^aeliäfird^e ju i5u^^<J'
h)elc^e 820 nac^ bem *piane bcö in ^txn=
falem gemefenen fRabanu^ ilRauruö errid)tet
würbe; aucft bie öom t)cil. Äonrab (935
big 971) jut Erinnerung an feine ipilger'
reife nac^ Jcrufalem am 2)om ju Äonjlanä
cttidbtete ©rabfapeßc ift erl)alten, tt?ie
manche anberc ä^nlic^e Sauten, nament;
lid) in Dficrreicf).
(Sine befonbere ©attung ber Oratorien
Bilben bie ©urgf apellen; ftc finb, mit
ben jletä im jmeitcn «Stodtticrf belegenen
]^crrfci^aftlicf)en Sffiobnräumen in Btrbins
bung fie^cnb, geroö^ntic^ ebcnfaQö im
Dbcrgefc^of angelegt. 5Wanc&c Surg»
f apeüen fmb jobo^ al^ SD o p p e I f a p e It e n
gebaut unb beilegen au^ jtnei über«
»Dölbten ©tocfmerfen; i>a^ Dbergcfcf)o§ ijt
bann fietä ber t)öf)ere unb reid^er üerjierte,
oft mit Sduten auö cbicm ©ejiein auö;
gemattete ^ouptraum, hjä^renb tai jur
©rabftätte unb jum Jotenbienjie beftimmte
(Srbgef(f)o§ niebrigcr unb einfadjer ge=
l)alten ifi; eine vergitterte ober mit einer
93rüfiung^mauer »etfe^ene, im ^uPobcn
ber Dberfapcüc befinblic^c Öffnung ge*
fiattct ben ßinblicf auf bie ©ruft.
©er 91amc Kapelle tüirb oon bem
SWantel beö ^t. SWartin von Sourö, ber
cappa Sancti Martini abgeleitet, einem
angefe^enen ^eiligtum ber merotüingifct)^
fränfifdjen Könige; fte t)ei§t \i)ux Älcin*
^eit njegen capella, mit h)cld)em 2Bort
man ebenfo ben Ort benannte, hjorin bie
cappa Sancti Martini aufbett)af)rt mar.
93efonbere ©eiftlic^e, Kapellane, mußten
Ire ^üten unb im Ärieg unb ^rieben
überallhin bem Könige nachtragen, ^arl
ber ®r. erbaute it)r an ber ^falj ju
^adjcn, feine Dtac^folger aud^ an anberen
Orten eine eigene Äir(i)e ju biefem S^'cd'e.
S)er erjte ber an biefcr Äapeüc angeheilten
ÄapeUane erl)ielt unter ^pipin unb feinen
IRac^fotgern eine befonberö angefet)cne
unb einf[u§rei(i)c Stellung; er mürbe aU
ber Syjadjfolger beö einzigen 58orPet;crö
ober Qlbte^ beä töniglicfjen Oratoriumö
betrad^tet. (5r f)ie§ Srjpriefier, arcM-
presbyter, auc^ cnstos capellae ober
palatii , arcMcapellanns. Unter feiner
Obf)ut Rauben ade firdbli(i)en ^anblungcn,
bie am ^ofe üorfamen, er fegnete SOJittagi
bie SO^a^Iäeit, er t)atte bie für ben ®otte^=
bicnfi erforberlic^cn ©eräte, Sc^mutf unb
bie anbern ^ier tebenben ©eij^lic^en ju
beauffrcfetigcn. 5lu§erbem ^attc er bie
(Sorge für aöeö, nja^ mit ben geifttic^en
^Ingelegcn^eiten jufammenf)ing ; SBünfd^e
unb anliegen ber ®eif!IidE)cn, ©treitig«
feiten bcrfelben famen j^uerjl an i^n unb
burc^ i^n an ben Äaifer. (5ö mar be^«
f)alb ein ^ot)eä 9lmt, bejfen einflu§ fpäter
nod) baburc^ crfiö^t tt)urbe, ba§ ber 6rj«
f aplan bie faiferlidje Äanslei ju leiten
l;atte, ma^rf($einlicE) auö bem ©runbe,
meil in ber ÄapcHe mid)tige Urfunben
aufbewahrt ju merben pflegten, tiietleid)t
übcrfiaupt ta^ %xä)\x> \)m feinen ^la^
l)atte unb meil überl)aupt immer @eijtlid)e
JU .^analem genommen mürben. S)ie
Äönigin battc ifiren eigenen Äaplan, unb
überijaupt maren jietö mel;rcre ®eifili(^c
an ber Äapelle bet^ätigt; ea galt biefer
2)ienji aU ein SBeg, um ju ^öfjeren
Stellen in ber Äirc^c ju gelangen. 3^^
®influ§ mud^^ me^r unb mcfr; burcf)
atat am ^ofe, burd^ 3;eilnal)me an ben
allgemeinen iöerfammlungen, bur<^ SReid)«
tum unb Tlaä)t in ben cinjelncn *Proüinjen,
bencn fie angebörten, ftanben fte eoran
unter i>tn ©ro^en beö SReid^e§. 51n ber
föntglid)en ÄapeEc fuc^ten ältere wie
jüngere SD^änner 5(ufnat)me. S^itroeife
gab cö fjier für bie Untermeifung berer,
bie in ber Sug^nb an ben |>of famen,
eigene 8el)rer. Qlud^ ju mcltlid)cn ®c«
fd^dften mürben bie Äapeüane gebraucht,
ju ©efanbtfd^aften unb in friegerifc^en
Angelegenheiten, unb cö mürbe geflagt,
ta^ ein mcltlid^eä unb felbft leid)tfertigeö
Sffiefen unter i^nen *Pla| greife, ©fe
firengerc aäfetifdjc SRid^titng ber Äird)e
flagte namentlid) bie Äapctie aU eine
^45f[anjfd)ule ber ©imonie an. 3" Fbem
JaOe mar bie ÄapeUe bie (Pflauäfdiule
beö gpiffopateö unb wenige Sif^öfe ftnb
nic^t eine 3fit I^"S ÜJlitglieber ber fönig:
liefen Äapellc gewefen.
SBic bei tin übrigen ^ofämtern, fo
ging au^ ta^ 51mt bcö ^offapellanÄ
342
^apuäincr — Äarl^fage.
mit bet 3tit an öic flcinercn ^öfe bcr
^crjoge, ^erjoginnen, ÜJJarfgrafcn unb
©tafen über; e8 fcljlte übert)aupt an feinem
fiufili(i)en ^ofe unb roax oft in gröicrer
2lnjaf)I üor^anbcn. Sie gef)örten l)ier ^um
„^ofgefinbe" unb marcn meifi bie üertrauten
Slatgcber i[;re^ ^errn. (Sic befapen eigne
greibeiten, 5. S. in S3at)ern ta^ iRe^t,
mit einem ©efolge con »ier big fcc^e
(Perfoncn bei |)of ju crfd)einen; ber obcrfie
^offaplan fiattc i)\q bei lafel ben näd)ften
<£i^ am |>erjog. Oft \r>ax bcr Surgfaplan
iaii einjige SDiitglicb bee. ^ofgcftnbce,
baö (^reiben unb lefen fonnte, er lai
bann bic cingct)nben SBriefe, fcferieb bie
2lnt»orten, fertigte Urfunben, untenrie«
bie Äinber, rcpräfentierte übcrl)aupt bie
gelehrte Silbung auf ber 93urg. Über bie
Qtrcbiteftur ber Äapeüen Dtte, Qlr(f)äos
logic unb ©c^ul^, ^löfifctiee 2eben,
Slbfcbn. I; über bie föniglic^e Äapeüe
2Baife, 93erf.=®efct).
Äa^JMSincr, fmb au« einer Sersiüeigung
beö gran^iefancrorbenä {)err>Drgegangcn.
3f)r Url)cber i)! SWatt^äuä Don Q3affi
im ^erj(ogtum Urbino, ber fic6 fon einem
Älojlcrbruber fagen Iic§, ber ^I. griinji^'
fus I;abe eine anbcrc Äapu^e getragen, aU
bi« baf)in geglaubt unb oon ben ^ranji8=
fanern angenommen vsax. @r entfernte
ftd) infolge biefcr niiAtigen ©ntbccfung
au« feinem DbfcroantenfloficrSKontefalconi
unb crfcbien 1526 inJRom t>or Giemen« Vn.,
bcr it)m gefiattctc, mit feiner ppramibalcn
Äapujc unb feinem langen ißarte alä (iin=
fteblcr ju leben unb überall ju prebigen,
Wenn er ftc^ nur alljä^rlicf) in bem ^xo'
üinjialfapitcl ber Dbfereonten barfieütc.
^di) Dielen ©treitigfeitcn mit ben Jranji^s
fanern gab il)nen Glemene VII. am IS.
3uli 1528 eine 93ulle, njclc^e fie aU be=
fonbcte Kongregation beflätigte, oon ben
öbferfanten befreite unb ben^onnentualen
untcrorbnete, iai Untere infofern, als fte
nur einen ©eneraloifar f)abcn burften,
ftcf) ißifitationcn i^on ben Äoncentualen
gefallen laffen mußten unb bei iProjcffionen
nur unter bem Ärcuje ber Äonoentualen
ober ber $farrgeiftlic^feit ge^en burften.
©citbem fie nun frei mit i^ren lang ju«
gefpi^tcn Äapujcn prangen burften, mur=
ben fie oon ben fieutcn Gapujini,
Äapujinermänndben, gcf(^oltcn, ein ütel,
bcr 1536 ausbrücflic^ anerfannt würbe:
fie {)ie^en jcht Capucini ordinis fratrnm
minornm ober Fratres minores Capacini.
31)r erfie« Äloficr tvax bai »on (Solmenä
jono. 3n i^ren Statuten würbe »erorb?
net , fie folltcn ben ©otteäbicnji in alter
jirenger SBcifc f)alten, für feine SOicffe
eine Vergeltung nelimen, jmci ©tunbcn
täglid^ ftiflee ®ebet pflegen, mä^renb t)ti
ganjcn Jagee mit ^lusna^mc meniger
©tunben @tillfd)tt)eigen beoba^ten, bad
©eifecln nicht ücrgcffen, Weber ^^''f^' ©itt
noc^ Äafe betteln, mof)l aber iM aüii,
wenn man eö ungebeten gicbt, annehmen,
ni6)t me^r erbetteln, aii für ben Sag
nötig iji, nur auf brci, l)ö(h|ten« fiebcn
Sage Sßorrat fammcln unb fein ®clb an*
rühren. SDie ÄIcibung foU ärmlich, grob
unb eng fein. 3" ^ct 9legcl foUten fte
barfuß gcf)en, ftc^ nur auena^msweifc ber
©anbalcn bebienen unb Weber ju *Pferbc
noc^ ju Sßagen reifen. ^i)xt Klöjler follcn
in ber erbärmlichPen SBeifc aufgefül)rt
werben unb in ber 9legel nur fed)« big
fteben, böc^fteng ^t^n ober jwölf Srübcr
bcbcrbergen. 9lu§cr bem ©cneraloifar
^aben fte *)3ror»injialen, Äufiobcn unb
©uarbiane, bie man alle ^a^xt neu wdblt,
nur ber ©eneralüifar flc^t brci '^dljxt im
Qlmte. 2)er Stifter unb erftc ©cneraloifat
Wattl)aue üon Safjt blieb nur jwci
SKonate im 51mt. ®ro§eä 21nfet)en bcfa§
anfangs bcr ©eneralfifar Scrn^arbin
Ccc^im; aU biefcr jeboc^ in ®enf jum
^rotcflantiemu« überging, wollte ber
Q3apfi ben Drben aufbeben unb »erbot ben
Äapujinern bic ißrebigt. fRur bie bcmü«
tig^e 93ittc unb Unterwerfung bcwirfte
1540 bic erneuerte ©rlaubniä bcrfclben.
©citbem crjl fam ber Jtjpue ber Äapu«
jincr jur fcbarfen ^luaprägung unb
blieben bie größte Sefcferänfung Don ®c«
nu§ unb 23tlbung unb bie abfi^tlic^c
ißerwa^rlofung t)on ®cifi unb Äörper bie
®runbjügc ber ^»eiligfeit ber Äapujincr,
welcf)e nun feit ber [Reformation unter
ben nieberen Solfäflaffcn eine atinlic^t
Sßirfung übten wie bie S^f^iten unter
ben böt)eren unb ^öc^fien ©täuben. Ur»
fprünglid) auf 3t'>l*£n befcftränft, fam
ber Drben 1574 na* ^Jranfreich, 1581
in bic ©d)Wci5, 1592 nach S)eutfd^Ianb
unb jwar jucrfl nach S^n^^i"^- ®*it
1619 erbietten fie enblich eigene ©cnerale
unb iai Cflec^t, in $rojeffioncn unter
i^rem eigenen .Kreujc ju ge^cn; ouc^
macbten fie ficf) im ©cfolgc ber ©panier
unb <Portugicfcn um bic ^eibenbefefjrung
in 21merifa , 5lfrifa unb Elften üerbicnt.
©cit bem enbc beä 16. 3af)rl)unbcrtg
gab e« aud) Äapujincrinncn. 93ogcl
in ^er;(ogei SRcaUßnctjfl.
Äarlöfagc. ©*on fef)r frü^ bemäc^»
Äotm eliter.
343
tigte ftc^ bie ©age bct ßJcftalt ^axH beö
®ro^en, beffcn au§crovbentlic^e Äraft,
Tlaä)t unb Sfiätigfcit fd)on ben Sci^Sf'
noffcn (ilö üon übcrmcnf^Iic^cm Urfprung
crfc^icncn. Tlan erfennt baö bcfonber«
aui ben iltufjeid^nungcn, bie ber namens
iofe SWönd) üon ©t, ®aUen, Monachns
Sangaliensis, auf 39efci)t Äarl^ beö S)iden
»erfaßt f)al: ; befonbcrö tas 25eri)ältniö
Äatle jum Orient unb fein 3"9 "«ä)
©panien gaben ber Sinbilbung SRaum ju
»unberbarcr ^u^fc^müdung. 2)te 2(u^=
bilbung eineö jufammenl)ängenben ©agen=
c\)Uüa gefc^al) aber auf franjöftfdjcm
93oben, ft)o Äarl bem fic^ anmäl)lid^ ent=
»uicfelnben romantif^en iRittertum neben
5lrtuö ba^ ^iial beö tittettict)5c{)rifilid)en
|)elt)enfönig^ würbe; feine eigene (Perfon
jmar trat in äi)ntid)er SBeife wie bei
5trtuö jurüd unb feine $alabine traten in
ben i^Borbergrunb, namentlich D^olanb,
»on bem gefti)id)tli(^ gar nicf)tö anberes
befannt ift, alä fein yiaxm unb ©inbarbö
iWadiricbt im ßeben Äarl, ^ap 9: c« fei
im ©ngpaf ber ^tjrenäen nebj^ üiclen
anberen [gefallen Hruolandus britannici
limitis praefectus, Jlolanb, ber Sefefelö«
f)aber im britifdjen (Srenjbejirf. 5116
|>auptquene ber franjöfifc^sfarolingifdben
2)id)tungcn gilt bie Vita Caroli magni
et Rolandi beö lurpin, meiere bem U.
3a^r^unbert angeljört; alä bcbcutcnbfte
5Di(i)tung tai Chanson de Boland
ober deRonceveaux au«S bem I2.3al)r=
^unbert. ©eitbem in Deutfc^lanb ^ricb^
rid) I. im ^ai)xt 1165 bie ©ebeinc Äarlö
^atte er{)eben unb «ßapfi 5ßafd}aliö III.
unmittelbar barauf Äarl beilig gefprod^en
Iiatte, würbe auc^ bier Äarl^ 9?ame wicber
polfötümlict), unb fo i|i e^ erflärlid), t>a^
halt) barauf jmifd)en 1173 unb 1177 ber
(Pfaffe ^onr ab, ein SBeltgciftli^cr,
iai genannte fran§öftfcbe ®ebi(^t äuerjl
in lateinifcl)e , bann in bcutfc^e SBcrfe
bract)te. S)aö ®ebid)t, Ruolandes liet,
tüurbe fcf)nen beliebt; man jierte bie ^anb=
fd^riften mit Silbern ani unb überarbeitete
e« fpäter. ©o entnal)m man fran^öftfc^cn
Quellen auc^ eine Bearbeitung ber Sugenb*
8efc^icf)te Äarlö, ben Äarl meinet, b. \).
ben flcinen Charlemaine ober Carolas
magnus. 21nbere ©ebic^tc lel)nen fid)
meljr äu^erlid) an ben Äarolingifcf)en
©agenfrei« an, mie Äönig iRuttjer,
h)eld)er ber SSater !pipinö unb ®ro§Pater
Äarlö ip; ^lovc unb »lanfd^eflur,
bie eitern ber SBcrt^a, ber ÜJJutter Äarls;
bie ©Ute grau, bereu ®ema^l ^aiU
mann, beren ©öf)ne Äarl unb (pipin ber
Jlleine ftnb. 3" ^«" gelben Äarlg jd^It
ber beilige 95ßil^elm »on Orange,
ben Söolfram oon (SfAenbacb bearbeitete,
aber unüoflenbct l)interlie§; ^^ortfe^ungen
l)at man Bon Ulrid^ »on Jurbeim unb
Ulrid) bem lürlin. S^x farolingifd)en
©age get)örten fobann iai nieberbcutf<^c
®ebidit Valentin unb 9Jamclo«(, au«
bem 14. 3a^rl)unbert, unb bie au« bem
3^ieberbeutfd)en in f(i)led)teö .g)od)beuifd>
übertragenen ©efcfcic^ten Pon DJJalagi«,
iReinl)olb »on ÜJJontalban unb
Ogier Pon Dänemarf aue bem 15.
3a^r^unbert; fobann bie au« bem ^xan^
jöftf^en überfe^ten iRomane Pon ÜJot^er
unb ÜRaller, bie Pier ^aimon«*
finber,ÄaiferOftaPianu«. Sßacfer*
nagel, ßittcratur, ©. 57. S)ie franjöftfc^e
©age ift fritifc^ unterfucf)t bei ® afi o n,
(Pari«, HistoirepoetiqaedaCharlemagne.
Äarmelitcr. (Sin gewiffer 93ertl;olb,
ber im 12. Jabrbunbert au« Jlalabrien
auf einer Sßaüfabrt ober einem ^rcuj*
juge nad^ (Paläfiina gefommen mar,
grünbete auf bem Serge Äarmel ba,
tt)o^in bie ©age ben Sffiobnpla^ be« (Slia«
oerIegt,*eine D^ieberlaffung unb ©enoffen»
fd)aft Pon einfieblern, mat)rfd)einlic^ eine
JJadjbilbung ber in Äalabrien ^eimifc^
gemorbencn Äart^öufer. Um tai ^a\)x
1185 t)at man ben 33ertl)olb nod) bort
gefcl)en, unb feine ®efeüfct)aft ergiinjtc
unb permc^rte fid) fortmä^renb au« abenb«
länbifd)en (pilgern unb gcfialtete fic^
orben«ma§ig. Srocarb, ber jmeiteSßorfie^cr,
fu^te nun bie firc^Ii^e (Betätigung nac^
unb erhielt pom (Patriardben pon 3£rufa«
lem ri09 eine (Regel, ©ic bcjiebt au«
16 (Jlrtifeln unb fd^reibt ®cl)orfam gegen
bie Oberen, (Eßobnung in abgefonberten
3etlen, (Srrid)tung eine« gemeinfamen
Sct^aufe«, (Ilbl)altung bejiimmter ®ebete,
*}lrmut, |>anbarbeit unb für befiimmte
3eiten x^a\im unb ©c^reeigen uor. 3t"
3al)re 1238 Perlief! bie ©efeüf^aft ben
33erg Äarmel, noanberte juerfi nad) ß^pern
au«, bann nac^ ©icilien, 1240 erf^ienen
fie in (Snglanb, 1244 in ©übfrantreid) '•
it)r erfie« ©eneralfapitel hielten fie 12ö5
in ©nglanb. Sin Pon Äönig öubmig
bem ^eiligen 1259 in (Pari« erri^tete«
Äarmelitertlofter trug namentlich jur (Der*
breitung be« Orbcn« in granfreid) unb
S)eutf(^lanb bei. Unterbeffen Ijatte 3nnos
cenj IV. im 5a^re 1247 auf bie Sitte
be« Orben« (Jlnberungen in ber Organi*
fation vorgenommen, moburd) ftd) bie
344
Aorten — Äartäufcrorben.
Äatmelücr bcn 53ettelmön(i)en nähern
foütcn. 2)ic Zxaift fiattc anfdnglii^ auö
tt)ci§ unb fcf)tt3ai:j (ober braun) geftreiftcn
3Jiäntcln, nadi bcm »orgeblic^en öeifpicic
hii eiiaä, be^anben; je^t nahmen fie
bie S)Dminifancrtract)t an, nur ba§ fte
©d^trarä für ben SRodf, SBei^ für ben
ÜJJantel befiimmten. ©aju fam baä auö
jwei ©treifcn Don grauem SEucf) bcfiet)enbc
€fapulicr, ba« SJJaria felbjl oom |)immel
I)erabgebra(f)t ^aben unb »eld^e« ade, bic
eö I)ier im Seben tragen ober toi)
tnenigften^ barin fierben, feiig mad)cn
follte, inbem Miliaria alle ©onnabenbe in
tai 3^^gfeuer fäme, um bie Sctreffenben
barauö abjufiotcn. 3n i^olge biefer 1287
aufgefommenen ©rfinbung machten bie
Karmeliter if)r ®Iücf, unb eö entfianb
eine ©fapulierbrüberfc£)aft, tt)cld)e of)ne
ein Drbenäuclübbe eine gro§e Wenge oon
fiaien bcm Äarmeliterorben affilierte. S)en
I)ominifanern matten bic Äarmeliter bie
©rfinbung beö JRofenfranjeö jireitig, fte
festen ber «ßortinufulafird^e ber ^ranji^-
faner t>ai |>auö ber ÜJJaria ju Soretto
entgegen unb be{;aupteten, fte Ratten in
ber Siebe ju Spiiaria aüen SOtönd^en ben
Sorrang abgelaufen. 2)ie Sermilberung
ber Drbenöjuc^t t)atte im 15. 3af)rf)unbert
mannigfache 9ieformtierfu($e jur Q^olge,
baju get)i.ntc bie 1452 erfolgte «Stiftung
»on 5r<Juenf(öjlern be^ Drbenö unb bie
1476 tuxä) <Siytu^ IV. gcfc^e^ene ®in=
n(f)tung fon Sertiariern. ^m 16. unb
17. 3a^r^unbert f)at ber Drben nament^
lidfe in Spanien eine neue, oon fcf)n)erfler
Släfcfe unb eigentümlicher ajltjjlif ge=
tragene 99lüte erlebt unb eine Qlrt SDiittel^
gtieb jtt)ifd)cn„5efuiten unb Äapujinern
gebilbet; ii)x Übermut war fo gro§, t>a^
fie ftc^ beö ^öd)fien QllterS unter allen
üJJöncf)öorbcn rül)mten unb eine ununter=
bro^ene (Erbfolge ber Drbenögcneralc
tt)cnigPenä com '^Jrop^eten (Sliao an ju
bcmetfen nermeinten. SSogel in ^erjogs
0ieal=enci)ft.
harten, fte^e ßanbf arten unb @piel =
!arten.
Äartäufer= Drben, jä^lt unter bie aus
bem Scnebiftiner-- Drben im 10. unb U.
Sabr^unbert ^eroorgcgangcnen, flrcngerem
firc^Udjcn fieben gemibmeten Drben^'
gefellfi^aftcn. ©ein ©tiftcr t)ei§t Sruno.
er toax nor ber Tlxttt beä 11. 3al)r^un=
bertei in Äöln rton abeligen (SItern ge-
boren, battc auf mehreren \)oi)m ©deuten
granErcid)ö ben ©tubien obgelegen, war
bann Äanonifer Pon ©t. Äunibcrt in
Köln unb fpäter ©om^err unb Äanjter
beg 3)omfapitel« in iRl)eimd geworben.
5tl6 ßebrer ber Ilieologie wirftc er jut
Verbreitung ber ©runbfä^e ©regorä VII.
unb fianb u. a. an ber ©pi^e ber (Segnet
unb 5lnf läger bee eigenen, cineä fcf)änb*
lid^en ßebensmanbel^ berichtigten (Srj*
bif(f)ofcö ÜJJanaffeö L, ber f^Iieflic^ »on
©regor ejEommunijiert würbe. 2)a frd^
SBruno jebo^ fon feinen tbeologifc^en
©tubien religiös nid^t befriebigt fanb,
bef(i)lo§ er bie Sffielt ju »erlaffcn unb ein
aöEetifc^eö ßcben ju führen. @r begab
ftd) nad^ ©übfranfreic^ , wo »on Italien
^er ein neucä etnfteblerleben foeben (Sin*
gang fanb, unb Sifcbof -^ugo oon ®re«
noble wie^ ißruno mit feinen fet^« ®t'
fährten ben wilben Ort I a ß ^ a r t r e u f c in
ber (Segenb »on ©renoble an. (stfi fpätere
Jabt^unberte wußten oon einer SBieber*
beEebrung Sruno« ju bericbtcn, bie l}itx
nad) ©ebajlian granEö G^ronifa mitgeteilt
werben foCl: „2>er orben f)at au§ fol(i)em
erf^recfli(f)em fall feinen anfang ent«
pfangen: biewcil bie i)o6) fc^uol juo
$arei§ in f)of)tx blüeung j^uonb, t>a tx>ai
unber in einer an flarbeit ber Eunfi, frumb«
beit beö lebend unb bol)em gerud) bie
anbern alle übertreffenbe, ber ftarb. S)teweil
nun bie Sigili in beiwefen gro§er anjal
ber bo(figeIertcn 3>oEtorn , 5öteif!ern ge«
fungen warb, ta ricbtet fic^ ber tobt Icic^*
nam in ber par auf, mit großer fiimm
fcE)rcienbe: ^ä) bin au§ gerc*tem gcricf)t
(Sottet pcrflagt, justo Dei judicio accusa-
tus sum! SDeä entfetten ft^ aQe in
gcgenwertigfeit, entfcbloffen ftc^ ben leic^»
nam nit juo ergraben. 25eä SKorgen^
\ä)xn ber tobt Icic^nam wie »or. Qln
bem britten tag fam fcf)ier bie ganj Patt,
tai wunber juo boren. S)a fiuonb ber
gefiorben abermals auf unb fc^rie: Sd^
bin au^ gcrccbtem gerieft ©olteö oerbampt,
justo Dei jttdicio condemnatns sum!
Dife ftimm burcbbrang »iler btt<» oü^'^*
meift ©runonem, t>on ßölen bürtig, ein
^Regent unb fcbuoimcifter bafetbö; bet
fpract) JUO feinen jungem: fel)en, wie
jdmerlid^ unb erbermblic^ ifi ber »er»
gangen, ber »on aller menigflid^ in feinem
leben als heilig gcacbt warb! SJcmnac^
»erlief er bie weit unb ir gebrcng, gieng
mit ftben mcnnern in ein wüefiine unb
einöbc sc." 3" ber dbattreufe bauten
fte ftd) einige ^tütn, in bcnen fte an«
fangö paarweife wobnten, unb ein Set^aug.
®ie fleibeten ftcb wei§, t)erpfli(f)tcten fi(^
ju fietigem ©tiHfc^weigen, ju bem 3lb»
Äafpcrlct^eater — Antratet.
345
l^altcn bct mönd)ifd)en ©ctjlunben, ju
bcn fircngficn (Sntfagungen unb Olb^
tötungcn unb jum *}tbf^reibcn anbä^tiger
i8üdf)er. 3wat 93tuno felber würbe fpäter
con Urban II., bcflcn öctjrer er gemefen
tt)ür, nac^ (Rom berufen unb fiarb in ber
»üftcn (Segcnb 8a iorre in ßalabrien,
»o^in er ficf) jule^t alö (Sinftebler jurücfs
gejogen fjattc, im ^a\)Xi 1101. 2)oc^
blieb bie ß^artreufc beftet)cn unb ber Drbcn
ttjurbc, nac()bem f^on man^e neue 'Jiicbers
laffungcn gegrünbet marcn, 1170 Don
*Papfi ^lleyanber III. aU fetbfidnbiger
2«ünd^öorben betätigt. 3m 3a^re 1258
jäblte man 56 Äartäufer*.ßlöftcr. S)ie
erjlcn fcf)riftlid&en Statuten bcö Orbcnö,
bic Consuetudines Cartusiae, ftammen
auö bem 3al;re 1130. 2)a« ^auptjiel
ber Orbenögefe^e ijl iUbfc^Uefung , ni6)t
bio§ üon ber 2BeIt, mit ber Jla^barfd^aft,
fonbern fogar t»om SBcrfefir mit bcn
Drbenöä unb ^auögcnoffen , ja non aQen
übrigen Drben unb Pon allem ©influffe auf
Äir^e unb SBelt. 2Öivtlid) f)at aud) fein
anbcrer Drben fo njenig f^Iimme innere
löewegungen unb Spaltungen erfahren,
h)ic bct ber Äartäufer. 3ebcr SDtöncf)
bett)o^nt fein eigene^ fleineö (Scbäube,
bem ein fleincd abgcfc^Ioffeneö ©artigen
beigegeben iji; in biefen 3«^^"^ ^'^ in
ber SRegcI bcn größeren ber beiben Ärcuj»
gängc, hjclc^e fi^ an bic Äirc^e anf(i)Uc§cn,
umgeben, »erbringen fic ben größten Seil
i^rcr 3«it cinfam, in ®cbet, SBefcfeaulid^s
feit unb 5lrbeit; bocf) fe^en ftc ftd) mc^r»
mal^ tägli(f) beim gcmcinfc&aftlid)cn
©otteöbicnjl in ber Äird)c, im Äopitcl*
faal unb an ©onn« unb Jefitagen bei
gcmcinfamen ÜJJal)licitcn im Sflcfcftorium,
bei bcnen aber nid)t gcfprod^en »erben
borf. S)cr 5lcifcf)fpcifen enthalten |tc fid)
Döüig, fonfi iji il)re IRafirung mä§ig,
auc^ 2Bcingenu§ gemattet. 95orjicl)cr bc^
Drbcnä ijt ber qSrior be<S SKutterflopcr«,
ber grofen .^artaufe bei ©rcnoblc; ^icr
Pcn'ammelt ftd) aüjä^rlid) t>ai ©cncrals
fapitcl, bei mclc^cm bie *priorcn fdmtlic^er
^löjicr erfd)eincn ober fic^ butc^ Soten
unb ©riefe Dcrtrcten laffcn.
Saf^jetletljeatcr. Äafpar ^ic§ »on jc^er
im ÜJJittcIaltcr einer oon bcn ^eiligen brci
Königen, bic in ben SDJt)fterien, bcn SDrci-
fönigöfpiclen unb fonfi bem SSolf jäbr»
lid) Dor*llugen traten. @eit bem 15. 3a^r«
^unbcrt bemächtigte ftd) auc^ biefcö ©pic=
teö ber .^umor, unb Äafpar, ber nun aU
SWotir mit gcfcfjwörjtcm ©eftc^t auftrat,
erhielt bcn Sdjcin einer luptgen $erfon
unb war ber Sßortfü^rcr. 93on bal)er
erhielt ber Dtamc Äafpar übcrbaupt bie
Sebeutung ber brotligcn ^crfon im Spiel;
baticr ber 9iame ilafpcrlctt)eater Patt
*|Buppentf)eater, jic^e ben letzteren 5lrt.
Äaftcnöogt, Äafitogt, i^ ber rceltlicbe
S(^u0t)crr eincö «Stiftet, monasterii ad-
vocatus, tutor, defensor, fo benannt,
mcil er f)auptfäd)lid) beffcn 3«^enben unb
ginfünfte, bcn ©ctreibe^^aflcn jur 5luf«
bctt»at)rung bcö 3c^«"^'®ftrcibcö, fcr«
Waltete unb fc^ü|tc. Sie^e Sogt.
Äatöarer l)ei§t eine im iKittelalter
Weit verbreitete Seftc. iBcrgcbung ber
©ünben unb Srlöfung »om Übel, lehrten
ftc, Werbe erlangt burc^ Sntfagung ber
SBelt, ber SWatcrie, unb burd) eintritt in
bie ©cmcinfc^aft ber SR einen, au§er
weld)cr fein |)eil fei. 2)ie 51ufnaf)me gc-
fc^at) burcf) eine feierlic&e ^anblung Dcr^
mittel^ bcö einfad)en 3luf[egend ber Jgjdnbc,
Wa* Consolamentum l)ic§ , Weldieö bie
©cifleätaufc erteilen foüte; bic SBaffcrtaufc
oerwarfcn fie. (Srfi nac^ empfangenem
Consolamentum War man ein iBoüfoms
mener, perfectus, bcnen allein ber Jiamc
Cathari gcbül)rtc; in granfreid) nannten
fie ftd) bons hommes; bic ÄatljoliEcn
i)ic^cn fte fd)lec^t^in bic Haeretici, bat)cr
aud^ tai 2Bort Äe^er balb ber D'Jame
für ^äretifer überhaupt würbe. S)ie SBoHs
fommenen waren bic Sekret, bic 25erwals
ter ber ©ebräuc^c; fie mußten ftcf) allc^
bcffen entl)alten, voai aU Sobfünbc angc«
fcljen würbe, lebten o^nc 93cft^ unb ei)c=
loö, gcnoffen nur ücgetabilifc^e JJa^rung
ober 3ifcl)e unb fafleten fireng ju gewiffen
3eitcn beä 3ii)i^eö- ®ie Ratten bic
iRcgcl, immer ju jWci ju fein, bocf) fonnte
ber Sociuö aud) ein bloßer ©laubiger
fein. Sie erfannten pd) an bcflimmten
3eid)en, burc^ Welcf)e fogar bie -Käufer,
worin fie wohnten, bcn Srübcrn erfenn«
bar Waren. 51ud) unter bcn grauen gab
c^ SSollfommcnc, wel($e ie^o^ wcber
lehrten nod) I)crumreijlcn , fonbern in
^ütten cinfam lebten ober ftd) mit ber
(5rjict)ung junger SWab^cn abgaben. 3)ie
3a^l ber SBoHfommcnen war ber Strenge
it)rc^ Seben«! jufolge jietö gering; um
1240 foücn lijnx 4000 in gauj (äuropa
gcwcfcn fein. 'S)o(i) gab eö uncnblid) »iel
©laubige, credentes, bcnen ©ütcrbefi^,
ßt)e, ®cnu§ aller ^rt Speifen gcjiattct
war, bod) unter ber S3ebingung, biefe
Sünben ben ©eiftlic^en ber Seftc ju
bcid)tcn unb jcbenfaüö »or bem 3;obc
tai^ Consolamentum , al^ unerlä^lid)C^
346
ÄaWertf^en.
Heilmittel, ju crtangcn, 2)ic Soüfornmcnen
bilbeten sufanimcn bic fat^arifc^e Ätrd)e,
bic fie bie oücin ttja^tc unb reine nannten.
3^re religiöfen ®ebräud&c roaren fef)r
«infac^; rt)o fte mäcfetig genug iuaren, um
öffentli^ aufzutreten, tt)ie m Sübfumf;
tcicfe uub in ©osnien , Ratten fie eigene
SBetf)äufer, aber o[)nc Silber, Äreu^^e unb
©locfen; man fal) ni^tö barin alö einen
mit einem weisen Sud) bebecftcn 2ifc^,
auf welchem hai beim ©oangelium 3"=
^anniä aufgefd^lagcne yitut lepament lag.
Sorlefung einer ©teile unb (Jrfldrung
berfelben bilbcte ben ^auptteil be^ (Sotteö^
bicnileö; f)ierauf folgte ber non bcm ®eijl=
tieften erteilte unb oon ben ©laubigen
*nieenb begehrte unb empfangene «Segen;
ben ©c^luB bilbete iai gemeinfam ge-
fprocftene Sater Unfcr, mit ben Sffiorten:
®ieb unö l)cute unfcr überfinnlicfteö (super-
substantialem panem) iBrot unb mit ber
jDofologic; unb j^ule^t no(^ einmal ber
©egen. Da^ 5lbenbma()l würbe er«
fc^t burcf) Srec^en unb ©egnen beö
S3rote0 burd) bic SSoüEommencn, unb 5h)ar
bei jcber IKafjljcit, tticl^cr folcftc bci=
tüol)nten; biefe^ gcwei&tc 33rot würbe
burc^ bic ©laubigen forgfältig aufbewabrt,
ti foQte tdglicf) ein ®tücf baoon genoffen
rccrbcn; bod) üermarf man babei jcbc Sc«
jiebung auf ben fieib G^riüi. 5Uö Seilte
t)attm bic Äat^arcr ein öffentlid)cä , üon
ben ©laubigen mt oon ben Soüfommcnen
abgelegte^ Sünbenbefenntni^. 5lbgefebcn
üon 2Beit)na(ftten, Dftern unb fPfinciPcn
machten fte feinen Unterfd)icb ber läge.
5l)rc fir^lid)c Drganifation fül)rten fte
jum 3:eil auf bic urfprünglicfte cftrifllid&c
Äird)c jurücf. ®ic batten nur 33ifd)öfe
unb 2)iaEonen; bcm Sifd)ofc waren jwei
®et)ilfen ober ©teüocrtrcter beigegeben,
Filius major unb Filius minor; c«i gab
größere unb fteincre Spnoben.
Der Urfprung ber Äatbarer ifi wabr=
fd^cinlid) unter ben @lat>cn ju fu(ften,
unb jwar in ber ißulgarei. 3n S^rajien
»erbreitetc fid) ber .^atbarismu« unter
bem SRamcn 93 og omili^muö, ber ^aupt=
fäcftlid) in <pi)ilipopel unb Äon^antinopel
ecrtretcn mar. ^anbcltreibcnbe ©laöcn
brachten bic @eftc na^ 3t<ilitn, mo
um 1035 ein Äattiarcr ocrbrannt würbe.
6ic War fpäter namcntlid) in ber Com»
barbei oerbreitet; boc^ flnbet man au^er
in ÜWoilanb aucb in 5'ofenj, bem Äircftcn*
jiaatc , in Salabticn unb Sizilien lange
3cit fatl)artfd^e Äird)en, bic jule^t
mcl)rerc S)iöcefcn bilbctcn. 3"^ l*- 3^^^*
t)unbert ticrfd)Winbct ^icr i^re ©pur.
5lm mäcfttigflen waren bie Äat^arcr
in ©übfranf rei<^, wo^in fte in ben
erflcn 3ii()Tcn beä II. 3*iÖi^bunbertö famcn.
Vergeben« burcftrcifle 1147 ber ^eilige
93crnl)arb iai 2anb, um fte ju bcfel)ren;
dürften unb Qlbcl bcfd)ü^tcn fte, fo ba§
^c fid) frei entwideln Eonnten. ©ic waren
l)ier in mct)rcre Si^tümcr geteilt, beren
bcbcutcnbftc bic üon louloufc unb
SClbt) Waren; Dom Ic^tcrcn würben fte
mcifi 511 bi genfer genannt. 3"^ 3'^^'^^
1165 hielten bic fatt)olifd)cn Sif^öfc im
®^lofte öomber^ bei Qllbt) ein öffentlicbe^
9tcligionägcfprä<^ mit ben fatbarifcften
®cifilid)en beö Sanbeö ; bic legieren gingen
frei aui unb man mu§tc ficft begnügen,
iftrc Sebtc ju »erbammen. 9ia(^bem bet
Don Prälaten unb SRöncftcn begleitete
ÄarbinaUÖcgat ^etcr 1178 gegen fie
cbenfaQ^ nid)tg ausgerichtet battc, fanbte
^leyanbcr III. 1180 ben Äarbinal ^cin*
rid), früher ^bt von Slairoany, xni ßanb,
um ben crjlen Äreuäjug gegen bic ?llbi«
genfer ju prebigen, ebenfaü« o^ne wcfent«
licfte erfolge. '3u «Mnfang bc« 13. 5at)r»
bunbertö geljörten faft fdmtli^e ^ür^en
unb Sarone ©übfranfrcidpö ju ben ®läu«
bigen; in ©cftlöffern unb ©tobten bielten
bie allgemein oere^rten Bons hommes
öffcntli(ft il)rc 35erfammlungen; in »ielen
Ratten fte Set^äufcr unb ©cftuten für
Änaben unb »IJidbcftcn; bie Eatbolifcfte
Äircftc war jum ®cfpötte geworben. Srfl
3nnoccnj III. gelang cö, mit J^ilfe bet
S)ominifancr unb ber 3nguifition
bie Ät-^erei ju untcrbrücfcn.
^ad) Deutfcftlanb fam ber Äat^a*
riSmuä teils »on bem flanifcben Dfiett
tier, teils auS glanbern unb ber ß,f)am*
pagnc ©cfton 1052 würben ju ®oSlat
Äat^arer jum Sobe ncrurteilt. 93efonber8
i^u Äöln unb 93onn befianb bie ©efte
fort. 3n ber erfien ^dlfte beS 13. 5a^r*
^unbertS finben ficft fat^arifcftc ®cmeinb€n
in Sat)ern,Dftcrreid) unb am iJif)cin binab.
3n ben legieren ®egcnbcn wirEtc feit 1131
ber 2)ominifancr Äonrab Don SDlarburg.
©eitbcm Dcrfd)Winbcn fu in 3)cutf^lanb.
©cbmibt in ^erjogä SRcaUSncpfl.
üamxt\äitn, ®awerfd)en, Äaumcrftn,
^ci^t eine im iWittclaltcr neben ßombarben
unb '^ütin oftgenannte Älaffe Don ®clb»
wud)ern ; fte flammten auS bcr©tabt Sa^orä
in ber Sanbfcbaft ®upenne unb trieben
I il)ren ®elberwerb burd) ganj ^ranfrei^,
Äcgel — Äcicf).
347
^Jtiglanb unb I)cut[<^Iant>. ^m Ja^re 1156
beiüiüigtc Äaifet ^riebric^ I. bem ^erjog
»on Djlerreid) nic^t nur 3"^tn, fonbcrn
aud) „®ewertf(i)in" in feinem 2anb auf»
juncf)nien. ©ie Derfcf)ttJinbcn im 14. 3at)t'
i()un6ert auö ber ®efd)ic^tc, lud^tenb Don
bcn ßombarben noi} »ä^renb mef)tcrer
3ii^rjebnte bcä 15. 3af)rl)unbettö bie iRebe
ift. 5lmiet, bic franjöftfc^en unb tom«
bQrbifcf)en ®elbn)uci)erer beä SWittelaltcrö,
nomentlid) in ber ©djmeij, im 3'J("f^U'ö
für fd)n)ci5erif(ä)e ©efd^ic^tc, 93b. l u. 2,
1877 u. 1878.
Äegcl in ber SRebenäart Äinb unb
Äegcl ifi fouiel »ic unehelicher @o{)n.
<5^ iji ein im |)Qufe entjianbener 'Huä*
brud, ber feinen red)ten ®inn im *D}unbe
bcö ^auäüiiterä ^atte ju einer 3tit bie
fe^r roeit jurüdUcgt, atä Äcberoeiber neben
bem (Sljerceib t>on |)erfommen unb ©itte
erlaubt waren, ©icbe ®rimmei SBorterb.
ÄcgclfViel, m^b. kegelen, ift burd) iai
3eu9nie einer 'Jlugsburgcr (St)ronif com
3at)re 1470 belegt: Es waren auch auf-
geworfen fünf klainater (®ert)inne), da-
rumb gemain gesellen kegeleten; welcher
in drei würfen am meisten kegel warf,
der gewan das best, und ain baut von
Menchingen warf slben kegel in drei
würfen. ,^ilbebranb fpric^t, barauf fu§enb,
t>a$ baö SBortÄcgcI urfpriingli^ foniel
al^ ®d)icnbein ober Sffiabenbein bebeutete,
■unb i)a^ man urfprünglid) au« bem Äegcl
im Änod^engebäube einen .Kegel jum ®piel
machte, folgcnbe Vermutungen aus«, ®rimmö
SBörterbuc^ V, 385: „(£« lä§t fid^ bcnten,
t>a^ baö Äegelfpiel fe^r alt fei, e^ ifi auf
bem ßanbe no(i) ein ober tai ^aupt«
»ergnügen an Sonntagen unb ben t)ol)en
^cfien; nax eö Die[Ieid)t üon ief)cr ein
2lnl)ang ber I)ol)en gcfie au^ ber tjeibni«
f^en 3eit &«? unl> ifl ^^r Äegel Dorn
^fcrbe, ber jum ©pidc bient, urfptüng«
li^ Don bem ^ferbe, tai bem SBuotan
geopfert rcarb ? ober Don ben ben ®öttern
geopferten Äriegägefangenen? 2)cnn ge»
tabe SBuotan liebte ^ßferbe« unb SDicnfcfeens
opfer, unb nicfetö liegt na^er, aU ia^
man oon bem Dpfcr wie ta^ %ki\^ jum
Opfetfc^maufe , fo bie i^no^en ju bcn
Spielen na^m unb beibe babur(^ glei^=
fam l)eiligte. S)er wilbe ^'d%n. b. i.
SBuotan, fü^rt nocfe iRo^nocljen bei jt(^,
unb an t)ciligcn Orten , mo fonfi bie
55afinad)tfeier i^re ©teile Ijatten nebfi
allerlei ©pielen unb ßeibeäübungen, mcif
baö 15olf üon gefpenftigcn Kegelbahnen;
ja in bem Äinöermdrc^en erf^eint ein
gcfpenfiigcö Kcgelfpiel mit 2otenbeinen
aU .Regeln unb Sotenföpfen aU Äugeln.
^ai Regeln im ^immel, »a« ba« a3olf
im S)onnern finbet, geborte ja wot)l aud)
urfprünglid) SBuotan an, in ber Oberpfatj
u. a. fc^reibt man e« bem t)eiligen *t5etru«
;u. Die 3*^^)'^"/ '" bcnen bic Ifegcl auf=
treten, neun unb brei, ftnb beibe l)eilige
3af)len. Übrigen« fcfeeint tai Äcgcln ur«
fprünglid) nur eine ^uäbilbung ober bc=
fonbere ^Inwenbung bcä alten ©tcin«
fio^enö, ©teinmerfcnä, tai \a wolil mit
anbcrn Kraftübungen al^ aSettfpicl bie
®ötterfefitage oerbcrrlicf)en ^alf."
Äcl^. S)er Kelc^ , lat. calix , engl,
chalice, franj. calice, ifi ein profaneä
Srinfs, t)auptfäc^lid) aber ein firc^lic^e^
"lUtargefä^ , iai f^on in ber crfien ^,ät
ber @,l)rifient)cit gebraucht mirb, jur 2luö*
teilung bed in 2Bein üerroanbelten ^Bluteg
S^rifii. SUJan unterfc^eibet bm "Ubenb*
mai)li' , ©peifc-, Kommunion'^« ober
Öaicnfeld) , ber biö jur Keld3cntjiel)ung
(um 1220) ber ®emcinbe ben SBcin fpen=
bete, ben ©ammclfelc^, in roelcb'nt ber
Don ben ®emeinbei;liebern bargebrac^te
2öein (fpätcr Mi Dpfergelb) gefammclt
»urbe, bcn Ko nf cfrationöf cid) , in
tt)cld)em ber ^riefter bie ißermanblung
be« Sßeine^ in Slut üorna^m, hin tlcincn
SRcB? etc^, ben ber ^Pricfter bei ber ÜJicffe
für ftc^ gebrauchte , ben nod^ flcineren
[Reifte* ober Kranf enf elc^, ber bem
©terbenben gereicht njurbe, bcn ®rab =
fcld) unb enblic^ ben Sauffcld).
jDcr ältefie auf un^ gefommene Kcldb
bicfcr 3lrt flammt au^ ber ßät Suflinian^
unb jcigt bereit« bie abgefc^mä^ten ^^or*
mcn ber fpatcren Äaiferjeit, ift äroei^cnElig
unb am oberen SRanbe mit fleinen, oon
filigran eingefaßten ^erjförmig gcfd^liffe*
ncn Sbelfieinen (abrcc^felnb Slubincn
unb ©maragben) oerfcben. 2)cn !Hci^-
tum ber frdnfifd)cn Äird)en beutet eine
yia<lbnd)t über bic 33eute Sbilbebertö an,
ber in «Mmalarid^« qSalafl 60 Äcld)e, 15
foftbare (platten (Patenae) jum ®cbrau^e
beim 2lbenbmal)l unb 20 foflbar oerjierte
!ßel)ältcr jur ^lufbcma^rung ber iUbfc^rif*
ten be^ ^eiligen (äoangelium^ Dorgcfun»
ben unb an bic Kinnen unb ®otteö^äufec
feine* 9'icid)c« »erteilt t)abcn foll.
Sei bem 5luffd)rDung bc« rcligiöfen
unb tircftlic^en öcbcnd jut 3eit ber K reu j«
jüge unb ber fottfofcreitenben Äunf^ ber
'J3erarbeitung ebler ÜJictallc roirb ber ®e»
braud) ber t)eiligen ©cfapc immer allgc=
meiner unb bcutli^er nachweisbar. ®e«
348
Sttlä).
nannt trerben bcr ^tlä) mit bcr ^atcna
(^ofiienteüer) unb bet ©augrö^re jum
©äugen bcö SOßeineö, bie ßiborien, in
Welchen bie ^lojlien aufbemal)rt »erben,
ferner bie ®cf)üffcln, ©ic^gefd^c,
Jaufbectcn, 2ßeit)5 unb Spreng«
feffel, SRduc^erfäffer, g3ü(f)fcn„
®alb= unb DIftä[(i)^en unb bie
OteliquienbeHlter. S)ie grofcn
©pei[e= unb bie jur ®d)müdung bes
5IItarä üerhJenbetcn $rad^tfeld^e tt)ur«
ben fon ^öp^en, Königen unb Äaifern
oft gefd)enft unb tt)aren föfilid) gearbeitet.
95cflimmtere 33orf(^riftcn eriflierten für bie
Sefd^affung ber ficineren kdä)t. bie in
ber dltefien cf)rifilicbcn Sät auö ®Iaö,
^olj, .^orn, (Elfenbein, feiten aber aus
aWctaü bereitet Waren. 3m 3a^rc 787
»urbcn bie hörnernen, 811 bie fcöljernen,
813 bie fupfernen, fpdtcr auä) bie gläfer«
ncn »erboten. 3"^öfftg haaren nur noc^
golbene unb ftiberne , bie fupfernen aüer«
^öc^jienö mit einer fiarfen iöergolbung.
iÜrmere Äirc^cn Ralfen ficf) jebod^ mit
jinnernen ®efä§en. 93orgefcf)rieben maren
au§er bcm ©toff oud) J^orm unb iBer*
jierung. S)er Äelc^ foütc aus %n^, ©(i)aft,
jlnauf unb ®cf)alc bcfieljen unb auf ber
gläc^e be^ gufe^ (Pes) feine anberc a3er=
jicrung alö bie Darfieüung bti ßeibenö
e^rifit enthalten. S)er ©d)aft (Stylus)
foQte ber Sreite bcr ^anb entfprec^en, ber
Änauf je nac^ SSermögen mit ©belfieinen
befe^t »erben, bie 6ct)alc (Cnppa) nad^
bcm ®4)aft ^in etwa^ enge , nad^ oben
itd^ crnjeitcrnb unb ber 9ianb felber fo
befc^affen fein, ta^ er »ebcr ein* nod)
au^wärtö , no^ irgcnbmic gebogen er*
fc^eine. 9In ber Äuppe burften feine Äreifc
gcjogen »erben, unb aüfäüige 3'ffflt2n
Waren minbefiend jWci bis brei ginger
breit »om SKanbc fern ju galten, bcr nic^t
breit , fonbern me^r fd)arf auölaufenb
gebilbet »erben ;mu^tc. @clbjlt)cr|länblid^
iji, t)Q^ biefen 25orfcf)riftcn nic^t immer
nacbgclebt »urbe unb ä»ar »on feiten
berjcnigen, bie fie aufgeftcQt ober »enig«
jien^ in erfier ßinie ju über»a^en l)attcn.
Der Äeld) beö ^eiligen ©ojlin, Sifd)of
»on 2out (922—962) ifi j»eifac^ ge«
^entett, l)at eine ^albfugelförmige ®(i)atc,
einen umgebogenen 0lanb unb ifi an allen
Seilen mit ®ra»ierung »erfet)en unb rcid)=
\iä) mit (Sbelfleincn gefc^müdt. S)iefelbe
2Biafürlict)feit in gorm unb QluöPattung
geigen ani) bie übrigen Äelc^e bcäfelben,
fo»ie befonberg bie beä 11. unb 12.
So^r^unbertö , fo ber Äelct) be« Ijeiliaen
SRemigiu« in ber Sibliot^cf ju ^aiii unb
ber ©peifefeld^ im ©tiftc SOBilten (Sirol)
»elc^ le^terer bcfonberö mit bilblid^en
2)arjieUungen auä bcr ^eiligen ©d^rift
gefd^mücft ifi. 5» 12, ^a^r^unbert er*
f^cint ber .Kelcf) fafi o^ne 5luäna^mc
^albfugelförmig auf furjem 5u§ , ber
Sec^er aber in ber noc^ ^eute üblichen
33ed)erform ober in ber ©efialt eincö flei?
ncn , auö 2)aubcn jufammengefügten
(5ä^d)enä.
5lud^ hai 13. 3a^r^unbert bringt feine
neuen gotnicn, fonbern begnügt ftd>
f)auptfäc^Ii^ bamit, tcil^ ben %ü^ rofetten»
artig, teil^ ©c^aft unb Änauf fiatt runb
nun mel)rf(ä(f)ig unb bie Äuppc um »cnige*
l)ö^er unb fd)Ianfer, eiförmiger ju gefialten.
5)ancben »crbicnt erwähnt ju »erben, ta^
gegen Snbe beöfelben 3at)r^unbcrtg ein
neue^ Äir(^engefä§ eingeführt »irb, bie
aJlonfiranjc, beffen »irflic^er ©cbrauc^
jebod) burd) äußere Umfiänbc ocrjögcrt
erfi j»if^en 1317—1330 beginnt.
2)ie golgejeit »ar befirebt, ben Äclc^
f^Ianfer ju mad)cn; bie ^albeiförmig ge=
bilbctc Äuppe »urbe nac^ unten nod^
fpi^cr jufammengejogen. Der ©c^mui
blieb im »efentlidt)en immer nod) auf
ben guf befcfcrdnft, ber fiatt frciörunb
»ie biö^er , ftc^ nun mcl)rfläc^ig unb
rofettenförmig aufPeigenb »erjüngte. 2)ic
5ldcf)en »urben nad) innen gcfd)»eift
unb bi^ jum 9WittcIfnauf ()in burd^ ©tab*
Dcrjicrungen oft in SBcrbinbung mit geo*
metrifc^en gisu^^fn in bauli^er SJcife
auögefiattet. 2lud^ ber Änauf, ber obere
Jeil bcö guf eö, »urbe bcmgemd§ »erjiert,
ber runb, fugel» ober eiförmig, mit fantigen
5luälabungen, me^r unb mcf)r mit bcm
©c^aftc ju einem ©anjen ft^ geftaltetc. S)a*
neben fu^r man fort, bie ju ^rad^tjiücten bc*
fiimmten Äelc^e gelegentlich fe^r rcid^ ju
emaillieren urb fteflenweife mit 5ili9i«n==
arbeit unb farbigen ©teincn ju befe^cn.
2)a^ 15. 3a^r^unbcrt ging hierin nod^
»euer. S)er %n^ beö Äclc^cö gcfialtete-
ftdt) nun ju einem förmlidl)en 93ünbel »on
reid)geglicbertem unb burc^broc^cnem, fpi^*
bogigem ytiiättm unb $fcilcr»crf ober ju
einem Sflofettcngeflec^t. ®ie Äuppc bc«
bcdte man ^dufig biä über bie SDtitte mit
ajia^mcrf ober mit pfianjlic^em S^txat^
gcmifc^t mit eingraoiertcn 3)arficllungen
üon ©cenen auä ber ßeibenögcfcbiite.
9io(^ freiere formen bracfjtc bie SRenoiffancc,
bie du§ere Untcrfc^iebc j»if(i)en bcm firc^*
lidbcn unb »cltlid)cn Äclcf)c nicl)t mehr
fennt unb ju bercn SSerjierung alle^ auf=
Äeßer — Äctjcn.
349
bietet. Der Äeld^ tüirb möfllict)fi fd^lanf
gebaut. Der %\i^ erhält jebc beliebige
©ej^alt. Der S^aft oerlicrt ben ü^ittel-
fnauf unb fe^t fid^ jufammen au^ run=
ben, linfen* unb eiförmigen Äörpern, ge«
raben, auö« unb einwärts gefc^wungenen
^Platten, öeipen unb bergleid)en nebft ia-
5n)ifc^en unb barüber angeorbnetcm Ätctn^
jierat. Die Äuppe napm an |)ööe ju,
fobaf fte oft jttici Drittel ter ®efamt=
länge betrug. Sie mec^felte in QÜen
formen, welche i^r Qwcd irgcnb julief,
5tt)ifd)en benen beö einfachen Sec^erc unb
cine^ mannigfac^fl gef(ä)h)ungenen , inel=
pockigen teilirei« gebucfelten ober aud)
einttiärtö getriebenen ©cfd^eä, ja jutt)eilen
felbfi in ben ©ejlalten oon geriefeltem
ÜJJufc^elhjerf unb marb gemö^nlic^ mit
einem entfpre(i)enben DedEet üerfef)en, ber
wk ber 93c(f)er fclbfi reic^ gefc^müdt tt»ar
mit getriebener, gradierter unb cingelaffe'
ner, eingefc^moljencr , metlierter ober far=
biger ©mailarbcit. 3m 17. 3abrt)un=
bert artet bie ißeräierung oft iiigefcf)ma(f=
lofc (gcfenörfelei ani . waö befonberö
Don mand)en „SBiöfommbechern" bei 3ünfte
unb 3"nungen gefagt »erben muf,
bie neben ober jn^ifd&en bcm ^mai oft
eingefügte ©d^au« unb Oebenfmünjen
äeigen, 9Jacf) aßeif, Äojlümfunbe. ißgl.
Dtto, ^anbb. § 40 ff.
ScHcr, auö lat. cellarias, berfelbe
©tamrn unb Segriff mie Kellner, ^eift
ber über bie cella , ben ÄeHer, gefegte
€d^affner, .^eöermeifier. 3n ben Älöfiern
n)ar ber pater cellarins .^tofierbcamtcr.
Äarlö be^ ®ro§en capitulariam de villis
ern)af)nt ber cellarii; eä fmb biejenigen
meltli($en Scamten, hjeldie bie SBeinberge,
ffleingärten famt anberen (Sinfünftcn,
bie in ben Heller einjuliefern TOarcn,
mic ^onig, .Rafe, ^ijie, ©artenfrüc^te,
SBoKe äu üermalten Ratten. Der .Heller
fie^t unter bem SRaier; mä^renb biefcr
bie Dber»ertt)altung unb namentli(^ bo^
untere ©eric^täwefen unter ftc^) ^at, fiel)t
bem ÄeKer bie Seforgung ber ?anböfos
nomie ju. Daö 2Bort f)at fid) aU tceit*
verbreiteter ®efd)Iec[)täname ert)alten.
Äcln^of, tel^of ^ei^t ber unter einem
ÄcIIet jiefeenbe $of; bie Benennung
fommt in (Sd)maben unb ber @(f)n)eij
öor unb fc^eint ficf) auf Älofiergüter jii
bcfc^ränfcn; ber iJtamc blieb fpciter oft
auf ben ©ütern baften, auct; nacibem bie
urfprünglic^e Q3ebeutung faftifd) erlof^en
h)ar. 2Daö äum Äcln^of gcf)örte, ^ie§
ÄeInl)ofgut, bie SeuteÄelnleute, bie
IRü^Ie Äelnmüf)le; auc^ ber iJiamc
Äelnmaier fommt oor , ber baä ^tX-
geri(i)t abgalt, ©rirnm, SBörterbud).
Kemenate, m{)b. kemenäte, a^'ü. chemi-
näta, mitteltat. caminata (nämlid^ camera),
eigcneö 3ii"infif niit einem caminus, ifl
t)(\i ^eijbare 2Bof)njimmcr auf 33urgcn,
bann au(^ 'i)ai gctt)öf)nli(^e 2ßol)nt)aug
gegenüber bcm alten ^auptteil ber 33urg,
bem (mciji mof)l unheilbaren) sal, palas,
enblid^ auc^ größeren 23urgen gegenüber ein
tteinerer Surgfiall, befejügteö ^auä. Der
23egriff 2Bol)n,^immcr gliebert ftc^ in ben^
jenigcn beö gtauengcmac^ö , beö (Schlaf«
jimmerö unb bcäi ^ranfenjimmera, be^
2Bo^n- unb ®efd)äftöjimmerg beö ^errn,
fogar ber @c^a^=, Äleibcr^ unb SBaffen«
fammer u. a. 5lm befannteften ijt feiner
inneren Sinri(f)tung na(^ tai ©d^lafjim*
mer. Daöfelbe iil mie ber <Saal mit ®e=
mälfcen gefc^müdt, »irb bei fejllic^en ®e=
legen^eiten befortert, ber gu§boben mit
Slumen beftreut. '^n ber .Kemenate ftet)t
Paö gro§c gemeinfame (St)ebett hinter
iBort)ängen. Sauor ein leppid) unb eine
San! famt 5Vuffd)cmel; ric l)ciBt ^<xi
®ejtell, über wel^e'^ man bie auögejoge»
neu jllciber ^ängt. Qlu^er ©tü^len unb
Üif^en jie[;en ^ier aud) bie ßaben, m^b.
kiste, valde, schrin. (Sin .^rujifif bient
ber frommen Qlnbad)t. Daö @d)lafäim-
mer ber |>errin biente jugleid^ alö Qlrbeitä-
jimmer für fie unb i^re SDtägbe. Die
J^üre ftar iHnfd)lie§bar unb j^um ocr=
riegeln eingerid)tet. 2ßer (Eintritt r)ct=
langte, t)atte mittelfi beä Älopfringeö ju
pod)en. %m bie Äa|en n^ar unten eine
Öffnung auägefc^nitten. ®rimm, SBörtcr«
bud) ; <S (^ u t ^ , ^öfifc^e« Seben, 5lbfd)n. I.
^crje« unb Sinter beim ©ottesbienji,
fmb feit bcm 14. 3at)rl)unbcrt nad)ge«
roiefen, in D^ac^alimung beä ftebenarmigen
2eud)terä im i0raelitifd)cn Icmpel unb im
*Jlnfd)lu§ an bie fmnbilbli^j Sebeutung
be^ ßic^tcö in ber ^eiligen ad)rift. ^)xx
Seit Ui (5^rt)fofiomu§ mürben Äerjcn
Dorne^mli(^ jur iöeleuc^tung beö 3lltar^
angemenbet, mii^rcnb man Sampcn liebet
in Kapellen unb »or J^eiligenbilbcrn
braud)te. Sie mürben nur au« Jßac^^
bereitet; benn txx^ (5rjcugni«( ber Sienc,
bie na4 SBoüenbung t^rca SBerfcö jicrbcn
mu§, ^at eine mpflifc^c 23ebeutung. Se*
fonbere QUtarbicncr, Ceroferarii, trugen
bie Äerjen unb festen fte auf einem eige*
nen Siif^e neben bem 51ltare nicber. Die
ßeuc^ter Riefen Cereofala. 3« ""c^ ber
firc^lid)cn ^t\t ober ^anblung l)at txxi
23
350
Äe§I« — Äinbctfpicic.
Äcrjcnti^t tcrfd^icbenc 93cbcutung: e«
gicbt bat)er Jauffcrjen, «tautferjen, ®rab=
tcnen, Djicrferjcn, bcrcn SBeit)c am Äar^
famötaa ftattfinbet; in ©übbeutf^knb
aber an maxx'A 8i(^ttnc§, 2. ^tbxmx, an
m\ä}m läge aud) bic Sfficttctfctjen gc»
wcitit ttjcrbcn, tt)ctd)C man im ©ommcr
bei ben „Sd^auermeffen" anjünbet, um
^agcl unb ©olfenbvud) abiu^altcn.
tefelcr. aOßie bie «Pfeif« unb Spiel«
leute (fict)e ben 5irtifel Äöntg i>tx
©picileute), fo batte auc^ tai fteie
^anbttictt bcT Äeßlcr in »etfd)icbcncn
(Segenben S)eutfd^Ianbö eine eigene pti»i*
legierte ®eri*t«barfeit unb Dtganifatton,
unb ein abelige« ®ef*led)t befa§ über jxe
aU ateic6ölef)en ben öffentlichen ®d)um.
©0 waren bie Ferren »on ^önigöcgg
fc^on im 13. 3a^rt)unbert mit bem SReid)^*
leiien be« ®d)u^eö über bie Äeglei in
Dbetf^maben belehnt; im rbeinifc^en
Greife bie qßfaljgrafen bei iR£)ein; bie
anainjer te^ler t)attcn einen befonberen
Dbermeiftcr in bem SWarfgrafen »on
»ranbenburg. Sluc^ ju »afel gab e« em
eigene« Äe§lergeri(ftt. Qln ben Äe^ler*
tagen fpielte namentlich ber ÄeBlertanj eine
gro^e SRoüc; ba bie Äe^lcr fogar tai
SOlalefiägcricbt befa^en, entlehnten fte für
jebcn Äe^lertag (Jifenbanbe, ®to(f unö
®algen bei irgenb einer S[nalefii^errfcf)aft.
31u^ ein gemeinfamer ©otteötienft mit
5tmt »rar norgefe^en, wobei bie «Hbgefior*
benen »erfünbet unb für fic gebetet wirb.
5Da« Äeilerprioileg »erbot allen Äeglern,
Äeffel unö ät)nUd5c« auf 5at)r:= unb
2Bod)enmärften feil ju baben, eä wäre
benn, i>a^ er in benfelben Birfel gehöre
unb iai Äe§lerre(^t ba^e. 93ud,
2)a« freie ^anbroerf ber Äegler in Ober«
fcf)tt)aben. Ulm 1872.
Siettcnwam^ , ketentreien, trete, treie,
©icbc ^arnif^.
Äe^er, ml}b. ketzer, ifl urfprünglic^
bie 23erbeutfd)ung be« SRamen« Äat^arer,
b. i. ber SReinen, einer feit bem 11. ^ai)X'
bunbert im ^benblanbe meitüerbreiteten
@efte (fie^e ben befonberen ^Jlrtifel). 25cr
Urfprung bc« 2Borte« würbe aber friib
öcrgeffen unb man brachte tai 2ßort in
eine ungewiffc ^ejie^ung jur Äa^e, bem
Icufelötier. ©citbem t)ief man ni^t aUem
bie irrgläubigen ober ^äretifer Äe^er, fon=
bem namentlid) folc^e, benen man allerlei
ed)anbtt)aten Wibcr ®ott unb bie Statur
jutraute, befonber« unnatürlid^c SßoQuj^,
bat)cr ^uebrücfe wie fleischketzer, ketzer
bnobenketzer.
am libe , frowenketzer
(Srimm, iffiörterbuc^.
tCUle. Unjlrcitig bie ältejle aller Iru|=
Waffen ifi bie Äeule ober ber Kolben '
(Streitfolben). Qtu« einem jungen Saum*
pamm ober einem Parten «Hfl war fte ]
mit leichter SOlü^e {leräuftcüen. lacitu«
®ermania rebet »on branb^arten beulen,
wcld^e bie fpätere ^elbenfage mit ben
©ifenfiangen (isen stangen) ben ^Riefen,
bie romantifcbe S)ic^tung »orjuggweife
ben Reiben beilegt. SDer Kolben befielt
au« einem ^öljernen ober eifernen ©fiel,
ber in einen fugeU, ei= ober birnförmigen
Änopf ausläuft. 3ft er mit ©tad)cln be*
fe^t, fo wirb bie ffiaffe jum Worgen*
ftern (bonrlote, boarlette). Welcher be«
fonber« im 14. unb 15. 5af)rl)unbert in
5Deutfd)lanb unb ber ©diweij (©cbweijer*
prügel) fel)r üerbreitet war unb befonber«
in ben iBolEöaufflänben unb 33auern!riegen
eine traurige ©erü^mtt)eit erlangt bat.
(Er »erbantt feinen 9'lamen ben fira^len*
förmig angebrad^tcn ©tac^elfpi^cn unb
ifi in ber Zi)<\t oft in ber ÜRorgcnfrübc
fürcbterlic^ über ben Äöpfen ber geinbe
aufgegangen. SDer SOlorgenjiern war eine
©d)lagwaffe, mit ber man befonber« ben
Äopffct)u| be« ^einbe« ju sertrümmern
fuc^te. Da« ^ufüolE führte ben großen,
;weif)änbigen, mit 2 m langem ©ci)aft,
bie «Reiterei ben fleinen. Wit lanjen«
artiger ©pi^e biente er aud^ al« ©to§*
ma^t, fpäter mit einem Jeuerro^r al«
©ct)ie|prügel.
Wit einer beweglichen fiac^ligen Äugel
ücrfeben, wirb bic Äeule jur ©cl)laci)t»
gei§el (Äriegöflegel). ©iefelbe würbe
bem beutfd)en Äriegcr bcfannt burd^ ben
einfatt ber ^unnen. Da« flagellum, frj.
flael, flöau, engl, mllitary-flails ober
holy water-springlers bejianb au« bem
©rf)afte unb ^em „Senget" (©c^läger). mit
ober obne eifcnfpi^en, wcl^ le^ttrer meift
an einer Äette ^ing unb mit großer 2Bud^t
gefd)wungen würbe. Der Unfunbige »er*
wunDete fic^ beim SRüdpraü ber Äugel
felber. .
tinbcrf^Jtelc» 93on (Segenfiänben , mit
benen fic^ bie Äinber fct)on im 95iittel*
alter bcluiligten, iji jwar bic Älappct
in alten Dictitungen nicf)t nacibgewiefen,
bagegen \)at man fte in ^cibcngräbem
gefunben. Seliebt waren ^unD unb
Äa^e al« ©pieljcug »on eilten unb
3ungen, fobann iüögel, bic man friib
in Ääpgen t)ielt: wip unde vederspil,
die werdent lihte zam, fingt ber Äürcn«
ÄinblcintDiegen.
351
berger; namentlich »erben ja^mc Stare
unb ©ittid^e (^Papageien) crmö^nt. ^tbm
Icbenben lieren gab c^ bcrglcic^en in
S^on, ^olj unb gjjetaü nadEjgeabmte ®i'
fd)öpfe; Cögel üon Jbon, inmenbig ^o^I
unb mit Älappcrjlcincn gefüflt, ftnb oft
in ©rdbern aufgefunben morben. S)ie
$uppe f)ei§t mbb. mie je^t nocfe tocke
unb ip j. 33. ffiolfram Don Sfc^enbac^
ganj geläufig; Änaben ritten auf ber
®erte ober bem ©tecf enpf erb, üfem
Stabe, die gerten riten. ©o unterfjiett
f\ä) bie Sugenb gern mit SReif treiben
unbSReiffd^Iagcn; auc^ pljerne SBaffen
crträbnt f*on 5Jotfcr, menn er bie Steüc
beö 63. ^falmenö: Sagittae infantiam
factae sunt plagae eorum, überfc^t: iro
strala wurden chindo strala, diu uzer
stengelon iro scoz machont, il)re !|3feilc
njurben *pfeile ber Äinbcr, bie i^rc ®e»
fd^offe auö ©täbcn cerfertigen.
3iatürlid) nat)men bie Äinber boppelten
?lnteil an ber gvübüngslufl be« 2)olfeö,
unb j^mar fmb bie erflen Änabenfpiele im
Senj baö Äreifelfd)lagcn, mbb. den
köpf umbe triben unb baei ©piden
ober ®d)ufferfpict, bai Spiel mit
tribkngeln, gelben kngelin, ©d)netlfügel=
dien, ®Iü(fcrn. jjreubig mirb iai etftc
Seilcben begrübt unb umtanjt, auä) ber
Storch, bie ©d^matbe, ber crfte »Kaifäfer
befungen, tüobei aOcr aBatjtfcfeeinlicbfeit
nad) bie beute gebräudblic^en Äinberlieber
fcbon it)rcn Dienft traten. 5lucf) bog ftd)
Knaben au^ fiftigen Sirfenjmeigen
©Äalmeien brcbten, tt)irb belegt. i)ie
Sugenb nabm fobann ^Hnteil am Sall^
fpiel unb am iKeibenfprin gen be«
»olfeä. mi bcfonbere Äinberfpiele
tüerbcn in ben Quellen ermdbnt: 2)ic
flolbene unb bie faule Srütfe, 3)aö Soten«
tünj = Spiel, 2)cr «piumpfacf, 5)aä ®(f)a^
unb SBoIf^fpicl, S)aä ©cierfpiet, 5Da«
Scbelmfpiel, |(elfen unb ©eben. Sc^a un-
fein l)ei§t mbb. schoc, schocke, üf dem
schocken farn, üf dem seile riten.
5lnberc alte Spiele ftnb : ®erab unb
Ungerab, Stöjlen ober Slättlen, SScr=
faufen, Äodben, CcrPecfcn, zirlin mirlin
gassen tirlin, Steinoerbergen, Öadben üer«
'balten ober ©ramüefeli machen, 53ltnbehtb
ober iBlinbemauö, „^err Äönig, ic^ biente
gern", melcbeö jc^t „Scbenfcn unb ßo=
gieren" l)ei|t, Änödbeln ober Uluöbappeln,
b. b- au^ ber inneren $anbfläd)e Steind)en
empormerfen unb biefelben mit ber äußeren
auffangen; au^ ba« SBürfelfpiel mar
t»ei ber Sugenb beliebt. «ßerbreiteteiJ Spiel
marcn tai vingerlin snellen,<pia^mecbfeln'
„Scbneiber leib mir bie Scber". *}i[udb
»crfcbiebene Jurnfpiele werben genannt,
t)<xi Stellen, Äegetfpiel.
93eifpielc »on ÄinbersSprccb*
Übungen giebt e^ jablreic^e au« bem
3JJittelalter, j. ^. ein flig die prewt ein
praw von pir; wenn wir wern , wo wir
wolten , wer wais , wo wir wern ; wenn
mancher mann wüsste, twas mancher
mann wäre etc., tjl auö bem 15. 3*^^^*
bunbett belegt; ^Jiff^art i)at u. a. Kuh-
rantzumvih, Vislamenten knkleass, Zung-
linspitzlin , Fritzenschmitzlin , Meiner
Mutter Magd macht mir mein Muss mit
meiner Mutter Mehl.
Selegt Ifinb ferner Äinberfprüd)e unb
SReime, meiere ben iRuf ber SBögel nacb*
abmen, fobann Sprüche an bie Scbnecfe,
öriKe, ben !DJatEäter unb ben Äudud. ©in
Äcttenreim auö bem 14. 3'it"^|)"i'bert be*
ginnt :
Es reit ein herre:
ein schilt war sin gere;
ein gere war sin schilt,
unde ein hagel sin wint;
sin wint war sin hagel,
ich wil iuch fürbas sagen,
ich wil iuch fürbas singen :
bongen daz sint rinder;
rinder daz sint bongen ,
unde ein släf ein onge etc.
2)aö Äinbcrgebet, tai 3obanne^
5lgrifola (geb. 1492) in feiner Jugenb
betete, lautet:
Ich wil heint schlafen gehen,
zwölf engel sollen mit mir gehen,
zwen zur haupten ,
zwen zur selten,
zwen zun füssen ,
zwen die mich decken ,
zwen die mich wecken,
zwen die mich weisen
zno dem himlischen paradeise.
Amen.
Äinbcrrätfel ftnb in lateinifdbcr
Sprache auö bem lO.^abrbunbert bcEannt;
ebenfo ijl tai IDlärc^enerjäblen burdb
frübe 3eugn'ffe belegt. 9iacb ßinflerlc,
SDaö beutfcbe J?inberi'picl im »JJJittclalter,
1868. <ygl. iRod)boli, 'iltemannifclpe«
Äinberlieb unb Äinberfpiel auö ber
Scfemeij, 1857.
SiitblcintDicgciu a3ilblicbe ©arfieüungcn
ber ®eburt (i,t)cifti maren früb in ben
Äircben jjranfreicb^ üblicb. 3" JRouen
murDe nac^ bem leöeum am beiligen
2Beibna(^t«tage tit 3tnbetung ber ^irten
23*
352
Äird^enlieb.
folgcnberma^en gefeiert : hinter bem Elitäre
ip eine Grippe erbaut, barauf ba^ Söilbniö
ber f)l. Jungfrau. 35or bem S^or auf
einer Srljö^ung ftef)t ein Änabe, tt)el(!)cr
ben ßngel barjieHt, unb oerfünbet bie
©eburt Ü^rifii. 2)urc& bie gro§e Z^üx
beö S^oreö treten bie ^irten ein unb
gc^cn auf bie Grippe ju, unter bem ®e=
fange Fax in terris; fie begrüben bie
Jungfrau unb beten ta^ Äinb an. Sor
bem ?(Itar njirb eine ÜJicffc gelefen; nad)«
bem fic ber *Priefier gecnbet, «enbet er
fd) ^u ben ^irten unb fragt: Quem
vidistis pastores? ®ie ^irten antworten:
Natum vidimus.
5i[^nlicf)e fircftli^e 2Beit)nacI)t0gebräu(i)e
ftnb feit bem 14. Ja^rbunbert in 3)eutfc^»
lanb nad)geh)iefen. Jn ber Äircfje mar
eine Sßicge aufgefteOt, an ber 2)Jaria fa^.
©ie fcrbert Jofept) auf, iai Äinb ju
njicgen. 2)iefer erflärt fxc^ baj^u bereit,
ttjorauf ber ß^or ein fromme« ÜBei^nac^tä«
lieb anfiimmt. ®er 2;eft lautet in einer
lürjeren iUufäeic^nung :
Joseph, lieber neve min,
hilf mir wiegen das kindelin,
dass got müesse din loner sin
in himelrich,
der meide kint Maria.
Gerne, liebe muome min ,
ich hilfe dir wiegen din kindelin,
dass gott müesse min loner sin
in himelrich,
der meide kint Maria,
Na freu dich, christenliche schar!
der himelische knnig klar
nam die menschheit offenbar,
den uns gebar
die reine meit Maria.
Qi[^nli($c ßieber entpanben öielc im
15. Ja^t^unbert, bie in ben SDRunb be^
33olteö übergingen unb fic^ lange er«
hielten. 3" enangetifc^en ©egenben jlarb
bie ©itte aümäbli^, boc^ fetir langfam
auö, in ber fatfiolifc^en kixä)i tx^itlt ftc
ftc^ unb trieb flets neue ffiiegenlieber, bie
bann in bie ®efangbüd)er übergingen.
^ offmann t).%., 2)eutfc^e^ Äir(J)enlieb,
§. 11.
Äirc^cnUeb. Son einem eigentlichen
Äirc^engcfange iii 33olfeä tann im ÜJJittel«
alter bie 9tebc ni(^t fein, ba bie Äirc^c
auebtüctlic^ ben ®ebrau(f) ber eint)eimi*
f(f)cn @pra(ä)e für bie liturgif(^e ^anb^
iung unterfagt ^latte; i>ai 93olf foüte
fc^meigenb beten unb nur im ^erjen
fingen; ben ©eijllicfjen allein fam e« ju,
^eilige ©efänge anjuflimmen unb fo bie
^erjen bcö um^erjieljenben 93clfc« ju et«
I)cben. 2)aä einjige, maö man Ja^r&un*
berte lang bem !ßolfe beim ©ottedbienfl
JU ^ngen'geftattete, mar ber (Ruf Kyrie
eleison, |)crr , erbarme 2)i^ unfer!
S)icfer mürbe, unb jmar oft mieber^olt,
bei öei(^enbcgängnif[en, na^ ber ^ßrcbigt,
bei ber SSefper, ja, mie eö in ben Äapitus
laricn ^ei§f, auä) bei ben ®efd)äften bed
Sebenö, beim ^ni- unb (Eintreiben beä
Siei)cö gefungen ober gerufen, ßubmig
ber fromme pflegte am Äarfrtitage in
feinem *Palafte ju 5lacf)cn feine ganjc $of«
Haltung mit neuen Äleibern ju bcf^cnfen,
Bom 33orne|)mjlen an biö auf ben ®c«
ringPcn, unb menn nur jeber ^attc, mad
er beburfte unb auc^ bie 3trmen gefleibet
raaren, bann riefen fxe i^m bur(^ bie mei*
ten ^aücn ju: Kyrie eleison! 2)erfelbe
9tuf ertönte auc^ in ber @d)la(i)t, mie eö
j. Sß. im Öubmigelieb ^ei§t:
Ther kuning reit kuono,
Sang lioth frone,
Joh alle saman stmgun
Kyrrie leison.
Qlnfänglicfe tönte ber SRuf ungcfc^la(^t
auö bem 2)?unbe beä ißolEe«, fobag ein
Sefc^luB erging, iai Solf folle Kyrie
eleison rufen lernen unb nid^t me^r fo
rustice, dörperlich, f(^reien mie bi^^er.
6in einjigeö, bem 9. Jaljr^unbert ange*
t)örigeö beutfc^eö Sieb ijl erbalten, bad
ni(^t blo| ben SRefrain enthält, fonbern
jugleif^ einen jlropbifciien Sejt, ta^ Sieb
com ^eiligen $etruö:
Unsar trohtin hat farsalt
sancte Petre giwalt,
daz er mac ginerian
ze imo dingenten man.
Kyrie eleison!
Christe eleison!
Er hapet onch mit wortun
himilriches portün.
Dar in mac er skerian
den er wüi nerian,
Kyrie eleison !
Christe eleison !
Pittemes den gotes trüt
allä samant upar lüt,
daz er uns firtänen
giwerdo ginäden
Kj-rie eleison!
Christe eleison!
2)aä l)ei§t: Unfer ^err ^at übergeben bem
l)eiligcn $etru« bie ®emalt, i>a^ er ju et*
retten »ermag ben auf if)n ^offenbcn SDlen*
fdl)en. (5r befi^t aud) mit JBorten t>ti
^immelteic^eä Pforten; ba^in fann er
Ätt^enlteb.
353
fc^arcn benjcnigen, ben er erretten Witt.
Sitten Voll ben ßicbling ®otte^ alle i\X'
fammcn überlaut, ta^ er unä fd)ulbi9en
(ju »crt^un) gnäbig fein »erbe!
5)ie mit bem 11. S^^i^^unbert juerft
in iJranfrcid^ beginnenbe reIigiöö;fir(^Ud)e
Erregung wäre an fic^ einer 5iu^bilbung
iti geiftUd)en ©efange^ ni(^t ungünjiig
8eh)efen, ttjenn bie Äircf)c nic^t nacf) n)ie
öor jeglidber ©inmifdiung nationaler ®c»
fange in ben lateinifc^ gef)altcnen ®ottcö*
bienjl ftd^ »ibcrfe^t I)ättc, ®o benjcgte
ftd) auc^ bie im 12, unb 13. ^a^r^unbert
jur Slüte gelangte njeltlidj^öfifc^e ßt)rif
auf anberen Salinen alö auf fold)cn eineö
geijtUcften Sßolfögefangeö, unb tttenn jtt)ar
religiöfer Stoff, namentlich ber SOtarien*
bienft, ber ipxit ber SWinnefänger nic^t
fremb blieb, fo mar eö bod) mc^r bie
fubjcftiüc inbiüibuetle Stimmung be^
frommen 5Di(i)tcrä, bie fici^ auäfpra^, al^
iai gcmeinfam bic^tcnbc unb religio«
empfinbcnbc 23olfögcmüt. ©o begegnet
man benn im 12. unb 13. ^a^r^unbert
nur fe^r roenigcn an ixt pfifd)e ßljrif
ftct) anle^nenben geifilic^ »olfötümlic^en
Sicbcrn; »a« bie 3"t an foldicr ßprif
wirflicl) befa§ unb benu^te, waren »iel«
me^r ßieberftrop^en, bie, »iclleic^t noc^
au« früf)erer 3tit ^errül)renb, ec^te« ®igen=
tum ber fonjl in bicfer *Periobc fo n^enig
vertretenen 93olf«bic^tung jtnb. S)a^ aber
bae Sol! mirflic^ geijllic^c ßieber befaf unb
im ©egenfa^ ju ben ^wnjofcn, »on bc*
nen auöbrücflic^ bezeugt ttjirb , ta^ fte
!eine fold)e gef)abt ptten, fang, baton
ftnb me^rfad)e 3f"9"ifff erlialten; fo
j. S8. alö ber ^^eilige Sern^arb r>on ©lair=
»eauj: 1146 an ben Ufern be« iRt)cinö ta^
Äreuj prebigte, fang ha^ 93olE »iebcr^olt:
Christ uns genäde,
Kyrie eleison,
Die heiligen alle helfen uns!
ÜJJan fang bei ben 2Ballfabrten, »ä^rcnb
bcö Kampfe«, befonDerö auf ben Äreuj=
gügen, auf ber ®ee, n)ät)renb unb nad)
ber %a\)xt.
3n ber @c^lad)t auf bem ÜJiaröfclbe
jmif^en Dttofar unb SRubolf t>on ^ab«*
bürg fang ta^ beutf($e |»ecr:
Sant Mari, muoter nnde meit,
al unsriu not si dir gekleit (geflagt),
5Da«felbc Sieb fangen beutfd)e Äreujfalirer
»or ber ®c^lad)t bei 5lcca 1291 unb bei
ber ©c&lac^t am ^afenbül)cl 1298.
ÜJJan nannte biefc ßieber, ob nun bct
Äel)r»er« Kyrie eleison noc^ babei voax,
ober nic^t. Leisen, eine ^Benennung, bie
bi« in« 15. S^br^unbert bauerte.
25ic »erbreitctften ßeifc waren aber:
5Der Dfierleiä:
Christ ist erstanden
von der marter allen,
des sollen wir alle fro sein,
Christ will unser trost sein,
kyrieleison.
"Waer er nicht erstanden,
so waer die weit zergangen,
seit dass er erstanden ist,
so frewet sich alles das da ist,
kyrieleison.
S)cr ^immelfatjrtölei«:
Christ für gen himel,
was sant er uns wider?
er sendet uns den heiigen geist
zu trost der armen Christenheit,
kyrieleison.
Christ für mit schalle
von seinen jungem alle,
macht ein kreuz mit seiner hant,
und tet den segn übr all laut,
kyrieleison.
AUeluia, alleluia,
alleluia !
des soln wir alle fro sein,
Christ sol unser trost sein,
kyrieleison!
S)er $fingfilei«:
Nu bitten wir den heiligen geist
um den rehten glauben allermeist,
dass er uns behüete an unserm ende,
so wir heim saln varn uss diesem
eilende,
kyrieleis.
äöa^rfc^einlid^ fd^on in bicfer iperiobc
würbe ju ®d)iffe tai ßicb gefungen, iai
fpäter bei (pilgcrfalirten unD Sittgängen
^dufig angewenbet würbe:
In gotes namen varen wir,
siner gnaden geren wir,
nu helfe uns diu gotes kraft,
und daz heilige grap,
da got selber inne lac,
kyrieleis etc.
SBurbcn bie genannten ßieber unb
nit^t wenige anbere erfi im 14. unb 15.
3a^rl)unbert cnt^anbene geifilic^e SSolfö«
lieber in ben folgenben 3abrt)unbcrten bei
ä^nlic^en ®elegenl)eiten fortgcfungen unb
famen fte teilweife fogar im ©otteöbienjl
jur Qlnwcnbung, fo brad^te nunmet)r iai
14. unb 15. 3<il)tbunbcrt noc^ infolge
anbcrer Vorgänge einen beut|c^en Äirc^ens
gcfang mc^r unb me^r in j^\\i^. ®4>on
früf)er »ernimmt man, baf Äc^er öffent«
354
Äitd^enlicb.
lic^ gcijllic^c Siebet fangen; üon folc^cn
finb jtüQt feine Seifpiele erhalten, jebod)
ani anbeten Steifen , bie im ©e«
genfa^ jut nüd^tetnen €(f)oIafiif unb
©ogmatif bet ^itc^e ein lebcnbigeö teli*
giöfeö (Smpfinbung^Ieben {)ci»ottiefen.
2)at)in 9ef)öten bie SDlpfiifei, in beten
Äteifen, namentlich in ^taucnflöjletn, ta^
mpPifd^e fiebenöptini^ip, bie Siebe ju ®ott
unb in ®ott, iaü fei)nfüd)tige Setlangen
nai^ (If)tifio, bcm Stäutigam, in jal)l«
tcid)en Siebetn ficf) ausfpiac^. 2)a^in ge«
^ött j. S. tai Sieb:
Freu dich, tochter von Zion!
schoene botschaft chnmet dir:
du solt singen süezen dön
wol nach dines herzen gir;
du bist worden gotes schrin,
davon soltü froelich sin
und solt nicht liden herzen pin.
Ina jn jn ja jubilieren,
meditieren ;
ju ju ju ju jubilieren,
contemplieren ;
ju ja ju ju jubilieren,
ju ju ju jubilieren,
speculieren ;
ju ju ju jubilieren,
concordieren.
Meditieren daz ist guot,
swer an got gedenken wil,
jubilieren wunder tuot
und ist der sei ein seitenspil.
speculieren das ist glänz,
contemplieren git den chranz
concordieren leit den tanz.
Ina ju ju jubilieren
concordiern ist jubilieren
von dem süezen contemplieren.
Gbenfatlö an bie Siebet bet ^ätetifei
etinnctn bie »on ben ®ei|Ietn gefunge«
nen ©cfange, meiere tt)a^t[^einti(^ fc^on
au^ fluteten ®ci§elfa[)tten be^ 13. ^ai)Xi
t)unbettg flammen (ftel)e ben bef. 5Ittifel).
9'iic^t minbet jcigt f\d) bie ncuetmac^te
Suji am,,gciflli(^=beut[d)cn Siebe in ja^l*
tcid)en Übetfe^ungen lateinif^et
Äitc^cn^tjmnen. Sic beginnen fc^on
im 13. 3a|i()unbett mit Kam, schepfaer,
heiliger geist , Veni creator Spiritus ;
Nie wart gesungen snezer gesanc, Jesus
dulcis memoria unb Gote sage wir gnade
unde eren danc , Hymnnm dicamus Do-
mino. ®egcn @nbe beö 14. unb ju 2lns
fang beö 15. 3a^t^unbett« mef)ten fid^
biefe Qltbeiten , namentlich ^at bet Sene*
biftinet ^etmann uon ©aljbutg ja^l«
iei(f)c lateinifcf)c ^t)mnen bcutfd^ btatbeitet
unb jmat auf Segelten feinet 6tjbifc^of*
qgilgtim, geft. 1396; cbcnfattö al« Übetfc^et
unb juglei^ al^ ftud^tbatet, frommet unb
begabtct felbftänbigct 2)ic^tet|^at ftd) ^ e i n *
ti^ Don Sauifenbetg, (ßtiefiet ju
gtcibutg im ®tei^gau, auögejeidbnet; et
ttat 1445 ju ©tta|butg in ein ^lofiet.
®cf)on fang an einigen Drten tai 23otf
abtticd)felnb mit bet ®eijllicl)fcit folcfec
$t)mnen, je bie lateinifä)c unb bie bei*
felben entfpte($enbe beutfdie ©ttop^e.
*llud^ an gebrucftcn beutf(j)cn ^ijmnen*
fammlungen fehlte e^ »ot bet SRefotmation
tcinc^megö.
(gine meitete QueUe geifilict)et Siebet
gemann man butcö Umbicl)tungen
weltliÄet ®efänge. @c^on bie fa^«
tenben Äletifet obet ®oliatben bitten
im'.^ 13. S^ifli^I^unbctt fircf)lic^e ^pmncn
wcltli^ patobiett, j. 33. aug bem Verbnm
bonum et suave ein Sieb gemad^t Vinum
bonum et suave unb ftd^ ni^t gefc^eut,
folcl)e SSetfc in ben Äitc^en beim ®otteä*
bienPe abjujtngcn. ^t^t 9cf(^ab ba^ Um*
gefebtte, man patobiette rceltlicf)e Siebet
in geifilid^en Sejt. aiBeltgeijili(^e, Tlön^t,
Dtonnen , nahmen on biefet 5ltbeit teil,
mobutd^ man [xä) in ben Seji^ geijllid)er
Icfte ju fc^önen langfibcfanntcn @ing*
meifen fe|te. ®o mürbe ba^ befannte
Sieb :
Ich stuond an einem morgen
heimlich an einem ort,
da het ich mich verborgen,
ich hört klegliche wort
von einem frewlein hübsch und fein,
das stuond bei seinem buolen,
es muost gescheiden sein,
in biefet crflen ©ttopbe folgenbetma^en
umgemanbelt:
Ich stuont an einem morgen
heimlich auf einem ort,
da het ich mich verborgen,
ich hört klegliche wort,
wan sei und leip in grozer pein;
die sei sprach zuo dem leibe:
es muoz gescheiden sein.
©0 mutbe aug:
der liebste buolen den ich han,
der leit beim wirt in keller,
er hat ein hölzin röcklin an
und heist der muskateller,
bet Slnfang bc^ geiftli^en Siebcö:
den liebsten herren den ich han,
der ist mit lieb gebunden,
er lachtet in dem herzen min
und freut mich zallen stunden.
3tüx geting i|i bei *itnteit, ben bie
Äird^cnlicb.
355
SWeijier fanget am tixdiliä) fangbaicn
8iebcrfd)a^e Ratten.
5Dagegcn trat nun fintier glcid) im
ÜBeginn bet (Reformation ganj unb
Bon für baö SRecf)t beö fircf)Iicf)en ©e«
meinbegcfangeö ein unb unterfiü^tc iai
iPtinjip bcöfelben burd) eigene ©iditungen,
bie er teilä auö ber 23ibel, teilö a\ii ben
alten Iateinifd)en ^tjmnen fdiöpfte, teiB
finb e^ alte ßicberprop^en, bie er fort«
Md)tenb bcnu^te, einige, befonbcr^ bie
polemifc^en, ftnb frei gebic^tet. 5Daö erfic
»on 2üt\)n herausgegebene ©efangbud)
etfc^ien ju SBittcnberg 1524 unter bem
2itel: „(ätlid^ ßl)riftli* fiibcr, ßobgefang
unb *Pfalm, bem reinen Jßort ®ottc^
gemei, au§ ber ^cpligen fc^rifft, burd)
mand[)erlet) ^ct)gele^rter gemad^t, in ber
Äir^en juo fingen, mie eS bann jum
\at)l berat)! juo SBittenberg in üebung ift."
Q,i entbaTt acfct ßieber, ncimlic^ Don
fiutl^er felbjl 4 CiRu freut eud^ lieben
S^riften gmein, 21^ ®ott com t)imcl
fieb barein, (So fpridbt ber unreifen munb
»ol, unb 2luS tiefer not f(l)rei id) ju
bir;) fobann brei Siebet non fpauluö
©peratuö: (5ö iji tai ^cil unei fumen
et, 3" ©Ott gelaub id) ha^ er ^at, ^ilf
®ott wie ifi bet mcnfd)en not, uab tati
ßieb eineö unbefannten iDerfaf("erö: 3"
3efu0 0Jamen l)eben wir an. 3n ''em?
felben 3üJ)re 1524 etfd)ien ju ßrfutt
fd&on eine auf 25 ßieber oernie^tte <Samms
lung, iiai (Snd)iribion ober ^an'bhixä)'
lein, mit 18 öutberifd)cn ©tüden, unb
fo t)atte eö nun längere 3^'* t"it jöt)I=
rcid)cn neuen fiebern unb (Sammlungen
feinen Fortgang, wobei bie Unteren balb
mel)r bem gemeinfamen ©ebrauc^ ber
eDangeUfd)en .Kirche, balb mel)r einer be«
fonberen jiäbtif^cn ober ßanbe0 5Äird)e
bienten. 5Die |>auptnamcn ber Sieber*
bid)ter (ouäfübrlic^eö Serjei^niö bei ®oes
befe, ®runbrif, I. § 127 ff.) finb «Paul
©peratuä, SJiicoIauö 2)eciuö, ©raSmuä
QlberuS. fflurfbarb iZBalbi^, 3ufiuä 3onaö,
9Ji(oIauö ^ermann, Sßoifgang SWuöculuS,
Sodann SOJatbefiuö, «Paul (Sber, SJiicoIaus
Selneder, 3o^anr gifd)art, Sart^olomäuö
iRingwalbt, *P|)ilipp *)JicoIai, Sodann
SBalentin 2lnbreä unb ^an« Baä)^. S)ie
fiieber biefct 2)id)tei Iaf[cn eö fid^ ange»
legen fein, ben objeftifen 3iit)alt ber
eüangelifc^en fie^re, namentlid) an bie
39ibel angelehnt, in ei^ter tolfötümli^er
bünbiget, allgemein mitf famer ©pra^c
»ieberjugeben; fte moüen aber nid)t eigcnt=
lic^ lehren, fonbern fie ftnb ber 3fleflef
tii eoangelifc^en ®Iaubenä auf iai ®e*
müt bet eoangelifc^en ®emeinbe unb meifi
mc^t finblid) naio aU oerftanbig nüd)tern
gehalten. ®inb bie mciften biefer fiieber noi^
in bet rol)eten 5)eröte^nif beS 16. 3o^t'
l)unbertö »erfaßt, fo werben fie ciegen
baS (Snbe beS 3a^il'""^«t6 in ber ^otm
eleganter, glatter, i^um Seil fünjtU^
fpielcnb, unb ber ^uffaffung nad) fubjef«
tioer; biefe le^tcre ®attung, beren ^aupt*
repräfentant *pi)ilipp Siiicolai ift, fü^rt
bann l)inüber ju ben fiieberbic^tcrn bed
17. 3al)tl)unbertS, weld)c unter bem Sin«
ftuffe ber Dpi^ifc^en Söeräfunjt unb unter
bem 2>rang bed 30 jährigen ÄriegeJi eine
eble ©ubjeEtiüetät beö religiöfcn ®efül)Ie^
jut 3)atjteüung btingen.
51nberS unb minbev günjlig für tai
Äird)cnlieb entmidelte pd) ber ©otteäbienjl
ber 9t eformierten. S'^infl^i moüte
für 3üti^, namentlid) abgcf(^recft burc^
biöl)er maltenben ÜJli^braud) beä firc^»
lid^en ®efangö, feinen beutfc^en ©emeinbe*
gefang bulben; maö eon reformierten
S)ic^tern bennod) an Äirc^enlicbern gc*
biegtet mürbe, mar wenig erf)cblicö unb
fd)Io§ fic^ an bie I)id)tung ber Sut^e«
rancr an , beren fiieber anfangs aucfe in
bie reformierten ®efangbüd^er <Uufna^me
fanbcn. 'S)o<S) ücrfi^wanben biefe €amm*
lungcn allmäfjlic!^ auS bem fird)Itc^en
®ebraud)e unb machten, bebingt burc^
bie JJorberung eineö einjig auf bie ©d)rift
gegrünbeten ^itc^engefangS, bloßen $f a 1 «
menübetfe|ungen *pia|. ki gefc^a^
baö namentlich unter bem ®influf[e bet
oon ®oubimcl nac^ franäöfifc^en Soifgs
weifen in afluüf gefegten 'pfalmen SOktot«
unb 93ejaä; biefe ftani\öftfc^e *Pfalmens
fammlung würbe nun, um bie SOlelobicn
ju ert)alten, oon ^mbrofiu^ fiob«
waffer, $tofeffot ju Äönigöbetg, 1515
bis 1585, ©ilbe füt ©übe inö 2)eutfd)e
übetfe^t unb blieb biä gegen (Sn?e bed
18. 3a^r^unbett8 t>ai in unjä^ligen Qtu^«
gaben gebtudte ^falm* unb Äird)cnliebet*
bud) ber reformierten ©emeinben.
91ud) bie f a t^ olif c^ e Äi r c^ e Deutf(^:=
lanbS blieb jule^t nic^t ganj o^ne QInteit
an ber auf bem ®ebicte beö Äird)enUebeö
entftanbencn Scwegung. üBenn jwar tai
«Prinjip ber SWi^tteilnai^me beS *BolEeä
am tiv^Iid)en ®efang nie oon ber Äirc^e
felber jurüdgenommen würbe, fo Würbe
bod) ^ier unb ba fird)lid) beutfd)er ®cfang
gebulbet unb gepflegt, man fammelte alte
fiieber aüi ber 93olfäübcrlicfetung , auc^
alte Überfe^ungen ber ^pmnen, oermc^rtc
356
Äleibcrorbnungen.
fte mit neuen Übcrfe^ungen unb ßiebcrn j
unb crt)iclt babUK^ einen nic&t unhttxddiU \
lid^en ßieberfcf)a^. 25er er|ie, ber tai
tfiat, War 9!}lid)ael Sefe, 55rebiger=
mönc^ unb $vopji ju ^aUe an bcr Saale,
mit: „Sin 3iett) ©efangbücfelein ®et)jllic^er
Sieber, nor aüc guttue (S^rijien nad) orbc-
nung (56rifilid)er ßirc^en. Seipjig, 1537."
(5^ enthält 45 Sieber unb würbe bcnu^t
»on ®eorg 2öi|el, ©ombec^ant üon
Dlmü^, ber 1567 ein gro^e^ ©efangbud)
mit 199 beutfc^en unb 22 Inteini[(f)en
Siebern fierauägab. ^toä) umfangreicher
tji t>ai tmi) S)aüib Oregoriuö (Sorner,
2tbt ju ®öttt>cig, im 3a|re 1625 »eran»
jtaltete „®ro§ Gat^olifd) ©efangbud^"
mit 422 Siebern. |» offmann üon
galleröleben, ®efdf). b. bcutfd^en
Äird^cnliebeö biö auf Sutf)erö Qnt.
Älctbcrortimtngen. Sdjon Äarl b. ®r.
fat) fid) »eranlaft, burd^ befonbere ©rlaffe
bcm Suyuö in ber ®efleibung entgegen*
jutreten, ber of)ne 3*^6if^l^ huxä) frembe
^oflcutc an feinem ^ofe ^la| gegriffen
^atte. *J?amcntlici) maren e^ bie föfttid^en
^elje, benen ber Äaifer ben Ärieg erflart
l^at. (Sin mit SWarbcr* ober ^ifc^otterfeüen
gefütterter iRod ber bejlcn 5lrt burfte nid)t
über breifig solidus, ein fol^er mit
3iefclmau0fetl nict)t über je^n solidus
foPen. 2)oc^ crfc^ien nad) bem „SDtön^
»on ®t. ® allen" Äarl felbji — wk ein=
fad^ fein gemö^nlic^eö Äleib mar — an
^oöen i^ejien üornefim gefd)mücft, unb nictit
minber traf hai bei feiner ®cmal)Iin unb
ben Söd^tern ju. S^ ift bafier mol)I be*
greipid), ba§ nad) feinem S^obe, unter ber
|»errfd)aft feiner fd)it)ad)en «Sö^ne unb
(Snfel, bie *Prac^tIiebe ungel)emmt ftd) ent=
falten fonnte. (So mic^ bann bie foge^
nannte fränfifdie Irac^t, namentlich uom
10. 3a^t^unbert an, anmäf)li(^ ber bpjan^
tinifdien, bie au« Italien betüberfam.
2)cr auffirebcnbe Qlbel unb bie ©tdbte
wetteiferten in beren 5lnmenbung, unb
aller ^alt ging cerloren, als bann gegen
enbe bes 13. ^a^tljunbertö granfreic^ in
jeber 93eäicl)ung tonangebenb mürbe, mo
man — mic iSd)riftpeüer bamaliger ßeit
üerfic^ern — am ^ofe Submigö IX. „ftd;
bei weitem metir nad^ einem tofibaren
SDfarberpelä, al« na^ ber ewigen ©eltgfcit
feinte." ^Dort ert)oben ft(^, befonberö nac^
bem unglüdlid)en 5tuögange ber ©d^lac^t
bei (Srecp, ernfte SD^ünner unb fc^rieben
ba« Unglüd befonber« ber ^offart unb
ber fie begleitenben ©itten»erberbniS ju.
2)ie ^ofaunen fanben aücrortß iljren
SBieberliatl unb wie franjöfif^c Sracbt, fo
fanben au^ bie Magen unb 33erorbnungen
balb ringsum Singang. 2Bir faffen jebod^
an biefer ©teile nur bie amtlichen ®r»
laffc inö 5luge unb Wenbcn unfern 93li(f
in Äürjc nac^
^ranfreid), bem 33orbilb. ®eit bet
Seit (gbuarbö m. (1327—1377) waren
namentlid) bie beamteten Don ©taatöwegen
geljalten, jtc^ nad) beftimmten Sßorfcbriften
jU fleiben. D^amentlic^ ben ®eri(^töbe-
amten lieferte ber Äönig bie ©toffe unb
jwor je nad) bem [Range Iu(^ unb ©eibe,
SammfeU unb „Äleinfpelt" jum Sefa^c.
@o lieferte Cflic^arb n. (1377—1399) ben
iRic^tern jur ©ommerEIeibung je 10 (SHen
grünet lud^, ben Oberrid)tern 24 (JUen
grünen laffet, wä{)renb le^tere unter
|)einrid) VI. ju aBeif)nad^_ten für eine
SBinterfleibung 10 ßUen „violetin grain"
unb 152 fleine •^crmelinfeüe erhielten,
worunter 32 feinere jur Äopfbebedung
bcfiimmt waren. 3" ^ftngficn erl)ielten
fie 10 (SHcn grüne« Suc^ unb ein t)albe^
©tüd grünen „turtarin". S)ie Jrac^t bec
übrigen ^Beamten würbe cbenfaHö genau
befiimmt unb ebenfo ^le ber anbcrcn<Stänbe,
fo ber ®ele^rtcn, ber ^rofefforen unb Stu*
bierenben. S)iei2i[rjtc j. S. trugen eine
graue [Robe, gegürtet mit f($warjem ^üfts
gürtcl, auf bem |)aupte eine fd^worje .^appe,
bie mit breiten Sappen unter bem Äinn
jufammengebunben würbe. 5(uffällige 5lug»
jeid^nungen mußten fid) aud) bier, wie in
Italien unb fpäier in 2)eutfd)lanb, bie
öffentlicben 3!Räbd)en unb bie Juben ge«
fallen laffen. (Srpere trugen Äappcn mit
wei§cn ü}Jerfjeid)en, le^tere nac^ ben SSer*
orbnungen ber Äirc^enoerfammlungen »on
1233 unb 1267 ein langet ®cwanb, bem
1314 ein l^ornartig gebogener $ut »on
gelber ober gelbroter g^tbung beigegeben
würbe. Qluc^ mugtc ibr Unterfleib auf
ber Srufi ober i^.r SWantel auf bcr ©(^ulter
mit einem roten ober orangefarbenen Stab
»erfct)en fein, ©old^e Qlbjei^cn waren
aud^ beliebte ©trafmittel im „peinlii^cn"
JRed)t8»erfabrcn ^äl\(i)n unb ^alf^*
münjcr Pellte man einen ganjen ^og in
einem weisen ®ewanbe aud, weld^cs mit
umpammten Äöpfen bemalt war. Verräter
würben mit pergamentenen Äronen ge*
fc^müdt in ben ©trafen umbergefü^rt,
unb Falliten würbe bie grüne Äappc auf*
gefegt.
ßwifc^en 1330-1350 fanb bie ftan*
jöpi'c^c ira^t in S)eutfdblanb (Eingang,
liefern ptö|ili^cn Umfc^wung in ©itte
^leibcrorbnungcn.
357
unb Zxaiit trat man fofott energife^ tnU
gegen, aber auä) fcfcon bon llnfang an
mit wenig Srfolg. S'Jamcnttid) waren eö
bie fiabtif^en 33el)örben, bic bcm „Seufcl«^
hjerf" ju ßeibc rücftcn, [o biejenigc »on
S^ürnberg fc^on 1343, l)aupt[äc^Iicf)
gegen bie grauen geriditct. Salb folgte
bie ^'^'^"ffu'^tcr ^leiberorbnung unb
1356 biejcntge Don ©peier, Welche aßc
burcf) iljrc fpieBbürgerlic^e Äleinigfeitö»
främerei fidi au^jfic^nen. ®ic le^tere ftcüt
j. 93. nad)foIgenbe SScrorbnungen auf:
„2)ie Rauben ber grauen foüen nid^t mebr
benn t?ier Dlei^en con Äraufen ^aben; feine
foH il)re gewunbcnen ^aarjöpfe ober .^aar=
fd)nüre l)erabb(ingen laffcn, fonbcrn auf^
gebunbcn tragen, ausgenommen bie Un=
t)crt)ciratf)eten, bencn es gejtattet fein mag.
6inc Jungfrau, bie nic^t iFJanneö ^at, bie
mag mo^l ein Stapel tragen unb i^re
^aarjöpfe f)angcn laffen, biö ba§ ftc be=
rattjcn unb einen ÜJiann nimmt. Äein
©eiranb, untercö ober obereö, foH meber
riornc jugefnöpft, noc^ an ben «Seiten ju=
gefd)nürt, burd^ (Sngniffe eingejroungen
»erben. S5ie Sappen an ben ©rmeln feien
nid)t länger, benn eine (Stle Dom ®üen=
bogen an. 2)ie 23erbr(imung be^ JRocfö
ober ÜJiantelö, ob Don ^Peljmerf ober Don
@cibe, fei nici)t breiter, benn jweier 3»«d)'
fingcr unb aud^ nur oben; unterfjalb
follen fte gar ni(i)t Derbrämet fein. 35ie
SWdntel foIlcn oben gefd)Ioffen fein, ot)ne
Silber, ®olb unb *Perlen, unb nic^t ju
Weite ^alööffnungen f)Qben. 5luc^ foüen
an ben SRöcfen bie Äopföffnungen fo auf
ben llc^feln aufliegen, bap biefe nidit ju
weit entblößt werben, ©ejireifte ober gc=
ftidte Üiöcfe, 93erjierung an .^üten ober
SHöcfen Don 93u4)j^aben, 23ögeln u. bgl.,
bie mit ©eibe aufgenaf)t ftnb, jeien DoHenbs
aufjugebcn. *Jluc^ foü feine grau an i^ren
SRöcfen, SKänteln, ^üten, güi^fpangen, ©ür«
teln, 93anbcrn u. f. w. Weber ®oIb, ©über,
nod) (Sbelftcine ober gar perlen anbringen.
(Sbenfo foü aud) fein 2)lann gebern ober
ÜJJetaürö^rc^en ober ®efd)melä auf ben
®ugeln tragen; feiner, ber nic^t [Ritter
ip, an ©ugeltjüten, Siöcfen, ajJantetn, no(^
an ©ürteln, Jafd^en unb SKeffern Weber
golbene unb filbcrne 93orten ober 93änber,
nodf) ®olb, ©über, «perlen u. f. w. bliden
laffen. S)er iRodf fei nidE)t fürjer, benn
biö ju ben Änieen, er fei benn jum Äriegö«
ober gfleitrocf beftimmt. Äein SWann foü
93art nod^ ©d)eilcl tragen unb fei ber
Sipfel feiner (Sugel Weber gewunben noct)
gefd)nitten, no^ langer benn l)öd)fien6
anbertl)alb dUcn, unb bie (Sugel Dor bem
©eftc^t in feiner SBeife au^gejadt. Diiemanb
foü an feinen @dt)ul)en ober an feinen
tebernen |)ofen lange fpi^ige @(i)näbel
^abcn, unb fein 5Wann, ber nic^t Stittet
ifi, ©df)u^e führen, bie nur ber ^offart
wegen jcrf)auen unb jerfc^nitten ftnb."
©d^on etwaä nad^giebiger — imi befio
me^r ©e^ör ju finben — lautete eine
ßürid^er iBerorbnung Dom ^a\)xt 1371,
wo SBürgermeifter unb JRat „einbettiglid^
barin übereinfamen, baf ein e^elic^ 2Beib
noi^ 2Bitwe, nod) mit D'inmen eine ^^xan,
Weber iSeginen noc^ anbere ^^raucn, an
einem Z\xä)i Weber ©d)Ieier noct) anbcr
Sud), Weber ©eiben nod) ®arnen,. an ein
(änbe fefeen foQ, unb ia^ fte es tragen
unb laffen fotl aU ha^ erflere gewoben ift;
baju aud^ foC feine ein Äronf^appel me^r
tragen, taii Don ©eibe, Don ®oIb, Don
©über ober Don ebelem ©ejtein gemacht
fei, unb fo and) fein .Rappen me^r üon
©eibc mit ®olb ober Sbetjteinen baran.
Den Jöc^tern aber unb ben SWäbdien
foüen biefe ©tüd nic^t Derboten fein,
^luc^ foü feine %xan, weber et)elic^ SBeib
nod^ lebtgc £o(^ter ein ®ewanb oben«
^crum Weiter tragen, benn ha^ t>ai Äopf*
lod) jwcicr i^inger breit auf ben 51d^feln
aufliege, unb foü aud^ beren ®ewanb nid^t
met)r Dornf)erauf unb ju ben ©eiten jum
Änöpfen ober jum ©d)nüren fein; audf)
Weber ein ef)eli(^ SIßeib nod) SIBitwe baran
Weber ®olb unb ©ilber, nod) 6belfieinen
unb ©eibe anbringen. Södjter aber mögen
an i^rem ®ewanb, wie fte eä biä^er getrau,
®oIb, ©über, (JJerlen unb ©eibe tragen.
@ö foü audf) feine ^xau an if)ren SRod
mii)x eine fi'appe mad)en laffen, bic länger
benn eine (Süe ijl; audt) Weber e^clidf) SQöeib
nod^ iZBitwe fernerhin einen anberen 0iod
al^ Don einer garbe tragen; aud^ eine
J^rau, Weber (5f)efrau nod) Sßitwe nod^
Stodbter einen ®ürtel fül)ren, ber me^r al^
fünf *jjf. 5Denare wertf) ifi. 2lud) foü
niemanb, Weber grau nod^ üDJann, iVnabc
nodt) Sod^ter einen ©d)u^ mel)r tragen,
an bem ftd^ eine ©pi^e befinbct, barin
man (Stwaö ^ineinf(iieben fann. S)aju
aud^ Weber grau noc^ lod^ter me^r einen
gef(^nürten ©c^ub anlegen, ©o aud^ foü
jebweber 2JJann unb Änabe, er fei reid^
ober unoermögenb, ein 3«9l^eöf i»«^ «t
nun tragen miß, alfo lang madt)en, ta^
eö il)m bi« an bie Äniee Verabreiche, unb
foü ber Äappenjipfel nie länger al^ bet
SRod lang iji unb nad^ unten niemals
met;r jerf^nitten fein. 51uc^ foü feiner
358
Äleiberotbnungen.
fortan gct^cilte ober gcfireiftc ^ofen tragen,
fonbcrn c^ feien beibc Seinlingc »on einer
garbe unb ©eftölt. ©er »on ben ®ats
jungen eine brid)t, bev jal)It je^)n ©^iQing
ju Q3u§ ber ©tabt."
9if)nlic^e 93erorbnungen erliefen bie
Wak toon Ulm unb Strasburg, fomie
1405 bctjlenige Don SDtünc^en, ber juerj!
©efiimmungen über tai ißer^altcn bei
ÄinbtQufen, |)od^jeiten u. bgl. aufPeDie.
3n legieren ^eift e^: ,,6ö foü awä) fortan
feine ^xau noä) Jungfrau einen (Rocf
tragen mit 9Bet)em (*pcljmerf) unterzogen
unb mit offenen (iȊnges)6rmeln, unb
ttjetc^e ^xa\x ober Sunflfiou bieö über^
fd)reitet, beren QSater ober *D?ann ^at ber
6tabt oc^t uiigarifd)e ©ulben unb bem
SRic^ter jwei ©ulben ju geben. 6ö »er«
bieten ouc^ bie Herten, ia^ jeglic&e grauen
unb 3uiigfTauen, tt)el($e Bürgerinnen f)icr
ftnb, einen ÜJJantel nodb IRod mel)r tragen,
ber länger benn I)ö(I)fienö jreci Querfinger
lang auf ber (Erbe nad^fd^lcppet, unb mcr
»on il)nen baö übertritt, beren Sater ober
ÜJJann giebt ber ©tobt ein $funb «Pfennige
unb bem Mi)kx 60 2)enare, fo oft aU
fte ben 9flo(f ober SDtantel trögt."
3m 15. 3al)rf)unbert folgten jtc^ in
QUen Stäbtcn bie t)erfd)ärften Drbnungcn
in immer fürjer trerbcnben ß^ifcftenräumen.
6ie uermo^ten jeboc^ bem einmal ent»
feffelten ^unge riid)t mebr (5int)alt ju tt)un.
Xai „Sappen; unb ^abbelmetf, bie ge=
tl)eilten iRleiber unb Schnabel fc^utje"
blieben bejieben unb »eränberten fid) oft
in pf)antaftifd)e SD^a^fenfleiber, bie, i^rem
3tt)ecte fo fe^r entfrembet, ben Uniüiflen
ber Sefonnenen immer me^r reijten. dla^
mentlid) tvax e« ber xäi)t 99ürger|!anb,
ber e« bem Qlbel jutiortl)un moüte unb
!onnte, fobag ber le^tere, um ftc^ »or
gänjliciier SSerarmung ju fc^ü^en, nun
unter fi^ freitüitlige Vereinbarungen traf,
j. S. 1479, for bem großen Surniere ju
2Bürjburg: „HfJactibem einem jeglid)cn
*J{itter (3uter ©ammet unb *PetIen ju "tragen
»orbet)aIten iji, fo t)aben mir boc^ hierin
bef(i)toffen, ia^ \f)xn feiner einen golb^
burd)mirften ©toff nod^ gefiicften ©ammet
tragen foü, barin er fic^ ju f^mücfen auf
folgern ober anberem lurnicr »orne^men
moüe-, meld^er tai übevfübrc, ber foÜ »on
allen «Rittern unb (Sbelen t>era(i)tet fein,
aud) in bem Surnicre ju feinem Ißortanj
ober 3)anf jugelaffen mcvben. (5ö foHen
ou($ bie gemeinen (Sbelen, fo nid)t (Ritter
unb bo^ Jurnierö; unb iRittergenoJTen
flnb, feinen ©d)mucf »on «Perlen, getieft
ober anberö tragen, benn eine ©d^nur um
eine Äappe ober |)nt. (5ö fcU aud^ feiner
®olb, »on .Retten , ©dbnüren ober gefiicft
tragen, er trage e^ benn üerbedt unb un*
ftc^tlid) als eö bie 21Iten getrau unb ^er«
gebraut ^aben. Unb foÖ berfelbc auc^
feinen ©ammet, barin er jtc^ auf fold^em
Surniere fcf)müden moüe, anbcre^ benn
jum 2öamä naä) feinem ©efallen tragen,
unb melcber ba^ überführe, ber foü Don
anberen SRittern unb Sbelen »erfd^mö^t,
ber Sortdnje unb ber 5Dänfe beraubt fein.
6ö foflen aud) ia oHe Sflitter unb ©beten,
unb befonberg ein jeglicher SRitter, feine
golbene 2)ecfe (ober ©d)abtade) unb in
ber ©emcine oon 5lbet »on ©ammet, »on
2)amafi, 5ltleö feine ^edfe ober SBappen«
rod füfiren; mel(^er baö nid^t hielte, ber
foQ bann »on ben anberen »erfd^mät)t,
aud^ »on ben gianfen im Surnicre ob»
gefc^ieben unb ber SSortänje, fammt bcd
Surnierö 5Dänfen beraubt fein. — 3lai)i
bem aU mir bie Drbnung unter un^, aU
ben SÖJannöperfonen gefegt unb bie SRot^«
burft mit unfern SBeibern, 3;öcf)tern unb
©^mejiern aucf) Drbnung ju »erfe^en er*
forbert, fo iji gemad^t, bof eine jeglid^e
grau ober 3ungftau nid)t über »ier iRöde,
barin fie ftd^ fdjmüden mitl, aU ©ammet
ober gefiidte SRöde t)aben foü. ^Darunter
foüen nid^t metjr benn jmei bem ©ommet
gemä§ fein; ob fie anberg biefc ^ätte unb
bie anberen nad^ jiemlidf)en S)ingen bie
bem 5lbel, aU bie 5llten f)ergebrac^t baben,
mof)l anfiänbig; unb meldte grau bai
nict)t Italien, fid) mit Äleibcrn ju fc^müden
über biefe 3<Jt)l anfdf)iden unb ju fold^em
Surnier gebraud^en tt)ue, bie foO »on bei
gefammten 5Ritterfdt)aft, grouen unb 3ung«
frauen, »erad)tet fein unb ber SSortänjc
unb SDänfe be^ Surnierö beraubt bleiben
Unb ob au^ ben gemelbeten grauen unb*
Jungfrauen etlid^e mit fold)er Äleibung
ju bem ©efd^mud nid^t alö föfilidt) an
©ammet »erforgt mären, bie foüen bcnno(^
nadt) iljrem ©tanb ju G^ren gejogen mer*
ben." (Sine äf)nlid)e S^erorbnung erlief
um 1485 bie (Ritterfdf)aft ber 93ierlanbe
([R^einlanb, Satjern, granfcn unb Qä)Wa'
ben) auf bem Jurniere ju ^eilbronn.
S)er ©ürgerjianb , ber fid) an bie ®e«
fe^e ber SRäte fo menig fe^rte, lub pd^
nun bie Ungnabe ber gürften auf ben
9'laden, ©o erliefen um 1482 ber Äur»
fürft ©rnji unb ber ^erjog 5Ubert
»on ©act)fen i|)re SBerorbnungen, bie
aüerbingö — menigftenö gegen ben SRitter«
ftanb — etwaö milber maren alö manche
ÄIcibcrorbnungcn.
359
ber übrigen „gnäbigcn Herten". ®o er=
laubten jic ben rittetli^cn fjwuen unb
Jungfrauen ein Äleib ju tragen mit jroei
6Qen langen ©cfelcppcn, baju ben 33cfl^
einer feibencn «Sdbaube, cincä feibenen
Sfiocfä unb jtoei geflidter SRöde, iebe^ eins
jeln im SZÖerte üon f)öc^ftenä 150 ©ulben.
3)a aber axxd) biefe fürfilic^en erlaffc un*
beachtet blieben, fam bie ?lngelegcn^eit
»or ben SRci(i)ötag, ber 1497 auf bem
9lbfc!t)icb ju ßinbau nacf)fiet)enbe 1ßer=
fügungen traf: „9?aci)bem in bem 2Ibf(^ieb
beö ndd)ftgel)altenen SReidj^tagcä ju SBormä
befcblojfen ift, ba§ auf ber*näd)fien 33er»
fammlung nac^ fold^cm Jag Übetflüfftg«
feit ber Scfleibung unb anbcrer i)ixnai)
bemelbeter I)inge f)alber Drbnung »or=
genommen njerben foflte, iji alliier gerate»
fcblagt, inma|en bie i)ernad)folgcnben
5lrtitcl anjeigcn, iit eine jebc Sotfdbaft
hinter [\i) an if)ren |)errn bringen foü,
ber S)at)eim auc^ Setrad)tung ju tl)un,
ba§ feine ^ati) unb Sebenfen in fold[)em
auf bie näci)ft fünftige Serfammlung ju
eröffnen, bamit aläbann ferner unb enbli^
baoon gel)anbelt unb befc^loffen »erben
möge.
„^Infänglid), ta^ bei gemeine Säuert«
mann unb bie arbeitenben ßcutc in ben
Stübtcn ober auf bem Sanbe fein Zmi)
anmad)en ober tragen foHen, bacon bie
(SÜe über einen l)albm ®ulben foßet.
%\iä) foUcn ftc f einerlei ®olb, tperlen,
6ammt, ©cibe nocb geftücfeltc (jufammen*
gefegte) Äleibcr tragen, noc^if)rcn jßeibern,
nod) Äinbern gejlatten; bod) foll biefer
5lrttfel prften, (Srafen, ^errn, noc^ bie
»om 5lbcl mit ifiren 2lmtleuten ober 2)ienji«
leuten, nic^t binben ober begreifen, bie*
felben jäfjrlicf) nac^ i^rer ©eroobn^eit
inma§en anbern il)rer Diener ^u befleibcn.
„3tem: »ie ftd) |)anbh)erf^leutc, bie
ibreä |)anbn3erfö in Übung ftnb, it>rc
^ned)te, au^ fonjl lebige Äned)te, mit
i^rer Äleibung äiemlid^ tragen unb klten
follen, iiai foü eine jebe Dbrii^feit bei
i^rer 5iemlid)en Drbnung bctrad)ten unb
öorne^men, baoon auf ber nä^jten SSer»
fammlung ferner ju ^anbetn. — Jtcm:
Bürger in ©täbtcn, bie nicl)t oon Slbcl
ober Oflitter ftnb, fotten fein ®oIb, «Perlen,
©ammt, Qd^axlad) , Seiben no^ 3"^^^
ober ^ermelinfutter tragen; bo^ mögen
Ite ungefähr ®ammt ober ©eibcn ju
SBämferu, aud) ®cf)amalott (Äamelot) ju
Äleibung tragen; be§gleic^en mögen it)re
flauen unb ^inber il)rc Äleibung mit
©ammt ober ®eibe jiemlic^ »erbrdmen.
umlegen ober fölern, aber mit feinem
golbenen ober filbernen @tücf. — 3tem:
bie oon 2lbel, fo nid)t 9ftitter finb, foQen
fein ®olb , nodb perlen öffentlich tragen
unb i^rc Äleibung, befonber^ mit Jcitbcn
unb «Stücfen, jicmlid) machen laffen; mie
benn ein jcbcr gürfi in feinem 5ürftentt)um
Drbnung fürnetjmen unb machen mirb. —
3tem: bie t>on ^bel, fo SJlitter finb, follen
and) fein golbene^ Stüd tragen, bod) foü
eö it)nen ju SCßämfern ju tragen unner»
boten fein. — Unb mag ein jeber gürfi
mit feiner 9flilterfdl)aft ratl)f^lügen, mie
e^ il)rer grauen unb Äinber ftalbcr
mit t)er Äleibung jiemlid) gehalten
mcrben foü, bamit bieiRittcrfc^aft be^alben
auc^ übermäßiger Äojibarfeit entlafict
rtierbc, melc^er !Ratt)fcf)log auf bie nacl)|!c
aSerfammlung auc^ üorgebrad^t merben foII,
baüon weiter nad) SJiot^burft ju ^anbeln.
— 'Md) foll ein febcc fur^er ORod ober
ÜWantel in ber 2änge gemacht merben, ta^
er t)inten unb »orn jiemlid) mo^l becfen
möge- — Qlud) follen aüe (Jrjbifc^öfe,
33if*öfe unb Prälaten i^re ®eiplid)feit
baran galten unb anrocifen, ia^ jte ftc^
mit ibren Sefleibungen et)rbarlid) unb
geijili(^, wie it)rem Staube roo^l gcjiemt,
fleibcn unb balten unb unjiemlic^e Äofi«
barfeit abfteQen" u. f. vo.
2)iefe ©efiimmungen ttjurben auf bem
aieid)ötage ju greiburg i. 93. (1498) bc=
ftätigt unb nad)Pc^enb »erme^rt: „^ani>'
merföleute unb ibre Änec^tc, auc^ fonfi
lebige Äned)te, foüen fein Znd) ju |)ofen
ober Äappen tragen, banon bie ©He über
brei Drt eineö ®ulbcn (breiüiertcl ®ulben)
foftet. *}lber ju 9flöcEen unb TOdnteln foQen
fte fic^ inlänbif^er Jüc^er, baton bie (SHe
nid)t über einen falben ®ulben fojlet, be=
gnügen laffen; aud^ fein ®olb, perlen,
Silber, ©ammt, ©eiben, ©d)amalott, no(|
geftüdelte Äleibung antragen. — '^ttm:
Oteiftge Änec^te follen fein ®olb, Silber
noc^ Seiben, baju fein Srufltud) (53rujt«
la^) noc^ Rauben mit ®olb ober Silber
gemacht, trugen; auc^ il)re Äleibung ni^t
mit Selbe verbrämen. — 5tem follen 5eber=
mann gefaltete ^emben unb sßrujitud^,
mit ®olb ober Silber gemad)t, auc^ gol«
benc ober ftlberne -Rauben ju tragen »er«
boten fein, baoon aufgenommen gürjien
unb gürftenmäffige, au^ ®rafen, .^errn
unb bie von 5lbcl, fte follen l)ierin nid)t
begriffen fein, fonbern fxä) fonjl, jeglicher
na^ feinem Statt , in fol<^cm jiemlii^
galten, tragen unb Übermaf oermeiben;
unb fonberlic^ foQen bie üon 5lbel, bie
360
Äleiberotbnungen.
nic^t SRitter ober SDoEtorcn fmb, perlen
ober ®oIb in i^rcn ^embcn unb Sruji=
tü^crn ju tragen abfieücn unb »ernteiben.
3)od) mögen bic eon 2lbcl, bie SRitter ober
S)oftoren jinb , jtt)ei Unjen Oolbe^, nid)t
barübcr, unb bie, fo niä)t SRittcr ober
S)oftoren ftnb, jnjei Unjcn Silber unb
nii^t barüber, an ii)ren Rauben tragen." —
93on großem ©rfolg roaren auc^ bicfe
9leid)ötagöt)crorbnungen fc^merlict) begleitet,
benn auf bem Sage gu iMugäburg (1500)
fam bie Qlngelegen^)eit niieber jur @pra(^e
unb würbe bcfc^loffen: „ba^ bie Äur»
fürftcn, ^üi^ficn ober anbcre Dbrigfcit bei
SBermeibung faiferlic^erllngnabe bieSReic^ö=
tagöbefcf)IüjTe in ^Betreff ber liberflüffigfeit
bfr Äiciber in i^ren ßänbern in 5luö*
fü^rung ju bringen pttcn unb jwar biö
jum ©onntage ßdtare b. 3- 1501 unb ia^
aüe, Welche bi^ bat)in bem nic^t eöüig
genügt |aben mürben, burd^ ben SReii^ös
^ital mit ®emalt baju gcnöt^igt merben
folltcn." 2)iefe (Sefe^c f outen ^inftc^tlid^
ber .^«inbmerfcr aud^ für „beren ^jrauen,
Äinber unb SQfdgbe ju terfte^en fein" unb
ben 2;öc£)tern ber 93ürger in ben (gtäbten
foüten |)auptbänblein unb ißerlen — natür»
li(^ in gicmlidjein 5J?a^e — ni(ä)t un»er=
Boten fein, ^inficfitlid) ber 3uben unb
öffentlichen S)irnen („i^reubenmäb*
(^en", „ber SBeibcr, bie an ber Unef)re
fi|cn") galten im aÜgcmeinen bie gleichen
Seflimmungen, bic ^lanhnä) auffieüte.
3n 93erlin muften Ic|terc (1486) bic
ffifJäntcl auf ben köpfen tragen, ober aber
fte trugen ganj furje 9Mäntel; bießujlig =
macf)er unb iJlarren trugen feit ber
üJJitte be^ 15. 3a^jf)wnbertg mögti($fi
buntfc^edige Ziaä)t mit einem mcitcn, facE*
förmigen, mit ©löcfdjen oerjiertcn ^ängc=
ärmel, ©d^eflenfappe mit J^al)nenfamm,
(SfcIöot)ren unb iRarrcnfolben.
Qlud) lai 16. Sa^r^nbert f'ämpfte ni(i)t
minber erfolglos, ©tc „ neue faiferlid^e
Drbnung unb SRcformation guter IJoUäci
im l}eiligcnrömifc^cniRcicf)c"erlie§ auf einem
fpdternJReicf)eitage(1530)micbcrju*Jtug3burg
eine ganjeSlei^e berartigcr Scjlimmungen,
bie ben ßanbleuten, ben ©täbtern unb
^toax iöürgern mie ^anbmerfcrn, i^anb=
iioerföfned^ten unb ©cfeücn, ben Äauf= unb
©emerböleuten, ben iRäten unb ®cfc^Ic<^tern,
bem *21bcl, ben ©rafen, Ferren, Olittcrn unb
25oftoren, ben ®cipiid)cn, ben afteifigen
unb Äriegäleuten, ben ißcrgfnappen :c. bie
Ileinli^ficn ißorfd)riftcn in Scjug auf bie
Äleibung machten, „bamit in jcgli(ftem
©tanb unterf^ieblid) (Srfcnntnif fein
möge", unb 1548 würbe bcfc^Iojfen, bie
Dbugfeiten, bie mit ber 2)ur(f)fü^rung
berfelbcn nad) 3al)reöfriji nod^ im 3lüd=
ftanbe fein foütcn, mit 2 Tlaxt lötigem
®olbe JU betrafen; — ber Srfolg blieb
auc^ je^t nocf) auö, ber betroffene Sßürger
beja^lte nötigenfalls feine Strafe, übertrat
aber baS ®cfe^ bei ber nd(^jlcn ®elegen=
^cit mieber. QlucE) bic ©eifilic^f cit
benu^te Äanjel unb iöeic^tftu^I, namentlich
bie nun auftau^eiiben „^luber^ofen", bie
„ unjü^tigen jcufelö^ofcn " abjut^un;
Äir(i)enjirafen unb Sann waren nic^t »cr=
mögenb, ber unglaublidb rafc^cn iBerbrei»
tung ber „unfletfiig, fc^dnblicf), jerlubcrt,
äu^t» unb c|)rüerwegen, plubrigten" Älei»
bung®in^alt5ut|)un. SDieSRdte mußten aud^
f)icrin nachgeben, ©o erlaubte enblid^
berjcnigc »on 93raunfd)Weig (1579) ben
^Bürgern ju einem ^aax ^ofen 12 (SHen
©eibe. ber üon OWagbeburg (1583) „ben
©cf)öffen, bcnen »on ben ®efd^lecf)tern,
ben 23orne^mjtcn auö ben Innungen unb
ben SBobl^abenben oon ber ®emcinbc"
big JU 18 ©llen .^artecE, ber öon SRoftocC
(1585) — bod^ cinjig ben Qibcligen —
12—14 mm.
3m3abtel612 crfd§t fobann ® cor gl.
tion ©ad^fen eine SScrorbnung, bic auf
aUc Älcinigfcitcn Sebac^t nimmt unb jum
©dt)lu§ ber ©d^neiberjunft cmpfinblid^ auf
ben »5u§ tritt: „Unb weil burd^ bie ©d^neiber
alle ÜJli^brducfec am bcflen »erbütet werben
fönnen, fo fotl nun ^infüro fein ©^ncibcr
feinem ein ^leib jufdEjnciben ober an^
madt)en , fo il)m »ermöge bicfcr Drbnung
jU tragen nidE)t gcbüf)rt; würbe aber ein
©d^neibcr barwibcr t)anbeln , cö gef4dt)c
burdl) if)n felbji ober feine ©efcücn, ber»
fclbc foU jum crftcnmal um adf)t 3;^alcr,
jum anbecnmal um 16 S^alcr gcfitaft
werben; ta er aber an fold^e ®elbfirafc
ft^ nid)t fc^rcn, fonbern jum brittcnmal
ber Drbnung juwibcr banbcle, unb einem,
wer er auc^ fei, ein Älcib, fo ibm nid^t
gebühret, angemacht ^aben würbe, bem
foU auf ein 23ierteljat)r fein ^anbwcrf
gelegt, aud^ na^ ©efinbung feiner »iel*
faltigen SSerbred^ung unb mut^wtUigen
SZBiberfc^ung bicfcr wot)lgcmcinten Drb«
nung, tai Sürgcrredfjt gdnjlid^ eingebogen
werben." Äcin ßanb unb feine ©tabt
blieb mit fold^cn ©rlaffcn »erfd^ont, aber
bic Älagen »erfd^Winbcn nid^t, unb iDUd^aet
greub bat wo^l rcd^t, wenn er ( 1682) f lagt:
„An Kleiderordnungen mangelt an etlichen
Orten nicht, sondern nur am halten. Der
Schmidt, der die Handhaben dazu machen
ÄUtbung — Älofieranlagen.
361
soll, ist schon längst gestorben
Allein die Wahrheit za bekennen , so
kann man denen Christlichen Fürsten
und Herren, vor ihre Person nicht aller-
dings Schuld geben , dass der Teutsch-
Französische Hoflfarts-Teuffel also hefftig
grassiret, wütet und tobet, sondern viel-
mehr ihren Officieren, Amtleuten, Käthen
in Städten und andere mehr ; als welche
ihrer Oberherren publicirte Kleider-Ord-
nungen, nach Erforderung ihrer Pflicht
und Schuldigkeit nicht exequiren und
drüber halten, sondern sind noch wol
Selbsten die Ersten, die dawider han-
deln." 5Dic Äleibcrorbnungcn Dcrfcf)tt)inben
aui ben obrigfeitIi4)en (Srlaffen ctjl ju
6nbe bc^ toorigcn 3a^rf)unbcrtä. 3la^
2Bei§, Äojlümfunbe.
Skibung, fiel^e Jrad^t.
^kruö, 2)ic ältere Äitd^c unterfc^ieb
blo§ iöifd^öfe unb *J?ricfler, beibc in*
fofern gleic^gcileüt, alö ftc gleichmäßig jur
5lbminiftrierungber ÜJJeffcjugcIajycn hjaren.
3ut ^ilfcleifiung bei bem l)eiligen 2)icnfie
trurben bic2)iafonen fctwcnbet; fpdter
cntflanbcn ju bicfem 3>i'f<Jf nod) anbete
Simter, btc ©ubbiafonen, bic bem
S5iafon beim ©otteäbienfie minifitierten;
bie ^folut^cn jur 3ui^fii^ung ber
5lltQr«5 unb ber f)eiligcn ©crcitfd^aften ;
bie (Sfo reiften für bie ©ebete unb ^anb*
auflegung über bie ©nergumenen, bic
ßeftorcn jum Sorlefen aus ben ^eiligen
®cf)riften, bie Dfiiaricn jur Dbf)ut ber
Sßerfammlungöorte; bic leiteten %mUx
Dom ©iafon abwärt«! Riefen SOZinifirantcn.
©pätcr bilbcten bie ^rieftet unb 2)iaf oncrt
utfammcn ia^ ^reöbtjterium, mit bem ber
«ifd)of bic tt)tdf)tigcrcn @acl)en bcratenb
oerbanbcltc. S)ic geringeren Stufen tn--
Ipren ft^ mit ber ^ät aU cigentli^c
5i[mter unb erhielten ficf) nur infofern, al^
in fen bifc^öfUc^en ©c^ulcn bic jungen
Äletifcr fc nad^ bem 5Uter unb hin er*
«otbencn ^äbigfcitcn ju ben nicDcrcn
SBci^en jugelaffen n3urbcn. QiHen Älerifcrn
gcmcinfam war bieSonfur, t>ai 5lb*
fci)eren ber ^aarc aH ©i^mbol ber Qlb*
legung dütü lücltlidjcn ©inncö; bicfelbc
ging feit bem 6. Jabrl^unbert ber Drbi«
nation üoran. *}luf fte folgten bic Drbi=
nationen jum Dfliariuö, ßeftor, (Syorcifien,
5lfolut^en, ©ubbiaf on, ®iaf on unb ^riejicr,
beren vier erftc ®rabc bIo| bilblid)^ jur
Erinnerung an bie alte 55iöciplin burd)»
gegangen Werben mußten. Seit bem
13. 3at)rl)unbert unterfc^ieb man ba^cr
fier niebere SBci^cn, ordines minores, oft
einfach jllcrifcr genannt, unb brci ^öt)erc
(Srabc, ordines majores s. sacri. 3"
jcber biefer ©tufcn erteilt bie Drbina =
tion bie cntfpred^cnbe Sefä^igung unb
ißoIImac()t, welche fic^ auf ber legten, bem
priefterlic^cn Ordo, biö jur 33cfäf)igung
unb (Srmä^tigung jur ©arbringung beä
Dpfcrö erweitert. 5Dcä üoüftänbigen ©a»
ccrbotiumö wirb jcboc^ ber ®eweif)te,jrft
teil^aft, wenn er, burd) JBat)! ober auf
anberc gefe^Iic^e JBeife jum _^irten einer
bcjtimmten 5Diöcefe berufen, für biefe bic
Äonfefration erf)äU, unb bloß bic
hofieren Drben fmb bem (Solibat unb ber
35erpflid)tung jum fpcjicöcn ©cbetöbienftc
unterworfen. 3^1^ Drbination werben nur
folc^c getaufte SlJJänncr jugclaffen, bcnen
bic 5tttribute ber Unf}räjltd[)feit i>t^ 2ßan=
bclö, t)inreic^cnbeä *}llter, ef;elid)e (Scburt,
genügenbcö Sßiffen, Jntegrität be^ i?örpcr^,
be^ ©eifteä, mUtni unb ©tauben« ju=
fommen. !8ifcf)öfe unb $ricfter foütcn
nad) ben ältefien Äanoneö breißig, bie
I)iafoncn fünfunbjwanjig '^a\)Xi alt
fein; bie nieberen Drbineö fönnen fcf)on
einige 3fit nac^ bem ftebenten 3a^re, aB
bem mögli($ilen 3«itpunftc ber Jonfur,
erworben werben.
ÄlOijjfan, l)ießen Eleinc 9Jeuja^rägcbicf)tc
tti 15. 3«^rf)unbert«!, bic mit bem iZBortc
Älopf an beginnen unb, uielgcftattigen
unb bunten 3nbaIteS, balb ernft unb jart
aUeä ®d)önc unb ®ute wünf^en, halb
iwQcr Unfauberteiten fiecfen. Älopfan
t>on Oöfar «Sctiabe, ^annooer 1855.
^löftcr, ftc^e S!}iönd)ötum.
Moftcranlageiu 2)ie Qtnfänge ber dirift*
tidben Äloftcrbauten im 5'^^"^^"^^*^^
fnüpfen jt(^ an bie irifcben ©laubcnöbotcn;
wo ftc fid^ niebcrlicßen, ha entfianben
nic^t nur Äirc^cn, in bcnen ftc i^rcn
©Ott oere{)rten, fonbcrn auc^, nac^ f)ci«
mifcf)cr ^rt gcjtmmcrtc Bütten unb 2ßot)ns
bäufcr. ^rcilid) werben wir unö jene
frübejicn Einlagen faum bürftig genug
üorfictien fönnen; e« waren fitli^itc ^^'o^a'
bütten, weld)c nur ben oKcrnotwenbiglicn
*öebürfniffen genügen fonnten.
5ttö bann aber im 8. Ja^r^unbcrt bie
fräftigc ^crrfd&aft ber ^ippiniben fic^ cnt*
widfeltc, crwud&fen on tjeroorragenben
©teilen, gcfcbü^t burcft bie ©ewalt ber
,^aifer unb geförbert burd) reiche ©dben«
fungcn ber (Sbicn, bereit« jene erficn weit*
läufigen Älofieranlagen, wie wir biefelben
burd) i>a^ ganjc SDtittelaltct verfolgen
fönnen. (Sine folcf)c lieroorragcnbe Stellung
unter ben ja^lreid)cn oon irifd)en SDJönc^cn
362
Älojlcranlagen.
gefiiftctcn Älöficrn na^m 6t. ©allen
ein, baä unter feinem treffüdbcn^lbteDt^mat
tafc^ aufblüt)te unb eine Erweiterung bcr
alten Qlbteigebdube beburfte. 5lu§er ben
dgcntlid)cn Älofterräumcn tt)urben aber
aud^ Käufer für 5lrbcitÖ5 unb |)onbroerf^=
leute angelegt, ferner ein Äranfenbau«
mit einer befonberen ^Ibteilung für 5luö«
fd^i^e unb auftevljalb einer 93erääumung
eine fogenanntc äußere Sc^iule, in weli^er
Jünglinge gebilbet mürben, bie nicf)t jum
SDilöndj^leben beftimmt waren. 3n bcr
fladbgebecften, 100 ^u^ langen Äir^e »irb
befonberö ber toielen (^enfter, ber glafernen
Äronlcuc^ter rül)menb Srmäbnung getl)an.
(Sine Ärppte unter bem Sbore ent«
l)ielt bie ©ebeine beö bl. (Saüue. 2)ie
ganje Äirc^e war au*^ Stein auögefü^rt,
unb wirb i>ai ÜJlauerroerf aU fo feft ge=
((Gilbert, ia^ beim 21bbruc^ ber Äird^e im
3abre 820 unter gro§er ÜJJübe lUfauer*
brccf)er angen3en^et werben mußten.
3u gleid)er 3«t entftanben, »on irif(^cn
SKönAen gcgrünbet, am Oberrt)cin ja^l«
reiche Älo|teranIagen. 5Da^ ^nmxi S)eutfcfe=
lanbö bem 61)riftentum crfd)loffcn ju^aben,
bleibt aber i>ai 93erbienft be^ angelfäc^«
fifci^en OJJöndieä 2Binfrieb ober SBonifaciuö,
beö 51poftclö bcr S>outfc^en. ©eine Sieb*
ling^fiiftung war ta^ Älofter ^ u 1 *> o»
bcffen ©runblegung inä 3at)r 742 »erlegt
wirb unb ^u beffen Erbauung er ben erften
5ibt ®tuim na^ bem ÜHutterfloftcr ü)iom
tcceffino in Italien fanbte, um bie bortigc
3lnlage ju ftubieren. 2Bie ^bt Sturm
feine ©tubien am Äloflcr g^ulba oerwertcte,
Wiffen wir aüerbingö ni^t, allein e^ ifi ficf)er
anjuncl)nien, ta^ ber Jtppu^ ber flöjler*
lid^cn Einlagen biefcr früt)en 3^it nid^t
t>ctf(^icben War »on bem ber fpäteren
3abrbunberte. Um einen, in ber 9tegel
quabratifc^en , mit ^Irfaben umgebenen
|)of, ben fogenanntcnÄreujgang, gruppierte
fxi) bie Äird)c, gcwö^nlic^ im Dtorbcn,
unb bie jur fflo^nung ber Äon»entualen
beftimmten 01 äumlidi feiten, bie fogcnannte
Älaufur. 3"^ ®runbe genommen i|i tai,
bie Äircbe aufgenommen, ganj bie "Wnlage
ber antifen villa nrbana, wdl^renb bie
neben bcr Älaufur belegenen SBirtfc^aft^s
gebäube bcr mit ben t)errfci)aftltc^en ^öfen
toerbunbenen villa rnstica entfprecben, fo
ha^ anjunel)mcn ift, ta^ ben ©cnebiftinern
bei *}lnlage it)rer ^löfter hai antife SBo^n*
l)aui als Scifpiel unb *-13orbilb ttorgefct)Webt
l^abe. SfJac^bcm Äarl ber ®ro§e inä ®rab
gediegen, brod) aüerbingä unter ben nacb=
folgcnben fc^wac^cn ^errf^ern über
3)eutf(i)tanb eine traurige ^txt an, aQein
eö äuferten ft^ hoi) nocf) bie 3iad)Wir=
fungen ber vergangenen großen Spodbe.
®anj bcfonbcrg war e^ baö Älojlcr ^üli^a,
wo bie unter bem jweiten ?lbte, 53augolf,
burd) ben baufunbigen SWöndf) SRatgcr be*
gonnenen großartigen Sauten fortgeführt
unb fo Weit auögcbc^nt würben, ia^ bie
5Wöndbc ^en 'äbt oerflagtcn, weil fte nur
immerfort bauen müßten unb nid)t^ anbereS
tbun fönnten. ^m kixd)mba\i tritt unö in
55ulba unter bem »ierten 21btc (Sigil eine
Steuerung entgegen, wel*e für bie ^olgeseit
gerabeju maßgebenb Würbe, nämlid^ bie
llnlage cincä jWeiten wcftlicben ßboreö,
bcr crridE)tet würbe, um bie (Sebeine bei
großen .^cibenapo(ielö Sonifaciu^ auf=
junebmen unb bcffen ®rab ju i?ert)errlidbcn.
S)aburc^ war in bie ®runbanlagc ber
iöafilüa ein ncueö üJlotitt eingeführt unb
bie Saltatorfirc^c in ^wlba würbe in ibrer
boppelc^örigcn Einlage baö 35orbilb für bie
meijlcn 25omc unb Älojterfird)en ber brei
folgcnben ^a^i^bunbcrtc- 5n bie S^'t be^
frommen ?ubwig fäüt jugleicb ein anberer
bcbcutenbcrD'Jeubau, ber »orjüglicb beäbalb
Sntcreffe crwccft, weil fxd) über bie ©runb«
bi^pofition ein alter Driginalriß auä bem
3a^re 820 biä auf unfere Sage erhalten
l)at, au^ bem bie gan^e Einricbtung
unb auögebcbnte Einlage cineö bamaligen
großen Sencbiftinerfoflerä ju crfef)cn ifi.
m iji bie 'Jlbtci ju @t. ©allen,
für beren iJJcucrftcQung ftd) Qlbt ©o^bert
t)on au^wärtö, wal)rfdbeinlic§ »on gulba
SRatö crl)oIte unb bicfcn in ©cPalt bt^
aui öier jufammcngcnäbtcn <Pcrgament«
blättern bcficl)en&en Sauriffcö erf)ielt.
5Die ganjc Einlage umfaßt einen ^lädbcn-
raum »on ungcfätir 300 x 430 jjuß. S)en
ÜJiittdpunEt bilbet bie Äirc^e, an beren
©übfcitc berÄreujgang mit bcn^juriÄlau?
für gel)örigcn ©ebäuben flößt unb jwat
öfilic^ an ben Äreujgang angrenjcnb ba8
SBo^nbauö ber ÜJJöndbc mit bem gemein«
fd)aftlicl)en ©c^Iaffaat, bem ^ati^: unb
Söafcftbau^, füblid) bai iRcfcftorium, bcr
©peifefaal mit bcr ^ücbc, wefilid) bie
Äeüerei. Statt be« .Kdpitelfaal«, bcr crfi
im 10. Sc^rtjunbcrt »orfommt, bient bcr
an bcr .tir^e ftcb t)injicl)cnbc ^^ügcl be^
Ärcujgangc«. 9?ebcn bem öfilid)en St)or
bcr Äircbc befinbet fxä) an ber SJtorbfeite
bie ©c^rcibfiube, barüber bie Sibliot^ef,
an ber ©übfcitc bie ©afriftei in iBcrbins
bung mit ber ^ofiicnbäcferei. 2Sor bie
Dftfeite ber Äird)e legen ftd», burd) jwet
ancinanbergebautc Kapellen getrennt, bad
ÄlojJcrantagen.
363
Äranfcnt)auö unb bie JJooijenfc^uIe, jebcö
mit einem quabnitifc^en Äreujgang in bct
ÜJlittc 9'lörblid^ i)om Äranfenbauä liegt
bic SBo^nung ber ^rjte unb ein befonbercö
^auö jum 5lberlafTcn unb purgieren. 5ln
ber SWorbfeite ber^ird^c begegnen mit bem
einer SaftUfa mit offenen ;®cttenf(^iffen
gleic^enben 2lbt^au«, bem ©cfjut^au« für
bie ©yternen unb ber Verberge für bic
^remben famt einem baju gehörigen SBirt-
((^afiögebdube ; Unterem entfpred^enb an
ber füDmePlic^cn Seite bie Verberge für
*pilger unb ^rme. 'Un bicfen au^gebct)nten
^cvn fc^tic^en fxd) an ber njeftUc^en unb
(üblichen Seite baß ®eftnbe^auö unb bie
©taue für ©ci^afe, Schweine, Si^'Ö^n, ^ül)e,
Dc^fen, $fetbc, ferner iaii 2BerEt)au0, bic
SWatjbarre, bic mit ber Älojierfücf)e »ers
bunbene 'örauerei unb ^öäcfcrci, bie Stampfe
unb ÜJla^lmü^Ie , i)Ai ^auö ber pcrfc^ie;
bencn ^anbttierfer unb bie gro§c -Scheune
an. 2)ic füböfllic^e Scte cnblid^ net)men
bic runbcn |)ü^ner» unb ©änfefiätte, ber
Segrübniöpla^ unb ber ©emüfegarten ein,
in roelf^em, toie ber *pian bcfagt, 3>r»icbeln,
«Seüerie, ßorrianber, ülettid^c, Änoblaud),
<SaIat, ^feffcrfraut ic. rcacf)fen.
5Dic *Mu0fü^rung be^ Saueö, ttjcld^e
ftd^ fd^wcrtid) an biefcn me^r fpftcmatif^cn
?}lan gehalten baben tuirb, fäQt in bie
3af)rc 822 — 830. @ämtlict)c Wöncfee
mußten mitbaucn. S)ic *Pra(l)t mu§ gro§j
artig geroefen fein, benn bie 9'Jad)ri(^ten
au«; jener ^nt fpretfien Don 'JJfarmorfäuIen
an ber *llbtött)o^nung. 93on ber Umfang;
Iid)fcit unb ber ©rogartigfeit ber Einlage
aber erfjält man einen 33cgriff, wenn man
etfät)rt, ia's in einem Sarfofcn allein auf
einmal I00033rote gcbacfen werben Eonntcn
unb bie DWüIjIc aüc Ja^re 10 neue 51«üt)I=
jieine beburftc. ®(i)merlic^ werben aQcr;
bingö bic Älojlcranlagcn beö crfien 3abr=
taufcnbö alle \o umfa^enb angelegt werben
fein, «ic bieg in ®t. (SaQen ber ^aü. mar.
3ln ben meifien Orten begnügte man ftc^
mit bürftigen ^olj^ütten unb ging faum
über ben ©ebürtniöbau ^inauä, fo in ber
ton ^ulia auö gegrünbeten, fpäter fo cin=
flu§rci(ä) gemorbenen Qlbtci ^irf^au,
namcntli^ aber bei ber jat)lrei^en ^ttu-
grünbung »onÄlöftern im ® ad)fenlanb.
^(i)on Äarl ber ®ro§e ^atte fäc^ftfd^e
3ünglingc in frdntifc^c Älöfier gcjiecft,
wie nac^ ßorbic bei iMmien^, bamit jtc
bort im ($ripiict)cn (Slaubcn unterrichtet
Werben möchten. 2)icfe jogen nun in i^re
Heimat jurücf, um ben 'ilnbau beö ßanbcö
unb d^riftlic^e Silbung ju förbern.
^aö bebeutcnbilc ^lojler, baö fo cr(lanb,
ifi bie nad) bem ©tammfloficr benannte
Qlbtei (Jorüct), wcldjc für bic fommenben
3eiten ein |)auptfi^ ber ^ri(llid^en ÜBiffen*
f(^aften würbe unb auö welcher ^Inögar,
ber Qlpojlel beö iJlorbcnö l)eröor3ing.
®rö§crc Sufi, ali bie friegerifcftcn fä(6fifd)cn
Sbeln jcigtcn it)re grauen unb Söc^ter
am Älofierlcben, waö bie ©rünbung einer
Steige non SfionnenElöjlcrn f)erbeirief,
wie }U ^erforb, Sammfpringe , ©anber^-
t)cim jc. 3m iBerlaufc be« 10. 3a^r<
^unbertg blül)tcn bic Älöjter ungemein
auf, benn tai 33otf, baö mit bem ^a\^xt
1000 tai SnDc ber 2Belt erwartete, glaubte
burc^ reici^c ©d)cnfungen an Älöfter fid)
tton feinen 6ünben loöfaufcn ju fönncn.
35urd) biefcn rcii^lid^en 8uf[u§ an TOittcln
erwarte unter ber ®cijiUd)feit eine un^
gemeine Saulup, welcf)e fic^ namcntlid)
im 11. 5iil)tf)unbert, nac^bem bic g^uri^t
r>or bem ^nbrud) beö ÜBettgeric^tcö giüd^
lid) überwunben war , gdtenb machte.
®rofc 33erbienftc um hai *8auwcfen erwarb
fid) ju biefer 3eit ber Drben ber ©lunia*
jenfer, bereu »on ben ^aifern geförbcrte^
©ttcbcn auf biciHcformation fer erf^lafftcn
ScncCiiftinerEIöfter gerietet war. 3"9t^i'^
aber füblen wir, t&^ [xd) bic 33auart im
neuangebroc^enen 3a^rtaufcnb, immer mefir
»on fflapifd)cr, aber mi^t>er(lanbencr Ütacö-
a^mung ber 5tntiEc befreit unb jene ®til=
ric^tung fic^ bilbct, weld)e man aU
„romanifc^en Stil" bejeid)net. ^ni frü^=
romanifi^cr 3^'* beft^en wir feine ootl=
fidnbigen Älojlcranlagen me^r, inbeffen
wirb an ber cigentU^cnÄlaumr feitgc^altcn
worben fein, an bem »ierccfigen ^of, ber
nun alö Scgräbni^pla^ bientc unb an
ben ft^ bic ^irc^e, bai «Refeftorium mit
ben Sßirtfc^aftägcbdubcn , ber .Kapitclfaal
unb \>ai S)ormitorium anfi^loffcn.
ein Srunnenl)aug, in ben gricb^of
^inauögcbaut, pel)t ^dufig mit bem Ärcuj=
gang in iBcrbinbung. 3" bcmfelben
pflegte man ben ü}Jönd)en Sart^ unb
Haupthaar ju fc^ueiben, waö nad» ben
consaetadines ber d-tuniajcnfer ade brei
2Bod)en unb unter ^falmobieren ju gc*
fc^et)cn l)atte. ÜJlan nannte biefc« Srunnen*
^auö bcöbalb auc^ bic Sonfur.
®anj gleiche "Anlagen, wie bic Drbenö«
flöfier t)atten auc^ Mc mit ben ©ifd)of'g*
ft^en oerbunbenen 2) o m f a p i t c l (monas-
teria clericorum) unb bic im 10. 'ijal)i'
^unbert entftanbencn Kollegiatfiifter,
bcren .Kapitularc bie iRegel bcö 1)1. 'Huguflin
befolgten. 2Bic an ben Älöficrn für ben
364
Älofietanlagcn.
5(bt eine befonbere SBo^nung oufcr^alb
bet ^laufur, oft auf ber gegenüber liegen-
ben (Seite bct ^irc^e erridjtet tr>ax, fo
ü\xi) bei ben Äatbebralen bie bifc^öflic^e
tPfalj (palatium), bie oft bcfefligt ttjar.
Om SBetlauf be« 12. unb 13. 3af)tt)unä
berte gaben bie ^apitularcn tM gemein*
forne geben auf unb tt)obntcn auf befon*
beren ^ofen (curiae canonicales), bie
innerbalb beö bifcfcöflic^en Suriäbiftions*
bejitfeä (aud) !tomfreibeit) lagen, ßine
2)ombctrns^urie aus bem 13. Sabrbun*
bert ip bie Curia St. Aegidii ju SJJaum*
bürg, ferner bie (Stiftsbauten in Jrier
unb Samberg. I)em entarteten 2eben ber
ßbor^erren trat ber^Jramonfiratenfer*
Drbcn entgegen, t>on beffen ißaulic^feiten
J)QÖ Siebfrauenflojier ju JKagbeburg ein
©eifpiel jeigt. 3'" allgemeinen aber Ieb=
nen ftc^ bie Sauten ber ^^rämonflratenfer
benen ber früheren Älöfler an unb nehmen
auc6 bie bcfonbercn SRäumIi(f)Eeiten, rt>eld)c
bie Äoüegiatftifter gef(f)affen t)atten, auf,
tüie bie Äapeüc 9um ^Sriratgebraud^ ber
Stiftsberren in ber Uld\)t bes Äapitelfaals
unb ben großen (Saal jum 51bl)alten ber
Stiftsgeriä)tc.
33is ju Qlnfang bes neuen 3Qf)^taufettbs
f)atte fxii) bie SSaufunft gdn^Ii^ in ^änben
ber aJJönc^e befunben. Qltlein als im
11. 2«fir6unbert bie ma§Iofe SBauIuft ftcfc
entreicfelte , reichten bie ^änbe berfelbcn
niAt met)r aus unb man fal) fic^ besbalb
gelungen, ßaien ju^u'jie^en, rt'etd)e toorer)^
alsi porige ^ronbienfle ju leiften gc=
jnjungen mürben, ober aber als fogenannte
Äonocrfen bem .Rlofiernerbanb beitraten.
S)iefe bärtigen Srüber, bie conversi
fratres barbati, gefc^icfte |sanbmetfer,
mcl(i)e in ben .Rriegsjeiten im .Slofier
S^u^ gefunben, bilbeten ein 3n(litut
Bon ^albmönc^en, bie ^mar @et)orfam unb
(St)eIoftgEeit gelobten , aber nur in lofer
IBerbinbung mit bem Älojler flanben.
S)as 3nPifut ber Äonoerfen bilbeten
namentlich bie ^ramonjiratenfer, nod)
mebr aber bie ßijler jienfer auö, roelcic
feit bem britten 3flf)rje^nt bes 12. ^ai)i'
^unbertö oon ^J'^'^nfrci^ aui ftd) über
S)eutf(^Ianb ausbreiteten unb beren Äird)en,
im ©egenfa^ gegen ben r>on ben (Slunia;
äenfern mit ber .Sunfi getriebenen ßurus
anfangs oon ber größten (Sinfac^beit
»aren. Sctjr eigentümlid) f)at fid) bie
e^orpariie ber difter^ienfertircben gef^altet,
tt»obei einerfeits ber fd)licf)te Sinn be«
Orbens burc^ ^inmcglaffung ber 5lb«
ftbcnoorlage ju einer iBereinfacf)ung,
anbcrerfeit« ta^ SBcbürfni^ Heiner ob*
gefonberter ÄapeQen für bie (priöateycrjiticn
ber ÜJiöncbe }u reidberer Entfaltung t>ti
Orunbplanes gefüt)rt bat. 2tls Sorbilbet
bienten jmei .ftlöfier, einesteils iai nic^t
me^r criftierente ÜJJutterflofter ßiteaur,
anbernteils bas Älofter ^Jontenat). 93eibc
fcblie^en ben (S^or auf eine ®erabe, bei
erj!eren ij! inbes bas fran;(öftfcbe 6t)ficm
bes Gtjoreingangs unb ^apeDenfranje^
auf ben re^tm'infligen 3lbfd)Iu^ über=
tragen, bei Ic^terem laufen bie ©eiten-
fcbiffe im Querhaus auä, an beffen Cji=
feite ftc^ bann aber feiten fcbiffartig je
smei Äapellen öffnen. fRac^bitber toon
Siteaui ftnb: SRibbag&aufen, ©brac^ :c.
.^läufiger mirb bie Qlnlage »on gontenar>
na($geal)mt, mie ju 93abenf)aufen unb
TOauibronn. Turmbauten füt)rten bie
ß,ijlerjienfer feine au2. ®a iljnen nic^t
gefiattet mar, größere unb mehrere ©lotfen
in befifeen, begnügten fie fidb in ber
jRegel mit einem fleincn, auf ber SSiermung
auffi^enben tiöljernen S)a(ireiter. @ine
(Sigentümttcbfeit ber ßiflerjienferfird^en
liegt in bem ungemein gejlredten Sang«
^aufe, mofür um fo meniger ®rünbe cor«
liegen , als con bem Sefucf)e ber .tlofier«
fir(f)en bie Saien unb befonbcrs bie ^Jrauen
auögefi^Ioffen Waren. -- 3" einem
gemiffen 2Biberfprudb mit ber (5infa(i)^eit
ber kni)i. fte^t bie ©roBartigfeit unb
üJJäcbtigfeit ber ^lofleranlagen, moponunö
in bem (Jifteräienfcrflofier ju iDiaut*
bronn (12.— 14. 3af)Tbunbert) ein gro^»
artigeö Seifpiel erhalten geblieben ift.
2)ic ganje Qlnlage gruppiert firf) um ben
gebräuc{)li(ä)en , ^ier mit ciel Äunfi au6=
gejlatteten Äreujgang. 5lbmei(f)enb »on
ber SKegel befinbet fid) bie langgefirecfte,
mit gerablinigem nacb bem SWujter Don
^ontenat) gebilbeten ß^orfc^Iu^ oerfe^ene
Äirc^e im Süben, an beren 2Befifeite fxä)
eine jierli^e 33or^alIe, i>ai fogenannte
$arabies, anlebnt. 6in präcbtigesSrunnen«
baus, na^ 5lrt einer polpgonen Äapette,
ift na<ä) bem .§»of t)inausgebaut. ^i>x
gegenüber öffnet fii) ber ©ingang in ben
jrccifc^iffigen $racfetfaal beö JRefeftoriumö,
beffen reicftgeglieberte Isecfe mit ber be^
öfilid) belegenen ebenfalls jmeif(^iffigcn
Äapitelfaales an S{$önt)eit metteifcrt,
S5on bier fübrt eine SBerbinbungsgalerie,
bas fogenannte ^arleatorium, nad) bem
5lbtsbaufe. 5ln ber Söeflfeite beö i?reuj*
ganges cnblicf) befinbet fici) ein gewölbter
jleller unb ein ältere«, leiber in Srümmer
liegenbes SiefeEtorium. 311 oberen Stocf«
Älojietanlagen.
365
wnt toax ba« 2)ormitorium untergebracht.
?lu§erbcm gehörte aber jum Älofter nocb
ein Äranfen^auö, weli^cä au§erf)alb bcr
Älaufur auf bcm Äloficrtcrritorium jianb,
»elc^ le^tcrc^ mit einer burc^ lürme bc=
fcPigten SRingmauer umgeben unb burd^
ein 5Doppeltt)or nebji Srürfe jugänglid^
rear. 3ln ben norbnjefilic^en (Scfturm
ber SRingmauer [c^Iof fxä) ju bem bic
Ätojiermü{)Ic an unb au§er!)alb lagen
nod) t)erfcf)iebene ©ebäube, baruntcr bic
Verberge für bie ©äjle. Sefcf)eibener in
ber Einlage ifi 33 a ben Raufen, bagegen
jeigen bie Ätofler ^eitigenfreuj bei
fflien unb ßilienfelb in 9tiebcrö(lerreicf)
einen bebeutenben fünpierif(J)en Qlufmanb.
— 6ine ganj anbcre SRid^tung al^ bic
©enebiftiner, tt)clc^e ftc^ in freier Sage
auf bem SRütfen »on Sergjügen anjufics
bcln pflegten, ober bic 3ijlei:äifnfcr, meiere
in bcr SBeltabgcfc^ieben^eit fliüer SBalb;
tpler i^r ^cit fucf)ten, fcf)Iugen bic im
13. 3a|)rf)unbcrt auftretenbcn ©ettcU
ober *]ßr ebigerorben ein, benn i^re
Slufgabc mar eö nid)t, fid) getctirtcn ©tu*
bicn t)injugcben, fonbcrn burdf) ^rcbigt
ba^ 25oIE ju bclcfircn, bie 35ominif aner
bie ^ö^crcn ©tänbe, bic ^J'^'^nji^f tJOft
bie nicbercn. Sic ficbclten ft^) beöl)alb
in ben ©täbtcn, ^auptfä(i)Iid^ an ben
Stabtmaucrn an. ©incöteil^ bcr be=
fd)ränftc SRaum, anbcrnteilö iai ©ebot
abfoluter ^rmut »eranlaftcn, i>a^ i^rc
Älofieranlagcn fo einfach mic möglid^, ja
ärmlid) auöfe^en mupten. 3n i^ren
.^ird^cn, meiere ^auptfäd^Iicf) für ^rebigt
beregnet »erben, würbe tai nic^t abfolut
notmenbige Ducrbauö weggelafi'en, ja man
ging oft fogar fotticit, t>a^ man, aller
(Symmetrie jumiber, nur ein ©eitenfdbiff
anbracf)te. Sürme fcbten in ben meifien
fällen, tt)ic bei ben Sifierjienfern. Um*
faffenbe Äloficranlagen biefer <Mrt fmb
bei ber aR{noriten!ir(i)c ju 5Danjig unb
bei ®t. ^atf)arina ju ßübect erljaltm.
©Icid^c @infa(J)^eit, aber mefcntlid^e
25crf(i)ieben^eit in ber Einlage jeigen bic
Flößer ber Äartäufer, mclcfic erfi feit
bem 14. 2af)r^unbert in 2!eutf(i)Ianb »ors
fommen. 2)cr ßwtd be^ Orbenö, ba^
einfteblerifd)c mit bcm SKönc^öIeben ju
Dcrbinbcn, erforberte grö^cre^ Territorium,
meil neben ber eigentlichen Älaufur, «elcbe
ÄonDcntögcbdube nebji bem Äreujgang
in ftc^ begriff, nod) ein Weiterer rcct)t»
etfiger iRaum mit bcm ©otteäacCcr in bcr
SDlittc unb ben einzelnen burd) fleine
©arten noneinanbcr getrennte S^Q«" ^^^
SWönc^c auf ben Seiten, ncbfi einem fte
ccrbinbcnben Ärcujgang, nötig mürbe. 2tuf
bitfe 2Bcife erhielt man jmci Äreujgang«
anlagen. 5n 2)cutf(i)lanb ifi bic ^artaufe
uon 9'iürnbcrg (germanif^eä ilRufcum)
bic »oUflänbigfie Einlage biefer 2lrt. Sine
anbcre finbet fi^ ju ^arabeiei bei 3)an»
jig, ju .^öln unb ©afcl. Sei ben jwci
Icfetercn ^ei§t bcr eine Äreujgang : Galilaea
minor, ber anbcre Galilaea major. 9ln
ben ;Ie^tercn lehnten fic^ bie cinjclncn
3encn an, meiere bcr Steifie nac^ mit
Sibelfprüc^en bejcicl)nct roaren, bercn ^n*
fangäbuc^fiabcn in alp^abctifc^er Ü^lei^e
aufeinanberfolgcn. Die Galilaea minor
burftcn bic 91Rön(^c nur am 6onnabcnb
betreten, um im Äapitclfaal »or bem
*^Brior ju beid^tcn unb il;rc ^ngelcgen=
l)citen ju beraten, ober an Jefitagcn,
menn fic im gcmcinfamen iRefeftorium
a§en ober ftci) in bem fleinen Äreujgange
im ©cfpräc^c ergeben burften.
Sine cigcntümlicf)e SJcrfd^meljung bcd
Älofterlebcn« mit bem Ärieg^bienjic
brad^ten bie SRitterorbcn jufianbc,
unter bcnen bie S)eutfci)ri ttcr [in
^reufen eine ^ersorragcnbe Scbeutung
l)abcn. 2)er Ippug ber preu§if(i^cn Or*
ben^fc^löffcr , mic er fxi) im 14. Sa^r*
bunbert fcfigeficHt batte, erfc^eint al^ ein
uon ®räbcn umäogcncr quabratifd^er ©au
mit ßcftürmcn unb (Ringmauern. 3"^ fo
gebilbcten $of erhoben jidb ein ober jmet
6ct)löffer, meiere [\i) mieber nac^ ein»
märtö gegen einen Äreujgang öffneten,
ber aber, ia bie ^aupträumc bc^ ©c^loffe«
nie ju ebener ®rbc lagen, notroenbig !j»ei
©efd^offe übcrcinanber erhalten mu^tc.
3u ben ^auptraumen gel)örte junäc^jl
bie mit bem öfilid)cn ß^orcnbe jlctö naci^
au§en licgcnbc @cE)lo§fapctle, bcr Äon«
ocntösJRemtcr genannte Äapitclfaal unb
iai SRcfeftorium, melc^eö ®peifc»iRemtcr
f)k^. SDaö (5rbgcfcfto§, unter bem [i^ in
mehreren ©tagen übcrcinanber mäd^tige
ÄeÜcr erfiredtcn, enthielt lebiglid^ bie jur
Dfonomic erforbcrlid^en JRäumlid^feitcn.
93öllig übereinjiimmcnb maren aud) bie
©dt)löffer ber ßanbcöbifdjöfc unb
Tiomfapitel eingerid^tet. Unter ben
Örbenöfd)löf[ern, meldbe tai ganjc ßanb
bcbedtten, jeictinct [\i) Dovjüglic^ ba^
ehemalige ^auptfcf)lo§ ju SRarienburg
auö, iai fic^ aU @i^ tii ^od^meifier^
bur^ größere 5lu^be^nung unb <|3rac^t
»on ben übrigen unterfdl)eibet.
S^Ueflidf) märe nodt) berjenigen
Sauten ju gebenfen, meldte au^ ben
24
366
Änecl)t.
Älöjicrn ^cröorgegangcn ftnb, nämlid^ bic
|>ofpitäIcr. Urfprüngüc^ befaf jcbc^
ÄloPer ein eigene^ Äranfen{)auö. Seit
ber SWitte i>ti 12. 3Q^rt)unbcrtö Der«
langten aber bie junetjmenbcn Sebürfniffe
felbftänbigciPflcgcanfiaUen, wie fie nament«
lic^ bie im 13. 3abrt)unbert »on *Papp
^nnocenj betätigten trüber Dom ^l.
@ ei fie erbauten. 2)iefe ^ofpitäter bc«
finben ficfe meift an ben (Eingängen ber
©täbte unb mo immer mögli(ä) an fliegen»
tem SBaffer. ©tetö fmb jte mit einer
ÄapcUe Derbunben §ur befferen gcijtUd)en
(Pflege ber Äranfen. SJerglcicben |)ofpi«
täler würben erbaut ^u ^ilbc^beim (1 155),
ju SDtainj, Ulm, 33erlin, Ü^ürnberg k.
33efonbcrg gut cr{)alten ift baö ©pital
in ßübccf , ein 280 %u^ langer Don atten
©eiten niä^liä) beleuchteter 6aal mit
beibfeitigcr iöettcnrei^e, gegen bie Strafe
ju burd) eine ^aüenfapeüe abgefc^loffcn
unb nörbli{$ Derbunben mit einem fleinen
^of mit Äreujgang unb angrenjenben
2Bot)n« unb Äranfenräumen, füblid^ mit
bem ^Irc^iü unö ber ^errcnfiube unb
einem ^ofe mit fleineren SBobnräumen.
6ine mebr flojierartige 5tnlage t)at bagegcn
bae Otifolauötjofpital ju Sueä an ber
9)?Dfel, bei meld)em ftd) bie Äranfcnfälc
unb bie ^tUm ber .^ofpitaliten an bie brei
(Seiten cineä Äreujgange^ anlehnen,
tt)ät)renb bie oierte Don ber Äircbc cingc«
nommen mirb. yia^ Otte, ^anbbud)
ber !irdölicl)en Äunfiarc^äologie; Otte,
®efd)i(^te ber beutf^en öaufunft; i^übfe,
a3orf(^uIe jum ©tubium ber fird)l. 'Bau-
fünft.
kntUft ali Stame für ben Unfreien.
Änec^tfcf)aft im ©inne Döüiger SRec^tlofxg«
feit i|i urfptünglicf) ot)ne Srceifcl burd)
Äriegägefargenfdjaft entfianben unb er«
ncuerte ftc^ auf biefem Sffiegc aud^ fpäter
nod) lange 3^^^- ^"c^ giebt e^ baneben
nod) anbcre DueQen ber Änec^tf^aft: beö
Unfreien Äinb bleibt unfrei, ber %xm
fonnte burd) ^eirat mit Unfreien, al^
©träfe, burcb ©tranbred^t, burd) ba^ ©picl,
burcfe bie Unfät)igfeit, anbere ©(^ulben,
baä SGÖergelb, Detmirftc ©ufen ju tilgen,
feiner 5Tcit)eit Derlufiig werben; er mürbe
bann ©egenfianb beei^^anöeU; man faufte
unb Derfaufte ii)n, einzeln ober mit bem
Üanbe, ta^ ibm übertragen mar. 2)od^
mar bie fojiale©teQung be« Unfreien barum
nid)t burdt)auö ungünfiig; er lebte in äl)n=
lieber SBeife mie ber ^i^ei^elaffene, ja wie
ber i^reic, namentlich in ber Änabenjeit.
iflüx Sffiaffcntragen war il)m nid)t jugclüffcn.
auc^ nid^t als iBegleiter feinet ^errn. (S€
ift nid)t waf)rfd)cinli(^, ia^ bie S^^l i>et
Äncd)te bei ben ©ermanen eine befonberd
gro§c War.
®rp burd) bie (Eroberungen infolge
ber 33ölferwanberung würbe mit ber
reicheren Äultur unb bem Dcrfeinerten
ßuyuö eine größere ^njobt unfreier ^ned^te
jum Sebürfniö, namentlid) bei ben je^t
entpel)cnben größeren (Srunbberi^ern. ^^at
nun jWar auc^ ber ©tanb ber Unfreien
feine (Sntwidlung gehabt, fo trat bicfc
bod) Weniger itarE b^r^or al^ bei ben
oberen ©tänben, bie at^ Iräger ber flaat«
lid^en Orbnung unb ber t)öberen gefellf(^aft*
lid)en unb geifiigen Äultur tiefgreifenben
Seränberungen unterworfen waren. %li
33auern blieben bie Unfreien, immerbin
neben SSolfagenoffcn f)öberen SRei^teö, wie
ben öiten unb ßinölcutcn, wäf)rcnb be§
SlJlittelalter^ unb namentlich wälirenb ber
Slu^bilbung beö ßef)n§ftaate^ unb beä
pfifc^en 8eben^, bic iBertreter beö alten
Dolf«mä§igen, an ben 33oben gcbunbencn
Kulturleben^, tai crfi nad) bem ^tx^M
ber pl)eren mittelalterlichen ®ilbung ju
einer intenftoercn 3U?itwirfung an ber §ort<
bilbung ber (Sefeüfd^aft berufen würbe.
®ie Derbreitetften Dramen für bie Un«
freien waren servas, mancipiam, anciila;
bann bie wa^rfd)einlic^ ber feltifdben
©pralle entlet)nten vassas unb vasallns;
lat. beutfcb gasindus; knecbt, manahou-
pit, schalk, theo unb then, thiarna,
diorna ; im fpäteren Mittelalter mancipia,
homines de corpore, homines proprii,
sonderliat, eigenliat, arme Hat, leibeigene,
eigenhoerige , l)errfc^aftlid)e Untertanen.
I)ie (Sigenleute machten mit bem ^auptpfe,
woju jte geprten, eine iJamilic auö; bem
^errn lag i^re (Smäbrung unb Serforgung
ob, wogegen jener über it)re ?trbeit«Eräfte
JU Derfügen, bei ibrer Verheiratung ent*
fc^eibenb mitjufprec^en, über bie QSejlim-'
mung ber Äinber mit ju befcftliefen, fte
naci) au§en ju fd^ü^en unb ju Dertreten,
im ©traffatte an ßeib unb ßebcn ju jücfe*
tigen unb ju jtrafen l)atte; i^r gefeil fdbaft«
lid)er 3"fi<'nb bing ba^er febr Don ber
*Perfon be^ ^ervn ab, juglei^ Don ben
allgemeinen, o^nc S^^^^if^l ^ff" 2öed)fct
unterworfenen ©itten, (Scbräucfeen unb
*Unf(^auungen. SRed^tlic^ befa§ ber Unfreie
fein Solförecbt, fonbern blo§ ^ofrec^t;
tai Qan^t SUhttelalter binburc^ ^atte bei
^err ^ati !Kect)t, it)n jU Derfaufen, ju oer*
f^enfen, ju jüc^tigen, ungeftraft ju töten;
bo(^ füllte namentlid) bic Äirc^e milbernb
Änc(^t.
-mi
einzugreifen unb iBerfäufe »on Unfreien
über bie ®renjcn bcö 3fJcid)e^ tjinauö ttiarcn
j. 8. »erboten. Später würbe ben ©ottee*
Ijäufern ber SScrfauf eigener Seute unter»
fagt. Qiucfe gegen bie unumf(^ränfte 8traf«
geroalt beä S?mn über bie Äne(J)te trat bie
^ird^c frübe auf; auä) ibm (!anö ba^ *MfpI
offen unb bie lötung einee Änedjteä oljne
3ujicf)ung be^ 9fii(i)ter2 hJurbe mit Sp
fommunifation bcbvobt.
Urfprünglid) fonnte jeber eigene Seute
tialten, au* Siten unb Unfreie fonnten
anbere Anette unter fic^ b^ben. «Später
war fefic(efe^t, ia^ nur bcrjenige Unfreie
I)aben burfte, ber ibnen fräftigen ®dbu^
gcttiä^rcn fonnte, ®otte«bäufer unb oon
2ßeltUct)en wenigfienö SWittetfrcie. 25ie
Unfreien in ccn etäbten würben burc^
greibriefc ibrer ^errfd)aft, unb bie »on
auften babinjogen, burd^ Qlufentbalt »on
3af)r unb Sag frei. 6« gab be^balb bIo§
nod^ auf bem Sanbe Unfreie, bie erblicb
ju einem lanbe^betrlicben ®ute, einem
©ottee^aufe ober einem (Sct)lo§= ober [Ritter^
Qute geborten. Dft würbe i^nen auc^
bur^ ^lunlegium baö Oied)t beö freien
3uge^ gewäbrt.
25er Unfreie botte bem ^inn einen
gewiffen 3'"^ unb Dienjl ju cntrid)ten;
ba»? alamannifcbc ®efe| nennt at^ übii^en
3inä für ben mit einer Jg)Ufe »crfebenen
Unfreien 15 Simer iöier, 1 ®^wein, 2
ajJattcr 33rot, 5 ^übner, 20 gier, jubem
für Änec^te wie SOJägbe brei Sage ber
SBodje 3libeit für ben ^errn. 3Jl\l ber
3eit würben JJronbienfic fowobi alö 3<nfe
madiger, bie jule^t meij! blo^ tai ^aji-
nad^tebu^n übrigblieb. (Sgl. ben 5lrt.
gron^öfe.)
2)ie Sef(f)äftigung ber Unfreien War
eine fe^r oerfcbiebcne. (Jtnige, bie servi
rnstici, rusticani, würben auf bem .g)ofe
für bie gewöbnlic^en Äned)t0bienPe in
pan^ unb gelb gebalten; anbere Waren
über einzelne '2Birtfd)aft0jwcige gefegt, wie
in ältefler 3^'^ öet seneschaik unb mar-
schalk, bei Äod), Säder, Äellctmeifier,
€d)Wein=, Dcbfen-, ©cbaf- unb 3iegenbirt,
bie bann wieber öebrlinge unter ftc^ battc";
Wieber anbere Waren für S)ienPe »erwenbet,
»oju mel)r Übung unb ©efc^icfli^feit
gehörte, wie bie vassi ad ministerium,
ministeriales , servi ministeriales; au^
ben eigenen acuten nahm man urfprünglicb
bie ^anbwcrfer, wie3imwerleute, ®d)loffer,
SWaler, ®d)neiber, iS<^ufter, bie bann ibrcn
3i"ö in gabrifaten ju entii^ten Ratten.
iUuc^ jur Segleitung im Kriege würben
mit ber 3eit Unfreie gebraust, ülnb'jeiet
5trt waren bie jenigen Unfreien, 'Wt]iSt)t
ge^en beftimmte IDicnfie unb *Mbgab!en; auf
©runbjlücfe jum eigenen ^Inbaujigefe^t
waren: fic l)ie§en servi rasati, Qolojii,
mansoarii, hobarii, cnrtarii, je na^bcm
ftc bloß auf ein fleinerc« Ätü(f: Ö^jib
(casa) ober auf einen orbcntlid)tn :;^of
(mansus, cnrtis) gefegt Waren. ;ifet*«nc
ßeute, bie jum ^licgebienfte ^erangeiyoflfen
würben, tonnten unter Umftdnten fo^tiar
SRitter werben. Die meifien aber ft-tintren
in Se^iebung ju einem bäuerlicben. ®rnyb«
fiücf, unb bie Äinber erbielten jw ibier
iöerforgung cntweber i>M SeH^um-, ^e^
SBatere ober würben, wenn fie,'ÄiJienji«n«
beren auörei*enben DiialjrungÄfiqnÖ!'; ;er*
griffen, gewöl)nlid) frei^claffen.jJiJi ;i
2)ie ebc ber Unfreien be^ajuiS r, »ur
bur^ ben 2Billen beä ^'^mn uöb.w-aiB w^e
beffen 3"fl™"i"n9 ungültig. üiSitV. ber
3eit jebc^ milberte ftd) audjjfei^fe.j^jöcte,
unb eö blieb alö Erinnerung tmavt/bh^
eine Qibgabe ju iRed)i befiebein iit>.elic^c ber
unb bie Unfreie bei i^rer iBetbtiifttutrg.iftn
ben ^crrn entrichten mußten (i .fk bic§
SSebemuiib, .^eniblafen, ;:|5cmbf^ifliog,
SBogtbemb, OZagelgelb, löumcbe, "Bmi^n--
grofc^en, ®*ürjenjin«, 5wSengelb.:i'Uin5
freien Üeuten waren nur gliim; uii'tcmn«
anber geflattet; bie iBerbinbUitgeiwer grcjicn
mit einem Äned)te war in L'ältertJiSött mit
Job ober öffentlicher Äne(^t(£^afi.vj,:^i:i<bi
lofigfeit unb bgl. befirafU-, U.iyAnT^ nr,
^0 war ber Unfreie aiijdf) feineg^iiecßlen
©igentumö fäbig; voai et ^tt«pTbefa;§icr
Dom ^eirn unb war ©igtiltum. bc«i^>«n.
35od) würbe bieö im Stbeh midjt 0ceng
burct)gefü^rt unb namentlich bera;:Äftc^te
ber Srwerb eine* eigenöü 33etmögcnä;wÖeä
*t?eculiumö, gejlattet. ©ögnr.eiigene.Srunb*
püde tonnte er befx^en,;^üOBi i^irat.acs
\i)tnil eibalten ober fomffci'bectbJenj. i'iHber
ber i)iac^Ia^ bee Unfreien pültc^rjöa^ Ißt'
culium, getjörte bem ^eirrni. SO^it bertg'cit
wutbc jebod) ben SlutäfreiuinSeit.teäiiUin*
freien ein (Srbrecbt am^^Töfi gefiattet, .tttt«
Weber ol)ne allen *Jlbjug ober gegenicinc
*Ubgabc, bie mortuarialn; nBännslto^tua,
tote .^anb, Sejifjaupt^ir^flli/fCficIie. bi^en
5lvt.) bieß- '■''•''■f ■'i'!'>yrrjf)ri\i:]
!Bor ®erid)t mu^te j"n^]jtai JjUinfj&ie
fowobi aH Kläger aI&Jtt4äH3o<l^®a6togter
burd) ben ^errn »ertwtenMlaflienvjiutipfrjüm
3cugniä war er vn1fd^i/>furtiiiffiibij;vinb
®otteöurteil aber bünjitt. leii ntfn mtti3u*
jlimmung feine« |Jerjnji'gj8/or6ferti^«»»4tn.
'iluc^ biefe 3uPQn^c ■i'CtW«i«nj'jfic^saiieliiiiinit
24*
368
Änitteberfe — Königtum.
bei Seit. ytad^ SBai^, Scrf. = ®cfd).,
SBoIter, SRed)t«9efd^. Über Änet^t aU
knappe jtefee SRittetrxiefcn.
Änittclöerfe ober Änüttelucrfc,
wöttlid) fottiel wie ungehobelte, fnüppe*
lige, fnottcrige Serfe, war unfprünglid^
ber fWame ber versns leonini beä SDtittel*
altera, in fid^ gereimter lateinifc^er ^eya*
meter; fpäter unb jc^t fietö bcjeid^net man
bamit bie (Reimpaare, bic ftc^ feit bcm
14. unb 15. 3af)rf). aue ben jireng xi)\)t\)'
my'idt) gebauten üieimpaaren ber |öfifä)en
epi[(^en unb ®prudbpocfie fortbilbeten, in=
bem man bcfonber^ in ber erften |Ȋlfte
beö i'erfeö ftt^ mit ber ricf)tigcn ©üben:"
ja^t begnügte, ft)d^renb ber @c^Iu§ toi)
meifi jambifc^en SR^ijtbmuö befunbete. S)cr
Änitteloeri^ ifi ber t^pifc^e 23erö ber wlU-
mä§igäbürgerlid)en epifc^cn unb Spruchs
bicf)tung be^ 14.— 16. Ja^rl^unbert^ biä
auf Dpi^ unb trägt bur(^auö iai ©e*
präge jener milblaufenben ^tit an fid).
JJac^bem ber (Sefc^mad ber fc^Icftfc^en
©id^terfd^ule ibn aU ungef)obeIt unb ^d§s
lic^ beifeite geworfen Ijatte, ging ©oet^e
in ben i)id)tungen berSturm* unb 2)rangs
periobe, namentlicf) in %an^, bcm ewigen
3uben, ben '{Juppenfpielen unb in Sad^fcn^
poctifd^er ©enbung »ieber mit Vorliebe
auf i^n jurücf . 6iet)e ® r i m m ö SBörterb.
unter Änütteloerö.
Äö^er. 2Bie bic Sogen, fo würben
befonberö aud) bie Pfeile jum «Sd^u^e in
ein ^u^ttral gcjiedt. ^er Äöd^cr für bie
Pfeile, mbb. tarkis genannt, lat. tarkasius,
frj. carquois, couire, corie, engl, quiver,
befianb im 14. 3af)rbunbert gcwö^nlidf)
auö einem lebcrnen ®ade, ber über bic
®d)ultcrn get)ängt würbe ober aud^ an
ben ©ürtel. !ßor 93cginn beä Äampfe^
entnaf)m ber ©d^ü^c bemfclben eine 9tn=
ja^I •Pfeile, bic er in Den ©ürtcl, wo^l
auc^ neben fidf) in ben Soben flccftc ober
auf ben ©oben geworfen mit bcm %uf]i
becfte. 5" Ermangelung eincö Äö^erg
trug ber ©cf)ü^e woljl aud^ ben ganjcn
Vorrat an (Pfeilen einfad^ im (Sürtel
mit ft(^.
Kolben ^ei§t ber untere, »erbidte, al^
®cf)lagwaffc bicnenbc Seil eine^ ^anb*
feucrgewe^r«. Über 6treitfolben jtc^c ben
<Mrtitcl Äcule.
Äbnig ber «S^jicIIcute u. bgl. S)er Sor«
llanb ber an einem ^ofe angcfleHtcn ©pieU
leute unb ©dnger ^ie§ juerfi in granf»
reicfe unb Snglanb Äönig, Roy des
Menestrels, Äönig ber ©cigcr, Roi des
violons; banac^ nannte man it)n in
SJeutfc^lanb ben ©piellcute'Äönig, ©picl*
graf, SWujifgraf, «Pfeifcrfönig, Äönig ber
fa^rcnben ßeute. Jn Öfierrci^ gab ti
einen Srbfpiclgrafcn unb einen ^t\ä)i'
fpielIeute=Äönig für hai ganjc tieilige
römifcfte SReicfe. S)iefc 5imter würben cnt«
Weber abeligen ®efdt)edf)tern ju ße^en ge»
geben, wie 5. 9. bic Ferren oon 9flappolt«
ftein im ®lfaf , nai^ beren 5lu^f^crben bic
«Pfaljgrafen t)on 93irfenfelb tai £önigreic&
fabrenber Scutc aU SRcic^öerblebcn l)atten,
ober fic waren J^ofämter. 5Die |)crren »on
Otappoltftein ocrwaltctcn i^r Qtmt nid^t
fclbji, fte festen oiclme^r einen "Pfeifer,
Srompeter ober einen anberen fa^renben
SÖiann ju il)rem ©teüoertrcter , ber nun
^fcifcrfönig ^icf. 3^m waren alle im
Äönigreid^ angcPeUtcnfa^rcnben ©picllcute
untergeben unb i^m jd^rltd) ein ^u^n unb
einen ®ePcr«^aber ju entrid)ten fd^ulbig.
©ein 5lmt War, fürjuforgen, ba| fein
©pielmann ju irgcnb einer Äurjweil jU*
gclaffcn werbe, ber nidf)t juoor in bie
Srüberfc^aft aufgenommen wäre. S)a9
Äönigrcid) fallrenber fieute im (Jlfa^ war
ndmlid^ in brei 93rüberf(^aftcn eingeteilt,
bie obere, mittlere unb untere, beren jcbc
ftcb jä^rli(^ einmal ju einem ^fcifertag
»erfammeln mufte, um qüc gemeinfamen
5lngclegent)eiten ju t>erl)anbeln unb bie
unter ben ©enoffen entfianbenen ©treitig«
feiten JU f^lid^ten. S5a« genoffcnfdbaft«
lidf)c ©eric^t befianb auö einem ©dl)ultl)ei§,
oicr 'iOTcificrn unb jwölf Seijt^ern, ben
fogenannten S^'ölfern, unb au« einem
SGßeibcl. Die iMppetlation ging an bic
Ferren oon iKappoltfiein. Qitjnlid^c SScr«
bdltniffe pnben ftdf) in ber ©d^weij, wo
9Balbmann ^Pfeifertönig war. ©0 tjatten
bie ©eiler einen Äönig, bic ß einjieber
auf ber oberen Slbc. iKaurcr, (Jron*
^öfe, n, 406, unb ©rimm, SBörtcrb.
V, 1697.
ftijnigtum «nb taifertura. i. 5n
altgcrmanifd^cr S^it- ©puren »om
Königtum finben jtd^ oom erfien auftreten
germanifdt)cr ©tdmme an, neben ber immer«
|in jaljlreic^eren rcpublifanifd^en iBer*
faffung. 93eibe (formen, Äönigtum unb
SRepublif, jtnb urfprünglic^ germanifc^ unb
laffen ftd^ in it)ren Qhifdngen faum me^t
erfcnncn. 2Baß iai Königtum wefentlid^
üon ber SRepublif unterfd)eibct, ifi bie
erbli^feit, tit ftd^ auct) beim 9lbcl
finbet, unb bcm Äönig ben Stamen gegeben
t)at; benn al)b. chuninc ifi mittelfi ber
^Iblcitungdftlbc ing »om got. kuni, a\)h.
chunni, ml)b. künne = ®cfc^le(^t ab'
Königtum.
369
geleitet, tt)cl(i)cö glcid^ htm gried). genos
unb bem lat. genus aui einer fflutäcl
flammt, beten 93ebeutung „geboten hJerbcn"
ifi. ÄönigiPbet, beffcn©teüungunb2Bütbe
auf bem ®efd^Iec^tbeiu|t. daneben etfcfceint
gotifc^ thiudans = 95olföbel)etr[(^et. S)a«
töniglic^e ©efc^Iecfet iji tai ebelfle untet
ben ebeln ®ef(i)lcc^tctn unb fcinUtfptung
in bet Sluffaffung bet ältcften Seiten ein
mi)tt)oIogif^et; toon ben ©öttctn leitete
man bie ctfien Könige ab. 3" eigentüms
lid)ct 2ltt Detbinbet ftd) obet mit bem
(Sibte^t be« ®efc^Ie(f)tc§ ein SBa^lted)t
beä S3oIfc^, ba^ manchmal ben Äönig be=
jiätigt, anetfcnnt unb njä^lt. SDie be*
fonbeten $Re^te beö Äönigd abct rt)aten
gcwiffe ptieftctiicfce gunftionen, 93etufung
unb ßeitung bet iBolf^oetfammlung, SBoü-
jug ber ©etid^t^befc^lüffc, 93ejug bet »et*
»itften gtieben^gelbe« , Slnfü^tung be^
33olf«t)ectc0, Ernennung »on gf^^^^ttcn,
SBejug fteimiUigei 6f)tengefc&enfe, lang
^etabmaücnbeö ^aat unb anbete et)reniiotle
5tbjcid^en in Itadjt unb 2Baffen. 2Bar in
ben etjien Ja^t^unbetten bet c^tifilic^cn
3citre<inung t>ai Königtum nocfe bie 9lues
nabme, fo »utbc e^ feit bet 93ölfctmans
betung bie Siegel, fo jhjat, ba§ bie
Äönige in etfiet ßinic aH Könige übet
ba« 2JoIf, ni(^t übet ein befiimmt abs
gegrenjte^ ßanb angefe^en »utbcn, alfo
Könige bet Oft» unb SBcftgoten, 93anbalen,
23utgunbet , S^ütinget , öangobatben,
gtanfen.
2. 93ei ben ÜKetomingetn. ^ie
ftonfifc^cn Äönigc leiteten i^rcn Ut«
fptung Don einem fagen^aftcn Chlodio
obet Chlogio ab; t»on if)m foH ÜJIetotiec^
abflammen, »on bem ba^ ftänfifd^e Äönigö=
gef(f)ec^t ben iJJamen bet SOflctomingei
empfing. 5lud) i^t 5Red)t betu^t auf bem
(Stbtec^t tti föniglic^en ©efd^le^tcd; i^t
(S^tenjeid^en bleibt ba* lang tjetabmaÜcnbe
|»aaT. 6in SBa^lted^t be« ißolfe* in 93ejug
auf tai Königtum ifi ben gtanfcn ftü^
ftemb gewotben. (Sinen minberfdljtigen
Äönig nimmt bet näcl)fle 33etmanbte in
feinen ©cfiu^ obet bie ^önigin^SWuttct
h)itb ol^ JRegentin anetfannt. Ob ba*
jwölfte obet fünfjebnte 3"^^ im metoroin»
giften ^aufc bie SDJünbigfeit gab, ifi nid&t
ouögemad^t. Slotroenbige ©igenfd^aft bcd
Jiönig« ifi fötpetUd^e JRüfiigfeit; ßeic^en
bet föniglid^en ©ewalt ifi bie ßanje. geier-
li^e Ätönung obet ptiefietlic^e Salbung
toat unbefannt; auc^ i>ai ©ceptet
unb ben Ibton ermahnen »enigfien^
metotoingif^c ©(^liftfieHet nic^t. ^ai
(Putpurgemanb unb bor üJlantel, mit bem
ftd^ 6^lobtt)ig befleibete, ftnb tömifd)en
Utfptung^. 5n ben legten 3«iten i^«t
.g)ertf(f)aft menigfien^ fut)ren biefe Könige
auf tinbetbefpannten SGßagen jut iäl)tU^en
SSetfammlung ; fonfi befiiegcn fie bad
SRo§. I)ie Könige t)atten bcflimmte
ateftbenjen, wo [n einen Steil bti ^a}9xti
fid^ auf ju^alten pflegten ; häufig erfcfeeinen
ftc abet auc^ auf i^ren übetati jctfiteuten
^öfen unb 93iüen, mo if)te ^Paldfie obet
^faljen lagen. (Sine gro§c 9floÜe fpielt
fiet^ bet @c^a^, bet an ben Si^en be«
Äönig« bema^tt mitb; et gilt fafi nic^t
hjeniget al^ iai SReic^ unb Mi eine mitb
mit bem anbetn ermotben, oetctbt, ctobett, ge-
teilt: et enthielt geptägteö ®olb,®ef(^mcibe
unb @(^mud, [Ringe unb Letten, ©efö^e,
tei(f)e ®ett)änbet unb Stoffe. Königinnen
unb Äinbet Ratten il)ten eigenen ^ä)a^.
(Sbenbüttiger (ä^en rcaten nut Äönig^*
tötetet mütbig; baneben abet lebten bie
Äönige ungefitaft mit niebtig gebotenen
SZBcibctn auä) in boppelten 6l)en obet im
Äonfubinat. I)ie Stitel bet metooingifc^en
Könige »aten vir inluster, princeps unb
dominus. ®emilbett unb in bet SBage
gel)alten mitb bie ÜRa^t be^ Königä but^
bie Ktaft be^SBolfcö. 2>em ganzen 33olfe
gegenüber »ermo^te bet König nic^t »iel.
2)et König legte [\ä) eine fiatfe ©ttaf»
gemalt bei; oft lie§ et it)m Det^a|te obet
öetbäc^tige ÜWännet gefangen fe^en, foltetn,
in ibie ^etbannung fc^iden, ctf^lagen,
oft o^ne Utteil unb Steigt. Untreue gegen
ben König foütc naä) ben ®efc^en mit
bem ßcben befiraft mctbcn. ißefonbet*
gro§ ifi ber (5influ| bc« König« auf bie
®eijili(j)feit; üom Könige mit 9fle^ten unb
(St)ren auögeftattet, ifi fie auc^ in l)o^em
*Dia§e Don i^m abhängig; Sifci^öfe merben
für febe $crle^ung i^ret *)8flid)t jur iBer«
antwortung gejogen unb ^art gefiraft.
iBom iBolE fagtc man, eö bicne bem
König; bie Untert^anen nannten fx^ in
(Singaben unb ©riefen Kned^te unb 2>iener.
S)agegen ^at bet König füt t>ai 93olE ju
fotgen, tai SRed^t ju ^anbl)aben, ben
gtiebcn JU machen, fei'ö felbfi, fci*^ butdj
gcwiffen^afte, oon i^m cingefe^te iRic^ter.
er gemährt allen |)ilfc unb @c^u^, be=
fonberä auf ben Kirchen» unb geifilid^en
»ictiftungcn. Dafür übetttägt fe^t bie
Kitd^e bieSorfiellung ber ^eiligen ©Triften
»on ber Dbrigfeit auf ben bcutfd^en König
unb biefcr bejei^nct feine ^errfc^aft felbfi
<xH eine oon ®ott gegebene. 3ebet neue
König but^jog fein SReid^, um ftd^ aU
3?0
Königtum.
^cnfc^cr ju jctgen unb bie ^ulbigung tti
53olfeö entgcgcnjunebmen; c^ gef*a^ bieö
luxä) im Iicueib; bct 6cfeu^ bcä
Äönigö ^Qttc bic 93ebeutung bcö
gricbcnö; er umfaßte baä ganje 23otf
unb bielt cö in red^tlidicr Drbnung ju»
fammcn; cinjcinen !Pcrfoncn , namcnt*
iid^ 5'^''"^" ^^^ ®eifiltd)en , ,, »erlief)
er ani) befonbere 5Re*te. Überhaupt
tt)ar eä bie *Perfon be^ Äönigö, »elic
bie »erf<ä)iebenen Seile beö !Reid)cä unb
be^ 33olfeä jufammcnbielt. <Mu[ if)r he
rufit bie |iaatlt(f)e Scrbinbung; moö er
bcl)errfc6t bilbet fein Oteid). Sfüeö unter»
liegt feiner 2tufftd)t unb ©etralt. ®a^
ganje 33olf \x>ax it)m perfönli* oerpflicfetet,
nur burc^ ifin ju ftaatlic^er Sin^cit »er=
bunben. 2)ie Rotiere (Serid^täbarfeit ifi
ebenfo »t>ie bie allgemeine obere SRegie*
rungögcftialt an feinen jg)of gebunben.
51m töniglicften |»ofc laufen bie liföben ber
^Regierung jufammcn, »erben bie tt)id)tigften
geri(l)tlid)cn Gntfdicibungen getroffen.
3. Karolinger. ü)'Jet)rcre ©enera*
tionen ^inburi^ roaren bic merottingifi^cn
Könige bIo§ nod) äufcrlid^c Söertretcr be^
Königtum^, »dtirenb bie g^amilie ber|)auö=
meier i^rerfeit^ aud) fd)on burc^ mef)rerc
Oenerationen al^ güifien unb -^erjoge
bic faftifd)e ©ettalt t>ti Königtum^ unb
alle biejcnigen (Stgenfcf)aften befafen, rt)cldbc
für baefelbe nötig »aren. SRa^ bcm iRat
un^ SBitlen ber ®rofen ttjurbe nun oon
*Pippin eine ©efanbtfc^aft nacfi SRom ju
Cßapji 3«c^<^ii^,^ 9ffä)i<^t, »elcbe anfragen
foütc, ob bie Übertragung ber föniglid)cn
Oemalt auf Q3ippin, ben S^baber ber
iIRad)t, gercd)tfertigt fei. S)er *Pap|i bc=
iat)tc bie ^Infruge unb befahl gemdft apofio*
Iifd)er 5Iutoritdt, bQ§ <Pippin König »erbe.
35arauf fanb bic feierli^e (Srl)ebung *pippin^
jum Könige unb bieSalbung be^felben
burc^ bic !öif(i)öfc ftatt, eine fpmbolifcfie
^anblung, meldte im ^Infcfcluffe an bie
©atbung ®aulö unb 35a»ibö burdf) 6amucl
fd)on bei ben iZBcflgoten unb Qlngelfacfcfen
äficgcl gett>orbcn war. Ob mit ber Salbung
fcfcon eine Krönung verbunben tt>ar, ip
nict)t ftcJ)er; t>on einer ©ibe^Icijlu ng
bed neuen Könige ifi nid^t bie SRcbc.
2)agcgen finbet bie gröfere 5lnnä^erung beö
frönfifcften Königtum^ jur Kird^e it)ren
^luäbrud in bem Sitel, ben fic^ *Pippin
jucrfi beilegte, Dei gratia.
S)ie SSerbinbung mit ber Kirche foütc
aber nod) enger hjcrben. einjig bie Kird^e
unb an il)rcr ©pi^c ber 99if(f)of »on {Hom
rt>ar e^, tt)etct)e in biefcr 3cit einen gewiffcn
3ufammenbang unter ben Sefcnnern bed
(S^riftentumä ju erhalten fu(J)tc. ^Infangg
lebntc fid) ber römifc^c '-Bifc^of no^ an
itai oftrömifcfte Kaisertum ; fcitbem er
über fird)lic^en unb weltlichen O^ragen
mit bicfem jcrficl , fucbtc unb fanb ber
römif($e «Stubl ^ilfe unb SRettung beim
frdntif^cn Königtum, tai fcinerfcitö burc^
bie 33erbinbung mit SRom an 51nfeben,
3[Rad)t unb iBcrbreitung nur geroinnen
fonntc. ^apji Oregor in. roanbte jic^ juerft
an Karl iDlartell um ^i\fi gegen bie ßango=
barben, unb übcrfanbte i^m bic @df)lüffcl
jum ©rabe be« ^eil. ^etruä. 9tod) mcl)r
t^at ®tcpf)an, bes 3''^'''^''^^ D'Jad^foIgcr:
er fam felber über bic 511pcn unb erteilte
nii^t blo§ bcm ^ippin unb feinen ©öfjncn
nod^malö bie JBei^c ber «Salbung, fonbern
er ernannte fie juglcid) ju 'ßatrijiern,
einer ffiürbe, bie öfter gcrmanifc^en Königen
ticrlie^en roar, um bicfclben in einen ge»
roiffcn 3uf''tnmen^ang mit bem iRömer«
rcic^ ju fe^en, ibnen eine SIrt jiatt^altcs
rif^er Sefugniö in ben einfi römifc&cn
(Crooinjcn jU geben, bicämat in Otom unb
bem @ebiet ber ©tabt. 3nbem ber ^apfi
bicfcn Jitel auf i^ippin übertrug, feanbeltc
er alä 35crtrctcr bcö in ber ^ia fort*
lebenben römifct)cn SReid^eö; er befiellte
babur«^ ben fränfif(^cn König al^ 53c»
fi^ü^cr unb Scrteibigcr ber Kirche unb
it)reö 93ifd)of^. ©cinerfeitö mad)te ftd^
^ippin an^cifc^ig, bem römifc^cn ©tut)I
eine SRei^e oon 33efi^ungen, bie bemfelben
burcf) bie ßangobarben entriffcn «aren,
roieber ju pcrfc^iaffen, roaö aud) gefc^ab.
^Roc^ nähere Sejic^ungen ^atte Karl
ber ®ro§e sum römifd)en @tut)I; auc^
ifim übcrfanbte ber ^apf!, Seo, bie Sd^lüffcl
^um ®rabe beä l)eil. ^ctruö unb bie ^ai)nt
ber Stabt iRom, unb ocrbanb bamit bie
Sitte, ber König möge einen feiner ®ro§cn
fc^idfen unb ba^ römifc^e Solf eiblicf) jur
Srcuc unb Unterroerfung gegen i^n »er»
pflichten; benn man betrad^tetc Karl nidf)t
blo§ in feinem eigenen SReidf)e, fonbern
überall, wo^in ber fränfifd^e SSerfe^r
rcid)tc, al^ ben obetjien i)crrn ber Slirificn»
^eit; fcinSRcid^ roar cin2BeItreid^ gerooibcn.
®o log e^ na^e, jumal ba in ben Krcifcn,
in rocld^en Karl ftd) beroegtc, bic Vorliebe
für iai flafftfd^e 'Jlltcrtum unb namentli^
für baö römifc^c Sßeltrcidf) roirffam war,
Karl ben Xitel jcnc^ 5Rcid)e« neucrbing«
bcijulegen. *Bon ®eifilid^cn in Karl^ Um«
gebung fd)eint ber ®ebonfc jucrp au^*
gegangen ju fein ; •Papfi 8co Pcrroirflic^tc
\\)n, inbem er bem König ber Jronfen am
Äönigtutn.
371
SBci^noc^tätage SOO, b. t). nad) bamaliget
(Rechnung am Einfang eineö neuen 3a^ie^
unb 3a^rf)unbcTtö, in ber Äird)e öe« ^eil.
«ßetruö bic Ätone aufa ^aupt fc|te unb
i^n alö Äaifer begrüßte. Sr erhielt t)a:=
burd) bic Sebeutung eineö .^»erTn ber abenb«
länbifcben 6l)xiPeni)eit, eine« (Sd)ü^ct^
bct römifc^en Äir±e unb eine« gürPen,
ber bem oPrömifc^cn Äaifcr ebenbürtig
»ar; übcrljaupt aber traten burcf) biefen
-üh tai priüatred^tlicbe unb perfönlidjc
(Slcment be^ Äönigtumö nieljr jurürf unb
traten in ber ^iluffaffung ber oberflen ®e«
walt me^r allgemeine unb öffentliche ®£«
ftd^tepunfte ^erüor.
Äarl^ noUflanbiger 2;itel mar je^t
Serenissimus angustus, a Deo coronatus,
magnns et paciticus imperator, Roma-
num gubernans imperium , qui et per
misericordiam Dei rex Francorum et
Langobardorum ; [päter fagte man türjer
imperator angustus; semper angustus
unb Caesar mirb r»on Sc^riftjietlern ber
3eit, aber nid)t in öffentli(l)en Elften gc
fagt; banebcn blieb ber 5luöbrucf regnum,
regia majestas in ©ebraud). ^u§er bem
Sitel magnns et pacificns, ben Äarl fid)
fclbcr giebt, famen üor excellentissimus,
gloriosissimus, praecellentissimus, Sere-
nissimus , piissimus ; unb bie 5lttribute
dementia, dignitas, celsitudo, excelientia,
serenitas. 2)er römifdjen %xaä)t bebicnten
ftd) Äarl unb feine S^Jadifolger feiten;
fonjl trugen fte bei feierlid)cn ©clegen*
icitcn ein gotbbur^mirEtcö Äleib, Schübe
mit (Sbclftcinen befc^t unb anberen
@d)muct. 5"! fcftlid)en Ornat fe^tc fid)
ber Äönig ober ^aifer eine Ärone aufö
^aupt unb trug ©tab ober ©cepter
a\i 3e'^cn '^^^ rid)terlic^en ©emalt in
ber ^anb; ein bcjiimmter Unterfd)ieb
jnjifdien föniglid)er unb faiferlid)er Äronc
mitb nic^t gemad)t; »on ber Ärone mie
Dom ©ceptcr gab ti ücrfd)iebenc Gremplare.
3lud) ba^ © d) tt» e r t ifi ^nftgnie ber ^etr»
fd)aft, im befonbercn ber ^eergemalt.
3ci(^cn ber ^errfd)crmürbe i(l ferner ber
erl)öl)te ©i^ ober Itiron.
Ginc fcjle Sflefibenj gab ti in ben
erfien 3a^ren Äarlö nic^it; fpöter beüor«
jugtc er bie 'JJfaljen an ber Tlaai unb
am SR^ein, |terijial, SGßorm^, Snaelt)«™
unb namentli(^ Qlad^en. |)ier empfing
et auc^ juctfi bie Äaiferfrone; fpätet nocfc«
mala ju iRt)cime com Ißapfie fclber. 33ei
ber töniglicften ©albung unb Krönung
erfolgt na^ ©egeneroünfc^en über ben
ju Ärönenben bie ©albung mit bem i}t\'
ligen Dl, babci ein ®ebet, unb bann bic
3luffc^ung ber Ärone burc^ ben ©ifd^of
mit ben ÜBorten: S« fröne bid) ber ^ert
mit ber Ärone beö iRuf)meö unb ber S^re
ber ©ercc^tigfeit unb bem SBcrf ber
Sapfcrfeit, bamit bu burd) ba« Qlmt
unferer ©cgnung mit red)tem Olauben
unb öielfad)er ^rucf)t guter 2Berfc jur
Ärore beä emigcn ßebcn^ gelangffl burd^
3,5erleit)ung beffen, beffen ^crrfdjaft unb
Uleid) bauert oon eniigfeit ju ©migfeit.
5lmen." üßeiter überreicht ber Sifd^of
bem Äönig tai ©cepter unb fagt: „®ms
pfange hai ©cepter, tai ^iidjtn ber
föniglid)en ©emalt, ben gcrabcn ©tab
ber |)errfd)aft, ben ©tab ber Äraft, mit
bem bu bid) felber mof)l be^crrfd)en, bie
l)eilige Äird^e, iai d)riflUd)e bir non
®ott anoertraute 58olf mit foniglic^et
Äraft gegen bie (Sottlofen tetteibigen,
bie 93öfen firafcn, bie SRed)tfc^affencn,
ha^ fie ben red)ten SBeg galten, untet»
fluten unb füt)ren mÖgefi; auf ia^ bu
Dom irbifdt)en jum f)immUfd)en (Reiche gc«
langeü mit |>ilfe beffen, beffen ^errfc^aft
unb SReid) bauert »on (jroigfeit i^u @mig*
feit. 5lmcn." 3i"" ©c^Iu§ folgt ber
©egen unb ein ®ebet für ben gefrönten
Äönig.
Unter ben erfien Karolingern mar bie
S55eil)e beö ?5apfie^ jur 55ül)rung beö faifer«
li(^en SRamenä nic^t erforberlid) ; mehrere
Äaifer festen il)ren ©öhnen bic faifer*
lid^e Ärone felber auf« ^aupt. ^uc^
Könige ftnb me^rfa^ uom ^apfte gefalbt
morbcn; anbere Könige fmb ^inmieberum
überhaupt niemalö gefrönt unb gefalbt
morben, j. 33. ßubmig ber 2)cutf($c; unb
baö 3f?ec^t jur ^crrfd)aft ifi überf)aupt
mcbcr »on ber ©albung noc^ oon ber
Krönung abf)ängig. 2luf öffentliche »Jürs
bitten ber ©eiftlid^feit legten bie Karo-
linger grofe^ ®emi<^t; ^ürbitten fomo^l
aU Krönung belogen ftd) tcilmeife auc^
auf bie i^rauen unb auf bie Kinber beö
König« ober Kaiferö.
^ui) bie ^ippiniben beanfprud)ten
unb bcfa^en iai JRec^t ber 23crerbung
beö Königötumö in i^rem ®efci)lec^t,
fpöter in analoger 2Beife iti Kaifertumä.
Seflötigung unb ißefcfiigung erhält bai
fönigli^e ®rbrecf)t burc^ ben göttlichen
«ffiiüen, bie 2Beit)e ber Kirche, bic 3"*
fiimmung unb 5lnerfcnnung beö ißolfe«.
Sbenfatld nad) altem ^crfommen mar
eine Seilung unter mehrere ©öline ge«
fiattet, Wobei bie SIRitmirfung beä Solfeö
unb ber ®ro§en meifi mit in iöetrac^t
372
Königtum.
fommt. 9IIIc«i33oIft)omjtt)öIftcnßcbeneia^re
an §atte i>em Äönig unb ^aifcr bcn Q.it>
bcr Ireue ju leiten (fie^e (Jib); ber
Scgtiff iti ©c^orfamö gegen ben
^errf^er ifl namentlich Bon ber Äird^e
betont njorbcn unb wirb me^r tn 23es
jie^ung auf befonbcre 25erf)ältnif|'e, einjelne
Qtnorbnungen unb Sefc^Ie angewenbet.
3|i auf bie Übertretung bee Sefe^Ie^ eine
befonbere ©träfe gefegt, fo l)eiBt berfelbc
Äöttigäbann. 2)erfelbe fanb feine be*
fonbcre Olnwenbung im |)eer unb im
©eric^t unb voax überl)aupt jur Sicherung
beö ^riebcnä bejlimmt.
4. Siö ju ben ^o^cnflaufen.
SDtit bem 5lu8^erben be^ beutf^en Äaros
lingifc^cn ^aufe^ ncrfd^affte |tc^ tai (Prin«
jip ber 2Ba^I wiebcr ©eltung unb war
t»on ba an Don einer Teilung um erblid^en
9lnfpruc^s ttjiQcn nie wieber bie Stebc;
bod& machte ftc^ fofort axxä) tk iJlücfftcf)t
auf tai ®efd£)Ied^t tüieber geltenb, beibc
•Prinjipien balb mit^, balb gcgeneinanber
rt)irtenb ; crjl im Kampfe ber Äir^e gegen
^einrtd) IV. rt)urbe ton Seite ber Äirc^c
ber erbliche 5lnfpru(^ ganj bcfeitigt unb
ba^ ^tin^ip einer »öUig freien 2Ba^l
aufgejieüt. SDcr gorm nad^ beburftc
aber fictö baö erbliche SRec^t ber 5lners
fennung burd^ bie 2Ba^I, njobci bem
SBunft^ ober SBiUen bc^ regterenben
<^errfd^erö nur ein gen^iffcr (SinfluB auf
bie Sla^folge jufam. Oft fam cd gur
Sicherung beö erblii^en SRcc^ted t»or, ba§
Äönige bei ßebjeiten i^rcm ©o^n bie form«
litfec^lnerfennung unb ^ulbigung aläS'Ja^*
folger oerfc^ äfften; eine genjiffe Sebeutung
für bie jlacbfolge ^attc auc^ ber 93eft^
bei tönigli^en SnPsnien; überbaupt
aber Iiat ee in bicfer $eriobe no$ faum
fefifie^enbe Sinrid^tungen in S8ejicl)ung
auf bie töniglic^e SRac^foIge gegeben.
SJicfe« gilt aud^ oom Ort ber SJBa^I,
ttjeld^e ju granffurt, Stauen, ^oxä^i)tim,
SDJainj, ja auf italifd)em ißoben j^attfinben
!onnte. ®o beftanb aud^ nocf) fein be«
jiimmtcd 3le(^t für bie leilna^me an ber
SBa^I. Die (Sntfc^eibung liegt jlct« bei
ben geifilid)en unb tt)eltli(^en ®ro§en,
neben »el^en tai 25olf nur ald imit^
»irfenb unb jufiimmenb genannt tt>irb;
ben größten Sinfiufe aber Ratten babei
bie ^o^cn ®eipiidf)en, cor allem ber drj«
bifcbof üon SWainj, bem auc^ bie formelle
Scitung ber 2Bal)I i\ufianb unb ber bei
einer förmlichen <Mbfiimmung jucrji feine
aWeinung funbgab. ©er eigentlid^en SBa^I
ging oft eine Sorbefpred^ung, eine 2lrt
!Bortt)a^I oorauö. I)ie ^otmel ber Söa^l
ober Äur mar: 3^^ fi«f« (}obi) äu einem
^errn unb Äönig, jum (Ritter (Sitegierer)
unb Serteibiger (Sogt) bed iJteic^ö (ober
fianbeö). (5in förmlic^ed Sa^Un ber
Stimmen, eine ßntfc^cibung burd^ 2Raio=
rität fanb nid^t fiatt. 5tuf bie ein-
jlimmige fflal^I würbe gro§ed ©ewi^t
gelegt; mer nic^t jjujiimmte, fanb |td^
über^)aupt ni(^t ein ober na^m an bem
förmlichen ÜBa^Iaft feinen Jcit. Unmittel^
bar nad^ ber SBaI)I ober balb barauf fanb
bie ßeijiung bed Ireueibee unb bie ^ul*
bigung fiatt; biele^tere cntgegenjune^men,
burc^^og ber Äönig wofil tai SReic^. 3"
2lact)en pflegte ein befonberd fcierlid^er
liulbigungdaft Pattjufinbcn , fei ti, ba§
bie ^errf^aft in ßot^ringcn befonbcr«
betont »urbe, fei eö in Erinnerung an
ben ©i^ Äaifcr Äarl«. 3" ^^^ Äird^e
würbe ber neue Äönig auf Äartö ©tu^l
gefe&t.
©eit Otto I. War bie ©albung unb
Krönung beö Äöntgö jur fejlen SRegel
geworben , auc^ bei ben fungen ©öbnen,
bie bei ßebäciten ber 25ätcr aii Äönige
anertannt würben. %U Ort bicfer 6.ere=
monie würbe meifi ^lad^en gewä()lt; boc^
fommt au(^ SOtainj juweilcn cor. ßange
ftanben frd^ bie ©rjbifc^öfe »on QJtainj unb
Äöln eiferfüc^tig in ber iöe^auptung be«
Dtc^ted ber Äönigäfrönung entgegen, big
fd^lie^lid) Äöln, in beffen 3)iöcefe 5ta^en
lag, enbgültig ben ©ieg baoontrug. 2)er
Hergang ber Ärönung wirb folgenbcr-
ma§m befc^rieben (iZBai^, iBcrf. » ®efd^.
33b. 6. ©. 165): „2Benn ber Äönig fein
®cma(^ »crldit, wirb er oon ber ®eiilUc^*
feit empfangen, unb ber erjbif*of fpri^t
ein ®ebet. 3wifd^en jwci Sifciböfcn
fd^reitenb wirb jener in feierlicher $ro=
jeffton unb unter ®efang in bie Äircfee
gefüfjrt. ^ier nad^ einem neuen ®ebct
bed (Srjbifd^ofö .legt er ben SIRantel ab,
fniet an ben ©tufen bcö 5lttareö nicber,
unb mit i^m äße SBif^öfe unb iprieficr,
wät)renb bie nieberc ®ci(ili^feit jtngt unb
betet. 9iac!)bem bann ade ftc^ erhoben,
Iä§t ber ©rjbif^of ftd^ »on bem Äönig
ba<! Serfprcd^en geben, bcn redeten ®IaU'
ben ju bewahren unb ju betf)dtigen , ben
^eiligen Äir(ien unb i^rcn Dienern ein
©c^ü|cr unb iBcrteibigcr ju fein, bad i^m
Don ®ott übertragene 9teid^ na^ bem
SRed^t feiner iBdtcr gu regieren unb ju
Dcrteibiflcn. Unb bann Wenbet er ftc^ an
tai 23olf unb fragt, ob ti biefem jürflcn
unb Otid^ter fic^ unterwerfen, feine ^err*
Äöniglum.
373
fc^aft in ftc^em Ireuc befefligen, feinen
aSefe^Icn mi) bem ®ebot beiJ 3tpofieId
nad^ge^en tt)oUe. Unb iai ißolE antwortet:
„©0 fei cö. ?tmen." 'Jiaä) neuen (Sebeten
h)irb ber Äönig juerjl om J^aupt, an ber
IBrufi, an ben Schultern unb ben Ober»
armen, bann an ben ^änbcn gcfalbt,
empfängt barauf iai ©d)tt)ert alä S^\ii)tn
ber ^errf(^aft, ttjciter bie ^rmfpangen unb
ben SD'lantel unb ben Siegelring, bann
©cepter unb Stab, jule|t bie Äronc, aüeö
unter 5tnrcben unb ©ebeten, bie auf bie
©etcutung ber einzelnen 3fi^«t^ ^'n*
tüeifen, unb mo e^ »on ber Ärone ^ei§t,
ia^ fie i^n jum ©enoffen be* geifitic^en
Slmted mac^e. SRafftbem jule^t no^ ber
©egen über ben Äönig gefpro(f)en, njie
e^ aud^ bei firc^lid^en 23etfammlungen
üblid) war, wirb berfelbe ju bem Äönig^«
fiu^I geführt, mo ber (Srjbifcfcof in ber
JRebe, bie er ^dlt, baö. erbli^e SRedbt,
baneben aber aud^ bie Übertragung ber
©emalt burcf) fir^lic^e ^anb befonberö
^erüorf)ebt, bann, na(^bem ber Äönig
fxä) gefegt, nod^ einmal für ij^n betet,
I)ierauf famt ben übrigen ©cifilid^en ben
^u^ beö 5"6beng empfängt. @in feier»
lid^c^ Sebeum unb bie iKeffe befc^lie§en
ben mt."
fRad) ber Ärönung ging ti jum fefi*
lid^en ÜJtaf)!, wobei unter Otto I. bie
^erjoge jum erftenmat bie j)ienfie ber
^ofbeamten leiteten.
2)er beutfd^e Äönig na^m bie faifer«
lic^e Ärönung aU fein SRe(^t in Qln«
fpruc^; jte galt atö iBoHenbung ber ^err«
fd^aft überl)aupt. 33on einer 2Ba^I war
ba^er hierbei nidf)t bieSRebe; eine Äaifer«
ftönung eineö ©o^neö ju Scbjeiten bc^
»aterö gefd^a^ blo§ bei Otto II. 5luf
einem Weisen dio^ beö iPapfie« pffegte ber
Äönig in JRom einjujie^en ; an jWci Stellen
Würbe ange^ialten, um ben 9iömern ben
(Sib ju leijlen, ta's fte bei i^rcn alten
©cwo^n^eiten »erbleiben foKten. ?tm
Sttiore ber ©tabt, wo bie ®cifllid)feit i^n
erwartete, flieg ber Äönig üom ^ferbe;
bem 3uge »oran würben ein Äreuj unb
eine 2anje getragen. 3" ber ^aüe »or ber
^ircfee be« |eil. «Petru« fa§ ber (ßapfl auf
golbenem ©effel. 2)er Äönig fiieg bie
Stufen \)imn, neigte ftd^ oor bem f^apfl
jum Äu§ ber güpe, worauf i^n ber «Papfi
aufhob unb breimal fü§te. SDarauf ben
•Papft jur ßinten laffenb, ging ber Äönig
burdt) bie ^aUe m jur ftlbernen Pforte
ber .^irc^e, wo ber Äaifer geloben mu§te,
ber S^ü^er unb iBerteibiger ber römifc^en
Äird^e ju fein. Danad) erflärte il)n ber
$apfl ber Äaiferfronc würbig; am ®rabe
be« ^eil. <Petru« fniete enblid^ ber Äönig
jum ®ebet nicber. |)ier würbe meifi bie
geier abgebrod^en unb bie Ärönung felbfl
auf einen ©onntag ober t)o^en ^cifi^tag
t)erf(^oben. ©ie erfolgte cor bem ^Itar
beö ^eil. *Petru^. Sn^»«»" ber ?Japjl bem
Äönig tai 35iabem .auf iai ^aupt fe^te,
fprad^ er: „Smpfange ia^ ^t\d)tn bed
SRu^mö, im SRamen bti iBaterö, beö ©o^ne«
unb beö ^eiligen ®eifie^, bamit bu, ab-
weifenb ben ^dai unb bie Seflecfung
aller ßafier, fo !Recl)t unb ®ered^tigteit
Uebefi unb fo öoHer ®nabe lebefi, ba§ bu
Don unferem ^errn 3«fu^ (J^rijiu^ felbfl
in ber iBerfammlung ber ^eiligen bie Ärone
be^ ewigen ßebcnd empfangefi". 2lnbere
3nfignien al^ bie Ärone famen nid^t in
?lnwenbung. ®eim SBegjug aud ber Äird^c,
wenn ber (Papfl fein ^ferb beftieg unb
wenn er cd »erlief, ^ielt i^m ber neu^
ernannte Äaifer ben Steigbügel.
35ie S^re ber Äönigd» unb Äaifer«
frönung teilte regelmäßig bie ®ema^lin
bed Äönigd, balb mit bem Äönig jugleid^,
bolb na(| ben befonberen llmpänben in
befonberer geicr.
ffiä^renb bie fpäteren Äarolinger [xä)
noc^ mit Söd^tern ein^eimifd^er ®ef(^led^ter
»ermäl)lten, fugten jtdb bie fpäteren Äönige
für ftdi) unb i^re ©ö^ne bie grauen meifi
in auswärtigen ^ürjien^äufern.
®ro6e ©orgfalt würbe auf bie 6r*
jie^ung ber jungen $rinjen ober Äönige,
wie tai aO^ittelalter fte nannte, oerwenbet.
Unmünbigtcit galt formell nid^t aU ^inber*
niö, bie ^Regierung ju führen ; ber S^ermin
ber aWünbigfeit war tai 15. ßebenöja^r,
biö wo^in eö einer SBormunbfd^aft, einer
©orge für bie *Perfon unb bie SRegierung
beburftc.
511S 3fi^«n ^^^ ^errfdl)aft bienten bie
iReic^öf leinobien, bie bei ber Ärönung
übergeben würben. 3" alter Qtit füljrte
fte ber Äönig regelmäßig bei ftc^; erfi
fpäter, feit ^einrtc^ IV., ifi t>on ber SBe*
wat)rung auf einer ber 33urgen beö 5rän=
fif^en ^aufe«, J^ammerfiein unb Irifelö,
bie JRebe. 3"fi9ni«" beö Äönig» unb
ÄaifertumS werben nidt)t unterf^teben.
5lm Qlnfang beS 10. 3a^i^^unbertö werben
aU 3nfignicn Ärone, ©cepter unb Stab,
©d^wcrt, 3Rantelunb 5lrmfpangen genannt;
baju fam unter ^einrid^ I. bie ^eilige ßanje,
mand^mal wirb ber iRing, fpäter aud^ ein
Äreuj erwähnt. 2>er iRei^öapfel, eine
Äugel mit bem ilreuj, erfc^eint jwar fc^on
374
Äönifltum.
auf Siegeln in ber ^anb be^ Äaifer^ jur
Dttonenjeit, ^at aber erj! fpäter 5lufnal)me
unter bie 3'?eid)öinfic\nien gefunben. *Mn
ben f)of)en 5^fl«"' namentlich Dftern unb
^fingften, war cä ©ittc, ta^ ber Äönig
öffenilic^ mit ber ^rone erfc^ien. Gin
föniglic^er J^ron tt?ar ber in ber Äird)e
gu ?lad)en, t>on SDtarmor unb jmifcfien jmei
©äulen (o erfiaben, i>a^ einige «Stufen ju
i^m ^inauffü^iten. Qlber aud) fonjl fa^
ber Äönig auf ert)öf)tem eeffcl, unb tt)urbe
ber S^ron ju ben Snfignien ber ^errfc^aft
gcred)nct.
3mmer noc^ galt Qlacfien riorjugämeife
aU töniglidier ®i^; anbere beliebte ^faljcn
waren gtanffurt, ^orc^beim, Dueblinburg,
SKarburg, iJJiainj, 3ngclt)eim, Ircbur, ®oö=
lar, ©peier. Äam ber ^önig in eine @tabt,
fo würbe er mit ©locfengeläute unb fejts
lidier Scgrü^ung empfangen. @ein Sluf^
enthalt galt alö eine (Sbre, mar aber aud)
eine ßaft, ta bie fe^lic^e Scmirtung Wenig-
jienö mef)rerc Jage lang »on bem Stifte
getragen werben mufte.
5. 'S)a^ fpätereSmittelalter. SWit
ben ^ot)enjiaufen beginnt ber S^^W^ ^^^
ein^eitli^en (Reid)öregierung. ^voax erf)ielt
in biefer Qät bie ^tn beö Äaifertumg
alä ber oberften aHumfaffenben weltlichen
Tlaäjt eine neue Belebung bur^ ta% in
biefer ßnt aufblü^enbe ©tubium beä rö^
mifd)en !Red)te« unb burd) bie nähere Se^
fanntf^aft mit ber ©efe^gebung ber fpä^
tcren Äaifer unb ben bamit rierbunbenen
Segriffen faiferlidier ®rö^e unb ÜJJacfjts
üoflfommenbeit. ßwQ^t'* "^«i- brangen
je^t bie ©runbfä^e be^ Sel)en^wcfenä in
bie 9'icicf)äorbnung unb ber Äaifer galt
nur noc^ aU t>a^ oberjle ^aupt ber baS
ganjc JReic^ umfaffenben feubalen ®liebe=
rung. 3)ie Herzogtümer, ©raffcfcaften,
SD'?arfgraff(J)aftcn, $faljgraffd)aften u. f. w.
crbiclten ben (Sl)arafter üon 93enefijien, i^rc
Präger ben üon SSafallcn; ja cinjelne
9lei(^ägüter, Su'^iöi'iftionen, 931utbann unb
anbere SRegalien Würben nom SRei^c in
mannigfadjen ?lnwenbungen an ^ü'^l^f"'
®rafen, Ferren unb «Stdbte ju fielen ge^
geben. 3)aburd^ würbe iai ße^nwefen tai
^anb, wel(f)e^ liauptfäc&lid^ bie Drbnung
be« Oteic^e« jufammcnbielt unb worin fo^
Wot)l iai Streben ber SReid)äfiänbe nad^
©elbfiönbigfeit, aU "Da^ SBebürfnig einer
auf ireue unb Sl)rfur($t gegrünbeten 93ers
binbung mit bem iJleid)öobcr^aupt i^ren
5lu«brucf fanben. I)ie Selctinung mufte
bei jcber in ber !^erfon beä Äaiferä ober
bc^ Sßafaflen eintretenben SSeränberung
binnen ^a\)i unb Jag nod^gefud^t werben;
fie würbe bem ^ürjlen, ber babei ju 5Ro§
im ,5ürjienmantel ju erfd^einen liatte, t?om
Äaifer in *]Bcrfon, rac^bem ber Safaü
fnieenb unb mit jufammcngelegten ^änben
bie ^ulbigung geleifiet ^atte, burd) Über*
reic^ung einer '\^ai)nt aU Qlbäeid^en ^ober
®ewalt erteilt; ba^er ber 9^ame '^a^w
lel)cn. I)ie gcijilid)cn ^Jürfien würben
mit ben Stegalien burc^ tai Sceptet
inoefüert; wenn ftc aber baju ein befonbe«
reo ^ürficntum bcfamen, fo würben auc^
fte bamit mit ber ^ai)r\i he.Ui)nt unb
nahmen bann auc^ bie Salinen in itirc
OTünjen auf. dlaä) ber 93elet)nung würbe
ber fiel)nbrief auegefertigt; bcDor iai
por ftd^ gegangen war, fonnte man Don
ben Untergebenen feine .^ulbigung »er*
langen noc^ 23erleil)ungen rtorne|mcn.
Sine wefentlid)e 25eränberung ging
aud) in ber ?lrt ber SBa^ l bcö Äaiferg
»or ftd). Sßö^rcnb fid) frül)er alle ^Jürj^en
unb ®rofen be^ Oftei^eö baran beteiligt
t)atten, traten atlmäblidb fteben ^üi^i^f"
in ben 9?orbergrunb, benen fd)lie|lid) bie
2öat)l allein jufam; fte erfd)einen juerji
atö gefcftloffeneö Kollegium bei ber 2ßa{)t
Dttoä IV. im 3af)rc 1209, bod) Wirb nod^
längere 3'it crwäljnt, ia^ biefe ^ütpen
nid^t nad) if)rem belieben, fonbern mit
Serüdftd)tigung beä SBiKcnö fämtlid^er
g^ürflen bie Söat»! coruelimcn foUten; ber
??ame Äurfürfi aber ip nft feit bem
Seginne be« 14. 3af)rbunbertö na(^gc»
Wiefen. Isiefe ^ürjlen fmb bie brci Srj*
bifd)öfe ton SDJainä, Irier unb Äöln unb
bie »ier weltlichen ^üifien, benen jugleid^
bie (Srjdmter be§ SReid^eö beigelegt waren:
ber $faljgraf bei iRbein (granfen) aU
* 2;rud)fe§ unb eben barum au^ ber oberfie
unter ben weltlidf)en ^^ürftcn, ber ^crjog
üon Sa($fen aU SRarfd^aK, ber ÜRarfgraf
»on Sranbenburg alö Äämmerer unb al^
Sc^enf ber Äönig »on Sö^men; ba aber
bie Äönige ton Söf)men mcl)rcremal un«
beutfc^ Waren, legte man i^re Äurjlimmc
bem -^erjoge t>on Satjern bei; bie golbcne
Suüe betätigte jebod) ben böl)mifd)en
Äönig. 2)aö $rinjip ber Stimmenmehrheit
bei ber Äönigöwal)l würbe jum erftcn ÜRal
im erjienÄuruerein auögefprod^cn, einem
im ^al)Xi 1338 'oon ben Äurfürften ju
SRenfe am iR^ein gefdjloffencn ißertrage.
511« aBal)lort entfd)ieb ftd) feit ber
2ßat)l JJriebrid) I. ixx^ ^erfommcn aümäf)*
lief) für 5fi"?fui>t-
S5er Unterfdiieb jwifc^en ^önig= unb
.^aiferwürbe unb 5lmt üerlor ftd) mit ber
j^opfbebedungcn.
375
3eit ganj, tai beutfcf)c Königtum ging in
tai Äatfcxtum auf; ÜKayitnilian naJjm
f($Iie§lid) bcn faifctlid^cn Sitel o^ne Ärö»
nung burdf) ben ^apfi ober einen ©teH^
peritetet an. 9We^r unb met)r berubtc ba^
faifeili*c Qlnfeben auf ber ^auäma^t
feineö ©efc^Iec^tc^. dagegen youxbt iiai
ßcremonien bcä Äaifer^ mit 5(ngftli(^feit
bewahrt; befonbcrö njurben in ber goI =
benenSulle ÄarU IV. com Jafjr 1356
unb in folgenben SReicf)ötagöabf(l)iebcn bie
gcwQUcf^en Seflimmungen barüber gefe^Iic^
feftgefe^t. ^ie erfie 2ßaftIfapitulation,
tt)el(t)c hai Ser^ältniö be^ ^aiferö ju bcn
iRcict)0Jiänben fejlfe^te, njurbc von ben
Äurfürficn bei ber 2öaf;l Äarlö V. 1519
entworfen unb »orgelegt. 2öai^, iBerf.*
®cfct). — 5ür bie crjten*Perioben, 2)al)n,
I)ic Äönige ber ©crmanen ; <£t)bel, Snt*
ftcf)ung bcö beutf^en Äönigtumö. 95gl.
audt) ben ^Irtitel Ärönungsinfignicn.
ÄO^jfticköungcit. ^Die ®ermanen, ja
bie ®oten unb alten 2!eutfc^en fannten
eine 23ebecfung beä ^aupteö faum. SJJad)
olter ©itte gingen fic barhaupt. 2)ie
aufgelegten Äopftiäutc erlegter Sierc bien*
ten me^r nur aU Äopffcfentucf beä Arie«
gcTÖ. ungemein gebräudblicf) n)utbc baö
Sragen f on Ritten unb 3J!ü|en, überhaupt
t>on ^opfbebccfungen, erft in ber 3'^* ber
SRenaiffnnce, »enn fcf)on ^rieficr unb 53ors
nebmc fid) ibrer namcntlicfe »om 13. 3af)r=
l)unbcrt an häufig, ©ürgcräleute üereinjelt
bcbienten. ^a fc^on »om 10. Ja^rtjunbert
an tt)irb bei ben ©ac^fcn eincö cinfa^cn
Ctrob^uteö erträ^nt, ber aU ein fla^eei
®ef(ed)t öon Scannern unb ^i^'*!'«" öuf
bem Äopfc feftgebunben jutreilen getragen
»orben fein foH. ©aneben fanntc man
bie einfa(f)c 3fU9fiPpe» bie öebcrfappe für
foldbe, bie be«i Äopffcf)u^e^ bebürftig waren,
unb bie mel)r ober minber reid) gefd)mü(ftc
iHunbfappe für bie iBornel)men. Jg)aupi=
fä(i)licf) finb nai^fie^enbc Sefleibungö*
gegcnjtönbc genannt,
1. I)ic 93unbl)aube, eine eng=
anliegenbc Äoppe, bie »on bciben ®e*
fd)Ic(i)tern getragen, ben Dber« unb hinter«
fopf bic^t umfd^Iof unb unter bem Äinn
gebunben würbe. 2>ic 93änber waren oft
mit breiten Saferen Perfe^en, bie bieweileu
beibe SBangen tioüfidnbig bectten. Die
Rauben waren gewöbnlid) weif, juw eilen
and) rot, grün ober buntjlrcifig unb Idngö
beö SRanbeö nac^ Vermögen gejiert. ®d^on
mannigfaltiger gefialtet' finb
2. bieüWü^en beö 13. 5at)rf)unbert^,
Welche alö aufgcPeifteJRunbfappen jwar noc^
öomebmlii^ nur jur iReife unb Jagb bc*
nu^t würben unbbaber mit langen Sinbe=
bänbern nerfetjen waren, ba| fte beliebig
nacfe f)intcn geftreift unb fo auf bem SRücfen
bängenb getragen werben fonnten, 3)ie
Tlü^t trägt fdbon eine eigen tHd)cDberfappc,
bie ^ä) halt ^albrunb, balb c^efc^wungen
fpi^ig erbebt, balb in ber SDiitte fenft
unb bann einen mebr ober minber fo|i=
baren Änopf „ein knöpfelin, ein darch-
liuchtig rabin" trägt. 5lu(^ ber iRanb
war nic^t burc^weg glatt, oft jadig quo*
gef^nitten, oft fed^ö^ ober ad)ted)tig um=
gebogen. 2)ancben fam bie SOtü^c aud^
al^ faltiger 33unb cor, ber ftd) a\xi einem
ftärferen ©tirnbanb crl)ob unb ben Ober«
fopf, mit einem breiten 93ef)ang auc^
|)inter^aupt unb ©d)ultern bebedtc. 25a*
neben naf)m bie Tlü^i oft bie feltfamftcn
formen an, bi« fte im 16. 3a^ri)unbert
Dom Sarctt mel^r unb mcfir »erbrängt
würbe.
3. 2)eö ^uteö unb jWar be^ fegel«
förmigen ©pi^bute^ finbet man fd)on sui
3cit 5tarl«; b. ®r. erwäf)nt. 3m 10. 3ai)r=
^unbert fam ber ©trobbut auf, im 11. ber
^iljf)ut, beffen SRanb ringsum f)crabbing.
gfladibcm berfclbc im 12. 3al)r{)unbert fteif
geworben, giebt er bem J^ute balb bie ntannig«
faltigftcn 5"^"!^"' ringsum ftarf ober
fd^wad) aufgefrempt, nur com ober binten,
ober aud) auf einer ©eitc. 55"!^^^"^"^^
werben mit bem Äronrcif gcfd)müdt ober
mit einem €c^apel; wo bicfe feblen, finbet
ftd) eine melir ober minber gefd)madt)oüe
SBerbrämung mit «PeläWetf. J^rauen« unb
ü)tännerl)üte werben aud) mit $fauenfebern
noUpänbig bebedt, „pfa-wen-hnot", ober
fte Werben in weiten 2)tafcfeen neuartig
überjlricft. 2)er ^ut war gleich ber *JDtü^e
oft mit ©inbebänbeln t)erfel)cn. (Sinfacbe
iRunbI)ütc würben mebr nur oon ßeuten
unterer (gtänbe getragen; ber Sorneljme
trug unter bem cigentlid)cn |)ute auc^
etwa einen fogenannten Unterjug, ber
tai |)inter^aupt ju beden I)<3tt«- 3)ic
rafd)e 93erbreitung ber ®ugel brachte bcn
^ut im 14. 3abrbunbert für einige 3«^*
in fBerruf, fonnte ibn jebod) nid)t bicibcnb
ocrbrängen, fonbern tiefe trat »iclmcbt
balb in beffen S)ienft, inbem fic an bie
©teile bes Unter,^ugeö trat unb gleid) ber
^alöbergc ber Sßaffenrüfiung ^interfopf
unb 9taden, ja Söangen unb ^inn »er*
füllte, wäbrenb ber leiste ®ugel^ut, ÄucI«
^ut, alö einfacbcr, f(^malfrempiger, gleich«
mdiig gcfiülpter JRunb^ut ben @'(^citcl
bedtc. 2)urd) Äarl VII. fommt in granf*
376
Äopfbebcdungen.
tci(^ (um 1430) bcr oben abgeflachte SRunb»
^ut auf, ber balb bcbeutenb an ^b^t ju»
nimmt unb bcn Untcrl)ut etft tect)t jur
Siuäbübung bringt. 2)icfer ifl o^ne iRanb,
im übrigen öon t»er ^orm bc^ Dber^ute^
unb bleibt auf bem Äopfe jt^en, menn
ieim ®ru^ ober in Oegenmart oon Damen
jener abgenommen unb an bcr langen
©enbelbinbe über bie linfe ©c^ulter ^erab?
gepngt ttiirb. 5Die Ärempe mürbe mofil
aud^ in mef)rere Sappen geteilt unb biefe
ungleici^ fiarf aufgejc^tagen, ber 6l)Iinber
jubcm oft aud^ abfonberlid^e iZBeife gejiert,
mie fe^r ouc^ bie obrigfeitlid^en ©riaffe
unb bie ÜWanbate ber Sittenrichter bagegen
eifern mochten. 35ie 5i^auen()ütc mieten
nad&gorm unb33erjicrung »on benüRänncr»
^üten taum ab; bie ^üte ber ^anbmerfer
unb nieberen ©tänbe aber behielten aud^ im
16. 3a^rt)unbert i^re einfädle gorm bei,
ali bie oorne^mcn ©tänbe ben ^ut über«
^aupt gegen iai 93arett »ertaufc^ten.
2>iefeö gtfd^a^ ju 2Infang be^ genannten
3at)r^unbert^, boc^ in ber jmeiten ^dlfte
beöfelben fam er mieber ju Stiren unb
jmar jundc^jl ber ^of)e, gej^eiftc fpanifc^e
al«i ooQjiänbiger ober oben ebener SRunb»
^ut, bonn bcr franjöjtfc^e, unfern Splinber»
|üten ö^nlid^e, ber nieberlänbifd^e iRuben^»
^ut unb im 17. Jabr^unbert ber breit«
frempigc fc^mebifd^e ©c^lapp^ut.
4. jDer Stapel, schappel, schappil,
schapelin, ijl entmeber ein natürlid^er ober
fünfilid^er Slumenfranj, au^ ein Äopf*
reif Don 3tug ober ISOietall, mit (Silber,
®oIb, ^Perlen, ©d^nüren unb Jrobbeln 2C.
gefd^müdt. ®r fomnit im ll.Sa^rbunbert
auf unb finbet bi^ inÄ 16. hinein oiele
ßieb^aber bei beiben ®efd)led^tern unb in
allen 'Ultergfiufen. grauen befejiigen i^n
biämeilen mit einem Äinnbanb ober Der=
binben il)n gerne mit bem ©ebenbe, baö
ol^ ein farbigeö Sanb tm Äopf, aucf)
Äinn unb SBangen umfd^lo§. Der ©cf)apel
iP al^ ©unfibejeigung namentlich au«
bem ÜRinnebienji befannt.
5. Qln bie ©teile be« ©ebenbeö trat
oft t>ai Äopftu^, baö f*leierürtig ben
Äopf einfüllte unb babci ouf ben ?Jadfen
herabfiel. DodE) fommt auc^ bcr ©d^leier
felbfi fc^on frü^ cor unb neben i^m bie
ätife, meldte länger unb fd^mäler ali
erftere jmar ©cfi^t unb ^al* ber JJrauen,
befonber« ber SDBitwen in fünfilid^en SBin*
bungen Dcr^üflte unb nur klugen unb Jiafe
frei lie§, mäl)renb bie ©nben in regel«
mäßigen galten über ben Stüden ^erab«
l^ingen.
6. Die 9'ie^^a übe bcfianb au« mols
lenem, feibenem, oud^ golbenem [ober jtl«
bernem gl^^twcrf unb mar meip in ©tirn*
banb ober ©d^apel befcfiigt. @ie bebecft
balb nur ben Dbcrfopf, balb aud^ SBan*
gen unb SRacfen.
7. DaöSarett, eigentlich eine aui
bcr dunbfappe burd^ (5rl)öl)ung unb %dU
tclung l)croorgegangene ÜKü^e, tritt ocr«
einjelt fd^on im 10. 3ti^il)unbert auf,
fommt aber erfi im 15, ju feiner »ollen
Entfaltung, mo eö — mie oben bemerft
— felbfi bie^ütc unb bamit aüc anberen
Äopfbebedfungen für eine 3^^^ lang Der*
brängt, menigfienö in ben ^ö^eren Stän«
ben (ben unteren mar eä mancherorts burd^
obtigfeitlid^e (Srlaffc »erboten). 6* ijt
fafi burc^meg tellerförmig unb jeigt ring«*
um eine l)utartige, gefieifte Ärempe, ben
iFanb, ber »iclcn SBanblungcn unterworfen
ifi. Salb ifi er ganj unb ringsum gleid^«
mä§ig gebogen, balb gefd)li^t, er^ö^t
»ertappt unb mit farbigen Stoffen bur^*
jogen. 5lud^ mcc^fclt bie anfänglid^ blaue
^arbe be« ©arctteö beliebig, ßinfa^ tru«
gen ti bie ®elc{)rten. Der 51bel unb ber
»crmöglid^e SBürgerjtanb l)ingegen »er»
menbeten aUti auf beffen ?luöfiattung,
foba§ bie Regierungen befiimmtc !Dor«
fd^riften barüber crlaffcn mußten. So
burfte in SJÜcberöfterrcid^ um 1518 biefer
<Bä)m\id nid^t über je^n ®ulben fojien.
Unter bem ißarett trug man nid^t feiten
eine ebenfo foflbarc Unterfappc.
8. Die ® u g e 1 (®oflel) ijt eine Äapuje
mit Sd^ulterf ragen, mar anfdnglid^ an
SDlantcl unb Äutte befejiigt unb biente
namentlich in ben nieberen ©tänben
auf ;SReifcn. Som 14. Ja^r^unbert an
fommt ftc al« felbfiänbige« Äleibung«*
ftüdE »or unb jmar bei »orne^m unb ge«
ring, bei SKann unb ffleib. SieberftÄopf,
^ali unb Sd^ultern unb ijt oft gejacft
unb gefd^wänjt. Sic »erf^minbet im 15.
3a^rbunbert.
9. Die ÜJlitra, eine ©ifdbofömü^e,
bie jid^ ebenfalls a\xi ber SHunbfappe ent«
midtclt f)at unb f^on im 4. 3al)r^unbert
»on 55ornel)men »icl getragen mürbe. S^x
Sifc^ofSmü^e mirb fie aber crjt im 10.,
allen gejlattet jmar erji im 11. 3«^^
^unbert. Damit begann bann aud^ bie
51banberung ber go^m, unb jmar erhielt
ftc guerji »on »orn nad^ hinten über bie
IfJitte eine Sinfentung, bann an eben ber
Stelle einen 9teif, titulus, Sd^mucfbanb.
Dur^ eine tiefere fcitli^e Sinfenfung,
bie balb gerab«, balb bogenlinig gef^nitten
Ätanj, Äranjfingen.
377
war, entfianb bic 2)oppeImü^e, bmn gorm
me^r ober weniger jiänbig geblieben ift,
»ä^rcnb bic ißerjicrungcn in bcr mannig":
faltigjien ^rt we(^[eltcn. Die Tlxixa rourbc
gemeinigti* au^benfößUc^ftcnSeibcns ober
©ammctfloffen gefertigt unb mit ®olb= unb
•Perlen jiicferei rci* gcjiert. 5ln ibr untcr=
\ä)\tb man bcn ©titnrcifen (circulns), ben
ÜJJitteljlreifen (tltulus) unb bie Slürfen«
flrcifen (infulae) , rccid) te^tercr iJiamc
üud) ber ganjcn Tlü^t beigelegt »urbe.
3laä} ben Äird)cnorbnungcn beö 13. Jatirs
^unbcrt« burften bie gefd)müdten ÜKitrcn
nur an größeren Äitd^feften getragen met»
ben (in titulo et in circulo), tt>äl)renb
cinfad) golbgejiidtc ÜJJitren ol)ne ©tirnreif
(in titulo sine circulo) für gehJÖ^ntic^e
läge beftimmt waren.
iBerfd)ieben »on biefer bifd^öflid^cn
SWitra ifi bic liara bcö *papfieö, ein
ju(fcrl)utförmiger €pi^^ut, ber ficf) au^
bilblid^en ©arjicüungen biö in tai 12.
3abrt)unbert jurüdt nad)tt)eifen Ia§t. @ie
erfci^eint urfprünglicf) alö ein ^Ifc^twerf
au^ weitem Stoffe gebilbet, mit golbcncm
©tirnreif gejiert, im 13.3al)r^unbert mit
fenttcc^tcn golbenen Streifen auögefiattct
unb mit (Sbclfieinen befe^t. Siurc^ 93ont*
fajiue "VIII. wirb fte jur 2)oppeIfrone
umgeftaltet (um 1300), ta ber ©tirnrcif,
fronenartig gearbeitet einen jroeiten SRcif
über ftd) ^at. Urban VI. bilbet jtc (um
1378) jur breifacfcen .^rone um.
Über bic Äopfbebecfung beö .Kriegerö
fut)c bcn 5lrtifcl ^clm. «Ra^ 2Bei§,
Äopmfunbe; «ülüllcr u. 9Wotl)e«,
9lrd)äologifc^eö SBörterbud^.
tranj, Ärawjfingcn. ^m üWittelaltcr
trugen i^ürfien einen Äranj ali Qlbjcidt)en;
er würbe um bcn 5ürjient)ut gelegt, ber
bei ber ©ele^nung al^ «Spmbol biente,
jtatt bcr Äronc. 3n bcn Silbern bc^
©ac^fcnfpiegcl^ l)abcn aüe 5"'^^^" ""^
(Sbeltjerren einen Äranj um tai ^aar, er
war glei<^ ber 93inbe 5luäjeic^nung be^
5tbelö, wcnigftcn^ beä ©tanbeö ber ^n'u
beit; auc^ föniglic^cn Seamtcn biente er
a\i ^iii)in bcr ^mtäwürbe. 3taä) ^ilbe =
branb in ©rimm*^ SBörterb. V, 2053
fd)cint bemnad) bic Äönig^frone auf bicfcn
altgcrmanif^en Äranj jurüdfjuge^cn unb
bie Söldtterform i^rcr ßadtn an bicfcn
Urfprung ju erinnern; man ficHte für
dürften ben Äran^ in ®olb bar. Sbenfo
alt ifl auc^ bie @ittc, bem Sieger ben
Äranj aufjufc^cn; ^einric^ bcr Söwe fotl
flc^ nad^ einer gewonnenen ©d^ladbt auf
ber SBülpatt felbji einen .^ranj aufgefegt
I)aben ; fo war bcr Äranj audf) ein beliebter
^reiö bei bcn furnieren, in ber ^cc^tfc^ulc,
bei Sc^ü^cnfciicn, bei ben iDJeifterfängern.
S)er Äranj ijl ferner ein 5reubcnjeid)en,
geicrs unb 5«fif«ä^wu(f , ber fowol)l ali
3ier ber SBo^nung, bcr Äirc^en u. f. w.
aU bcö ^aupteö bient. ?lu§cr 5?t<iucn
trugen im 5D^ittelalter auc^ Scanner j. 35.
an einem ^öfifcf)en SlJlaifePc ben Äranj;
ber Srautfül)rer trägt i^n, ja fogar ber
iRitter im Kampfe; anbere bei einer
©d^littcnfa^rt , bcfonbcrö aber bei lanj
unb 5ef!cn, wobei bic S3cfd)entung unb
3ierung oon JunggefeUcn aU 3eid)en bcr
®unji unb (S^re galt. 93cfonbcrc 93ebcu*
tung Ratten ber iRofenfranj unb bcr
9ieffclfranä al« Bcic^en für ben be*
günfiigten unb bcn t)cifc^mät)tcn ßieb«
^abcr; 3^^^«" i'^i" mangclnben Siebe ifi
aud) ber ©trobfranj. ©d)on frü^ würben
^ränjc auö fofibarcn Stoffen nad)gcbilbet,
auä perlen, (Sbeipeincn u. bergl. Da
ljöpf(i)e 55rauen!ranj l)ei|t mit franjöftfdjcm
Dtamen schapel, er ifi aucf) non fünfi»
liefen 93lumen, in ®olb unb Sbelficin
gefertigt unb War bei ooUPänbigem Äopf«
fd)mudf ber ^auptteil tti gebendes. 2)ie
Sitte beö Sc^cnfcnö oon Seite be* SRanneö
war ebenfalls 3cic^cn ber (Sunfi unb
Sreue:
demselben wacker meidelein
schickt ich neulich ein krenzelein
mit rotem gold bewunden ,
dabei sie mein gedenken soll
zu hundert tausent stunden.
«Ramentlid) ber Jungfrau fam burc^
Sitte unb SRatur bcr Äranj ju; wie et
benn in fat^olifd)en ßönbern fogar beim
®otte«bienft, bei «Proäeffionen ^äufig vox'
fommt. Sefonber« aber ifi er uncntbcl)r«
lid) bei ber ^oc^äcit unb im Sobc.
®aö Äranjfingcn, b. f). ftngcn
um ben «preiö eine« .Rranseö, war eine
alte SBolfäfttte; junge Ceutc, l)ci§t ti, feien
an etlid)en Orten in @d)Wabcn bc« Ula^ti
ausgegangen unb ^dtten ßieber gefungcn
unb fc^önc ®ebid)te gcfprod)en, bamit
i^ncn i^irc Öicbjien Äränjlcin (schapelin)
geben. Sebajiian ^ranf crjäl)lt im äßelts
bud) unter ben Sräudjcn in 5'"^"^^" "•"
5o^anni«tagc: „Die ÜRaib ma*en auf
bicfcn Zaq Dtofen^äfen, alfo: ft laffen
inen mad^cn ^äfcn »oücr ßöd)cr, bic
Söd^er fleibcn fr mit iRofcnblcttern ju unb
jieden ein Siecht barein, wie in ein ßatcrn,
fenfen nad)malS biefen in bic ^öbe jum
ßabcn t)erau§, ia jtngt man alöbann umb
ein Ärauä SQlcijicrlieber ; funji auc^ oft'
378
Ärcujcr — Ärcu^fa^rer.
malö im 3a^t juo ©ummcröjcit , fo bie
SD^eib am *ilbent in ein Dfling ^ctumb
fingen, fummen bie ©efcden in SRing unb
fingen umb ein Äranj, gemeintlid^ »on
Stäqclin gemad)t, reimmcife üor; rocicfeer
ba« beft tuot, bcr i)at ben Ärani." ©ic
Ätanjiieber geböten ju ben SRätfelliebcrn;
cä finb i^rer nur jmci erhalten (in U^lanb«
Sßolfsliebern, 9?t. 2 unb 3), beren jmeitea
foIgcnberm.i§en beginnt:
3d) fumm au« fvembben lanbcn ^er
unb bring eud) »il bcr ncumen mdr,
bcr ncumen mär bring ii) fo üit,
mer bann iä) cuc^ f)ie fugen mil;
bie frembben knb bie finb fo roeit,
barin wecfedt xxni guot fummcrjeit,
barin warfen blüemlein rot unb »eiB,
bie bre(i)cnb junffraumen mit ganjcm
flei§
unb machen barau§ einen franj
unb tragen in an ben abenbtanj
unb lönb bie gefeücn barumb ftngcn,
h\i einer baö trcnjlein tuot gewinnen.
aWit lufi tritt ic^ an bifcn ring,
gott grüei niir aüe burgeräEinb,
gott grüei mirö atle gleiche,
bie armen als bie reid^en,
gott grüe§ mirö aügememc,
bie gro§en aU bie f leinen 1
folt id) ein grüe§en, bie anber nit,
fo fprddjenö, i^ mär fein ftnger nit.
ip fein fmger umb bifen frei§,
bcr mid) mol ^ört unb id) nit mei§?
berfelbe tuo fi^ nit lang bcfinnen
unb tuo balb juo mir einf;cr fpringen.
©inger, fo merf mid) eben!
ic^ mill bir ein frag aufgeben:
mae ijl l;öber meber gott,
anb rtaö ip gröfcr bann bcr fpott,
unb rcaö ifi mei|er bann bcr fd)ne,
unb roa^ ift grüener bann bcr fic?
fanfl mir Da« fingen ober fagen,
t>ai frenjiin foltu gcmunnen ^aben,
barumb mitt i(^ je^ lüde fton
unb ben fingcr juo mir cinf)er Ion.
«Singer, bu |a(i mir ein frag auf^
geben,
bie gfaüt mir mol unb ifi mir eben:
bie Äron ift t)ö^cr mebcr gott,
bie fc^anb iß bötin bann bcr fpott,
ber tag i|l meiner bann bcr fc^nc,
tai mcrjcnlaub ifi grüener bann ber fle.
fingcr, bie frag ^ab id) bir tuon fagcn,
i>a^ frcnjlin foltu oerlorn haben, u. f.».
|)ilbcbranb in ®rimm« ilöörtcrb., unb
Utjlanbö ®d)riftcn, lU.. 201 ff.
ÄtCUjcr, lat. denarias craciatas ober
cracigeras, im 12. 3a^r^unbert Kriuzer,
©ilbcrpfennig mit aufgeprägtem 3^*^«^
beä o^rcujcö. (Sr flammt urfprunglicö auä
im iDiitnäftätten oon SBerona unb SDteran,
meö^alb er jucrfi mcifi iBterancr ober
(Stfdhfreujcr beißt- ©ie£)e @c^ melier,
bapcrifc^eä 2BörterbU(^.
Ärcujfa^rcr. ©eit bem 5. 3a6r^unbert
mar 51 om ba^ 3*«^ äa&lreic^er 2Ba(lfa^rer
gemorbcn, bie an ben (Sräbcrn be^ *Pctru3
unö^autuö i^re2lnbad)toeriid^ten mottten;
f^on bamaU geigte man auc^ bie cathedra
unb bie Äetten beö tjeitigen *)3etru^, beren
Späne abgefeilt Jßunber mirften, fobann
Silbniffe (ibrifii unb ber OJiutter Ootte«,
bie ©eiBctungöfäuIe (Jhrifit unb laufcnbe
pon (Splittern bcö l)eiligen Ärcujcö. Sie
belicbtefie 3eit war ba« gejl ^ctri; jur
Unterjiü0ung bcr fflaüfa^rer mar 727 oon
einem angelfdcbfifd^en Äönig eine schola
saxonica gejliftct morbcn, meldte 1>ai
^ü^ct für befonbere i^crbergcn bcr
^^ranfen, Sad^fen, öangobarbcn unb
^riefen ttjurbc. 2)a^ bclicbtejic S^d
ber ffanbinapifc^cn ipilgcr mar bagcgen
Äonjiantinopcl, rco bie gäben uralter
Erinnerungen au« i^rer ©cfc^ic^tc unb
Sage jufammcnliefcn. Übn beiben SBaU*
fal)rten fianb aber frü^ biejenigc nad^
3crufalem, für meiere bcfonbcrö ^icro»
npmu« unb "ilugufiinuö *propaganba mac^«
ten, mä^rcnb fie frcilidh jugleic^ nidE)t »er*
fäumten, auf bie '«Scfa^r bicfer äußerlichen
ßeifiung für bie mabre J^römmigfeit auf«
merffam ju machen. ®regor t>on SJpffa
fc^rieb fogar ein 33u^ gegen bie '^ttw
faIcms2öaUfaf)rten, rcorin er erflärte, bie
meificn $ilgcr Ratten bei i^rer '^a[\xt
oft nur ben .^immcl, nic^t aber i^re ®c«
fmnung gcänbcrt, bie rociblid)cn SEßaQ«
fairer t)ingegcn mcifi i^rc lugcnb ocr«
loren; aucfe l^Abi er nirgcnbä in bcr 2ßelt
ein fittlidf) Pcrma^rloficrc« SolE unb mc^r
©cfinbd angetroffen aU in Sei^ufalcm-
2)enno(^ l)ob. fic^ bai <pitgcimefen Don
3at)r^unb-rt ju 3'Jb'^f'unbert, befonberä
ia bie ^äpftc aUmä^Ud^ ein Öuginfiitut
^ara^ö machten unb für ba« gortfommen
unb bie Sicf)cr{)cit ber ()3ilgcr Sorge tru»
gen, unb namentlich feit bcr glänicnben
^{ejiauricrung ber ^eiligen, burdt) ^abtian
fd)änblid) profanierten Stätten burc^ bie
bpjantinifdicn Äaifer. 2)icfe Ic^tcre fic^t
mit bcr (pilgerreife ber Äaiferin ^clcna,
ber iKutter Äonilantin beä (großen, in
3ufammenbang; fic mar 326 nac^ ^ixü'
falcni gepilgert unb f)atte brei Äreuje
unb brei 9'lägcl aui bcm Schutte gejogen.
Scitbem murbc tae ?lnbcnfcn an bie
Äreujfa^rcr.
379
Äreujc^pnbung burd) ein eigene« ^cfi am
15. «September gefeiert, ju bem aus allen
^immelögevjenben äBaüfafirer unb Äara«
wanen anlangten, fobag balb ein großer
3aI)rmarEt ftd) baran fnüpfte. Äonfiantin
lie§ nun bie 335 im iBcifcin oon 300
93ifd^öfen eingeweihte ^eilige ®rabeö=
fircbe bauen, bcr [c^ncQ ^at)lrei(^c anbere
d)rifilid)e fieiligtümcr, ÄaDcIlen, ilirc^en
unb Älüfier folgten. 5t{)nlici)e(^ t^at fpätcr
3ufiinian. Unter ben pilgern jaulte man
je|t aud) fold)e, bie firc^lic^en unb polis
tifd)cn Unruhen aui bem 2ßcgc gingen,
unb uornelime JJ'^'i"'!"' Äaifcrinnen unb
*JJatrijierinnen auä iRotn unb ÄonPan«
tinopcl, bie ein bemcgteö Öcben in ber
6tiQe beö f)eiligen ßanbe« beft^Iie^en
tüoüen. S)iefc fricblic^en 3uPänbe nal)men
im 7. 3«f)i^^""bert ein Snbc , a\i ber
<)8erferfönig (St)oörocö II. im ^at}Xi. 614
unb nai^ furjer 2öiebereinnal)mc burd) bie
fö^rifien bie mo^ammebanifd}en '■Jlraber
638 3cru[alem nad) jweiialjrigcr 53elage=
tung in i^te ^dnöe brad)ten; tai beilige
Ärcuj mar oorlier nadb -Ronfiantinopel
gerettet morben. SDod^ t)atten unter ber
milben ^rayid ber SKoöltmen bie Pilger«
fot)rtcn ibrcn Fortgang; auc^ an SReüquien
fcl)lte eö nidit; man jeigte u. a. ben
Slbenbma^löbcc^er (Sljrifii, bie Ijeilige
fanje, t>ai Sd)meiitud^, tai Jud) Tlaiid,
auf itai bie '-Bilber S^iifii unb ber jmölf
*31poftel gemalt maren.
Durii^ Äarl b. ®r. trat eine neue
Gpod^c beö !}3ilgertt)efenö ein, aU ber
«Patriard^ üon konfiantinopel i^m im
3a^re 800 [Reliquien com Ijeiligen ®rabe,
bie (&cf)lüf[cl unb iai ©anncr besfclben,
überreid^en unb feinen ®d)uö für bie
(Sbriften beö 1)1. ßanbeä anflehen lic§.
SBirtlid) trat Äarl in 93erbinbung mit
bem Kalifen ^arun=al=Otaf^ib, ber ben
ßbrijien Sc^u^ nerfprad) , unb mic« ju<
gleid) grofe Summen an jur (Srbauung
»on Älöficrn, ^^erbcrgen unb .S^ranfen«
Käufern im f)eiligen Sanbe. 2)od) blieben
bie DiJac^ folger ^arun* aUSRafd^ibö ben
(Eliriften nic^t ebenfo geneigt, unb fd)on
gegen (Snbc be? neunten 3at)r^unbertö
bat ber *13atriard& um ^ilfe unb nament-
lich um ®€lb, um bie an bie Reiben t>cr*
pfänbeten 2)omänen unb t)eiligen ®efä§e
aue!julöfen. ^oä) fd)limmer rour&e bie
Sage ber et)ri|icn, feitbem bie Äalifen
Bon Qigppten in ben Sefx^ Jerufalem«
gctommen maren unb neben anöeren
■Heiligtümern namentlich bicQlufcrfte^ungäs
fird^c jerftörten. 2)iefeö »crme^rtc einer*
feit« bie Seitna^me be« ^benblanbe« an
ben ®d)idfalen ber {»eiligen Stätte, anber-
fcitö bewirf te eö, bag fid) oon nun an
bie *Pilger ju größeren Sd^aren Bereinigten ;
im U. 3at)r()unbert tl^aten bie« juerfi
700 ^ilger unter bem ®rafen ber %0X'
manbie unb bem 5lbte SRic^arb; 1054
fammelte fid) f^on eine Sc^ar oon 3000
*13ilgern; aui (5urdt)t üor btm jüngflcn
tage jogen 1005 unter bem (jr^s
bifc^of Bon SIKainj, ben 53tfd)öfen Bon
Utred)t, Samberg u. a. 7000, nad)
anberen fogar 13000 Äöpfe nac^ '^nw
falem, bie an ber Spi^c fte^enben
*Pcälaten in ritterlid)er iRüflung; eng*
lift^e *Pilger folgten auf bem ^u^t nai) ;
2000 foüen mieber Ijeimgefe^rt fein. 3)urdf)
ben fe^t aueibrec^enben Äampf jmifc^cn
Äaifer unb ^ap|t geriet bie «Pilgerfahrt
nac^ bem ^eiligen ®rabe jmar etma« in«
«Stoden; bod) nat)m ®regor Vn. ben *pian
eine« gro§en Äreujjuge« auf; aber ofine
(Srfolg. erfl tai (Jnfte bc« 11. 3a^r=
t)unbert« fat; enblid) bie eigentli(^cn Ä r e u 5=
güge in« gelobte 8anb aufbrcd)en.
Sci^lreici) ftnb bie ®tünbc, meiere bie
S^riftcn ju einer «pilgcrfaf)rt nac^ bem
gelobten ßanbe Beranla§ten, auper bcr
religiöfen Ieilnat)me für ta^ ^eilige ®rab
unb bie anbern l)eitigen ©tätten mar e«
bei'onber« bei ben ©fanbinaBicrn bie un=
geftiütc ©el)nfuc^t nad^ bem ßanbe, mo
bie ©onnc aufgel)t, milöc Unternehmung«^:
lufl, (Rettung au« fd^mcrer ®efat)r ober
^ranfl)eit, Iraner über bie iBerberbt^eit
bcr Äir(^c, 5"»^«^* Bor bem Weltuntergang,
33ifionen, befonber« aber bie fir^lic^e
93u§e, meldte ber ^apft, ein «Prälat ober
8anbe«fürß auferlegte, unb jroar anfang«
nur für 2J?orb, ®ot>omiterei unb Simonie,
fpätcr aud^ für ben 33ru^ be« ®otte«s
frieben«. I)ie Sugc bejog fit^ entroebcr
auf bie fteine ober bie gro§e ^apü, nid^t
feiten auf Seben«jeit. Urfprünglid^ legten
bie 5ßilger feine äußeren 'Mbjei^cn i^re«
®elübbe« an; erjl fpätcr bilbcte ficfe, mo^l
juerft bei ben SRcid)cn, bie ®cmol)nl)eit,
burdi) einen eignen ^abit ftc^ au«jurüjien
unb mit ben S^ic^cn BoEbrad^ter SBaüfabrt,
3afob«mufd^el unb «Patmjmcig, in bie
^eimat jurüd^ufel^ren. J)ic .Rreu}fat)rer
trugen nur Äreuje, entmcber auf bcr Sruji
ober auf ber redeten ®d)ultcr, mic Sbrijlu«
fein Äreuj getragen. Sic SRormcgcr trugen
rote Äreujc in »eigem gc^bc, bie S)äncn
mci§e in rotem, bie Sd)rocben rote in
grünem JJclbc. 3"^ gro§cn Äreujfat)rt
Bon 1189 mahlten bie ©nglänbcr meifc.
380
Äreujgang — Äricgöwcfcn.
bic JJranjofcn tote, bie J^anbner grüne
Äreuje ©ie ÜJlinberja^I bcr <pilgcr bettelten
f\ä) inö gelobte ßanb burd^; bie metjien
pflegten fic^ burd) Serpfdnbung i^ret um
bch)egltcf)cn ^abe bei reichen Sürgern,
Älöficrn ober 3uben mit ®elb ju »crfe^en.
®en3öl)nlic^ reiße man ju %\i^, a\xä)
barfuf, franjöftfc^c iBerroanbtcnmörber mit
Äetten belabcn, bic auö i^rcm @d^h)erte
gcfd^miebet luarcn, bie ©fanbinaöier aber,
wenn pc ben Sanbnoeg cinfd)lugen, pflegten
JU reiten.
2)a« alte SBaüfa^rtälicb ber beutfdien
qSilger ifi:
3n gotteö namen farcn wir,
feiner genabcn begercn njir,
ia^ l)i\f ung bie gotte^ fraft
unb baö ^eilige grab,
ba gott felbcr inne lag!
fprieleifon !
Äprielei«! (5;^rijielci« !
t)ai ^clf un^ ber ^eilig geifi
unb bie marc gotteö jiimm,
baf h)ir frölid» farn »on ^inn!
fprietcifon!
ytu ^elf un^ bad ^eilige grab
unb ber ftc^ burc^ unö barin gab
mit feinen ^eren »unben;
ba§ njit ju S^tufalci" funben
werben froli(J)e,
unb in bcm bimelrid^e
got gebe unö ben werben Ion
unb fingen: fprielcifon !
SDie S)aucr einer gewöhnlichen tilget*
fat)rt war in ber (Regel ein 3a^r. Sei ben
©fanbinaüiern meifi jwci biö brci ^ai)xt;
bic 'Xerminc für ben 5lufbrud^ mcifi Dficrn
unb 3ol)anniö.
S)ie SR outen ber ^ilgcr Waren fc^r
»crfc^ieben. S)ie S)eutf(f)en, g'^anjofen
unb Gnglänber gingen oft bur^ 3talien
unb fanben fd^on in 9?orbitaIicn ober
bann in ©rinbijt, 93ari ober ÜJiefftna
©d^iffc jur Überfahrt; oor ben Äreujjügen
wählten aber bic bcutfc^en *)3ilgcr meijl
ben Canbweg bnxä) Ungarn, Äonfiantinotel
unb Äleinaficn, „9Beg ÄarlÄ beö @ro§en"
genannt. I)ie ©fanbinaüier jogen ent*
Weber burcf) SRuflanb naä) Äonftantinopel,
ober burc^ Deutfd^lanb unb bic 5llpen
na^ 3tcilicn ober übet ©t. ^aqo bi (Jom*
poficUa unb burc^ bic @tra§e »on ©ibraltar
längö bcr afrifanifdben Äüpe. Überall t»on
ben ^uögangöpunften bcr «pilgct an, auf
ben «Hlpcnpöffcn, in ben ^afenortcn, ju
iRom, Äonfiantinopel, in 3«uf<i'tn^ unb
an anberen Orten im gelobten ßanb waten
^etbcrgcn unb ^ofpitäler gcfiiftct worben.
3tlö Patron ber *pilger Würbe ber ^eilige
®corg angerufen.
Unter bie SGBunbcr be^ ^eiligen ©rabcÄ
gehörte namentlid^ aud^ baä ^eilige
^euer, weld^eä am Dfierfonnabenb Don
bcr oben offenen Äuppel ber ©rabe^fir^e
erfd)icn unb bic jablreic^cn im SRaum bct
Äir(f)e aufgeficHtcn nidbtbrcnncnbcnSampen
mit rötlid)em Sichte entjünbetc, unter bcm
taufcnbjiimmigen ©ittrufe Kyrie eleison!
S« War unb ifi noc^ eine SZBirtung beö grie«
^ifd^en ^eu«r^- Stuf er 3etufalem bcfudjte
jcber (Pilger SKajaret^ unb 93ctf)lc^em,
Hebron unb ben 3<'tt>an. 2)ic ^eim=
fel)renbcn Würben meifi oon ber gonjen
©cüölferung i^re^ Heimatorten fefilid^ eins
geholt unb begrübt. SRac^ SRcin^olb
9töl)ridf)t, bie (Pilgerfahrten nad^ bcm
beiligen Öanbe »or ben Äreujjügen, in
«Raumetö (JRie^fö) ^ifi. Jafcfecnb. 1875.
Ärcujgang, f. Äloficranlagen.
Krie, gelbgcfd^rci. 2öilbcö Sd^Iac^t*
gefc^rei wirb bei mclcn alten 23ölfetn
erwät)nt , Jacitug ©ermania 3 nennt hai
@d^lac^tgef(^rei bcr ©crmancn barditas,
wcld)eö SBort man mit „SBattWeifc" crfldtt
^at. I>ag SOtittelaltet untcrfd^ieb bie »om
Äricgö^crrn auöge^enbe ©efamtlofung
unb bic ßofung ber cinjclnen Ituppen*
fügtet. Sie gcbräud^Iid^fie ßofung in ben
^reujjügcn War adjuva Dens! ober Dens
vult! bic bcr normannifd^en ^etäogc Diex
aie! Dame (Dominus) Diex aie. ®etn
tief man bie ^eiligen an, bcutfd^e IRitter
namcntlidt* ben ^eiligen ®eotg; oft nannte
man ben SRamcn bct ©tabt, bet man an»
gehörte, j. S. Äöln! 5Der JRamc für bie
Sofung ifi m^b. krie, nad^ altfranj. la
crie, fpöter beutfd^ Krei ober Kreige, ba«
neben herzeichen. SJie ^^^^^ofung bct
franj^öfifd&cn Äenige, im ©egenfa^ ju ben
Reiben, bic au^ in beutfd)cn ®cbicf)tcn
erwähnt wirb, ifi Mon joye ober Mon
joye St. Denis! Qlud) bei ben Surnieren
würbe bie krie angewanbt. Die ^dt'
lofung ertönen laffen l)ci§t m^b. kriieren,
kriegiern, bie (Petfonen, bie fie auäfiiefen,
krigierre.
SricggtDcfen.
1. Äampfwcife bct alten ®et*
manen. S)ie |)auptmaffc bet altgetma-
nif(f)en ^eete bilbete iai ^ufüolf, ba«
bet aJfet)t5al)I na* au« 6c^wetbcwaffneten
befianb. 5^te altnationale ©djlad^totb»
nung wat bet Äcil (bei ben ^cllcnen bie
ÄriegSiuefcn.
381
fP^alanr, bei ben SRömevn bie öcflion.)
©ie eignete fid) mef)r für ben Eingriff
aU für bie SSerteibigung unb tt)enbcte alle
Äraft auf ben einen erfien ©to§, ber oft
fcf)nell unb glücflit^ cntfd)ieb, oft aber
»erf)ängniöüoII h)urbe, roenn ber gcinb
it)m ftiberftanb. 2)ie feilfihmige ®c^tiidf)ts
orbnung foü nac^ einer alten Sage oon
Dbin felbji eingegeben ttiorben fein; in
Sffiatjr^eit ijl fu eine uralte SD^itgabe auö
ber arifcf)en .peimat aüer ^nbogermanen.
35aö ©efe^buc^ Sianuö, hai, mc man
annimmt, im 8. ^abrbunbert ü. (5t)r. ab-
gcfd)Ioffen worbcn, befieljlt burcf) göttlicf)e
^ügung ben Königen 3nbien3, bie Ärieger
in einem Äeile mit ber @pi^e üorauö „in
©cftalt eine« (Sberfopfeä" üorrücfen ju
laffen. ÜJlit ber ®ac^e felbjl bet)ielten bie
93ett)obner ber beutfct)en öanbe aud) beren
93ejcid)nung bei. Svinfylking t)ei§t ber
gbcrfopf in ben altnorbifcfcen ©ebic^ten,
(gd)tt)ein^fopf nennen ibn noc^ bie beut*
fd^en 2anböfnecf)tc unb bie ©dömeijcr bei
©empad) (1386) ; in reinfier Äeilform, ben
Bannerträger 3ngo an ber ©pi^e, fämpfte
Äönig Oboä granfenfcftar bei Tloni
^and)ei (&92), unb nod) bei ^afling«,
alfo gegen Snbe bcö 11. 5«^i^f)iinbevt^,
griffen bie Qingelfacf)fen im Äeilc an.
3nnerbcilb beö ^eilä maren bie .^'rieger
na* Familien unb ®cfd)Iec^tögenoffen=
fdbaftcn georbnet, nac^ „<£d)Iad)ten",
Wildfi ©ittc ftc^ bei cinjelnen ©tümmen
biö inä 16. ^nbr^unbert {)inein fortettiats
ten ^at; utfprünglic^ mar fie aQen ©täm=
men gemein, ^ie ®cfcf)Ied)ter »rurben
ßon i^ren J^amilien^auptern gefübrt unb
bilbeten im 93ereine bie ^unbertfc^aften,
bie mieber nacft ®auen georbnet ttiaren.
Slnfänglic^ bilbete bie gefamte 9){annf*aft
nur einen Äcil, com 2 SDIann, in ber
i(h)citen JReil^c 4, in ber britten 8 unb fo
fort, biö ftd) äule^t bie Sogenfd^ü^en unb
©d)leuberer anfd)Ioffen. 2)ie Eingriffe ge»
fd)aben unter 5lbftngung »on ßiebcrn,
bie fummenb begonnen, oon ©tropbe ju
©tropfe oerjlärftben geinb in^I^Jarf unb Sein
erfd)üttert ^aben foüen, umfomel)r ta bie
»otgebaltcnen ©c^ilbe bcm Jone eine nocfc
bumpfere gdrbung gaben. 2)er erflc ©tog
(©d)od) mürbe nötigenfaüö mieber^olt,
auc^ unter ben ungünftigfien ^luäftc^ten;
©d)onung ber eigenen Äraft mar ben ®ers
manen unbefannt. Sermanbte ©tämme
fa^ man oft mit faltem SWutc bem ©c^id*
fal jum Opfer merben; i>ai ®efüt)l ber
Sufammcngebörigfeit ber Station mar nod)
Wenig entmidelt; ba^ ©c^mcrt biente ber
(Perfon, ber 5ai"ilie, bem ©tamm. (Sin
ausgiebiger Oberbefet)! über fämtUd)e
Iruppen mar barum fcftmer ju crreid)en;
menn ber muc^tige ^ilnpraü unb bie
Äampfmut beS einjelnen nic^t balb ben
©icg errang, entftanb Icid)t gro^c Scrs
mirrung im .^eere unb eine fd)redUc6e
D'Jieberlage mar bie J^olge. *J3on ben iHös
mern lernten ftc fobann , il)r ^eer in
me^irere |)aufen einjuteilcn, b. \). iRcfetoen
ju bilben, bie cx^ im ?iotfatI bie förft*
angrcifenben unterftü^ten ober aud) nac^
anberen ©eiten felbf^dnbig oorgingen.
'•Begonnen mürbe ha^ ®efec^t oon ben
93ognern unb ©d)Ieuberern; bann traten
bie ®erfd)ü^en auf unb jule^t tam ber
Äeil, ber juerfi mit langen Spielen ober
auc^ mit gert)orfenen Äurjmaffcn ben ©in«
brud) t)erfud)te, morauf bann tai ^anb«
gemenge mit ©treitay t , |)ammer unb
^rame folgte. Seim Eingriffe mit ben
langen ©pieken ftarrten burd)fd)nittti(^
5—7 ^ifenfpi^en auf jeben DJJann ber
J^ront in ben ^einb f)incin, unb für bie
©pil^e beä Äeilä jieUte {xd) tai ^txi)alU
niö no(^ meit günfiigcr. ©eim ®efec^te
mit ben für ben iRafimurf befiimmten
aSaffen fprang ber Kämpfer bem Stngo,
ber ^rame, bcm Jammer nad), foba§ er
fajl gleichzeitig mit ber gefc^leuberten
SBoffe bei bcm ®etrDffenen antam. 2ßar
beffen ©d)ilb ni^t jcrtrümmert, fo fudite
man i^n mittelfi ber fieden gebliebenen
Sffiaffe jU faffen unb nieberjurei§en,
9Bie ber ^cil fd^merbemeglic^ unb
etmaä ungelenf in jeber 33cjiet)ung tt>ar,
fo erfc^merte er auc^ na* ber erlittenen
SJJicberlagc bie fdinetle georbnete ^[\id)t
fe^r ober ma*te fte gerabcju iux Unmög«
li^feit; bat)er bie großen SBerlu^e an
ü)Jannfd)aft. ^luc^t galt aU ©*anbc.
S)ie Äeilc löjlen fi* jur pafftüen Ser*
teibigung in © di i l b b u r g e n auf (Skialds-
borg), in p^alangitif*e Sßierede üon
einigen t)unbert ÜJtann ©tärfe. 3)iefe
fianben fo bi*t, ta^ getötete Ärieger in
ibrer 2«itte ni*t faüen fonnten. S)ic
3!Jtaffc jog frd) langfam na* berSBagen*
bürg jurüd, bie mögli*fi na^ t)intet
ber <&*Iad)torbnung aufgefahren mürbe,
fomol)l jur SRüdenbedung, aU jur SBer*
i)inberung ber glud)t. ©ic maren a\ii
ben SBagen beä Sroffeö f)crgcfteUt unb
bilbeten - SRab bid)t an ^ai> — meift
mehrere fonjentrif*e Greife, mcl*c aU
SBäüe bienten unb namentli* gegen bie
fcinbli*e SReiterei treffli*e ÜDienjte leiteten.
Qluf ben SBagen fianben bie grauen uni>
25
382
Äiicg^ttjefen.
Äinber bei Ärieger unb ermangelten nic^t,
burc^ lauten S^^^f i^tf Oatten unb Säter
jumÄampfe anjufpornen. ®ic naf)men öfter
5lnteil am ©efecfjte felbfi unb übten neben«
bei ba« 5lmt beä üBunbarjte«. ülad)
(Säfarä SBeric^ten foüen bie SBagen oft
Wä^renb be^ Äampfeö na^ Sebürfniö
anbcrö aufgefteüt Sorben fein.
23er^ängniößotIer aU bie gefcf)Iof[enen
^Waffen »aren für ben ^Jeinb oft bie jer*
fireuten ®efecf)te, auö ber Slite be^
%x[^x>olUi , ben be^enbefien unb be^cr^te«
jien Sünslingen gebilbet. «Sie unterfiü^*
ten namentlicf) bie iReiterei, Ratten au^
etrca ba^ ©efec^t einzuleiten, 3tuf burc^*
fcf)mttenem ©elänbe, tt)o größere SDiaffen
ni(^t operieren fonnten, waren bie jer»
fireuten ©efec^te in i^rem regten Elemente
unb ba^er mit SRecfjt »on ben 9lömern ge«
fürchtet unb gemieben. 5(rmin^ @c^ar im
ieutoburger 2BaIbc befianb ^auptfäc^Iic^
au«i biefem leidsten gu^tolf; ibm ijt alfo
ber glänjenbfie @ieg ju oerbanfcn, ben bie
5lnnalen unferer 5lltüätcr ju oerjeic^nen
:^aben. 3n ber golgejeit n^urben, jundd^ji
bei ben i^xanUn, bie ßiten unb |iörigen,
n)elcf)e ibrc Ferren begleiteten, mit Sßogen
unb «Pfeil ober mit üBurffpiegen bewaffnet
unb fo aU leiste« 5u§ool? oerwenbet.
25ie ißcrwenbung ber SR eiteret in ben
@(^Iacf)ten ber alten S>cutfd^en ifi anber«
ortä f^on na^gewiefen werben, (©ie^e
?Pferb.) SDocf) war fie bei ben einzelnen
(Stämmen an 3'^^^ f^^i^ t)erfcf)ieben; am
^äufigflen trat fie bei ben ©renjjiämmen
auf. Sticht minber ^ing ber ©ebraud^ bc«
*Pferbcö and) »on ber ißef^affen^cit be«
Sobenö ab, ben bie betreffcnben 6tämme
bewohnten. SBä^renb j, S. bie in §ennc»
gau unb 9iamur Wo^nenben JRerüier fafi
ganj o^ne [Reiterei Waren, fonnten bie in
ben SRteberungen unb am SRt)ein ange*
feffenen ißataoer, Uftpeter unb 2;enct)terer,
fowie bie ©igamber unb ^"^f^" S^fofc
©(^aren baoon aufPetlen. S)ie Stciter
fod^ten in gcfc^Ioffenen ÜRaffen ju *Pferb
ober auc^ ju %n^, unb ik ^fcrbe waren
in le^terem gälte gewöhnt, auf bem ^hdt
fielen ju bleiben, biö i^re |»erren jurücfs
fel)rten. ©ie fc^wammen aucf) famt ber
Saji öortrefflid^ über breite unb tiefe
Slüffe, voai ber germanifd^en !Reiterci
einen Jßeltruf gab, fobai ©äfar fid) eine
©d)ar berfelben aU ßeibwac^e julegtc.
»5üt ben Äampf au^er^alb ber ge=
fd)loffenen @(f)Iacf)trei^e War jebem Gleiter
ein bet)enber unb tröftigcr gugfnec^t bei»
gegeben, bet frei auögewä^lt mit bemfel«
ben eine taftifd^c (Sin^eit bilbete unb
namentlid^ t>ai *Pferb be« ©egncrö in«
Qtugc fa^te. SReiterei unb ^ufDoIE fdmpf»
ten überhaupt im cngjien SSereine. Sei
f(^neUcr Bewegung griffen bie Sünglinge
in bie ÜRd^nen ber SRoffe i^rer ÜRitfdmpfet
unb fprangcn i^nen jur ©cite mit. SDiefe
5lrt beÄ SReiterfampfeö erregte bie größte
93ewunberung ber 9tömer. 9lac^ 5Irt bet
SReiterei nod) lebenber wilber SRaturööIfet
griffen auc^ bie germanifc^en SReiter mit
großer ©c^neöigfeit an unb wichen in
i^ren |)inter^alt jurüd, um Balb aufä
neue ^eroorsubrec^en , ober fte umfreiften
aud^ ben ^einb in tafenbem (Ritt unb
f(i)Ieubertcn babei i^re SBurfwaffen nad^
bemfelben. Semerfenöwert aber ijt, t>a^
ni(^t bie reitenben ©tdmme ober 95ölfet
bauernbc ©ermanenreidje fc^ufen, fonbetn
tiielme|)r bie ju gu^c fdmpfenben, nament«
lief) bie öangobarben , bie gf^nfen unb
bie ©ac^fen.
^trtillerie unb tedjnifc^e STrup*
pen lattcn bie ©crmanen ni($t, ia jebet
freie ÜRann tai ^anbWerf tierfd)md^te.
2)agegen fc^eint ber ©idicr^citöbienji
ber 2)eutfc^en beffer gewefen ju fein' aU
ber ber (Römer. 3^rc ©pdt)er — fd^on
ber genauen Drtöfenntniö Wegen im SBor«
teil — würben oft ben römifc^en J^eeren »er«
pngniöootl. Über bie SBcrpflegungä«
»eri^ältniffe ber Gruppen weif man
Wenig 3ut>erldfjtgeö. 2öa^rfc^einlid^ bien»
ten bie 2Bagen ber ÜBagenburg teilweife
jur (Rac^fu^r »on ßeben^mitteln unb jwar
je für bie einzelnen gamitien ober ©e«
fc^Ied^ter, in bie ftc^ naä) ber ©c^Iad^t
bie SWaffe o^ne 3*^fifcl wieber auflöjie.
5Der römifc^c (£inf(u§ machte ftd^ aber
auc^ in biefer |>inftc^t immer me^r gel*
tcnb, namentlich »om 4. 3a^r|)unbert an.
2. 35aä üRittelalter. SBic nid)
aucf) fc^on ba^ frühere SiRittelatter an
i5ef)ben unb großartigen friegcrifc^en Un«
ternef)mungen War, — wir erinnern nur
an bie Äriegöjüge Äarl^ beä ©ro§en einer*
unb an bie Äreujjüge anbcrerfeitö — für
bie eigentlid^e Äriegöwiffenfcf)aft bietet c«
»er^dltniämdßig nur eine ficinc 5tuöbeute.
getb^crren, bie grogartige SReuerungen im
^eerwefen burd^jufü^ren ober einen eigent»
lidf)en Äricgöplan ju entwerfen, ju »er*
wirElidt)en wußten, fennt fte faum. ©elbjl
Äarl ifi mebr ©tratcge, alö ein ^crüot«
ragenber Saftifer , unb befannt iji, wie
nac^ feinem £obe baö SReic^ nadf) jebet
^inftcf)t wieber mcl;r unb me^r jerfiel;
Wie bem (Reiche überhaupt, fo fehlte na»
ÄricgSttJcfen.
383
mcntUc^ bem ^cct bie nötige Sin^eit, bie
f\i) nur für bie Briten bcr t)öci)ftcn Sf^ot
^crfleUen Uc§.
3n bcn aSorbergrunb tritt aUercrfi ba«
fränfif^c 23olf, beffen ^eere namcnt*
lief) ben SReiterbienji üppig pflegten. Oft
fd)einen überhaupt nur SRciter aufgeboten
njorben ju [ein; 9'ia(i)ri(^ten über Äönig
«Urnulfä Ärieqc j. S. lehren, ta^ ju ©nbe
M 9. 3a^r^unbertö bei ben Dftfranfen
ber Äampf ju gug fogar ganj ungen3öf)n=
lieb geworben hjar. 2)er traurige 93ru=
betfrieg ätt)ifd)en bcn (Snfetn ^axU fd)eint
faP au«fc^lie§lic^ mit (Reitern geführt
»orben ju fein, unb Äarl ber Äal)Ie
prallte, gegen Subwig ben S)eutfd^en ein
^eer jufammenäubringen, bafe feine *t5ferbe
(bei Äöln) ben 0l^ein auöfaufen foüen.
2)ie ©ad)fen unb 9iormannen blieben
i^rer beutfd^en *Hbftammung treu; fte
fämpften nod) immer mit iBorliebc ju 5u§
unb behielten Sßaffen unb ^ampfmeife
(Sberfopf) ber ®ermanen bei, o^ne \tio<i)
bie jemeiligen 23ortcile ber Sffiaffentect)nif
unbeachtet ju laffen.
Qtm bcutlidbften fprcd^en ft<f^ bie Duel»
len über bie Qtrt ber 95erpflcgung üon
Wann unb Otog auö. S)ie granfcn jur
Äarolingerjeit, bie @a(^fen biä inö 11.
3a^rf)unbert , üerpftegten ftd) im |?elbe
felbft. 25er einzelne SÖlann naßm mit auf
ben 3ug f tt)a^ ^^ 5« feinem llntert)alte
brauchte. 3)em Iranöport im eigenen
fianbc bleuten Sßagen; galt eö einen
9llpcnübergang, fo oermenbete man i^ier^
für ©aumtiere. DiJatürli^ ret(^ten bie
Vorräte oft nur für furjc ^dt, unb ber
ÜJlann mar genötigt ju jtetjlen , tt)o er
fanb unb jianb. |)cu für bie *Pferbe
würbe burd)meg auf ber Steife felbft be»
f(^afft, meömegen man bei ber Sefiimmung
ber ÜJtarfd^route ^auptfä^tid^ auf ben
gutterreid)tum ober bie gutterarmut einer
ßanbfdbaft iRüdfiAt ju nef)mcn ^atte.
•^eerfira§en maren ba^er me^r Saften, aU
Sergünfligungen für bie 3lnmof)ner, unb
oft maren bei ber Olnnätierung ber $eere
bie 2)orffcbaften unb Z^'dUx tocrlaffen, fo*
ta^ bie Ärieger ftatt ber gemünf^ten dr«
quicfung bie bitterfie SRot »erfanben. 2Bie
begreifiicb maren foIc£)e 3"^«"^^ ber
ÜJlannöjucfet unb guten ©itte duferfi fein«
bertic^. 3ur 3eit ber Ärcuäjüge fommt
bafeer ber ®ebanfe auf, ftd) für bie Srup*
Pen einen eigenen ßebenämittelmarft ju
fiebern' in allen größeren Drtfdbaften,
bie bur^jogcn werben mußten. S)er 'BoU
bat erhielt feinen ©olb, um bie baburcb
ermacbfenben ^uölagen beftreiten jU fön*
nen. 2)er S^rain ber beutf(^en ^cere tritt
bal)er nom 11. Jaferfeunbert an mieber
mef)r jurüd unb jwar in bem SDta^e, mic
bie 2lu^rüftung beä ÜRanncö foftfpieliger
unb f(^merer unb namentlich iai ritter=
liebe ®epä(f jaljlreicber wirb. SDa^ fdc^fifcbe
^eergeräte 5. S. enttialt neben Ö^ferb,
liarnifd) unb ©dbmert aucb ben ^eerpfübl,
b. b- Sctt, Äiffen unb 2afen, ferner ein
3;ifdE)tucb, jmei Seden unb jmei ^anb*
tüdf)er. (Snblicb gehörten baju bicBcttc.
3um Segleit beö ^eertroffeö jäblten fd)on
©dbmiebe , ^»anbmerfer unb iUJarfetenber.
3ebe üteife fe^te ft^ jufammen auö ire
unb hospitari, auö iDlarfd) unb SRafi.
Gruppen raftcn fafi auönal)möloö im
ßager. (5llö 5luönafeme fommt bie (Sin*
quartierung in Drtfd)aftcn — bie ©afiung
— üor.) 2)üö Öagermefen mar ein mid)*
tiger ^vod^ ber bamaligen Jlriegöfunft.
%U ßagcrort »ermenbete man momöglid^
einen ebenen ^la^ in bcr 9^äbe üon
SBaffer unb ^^utterqueüen. S)iefcr Würbe
mit frei^runbem ober oieredigem Perimeter
abgefiedt , unb burcb ©onberung »on
Quartieren fiellte man glei^fam ©trafen
unb Ibore b«» bie gut bewad)t würben.
3Bar tai ßager nid)t fd)on üon SJiatur
befeftigt, fo würben wobl audb in ^luö*
nafemöfäüen 2Bätle unb Oröbcn aufgewor«
fen. Sei befonberen Slnläffen fampiertc
man wofel unter freiem |)immel, gewöhn*
Udb aber batte man ^tlk unb ^ütten.
ße^tere , ju benen ba«i $ols gewöbnlic^
requiriert würbe, bürften befonberä für
bie knappen beftimmt gewefen fein. ÜJian
lagerte abteilung^weife jufammen nac^
ßontubernien. 2)ic knappen lagerten in
ber *Räbc ibrer Ferren, ^ier würben aud^
bie ©epüdftüde ber einjclnen jufammcn»
gelegt unb bie $ferbe an *|5fd^le ange«.
bunbcn. 5ebeö ßontubernium l)at and)
fcbon fein bejlimmteö ßofungäwort ,,, fein
Signum castroram. 93et plö^lid)em Übet«
fall burc^b ben geinb unb nötig geworben
ner rafd)er glucb^ ^ii^^ ^'^^ ^'-W^ ^"
Sranb geftcdt. hierüber, fowie über bcn
33ejug eineö neuen ßagerö unb bie ßager*
orbnung überbaupt entfcbeibet ber SDtar«
fd)all, bcr übrigenö aud) in ber ©c^lacfet
einen Seil beö ^eereä befehligt. Som
geinb übcrrafd)t, üerlie§ man i>ai ßager
in aücr Unorbnung, TOann für ÜHann
auf eigene ^Jaufi fämpfenb. 5tuc^ geg^t
einen fdbwai^en ^^i"^ iH ^i^"' oielleicbt
um ibn jU böbne«. ungeorbnct ani. 3«
bcr SHcgel aber würbe i>a^ -^cer geglicbctt
25*
384
Äneg§h)cfcn.
in mel^rerc treffen, unb oft firitt man ftd^
um bie 6^rc, btc prima acies ober legio,
iai primum bellum, bcn „33orfireit" ju
iilben. Die ©tärfe bet einjelnen Steffen,
bie übrigens bebeutenb gcfd^wanft ^aben
mag, iji nic^t ju mcffen. 5Die ©in^eiten
i^ic^en Sanner, 2utm, Segton. Über bie
Jiefc bcr Sluffiedung cineö Sreffenö ij^
man ebenfomenig unterrichtet. (Sine ju*
fällige DfJotij läßt barauf fct)lie^en, ba§
eine irgenb bcträi^tlidje Iruppe minbejienS
100 (DJann grontbreitc l)atte.
IDiit ber ©rünbung ber Stäbte unb
3una^me ber befefligten SBurgen (fte^e
SBurg) tritt an ben Ärieger eine neue 5tuf»
gäbe ^eran, ber ©elagerungSbienji,
m^b. geliger, besezze. 3"^'^^ üerfucf)te
man ben *1ßlfl^ burc^ Überrumpelung ju
geminnen, fei eS burc^ (Sinfc^Iagen ber
J^ote, burc^ |)erabrei§en ber 3"g&tücfen
mit fd^hjeren ßang^afen ober burc^ ßeiter*
etjieigung. ©elang biefeS, fo maren begreife
Ii(i)ertt)eife oiele Unannf^mlicfifeiten mit
einem ®d)Iage abget^an, benn eine regeis
red)te ^Belagerung mar oft fe^r jeitraubenb
unb oerbrie^licb, ja oeri)ängniö»oIl[. ®e*
lang bie Überrumpelung n\ä}t, fo »er«
fud^te man, bie ©räben auöjufüHen. ,2)a*
ju »ermcnbete man (5rbe, @tro^, ^olj*
bünbel, SReifig, ©ebüfc^e u. f. m., ja felbj^
©^lac^toie^, Seichen unb fogar Äriegä*
gefangene, ^um ®cf)U^ gegen bie ©e«
fd)offe ber 93elagetten arbeitete man unter
einer „Äa^e", bem 6c^irmbac^ ober bem
^öljerncn SIo(fl)auS, t^a^ auf iRäöern ober
Sloäen an bie ÜJJauern gefc^oben mürbe,
um biefe ju untergraben. 3Wi§gIü(fte auc^
ein jmeiter ©turmoerfucf) , fo griff man
unter jüglic^ ju ben SKafd^inen, bem ant-
werk. (@ief)e bicfen 5trtifel.)
S)ie ^eere beS fpäteren 2JlitteIaIterä be*
fianben aui:
1. ben fie^enöleuten mit i^rer pflid)*
tigen ÜJiannfcfjaft,
2. ben .^ofbienern beö iJürpen mit
i^ren Untergebenen (Sbelleuten', (Rittern,
famt 2)ienerfc^aft, 93oten, Äöctien Jc,
3. bem SanbDolfe ber bem Äricgä^
fd)aupla^ junä(i)fi liegenben ©egenben,
4. ben ©tabtbemotjnern, meiere ben
belferen Seil beä ^ugoolfe«, tefonberö ber
©d^ü^en lieferten,
5. ben ©unbeägenoffen , bie unter
eigenen ^auptleuten fochten,
6. bcn Solbttuppen.
Unter ben ^ofjcnfiaufen unb nament«
lic^ in ber barauffolgenben faiferlofen
3eit gelangte aüercrfi bie Stitterfc^aft
JU i^rer 931üte. ^Jürjien , ©rafen unb
Ferren maren bemüht , i^rc berittene
©icnftmannfc^aft mögli(^ji ju »erme^ren,
rnaö oft baburc^ gefcbab, ia^ Unfreie ben
9iittergürtel erbielten. S)er „|)elm" bil«
bete im 14., bie „©leoe" im 15. 3abt*
:^unbert bie fleine taftifc^e ©in^eit. 3u
le^terer geprte in iai erfie ©lieb ber
(Ritter (©leoener), in tai jmeite ber mit=
telfc^mer gerüjiete Äned^t, in baä britte
eine Sc^ü^e. 9^ac^ anberen eingaben flnb
eö auc^ brei ©emappnete unb brei ^ferbe»
S)ie ©leücn bilbeten jufammen bcn „rci*
tenben Sn%" , ju bem bie ©peerfnappen
unb ©c^ü^en alS „einfpännige", b. ^.
o^ne ©efolge reitenbe „tciftgc ^nec^te"
geprten. 3^^" ®Iet>en unb eine ent*
fprec^enbe 5tnja^I Sinfpdnniger fianben
unter einem |)auptmanne; bie gefamte
SReiterei befehligte ber SRarfc^all, hoä) i^
»on einer umftc^tigen Oberleitung burd^
benfelben nod) immer feine SRcbe, me<j*
megen bie ^eerfa^rt ber gcmünfc^ten 93e«
meglicE)feit meij^ entbebrte unb feiten ein
offenfxoer, fiürmifd)er 9fleiterangriff gewagt
mürbe. QIuc^ bie ©täbte fieüten oft eine
nadf) ber 3<J^1 ff^t beträd^tlic^e SReiteret.
SDie (patrijier unb reid)en ^auf^enen
jogen aU „Äonjiabler" ober „Äun^ofler"
nur i5U (pferbe auä, unb felbji mo^l^abenbe
3ünftler gefettten aU „SQöolerjugte" fid^
ibnen bei. 3"i^ Sc^lad^t trennten ftcf) bie
fdE)meren ton ben leidsten ateitetn. 8e^*
tere harzelirten, leiteten tai ©efcd^t ein,
äogen ftd^ bann jurüd unb übernahmen
bie 2)edfung beS SRüdfjugeg ober im ^aU
beö ©elingenö bie Verfolgung beS ^ein»-
beS. 31ud^ bie ©ölbner, meldte nur für
ben einjelnen 3^9 gemietet maren (bie
Solidarii, ©olbaten, auc^ Sarjanten gc*
nannt) waren anfänglich oft beritten, big
namentli(^ burdt) bie ©d^weijcr unb S)it*
marfc^en in ben ©(^ladf)ten bei ÜJlorgars
ten unb Dlbenwörben ber ÄriegSfunjl
eine anberc 93aftS ober tielme^r bie alte
natürlidE)e Wieber gegeben würbe, bct
Äampf ju gu^.
@täbtifc{)e intelligent unb bäuerlid^c
DIaturfraft im SBereine bcjWangen tai
2?orurteil, ba§ nur ber iReitcrämann ein
Ärieger fei, unb balb Würben bie 2)itmarfd^en
unb @c{)Weijer bie öe^rmeifter ibrer beut*
fd^cn iJJad)barn. 5DaS ©ölbnerwefen lua^m
mc^r unb me^r über^anb; bie ©ölbner
bilbeten felbfiänbige Sanben, bie jur ßanb*
plage werben fonnten, inbem jie unter
bem Di^amen „Q3öcte" ober .Trabanten"
ein ^anbwerf trieben, iai bem italienf*
ÄriegätDcfen.
385
fc^en Sörigantcntum oft jiemli(^ d^nltc^
fa^. 3n ©übbeutfc^Ianb ^ie^cn bie ein«
^etmif($ert ©ötbncr ßanböfnccf)te, bie
ftcmbcn 93 öde. 3)aö j^ufcolf blieb ein»
geteilt in S^^^^' ""^ ^unbertfc^aften, bie
je nad) SBcbarf ju größeren ober Heineren
taftifc^en Äörpern jufammengefügt rour«
ben. SDie ßeute mit blanfen Söaffen iiU
beten bie »ierecfigen ©eroalt^aufen , bie
©d^ü^en becften aU Heineren ^»aufen bie
(Jlanfcn, griffen an unb fefunbierten beim
^ampf fo gut eä ging. 3" l>« oorber«
Pen SRci^e fianben bie beflgerüfietften
ßanjenträger; l)inter it)nen waren bie
gähnen aufgepflanjt , bie ben ©egenftanb
beö I)ei|efien Äampfeö bilbeten. 3)cr
€c^ar »orauä gingen jbie 93errt)egenjien,
bie „Äa^enbalger", alö „werlorene Äned)te",
bie entmeber für größeren «Solb ober um
ein 33crbrcd)en ju fü^)nen, if)r ßeben mut*
tt)inig aufö Spiel festen. £)ie gefamtc fireit^
bare ÜJlannfdjaft würbe gern in brei Raufen
geteilt, iBor^ut, ®ett)alt|)oufenJunb 9'Jac^^ut.
©urc^ bie ^uffttenfricge gelangte aui)
bie SBagenburg no^malö äu großer
5lufmcrffamfeit. 2)er einzelne Sffiagen ifi
mit fünf !|3ferben befpannt unb mit 21
Äöpfen bemannt, ^ünf Slöagen bilben
ein ©lieb unb ^aben einen befonberen
Hauptmann. %ünf ©lieber bilben einen
Sunb unb fahren ^intereinanber in einer
3eile. Ü3ier folc^e 3«*^«" nebeneinanber
bilben bie ®(i)ic[ung. „S)ie ganje ©c^if^
fung (100 SBagen, 2500 ü«ann) foQ ^abcn
einen 3flid)ter mit öier ©c^öppen unb
einen üerfiänbigcn ^rebiger; ieglicf)er
33unb foK baben einen rid)tigen Kaplan,
unb jebeä ©lieb foH Ijaben ein ©ejelt
ober ©efperre (Sagcr^üttc)." 3^ ^f"
Streitwagen geborten ebenfo oiele ©peife«
Wagen, in gleid)er SBeife georbnet unb
t>erfct)cn mit: „SSierbrduer, 9)?uljer, SDJüÜer,
Säcfer, ÜJlä^er, S)refcE)er, ©djnitter, aüweg
genug, um, wenn man auf ©cf)löffer,
©tdbte unb Waxtk fommt, bie 93rau»
Pfannen unb tai ÜJJüf)lwer? beforgen ju
fönnen. Qludö foH jeglid) ©lieb befon»
berä ^aben ein ©tcins ober 2arragbüci)fen
auf einem falben SBagen mit jwei *Pfer=:
ben unb bie ganje ©cf)icfung tjon 100
SBagcn eine gro^e ©teinbü^fen mit 16,
18 ober 20 qsfcrben, um Witten red^ter
ernftU^er ^auptprme auf ©^löffer unb
©täbtc" Die SBagenburgen, toon benen
auf beutfd)em 93oben im 15. unb mcf)r
nocf) im 16. unb 17. 3abrt)unbert bie
Siebe iji, ftnb freiließ mel)r 3eugwagen,
Anfänglich ©ic^elwagen, bann Qlrtiüeric«
unb (Pionierfahrzeuge ober SöaffenWagen
mit ^afenbüd^fen, ^anbro^rcn, aud) ^anb*
Werts» unb 33orratöwagcn; bie Sffiagen»
bürgen »erloren if)ren Sfflert mit ber Sin«
fübrung ber ^Feuerwaffen oöüig, namcnt«
lic^ gegen bie f(^Weren ©efd)ü^e fc^ü^ten
nur fiarfe SBdQe , überliaupt eigcntU^e
iöefefiigungöwerEc.
3m S)icnjle ber 2lrtillcrie (fte^e bort)
unb unter bem 93efef)le beö 32"S"ieiPer3
panben aud^ bie tedinifc^en 3:ruppen, bie
©(^aujenbauer, weld)e bie äißcge ju
erhellen unb bie Sager ju „umfc^ütten
unb »ergraben" Ratten, tk 3ii"i"cts
leute unb Äriegöbrüder, bie Serg»
fnappen unb ©teinme^en.
5llä 51 bj eichen für bie Gruppen bten*
ten aUererji bie Äopfbcbedungcn ober
iraenb ein befiimmter ©d)mud berfelbcn,
gebern, (Reifer, Sldtter jc. 5lugerbem er«
fennen ftd^ ^te""^^ unb ©egner an far*
bigen 2lbjei^en auf ben .Kleibern, fogat
gleichförmige unb gleid)farbige Uniformen
erfc^eincn oereinjelt fd^on im 14. ^af)t»
l)unbert unb oft tragen namentlich bie
©ölbncrbeerc bie färben i^rer ©tabt.
2)ie Äriegöfü^rung biefcr S^it
überhaupt würbe burc^ jwei Umfidnbe
Wefentlic^ bebingt, burc^ bie Unmöglic^feit,
bie ©treitfrdfte für eine größere Unter«
netimung für längere ^ät beifammen unb
mobil JU galten unb burd^ bie SRaffcn*
^aftigfeit unb 2Bid)tigfeit bcrSefefiigungen.
Tlan l)ielt ©tdbte, 8anbwef)ren unb Sur*
gen befimöglidt) befe|t; ber j^einb belagerte
biefetben unb jwar oft crfolgloö; 2tug*
fdüe unb ©türme wed)felten miteinanbet
ab, aber ju großen, funfigerec^ten ©d^lac^*
ten fam e^ feiten, ©inen ^oberen, mili«
tdrifc^Äpolitifd^cn d^axatlix Ijaben im
©runbe genommen nur bie Surgunber«
friege, bie bann auc^ in ber ®efd)i^te
ber Äciegöfunfi eine @pocf)c einleiten, ber
ftdf) faum eine anberc t)ergleid£)en Id^t,
benn mit bem 16. 3al)r^unbert bilbetc
ftd) jum erficnmal ein curopdifc^ed
5u§»olE.
(5ö ift babcr we^l bißig, ba§ wir an
biefer ©teile beö fd^weiäerifc^cn
Äriegäwcfenö nod^ ganj befonberä ge«
benfen, ta e§ für biefe (Periobe ma§gebenb
ifi. 93on einer gemeineibgcnöfj^fdienÄrieg*«
orbnung fann jWar wd^renb ber ©lanjs
jeit beö fleinen ©taatäwefcn^ faum ge*
fproc^en werben. SDie ÜJlittel ju ben
kämpfen aufjubringen , baä ÜJiaterial an
0}Jenfd)en, (Pferben, 2öaffen, Äriegägctdt
unb (Jluörüliungögegenpdnben ju befc^af«
386
Äriegöwefen.
fen, aSefcjligungen anjulegcn, bie auäge*
i()obene SKannfd^aft angemeffen ju otganU
fiercn unb ju unterhalten, i>ai qIIcö »ar
©ac^e bcr einjelnen Orte (je^t Äantone).
SDßat ein ©tanb bebtängt, fo mafinte er
feine SD^itjiänbc unb erhielt meifl brüberli^e
•^ilfc. 3n bcn ßinjelöeiten ^errfcf)te unter
bcn SWilijen ber einjelncn ©tänbe mand)e
JBcrfc^ieben^eit, namentli^ trat biefer ju
STage jh)i[c^en ben ©tiibtcn unb Öänbern;
im allgemeinen aber berul)ten bie (5in=
tic^tungen boc^ auf benfelben Orunblagen.
libcraQ fanb bie innigjle SBerfc^meljung
jtüifc^en ben bürgerlicben unb militäri=
fc&en Se^örben flatt, foba§ bie bürger«
lid^cn Einrichtungen mit ben friegerifd^en
aufö cngjie »crfnüpft fxnb. Jebeä ßanb
unb jebc ®tabt, jebe ^errfd^aft unb jebeö
5lmt, \a jebc 3unft fieüte i^re SWannf^aft
unter eigenem ßnäitn (Sanner, ^ä^nlein),
jcber freie OTJann ij^ ©olbat; ber 2)icnjl
im J^elbe ijl ein (5f)renbienfi, ber (Sutjug
ber SIBaffen eine entebrcnbe <Bä)maä) für
S5erbrect)er unb iFJeincibige. 2)ic SBaffe
bcä iUuöjügerö iji unücräu^crli(i)eä ©igen*
tum; ftc »ererbt fic^ auf bie ^it^il'e u"b
fann i^r unter feinen Ümfiänben genom=
mcn merben. 3ebe Drtft^aft fieOt i^r be^
fiimmteö Kontingent an iWannf^aft unb
jmar nad) ber 3a^I i^rer JJeuerfiätten, je
einen ober mebrere, nac^ ber ®rö§c ber
®efat)r bemeffen. Familien , bie feine
eigene hjaffenfä^ige Seutc Ratten, marben
frd^ fol^c in ber Dlacf)barfc^aft ober
liefen fi(i) fonflirgenbmie pertreten. (Sine
5llterögrense mar nicf)t ober jebenfaü« fe^r
meit gejogen, benn oft fampften neben«
einanber SSater unb ®of)n. 2)ie Gruppen
erhielten t>on ben (Semeinben i^r JRei««
gelb, morauä fie fic^ felbft ju ertjalten
Ratten, S)a biefeö aber bei ben fnappen
©elbmitteln fe^r flein mar, reichte cö fei«
tcn auö, unb ee »erfiel bie aWannfd)aft
Balb aufö ®tel)len unb *l!Iünbern, mag
notmenbigermeife jebe SJiöcipIin erfdimertc,
menn nic^t ganj iierunmögli(^te. 3)a{)er
fu(f)te man ben Iruppen bie 9^a^rung
menigficnö tcilmeife nacf),5ufüf)ren unb
teilte in btjümmten 3£itabf^nitten jebem
bad 9Jötigc ju, [oba§ er eö in einem Ieine=
nen Sacfe [elbft nad^jutragen t)attc. 2)a
nun bie DJa^rung jum gro§en Icil] auö
■5>afergrü^e beftanb, l)iet man ben <Bad
„^aberfad", metche !8ejeicf)nung in bcr
S^meij I)eutc noc^ für ben Sornifier an*
gemcnbct mirb. 35ie 3flofi'e, meiere bem
Scbcnömitteltraneport bicnten , ^ic§cn
„■^obelroffc", unb i^rc gü^rcr nannte man
„^obler" ober Srofefnedjtc. Sei bem
grei^eitöfmn bcr (Sibgenoffen iji es leidet
erflärlic^, bai in S^iUn crnjict ©cfa^t
f\i) betrad)tlid()c „^^tei^arfie" bilbcten, bie
nid^t in bem pf[ic[)tigen Kontingente in«
begriffen, mit in bcn Kampf (liefen moQs
tcn. SDie ^Regierungen unterflü^ten auc^
ben militdrifd)en Sinn i^rer Untergebenen
mit allen SDiittcIn; fic festen namentlich
für bie 6dt)iepbungen in ^ticbcnäjeiten
Prämien auö, bie »orne^mli^ 'in SBaffen
unb anbcren Qluärüfiungögegenfidnben, oft
auc6 in ^mt^ ju ^ofen bcftanb. Um bie
(ginfüf)rung j»ccfmci§iger SBaffen, nament«
lief) geucrmaffcn, ju bcgünfiigen, erp^ten
fic aud^ bog iRciögelb für bie Süc^fen»
fd)ü^cn. ^m ©ornac^crjuge j. S. erhielt
jcber berfelbcn cinc3utog« »on l Schilling,
bo(^ nur biejcnigen, bie „eigen ©cäcug"
bcfa^en, mdircnb bie anbcrn, bie i^re
Süc^fen con ber (Regierung fid^ gc*
borgt Ratten, nur gemöl)nlic^cö 2ag»
gelb erl)ielten. (5inc üJJugfcte foj^ete in
Sern um 1589 11 $funb, ein ^anbro^r
8 *Pfunb, mag nac^ je^igem ©elbmcrte
88, bcj. 60 5i-<i"ffn glci^fommcn mag,
momit bie abf4eulid)e SBaffc teuer genug
bejaljlt mar. Um bcren (äinfü^rung nod^
bcffcr bcgünjiigcn ju fönnen, jog bcr
Staat (ber Ort) bie 93crmaltung an fi^,
lie§ ft<^ öon bcn ©emeinben in ^riebeng«
jciten pro ü)Jann i^reö iUugjugcg für brci
ORonate ©ienfi 12 Kronen ä 25 Sa^en
(ctma 42 grancö) cinjablcn unb übernahm
bafür bie 5lugTid)tung ber Cteiögctbcr in
Krieggjeitcn. Qluf biefe Söcifc ift ber
@olb entftanben, ta^a ^ei§t bicfcr nod^
je^t im SJunbc bcö ©df)mei5crg „bag «Prä"
(pret), meil er gcmifferma^en ein 3ln«
icif)cn bei ben ©emeinben mar. J)et
®oIb betrug 1586 bei bcn Semem für
einen ÜDluäfeticr 7 Kronen, für einen an*
bem 6cf)ü|cn 6 Kronen, für einen @pie§
5 Kronen. S)ie SCBaffen fonnten jum
fleinen 2eil im eigenen ßanbe gefertigt
mcrbcu , bcnn bie inlänbifc^en ÜBaffen»
fd^mieben marcn nod^ in einem fc^r primi*
tiPcn 3"fianbc.
Über tai Ser^ältniö bcr SGßaffen inner*
balb beg gufpolfcä nact) ber 3a^l mai)t
ein SRci«robcl eon S^xiä) (1444) folgcnbe
eingaben: bie ®tabt ^cÖtc jum 51ugjuge
639, bie ßanbfdfiaft 2131 ORann. 5Die
crficren festen ftd) jufammen au§ 127
2lrmbrufifct)ü^en, 95 »ü^fenfc^ü^en, 103
Spielen unb 364 ^cHebarten, mä^renb
bie Ic^tcren 331 5lrmbrüfic, 16 Süd^fcn,
546 Spicke unb 1238 ^cHebartcn jä^lt<n.
ÄtiegSttefen.
387
3^te größten 6(f)Iac&tcn f(f)lugen bie
©c^tDeijer alfo mit \\)Xin alten ©d^Iag«
unb ®tt(ä)tt)affcn. @elbfi bic mit fd^h)c=
Tcn ©efc^ü^en unb einer öortreffUc^cn
SRciterei trefflid) auägefiatteten ^eerc ^axU
bcö ^übnen bejtüangcn ftc nod) mit ben?
felben SBaffcn; [o [oflen naä) ßomincö'
eingaben in ber <Sd^Ia(f)t bei üJiurten un*
tct 30 000 sodann eibgenöfftfcfietfeitö 11000
©pic^e, 16000 Äteuäme^rcn unb 3000
©cf)ü^cn (5limbruft« unb !Süct)fcnfc^ü^en)
ju »erflehen fein. 5Inbcrö h)Utbc boö
SSerpItniä etfi im 16. Sa^r^unbett jut
3eit ber ©ölbnerfriege in maitänbifd^em
unb franjöftfct)em ©ienft, bie neben ben
»ielen Jladiteilen für ha^ 8anb auc^ einen
23orteit brad)ten, ben nämlic^, ba§ für
fdmtli^c 13 Drte eine eint)eitlid)e .^ricgö=
orbnung gef^affen vpurbe, bic im ^a\xt
1629 bie pf[i(i)tige Qlrmee fämtUc^er 33un=
beäglieber mit (Sinf(^Iu§ ber jugcmanbten
Drte unb Untertl)Qnenlanbc auf 13400
IDlann anfe^t, troju auf je 100 ÜJJann
3 SRcitcr , im ganjen alfo 402 «Pferbe
unb 16 ®efd)ü^e ju ncl)men ftnb. 35ic
ÜJlannfdbaft ijerfäüt in ßompagnien »on
je 200 UJlann, fon benen 120 mit SIJJuö»
fetcn, 30 mit ©pie§ unb ^axnx^d), 30 mit
bloßen Spielen unb 20 mit ^eOcbarten
bemaffnet fmb.
S)ie SReiterei mar, mie oben ange«
beutet, nic^t jüf)lrcic^, Voai unter @r*
tt)ägung ber 93ert)ältniffe leicfct begreiflich
roirb. 5Jud) biefe menigen maren meifi
freiiuiüige ^atrijicr auö ben ©tobten ober
©ebungene auö ben umlieciienten ßanb*
fcf)aften (j. 93. (Senf). S)ocf) lieferten ein=
jelne Drte jemcilcn bebcutenb mcl)r, alö
i^nen geboten mar, fo borab bic ©tabt
SBcrn mit it)rem jo^lrei(J)en 5lbel unb it)ren
grofen Scfi^ungen im ganjen mefilicfcen
Seite ber ©c^meij. ©o fämpftc aud^ bic
SReiterci nic^t of)ne (Jrfolg.
5lu^ ben oben gemacf)ten eingaben non
1629 gebt t)crt)or, ha^ anä) bie Slrtillcric
fc^macf) vertreten mar. ^voax mürben
(^clbfiücfe ficincn .^aliberö fcf)on frübe
iiermenbct, unb cö fe^t im 15. S^br-
l^unbert jcbc ©tabt eine eigene ®t)rc barcin,
befonberö f(^merc .Kanonen aU Selage=
rungggcfdbü^ ju befiben ; io<S) bei ber
Älcinli(iteit ber SScr^altniffc unb Qlrmut
bcg ßanbcö blieb ber ©c^merpunft t>t^
^ecrcö burcbau^ im J5u§üol!, unb menn
arxi) bic Södllc ber belagerten ©täbtc mit
grobem ®cf(^ü| notbürftig »erfe^en toa-
Ten, fo fet)lte ii toä) an ^elbftüdcn, ober
ti waren bic üorl)anbcnen nid^t mirffam
genug. ®inc gro§c ©teinbüc^fe f)ie§ man
„ÜRc^c", bic langroljrigcn ®efd^ü^c für
eifernc Äugeln l)ie§ man „©d)langen",
fofern ftc leict)ter bcmcgtic^ unb fomit
au(f) im ^tlht ju gebraudjen tt)aren —
„tJclbf^langcn".
3cbe ©tabt, ©cfenf^aft, gunft, .^crr*
f^aft , jcbe^ 5lmt bilbetc eine taftifc^e
(ginl)eit, eine 3lottc, bic in „Sücten"
(geilen) t)on 6—10 ÜJlann jcrftcl. S)ie
93cmaffnung ber ^Rotten mar eine cin^cit«
lic^c, ^öd)jienä »creinigen ftd) in f leinen
©emeinmefen ©pie^er unb ©c^ü^cn.
®rö§ere Bünftc ftcHcn gcmöt)nlic^ je eine
ülottc con jeber Waffengattung. 2)en
d^rcnpla^ auf bem redeten ^lügcl nal^mcn
bic iRottcn ber f)errfc^enbcn ©tabt ober
bcö t)crrfct)cnbcn ©tanbeä ein; auf bem
linfcn i^lügel jianbcn bie jugcmanbtcn
Drte, in ber ÜJJittc bie 5lmter unb ^txx>
f^often, bic Untertanen. 2)em 3ugt »or»
an fd)ritten bic ©pielleute, meiere oon ber
Dbrigfcit befolbet mürben. S« marcn
ta^ bie „2;rummelfd)lat)er" unb „©c£)mäg«
Ici", (melc^ le^tcrc bic Duerpfeife bliefcn.
2)ic SDluftf al« 93cgleit ber .^ecrc foQ ju*
crft in ber ©d^meij aufgefommcn, ja bie
Srommcl mit ben gcfpanntcn r^iüm eine
fd^mcijcrifcfee (Srfinbung fein. 25ur^ i^ren
Ocbrau^ mirb ma^rfc^einlic^ unncrmcrft
iai SD}arfcf)icrcn im ©d^ritt aufgefommcn
fein, baö jmar in biefer *Pcriobe no«^
nic^t allgemein geübt mirb. ö^ mirb au«*
brücfli^ bemerft, ha^ bie SWuftf mc^r ^ur
Äurjmcil ba mar, baneben bem .Kommanbo
biente, jur Sammlung rief, ju iBorrücEcn,
iRücfjug unb ©d^wenfungcn u. f, m.
2)enn maö bem ^eere ber Sibgcnojfen in
iBcjug auf bic ©ntmicfclung ber Äricg««
fünft fo l^cröorragcnbc Sebeutung giebt,
tai iji bic ^ier juerfi fiattfinbenbe ratio*
neue Durdbfü^rung ber Jnfanterictaftif;
ber ©c^mcijcr lernte nic^t nur ben ®c*
braud) ber SBaffe, er lernte aucfe fiä) aU
ein ©lieb einrcif)en in ein grö^creö ©an*
je«, i)ai xiaä) bejlimmtcn Flegeln ftc^ leicht
unb ftdt)er beroegte. ©er f(i)liä)te @*meiücr
mar jmar .$>irt bom ©c^eitcl bi« jur
©o^lc; aber fc-ine glü^enbe Siebe ju bem
f leinen, armen 93aterlanbc, bem er ben
cinjigen 93oräug, bie alte, angeiiammte
greil)eit retten moKte, ftempelte ifin in
furjer 3eit jum geborenen ©olbaten. 2luc^
barf man ni($t glauben, ba§ cinjig biefe
Sauern bie trefflid) gcrüfteten, an ^a^l
ibnen meit überlegenen ^cerc ber Äönige
unb Äaifer fc^lugen, fie maren mcijl an«
geführt üon gutgcfc^ultcn ^auptleuten, bie
388
Äiicgöwefen.
auper ßanbeö gebient unb jetreilen in ber
3cit ber Slot in i^r ißatetlanb jutücfs
lehrten.
311^ gclbjcic^en bct (Sibgcnoffen tritt
fc^on früf) t)ai «jciBc Äreuj auf, bai al«
5clbäci($cn ber Serner bei ßaupen ges
rDciI)t , balb Don allen Sunbeögenoffen
getragen wirb, ^ttt SRotte füf^rtc i^re
go^nc, bie Urner unb Unter^albncr bt^
fafen gro^e ^arfi^örncr, r>on benen ber
„Urifiier" befonbere 33erüf)mtj^eit erlangt
^at. 2)ie J^^tinen tüarcn länglid) unb
gcfpi^t, bie Banner roaxm quabratifc^.
2)ag ^auptbanner würbe in ber ÜJlitte ge»
tragen unb non ben befien Gruppen hi'
gleitet. ©d)Iac^torbnung unb Hüarfc^orb«
nung fielen bei ben Scbweijcrn grunb^
fä^Iic^ jufammen, rvai für forglofe feinb=
lic^e ^eere oft Per^angniöPoU war. Un^
gefä^r bie ^alfte ber Äriegcr, unb jwar
»ornefimlic^ Iseüebarbenträger , bilbcten
ben ©cwalt^aufcn, ber tai ^auptbanner
trug unb ba^er oft felbfi „ta^ Sanner"
genannt würbe. Unmittelbar um iai
Sanner ^er fietiten ftd) bie 3ilctcn ber
»ornef)meren fünfte auf, bie Äonfiabler
unb 3unfer, foweit fte nid)t ju fpferbc
fo(ä)ten. Unb bei ber ganjcn iMuffteüung
Würbe forgfam barauf gca($tet, ta^ bie
minbcr jUDerläffigen «Rotten ber ßanbge*
mcinben mit ben [Rotten ber altbewährten
SBürgerjünfte oerfe^t würben. S)ie ge=
Wö£)nlic^e Xiefe ber «Huffteüung ift 20
2Rann. (Sin Seit ber ©piefe wirb »er^
Wenbct, bie ^laufen beö ©ewalt^aufenä
einzurahmen unb eine q3t)alanj: con 1200
^eücbarbieren unb 200,;$ifcnieren fann
man [xä) alfo berart georbnet benfen, ta^
im Zentrum 60 SRotten ^eüebarbierc unb
auf jcbem ber beiben glügel 5 iRotten
qßifeniere fielen. Die imannf^aft „cor
bem SBanner", bie 23ort)ut, be^efit ani
ben ©c^ü^cn, einer größeren Seigabe »on
6pie§en unb einer fleineren üon ^tüt-
barbcn. ©ie eröffnet i>ai Ocfec^t, worauf
ber ©ewalttjaufen ju geeigneter 3eit unb
om paffenben Drte angreift. S)ic SRac^»
^ut ift bie fc^wä(f)fte ^eereäabteilung, bie
jum ©d^u^e bcö Sroffe« „hinter bem
S3anner" aufgefteüt ifi, wo^l a\xi) im
fRotfaß tfjätlic^ in ben Oang beö ®efe(i)te«
«ingreift. JDie aRarfd):= unb 9Ingriporb=
i^ung ber brei Raufen War aber immer
berart, ba§ fu m<i)t bircft l)intereinanbcr,
fonbern ba§ bie Sorbut feitwärtö Dor»
wart« bee ®cwalt[;aufenö aufgefteüt war,
um iebeemal ben Angriff in ber gront
■mit einem auf bie Jlanfc oerbinben ju
fönncn. Gbenfo jtanb bie iRad^^ut feit*
wärt^ f)inter bem ©ewalt^aufen. 2)iefe
5luf|tetlungöweife bot ben grofen Vorteil
ber leichteren Seweglid^feit fdmtlid^cr
Gruppen. SBaren bie ÜRannf^aften
mehrerer Drtfc[)aften terfammett, fo bil«
bete man wol)l aucf) brei ^auptfiaufen,
beren jeber eine 93or^ut unb SRotten fdmt*
lieber SBaffengattungen t)atte, foba§ er ju
felbfiänbiger 5lftion befö^igt war. Qtuf
engbegrenjtem Dpcrationötelbe gab man
ben Raufen eine fe^r beträc£)tlid^e (Rotten*
tiefe, ja man übertrieb bai SBerfa^ren ju
ülnfang be^ 16. 3a^r^unbertö fogar H'
t)in, ba§ ber gc»ierte •^aufe, ber ebenfo*
Diel Tj'^ont wie Jiefe l)atte, alä normale
©teüung galt. Qluf ber Sbene bilbete
man baö l)ol)le Sierccf, tai mitunter oorn
offen gelaffen bie Sagage äwifd^en bie
^örner (auö iBor* unb Diitac^liut gebilbet)
nal)m , ober man bilbete in befenjtoct
©tellung audf) i>ai Äreuj, inbem S3or*
unb iRad^^ut bic^t an bie ©eiten beä ©e*
waltl)aufens Ijeranrücften.
(Ja erübrigt unö noc^, ber ^Jortfc^ritte
im Selagerungöfrieg ju gebenfen.
Diefelben fmb unbebeutcnb, big um bie
DJJittc beä 15. Satirbunbertö. Sefa§ man
auc^ gro^e (Sef(i)offe, ©teinbüc^fen, bie
im Selagerungöbienfi vor ©tobten unb
Surgen cerwenbet würben, fo war man
boc^ nid)t imfianbe, bie Äugcl fo fc^nell
JU bewegen , ba§ bamit Srefc^en in tu
ÜRauern tiättcn gefd^offen werben fönnen;
man mu§te fic^ bamit begnügen, fdf)wäd^erc
Käufer unb Zf)oit ju bef^ie§en, attfdllig
aud^ bie 3'nn«n ^^^ SRingmaucrn abju«
becfen. ©lücflic^er arbeitete man immer
no^ cor ber ^anb unter ber Äa^e. 2Bie auf
bie Sefeftigung eine« Orte« erfiaunlic^
Diel llRü^e unb ©orgfalt »erwenbet wur*
ben, fo würbe ber Setagerungöfricg mit
au§erorbentlicf)cm Qlufwanb geführt, boc^
oft mit wenig ©lücf. ©ine tapfere Se*
fa^ung trotte 2Bo(^en, ja ÜRonatc lang
einer jablreid)en (Segnerf^aft, fatlö biefcr
bie 5luöl)ungerung nid£)t gelang, ©elbjl
Wenn e^ gelang, Srefd^en ju legen, fo war
ber ©türm nidbt lei^t. 2)ie ORauern
bracf)en entweber auf bem 9JiDeau beö
Sobcng ober l)öl)er, fußten aber bie (Srä*
ben fcincöwegg auö, foba§ eö immer no^
eine fieiterbefteigung galt, unb wenn bie
Sclagerten im 3""^!^" «i"« "^i* ^"^S "^^'^
erbgefüütcn Sonnen befleibete (ärbDer*
fd^anjung errichteten , fo bot biefer SBaü
bem ©efcftü^ mcl)r ffliberftanb alö bie 2Raucr
felbji. (äö fet)U barum gerabe beim Se*
Äricgöwcfcn.
389
lagcrungäfrieg beö fpätercn SÜJittcIatterö in
2)cut|'c^lanl) nid)t an ben aUerfeltfamfien
©treitmitteln. Sogar bie Laterna magica
wirb angctrenbet, um hnxi) ®eifterer[d)eis
nungcn bic abergläubifc&en 23erteiöigcr
pon bcn ü}?aucrn ju vertreiben, unb oft
fuc^t man bie belagerte ©tabt anjujünbcn,
inbem man Äa|en unb SBögel fängt unb
bicfe mit brcnnenben Sunten nad) bcr
©tabt jurüdfcnbet. S5ic bebeutenbfie iße^
lagerung bicfer 3«it ifi biejenige beä Äarl«
fteinö in Sö^men (1422), bie merfmür»
bigfte biejenige t>on Dricanö (1428).
5Dic crjlere bauerte 5 ÜJ^onate unb würbe
aufgegeben, na^bem auö ben ®c^Ieuber=
mafcftinen 1822 Sonnen »oll faulenbcr
€toffc unb 13 SBranbfäffer geworfen, mit
ben fdöwcren unb flcinen Kanonen 10 931
®ä)üffe abgegeben Worben. Sic leitete,
bie nac^ 7 9!Honatcn ebenfalls aufgel)oben
Werben mu§tc. bracf) Sat)n für bie neue
Söelagerungötaftif burd) ben ©ebraud) ber
Sclagerungäi unb *Mu«faUöartitIeric, bic
Äonjlruftion ber gf^ebouten , ßaufgräben
unb 2lpprod)cn, bcn ©ebraud) ber *)ßaliffa=
ben unb ^u^angcln, fowic burc^ iai Q.X'
bauen neuer SEBerte, wenn bic urfprüng«
Iict)cn bur($ ^iuix ober im Sturm jerflört
worbcn waren. (So werben auc^ fdion
ÜJJinen gelegt. Db aber barunter wirf^
lic^e ^uloermincn ju üerfief)en finb, ifi uns
gewi§. (Slüdlidjer waren (1453) bie Do-
mänen vor Äonftantinopel, inbcm il)nen
glottc unb ©cfAül gute S)ienfte leiftcten.
(Sin fold)cä foü 300 ■(Scntner ®ewid)t ge=
I)abt unb ju feiner Fortbewegung 700
2«ann unb 100 Dd)fcn crforbert Ijaben.
I>aö ®ewicf)t bcr ©teinfugel wirb auf 12
(Sentncr angegeben.
(Sincn wid)tigcn 5ortfd)ritt mad)tc ber
Sciagcrungefrieg in granfreid) , inbem
um bic OJJittc beö 15. 3abrl)unbertö bic
©teinfugeln burd^ gegoffenc Onctall*
fug ein crfe^t würben, bic bie ©irfung
bcr (Scfc^offc beträd^tlid) ocrmef)rten. 3lud^
bie rationelle Qlnwcnbung ber ßaufgrä^
ben alö 2lnnä^crungömittcl , fowie bie
ber ©d)anjförbe fällt in bicfe 3eit.
3u ftd)ern fudbte man ftc^ gegen biefen
»erpärtten J^cinb burd) oerfiärftc SDJauer:^
Werfe unb SBäac. Sic SDJauern würben
nicbriger, bod) fiärfer gemacht. (Sinjig
bie Surgen blieben bei iljrer alten 93au=
Ott, biö fu bann im 16. ^a^ir^unbcrt jum
offenen Canbft^ werben. 5ln ben SBc^r*
bauten ber ©täbte aber ift ber Übergang
»ort ber alten jur neuen Scfcfiigunflös
»T^eife, bic SRcnaiffancc ber gortififation
bcutlid) erfcnnbar. S)ie ^ürbcn unb ^olj*
bauten bcr Bretöches Perfd)Winbcn unb
mad)cn gemauerten SBe^rgängen $la^.
2)ie alten ©pi^türmc oetlicten bae S)ad^
unb erlialten eine Plattform, bie mit
1 — 2 i8üd)fcn iierfe^en wirb, beren bobren*
bcr ©c^u§ äwar oon geringer Sßirfung
ifi , bcr aber burc^ feinen ^üd|lo§ baä
fi^wad^c SDkuerwerf bebenflic^ erfc^üttert.
Qluf bcn iRonbengängen bcr (Suttinen,
welche t)öd)ftcn2i 2 gu§ Sreitc f)attcn, war
für tai ®i\ä)ixp fein $la^. SDlan machte
bal)er innen eine (Srbanf^üttung bi^ jut
j^öl)e bcö 3fionbengangeä unb ncrfal) bicfe
mit Sattcricn. 2lbcr aud) fo war ber
©c^ug ju bo^renb. S)at)er oerficl man
auf bcn ©ebanfen, bcn alten 3wi"9^''^
berart ausäugeftalten , ha'^ man »or ber
Qlugcnmaucr einen tiefen ®raben anlegte,
aU bcffcn öäcarpc nunmctir bic S'i^iusei*
mauer etfc^ien. 2)en 3tt'inger fclbfi aber
bilbctc man burd) Ülusfüllung mit
Srbe jum D^icbcrwatlc um. 33on biefem
ging nun bic ®efd)ü^cöt)crtcibigung aui,
unb l)inter i^m crl)ob fic^ bie |)auptmauct,
welche mit i^rcn Sürmcn unb il)rcn alten
®inric^tungen für perpcnbifularc I)efenfloc,
nad) wie »or für bic 33crtcibigung mit
bcn ^anbwaffen benimmt blieb. Swmers
bin blieben bic l)o^cn DJJaucrn unb Stürme
unoeränbert befte^cn unb boten aud) bem
fcrnjict)cnDcn %dniii einen 3ielpunft, bcr
feiten eeifelilt würbe. Um biefem ju be«
gegnen, fül)rte man jcnfcitä beö |iaupt=
grabcnä an ber ©teile ber alten ße^i
(lice) einen 23orwaIl auf mit Sßorgraben.
iBor ben ÜE^orcn crrid)tete man SBoUwerfe
(bouleverts, bastilles, bastides) auä .^olj
unb @rbe, welche bie alten Sarbigäne er«
festen. 5Dicfe 2lnlogen fnüpfen jtd) an
bie glorrcit^e SBerteibigung bcr »tabt
iRcug gegen 5?arl bcn Äü^ncn (1474).
©te tragen übrigen^ nur bcn (S^arafter
eineä iproüiforiumä.
3ur 23ref(i^clegung fonfurrierten um
bic SJcnbc bcö 15. unb 16. 3at)rbunbert^
SDline unb ©^u|. 3)ie crfie *pulDcrmine
wirb 1487 erwähnt in einer Belagerung
oon ©erejaneUa. (Sinige glüdlid)e (Sr«
folge oerfd)afftcn il)r balb gro§en Stuf,
wä^rcnb ftc im Saufe bcö 16. 3af)rl)un*
bertö mc{)r nur oerfuc^t wirb, wenn eine
SBrcfd)elegung migglüdt ober überhaupt ein
befonberer Qwid bamit crreii^t werben
foU. Übrigenö oerfagt i>ai ®cfd^ü| fei«
ten; wenn bie Ieid)ten Söüc^fen nic^t ge«
nügen, fo füt)rt man fd)Werc ißombarben
auf. 2)ie ©tüde Ratten ni^t blo§ ge«
390
Äricgötücfen.
goffene Äugeln, fonbern ttaren nun [clbji
gcgoffen ani iSronjc, »crfe^cn mit ©d^ilbs
jopfen unb iffianblafetten. S)er ©cbuf
formte baburc^ ftd^ercr gejielt hjcrben unb
t^at um [o unfehlbarer feine SBirfung,
foba§ auf ungebecften ^lä^en hai 93om-
iarbement tafd) begonnen unb ju (Snbe
gefüljrt merben fcnnte. Sföä^renb 1504
Äaifer iDIayimilian bie 14' biden ÜJJaucrn
Bon Äufftein mit 7 Äanonen ntd)t be^
Ettlingen fann, crreid^t er feinen ßtoid
fpäter mit 2 üJJonflcr^lSefc^ü^en.
3c mef)r nun bie Unäuiänglid)feit ber
bicEficn ÜJiauerroerfe gegen bie öerbejferten
©efdioffe ber Söelagerer ftd) aU Sbatfac^c
erttiicö, umfomct^r mu§te man befirebt
fein, bie 9?iebermäQe unb bie Oräben
»iberfianböfäfjigcr ju machen. 9'?amentli(^
bie le^teren erfuhren bie gröfte ilufmerf*
famfeit, fte üerbreiterten unb oertieften
ft(^ unb würben mit ®^u|mcrfen um»
geben, bie meniger befcf)offen, aU erfiiegen
»erben moKten, unb bamit beginnt bie
(Einführung cineö ganj neuen SJJomente^
in ber ^oliorfetif, namlid^ ber artiüerijlifcfic
Slaljfampf gegen bie glanfierungämerfe,
tOi\ä)n ftc^ wefentlic^ unterf^eiDet üon
bem ©efcbü^fcrnfampfe gegen bie ^oc^«
Bauten beö angegriffenen •ßla^eö. 3"'
beffen würbe man fet)r irren, menn man
glauben moüte, ia^ bei (Srfiellung neuer
Sefepigungewerfe nid^t aud) je^t nocft auf
ein gutc^ 9JJauermerf gro§eö ®ett>i^t ge«
legt morben wäre. 3Wan baute feflcr aU
je unb fud^te namentlid) burd) gute ®e=
jDÖIbe in ben unteren ©efc^offen ^en bort
aufgcjlellten ©efdbü^cn einen unbebingt
tafantcn @c^up ju fti^ern. 5D?an baute
biefe Sürme niebriger, aber weiter unb
»erfa!^ fte mit einer möglid)fi großen 3ai)I
toon Sd)ie§fd)arten; bie 3in"c" aber fielen
Weg, ha fte bod^ feine @id)crbeit boten.
Einlage unb @inri($tung ber Safleicn
Waren ein ©egenfianb unabUiffiger lOer»
fud^c für aUe europdifc^en Sölfcr. SWan
fa^ ein, ba§ iai fd)Wa^e %iütx ber SRon«
beln nic^t wirtfam genug war, um ben
5lnnäberungöarbeiten beö Jeinbeä frftftig
entgegenzutreten, ia biefer jebcn ®d)u§
jelinfad) ju beantworten im^anbe war.
Um biefem Übeljlanb ju begegnen, lie§
man bie üionbcln auf ber au§eren Seite
in eine gcrabe ßinie auöget)en, bamit
möglidifi »tele (äcfc^ü^e ju frontaler SBir*
!ung gelangen foüten. 5lnbere fd)oben
bie 93ajteien möglic^ft weit oor unb ViX'
banben fie nur burd^ eine fd)male fflaß^
junge mit bcm ^auptwall. 6o f)offten
fte wirffamer gegen bie %lanhn ber g^einbc
ju jielen, boten aber in beiben J^ätten ben
feinblid)en ©efd^offen größere 3iclpunfte,
b. i). üerloren an eigener ©id^er^eit leicht
me^r, aU fie gewannen. 3^ ^'^^^ inbeffen
über biefe ^Probleme nadjgebad^t Würbe,
umfomef)r fa^ man ein, ta^ bie ganje
Einlage ber J^pungöwerfe nac^ einem be«
fiimmten (Spliem üorgcnommen werben
muffe, wdbrenb man bi^Eier me^r jeben
einjelnen Seil für ftc^ kubierte unb nadE)
©utbünfen eeränbertc. 2)iefe Sefirebungen
Ratten jubem nur lofalen S^arafter. drjl
bie gro§en Umwätjungen beä 16. 3fl^t*
^unbcrtö brauten gluf in bie ^titn;
iai SBanberfc^aftöwefen entwideltc ftd^
unb nun erwucb^ ber fünfilerifc^en ^xo-
buftion ber foämopolitifd)e Sfiarafter,
weld^er ber SRenaiffance eigen x\t. Q,k
entfielt eine europäifd)e Sefejii*
gungöfunfi, wetd^e oon 3talien auö*
gebt. ®ie jeidt)net ftd) weniger burd^ neue
©rfinbungen, alö butd^ planmäßige unb
großartige Qlnlage ber einsetnen bekannten
Sefeftigungewerfe auö. ®ie 9!JJauern ber
Sürme würben biö auf 10 m S)ide crfiellt,
bie ©raben in einer ©reite, ta^ gto§e
Sruppenmaffcn ftdf) in benfelben bewegen
tonnten. S)ie SBaj^ionen, balb fpi^, balb
runb , bie Äafematten unb SBälle treten
mel)rfa(^ unb in beträd^tlicben 5tbfiänben
toneinanber auf. @ie itnb jubem »on
einer STJäd^tigfeit, ia^ fd^Were ©efd^offe
fte nid^t fo Ieid)t befeitigen. S)eutf(je
^eftungöwerfe biefer *Periobe ftnb j. 93.
Süfirin, ©panbau, ©üffelborf unb ein
SoOwerf eigentümli^er 5lrt ber 2J?unot
in ©d^apaufen.
SBon bem 5tugenblid an, i>a bie Scs
fePigungöfunfi befiimmte ©ranbfä^c unb
fejle i^ormen angenommen ^atte , mußten
audf) Serteibigung unb Eingriff ft)fiema*
tifi^er georbnet werben, ©egen Söefeftigun*
gen ber früheren [^eriobe, wo in ber
^auptfadfie nur ÜJJauern unb iRieberwälte
ju jwingen waren, war ber 91ngreifer in
ber Sage, beibe Olrtiüerieflodwerfe jugleit^
anzugreifen, unb War ta^ erfle genommen,
fo War bau jweite, bie iWauer," me^r nur
nodf) ju pafftDem Jöiberftanbe fä^ig. ©anj
anberä aber War ber SBibcrfianb ber nac^
ben ©runbfd^cn rationeller JJIanfierung
unb ^rofilierung erbauten, auögebe^ntcn
baftionierten gront. 25a waren f($on bie
5lnnä^crungöarbeitcn fd)Wierig. Die
Sd)täge ber ßaufgräben mußten fc^on in
bebeutenber Entfernung »om belagerten
*pia^e begonnen werben unb biefe erjien
Ärone.
391
3lrtteiten njarcn fc^on mit auörei(^enbcn
Sattertcn ju beden, foba§ bic feinblid)cn
Safiioncn an ber Scläjiigung ber ©appcurc
mögli^ji üetf)inbert tucrben foütcn.
3Bar ii gelungen, ben SBormatfd) bi^
an ben ©rabenranb ju erjwingcn , fo
mußten bort SBaffenplä^e errietet unb
btcfe fiarf bcfe^t rtierben, um ben n^ieber«
I)oIten 5luöfäQcn ber belagerten ju begeg*
nen, bie namentlii^ bie mi>n I)eranrüden«
ben Batterien unb bic ^Irbeiten ber
®(J)anjteute ju jerfiören tradjteten. (Snb»
lic^ tt)urben bie gro§en ©ef^ü^c aufge«
jiellt, bie jum eigentlidjen 93ombarbement
»ermenbet werben foUtcn. S)iefe >De =
montierbatterie hjurbe meifi er^ö^t
gebaut, ta ba^ Qid meifi nod) l)öt)er lag.
2)ie 3)eutf^en nennen ftc bie „überjWcrc^c
®d)anV' ober auct) nur bie „®(^anj",
S)ie 3ufammen[e^ung einer fold^en giebt
^erjog ^t)ilipp üon (Eleöc folgenbcrma^cn
an: 6 Kanonen (fc^mcrc Srefd)gcfc^ü^e),
2 [cf)mere unb 4 mittlere ®cf)Iangen unb
12 galfaunen. 5Die erfiercn foücn im
2;ag (®ommcräjeit) je 40 <£c^üf[e abgeben
fönnen , bie legieren [efunbieren blo§.
Sie [d)ttieigcn befd)eiben, biö it)ic großen
6d)meficrn fampfgerüfiet bajleljen, rcben
aber fleifig, mö^renb jene lieber gelaben
Werben, unb wenn bie Ulaä^t anbrict)t,
jtnb aüe (Sefc^ü^e auf ben fommcnbcn
Jag in ©tanb ju ftetlen, foba§ man mit
bem neuen SDiJorgen nur bie Sunte aufju^
legen braucht. 2)ie großen geben au^ —
Wie im Sraum — wa^renb ber ^iac^t bie
unb ba einen ®c^u§ ab, bic ^alfaunen
aber bürfen gar ni^t ru£)en, bamit ber
geinb nid}t neue 2lb[(f)nitte anlege, ^ür
ÜJ? örfcr unb Söller legte man nät)er
gegen ben $la| ^in „[onber georbnete
©ctjanäen" an. Weil man auä bcnfelben
nur feiten „in ber 6c^anj bei ben ®c«
fd^ü^en" fd)ie^en fönne. 9'?eben biefen
artilleriflifdf)en Sorfe^rungen fam auc^ bie
SWinenlegung wiebcr jur ©cltung, weld)cr
ber i^iint mit (Segenminen begegnete.
Sffiaren bie Srefcben weit unb nament*
lic^ tief genug, fo fd^ritt man jum Sturm.
Srocfenc ®räbcn überjlicg man leicbter,
naffe bagcgen mußten erjl i^res SBafferö
entleert ober überbrücft werben, ^luägäffern,
^öljern unb Srettern würben bie sBrücfen
gefügt unb auf 2 *Häbcrn an ben ®raben
gef^oben, ober mit ifieiö^olj, Sünbelfirol;,
Sßagen famt pm u. f. w. Würbe ber
©raben aufgefüllt unb fo ber Übergang
bewerEfieÜigt. ««atürlicf) boten bie S8e=
lagerten in folc^en ÜJJomentcn aüe« auf,
ben gcinb jurücfjufcf)lagcn unb bic ®ra«
benübergänge gefalteten ftd) ju blutigen
©cenen. 3uw (Sinfteig burc^ bie 93rcf(^en
fommt nod) bie Ceitcrerfieigung, bie meifi
an 2 — 3 ©teUen jugleii) oerfu^t würbe.
3luc^ bic ^aliffaben, %l)oxt unb Fallgatter
würben im entfcf)eibcnben 2lugenblicfe fräfs
tig berannt mit ber *Petarbe ober Srefc^s
f^raube. S)ie belagerten pflegten jtd) in
biefem äuferften ©tabium beä Äampfe«
maffen^aft unb mit ©lücf ber „glabber»
minen" unb ber ^Jeuerwerfäförper ju be»
bienen. Welche bie ©olbaten fc{)r fürcf)teten
unb wel^c eine glücflid) burd^gefü^rte
ißclagerung im legten ÜJlomentc noc^
fä)citern liegen, ©o lange ber 5lngrcifer
c« nic^t »erjianb , burd^ Einlage Don
Äontrebatterien bie ^tanfengefc^ü^e bireft
JU befämpfen, befa§ , bie Dtapnerteibigung
tai un5Wcifcll)aftc Übergewicht über ben
Eingriff. S)iefen JJc^ler ^evu^äufüplcn
unb äu »erbeffern blieb ber äWciten ^älfte
beö 16. 3al)Tl)unbertö vorbehalten, bie
bann auc^ namentli^ burdö bic ®rfinbung
neuer 3ü"^i'"9^>""^'^i^t""9f" f"^ ^^^
J^anbfeuerwaffcn bem ganjen Äricg^wcfen
einen ungeahnten Qluff^wung gab. S)a^
(Rabfd)lo§ würbe 1515 erfunben ju 9^ürn*
berg, bau ©(i)nappf(J)lo§ um 1540 eben«
fallö in 3^eutfd)lanb unb bae ©ted)erf(f)lo§
gegen (Snbe beä 3al)tl)unbertö in SUJüniicn.
©0 folgte, wie untollfommen biefc 93ers
fuc^c aui) ^eute erfd)eincn mögen, eine
fleinere iBcrbefierung nac^ ber anbern, unb
balb t)crrfc^en unter bem 5"§ooIf ^i«
©d^ü^cn tor. 5luc^ bie SReiterei wirb mit
i^euerwaffen ocrfet)en, nämlic^ mit SRciter»
arfebufe unb bem Jaufiro^r, ber ^ij^ole,
unb ebenfowenig bleibt bie ^Irtiflerie ju*
xM mit 35erbefferungen beö SlJJatcrialg
unb Serei($crungen ber S!JJunition. ^Jiac^
3äl)nö, ®efct)id^te beö Äriegöwcfen«.
ÜJergl. ^eerwef en.
Sronc. 5Die Ärone, lat. Corona, franj.
conronne , engl, crown , ifi ia^ ^tiä^tn
ber ©ouoeränität. gürflcn, überhaupt ber
^o^e 5lbel, tragen ftc ^att beö ^elme« im
2eappenfct)ilb.
*Muö ber ÜJJerowingcrjeit ftnb ad^t
aSotiü^Äronen befannt, bic bei wedöfelnbct
®rö§e ganj fon ®oIb gefertigt unb reidö
mit ebcipeinen gef^müdt ftnb. 3^^^ ifi
mit t>icr .Ketten t»erfebcn, bie oben in einen
gefd)mücftcn Änopf ober in einen einfad^en
^ing jufammenlaufen, bamit fie aufgc*
i)ängt werben fann. 2)ier bcrfelben be*
Pcben je an^ einem breiten, oonfommcncn
[Reife; bic übrigen Biet jtnb fpmmettifc^
392
Ärone.
burc^brod&en, eine in ©efialt einet runb^
bocjigen ©äulengalerie, »t»elct)e ber in ber
fpätrömifc^cn unb griec^ifc^en Saumeifc
üblichen ©äulcnfiellung üoOfommen tnU
fpric^t. 2)ie ©tcinc bilben bei allen am
unteren 9ianbc be^ 9ieifeö ein (Se^änge;
bie fünf grö§eren tragen aug il;rer SOUtte
^erabf)ängenb ein mit (Steinen befe^te^
Äreuj, unb bie größte tragt jubem jWis
f4)cn ben ©el^ängen bie ©olbbudbftaben
EECCESVINTHVS REX OFFERET,
lx)el(i)e barauf fd)IieBen laffen, ia^ bie
.Krone* unb fo auc^ n)a{)rf<$einlic^ bie
übrigen — f on bcm Könige Üteccefüintbuä
(jwifd^en 649 unb 672) aU „Ex voto"
bargcbrac^t hjarb. 5Die ©tirnreife fmb
jubem mit aneinanbcrgerei^ten Greifen
unb ^albfreiäförmigen SBertiefungen ge*
jicrt , fomie mit »erfc^iebenge^altetem
Slattetrtierf unb ein= unb auöwärtöge«
bogencn SRanfen nac^ ülrt ber fogenannten
^Palmetten. ©er bie Letten Bctbinbenbe
Änopf ber größten .Krone ^at bie (Seftalt
cineö jict) nad) unten ju »erjüngenben 2Bürs
felfapitalö mit tot) gejeicf)neten (Palm*
blättern unb ifi auö Duarj gcfcE)nitten.
3tße gSersierungen ber Ärone ftnb geprägt
ober leidet eingegraben; nirgenbö finbet
ftd) gilis^an ober gar ft)irflid)e ßmail.
S)ie eigentliche beutfc^e Äaifer*
frone, gemeiniglid) bie .Krone .Karlö beö
®ro§en genannt al« bie bijiorif(^ wiä)'
tigfte unb ättefie wirb in ber faiferlid)en
Surg ju SOßicn aufbewahrt. (Sie ifi
butd)gängig non ®olb unb 14 ÜJJatf
11 ßot 3 Duentd^en fdtjitiet , ac£)ted'ig,
mit acf)t oben jugetunbeten ^^Ibern, bie
in einen 93ügel ouslaufen. 2c «^''«i P«^
gcgcnüberfte^cnbe 93ügel ftnb miteinanber
Bctbunben. «Sie geben non Ärcujen auö,
bie auf bem ©titnfelb fid) befinben. Ober*
I)alb, längö beö 93ügel^ felbfi ert)ebcn ftd)
ȟiebcrum bi(^t aneinanber 'ad)t oben ab*
gcrunbetc i^dhn mit fel}r reid)en ^Perlen*
gieraten;, »on benen baö le^terc bie eben*
fatlö aiiö fleinen perlen gcbilbetc 3nfcf)rift
CHVONRADVS DEI GRATIA ROMA-
NORVM IMPERATOR AVG trägt. 2lu§er=
bem mec^feln bie unteren ^^elber in ber
®rö§e gleidbmägig bcrart, ia^ fortlaufenb
ein grö^crcö oon jttiei Heineren eingefaßt
rtirb, inbcm iai ©tirnfelb jur erfieren
gel)ört. 2)iefeö trägt jubem oben baö mit
©belfteinen nerf^iebener gorm, ®rö^e unb
garbc reid) gefc^müdfte Äreuj, tai rcie bie
unteren gelber jnDifAenbincin bid)t mit
fünfilerif^er Filigranarbeit auögejlattet
iji. 3cbeö Heinere gelb trägt eine bunt»
emaillierte S5atjiellung biblif^ct $etfonen
(©alomon , S)at)ib , ^isfiaö , dbrijiu^)
nebfi bet lateinifc^en iBeifcf)tift. Sin »ei*
tcrer ©djmud biefcr ^rone, bai «Suborium,
tüeldbeö al^ Snful ober ganoncö ju ben
Seiten i^erab^jing, ift im Sauf ber 3citen
tetloten gegangen. S)ie Ätonc ift übti*
genä nid^t ha^ 2Berf eine« ^ünfilerö,
fonbern fd^eint anfänglid^ nur auö ben
unteren ac^t gelbem bejianben ju l^aben,
unb jnjar ifi aui^ biefer Seil eine bpjan«
tinifcbe 3lrbeit auä bem 11. S^f'^^unbett.
Ätcuj unb Sügel follen eine fpätere ^in*
jufügung fein , früljefienö au^ ber S^it
Äonrabö IV.
2n granfrcid^ föurbc juerfi bie ßilic
in tai Oepräge ber Äronc »erfiod^tcn,
ttiäbrenb in £)eutfcf)lanb unb (Snglanb
burd^ ta^ 14. unb 15. 3cif;r^unbert »ot»
ne^mlidf) Sßlätter unb Sflanfen »erwenbct
merben. S)ie englif(^c Äönig^*
frone (^einrid^ö IV.) bejianb au^ einem
mit einem SRubin, brei großen «Saphiren,
jct)n großen *Perlen, nebfi »ielem ®olb*
fct)mieben)erf »erjiertcn IReife, über ben ftd^
breit auölabenbe, getriebene Slätter erhoben,
je jtt)ei aufeinanberfolgcnbe burdf) eine
2ilie unb brei "Perlen unterbrodE)cn. Qlud^
biefe Ärone War alfo nod^ eine offene,
tt)ät)renb ^einrid) VI. (1429-1461), au«
bem ®epräge feiner SKünjen ju fd^lie§en,
an feiner .Krone oben einen gebogenen
Sßügel anbringen lief, ber fpätert)in einen
Smeiten red^twinflig freujte. ©d^on ^ein«
ridt) IV. trug unter feiner Ärone eine
teidfjoeriiicrte Unterfappe, Wätirenb fte
bi« auf feine 3eit auf bem bloßen Äopfe
getragen murbc.
2)ie öfierreidf)ifd^e ^auöfrone,
fälfd^lid) oft für eine beutfd^e ^aiferfrone
gehalten, würbe 1570 für Oiubolf H. ge*
fertigt unb »on ia an üon ben ^abi^
burgern aU .Krone non Ungarn, 33ö|men,
unb Dfterreid) bei bem Sinjug jur Ärö*
nung in granffurt getragen. 5n i^rer
befannten 2)arfienung auf bem öfiet«
teid)ifd^en SÜBappen ifi fte mit einem
SRetd)öapfel gefrönt, ber i\)x in 2öirf*
lic^feit abgebt. 5luf i^rem mit ©bei*
fteinen belegten unb mit 4 größeren
unb 4 fleineren Slättern befehlen Otcif
erbeben ftd) auf jeber ©eitc jwei oben
fpi^ julaufenbe Äoneeje unb ftc^ ju je
einer iBierteläitugel »ereinigenbe mit ^güt*
lid^er 2)arfietlung befehle Sc^ilber, bie in
ber 5Ölittc pon com nadf) t)inten einen
breiten , feilförmigen 2tuöfd^nitt kffen,
burd^ wcld^en bie rote Äronfappe ftd^tbor
ÄrönungSinfignicn.
393
wirb. 2)cr JRanb be^fclbcn ift mit einer
pericnbefegten Sinfaffung emaiüiert. Über
bcm Qluäfc^nitt erbebt fic^ ber Sügcl, ber
ein ^reuj mit ungcf^liffenem (gapbir trägt.
(Srtüäbnenöttiert ifi ferner bie beut f et) e
^önigäfronc, bie im 2)omf(ä)a^ ju
9lac&en aufbeina^rt wirb. @ie würbe »on
9flict)arb non ßorntvaCliö bef)ufä feiner
Ärönung auö (Snglanb mitgebrad)t. jDer
JRcif ifi tion Silber, fiarf »ergolbet, gel)t
oben in eine Silie auö unb ijt mit üor»
fpringenben .Kameen unb anbern (Sbel*
fieinen gefc^müdt.
2)ie Ärone beö ^eiligen @tepf;an
toon Ungarn flammt au«( bem 11. 3af)rs
^unbert. Sie ifi eine gefc^Ioffene ^önig^*
frone mit jwei Sügeln. 3)a^ Äreuj jie^t
f^ief. m fiebt auf ber SWitte ber ^rone,
ia h)o bie IBügel ficfe treffen. 3" beiben
©eiten bangen fleine, mit ebeljieinen ge*
fd^mücfte ÄettcE)en t)eruntcr, Wie foldbe bie
bipjantinifc^c Äaiferfrone fc^mücfen,
bie burd) bas (Jbenma§ i^rer ^^ormen unb
fcf)önjie 5luöjiattung üor aßen genannten
\ii) auöäeid)net. ^bn acf)t platten wur?
ben erfi 1860 unb 61 bei 3it)itra=2)manfa
(Ungarn) beim pflügen aufgefunben.
9Jiarfgrafen füt)rten im SJBappcn
eine Ärone mit 4 t'ilien unb 12 «Palmen,
bie Orafenfrone ^attc 16 «perlen, bie grei*
i^errnfrone ^at beren 12; in benStabt*
Wappen trifft man bie SDiauetfrone, bie
einen 3)iauerfranä mit 3innen barjiettt.
3lu(f) in ber3fonograpl)ie brücft
bie .Krone Äönigöroürbc auö, iji ein QtU
c^en non Tlaä)t unb |)etrlic£)feit. ©ie i|i
ein 5lttribut ton ®ott SSater, S^rijiuä
unb ber ^eiligen Jungfrau, fowie eon ber
©cfialt ber d)riplicben Äirc^e. 2öo fte
auf ber (Srbe liegt, ifi fte ia^ 3f*ä)cn ber
IBerac^tung irbif^er .^otieit, auc^ ber Un*
fdiulb unb Sugenb. 3iac^ SBeif,
Äofiümfunbe; OTÜtler unb SKot^e«,
51rdbäoIogifd)eä SBörterbuc^.
^rönungöinfignien. 23 ei ben granfen
War jur ^tit ber SWeroWinger bie Sanje
iai Stiä^tn föniglic^er 2ßürbe. SDa«
eigentliche Äönigö= unb Äaiferornat ifi
eine 51neignung wefirömifcf)er Jrac^t, fpä*
tcr aud^ bie Sfiac^^a^mung be^ griec^if^en
Äaiferornate^. ©in folc^eö gewinnt aber
auf beutfd^em SBoben eine wirtUd^ gemein«
gültige, fefifie^enbe goiin «i^fi i"it ^ct"
12. u. 13. 3a^r^unbert, unb jwar famen
l^iermit weniger ber ©ci^mutf beö .Königö,
alö ber eigentlicC)e Ärönungöornat gemeint
fein; bie Ärönungöinftgnien, wie fte ^a^X'
^unbctte lang in 9lnwenbung famen unb
^eutc in ber ©ct)a^fammer ber .^ofburg
ju 2Bicn gezeigt werben, tonnen in if)rer
*öoüfiänbigfeit wo()l faunt vor ber Krö-
nung 2ubwig^ IV. (um 1328), cieüeid)t
jum crficnmal bei Sigiämunb (1414) gc*
braucf)t worben fein. ®o fanb man no(^
bei ber (Eröffnung beä ©rab'eö i^riebrirf)« H.
in «Palermo ben Äaifcr im üoüen Drnate,
fogar mit Ärone unb $Rcic()öapfel einge*
fargt, waf)renb nacf) einer 2$erorbnung bie
©egenfiänbc nacf) ücüjogener SBei^e ab=
gelegt unb bcc «Saürifiei ber 2)larienfircf)e
in Stachen alö ©efc^enf verbleiben foüten.
2)iefer 33erorbnung fd^eint überljaupt biö
auf bie genannte 3^it nid^t nacf)gelebt
worben ju fein, benn nod) 1273 ergreift
SRubolf fiatt beö »orgefc^riebcnen ©cepterg
{ia ein fol(ä)eö fe^lt) ein Ärujifiy.
Die einzelnen Ärönungöinfignien, Wie
fte fpöter bei ber Sinfe^ung jebeö neuen
^errfc^erö gebraucf)t würben , flammen
jum größeren Seile auö bem 12. ^a^r^unj
bert unb ftnb faft burc^weg fremben Ur^
fprungö. 3n il)rer befiimmten unb für
bie ^olgejeit ma^gebeuben 3uf""ii"*'^*
fe^ung werben fte jum erfienmal 1519
genannt, bei ber Ärönung Äarlö V. @ie
mögen jeboc^ in gleicl)er 2Beife fc^on feit
©igiömunb gebraust worben fein. 3"
biefen ^nftgnien jäfilen mit ^uöf^lup
ctlid^er nici)t mef)r benu^ten föinj^el^eiten
unb auögefc^iebenen iReliquien wefentlic^
no^ folgenbe:
1. S)ie ©trumpfe, Sibialien, lat.
caligae, tibialiae. ©ie Würben im 12.
3at)r^unbert in ©ijilien angefertigt auö
farmoifinroter ©eibc mit ®olb burc^flridt,
in gorm »on ßaubwerf. ©ie reicf)ten biö
über bie Äniee unb tragen am oberen
SRanb arabif(i)e Settern.
2. S)ie ©(f)ubc, ©anbalen, lat. cal-
ceamenta, sandaliae, soccnli, gleicf)en Ur*
fprungä wie bie ©trumpfe unb ä^nlic^
ben römifd^cn ©anbalen eon rotem 3ltla^,
öorn abgerunbet, mit «perlenflicferei in
©reifen unb ©Irenen terjiert, oermittelfi
f(f)maler Sanbflreifen über bem ^Ju^ge*
lenfe ju befefiigen. So waren baton
mehrere «Paare iwri^anben unb jWar in
»crf(i)iebener ®röge, gegenwärtig ifi nur
nod^ ein «Paar i^u'feben, ein auffattenb fleine^.
3. 2)aä Untergew anb, Dalmatica,
lat. tunica, talaris, »on bunfelwiolettem
©eibenjeug. 60 erfirecft ftd) biö unter
bie Äniee, ifi öorn geftfiloffen, langärmelig.
2tm ^aU ifi eä weit auögef^nitten, mit
golbenem ©aum unb einer 3"9f'^""i^
to eiferen, 2)cr Slrmelranb, fowie ber un«
394
Ärönungöinfignien.
tcrere ©aum beö SRodteä ftnb mit @oIb=
unb ^erlcnfiicf erei , nebjl bajWifc^cn ge«
orbneten !unjiüoü emaillierten Oolbblätt«
(f)en »eiferen.
4. 3)a« Dbctficib, bic Qllba ober
camisia, ein »eitcö, ^erabfallenbe^ ®c=
Wanb t)on meinem ©eibentaffet, an ben
aiänbern ebenfaüfg rei(^ oerjiert. 5lu(^
bie 5irmel fmb nac^ ibrer iöänge mit
rcicf)er (Sotbborte ücrfe^en, unb bic Sßrufi
bcbedt bementfprcdjenb ein mit allem
3ierat auägeftatteteö nieredigeö gelb. 5Die
©infaffung an bem unteren 9lanb ijl öon
beträcf)tli(|er Sreite, mit @eibc, ®o!b unb
perlen gefiidt. 3" biefen 9länbern finbet
flcf) eine 3n[(f)rift eingetieft, ttjclc^e be>
fagt, t>a^ biefeö ®ert>anb burcf) maurifd^c
Äünpier in Palermo unter ber ^errfc^aft
aiBil^elm I. (1181) angefertigt »orben.
5. 3)er ©ürtel (zona, cingnlum),
eine breite ©olbborte, mit Siergeftalten
cerjiert unb ftlberpergolbeten ©erliefen
»erfe^en, bienenb jur ©ürtung ber 5tlba.
<ä.i ip no(^ ein jrtjeiter ©ürtcl eor^anben
aug bid)tem. , fiarfem ©eibengelrebc , ge^
f^müdt mit Filigranarbeit, unb ferner
tt)urbc eincö britten, nun ab^anbengefom«
mcnen ermähnt, beffen „3cbbel" öon
{irfc^roter @etbe, ber „(£inf(f)Iag" »on
goibüberfponnenen ©eibenföben gcbilbct
tt)ar. a[Belcf)er üon aüen breien jum eigent=
lid^en Ärönungöornate jaulte, Iä§t fi^
ni^t mef)r ermitteln.
6. (Sin über fed)« QoU breite« SSanb
in ©cjlalt ber geijllid)en Stola, von gelb
geblümtem ®toff, mit bem ^cralbifdfjen Silb
beö SReic^äablerö gejicrt. 6« ft)urbe bem
Äaifer über ben ^aU unb freujweiö über bic
93ruft gelegt, aud) ethja mit einem jh)citcn
®ürtel übcrbunben.
7. Die §anbfc^u^e, tat. cWrothe-
cae, auö rot* unb purpurfarbenem ®ei=
benjioff jufammencienabt, au§en mit ßaub*
werE in ©olb- unb $erlenjlicf erei , fomic
mit emaillierten ®olbbled)cn, innen mit
®olbäieraten romanifc^en ©til^ bebecft.
8. Ärönungömantel, lat.Spluviale,
Pallium imperiale, paludamentum , tega-
men, i(i ein ÜJicifterwcrf tt^ 12. ^aiix-
l)unbertö, f)aIbEreiöförmig gefd)nitten, bils
bet einen auf ber 93rufi ju befefiigenben
JRüdenmantcl oon 5 gu§ fiiingc unb 16
%u^ 93reite, ifi ein feftcs, bunfelrotcö,
burcf)tt)cg gemufterteä ©eibengemebe mit
golbgefa^tem ^al«auöfd)nitt, ' ebelfleinge»
jierter «rufifpangc unb baranf^liefenben
»ruflf^ilben »on pract)tt)oa emaiaicrtcm
©olbblec^. Über bie Ofiücfenmitte ge^t
eine ©tabocrjierung Don ©olbflicfcrti unb
$erlenbefa|, bie ^ä) oben jebcrfeit« in
brci mcbr ^orijontal gefcfjwungcne bldttcr«
artige ©täbdien ocrjroeigt. ^itt ber bei*
ben IRantel^älftcn ift mit einer burc^au«
t^on ®olb gett)irftcn unb mit ^Perlen be*
fiidten S)arjlettung cineö ßömcn nebfl
einem unter it)m liegenben Äamclc fajl
aueigefüllt. SRingölicrum ijl er xtiä) bor«
biert, longo feines Dorberen SRanbeä mit
jmei bicl)ten Ferienreisen unb ba^mifd^en*
laufenbem 93efa^ üon ®olb(licEereien mit
fortlaufenfcem »ierflecblattförmigen *Pcrt*
jierat , längö beö unteren SRanbcö mit
perlengefagter arabifd)er ©cferift in golbe*
nen „fufifci)cn" ißuc^jlabcn gefc&mücft.
3Sr äufolge mar ber SOiantel für ben
f!jilif(l)en D^ormannenfönig SRobert ®mi'
corb angefertigt im ^a\)xt ber glud^t bcä
«Propheten um 528 (1133 n. 6^r. ®.) in
ber „glüdlic^en ®tabt ^Palermo", morauö
man jugleii^ gef^loffen ^at, ta^ er ^öd^jl
tt)al;rf(^einUcS erft unter ben legten lio^en*
ftaufen ju ben 9'leid)öfleinobicn gefom«
mcn ift.
9. 3)ic fogenanntc Äronc Äarl« be8
®ro§en. («Sic^e hm 2lrtifcl Äronc.)
10. SDaö ©ccpter, lat. sceptrum,
virga. ®a« urfprünglicf)c Slcicfeilfccptcr
ging fcf)on früf)jeitig oerloren. *öon ben
nod) vorljanbenen bilbet baö ältere, ttjaljr«
f($cinli^ auö bem 14. ober (5nbe tti
13. 3af)rt)unbertä ftammenb, einen ^olilen
©tab pon jmei ^u^ ßänge, au« Pcrgolbe*
tem ©ilbcrbled) beftet)enb, an brci ©teilen
tüxä) riergolbctc 9?ingc unb Änäufe unter*
brocken, an feiner ©pi^e eine (5id)el mit
Pier (Sic^enblättern tragcnb. Sin ^»eitc«
©cepter ifi einfa* »on ©ilber, glatt, ^o^I
unb runb, ein brittcS, iai fpätere eigent*
lic^c SReic^öfcepter, ifi ma^rfc^cinlic^ eine
nürnbergif(f)e ®olbfcE)miebearbeit auö bem
16. 3aSr^unbert
11. 2)er SRcic^äapfcI, tat. pomnm,
globus, batiert oorauäftd^tlic^ ebenfalls
auö bem 12. 3a^tl;unbert. Sr ift eine
auö ®olbbled) fünitlii^ getriebene Äuget
non 3% 3oll SJurd^meffcr, mit ^arjigcr
SD^affe angefüllt, Don jmei ftd^ freujenbcn
tReifen umfpannt, auf beren oberem Äreu*
jungöpunft jt^ ein golbenc« Äreuj er*
^ebt, ha^ , mie auc^ ber obere icil ber
iJieifc, mit farbigen ©belftcincn gefcf)mücft
ift. (Sin an gelbem ©ap^ir befinblic^eö
(DJonogramm ift noc^ ju beuten. 2)ie
einen galten e« für ein t)immlifcf)eä 3^^'
d)en — «Sonne, SWonb, ©tier, iBibber,
gifc^e, — bic anbcrcn wollen einen 3Jamen
Ärönungötnjtgnien.
395
^erauölefen unb jtttar ßuonrab ober
XPICTOC. ßvod anbete »or^anbene
IRcic^öäpfel, ringö mit ©belfieincn bebedt,
jaulten n)oi)I nie mit jum Ätönungöornat.
12. Drei ®cf)ttiertet üon reid)cr 5tuös
jtattung. a) S)a* ©cf)tt)ert bcö f)cili*
gen SlJJauritiuö jiammt ebenfalls auö
bem 12. 3a^i^unl'ei:t. So ifi ein 6ere=
monienf(i)Wert , tt)elcf)eö bem Äaifer bei
ber Äronung Dorangetragen tüurbe. S)ie
übet btci gu§ lange, oben abgerunbete
.Älinge flecft in einer ©d^cibe t)on bünnem
©olbblec^, bie jeberfeitö burc^ ©belfieins
einfa^ in fteben ßagerfelber nbgcgtenjt bie
SBilbniffe ebenfoüiclcr Äönige im^rönungä»
Ornate tragen. 3)et ®tiff ijl fteujförmig,
oben mit einem linfcnfötmigen Änopfe
bebcdt. 2)crfelbe trägt auf ber einen
6eite einen 5lbler mit bet llmfci)ti[t:
„BENEDICTVS . DOS . DES", auf ber
anbern ©citc einen geteilten ®^ilb, beffcn
eine ^älftc mit einem f)alben $(bler, bie
anbcre mit brei ßömcn gcjiert ift, nebjl
ben no^ leöbaren Übcrrefien ber SBorte
„EVS GVI DOCET MANVS." 5lu^ bie
<Parierjiange trägt eine längere ^nfc^rift.
1}) SDa« jttieite ©djmert i^ ein alt<
otientaIif(i)cr ©äbel üon raägiger Ärüm»
mung mit grünlicher ©d^eibc unb ©otb*
Wec^^ unb (£bclftein»erjierungen. ®« fotl
nad^ ber Srabition ftd) auf Äarl ben
©rofen jurü(ffü£)ren lafl'en, ber eö non
bem arabifct)en dürften ^arun^al^Siafc^ib
gcfcf)enEt erljaltcn ^abc. c) Saä britte
®d)tt)ert, iai „@d^tt)ert RaxU beä
©ro^en" iji ttiot)I ba^ jüngpe üon allen,
unb erjl burd) Äarl IV. ben 3n«
fignicn beigerec£)nct, alfo um bie SDfitte
Ui 14. 3a^r^unbertä. 2)ie jluei gu^ elf
3ott lange Älingc ijl jtneifctincibig unb
läng« i^rer SDtitte etwaä runblid) au^ge^
f(J)Uffen. 5Der oergolbetc ©übergriff trägt
einen fcf)eibenförmigen, fentredbtgcjieatcn
golbenen Änopf, ber in.jmei breicdigen
©gilben aU fd)meljfarbene SBappcnbilber
ben cinföppgcn fdjrtiarjen 5JbIer unb ben
böf)mif(^en ßömen jeigt. 2)ic ®d)eibe ifi
öon ©olbblec^, mit Filigranarbeit, QJerlen-
teifen unb ©c^meljäierat reid) gcfc^mücft.
13. 3u ermähnen ftnb ferner ein
3teUquienf äjtc^en, mit atlegorif^en
©ccncn ber 3agb unb beö 5ifä)fangeö,
übtigenö me^rfac^ rejiauriert, in feiner
urfprünglicf)en ©efialt mo^l aug bem 7.
3at)rl)unbert ftammenb, unb enblic^
14. tai (jtoangelienbuc^, ©oange*
lijiarium, ta^ im ®rabe ^axU bcö Oro^en
fltfunben morben fein foü, S)aä Sud^
mag ber angegebenen 3^'* entflammen
fein gegentvärtiget ©inbanb jebod^ get)ört
bem 15. 3^it)rt)unbert an.
2)ie ^rönungöfeicr fclbfi gefd)a^ nacf)
3. SRömersSü^ner (2Bat)I unb Krönung
ber bcutfd)cn Äaifer) unter fotgenben
ü}kpna^men:
„9'{a(I)bem bie Salbung üoüjogen mar,
mürbe ber Äaifer con ben ^^urfürfien ober
beren ©tcücertrctern in t>ai 2ßa{)Ifonftaoc
geführt. S)cr Äurfürft fon ü^ainj blieb
beim 51Itar jurüd. hierbei trugen bie
Stetc^^crjämter bie Snj^flnien ^o"^ ^^^
5?aifer ^er. 3n ber .Kapelle angelangt,
überreid)ten bie 5tbgcorbneten üon Slürn«
bcrg bie ©trumpfe unb @($ut)e. 2)er
furbranbenburgifd)c ®cfanbte legte if)m
tai lange Unterfleib, hai Dberfleib unb
bie ©tola an, le^terc [0 um ben ^al«
orbnenb, i>a^ beren beibc ^ätften »orn,
übet bet ißrufi, einanber frcujten,' Wor=
auf if)m bie nürnbergif^en ©efanbten
bie (Strümpfe unb @(^uf)e anjogcn. ©0
befleibet fd)ritt ber Äaifer, begleitet oon
bem 2Bal)lgefoIgc, mieberum in bie Äird)e
jurüd, ftc^ abermalö »or ben Elitär bc«
gebenb. 3nätt)ifcE)en ber I)ier abgehaltenen
§eier, unb jmar junäd)fi nad) mel)rfad)em
®cbet, nahmen bieÄurfürften üonSrier unb
Äöln com Qlltar bact „©c^mert Äarl« be«
®ro§en", entblößten cö Don feiner ©treibe
unb übergaben c« bem .Kaifer. ©obann,
aU ber Äonfefrator bie barauf bezüglichen
SBorte gefprod)en, bet)änbigtc ber Äaifer
tai ©c^mert bem furfäcf)fifd)cn ©efanbten,
welcher eö in bie ©d)eibe ftedte unb nun
im 35crein mit bem furbö^mifd)cn ®c*
fanbten ben Äaifer bamit umgürtete. 5Da*
nad) naf)m ber (Seremoniariuö oon
bem 5tUar einen fofibarcn SRing,
übergab biefen bem Äonfefrator, ber ibn,
gleichfalls unter einer barauf bejüglid)cn
2lnfprac^e, bem Äaifer an ben ginger
fledte. 23on berartigen Qlnfprad^en be=
gleitet empfing ber J?aifer l)ierauf, juoörs
berfi burc^ Sermittclung »on jmci ^Iffifiem
ten unb beö ßetemoniariuö , abermalö
burd^ ben Äonfefrator, baö ©cepter unb
ben (Reiä)öapfel. Unb nad^bcm er balb
bana;^ hai ©cepter bem !urbranbcn=:
burgifd)en, ben Steictjöapfel ben furpfälp
f(^en ©efanbten feierlic^fi eingef)änbigt
^atte, marb i^m üon bem furbranbcn^
burgifc^en ®cfanbten unb ben ^Ibgcorb^
neten »on Dflürnberg ber fofibare SDiantel
umgeljängt, fobann t>on bem Äurfürfien
t>on Srier, unter Seijianb beö Äonfefra=
torö , bie föniglic^e Ärone aufgefegt,
396
Ärujtfij; — Äupferfte^funfl.
fd^Iieflid^ i^m auf bog St)angelienbu($
bcr faifctlicbe 6ib abgenommen." Ula<i)
2öeif, Äofiümfunbe.
Ärujiftf. S)ie altd)rijllid)c Äunfi U'
gnügte fid) mit tt)pifc£)en unb fpmbolifcficn
QInbeutungen bcr Äreujigung; tai Dpfer
Qtbelö, 3[«e^i[ebcfö, 5lbvaf)am«, tai Äteuj
mit bem ©otte^lamm am giif ober bem
Srufibilb beö (Srlofevö an bev ©pi^c.
Die Qlufnabmc ber Äreujigung (Sbrijli in
ben mittelaltcrlid&en SBilbevfreiö bereitete
ftc^ in ben Streitigfeiten »or, meld)e man
namentli^ in ©prien über bie beiben
Staturen beö .^crrn führte; fprifc^c ÜRönd^e
^aben im 6. ^a^xl). juerjt ben gefreujigten
®I)rifiug abgebilbet. ©eit bem 8. unb 9.
3abr^. wirb bie ADarfteüung jundc^ft in
SWiniaturen unb auf (Slfenbeinbccfeln ge*
möbnlic^ unb nac^ unb na^ iai i^erbrcis
tetfte ^auptbilb ber ganjen Sbri^cn^eit.
3ft)ei ^auptauffaffungen muffen untere
fd)ieben n^erben : 1) ber ältere, ibeale
2;i)puö, nad^ n3cld)em ß[)rij!uä lebenb, ju^
ȟeilcn aucJ) fd)on Perbenb mit geneigtem
Raupte, geiDö^nlic^ mit tt)agerecf)t ausge-
breiteten 5lrmen, mit ober o^ne D^imbuö,
niemals aber mit ber S)ornenfrone, frei
am Äreuje auf einem gu§brette fie^t,
tt)obei ^änbe unb gü§e entweber gar
nic^t ober mit oier SRageln angef)cftet ftnb.
©er Seibenbe ifi mebr ober weniger hi^
f leibet. jDiefer Qluffaffungömeife, bie mit
bem 13. ^ai)xl). erlifd^t, liegt bie 3bee
ton ber llnflerbli(i)feit ©otteö unb ber
JJreittiilligfeit beS Scibenä S^fu ä" ®runbe.
2) 2)er feit bem 13. ^ahx^. berrfc^cnb
Wcrbcnbe reale IppuS, bei melcfeem fic^ bie
Äunft enger an bie gef(i)ic^tlid)c unb
pft)^oIogifd^e 2BaI)r{)eit anf(i)Io§, o^ne
jjebocft ben 6ieg beö SebenS über ben Job
auä bem 5luge ju n erlieren. S)er öcibenbe,
fierbenb ober bereits oerfc^ieben, hai
borncngefrönte .g>aupt nad) ber rechten
Seite neigcnb, crfcf)eint gett)altfam an ben
2lrmcn aufgehängt unb ifi mit brei DfJägeln
an ta^ |obe, immer mit I N R I bejei(ä)=
nete .^reuj gcfc^Iagcn, ju meld)em (Snbe
bie ^ü^t übcrcinanber gelegt ftnb, unb
jttjar fo, i)a^ bcr red)te ftetS oben liegt.
S)aS Äreuj, nad) bcr fiegenbc auS einem
93aum gejimmert, ben <5etl) oom 93aum
beS iJcbenS auf ta^ @xab QlbamS geppanjt
^atte, ifi grün mit roten Elften, feit bem
14. 3at)rt). jeboc^ blutrot. Dttc,
Äircfclid)e llrc^äologie.
Subrun, ficbe ®ubrun.
Äu^jfetftc^Iunft.
93cina^e jur glcid^cn 3eit, alS 'ber
^oljfd^nitf in bcutfd^en ßanben auffam
unb anfing, bie größten Äünfiler ju befcf)äfä
tigen, erfianb aud) fein jarterer 3tt)iningS5
brubcr, ber .Rupferfiic^ , »reicher gleid) je«
ncm berufen mar, ber äcicbnenben Äunfi
äu jener 23etbreitung unb Popularität ju
oer^elfen, beren biefelbe ftcft feit Seginn
beS 15. 3a^r^unbertS ju erfreuen anpng.
5Den ^oljfc^nitt fe^en mir auS ro^cn, un^
bef)olfcnen ^anfangen entfietjen unb fön*
neu i^n als ein ma^reS Äinb beS QSolfeS
betra(^ten, melc^eS feinen, anfangs blo§
bur^ Umri§linien |)ergefielltcn finbli^s
nainen 3ßi^"Uttflfn burc6 buntfarbige
iibermalung ju ^ilfe ju fommen fu(i)t.
Si^icbt fo ber Äupferfii^. 2tuS einer bc«
rcitS meit entmidelten Äunfi ging er alS
ein S^cbenprobuft, als ein urfprünglid^
gar nic^t beabfxd)tigteS SRefultat t)eroor.
(SS mar bie eble ®olbfcf)miebeEunji, meldte
uns mit ber {)öcf)ftcn unter ben repro*
bujierenben jei($nenben Äünfien befd)enfte.
<Bä}on burd) cerfc^iebenc i^ren 3wecEen
bienenbe 5lrten ber Sedjuif, mie (ämail
unb yikUo mar biefelbe in naije 23e«
jiebung jur SDklerei getreten unb ja^I«
reid^e Silbbaucr unb SD^aler , baruntet
folc^e mit ftoljen 9tamen, maren auS ber
®oIbfd)miebemerffiätte i^crt>orgegangen.
©eit ben ältcften 3eitcn ^atte bie ©olb*
fd^miebcfunfi 3'^i($nungen in SWetaüplat»
ten graoiert unb jur beutlidjeren Sctonung
ber eingegrabenen Sinien, biefelben mit
einem fd)marjen @d)meljflu§, bem fog.
Nigellum auSgefüüt. ülcid) langer Söers
geffen^eit mar biefe Ztäixiit im 1 5. ^a\)x»
l)unbert mieber fe^r in Qluffc^mung ge«
fommen. SS lag aber nun na^e, t>a^ bie
®oIbfdt)miebe, meldte bergleid)en SRiellen
anfertigten, münfd)ten, fid) cor 51uffdf)mels
Jen beS iJiieüo eine *Borftellung ber fertigen
3eid)nung ju machen. 2)aS führte auf
ben ©ebanfen, »or ©intoffen beS JRigeKum
Don ber graoierten 'platte 5lbbrüdc auf
Rapier ju nef)men. 2)amit mar ber Äupfer*
fiid) in feinen ©runbjügen erfunben.
2)er llnterfc^ieb, melcfeer jmifcbcn |>oIjs
fc^nitt unb ilupferfiicf) liegt, erbeut barauS
flar. SBä^rent» bort bie abäubrudfenbe ßää)'
nung ergaben ficl;cn bleibt, jeigt bieÄupfer?
platte bie 3fii^nu"9 oerticft. 2)ie '^cixht
mu§ I;ier in bie Vertiefungen eingreifen
unb Don biefen auS auf baS ißapier
übertragen merben, nad)bem »on ber, ot)nc*
t)in blanf polierten unb fomit für bie 31n»
na^me &er fettigen Q^arbe ungeeigneten,
nii$t »ertieften Oberfläche jebc ©pur »on
©c^märge entfernt morbcn ifi.
Äupferficc^funfi.
397
3um Eingraben ber 3fi^nung bebicnt
ftd) bcr Äupferlled)« entttieber aüein feiner
2ßerfjcuge (Jinbel, ©tic^el jc) — cigent*
lieber Äupferflirf) — ober außer benfelben
Qud^ eineö d)emifd)en ÜJJittelö , bed 51^=
tDaff^rö — iRabierung. 2)er eigentlicle
Äupferfiic^ ifi bie ältere SO'?et{)obe unb
n)irb biefetbe enttncber alö Äartonfii<f^ fo
auäcjefü^rt, ba§ ber Unterfc^ieb j»vifd)en
jiarfen unb fd)tt)a(i)en ®d)atten burd) bic
gröfere ober geringere Sreite ber öinien
erreicht irirb, ober aU farbiger ©tid), fo,
ba§ bie ©d^attierung hnxi) Äreujiagen
ber @trid&c errei(f)t wirb , wobei man fid)
nicfet auf ä^Jei Stridjtogen befd)ränft, aud}
ft)of)I bie 3*^if*'^n'^'iu'ii^ niit fünften
auöfüüt ober fieClcnweife gan^ mit *13unf?
ten arbeitet, burd) meld)e größere Si^Jannigs
faltigfeit ber SDUttel eine farbige fflirfung
^ertiorgebra($t Werben fann.
SBiel häufiger aU ben ©tid) ftaben bie
SOlaler »on jcber bie SRabierung geübt,
hierbei überjiebt man bic ganje .ju be^
arbeitenbe *Clf>tte mit bem fog. ^t^grunbe,
Welcher, ba er oom it^roaffer ni(^t ange=
griffen wirb, bie Dberf[äd)e beripiatte fd)ü^t
unb nimmt biefen ®runb barauf mitteilt
ber jRabicrnabel, be^ 6ci^abeifenö :c. ha
wieber fort, wo bic 3cid)nung erfdjeinen
unb hai iJttiWaffer einwirfen foü. — (Sine
5Ibart beö j?upferfiid)g ift bie „fc^Warjc
Äunfi" ober bie igd^abmanier, bei weld)er
aüi bem mit bem fogenanntcn ©ranier-
jiabl aufgeraubten ®runbe ber platte, bie
me^r ober weniger leichten ^Partien ^er«
auögefd)abt Werben; eine *}lbart beä 5(^ocr'
fabren« ftnb bie t)erfd)iebencn 5lquatinta=
manieren, bei weld) legieren bie ®runb-
lage <£d)attcn ifi, auä welkem t>ai öic^t
Iierauägeavbeitet werben mu§, unb ber
Äreibeflvic^, weld)er eine 3"'J)nung {)er=
vorbringt, bie ber Äreibejeic^nung äf)nlic^
Über bie ^rioritdt ber Srfinbung beö
Äupferfiidbä ift inel geftritten worben;
nad)bem biefelbe juerfi ben 3t<^Iiencrn jur
gefprod)en worben war, wo ber ®oIb=
fcbmieb ÜJiai'o ^iniguerra nadb 23afariö
93erid)t um 1460 juerft ^bbrüde fol^er
9lrt gemad)t baben foK, i)at ftd) burdb
Weitere ^oifcbungen berauggefieflt , ta^
bie größere 9Ba^rfd)einlid)fcit für 3)eutfd)s
lanb fpric^t. Qlbgefeben »on beutfd)en
9?ieIIen , bie in ber 3fi'^nung ganj beut«
Hc^ ben ©barafter ber erfien |)älfte bcä
15. Jabr^unbertö jeigen, befr^t man einen
5lbbru(f eineö oberbeutfd)en IDfeifierö mit
ber 3a^reöjat)I mcccclvl (1446) , bie
©eifclung Sbrifii barfieHenb. Diefcm
Äupferfle^er ifi ein anberer OJJeiper mit
bem aJlonogramm P, beffen »on fict
(Sngelc^ören umgebene Virgo immacnlata
oom 3a^re 1451 batiert ijl, bercitö bc«
beutenb in Jec^nif unb 3ei*"ung übers
legen. ?luö bem ^aim 1457 befi^en wir
eine aug 27 Slättern beftebenbe ^affton.
51uf ber Darfteüung beö Qlbenbma^lö finbct
fid^ bie 3al)reöangabc im „LVn. 3or."
3m 7. 3al)r5ef)nt fe^en wir bereite jwei
@d)ulen ficfe bilben, eine nieberlänbifc^e
unb eine oberbeutfd)e. 2)ie erjlere gruppiert
fid) um ben (in (Ermangelung feine*
DiJamen«! mit ber 3af)re^ja^l benannten)
SOkifter t»on 1464, ben man auc^ na^
ben bei ibm häufig oorfommenben ©pruc^*
bänbern le maitre anx banderolles gc*
nannt l)at, unb beffen Äompofrtionen üott
?Jb«ntafu, beren (Entfaltung nur burd^ bie
mangelbafte Se^niE gebemmt ifi, jiarfe
Umriffc unb bereit« feine «Schraffierung in
Äreujlage jeigen; bic anberc ©c^ulc ^at
in bem SlJieijier ES oon 1466, oon bem
man ncbji »ielen anöern ©ticken eine
S)arf}cC(ung ber ,. engelwiche zu unserer
lieben frouwen zu den einsiedlen" befi^t,
ibr ^aupt. 2)er IReiller E S fc^cint eine
gro^e ^ai)l eon S^ülern gehabt ju ^abcn,
beren bebeutenbfie ber ilJJeijier oon ber
tiburtinifcben ©ibpüe unb ber SDteificr »om
Äartenfpiel pni»- — 2)em följaraftcr ber
3ei(^nung nac^ ju fd^lie§en, fianben bic
bie^erigen Äupferfiec^cr faum in unmittel»
barer Sejie^ung jur S!J?alcrei, bic Ttt^v
jabl waren ©olbfc^micbe. 9^unmct)r tritt
aber ein Äünfiler ber Äupferfied)?unji auf,
ber jugleicö ein bebeutenber 9Jtaler war:
3Wartin ©c^ongaucr. (Sr fü^rt ben Stid^cl
bereite mit ßoUcnbcter freiet SlJJeifterfd^aft.
23on Slrbeiten feiner |)anb ober auö feinet
SBcrffiatt fennt man 139, barunter Der-'
fcbiebene2!Bicbcr{)olungenin©ilbergraüiert.
3u ®d)ongauer^ ©dbule getjören: 2)cr
DJJcijier B S («Sart^el Scbön) , 5Ubre(^t
©locfenbon, SBolf |»ammer, Söenicl oon
Dlmü^ unb Uro ©embetlein. hieben
©(ftongauer waren gegen (Snbc beö 15.
3af)rt)unbert0 nod) in Dbetbcutfc^lanb
tbätig ber berübmte 53ilbt)auer Seit ®to§
unb "ber gefd)idte Äupferfied)er 9iicolau«
5llefanber 5JJait von ßanbö^ut, weld)ei
befonber^ baburd) metfwürbig iii, ba| er
mitunter 2lb^rüde oon feinen platten auf
braunlid)em unb gtünlid)grauem ^a|)iet
nabm unb bie Siebter mit 2Bei§ ober mit
(Selb bö^tc. aBat)rfc^einli^ gab SPlait
burc^ biefe Se^anblung bcö Äupfetjiic^*
26
398
^upfctfied^funjl.
bcn erfien 5(njtof ju bem in ber ^olj*
fd^neibefunil, nai^wciäbat feit 1506 fo oft
jur ^Inirenbung gefommcnen S^iatoöcuro.
Um bicfelbe 3^*^ finben wir in SBefifalen
ben gcfc^idten Äupfct|iecf)et J^ranj von
93oc^oIt unb „3^ra^el üon SOietfenen,
©olbfmit", wie er ftd) felbfi bejeic^net
unb bcffcn ja^lrcid^e Qlrbeitcn meijl ^iad)'
fiid)e nac^ anbern SWeijiern, namcntlid^
naä) ©d^ongauer fmb.
3m 16. 3a{)rt)unbert Wirb ber Äupfer*
fii(^, btr big()er boc^ mc^r ober »eni*
ger in ^dnben ber ©olbfd^miebc geblieben
war, eine felbüänbige Äunfi, unb erreicht
unter ber gü^irung ber größten ÜJialer
ber 3eit «int ^o^t ®tufe ber 25oIIenbung,
um nod^ im felben ^a^t^unbert einerfeit«
einem getüiffen 33irtuofcntum unb ber
SOflanictiertlicit onfieimjufallcn, anbererfeit«
burd^ Äleinmeifier unb Drnamcntijien
wieber in nafie 93ejie|ung jur ®oIb«
fc^miebefunfi unb anbere Äunjl^anbmerfc
ju treten. 35or aQen anbern ©täbten
mar ti je^t 9iürnberg, mel^eä für bie
(Sntmicflung ber Äupfer^ec^funft ber
fommenben ^a^rje^nte ta^ cntfcfeeibenbe
Söort ju fprec^en begann. 68 mar bie
geniale Äünjilernatur beö 5llbrecf)t Dürer,
meldte bie aufgefcimte Slütc jur gruc^t
entfalten foüte. iJiirgenbiS erfc^eint 2)ürer
gcrabe in feinen malerif(^en ©igenfd^aftcn
fo »oüfommen, mie in ben Äupferjlid)*
blättern, in meinem er ba^ oon früheren
ÜJleijiern, namcntlid^ oon @d)ongauer 93c*
gonnene jur f)öc^jien iBollenbung bringt.
2ßcnn auc^ naä) ©eite ber formalen
Sd^ön^eit <Scf)ongauer non i^m fcineö*
megö überragt mirb, fo befielen boc^ bie
2öer!e feine« früheren ÜJleipcr« neben ben
feinigen in ber Äraft ber ß^araftcrifiif,
ber SBa^r^eit beä *Muäbruct« unb ber
fircngen Seid^nung. ÜJJit 5rcil)eit unb
®ic^ert)ctt fü^rt er ben ®rabjii(|cl, mie
bie Kabiernabel unb t>erjlcl)t e«, burdf) bie
Hjart^eit feiner ©tric^lagen, burdf) eine
tünftlerifd[)e 93ollenbung ber ßinienmanicr
unb eine mcifterl;afte Sc^anblung be«
Übergang« »on ^eü in« Dunfle feinen
Sßerten eine ed)t, malerifdl)e 2Birfung ju
»erleiden. 2lu« ber reiben 3«^1 f«*"«'^
9lrbeiten mögen ^eröorgcljoben merbcn:
bie t»ier ^ejcn, 5lbam unb (Soa, ber f)eilige
^ieronr)mu«, ber l)eiligc ®uiiad)iu«, bte
(Siferfu^t, bie 3^cmeft«. bie «Porträt« »on
5llbrcc^t »on aSranbenburg unb era«mu«,
bie 9flanbjeid^nungett jum ®ebetbudf) t}ti
Äaifcr« üKay imilian , in meieren ftd^
^umor unb ^^antafte ju finnig anregen«
bem Spiele oerbinben k.
Qluc^ fein Sc^rer, i»lidf)ael SBo^lge*
mut^, f)at ja^lrei^e ©tid^e ^interlaffen,
meldte jmar »on anberen, ba tai fUtono«
gram W beibe Deutungen juläft, bem
Sßcnjel »on Dlmü| jugeteilt «erben.
Unter ben S^itgenoffcn Dürer« finben
mir ben ©olbfd^mieb Äunj unb ben 3acob
SBaldt), »on bem Dürer bie 5lnrcgung
jum ©tubium ber «proportion«let)re cm*
pfing , ben ©ebalb ßautcnfodf unb ben
ungcmöf)nlidf) otelfcitigcn,,5lugu<iin ^irfd^*
Dogel, ber ijtnftdl)tcn öon ÖPerreidt), Ungarn
unb (Siebenbürgen rabierte, al« Äupferjied^cr
tptig.
3n 5tug«burg jcid^net fi^ ^an« 93urgf*
mair, |)einri(^ iöogtöeer, 5llepanber SDkit
u. f. m. au«, in ^egen«burg namentlid^
ber ungemein frud^tbare Sllbrcd^t Qlltbor=
fer , melden bie iJranjofen ben fleinen
Qllbrcdf)t Dürer, ben „petit Albert" nann*
ten. ©eine ©tid^e finb befonber« btaäi»
ten«mert megen ber tünjilerif^en 93e^anb«
lung bc« Sanbf^aftlidl)en unb ber 5lrd^i*
teftur.
Unter ben Äünjilern Dbcrbeutfd£)lanb«
fd^eint ta^ iÜ^en nid^t weniger 5tn!lang
gefunben ju ^aben. 2öir begegnen bort
|)an« 5)albung ®rien, fö^rijiopl) 'Stimmer,
*2lbel ©ttjmer, Ur« ®raf k. D^amentlid^
nü&te 3ofl 5lmmann, geb. 1539 in 3ündf),
fein ungemöl)nlid^ reid)c« unb bewegliche«
Salent burc^ übermäßige unb rafdbc ^ro«
buftion für ben 3:age«bebarf au«. 6« |inb
oon it)m noc^ 340 SRabierungen erf)alten.
Der ^auptmeificr ber fränfif^--fä^ft*
fcf)en ©d^ule: 8uca« Sranad^ brachte e«
in ber Äupfcrfied^funfi nicl)t fo Weit, wie
im ^oljfc^nitt. ©eine ©tidf)c , meiji
fßortrdtg, |inb ftüd^tig unb unrein.
©ticöel unb SJlabiernabel mußten aber
namentlich bcri fogenannten Äleinmcificrn,
wcld[)c fidf) bcn großen Qlufgaben ber
Äunfi nid^t gewac^fen füllten, wäl^renb
i^r Dftcidf)tum an ^f)antaftc fte fortwä|)renb
jum ^robusteren antrieb , wiEfommene
ÜBcrfäeuge fein.
Unter biefclben gepren eine Dlci^e
©df)ülcr Dürer«, wie öart^el unb ©cbolb
93ct)am, *}llbegrcoer, *Pcncj, ferner eine
©ruppc üon JUirnberger Mnjilcrn, Wel*
df)cn wir eine i^üUt üon intereffanten
figuralen Darflcüungen unb namcntlid^
aud^ üon Sntwürfcn für alle S'^'tiS« ^«'^
ornamentalen Äunfi tierbanfcn: eine uner*
Äupferfied^funfi.
399
f<f)öpflid)e gunbgrube für bie ^nbufiric
unfcrer 3cit.
3n ben jitici folgenben 3at;t^unbertcn,
im 17. unb 18. fanbcn bic talentvollen
Äupferficc^er in ber .^eimat, tt>elcf)c , bcr
Ärieg^[ct)aupla^ für ganj Suropa getüor«
ben, fernjüfict unb üerarmt war, feinen
SSoben für i^rc Iptigfeit; fic jogen au§cr
Sanbeö na^ Stadien» ^tinfteid) unb
Gnglanb.
S5ie Qal)! ber in biefcr 3«it probujier«
ten ^upferjiicf)e ifi jföar immert)in noc^
beöeutenb , aüein bie SRabicrung njurbe
mcifi t)on untergeorbneten ©teci)ern ober
pon Ornamentifien gepflegt.
93on ben Äünjltern bcä 18. ^aör^^un«
bert^ finbcn ttiir bie jrcci berübmtefien in
$ariö, ben ^^riebrid) ©(f)mibt unb ben
3o^. SBiüe, h)el($e aderbingö i^re SBirtuo^
lität auf .Soften bcr SBa^rftcit lcud)ten
liefen. — (Sine ber intereffantcfien er=
fcf)einungen biefer 3^*^ ifi Daniel, SWif.
&t)obowiefi, geb. 1726 ju ^Danjig, wel=
dier fxd) »orjugöweifc bem 3fJabieren
ficiner Äomporttionen »Die Vignetten,
Süuftrationen jc. wibmete, beren er über
3000 geliefert ^at.
S)er 3bpaenbicbter ®e§ncr au8 S^xiä)
(1730-82) ^at ftd^ aU SRabierer »on
romantifdpen ßanbfci)aften unb SSignettcn
ju feinen S)i^tungen einen bauernberen
9?amen ermorben aU burd) leiterc felbft.
SDle^rere Äupfer|ied)er lieferte bic feit
lUlitte beö 17. Jabr^unbertö in 9?ürnberg
angeftebelte Äünfilcrfamilie «ßreigler.
3n ben Sflieberlanben jletit an ber
©pi|e ber Äupfcrfiec^er beö 16. 3abrl)un^
bertö Sucaö »an ße^ben, njcld)er ftd), an=
fang« beeinflußt »on ber wan (Si)ff(f)cn
Schule, wäljrenb bcr jtücitcn *Pcriobc feincö
furjcn ßebenä in bcr Äompofttion bem
nationalen ^ang jur realiftifd^en 5luf=
fapng unb S)arficaung »öüig t)ingiebt
unb gleid)äcitig bie ©ted)erfunfi burd)
Einführung ber ßuftpcrfpcftioe (frdftigere
S3et)anblung bcr 'Sorbergrünbc , leid)terc
ber entfci-nten ©cgcnftänbe) einen bebeu*
tenben (i>d)ritt iiorftärtö bringt, ©^üler
im eigentüd}ften «Sinne fc^cint Öucaö oan
8ci)bcn feine gehabt ju ^aben , bod) ip
fetn(Sinf(u§ auf eine große 3af)l »on nie»
berlanbifd)cn Äupfcrjlcc^crn beö 16. 3at)r=
l)unbertä nid)t ju ocrfennen.
S>ic oon Dielen nieberlänbifd^cn Äünjl-
lern ongcftrebte Söermittelung jttJift^cn
üalienifc^em un^ niebcrUtnbifc^em Rmp
d)arafter glücflid) in ber Sec^nif beö
®tid)e« äufianbe gebrad)t ju |)aben, iji iai
Serbien^ beä Sorncliuä ßort, geb. 1533.
(Sr t^at ben erjlen ®d)ritt jur t)erfd)iebcns
artigen Gbarafteriftif bcr «atoffe unb bcr
garbcn. 3" feiner ®^ulc »uräclt bie
entmidclung beä Äupferjlic^« beö folgen»
ben 3al)rl)unbertö. 5lm energifd)fien ging
auf bem oon Sort gewiefencn SBegc
^enbrid ®ol|iuö aui SDtülbrad oorirärt^,
j. 33. in ben fogenanntcn fed)ä „5D?cifter»
werten", Dtad^bilbungen nad) SJlafacl,
S)ürer, ßucaö »an Setjbcn :c. 3"9leic^
bereitete er aber mit bem iBerjic^tcn auf
fc^öpferifd)e I^ätigfeit unb ®id)anfd)mie*
gen an SWalcr bic le^te $t)afe beö Tupfer»
jiicfe^, nämlid) bie ber Icbiglid) reprobu»
diierenben Äunji, cor. 2ln ©ol^iu'ä reiben
fid) eine große SifJenge Äupferjiecler, ])a\xpU
fä^lid) Drnamenti)lcn an. ©ie yiai)>
blute ber SRcnaiffance in ben ^iieberlans
ben brad^te aud) bie Äunji bt^ 5?upfer*
ftid^ä wieber ju neuem ©lanje. 5"
glanbern unb Srabant um SRubcnä, in
^oüanb um iRembranbt gruppieren fic^
jablreic^c ^ünfiler, ioeld)e mit ©tic^el unb
Stabel »öHigc 5'"^t)cnwirfung erzielen.
93or allem gelangte bic 9fiabictung ju
einer biö ba^in ni^t geahnten Sebcutung.
Unter bcu 8anbfd)aftcrn unb Tiermalern
fmb befonbcrö qSauluä qSotter, qs^ilip
2Bouwcrmaun, ^acoh (Rupöbal, namentli(^
aber Qlntoni SJBatcrloo l)eroorjul)ebcn.
®iner bcr fruc^tbarPen ©tec^cr beä 17.
3a^r^unbcrt« mar SRoman ^oogl)e auö bem
^aag, bcr alä entfc^iebcner 5lnt;ängcr bcr
oranifd)en ?Jartci biefcr in ben bürgcrlii^en
2öirren mit feiner JWabiernabel biente. Q\x
gleid^er 3eit cntfpann fxä) ein reger fünfi»
lerifd&er ißerfcfir mit granfrcid). SBcrfc^ie«
benc ®ted)er ftcbeltcn nad) $ariö über.
3n ben iJJicberlanben aber entartete ber
Äupferfiic^ im 18. 3af)rl)unbert rafd^ jur
gefd^idten »^abrifarbcit.
3n Stauen würbe ber Äupferftic^
bur^ beutfc^c SIrbeiter , ober, wie ißafari
will , burd) ben S^ieüiflcn SD^afo ^tni*
guerra angeregt. 2)ic crften nachweisbaren
©tiefte oerferttgte öaccio '-Öalbini. ^m.
legten 33iertel be§ 15. 3at)r£)unbcrtö bc»
fd^äftigt ber Äupferjlid) fd)on uiete ^änbe
in i^lotcnj, wie Qlntonio bei ^aflajuolo,
5lnbrca be *Bera^io , ^ilippo ßippi,
®f)crarbo k. 3n Obcritalicn bürgerte bcr
große 9Weificr bcr Sd)ulc t>on $abua:
^nbrea SDtontegna ben ^upferjiid^ ein.
©eine ©tec^weife iji l;art, bic Umriffc
treten jlarf l)erüor, bie ©d)attenfiric^c ftnb
furj. ^iußcrft fein ausgeführt , ©ilber»
jiiftjcidinungen glctd)enb, jtnb bie ©ric^e^
26*
400
Äütaf — Äurtifan.
Jt)cl^e un^ SD^artinio ia Ubine, genannt
(Peücßrino, ^intctlaffen ^at. 3" Sremona,
in iDiobcna, in Sologna, in 'ißabna, in
SWailanb, übetaü blühte bie ÄupfeiPec^-
funji auf; am legten Ort aU cr^cn
Süngex bcn berühmten iBramante befd)df=
tigenb. 23on Bologna na^m ber Segrün«
bcr ber Tömi[d)en ©tcc^erf^ule Tlaxi 1tn=
tonio feinen 5luögang, bcr naä) ^id)iU
angelo , 2)ürer , befonber^ aber nad)
SRapbael gefiocben b<it. ©eine ÜJleiflers
fd^aft in ber ^ü^rung be« ©tid^elä Per»
fammelte um i^n sabheic^e ©(fcüler, fogar
aug jDeutfi^Ianb unb ^ranfreidb. ©er^
jenige 6cbüler, ber neben bem SlJleijler
om meificn jur ^luöbreitung ber römifcben
©d^ule beigetragen, iji ©iulio SRomano,
um welcben ftc^ in SOtantua jablrcidbe
©ted^cr gruppieren. Qtuf bie hJeitere (Snt=
tticfelung ber Äupfcrfie^funfi nabm bie
©^ulc öon Bologna einen um fo un--
mittelbareren ®influ|, aU cineö ber ^äup*
tcr betfelben, 5tgojiino Saracci (1558 biö
1601), felbft in biefer Äunp fein SSefieö
leijiete. (5incr feinet ^auptfdbüler ijl
©uibo SReni. Olänjenbe SJertreter bcr
Sä^funjl bat fReapel in iRibera unb SRofa.
S)aö 18. 3abtbunbert jcigt un^ in Senebig
einige in ibrcm ®enre bcrporragenbe ÄünP=
Ter unb in Dtom einen großen Äreiö Preb«
famer unb für ibre ^nt Sebeutenbeä
leijienber ©tecber.
2n ^ranfreidb ^at bie Äupferftcd^«
lunjl erft fpät SButjel gcf^Iagcn unb iji
»on bcn SRacbbarldnbern bincingetragen
ttjorbcn. granjöfifcbe @tecf)er finbcn mir
eTp feit bem britten Decennium beei 16. '^a^X'
bunberts unb atö crjicn einen 9'?oel®ornicr,
ber Kopien nacf) beutfdben unb italienifcben
aWetfiern anfertigte S)aburdb, ba| ^^ranj I.
fein ®d)Io§ J^ontaincbleau burcb bie italie«
nifdben SWeijler SRoffo be SRoffi unb qßti»
malicaro beforiercn Ue§, bilbetc ftcb bort
eine italienifcbe ©cbule, meldbc lange 3^it
aügcmein im ßanbe fortwirfte. Dem QiiU
alter Submig* geben iBouet unb ^.aUot
im .^upferfiic^ bie «Signatur. I)ie D^abie»
Tung bracbte bcr gcifi= unb pbantaftefoKc
3acqucö ßaüot in Ji^anfi^fi^) auf- 2ub=
»ig XV, befreite bie Äupfctftecb!unft au8
bcn aSanben be^ 3unftj>^angcö. 2)abur^
nabm biefclbc aber gleicf) bcn anbeten
freien Äünjten ben Sbatafter bcd äu^ixlii)
fpompbaften unb ^atbctifcbcn an; bcfonbct«
abci nabm t>ai qSorträt bie 3;t)ätigfeit
ber @tc(f)ct immer mcbr in ^nfprudb- ©in
ajlctpcr üon crftaunlid^ct fßielfeitigteit auS
bicfet Seit ijt 3ean le qßouttc. Untet
ßubmig XV. enblidb eignete jtd^ ber
Äupfcifiicb ben tänbelnben, balb audge*
laffenen, leicbtfertigen, balb lüjietnen Ion
ber SDtalerei an. 2)ic ^ifioric mürbe jum
®cnre, an bie ©teile be^ *5atboä trat
eine mcbr ober weniger gemachte D'iaieität,
bcr jlrcngen folgte eine foquctte, jierlidbt
unb meicblicf)c 50Janiet unb bct 25ignctten«
fiidb, n)el(l)cr in bcr t>origen ^eriobe be»
gönnen bat^e, bilbetc ftcb ju einem eigenen
einflu^rcicben .^unfijmeig aus.
3n Spanien fommt ber Äupfcrjüd^
faj! gar nidbt t>or, cbenfomcnig in ^Jottu«
gal. ®lci^ bem ^Jormfcbnitt t)at jtd^
aucb ber Äupfcrfiidb in (Snglanb erjl
fpät fo meit entmicfelt, um Äunfi genannt
merben ju fönncn unb e^ ift bejcidbnenb,
ia'$ bie neueren ÜJlct^obcn, bie Sdbabmaniet
unb ber Sta^ljüdb, nirgenbö fo beliebt
gemefen ftnb aU bort. 3m eigentlichen
®tic^ l)aben bie Snglänbet mic in bet
SDtalerei ibr Sejic^ im Porträt geleiftet,
mät)renb feit Dollar unb fpdter |>ogatt^
bie SRabierung oielfacb unb oft in otigineüer
aBeife geübt würbe. iRacb Sruno Sudbet,
®ef(i)idbte bct tccbnifcben .^ünjie; ßübfer
®runbri^ ?ur Äunfigcfcbi(J)te. 3t. ^.
aüra^ f)i\^tn 93rufi« unb !Rücfcn^atnif(^
jufammen. (Siebe ^arnifcb.) 35aä SZÖott
!ommt er|l in Urfunbcn üon 1355, 1424
unb 1488 cor alö curassa, curassia, cu-
racia, cnrazia, thorax, lorica. I)ie0 leitet
ii üon corium, coriacea, ßebcrmctf ah.
Sei ben älteren 2>i(f)tern fommt tai 2öott
nidbt oor, bagegen bei ®corg Don ©fingen i
kurisz, kürisch.
fiurtifan, com ital. cortlglano, franj.
conrtisan, Höfling, Waren Älerifct be*
15. unb 16. 3abrbunbertg, weldbe am römi«
fc^cn |)ofe jicb einjufd)meicbcln wu§tctt
unb biet 3lnweifungen auf frembe fPftünben
unb «PfarrfieKcn bcfamcn, obne ia^ bie
rccbtma^igen Äircbenpatrone batum ange*
fragt worbcn wären. Sie Reifen in ber
Sabbata pfrüenden kofer und tascher,
die durch schenk, miet und gaben an
des papsts hof hantieren und schaggieren,
^anö @ad)ö lä§t einen folcben fptecbcn:
3cb bin ein tömifdb cuttifan;
in (Rom icb erjllicb cfcl trieb,
na^bem i^ römif(i) bannbrief fdbtieb,
bie Pfaffen idb gen JRom audb lab,
idb bting in Seutfdblanb tömifdb gnab,.
gib em an tcufel an bafpatten,
auf ia^ bappmonat tu idb matten,
batin jcucb ic^ bie pftünb gen SRom,
»il pfatr unb bropjiig ici) cinnom,
bie Pallium unb annaten
Auf — ßagerfiättcn.
401
mufi icf) gen 5Rom bcm bapfi »erraten,
batntt tt)ir ^aben ju burjieren.
Su^, al)b. chns, m^b. kas, ifi ein uralte^
3eid^en ber iBerföt)nung, beö ^riebcnö unb
bcr jreunbf(i)Qft; er maä)[ in einigen
J^inbermärd^en alleä cergeffen, giebt aber
and) bie ßrinncrung jurücf. ^n einem
Äu§ f)ängt bie Ööfung beö Sanneö; bie
Sungfrau in graufen^after ©cftalt, alö
6d}lange, Drache, Äröte, Ji^^f*/ ^^^
btcimal gefügt werben, um i^rcr 33cr*
jauberung entlebigt ju fein. (Sine befon«
bere 5luöbilbung l;at ber Äu§ im ^öpfd^en
üJlittelalter erfatiren, baö auf bie grauen
bcä feineren gefeüf^oftU^en ßebcns jwi.
f(^en ^ö^eren unb 9ticbrigcren, jttjifd^en
5Kann unb Sßeib ein befonbcre^ ©emic^t
legte. @d^on Ulrid) »on Sidjtcnjlein unter»
fc^eibet ben Äu§ ber SWinne, ber gi^eunb*
f(J)aft unb ber ۟|)ne. 6ine bcfonbere
QJufmerffamfeit bat ©an 5Warte, ^Parci«
taUStubien, III, ©. 172 ff. bem Äuffe
gewibmet unb ben ^erjenefuf, ben 6ü|)nc«
fu^, ben 3ubaefu§ unb ben Äu§ ber
(Jtitctte unterfcf)ieben. jDcr .^erjenäfuf
ifi cntmeber ber ^u^ bcr ÜJlinne:
ein kus in liebes munde,
der von des herzen gründe
her nf geslichen kaeme,
ahi! waz der benaeme
seneder sorge und herzenot, Tristan.
2tm ^eigeftcn mirb in ben lageliebern
gefügt, meiin ber 2Bäd)ter ben ÜJ?orgen
Dcrfünbet unb eö nun an ein <Sd)eiben ber
beliebten gef)t: urlonp näh und näher
baz mit küsse und anders gab in minne
Ion; ober ^u^ ber greubc; berfctbe
gc[c^icl)t bei Scannern nur auöna^mömcifc,
bei übermaücnber greube unb froher
Überrafcfcung; fonft füffcn ftd) ÜJJänner
bei 93egrü§ungen ober beim 5tbfct)iebc ni^t.
3at)Ircidb fmb bie Seifpiele be^ ^uffeÄ
ber (Satten unb bcr (Eltern« unb
Sermanbtcnliebc.
S)et ©ü^ncfuf ^at aU ©pmbol,
•Ißfanb unb ©iegcl oufgcf)obcner ^einb«
fd)aft unb tt>iebergemä^rter Sun^iflUrtg
eine ernfterc Sebeutung. Küssen hat so
groze kraft, daz man da mit süent vient-
schaft, fagt UIri<^ üon ßic^tenjlein ; unb
Jßolfram »on (Sfd)enbad^ : küsse mich,
verkius gein mir, swaz ich ie schult
getrnoc gein dir.
S)cr 3uba«?u§ ifi bcr Auf bcö iBcr«
ratcö : daz was ein kus, den Judas truoc,
da von man sprichet noch genuoc.
2)erÄu§ bcr(5tifette iji alö gcfcti*
fd)aftlid^e J^orm ber ©egenfa^ beö ^erjcnö«
fuffeö. Sei ber 93egrü§ung fü§te ber ^In*
tommenbe bie |)errin, boc!^ nur, menn
er an SRang gleich ober I)ö^er fianb.
5n ber SRegel er)uc^t bie %xau ben oot»
geficüteu ^mn um ben Äu§; ber ©eringere
aber bittet ben Vornehmeren, feiner j^rau
ober Joc^ter ben 23egrü§ungäfu§ gu geben.
(So liegt eine »erbinbli^e ^uäjcid^nung
barin, menn ber 33orncf)mcrc bem ©eringe*
ren, ber iälterc bem jüngeren ben SSortritt
beim Äuffe gefiattet. 5tud) beim 5lbf^icb
ocrbanb fid) mit ber ®egenö- unb Sßunfd^ä
forme! in ber [Reget ber Äu§. SOian füftc
auf 2J?unb, Sffiangen ober 5tugen, boc^
fct)eint ber .Ruf an den mnnt nur 5luä«
jeic^nung ber mäge ju fein. 2)ie Jranjofcn
fügten nod^ (Rafe, Äinn unb paH. 2luc^
Surnierpreiö fonnte ber Auf fein, tt)tc benn
im Jituret au§er bem .^ranjc bem Sieget
bie Äüffc »on ac^tjig ÜJJäbcf)en in 5tuöfic^t
gcfiellt roetbcn. 2)er Auf fpielt auc^ im
Seremonieü beä beutfc^en ^önigäbofcö eine
SRoüe. Der ^önig pflegte beim offijiellctt
Smpfang fremben ^errfd)ern, aber auc^
Untergebenen, (Seiftlicf)en unb iZßeltlid^en,
einen Äu§ gu gemät)rcn. Sei ber ^in*
fü^rung in ein Qlmt ober ber 93ele^nung
ifi ber Auf bag ©tjmbol; auferbcm ifi et
3ei($en bcr 93crfö^nung, ber (Snabe, be^
griebenö.
S^ric cleifon, ftc^c Sei« unb Äiid^en*
Heb.
Säger. @ie{)c ben ?lrt. ÄriegätDcfen.
Sagcrftöttcn. ©iefclben ftnb nad^ Qtrt
ber römif(i)en Scttcn bei ben SSölfern be«
ft)efilict)en unb mittleren Suropaö fc^on
im frü^efien SKittelaltet befannt. ©rmätint
mirb ba^ 33ctt juerfi bei ©rcgor »on %o\xxi
in bcr 23emerfung, ta^ fein ßager Bon bcm bet
anberen ©eifilid^cn umgeben mar, mic ja iai
Äird^cngcfc^ befiimmtc, ta^ ein Sifd^of
nic^t aüetn fd^Iafcn bürfe. SRa^ere 5lns
402
ßageTJtättcn.
gaben über bte Seile beS 93etteä unb beten
Sefdf)affenl)eit finb nic^t gemadfjt. ©ie
ältejlen Qlbbitbungen seigen UiU cier*
beinige Settileüen, teils fu^Iofe Stulpen,
in bie bie Settfiüdc gelegt mmben. 3"
ben (Stücfoerjeid^niffen ber SDöirtfc^aftäs
^öfe Äarlä bcö ©ro^en tücrben bereite mit
„Sinnen belogene ,5«^fi^^cttcn" erttjä^nt.
2)ie Settflatten beö 11. 3af)rf)unbettö be«
fielen jum Seile auü einem oerfc^ieben
gefügten unb mannigfaltig gejierten ®e-
|ien auö ©tabnjetf. €ie fitzen auf tiiet
ober me^r ijügcn, ^aben ein fjo^eä Äopf*
brett, ein niebrige^ gu§enbe unb oft au*
eine Seitenlehne, »ä^renb bie jweite «Seite
ftei iji. Sieben ben böljernen erfc^einen
auä) fcf)Dn metallene 93cttlaben, 5110 5?ett=
jiürfe finb erwähnt bie ÜJJatra^en, hai
»aljens ober eirunbe ÄopfEiffen unb eine
liberbecfe. 2)ic Seiten beö 12. unb IS.^a^r«
^unbettö erfcEieinen alä fc^merc ©eflelle fon
ber gorm einer iBa^re mit gef^ni^ten, aucf)
fdE)on gebred^felten j^üB^n, f)o^em Äopf;,
niebrigem ,5U^enbe unb ebenfold&en Sänge*
feiten, bie in ber SlJJitte eine Öffnung jum
ßinjleigen Ratten- Sie waren oft mit
©Ifenbeinfc^ni|ereien unb 3Wetaüarbeiten
gcjicrt, aucf) bie $fü{)Ie, 2)eden, .Riffen unb
JBot^änge hjurben au§ ben föfitic^fien
Stoffen bereitet, wocon bie 2)idbter oiel
ju ftngen tt>iffen. So ^ei§t e^ im ^ax-
cioal, 552, 9 ff.:
Einez was ein pflnmit,
des zieche ein grüener samit;
des nicht von der hohen art:
ez was ein samit pastart.
ein knlter wart des bettes dach,
niht wan durch Gäwäns gemach,
mit einem pfellel, snnder golt,
verre in heidenschaft geholt,
gesteppet üf palmät.
darüber zoch man linde wät,
zwei lilachen snevar.
man leit ein wanküssen dar ,
rmt der meide mantel einen,
härmin, niwe, reinen.
©benfo mirb »on bem 95ett, melc^eä Äönig
93ela »on Ungarn um 1189 ^riebrit^ L
fc^enfte, auebrücflic^ bemerft, ta^ eö mit
prächtig nerjiertem ^opffiffen unb fofi«
barer S)ede üerfcf)en mar.
2>ie Seiten beö 14. 3a^r^unbertä Ratten
bereit« jmei SDiatra^en unb jmei Äopf=
liffen,,, oft fogar auc^ eine jmeite ÜDecfe.
S)ic Uberbecfe Deri)üate iai ganje Seit,
mit 5iuönal)me beö Äopfbretteö. Qlud^
ber 99ett^immel »ergröfertc fid^ unb
würbe, fiatt ba§ er biö^er »on ber 2>e(fe
herunterging, nun auf bie pfeilerartig na^
oben verlängerten Jüie ber SettPcüe felber
befefiigt unb mit Ieicf)ten beweglichen 93Dr=
bangen »erfe^en. SDie Überbetfen unb
SeiterDorl)änge ber JReid^en Waren meifl
auö Seibc,,, Sammet ober gar auö ®otb*
jioff, bie Überäüge ber SllJatralen, Äiffen
unb Settbecfen au§ buntgemuflerter Seibe
gefertigt unb oft mit einem feltenen ^etjs
werf gefüttert ober Wenigftenö »erbrämt,
mit Stiefereien, Sefä^en, Srobbetn unb
j^ranfen gejiert. S)aneben ^atte man in
fürfilic^en |)dufern au($ fogenannte ^a^
rabebetten, bie nur bei befonberen feft=
licf)en aSorfommniffen benu^t würben.
3wei befonbcrö reid)e Seiten beö 15. ^ahu
bunbertö fc^mücften t>ai ®tmaä) ber 2fa*
belle rion Sourbon, ber ©ema^Iin Äarlä
bcö Äüf)nen. Sie Waren burcft einen oiet
biö fünf 5up breiten 3^'fd)cnsn"3 unb
einen oerfi^iebbaren 5teppi(i)t)or^ang ge«
trennt unb mit jeglichen SequemIicE)feitÖ5
mittein t>erfe^en. I)ie Seiten biefer ^ät
Waren biä fieben 5^u§ lang unb fec^ä ^u^
breit.
©aö 16. 3a^r^unbert fobann war auc^
hierin befirebt, feine Sorgänger noci^ ju
übertreffen. Settfiellcn, 9Watra|en, .Riffen
unb 2)ecfen würben auä ben föfllid^jlen
Stoffen gema<J)t unb mit allem erbenflid^en
3ierat perfefien. ^ai Seit Panb feiten
me^r in einer Srfe beö 3in^"ifi^^' fonbern
mit bem Äopfenbc nad^ ber SOtitte einer
2Banb gefebrt. üDaö |)oljwerf war »on
SJiufbaum«, ja fogar t>on (5ebern=, SRofem
unb (Sbenljolä, »ergolbet, bemalt, mit
©Ifenbein- unb DWetafleinlagen befe^t. 2>ie
üier (Sdflü^en geftaltcten [xi) ju wirflic^en
Säulen ton mannigfaltigfier 3^orm. Sie
fliegen mitunter nici)t eigentlich nom Seit«
faftcn felbfi, fonbern tion nierfeitigen jier*
lid^en $ojiamcntcn aufer^alb beäfelben auf
unb trugen ba« föfili«^ gearbeitete Sett«
bad). 3" 3i^Iifn' ^"^ hierin ben nörb«
lieber belegenen Staaten voranging, re(ä^«
ncte man um bie 2Ritte biefeö ^ai)x^\inf
bertö äu einem üoQjlänbigen Seit „mer
ÜRatralen üon SaumwoQe, bebecft mit
äarten, in Seibe unb Oolb gefiidften Sinnen* i
tüd^ern, eine Dede oon .Karmeftnatla«, mit
ffiolbfäben bepidt unb »on ^ranfen um«
geben, auö ^armefmfeibe unb Oolbfäben
gemif(it; nier inäcbtig be^anbelte Äiffen,
unb ringsum Sor^änge oon ^lox in Oolb
unb Äarmefin gefircift." 3" bewerfen ifi,
ia^ bie Saumwoöe, bie ^eute al« ber
biüigjle Äleibungöfloff allgemein »erbreitet
Salenbud^ — ßanbfrieben.
403
iji, bamalä ein fofibarer unb ^ä^tvinx^älU
Ii(^et 5lrtifel wax.
®aö 17. 3at)r^unbett aber ging no^
ttieitct. 9?amentlidf) mit bcn 70er ^al)xm
bcäfelben trat eine eigentlid)e $olfier[ud^t
ein, bie bie 5lu(?pattitng beö anfänglid)
fo fd&lid)ten (Scräteö biö jur 5lu0[ct)lie§=
li(f)feit ftcigerte. S)a« ganjc ^olättjerf
ttiurbe in Stoff ocrfleibet. SDie 93ettjiatt
hjurbe jum le^nenlofen, »ierctfigen 4>oIj=
gej^ell, i>ai öödpfien^ am Äopfenbc etmaä
erbost mar; ber 93ett^immel entbehrt alfo
jebeö fid^tbaren ©erüfte^ unb crf^eint in
bcn munbcrlict)fien ©efialten lebiglid) auö
3eugen gefaltet. 3"9^fi'^ ^'^^^ "i^n für
bie ©etten eigene cntfprec^enbe ÜBanbä
nifcf)cn unb »erfleibet biefe fomol^I in
it)rcm 3nncrn, aU befonbcrci nac^ aufcn
mit breiten 35orI)dngen ober „©arbinen",
bie eermittelfi eineö ftarfen @cf)nur= unb
<Puf^elmerfeö »orgefc^obcn unb äurü(fge=
jogen werben. 6^ fel)Itc natürlich auct)
biefen Scttcn xi\d)t an allen möglichen
a3eräierungen unb 3utf)aten, bie au^ ^xüljc
Ten $erioben betannt maren ober uom
grübelnben SlJJenfcbengeiil erfonnen merben
fonnten. 5llö einen beftänbigen Begleiter
be^ 93ette^ nennen mir t)ier nod) bcn
23ettfd)emet. mai> 2Bci§, Äopümfunbe.
^aUiibwUif fiebc ©diilbbürger.
Somm @ottc^,AgnnsDei. 5Die eigentlichen
©otteälämnictien ober ft)mboItfd)cn ^tbbils
bungen S{)rifli (3ob. l , 29), mcl^c ber ipapfi
im erfien Su^rc feiner (Regierung unb l)er'
vaä) in jcbcm ftebenten ^ai)Xi mcif)t, merben
»on bem SDad^fe, mclcftcö non bcn gemeib=
ten Dflerfcrjen übrig bleibt, bereitet. 3lm
Djlcrbieneitag mci|)ct ber 'Papjl nad) Bcr^
lid&tctem J^oc^amte in meinem Ornat, bie
Bon ©über unb perlen fira^Ienbc Sifi^ofö«
mü^e auf bem Raupte, ein grofe^ ftlberneö
93e(fen foü SBaffer, inbem er unter anbern
©cbetcn auc^ eineö fpric^t, mcl^eö fonjl
niemanb fprec^cn barf. 9tad)bem er nun
über biefcö 2Bei^maffer treujmcife unter
befonberö baju porgcfc^riebenen ©ebeten
etmaö l)ciUgc^ DI gegoffen ijat, rcicf)t
man i^m 12 mit ©otteälämmd^cn ange^
fußte golbene SBecfen, meldte er cbenfaüö
unter »erfd^iebcnen ©ebeten cinfegnet
|)icrauf fe^t er frc^ auf einen 51rmjtuf)I
nicbcr unb taucf)t bie if)m ron feinen
S)iencrn gereidbtcn ©otteölämmi^en in tai
gemeinte 2Baffcr, roeldjc bie affijliercnben
^arbinalc, mit feinen 6f)orf)cmben ange^
t^an, mit i^ren forgcbunbcnen Südiern
trocfnen unb »on aufmartenben (Prälaten
nadieinanber auf gro§e mit feinen Suchern
bcbedte lafcln legen laffen. 2)ann fic^t
ber ^apfi micber auf unb entfernt fc^
nad) gefprocf)enem ©ebete; bie ©ottcö*
lammten aber merben in bie 93ecfcn gelegt
unb mobl t)crtt)al)rt. ©clcgcntlic^ befc^enft
^ernac^ ber *|3apft bamit üornetime ©tanbeö*
pcrfonen, ©efanbtc, ^ilgcr u. bgl., meiere
fie nid)t »crfaufen ober mit i^arbcn bc
malen bürfen, ofine in bie Strafe bc8
Sßanneö ju »erfanen. ^yranjöftfc^c ©olb«
münjen' im ÜJJittctalter trugen ein Agnus
Dei, fte I)ic§en aucf) mutones i in ber ®rie=
(^ifi^en 5?ird)e t)ciit tai Äclc^tuc^ Agnus
Dei. 3™ Solf^glaubcn fpicit c^ grofe
SRoKc, einftebicr SOJirafcIbüdicr, Äriegö*
gefc^ic^ten, ^cyenbüd)cr ermähnen eü.
^ampt, lat. lampas, lampada; frj.lampe.
Äicine DUampen iu ©ejlalt runbcr ober
länglicher Sd)alen maren für tirc^lic^c unb
private 3mecte fd)on frülje in ©ebrauc^.
3n bcn Äirdjen mürben fte balb burc^ bie
Äcr;;en ticrbvängt. (iSiel)cben ?lrt. öeuc^tcr.)
Sanbfrtebcn I)ei^en im ÜJJittelaltcr bie
»on bem Könige auöge^cnbcn ©efe^e,
mel^e bie ©rlialtung be^ öffentli(i)en
SRccf)töjuPanbe«i , inöbefonberc ber öffent*
liefen 6id)crl)eit unb bie 93cfirafung ber
l)iergcgen begangenen iBcrbrecften jum
©cgcnftanbc t)attcn. ©ie bcfd)ränften ftcb
regelmäßig auf eine fur^e 33eäci(^nung ber
aU ßanbfricbcnebruc^ ju betrac^tenben
^anblungen unb auf bie Sinfc^ärfung ber
25erfoIgung unb 33cfirafung ber ßanb*
friebcnöbre(J)er. S)ie älteficn Scrorbnungen
bicfer *}lrt fctjcinen niijt auf un^ ge=
fommcn ju fein; aU bie erfie bcfitimmtc
?iacf)rid^t über einen ßanbfriebcn gilt bie,
baß ^einric^ n. auf einer SSerfammlung
ju 3ürid) •&o^c unb SRiebrige f)abe f(f)mörcn
laffen, bcn gi^icben ju bemal)ren unb ftc^
aller Sfläubcrcicn ju enthalten, ißon ia
an ifi ftcl)enb »on ßanbfriebcnötterorb*
nungen bie Stebc. 511« bie midjtigficn
Sanbfrieben am bem 12. unb 13. 3al)r'
^unbert merben genannt bie Sanbfrieben
§riebrid)ä I. »om 3al)rc 1156 unb 1187,
unb ber ßanbfriebcn j^ricbrici)^ n. »on
1235, melc^er bcn ßanbfriebcn ber folgen*
ben Äaifer l)auptfäcf)li^ jum Sßorbilbe
bientcn. 2)ie ältcftcn ßanbfriebcn aner«
fcnnen unbebingt ba^ 3lc^t ber *Pri»at*
radic ober ^i\)ht (ftc^c %aup unb ^e^bc*
rcdbt) unb madjcn eä fogar bem iBolfe in
ber 9iad)barfcf)aft unb mo biefcs nic^t auö»
reicf)t, bem ^erjog ober ©rafen jur ^flic^t,
bem 33ergemaltigtcn l)ierju i^rc fräftigjie
Unterpü^ung ju leipcn. ÜDa^er fam cö,
ta^ bie ßanbfriebcn gleid)fam als »er*
404
ßanbgrafcn — Sanbfarten.
tragemöfige JriebcnäDereinigungen errichtet
»Durtien, bic nur für tine iRei^e oon 3i>^ren
unb regelmäßig nur in einzelnen Sanbern,
feiten tm gcfamten SReic^e befc^woren h)ur--
ben; benn cä Iianbelte fid) babei m<i)t
aßcin um bic Serpflidjtung jum Unter=
laffen Ianbfriebcneüerbrecf)erif^er ^anb=
lungcn, fonbern aud) um t>a^ Singe^en
einer pojitiüen 5SerbinbIid^feit ju gemein«
famtm ^anbeln gegen bie griebebrcd)er,
fott)ie um ein h)enigj^enö teilweifc^ 5luf=
geben beö biä^er gefe^Iic^en SRed)teö bcr
getibe. (Jrfi iKayimilian I. gelang ii auf
bem SReicEjötage ju SBormö 1495, bie
(Rcid^öfiänbe gum SBerjic^t auf bcn ferneren
©ebrauc^ ber SBaffen jur ©ntfc^eibung
i^rer ©treitigfeitcn ju bemegen unb einen
allgemeinen etttigen ßanbfrieben
jU crricf)ten, in ft)cld)em aüe Unterfc^eibung
jttjifc^en erlaubter unb unerlaubter ^c^be
unb aUer fernerer ©ebrauc^ be« gaufi-
ted^teö alööanbfriebenöbruc^ crflärt mürbe;
berfelbc »urbc ju Sffiormä 1521 unb fpdter
norf) me^rmalö oerbcffert, ergänzt unb be*
jidtigt.
Sanbgrafcn werben feit bem ütnfang beö
12. 5a^rf)unbert« ermähnt. 35er 3iame
fd^Iießt ftd) an ßanb, Sanbfc^aft alä
alte Sejeid^nung eine« gräfticE)en ©ebietee
ober ®aueö; e« ij^ ber ®raf mit einem
alten ®aus ober I8anbgerid)t, unb ber
•SRame erfd)eint bann geinä^It f^att beö
Bloßen ©raren, h)enn bamit gegenüber
foI(|en ©rafen, benen Im gräfliche 5Rec^t
nur an einzelnen Orten übertragen h)ar,
auSbrücflic^ unb namentli^ betont tt)erbcn
foüte, ba§ fte bie alte grdf(id)c ®erid)tä=
barfeit behauptet t)ätten. T>oä} war ber
dlaxin ?anbgraf in biefen '^'aUtn burc^auä
nicöt allgemein üblic^.
Sanbfartcn. Qluö bem 'Mttcrtum ftnb
feine anberen Äarten außer benen beö
(Ptolemduö unb jum *ptoIemduä auf un^
gefommen; btejenigen bc^üJiarinuö üon
%t)Xüi, 2. ^at)xl). n, 6f)r., bed erften
©eograp^en, rt)el(^er beiberDrtöbejiimmung
Sangen unb ©reiten berüdpd)tigte, ftnb
»erloren gegangen; auc^ (ptolcmdu^
ani <PeIuftum, ein <Sä)üUx beö ÜJJarinuö,
^at feine Äarten ^interlaffen; bagegen l)at
«r in feiner ©rbbefc^reibung (nic^t ju
»ermec^feln mit feinem afironomifd^en
^aupttücrfe, ber Sijntafi^, bem 2IImagefi,
tt)ie bie «Hraber baet 33ud} nannten) *öor«
fcf)Iäge jur grapbifci)en 3ei(f)nung unb
(5nth)erfung beä ßanbtartenne^e« gegeben
unb bie SDiittel bejei^nct, um au^ ber
fiage ber befannten Orte bie unbefannten
ju ftnben. SSon ben ad)t Suchern feine«
SJBerfcä enthalten t>ai jtt)eite bi^ ftebente
bie iRamenrcgifter nad^ ßdnbern, ßdngcn«
unb Söreitcngraben unb tai Ic^te einen
furjen Überblid über \>ai ®anjc. Die
27 ßanbfarten aber, bie man ben meifien
alten ^anbfc^iriften beö ^tolemduö beige«
geben finbet, fiammen oon einem 5t ga«
tljobdmon auä 5llef anbria, einem DOtat^e*
mattfer, ben man gemö^nlic^ inö fünfte
3a£)rbunbert fe^t; eä ftnb jc^n SBIdtter
über (Suropa, fünf über 'iMfrifa unb jWölf
über 5lften. ©ie ftnb bie ®runblage aller
neueren ßanbfarten gertjorben. Daneben
befaßen bie SRömer SBcgfarten, bie
namentlich militdrifc^en ^Wid £)atten, unb
pon meieren ftc^ bie fügen. *J}eutinge«
rifcf)e Jafel erf)alten t)at; fte bitbct eine
Oioüe auö elf blättern, 20 V2 iJuß lang
unb IIV2 3oß bi^e't; bic $ouptfa^e tp
^ier bie Eingabe ber S)iftanjen.
5)aö SJ^Jittetatter ging oortdufig ber
Eartograpf)ifcfeen ^ilfömittel beö Qlltertumd
ttjieber »erlujlig; Die SR ab f arten (fte^c
ben 3lrt. ®eograp^ie), ftnb bloß gra«
pf)ifcbe 5lufjeicf)nungen ber biefer (periobe
befannten Srbfefie.
'üud) bie arabifd)cn ®cograp^en,
unfdbig, bie *}lrbeiten i^rer 5tpronomen ju
benu^en, blieben weit f)inter ben ßeijiungen
bc^ *^toIemäuö jurüct. 'S>aii jeigen 5. S.
bie beibcn erl;altenen harten be^ (Sbrifi,
12. 3itt)r^unbett, ein freisiförmige^ (Srbbilb
unb eine üierecfige ÜBeltfarte in 70 Sldttern,
worin jitar *ptotemduö benu|t erfc^eint,
ba^ ®rabne^ beöfelben aber mie in allen
fonfi befannten arabifc^cn Äarten fallen
gclaffen roorben ij^.
2)e|io größer ijl ber fartograp^ifc^e
55ortfd)ritt , ber ftd^ in ben Äompaß«
tartcn be^ fpdteren 3!Jiittelalterö jeigt.
@ie ftnb urfprünglic^ nur oon ^talie«
nern ober oon Katalanen üon ben Salcarcn
oerfaßt worben unb mit 2Binb» ober Äom»
paßrofen bebecft, auä benen jira^lenförmig
bunte ©triebe nac^ ben ^immelörid^tungen
auslaufen, um fxä) auf anberen fünften
ber Äartc ju anberen SBinbrofen ju Der«
einigen. Der @eftd)t«freiÄ rcurbe in oier
»oIle2Binbe eingeteilt, SRorb, Oft, ©üb,
2Befi, jwifd)en benen bie ^albenSBinbe
iJJorbojl, tgübofl, ©übroeft, 9Jorbtt)eft tagen.
3tt)if(i)en ben bcilben unb ben ganjen unter»
fcfeieb man bie 33iertelött) i nbe, S'Jorb«
norboft, Ojlnorbojt u. f. to., bie mieberum
in Oftatien ober *2tc^tel jerfieten. Später
mürbe eö @itte, bie aBinb|iric^c auf ben
Äarten burc^ bunte ßinien auäjubrüdfen,
ßanböfned^tc.
405
wobei man bic ganjen unb halben SSinbe
tüxd) fct)n)aräe , bie 23iciteItDinbc burd^
grüne, bie 3l(^telrt)inbe butd) rote garbe
untcrfd)ieb. iUuf einen biefer ÄomoaPernc
fe^te ber ©teuermann [eine Soujfole, um
ju ermitteln, inelc^e Oflid^tung er innet)altcn
muffe, um oon einem ^afen nac^ bem
anbern ju gelangen, lief er bann auf tai
^o^e SWeer, fo fd)ä|itc er ben jurüdgelegten
2Beg auö ber ©egelfraft bea üßinbeö mit
einer ©djärfe unb ®id)er^cit, bie h)ic ein
fealbeß ffiunber erfc^eint. 31"" erftenmal
fieljt man t)ier (Suropa mie bie aftatifd^en
unb afrifanif^en QSorlanbe wie üon einem
Spiegel »iebergegeben. 2)ie ältcjlen cr=
^altenen Äompa§Earten verfertigte ber Sßene=
tianer ÜWartno ©anuto ber *Ü[lterc
jtt)ifdE)en 1306 unb 1321; bod) get)en bie
5lnfängc biefer ^artenmetl)obe bi« in^ 13.
3a^rl)unbert jurücf; tai nter!»ürbigPe
S)cnfmal aber aller mittelalterli^en Äom=
pa§f arten ijt icii fogen. fatalanifc^e
SBeltgcmälbe Dom 3a^re 1375, oon
einem unbcEannten majorfanifdien Steuer^
mann »crfertigt, ber u. a. bie iReifen beö
30Kufo *|}olo benü^te. 9ieuc gortfc^rttte
jcigcn bic .harten beö 23enctianer^ %xa
Tt aui 0.
3m 2lnfang be^ 15. Ja^r^unbcrtö ent=
becfte ber ^umaniömuö enblid) aud) bie
<ptolemäif^en harten micber, bercn juerji
ber Äarbinal b ''21 i 1 1 9 , 51 1 i a c u 0 , er*
roäl)nte. ®cf)on im 15. ^a^rfiunbcrt er»
fc^icnen fünf Qlusgaben berfelbcn, alle in
Stallen; im 16. 3al)rbunbert 21, baüon
16 beutfc^e (9 in Safel, 4 in Äoln, 3 in
©tra§burg). Seit 1513 fügten 3afob
?i§ler unb Oeorg Übclin einen ^Itlaö neuer
harten ^inju. 2)ie ^tolemäif(^en Äarten,
tDel(l)e burd) i^r ®rabne^ bie Äompa^»
f arten übertrafen, fianbcn anfan^ä infolge
mand)er %i^Ux ber $tolemäifc^en3ei<^nung
in mand)er ißcjie^ung bod) hinter it)nen
jurücf; am meijien gelang cö bann beut«
fc^en (Seograp^en bic ^elilei^ ju Perbeffern;
genannt werben ©ebaflian ÜJiünficr,
namentlich aber *P et er Sienett) i^. Salb
erhielten alte cinjelnen 5Reid)^gebictc il)re
befonberen harten, bic jum Seil nortrcfflid)
waren; gegen @nbe hti 16. 3<it^i1'""bertö
ging bie Äartenfunjl burd) SDJercater unb
feinen ^reunb 5lbra^am Drtcl ju ben
SJieberlänbcrn über, bei benen fic wäl)renb
bcö 17. 3a^rl)unbertö eine neue Slütcjeit er=
rcidite. qSef^el, (Scfc^ic^tc ber ©rbfunbe.
I^anböfnc^te iKigen feit bem legten
. aSiertcl bee 15. 3a^r|unbcrtä biö jum
17. 3ol)tl)unbert 6ölbner ju gu§; ber
SJlamc \]t eincrfeitö baburc^ entflanbcn,
t>a^ eine föniglid)e Sa^ung (iffiormd
1495) auöbrücfli(^ Perorbnete , ta^ bie
gölbner auö ben 8anbfd)aften im
iHei(^ angeworben werben foUtcn, an*
bcrcrfeitä im ©cgcnfa^ ju hm ©^wei»
jern, bercn J^'n^f'^'^ft wit ben ßanbä*
fncd^ten fpric^wörtltd) war. Jrü^ fam
bic Umbeutung oon Sanböfnec^t in 8anj =
fnccfct auf. 3n tcd)te Qlufnabme fam
hai 3ni^,itut ber l'anböfncc^te erft unter
2Rafimilian I., ber „tai %\x^t)o\t nad^
*llrt ber römifc^cn ßegioncn in Raufen,
iRegimenter, teilte, biefelben mit langen
®tangäfpie§cn ober *13iquen Derfcticn
laffcn unb fte in biefem ®ewet)r berma§cn
abgerichtet, ia^ fte c« allen anbern Dtatio*
ncn jut)ortt)aten; banncn^ero oon biefer
3eit an fein Ärieg in (Suropa o^ne bie
leutfc^en fianjfnc^tc gefül)ret worbctt
unb fein friegfülircnbcr *potentat berfelbcn
entbdren wollen." 2)er „Orben" bec
ßanböfncc^te fc|tc fic^ auö ©belleutcn,
bürgern unb ©auern jufammen; balb
aber Ijerrfc^tc hai^ bürgerli(^e ©lemcnt
cor, unb ber Drben wirb ^ur 3unft' i'ic
i^re eigene Serfaffung l)at. 2)ic SSorne^«
men bilbcten tai erfie, bic Sürger unb
93auern tai jweitc „931att". ^thti
Hauptmann warb ftc^ ein „iJäljnlein" »on
4—600 SRann, icii fermöge ber gcmifd^«
ten Bewaffnung für ft^ nid^t nur eine
23erwaltungöeinbeit , fonbern au^ eine
taftifcf)e Sin^eit bilbcte. 3ebcr |)aupt*
mann fiatte um fic^ einen „©taat" (estat,
Stab) oon einigen Trabanten unb Subcn.
Sr war beritten, fod)t aber an ber Spi^e
feines gäljnleinö ju ^u^ unb war fclbjl
bewaffnet mit einer Strcitayt, ^clmbarte
ober einem @d)Wcrte. 3t)ni i^"^ ®ti^t
flanben ber gälinrid), Locotenente (Stell*
Vertreter bcä .Hauptmanns) unb ber gelb«
waibel. %txmx jaulten jum ß\x%t bic
„jwei Spiel", ein S^rommclfc^läger unb
ein ^Pfeifer, unb enblid) ber Schreiber,
.Kaplan unb ber gelbfc^erer. (Sine ülnga^I
5ai)nlein bilbcten jufammen ein SJtcgiment,
bem ein Dbcrji üorftanb. S)ic befann»
tefien unb berü^mtcflen Sanbäfneditöoberjicn
Waren Oeorg Don grunböberg, ber „Sater
ber ßanbsfnec^te", beiben 33tübcr fon
®mbä unb S(^art(in »on Surtenbad^.
3um Stabe bcö Dberfien, ben fogenann*
ten t)ol)en *ji[mtcrn, gehörten ber Sd)ults
^ci§, Dberpwa^tmeijicr, Duarticrmcificr
unb Strafer ober *Profoö. Unter Unterem
fianbcn ber Stocfmeifter mit ben Stcdcn*
fnec^ten unb ber 5«imann (S^arfric^ter),
406
öanb«fnc($te.
fortjic ber |)ur£ntt3ai&cl famt bem SRenns
fd^nrid^ unb bem SRumormeijier jur Se«
Qufftdjtigung beö überauö ja^Ireic^en
Sroffe^ fon ÜBcibern unb ©üben.
Seiraffnct tnaren bie Scinbefnc^te mit
©pie§en ober ^dilagiüaffen , befleibet aw
fönc^Iic^ bem ßvoid entfiired)enb jroar
farbenfreubig, bod) bcttteglic^ unb fnapp,
[pätei mit ber 5lu?attung ber Sitten ^öcf)ii
prunftoü, foba§ bie ©eifilicbfeit uon ber
Äanjel gegen ben „^ofenteufel" auftrat.
3ur tciEtifcf)en Sinbeit mirb fpätcr
ber „Raufen", ber f\d) mcift jiemlid) regel«
loö bem ö^cinb cntgegenmaljte. 3" 3^'"'
beönäf)e ge{)en einige (Sd)ü^en aU „Säufer"
ober alö „verlorener ^aufe" »orauö;
i^nen folgt baö ®roä, ber „^eOe |>aufc",
nadjbem nac^ guter SSäter ©itte hai ©e«
bct oeiricbtet, mo£)I auc^ eine ©rbfctjoüe
aU ^oj^ie in ben ÜJJunb genommen mor*
ben. 2)aö ^elbgefc^rei mar: „|)er ! ^er!"
ba^ ^anbgem.enge mar furchtbar. Oft
fc^mangen fic fnicenb ober frie(f)enb il)re
Äurjmaffen gegen bie unteren ®Iiebma§cn
ber ,5«inbe, „fie fc^nittcn blutige J^o[en=
bänber". ?lu(j) gegen bie iReitcrei operier^
tcn bie iRonbartfdbiere in ä^nlic^er Söeifc,
nur ha^ i^ier bie gü^e ber ^ferbe i^r
3icl tnaren. @ie^e S^i^n^^ ®ef(^i^te
beä ^riegöwefcnö.
Unter ben ©eftalten ber milblaufen^
ben Äulturjufiänte beö auögebenben SIRit=
tctalterä fpielen bie8anb0fne(l)te eine ^er*
ttorragenbe SRoQe. ®emi§ in ben mcijten
gäüen auä ßeuten äufammengefe^t, bcnen
»on IRatur unb (Srjiebung ungebunbeneö
©olbatenleben Söebürfniö mar, leitete ibre
@d)ar bem Qug^i nad) inbiöibuetler 2Bitls
für unb $5rcil)eit in jeber Sejiebung 95or«
f(i)ub; fie f(I)meifen aus in ©peife unb
Irant, Vergnügung unb ^leibung, fie
bilben bei ficf) ein eigene^ 3^^»^^ ^^'^
Stanbe^=(S^re auä, ba« auf g'^ömmigfeit
(lapferfeit) ni(^t minber alö auf bie
nadtefic ®enu§fuc^t unb auf 5?era(j)tung
jeber bürgerlid^ ehrbaren Sebencfübrung
geridbtet ijt; fie l)aben mand^eö mit ben
©tubenten , anbereö mit OJiönc^en,
Pfaffen unb ©c^rcibern , anbereö mit
Schelmen unb Sanbfat)rern, anbereä mit
bem SJbel gemeinfam, of)ne 3^oeifel barum,
tioeit fie ftc^ auö allen genannten ®tänben
jum'Jeil rcfrutieren. iBiel mirft baju il)r
feinbfeliger ißcrfel)r mit ben 6(i)meiäern,
beren trotjige.^riegöluft bamalöaufö l)öcI)Pe
getlicgen u. bie abjutrumpfen ibnen befonbere
^eräen^angelegenbeit mar; aud) iljr I)äufiger
SMcnP auf italienifd^cm Soben mag bei
i^nen blcibenbe ß^arafterjügc linteriajfcn
t)aben.
©ebafiian |^ran! fpric^t ftc^ in
feiner „S^ronifa" mit ^eiligem ©ifet
gegen bie 8anböfne(^tc auö: „Gä iji burc^
banf binbutc^ in almeg unb aljeit ein
bö§ unnü^ nolf, nit meniger bann mün(^
unb Pfaffen. 3f^ «^ ^^ f^^ifS/ f" iji
unber taufcnt faum einer an feinem folb
benüegig, funber fte(i)cn, ^amen, gotölefiern,
l)Uoren, fpilen, mörben, brennen, rauben,
mitmren unb meifen mad)en, ifi ir gemein
t)antmerf unb böÄfie furjmeil. 2ßcr f)ierin
füen unb fed ifi, ber ifi ber beft unb ein
freier lanbsfned^t; ber muo§ »ornen ba*
ran unb ift mürbig, ba§ er ein boppel*
folbner fei; alfo ifi ber böft unber inen
ber befi. 2ßer nit juogreifen unb martern
fann, ber taugt nicE)t. Gummen fte bann
nac^ bem frieg mit bem bluotgelt unb
fc^mei§ ber armen ^eim, fo machen fie
anber leut mit inen merfloö, fpacieren
müeffig in ber fiatt creujmeil umb mit
jetermanö ärgernuö, unb ftnb niemant
nic^t nu^ bann ben mürten (feinb fte an»
ber§ aud) bifen nu^), unb fteüen ftc^, aU
fei inen geboten, fte follen eilent^ miber
oerbcrben. 2)ic anbern, benen bie beut
nid)t geraten ijl, laufen bauffen auf ber
gart umb, tai äuo leutfc^ bcttlen ^ei§t,
bee fic^ ein frummer ^eib, toxU gefc^mei»
gen ein d)rifi, in fein ^erj l)inein fc^ä=
met. gö i)at fxd) aber bi§ »olf oerruoi^t
in ber gmein, ta^ eä ftc^ feiner bo^eit
fd)ämbt, funber gerüembt miH fein, unb
bei bem man bö'rc^au^ baä gegenteil eine^
^ririen finbt , miemol man jefet guote
^rifien au§ inen mad)en miü unb fte
inen felb^ ben namen geben f)aben, H^
man fie frumme lanbötncc^t nennen
muof. i)ie anberen, ben bie beut ge«
raten ifi, ft^en in mür^bdufern, fc^lemmen
unb bemmen , bi§ fte fein Pfenning mer
I)aben, laben gefi, fagen t>on großen firei«
dben, ma« fte ftc^ unber ben pauren er*
litten ^aben, unb bringen alfo bie anbern
aud) non irer arbeit auf juo bem müefftg»
gang, bringend einanber (trinfen einanber
äu) auf einen juofünftigen frieg, unb »er*
fücrt einer ben anbetn, ba§ bie melt »oll
frieger unb müefftggenger mirt. Unb mie
oor Seiten ein jebeö gefd)led)t (jebe ^a>
milie) einen pf äffen ^abcn molt, je^t
muo§ jebeö nit einen lantefne(^t,
funber oil ^aben. liarnac^ fo bie beut
^inbur^ ifi, bo ^üeten ftd) bie armen
pauern, bie müeffen ftd) leiben unb ^er»
Sanb^fncc^te.
407
^aben. S)o fa^en fic an ju garten, tcr*
minieren unb juo teutfc^ betlen unb fic^
auf bie armen leut jlrecfen, bi§ miber ein
guot 9cfcf)rei fumpt , haxab jebermann
eif(i)ri(ft, bann ftc aüein nit. SJarumb
ifi anbercr leut unglüd ir f)öcf)jie^ glürf,
mic fte ad)ten unb boc^ nit ifi. 3^) gc*
fc^meig bie »erfürjung beö lebenö, bann
man feiten ein alten lanbsfnecfjt finbt."
S)ocf) f)aben meber bie ßanböfnec^te
felber nocb i^rc übrigen 3(:it9enof('cn einjig
biefeö büfierc Sßilb tion ibnen getronnen.
®enn maä fie felber betrifft, fo lieben ftc
e^ pc^ im Spiegel ber S)i(i)tung ju be«
f(i)auen, beten ©tunbton balb mutwillige
ßebenslufi, balb fajl rü^renbe Älage über
\1}X elenbeö ®cf)icffal ifi, SBon beiben foE
^ier ein ißcifpiel folgen:
1.
S)ei in ftieg mil jie^en,
ber fol gerüftet fein,
Voai fol er mit im füeren?
ein f(iöne^ fretnelein,
ein langen fpie^, ein furjen tegen;
ein Ferren irött mir fuocben,
ber unö gelt unb bfc^eib fol geben.
Unb geit er unö bann fein gelt nit,
Icit un^ nit oil öaran,
fo laufen mir butc^ bie »elbc,
fein junger fto^t un^ nit an:
ber ^üener, ber gens bab mir fo til,
iai ma§er au§ bem prunnen
trinft ber lanbefnec^t, wenn er mil.
Unb mirb mir bann gcfcf)o^en
ein ftügel non meinem leib,
fo barf i^^ niemanb flogen,
cö fcf)abt mir nit ein meit (fleinc SD^ünjc)
unb nit ein creuj an meinem leib,
iai gelt möl mir fertemmen,
baö ber ©dimeijer umb ^anbfcf)uod^ geit.
Unb mirt mir bann gefc^o^en
ein fc^enfel non meinem leib,
fo tuo \(i)i nacber frie(f)en,
e« fc^abt mir nit ein meit:
ein ^üljene fteljen ifi mir geredet,
ja e bas jar f)erumbe fummt,
gib t(^ö ein fpitelfnecf)t.
(Si mirb id^ö bann erfc^ofen,
crf^o^en auf preiter l)cib,
fo tregt man micf) auf langen fpicfen,
ein grab ift mir bereit;
fo f^led)t man mir ben pumperlein
pum,
ber iji mir neun mal lieber,
bann aller Pfaffen geprum.
S5er unö ba^ lieblein neme gefang,
»on nemem gefungen l)at,
ba^ ^at getan ein lanbäfnec^t,
got gcb im ein fein guot jar!
er fingt unö baei, et fingt unö mer;
er muo§ mir no(^ mol rocrbcn,
ber mirö gloc^ ((Sclage, iWat)ljeit) be«
jalen muof.
2.
2d) fam für einer fram mirtin l)a\xi,
man frugt mic^, mer ic^ mdre?
„id) bin ein armer fd)marten^alö,
ic^ e§ unb trinf fo gerne."
^an fürt mi(^ in bie jluben ein
I;a bot man mir ju trinfen,
mein äugen lie§ i^ umbl)er gan,
ben bect)er lic^ ic^ fmfen.
Tlan fe^t mic^ oben an ben tifd^,
aU ii) ein faufbcrr märe,
unb ha ti an ein jalen gieng,
mein fecfcl ftunb mir Idre.
3)a ic^ JU na^t« molt fc[)Iafen gan,
man mi^ mid) in bie fc^eure,
bo mart mir armen f^marten^ald
mein lad^en oil ju teure.
Unb bo id) in bie fcfeeure fam,
bo bub ic^ an ju niflen,
bo flachen mitft bie bagcnborn,
barju bie raupen bijlcl.
2)0 ic^ JU morgen frü auf ftunb,
ber reif lag auf bem taä)i,
bo muät iS) armer fdimarten^alS
meineä unglücfö felber lachen.
^ä) nam mein fd)mert mol in bie ^anb
unb gürt eö on bie feiten,
id) armer mußt ju fü§en gan
\>ai mad)t, xi) f)at nit jreiten.
3c^ f)ub mi^ auf unb gieng baoon
unb mac^t mid) auf bie jlra^en,
mir fam einö reiben faufman^ fon,
fein tefc^ mu|t er mir la^en.
Uiad) Uf)lanbö Solfölicbern , mo
SRummer 188 — 199 bie Sanböfnec^tliebet
allgemeinen 3nl)alt« gefammelt ' finb ; bie
f)iporifd)en ßiebcr fle[)en bei ßilienfron.
5Dcr Canböfnec^t mürbe aber auc^ »or
anberen 2)i*tein jum 3nb»'''^t ^^^^^ 2)i<^*
tung gemalt: namentlich ^at ^anä
© a ($ ö einen öanb0£ned)tfpiegcl in @prud)s
form gebic^tet unb jmei ^d^mänfe in Oe*
jpröc^eiform, @t. ^etcr mit ben lan^fnec^«
ten unb >Der teufel left fein lan|fnc^t
408
ßanjc.
tner in bic ftcüc fat)tcn. 3" bcm crfien
biefcr ®c[prä{i)c !ommen neun gartcnbc,
b. ^. betteinbe unb gelegentlich fie^Ienb
^etumäie^enbe ßanböfne(f)te jufaüig anö
^mm(Uti)ox , wo fte anflopfen. 5Da ber
^en nic^t genjiüt ifl, fte fofort cinjulaffen,
tro| @t. ^J3etct^ Jürfptat^c, fangen fte
brausen an „matter, leiben unb facra»
ment" ju flud)en. ®t. ^eter, ber SWei»
nung , boä feien geijilid()e SReben , legt
)t)iebet§oItc Jürbitte für bie Ctotte ein unb
erhält fd)Iie§lid^ bic ©riaubnig, fte einju«
laffen; boc^ möge er felber jufel)cn, wie
er fte hjieber ^erauöbtingc. Äaum ftnb
fte im ^immel , fo fe^en fte ftd& nieber,
ne^^men bic SBürfel IietDor unb cö bauert
feine Sßiertclpunbe ,. ta^ fte »on ßeber
jürfen unb aufeinanber einfiaucn, aud^
6t. ipcter felbji, ber i^nen njc^rcn njiH,
burd)prügeln. 3e^t erbarmt ftd^ aber ber
i^err beö |)immelöpförtner^ unb giebt i^m
bcn SRat, er möge einen Sngel einen
ficrman, b. ^. %pptU (üon frang. alarme,
ital. all arme, Qltarm) mit ber Jrommel
fc^Iagen laffen.
93alb ber enget ben lerman fc&Iug,
loffen bie lanb^fnec^t on »erjug
etlent u§ burd^ tak ^imeltor,
meinten, ein Icrman mer bar»cr.
Sanjc. 2öic bie Äeule aU ältefle
6d)Iagtt)affe, fo ijl bie San je alö ®tid^«
unb SBurfwaffe bei allen alten 33ötfetn
befannt. ^ufgcfunbencßanjenfpi^en jeugcn
baüon, baf f(^on bie ^fa^lbautenbcwo^ncr
ftd) i^rer bebienten, unb nad^ römifc^en
SBeric^ten war bie germanif(f)e Sanjc nic^t
o^ne ®runb gefürd^tet. Sier ©d)aft ber»
felben beftanb au« einer fd^weren «Stange,
an ber üorn eine 1 — 1 V2 5"B la^S^ fianb«
breite, swcifdjneibige 6pi|e »on Sifcn be^
fejügt war. Dieben bicfcm f(i)Weren Sang*
fpeer fütjrtcn bie ©ermanen mit au^er=
orbenttic^er ^raft unb ®i^er^eit axiä) ben
SBurffpie^, ber entmeber »on bloßer ^anb
ober an (Riemen gcf(^tcubert würbe.
33efonbere 33eac()tung »etbient ber in
ben merowingii'^en ®räbern gefunbene
»ier 5uf laMt ©peer mit SBiber^afen,
ber Qlngon, ai)t. ango (<Jlnget). 5lgat^ia^
befc£)reibt it)n foIgenbcrma§en : ©ie Qlngonen
ftnb nic^t ganj turje, aber aud^ nic^t fef)r
lange «Speere, jum 2Burf taugtidf) Wie jum
Äampf in ber JRä^c. Sie finb jum größten
leil mit (Sifen bebecft, foba§ »om |>olje
nur wenig unb faum fo »iel, aU für ba«
untere Scfd)Iägc Ijinreic^t, ju fet)cn ift.
5ln bem oberen Seile beö Speere^ ragen
jebod) auf beiben ©citcn gefrümmte ©pi^en
»or, weld^c ^afenförmig jurüd* unb ab«
Wärt^gebogen ftnb. 5m Äampf wirft bet
fränfifdf)e Ärieger ben ^ngon, ber, fobalb
er ben Äörpcr trifft, überaus tief einbringt
unb »om iBerwunbeten nic^t ^erauögejogen
Werben fann, ber 2ßiberl)afen wegen,
welcf)e fur(f)tbarc unb löbliche @ct)merjen
»erurfad^en. @iel)t biefeä ber JJjanfe, fo
fpringt er |inju, brüdt burd^ einen Jritt
auf ben ©peer mit ber Saft feineö Äörper«
ben ©d^ilb be^ ©egnerö ^erab unb tötet
ben nun unbebcdften mit ber ^(yt ober
einem anbern Speer. — Dicfcr ©peer wirb
Brynthavar ($anjerbred^cr) genannt. ÜJlit
bem Sd^aft fc^ie^en gehört ju ben ged^t*
Übungen ber Sugenb, @pecr= unb ©tein*
werfen ju ben i^elben^aftcn Kraftübungen.
2)ie beutfdf)c 58ejeidt)nung ber 2öaffe ijl
®er unb ©pcer, ai)t. ger, aglf gär,
norb. geir; a^t. sper, sperilin, aglf. sper,
engl, spear. SOBcntger gebröud^Iidt) ijl
©picf, a£)b. speoz, spioz, notb. spiot,
aglf. spietn. ®Icid^bebcutenb ift San^e,
it. lancia, fp. lanza. ©pecr unb ßanjc
»erbrängen bei ben Äunjlbid^tern iai
2öort ger, ba^ met)r in ben ^elbenfagen
beibehalten wirb. 2)ie beiben Seile be^
©peereö ^ei^en überall Sd^aft unb ©pi^e.
3)er ©(i)aft ifi auä ©fd^en«, .giartriegel«
ober (Siben^olj gcmad^t, nad^ »crf(^iebenen
I)id^tern anä) auö ^orn, SRo^r ober Slfen*
bein. Dft war ber ©^aft bematt, oft
rau^, unentrinbet (unbesniten unb unbe-
schabn). t>tx mit einer ©pi^c »erfel^enc
©d^aft war geschiftet. 2)ie ©pi|e War
entweber bold^artig fpt^ ober blattförmig,
bod^ ftct^ jWeifd^neibig. 33eim Kampfe ju
9to^ würbe ber ©peer nur al^ ©to^waffc
gebrandet, boct) lieg ftc^ ber (Ritter bereu
mel)rerc nad^tragen. ^ür ba^ Surniet
benu^te man bic Surnierlanje, wel^e flatt
ber ©pi^c iai gcjadtc Ärönlein trug ober
aud^ ganj fiumpf war.
3m Sanjenfampfe genof bie franjöjtfd^e
©cnbarmerie be§ befien iRufeö ; gro^c
Srfotge ^at inbeffen audt) jte nidf)t aufju*
Weifen. SDic im 14. unb 15. 3a^rf)unbert
big 4 m langen ßanjcn würben »ielme^t
oft »er^ängniöoon, faüö ber erfie 51ngtiff
ben gcinb nid^t in bie ^luc^t fd^lug,
bcnn in bem ©ebrängc fehlte eö an bem
nötigen (Raum, fte ju ^anb^aben. ®3
fam bat)er fcl)t »icl barauf an, i>a^ ber
(Rittet nad^ bem erfien schok (iHngriff) ftd^
fdf)nen jutüdjog auf bcn fteien ^tai, wo
et ben aüfäüig jerfplittertcn ©d^aft gegen
einen neuen »crtaufd^te unb bann bcn
5tnlauf erneute. S)iefeö üRanö»er war um
ßanjcict — ßegcnbc
409
fo e^er mögtid^, vodl bie 9'?tttet[cf)aft immer
nur in einem ©liebe ottaficrte; eä I)ie§
„bie kere", unb baf)er flnbet man bei ben
alten 3)idf)tcrn fo oft fiatt bcö Otufeä
„93ortt)ärtö !" ben Kampfruf: „kerä ker!"
ül\ä:}t immer füfirte übrigen^ ber Of^itter
im ®efccf)te ben fc^meren fogenannten
Äüraffpiei, bie®Iäfe; oft n3af)Ite er aucf)
ben Ieict)ten raisspiz (iReifefpief , ®pie§
ber SReiftgen, SReiterfpie^), ber minber lang
unb fiarf tvax unb feine Sßrec^fd^eibe ((Sin=
buä)tung, ®riff) f)atte.
5luc^' ber 6pecr t)atte feine ftjmbolifc^e
SBebeutung. Ermangelt er ber ®pi^e, fo
iji er ein 3ei*cn bc^ ^^riebenö. Speer
unb ©ä)rt5ert bebcuten in ber alteren S^it
ben SRannäfiamm im ®egcnfa| ju (gpinbcl
unb Äunfel; bafter ber Stuöbrud sper-
mäge, gennäge, swertmäge alö SBerwanbt«
fct)aft üon Seite be^ *D?anneö, spillmäge,
knnkelmäge üon Seite beö 2Beibeö. Speer
h)ie Stab unb }^ai)m Waren für Könige
ein Symbol ber Übergabe t)on iReid) unb
Sanb; ber Speer mar hai St)mboI ber
^crrfd)aft, mie fpätcr baö Sä)mert. (Sr
bicnte aui}, mie ^ut unb *Pfeit, jur 5tn*
fage beö Äriege^ bei ben SRömern, Schotten
unb Sfanbinaüiern. 9lad) @an*ü)Jarte,
SlBaffenfunbe
Sanjclet ifi ber fRame beö gelben eincö
5öpfct)en 5lrtuägebi(^teö, tai ber S^urgauer
Ulrid^ »on 3a^i!f)ooen um 1200 nad^
einer franjöftfd^en Quelle bidjtete. Ser«
gleiche 33äd)tolb, ber ßanjelet ber U. ü.
3. grauenfelb, 1870.
Saternc. Sie^e ben 3lrtifcl ßeud^ter.
Saurin, fte^e ^^elbenfagc.
Scberretmc ftnt> eine 3trt Sinngebid)te,
»eld^c »on einem getüiffen Sd^äoiuä er«
funbcn fein foDen unb beren etjic 3eile
allemal mit ben SBorten anfängt: bie Seber
ifi »on einem ^ec^t unb nic^t »on einem
^^n »lütejeit ifi im 17. 3a^r=
Ijiunbett.
Segcnbc, m^b. legende, aui tat. legenda,
b. \). roai beim tägli^cn ©otteöbienfl
»orjulefen ifi; biefer Sittcraturjmeig finbet
feinen Qtnfong in ben OJJartljroIogien,
b. i). ÜRärt^rer»erjeid)niffen, meld)e einen
leil beö ältejien d)rifilid^en Äalenber«
bilbeten unb in mel^e ju ben bloßen
SRamen balb aud^ iRadjric^ten über ßeiben
unb ßeben ber ÜJ?ärtt)rer unb Sefenner
l)injugefügt mürben. Die älteren SUlar«
tprologien tragen ben Dtamen beö $ieront)s
muä, bo* mit Unrccf)t, fie jiimmcn feiten
überein, »ibetfprec^en fid^ oft unb ftnb
nid)t ([H ^eiligenfalenbaricn, mie pe in
ben »crfcf)iebencn Älöfiern gefüf)rt mürben.
35ie größte Verbreitung fanb baä SQiartt)«
rologium beö Beda Venerabiiis, gejlorbcn
735, bcö angelfäc^jtfcf)en ®efc^id)tf(^reibcr«
unb iBerfafferö ber Dfiertafeln ; namentliift
in ®aüien, bann aud) in 2)eutf<^lanb
mürben bie iWiartproIogien im 9. 3a^r=
^unbert mit großer Vorliebe be^anbclt;
eine metrifc&c Bearbeitung »erfaßte 2Ö an «
balbert, Tlöni) ju $rüm, eine anberc in
$rofa SH^abanuö SD?auru? um 845,
mieber eine foli^e auf 23efef)l Äarl^ be^
Äal;len J^uämarb unb ^ule^t ber St.
©aller 9totfcr ber Stammler, ge«
fiorben 912, unb in Vcrfcn Sr^empert,
ber Tlönä) »on SÖtontecaffxno. ^amit
f)örte aber bie Bearbeitung ber furjen unb
bütftigen mattt)roIogif(^en 5(ufjeic^nungen
auf, ia man bereite eine fc^r gro^e ^ix\)l
fluöfü^rlid)er ßegenben bcfa§, teil^ aüi
ber 3«it i>cr S[Rcro»inger, teiU auc^ übet
jene alten SDtärtprer, »on benen bie SDtar«
tl)roIogen nur fe^r menig ju fagcn muften.
5n it)nen trieb bie fß^antafie ber ®cijt«
licfefeit, ber |ielbenfage abgemanbt, i^re
feltfamfien Blüten unb munbetbarjien
©ebilbe, mcli^e mieberum auf bie ganje
S)enfmeife beö ÜRittelalterä ben größten
einfiug t)attcn. 2)0(J) laffen ft* jwet
Elemente ber ßegenbe unterf(i)eiben, bie
ftd) aud) in ben Flamen Vita unb
Legenda fenntlid^ mad^en; ein ^ifiorif^s
biograpt)if($eö unb ein poetifd^=erbauIid)e^.
SDa«s etflere, feiten rein »or^anfen, mirft
boc^ me^r in ber ben alteren 'JJeriobcn
»or, tai anbete, bem namentlich t<xi
aBunber bient, nimmt feit ber aöfetifc^«
fird^lid)en iRic^tung be^ 11. 3af)r^unbert^
befonberä übert)anb; »iel öegenbenfioff
fliegt auö m»)tt)ifd)cn (Srjä^lungen be^
^eibentumö, bie, ftc^ an einen c^rifilic^cn
|»clben anle^nenb, baburc^ ein längere^
geben ftifleten. Viele Segenben mürben
älteren naä)gema(^t, befonberö in ben
Älöfiern, meiere für iljre ^Reliquien aud^
ber ßcgenbc beburften. Balb ^atte man
ßegenben für jeben Sag im ^ai)Xi, bie feit
bem 10. 3a^i^l""t'c'^t in fleinere Samm*
lungen »ereinigt mürben. 2)ie oerbrcitetjic
ßcgenbenfammlung aber beö ÜRittelaltet§
mar bie Legenda Anrea beö Jacobus a
Voragine, erjbifd)of »on ®enua, ge*
fiorben 1298; burc^ jal)IIofc Qlbfd^riften
»erbreitet unb in faft alle lebenben
Sprad^en überfe^t, entfprad) baö Bud^ für
ben praftifd^en ®ebraud^ auf ber Äanjel
unb befd^ränftc ben ganjen Ätei^ ber
410
Leges barbarorum.
^eiligengefc^id^te auf ben Umfang einc^
SBanbeö.
Qlufer bct ^eiligcnlcgcnbc t)at tai
ÜJJittcIaltcr aucf) einen reid^en ßegenben«
ct)flug entreidelt, ber ftcf) an ®f)rij^uö, an
Tlaxia unb jum leil an bie ^poücl,
namentltd) an ^etruä an[cf)Ue§t; bie
ducüen berfelben ttsaren befonberä bie
apofrt)p6ifcI)en ©iiangclien , njie t>ai beä
fjlifobcmuä unb ber Äinb^eit 3«[u unb
apofr9p^ifd)e ©arfleüungen beö ßeOen^ ber
üÜaria. 25iefe ßegenben 1ott)of)I aU bie
eigentlid)en ^eiligenlcgcnben finb feit bcm
12. 3a^rl)unbert pon beutfdien S)ictitern
geijilicften ober :^öfifd)en Stanbeö nielfacE)
bearbeitet worbcn, fo ber tjeilige ?lnno,
erjbifcf)of üon M\n, gefiorben 1075,
3legibiu«, ßrcöcentia, So^anneö
berSJ:dufer,9!)largareta,(ScrDatiu«,
^rtulu«, Sßeronica, ?JiIatu^, bie
^eilige ©lifabetf), ©regoriuö auf
bcm ©teine üon ^artmann r»on Qtue, ber
arme ^ einrieb oon ebcnbemfelben,
Sarlaam unb Jofap^at, urfprünglic^
baö ßeben S8ubbi)aä, aber fc^on im c^rijl»
liefen Orient jur Segenbe umgebitbet,
©ilüefier unb oiele anbere. ©^lie^tic^
bearbeitete ein unbeEannter S)ict)ter bcä
13. 3a^r^unbertä in feinem *PaffionaI
ben ®efamtftoff in brei 33üd^ern, beren
erjieä bcm ßeben 3cfu unb iUiarienö, ia^
jweite ben Qipoftetn unb ®oangeIifien, ia^
brittc nad) in Drbnung tti Äirdi)enia^reg
ben anbern J^eiligen gemibmet iji. S)aö
®ebicf)t umfa§t me£)r aU 100 000 Beilen.
S)crfelbe ungenannte ^rebiger befcf)rieb
aucf) in einem anbern SQBcrfe, der veter
buoch, hai ßeben ber fogenannten ^lU
üäter ober erftcn ÜJJönd^c. ®ie legten
2a^ri)unbcrtc beö SOJittcIalterö bearbeiten
ßegenben mit ißorliebe in bcutfct)er '^rofa,
fowol;! einjetn, aU in i^anäen ®amm«
lungen. 2)ag Ic|tere t{)at u. a. J^ermann
Don ^ri^Iar im 14. 3af)rf)unbctt unb
jnjar mieber burd) alle SUJonate Ijin nad^
ber ^^otge ber 9tamen«tage in: daz buoch
von der heiligen lebine; anbere fpätere
Sammlungen, bie ben SRamen ^affionale
aller ^eiligen ober ber ^eiligen
ßeben tragen, ftnb im 15. 3al)r(;unbcrt
burd) frühen 2)rucf oerniclfältigt morben,
jucrfi 'Uugsburg 1471; fte pflegen in
©ommertetl unb SGßintertcil getrennt
ju fein. 2Battcnbad), ®efd)ic^t2!que(Ien
unb SBacfcrnagcI, ßittcratur=®ef(i)icf)tc.
Leges barbarorum, iBoIf«red)te,
t)ei^en bie ältcflcn *J{cd)täaufjeid)nungen
ber 9crmQntfd)en Stamme nad) ber SBöIfer-
manberung. 33or ber Ißölfcrmanbcrung
l)atten bie ©ermanen feiner gefdjricbcncn
(Sefe^e bcburft; erft aU fic fii^ nac^ ben
.kämpfen mit ben SRömern tcilrocife auf
tömifc^em 93oben niebergclaffen unb neue
Staaten gebübet f)atten, in meieren S)eut«
f(^c unb Diömcr nebeneinanber lebten, unb
bie 95er{)ältniffc t^crmidelter gcmorben
waren, trat tai ©ebürfniä ein, neben ber
gefijieQung be^ »on früher ^cr bePe^cn*
ben SRec^teä äuglei(|) bie neuen iBcr^älts
niffe re^tUc^ ju fiyicrcn. ®ic 3SoIf«rec^te
ftnb barum nid^t blo§ ^ufjcii^nungen beö
©ewo^n^eitöred^teö, fonbern jum Jeil dx'
gebniffc ber SSercinbarung beä gefamten
ißolfeg über baöjenige, »a^ eä aU iRecit
befolgen moüte, ober ber ©cfe^gebung bc3
Äönig^. 3)ie befonbere ®ntfiet)ung biefer
SRcd^töaufjcid^nungen unb ber fpätcren
SBcränbcrungen ifi mciji in tiefet ©unfel
gefüllt; bod^ enthalten man^mal bie !Pro*
löge ober (Spiloge mcl)r ober minber be*
glaubtgte lRac^rid)ten über ben Urfprung
bcö ®efe|eS. S)aö n)id)tigPe ÜJiotio für
bie 51ufjeic^nung bc§ SJlcd)teä f(^cint bie
Serüijrung mit ben SRömern abgegeben ju
^aben, beren IRcc^t mit bemjenigen ber
eingemanberten 2)eutfdf)en gegenfeitig ju
oereinbaren mar; man erfennt bai barauö,
ba§ bie erfien leges foldöen Stämmen an-
gel)ören, njeld^e am frübejlen auf römis
fd)en Soben einmanberten. Sine fernere
Scranlaffung ju !Rec^töaufjci(f)nungen trat
bann ein, menn mct)rere biö^cr öonein»
anber unabl)ängige ©cmcinben ober @taa»
ten burd) Eroberung miteinanber Der«
einigt mürben, roobci bann eine ißerein»
barung über gemiffe 5Rec^t§t'erf)äItniffe,
namentlid) über bai SBergelb unb bie
SuBcn, jum Scbürfniä mürbe. Jür bie*
jenigen '-ßolföfiämmc, meld)c i^re einmal
eingenommmcnen 2[öof)nft|e nid)tmc§r »er«
liefen, trat erfi mit ber Untermerfung unter
baö fränfifc^e ■ !Hei(^ ein 33ebürfniö ber
9lcd)täaufjcid)nung ein; bcrart ftnb im 6.
unb 7. 3at)rliunbert bie leges ber 23at)crn
unb *}llamannen entfianben. Äarl ber
®ro§e enblid) lie§ bie SRcc^te aller ber»
jenigen Solfäfiämmc iierjeid)nen , meldte
biö^er nur nad^ i^rcn ©emo^n^eiten unb
ben ungefd)riebencn Vereinbarungen über
tai (Red()t gelebt Ratten: bie SRcd^te ber
^riefen, Sad^fen, unb Sfjüringcr. *Jlud^
ber Übertritt jum (J^rifientum mar ein
Qlnla^, bie 9icd)tc ber Äird^e unb ber ®eifi*
lid^fcit feft^ufc^en unb bie mit ber ^eib*
nifc^en iReligion 5ufammcnf)ängenben ®e»
bräudöc dörijtlid^ umjuänbern.' ^ux hai
Leges barbarorum.
411
falifc^e iRec^t iji no^ oor ber ®infüJ)rung
beä d^riftentumä abgefaßt hjorbcn. Über«
aU fd)eincn cö einige au«gelt)dl)tte, mit ber
^Inreenbung beö 9fled)teä certraute ÜJlänner
gewefen ju fein, benen man tai ®c[d)äft
ber 51ufjci^nung übertrug ; mo aber burd^
bie ©efe^gebung ein ®runbfa|> aufgefteUt
werben foüte, mar eö ber Äönig, ber auf
ber JReic^öoerfammlung mit ben meltli(^en
unb geiftlii^en ©ro^en unb unter 3"}^«-
l)ung bcö aSoIfä i>ai neue SRed^t »er*
!ünbete.
Der 3n^alt ber 23olE^red)te ijt mannig«
faltig unb itir Umfang ungleich, pi^iift
nehmen bie 33uf fä^e für bie »crfc^iebenen
SRec^töterle^ungcn unb bie 2BcrgeIbbcftim«
mungen für bie ©tänbe bie midjtigjte ©teile
ein. ^Daneben erfc^eincn Seftimmungen
über SBerfaffung unb Äird)e, über bie Stel*
lung ber 9ftöracr ju ben ÜDeutfc^en, bann
finbet man iBer^ältnifj'e be^ ©runbbeft^eä
unb bie gormcn feiner Übertragung be=
rüctjtc^tigt, hai (Jrbred^t, baö ©üterre^t
ber ©Regatten unb tai ^amilienred)t über«
^aupt, bie ßeijlung bcä ®(i)abenerfa^eö
unb bie SSerfolgung bee Eigentum«! an
bcrecgli$en ©adjen. 3ie(ä)t«fä^c, mel^e
in ber Überjcugung unb ber Äunbe aller
lebten unb taglic^ geübt mürben, über*
ging man bei ber "Jlufjcid^nung. 23iclfac^
ftnb einzelne ©eftimmungen unb ganje 5lbä
fd^nitte aui einem iRed)t in ba^ anbere
^inübergenommen morben. S)tc 2)arjiel=
lung ifi balb breiter, balbfnapper; manche
S5oltörcd)te liaben mehrere Überarbeitungen
erfal)ren.
9Rit 5luäna|me ber angelfdcbfifd^en Oe*
fe^e ftnb alle SBolfiJrec^tc in lateinifc^er
©prad^e gef^rieben; boc^ finbet man jer«
jlreut oiele beutfd)e SBorte, jum Icil beut*
fct)e SRebenäarten. erji im 9. ^a^r^unbcrt
ftnb einzelne 9ted)töquctlcn beutfc^ über«
fe|t morben.
S5er SRame ber iBolfäred^te lautet in
ben Duellen felbjl ai)i. ewa = ®efe^,
SRec^t, ober pactus, pactum = iöertrag.
Edictus t)ei^t bie longobarbifd^en Äönigö=
Ö^fe&e, auc^ ber SRame leges fommt cor.
3)ic einzelnen iBolEörc^te jtnb:
l. Lex Salica, im nörblid)en ^ranf*
rcic^ beimif^, mürbe noc^ in l)eibnifc^er
3^'t ttad^ einem Sef(^luffe ber ^aupter
beä aSolfeä non üier baju ermäl)lten ORän-
"ein, Yoi\d)t an brei SfRalbergen jufammen*
lamen, niebergefd)ricben , fpater aber »on
6.l)lobemi(^ unb einigen Stac^folgern über*
arbeitet. I)aö ®efe^ mar no* ju ^aiU
beö ®to^en S^it in ©ebtauc^. ©inigc
^anbfc^riftcn entt)alten t)äufig mitten im
leyt unter ber ©cjeicfenung iDfalberg ober
■ajJalb. altbeutfc^e ©loffcn, gcmö^nlic^
üRalbergifd)e ©loffcn genannt, bie,
oon ben *}lbfd)reibern frülje nid)t mct)r
»erftanben, biö jur Unfcnntlid)Ecit ent*
jtellt unb aümülilidf) ganj »eggelaffen
mürben. 3^t Jiame SKalbcrg fiammt oon
mal = ©erid^täberfammlung, unb berg,
b. i. ber $la^, an melc^em biefelbe abge«
galten mirb; fte mürben früt)er auö bcm
Äeltifc^en erflärt, fmb aber »on Jacob
®rimm alö ber bcutf^en ©prac^e angel)örig
erfannt morben.
2. Lex Kipuariorum, iai [Red)t
be« jmeiten fränfifd)en |>aupif!amme^, ber
ribuarifc^en JJranfen, au« bcm 6. 3a^r«
fjunbcrt, galt in ben oft* unb r^einfriin*
Eiferen ©egcnben unb mar jugleid^ baö
gtec^t beä frdnEifc^en ÄönigS^aufe«.
3. LexWisigotorum, befiel)t ment=
gcr au« bem biöl)crigen ®emot)nl)eitäred^t
ber SBeftgoten, fonbern au« Äonfiitutionen,
meld)e bie meftgotifc^en i^önigc mtt i^ren
geifilic^en unb meltlid^en ®ro|cn auf ben
JReid)«tagen berieten, mobei überall auf ba«
römifc^e SRec^t Oftüdftc^t genommen ifi.
3)ur^ bie unerträgli(^e r^etorifc^e Steile
unb ben gejierten 3[öortreid)tum mirb bicfe«
SRedl)t«bu^ biömeiten bunEel. ®ö ^at fic^
aber fet)r lange erhalten unb ifi nod^ im
13. 3i<§r^unbcrt in iai Safiiliamfc^e über*
fe^t morben.
4. Edictum Theodorici, ein für*
je« unb bürftige«, »on S^eoborid), bem
Äönig ber Dfigoten, um 500 ganj unb
gar bem römifd)en 9ied)t entnommene«
® efc^bud^, meldte« mal)rfd)einlid^ oon einem
iRömer im *2luftrage iti Äönig« entmorfen
mürbe unb mcld^em Sarbaren unb iRömcr
gleid^mä^ig untermorfen fein foüten. S«
|atte nur Eurje 2)auer.
5. Lex Burgandionnm, um 500
burd) ^önig ©unbobalb gegeben, ifi meni*
gcr au« einer 5lufjeid^nung bc« ®emol)n*
^eit«rec^te« |eroorgegangen, al« au« ber
Qlbfaffung einjclner ®efe^e, mclt^c bei
Äönig unter ®ene^migung unb Scirat ber
®ro§en be« SReid^e« unb mit Serücfftd^*
tigung be« römifdl)en iRcdfite« erliefe. S)iefc«
SRcd^t mar in 58urgunb noc^ im 9. Ja^r*
i)unbert gültig, gür bie burgunbifc^en
{hömti mar al« Srgauäung ber für SRömet
unb Surgunbcr bcfiimmten lex ein befon«
bere« ®efcpuc^, bie lex Bomana Bnrgun-
dionum üerfafet morben.
6. Edicta regum Langobardo-
rum. 2)iefe« ®efepud^ befiet)t urfprüng*
412
8cftn«h)efen.
lid^ auä bcm »on Äönig JRot^ari, 636
bi^ 652, gefammcitcn unb bto§ für bie
beutfd^en UnterttiaTien flültigen 93eflim=
muni^cn beö langobatbifc^cn ©etro^n^eitös
xtä)Ui mit ben alö notwcnbig ctfannten
(Srgänjungcn. ©einem inneren ®cf)alt na^
tfi e§ bie üotifommcnjie S^öpfung beut=
fc^cr ®efe|gebung in biefer «Periobe unb
jcid^net ftd) nic^t'blo^ burd^ ben Umfang,
bur^ Älar^eit unb 33epimmtf)cit in ber
ij^affung, fon^ern ebenfofe^r burc^ ben
l)umanen unb aufgcflarten ®eip auö, ber
eö burd)jiebt. 3n ^e^ folgenben Seit famen
ju biefem Edictum Rotharis bie ®e*
fe|e ber fpäteren Könige tiinju. Qtud) nac^
Sefeitigung ber langobarbifdben Könige
crbielt biefeö (Rcdjt feine ©ültigfett unb
mürbe niit blog »on ber fpäteren 35o!=
trin miffenfcbaftlid) bearbeitet, fonbern aud^
bur(f) befonbere Kapitularien ber fränfi=
f^cn Könige erganjt unb fortgebilbet.
7. Lex Alamannornm. I)er ältefie
•öeftanbteil biefeö iBolf«recf)te0 mürbe unter
bcm Flamen Pactus um 550 aufgef(^rieben;
biefer mürbe rcieberf)oIt unb mit biöt)er unge=
fd^ricbenem ®emo^n^citöre(i)t fomo^I al«
mit neuer Segiölation ermeitert Curd)
ß^lotar n. um 620, ber befonberö bie
fiaatlic^en unb fird)Iid^en Ser^dttniffe 5lla*
mannienä im 2luge ^atte. ©ine SRenifion
biefeä ©efe^eö na^m im 8. 3a^rt)unbert
^erjog ßantfrib mit ©enebmigung ber
®rof en feine« ^erjogtumö unb beö gefam«
ten ißolfeö cor. dnbtt^ brachte Äarl ber
®ro§c ober Submig ber fromme biefeö
a5oIt^rcd)t in »erbejferte ^bfc^riften.
8. Lex Bajuvariorum. Sä ifi bieö
eine Kompilation auä teilä baprif^em,
tcilä frembem, ncimlic^ alamannifc^em unb
meftgotifc^em Otec^t unb entf)ält 93efianb;
teile au« cerfdiiebenen 3«iten, meiere nie
ju einem mirflid) einbeitlidien ®efe^bud)
tcrarbeitet morben fxnb. Die (Rebaftion
ber öerfd)iebenen jum Jeil »iel älteren
93efianbteile ju einem ®anjen fd)eint um
bie aWitte be« 8, Jatir^unbertä jiattge»
funben jU ^aben.
9. Lex Angliomm et Werino-
rnm hoc est Thuringorum. S)iefeä
fleinfte ißolföred)t, für beffen 3cit ber (5nt=
fiel)ung aüe fieberen 5lnt)alteipunfte fehlen,
fc^eint in ber 3eit Äarlä beä ®ro§en ent*
iianbcn ju fein. 5llä ^eimat bcä ®efe^*
buc^eg nimmt man Springen an, mo
einji auc^ Qlngeln unb 2Beriner, bie man
fpäter in |)olilein unb @d)Ieämig finbet,
niebergcIaJTen maren. 5lnbere meifen baä
®efe^ ben am "Sticberr^ein mo^nenben
2;t)üringern ju.
10. Lex Frisionnm. 6ä entf)ält
auäfd)tie§lid) 39u^bej!immungen für bie
einjelnen jirafbaren J^anblungen , mobei
eä in betaitliertefier Sßeife ju SBerEe ge^t,
über lötung, 2)tebf!a^t, ©efd)äbigung,
m^\)mat, 93ranbf!iftung, g^laub, Unjuc^t,
SWeineib, Q3ann, ^örperüerle^ungen unb
Seleibigungen. 3tud) biefeö ®efe^ ifima^r«
fd)einli^ unter Äarl bem ®ro§en ent*
jlanben, als 802 auf bem SReic^ätage ju
5lac6en bie i8oIfäred)te aufgejeid)net unb
rewibiert mürben. Qluffaüenb finb bie
beutlidöen ®puren ^eibnifd)er SRed)täge«
brauche
11. Lex Saxonum, bej^eftt auä bret
gegen 6nbe beö 8. ^'^b^^^nttertä aufge«
fc^riebenen SePanbteilen, metd)e üon Äart
bcm ©ro^cn auf bem SReid)ötage ju 5la(^en
802 mitcinanöer »ereinigt mürben.
35ie angelfä^fifd)en ®efe|ie übergeben
mir aU nid)t jum fränfifc^en SReic^e ge»
t)örig. @ 1 0 b b e , ®efc^id)te ber beutfc^en
IRed)t«quenen, unb SBalter, 9{ed}töge«
fc^i(^te.
Se^nötDcfcn, öencfijialtoefen, 5Dic ©nt*
fiet)ung ber Senefijien mirb »on ber rei^tg«
gefä)td)tlic^en 5orfd)ung »erfc^ieben er«
flärt; bie einen laffen bie 33enefijien in
5lnlef)nung an ia^ römifc^e SRed)t baburc^
entfielen, ta^ namentlid) bie Äiri^c frei»
miüig einen Seil it)reä ®runbbep^e€
gegen einen befiimmtcn 3*"^ "^f'- ^i«nfl
ober blo§ gegen einen fleitien ©^einjin«
au0 2ßo{)Itbat, baber ber 3?ame bene-
ficium, sum Jliefbraud^ an anbere Vergab,
eine ©itte, ber bann ber Äönig ebenfalls
folgte; anbere lajfen iai QSenepjium erfl
mäbrenb ber Kriege gegen btc Araber im
ad)ten 3'^f"t^"ii^fi^t bergeftalt entfielen,
baf ftd) in biefer 3«'* füi ben fränfifi^en
König bie DfJotmenbigfeit jeigte , bie über*
mächtigen ®rofen ju geminnen, um burc^
beren Seifpiel, befonberä im geerbten ji,
auf bie anberen ju mirfcn; ta nun baä
Krongut burd) «Si^enfungen erfd)öpft mar,
fo fab man fic^ genötigt, bai Eigentum
ber Kircbe in ber ^orm einer Qtnlei^e
anjugreifen, ju welchem 3*^**^ ""t*'^
Karl 2RarteUä @öf)nen bie Kirdjengüter
»erjeid)net unb ein gro§er leil ba»on
»erteilt morben feien, ©id^er if!, ta^ ju
Karl« b. ®r. 3eit ba« Jnfiitut ber SBene*
fijien fc^on mannigfaltig auägebilbet mar.
93ei ben fird)Iid)en ?anb»erleit)ungen
ivoax trennen fidf) bie eigentlichen 3*"^*
bauern mit ber 3f't »on ben 3"^obern
?cl)n«tt)cfen.
413
üon Scnepjien, toetd^e jum Icil ange=
fe{)cne Wanmx jinb; immer noc^ »erben
einjelnc Äirc^enpter burd^ ißerfüflung beö
Äönige fo »erliefen, aii ob fie tönic5licf)e
Senc^jien wären, neben treldjcn S8cne=
pjien aber aui) freinjiHige 93erlei^ungen
feitenö bcr Äird)e forfommen ; fo Bergeben
avii) n)eltlici)e ©runbbejt^er unb nament=
lid) bcr Äönig felber \i)Xi (Sütcr ju 33ene=
Pjien, teitö mit, teilä of)nc 3'«^- 3""i
cigentli(^en ßetineftcfen aber wirb taz
ScncfijialTOefen crji baburcf), ia^ ti mit
ber SafaUität (fteöe biefen Olrt.) in
iBcrbinbung tritt, toa^ iioQjlänbig unb
nod^^altig crji im 10. unb 1 1. 3a^rf)unbcrt
gc[d)et)en i(l. Die folgenbe ©fiäje lebm
Ä* nn 5Bai0, ©eutfc^e a3crf.*®ef*.
S8b. VI, 9Uifd)nitt 5.
2)aö ©enefijium iji eine fold^e ßanb»
öcrteil)ung , bie eine nät)erc iDerbinbung
^trifcften bcm *ßctleif)er unb Smpfänger
begrünbet, bem legieren befonberc 2}er=
pflic^tungen auferlegt unb in bcm 5}ei«
^ältni* ber SSafaKität einen befümmtercn
4l)arafter annimmt. 2)aö beutfc^e SBort
für Senefijium iji fielen, at)b. lehan,
mbb. lehen; feit bem elften Jaf'fl'unbert
fagt man aud^ feodum ober feudum;
bicfeö SBort ging auö einem älteren
mittellat. feum, eigentlich fen-um l)erDor,
bcjfen ©tamm, baö prot)enjalifd)e feu,
ital. fio, altfranj. fieu, latinifiert finm =
ße^engut, ßel;enjinö, a\xi got. faihu =
iBcrmögen, ^abe, al)b fihn, feho, feo,
n^b. S5ie^ entfianben ijl, f. SBeiganb.
5ln unb für ftd) erfd^eint jcber fä^ig
fielen ju empfangen; erfi fpätcr jinb
©üuern, ^aufleute, ©cifilicfcc unb gtaucn
bacon auögef(^loffen roorben; eine »afal=
litif^c ^ulbigung fanb bann aber nid^t
jiatt. Oft jtnb folc^e niebere ©enefi^ien
mit einem 5r)ienfi ober ®cfct)äft ocrbunbcn,
bie Öelo^nung ober QSefolbung für tai'
felbc, bei gifdx^tn, Sffieingättncrn , |)anb=
»erfern, 5äg«n, görjiern, ÜWeiern ober
©d^ult^eitcn ; auc^ ber ©ienfi bcr Tli-
nijlerialcn (fiel)e biefe) mar mit einem
Scnefijium ncrbunben; bei Oeifilid^en ifl
mit ben einäclnen geijilic^en ©teilen ein
®ut »erbunben, ia^ bem 3nl)abcr Untcr=
^alt gemäbrt unb fein 33enefjium t)eifet;
aud) einjelnc Äirchen unb ÄapcHcn »erben
al* ißenefijium übertragen, »ogcgcn bcr
Smpfänger bie geijilid)en jjunftionen ju
üben unb bie (Sinfünfte ju jiet)en t)at.
33erfc^iebene Äird^en »erleiljcn einanber
gcgcnfcitig ißenefijien, »ie anberfeitä
$erfoncn geipiicl)en ®tanbeö Dorn erj=
bifc^of biö jum ÜJiönc^ ßcl)n t»on ffielt«
li(i)cn empfangen. Umgefebtt net)men
ffiettlid^e »om Äaifer an ab»ärtö Äir*en-
gut JU öetjen. Da^ 5?ed)t ber ißcrleit)ung
fianb jcbem offen, unb t>a^ empfangene
ßc^n fonnte an einen brittcn »eiter ge=
geben »erben, ©egenftanb beö 8et)en»
»ar alleö 9JJöglidf)c, »aö Jiu^cn unb Sin--
fommcn gemährte, mit ^uönat)me ber
fabrcnben ^abe; am meiftcn aber »urbe
©runbbefi^ gegeben, einzelne ®ütcr unb
größere ^öfe, |)äufcr, Srauercien, Sffü^lcn,
fflcinbcrge, Söälbcr, ^if«^««*«"/ Surgen
unb ©chlöffer, ©täbte, ^rooinjcn, ja
iReicöe; fobann Äird)cn, Äapctlen, .^löfler,
^ofpitälcr, iUltäre, ber 3f^"ten; fobann
»urbe ftatt ber ©egenfiänbc felber ber
Ertrag, ben ftc boten, bie iBorteile, bie
fie ge»äbrten, ju ße^en gegeben, j. 33.
bei ÜJiünjen unb S^tiin, '-ßrüden« unb
t^al)rgclbern, 3infen unb ßcifiungen, »obei
oft abhängige ßcute, bie an unb für ficfe
nidjt unfrei »aren, ©egenftanb ber 93cr*
leil)ung »urben. Qludb eine beflimmte
®elbfumme, bie bcr Sclcbnte bann jätjr»
lic^ empfangen foü, fann ©egenfianb bcr
Selebnung »erben. ®anj befonbcrö aber
»urbe baei ^mt mebr unb mel)r aU ßc^n
angefef)en unb bc^anbelt, fo»of)l in ben
nicberen greifen hii ®uteöer»altern unb
ÜJteiern, alö namcntli(^ bei ben t)ö6ercn
Scamtungcn bcr 25ögte, ©rafen, SUiarf^
grafen unb ^erjoge; eine |)auptfac^c »ar
babei jiet^ bie ©eric^täbarf eit. %\iä) bie
!Berpflict)ungcn , »elc^e mit bem ßeljen
übernommen »erben, ftnb oeridbiebcner
'Jlrt; ein bloßer 3inö fomnit mct)r in ben
nicberen Greifen oor; »a§ für iai 33enc=
fijium d^arafteriftifdt) ift, ifi üielmel)r ber
3)ienft, ber me^r unb me^r einen f ricgc«
rifc^cn (5.f)araftcr angenommen ^at
unb auf bem bie "öcbcutung beö ßebn«
»efenö »efentli(^ berul)t. ©in ße^n, auf
bem eine fold^e SScrpfliAtung ru{)t, bei^t
Äricgölet)n gegenüber bem 3^"^^^^"-
9!Jlan unterfd^eiDct babei ben ^cerbienfi
für tai üiixä) unb bie ^riegä^ilfe, bie
bem .^errn bei anberer ®clegcn^ett gclcifict
»irb. Sen Jgjcerbienfi für iai SRcid)
leiflete ber gürjl eben mit ben 3n^a^eicn
feiner Sencfijicn, für ben befonbcrcn
ÄricgäbicnP pflegte eine befonberc iBercin=
barung getroffen ju »erben. 3" ber
(Staufifc^en 3"t ^attc bei bcm iRömcrjug,
»enn t>a^ ^cer auf ben Dtoncalifd^cn
gelbern lagerte, jcber, bcr ßc^n befa§, bie
erfic 9iac^t bei bcm ^cerc eine SBac^c ju
Icijicn. Sin fie^n, tai jur Sßcrtcibigung
27
414
itiä).
»on Surgen Perpflic^tek, t)ie§ 'ö u t g I e l) c n.
5luc^ jum ^ofbicnfie ncrpflicbtet baä
Üc^en; Der fie^nträger t)at bie $fU4t, am
^ofe be^ •fecrrn ju crfcfeeinen, bei ^of=
gerieften ju fungieren, an 23erl)aiiblungen
teiljunebmen, ben ^errn an bcn ^of be«
Äönig« 5u begleiten, bcm ^crrn bei fcicr=
Iid)en ©clegenbciten ©c^rcert ober <Bä)i\t
ju tragen. i)iit rem (Smpfang be^ ßebene,
wenn buefelbc nic^t iBermalttr nieberer
Simfer, SDhnifteriülen unb ©tift^gcijllicfce
betraf, roar regtlmd§ig bie üafallitif c^e
^ulbigung »etbunben, beren 5infängc
in altere 3«it jurücfreiAen ; Tic trat überall
t)a ein, roo bet felbfiänbige ^rcie tai^
(Sut eineö anbetn empfing unb bamit bie
33erpfli(^tung jur friegerif(^cn |)ilfe iibers
na^m. Derjenige, ber bie ^»ulbigung
leiflet, bei§t vassns, fpäter vasallus,
beutfc^ man, lat. homo ober vir, üor^
jugärccife aber m i 1 e s. ®a« SRed^t, roelc^e«
bafür galt, t)ie^ jusmilitare, Ärieger*
ober SRitterrecht, ber *HEt ber Sßerbinbung
hominiam, homagium, manschaft,
hulde. Sie gefc^al) in alter ffleife bur^
^anbreidjung, rcorauf ber(5ib folgte,
ber äunächji auf fefte Ireuc ging; ber öe«
Iet)nte ocrfpracb nac^ ber übiict)en gormcl,
fo treu unb ergeben ju fein, »ie eö ein
SOlann gegen feinen ^crrn fd)ulbig ifl;
bcn greunben beö ^errn freunb, ben gfinben
feinb ju fein ; bem ^errn unb ben (Seinen
ein frommer unb treuer Reifer ju [ein.
2)er eib foüte gelten, folange ber 33afaü
ba^ (gut innehat; er foll biefe^ oerlieren,
hjenn er feine 33erpfli<^tungen nic^t erfüllt.
21'cnn es ftc^ um eine fefle 23urg l)anbelt,
foU biefe bem ^crrn aüejeit offen fiet)en.
S)er (Sib mirb mit aufgericfiteten ^änben
ober auf ^Reliquien geleiftet. Später
tüurbe ber gauje Vorgang no(i feierli^er
gemad)t. 5Die 93ele^nung felbcr ober
bie S""?« f'^tur, gef*ab in fpmbolifcfecr
.^anblung bur* Überreichung eincö (Segen«
ftanbeö, ber nad) 'Hxt beö ßet)n0 oerf^ie=
ben mar, burc^ ben |>anbfd)ul} ober
ben Stab, ben geiftUchen $5"'^t^f" f«''
bem iffiotmfer Äontotbat burd) ia^ ©cep =
tcr, einjeln burc^ ben 9ling, bei ben
fiaienfürften burd) bie ßanje mit ber
gaMe ober burc^ bie (5i^ne aücin, tt)o>
bei bei ber (Bereinigung meljrerer Jüi^l^fn'
letjen in einet ^anb aucf) meistere Jahnen
gegeben würben; abl)ängige Äönigreid)e
ttiurbcn fpäter mit bem Schwert über«
tragen, in 3talien fommt ber 5t bl er oor.
Sei bem JBec^fel be^ .^crrn unb be«
ÜJlanned mar eine (Srneuerung fotüo^l
ber ^ulbigung alä ber QScrlei^ung crfor«
berlich.
Schon früh jeigtc ft^ im Scneftjiat«
njefen bie Steigung gur 2tuöbitbung erb*
lid)er SSerhältnilfc, biö biefe, ben ffliber*
flreben namentU^ ber Äirche jum Iro^,
in i)öl)iXin unb nieberen Äreifen jur
iRegel mürben ; auc^ Söchter fuccebierten
oft in t>a^ ßebcn. 2)er SafaH l)atit ein
genoiffcö SRcdjt ber Verfügung über baÄ
ihm anüertraute (Sut; aber oerdu^crn o^cr
oertaufchen burfte er eö bto^ mit 3"^'"^*
mung beö ^ertn. ßeben fonnte aud) miebcr
bIo§ mit 3uftini"iung bee ^etrn in 6igen«
tum oerroanbett werben. Sßiüfütlid) ent»
;\iehen burfte ber Jg)err tai ®ut nii^t; mo
eö gefdjah, fo mu§te er befonbere (Srünbe
haben, namentli(^ Q?crle|ung ber Sreue
unb ber ^flid)ten, offene geinbfeligfeit in
Jbat unb iRat gegen ben ^errn ober
Stichtleiftung beö fchulbigen 35ienfieä;
buburch ttjurbe bie ®nabe oermitft unb
ber ©chulbige ging beö 2cheng ocrluftig.
2)och tuar baju ein iUuäfpru^ ber ®e«
noffen erforberlid), mie ftd) übert)aupt eine
eigene ße^nägerichtöbarfcit auöbilbcte. SBar
ein Sehn burch ben Job beö 3nhaber3
ohne berechtigte Srben ober anbere Um«
flänbe lebig ober frei, b. h- an ben .^errn
jurüdgefaQen, fo fonnte e« roieber Der«
liehen ober in eigenem Selig behalten
werben. ''Jim meinen Sebeutung hotten
bie Sehen für bie geiftlichen Stiftungen;
benn nid)t aüein ihreö Äriegäbienfiei
halber brauchten fte ßehenöleute, fonbern
ihre Senkungen würben wicberholt pon
ben Äönigen aU Selohnung für geleifiete
ober ju leifienbe 3)ieni'ie in ^Jlnfprucb ge«
nommen; aud) anbere weltliche ®to§e be«
mäd)tigten fxä) mit ©enehmigung beä
.König« ober mit bIo§er ®ewait ber
.Kloftergüter; auc^ Sif^öfe erwarben ftch
burch Setleihung oon Älofiergütcrn Eriegc«
rifche !l}?aniifd)aft für ihren eigenen S)ienft.
2)urch bie Sereinigung foldhct großer
Sehen in ber .^anb einzelner weltlicher
dürften würbe eine wefentliche Seränbe«
rung in ben Sefi^^ unb 5iRa(^toerl)dltniffen
ber ®ro9en herbeigeführt, eä gab Sehen
t)on lOüO unb mehr -^ufen, welche »on
ben grofen Stiftern für ßeiftung beä ^of«
unb Äricgäbienfteö verliehen würben.
3utegt Waren faft alle weltltd)en ®ro§en
unb ebenfo bie SRitler unb lüJinifierialen .
an biefer Serwenbung beö ÄirchengutcÄ
beteiligt.
Seid) bebeutet urfprüngtich überhaupt,
r^pthmifche Sewegung, Janj, Spiel; bann
8ei(J)enbcfiattung.
415
Ba« fcictlid}e ©{^reiten jum Opfer unb
Dai Opfer fclbft, ferner 2ßettjlreit unb
Sampf, erfjalten im mbb. ■wetterleich,
iBctterfAIag. 23gl. J^cpne im ©rimmfcfcen
iöörterbucfte. 5m enc^eren 6inne wxxi
8eid) fd)on im "Hltbeutfd)en ber ÜfJame für
eine lanj' ober (Sefangrceife, in welcher
öic lUclobie Pon (Slieb ju ©Heb ober bod?
in einjelnen teilen wecfefclte; ber ^eid)
tt)ur^c fiele pon einer ÜWenge gefungen,
Wenigftenö mitgefungen; sangleich ifl ein
6.borge|ang, leichöd unb hiieich ein Ser:
mdblung?gefang, otleä biefee im (Segen«
fa^e äum 2ieb, tai nur ber einzelne
fang unb in »t>etd)em bie 2)?clobic bem
ffiorte untergeorbnct roar; erhalten fmb
am bem 9. 3ii^r|)unbert bas (Sebet jum
^eiligen *Pelru8, eine Bearbeitung be«
138. ^falmeö, dbriftuä unb bie Äamari«
terin, bai fogenannte Öubroigälieb unb
ber S>dd) auf bcn heiligen (Saüuä. S)ie
^öfifcl)e S)id)tung behält ben Unterfd)ieb
jrcifd)en Seid) unb 8ieb bei, mobet fie bie
trftere $5"^'" Pornel)mlid) jur ^Begleitung
be« Janje«, fcUener für religiöfc ©toffe
önrponbte.
Scit^cnbcftattung I>ie Sejlattungäroeife
ber alten i»)ermanen fd)ilbert Jacituä
©ermania 27 folgenbcima^en: „35ie Se«
fiattung ber Joten gefdjieht ohne ©eprängc;
ber cinjige Suyuei, ben t>ai J^erfommen
crhcifctit, befiehl barin, ta^ jur *Bcr«
brennung ber Seid)cn l)erporragenber Tldw
ner betlimmte ^oljarten perrocnbet «erben.
2)en 2d)eiterhaufen jierl man nicht mit
barauf gehäuften leppictien unb roobU
ticd)cnbem iRäucherroerf ; nur feine Söaffen,
manchmal aud) fein iRo§, werben bem
Solen inö ^^euer mifgcgeben; ein SRafeii«
biigcl erhebt fid) ufaer feinem ©rabe. ©ie
burd) piel ÜJJiihe unb 'Hrbcit erfaufte 1}rad)t
oon 2^enfmälern meif ber ©etmane nid)t
lü fd)äeen; fie crf^eint ihm nicht alä eine
(Shre für ttn loten, fonbern als ein 3)rucf,
ber auf itjm lafiet. Jßehflagen unb
Jl^ränen giebt er nid)t lange JRaum,
©d)merj unb SBehmut aber Perlaffen ihn
nur langf.im- benn bem SBeibc jiemt bie
laute Iraner, bem iOJanne ftillcö ©ebenfcn."
3lu§er bem SBerbrennen ijl für bie ältere
^criobc fchon t>ai Segraben be,^eugt; ©ee=
anroohnenbe übergaben ihre iotcn auc^
bem rcäfferigen Elemente, legten ben
8eid)nam in ein ©chiff, jünbetcn eä an
unb fiiefen cö \M offene 3D?eer, gemäg
bem ©lauben, ha^ bie S)ahingef^iebenen
über ein ttennenDe« 2ßaffer ju fchiffen
I)ütlen, roic eö überfiaupt tit ©orge für
ba« jenfeiiige ßcben ber loten mar, bog
bie "Jtrt ber 2eid)enbe|lattung Peranla§te
unb beflimmtc. Sn^mf^ mürben mit bem
Solen noch anbere 2)inge bejlattet, oft
fpmbolifch in ©lein ober Sernflcin nad)=
gebilbet. 2)em gemeinen Wanne gab man
feine ©chuhc mit, aud) ®clb, bem'SReidjen
fein $ferb-, auc^ 2)icner unb ^Dienerinnen
pergrub unb Perbranntc man mit. 3n
älicfler ßcit mürbe bie ©attin mitPerbrannt
ober fonjl über bem ©rab getötet, ^ox^
bi(d)e Duellen fprcdien Pon umftänblid)en
i.'eid)enfeierlid)teiten. I)a^ ©rab mürbe
umfd)ritten ober umritten unb ein ßeidjen«
gcfang angeftimmt; an bem großen 8eid)en«
mahl, ba« 7 ober 30 läge nad) bem ©e*
gräbniö ftattfanb, trat ber ©ohn feierlich
t>a9 6rbe an. Über bem unoerbranntcn
2eid)namc ober über ber 21fd)enurne er«
baute man oft eine geräumige ©rabfammer
au« großen ©teinplatlen unb fd)üttete bar«
über einen Srbhügel auf, mit iBorliebe
auf weithin fichtbaren ^o^en ober an ber
.Rüfie auf Canbjungen, halb einfam, halb
neben anbcrcu ©räbern.
Äarl aSeinholb hat in ber <3(irift:
Sie t)eibnif^c So ten befia tt ung in
I>eutfd)ianb, ©i^ungsbericht ber iffiiener
Qlfabemie, 1859, mit großem Srfolge n\x^
fammengefiellt, voai bie je^t in unb über
ber Srbe an ^eibnifchcn ©rabaltertümern
jum 35orfd)cin gefommen \\i; wir geben
hier in Äürje einen iUuö^ug au« biefer
©chrift, bemerfen aber jum iöorauö, t(\^
e^rtd)babei nidjt fpejiell um bie ©räber ber
heibnifd)en ©crmanen, fonbern überhaupt
um bie auf beutfd)em ©oben gefunbencn
©räber hanbell, bie otjnc 3"'fU'cl auc^
anberen 23ölfern, wie iRömern, Gelten,
©lapen angel)örcn, unb ferner ta^ bei ber
biä wcnigßenö inä 8 J'J^rhunbert fort«
bauernben 5trt ber ^eibnifchen Sotenbe«
ftatiung eö oft nid)t auögemittelt werben
fann, ob wir wirfli^e ^eibengräber ober
©täber Pon (Shriften por unö haben, bercn
"öellaitung«weife nach alter 5lrt Por ftch
gegangen rjl. Jm allgemeinen mu§
^mifdjen ©teinbauten, (Jrbbügeln unb
flauen ©rabfiätten untcrfchieben werben:
I. ©tcingräber. ©iefelben finben
fidh in ganj JJorbbcutfchlanb , ben
D^icberlanben, S)änemarE, auf ben bri«
tifdjen Jnfeln, in 3Jorb« unb 2Befl«
Jranfreich unb auf ber $t)renäen«
^albinfel unb tragen in 2)cutfd)lanb meifi
ben Siiamen Hünengräber, aucf) ^ünen*
feller, ^ünentritte, ^ünenberge, (Riefen«
bellen, Seufelöbetten, Seufeläaltäre, Seus
27*
416
öeici^enbefiattung.
felsfanjcin, Jeufelöfücfccn, ©tcinbäufer
u, a. SBeinbolb unterf($eibet ©tein*
fificn oI)nc ©teintreife ober
Hünengräber im engern @inne,
liünenbetten unb untertrbif c^e
©rabfummcrn. I)aö cigentlid;e Hüncn=
grab beliebt nuö mebreren im Sierccf ober
tunb gefleüten Sraqftcincn, über bencn ein
ober mef)rere I^erffleine liegen, i>a9 Hünen=
bett iji ein §(ünengrab auf einer mit
Steinen umdeuten ßrböbung, bie entmeber
lunbe ober länglicbe ^orm ^at; ^ünen«
betten tommen bäufiger eor a\i bie ein=
füdiercn Hünengräber; ibr Jn^alt aber ijt
cöUig ber gleicbe: perbrannte unb nicbt=
terbrannte lotenrejie, 2öaffcn unb Sct)mucf=
gegenftänbe oon ^euerftein, ©ranit, 93afalt,
©anbpein, Äno^m unb ^om, Sern^ein,
nie non Tlttaü, fobann irbene @efä§e al«
jranf= unb €pcifegefcfetrre; berfelbe Jn^
^alt ift in ben unterirbifd)en ©rabfammern,
IRiefenf^uben ober Jotentammcrn gefunben
ftorben. ü}?an nimmt an, baB bicfe ®rab=
jiätten einem SBoIEe angeboren, ba^ Dor
ben ©ermanen 2)eutf(^lanb beffiobnt bat.
n. Hügelgräber babcn bie Jorm
Bon @rb* ober ©eröQauffcbüttungen in
©ejlalt eine« Äegelä ober Äugelabf^nittc«
»on üerfd)iebcner ®rö§e; im ^nnern finb
iiberrefte nerbrannter ober uncerbranntcr
gei*en; bie Seigaben ftnb au« «Stein ober
SHetaü oerfertigi; bie Sßerbreitung bicfer
®räber umfaßt gan^ J5eutfd)lanb, aber
auc^ bie meiftcn übrigen ?änber (Suropac
unb Qlftenö. 3)iefe ®räber fübjen ben
?Jamen houc, H^ug, in Dfterreicb
unb 93at)crn Seber ober ßemcr, abt».
hlewari, mt)b. lewer, pon hleo, le = (Sr^5
aufmurf ober naiürlid)er Hügel, bann
Sucf, i8üf)el, Hübet, Äoget, ^raun--
ober jronbäufel, Äopf unb ,^oppe,
Änoppe. 3n ben ®rabt)ügetn mit un^
»erbrannten 8ei*en finbet man febr ocr=
fd)iebene ßeiAenlagen, entmeber liegt ber
Jieicbnam über ber GrDe ober e^ i^ oor
^er 5lupnung tti Hügetö ein ®rab in
oie 6rbe gegraben morben; bie ßeicfec i(t
ferner cntweber in bie bIo|e @rbc gelegt
ober unregelmäjig mit ©tcinen umlegt,
ober fre liegt in einem ©teinfegel, in einer
unbctccftm ober in einer gefc^loffenen
©teinfifie, ober in einem gemauerten !8e<
^ältnijTe ober enbli* in einem Holjfarge;
meift finb aU 5?ei9aben ffiaffen, €d)mucf=
gegenPönbc unb Jbongefdjirrc beigegeben.
h\t ®rabbügel mit oerbrannten Ueic^en
jeigen entttieber frei niebergclegtc ßeicben«
tePc, ober eine ^Ifcbenfiftc"" ober *llf(^en=
unb Seinurnen; im Unteren ^aüt finb
bie Urnen cntroe&er einfach in bet Hügel*
erbe beigcfc^t ober tt)ie bie »ergrabenen
Seichen mit Steinen umpetlt, ober in eine
©teinfiße, ober in eine förmlidje Stein*
tammer in einen gewölbten Hügel gefe|t.
Sßereinjelt finbet man fiatt ber Srbbügel
aud) Don Steinen aufgefc^üttcte Hügel.
3)ic tönernen 5lfct)eiiurnen mie bie jabl*
reid)en anbern Speife* unb iEtanfgefä^e
ftnb meift rot) gearbeitet.
III. ©anj äbnlic^e 33erf)ältmffe in ©t«
jug auf ben blo§ »ergrabenen ober »erbrann*
ten ßcid)nam, auf bie '8eife|ung ber Urnen
unb auf bie übrigen ^Beilagen finbet mnn
in ben flaifien ©räbern, bcren Snfaffen
bcnfelben Sölfern anjugebörcn fcbeinen
tt)ie biejenigen ber Hügelgräber. ^ai}lxtii)t
2lbbilbungen ber ©räber fomobl ale ber
®rabgefä§e in ben ber fflcin^olbf^cn ^b*
t)anblung beigelegten lafeln.
Syjä^ere SJJacbric^t al« auä ber altger*
manifcben ^Periobe bat man über bie ©rab»
ftättenau«bermeron)ingifcben3eit,
»om 5. big 8. Jatjrbunbert, rcorüber ^ter
nad) ßinbenfc^mit« H^Jni'^"^ ber beut*
fcbcn *}lltertum«funbe, leill, einige« mit*
geteilt h)irb; gegenüber bem ©ercicfct, i>ai
man früfier (aud) ißeinljolb gebort bier*
ber) auf bie @leidbmä§igfeit ober iBerfc^ie*
bcnbcit be« ©rabbaued leqte, betont
bicfer 5orf(^er al^ tai ungleid) gemixt*
»oüere Seugniö befonber« ben 3n^alt
ber ® räber. ^m allgemeinen rcar in
ber meromingifdjen 3eit ^<^^ öcgraben bet
öcidbcn meit l)äufigcr aU ba« Serbrcnnen
berfelben, offenbar nicbt blo§ infolge bed
6inf[uffeö beö (Xbtijientumö, fonbern mit
SRüdfic^t auf bie Sicherung ber Äörper,
fflaffen unb ®eräte 2)ic alten Sßolf«*
red)te, bie wie t)ai falifcfee JRe^t aui tjeib»
nifd)er3eit flammen, begrünbcn ibre Straf»
anfüge über ®räberoerlehung blo§ auf
»ergrabene 2ei(ibname, jablteidbe 'Jtad^iiä)'
ten »on ber Seerbigung germanifd)er %äx*
ften, tt)ie beä 5llaridb im Sufento, 2;beo«
borid)ä auf bem fatalaunifd)en Sc^la^t*
felbe, beä öangobarbenfönigd *Mlbuin ju
Verona, fpredben einzig »omSegraben; ;nur
»ereinjelt fann iai SBerbrennen noc^ »or«
gefommen fein, rt)ie benn Äatl ber ©ro§e
ben Sacbfen t>a^ ßcicbenoetbrennen »erbot.
3m allgemeinen ifi ju unterfc^eibcn
jttjifdben ®rab^ügeln unb Seifeßunft
ber loten in ober unter einen t)ügelförmi«
gen Qlufbau auö Srbc unb Steinen, unb
jmifcfeen in ben ©oben »ertieften
©räbern mit urfprünglic^ fo geringer
ßcicfeenbcfiattung.
417
Huffd^üttung, t>a% jcbe ©pur berfelben
iöngft fd)tt)inben mu^te.
3)ic ©rabbügcl »on 4-14 %u^
^öi)t unb einem unteren Dur(i)mef]'er oon
14—36 55u§ Pni> Überlieferung alt£)eib«
lifAen Srau^eä unb tommcn befonberö
(oblreic^ bei bcn ^Ingelfac^fen, ouf bem
Jeftlanbe nur bei ben ^lamannen unb oer^
(injelt bei ben "öatjcrn t)or; fte finbcn [\ä)
iowobi in oercinjelten ©ruppcn alä aüi)
in bcr SRQd)barfd)aft ober in unmittelbarer
Berbinbung mit eigentlici)en ^riebtiofö«
mlagen. *Jln ^ai)l rccitauö überttjiegenb
ir[d)einen bie ^'^i^*'^ öfe, einfache, in
Ticbr ober minöer regelmäßigen iRei^en
jeorbnetc Srbgräbcr, meij! in einer Siefe
jon 3— 8 55u§, in ber iRid)tung non '■Jlbenb
^egen üJJorgen unb mit 4—5 gu§ breiten
3tt)i[cl)enräumen; fre finbcn fic^ am ÜJJittel«
ftjein nal)eju in bcr dlai)i aller 1)örfer, bie
größten aber in 93al)ern unb 'Jllamannien,
m ,5tibolfing an ber ©aljac^ rechnet man
)000— 40U0 Xote auf einem Jotenfelb.
I)ie ©räbcr maren mit einem engge^
lod)tenen unb gefd)loffenen Biiun auö bcm
;)eiligen fflci^bornPraud) umgeben, ber
Uli) regelmäßig jur iBerbrennung ber
i'eid^e bcnu^t »nurbe. ?luf bem ®rabf)ügcl
jm offenen äßege fianb mabrfcfceinlid)
>ine^ecrfäule ober 5i^nienfäule; aucb eineö
^oljbaueö gefd)iet)t 6rtt)ät)nung, ber na^
Jlrt ber Jempcl auf bcm ®rabe errichtet
Durbe.
%üx Sotenbebältet ücrmanbte man fo=
rpof)l Stein aU ^olj. S)ie ©tcingräber
fmb entmeber inj^etfen gef)«uen, xtai
Ttiin bei ben 93urgunben , ^'ranfen unb
Mlamannen beoba(^tct \)cit, ober eö ftnb
£arfopbage aues einem einjiqcn Stein,
ttiobei man bie urfprünglidb römilc^cn ®ar^
Eopbagc oon merottiingifd)en untcrfcbeibcn
muß; ber römifd)e €teinfarg ift in feiner
ilteren ^orm ein regelmäßige^ oblongcö
Biercd mit badbförmigcm 2)eäcl, in feiner
jüngeren biö tief in^ SWittelaltcr oermen«
beten gorm an bcr Äopffcite breiter alä
an bcr ^ußfeite, mit flachem ober nur menig
äcmölbtem SDedfel; oon biefen römifd^en
untcrfcbeibcn ficb bie ©teinfärge einbei=
mifi^er *}lrbeit burd) eine bcfonbere ©fulp»
mr, melcbe, bcr ^oljfdjni^erci äbnli^, auö
Stabmerf, ©ittcrn unb Jlrcisornamentcn
äufammengcfe^t ift; feltcncr fmb ©ar!o=
Pbage Don ©tein, bie auö mebreren ©tücfcn
Sufammengefügt ftnb; in granfreid) bat
man auö meropingifcbcr 3eit reid) vterjiertc
©arge auö ®ipö gefunbcn.
häufiger alö monolttt)tfcbe ©teinfärgc
finbet man folcbe, bie au3 ©teintaf ein
jufammen gefegt finb, wobei man
(Plattengräber unb ©rabfammern
auö ©teinen »erfc^iebener ®rößc
ober ©tcinfammern unterfcbetben fann.
2)ie ©teine ber ^lattcngräber ftnb ent=
Weber JJinblinge ober robe, auö ben ^t[\tn
gefpaltene lafeln; ©puren oon 33carbei«
tung ftnb feiten. 3^1 Sebedung ftnb
©tcinplattcn aud) bei ben ©tcinfammern
eermenbet »orben, fci'ö mit, fei'ö obne
Unterbau; baneben tommen aucb ©tein^
fegungen obne 2)edplattcn bor.
Unter ben auö ^^ o l j bcTgefietlten Sotcn»
fammern finbet man jmar fd)on ftüb ^olj«
färge mit (Jifenbefcfelag; »iel älter aber ifi
bie Sei fegung in auögeböblten Saum«
flammen, lotenbäumen; fte erbielt
ftdb teilmeifc biö inö fpäte SUJittelalter.
J)iefe einfacbfte unb älteftc gorm beö |)olj*
fargeö befiebt auö einem in jmei icilc gc»
fpaltcnen, trogartig auögeböbltcn ©tüde
emeö Saumpammeö, rceldier mit feiner
SRinbe nod) in bcn iBobcn uerfenft unb
^um Icil mit ©teinen fcflgciliigt unb bebecft
mutbe. 93ci ben Sapern nantentli<^ mar
bie einfacberc Scjtattung burd) Seberfung
beö Äörperö mit einem *-b rette üblicfc;
am 5ablrci(^fien aber unb bei allen ger«
mantfd)cn ©tämmen oorberrfd)cnb mar bie
'fleifegung ber Joten in freiem
33 oben, mie eö bie mcifien J^iiebböfe beö
mittleren Oflb^inlünbeö aufmeifen. Db unb
in miefern ein Unterfi^ieb in ber ^Begrab*
niömeife ber t)erfd)iebenen ©tänbc obge«
maltet \)abi, ifi biö fegt nicbt nacbgemicfen.
ßeicben dbriftlid)er Sefiattungömeifc ifi
bie SRii^tung bcr ßeid)name oon ffiefi nad^
Oji, fo ta^ t>ai Qlntlig bem SO^orgen ju*
gemcnbet ifi. ^^m übtigen blieb bie alt»
bcibnifcbe ©cfiattungömeife nocb lange im
öraud), baju gebort bie Seifegung mebre*
rcr ©d)idbtcn oon Soten übereinanber,
befonberö aber bie ©eifegung »on
©peifcunb2;ranE,baöSD^itbegrabcn
oon jieren, bie in bcn (Sräbern t>orge«
funbencn SiierfnoAcn, ©d)crben unb
Äoblen, roeldbe auf mieberboltc Serei»
tung uon SWabl^citen unb Dpfcrungen bin»
weifen. iBon Sicren finbcn ftd) in mcros
wingifcben Orabfiätten ganjc ©felctte ober
bloß ©d)äbel oon Dtinb, *13ferb, .^irf^,
©d)af, ©^wein unb ^unb. 3)ie ^fcrbe*
ffelctte ftnb tcilweifc mit ©attel^cug ocr«
feben unb bcjeid)nen bie ®räber ooQfiänbig
bewaffneter unb rcicb auegefiattetcr 'DJäuncr ;
in ber 3eit ber .Karolinger würbe fiatt ganjer
ipferbe bloß nocb etwa i>ai *Pferbcjeug mit
418
Seicticnbcfiattung.
ing ®rab gelegt. 'Huä) an üJJünjcn TÖtnis
fdben unb nicrott)ingif($cn ©cprögcö jum
Seil im Wunbe ber joten fft)tt c^ nid)t.
S)ie tt)id&tig)le 5luöftattung ber Soten rearen
aber 233 äffen unb ®ct)muc!.
2)00 Sf)rifientumticrlegte &ic53cgräbni^=
ftätten in bie Äird)en ober in beren un=
mittelbare Umgebung aU in einen geft)eil)=
ten ©oben; bo(^ Waren au§erf)alb oon
ben Äir(^en gefonberte Segrübniffe auf
ipritiatcigentum nocfc lange in ©ebraud^
unb erfi im 12. 3af)tt)unöcrt gänjlicö oer»
boten. 5lber aud) t>ai Segraben uon loten
in ben Äir($en war anfangt non ber Äird)e
fctbft »erboten, ba bie ®otte«bäufer au§er
ben ^eiligenleibern unb ben jRcIiquien in
ben Altären feine j^erblicfcen Überrcjle um*
fdblie^en foQtcn; bennoi^ würbe für t»er=
bientc Äird^en« unb ÄloPerootPe^er, wie
für Weltliche ®ro§c bie Äird)e aU Se=
gräbniepätte benu^t, jumal oft gerabe ju
biefem 3"'^'^^ eigene Äird)cn gegiftet
würben; am längften erhielten bie (S.ifler=
jienfer iai 23crbot ber Seerbigung innere
t}alb ihrer Äird)en aufrecfet. 5l:önige, .Kö-
niginnen unb Sif^öfe würben regelmäßig
in Äirct)en beflattet, ben Stiftern berfclbrn
gefianb man felbft ein ®rab in ber üJJitte
bc^ Gborc^ ju; Sifd)öfe würben in ibren
.Ratbebralen beigcfe^t; Stifter üon 5Rc§=
altären würben ^dupg toor bicfen begraben;
auc^ ber Äapitelfaal würbe mand)mal al«i
®rabftätte »erwenbct. %U ©cbecfung beö
®rabe^ biente ein liegcnber 8ci(^en =
ftein ober eine au^ ©ronje gegoffene
®rabplatte, mit Silbwerf terjiert, wrldjce
anfangt in bie ^platte oertieft war; JReliefs
bilber erfd)einen erfi feit bem 13. 3«^ibun=
bcrt. hieben ben tiegenben tommen
aber aud) aufgemauertc, mit einer Steins
ober *Ketaüplatte bebectte, über ben 5u§=
boben erhobene ®rabmäler oberSumben
t)or, beren altere nur niebrig fmb unb ju«
Weilen wirflid) ben 2eirf)nam umjd)lie§en,
wie baö beim ®rabmal Dttoö beö ®roten
im S)om f,u SDtagbeburg ber ^att ift, ba^s
jenige iRubolfä eon Si^waben im Dome
JU 3ÖJerfeburg. @eit bem 13. 3abrt)unbert
giebt e^ bann Sumben in ^'"^"i ^i"^^
3lltareö; juweilen Pe^en fic nic^t frei,
fonbern fie finb mit einer Seite an bie
aSanb gerüdt unb nifc^enförmig überbaut.
3luf güfen ru^enbe, fajlenartige Steine
ober SWetallgrabmäter fommen in I)eut|d)*
lanb erfi gegen ®nbe tti 9WitteIaUerä nor.
Seit bem 13. 3abrt)unbert tragen aüe^oc^^
gröber ein «ilö be^ Serflorbenen. Otte,
^anbbut^ ber «r^äologie, § 51.
S)ie bei einem mittelaltcrlid)en ©egröb*
niffe abctiger ^erfonen oorfommenben Sere«
monien unb ®ebräu<^e finb teil^ in ben
33orfd)riften ber Äird)e, teilö in ben (Srfor*
berniffen be^ l)öfif*en Stanbc^ ber 55 er«
ftorbencn begrünbet; baju treten of)ne
3weifcl gcwiffe feit alter ßeit bergebrad^ie
a3olfögebräud)e, woju namcntlii^ aud) ber
laute ®(^merj geborte; man jerrif ftd) bie
Äleiber, raufte ixx^ ^aar auö, rang bie
^änbc, fd)lug ftc^ bie 23ruft, jerfra^te ficf)
mit ben Jiägeln baö ®eri^t. 2)aö wüt«
bigfte 93ilb eine^ mittclaltcrlid^en Seidben«
begängniffe^ eineö gürten wirb ba^jenige
Sicgfriebö im ?Jibelungenliebe fein. 23g(.
baju S d) u 1 1 , $öfifd)e« 8eben, *Ubfd)n.Vn.
'i0?and)c ooü^tümlic^e Sitten beim
ßeicfeenbegängniffe treten fpäter wicber in
ben Stäbten bet^or; wooon ^ier no(^
einiget nad) .Rriegf, ■2)eutf(ieö Öütger*
tum, II, *Jlbfd)nitt VI unb VE mitgeteilt
werben fotl. S)ie 2eid)e würbe nicbt
burd) befonbere ßeid)cntrdger, fonbern
burc^ i5'^i"i'''2"''"9f^örige ober tnxä)
Stanbeä^ unb Seruf^genojfen ju ®rabe
getragen Sei oornebmen öeuten tt^aten
biefeö wobl and) ÜJJönc^e eineö befreun«
beten ^lofierö. Set *}lrmen unb 53erlaffe«
nen waren Segbarben iierpflid)ter , bie
8eid)e unentgeltUd) anjufleiben unb tragen
ju t)elfen; aud) gab eö öafür eigene Stif«
tungen; namentUd) aber fieberten jablreic^e
Sruberfd)aften ibren iDlitgliebern ein an:
Panbigeö firdblidjeä Segrdbniä. Sei ben
3unftgenoffen trugen bie *D?eiPer ben
8eid)nom be^ oerjlorbenen SWeifier« foroie
beffen 2öeib unb Äinber, ®efeflen benjc«
niaen eineö "iRitgefeüen ju ®rabe. — ®e«
Eleibet würbe ber lote entWeber in baä
befonbere lotenbemb ober in feine ge«
Wöbnlid)c jlleibung; in manchen ®egens
ben näl)te man ihn in wei§e ober fcftwarje
?einwanb ein; oft begrub man ben loten
in ber ü)?önd)öfuttc, weil bie Sarfü^er,
I)ominifaner unb Karmeliter bie üJJeinung
»erbreitet b<itten, wer in ibrem Orbenä»
tleib fierbc ober fid) in bemfelbcn begraben
liiffc, werbe ibrer guten 2öerfe teill)aftig
unb fd)on nadb furjet 3eit auö bem 5^9*
feuer erlöfi.
^äufig würben biö in^ 17. ^a^rbunbert
2eid)en obnc Sarg auf einer lotenbabte
ju ®rabe getragen unb inö ®rab gelegt,
5^ür|ien nid)t aufgenommen 3n %xanU
fürt unb wa^rf^einlid) überall fotifl
pflegte man im 15. 3il)r^uni>f'^t ^i« 55er«
jlorbenen fd)on am näd?ften Jage nacö
bem Sobe ju beerbigen. Se^r alte Sitte
Öeic^enbcftattun«.
419
war t)ai 9'lacf)tn)a(f)en bei bcr l*eic^e, »cI-
ä^ei oft tmä) fog. ©eclfcfiroeficrn vtex'
rid)tet murbc. S5ie ^Infagung bcö ßdbeö
unb baö Sintaben jur ©eerbigung gcfcftab
burd) befonber« befteüte unb bcjablte
SBciber, bie Sitterinnen, »clc^c in bev
(Regel Seginen waren. I)ie S^t»! ^«i^fi^r
tt»ftci)c bic lotcnba^rc trugen, war ux--
fcbieben; ein fieid)entt)agcn crf(^eint in
^ranffurt ^uerfi im Jabre 151 1. ©a^S bcn
©arg bebccfenöe Jud) t)ei§t3:otcn=2)ecfelacl)e
ober ßei^cntuc^; eö mar fct)n)arj unb
mit einem aufgendbtcn »eigen Ärcuje öers
(eben. 25ic Secrbigung fclbfi, mbb.
bevilhede, bevilde, lichlege, fpiv
ter aud) ßipbemete ober ßipfcl, war
jictö eine mehr ober weniger feierliche unb
burc^auä fird}lid)e ^anblung; baber man
aud) im Kriege flctö barauf bcbad)t war,
bie gebliebenen SD^itbürgcr üom S^lad)ts
felbe in bie ®tabt ju bringen unb bafelbfl
orbentlid) begraben ju laffen. IDic Se-
gräbniffc galten baber al^ ctwaö feljr Äofts
fpieligcä, unb jwar waren bie ^auptau^=
gaben bie für ben (Pfarrer, für bic SQSadjös
ferjcn unb für "bak Öeid^enma^)!. ®cgen
bie bcibcn legten 2luögaben gelten bic
jablrciiten bcfd)ränfenben 33erorbnungcn,
wcld)e überall gegen ben 93cerbigunges
ßuyuö erlaffen würben. S^imcr mußte
bic öeid)C, aud) wenn fte ouf einem an=
bern Jrifbbofc a\i bemjenigen ber (ßfarr:;
fircbc beerbigt würbe, juerft in biefe ^ird)c
getragen unb bafclbfl ber übliche ®otteö-
bienft abgehalten Werben. 5luf bem 3uge
in bic ^\xi)i würbe mit einer ober meb=
rcrcn ©locfcn geläutet, ein Srauc^, ber
aui bem 6. 3at)rl)unbcrt flammen foü;
ScugniÄ fon bicfer allgemeinen oerbreitcs
ten aitte gicbt bic ®locfeninf<^rift vivos
voco, mortuos plango, falgara frango.
3u ben ijfifi^li^ff'tf" gel)örte fobann ber
®cfang, Wcld)er au§crl)alb bcr Äirc^c
»on mitjiebcnben ©tiftöfdnilern gcfungen
würbe. 3" ^cf ^irc^c würben Opfern
fpenben fowobl an benfungierenben®eiji»
iidben ali für bie Firmen bargebracftt; bic
erftcren bcftanben iwrjugöweifc in Äcrjcn,
aber aud) in (fflein unb 'Srot. 8ei(ftcn*
p rebig ten fi^cincn oor ber (Reformation
nur ücreinjelt Dorgefommcn ju fein. WliU
untcr würben bei Secrbigung üornfl)mcr
ßcutc befonberc Älagcwcibcr »crwcn^
bct, welcbc fingcnb über ta^ ®rab gingen,
^aö ßeid)cngcfolge, auf welcfteö
man nädbft bcn tir^lid)cn ^anblungcn ben
meiften (ffiert legte, trug, üor unb nad)
ber 8cid)c jic^enb, teilö Ä reu je, teil^
brcnncnbe Äerjen. 2)ie leotcren würben
in ber (Regel üon bem SterbcbJU» ange=
fcbafft unb unter bie Öeidjenbeglcitet ter*
teilt, Don bicfcn aber ju @bren bcö 33er«
llorbcnen bem beim ©eclcnamt fungtcren«
bcn ®cifilid)cn geopfert. Sie würben
früb ein ®eacnflanb beö (JSrunfc« unb
öffentlicher sBerorbnungen. 'Jlai) ber 93c«
erbigung fel)rten bic ßid)lütc in ba«
®tcrbcl)auä jurücf , wo man il)nen ben
S)ant bcr gamilic auöfprad) unb fic bc=
wirtete unb befc^enftc. ©a^ ßeidben«
ma^l ift ebenfalls uralte ©itte, boren
fd)on 9luguftin gc?cnft; aud) bier fab ftc^
bic Obrigfcit ocranlagt, mägigcnö cinju=
greifen. S)ic Bewirtung fanb im Sterbe«
baufe unb auf ben Srinfiluben fiatt; aud)
pflegte man bcncn, welche nicftt anwcfenb
fein fonntcn, (Sffen unb Srinfcn ju fd)ictcn.
3u tm beim *}lbcl oon frül)erer 3^^^
bcr üblid}cn ßcid)cngebräuc^cn gcprtc Ixxi'
güt)rcn eineö (Pfcrbe^ im ßeid)cnjug unb
ba* ©erittenfein cineö Seilet ber 2eib=
tragenbcn. !8ei ben 93cgräbniffen »on
Sd)ult^ei§cn unb Scböffen war tai (Bor«
tragen non |)elm unb ®d)ilb ober oon
®d)wcrt unb ©c^ilb gcbräud)lid). Jßenig
wci§ man oon ber fonoentionetlen ^rt ber
Iraner um einen 'Berftorbcnen. 3"'^*"9^=
bürg trugen im (Beginne ti^ l6. ^otjX'
ftunbertö *JWanner jum 3cid)en ber Srauer
fog. (Rcbelfiippen , aucb iSngelfappen ober
Äappenjipfcl genannt, fd)warje Äapujen,
wcldje nad) t)inten mantelartig oerlängert
waren unb oornen tai ®efxd)t ganj unb
gar ober bod) größtenteils bebedten, ur*
fprünglic^ jebo^ aui bloßen fc^warjcn
93änbern, Weld)c ben ^aU unb (IRunb
»erfüllten, bcflanben baben follen.
6injci(inungcn bcr *Bcrfiorbc«
nen waren im (IRittelaltcr nid)t gebrauch«
lid^, außer wo Scbenfungen unb ßegatc
an fiid^lid)c Stiftungen gcmad)t würben.
Sonjl bcbalf man ftdb, wenn ®cburtS«
jabr, laufe, (Bcret)eli(^ung ober %o^ einet
(Perfon nad)juweifcn mar, mit ber *ilbt)örung
oon 3fiU9f"; eigentlicbc Äird)cnbüd)er
entjtanben erft feit bcr (Reformation, alÄ
ber (Racbwcii^ bcr Äonfcffton nötig würbe;
ba^er auf lange 36it nic^t bcr Jag bcr
®cburt , fonbern ber laufe , fowic nii^t
ber lobeö«, fonbern ber 'öegräbniötag
eingetragen würbe.
5Dad Scclcnwobl unb baS et)rcnbe
*}lnbcnfcn an bcn (Berftorbcnen ließ aber
bic religiöfen (Pflicbten gegen bcn SBer«
jiorbcnen mit bereu Job ni^t cnbigcn;
reiche ßeute waten bcmüf)t, bcibe 3me(fe
420
8ciö — ßcu(^ter.
auf ewige ^tit »erfolgen ju laffcn; ärmere
traten cö in ben crjien Söo^en nac^ ber
iBeerfcigung foiuic fpäter jebeö ^CLf)X am
«MOetfeelenfefie unb am lobeötage beö
SBerfiorbenen. %üx ganj arme Seute forg;
ten auc^ in biefcr |)inftcf)t befonbcrc
tircfelid^c Stiftungen; ber 3iame für bic
hrcftU^e Totenfeier iß Segängni^.
2)ie .^»auptfcift für 93erporbene fanb
in ben erficn brci§ig 2;agen nac^ ber i8c=
erbigung fiatt unb bcftanb in (Seelen*,
mefi'en, meiere entmeber an jebem Sage
biefer ^nt ober au^er bcm Segräbni^tage
feltifi am fog. Siebenten unb am fog.
2)rei§igPen, b. i. am ©d^Iuffe ber
erfien SBoc^c unb beö erfien iF?onatä im
Sterbejahr abgehalten würben. *Rad)t)cr
trat an bie ©teüc biefcr Sage bie '^a\)X'
gejcit, 3at)rjcit ober hai 'ilnniücr*
farium, b. i. bie iäf)rti(J)e i^nn
be^ Sobe^tage^. 5Dic Sruberfcfcaftcn
Ratten ein aflgemcinc^ So^rgejcit * jjep.
2)ie ^irct)en felbfi feierten üon fid)
aus baö namentli(^c ®ebäd)tniä nur in
betreff bcrcr, bie fic^ burd) S^enfungen
um fic üerbient gemnd)t Ratten; bie not*
roenbigcn 35erjcid)nif[c f)ierju ftnb bic
2lnni»erfarien*!öüd^cr, nac^ bcn
lagen beö 3«^rc^ georbnet , unb bie
Sotenbüd^er, auc^ Jotenjettcl, Sotcn»
briefe, SDJemorien genannt, welche bIo§ bic
^iamcn ber Stifter cntf)ielten, um an bem
in jcber iZBo^e für bie 93erfiorbenen
gehaltenen ®otte«bicniie abgetefcn ju toti-
ben. 5ln folc^c Stiftungen mar leil^ bic
Slb^altung oon OJJcffen unb Sigilien,
teil« bic 5lu^tcilung pon 33rot ober ®clb
ober förmlicf)e "yrmcnfpeifungen gefnüpft,
and) iiueteilung oon jud^ ober Äleibcrn.
2Bcitcrc (Sbtonbej^eugungen für bie 55er=
jiorbenen beflanben in ber jcitmcifen 5luä«
breitung t»on ßeintüdicrn über iaii ®rab,
in ber Selcuditung beefelbcn an gemiffen
Sagen; l>a^ '-öegielen beä ©rabcö mit
SBcin fc^eint bagegcn feit bem 14. '^a\)X'
^unbert aufgehört ju babcn. 2)ic ^aupt*
feicr mar tai in ber Äirc^e gehaltene
eigentlid)e Segangniä, moju bic cingclabe*
nen 3:etlnet)mcr in (iStojcffion jur Äird^e
jogen. 3n ber Äirc^e ftanb, mit brennen»
bcn Äcrjcn umgeben, ein Äatafalf, eine
93at)rc mit einem „Setlefin", b. i. Sat=
bac^in ober bebedter Sarg. "Den Sc^lu§
ber gcier bilbete ein ^cjlmaf)!.
SciÖ, m^b. der leise, häufiger %\xi'
brucT für bcn gciftUd)cn SBoIfögefang im
ÜJlittclQlter , flammt au« bcm ^orte
kyrieleison , bal)er er auc^ jumcilen kir-
leise, kirleis ^ci§t; ber beutfd)e SRamc ifi
niof. 2)ic oerbreitetficn ficife ftnb ber
Oi^crleiö: Christ ist erstanden, ber
iPflngftlcid: Nu biten wir den heiligen
geist.unb ber |)immelfabrtölciä: Krist faor
gein himile, fämtlid^ burd^ 8utf)er in ben
eoangclif^en Äirdjengefang aufgenommen.
Sett&ner, tat. tunica hardiata, jubeus,
jupa, joppa, tunica andax; franj. unb
engl, jupon , ein feit 1350 über ber
SRüfiung getragener , cnganfc^Iic^enbcr,
mcijl ärmellofer Seberrocf. Sief)e ben
2lrtifcl 'J?an^er.
Sconinif^e S3erfc beiden bie feit bcm
8. 3at)rhunbert auffommcnbcn latcinifd^cn
^cfamctcr unb Pentameter , bcren erfie
|)älftc bia ^ur (Säfur mit bem 2}er^fd)luffe
reimt. Der ^amt foü r»on bem ^arifcr
SDJöni^ßco obcrßconiuö {lammen. So
ein Sßcr^ ift ber ©to§feuf^cr Dieter 5lb«
fc^reiber mittelalterlicher ^»anbfcöriften:
Explicit hoc totum, infunde, da
mihi potum,
ober au^ bcn Casus Sancti Galli Ekke-
harti
Esse velim Graecus, cum sim vix, domna,
Latinus.
'211^ Scifpiel lconinifd)er 'iDifiid)en fei bie
®rabfd)rift bc« St. ©aOer 5lbte^ ^immo
angefüt)rt (Vadian, I, 199):
Hie bene maturo transit pater ille
sab aevo,
Ad patriae reqnieni, hie obit Himmo
diem.
Hunc merito nostri vigilanter habent
memorari,
Plura loco Galli stant monimenta toi.
Scrfcti, ßcöerfen, lebcrnc Seinfteibcr, im
14. 3al;)rt)unbcrt furj, meit, unten aufge*
fertigt getragen, bann lang unb eng, mit
bid)tftct)cnbcn ^cfteln gefc^loffcn.
Je^e, ße^t, lat. alnea, ^ie§ man bcn
Umgang ber äufcrcn (Ringmauer einc^
öagerö, einer Surg ober befejiigten Stabt.
3)cr 21uäbrucE ging aud^ auf bic SRing*
mauer felbjl über, „ßejincn" ftnb au(^
eigentlidbe Sc^anjmerfc (befonbcrö bei
Sal=(Sngen) mie fie bic Sc^meijer bei üJJor«
garten, 'Jläfel^ u. a. D. erri(^teten.
itUäfttT, lat. eandelaria, lueerna, lu-
mera, frj. ehandelier. 'S>it ßcuc^tcr ber
fränfifd)en ^ät fmb eine Jia^bilbung
ber römif(ien unb gricc^ifc^cn Sorbilbcr,
bie fic jroar nic^t erreif^cn. Sie [\nt ju»
meifi aui |»oIj gebrel)t, rob profilierte
Stänbcr, oben mit einer 25ü[le jur 'Huf*
na^mc bed t)U ober ber Äcrjc, unten mit
einem einfachen, oicrccfigcn 'Jug. S)ane«
Ceu^ter.
421
bcn fommen aucfe fe^lgegoffcne Oerdte
au« SRotfupfcr oor, fo Der Jaffilolcuc^ter,
jiuat «abrfd^einlidö bcm 11. 3iit!T^u"i>frt
entftammenb, obglcid^ i^n bie Überliefe
rung auf laffilo jurücffü^rt, ber ju Äarl
beö (Sro§en ^ixt aU befangener im Stifte
ju .Rrem«imünflcr ftarb.
SePimmte Oeftalten oon ft)mboIif(f)er
iöebeutung erhielten bie ßeudöter mot)!
crjl jur 3eit ber Äreujjügc , roo für ben
fit(f)Iic^en ©ebraudb bie l'ampen unb
gacfeln oon bcn ÜBacfeöferjen oer=
brdngt loerben; ber Seuc^ter »oirb alfo
jum Äerjcnbalter unb untcrfc^eibet ftd)
in@tanb = , ^anb=,.2ÖQnb = unb^änge5
leudbter, neben tt>el(iben man für prioa=
ten (gebrauch unb oereinjelte B^edc bie
fleincn Öllampen beibebielt. 5lüe xvux'
bcn nun jumeifi auei 93ronjc ober ülJcffing
gegoffen unb ctrca aucb oergolbet ober
emailliert. I)ic großen ®tanblcud)ter
(ouc^ blo^ Äanbelaber genannt, roeltftc
93ejeici)nung urfprüngli^ aQein bcm gu§c
jufam) ftnb ot)nc 3^'fiffl ^eroorgcgangcn
au« ber marmornen Säule ber ali^rij!»
lieben *8aftlita, fic trugen bie geroeibte
Djtcrferjc unb erhielten burd)fd[)nittlicb
eine ^ö^c oon fünf bi« neun %ü^. ©ie
fianben jur ®eite beö Slltarö unb Ratten
entmeber bie ®efialt einfacfcer ©tänber für
ein fiic^t über bie einc^ (Sefletlö jur 5(uf=
naljme einer größeren S'^bl oon Äerjcn.
3n D'lacbabmung beö 8eu(^ter^ im Sempel
ju Serufalem würben oiele fubcnarmig
erfreut unb in biefer ^orm aud) Arbores
genannt, ^m Dome ju (Erfurt j. 93.
^nbet ficf) eine fafi fünf 5u§ bobe (Srj--
fiatue mit jlatrau«gebreiteten *Mrmen, lan=
gern, gleid)mä§ig gtfäUeltem bleibe, melcbe
nodb gegenmärtig ben ^mtd eine« ßic^ter^
trägerä erfüllt. ®ie entflammt bem 11.
ober bem "llnfang beö 12. 3al)rbunberte.
S)ie Stdnber bienten aucb jur 'iluffieüung
oon J^eiligenbilbern, SRcliquicnfcbremen :c.
2)ie fiebcnarmigen ßeucbter l)abin meifi
ein bveictfige'g 8u§geftefl, hai in ben
mannigfaltigjlen 5'>i^men burd)btoci)en mit
allerlei ^kxat gefd^muift ift, mit "i5änbern,
SRanfen, 91«enfd)en' unb Jierfiguren. ^uf
biefem ^u^gefieU ruf)t ein fenfrc(l)ter, oieU
fad) üer^ierter @ci)aft, ber oben eine .Rcrje
trägt. 2)ie übrigen fed^ä ruben auf feit«
mdrtö aufiieigcnbcn Firmen, bie — je ^vov
unb jmei gegenfldnbig — in ocrfdjiebener
^öbe entfpringen unb jioar nid)t im
2ßed)fel , fonbern in gleid)er Oftidjtung
übereinanber. (Sie enbigen oft ppramibal,
oft in gleicher ^ölje.
iDie J^anb= ober Irageleudi te r
waren meifi nur fed)« bi« je^n 3oll f)o^
unb geformt, foba§ fie bequem gejleQt , an*
gefaxt unb getragen »erben fonnten. ®ic
waren befonber« für bie bienenbe 4>anb
bc« iü?c«necö unb be« ^Ifolutben befiimmt.
3)er %ü% War ebcnfall« breiteilig, ber
©db'ift f"i^^ gcbrungen, in ber SfJJitte mit
einem Änauf, oben erweitert ober oft mit
einer tellerförmigen 5lu«labung oerfeben.
3n beren SDUtte fianö jur 93cfefiigung ber
.'itcrje ein b^ber, fpi^iger Stift. *Uüe Seile
waren mebr ober weniger reicb oerjicrt
ober aucb oergolbet. 3"^ ß.f)or bc« I)ome0
JU ^ilbeöbeim fiebt ein foldber, ber laut
feiner 3nfdbrift au« einer ganj befonbercn
IDJetaümifcbung gefertigt worben. Sic
lautet: „Bischof Bernward Hess diesen
Leuchter durch seinen Lehrling im
ersten Aufblühen dieser Kunst weder
von Gold noch von Silber beschaffen,
aber dennoch wie du siehst schmelzen."
Die OJJaffe ifi ®olb, Silber unb ©ifen
I)ie Äronleudjter ober |)dnge«
leucbter (corona, coronula) treten im
elften unb äwolften 3af)rf'uni'«i^t fd)0" in
föfllic^en (Sfemplarcn auf. ßrbalten jinb
unter anbcrn jwei fo[d)e in ber 3)omEircbe
ju ^ilbeßbcim unb eine« in ber SWünfter«
fir^c JU *Jtad)en. 2)ie erjleren fübren fi^)
burd) ibre 3"Wtiftfn auf bie 53ifd)öfe
Qljclin (gejl. um 1054) unb SWejilo (gep.
um 1079), tai le^tc auf griebricb I. jU'
rücf. 5lflc brci fommen barüber übercin,
ha^ fte au« einem äiemlid) breiten, freies
förmigen, butd)brocbenen SReifen befteben,
an bem in befiimmten 3>^if<^f"'^<^""'^'^
tleine turmartige 5luölabungen mit iJlifd)en
f^üx ^luffteKung oon gigürdben unb jwi«
fd)en biefen, am oberen Ofianbc, Äcrjcn«
jlacbcln angebra(^t ftnö, unb i>a^ fte oon
mebreren, miteinanber oerbunbenen Äetten
gebalten Werben. 2)er fd)önfie i(l ber
bronjene ßeucbter ju 2lad)en. ©iefer —
wie nocb anbete feiner *Jlrt i>ai i)\n\m\i\i)t
3erufalem barftetlenb — wirb au« ac^t
Äteiebogen gebilbet unb jwar, wie bcffen
3nfcbrift befugt, auf ®runb ber ac^tedigen
©ejlalt be« SÜJünfierö, näd)ftbem aber aui
fcdbjebn Iürmd)cn, weldie fid) teil« an
ben Sd)eitelpunften, teil« an ben ©nb«
punften ber beiben Sogen befinben. I)ie
Jürmd)en flnb oerfcbiebengefialtig , ad)t
größere, bie anbern fleiner. Untere runb,
erfiere in ibrem ®tunbri§ abwei^felnb in
©eftalt eineö Quabrateö ober 93ierblatte«
mit bali'freiöförmigen , au^bicgenben Sei=
teil. 2)ie fdmtlid)en lürmc^en ftnb fo
422
Liber vagatoram — ßieb.
angeorbnct, ba§ Don if)nen jent öicrecfigcn
bie Srfen.eineä Quabrateö bilbcn, beffen
Scfen jebeömal ein Segment mit btci an«
beren 5tiirmd)en abfd)neibet, unb t)a^ jene
anberen nermöge i^rcr ^albftei^förmigen
9lu?Iabunaen ben ad)t runben Sürmen
nuf ben Scfteitelpunften glcicbfie^en. *Ufle
enthalten Df^ifct^en , in bencn anfänglidb
ot)ne 3>^f'ffi •?)citigenfiguren aufgc(teüt
Waren. S)ie Sobenjlücfe bcr Iürmcf)en
jtnb untermärtö mit gradierten ^iüinün-
gen auf rergolbetem ®runbe gef(^müdt,
bergeilalt, ta'B bie aijt größeren unb bie
acht fldncren 2)arf}etlungen in()altUc^ ju^
famment)ängen. ®ie bel)anbelnbie'®cfc^id)te
(St^nfli unb jcigen : Die iBerfünbigung,
bie ®eburt, bie Qlnbetung ber Äönige, bie
Äreuj'gung, bie f^rauen am ©rabe, ^im=
melfabrt, <iiu^gie§ung bcö heiligen (Seifteö
unb ßbripu^ ald ilßeltentichter. ©aneben
finben jid) bie acht ©eligfprechungen auf
igprudhjettctn ebenfouieler ©ngel. Tiie
Jafeln erfcheinen roflarttg burchbrochen
unb mit SRanfen unb anbercm Zierat rei(^
auögefchmücft.
2)ie SBanbleudhter unb bie Sragc-
Icuchter jum ißorleudhten bei '5tojefjio=
nen famen erft ipäter (frü^ePen^ im 15
3abvhunbert) in ©ebrauch, jum leil aU
fiinftliche ©chmieb^ unb ©chlofferarbeit.
®ie *}lbbilbungen non DI« unb ^oi)U
lampen reid)en biö inä 9. 3abrt)unBert
tjinauf unb jeigcn ftc namentlich in ^orm
öon |>örnern unb S)elpbinen , bann aud)
Don Schalen unb Ampeln, mie fie bie
onentalifchen Golfer gebraud)ten. Sie citte-
jien »othanbencn ßampen mögen bem 12.
3abrt)unbert angehören, ©ie ftnb aui
93ron,5e gefertigt unb nach römifc^en
ÜJJuftern mit einer ober mehreren lüden
Dcrfeben Die fog. emigen Sampen
»or ^eiligenbilbern unb Oteliquienfchreinen
[oUen im 13. 3at)rhunbert in ©ebraud)
gefommen fein. 2)ie ßampen bienteii
Dor^üglich bem prioaten ©ebrauche, irdh--
renb bie ßeud)ter unb fomit bie Äerjen
auf ben ©ebraud) in ben Äird)en befchränft
blieben, unb roenn fol(^e im 10. 5abr=
^unbert fd)on für ben tiiglidicn ©ebraud)
erttidbnt werben , fo mag tai l)öd)fien0
auf bie ^dufer ber i^ornefjmen unb bcr
©eiftUchfeit 33ejug fjaben.
3n ber golgcäeit waren hai ^anbwcrf
unb Me ^unft bemüljt, für aQe biefc !8c=
leud)tungegegenjlänbe neue jj^rnien unb
neue 53erjierungen ju erfinnen; bie Wirten
berfclben erhielten fid) jeboc^ unb Der=
mehrten [\ä) nur nod) etwa burd; bie
ßaterne, bie wieber fafl ou«fc^lie§Ud^
ju firc^lid)en S"'«*^" bleute. a5om ©e«
ginne be^ 16. Jabrljunbertö, befonbcrd
aber im 17. 3ahr^unbert fanb bei biefen
Seleudhtungögcrdten neben bem bem S^iU
gefd)macf entfpre^enben 2[ße<^fel in SSejug
auf gorm unb Serjierungöwcifc auch eine
fol^e t)inrtd)tUch be« ©toffe« ftatt. 2Benn
auch metaüene ©erdte unb fieincrnc ©tanb*
leuchter immer nod) Dorherrfchenb blieben,
fo fchni^te man foldhe auc^ auö ^olj unb
oerjierte Tic mit ©olb. ©aneben fommen
aud) (Slfenbi>infc^ni|ereien cor unb in Der
jWeiten ^dlfte beö 17. 3af)tl)unbertji au^
wirbelten in ®Ia^, aui weld)em ©toff ba^
ganje ©erat ober aud) blo^ bie SSerjierun*
gen ju gröferen ©tüden bereitet würben.
|)öljern waren befonberä bie großen
©tanbleuditer , elfenbeinern bie \mt\)X'
armigen) Sifdileud^ter unb ^dngcfronen,
gldfern bie Sid^tfidnöer unb |)anbleud)ter.
S)ic 2öanb* unb SBinblichtcr (Saternen)
bagegen blieben auch je^t nod) fafi auä«
fd)lie^lid) ©egenfidnbe ber SWctallarbcit.
Ulaä) 2öei^, .^oflümfunbe.
Liber vagatorum, fie^e ©auner.
LibrI feudorum ()ei§t ein in ber Com*
barbei entftanbeneö SRe(^t0bu(ft, iai eine
wiffcnfd)aft!id)e !öef)anblung beä Set)n*
reci)reö jum ^itU hat. 2)iefed ßebnredhtä»
budh, eine ^riüatarbeit, ifi aßmdtjlic^ ani
Derf(^iebenen Se^aubteilen, bogmatifdjen
©d)riften unb Äaifergefe^en, einjelnen
SRed^t^fdllen u. bgl. hcrüorgegangen, weld^e
oon ben [Rid)tern an ben ßehnöl)öfen ju
©remona, ipiacenja unb SJlailanb gefammelt
unb aufgearbeitet würben. S)ie @prad)e
ifi bie lateinifc^e. Daburd^ t)a^ man biefc
SRed)t?qucne fchon frü^ mit bem 3"Pi*
nianifd)en ©efe^bud) »erbanb, fam fte feit
bem 15. 5nbrhunbert auch bei ben beut=
fcf)en ©erichten in ©ebrauc^.
Sit^tf^cre. ©erfelben wirb äunddjfi
im 13. 3at)thunbert erwdbnt; in ^dufigeren
©ebrau^ fam fte wohl crft im 16. 3a^rs
t)unbert. ©ie entbehrte juerjt bcö ©c^uppen«
fdpd)cnö unb l)atte häufig bie ©efialteine«
iöogel^, beffen ©c^nabclt)dlften ben 2>od^t
abfd)nitten.
Sieb t)eiBt urfprünglid^ im ©egenfa| jU
8 e i cf) eine unter .^»arfenbettleitung »on
einem einjelnen gefungene ©ichtung; ba
in ber dlteften S^it aQe Did)tung, foweit
fte nidjt S^orgefang war, alfo namentlich
auä) bie epifdie iDic^tung gefungen, b. \).
rt)i)tl)mifcf) Dorgetragen unb mit ber ^arfe
begleitet würbe, f)atte fte ftet^ aud^ bie
Jorm beö Siebet, it)re metrifc^c ©efialt
ölten — ßöffel.
425
modjtc nod) fo cinfa* fein; baf)ct bet
3lamt be« ^ilbcbranböliebeö, bcr *D?erfc*
burger 3auberlicber, ^elbenlieb überhaupt.
@r|i aU aflmäbli^ ba§ Singen ber epifc^cn
Stoffe aufborte unb an feine ©tatt iai
Sefen berfelben trat, bitbete fl^ langfam
ba« Sieb ju einer muftfalifd) = It)ri"fc^en
S)id)tungöart im ®egenfa^ jur rein
epif*cn 2)icf)tung auö. iRocb Dttfriebä
5Jicfriaöbid)tung bewegt ftc^ in Siebern,
bic aber fdbon in üierjcilige jroicreimigc
©tropbcn jerfaüen- S^^ »olleren 3luö=
bilbung gelangte biefe^ Sieb im engeren
Sinne in ber" böpf^en 2)icf)tung; bod)
erfcfceint ti ba anfangt nod) febr einfacb,
in einer einzigen ®tropl)e, mciil »on üier
3eilen beftet)enb; erft oon ben chansons
ber ^ranjofen entlebnte man ben b r e i =
t e i l i g e n S t r o p b c n b a u , ber nun
jur feften , feiten mebr oerle^ten Dflegel
ttjurbe. Statt beö cinftropbifi^en ßiebeä
fam t)ai üieipropbifd)c in (Sebraucft, wobei
Wieber nad) franjöfifcbem iöorbilfe, tai
Sbenmag ber i)teiteiligteit in ber Stropben-
jabl »ieberbolenb, bie Stropt)ensal)l brei,
fünf ober fieben beliebt mar. 35ic I)rei«
tciligfeit ber Stropl)e ^at mufifalifd^en
®runb unb \^ bic Strophe ber Sejt ju
jhjei f\i) »ieber^olcnben unb einem brüten
fclbftanbigen muftfalif<i)en Sa^c; jene
nannten bic fpätern 'Weifterfängcr Stollen,
biefe ben *Jlbgefang; bie Stroplje felber
^ei^t mt)b. tai liet, beffen ^Clurnl diu
liet fpdter infolge ber mebrftropt)ifd)en
Sieber gebräud)lid) mirb; fpdter t)ei§t fie
aud) ®efä^. Jn ber Slütejeit bcr
^öfifd)en Snrit madjtc eä ftd) jcber 2)i(^ter
jur 6bte, fottiobl im Seyt, bem wort, al^
iBer SWelobie, wise ober don, felbftänbig
ju fein, ml)b. ein liet vinden; ba^fetbe
bejei(^net trouver , tronbadour unb
trouvfere; bie Qlneignung fremberStroptjens
formen unb 5[)telobien galt für ein Unrecbt;
h)er e^ t^at, i)[t^ doene diep. 21ud) ftd)
felbft gegenüber l)ielten bie S)id)ter auf
immer med)felnbc SJJeutjcit unb erfanbcn
meip für jcbed Sieb wie für jcben Seid)
eine anbcrc ^^orm; fd)lie§lid) faf) man fid)
freilid) gejTOungcn, um bem ®efe^e ber
(Sigenbeit unb SReul)eit ju genügen, ju ge=
fd)macflofen ^o'^'Tifn ;;u greifen.
*Mn baö Sieb ber böfifd)en ^unft fcftlie^cn
ftdb ber 3eit nac^ eineöteil^ bie firopbifd)en
I)id)tungcn bcr SfJeijierfänger, anberfeits
baä SolEölieb; bort bcrrfd)t meifl Äünflelei,
bie aümäblii^ in ficft felber jufammenfdtlt,
^ier entmidelt [xd), »ielfad) an alte formen
anfd)Ue9enb, nad^ ^oi^t" ""'^ ®et)alt ein
überaus rei^eö Äunji- unb (Semütöleben,
ftcbf 53 0 l f « l i e b ; nod) immer ift hier
Ion unb SBort enge unb unauflöelic^ ju*
fammen nerbunben, ebcnfo nod) in ben
bem 17. 5abrbunbcrt angebörigenfcn ®c-
fellf^aft^Iiebern. 3)agegcn fommt
gegen ®nbc be^ 16. unb nod) mebr im
n. 3abrbunbert namcntlid) feit Dpi^ hai'
jenige neuere Sieb auf, n)eld)e^ blo^ no(^
jum Sefen beftimmt ift, unb erft bem 18.
3abrbunbcrt mar eö aufbebalten, biefe
poetifd)e Äunftgattung neuerbing'^ in enge
93erübrung mit bem ?eben bcr Xönc ju
bringen. iSgl. befonberö bie Sitteratur=
®cfd)id)ten üon 2ßadernagcl unb
^ 0 b c r ft c i n.
Siten ^ei^cn im früberen ÜJüttelattcr
bieienigen, meld)e üon *Perfon frei, bod)
feinen freien, fonbern blo§ abgeleiteten
©runbbeft^ b^ben; fie bcftfeen be0biilf>
aud) nic^t ooüe politifd)e SRcd)te unb eben«
fomenig txii iRed)t ber ebefd)Uefung ju
oollem JRed)te mit ber loditcr eine« gi^^'^"-
Sie bilbetcn fd)on ju Jacituö' 3^'^ einen
befonberen Stanb, ber mabrfc{)etnlic^ aud
ber greilaffung oon Ä'ncd)ten t)errübrtc
unb ftd) burd) neue greilaffungen nod^
lange erneueite. Tlan nannte ftc auc^
aldiones, fpiitcr ^albfreic ober porige.
3br ilöcrgelb mar meifl bie |>älfte bed
SBergclbeei für einen ,5'^^'^"- ®^^ flanben
mic bic 55reien unter 93oUörc^t, fonnten
eigene^ Vermögen ^aben, maren aber meifl
mic bic Unfreien auf Jteben^öfe gefegt,
pon benen fie 2lbgaben unb 2>icnfte cnts
rid)teten. 93alb bilbete fic^ bei ibnen ein
feficö .^ofred)t unb erblid)feit bed Sefi^e«
auö; bod) fonnten ftc r>om ^ofc red)tö*
gültig nid)t3 tjeräu^cm. Qlucb mit tin
Unfreien mar i^nen bic e^c ni(^t geüattet.
25oc^ jogcn fie mit in ben .Krieg. SOMt bcr
3eit Dcrmifc^te ftd) bcr rec^tlic^c Unter*
fd)icb jmifcbcn biefen ^albfrcicn, ben Un»
freien unb ben bloßen 3'"^^^"^^"' ""^
bic allen biefen Älaffcn gemeinfame ^öc*
beutung beö bäuerlid)cn 93erufeä, bcd
Scbcn« auf bem Sanbc, bcr 9^id)t'5lbctig*
feit, trat üU neucä iöinbemittet in ben
iBorbcrgrunb.
SÖffcI. iSJä^rcnb bie ©abel alä lifc^*
gerät erft im 16. 3abr^unbert jugelaffen
mar, fommt bcr Söffet alö fold)e«! fc^on
bei ben ^Hörnern unb bann bei ben 53ötfern
ÜJlittclcuropaä buri^ tai ganje ü)?ittelalter
cor. iDie Sd)ale ifl anfänglich etmaä läng*
li^, fobann frciörunb unb mirb bann
mieber längti(^; ber Stiel ift juerft flarf
gcftümmt, im 14. unb 15. 3a^tt)unbert
424
ßo^cngrin — 800.
fiangcnförmig unb crt)dlt bann ju bcr
SicAung bie ctwaö platte ^f"^"!- 2)em
©tojfe nac^ gab c^ ptbctnc, gotbenc, etfen*
beinerne unb !rt)fiaücne ßöffel für bie SBors
nehmen. 5lud) alö firdf)lic^eö ©erat ifi
€t frü^c fc^on befannt. S)ie gried^ifd^e
Äird)e benu^t ifin, um bcn ©laubigen ben
Söein auöjuteilen, wafjrenb ftcf) feiner bie
tömifcfie feit bem 12. 3a^r^unbert nur
nod) jum aJJifd^en bee SBeine^ mit äöaffer
unb jum *Muff(i)öpfcn ber ^oflien bebient.
So^cngrin. 9^ad)bem fd)on 2Bolfram
toon Sfcftenbac^ bie ©agc 00m Seaman«
litter am @nbe feineä *ParciDalö auf ^ar*
cioalä @of)n, ßo^iengrin, übertragen t)atte,
übernahm ein unbefannter S)ic^ter um 1300
bio *}lu0fü^rung biefer ^si>u ju einem eige=
nen ßpo« ßofjengrin. 5ln ben 2ßartburgs
frieg anfnüpfenb, ld§t er barin SBolfram
»on ®fct)enbad5 fclbfi crjä^Ien, ujie öoben»
grin üom ®ral ber (Sräfin (5lfa »on SBra«
bont jur ^ilfe gefanbt mirb, mit ber er
pd) »ermäblt, inbem er bie 93ebingung
macf)t, ba| fte nie nac^ feinem 9?amen unb
feiner ^erfunft frage. SlJfit ^einri^ bem
Sßogler üerricfctct er barauf gegen btc Ungarn
SBunber ber Slapferfeit. 9llö er t)cimfc^renb
t)on (Slfa tro^ be* Scrboteö naä) 9iamen
unb ^erfunft gefragt mirb, üerfünbet er,
ta^ er «Parcioalö @o^n fei, unb fcf)eibet
Don eifa. bie Dor ®ram fiirbt. ©in t)ifio*
tifd)er Qlnbang fü^rt bie Äaiferfd)ic^te bi^
ouf öcinrid) II,
Soli t)ei§t eine germanifdbe ©ott^cit, bercn
Dtamcn unb Ülf^tben ausfc^Ue^Iirf) in ffan=
binaöifcf)cn Duellen überliefert frnb. ©ein
SRamc ge^t auf eine 9Burjel üon bcr ^e»
beutung Ieu(iten, moju u. a. tat. luc-is
unb ah^- linhan, leuchten, gct)ört, unb ber
©Ott üertritt bemna^ tai Clement tti
^tütxi. 93on feinem Äult ijl nid)tö be*
tannt. Urfprünglid) eine mo^iItbätigeDiai^t,
rt)urbe er fpäter in met)r feinbfeliiier 2Bcife,
aU böfeö ^rin^ip, ben guten änderten
triberfirebcnb aufgefaßt unb it)m eine
tt)efentli(^e SHoÜe in ber ®ötterbam =
merung, ftebe biefen *ilttifel, ,;ugeteilt.
2öein^olb, ^aupt« Bcitfdjrift VII, unb
ajiet)er, ßoEi unb fein löJpt^enEreii^, Safel
1880.
So§, ml)b. 16z, af)b. 16z unb hlöz, got,
hlänts, mit ber Sebcutung 8o0jei(f)en unb
8o3J]db(f)cn unb banon abgeleitet, ta^ burcfe
©d)icffal0befragung ^ngefaüene, ein juge=
teiltet iHccf)t, oom ai)t. 33erb. hliozan,
mbb. liezen = burd) ßoömerfcn bcflimnien,
burcb 800 erlangen. lacituä erjdt)lt ®cr=
mania 10, ba§ bei bcn ®ermanen 23or«
jcic^en unb iffieiäfagung bur^ 8ofe in
[)öcf)flem Olnfc^cn jiet)en. „Die 2lrt bc«
ßofenö iji einfad^. ÜKan t)aut einen ßtt'f^fl
Don einem giuc^t^owni/ jerfc^neibet i^n in
©tdbd)en, bie man burd^ gewiffe 3""^«"
unterfc^eibet , unb jireut fte nai) btinbem
3ufa[l über ein mei^e^ Zu^. 2)arauf
betet bcr ^riefter be^ (Staate^, wenn bie
Befragung ber ßofc »on ©taat^ rt)egcn, bei
^au^üater , ttjcnn fte in einer ^""i'l'fn*
angelegen^eit gefc^iebt, ju ben ®öttern unb
f)ebt jum ^immel aufblidenb nacfecinanbcr
brci ©tdb^en auf, beren Sebeutung er
nac^ ben vorder eingekerbten 3«^^^«« «*
fidrt. 3fi xl)x 5tuöfprucl) üerneinenb, fo
finbet in biefer ®ad)e am gleichen jage
feine Befragung ber ®ötter me()r jlatt; »ft
er befatjcnb, fo merben jur Sefidtigung
no<^ bie 23orjei(^en jU J^tlfe gerufen"
S)ie d^rijllid)c ®cfe^gebung befc^rdnfte ben
®ebrauc6 beä weitoerbreiteten ßofed auf
folc^e x^düt, wo eine recl^tlicl)e Ungemi^*
beit fonfi nid^t fügti(^ ju ^eben mar.
3nner^alb aber biefeö ®ebiete^ blieb bem
ßofen nod^ lange t>ai 3infet)en einer über*
menfc^Iic^en Scftimmung, eineä ®otte^'
urteiU. 511^ aümd^lid^ Mi ßoö biefe 33e*
beutung einbü§tc unb nur bie iBorjlcflung
einer bloß jufdüigen Sntfc^cibung jurüd»
blieb, fiel bie Qlnmenbung be^ ßofeö au^
bem ©trafpro^effe «cg unb bet)auptete fid^
biog in ßioilfragcn a\i le^te 'Kuefiilfe,
fei e^ fraft allgemeiner SReä)t0regel ober
traft bee! Slöiaenä beä beteiligten, unb jmar
in ber boppcltcn 5lnmenbung beö Qluö»
tofen^bcr*Perfon ober be^SScrlofen^
bcr ©ad^e; beibeö mar in fielen ^^aütn
in ®ebraudt), bodfe ftnb bie (5rmdf)nungen
bation in ben JRcdjtsqucncn feiten. Sieben
bem Sürfeln, bem 3^^^^" bcfc^riebcner
3ettel ober unglei^er J^alme fommt in
©fanbinaoien bid tief inä iKittclaltcr unb
bei ben ^i^ief^n biö in bie neuere ^cit tai
uralte ßofcn nüt©tdben »or, auf meieren
bie SWarfcn ober ^außjcic^cn ber ßofenben
cinciefd)nitten roaren.
S)er iBerbrcitung unb ?luSbebnung
tti ßofcö im iDiittclaltcr mic in ber 'Jleu*
i(eit Icificte ol)ne 3»r>e'fel bcr Umfianb 55or«
fci)ub, ta^ i)ai ßoö forcolil in bcr ^eiligen
©c^rift alä bei ben anttten ©cferiftReOcrn
oft crmdl)nt ttturbc unb biefe bamit aftro«
Iogif(i)e (Elemente ücrfnüpftcn. ©igent«
lic|e ßoöbüct)cr fanben auö Italien im
15. 3'if)tl)iinbcrt ibren ilBcg nad) granf*
reid) unb S)cutfd)lanö; fte cntljiclten jU-
gleidö 'ilniveifungcn jum Äartenfpiel,
JBürfelfpicl unb jum Sluölcgen r>on Srdu*
Sotl^er — ßuntenfc^Iof.
425
men. ßoäbud^cn i)t\^t manc^etortö über«
f)iiupt fopiel wie abcrgldubifcfee ^anblungen
»orncbmen, um au^ gcmiffen (Stfolgcn
berfclbcn auf bie 3uf""ft i" fc^Ue^en.
iBabiüit fagt »on ben *Pfatrern bctmcro=
»ingifc^en 3^'^' fi^ batten ben 2luftrag
getjabt, bcm f)eibnifd)cn 5lberglaubcn ju
tt)cl)ten, unb nämlich die selzamen opfer
für die toten , item das 1 o s s e n oder
walsen, das etlich Franken und Al-
menner anfangs einer jeden handlang im
brauch haltend , das man bei unsern
Zeiten noch das lossbuochen oder
buo chlossen heisst. (©cbtiften II, 57.)
Co^tagc feigen bie jmölf Jiä^te »om
24. SJe^embet biö 6. Januar, mcil jcbcr
bicfer läge in feinet SBittcrung bie SBitte«
rung ber ätnölf ÜJJonatc tti beginnenben
5abtcä ootauöfagt. Siebe ^omctjerüber
iai germanif^e i'ofen, ÜRonatöbericbte ber
berliner <Jltabemic 1853 unb »erlin 1854.
Sgl ben Qlrt. SRuncn.
Sotöcr unb 'SlaUtt ifi ber yiarm eine«
urfprüngli^ franjöfifc^en SRomand ber
Äarlöfagc, »nelc^er non einet ©rafin »on
StaffausSorbrüd auö ber »on i^rer SOiutter,
einer ^erjogin oon Sot^ringen, italienifd)
»erfaßten ^Bearbeitung inö S)eutf($e über»
fe^t mürbe. Sr erfc^icn juerfi in ®tra§*
bürg 1514 unb mürbe aU aSoIfäbuc^ oft
»ieber^olt.
SuribortU?, ©lucibariuö ober Aurea
Gemma ij^ ber Site! eine^ fc^t nocf) ge=
läufigen Sßotfebuc^cS, tai ani bcm WitkU
alter flammt unb in feiner alteflen erbal?
tenen i^affung bem 12. 3a^r^unbert angc«
^)ört; eö cntliäU in bialogifc^er J^orm
juerfi eine SBeltbefdbreibung unb »erfnüpft
in einem jttteiten 2:eil eine (Slaubenölc^re
bamit; bamit ifi namentlich bie 2ef)re Dom
enbc ber SBcIt, com Qlntidfjrifi unb »om
jüngden (Seriell ücrbunben. ©aö i8üd)=
lein flammt auö einer Iateinifd)en Quelle
unb ift in ja^Irci^c Sprayen überfe^t
h)orben.
Snbnö, ftelie S)rama.
SnbtDtgglieb ober Subioigglcic^ ^ei§t
ein altb€utfd)eä ®cbic^t auf ben ©icg
Äönig Cubmigö in. in ber ^iormanncn«
f^ladbt bei Saucourt im 3af)re881; iai
Sieb ijl fofort nai) ^cm «Siege gcbic^tet,
fleibct aber bie ®efc^i(^töerjäf)lung in ein
»unberbare« eingreifen ®otte«. Der ^iä)--
tcr ifi iebenfaQg ein ®ei^li(^er, unb feine
SDarjteQung, jmar t>on cinfcitig fird)Ii(^er
lenbens ^W f«i» bod) lebhaft, üerficinb^
iict) unb fücftlic^. ©c^on Berber »er«
leibte i>i\i ®ebid)t feiner Sammlung üon
iBolEäliebern ein; t>on neuen ^luögabcn
ficbcbefonber^3)'lüllen^offunbSd)erct,
2)enfmdlcr beutf(^er ^Poefte unb (ßrofa.
Siigenmör^cn l)at eö in oerfcl)iebcnet
5orm com 13. 3af)r^unbert an gegeben,
meifi ^eroorgegangen auä ber mutwilligen
^reube am 5lbenteuerli(^f!en unb am Ün-
finn. Sie crfc^einen in ber ^Jo^"! ^on
Spriicl)en, QSolfätiebern, pon ÜJJeifierftnger«
fprücf)en, oon gaflnac^tfpielen, namentlii^
gehört baju auc^ ber ginfenrittet (fte^e
biefen).
Sutitcnf(^Io§. ©ie ©nt^ünbung gcf^a^
bei bem älteßcn ^eucrrobr bur^ bie ßuntc,
bie anfänglid) t>on ber ^anb auf bag
^Juloer ber Pfanne gebrücft würbe. 3)icfe
ÜRanier eignete fid^ jeboc^ ^öd)ßenö für
bie fefiflebenben Südbfen. wäl)renb fu bei
ber ^anbfcucrwaffe baäi 3*^^«" f'^"^ f'^'
fcfcwcrte unb gefäl)rlid) mai^te ober gar
pcrunmöglic^te. So würbe für biefe fc^on
im 3«t)te 1 378 baö Cuntcnfcfclo^ f onulruiert,
bcffen SSefc^affen^eit 3«^"^ (®cfc^icfete
beö^rieg^wcfenö) folgenbcrma^cn angiebt:
„(Sin burc^ eine SRiete bewcglid) befeftigter,
gebrochener ©alfen, bie Stange, lag mit
feinem »orberen, abwärts. »on ber *tilatte
gebogenen ©nbc in einer Dfe, bie mittel^
eineö ocrnietetcn, jiarfcn ©tifted mit bem
au§cn befinblidjen ^al)ne in iJerbinbung
ftanb, wäljrcnb fein bintereö, ebenfalls
gebrochenem (5nbe auf bcm unter itjm be«
finblichen ^Ibjugc ru^te. "Mu^etbem wirfte
eine ^tlxi fe nacb i^rer Sage cntweber
auf bie untere Seite beö oorbcren ober auf
bie obcrcSeitc bcä t)interen Stangcnbalfcn^,
um fein unwiüEürlici^e« "bewegen ber
Stange unb babur(^ be^ ^abne^ juju«
laffen, fonbcrn le^teren üielmct)r äUjWingen,
fiet« abwarte üon ber Pfanne fteben }U
bleiben. 2)rücfte man nun ben *Jlbjug
juTÜcf, fo wirftc berfelbe gegen ben auf
it)m ru^enben Hinteren Stangcnbalfcn,
inbem er, ibn aufwarte unb baburc^ iai
in ber t)\t fpielcnbe Stangenenbe unb
jwar mit bicfer abwärts brüdfte, fobaß
ber mit ber Dfe in Serbinbung jlebcnbc
^a^n auf bie *Cfanne geführt würbe, iöor
ber bcabftcibtigten ßntjünbung be^ *}Julccrd
(3ünbfrüuteä) mu§tc jebeömal erjt ber
$fannenbecfel weggef(^oben werben." Ssie«
feö 8untenfcf)lo§ erhielt [lä) on ben »er«
f(^icbenen 33ü(J)fen biö in bie jWeitc ^alfte
bes 17. 3al)rl)unbertö f)inein, obf(f)on cd
bcgreiflidberweifc nit^t jtc^er wirfte, nament«
426
et)riE — iWa^tjeitcn.
li^ bei rcgnerif^em SBetter; and) ncttict
ber i)iUi @d)ein ber brcnncnben ßuntcn
unb bcren übler ®etu(^ bcm Jeinbe bie
©tetlung ber Slruppcn bei 9?a(^t. 'iin [eine
StcQc trat fobann ber „Scbnapp^a^n"
unb tai „*Rabf4)lo§".
S^ril, fietie ^öfifd^c SDic^tung,
'33olfölicb, ÜJlcijicrfängcr.
2Äacotonif(^c ^'ocfic Ijeint biejenige
SJid^tung, bie in ^er nnllfürlid)en ä)hs
f(iung lateinifcber unb lanbüblid^cr (ita?
iienif^cr, franjörifcf)er, beutfc^er) 6prac{)c
befiet)t, h)obei Ic^tere bcn jvleyionen ber
latein'f^en €pra(^e unterroorfen »uirb.
©ie ifi eine ©rfinbung ber italicnifcben
^umaniPen beö 15. 3a^thunbertö, beren
macaronifd)eö ^auptwerE tai Dpu^ SWa^
<aronicorum be^ SWerlinuä ßocaiuö, b. t).
Seofilo gotengo ifi. 'Jluf beutfAem Soben
finbet man cinjelne macaronifc^c 93crfe
bei ü)Jurner, ^anä ©ac^ei, gifdjart jerilrcut,
benen [päter ganje ®ebid)te folgen, nament«
liefe bie ^Ma (futje bcn "Jlrt. 5^ lob'
gcbicfetc), bann ta^ Corham Carmen de
Rothrockis atqne Blanrockis, auctore
Heuninio Schelemio Breswenbargensi,
1600 u. a., tx>ai meifi für mutmiüige
©tubentenfreife berechnet ttjar. ®entt)c,
@cfct)id)te ber macatonifcfeen ^oefu, unb
D- ©d)abc, f,üx mQcaronifd)en 'ISoefte, im
SBeimar Jabrb. Sb. n u. IV.
aWabtigal t)ei§t ein t>on ber prooenja*
Iifd)en in bie italienifcfee lid^tung Der«
^jjlanjted^ Iprifdbes ©ebicbt, ta^, nuift jam^
bifd), fcd)« bis brcijet)n ^nkn lang ifi.
J?afpar 3icgler, 1621—1690, fc^rieb ein
Sücblcin „Ü3on ben SOJabrigalen, einer
frönen unb jur SWufit bequemften '■Jirt
5ßerfe", ßeipjig 1653, unb ben Äompo^
nifien ber ©efcEfdjaftsIieber (fiebc biefen
Slrt ) tt)ar hai „melfcfee iPJabrigal" eine
fet)r beliebte gorm.
9JiagcIonc ober bie fc^öne üJlagcIonc,
ifi ein auö ^em granjöftfdjcn burd) Seit
SDkrbad) in^ 2)eutfd)e übctfe^te« unb feit^
bem incl gelefeneä Sioltöbucfe; e^ erfd)ien
juerfi 1536 ju 'Jlugäburg.
ajiafltftcr, ftebe Uniocrfitaten.
SJiagnificat bci§t in ber Äir^enfpracfee
ber l'obi^emng ber 'Dtatia im |)aufe beö
3ad)aria3 (üuE. 1, 46—55), ber mit bcn
SBorten beginnt: Magnificat anima mea.
üKa^Ijciten. 5ln bem, »aä ber SWenf*
an ©peife unb 3Jabrung ju ftcfe nimmt
unb ttjie er biefcö t^ut, liegt bcfonberei in
einfacheren Silbungöpcrioben ein wefcnts
lid)cr Seil feiner natürlichen unb feiner
c^eifiig fittUcfecn Sjrificnj; unb ä»ar
fpiegelt fict) bie Qlrt feiner ßebcnäfü^rung
nidjt blo§ in bcn gett)öl)nli(i)en Jageö*
ma^ljcitcn, fonbcrn namentlich aucfe in ben
^cftgelagen ab.
%üx bie ältefie (Periobc finb üon biefem
öcbenögebiete nur tiercinjelte Dlacferidjten
erl)altcn. Sacituö fagt ©ermania 22 :
„S)ie ©peifen ftnb cinfadj; «ilbe« Dbft,
frifcfee^ 2Bilbbret ober geronnene iüJilcfe;
um i^ren junger ju füllen, braucht eö
meber eine feine 3ii''creitung nod) auöge«
fud)tc ©cmürjc." I)ocf) lä§t fxi) biefe
Jlotij nicfet untt)efentli(^ auö anberen
DueÜen crgänjcn. 2J?an a§ i>ai t^Utfct)
bc0 iRinbcö unb be^ 'iJferbeö, unb bereitete
aus ber ÜJltld) 93uttir unb Ädfc, melcfec
Ic^tere €peifc 'JJliniue ein Hauptnahrung«!»
mittel ber ©crmanen nennt. 15om ®etreibe
mar namentlich ber^afer beliebt; aai
ihm gcfocfeter Srei mar burcfeg gonje ÜJJittcl«
alter fo fe^r bie gembbnlidbe ©peifc tti
niebcren Solfeö, ta^ i>a'i 2Bort !Brei fooiel
mie ©pcife bcbcutcie. 2)aneben fanntcn
fic®erfte unb-üßeijen. Unb menn aud^
bie römifd)en ©c^rififictler beö Srotess al^
einer beutfdjen ©peifc nirgenb^ crmäbncn,
fo bcäcugt bod^ hai 'illter Der 'ißorte Sorot
unb 2aib, ta^ bie SSermanblung beö ®es
treibet in Äucfeenform ben ®crmanen nicfet
unbcfannt gemefen fein fann. 2Jon ®c«
tränfen ermät)ni Sacitud ®erm. 23: iöier
unb ilBein; baneben mar ber 'JWet beliebt.
2)ie ^duölicfeen !UJat)ljeitcn ber ©ermanen
merben einjig üom pbpfifcfecn Sebürfniffe
benimmt morbcn fein; fcfilicbe *Dkl)ljciten
famen namentlid) bei Dp fern »or; für
bie gcfeQige Unterljaltung ber freien 'JJJänner
forgte bae ®clagc, mooou Jacitu« ®erm.
SDlatjIjcitcn
427
22 unb 23 f)ünbclt. *Mu« Dem Öcoroulf
unb au^ ffünbinaoifc^cn Sagen etfal)rcn
wir, mie eö bei einem foI(t)cn ©eloge ju^
^ing. 3u ben 'IWct* unb Sietfcfien lub
ber fflirt cntroebcr blo§ feine Sanfgcnoffen
ober aud) J^teunbc unb JJacftbarn ein; bie
^Quöfrau ober 2;od)ter reichte t)Ai Zxint'
t)orn fetbfi ^erum, wie e^ in iffiatlbaüa bie
SIßalfüren tf)un; ja, üon oieten (SJa^md^lern
wirb berid)tet, ta^ übetbaupt bie grauen
baran teilgenommen unb tüd^tig getrunfen
t)ätten.
<Muä beutfd)en Quetten ifi für baö frübere
HJJittelaltcr rcenig berid)tet, wai auf fol(^e
®elage Scjug bätte; üielmebr bat offenbar
üud) auf biefem Sebcn^gebiete römifcber
einflu§ bei ben granfen frü^ ftd) gcitenb
gemacht unb boö alte Oelagewefen befcitigt;
einbarb erjdblt in feinem ßcben Äarl3
be« ®roien: „3n ©peife unb Sran! mar
er mä^ig, mäßiger jcbod) nod) im Iranf,
benn bie Iruntentjeit perabfd)eutc er an
jebem 9!)?enfd)en aufö au§er)lc, gefc^meigc
benn an fid) unb ben ©einigen, ^m (Sffen
jebodb fonnte er nidjt fo entbatttam fein,
üielme^ir flagte er i)äuftg, ta^ baö ^<\^in
feinem Äörper f(^aPe. •$)ü(^fl feiten gab
er ©aPereien unb nur bei befonberen feft=
lict)en ©elegcn^eiten, bann jeboc^ in ^ai/U
teicf)er (SefcHfcbaft. ^uf feine gercöbnlic^c
Safel lief er nur »ier ©eric^te auftragen
auicr bem Sraten, ben il)m bie Jäger am
93ratfpic§ ju btingen pflegten unb ber it)m
lieber wax al^ jebe anbere Speifc. 2öal)renb
ber iafel borte er gerne \oiuftf ober einen
35orlefer. (Sr lie§ ftd) bie ®efd)ic^ten unb
Sbeten ber eilten oorlefen; aud) an ben
Sudlern beö ^eiligen QiuguPinu« batte er
greube, befonbet^ an benen, ,bie Dom
©taate ©otteä' betitelt finb. ^m ®enu§
tti SBcinö unb jeglid)en ®etränfa mar er
fo mä§ig, ba§ er über %i\di) feiten met)r
al^ breimat tranf. ^m ©ommer nat)m er
na^ bem Sülittac^effen etma^ Dbfi ju ftd)
unb tranf einmal, bann legte er Älciber
unb ©cftu^e ab, roie er bei )Ra<i)t tt)at,
unb rubte jmei biö brei ®tunben."
3flömifd)er (linflu^ mirb eö aucb gcmcfen
fein, ber jablrcic^e neue ©peifen unb ©e^
tränfe aufbtad^te, für beten fiebere ^crbei*
fd)affung Äarl b. ®r bcfonberö in feinem
Capitularium de villis ^ilnweifung gab.
2öa0 man jefet jur föniglid)en Safel be-
burfte, erfennt man au« ben 5l>orfd)riften
für bie 'Muffeber ber föniglid)en Tillen,
menn il)nen befohlen mirb , Saumgärten
«njulegen, für Dbfi, ©emüfe unb Ärdutet
©otge ju tragen, be^gleic^en für bie Unter=
l)altung einet gröfetmöglidjen 'Mnjabl oon
.5>übnetn, ®änfen, g'^iane"» SJtebbübncrn,
'Jßfauen , Turteltauben, unb rcenn im be*
fonberen folgenbe ßcbenämittel genannt
merben: 'Jiettid)e, ^irfe, gemäftete .^lübner
unb ®änfe, 6ier, 'öutier Ääa, J^onig,
trtfd)ea unb getrocfnetoä Jletfd), iffiütfte,
Sdbmalj, neben bem gemöl)nlid)en "fflein
aud) gefod)tet fflein, mabtfc^einii^ Slatet,
'ötombeer^ unb ÜJfaulbectmein , moratum,
mbb. moraz, ein auö i^ifd)en beteitetei
®ettäne, 93iet, a«et, (S-jfig, @enf. <Hu(^
bie ftübe !8cbeutung bet ^ofämtet bcd
Sd)enten, Srud) feffen, unb ber baran
fid) fd)licicnben beä Äüc^enmeiftetö,
Oberbdcferö, Äellncr^ u. a. fpted)en
beutlic^ für bie 'Bebcutung, welche bem
iJJabtungämittelroefen jeöt ^ufam 2)om
t'öniglid)en ^ofc oeibreitete [xd) ber Speife«
unb ®cttänEe = 5tuffDanb, mit bem felbji*
uetftänbtid) bie 'JJrayiö bet Äoi)funft §anb
in .^anb ging, an bie f leinen ^öfc ber
dürften unb Sbelinge, foba§ bem auö«
gcbilbetcn ^öfifc^en Öeben fd)on eine red)t
anfebnli(^e jafel jur Verfügung fianb.
Sa feien bift nad) Sd)ul|3, .f)öfifd)e^
Öeben, "llbfcfen. IV folgenbe Speifen ue«
nannt.®änfebraten,£aubcn, .^üt)ner,kapün.
'^Jf'iuenbtaten mit Pfeffetfauce, -gyitfc^, JJeb,
iBilbfc^mein, ^afen, Äanind)en; oon rcilren
ißöjeln: Äranid)e unb SReibet, äc^toänc,
Etappen, 9fiol)tbommeln, milbe ®an«, milbe
(Snte, g'^f'i"' Regenpfeifer, Iaud)cr. Sfleb«
bubn unb Haubenlerche. jDie (5ifd)e a§
man frifc^ ober eingefallen; genannt mer*
ben gering, ein oetbteitetet ^anbeUattitel,
'Jad)«, ßadjöfoteüe, 5tal, Stöt, u. o. a.
Äc^t beliebt maten hafteten, mbb. bie
pastede, bastede, bastet, au^ mittellat.
pastäta, Don lat. pastare ^ leig bc*
teilen, pasta = Seig; eö metben etmä^nt
|)ü^net5, 9tet)5, .ftaninc^en=, Jafanen' unb
SJflegenpfcifers'iJafteten. SBon ©emürjen
fennt man außer «ssalj ben 'J5fiffer, ber im
3!}?ittelaltir meit oerbreiteter mar ale jc^t,
baber j. ö. bie reid)en Äaufbctren im 15.
3abrl)unbert ben Spottnamen 'C f e f f c t f ä cf e
trugen; bann jlümmel, ÜJJuafatnüffe unb
iDJuöEatblüten , ®eroürjnelten, Äarbamon,
3immet. ilfJamen oon Saucen ftnb Salfc,
allfran^. Sauce, Pfeffer, 'Ügraj. 33 rot
lag bei jebem ®cbeciE auf bet Jafel, mbb.
simele, semele, Semmeln; anbete Jlamen
finb SJBaftet unb 2Beden; e3 mar auö
2ßeijenmet;l gebaden. %li 9'iad)tifc^ mur«
bin oetfcbiebcne Äuc^en aufgettagcn J^onig«
tud)en, ®cmütjtotte, gefüllte Sötte, Ärapfen,
pfankuochen; auc^ Ääfe gel;ört jum dlaä)»
428
ÜWa^Ijeitcn.
tifd). 5Da^ S)cfTcrt bcflet)t auö Dbfl ober
©übfrü^ten: iäpfd unb Sirncn, ffleins
trauben, Quitten, Stüffe, Himbeeren, ^pr«
ftfcf)c, jucrößcte Äaftcinien, IRanbcIn, jeigen,
gtoBc SRofinen (.^ubeben), Datteln, 3n9tt>er.
©ranatärfel. Über bie ©etränfe fui}t bie
?ltt Sier, ü«et unbSZBcin. 3)aö ältefte
Äocftbucfc, au« bcm 14. JaOrbunbcrt, bat
tBirlingct reröffcntlic^t unter bem iitel:
6in *pud) oon guter Speife, 6tuttg. 1844.
9?od) mebr aber alö bie »Spcifen unb
©etränfe felber, ip eine bcfonbcrc lifcb^
jucfet für ta^ pfii"d)c ßcben diaraftcs
riflif^; aud^ if)re Joifm^n fin^ of)ne 3't>eifel
in g^ranfrci^ juerfi au^gebilbet »orben
unb foOten baju bicnen, bie ju btefer 3tit
gctri^ nodf) robe Jiaturfitte beim 2RabIc
in bie ^^tmen ebeln ?lnPanbeö unb würbiger
®efcflig?cit ju bannen, wobei foroobl bie
ßubercitung unb 3"'^'<^t""9 ^^^ "Speife
al« baö "Huftragen berfelbcn, bie gute Sitte
ber Qlufmartenben forcof)! olö ber ®peifen«
ben gleidbmdfig in Setradit fam. 3^ rciAei
tai ®aflmat)I unb je üornebmer bie Seils
nebmer, bcfio mcfir famen bie SRegeln ber
bt)ftfd)en Sut^t 5^1 93erü(ffid)tigung, am
meinen obne Stt'eifcl bei ben großen fönig^
Ii(6en ^»oftafeln.
IDie Jafcl »ar mit meij! weifen li^ä)--
tü^ern, 2;if(^Iacfen, bebecft, bie mit Sorten
öetjicrt waren; jfber ®aft crbicit eine ©er-
Diette, mbb. twehele, unb ein 93rot; jum
®cräte geborten bie ©aljfäffcr, ©c^üffeln,
IBedier, iWeffcr unb ßöffel (bie ®abel fel)lte
no^) unb Stinfgefäfe ; auö ter ficinen
©diüffet ober bem Seüer fpeifJe balb ein
®aft allein, balb jufammen mit einem
lafetgenoffen. S!öar bie Safel unb «Speife
jum 50?ablc bereit, fo trat ber Irucftfe^,
mit abgelegtem ÜJIantel, ben (Stab in ber
^anb, jum §»errn beä ^aufeä, fniete cor
ibm nieber nnb mclbetc, ba§ bie üJ?af)l}eit
bereit fei unb t>ai äBafcbmaffer geteidbt
Werben fönne. S5er .^err Idft barauf,
»enn ti il)m beliebt, SRu^c gebieten unb
beficblt bcm Iru^fef , t>ai ©ignal jum
^änbcwafc^en ju geben. 5Durcb -^orn,
trompete ober S^^^^ würben bie ®äfic
aufgfforbert , ibren !]ßla| einjuneljmen.
Unter Leitung be^ Äammerers boten bar=
auf gbelfnaben ber (Reitje nadb fnieenb
eine Sc^üffet bar unb gojyen au« einem
®ic§faffe SGßaffer über bie ^änbe; bie
^änbe würben an ber twehele abgctrodt=
nct, welche bie SJiener um ben ^aU ^ön^
gen batten. I)ann fc|te man fic^ ju
lifc^e. Der ^ürfl fpeifle an einem be=
fonberen, auf einer Sf^rabe er^öbtcn Jifd^
allein ober mit feiner ®cma^lin, ben an«
bem wieö ber jrud^fef ihrem SRangc ge*
md§ \>tn ^\a^ an. Um bie SRangunter*
f^iebe »erfdjwinben jU laffen, batte ^ttu«
feine ®äjlc an einen runben 2ifd) gefegt.
yiaä) ber alteren Sitte fpeijten Ferren unb
Damen gefonbert, nur ta% etwa bie ^auö«
frau ben ®äften jur g^re fi^ anö Hi'a^I
fe|te. Äinber würben nic^t jugelaffen.
3ulaffung ber Damen jum ^a\)k fam
crP in ber finfenben JRitterjeit auf. Da«
'auftragen ber Speifen leitete unter Srom«
mct unb ^ofauncnfcbaK wieberum bec
Irudbfef, ber famt feinen ®ef)ülfen al3
^Ibjeid^cn einen Stab in ber ^anb trug;
(Sbelfnaben fdjön gefleibet, brad^ten bie
Speifen auö ber Äücie. ®röpere gebra«
tcne iBögel würben am Spiele aufgetra«
gen, anbere ©etüd^tc auf fofibaren ^\aU
ten; iai ®eflügel fam unjerfd)nitten, bie
übrigen ©raten aber jerlegt auf ten lifd^.
Da« 3"W"^i^fn ^^^ legieren beforgten
Sbelfnaben ober junge am ^ofe jur ®r*
jicbung Icbenbe SWäb^en; fie batten bem
®afie fnieenb »orjufdbneiben , bie SBiffen
jujureic^en , ben g3c(iber ju präfentieren.
Qlnbcre Änaben reichten ben SBein ^crum,
wobei gewöbnli(^ mehrere ®äfte au« einem
Sedjer tranfen. Spiellcute unb Sänget
fehlten bei ber ^oftafel nf(!)t. SWacb auf«
gehobener ilRahljeit wufdh man fidh wie«
berum bie ^anbe, bie 2ifcttü<^er würben
abgenommen, ber lifc^ felber hi"üu«9f*
tragen.
SBar bie böfifdhe 3"^^ barauf bebocht
namentlü and) bae ÜJJahl unter ihr ®e«
fe^ äu bringen, fo bemühten fidh, al«
jener edhte ®eiji ber 3"^* fchwanb, meh«
rere SdhriftjleQer, bie [Regeln bei Jifch«
jucftt aufjufchreibcn; man l)at folc^e
Qlufjeicbnungen com Sann^dufer unb eine
„2Biener 3;ifd)judht" fpdtet no(^ con Sc«
bajlian 93rant im SJiarrenfchiff unb »on
^an« Sad)« nöchgeahmt; io<i) ftnb iai
höt^ji du§erlichc [Regeln, bie weniger fagen.
wa« S^ä)t bei 2;ifd)c fei, als wdc^e Un«
^ucht man laffen foDe, j. 53. mit blo§cr
■Öanb in« Saljfaf greifen, be« [Rad^barn
ßöffcl braudbcn, iai Srobflürf mit bcm-
man bie Sc^üffel au«tunft, obbeifen unb
wiebcr braudhen, birett au« ber Sdhüffcl
f(^Iürfen, fie mit bcm ^Jinger au«wifchen^
iiii) auf ben lifcf) auffiü^en, babei fc^nau*
fen unb fd)ma^en, mit bem SWeffer in ben
3dbnen ftochern , wdhrcnb bee ÜRablc«
ben ®ürtel weitern. @(^ul^, ^öfifdhc«
geben, 51bfdhnitt IV.
3m Qiagemcinen blieb bie 5Irt, wie
iWaifelb — Malerei.
429
man in ber {)öfif(f)en 3^*^ ^aö ®aftma{)l
einnahm, bic 9loxm für bie folgenöen
3af)ibunbertc; im Ifreife bcö *2lbelä mag
fid) ba^ äußere SeremonicU tt»enig »et^
änbett ^aben; aud^ in bcn Stäbtcn, mo
balb ®aPmä{)icr eine gro^e SRoüe [picitcn,
blieb »enigPenö eine beiiimmte Sifcß.^tc^t
(iu aied)t befleben. SSergl. Äriegf, 2)eut=
fc^eö Sürgertum im ffl^ittetalter. %b\ä)n.
XVIir, ü)ia{)Ijeiten unb ©peifcn.
SWatfcIJ), fief)e Campus Martins.
3«atfcft, aWaifaftrt, ärtatritt ijl tai
uralte, am 1. 3Wai, am 2Balpurgi§tage,
gefeierte beutfcfte g^rül)lingä= unb ©om«
merfefi. S)cr Jag mar bem I)onar ge*
tuei^t unb einer bcr t)eilig|len Sage beö
bcutfd)cn |>eibentumä, Dpfer^ unb ®e=
rid)tetag ber iDiaiocrfammlung beö SSoIfeö;
moüon befonberö anä) bie in bie »oran*
ge^enbe iJiac^t »erlegten ^eycntäuje Semeiä
ablegen ; ta jief)t ber sööfe mit ben ^eyen
nacf) bemSIocfsbcrg, mo fie einen Zan^ auf-
fübrcn, ber fich mabrfc^einlid) auf bie ^^eier
ber 23ermäl)tung SBobanä mit 5^igg bc
jie{)t. DJamentlicf) in ©Eanbinaoien unb
in SRorbbeutfcblanb mürbe ber 5D?aitag
lange nocf) fefllid) gefeiert. 3'^<^' iRciter^
f(i)aren, bie eine com SBinter angeführt,
ber in ^Pel^e gel^üüt unb mit |ianbfpie§en
bemaffnet, ©d^neebaüen unb (Si«ifd)oäen
nuömarf, bie anbere üom 33Iumengrafen,
ber mit grünen 3tt'ei9fn , öaubmerf unb
faum erfi gefunbenen 93Iumen befieibet
mar, rücften üon »erfc^iebenen Seiten in
bie ®tabt unb I)ielten ein ©pecrfiecben,
morin ber (Sommer ben Sßinter übcrman?
unb burcf) 5(u«fpru(^ bcö umfiefjen-
ben 53oIfeö für ben Sieger erflärt mürbe.
So im 16. 5a{)rbunbert; fpäter mirb blo§
no($ üom (ginfü^rcn ober Sinreiten beä
Sommerö burd) feierlichen Unijug beö
OJJaigrafen gcfprocben, bcr ben Söiaicn--
fran^^ einbringt. Se mar eine SDJaien*
fabrt, meld)e Äaifer ^Ubredit am erfien
SWai 1308 non 93abcn nac^ Srugg unter»
nabm, unb bie ^rünje, meiere er ben ©e»
glcitern, aud) feinem S^ieffen auffegte, ma*
ren SDtaifränje, unb menn bie Äonigin
fpäter bei Einrichtung ber unfc^ulbigen
SSurgmcinner ju g^at)rmangen gcfagt ^aben
foü: nun babe fie im SKaientau, fo
gc^^ört au($) bicfer Qluöbrucf jum 5DJaifefi;
in Scbmaben j 93. ^ei^t ber 2«airitt
mand)erort6 ^IWait anritt. 51n nielen
Orten mürben am Waitag SOtai bäume
im Söalbe geholt unb feierlid) beEränjt
unb aufgefleüt; ber Saum ijl eine Sirfe,
lanne ober Äicfer, oft auc^ £)ei^t blof
ber grüne 3"'«'9 SOiaie. ®rimm,
iüJpt^otogie 735; Urlaub, Sd)riften,
ni, 31; x>. SRein2ibera53)üringäfelb,
3)aö fefilic^e 3a^r. ÜJJonat ÜHai. "
Major domus, ftebe ^auömeier.
aJZatkrgifc^C ©loffc, fte^e leges bar-
barorum, 1. Lex Salica.
aWakrci. a) 9flomanif(^e unb got.
3eit. ©eneigentli^enUrfprungber iUlalerci
in ben nörblic^en Säubern nachjumeifen,
ifi beö^alb fc^micrig, meil eineöteil^ bie
SBerfe ber ÜJtalerei ben perberblicl)en ©in»
pjfen ber3eit, einen meit geringeren 3!Biber=
llanb entgegenfe|en , aU j. 93. biejenigen
ber 5lrc&itettur ober Sfulptur, anbernteil«
aber, »eil, angeregt burc^ bie gro^e iRc»
formation bie folgenben 5al)rf)unberte in
ein feinbli(i)eji Serbältniö ju bem traten,
maä bie Sorjeit befonber^ in ber 3[)Jalerei
®ro^eö t)interlaffcn ^atte. 2Baö mir U^aib
am ber früf)en ^nt bcr romanifdjen unb
gotifc^en epoci)c nocf) beft^en, bcf^ranft
ftd) auf äu§erfi menige^. 2)aö meijlc bc
jie^t in ÜJUniaturen, jener «iluöfctimücfung
gefd^riebcner 93ücbcr burc^ 93ilber, diant»
jeidt)nungen unb 3ierbu(f)fiaben {\'u\)t "yrtifel
ÜJiiniaturen). Jubeffen liegen bennocb
genug 93eifpielc üor, auö bcnen fid^ fcf)Iic§en
lä§t , tafi bic SDJalcrci bcfonberiS in
SBanbgemälbcn ber Äircf)en ftc^ ju großer
räumlicher Sffiirfung entfaltete, unD ta^
eine oöüige 93emalung be§ 3nnern ber
Äirc^cn an 9Bänben, ®emölbcn unb ^olj*
bccfen allgemeine Sitte mar.
35er 3ufammenl)ang mit ber ^rc^iteftur
üerlicb bem Stil berfelben eine jirenge ©r»
^aben^eit unb 9!Bürbe. 2)ie [Regung bcö in=
biüibueüen Öebenä mar jmar eingefdjränft,
aber bafür gemäfirten bie in fräftigen
^arbentönen fon bem in bcr iRegel blau
gebaltenen ^intergrunb in energif^en Um»
riffen fic^ abtjebenben ©cftaltcn, üerbunbcn
mit einer einfachen ar^iteftonifc^cn ®lie-
berung, meiere bem ©anjen flarc Uber=
ftd)tliä)fcit,rl)9t^mifd)cn9Bect)fel unb reiche«
ßcben »erlief), bcn (Jinbrucf »ou ^ober
iffiürbe unb SOlac^t. Derart enthält bcr
9Bormfcr S)om »ielc »erblicf)cne 2[Banbs
malereicn. 3n bcr ßiebfrauenfirc^c ju
^albcrfiabt, in bcr Stiftsfirc^ic ju Glucblin::
bürg fc^immern nod) bic alten iDJalercicn
^erüor, unb in manc^' anbern Äirct)en l^at
bie meiße Übertünc^ung bcn alten Sc^muct
beiliger SBanbmalcreien nid)t ganj »eitilgcn
fönnen. Unter ben Sßerten bcö entroicEcltcn
12. 3a{)r^unbertä jietjen bie ber Äircbc
in Sdjmarjrticinborf an Qluöbc^nung unb
Eünjllcrifc^cm ®el)alte obenan. 3" ^^i
28
430
TlaUxti.
©d^Iufcpoc^c bcö romaiii[(^cn@tiIcö[c^eint
bic SBanbmalerei befonbere am ^iicbetr^ein,
in SBcPfalcn unb Sad^fcn ftcf) ju um^
faffcnbcn Öeifiungen auägebilbct ju öabcn,
fo im Äapitelfaal in Sraumeilcr, in ber
Ütifolaifapetlc ju Socfi unb ber ^ircf)e ju
SO^et^Ier, cot aÜcm aber in bcn bebeutenben
©cwölbcmaletcien im ß^or unb Q.uerfcf)iff
beö S)omc^ ju ißraunfd)meig. Sineö
ber ttiic^tigjicn SBerfe bicfer Qtxt ifi bie
^oljbecfe ber Tliä)OitUlixd)t in ^ilbeß^eim,
bie in überaus f<^öner (Einteilung unb
ieid)em ornamentalen SRa^men benStamm?
bäum S^rijii enthält.
SBcreitö in ber früben 3«it beö 13. ^ai)X'
^unbcrtä entwidelt ficb neben bem romani«
fc^cn Stile ein anberer, n>elc^er mit ber 3«*
aügemein »ort)errf(f)enb wirb. 2)a« ©tarre,
Strenge, Stnfie, bie trabitioneti überlieferte
SBilbungäform Derfdjminbet unb mac^t
einer tt)eid^eren 5ül)iung unb einem eigen*
tümli($en €cf)mungc ber Sinien ^la^.
2)ie ©efialten oerlaffen il)re ruhige Stellung
ober edig f($roffe Bewegung unb nehmen
etwae ©rajiöfee in Haltung unb (äcberbt
an; Die galten ber ©emänber fliegen
tt»eic^, in langen Sinien unb ÜJtaffen ^erab,
bie @efi(|ter erhalten bie Einbeulung eine^
lieblichen, ^duftg fentimentalen 5luebru(feö,
ber jutreilen smar nicfct o^nc Spanier, inö*
gemein jeboc^ auf eine fcf)lic^te, naioe
2öctfc ^eroortritt. Sä ifi ta^ (§.maä)m
iti fubjeftttien ©efü^lä beä Äünfiler«,
»elc^cä bic bargejiellten ^Jerfonen unbett)u§t
burc^bringt. ^anb in ^anb mit ber 5lr^i:=
teftur jeigt ft(| aber auc^ ^ier ein ttjpif^
«ieberfc^renbeei ®efc^ ber gormbilbung.
3!)aä ®efe| einer ard^iteftonifcben Symmetrie
lerrfc^t über SJiaturma^r^eit Dor. ©rötere
S)arftellungen, meiere bie allgemeinen Stjpen
beä gotifdben Stileä mit größerer ober
geringerer SßoHenbung tragen, fmb manig=
fac^ alä lafelbilbcr, SBanbgemälbe, aU
©laämalercien unb getoirfte Zeppic^je er*
galten. Unter ben befannten gotifd^en
Slßanbmalercien ftnb bie ber ^^rü^^eit ange=
prenben ©emälbe in ber 5lpfiä ju 93rau=
tt)ciler, befonberä aber bie SFlalereien an
ben ©emölben unb SBanbungen ber e^c*
maligcn J^apeUe ju [Ramcräborf, im dpr
bc« 2)omä ju Äöln, in ber Ibomaefird^e
in ®oe|i, ber Älofierfircfce ju ÜBien^aufen,
Der SQlarienfirc^e äu Äolberg, im 2)om ju
iDtarienmerber, ber «ßitusfirc^c ju mü^U
Raufen a. 9^. unb Diele anbere al« Sei»
fptele anjufüljren.
Snbeffen »erbrängtc ber ftc^ rafd^ auä=
breitenbe gotifdje Stil bie aWalerei boc^
immer me^r unb me^r. 3)te großen 9Banbs
flacf)en, ttiel(^e bie romanifc^e SBaufunfl
gefc^affen, fd^rumpften jufammen unb
mad)ten einem fteinernen ©erippe mit
eingcfpannter gcnfiermanb $la^. jDie
3lt|iiteftur brüdte i^re Sc^mejierfunjl ju
bloBerDrnamentif ^erab, unb bie norbif(f)cn
Stationen erfauften bie Sefriebigung, fid&
im gotifcf)en Stil mit i^rer ganzen Äraft
auejufpred^en, auf S^^i^hunberte mit bet
Döüigen 6inbu§e ber J^ä^igfeit, in gro§*
räumigen Scl)öpfungen i^rc böc^ften Jbeen
mit ben SRitteln ber Äunfi barjujiellen,
bie recf)t eigentlich jum 5luäbrud bctfelbcn
bejiimmt fc^ien.
2)ie üJlalerei »urbc gejhJungen, fid^ auf
Sd^öpfungen ber Äteinfunji ju merfcn.
Sßefonbere blübt bestialb auc& in biefet
(Spotte bie SOJiniaturmalerei auf. S)aneben
aber jugleic^ bie fogenannte Tafelmalerei,
beren iZBerfc jene f(^lie§enben SJedel oon
2lltarfcfereinen bebecften, wie ftc ju bicfcx
3eit allgemein im ®ebrauc6e maren. @nt«
fprec^enb ber Sed^nif, 5luftrag ber mit
(Simeif angemad)ten 5'*'^^^" 'i^f fin^iii
feinen Äreibeüberjug, ftnb biefelben meificnä
jart, li(i)t unb burc^ ^äuflg angemanbte
SBergolbung abgetönt. 2)ie allgemeine !Rid^»
tung ber Qdt mit il)rem fanften ©efü^lä«
auäörucf unb i^rem Spirttualiernuä micgt
in biefcn ÜBerfen jmar cor, inbeffen treten
bodf) innerplb biefer ©runbjüge feit 1350
befonbere [Richtungen, felbfiänbig auägc»
prägte Scbulen t)erüor. 3)er einjelne
unterorbnet fic^ jmar vooi)l no^ ein 3a^r«
i^unbert lang oöHig ben gleicben *Prinji»
pien, mel($e feine ©enoffen befolgen; fein
Schaffen ge^t auf in bem feiner ©enoffcn
unb tjebt ficf) böcbfiene burdf) ben p^eren
obcrgeringerenSrabtedfjnifd^erOluäfü^rung,
nic^t aber bem Sbaratter nac^, oon bct
ÜJlenge ah. Soor allem maren e« bie btei
Stäbte Äöln, ^rag unb SJtürnberg, meldte
ju ßentralpunften für IRalerfc^ulen bct
gotifcften 32it mürben.
Sefonberä fanb in Äöln bie ibeale
©rliebung ber mittelaltcrlid^en Äird^e
i^ren pottfommcnen 9tuäbrucf.
SAulcoonÄöln. S)ic fd^riftli^en
Jiadbricfjten über bie cinjclnen Äünjllet,
benen bie ÜBerfc biefer S^ule angel)ören,
ftnb äu^erfi bürftig. üJlan Jnüpft an bie
bebeutenbjien ©emälbc bie 9'iamen jmeier
iWeijlcr, cntfprec^enb bcn beibcn ^aupt«
epoc^en, mie fte im Sßerlauf in ber Kölner*
fdöule beobad)tet werben fönnen. 2>ei
erjie oon biefen ifi ber aJlcijicr fflil^elm
»on $erlc, oon bem bic glcie^jcitige ßim*
ÜJlalerei.
431
burger (ilnonit (1360) berichtet, ia% er
bcr beflc Wahr in aüen beutfc^en ßanben
gewefen fei unb ba§ er jeglidien SWenfd^en
öon aQer ®e|latt gematt i)abi , aU f)ättc
er gelebt. Sei i^m I)crrfcf)t reine Äinber-
unfcfeutb, 3«ftf'f*t '^^^ (Smpfinbung unb
^olbfcligfeit beö *Jluöbrucfö in anmutigen
fd)Ianfcn Oefialten unb einem buftigen
©cftmelj beö Äolorit^ öor. iBon bcn
j^auptttjcrfcn ifi ju nennen: ber Älaraaltat
im S)om ju Äöln. 58on bem bebeutcnbcn
©influf, tt>elcf)en biefer 3[JJeifter auf bic
Äunft feiner 3fit ausübte, giebt eine nam^
|aftc ^rnja^t 33itber feiner ®d)üler S^üo,-
n\i. Sinem unter benfelben war cö be»
fc^ieben, beit t)orjügIicf)en öeifiungen fcineü
aJteifierö noc^ 33or,uigIic^ereä an bie Seite
ju jteQen. 2)ieö ifi ber DO^eifler beö ht'
tüfimten .^"ölner 2)ombiIbed: ®tepf)an
So^ner. ©einen S^iamen f)at unä 2)ürer
in feinem SReife£)anbbud) aufbcma^rt. @r
tritt üorerft in bic ^"P'ipff" feinet
3Kei)ier«, iji erfüllt t)on berfelben Jiefe
ber Qlnbact)t unb Unfc^ulb, bringt fie in
benfelben cbeln ©eftalten jur (Srfc^einung,
t)erlei{)t i^nen aber burc^ fräftigcrc ÜJlo;
betlierung, intcnfipere gärbung unb 5tn«
»enbung fc^murfcottcr ^eittr^'^t einen
t)öberen ®rab üon 2Birflic^feit. ©eine
SRicf)tung fü^rt bic flreng firc^Iid^ ibcatc
Äunft beö S!}^ittelaltcrä bereit« an bcn
äu§erften ©rcnjpunft, über bcn ^inauö fic
feinet ©ntwicflung mc^r fä^ig ifi, otinc
i^ren unbcugfamcn ^Prinjipien üöüig un^
treu gu »erben.
®anj im ©egenfa^ ju bcr fölnif^en
©c^ule entfaltet bie beutfcfie SÖJalerei eine
anbere Slüte in ber ® cb u I e j u $ r a g
unter bcr SRegierung Äaifer Äarl« IV.
(1346-78). ilaifcr j^arl fübrte, feiner
SBeltfictlung gcmä§ , t>erf(^iebenartigc
(Slcmcnte in bie 2)Jalerci feinet $ofe« ein,
ttotion bic fflteifternamcn 3:t)oma« »on
SWobena unb Stifolauö SBurmfer »on
Strasburg B^ufl"*^ geben; aud^ fc^eint
bpjantinifd)cr ®inf[u| mitgctt)ir!t ju
^aben. 5illein tro^bem beira^rt bic
böf)mifd)c @d)ule bcn einbcitlic^en loEalcn
ßbarafter, aU beffen Vertreter man 9!Jlei|tcr
Äunjc nennt. S)ie bebeutenbfie 5lnja^I
oon ben SBerfcn biefer ^ünfiler fte^t
man in bem oon Äarl erbauten Sc^Io^
Äarlftein, an »cid) alte 2Banbmalerei
f\<i) bicjenigcn ber .Kapeae beö ^ei-
ligen 2öenjeälauö im 5!)ome ju $rag an*
f(i)tie^en. 2n ifjren aügemcincn Cer^ält«
tiifTen laffen bie ffierfe biefer ®cE)uIc tai
©c^Iic^te unb bie einfa^c 2öürbe bc«
gotifc^en ©tilcä erfennen. ©er norwie«
genbe (S{)araftcr ijt ber einer überaus
gro§en 2[ßeid)t)cit, ber in bcr ^o'^mg^^^nS
fafi jum SBcrfd^wommencn binneigt. S)ie
$5arbe ift aufcrorbcntlitf) fein öcrtrieben,
bie formen aber jtnb jumeift breit unb
ptump, bic 9?afen überaus bicf unb runb*
lief), bic Sippen ooQ, bie Qtugen gro§ unb
üon weit mc^r offenem aU fjeitercm (Sinbrucf,
babci bie Gattung ber (Scfialt meiji unbc«
^itfiicf) unb bcfonber« burc^ bie |oben
(Schultern unb bcn furjcn ^aU ängjüic^
gebrüdt. ^tQcin tro^ aHcbem lag iiin
mef)r aU in Äöln ber 5lnfa^ ju großer
monumentaler ilunft. ®ef(i)affcn unb gc*
^obcn burc^ bie ®un|i ^aiU IV. erhielt
biefe Schule tai ®epräge ber anbern 93or=
mad^t beö beutft^cn üJiittelaltcrö, beä alten
Äaifcrtumö.
3tt)if^cn biefen beiben ^olcn beutfc^et
.^unjientmicfelung im iffieften unb Dften
liegt bie 3ftei(^öjiabt ?l ü r n b c r g. 2Bie
in Äöln unb *prag ftnb avä) l)icr bie Sic*
mente ber erften SntujicEelung bem l)cimat5
licf)en ©oben entwac^fcn. 2)o^ fülirtc bcr
lebhafte Serfcfir bcr aufblübenben bau*
lufligen ^anbelöPabt nottt)enbig ju man*
nigfad)en 33erüt)rungöpunften mit bcr
^rcmbe, unb^fomeit ft^ ber ©efamtc^arafter
ber erpcn bortigen ©(^ulc aufilcHcn lä^t,
liegen bcren SigcntümlichEciten jh)if(^en
bem SBcfen bcr 5lölner unb ißrager Schule
mitteninnc 3)ie SDtalerei fteljt \)m unter
entfchtcbcnem (äinf[u§ ber mächtigen
®fulpturtt)ätigfeit unb fu^t burd^ jtrenge
3cicf)nung, cntfc^icbene Formgebung unb
üJlobetlierung mit ber ®cf)mejicrEunfi ju
Wetteifern , ttȊl)renb jugleic^ ein fraftige^
Äolorit bic eigentliche malerifc^c SBirfung
fcfthält. 2)ie ®ePalten jcigen «cic^c aber
gcbrungcne ^Jormen, bic Äöpfe finblicf)en
^uäbrucf bei meit geöffneten, meift braunen
5lugen. ©ine bebeutcnbc Qlnjaijl i>\txl)iX'
gehöriger Silber fict)t man in bcn ^aupt*
firc^hcn SJ^ürnbcrgä ®t. Scbalb unb @t.
öaurenj. £)ie fpatern iZBcrfe macf)en jtc^
burd) ein etma^ gcbrungcne« Scrhältni«
ber i^oxmtn bemerft ; tnie am Suc^crfchen
^oc^altar in bcr 5tnucnfir(^e.
SBcnigcr no(^ alö in Äöln ober *Prag
laffen fxi) ^kx einjclne ^ünjiler beim
fRamen nennen. — I)cr Sutmicflungögang,
bcr fid) an bie Jlürnbcrgcr @(^ule anfc^licBt,
entfpri(^t ganj ben ®efchicfen be« bcutfcfecn
ißolfe«. I)ie ®d)ulen »on ?Jrag unb Äötn
ücrtratcn bic böcfjfie 5tu«bilbung, beren
bie mittclaltcrli(^c ibcalifiif^c fftid^tung
fä^ig War. ^t^t »cränberte ftc^ ber ©c^wer*
28*
432
SDlalerei.
punft im ßeben bct Diiation. 5Die Äaifcr«
maä)t »etflüi^tigte flc^, unb bie .f>errfci)aft
ber Äird^e tt>urbe unteitüüljit. S)afür er«
^ob ftcö baä SBürgertum me^r unb me^t
ju [elbfiänbtgcr Sebeutung, unb ta tak'
fclbe fein Slugcnmerf itbifc^cn iJingcn
juwanbte, mu§te jebe »eitere SBerootlfomm=
nung bei SDtalcrei nothjenbig jur genaueren
^Beobachtung ber Üfiaturgegenfiänbe unb
jum llbertüicgen ber realifiifc^en 33e^anb*
lung führen. Die erjien Äeimc baüon
fanben rtjir bereite in ber Äölner <S(^uIe in
ßod^ner, allein fie erlag bem mäd)tig cin-
bred&enben realifiifc^cn 3u9 ^^^ S^i^- 3)ic
*Pragcr @(^ule aber ging in ben ©türmen
ber ^uffttifc^cn SIßirren gänstic^ unter, ©in
onbereö ©^icCfal ^atte SRürnberg. (So
geprtc ju jenen SRcicftöjlabtcn , jenen ge^
orbneten, ruf)igen unb reicf)en ©cmeinbe*
hjefen, «eld^e jur 3cit be^ 3nt«ti^f3"uiTi^/
jur 3^^*, alö ber 5tbel in Unwiffen^eit
unb iRof)cit üerfallcn mar, auä melcfcer ftc^
ber Sßaucrnfianb nie erhoben ^atte, innere
groge Unabt)ängigfeit erlangt Ratten. ®«
mar bie gro§e ^anbclöoerbinbung ber
.^anfa, mel^c oon nun an bie gebietcnbc
Sßcltftellung im Jiorben (Suropaö einju=
nehmen begann. 3()re ^auptftabt lag in
ben SJiieberlanben, unb mie oon Srüggc
au^ ber SWarft in @üb unb 3?orb be^errf^t
mürbe, fo fotite aud) »on 93rügge ani ber
neue ®eift in ber iUJalerei auöge^en. SBir
merben besfjalb ^Jürnbcrg unb ben beutfc^en
ißoben für einige 3^it üerlaffen muffen,
um ju fe^cn, wie neue^ ßeben auö neuer
Q-ueüe JU fprubeln begann.
b) 3eit ber SRenaiffancc. 1.5tlt =
flanbrifcf)c ©ct)ule. 3)aö ^anbclä«
mäßige ^^lanbern fotite bie ©cburtöftätte
ber mobernen iDJalerei beö Dtorbenä merben.
S)aö reid)e, glänjenbc, üielbemegtc öebcn,
mie e^ in ben fianbrifd^en ©tobten bamalä
feinen ©ipfetpunft erreid)t ^attc, mupte
mdd)tig auf bie Gntmicflung ber SWalerei
tinmirten, nac^bem hai Sluge beö Äünfilcrö
einmal für bie if)n umgebenbe 9Birfli^fcit
mit Semu^tfein geöffnet mar. Die un«
cnbtic^e SUtannigfättigfeit ber ^ier jufam«
menfirömenben 3Wenf^en, in ^^ijftognomie,
®cberbe, Zxaä)t unb ©itten forberte bie
Beobachtung fierau^ unb f(i)ärfte iai 5tuge.
3)aö 5tbgefd)Ioffene cinjciner ibeater ©e»
Palten ober ftjmmetrifc^ georbneter ©ruppcn
mirb öertaffen, ber jiarre ®Ianj bcö gol«
benen ^intergrunbcö ^inmeggetf)an unb
bcm Slicf bie 3WögIicf)Eeit eröffnet, in bie
"Jicfe unb SBeite einjubringcn. S)ie ganje
SDBelt ber ®rf(^einungen ^immel unb Svbe,
SJlä^c unb ^txnt, anmutüoQc Sergjügc
unb grünenbe SOtatten, bie 39e{)agIic^Eeit
unb ber ©dimuct menf^ti(^cr iffio^nungen,
atlcö baä mirb in ben SBerfen ber i^oIge=
jeit miebergefptegelt. 5ln ber ©pi^e bicfer
neuen SRi(i)tung fieben bie ®cbrüber »an
Sr)(f: ^an unb ^ubert. ^ubert murbc
»ermutlic^ 1366 in SRaa^epcf geboren.
S)ag ©eburtöjatir feineö 33ruberö fällt
gegen 1400. Über bie ßebenöumjiänbe
ber beiben großen ÜJleifier iji menig bcfannt,
bagcgen gtänjen i^re ißerbienfie aU öe«
grünber einer ganj neuen SBeifc ber ÜJlalerei
um fo unjmeifel^after. S)em Jn^altc naä)
f(i)lic^en fte ftcJ) auf* innigjic ber ge«
banfenüoü fpmbolifc&en Äunfimeife be*
ÜJJittelalterö an, greifen aber jugleid^ mit
fü^nem Tlut in* öeben unb prägen in
adem f(ä)arf bie 3ufiänbc if)rer 3^^* unb
it)re* Sßaterlanbeö auä. 3"9^^i<^ erfinben
fte aber aud) neue SBortcile in Bereitung
unb 5lnmenbung ber i^'if^.f" ""^ erreichen
burd) SBcrmenbung beä Dleö aU Sinbe«
mittel eine bor^er nic^t gekannte Seu(f)ts
Eraft unb Siefc berfclben. S)aö bcrü|)mtefic
SBerf ber beiben Srüber ifi iai gro§c
Stltarmerf, meiere* oon i^nen für bieÄirc^e
beö f)eiligen Jofiannc* ju ®ent gemalt
unb im ^ai)Xi 1432 »oücnbet mürbe. (Sin
großer ®ebante, ber ©cbanfe ber Serfö^s
nung, ber ®runbgebanfe beö S^rijientumä,
bur4)jog ba^felbe. .fieutjutage iji bai
ffierE jum Steil jerfiört, jum 3;eil t)er=
borben. iöon ber fünjilcrif(t)en Jbätigfeit
beö ^ubert ifi au§er biefem Stiefenmerfe
menig auf unö gefommcn, bagegen finb
oon ber ^anb Jan* met)rere arbeiten er=
I)alten geblieben. *Mud) bie ©d)me|ier ber
beiben »an epcf, SWargarete, mar eine be«
beutenbc SDiJalerin. Dbfdt)on ^ijiorifd) be«
gtaubigtc ülrbeiten üon tt)r faum gefannt
ftnb, fo fann bo(^ manche* »on ttn
SWiniaturmalereien »an 6i)cff(i)en ©tile«
it)rer ^anb jugcfdirieben merben. — S)ie
con ben »an Sijd begrünbete S5arjieQungä«
meife übte einen unmiberjle^Ucfccn 6inf[u§
auf bie 3«itgenoffen auä, mie fic^ auä ben
äai)Irei(^en Silbern if)rcr ©c^üler unb
SRa^foIger ergiebt. %li bie bebeutcnbjien
merben genannt: ®ert)arb »an ber 2JJeere,
3ufiuö oon ®ent, ber ^oc^gefd^ä^te ^ugo
»an ber ®oe*, Gilbert Dumater jc.
Qllö einer ber bcbeutenbften SDlaler mirb
|)anö SD^emling gerühmt, ber bie SBeife
ber (5t)(ffc^en ©^ule in einem eigentüm*
lic^ flrcngen ©inn auffa§t. I)ie 3^9^
ber ®ert(^ter ftnb bei ibm meniger liebli^,
fonbcrn ernftcr, bie ©efialten nid^t fo
ÜJlalcrei.
433
jicrlic^ fd^Ianf, bie Bewegung ttjenigct
itcid), bie Se^anblung fcf)(irfer unb mit
genauer ^tuäbilbung beö ciujetnen. 3"
ber ©ruppeno.norbnung befolgt er ftrenge
©pmmetric unb giebt gern im i)inter*
grunbe bie ^Begebenheit »or unb nai) ber
^aupt^anblung in fleincrem ÜJia^ftabe.
©eine ßanbfcfeaftcn tragen ben G^arafter
beä Sommert an ftd). Überauä glücfüd^
ifi er in S)arf!cC(ungen, meiere ben jldrEtien
®Ianj beä 8id)tcä; Doraußfe^en. S)ic cor«
jügli^fie Qluörca^I üon feinen Oemälben
finbet man im ©pital be« ^eiligen 3o=
^anneä in 33rügge, worunter namentUi^
ber berül)mte Urfulafaficn, bie SJarficttung
einer ber anmutigften JPseiligenlegenben,
Iierüorjubeben ift. ©er eigentümlict)en
S)arfteüungän5eife 5!J?cmlingä oermanbt finb
bie®emälbe bes ©ierid Soutö üon |)arlem.
3u ben fpäteften iRac^foIgern ber Spcffcfeen
®4ule gc£)ören ferner (Rogicr »an ber
Sffiepben unb *Unton (Jlaeffenö. SRogicr, ber
berüt)mtef:en unb bebeutenbften 3?acf)foIgcr
ber Dan (Spcf einer würbe in lournat) ge«
boren, ©eit 1436 rcirb er alä SD^Jaler ber
©tobt 5?riiffel genannt, in bereu 5tuftrag
er üier Silber für ben iRat^ausfaal malt.
3n reoli|lifc^er Sreue unb ©enauigfcit ber
©d)ilberung gebt er nocft über 2<in Dan
(5p(f I)inauö. ©eine ®eftalten fmb meijl
i)axt unb edig unb mager, bie .Köpfe aber
Dotl pf)^ftognomifd^er Äraft unb Siefe.
(Sineö feiner bebeutenbflen Silber ift ber
irrigermeife fogenannte SReifealtar Äailö V.,
ferner fein jüngfteä ®eri(^t im .^oipital
5U 93eaune. S^^ ©c^luffe mag noc^ eine^
eigentümlichen nieberlänbifdien Äünfilerö
gebadet fein, ber ftd) ganj unabljangig
»on feinen 3fitgs"offen gebilbct t)at, be«
^ieront)muä *So\ä^. ©eine Darfletlungen
fmb au^ einer l)öi)^ abenteuerli<$en Qiban^
taftc ^etDorgegangen, ma^re Iraumgebilbe,
bie er jebod) in einer merfn?ürbigen g^iiben^
glut ju gcjlalten rtiufte. Dtamentlid) mar
\\)m bie ^öUc ein beliebter Sormurf, morin
bie armen ©eelen aufe unerbörtefte ge=
peinigt merben, waljre Äüd^enfiüde ber
^ölle.
2. S)eutfcf)e ©cf)ulcn. 93eüor trir
ber mit ßnbc beö 15. 3abr[)unbert^ in
ben SJ^ieberlanben fid) baf)nbrecbenben
neuen SHicfctung unfere Qiufmerffamfeit ju«
menben, fei uorerft ber Sntmicflung ber
SKalerei in beutfd^en ßanben gebaut,
©elbl^üerftänblid^ mu§te bie bebeutfame
Sllätigfeit ber flanbrifd)en ©cf)ule mannigs
fa^ aucf) über bie ®renjen ber ^eimat
^inausreirfen unb jur Sfiad) folge reijen.
So rourbe f(i)on betont, baf bie ältere
Äölncr ©(^ule, tro^bem SWei^er
@tepl)an Sodbner fcf)on leife *Hnflänge für
bie neue iRi(f)tung angefc^lagen ^atte,
»or bem glänjenbcn SRealiämuä fpurloä
jufammenfanf. 2)aö jeigt ftc^ namentlich
in bem SUJeiftcr ber ßtjoenäbergif^en
fpafjton, melcfie« Silb in ber iUuefü^rung
ganj an bie Sßeife Slogiere oan ber 2ßet)ben
anlehnt. 2)ie ©inmirfung beö 5Dleifierg
ber öpDenöbergifc^en ^IJaffton auf feine
Umgebung mar fc^r bebeutenb. Üntet
feine iRad)folger gehören S3art^olomäug
be 53rt)n unb ^an Soeft. 3" %Uii)tx
3eit aber crl)ält ftdf) in SBeftfalen bie
erhabene ^oi)ät ber alteren Äölner ©c^ule,
meiere im SOieifter pon ßiöborn einen
legten iBertreter finbet, ber ein Seifpiel
einer feltenen 33erfd)meläung jeneö feicr«
licfcen ©tileö mit ber realen (5.t)arafteri|tif
unb lebenöooüen 5tu«bilbung, im ^oi)altat
be«S Äloilerö Siäborn ^interlajjen ^at.
Sebeutenber unb felbftänbiger nehmen
bie ©d^ulen üon Ober* unb ÜJJittelbeutfd^«
lanb bie flanbrifcf)en ©inflüffc auf. D^ne
ben ibealen ©inn ber frül)eren Qiit BöHig
preiäjugeben, t)ulbigen fie ber neuen SRit^»
tung in mancf)en ^fünften unb crjielen
biöweilen eine glü<Jli(i)e 93erfcf)meljung
ber beiben ®runbelcmcnte , fo in bem
2lltarmer! ber Äirc^e ju Jiefenbronn Don
öucaä 2)Jofer, auf beffen 9ta{)men man
ben ©toBfeufjer beö aJJalerS liefi: „©c^retj
Äunft, fcf)re^ unb flag biet) fe^r, bein be*
gef)rt je|t yjiemanb me^r" , DieHei^t ein
3eugniä bafür, ta^ bie 2BeU anfing, ftd^
Don ben Sertretern ber älteren ©c^ule ab«
jumenben. 3^ gleicher 3^*^ lebte in
9törblingen ein ÜJJeifier griebrii^ ■Berlin,
Don bem im Sürgerbu^e Don 1467 auö*
brüdlic^ beri(f)tet mirb, ta^ er mit nieber*
Iänbif($er Qirbeit umjugeben miffe. Silber
Don ibm fielet man in ber 3tifob^fird^e ju
SRotbenburg, ben ftäbtifc^en ©ammlungen
ju iJJörblingen unb bem *JJationaI«iDJufeum
ju Tlünä)tn.
Siel bebeutenber a\i bicfc Betben
SWeifter ifl ber Segrünber ber elf äff er
© c^ u l c : iKartin ©c^ongauer (aud) ©d)ön,
ober Sei ÜJkrtino genannt) Don (iolmar.
©eine 'Jlusbilbung erhielt er Don SRogier
Dan ber Sßepben. 2)ie Qluffaffung be«
Cebenö ijl bei ibm biefelbe, mie bei ben
3^icbcrlänbern; in ber Sel)anblungö»eife
jlimrat er jeboct) nic^t burc^au^ mit ibncn
überein. ©eine %^xbt ift im allgemeinen
nic^t Don fräftigem 2onc, fein 5<i^tf"'
fturf ttjürbig gejei^net, feine Äarnation
434
ÜJJalerei.
mcifi fe^r voää). ^Dic ©cj^alten jeigen eine
lufjige 2Bürbe, in bcn Jlöpfen berfelben
ip ber Qlntlang einer »oHenbetcn, gereiften
Sc^ön^eit ju finben, wie er fafi nirgenbö
in ber älteren Äunft Wahrgenommen wirb.
3)ie n)icf)tigfien (Semälbe Sctjongauerö ^a?
ben ftc^ in Solmar felbji erf)alten, unter
tueldjen bie SWabonna am iRofen^ag in
ber bortigen SD^artinäfircfie »olil eincä ber
bebeutenberen ifi. ®et)r Jrefflicfceö leiftetc
©c^ongauer im ^upferftid), »o er teilö
no<i) in jiemlic^ naf)em 2lnf(^Iu§ an bie
flanbrif^e ^unfi, teilä fdjon ju einem
eigenen ©til fortgefd&ritten erf^eint, beffen
äufere ÜJJerfmale neben ber feinen fmni«
gen @cE)önbeit ber Äöpfe eine getüiffe Um
ru^e ber fnitterig bet)anbelten ®en.->anbung,
eine fd)arfe ecfige unb magere 3fi<i)nung
unb eine 23eimifct)ung oberbeutfc^er %xa<i)'
ten ftnb. 3n anbern ©ticken tritt hai
Plantajlifc^e (SIement ^eroor, tnie 5. 93.
in einer iBerfu(^ung bee t)eiligen SIntoniuS,
tüo ber ^eilige »on ttjunberlicfecn 2)ämos
ncn in bie S3üfte emporgefü{;rt mirb. ©ein
(Portrat f)at unä fein ©^üler: $an§
Sarg^mair ^interlaffen.
3n einer gewiffen SDcrroanbifd^aft ju
üJlartin ©c&ön |!eljt fein etftaä jüngerer
3eitgenoffc |)an« |)Olbein ber Ültere, ber
um t46ü in 5tugöburg geboren warb,
ftc^ biö 1499 bort auffielt unb bann
t>orü['erget)enb in Ulm unb ^^ranfreid^
lebte unb 1524 in Qlugäburg ftarb. ^oU
bcin tritt in bie 5u§jiapfen ©cf)ongauerö
ein. ©eine ißilbcr üerraten jwar etwaö
^anbrcerfömii^iges unD jeigen fc^arfc,
ecfige ^^ormcn, boc^ gewabrt man in it)nen
baS Düngen eine« lebenbigen ftäftigen
®cifte^, in einzelnen üornef)mIi(i) tt)eib=
It(i)en Äöpfen eine erfreuliche Qlnmut unb
überrafd)enbe 3<^i^t^fit- S)aö 93öfe fteüt
er nid)t in eigentlid) t)iiflid)er (Sefialt bar,
fonbern nur in bief)armonifcf)en, pf)an=:
tafiifd)en formen. 23on iljm ftnb jat)!^
reiche 2öer!c in ber ©alerie ju 2lugöburg
unb ber *pinafot{)fE ju SWünc^en üort)an=
ben. ^olbein mar feiner ßebtag arm gc*
blieben unb ^atte gegen fein Öeben«enbe
oft mit ber bitterfien ülot ju kämpfen.
hieben ^anö ^olbcin bem älteren war
fein ©ruber ©igmunb ebenfaCIö ein bebeuten«
ber Äünpier. — 3n ä^nli(i)er SRic^tung wie
|)olbein bewegt frc^ anfangt ^ani 93urgf=
mair, 1472 ju 51ugöburg geboren.
2n gcwiffen ©d)ärfen ber 3eicf)nung,
Wie auct) in einjelnen ^^antajlcreien folgt
er bem 3uge ber 3eit. S)urc^ feinen
91ufentt)alt in Stauen brad)te er bie 5tuf^
faffung ber iRenaiffance nac^ ber Heimat.
Unter bcn im ganjen nic^t fonberlidjen,
aber jaftlreicfcen Silbern befinben ftd)
einige, bie ftc^ burc^ Äraft ber ß^araf*
terifiif, lebenbige ©ct)ilberung unb warme
l^armonif<$c Färbung auäjeic^nen. 3«
ber ®alerie in Qlug^burg ijl ber Jtünfiler
am rei^jlen »ertreten, ©eine f>auptwerfe
ftnb: (S^tiiluö unb bie ÜRabonna, Don ben
.^leiligen nere^rt , bie ®ei§elung S^rijli,
3o^anneö auf $atmo^ :c. Sefonberö i>ai
erfiere iji mit einer gewiffen ÄecE^eit l)in-
geworfen.
5lbweic^enb »on biefer 5Rid)tung ber
beutfc^en Äunfi I)atte ftc^ im Seginn beö
16. Sa^'^f'un^^tö in Ulm eine Tlaltf
f(f)ule gebilbet, in weld^er bai p^an*
ta^ifdje SIement, Daö ft^ fcf)on in ben
früheren ©ntwicflungöperioben ber nor»
bif^en ^unfi geltenb machte, eorne^mlid)
aber bei ben ÜRalern ber fpäteren 3c^t, wie
ÜRartin ©d)ön unb bem älteren .^olbein
ftd) jeigt, minber ^arafteriftifd^ ^croor?
tritt. @ine eigentümliche eble SCRilbe bil«
bet ben (Srunbjug t^rerÄunji. ®iner ber
bebeutenbflen Äünfller ber Ulmer ober
fcf)Wäbifcf)en ©d)ule iji 93art{)oIomäud
3eitblom oon Ulm, ber gegen 1450 ge*
boren warb, ©eine 2Berfe jeigen ein be*
wufteö unb im einjelnen burc^ glücfs
lid^en ©rfolg gefrönteä ©treben nac^ einer
würbigen unb bebeutfamen (Srfaffung be^
©egeupanbeä, »erbunben mit einem auf*
rid)tigen 51nf^Iie§cn an haii ißorbilb ber
SJlatur. ©eine wid^tigfien Silber befinben
ft^ in ber öffentli(^en ©ammlung ju
©tuttgart. 23on ber au^gebef)nten SBirf«
famfeit 3eitbIomö geben nerf^iebenc SBcrfe
3cugniö, bie aU 2lrbeiten feiner ©(i)utc
betrad^tet Werben muffen, fo namentlich
ber ^oc^altar in ber ehemaligen Älojter«
firc^e JU Slaubeuren. 3n bem grofartis
gen ^oc^altar ber Äird)e ju Sliefenbronn
lernen wir einen anberen wacferen Äünfi»
ler ber Ulmer @cl)ule fennen, ben |>an^
©d)ül)lcin. 5lHen ooran aber ge^t üRartin
©c^affner, ju beffen trefflic^Jlcn 2öerfen
oier jafeln mit ber $8erfünbigung, 2)ar*
jletlung im Sempel, 5lu^gie^ung beä ^ei-
ligen ®eifieö unb bem 2;obe ÜJJariaö ge*
^ören. 3lnt)ere Silber beö SDieiPerö birgt
baä SlRünfier in Ulm unb bie ©alerien ju
©tuttgart, ©igmaringen unb Serlin.
^n bie obengenannten Äün^ler rei^t
ftc^ wieberum einer ber bebeutenbjien
ÜRcifter beutfct)er 5lunft an: ^anö -fiolbein
ber 3ü"9cre, ber ©ol)n be^ obengenann-^
ten Äünpierö glei(i)en SRamenö. 3**
ÜÄalcret.
435
«Kugäburg geboren, »anbte er ft^ fd)on
in frühen Jahren m^ ber ©ct)tt)ctj, gran^
reid^ unb ßnglanb, wo er 1543 in ßon*
bon l^arb. @cf)on mit 18 3a^ren tritt
er alö tüchtiger ÜJiater auf unb get)ört 'ju
bcn Wenigen ÜJJeiftern beö SRorbenö, weldbe
cntfc^ieben (Sinflüffc italienifc£)er Äunfi in
ftct) aufgenommen unb ju »oOfommencr
@elbfiänbig!eit »erarbeitet I)aben. ^otbein
ifl üornet)mlid^ ein Porträtmaler. Seine
ja:^Ireicf)en 93itbniffe jeigen ein innigeä
unbefangene^ 5lnfcf)Iie|en tan bie DfJatur
unb eine eble SRu^e unb ©emcffen^cit.
Dbf(i)on in forgfältiger 93el;anblung aller
Sinäcl{)eiten ben Qlrbeiten ber 3eitgenoffen
jtcf) anf(i)Iic§enb, fielen ftc benfetben boc^
in einer fd)önercn ^üUe ber ^"i^nicn un^
einer fräftigcren intenfioeren gärbung weit
woran. 2)ie biftorifc^ beglaubigten 2lrbei=
ten |»oIbeinö fangen erft in 93afel an unb
Werben im bortigen ÜJJufeum aufbewahrt,
Worunter befonberö ein furd^tbar natura«
lifiifcber 6.l)rifiuö tjeroorjuljeben ifi. 3"
biefelbe ^ät fallen jwei Oemdlbc im
aJiünPer in ^reiburg, bie (Seburt 6f)rifti
unb bie ülnbetung ber Könige, ferner eine
9fteil)e ooräüglic^er ^orträt^. Wie ta^ beö
SBürgcrmeificrö SlJieier unb feiner %xaü.
Sßor altem wicf)tig ftnb ad)t Silber ber
«Paffton, uon 1520—25 entftanben, pc^P
bramatif(^ , fübn unb gewaltig in ber
Äompofttion, aber geläutert burcb bie (Sin^
flüffe SRaffaelö. ©twa um 1524 i(l bie
terüfimtc 9)Jabonna beä ©ürgevmeifierö
ÜJJeier entftanben, feine t)inrei§enbe Sc^ön*
^eit, fonbern bie tief empfunbene <Sci)ilbe=
rung ed)t beutfd^en iJamilicnlebenä. Sticht
minber fiimmungßüoll ijl bie SDtabonna
ton ®olott)urn.
SBie ^olbein monumentale Qlufgaben
bel)anbelte, erfennen wir in ben gto§en
SBaribgemälbcn im Saal beö 93afcler ^aU
l)aufeä. ©eit feiner Übcrftebelung nac^
englanb wibmete er fic^ beinalie ganj ber
«Porträtmalerei. Qtud^ aU ÜJIiniaturmaler
leistete ^olbein Sluögeäeic^nete^. 3" 96=
nialfier iißeifc befunbct bieö fein Soten«
tan;, in welchem er bem pl)anta|tif(i)en
©eijie ber 3«it ^^n fc^ulbigen Iribut
jal)lt. Sffiie er aber |)ier im fleinen als
wabrer Äünfiler wirft, fo wirft er ni(i)t
Weniger im großen. «Seine Entwürfe ju
ben ^affabemalereien bezeugen, mit weld)
genialer greibeit er bie SiJ^alerei in monu«
mentaler SBeife ju »erwenben wufte.
5llä bireftc 9^ac^at)mer ^olbeinö gel«
ten (Jbrijtof «Umbcrger, üon bem ein paar
gute «Porträte erl)alten ftnb, Ur^ ®raf
unb «Jiicolau^ iDlanuel t)on Sern, genannt
SDeutfd^, ber al^ geiftrei^er «Un^änger ber
SReformation bie ilJli^bräu^e ber tat^c
lifd^en Äirc^e burct) feine Äunft ju »er«
fpotten wu^tc, namentlich burcf) bie an
bie Äird^l)ofmauer beä ©ominifanerflofier^
in Sern in i^arbe auögefüt)rten Soten«
tänje.
^ränftfd^e S(ftul e. Unabt)ängiger
»on ben befonberen ®igentümtid)feiten ber
nieberlänbifc[)en SUlalerei unb nur im aus
gemeinen auf »erwanbter (5ntwicEelungö=
ftufe fie^enb, erfc^einen bie Äünpler »on
«IfJürnberg. 2Bir ^oben fc^on anfangt ge«
fcl)en, wie bort, geftü^t auf ein fräftigc^
Sürgertum bie ncueinbred)enben ^iitn
freubig aufgenommen würben, ja ^ürn*
berg foHte für Deutfc^lanb fogar ba8
werben , wa^ Stüggc für bie «Jiiebei*
lanbe war. Sine au§erorbentIi(^ rege
2;i)ätigfeit f)atte ftc^ in «Nürnberg im 15.
3abrl)unbert in ber «piafiif cntwicEelt, unb
btefer plaftifc^c ®eifi blieb nict)t o^ne
öinflu§ auf bie 9!Jialerei. Sine auffallcnb
fd)arfe 5o'^'^^fJ^6^'^"""S ^^^ energif(f)e
«öfobeUierung ftnb neben einem inö (Sin*
fettige unb $ä|li(^e ge^enben Streben
nad) (£l)araftcrifiif bie «Bfierfmale ber Dtürns
berger Schule. 3" feinem SDfeifter prägen
fid) biefelben fo fcbroff unb unerfreulicf)
au^, wie in «ki^ael 2öol)lgemut^ (1434
biä 1519). ©eine mciften Söerfe »erraten
einen jiemlid) f)anbwerfömä§igen «üteijier,
ber toornebmlid) in SJarjieHung bewegtet
^anblungen in ^ärte unb Unnatur »er*
faßt, in beffen Silbern aber jugleic^, Wenit
fic rutjigere ÜRomente entwidcln, mannig*
fa(^e Einbeulungen jene^ ©efül^leö für
«Unmut ber goiti" unb S^^i^tfjcit beö 5luö*
brucfö entt)alten ftnb. Sein ^lauptwcrf
ift ber Qlltar in ber «Dtarienfirc^e ju
3wicfau, wo bie realiftifc^e SRid)tung faft
überwiegenb im «Riebrigen unb ^'a^l\d)tn
ftc^ ergel)t, tai (Sanje aber trotibem »on
großartiger «IBirfung i|l. 3" ben befferen
«ffierten inbeä erfreut ber «Dhiftcr oft bur^
eine faft ibeale Sd)önbeit ber .^öpfe. Se*
beutenbeö ^at «löoblgemutb, befonber^ in
«Berbinbung mit feinem Stieffol)n «piep*
benwurff, im .^oljfi^nitt geleitet.
«iluä biefer Sd^ule inbeffen fotlte ein
9Keijier ber»orgcben, ber alle anbern in bcn
S(^atten jieüte unb ber, ):t>ai angeborene
fünjilerif^e Segabung betrifft , ben Scr*
gleich felbfi mit 9fiaffael unb «DJid)elangelo
ni^t ju fc^euen braucht. (So ift «Jllbred^t
2)ürer. ElHerbingä iji ein großer Unter*
fc^ieb jwif^en ben ©ipfelpunften beutfc^er
436
»Dialerei.
unb italicnifd)er Äuitfi. 3^ Stalten mu
faltete [\ä) eine reidfje Slüte ^öd)fier,
poüfornmener Äunfileifiungen. I>te alte
3eit ber |)eüenen niarb tnicbergcboren.
2)aju trufl bic [üblid)e 9iatur, nieli^e mit
ber Q'ütle ber Sßcgctation hai 'ü\x%c er*
gö^tc unb lux 9tad)at)mung reifte, nid)t
wenig bei. Slber auc^ t>ai öffentliche
Scben 3talienö voax ein anbetet aU baö
beö 3?otbenö. 3n ber Äunft erblicften
bic SD^^fagiflrate unb gütften beä ©übcnö
ben {)öc^fien ©cfcmucf bes ßebenö , bie
Äunji fonnte gro§ »erben an umfaffcn;
ben monumentalen 5lufgaben. Utiä)t fo
im D'Jorbcn. 2)er IReict)tum ber norbifcften
j^anbeläfiäbte l)atte ju einem barbarifd)cn
«Pomp gefüljrt, ber in ber bunten über*
labenen ÜJ?obetracf)t mit ben baufd^igen
Stoffen, üon @ammet, ©eibe, Srofat
unb 5ltlaö einen unerfreuli(^en ilusbrucf
fanb. SDie großartige ^luffaffung ber
Äunfi aber ging ben beutfct)cn 9D]acl)tt)abern
»oKenb« ab. *ilber aud) bie SJiatur bot
ni^t jene Sorjüge, nidbt jeneä ßeben.
Sie f(^lummerte bic ^älftc be§ S^^i^f^
unter ©d)nec unb (5iö, all ibrce @d)mucfeö
beraubt. ®a^ reijtc ia^ (Semüt ju eigc«
ner Sptigfeit , c^ cntjlanben jene ja^l=
lofcn solareren be^ Sfiorben«, jeneö tief'
ftnnige ©picl ber *lßt)antafic , mel^eö
fc^liellid^ inö ÜJJaf ^ unb S^^'^ofe l^inauö»
f(f)tt)eifte unb i)a(i SRcid) ber ©(^on^eit
gcfätjrbete. S)iefcr $ang jum *13l)antajiiä
fd)cn xvax ben norbifd)en 23ölEern jn^ar
»on je^er eigen, allein er trat befonberö
jc^t ju Sage, al^ bie große reformatorifc^e
'-8ch)egung 2utt)crä bem ®ebanfcn eine ein=
fettige SSeted^tigung einräumte. — 5luö aü
biefen (Srünben fam eä, ia^ tk norbifd)e
SDtalerci jtc^ nie ju jener fonnigen ^ö^e
ber italienifd)en ^unjt ju ergeben oer*
mo(i)te unb ciclfac^ in ^anbwerfämafeige
SScrfnöc^crung »erfanf unb in biefer ®eftalt
felbji bem großen SUfeifter 5llbrec^t S)ürer
beinal)c unüberfteiglic^e ^inbcrniffe in ben
SBcg legte 5lüein bei atlebem ^at bie
norbifc^c SOialerei bod) i^re SBorjügc. Sa«
iji junä(f)fi bie S^nigfeit unb ffiörme ber
©mpfinbung, bie einfache 2Bat)rl)aftigfeit
unb S^aiüität, terbunben mit einer grunb«
cbrli(f)cn Sreuljerjigteit unb ®ebiegenl)eit,
(5igenfd)aftcn, bie inegefamt jwar ben
SWangel an Sd^önljeit nid^t erfe^cn fön^
ncn, aber »ermöge i^rer fiarfen ftttlici^en
lüdbtigfeit für mand)c0 cntfc^dbigcn.
*.nibred^t Dürer mürbe im Ja^rc 1471
in S'Jürnberg geboren, ©ein Söater ttjar
@olbfd)mieb. SDaä ^anbwcrf ber SWalctei
lernte er bei iDlic^ael SZßo£)lgemut^. 1490
begafe er fic^ auf bie 2Banbcrfd)aft,
t)on ber er 1494 jurücffe^rtc unb ft^ in
feiner Sßaterftabt ^iürnbcrg a\i SDicificr
nicberlie§. 1505 machte er eine SRcifc
nad) Stalten, »on tt)eld)cr er aber f(^on in
folgenben Sa^rc in fein gcliebteä SRürn»
bcrg jurüdfe^rte. 1520 befuc^te er bic
SJieberlanbe unb jiarb 1528 in feinet
Saterfiabt. ©eine 5lrbeitäfraft »ar un*
geheuer. 9'?id)t nur brachte er ben -^olj«
fd)nitt unb ben Äupferfiid) ju fünftleri*
f^er SSoKenbung, fonbern führte bancben
aud) nod) ©d)ni^n»erfc im 33ud^^baum^olj
unb ©pecEftein au«, 'üui feinen legten
5a{)ren finb außerbem mehrere tt)in'en*
fd)aftlic^e 5lrbeiten , 5lntt)eifung übet
©eometrie, ©efeftigungöfunfi unb bic
ißerl)ältniffe beö menfc^iid)en Äörperö er«
l)alten. — Unb aüt biefe crfiaunlid^c
§ru(^tbarfeit entfaltete ftd) unter bem
^rucf ungünfiiger Sebenöoerbdltniffe. SBon
feiner il)m fo lieben ißaterftabt mußte et
ftd) aU cinjige @nabe erbitten, ilim eilt
fleineö mit mcrtlidier Ttixl)i erworbene^
Kapital ju geringem 3'"^fu* h^ rer.^infen
unb Äaifer ^aj imilian, ber bem trefflichen
SDieiper geneigt, aber mcber ein SuUuö H.
nod) ein ßeo X. mar, mußte ibn ju nid^tg
(Größerem ju »ermenben, alä jur 2lug»
fc^müdung eineä 2)egenfnopfeä, eine« ®c«
betbuc^eö unb jum (Sntwerfen beä
„Sriump^magcnö" unb ber „©ttrenpforte",
einer jiemlii^ nüd)tcrnen 33erl)errlic^ung
beö IDionarc^en, bie üDürer freilid^) mit bem
gaujen SReij feiner $l)antafte au^|iattetc.
3n feinen ©emölben ftrebt S>ürer nad^
|^öd)fier Soüenbung unb fud^t burd^
©tubium ber flanbrifd)en 2J?eifier über
haii .^»anbmerfämäßige, ju meldjem bic
ÜRalerci in 2)eutf(^lanb, befonberö in ber
SZBo^lgemut^fd^en 2ßerEjtätte ausgeartet
mar, möglid)ft ^err ju werben, iöilbet
ton if)m ftnb in großer SDJenge üort)an*
ben, fo in ber <Pinatotl)ef in SDJünd^en
ber fog. *]3aumgärtnerfd}e 5lltar mit ber
(äeburt Script, im ÜJtufeum ju 2)armjlabt
ein ^erluleS, in ben Ufficien in 5^'"^^"ä
bie 5lnbetung ber Äönigc, im Älojlet
©trabof JU iprag eine S)arftet(ung beS
SRofent'ranjfefteö, im SWufeum in S)reäben
taii Dielleic^t ttollenbetfte ®emälbe Dürcr^,
ein flcine« Ärujifif, in ber ©alerie *pitti
in glorenj, Slbam unb ©Da im SSelDcbcte
JU Sffiien bie mit entfc^enäDoücr SBabr^ctt
gemalte SWartcrfcene ber 10 000 ^eiligen,
in ^i^flnffuft wenigPcnß eine Äopte feinet
öerloren gegangenen Ärönung SDiariä, in
TlaUxti.
437
ber ©aleric in 2Bicn ein ©rcieinigfcitö*
gcmälbe k. 3n^«fÜn f(^ien aber S)ürcr,
tt)icer felbfi fagt, „beö fleißigen Äleiblenö"
mübc geworben ju fein. SKan pflegte eben
feine ®emälbc naä) bem SlfaPabe ber ^anb«
merfömä^igen @d)öpfungen feiner ^nt ju
beja^Ien, unb feine Älagc ifi gcwi^ gerecht,
rcenn er meint: „So t)crjel)rt0 (Siner fcf)ier
brob", unb roir bürfen unö nidbt tt>un=
bern, ttienn er bcn Sorfa^ fa^t: „wieber
feinet ©tc(I)cnö fleißiger ju warten". 2)enn
mit feinen Äupferflicben unb ^oljfcfcnitten,
mit welchen feine %xav. jur SOJeffc ^og,
oermo(i)te er mel)r ju tierbienen. @o iier-
ijffentlidite er 1511 — 15 in hujer *31ufein-
anbcrfolge bie umfangreichen iffierfe ber
großen ^affion unb hai geben 2)Jariä unb
hai Äupferftic^merf: 2)ie Heine '^^affion.
®cgen (Snte feincö Sebenö legte 2Dürer
in ben fogenannten fier Äirdjenfiü^en,
fein tiefftcö ®Iaubenöbefenntniö ah. 5Diefeö
Ic^te grofartigfte 9BerE ©ürerä fieüt
bie lebensgroßen ©eftaltcn beö 3oi)nn=
neö, ^tifttuö, SUarfuö unb ^^auluä bar.
9iuö ben tiefften ®ebanfen, wclci)e ba=
jumal ben *Dieifter bewegten, beroorge«
gangen unb mit ber überjcugcnbjten .^raft
unb ÜSoUenbung ber 2)arftellung oorge*
fü^rt , l)at bier 2)ürer ®rö§e unb ©in»
fad)l)eit be« tetileö, Siefe unb Harmonie
ber garben, iioüenbete greibeit ber ^o'^'"
errei(J)t unb felbft in ben wunbcrbar gro§s
artigen ®ewänbern alte tleinlict)e Spanier
überwunben. ©amit battc S)ürcr hai Qid
ber Äunjl errei(i)t, nad) 23oüenbung biefe«
SBerfee burfte ber üJJcifler fein ''Hugefc^Iic§en.
6r fiarb benn aud) balb barauf im ^ai}xt
1528. 3bm folgte eine jat)lretd)e 6d)ulc,
aber mit berjenigen >^ö^e, woju er in
feinem legten Ü}{eifterbtlbc bie beutfc^e
Äunfi emporgefübrt hatte, war eS fiir
lange Qtxt üorbei. ©eine ®d)ülcr »er«
mochten wobt feine iDJanicr unb feine
SBarjleüungöweife nad)jual)men, aüein ber
tiefe ®eifi beä DWeifteres, ber ®eniuö ber
Äunji war entflot)en. ©iner ber anjie^enb*
jien tec^ülcr ijt nod) $an^ iwn Äulm=
bac^, üon bem wir in ber ©ebalbuö-Äiri^e
in SRürnberg ein große« 5tltarbilb befi^en,
wa^rfd)einti(^ na^ einer 3«i<ä)nung S)ürcrä
auSgcfüt)rt.
|)einrid) QUbegreter üerbient befonberS
alä fleißiger Äupfcrfled)er *ilufmerEfamfeit,
ebenfo 5llbrec^t 5lltborfer. Sin tüditiger,
gcwanbter SDJeifier, ber [\(S) ganj leiblich
in bie Spanier i)ürerö l)incingearbeitet Ijat,
iji -^anö ®d)äuffelin. SBcnig anfprc(^enb
ifi aSart^. SBe^am. Sr jeigt eine wilbc
manirierte p[)antaftif(^e 9'iad)abmung beö
35ürcrfd)en Stile«, ©ein ©ruber , J^ang
©ebalb Se^am, wibmete ft^ fafi ou^s
fc^Ueßlicl) bem Jlupferfti^. *UU üorjüg«
lieber 9tad)at)mer 3)ürerä gilt ÜJJat^ia«
©rüncwalb. 3Öm wirb ein mächtiger
^lügelaltar im iOJufeum i^u Solmar jugc=
fd)rieben. ?lußerbem beft^t baei ÜJiufcum
t>on 93afel üon ibm eine 9luferfte|iung.
Son ben unmittelbaren ©d)ülern S)ürcr2i
ift nocfe ®eorg ißenc^ äu nennen, ber Don
sbürer weg in bie ©d)ule SRaffael« ging.
Sinen au«gejeid)netcn SRang nimmt $encj
namentlid) alö Porträtmaler unb treffe
lici^er Äupferfled)er ein. — 3" ^f" bebeu«
tenbfien beutfd)en ^ünfilern gel)ört fobann
ber aus ber fct)roäbifdien ©d)ulc i)erDor*
gegangene .^anS '-Salbung , genannt
(Srien. 3n i^m feiert ber |)Qng jur
•^^l^antaftif eine fünftlerifd)e SBerElärung,
wie wir fte bei feinem anbern ÜJJeifler
finben. — SScfonberä rcid) crblül)te wä^=
renb biefer Spod)e bie 2Ralerei in Tlüm
dben , geförbert burd) bie funjlliebenbcn
.^erjoge Pon 23at)ern. ^ier^er gehört
nanientlid) $anS SKuelicfc oon 9Jlünd)en,
bcffeii geiftreidic, lebenbige 5lrt ber 2)ar=
fietlung unb bie ungewöhnliche |)armonie
unb $rad)t ber garben an ^ani ^olbein
erinnern.
®äd)fifd)c ©c^ulc. S)er SRid)tung
beö 5llbred)t 2)ürer unb feiner ®d)ule jur
Seite fte^t bie fadjfifc^e Schule mit itjrcm
.^auptmeificr Sucas Sranad^. 25on feinen
23orgiingern in @ad)fcn ifi wenig betannt.
öucaS Sranad) ber filtere ftammt auä bem
fäd^fil^en Orte Sronad). 1504 würbe er
.^ofmaler beö Äurfürfien ^ricbric^ oon
©ac^fen unb blieb in biefer Sigenfd^aft
aud) unter bcffen iJJac!^folgcrn. föranad^
ftarb 1553 in ffleimar. 21U eifriger 3ln*
banger ber SReformation »erfuc^te er bem
iBer^ältniö ber neuen Seigre ju ber über*
lieferten 5tnf($auung in feinen Silbern
5luöbrucf JU oerlei^en. Sranad) bat »ielcö
mit ®ürer gemein , bod; tritt bei itjm an
©teile jeneei tieffrnnigen Srnjlcä unb groß«
artiger .^raft niet)r eine naife, finblic^c
^eiter!eit, unb jeneä Slement beö <pi)an»
taflifc^en bat bei i^m im einjelncn bie
lieblic^fien märcbenfjaften Slüten getrieben.
— Söon feinen Qlltarbilbern ftnb bie wici^*
tigften hai in ber Äirdie in ©d)necberg,
im S)om ju SDIeißcn unb in ben (atabt*
tird^en ju SBittenberg unb 2öeimat.
SJZamentlid^ aber ftnb oon Sranad) eine
große *ilnjal)l ©arftedungen ert)alten , in
wcld^en er fein ©tubium beö nacften
438
OJlaletei.
^oxvtxi, namentlich beö föcibü^en jut
©eltuns äu bringen »u^te. J^/Jf ^f
Bfleqtc et ben Äupfetjlicö unb ^olsf^nitt
unb brachte e« bcfonbete im leiteten ju
bebcutenber aReijierf*aft. — SSon eigent^
UAen €c^ülern ober S^ac^folgern Sranac^«
ift wenig begannt. Scr bebeutenbite war
fein ©o^n ßranac^ ber 3üngere, ber etwa«
Don bem SRubme unb etroa« üon ber Äun^t
feine« Saterö erbte.
3. ^oltdnbifc^e ®d)ule. 3)iefelbe
battc fxi) au« ber flanbrifcfeen @*ule f^on
febr frübe gebitbet, inbem bic erjten
^ünftler alö unmittelbare Scfcüler ber ®e*
trüber can Q.X)(i erfc^einen, fo ber jc^on
genannte Gilbert pon Duwatcr unb beffen
?rüf)üeritorbener €4üler: ®crf)arb »on
^arlem, namentlich aber em anberer
larlemer Äünftter: ©ierif «oute. %n
biefe fc^lieBt fic^ eorneliu« gngelbrc*tien
(146S — 1533) »on Serben an. 3" 1«"«"
«Silbern erfennt man tro^ einer gewnien
^ärte noc^ einen SRacfeflang ber flanbnfc^en
€(ä)ulc, äuglcicb aber ein Streben na*
»oacrer Üßirfung. Sein ^auptwerf \]t
ein 'illtargemdlbe im @tabtl)aufe ju ^e^J^"-
wel^eä bie Äreujigung barjlcüt. 2Kel)r
aU bmd) eigene Scbeutung tritt Sngel=
t)rec{)t[en alä Öe&rer be« 8uca« »an Serben
(1494—1533) l)eroor, eineö ber friifjreiilten
Talente ber Äunftgefcf)ic^te. 3" '-ö^s^S
auf äuBere »ebanblungeroeifc biirfte biefer
Äünfiler jundAft mit Saurer ju »erglei^en
fein, allein eä t)at hai pf)antaj^il*e2öe[en
ber 3eit bei i^m bereit« einen btjarren
e^aratter angenommen. 5" fol^er Qlrt
»enigilen« erfcf)eint Suca« in feinen jabl-
tciien .Kupfer^icfeen. Oemdlbe feiner
^anb fmb pc^ft feiten, unb nennen mir
i)ier nur ein umfangreiche« jüngfies ®e«
tic^t im imufeum ä" ^^P^jen unb eine
Sülabonna in ber $inafott)ef in a)lunci)en.
©<$)lie§lic^ tudrc noc^ einer ganj neuen
IRic^tung ju gebenfen, »el^e eine gro^e
Rutunft cor Y^* ^atte. ©cfcon bie ®e=
brüber üan ©pcf f)atten bie Öanbfcfiaft m
ibre Silber eingeführt baburc^, ^a^ fie ben
golbenen gemufterten §intergrunb ber
mittelalterlicf)en Silber jerriffen unb bem
Slicf erlaubten in bie ^erne ju fd)meiTen.
3e6t rievfud)ten e« bie .Rünfller, ben |)in»
tergrunb jur ^auptfac^c ä" macben unb
bie bciligen ®efcbic^ten ju bloßer Staffage
berab^ufeten. S)aburc{) mürbe bie moberne
Sanbfc^afUmalerei gefdbaffen. Dfiamentlic^
3oad)im »JJatenier (1490—1550) mar e«,
welcher biefe IReuerung in bie ÜJJalerei
einführte. (Sntfcf)icbener für bic wettere
(Sntwicflung berfelben trat^erri be Sie« ein.
4. SBeiterentwictlung ber flan*
brtf^cn ©cf)ule. ®egen (Snbe be«
15. 3abr^unbcrt« begannen bic f(anbrif(^en
Äünplcr eine neue (Ri^tung einjufdblagen.
(5« brdngte fid) ndmlicf) immer mebt ba«
Segcbren b«oor, ben Wenfcfien au« ber
il)n umgebenben Statur ^u löfen unb 5nbm*
bualitdt unb dbatafter be« emjelnen
felbfidnbig betfortreten ju laffen. S)ct
liebeüotle finblicbe Sinn, mit bem bic
©ebrüber tan ©ijcf unb ibve iJlacifoIget
bie gefamte 2öelt ber (Srfc^einungen tn
ibren Silbern miebergegeben, war bem
wciteri^rcbenbcn®eiiie ni(|t mebr geniigcnb.
S)at^ SeEanntwcrben mit ber flaffifcibcn
OHeiiterfciiaft ber italienifd)enS01alcrei mochte
wobl ben elften «nftop Ju biefer neuen
Diic^tung gegeben b^bcn. ÜJlan fucbte nun
i ben menfcblicben Körper grünblicber ju
üubieren, bie gorm größer unb bebeutcn«
ber 5u faffen unb in ganzer 2eben«fuae
barsujtellen. *Kn ber ®pi|e biefer neuen
aiid)tung liebt Duintin SORcffp« »on
5lntmcrpen, ber, urfprünglicb em ®olb*
fcbmieb, bie Äunft ber Onalerei erlernte,
um ber ^anb feiner ©eliebten würbig ju
werben. SBir befifeen uon ibm eine Äreu^»
abnabme, ein 2öerE ooU gewaltiger Äraft
unb bramatif^cn Öeben«. 3" a"^.""
Silbern, teren ©egenfianb bie patbetii^e
«Muffajfung be« porigen au«frf)lo§, erfcbeint
Duintin reicber unb entwicfelt ein eigene
tümlicf) beitere« frifd)e« Seben, fo in meb*
reren «Ultartafeln, namentlicb berjenigen
mit ber ©ippfcfeaft dbnf^i i" ®t- ^«*."
in fiöwen. Sefonber« milbe unb anmutig
ift eine »IRabonna im OJlufeum 5U Scrlin.
<Mu^ ®enrebaTlie[lungen fetint man Don
feiner ^anb, wie ber ®elbwed)«ler im
ßounre in %mi unb bie beiben ©ci^bdlfe
in 2Binbfor=(iaftle. - ©ine nambafte Sdbule
fcbeint firf) an mt]]^i nicbt angef^loJTen
;u baben, bagegen begegnen wir jur glei^
d)en Seit einer nicbt unbebcutenben Qlnsabl
Äünfiler, weld)e bie SKängel ber alten
©cbulc in anberer SBeife au«juglcicben
fucben. 2«an bebielt M^ ©emütootte ber
alten Äompofitiom^weife bei "bne ib«
^drten unb Unregelmdpigfciten unb bilbete
bie ®eüalten ricbtiger unb poüer. ?lber
mit ber ^tamiät cer alten S)arpellung
cerfcbwanb aud) m^i^^ ^^^ innerliche«
gebeimniöüott crgreifenbe« 2Beien, obne
bafi man imjianbe war, ben tiefen QueQ,
au« bem bie uoUenbete 9licbtung ber üa^
lienif^en Äunfi IjcrDorbraii?, ju ergrunben.
TlaUxd.
439
®o entfianb eine öeere beä ®efüf)tö, bie
con ber großartigen Äraft bcö Duintin
SWefftjä tueit entfernt War. 2)ie üor^üg^
li^fien Äünpler bicfer 3eit ftnb folgenbe:
3obann »an SDtabufe, ju bcffen befien
2lrbeiten ba^ gi^o§e ^Itarwerf in ber
©alerie ju ?]3rag gehört. 3" feiner
fpäteren 3^'^ oerflel er bcm SKanieriömuö
ber römifd^en @d)ule. ®anj a^nlii^ ging
eö bem Setnarbin tan Ortet), bem Jan oan
6(f)oreeI, bem 5[fJic^aeI Sojcie unb mannen
anbern SDteiftern. Sie »erfuctjten bei bem
auägcbilbeten Sb^alfüt ber römif(f)cn
©cbute anjufnüpfen, aüein \r)ai bort nad)
3abrbunberten langfam erblübt war,
lie§ ftd^ nic^t auf fremben Soben üer=
pflanjen, obne ben Sbarafter eineö Ireib*
bauögett)äc&feö anjunebmen. S)aö fa^en
bie nieberlänbifdien ÜJfeiper ein unb er«
gaben ftd) beßbülf» ganj ber DJacbabmung
italienifcf)er OJtalerei, aüein ia§ ^hial, ju
bem fte ft(^ emporjufcbrt)ingen terfucbtcn,
blieb eben nur ein formelleö, inbaltlofe^.
SDie Sebeutung für bie Äunfigefc^ic^te be«
fie^t im tt)efcnlicf)en barin, ha'^ ^e ein
SBerbinbungäglieb jmifdien ben älteren
äJleiPern unb ben großen ©c^ulen be^
folgenben Sa^r^uiibertö erfietlen. 3" ^^n
SDklern biefer Übergangöflufe geboren:
ßambert Sombarb, beffen berübmtejten
®d)üler J^ranj ^loriö bie SfJieberlänber
ben litel beö f(anbrifd)en Otaffael beileg«
ten. 5^erner Otto 23eniu§ ober Octaoiuö
Dan Sßecn, ber Sebrmeifier üon SRubenä.
Qlnbere wie Qlntonio Tloxo unb ^ranj
?Pourbuö bewabrtcn aud) je^t nod) eine
einfad)c 2;üd)tigfeit ber ^nfc^e unb 5tufä
faffung, inbeffen seigen bie ^robuEte bie^
fer Übergangioperiobe roenig (ärfreuUd)eö.
c. 9?ai^blüte ber üienaiffance.
2m Verlaufe beö anbrec^enben 17. ^al)i'
j^unbertö erfianb bie ÜJfalerei nocbmalä
in ungeahntem ^luffcbwung. S)ie ©rüde,
h3eld)e i>ai 16. ^atirbunbert gebaut batte,
War überfc^ritten. Der raoberne (Seift
War aus ben mannigfacben .kämpfen um
innere unb äußere greibcit berf orgegangen
unb battc ba«s ibm entfpre(^enbe Ü}?ebium
für ben 5tuöbrud feine« mannigfaltigen
SBefen« in ber SKalerei gefunben. ®ie
würbe äur ßieblingsfunjt. !Jlid)t nur
Stalten, 93rabant unb ^oüanb eröffneten
i^x ibr ©ebiet, fonbern aud) Spanien,
^ranfreid) unb (Snglanb warfen ficfe mit
(Sifcr auf biefelbe. ©injig 5Deutfd)Ianb,
welc^eä ber äOjäbrige Ärieg jerfleif^te,
I)atte bie ßufi an fünfilerifdien $robuftio=
nen »erloren. 3"9leid) erweitert ftd) aber
auc^ ber Qlnfc^auungöfrci«. ffiäbrenb in
ben fatbolifc^en ßanben bie .Runft nod^
einmal auö ber unerfd^öpfU^en Duelle
ber fird)Iicben @toffc neue Slnregungen
gewinnt, l)at bai iJBalten bes mobernen
pjoteftantifcben Oeifie« ben alten 33ann ber
Überlieferung gefprengt unb ben Süd auf
bie unermeßlidie üjiannigfaltigfeit bei
wirElicben ßebenö, auf bie ewige ©cbön*
f)eit ber Ianbfc^aftlid)en 9?atur, auf bie
^arafterifiifcbe 33ebeutung ber Sierwelt
^ingclenft. ^ier bewegt ftcb bie ÜHalerei
mit unenblid)cr ißtetfcitigEeit, fie fonbert
ft^ in ^ifiorienmalerei, in hai ®enre,
bie ßanbfd)aft, baä Sierfiüd unb ©tia=
leben. (£in gemeinfamer 3^9 fi^« Qe^t
burcb alle 3tt'ei3e' t)cr Dlaturaliämuä, ber
tJÖÜige 33rud) mit aller Srabition. 2)a^
Streben nacb bem ^öc^fien unb ®emein=
gültigen , nacb ooüfommen gereinigter
@cbönbeitunb 3bealität ifi jwar nid)tmcbt
üorbanben, aber in ber Sreite, in frei
unabbängiger Sebanblung unb SBürbigung
beö einzelnen wirb mannigfad) Sebeuten»
be^ unb 3ieueö gewonnen.
1. ^ijtorienmalerei. Oleid^ eon
»ornberein feben wir in ben 3iieberlanbcn
jwei ®d)ulcn [xd) no(^ fd)ärfer ausprägen,
weld)e bereite befianben , einerfeit^ in
Srabant, wo bie ÜJialeret größtenteilö
im 2)ienfie ber .Kircbe bleibt, anber«
feitä in §>otIanb , ha^ einen gänjlic^
unabbängigen SZÖeg ber Sntwidelung
jeigt. Sieben biefen beiben großen ®cbu*
len erfd)einen nodb ücteinielte SRaler ber
Slieberlanbe unb Don 2)eutfc^lanb, weld^e
ftc^ im allgemeinen an bie italienifc^en
9taturaliften anlebnen, aber wenig (Erfreu»
licbeö ju Sage förbern.
a) 55ie ©cbulc »on 93rabant.
SDer SBcgrünber biefer @d)ule, ber erjle,
weldbcr ben iRanieriPen beö legten '^a\)X'
bunbettö ben entfd)eibenben Ärieg erflärte,
war *Peter ipaul JRubenö, wenn er aucb
feinen erften Unterriebt ^^ 5!J?alen bei
Otto aSeniuö erbielt, bei weld)em er ^ödb*
fleuß jene manieriftifcbe 9^ad)abmung ber
3taliener lernen fonnte. Qltlein fd)on mit
23 2abren ging er felbft nad) Jtalien
unb erwarb fidb bort in ftebenjäbrigem
5lufentbaltc eine bem 2)range feiner 3eit
entfpredbcnbe ©runblage für feine S)aT*
ftellung. S)ie i^ormen feiner (Sefialten
ftnb nid)t mebr willfürlicb nad) einem
allgemeinen äußerli^en ®d)önbeitögefe^
gewäblt, fonbern eö jtnb bie einer berbcn
fräftigen D^atur. Öeibenfc^aftUcbe 93e«
wegung, Eül)nc Jb^tlufi unb tiefe mä(i^*
440
SKalerei.
ttgc (Smpfinbung finb bic Elemente feiner
Äunfi. Dem cntfprid&t anä) ber ^in«
rei^cnbe 3auber cineö leud^tenben fii[(^cn,
mit breiten füfjnen ^infelftrid^en be^an«
belten Äoloritö. — (Sincr S!}fenge Don
9trbeitcn , oft »on foloffalem Umfange,
begegnen wir in ben Äird^en feineö Sater«
lanbcö, namentlid) in ^Intrtjerpen ben bei=
ben berüf)mten Sßilbern ber ÄrcujQufricfts
tung unb Äreujabna^me. 5lber anä) in
au^Idnbifc^cn SDUtfeen fprec^cn jabtreicf)e
©eraölbe für bie au^erorbentUd^c S^dtig»
feit beö ÜJleifter«, fo im SelPcbcrc in
SGßien eine ^immelfat)rt SDtariä, in ÜJJobrib
eine Qlnbctung ber Äönicie, in SBien bai
befannte 5lmbrofmögemälDc, mie er S^eo*
borid^ ben Eintritt jur Äird)e »ermetjrt,
tn SWündben tai foloffale iüngfte ©eric^t.
9ln bicfe Silber reiben ftd) eine ü}?enge
mi)l^ifd)er SJarftetlungen öon f)eroifc^er
®crt)alt. ®ro§ ifi SRubenö aber aud) in
profangefc^id)tIic^cnjDarfietIungen,nament*
lic^ ft)o eö auf bramatif^e ©d^ilberung
anfommt. ©obann giebt e« »on i^m eine
SDiJenge genialer ©enrebilber, trilb betregte
Sierjiücfe, großartige fanbfc^aften, (IBor*
trat« u. f tt). 3a, felbft als «Hrc^iteft
h)ar fRuben« tfiätig. Q.i mürbe ju meit
führen, aüe feine ißerfc aufäufüf)ten, in
bcnen fic^ aüe ^üüe unb i^rad)t jener
glönjcnben (Spoc&e »ereinigt. 2)er berü^m«
tePe feiner @d)üler ijl ^nton »an S)t)cf
(1599 — 1641) ber in feinen früt)eren Silbern
feinen iKeifier biö jur Übertreibung na(i)ju=
abmen fud)t, naä)malö aber burc^ unmittel*
bare ©tubien ber Senejianer feinem ©tilc
eine mainoKere eble ©dbönfjeit ju oerleibcn
weiß. 5(n ©teile beö SRubensfc^cn 2;f)aten=
brangeä tritt bei feinen Silbern ber
elegifd)e, felbft biß inö Jfjräncnreicbe unb
Sentimentale gef)enbe Qluöbrucf ber Srauer.
SWamentlid) aber al« ^Porträtmaler ermarb
ftc^ »an I)t)f einen bebeutenben 9iuf. I)ic
übrigen 5af)(reid)en ©cbüler Stubens aijxns
tcn bie energifc^en ©eiten feiner SDar«
fieHung oft mit (Slücf, oft aber aud) ni^t
o^ne ©ebnere unb (Rot)eit nac^. Der
2:aIentt)oajic unter i^nen ij! Jafob Sor»
baenä.
b) S)ie^onänbifcf)e©c()uIe. 5(uc^
in ^oüanb l)atte [xä) gegen Seginn beö
IT. 3at)r^unbertö eine Oppofition gegen
bic SWanierifien ert)oben. 2)en »o[Ien"''iluäs
brud gewinnt bie neue iRi4)tung nament=
lid) in ben fogenannten ©d)ü^cn« unb
JRegentcnftüden , in jenen .Roaeftiobarpel*
lungcn ftäbtifcbcr ®cnoffenfd)aften. Die
firc^lic^e Jrabition würbe »on bem jlrcn«
gen ^rotefiantiämu« beö Sanbeö jurücf»
gewicfen unb fa^ ^xi) bie Äunfi äunöd^ji
auf treue 5lbfpiegclung ber 2öirfU(^feit
^ingewiefen. 3" ^^^ tü(ä)tigfien ÜJleifiern
geboren 3[«id)ael SOiiereWelt (1567—1641),
3an »an SRattefiepn (1572—1657), JJranj
^alö unb %i)omai be Äet)fer (1595 —1679).
etwae! jünger aU bie genannten ifi 95ar«
t^olomau« oan ber .^elfi. Sr neigt in
ber Sef)anblung jur iUtanier be« »an Dt)d
unb ift it)m namentitcf) im Kolorit na^e
»erwanbt. Die biö^erigen Äünfller gingen
faum über hai Porträt l)inauä. ^m
jweiten Viertel be« 17. 5ot)i^f'""^«ft^
aber trat unter ben ^oüanbern ein Äünji»
ler auf, ber eine eigentümliche ^ifiorifdic
SDlalerei fct)uf, Wel^ic einen fcfearfen ®c«
genfa^ jur brabantifd^en ©^ule bilbcte.
e« war qjaul Oiembranbt »an SHpn (1607
biö 1669). 3unäc^jl f^Ioß er ftdf) bem
fünfilerifdben (SntwicEIungägange ber ge«
nannten 3Weifter on. 2(ber voai bei jenen
in einem gewiffen ®rabe unbewußt unb
unbefangen gefd^e^eu war, fü&rt er mit
bejiimmter au«fd£)lie§Iid^er 5lbftdt)t bur4.
(Sr nat)m fogar eine feinbtidt)e ©teUung
ein gegen tau ©tubium ibeater gereinigter
g^rauenfcfeönbeit unb ging oft mit Sor*
liebe auf bie Dtad&bilbung ber gemeinen
fRatur au«. 3{)m war e« nid^t um Dar=
j^cüung erhabener 9tu[)e ä" t^un, weld^e
hai 5tnf^auen »oKenbeter ©d^önfjcit ge-
währt, er woüte nur bic innere ©timmung
feine« ®cmütc«, tai bunfle ®efüt)l trau*
merifdt)er Äraft unb öert)altener Öeiben«
fd^aft jur ßrfdbeinung bringen. SBd^rcnb
bic SBcrfc »on Gruben« bei aüern bcrb*
ftnnlic^en SBcfcn immerhin einen gewiffen
»orne^men (lt)arafter tjaben , erfd^eint in
ben Sßerten Otembranbt« jener büfiere
Jrol, jene im Verborgenen gdrenbe Sei«
benfd[)aft. 5n feinen früheren SBerfen
treten bicfe befonberen ®igentümlid)feiten
nic^t fo fd)rofft)cr»or. (£« mag bic« im
3ufammenf)ang fte^en mit feiner ßebcn«*
gefd)i(^te. Die erfien Mnftlctja|)rc »er*
lebte er an ber ©eite feiner anmutigen
®attin ©a«fia »on Ulenburg. TOit bem
frühen Sobe ber geliebten ^xan beginnt
iai ßeben be« Äünftler« fi(| ju trüben:
er gerät tro^ allen rafitofen gleiße« in
ftet« wad)fcnbe Sebrdngni«, bic 1656 §um
Sanferott führte. — SD^ebrcre Porträt«
au« feiner grüljjeit ftnb im ^aager SWu»
feum unb ber ©alcrie ju Äajfel aufbe*
waiixt. ©eine fpdteren Sßcrfc bef)errfd^t
eine wunberbarc 2lu«bilbung be« ^eü«
bunfel«, ein ferfc« »erwegene« ©piel mit
mtalcrci.
441
p^antafiifc^cn, fetbfi grellen ßicf)teffeften.
9?od& oereittjclt tritt biefe^ Streben beim
„$aulu^ im ®cfängni^" auä. Sei ber
fogcnannten „iJlac^twac^e" im SMufeum
lu ?lmftcrbam crblicfen tt»ir ein 5!Jtcifier=
^ücf biefer 5lrt. (Sine genial übermütige
3ronie fprid)t auö feinem „SRaub beö
®ani)mcb" in 3)reöben. Tlit Vorliebe
bc|)anbelte SRembranbt altteftamentlidje
©egenftcinbe, fo iai „Opfer Qibra^amä"
(qSeteröburg), ÜJJofeä (Sertin), S)aö 8eben
©imfon« (Raffet) jc. 3a^treid)e 5Dar=
fieüungen beö neuen Seftamenteä ^at er
in Stabierungcn auägefü^rt, bei n)eld)en
namentlicf) Wieber ia^ meijterfjaftc ©piel
bcö 2icf)te^ jur Seirunberung ^inrei§t.
önblid^ barf ni($t oergeffen werben, ha^
iRcmbranbt mebrerc Sanbfc^aften Don
granbiofer Äü^n^eit l)intertaffen ^at.
S)en @(^ülern unb 9tad)af)mcrn SRem^
branbtä ging eö tüie aßen ?lacf)af)mern
gtofer TOeifier. ©ie faxten tk SOtanier
beö üJieiperö auf, ohne feinen ®eniu(3 im
ganjen Umfange ju ererben. (Serbranb nan
ben (Sd^out fommt it)m mof)l am nä^^
jien. ®ot»art %\ind ifi nüd)terner, oft
iiebenänjürbig unb anjietienb gerbinanb
93ol. (Sin treffli(^er ^Porträtmaler ifi
3. ßieüen^j. jedinifcE) fet)r bebeutenb
©alomon Äönig.
c) *Jiac^aI)mer ber Italiener.
!Reben ben aJJeipern ber beibcn gtofen
Schulen ftnb noc^ eine Qinjat)l beutf^cr
unb nieberldnbifc^er Äünfiler tor^ufütiren,
»teldie an ber italienifd^en 3U?aIerei fejt=
t)ielten. Im teiblidjjien fpric^t ftd^ biefe
!Ricf)tung in 3ot)ann 3f?otten^ammer ton
a«ün(i)en (1564 — 1622) au^ , gerabeju
hjiberwärtig in anbern, bie in flägli^er
SKittelmägigfeit bem ü)hcE)eIangeto nac^^
jiümpern. Sine Qtuöna^me bilbet aüein
ber liebenöwürbigc Qlbam (Slj^cimet eon
granffurt (1574—1620), einer ber frübe=
Pen 90'Jeijier ber ßanbfc^aftömalerei. Qu
ctWaä grö§crer ^rifcbe t)ebt fic^ bie Äunft
bcö 17. 3af)ic^unbert^ in 5oa<i)int fon
©anbrart, (Sari ©creta »on *Prag unb
Sodann Äupctäf^ aug Ungarn. 2)a« 18.
5a|rf)unbert weift in (Sl)rifiian ©ietrid),
Sifc^bcin unb Sern^arb SRobe ebenfalls
einige beacf)tenämcrte Gräfte auf.
Snblid) wäre noc^ einiger SJiieberlänber
ßrwä^nung ju t^un, welche ftd) ber Sßeife
beö ^^«njofen ^oufftn anfc^loffen. 2)er
bebcutenbfte fd^cint Qlbrian tan ber Slßerff
ju fein, beffen Silber ben bö(ä)fien ©ipfel*
^unft jeigen, biö ju wclcf)em fauberfic
^uäfül)rung unb elfenbeinerne ®clecftl)eit
bei aügcmein richtiger 3fi^n""9< "^«'^
gänjlidjem üü^angcl an attem geifiigen
(Stement ju treiben ift.
2. ® enr e = ÜJtalcrei. ©cfcon bie
©ebrüber »on 6pcf Ijatkn bie 5«ff«^n ^«
ftrengreligiöfen SOtalerei gefprengt unb bie
beitigen ®cftalten auö ber ®(orie beä
®oIbgrunbeä in ben ®arten ber wirfli(^en
Sffielt'gefteat. S)er qprotcfiantiömu«! aber,
ber bie trabitionetl Eirc[)li(I)en ©toffe
oerf^mä{)te, ^attc ben erften *2(nfto| ge»
geben, ba§ bie Äünftler fid) unter \i)xti'
gleichen bie ©efialten i^rer Silber fud)ten
unb bie ÜKotioc su it)ren ®cmälbcn bem
fic umgebenben öeben entnabmen. SJar«
fteüungen beö werftäglict)en *ßcrfel;rö btU
beten ben Vorwurf. |)ierauö bilbete ftc^
bie fogenannte ®enre=9JJalerci.
©ie fc^eibet fic^ je nad) Qluffaffung
in böf)ereö unb nicbereö ®enre; biefe^
bringt ©(f)ilberungen auä ben natürlid)
unb ungebunben ftd^ bewegcnben Greifen
ber menfc^lic&en ©efeüf^aft, jeneä aui
bem burd) ©itte unb Silbung »erfeiner--
ten ßeben ber l)öl)eren ©täube. — ©c^on
im 5luögange beö 16. 3abr^unbertä tritt
$eter Srügt)el ber «JUtere, ber Säuern*
brüg^el genannt, in fol(ier SBeife felb*
fiänbig auf unb fü^rt mit Sebagen unb
berber Saune ©d)ilberungen be^ bäurifd)cn
ßeben^ in feiner SRobeit oor. ©ein
©of)n , ber „.^öüenbrüg^el", ^ulbigt, wie
^ieronpmuö Sofd), allen mögli^en 2eu«
feleien unter Qlnwenbung einer böd)ft
effeftüotlen näcf)tli(i)en ^euerbeleucbtung.
3n »erwanbter SIBeife bewegt frd) ber
ältere S)aoib Senieri^, in beffen @ot)n bie
cigentli^e reife (Sntwicflung bee! nieberen
®enrcä einen iBertreter ftnbet. S^amentlid^
ftnb eö Sauern^ocbjeiten , Qtii)i^tlaii,
^Prügeleien unb äbnlid)er .Surjweil, weld)e
er burc^ meificrf)afte 5tnwenbung beö |>ett*
bunfel^ in unübertrefflid) malerifc^er ®c*
famtwirfung wieberjugeben »erfie^t. SDie
„35erfud)ung be^ ^eili^en *Mntoniuö" giebt
il)m reiä)en llnlaf jur (Sntfaltung eine«
p^antaflifd)en ©pufö. Winber lebenbig
bewegt, fd^ilbert Qlbrian oan Oätabe bai
Sauernieben, wenn aud) feine ©emälbe
burd^ treffltd)e^ ^eübunfel f^effeln.
Dläber an Jenier fie^t Qlbrian SroU'
wer, bem man na^fagt, ia^ et bei feinen
©tubien im SBirtöbauö untergegangen fei.
5luc^ üon 5«" ©teen wei§ man allerlei
Üblcä ju erjagten, ©eine Silber aber
jeigen eine freie oergnügli(^e ütuffaffung
beä gemeinen Sebenö. (Sr ifi unter allen
2)arfiellern be^ nieberen ®enre^ wo^l ber
442
ÜJlaleTei.
geijitcictific unb fübnfie. SBoH »on ^anb«
lung ftnb feine 93ilbcr, unb baö aegcn»
feitigc Scrfialtniä unb Jntercffe ber bar«
gefreuten ^erfonen unb in biefen eine
geijlreic[)e mannigfach üerfc^iebenc (Sfjarafs
terifiif jeugen oon ftarfer 23coba(i)tungö'
gäbe. — Sffiefentlid) oerfcfeieben üon bic*
fcn S!JJeij!crn bilbcte fid) $eter oan Öaar,
ber in St'ilif" Pubiertc unb »on bovt
bcn Dtamen „Samboccio" mitbrachte, mo«
»on bie ganjc ©attung beö niebercn
(Senreä bie ^ejeii^nung Sambocciabcn
erhielt. 3)a^ milbe ©olbatcntcben ttiei§
3an le S)ucq unb ber etwaö fpatere
$^ilipp SRugenbaö ju fcbilbcrn. 5tlö
eigentlid)c ©d)lad)tenmaler erwarben [\ä)
SBoutttermann unb »an ber 5D^euIen einen
!pia| in ber ©efc^ic^te ber ÜJJaterei.
3)cr ebelfie unter ben SWeiftern bcö
^bi)txm ©enreä ifi ©erwarb Serburg,
»etiler tai Öeben unb bie Sitten ber
feinen ©efeüfc^aft fd^ilbert. (Reiche Älet*
berfioffe, äierlicf)e Setregungen, prächtige
3immer s (5inrid)tungen unb bcrgleicf)en
»erleiden feinen 93ilbern einen poetifcfcen
(Reij. 3"^^«fonbere aber ge£)t er benfel«
bcn 2Beg wie ^an Steen. (£r flellt ni(f)t
ßujlanbe, fonbern ^anblungen unb ©itua«
tionen bar uwb regt baburd) ben Scf^auer
jum SRac^bcnfen an. D^ictjt minber bihtw
tenb ifi ©erwarb 3)0», ber in iRembranbtö
©c^ulc eine mcifterlid^e Setjanblung beö
^eübunEelö erlernt ^at. 3)er ffleife Zn--
burga unb 2)ott)« folgten »erfc^iebene anbere
Äünfiler, bie, menn fte aud) im aQgemei«
nen nicfct bie 23ortreff[icf)feit biefer beiben
errei^ten, bod^ in einjelnen gälten fe^r
5tnmutige€ unb ^rtigeö ^erPorgebrac!)t
^abcn. ßvi ben ßicbenöwürbigfien ge-
hört ©abriet SÜRe^u, ferner ber iiugerfi
fruchtbare iSci)üIerS)ott)ä: granj non ÜJJieriö
unb beffen ©o^n2Bilt)eIm. ©c^r 3:reffltd)eö
^at (Safpar D^etfc^er geliefert; in 2)ars
jieQung jierlicf)er ßid)teflrefte aber nament«
lic^ ©ottfrieb ©dtjalcfen, wenn er auc^ oft
in* SRaniericrte nerfäüt. Unter ben fpäte«
ren ©enrematern ifi cnblicf) noc^ *Peter
Dan J^ougf)c anjufü^ren, ber fic^ burc^
fc^Iicf)te *liuffciffung unb gebiegene fräftige
2tuöfü^rung fe^r t)orreilf)aft auäjeic^net.
3. ß anb f cf)aftömaler ei, lier*
fiüd, 93Iumenfiüd unb ©tillleben,
©d^on im IR. 5at)r^unbert ^atte ^oi^feini
tPatenicr unb ^errlj be Sie* ben ©runb
jur felbfiänbigen Ituäbilbung ber 2anb=
fc^aft gelegt. 5tuc^ bier ifi eö mieberum
einer ber gamilic Srügbel, rtjcl^er biefe
Slic^tung aufnimmt, ber ©of)n beö Säuern«
brügfiel*, ber fogenannte ©ammct« ober
Slumcnbrüg^cl. ^i)m fcf)Ue§en ft^ SRo*
tanb ©anert), S)aoib SSincfeboom* unb
3obocuö be üiiomper an, aQein eö t)crrfc^t
[)m überall ein pf)antafiif(^eä (Einerlei
oor. (Srft iRubenä fii^rt bie ßanbfd^aft
mit groger burc^greifenber Äünfilerf^aft
ju jener f)o^en Sebeutung, in ber fie aU
eine fccie iJiac^afjmung ber Statur in bem
93efcf)auer eine a^nungöooQc ©timmung
erttiecft. — (Sine befonberc 53tütc erreid^te
bie ^oüänbifdie 9[RaIerei, tt>elcf)e fic^ bie
^eimifcfce Statur unb beren (Sigentümlic^*
feiten o^ne »eitere ibealifiif(^e hieben»
abfic^ten jum Sorbilbe nabm. S)ie f)oU
lanbif^en ÜJ?eifter biefer iRic^tung betait«
licren biö in« g^einfle unb geben iai
©piel ber ßuft unb beö 8id)teä mit grö§«
ter SBa^r^eit miebcr. 5Der erftc ^la^
unter ben älteren SWeifiern gebührt Johann
»an ©open (1596—1656) unb beffen »or»
jügli(^em ©d)üler 5tbrian »an ber Äabel.
©ine bebeutenbc ©inwirfung übte 9?em*
branbt auö, befonber* burc^ jeneö ©picien
be* Siebte* unb be* träumerifc^en $cü*
bunfel*. 3" feine gugfiapfen tritt <llrtu*
»an ber ?leer , namentlich 2)'lonbfd)ein»
lanbf^aften mit SWeifierfc^aft barfieüenb.
(Sine gemütlid)e 2luffaf[ung ber Statur
jeigt 5lnton SIBaterloo in feinen Sffialb»
bilbern. S^i^o^ SRuiäbael ifi berjenigc,
beffen Silber i)tn eigentlid^en Äern unb
ÜJlittelpunft biefer SRid^tung ber öanbfc^aft
au*mac^en. ©eine ©emälbe bcmegen fid^
in ben J^ormen ber norbifdt)en Diiatur unb
mieberfpiegelt er barin ben altgermanifc^en
iRaturbienfi. 2Rit übermäd}tiger ©ertjalt
fiel)t bie S'iatur bem 2Renfd)cn gegenüber;
feine SBerfe jeigen fi^ mcift al* SRuinen,
»on ben gemaltigen ©tnmirfungen ber
iRatur übermunben. iDJinber bebeutenb
fmb bie Silber feine* älteren Sruber*
©alomon, bagegen ^atte ^acob in feinem
©d)üler 9)tinbcr^out ^obbema einen tü(^*
tigen 9?ac^folger.
(Sigentümli^ fie^t ben Siö^erigen
Gilbert »an ©»erbingen gegenüber, ber in
feine ©ebirg*gegenben Dtormegen* eine
milbe grogartige (E^arafterifiiE legt, yii»
bcn ber 8anbfdf)aft mirb in ^otlanb aud^
bie ©eemalerei mit @ifcr gepflegt. Se*
bcutenbc üRcifier biefe* ^^acje* fmb : 3an
»an be (Sapelle, Sonaoentura ^eter*, ^an
(Peter* , ©imon be Slicger, ber »orjüg«
lic^fie »on allem aber: 2öillem »an be
Selbe ber 3ün9cre.
2ln bief^e f^liegen fid^ bie nieberlanbi*
fd^en Slrc^itefturmaler an, unter bencn
gnannfd^aft - kantet.
443
namentlich ?Jcter D^eefö, oan ber |)ct)ben
unb »an ®teenn>\)f ber Jüngere lüc^tigeö
in (Pcrfpeftioc leifien.
6ine ÜSetfc^meljung be^ ®enrc« unb ber
ßanbfct)aft erbliden wir in bcn Silbern
fp^ilipp aBouwermanä. 5tuf bie Scftilbe-
rung be^ Jtierlebenö hjar f(^on Stuben^
in getoaltigcn ^aq,t}' unb Äampffcencn
eingegangen, ©ein greunb ^ranj ©nt)^
berö bxai)k eö im. 5licrpüd ju großer
S!Keifter[(^aft, ebenfo Jotjann %t)t, Äarl
IRut^art unb anbere me^r,
3n ber Blumenmalerei ^atte ber „93lu«
mcnbrügf)el" bereite einen jierlid)en ^n^
fang gemacf)t. 3^m folgten ^Daniel ©cg-
i)txi, Dacib be |)eem, 3ot)ann $ui)fum jc.
©nblic^ ifi noc^ ber [ogenannten ©tiüleben
ober ^J^rübfiücfäbilber ^u gcbenfen , aU
bcren üoräüglid^fie SWeifler 2ßi(^elm »an
5leip, 3tbriaenffen unb $eter Diafon gelten.
j)arait ftnb mir öart an bie Äunji
ber (Segenmart :&erangerücEt. DfJodjmalg
Jüurbe biefelbe burd) ia^ begeifierte 2Birs
fen aSincfelmannö an ben Quell ber Äunfl=
fd^öpfungcn beö flafftfc^cn 5lltertumö ju*
rü(fgefül)rt, aber auä bem antifen ®ebans
fenfreife unb ber flafjtf<$en gormauffaffung
war auf bie SJauer eine matjr^aft leben^
bige gortbilbung ber SÖJalerei ni(J)t ju
gewinnen. @ie bcburfte eineö neuen
Sn^altö , einer »olfötümlic^en 91a^rung
einer nationalen ©runblagc. 5Die^ mürbe
t^r »erfc^afft burcb bie tiefeingreifenben
Scprebungen ber SRomantifer, aU beren
erfie Vertreter *Peter ©orneliuö, ^Jriebricf)
Düerbecf,q3l)ilipp9SeitunbaBilt)elm@döabom
erf^einen. yiaä) ßübfeö ®runbri| ber
Äunfigefc^ic^te. Sergleic^e im übrigen:
©efc^i^te ber SQJalerei üon SBoltmann.
2)o^me, Äunfi unb Äünftler beö 9Hittel=
alter«, ffiaa gen, ^anbbud) ber ®efcfticl)te
ber beutfd^en unb niebcrlänbifc^en ÜJJaler*
f(f)ulen. 51. |).
SWaitnf^aft, ftet)e Öe^nömefen.
SWantcI. Unter ben eigentlichen Met*
bungöftücfen ifi ber Ttantd Mi ältefie.
SBie im Oriente, fo fommt er aud) bei
bcn ältefien Äulturoölfern beä 5tbenblanbeö
urfprünglid^ alö baö einsige cor, inbem
er, au« einfachen ©toffen gefertigt, al« fal«
tige« ©ewanb ben Äörper bedt, oon ben
©c&ultern bi« jum guf , unb jtttar geprtc
er beiben ©efc^lec^tern gemeinfam an. 3n
jmeiter Sinie tritt baju ba« ärmellofe
Untergemanb. ©o in [Rom, baä feine
©Uten unb ®cbräuct)e mit bem ©d)merte
in ber $anb in bie *«acf)barfiaaten trug.
SKit ber Sicberfeit unb (5infad^t)eit ber
SRepublif fiel aber au* bie fc^ticf)te Joga
ober artete in abfonbcrlici^e J^ormen au«,
foba§ fie i^rem 3irc(fe oft entfrembet
mürbe.
Sie ^raufen al)mten in i^rer Irad^t
bie römifcfien formen naä). ©ie fc^nit*
ten it)re SD'Jäntel au« einem »iercdigen
©tücf Juc^, unb trugen fte „überecE" fo*
ia^ bie ©pi^en »orn unb hinten bi« auf
ben Soben reichten, ju beiben ©eiten aber
ber Unterfc^enfel frei blieb, ©emfelben
mar mo^l auc^ — nad) 5trt ber römifd)en
paenula — eine Äapuje angefügt , jur
5Dedung üon Äopf unb ^aU. 9tac^ ber
^arbe trug man fte mit Sßorliebe grau
ober blau.
!Bom 11. 3a^r^unbert an mirb er
tjolbfreiäförmig , balb auc^ frei«förmig
gefc^nitten , unb erhält ftc^ in biefen
beiben formen burd^ tai ganje ilJJittelaUer
^inburd^. (5r mirb aud^ fürjcr, äierlic^et,
föftlid)er, bient aber immer mentger jum
©(^u^, al« jur S^txht. ©etragen mirb
er anfänglich auf ber linfen ©c^ulter, auf
ber rechten befejligt, bann al« 3flüdens
mantel auf beiben , com burd^ ein
©anb, eine 5lgraffe ober Äette (SUlantels
fd)lo§) jufammenge^alten. ©er SWantcI
ber legieren 5lrt ^ie§ aud) „®lode" unb
mar oft ber ganjen ßänge nac^ jum 3"'
fnöpfen eingerichtet. Selbe mürben mit
ober o^ne ®ugel^aube getragen. 5tud^
al« mit bem Seginn be« 14. 3<if)rt)unbert«
bie meitfaltigen ®emänber bcn S[RanteI
für ben gemöt)nlid)en ®ebraud) leid)t eitt*
be^rlic^ mad^ten, mürbe er gleid^mot)l bei«
behalten , menn aud^ noc^ me^r gefürjt
unb mit auögejobbetten SRänbern gejicrt.
3u einem meitgeöffneten, nu^lofen, oft
nur nod^ lappcnd^nlic^en iRüdenbe:^ang
mürbe ber SDtantel an ber SBenbc be« ge*
nannten 3al)t^unbertä , mä^renb er in
ber iJolgcjeit al« 3ierEleib fallen gclaffen
mirb unb mel)r nod^ al« 93ebürfni«fleib,
aber al« fold^e« mieber längergefaltet
auftritt.
3n SBcjug auf ©toff, ^arbe unb »er*
jierungcn unterfc^ieben ftc^ bie »crfc^iebc*
nen ©tänbc aud^ in it)ren SO'Janteln genau,
unb namentlid^ 5lmt«perfonen unb 2öür*
benträger entbebrten feiner al« ©pmbol ober
5lbjei*en nid^t; bei ber 5lmt«fteibung
fpiclte neben bem @d£)mert unb Ärumm*
fiab aud^ ber SWantel eine mid^tige Otoüc.
(©iebe bie ^Irtifel Ärünung«inflgnien unb
Ornat.) Der auf ber (5rbe au«gebreitete
iUJantcl ifi i>ai 3«ic^.«n ber 33ep^naf)me
eine« 2anbe« burct) einen gclbl^crrn, bie
444
SDlarienfuItus.
'i3cfteibun3 mit bemfelben bcr ginfe^ung
in ein bepimmleä '3lmt. S)cr "Jlmt^rocf
aber rtjurbe nur getragen ttȊt)renb ber
*}lu6Übunc? amtlicher gu^f^io^^"- 33or=
eijclid) geborene ^inbcr werben legittmirt,
inbem bie ÜJJutter fie bei ber Irauung
mit it)rcm SDtnntel bebecft; baber ibr
SRamc — ÜJ^a n telf t nb er. Verurteilte
aber Werben in ben iöerbrecfcermantel ge =
bütit unb öffentlicb auegefieUt ober jur
gfiicbtftätte gcfübrt.
Tlantiitultni. Sin fol^er ifi jWar
ni($t üor bem 5. ^abr^unbcrt nai^^uwei«
fen; bodb geboren bie Vorbereitungen ba ju,
Welcfce in bem Sej^rebcn if)ren ®runb
baben, bie iD?utter 3'1'u i^iber i^re neu=
tepamentlic^e Stellung ju ergeben, immer=
bin frübcren 3i''f)i^unberten an. 2)as
näi^fie ^ntfifffs l^ tit^n (Jr^ebung liegt
in bcr reicberen Qluäbilbung ber l'e{)rc oom
©otteömenfcben unb bes Elftes feiner
SUienfcfcmerbung. ®obann griff bie ttjpifdb?
aIlegorif($e 3"teipi^£tatton beö alten imb
neuen Seßamenteö [cbon im 2. Ja^r^un-
bert äu 23erg(eicbungen ber ©oa unb ber
DJiarta; jene glaubte ber €cblange unb
würbe baburc^ Urheberin ber @ünbe, bee
Sobeä; biefe glaubte ber Sotfcbaft bes
©ngelö unb würbe baburc^ SBcrfjeug bes
4)eileei, bes S?ebenö; anfänglich nur alä
unperfänglicfjeö ©piel auögefprocben, ge«
wöt)nte man fict) boc^ mit ber 3eit baran,
Utaria im üotlen Sinne jur ©egrünberin
einer neuen 2)Jenfcbbeit, jur SDiittlerin unb
gürbitterin bei ß^riftuö ju machen. Sine
weitere Sntwicflung ber Süarienfere^rung
liegt in ber feit bem 4. 3a&rbunbert be^
fonbers burcb ia?> 'DJöncbtum verbreiteten
unb gcförberten SBertfdja^ung beä asfeti=
f(ten Sebenä unb ber SBirginität. 'Mnfiings
U<J) naf)m man jWar an, 30?aria fei bIo§
»or ber ®eburt ^i^ü Jungfrau gewefen,
^abe aber fpäter ben Sofepb gee^elic^t
unb ibm Äinber geboren; fpäter würbe
ha^ bcftritten, man nal)m entweber blo^
eine ®cf)einct)e an ober man nannte bie
33rüber ^i\u ©ö^ne 3ofepN fi"^ f'ncr
frül)eren Sbe, ober bIo§ Vettern beefelben ;
bie ®cf)einfl)e aber I)ielt man barum für
notwenbig, bamit bem gürflcn ber 2Belt
ba« ÜJJpfierium ber jungfräulichen ©eburt
tcrborgen bliebe. S)ie weitere i^offl^ ^if=
fcr Sebre war, ta^ man 2)?aria nicbt blo§
moralifcf), fonbern audf) p^t)rtf^ Sunöfr''"
bleiben lie^, unb annal)m, ^a^ fie mit
gef^lojfenem ßeibe, clauso utero, geboren
^abc, namentlich in ?lnlef)nung an
ejed)iel 44, 1-3, wo Don bem üerfd)IojTes
nen öftlic^en S&orc beö Jempelö bie iRcbe
tfl, bur^ welcf)e0 Sf&ooi l)inbur^gegangen
fei. Wellte« nun tppifd) auf ÜJJaria belogen
würbe. 2)a^u fam fc^lie^licft bie Vor»
fleüung, baß ÜHaria auc^ ol)nc ©c^metjen
unb Seläjiigung geboren l)abe.
31)ren lluöbrucf erbieltcn biefe 21nfid^s
ten im 3. unb 4. 3al)rt)unbert in einer
SRei^e t>on apofrppbifd)en Srjä^Iungen..
bur^ wt[(i)t bie bürftigen 9'la^ricl)ten be^
neuen Seftamenteö über bie 3u8^"^9^*
fdbicbte 3«fu ^i^flönjt werben foüten; bie
ältefie berfelben ifi ba^ !Proteoange =
lium 3afobi, oon bem bie Srjäfjlungen
Dom ßinxmetmann 3ofepb, öon ber (Se=
burt ber ÜJJaria unb Don ber Äinbfieit
3efu blo§ oerfc^iebene iRebafticnen ober
gortbilbungen ftnb. S)anac^ betten
lUaria^ Sltern Joachim unb 51nna,
bie, ein finberlofeä Sbepaar, im ^^alle bcr
©eburt cincö Äinbeä basfelbc bem ^errn
ju weit)en gelobten, bem cä aüe Sage bcö
ßcbens in fieter Virginität bienen foüe.
Dbfcf)on bie .Kird)c biefe Schriften ale
unecfjt ücrwarf, blieben boc^ manche 3üge
barauö in bcr fircftlii^cn Jrabition bti
fiel)en , au^er ben Flamen ber SItern bit
Srjic^ung bcr Tlaxia im lempcl , bie
@ct)cinef)e mit bem bei ber Verfprecbung
fcf)on 90 ^a^n alten 3ofepb, bie ©eburt
ber Tlaxia in einer $öble.
3ur Qlufnal)me ber SDfarienoerc^rung
trug fobann, obgleid) unbewußt, ber Um=
fianb bei, ha^ bie bcfebtten Reiben, bie
unwillfürlic^ nac^ Qlnalogiecn ibrer Ijer«
fömmlidien ®ötterrierel)rung mit bem
cbriftlicf)cn ©lauben fud)ten, in üJtaria
3üge i^rer weibltcfien ©ott^citcn wieber«
jufinben meinten ober jene in i^rc 2luf»
faffung ber ©ottcömuttcr hineinlegten;
bei ben ©ermancn gingen inele 3ügf bei
^immelsfönigin Q^reia auf ÜJtaria über
(ftclie ^reia)
Sin wichtiger SIBenbepunft in ber Snt«
widlung bcr 9D?arienr>ere^rung war ber
9tc)^orianifcf)e ©treit. Dtejloriu^, feit
428 Srjbifd)of r>on .Konfiantinopel, ber
für bie Unterfdbeibung bcr beiben 9'Jaturen
in Sl)rillo eintrat, betritt bie 3wedmä§ig--
feit bees »erbreiteten ^ttributeö ber 2)iaria
ü'eoröxoi, ©ottesgebärerin, unb woüte fie
lieber xoio'^otoxos, Sbrifluögcbärerin, gc*
nannt wijf en. ® egen i^n trat S p r i 1 1 u g ,
Vifc^of con 5llefanbrien, auf unb fe^tc
ti auf ber ©nnobe ju Spbcfu^ 43t burcft,
ia^ bie ^Infti^t beö IReftoriuä ncrbammt
unb bie SRed)tgläubigfeit beä Stamen^
©otteögcbärcrin ancrfannt würbe
SWarienfuItu«.
445
®in ungeheurer ^uM begleitete bic (Snt«
f(^eibung; man nannte je^t ÜWaria tai
«Parabte^ bcä jweiten iMbam, bie mabx'
^aftige leichte 2BoIfc, auf tt)eld^er bcr übet
ben (i^erubim Jbronenbe fäbrt, bie cinjige
S3rü(fe ®otteö ju ben SJlenfc^en, ben bc
feciten ©trauet ber D'iatur, ben iai ^cuer
nic^t nerbrannt ^ai, ben aBebejiubl bet
StRenfcbttierbung. Unb ba um biefctbe
3eit bie iBere^rung ber SlJJärttjret unb
^eiligen aU ^ürfprec^er für bie 6ünber
in i^ter fräftigen Slüte fianb, trat nun
SWaria an i^re ©pi^e. S)ic ©ebctc an
<te würben je^t erp allgemein. Äir(ä)en
würben i^r geweift, 5lltäre erric£)tct, Sil«
ber aufgejicHt; im 2af)xt 606 würbe tau
Idngli oerfc^loffene *|3ant^fon beö ^grippa
jU 9lom JU einem Jempcl ber Maria ad
martyres geweift.
ißalb erja^lte man aud^ eon 2Bunbern,
welche ÜJiaria gemirft l)aben foüte, unb
fieüte i^r S5ilb mit bencn ber übrigen
^eiligen nic^t bIo§ in Äircf)en, fonbcrn
auc^ in Käufern unb auf SBegen allgemein
auö, jünbete ror i^nen Stifter an, be*
räucherte fte, betete nor i^nen. 6ö bilbete
^i) je^t mä) eine Srabition über i^re
©c^alt unb i^r Qlu^fe^en; im 11. ^a^r«
l^unbert mürbe fte mittlerer ©efialt ge*
fcf)ilbert, bräunlid^cr garbe, gelblidien
^aareö, owalen Qlngcjtdjt^, fc^maler unb
langli^er ^anbbilbung. 9llö bai be«
lü^mtejie 33ilb galt baö., melcf)cö angcb»
lid^) t»on ßufaö flammt.
3n i^ren Silbern fietlte man anfäng*
lid) üJlaria, in ben ©eflc^töjügcn il)rcm
©o^ne ä^nli^, al^ TOatrone »on 40—50
3al)ren bar; im 13. ^a^rbunbert crfc^eint
^e jünger unb jiemlid) »on glei(i)cm iMlter
mit 5efu^, gegen (Snbe beö 5U?ittelaIterö
oft aU Wdiä)tn öon 16—20 Sauren.
5luper bem langen Untergemanbe trägt jre
einen weiten, oft ä"9^fi^ ^^^ ©c^leier
bienenben üJJantel, ben SWantel ber ®nabc;
bie t9pifd)en JJarben i^rer Äleibung ftnb
blau unb rot. S«ac^ Dffenb. 12, 1. er*
f(f)eint ilJiaria in ©tatuen oon einer ^xap
Icnben ©onnc umgeben, auf bem i»aupt
eine Ärone »on 12 ©ternen, in ber einen
^anb baö ©ceptcr, auf bem anbcrn Qlrm
baö Äinb, 5U i^ren 5ü§en ben SKonb,
ber auf ber (Jrb!ugel fie^t, um welcf)e fxä)
eine ©cf)Iange winbet mit bem Qlpfel im
SWaul.
SDtan unterfd^eibet ajlarienbilber alö
©egenjianb religiöfer 93ere^rung unb
^i^orifct)e Silber. S)ie ÜJiarienb ilber
aU ©egenfianb religiöfer SBcr*
el)rung fieüen entWeber biejungfi^ö"
of)ncbaäÄinbaIö t)erf(f)leierte aJlatrone
mit betenb ausgebreiteten Firmen , jur
rechten ^anb \\)xti Der^errlicfcten ©obncg
ft^enb , Sponsa Dei; in einem Sud)e
lefenb alä Virgo sapientissima ; üon
©Ott Sater unb ß^rifiuö gefrönt al^
Virgo incoronata; ibren aJiantel auäbrei*
tenb über bie gläubige Ocmeinbc al«
Mater misericordiae, „SDtaria ©c^u^";
unter bem Ärcuje fiel)enb; ein ©c^wert,
auc^ fünf ober ficben ©cf)Werter in ber
Sruj!; mit Sejie^ung auf i^re fieben
©c^merjen (Sefc^neibung ß^rijii, 5Iud)t
nad) iügpptcn, Serlierung 5efu im Sem*
pel , Äreujtragung 3efu , Äreujigung,
Äreujabna^mc, (Grablegung; im ®egcn*
fa^c JU ben fieben ^reubcn: Serfün*
bigung , ^eimfuc^ung , ®eburt (Jt)rifii,
Stnbctung ber SBeifen , 2luferPe|)ung
(S^rifii, 5{uägiefung beä ^eiligen ®eijieö,
Krönung burct» ®ott Sater unb S^rifiuä)
aU Mater dolorosa; auf ber ÜJJonbfic^el
fie^cnb aU Virgo pnrissima , ®otte^
SDiagb ; Regina sine labe originali con-
cepta, |)immel^fönigin bat. ©eit bem 15.
3af)r^unbert fommen bic fogenannten
Oflofcnfranjbilbcr auf, in weld^em
rote unb wei^e SRofen (^reuben unb Sei*
ben) bic Jungfrau umgeben, welker alle
©tänbc Stofenfrönäc überreichen; ä|nUc^
ftnb bie Silber ber „ÜJlatia im SRofcn^ag".
Dbet bie SungfJ^iu ifi mit bem
Äinbc batgeficllt, auf bem S^tonc
fi^enb, ia^ Äinb auf bem ©c^o§, in
feietlic^ ernficm Zx}pm aU SDtutter ®otte«,
Sancta Dei genitrix, ober tai Äinb auf
ben 5ltmen l)altenb, in teijcnb lieblichem
Ippuä aH Mater amabilis, alma Mater.
2)ie l)ifiotif(^cn Silbei ficllen tai
ßcbcn bet l^ciligcn Sungftfl" nad) jenen
apofit)pl)ifc^en ßegenben unb nad^ bet
t)eiligen ©djtift »or. (©ie^e über bie
Silber: Ottc, ^anbbu(i^ bet fitc^lid^cn
Äunjiarc^dologic, ©. 940 ff.
2)ic im 11. 3a^rl)unbcrt auftretenbc
a^fctifc^c 9fti(^tung bet S^eologic unb bet
Äitc^c nimmt im SOiaricnbienjic no^
^ö^eren ©d)Wung; *Pctcr S)amiani,
bcr ^teunb ©regorö VE., nennt iDiaria
deificata, »ctgottet, alle ®ewalt ifi i^t
im ^immcl unb auf ©tbcn gegeben, fein
35ing unmöglich, Sctjwcifclnbe ticktet fte
jut Hoffnung auf. ©ie ttitt »ot ben gol*
bencn Qlltat ber Scrföf)nung, nic^t al^
SDlagb , fonbcrn al^ ^errin , befc^lcnb,
nid)t bittcnb. ©ic ifi ba« golbene Sett,
auf Welchem ®ott crmübet con bcr SWcn*
29
446
ÜJlarienfuItuä.
fd^en unt) ®ngd Streiben jtd) niebcrtcgt
unb SRufic pnbet. 3" »afir^after iBer*
jücfung etjä^It Damiani bie Sorbetcituns
gen jur Scrfünbigung; bie »ernünftigc
Ärcatur fäüt, ber 5iama^tigc birgt \di)Wt\'
genb feine 33cdegenl)cit , enblidE) tt)irb
Tlaxia geboren unb entfaltet in if)rcr
Slüte einen foI(i)en 3flu6er ber @cf)önf)eit,
ba§ fte fclbji t>ai Qtuge ©otteö reijt; in
l^eftiger ßiebe entbrannt, |ingt er ta^
ganje ^ot)e Sieb ju ij^rcr ®f)re; unfäl)ig,
feine ßeibenfc^afi jurücEjU^alten, fammett
er bie Sngel unb »crfünbet ben Staunen*
ben feinen SRatf^Iug, ta^ tt)ie burd^ if)n
aUti gefc^affen, fo auä) burc^ fte aücä
erneuert werben foK. iDiefer 33efct)lu§
tt)irb in ©c^rift gefaxt bem ©ngel ©abriet
übergeben. iÖ^ntid^ fprecf)en ftd^ Sernl)arb
non (Slairöeauf , Sonatentura unb an»
bere au^.
5nfotgc biefer Vorgänge prägte ftd^
ber 3D?arienEuItu« feit biefer 3^1^ immer
mc^r in ben ^^ormen be^ fir^Iid^en ßc«
benä auä, unb wenn e« an mancher*
lei aSarnungen aud^ je^t nid)t fet)Ite, trat
i^re S5ere|&rung tbatfact)Iid) ebenbürtig
neben bicjenige (S^rijii. ®eit bem 11.
5a^r^unbert mibmete man it)r in ben
Älöftcrn ein Ofpjium unb I)eiligte it)r
ben ©amätag, wie (S.|rifio ber ©onntag
get)eiligt war; auf bem Äonjil ju 6.1er«
mont be^nte Urban Tl. 1095 bie JRejitation
bc^ Dfftjium auf ben gefamtcn .^leruö
aui. ®egen t>a^ (Snbe biefe« 3a^rbun=
bert^ fennt man im Qlbenblanbe fd^on
über 100 ber SlJlaria geweifte Älöjler.
9iatürlicf) waren audt) i^re ^Reliquien üor
allen anberen gefuc^t unb wunbert^ätig.
S)ie Äirdlje ju S^artreö befaf it)r ^cmb;
bie Älofierfir^e ju gleurt) üon if)rer
üJJitdt); baä Älofier Jrenordt) in granfreict)
bie ©ewänber, bie fte teil« für fict), teilö
für \\)un ®o^n gewoben; bem RIofier
OJionte (Safftno fd^enfte 93enebift vm.
ein @tüdE Bon i^rem ©d^Ieier. Äaifer
Äarl IV. befaß au§er ben 2)oublettcn aüer ge=
nannten ©tüdc einen 9lefi ber SCßad^öferäe,
bie bei i^rem lobe brannte, unb einen
^almjwcig, ben bie 5lpoPcI Dor i^rer
93at)re ^ertrugen. ®ie berüt)mtefie 9leliquie
ifi aber i^r 2Bo^nt)auö, welche« 1291,
aU «Patäfiina ben Qlbcnblänbcrn »öüig
Bcrloren ging, »on (Engeln nadt) Serfale
in S)almatien, brei ^a\)Xi fpöter aber nad^
Ütecanati in ^icenum (fioretto) getragen
worben fein foüte.
23efonbere Sere^rung geno§ ÜJlaria in
ben Drben, ®ic war 9ßdtronin be« beut*
fd^en iRitterorbcnä ; bie S)omim!aner wibme«
ten ibr feit 1270 ben 0iofenfranj , bie
granjiöfaner eiferten für i^re unbefledttc
Smpfängni«. 3)te Karmeliter crridt)teten
auf ber SOlaria (Ermahnung f)in bie ®fa*
pulierbrüberfd^aft. «Seit bem ®nbe be«
14. 3<t^t^unbertö Bereinigten ftdC) aüent-
{)alben gleicf)gcfinnte SRarienoere^rer ju
Siebfrauengilben , bie fic^ jur feierlid^en
Sege^ung ber SOJarienfefie , (fte^e ben
5trtif el 5 e fi e) jui leitna^me am Segräb«
ni« i^rer Qlnge^örigen unb bcrgteie^cn oer«
pflicbteten.
Slit ber 3«tt War ber ÜJlarienbienfl
ein beliebter ®toff ber lateinifd^en unb
ber beutf^en jDid^tung be« ÜKittelalterd
geworben. Über baö 5llter ber früt)efien
SDiarien^pmnen iji nid^t« SZö^ereö auöge«
mad^t ; eS gef)ört baju namentlid^ ber ^pmnuÄ
Ave maris Stella. S)iefe ftnb gefammelt
in Tlonti' lateinif^en ^t)mnen be«
»iittelultcrg, iBb. H., Warienlieber 1854.
3n ber beutfdf)en ©ic^tung beginnt
bie SlJiarienpoefte nidt)t por bem 5lnfang
beö 12. 3al)r^unbert« ; Dttfrieb unb
^elianb, bie bo^ Seranlaffung genug ge«
fabt bätten, jcigen nod^ feine ©pur t)on
auögebilbeter 2)JarienDere|rung. Sbiefc be*
ginnt Pielmet)r mit Iprifd^en SDid^tungen
jum 2obe ber 3tingfrau, worunter befon«
berö baö fogcnanntc *DiölEer 9D?arien«
lieb, beffen erfie ©tropbe lautet:
.Tu in erste leite
Aaron eine gerte:
diu gebar mandalon
nuzze also edile.
die snozze hast du fare bräht,
muoter äne mannes rät,
sancta Maria.
di ijl aber aüe 3JJarienbidt)tung, lateinifd^e
wie beutfd)e, getragen unb erfüllt üon
einer reichen %üüi aüegorif^^fptnbolifc^er
Silber, bie fi^ mciji auf tai Sßunber ber
©eburt ßbrifii bejie^en unb (Srfd^einungen
au« ber iBibel ober ani ber ^atux betref«
fen, in benen eine wirfli(^e ober f4ein*
bare übernatürlidl)c 2Birfung ju Jage tritt.
SBil^elm ©rirnm bat in feiner 51uögabe
»on Äonrab oon SBürjburg golbener
©d^miebe, Serlin, 1840, biefe Silber nad^
it)ren ^unborten jufammengefieHt , oon
benen \)\ix bie bcjeidt)nenbfien angemerÜ
werben mögen. SDtaria würbe Pon ®ott
burd^brungen wie bie ©onnc bur^
®la« fdl)eint; wie Äri)fiall unb i8e*
rpn falt bleiben, wä^renb eine Äerje
burd^ jie entjünbet wirb, fo warb burc^
aWatienfultu«,
447
bcn 9ÖttIicf)cn <B<i)i\n (S^rijiuö, tia^ ma^rc
fiid}t, cnt^ünbet. ®ic ifi rttie ein @pie*
gel, b er taufenb Silber aufnimmmt, o^nc
ocrlc^t ju »erben; wie bie Suft, bic
flar unb \)iU i(l, wenn bie «Sonne bur^
fie fct)eint, fonjl aber bunfel; tt)ie i>a^
©efiirn [einen (Slanj ^erüorbringt, fo ge*
bar fte ben ^crrn ot)ne ©c^merj. ®ott
war bei i^x, wie bie @onne bei bcn
Slunten, wenn jie ben 51 au verje^rt;
fte ifi ber feurige 93ufd^, bcr unner-
fe^rt blieb; ber 33erg, aug bem ber
6tein, b. i. ß^rifiuö tarn, ber iai 93ilb
jerftörte, n)eld)eö SWebufabncäar im Slraume
fat), bie e rt) i g e $ f 0 r t e beä ^immetreic^ö,
beö $arabiefeg , der Saelde , bcnn fte
empfing baö 2Bort burc^ baö S; bor i^re^
Dbrcö, iüoburdb bie laube, ber t)eilige
©cifi, tcife in i^r ^erj geflogen fam; fte
ip bie *Pforte beö JcmpeB gen ü)?orgcn,
bie xierf(i^Ioffcn Voar unb burd) tt)el(^e nur
ber ^err einging; mic tai (5inl)orn,
baä nic^t erjagt werben fann, aber frei«
miüig ju einer reinen Sunflf'^o" fommt
unb in i^rcm @d)o^ entfc^Iäft, fo iji
ßbrijiuä , tion bem ^immelöjäger getrte=
ben, ju SDtaria gefommen. ®ie gleist
ber ©erte 3laron^, h)etd)e , obgleich
bürr, bennod^ grünte, blübte unb 9Dkn=
beln trug, baber fte auc^ SlJJanbcIbaumeä
93Iüte, btü^enbeä SDtanbcIreiö , blüt)enbe«
|)immelreiä, genannt mirb; |tc ift bic
blü()cnbc ©arbc t>on S^ff« ^<^^
Sefaiaö U, 10 unb 9fJömcr 15, 12; eine
blüt)cnbc 3tIoc, bic iRutc, womit
DWofe^ baö ÜKccr teilte, ba^ Äörblcin,
in bem üJJofeö auf t>ai fflaffcr gefegt
würbe; wie tai ©eibcnwürmlcin im
Ocfpinfi Warb ß^rifiuö bei if)r gefun«
bcn; fic gleicht ber ©lume im SJlecr,
in wctcbe ^xd) naä)ti ein 95ogcI fenft unb
einfc^Iieft; fte iji bie aBiefel, Don bcr
baö Hermelin geboren warb, ®oIb unb
©eibe ober ©cibc unb gladbö warb jus
fammcngebunbcn, fic iji bcr ßünber, an
Welchem ®ottcö fjlamme fid) entäünbetc,
iai geucr be^ ßeben^, in bem bcr
alte $^öniy ficb eerjüngtc , bcr »er«
fiegelte 93runncn naci^ |>o^e^ Sieb
4, 12,; bic (5rbc, mit ber ftdt) ber ^im«
mel »ereinte, bic gebcncbeitc ®rbe, ber
befcbloffcne ©arten, bcn ®ott felbji
flutete, nac^ ^oficö Sieb 4, 12; bie Qlue,
bie Bon ^immeUtau begojfcn unb be-
regnet, 93Iumen trägt; ba« ßammfcll
©ibcon^, weld^cö allein öon bem Sau
befeuchtet warb , wä^rcnb aücä anberc
troden blieb; fte iji Ui ©iegcl, auf
weld)eö bic ©ott^eit jtd) abbrüdtc , i>ai
Dblatcifcn bcö Icbenbigen ^immcU«
broteö, ®ottc* Üabcrnafel, ber ge«
weil)te golbcnc ®d)rcin, bcr ta^
^immcläbrot bcfd^loffen Iiat, bcr 93 aU
famfdjrcin, ber golbene (Simer,
hai 2öac^^, in weld)eä bcr ^onig bcr
göttlid)en ©ügigfeit gelegt warb , tai
|)immcUneji bc^ *}}elifan^, tai
obcrjie |>immclreic^, barin ®ott
woI)nt, ©otteä ©tatt, ScHc, qjalaji, 3clt,
Äapeüe, ©aal, |)auö, ®abcm, 5lrc^e, Sem*
pcl, 3;^ron, ©cöcl, ©effcl, gürfienjiu^l,
ber Söerber, in bcjfen ^errlid)cm Äräu»
terbuft ®ott fic^ erging, bic Äammer
ber wahren ©onne, bic Ärippe beä
ßammc^, ©alomon^ 3:^ron unb
Stempel.
9llö iDlutter unb Jungfrau juglcic^
^ci§t fic muotermeit, meitmuoter, ® c b ä «
rcrin beö ©d)öpferö,®ottcöbraut,
Himmelsbraut, 93rautt>on9tajaretl;,
erwäl)lte ©ottcö 35irne, ®ottc«
ÜJiutter, 3;od)ter, ®cmabl, 5lmmc;
fte War bei Jofcpb wie bai blü^cnbc
SRofcnblatt bei bem fd)arfcn S>ornc, bal)cr
fteJRofc o^nc 2)orne t)ei§t, nad) ^o^eä
ßieb 2, 2, SRofc im |)immclötau,
ßilic in S)orncn, ßcbcrbaum o^ne
2Burm, Turteltaube of)ne ©alle;
tf)re Äcuf^^eit glcid^t bem weisen
©cbncc, bem ©Ifenbcin, ber Saube,
bem arabifc^cn ®olbc.
yiai) einer anbern üliditung ^ci^t
SWaria |)immelSf aiferin, Äaifcrin,
fte iji fonSDaoibö ®efd)lcd)t, 3)at)ib«
Slurn, na^ ^o^cö ßieb 4, 4; ©alo =
mono ^inb, Socibter fon ©ion,
3crufalcm§ 3*""£- ©ic l)ei§t |>im «
melöfönigin, trägt eine Ärone oon
jwölf ©ternen auf bem ^aupt, ^at
bie©onnc jumÄleib, ben!Dlonbjum
Schemel nac^ Dffenb. S"^- 12, 1; fte
iji felbji bie ©onne, baö ßid^t, bie
9[Rorgenröte, berSDtonb nad) ^o^c^
ßieb 6, 9; fte gleist bem 5tblcr, bcjten
2lugen aücin t>ai ©onnenlid)t ertragen,
fte ifi eine gadcl, bie »or (grfc^affung
aücr 2)ingc »or ©otteS 5lntli| brannte.
©rieö unb ©taub , ®raö unb ßaub,
^Regentropfen unb ©ternc, fönnten jte
fprci^cn, würben i^r ßob nid)t ju ®nbe
bringen; wie tai ÜJJccr (mare) aüt
^lüjfc fammelt, fo oercinigt SÖiaria aUc
©Ute. Unerfcböpfli^ finb bic ©Icic^nijfc,
bic i^rc |)errlid)fcit auöbrüden ; fte iji bcr
aßelt Heil, ein HimmeUf)ort,©pic*
gel bcr Sßonnc, ©picgelglanj
29*
448
IWatienfuItuö.
ber (SngcIfcfiaT, ber ©ngel ^ugcn^
lüeibe, ber Sngel Äönigtn unb
Äaiferin, %xavL unb *8ögtin, diu höchste
in himel über ellia lant , himel-
vrouwe, vrouwe aller vreude , der
vreuden tür, vröudental, wunnentanz,
seitenklanc , himelsanc , des herzen
schal; fte ifi der saelden tac, ursprinc,
gater unb honbetschatz , der saelden
kint , ein ©lüdörab, des Wunsches
wünsch, ein S)iamant, der weise, ber
(Sbcljiein in ber Oleic^öfrone, ber Aar»
funfei, ber »or ©otteä S^ron leuchtet,
©maragb, <Bapl)ix, *PerIe, goldes
bonge, bie triefenbe J^onigwabe nacf)
^o\)ti 2tcb 4, 11., ^immelömanna,
3ucfcrn)abc, 3ucferfiaube, lebendiu
himelspise, SWilcf). ®ie ifi ber ©aal,
ber SBerg unb kf)al ein[(f)Iie§t, baö
«Parabieä beä fierrlic^en Dbjieö, ein
©arten cbler Slumen unb gewürjreid^er
Kräuter, eine blül)enbe -^eibc, ein Oto*
fengarten, eine ^immeUrofe, (Rofe
Don ^txx<^o, ßilie, fiilienaue,
Stofe unb ßilie, jugleic^ wegen i^rer
Siebe unb SKein^eit, brennenbe ÜJtin»
nenblütc. SBie bie rote unb roei§e,
iji fte auc^ bie falte unb rtiarme, unb
tneil fte, bie tteife, »on bem ^euer beö
©eijleö berührt unb gebräunt »orben i|i,
iji fte aucf) bie fefthjarje unb liebliche,
nad) ^ol)e§ Sieb 1, 4. 5. Sie ift bie
SBiole megcn il)rer 2)emut, SJiolgerud^
im >SOtärj, 5Biolenfelb, ostergloie,
zitelöse, grüenender klee, baisam, balsa-
mite , myrrhe nac^ ^o^e^ ßieb 3, 6.,
bisam, wirouchbühse, lavendel, SDt u ä f a t =
blume, ü)iu«fatnu§, Dtelfenblüte,
«Hpot^efe nac^ ^ot)eä ßieb 3, 6., Süßcin»
garten, Iraube, ®arbe, Söcijen*
garbe, 2lder, auf bem ber SBeijen reifte,
Ölbaum, ©ranatbaum, ßeber auf
Sibanon, ®t)preffein®ion,*tJalme
»on Sabeö nac^ ^o^. 7, 7, Platane.
SlJlaria, Die TOutter aller Sbriüent)eit,
ijl bie jmcite (E»a; bat)er grüßte fie
©abrielmit ave.bem umgefe^rten ®t)a;
jtc giebt tai ßeben, inbcm fte bcn @ün»
ber iium ^eil fü^rt, ftl crleu^tet bie
jinficre Dta^t, alä fei e« Sag, fte ifi ba»
^er ber äßeerfiern, leitesterne, Tlox>
genfictn, tremuntäne , Stern Bon
Safob, ©tern ber brei Könige,
tröst der wisellosen, i^r banier unb
leitvan, fte trägt bie ^ö(!)fie ®turmfaf)ne
»iber bie |>öllc, fte ifi ber vrideschilt ber
ß^rifien^eit, ber ©nabenfec, reo man
mit ^iccuben lanbet, ankerhaft,
©egelrcinb, ©nabenflut, .^ims
mel^firafe, ^immeUpfnb. 2>o
i^r ©emanb ben ®erucf) r^on 5tromat*
fräutcrn ^at, fo jiel)en if)x bie franfen
Seelen auf ber |>immeläfirafe (ber Tlild)'
firaße) nad^, mie bem ^ant^cr im ÜRai
feinet füfen 5ltcmä iivgcn altt'ci Sßilb
nachläuft. 35cm @(f)tt)ererfranften ifi fte
ein salbe und lactwarje, fte reinigt bie
Seele roie ba^ Äampfer ben, ber i^n
an bie 9'lafe |ält, fie ifi bie 93üd^fe, bie
©albe trägt für alle^ 2Be^, bie 2lränei
ber ©ünber, bie wünschelgerte der
saelden, bie 2Bünf(f)elrutc ber
®nabe, momit in ber SBüfie SSaffer au*
bem Stein gefd^Iagen mürbe, ein füfer
lau, ein lebenbcr Örunnen, ein 93 ad^
bcn 25urfiigen, ba* Söaffcr be* ^ara*
biefe*, baä in uicr 5lrmc fid^ teilt, ba*
ftnbS^xificn,Äc|er,3ubcn unb Reiben, übet
bie fid^ i^r Stro^ ergießt; mie ber 51 bl er
feine 3unSf" ^u^ bem Jlefic, fo fü^rt fte
unö beriSonnc entgegen; mie ber Strauß
feine (5ier auäbrütet, inbem er fte anblitft,
fo ifi i^r 5luge über un§ geöffnet unb
bctt)acf)t un*.
Da Tlaxia ben böfen jjcinb »erjagt
unb feine ÜJtac^t jerfiört , fo gleid^t
flc ber 3ubit^, bie bem ^oloferneö iai
^aupt abfc^lug; fte ifi »or S^ri^uö unferc
vögtinne, advocata, süenaerinne, Sün-
den wenderinne, bie müUerin, bie t)ai
Äorn ber ©ott^eit gebrofd^en, gemahlen
unb ju |)immeläbrot gcbactcn f)at. 2>cr
Sd^merj bei bem lobe i^reä So^ne*
brang nacE) 8uf. 2, 35 al§ ein Sd^Wert
burd^ i^re Seele.
2)ie bcutfd)c ÜJtaricnbid^tung ber
pftfc^en ^eriobe gc^t teil* »on geifilid^en,
teil* üon »cltli^en Did^tern au* unb ge«
^ört entmeber ber cpifc^cn ober ber l^ri«
f^($en ©attung an. Unter bie epifd^en
S)id^tungen, bie fämtlid^ »on ©eifilid^en
^errü^ren, jä^len eine ?lnja^l breit au*«
gefüfjrter üJlarienlebcn nac^ ben oben
erwähnten opofrpp^if^en Quellen; baju
geprcn ein ©ebid^t be* ÜJiönd^c* SB cm»
|er »on Stegernfee, hai in brei liet
jerfänt, beren erfic* bie ©ef^idf)te Sinnen*,
ba* jmeite bie 3"9«nb SDtaria* unb i^re
Sermä^lung mit 3ofep^. unb ba* britte
bie ©eburt be* ^eilanb* unb bie ©c»
fd&i^te bi* jur SRüdfe^r nac^ 3ubäa ent*
^ält;im 14. Jabr^unbert fd^rieb 2Balt^er
»on SRbeinau ein ÜJJarienleben in
15 000 SBerfen, ein anbere* örubcr
ip^ilipp, ein norbbeutfd^er ^artöufet
aWaricnfuItuÄ.
449
SWöxid); auii) baö^affionol begreift in
feinem erfien Sud^c bcnfelben Sn^^It.
93on böfifcf)en 3)td^tern giebt e8
ßeid^e, Siebet unb ©prüdie jum ßobe
SWarienö, toi) nic^t in gto|er ^nja^I;
im gangen war i^r Sinn me^r »rcltlic^en
Stoffen unb namentlid) n^eltlic^er ÜJJinne
gugemanbt , wenn fc^on anberfeitö ber
^öfifd^e g^rauenbienft im TOarienbicnjle
feine religiöfe Sffieifie erblicEte, beibe @r*
fc^einungcn jebcnfaüö äbnlid)en inneren
Urfad)en ibr 2)afein »crbanfen; eö fdtlt
auf, ta^ in SBoIframö SBerfcn feine @pur
Bon einer 23ere{)rung ber ^ungfi^au f^d)
jeigt. (Sin lüeitauägefponncner ^pmnuö
auf SOJaria, ben man früber ©ottfrieb
eon ©traPurg jujufcbreiben pflegte, ip
nad)gett)iefenerma|en nii^t oon ibm, unb
außer SZÖaltf)er üon ber iBogcIrceibe, ber
in feinem ßeicb hai ßob ber 2)reifaltigfeit
unb ber Jungfrau mürbig unb innig ftngt,
^at man blo§ Don etttja einem SDu^enb
2Jiinnefänger It)rifc^c SDic^tungcn auf
ÜJiaria eri^alten. S)ie breimal fünfjig
2)iariengrü§e eine^ Unbefannten (^er*
ausgegeben eon ^Pfeiffer in |>auptö 3eit*
fdbrift, Vin.), je eine oicrjeilige »Strophe,
bcren ein 2)ritteil mit wis gegrüezet,
ein anberee mit vreae dich, unb ein
britteö mit hilf uns beginnt, unb Ä onr a b
»on Söürjburgg golbene ©cbmicbe
gef)ören fc^on nic^t mef)r ber oberften S3!üte
^öfifci)er <)3oefte an; bocb ert)ielt ftc^ bie
golbene 6(i)miebe biä inä 15. 3at)r=
^unbert in 5tnfe^en, maS fte namentlid)
ber ©ottfricb eon ©trafburg nad)geaf)m*
tcn gcierlic^feit ber SRebe unb bem qjrunf
»on SBorten terbanft. S)a« ©cbic^t, bog
2000 «Berfe fiarf ifi, beginnt:
Ei künd ich wol enmitten
in mines herzen smitten
getihte üz golde smelzen,
und lichten sin gevelzen,
von karfunkel schone drin
dir, hohitt himelkeiserin,
so wold ich diner wirde ganz
ein lop durchliuchtic unde glänz
dar üz vil harte gerne smiden.
DU bin ich an der künste liden
so meisterlichen niht bereit,
daz ich nach diner wirdekeit
der Zungen hamer künne slahen,
oder minen munt also getwahen,
daz er ze dinem prise tage.
ob immer üf ze berge vlüge
min rede alsam ein adelar,
din lop enkünd ich nimmer gar
mit Sprüchen überhoehea
60. Er muoz der künste meijen ris
tragen in der brüste sin,
swer diner wirde schapelin
sol blüemen unde vlehten,
daz er mit roeselehten
sprächen ez floriere
und allenthalben ziere
mit Violinen Worten,
so daz er an den orten
vor allem valsche es Unter,
und wilder rime kriuter
darnnder und darzwischen
vil schone künne mischen
in der süezen rede bluot.
Äonrab fon SCßürjburg nennt in
feinem ©ebid^te 2)ominifuö unb JJranjiöfuS
alö biejenigcn , meiere SDJarienö 8ob ge-
prebiget bätten; auc^ fernerhin forgten bie
neuen !]D'lönd)öorben unb bie ©d)oIaflifer
bafür, ia^ bie 2Jlarianif(i)en ©e^eimniffe
immer neu untcrä 23oIf gebrad^t mürben;
eö giebt bii jur [Reformation j^a^lreic^e
SO'Jariengebi(J)tc, meldte im ganjcn bem*
felben OSilber* unb ®Ici($niffe'Ärciö ent«
nommen ftnb, ber überbaupt ber SWariens
»ere^rung ju ©runbc lag, nur ta^ bei
ber june^menben 23ef(f)äftigung bamit bie
©ad^e me^r unb me^r ein ^anbmerfä«
mäßiges ?lnfeben erhielt; ÜJiarienbicbtungen
biefer 5lrt finb j. ^. auf unö gcfommen
fon !]3eter ©u^cnmirt, ÜJiuSfat*
blüt, |>cinrici^ »on Saufenberg,
^ugo t)on SRontfort, DSrt)aIb Don
üon ÜBoIfenfiein. 3n ben OReifters
fängctfdbulen mar biefer Stoff biä jur 9te»
formation fe^r beliebt, auc^ i>anS@ac^S
fang anfänglict) 3D?arienlieber.
«Reben biefe bogmatifc^ s fcf)oIafiifd^e
auffaffung ber Jungfrau tritt feit bem
14. Jabr^unbert eine 2luffaffung, meldte t>ai
menfd)Iicbe, iai mütterliche ©lement in
engjier Sßcrbinbung mit bem letbenben
d-^rifiug betont , bie JRomantif be«
üRarienEuItuS mit menfc^lidber SEeilna^me
an i^rem ©dbicffal üertaufd^t. ^iefe 5luf«
faffung ftnbet ffdf) eineöteilö in ben Sie*
bem ber SüRpffifcr, bie überhaupt i>ai per*
fönlidb*menfd^lid^c (Element ß^rijü miebct
£)erDor^oben, au<I) lateinifi^e^^mnen gep*
renbal)in, namentlidb Stabatmater dolorosa
Don bem aU Q^rangiöfaner 1308 gefiorbe*
nen Jacoponuö ober Jacobns de Bene-
dictis; berfelbe fott tai ßieb im ®cfang*
niffe gebid^tet ^aben, in tai xi)n SSoni*
faciuö Vn. beStjalb werfen lief, meil ber
ÜRöndb i^n feiner ©Uten falber fircng ge*
rügt ^jatte; anbetfcitS in ben D^ctfpie*
450
ÜWatf gen offen fcbaft.
len, in bcnen t>ie URarienflage ein
fie^enbeö SOtotio war, tt)cl(i)eö aud) aU
felbjianbige epifcf)e ober Ii)nfcf)e 2)icfe=
tung 5lntt3enbung fanb. ©ic^e namentlid)
@tei^ in ^crjog« yitaUfinct)tt., 5lttifcl
iDIaria, üJtuttcr beä ^ertn.
SJZarfgcnoffenfd^aft. SO^arfe, marca, tai
alte beutfd)e 2Bort für ©renje, ©ebiet,
rcel^eö etji feit bem 14. 3nl)r{)unbert
bur^ iiai fiar»if(i)e SBort grenitz, grenitza
Derbrängt mürbe, ijl im 3lltbeut[c^cn unter
anbern Sebcutungen bciö ®ebiet einer 93auer=
fd^aft; eä befielt au^ bem in ()8riüatbeft|
jic^enben 5lcferlanbc unb bem ©cmeinlanbe.
3eneö, taQ Qlcf erlaub , umlagerte bie ali
Isorf äufammenliegenben ober jerjlreuten
.t)öfe, baä (Semeinlanb befianb in JBaU
bungen, SBeiben, ©emäffern, Sorfgrünben
unb bergleic^en, fo jwar, ta^ baö Oflec^t
barauf an ben einjelnen ^öfen ^ing. SDie
SBauern ber ©emarfung bilbeten eine ®e=
meinbe mit einem 23orfie|)er, ber decanus,
tribunus, €c^ult^eif ^ie^. 2tuf einem
Sauerntage würben bie *MngeIegen^eiten
ber ©emcinbe, namentlicf) bie 2lufna^me
junger Sauern in bie Oemeinbe erlebigt.
Sßottberec^tigte SOiitglieber fonnten nur
td)tt ^reic fein; bie S'iieberlaffung eineö
gremben mar an bie 3upimmung aller
gebunben. I>iefer öltere 3uP<in^ ^^^
Äarolinger^^eriobe burd^bauertc im gan«
jen unceränbert tai ÜJiittelalter, nur ta^
ba^ 5lmt be^ Sc^ult^ei^en ober villicus
fpdtcr Don bem Sn^'itier ber ^o^en ®e-
ric^töbarfeit »erliefen ober mit einem
^ofe, an meieren tai 5Imt gefnüpft mar,
erbti^ ju 8et)en gegeben mürbe. 3uf«"^'
men mit Schöffen auö ben jur Säuern^
fc^aft ge^örenben ©orftnarfen f)anbf)abte
ber >£c^ult^ei§ bie 3)orfpoIijei, ricf)tete
über Icict)te 6traffäüe unb bradite micf)-
tigcre ®a(^en Dor ben 35auerntag, ber ju
regelmd§igen 3^**«" abgctjalten mürbe,
©e^ufg Senu^ung beö ©emeinbelanbeö
bilbeten ftd) eigene lütarfgenoffenfd^aften
mit einem ^oljgrafen ober Ober*
märfer an ber @pi^c, melier oft eine
»ornet)me (Petfon mar, unb mit eigenen
®erid)ten ober üJiärtcrg ebingen, mo
bie SDlarffireitigteiten entf^teben unb bie
^artfre»et abgcfiraft mürben.
3. ©rimm t)at in ben 5lc^t«alter*
tümern 494—532 jai^Ireid^e JRed)töoer=
^dltniffe jufammengejieüt, bie ft^ auf bie
Tlait bejiel)en unb oon benen ^ier einiget
SBefentlid^e au«äugömeife folgt. %U bie
natürli^e, dltcjle ©rcnje ftef)t ©rimm ben
2BaIb an; in (Sid)cn mürbe baö 3«icf)en
gebauen. 3tt'*f^fi^ ben Sffiälbern auf bem
©eftlbe fiebelten ßeute an, ba^er fic^ bct
Segriff ber iDiarfe gerabeju mit bem bcg
gßalbeö berührt. «DUrfoIf ober max>
fulf, ber ^df)er, ifi eigcntlicf) SWarEmoIf
= SBalboogel, aBaIbfd)reier, unb Tlaxtt
mart ifi SBalb* ober ©renjmart, görfier.
3ur aWarf geprten 2BaIb, glüffe unb
93dcf)e burcfe ben 2öalb, ißie^triftett unb
ungebaute SBiefen, in i^m unb um ihn
ber gelegen, 2Bitb, ©eoögel (ml)b. ge-
fugele) unb Sienen; nic^t aber, „mobin
$f(ug unb «Senfe gefiet", Qlcferlanb, ©dr«
ten, Dbfibdume; bie aÜgemeinfien 5luös
brücfe für bie Tlaxi finb SOBalb unb ffieibe
ober aißatb unb ^leibe. 2Die ebelfien
SBdumc ftnb (iic^e unb Sud^e, meit fte
tai befie $oIj, bem SBic^ bie reic^fie 2Rafi
geben; fte ^ei^en ^artfiolj, ade übrigen
SDßeicti^olä. ^olj, tai ber üöinb gefdQt
unb gebrochen £)at, ^ei^t ©efdtl, SBinbfatt,
SQöinbmerf, SBinbbIdfe, Söinbfc^ldge unb
bergleic^en; ober auc^ blof Sffietterfc^Iag,
©turmmetter; ftnb e^ bIo§ abgefc^lagene
bürre 5i[fie unb Spdne, fo fagt man
«afterfc^Idge , Qlftcrjagcl, 3eil, 5tb^olj,
©ipfel unb ffiipfel, ®tecfen. Seber »oUe
Sülarfgenoffe t)at freieä ^otj für 93ranb
unb 03 au. 33au^oIä für ^auö ober
Scheuer foüte innerhalb ^al)x unb Sag,
nad^bem man e^ gefdttt, mirflic^ Per»
baut fein; moQte man ein '^a^x mar»
ten, fo mufte man c^ ummenbcn unb
burfte eö bann ofme ©efal)r ber Strafe
miebcr ein 3ibr Itcgen laffen; Srenn^olj
aber muf te fofort auä bem SSalbe gefdbafft
merben. I)ic SD^arfnorfle^er unb Seamten
^aben gemiffe 23orre($te; bem ^örfict
j. 35. getjören »on Qlmtö megen ©ipfel,
SSinbfdH unb maä bie SRinbe Id^t, bütre^
unb grünet, maö bann nieber gelegen ifi.
Qln mand)en Orten fie^t ber SZöinbfall
bem Pfarrer ju, ber bafür bem ©(^ulj
unb ©c^öffen- auf SDtartini ben 5lifc^
becfen, ein mei§« unb iRoggenbrot auflegen
unb ben ^ferben SRauf)futter geben rauf.
2öei*^oIj, bürrcn ^IbfaU unb «Uftcrfdbtag,
manchmal fogar ^arte^ ^olj, burfte ber
^rembe an mancf)en Orten, aber nur bei
lidt)tem Jage, ungejiraft im SBalbe ^olen,
in anbern OJlarfen ifi bicfeö alle« »erbo«
ten. 3!)agegen barf in febem fremben
aSatb Pflugs unb SBagenfioIj für äugen*
blictlicf)e Jlotburft ^raflo« gcfdUt merben.
SGBer bei ndd^tlidi)er SGßeilc über bem 5lb«
^aueu eineö ©tammeö betroffen mürbe, bem
foüte nac^ einer alten Cflec^täaufjeicf)nung
tai ^aupt ober bie ^anb auf bem oon
♦Dtarfgrafen.
451
if)m genommenen «Stamme abgct)auen mti'
bcn; biefclbe ©träfe iji auf tai Sffialb^
brennen unb 93aumf^älen gefegt; eine
anbere ©träfe für 2Batbbrenner war, ta^
man fie in bie D^ä^e eineä großen feuere
fe^te, barfu§ unb gebunben, fo lange „biö
i^m feine ©of)Ien »erbrennen non feinen
55ü^en unb nic^t »on feinen ©c^u^en".
©rennt bet JBalb noc^ unb man ^at bcn
ißrenner in Ocwalt, fo foü man i^n in
eine rautie ^u^= ober Dd)fent)aut tf)un
unb brei (5cf)ritt oor bai ^iWix, ba eö
am anerl)eftigjicn brennt, legen, bi^ baö
^euer über it)m brennt, üßer einen jie|)cns
ben 93aum fc^dlct, bem fotl man feinen
SWabel auö bem 93aucf) fd^neiben unb i^n
mit bemfelben an im SBaum nageln unb
benfelbcn Saumfc^älcr um ben 33aum
fübrcn, fo lang biä il)m feine ©ebdrme
aüi auö bem 33aucf) um ben Saum ge=
n)unben feien. 93 on bicfer uralten «Strafe
iji übrigcnä, fo »erbreitet ibre 'Jlufjeii'
nung iji, fein gef(i)ic^tUd)eä Seifpiel nad^^
juroeifen. — ©ebutbct würbe »on ben
üDlärfern, ba^ au^ ^olj unb SRinben ®('
rate verfertigt, 8o|e für tai ßeber be=
reitet unb Srenn^olj jum brennen irbe=
ner Jöpfe genommen würbe. 2Bcit Der=
breitet ifi für ben 9'iu^cn ber gemeinen
ORart ber 5tuöbrucE SSunn unb ffieib,
womit urfprünglicfe bie boppelte Senu^ung
beö aBiefengrunbe^ burct) ^eubereitung
unb burc^ Sßeibe gemeint fein fo(I, fpäter
geborte eä jum Segriff ber gemeinen
SDlarfwcibe, ba^ barauf fein ^eu gcfii)nit=
tcn werben burfte. S)ie |)auptforgfaIt ber
ÜJlärfer war , wann eö ©dem gab, auf
bie Orbnung ber ©diwcinemafi gericbtet.
3ur 'JWarf würben au^ au^er ben ©i^cln
unb Su^nüffen bie ^olääpfel, ®cblef)en,
j^agebutten unb J^afclnüffe gerechnet.
Die StRarf liebten , Säume »ertilgen
unb ben Soben urbar machen beift ai)t.
riutan, m{)b. riuten , reuten ; neu audge«
reutetetä Sanb bci§t geriute, niuriute,
ninlende, SReubruc^, terra novalis ; fpäter
fogte man rotten, roben unb SRott^
ianb; aucb suentan, fcf)wenben unb bie
©cbwenbi ^aben biefclbe Sebcutung.
©obalb ein ÜBalbjiüd gerottet war, xvai
oft burc^ SJJicberbrennen ber Stämme ge=
fd^af), würbe cö ber Äird^e jel)ntpf[id)tig
unb oerlor baburd^ feine alte jreit)eit.
2Ö0 immer e§ anging, <irebtc ber ÜJJarf:'
oerbanb bem 3tuöroben entgegen. Dh^-
bäume werben in ber gemeinen SÜ^larf
nicbt gelitten. £)ie ältejie 5lrt ber ®renj»
bcjiimmung in ber ÜRarf war bie ^am»
merteilung (fle^e ben Qtrtifel ÜJla^);
fie grünbet fxd) auf ben 5lrts ober ^am«
mcrwurf unb bient jur Sefiimmung beä
5[Ra§e^, wie weit ftd) ber Sobcn unb tai
©ebiet ber SWarf in bie übrige $^elbf(ur
f)inein erfiredten unb bct)aupten laffe, ober
wieoiel oon ber üRarf an ben einjelnen
(Privatmann abgetreten werben foüe; fpäs
ter bebicnte man ftdt) ber SaumeinfdE)nittc
unb SRabtjieine.
25ie S[Jiärfergerid)te würben jur
fflabt ober Septigung ber 93ögte unb
Qtmtleute, 93erlet)ung ber 2Bei0tümer
(fte^e biefen 51rtifet) Einbringung unb
(Srlebigung ber SRügen, fowie jur ©inna^me
ber Su§en cerwenbet , gewöl)nlidt) mit
fröt)U(^er 3e(^e unb ®elag beenbigt.
(Segen einen unget)orfamen ffl'Jdrfer war
bie bärtejle Strafe, ha^ ii)m fein Srunnen
gefüllt unb fein Sadofcn eingefcl)lagen
würbe, ©er SOtärfer burfte fein Eigentum,
|»au«, .^of unb «Jlcfer in ber ÜJlarfgemeinbc,
nur in ber SOtarf »erfaufen, unb allen
SRarfgenoffcn jianb «Rä^errcd)t ju. Sergl.
®. ß. ». ÜRaurer: Einleitung jur ®e=
fd^i^te ber TlaxU , ^of* , S)orf* unb
Stabtoerfaffung unb ber öffentlid)en ®c*
walt, aRün(f)cn 1851, unb ebcnberfelbc,
®cf^id)tc ber SUlarfenoerfaffung in 2)eutfd)«
Ianb, Erlangen 1856.
SRarfgraf. Äarl ber ®rof c war ti, ber
benfenigen ®renjbejirfen be« Cfleitfieä,
welcbe urfprünglid) nicbt jum Sdeic^c ge*
t)örtcn, fonbcrn ben 9tadl)barn abgenommen
waren, jur ffla^rneljmung feinblicf)er ober
frieblid^er Se^iebungcn ju jenen, eine be=
fonbere Drganifation gab; ber Sorfteber
biefer balb größeren, balb fleineren Sejirtc
ober gOtarfen ^ie^ ®raf, ober jur Unter»
fdbeibung »on ben übrigen ®au»orfiebern,
Bor bcnen er burcf) 5lnfel)cn unb Sebeu«
tung hervorragte , ÜRarfgraf , marchio,
comes marchae. Unter Äarl unb feinen
näct)ficn Diiad^folgern werben erwäf)nt bie
^ifüanifcbe, 93ritannifdf)e, Säd^ftfcttc ober
2)änifd^e, Sorbifd^c, *Müarifd)e ober ^an*
nonifc^c unb bie ^"auWc^e SDtarf, aüeä
®ebiete, bie ^ä) an bie großen Stamme
gebiete 93at)ern, springen unb Sad)fcn
anfdt)loffen. Seit bem 11. 3a^r^unbert
nat)mcn audf) fol(f)e ^ürfientjäufer ben
SQlatfgrafentitel an, weldtie blo§ in ber
Serwanbtfcbaft wirflid)er SJlarfgrafen fian*
ben. 2Bic bie ©rafen überhaupt, fo be=
nannten ftd^ auc^ bie ÜJlarfgrafcn fpäter
gern na^ i^ren Sefr^ungen ober S^i^öf«
fern , bie jum Seil gar nic^t in i^rer
üRarf lagen. SDtit ber eigentlichen ÜRarf
452
OWarfd^alf — aWartinäganö.
Yoax tegetmäfig eine ober bie anbere ®rafs
fcfeaft in einem ©rcni^gau t»erbunben. 3"^
ganjcn bcfafen bie ÜJiarfgrafen biefelben
aicd^te unb maren benfclben Setpflid^tun*
gen »ic bie ®rafen unterttjorfcn ; bod^
entwidtelten jte jtc^ jum Seil fiir bie
territoriale ßanbe^^o^eit günfiiger aU
jene. „6^ n)aren", fagt ffiai^, 3?erf.*
®ef(i)., vn., ®. 93, „auögebe^nterc ®e*
Biete, an Umfang ben gcttjö^nlic^en ®rafs
fdbaften Weit überlegen: aU neu gett)on=:
nene fianbe mit einer jum Seil »on 5tn=
fang on abl^ängigen Seöölferung ber ®e*
Walt ber ÜJiarfgrafen »öEiger unterworfen;
bie jid) bilDenbe SRitterfc^aft überwiegenb
aui Jöünifierialen i^ereorgetjcnb unb fo
a\xd) ju prferem 2)icn|i üerpfCid^tet ; bie
Qeifili4)en ©tifter, felbfi bie f)ier begrün»
beten Siötümer, Wie SDteifen, 93ranben«
bürg, ^aoelberg, nic^t mit fo auögebe^n*
tcn ipriüilegien auögejiattet, wie anbere
im JReic^, fte unb i^rc ®üter nid^t ganj
ber (Sinwirfung ber SÖtarfgrafen entjogen;
bie 6täbte meiji »on biefen begrünbet unb
mit ^reif)eiten bebad)t. J)a^er fam e^
l^ier ni(f)t ju einer folc^en 5luflöfung be^
5lmtggebiet^ Wie fie ftc^ in ben alten
*Prooinjen beä SRei*^ geltenb gemacht Iiat.
2)ie ©ewalt ber iDJarfgrafen , fefier be»
grünbet unb jufammenge^alten al^ bie
ber meifien anbcrn SBürbentrdger tti
IRei^ö, gab ben im erblid^en 93e[i^ blei»
benben |)äufern eine 93ebcutung, bie nur
Wuc^ä, je me£)r auc^ bie alten Herzogtümer
ber 5luflöfung anl)eimftelen. ®aä erflärt
Warum bie JD^arfen, üor aüem Djlerrcid^,
SWeifen unb, wie fpöter bie 9iorbmarf
:^ie§ , 33ranbenburg unter ben beutfct)en
gürjientümern eine fo b^roorragenbe
©teÜung gewannen, unter ben territorialen
SBilbungen fafi ben erjien *|3la| ein*
nabmen."
aKorfc^fllf, fie^e ^ofämter.
Wlavün^anS, SKarttitSIieii» 5tuf ben
beiligen SWartin, ber ßegenbe nad^ ein
Äriegömann, ber bem in Settlergefialt
umberwanbeinben ^eilanb ein ©tüdt feinet
ÜWantelö mit bem Schwerte abfcbnitt unb
fc^enfte, ftnb frü^ 3üge beö SBobanöfultuö
übertragen worben; fo ber ©d^immel, auf
bem er reitet; i^m ju (S^ren Wirb iein
Söacfwerf in gorm eine^ ^orne^, foge*
nannte SDJartinöbörner, gebacfen, iai fx(i)
auf bie bem äBoban geopferten ^Södi ju
bejieben fdjeint. ®anj befonber^ ijl aber
bo* bem 2Boban ju (5^ren gefeierte ©rnte«
fefi auf bie geier beö ÜJiartinätagc«,
il. Dlooember, übertragen worben, an
weld^em ber ©rntebraten, meifi eine ®anÄ,
Borgefe^t wirb. 5lud^ ÜJiartinöfeuer giebt
e«, woju Äinber ftc^ ©dbeite anfammeln,
inbem fie juglei^ SBtrnen , Stpfel unb
SiJüffc alö ernteopfer unter Slbfxngung «on
fiebern jufammenbetteln. ©eba^ian
^ranf fc^rcibt üon ben ^tanfen: „@ant
[Diartinö unb ®ant Mdai ^eji celebriert
bi§ oolf wunber c^rlid^, bodb unterfdbib*
lid^, ©ant IDiartin im bau§ ob tifd^, ©ant
Uiicla* in ber firc^cn. Srfilicb loben fie
©. SUlartin mit guotem Söcin, gänfen,
bi^ |te »oH Werben, unfelig ifi baö ba"§.
bai nit auf bife nac^t ein gang jueffen
bat; ba gäpfen fic ire ncuwe wein on,
bie fte bi§b« betialten t)aben, ba gibt
man juo Sffiür^burg unb anberfwa auf
bifen Jag ben armen ein guote notturft.
3wei eberfd^wein fd^leu§t man in ein
jirEel ober ring auf bifen tag juofamen,
bie einanber jerreifen, ba« ffeifd^ teilet
man auf unterö oolf, ta^ beji fc^idEt man
ber oberfeit". 3n ®egenben , wo bie
®änfe feltener jtnb, werben fte burcb an«
bere ®cricbtc oertreten, am SJiieberr^ein
burdb frifcf)e SBurfi mit SReiäbrei, an ber
2lar burc^ „falte SWilcb unb SBecEfupp",
in SBefiflanbern burcb Söaffeln, in SRor»
wegen tritt jur ®anä oft ein %txhl. 5tn
Dielen Orten war am SWartinötage 9lu«=
teilung eineö gewiffen Duantumä 2öein
ober 5&ioji feitenö ber Dbrigfeit an bie
2)ienerfd^aft, Beamten, iJe^n^inbaber, 93ürs
ger gebräud^lidb. SDaö 15. unb 16. 5a^i*
bunbert l^at eine ganje 9tnjabl SÖlartinö«
lieber bcrüorgebracbt, bie ftdt) balb mebr
au bie ®anö, balb me^r an ben 'DJartin^*
trunf anlebnen; fie ftnb jum S^eil jiuben«
tifdben Sbaraftcrä, ta eine« berfelben fo*
gar bie ÜRefformel ober anbere geifilic^e
|)i)mnen parobiert, ein anbere« gemifcbten
lateinifd^sbeutfcben Sleft aufweifi, wä^renb
anbere wieberum me^r oolf«mä§ige S^rin!«
lieber ftnb. (Sine« ber fürjeren Siebet
lautet:
Praesalem sanctissimnm veneremiu',
Gandeamns !
2Böüen Wir nadf) ®ra« gan, |)oltcreio,
©0 fingen un« bie SJögelein, ^oUereio,
In hoc solemni feste
Zir zir passer.
iDe« ®u^gaudb frei ©ein SDtelobci
^elt über Serg unb tiefe Zl)al
5)er SOlüller auf ber Dbermübl,
Der bat ein feiße @an«,
Die ^at ein feijien bicfcn langen toaitf
lieben fragen.
Die wöü wir mit un« tragen.
Onärjfclb — ma%e.
453
SDrufla brugia bru§Ia bru^la, brufla
Qicfgacf gicfgad
Dulci resonemus melodia,
Qlnbcre ßieber u. a. in ^offmann^
»on ^allixilibtn 2)cut[d)en ©efeH^
[(^aftäliebcrn, 3tr. 256—265. Über 2«at»
tinögebräud^c: SReinöbcrgsSDüring^«
elb, 5Daö fcfilic^e Sa^r.
SWärjfcI!), jtcl)c Campus Martias.
SJlo^e» Unter biefem 5lrtifel mögen
nad) 3- ®tii"ni^ SRec^töaltertümcrn
»on ben bort befd)riebenen, im beutfcf)en
SUcd^tälcbcn be§ ÜJJittelaltcr^ öorfommen'
ben ÜJlaPcftimmungen oolfötümlic^er 5trt
bie Derbreitctficn jufammengeflctlt merben.
„3br ®runb(f)arafter", fagt ®rimm, „ijl
9Iuffaffung beä IRec^tlic^cn burc^ baö
©innlid)e; 9Beifung bcffen, )ivai feftgefe^t
»erben foH, burd) etmaö unfefieö, bem
3ufan nie ganj ju ©ntjiei^cnbe^. SOieijienö
tritt eine ^anblung unb ®cbärbc be^
beteiligten, oft bebingt »on ber einfac^*
jien 93crmidlung, mit inä ©piel; jumci*
icn tt)irb eine anbere (Sinmirfung ber
lebenbiflcn ober unbelebten Sf^atur beachtet.
(5ö jtnb lauter SDlaie für bie ®röfe,
^ö^e, 2Beite, ^^erne, 2)t(fe unb einige an«
bcre folrfjer SSer^ältniffe."
1. 2Burf ober @(i)ug, gcfd^ie^t
mit Jammer, Seit, «Speer, ©tat»,
«Pfeil, <5i*el, qSflugeifcn, ßöffel, Äuciel,
ipfunb, Stein, (Erbe, unb jmar mit 9tb»
marfcn ber äuferfien ©renje. 2)er ®e=
braud^ beä Sßurfeä toax bei alten ®erma»
neu »erbreitet unb beutet in feiner 6nt=
fie^ung auf eine ben niebergefc[)riebenen ®e=
fe^en »or^ergc^cnbe 3«it. ?luf er bem 2ßurf
überhaupt ijt in ben alten SRec^t^queUen
jugleid^ ©teüung unb ®ebärbe ber ^ü^c
unb |)änbe .beö SBerfenben angegeben,
t»eld)eö, mie eö f(J)eint, biefe^ ®efc^äft
crfc^meren unD ben ©rfolg nid^t ganj
»on feinem Sßitlen abbängig mad)en foü.
©0 foH j. 93. ber ©egenjianb über Otücfen
unb Qlc^fel gemorfen merben , ober bie
redete ^anb ^at ben 2Burf unter bem
linfen 23eine ju t^un. 2)abei ifi bäufig
eine unft^erc, fcbmierige ©teüung auf ber
^öt)e geboten, auf ber ÜJlauer, bem 3niine,
bem ä^orc be^ Qaumi , ber 3;prfct)tt)ene
unb bergleic^cn. Sei ber rcc^tlidien ©r*
mittelung ber ^eirfc^aft über einen brci«
ten Strom reitet ber ^txx, ooQjianbig unb
fc^mer gemaffnet, auf einem ftarfen |>engfi
in bie ^Jlut, fomeit er gelangen fann,
»porauf er erft »on„bicfer Stelle au« ben
SBurf »ornimmt. Überatt ^anbelt eä ftd^
^ier nict)t um ben erjicn ©rmcrb an
®runb unb 53oben, fonbern um bie 2lbä
grenjung »on befiei)enbem (Eigentum ober
iöefi^tum unb um bie Sefugniö gegen bie
9'iad)barfc^aft unb SJlarf. 5Der Stenen«
bauer mirft fein Seit ober feinen ßöffel
^ur (Erneuerung feinet S'iiitteö , JJifdEjer
unb ÜJJüUer ermerfcn bie ®renjen i^rc^
g^ifcbfangö unb iUJüfjIenrec^teö.
2. Serü^rung mit Jammer, Speer,
ßanje, 5tft, Seil, Sarte, ü«effer, Oflute,
Stod unb ^fa£)I fommt nic^t fo ^äuftg
»or mie ber Sßurf, f)at aber biefelben
ßmecfe mie biefer, ndmtid^ 2lbmarfen ber
äu^erficn ®renje, Se^iaucn übcr^ängiger
2tjl:c, fei eä auf öffentlichem 2Beg ober auf
'l}ri»atgrunbjiüd; ber »ornen über ben
©attel »orgetcgtc Spie^ orbnet j. S. bie
Sreite bcö SDßegeö ; bie ßanbgraffcf)aft im
Sifgau gct;t r^einaufmärt^ fomeit, ali
einer auf einem iRo| in ben SR^ein reiten
unb mit einem Saäler Speer in ben SR^ein
reicben mag.
3. 9Jfit bem Schein ober Sd^immcr
fernleudbtenber ®egenftänbe mirb bie SBcite
eineö 9taumeö gemcffen, menn e^ j. S.
f)ci§t: eö foH ein 9tecf)t fomeit get)en, al^
man einen roten ©dbitb, ein mei|eö *Pfcrb,
ben®eric^t^balfcn, ben Slt)ürricgel betrag
feben fann.
4. Der©d)an, »ermitteljl bcffen gc*
meffen mirb, ijl entmeber Äinberfd)rei,
infofern bie 2eben«s unb ©rbfä^igteit eine^
.^inbe^ banadf» gemcffen mirb, ta^ e^ „bie
»ier 2ßänbe be^ .^taufe^ befc^reiet", ober
Sd^all be^ ^orn^, ®IocfenfIang,
licrgefdjrei, j. S. beä ^a^neä, ®el*
beöflang unb Änod)enfIang, wobei
®elb unb Änoc^en über ben neun ober
jTOölf ^uf meitcn SRaum, meiji bie Strafe,
im Sc^ilb, fpäter im Scden erf(^atlen
muften.
5. 9^od) bem Si^raum mirb bai
9Jla^ eineö 3taumeö bejtimmt, je nad)bem
eine Sienc, eine ®anö, ein lifii), eine
2Biegc mit einem Äinbe, ein breibeiniger
Stul^I, eine Sabemanne barauf *tJla^
finbet.
6. Sergung »on Vieren, ijl eine SUia§»
beflimmung für Sdume unb Otfie; mobei
cö barauf anfommt, ob ein Sc^mein, ein
ober mehrere Dd)fen, ein ^abt unb ber*
gleichen barunter fic^ bergen fönnen.
7. geberflug. 2ßer unfc^Iüfftg mar,
mottinauä er ge^en foüte, blieö eine ^Jeber
in bie ßuft unb folgte i^rer SRic^tung;
man fragte beätialb ben 9iuäjief)enben:
mo^inau^ bläfl bu beine ^eber? 5Die
Stabt öinbau ^atte foweit iRe(i^t über ben
454
Tltin.
93obcnfee, als der runs eine feder in den
see treibet.
8. Sauf. 3«it u"^ IRaum werben
nac^ ber OSctnegung in i^nen gcmeffen:
fo lange 3«'^ '^o-'B i^^n eine SÜJJeile 2ßegeä
gegangen; fo weiter 2öeg, aU man in
einer Stunbe gelaufen wäre. S08o jwei
Säufer, »on entgegcngefe^ten «fünften
ju berfelben Qät ant)ebenb, 5ufammen =
fio^en, t>a wirb bie fircitige ©renjc ge-
jiecft; bieä ifi ber ^aU in ber Sage com
©larner unb Urner Säufer.
9. Sanb umgef)en, umpflügen,
woburd) Sanb erworben wirb; ^ai *itlter
biefer ßrwerböart etbeClt barauä, ta^ i£)rer
nic^t me^r in Oefe^en , fonbcrn bloß
in Sagen (Srwä^nung gefdiiebt; fo erjä^It
bie elfäfftfc^e (5,f)Tonif Äönigäljofenä:
^önig 2>agobert i)abt htm t)eiligen gto=
rentiu« fo oiel Sanb gcfdienft, al« er
mit feinem (5felein umfaf)ren fönntc, bi?
ber Äönig gcbabet unb ftc^ bie .Kleiber
angezogen I)ätte. Jgjeinricfe ber 2Belf lie^
ftd^ »on Subwig bem frommen fooiel
Sanbeö üerlei^en, aU er, fotange ber
Äönig ju iDlittag fditiefe, mit einem gol-
benen Pfluge umadern ober mit einem
golbenen ÜBagen umjiet)en fönnte.
10. Sanb bebeäen unb umreiten
ifi ebenfaüä eine blo§ in ber Sage erf)al-
tcne 2Ra§be|timmung , nac^ welcher fooiel
Sanb erworben werben foü, al^ ein ge=
wiffeä SDta§ con ®rbe ober ©amen auf
bem ^dD bebccfen cber bie ^aut eineö
liereö belegen tönnc. ©o foU Subwig
ber Springer ben Scrg, wo je^t bie Söart«
bürg liegt, ßon ben ^crrn Pon granfen=
fiein burc^ folgenbe Sifi gewonnen t)aben:
5lu* feinem ®runb unb Soben lie§ er
nac^t« Äörbe ooü Srbe auf jenen 93erg
tragen unb it)n ganj bamit befd)ütten.
^ernad) fing er an ba ju bauen. S)ie
Ferren oon granfcn^ein flagten cor bem
^eic&; Subwig bel)auptete, ta^ er auf
bem ©einen baute; e^ warb ju IRec^t er=
fannt, wenn er ba« mit jwölf cf)rbaren
Seutcn erwcifen fönntc, ^ätte er eö ju ge^
niesen. Subwig naf)m jwölf SRitter, trat
mit i^nen auf ben 93erg, fte jogcn bie
©d^werter auö, flecften fte in bie ®rbe
unb fc^wuren , ia^ ber ®raf auf tai>
©eine gebaut i)ätte. — 3" ^«r ©age üon
ber ÜJicluftne erbittet ftcf) Otaimunb oon
93ertram, ©rafen ju !)3oiticrö, fooicl Sanb,
gelb unb (Srbreicb an widern unb SBiefen,
üU er in eine ^irfd)f)aut umfc^lieien
ober umfal)cn tonne, ©obalb bie Urfunbe
:^ierüber ausgefertigt ifi, fauft SRaimunb
eine f(J)öngegetbte ^irf^fiaut unb ld§t
barau^ einen fc^r langen unb bünnen
iftiemen fc^neiben, womit er ein grofc«
Stf)al umjiefjt.
11. ©in 3oc^ Dc^fen frnb bae ÜJla§
für bie ^bi)t oon 93ufc^ unb ©ejiräuc^
ouf einem tiefer; wenn tai le^terc näm*
lic^ fo 1)0^ geworben ifi, ba§ ftd) jwet
Dd)fen barin »erbergen fönnen, ober ta^
jWei Dc^fen eö nicf)t nieberbrücfen fönnen,
fo fällt ber liefet ber gemeinen ÜJtatf
an^eim.
12. S)urct)fc^lüpfcnbe lietc. (53
wirb ein mit .^olj belabener 2öagen baran
gemeffen, i>a^ ftcbcn ^unbe einen ^afen
^inburd^ jagen mögen ober ia^ eine 5l|cl
(®lftcr) mit aufgerecften O^rcn ^inburdt)«
fliegen fann.
13. «öianneö Äraft enthält befon»
berä infofern eine S[Ra§befiimmung, a\i
bie iJä^igfeit freien ^anbeln« banac^ ge«
meffen wirb, cb er vermöge ju ge^en
unb ju reiten ober frei ju fielen, un =
ge^t't unb ungcfiabt, b. f). of)ne
ta^ man il)n l)alte, unterfiü|e unb o^ne
baf er ftct) eineä ©tabe« bebienc; ober be«
ftimmter, ob er in feinem Äürap eon ber
Srben auf ein t)cngfimä§igeö ^fcrb fi|en
fann.
14. 2)ie ©tärfe ber ^n^mx wirb
banac^ gemeffen, ob fte auf einen brei«
beinigen ©tu^l ober auf eine Sonne fliegen
fönnen.
15. ©^nelle^anblung wirb nac^
folgenbcn Seftimmungen gemeffen : cä foü
einer eine unauffcf)iebli(^e .^»'Jnblung Der«
richten, bcoor er fein ÜJJeffer unabgewif^t
in bie Scheibe gefiecft f)at; wenn er ben
einen ©^uf) , bie eine ^ofe auöget^an
t)ätte, foü er tm anbern ©ci)U^ u. f. w.
nicf)t auet^un , fonbern wieber anjiefien
unb bie ©acf)e »errichten.
16. Serec^nung nad^ ©liebern
be« ScibcS, je na^ Sänge, ^öl)e, %ui'
fpannung fommt oft oor: fowiel man in
ber .^anb mag galten, fooiel 5*nger man
auf eine Sffiunbe fc|en fann; Srot ober
Ääfc, fo gro§, ta^ man, ben 2)aumen in
ber *Witte baltenb, mit gejiredten ginflern
einen Umfrei« madf)en fann; eine ®arbe
mu^ fo gro§ fein, alä ein oollfommenet
Mann unter bem Ölrm jwifc^en ber ^üfte
beflemmcn fann; ben ^fcrben foH man
^utter geben bi« über bie 9taälö(^er unb
©tro^ biö an ben Sauc^.
Wttitr, at)b. meior, maior, m^b. meier,
meiger, villicus major, t)ei|t ber S5or»
gefegte eine« SanbguteS ober ^o^ti; i^m
SDfctfier — Weijicrgcfartfl.
455
lag bic ßciturtg bcö ^^^^^'^"f^ u"^ fc«
©injug ber ®efäüe ob; ba er jugicid) bei
ben J^oflcuten bie Dbtigfeit ücrtrat, [uc^te
er ftd) oft ber ßanbwirtfd^aft ju entäict)cn
unb jid) allein mit bem ®erict)t^tt)efen
abzugeben, 3^ "«^ ^^^ ©tanbc be^
©ut^^crren fonnte auch bcrjenige be*
SHeier^ ein oerfc^iiebener fein; ®ble »aren
ÜJJeier beö Äönig^, %xäi. bie ber (Sbcln,
Änedjtc bic ber freien. Dft mußten fte
ftct> infolge ber auf i^nen rut)enben
Qlmtögenjalt entwcber in einen {)öt)eren
©tanb erblicf) ju erf)eben, baf)er eö im
Mittelalter unter ben ^öpf(^en IDtinifteria-
len üiele SWcicr giebt, j. 93. bie 2;fct)ubi,
n)ct(f)e Soleier ber 5ibtei Sadingen über
i^re Untevt^anen in ®Iaru^ maren, ober
ftc mußten mit ber 3eit tai il)nen an«
oertraute Out erblid) an ftc^ ju bringen;
fpäter betrachtete man oft ia& SOicicramt
alö Sehen.
SWctftcr, ftcben ttcife, ^cift einj^n ben
SRahmen einer (Sr;:iählung gebrachte (&amm=
lung oon ®efchicl)tcn, bie urfprünglid)
au^ 3nbicn finmmt unb ®emeingut jber
arabifcf)en, perftfdicn, türfifchen, ft)ri[(i)cn,
hebrdifchen, neugried)if(f)en , franjöfifdien
unb beutfchen Öitteratur gensorben ift. 2)ic
ältefle inbif^e QucQc tragt ben i)iamen
^antfcbat antra; au^ ihr fliegen ou^et
ben fteben meifen ÜJJeiftern bic gii^^I"
beö Sibpai, bie unter bem ildamen
Su^ ber aBeiöheit ber alten 2ßei =
fen fchon 1483 unb fpäter fef)r oft mie=
berholt beutfch gcbrucft mürben; fobann
bic ^itopabefa unb bic Disciplina
clericalis. SBgl. Senfe 9, $antf^a=
tantra. 2 93bc. ßeipjig 1859.
S)er iRaf)mcn ber (grjdhiung ifi fol=
genbcr: Sin Äaifer hat einen ®ohn, ben
er oon ficben SWeijicrn in aCler SBeiähcit
unterrici)ten la^t. QUö ber Jüngling
mieber an ben ^of berufen mirb, äcigcn
bic ©epirne Seben^gefahr für i^n, roenn
er ein 2öort rebc. (£r erf^eint alfo unb
rebet nicht, ©eine Stiefmutter, erji in
Siebe ju ihm entbrannt, bann oerfdhmdht
unb ȟtenb, bringt auf feine Einrichtung,
bewegt ben .^aifcr iebcömat mit einer b"e«
jugooflen ©cfchichtc, t>a% er ben Sob fei=
neö®of)neö befiehlt; einer ber SOJeiper aber
bemirEt iebcömal mit einer ©cgcncrjählung
einen Sag J^rift. ®o »ergeben ^cben
Jage, na5) benen bic ®efahr ücrfchmun»
ben iji, unb nun entbccft ber ^Prinj bie
Schmach feiner ©tiefmutter, bie famt
ihrem Suhlen oerbrannt wirb. (5rjäh==
lungen fomohl al« bie 9?amcn ber ÜJJeifier,
beö Äaiferä unb beö *|Brinjen medhfcln, in
ben beutfchen Bearbeitungen hei^t ber
©o^n 3)iof letian, ber ^Bater ^rinjipian
ober ^oetian ober 35omitian; ber ^aupt»
cräieher i>i\^t halb 93irgil, halb @t)ntigi)a^.
3n beutfcher Sprache h«t man eine im
3ahre 1412 gcfchricbcne poctifche ©earbeiä
tung bicfe^ Stoffel unter bem 3tamcn
S)iofIetian^ ßcben eon ^anö bem
93üheler, ber ju J^Soppelöborf bei Sonn
lebte, unb taQ piclücrbreitcte Solföbuch
in *Profa, beffen ältefier baticrter Drud
au^ bem '^al)xe 1473 flammt.
aWciftergefang, 2)ic (Sntjlehung ber
©ingfchulen liegt biä jc^t nodh fehr im
©unfein; benn menn fid) au^ bic Söicificr*
fänger beö 16. Jahrhunbert^ al^ unmittcl*
bare SRachfolger berüJfinneföngcr ausgaben,
fo Id^t fich biö in bic SWitte bc^ 15. jahrh.
burchaug feine @ingfdE)ulc na(^tt)eifen; hö^*
fienä tann man tor bem genannten 3eitraum
»on eiujclnen ÜJi elfter fang cm fprechen,
b. h- Seuten bürgerlid)cr ^'erfunft, melche
ben 33cruf bcö ©änger^ unb S)i^terö er«
griffen l)atten unb ben (Shrennamen
*I)t elfter trugen; fchon in ber jrceiten
^alftc beö 13. 3at)i^unbert6 fommen bic
Flamen meistersinger, meistersanc unb
meistersanges orden »or, aber nur, um
©cfang ju bejei^nen , ber aücn aU
dufter biencn fönnc. Die fdhulmä§igc
(Erlernung beö S)ichtcn^ fnüpft ftc^ an
ben DfJamen |>cinri(J)ö con SOiei^cn
ober tJtauenlobß, ber 1317 ober 1318
JU ÜJJainj fiarb unb oon grauen in bic
Qlbfibc beö jDomcg' ju ®rabe getragen
mürbe; er mit Heinrich »on SDtüglin,
Älingöor, bem fiaifen *)3opp, Söalther oon
ber SBogelmcibe, 2ßolfgang iRöhn, Submig
OJJarner, 33arthel iRegenbogen, SRömer oon
3tt)idau, .^lonrab ®eigcr, bem Äanjler
auö ber ©teiermarf unb bem Otiten ©teffan
foü nach einem Wciflergcfang bc^ 16,
3at)r^unbcrt^ ber ©tifter ber ©ingfdhulc
gemefen fein, jur 3eit Otto I.! Slber me»
ber ^rauenlob noch fein^ Stadhfolger fann«
ten ba« 3nfiitut ber ©ingfdbulen; biefe
finbet man oiclmchr aU gefchloffenc ®e«
feflfdhaften nach Bern aSorbilbc ber 3ünftc
nicht oor ber SDUtte be« 15. Jahrhunbert«
unb ättjar jucrfi in Dbcrbeutfc^lanb, in
ÜJlainj, ©tra^urg, Äolmar, ^reiburg,
bann in 5lug«burg, SRürnberg, Ulm, Ste«
genäburg, SPJemmingen ; ferner in Dficrrci(^,
öfilicf) bi« na^ ©chlcjtcn ^in in ®örti^
unb S)anjig. (So f*eint, ia^ neben bem
3unftmefen, melche« namentlich bie Sei*
lung ber ®efellf(^after in 8el)rlinge, ®c»
456
üJlcifiergefang.
fcücn unb Sökijier »otbübetc, aud^ bic
©d)oIajiif bcr Umoerfttatcn auf bic €iä)U'
Icn tt)irffam tt»ar. ®ö Wax babci aufg ©in*
Qcn unb aufö jDic^tcn abgcfe^en. S)ie
etjicn Qlufjeidjnungen ber ©efeUfc^aftö«
orbnungen, Slabulatur genannt, fiam»
men auö bem 16. ^afir^unbert. ^iiiti
©ebid^t ij! nad^ bcr labulatur ber S^ürn^
bcrgcr©ingfcf)ulc einßtcb, h.l). firop^ifcf)
gebaut unb für ben Ocfang bejiimmt, in
bcr ÄunjifpracE)c ein S a r genannt. 2)aö=
felbe ifi na(^ bem ®efe|ebcrt)öfifd)en Äunfi
breit eilig, befielt auö ©tollen, @egen»
fioHen unb 5lbgefang, bic einer breiteiligen
©liebcrung ber IFlelobic entfprect)en ; bic
©tropfte fteift ®efä^, ©tropbc unb
2JicIobic ein SEon; bic SBcrfdftUngung bcr
S3erfc unb bic ülnjaftl ber ju einem ©c*
fa| »crwenbctcn SBcrfc ifi überaus fünji*
lid, bic Ic^tere gebt manchmal über 100
3eiien ftinau^. Sic cinjcincn 33crfc Wers
bcn auöfd)Iie^licb nadft ber ^ai)l ber ©il=
bcn, o^nc Scadfttung iftrcä; SBerte^, ge«
meffen; iftrc 3if)i foH nicftt über breijebn
jieigcn , „ tt)cil man'^ am 5ttem nid^t
ftaben fann, mcbr ju fingen". Um bie
fünftlicften ©cfä^e unb Jone ftcrauäju»
bringen, gemattete man fiä) anfangt bie
abfdtieulicbfic aSiüEür in bcr SBcfianblung
ber Sprache, gcbraudfttc ßerfcftiebcnc 3D?unb's
arten ncbeneinanber, feilte an ben 2öör*
tcrn, l)icb ©üben einfadft ttjcg ober »er»
änbcrtc fte. SDagcgcn mürben nun freilieft
in bcr Sabulatur Verbote crlaffcn. 511^
gefticr «erben ftier aufgeführt bic SlJlilb c,
tt)cnn bcr Ic|te 93ucftftabe eine« SBorteö,
ta^ ^albwoxt, menn eine ganjc ©übe
hjcggemorfen mirb: mir finge, mir fagc;
9lnftang ftei^t eine miüfürlicftc 93erlängc*
rung bc« SBorteä; Älebfilbe tai 3u?
[ammcnjieftcn eine^ jmciftlbigcn 2Borteö
in eine ©übe: gtan für getan; S)iffe =
renj ba^ mülfürli(6c Umfieücn bcrfiaute:
SDcib für SDicb. S)cr Vortrag barf nur
gcfangömcifc gefdfteftcn, jebocft oftnc alle
muftfalifcfte Segtcitung. 3" 33c5ug auf
ben 3nftttlt maren faifcftc SWeinun»
gen jireng oerpönt, b. ft. „alle falfcftc,
abergläubifdftc, fdfthjärmcrifcftc, undftrijllidftc
unbunflcgrünbctc8eftrcn,^iPoricn,(5fcmpet
unb fdE)änblicftc unb unjüdfttigc SBörter,
bie bcr reinen, feligmadftcnbcn ßeftre 3efu
(Sftrifti, gutem Scbcn, ©itten, Slßanbcl unb
eftrbarfeit jumiberloufen". ißor bcr SRc*
formation maren c^ namentlidft bie iJragcn
ber fcftolaftifcften Ifteologic, über bie un«
beflecfte Srnpfüngni^ u. bgt. gemcfcn,
tüai in ben ©cftulcn beftanbelt mürbe,
feit ber JRcformation bcr 3nftalt bcr
©cftrift.
2)ic ©efenfdftaftömitglicbcr tt)urben ein«
geteilt in ©dbülcr „bic bic labulatur
miffen", 2>icf)tcr, bic nacft fremben Jö«
nen ein Sieb ju macften imfianbc ftnb,
unb üJJeijier, bic einen neuen 3^on er«
funben ftaben. ®cr angeftcnbc ©cftülcr
mäfttt ftdft einen Sölcifier, bcr bie
ßeftre übernimmt; i|i er meit genug »or«
gcfcftrittcn, fo fieÜt iftn biefer bcr ©efcü«
f(f)aft t»or, »clcfte nacft »orftcrgcftcnbcr
^Prüfung unb SScrpflicfttung auf bic
ßunftflatuten feine 5tufnaftmc »erfügt.
|)at er [lä) „ju @ftr unb SBorteü bcr ®e»
feüfcftaft geftaltcn" unb groben feiner
©cfdftitflicftfcü abgelegt, fo fann er auf
t^rcifprccftung antragen. SDiefc wirb in
ben ©ingfcftulcn ooDtjogcn, melcftc öffcnt«
Ixä) geftaltcn merbcn unb mit bcnen *^rei^«
tiertcilungcn »erbunben finb. 3n 9iürn«
bcrg mürbe bcr baju beftimmte Jag burcft
*Mnfcftlagtafeln befannt gemadftt. 3" ^^^
Äirdftc ju @t. Äatftarincn fianb bann
neben ber Äanjel bcr „©cftaujiuftl" für
bie ©änger, öor bem ßftor ein mit Sor«
ftängen DcrfdftloffeneÄ ©erüjic, ba^ ®c»
mcrf. 3luf bicfcm ncftmcn bic ÜJicrfcr
<pia^, bic Sorjiefter bcr 3"ttft i>intn bie
■ilufrccfttcrftaltung ber Sabulatur, hai Ur«
teil unb bic 3uerfcnnung ber ^Prcifc ob*
liegt. SDann beginnt jucrfi bai „%xt\s
ftngen", bei ttjclcftem fein (Prei^ ju ge*
minnen ijt, barauf nadft einem gemeittä
fdftaftlicftcn erbaulicften ®efange ba^
„^auptfingen" um bic ©ftrenfette, um
einen Äranj »on fünfilidften 33lumcn
unb felbji um ®olb, h)cl(^eä ein ®önncr
ber ©cfcHfcftaft ouögcfe^t ftat ober ba«
am eingange ber Äirdfte gefammelt
morben ifi. 2)ic üJJerfcr urteilen audft
über bie 5lufnaftme cineö neuen ÜJlci»
jier« , nacftbcm biefer einen ÜWcificrton
erfunben ftat; bcrfclbe tüirb unter 9lfjtjienj
»on jmei ©eoattern auf „einen cftrtidbcn
9'iamen" getauft unb ju ewigem ®e«
bddfttni« in ba^ 9D'Jci|icrbu^ cingefdftriebcn.
S)ie 5«icr f(ftlie§t mit einem ®ctagc auf
ber „Stcfte"- i>«»n gercöftnlidften 5Bctfamm*
lung^orte bcr 3u"f^ wobei bcr ®cminner
bc«i Äranjeö bic ^lufmartung ju beforgen
ftat. ©in ÜJleificr burftc feine Äunfi nur
neben bem ^anbmerf treiben unb foütc
ftc nicftt burd) gcminnfüc^tigcn 93ctrieb
cntmeiften. 2)cr ©cftülcr ftattc ju geloben,
.M^ er fein SDicijicrlieb ober Ion auf
öffcntlii^er ®affe, audft nicftt bei ®elagen
unb ®ajiercicn ftören laffen wolle". S>ie
iJJlcIuftnc — SDliniaturmalerci.
457
^anbttJcrfe, welche bcm SDJeifictgcfang am
meifien jugct^an waren, jttib @^ut)mad^cr,
Äürfc^ncr unb Söeber. 5Die S'lürnbcrgcr
®d)ule erhielt fxä) M« tief in^ 18. ^ai>X'
^unbcrt; in Ulm löfie ft<^ bit noc^ am
tkx SDteiftern bcfte^enbc @ing[c^ule 1839
auf unb [c|te ben ßiebcrfranj jum SrScn
it)Xii (Sigentumö ein.
Sine bleibcnbe SBirfung auf bie 6nt=
»icflung bcr beutfcf)en ©i^tfunfi bat ber
SÜteificrgefang faum gcbabt, er tüar eine
5lrt »on gortbilbungöfc^ulc für ^anb«
Werfer; nur eine einzige ©c^ule fam ju
^ö^crem Qlnfe^en, biejenige »on Dtürnberg,
aber aud) nur burc^ $anö ®a^^.
2)ocf) beru£)te anä) biefeä ÜJlanne^ (Ru()m
nid)t auf feinen jatilreic^en SDJeifierliebern;
er f)at beren über 4000 »erfaft, »on benen
ju feinen ßebjeiten feine gebrucft »orben ;
fta^ ton i^m burd) ben DrucE »erbreitet
tüurbe, ftnb nur auf er ber @dbute entfianbene
©pruci)« unb bramatifc^c S)id)tungen. @rfi
©oebefe ^at im erficn leile ber oon
if)m berauögegebenen „Sichtungen üon
^an« eaä)i, Scipjig 1870", 159 aWeijier«
lieber gefammelt unb herausgegeben. ®ie^e
Ooebefe unb Sittmann, ßieberbud)
auS bem 16. 3af)r^unbert, (Einleitung ju ben
aWeifierliebcrn, SBacfcrnagel, ßitteraturs
gefdbid^te, unb Ooebef eS ®runbri§ § 139.
9)iclufinc ifi bie ^elbin einer urfprüng*
lid^ feltif(i)en Q^tenfage- @ine 2;od)tcr beS
Äönigö öon ?llbanien unb einer ÜReer«
npmpfie, an ©efialt »on auferorbcntlii^er
©c^ön^eit, mu^te fte an geraiffen Sagen
^ifd)* ober 9^iyengejiatt annebmen. (Sinji
überrafc^te fte tro0 i^rer ffiarnung i^r
©ema^I in biefer ©efialt, worauf fte Der*
f^wanb unb nun in bem Surm beö eon
i^rem ©ema^I erbauten ©c^Ioffcö bie
Dtotle ber weißen grau übernahm. S^^n
b'STrraS »erfaßte banad^ g«g«n @nbe beä
14. 3abrf)unbertS ein lateinifc^eS ©ebid^t,
baö im 15. 3<i^f^unbert in franjöfifd)e
!Profa gebradjt würbe; barauS übcrfe^tc
ber Serner Sbüring »on Dtingoltingcn
1456 tai beutfc^c Sßolfäbud^, baS feit
1474 oft gebrudt worben ifi.
SJicrfcfiürger ^uui'crliciier beiden jwei
in einer ^anbfc^rift ber Sibliot^ef bcS
S)omfapttelS ju SlJierfeburg (ba^er ber
JJiamc) gefunbene B^u^fifpiüc^c aui aiU
9ermanifcf)er Qtit, bie jwar erfi im 10.
Sa^r^unbert aufgefd)riebcn würben. 2)er
eine foü ben oerrenften 5"^ «'"^^
^PfcrbeS feilen, ber anberc bie gfffeln eineö
Äriegögcfangencn burd^ bie im ©prucf)e
liegcnbe 3auberfraft löfen. SSeibe ©prüci^e
jä^Ien ju ben wi(f)ttgjien Denfmdlern bcr
ältefien IJeriobe unferer fiitteratur. iBers
gleicf)e namentlicf) ben (Sjfurä in SW ü 1 1 e n «
boff unb @^erer, JJenfmöIer beutfcf)er
(Poeftc unb ^rofa.
SKeffcr, aucb ©nippe, kneif, kneip.
5Dic ©itte, neben bem Schwert nocb ein
S^^effer aU ©tof« ober ©ticbwaffe ju
tragen, gebt in bie früf)efte 3fit jurücf.
©e|r bäufig finben fie ficb j. 33. f^on in
ben merowingif^en ©räbern unb jwar
in ber Sänge oon 10 — 11 Qoü, Qam ober
bis jur .^älfte 5Weifcf)neibig. ^Dte SDteffer
Würben, befonbcrö üon ben füblänbif(^en
Sölfern, audb gern geworfen.
Sif^meffer jum Söorfd^neiben bcr
©peifen fommen in fcf)riftli(iben S'laiijri^«
ten aud) fd^on früf)e »or, cbenfo auf Sit»
bem. @d)on bie @t. ©aller SDtöncbc er*
wähnen fleiner 3;ifct)meffercf)en. 3;ifcf)meffcr
unb ©abeln für ben ©ebraud) iiiii ein«
jclnen 2;ifd)genoffcn fommen erfi im 16.
3abrbunbert in 5lufnaf)me.
Mtt, af)b. metn, m^b. mete ober met,
ifi ein urattcä ©etränf bcr ©crmanen
unb blieb mit bem 93ier bi« tief inö
iKittelaltcr baS üblicbfie ©etränf ; eö würbe
aus gegorenem ^onigwaffer erjeugt, wo*
bei man im 13. Ja^r^unbert auf jwötf
Seite SBaffer einen Seit ^onig rechnete.
9J?inbcrbriibcr, ftct)e ^ranjiSfancr.
9)iiniotunnaIerct. Unter SWiniatur oer*
fie^t man bie Qluäfd^mücfung gcfcbricbcncr,
ni(i)t gebrudtcr Sücber, tnxl^ ißitber,
SRanbjeic^nungen , 3ifi^U'^fi'i^ftt- 2)ie
ÜJiiniatur fiebt beäbalb im engfien 3ufain=
men^ange mit bcr Äaligrap^ic. SDcr 5luS*
brucf „miniatur" fiammt oon minium
{a\)t. minig), einer roten garbe, wetcf)c
bie mittclaltertic^cn SJJater meifi auS 33tei*
glätte ^erfictltcn unb jur Serjicrung bcr
grofcn Sucbfiaben ober jur 93eäeic6nung
Bon Sßangen unb fiippcn ober aud) bcr
©cwänbcr bcr mcnfcbtid)en ©efialtcn an*
Wanbten. S)ie Sed)nif bcr SWiniatur*
matcrei ifi je nacb ber 3^it ocrfci^iebcn.
S)ie ättefien befannten SD^iniaturen fd)ct*
ncn in jener SBacbSmaterci ausgeführt jU
fein, wobei bie färben, mit einer jufam*
mengefc^moläcncn Wifd^ung oon Sßac^S,
Sauge unb Seim ocrfc^t, ^ci§ aufgetragen
unb nad)träglid^ geglättet würben, ©pätet
würben bie girben in ber 5RcgcI mit ®t*
weif, (Sigelb ober Seim angemacht. 3)aS
©olb würbe batb als Slattgolb, batb mit
bem ^infet aufgetragen, ^m erfiercn %aü.t
bilbct eS in bcr [Reget ben ©runb ber
SOialerci. — iDian fc^rieb unb matte auf
458
SWiniaturmalcrci.
^Pergament ober ©aumiroücnpapier. Srfies
reo bereiteten bie Tlbniit felbfi auö ®d)afö=
ober ÄQlb«I)aut, le^tere^ (pergamena
graeca, carta bambagnia) würbe auö bem
Dricnt bejogen. 2)ic SSorbereitungen jiitn
URaleu »raren mannigfach. SBorerjl würbe
tai ^Pergament mit bem ©taub non 5lin=
tenfifd)fnod^cn grunbiert, bann mit einem
3abnrabe bfe 5lbjiänbe bcr ©c^riftUnien
fejlgejieüt. 3"*" Gntmcrfen ber 3eid)nung
bebiente man ftd) eineö ©ilberfiifteö ober
einer ü/iifcfeung auö äwei Seilen 93lei unb
einem Seit 3'""- ^Jiit Äielfebcr unb
linte, einer 9Wi[^ung oon ßampcnru^
unb (Summi, jog man bie UmrijTe nac^,
mit bem ^infel »on 6i(i)^örnd)ent)aarcn
unb tierbünnter Sintc mürben bie ©c^at*
ten angelegt. ^Den ©runb, fofern er nic[)t
rcei^ belaffen mürbe, färbte man oft pur»
purrot, feltener grün ober blau. Sffiar
bie @(i)rift unb Malerei fertig aufgctra*
gen, glättete man bie %\ää)i mit bem
SBrunierfiein ober SSrunicrja^n (3ä^nc oon
fleifcbfreffenben Sieren ober (Sbeljleine:
„je ebler, be|io beffer"). 2)en ©c^reibern
(scriptores et pictores) mar im Ätofter
ein eigener abgetrennter SRaum, tai ©crip=
torium, üorbcbalten. 2)en ©cf)reibcrn tag
entmeber ein Original cor ober ber Qlrma«
riuö biftierte. ffi$aö gefd)rieben merben
foltte, bejiimmte ber 5tbt.
2)a§ f^on bei ben Otiten ta^ SUufiric-
ren »on ^anbfcf)riften burd^ bilbticbc i)ar«
fteüungen norgefommen ifi, miffen mir
aui ber ®räiif)Iung beö ^liniuö oon ben
griec^ifcfeen ^träten ßratenaö, SJionpftu^
unb ÜJJctroboru^ , metd^e i^ren 5lbt)anb«
lungen über bie (Sigenfc^aften ber $f[an=
jcn beren Olbbtlbungen beifügten. 35aPon
ifi aber nic^tö auf bie 9^aci)melt gefommen.
3nbcffen jeigen bie Sitber^anbfdjriften beä
SBirgii unb Serenj in ber oatifanifc^en,
bie be« .^omer in bcr Oimbroftanif^en
93ibliott)ef in SDiailanb unmittelbare ^ad)'
bilbungen antifer Äompofxtionen , freilief)
in metir unb mel)r entartenber SBeife.
St^nlid) begann man frü^ f(f)on bie ^eili»
gen ©c^riften ber (5t)riften, iiorne^mlid^
bie tti alten SePamentö auöjufcbmücfcn.
©0 in ber SBaticana ju iRom bie 32 gu§
lange *Pergamentrolle mit 2)arjietlungen
auö bem geben be8 Sof""! / ti"« ^anb-
f(^rift be« alten Jefiamentg ebenbafelbfi
unb baö ÜJlanuffript ber ©enefiä in ber
93ibltotbef ju 2Bien. Öil)nlid^e SBerfc
bpjantinif^en ©tilcä auö bem erj!cn
Sa^rtaufenb unfcrer 3e*tre^nung finb
ja^lrcic^ Dorlianben, unb mögen ^ier ge^
nannt fein ein in ber '^arifer Sibliotfief
befinblicf)eö ÜKanuffript bcr *|Jrebigten
©regorö »on 9'Zajianj (9. 3fl^i^^"nt>crt)
unb eine Silbcrl)anbfc^rift bcö 3efaia^ in
ber Saticana (10. Jabrbunbcrt).
Söa^rcnb im bt)5antimfd^cn SReii^c bie
ÜJJtniatur urfprünglicl) ©emälbe, ben ©ü«
c^ern eingefügt, mar unb erfi im Saufe
bcr 3cit bie Drnamentation bcr ©(^rift»
jüge felbp t)injufam, nat)m bie ©ad^e im
'Ubcnblanbc ben umgcfel)rtcn 95crlauf. S)en
DDtönc^en fam cö nor allem barauf an,
bur(^ 5lbfcf)reiben ibre Älöfter in ben Sc*
ft^ ber ^eiligen Sucher ju bringen, ytaäi
unb nac^ erji famcn bie ©(^reibfünftlcr
baju, burc^ gtö^cre, t?crjierte Qlnfangä*
bu^fiaben i^rc ©d^rift au^jujeid^ncn.
Äunjimerfe frübercr Spod^en fianben it)nen
ni^t JU (Sebote, beä^alb mußten bie Sicr«
unb ^flanjcnformcn i^rer unmittelbaren
Umgebung ilincn bie iBorbilber liefern.
Qtuö ber Äaligrap^ie ging aber jugleid^
eine l^reng ornamentale SDtalcrci ficroor.
2)ie 3fic&ncr t)atten faum bie 5lbfid^t, bie
23ögel, }Si\d)i, ©d^langcn, 93lätter unb
Slütenjmeige naturgetreu roicberäugcbcn,
felbfi bie mcnfd^lidje Oefialt mufte fi(^
bie freicfie Sc^anbtung unb bie Ummanb*
lung jum Ornament gefallen laffen.
3rlanb iji bie J^eimat biefer frübefien
abenblänbifd^en SD^Jalerci, unb cö iji mal^r*
fdbcinlic^, t>a^ ber ©til unb bie Waler*
ted^nif t>on QUeyanbria au« nadb S^Iin^
burdf) ©inmanbern ägpptifd^cr SD'Jönc^e ge*
fommen unb »on bcr fcltifc^en ScDölfe»
rung fpäter eigentümlich fortgebilbet roor*
ben ifi. 2)on ben irifd()en Älöfiern ifi
bicfc Ornamentation juüörbcrfi auf eng*
lifd^c übergegangen, din d^arafterifiifd^cr
3ug ber irifc^en üKanuffripte befielt bar«
in, ba^ bie 93ud)fiabcn ber erften S^iU
eineä 2lbfd^nitteö t>iel grö^ercö gormat
t)aben aU bie übrigen. 3"^^'" überragt
bcr eigcntlidfic 3nitialc feine S'iebcnmännet
um ein bebcutenbe^. Qluf bie crfie S^üt
pflegen fid^ audb bie 3'ctaten ju bcfdbrän«
Ecn. ©äume »on roten lupfen um bie
3mtialen ftnb bie erficn fd^tid^tcn SScr*
fudf)e, malerifd^en ©dbmud anjubringcn.
S)ann mirb ber Äörper bcr mit fd^warjer
Sufdbe aufgeführten ©ud^fiaben mit einem
ücrfd^lungcncn ßinienornament in mei§ct
Jarbe auögcftattct, bie einzelnen 93alfcn
bcr Suc^fiabcn crf)alten Äöpfe von ißögeln,
ober a^eptilien. 3" i»«" Sinfcln unb
fonfiigcn 3"''f'ftfnfäumen fxcbcln ftd&
93ögel, ©d&langen, SJrad^cn u, bgl. an,
umgeben t>on ober tcrflod^ten mit bem
SDiiniaturmalcrci.
459
auf bae ftnnreic^Pe geführten Sanb« ober
(Ricmenircrf. 3)ie 5'>i^^<^n ftnb mit jiat»
fen Sinbcmitteln angctnad)! unb bo.bur(^
üor bem Serblaffcn 9e[cf)ü^t. ®eh)i§ fann
eine 3;f)ätigfeit , welche in bcr fcf^terlofen
5lu^fü^rung bcr @ci)nörfel unb 5lrabeäfcn
i^re ©ebulb unb fafi unbegreifliche Sorg»
famfeit erprobt, nur gebei^en unb ;iur
a5oütommcnl)eit gelangen in gänjtic^er
5lbgef(^Ioffenl)cit unb bei fafi töüiger ^i-
bürfniölofigfeit, Umfiänbe, »üelc^e bei ben
SSetüo^nen bcr irifct)en Älöfier ju finben
»aren. S)urd& bic geograp^ifd)c Sage
cor ben ©türmen, welche über (Suropa
ba^injogen, befc^ü^t, fonnten bie ©djüler
beä ^eiligen (jSattiE tai (5,{)rifientum auf
ber grünen 3nfel oerbreiten unb nac^^er
aU gtaubenöfefic Scrfünbiger bc^ Slöortc^
©otteö aud^ tai übrige ©uropa bereifen.
»DJit it)nen jog aber jugleict) ibre ®d)reib*
unb Süuminiertunfi in bie SBclt binauö.
S)ic umfaffenbfte Arbeit über bie SOJinia^
turen biefcr ©d^ule ^at 3- ^- ffieftwoob
in feinem 2Öerfe: Facsimiles of the mi-
niatures and Ornaments of Anglo Saxon
and Irisch mannscripts geliefert, auf melc^eö
aScrE Dcrrtiefen fei. ®ie älteren bittw
tenberen SWiniaturen irifd^cn ©tile^ finben
ftc^ in einem (Soangeliarum beö ^eiligen
Söiüibrorb (<Hnfang beö 8. ^atjr^unbert«)
in ber ^arifer Sibtiotbef. ©etfclben 3eit
ungefähr ge{)ören bie SO^iniaturen beö fo=
genannten Sut^bert=93uc£)eö, eine« anget=
f<i(i)rtfcf)en Soangeliariumö im britifdjcn
ÜKufeum ^u 2onbon an. ©inen großen
@d^aj^ altirifd^er SRanuffripte bcfi^t bie
93ibIiot{)ef beä el)emaligcn Älofieiä ^u
©t. ©aUen (fte{)e aiaf)n: 2)a« Psalte-
rinm Aurenm ju @t. (Sauen). 3" ^c" ""d^
jat)lreic^ erbaltenen SJBerfen ber fpäteren
Seit jeigt ftc^ oft eine fonberbarc ©er?
fcbmeljung beö irifc^en @tilö mit bem
bpjantinifi^en , fo im (äoangetiarium ber
Trierer ®ombibIiot^ef unb in bcnjenigcn
bcr *Bibliott)ef ju 'Soulogne. ®ie 3ci*=
nung ber giprcn ijl bur^gängig beffer,
hai Ornament bagegen h)eniger jierlic^;
bie fpcjififd)en (Elemente beöfelben , bie
Kombination »on Sinien, SBinfeln, @pi=
ralcn, SRiemcn zc. oerfc^minben na^ unb
nad) gänälid).
35Ön ben i8en)ot)ncrn beö ^^^Planbc^
f*etnen befonberö bic au^ Sieren jufam=
mengefe^ten Suc^ftaben mit Scgier auf=
gegriffen mor&en ju fein. SeugniJTe f)icr»
für beft^en bie Sibliotbefen ju ßaon,
Stuttgart , *JWüncf)en , ®t. (Saßen unb
fPari«. %ui ber 3cit ÄarU tii (Sro^en
batieren bic altcfien Denfmale n)irfUct)er
iWalcrei in ben fiänbern iJlorbeuropa«
(Srianb aufgenommen). *}ntcftrifilic[)e,
nocf) »on antifer Srabition lebenbe unb
btjjantinifc^c ißorbilbcr unb £)äufig aud)
ber Sinf[u§ ber aue 3'^I'inb gefommencn
ÜJlöncfte laffen fid) in ben nocE) böcbft un^
be^otfenen 3ti^"""3f" erfennen. 3)ie
antifen ^erfonififationcn non <£onne,
ÜJJonb, (Srbe jc. mcrben beibehalten, ob=
fct)on Äarl jene SO^ianicr ali t)eibnif(^
nermarf.
5Dic glitten fetbfi gewinnen eine fefte
ft)mboIif(^e 93cbeutung. Sei if)rer QJcr*
teitung leitet mc^r ein allgemeine^ (Sefe^
ber Harmonie alö bie SRüdfic^t auf bic
D^atur, unb cö ifi nii)t feiten, ha^ ^aare
unb 33art grün ober blau gefärbt ftnb,
wenn cö gerabc pa§t. 511^ t>ai ältcfie
fflerE ber farolingifc^en (Spo(i)e gilt hai
(jDangclifiarium beä (Sobeölac, melc^cö
auf Sefebl Äarlä tti ©ro^en angefertigt
morbcn tt>ar. ÜJlit bem größten ßuyuö
auögeflattet, erfc^eint bie ©c^rift in ®olb
unb ©ilbcr auf purpurfarbigem ^crga*
ment. ©ic ÜJ^iniaturen beö 9. 3«br^uns
bert^ ergeben ftd^ ju gro§cr ©elbfiänbigs
feit. Siö^cr bemegten jid^ bie Äünftlcr
innerl)alb eine^ fct)r engen Ärciieö ber
SJarftcüungcn, nun aber unternehmen fie
cö, bic im Scft erjät)lten Vorgänge bilb^
lid) miebcrjugebcn, anfänglicl) in f leinen
3eic^nungen, melden bie 3nitialen als
Ota^men bienten, na^t;cr aU freie Äom«
pofition in großen Söilbern. 5lud^ bic
^arbengebung roirb rocnigcr ^art; ber
SRaler beniü|t ftc^ ju mobeüiercn, jum
Jcil nad) bem SSorbilb ber Spjantincr
mit grüntid)en ©d)attcn, jum Jcil aber
aucö nac^ ber Dfiatur mit eigentümlicher
*llntt)enbung golbencr ßid^ter in l>tn ®e*
ft)änbern. .^iert)er gef)ört nebfi anberen
bie 2Bcffobrunner ^anbfc^rift (^ofbibliO'=
tbcf üBfünd^cn), boä (Juangcliarium ßotl)arg
unb bie Sibcl ^axU beö Äablcn, ba«
rcic^fie aller biefcr SBcrfc. (Sine gro^e
3a^l ^anbfc^riftcn au^ ber farolingif^en
3cit beft^t ©t. ®aücn.
5ludb in ber ^Jolgejeit, ber romanifc^cn
verleugnet bie ÜJliniaturmalerei feincättjcg^,
bie *Mnlct)nung an bic ^ilntifc, mie ftc
burc^ bie alt^rifilict)e Äunfi überliefert
war. 3nbeffcn gef)t bic Pflege bcr Äunfi
mit bem (5rlöfd)cn bcr farolingifc^cn ^err»
fd^aft tion ^yranfreid^ auf Seutfd^lanb
über. I)ie .^ünfilcr ftnb nad^ mie oor
Älofictgcifilic^e, aber *ilugc unb ^anb ber
beutfcöcn aJklcr ermcift ftd) noc^ ali un*
460
Sniiniaturmalerci.
geübter unb ungelenfer, unb baö Scfireben,
mit ber Stabttion bie S(n[(^auung bet
JRatur ju eetbinben, Sewegung unb 5Iu6=
brucE in bie 3fi*nung ju legen, »ctleitcn
biefelben gu Übertreibungen unb SBer*
^errungen. 5Die ©eftd^tcr erlbalten eine
fable, fclbji grünfidbe ?^arbe, bie im SBcr»
ein mit bem Mageren, SingefaKenen , ben
langgejlredften ©efialten unb ben lebloä
f(i)ematif4)en ®ett)änbern biefen Qtrbciten
einen bei aQer ^Jaibenprac^t bod^ triften
abf($recfenbcn 2tu«ibtu(f geben. Unter ben
SBerfen be« 10. ^abrbunbertö f)at ia^
©bangeliarium beö ©ifdbofö ßgbert Bon
Srier in ber bortigen jtäbtifdben 93iblio5
tbef grofe Sebeutung. 2)ie Söangclijien
crfc^cinen auf öiolettem, golboerjiertem
leppic&grunb großartig feierlicf) in |»altung
unb 5lu9brucf. ®cr bt)jantinifterenbe
®til iji bcfonberö auögebrücEt in ben
ÜJliniaturen , tt)el(i)e ^einric^ n. für tai
^omjtift Sßamberg anfertigen Iie§. S)ic
3ei(f)nung ijl fonccntioneü, biltöerjian^
benen 33orbiIbern obne 8tücfft(i)t auf bie
Statur nadfjgea^mt. ^m ttjeüercn iBerlauf
bc^ 11. Sfll^^uni^wtö bcmäd)tigt fidf) eine
manierijiifcfie Entartung biefeg @tilcä, bie
in feltfam uerfd^robenen Äörpcrformen,
mirren ®e»t)anbmotit)en unb oft in ah'
fto^enber ^ä^Iidbfeit jtc^ geltenb ma^t
unb ben tiefften SBerfaQ ber Äunji »errät,
ißon ber OKitte beö 12. ^abrbunbertö
an nimmt bie Silbung eine^ felbjidnbigen
germanifd^en Stilen ibren 5{uögang. ©ine
Äunfi, »elcbc in fo inniger 93ejiebung
jur ßitteratur fianb »ie bie SO^tniatur«
maierei, fonnte ja non bem ^luffc^wungc,
tt)elcf)en bie ^oefie in S)eutf(^lanb na^m,
nicbt unberührt bleiben. S)ie beiligen
©cbriften gaben ber SDtalerei ni(i)t me^r
aUcin ©toff unb 51nregung ; ßegenben,
|>elbengcbi(i)te , poetifc^e ©rjatilungen,
2;icrfagen unb SWinneliebcr eröffnen bem
Äünjiler ganj neue SBclten. Unb mit
ben ©egenjiänbcn gebt aucb bie 5luäs
Übung ber knn^ auö bem auäfcbtie^Iid)cn
öejt^ ber ©eifili^en in ßaienbänbe über.
2)ie Sracbt ber 3eit fpiegelt ftd) beutlicb
in ben aWalereien tt>ieber; in ©ejicbt ,unb
Äörperbilbung meidet ber btjjantinifc^c
Ippuö mcbr unb mebr einem nationalen,
©tarfe fcf)n3arje Umriffe merben au^ je^t
nocf) bcibebalten, mie audb bie pbantapi«
fcben Serf^Iingungen an irifc^e Initialen
erinnern; bie aWotiwe aber tt)erben ber
^flanjen* unb Sierhjett enttebnt, unb in
ben Bügen ber großen 53ucbjiabcn jeigt
ftd^ Sinn für ©dbJuung ber ßinien. (Eine«
ber Dorjüglidbjten Sffierfe biefer ©podbe be«
fa§ 'bie Sibliotbef gu ©traiburg in bem
„Hortns deliciarum", »elcbcn bie iÖbtiffin
^errarb fon ßanbgberg 1175 gefdbricbett
unb mit jal^Ireidf)en 31bbilbungen »erfeben
bat, benen ein »ielfacbeä Eingeben auf
SWatur unb Scbcn einen naioen SReij »er«
liel). 23on ber freien , fd^tt)ungt>olIen
$bantafiif, bie in ben Ölanboerjierungen
unb 3"itialen ibr |eitere^ Spiel treibt,
geben brei ^afftonale auö bem Älofiet
Swiefalten (Sibliotbef in Stuttgart) mebr»
fact) glänjenbc ©eifpiele. 2)ie ©efialten
finb in fdbttjarjen unb roten i^eberjeid^«
nungen, jum Jeil auf farbigem ®runb
abgebilbet. SDabei finb bie nacften Seile
ftetg in roten Umriffen geilten. SBegen
©tubium bcö Seitfofiüm^ namentlicb tt)i(^«
ttg ftnb bie ÜJiiniaturen ju ^einridb »on
SBelbedE« „föneibt" («Ünäi«) in ber ißiblio*
tbef ju Sßcriin , insgemein ol^ne 3lu3*
malung. 2)iefelbe JBibliot^ef befi^t eine
aug bem 13. ^a^rbunbcrt batierenbe, in
neugotifcben iDtinuöfeln gefdbriebene Äopte
beö ßcben^ ber ÜJiaria »on Sßerinber öon
Segcrnfee. Umgefe^rt erf(f)eincn bier bie
©ettjänber in roten, bie nacften Xeile in
fcbttjarjen Umriffen, nur bie Unterlippen
ftnb burcb einen roten Stridb, bie ÜBangen
burcb rote fünfte bejeic^net.
2)ie franjöfifc^e SWiniaturmalerei fianb
in ber romanifcben @podf)e unter übet«
tt)iegenbemföinf(uf beö irif^«angclfäcbftfdben
©tilö. Snbeffen mirft ber gotif^e Stil,
ber in iji^anfrei^ feine |»cimat f)at, frül^er
unb entfc^iebcner auf bie iDliniaturmalerei
ein aU in anberen ßänbern. 5n ber
Äunfi be^ „3fluminierenö" marcn bie
iParifcr ^ünfiler meit berübmt.
23orerfi bcfcf)ränfte man ficb in ber
gotifdben 3«it <Juf fdblicbte Umrifjeid^*
nungen, inbcffen »oUjiebt ftcb ber Übergang
com 93t)jantini^mu^ unb iRomani^uä
ju natürlicberen 99eft)egungen unb jur 5n«
bioibualifierung ber Äöpfe aümäblid^. 2Die
ÜWittel jum Stu^bruct ber ©mpfinbungen
ftnb nodE) äufcrfi befdbränft: ^crabjie^en
ber 9)iunbtt)infcl für Sdbmerj :e. S)ie
farbigen Silber ftnb anfangt nodb tt)irf«
iiä)t ^itixii\ä)n\xn(itn mit ungcbrocbenen
garben iKuminiert; erfi aümäblidb gelangen
bie Äünfiler felbfiänbig mieber auf bie
Stufe, roeldbe fte mit bem 5lufgeben ber
btjjantinif^cn Sedbnif »erlaffen bciW^n-
fte gebraucbten ajJitteltöne unb Übcrgönge
jttiifdben ßid^t unb Schatten. 25a« Stre*
ben nacb 3ierlidbfcit unbStnmut fü^rt gu
eigentümlich gemunbencn Stellungen unb
SOJiniaturmalciei.
461
iDcibtc^ungen beö mcnfc^ lieben Äörpets.
eincö i>n liebenörDÜrbigfien Scifpiclc bic=
fcr 2ttt fmb bic |)anb[(^nften be^ *13arcit>al
röolfram^ Don Sfc^enbacb unb be^ Stifian
©ottfticb^ Don «Strafburg in bcr 93ibIio5
t^cE ju ÜJlünc^cn, fc^tüaräc $5f^fi^sfi<i)niin'
gen auf farbigem ©runbe. Jfoc^ cnt-
fd^iebener ge^t bcr SGßeingartner SOiinne«
länger «Äobey (Äönigtict)e 93iblitf)ef in
Stuttgart) unb ber äJfanefftfc^e (33ibtioä
tbef in *Pari^) auf ben c^arafterifii[cf)cn
®d)»ung beä gotifd^en ©tilc^ ein. *}l[Ie
biefe IDliniaturcn ju fprofanbid^tungcn
»erben aber überragt üon ben auf ©olb^
ober Sapctengrunb aufgeführten iUumi»
nierten 5tbeTjeicf)nungen ju 2öoIfram«( Don
(5f(benbac^ Jftittcrroman : 2BiIt)cIm »on
Dranfe, in ber Sibliot^ef ju .Gaffel. Oft
o^ne icbe nähere 33eäie^ung jum Scyte
finb bie iRanbjeic£)nungen , ttiie wir fic in
93ibcln, ^faltern ober (5oangeIienbücf)etn
finben , abenteuerliche Ungcfialten au^
33?cnfct)en= unb Sierleibern jufammengefe^t,
üod origineHem, mitunter berbcm |)umor,
mit fieserer ^anb gejeicbnet, fid) auf SRan=
fcn unb bergleic^en tummclnb. JReid^ in
biefer Scjie^ung ifi eine SSulgata ber
öffcntli(J)en 93ibliot^ef ju Stuttgart. 5lud^
im 93öt)menlanb entmicfelt ftd) im Sauf
beö 13. 3a^t^unbertö eine ocrnjanbte SRi^*
tung, t)on ber eine Silberbibcl in bcr
93ib'Uot^cf beö gürficn fiobtoftij ju «Prag
jafjlreic^e ©eifpielc poü ßeben unb Drigi*
nalitcit bietet.
%üx bie ättieite (ßeriobe tti gotifrf)en
Stilcö ifi c^araftcrifiifcl) , baf mel)r unb
me^r an Stelle ber foloriertcn g-eberäei^«
nung bie felbfiänbige S!}Jalerci mit bcm
*Pinfel tritt. S)a6 9lugc ^atte fxä) ge=
f(J)ärft in ber Seobac&tung ber SRatur; eö
fa^te bie gotmen richtiger auf unb bcr
Äünfiler fing an ftd) flar ju werben
über bic 33ebingungcn bcr förpcrli(f)en
(Srfcbeinung ber ^ingc. 3n ber 3eid)nung
menfcf)lid)er ^^^Si^i^^n ocrrat fxi) bereite
ein genaue^ Stubium ber Äöpfe unb
^dnbe, wä^rcnb eö aUerbings mit bcr
5lnatomic beä übrigen Körper« nod) übel
fceftellt ifi. S)er ^altenmurf bcr Älcibcr
wirb lei(i)tfliefcnb, ben ^intcrgrunb bil*
ben 5trc^itefturcn ober fogar auc^ ßanb*
f(J)aftcn , bauflg inbcö @(f)ad^brett ober
Scppic^muficr.
5Die franjöftfc£)cn unb burgunbifdf)en
gürfien befonbcrö liefen ftd) "bic »Pflege
ber Äaligrap^ie unb a3ucf)malerci angc=
legen fein, unb waren namentlich niebcr«
länbifdE)e ÜJliniatoren bie ausfül^renbcn
Äünftlcr. gür Deutfc^lanb fommt in
biefer $eriobe ganj Dorjüglicb bie böt) =
mifc^e ©d^ulc in 33etrad)t. SBie Äarl IV.
mar aud^ fein So^n 2Benäel menigficns
anfangs bcfliffen, bic Äunfi in 93öt)mcn
ju pflegen. 3<^l)lreicbc ^anbfcf)riften , für
bic genannten gürfien angefertigt, »er=
raten mcberlänbifdt)cn ober franjöfifct)en
einflut. 511^ SBerf eineö böl)mif(^cn
Äünfilcrä unb jmar tii ßcutcpriejicr« t»on
Sanbsfron: Sofeanneö oon Slroppau fieHt
ftdf) ein enangeliarium ber 2öicner ^of-
bibliott)eE bar. gür ben Äönig 2Benjcl
angefertigt iji eine beutfct)e 93ibelüber=
fe^ung, bie aBenjetbibcl, erhalten. 2>ic
fürfilicf) Sic^tenfieinifcf)c 93ibliotf)ef in
2öicn unb tau Stift gilienfclb bcft^m
©fcmplare einer Concordantia caritatis,
mcld)e erfcnnen laffen, baf an jcbem 33Iatt
fünf Äünjilerf)änbe befd)äftigt gcmefen
ftnb, alfo auf eine gemiffc fabrifmdfige,
eine gro§c 9'Jacf)fragc oorau^fc^cnbe ^ro*
buftion f(^licBen laffen.
I)ie cnglifcften SOtintoturen biefer 3eit
pflegen fic^ »on ben franjöftfcljen burd^
geringere SRoutinc in bcr 3eid)nung ju
unterf(^ciben.
S)ic rcalifiif^e , inbioibualificrcnbe
SRidl)tung in bcr iKalerei, oon ben 93rü=
bern mn StjdC unb bcr altflanbrifc^en
Schule weit über bic Sfiac^barlänbcr ^in*
auö jur .^crrfcl)aft gebracht, fanb auf bcm
©cbictc ber SWiniaturmalerci einen oorjügs
lidf) günjiigen Sobcn. 2)ie portrdtmafige
Scl)anblung bcr gipren, baä Streben
na<i) fRaturma^r^eit ftnb oon nun an
^croorjicc^enbe 3ügc in ber ÜKiniatur*
maierei. 3n einselnen Söcrfcn biefer 3«t
glaubt man bie ^anb ber bcrü^mtcficn
Tln^ti bcr flanbrifc^en ©d^ule ju erfen*
nen, »ie bie 93rüber t»on @t)d felbji, na*
mentlid) aber beren Sdf)tt)efier ÜJiargaretI)a.
daneben werben bic ÜRalereicn ber für
?ßl)ilipp ben ®uten gcf^riebenen Histoire
du royaume de Jherusalem, bie ÜJUnia*
turen im ©cbctbu^ Äarl be« Äüt)ncn
unb qsiiilipp be« ©uten', bic Silber ber
®efcf)ict)te beg .^cnnegauö, biejenigcn au«
bcm Srcniarum be^ Äarbinalö ©rimani :c.
SKogicr Dan ber 2öepbcn, Wemling unb
2)iref Stucrbout 5ugcfdt)rieben. 3" *>««
reid^jien unb fd^önfien Suchern biefer
epo*e gcprt tai ©ebetbud) ber ORaria
pon iöurgunb in ber Sßicner ^ofbibliot^ef.
©bcnbafelbfi befinbet „ficf) eine prac^toott
aucigcfiattctc beutfct)e Überfc^ung be« Hor-
tulus annimae »on Seb. 33ranbt. 3)ie
Initialen in ben nieberlänbif^en üJianu»
30
462
Minimi fratres.
ffripten «erben mit Sorliebe mit tonuntio'
nett bc^anbcltem Slattmctf gebilbet, beten
3tt)ifci)cnräume mit prächtigen ©lumen
ober gtüc^ten auägefüHt ober mit färben*
reichen 2)ögeln ober SnfeWen bet»ölfcrt
tüurben. — S>eutf(^c Spiiiniaturen um bie
SWitte be^ 15, 3Q^ic^uni'«t^ äciflsn ineifi
nod^ bie Stad^njirfungen früherer Äunfi«
Vüeifen. 2)ie SBeic^^eit ber ÜJiobetlicrung
erinnert oft an ben legten Vertreter ber
altfölnifc^en <Sc£)uIe: ©tep^an ßod)ncr,
tüä^renb in ber ©c^ön^eit ber garben
ftd) bereite ber ®influ§ ber oan Spcffc^en
@(i)ule bcmcrfbar mad^t.
9Bie in atlcn 3*''«i9cn ^^^ IDklcrci
ctfcfecint auä) in ber ÜJliniaturmalerei
ÜDüter aU ®ro§mciftcr. ^icrt)cr gehören
bie 5Hanbjei(tnungen jum ©cbetbu^
ajitayimilianö I. in Stau unb SRot auf
Pergament auögefü^rt, poü *pf)antafie in
ben sierlid)en 5lrabe^fen auö Wan«
jenformen unb ßinienoerfd^lingungcn, oft
gewürjt mit föfilic^em ^umor.
a3on ben ja^lreid^en SQuminijien,
rotld)^ in ber erjien ^älfte be^ 16. ^ai)Xt
l^unbert^ in SJlürnberg bie ^lu^fdimüdung
toon Sü(i)ern gc^erbcma^ig betrieben, i^
Dornc^mlid) ®eorg ©lodenton ju nennen,
bcffen Äinber unb ©nfcl i^m auf ber
93aftn folgten , baneben ©eb. ©e^am.
Sapern barg eine gro^e ÜJlcnge SHumi*
niften. ^u^ aud 93öl)men ftnb in neuerer
3eit eine gro^e 3<if'l aJJiniaturmerfe be=
fannt gemotben, rcenn auc^ mand^eö in
ben ^uffitifd^en ©türmen ju ©runbe gegan«
gen fein mag.
i5ranErei(| ^atte in ber crjien .^älfte
be^ 15. 3cifet|punbcrt^ feine SOiu§e für bie
^Jflcgc ber ^ünjle. 93ürgerEriege unb ber
Ärieg mit ©ngtanb pctwüjieten tai üidä).
S)en ©til ber SRcnaiffance in bie franjö»
ftfd^e SOJiniaturmalerci eingeführt ju ^aben,
ift bai Serbienji ^tl}an goucquetö. %li
üorjüglic^Pe llrbeit feiner ©d)ule erfd^eint
tai ®ebctbuc^ beä Äönig^ SRcn6. S)en
bominierenben (5inf[u§ ber itaUcnifcf)cn
SDlalerei unter %xani I. ücrrät ein (Sfem*
plar ber Chants royaux (^ofbibliot^ef in
SDßicn). Son ©eofrop Zoxt), bem auöge*
jei(i)neten ißu^brud er, 3eid^ncr unb ©ted^cr,
ejifiicren jwei SOliniaturmerfe , «elc^c un=
ter bem ®inf[uffe ber ©d^ule t)on '^on'
tainebleau entfianbcn ju fein fc^einen.
©pätet fommcn in ^Jranfreidf), tt)ic anbcrö'
wo, bie 9JJiniaturen in ben Sudlern nur
no(^ Dereinjelt cor.
aSom (Sntmicflungdgüngc ber ÜKiniatur«
malcrci im 9lorben njurbc bie italienifcf)e
weniger ober gar nid^t berüf)tt. S)ie ältcften
italienifc^cn SRiniaturen befi^t bai Älojler
ÜJlontccafjino (6. ^ahx^.). 3m allgemeinen
batiert hk ^Befreiung ber italicnifc^en
ÜJliniatur au^ bpjantinifd^cn ^^ff^In erfi
au^ bem 13, 3a^rt)unbert. 3m 14. 3ci^rb.
erlangt bie ©^ule »on ©iena ^eroorragenbe
aScbcutung. 3" S^orenj marcn im 14.
3a^r^unbert bie Samalbulenfcrmönc^e
Peinige SKiniatoren. jDie SHiniaturmalerei
^iclt ftd^ in 3talien biä in« 17. 3al;r=
^unbert.
93erbrängt würbe bie 93ud&malerci eine«*
teilä burd^ bie Sud^brucferfunfi , anbern*
teil« aber namentlid^ burc^ ben ^olj»
fdt)nitt, inbcffcn ^interldgt tit üJtiniatur«
maierei ber Sud^ittufiration ein reid^c«
Srbe in 3nitialen, Vignetten, 3i«Wen^
5lrabe0fen :c.
^a^ eübfe, ®runbri§ ber Äunfl*
gefd^i(i)te; ©ud^cr, ©efd^i^te ber tcd^«
nifd^en ^ünjie. Sßgl, 2Baagen, ^anb«
bud^ ber SWalerfd^uIen. 5t. ^,
Minimi fratres , mindeste brüeder,
Eremitae Minorum Fratrum S. Francisci
de Paula, I)ei§t ein üon iJi^oni ^"n
^aula gefiifteter Wönd^öorbcn. S)et
©tifter, im ^a\)Xi 1416 ju *PauIa im
SReapoIitanif^en geboren, war bei
feiner ©eburt bem ^eiligen ^ranj öon
^iffift geweift unb cntwicfette fdf)on ali
Änabe in einem granjiäfanerfloficr eine
au^erorbcntlic^c 9ieigung ju jirenger
5lefefe; al« Hjäfjrigcr 3üngling lebte er
in ber dläi)t ber ^eimat in einer abgele«
genen ^^U^nsifotte ton Kräutern unb
frommen ®abcn, erhielt im jwanjigjien
3al)re gleid^fitebenbe 3ünger, fpäter bie
©riaubniö jur ©rbauung eine« Älofiet«
unb einer Äapefle, wel^e 1436 oon ben
Eremiten be« ^eiligen ^xan^ bejogen wur»
ben. Den brei gewö^nlid^en Wönä)i>
gelübbcn würbe tai bcjiänbigc 5<'Pfn*
leben beigefügt, b. f). eine ©nt^altfamfeit,
bie ftc^ nid^t nur auf eigenttid^e ^^^iW*
fpeifcn erfircdfte, fonbern auf ade oom
gleifc^ ^ctfommcnben ©peifen überhaupt,
alfo aud^ auf ©ier, Tlili), SButter, Ääfe,
unb nur iBrot, DI unb SBaffer erlaubte,
©iftuä IV. betätigte bie Drbenäjiatuten
1474. S)er Dtben öerbreitcte ftd^ fd^nell
in Stallen, ^i^^nfreid^, ©panicn unb
55euttd)Ianb. S)ie Srac^t ifi ein bi« an
bie %a^ia reicbenbe« fd^warjwoQeneä ®e*
wanb mit gteid^farbiger Äappe, bie oorn
unb hinten bi« an bie Ruften reidf)t. (Sin
befonbcrer S^tiQ ber SOlinimen ftnb bie
ÜH inimen = 2crtiarier oDer üJiini«
SDtiniPerialität.
463
mcn bciberlei ®e[«ftlc(i)t^, aucft Pon
%xani oon ^anla für weltlid^e ißcrfoncn
gegiftet, bie ju einem gemeinfc^aftlic^en
Seben nicfjt »erpflic^tet fmb.
^BHmftcrialitÖt. Ministeriales , al)b.
dienestman , 2)icnfimann, S)ienji«
leute. Urfprüngüc^, in bet fränfifcfeen
<Penobe, »etjianb man batunter überl)aupt
ßcutc in einer bien^lid^en Stellung, wie
ftc an ben ^öfen beä ^önigö, ber geifi»
li(t)tn ©tifter unb ber weltlichen ®ro§en
freie ober unfreie, l)o^e ober niebrige ßeute
einnahmen. Spätere 3«^* benannte mit
biefem 5lu«!bru(fe oorjüglic^ foI(f)e ab'
gängige ßeute, meiere buri^ bewaffneten
I)ienfi unb \)ia nsieber namcntlii^ burd)
ßcijtung oon 9lo§bienft, für ben fte »om
|)errn ßanb gu Seneftjium empfingen, [\ä)
in eine con ben übrigen abhängigen ßeu«
ten untcrfc^iebcnc Stellung cmpocarbcite«
ten, bie jule^t i^ren 5tbf^lu§ in ber
näheren Sejieliung jum f)ofbicnft erhielt.
(5rfi feit bem il. 3al)r^unbert war biefe
gefcüf^aftlic^e unb rec^tlid)c Silbung ju
einer bcfiimmten^lnerfennung gelangt, unb
gab e^ feitbem ein iRec^t unb einen ®tanb
ber SWinifierialen , obgleid) auc^ immer
noc^ gro§e Serfc^ieben^eiten tierrfc^ten.
So liattcn, wie oor altera bie Äönigöleute,
fo jc|t bie JJienfimannen beä Äönigö
ober bed iReic^^ eine beüorjugte Stellung,
bann bie ber ©rjbi^tümer unb Si^tümer,
ber Älöfier unb unter biefen ber SReicbös
abteien, beren SRed^t ben üJlinifterialcn
anbcrer Älöfier »erlieöen wirb ; eö tommt
batjcr feit bem 11. unb 12. 3al)r^unbert
wieber^olt ju QlufjeicEjnungcn einjelner
5Dienftmannenre(^te (fte^e biefen ^Ir*
tifel). 2Baö ben Eintritt in bie klaffe
ber ÜRiniPerialen betrifft, fo {)ing eö ju*
näd^ft üon bem ^errn ab, wen t>on ben
abl)ängigen ßcuten er ju bem J^of- ober
■^eetbienP lieranjie^en woüte, in mancf)en
gäUen aber au^ üon bem, ber (Eintritt
begehrte; fpäter jeboc^ würbe iai SJer*
^ältniö ein bauernbes unb erblic^cö, baö
nic^t einfeitig aufgehoben ober geänbert
Werben tonnte. 3m SBefen ber ^Winilieria«
lität liegt eei, ba§ perfönlic^e greif)eit unb
SDienftbarfeit nebeneinanber liegen unb
miteinanber fireiten; infofern bie jDienji«
leute JU ©ienji nerpflic^tct fmb, einen
^errn tioben, bem fie SDtenfi fct)ulbig ftnb,
bem fie angeboren, beffen 3>iener, .^ne(i)te
fie Reifen, ftnb ftc unfrei. Qlber ber
2)ienjt felbft bei^t freier 2)icnji, unb bie
©ebeutung ber 5lbi)ängigfeit tritt bcfon*
betö bann jurüdt, wenn alä ber ^crr nic^t
eine *Pcrfon, Äönig, iBif(J)of ober berglci«
c^en , fonbern bie ©ewalt felbji , tai
iReic^, Siötum, gücftentum bettacf)tet wirb
®ebören fie Weber jU ben rec^tlid^ %xtkn
noc^ JU ben 95afaEen, fo gehören fie bo^
ju ber angefe^encn unb e|renootten Stel«
lung ber SReiftgen ober SRitter , bercn
iRüftung unb ärac^t fie aud) tragen.
5Dem Sobfall (fte^e ^all) ftnb bie mu
nijierialcn mcip nic^t unterworfen, eben-
fowenig einem ^eiratögelb; bod^ burften
fte anfangt mit einer frcmben ^rau feine
Sermä^lung eingeben; (S^en mit freien
grauen, bie oft tJor!amen, genojfen befon=
bere ißegünfiigung. 3" ä^ugniffen, iöe«
fi^übertragungen unb anberen SRed^töge«
f(|äftcn ftnb fte neben ben %xi\m befugt,
fte nel)men teil am ©rafengeric^t, bie
ÜRinifierialen be^ $Rei(^ä am föniglit^en
^ofgeric^t. .^inwicbcrum l^at ber ^etr
ein 95erfügungärec^t über fte, er fann fte,
b. l). bie SRei^tc, wclcE)e er über jte ^at,
an anbere übertragen. Sie ftnb bem
^crrn jur Ireue oerpfli^tet, bie fte eiblid)
geloben.
Der ^ofbienjl, ber um bie iJJcrfon
beä Könige unb ber ©ro^cn ju leiten
ifi, fpaltet ftd^ nad^ ben 5imtern bcö
Äämmcrer«, Jruc^feffen, Sd^enfö
unb ÜRarfcf)alU. tHuc^ bicfe ^ofamter
ftnb urfprünglid^ nac^ bem Belieben be^
^errn oergeben, auf Qtit, o^ne beflimmte
jDauer; er war aud) fein permanenter,
fonbern we^feltc t?ielmel)r; »on ben oie-
ien ÜRinifierialen eine^ geiftlic^cn Stifte«
ftnb bie cinjelnen ben oerfd)iebenen 5lm«
tern jugcteilt, liaben aber nur jeitweife
ben wirEli^en 5Dien(l ju.leifien. Später
aber ftnb bie einjelnen Qlmter anä) erb»
lic^ oerlic^en unb gewähren ^Infc^en,
iöorteile , SReid^tum unb üRac^t; fogar
t)öl)er gejieüte greic »erfd^mäl)ten nic^t in
ben ©ienfi ber reichen Stifter ju treten
unb alö iBorPel)er ber oberen ^ofämter ju
fungieren. Über ben Äricgöbienfi ber iDU»
ntfierialen fte^e ben Qlrtifel ^ecrwefen.
iffier jum ©ienfi Ijerangejogen warb,
empfing Unterhalt, Älcibung unb Sei^ilfe
jur friegerifdE)en SRüftung; fflolinung unb
Äojl biejenigen, bie im täglid)en Dienfi
beg ^errn fianben; befonber« aber ßanb
alä ßelien, wobei fpäter mit bejiimmten
Oimtern bcfiimmte öcnefijien cerbunben
waren, bie ebenfalls mit ber 36it erbli^
würben; üRinijierialen werben mit ben
©ütern »eräu^ert unb bie ®üter mit fenen.
•Bon biefen ®ütern erhalten jte auct) fpä»
ter bie untetfd^cibenbcn 9iamen, bie bann
30*
464
TOinncfangcr — Missi dominici.
tJomiliennamcn trutbcn. I)a ju Anfang
l>ic 93cätcf)ung auf ben ^crrenbof übtx'
wog, fonnten foI*e Dramen Perfcbicbcnen
,^amiUen gcmcinfcf)aftlic^ fein. (5tn Tlu
niPcriale fonntc auc& (Sigcngut boben,
cbenfo auf ibrcn ©ütcrn Äncdbtc lunb
anbcrc abbdnt^ige Öcutc, bte ibn ali Änaös
Pen in ben i)ienß begleiteten, ©injelne
SWintjlerialcn fpielten alä ^Begleiter ibrer
.^erren, aU 3nbabcr bcr großen ^ofämtcr,
a\i (Räte eine bebcutenbc SHoQe; nament*
lidb n?irb mancbe« pon ißergewaltigungen
beliebtet, bic fie pon fejien Surgen auö
an ben geifilicbcrt Stiftern begangen
baben; audf) auf Sefc^ung ber geifilicben
Stifter erlangten fic (5infl[uf. 3n aöen
»icbtigen Qlngelegenbeiten nabmen fte ein
5tecbt bc^ Seirai«, ber IWitttjirfung in
*Mnfprucb, treten aU gedigene, 2)egenf^aft,
ben Sifcböfcn unb Qtbten jur Seite; tor
allem gaben fie ibre 3uftimmung bei Qluf«
nabme in ibre ©emeinfcbaft ober bei ißer*
änberungen, bie ben 93efi|ftanb betrafen.
Überbaupt bilbeten fie a\§ burcb gleicbeö
SHecbt unb gleiten I)ienfi 25erbunbcne
eine ©cnoffenfcbaft, ju ber balb alle unter
bcmfelben |)errn fiebenben, balb bIo§
folcbe jdblten, bie ju einem cinjclnen
^of ober 2)orf geborten; in ben 93ifcbof«
ftäbten war bie ^Jtußübung beö SWünj^
Ted)teö oft einem Jeil ber SWinifieriaten
übertragen, bic baju eine eigene Ber-
einigung bilbeten, für bie bcr JRame
^ au ögen offen in ©ebraud) fam.
ÜJ?iniftcriaIen mürben befonberö jur
55crtcibigung befefiigter Drte Pcrmanbt,
bitbctcn bie Sefafeung pon Surgen, mie
fcbon unter ^cinri(f) I. bericbtet mirb.
SSifcböfe unb Übte batten eine ütnjabl
ibrer 5DienjHeute an bcm Si^e beö Stif«
tcö äur ^anb. daneben beteiligten fic
ficb in ben ® tobten, mo fic ftcb nicber=
liefen, an frieblid)en Oefcböften, maren
al^ ÜJ^ünjcr juglcicb Sfficcbölcr unb trieben
SBarenbanbel.
Seit bcm 13. ^afei^ftunbert mürbe ber
®runb bcr iKinijlerialität nicbt mebr in
ben befonberen *)3fli(6ten biefe^ Staubet,
fonbern »ie bei ben Sßafaüen in ben ibnen
Perliebcnen ßebcn gefunben; baö jDienfi«
perbältni^ löfte jtcb in ha^ ßcbnrcdbt auf;
bie perfönlicben Sanbe, bie ben I)ienfi5
mann an ben ^errn gefnüpft batten,
loderten ficb, unb ber orbentlitbc ^of=
bienf! mürbe burcb befolbete ^ofbeamtc
erfe^t. 9lucb ber Spradbgebraucft önbcrte
fid^, unb bie ü)?inifterialen mürben gerabeju
alögreie bejeicbnet; SDienjtmann uubSBafatt
mürbe glcic^bebeutenb. üJleiji nadb 2öai^r
Sßerf.*®efd). V., 289 ff. 93ergl. S«i^f(|.
SPtinijlerialität unb Sürgcrtum im 11. unb
12. 5abrb. Scipjig 1859.
IDHltncfÖngcr. 3)er D^ame minnesinger
ober minnesenger mirb jmar Pcrein«
jelt pon böftfdjen Siebtem Pcrmenbct,
aber feineömegei aU jtebcnber tedbntfdbcr
Slu^brudt für bie Ii)rifcben SJicbter böfifdbcn
©tanbeä; in allgemeine 51ufnabme fam bai^
2ßort crjl, feitbcm Sobmer unb Srei»
tingetibrc „Sammlung oonüJJinnc*
fingern" 1758 unb 1759 batten erf(^eis
nen laffen. .^äufiger fagtc man im SOtit»
telbodbbmtfcben singaere, singer, menn
man bic Sorifer getrennt pon ben Spifern
benennen molltc; ta aber bie ßprif aucfy
bie 5onn beö ungefungcnen Sprudbc*
unter ftcb begreift unb übcrbaupt bei ben
ßt)rifern biefer ^eriobe baö Singen bcm
jr)id)ten untergeorbnet ifi, fo fonnte singer
nur in befonberen ijäticn 5tnmenbung
finbcn; SJiinncfingcr \)k^ man mobt
einen ßtjrifcr, infofern er bcm j^rauen»
bien<l gemibmete I)icbtungcn Pcrfaftc;
aber eineöteil^ fennt bicfe ßprif neben
bcm immerbin Porbcrrfcbenben ^i^aucns
bienfi bocb aucb ben |>crren* unb ©ottes«
bienfi, unb anbcrerfeitö ifi tai üKotip bcr
ÜJJinne nicbt minber im böftfdbcn (Spoö ju
^aufe aU in bcr Sprif, nur ba§ man
jene^ frcilicb nicbt mcbr fang, fonbern
las. Sluffaüenb iji cö immerbin, ba§
ftcb in ©eutfdblanb nicbt ein Ulamt
allgemeine (»eltung oerfdbafft ^at, mit
bcm man ben böftfcbcn ©idbtcr furj unb
bcutlidb benennen fonnte , äfjnlicb bem
propcnjalifcbcn Troubadour unb bcm
norbfranjöftfcften Trouvere, bai ift
i^inbcr, (jrfinbcr. S)ie Urfadbe biefe*
iWangcI« Hegt barin, baR in I)eutfdblanb
bic 35icbtcr feinen fo gefdbloffenen Stanb
bilbeten, mie biefeö in {]franfreidb ber %a\i
mar, fonbern na^ Seben«fübrung, 'Urt bc*
Srmerbeö, SDicnjiperbältniffcn, Äunfi unb
Serböltniö ju ben grauen ftcb ntebr aU jene
ben allgemeinen ßeben^formen untcrorbnc«
ten, bie bamalö bic bcrrfcbcnben maren. 95gl.
bic 2lrtifel jjr auen unb ^öftfcbe 3)i4 >=
tung unb bic fcbönc Qlbbanblung
Ublanb«, 2)cr SlWinnegefang, im fünften
aSanbe Pon Ublanbä Sd)riftcn.
SWinoriten, ftebe ^ranjiefancr.
Missi dominici, Senbbotcn, Äö«
ni geboten. Sßon jeber mar cö im
fränfifdben JReicbc Sitte, ba$ ber Äönig
au^erorbentlicbe Qlbgcfanbtc in bie !ßro«-
Pinjcn fcbicfte, um einjelne mid)tige ©e«
SWitra — ÜWonatnamen.
465
fd)äfte »otjune^men , nomentlidt) folc^c,
bie üon bcn orbentlic^en Seamten nic^t
ericbigt »erben fonntcn ober foüten; aber
erfl Äarl b. 6)i. gob bem Snfiitute eine
bcjlimmte i^orm unb gejialtete eö ju einem
n)cfentlid)en Seil ber iKei(f)eire9ierung. 2)ie
lotcinifc^cn Duellen nennen bie Soten
missns, legatns, nuntius, mit ber näheren
Sejeic^nung dominicns, regalis, palati-
nns; ber beutfd)c 5lu*brucf ifi nic^t über«
liefert; ©enbboten unb Äönigt^boten ftnb
neuer (äntfte^ung. 25ie ^flic^iten unb
SBefugniffc berÄönigöbotcn jinb ücrfct)iebe»
ner 5lrt, fte »ertreten in gerid)tlic^en Sachen
ben Äönig, I)alten felb^ ©erid^t, wachen
über bie pntereffen unb Stedjte ber Äird)e,
fübrcn eine allgemeine *llufftct)t über bie
Weltlichen unb geifilicften ©eamten, be»
rufen im Qluftrage bee Äönigö größere
Ißerfammlungen, ftnb aU ^eerfü^rer t^dtig,
Wirten al« ©efanbte an ausmartige '^üx^
jien. SDie *Perfoncn ber Soten maren
balb fjo^e ^ofbeamte, balb fonfi angc=
fet)ene SDiönncr, balb ©rafen, balb ®e*
treue niebercn ©tanbes ober ü}Mtglieber
ber ©eifilic^teit. S'Jacf) ber Äaifertrönung
Waren es namentlid) bie Äönigeboten,
welc&en Äarl bie JJurc^füljrung ber f)öl)eren
fiaatlid)en unb firc^lid)en Drbnung über«
trug. 2öaö in ber IRegierung be« SReii^«
eine befonbere Sebeutung ^atte unb Äarl
^jerfönlic^ am ^er^en lag, (Staatlicl)ed unb
i^irc^lic^eä , namentlid^ bie Beobachtung
t)on Drbnung unb 3"<^t redete .^anb=
l)abung ber ©eric^tögewalt, S)ur(^fü^rung
ber ^eergemalt , Sicherung unb Sewal)«
rung beö faiferlid)en Seft^eö unb ein«
tommen^ fiel in ben '-Bereich itirer S^ätig«
feit. SDamit bie (Sinri(^tung in allen
Seilen bc^ 9lei(^e* jur 91uöfül)rung
tomme, würbe tai SRcic^ in 2)if!rifte ge=
teilt, missaticum ober legatio, beren feber
mel)rere Äönigöboten erhielt , oft jwei,
nämlid^ ben ©rjbifd^of unb einen ®rafen,
ober mehrere ®rafen ober mehrere ©eijis
\\ä)t; ein einjelner würbe nur auönabmä*
weife alö Missus auögefanbt. I)ie Soten
erl)iclten jletä il;re befonbere 3"fiJ^»ft*on'
bie balb in einem 51uejug auä ben all«
gemeinen Oefe^en bcd S«^»^«® befianb,
balb nähere iUnweifungcn für einzelne
SSorfommniffe cntfiielt; nad^ 51blauf ber
©enbuiig Ratten fie bem Äaifer 93eric^t
über iljre ©enbung ju erftatten. Unter
ben legten Karolingern geriet bie 6in=
tid^tung in ißerfaü, unb bie fogenannten
Äammerbotcn, nuntii camerae, Srd^an=
gcr unb 33ertf)olb , wel^c in ben ©t.
®anifdf)en Äafue be« (Stfe^art al« Jeinbe
bc^ Söifd^of« ©alomon genannt ftnb,
fd)einen ju i^ren Dramen blop au8 ber
löerbinbung oerf^iebencr Srinnerungen
bc^ S^ronijien gcEommen ju fein.
SKitro, frj. mitre, engl, mitre, lat.
mitra =; 93anb, Kopfbinbe, Tlü^i. <Siet)e
ben Qlrtifel Kopf bebecfung.
SJionatnomen. S)ie inbogermanif^en
33bUer beleckten crji nac^ il)rer JTeilung
in Sinjeloölfer bie ÜJionbabfd^nitte bee
©onnenja^res mit fejlen Sigennamen, bie
ba^er nid^t »ortcinanbcr abgeleitet ftnb.
SJiadt) römifcl)er Überlieferung foü SRomuluö
tai ^ai)x in 10 iDionate geteilt unb ben
erfien nac^ feinem 9Öttlidt)en Satcr ÜJlarö
Martins benannt l)aben , ben ^weiten
Aprilis oon bem 5tufgel)en (aperire) ber
^flanjenfnofpen, ben britten Majas nac^
ber üJtaja, ber ÜJlutter ÜJierfurö, ben »ier»
ten Jrmius nadt) ber Juno , bie übrigen
naä) ber Qa\)l Quinctilis, Sextilis, Sep-
tember, October, November, December.
«Später crtiielt ber Quinctilis oon 3iili"ö
Safar ben 9'iamen Julius, ber Sixtilis
fon Qtugujl ben SRamen Augastus. 9tuma
'^ompiliuä foü bann ben Januarius »om
@otte Janus unb ben Februarias I)inju=
gefügt ^aben, ber »on bem allgemeinen,
am @dt)luffe cineä jeben S'^l'i^ß^ bärge«
brad^ten großen ©ü^nopfer, Febraalia, ben
»Jiamen l)atte.
3)ie (Sermanen würben erfi nad^ ber
93efanntfdf)aft mit bem römifd^en Kalenber
jur Silbung fefier SDJonatnamen .oeran«
la^t, unb jwar er|i na^bem iljre nähere
93erbinbung fi^on aufgegeben war; t>a\)ii
bie 91bweid^ung in ben norb« unb füb=
germanifdt)en ÜJionatönamen, baö ©(J)Watt=
fen jwifdE)en allgemeinen Seitnnga^«" U"^
befonberen SWonatworten, bie ^nwenbung
gewiffer SRamen auf mehrere SDtonate ju»
gleich unb bie leidste 23erbrängung ber
beutfd)en burc^ bie römifd^en SJiamcn.
3m allgemeinen liebten bie 2)eutfcf)cn
me^r aU Ja^rteilung nai) bem 2Honbe
eine Teilung nad^ SBetter unb Sffiirtfd^aft,
Sliercn unb ©ewdd^fcn. I>ie älteften ger»
manifc^en SDionatnamen flammen au^
©fanbinaoicn unb (Jnglanb. 95on ben
9D?onatnamen ber fepiänbifd)en S)eutfd^en
beridt)tet juerfi (5ini)art in Äarlö b. ®r.
geben, Kap. 29; ^ier ifi erjd^lt, baiÄarl
an ©teile ber biöl)er burdt)einanber ge«
braudl)ten beutfd^en unb lateinifdfien 9ta«
menreil)e eine gültige beutfdt)e 9iamenrci^e
gefegt Ijabe, bie folgenbetma^en lautet:
466
ÜWönd^Snjcfen.
1. wintarmänoth,
2. hornunc,
3. lenzinmänoth,
4. ostarmänoth,
5. wunnimänotli,
6. brächmänoth,
7. hewimänoth,
8. aranmänoth,
9. witumänoth,
10. windnmemänoth,
11. herbistmänoth,
12. heilagmänoth.
SDaöon flammen 1, 3, 11 ani ben
Sa^reäjeiten ; 5, 6, 7, 8, 9, 10 gcl^örcn
bem 2Dirtf(i)aftsfaIenber; 4 unb 12 bebeu^
ten l^eilige Seiten; ^ornung tt)üb, bcm
altnorbifcben bei homungr = „une^e-
lid&cr So6n" gcmä§ unb in 5lnfet)ung,
ta$ bcr ilRonat a\xi) bet f leine ^otn
genannt Wirb , bem Sin^^ii gegenüber
imdä)tx ber gro§e ^orn ^eif t,
aU „unechter SWonat" gebeutet; ßenj
iji ber alte, bi^ je^t unerflärte S^ame
beö grü^Iing^; -wunnimänoth , nad)
anberer öeöart winnimänoth iji foöiel ttjie
SBeibemonat , »on winjan , winnen =
njeiben, erhalten in ber alten 9fle$töformeI
SBunn unb 2ßeib ; aranmänoth iji (Ernte-
monat; witnmänotb ifi ^oljmonat, ber
SWonat, in bem man im 2BaIbe ^olj ^olt;
windnmemänoth ifi ber SD'ionat ber SBein^
lefe, m^b. wimmet, f(^n)eijerifc^ SOBümmet.
3)ie JRamenrei^e Äarls blieb mirflid)
fortan bie ©runblage ber beutfc^en SWos
natöbejeid^nungen , nur ia^ etma lanb*
f(J)oftIi^e Benennungen ^er»ortreten;
baneben erhalten ftc^ bie loteinifd^en
SWamen. Die Äalenber beö 15. unb
16. 2"^^^""^"** I)aben mcifi folgenbe
9JamenreiI)e, bie im ganjen big in^ 18.
3a^r^unbert ^errfc^enb blieb unb in
fd)rt)ei5crif(^en Äalenbcrn f)eute nod^ ju
^tä)t befielt.
1. 3fn"«r/
2. ^ornung,
3. OWärj,
4. 5lpril,
5. fSlai.
6. 93rod&monb,
7. ^eumonb,
8. ««ugfimonb,
9. ^erbfimonb,
10. Sffieinmonb,
11. iZöintermonb,
12. ei)rifimonb,
I)ie Ianbfcf)aftlid^en lWonatreit)en ber
Sapern, 5llamannen u. f. tt). n)eifen ba*
pon man(i)e Abweichungen auf. 2öaö bie
93ebeutung ber ÜJJonatnamen betrifft,
fo unterf^eibet SBein^olb, I)ie Jieut*
\ä)tn iWonatnamen, ^aüe 1869, bem mir
biefe ÜJJitteilungen überfjaupt cntnef)men,
ÜJlonatnamen auä bem religiöfen ßeben
(Dfiers unb (S^rifimonat), nad) 3eit unb
2öetter, »on ?PfIanjen unb jieren unb
nacb ©efcbäften in ^ili unb ^au^.
SWönt^ömefcn. S)a einerfeitö über bie
in 35eut[(f)lanb oertretenen mittelalterlid)en
iDJön(J)öorben in befonbern 91rti!eln biefed
Sffierfes ge^anbelt ifi, unb eö anbererfeitg
an einer neueren 2)ariienung mangelt, meiere
ben inneren 3uffliiinien^ang biefer Srfd^ci^
nung mit ber allgemeinen Sntmicflung
be^ ÜJtitteloIterö überhaupt erfc^löffe, fo
tonnen ^ier bIo§ einige 3tn^attöpun!te
äur Orientierung in ben mannigfaltigen
©rfc^einunggformen beö ÜWöndjsmefenö ge*
geben werben.
S>ag iÜJönc^ämefen, fomeit eö eine dt-
f(^einung ber d)rifiUc^en 9leIigton ifi, be«
ginnt in ben erfien 3a^rf)unberten unferer
3eitrec^nung mit ben morgenlänbifc^en
5tna($oretcn, bcren ^Jrinjip »ereinjeltc
aBeltf(ud)t, ©ntfagung, «Jl^fefe ifi. (Srfi
iai 4. 3a^rl)unbert führte bie ©infieblcr
im ÜJJorgcnlanbe in Älöfier jufammen,
gried^. aoivößtov, coenobitnm, coenibita,
lat. claustnim, »on claudere = fc^lie^en,
»erfd^Iie^en; aud) ÜJJönd) unb JRonne
ftnb no4 griec^ifd)enUrfprungö; /uövaxos
ju fiovos, ifi ber aflein fiebenbc, vöwa i^
uncrflärt. 3nt Qtbenblanbe, Wo ba8
9D]öncf)gtum burc^ 5lt^anafiuä befannt
unb »on 5Jmbroftu3, 5lugufiinug unb
^ieronpmuö empfohlen »urbe, mar bie
Sebcnämeife ber ÜJJönc^e weniger ber per*
fönlic^cn 5l«!efe jugcwonbt ali im SOtor«
genlanb; neben ber Setrad^tung lagen bie
iÖiönc^e ber ^anbarbeit ob, feit ©afftobot
aucf) bem 93ü(!^erf(^reiben. ütoä) waren
bie ÜJJöndje meifi ßaien unb nur ber 3lbt
^reäbpter, bie Älöfier »om 93if(^ofe ah*
gängig; bod) galt tai SWönc^ötum fc^on
feit bem Snbc be« 4. 3a|)rf)unbertö ali
iPflanjfd^ule bes Äleruö. SBefonberc Ox*
ben gab e^ nid)t, tai iWönd^ätum bilbete
jufammen einen ein^eitli<^cn ©tanb; bie
cinjelnen .Rlöfier folgten ben ißorfd^riften
i^re« ©tifter«. ©rfi bie (Regel beö Sene«
bift »on Slurfia unb it)re allmähliche
(5infüf)tung in ben Älöfiern be^ ülbcnb*
lanbeö gab bem ganjen Jnftitut ©in^eit
unb Sufawmenljang. 5Daö Senebiftinet
a)Jönd)gtum begleitet bie iJlcubilbung ber
fränfifd)=mittelalterlic^en QSilbung bii ju
' ÜWönd^ötüefen.
467
tixn 3«'tpunft, »0 im 11. Ja^r^unbert
bic I)öfifdE)«rittcrIid^c Silbung ber Präger
bcr mittelatterlid^en Äultur Jt)irb. SScrs
f(J)i£bene ®rünbc äußerer unb innerer 5Irt
mögen bem ÜJJönd)^« unb Älofierttiefen in
biefer <Periobe ju feiner iBebeutung »er«
I)oIfen ftaben , baö 3nfiit"t f<i^ i" ^'^
germanif^ ' romanifd)en ßänber aU ein
fd&on oor^anbener Sej^anbteil ber Äirc^e,
fo jmar, i>a^ bie SRifjionärc be^ ß^rijlen«
tumg meifi felber i^m angef)örten. „2)aä
Jicfjtnnige, (SIegifd)c im beutfc^cn (S^araf-
ter, fagt SRettberg, mu^te [xd) in bem an-
gebli^ a3erbicnftlicf)en eineö 3"^ücfjie^enö
Don ber SBelt gefallen, wobei man bem
®d)auerli(^en einer milben Sinfamfeit
nac^f)ängen fonntc. 2)arum finb in
SJeutfd^lanb feine ©egcnben fo bic^t mit
Älöjlern befe^t aU bie Sedier ber Soge*
fen, iUrbennen unb ba^ baprifc^e ^od)Ianb
mit ben lieblichen <Seen." i)ie Urbarifie«
rung ber germanifc^en |)cibenh)elt in Se»
jie^ung auf ben 5lcferbau fowo^I alä auf
bie (Srjiebung beö Sßolfee ju cbrijili^er
^öf)ercr SBilbungöfd^igfeit in 2Biff£nfd)af-
ten unb Äünfien »erlangte offenbar me^r
ale einjelnc *Prebiger, »iclme^r jufammen»
I)ängenbe, jiarfe, organiftertc ©emeinmefcn,
flleid()fam {^epungen beä ^rijitic^en ®lau=
bend , ber c^rifilid)en S^ä)t unb 2irbeit,
»ie benn »irflic^ bie Älöjler eö maren,
meld)e in ben »erfc^iebenften 93eji£^ungen
bie Iräger neuer Silbungen, ^anbttjerfe,
Äulturen , ^ünfie u. bgl. gemorben jtnb.
SEeit entfernt, in il)ren 3^)'^'" unb 3^^=
len ber 3BeIt, bem 93oIfe, ber Strbeit nac^
aufeen ju entf(ie6en, finbcn fte i^re 5luf=
gäbe in ber |)ingebung an tai SOöoftl beö
®anäen. @ie unterftü^en bic fiaatlidje
Dbrigfeit in i^ren ibeeüen 5lufgaben, vok
umgefef)rt ber Staat unb feine 2räger bie
Älöjier aU ein tt3efentlicf)e^ ÜJ?ittet ihrer
l)ö^eren ßimiäi anfe^en unb e^ren. ^a'
mentli(^ jiü^t ftd^ Äarle b. ®r. 2öirffam=
feit für bie 93ilbung feinet 93olfe^ auf
bie ÜJlit^ilfe ber Älöjler; ber 3ufammen=
^ang ber ^löjicr mit bem römif^cn @tuf)I
bejog ftd^ bIo§ auf bie Irein firc^Iii^cn
5lngelegen^eitcn ; ihre Dbrigfeit erfannten
fie buräjauö in ben fiaotIi(|en ©ertalten.
Die fulturgefd)id)tlic&c Qlufgabe, meiere
lai frdnfifc^c iffieltreic^ ft^ felbfi unb
bem Sliönc^ötum gefteüt f)atte, tt)urbe non
ber fortfc^reitenbenßntttiicllung ber inneren
SBeri)äItniffe aufgel)alten ober in anberc
Sahnen gelenft; Äarlö unb feiner S^iU
genoffen ^offnung, auf fränfifd^cm 23oben
eine römifc^e ober ber römif(f)en gicid)«
mertigc ^ßilbung tjerjufteden , mar ein
Iraum, unb n)äl)renb im 9., 10. unb
11,; Sa^tfiunbert an ber ißermirfUd^ung
beöfelbcn gearbeitet mürbe, bereiteten ftc^
biejenigen Sitbungen »or, n)eld)e im 12.
unb 13. 3'>^'^^u"^fi^t bie fterrfdjenben
«aren, tai SRittertum unb beffen f)öfif(f)e
Silbung einerfcitö unb bie fatt)oIif(:^e
Äir^c mit itiren fpejipfc^en unb eyfluftoen
Silbungen anbererfeit^. ©eiben Silbungen
neigen ftd) nun auci^ bie Älöjier ju: ent=
Weber gel)en fie, inbem fie hai firdjlid^e
Oetnanb hü an bie äu§erjle ®renjc ab"
fireifen, in bai Sager rceltli^ä^öfifdöer
©taatöbilbungen hinüber, »erben gefürfiete
*Mbteien, bic nur auf erlief) an ber 5RegeI
be^ ^eiligen Scnebift fefifialten, ober fte
ergreifen bic Partei ber neucrwac^ten
Äird)Iid^feit , wobei man Älöf!er älteren
2)atum^ untcrf(i)eiben fann, bic fid) einer
firc^Iic^en SReformation unterfieüen, ober,
waö Diel pupger »orfommt, Älöficr neuer
Drben, bic eben ju bem S^^^^ gffiift«t
»erben; eß finb bic ©luniasenfer,
Äamalbulenfcr , ©rammontaner,
(Sifierjienfer, Äartäufer, ^rä«
monfiratenfer, Karmeliter unb bie
gciftlici^cn SRitterorben; fc^on i^re 3<i^l
jcugt bafür, t>a^ in biefer ^eriobe fc^r
r)erf(f)iebene (Rid)tungen unb Gräfte, unb
namentlicf) ber (Seift einjciner *|3erfönli(!^»
feiten fi(^ geltenb machten, welche bie faro*
lingifct)sfränfifc^c 3fit nicf)t gefannt f)attc;
auä) i)l ii nic^t blof ber ©egenfa^ jum
älteren tiertt)eIttid)tcnüRönc^ötum, tvai ijxtx
wirft, fonbcrn nicfet minber ber ©egenfa^
jum ©eifie ber ficrifalen Kirche felber,
mand)mai, wie bei ßluniajcnfern unb
unb 6.ijieriicnfern, ber ®cgcnfa0 jwifd^cn
Orben unb Orben; man^e biefer Drben
Ratten übrigen« in ber je^t fcfineücr arbei«
tenben 3«'* ba* ©dbidfal ber älteren 3)ene*
biftincr Stiftungen, xtxä) unb baburdj bem
fird)Ucf) a^fetifc&en ^rin^ip untreu ju
werben. Sebenft man ferner, t)a^ biefe
aRön(J)öorben ja^lreic^cn anbern SRcubil«
bungen auf bem ©cbiete be# Staate«, ber
©efeüfc^aft, ber ßittcratur, ber Kunfi
parallel geben, fo iji bcutlic^, ia^ je^t
ber aRön<t)«fianb überhaupt an Sinflu§
auf ben ®eifi ber ^txt nerloren ^at; wäl»*
tenb bic farolingife^c *Periob£ faum ein
fieben^gebiet fennt, an beffen ©ebauung
unb ©Übung bie Älöficr feinen 5lnteil
gefiabt l)ätten, fo gicbt eö fe^t grofe ®e«
biete, wie ba«jcnige ber pfifc^en Sitteratut,
wo t>on irgenb einem Drben faum bie
SRebe ifi; bagegen I)aben fie fiel) um ein»
468
Sonogramm.
jclne ßanbe^tcilc, ©tobte, ßänber, gett)i§
gro^c unb bleibcnbc 93crbicnfie ermorbcn.
3eigt fd^on bic $cnobe bcr rcfotmicrs
ten Älofierfiiftungcn auf bem Soben bcö
93enebifttncrtum^ eine bunte ÜJJannigfals
tigfcit, bercn innerer gefc^id^tli(f)er 93ebeus
tung fd^wer nac^^ufornmcn, fo gehaltet
fid) in ber <Periobe be^ öolfätümlis
c^en S!)'lön(f)ätumö baä Silb ju einem
nod^ tiel bunteren, entfpredbenb bem ©ciftc
bc^ auägcftenben SD^ittetaltcrg, bai ben
3roang ^öfifd^er 3"^* ""^ Silbung ^at
fahren laffen unb bcffcn äa^Irci(i)e ^iw
iitbungcn nod^ nirgenb^ ju bleibenber
©ejialt gebici^cn ftnb. I)cm immer me^r
tterf(i)ärften ©egenfa^e smifd^en ben 3"=
tcrcffcn bcr ^ierard^ic unb beä Staate^
bienen t)or allem bie Settclorben , unb
unter biefen namentli(^ bie SDomini»
f ancr unb ^ranji^f ancr, monebcn bcr
®eifi au«f^lie§Iiä)cr Äird^Iidifcit nid^t
minbcr mandE)e ber älteren Örben unb
Älöjler be^errf^t; iit SDominifaner ftnb
aber gugleic^ bie ^aupt^elfer ber fird^=
lic^ien 51utorität gegen bai überall auf=
firebcnbe Äe^crtum, unb beibc Settelorben
jufammen bie ©tü^en ber ©döolafüf unb
baburd^ ber tt)eoretifcf)en ^{uöbxlbung beö
mittelalterlichen Äird^cntumö; anbererfcitö
fielen fte aber and) bem ncrtrilberten
iBeltfleru^ entgegen, beffen ©eelforge fte
gröBtenteil« auf i^re eigenen ®(f)ultcrn
neljmen; ba^er beiber Settelorben Scbeu«
tung für bic beutfd^e ^rebigt unb bic
Smt)jiif; biefeö SWöndf)^tum jie^t ferner im
engen 3ufammen^ang mit bem aufblü^cn-
ben «Stäbtetrefen, in bem bie Stiftungen
beö ^eiligen ©ominifuö unb {Jranjißfuö
nidt)t bie Ic^tc ©teüe behaupten; cnblid^
reprdfenticren fte ber ^umanifiifct)en »or«
nef)mcrcn Silbung gegenüber ben betteln»
ben, tcrminiercnben, bilbungölofen geifi*
lid^en ^öbel, jeigcn alfo im ganjen ein
^öd^fi öiclfeitige^ ßebcn, ia^ jumScil jmar
au« ben üictfeitigcn Sebürfniffen ber 3"*
cntfpringt, ^umleit aber cincSUJannigfaltig»
feit unb Sielfeitigfcit ber in biefen Drbcn
tätigen 'JJ er fönen trieberfpiegelt, bcren
©elbfiänbigfeit 3fU9ni^ für bic junc^«
mcnbc iBcbeutung beö 3"biDibuumö in
bicfer ^Periobc ablegt.
Sieben ben 93cttcIorben ftnb bie älteren
Drben mit mcnig Qluöna^men aud^ in
biefer $eriobc Icbenbig, unb jmar in ben
manntgfattigflen ©cfialtcn; aud^ ftnb
immer noc() neue Drben im Sntflc^cn bc*
griffen, mie bic SDMnimcn; lebenöfräf«
tiger aber unb eine fc^önerc 3ufunft
corbercitenb crfdf)eincn bic 93rübcr Dom
gemcinfamen ßcben, aui benen mie
auö feinem anbcrn iüJönd^^orbcn ein ®cifl
ber neueren fird^Iidf)cn unb Rumänen Sil«
bung ^cr»orgcl)t. 9Wit bcr SReformation
wirb baä SWöndE)ötum eine auöfd^Iicfelic^e
(Srfd^einung ber fat^olifd^en Äird^e, für
bercn 93ertcibigung bcfonber« bic Drbcn
bcr 3«fuiten unb bcr Äapujiner gc*
fiiftct ttjcrbcn. ißon älteren ©d^riftcn
über biefen ©egenfianb ftnb namentU^
bic bciben Iraftatc Sabian« Von dem
mönchsstand unb Von stand und wesen
der stiften und clöstem zaor zeit der
alten teutschen Franken ju nennen, ab«
gcbrudft in Sabianö bcutf(i)cn i^ifiorifd^cn
<Sdf)riften, Sb. I, 3—103.
SWonogcanrat g^rxfti ^eifit bic aU 5n»
fd^rift Überaue l)äufig angcmanbtc abgc*
!ürjtc S8cjei(^nung bcr fWamcn ©^cijiuö,
5cfu« 6|)rifiuö unb 3efu«.
I. ^ür ben yiamtn ß^rifiu« wirb
tai SDlonogramm auä X unb P (bic
griect)ifdf)en STRajuäfeln iti lateinifc^cn
Ch unb R) unb äWar in boppelter SBcifc
äufammengefc^t, inbcm baö P mitten in
tai X ftingcfc^t, iai Ic^terc aber
cntwcbcr jlcljcnb X oitx licgcnb + ge«
nommen wirb. SRit ber Icltercn ^orm
na^e »erwanbt ifi bai ägpptifd^c ^enfcl*
heuj $, iai 3eidf)en be« ßeben«, tai
t)on ägpptif^en ©^rificn gcrabcju fiatt
bei Ärcuje« gebraud^t würbe; bic anberc
^orrn ^ ifi Ijcibnifd^cn Urfprungö unb
finbct fid^ lange »or ßl^riftuö auf ÜWün*
i^cn bc§ grie(^if^cn 5lttertumg. 51Ig d^rifl«
lid&eä 3«^^^" bebienen fidE) juerfi (ßricats
benfmäler beö SDtonogramm« , wie ®rab«
benfmälcr, (Srabgcräte, j. 93. Campen unb
®Iaögcfä§c, ©arfop^agc, bann aud^ ge«
fdf)nittene «Steine unb ^ingc; auf öffent*
iid^e S)enfmälcr gc^t baö SDtonogramm
burdf) Äaif^er Äonfiantin b. ®r. über, wdd^ct
ba^fclbe in baö Sabarum, bic faifcrlid^c
©tanbarte, auf feinem ^clm unb auf bic
©(^ilbc bcr ©olbaten fc|en Iie§; aud^
auf OTünjen unb öffentU^cn 93auwerfcn
crfct)eint bai ßtxitm üon je^t an ^äuftg.
n. gür bie iJ^amen ^i\ui ß^rifiu«
^ei§t bai 9)?onogramm im ©ried^ifd^en
IC XC, im i?ateinifc^cn IHS XPS, wo
alfo bic crfien bciben 93ud^fiabcn bem
grie^ifdt)en , ber brittc bem latcinifd^cn
*JUpf)abct entnommen ifi. (So finbct fid^
auf SDtünjen, in Sifc^riftcn un^ 93ilbwcr»
Ecn, SÖJalercicn , namcntlidf) SWiniaturcn
üWonjiranj — SWünjrocfcn.
469
farolittgif^en ^anbfd^riften fomie in Safel*
gemälben tti ÜJiittclalter^.
ni. gür ben Dramen 5efug ^cißt im
®ne(f)ifc^cn tai Sonogramm IH, im
9tbcnManbe IHS; tai Untere gertjann feit
bem Qlu^gange beö SDtittelaltcr^ gro^ed
9lnfct)en unb populäre Verbreitung burc^
!8crnf)arbin »on @iena, ber in ^rebigtcn,
bie er im Itnfang beö 15. Safertiunbert^
in oerf(^iebenen ©tobten ^ielt, jum @cf)Iu§
eine jafet mit biefem JJamenäjuge in
golbenen löud)jiaben, üon ®onncnfira{)Ien
tingö umgeben, jur Verehrung auöfietlte.
?lud) bie 3cfuiten ^aben fic^ bicfe^ SWono»
gramm angeeignet, fpiper in ^erjog^
9leals(Snct)fI. ÜJJonogrammme bcr
Äünjiler finben ftcf) feit bem 14. 3a^t^.,
äl)nlicf) ben Stcinmeljeid^en , auf (Srü«
güffen, ©c^ni^njerfen , befonberö auf ®e*
mälben, Äupferflidben unb ^oljfctinitten.
6ie befielen entweber auä ^infangäbuc^s
fiabcn ber SRamen, au* SBappcnbilbern
bcr SWeiPcr, au* ^auömarfen ober anbcrn
wittfürlic^ getoä^lten S^i"^«"-
9)Zonftranj, tat. monstrantia, ^ie^
man bi* jur (Sinfü()rung beö i^xonUi^»
namöfejic* (um 1264) ben tragbaren SRe*
liquienbe^älter, ber auf einem fct)lanfen
guf, in einem jicriicf) gefc^ni^tcn ®äu=
lenwcrfe hinter ®Ia* ober Ärtjflatl bie
^Reliquien jur Sd^au brachte. Tlit jener
Seit aber nimmt bie iDionfiranj 'bie biö
bat)in im ©iborium verborgene Su(^arijiie
(bie ^ofiie) auf, »a* jmar erfi um 1330
allgemeiner ©ebrauc^ mirb.
Die 5otm beö ®efä§eö bleibt äiem«
liefe bie gleiche. SDer ^u§ ifi bemjenigen
bc* Äelct)e* ä{)nti^. ®aö eigentliche 33c*
^ältniö mar ein maljen* ober linfenförs
migcö ®ef)äufe »on ®Iaö ober Ärt)fian,
bcr ©cEimucf ein fd)Ianf fii) crbebenbeä,
burcfe Strebebogen »erbunbeneö ^fcilmcrf
mit Sldtter*, SRanfen* unb @tabocräierun=
gen, fonjie mit giguren öon (angeln unb
|)ciligen. ®ie ©pi^e frönte iai Äreuj.
S)er ©toff mar ®olb ober minbefienä fiarf
»craolbctcö ©ilbcr. ?lu(fe bie ©belficine
fet)iten nicfet. 2)ie bcutfcfeen SWcijicr foüen
ftcfe in ber 5luöarbeitung föjili^er ®eräte
biefer 3lrt au^gejcicf)nct ^abcn.
5Da« 16. 3af)rt)unbcrt brad^tc aud)
hierin neue formen. I>cr einfaä)e ©cfeaft
tt)urbe mannigfach gegliebert unb üerjiert,
öl)nli(f) mie c« bei ben Äelc^en gefd^af).
Ser Scplter erl)ielt eine reid^ mit Steinen
bcfc^te Umfaffung, meiji in ®efialt einer
jira^lcnbcn «Sonne. 2)a« SRanfcnmert
würbe reifer mit finnbilblicfeen 5igürdt)en
gef^müdt, fo einerfeitö mit einer 2il)re
Don S)iamanten , anberfeit«! mit einem
iraubenge^dnge oon SRubinen, ben beili*
gen fieib (baä ®rob) unb tai ^eilige 33lut
(ben SBcin) wcrrtnnbilblidjcnb.
^Övttlf lat. mortarium, mortietum;
frj. mortier; engl, mortar. Sefannt ift
bie ungc|)eurc SBiberfianböfä^igfeit ber
alten Dlittcrburgen , bcren Steine burcf)
bur^ ein weit beffereö Sßinbemittel jufam*
mengefügt fein müjfen, als ba« bei neues
rcn Sauten ber gatl ifi. S)cr ^ap bea
iBolfe^ mei§ immer noc^ bie Sd^auber*
mären ju erjä^len Don Saucrnblut, bann
aucf) oon SBein, gctt unb Stecf nabeln,
bie jur Söcreitung beä üJlörtel^ oermenbet
roorben fein foHcn unb eä läft ftd) leicht
benfcn, baf mandf)c Iräne gefloffen, biä
ta^ nötige SRateriat auf ben $la^ gc=
fc^afft unb jum gefürc^teteten Sau ju«
fammengefügt mar. 3n einzelnen ^ixUtn
mag aud) am ^ocfemut ein ^af SBein ju
biefem 3mede geleert unb ba^ Slut einc#
2BiberfpenPigen in bie 3Körtelpfanne gc=
faft morben fein; in bcr Jlcgel aber Dcr=
fa^ tai aSaffer ben 3?icnft, mic ^eutc
nodf).
3n altdl)riftlic^cr 3cit oermcnbete man
in 3talicn au^er bem Äatffanbmörtel aucfe
^ujjolanerbc, im SDUttelaltcr jebod^ faft
auöfdt)licBlicb ben crf!eren, im 3nncren bcr
Käufer auc^ ben Sc^m , auö meldt)cm
®toffc (nebp bem $olj) bie ^ütten ber
^rmcn fafi burd^meg be^anben. Sebr
l)altbar ftnb fafi fämttidjc ^Bauten auö
bem 11., 13.— 15. 3aljröunbert. 51m
iR^ein fdl)eint audt) ber 2;ra§ jur üRortel»
bercitung ücrmenbet morben ju fein.
aWummenfi^anj. Sie ORa^ferabcn foEcn
unter Äarl VI. am franjöftfcljen $ofe aufgc=
fommen fein unb jmar bei ©clegen^cit einer
^o<^jeit jmifcfecn einer ^ofbame unb bem
iRitter be 33ermanboi« um 1393. Da
aber mehrere 3D?aäfen verbrannten, \al)
[xä) ber ^önig »cranla§t, fold^e geüli**
feiten für bie 3"f"»ft ju oerbietcn. Sie
mürben jcbocfe in furjcr ^nt roieber^olt
unb jmar mit met)r ®lücf unb famen fo
rafdf) in allgemeine ilufnatjmc.
SKünstuefen, I. Sei ben®ermanen
oerfal) in ältefier ^iit ^auptfä^licfe baä
iBieb ben Dicnfi beö ®elbcö; Ulfila«
überfc^t 5tu0brüdtc »on bcr Sebeutung
be« ®elbeä mit faiha altfiod^bcutf^e
©loffcn übertragen pecunia, burcl) fihu ;
ebenfo bcäci^net altfädbftfd^ fehu, angel=
fä^fifc^ feoh, altnorbifd^ fe, tai, ma^
470
9D?ünjrt)e[cn.
fpdter aügemein ®elb f)ei§t. SDie ^cr-
fömmlic^cn 93uf ja^lungen , bic jur Oluf*
ledit^altung be« fHci^töjufionbcä unb
Öffcnttt^en ^riebenö für ben ^aü einer
iBerle^ung torgefc^rtcben »aren, unb baä
SBergcIb würben regctmä§ig in einer be=
liimmtcn 5lnjabl ®tü(fe SBic^ bejat)Ü unb
bered^net , nergleic^c STacituä ®crm. 12
unb 21, unb ivoax galt aU 2öertcin^eit
eine gcttjö^nlid^c, gefunbe, milc^gebenbc
Äul), naä) beren 2Bert fonjiigc^ Siel),
*Cferbe, D^fen, Ädibcr, ©d)afc, Sifflf"
unb Schweine bere(^net tt)urbe ; na(^ 3<iJo^
©rimm f)ängt bamit bo^ Sßort (3c^il =
ling jufommen, mit bem regelmäßig boe
römifd^e SBort solidus, bie aU Qflgc=
meine SBertein^eit geltcnbc römifcf)e ®oIb=
münje, überfe^t mirb; eö foü nämlicf)
©(ftiüing mit skilan = töten, unb
©d^ulb öerwanbt fein; »er getötet
^atte, wai f<i)u!big SBuße ju jaulen, unb
ber SBertbetrag, worin biefe ©d^utb ju
entrichten war, t}\t% €($ining; bie Über=
fe^ung ber römifc^en Sßertcin^eit mit ber
altern bcutfcften Sffiertein^eit fei aber ha'
burc^ beförbert werben, t)a% beibc SWünj-
werte einanbcr ungefähr gIei(J)famen. dlaä)
5lnberen foE freilid^ m|b. schillinc' »on
schellan ^erfiammen unb foDiel aU flin=
genbc 3Wünje bcbeuten. 35a§ aber ber
römif^e ©olibuö wirfli^ bem alten Äu^^
wert gleidfam, erbeut au« bem iöolföred)!
ber 3'lipuarif(^en ^lanUn, worin bei ber
Entrichtung bed SBergetbeö ein gehörnter,
fe^cnber unb gefunber Dc^fe für 2 ©olibi,
eine gehörnte, fet)enbc unb gc«
funbe Äu^ für einen ©olibuö, ein
fet)enbcö unb gefunbeä ^ferb für 6 ©olibi,
eine fetienbc unb gefunbe ©tute für 3
6oIibi, ein ©d^wert mit ©treibe für 7
©olibi gerechnet wirb.
DfJeben bem 23ic^ erfd^eint aber bei ben
©ermanen bie Äenntniö unb ber Seft^
oon SOietaUen, ®oIb, ©über, (5rj, fe()r
alt. Jacituö erjät)lt im fünften Äapitcl
ber ®ermania: „3df) weiß nic^t, foü id)
e« eine ®unji ober Ungunjl ber ®ötter
nennen, ta^ fie if)nen @oIb unb Silber
»erfagt ^abcn. S^at mödjte id) bod^
ni(f)t behaupten, ia^ ®crmanien feine
©ilber* ober ®olbaber berge, benn wer
f)at je banacfe geforf(^t? — aber Sefi^
unb (Sebraudf) biefer ebeln ÜKctaüe mad^en
feinen fonberli^cn (Sinbrud ouf fte. üJian
fann fc^en, wie bei if)nen filbcrne ®es
fdße, bic i{)rcn ®efanbten unb Jütften
jum ®efdf)enf gemadf)t würben, gerabe fo
9cringfcf)ä^ig be^anbelt werben, wie bic
Söpfc, bic fie felbfi au« 2;f)on formen.
yim bie unferer ®renje jund(^fi SZßo^ncn*
ben i^aben ben ®cbraud^ t>on ®olb unb
©über beim ^anbel fenncn gelernt unb
wiffen jtc ju f(ä)d|en, einzelne ®eprdg4
^aben fic fid^ gcmcrft unb nehmen bicfc
mit Sorlicbc an, wd^rcnb bei ben ©tdm«
mcn, bie tiefer im 3""«^" Raufen, nod^
ber urfprüngUdE)e, alte 2.aufdE)banbcI im
©c^wange ge^t. 5lm Uebficn |tnb i^nen,
weil alt unb Idngfi bcfannt, bie am
tRanbe gejadten unb bic mit bem ®eprdgc
eine« 3"'«^9ffP<J""^ bcrfc^enen 2)enare.
©über jicf)en fre bem ®oIbe cor, nid^t
au« einem 33orurteiI, fonbern weil bie
größere 3''^^ ^^^ ©übcrfiücfc für ßcutc
bequemer ijl, wel(i)c aücriei wot)lfcüc«
3eug ju öeröanbcln pflegen."
Snbeffen bejcugen ja^lreitie Dlad^ric^«
ten öon Xacituö felber wie üon anbern
römifdf)en ©d)riftfiencrn , ta^ cö in ben
römif(i 5 germanif(^en ®renjlänbern an
cbelm üJJctaü nic^t gemangelt ^aben fann,
unb c« ift Wa^rf(^einlid^, baß bie ^aupt*
fd^lid)|le CueHe be« 3"^^"^«^ «^I«t
aWetaHe , namentli^ t>on ©ilber, nac^
S)cutfd^lanb in ben ©olbjat)Iungen fowic
in ben pufigcn ®cfdf)cnfen unb ©ubftbicn
ber römifd)en Äaifcr an germonifd^c jrup«
pen unb J^ürften ju fuc^en ifi. ^ic jaf)I*
reid^en ®olb funbe in norbbcutfcfeen
®rdbern unb in ben DPfeeldnbern weifen
aber barauf f)in, ha^ bic ®crmanen nod^
eine anbere Cuellc be« ebeln ÜJletaO*
f)atten; o^nc 3^^if^^ ^^^ ^^^ laufd^»
mittel für if)ren Sernfiein oon SBejiaftcn
ber im S3erfe^r mit ben griec^ifd&en
Kolonien an ber Sfiorbfüfie bc« f^warjen
ÜKeere« oiel ®oIb in it)re ^dnbe, weld^e«
fte alö Stinggelb oerwcnbetcn. Sftinge
ober bongen in ber Derf(^iebenfien ®röße,
gcfd^Ioffen ober fpiralförmig gcwunben
(wuntäne bougä bc« ^ilbebranböliebc«)
aU 3lrm= ober ^atöfc^mud, cinjeln ober
met)rfadt) ecrfcttet, finb oft in ®rdbern auf«
gefunben worben unb werben in norbifd^en
unb altbcutfc^en iDi^tungcn »iel genannt,
freigebige gürjicn I)cißcn 93augenbrcd)cr,
93augenjerfiüd(ler, 9flings ober ©olb^örec^er.
Dlamentlic^ war ba« iRinggcIb in ^nwcn»
bung beim jEaufc^^onbel unb für bic '-Be*
lo^nung geleifteter freiwilliger Äricg«*
btcnfic. ^aß, wie beim iBie^, au^ bei
ben Düngen ein gcwiffe« ®ewi(i)t0f9ficm,
eine abfidt)tltc^e regelmäßige ®cwid^t«be*
meffung gc^errfc^t t)abc, wirb oon ber
neueficn §otfdt)ung abgewiefen. S>agcgen
liegt e« auf ber ^anb, baß jur Scflim«
5Wünj«cfcn.
471
mung unb Sßertung be^ O^tnggclbciä 2ßage
unb bcjiimmteö &m\ä)t notvocnbigcö (Sr-
forbcrniö toax. ffia^rfcfjcinlic^ ^aben bic
©ermanen aucf) it)r ®ett)i(f)tött)efcn auf
bemfclbcn SBcge erhalten, auf »ttelc^em fie
jucrfi gegen ben ?lu^taufcf) i^rer !J5tobufte
©belmetatt erhielten, im *Berfe^r mit ben
gtied)ifc^cn Äoloniecn am f(J)marjen SUicere,
unb jiDor Juar eö nici^t ber attifdE)c SüHünj;
fu§, ben bic ©ermanen oon ba^er ixl^kU
len , fonbcin ber befonbcr^ in ber Stabt
Spjifug am 93ofporu^ ^crrf(ä)cnbe boö^
pDrifd)e 9JJünjfu§, nac^ »reichem bie
Iira^mc 3,71 ©ramm mog; eä ifi baö
nämlit^c ®eh)id^töfi;f}em, ta^ man in ben
öltcften ft)rif(i)en unb jibonifc^en, t)ebräi=
fc^en unb ägijptifc^cn SÜJJünjen finbet unb
tai äule^t auf tai ^5unbament beä gan?
jen ©emicbtämefen«;, ba^ babptonifc^e
Talent, jurü(ffüt)rt.
n. S)aö iSDtünjtüefen tti mctos
roingtfct)cn Stei^eö grünbct fid^ auf
t>a^ römifcf)c SlRünjnjefen. 3m römif(f)cn
Oteid) aber tttar feit ber ffl^litte bcö 3.
3a^r^unbcrtä baei gefamte SOlünjmefen in
bie ärgfie SScrttiirrung geraten, fobat ber
S)cnar, urfprünglicf) ju 3,41 ©ramm ge=
prägt, ju einer immer »ertloferen iöiüon«
münjc unb fc^Iie^Iid^ ju einem trinjig
fleinen 2Bei§fupferfiücf t)inabgcfunfen mar.
5lud) bie ©olbmünjungen maren fo un«
regelmäßig gcrttorben, ia^ bic ©olbmünjcn
fc^merlic^ anber^ aU mit fafi iebcömaliger
^ejlfteflung bcö ®emict)teö ber einjelncn
Stücfc ben ©elbumlauf »ermitteln fonn»
ten. Äaifer Äonfiantin I. brachte cnbtic^
eine umfaffenbe SJtcform beö üJJünätüefenö
jU lianbe, Wcl(i)e lange 3^*^ fjcrrfdbenb
blieb. 5tlä obcrfic SJJorm ber ffiertbejüm*
mungen foütc »on nun an txxi (jSfunb
gereinigten ©olbe^ nur nac^ bem mirfs
\id)tn ©etttict)te unb o()nc (Rüdjic^t auf
iai ©epräge gelten; eö murbc eingeteilt
unb auögemünjt in 72 @oIibi, mcl^e
alfo Ve Ünjen ober 4 ©frupel = 4,55
©ramm tüicgen folltcn. I)a^ römifcf)c
©olbgclb würbe al^ allgemeine 2BeItmünje
betradt)tet unb Qluämünjung beöfelbcn galt
alö ein auöfcf)Iie|li(^ faiferlicf)eö Otcc^t,
ftä^renb bie ^lu^münjung »on ©über unb
Äupfer feiten^ frcmber SRegenten fein 93e*
bcnfen fanb. Qllö ©ilbergelb befianben
ft»äl)renb beö 5. unb 6. 3a^i^^"n^«t« "ui^
bie siliquae, bercn bejiänbig 24 auf ben
solidus gerechnet tBurbcn. @olibi unb
©iliquen nebfi cntfprcd)enber iD?enge
»on ^albä©iliquen unb wenigen 5DoppeI»
fiüden ber ©iliqua waren bat)er bic üJtün-
f,m, meiere bie germanifc^en ©tämmc bei
ibrcr 9?ieberlaffung in ben römifct)en $ro*
»injen forfanben unb wcldbc fpäter bic
©runblage i^res eigenen aJtünjfpjicmc^
mürben; bod) befa|en bic ^raufen unb
©adier neben ben beibcn genannten ÜJJünj«
fortcn nod^ ältere römifd)e ©über*
benare jum 2Bertc üon »/jj bc« ©olb*
folibu^, unb eine ebcnfaüä S)cnar ge*
nannte außerorbentlic^ fleinc Kupfermünze,
bcren 6000 ober eine biefer ©umme naljc«
fommenbe 3"^! auf ben ©olibuö ging
unb eon meld^er mieber 5 ©tücf bic gc=
möl)nlic^e Äupfermün^c auämacfctcn; oon
ber (enteren famen alfo 50 ©tüd einer
©iliqua unb 1200 ©tücf einem ©olibug
an iffiert glcic^. (5ine O'ieucrung trat burc^
i>ai fränfifd^e SWüUi^fpftem infofern ein,
al^ an bie ©tcQc fomol)! be^ alten ©iU
berbenarä = Vn ©olibuö, mie ber ©iliqua
= V24 ©olibuö ein neuer fränfifcber
©enar = V40 ©olibu^ trat; nad)
il)m fomol)l aU naä) bem ©olbfolibu^
werben im Q3olfäred^te ber falifc^en gran*
fen bie 93u§anfä^c geWertet.
S)ie ^ünjen ber ÜWerowingtf^cn
fPcriobe finb entweber ©olb« ober ©ilbcr*
münjcn. 23on ben ©olbmünjcn befte^t
ber Weitaus gröfte Seil in 2)rittel»
©olibi, 2;ricnten ober Ircmiffcn;
ganje ©olibi ftnb wenige üor^anben, f)albc
fommcn nicf)t cor. 5Dic ©olbmünjcn tra«
gen 1. entWeber ben SJi amen ber ofi«
römifc^cn Äaifcr, wobei aber fonfi
burc^ auöbrüdlicf)c Sejeicl)nung ber frän*
fif(J)c Urfprung barget^an wirbf, ober
2. ben Dramen cincd fränfifc^cn
Äönigö unb auferbem entweber ben ge*
wöl)nlid)cn O^JeDcr« ber bamaligcn oftrömt»
fc^en ©olbmünjcn Victoria Augnstorum
ober ben SRamcn eineö SDtünjcrö, eincö
Drtcö unb »crfc^iebcne Smbleme , wie
Äreuj, (S^riäma (üJlonogram ßl)rifii), mit
fct)r fiarfem iJlelief ber SBilber; ober
3. geben ftc eine fpcjicOc fa($li(f)e 93e«
fiimmung in ber ^uffc^rift funb, wie
moneta palati, racio fisci, racio ecciesiae,
racio basilici Sei Martini, unb bancben
ben SJtamen beö üJiünjcr^ unb Orte^, ober
4. jtc tragen nur ben iJiamen eineö SWün»
jer^ mit Angabe .be^ Orte* ber !^Jrägung.
(Sine 3a^reöjal)l Ratten bic mcroWingifdjcn
SOUinjen nid)t. I)ie D^iacfebilbung ber ofi»
römifdöen ©olbmünjcn gefd)a^ meiji in fcl)r
rot)£r Sßeife unb mit auffaüenbcr Äorrum«
pierung ber fopierten ©(f)rift unb ber
Sijpen; bie Qluömünjungcn würben in
großer 2luöbct)nung unb Dielerort* be*
472
ÜJlünjiüefenen.
trieben; fohjobl ^injtc^tUd) be« ©eroicfet*
al^ be« ^^einge^altö fmb biefe SDJünjen
fet)t unc^lcic^; es gab öffentlid^c unb
^riüatsüJtünjanfialten. S)ie ^luemünäung
ber cinselnen ©tücfc »urbe nic^t mit ®e»
nauigfeit Doritcnommen, rielme^i darauf ge«
fc^en, ba^ eine befiimmte 5lnjnl)l jufam»
mcn tai normale ©ewid^t pro fJJfunb ober
Unje entJ)ieIt.
iBon ©tlbermünjen iji auö ber
merott)ingif(ä)cn $eriobe blo§ ber®ilbcr =
bcnar nad)gcrotefen, tt)a^rfci)einlid) ben
2öert beö alten römifc^en ©ilberbenarö
= 1/12 ©olibuö ^attcnb; über Teilungen
be^ ©cnar^ ifi man auf Sßermutungen an«
gerciefcn. S!)terott)ingifi^e Äupfeimün«
jen finb j"el)r feiten.
93ei ben 5llamanen unb 39a^ern er»
fc^cint in biefer qßcriobe fiatt be« ftdnfi»
fc^en Denarö bie saiga, b. i). ber alte
römifc^e ©ilberbenar = V12 ©olibuö.
ni. Unter ben Karolingern. 2)ie
tt)efentlicf)fte Ü3eränöcrung bc^ ÜJtünjroefenö
unter ben Karolingern beftet)t in bem im
8. 3a!^rl)unbert uor fi* ge^enben Übers
gang t)on ber ©olbwii^rung jur
@ilberrcäl)rung, f)cr»orgerufen burc^
bie frd^ meljr unb mel)r fühlbar macfeenöe
Slbnabme be« ®olboorrate«, ccrglic^en
mit ber biäponibeln ©ilbermengc, unb in
^olge ber bamit in Serbinbung f^e^enben
©in'fc^ränfung unb SBerfc^le^terung ber
©olbauömünjung; alö bie ^auptuvfad^cn
ber 5lbnal)me be^ ©olboorrate« werben
Stbnu^ung unb Umfd)meläung ber ÜJ^ün^
jen, 2Scrlorcnge{)en unb ißergraben ber«
felben unb Olüsfu^r' nad) bem Qluslanbe
genannt, ^n ©teile ber ©olbfolibu« trat
nun ein Silberfolibuö t>on 12 ©e«
naricn, ber aber nid)t geprägt, fonbern
nur in ber SRed)nung gebräuc^lid) würbe.
®ie ©olbpiäi^ung p\te feit ^ippin fo gut
tüie gauj auf. 2öabrenb aber Dörfer
tt)al;rf(^einlid^ 25 ©olibi ju 12 ©enarien
auf ein $funb ©ilber gerechnet , alfo
300 S)enarien barau^ gcfd^lagen mürben,
würben unter ben Karolingern jucrft 22,
bann 20 6olibi auf tau ^funb geredjnct,
eine 3Serdnberung, bie mit ber (£infül)rung
eine« größeren *lJfunbeö, be^ fog. Karl««
pfunbc«, burc^ Karl b. ®r. sufammcn«
gu^)ängen fc^eint. 6ine »öllige ©leic^^ieit
be« UJlünjroefenä bei allen Stammen be«
ftänfif^en SReid^e^ einzuführen, gelang
Karl ni^t; bei ben ^^^f^n^. ®«cf)fen unb
SBapern ert)ielten fic^ eigentümli(J)e SOlün^«
»er^dltniffe. SÜJünjen mit ben 9iamcn ber
tinjelnen ÜJlünjer uno o^ne ben be« Kö«
nig* giebt e« je^t nicfet met)r; bie S)e«
narien tragen je^t ben 9iamen ber Kömgc
ober ibr ^ionogramm; bancben crfdjeint
ale faft unerla§li(ft tai Kreuj; einen
.ftopf tragen bie fräntifc^en ÜJtünjen Karl«
be^ ®ro§en ni^t. moftl aber bie faiferlic^en,
beren Köpfe baare Jia^alimungen antifer
©eprägc ftnb unb bie wa^rfc^cinlid^ für
Stallen gcfcl)lagen mürben; iai roic^tigfic
auf ben SO^ünjen Karl^ ifi aber immer
bie Schrift, mctcbe ben SJiamcn CAJROLVS,
CARLVS, KAROLVS, KARLVS, CARL,
bann ben Sitel R F, b. i. Rex Franco-
rum, unb bie Eingabe ber SOJünäfiätte ent«
^ält; bie aSJünjcn ßubmig« be« JJrommen
tragen oft ein Kirc^engebäube „unb bie
Snf^rift christiana religio. Überhaupt
meifeltcn bie SOtünjtppcn oft infolge ber
t)crfd)iebenen aJtünjfiattcn unb anbcret
Umftanbe. 3)ie 3al)l ber 2«ünjfiättcn ifi
eine bebeutenb geringere alö unter ben
SDleromingern. 5Benn aucf) an »crfd^iebe«
nen Orten ju münjcn geftattet war , fo
füllte C8 ni^t ol)nc auöbrücflidbe erlaub*
nid unb unter «Uufftc^t be« ®rafen gc*
f(^c^cn. 2Bie unter ben SDJerowingern au««
na^mdlo«, fo würbe unter ben Karolingern
wenigjicn« »orljerrfc^enb nur in ben $ro«
uinjen linf« Dom 3t^ein gemünjt, wo
unter anöcrn aU ÜJiünjjiätten Ijeroortre«
ten *Jla(ftcn, «Unbernad^, Safel, Singen,
Sonn, Sambrai, ßbur, Köln, ßöwen,
öüttic^, ÜJiainj, ÜRajiricl)!, Tlt^, iWonö,
Dtcu^, ©peier, ©tra^urg, Soul, Srier,
93erbun, 2Bi)f be ©uerfiebe; üon linf««
rt)cinifd)en SWünjjiatten werben Stegenö«
bürg, gelingen unb Sffiürjburg genannt.
•Uleifi l)atten bie SDiünjen nur einen Um«
lauf in ber ©egenb, wo fie gcfdjlagen
würben. 2)a Jeber für feine iRec^nung
prägen laffen fonnte unb babcr bei ber
ÜJtünjc ©elegen^eit fanb, SDictaü ober alte
SDlünje in bie eben furfterenbe ju oer«
wanbeln, fo bientc bie ÜJlünje, bie man barum
aud) gern mit einem Tlaxtt »erbanb, ju«
gleid^ alö 2öedt)felbanf. 2)a cö jum
'IJrinjip ber Üiegierung Karl« gehörte, tai
5Dfünjwefen ju fonjentrieren , gefd^al)en
unter iljm feine 93erleil;ungen beö ÜJJünj«
rcd^teö; bagegen beginnt bie (Erteilung
toon iDiünjpripilcgicn unter fiubwig b. %x.;
bai 93i«tum ßeman« in gtanfrcid) unb
baei Klojier (Sorüei; rühmten fid^, biefe«
ißorre^t juerji empfangen ju haben, bo(^
erfolgte bie *tJtägung aud) l)ier fortwdb'
renb unter bem 9iamen be« König«. S)ie
Siegel war, ta^ an ber ÜJiünje für anbcre
gemünjt würbe; fd)on «pippin ernannte
aWünjWcfen.
473
bem SWünjcr einen Soltbu« t>om $funb
ju, aU fog. ©cblagf^Q^, b. h. eine ^b»
gäbe an ben, bcr ba« SOflüni^rec^t f)attc.
^alfd^münjerei, bie unter ben SWcrowingern
febr im 6^tt)ange gertiefcn mar, gab aucft
ben Karolingern oicl ju fcftaffen, fei eö
ba^ einer of)ne 2Jtünjrec^t müni^te, fei eö
ba§ SJ'iünjer ober Jüditmünjer fic^ eigent^
Iid)e ^älfcftungen jufÄulben fommen
liefen; bie ©trafen barauf waren ©^in»
ben im SRücfcn, ^aarabfc^eeren, ©ranb^
marfung im ©efid^t mit ben ÜBorten f. m.
= falsator monetae, ÜJlünjfälfc&cr , iBer^
lufl ber ^anb.
rv. 3«^"*«^ ^i^ brcije^nte^
5al)r^unbcrt. 3n biefer 3^'* jerfdüt
iai iuxi) bie Äarolinger einheitlich georb^
nete SD'iünjnjefen infolge con ^Privilegien
ju ®unften gcifllid^er Stifter unb ber
iWünjprägung feiten« »eltlid^er ®ro§en
in eine neue gro§e 3«rfplitterung. Serliebcn
tt)urbe taii 2Jlünjrcd)t junädift ju ®unjien
cine^ 5)^arfte« unb jmar faft regelmäßig
jugleid) mit bcm ÜJtarftrecfct; feit bem 5ln*
fang beö 10. ^abxl). finben jid) ÜJiünjen,
bie neben bem föniglii^en 9?amen ober
fiatt bcöfclben ben cineö ■^crjog« ober
Sifc^ofä tragen; bie erften barunter ftnb
^erjog Qlrnulf »on !8at)ern, ^ermann I.
t>on @cl)h)aben , 93ifci)of «Salomo oon
Äonjlanj , ©tra^urgcr 93if^öfe auö ber
3cit Äonrab I. ®ic Serleibung beö
SRünjrec^teö ging eine Stufe tvciter/njenn
barunter bie Sefugniö tierfianbcn roar, an
jebem Drt beö Siötumö, be« Äloftergebic*
tee ober einer ©raffd^aft eine «Üiünje ju
errichten, o^nc »eitere (Einholung fönigs
lieber Sriaubniö; boc& Waren für bie
Übung be^ ÜJlünärec^teö befiimmte SBebin«
gungen gefieüt: bie SDiünjen fotlten probe-
baltig fein, öffentlichen ©ewi^teö unb
reinen Silber^, ober fie fotlten nai) bem
SSorbilb befannter unb angcfebcner SD^Jünj*
orte gefd&lagen »erben, manchmal mit
bcm 3"fa^' fif eä erlaubt fein foOe, bie
®tü(fe um ein 93ebeutenbeö leidbtcr auö*
juprägcn aU eö bort üblich »ar. 5Das
neben liefen fortmäbrenb bie Könige auf
i^ren (Pfaljen ober an bebcutenberen ^an*
belöorten, »cldbe unmittelbar unter iljrer
©ewalt jianben, prägen. S)ic föniglid)en
SRamen tragen jebo* auc^ oiele iWünjcn
geiftlicber nnb rceltlic&er ®ro§en. S)ie
3af)l bcr O^ünjftätten ifi überaus groß;
befonber^ bebcutenb aufer ben 93if^of«is
j^äbten ftnb bie föniglicf)en Drte 2)ort=
munb, I)ui0burg unb ®o0lar,
ÜDa« ®cprägc fd)licBt fid) Anfang« an
baö bcr farolingifcfccn <Periobc an: bie
i?orberrfdf)cn Ippen fxnb Kreuj, Kirchen*
gebäube, 9'iame, feiten ein Sonogramm,
regelmäßig bie 93cjeid)nung beö Orte^.
3)a^ *J3rufibilb ber Könige erfdjcint ein*
;ieln unter Otto I., häufiger feit Otto in.,
bie ganjc ^iflii'^ 'f^ feiten; fpäter ließen
aucb geifilid)e unb »cltlid&e dürften i^r
33ilb aufnef)men. 35on ©influß auf ben
Stempel mar im ?iorben angclfä(^ftfc^er,
im ©üben italicnifd^cr ©influß , fobann
iai Sorbilb cinjclner einl)eimifc6er SUiünj»
ftätten unb ganj befonberö iai Sclicben
bcr ©tempelfc^neiber. Seit bcm 11. 3ai)X'
bunbert fing man an, ben bciben Seiten
ber ÜJJünjen fiatt mie früber mit einem
Schlag jeber für fic^ ben Stempel aufju«
brücfcn (^albbraftcaten), einem 33ers
faf)ren, bcm in bcr Staufifcben 3^** ^'^
Prägung mit bloß einem Stempel folgte
(Q3rafteaten; barnacf) ift ber 5lrtifel
©raftcaten ju t>erbcffcrn), Si^^if^
noc^ t)otten bie SOlünjen einen bcfc^ränf*
ten Umlauf^frciö , bal)er bei 3i^^""9^"
befiimmte SWünjcn au^bebungen mürben.
%U ÜJJün^fiätten merben' in biefer «Periobe
genannt, inßot^ringen Sambrai, iBers
bun, 5Jie^, St. I)ie , ßütti*, SrüiTcl,
Sömen, 9?iüencö, ©enbermonbe, Salencien»
ne«, iJlntmcrpcn; au^ ^rieäl anb Utred)t,
Siele, Deoenter; am Untcrrl)ein Köln,
SRcmagen, S)ui^burg; in SRbeinfranf cn
Spcicr unb 2Bormö; in Djlfranfcn
Sffiürjburg; in Qllamanien Straßburg,
58afel, 3ütid), Konfianj, Ulm, öiellcid)t
|)all ; in !8 a 9 c r n (Rcgcnäburg ; in K d r n *
t^en %xit\ak); im öjll i(i)en Sac^fen
®oölar, Stabe, Sarbcmic, 9Jlagbcburg,
fiencid)t ^alle; in 2ßeftfalcn S5ortmunb
Soefi, Sf^tlobn, SUJünfter. 3" ^Sejug auf
hai (Semid^t merben ein öffentl i(ä)e^
ober föniglid^eö unb hai Kölner ®e«
mic^t untcrfcf)icben. iJ?ac6 farolingif^cr
Drbnung galt i>a«i *Pfunb Silber gleidt)
20 Solibi ober Sd) Illingen ju 12
©enarien, mooon jebocfe flcincre 5lb*
mcid)ungen üorfommen. Seit bem 5ln«
fang bc« 1 1. 3abrf)unbertä mirb in 5Deutfc6«
länb auc^ bie SRed&nung nad) ber oon ben
9lngclfa($)fen entlcfmtcn üJiar! gebraucht,
unb jmar ijl bie SWarf balb fopiel ali
$funb, balb bie ^älfte bcöfelben, balb
\)at fte nocfe anbcren QBert; bie Kölner
ajiarf betrug ^mei SJrittel <)3funb = 8
Unjen unb mürbe fpäter ftatt ju 166 nur
ju 144 S)enarien (12 Solibe ä 12 ©cna*
rien) ausgeprägt.
SBäbrcnb qsfunb, ÜJlarf unb Sd^il«
474
SKüujTOefcn.
liitg nur SRed&nungöcinf)eitcn fmb, f)£t§cn
bie einjig au^gecrägtcn SOtünjen SJenat,
tat. allgemein nummas, beutfdb Pfennig,
af)b. unb m^b. phcnninc, phennic, üon
ai)t. tai phant, n^b. •pfanb, dfo cigent»
Ii(^ foüiel alö ^Ufanbart; bann bet fiolbc
35cnar, helblinc, obalus, ^eüer, feiten
ein Siertel^bcnar. Snirti^r nodö tarn eö
bei gtöfern ©ummen me^r auf t>ai ®e*
famtgemid^t einer größeren Stnjaf)!, aU
auf ta^ bem SZBecfifel unterworfene [einjelnc
@tüd an.
®oIb tt)urbe nur gewogen, nid)t
geprägt; ©olbmünjen, bie etwa umliefen,
waren bpjantinifd^en Urfprungö ober
jiammten auä fränüfd^er 3«it.
2Baö unter ben Karolingern nur feiten
gefc^a^, bie Umprägung unb wieber^oltc
2tnbcrung ber ÜKünje würbe je^t ®e*
wo^n^eit; galt e^ jWar al^ alte (Reget, ba§
bie ÜRünjen ber 33tf^öfe auf beren ßebenö*
jeit gefcl)Iagcn würben, fo wed)felten bod^
mand)c Sifd^öfc mef)rmalä im ^af)X, balb
au« ©rünben ber ^abfuc^t, balb um ein«
geriffenen SWi^bräuc^en ju fieuern.
V. (Snbe beö aRittelalter«. S)er
june^menbe 95erfaII ber SReict)öeinI)eit ^atte
aud^ eine june^menbe 3fi^fpi^ltu"9 ""^
IBcreinäelung be^ SOtünjWefcn^ im ©efolge,
bergejialt, ta^ im 14. unb 15. 3a^r^un=
bert eine jufammenfaffenbe Überfidjt ber
SOJünjen beä 14. unb 15. 3a^tl)unbert^
faum möglicE), wcnigpen« biö jc^t noc^
nid^t üerfu^t worben ijt. @o ja^Ireidf)
aber bie oor^anbenen SlJJünjgebiete in bie«
fer 3«it, bie lanbfi^aftlic^en üJtünjnamen
unb namcnttid^ bie einzelnen ÜJJünäWerte
ftnb, fo fufen fie bod^ alle big ins 13.
Ja^r^unbert auf bem <Pfunb ©ilber, wel«
ä)ti 20 ©d^iüinge ober 240 ©ilberbenare
ober Pfennige enthält; ia fowol)I *|3funb
al« <Sdt)iIIing blo§e JRed^nung^münjen
Waren, fo würbe i^r SBert aüein burd^
ben SBert beö *13fennigö aU ber ®int)cit
befiimmt. S)icfer SBert aber war ein fel)r
t>eränberlidf)er, ba jebc neue ©ilbermün^e,
bie fid^ 5lnfet)en unb Äurö nerfd^affte,
burd^ geringere 2luöprägung wieber vtx=
f(t)ted)tert würbe ; fo fam ber ^Pfennig ber
fd^wäbifc^cn Stabt ^aü, ber alö geller
bie gangbarfic ©ilbcrmünäe im fübwcji»
lid^en S)eutfd^Ianb würbe unb felbjl bie
allgemeine 93ejci(^nung ber ??fcnnige hnxif
bie befonbcre ber geller oerbrängte, burd^
il)re Entwertung im 14. 3a^rf)unbert auf
einen t)alben Pfennig unb weiter I)erab.
2tu« bem 2Bort Pfennig löfien ftc^ mit
ber 3eit jum Steil mit ber Übertragung
ber altern 93ebeutung auf t>ai geprägte
iülünjftücf überhaupt Derfd^iebene anbere
felbfiänbigc ÜJJünäWerte ab, wie ©ulben
= gülbcner Pfennig, Serncr, Malier,
SWün^ener, seil. Pfennig, ©rofd^en
= denarius grossus, ®ro§5'J5fennig, fub*
fianticifdl) ber ®ro§, ®rofd&; 2öeiB =
<C fennig, Krcujers^fcnnig ober
^reujcr, ber gulben ^lorenjer, ober
2)iucaten, ber gulben rl)cinif^, ber
gulben ungarifd^ — ^Pfennig; ber
2)reier, 93ierer, @e^fer, ber 5oöd^img«
®ulben = ®rofd^ — *13fennig, worauf
I^aler entfprungen iji. 23gl. S^meU
ler, *-8at)r. 2öörterb., unter bem 2Bort
"Pfennig.
iJleben bie ©ilberwä^rung fleüt ftc^ feit
bem 13. 3a^r^unbert eine ®olbwä^rung,
beren 5luögangöpunft ber Florentiner
®ulben, Fiorin d'oro, ip ; berfelbe würbe
feit 1252 oon ber Dtepublif ^lorenj aus-
geprägt unb jcigte auf ber einen Seite
hai SBilb Soliinneö beö Seuferä, beS
S^u^patron« oon ^to^^tni» luf ^^^ o"'
bern bie ßilie ali SBappen ber «Stabt.
^aä) biefem Sorbilbe würbe juer^ ber
2SencjiamfdE)e Ducatcn ober ^idiin im
3a^r 1283, bann ber ungarifd^e ®ulben
unter ber (Regierung Karl Cftobcrtä, au§
bem |)aufe Qlnjou non 9ieapel (1309—
1342) geprägt. 2)ie neue ®oIbmünje
fanb balb auä) in 2>eutfd^lanb (äingang,
in SJö^mcn würbe fte oon Äönig Sodann
1325 eingeführt, ©eitbem in ber golbe*
neu SuQe ben geijllid^en unb weltlid^en
Äurfürfien fowie ber Krone 93ö^men iai
Dlec^t jugefpro(^cn war, ®olbs unb ®il-
bermünjen ju fd^Iagen, liefen aucE) bie
r^einifd^en Kurfürfien ®ulbcin mit bem
93ilbe So^annei beö 3;äuferS prägen.
®a bie ®olbmünje bie ocr^ältniSmäfig
fonfiante ®rö§e war, pflegte bie ®olb»
münje Don je^t an ben Sßertmcffer für
bie ©ilberwä^rung abjugeben; tai ®e«
wi^t, nadf) bem in bicfer ^eriobe bie
italienifdf)en ©ulben geprägt würben,
war bie Äölnifc^e Ttaxt; bie beutfc^en
®ulben Würben nadf) ©epräge, 6d^rot
unb Äorn blog jenen nadjgcprägt, wobei
bie ®ejtimmung bces SDiünjfu§eö ben ein»
jelnen ÜJiünj^crren freigeficllt war.
Um ber aud^ Ijicr über^anbne^menben
Verwirrung abjul^elfen, »ereinigten pd^
im 3al)r 1386 bie oier r^einif^en Äur*
fürfien ju einem ÜJlünjoertrag, worin fie
ben SKünjfu^ ber ®oIb= unb ©ilbermünje
fowie beren gcgenfeitigeä SBertoerbältni*
beftimmten. ®ie befd^loffen, ®ulben jU
iölufif.
475
münden mit bem @t. SoftcinniäbilDc,
23tatäti9, 66 ®tücf auf bie OJlarf im
©ewic^t; bo* foü ber SlJünjmcifict für
bie ÜJlarf fein @olb nid)t me^r alö 67
©tuet geben unb jeber SWüttjtjerr einen
falben ©utben aU ©c^Iagfchag beEom=
men. (Sin ©ulben biefer 5ttt foü 20 neue
©ilberpfennige (TOp^c pcnning) gelten unb
cbcnfopicl tric bie ungatifd)en unb böl)*
mifd)en ®ulben. 5llö tro^ biefer 2}crein=
barung aud) bie ®oIbtt>ä^rung fid) wieber
t)erfcf)led)tcrte, n)urbe enbtid) 1402 ber
aJJünjfuB burd) ein SRcicfeömünjgefe^ feft'
geficüt, i>ai fpdter met)rmalei erneuert ttier=
ben mu§te. Seit bcm ^a\)x 1535 fing
man an, offenbar infolge größeren «gilbers
jufluffeö , ©ilberfiücfe ober filberne
®rofd^cn ju fd)lagen, tk einen Oolb«
gulben im ifficrte gleid) fein unb 60 Äreu*
jer geben foüten; man nannte biefe ®tücfc
mit einem nid^t »on il^rem Stoffe, fon»
bem üon il)rem 2Berte entlehnten Dramen
®uIbincrä®ro fc^en , ©ulbiner,
©ulbncr, 3fleid)ögulbner, Uteicf)^»
gulben, ^u unterfdbeiben »on bcm oon
nun an tautotogifd) fo genannten ©olb*
gulben. 2ltö biefe SOiünje im SBerte
flieg, »urbe tcicber^olt »erboten, bie
® u l b e n e r ^ö^er aU 60 Äreujer ^u
nehmen, mit 2luönal)me ber in Joa^im^s
tal in Sö^mcn gcfd&Iagenen 3 o a d) i m « <
t a l e r « ® u I b n e r , bie man fpäter
Staler nannte. Über baä dltejie ÜJJünjwefen
biä ju ben Karolingern f)anbelt ® o e t =
beer in ben ^Jorfc^ungen jur beutfd)en
®efd^td)te, 93anb I, U, IV unb VI; über
„5Die beutfc^en ÜKünjen ber fäd^jtfc^en
unb fränfifd)en Äaiferjeit", S) a n n e n ^
berg, 1876; über bie ältere Seit SB ai^
in ber iöerfaffungögefd^ic^te unb SlJlüller,
5Dcutfd^e 3Wünjgefd)id^te biii ju ber Dtto=
ncnjeit. Seipjig 1860. Über tai fpätcrc
SKittelaltcr namentlich ^egel, S)eutfdbe
©täbted^ronifen, 9?ürnberg, Sanb I, ©.
224-262, unb U. 531 ff, unb ©mel-
ier« *8at)r. SBörtcrbud) in ben 5lrtifeln
Pfenning, ®d^illing,®ulben,
j M l e r. 6ine jufammenl)dngenbe doE»
jlänbige ü)iünjgef(^id)tc fe^lt bi« je^t.
SWirfif. S)ic dlteften IRad^ric^ten, wcl(i)e
»ir über bie S)eutf{^en burd) einige
®*riftjieüer bcö flafftfc^en 2lltertumö er^
^Iten, bejldtigen, ta^ unfere 93orfal)ren
frül) fd^on $oefic unb ®cfang liebten unb
übten. Jacitue erjd^lt un« üon bem fo=
genannten 93arbitu«, jenem Sc^lac&tgcfang
ber 2)eutfc^en, ber burd) iBor^alten ber
©d)ilbe t)or ben SDJunb noi^ milber unb
furd)tbarcr tönenb gemai^t würbe unb
nad) beffcn Söirfung fre ben 2luögang be«
treffen« glaubten befiimmen ju fönncn.
?lber auc^ bie SnfirumentalmuftE ^atte
bei ben alten ®ermanen f^on frübe Sin=
gang gefunben. ©clbfioerfldnblic^ waren
ti anfangt nur f^allDcrjidrfenbe 8drm=
ober Älinginßrumente: trommeln, (Spm=
beln unb l)öd)ften<^ noc^ tai weithin«
fd)atlenbe jg>orn bee ©tiereä. 2Bie unfelb--
fidnbig bie DJtuftf bei ben alten beutft^en
3)i^tungen auftritt, bcweifi, i>a^ „fingen
unb fagen" nod) biä in« 13. 3ai^ri)unbert
gleid)bebcutenb war. 3)cr altbeutfd)e ©e^
fang, erfd)einl oorwiegenb aU Soücnber ber
poetifc^en gorm ber @prad)e; er bilbct bie
^auptfiü^en ber SSeröbilbung, bcren ^au\>U
regel iai ®efe| ber Betonung würbe.
3m 2lccent treten einzelne lönc unter*
fc^cibbar t)erauei unb biefe 93ctung ber
fogenonntcn ßiebfiabe mu§te jur (iinfü^s
rung gcwiffer 3nt«oaflc in ber lon^ö^e
füt)ren, welche me^ar waren, ^ö^ti barf
man fic^ ben Anteil, ben ber ®efang att
ber ^oefic na^m, wobl faum benfen unb
e« ifi ba^er nid)t ju »erwunbern, wenn
bie SRömer, wcld)e it)re Tlufxt grö§tenteil«
f^on auägebilbet oon ben ®ried)en er^al*
ten platten, »on ber ®efang«funfi ber
Dcutfd)en nic^t fonberlid) erbaut jein
fonnten. 3"9lei<^ lernen wir aber auc^
bie 2J?ü^e würbigen, bie eö ben c^rijllii^en
Sefe^rern »crurfac^t , unfere Sßorfaf)rcn
für ben Äircf)engefang ju erjielien.
l. ÜJiufif ber crjlcn d)ripii(^cn
3eit Über i>Xi frü^efie 3cit, in welcher
taii (5-t)rifientum in SDeutf^lanb Singang
fanb, finb wir wenig unterrichtet. 2)ie
aSer^ccrungen ber SölEerwanberung liefen
ben ©amen beöfclben ju feiner gcbeil)Iic^en
^ortcntwidlung unter ben 3?eutfd^cn fom«
men. aSoüfommen jur ^errfd^aft gelangte
ba«felbe erfi unter feinem erfien Äaifer,
Äarl bem ®ro§cn. 5Dur(^ i^n erji
gewann iai ßl)riftentum in beutfc^en
ßanben fejien %u^, foba§ eine iwüjiänbige
Umgefialtung beutfd^er .Kultur, Äunfi unb
©itte erfolgen fonnte. ®anj befonbere
«Sorgfalt aber oerwanbte Äarl auf bie
Pflege be« Kird^engefangc«. S)erfelbe war
m 3talitn iujWif^cn fc^on ju einer bc«
beutenben ©ntwicflung gelangt. 5lnfang«
gab ftc^ freilid^ auc^ bort ber neue ®ci(i
auf bem ©ebiete ber SDiuftf nur in fd^üd^*
terner SBeife funb unb c« ifi nid^t ju
äwcifeln, ia^ ftd^ berfelbe ber antifcn
iWuftf unb itjrem lonfppem ebenfo eng
anfd)micgte, wie bie 9)lalcrei unb 5lrc^is
746
mu\\t
teftur, wenn aucfe Qngcnomincn roetbcn
barf, ba§ »on Qlnbeginn bcr d^ri|ilict)cn
3ett tinc 95erctnfa(i)ung ber immer üppiger
geworbenen gried&ifd)cn ^IRuftE ben Jüngern
ber neuen SJleligion am |»erjen gelegen
Öat. 3"l>«fffn »ermüdete felbjl bie (5in=
fütirung beö (5f)rifientum^ ali @taatö*
religion burc^ Äonfiantin ben Sinfluf unb
bie 3lac^tt)ir!ungen ber antifen Tlufxl ni^t
jU eerwifc^en, im Oegenteil ft)urbe ber
Ic|te Vertreter berfelbcn , 95 o e 1 1^ i u ^
beö I)ogma aller mittelalterlid^en 5DJujäf=
gelef)rten. 93oetf)iuä, ber am ^ofc
S^eoboric^ö lebte unb 524 in •Paüia i^in»
gerichtet fturbe, ber Jcilna^me an einer
2?erfd)»örung ber römifd^en Dlationats
Partei gegen bie ©otentjerrf^aft angeflagt,
erfc^eint aU gelehrter SRebaftor ber mups
falifd^en ®ä^e beä *ppt^agoraö, 5trifto5
yanoö , <|3toIomaeuä :c. ®ic TOufif ifi
i^m ein Seil SO^at^cmatif. 3)ie ®runb=
läge feineä ©pfiem^ bilbet eine Steige Pon
»ier Jonen im Umfange einer reinen
Guarte: beö 2;eIra(^orb. SDaöfelBe ent=
hält jietg jtt)et ©anjtoninterttalle unb ein
^albtoninterfaQ. 3^ "«'^ Stellung biefe«
^albtonintcroaUö in ber Qlufeinanberfolge
ber »icr 2öne |)ei§t baö Sietractiorb borifcf)
(ftenn ber ^albtonfc^ritt in ber Siefe
liegt), pl)ri)gi[c& (wenn er in ber SO^itte
liegt) ober Itjbifc^ (Wenn er in ber |»ö^e
liegt). @e|t man nun ^rttei p^rpgifc^e
Jetrad^orbc berart jufammen, ba^ »om
Iiö^fien Jon beö tiefen Jctra(^orb^ jum
tieften Jon beö ^öt)eren Jetrac^orb^ ein
ganjer Jonfcbritt ifi, fo erhält man eine
Dftaoengattung, in metc^er bie Jone
in folgenden Snteroallen aufeinanber«
folgen:
Jon (I U m IV) (V VI VIT VIII)
SuterDaüen 1 V2 1 11 V2 1-
J)iefc Dftaüengattung nal)m man nun
aU gunbament aüen Äircf)gefangeö auö
bem 5lltettum l^erüber. — SDJit ber d^rifi^
liefen Äirc^e ^atte aber auc^ ber ©otte^s
bi'enji bejiimmtere unb reid)ere rituelle
formen angenommen unb e^ geftaltete
ftcf) Qllmä^lig tai ^\xä)injai)x mit feinen
iJcfien unb Zeremonien. £)a fonntc ben
©laubigen , n)eldl)e biölier gemeinfam ben
©otteöbienfi burd} if)ren ®efang verzerr*
lic^t hatten, füglii^ nic^t mebr überladen
Werben, wie fie (Sott je nacf) bem J)range
beö frommen ^erjenö preifen wollten; bie
Äird&e mu^te au^ für bie ©efänge eine
bejietjenbe iJtorm, einen Slituö porfc^reiben,
ti tl)at 9?ot, eigene ©änger ju Ijaben.
6d)on baö Äonjil oon ßaobicea oerorb*
nete beä^alb, e^ foHe !ein anberer in bet
.Kirche fingen, alö bie baju oerorbneten
Sänger »on it)rer Jribüne. 5Die8 bebingtc
bie ©rünbung pon <Sängerf(^ulen , beren
erfie unter ben (ßöpfien ©ploefier unb
^ilariu^ entftanben. 9?o(^ Wirffamere
§örberung oerbanft bie Tlufxt bem Sifc^of
^Imbrofiuä üon OJJailanb (gefiorben 397)
unb bem 2 Sa^r^unberte fpdter jum $apfl
erwählten ®regor ben ®ro§en. Serldn»
gert man bie angenommenen ®runboftaoen
nach oben, inbem man fie Wiebcr^olt, ta^
ber höchfi« Jon ber tiefern Dftaoe jugleic^
ber tieffic ber i)ö^nn ifi, f^o erbdlt matt
eine Jonrei^e mit folgenben 3ntert)allen :
Jon I II III IVV VI VII VIII IX XXI
3nter». l V2 1 l l % l V2 l ^
5lu« biefer Jonrei^e wählte Slmbroftu*
nun bie »ier Dfta»en h«ciu^. welche mit
I, mit II, mit III unb IV begannen unb
welche ben Flamen ber »ier aut^cntifd^en
Äirchcntonarten erhielten, ©regor fügte
biefen »ier Jonarten nocf) jwei Weitere
hinju, inbem er auö jeber ber »ier autlien»
tifct)en Jonarten betört eine fogenannte
plagale bilbete, ia^ er bie brei obern Jone
einer Dftaöe jeber autbentifc^en Jonart
ber gleichnamigen eine Dftaöe tiefer »er»
fe^te. J)abur(| bilbete fxä) au§ ber erfien
authentifdjen Jonart eine erfie plagale mit
folgenben SttteroaUen:
Jon (VI VII VIII) (I n III IV V>
2ntert«aQ V2 1 V2 1 V2 1 1-
Unter biefe Jone fe^te nun ®regor
bie 93uchfiaben A B C D E F G unb
wieberl)olte biefe aufwärt« in gleid^er
SReil)enfolge, fobaf nun bie acf)t Äirchen»
tonarten heilen:
erfie aut^entifche : DEFGabcd
erfie plagale: ABCDEFGa
jweite aitthentifc^e : EFGabcde
jweitc plagale: BCDEFGab
britte authentif(^e: FGabcdef
britte plagale : CDEFGabc
tjierte authentifc^e: Gabcdefg
oierte plagale : DEFGabcd
3erlegt man biefe Jonarten, jebe für
ftcf) in jWei Jetra(i)orbe, fo wirb man
finben, ta^ beim ^ol)m Jetrac^orb ber
britten aut{)entifcE)en Jonart brei ®anj«
toninterfaüe aufcinanberfolgen (übermäßige
Duarte) tion F— B. J)icö flang unrein,
befonber« aU man anfing me^rfümmig
JU fingen. 35aö ganje SDtittelalter ^in»
OWuftf.
477
burd) roai bcnn aui) biefcä ber 9efüTd)tcte
Tritonns, bcr Diabolns in musica, mit
bcm man nic^t anbcrö fertig ju wctbcn
n)u§tc, alä ba§ man i^n ccrbot ober ober
iiai B um einen balben Son nerticftc.
iöJan unterf^icb beöbalb bei bem B jmci
Sone; ben einen (einen falben Ion tiefer
gefeit) bejeid^nete man aU Brotundnm
ober moUe {[}) ben anbern urfprünglidfien
mit bem B quadrnm ober dnrnm
worouä bann unfer ^ (H) entftanben ifi.
2)amit mar iai Sonfijpem für iai ganjc
üJJittelalter flefd)affen. S)ie jiarre 2)iatoniE
terrf(J)te beinaf)c unbef^ränft, ^albton«
f(f)ritte gab eö feine anbern aU bie äWei
einmal angenommenen fon E— F unb »on
B quadrnm ju C. ^ie enge 3ufammen*
gel)örigfeit ber aut^entifcftcn unb plagalen
lonarten, berenSSerbdltniö con bcnS^rifts
jlcüern beö ÜJJitteloIter^ burc^ bie Scj.
männlich unb »reiblic^ treffenb c^arafte=
rijtert ifi, jeigt fic^ am bcutUc^fien barin,
bat ^^^ mujifalifd)c ©dbmerpunft, ber
©runbs ober ^inalton beiben gemeinfam
ifi; bie aut^entifd)e Sonart f)at if)n in ber
jiefe, bie ptagalc bagegen in ber OTitte.
3?ad) biefem ^Jrinjip teilte man aud) bie
SOJcIobien in aut^cntifcf)e unb plagale ein,
nämlid) in folcfte, bie ficfe üom ©runbton
biö ju feiner Dftaoe unb jurücf bewegen
unb in folcbe bie f on ibrem ®runbton aus
eine Duinte aufmärtä unb eine Duarte
abmärtä jteigen, um fd)Iie§ü(^ mieber ju
bem mittleren ©runbton juriidäufebren.
©regor batte fic^ inbeffen nod) ein
anbereä Ißerbienji um bie SWufif ermorben.
Tlit (Sifer fammette er bie ©efangömeifen,
meiere ftd) nac^ unb nad) gebilbet I)atten,
bid)tete neue baju unb orbnete biefelben
nad) ben 3fiten be^ Äird)enjat)re^. SSa^
aber bae 2Bid)tigjie »rar, er forgte bafür,
baf fic niebcrgefd)rieben mürben. 2)a^
burd) entfianb eine feftc 9'Jorm , meiere
f)eute nod) in ber fat^olifcfcen Äird&c unter
bem DfJamen ©rcgorianif c^er Sfioral
aU SJiitualgefang befolgt mirb. SDiefe^
fogenannte 2lntip5onar Iie§ ©regor fon»
ber6arermeife nid)t nad) ber öon if)m
erfunbenen lonfi^rift notieren, fonbern
bebiente ftc^ ber mangelf)aften 2onfd)rift
ber_ fogenannten SReumen, baö finb ge=
ftine über bie Serteöfilben gefd)riebenc
®trid)elc^en, J^äfd)en, fünfte, ^atbbogcn
unb ät)nli^e giguren. SBcrmutlid) au«
ben 5l(centen ber gried)ifd)en (Sd)riftfprad^e
entjlanben , Ijattc biefe lonfc^rift jttjar
cor ber 93ud)ftabenfd)Tift bie ^ä^igfcit
corauö, (Steigen unb ^^atlcn ber Stimme
anfc^aulid) ju mad)en, morin ber Äeim
unferer je^igen 9^otenfd)rift liegt, allein
mar bie abfoIutc^öf)e bcö Jonc^ ober bie
(Sröfe ber Sttte^Paöe nid)t t)erau0jufinben
unb bienten bie SReumtn fid)erlic^ nur olö
®ebäc^tniönad)f)ülfe für ben ©änger, ber
bie 5ÜJeIobie au^menbig fanntc. 30« bie
d^arafterijiif(^c eigcnl)eit be« ©regotiani»
fd)en ©efange« mirb angenommen, ia'ß
er im ®egenfa|e gegen ttn metrifc^en,
bie Quantität ber Silben nad) antifcr
Qlrt genau bcoba(^tenben ambroftanifc^en
©efang, feine befiimmte 3«itbauer ber ein*
jelnen Jone angenommen, fonbern e« bcm
©änger überlaffen i)abi, naä) belieben jU
bet)ncn unb ju i?erfürjen. 2)aburc^ aber
tt)ar baä Sanb geriffen, metd)e« biß ba«
l)in bie d)rijiHci^e 3!Jtuftf noc^ mit ber an=
tifen oerfnüpft Ijattc. 5ln ©teüe ber
früberen poetifc^en üJietrif trat nun eine
mufifalif^e. SBo frütjer Sänge unb Äürje
gel)errfd)t, ba fü^rteje^t ^rji« unb 2f)efi« tai
entf(^eibenbe Sffiort. S)aburd) aber mar
cö jugleid) ermöglicht, auf eine Silbe
mef)rere löne fallen ju laffen; e« ent*
fianb jener t)erjiertc ©efang, ber unter
bem Flamen: 93italianif^er befannt iji,
namentlid) aber jene Jubellaute, üon be^
nen ber 93ifc^of 35uranbu« erjä^It, ba^
man ta^ 51Ileluj|a fon 5Ilter ^er mit bem
pneuma gefungen t)abe, meiere« pnenma
eine unau«fpred)lid)e ^reube be« ©cmüte«
über ta^ ercige auöbrüde. — Si« ju
biefer entmidlungöfiufc war ber ©efang
gebiel)cn, aU Äarl ber ®ro§c erfc^ien, bie
ber Kultur wibcrfpenftigen 33öltcr bejmang
unb fie burd^ bie 2BoI)ltI)at einer ^ö^cren
33ilbung mit feiner ^errfc^aft bauernb
auöjuföbnen iierfuc^te. >karl grünbete
Schulen im ganjen Umfange feincö *Jleic^eö,
»on benen bie f^n URe^, Soiffon«, gulba,
ÜRainj, Sricr, <St. ©allen balb ju ^ot)em
[Ru^m gelangten, ©lei^ ben übrigen
ßel)rgegenfiänben mürbe auc^ bie 2Rufif
gepflegt. ÜWit äHifoergnügcn aber be=
merfte Äarl, ta^ ftd) im ifirc^engefange
Unterfc^tebe cinfd)Ii^en. aJJeI)imal« Ue^
er bai)er Sänger t)on 9'iom fommen, um
burd) ibr Seitpiel bie ungeübten Äef)len
feiner fränfifd)en Sänger ju üerebeln.
So entftanb namentlich in 2ne| eine bi'
rühmte Sängerfc^ule, aber auc^ in St.
©allen fotlte bie Sangeöfunfi ungeahnt
aufblüf)cn. Ser ©runb 5U biefer 93Iütc
mürbe gelegt burd) SRomanu«, einen ber
ä»ei römif^en Sänger , tt)eld)c $apji
31
478
iUluftf.
^abrian I. auf fflunfc^ Äaifer Äarl« na*
Tlt^ fanbtc, mit äWci aut^cntifcben Qlbs
fc^iiftcn beg grcgoiianifd^en 5lntip{)onare
Dcrfc^cn. 2luf bcr ^iittcife crftanfte
Oiomanu^ unb cnei(f)te mit DWüfie 6t.
®aüen , roo er bcnn audö auf bcfonberc
SBeifung Äorlö tictblieb unb mit it)m ein
(äjemplar bc« 2lntipbonar^, meld)eä nocft
tieutjutage bas föpiid^fte Äicinob ber
Stiftäbibliotfief ju ®t. ©allen bitbct.
23on nun an begann ein rege« fünfileri=
fc^eö Streben unter ben @t. ®aüer 'D(ön=
d)en, Worüber unä Sffei)arb IV. in feinem
Casus St. Galli «Musfü^rlic^eä ju erjäliten
mi^. 33efonbere iBerbienfte um bie ^tuö-
bilbung ber 9!)Junt erwarben ftd) bie bei«
ben 3?Dtfer, Sabeo unb' Salbuluö, bcr (Sr=
finber eurer neuen Äunjlgattung, ber fo =
genannten (Sequenjen. 2)ie|^elben entfian«
ben, inbem man ben langatmigen SBofalifen
bcö SlÜelnja SBorte unterfd)ob, unb auf
biefe SBeife in bie roortlos gewcfenen
iDieliömen mieber €inn unb SSetftanb ju
bringen fucf)te.
S)aburc^ famen Sichtung unb SDtufiE
in ein ganj neue« iBertiältnia. 2)ie *Jlrbeit
be« SOtufrferä unb 2)ict)terö trennte fi*.
2)cr erftere erfanb SD^elobien für fünftige
mannigfad) barunter unterjulcgenbe 2öorte,
ber le^tere bietete ju bereite iiort)anbenen
SOJelobien Serie, ^iotfer aSalbulus untere
50g aber äugleid? tk bereits üor^anbenen
3ubitoä einer 'Jlrt JRebaftion, inbem er 50
bafon mit eigenen 9'lamen bezeichnete unb
baju neue bid)tete. (Sine feiner SO^elobien
bat ftc^ biä ijeute crtjalten, cä ifi bie
®eguenj: Media vita in morte sumns.
2)iefc 2)JeIobien unb ©efänge galten
anbermärtä alä mufiergültig unb würben
mannigfach na*gea|E)mt, namentli(f) ent^
fianben ät)nlicbe (Sefängeim 5Solfe, mclc^c^
biefelben teils beim ®ottcsbienfte, leilö bei
^Bittgängen, beim .Kampfe :c. anjlimmtc.
^ier^er gepren bie beiben munberDoüen
Sichtungen : Stabat mater unb Dies irae.
(So roirfte ber gregorianifcl)e ©efang
nacE) allen Seiten unb ftrebte nad) unbe-
bingter ^errfc^aft unb wie bie geklärte
2;f)eorie in i8oett)iuö eine gegebene ®runblage
ber töeoretifdE)en iOJuilf, fo fanb bie *Prajiä
im ®regorianifd)en (gelange einen gegebe«
nen Stoff ju mufifalifdjer Übung, er
mürbe ber cantas firmus , ber Jenor, an
bem nid)t getaftet werben burfte. 'S)a^
9)UttelaIter t)atte ein tiefet 93ebürfniä naä)
einer Q(rt Qtuttorität, nad) bem Dogma.
So naf)m es feinen Soetbiuä unb tnx
gregorianifc^en ©efang wie 2)ogmen t)in;
ber leitete burfte aber gcrabe bcölialb fein
$robuft bea menfc^lic^en (Seiftet fein, er
war infpiriert unb bamit con einer feiner
weitern ^ritif unterlicgenben Beglaubigung.
Sieben ber ©efangeöfunji würbe au^
bie 3nj^i^""if"tili^"f^f i" ®f- ©aßen
eifrig betrieben. S5aä rau^c Älima be»
günftigte bie (Sntwirflung ber ©cfange«
Organe nid)t in gleichem SOta^e, wie hai
ber füblicben C'änber, fobaf ber ©iafon
3oanneö in feinem öeben beä beiligcn
(Sregor meint, bie 5ltlemanen unb ©allier
ftrengten ftd) Pcrgcbenö an, ben römif*en
.ßirdjengefang auäjufü^ren unb liefen
üon i^iren ungefügen .Kel)lcn nur ein
bonnernbeä ©ebrüll 6ören, welcf)eö bem
©epolter eines bergabrotlenben ßajlwagen*
gli(f)e. 5lllein, ^atte bie J^catur ben I>eut5
fc^en ben 25}ol)lflang ber jübli(ä)cn Stim=
men rerfagt, fo war cö bennoc^ ber SRor*
ben, ber gerabe »ermittelfi feiner 3nf*i^u*
mentalmufif, auf bie er l)ingewiefen Warb,
baöjenige Clement in bie iUiuftf einführen
fotlte, welches nä)t eigentlich alö Unter«
f(i)eibungömetfmal ber mobernen unb ber
antifcn aJtuftf gelten barf, bie OJJe^rftim'
migfeit.
2. ^Infänge bcr 3!Hef)rfiimmigs
feit. 5Diefelbe eyiftierte in ber 3nfirus
mentalmufif bereite fd^on lange, bcoor
man anfing, mcl)r|iimmig ju fingen. 2)a«
beWeifen namentlich bie alten ©eigens
infirumcnte, bie fogenannte Srota ober
SRota, ein meift mit brei Saiten befpann«
teä 3"f^i^i't"'^"i iTiit flad)em Steg unb
o^nc bie Seiteneinbud)tungen unfereö
©eigenförperö. 2)urc^ tas le^tere war
aber ber '-öogen gejwungen, ju gleid^cr
3eit über aüe brei Saiten ju ftreid)en unb
fü tönte bann neben ber auf bcr erfien
Saite gefpielten iKclobic ftetö bcr ©runb«
ton unb bie Duintc naä) 5lrt eine* S)u*
belfadcs mit. 3" ä^nlid^er SBcifc biente
ber IMeljtimmigfeit ta^ fogenannte Drga«
nifirum, oon bem bie 9lrt üielfiimmig ju
fingen ibren 9?amcn erhalten folltc. S)ie
Äunfl beö Drganifiercnä, b. f). bie .^unP
JU einer gegebenen SOielobic eine jweitc
ober britte Stimme ju fingen fanb halb
Gingang unb Verbreitung unb fcf)on im
erfien S'i^rtaufenb unferer 3«it'^«^"""8
in bem flanbrif(icn 3D?bnc^e .^ucbalb einen
wiffcnfc^aftlicf)en Vertreter. |)ucbalb nennt
bie Äunfi be« me^rjiimmigcn Sonfa^cö
(Organum ober diaphonie) einen „ein*
trächtig jwiefpältigen ©efang". S)erfclbe
aber würbe auf äwcicrlei 5lrten juflanbe
gcbrad)t; einmal berart, ia^ eine jweite
5Kufif.
479
Stimme ber etfien im 3"ter»aÜ einer
Dftace, Cluinte ober Duarte paraücl
folgte (^araflclorganum), anbernteil^ ber^
ort, bQ§ ein ©ängct bie rechte SD^elobie
^ielt (lenor) inäfjrenb bcr «nbere mit
fremben aber paffenben Ionen bie SlJJelobic
umfpielte, am Schlug aber betbc im Sin*
flang ober ber Dftaöe äufammentrafen
(®d)tt)eifenbeö Organum). S3eim le^teren
erfd) einen im ©egenfa^ jum ^araUeU
Organum im 2)urd)ganye aud) anbere 3"»
tereaüc aU Duinten unb Quarten, alfo
audf) ©efunben, lerjen JC, (obai alfo
fd^on in bicfer früf)en 3ßit 2)iffonanjen
»enigjlen^ im j!ufenttteifcn S)urd)gange
aU juläfftg erfannt würben. 3ln ber
^errlid^en Söirfung feineö Organum jmei«
feit 23ater ^ucbalb feineöroeg^. «Sin«
gen i^rer, fagt er, jtt)ei ober met)r mit
bebäc{)tiger unb einträchtiger Strenge ju«
fammen, jeber feine Stimme, fo »irft 2)u
einen Ueblicf)en Suftinimennang auö bie«
fcr a3ermifcf)ung ber Sliine entfielen fe^en".
^ucbalb aber oerfuc^te, aud) bie Jonfc^rift
ju üerbeffern. (5r füllte eci,ba§ bieD^eumen*
fd{)rift nic£)t me^r genüge, fal) aber jugleid)
■ein, i)a'$ eä ein Sebürfniö fei, ha^ tai
Steigen unb ^aüm be^ joneä bilblid^ bar*
gejietlt merbe. (5r terfuci^te c^ bofjer mit
•einem fiinienfpfiem , in beffen ß^^ifc^c"'
räume bie Jeyteöftlben bcrart aufgefd)id^tet
tt)urben, ta^ bie SoninterBaüe fon einer
Silbe jur anbcrn burd) bie 51njaf)I ber
jttiifd^enliegenben ßinien = 3>^^Wf"t«"nic
erftd^tlid) mürbe. Qux beffern Orientierung
fe^te er au^erbem am 93eginn jeben
Spatium« bie i8u($ftaben T (tonus =
©anjton) ober S (semitonus = ^albton).
5lflein biefe Sc^reibmeife l)attc ctmaö un«
gemein SdjmcrfäUiges unb Unbel)ülflic^cö,
feine 9'}otenf(f)rift blieb unbenu^t.
6rji ia^ folgenbe 3it)i^t)uni'crt follte
ben SÖJann hervorbringen, ber bie 9öelt
mit einer wirflief) braud&baren 2;onf(i)rtft
beglüdcn foüte. S($on cor beffen (Jr=
fd^einen battc man in Statten quer burc^
bie 9Jeumen eine rote fiinie gebogen, welche
ben Jon f bebeutete. Söa« barüber jianb
»ar t)ö^er al^ f, »aä barunter, tiefer.
Später jog man noc^ eine gelbe ober
grüne, weld^e ben 5lon c bebeutete. S)as
burd) l)atte man Unerme^Ud^eä gewonnen
unb ber Jßeg war gebal)nt, ber auf unfer
i^cutigeö Jiotenfpjiem führen muf te. 2)ie*
fen SBeg nun gefunben ju i^aben, war
iM Söerbienjt be^ 93enebiftincrmönd^e^ :
®uibo tton 5lreä50 au« bem Älofier ipom*
pofa bei SRaocnna. Statt ber jwei ßinicn
jog er beren öier unb benu^te nid^t nur
bie ßinien, fonbern aud^ bie ßwifd^en«
räume jur ©ejeid^nung ber abfoluten
2onf)ö^c. BuQlcid^ Dereinfad^te er aber
audt) bie S<^i)\ unb (Seftalt ber Dleumcn«
äeicf)en, njclcf)e ft^ fd)lie|Iid), na^ aüerlei
SDJobififationen, in bie mobernen Jtoten«
jeict)en umwanbelten. ®uibo war aber
nict)t nur Sfjeoretifer, fonbern audt) ^laU
tifer im coüpen Sinne beä SBorte«. Um
feinen Sd)ülern tai lonmerfcn beiju«
bringen, pflegte er beim Unterrid)te feinen
Schülern bie |)pmne: Ut queant laxis,
resonare flbris mira gestornm, fa muli
tuorum solve polluti, labii reatum
Sancte Joannes einäuprägen. 'S>ai ßieb*
dE)en fd)ien bem le^rcnben ©uibo befon«
berä beöwegen jWedfmä^ig, weil feine fec^«
93erfe nad)einanbcr mit ben fed)ä Jonen
ber Sfala »on c biö a in regelmäßiger
i^olge anfingen: lUt fiel auf c, re auf d,
mi auf e etc. 5üi« biefen Qtnfangöbud^s
fiaben nt, re, mi, fa, sol, la ift bann bie
fogenannte Solmifation entftanben.
©uibo'ä Sfala umfaßte 21 Söne, nämlic^:
TABCDEFGab jjcdefg
a b j} c d
a b n c d
S)iefe teilte er nun in fiebcn fed^^jiufige
Jongruppen, ^cyadf)orbe genannt, beren
einzelne Jone mit ben Silben ut re mi jc.
bejeidt)net würben, bcrart, ta^ jwifd^en
bie Silben mi fa jietö ein ^albtonfd)ritt
JU fielen fam. Selbpoerfiänblic^ fcE)lie§en
biefe ^efad)orbe nid)t, wie bie Oftat>en
bcr mobernen SWuftf ancinanbcr — bie«
würbe eine SRei^e »on 42 Jonen ergeben
^aben — fonbern fte greifen ineinanber
ein. Sine Doüfiänbige Jonleiter non ad^t
Jonen ließ fi^ bemnadt) nid£)t unmittel«
bar mit ben ©uibonifc^en Silben fingen,
fonbern eö mußten bie ^ejad^orbe gc»
wedf)fclt werben, man f)atte ju mutie«
ren j. 33. :
c
d ef g
a
r
ut
re mi fa sol
la
ut
re
mifa
2)iefe SWutation namentlich war tint
crfolgrcid)e Übung, weld^c bie Sänger«
fnaben innerhalb bc« gcfamten Jongebie«
te« »öüig t)eimifd^ machte. Tlit ber
wad^fenben 5"^« ^f* mu^falifd^en J>ar«
jietlungömaterial« würbe bie Solmifation
inbeß jum „crux tenellornm puerorum".
31*
480
OTufit.
3llö ©ebäc^tniönafi^l^ülfc beim iWutie«
Ten »urbe t)iclfa(^ bic ®uibonif<ie ^anb
benu^t. SBa^rfc^einli^ ^atte einet feiner
©c^üIer bie ©ntbecEung gemad^t, ta^ bie
^anb gerabe fotiel ©lieber jä^lt, alö tai
guibonifd^e lonfpfiem 2önc, ndmli^ 19
ton ^—A, bog b unb ^ ni(i)t jugeret^*
net. 3cbe8 ®Iicb »urbc nun jum @i^
eineg Zonti gemacht, tai obere ©lieb be^
S>aumenö erhielt ben tiefjien Jon r. Sßon
ba fuhr man berab, bann quer hinüber,
om f leinen J^inger hinauf, an ben obern
©liebern ber folgenben brei entlang, am
3eigepnger fierab u. f. ft). im Äreife bi*
jum Jon ^'
1x0^ aüer Sbeoric fianb e^ aber mit
ber SpfJuitf in biefem 3eitiai'ni ^^^ "'"bl
redbt böfe. @ie mürbe nod^ immer ali
iai (ßrobuft beö rcd)nenben fombiniercn«
ben Serjianbeö, nic^t ber ^^antafte angc«
fe^en; fie braud^te ni(fet fc^ön ju fein,
menn fte nur ben 5lnforberungen einer
imaginären £Regelricf)tigfeit entfprac^. ^öd^ji
bemerfenömert in biefer |)injtd)t i^ i>ai
rein mecbanifd^e 33erfabren, meld^eö ©uibo
jur erfinbung neuer ÜJielobien »orfc^reibt
unb mcldbe^ barin bcfianb, ba^ man je«
bem ber fünf SBofale einen Son ber Jon«
leiter fubfiituiertc unb bann unter bie ein*
jcinen ©üben eine^ beliebigen 2eyteö ben
i^rcm 35ofaI entfprec^enben Ion fc^rieb.
3. ginfüt)rung ber SWenfural*
mufif. 5Die ©ntmidlung ber ÜJJetirfiimmig«
feit mar in biefem 3eitraum nod^ nxi)t »icl
meiter gebieten alü »orficr. SJDJan I)atte nod)
immer feine J^^eube an Cuinten^ unb
Duartenparatlelen, inbcffen bemerft man
bod), ta^ man anfing bie begleitenbcn
Stimmen in abmeic^enber SBeife ju führen,
bem ©antug (ber urfprünglic^en SWelobie)
einen 2)i8cantu8 (eine abmeic^enb beglei«
tenbc Stimme) äujugefeflen. I)ie Äunfi be^
Sbiöcantiercnö mürbe namcntlicf) in granf*
rei^ auögcbilbet unb ergab fid)bort jiattbe^
anfänglid)en parallelen ©efange^ ber «Stim«
men fSjUeflid) eine ©egenbemegung berfel^
ben, ja man fdE)cute ftc^ nid)t, ganj ferft^ie-
benc SO'Jelobien unter iftd^ ju mebrjlimmigen
®ä|en ju nerbinben. — 3^ ^^^"^ "la" aber'im
3ufQmmenftngcn mehrerer Stimmen ^oxU
fdbritte machte, um fo mefjr mu^te fic^
auA tau SBebürfniö geltenb mad)en, t>a%
bic einzelnen Stimmen fic^ in gleich
fcbneüen lempi bemegten. hierfür feblte
ober tiorbert)anb jebmcbe D^otenfc^rift. 2)er
gregoriariif^e Äirc^cngefang l)attc e« bem
einjcinen überlaffen, nad^ feinem ®ut*
bünfen ben 3cittt)«tt ber einzelnen S^otcn
ju befiimmen. T>iti mu§tc aufboren, fomic
öerft^iebcnartige Stimmen fo geführt merben
foQten, ba§ fte »ereinigt bem ©ebör an*
genehm erflangen. S>amit beginnt etma
in ber jmeiten ^alfte be* 12. 5a^r^unbert^
bie ©ntmidlung ber fogenannten SWenfural^
mujtf. „S)er erfte Sd^riftjieüer, melcfeer
über bie beim „gemeffenen ©efange"
ju beobatt)tenben SRegeln Qluefunft giebt,
iji gi^onco fon Äöln, "Hue bem ^unftud
ber D^eumen |atte jid^ im öaufe ber 3«it
bereite ber nierecfige fRotenfopf gebilbet.
S)iefen na^m g^ranco aU ©runblage für
bie SWenfuralnotcn. Söorerfi glaubte man,
mit jmci SRoten auöjufommen, mit ber fo»
genannten longa (^unftmitStric^) unb ber
fogenannten bretiiä(*Punft), entfpred^enb ben
furjenunbInngenSiIbenberantifen<Profobie,
unb mürbe nacf) ben mcifi r>otfommenben
SSetöma^en , Srocf)äu0 unb S^imbnö ber
breiteilige perfcüe SRptfimu^ bevrfd^enb,
inbem man eine Sänge gleidf) smei Bürgen
annahm. 6rji im 14. 3a^rt)unbert er*
fdfieint ber jmeiteiligc iHijttjmuß, ben man
bann audf) im ©egenfa| jum breiteiligen
ben unDoKfommenen nannte. 3nbe^en
fam man mit biefen 9?otenmerten nid^t
au« unb fd^on ^wnco füfjrte bie boppcitc
Sänge (SWayima) unb bic balbe 33ret>i*
(Semibreüiä) ein. Qtroa in ber ämeitcn
|>älftc bcö 14. 3<i^rf)unbert« begann man
in ^tanfreid^ bic fJ^oten nidf)t metir fd^marj
aufzufüllen, fonbern mei§ ju laffen, mo«
burd^ bie fogenannte mci§e d^ioralnotc
entpanb. 3"Slf'^ berfud^te man aber aud^,
bie fogenannten ÜJJeli^men, bai ftnb bie
auf einer Icyteäfilbc gcfungenen, aui jmei
ober mebr Sönen bePct)cnbcn jiguren in
einem 3fi<^en barjujiellen: eö entjianbcn
bie fogenannten ßigaturcn (ligatura as-
cendens unb descendens, obliqua, recta, etc.)
5luc^ bcö «Punftee bebienten ftd^ bic Wen»
furalijicn bereite unb jmar aU punctum
augmentationis ober additionis, menn
berfelbe ben SBert ber SJJote, t)inter meldtet
er fielt, um beren ^älfte »erlängert unb
aU punctum divisionis, um anjujeigen,
ba§ eine 9'lotc non ber falben ©eltung jui
fotbergebenben ober folgenben boppel»
mertigcn gcj^ogcn merben folle. (Sbenfo,
mie bie Söne mußten nun aud) bie *Paufen
bcjcid)net merben. 5DajU bebiente man ftd^
fenfred)ter, burd^ bie ßintc gezogener Strid^e,
meldte je nac^ ibrer Sänge bie 3eitbauct
auebrüdten. gnblid^ mar cö aud^ nod^
nötig laii Jempo burd^ ein ßt\ä)tn ju be«^
Wupf.
481
flimmen. S)er Boüpänbiae Ärtie »urbe
bai 3ei(^en beä lempuÄ petfeftum, bet
na(^ ted^tö offene für baö Scmpu« imper-
fectum. Sei üctboppelter Seiüegung würbe
ter Ärciö bur^firid^en 2C.
giäcfe(l %xax\co Don Äöln j^aben ba«
meijte iBcrbienft um bie üludbübung ber
SienfuralmufiE 9Wor^ettuö oon $abua unb
3o()anne« be 2)türiä, —
^ucbalb, ®uibo unb ^ranco Iiatten
im eifrigen Stabium unb unter unenblidjen
Dcnferqualcn ben ®runb gelegt, auf welchem
pc^ eine »a^r^afte Äunjimuftf aufbauen
tonnte, aüein bie 9)?ufiE ^atte in ber be«
benflid^en M\)t bet 5ltitt)metiE unb
Geometrie beinatie oergeffen, ia^ fie Don
^au3 auä eine fii)öne Äunfi unb bo§ eö
i^re 5lufgabe fei, baö Sd^öne in Ionen
ju ocrwirfUc^en , fte begnügte jtc^, i)a^
matt)ematifc^ 9fli(^tige ju erreichen, bei bem
nit^t ber äfi^ctif^e @inn, fonbetn ber
Serftanb ba« entfc^eibenbe SBort ^atte.
Jnbeffen war bafür geforgt, ba§ bie
SKufi! nicf)t in fpeEulatiüer ÜBiffenfc^aft
auf9et)en foüte.
4) 2BeltIi*e *»?ufif. S)a« weltbe*
»egenbe (äreigniä ber Äreujjüge follte aud^
auf ik aJJufif neubelebenb einrcirfen unb
t^r tai oerfcf)affen, roai fie wieber jur
wahren Äunfi ma(^te. ©ineöteil^ tüaren
€« bie neuen ^nfitumcnte, welche bie
Äreujfa^ter aue bem Orient mit nadt)
^aufe brachten , anbernteilä aber machte
^ä) ber bur(^ bie Äreujäüge gewedfte
Did^terfmn alä Iprif(i)er ©efang Öwft,
wo 2Bort unb SDtelobie oereint erflangen,
wo nicf)t bie S^utregel hii Jonlebrer^,
nic^t bie profunbc 2Biffen[cf)aft beö 90^ön=
dt)eä breinjureben batte, fonbern wo nur
ber 2)rang be^ ®cmüte« ba« 2öort in
ßiebeö= unb 5tül)Ungätiebern führte unb
gleich ben re3)ten baju gehörigen "Son
fatib. Unter bem lieblichen ^immel ©üb«
franfreid^^ fanb bicfe „fröt)li^e Äunfi" i^rc
etilen glüctlic^en Vertreter. Die ^öfe ber
®rafen t>on Souloufe, t>on «Prooence unb
oon löatcelona waren ^flegejidtten bet
S)i(i)tfunfl. Ulaä) bem (Srfinben nannte
man im füblidf)en jjranfrei^ bie 2)id)tet
Jrobabor«. 5ll6 erper fon il)nen wirb
2BiIf)elm ton ^oitietä genannt. 2)et
Sroubabout fang feiten felbji, baju ^atte
et funfifettige im ®efang unb im ©pic*
len mufifalifd)et3nflrumente wohlerfahrene
S>iener lüx Seite , bie SDlinjtrelö ober
Jongleur^ (Spaf mac^er) , ßeute non oft
fe^r untergeorbnetem [Range. 6ine ^luä»
na^mefieHung unter ben S^roubaboure
nimmt SUbam be k ^ale ein, naif feinem
SBud^d unb feiner 95aterfiabt: Der Sucflige
tton 51rrad genannt, inbem et ben Stftn«
bet oon ©efängen unb ben auäübenben
3Weifiet in feinet ^etfon beteint. 6t ge*
f)ört jugleid^ ju ben etfien lonfe^ern,
weldbe oierj^immige ©ingflüde fompo^
nietten.
S)etfelbe ®eiji, bet bei ben tomanifc^en
Sölfetn bie Sroubabourd l)etootgerufen,
fanb bei ben germanifd^en ©tämmen
35eutfdf)Ianb^ feinen Qtuöbrucf im foge-
nannten SWinnegefang. 2)er beutf(^e S)ic^=
ter aber ^atte nic^t ben jweibeutigen
Jongleut, ben ®auflet jum ®efä^tten;
ebenfowenig abet gesotten aüe iWinne»
fanget bem tittetli(f)en ©tanbe an. Untet
ben ©ängetn auf bet Sßattbutg waten
SBoIftam oon ®fc^enbac^ , SBalt^et oon
bet Sogelweibe, ^eintid^ Schreibet unb
^eint.3me^f(^injwattittetmä§igeSDlannen,
wogegen Sittetolf einet uon be^ 2anb=
gtafen ^ofgefinbe unb ^eintic^ oon Dffiet«
bingen „ein botget uj ber ftab 2)fenad&e"
war. 2)ie nidf)tritterli(J)en Sänger t)ie§en
iWeifier. S)ie Sßortragöweife ber ®efänge
gli^ jiemlic^ bem gregorianif^en 6£)otal.
— 2)et Slüteäeit beä iUlinnegefange*
wat ein S^tl gefegt, t>ai nut aüjubalb
etteid^t wutbc. 33on ben SRittetn unb
tittctli(^en ©ängetn ging bie Äunfi auf
bie Sütget unb e^ifamen J^anbwetfet
übet: bet tittetlid^c ÜJlinnegefang wutbe
jum äunftmä§igen , fleinbütgetlid^en
ÜJJeij^ctgefange; aui bet blüt)enben SRofe
entwidelte \\d) bie magere j^rut^t bet
Hagebutte.
2)et ^auptfi^ bed iDieifiergefange^ war
anfangt SDiainj, fpdter ©trafburg, Stugö-
butg unb 9'iürnbetg, aud^ Ulm unb [Regent'
bürg. S)ie Äunfigefe^e waren in bet fo-
genannten Sabulatut oerjeid^net, wo auc^
für jeben genau bejeid^neten 'i^il)Ux eine
befiimmte «Strafe fefigefe^t war. 3" über«
wadf)en, ta^ bie ©efe^e oon ben Singen*
ben gehörig beobad^tet würben, war Sa^e
ber fogenannten „üJlerfer". 2)et Ober*
meifiet, Ätonenmeifiet, üJJetfmcijlet mit
feinen SDietfetn, bet 33üd)fenmeifiet unb
bet @d)lüffelmeifiet bilbeten jufammen
ben 3unftDotflanb. 5ebe 3"fflwmenfunft
^ie§ eine Scf)ule unb bie SDtitgliebet nann=
ten ftd^ „ßieb^abet beö beutfd^en SWeifiet*
gefangeö". 93eim 93eginn bet Sd^ule
nai)m tai ®emerf bie Si^e an ber Ober«
ficUe ein. 2)ie SBotttäge mußten ftei qe'
Wlten wetben. S)ie oiet ÜWettet teilten
ftd^ in ibr 9Bädf)teramt; einet acfitete auf
482
ORuttf.
lit SReme, bet anbcrc auf tai QScrömaf,
ber brittc auf bic SWcIobie unb ber »icrtc
^atte bie aufgcfc^Iagcne Sibcl for ftc^,
bamit fein SBerfio^ gegen iai „©efc^tifft"
porfomme.
Die 2JJcijletfängct Ratten it)rcn 3unft'
]ä)a^ beftimmter ÜJJelobien ober SBeifen,
bencn jebet na^ feinem ©utbünfcn fein
$oem untetfc^ieben fonnte, obgleidö bcm
iOJeifier bie ©tfinbung eincg neuen Joneg
fcineäweg^ »ernjefjrt n»ar. 2Burbe biefer
neue 2;on »on ben 2Jlctfcrn genehmigt,
gab man ibm einen „ef)ilicf)en nid)t t>ers
ä(i)tlicf)en" Flamen, n)el(i)cr insgemein böc^fi
Dernjunbcrlid^ lautete, S)a gab e^ einen
flauen Jon, einen roten 2on , eine ge»
fct)n)änjte iSffenreeiö, eine gelbe ißeiglins
n^eiö, eine „über furj Olbenbrottneiö", einen
„gläfernen ^albfrügelton" unb wie biefe
»om barofften Ungefc^macf eingegebenen
Benennungen foufi lauteten,
Sei ber ^audbacfenen Ü(rt biefer Äunfi«
pflege fonnten aber meber *Poefte nod)
SWufif fonberlicf) gebei^en, wenn auc^ hai
©treben biefer , inmitten aller 9^ot beö
Ütlttagslcben^ nact) bem ^ttal ringenben
bürgerlichen 9'iaturen bic inarmfte 5tner»
fcnnung rerbient.
Ulaä) bem Seifpiele ber SDJeij^erftnger
»ercinten fxcf) nun auc^ bic 3njliu"itntalä
muftfer ju junftmä^ig georbneten ®e«
noffenfd)aften unb gaben tai tagabun«
biercnbe Seben, »el^eö fte biö bat)in alö
„faf)renbe ßcut" geführt, auf. Uiamentlic^
roaren eö in ben ©tobten bie Stürmer,
um melci)e fid) nad) unb nad) ^otn= unb
*5feifenbläfer anfammcitcn unb fuä) ju
SBruberfc^aften »erbanben.
3n ^ranfreic^ Jrar eö namentlid) bie
Confrerie de St. Julien des Menestriers,
in I5eutfd)lanb bie 1288 gefiiftcte D^icolai^
a3ruberfd)aft, (Sincn befonbcren ©önner
fanben bie fa^renben ßeute an Äarl IV.
ber if)nen einen eigenen Äönig gab, ben
„Eex omniom histrionum", Der erfle
»ar 3o^anneö, ber „giebler" genannt.
Dicfcm Seifpiele folgenb, ernannte ^bolf,
Äurfürfi t)on üJiainj , feinen ^ofpfcifer
©rächte jum $feiferfönig. — 3ä^rlid)
l^atten fortiori bie Pfeifer ali bie ©eigcr
ii)ren ^Pfeifer* unb ©eigcrtag. 5ln biefem
Sag würbe ber Äönig neu gett)äf)It unb
fanben bie @eric^t«tiert)anblungen fiatt.
SWit ©otteöbienft h)urbc er eröffnet, mit
©piel unb Sanj bcenbet. S)ic jdlje fiebenö«
fraft beö 3unfttt)cfen« bemä^rte ft(!^ auc^
bei biefer 3unft , 1838 nod) lebte ju
©tiaPurg i&i le^te SDJitglieb berfelbcn.
Die erfie felbfiänbige S^fii^umentaW
form, bic jugleic^ ^oc^bebeutfam für bie
(Sntwidlung ber gefamten Äunfi Wirb, ift
ber Sanj. Dcrfclbe würbe in boppelter
SBeife auögefü^rt, ali umgef)cnber ober
aU fpringenber. Der erjle erinnert an
unfere (ßolonaife, ber Ic^tcrc an bic SRei^cn,
wie fte i^cutc bic Äinber nod^ auöfü()ren.
3ur Scjeidinung bc^ ZaUti genügte jus
näc^fi bie Srommcl, aücin balb fam bic
pfeife, namcntlid) bic fogenanntc ©acf»
pfeife (ber Dubelfacf) t)inju unb ber
©timmung, reelle ber Sanj in ben lan^
jenben erzeugte, würbe in mannigfaltigen
Janilicbern 2luöbrud ncrlic^en , bie im
5D?etrum fid) eng an ben Sanjf^ritt ans
fd)toffcn unb beren 3n{)alt namcntlid) bic
^rcubcn ber löiebe ausbrüdte. Diefc 2anj«
melobien erlangten gro§cn unb bcbcutcns
ben ©influB auf bie ©ntwidlung beä Sic*
iii. Daö rf)^tt)mif^e (gicment würbe ia'
burd) in bie SBoIfämufif eingcfü|)rt. *Ht(ein
ni^t nur tai ; taQ SBolf fang nur, wenn
fein ^erj r>oü war, fei eö por ^reube ober
Seib, Por ^offen, ©e^ncn ober Sangen
unb fang nid)t0 anbere^ , aU tva^ fein
^erj bewegte. Dann aber mußte es fingen
unb bic ÜJicIobic würbe ber getreue
3luöbrudbererjcugcnben(Smpfin =
b ungen.
Dem Solfc waren aber jua^cicö bie
fpcfulatifcn 5i;t)eorien über bie SWufif uns
befannt. 6^ »ermodf)te ben 3{u0brucf fei=
ner ®cfüf)Ic nicbt in bie 21 Üöne ber
gutbonifd)en ©fala einjujwingen, fonbern
benu|tc eben 3tt>if*£"t'^"f - wie fte ibm
gcrabc paBten. Daburd) aber würbe ber
©turj ber Äird)entonarten mit i^rer jiren^
gen Diatonif vorbereitet. Die belicbteflc
Sonart, in welcher tai QSolf fang unb
bid)tetc, war bic mit C bcginncnbc (unfer
Cdur). Dicfclbc würbe mit ber 36it ne«
ben ber mit A bcginnenbcn (unfcr Amol!)
jur eigentlichen 31ormaltonIciter, nac^ ber
aüe anbern gebilbct würben. Die meifien
9?oIf^Iiebcr würben pon ganjen ©efeü*
f^aftcn Pcrfapt, wenn auS) ber weitaus
größte Seil berfelbcn bcm rein pcrfönlic^cn
©mpfinben feine (Sntficf)ung üerbanft, wie
bic ja^Ireidjcn ßicbc«=, SRcitet*, 3^9«'»
©tubentcn», Sfficin= unb ®efeüfd^aftölicber.
Die fogenanntc ßimburger ß^ronif cnt*
^dlt bic früf)eften 3Witteilungen über bie
Sefc^affentieit ber SBolfäigefängc; ja^Ireid)c
öcifpiele pnben ftci^ in einer im Ib.^a^^-
:^unbcrt »erfaßten ^anbfd)rift, bem fogc*
nannten Sod)l)eimer ßiebcrbu^.
5. Die©c^ule ber fRiebetlänber.
ilWuftf.
483
S)cr cntfc^cibenbc SinfluB In süoltsliebcr
auf bie Äuntimufif macfet fic^ porcrfi in
bei Äunft iti 2)iäfaniieten^ gcitenb, ja
bicfclbe fanb, befonberä in bcr gefan^rci'
i)m <)ßrotience, eine fo cingeljenbe Pflege,
i)a% *^3apfi 3ot)ann XXII. fid) ceranla^t
fa{), eine 58uüe gegen ben ©cbraud) „melo=
bienftember 3"tfTiiaüe" beim grcgotianis
f(i)cn ®efang mit Qluänafjmc „einiger
melobiöfer Äonfonan^en" , in OftQ»e,
Quinte unb Duartc , ju erlaffen. 9l0etn
erfi ü)?itte beö 14. Jabtbunbertö fonnte
bem Unfuge bes 3"iPi^P>'ir^fi^f"^ ^^^ ^'^'
tanies üovKiujig (£d)ranfen gefegt njerben,
banf ber SIßirffamfeit bcr für biefe Äunfi
bcfonbcrä begabten 9JicberIanber in bcr
pöpftlicftcn Äapeüc. Seveitö ftüfier f(i)on
rvax bei ben päpilli^cn (Sängern eine
JJorm beä breifiiinmigcn ©efangeö unter
bem Atomen Faux — bonrdons (falfd)er
i)a^) in 3(ufnal)me gefommen. ©crfclbc
iß nid)tö anberc« aU eine IRci^e oon
Scxtafforben unb roenn auc^ etn?aö Yocl)U
flingenber, fo bod) nicbt weniger medba^
nifd) atö tai Organum bcö .^ucbalb.
Über ben SRamen „falfd)er SBaB" ftnb bie
nüttetaltetlidten JtieoretiEer felbfinic^t ganj
einig. 55on ben einzelnen Stimmen eine«
fold) mebtftimmigen ©efange^bie^biejenige,
raelcbe ben gregorian. Cantns firmas l)iclt:
Jcnor. I)ie ©egcnjlimmc, ber Discantns,
melcbc in ber O^egel ein bem 2?olfsgefang
entnommene^ ÜJJotic» r>ermenbete : Motetns.
I>ie eingefd)obene B^-^M'^fuftininic «^'"^1^
bicB .fiontratenor. 2ßie febr aber aud)
bie Äunft be« mcbrflimniigen Jonfa^es
burcf) aüeö bieö geförbert mürbe, fo blieb
bancben bod) ber improöifierte Discantns
ober Con trapunctus (®egenbemegung
i^on DIote gegen D^otc im ®ebrauct)). 3)er
erfle bebeutenbe Äonirapunftifi , meld)er
biefem Contrapunto a mente entgegenju»
treten fud)te unb beffen "llrbeiten mirtlicben
®tt)l jeigen, ift ber 9JieberIcinber SBilbelm
3Dufal) auö bcr belgifdjen'^Protiinj ^ennegau.
SJianientlicfe finb ee bie fogenannten 'Jiad)'
af)mungsformcn, meiere er mit be=
ftunbernsmcrtfjem (Sifer unb au^erorbents
lid)em ßrfolge an Stelle beö freien Dis-
cantns cinfübrte. 2)iefe ?tad)abmung«form
(canon, faga) cntßanb berart, ta'B eine
jtt>cite Stimme bie 9)Jelobie ber erfien ju
anbcrcr 3fit unb oft aucfe in einer anbcrn
Jonp^ie, ja fdbfi in Dcränbertem Sempue
begann, tt)Qt)rcnb bie crfic biefelbe ju 6nbe
führte, ©onberbar ftnb bie 9^otierungö=
fünfte, melcbc bie nicberldnbif^en üJlcijier
hierbei anwanbten. 33cim einfachen Äanon
lag e« natjc genug, fid) mit Dtotierung »on
nur einer Stimme ju begnügen unb ben
(Eintritt bcr übrigen Stimmen burd) ein
3eic^cn anjubcuten. Äomplijiertcr murbc
biefe Sadie atlerbingä bei jufammcngc'^
festen ÜJJuftfftüden unb mürbe bierbei bem
Sd)arfftnn ber Sänger oft fcbr iiict ju«
gemutet, bcfonberä als man an Steüc bcr
3eid)cn mt)fteriöfe Sprüd)c ju feßen be«
gann. ^Huf bie Icjteemorte nahmen bie
nieberlänbifd)en Sonfe^er uorberbanb gar
feine SRüdftd)t, ja man lie^ oft fogar
jmei ganj uetfcbicbenc leyte burd)einanbcr=
fingen , befonberä aU bie 2)hififer an
Steüc be« gregoiianifd)en (ibotals SBoIfs«
meifen ali cantns firmus einfübrten. 9llä
23ertrctcrbeseigcntlid)en Äontrapunftö mirb
Ddenbeim bcjeic^nct, ber bie Ibeoric beö
Äanons bebeutenb ermeitcrtc. 2)ie greubc
bcr SBielftimmigfeit erreid)t bei ibm bereit«
eine in« Orcnjcnlofe gebenbc gorm. Qtlß
Semei« mag feine 36fiimmige iWotettc
bienen. dUä:) meiter atß Ddenbeim brachte
es fein Sd)ülcr Josqnin des Pres. SOtit
ben bcftebenben 9flegeln nabm er eö aüer-
bing« nid)t febr genau , foba§ jatjtrcic^e
klagen über bie neue *ü;ufif laut mürben
2tQcm bie lonfunft foütc eine neue Saft«
erbalten, ©aö alte Spfiem foUte jcrfc^t
unb ein neue« emporgetrieben merbcn.
D^amentlid) rieranlaBte bie einfüt)rung
be« !ßolf«liebe« in bie Äunftmufif, ben
Sann ber alten Äird)entonarteu ^u fprcn»
gen unb menn auä) 3o«quin nod) mati^
die« ron ber *J}cbanterie ber niebcrlänbi«
fd)cn Sd)ule anbängt, mic ber (Sebraudb
nerfd}iebenartiger Sejte ober in^ SBeite ge»
triebener QJoIppfjonie, fo ift bodi ba«
Streben bemerfbar, ben lonfatj bcr I)id)5
tung anjufdimicgen. Qlu^ ift er ber erfie,
ber ben äflt)ctif^cn ©ert ber I)iffonanj
erfannt ^at unb fie mit 93cmu§tfein unb
5lbfid)t jum Q(u«brud leibcnfd)Qftlic^er
©mpfinbungen tiermenbet.
6. 3talienif(^e Sd)ulen. SDIit
nod) größerem ©rfolgc al« 3o«quin fircbtc
beffen ßanb«mann 2lbrian SDBiüaert, bcr
Segrünber ber r>enejianifd)cn Schule, bar^
naä), bie Äunfi beö Sonfo^cö bem muftfa»
lifd)en ®ebanten bienftbar ju ma^en,ine=
bcfonberc bie polppbonen (Sebilbc burd)
bramatifd)cn Stuöbrud ju beleben. S)ic
*}lnlagc ber ffliarfuefird^e , an meld^er
QBiÜaert Äapellmeificr mar, mit ibren smei
gmporen fübrte iljn auf ben ©ebanfen,
bie Gböre örtlid) ju trennen unb fo
t>ai ocrmidclte ©cmebe bcr ipolpp^ome
möglicbfi ju cntmitren.
484
OTuRf.
SDamit Ijatte ec Die Bwcic^örtgf eit
gefc^affen, bei »eldjcr bie einzelnen Stim-
men nii)t me^r fidi felbfiänbig ju ent-
»icfeln flrebten, fonbern »ielmc^r ftc6 in
5Kaffen ju vereinigen bemüt)t waren. ®a^
bebingt aber jugleid) , ta^ man non je^t
ab nid)t mebr mit bem einzelnen Jone
operierte, fonbern mit ?ltforben unb ba=
burc^ bie iSilbung ^armonifdjcr fiatt
meIobif(I)er Formeln notmcnbig mad)te.
3)urd) bie SJJafTenmirfung !am aber ;u=
gleid) aud) tai ©ort mieber ju gtöperer
iSebcutung, tt)etct)cö in bem fünjllic^en
2ongefIed)te ber nieberlänbifcftcn Äontra«
punftii^en ganj verloren gegangen mar.
S)aB an ber jlrengen S)iatonif ber
Äitdientonarten bereite oielfac^ gerüttelt
iDorben war unb jat)Irei(i)e 3wifd)en« unb
^albtöne eingeführt werben mu§tcn, mürbe
bereite betont. 25en entfc^eibenben ©d^ritt,
bie ÜJJufiE auä ben 93anben ber ©iatonif
JU befreien, tf)aten bic®^üler SBiflacrt'Ä:
©pprian bc (Rore unb ßai^lino. Srftcrer
baburc^, ia^ er ben freien (Sebraud) ber
(Sf)romatif (monac^ bie Oftaoe aU eine
Stufeinanberfolge t>on äwölf ^albtonf4)rits
ten erfc^eint) in bcmcrfenewerter Sßeifc
Weigerte, ber anbere, inbcm er bie foge«
nannte temperierte iWufif einfüt)rte.
S)ie ^öf)c bcö Soneä wirb burc^ bie
Qlnja^l ber ©(i)mingungen , metct)c ber
tönenbe Körper in einer geroif|en 3^^^
ma^t, benimmt, foba§ 5. 93. bie boppelte
3a^I ber ®^roingungen eineä angcnom^
mcnen Soncä in gleid)er 3fit bie Oftaoc
beäfelben giebt. 2Bie aber bie 2tnjat)l ber
©d)mingungcn eincö Äörperä bur^ feine
ßänge bebingt wirb, fo auc^ ber Jon.
©ine um bie ^älfte üerfürjtc Seite giebt
bei gleidier Spannung bie DftaDe hii
bur^ bie ganjc Seite erzeugten Soneö,
um 2/3 Dcrfürjt giebt fte bie Quinte, um
3/4 bie 2)oppcloftaDC k. Unterfu^t man
berart bie ©c^mingungsjafilen fdmtlid)er
Zöm ber biatonifc^en Sfala oon c, meldie
neben berjenigen üon a noc^ fafi auöfcf)tie§*
lid) im ®ebraud)e mar, fo ert)dlt man,
tüenn c in einer 3«itfin^«it ^'"^ S^min*
gung mad^t, für
CDEFGaij c
Schwingungen. S)aö 25er^dltniä »on
C : E, alfo »om ©runbton jur Serj ifi ein
fct)r fomplijierte^ unb ba erfabrungägcma§
nur ber 3ufammcntlang jener Jone bem Obre
angenehm ip,wel^e in einem einfachen 3^»^'
lenoertiältniä fte^en, io mußte C — E not«
wenbig aU 2)iffonanj erfdjeincn. 3'>tli"0
oerfu^tc nun, bem abjufjelfen, inbem er
bie lerj um tai Suteroatl 80|jj (i)aä fo«
genannte fi)ntonifd)e Coma) »ettleinerte
unb aud) ben biatonifd)en ^albton t{ in
ein einfad)creö 93ert)dltni^ jum ©runbton
brad^te. SDaburd) erhielt er fotgenbeö fo«
genannte reine biatonif^e Spfiem
2:on CDEFGatfc
Sd)wing. 1 8/9 V. 'U ^h. % '/i5 2
9Jun fonnte bie Scrj ru^ig unter bie
Äonfonanjen aufgenommen werben unb
ber 5lfforb: (Srunbton, 2;erj unb Quinte,
ber fogenanntc S)reiflang würbe »on
nun an bie eigcntlid)e Saftd aller polp»
p^onen SBtufrf. Damit ^atte bie oenejia«
nifdje Sd)ule, welche in 3of)- ®abrieli
ibre ^öd)fie 931üte gewommen ^attc, ben
©runb jur Harmonie gelegt.
©iefe aber bilbete ein ri^tigeä ®egen*
gewicht gegen bie 9luäfc^reitungen unb
äti^brduc^e ber nieberldnbifc^en Äontra*
punEtificn, weld^e bie beim Äonjil jU
Orient »erfammclten Södter beinahe be»
fiimmt ptte, bie me^rfiimmige ober ^igu«
ralmuftf gdnjUd^ au« ber Äirc^e ju »er*
bannen, ©lüdtic^erweife war aber in«
jwifc^ien in *pier Suigi Sante, nac^ [einet
©eburtäflabt ^aldfirina genannt, ber 9Jiei»
fter crfc^ienen, weld^cr iÖlelobic unb ^ar*
monie im richtigen ajia^e ju üerbinben
wu§te. Sr get)t ben umgeEel)rten ffieg
wie bie iöenejianer. 2Bät)renb bei benfcl*
ben bie einjelnen Stimmen ftd^ melobif^
5U entfalten unb ju 5lfEorben ju »erbin*
ben firebten, löfien je^t bie einjelnen
Stimmen bie 5tfforbmaffen auf. ^rü^et
war fxxi me^t ftüd^tige, melobifd)e Sie«
ment norwiegenb, je^t tritt iai mac^t«
unb glnnjooSe J5>fiifni''"'f'^f ^^ ^^" ^'"^'
bcrgrunb : Die ■'Ufforbe fmb gewiffermagen
bie Sdulen, über bie unb jwif^cn benen
bie SDJelobie i^re iöogen fc^ldgt.
7. S)aö geijitli^e öolf^Ueb
unb 'ixxi Äunjtlieb. 2ßät)rcnb fo jen«
feitö ber QUpen bie fird)lic^e Äunjimuftf
fid) entwidelt unb eine ^of)e Stufe ber
iüollenbung erlangt Iiatte, war eö bem
9iorben befd)ieben, bem iöolf^liebe feine
Pflege jujuwenben, o^ne \i<x'^ bie notbi«
fd)en SÖteifter werfdumt l)dtten, aud^ ber
Sntwitflung ber fir^lic^en Äunfimuftf ju
folgen, welche in ^einric| gind, ^eintid^
3faaf, Stepban 9!Jlat)u, 2ubwig Senfl,
namentlich aber in Dtlanbu« ßaffu«, bem
*mujtf.
485
IDlünc^ener Äapcümeijler bcöeutenöe Ser«
tretet fanfc. 93on rtcittragcnber Scbeutung
für bie SGßeiterentwicflung ber norbifc^en
iWujif tvax aber üorab bie'ßrfd^einung
Sut^er« unb fein Söcfircbcn, ftatt bcö
titueücn lateinifc^en ©efanged bcii beut=
fc^cn ©emeinbeflcfang beim ©otteäbienfic
einzuführen. 2Bir ^aben bereite barauf
tiingcbcutet, toie au§erl)alb ber Jlirche bc=
reitä fd)on ein geifilidje«! SBoIfelieb ent=
fianben h)ar. S)q^ 12. 3af)rbunbert fd)on
i^atte iai rc*t tiolfötümlidje: „(£tiü ift
etfianben", „3n ®ottcs SRamen fat)ren
wir" unb eine Qlnjabl ÜJlarientieber er=
jcugt; inbe§ war bie Seilnabme bca 23oI=
feei an ber ßiturgic als fingenbeö ®Ii«b
bod) immer unbcbeutcnb. ßutl;)er erfi war
tä Dorbebalten, beutfct)c ®pract)e unb beut=
fc^cn (Sefang in ber Äitc^e jur ^errfd)aft
ju bringen, ^n rid)ti9er (Srfenntni^ be«
©Uten wählte er jundi^fi aui bem alt^
Iateinifd)en Äirc^engcfang foldjc SDJelobien,
Welche an bie Siebform erinnerten , mie
iai: „ÜKittcn im ßeben ftnb wir Pom
Job umfangen" ober i>ai Veni redemptor
gentium; ben grcgorianif(^en Stiotal aber
»erwarf er ganjlid). Sr meint, hai fei
„wüfieö ©felögefc^rei" tunb töne, „wie
©efang ber ^unbe unb ©äuc".
JRei^ere 5lusbeute alä ber Äirien-
gefang aber lieferte ibm tai weltlie^e
^olfdlieb, jene Sanjmelobien, roel^e fc^on
bie Dtieberlänber alä Cantus ifirmus
fiatt ber grcgorianifc^en SBcifen in if)ren
tontrapunttif^cn SBcrfcn benu^t Ratten,
löut^er bi(J)tete ju bicfen gegebenen ÜJlelo«
bicn neue Scfte, wie ju bem ßieb: 3nä»
bruct, xä) mu§ bid) laffcn: D 2BcU ic^
mu| bid) lajjen", ober ju: 'iPiein ®emüt
ifi mir cerwirrt, iai mad)t ein SDJägblein
jart: iöefiel)! bu beine 2öege k. S)ie be«
beutcnbjie SBcrbcfferung , wcld^e er aber
anbatintc, mar, ta^ bie ÜJlelobie in bie
Dberjlimmc Bcricgt würbe, wabtenb fte
ftü{)er in ber ÜJlittcIjlimme, im lenor lag.
ßinen treuen ÜJJitarbeiter fanb ßutt)er in
bem Äapeümeijlcr griebrid)^ be« Sfficifen,
5ot)ann 2öaUt)er, welker bie neue firc^»
lic^e aSeife, ben (Jl)oraI, junäd)jl noc^
im ©inne ber alten ÜJtufrfprayiö mit bem
©ermüde ber Äontrapunftif auäfiattete.
Ungleid^ bebeutenbcr wirften na^ biefer
JRid^tung Subwig ®cnfl unb ®eorg ^i)aw.
5n ber peiten ^älfte beä 16. ^al}Xi
i^unbertö beginnt fid) ber (Sinflu§ ber Dcnes
jianifd)en unb römifd)en @d)ule gcltenb
ju mad)en. 2)Jan begann, bie üerpod)te=
nen Stimmen, Welche butc^ (£infüt)rung
bea Äontrapunfteä entjianben waren, ein'
t)eitlid) in ber |>armonie jufammen^ufafFen.
ÜJ?it genialem löerßänöni^ erfaßte biefe
SBeife ber cbenfo ali Sonfc^er, wie ali
®elc^rter l)od)berüt)mte @et() Galpifiuä.
I>cn erftcn J^öbepuntt aber erreid)t fte in
^anä 8eo ^aglcr, 'Crätoriuä, ©ccarb unb
beffcn 9tadifolger Stobdu«.
hieben bem fitd)Iid)en ß^orale pflegten
biefe SKeifier felbjlocrpänblii^ auc^ weit;
lid}c SUJuftE: c« erjlanb iai fogcnannte
Ä u n ß l i c b , baä ijl bie met)rflimmige Bear-
beitung Pen *BoIf3meIobien mit genauer
23erüdricf)tigung beä Seyteä. Die früheren
•fiomponifien t)atten nid)t an eine im
Sinne unb ®eifie ber 9JJelobie erfolgenbe
*JluegcfiaItung berfelbcn gebacbt, bem alten
Äontrapuntt waren bie' ißolföweifen nur
lonpbrafcn. Je^t aber werben fte Äeim
unb SBur^el eine^ fxä) felb^änbig au«
benfelben entwidelnben Äunftgefanged.
3ugleic^ aber würbe aud) perfud)t, eigene
SWelobien ju erfinben. 3n Italien war
namentUd) baö fogenanntc ÜJJabrigal, ein
furjed gewö^nlic^ aä)U, t)öd)j^en« jwölfä
.^eilige* ßieb, baö Pon ßiebe ober au^ ber
^errlid)Eeit ber 9iatur Ijanbelte, aufgefoms
men. 5ln biefen ®ebi4iten Perfud)ten ft(^
bie Äontrapunftifien juerji in ber freien
erpnbung. 2)ie natürlid^e ^o\%i biefer
SDJuftfübung war, ta^ nun aud) ber Sin*
jelne Perfudite, bie Dberftimme ober felbjl
eine ÜJiittclflimme, bie im ®runbe nid^t tvt'
niger*Dlelobie {)atte, alö jene aüein ju fingen
unb bie fel)lenben Stimmen iüxi) 5nftru=
mcnte ju erfe^en. Um *3luöbrcitung biefer
®efangäweifc erwarb frd) namentlich ber
berühmte Sänger ®iulio G-accini 93erbienjic.
5n 2)eutfc^lanb würbe fte Pon fPrätoriu«,
^einrid) S^ü^ unb ^ermann Sii^ein wer«
tergcbilbet. 5Dabei fpielte felbfioerjianbs
lic^ tk Segleitung Porerfi eine f)öc^fi
untergeorbnete 9lo[le. Sic fün^lic^c
©timmpcrflcd^tung bcd Äontrapunft^ löße
ftd) in einfache QlEforbe auf. ÜJian braud)te
beöfjatb neben ber DJielobie nur ben Sa§
ju perjetd^nen unb bie begleitenben Qlfforbc
burc^ B'i^^ß" anjubeutcn. S)iefen nume=
tierten 93a§ nannte man ®eneralbaB.
8, 2)te 2luöbilbung ber 3nfiru*
mentalmufif. ®aö beliebtefie Snftru*
mcnt, mit weldicm bie ©cfänge im 16.
3a^r^unbert begleitet würben, war un«
ftreitig einerfeitö bie ßaute, — fre war
jum ^auäinfirument geworben — anber=
feitö bie Drgel', welche fid) in ber Äire^e
eingebürgert t)atte. ^ux jbcibe war benn
auc^ eine eigentümli^e Dlotierungäfotra
486
ORufif.
enifianCcn. gür bie Orgel genügten nod)
lange bie (SuiboniWen ©ucfiftaben , benn
bic Äonfiruftion berfelben rrat unfägli^
plump unb man begnügte ftcf), auf ber«
felben ben cantns firmns einflimmig, böc^^
fiene mit bem Diganum uerbunben, ju
begleiten. I)ement[prec^enb bilbete ftd) in
iDeutfcfelanb bic foi^enannte Drgcl tabu-
la tut au^. 35iefelbe befianb forerfi auö
ben 2önen bcr biatonifd)en alten ®fala,
»elcbe nun folgcnbermapen bejei^net
würben :
-TAHCDEFGahcdefg" hc"
defgahTcde
Qüö bann aui) bie 3"5ifd)entöne immer
erweiterten Singang fan^en, würben fie
burcf) ein angebcingtec- .p^ifcfeen ober eine
(£cf)Ieife angezeigt, j. 33.: f, ober f^ =
fis. 9iad)bem bic iBerbefferung tti 3"=
jirumcnieei bann auc^ bie 2luäfü^rung
bcr SDJenfuralmullf möglich machte, mufte
ber 3eitweri bcr 9toten gteid)fa[lö befiimmt
angegeben werben. SDJan fügte bcö^alb
bcr 93ucb)labenfd)rift befonbere Stieben bei:
ein *]3unft bebeutetc j. 93. eine Sremö, ein
'Strid) bie (Semibremö :c. ^m Übrigen
würben bic ©tinimcn fo untereinanber ge=
fe^t, wie in unferer ^Partitur.
>Dicfe Qht ber Qlufjcicbnung war für
Orgel, (Seigc, ßaute unb bie entfpred)cn=
ben 3nfirumente im ©ebraucf), fam aber
audt) felbfl beim ®efang jur *]lnwenbung.
S>ancben aber batten bic Sautenipcn nod)
eine eigene, bie öautcntabulatur , wclcf)c
ganj fpejicU bcr €pielweife unb bcr Secb*
nif beä Sufli^i'^ifuicö angeeii^nct war, er=
funben. labci ging man oon (ber fünf«
faitigen Öaute auö, beren cinjclnc «Saiten
tnan mit ben 31^^^" 1- 2, 3, 4, 5, bie
einzelnen ©riffe aber mit Q3ucbilabcn bc=
jeicfcnete. 2)ic 5DJcifler bee iSautcnfpielö
gaben baju nod) mancbcrici ergänsenbe
^eftimmungen, wie |)an0 ®crlc in feiner
Musica Tensch. Sine 3>^'''fd)f"r^fß""9
jwifcf)en Orgel unb ßaute nimmt ein an=
bere^ ©aiteninjlrumcnt ein , tai fct)on
frü^c mit einer Älaoiatur nerfefien worben
War. ©aäfclbe war cntfianben auö bem
äHonocborb, einem cinfaitigen ^npi^utiiftit
auf welchem burd) iBerfd)icbung eineä
©tegeö bie nerfc^iebenen löne erzeugt wer«
ben fonnten. Um fid) tai 25erfd)icben
be« Stegeä ju ctfparen, brad)te man mit
ber 3eit eine Qlnjat)! Safien an, welcf)c
beim 9?ieberbrüden bie ®aite in bejiimmtc
Sängen teilte unb jugleidf) crflingcn
niad)te. Später naljm man ftatt ber einen
@aitc mel)tere. »oburc^ tai Snjirumcnt,
tai fogenanntc(Sla»i(ftorb, bunbfrei würbe,
ta bie Jafien Don nun an nur mc^r bic
bic gunftiori beä ©rflingenmat^en«, ni^t
mebr aber beö 5lbteilenö ju oerfeben
batten. 3n biefcr ^orm nannte man bad
(Elaüidborb aui) Glacicpmbel, Spinett ober
SBirginal.
SJiebcn biefen 3np'-"fn«nten befa§ bai
iDiittelalter nod) eine ®ro§ja^l anberer,
namentlid) waren bie ©trcid)= unb 93la^*
inflrumcnte nod) oicl jablreicfecr atö Ijcut«
;utagc. ^uö ber fcltifd)cn Grota war bic
Dtota ober Jvibcl , Viola (ocrglcid)C ben
21rtifcl 53Jufifinftrumente) entj^anben,
fowobl bie Viola di gamba ald bie
Viola di braccio. Unter ben 93laä*
infirumenten gelangten namentlid^ bic
I *13ommern unb iSd)aimeien ju umfaffenber
23erwcnbung.
Siebcr war bic 3nfirumentalmuftE bei^
nabe außfd)lie§licb mit bcr SolfämufiE
nerbunben gcwcfen. 3« fclbfidnbigcr je«
bod) biefelbe würbe, umfomct)r mu^te fie
iid) eon ber iBolf^mufif loetrcnnen unb
einen eigenen ©tpl auäbilben, ben foge«
nannten 3nfitunient<ilft9 1 > ^^^ ftc^
tom SSofaljlpl ber $auptfad)e nac^ burd)
gröpere rbi)tbmifd)e Sefiimmtbeit — angc«
regt burd) ben janj, ju beffen Begleitung
bie 3nf^vumente geeigneter fd)icncn, al^
bie menfd)lid)e Stimme, — fowie burd^
größere SewcgIid)Ecit, burdb 3^i^I<!3<^tt ^^^
langgebaltenen ©cfangötone^ in flcincrc
aBertteile auejeid)netc. iBon größter aBicb*
tigfcit nicbt nur für bic 3"i^'^U"ißn*''I'
muftf, fonbcrn für bie gefamte Äunji aber
war bic burd) erfiere geforberte 'Jlnnat)mc
einer beftimmten ein^eitlicbcn lonljöbc unb
bie ©infübrung ber fogenannten gleich*
fd)wcbcnben Temperatur.
Sd)on 3arlino batte bic Temperatur in
bie Tlu[\t eingcfül)rt unb war ju einer
Sfala gefommcn , beren einzelne ^önc
folgenbc Sc^wingungöja^len aufwcifcn:
d
e f
g
a
i?
C
"/s
% 'U
2/
%
%5
2
c— d unb f— g fielen nun ju cinanber im
QScrbältniß pon 8:9; d— e unb a — h
aber in bem t>on 9 : 10. Der lonfc^ritt
c— d unb f— gifi alfo tlcincr atö berjenigc
oon d — e unb r>on a— h. 2)ieö mu§tc
aber auBcrorbentlid^ fiörcnb wirfen, ol^
bic c^romatifc^e Tonleiter unb bie ifcfl«
^c^cnbc Stimmung eingeführt würbe unb
bie Berfd)iebenen 3"Piumentc incinanber
SWupf.
48T
mujtjictten. 2)a fonntc bic matf)cmatifd)c
iRein^eit nic^t mct)r aufrect)t crt)alten »er«
t)cn, fonbetn bie Ungleichheiten mußten
unter bie 12 |)aIbtonfc^rittc ber ct)roma-
tifd^en Sfala 9lci(f)mä§i9 certcilt, wers
bcn. ^icfeä nannte man bie %Uid)\6)Wi'
bcnbe Temperatur.
Gin Orcf)efter auö biefer 3^*^ »at
nocf) ctmaö du^ctfi bunt 3"f'"""^fn9eä
mürfelteei. (Eö galt ja porbcr^anb, nur
bie ©ingfiimmen ju erfet3en ober ju unter^^
fluten, nicl)t aber befonbcrc Älangmirfun«
gen ju crjtelcn. 3Ran ftcüte bic 3nfiru=
mente be0f)alb jufamnien , nne fie gerabe
ju Ijabcn inaven, noeeljalb bie Äomponifien
auf [i)Xi Sonfiüdc jicmlid) regelmäßig bie
Semcrfung machten: „auff aUertet) 3nPi^u*
mcnt JU gebrauchen." 3n^eff<!n beginnt
bocf) [(^on in *Prätoriuö tai @cfül}l nac^
ücrfcf)iebenen Jllangwirfungen fic^ju äeigen,
er (priest bereite von r>erfd)iebencn Seilen
be^ ®timnitt)erf3. (Sincn befonberen SReij
follte bie 3"fii'"nifntnticin burc^ tai [0=
genannte kolorieren unb 2)iminuieren
erhalten , tai aüi bem Stegreif geübt
reurbe unb etmaä mit ber Ä'unfi beä I)iö=
tantiercne gemein battc. iRamentlid) jeigte
fid) biefer DrnamentoIfit)l in ber i'oge»
nannten Soccata, mo anjlatt ber Slelo'bie
laufenbe unb gebrochene g'flU'^^" einge«
fü^rt finb. Sfive fünfilerifdtic ©cfialt ner«
bantt fte bem oenetianer Organipen^ßlaubio
'JKeruIo, bie voüi *JluöbiIbung aber mürbe
\i)X burd) greecobalbi ju leil , beffen
Joccaten alle muftfalifcben Srrungenfd)af=
ten feiner ^iit in fid) nercinigen: bie
ijugc, bie freie 3niitation, glanjooüeä
*Pajyagcnmerf unb mäd)tig jtrömenbe
51ftorbfoIgen. 3" einer jmeiten Äunjlform,
ber fogenannten Äanjone fam baö ge'
fongreic^e Spiel mef)r jur ^tnmenbung
unb in ber „Si)mpt)onie" unb bem
„ütitornetl" begegnen mir bereite ganj
felbfiänbigen Drcbe^erfä^en, melcf)c cnt«
mebcr SßoEalfa^e einleiten ober (Srt)oIungö«
paufen ber Sänger auffüllen.
3n 3talicn mar ^ubem bie Sonate
eine beliebte 3nP^^i"iicntalform gemorbcn.
3^r S'iame bebeutet urfprünglic^ nic^tö als
3nfirumentalfiücf unb fd)eint benfelben
Btüecfen gebient ju ^aben, mie bie Spm»
pbonie. (Jinge^cnbe $f(ege fanb auc^ im
17. 3a^rt)unbert bie ionämeifc. Sd)on
bie Stabtpfcifer Ratten bie ®emo^nt)eit ge-
habt, eine Olnjaf)! Don Sanjmeifen, ju
einem (SpEIu^ »creint, o^ne ben baju ge-
^rigen Janj corjutrogcn. 2)iefe fo an»
cinanbetgerei^ten , im übrigen nur burc^
Oemeinfamfeit ber Jonart jufammenge*
l)örigen Sanjpüde , nonnte man anfangt
$artt)ic (partita). Später mürben fic ali
Suite eine ber beliebteren Snfirumental*
formen.
ißefonberl cinflußreicf) auf bie SBeiter*
entmidlung ber 3nfi^uinentaImurtE aber
foüte eine Äunpgattung mcrben, melct>e
im ßauf ber 3^** <^^^ SBerbinbung oon
meUlid)er unb tird)lic^er SlJlufif ftd) gebilbet
l)atte :
9. ^ie Dper unb ta^ Oratorium.
Sc^on im 12. unb 13. 3'^f)r£)unbeit t)Qt«
ten bie fogenannten geiftUci^en Sd)aufpiele
immer me^r iUuabreitung erlangt, ©ic*
felben bepanben au^ 35arjte[Iungen bibli*
fcfcer Stoffe in ber Äircfcc unb maren »or*
crfi mit ber Siturgie auf« cngjle »erbun*
ben. 2)er ©efang mar teilö mirEIi(^
ritualer Äir($cngefang, teitö mürben bic
nad) bem Sibelmorte jufammengeftcQtcn
ober aucf) frei erfunbenen (Sefänge nac^
eigenen 3!J?elobien oorgctragcn. 2)cr freie
beibe 4>umor jener 3«iten perlangte aber
juglei(^ einmif^ung fomifc^cr (Spifoben:
mie menn ber Salbenfrdmcr bcn jum
®rabc eilenbcn i^raucn feine SBare unter
allerlei Sc^erjen anbietet.
I)amit l)atten aber bie gcifllicfeen Sd)au=
fpiete ibre böigere SBei^e gänjlid^ verloren
unb mürben beöl)alb mit SRec^t auö ber
Äir(J)e »erbannt. QlUcin baei 25olf, i>a^
einmal großen ©cfaüen an biefen Spielen
fanb, lie§ fid) biefelben nic^t nehmen,
fonbern fü{)rte biefelben auf freien *piä^en
ober im befonbcrn „Spilbuö" auf. ?ia«
türlic^ gemannen baburd) bic Spiele me-
ber an ^öt)erer Sßcibe nod) jtrengem ©rnjie,
fonbern tai geifili^e ©cfeaufpiel mürbe
jum Jummelpla^ toüficr Saune, jum '^ap
nacbtäfpicl.
Ginen dußcrft mofjitbätigen ßinfluß
übte auf bic (Jntmidlung bee Sd)aufpiel»'
ber ermad)en^c ®cifi ber SRenaiffance aus.
Tlan uerfu^tc ce, bie altgrie^if^en Äo=
möbien mieber na(^jubilben unb brachte
baburc^ mieber mt\)x (grnjt in bic Sac^e.
S)er einfloß bierju ging aud) ta r>on
3talien au«. Da« dramma in musica ober
t)ie Tragedia per musica fanb bort na«
m.entlid) in <)3cri einen eifrigen Vertreter
unb 33eförberer. 2öir ^aben fd)on gejef)en
mie ber Sänger (ioccini ben ©injelgefang
ober bie 'Dlonobie mieber einzuführen bc^
firebt mar. Den meitcren entf^eibcnberen
Sd)ritt tbat nun *Peri in feiner crfien
Dper: „Dafne", inbcm er einen »öüig
neuen 2RufifjlpI einführte , rcelc^er bic
488
anuftf.
«Witte ^iclt, ;^iuif(^en ®efang unb a\xi'
brucfdoofler Otebc, ben fogenanten IStile
recitativo, ber nocfi tjcute in unfetn Opern
gebraucht »itb. <Peri gewann ftc^ babutc^
bie ungeteilte S^^P^TiunS Ott ^ötet.
Tlan glaubte, bie bramatifc^e Tlixfit ber
alten ©riechen njieber aufgefunbcn ju
Iiaben. Qlüerbing^ njut jegt tai SDlatetial
gut iRefonPruierung beä antifen üJJufiN
brama« lieber beieinanber ; !Ser (5^or
jum ^luäbrucf ber Stimmung ber ©efamts
|eit, ber metobifc^e Oefang (bie 2lric) jur
@(i)ilberung ber ©efütjle be« ©arfleHers
unb bai SRejitatio für ben I>iatog unb
biejenigcn (Smpfinbungen, welche nur oor*
überge^enb anjubeuten waren. S)utc^
feinen ©rfolg ermutigt, fcftuf ^eri balb
barauf iai SDiuftfbrama „duribice", ein
SBerf, tt)elct)ee berufen War, einen Wlaxh
fiein in ber ®ef(^ic^te ber iWuft! ju bil^
ben, benn mit bemfelben tritt biejenige
Äunflgaitung in^ ßctJen, bie Don nun an
ununterbro^en bie muftfalifci)e SBelt be^
fc^äftigen foflte: bie mobernc Dper.
I)ie 3nfirumentalbeglcitung war bier»
iti nod) äuferft bürftig unb bef^ranfte
^d) auf einfache Begleitung beä ©efangcö.
5Den erften Schritt, audf) bie 3nf^i^"i"fn:
talmupE in ber Oper jur 6.t)arafterifiif
ber Dcrfd)iebenen Stimmungen üerwanbt
JU t)aben, ti)at 9WonteDerbc,. ber bie 3«'
biDibualitdt ber einzelnen Jnftrumente unb
if)re Derfd^iebenen .Klangfarben erf annt batte.
Sebeutenben (Einfluß auf bie SßJeitcr*
entwicflung ber bramatifd^en Ttnfit übte
©iacamo Garifftmi au«, ber jwar feine
Opern fd^rieb, aber ben Wii^tigjien 2lnteil
an ber 5luöbilbung einer ber Oper äbn«
lieben Äunflgattung, bem Oratorium
l^at. 5tle Segrünbcr be#felben erf(ä)eint
ber röm. ^PriePer ^iliPP" SiJeri, ber auf
ben ©ebanfcn fam, feine ©rfidrungen ber
l)eiligen Schrift mit geifilic^en ß^orge*
fangen ju »etbinben, Weld^e biefelben gteic^=
fam iQufiricrten. 3" »"irflic^ felbfiänbiger
Sebeutung aber gelangte ba^ Oratorium
erji burct) ßubooico 23iabana, ber mit fei*
nen Concerti da chiesa bie »on ßaccini neuer*
funbene SOJonobie jucrfi wieber in ber Äireften*
muftf ^eimifd) mad^te unb burd^ ®in»
fü^rung eineö felbfiänbigen obligaten 3^*
firumentalbaffeö be^ Basso continao, eine
burd^ i>a^ ganje ©tüdf o^nc *Paufe fid)
l)inburd)äie^enbe (Srunbftimme fd^uf. 25aö
wirflid^ bramatifc^e (Slement, bie Umge*
flaltung ber einfact) liebartigen Kantate
ju einer 9lrt bramatift^en ®cene mit SRe*
jitatio, ariofen unb ©nfembleeinfä^en (frei*
lic^ o^ne ftc^tbar bargejteQte ^anblung)
führte erji (Sarifftmi in iai Oratorium
ein unb f(J)uf babur^ bie fogenannte
Äammcrtantate, bti welcher bie %\xf-
merffamfeit beö 3"^örerd Weber burc&
äußere 2)arj^ellung, wie in bec Oper, nod^
burc^ religiöfe 3«remonien, wie in ber
Äird^enmuftf mit in 3lnfprud^ genommen
wirb unb ftc^ alfo burd^auö auf t>ai Son*
werf fonjentriert. 3" biefer ftrengen ©^ule
bilbete fic^ Sfarlatti, ber baburc^ tu
^ätjigfeit erlangte, auf jebem «Spezialgebiet,
mit ßrfolg ju wirfen. Seine ^J^ut^tbarfeit
wareineunglaublic^e. (Je bid^tete 1 140pern
unb 200 ÜReffen, baneben eine üJlenge
Kantaten. Sfarlatti führte bie italienifc^e
Oper SU ibrem ©lanjpunfte, wenn er au(^
bem fxä) fleigernben öebürfni^ nac^ ftnn*
liebem SReije bie antife ©infac^^eit ber*
fclben opfert. 9!Rit großem Sifer wanbten
ftd^ ber bramatifc^en ^Jorm nun auc^ bie
beutfc^cn Weifler ju. Sct)on längfl ^atte
in S)eutfcf)lanb gleichwie in 3tilt«n ^'^^
geiftlidf)e Sd^aufpiel befianben, auö bem
fxc^ mit ber 3^'^ ^^^ Weltlid^e Spiet
entwidelt ^atte. 2)ie 2;^ätigfeit ber
fd)Ienfc^en 3)id^terfd^ule gab ber ganzen
Sad^e einen anberen Serlauf, inbem je^t,
gleichwie in 3t''Iien- oerfuc^t würbe, nad^
ftafftfd^en ÜRufiern ber ganjen Otid^tung
einen bejlimmten 2Beg torjujeid^nen. ©er
alte beutfc^e Sd^wanf würbe nun jum
Singfpiele, in weld)em tai beutfd^e
Sieb eine nic^t unwid)tige SRoüe fpielte.
Sie ©infü^rung ber eigentlii^en Oper aber
öeranla^te 5Jeri'ö 2)ap^ne, welche ÜRartin
Opi^, ber Segrünber ber fdt)lertfd)en 2)ic6ter*
fc^ule, im üluftrag be« Äurfürfien 3o^ann
®eotg I. Don Sad^fen in'd 2)eutf(^e über«
fe^te unb woju ber J^reäbener ^offapeU*
meifier ^einri(^ S(^ü^ bie SOJuftf bic^tete,
bie ftd^ ftct)erlict) bem italienifc^en Stplc
auf tai Sngfie anfd^lop. 3"öflT2" "t'^'
mo(f)te bie Oper in 2)eutfd^lanb Doröer^anb
toi) nid^t rec^t aufjufommen, ber SOjd^rige
Ärieg Idt)mte alle Äunfi in i^rem %oxU
fdbreiten. (Jinjig in Hamburg feimte fte
auf. 35ort erflanb bie erjic beutfd^e Oper,
ber befonber^ jwei ©öfteren ber 3Webijin:
^randfe unb ^^^ötfcf) i^r mufifalifc^e^ la*
lent wibmeten. 3"i>effen gelangten biefe
33erfuct)e erf! mit Stgijimunb Äuffer ju
großer ®ebeutung, ber nid^t nur ein
grünblic^er Äenner italienifd)er, fonbern
aud^ franjöfxfdber üRufif war. JJamentlid^
l)atte ßullp, ber Segrünber ber fcanjöfifc^cn
Oper mädl)tig auf ibn eingewirft. 3" (ji^anf*
reic^ batte bie Oper ganj benfelben SIBeg
OTupf.
489
genommen, wie in Jtalien unb S)cutfcf)s
lonb. Son bem fc^on genannten Qlbam
bela ^ah fennt man bie ältcfien ßicbers
fpiele, f leine artige ßicbeifiücfe. (Snt=
fd^iebencn Stnflu§ f)atte aber aud) in
g^ranfrcic^ bie italienifcf)e Dpcr, welche
burdt) italicnif<f)e (Sänger nacf) ^axxi ge«
brad^t unb bort mit gro§em SeifaU auf*
genommen h^arb. I)aö regte bie inlänbifd^cn
^oeten unb lonfc^cr ju eigener 2;f)ätig.
feit an; namentlich waren eö *Pcrrin unb
ßambcrt, tt)cld)e mit i^rcr Oper *Pomone
allgemeinen SeifaU ernteten. 51IIein eine
h)irni($e nationale ©ejialt erhielt bie
franjöfif($e Oper erjl burd^ ßuDt), bcffen
Oper i'mai aU muftfalifdjeö Äunfinjcrf
^intcr bencn ber Stalicner jurücffieöt (bei
i^m liegt ber ©d^werpunft in ber muft=
falifd^en I)efIamation unb SR^etorif), aber
in ber gefcbirften Qlnttjenbung aüer äußeren
t^eatralif*en SDtittcI bocf) eine genaue
Äenntni^ ber 33ül)ne t>crrät. I»urd) Suüt)
fanb aber aud^ bie 3"Pi^uni«nffl'n'ufif
felbjiänbige SScrmenbung in ber Oper: in*
bem er bie Ouoerture, bie Sor« unb
Sf^adtifpiele einführte. fl?ur ein Äomponiji
öermodt)te eä, jidf) neben ßullp ©eltung ju
rerfdf)affen. Jean (Philipp Otameau, ber
t^eoretif^e Segrünber unfereü moberncn
iIRufifft)j!em«. 93ereit«i f^on 3a^r^unberte
früt)er waren bie fogenonnte jonifcfee unb
aeoIifdf)e (bie mit c unb a beginncnbe)
Äird^entonart im Solfögefange fafi au^'
fd^Iic§Iic^ jur 2lntt)enbung gefommen.
@ie gelangten jur Uniferfalbertfdtjaft, alä
man anfing, nad^ (Einführung ber gicid)«
fd£)n?ebenben Temperatur, alle 12 ^albtönc
ber Oftapc alö ©runbtönc ebcnfooieler
Jranäpofitionen ber Dar (jonifc^en) unb
ber SÜJoü (äolifcfien) <E>ta\a ju gebraudf)en
unb bamit bie ber mobernen ^ompofition
^inberlidben ©d^ranfen ber alten lonarten
burcfebradf).
SiRit großer Sorgfalt unb eingc^enbem
^leife war namentlich in 2)eutfd^Ianb bie
fird^Ud&e ^^orm beö Oratorium^ gepfiegt
worben. Sercitö um bie SUlitte beö
16. 3af)rbunbertä fd^eint cö (Sbrenfadt)e
für jcben Äontrapunftifien gewefen ju fein,
bie *Paffton in Tlnfxt ju fe^en. ®*on
Orlanbuö Saffu^ ^atte in [einen 93u§«
pfalmen ben crjien 5lnfio§ jur Pflege biefcr
Äunjigattung gegeben. Dtamentlid^ aber i(i
eö ^cinri^ "Sdbü^, ber ale ®dt)üler®abricliö
bie in Italien empfangene 5lnregung
benü^t, um feine beutfdbe Siefe unb ^ern«
l)aftigfeit in collem Umfange jur ©eltung
ju bringen, ßuglc'^ 'aber fä)uf er eine
neue ^orm be« Oratoriumä. iSiä^er ^atte
ftd) barin aüti nur c^orweifc bewegt,
ie|t oerfudbt er c«, bie f)anbelnben *Per«
fönen felbfiänbig au8 bem (51)or al^ @oIo*
Partien f)er»ortreten ju laffen unb fom«
ponirt 1, 2 unb meljrfiimmige @ä^e, je
nad) 5lnja^l ber fpredienben fPerfoncn.
51n ber Erweiterung bcö Oratorium^ wirften
neben ®(f)ü^ : ^. @(t)cin, Dtofenmüller u. a. m.
®o waren mit ber SReige beä 17. 3a^r«
^unbert^ bie legten 93orbebingungcn er«
füüt, um alle SD?ufitformen in pd^jicr
iBoDenbung erfie^en §u fe^cn unb t>ai
näd^fic fdt)on fdt)uf eine gro§e iReibc ber*
felben »on ewig mufiergültiger (Sefialt.
Jiamentlid^ beutfd&e iDieifier ftnb eö, weld^c
bie 3Jufgabc iti 18. 3a^rf)unbcrtö ju löfcn
begannen: bie Äunfi über bie nationalen
93ebürfnif[c emporzuheben unb Äunflwerfe
im ^öt^jien 6inne beö SBorteö ju fdf)affen.
9. 5Daö 18. 3a^rt)unbert. ^am*
bürg Würbe bereite alö ber Ort genannt,
wo bie bebeutenbern Opern bcä 3n= unb
Qluölanbeö jur 2Iuffül)rung gelangten unb
war e^ bort neben Äuffer namentlid) SReins
l)Qrb Äeifer, wcld^er auf Sntwicflung ber
beutfd)en Oper wefentlichcn (Sinfluf auä»
übte. Jnbeffen l)inberte ber fjenifd^c *Pomp,
mit weld^cm man bie ©cfangöbramen auö«
jufiattcn fudbte, bie reicf)ere muftfalifc^t
2lu^bilbung berfelben. ÜBcnn man aud^
in Hamburg nidbt fo Weit ging, wie an
einjcinen ^öfen Deut[dt)Ianbö utib ^talieng
ober in *Pari^, [o Iic| man eö bod^ in
muftfalifci)er ^inftd^t an ber notwcnbigen
Sorgfalt fefilen unb Weber SDtatbefon not^
ielemann, bie Dtadbfolgcr Äeifcrö, Der«
mod^ten, biefem i^i^n grünblid) abju*
I)elfen. Sie beutf^c Oper, bie faum ju
feimen begonnen, mu§tc ber italienifcf)cn
wcidt)en, welche im übrigen 25eutfd^Ianb
biel eifriger gepflegt würbe, namcntlid) in
ber cercbclten »^orw, bie ilir 5(gofiino
Steffani, ber iöorgänger ^änbelö an ber
Oper ju |)annooer baburcf) gegeben, ta^
er mit i^r ben etwaei oerfeinert beflamieren«
ben @til ber franjöfifcfeen Oper }u ners
fd^meljen fud^tc. (Sro§en (Srfolg errang
aber freilid) oud^ in 35eutfd)lanb bie nur
auf cirtuofe ©efangöfunft bafiertc Oper
ber 9teapolitanif(^en ©^ule, bie burd^
5ltleffanbro ©carlatti bcgrünbet unb bann
burd) ßeonorbo 8co, ßeonarbo iBinci, ©ima»
rofa, 3ometli :c. weitergebilbet worben
war. 'Scfonberö burd) bie le^terwä^nten
fanb fte auc^ in I)eutfd)lanb Verbreitung.
Unter ben beutfAcn Opern «Äomponifien
aber, bie ftdt) ber ^Pflege berfelben Wibmeten,
490
ajiuftf.
ftnb bcfonber^ ^affe. ©tauti unl) SWau«
mann ju nennen, ©o war in ber crften
^älfte tii 18. 2a^tf)unbertö bie ttalicnifd^e
Oper bie »öüig ^crrf^enbc in 2)cutf(i)tanb.
%uä) in 5't'>"f'^«i<^ ctfianb ber b ortigen
burc^ ßuHt) gegrünbeten großen Dper 1752
burd^ bie 5lnfunft einer italienifci^en Dpern*
truppe eine bebeutenbe ^onfurenj.
SDa« mufifalifc^e $ariä teilte ftc^ al«-
6alb in jwei Parteien, bie unter bem
iJiamen Suffonifien ober Qlntibuffonijien
entttjeber auf Seiten ber italienifct)en ober
ber nationalen Dper jianben. 3n bem
l^artnäcfigen Kampfe jogen fdilielUd) bie
Italiener ben fürjeren, wenn mä), ange«
regt burd^ bie opera bnffa, bie opera
comique, meiere namentlich in ®r6trtj einen
praftifcf)en, in SRouj[eau einen t^eoretifc^en
Vertreter fanb, entfionben njar. 3uin ^^*
f(ä)Iu^ gelangen foüte ber Äampf er^l burc!^
Mi^ (5rf(i)einen eine« ber größten SDlönner
ber 9!)tuftfgcf4)id)te, eineö ^eutf^en, burci^:
(Eliriftof, SBinibalb t»on ©lud, ber nid)t
nur granfreid), fonbern auc^ ©cutfc^Ianb
5U einem mu^ergültigen Dpernjiijt oer*
Reifen foüte. Siefcr War nur baburc^ ju
finben, ta^ ber meitfd^weiftge SWed^ani^s
muä ber burd^ ©farktti gegrünbeten ita=
lienifd)en Dper jufammengerütft, ju einem
lebenbigen Organismus befeelt unb jugleid^
mit ber gro^ern ©c^lagfertigfeit ber JDar«
fteüungömittel ber franjöjtf^en Dper auä*
gemattet mürbe. S>ur^ jabrelange unauS*
gefeMe Sptigfeit ^tte ftdb (SIucP ben
italicnii'd)en ©tt)t ju I)öc^^er Äunjifertig*
feit angeeignet unb ftc^ mit bem ber fran*
jöft[d)en Dper in gleid)er SCßeife »ertraut
gemalt. 3)urc^fci)lagenben (Jrfolg foüte
©tucf mit feiner Dper: Qllcejie erringen,
allein erfi mit feiner: 3p^igenie gewann
er ben neuen ©tanbpunft coli unb ganj.
^ier ^at ©lucE ben ganjen 5lpparat ber
italienifc^en unb franjöfifd)en Dper oon
aüem Ünmefentlid^en cntfleibet unb beibe
bamit gu lebenbigem Drganiömuö ert)oben.
25ie (ftarafterijiif(i)en SnterDaüenfdtiritte,
tt)elcf)e bie SRejitation ber franjöftfc^en
Dper feit Sutlt) auäjeid)nen, er^ob er ju
bcbeutfameniffiorti unb ®efüf)iöaccenten unb
inbem er biefelben jugteid^ aud^ ber meto«
bienreict)en italienifdt)en ^ric einwerleibte,
gelangte biefe ju einer 3nnigfeit ber Sm=
pflnbung, bie auSfd)lie§U^ unfcr Jntereffe
bem bramatifd^en SBerlauf jumenbet. SDa«
bnrd) mürbe bie treffenbfie S^arafterijiif
ber ^anbelnben *l?crfonen ermöglidf)t unb
bie ^löublung entmidelte jt^ bramatifdf)
belebter unb maljrer. 3u8lf*<^ eignet ber
DJlcifter au(^ bem 6t)or, ber burd^ btc
Staliener Dernad^läfjtgt morben mar, biefe
neuen üJJittel an, moburd^ auc^ biefer
bramatifcl) bebeutfam wirb.
SBalirenb fo ®luct ben gangen ?lpparat
ber Dper jener 3fit »erengte, um ifin red^t
bramatifdf gu gefialten, crmeitert it)n, jener
anbere SD^eifier — ^änbel — ber gleich«
faüö bie eine ^älfte feineä ßeben ber ita=
licnifd^en Dper gemibmet ^attc, in« ©e*
Wattige unb ®ro§artige, um ben 5lu«bau
ber ^otm be« DratoriumS auögufü^ren.
^änbel giebt fein« ber SWittel ber italie*
nifdf)cn Dper auf. Die breiten ^^ormen
berfelben erweitert er nodl) unb trägt ftc
namcntlid^ ani) auf ben 6^or über unb
inbem er fte bann mit feinem gewaltigen,
mit ben SBunbert^atcn ber ^eiligen ©d^rift
erfüllten (Seifte belebt unb burdf) bie SÖteifier^
fdl)aft feine« (Sontrapunft« neu gefialtct,
gewinnt er bie redE)te ®ejialt für oratorifdf)c
©arfieKungöweife, bie of)ne äufcrn I^cater«
apparat bie gange ^eilige ®efdöidt)te oor
fingen gu fül)ren bejiimmt i)^. Söä^renb
^cinbel unb ©lud ben ©efialtungSprogep
ber neuen SO^uftfprayi« be« 18. Satit^un«
bert« jeber nadf) befonberer ülid^tung gu
(Snbe führten, erfaßte i^n ein britter großer
SWeifier biefer 3eit: ©cbafiianSad^ in
feiner ©efamttieit, um i^n gum 3lbfd^lu§
gu bringen unb gugleidE) bie Äeime gu neuer
großartiger ©ntmictlung gu legen. 93ad&
mad^te ben geijilid)en 93olf«gefang, ben
Q,i)oxal, gum SiJlittelpunft feiner fünft*
lerifc^en Sßirffamfcit unb inbem er ben»
felben in ben funjiüoUcn ^Jormcn bc«
boppelten unb met)rfac^en (Jontrapunft«
»erwenbet unb babei ftd^ biefe (formen gu
unumfd^rdnftcr ^errfdi)aft aneignet, fü^rt
er ben @efialtung«progeß, ber burdb bie
Jiieberldnber angeregt worbcn war, gu ®nbc.
Um fein gange« rei^ erfüllte« 3""^^«
aber au«tönen gu laffen, beburfte 93ad^
aud^ ber ^nfirumentaipimmcn unb biefelben
würben allmal)lid) ebenfo wie bie ©ing»
fiimme gu au«brudt«nonen Prägern feiner
3been. 2)aburd^ gelangte Sac^ gu jenem
Äantatenftil, bei weld^em 93ofal« unb Dr«
dt)ejlerfiimmen fti^ gegcnfeitig ablöfen unb
fid^ in einem fünjili^ in einanbergcflod^«
tenen ®ewebe ergangen. 3" wa^r^aft bra*
matifd^er 5?orm gejlalteten ftd^ aber nament«
Ixä) feine $affionen, in benen ftdl), nament*
lid^ in ber a)tatt)äu«=^affton fein gange«
fünfilerif^e« 33ermögen geigt : funjigemdf e
'■8et)anblung be« protefiantifc^en Qi.|oral«^
unumfd^ränftc ^errfc^aft über ben fUs
gierten ©ti)l unb cnblid^ »oQjiänbigc Äennt«
mm.
491
niö ber Drcfecjlerinflrumente. — 3" ®a<^
DoUenbct fic^ bie Äunji alö d^ripiic^c unb
tritt juglei^ alö njcltlid^c, alö felbpänbige
3nfirumcntalmupf,in biöt)er nic^t gcfannter
Sebcutunc; I)ertior. SRamcntltcfc gtünbctc
93acf) ben fogenannten Älaüierfipl au8, inö=
bcfonbere i>md) fein cpod^cmad()enbeä SBcrf :
SDaö wobltcmporierte Älainer, eine gro§e
^ugenfammlung. dloä) tt)unberbarer aber
erweifi ftc^ 93ac^'« geniale Äraft in ben
Drgelfiücfen. SBie in ben Älanierfiücfen
tai roeltlid)e ißolfölieb, fo bilbct in raan^
d)cn Söerfen für bie Orgel iai geifilid)e
meiji bie (Srunblage. SÖiit ©ebafiian 53aci)
war jene Seruegung, tt>eld^c feit ber SRefor«
mation bie ©ntreicflung ber Sonfunfi be=
ftimmt ^atte, bie (Sinfü^rung beä ^olU'
liebet in bie Äunfimufif, biö in it)re
äu§erfien Äonfequenjcn erfc^öpft. Susl^ii^
aber t)attc 33acf) ben Äeim ju neuer tjerr*
lict)er Entfaltung gelegt, inbcm er bie
Jontunfi in engere !8ejiel)ung jum 3nbi=
cibium unb jum Seben überf)aupt gefegt
^attc. 5Den folgenben SOieiftern war e8
nur bcfi^iebcn, ben poetifc£)en 3"t"'lt ^^^
Sebenö ju erfaffen unb i^n jum 3nf)alte
beö Äunfitoerfe^i ju machen.
9lu(ä) biefe neue $t)afc ber Äunftent=
inidlung mirb fcf)cinbar burc^ i)ci^ 93oIfö=
tieb benimmt, fd^einbar, bcnn ia^ cigents
lic^c alte SSoUöIieb roax im Äunfilieb,
tak auä jenem entpanben, längjl f(J)on
aufgegangen. 2)afür ftanb aber t>a^ 2?oIf
bem Äunjfgefange nid)t me^r fremb gegen=
über, eö fal) ja barin feine eigenen SBeifen,
fein eigeneä *]ßrobuft in einer ücrbcffcrten
©efialt unb at^ e^ ben 2)id)tern unb .Kom^
ponijlen gelungen war i>ai ßieberfpiel für
eine 3eit wcnigfienö neben ber Oper micber
cinjufüt)ren unb bie bramatifd)e 3!}?ufif in
ben glatten fnappen formen beä ßiebeä
ein met)r üolföma^igcs ©epriige gewonnen
^atte, ta fanb eä iae 33olf ni^t meljr für
nötig, felbft neucSBeifen ju erfinbcn. ®ä
überlief biefe 5lrbett ben Äomponiften unb
|oItc fid) am liebften feine ßieber r>on ber
öffentlic£)cn Sdjaubü^ne unb fo entflanb,
tnol)! äuferlid) angeregt burc^ bie (Srfolgc
ber opera comiqne unb ber opera bnffa,
bie beutf(i)e Operette, bie ftd^ nur aui
öolfätümli^en (Elementen jufammenfe|te.
SKit ber Operette tritt eine burd^auä
felbftänbige »Jo'^w in'(^ ßeben, alö beren
eigentlicher Segrünber Sofjann ^bam ^iüer
ju betrauten ift. Unglci^ bebeutfamer
<xU öiefe Operetten, tt)elcf)e nur cinjelne
uclfMmlic^e ^^rafen ober ßieber aufs
nehmen, ftnb biejenigen, meiere mirflid^
üoU8tümlict)c (Slemente brafnfd) barju^
fieüen fuAen unb alä eigentliif)c beutfc^e
fomifcf)c Oper erfd)einen. 3t)r ^auptt)er=
treter iji 6arl 2)itter »on SDittcrdborf.
*ilud^ er gebietet jmar nur über ooUtüm=
li^e 33?ittel unb »ermag beä^alb nicf)t feine
Stoffe auä ber untern ®pf)dre nieberct
Äomif in bie I)ö^ere beä SBi^eä unb ber
©atire ju ert)eben, aber er üerfianb fie
mannid)faltiger ju »ermenben unb lon^
fiüde »on größerer fflebeutung, nid)t nur
einjetne ßieber auä i^nen ju formen.
Unb fo würben aud) feine 3nfirumens
talfompofttioncn, bie in ganj gleicher
Söeifc gehalten ftnb, gröfere Sebeutung
erlangt ^aben, wenn nid&t ein größerer
DOteiflcr — 3ofep^ ^apbn — gleid^^eitig
tt)ättg gewefen Wäre unb bie Äompofition
3)itteröborf'ö ebenfo überboten i^ättc, wie
SWojart beffen fomifcf)e Opern.
2)ie 3nfti^unicntalmufif fanb im 18.
Sabr^unbert vorerfl mef)rere bebeutenbe
23ertreter auf ber ßaute, inbeffen batte
ia^ Älanier biefelbe bocf) atlmä^Iid^ iier=
brängt, befonbcrä aU bie .^ammermedianif
eingefül)rt worben war. 9[)Jit ber iBer=
befferung ber Jecf^nif ging felbftoerjiänMidb
bie (äntwicflung beö Älaoierfiiplä ^anb in
^ani). @d)on bei ^ad) maci)te fid) eine
freiere SSerwenbung beä Älangmaterialä
geltenb, inbeffen fmb feine SBerfe bocb
nod) meijl buri^ ben üofalen Äontrapunft
beberrfc^t. 2)er neue ©tt)I nabm nun
nicl)t met)t ia^ Sofale fonbern baä 3n=
ßrumentale jum 5luögangäpunEt. |>aupt=
fäi^licf) ifi eä bie ^^orm ber Sonate, wie
fte ©farlatti bnxä) ©infü^rung ber ®egen=
fä^c gefc^affen, Womit erfolgreiche Ser=
fud)e gemalt würben. S)aä, waä ale
erfie ®rrungenfd)aft beä neuen @ti)lä er=
fc^eint, ifi, i>a^ an «Stelle beä polppbonen,
bie ©Icic^bered^tigung aller Stimmen, be^
bingenben Sti)lä, ber I^omopbone einge=
fü^rt würbe, b. i). btejenige Se^art, in
welcher wefentlicfe eine melobiefübrenbe
^auptfiimme berrfdit, wä^renb bie anbern
nur begleitenbe iJJebenfiimmen ftnb. ^yriebe^
mann unb (Jmanuel ©ad), bie Söbne beä
großen Sebafiian 33ad), wie ber iöatcr
SlJJojart'ä famen unfireitig ber neuen
2öeife am ndd)ßen, aber jur pöüigen 51uä«
bilbung foHtc biefelbe erft gelangen, alä
jener Sfieifier crfc^ien, welcher mit ber
Dtaioität beä ®eniuä ben ganjen Or*
ganiämuä erfapte :3ofeP|i)|)atjbn. löor*
erfi alä Äomponiji für bie SBiencr Stra«
§enorcf)efier, fpäter alä Dircftor ber Sfier«
lasif^en ÄapcHe ^atte ^apbn ©elegen^eit,
492
SWuftf.
bic einjdncn Snfirumcnte auf tai genaucfte
ju jiubieten unb fid^ bic (Sigcnaxt cincö
jebcn ju metfcn unb fo gelangte er jur
natütli^cn Drganifation bcö Dtc^cfter^
unb bamit aucf) bcr ^nfirumentalfottn.
^a^bn fc^uf feine neuen ^nPi^umentoI«
formen, bie Sonate, bic €i)mp{)onie, bic
Dufcrturc, bai JRonbo, iai iöJcnuctt, iai
Qtbagio, bic Suite u. f. ». u. f. m. lagen iljm
bereite oor, aber in »crttiirrcnber ÜRannig«
faltigfcit, fo bai eö fd^mer voai, ftc non
cinanber ju fc^eiben. ^apbn brachte qü*
ma^li(^ ^lari in bie ganje öntwicflung
unb ift fo ber Schöpfer beö neuen Jn«
ftrumentalfii)!« getrorbcn. 9)?it bem 2Beg«
jage non (5ficrt)aji eröffnete fxä) für ^at)^n
ein neuer ^reiö feiner jtiatigfeit. aBd^rcnb
biö je^t feine S^ematiE nod) au^fc^Iie§Ii(^,
nac^ bem 93cifpielc 93dc^'g Dom QSoIföIiebc
bel)errfd^t mürbe, hai er aüerbingß jum
bebeutenben noUenbetcn Äunfimetf fer=
arbeitete, Iaufd)t er jc^t nic^t mef)r bem
Scbcn ab, maö bort bereite flingt unb
fingt, fonbern fud^t neue S^cmen auf,
melci)c ben poctifct)en 3n^alt be^ ßcbenö
nod^ entfdf)iebener jum *Muebrud bringen
unb geminnt baburc^ eine »iel funfifotlere
iJorm in bcr Spmpöonic, in mcld)er fict)
aber auc^ fcf)on ein inbitiibuctlcr 3nl)alt
ju offenbaren beginnt. S)amit aber marcn
bie 93ebingungen erfüllt, unter meieren bic
nacfcfolgenben Spmpbonifer iKojart unb
93ectt)oi5en in bicfer ^^orm bic munbcrbar-
jien ®et)eimniffe entfd)Ieiern foUten.
SBoIfgang ^mabeu^ ÜJJojart
folltc Porerfi auf bem ®ebiet ber Oper
eine äl)nlicfec ÜJHffton übernehmen, mie
^apbn auf bem ber Snprumcntalmuftf unb
bcr 5ur Unftcf)er^eit fül)renben Siclbeit ber
©ef^altungen berfclben ein (Jnbc ma(f)cn.
5Die« errei^tc er, inbcm er, fovtbauenb auf
bem 5»n^aiiifit' ^f»^ ®lüd gelegt, eine
größere SBatjrbeit beö bramatifc^en 5lu^«
brucf« einfübrte. ©lüde *)3erfonen unb
ßbarafterc maren nur aQgemeinc Jijpcn
unb (Sebilbc einer fünfllid) bem realen
Cebcn nac^fonjlruiertcn 2ßelt. SRojartei
Figuren bagegen flammen oue ber Sßelt
ber Sffiirflic^feit , bic er unä in praEtifd)er
SSerflärung jeigt, fie ftnb lebenärcarm unb
lebenömal)r, S)on ^nan, nid)t minbcr, mie
ßcporcllo, Dömin mie ^^igaro, unb gc=
fiatten besüjalb eine feinere unb tiefere
(St)ara!tcrifiif. Sugtfi^ <^i^^ fommt 2Bi^
unb ^umor ju mcitgreifenber *öcbeutur.g
unb bic ßeibcnfc^aft, mcld)c ber beroifc^en
Oper ®Iutf^ fremb mar, mirb |)auptfaftor
bcr gcfammtcn ^anblung. 2>aburc^ ge^
minnt aber bic Sonfunft ein meit größere*
^elb für it)rc Jbätigfeit unb mirb eigcnt«
lic^ crji rec^t jur bramatifcfecn ÜKuftf. Um
bic gelben, in bcnen fti^ bcr gcfamte
bramatifdbc Verlauf fonjentricrt, au^ muft=
falifc^ bcbeutfam ju machen, Pcrmcnbet
ÜJJojart ben Sracourgefang in auägcbc^nter
Söcifc unb erliegt ^ier äumeilcn bem
^ormali^muö ber alten Oper. 2)ie fc^arfc
ßf)araftcriflif ber einjelnen •Perfonen fü^rta
it)n aber jugleidb auf jene ©tü^punfte ber
bramatifcf)en J^anblung, auf jene ©nfcmbles
unb 5i"<Jl^f^' ^0 ^"1^* ^'c SBJad^t bcr
Greigniffc $erfoncn beö Pcrfc^icbenfien
ßtiarafter^, auf einen beftimmten l^unft
Pereinigt mcrbcn. S)ic Qa^i feiner Opern
ifi bebeutenb. SRac^bem er jucrfl, eine
OJicnge gclc^rieben, in benen er ganj ber
italicnif^cn SRi(^tung ^ulbtgte, Icnftc er
mit bcr Oper „3bomenco" in bie ©lucffc^en
Sahnen ein. ®röpern Srfolg brad)tcn
i^m: 2)ic Sntfübrung auö bem ©crailr.
bie |)Oc^jcit bc* gigarro, namentlid^ aber
fein: 2)on ^nan. 3n [«in Ic|teä ßcbenöja^i;
fönt: bic 3^u^«i^f i'tf ' meldte 23cett)oücn-
aU SDiojartö grö^teö ÜBerf crflcirtc.
jDic ^a\)l ber 3"Prumentalmcrfe, bie.
ÜRojart l)interlaffen unb mit benen er eine
feiner ®rö§c entfpredf)cnbe Sebcutung audl;
für bic 3nflrumentalmufiE gemtnnt, ift nid)t
fet)r gro§, aber bafür ftcl)en biefclben bic^t
neben bem S ortreff lic^ficn, mae je geleifiet
morben. *JlIö einer bcr bcbeutenbficn
ÄlaDierfpieler feiner 3eit ^^t iWojart au(^
ba^ Älaficrfpiel in neue Sabnen geteuft,
inbem er Spiel unb ÄlangfüHe in er«
mcitcrtc *}lnmcnbung brachte.
2)cr brittc gro^c ÜJJeifier, ber bie »on
$ai)bn unb 3[Rojart eingefcf)lagene SRicf)tung
ju glänjcnbem 9lbf^lu§ bringen foKte, i^
ßubmig pon SccttjoPcn.'^SRit gro§em
©rnfte manbte er fiel) »orerfi jener ^orm
JU, bic in benimmt bcrauötretcnbcn ®ruppen
einen ganjen ßcbenöäug barficötc, bcr
Sonate. 5" ^^^ crjal)lt er unö feine
ßeiben unb ^^rcuben, t)on feinem SRingen
unb feinen ©rfolgen. 2)aö Älaoier ermie*
ftcft i^m alö tai für ben inbitiibueüen
^uäbrud gccignctflc ^njlrument befonber^
fcitöem bie 5ted)nif beeifelbcn burc^ ben
ÄlaPierPirtuofen ©Icmcnti eine bcbeutenbe
(Srmeiterung ctfabrcn b«tte. 3Wit 2)orliebc
jie^t er bann ein ober mehrere anbcre
3njlrumcntc ju, um neue Organe für ben
*iluöbrud feiner überreict)cn 3nnerlic^feit
SU geminnen. S5aö ®cfamtorc^efier aber
bietet er auf in feincnStjmp^onicn, meldte jum
Icil unter bem (SinbrucE cincö mcltgef^id^t*
fDJurifinjirumentf.
493
Iicf)€n (Srcigniffcö gcfd^ricbcn würben, »ic
bic : Sinfonia eroica. I)ie lt)a(i)[enbe ^err=
fcftaft, bic bcr SWcificr über alleliürfienunflös
mittel erlungt battc, erzeugten in if)m bie
Sufi jur ßöfung unge>t)öl)nlid;er 2lufgaben;
bie formen werben riefenboft, wie in feiner
neunten ©infonic, aber entrüden ftd) ju=
gleich immer mebr bem leichten ÜJerjidnb-
ntö. SOßir etfennen barin bie bunten bc=
wegtcir Silber, bic in ber ^intapf beö
iWeiperö cntfianben unb ®efüf)Ie in i^m
erregten t>on befiimmter aber ioä) fo fein
fubfettiDer 2trt, baf fic nur in rbapfobifc^j
rejitatiücr SBeife, aber fclbfi nicf)t im SBort
2luöbrud finben fonntcn. £)arum wanbte
er fid) ben gro§en unb breiten Snftiumen»
talformen ju unb erfüllte feine 2J?iffion,
bic 3been, tt)el(i)e bic leitcnben beö gebend
fmb, in it)rer Sffiirfung auf ©crnüt unb
^antafie, ben voetif<^en 3nbfllt beö
Sebenä unb ber iRatur barjufreüen , bamit
in »oßjlem Tia^e.
Die It)rifc&eSefd)aulid^feit, berenJräger
bic ©ingfiimme am liebjien ifi, war feiner
3nbiDibualität fremb. 5E)ic ©ingfiimme
battc if)m ^auptfäc^lic^ nur aU Serfün=
biger beö ©ebanfcnö Sebeutung. S)a aber,
wo er bem Iijrifc^en ^lusbrudE mit aücr
.fjingcbung nad)gebt, fa§t er alle einzelnen
SWomentc ju einem großen ®anjcn ju^
fammen. ®eine einjige Oper: „giDelio"
fieigert beöbiilb ben bürgerli(})cn Stoff
jU bei^oif<^tr 9JJad)t unb nötigt bem S)ia=
matifdjen einen tiefern fittli($en Srnfi auf,
alö bic fdfiaulufiigc OJJcngc oerträgt. *3iber
au(^ bic Iprift^cn 6rgüffe bcr DJieffc, per*
fonifijieren fid) ibm fofort ju ect)t brama=
tifd)en ©cbilben , in wcld^en bie rcligiöfc
5tnfcbauung ber ganjen gotterfüüttn SWenfdt)»
!^cit jur S)arficÜung gelangt.
3n Scetbonen b^tte bic SWufif i^re
I)öd)fie ©cftaltung errcid)t unb mit biefcm
IDJciPer fei aud) gefd)Ioffen. !£)ic itaIicnif(J)c
Oper wie bic franjöfifd)c erreichten jwar
im Saufe bcö 18. ^abrbunberttS erneute
93Iütc, jene in (Sb^rubini, ©pontini unb
SRoffini, biefc in ÜJlebuI unb Sßoilbicu,
allein an bic gewaltige Äünjilernatur 58eet=
bofcnö reichte feiner ^txan. 6r)l bem
19. 3nbicbunbert unb ber in bcmfetben
fid) cntwideinben SRomantif foütc eö be*
f^ieben fein, wenigftcne in einer ü'ii<^tung,
SBcctboDcn ju übertreffen. Seetboecn battc
ftd) nod) in feinem iBerbättniä ^ux ®efamt=
i)cit ctfaf?t, er wanbte ftc^ bcäbalb jenen
SDlufiEformen ju, in bcnen er hai ßeben,
bie Ceiben unb ^rcuben bcr ganjen 3Wcnfd;=
^cit barjulicüen oermod)tc. ^i^t beginnt
ber ®cifi bcä Äünfllcrö ftd) in feiner
Iprifc^cn 5foIierung, loügclöfi üon ber
©cfamtbcit, ju crfaffcn, um bic (Sinjcl^
empfinbung jum Darpeflungöobjeft feine«
fünfilcrifd)cn ®d)affenö ju mad}en. 55em
entfprec^enb pflegt er jc^t bic engen %ox'
men beö öicbcei, wie Jvanj ®d)ubcrt,
SOicnbelfobn, Schumann unb [Robert Jranj
ober bic romantifd)e Dpcr, Wie Äarl
SWaria 2öcbcr, €pobr unb a)Jarfd)ncr.
(S«ad) Otci^mann, ®cfd)id}te ber SRuftf;
Oteifmann, ®efd)id)tc ber beutfd)cn
Tlü[\i; 2lmbroö, ®cfc^id;te bcr aJiufif.)
aJinfifinftrumcntc, a) @aitcninfiru =
mcntc (in alpbabctifd^cr Drbnung.)
1. Cythara tentonica ift aus bcr
^arfc cntfianben unb bcftcl)t aue 5—7
Saiten, Welche über ein unferm ®cigen-
förpcr in ber gorm öbntid)ee gewölbtes
S3rctt gefpannt ftnb. 2)ic cinjcincn Saiten
Werben burd) einen Saitenbalter mit bem
JRabmbrett ocrbunben. Äommt bcfonbcra
feit ben Äreujjügen cor unb oetbantt i^rc
gorm wabrfdbeinlic^ ber araüifd)cn 3fai=
tigen IRebcc, SRibiblc, ober Ofteberbe.
2. ^ibcl ober 93 i bei würbe im
SDJittclaltcr bic au^ bcr SRotta cntfianbene
®eigc genannt. 2)aö äöort gibel, mbb.
videle, videl, foH üon lat. vitulare =
fpringen wie ein Äalb, bcrfommcn unb
alfo ein ©aiteninfirument ju Sprung unb
3;anj bebcuten unb ^at fid) in unferm
SBiolinc erbaltcn. 25ie gibcl War ein un-
gemein beliebtes Snfitument- Urfprüng»
li^ (10. 3abrbunbert) nur cinfaitig, ent=
wicfelt ftc ftd) rafc^ jur Sfaitigcn tleincn
®cige, üud) polnif(ic ®cige genannt, bercn
cö 4 Wirten gab; SJiefant^, <Hlt=, Senor*
unb Sa^geigcn. Unterfdjicben war bie
flcinc ®eige »on ber fogenannten großen,
bercn eö cbenfaHö 4 'Jlrtcn gab baburd),
ba§ le^tere mcbr Saiten, bis ju 9 befa^
unb 33ünbe geigte, wie bie ßaute.
I)ie ©eigen beö iDUttelaltcrö beft^en
feinen Steg unb liegen bic Saiten fämt«
lieb in einer ©benc. 3"fl'<^'^) ^^* ^"
©eigenförper eine mcbr manbolinenmä^ige
gorm. 9Wan War besb^ilb gezwungen auf
aüen 3 Saiten jugleidb ju fpielcn, auf
bcr böd)Pen bie SlJelobie, auf ben anbcrn
bic afforbifd)c Srgiinjung (®runbton unb
Duinte). örj! ber Einfang bcS 16. 3abr-
bunbertö bradjtc ben ©eigen bic gewölbte
5)cde unb ben Steg, woburc^ bcr fclb*
fianbige ®cbraudb jeber einjclncn Saite
ermöglid)t würbe, ©ieä war tai Serbienfi
üon ®afparbS)uiffopruggar, bcr in'öologno
32
494
*D?urtftn|iruniente.
geboren »arb unD bcr ®etgc bie (Sefialt
gab, bte fic im »cfcntlic£)cn ^eute noc^
^at. 3" 3tölicn nannte man bie ©eigen
Sioten unb unterf(^ieb jtt)ifcf)en Viola da
gamba (5^niegeigcn, ^eute: Sioloncedo) unb
Viola da braccio (^Irmgeigen). ^itt bicfcr
©attungcn t)atte tüicbet t>crfcf)iebcne *3lrten,
je nac^ ber ©röfe unb bem Umfange, ^nx
SoKcnbung foOte bie S^ec^niE ber ®eige
erp bur4) Antonio «mati (1590—1619)
ben berüt)mten Srcmonefergeigenbauer ge=
langen.
3. ^acEbrett. ©asfelbe njurbe fcf)on
im 9. 3a^rf)unbert geübt. 2)er ÄIang=
förper ij! ein, mef)rere ^u^ breiter unb
langer Mafien, ber je naä) ber Saitenlänge
ftd) t)erfürät. ^äufig finbet man i^n fpäter
Dann in eleganterer ^orm mit gemölbtem
Stefonanjboben. Qluf bem SRefonanjboben,
tt)cld^er mit 2 @(J)atIIöcf)ern »etfe^en ifi,
fmb bie ©aiten gcjogen unb i'mai ÜJietall;
faiten, meiere burd^ Söirbel gefiimmt unb
mit fcöläernem Klöppel ange[d)Iagen mer^
ben. S)er Son ifi fd)arf unb burct)bringenb,
»eä^alb baö 3"Pi""ifnt namentlict) bei
länblid^en 'länjen oermenbet Jüurbe. ^n-
fang^ ^attc eö nur einen be[ci)ränften Um=
fang üon 4 ober 5 Jonen unb mar nur
cin(^örig, b. 1). für jeben Jon voax nur
eine ®aite »orl)anben; fpäter erreichte cö
einen Umfang r>on 4 Dftafen in brei=
d)örigem 33ejuge. Äünfilcrtfd^ bebeutfam
TOurbe e^ nur infofern, aU e^ einen Seil
feiner ÜJJec^anif bem Älauicf)orb liel).
4. >Die •§>arfe, a\)t>. liarafä, m^b.
harpfe, bunflcr ^erfunft, ifi unftreitig tai
ältefie 2i^Pi^ument. Über bie t^orm, »eldje
bie f>arfe in ber frü^efien 3^'^ ilirer 33ers
»enbung beim (Sefang [)atte, fmb mir jmar
nid)t unterrichtet, bod) barf man annehmen,
ia^ fie ber einfadjen «Spi^liarfe glid), einem
breiccEigen l)ötäerncn SRaf)men mit quer auf=
gefpannten Saiten. (&ie fonnte nur »on
mäßiger ©röge unb mugte lei(ä)t tragbar
fein, foba§ fie ber Spieler ol^ne 'Jlnfirengs
ung im 51rm galten unb aud} an einen
anbern meiter geben fonnte, benn bei ben
®afimal)Ien mürben iKunbgefängc auöge^
fü^rt. 3" bcr SHegel mürbe bie iiarfe mit
ben ^ins^tn ge|'d)Iagen ober geriffen, fei«
tener mo^l mit einem 13Ieftrum. 93ei 23e=
gleitung üon iDiaffengcfängen fd)eint eine
me^rd)örige |)arfe in 5lnmenbung gemefen
ju fein. 2)te Saiten ftnb unten bereite
mittelfi Saitenfiatter befeftigt, nid^t mie
bei bcr Spi^^arfe im *Jtttf)mcn.
5. jllaindiorb. 2)affc[bc cntfianb
auä QDcrbinbung ixi ^adbrettö unb beö
JL)lonod)orbö. 3n einem Äajicn, öer mie
beim ^adbrett bie i^orm eineö (Rec^ted^
batte, befinbet [xä) bcr Stiftfiocf unb 2Birbel«
jlod, jener mit fefipe^cnben Stiften, an
meli^e bie Saiten au^ ÜJlcffingbra^t an*
get)ängt maren, bicfcr mit SBirbeln, ners
mittelfi roclc^cr bie Saiten gefiimmt mur»
ben. ?tn Stelle ber Klöppel, mit bcnen
bie Saiten beim ^adbrett crflingen gema(^t
mürben, traten nun SDJetatljungen, bie am
©nbe eineö .^cbelarm^, in meld^em jebe
nieberjubrüdenbe Safie (Claves) ausgebt,
aufrec^tfte^enb angebracht maren, foba§
fte bie betreffenbe Saite anfd)lugcn unb
baburc^ ertönen mad)ten. ^nfangä maren
nid)t fo tiicl Saiten üorlianbcn al^ löne,
unb bie laficn I)attcn äugleic^ ben
3rt)ecC bie Saiten abjuteiten. "JlHcin mu§te
t<xi äu§erfi fiörenb fein unb man ?am
benn aud) balb baju für jcbcn Jon eine
eigene Saite aufjujic^en.
2)a§ 3nfirumcnt befd)ränfte fid) noc^
ju <Prätoriuö 3«t auf 20 Jone, „allene
in genere diatonico gcmad)t, barunter
nur jmccnc fd)mar^e ßlaucä, iai b unb i}
gemefen." Später na^m bie 3"^^ bcr
(ilaoeö immer me^r ju unb fc^on QSirbung
fennt „neumer Clavicordia mit 4 Ofta=
Den", ©emö^nlic^ mar in fpätercr 3'^**
bie Söefaitung breid)örig, b. i). jebe Saite
mar 3 iDJal por^anben, babci maren aud^
etli^e ©bore, bie „gar fein Sc^lüffcl"
(Jafie) anrührte, bie nur ba maren, bie
Diefonanj ju oerfiärfen. 2)ie untern (j^öre
maren mit ÜJlcfftngs, bie obern mit Sta^I*
faiten bcjogen. 3'^M'^ß'^ ^f" Saiten jog
fid) bereit« auc^ fc^on mie SSirbung bc*
rilltet, ein „3ötlcin Don SBcHcntud^" ^in,
um ba'g iJiad^tönen ju ocrfjinbern. Sd^on
im Qlnfangc bcä 16. 3<i^r^unbertä oer*
manbtc man auf bie 3luöfd)müdung biefeö
3n|lrumentÄ bebcutcnbe Sorgfalt.
6. j^lanicpmbalum unterfd^eibet
fid^ Dom ÄlaDicEiorb baburt^, ta^ bei i^m
flatt ber SDJctatl^ungcn auf bie Stäbd^en
flc^enbc IRabenficle an bem ©nbc beä
^ebclarmeä ber Zaftc angcbrad)t maren,
burd) meldte bie Saiten in ä^nlidier 9!öeife
crflingen gemad^t mürben, mie bie Saiten
ber Strcid)infirumente beim ^ijjicato.
^(uf glcidl)e 2ßeife mar \>ai ÄlaDi*
eistet um fonfiruiert, nur ia^ ftatt bcr
metallenen, ©armfaitcn angemenbet mur*
ben. Saiten unb i«efonanäboben flanben
üufrcd)t unb ^atte hai 3nfirumcnt na^
«Prätoriu« „eine Oicfonanj fafi bcr 3itbern
ober ^avffen glcidi." ©aö ©ebürfni«, einen
SRujtfinPrumente.
495
'ftdrfcrn Jon ju geroinnen, führte baju,
^a^ Ätaüicpmbalum, auä) ®raöect)m«
6a tum genannt, fogar »icr^örig ju bc=
jief)cn. 9ia(6 ^rätoriuö roat e^ ein „tiing^
tid)t 3nPrument unb rourbe Don etlict)en
ein ^lügel, roeil eä fafi atfo formieret ift,
genannt: 33on etU(f)en sed male ein
©(^roeinefopff, roeil eä fo fpi^ig, roie ein
roilber ®d)roeinefopf forncn an juge^et."
(Sr bejeic^net ti ferner aU ein 3"Prument
„üon fiarfem, ^eöem fajl liebli^em iRefo=
nan^ unb ßaut, mef)r aU bie anbcrn,
roegen ber boppettcn, breifadjen, ja auc^
roobi üicrfäd^tic^en ©aittcn." Qtu^ bem
Älaoicpmbalum, ba^ anfänglich auc^ nur
au^ 20 Jonen bcfianb, entjlanb ba^ Klavi-
cymbalum universale seu perfec-
ta m. 3miTier aufä neue roaren nämlicf) iBer^
fudf)e gemalt roorben, aud^ auf ben 2afien=
infirumenten bie (SnbavmoniE barjufießen,
dis unb es, eis unb des :c. ju unters
((ä)eiben. €o erjä^It ^rätoriu^ oon einem
berartigen ^nfirument, roelcf)c^ „in 4 DU
tauen t^on C bi^ c" in aüeö 77 Slape«
fle()abt t)at".
7. ^laüi Organum. 2)aöfelbe I)atte
neben ben Saiten no(^ einige Megiftcr
Orgelpfeifen, roeld)en burd) bie binten an=
gebrachten Slafebälge ßuft jugefübrt rourbe.
3m übrigen entfpra* e^ ganj ^em Äla«
»icr)mbel.
8. ®cigenf laoier. 53ei bcmfetben
fmb bie I)ö(id)en, burd) bereu <3tnfc^lagen
an bie Saiten beim .^Iaüid)orb ber Ion er=
jeugt rotrb,burd) f leine, mit ^^Jergament über-
zogene unb mit ÄoIopf;onium überfirid)ene
0täberd)en, roeli^e roieberum burd) ein gro§eö
Sflab unb untcrf(^iebene SRoücn, unter bem
Sangboben liegcnb, im ooüen ®cf)Wange
gebenb erbalten roerben, erfe^t. „Sßenn
nun" berid)tet IJJrätoriu^, ,,ein fölaue^
fernen niebergcbrüdt roirb, fo rühret bie=
felbige «Saite an ber urablaufenben Otüber
«ine'? unb gicbt ben SRefonan^ t>on fid)
gleid) al^ roenn mit einem Sogen brübcr
gcjogen roürbe." iprätoriuä crjätjU ju-
glei(^, ha^ baö 3nfirument üon ^anö
|»et)ben in 9'Jürnberg erfunben roorben fei,
jur beffern 9'iad)a§mung ber Singftimmcn,
unb um ben Jon ju f)alten. S)ie neuern
93erfud)e biefer Qtrt ftnb unter ben 9'iamen
Älapiergamba , SBogenflaöier u. f. vo.
befannt.
9. Saute, raf)b, laute unb lüte, aber
«rfi im 15. 3abrf)unbert geläufig; iai
SBort fommt mit bem 3"f^i^umcnt au^
granfreic^, roo e^ franjöjtfc^ Inth, alt-
franäöfif(^ leüt, prooenj. laut, lahut,
italienifd) liüto, leiito, liddo, laut, 9lamcn,
roeld)e auö fpanifc^. laüd, portugieftfi^
alaüde fiammen, bie i^rerfeitä roieber ibren
Stamm in arabifd) (mit bem Qlrtifel al)
al'ud, alaüd ftnben = ?lloe^olj, gefrümra=
teö ^olj, Saute. iöJit Saut unb Sieb bat
alfo ba^ SBort ni(^tä ju t^un. Sie mai^tc
im 16. 3af)tl)unbert aüen anbern Saiten=
infirumentcn ben Dtang fireitig. ©ercit^
im 14, unb 15. 3<if)t^unbert roar fte aU
5 faltige^ manbolinenartigeö S^l^ifument
beliebt. 2)cr fogenannte Sautcnförper —
„53au^" — ober auc^ (Sorpuä genannt,
ift bei roeitem me^r geroölbt, al^ ber ber
Streid)inPrumente ober unferer ©tiitarrc,
mit bem baä 3nprument nocf) bie meifte
<äbnlid)feit ^at. I)er Sautenförper ift
augenf(^einlid) ber Sd^ilbErötcnfd)ale ober
einem f)alben .Kürbis na^gebilbet, roeld)c
urfprünglii^ jU biefem 3»Pfunif"t ^'^r*
rocnbet rourbcn.
55irbung giebt in feiner Sd)rift eine
Slbbilbung ber mittelalterlichen Sauten.
3)ie Saiten ftnb unten an einem Saiten-
balter befejligt, oben in bem fogenannten
Äragen, ber äurüdgebogen ift. S)aö ©riffs
brett i^ mit Querleifid)en oerfe^cn, ben
fogenannten „33ünben", üermittelft roelc^er
bie ®riffe für bie ocrf^iebenen Jone ah'
gegreujt rourben, dl)nli^ roie beim ÜJiono*
^orb. 3" ^ff iHegel roar bie Saute be^
14. 3i'il)icl)unbertö fc^on mel)rd)örig bejogen,
fo ba§ bie Saiten für ben einen Jon in
boppelter ^a\)l t»orbanbcn roaren iJlacfe
'Oratorium t)atte fte im 15. 3abrbunbert
4 unb bann 5 (Jl)örc. iBirbung_bcricfttet,
tia^ ctlid)e Sauteniften auf 9 (öaiten in
5 (S,l)ören fpielen, anbere roieber auf ll
Saiten in 6 ober auf 13 Saiten in 7
(5.l)ören, roornu^ gefcftloffen roerben fann,
ba^ nur ein Seil ber Saiten boppelt oor«
t)anben roar. 3)ie 3 ticfften Saiten t)ie§cn:
©rogbrummcr, 2Jlittelbrummer unb Älein*
brummer. 'Man gab i^nen geroöbnlicf)
oben bie OEtaoe bei: „roeil \\)t grob unb
gro§ fpnb, So mag man fpc bo(^ nit
fo laut ober fo flarf l)ören clpngen al*
bie ciat)nen, ober bie boben, öaruu gibt
man i^nen Octaoen ju", fagt Birbung.
^er 4. (E^or roirb mit 2 'JUleffingfaitcn,
bie im ®inflang gefiimmt fxnb — bie
©ro^angfaite — bejogen unb ebenfo
ber 5., bie .^leinfangfaite, bann folgt
bie auintfaitc, bie nur einfa(^ aufgejogen
ifi. (Sineä SRormalton* beburfte man in
jener ^ät noc^ ni4t unb ^gricola lebrt
beäbalb:
32*
496
SDlujtfinfirumcntc.
„3eu^ i>ie Duintfait fo ^oc^ bu magfi.
I)a§ fte nic^t rei§t, wenn I)u fic f(f)Ia9^."
I)ie fiautc bicntc utfpiün9li(^ nur jut Se»
9leitungbe«®efan9ed. 5n beriRcgcl mürben
bie Saiten mit bem Ringer gcjttjicft. 6rji
fpäter würbe bie Saute ju einem felbfi«
iiänbigen 3nftrument unb gelangte nament»
ii(i^ im 18. ^a^r^unbert neben bem Älat»ier
jur ^errfd^aft.
10. ^ic ßt)ra mar ein 3 ober me^r»
faitigcä ^nfitument, meld^e^ mit bem
$Iectrum gcfc^Iagen mürbe. 3m übrigen
gleid)t cö Doüfommen ber ^arfc.
11. S)aö SWonoc^orb. S)aä[elbe bc*
|ianb auö einem SRefonanjf örper , über
melc^em eine ©aite gefpannt mar, beren
fUngenber Seil »ermöge eine^ bemegtic^en
©tegeß »erfürjt merben fonnte, je nac^
bem SBer^ältni^ beö ju erjeugcnben 3ntcr-
taüö. 3luf ber S)e(fe beö Oflefonanjfaften«
marcn bie ©teilen, nad^ benen ber bemcg=
lid^e ©teg gefc^oben merben mu§te, um
ben betreffenben Jon ju erhalten, genau
angegeben.
2)aö SOJonoc^orb fanb in ben .^töjiern
jund(f)fi unb jmar fd^on r>or ®uibo »on
Qlrejjo, beim ©efangöunterric^t ^Inmen«
bung, um bie 6cf)ülcr anjuleiten, bie
Suteroaüentterbältniffe unterfd)eiben unb
rein pngen ju lernen. 2)a e^ ftd^ bann
aU notmenbig ermie«, bem @d)üler bie
8 Jonfiufen jebcö Äir^entoneä beutlid^er
ju mad)en unb einzuprägen, fam furj
nac^ ®uibo bie fogenannte 4 teilige \S^iUX
be« 2)Jonocf)orb0 in ©ebrauc^, bei bem
auf bem obern 93rett be« 3flefonanjfajienÄ
eine 4fac^e ©fala für bie Semegung bc6
<Bk([ii angebracht mar, fo ta$ jcbe ©aite,
bereit man entfprec^enb nur 4 aufjog, bie
95erbältniffe tti jugc^örigen Äird)cntonä in
autbentifcf)er unb plagalcr gü^rung angab.
51ucE) führte man fc^on frü^c, a^nliä) mie
beim Drganifirum eine ^laoiatur ein, mo*
burd) ba« Slufftellen unb Umlegen ber
©tege erfpart mürbe. S)a« S!}Jono<i)orb
manbelte fid£) fpäter in bas .KIatii(f)orb um.
12. Drganifirum. 2)aäfclbe ifi aüi
ber O^otta entfianben, inbem man fiatt
beö gibclbogcnji ein Stäblein anbrad)te,
mel(i)e« bie ©aiten firidt». *J(udt) ^ier mag
bie oberfic ©aitc metobiefübrenb gemefen
fein, meldte ^kx, mie au«i 5tbbilbungen ju
erfeben iji, burdf) Saften (Ulaoeö) in
längere unb fürjere Seile abgeteilt merben
!onntc. J)aö ^nfirumcnt bei|t feit bem
5tuögang be« 12. ^ahrbunberte aud^
©t)mpbonie ober Sb^fonie, matjrf^einlic^
meil e^, in ber 2Irt beö Organum^ ^uc»
balbg ber ÜKct)r|iimmigfeit biente. 2ln?
fangö fd^cincn 2 fßerfonen, bie ba^ 3«*
jirument auf bem ®dE)ofe liegen bitten,,
gur Sebtinung beöfelben nötig gemefen
ju fein. S5ie eine breite i>ai (Rab, wäbrcnb
bie anbcre bie ©tegc aufhob unb niebcr*
legte. 3»" 16. 3a^rbunbert mar ba^ 3«-
firumcnt eineö ber bcliebteficn , na^ber
fanf e^ jur fogenannten 99ettlerlel)er berab
unb mürbe oerad^tct unb t>ergeffen.
13. Quintern: eine 5l6art Saute.
14. SRotta: Diefelbe iji eine^ ber
ältejien 3niirumente. 35ie erjle ^orm beö=
felben, (Srotta genannt, mar eine Qlrt
Spra, bie mit bem *piectrum gerührt mürbe.
2Ju^ bem (ßlectrum batte ^c^ nad) unb
nac^ ber ©eigenbogen entmicfelt. 2>ie
3abl ber ©aiten foll urfprünglici) 6, fpäter
3 betragen ^aben. ©päter glidl) bie Jtotta
mebr einer 9D?anbolinc. I5ie ©aitenein«^
bu^tungen unfcrer QSioUne fel)lten alfo
unb mu§te infolge beffen, ta audb fein
©teg oor^anben mar', ber Sogen über
alle ©aiten jugteicb gejogen merben unb
fo tönte bann mabrfd^cinlidf) neben ber
auf ber erften ©aitc gefpieltcn SDtelobie
fiet^ ©runbton unb oieüei^t audf) bie
Duinte nad) 3trt eine^ I)ubclfadte^ mit.
3lu^ ber SRotta cntmidelte jtd^ eincrfcitg
baö Drganifirum, anbcrfeit^ bie gibcl.
15. SRebec, Dtibible ober SRcberbe
iji ein burdb bie Äreujjügc nermittelted
arabifdbefli 3 faitigeö S^ft^ui^cnt pon ber
^orm ber Cythara teutonica.
16. Otpbeben nannte man bie ©ro^*
geigen (fiebc ^itd).
17. ©dicitbol^ entfianb bireft aud
bem auf 3—4 ©aiten crmciterten SKono?
dborb. iZBeber SBirbung nocb Qlgricola er*
mahnen beöfelben unb auc^ *prätoriu*
jäblt hau ©dt)citbol|i „unter bie ßumpen»
injirumente", giebt inbeffen barüber eine
ißefdbreibung, monadb ba^ 3nPt""i^"f ^i"*
einem ^olgfajien mit 4 eingcfpannten
©aiten bePanb, „barunter 3 in Unifono
uffgcjogen, bie eine aber unter benfelben,
in ber mitten mit einem ^acflin alfo nieber»
gejmungen mirb, ba§ fie umb eine Duint
liö^er refonniren mu§." Qluf ber 4. ©aite
mürbe bie ÜWelobie gefpielt.
18. ©pinett. S)a«felbe iji eine iUb*
art be« Älat)idE)orbö. 6« mar im 16. 3abr*
bunbcrt gebtäud^lidb, bitte nur 3 Dftaoen
Umfang unb mar eind)örig mit meffingcnen
©aiten belogen, ^taä) ^rätoriuö mar e*
„umb eine DEtaoe ober Duint ^ö^er ge«
jiimmt, alö ber redete Sb^n."
19. 5Da« Srum'mfd^eit ^atte eine
ilJJufifinfirumettte.
497
«finltcfee Äonfttuttton, wie öaä @ct)ctt^ot^.
„Uff i)cr grobjien ©aitc aber wirb mit
bem anrütiren beä S)aumenö bie rccf)te
üJlelobct), gleid)iüie ein recf)tcr Statin uff
einet Srummct, ju rt)ege hxaä)t, alfo, ba^
eä nic^t aiibet« lautet, aU tüenn 4 Sturn^
tict mitcinanbct bliefcn."
20. 93irginal nannte man in ßng-
lanb eine 5lbatt be^ Älaoi(^otb^ obet
^laticpmbelö.
b. 53Iaäinfttumentc (wie oben^.
1. 9Up6otn. ©a^fetbe mat nament«
ü<i) im ©üben gcbtäuc^lid^. ©(J)on ftü^
hJUtben bie Qllpbötncv babutc^ gewonnen,
baf man junge Sannenbäum^en auä»
bobtte unb an bet weiten Öffnung mit
«inem iSc^anbed)et fetfab. 2)aö 3"PrU'
ment, iai bei gehöriger Sänge (5 — 6 %\i$)
einen fiatfen £on gicbt, mutbe jugleid)
alö ©ignal^otn benu^t unb aud) au^
anbctn Stoffen geatbeitet. @ö etjeugte
fo bie lange Stompctc in bet 5"'^'"' *^if
fte in ben *PfaImenbüd)etn f)äuftg aU
©eri^töpofaune abgebilbet if!. S)aö 3n«
fitument fommt aud) in etma^ gebogenet
jjorm f ot unb erjcugte fo bie ßinUn unb
Ätummprnet.
2. £)ie © l a t c t a bcpefjt auö einet
gcwunbcnen ungelöteten ÜJJctaKtö^te.
®ic ge^ött ju ber ®attung bet Stompeten.
3. S) u b e I f a d (ftc^e ©acfpfeife).
4. S)aä ^agott fam im 16. ^a^i^
bunbett auf unb bic§ bajumal aud)
S) 0 I c i a n. jDen etpen 51nfio§ baju gab
ein oon bem S)om^ettn Qtftanio fon^
(ituietteö 3nfitument: „Phagotum". '^ai-
felbe beftanb au^ jmci ctjlinbrifd^en mit
Klappen unb3;onlöd)Ctn oetfef)encngtö§cten
unb jTOci jmifd)en i^nen fte^enben fleinctn
SRö^ten, bie untet ftd^ fämtlicb butc^
iöinbfanäle octbunben waten. (Ein Slaö^
balg fü^tte ibnen, wie bei bet Dtgel bie
ßuft ju. 2Bann bie Umwanbtung beö fo
fonjltuietten Jnfttumentä jum ^J^Sott et«
folgte, i^ nid)t befannt, boc^ witb üon
einem bet altcfien $feifenmad)ct, ©igmunb
©d)ni^et, getüt)mt, ta'^ et aud) oottteff*
[id)e (^agotte biä ju au§etotbentIi^ct
@tö§e oetfettigte.
5. gclbttompete, fte^e Jtompete.
6. S)ie 5 1 ö t e , mf)b, flöite, vloite,
aU altftanjöfifdb flahate , flaute , öon
flaüter = bie ^töte blafcn, wotauiS mbb.
vloitieren entlauben i|i; bie üButjel ifi
lateinifd) flatus = tai Olafen.
a) S)ic ß a n g f 1 ö t e wutbe fo ge«
blafen wie unfete .^latinetten obet Oboen
unb fam aU 35i9tant, — <}Ut — lenot unb
Sagflötc Dot. Da« Jnfttument ifi äugen«
fd^einlic^ au« bet einfachen (Pfeife ^ctoot«
gegangen. 93on ben ad^t ZonUi^txn iß bai
untetftc boppelt »ot^anben , weil ein
Släfet bie teerte, ein anbetet bie linfe
^anb unten ^telt unb bem cntfptec^cnb
wutbe tai eine obet anbete mit 2Ba^3
Detflebt. %üx bie öagflöte wat eineÄlappe
angebtac^t, bie fowof)! oom fleinen ^'t^S^i^
bet ted^ten wie bet Unten ^anb etteid^t
wetbcn fonnte.
b) Die Q. u € t f 1 ö t e , bie Wie unfete
^eut übli^en ^Jlötcn geblafen wutbe, aut^
'ö djweijetpfeife genannt, wat ebenfalls in
ben üiet ^tten bet Di^fant«, Otlt«, lenot«
unb Sa§flöte üot^anben. Det Umfang
iiitx einjelnen etfitedtte ftc^ auf jWci Df=
tauen unb auc^ bie 2ltt bet led^nif wat
biefelbe, wie bei ben Sang« obet S^nabel«
flöten, ^m 18. 3'i^i^l^"ni>ert uctbtängte
bie Querflöte bie Sangflöte gänjlid^. De«
bcquemetcn Itan^potte« ftalbet wutbe
jte in 3 (gtüde jetlegt. Dabei entbcdte
man, ba§ batin jugleic^ ein iWittel ge«
Wonnen wat, bie Stimmung be« 3^«
fitument« ju tegulieten.
7. Die ^ 0 b 0 e , bie ganj bitcft au«
bet ©c^almei l)erooiging, gelangte etfi im
IStcn 3<i^r^un^fi^t Ju umfaffenbet 53et«
wenbung.
8. Da« Ätumm^otn (Ätomp^oin)
if! eine befonbete ^tt pfeife, weld^e butd)
Umbiegung be« einen (Snbe« au« bem
'}llpl)otn entfianben ifi. ©« fommt gleidb«
faü« in ben oiet Qltten al« Di«fant, *}llt,
SEenot unb i8a§ftummt)orn Bot. DetUm«
fang reid)te nid)t über eine Dftaoe. Xxo^-
bem wat tai .^rumml)orn im 16. ^ahx--
bunbert fctjt beliebt unb fehlte in feinet
Äapelle.
9. Otgel a\)i. orgela neben Organa
(mit Übetgang »om n in 1), ml)b. orgel
neben »eteinjeltem orgen, au« gtied^ifd^.«
lat. organdm = jcbe« 2öetf jeug , bann
in«bcfonbete bie ÜBaffetorgel. Die Orgel
ifi in i^ten Otunbjügcn ein 58ctmdd^tni«
be« 5lltettum«, wo bie 2öaffetotgeln bc«
reit« eine bcbeutenbe (Sntwidlung erlangt
l)atten. 3" Deutfd)lanb inbeff'en fanben
ntc^t bie SBaffetotgcln bet iRömct, fonbctn
bie pneumatif'c^en bet QSpjantinet (Singang.
aöiebet^olt wirb erjä^lt, ia^ bpjantinifi^e
Äaifer nad^ Deutfc&lanb fold^e Otgel«
wetfe netfd^idten. ®o foQ bcteit« Äaifet
(Eonftantin Soptonimu« bem ^vanfenfönig
<pipin bem kleinen eine Otgel jum ®e«
f^enf gemad^t ^aben, wcld^e bann, wie
bet ©t. Oattetmönd^ bctid^tet, »on ben
498
SFJuitfinftrumcntc
ffficitlcuten nüd)9eal)mt »uurbc. 3m Saufe
iii 10. unb 11. 3fl^tj^unbeite »erben
t>ie Dtgcln immer aügcmeincr. Sic fanbcn
in ben Äixd^en beim (Sotteöbienfi (Eingang,
tfenn aud^ nod) nid^t ali unentbet)rli(i)eö
3njirument. 2)icfe Orgeln mu§ man ftc^
freilid) aU juglei^ im Tonumfang be«
f(l)ränfte unb fe^r plumpe fd^mexfäflige
3nfnumente benfen. S)ie Mafien waren
nod) mef)rere ^unbert ^al)xt fpäter oft
4—5 ^oU breite fd)aufelförmige Slauee,
plumper aU unfer fPebal. 2>er Drganift
mu^te bie Drgel bes:f)alb mit ^jäufien
fd)lagen ober mit ben ©flenbogen niebcr»
brücfcn. SDie pfeifen »raren nad^ ber
biatonif(J)en notürlid)en ©fala gercitjet.
2;cr Umfang flieg oon einer Oftate biö
21 2önc. 2)a| bie Orgeln fe^aüflarf gc=
»refcn, ifl ftio^l anjunet)mcn. Ueber bem
^lang ber Orgel im ÜJiünfier ju 5ia(^en
follen fogar ffleiber in Obnmac^t gefaÜen
fein. (Sine iRiefenorgel lic^ SBif^of GIfegg
bauen. 6ic I)atte 400 pfeifen unb 26
93laebälge, ju beren SRegierung 70 fiarfe
Scanner nötig waren, bie, wie ber 33e-
ri^terfiatter fc^reibt, ungemein fcfewigten.
^ae Orgclfpiel würbe »on jwei Orga«
niflen beforgt, beren jeber feine eigene
Oitace regirte. ÜJlan begnügte fxi) alfo
nid)t mit gweifiimmigem Spiele, fonbern
fpicite aud^ brei« unb üierflimmig. 2)a«
ganje SZBcrf l)atte nur 10 Jone, fo ta^
40 pfeifen ouf einen 2;on famen
unb einen wal)ren, mit bem ©etöfe bee
einfirömenben SBinbee oermif^ten ©onner^
fpeEtafel terfüfjrten. Sn^Stmci" inbeffen
waren bie Orgeln weit entfernt, fold)
gro^e Slöerfe ju fein. „6ö waren," um
mit $rätoriu« ju reben, „foId)er 3noention
unb (Erbauungen feine großen, fonbern
gar üeine SBerfe, fo ftradä an einen
(Pfeiler ober in bie ^ö^e bee Gboif« al«
<£ct)Walbennef}er gefegt worben finb unb
fd)arff unb fiarf gef(|rien unb geflungen
laben." 5Da ee für etwae ©dl)öneö galt,
bie Duinte ober Duarte fletö mittönen
jU laffen, fo ifl nic^t unmöglid^, ta^,
um nic^t immer jWei ober brei Jafien
niebetbrüdfcn ju muffen, fd^on febr frü^
bie fogenannten IDJiyturen erfunben würben,
bei Wclct)en jum angefd^lagcnen Ion beffen
Oberquinte unb l)o|e Oftaoe mittönt.
ißom 14. 3a|rl)unbert an tcrbcffcrte
fid) ber SOJcc^ani^muö ber Orgeln wcfent«
lid). 3)ic tafien würben fc^mäler ge»
madt)t unb baburc^ ni(^t nur bie ©piel«
barteit erlei<^tert, fonbern auc^ bie UJlög«
lic^feit gegeben, ben Umfang ju erweitern.
(Sin bebeutfamer gortfc^ritt war ferner
bie ©rfinbung bed 'JScbalö, bie man bem,
in 93enebig oon 1445—59 als Organiji
t^ätigcn S3ern^arb bem I)eutfd^en juf^rcibt.
2Baörenb bie Orgeln frü{)erer 3cit ftd^-
jumeifi auf bie Jone ber biatonifien
SEonleiter befc^ränften, begann man fdf)on
im 13. 3af'i^^unbert bie c^romatif(f)en
einjufc^ieben. '^m 14. 3a^r^unbert würbe
in ^alberfiabt eine Orgel erbaut, wel^e
im oberfien 9Jtanual (bamalö SDiöfant ge«
nannt) 14 biatonifd^e unb 8 d^romatifc^e,
im ©anjen 22 löne t)atte. Serü^mtc Orgel*
bauer beö 15. 3a^r^unbertd waren ^onrab
SRotl)enburger, ^einrid) Äranj, Irayborff :c.
kU befonbere Qlrten non Orgelwerfen
werben »on Sßirbung bac •öortatio^
Hi ^JJofitin unb hai SR egal genannt,
bie ftc^ nur in iljrer ®rö§e unb ber 3ln«
jaf)l ber Stimmen (SRegifier) oon einanber
unterfct)ieben. 2)em ^ßofitio, einer ücincrn
Orgel mit meifi nur jwei SRegifiern, fel)lt
in ber SRegcl tai $ebal ober cö ifi nid^t
felbfiänbig bem Söerf beigefügt, fonbern
nur bem SDtanual angcl)angt. S)aö $or»
tatio war ein fleineree tragbare? ober
bod) ferfe^baree $ofitio mit in ber (Regel
nur einem Otegifier unb einer Oftaoe Um*
fang. I)a2 iRegal war ein noc^ fleinered-
SBerE mit in ber iRegel nur einer 3ungen»
jiimme, bat)er bcift auc^ ein 3ii"9<^"°
regifter unferer Orgeln nod^ Stegal.
10. S)ie Eacketten Waren ben
gagotten äl)nlic^, nur riiel fürjer. ®a bie
innere Otöljre neunfacb jufammengelegt
war, fo gaben fic fo tiefe Jone, wie tai
größte 2)oppelfagott. „Sie t)abcn oiele
ßöd^er, aber nid^t met)r als (Slffe ju 9««
braud)en" fagt CPrätoriue, „an 9tefonan^
fepenb fie gar fiiQe, fafi wie man tuxd)
einen Äam bläfet unb Ijabcn feine fonber*
lic^e gratiam."
11. IRaufd)pfe{fe. Sie unterfc^eibet
fiel) »on ber gewöl)nlid)eu pfeife baburcfc,
t>a^ tai SDJunbfiüd nid)t bireft an i>ai
SRo^r gefegt ifi, fonbern in ba^ fogenannt^
Äopfflüd, t>ai alö SDlitteljiüd jwifd^cn
2Runb jiücf unb iRol)r tritt. 5Die SRaufc^pfeife
ijl ber Ura^n ber Oboen unb Klarinetten.
5Die SRaufd^pfeifer jogen mcifi in ©efell«
fd)aft ber 2)ubelfacf6pfeifer, um Stänje
aufjufpielen.
12. Regal (fube Orgel).
13. Sa (f pfeife ober S)ubelfa(f war
fd^on frü|ie befannt unb biente jum SBc»
gleiten beä Janjcö. Sie befielt aüi einem
@d[)laud^, einem 9lnfa^roi)re unb einet
oDer mel)rercr anbcrn JRö^rcn. SBermittelfi
TlMhk — tülufpiai.
499
bc0 3ln[agrot)teei bläfi t>cr ©adpfcifcr Cuft
in ben ®d)Iau(J), ben er mit bem Qtrm fo
bearbeitet, ta^ bte ßuft in bie gegenüber
am ®cf)Iauct) angefe^te ©djalmei treibt;
biefe ifi mit fed)^ ober ftebcn Sonlö^ern
ferfc^cn, bie um Jone oon nerfd^icbcner
^öi)e unb 2iefe ju erjcugen, gefdfiloffen
ober geöffnet »terben, wie bei ber j^Iöte;
Quf biefer ®(f)almci fpielt ber ©adpfeifer
feine SWelobie. QUi^crbem fmb noci) eine
ober jroei SRiit)rcn an%tbxaä)t , bie nur je
einen Slon geben, ben ftc ununterbrochen
fortfummcn; fte beiden bee^alb: ©ummer,
.g)ummeln, ©timmer, Sourbone. ^l)x
Jon bilbet in berfelben Slöeife eine ^Irt
i^o| pr SWelobie, tnic n?at)rfcf)einli(^ bie
terf(l)iebcnen ©aiten beim Drganijlrum.
I)QÖi 3nPiunient war feit bem 14. ^ai)X''
bunbert unjireitig tai beliebtere jur 9iege=
hing beö Janjco. ^oä) im 17. ^a^i-
bunbert n^aren mel)rere 51rten ©atfpfeifen
im ©ebraud), bie *pratoriuö befdjreibt.
©ie führten tierfd)iebenc S^Jamen: 2)er
95 od mit einem grofen langen ^orn aU
©ummer, bie ©c^ aper^^feiff mit i^mei
©ummern, ta^ ^ um eichen, ebenfalls
mit jmei, ber SD üb et) aber mit brei
©ummern u. f. f.
14. S)ic ©d)a Im ei ifi urfprünglid)
eine einfad)e SRöbre, ber man erP fpäter
ein SDiunbflüd anfe^te, meId)eÖ bann burd)
2 SHol)rbIätter erfe^t mürbe, bie man in
eine befonbere Äapfel fiedte.
15. ©dbnjcgel ifi bie ältefie ^orm
ber pfeife. S)Jad) einem alten ©loffar
einer ©tra^burger ^anbfd)rift bebeutet
©d)tt)cgel ben Seil be^ Seine« eine^
Sliere« »om Änie hü jum ^u^ unb ju«
glei^ bie baraud bereitete pfeife. S)ie
alteficn ^Pfeifen bejlanben alfo auö bem
©4iienbeinEnod)en befiimmterJierc. 91nbere
®Ioffarien überfe^en Swegula mit Sam-
bucca (^oKunber) ober mit calmus, fo
tA^ man annehmen mu§, biefe ?|Jfeifen
ober glötcn feien auö bem Oiol)r »er«
fd)iebener*pflanjcn gefertigt morben. ©pdter
nennt man bie ©djmegeln: Duerflötcn,
3njerd)pfeifen ober ©c^meijerpfeifen.
16. trompete, mf)b. trumpet unb
trumet, entlef)nt auö franj. bie trom-
pette, bem SDiminutio ron ital. bie
tromba; au« bemfelben 2ßorte fommt
mt)b. bie trumme, trumbe, al)b. trumpa,
urfprüngli^) fot>iel al« Jrompete, <13ofaunc,
bann Irommel. Diefelbe batte fd)on im
lö. 3i>f)ibunbcrt im 2BefentIid)en bicfelbe
i^orm mie I)eute. S;ic ^elbtrompete ifi
eine genjunbenc unb jufammengelöt^ete
9lbt)re mit SJunbftüd unb ©d)aülöd^crn.
Qtnberö getuunben ifi bie Älarcta unb
mieber anber^ baö Sürmer^orn. S)ic
(Pofaunc ^at ebenfalls ixi in unfere
Beit bie ^orm bebalten, toi[ä)t fie bamal^
fd)on t)atte.
17. fflafferorgel. SDiefelben ent*
Rauben baburcb, t>a^ man, ben in Stößen
aui bem 931afebalg ausjlrömenben SBinb
burd) einen Sffiaffcrbcbalter fitömen Iie§,
bamit er ftd) bort reguliert, beoor er in
bie ^Pfeifen eintritt, ©rfunben murbc bie
2BafferorgeI fd)on iion bem gricd)ifc^cn
5lr^iteften Ätefibiu«.
IS. Tiie 3i"ffn waren bereite im
15. 3at)r^unbert in ben ©tabtpfeifetcien
meifienteilö in mel)rfa(^er Qlnjaf)! for^an-
ben. SDie ^inUn ftnb auö ber ©d)almei
entftanben unb erfd)einen entmcber alö
gerabe ober alö frummc 3*"^^"- 5^rc
^onftruftion unterfc^eibet fid) wenig ton
ber ber ©cbalmei.
19. 3 tt»erd) pfeifen fufie g-löte.
c. Sarminfirumente.
1. Srommcin famen fd)on bei ben
©ermanen jur 91nmcnbung, jur Unter«
fiü^ung beö Sanjeö 3m allgemeinen
t)atten fte biefelbe ©efialt wie beute unb
mürben gleid)fall« mit 2 ©d)lägeln ge=
fcblagen. (Sine abweii^enbe Set)anblung
äeigt tai Jaborium, eine f leine Irom^
mel, meld)e an einem Sanbe um ben |>al^
getragen mürbe.
2. Die 6i)mbeln, i»?etallplatten, bie
aneinanbergcf^lagen mürben, l)atten bie
gleiche ^otm wie ^eutc.
3. iDaö Jintinabulum (Rota cym-
balam) mar ein auö rabförmig jufammen=
gefteüten ©loden beftel)cnbee Snf^'^"'"«"*.
mit welchem fleißig ani) in ber ^irdbc
geHingelt mürbe.
4. 3;i)mpanum. fRaä} ülbbilbungen
be« 9. unb 10. 3af)t{)unbett ju fc^lie^cn, be=
ftanb bafifelbe auö einer SDJetallplattc, meiere
meifi an einem 93anbe um ben ^al^ gc=
tragen unb mit einer 5lit "Pleftrum ge«
fdblagen mürbe.
2}?eift nad) 9flei§mann: saujlrierte ®e»
f(i)id)te ber bcutfdben OJJufi!. 91. ^.
SWuffctc. ©iet)e ben Qlrtifcl ^anb«
feuerWiirten.
9)iuf))iüibiii©(i)mföcr ein oonibm 1832
auei einer 3J{iind)ner ^anbfd)rift iieröffent«
lid)le6 altbeuifdic« ©ebi^t pom jung»
ftcn Jiige genannt; baefelbe möd)te nai)
©dbmetlete 2iermutung oon Äönig ßubwig
bem 2;eutfd)cn felbft aufgejc^rieben morben
fein; bie ißeröart ifi rod) bie allitterierenbe.
500
«Kiiöe — 5Wnftif.
ber Stoff ein c^riftlicftet, an baä getma=
nifc^e j^cibentum erinnert tai 2Bort TlU'
fpilli, ber altgermanif(i)e 9'^ame bcö
2BeItbranbe«. ««Qd) 5lrt einer qSrebigt
roirb bcr cf)riftlicf)c 9U?r)tf)u^ pom jüngfien
@erict)t bargeficKt, um bte Seele beä @tcr»
benben fämpfen jwei ®d)aren, (Sngel unb
Teufel; bcr 'Hntid)rift fcimpft mit (iliai,
jener hjirb befiegt, biefcr Dcrtrunbet, unb
fein tropfenbe« Slut fe^t tit ganje @(^ö=
pfung in 93raub. 25arum foQ ft^ jcber
(S^rifi re<i)tjeitig äumjüngf^en ®ert(f)t vox'
bereiten unb «»cnn er ftd) fünbig ttjeif,
öu^e tbun im Sinne ber Äirc^e. 2)er
S(ftlu§ beä ®ebi(fete^ ifi abgebrochen.
Sßergleid)e namentlicfe ben (Syfur^ jum
®eb"icf)t bei iWütlenboff unb ®($erer,
2)enfmäler beutfcf)er ^Poefte unb ^rofa.
gjiii^e. Sie^e ben SIrtifel Äopfbe»
bccfung.
3)'it))'ttl ^ei§t bie bem 14. unb 15. '^a^X'
l^unbert angefjörcnbe Üiii^tung ber beut«
f<i^en i^eologic beö Wittelalterö , raeld^e
ber PerjianbeämaBigcn ©d^olaftif gcgen=
über iiai rcligiöfe iRecf)t ber glaubigen
Seele, if)r Sinäroerben mit ®ott, bte Sacfje
beä (^rifili^en ®emüteä gegenüber bcr
Porgef(f)riebenen ©laubenäregel ber Rnä)i.
betonte, ©iefe mppifd^e SRid[)tung ift i^voax
an ftc^ «eit älter, bie gricd)ifäe ^ixäit
fannte fte in ^of)cm ®rabe, Scotus (Srigena
!^ing if)r im 9. 3ti^r^unbert an, fie jcigt
fid) unter ben .Kcgern bee 13. 3abr^un=
bert^, namentticf) ben Äatbarcrn, fte i^
fogar bei ben Sc^olafiifcrn felbfi Pertreten,
burd^ iSctnfjarb Pon (llainieauj:, |>ugo pon
St. 33iftor unb Qllbertuö OTagnu«, aber
in bem ®en?anbe ber lateinifc^en Spracf)e;
in beutfcber Sprache crf(i)eint fte juerft
bei ben ©ominif anern be« 14. 3a£)r;
lunbertS; bie i^nen im 13. 3abrf)unbert
Porauögcf)enbcn beutfc{)en *Prebigten ber
granjiefaner, 33ruber Serttjolb Pon
ülegenäburg an ber Spi^e, ent{)alten
nic^tä 5)?pftifc^c«, pielmet)r polfötümlicbe,
auf firdE)lic^em ®tunbe rubenbe Sitten=
le^re. S)en ^ranjisfanern gegenüber, beren
SBirffamfcit roefentlicE) Pon ber ^anjcl
ausging unb auf bie iDJenge berecf)net
ttjar, ift bie ajipftif ber ©ominif^ner für
eine flcinere Schar oon 'Huäev;oäbtten
berccf)net unb benü^t gerne ben ßebrftulil
beä Seftor^ ober Öefemeiftcvö. 2)ie .^jaupt^
ptten biefcr ^Bewegung ftnb bie ßebrin^
ftitute bcr ^Jrebigcr ju Äöln unb Strafe
bürg; ber ^xni, auf ben fte iBirfcn, junäcfifi
bie Älöfter, fei eä bcö ^Prebigerorbcnö
felbcr ober anbercr Orbcn, in befonberm
Ü}k§e i^rauenMöiler, tn benen idi
bräutlic^e Ser^ättni^ ber Seele ju i^rcm
^immlifc^en iBrdutigam nac^ bem SJor*
gange bcö ^o^en Siebe* iai bereitere
Serftänbniä fanb. Sie belicbtfie J^orm
beö mt)fiifcf)en SBortrageä wor bie coUäzie.
ein freier S)iaIog , ber aber aufgeäeict)net
unb ber bialogifdben ^^orm entäuBert nad)=
mal* ali ßefcftüd bienen fonnte; »ar
fte bie (Erörterung tbeotogif(^er i^ragen
genjibmet, fo entfianb barauä t)ai Sraf*
tat. 5n mandben ^rauenftöftern beteilig*
ten ficf) bie Sc^rcef^ern felbcr an ber Qluf«
jeid^nung eigener unb frember Srfabrungen
auf bem ®cbietc ber ÜJipftiÜ, Pon S3ifio=
neu, Jräumen unb Offenbarungen. (Sinen
mciteren .Rrei* teilnebmenber ®eno)Ten
fanb bie iUipiliE in ben 53 cg inen unb
Seg^arben, gi^auen ""^ ÜJiänncrn, bie
o^ne ©clübbc unb nur unter einer freien
(Regel ber SBclt cntfagt unb ftdb, aQein
ober mebrere jufammen, einem gcijilic^en
ßeben gewibmet f)atten. 2öieber ein anberer
Ärei* marcn bie ® o tteäfreunbe (ibr
SJiame, au* ^of)- l^. ^^ entnommen, Wat
bereit* ben altern Sßalbenfern geläufig),
bei benen ber Untcrfi^ieb ,^«ifcf)en ßaien
unb ipricficrn grunbfä^lid& au*geglid)en
mar; bie (Syfommunifation, vot\i)i 1324
gegen ßubwig ben Saicr unb alle ibm
an^ängenben ßänbcr au*gefpro4cn war
unb bi* 1347 baucrte, jttiang manche
Saien, ftcb in geifilic^cn Dingen felbcr 5U
Reifen, unb gotte*freunbli^e $riefter, metft
wieber ©ominifaner, jlanbcn i^nen bei.
ÜJian beft^t Pon einem bcrfelben, ber ben
Flamen be* @otte*freunbc* au* bem
Dbcrlanbe trägt, eine Qlnjalil m^pifd^ct
Iraftate, bie non i^rcm ■^erau*gcber
Sc^mibt einem 'Jiifolau* Pon Safcl
äugefc^rieben, bann biefem abgefpro(f)en
unb neuerbing* al* (Srfinbung eine* britten
nad)9crt>icfcn würben. 2)ie weitere 6nt«
witflung ber 9!Jil)|tif fnüpft ftdb an bie 2)0=
minifaner 9Jifolau* pon Strasburg
unb Gcfarb; jener ftreift nur in ben brei«
je^n Pon ibm erhaltenen ^rebigtcn bie
mpflif^e 2)enE= unb ©mpfinbungöweife,
lia er im übrigen feinen Stoff nai) Qlrt
ber Sd)olafiiE wiffenfcfcaftlicb bcl)errf<f)t ;
cril ©cfarb ift ber p^ilofopl)if(^ fcl)öpfe=
rifcbe ®eniu* ber beutfcfeen 2)^pjtif ge=
werben; er flammte au* Jtiüringcn, war
bi* 1298 «Prior be* qSrebigcrfloftcr* ju
(Erfurt, bann ße^rer ju ^ari*, 'Prooinjial*
prior ber Orben*propin3 ©acbfcn, ßcftor
ju Strasburg; wegen 53erba(f)t* bcr Ackeret
würbe Pom ^apfle über t^n eine Unter*
ünpftif.
501
fuc^ung Dett)angi, £»eren iJerlauf unbefannt
ift, er fiarb 1327, unb jwei 3al)rc barauf
ttjurbcn tuxä) eine päpfltic^e Suüe '28 ße^r^
punfte bcä SßctPorbencn aU fe^erifc^ ober
übelfitngenb unb ber Äe^erci Perbiid^tig
be^icfenet: „"Die altern SIJJijliiEer unb in«=
befonbere biejenigcn, bie biö^er ju bem
ißnlf in feiner Sprad^e gcrebct, fiatten ba«
(äinättierbcn ber ®cclc mit ©ott, um tai
fid) aücö mpfiifcfec Denfcn brcf)t, in bcn
ffiiden gefegt, ©cfarb fe^te e^ in hai
Söefcn. iffienn bie 93ctrac^tuug ber j^iüberen
brtfjer ein rein affctifdjeö ©cpräge trug,
mu§te bie feinige ein fpefulatioeö an'
nebmen 3" ^«^ ^et)auptung einer SIBefcnö»
einbeit ber ®eete mit (Sott mar ta^ erfic
©lieb ju einer Äette gegeben, «etd^c nur
mit ber legten metapb9fifd)en (Jrage itjren
Qlbfdblu^ crreicbtc. 2)a in biefer iffiefcn^s
cinl)eit oon ®ott fowobi ali öon ber
©eete bie Sorfieüung ber ^erfönlic^teit
notwenbig auägefcbloffen mar, fo mu^te
binter beibcn ber ®ebanfe eineö unperfön=
li^cn 5lbfoIuten ober reinen ©cinö auf*
fieigen, in melcbem beibe i[)ren ©runb unb
bat)er auc^ it)re Sint)eit fanben. 5Da^
reine ©ein aber fonnte nur bur<^ ein in'ö
(Snblofe fortgcfe^teä Qlbfireifen aU unb
jcber 93eftimmtbeit gebacbt mcrben unb
marb fo alöbalb bem 'Jlidjti gleid)- Sm
IRidbtä ba^er jtd) felbp unb ®ott ju finben,
im 3l\ii)ti if)m gleid^ ju mcrben erf^ien
<ilö l)öcbfic ^lufgabe ber ©eele unb aU
Inbegriff ber ©eligfeit, na^ metd^er fte
ftcib fef)nte. (5rft mmn fie auf biefe 2öeife
in ii)xtn Urfprung jurücfgefebrt unb
miebcr ®ott geworben ift, fann ber 93atcr
in i^r baä Söort fprcd)en ober ben ©ol)n
gebären, für ben eine jebe ©eelc ÜJiaria
ju Werben befiimmt ifi."
?lufer ©darb nennt bie beutfc^c ÜKpfiit
beö 14. 3abrt)unbertg noc^ jmei gro^e
^rebiger, So^''""^« lauler, 1290 —
1361, ^rebigcrmönd^ ju ©trafburg, Ser*
faffer ber 9ta(^fo Ige beö armen ßebenö
dbrifli, ber bem fpcfulatiüen SDJeifier
gegenüber mieber mebr »olfömä^igc I>ar*
Peilung fucbt unb finbct, unb ^einrieb
©iufe, lat. ©ufo, auö bem $cgau
gebürtig unb ©ominifancr ju Äonj^anj
unb Ulm, gcji. 1365, aucf) ©eelforger in
oerfcbiebenen ^rauenflöilern, ein fd)tt)är=
merifc^er 'JRann »oE gantafte unb bic^*
terifdE)er Einlagen, ein ÜJJinnefängcr auf
geijtlidbem ®ebietc, beffen ^auptwerf iai
Sucb oon ber ewigen 2öeiöt)eit
bei^t. 9io(^ ftnb auferbem t>on anbcrn
ÜWpjiifern ©enfmätcr i^rer SBirffamfeit
ecljaltcn, baruuier oon einem ungenannten
^ricfter im S)eutfd)orbenäbaufe ju ^lant-
fürt ber fog. frankfurter, ein 93udb,
tai Sut^er 1516 juerfi oeröffentlid)te unb
@t)n beutfd) Sbcologia betitelte; au* ßies
ber mpfiifd)en 2"f'i-''I^^' äuf" 2etl von
9Jonnen gebi(i)tet, gicbt ii in ;icmlicber Sin*
i^abl, ftebe barüber ^offmann i>. %al'
lerölebei', ©efcbic^tc bc^ beutfcfcen ^ir^
c{)enUebC3, 2. <Hufl. §. 6.
3m 15. 3aljrt)unbert tritt bie Tl\)ftit
jurücf; Iateinifd)c *Prebigten unb mit um
geifili(^en, mürbelofcn ®ef(^id)ten, ©cbmdnä
fen unb fabeln Dermifi^te beutfd^e iReben
fommcn in ®cbrauc^. *Hnbrerfeitö bewirft
bie ißerbreitung ber Sibet einen reineren
23ibelgtauben, ber fic^ unter anbcren in bem
uoniboma^ »on .Kempen juerfi latei=
nifcb verfaßten 53ü(^Iein De imitatione
Christi jeigt; im ®efoIge ber bumanifiis
fcbcn Bewegung cnblidb »erbrängt eine
allgemeine menfcbtid)e 9JJoratpbiiofopbic
bie ältere auf bem ©oben ber cf)rifHicb=
mittelaltcrlicben 2öcttanf(l)auung jiebenbe
5inba^t. 9^ur einen üJtann i)at baä 15.
3a^r|)unbert als ©pätting ber grö§cren
SOi^jiifer beä norbergebenben 3a^tt)unbert^
noc^ I)eroorgebraci)t, 3obannee ®eiler
oon Äaiferöberg, 1448 ju @*aff=
baufen geboren, aber in ber elfäfftfdben
9'?eid)äfiabt Äaiferöberg erjogen, ^riejiet
unb nid)t mcf)r Tlönd), fietjrer an bcn
^ol)en @ct)uten ju Safel unb JJwf'utg im
©rei«gau, julc^t 32 3abrc lang bi^ ju
feinem 1510 erfolgten Jobe ©emeinbe*
unb Älofierprcbiger ju ©tra§burg. ©eine
Äanjelreben geborten meift rei^cnweifc ju«
fammcn unb (bellten in folcibcr 23erbinbung
ein sufammcnbängenbeö ßc^rbud^ bar; ber^
ort ftnb feine ^rebigten über beä 2tlbertu«
SWagnu* Suc^ De virtutibus, wcl(i)e unter
bem JRamen „S)a^ ©eelen^iParabieö" fer«
einigt fmb, unb bie *prebigtcn über ©eba«
fiian 93rantö iJlarrcnfcbiff. ®eiler war
f(i)on oom ®cifi beä ^umaniömuö burdb*
brungcn, waö frd) namentlidb in ber ?(b=
weifung man^er abergläubifdber ©lemente
jeigt, bie in ben frübern SiRpfliEern nocf)
wirffam waren, ©eine 'jJreMgten betun»
beten weniger ben religiös erbaulidben aU
ben ftttlid) jurecbtweifenben ß^arafter,
unb burd) bie Ieben«(oofle, realifiifd^e, far«
bige ^uffaffung ber 33erbältniffe erinnert
er an ©ruber 28ertt)oIb oon Otegenöburg.
9lad)aB.2Bacf ernagcl,attbeutfd)c^rebig=
ten unb ©ebete, ©.376 ff. unb beöfelben
Hütteratur ®efdbid^te, §.90. S3gl. ®reitb,
beutfc^e SDlpjlif im ^rebigerorbcn, 1861.
502
9?Qmen — UJamen fon *Pcifonen.
H.
9?|Unen, fiefie aud) (Pen'oncn» unt>
i^amiliennamen. Drtenamen.
9iQniEn öon 5)Scrfoncn in a^peüatiöcr
SlnacnlJung. 3:« ©cbraucb tu geirö^n^
li^en 9iuf= ober Saufnamen in appella^
lircr Slnftcnbung reid)t jftar feiten über
tae 16. 3a{"^buntert f)tnQU6, i)ai ober
feinen ^auptföAlicfcen 2tnla§ in Umflän*
Un, bie teilfteife fc^on ba« frübere ÜJJitteU
alter fanntc. 311^)11^'*«- für t>a6 Solfä»
leben c^ürafteriftifd}erSrfcI)einun9en niegen,
bic fic& babei ergeben, bürfen bicfe 9'Jamen
als ^lltertümer bcr Sprodje I)ier *Hufnabme
finben. 2}?eip ifi co bie Äofeform, »eldie
hier in Setradit fommt; bie appellatipc
Sebeutung bat ibrcn crften ®runb in ber
allgemeinen SBcrbreitung bee 9{amene;
fornefime, angefefjcne 8eute jie^en feltenc
Diamen for; n^ae aber fet)r allgemein ift,
ifi es bcßf)alb, weil bie unteren ©länbe fic^
baran beteiligen, tatjtx biefe 9?amen gern
juerfi ben niebcren ©tanb übert)aupt, bann
ben 6l)arafier besfelben, red)tlic^ unb fittlid)
be8cid)nen, alfo aud) moralifcbe 5^iebrig=
fcu, bann etwa ben genfer, ben 2;ob unb
ben Teufel, ;;ulejjt liere, l'flanäen, leblofe
JDingc rerfd)tebenfier Qlrt, ©pielfarten,
Speifcn. 9Jad) bem Vorgänge SB. 2B a d e r =
nagels im britten Qlbfd)nittc feiner
S^eutfdun Qlppellatirnamen, ii\tii-
fers ©eimania, IV unb V, unb kleinere
Sdsrifien, HI, finb bie SfjQmen in
ülpbabetifc^er (Reil)enfolge georbnct.
Qlgibiu« l)at bie Äofeformen Gidi
unb Gilg prer Ilg , ctcr , inbem ter
£d,Iu|fonfonant von Saut cter Sand
fid) forn baran heftet, Till ober Dill, unb
enblid)bie gorm Didel;mit imperatipifdjem
3ufa^e mirb baraue Till Tapp, Dill Dapp,
Ijidel Tapp, Happerdidel, Lattidel =
Läpp Didel , alle« mit ber Sßebcutung
eine« albernen, Iappif(^en, ungefd)Ia4ten
SD'Jenfd)en. 3" ff" ^aftnad)tfpielcn ifi
Diltap ber Otame eine« lärmenben , i)an'
bclfud)enben ^bauern ; ein alte« Sprich-
wort I)ci§t: heut weiser apt, morgen
diltap: der heut ein hirt, ist morn ein
apt.
93art^olDmäu6,Bartel: Geissbar-
tel iji ein ungcfc^idter , Schussbartel ein
iiberlebl)after ÜJJenfd), Schmntzbartel unb
Bärtel finb Äobclbnamen. Die SRebcn««
art: „wissen wo Bartel den Most holt",
erbeut au^ einer ©teile bei ®d)uppiuö
(17. 3a'''^^""^f'^0- "tt)o man ^olj umb
2Beinad)ten, Äorn umb (pfing^en unb
iffiein umb ißart{)oIomäi (24. Qtugufi)
tauft, ta wirb @c^mal{)anö enbli«^ Äüd)en=
meifler"; wer aber nun mei§, wo SBartbel
bcnnoc^ 'Diofi bolt, wo man um ©art^os
lomäi fogar fc^on neuen SBein faufcn
tann , ber mci| unter aüen , fogar ben
fd)mierigfien Umfiänbcn, ftc^ ju raten.
93enj, Äofeform ju Berchtolt, be«
jeid)net einen rofjen tro^igen ©efeüen:
manch nngelerter Benz vom Adel; ben-
zen ifi |>änbel fud)en, betteln. 9)Jit .Kunj
jufammen ift Sßenj auc^ einer üon bm
»ielcn 9tamen beä ÜWenf^cn , bic man
auf ben Scufel übertragen ^at.
(ibrifiop^ ober Christoffel au^
Gbriftopljoru«, bcffen Äofeformen Stoffel,
Stoffel ober Toffel lauten. S« finb
Äned)tenamen mit bem 9J ebenbegriffe ber
gaulbeit.
(Slifabetl) in ben Äofeformen Else
unb Lise, bäufig ale ^iame leichtfertiger
fomot)l al« ttjöri^ter Sßeiber gebraud)t;
bal)cr ba« ÜJJ(ird)cn x^on ber Hugen ®lfe,
bie fo bumm ift; bumme ßife t)ci|t im
nörblici)cn 2)eutfd)Ianb jebe bumme SZBeib««
perfon, in ber Sd)mei^ Äitterclfi ein
'DJäbd)en, bas uiel unb unnü^ Iad)t. iUuÄ
bem 93egriff ber ©elicbten, bic ftet^ jur
^anb ift, ergaben ficf) bie D^Jamcn ßife
für einen großen Irinffrug unb für ba«
®trol)bunb, worauf fid) pormal^ bic @oI*
baten legen mußten, um €to(fprügcI in
(Smpfang jU nel)men.
J^ri^, ßofcnamen non ^ri«^"*^» *"
Fritz Hanenfeder, Fritz Regenspat, loser
Fritz , Läusefritz , Gugelfritzen unl>
Stiefelfritzen.
J^einrid) jeigt fafi biefelben 93ebeu?
tungcn wie ^anß unb ^an (fiet)c 3o^an*
nee). 5U« rerbreiteter iöauernnamc be»
^eicfcnet Heini ober Heine in ber Dolfe«
mäßigen 2)id^tung beö 16. 3a^'^^""^"t*
inebefonbere ben Sibgcnoffcn gegenüber
©ruber SBeit, bem ßanböfnecf)t ; Heini
Wunderfitz unb Etter Heini finb Sd)Wei'
jcr Säuern. I)ann ifi ^einrid) oft 9t<xmt:
bcr I)icncr , julc^t überhaupt ein ÜKenfc^
üon geringer Sorte: grober Heinz unb
iWamcn Den <Petfonen.
5oa
grober Heini , fauler Hentz, Tummer-
hentz , Gigenheinz , b. i. bcr gicfernbe
fid^crnbc , (iottcrnbc, ein ^aupt« unb
I»opp£lnarr ; Heinz Narr , Heinz Lül
rciU baefclbe bc^cic^nen. 'Jlicbcrbcutfi)
bat man holten Hinrik, ein (jöljcrner,
plumper Äerl, knökern Hinrich, ein äu§erji
magerer, isern Hinrik, ein fc^r fiarfer
unb mutiger iDienf*. 6(^on im 14. ^ai)X'
bunbcrt mar Heine ber gangbare fJame
beö D^arren i^on 93eruf unb [päter Hei-
nel, Heinz ober Hienz ber Ülppeüatir»;
auebrucf für iJJarr unb 2)ummfopf; in
biefem Sinne rebet ßutf)er Jlönig ,^ein=
ri<^ vni. ron ©nglanb fur^meg mit
^einj an. ^n^^ffi^iöci^f if^ Heinel aud)
ein ffl^ann, ber feiner Jsrau aüeö nad)ftct)t,
bal)er Ülbrabam a. <£t. ßlara ^anrei
»on franjöfifd) Henri ableitete. I>er Scufel
bei^t Heinze Bockerlein, Grauheinrich,
Heinrich allein, ober Hinre; .^xincigeifter
Heinzlin, Hinzelmann, bie 511raunn.iurjel
Heinzelmännlein. (£o ifi Heinzel and)
ber Dtame einer SD?arionettc unb beö
S[!JarioncttenfpieI^, unb cnblicb Hein in
ber iRebensart Freund Hein ein eupt)C5
mifiifcfeer 9Jame für ben 2ob.
3afob; bie Stebeneart „ber ttiabre
3afob" hcjiebt ficb nac^ @rimm« Söorter»
bud) auf ben beüigen ^atoh ju Äom^
pofieüa, „inbem bie Pilger, h)elc^c bie
mübfclige (Reife natb Spanien untcrnom*
men b'^tten, auf leichter ju erreict)enbe
©ruber anberer gleichnamiger ^eiligen mit
©eringf^äfiung faben unb fie al«s ibrem
.peiligen ebenbürtig nicbt gelten liefen."
iäle äufäflig ergriffene ©teürertretung er«
fcbeint ^alob in Äinberfpielen , j. S.
„5afob lacbt", bdufigf'^ jcbodb in ben
Äofeformen be« nörblidjen ober mittleren
I)eutfd)lanb» Jack, Jäck, Jäkel, Jäkel,
Jäklin, in ben oberalamannifcben Jocki
unb Jockeli. 3"f<>'""ienff^"nfl£n mit
biefen blof irgenb jemanben bejeicbncnben
3iamen finb Schmierjäckel, Tanbenjäckel,
b. i. laubenliebbaber, Schnbbjak, b. i.
ein armer ©d)uft. Jocki unb Jockeli
ftnb bann inöbefonbere dauern, Burejocki;
au« Hansjockeli tt)urbe in ©(^traben
ein Hanokel; Jockeli b^iB^ oucb ber
füule Änedbt in ben Äinberliebern bom
^afcrfdbneiben unb »om !Birnenf(^üttcln ;
enblicb tejcicbnen bicfe SZÖorte tDieberum
einen Sfiarren. ©ine anbere Äofeform
ebenbesfelben Dtamenet ifi Boppe ober
Poppi mit ber 33erfUinerung Boppi
ober Böppi; ber jE>i(^ter Soppe, ein be«
rüljmter ^n^n unb fiarter iUiann ju
93afel, nerlieb feinem 9?amen im ilRittel*
alter bie ißcbeutung eines ©dbn^elgere unb
©roffpredber« : der Poppen ist s6 vil wor-
den, daz sie der gotzhenser guot und er
verpoppelnt.
3 0 b a n n c«. 33id inö 8. 3af)tbunbert
binauf fann in Iieutfcblanb bie 6itte
nadbgertjiefen rcerben , bem Jdufling in
ber Saufe ben D'Jamen eineä ^eiligen ju
geben unb jenen baburd) biefem ju be«
fonberm ©(ä)u^e ju empfeblen; bodb fom»
men ßaicn mit bem Üfiamcn 3o^anneö fo
ftüb nod) nicf)t t>or. „(Srfi fpäter, nai>
ber ju 3fiufalem erfolgten unb balb im
*Hbenblanbe befannt geworbenen Stiftung
bed 3obanniterorbcnl, ali bie (Reliquien
Sobanni« beö Säuferö auä bem Oriente
nad) bem 5lbenblanbe famen , aU bie
3lf^e beö fieibe« 1096 nad) ®enua, t>a^
^aupt feit bem 2lnfangc beö 13. ^a^n
bunbert« nacb 2Imienö übergefübrt mar,
jablreid)e (Reliquien aufcrbem in Spanien,
Stallen, granfreicb, ben Oiicberlanben unb
2)eutfd)lanb aufbemabrt unb Äir^en über
ihnen gegrünbet würben, wirb ber (Rame
als Slaufnabme febr gemöbnlid)." 2)ur^
ben büufiätn Oebraucb beefelben erfdjei«
nen getürmte formen: mit Sßeglaffung
ber (Snbung unb 5lnnabme einbeimifcber
(Betonung 3<J|)inn; mit 93eibebaltung
ber ftembcn (Betonung 3"^^""' 3<in*r
mit 21bfan ber erjlen Silbe unb (Beibe*
baltung ber (Snbung entfiebt ^anne^,
gefürjt .^ane.
^ani wirb nun in appeüatipem Sinne
oft gerabeju alö ÜRenfd), (TJann mit oer«
fcbiebenem fRebenfmne ongewenbet; ^an^
unb Äunj finb größere (Gruppen gewöbn«
lieber aOtägliAer (Dienfd)en. ^m befon«
bcren iß ^anö: (iin (BUnn, ber bem
«totanbc unb (Bermögen nad) et«
wa« re(^te6 ift; im 16. unb 17. 3abr*
bunbert ift großer ^an« jlebenbe ^or*
mel für einen reid)en angefebcnen 2Rann
im (Segenfa^ jum fteinen |>an«, »er«
fürjt ©rofbon« unb Äleinban^. (Bei
ben Sanbsfncdbten be,ieicbnete großer
ober ! leiner ^an« bie böbere ober nie*
bere SteQung im ^cere. Umgefebtt be«
fommt ^am. unter bem Ginfiuffe baoon,
ba§ ber (Rame für geringe fieute unb
(Bauern im Sd^wungc ift, einen niebrigen
(Rebenftnn; ^an^ unb ®rete ftnb fcbon
früb beliebte (Bauern« unb S)ienfibotcn«
namen; namentlich aber jetgt ftdb ^iff^
niebere (Bebeutung im gabelban«, geber«
banö, ®affban« (®affer), Äaltban*
(Sc^wö^er, Singeber), ^oljban« (Duad*
504
SRamen »on fPcrfonen.
falber), Änapp^an« (Spater), '4^rat)l^ane,
^Polterftan* , ÜJlaP^anÄ, @dE)mal^anö,
^ä)ixbi)ani, ©c^narc^t)anö, ©c^lump^on^,
^auf^an^. ^ani xüdt fobann ireiter
üor sur 93cjcic^nung eine* 2)ummfopfed
ober 9iarren, namcntUcf) in ben %a^na<i)U
fpielen; $anä (Slawcrt , SJlarr beß 1571
geworbenen Äurfürfien 3o<i<^ii^ ^- ^on
Sranbenburg, »at ein berühmter SWann;
baneben braud^en bic beutf(f)en Spiele
lyprerö unb beö ^erjog« 3"!^"^ "on
i8raunfd)tt)cig bie fremben Diamcn Jan
Posset unb Johan Bouset. iBieüeid)t un«
tet bem (Sinfluffe bc« Umfianbe*, ta^ ber
lag 3o^'>n"i^ ^e^ Säuferä an bic ©teüe
tii ^eibnifd^en %i^ti ber @ommerfonnen«
tt?enbe trat, oerwenbete man ^anä auc^
jut Scjeic^nung be* Seufcle unb beä
Jobcä; SD^eiftet ^anä {)etit ber genfer.
SJielfad) fommt bie 93erbinbung »on
^anä mit einem anbcrn etfonnenen
Eigennamen »or, roobei ^and mcijt ben
S)ummfopf ober Sflarren bebeutet unb ber
Sn\a^ au^erbem eine befonbere Gigenfc^aft
iei 9Jamcnträgerö beroor^ebt. 2)erart
itnb ^anä 2lff, ^ane Slrfc^ , franjöfifdf)
Jean-fesse, ^an* I)a|inten, ^anö 2)umm,
^an* in eodem, in aüen ©äffen, ^ani
|>agel, ^anö mit ben roten ^ofen, ^anö
ton Jene, iJJarrenname , J^anö (Wärter,
Spottname für 2anbdtned)t, ^an* ÜJJift,
Sauernname ber 5flP"'i*tfpiele , f>anö
^Jatr ober ^ananarr, J^an* Df)ncforge,
^an§ @upp nai) Jean Potage, ^ani Un-
eernunft, ^an* SButfl (jtc^e ben bcfon*
beren «Uttifcl).
SBeniger jiarf in appeltatioem ©ebrauc^
fte^t bie anbcre bIo§ bem nörbticben
2>eutfc^Ianb angeprigc Äofeform üon
3obanne5, San; 3"" t)fi§t, mer im
Sörettfpiele bumm »erliert, »er feine ßät
mit nid^t^nu^igen 5Dingen »erbringt unb
bergleid^cn; 3flnn ober '^abn ifi feit
ben cnglif^en ^omöbiantcn ber üblicf)e
Diamc be« Sölpeld unb beö Sc^aüö, bcö
Clown. 3« ©übbeutfcfetanb fommt ^an
immer nur mit Sßorauöfc^ung eineö an«
bem üBorteö, unb fo cor, ba§ e« wie
eine lateinifdbe ^bleitungäfitbe auäfiebt.
9tbnlic^e Dramen, mie 2llbrian, 51fptian,
SWorbian fannte fc^on bic beutf(ie J^cl*
benfage; lateinifd) gemeint ftnb urfprüng«
lief) bie anegorif(f)en 9'lamen Ära^ian,
Sd^lenbrian, (Srobian,StoIprian,
anfang« alle mit ber »onercn Snbung
anus crfc^einenb , bagegen Äompofttioncn
mit 3an: 53ullcrian, 5)ummtian,
Schmier i an unb Urion, ba« Icfetcrc in
^crr Urion fooict alä ^err fo unb fo,
glcic^fam ber ^aupt^anS; fpäter ge^t ei
aber au^ in ben S^amcn t>ti Jeufcl« über.
Äart, Äetl, ijl urfprünglic^ ein
*21ppettatio, ai)t. ber charal, karl, m^b.
aber feiten, ber karl =: ÜJlann, (Sfiemann ;
barauö entjianb ber SWann^namen Äarl,
tt)cl(^cr fid^ burc^ (Srl)ebung ber fränfi»
fd^en ^auämcicr auf ben fränfifc^en ^ö«
nigöt^ron unb jumal burdi ben (Sinflu§
Äarl* bcä ®ro§cn über ganj duropa Ber»
breitete; iai ilppellatio blieb in ber nie=
bcrbeutfd^en ^orm unb in äbnlidber Sc*
gripcntwicflung bcflcfien, melc^ee bie an«
bem ton ^erfonennamen itammenben
Olppcüatiüc aufmeifen; ja, 2öacf ernagcl
am angefübrten Orte, ift ber llnftcbt, bie
lebenbcn *Mppctlatii)bebeutungen feien cr(l
rt)ieber aus bem (Sigcnnamcn berDorge«
gangen, ju einer 3£it, tt»o Äarl im Sinne
üon TOann ben 5)eutfdben ganj ungelduftg
gettjorbcn fei. 2)em »iberfpridbt bie au*«
fü^rlidE)e Qlb^anblung über Äarl üon
|)ilbebranb im beutf^en SBötterbucbe, mo«
nacf) bic appcüaticifd^en iöebcutungen fii)
bireft aus bem altem ©cmcinnamcn cnt«
micfeltcn. Dbgleidt) bemnad^ an biefct Stelle
barüber nid^t ju banbeln wäre, mag ber
2lnla§ boc^ baju bcnu^t werben , ^ier
nadf) ^ilbebranb bic mefcntlidbftcn ißebeu»
tungen biefc* mcrfroürbigen SBortcö anju«
mcrfcn.
3n feiner dltejien 93ebcutung ifi Äerl
= Ttann bem ffleibe gegenüber; in
^oljiein fpridbt bie ^rau noc^ oon il^rcm
Äerl; in anbcrn ©egenben Reißen bic
jungen iSurfd)en in ihrer eigenen Stellung
ju ben jungen ÜJJdbdben, aucfe in crfldr«
tcm SSerpltniä jum anbcrn ©efd^Icd^t, wie
fcfeon ai)'!). charal = ©eliebter; bei ben
©icbenbüraet Sac^fen ftnb Äcrl unb
S)irne bie förmlichen (Sfircnnamcn für
Sraut unb Sräutigam. 3" jwcitcr ?inie
ift Äcrl foDicl als ecbtcr tapferer 2Rann,
^elb; wie Qtgricola (16. 3<J6i^Öunbcrt)
fdE)rcibt: „lacituö ber JRömer fd^reibt öon
ben Scutfc^en, ia's fic ben jum Ferren
unb Äerle gemad^t baben , wcldber am
mdnnlicftften gcfodt)ten." 3)iefe Söebcutung
gilt beute nodb überall in ©cutfdblanb,
jumal in polfätümlid^em Qluöbrucfc, in
SRcbenäartcn mie Äerle genug, er ift ber
Äerl barna<6, er ifi ber Äerl, iai burc!^«
jufe|cn, ein Äcrl oon altem Sdbrot unb
Äorn, ein Äerl oon altem Si^latie, ein
brafcr, cntf4loffencr, tüdbtiger Äcrt. 9lu*
biefem cinfad)en altern 'begriff oon einem
tapferen ajlann unb ^clb tritt nun ber
Sflomcn ron ^crfoiun.
505
Segtiff über in lüdjtigfeit aller ?ltt, audf)
fittifid^c, geifitge, mit iRütfjtd^t auf bie
matfige (Sin^eit ber Dfiatur, tüd)tig unb
iecf)t im ©anjcn mie im ©injclnen, in
SBort wie in Itjat, in iBerjianb unb im
ß^araftcr. iJtebcn all biefcn oerfidtEten
93ebeutungcn erfcf)cint bann ÄetI aucf)
o^nc öob für ÜJJann ober ÜJJenfd^ über=
Üaupt, aber alä Ärafttt>ort, mit gefuc^ter
Derbheit, namentlid) im 17. ^aftr^unbert
unb in ber Sturm« unb 2)ran9periobe.
3lnberer Statur ifi bieienige Sebeutung
»on Äerl, meiere einen ÜWenfc^en ge-
ringen ©tanbc^ anjeigt; in SJiiebcr«
beutfd)lanb mar Äerl noc^ im 16. ^a\)X'
^unbert fianbeömä§ige 33ejeic^nung unb
förmliche 5tnrcbe ber ©emcinfrcien , ber
2)orfgemeinbe in feierlicher SBerfammlung,
bie gemö^nlic^e Sejet^nung ber 33auern ;
33auernferl unb ©orfferl Reifen jc^t
itroa bie 93auern im SWunbe ber ©tcibtcr,
mä()renb auf bem ßanbc felbji ber Sauer
nur bcn Äned^t ober ben jungem Säuern«
fol^n fo nennt; ein anbermal ^ei^t ber
^anbmcrtöburfc^, ber gemeine ©olbat, ber
Sebientc fo, unb in ßinlanb fagt man
o^ne aüc ©eringfd^d^igfeit fiatt $ojibotc
«JJofiferl, fiatt ©locfentäuter ÄirdE)en =
ober ©locfcnfcrl, Sßagferl, a[Öacf)fert
unb bergleic^en. 5tuß foI(^en öebeutun*
gen nieberer 5trt enifticfeU ftc^ enblid) ein
©ebrauc^ be^ 2ßorte^ Äerl in fd)Iim =
mem 6inne, in Serbinbung mit ber
älteren ©ebeutung eine^ 9)?enfd^en Don
berbcrüJianneöfraft, bie leicht inSRoljeit aui-
artete; „eö f)ilft Äcrl je^t label auäfprcc^cn
öon ber teifePcn ferfiedten ®eringfci)ä^ung,
ja bloßer 23ermunberung an bi^ ^ur gröb=
jien Seleibigung, ja niebcrfd^Iagenber iBer«
ad)tung; eö bient, mit feiner Äraft allen
gegen einen anbern gefel)rten ^Regungen
bcö ®emüt^, mie SDtilbiÜigung, *Berbru§,
2irger , 3''rn , Sntrüfiung ; bann 9ieib,
SWifgunfl, ®d)abenfreube, S^i^trauen u. f. f.
unb jmar atleö \>ai unter Umjidnbcn
f(f)on allein, inbem e« feine %axbt erl)dU
bur^ bie ®elcgent)eit unb 2;on unb iDliene
be^ ©pre^enben".
Äafpar ifi ein übli^er ^ne(i)töname,
Äafperle ber fc^alf^afte bumme Äerl im
^uppenfpiel, aud) ber Scufcl, aU ©ad)*
name ein ^ipnbä^nti.
Äatf)arina; biefeö 9?amenö Äofe-
form Äettcriin iji im 16. 3al)r^unbert
h)ie ©retlin eine leid)tfcrtigc 2)irnc;
jc^t fmb Äatterl, Äattel, SreinI,
Strine, S^ttid^erinncn ; in Dfiprcufen
iji eine lieberlic^e Äafd)c ein iZBeiböbilb,
ba^ 5Ibenbei auf ben ©äffen (irmerb fuc^t ;
Ädtl)e ftei§t Äafpetle'^ {jrau im (Puppen«
fpiel; i>ai laufenb Äatterl unb bie
f^nelle Äat{)rinc jtnb 9iamen für ben
I)urd)fan, Jungfer Dattel für bie mo«
natUd[)e Dleinigung.
Äonr ab, fpra* liefe baä ber (Snbung
beraubte lateinif(i)e Konradus; bie beutf^c
^orm iji mbb. Kuonrät, ai^t. Chuonrät,
beffen Äofeform al)^. Chuonzo, mf)b»
Kuonze, mittelbeutfd) Kunze, uf)b. Äunj.
35ie Qlppeüatiübebeutung bcä Diiamenö
Äunj mag bem Sffiorte befonberd au^
einer formelliaften 33crfnüpfung mit bem
jtamen ^einrid) crmacfefen fein; benn feit
bem Snbe beö 13. 3a^rl)unbertö merben
Kuonrät unb Heinrich in ^rebigtcn,
SRecfetäbücfeern I)dujig aU Vertreter »on
^Perfonen überfiaupt genannt, »cranlaBt nii^t
allein burcfe bie |)dufigfeit biefer beiben
SJJamen überhaupt, fonbern wie e^ fd)eint
jugleicfe in 2lniei)nung ber Äaifernamcn
ber ^einrid)e unb Äonrabe; jeitbem mirb
bie ^Jormel Kanz ober Heinz im (Semeinbe*
leben mie im 9fled)täleben bcö ßanbeei mic
ber ©tabt angetroffen; jlet)t >^cinj »or*
an, fo fann biefeö ben liöljcrn, Äunj
ben nicbern ©tdnben jufallcn. JJenn für
[li) allein iji Äunj eine ^rt ©tanbeö»
name für bie Sauern, für ben armen
man, mie au^ ber mitteI^ocfebeutf(^cn ^tit
f)er bie Untertanen feieren. S"»" 2;ro^
nannte ftcfe baf)er 1514 ber *}lufjianb ber
mürtembergif^en Sauern felbji ber arme
Äonrab ober ber arme Äonj. Qtue
.^unj aU „armer ÜOtann" mürbe bann
einer, ber ftd^ r>tcl gefallen lägt, ben an«
bere mipraud)en , in ber ^^ti" ber
Äunj, n?o bie appeüatioc Sebcutung ben
Eigennamen noc^ mel)r jurüdgebrdngt bat,
SKit einem ben ^unjen fpicien
l)ei§t ibn jum Starren ^aben, bdnfeln,
mie benn Äunj aud) als 3iame non ge«
fd)i(fetlid)en Starren erfcfeeint, mie Älau«,
^cinj, |)anei; „ben ^unjcn jagen" mar
aud) ber Dtame eine« mirtlid)en ©piele^,
bai man nid)t nd^er fennt, jugleid) aber
ber einer ÜJJarionette, mie ebenfalls •^eing,
Äunjenjager, Äunjcnfpielcr unb-
Äunjmann ftnb ütamen für lafd^cn«
fpieler. Äunj unb Äuenjlin ftnb
cbenfatlö SRamen be^ Jcufelä, oon Äobol«
ben, *Poltergeijiern unb bergleicfeen. *JJad)
^ilbebranb bei ©rimm, Ulrt. ^unj.
ßenj, Äofeform ton öaurentiu^,
ßorcnä, mirb appeUatio jum Äerl, Starr
unb bergleicfeen: der hemedlenz = ber
im bloßen ^embe ge^t; brennsuppen-lenz
506
9tamcn oon *Pctfonen.
= ber fc^lci^t, aber ütel t§t; ber gut, bcr
^i)Ud)t, bcr arm, ber lang 2enj. ©et
faule ßenj bilbet fid^ umbeutenb au^
bem 23erb faulenzen, einer iMbIcitung auf
enzen ton faul; ba^er ein ©ebic^t ^ani
@ac^fcnö oon 1554 bcn Site! fü^rt; „(Ein
©cfprecf) mit bem faulen Senjen, welcher
«in Hauptmann be^ großen faulen ^au«
fen ijt."
9Jt a r g a r e t a , mf)b. Margarete, grici^.s
tat. Margarita, biefeö au« grie«^. marga-
rites = $crle, ba^er m^b. margarite,
margarete = '^erle , auc^ ®^renbejei(^ä
nung bcr Jungfrau ÜWaria unb ber |ciU*
gen (SUfabctl), fonjl iWamc einer burc^auö
legcnbcn^aftcn, im ÜJJittcIalter oft qt\ä)iU
bertcn ÜJlärttjrcrin, bic auct) aU |)aupt^el*
ferin in Äinbeönöten gilt. 3^t Äofenname
®retc ij^ feit langer S^it t>uxä) ganj
2)eutfdt)lanb ^in neben |>an^ ein belieb»
ter iBauernname, foba§ $anö unb ®rete
in Siebern, 90lärc^en, @pricf)tt)örtcrn jufams
men genannt »erben. |)anö unb @rete
^nb auc^ bie üblicfefien 9?amen üon
^ne^t unb ü)?agb, unb tücitcr fortfc^rei^
tenb faule, lieberlic^e unb bumme (ßerfonen.
3ute^t ijt SJiiemanb mc^r uor bem iWamen
^an« unb ©rete ficf)er, unb ^ani bejeid)«
net nur noc^ irgcnb einen Sr, ®rete
«ine ®ie, ©retcftcn inberÄüc^eip
eine nocf) ungeborene 3;oc^tcr, Marrgret
«in mürrifd)e^. Furch tgret ein furctjt-
fame^ 5Uläb(f)en; gretisch ifi mciblic^.
S5erliebte *Paare beißen einfad^ .^an^ unb
®rete ; bie ^ffauje Nigella damascena
j^at bie Ianb[d)aftlicfeen Dramen „99raut
in paaren, 3"n9f« i"i ®rünen, leufel
im 39ufd), ®relel in ber ^ütte, @retdf)en
im Sufdf), ®retcl in ber |)edfe, ®rctel in
ober unter ber ©tauben."
SOIaria fotl t)ier nur barum (S.xvo'ai)'
nung pnben, um anjumerfcn, ia^ biefer
^ame ttjotj! feiner ^o^en Patronin falber
nur t)ö(I)P feiten einer appeüatiöcn 3tn=
•ruenbung unterliegt.
SlJlartin ifi al» 5!«ci|ier OJiarten
©emeinnamc ber 5[)?c^ger, oon ben ^eyen
tnirb ÜKartin ober SWerten gern aU
bcr IRamc bcä Scufelä gebraucht; Riffen,
<SfeIn unb ©tiren rief man ebcnfaüö SDteifter
2Rartin.
9D?c^e, Äofcnamc oon Mahtilt ober
Mehtilt = 2)iad)tfampf, Äriegerin,
^elbin , ober oon Madalhilt = iBers
fommlurgäfampf , b. 1). roof)I fo»ieI aU
in berÄampfberatung antreibenbe Äämpfe*
rin. Scibc DfJamcn fommen urfprünglid)
grauen böberen ©tanbc^ ju; ber Äofe*
namen ÜJle^e fam infolge ber ottgemeinen
Verbreitung, ä^nli^ bem fRamen ®rete,
in mannigfa^cn appctlatiDcn ®ebtau(^.
©d^on im 13. Jafir^unbcrt ^ci§t eine
*9lagb, eine ®elicbte niebcren ©tanbc^ oft
Matze, Metze, Metz; Metz unb Betz ober
Petz , Mäzli unb Bertschi , Metz unb
Contz, Metz unb Heinz ftnb ßiebeäpaarc.
*Jiad)t)cr iji *r?e|e ganj allgemein f. o. a.
ÜJJäbdt)en niebcren «Staubet , etwa f^on
mit bem JJebcnbcgriffc bcr ßeic^tfertigfeit,
bann eine leichtfertige ®cliebtc unb bic
59cif<^lafcrin (Sinc^ ober Vieler , eine
|>ure, julc^t fogar eine ^ünbin.
SÖiic^acI, bejfen .^ofcnamcn *DJi(J)cl
in ber SRcbcnäart beutfc^er 3D]id)cI feit bem
16. 3a^rl)unbert bejcugt ift.
91 i c 0 1 a u ö ^at bie Äofenamen Ä 1 a u ö
unb SJlicfcI; im 16. 3ö^tbunbcrt ^ic§en
in ©c^Icftcn bie ^u^rlcute gern Klaus;
ba«fclbe 2Bort bient alä Säuern^ unb
Sfiarrcnnamc, iai le^tcre mit Sejug auf
ben fä<^fifd)cn |»ofnarrcn fölauö 9?arr,
beffen ©(^»anfc 1572 gcfammclt erfc^ic=
nen. häufiger aU Man^ fommt in appcU
latittem ®cbrau(f)e SJiicfel »or, t>on bem
eö 3"f'-""^infnf^^u"Sfn giebt wie Dnme-
nickeli == 2)äumling, Filznickel = ®cij«
bal^, Giftnickel = ianffücf)tiger Wenfi^,
Gronnickel = 5!Jlurrfopf, Lausnickel unb
Notnickel, ber in iJJot unb ?(rmut fiecft,
Saunickel, Schornickel bem bie ^aare
frifc^ gcfc^orcn ftnb, Pumpernickel, bcr
hcin unb bidf ifi, ^inb ober Srmac^fener.
91 i (fei allein ifi balb ein fleiner, aber
aud) eigenfinniger Tlm\<i) , balb eine lie«
bcrlicf)c 3)irne. 3)ic ^cfcn nannten
Jiidel ober ®ro§nicfcI aud) bcn ZiU'
fei. 2Bic i>ai grobe 93auernbrob bcr
QBcfifalcr ^umpcrnicfel f)ci§t, fo im
[üblichen S)eut[d)lanb eine .Kaltcfc^alc t>on
Söicr unb ©rot 53ierni(fcl, unb IJJau«
t e r n i d e l eine llrt ^fannf udbcn; O ^ r c n «
nidcl aber ifi ber O^rmurm. 2Bic au^
Äobolb bcr ülJJctattnamc Äobalt geworben,
fo bient 9?icfcl enblid) cbcnfattä alä 2Jte*
taHname.
$etcr ifi appettatio gcbraudit im
bummen, flauten *Pctcr, 2)ubcl«
peter, bcr ^ücö jögcrnb, langfam »er«
rid)tet, ^infepcter, Umfianbpeter;
ÜWeifier ^eter ^ci§t bann bcr ©d^arf«
rid^ter, ^ollcpcter unb (petermänn*
d)en finb Dfiamen Don ^au^fobolbcn,
*Wcificr^etcr,<peterIcin unb ^Jctcrle
Icufcl'^bejeic^nungen. Sine gcwiffe Jafl*
nad)tt)erflcibung peift bummer *5etcr,
ber ©c^aufelbub im Äartenfpiel fc^mar*
9'iamen »on Saiden.
507
jcr ^eter, unb in ber ^^"«rroetferci
^etcrmännd^cn ein fogcnannter ©prüf)«
teufet; an mancf)en Orten ^ei§t ein ge^
wiffed Sicr <Pctermann, (Peterf; (ße*
terlin, ^eterti ifi ber an $cter angc
lehnte SJiamc ber ^ftanje petroselinnm;
Äu^priej^er ober Äu^pcter ifi ein Äucf)en
aui ber crjlen ober Sicfimild^ einer ^n\),
Jen^erpetcr baö ^^ni^^^'^f"»-
^t)itipp mit ber an beffen ^ofe-
namen Lips angcicfjnten 33ilbung ßip«
penlapp, tttomit fd)on im 18. 3af)r^un=:
bcrt ein t^örid)ter SOtcnfd) unb @c^»ä|er
tiejeid)net voirb.
SRuprc(^t; Änccbt iRuprec^t ^ei§t
bie »ermummte ?d)re(fenögcjtalt, bie ben
Äinbern tai 2Beif)nacf)t6feft DerEünbigt,
3lüpel mar im §cyonme[en ein 2;eufelä--
name; [onft bejeidjnct eö fomot)! einen
9!Jlen[(i)en »on fc^marjer f»autfarbe aU
einen Äater. Jrü^er mar ÄnecE)t iRupred^t
aucf) ber 9tame eineö äcf)alfönarrcn ber
bann, mieber in JRüpet cerfleinert, im
Sirama beö 16. unb 17. 3a^rl;unbcrt^
aU lujiiger Äerl biente.
@ufanna, in ®ufc »cvfürjt, »irb
<55emcinname in bumme®ufe,93rumm»
fufe, ©cfjlaffufe.
23eit, f)ei§t, ben (Sibgenoffen J^eini
unb iRüebi gegenüber, 93 ruber Seit ber
12anböfnec^t; ßügenneit ij^ ein JÖinb*
beutet, Äa|enüeit ein SBalbgeifi beä
SRiefengebirgeö.
2Benäcl, ber ^auptnamc ber Söö-
men; mit scharren äufammengefc^t giebt
tx Scharwenzel ober Scherwenzel , b. i.
ein ilRenfdt), ber auä Sigennu^ gegen aüe
SBelt übertrieben t)öflid) unb bienfifertig
ifi , eigentlid) Umbcutfc^ung be^ ital.
Servente, Scherwenzel ift aud) ein
^artenname, Lausewenzel ein fc^Ie(i)ter
'labaf, meit »on [einem flinfenben SHau^
bie SSIattldufe fterben, unb Baurenwenzel
eine ®efcf)muifi beö ©eftc^tcä. Duellen:
bie f($on angefüfjrtc 5lb^anblung »on
2B. iißacf crnagel unb tai ®rimmfcf)e
iZöörterbucf).
^amtn oon ©ai^cn. 2lu§er ben «Per-
fönen ert)alten namentlidj in ältejier
3eit aucE) ©egenüänbe nid)! menfd)Iid^cr
■ilrt ©onbernamen, eö finb SGßaffen, ^auö«
ttere unb berglcic^en anbere I)inge,
■bie bem Sefi^cr certraulid) na^ fiel)cn,
gicid) einem ^^amiliengliebe, benen eine
gemiffe biimonifc^e Sei'eclung, eine ^er=
fDnlid)feit, fogar eine göttlid)e, inne
ju mot)ncn fdjeint, ober bie al^ befonberö
feltener unb fojibarer ®eft^ gelten. Qtvax
fcnnt man biefe 9^amen erft au« ben
mittelalterlid^en 6c^riftmerEen, aber üielc
barunter gef)ören ber meit älteren gelbem
fagc unb bamit bem Kulturleben ber
alten ©ermanen an. 35ergleid)en ©egcn^
fidnbe fmb :
1. ©äffen, nämlid^ ©d rt)ert, ^Janjct
unb ^clm; Speer unb (Scbilb gehören nic^t
baju, mie beim 2acituö in ber Germania
6 berid)tet, i>a^ jeber Ärieger mit ©pecr
unb ©i^ilb bewaffnet fei, menige aber mit
8c^mert, ^anjerunb^elm. 2)ad <Sd) »ert,
gott)ifc^ hairus unb mekeis, jeigt fc^on
burd) fein männliche« ®efc^led)t eine per=
fönlic^e *Uuffaffung an; in (Sriff unb Spi^c
au«gejeid)neter ©c^merter roof)nen nad) ber
norbifc^en*3luffaffung oftÜBurm unb Siiatter.
Scfonbere €d)tt)erter ber beutfdjen .gelben«
fagc ftnb unter anberen ?l bei ring, in
bänifd)en ßiebcrn baö ©d)h)ert «Siegfrieb«,
Sa Imune, ©icgfrieb^ ©c^mert in ber
beutfd)en Sichtung; 33 rinn ig, '!>a^
>Sd)mert ^f>ilbebranbä; (Sctefat)^, aud)
bIo§ ®al;ö unb ha^ alte <Bai}i genannt,
tai jule^t 2)ietri^ oon Sern beft^t, im
I)eibnifc^en ÜJ?t)tl)uä aber einji ein (Sott
mag befeffen ^aben; @ram, ber alt-
norbifi^e 3?ame oon ©icgfriebö <Sd)mert,
iJOtiminc "JJiimung, fflittigs ©c^mert;
iJJagetrinc, S^mert .^»eimei^; Jöaefe
ober 2Öafd)e, b. i). Saöfe, Schwert
SBalt^erä oon Spanien; SBelfunc, alt*
norbifd) SBölfüng, juerfi Siterolfö,
bann feineö ®ot)neä ^ietleib ©d^mert.
2)ie gefeiertflcn öarunter fmb ©defa^g,
Dfiminc unb Stagelrinc, beren jebeä üon
bem ©c^micb an, ber eä fertigt, feine ganje
®ef(^ic^te t)at, mie eö oon einem gelben
an ben anbern gefommcn ifi. jDic be-
rü^mteflen ©d)merterfd)miebe finb üKiine,
Vertrieb unb üßielant. (Sd)merter ber Äarl^^
fage fmb Durentarl tai im 58eft^e
Dlioierö, unb .^altectair ober '■JUtes
clere, b. i). ^loc^glanj, 'bas im Sefi^e
SRolanbä ftetit. ^
^elm namen finb meniger jablreic^;
norbifc^c finb Hildisvin unb Hildigölt,
ta^ le^tere uon ®ölt — Sber, beibe SBörtet
alfo bem auf bem ^elm cngebrad)ten (5ber*
fopfe entnommen; Hiltegrim ober Hiltegrin
IjeiBt 2)ietri(^a -^elm, wieber auö Mld =
Äampf unb ^ubem aus grima 'Ulaih ober
.^elm jufammengefe^t. iRoIanb^ |>elm
l)eiBt Venerant. !ßon ^Panjer namen
ifi nur ein einjiger in ber (Sbba erbalten;
er lautet Finnsleif. ®in ^ o r n mit eigenem
SRamen i|l iRotanbö Olivant, b. ^.
Elfenbein, oon altfranjöftfc^ olifant =
508
D'Jarrcn.
©Icfant, 2)ct Stier con Uri iji ein
5luetoc^[enl)orn. benannte [Ringe finb
Dbin^ Dranpni; Andvaranant ifi ta'
gegen fein ©igenname, er bebeutet SRing
(naut) beö Sn^ti'Öt^ ^nboari.
Unter ben benannten 3fl offen nimmt
bie erfie ©teile ein Sleipni, Dbinö 9io§,
b. i). iaii gleitenbe , ju l)0(^bcutfd) slifen,
£>er ^elbenfoge get)ören an Belebe, hai
JRo§ 5Dietrid^0 ; Falke, ia^ qjferb S)ietricf)^
unb SBolfbietric^^; Grani, Siegfrieb^
©(^mert in ber norbifd)en itberlieferung
b. t). tM graue ober graugetrorbcnc;
Kispa l)ei§t ^leimi«, Scheminc ober
Schemminc Söittigö Dto^; t>ai legiere
ifi ber Jöruber galEeö, (Sranie unb G^ispa^;
ber 9'Jame get)ört ju scheme .^ Schimmer.
Unter ben jal;lrcid)en Otoffcn ber Maries
fagc iji ba^ berü^mteftc Bayart, tai bie
»ier ^eimonöfinber trägt.
Qllte ^unbenamen betreffen meifi
3agb^unbc; bod) l)ei§t in ber öbba Garm
ber ^ofttjart, hovawart, b. i. ^off)üter ber
^öHc. ©in befonber^ ^ufiger ^ouä^unb^
name iji Wacker = ber SZBac^fame.
3n ber £|)ibrid)ä Sage mirb üon ben
abenteuerlid^en ^agbjügen bcä ©rafen
3ron t>on SBranbenburg erjätjU, ber 60
.§)unbe mit fid) fü^rt; beren befie ftnb
Stapp, Statt, Lnscta, Rusca, Paron, Bonikt,
Bracka unb Porsa; man crflart fte al«
Stapf unb Stutt, b. i. ©i^ritt unb Sro^ ;
ber fc^Ieid)enbe (at)b. lüschen) unb ber
rafcf)e, muntere, wie ein anbermal auc^
ein ^iixh Rusche t)eiit; Paron mirb ju
a\)t. bare r= SOiann gefteüt, Porsa ju
birsen, birschen; Bonikl ge[;ört »ieüeid^t
ju al)t>. pnnit = jDiabem, unb Bracka
ifi 93racfe, <Spürt)unb. 33ereinjelte 9iamen
blo« giebt e«! ton bem iRinb , ber Sita,i,
bem dfel, ber Äa^c, bem ibäreii, bem
galfen.
3ur Sigenbenamung ber ®ct)iffc
führte fc^on bie uralte Uergleii^ung biefcö
Oegenfiaubes mit bem fct)n)immenbcn Ü5ogel
unb bem rennenben ^Jferb: ©i^ni^arbeit
am SSorberteil lie^ itaz ®anje als einen
S)rac^en erfc^eincn; fo fjie^ Öalburä
©c^iff Hringhorni mit 93ejug auf ben
SRingfi^mucf feineö Steoene, ein norbifd}eö
Äöntgefd^iff t)eigt SBunfi^ Jungfrau,
äBaltüre, ein anberc^ SOiannöl^aupt.
3tt)ei ®cf)iffc bcei bcutf^cu Drbenö in
$reuf!cn bitten Pilgerin unb Vridelant
b. i. 'Sefc^ü^e ixxQ 8anb! 3m fpdtern
JDlittelalter ^ei^en Schiffe auf ben fc()meiäe-
rif^en ßanbfeen Qöani, guc^ö, ©nte, Sör,
@d)ne(fe.
® e f db ü ^ e würben anfänglich , be-
cor tai 5ßuIoer in ©ebraud) fam, nad^
bem Vorgänge beä Qlltertum«, mit Jier*
namen benannt, ab?r in appeüatiuer 2öcifc
nur je bie ©attung, j. 93. Äa^e, Ärcb^^
Garant, Sgel; eigentliche ^nbioibuen«
9lamen famen erft mit ben geuergefc^ü^cn
auf, wobei ftc^ bie $f)antarie ben freieren
Spielraum erlaubte: 51 ff, 2)rac^, ^yalf,
JJalfonct, glebermauö, gudjß, .^ornu^,.
|)urlcbuö ober Hurlebaus, b. i). ißrumms
fa^e, ßcme, Sui^s, ^Jacbtigal, 5ßüfel, b. l).
Sßüffel, Qßurlebau^ ober *PurIapauö f. o. a.
.^urtebuö, ju burren = brummen, Sd^Iange,
Sc^rötel, b. f). Schröter, ^irfd)!ä[er, 2ßolf ;.
jungfraw Falkenet, Drometterin, Maur-
brecherin. Singerin, Nar, Roraff, bicfe^ ein
©trapurger ®efc^ü|, baä feinen 3Jamen
üon bem 2öal)rjcicbcn ber <£tabt fjat, einem
Iäc!^erlid)en Sauernbilb an ber SlRünfier*
orgel; Ketterlin von Einsen (Snfeö^eim),
Metz ober Mette, Metteke, ÄofettJort ju
Mechtild, Weckauf; aud) SUJonatnamen
Dtamen ber *pianetcn unb ber 3^1^^^" ^^^
2;ierfreifeö, \a biel^uc^ftaben bee 2tlpbabet^
fommen alö ®efct)ü^namen cor; aU ÜJlorife
ton Dranicn 1591 SJiimwegen auo fol^
einem ABC befc^op, nannten i^n bie
93clagcrlen ABCfc()üge.
% ü r m e empfiengen oft (Sigennamen :
Luginsland, Schutt den heim, Hans in
allen Gassen.
® I 0 d e n fmb fe^r frü^ getauft unb
bamit jugleic^ benannt morben; ta^ ältefie
SBcifpiel iji bie ®Iüde im Sateran, bie
*Papii 3obann XIH. nad) fid^ unb bem
jpeiligcn ber Äird^e So^anne« nannte;
aud) fpäter fmb e^ meiji ^eiligennamen
mit tenen man bie ®Ioden »erfu^t. Ulad^
SB. ü? a d e r n a g e I , bie beutfc^en 5lp*
peüatitnamen, 3lbfd)nitt I, ipfeiffcre ®er=
mania, IV unb V, unb kleinere Sct)rif=
ten, III.
Starren. D^ame unb 93egriff beä Diiarren,
ai)t. narro, mi^b. narre, bunflcr ^erfunft,
fpielcn in ben ^äUn beö auögef)cnben
SWittelalterö eine grofe [Rolle; fcitbem ftd»
ber ®eiji ber ßdt ton rcligiöfcn, gefeü«
fc^aftlic^cn, fiaatli(i^en, fünfilerifd^en ißrin*
cipten ber ^öfif^=romantifd)en SBelt Ioö>
gelöji Ijattc unb nad) neuen ©runblagen
beä ßebens brängte, fonnte eö nic^t auä*
bleiben, ta^ ber ©egenfa^ jtt)ifd)en bem
SBeifen unb bem Sborcn, bem ißernünftigen
unb Unoernünftigen mit iu ben 2)orbers
grunb ber3titbc9Tiffe rüdte unb nac^ feficn,
plafiifd)en formen in Sprad^e, ßittcratur,
Äunjt unb in bem Seben ber ©efellfd^aft
D'iarrcn.
509
QUßginc^. 2)omit petbanbcn fid) ältere,
meijl ber SBolföfomif angel)i)renbc6tetnente,
tibaftifäier Jn^alt be^ alten Seflamentcä,
(Sinflui antifer <?(f)riftf}etler utib »reifere,
befonbcrö italicnifchc 6inf(üffc fomifcf)cr
unb fiumoriftifcbcr Qht, bie i^irerfeitö jum
Seil tttieber auf altrömi[d)en ©ebräuc^en
berufen. (Sine äufammenliängenbe Unter-
fudbung über biefc genannte (Srfd)einung
fe^lt biö jc|t, am tneifien finbet man in
ber Einleitung jur 5iuögabc ton ©ebaflian
Srantö 3Jarrenf(i)iff burd) S^rncfc unb in
2Bein^oIbö Qlbljanblung über ia^ Äo=
mifcf)e im altbeutfcfcen ©^aufpiel, in
®o[d)e'ö 3«t)rbud) für Sitteraturgcfcf)ic^te,
i8b. 1.
jDic ältere ßiit jie^t bcn 9'?amen tore
bem narren t>or, gebraud)t aber ftjnonpm
bamit riielfad) bie 9'?amen ber brci Siere
äffe, esel unb gonch, tvk es j. 33.
in alten ©prücbcn t)ei§t: Ich bin ir narr,
ir gonch, ir äff, in esels weis ich si an-
gaff; äffen zegel ((g^mänje) unb esels
oren tragent veil der werlte tören; bie
SBicfctigfeit beö 5lffentumö in bicfcr 3cit,
bie übrigenö mit bem Iautlid)en 3iM«nis
men^ang be^ Siernamenö mit bem 2ßorte
5lffentür, 2lffentcur flatt 51fentur,
^benteur jufammcnju^ängcn fd)eint, er«
giett ftd) unter anbern ouö ben ,^pmpofu
tionen, affenbanc, affenberc, affenhochzit,
affenhüt, affenkleit, affenrät, affensalbe,
affenseil, affensmalz, affenspil, affenspise,
affental, affentanz, affenvnore, affenwort,
affenzagel unb affenzit, Yoo überall flatt
beö Jiereö, Ztiox ober O^arr gefegt n^crben
fann. grü^ ift ber efel jur (Sbre cineö
unpernünftigen Jicreö gefommen; SRotfer
fagt fd)on »on einem Starren , er lebe
in esiles wise, unb fpäter f)ei§t e^:
Esels stimme nnt gonches sanc erkenne
ich an ir beider danc; ist er ein esel
oder gonch, dasselb ist er zno Paris
onch ; swä man den esel kroenet, da ist
daz lant gehoenet; der esel gurret nf
den wän, er waenet wol gesungen hkn;
maneger wolte gerne sin ein esel oder
ein eselin , daz man seite maere, wie
wunderlich er waere; bi rede erkenne
ich tören, den esel bi den ören. ^aiiU
reidie altbergebraditc SReben^artcn brebcn
fid) um tai langol^rige Jier: einem den
esel bohren, den esel zeigen, den esel
stechen, b. b. ben S^'Ö^' ^^^ fleinen
Ringer gegen i^n auöftretfen, md^renb bie
übrigen brci eingebogen merben, einem
den esel strecken, schnitzen, den esel
kroenen, einen auf den esel setzen oder
bringen, den eseljreiten, eine befd)impfcnbe
Strafe, bie au« Sürgerö Sallabc „ber
Äaifer unb ber 51bt" befannt ijl; Don3u*
fammenfe^ungcn mit bem (äfcl gebraud)t
allein Dr. ßutljer ßfelbapp, e[elbifcf)of^
(Sfeljurij!, efelreiter, (Sfelöfors, gfelöfopf,
(SfeUfunP, (Sfelt^eolog.
2)aö britte Jier, bcn ©aucf) ober
Äufuf, fennt cbenfaüfJ fd^on ««otfev aU
©innbilb beö Starren, mcnn er jufams
menficüt der nnwiso nnde der gonh;
fpäter bei^t eö: wisiu wort nnt tnmbin
werc, diu habent die von Gouchesberc;
der abläz dnnket tören guot, den ein
gonch dem andern tnot. 3"i^ auögc«
fül)rtcn Silbe ber Dtarrenmelt murbc ber
(Saud) in ber ®aud)matte ober ©cuc^«
matte, ein 9tame, ber im 16. 3af;rt)un=
bert fprid)mijrtlid) mürbe, burc^ §niei 5Did^«
tungcn ®engcnbad)«t unb SDJurnerö, bie
beibe in Safcl fpielen; eö ifi bie 35ar=
Peilung einet SDtatte, auf ber bie ©äu^e,
bie verliebten Starren, ju einem ^cfle ju;
fammenfommen, eine 33orfteQuug, bie ftc^
an eine ®eite beö uralten SDtaifefteö an^
fd)Iie§t. 3u ben SKaitänjen nämlid) ner=
einigten ftc^ einsclnc $aare, bie oft ta^
8oö ober bie ^Darreichung unb 3lnnaf)me
eine« ßaubreife« unb ©traute« befiimmte,
unb bie bann ben gaujcn Sommer ober
baö gro§e ^cfi Mnburd) miteinanber tanj=
ten. '2ht jenem gef!e ^atte ber ÄufuE eine
wichtige SRoÜe aU SBotc t(i g^rü^Iing«
unb murbc alö foId)er gefeiert; fein Ctufen
galt ben Siebenben als 2Ba^rfagung, man
mad)tc fein Oiufcn nad) unb flieg ju
tiefem ^Widt fogar auf 33äumc.
211ö Utame für bcn unreifen 3Dtenfd)cn
mirb in älterer 3"t tör angemenbet, Vri-
danc \)at einen längeren 51bfd)nitt, ber
übcrfd)ricben ifl Von den wisen und tören.
er beginnt mit bem gpvuc^: Got hat
den wisen sorge gegeben, da bi den tören
senfte leben, unb fa^t in bem ©innc
bicfcsi eingangöfprud)C2i ben Sporen aü»
gemein alß benjenigcn, meld)er unner«
nünftig l)anbelt, unb nod) nid)t alg
befonbern ©tanb : wir gevallen alle uns
selber wol, des ist daz lant der tören
vol. Swer waenet, daz er wise si, dem
wont ein töre nähe bi. Den tören dnn-
ket selten gnot, swaz ein wise man
getnot. Swer tören welle stillen, der
rede nach ir willen.
3nbeffen brauchen boc^ fd)on 3eit«
genoffen grcibanf« aud) basi SBort narr,
unb bie 3"H''""^cnfc^ungcn narrenweg
unb narrenspil; fo erfd)eint ber Äolben,
33
510
Jlarren.
ben bcr ytan tragt, wcnigficnö im 14.
Sa^t^unbcrt, ein Setüciö, i>a^ ftd^ in
bicfcr Qdt, o^ne S^^if^l ''"n ^i^anfrcic^
unb Italien ^cr, ber Segriff ber Si^arren
aU einer felbjiänbigen ©eftalt unb Sil*
bung, einer befonbern ©pejie^ ber ÜJJen«
fc^en, auöjubilben begonnen ^atte; auc^
t)a^ Tomonifc^c SCßort fon, von fpat lat.
f ollere, fid) ^in unb l;er beilegen, foUis,
eth)aß fic^ i^in fjerbewegenbcä, aui) Slafc*
balg, bat)er foUe foniel alei pDffenl)aft,
grifienljaft, ifi erft im SÜRittelalter in ©e«
brauä) gefommen. S5ag 15, 3af)r^unbert
bat bereite ganse ^'ifirtflc^tfpiflf/ ^iß i^fn
Sf^arren ^anbeln, aber e« finb fajl immer nur
bie Berliebten Diarren gemeint; fie^e übri?
gen§ über ben Starren im Spiele nteiter
unten. ©eine bicibenbe (i)arafteriftif(i)e
Oeftaltung in ber ßitteratur unb baburd^
aud^ in ber Qtnfd^auungä« unb 5(uebru(fö=
roeife ber Qät überbaupt erhielt jeboc^ ber
9iarr bei unä erfi burc^ ©ebaftian
©rantä, im ^al)xt 1494 juerjl erfc^ie«
neneä 9iarr enf(i)iff, roo aud) juerji bic
befonbern 58cäicf)ungen beö Diarrenbafeinö
äum »ollen fpracftlidien 51uiibrucfe gelange
tcn; »on Srant flammen bie iRebenäarten:
Er ist in der narren rott, im narren-
orden, die pfifen zuo dem narrenreien,
narrendanz, narrenfeit, narrenberg, die
ziehen doch, den narrenpfluog; und danzt
hernoch am narrenholz, und wirt am
narrenseil gefüert, man sieht si im
narrenstrick, er gehoert nf den narren-
schlit, man setzt in nf den narenbank,
ich dunk in tief in narrenbri, er stäckt
im narrenbri. 2)ie SBirfung beö Siarren«
fd)iffeö mar eine au§erorbentIicf)e, eö mürbe
bad gelcfenfle Sud) feiner ^iit, bur<^ jaf)!«
reii^c beutfd)e Qluögaben in 2)eutf(^Ianb,
burd) jmei lateinifi^e Bearbeitungen in
ber europäif(^en ®clcl)rtenmelt unb bur»^
me|)rfad)e Ueberfe^ungen in bie franjöfifd^e,
englif<$e unb nieberlänbifd)e ©prac^e aud^
in ber ungele^rtcn ßefermclt biefcr ßiinbcr
ucrbreitet; 3)eutfd)lanb erflattete granf-
reicf) bamit äurüd, maö bicfeö if)m an
?{arrenerfd^einungea jus unb vorbereitet
l;attc. i)er iBerfaffer beö 9Jarrenfd)iffeä
mürbe aU ber erfte beutfd)c ®id)tcr ge=
feiert, alö ein jmeiter ©ante, eine (Spod^e
ber Sitteratur foüte mit il;m begonnen
l^aben.
SBirflic^ ifi aui^ burc^ tia§ ganje 16.
3a^r^unbert unb btö in tafs^ erfie Viertel
beö 17. faum ein beutfd)er 2)id)ter von
93rantö 9tarrcnfd)iff unabl^ängig, bie be«
bcutenbficn unter i^nen am meifien; bocb
bejiet)t ftc^ bicfe 5lb^ängigfeit in erfier
ßinie auf bie SBeltanfd^auung Sörant«
überl^aupt, auf feinen ftttlic^cn unb »et*
nünftigen ÜJia^fiab, mit bem er bie ©inge
mift, auf ben reichen unb »oHen ®cbraud&
ber freien SRebe; unb erfi in jmeiter ßinie
auf bai Dtarrentum, Dennoc^ ifi aud^
fein fRarrentum alö ber Oleoerö ber SBeiös
beit, bcr @c£)attcn hinter bem ßicf)te ber
SBernunft, in 3at)Ireid)en Suchern unb 2)idE)s
tungen meiter gebilbet morben. 5" ^^t
lateinifd^cn ßiteratur ber ©ele^rten
fiet)t t)ier beö ®raömuö Enkominm
Moriae obenan, ta^ felber micber ein
eigentlidf)eö SBeltbudt) gemorben ifi; non
beutfcf)fdE)reibenben (Sd^riftfieHern bat fic^
juerfi St^omaö 9)iurner hai Dkrren«
fd^iff jum SBorbilbe von öier ^auptmerfen
genommen, bcr ©äud^matt, ber ©d)el =
menjunft, ber D^arrenbefd^mörung
unb vom groben lut^erifd^en9iarren.
2Bäf)renb aber ber fireitbare Tlbnd) mit
feinen Starren aümä^lidf) in bie i^aferfüHte
religiöfc Q3artci » ©atire gebrängt mürbe,
blieb |)anö «ssadjö in feinen ja^Ircid^cn
9tarrcngebid)ten bei ber Serfpottung beö
menf(^Iid^ Ünücrnünftigcn fici)en unb Der*
fianb eö mit feinem Reitern |)umor, fern
»on aller SSerle^ung bered^tigtcr ^ntereffen,
ber S^orbeit i^r natürli^eö SRed^t ju
gönnen unb ju laffen. ©ein berübmtcfieö
9iarrcngebid^t ifi ia^ gafinad)tfpicl, ia^
DZarrenfdbneiben, mo ta^ iffiort 9krr
bie *)3crfonififation einer befiimmten 9?arr«
I)eit bebeutet, ^offart, Oeij, SRcib, Unfcufd^»
^eit, güKcrei, 3crn "ni> bergt.; überljaupt
aber
Qlüerlei ©attung, alö falfdb 3urifien,
©d)marjfünfilcr unb bie Qildbamifien,
ginan.^cr, QUefanjer unb Jrügncr,
©d)mcicf)Icr, ©potfeler unb ßügner,
SBunberer, (ägclmeier unb Icunifc^,
©rob, iilpercr, unjüd^tig unb beunifd^,
llnbanfbar,-@tocfnarren unb ged^,
gürmil^ig, Icid)tfcrtig unb fredt),
©ronet unb grcmifd) , bie aHjcit forgen,
a3c§ S''^"' ^i^ ^oä) gern borgen,
(Eiferer, fo f)üten irer ^^rauen,
©ie on ytot redeten unb on 3Ju^ bauen,
©pieler, 93ögfc[)ü^en unb SBaibleut,
SDie r»il verton nad^ Heiner 93eut,
Summa ©ummarum, mic ftc nannt
2)oftor ©ebafiianuö Srant
3n feinem Dtarrenfd^iff ju farn.
Diarrenfdjmänfe »on ^anö <Baä)i ftnb
bcr iJlarrenbrüter, ber Äram ber
«Rarrenf appen, ber fWarrenfreffer,
ülaxxtn.
511
ba« Diatrenbab; Don anbern Dichtern
fiammcn ©picic, @prücf)c unb Sieber, ge«
nannt baä 9'iarrengie^en, bie iRarren»
f(|ule, bic9iartcnfap pcn, bie 9'i arten*
i)a^, ©pital un^cilfamer SJiarrcn.
5!J?it ber (Jinfü^rung beö Dpi^ifd)cn ©c«
fcf)macfeö ge^t biefe ßüteratur, bic burc^au^
»olf^tümlid^ war, auö; einjig Qtbraljam
a @t. Slara t)at noc^ einen m(i)t un=
glürflicf)en SJ?ad)tifcf) geliefert in feinem
Centifolinm stnltornm in Duarto , ober
^unbert auebünbige ??arren in ^olio.
3n aüen genannten D^arrenfc^riften be«
jei(i)net ber S'iarr benjenigen, ber in feiner
8ebcnßfüf)rung, bicfclbe mag im Uebrigen
fein tt)et(ä)e fie motte, üom Sßege ber 33ers
nunft abmei^t; biefe iJlarrfjeit ifi eine
Äranfl^eit, eine ©ci^mäd)e, bie abgelegt unb
gel;eilt «erben folt unb fann, eine Scr*
irrung, bie auf ben redeten 2ßeg jurücE*
gefüfjrt merben mu§. <ParaüeI mit biefen
Pfarren ge^t nun in ber ßitteratur eine
anbete Si^arrenflaffe, uon geborenen Starren,
tton iJiaturnarrcn, benen bic DJatur felber
'i>ai 9icd)t if)rer ©yiftenj gegeben t^at, bie
nid)t in if)icm 93erufe nätrifc^ banbeln,
beten 93eruf üielme^r iji, 9krr ju fein.
SDic lüfifc^c ®efcnfcf)aft fennt aud^ biefe
Siiarrcn nic^t; äu^ereä Qlnfcbcn, f)o^et
(Staub becEen bie SWängel beä 23erPanbeä;
biefe 9iarren get)ören ber nicberen 33oIfä»
flaffe an. ©ie ftnb aber mieber unter
ftct) t)erfcf)ieben ; entmcber ftnb fie ganje
9iarren ober fie fmb ©c^alfänarren , bie
i^rem niebern ©taub getreu anä) ein ge=
tingeä 2Jta§ üon SBeiöi)eit anmenbeu unb
ftd) namentlich barin gefaKcn, burd) Un*
gcjogen^cit, unflätige ©orte unb ®cbe^r=
ben, gute unb fd^lec^te SEßi^e bie 2ßeiöf)eit
unb bie ßebenöart ber ^öf)ern ©tänbe paro=
bierenb ju »er^öfinen. Sinäclnc ©treic^e
gehören ber SBeltlitteratur an unb ücrbrei«
ten fid) über gauj Suropa, fmb fogar in
Elften nad^gcmiefen morbcn. (Sin folc^cr
©(^alfönarr ip TOarfoIf ober SJlototf
in bem fe{)r alten Dtoman ober Solföbud)
»on ©alomon unb llWorolf, ein einfältiger
tölpel{)after 93aucr, ber aber mit feinem
SJluttermi^ ben mcifcjicn Äönig bo^ ju
©cf)anben mad^t, ein Sorläufet obet Sor*
böte be^ Hofnarren; mit SJotliebe crjäf)Ien
«nbere iSücf)et »on $faffcn niebrigcn
©tanbeö, meiere butc^ toüe ©ttcidEjc biefen
i^ten ©taub glei(i)fam täd)en, fo tai Sud^
com ^Pfaffen 3lmi« üon bem ©ttidet,
bei (Pf äff 00 m Äalenbetg unb ^etet
ßeu, bct urfprünglicö Slocfträget in ^aü
ttjot, bann unter bic fütmanjafen geriet
unb jule^t <Pfaff mutbc. S)er ooüenbct|ie
©d)alf«lnarr beö niebern iöoifcä mirb aber
Sutcnfpiegcl. 35ic ©pejieö ber Oanj*
narren ift vertreten burc^ bie ©^ilb«
bürget; bicfeö Solfäbud^ i^ auü bct
3ufammenfaffung ocrcinjelter ©tid^cl=
fd)mänfe über gemiffe ©täbte unb ©täbt«
eben entfianben, fcrrät aber in feinem
unbefannten iBerfaffer einen recf)t geij!«
öollen Äenncr bcö menfc^licf)en ^erjenS.
93on einem ber oicicn SBeifen ©riechen«
lanbä Iä§t er iai SBöIflein abdämmen
unb urfprünglicf) mit ber fjöc^fien Sßeig»
^eit begabt fein; ftc merben ba^er »on
aüen ^Jürften ju iRat berufen unb feiner
üon il)nen fann ba^eim bleiben, bii cnb«
lid^ i{)tc SBeiber ftc äurücfforbcrn, ibr Pet=
milbetteä ^lauömcfen {)etpficlfen; motauf
fte benn, um fetneten 5Drang naä) i^rcr
angeborenen SBeiö^eit ju nermeiben, bc«
fc^lie§en, jtd) närrifd^ ju fteöen, unb ftd^
nun anmäf)ticf) fo in bie IRarr^eit cer*
lieben unb fefirenncn, ia'ß fie ni^t mef)r
anberö fönnen. SJiac£)bem fie fid) in aüen
5lrten bet ??atr^eit meifierlic^ oerfudit unb
befefiigt unb oom Äaifer ein $rioilegium
mit ©lief unb ©iegel bafüt et^altcn
^abcn, ge^t it)te Statr^eit jule^t inö
iragifcf)e über, jerfiört ifiren eigenen 2Bo^n*
fii^ unb jmingt fte, nad) allen ©egcnben
^in auöjumanbern : fo fmb fte nun mieber,
mic bie 3«^^"- ^ur(^ bie ganje SBcIt 3er=
jireut unb überall anjutreffen.
Qin ben ^iarren ber bibafttfct)en unb
erääl)lenben ßitteratur fcblief en mir ben ytax'
renbeö©(i)aufpielö;er jie^t mitten inne
^mifdjen einer atlegorif^en *Perfonififation
bet I^orbcit unb Unvernunft unb ^wifcfien
bem lebenbigen ßufiigmac^er ber (Sefeü*
fd^aft. <Hn bie 5luffaf[ung beö ßajler^ al«
J^or^eit erinnert im mittelaltetlict)en ©dt)au«
fpiel bie Sebanblung bcä SleufeH aU
fomifcf)et $ctfon; alö 93atet bct ©ünbe ifi
bct icufel aud^ 23atet bet S^otbeit; an*
bete mit bct SJatrfjcit Derf(odf)tene *Perfoncn
ftnb bic iß er lieb ten ober Siebes*
narren, bie (£f)enarrcn, Wännei,
meldbc ifircn grauen bic ^ofe mit bem
längern SUieffet laffcn, bct gaulcnjct,
bet Qtuffd^neibet, untet ben cinjclncn
SBctufgf laffcn in ctjict ßinie bct 93 au er,
bann ber $irtc im Qlnfd^Iuffc an bie
^irten im Söci^nad^töfpicl, bic ©ärtnci:,
bic ©ölbnet, melcf)c im (Pafftonäfpict
bic SBäc^tet am (Stabe t>or|iettcn; feiten«
werben fa^renbc Seutc, unb cigcnt*
lid^c ^anbmcrfcr, etwa ©c^neiber, ©dl^uficr
ßcinemebcr für baö btamatifd^c ©picl »er*
33*
512
Starren.
ttenbet; bagegen jinb beliebte fomifd^c
(Perfonen bic Ärämcr, Duodfalber
unb 9irjtc, burdb bcn @altenfrämcr im
fPafftonöfpiel »eranlaft, h)clc^cr bic dltefie
lufiigc (Perfon unfcrö ©diaufpicl^ ifi,
bann bic Jubcn, ÜJt'ön^i, *Pfaffen
unb alten SB eib er; loa) jtnb biefe ^'S"'
len nic^t bic cigcntlid^cn Quellen unb
SSorbilbcr ber SWarren aU einer befiimmtcn
cinjelnen (Perfon beö ©pielö; t>ielme^r
enttt)i(felt ftd) ber fRarr be^ S)rama8 au«
bcn ßu|iigmacf)crn, tt)clc^c neben bem
©piel bcriicfen unb beren Slufgabe cö war,
(Raum für bic in ©cfamt^eit auftrctcnben
©picier unb bic nötige ©title ju fc^affen;
juglcicf) bientcn jte aU 6in* unb Qlu««
f<i)reicr ober Sßorläufer. (So fc^eint nun,
ta^ jtrei ©trömungcn ncbeneinanbcriiefen,
eine, welche biefen ©aufelmann, gonggler,
wie biötier bic genannten gunftionen »er»
richten lic§, unb eine ernjiere, bic i^n in
einen e^rfamcn ©pruc^fprec^ er, oft
auc^ in einen jlattlic^cn ^crotb umju*
tranbeln jh)ang, neben welken bann jene
Starren bloö noc^ ncbcnju mitliefen; mancf)^
mal gebot ber 0Jarr blo^ ©tiUfc^wcigen,
mit ber Qlufforbcrung, bem 3irgument bc«
^erolbö ju Iaufd)en. 3" £'"« ^araftcrifii*
fcben S8enu|ung be« Starren cr^ob ftd^ bic
bramatifdE)c .ßunfi bc« beutfc^en ®rama«
im 16. 3abr|unbcrt nic^t; nur ^acob
JRucff aus 3ürid) machte ij^n in feinem
Stcujabr^fpicl bebcutenber, inbem er i^m
bic ^lufgabc politifcfecr ©atirc gab, unb
^anö ©acf)6 gab ibm in ber Sfi^cr bic
©timme beö gefunbcn 33crjianbeä , ber
fd)impfött)ei« bieSfflabr^eit fagt, unb legte
ibm fogar in ber „Somebia" üon 33ater,
©un unb Starr mcfbij^opfielif^t 3"Sf
bei, \t>ai aber nur Dcrcinjclt blieb.
iDurif) lai 33orbiIb ber englifcf)cn
^omöbiantcn fam ber cnglifc^c Slomn
in« beutfcbc ©(f)aufpiel; ber ^crjog ^cin»
rid) 5uliuö t>on SraunfcbrtJCig nennt i|n
ftet« 5a^n, unb fictlt ij^n al« fd)einbar
bummen, aber muttermi^igen .Sned^t ^in;
in bcn Sragöbicn unb Äomöbien beä
3afob *J(i)rer ^n^t er feltcner Starr, fonjl
aud) 3a^n, ein unflätiger Änec^t, in ein»
jelncn ©pielen mit bcn befonbercn Unter«
fd)cibungen 3abn ber Sott, 3af)n 5ßoffct,
3a^n (Slam ber Sott, 2abn <^an\tx ber
Öeibfnc^t, 3a^n ber Starr, 3a|^n ber Äurj-
meiler, 3abn Züxt ber närrifd)c Äned)t;
auc^ in ^aflnac^töfpielen b^t ^i^rer bcn
3abn »erhienbet, aber ebenfaü« o^nc (Slücf,
Jßicbcr anbere Stomen für bcn Starren
begegnen in bcn ja^lrci(i)cn ©picicn , bic
im 16. Si^bt^unbcrt oon ©eifilic^cn unb
®($ulmeiftern t)crfa§t mürben: Starrolt
ober Otcrfenf olbcn , ^ani, ^einj, ^ddtl,
3ogte, 35eit, Slau«, ßorcnj, ^an^murfl
unb ^ani ^an bcjcic^nen anfangt nur
bcn Saucr^anö, bcn groben STöIpcl.
3tid)t minber manigfaltig alö bic (Sr*
fc^einung bc« Starren in bem altern ©c^rift*
tum ifi biejenige im Seben bcä SBotfcä;
aud) biefe« Starrentum ifi international
unb |at ftcf) me^r in bcn ßänbcrn romani*
fd^cr 3ungc unb in S)eutf(i)Ianb in bcn
©rcnjgcbietcn , bcfonbcr« in Äöln unb
ffiicn fcfigcfc|it, 35a§ auc^ bic Äirc^e
baran teilnimmt, brauet für ba« iKittcf*
alter feiner (Sntfc^ulbigung, ta fxi) in i^r
oft religiöfe Sßeibe ^art unb unocrmittclt
mit ^ö^fi mcltlic^cm ©cbal^rcn jufammen
gcfopüclt oorfinbct. 5tn römifc^c ®ebräucf)e
bei ber ©aturnalicns^cicr pflegt man hai
fogcnannte Starren fefi anjufnüpfen,
festam fataorum, stultorum, folloram,
»on bem im 12. 3a^tbunbert juerfi ein
iParifer ZiitoloQ bcrid)tet. SDtan lie§ bic
©c^üler ^inbcräbtc unb Äinberbifc^öfc
mäblen, meiere in bcn Äirc^en bcn liturgi*
fc^enSienflöcrfa^en, e« mürben babei eigen«
gcbt(|tetc Öieber gefungen unb $rojcfftoncn
ocranfialtet. 3tad)^cr murbc bic <Parobic
jur burlcsfcn SOtummerei. S)ie 3«^^ ^"
^cicr mar gemöbnltcl) ämif^en aSci^nacf)*
tcn unb ©ptp^anien. Qln ©tcKc be« Äinber^
abte« unb ^inberbifdbofe« trat bann ein
Starrcnbifd^of ober Starrcncrjbifc^of ober
ein Starrenpapfi : bic al« Söciber, Stiere
ober *poffenreiier vermummten ®eifilicf)cn
betraten tai (S^or mit langen unb 21b«
fingen \ä)Uä)kx ßieber; auf bem 5lltar
Bor ber Stafc be« mcffelefcnben ^riefier*
a^en bic S)iafoncn unb ©ubbiafonen
iffiürfie, fpielten Äarten unb Sßürfcl, traten
alte ©ct)U^fol)len u. bgl. in« Otau(^fa§.
51uc^ in bcn SDtönd)«« unb Stonnenflöficrn
mürbe hai Starrenfefi gefeiert, ba« ju 51n«
tibe« bei bcn |Jranji«fanern folgenbermagcn
üor fid) ging: 51m Sage ber unfcf)ulbigen
Äinber famen ftatt bc« (Suarbian« unb
ber ^Priefter bic 2aienbrüber in'« (S^or,.
jogen jerriffenc unb umgemenbetc priefier»
Ii(^c Kleiber on, hielten bic Sucher »er*
fc^rt, ^atkn 93riücngcfictle auf ber Stafc,.
morin f!att ber ©läfcr *]8omcranjcnfd^alen
befcfiigt waren, bliefcn bic Qifd^c au« bcn
Otauc^fäfCcrn cinanber in'« ©cfic^t ober
ftreuten fte ficE) auf bic Äöpfc, murmelten
unperfiänbli(f)c 2Borte2 unb blöften mte
ba« 93icb.
3mmcr^in ifi e« :,me^r ber Stame
Dfarten.
513
9Jarrenfcfi ald bic *Pcrfon be^ Starren,
bie ^ier beteiligt ij!. 5Der eigentliche Starr
in ber ®efeafd)aft bc^ SOtittelalterd ift eine
©erbinbung bcö frei^erumgcljenben SBIöb^
finnigen mit bem ßufiigmac^er, wobei bie
^cranjie^ung beö crficrn in bie OefeQs
f(f)aft ni^t bloi ein ro^eä SBergnügen,
fonbern jugleid) eine ißerforgung [oldf)er
für biefen 3"'^'* ""«i^ braud&barer üJiens
fd^en gcwefcn fein mag. 1)ie (Sntwicfelung
biefer ^igur finbet teil^ innerbalb ber ge=
feüfcf)aftIi(J)en formen be'ä SJ^ittelalter*^,
■am |)ofe, in bcn ©tobten jlatt, teiU im
?Mnfd)Iuffe an ben itatienifcf)en Äarneoal.
2)ie Gntfteöung beö ^ofnarrentumö liegt
im 2)unfeln. 3tur fo üiel ifi fidber, ba^
t)ic Hofnarren, ot)ne BttJcifel juerji in granf »
rcid), an bic ®tcüe ber ^offpielleutc unb
()}offenrei§cr traten; auf bcutf(i)em ©oben er«
fd^eint ein folcf)er narre ober tore jueril in
einer ber ^"rtfe^ungen Don ©ottfrieb^
SriPan, bie umö Jaftr 1300 oerfaßt iji; ^icr
Iä§t ftc^ Srijian, um ju einer S)ame ju ge=
langen, ein törenkleit machen von wun-
derlichen Sachen, einen rock seltsaen ge-
tan, und eine gugel daran üz snoedem
tuoche, daz was grä, daruf gesniten hie
unt da narren bilde üz roter wät, daz
nieman gesechen hat so toerisch einen
rok gestalt, und nam einen kolben groz ;
au^ feinem oerruc^ten ®ebaf)ren, bai er
nun ber Königin gegenüber jur @(^au
trägt, n\xii}t man beutli^, hai eä jid^
^ier um einen Slöbfxnnigen ^anbelt, meld^er
ber Sitte ber Qät gcmii^ feine eigene
,^Ieibung unb Ziad)t anhatte. S)ic Siarren
t)on Scruf unb Einlage ftnb aber nic^t
burd)Weg üerbingt, fonbern treiben ihr
^anbwerf oft auf eigene JJaujl, inbem fic
balb öier, batb bort, balb einjig, halb in
SEruppen ft^ anjleüen taffen unb bleiben,
big it)r @d^a^ geleert ift. 9iamentlicf)
ftnb fte bei fe^lid()en Qlnlaffen unentbc^r?
lief), ©ie treten balb aU eine eigentliche
Äörpcrf^aft auf, bie ifire eigenen <Sa|ungen
^at unb fx(^ namentUd) buri^ il)re .^leib;
ung du^erlid^ fc^on fcnnjeicl)net. 2tuf
einer franjöfif^en ©picifarte auö bem
<S(^luffe beö 14. ober bem 'Jlnfange beö
15. 5aörf)unbcrtä finbet fid) ein folc^cr
Dhrr (fon) in ganjer ^igur bargeftcüt,
umgeben tion Äinbern, roeld^ie if)n ^unfein,
^ier jeigt fid^ berfclbe unterbalb, bi« ju
ben Ruften ^in, uötlig nacft; nur um bie
Ruften, bie ©diam nerbüüenb, mit einer
fd)malcn Sacfbinbe gegürtet. 2)en Ober*
förper bcbedt eine sirt ^lemb mit mci^ig
tt)citen, unterUHirtä furj aufgefc[)ligtcn
^albermcln; barüber ein fafi ebenfo langer,
tief au^gejebbelter @i)ulterfragen, ber
gleichmäßig ringd^erumfattcnb bem |>alfe
jiemlid) enge anfd^lieft. 2)ie Äopfbe=
bedung f)at bie ^orm eincä runben (Spi^=
f)uteä mit turbanä^nlicf)er Umwinbung,
ani ber ftc^ jur redeten unb jur linfen
ein efelförmiger ßappen erf)ebt; bie ©pi^e
ifi mit einer ©d^etle ücrfe^cn. 3)aä ®e«
ficf)t ift bartlod, aud^ iai ^auptbaar Döttig
oerbccft.
Diefeö ^ofiüm blieb in ber ^auptfai^e
unocränbert bcficl)en. ©d^eSenfappen,
Sfclöo^ren, $ai)nenfamm, lange, mit
©c^eHcn befe^tc @rmel, Äolben unb gud^d«
fcf)n)anj, uebfi ben tollen Sprüngen —
Mi aUti mad)te bcn 9krren aui^. 2)gl.
baju bie oben angeführte ^tb^anblung öon
aSeinöolb, @. 39 ff.
iReicf)cr no(^ maren bic Hofnarren gc*
f leibet, l'o namentlid^ am fran^öftf^en
^ofc; boii) gef(f)a^ tai nid^t immer mit
mürbigen 9tcbenbejie^ungen. ©o wai i%
j. S. ©itte, bie (übrigcnä fofibare) Älci*
bung ber Starren au§ bcmfelben ©toffe
f)erjuftetlcn , mit bem ber gcbcime ©tu^l
be^ Äönigö überjogen njar.
53on bcn cigcntlid^en Hofnarren ju
unterf'cbeiben fmb bic fogenannten lufit*
gen Ütäte, furjttjcilige SRäte ober
Jif errate, meifi geifirei(|)e SDtanner, bic
fi(^ beä 33orrc^td ber freien Dtcbe bcbienten,
um bie 2;£)or^eitcn unb ®ebredf)cn ifirer
3eit unb Umgebung ju geiBcln unb ju
uerfpotten. ©o ein SOtann war ber lufiigc
9tat Äaifer 9Dtaf imilianä , Äunj Don ber
Otofen. 5tuf fa^renbe ©d)alfönarrcn, bie
in feinem orbentlidf)cn ©icnfic fiel^cn, fottte
gcfa^nbct werben. Daä Jnfiitut ber ^of*
narren bauerte etwa biä 1700.
3uerfi am'Stiebcrr^ein, alfo wieber an
ber ®renje ^ranfreicf)^, wirb »on ® cif cn«
unb Starrengcfellfd^aften berichtet,
wo^l in 9tadt)al)mung ritterlidbcr Orben
crridEitct; bic erfie berfelben wirb im 3ii^t
13S1 üon 2 ®rafen unb 35 .^erren avii
ber (£leDefct)en SRitterf^aft gelüftet. 3^r
Drbenöjcidt)en, iai fic gefiicft auf i^ren
Äteibern trugen, ftcüte einen Starren oor,
ber eine balb rote unb l)alb Don ©ilber
gefitdCtc .^appe mit gelben ©c^eüen, gelbe
©einflciber unb fcf)Warje @(f)ut)c trug unb
eine oergolbetc ©c^aalc mit ^i^üd^ten in
ber |>anb ^ielt. ©ie wählten alle Jahre
einen Äönig unb fcd^ö 3tatäf;errn; Starrcn-
frcibcit, %xdiiät Don bem S^^i^nge bc^
lafiigen ^ofjeremonietlä war ber ^aupt=
^wecf ber ©efeUfc^aft. 3n Sijon bejlanb
514
D'ianen^ducd^cn — Dflibclungcnlicb.
eine d^nlic^e, aber größere DfiorrengefeH^
fd)aft, genannt bic 0tanenmutter, La Mere
folie, Mater stultornm, L'Infanterie
Dijonnoise. 3^^^ Obmann, ber ftc^ burc^
gute ©ejialt, gefällige fWanieren unb Ü^ec^t^
fc^affen|eit au^jeic^nen mu^tc, biep im Se=
fonbcrn bie 9Jatrenmutter unb ^atte einen
eigentlichen ^offtaat; auf ber ^afine ber
Infanterie ttiarcn eine SDJenge SJtarrenföpfe
mit SJiatrenfappen gemalt, mit ber Über*
fc^rift: Stnltomm infinitas est numerus.
^ie 50 ©c^meijer, mcIcE)e bie 9iarrens
mutter ju if)rer 2Bacbe ^atk, maren bie
tjorne^mften Äünjller ber ®tabt. I)er Qtuf-
na^me in bie 33rüberf($aft ging ein ßyamen
in SSerfen iiorauö, tai mit Werfen beant«
wertet «erben mußte. ®ecfcn= ober D'iarren;
gerid)te in fleinerm «Stabe geboren nod)
beute unter bie ^Jafinadjtlujibarfeiten man^
d^er ©egenben.
2)ic lefete 5lu«bilbung beö 0iarrentumö
»oüjiebt jtd) im (Seleite ber italienifc^en
SRenaiffance im 14. unb 15. ^a^r^unbert.
©ö iji ber römifd^e unb florentinif^e
Äarneoal, ber in Qi[nle|)nung an bie 33oIf«=
fittc, oicllei^t auä) an altftafftfc^e 3üge
unb unterjiü^t üon ber bamalä berrfd)cn=
ben auferorbentlic^en greube an plafitfcben
I>arfiellungen namcntli(J) gro^e Qtufjüge ju
ffiagen, ju $ferb unb .^u gu^c >?eranjialtcte,
mit allegorifd^en I)arfteüungen ber manig=
faltigjien Qtrt; beliebt mar befonberö ber
auö bem ^eibentume berübergenommene
S(f)iffmagen, eigentlich baö Sf^^W^ff/ ^^^
am 5. iDiärj alö Stjmbol ber micber er«
öffneten 3Weerfaf)rt in« iffiaffer gelaffen
würbe. (So ifi bicfelbe Sßorfieüung, bie
maf)rf(ieinlicf) nacb einem iöorbilbe ber
SRieberlänber, ju benen ber italienifAe
Äarnet>al (äingang gefunben batte, unferm
©ebafiian ©rant aU Sinfleibung feincö
Otarrenfcbiffeä bientc; eine^ Schiffe«
alfo, tai auf einem SBagen gebogen, ben
€tanb ber S^iarren ju tragen bejiimmt iji.
SBgl. nod& ^lögel, ®efcfei(i)te ber ^of*
narren, unb ®efc^i(^tc beö ®iote«f«Äo*
mifcbcn.
9ioncu5äu8$en, frj. cachot, nannte
man ein auf ber Sorberfeite offeneö, »er*
gittertet 33erlic^, in bem namentticb 6bc*
bre(f)er r>on ber fircbUd)en SBeprbe an ben
(Pranger gejietlt mürben. ®* mar in ber
Jtircfee felber, mciji jur rechten ober linfen
beö Sborö angebra^t, fo in ber (£tabt=
fitcbe ju Steilen unb in berjenigen ju
3ena. Qln ben 5Ratbäufern maren foldbe
^duäcben für ndcbtlid^e JRu^eftörer, für
Setruntene jc.
SlofcnfdÖinnc, frj. unb engl, nasal;
tat. nasale. 2>cr Sfiafenfdbirm ifi ein circa
4 cm breiter SDtetaüfireifen , ber jum
(S(|u|e ber SWafc auf ben urfprünglic&
glocfens ober kegelförmig gefialteten ^elm
be^ Äriegerö aufgenietet »urbe. 6iebe ben
2lrt. ^elm. Qlucb bie SRogjiirn ber qßferbe*
rüßung mar bamit t>erfebcn.
9icfrologien ^ei^en ißerjeidbniffe ber
Sobeötage aücr bercr, beren ®ebdd^tni^
in ber Äird)c ober bem Älojlcr, bem biefc
5tufjeicf)nungen angebörten, burc^ (Sin*
fcblie^ung in bie öffentlicbe ^fürbitte ge*
feiert merben follte. 6ie fmb naä) bem
Äalenber georbnet unb entbatten, ta jebcr
angefeliene Tlann ficb um feiner ©eligfeit
miUen ein fol^e^ ©ebdcbtniä ju ft^ern
pflegte, bie SJiamen ber angefe^enjicn
SWdnner geifilidben unb mcltlicben «Stan?
be#, namentlid^ aber ber Stifter mit ibren
Familien unb ber SQ3oblt{;dter, melcf)e
Scbenfungcn gemaci)t ober ©eelcnmeffen
gcjliftet l)atkn. ^l)xt 9tamen pflegte man
burci) grö§ere Schrift, farbige Dinte unb
fonftige Sersierungcn auöäujeicbnen. I)a^
?iefrologium fon gulba entbdlt SRamen
pon 780 biß 1065. S)icicnigen iJJefro^
logien, melcbe bloö bie iRamen t)on @tif*
tern entbalten, beißen QlnniDcrfarien,
DJeftel, lat. nustula, stigala, nennt mau
eine jum 3ufinintenfcf)nüren ber Äleiber
biencnbe ®^nur, i>k meifi — nac^ ?trt
ber beutigen Scbubnefieln — an ben (Sn*
ben mit 3[Uetaüfpi^en t^erfel^en maren.
9ic^. ®a0 gif^erne^ iji in norge*
fc^id^tUcber 3eit erfunben morben unb ifl
D^nc S^'eifel ber Äunft, Sud) ju meben,
üorausgegangen. I^aö ^aatne^i, lat. flecta,
flexa, cratula, fam auf beutfdE)cm ©oben
im 14. Jii^tbunbert in ©ebraud^. grauen
f(f)mücftcn unb banben bamit tai geflodb*
tenc unb aufgebunbene ^aar. ^m 15.
3abrbunbert trat infolge ber Döüigen
^aarfürjung b.ei SD^dnnern unb ,Jrauen
an feine Stelle bie ^aarbaube, mel^c
teil« allein, teil« unter bem Sßarett gc*
tragen mürbe.
mnmtn, fiebe DKufif.
Sitbclungenlteö, ein jiropbif(4eä (Spod
ber mitteIbocf)beutfcf)en 3eit, beffcn ©toff
ber SBolf^fage entnommen iji, mürbe ma^r*
fc^einlicf) jmifcben 1180 unb 1190 gebid)tet.
(So iji nur in jmei Umarbeitungen a\xi
ber erjien ^dlfte bed 13. 3abrbunbertd
erbalten. Sein 3n^ alt iji inben^aupt»
jügen folgcnber:
3n 2Üormö bauten bic btei Äönige
ber S?urgunben ©untrer, ®ernot unb
ü^ittclungcnlicb.
515
©ifel^er $of. einmal träumt if)rer
@d)tt>ejier Ätiem^ilb, mie \i>x jirei 2lblct
einen moftlgejofimten galfcn äcxrei^en,
mo^ i^re StRutter auf ben Job it)reö ®c*
liebten beutet, ©tolj entgegnet baö Wat'
(J)en: SBaö fagft bu mir »on einem ®es
liebten? 3c^ meif wol)l, tt»ic bie Siebe
mit ßeib lo^nt unb mü. bie SDJinnc mei=
ben. 2)ie ?lnttt)ort ber ilJJutter lautet,
ia^ bie I)öd)ftc ©eligfeit beä SBeibe^
ÜJJanneä-ÜJJinnc [ei.
3u SJiicberlanb ift ber So^n beö Äönig^,
©iegfrieb, eben jum SRitter gc[d)lagcn
worben. Tlan iiat if)m fiel von Äriem=
I)üb« ®d)önt)eit erjät)U, unb er befct)Iie|t,
um fie ju werben. S)ic9Barnung vor ber
Tlaijt unb befonbcr« i^or |)agenä @tärfe
f(f)lägt er in ben SBinb ; gicbt man H)m ba«i
DJ^äbAen nid)t gutmillig, fo miü er c« ftcfe
mit ®emalt erjmingcn. So ärgert il)n, ta^
man if)n vor ber Sapfcrfcit ber 33urgunbca
»arnt, it)n, ber jicf) jeben ju bef^cl)cn ge^
traut, unb in biefer ©timmung reitet er
in iai ©urgunbenlanb.
2n iffiormö fic{)t man if)n anfommen,
meit aber ni*t, »er er ijl. 9^ur ^agen
vermutet, ta^ ber jiattli(l)e ^clb mo^l
Sicgfrieb fein möge, ©r eräät)It, mie
berfelbe in ben Sefi^ bee ^ibelungent)orteö
gefommen fei, inbem er bie ütiefen ©c^iU
bung unb S^ibelung erfd)Iug unb 700
SRetfen i^re^ Sanbeö bejroang, wie er bem
3werg Qllbrid) bie Sarnfappe natjm unb
einen S)ra(i)en tötete, beffen SBlut feine
^aut unburd^bringlid) mad)te. 2)ie Könige
«erben bem fü^nen Qtecfcn gcmogen unb
empfangen it)n freunblid), aUein ©iegfrieb,
no(f) ganj unter bem (Sinbrucfe beicibigten
©toljeö, weil man it)n ben 93urgunbcn
ni(f)t gemad^fen get)alten \)at, forbcrt ben
Äönig ®untt)er ungejtüm jum 3weifanipfe
^etauö; auc^ Drtmin unb ^agen beleibigt
er. ®ernot unb ®ifell)er aber vermitteln,
unb ©iegfricb benft bann bod) au^ an
bie t)errU^e 3un9fi^au- bie ju gewinnen
er gelommen ifi. 6« bilbet ftd) balb ein
freunbfc^aftlid^e« 2)crl;ältniö, fo ba§ ©ieg^
frieb 'ein ganjeö ^a^x in SBorm^ bleibt.
Oft ftel)t i^n Ärieml)ilb bewunberub bei
ben SRitterfpiclen von ben ^rauengemäctiern
aui unb balb feimt in \\)x bie Steigung
ju bem ftattlidfjen gelben.
S)ie Könige ber S)änen unb ©ad^fen
fagen ben ©urgunben ben Ärieg an. 2)iefe
finb in großer SBeforgniö, allein ©iegfricb
crflärt fid) bereit, ben Äampf mit ^ilfe
von lOOOiRittern befielen ju wollen. 6r
nimmt gleid) ju Qlnfang ben refognoä^
jicrenben Äönig ber ©änen famt feinem
©efolgc gefangen, unb alö if)n ber©a4fen*
tönig in ber J5elbf(J)lacf)t crfennt, ergiebt
er ftd) verjweifelnb mit feinem ^eere.
93oten eilen mit ber ©iege0nacl)ric^t t)eim.
Äriem^ilb brennt vor 93cgicrbe, von ben
Saaten beö ^errlic^en SRittcrg ju t)ören,
ben fte im ^erjen trägt, aber fu wagt
faum nacfc einem ber 93oten ju fenben,
bcnn fie für(J)tet ju verraten, ta^ il)re ileil^
nat)me ben I^aten beö ©cliebten gelte.
2)er Sote fc^ilbert ben Äampf anfd)aulic^;
immer tritt ©iegfriebö J5>flbcngcftalt in
ben 55orbergrunb. 2)ic 3un9fi^<iu laufd)t
feinen SIBorten mit Segeifterung ; fie freut
fid) wot)l aud) über bie Jljaten it)rcr
Srüber, aber i^r ^erj ift erfüllt von
eicgfriebö l)errli^em Silbe. 'iRadj ber
JRüdfeljr ber Kämpfer bereitet man fid)
äum ©iegeefcft, unb um baöfelbe nod)
glänjenbcr ;;u mad)en, laffen bie .Jlönige
ibre ©c^weftcr Äriemi)ilb jum crfienmalc
mit i^rcm ®cfotge vor ben 9littcrn er=
fd)einen. 3)a pu|t ftd) mandjer junge
IRitter unb bofft, ha^ ein fd)öne^ ?lugc
wohlgefällig auf i^m verweilen möchte,
©iegfricb , ber .^auptt)clb , wirb bcjlimmt,
bie töniglid)e Jungfrau ju geleiten, ©c^üd)»
tern fül)rt er fte an ber .^anb , unb ber
l;öfif4)en ©itte gcmä§ , barf ibm feine
bolbe Begleiterin aud) einen Äu§ gewähren.
2ßie maucf)cr Stccfe ftet)t ta fe^nfüd^tig
nad) ben ^ßeibcn! ©ie banft it)m für
ben 93eifianb, ben er il)ren trübem ge=
leijlet bat, unb fo fmb fte bie jwölf Jage
be^ gefieö t)inburd) in trauliebem 93ei=
fammenfcin. 3""! guten ©d)luffe Werben
bie gefangenen Könige nad^ bem ebeU
ftnnigen 3[}orfd)lagc ©iegfriebö ol)ne8öfe =
gelb freigelaffen.
®untt)er l)at ftc^ 93rün^ilbe, bie Äö«
nigin von Jölanb , ;ur ®emai)lin auä-
erfe^en unb bittet ©iegfrieb um ^ilfc bei
ber gefal)tvolIen SBerbung. Dicfer fiebert
fie it)m gerne ju unb wagt nun enblid)
auc^ mit feiner Söerbung l)ervoräulrcten:
Äriemt)ilb fo(l fein Colin fein, iöo^lge«
ruftet begeben ftd) bie .gelben, nac^bem
alle SBorfet)rungen getroffen ftnb, ju ben
©d)iffcn; Äriem^ielb bittet ©iegfrieb, il)ren
*.öruber ju f^ü^en.
3n 3^l«"b angcfommen, werben fte
von ber .Königin empfangen, wel*e ©ieg«
frieb für ben werbenben Äönig bält, er
weift fie aber auf ®untber l)in,' für beffen
2)ienftmann er ftd) auögiebt. S)tefeö gro§e
Dpfci bringt er, um ftd) unbemerft ent«
fernen unb t^m ^eimlid) beijlelien ju
516
Jiibelungenlieb.
fönncn, o^nc t)a% fein ^e^Icn unter Den
©dfien ouffäKt. 9^un beginnen hii Äampf«
fpicie, in bencn 93tün^ilbe burcb ©untrer
beftegt tt)ctben mufe, um i^m aU ®attin
nad) SBovmd ju folgen. Sicgftieb gef)t
ju bcn ©(i^iffcn unb |oIt bic Jarnfappc,
wtlä)t i^n unfic^tbar mac^t. ®o t)er|)itft
et ©untrer ^üxn Siege unb fiellt ftd^
nad^^er, alä ^ätte et ben Spielen nii^t
beigeh)o^nt.
Srün^itb nimmt üon ben S^rigen
5tbf^ieb unb mit günfiigem 2Binbe fegein
ftc na<i) iBormä. (Siegfrieb eilt al^
Sote üoraud unb irirb eon Äriem^ilb
fteubig empfangen. Sie entf^ulbigt ficfe,
fie iiahi fein Sotenbtot für einen fo
reid^en Äönig; er aber antmortet, wenn
er brei§ig ßanbc ^ätte, fo «ürbc i^n eine
@ait auö i^rer $anb glücflicf) machen.
5llö ®untl)er angefommen i^, mirb bie
SBermä^lung gefeiert unb bei ber barauf
folgenben iafel Äriem^ilb mit ©icgfrieb
ferlobt, inbem fte bie (Ringe njec^feln.
2)aö mu§ ber ißrün^ilbe auffallen , weil
fie ja Siegfrieb für einen ©igenmann
©unt^er^ ^ält. Sie befriebigt frc^ nid)t
mit ben 5tuöflüc^ten ®untl)erö, bro^t, i()m
i^rc SOtinne nicf)t gett3ät)ren ju wollen unb
binbet il)m, ha er ficft il)r im Sraut«
gemac^ licbemerbenb nabt, ^änbe unb
gü§e jufammen, worauf fte i&n an einen
Jiiagel Ijängt. Qlm SDtorgen t>a er Sieg*
frieb fein ßeib flagt unb i^m feine
gef^WoUenen ^dnbe jcigt, üerfpric^t il)m
biefer feinen Seiftanb. "Jlbenbg f(^leid)t
fic^ Siegftieb con feiner ©ema^lin weg
unb ge^t, burcE) hu larnfappe unfti^tbar
geworben, in ©untberö (Semac^. 3n S«*
Waltigcm (Ringen befiegt er hai jiarfe
SBeib, hai il)n für ©untber ^ält, unb
biefer barf ftc^ nun ibrer SOlinne erfreuen.
Sicgfrieb nimmt im Übermute einen iRing
»on Srün^ilbenö $anb unb ibren ©ürtel
mit unb übergiebt biefe ©egcnfiänbe feiner
©ema^lin.
Sicgfrieb jiel)t nun mit feiner ©e«
ma^lin in fein Äönigrei(i. Srün^ilben
lä§t eö aber feine !Rul)e, ba§ er gar feine
Seid^cn üon Untertänigfeit giebt, feinen
3inä entricbtct unb fid) nie bei ^ofc fe{)en
lä§t. Sie uerlangt üon ©untrer, ba§ er
il)m einmal licrjufommen befehle, unb
enblic^ wiHigt biefer ein, i&n einjulaben.
Srünljilb ertunbigt frei^ eiferfücbtig bei
bcn Sütcn, ob benn Äriem^ilb noct) immer
fo fd)ön fei. Die reic£)en ©efc^cnfe, bic
iljnen Sicgfrieb gefpenbet bat, erweden in
^'■agcn ben ©ebanfen an beffen großen
Sd)a^. ®r War oon je^er oon "Reib gegen
Sicgfrieb erfüEt. grüner t)atte er bie
crjle SRotle am jg>ofc ber iöurgunben ge=
fpielt, fein iRat war bie Ic^te Suflu^^f
ber Äönige gewefen, feit aber Sicgfrieb
gefommen ifi, fiebt er [li) beifeite gefletlt.
2)cr Seft^ eineö Sd^a^e^ oerfci)afft Tlai):,
mit ©olb fann man ^cerc Werben, unb
eä feimt in |)agcnä Sinn fofort bct
2Bunf(^, Sicgfrieb beifeite ju fc^affcn unb
bcn ^ort ju gewinnen.
2)ic ©äfie werben wol)l cmpfongcn;
iBrünt)ilb wirft öerfio^lcn manchen Slicf
auf i^re Schwägerin, beren S(^ön^eit 2llle
übcrfira^lt. Sd^on elf Sage bauert ba^
Jcji, ba fel)en bic Königinnen einmal ju»
fammen bem SBaffenfpicle ju. Ärieml)ilb
ifl glücflicf über bie 2l)atcn i^rc'g ©atten;
il)r " licbenbes ^crj fliegt über in bewun«
bernbcn Söortcn. 3" i^i^et" ©lürfc übcr-
l)ört ftc bie Diebe ber Sörün^ilb, welche
^cruor^cbt, baB er eben boi^ ©unt^eriS
ßeibcigencr fei. 93rünl)ilb wieber|)olt biefe
Sßorte, welche Ärieml)ilb einfa^ baburc^
jurücfwcifi, ba| ©untrer jtc, feine Sc^wejiet,
boc^ gewii nicbt feinem Seibcigcnen Der«
mä^lt f)ätte. SSrün^ilbe aber Wirb immer
bitterer , unb nun gerat aud^ Ärieml)ilb
in ülufrcgung, ftc jieHt Sicgfrieb fogat
l;ö^er aU ©untrer. 3t>i^ni? fpiii^t bie
Söurgunbenfönigin: „3d) will fcl)en, ob
man biet) ober mid^ meljr e&rt." „^arvo^l,"
entgegnet Äricml)ilb , „mein ©atte ifi ber
Srcfflicbjle, ber je eine Ärone trug." Sie
trennen fii), um ftc^ jum Äirdf)gange ju
fleiben. Stün^ilb mit i^rcm ©cfolge ifi
bie crfie beim ÜRünfier unb erwartet Ariern*
bilb, um JU fel)cn, ob ftc eö wagen würbe,
uor i^r bic Äiri^c ju betreten. >Diefelbc
nat)t mit \\)itn\ ©cfolge, iai im ©lanje
feiner Älcibung alle« übcrfiral)lt. SSrünbilb
ruft ilir JU: Jlnn warte; »or ber Äöni*
gin fott feine leibeigene üRagb gcf)cn."
„Schweige," entgegnet bie auf« ^ödbfie
gercijte Äriem^ilb, „bu bift ja ein Mtbi--
weib; wiffe, ia'^ bir mein SRann, nic^t
©untrer, hai ÜRagbtum genommen ^at."
Darauf fc^reitet fte mit il)tem ©cfolge in*
SOlüii^cr unb lägt bie weinenbe iBrünbilb
braupen fiebcn. Dicfe wartet, btä Äriem«
^ilb äurütffommt unb fe^t ftc jut iRcöc.
Ätiemt)ilb befräftigt it)rc SBorte burdb ben
iRing unb bcn ©ürtel, bcn ftc oon ibrcm
©cmablc erl)alten bat. ßaut weinenb laft
!ßrünt)ilb i^ren ©attcn unb Sicgfrieb
rufen, wcli^cr feine Unfcf)ulb burcf) bcn
Dieinigungäcib bcjcugt.
j^agcn fommt baju unb finbet bic >itit
SJJibelungenlieb
517
liöd^fl günfiig für [eine ^Jlbfic^ten. Unter
bem SBorroanb, bie ©c^ma^ feiner Königin
ju rächen, fann er ben üer^a^tcu iJJebens
bu^Ier befeitigen unb jugleid^ ben ®d)a^
gewinnen. 6r rät alfo ben burgunbifc^en
Königen ©iegfricbö Job; anber^ fönne
bie erlittene ®cf)mad^ nic^t gcfül;nt werben.
®ie wollen aber mcl)t barauf eingeben;
©icgfrteb Ijat ja ben Oieinigungöeib ge--
leifiet unb feine t)ielfa(^cn '-öeroeife un«
cigennü^iger ^^'^^"n^f'^^'itt f^nt nodE) in
frifc^er Erinnerung, ^t^t tritt ^agcn mit
feinem cigentlii^cn ©ebanfcn ^eroor:
„Süöcnn unä ©iegfriebö Scb feinen @d)a^
oerfd)affte, fo mürbe ficf) unfre Tlaä)t über
aüe ßanbe ausbreiten!" ©untrer ifi ju un=
felbfiänbig, aU t^a^ er Apagenö SRat ofjne
2öeitereä »ermerfen fönntc. @r meifi nur
barauf ^in, ha^ bei ber Stärfe ©iegfriebS
büc^ fein Erfolg f^u hoffen mare, wenn
man ben 'l>Ian aud) ausführen moüte.
„Saö überlast nur mir," fprid)t •5>agen,
„bafür werbe X(i) fc^on forgen". @r weip,
t>a^ Sicgfrieb eine ocrwunbbare Stelle ^at
unb cd gilt nun t>or Willem, oon Ariern*
^ilb ju erfahren, wo fic^ biefelbe befinbct.
3u bicfem ä'^ccfe erfrnnt er eine ßifi; er
Ia§t bur(^ eine falfd)e 93otfd)aft ben Sur«
gunbenfönigen bin Ärieg anfagcn. @ieg=
frieb bietet, wie ^u erwarten war, fofort
feine ^ülfe an, Äriemf)ilb aber ifi in
^üc^fier *ilngfi, benn fie fü^It wot)l, ta^
fie eine feinbUc^e Stimmung gegen Sieg»
frieb |)erüorgerufen fiat. I)a[)er fud^t fte
^agen, ber am meiften ju fürd)ten iji, ju
gewinnen. QllS er ^u i^t fommt, um ^Ib«
fcf)ieb ju nebmcn, gefielt fte, Unredjt ge=
^abt ju l)abtn, bittere Dieue quäle jre.
©ie oertraut i^m au^ i^re SeforgniS an,
man möd)te itjre 8c^ulb ©iegfriebcn ent«
gelten laffen unb flebt il)n, benfelben ju
fd^ü^en. 2)aä oerfpric^t er unb rät il)r,
ein roted Ärcujdjen auf bie 6te(Ie ju
nä^cn, bie er fi^ü^cn foüc. 2)amit t)at er
feinen ^Wii erreid)t unb ber angebli^e
Ärieg wirb nun wicber abgefagt.
Salb nai^tier ruftet man fii^ ju einer
3agb, bie am Dbenwalbe fiattfinben
foü. 93öfe Sräume ^abcn Ärtem^ilb ge^
ängfiigt, fte befi^wört ©iegfricb, biefeä
SKal jurücf jubleiben, attein er läßt ficft
burc^ i^re Öcforgniä nic^t abgalten. *}Uif
ber 3agb t[)ut er üöunber ber Äüf)n^eit;
er fängt fogar einen Sären; binbet i^n
lebenbig unb ^ängt i^n an ben Sattel.
Qltled jiaunt ben wunberlic^en i^ani^ an;
im Sager lä§t er ba^ Zi}m I00, baS ftdb
eiligft flüdbtet unb babei unter bie Äeffel
unb Söpfe ber entfetten Äödje gerät, toai
broöigc Sjenen oeranla^t.
^agett bemerft plö^lid), ta^ man ja
ben 2ßein cergeffen kabi , fennt aber eine
nal)e Dueüe, bie ben ßabetrunf fpenben
foü. ®untl)er fdilägt einen SBcttlauf mit
Siegfrieb oor. 2)iefcr nimmt feine Söaffen,
S^ilb unb Schwert jur ^anb unb legt
frei) fogar auf bie Srbe, wä^renb ©untrer
nnb ^agcn bloä mit ben ^emben befteibet
ju laufen beginnen. Sro^bem erreid)t er
bie CiueEe juerft, wartet aber auf ©untrer,
um i^m bie (j^re beS erftcn Irunfeä ju
laffen. Sorglid) legt er iljm ben Sc^ilb
ju bem SBaffer ^in, bamit er nid)t auf
bie Erbe fnien muffe. 9iad)bcm ©untrer
getrunfen l;at, fnict Siegfrieb nieber:
„de engalt er siner zühte", ia lol)nte
man il;m feine ßiebcnäwürbigfcit! ^agen
fdjafft alle Üöaffen fd)nett bei Seite, er»
greift einen Speer unb burd^bof)rt Sieg=
frieb an ber Stelle, wo tai rote Ärcujc^en
aufgenäht ifi. Sotwunb erbebt fic^ ber
Öelb, mit bem Sd)ilb fdjlägt er ben
flief)enbcn ^agen nieber, ber nod) nie in
größerer ßcbenSgefabr war. Qlbei Sieg*
frieb ifi 5U fc^wad), unb fällt in bie
'■Blumen. Ü)Jel)r als bie SIBunbe fd)mcrjt
i^n bie 2;reuloftgfeit feiner Scrwanbten,
unb eö ifi rü^rcnb, wie er bittet, wenigfienS
feine liebe ©ema^lin wo^l ju be^anbeln.
9iicmanb wagt eS, ber Äriem^ilb bie
5lrauerbotfd)aft ju überbringen; ^agen
aber jeigt feine ganjc ütol)^eit unb legt
i^r bcnßeid)nam gerabe »or bie ©(^wette.
5ltS fie am üDlorgen bie Seiche erblicft,
ifi il)r Siwmer furd)tbar. 2ßie ^agen
unb ©untrer ju bem Soten treten, bt-
ginnen bie SBunben wieber ju bluten,
fe^t ifi fein 3tt'«'fel mebr: Srün^ilb riet
bie J^at, unb ^agen ifi ber DJJörber.
SRac^e, blutige Öta(^e ifi ber einjige
©ebanfe, ber im ^erjen beS unglüdlid)en
SöeibeS noc^ 9taum ^at. üJJit ben Srübern
»erföl)nt frc ftd) jwar wieber, nid)t aber
mit |»agen. Sie läßt im 3?ibelungen^ort
nac^ üBormS fommen unb wirbt frembc«
J?riegSDolf bamit, rvai ibre Sörüber be«
unrul)igt: fie nehmen i^r ben Sd)a^ unb
übergeben i^m ^agen , ber i^n jU ßo^=
t)äm in ben 9it)ein uerf'cnft.
(S0el, (=5lttila) bem feine ©attin ge-
fiorben ifi, wirbt burc^ ben SOiarfgrafeu
Oiübeger um Äriem^ilb. ^agen rät ben
Srübcrn ab, ber Sßerbung ©ebör ju
fd)cnfen, benn alle 3}lad)t in ben ^änben
bief'eS aufs tieffie iierle^ten 2BeibeS er»
fdieint ibm gcfäbrlid). StQcin bie ©rüber
518
Dlibelungentieb.
»Billigen ein. ^ricm^ilb fdbfi will juetfi
nic^t batauf eingeben, biö i^r iRübcger,
bct nid)tg t)on ben 93er^(iltniffen ttJci^,
fcf)»t>ört, ii)i jictö ber nü^fic fein ju njoflen,
ber ein iftr jugefügteö öeib rad)e. ÜJiit
jicmlicf) faltem 5lbf^ieb ((Reibet jxe »on
i^ren SBrübern unb leiji mit bcm Tlaxh
gtafcn bem re(i)ten 3)onauiifer entlang.
?iadb bem freunblic^cn Smpfang, ben iljr
SRübeger^ ^f^^^lic i'^ Sed^claren bereitet
:^at, trifft fte Sfeel, an ber ®renje. ©ic acbt=
äef)ntägigc. reid)e SBermäftlungsfeier ftnbft
ju Sffiien jiatt unb barauf jiet)t Äriem^ilb
aU neue ^errin 'in S^etnliurg ein. Sin
©öftnd)en beglücft fie, aber it)re ©ebanfen
roeiten bod) noc^ oft am !R6ein; fic
münfd)t iftrc gute iÖJutter :^er unb träumt
fon ©ifel^er, ii)rem jüngjien unb liebfien
Sßrubcr.
3mölf S^ifli^f fm^ »ergangen; noc^
immer betrauert fte ©iegfrieb in ibrem^crjen.
©orglicf) ^at fte QlUeö i^orbereitct unb nun
fotl bie SRa($e über .^agcn hereinbrechen.
®ie lü^t ibre ©ruber bur^ Äönig S^el
in baä |>unnenlanb einlabcn unb trägt
ben 93oten nod) befonberä auf, bod) |a
bafür ju forgcn, ia^ -fragen mitfomme.
!E>ie Könige ne|)men tro^ ber SBarnung
^agen« bie Sintabung an unb $agen
entfc^Iie^t fid) mitjugeben, obgleich er ben
Q}Ian ber ^riem^ilb burcf)fd)aut unb »ei^,
ba| eö befonberö auf ihn abgefe^cn ijl.
2)ic SBoten bringen bie D'Jacbri^t ju ben
^unnen unb Äriem^ilb froblocft, aU fte
rernimmt, ia^ ^agen ni(!bt äurüdbleiben
mcrbc.
^agen ifi ju fiol;, aU ba§ er ben
5tnfdE)lägen Äricmf)ilbö furd)tfam aus*
tt)eici)cn moüte, ta bod) bie Könige bie
©efabr nid)t füri^ten. Sr muf am 31196
teilnehmen, mcnn er nid)t für feige ge=
galten fein hjill. 6r ftebt ein. ta^ bem
aSer^ängni^ nic^t ju entrinnen ifi unb
gef)t if)m tro^ig, bie ©cfabr felbji hixam'
forbernb, entgegen. ilU Ute, bie SWutter
ber 5?önige, ibre ©öbne befd)mört, nid)t
fortjujieben, ba ein böfer 2raum ii)r Un=
^eil nerfünbet bebe, ifi ^agen ber erjle,
ber fte jurücfmeifi unb *fficiberträumc
Jborbeitcn nennt. Sine fomifcbe SRotle
fpicit ber Äüc^cnmeijier SRumoIb, ber
©untber äurürfjubaltcn fuc^t unb t>ers
fprid)t, ibm bann immer fein fiicblingö=
geriebt focben ju mollcn.
I)ie 2)onauniyen meiffagen ^agen auf
ber [Reife, ta^ niemanb au^er bem Kaplan
»ieber beimfcbren merbe. 4>Qgen tt)irft
ibn auf ber Überfabrt ine ilöaffer, um bie
^ropbcjeibung ju prüfen. 2>cr SD'li^
banbelte fdbmimmt af'cr mieber jurüd ani
Ufer, mo er feinem 5trgcr burcb meiblidb«^
@d)impfen ßuft macbt. ^t^t erfcnnt
^agen, ta^ er ricbtig oorau^gefcbcn bat;
niemanb mirb feine ^eimat mieber febcn,
unb er jertrümmert iai Soot, iai jtc
übergefübrt i)at. >Die Ferren be^ ßanbeö,
bie ftcb ibnen in ben ffieg fieüen, mcrben
befiegt; bie @d)aar jiebt Weiter unb trifft
auf ben SWarfgrafen, ber bie ©renjc be*
bütet unb fte marnt.
SBäbrenb fo auf allen »Seiten trübe
2Bolfen ben nabenben ®turm i^erEünbcn,
brid)t plö^Ii^b ein b^üer ©onnenftrabi
bertor unb jeigt unö ein Iieblid)cö 93ilb,
ben reijenb bärgefieüten Qlufentbalt bei
SHübeger in ißed^elaren. Sä ifi atterliebfi
gefd)ilbert, mie bie fdböne locbter JRübe*
gerö beim Smpfang ben grimmigen ^agcn
lieber nidbt gefügt bätte, maö fte bodb ber
Stiquctte gemäf tbun mu§. dagegen
gefällt ibr ber junge Surgunbenfönig
©ifclber febr gut, unb bie gegenfeitigc
[Reigung fübrt jur iBerlobung. ^itn er«
bält beim 5lbfd)iebe ein ©efcbenf, ©untticr
eine SRüfiung, (Sernot ein ®d)mcrt, ^agen
einen c ottreff lidien (gd)ilb. ^ux ©ifelber
erbält nid)tö; Siübeger bot ibm ja ta^
93efte, »üö er bcft^t, feine fcböne Sodbter
JU eigen gegeben. Sr giebt feinen ®äficn
ta^ ®eleite, bamit fte fid)cr bei S^el an»
tommen.
©er Äönig Isietricb t?on Sern, ber an
S|elä >f)ofe nieilt, reitet ibnen entgegegen
unb marnt fte, inbem er »errät, ta^ Ariern*
bilb ben ermorbeten «Siegftieb noi) immer
bemeine, fomit fei eö geboten, auf ber ^ut
5U fein, ^agen fpottet: „3^r« J^ränen
merben ibn mobi nid)t fo fd^neü miebcr
lebenbig mad)cn." Äriembilb gebt ibnen
jum Smpfang entgegen, eö ifi ibr aber
nid)t möglieb, ibrcn ®roIl ganj ju »er*
bergen; mit ^a%in med)felt fte bittere
SBortc. SDie Sutgunben geben bie SBaffen
nicbt ab, unb jornig ftebt bie Königin,
ba| fte gemarnt morben fein muffen.
^agcn unb ber ©pielmann iöolfer, ber
tiai ©cbwert eben fo gut ju fübren tt)ci§,
aU ben ^^iebelbogen, ft^en nacbber Ju*
fammen Dor bem ©aal unb Äriembilb
gebt an ibnen vorüber. SSolfer »iU ftcb
erbeben, mie eö ft^ gejiemt, .^agen aber
fagt: „IWein, fte fönnte glauben, mir fürdb«
teten fte." Sr entblößt uielmcbr fein
(£d)h)crt, tai @iegfrieb einfi gebort ^at,
unb entgegnet ber Königin,* bie ibm 95or«
rcürfe madit, faltblütig: „3a »obl, iä)
SfJibelungenlieb.
519
f)abe bir ßeibeö genug gctfian: iä) i^abi
in bcn ©icgftieb erfc^Iagcn." 5Dic (Ritter
im ©cfolgc bcr Königin tragen eö aber
nid)t, ben Äampf mit bcn 93ciben aufju*
netimen, unb [o gef)t bicfe günfiigc ©c«
Icgent)cit roiüber. „Df^e^mt baö (äifen»
getttanb unb ergreift bie ©(^werter," ruft
|)agcn feinen ®enoffcn am 5JJorgen ju,
alö fte jur SOteffe gelten, unb ta. (S^el ftrf)
barübcr »unbert, crtt)ibert er, baö fei fo
ber SBurgunben 93rau^. ytaä)\)n «irb
turniert unb Söolfer tobtet babei einen ber
riornebmfien .^unncn; ©|el aber befc^wic^-
tigt feine 8eute, ha eö nur ein unglüct*
li^er S^'iüU gett)efen fei.
^riem£)ilb, bie nergebticb ©ietrid) imn
iBern unb feinen SBaffcnmeijler ^ilbebranb
gebeten ^at, fte ju räcf)en, njenbet ft(^
itun an Slöbelin, ber mit feinen öeuten
alle knappen in ber .^erberge ber ®äfte
erf(f)Iägt. 3>anfti>art tobtet it^n unb battnt
ftdf) einen Sffieg buri^ bie geinbe, um ju
feinen ®efäl)rtcn ju gelangen, bie mit
S^el im Saale ju Safel ft^en.
^ier bat ^agen ben ^unnenfönig grob«
Uä) beleibigt unb Qlilc finb in aufgeregter
Stimmung. «piö^Iid) erfci)eint Danfttjart
bluttriefenb Dor bem ®aal. SDa feiert .^agen
•Juf: „3e^t tttoüen ttiir bem Äönig feinen
2Bein bejahten;" $Der erfie Scf)Iag trifft
G^elö 6ö^nlein, beffen ^aupt in ben
iScf)o§ Ärieml)ilb0 todt. 93oIfer, ber ©pieU
mann, ftebclt mit feinem ©c^mcrte unge-
füge iöne auf ben ßeibern ber ^unnen,
bie fämtlic^ erfcf)lagcn n?erben. 9?ur (5^ei
unb Äriemf)ilb »erben »on 2)ietri(^ ge^^
rettet unb aucf) SRübegcr mit feinen 9!Jian=
nen oerld^t ben ©aal, ber nun non (S^el^
Pannen ringÄ umjingelt mirb. ^agen
mirb »on mehreren |)unncn bcfianben unb
in gro§e ?iot gebracht, jtegt aber fcf)Iic^5
lid^ bod) immer. 2)ic Surgunbenfönige
fud^en i{)re ©(^mejler ju befänftigen, unb
fte ip au^ jum ^rieben bereit, aber nur
unter ber Sebingung, baf ^agen auögc«
liefert tterbe, worauf bie 93urgunben natür»
lid^ nid)t eingeben fönnen. 2)a lä^t Äriem^
^ilb baß obere ©toctmer! be« ©aaleö
anäünben; bie ^aupt^elben ber belagerten
bleiben aber immer noc^ am ßebcn. S)aö
SBlut fte^t fo i)oä) im ©aal, ia^ bie
nieberftnfenben Sßermunbeten ertrinfen unb
auf ^agen« (Rat füllen bie gelben it)rcn
I>urjt bamit.
3e|t ifi nod) (Rübeger übrig »on ben
fmnitifc^en (Recfen. SDer Äönig bittet i^n,
ben ©treit mit ben gcinben ju beftebcn,
unb fo fommt ber (IRarfgraf in eine »er*
jweifelte ßage. (Stflef)t: „(Rimm mir mein
fielen, alle«, »a« ii) beft^e, la§ mid^
betteln gej^en, nur forbrc nic^t, baf i^
meinen ®äften, meinen ^reunben, meinen
aSertüanbten in il)rer JRot alö ^einb gegen=
übertrete!" 2)a erinnert il)n Äriem^itb
an ben 6ib, ben er ibr geleifiet bat, aU
er um fte marb, ia^ er jeberjeit bcr erfie
fein moüe, ber i^r ßeib räc^c. (Run fann
er ni(^t mel)r außweicben, er mup fein
©(^mert gegen bie jie^en, bie mit il)m
bur($ bie engften (Sanbe ecrbunben finb.
3llö er ben ©urgunben nat)t, glauben fte,
i>a^ i^ncn ^ülfe Eomme; aüein er fe^t
ben ©•f)ilb t»or ben ^u^ jum 3£i<^f" ^^^
gebbe. Die gelben f lagen; „fflill^ bu
beine Sodjter benn fd)on jur SBittroe ma*
ct)en?" ruft if)m ®ifcll)er ju. ^agen ;(eigt
bcn ©c^ilb, ben er oon i^m ali ©aft«
gefcbcnf empfangen l)at unb ber ganj jer»
flauen ifi. (Rübeger giebt i^m ben feinen
unb tt)ünfd)t, tü§ er i^n nocf) in feinem
^eimatlanbe tragen möge. 2;t)tänen ber
9lüt)rung treten ben |»elben in«* QUige bei
biefem legten ^tiä^m non (Rübegere Streue
unb greigebigfeit. 2)ann beginnt ber
Äampf. ®ie OJiannen (Rübcger« unb bie
Überbleibfel bea burgunbifc^en befolge«
faUen; (Hübeger unb ®ernot erf(J)lagen
jt^ gegenfeitig unb werben »on ben Sur*
gunben tief beflagt.
2)ietri<^ t)ört oon bem Jobc (Rübegerö,
feine« treuen grcu"^^^' ""b »erlangt
äornig ben ßeid^nam ^erauö. „^ole i^n
fclber", ifi bie tro^ige ^Intwort. (Bolfer
fä^rt fort, ju ^ö^nen unb ju fpottcn, unb
fo fommt e« jum Äampfe, in »eld^em
Qllle, au^er 2)ietri^ unb ^ilbebranb, ®un*
t^er unb ^agen fallen. 3"'«^t übermal»
tigt 2)ietrid) bie beiben Öurgunbcn unb
bringt fte gebunben cor Äriem^ilb, inbem
er i^r ®nabe für bie fü^nen (Recfen em*
pfiet)lt. ©ic perlangt uon ^agen bie dln«
gäbe be« Drte«, mo ber (Ribelungcnl)ort
uerborgen liegt, ^agcn meif mot)l, ta^
(Ri(^t« mt\)X fein löeben retten fann, roiil
ber Königin aber nod) bcn legten ©traben
antt)un: fte foli ben Ort be« ©c^a^e« nie
crfat)ren. „©o lange einer meiner Ferren
lebt", fagt er, „merbe irf) bcn Drt nic^t t)er=
raten." ®a la^t fte it)rem sBruber ba« ^aupt
abfd)lagen unb äeigt e« -^agen. „Se^t
meip ben ^ä^a^ (Riemanb, al« ®ott unb
idb; unb Du tt>irP feinen Drt nie erfaljren! "
ruft er frobloctenb au«. jDa jiebt fte
©iegfrieb« ©^mert au« ber ©(f)eibe unb
crf^lagt il)n. ©rgrimmt barüber, ba§ bie
fü^nen gelben burc^ bie ^anb be« blut=:
520
iRibcIungenlieb.
bürfiigen ilBeibeä gefallen jtnb, beffcn tnübc
gtadE)e fo ctel Unheil fiiftete, i)aüt ^ilbe*
branb auä) jte nicber. ©o nimmt, toai
in ßiebe unb ®IM begonnen ^at, ein
blutiges (5nbc, „als ie diu liebe leide
an dem Ende gerne git."
©ie^ragena^ bcm ^anbfi^tiftcn«
t)erbältni§, womit aucf) bie ^rage nad)
ber (Sntjle^ung be^ ©ebi^te^ jufammen«
pnat, ijl noc^ feine enbgiltig gelöste.
©« ^nb fc^r »iele ^anbfc^riften oor^an»
bcn. 2)ie meijien gef)ören ju ber (Sruppe,
ttield)e man bie iBuIgata ju nennen pflegt,
an beren ©pi^e B, bie 6t. ©aßet ^anb*
f^rift, aU bie bej!e jic^t. Die ^o^enemä*
{DJünc^ener |)anbf^tift A nimmt in bicfct
©ruppe eine eigentümliiie, felbjlänbige
©teßung ein. Weniger ^ai)Iieid^ iji bie
©ruppe, beren Caupt»ertreter bic^o^^encm^*
fiafbergifc^e ^bfc^r. C iit.
Sobmcr würbe juerfl auf bie^bf(I)r. C
aufmerffam gemac[)t unb gab beren legten
Seil bcraufJ, Ü«t)ller Ue§ bann aud^ noc^
bcn porbern Seil abbruden, aber nac^ ber
|)bfc^r. A. SBobmer t)ielt A für bie ältefie
|bfcf)r., unb biefe SWeinung rourbe aUge*
mein angenommen, o^ne ba§ irgenb^emanb
einen Semciä »erfuc^t ^ätte. ©^on S) o c e n
blieb eö nic^t verborgen, ia^ C bie ältefle
ber unö erfialtenen |>anbfc^riften fei. ßac^*
mann, ber anfänglich biefe ÜJleinung teilte,
gelangte fpäter ju ber cntf^iebenen Oln-
ftc^t, i>a^ bie fpätere ^bfc^r. A eine ältere
©eftalt be« Sejrte« enthalte. 2>en Unter-
fucf)ungen2ßolf« jufolge fmb bie f)ome»
iifci)en ®ebid)te aU Serfnüpfungen ein*
jelner 2ieber ju betrachten, unb bie mebr*
fa^e aSergleic^ung beä Dlibelungenliebe^
mit ber 31iaö, namentlich aber bie cielcn
inneren 2BiberfprücI)e in ber ^bfc^r. A,
tt)iefen barauf \)\n, ju unterfuc^en, ob
frd^ nic^t auct) für t>ai beutfd^e ®poö iai
gleid^e 23erf)ältniä nac^meifen laffe. ßac^*
mann fam ju bem 9ftefultate, M^ iai
ganje ©ebici)t au« 20 romanjcnartigen
ßicbern jufammengefügt fei, beren ®tro:=
Pbenja^l ftc^ immer burci^ 7 teilen laffe.
2)iefe Solfäliebcr «urben feiner 3eitbe*
fiimmung S" ^olfl^ «t"'« ""^ 1190—1210
gebic^tet, bann mit Sufä^en oerfef)en unb
um 1210 äu einem ©anjen Bereinigt, wie
e« A, freilief) fc^lect)t, überliefert. 2)cr
Serfaffer bcö Scfteä B oerbefferte bie robe
Qlrbeit unb fein Sejt würbe bann in C
um 1220 noc^ einmal geglättet unb oer»
fcinert. öa(J)mann fuc^te nun au« A bie
ältefien ßicber raieber bcrau03ufcl)älen, ton
bencn er annat)m, ta^ fxc ganj unücr*
änbert in iai dpo« aufgenommen feien.
^aä) aUerbing« nid^t immer fonfequent
burc^gefüf)rten Kriterien erflärte er eine
ÜJienge üon ©tropben für unä(^t, tjom
Bearbeiter binjugebid^tct, unb fam fo ju
htn 20 ßiebern.
3uerji trat ^oltsmann (1854) gegen
biefe *Hufjiellungcn ßa^mann« auf, bie
lange Seit unan9efocf)ten geblieben waren,
unb i^m folgten fogleid^ me^r ©elcbrte,
welche ber Äritif ßacl)mann« ben ißor*
wurf ber Befangenheit in einer »orge*
faxten ÜJJeinung mad^ten. SBäbrenb fonjl
in ber Äritif ber ©runbfa^ gilt, i)a^ man
Dom bejlen Serte auäjugc^en unb, fofcrn
nii^t« bagegen fpric^t, bie ältefien ^anb*
fc^riften befonber« ju berücffx4)tigcn f^at,
fo war in biefcm ^aü. oon ßadbi"inn
tai umgefcj^rte ©erfahren eingefc^Iagen.
3iur bie fiiebert^eorie fonntc i^n baju
bcre(i)tigen, nur wenn biefe fejiflanb, ergab
ftcf) A aU ber urfprünglicf)jie Seyt, aber
bie ßiebert^eorie felbfi war blo« ju fiü^cn,
wenn A aU urfprünglic^ftcr Sejt ange»
nommen würbe. 2)ie Kriterien für tit
5luöfd^eibung ber ßieber fanb man ju
wiüfürlic^ unb bie Seilbarfeit burc^ 7 in
ber ©trop^enjabl ungenügenb bcgrünbet.
2>ie 51nft(^ten be« bamal« bereit« Der»
fiorbenen ßac^mann fud)ten bcfonberä
ÜJt üllen||off unb ßiclienfron, in
neuerer Qät ouc^ » o n 9)i u t b gegen biefe
Singriffe ju tcrteibigen , wäbrcnb SBil*
mann«, an ßac^mann anfnüpfenb, mit
einer neuen 2lnfr(^t oon ber (Sntfie^ung
be« ©ebici)te« ^ercottrat.
^ol^mann gelangte jum iRcfultate,
ba^ C ben Sejt am beficn erbaltcn i)abt,
wä^renb B unb A ftufenweife 23erfd)lec6«
terungen bcffelben feien. S)urcb S'ii^"'*^
würbe biefe Qlnfid^t beffer begrünbct, ba
^ol|mann'« 21u«fübrungcn nod) man^e«
Unüberlegte unb ^^lü^tige entbalten Ratten,
©einen Unterfuc^ungen jufolge ifi bie
^anbfc^rift C im Beginn, B in ber ÜRitte,
A gegen iai ®nbe be« 13. ^abr^unbert«
gefd)riebcn worben. S)a« Original tti
JJibelungenliebc« iji un« jwar üerloren,
aber in C jicmlic^ treu erbalten. B ent*
f)ält ben Scyt einer grobförnigeren Be*
arbeitung, unb A ifi burc^ »ielfa^e 2tu«5
laffungen unb iöcrfd)lec^tcrungen au« B
cntfianben.
ein anberer ©egner erwudl)« ber ßad^^
mann'fct)en 'Jlnftdjt in Bartfc^. 2luc^ er
legt A feinen mafgebcabcn Sßcrt bei,
ftetlt tiai Berbältni« »on C unb B aber
etwa« anber« auf, al« 3>itncfc. 9iac^ i&m
fWibelungenlieb.
521
iinb C unb B Umarbeitungen eine^ »er*
lorncn Original^; bafür [priest namentlid)
bcr UmPanb, ta% bic Kombination manc{)er
ße^artcn, wo bic bciben ^anbf(J)riften im
SReime »on einanber abiücid^en, Qlffonanjcn
crgiebt, »cld^e C unb B offenbar in reine
(Reime umjuh)anbeln jircbten. B foH babci
me^r Urfprünglic^eö in |ic^ fcf)Iiefen, aU
C, voai Sartf^ burc^ bie Unterfucfjung
ber 3J?etrif in ben ©tropfen, welche nur
in einer bcr bciben ^anbfd^riften fiel)en,
barjut^un bemüht iji.
2)ie bciben ^Bearbeitungen gc^en fo
tücit auöeinanbcr, ta^ an eine SRefon-
firuftion beä Original^ nic^t ju benfcn
if}; man I)at ftcf) alfo an eine berfelben
ju t)alten. Ob C ober B mef)r Urfprüng-
Üd^cö ermatten ^abcn, ifi eine nod) ni(f)t
enbgiltig entf^iebene }^xa%f, für B fprec^cn
mef)r äußere, für C mcfir innere ®rünbe.
QlÜgemcin rt)irb aber anerfannt, t>a^ C bic
trcitau^ fc^önere unb feinere Icftcörejenfton
in ft(^ fd)IieBc; jcbem, bcr ba^ Sflibclungcn*
lieb beä äft^ctifc^en ©enuffcö njegcn lefen
rtiitl, iji C in crfier ßinic ju cmpfeblen.
gür bieSntjicfeung beö ©cbic^tc^
ftnb ben 3lnftcf)ten über ia^ ^anbfcf)riftens
rcr^dltnii entfpre(^enb, ebenfalls abreei*
d)enbe SDteinungcn nor^anben. ®a§ ber
©agenfioff urfprüngtid) in cinjclncn
Siebern »crbreitet ttjar, iji buri^ bie
ßicbcr bcr altern Sbba, fowcit fie biefen
©agenfrei^ betreffen, bezeugt, bann aber
aud^ no^ burd) ätoei iüic&tige ©teilen in
ber vita Canuti unb bei Saxo Gram-
maticns. '^n ben erjicn Sagen bc^ Sabreö
1131 fud^t ber beutfc^c ©änger ©iWarb
ben ^crjog Änub Sanjarb »on @(f)Ieört)ig
»or bcr binterlifiigen Sinlabung bcö
bänifc^en Äönig« ju tüarnen, inbem er
if)m breimal ben oiclbefungencn Serrat
ber Äriemt)ilbe an ij^ren SBrübern tiorjtngt.
^ai) ßac^mann ijl hai fRibelungenlicb
einfad) eine SBerfnüpfung foId)er 2ieber,
3arncfc unb Sartfd^ fef)en e^ bagegen
al^ ba^ Söcrf cincö cinjigcn 2)icf)terö, cine^
fa^renben ©änger^ an, ber nur ben ©toff
auö ben alten ßiebern fc^öpfte. iffiil«
mannö ifi in neuerer Qät mit einer
51nftc^t aufgetreten, bic berjenigen ßad^«
mannö ä^nlic^ iji, aber tro|bem ganj
neue ®eftd)töpunftc ent|)ält. ®r nimmt
an, ba^ ftd) ©cbic^tc, tt)el(!)e einzelne
^aupttielbcn beö SRibelungenfagenfreifeö
jum ÜJJittelpunft |atten, mit einanber
i?erbanben, unb ba§ biefc großem Dic^*
tungen ttieber ineinanbergearbeitet würben.
<5ö märe bieö alfo eine (Sntftcf)ung burd)
Kontamination, ©o geificoU biefc 5lns
fc^auung ip, fo fe^lt ti ibr bo(f) an
überjcugenber Äraft, unb ftc ^at ftc^
wenig ©eltung t)erf(^afft (ogl. ©ermania
XXIV., 201 unb bic anbcrn bort angc*
füf)rten SRcccnfionen).
Über bic ^crfon beö S)ic^terö ftnb
mandie 2lnfi(J)ten aufgefieüt unb aU balt*
loö jurüctgemiefen »orben. 5lm mciftcn
I)at bic Vermutung <Pfeifferö für fic^,
tt)clcf)e bann non Sartfä) »erteibigt mürbe,
ba§ tai ®ebi($t bcm Nürnberger juäu*
fd^reiben fei, bcffen S!RinneIiebcr, in ber
*Parifcr ^anbfd)rift erhalten, bic ^orm ber
SRibclungenjiropl)c jeigen. 2)icfc 5lnjt^t
ifi aber nid)t burc^gcbrungcn , ia fte auf
ju unft(^ern Soben gebaut ifi.
i 2)ie 3«it "^^^ Sßcrbinbung jener 20
ßicbcr, auö meieren er iai dpoö ju«
fammengefügt fein lä§t, fe^t ßa(f)mann
um 1190—1210. ^.ol^mann fieHte
bie 5lbfaffung be^ SRibcIungenliebe^ \ni
10. 3a§r^unbert, maö entfcöieben un«
faltbar ifi; nad) 3''i^n<f^ *j^ ^^ "i*^*
Piel t>or 1200 entpanbcn, mie ftc^ aixi
Seröfunfi, SReim unb ©prad)e fc^Iic§en
lä§t. SRac^ Sartfc^ fäüt bie entfict)ung
bc^ Originale in bie 3fit '^on ll40 — 1150,
ha Nürnberger feine ßieber um biefc
3eit bic^tetc. 2öcr aber bic iBerfafferfcf)afrt
bc^ Äürnbergerö für baö SRibelungenlieb
nic^t annimmt, für ben fäQt au^ biefe
^Datierung, bcnn ia^ ®ebicf)t fclbfi giebt
burcf)auö fein SRec^t jur 5lnnat)me eined
fo l)of)cn 5lltcrö, fpricfjt viclmcbr e^er
bagegen. (9Jgl. qjaul, Beiträge III, 373.)
S)ie bciben Bearbeitungen best Originale,
meiere burd^ B unb C vertreten finb,
meifi Sartfd^ ber 3eit uon 1190—1200 ju.
511« Ort ber .(Sntfie^ung tni ßicbe«
bat man allgemein Dfierreidf) angenommen;
3arnde fud)te (1857) bar^utbun, baB
me^r SBa^rfd^einlic^feit für lirol fpre(J)e.
2)ie ©tropfe befiel)! auö 4 ßang*
jeilen, beren jcbc in äWci .^älften jcrfäUt.
3ebe ^ämt mirb burd^ 3 ^ebungen gc<
bilbct unb bie erfie ^at flingenben, bic
jmeite fiumpfen ©dbluf. SRur bie le^te
^älftc iti oierten iBcrfc« entt)ält 4 ^e*
bungen mit fiumpfem Qluögang. ©olc^c
Serlängerungen beö ©troplienf^luffe«
Waren im 12. 3a^'^^"ni'crt fel)r beliebt.
2)icfelbe ©trop^cnform mürbe fc^on non
bem ÜRinncftnger Nürnberger öcrmcnbct.
(ÜRinnefang« ^rü^ling @. 7.)
®ie SlibclungcnsNlagcifi eine an«
gcljängtc ©d^lufbid^tung in (Reimpaaren
unb in ben mcifien ^anbfd^riften beö (Ribe*
522
S'iibelungentteb.
lungenliebcä enthalten, fo t>a% beffcn ^an&s
fd^riften»er^ältni^ aud) für bic Älagc gilt.
2)cr 3n^alt befielt aug einer tutjcn SBieber«
öolung ber ^anblung, tücl^e bei gweitc
Seil beö SJibelungcnlicbe^ barPcUt, tnorauf
Älagereben (S.^tU, ©ietrid)« unb ^ilbe=
branbö um bie gefallenen |>elben folgen.
2)et ©pietniann ©n^emmel bringt bie
Srauerfunbe nac^ 33ed^elaren unb SBorm^.
2)ictric^ jiel)t mit feiner ©ema^Iin unb
.^ilbebranb ^eim na^ Sern.
3n ben furjen erjäl)tungen ber kämpfe
^at bic .Klage einen altern Icyt beö
S^ibelungenliebeö benu^t, alö ber unö
»orliegenbe iji. ©ejüi^t auf bie Sßerfe
4075—4702, auf bic Unterfuc^ungen
3arncfe'ß (93eiträgc JC, 1857) unb
5DümmIer'ä barf man mit ^öc^jier
2Ba^rfd^cinIid)feit folgenbcö aufjiellen:
Um 980 lie^ ber 93ifd)of *piligrim üon
(ßaffau bur^ feinen @(i)reiber Äuonrab
in lateinifd^er «|3rofa eine giiebaftion fom
jWeiten Seile bcö DUbelungenliebeö »er»
faffen unb bie Älage ebenfalls in
Iatcinifct)er $rofa anfügen. ^Darauf
^ü^tni) fd)uf ein S)i^ter (oieQcic^t ber»
jenige be« Sßiterolf) ein ©ebid^t in SHeim«
paaren, tt»elct)eö ber 2)ict)tcr beä SJlibel»
ungenliebcö an fein 2Ber! anfc^Iop. 2lu3<
gaben üon ßadimann, ber Stibelunge
9iot unb bic Älagc, 1826. 5. «Uuögabe 1878,
Sartfc^, 5Die Älagc 1875. (^bjarbi,
bic Älagc mit iioüfiänbigem fritifd)en
Slpparat, ^annooer 1875.
£)ie iBerbreitung ber ©age toai
gro§. 3n ©eutfc^lanb unb jtt)ar watjr-
fc^einli(^ bei ben ^raufen, ben Sfiai^barn
ber Surgunben, enfprungen, manberte ftc
nac^ bem Sterben unb erwarb fic^ aud^
bort fiele greunbe. 5Daf fre im DJorben
nid)t ein^eimifc^ mar, jeigt frd) beutlid^
barin, ta^ ftc auc^ in ber norbifd^en ®e*
^alt am 3fit)cin fpielt unb mit ben 9'iamcn
ber burgunbifd)en gelben »ertt>a(I)fen ifi.
Q,i ftnb jttjci Überführungen ber SRibeU
ungenfage naä) bem f!anbinaDifd)en Siorben
ju unter[(f)ciben.
3n ber erften ^älfte be« 9. 3a^r<
^unbertö mar bic ®age im SRorbcn fcf)on
bcfannt geworben, unb i^ren 3n^alt bc*
fangen ßiebcr, üon benen un^ ein Sleil in
ber dttern ©bba aufbewahrt i^. Süden,
welche biefe ßieber im 3ufammcn^angc
ber ®age laffen, werben burd) bic jüngere
Qhha unb bic SSölfungafaga auögc«
füllt, bie in ber jWeiten ^älftc bc^ 13.
Sa^r^unbcrtö Berfa|t würbe.
Um bie aOiittc bcö 13. Sa^t^unbcrt«
würbe bic «Sage jum jweiten SOtalc naci^
bem SQorben gebrad)t unb ncbjl anbcrn um
3)ietrid) oon Sern gruppiert. @o cntfianb
bie I^ibrcffaga. 2)a3 iJiibelungenlicb
lag bem 25erfaffer biefcr @aga in einer
^anbfd^rift ber ®ruppe B nor; er ocrfud^te
aber eine "Ungleichung an bie im 9torben
fc^on »or^anbene ©agenfaffung 1^ er jufi eilen,
wie fic ftd^ infolge ber erfien (Entlehnung
ber ©age oerbreitet f)atte.
(Sine ©arfieüung ber norbtfc^cn
©agengcfl:alt, wie ftc au^ biefen 5Denf«
malern refultiert, ifi jiemlid^ fc^wer ju
geben, ha bie einjclnen Quellen fic^ in
mand)en 3ügen wibcrfpred)en. ®od) lä^t
ft(^ im allgemeinen ^olgcnbcä fefifieücn:
I. 23orgefd)id)te. *Bon Dbin« ^aä)'
fommc SBÖlfung flammen ©igmunb, feine
neun S3rübcr unb it)re ©d&wcjier ©ignt).
5Dercn ©cma^l ©iggeir tötet ben SBölfung
unb Idft bic je^n ©ö^nc, bic ben SBater
rächen wollen, im 2Balbc fefibinben, wo
fre naä)cinanbcr tnxä) ein Ungetüm gc*
tötet werben. 9tur ©igmunb wirb burd^
bie |)ilfe feiner ©(^wejier gerettet unb
tötet i>ai Untier. Um einen JRdd^cr für
ben Stob il)rcr Srübcr gu gewinnen, »et=
wanbclt ©igni) i^re ®eftalt unb ^cugt
mit i^rem ©ruber ©igmunb ben ©infjötU,
ber alfo con üätcrlid^er unb mütterlicher
©cite Dbinä Stac^fomme ifi. 3^ SCßalbc
»erborgen wäc^fi er jum tüd^tigcn 9teden
auf unb nerbrennt mit ©igmunb ben
©iggeir in beffen 93urg. ©ignp, befriebigt
bie iPf[id)t ber a3aterracl)e erfüttt ju f)aben,
fud)t in ben glommen beö *PaIafie^ ben
Sob. ©igmunb »crma^It ftc^ mit 93org«
t)ilb, wcl(|c 't>in ©infjötli umbringt. 5Die
jweite (S^e fd)licBt ©igmunb mit ^jörbi«,
ber Soditer be« Äönigö (Splimi »on graff*
lanb (Jranfen), wirb oon ^unbing et*
fc^lagcn unb oon einem ©o^nc gerodet,
^jalpref nimmt ^jörbiä gefangen unb in
ber (Sefangenfd^aft gebiert ftc ©igurb, üon
bem i^re nad)folgenbe ^icirat mit Äönig
5llf ben SDlafel, in ber (Scfangenfd^aft,
alfo unfrei geboren gu fein, nid)t weg»
net)men fann.
U. ©ewinnung be^ ©dE)a^e8. SJcr
3>ticrg 5lnbüari ^ütet in (SePatt eine«
^ed)teä einen €iä)a^. 3" i»« ^^^^ ^«^^
ein Sauer, beffcn brei ©ö^nc Ott, gofnir
unb Diiegin t)ci§en. 5Der erfie ^ält ftd^
alö Dtter im SBaffer auf, ber jwcitc ijl
ein 35rad^e, ber brüte ein funfigeübter
3wetg. S)ic ®ötter Dbin, ^önir unb ßofi
!ommcn ba^in unb ber Untere fc&lägt bic
Dtter tot. 511« ©ol^ncäbufc »erlangt ber
Sitbelungenlicb.
523
®auer fo »icl ®otb, ha^ bic Dttcr ganj
bamit »erbccft »erben fann. Soft fängt
ben 2Inboart, nimmt t^m feinen <Bä:)a^
unb jule^t aü<S) noä) feinen SRing, an ben
ber Stt'erg wütenb feinen gluc^ I^eftet.
2)en ganjen ®cf)0^ muffen fte aU Su§e
Eingeben, felbfi ben Diing nod^, ber balb
feine »erberblid^e SBirfung jcigt. 6ö ent»
fie^t (Streit um hai ®elb unter bem
Sauer unb feinen beiben ©o^nen, fie er=
fc^Iagcn i^n. 2)cr £>rad)e gafuir nimmt
ben 6ci)a^, bei bem auc^ ein |)elm, eine
93rünne unb ein trefflic^eä <B6)nat liegt,
für fic^ allein unb ^ütet i{)n auf einer
^aibe. iRcgin fc^miebet ein »orjüglidfjeö
(Scf)mert unb bringt eö 6igurb inö j^ran^
fenlanb mit ber 5lufforberung, ben 3)rad)cn
j%u töten. 2)ieö tioüfü^rt 6igurb unb
5Regin ij^ nun im 23eft^e beö ©d)a^eä,
(Sr »erlangt üon ©igurb aU 53ruberbu§e
«in 3£i<^t" ^ei^ Dienjibarfeit, er foü il)m
ta^ j^erj gafnirö braten. 2)abei fommt
etwaö t)on bem Stute an feine Sippen unb
nun iicrfiel)t er bie ©pradtjc ber SDögel, bie
i^n üor Sfiegin^ Sude marnen. (Sr er;
fd^Iägt biefcn unb reitet mit ^ä)a^ unb
ifting bafon.
III. ®igurb unb 33rpnl}ilb. ©igurb
fommt i^ur ©igrbrifa, einer SBalfprie,
meiere Dbin megen i^re^ UngeI)orfamg
in Schlaf nerfenft unb mit einem ^cuer«
freiö, ber Slöaberlobe, umgeben ^at. ©igurb
reitet burd) hai geuer, bie 2öalft)rie lebrt
tbn bie SRunen, unb er jieljt mieber rtteiter.
©einen entflogenen g^alten fud)enb, fommt
er ju einem Jurm, wo er bie 33rt)nt)ilb
mit ©tidcn befdjciftigt finbet. Son ibrer
@d)ön^eit f)ingeriffen, oerlobt er ftd) mit il)r.
aSeiter jiebcnb gelangt er an ben SR^ein,
nio brci SBrüber bcrvfci)en, ©unnar, ^ogni,
®ut£)orm. 3t)re SOhitter ©rimbilb münfd)t
il)n jum ©bam unb giebt it)m einen a3er=
geffenl)eitätranf, worauf er ft^ mit i^rer
äod)ter ®ubrun oerlobt. ©unnar mitt
um 93ri;nt)ilb freien unb 6igurb »erfprid)t
i{)m feine ^ilfe, M if)m ber Söergeffen^eitö*
tranf atle (Srinnerung an feine früt)ere
SScrIobung mit ibr geraubt bat. Srt)nt)ilb
erfennt ibn aud) nid)t mieber, fü^lt aber
groge Steigung ju i^m. 9^ur ber foü fie
geminnen, ber burd^ lobcrnbeiä geuer reiten
tann. ÜDa^ »crmag aber nur ©igurb,
tt)clc^er beät)alb bie ©efialt mit ©unnar
taufet unb fic^ mit Srpnlilb »erlobt.
3n ber 93rautnad)t legt er ein blo§eö
^d)tt)ert jtüifcben ft(^ unb fte unb taufest
bann feine ©efialt mieber. ©o wirb 93rii)n=
I)ilb ©unnar« ©attin; fte fü^U ft^ aber
immer mächtiger gu ©igurb l)inge5ogcn,
traurig geben i^r bie läge bal)in. (Sine«
Sage«, al« fie mit ©ubrun ibre langen
^aare am ©tranbe mäfd)t, erbebt txi)
(Streit unter il;nen, n)eld)e bie Sorne^merc
fei. 3"l6^t ^'ilt i^r ©ubrun »or, ba§
fie ben mürbigern ©atten bcfi^c, benn
©igurb ^abe tai JJeuer burcbritten. 3)ie
aBirfung auf 93ri)nl)ilb ift furd)tbar, nid)t
nur iljr ©tolj ifi tief beleibigt, fie ift um
i\)X Sebenöglüd betrogen. (S« bleibt fein
anbrer ^luömeg, ©igurb, ber i^r nid)t an-
get)ören fann, mu§ ftcrben. ©utl)orm er=
morbet ©igurb im öette. 3e^t ifi f«in
Setrug gefütjnt, je^t fann ibm Srtjn^ilb
angel)ören; fte lii^t einen ©c^citerljaufen
crrid)ten unb »erbrennt ftd) neben ilim
al« feine red)tmd^igc ©attin.
IV. ©ubrun unb Sttli. 2)er Äönig
5ltli trad^tet barnai^ ben Qd)a^ ©igurb«
ju gcminnen, ben jet3t ©unnar unb feine
jmci Srüber beft^cn. ©r befet}bct fie unb
jur üBefänftigung erhält er bie |»anb ber
©ubrun. Qlüein bie« bcfcbn3id)tigt feine
©ier ntc^t. 2ro^ ber Söarnung ibrer
©djmcfter fommen bie Könige auf 5Uli«
Sinlabung in beffen ßanb unb werben
ba bi« auf ©unnar unb ^ögni erfdilagen.
©unnar erflärt, er merbe ba« 23erfied be«
©d)a|e« nic^t nennen, fo lange ^ögnt
lebe. Qltli lä§t biefen töten, morauf
©unnar al« einziger Scft^er bc« ©ebeim=
niffe« f($wört, basfelbe nid)t »erraten ju
moOen. ©einen 2;ob räd^t ©ubrun, inbem
fte if)re unb 5ltli« Äinber tötet unb biefen
in feinem *Palajle »erbrennt.
S)ie Sörmunreffaga erjiiblt bic »»eitern
©c^idfale ber ©ubrun, au« benen ftd^
aber nic^t« SCßeitere« für bie DJibelungen^
fage ergiebt.
^ür'bie (Jntfte^ung«gef(^id&tc ber
Dübel ungenfage i^ bic norbifAc
©agengejialt fe^r n>id)tig. Gine Sers
gleid)ung berfelben mit ber beutfc^cn jcigt
flar, ha'B in ber norbifcften ©efialt me^r
Urfprünglidbe« erl)alten ifi, obmolil bic
©age i^re eigentlicbe ^eimat in Deutfd)=
lanb l)atte. 2)a bie ß^rifiianifierung im
©üben »iel enetgifcber betrieben mürbe,
»erblaßten in 2)eutfd)tanb bie alten bcib^
nifä)en ©ötter »iel fdineller, al« im Jior^
ben. ©0 ftnb »iele jur ^anblung not«
menbige 3ügc, wie }. 33. bie SBalftjricn*
natur ber S8rün|)ilb in ber beutfi^cn ©agc
»erwifc^t. %üä) einjelne l^ifiorifc^c 3ügc
l)at ia^ norbif^e treuer bewahrt.
3n ber ©ntwidlung ber ©agen unb
!IRt)tbcn beobad)tct man jwei 2öcge:
524
5?imt>uö.
1. 6in tielbcfungcn« ^elb wirb t>on bcr
aSolföp^antafte fä)Iic§Ii(^ in ben ©ötter-
bimmel »erfe^t unb feine Ißaten tt>crben
ju göttlicf)en, baö ^ei^t, bie Sage wirb
jum 2J?ptf)uö ober 2. ©öttergefialten Ber=
tiaffen met)r unb mcbr, ftc »erben ju
^erocn unb i^rc Ifiaten tt)erben inö SHcnf^)'
Ii*c übertragen: ber SMptbuä «lirb jur
(£agc. gür bcn erften %aü. ifi bie ®e=
fc^id^tc beö ^erfule«, für ben än)eiten bie=
jenige SBoban^ bejei*nenb, ben wir im
wilben Säger unb jule^t gar in ber 5ßerfon
eineei Dberjägcrmeiper^ »on a3raunfd)h)eig
»icbererfennen.
gür bcn ^ern ber SRibelungcnfagc iji
offenbar bie jtt)eite 5trt ber Sntmidlung
anäunc^men. fBai für ein ÜKtjtbuö aber
ju ®runbe liegt, ifi unft(i)er. Öadf)mann
na^m an, eö fei ber 93aIbr=aKt)tt)uö unb
ber ©runbgebanfe fei ber, ia^ ta^ ®olb
alle, bie nai) \i)m ftrcben, ber ®ett?att
fnftercr 9Kä4tc tt>eibt. (Segen biefe Q(n*
nabmc »enben ficJ) Suggeö Unter-
fucf)ungcn über 93atbr unb bie QSeobacE)«
tung, ta% bie SWt)tben ft^ auf 25orgänge
in ber SJiatur, aber noi)\ faum je auf
etbifcf)c ©ebanfcn grünben. 2B. OJlüIIer
rerglid) ba^er einen 9^aturmt)tbuö, ben=
jenigcn t>on %xf() , bcm ®ott ber gruc^t^
barfeit. 2>er ©runbgebanfc »äre ibnt ju--
folgc ber .Kampf jtt)ifd)en SBinter unb
(gommer um bie (Srbc.
ÜJlit bem 3Wr)tbcnftoffe eermifdf)ten fxcf)
fciftorifc^e ©agenjügc aus ber Erinnerung
ber i^ranfen, bei benen bie €age mot)I if)ren
Urfprung na^m. 2m Sabr 437 erlitten
bie Surgunben, bie füblidben S^^acbbarn ber
l^ranfen , eine gewaltige 3^ieberlage burcb
bie ^unnen. 5Kancf)e (Sinjelbeiten biefcö
gewaltigen (Srcignijfcö , wclcf)e ftcf) ge-
fd)i(f)tlicl) nac^meifen laf[en, bat bie
SRibelungenfagc treulief) bemaf)rt. 20 3af)re
nacb ber gro'^en @(ä)lad)t flog bie .Kunbe
burd) bie bcutfd)cn ®auen, ia^ *2Utila
tot fei unb jwar l)abe \i)n fein cigeneä
2Öeib, bie Jlbico, getötet. Jlbico ifi ha^
I)eminuti»um t)on*.^ilbc unb fann mol^l
mit Äricmbilbe ibentifd) fein. Q.i mag
alfo tt)obl auf l)i)lorifd)en iRcmini^jenjen
beruben, menn Äricml)ilbe (bereu SRamen
im S^orben erfi fpater burcb ®ubrun t^cr-
brängt mürbe) i^rcn ®emaf)l Qltli (<llttita)
t>ernict)tet. ©pätcr brangen aucf) nod) 3^9^
nuä ber Dietri(i)fage ein.
©0 lebte bie SJJibelungenfage fort, ein
»itifommcncr ®aft bei ^oc^ unb SJiiebrig,
bie im 12. 3a^r^unbcrt bie «Sagen frember
fRationen ben SlicE ber t>orne^mcn ®cfeH«
fcbaft in bcn böfifcben Greifen auf fid^
ienfte. SSon ta ab geborte iai 6ingcn
unb Sagen biefer \iolf^tümlic^cn ®pen
nicbt mel)r jum feinen Jon unb ba*
Dfilbelungenlieb jog ftcf) mit feinen flamm*
oerwanbten S)id)tungen in bcn Äreiß bc^
nicbrigern 5lbelö unb be^ SSolfee jurücf,.
bcffen ©cf)ot eö entfproffen mar. 2)ie
jnblrei(i)cn 3<i^i^"i^'^ft«brucfc beö- SBolf^«
bui^e^ fom börncnen ©eifrib jeigcn,
mie lieb i^m ber «Stoff mar, unb je^t
noi) finbct man bicfeö Solfsbucb auf ben
2at)rmdrftcn feilgeboten, mäbrenb bie ror«
nebmern .greife ibren ^i^i^tum bereite
erfannt baben unb fiol, barauf jtnb, bem
rcrgijtterten .§)omer ein ebenbürtige^ Äunji*
merf an bie Seite jletlen ju fönnen, bem
beimifcbci 93lut in ben Qlbern fdbmung*
ootler SBerfe fcbäumt.
Qtuögaben auf ®runb non A bur^
Sa ermann, ber SRibelungcn ?Jot unb
bie Älagc, »erlin 1826. 5. «Muöaabe 1878,
mä) B ron Sartfd), ta^ fRibclungcn-
licb 1866, 4. 5tuflage 1875. Sine grofe
fvitifcfie Sluögabe mit fämtli(f)en Varianten
unb SBörterbucb lieferte aucb 93attfd^,
ber fRibclungc yiot. 2 Seile 1870-1880.
C legt äu ®runbc 3arncfe, i)a^ 9?ibe=
lungcnlieb, ßeip^ig, 1856. 5. 2luflage 1875.
«Jluter einer trcfflic^&n Sinlcitung finbet
ftd) bicr auc^ ein poüflänbigcö SBerjeict)ni*
aller @cf)riften über Sieb unb Sage unb
famtlicber Qluögaben. iK. Sp.
9(tiinfiU2i, ®loric, |)eiligenfd)ein, fommt
fcf)on bei ben alten |»inbuö, Olg^ptcrn,
®ried)en unb SRömern an ®öttcrä unb
.§>elbenbilbern in ©cftalt einer runben
Scbeibc um iai ^anpt ror. 3" t'cr cf)rifi'
lieben .Kunfi finbct biefeei fpmbolifd^c 3«'
eben bc« fmnlicben ©lanjeö jucrfi im
Orient <}lufnal)me, feit bem 6. 3abr^unbert
ifi baefelbc aU 5lttribut ber brei qßerfonen
ber ®ott^eit, ber ßngel unb .^eiligen all*
gemein üblid) unb je nai) bem Staube
ber <Perfonen flafftfijiert. 93ei ben brei
fpcrfonen bcv ©ottbeit ifi ber SJJimbue mit
einem .Srcujc beäeid)net, bcffen SDtittclpunft
unb unterer 2lrm t»on Äopf unb ^al^ bc*
becf t ftnb ; jiatt bcö freiöförmigen fRimbu«
ober auf bemfelben tragen ®ott 33atcr unb
Sof)n oft brei Silien ober brei Strai^len»
bünbel. 31^ allgemeinen ijl biö jum 12.
3abr^unbert ber 9?imbuö eine feine ^reiö*
^äc^c ober Scbeibe; im 12. unb 13. 3a^r*
bunbert mirb er biefer unb grö§cr; im 14.
unb 15. 3al)i^f)unbcrt oerfd)minbet nümä^*
lid) bie ^rei«f(äcf)c unb bleibt blo« eine
bünnc Äreiälinic übrig; am Snbe beö lö-
9?iff)i
Spornen.
525
tinb ju ^ynfnng ^c^ 16. 3at)r|unbcrt0
glci(f)t bcr 9?imbuö einer Äofaibc ober
runben Äappe; oft roirb er aud) ju einem
formlofcn Sicf)t[cf;ein iicrgcifligt, bet aU
€txai)Un%lani nomentlidf) ^ic ganjc ^'Ö""^
ber ig^aIfQtov= unb SDlaricnbilbcr umgicbt.
3m früftern SWittelalter mmbcn übrigenö
aucf) Äaifer unb Könige mit bcm Sfimbuö
i?crfc^cn. QUif @emälben ifi ber D^imbus
mcifi golben ober gelb, mandimal bejcidi=
net bie garbc eine gewiffe JRangorbnung
ber |>eiligen. ??acf) bitc, ÄunP*iMrc^äos
logie, § 160.
SÜyen, oon nod) uncrflärter 5(bleitung
{a^t. nihhns bebeutet Ärofobil) ftnb Sfflafjer-
gcifier, männlicf)c unb meiblii^e, mit ben
befonbcrn i>h-imcn Spider, S'iicfel, iTJirfcl-
mann, ÜDaffermann, ^afemann, ■Secmenfd),
SBaffcrjungfcrn , SBafferfrnulcin, iBaf[cr=
frauen, €eejungfern, Seemeibel, SDaffcr'
üffen. Sie tiängen mit SGßoban jufammcn,
ber aU Sffiolfengeiji aud) SDJecrgcifi ift.
^cr mannlid)c 9tir, meift bärtig unb alt,
mit grünem .put unb grünen 3«ibncn, oft
axii) grünen •^»rtaren unb grünem 33art,
lebt meij^ einjcin unb ifi fcbr bbeartig;
feine flagcnbe Stimme Iä|t fid) befonber«
beji 3tbenb0 i)öxm, oft irie ber |)ilferuf
eineä (Srtrinfenbcn . um 2J?enfd)en f)cran=
juloden; fte ifi oft fo »erlodcnb, bog ber
SCtenfd) untriberfte^lic^ nad) bem 2ßaffer
^ingejogen roirb unb ftc^ t)ineinftürjt.
©ein blopcv 33Iid ift gefäbriid) unb jiet)t
Ämber ine 2öaf[er. (fr |)at ßiebfc^aften
mit mcnfd)Iid)cn 2l?äbd)en unb aBeibern
unb 5iet)t fu ine 2öaf|er, mo fie in ber
SBafferticfe in einem Ärpjiaüpalafi leben
unb mit bem i)?iy Äinber jeugen. 25ie
ineibtid)en SRiycn ftnb freunblic^er; fie
tauchen mit bem f)alben Äörper aue bem
SBaffcr, bie untere .^älfte hai bie ©efialt
eine« gifd)fd)n:>anje0 ober einer Schlange.
6tc cr[d)einen meifi bee yiaäjti auf bem
SBaffer, unter ©rüden, ft^en aber aud)
gern an ber Sonne unb fämmen \i)x langcö
^aar. Sie lieben Sanj, ©efang unb
SWufrf, fingen f^ön unb erfc^einen, in
ganj menf^Iidier ®cfialt, bei Uinblid)cn
äänjen unb auf Jpod)jeiten; aber ein 3ipfcl
if)ree Älcibes ifi immer na§. iBiömeilcn
leben fie aud^ längere ^i\t unter ben
üJienfc^cn rerfieiraiet unb gebaren if)ren
IDlännern Äinber, ton benen aber tüi
ftcbentc bem SBaffer ge{)brt; mand)mal
jie^en fte it)re (geliebten mit in^ Söaffer,
mo fu mit iljnen Äinber erzeugen, bie aber
immer Sc^mimm^äute j»ifd)en ben 3^15"^
^übcn. Sie laffen etwa aud) il)re fo ge«
rconnenen 5J?änner nad) einiger 3eit tt)ie=
ber auf bie (Erbe jurüdfel)ren , bringen
aud) \l)x neugeborene« Äinb binauf ju ben
3J?enfd)cn, um eö »on biefen aufziehen ju
laffen; ift e« ern[)ad)fen, fo forbcrn fte c«
jurüd über sieben eö getvaltfam in« 2Baffer.
@ern faugen fie .^inbern ba«s Slut aus unb
fperren i^re Seele unter umgefeljrte löpfc,
bie ins SZßaffer getnorfen mürben, unb
jmingen fie, felbfi D?iye ju werben. Oft
forbern fie alljäf)ilic^ ein 'iötenfd)enlcben.
Qlud) I)aben fte felbfi ^änbel untereinanber,
SBaffermänner entführen ÜBaffcrmänner in
anberc ©emäffer. Sie fönnen fic^ in grofc
.treten i>ernianbeln. aSielfac^ berül)ren fte
fid) mit ben 3^fi'9C"- ^fJad) 2Buttfc,
beutfc^cr Solfsaberglaube, § 54—56.
9iimtcn f)ei§en in aItnorbifd)er Sprache
bie Äd)idfalegcttiniien, ber Jfame noc^
nid)t genügenb erflärt, bei ben Ringel«
fad)fen Mettena, b. ft. bie abmeffenben,
abmägenben, ober Vyrdha, altfäd)f.
Wurthi. Sie Werben oft al« @pinne=
rinnen genannt; bo* ifi bie griec^if($e
SSorfiellung t>on einem Spinnen unb ^Ibs
fc^neiben beä Öebenefaben«, wie bicö ben
^arjen jugefd)riebcn wirb, auf beutfd)em
©cbiete md)t nachweisbar, ^bbilber il)reS
©efpinnfieö crfannte man im feinen ®e=
fpinnfie bc^ SpcitfommerS, ber beSf)aIb
SDiäbc^enfornmer, ^llteweiberforn*
mer i)dp. 2n "-öaiern l)eiBen bie Scjid^
falsgöttinnen ^eilrätinnen, b. I;. SÖcfcn,
bie tai ®Iüd ber ÜJlenfdien beraten unb
bet)errfd)cn. ^voä oon if)neu finb gut unb
freunblid), bie eine baoon ip freibewei^,
bie anbere trägt ein rot unb wei^cö Äleib,
bie biitte Sd)Wefter bagegen ifi böfe unb
furchtbar, am Äinper fd)Warj, mit feurigen
51ugen. 2)ic 9Jornen ftnb wie im (Sanjen
bie Göttinnen übctf)aupi oon ber ©runb«
gcfialt ber SEßoltenfrau ausgegangen, wo*
bei ftd) an bie fd))üarjc 2Bolfe bie 2^it
beS näd)tigen iobee, an bie wei^e bie
3bcc ber ®eburt unb ^eirat fnüpfte. 3Iu«
ber Sc^ar ber iZßoItenfrauen traten nun
brei bcfonberc Sdjidftlsgöttinnen Ijertior,
»on benen jWci, iiit ißcrtreterinnen ber lic^t--
weiBen Sßolfe, Dorjüglid) bei ®cburt unb
^od)5eit, bie jungfrau ber fd)War5en iffiolfc
beim Sobe bie Sd)idfalömad)t ausübte; eine
(Srinnerung an bie brei Sd)wcftevn ifi in
bem weitt)erbreiteten, mand)erlci Variationen
unterliegenben Äinbcrliebd)en enthalten,
beffen eine gorm j. 33. lautet:
Sonne, Sonne, f^cinl
^ai)x über ben SR^ein,
34
526
9^oten — IRooelle.
^ai)x übet iai goIt>ne ^aui,
2>a fd^aucn btei alte 3"n9fwuen ^etauä.
<5ine fpinnt ®cibe,
SDic onbtc tuicfclt 2öcibe,
Die brüte ge^t onä 93Tünnc^en,
Iränft ein golbene* Äinbcf)en.
©ine ot)erbcutfcf)e ^orm ij!:
Dtitc, titc, aJö§Ii,
ä' SSabe iiof)t e ®d)tö§U,
j' 93abe jlo^t e golbi^ ^u«,
ßueget brei Warcic btuö.
S)i eint fpinnt @ibc,
I)i anber fc^na|Iet S^tibe,
!E)te britt fpinnt ^aberjlrau,
JBpct mer (Sott miä S^inbli au.
?(n bic fäd)ftfd)e ©cI)icEfaIägöttin Vyrdh
ober Wnrth, b. ^. ta^ ®eh)orbcne, bie
Vergangenheit, fc^eint [xä) bie 25orj!cttung
angefcf)loffcn ju ^aben, t>cy^ jte, befiimmt,
in ber ©c^Iacftt bie jum Sobe beftimmten
ÜJiänner au^jufud)en, felbft ifirem Opfer
einen Speer ober fpi^en Ula%il in ben
Äopf treibe unb eö fo in ewigen ®cf)Iaf
»erfenfe, ©ine ©rinnerutig baran ifi bie
alte fpinnenbe %ta\x, n)el(^e 2)ornröäctien
mit it)rer Spinbcl jticf)t, unb bie Königin,
noetc^e ®c^nectt»itt(i^en eine Slume ober
einen Ä.imm in iai ^aax j^edt, worauf
bcibcmal ®d)Iaf ober lob erfolgt. Jiadf)
einer anbern, böftern Qluffaffung wobntcn
bie Vyrdhen als 33eifi|erinnen bem ©ötters
gerieft bei unb fprac^en aH ©cfiöffinncn
Da« Urteil auä, rt)elct)eö aU eWigeö 2<i)\<i'
fal febem iUlenfc^cn jufommt. 5te^ntic^,
nur Weiter au^gebilbet, f)aben bie nor»
bifcfeen 2)eutf^en ibrc 9? o r n e n entwid elt ;
^ier ftnb eö i^rer brei: Urdhr, b. i. 33er=
gangen{)ett, ba«felbe üBort wie "Wurth,
bie ältefte; Verdhandi, t). i. (Segenwart,
bie äWeite, unb Skuld ober 3ufunft bic
jüngjle. «Sic ftnb auö bem See unter
ber (Sf(^e 2)99braftl {)erfor3e|liegcn , ft^en
nun jwifc^en ben ßtt^eigen beö 2BeItbaumö
ober an it)rem iJu^e, unb t)üten ben Scben^=
born, ber unter einer ber brei SBurjeln
beg 93aumeä liegt unb Urb{)arbrunnen
t)ei§t. SOUt feinem t)eiligcn Ißaffer be=
gie§en fie lag für Sag ben üßeltbaum,
ber baton immer grün in ewiger S^Sf^^^
prangt. ÜJ^it weitem Df^cbel bcgoffen
fenbet bie öfc^c ben lau in bie Später
ber (Srbe; bie Sienen ndl)ren ftd^ baüon.
2)ic JJornen legen hier bie ©efe^e, er=
fiefen ben 3eitenfinbern baö ßeben, ur^
teilen beim (Söttcrgericbt, hai ftd) täglich
unter ber (S[d)e ferfammelt. ^br ©prud)
iji unabwenbbar, pe ftcigen fetbfl jur (Srbc
nicber, um feine 5iu«fü^rung ju bemerfen;
ftc förbern f)ilfrei(^ ba^ Äinb ani ßic^t
ber «Sonne, treten an bie 2öiege tii
iIRenf<^en unb neben tie 33anbe, welche
fein fünftigeä ®ef($icf umfpannen fotlen.
SDtanntiarbt, (Sötter ber beutfd)en unb
norbifcf)cn 53ölfer. ®. 321-328,
9loten, fte^e ajlufif.
yiotttUt: SO^it biefem in 2)eutf(^Ianb
erji feit bem 18. ^a^r^unbert aufge=
fommenen Jiamen, ber urfprünglid) oon
ben 3t«ilifnern aufgcbracf)t würbe unb fo
»iel aU neue (ärjä^Iung bebeutet, be*
nennt man in ber Öitteraturgefc^ic^tc »er«
fc^iebene (Srf^cinungen, bie barin jufams
mentreffen, ia^ eä fc^riftfieQerif(i)e Sr«
jeugniffe erja^Ienber ?iatur ftnb, weld^e,
fürjeren Umfangt, non geringerer 53cr«
widtlung, leichten Sn^olt^ö. bie ^^ontafte
angenet)m reijen. ®ie fielen im ©cgen*
fa^ teilö äur eigentlichen ^ijiorie, teiU
jur alten ©age — mt)b. ninwe maere
im (Segenfa^e jU alten maeren — , teil^
jur aufgeführten (Spopöie; auc^ ba« Sic*
ment beä «Spottet unb aBi|eä ijl ifjncn
gegenüber bem würbigern (Srtifie ber altern
epifc^cn 2)id)tungen eigen, unb ber Um»
ftanb, baB l)icr bem 35erfaffcr freie @r-
finbung beä ganjcn 3n^alteö gejlattet ift,
Waö bie ältere (5pif ebenfaüä nic^t fannte.
5luf bic äußere ijorm, ob 'Berfe ober ^rofa,
fommt (i urfprüngtic^ nicbt an; je nadt)»
bem ftc^ bie SfioceUe au« Perf4)iebcnen
altern Srfd^einungen entwidelt, bebient
fte ft^ biefer ober jener ^orm.
Sateinifc^ gef^riebcne 'Jlcn
Dellen finbct man alä anmutige ®e=
fc^ic^ten, 'Unefboten unb öcgenten fd)on
frül) jerftreut bei ben dltern ©cfc^ic^t«
fc^reibern be« SDiittelalter^; in reid)ercr
3at)l beifammen juerfi in bem Pollcraticus
beä 3ot)ann oon@ali«burp, 1159
bem Äanjler .Sbomaä Sccfet gewibmet.
3ol)ann war in ^^ranfreid) ein Schüler
Öernbarb« non ©lairoeaur gewefen unb
fein äUert war baju bef^immt, ben ^anjler
an feine *PfIi^ten gegen bic Äir(^e ju
mabnen, wo.^u benn ja^lreidie (Srjä^lungen
bienen fotiten. (Sine iRacf)at)mung biefed
93ud)e« ift baö 2BerE be« SffiaUber "Map
De nugis Carialium, wel^e«, bem fana*
tifd)en unb babfüd)tigenÄleruö, namentlidö
aber bem (iifter^icnfer^Orben ^^cinb, mit
9Wärd)en unb (Sefd)i(^ten, (Sittenfd)i!ber»
ungcn unb moraIifd)en Setradbtungcii
gegen ftc anfämpft. 5ln bemfelben eng=
lifeb5fran5Öftfd)cn ^ofe lebte ©eruafiu^
iWoöette.
527
»on lilbutt), au* am ^ofe bed beut«
fd^en Äönigd Otto IV. eine 3^'* tons ^
Wt, bei für Äönig ^cinrid^ ben Jüngern
ttn Liber facetiarum fc^rieb. 2tuf
beutf(J)em 93oben ertüudf)^ bcr Dialogus
miracnlornm bcä Saefariuö oon
jienfersÄlojlcr |»cifier6ad) unrticit Sonn,
bet eine au§crorbentIi(f)c ^üde namentlich
geiftUd^er ®efd)ic^tcn, SBunbcr, Sijionen
jufammenff^ricb. @icf)c über bie ge*
nannte ®ruppe SBattcnbad^, ®ef<:^idf)tös
^ueflen, <Mbf(I)nitt V, § 24. 5tnbcrer «rt
jtnb bie feit bcm 13. 3a^rf)unbert auf»
tretenben beutfc^cn S^iowellcn; fie finb
corläufig, im ^lnfd^Iu§ an bie cpifcf)»
^öftfc^c S)ic^tung, in SReimpnaren ge*
fc^rieben, i^r ©toff entwebcr erfunben ober
bem in ben unteren 93otföfä)id^ten längfi
öor{)anbenen gangbaren (jrjä^Iungäftoff
entnommen, njobei man im ©anjen leicht,
im ßinjelnen oft fd)tt)er, foI(J)e ®efct)ic^ten
unterfd^eiben fann, bie »om Einfang an
beutfd)em ©oben entjiammen, unb folc^e,
t)ie auö ber Jrembc fommen ; eine reid)e
Strömung »on ©räö^Iung^fioff rtiäljt
ftc^ im ^Mittelalter au^ Jnbien, nament*
l\d) ben bubbfjijlifc^en Sänbcrn, über
Arabien unb *Perfien in ben Dccibent, fo
jtnar, iix^ er auf feinen SBanbcrungen unb
Etappen mit ßeic^tigfeit ber 25enf« unb
<5rjäi)Iungämeife beöjenigcn SoIfeS ftd^
anfc^micgt, tai i^m bei fxd) t)ai Sürger*
re(i)t f(f)enft. Stauben bie obengenannten
SRooeüen ben eigentlicf)en ®efc^id)tämcrfcn
entgegen, fo jteHen jtcf) bie bcutfd^en
9^o»eQen im ®egcnfa^ ju ben ^öfifd^en
©popöien; Ratten bicfe vom ^örer eine
»iüige Eingebung, liebewoüe Vertiefung,
einen ibeaten iSuffd^rtJung be^ ®ei|ieö »er*
langt, fo njoHte man jtd) je^t nur nod^
tei^enben, fc^neütDcc^fcInben Untertialtungä;
floff gcfaüen laffen, fpannenbe Siieuigfeiten,
StoDeüen. S)er (Segenfa^ jur t)öftfd^en
Jiic^tung liegt ferner barin, ia^ ba« ®efe^
ber I)öflf*en ^\xä)t je^t jum ©egenfianbc
be« aOBi^e^ unb ©potteä mirb. „2)icfe
^omif ergreift nun fd^onung^Ioä aQe
Äreife unb ißerljättmffc be« ßeben«, nic^t«
ifi if)r t)cilig, unantafibar. 3nr Äönigä*
faale wie in ber Sauern^ütte i|l fxi ju
^aufe, auc^ bie .^lojtermaucr unb felbfl
bie ^ir(^entüre fc^Iie§en jte nit^t auä, be=
fonbcrö gern aber reibt fie ftcf) an faulen
«^elic^en unb gefd^lcd^tUd^en Ser^ättniffen
im <M [[gemeinen : bie (Sl)cmänner fc^einen
nur ba ju fein, um t>on ibrcn Sßeibern
Mnb beren fiiebbabcrn, nid)t fetten *JJfaffen,
betrogen ju tücrben, unb bie löd^tcr »ett*
eifern mit einer ßüfiernbeit unb i?ofetterie,
bie gern bie SDta^fe ber SWaioitdt oermummt,
galanten iRittern ober fatjrenben Schülern,
jungen ®eifilic^en, njo nidbt gar einem
oerfieüten Sboren, won bem SSerfd^ttsiegen-
l)eit 5U hoffen, ilire ®unfl ju ermeifen.
SRobeit unb ^riöolität finb bie ®jtreme,
in bie biefe Äomif gern oerläuft, unb tüenn bie
ritterli^e S)ic^tung mit bem SBeibe einen
lä(^crli(^en ®ö^enbienfi getrieben, fo er«
freut man jic^ jc^t baran, ju ^ören, mie ein
rot)er Tlann feine wiberfpenftige ®attin
unb ©df)tt)ieger mit feljr banbgreifli(f)en
5(rgumenten jum (Se^orfam befebrt."
ßambel, (Srjd^lungen unb ©d^wänfe,
1872. Einleitung VIII. Sine bcfonbere
SRolIe fpielt ^ier ber .^ampf, ben ber
niebere ÄleruS unb bie unteren ©tänbe
gegen bie ^errfd^enbe ®eiftlid^fcit unb ben
2lbel begannen. S)urd) ben Drucf i^rer
Ober^irten faf)en fte ftc^ gejmungen, mit
Sift unb Setrug ibr ßeben ju friften unb
gegenüber ber Tla^t. ber überlegenen i^rei«
^eit unb ®elebrfamfcit il)rer ®egner unb
Unterbrüdfer nahmen fie unter ber Tlaitt
ber Einfalt unb Staioität jur ßifl unb
jum angeborenen iWutterwi^e, jum iWarren-
tum, itirc 3uPu4)t tnobei mit Vorliebe
eine grobe S)erb^eit beroorgefe^rt »urbe.
(Sä lä^t fid^ bem ®efagten gemä§ er«
»arten, t>a^ bie Dichter, bie feier in Se«
trad^t fommen, nii^t bem abeligen @tanb
anget)örcn ttjerbcn: ti ftnb oielme^r
Sürgerlid^e, ^anbmerEer, fal)renbe ©dnger
unb 'Spielleute. 33on Dielen ber erbaltenen
S^oBellcn fennt man ben S)idt)tcr über«
liaupt nid^t.
^olgenbe ®ruppen laffen ftd^ unter«
fd^eiben:
1. @d^n)änfefammlungen, beren
^elb ein ÜJlitglicb bcö niebrigen
Älcruä ifi, weld^er ftd^ burdb feine
bcrben @pd§e an bem Dorne^men unb
^od^mütigen ®ebat)ren feiner Obern rö^t;
babin gehören ber Pfaffe Amis »on
Stricker, ber *Pfaffc üon Galen«
b.'erg »on ^bilipp granffurtcr ju
SD3ien.
2. ?luö bem Orient ^errü^«
renbe ÜRofellenfammlungen,
tt)el(^c teilä burc^ münblic^cn 'Berfebr ber
Äreujfa^rcr, ber *Urabcr unb SDtongolen,
teilä burdb jübifcfic unb arabifd^e Sd^rif«
ten nadb Suropa ?amen. 2luf ®runb
biefer entjianben junäi^fi lateinif^e Über«
fefeungcn, auö benen bie Stoffe bann in
bie Voltäfpradben übergiengen. 3>ie
34*
528
fWoteüe.
^QUpiqueüt iß ^ie infcifcfee ©amm»
lung Pantschatantra, bic Scnfcp
überfc^t unb fommentiett fiat, Seipjig 1859.
5Dic berü^mteftcn lateinifien Sammlungen
flnb bie Disciplina clerica lis beö
(Pettuö Qllfonft; tau ^ud) con bcn
fiebcn rocifen SJieijicin; bie
Gesta Romanorum (fief)e überall bie
befonbern 'Ihtifel), unb bie obgenannten
Liber facetiarum bee ©ertiaftue unb
Dialogns miraculorum be^
ßdfariuö »on ^eifierbac^.
3. '3tuci folc^en lateinif^en Suchern,
jumeifi aber auä ben feit ber S(Ritte be^
12. 3<>^^^""^"f^ <^" ^^^ franjöftfd^en
^öfen beliebten fabliaux fiböpften nun
beutfct)c ÜDi^ter bie Sorbilber ja^lreic^er,
oft leicf)tfinniger unb fd^lüpfriger Srää^«
lungcn, bie ibrer (5ntfief)ung nod& meifi inä
13. unb bcn Qtnfang beö 14. 3a^rl)unbert^
geboren. <B<i)on frü^ mürben größere
Sammlungen folcf)er gereimter D^oDellen
angelegt; gcbrudt ftnb u. a. ber Äolac*
üaer Äobej altbeutf(J)er ©ebic^te, non 2Rais
lat^ unb Äöffinger, qSefib, 180"; Sb. 1-3
ton ßa^berg« Sicberfaal, 1820—1825;
33on ber ^»agen« (Sefamtabenteuer 1850,
unb ßambel, (£rääf)lungen unb Scfcmänfe
1872. 3ni>fi" '"^^^ fliif ^itfc Sommlungen
felbp fermeifen, jicllen tt)ir ^ier bloß bie
Jitel einiger ©rjä^lungen ^ufammen, ba
fi(J) fc^on barüu« ber S^arafter bicfer ©tücf e
einigermaßen erraten laßt: SDiener ÜJleer*
fa^rt, bae ^dölein, ber 5ifcf)er unb ber Pfaffe,
bie alte SOtutter unb Äaifer g'^iebrid),
JRittcrtreue, bie Königin t>on ^i^anfi^f^«^
unb ber ungetreue SKarfd^all, bie |ieibin,
ber Sioiii, ber üffieinfcbmelg , ber SDßein*
fcf)lunb,^ ber ®$üler ju (Paris, gifouen*
turnei, ber SBeltl)eilige, 2lrifiotele8 unb
gillie, eilten SBcibee Q\]t, bie halbe Sirn,
der münch der ein kint truoc, ber ent«
laufcnc ^afenbraten, von den ledigen
wiben, ber ifiitter unterm ^nbtx, bie 5ifc^=
reufen, daz maere von dem sperwaere,
tai ©önölein, tai (gc^neefinb, bie 33cicf)te,
bie 3Weicrin mit ber @eiß, tai €(f)rctel
unb ber SBafferbdr; ju ben mcrfmürbigßen
ge^ijrt Meier Helmbrecht, gegen 1250 üon
Wernher dem Gartenaere gebi(J)let.
(Srfi bem önbe bcä 14. unb bem
15. Sabr^unbert gehören an: 5Der SHitter
ron (gtaufcnberg, ©(i)n?änfe be« ^ani
iJolj , 9?arbicrcr6 ju IRürnberg um 1480,
t>on bem man aucf) giißno^tfpiele bat,
SKegen •^od)jcit, f^pramu« unb j^iöbe, ber
Äönig im ißabe ron |>ane Sfiofenblut,
ber cbcnfaü« jugleid) 5a|^na<^tfpiele ter«
faßte, ber Srennenberger, baö SIRcermunbet,
aSirgiliu« im Äorbe. SDer le^te 5lueiläufct
biefer Dichtungen ifi ^anö <Sac^« mit
feinen Sc^mdnfen, mit il)m gc^t biefer
ßitteraturjmeig auf beutfcftem Soben aui.
4. »Ropellen ober ©cf)mänfe in
5ßrofa nehmen ii}xtn .^QUptauögang««
punft au^ Italien, mo ftcf) unter ber
^errf(f)aft ber SHenaiffance unb namentlid^
bcroorgerufen unb unterfiü|t t>om Sf)ara!«
ter ber italtenifc^en ©efetlf^aft bie fProfo*
DfioDcüe rafd) ju einer ^öd^ji beliebten
öitteraturgattung erf)ebt. 25ie Stoffe ftnb
jum Seil bie alten, ju bcncn ©rfinbung
unb (ärfalirung immer mieber SReueö fiin*
jutbut. ^i}xt 2ßirffamfcit berut)t eineö»
teilö auf bem epott unb SBi^, in mtlc^cm
ftc^ bie gefteigerte Sii'^i^'i^ualität biefer
ipcriobe mit ißorliebe 8uft macf)t. „(58
ftnb meijl feine eigentlichen ®efcf)ic^ten,
fonbern Qtntmorten, bie unter gehjiffen:
Umfiänben gegeben mcrbcn, t)orrible 9?aioi*
täten, momit fic^ ^albnarren, Hofnarren,
6d)alfe, lieberlidbe Sßeiber au^rcbcn; i>a%
Äomif^c liegt bann in bem fcf)rcienben
®egenfa| biefer magren ober fd)einbaren
3iait>ität ju ben iBerliältniffen ber SCBelt
unb jur gemöbrtlicben QRoralität; bie
J)inge fteben auf bem Äopf. Qllle aRittcI
ber Darfietlung merben ju |>ülfe gcnom*
men, auc^ j. ®. fc^on bie JRac^abmung
beftimmter oberitalienifc^er 2)ialeftc. Oft
tritt an bte Stelle bee 2Bi^cd bie bare,
frecf)c 3nfolenj, ber plumpe iöetrug, bie
Slaspfiemie unb bie Unflaterei." ^urd«
l)arbt, atenaiffance, 3lbfcl)nitt II. 3?ie
anbere SBirfung fiü|t fid) auf bie fd^öne
JJorm, bergcftalt, baß 93o(cnccio mit feinen
Sfioocllen ftd) ben 9'iamen eineö iBcgrünber*
ber italienifdben fdjönen _$rofa ju crmeden
öermccbtc; eö hängt biefe Seite bamit ju*
fammcn, ia% aucf) auf bicfem ©ebiete
flaffifc^e aWufier oorlagcn, namentlic^i fo*
genannte iMpopJ)thcgmata beö «piutarc^ u. 91.
I)ie älteftc Stooellenfammlung ber ^toliener
ftnb bie Cento novelle antiche, bie
nocf) ju ßnbe bea 13. 3af)rhunbert8 ent*
jianben ftnb, bie einf[ußrei(^jie ber 2)c«
famer one unb baö lateinifd) »erfaßte 95 u ^
oon ben berühmten grauen, de claris
mulieribns bcß Soccaccio. 9luf bcutfc^em
QBoben h^t ce biefe (Sattung nie ju einer
flafftfch = f(^önen ^orm gebracht, fd^on
barum nicht, «eil bie beutfche *ßrofa bc*
16. 3ahrhunbertö eigentliche fchöne formen
füum fannte ; ihr jianben Äraft, SBahrhcit
unb JRütur höher ali Schönheit. (5ö mar
baher f)ier mehr ber mi^ige Sn^alt, ber
Dblate.
529
■^d) in ber 9?ove[Ic geltenb machte, mit
Sluäna^me lateinifcfeer gef(i)ricbener Sarnm^
lungen, unter bcncn biejenige öeö @raö«
mu« tai meiflc 5Jnfet)en genoffen, ^m.
Ginjelnen laffcn ftd) nod) oerfAiebcne
©ruppen untetfcf)eiben: iiberfe|ungcn unb
SSearbcitungen älterer ©ammlungen, tt)ie
ber Gesta Romanorrun unb ber fieben
tneifen ÜJJcifter, bann Überfc^ungen ber
italienif(i)en Dfioiicllen, bes 2Defameronc,
juerft Ulm 1472, unb naci)^er oft tt)ieber=
holt, be« iSuc^c^ üon bcn berii^mten
grauen jucrfi 5tugöburg 1471 oon.f)ein =
tief) «Steinböroel; fobann, für ©clebrte
unb (gtubcntcn befiimnit, bic ^yacetien
(jtef)e bcn befonbern ülrtifel), tttelcfce «icber
ali (Sef cE)iv en f oevbeutf^t ttiurben, unb
enbltc^ eine ^Inja^I t>ot!etümlic^
beutfc^er, meif: fet)r beliebter Scbwanf»
fammlungen, i>it öon aüen ben genannten
©ruppen unb Quellen abt)ängig, mcift
ein befonbereö ScfepubliEum im 5tuge
ftatten: *2tn ber Spiftc jle^t hai 9^ot)eIIen=
bud^ be^ 3obanne« *PauIi, Sd^impf
unb Srnft, b. l). Scfterj unb ßrnfi; ber
iBerfaffev, bcffen urfprüngli($er yiamt '^ßaul
QJfeberebcimer lautet, mar urfurünglidb
3ube, lief fid) taufen, trat in ben Sar«
fü§n-orben , bcv it)n 1518 jum ßefemeiftei
im granjiöfanerflofter ju Sc^Icttftabt,
1518 ]u Zl)an madbte, roo er um 1530
ftarb. Seine Sammlung, juerfi 1522 ju
Strasburg gebrucft, entljalt etma 700
©ditüänfe; ^Kuögübc oon Dfierlet), Sb, 86
ber iöibliot^ef bes lit. !Bercine in (£tutt=
gart Son ^öx% SBidram auä (Eolmar
im ®Ifa§ flammt bas iH ol Im a gen büd) =
lein, ein neum-S, öorunerfaörteö Sücblein,
barin üit guoter fcftmenf unö ^ifiorien
begriffen meröen, fo man in fAiffen
unb auf ben roHlüegcn (SWarftmagen,
Omnibuö), bef gleichen in fc^crbeuferen
unb babfmben, juo langmeitigen feiten
erjctien mag, iit fdbioeren melancotifdjen
5<müter bamit jut ermuntern, cor aCIci
menigflic^, jungen unb alten, funber aßen
anflof juo lefen unb juo böten, allen
faufleuten, fo bie mcffen bin unb »ieber
btaud)cn, jut einer furjtceii an tag btacfit
un? juofamen gelefcn butc^ 3i^rg SBü*
rammen, jtattfc^reibcr juo Surcfbaim.
5lnno 1555. 9'Jeu ^erauägegeben unb mit
(Erläuterungen »erfeben »on ^einrit^ Äurj,
Seipjig iSßS, — 2)ic ® arteng efell-
fc^aft tti ^acoi %xii, Stabtf^reiber
äu ÜJiiiurämünfier in (£lfa§: Sin nc»
l)üpf*eä unb fci)impflid)ä i8ü(ä)lcin, ge-
nannt bie ©artengcfeUfc^afr , batin t»il
frölid)« gefpräcf)2t, fc^impfrcben, fpcimerf
unb fonfi furjmeilig boffen oon liiftorien
unb fabulen gefunben werben, mie fie juo
jeiten bie felben in ben fcf)önen gerten,
bei ben fülen brunnen, auf ben grünen
mifen, bei ber cblcn muftf, aud) anbern
ebrlicben ®efettf:^aftcn, (bie f(^meren oer*
broßnen gemüter wieber juo recitieren unb
aufjuol)eben) frölic^ unb frcunbli{^ gctebt
unb auf bie ban Werben gcbracbt. (Stfle
Qluegabe 1556. — SBegsÄüröcr beä
SItartin SDJontanu« oon StraBburg,
ein fet)r fc^ön lufiig unb aupbermaffcn
furjweilig Süct)lein , barin Dil fdböne
luftiger unb furjweitiger bifloticn, in
gärten, jed^en unb bcm gelb felir luflig
ju lefen. — SWid^ael 8in bener, Äa^i«
p 0 rt , barin newe mugfen, feltjame griücn,
unerbörte tauben, tiifierli(i)e jotten oer«
fa^t unb begriffen fein, bur^ einen
guoten companen, aüen guoten fd^lutfern
suo gefallen, jufammen getragen 1558. —
t^a^tbüc^lein, ju nad)t na(^ bem aüen
ober auf wegen unb ftrapen ju lefen, t»on
Valentin Sdbumann, fcfiriftpreBer,
ber geburt fon t'eip^ig 1559. — ÜBens
bunmut pon ^anä 2Bilbclm Äitc^*
bof, erfte 5tu3gabc granf fürt a/SW. 1563;
neue Ausgabe \>on Öilerlcp in Sb. 95 — 99
ber ©ibiiotbef beä litt. Sereineö in Stutt^
gatt. IBgl. bie Üitt. ®ef4. oon 2Ba*er=
naget unb ©oebeie.
9.
DWatC ober .poilic, Ut. oblata, oblia,
oblagia, obleta, hostia, formata, munus
ecclesiasticum , panis benedictus , sancta
species beigt bie am iffieijcnteig gebacfene
fflaffel, bie feit bem 11. 3<if'ibunbert an
ber äteüe be^ üblichen tunben "örctee .:U
ßeib (Sbriftt bei ber DWeffc genoffen wirb,
©ie etflere Benennung wenöet man auf
bie ungeroeibte, bie jwcite auf bie gewcibte
2Öaffel att. 8ie wirb mittele be« ^ o fi i e n ^
eifetiä geprägt uab trägt anfänglidb ein
Ä'reiij ober ein iDZonogramm Sl)rif!i, com
530
Dctamauuö — Ofen.
13. Sa^t^unbett an ein Ätujtflf mit
Äteujeölitcl. Oefegnete (nid)t gcttieibte)
Cblaten h)uiben bcn lOJönc^en, tie iae
%itnt>mai)l nid^t genoffen, im Diefcftorium
roi bem Sffcn gereift, auä) etwa ben
Joten auf bic ©ruji gelegt unb mit in
ben 6aig gegeben.
Cctaöittnug ^ei^t bcr ^elb eineö nad^
frünjöftfd)ciDueI(c bcotbciteten 23olf0bud)eö,
iai bcm forolingifc^cn €agentreife ange»
^ijrt. SDie crfie 1535 erfd^ienene 9tuegabe
füiitt ben Sitel: (Sine f^iönc unb furj*
»eilige ^iftori üon bem Äetjfer Octatiano,
feinem »eib unb jfteien fünen, »ic bie
in tai ellenb tierfd)i(ft unb h)unberbatli(^
in 9'^'*"fi^fi'^ ^f^ ^f"i frummen Äönig
SDagobcrt ftibetumb jufammen fommen
fmb. S^eulic^ a^ franfi. fptad) in tcutfd)
rerboImetf(|t.
Ct^fenäungc ^ie^ ein circa 0,45 m langer
£:old) , ber ron bcr SSütgerfd^aft bis ju
6nbe bee SDlittelaltere »icl getragen njurbe.
£Mn, fiel)e SBuotan.
£fcn; er cntftet)t auä bcm uralten fici=
nernen ^erbe, »cl^er ber ^eilige ü)Uttcl*
fünft bc« ^aufce hjar, bie alte Dpfer«
fiättc, ber 5tltar bcä ^aufee. SWandjcö
ron tcr urfprünglic^cn ^ciligfeit bce
^erbee ift ba^cr fpäter auf ben Dfen über*
gegangen; ^crb unb Ofen gelberen bcr
^oDc; bie junge (Sl)cfrau unb eine neue
SDiagb mirb beim 99etretcn bce ^aufce
juerft breimal um ben ^erb geführt, ^n
ber iJJeuja^rsnad^t gucfcn bic Su^öftaucn
■in ben Cfcn unb gen:al)rcn barin bae
äßilb beä jufünftigen ^Bräutigame ; ba^cr
ber Äinberfpruc^ : „üieber Ofen, ic^ bete
biet; an, bu braudjfi ^ol; unb ic^ ein'
SDiann." ! 3" Sagen unb SWärc^en mirb,
j. 99. bei ben »erfä)icbcnen fogenannten
!I)lorbnäci)tcn (Bürid), Sujcrn unb an an--
beren Crtcn) bcm Cfcn gcbeict)tct.
2^ie urfprüngli(i)c öoim bcr gcucr=
fiätte voax ber einfädle, auf Steinplatten
crl)öl)te ^cib; tai SGBort ^erb felbft bc-
bcbeutet fomoljl ben SBoben (obglci^ ee
mit ßrbc nid)t rcrmanbt ift) als bie
^cucvjtättc. 5iue tcr altcflcn gorm cnt=
Rauben nun, al^ ftd) bcr .ßoc^ljeib
ron bcr ^eijcinrict)tung trennte, einer*
feit« ber Äamin, anbcrfcitc bcr Dfen;
Äamin , mcf)b. ber kamin , kemin,
aui gricd).= lat. caminus = Q^fwcrftälte,
3immert)crb ; babcr mt)b. bie kemenäte =:
I)ci5batc8 Bii^'Witi^. ^^^ ni^b. stube, nl)b.
€tube, auc ital. stufa =: (äinri(i)tung
ju njaimem SBabcn, S3abf;ubc, Cfcn, cnt=
flanbcn ift; tic eti)mplcnie bce SlOcrtce
Dfen ift unfid^er. 5Die bciben ^o^niett
bcr ^eijeinrid^tung teilen ftc^ nun fo in
(Suropa, ia^ ber ۟ben unb Sfficjicn mit
©nglanb, ^ollanb unb Dftfricelanb, bcm
Äamin, bie flarifd^cn unb germanifd^eir
fiänbcr bem Dfen ^ulbigcn. 3m 93auriffe
bee Äloftcr« €t. (Sauen aus bem 9. 3at)r*
^unbert, fte|e ben 9lrt. Äloficranlagen,
ftnb brci iicrfc^icbenc ^cijfpncme, ia^
römifä)e ^ppofauPum unter bem, SDircf*
torium, im SBo^nfaal ber 9?ooijen unb
im .Rranfcnfaül, fobann bic einfa^c ^erb=
einric^tung, locus foci, in ber 2Rittc beö
©pcifefaalcö bcr ^rcmbenmobnung.unb ja^I-
reid^e Dfen oon längIicf)runbcr3ormin ben
(äcfcn ber Stuben. ^Die 6öfifdt)cn SDic^ter
ermä|)ncn forno^I bce Dfenö alö be^
.R;amine, beffen mittcl^odbbeutfc^er ytamt
fiurrame, geucrral^mc ift. 5Daö SDktcrial für
bie Dfen bee ÜJJittelaltcre fd^einen t^on*
gebrannte unb glaftcrte ^ad^eln gcmcfen
ju fein; mä{)renb bic dlteftcn befannten
cifcrnen Dfen fd^mcrlidf) über tai ^a^x
1400 I)inaufgc^cn, finbct man fd^on auf
ben SDarftcflungcn t>om (Jnbe beö 13. ^al)X'
l)unberte ben Äacf)eIofen; bie öltcften
erhaltenen Äad[)cln merben bem 14. ^a^X'
^unbcrt jugcmicfcn unb cnttjalten in frof*
tigern SRdief figürliche Siarjicflungcn,
SDfinnefccncn , Jicrgcfialtcn, 3a8^^il^f^
u. bgl.; ganjc Dfen fmb j. 93. erhalten
auf ber äJefic ju Salzburg mit gotifd^
fiilifurtcn, fafi freiftctjcnbcn 93Iumen, Dom
3a^re 1490, unb auf €c^Io§ Jirol bei
JUIcran.
Ba^lreic^cr finb bicaue bcr (Renaiffancc
erhaltenen Äac^clöfcn, bic namentlid^ in
ber Sd)mci5 im 16. unb 17. 3al)i^unberi
eine Ijoi^c 93Iütcpcriobc gcl^abt i^abcn.
3I)rcr 9tnlage ncä) bcfictjcn fte aue einem
unteren, breiter fortrctcntcn, auf gü^cn
ru^cnbcn Seile, über mcld^cm ein fd^ma*
lerer turmäl)nlid)cr Dbcrbau aufragt, bcr
x\\ä)t feiten burd)' jinncnartige SBchönung
auebrücEIidt) ale Slurm d)araftcrifiett ifi.
JTer breite Unterbau, bcr bic J^cucrung
aufjuncl)mcn l)at, flcbt mit ber Sßanb in
93crbinbung, ia icii Slnbcijcn ron 91uicn
bcr ftottfinbct. S:;ic enge (äcEc jmifc^cn
SBanb unb Dfen mirb fajt immer jur 91n^
läge eine« crt)iil)ten Sifce benu|t, ju
njcld&cm man über jmci breite Stufen gc«
langt. 'Tdäjt bloö bic Äadjcln bee ganjen
Dfcngcbäubce mürben nun mit plaftifcfiem
Scfcmucf ober farbiger 3icr bcbccft, fonbern
aud^ bic 9Banbfläd)cn bee S'JTiinfiß in bcr
9^ät;c bce Dfcne erhielten itjrc 99efleibung
mit gcm.altcn Äad^cln xmt fclbft ein 2,cil
Dffnunpcn — ti.
531
tti gu§6ob€n« würbe mit glafierten
gliefen belegt. Se loflcn f\ä) in ber ®e«
fd)i(ite ber €d)tt)eijet ^'a^elöfen brei
©tabien untcrfc^ieiben, bie aber nid&t tüxi)'
auö nac^einanber, fonbcrn tciltueife neben*
cinanbcr ^en[(f)en. 3nbeterPcn(^poct)c
etfd)eint ber Dfen rein qIö ard^itefto*
nifc^eö 2Berf be{)anbclt unb mit plafti*
f(^en ©lieberungen axiegeftattet ; feine @c=
famtfotm ifi meifi runb, boc^ fommen
aud) einfa<^ »icvecfige cor. (Sr ifi in ber
'Jiegel einfarbig, ta. bieÄac^eln fajl bur^=
gängig nur bie grüne Sßlciglafur jeigen.
3n ber jireiten ©poc^e Yoxxi ber
Dfen jum plafiifd^en ^unjinjerf;
n3äl)rer.b ©efamtform unb einfarbige ®Iafur
meifi unteränbert bleiben, erl)alt€n bie
Äa^eln in üarf oortretcnbem SRelicf allerlei
figürlicf)en €d)mucf. 3)ie britte ent =
n?idelung«fiufe giebt ben Dfen in bie
^änbe ber 2)i alerei; tai plaftifd)c 61e=
ment in ©lieberungen unb Sßcrjietungcn
nsirb äutücfgebrängt, »äbrenb bie reiche
Farbenpracht junimmt. 2Die grüne S31ei'
glafur ricrfcf)tt)inbet; bie Äad^eln , bie je^t
größer ftterben, erl)alten einen mitc^irei^cn
(Smailgrunb, auf ivclct)cm bie SDarjletlungen
farbig gemalt erf(^einen. (Sin fc^önce
23Iau bi'lbet bie ©runblage ber 3ei(I)nung;
baneben fommt gelb, grün, »iolett unb
fc^warj jur Qlnrtienbung. 2)ie Dfen biefcr
*periübe beginnen mit jiemlic^ reici^cr poU;-
diromer (Entfaltung, »erben bann im
njeiteren 23erlaufe bee 17. 3a()r^unbertö
junäd)ft etwae matter im ^arbenauftrag
unb fc^lie^en im 18. 3al)t^""^«t mit
milbem 93lau auf n)eitem ®vunbe, ber
fcntimcntalcn SBebmut be« 3al)rl)unbert^
angcnufien. SDie figürlichen IiarfteUungen,
mit lateinifcben unb beulfd^en «Sprühen
unb iCerfen nerfe^en, gepren ber biblifc^en
unb antuen ®cfd[)ici)tc, ber vaterlänbifd^en
®efd)ic^te, ber 2)Jt)tl)ologie, «Spmbolif unb
?lllegorie. S>er ^auptfi^ biefcr Dfcnte(i)nif
tt>arSBintertl)ur, bie angefcl)enfie^afnerä
familie bafelbj! biejenigc ber $fau. I)ie
©ilber entflammen mei'^ ben .Rupferfii(I)cn,
SRabicrungen unb ^oljfd)nittcn ber 3eit-
genoffen. fiübfe. Über alle Dfen in ber
®d)n.ieii, namentlid^ im Danton 3ü>-'id).
2. Qlufl. 3ürid) 1865.
Dftnungc«, fiebe Sßeiötümer.
©^rgeljöiige, D^rringe, nitjb. orringa,
lat. inaures, arrancanes, parceti, penden-
tes, »arcn befonberß bei ben Drientalen
feit *IUtcrß in ©ebraud) unb fo bei ben
©riechen unb JRömcrn fep beliebt. Qlud)
bie alten ®atlier unb ©crmanen beibcrlei
®efd)le(f)t« trugen fte al« groBe ©olbringc.
3n ber Äarolingerjcit trugen fte bie Oiaucn
ale furje, perlenbefe^te ®el)änge, im 11.
3ol)rl)unbert »orne^meSWänner unb grauen,
>t)äl)renb fie ju 6nbe bee 12. »iebcr au^cr
SWobe famen unb mel)r nur nocf) ton
grauen nieberen Stanbe« getragen njurben.
®ie fommen aber auf IienfmäUrn fafi
nie jum SSorfc^ein unb «erben aud) fpater
i^on ben SDid^tern nid)t ndt)er befdirieben,
fo bafi mir über.it)re gotmen menig »iffen.
SBa« ftd) an Überreften au« ben altern
3eitcn !^er erl)alten, ift »oI)l bt)jantinifd)en
Urfprungs. I>ie bcutfd^e ®olbfd)miebe-
tunji (Qlugeburg, 9^ürnberg) hjirb im 13.
Sabri). üle t>orjügli(^ erwcibnt; bod) iji
aud) ton il)r, »as bie SBerfertigung üon
Df)rgc^ängen anbelangt, nicf)t0 befannt.
C'^rftern ober ®el)örrofe nannte man
bie rofettenartigen, burd)löd)erten (plätteten
ber ©turmt)aube (^elm), n)eld)e fpejieü
bie D^ren ju f^ü^cn, bem 6d^all aber
möglid)fi ungel)inberten 3"^'fitt ju ge»
fiatten ben 3*^«^ l)atten.
£ftaöen ober ©tanjcn, ital. octave
rime, stanza, bicfeö entftanben aus mittel»
lat. stantia = 5lufent^alt, S[ßol)nung,
3immer, ton stare ^r^ Pel)en; stanza
alfo ein iHeimgebaubc, ein äin^mer, mic
benn aud) in mittelpd)beutfd)en ^ic^tun»
gen eine bic^terifd) in ®ebanfen unb Jorm
abgefc^loffene Diebe unter bem 23ilbe eine^
zimbers = ©cbäubeä, ^aufee, bargefiellt
mirb. SBciganb. SJiefe ©tropl)e murbc
burd) bie erfle fcf)leftfd)e S)i(^tcrfc^ule bei
une eingeführt, unb ronx anfängli^ in ber
SHegel au^ ^leyanbrinern jufammengefe|t,
,. S. in ber metrifd)en Überfc^ung üon
iajfo« befreitem 5fi^"f<Jltin ^^^^ 5Dietrid^
uon bem SBerbcr, gi^ii'l'fui^t 1626. Später
l)at namentlich Sßielanb bie Dftaüe in bie
fd)öne beutfc^e ßitteratur, aber mit 5lbs
änberungcn, eingebürgert.
£)I, gür bie endigen öampen, bie fd)on
um iiai '^a^x 900 cor jebem 511tar brann*
ten, follte au«fd)lie§lic^ Dlitenbl t?cr-
wenbet »erben, i^ai ßeremonialc fprid)t
ben SBunfd) Que, e« fotlten am ZahtX'
nadd 3—5, am ^odialtar 3, an ben
3Jebcnaltärcn eine Sampc brennen unb
ä»ar Sag unb ?lad)t. ®dmtlicl)c foUten
nic^t mit 53utter, fonbern mit Dlinenöl
gefpeift »erben. S)er Dlbcl)älter biefer
Campen befiel)t aui gefärbtem ®Iae:. Olu^er
biefcm einfach gefegnetcn 23 renn öl, oleum
benedictum, »urbe ju fird)Iict)en 3n-''f<i«n
iier»enbet bae .Kranfenct, oleum in-
formorutt, baß Salböl (6.l)ri)fam) oleum
532
loerijc
— r
Cpr«.
exorcisatum, chrismale oleum, chrismale
sanctom unb bu3 Äaiec^umenenöt,
^ e i t ö I , oleum catechumenorum, oleum
sanctum. Sie alle lüurben am ®rünbon=
nerätag oom QSifd^of gcttet^t.
£)Ibcrgc, b. 6. ßbriftißeiben barfieücnbe,
oft lebensgroße (Sruppen in Stein, t>on
©et^femane an biä jur Äreujigung, ®rab-
legung unb 3tufcrficf)ung, »erben feit bem
15. 3<J^t^unbett gcnjötjnlid^ in 9icbenä
räumen ober außerf)alb ber Äird^en an=
gebracht. Sie gefioren ju ben S t a t i o n c n.
Dipet; biefelbe f)at 9tamen unb Ur=
fprung auä Sta^iftir ^''o M «^"i ®"^£ ^^^
16. 3'a!^rt;unbertS im ©egenfa^e jur auä^
f(^lieBlid)cn Pflege beä Äontrapunfteä,
bie bamalö ^errf(^tc, eine befonbere 2:eit=
na^me an inbioibueüer Sebanblung ber
SRelobie unb beö leyteö funbgab, jum
Seil in ber Qlbfict)t, bamit bie verloren
gegangene ÜJlujif ber alten ®rieii)cn ju
erneuern. 6S galt ju bem Snbe einen
melobif^ ^crauögebilbeten unb bem Icyte
entfprec[)enben ©ologefang ju ermeden.
9U^ erjleä berartige« Stüd gilt hk im
3a^re 1597 ju ^lorenj aufgeführte 2)afne
tii Ottaoio 9flinuccini, mit iDlufif
pon «Pari. 3m '^a\)x 1600 muröe unter
©ä)aufiellung eineö außerorbentlidl)en*Prun=
feä bie üon benfelben OTeifiern berrübrenbe
Cper (5uribice jur Sermältlungäfeicr ^ein*
rid^ä IV. mit SOJaria r>on SJiebici aufge-
führt. 2)aö erfte gro§e Slalent, iiai an
bicfer neuen mufifalif(i)=bramatifcf)cn ®at-
tung arbeitete, anir Slaubio 3Wonte =
Derbe, crf^e ^alftc beä 17. ^a^rbunbertä,
burcEi meldten baa 3"t2relfe für bie Oper
cr^ ein aögemeine« »urbe; feitbem mürben
in allen größeren Stabten Stalienä Opern«
auffü^rungen oeranfialtet.
Ollöerfiebeutfci^eOpergiltbiePonOpi^
nac^ bem genannten italicnif(f)cn Sorbilb
bearbeitete ©ap^ne ; ein gemiffer |). @d) ü ^ ,
ber ftd^ in 3tatien auÄgebilbet ^atte, fc^te
fie in aWupE. 2)ie iUupfirung gefc^a^
1627 ju lorgau bei ®elegenl)eit ber 23er=
mä^lung einer facf)fifd^en ^rinjefftn. ®eit=
bem blieb bie Oper in 2)eutfcf)lanb iior=
läufig in gänjliii)er <}lbf)ängigfeit con
Stalten: bie Stoffe maren biblif(|e, mpt^o=
logif{i)e, aUegorifcfce, mit SSorltebe _ ber
S^äfermelt entnommene; bie Ijauptfäc^»
licf)en aSeranlaffungen ^efte J" >&öfen unb
anbern Orten; bie pprjüglid;)Pen 2)ict)ter
S)aDib ®cbirmer, 2lnfcr. ®rl)pl)iu«r
©igmunb oon öirfen unb 3- S^roie-
ger. ®egen ba^ (Snöe beä 17. ^ai)X'
^unbertä, a(ä bie Oper tn ^njelnen
Stdbten, namentti* in ^amburg, feßere
Si^e gewann unb bamtt ein allgemeine^
Unter^'attungsmittel ber bö^ern Stänbe
rourbe, ermeiterte ftc^ bie Oper nad) ^orm
unb Sn^ii^^t. Sfleben ben älteren Stoffen,
bie aud) in ben JJebcnarten ber Oper, ben
SöaQctten, SWaöferaben, Screnaten, «|8a|io=
retten, Oratorien, Äantaten jur S^crPcllung
gelangten, mürben biiiorifd)e Stoffe be«
liebt, baneben fol(I)e, bie ber 2Birflid^feit
unb ber ©egenmart entnommen maren. ©ie
SluBftattung mürbe immer prächtiger. iDiu*
fif, SWalerei, ^(rdiiteftur, San^funfi unb
ÜJJedjani! unterfiü^ten ftc^ gegenfcitig.
iJBorauf eä bie 25id)tcr abgefcben Ratten,
mar bie (Entfaltung oon SSermanblungcn,
Sßolfenfa^rten, 3Ü"n'i"'-itionen, u. bgL
Unter ben 5al)lreid)en Siebtem biefer fpä*
tern ^eriobe merben tjevoorge^oben: (Sl)ri=
fiian SRicl)tcr, $. $ojiel unb 3- ^^
öon Äönig. 2}om 3a^'^ l^'S, bem ©r«
öffaungSjafer ber Hamburger Oper, bii
17-28, mürben ftier gegen 300 Opern ge«
geben, ber .Kompotüfl Äeljfer kompo-
nierte 107 Stücfc. ®egen bie ilRitte beS
18. 3at)r^unbertä erlof^ biefe Oper, teil^
meil ber tiefere Srnfi ber 3«t i^ter über«
brüfftg mürbe, teiU in ^yolge non öffent*
li(^er ÄritiE, ber fie namentli(^ ®ott*
fdt)eb unterjog. 53gl. ^en 5lrt. SD? u fit.
£)^fer. 2)aä beutfcfie 2Bort Opfer leitet
ftc^ pon bem lat. offerre ab; a^b. opfa-
ron, opforön. opfar; mbb. opheren, opher;
altn. offr. Qi ift jeboc^ erft burcb tai
ßbriPentum etngcfülirt morben, mäbrenb
^ic Sad)e, bie fie bejcic^net, eine ^eibnifcfte
ift. 2)er ältefte, bei allen ®ermanen ge^
bräu(J)lid^e 5luöbruif ber ©ottDerebrung
burc^ Opfer mar got^. unb angelf. blo-
tän, altn. blöta, ai)i). pluozan.
@c£)on biefer ^luöbrucf Icbrt, ba§ bie
Opfer Dorjüglict) blutige roaren, rcaa fic^
übrigen^ für 3ägeri?ölfer oon ber 5lrt ber
®ermanen oon felbfl oerfianb. 2>ie ft*ers
iien eingaben über bie Opferungen unb
bie bamit oerbunbenen gejlgelage geben
unä bie unerf(^öpfli(i)en Sagen beS Stör«
benö. daneben ftnb e^ bie 'Berichte ber
iHömer, bie une manche« crjätilen; unb
bie Verbote ber Äirdfie, bie namentlidö
gegen beibnif(i)e Sifcbgelage unb ,j-eji*
tän^^e gerillte! fmb, bemeifen un^ »ollenb^,
ia^ bie norbifcften ®ebväud)e aud) in
l!eut[d)lanb ju finben maren.
Unter ben blutigen Oofern fianben bie
9}tenfd)enop fer obenan. Sie maren bei
ben ®ermanen fo gcbräu($lid), mie bei
allen anbern Sölfern bee ^Ktertum« unb
Opfer.
533
galten t)tm SBoban unb 3i''/ ii" 9Joiben
bem Stijor. „3btem SBefen unb Urfprunge
nai) jinb fie fü^ncnb. Gin grofeä Un=
beil, ein [(^iüercä a3crbve(f)cn fann nur
buri) menf(^Iict)e« Slut befcf)njoren unb
getilgt werben." 3iicf)t nur würben nad)
errungenen ®tegen bie gefangenen iJeinbe
jum aiBoblgefaüen ber ®öttcr an ben
äBäumen aufget)ängt unb bie gefamtc
Seute an ^ferben unb ©eraten nernicötct,
tt)ic e^ j. 33. burc^ bie (Eimbern unb leu»
tonen nact) bem großen Siege an ber
IRljone gefdE)a^; fonbern aud) feine eigenen
ßeute opferte man, roenn man bie ®ötter
crjürnt glaubte, ©igentümlicft mar ber
fd^webifdie 23raudt), bei eintrctcnber $un«
geränot ben Mniq su opfern, nid^t nur
meil er baö föpiid^fie Opfer mar, baö
man ben ©öttern barbringen fonnte, fi>n=
bem auc^ meil er als Dberprieper beö
ganjen Sanbcä burdh 23erna(^Iäfftgung bcö
Dpferbienfieä bie ©ötter erjürnt unb fo=
mit bie 9?ot üerfd)ulbet baben mu§te. ®o
fiel .ftönig ©omalbin, nac^bem ein Dcbfen-
Opfer im erf!en unb ein iDtenfdjenopfer im
jmeiten §erbfic bie Hungersnot nic^t ge»
brod)en Ratten; fo fiel aucf) Äönig Olaf
Iretelja, mte bie Ynglinga saga erjal)lt:
,„ba cntfianb ein gto^eö ÜKiäja^r unb
■junger; tai gaben fie ibrem j?öntge fcbulb,
fomie bie Sc^meben gemo^nt fmb, il)rem
JSönige fomo^l iae gute alö hai SD?iöjabr
fc^ulb ju geben. Äönig Olaf mar ein
geringer Opferer; ba« gepcl ben Sc^meben
übel, unb fie meinten, ba^er fomme tai
SJliäjaljr. 2)a «ogen bie Scbmeben ein
^ecr jufammen, machten einen Eingriff auf
Äönig Olaf unb umringten fein ^auä,
verbrannten ibn barin, unb fcbenften i|n
bem Obin unb opferten ibn für ftdf) um
ein guteä 5a^r."
®anj bcfonberö aber fianb baä ilJIenfc^enä
Opfer im S)ienfie ber SRe(^täpf[ege. 2)ie
lobcöftrafe mar eine Sübne, bie ben
(Söttern nic^t uermeigert werben burftc.
5Der 25crbrec^er mürbe t>ov bem lempel am
Opfcrfiein gebrocf)en , ober in ben Dpfer=
fumpf oerfenft unb mit SReiftg jugebecft.
*Hber aüd:) jur ©rljaltung unb Serlänge»
Tung beö eigenen Sebenö opfert Äönig
Ön neun feiner Sijline unb erbirlt »on
ben ©Ottern jebesmal gnäbig eine weitere
^rift; wie er aber ben jebnten «Sobn aucb
nocb opfern will , ba wiberfe^en frc^ bie
©cbwcben unb ber Äöntg fiarb. Son
Äinberopfern ftnb übrigen^ in ben alten
SSolf'Sfagen aucf) noc^ weitere Spuren
t)orbanben. Sie follen ^auptfadblicb jur
51bwebr anfiecfenber j^ranfljeiten ange-
wenbet morben fein unb jWar bur^ ©ins
mauern in ©runbwälle, wobei man bcn=
felben Speifcn unb €pielfad)en mitgab.
2)iefer Umflanb fpri^t beutlicf) bafiir,
ha'^ an ein fortleben nad) bem Sobe
unb jWar unter gleichen SSebürfniffen
unb Sebingungcn geglaubt würbe, wie
aucb ben ©iittern iai Sebürfnie na*
€peife unb Sranf jugebacbt war, baber
würben aucb bei ben b^ufigen
Sieropfern nur reine ®ef(i)öpfe ge^
wdblt, beren %hi^(i) für ben ÜJien-
fcf)en gcniepar, b. i). ju effen erlaubt
war; eine Qluönabme macben ^unbe unb
^abidbte, bie burcb ibre beEannten S)ienfls
leiflungcn gleichen SRang liaben, wie bie
bcüorjugteften jiere. 3^^ liefen äii^len
in erfier ßinie bie ^ferbe, bie gerabe=
äu al^ beilige Sliere »erebrt würben.
(Siebe ben 3lrt. fieilige liere.) 31)r ^ki^(i^
würbe Don ben ^eibnif(i)en ©ermanen mit
iBorliebe gegeffen, unb bie 93ewobner 5^*
lanbö behielten ftd) bei ber gefeMid)en
Sinfü^rung beö Gbrif^entum^ auäbrücflic^
ben unbebinberten ®enu§ beä *Pferbe=
f[eifd)c^ oor, wätirenb er anbetort« von
ben ®tauben«boten aufö ftreuAfle unter*
fagt würbe, ilßie fdjwcr eä aber tiielt, hai
iBerbot bur(^jufüt)ren unb wie manii)er
iRüdfall bie duBere ^J^ot oeranlafte, ^ai
beWeifen bie wieberl)olten, fir(^Ud)en Sr=
laffe. 2)ie jüngere Olaf3=Sage berichtet,
ta^ bei einem iÖliBWad^fe bie bereits jum
ßbriftentum übergetretenen 93auern oon
Sbront^eim um 2öintet^anfang gro§c
unb jlarE befud^te ©ajtmäbler bieltcn.
„I)a Waren groge Srinfgclage. 2)em Äöntge
Olaf würbe gefagt, baR ba alle ÜJiinne
bem Ibor geweibt werbe unb bem Obin,
ber %n\)ia unb ben 5lfen, alles nad) alt«
beibnif^er Sitte. Sa^u würbe aud) weiter
erjä^lt, ha^ ba 25ieb unb ''i^ferbe ge-
fd)lacbtct unb bie Elitäre mit bem 93lute
bejirid)en würben unb baB ber Opfer»
bienfi ganj offenbar abgcbalten unb iia-
bei bie j^'^mrel gefprodben werbe, itafi bieä
für bie aScfferung be^ 3al)rgange« (til
ärbotar) gcfd)eben foßc. I)aju würbe bei»
gefügt, tai; d allen Seuten flar fd)cine,
ta^ bie ©Otter barüber jornig feien, ia%
bie ^alogalänber fidb äum Sbriftentum
gewanbt bi^tten." Unb fo muB ber (cbrifi»
liebe) Äönig ^afon feinem Solfe ju lieb
an bem Opferfefte ju ©labir aus bem
bem Obin geweihten 23ecber trinfcn (frei»
lid} mad)t er barüber norerjt t>ai .^reu^es»
jeic^en, ftatt baäjcnige beö ^ammersi) unb
534
Cpfet.
entgebt bem lobe nur, bo er noeniaftcn«
jum 6^ein übet bem ^ferbeflcifc^teffcl ben
üßunb öffnet, aU genicfe er '^kiiä^ , %t\i
unb ißrübe. 5Die $ferbcopfer foüen ficb
in €cbtt)eben biß in bie jroeite ^älfte bcä
11. 3abt^"n^fi^t* erf)Qltcn baben.
{Rinbcropfer waren nid)t minber
allgemein, bcr 6tier war bem ^^epr ober
%xo gebeiligt, ja er fübrt in ber ^t'ixx ge«
rabeju bcn 9Jamcn bcr ©ottbeit [elbfi.
Übrigen« opferte man ibn auc^ ni^t
feiten bem Sßoban, al« bem ®ott bcr
ßrnie, bes 5l(Jcrbaues unb ber Sicbjucftt.
(S ber Opfer »raren ebcnfall« febr bäufig,
tt>ie gerfelopfer, Friscing (grijcbling),
raae bic itbcrlicfeiungcn faji mit ©creipb^it
annebmcn laffen. 3\.oi) im 13. S^b^b. bc=
nennt eine bif<iöf[icbe Urfunbe in ^affau
bie ju cntrid)tenbcn jungen Scbmcine mit
siteuriscliiDg , sitfrisching , seitter, seit-
frisching , maß obnc 3*^^«^^!^^ ^in jungee
©d)ttiein bebeutet, bas nad) beibnifc^em
(Sebraucbc fid) jum ®efottcnn:>erben eignen
ȟrbc, alfo ein Cpfcrfdjmein. '^m 9'Jorben
»ar ber Sübuebcr, sönargöltr, ein feier=
lic^ee Opfer, 'i:ai bem %ut)X an 3uIobcn^c
gebra($t tüurbc. „2lm 2lbcnb erfolgten
©elübte; bcr ©übneber tcurbe luirgefübrt,
bic Scute legten auf ibn ibre |>änbe unb
legten tu ibre (Sclübte ab beim löraga=
becbcr". — „Äönig .^eibretcr Ic§ einen
©ber füttern, ber rt)ar fo grofe »ic ber
fidrtfte D(f)ß unb fo fcbön, la^ jebcä |)aar
au6 (Solb ju fein f^icn. 2)cr ^önig legte
feine ^anb bem (Jber auf ben Jlo^jf unb
bie anbere auf bie QSorficn unb legte ba
bae @elübbe ab, 'ta'^ niemals jemcnb
fo €cbtt>ereä Pcrtttirfcn foüe, ia^ er nid)t
red)te6 Urteil feiner ifficifen erlangen
foütc, unb bic folltcn bce (Sbere pflegen;
ober aurf) foUte er foId}e iRdtfcl ttcu
bringen, la'^ fie ber Äbnig nicbt ju raten
t>ermöcf)tc." 2;iefe« gülbenborfligen obere
iß aucb in 2:;eutfcblanb oft unb in fpäten
3citen nod) eriräbnt, fo in einem i^autens
badber SBcistum oom S^^'"« 15^9. ^'^ te
bei^t, bat J" einem auf 2>reiföniöetng
(alfo in ber 3"l}fi0 gebo^^fif" ®eiid)'c
„bie .^übner ein reinee, fcbon bei ber
2)(ild) retgeljtee (nod) föugcnb rietfcbnits
icnee) ©olbferd) ad)t b"'^^'" €d)iüingen
mert liefern fotiten." 2)er »freie ift ein
unuerböltniemä^ig b^bfi - »''"ß barauf
fd^lie^en lä§t, la'^ 'iai Slier bei biefem
2lnlafft eine bcfonbcre S?cbcutung \)üX\i,
roie \)füU iiod) tc.^ fii ju Cftern uni bie
®ane am Sülartinetagc. %ai J^crfel mürbe
nämlid) runb burc^_ bie 9?änte gefübvt
unb obnc S^'tiffi b^mac^ gcfd^Iaitct unb
pcrfpeiet, mae offenbar auf einen bfib*
nifd)en Dpferbraud) jurücfäufübren ifi»
51ucb bic oben angefübrten €übncber bcä
grepr fanbcn fid) in ßnglanb noc^ lange
3eit, unb beute noc^ roirö in Oftergot*
lanb am Sulabcnbe ein mit einer ©ä)meinös
baut überjogener 93Io(f (julbucken) auf
ben %\\i) gefegt, auf ben bic ^auögenoffen
cinanber ibren Sreufcbrour ablegen. 9luc^
'tai mit fiorbccr unb Oioemarin , Zitrone
ober *pomeranje gcfdimüdtc ©cbmeinebaupt
unferer lafeln, fomic ti^i ju Dyforb feicr«-
Mi) unb unter ®efang umbergctragcne
Sberbaupt unb bcrgleicben ©cbriiudbc mebt
fmb Srinncrungcn an bic (Sberopfer unjerct
bcibnifcben iBortȊtcr.
SIßibbcropfer merben aU geringere
Dpfer feltener ermäbnt, mae jcbod) nicbt
bcmcift, iü'^ ftc auc^ feiten bargebracbt
morben mären. 3" S'Jormcgcn bcftanb bic
gefe|li(^e 25crorbnung,: „Äommt ein Un*
freier ju fianb ober eigenem ^auebalt, fo
foü er fein greibeitebier (frelsiöl) bereiten,
jeber aWann neun ßimcr S3icr unb einen
2ßibber fcblad)ten; ein ecbtgcborener fott
tai ^aupt abfcbnciben unb fein gcfe|Ii(^et
^err bie ^alelöfung t>on feinem Raupte
nebmen."
©benfo famen Sodopfer cor, fo bei
ben bcibnifdien fiongobarten, bie fie —
mic ®rcgor b. ®. melbctc — bim Icufei
barbrad)ten. 2>er Sod mar bem ©onnar
beilig, bie ©ei^ ber ^olba. 2)ocb mürben
fu audb bem SBoban bargebra(^t. .Kleinere
2iere, mie^unbc unb ®ef lüge l fdbcincn
menig unb fafi nur als Dpfer für bie
©rntegottbcitcn bargcbrad)t morben ju fein.
©ie unblutigen Dpfer maten eben*
falle bantenbe unb bcflanben in ®egen»
ftänben, bie Don ben SOfenfc^en ale ßcben^»
bcbürfniffe febr gefd)ä|t maren. 3)em
®ottc SEbor opferte man im Jcmpel ju
^untbotp täglid^ »icr ?aibe 33 rot, ba
man bie ©ötter überbaupt mcnfd)li(^cr
Speifc bebürftig. ^^kh. 5lucb bie ®öttin
9?crd)fa crbielt, mie SRoc^bolj nad)gemicfcn,
ibre Cpferbrote, unb bie nieten ^^P*
f neben unb gefibrote, bie mon noc^
beute in ganj I)eutfcblanb bei oerfdbie^«"«"
J^cftanldffen badt unb unter bcn oer*
fd)iebcnfien ©ebräucben ferjebrt, bemcifcn
genügfam, ta^ berlei Dinge früber für
bie ©Otter unb ibre gebeiligten Siere be*
fiimmt maren. 5lud) 93 icr brad)te man
bcnfelbcn bar , mabrf^cinlid) in ber 5lrt,
bü§ ein %t\\ ba»on fcietlid) für bic ©ötter
üuegegoffen,' iai ^übrige aber in einem
Cpfer.
53&
Oelage ebenfaüii in iJjiem I)ienftc ge-
ttunfcn ttiutbc, wie fold^ee in ben [cfeaum»
burgifc^cn ©intefcierlic^fciten jic^ cicUcic^t
am bcutlid)cn erbaltm l)at. (Jbcnfo laffen
bie fielen aber9läubi[d)cn Söetroenbungcn
ber ®tünbonnetetag«i= unb dbatfreitagä'
fcicr batauf fcbliefen, ba^ bie (Siet öU(^
eine (äöttcrfpcife tttarcn; banebcn finb e«
SKilc^ unb 4>onig. namcntlid) für bie
^ausgeifter, Sßi^telmännÄcn unb für ben
Soten ber ^plba, für baß SDJaricnfäferd)en,
aud) ®oIb unb ©über, ^leibung«»
ftücf e unb 9? lumcn.
35ie unblutigen Cpfer burftc ber
Cpfernbc felbft barbringen (in ber Siegel
t^at bae ber ^ausrater); bie blutigen
l)ingegen reurben fon ben ^rieftern be=
banbelt unb jwar in ben meinen gäßen
bei 2Inla§ großer gefilicbfeiten, im Sßeifein
ber gefamten SBett)ol)nerfc^aft eines ®aue«,
alfo ber Jempelgemeinbe. S)em bamit
rerbunbcnen Cpfcrma^Ie fianb ber Opfer«
bäuptling for, ein e^tgeborner, ber Dt)ne
3»t>eifel pom IBoIfe fclbfi ber 6^re bee
IBorfitice geirürbigt morben. 5lu0 üJJeifier
'Jlbame Sefcfereibung beö großen Opfer«
feficc ju Upfala läßt ftd) i'd)Iie§cn, ta^
jU ben Opfern in ber 5icgel nur männ=
lid)c 2iere rern^enbet würben. Qlud)
fd^eint bie %aiht ben 2Bert eine« Opfer=
tieree ni(l)t untt)efentlid^ bellimmt ju baben.
2BeiBe *}]ferbc n^aren gefd)ä^tcr, ale rote
unb f(J)mar;ie; ebenfo bie €d)afe; tai
Opfeibubn burfte feine anbern als »ei^e
5cbcrn ^aben, unb nocb in fpäten Siedjtö--
benfmälern ift nact) ®rimm bie Unferle^^
lid)feit fcbneettiei^er gertel jugeficfcert. Iien
untenibifcf)en ®Dltbeiten bagegen opferte
man rorjugaireife fc{)tt)arse üere, nament«
lid) fd)tt)arje €d)af= unb 3icgenböcfe. I)ie
Opfeiticre nourbcn alfo tt)Ql)rfct)einIi(^ ju
biefcm ^roidi jung f^on auegett>äl)It, ge«
fOgcn unb gemäfiet unb bürften fAmerlic^
je JU menfd)licbem ©cbraud) gebicnt ^aben;
reenigflen« jicDcn alte SRedjtebenfmale biefe
Sebingungcn an goblen unb 9iinber, bie
ju feicrlidiem t'anbermerb ober jum ZoU
pflügen ber ÜJiartfteinfrcoIer rermcnbet
tticrbcn rtioüen.
gcrberten bie ®ötter ein 2)?enfd)cn=
cpfer unb ßiaten bercn mebrerc bereit, fo
hatten fie ta^ bcireffenbc burd) lai Uoe
näber jU bcjeidjnen. S)a« gef^al) burcb
bie 3f{unen ober nad) einer ^ormel, bie
ber angelfädiftfi^en ^inbreaelegenbe cnt=
nommcn n?ar, natürlid) unter Qlnrüljrung
unb 93efd)\rörung ber betreffcnben @ottcr.
2^ic Opfer irurben i'cbann gcfdinüidt, burd)
bie IBolfeljaufcn gcfülirt unb bann ge«
fd)Iac^tet. ^ae 93lut würbe in bem Opfer«
fejfel aufgefangen unb mit bem SBIutjWeig
barauf ber Elitär, bie Sempelmanb, auc^
etrtia ber Saum, bie Sebcnsmittel unb bae
iBolf befprcngt. gcü unb ^aupt würben
t>om Opfer getrennt unb an einem Saume
aufge^)angen , worauf ber lanj unb gejt«
gefang begann. 2" ben großen Äeffeln
mürbe nun iai ^Ux\ii gefotten, meäwegen
bie leilnebmet am Opfetfefie supnautar
(«Subgenoffcn) fliegen; baneben mürben bie
Opfertudjen gebaden unb bae 93ier ge«
braut, meiere Qltbeiten mat)rfd)einUd) ben
$rie|ierinnen oblagen. 2)ie ebleren Seile
bee gefo<^ten Üiered, ^crj, ßeber, ßunge,
mürben »ermutlid) ben ®öttern bargebratfit,
ber SReft aber famt ber 93rü^e »om ißolte
terjebrt, nad^bem allce »on bem Äönige
ober Opfcrfürfien oon feinem ^od^fi^e nu^
gemeint morbcn mar. So ging t>ai Opfer«
fejl in ein aKgcmeince Opferma^I über,
bei bem aud) iai Sfiationalgettänt, bae
©ier, ni^t fehlen burfte. Tlan tränt
Obine iBoflbec^cr um Sieg unb SWac^t
für ben eigenen Äönig, ?Jibrbre unb JJrcpr^
^orn um ein gute« ^ai}i unb gtieben,
auc^ Sragi'e, g^etjre unb !lt)ore Se(^er
mürbe getrunfcn, über melc^ legieren jebcr
Strintenbc bae 3^'*^" ^«^ jammere machte,
^iefc iBecfcer tranf man ftd^ über bie treuer
Weg gegcnfeitig ju, mas man minni (®e«
bä^tniö, (irinnerung) nannte. ®o nal)m
i<ai %t^ ben G^aratter einee ^eiteren
Tlal}U9 an unb mürbe ba^er im Sflorbcn
aucb Opferma^l, blölveizla, ober gerabeju
Opferfreube, blötfagnadr, genannt.
I)iefe ^i^i waren entWeber r e I i g i ö f e,
bie alljälirlid^ ju bc^immten ^iitm in ber
ganjen germanifc^cn 2Belt gefeiert würben,
ober fte waren burd) befonbere 3Seran«
laffungen I)ert>orgerufen, burd) ben *ymte«
antritt einee Könige, ber jugleic^
oberfier (Priefter war, bei ®e richte« ober
S)ingt>erfammlungen, oor unb na^
ber 'S(^Iad)t, bei |>ungerenot unb
©cud)en :c. S)ic brci (religiöfen) ^aupt«
feile aber waren:
1. I)ae .^erbft cpfer, haastblot,
bae Opfer um ein gutes ^abx ober nat^
einer ^Wi^crnte ..um ein be|ieree ^a^x".
es War alfo ein (Srntefcft, ein S)anf«
Opfer, im jweitcn gaüe aud) ein Sü(;n«
Opfer, mit bem man fid) im Qlnfang bee
3at)ree (bas ^abr beginnt bei ben norbi«
fd)en Säuern ^eute ncd) mit bem Sinter>
ber ®unfi ber ®öttcr cerfic^ern Woüte.
S^iefcs Opfers wegen hit§ im 3^orbea
536
Drbalien.
bei Df tober gormänuor, nadf) bcr 5lud'
»rcibung ber 9cf^Iacf)tcten Slicre, bei bcn
©(^ttjeben blotmänad, slagtmänaä; bie
5lngelfac^cn l)ie§en ben Stonembcr blot-
monad, bie JJricfen {)ei§en ibn nod) {)eutc
slachtnioänne; bie JJieberlÖnber nannten
ben 2)ejembev slachtmaent , Waä barauf
I)inn>eift, ta^ biefeö jjefi nicf)t an aüen
Drten ^u gleic^crjett , [onbern im 9Jorben
früher, alö im ©üben begonnen würbe,
toaä mit bem gleid^^citigen SorrüdEen be^
SBintcrfl jufamment)äni^en mag. Übrigen«
fd^eint baß gefi menigfien^ einen {)alben
SWonat i^ebauert ju l^abcn, »eömegen man
für ba^felbe ben SBinter abtt>arten mu^te,
bev ^cn «üben dampfen bcr Sorben von
felbfi ein ßnbe machte.
•2. S?aö Sfittminterfcft, tai grofc
hauptböt, lüurbe ^u Einfang bcä iDJonatä
Thorri (14. Januar) gefeiert unb baucrte
brci_3:age. (Sä ift ibcntifi^ mit bem
beutfdien ^ulfefic, jöl, jolaveizla, jölaboo,
jolahalld, jöladrykkja, tai fpötcr jet)n«
tägigc Sauer batte. S)ie Scnsofjner ®ot-
unb ginnlanbö erbaten ^\ä) Don it)rcm
Thorri 6cbnee unb gute ©d^Iittenba^n,
n)übrenb ba^ g^cfl im allgemeinen ber
neugeborenen ©onnc galt unb bem Q^reljcr
bcr Sü^ineber bargebrad^t mürbe.
3. S)a^ Cpfcrfeft bee ©ommcr«
einjugg mürbe einen SWonat naä) bem
Thorrablöt, ju Qtnfang beö DJlonatö Göi,
alfo im gcbruar abgehalten unb »at)rte
eine 2Bo(^e. ßö mar mot)! »orjugäraeife
ein Opfer um Sieg für bie fjeranna^enben
Heerfahrten unb ^ic§ bcsljalb au^ sigr-
blot. SDancben galt cd bcr Segrü^ung
bcä Sommerö unb mar ein iöittopfcr um
reichen (Srtrag beä ^elbeä. 6ämtlid)e
gefte fielen alfo auf ben SBintcr. SDaneben
finb atä fpcjicü beutfc^e Dpferfefte nod)
genannt bie Ofiara, baei SDlaifefi unb
i>ai Jefi ber ®omm erfonnenmcnbe.
Sefannt ifi, mie Icibenfc^aftlic^ ber
iDcutfc^e an biefen altf)crgebrad^tcn (Se^
bräud^en fejlbielt unb mie bie d)riplic^cn
©laubenäbotcn bie ^cile nidit »erbieten
fonnten, obnc i^rc ©ad^c preiszugeben.
"Hui S^ac^rict^ten Don (Srcgor bem ©rogcn
unb a. m. ge^t t)ielmc()r bcutlic^ ^croor,
tiü^ man fi^ bamit begnügte, bcn ^cib*
nifd)en ^eften auf bie fcf)onenbfic 2öeife
einen d)rifllid)en (J^arafter ju geben, unb
cä \)ix\t baf)cr fcbr Icid)t, namentlich mit
3ul)ülfenabme ber Dielen, auf unfere Seit
fafi unocränbcrt berübergefommenen Jcfl--
gebräud)e, ben 3uf«nimenbang nad&ju^
meifcn jmifdjcn ben gcficn ber ^ater unb
ben unfrigen. 2(u^ bem Dftoberfcfte
ftnb nad^ ja^trcid)en norbifc^en 3iad^s
rid)ten bie Äircf)fpielfe|le geworben unter
bem Jiamen ber 33ier= unb Irinfjciten,
unb fo ftnb in 2)eutfd^Ianb iu Äirdb«
meffen (Äirmfen) cntjianben, Solföfefte,
jcbcd rcligiöfen (St)araftcrä bar. 5luä
bem Sujfcftc murbc unfcrc Sßci^nac^tä»
frcube, aus bem Goiblot SDlariä ßi(^tmeB,
unb namentlid) tai le^tcrc ^at ftdt) in ben
gafinac^tägcbräucticn nodf) unDctfcnnbar
fortgepflanzt.
iii erübrigt unä noc^, bcr priDaten
Dpferfefte mit einem furjen 2öortc ju ge«
benfen. Sic begleiteten bcn 9!)lenid)en
burd) alle ficbcnälagcn, roo er bcr Hilfe
ber (Sötter fi<i) benötigt fanb unb fonnten
an geheiligten Stätten, in *PriDattempcln,
aucb im eigenen Haufe bargebracf)t merben.
(Jiujig bie feierlidie H^i^blung, raonadö
ber Sßater ober beffen 33ertreter ba§ neu«
geborne Äinb mit SBaffer bcgo§ unb ibm
bamit bie ßebcnöbcrc^tigung jufprac^,
fd^cint ol)ne Opfer DoUjogen morbcn ^vl
[ein. Dagegen opferte bie SBöd^nerin uon
ibrcr erften DJla^ljeit, D^ornengrü^e, bcn
©c^idffalägöttincn. Sei ©infcgnung
einer (S{)e fobann murbc ein feierlid^eä
Tlaf)l abgehalten und Zi)oxi, Obin^s unb
^reprä IDlinnc getrunfen. S^i 2ßeit)ung
ber braute btente Ibor« Hammer. 5)ag
Jotenopfer betlanb nad) ÜJlaitnliarbt, in
einer Äu^ unb einem Oc^fen, bie in einem
feierlii^en ßci^enmalil Derjef)rt mürben.
*Jlucf) SRoämarin unö Zitronen fdb einen
bem Sotcngottc bargebracl)t motben ju
fein, iöeim (£rbfd)afteiantritt burfte hai
(ärbfd^aftäma^l nid)t feftlen, bai ®e«
bäd)tniä bcä SerfiorbcneiT. (Seopfert murbc
aucf) bei ber Sefi^natime Don ßanb, bei
bcr 5tcferbefieQung, bei ber grcilaffang
cincfl ©flauen , beim 3weiEampfc unb Hi
bcn 2Beiffagungen, mo fie bie (Stott-
f)cit für il)rc " geneigte Äunbgebung bc
lohnen foQtcn. S)aä Opfer bicntc oft felbfi
jur Sffieiffagung, inbem fic^ auä feinem
ißlutc ober am ber öcfc^affen^cit ber ®m«
gemeibe bie 3"fu"ft foßtc erfd)Lie9en
laffen. Qtnbernfallö legte man ber (Sott=
I)eit bei ber Opferung felbfi bie ^rage
Dor unb überlief c« ifjr, bie 2fntroort auf
beliebige Slöeife ju geben (burdt) ben SoD
bcä Siercä, burd^ Sogclfd^rei ic), ober
man entfdjicb über bem Opfer felbfi bur*^
bai 8oä.
yiai^ 51. Otagmann, in (ärfi^ unb
©ruber, 5lrt. ©öttertcmpcl.
Drbalien, ftebe ©otteäurtcite.
Otben — Ortönamen.
537
Drbcn, fte^c 9D'Jön(^^n3cfen, SRitter«
orben,
■Crenbcl ^ci^t eine bljjantinifc^ 5 palä«
fiinif(f)e ^ic^tung bc^ 12. 3a£;r^unbettä,
beten äSctfaffct, hjal^rfcfieinlii^ ein fafetenber
©pielmann, unbefannt tfi. Sie »erbinbct
mit bet eigentlichen Drenbelfagc bie
Sage oom ungcnä^ten SRocf S^rifti.
Daö ®ebicf)t beginnt mit (5vjäl;lung ber
feltfamen <kd)\ä\aU beö grauen ^odt^
fö^rtfii; ÜJiatia t)at ifin gefponnen, bie bt.
Helene gewirft. (Sbrijiug ^nt barin bie
^eiligen oicrjig Sage gefaftet ; nad^ feinem
Sobe ocrtangt ein alter 3ube oon ^evobeö
ben iRocf jum <3o^ne 23id[;rigen 2>ienfteci.
S)er 3ut»c vo'ä\6)t \l)v am Srunncn unb
breitet ibn on bcr@onne, aber bes^eilanbc^
rofenfnrbneö Slut bleibt baran. SDa befabi
^erobeö ben iRocf fortjufc^affen, in einem
beinernen ©arg inirb er inö SlKcer ücrs
fcnft: boc^ eine ©irene bricht ben @arg
auf, ber O'iocE fdbmimmt ane Ufer, mo
i!^n ein armer SBaöer alö ®abe ®otteö
aufgebt; baö rofenfarbne 33Iut, baö bcm
2Baf(i)en miber^ebt, iicrriit i{)ni baö ®e«
^eimni^; unb ftdb un>tȟtbig iinibnenb ben
^eiligen SRocE ju tragen, n.nrft er it)n miebcr
in bie ^^Uü. Sin SBal fommt, tierfcf)Iingt
ifen unb trägt i^n mehrere 3a^re im
ÜJfagen, biö er bem gelben beö ®ebi(i)teö
äu teil tt)irb.
Drenbel ift ber @o^n iii ^önig^
©iget ju Jrier an ber SIKofel. ^\U er ju
feinen 3ß^ven gefommen, foK ev um eine
ferne überm SlJeere ino^nenbe Jungfrau
»erben, 33 reibe mit ^J^amen, ber baö
^eilige ®rab unb uiet ^eibenfc^aft bient.
ÜWit freimiHig i^m folgenben ®efaf)rten
fä^rt er Tlo\tU unb SR^einabmärtä auf
einer j^^otte tnö 2)Jeer: in ber Stäbe be^
gelobten ßanbeö aber »erfenft ein *gturm
alle Skiffe, Drenbet allein wirb nacEt
ane ßanb getrieben, ^ier tritt er in bie
$Dienfie eine^ gifc^er^ unb fängt bei feinem
erfien ^ang unter anberen jenen SBat,
in beffen SWagen ber iRocf gefunben wirb.
Orenbel fauft biefcn um brei§ig ®oIb=
Pfennige, meiere it)m SOlaria burc^ ben
(Sngel ©abriet gefenbet ^at, jicf)t in bem
SRocf jum belügen ®rabe, befte()t für bie
fc^öne Ißreibe Piele unb ungebeure Äämpfe
gegen bie J^eibenf^aft unb ücrmä^It fid^
mit 93reibe, boc^ fo, ia'B nacf) @cbei§
eincö (Sngclg immer ein ®^mert jrtiifd^en
ibnen liegt, ©ein D^ame ifi ber graue
JRod. SWad^ Dielen feltfamen 3;baten unb
SBunbcrn entfc^t er feinen SBatcr ju Srier
»on bet Belagerung eine^ ^eibnifd^en
^eereö, tauft bie ^»eiben, bie fidt) i^m
untetmorfen baben unb lä^t ben grauen ifiocf
auf ben «cfe^l eine^ öngel« Ijin ju Iriet
jurürf. SRocf) befreit er bäö in bie Oemalt
ber .Reiben gefallene l)eiligc ®rab, in beffen
S)ienfte er mit feiner ®attin lebt, bi^ bie
Sngel ibre Seelen l)infüt)ren.
Drgcl, fie^e mufif alifdje 3n =
fttumcnte.
Drt ift fc^on bei ben l)öfifc^en I)id)tetn
ber inerte leit »on !)Dk§, ®cmid[)t unb
SWünje, fpäter befonberö ber »iertc leil
eineä ©ulbenö: ein Drt^gulben = 14
Äreu.^er, ein Drtötbaler = '/^ Il)lr. 35er
gemöl)nlic^cn iöetnuitung, Ort in biefer
*-8ebeutung fei onö quart entjlanben,
niiberfprid)t öerer im mt)b. SBörterbud^,
inbem er bemcrft, i>a^ bicfe Söcbeutung
»on Drt »ielmebr »on ben »ierccfigen,
burd) ein Äreuj in »ier Orte geteilte
SWüujcn au'^gcgangen unb erj^ bann auf
ü}ta§ unb ®en.n($t übertragen morben fei.
Ortsnamen. Unjmeifeltjaft gehören bie
Drt^= wie bie 13erfonennamen unter bie
*Hltertümer; fte i'ebod) in il)rer gefd)i(^t«
li(^en ©ntmicflung barjufleKen, ifi' bi^ je^t
faum möglii^; für einzelne ©egenben ifl
e^ gefc^eben, namentlicb für '|)effen in
bem Sffierfe »on SB. *ilrnolb, «Jlnficbcl«
ungen unb Sßanbcrungenbeutfc^er Stämme,
jumeip nacb beffifcbf" Crtönamen, ÜJiar-
burg 1875. Sffiir befd)ränfcn unö ^ier
auf eine iiberfid)t beöjenigen SDtatcriali!',
hai ber gelcbrtefte beutfc^c iRamenforfd)er,
©ruft görftemann, in feinem 33iid)e, bie
beutfd)en Ortsnamen, Ütorbbaufen,
1863, jufammengeftetlt bat, ivobci wir
fcltene unb blo^ lanbfc^aftlicf) »orfommenbe
3?amen unb 9'iamengruppen übcrgel;en
unb im cinjelnen neuere g^oi^Wungen unb
iJlnfi^ten ju SRate jicben. 5luf ÜJJaterial
ju praftifdien Ort^eti)mologien i|! c^ ^iet
natürlich nicbt abgefeben; baju gebort
in jebem einjelnen gaüe bie .^enntnig
ber älteftcn SBortform unb fcbr oft bie
Äenntniö »on ber Sefonberl)cit beö ßofalö,
an bem ber Siamc Ijaftet; baber aud) bie
Drt^namenforfd)ung il)rem üffiefen nac^
lofaler ©runblagc bebarf.
Drtänamen fmb iRamcn örtlid)er 3««
bi»ibuen, biefclben mögen blo« ber Statur
angeboren ober crft burct) ben *Jlnbau öec
SDtenfcben ju 5nbi»ibuen geworben fein.
Urfprünglid) jinb eö ©emeinnamen, bereit
Übergang ju Eigennamen fprac^lic^ be«
fonbcr^ burd^ Aufgaben be^ ©efc^lec^te^
unb abwerfen beö ^trtifel« gefd)ie^t.
^ötjiemann unterfdfjeibet :
638
Ortsnamen.
A. SJlatütlic^e Drtli(^f eit en.
I. ?taffe« eicment.
^ai ©runbwott SB äff er ifi nur
feiten qU Ortsname »emanbt, pufiger
@ee, a^t>. wäc, bewegtet SBaffet in 5Iu§,
©ce unb Tltix, aitt. aha, got. ahva,
»emanbt mit lat, aqna, oft ju ach
ober aa gef(^tt)äd^t ; eine Silbung biefeö
aha ift ouwa, owa, awa, bejfen utfptüng«
tid^e 93ebeutung ^\a^ mti)i unb me^r
in Sebeutung einc^ betuäfferten 2ßiefens
^tunbe^ njeic^t, nf)b. ^uc, jum felben
ffiortfiamm redinet man brittenö aud) ben
^lu^namcn affa, bcr nac^ 5trnoIb bem
aha an 3fit Dorau^gc£)t; er ifi befonberö
in Reffen unb Sßeftfalen cerbrcitet. .^äufig
itfAeint ber D^iame Seifen, «Siefen ober
6iepen als ©ebirgebac^ ; feltener jtnb ai)t.
giozo unb mf)b. vliez unb vloz, biefe
Untere ju al)b. fliegen; ber gemeinde
IRame beä fliefenben SBaffer^ aber ift
fßaä); älter aU biefeä, aber in 3)eutfc^=
lanb feiten, ifi alb unb alf, f(i)tt)ebifd^ elf.
iDen Scgriff ber Duelle au^jubrüden
bienen tie IRamen af)b. sprinc unb
prunno; bie ÜJfünbung rt>irb bejeic^net
burc^ al)b. mund, Stromfc^neflen unb
SGßirbel burd) a\)t. hlouf, n^b. ßauf, eine
Krümmung burd^ af)b. biugo unb bogo,
n^b. 93euge unb Sogen; a\)t>. fart unb
fürt ftnb Dramen für J^'^iübergänge,
bcibe üon faran, fahren, abgeleitet.
Ufernamen geben a^i. urfar, ml)b.
nover (Ufer) unb af)b. stad t= ©eflabe,
b. (). ©teile, njo bie @ct)iffe nac^ ber
$a\)xt jieben bleiben, lanben, af)i>. stadön.
2)er üerbteitetfie ^nfsln^me ifi a\)t.
warid, nl)b. Wert!) unb mörtf), Äaiferä*
n>ert^ unb iJonaumörtl).
n. Srocfcncö ©lement.
Daei gemeinde ilöort für Sobencr^
^ö^ung ifi Serg, mel(^eö in alten 0?amen
oft mit bem ett)mologifct) oermanbten 33 u r g
iüec^fclt; ocrmanbt finb ferner al)b. unb
m^b. houc unb fein 2)eminutiD ^ügel,
iai aber erfi Jut^er in bie ®c^riftfpra(i)e
einfübtte; blo« eine »on biefem ^ügel
oerdnberte jjorm mag ba^ 2Bort ^übel
fein, al)b. hnbil; üiel verbreitet iji in
€übbeutfd)lanb buhil, Sü^el, eine 25 er»
fleinerungeform be^ cbenfaüä porfommen-
ben buc. 2Beit terbreitet, al* Slppcüatio
aber längfi perfc^oHen, iji ber ^ügelname
a^b. hleo, ml)b. le, iai fxä) lautlich
gern mit lehen = ?e^ngut oermengt.
aj?el)r in 9'Jicberbeutf(f)lanb ju |)aufe ftnb
bie ju werfen gehörigen ^Übungen
Warp, "Wnrp, Warf, Wurf. Werf unb
Werfen, ii finb auf geroorf ene iöoben«
erbebungen, auc^ ®eric^t«fldttcn , ja ®t'
rid)t0oerfammlungen bamit gemeint. 2)on
ben beiben Sergnamen Jg)aupt unb Äop f
ifi jene^ in dlterm, bicfer in jüngerm
®ebrauc6. 2>em Segriff bed Qtbbang^
bienen af)b. hlita, m^b. lite, fpäter
auct) leit, leite, leiten, leute, leuten unb
bgl., bann af)b. hang, halda unb
rein, n^b. oft SR ain gef^ rieben. 511t unb
verbreitet ifi al^ Ulamt einer SBafferfc^eibe
ab1>. Sceit, ©cfteib, «Sd^eibe, @(^eibt.
S)en %ü\tn unb flippen bienen bie iJ^amen
ai)>>. stein, feiten f eis, neuern I)atum^
k 11 p p e , bann s a h s unb s t o u f , mie
in ^öt)enfiaufen. 2>cm Segriffe beö J^ale*
bient in erfier 8inie biefe^ SBort ahi.
tal felber, ba« feit bem 8. ^a^t^unbert
äiemlic^ perbreitet ifi-, fobann grund unb
fall. Überaus reicf) »ertreten ftnb in
ben Ortsnamen, ber Qlnfieblung ber
S)eutf^en in ben SBälbern gema|, bie
Qluäbrücfe »on 2B a 1 b unb Suf(f).
*Mu§er bem 2ßottc ÜBalb, ai)\>. wald,
\)at man holz, v i t u , befonberä in
allen ©aunamen auf — wide »ertreten,
marca, forst, hurst ober hörst,
hard, hac, n^b. ^ag, meld&eö anföng*
lic^ ben ÜBalb, erfi. fpäter iai fc^ü^enbc
Sufd^merf, Sinf)egung bebeutet ^ben foff;
at)b. hagan, n^b. ^agen ifi eine »iel«
gebraucf)te ?lbleitung baoon; ju berfelben
Segripgruppe jä^lt a^b. bnsc, Sufcfe,
©^ad^en, 8ot), m^b. ber unb baö loch ;
aU Drtänamc in ä^nlidbem Sinne werben
a\xä) einjelne fßflan^ennamen »ermenbet:
bie allgemeinen Saum unb tai ältere
tar, bann Sic^e, Sud^e, Sirfe,
Janne, ^id^tc, ^Ipfclbaum,
ai)t). apholtra unb bgl. 3)em freien
5elbe gebort al^ baä ^äufigfic, f'd^on im
5. 3a^rl). überlieferte 2Bort ^^Ib an,
bann |) e i b e , af^t. heida; wang, tai
blöd im ©üben, unb gast, geest,
tai blog im Jlorben S)eutfd^lanbä jU
J^aufeift; at)b. ebanot, Sbnct; Soben;
aud^ ®au, at)b. gawi, fd^eint in feiner
ältefien Sebcutung baj)in ju get)örcn.
jDem Segriff ber 2Bicfe gehören au§er
bem genannten Söorte felber an: a|b.
weida, SIBeibe; angar, 21ngcr. 3" ^f"
©umpfnamen, beren ^üüe mic beim 2Balb
auf eine ältere SobenEulturfiufe ^inmeifi,
gepren ai>t. bruoch, nlib. Srud^, mos,
nl)b. SKooä, momit fidfe al)b. muor, nbb.
ÜJJ 0 0 r , aber bloä tiinftdjtlic^ bed loned,
berührt, mäbrcnb mar mit bem le^tern
mirflid) »ermanbt ifi; abb. fenni, mbb.
Drtänamen.
539
ven; phuol, unfer $fut)I; lacha, n^b.
aaä)t. iMnbere SRamen bejcid^ncn rae^r
bie horizontale $Jorm timi ßanbPnc^c«,
ba^ ^inetnfpringcn bed SBalbeä in« J^elb
ober beö ^clbcä in bcn 2öalb, bcö Serge«
in bie ®bene ober umgcfe^rt; ba^in ge>-
Prcn ai)t>. baö ort = Scfe, ÜBinfel,
@pi^e; bann af)b. ekka, (Scfc, winkil,
Sipfel, ®ef)ren = feilförmigeä 1JcCer=
'jiücf; aud^ ^orn, Sterj, ®d)h)anj,
3aget, 3w"9f werben bcrart uerwenbet.
B. 5lugbrücfe, »etd^e ein
•SBirfen bei il)'lenfd)en^anb be =
zeugen.
3um ©raticn, n?oju man iai (SBnen
iti 53oben« ju irgenb einem 3^f<ff
■red^nen fann, get)ören bie Sfiamen iSJeg,
feit bem8. 3of)ibunbertt)ejeugt, at)b. steic,
voel^eä fic^ feit alter ^t\t in Steig,
Stieg unb Steg fpaltet. SBafferttjegc
finb ® r a b e n , nieberbeutfd^ Gracht,
al)t}. Sil == ÄannI; niät)rcnb baä nieber»
beutfd)e D e i (^ bie ®rbauff(I)üttung be»
jeid^net, ifi tai I)od^beutfcfce Ztiä) eine
mit ffiaffer gefüllte ®rbauöplung; iRieber«
lanb unb gricölanb bejt^cn mehrere lanb»
fd)aftlict)e 9tamen für citjnlic^e Segriffc.
iHuf baö Schlagen ober iRiebcrbrennen
beö SBalbeä unb '!>a^ ^uögrabcn ber
HBuräcIn, nieberbeutf«^ roden, bo($beutf(f)
reuten, bejiebt ftcfe nicberbcutfd) rode
unb r a d e , oberbeutfc^ r i n t i , aud^
slat,slac, swand unb swend,
b r a n d unb b r u n s t.
I)urcf) ädern unb pflanjen ergeben
ftc^ juerft bie Flamen bracha, SÖreite,
ml^b, ber esch = Drt^flur, ©aatfclb;
^um ©inbegen unb Umädunen gef)ören
namentlid) ml)b. vride = 3''""' ®ebege;
a^b. mura, *IJJauer; hova; ai)i>. sweiga,
bairifi^ @*maig = 3?iet)f)of; a^t).
igarto, beffen ältere Sebeutung ebenfaUö
Umjöunung iji. I)er böberen linb ju^
fammcngefe^teren Sbätigfeit beä 9Wenfd)en,
rt)oburd) er ftd) unb feinem ßigcntum ju^
«rfi ein Dbbacfe fcbajft, gel)ören an ein
ali *}]p)jenatto früf) t>erfd)munbeneö a^\i.
lär, hai bie Scbeutung Statte, ?Jieber=
laffung im aflgemeinen gehabt f)abcn mag;
a\)t). hüs, biä jum Jobic HOO in nal^eju
1000 Ortsnamen nact)ge»iefen; a^b. bür
ju büwan, bauen, b. i. mo^nen mit ben
llefon^eren {formen bura, bnri, burin,
bnren, beuern u. bgl, sal unb salida,
mbb. sal unb selde =: üßolinung; halla
unb wil, über 'mdä) le^tereö SBort ge»
firitten wirb, ob c« t^on lat. villa ab«
geleitet ober ein felbfianbigcr mit villa
blod oerroanbtcr beutfc^er iJiame fei; al)t>.
zimbar mirb fpäter in Ottänamen
3immern; stal in ber Q3ebeutung oon
Stelle, Stdtte. Unter ben Ortsnamen,
bie t>on gotte«bienfHi(f)cn, meift mit latei=
nif(J)en iJJamen benannten ®ebäuben ^er«
genommen finb, wie Äird)e, Äapetle,
fei bier iai aht. petapur = Sitt^au«,
ermdbnt. ^errenl)äufer baben bie Stamen
bürg auö ältefter 3fit' burgstal juerft
im 8., unb schloss, Paum oor bem 14.
3af)rbunbert nacbgeroiefen. 3)ad a^t. tarn
ip im U. 2a^rbunbert juerfl erwähnt,
früher bagegen warta = Ort jum 3lu«s
fd)auen. 3""^ 3;eit fe{)r alt fmb tit
Qlu^brücfe für bie Scheune, chasto
unb scura, nf)b. Scheuer.
JJamcn für §iäufergruppen, gemeinfam
be'(t»ol)nte aneinanbergerüdte SD3of)nfl(itten
finb a{)b. beim, got. haims, üon grie=
(^ifd)en Sd)riftficÜern fcbon im 1. 5abr=
^unbert n. ^\)X. ermähnt unb au§erorbent«
lic^ ferbreitet; feine erfle ißebeutung mar
einfach t)ai •§>auä, mo^in man gef)ört.
*3lbb. stat, ba« t»or bem 8. So^i^h^nbert
fic^ ni($t finbet, ^at bie allgemeine Se»
beutung »on Stätte unb ifl fo menig aH
^Iccfen l)dufig für SlfJamen iiermanbt; au«
bem 7. 3abri)unbert flammen bie erfien
3eugniffe für 3)orf, abb. dorf; wilari,
Söeiler ifi mifteüat. villare, mclcbe« eine
^Ibjeftiübilbung ju villa ift; nur oermanbt
bagegen mit lat. vicns ift af)b. wich,
altfäd)ftfcf) wik, tai j. 58. in Sraunfd^meig
ftedt.
3?aä Qiil be« ®raben«, *pftanäenä, ©in«
^egcn« unb Sauen« ift enblid^ ber 33eft^;
ba^in jäljlen Flamen roie huoba, i»ufe
unb ^ube, 5lbleitungen ocn sitzen: saza,
säss, sitz, sedal; eigan, arbi,6rbe;
abb. piunt, je^t paint, point, peunt,
band, ba« bur^ einen ^aun oon ber ge=
meinen üTtarf lo«gebunbene, bie |»of«
fiatt. 3)a« Sebürfni« nad) weiterer
Sdböpfung uon Ortsnamen bat bem ®eifie
ber beutfd)en Sprache gemdg liier wie in
bcn ^erfonennamen ju jatillofen jufam«
mengefe^ten Ortsnamen gefübrt, mo«
bei in erfier 8inie bie ©runbmörter felber
juglei^ al« Sefiimmungömörter oermenbet
mürben : iZßafferburg, 33ad)^eim, Saufborf,
2Berbl)eim, ^albewandb, Spi^bergen, Stau«
fencd, ^agenrieb, Srübl^of, iörud)badb,
ffiegefurt, 'Baüburg, Sradifelb, 3aun^of,
^offirdben, S^Weiglcben, 3'ni"ifi^^fi9'
Surgfelb, sJBartfiein, .^cimbronn, Sebelbof ;
bei 500 ®runbmörtern ergäbe biefe 5trt
ber Ortönamengebung eine ^abi oon
540
Crtönnmen.
25000 möglicbcn iBilbunoicn. SJaju toms
men aber nod) febr fiele Silliungen burcf)
iBefiimtnurtciötttcirter onberer *}lrt , »rie
3aI)Ien (öinftebcln. 3>üf'^i^ücfen, ^ün\=
fircben), ^arb en (2ßei|enburg, ®ä)tvaxi'
malb), tind) 5lttribute bcr ©röfe
(SWicbilinftat, ßujiluuburcb), bcv ^ ö ^ e
(Jiefenbac^, Ufhova , Niderhnsun), ber
Witte (SRittilibrunnen, 3tt)i['i)fnberg), bet
33reite, ßänge, Sffieite u. bgl., ber
irocfenbcit unb ?t ci f f e , (Reinheit
unb Jrübe bcr (Settiäffcr, ber Särmc
unb Äalte, be« *}(ltf, S^eus unb ^ung^
feinö, ber ^immelsg egenben; fobann
bie 9Ja(f)barfdiaft beftimmter $5Iüffe, nao-
na* ®aue, Drtli^feiten unb Sölfer bc»
nannt »erben; feltener ftnb 5!}f ineralicn,
teidbbaltiger vertreten t<ai *p f I a n 5 e n -
r e i d^ , SBnIbbäume, |)ofeI unb ^orn,
©etreibe, ®ra«i, bic Tierwelt, ^auötiere
fottjobi als tt)ilbe Siere, 23ögel.
Unenblicf) bäupg finb eö cnbüi^ $ e r «
foncnnamen, »cld^e ben Ortögrunb=
namen nä^er befiimnien l>tlittt ; ha nun
bie beutfc^en *13er[onennamen meifl felber
Äompoftta fmb, fp ergiebt ftct) aU JRegcl
eine metjrfac^e Äonipofttion, wobei ber
jlreile Seil beö ^perfonennamcne, ber fo^
mii bie 3)]itte bes ganjen breiteiligen
'Borte« bilber, am meiften ber lautlichen
!8ertt>itjerung auegefe^t ij!. ffieniger jabl'
reid) fmb biejenigen 5luebrücfe , ttielc^e
eine beflimmte 5DJenfd)enf(affe, einen ®tanb
ober ein ®ett)erbe benennen, tt.ne Ä ö n i g ,
^erjog, ®raf, ^yron, !Bif(i)of,
5lbi u. bgl ; OReifier, OJleicr; »ejüge
be« ^ i r t e n ji a n b e « , ber Ä n c 4 t -
f (f) a f t , be« ^ a n b » e r f g , be^
23 0 I f e ^ (volk, lint unb diet), 33 0 I f ö *
unb ©tammnamcn, une granf fürt,
S)üringfelb , ^JJaierbrunnen ; ® 0 1 1 in
©öttwcig, >^err, ^immet; abfirafter
DJatur ftnb junger, 9himen für Äricg
unb (Sieg, .^ilfe unb greif)eU, ik *3Utribute
bes b e i I i g unb f e l i g unb hai Ä r c u 5,
3u biefen Drteinamen, benen fiel«! ein
'llppeüatip be« Crte« ju ®runbe liegt,
tritt enblid) bie 93ilbung eine« bloßen
*Perfonennamens mit ber ©nbung ingen,
n?eld)c bie |)crfunft, bie 5lbftammung, bie
5lngebbrigfcit ju ber genannten ^erfon
auefagt ; i n g e n ifi aber ber S)atiti ber
SOiebrjabI f on ber ©injabi i n g : ein
SRa*tomme ober ein blo« Qingebörigcr
eine« Filo, Tacho, Gruono, Chnabi bie§
ein Filing, Taching, Gruoning, Chnabing;
eine IDJebrjabI berfclben, @öbnc ober Qtn«
gebörige bie Filinge, Tachinge, Gruoninge,
Chnabinge; ber Ort, mr fie h)obnten, ze
den Filingen, Tachirgen, Gruoningen
unb Chnabingen, ttiorau« enblid) bie toeits
verbreiteten Drfenamen auf ingen ents
ftanben finb. Überbnupt ftnb, »enigften*
im [Mittelalter, bie meifien Ortsnamen
SDatirie, »eil bei bem Qlbgang einet
fleritiifd)en Drt^namenbilbung im S)eut=
fdjett nicbt anberö au«äufommen »ar.
aSa^ nun ha^ aOmäblicbe |)ett)ortreten
ber einjelnen Ortsnamen betrifft, fo ^at
Q( r n 0 I b in bem oben genannten i8ud)e
eine eingebenbe Unterfud)ung bcr befftfcbtn
Ortsnamen geliefert, auf weld}e er um fo
mebr ©emicbt legt, al« .peffen hai einjtge
ober weitaus fid)etf}e ®ebict für biefe
Unterfud)ung fei; bcnn nur biei^ l)ahin
innerbalb ber beglaubigten ®efd)ic^te ftet^
beutfi^e Stämme gemobnt. 2ßir teilen
bier bie 9f{cfultate biefcr ^orf^ungen in
berjenigen ^yorm wöitli^ mit, »ie fte bet«
felbc ®elebrtc in feinem 93ud)e ^eutfcbe
Urjeit, ®otba 1879, niebergelegt bat.
C£r fcbreibt bafelbjl Seite 211 ff.: „®ie
Drte jerfallen ibrem 'Jllter na* in brei
.klaffen, bie fid) teilö burcb bie geogta«
pbifdbe Sage, teilö burd) 1>a^ relative 5tltet
ibrcr Siamen beftimmen laffcn, unb jwat
im allgemeinen um fo fieberer, al« bie ba»
buri^ gewonnenen 3citräumc jugleidb gc«
nau ben in ber ®efd)id)te allgemein an«
genommenen *Perioben entfpred)en. Sic
erjie Ä 1 a f f e begreift bie fRamen bet
Urzeit biö jur Silbung be^ fränfif^en
liKeicb« ober ben fränfifd)en 2Banberungcn
im fünften ^Qbi^bunbert. (So ftnb entmebev
einfädle, oft febr fdiWer ju enttätfelnbe
[Ramen, ober Äompoftta mit ben fpäter in
ber ©pracbe au«geporbenen, babcr je|t
ebenfalls nidit mebr oevftänblid)en 2Borten
affa (ÜBaffer), lar (Ort, ©tdtte), loh
(2öalb), mar (Duelle, Sumpf), unb tar
('Baum, Straucb). Sie ftnb meift ben
cinfad)jien ftnnli^en äöabrnebmungen ent=
lebnt unb fübren auf bie örtli^e Sage,
bie sBobenbefcbaffenbeit , bie ^^flanjen,
23äume ober liere jutüd, mcld)e ftd) ju*
fäüiy am Ort ber 0fieberlaffung juerft
fanben. 51lle bierber gebörigen Drte liegen
in offenen Sbälern ober frucbtbaren (Sbenen,
mäbrenb bie Serge, menn c^ fi^ nicbt etwa
um alte Sßefejiigungen banbelt, erft fpäter
angebaut werben. jDenn natürlicb nobm
man juerft ben befien Soben in «Mnfprud)
uub ftieg er|l, al« bie 33efölfetung bid)tet
mürbe, in bie f leinen Seitentbälcr unb
bie \)bi>i'c gelegenen, minber ergiebigen
®egenben binauf. 5Dic j Weite .klaffe
Dfiereict — ißaliffabcn.
541
begreift bie 9'iamen bcr merotiingifdjen
(Jpoci)c biö jur (Sinfü^rung beö 6()tijlen=
tumö in |)cffen unb Springen, alfo bie
3eit Dom fünften biö jum achten ^a\)Xf
I)unbert. ®ie laffen fid^ juerP mit @id)ers
^eit auf bcn ot)erfränfif(f)en SHJanberungen,
befonbcrä in bcn überr^cinifd)en ©cbieten,
»erfolgen unb bc5eic^ncn beutlid^ bcn in=
^tt)if(i)en erfolgten Übergang jur feftcn
2lnflebelung unb »ollen (5c§"^aftigfeit baö
tBoIfö. (So ftnb meifi 3"['>"^ttif"ff^un92n
mit ben jüngeren ßofaIbcjei(I)nungen *au,
ibacf), »berg, *born, «fclb,
s f d) c i b , s ji a 1 1 , bie an bie ©tefle ber
älteren ©runbmortc treten, ober mitSBorten,
bie »on 5lnfang an menfcf)Iicf)c 2ßo{)nft^e
bcjeic^nen , mie -büren, =borf,
'Iieim, '^oufen, «mig unb anbe«
ren, ober fdilieflic^, unb jwar immer
häufiger, mit !|}erfon ennamcn, meld)e
auf bie (Erbauer ober (Eigentümer ber Drtc
gef)cn unb bie t>or aHem bie fejlcre $Bcr*
fnüpfung ber iMnftebler mit bem in Se|t^
genommenen ßanb anbeuten. 2)ic brtttc
Älaffc cnblic^ begreift bie Dramen, n)eT(f)c
bcr d)rifili(f)en 3eit biö jum 5luffommen
ber <Stäbte ober bem neunten bi^ brei^
jcpten 3Ql)tpn^fit angcprcn, momit bie
®cfd)icf)te be« ditern Qlnbaueö fd)lieft, ba
feit bem Qluffommcn ber ©tobte bie 93es
»ölferung bitter jufammenrüdte unb »on
ben früheren Orten, namentlid) gerabe bcn
fpäter gegrünbeten, »ielc mieber eingingen.
2)ic 3«it i'«^ Interregnum^ bübet ctma
bie (Srcnjc, h?o bie SRobungcn in ber biö«
^crigcn fficife aufhörten. (§,% fmb corjugö»
meife bie 9iamcn auf *^agen, *robe,
ffe§, »bürg, »feU, -fiein, »firc^en,
»cappcl, *münficr unb «jcll, meldte
baf;in jaulen; bancben blieben natürlid)
aud) bie (Srunbmorte ber »origcn ^Pcriobc
in ®ebrauc^, unb bie jungem, bie ber
britten unb legten angepren, fommcn nur
neu t)inju." SSgl. 5lbfcf)nitt X bei görjie*
mann.
2)ic ßitteratur über bie Ortsnamen iji
fo rcid) unb nacf) ben ßanbfc^aften »erteilt,
'i^a'^ eine 3uf''^'"fn|i*^"n8 ^^^ engern
Sammlungen ^ier faum mirb crmartet
mcrbcn. S)agcgcn feien nod) ermaßt bie
größeren 2ßerfe »on *Pott, bie $erfonen«
unb g^amiliennamen unter ÖSerüctftc^tigung
ber Drtänamen, jmeite Qluögabe. ßeipjig
1859; ^örfiemann, altbeutfcbee! Dramen»
bud), Sanb n. S)ie beutfc^en Drtönomen,
2. 9tuf[age. fRorbpufen 1872, unb tai
f)anblic^e 33uc^ »on Dr. 99 u cf , Dber<
beutfc^eö g^Iurnamenbud^, «Stuttgart 1880.
Drtnit, fte^c ^elbenfage.
Dftereicr. 5^r Urfprung ifi unjmcifel*
f)aft t)cibnif^, worauf aud) bie gemö^n«
Ii(^en färben berfelben, rot unb gelb, bie
Sonnenfarben, beuten. Sic jtnb bie
Sinnbilbcr bc^ neu beginnenbcn Statur*
lebcnä. ^uä) ber ^ai)n, ber fie legt,
ma^rfd)cinli(i^ aU Sinnbilb bcr ^xni^U
barfeit, geprtc ber giü^Iingögöttin; er
mar bcn alten S>cutfc^en l)eilig, fte a^cn
ip nic^t. 2öutt!c, Qtberglauben, § 82.
Dfterfcucr, ftc^c 55 e u c r.
?ßaliin<)feftc Reifen bcfc^ricbenc 951ättcr,
bie man bur(^ SScrnid^tung ber erjten
Sd)rift nod) einmal jum Sd)tcibcn irauä)-
lax gemacht unb benu^t ^at. Sie maren
im Qlltcrtum fc^r ^öufig, mo man »on
$api)ruö bie ältere St^rift abmufd) ober
abfragte, ba^er ber fd)on bei bcn ®riccf)en
»orfommenbe SRamc ßißXiov naX^ix>riarov,
V»icbcrabge!ra|tc^ 93ud). Qluc^ Pergament
mürbe fd^on im Qlltertum aplid^ »er=
menbct; aber erj! im SWittclalter murbc
bie Tilgung- älterer *)8ergamcntf(^rift alö
eine befonberc Äunflfertigfeit geübt unb
in bebeutcnbcm Umfange getrieben; e^ ftnb
»erfd)icbenc SReccptc unb Qlnmcifungcn baju
erfialten. 3n bcn legten ^äitw beS unter*
ge^cnben Sömerreid)e(^ unb ben junä^ji
folgenbcn 3a^rl)unbertcn mürbe im Qlbenb;
ianbe fc^r »iel refcribiert; bie meifien aber
unb fap aüein mert»ollen latcinifc^en
*l5alimpfej^e flammen au^ bem 7. big 9,
3abrpnbcrt. aiBattenbadb, Sc^riftmefcn
beö 2)Jittelaltcrö. 2lbf*n. III.
^Paliffßben, b. l). ^fai^ljäunc (»on palis,
*Pfa^l) mürben fd)on »on ben Äcltcn unb
(Sermanen als Sefefiigungömerfe benu^t,
balb allein, balb in Sßerbinbung mit
©räben unb Grb= ober SteinmäHen. SJor*
35
542
ÜJaüium — ^apitx.
gefc^obcnc (^efc^Iof[■ene *PatiffaJ)en , fogc«
nannte ^alijtabcnjnjingcr, fd)etnen feit bem
9. 3al)ri)unbert in ©ebraud) ju fein.
Pallium. @icf)c ben 5ltt. geifilicf)eö
Ornat.
5PaIme, Tat. palma. ®d)on im römifd^cn
5tltertum ifi bie ^alme ©innbilb beö
©iegc^, bcr ^almähjcig beä Siegerö ©^rcn^
lo^n. ©dbon bie ^atafomben feigen Sf)rifii
Silb mit bcmfelbeu 9crd)mücft. Srfi fpdtet
mürbe er au^ ?tttribut ber ©ngel unb
aller DWärtprer mitScjug auf qßfolm 92, 13.
^Pfllntenorbcn, ficfic gruc^tbringenbe ®e=
feüf^aft.
^dlinfonntag , dominica palmarum,
mürbe in ber orientaUfd)en J?ircf)e fc^on
im 4. 3at)rt)unbcrt gefeiert; in ber occiben=
talifc^en ift 23eba SSenerabiliä, 8. Ja^r*
^unbert, ber erfte, t^on bem ftcf) eine ^rebigt
auf bicfen Sag erhalten I)at. €c^on früf)
mürbe ben jur Saufe »orbereitcten Äate«
d^umencn auf if)rc 9J?etbung unb Sitte um
ßulaffung jum «Saframent an biefem Sage
iiai ibnen biö ba^in oorenttjattene ©lau^
benöbefenntni^, Symbolnm fidel , mitge^
teilt. 'Jtn bemfelben Sage finbet bie '^al-
menmei^e unb bie *|3atmenprojeffion flatt ;
die palmstuden , so an dem palmtag ge-
segnet, sind nit allain kreftig für tüfelsche
gespenst, snnder och alle ungewitter,
donder , hagel , platzregen ze vertriben,
so die angezündt und der roncli dem
weiter entgegen scWacht. .^e§ler, ©abbata,
I, 105. 23on <IUtcr3 ^er mar man be«
mübt, bie ^CrOjeffton mögtii^ft genau ber
in ben (Soangetien berichteten nadbjuaftmen.
3n tin Älöjtern unb Äirc^en bes ^litttU
altera benübte man oft einen lebenbigen
(Sfel, ber präct)tig gefc^müdft, entmebcr eine
*PaIme mit ber !onfcfrierten ^oftie ober
ein (Soangelienbud) trug, ober man be=
gnügte fid) mit einem auf fleinen 5iäbern
laufcnben t)öljerncn ^almefel unb einer
barauf gefegten ^uppe, bie ben ^errn bar=
fieHen foüte.
IJJaniÖbrief bei^t bie Urfunbe, in metcber
ber Äaifer ober Sanbeöberr einem Älofter
ober Stift befiehlt, eine gemiffe *Perfon
fortan ju ernähren. ®oid)e ^frünben
gab eö im SWittelalter in ganj (juropa;
fie leiteten ftc^ üon bem alten SRcd^tc melt=
lid)er ^rrfc^aften auf Unterbalt in geifl=
liefen 'Stiftern mütirenb i^rcr SReifcn ^er.
3n 2)eutfci)lanb »eräitfitete ber ^aifcr erft
1790 auf 'ia^ 9ie(J^t, '^aniöbriefe ju erteilen.
^aujcr, panzir, banzier, naii) S)icj
i'on pantex = Saud), SBanft, abftammenb,
nennt man bie Qluärüflung beä Ärieger^.
Ob bamit anfänglich bloe bie örufis ober
bie 93au(i)bcbedung bcjeid^net morben, Iä§t
fxi) ani ben eerfc^icbenen eingaben ni4t
genau nad)meifen. (@. |)arnifd^.)
^attjcrtrc^er mürbe ein 2)oli) genannt
Don circa 40 cm Sänge; ^anjcrjied^et ein
einfcbneibiger, fpi^er @to§bcgen.
i?a:|)tcr. iber Urfprung biefc« ©d^reib*
fioffee ijl bunfel. Sie Sercitung öon
Rapier ani Saummollc foü bei (5.f)inefen
feit uralter Qät übliit unb bei ber (Jr=
oberung »on ©amarfanb um 704 ben
Qlrabcrn befannt gemorben fein, metcibe in
Xiamaöfuä bie ^''^'^^^'^tion Icbbaft be«
trieben; burc^ bie 2lraber fam bie Äunfi
ju ben ©riechen, meiere im 10. 3a^r«
bunbert auf Rapier gefc^rieben unb im
13. ben ®ebraud^ be^ pergamenten über«
bolt l)aben foüen, 3)en Dramen be!am
bcr neue ©(i)rcibfioff »om altern SJiilpapicr,
Charta unb papyrus, auc^ charta bom-
bycina. Urfprünglic^ foü bie robe ©aum»
moüe 5ur iJBapierbereitung »ermenbet mor*
ben fein, Lumpenpapier mirb jucrfi im
12. 3a^rbunbert ermähnt; ia in ben
öumpen freier aut^ oft, ja oft üor£)errs
fd)enb linnene Sumpen maren, fo ner«
änbertc fid^ bamit üon felber baä aJlateriat
be^ ^ßapierö; boc^ ijl möglich, ta^ fcbon
bie alten 5tgl)pter aucb fiinnenpapier be«
reitetcn. 35on ben Arabern lernten tit
Spanier unb Stalitn^i^ ^'f ^apierfabri«
fation. Son 93enebig unb SWailanb mürbe
anfangt ©übbeutfcfjlanb, toon ^ranfreic^
unb Surgunb ta^ \vt\tliä)i unb nörblidie
S:'eutfcf)lanb mit *tJaptcr iierforgt. 3?ie
crften beutfc^en g-abriten befanben ftcb
jmifcfeen Söln unb SWains, um 1320 bei
iUiainj. 3" SJiürnberg, rcelc^eö mit QSencs
big in Icbtiaftcm |)anbeUuiertel)r ftanb, er«
rid)tete Ulman Stromer 1390 eine Rapier*
müble mit Senuftung fon SBafferfraft,
moju er fxd) italienifcf)e Itrbeiter »erfc^affte.
3n Diauenöburg. mürbe 1407 ein Papirhüs
erbaut, au^ melcfeem ba« *^Japier mit bem
Oc^fcnfopf (berfelbe mirb al^ 3^*^^" ^«^
beiligen ßufaö, bee ^atronö ber 90taler=
gilben, erflärt) l)err>orging, so man gar
gern in den kanzleien nutzt. 2Bäbrenb
man jebo(^ feinere Rapiere nod^ lange nu^
Stauen bejog, hatte bie gro§e jRaocn^«
burger .5>'^"belögefellfd)aft umgefe^rt im
15. 3abrbunbert ibre |)äufer in Valencia,
<}Uicante unb 3^^'^ii905Ci. ®ine Sanier
^abrit liefe 1470 jur ^öerooQfommnung
bcr IJJapierbereitung fpanifcfte Qlrbcitcr au^
©alijien tommen. 93on ben ^Irabern mürbe
aud^ bai 2Bort razmah =: Sünbcl, mit
*ßarjit)al.
543
•■ftem Rapier iibernommeit, fpan. resma,
ttol. risma, franj. rame, engl, ream, bcutfc^
ries, riesz = 20 93u(f) ju 25 fßogen.
Da« ältefie ficf)cre ©eifpiet einer Ur«
funbe auf Söaumhjoüenpapict ip eine Ur«
funbc iii Äönig« (Roger ton Sicilien t>om
3a^t 1102, baö ältcftc bcfannte faifer=
lic&c ©d^rciben auf biefem ©toffe ifi Don
^riebrid^ II. 1228 a\xi »arletta an ein
S^onnenflojler in ©tciermarf t3erid)tet unb
no(f) in aBicn tiorf)anben; boci) »erbot
berfclbe Äaifer 1231 bic ^Inwenbung beö
Rapier«! ju Urfunbcn, rocil e^ei ju t>er=
gänglic^ fei. 5talienif(ie D^otarc mußten
nodfe in fpäterer 3^*^ ^" ibrem *}lmt«5
Antritte ferfpred)en, fein Rapier ju Ux-
funbcn ju üerro'enben; boc^ gebrauchte man
ii JU *ßrotofotIs, .Ronjeptbii(^ern, 9Jegiftern
u. bgl. SIBattenbacfe, ©cbriftroefcn im
SDIittetalter.
^Parjitial ifi ber ^etb beö großen
t)öfif(^cn Oiitterepoö pon SBoIfram »on
<5fdbcnba(i), tai nad) it)m felber 'IJarji*
»al bei§t unb jmifcfecn 1200-1207
entjlanben ifi. 2)ie ©eftalt be« iparjioal
gebort ber ®ralfage an; hoi) haben f(^on
bie franjöfifd)cn Ducüen beä beutf(^en
®ebi(J)teö 3üge ber 2lrtuöfage bamit üer=
flod^ten. 2)er ©etialt beä *Pariir>aI=®ebicbteä
ifi ein n)efentli(^ ctt)ifcber; „^arjiöal ifi
iai <Sl)mbot beei ÜWenfdben, ber (Sott fucbt,
aber in Jrrtum unb auf Slbmcgc gerät,
»on ©Ott fi^ entfernt, ber an ©ott in
bem ®Iauben irre wirb unb jur 23erjrocif=
lung gelangt. 'Jlbcr üor ber SBerjWeiflung
finbet er ©enefung, bic 5Reue ern,iad)t, er
beftegt ben eigenen Jroh unb ^oi^mut,
er mirb bemütig, unb nun erfi ifi er Dod«
fommen mürbig, tai geifilid^e .Königtum
ju erlangen, (jr batte e^ gefunben, ot)ne
e^ ju fudben, in ber|»erjen^einfaU unbSRein=
feeit ber ^ugenb, aber eben in biefer (Sin»
falt ben Seft^ be^ bödf)ftcn ©utc« oer«
fdberjt. 2)00 reine ®emüt ber Jugenb be*
fä^igt i^n jum ^öcftfien Seft^e; bat)er
»ermag ®awein, ber biefe .^er^enäreinbeit
nid^t t)at, wenn er auc^ in meltlic^cm
Sinne al§ ein ^ttal be« JRittertumö be=
jeid^net rcerben tann, ben ®ral ni(^t ju
erringen, bie ®ralburg nicbt aufjufinben.
^ber erfi menn ber OJlenfi) burd) t>ai
iJcuer beö ßcib^, burc^ innere Irübfal,
burcb bic Stacbt beö ßtt'ciffl^ fjinburc^ge»
gangen ifi, gelangt er nac^ öefiegung be«
3tt)eifel« in ben bauernben Seft^. Sünbig
Wie er ifi, mu§ er in .^oc^mut, in Ser^
ättjeiflung an ®ott unb an fict) fclbfi
faflen; aber gereinigt gebt er au« biefen
kämpfen i)txx>ox jum erfe^nten Äönigtum."
SBartfdb, Sinlcit. 2)ic »Jlufgabe, einen
etf)ifd^en 3n^alt oon fo umfaffenbem ®e»
balt in bie ^orm romantifc^ = böfifc^et
iRittcraoentüren ju gießen, »ar febr
fd)rt)ierig, unb f(^on SBolfram^ 3eitge=
noffen laben baber bie bunfle SBeiäbeit
getabelt, ja »ert)öf)nt. 9tad)bcm über bie
®ebeutung ber ®ratfage fc^on im Qtrt.
®ral gefprocben morbcn, gilt eö bier nur
eine furje S)arficüung ber .^anblung bed
beutfd)en ®cbi(f)te3 ju geben :
*ParjiDat, mbb. Parziväl, altfran?.
Perceval, brctonifdb Peredur (IJJarftfal ifi
ortbograpf)ifd)e 2!BiQfüt)r) ifi ber @obn
® a m u r e t « au« bem f öniglic^en ©efcfctecfete
r>on ülnjou unb ber au^bem^önigäfiamme
ber ®ral«t)üter entfproffenen ^erjeloibe.
yiai) iii *ßater§ frübem Sobe roirb er
oon ber bcforgten 5Jtutter, fern Don ber
Sßelt, in ber (Sinöbe ©oltane erlogen,
bamit ibn ni^t, wie e^ bei feinem 93ater
gefcf)eben, ein frü{)er lob im .^ampf erreicfce.
3)a laufdbt er nun in finbUcber Unfdbulb
bem ®efang ber 23ögel. 'i\H er jum
3üngling bei^angcwai^fen, jiet)en brei ge=
mappnete iRitter tnxi) ben 2Balb , bie ber
Jüngling, in (Erinnerung an ein Sßort
ber SIRutter, „®ott fei Hinter al« ber flare
lag," jebcn für ®ott bält; er erfäbrt aber
oon i^nen, fte feien 3Ritter, unb Qlrtu« fei
e«, ber SRitterfc^aft ücrleibc. ©ofort cr=
rva(i)t ba« un»iberftel)licf)e SBerlangen in
ibm, oom Äönig 5lrtu^ 9titterf(i)aft ^u
erlangen, ^''^ax lägt iljm bie ÜRutter fiatt
einer SRüfiung eine^ iboren ©eroanb an*
legen, auä ©acftud) unb Äälberfeü genäbt,
unb fo, aU ein tumper, jiet)t er binau»
in bie SBelt, bie 'IRutter fällt oor ®ram
tot jur Srbc. *^Jarjioal aber gelangt nadb
SRante« an ben .^of be^ Äönig^ 21rtuä, reo
er buri^ feinen ^tufjug folcbe« äuffeben er«
regt, t>a^ eine ^ürfim, bie nod) niemal«
gelacht, burcf) ilin jum erfien *Muflad)€n
behjogen mirb. 5lud) feine raube unb
ungefüge Sapferfeit errregt 2tuffeben. S>te
crfie Zi)at, bic er nun aueifübtt , ift ber
Äampf für bie oon übermütigen freiem
bebrängte Äonbuiramur; biefelbc roirb
feine ©cmablin, bod) laffcn ibn ^iimau
fe^nfuc^t unb SBanbcrtrieb nic^t lange bei
ii)x rut)en; er jicbt aue, na* feiner 'Diutter
JU fct)eti. Qluf biefer i^abxt gelangt er
nun, ohne ee ju abnen, auf bie ©ralä«
bürg SlRunfalroäf d)c, blcnbcnbe 'l?rad)t
unb .^errlid)feit empfängt ibn im öurg«
faate. (Sin Änappe bringt eine blutenöe
ßanje berein, bei beren*}lnbUd alle iammern,
35*
544
(Pafftonol — <Patronat.
Sungfrauen trogen Seuc^ter, jilbctne ÜWeffer
«nb betglcic^tn, cnbli(^ bie Äönigin 3t c*
panfe ben ®ral, ber oQe« SBünfd^bare,
au* ©peife unb Jranf in ^Mt gibt.
I>er aBirt f^enft feinem ®afic ein @*»ert;
ia abci fPatjiöal eingeben! ber ße^re eine«
alten JRittetö, ba^ er nid)t aüjuDicI fragen
möge, au* ^ier bie iJroge na* ber Se»
beutung biefer S)inge unterläßt, ftnbet
er am nä*jien SWorgen iai ®*Io§ öbc
unb »erlaffen unb fein ^Pferb gefattelt
auf bem ^ofe fieljen. Salb trifft er nun
auf Qtrtuä, ber mit feiner 9iittcrf*aft ben
roten (Ritter fu*t, um i^n in feine lafel*
runbc aufzunehmen, ^a fi* 5Parjit)aI im
Äampf mit 5lrtu§' Olittern aU ber fiärffie
iemä^rt, erflären i^n balb alle aU ber
Safelrunbc ȟrbig; man nimmt it)n auf,
aber mitten im $Jeftc erf*eint »om ®rale
f ommenb bie 3ouberin 6. u n b r i c , t)er^u*t
^aräiBal, meil er bie ^Jrage ni*t get^an
I)abe unb erfldrt bie Safelrunbe bur*
feine ®cnoffcnf*aft für entehrt, S>arauf
f*eibet ^arjiual aui ber Jafelrunbe, beren
er fi* unmürbig bünft, unb jie^t, an ®ott
»crjmeifelnb, »on bannen, ben ®ral ju
fu*en.
Über »ier ^a})xt irrt er nun, fern »on
®ott unb ber ^eimat, tro^ig unb »er«
jagt, jweifclnb um^er; tai @ebi*t
rerliert i^n ganj au^ ben 5tugen, um in
langer Qluöfüfirung bie |)errli*feit bti
wcltli*en (Rittertum^, beren ^elb ® am ein
ifi, jU f*ilbern. Sta* Pier 5a^t«n enbli*,
on einem Äarfreitag, bejfcn ^eiligfeit
er bur* 2Baffentragen oerunc^rt f)at, meifi
ein SRitter im grauem ®e»t)anbe <parjit)al
gum erjienmal »ieber auf ba^ p|ere S^ü
feinet ßebenö t)in, inbem er iljn an bie
Sreue ®otte8 maftnt. ©in (Einjicbler, e^
i^ fein eigener Df)eim S^rctrijent, be«
le^rt i^n über bie ®e^eimniffe be^ ®ralö;
fein Sruber 5tnfortaö, ber ®ralfönig,
i)abe einft au* ba^ 5*Ibgef*rei 2lmur
»or fi* ^ergetragen, barum ^abc er im
«Streit unterliegen muffen, fei mit jenem
tergiftcten Speer »crmunbet morben unb
baber fie*, obglei* ber iHnblid ber ®ral^
fein ßeben frifte; |)eilung merbe er erji
erlangen, menn ein (Ritter ouf bie @ral«
bürg tommc unb freimiUig na* bem
Seiben be^ Äönigö unb na* bem ®ral
fragen mcrbe; biefem tnerbe bann 5tnforta«
ba« ©ralfönigtum übergeben; er fclber
aber, qSat^inal, fei bafür bejlimmt. SfJacJ^bcm
er nun no* jablrei*e a;f)atcn »ollfü^rt,
unb in ^clge bopon in bie lafelrunbe be«
Slrtue oufgenommcn reorben, mirb i^m
bur* biefelbe ®raI^botin, in i^n einjl'
»erflu*t fjatte, feine SePimmung jum'
Äönig beß ®ralg angcJünbigt; er jic^t
auf bie SBurg, t^ut bie ^Jragc, erlöji feinen
OI)eim pon feinen (S*merjen, nimmt »on
bem Königtum SBeft^ unb finbet jule^t
feine ®attin mit feinen beiben (Söhnen.
Äarbei^ unb So^erangrin »ieber;.
biefer foÖ i^m im ®ralfönigtum, jener in
ben meltlt*en !Rei*en feineö Söater^ na*«
folgen. — 35ie neuefie Qtuögabe beÄ *Pars
jioal pon Äarl Sartf*, Sffiolfram Pon
ef*enba*, *lJar§iPal unb liturel. 3 g3be.
ßeipjig 1870.
^afftonal, fu^e öegenben.
^Pflffionöf^Jtek, ftel^e Drama.
^Paftoureße, ^aftorcttc, ^eift in ber
propenjaUf*en öijrif eine S)i*tart, mel_*c
ben 25i*tcr in Serüf)rung mit @*äferins
nen unb (S*äfern jeigt unb e^ nament*
li* liebt, @tücfe Pon 2JoIfäliebern in ber
5lrt etneö (Refrain^ anjupngen.
5m 17. 3<i^i^unbert tragen benfelben
9iamen na* italienif*em SDiufier obgefa^te
@*äferfpiele. SWit Sluäna^mc einiget
It)rif*er Jeile, mie ber „muftfalif*en IBors
bereitung" ju 51nfang unb ber „mujtEaIif*en
5tppIicatton" ju (5nbc ftnb fte in 5tleyans
brinern abgefaßt. (5« gab au* (Pa|ioreIIen
in $rofa mit eingelegten ®efang«jiü(fen
unb ganj gefungene (pajiorellen.
^atronot über Sirenen. ©*on im
römif*en SRei*e maren ben Erbauern
einer Äir*e gemiffc SRe*te gcp*crt, S^ren«
re*te, ©rmäbnung be§ JRamen« im Äir*ens
gcbcte, (Smpfang mit 2Bci^rau* beim
Eintritt, befonberä aber ®influ§ auf bie
5ln1ieIIung bc« ®ei|}Ii*en. Qtuf germa»
nif*em Soben bilbete jt* biefe^ 9Ser=
l^ältnid babur* weiter au«, t>a^ überhaupt
eine Äir*c mit i^ren (Rc*ten, ®ütern,
©infünften unb i^rem ^erfonal a\i ein
Sßeffl galt. Äarl ber ®roge räumte ba^et
oI)ne meitereö ein, ha^ ber freie 2Rann,
ber eine Äir*e baue, i>ai (Re*t ^abe
biefelbe ju pergeben unb ju perfaufen,
fobalb nur bie (Jr^altung beS ®ebäube«
unb be« Äultu« barin geft*crt bleibe.
Qlu* an ein Älofter ober an einen
bif*öfU*en ©i^ fonnte eine Äir*e in*
forperieit «erben, maö mic bei anbern
®*cnfungcn Pon ©runbbeft^ unter fpmboä^
Iif*en ^Jormen gef*a^, gcmö^nli* bur*
©inmicflung ber ®*enfung«urfunbe in
baä Qlltartu* ober mittelfi beö ®IotfenfeiI«.
5Dem Seft^er ber Äir*e Panb in erfier
ßinie iai (Rc*t ju, ben ®eifili*en anju*
fieflen, eineJBcfugni«, bie frü^ mit ber
(Pegniöfc^dfer — ^Pergament.
545
bifc^öflic^en ®ett)att in Äonflitt geriet
unb oft SttcitigEeitcn oeranlaftc; eine
Slu^funft voax u. a. bie, M^ man ben
^Patronen blo§ bie i^räfentation geeigneter
©ubjefte jufprad^ , bem i8i[($of aber bie
eigentlict)e (Erteilung be« 5lnitee jugleid^
mit ber Drbination. 3)aä Ote^t be^
•^Patrons ging aber noc^ njeitcr, ber Patron
machte *Unfpru(^ auf iai (Sinfommen ber
Äird)e, manchmal ocrlangte er fogar Don
ben auf bem 'illtar geopferten ®aben bie
|>älfte. Dbgleic^ bie ©pnoben fid) gegen
biefeö ^rinjip iüet)rten, blieb für ben
^Jatron bai iRccftt auf benjenigcn Seil be^
Äird)eneintommenö befietien, ber nad) ber
IBejlreitung bee geifilicben S)ienfte« übrig
blieb. Snfolge ber ftdrfern Betonung
beä Äird^enrec^teä im 11. unb 12. ^abi'
l^unbert mürbe paraücl mit ben Streitig*
feiten um bie Snueftitur ber iöifcfcöfe ben
Stiftern tai (Sigentumöred^t abgcfproct)en
unb bafür bai 9icd)t ber Äirc^e in ben
Sorbergrunb gejicüt; bem ©runbfjerrn
blieb nur cinerfeite haii Diec^t iii Sc^u^eö
unb ber "üufftc^t über tai^ .Rirc^engut,
•anberfeitä bie *l5räfentation ju bem er=
lebigten *Mmte.
5Pegm^f(|)äfct, [\ti)t Slumenorben.
^clj. '.üue ben i^tütn ein^eimifd)er
Jiere nerfertigten fic^ fc^)on bie ©ermanen
il)re notbürftige iöefleibung. 6« »irb
<iber aud^ gemelbet, ha^ fic if)re $elje auf
ber äußern, raul)en tocite mit föfllid)en
«Peljfiücfen gejicrt, bie |le i^rcn nörbliii)en
IRad^barnöltern abgebanbelt. Sefannt ift,
tt)ie ju Äarl beö ®ro§cn ^iit fxi) bie
^ofleutc in ber Sefc^affung töfilicöer ^elä=
mäntel überboten, unb jmar mcrben al^
foI(^c ÜJJarber« unb |)ermelinfellc genannt.
Scanbinatifcf)e unb ruffrfc^e ^Jel.^e get)örten
balb ju (5l)rengefd)enfen, „beren 2>uft"
— mie 5lbam fon Srcmen im 11. ^ai)X'
^unbert flagi — „unferer Sßelt bae tob«
licöe ®ift ber jpoffabrt unb (Sitelfeit ein*
geflößt ^at. Unb fc^a^cn jene norbif(i)en
2Jölfer bie ^iüe nici)t ^öbcr benn äJMft,
unb bamit ift un^^ »obl baä Urteil ge=
fprocf)en, ta eben mir mit jeglichen DJJitteln,
teerten ober unred^ten, nac{) einem fofi*
baren SPJarberfleib rcie nac^ ber böcbfien
(Seligfeit trachten". 2öof)l tom 'ilnfang
be^ 1 2. 3at)r6unbertö an unterfdjieb man
bie jarten Sälge ber 3ifelm*iu^ alä öunt-
mert, tai %tU ber grauen ©ic^fä^c^en aU
©raumerf unb eine ÜJlifd^ung beiber aU
öuntgrau. ©cfc^ä^t waren S'^id, 23iber
unb |>ermelin. 2)ie (JJelämäntel mürben
»on beiben ©efc^lei^tern getragen, unge*
fct^r in knielange, Don aJiänncrn mit,
Don grauen au(^ o^ne ?trmpü(f, aber mit
Äapuje, Don Kriegern auc^ über ber
Srünne. ^ai ©efagte ^at jebodj nur
auf ixt i)'6i)txn Stäube 'Seäug ; ben niebern,
fomie bem '3ürgcrfianbe, mar iai fragen
Don (Peljen biä ju (Snbe beö SWittelalter^
gdnjlid) unterfagt, mät^renb ber iRitter=
flanb , bem Don SHeii^ömegen ebenfall«
SSorfd)riften gemad^t mürben, in biefem
ßufus ftdt) nid|it einfc^ränfen lie§. 2)er <Pelj
roirb immer meiter, fd^lie§t ftc^ Dorn unb
er|^ält namentlid^ bei ben grauen foldbe
Sänge, öaf jum fragen ber Schleppe eine
bienenbc ^anb nötig mürbe, ^m 15. 3abr=
bunbert mirb ber *Pelä mieber enger unb
Derf^minbet au^ beim rceibli(^en ©e»
fcl)Ied)te fo, ba§ au^er bem 5<^ultcrfragen
nur noc^ eine föftlid)e *)3eljgarnitur be«
Dbcrfleibeö '^la^ greift. 2luc^ bei ben
iDlännern mitb er in ber jmeiten ^älfte
bee genannten 3i^r^un^ert* a^^ «incm
einfachen Überrod, mä^renb er im 16,
5ai)r^unbert ftdb mieber Derlängert unb
ermeitert.
2ßei§, Äofiümfunbe; Dergl. SB eins
l)olb, beutfc^e grauen, 2tbf^n. IX.
tJJentagtamm, fre^e 5Drubenfup.
Pergament loü feinen Dramen folgenbcr
Gegebenheit Derbanfen: 21lö Äönig 6umc=
neö n. in pergamu« eine iSibliot^ef an*
legte unb fo alö 9iebenbu|)ler ber Q3tole«
mäer in QUejanbrien auftrat, oerboten
biefe auä (Jiferfuc^t bie 51u«fu^r be«
$apprus unb jmangen baburc^ bie ®e-
letjrten Don (pergamuä, ft^ mieber bem
altaftatifd^en Sd^reibftoff, ben Jier^iäuten,
jujumenben; J>a ftdb infolge baDon bie
Subereitung ber le^tern fe^r oerbcfferte,
mürben fie feitbcm als charta Pergamena
bejeicl)net. Scitbem blieb ta^ ^Pergament
neben bem ^appru« ein beliebter Sdireib*
fioff. ^m iDJittelalter unterfcf)ieb man
baä italienifc^jfpanifd^e unb bae beutfd^=
franjöftf(^e ^Pergament; bei fenem finb
bie beiben Seiten oerfdbieben, bei biefem
meift gleidf) bearbeitet. 2)aö feinfie ^erga«
ment gaben bie ^äute ungeborener ßämmer;
ce if! fet)r bünn, mei§ unb glatt, fonnte
aber nur ju ganj fleinen .panbfc^rtften
biencn; eä bei^tfcfion im SDiittelalter 3ung=
fernpergaraent; tai gcmöl)nlicf)e i^ergament
mar Don ber .paut bc^ gammele, ber
3icge unb beö 5?albe^. 2)a^ QJergameni
mar ein .yanbelsartifet , mürbe aber in
abgelegenen ®cgenben, Älöfiern unb bgt.
oft rccfct lö(^erig unb rot) jum eigenen
^öebarf jubereitet. dUä) unb nad) cntftanb
546
!Cerlen — *)8enü(fen.
ein ©ettetbe bcr «Pcrgatnentma^er , m^b.
pergamenter, berin enter, penn unter, pir-
meter, 'bnoclifeller ; fie »cttauftcn i^tc
SGßoarc nod) ©tücfen, |)äutcn unb Ciuas
leinen.
©4on in alter 3«^^ fäibte man tai
^Pergament purpurn, juerfi nio^I nur für
ben Umfc^lag ber SRoDen ober für ia^
am obern Otanbc ber SRoüe angebrachte
Jitelblättc^en. 3m 3. 3a^r^unbeit aber
war f^on bic ÜRobe Ijerrfc^cnb, ganjsc
SBcrfe auf purpurnem Pergament mit
®oIb unb Silber ju f(^ieibcn ; ^ieronpmu«
unb fö^rpfoRomu^ eiferten bagegen; bie
mcrfft)ürbigfie unb nieüci^t ältere biefer
^anbf<iriften ifi ber Codex argenteus ber
gotif^cn 39ibclübcrfe|ung ju Upfala. 33on
Italien fam bicfc Äunj? ju ben 51ngels
fad)fcn; aucb Äarl ber ®ro|e I)atte eine
ißorliebe bafür; meifi ttjoren eö Söibel»
t)anbfc^riften, benen biefe St)re ju leil
»urbc, iflai) bem 9. 3a,^t^u"^"t f(f)rieb
man bloa noc^ einzelne 93Idtter auf biefe 21rt.
ffl atten ba^ , ©d^riftwefen im TlxtUU
alter.
perlen »erben aU befonber^ tofibarer
€d)mu(f neben 6beipeinen njol)! fc^on
fiüi) im ÜJlittelalter eraabnt, bagegen
al« ^alöbünber unb gewöbnlic^er ^ul=,
|)aubens, fragen*, Oirmel* unb ^anbf^u^'
befü^ ber ^Dornen erft eigcntlicfc im 16.
3al)r^unbcrt. 2ln ben ^öfen ^ielt man
jur Qlnfertigung foId)er iUrbeiten eigene
„$erlcnl)efter".
^eilmutter« 2)ie Perlmutter mar f^on
ben fÖlei^ern tti früheren SWittcI altera
befannt unb namcntli^ ju eingelegten
*Mrbeiten unb Jabletterien gerne toerreenbet.
^Ctrüdcn maren fcion in SRom in ber
fpdteren Äaiferjeit gebräu(^li^; fie cer?
fd)n)inben jebod^ — menigjien« im 2tbcnb =
ianbe — com ©cfeaupla^c, bi^ fie im
15. 3fl^t^""^f^t o'" burgunbifc^cn Jpofe
auftauchen. I)a« Sefireben, lange ^aare
ju tragen unb biefe burc^ Sffiictcl, ©rennen
unb ©inÖlen jierlicb ju träufeln, liefe bie=
jenigen, benen bie iRatur ben jiarfen ^aars
rvüäfi Dcrfagt ^atte, auf ben ©ebonfen
fommen, bai ^t\)Uni)t fünfilicb ju erfegen.
i£o nat)men fic ju bem „falfc^en ^aare"
3uflucJ)t. J)er 3iamc „$errücfc", frj.
perruque, engl, periwig, finbet ftc^ jucrfi
bei Sßrantöme um 1570. Ulm belicbtefien
»raren bic blonben *Perrücfen, rcie benn
übertiaupt bic blonben Jlcc^ten für bie
fchönflcn galten , meiere 2lnnaf)me r>on
ben Pcnejianifchcn flauen ausgegangen fein
feil unb für lange 3cit im ganjcn 21bcnt=
Ianbe unangefochten blieb. 2)ic ^aaic
mürben bo^er nötigenfatlö gefärbt un^
gebeijt. 51ber au^ bie ÜJlänner fugten
f\ä) auf ähnliche SGBeife ju fd)mü(fen. Tla^'
einem Sriefc bce italienifcften Richtet*
SDJariano trugen um 1615 in ^axii auc^
bie SlRänner „auf bem ^opfc einen falfc^en,
au« .^aare nachgemachten Äopf" unb balb
mar auch ber fc^önftc natürliche ^aars
much« nicht mehr gut genug; bie (Perrücfc
mar jur ÜJJobefache unb fo für bic Seute
Don ®tanb jum ©ebürfni* gcmorbcn, ba§;
um bie 3Witte ber fünfj^igcr ^ahxi ba#
^actotum feiner ^tit, ßubmig XIV., nid)t
nur felbft jur *Perrücfc griff, fonbern aud^
glei^jeitig 48 ^ofperrücfenmacher ernannte
unb für *Cari« unb bie ißorfiäbtc eine
eigene Äörperfchaft oon 200 Perrnquiers
ernannte, »on melcher bie burc^ beSÄönigö
Seib s perrnquier SBinette um 1670 er*
funbene „binette (grand in-folio)" ge«
treulich nad)geal)mt mürbe. Sie foficte
bis 1000 2.t)alfi "nb mar alfo nid)t jeber»
mannö Äauf; aber mcr fie nid)t fo föfilich
auö SlWenfchenhaaren tonnte Perfertigen
laffen, ber begnügte ftch mit einer fleineren»
bie auch nötigenfalls aus gefottenen *Pferbe*
ober 3*^9«"^'"*'^^" h«9Efi«Wt fein burftc.
33ei ber Oiachabniungäfudit ber S^ia^bar*
itolfcr fehlte ti nicht, bafe in furjer Qtxt
ber franjöftfchc ©efchmacf auch ^ieiin ring«*
um ^Intlang fanb.
QU« Qlmtetracht erfcheint bie (ßcrrücfe
befonber« bei ben aboofaten; boch fuchten
fleh auch JU micbcrl)olten malen unb ni^t
ganj ohne ©rfolg ©eif^Iiche tai iReci)t
be« SragenS einer „bcfcheibencn (Perrücfe"
auäjumirfen, mic fcbr oud) eben ihre
(gpnoben bie neue 3)Jobc al« lächerlich'
ober fünbhaft ertldrten unb mit fcharfen
Srlaffen gegen biefelbc anfämpftcn. 5luch
Schriftfietler leifteten baö aWenfchcnmög«
liehe, aber nicht mit me^r ©rfolg. Bo f^reibt
SDJichael greunb in feinem „Alamode-
Tenffel" um 1682: „heutige« logeS regieret
auch ein befonbcrer ^aarsleuffel bep ben
SOlann» unb SOßeibeperfonen , fie führen
bamit einen fonberlichen $ra^t, laffcn
biefelben rceife, gelb, bleid^, rot^, braun
färben, mit befonberen 3'>"flfn f raufen,
auffreihcn unb puffen. Sffiie oiel taufenb
unb aber SKeichöthaler merben por Paru-
qven bejahlct? bie mancher gar mo^t
entrathen fönnte, meil er fonft paax genug
auff feinem Jlopffe h^t. 2ßie »iel hunbert
üDufaten perfiieben mit bem ^aarpouber?
bie fiintenbe (feriücfc befireuet mancher
mit fcitlict)em Pondre de Cypre, alfo ta^
^^crfoncn^ unb Familiennamen.
547
et cince iWüüct^ So^n nid)t ungicid)
jie^et; ober man boc^ jum roeniflften rcr^
meinen i'ollte, boB et ben Äopff ™ ®?cel=
farfc gehabt I;ätte. 93or anbern bat ber
2llamobi[cbe ^aar^lcuffel [ein ©piel mit
ben aiamobifc^en Socfen, [o man über
bie €tirn unb ®eftd)i ^etuntet^angcn
läffct, mtc bie locfcte 2BQffcrl)unb , mit
fonbcibaren $aarl;auben, fc pon ftembben
.^aat gemutet, unb auff taz ^aupt, ale
manns natürlid) ^aat , gefe^et metben,
loffen iljncn gülbenc ^^ci^'P'iif bavein
flieucn, auct) mol gar ®olb barcin
fled^ten ;" u. f. m.
'Jiaä) 2ßeiB. Äoiiümfunbe.
'4>"ertoncn= unb ^antiliennamcn. 1. $ c t »
f 0 n e n n a m e u.
iSei ben (Sermanen gci'cf)a^ bie
DJamengebung ber Äinber, altnorbifc^
nafnfesti = SKamenfeftigung, in fcietUdjer
SOeife naä) ber ®cburt: na^bem hai 5{inb
tuxä) ben Ü3ater riom Soben aufgeljobcn,
gebabci unb mit 2ßaf[er begoffen mar,
mürbe i^m nom SSater, oft aber aud) »om
®rc§r»ater ober i^om müttevli^en D^eim
ber D^iame jugeteilt unb babei ein ©ef^enf
übergeben. I)er 9Jame mürbe aber t)aupt=
fäd)licf) mit iRücffic^t borauf gemäl)lt, ba§
berfelbc bie permanbtf^aftlidjen S3eäiet)un=
gen angeben foüte, unb jmar auf ner=
fd)iebene 'Jlrt. Sntmeber gefcbat) bie Qlb=
manblung ber iJJamen burc^ ^Iblaut ober
Sautjieigerung: Ada unb Uota, Adalhilt
unb Uodalhilt, ober butc^ ben Stabreim:
Sigelint , Sigemunt , Sigefrit ; Dietwart,
Dietmar, Dieterich; Wolfhart.Wolfbrant;
Liudger, Liudgart; Hildebrant, Hadu-
brant; Günther, Gernot, Giselher, mobei
mcijl ber ganje erjtc Icil ber Äompofition
bemat)rt motben ift; auc^i ber jmeite leil
ber iZL'ortjufammenfe^ung mürbe jur 2in=
beutung ber 33ermanbtfd)aft gcbraudbt, j. 95.
in @i. ©aüifd^en Urfunben bie Stüber
Erinpert unb Amalpert; Tintulf, Merolf
unb Piscolf; Hnpert unb Isambert; gern
mürbe bem neugeborenen Äinbe aud^ ber
3Jame bcs ®ro§t>atcre ober be« Oheime
gegeben, %üi) tai, tarn por , bafe man
bem Äinbe einen ^Jiamen aue ben OJanun
ron Sater unb SWutter jurec^tmac^te.
Qibgefe^en bon ben genannten ber=
manbtf(f)aftli^en fRücffrc^ten »aten bie
2)eutfc^en gemof)nt, Sinn unb ißebeutung
auf ben Dramen ju legen; eö foüte eine
beilfam meiffagenbc Äraft, bie im 9Jamen
lag, bem Sräger jugute fommcn. öinfac^e
f^amen frnb rcenige auf un« gefommen;
ce geliören ba^u Ernst, at)b. Ernnst, ber
jum Äampfe entfd^loffene, Karl, Linpösta,
Traganta, Wahsanta fbie Sragenbc unb
fflacfefenbe), Perahta = Bertha, Ida, Ava,
Swabin, Cristinna. iffieit [läufiger finb
bie jufammengefe^ten i)iamcn , in benen
bie einfact)en 9'Jamenäjlämme in aUcn mög=
liefen Kombinationen fi^ oerbinben. 3{)re
%üüt unb ÜJlannigfaltigfeit fefet in Sr^
jtaunen, unb jmar ift es namentlid) jmeier=
iei, mae fid} in il)nen jumeifi mieberfpiegelt:
3)ie i8ejiet)ungen be« 5Dicnfcften jur ©Ott:;
^eit unb bie ^äufigfie unb rut)mPo[(fic 93e=
fc^äftigung, ber Äampf.
2)aä beutfd)e SBort ®ott finben mir
in ben Dramen Gotleib, motau« ©ottlieb
entftanben ift, er bebeutet aber urfprüng=
üi) gottgeboren; ferner in Godefrid,
Godascalc (®otteefned)t), Godwin (®otteäs
freunb), Gotahart, Goderam (®otte^ SRabe).
2Bdt)tenb bann freili^ bie SRamcn ber t)obcn
©Otter unb ©öttinnen felbjl, mie Wnotan,
Donar, Zin, Fro, Frigg in S^amenjufams
mcnfe^ungen, mo_I)l auö religiöfer Sdjeu,
nur ausnatjmemeife permaubt merben, fmb
bagegen bie untergeorbnetcn ©öttermefen
fel;r t)äufig, fo namentlich bie Äsen ober
Ansen, in Anshelm, Ansbert, Ansfred
unb in angelfäd)rtf(f)er gorm Oskar, Os-
wald. *lln bie 'Gliben ober ©Ifcn erin-
nern Alberich, Albnin (Albwin =^ ölfens
freunb), Alfred == Slfenrat, Alpger, Alb-
sind, ^m ©egcnfa^e ju i^ncn fielen bie
atiefen, ^ünen unb Ibürfcn, beren ®e«
fd)lec^t in Hnnibald, Hunipreht (franj.
Umbert, ital. Umberto), Hunfrid, Hum-
bold, Thnrismund niebergelegt ifl. ^eilige
liere, bie in ber iRamengebung biel Der?
manbt mürben, finb ÜBolf unb SRabc, at)b.
ram. Jßolf legt ftcf) in ber 55crm ulf ober
olf faP an jeben anbetn Stamm, unb es
finben [xä) j. 93. Adolf, Arnulf, Gerolf,
Gundolf, Hildolf, Meginolf, Rudolf, Re-
ginolf, Thiudolf, Wigolf; görPcmannjäljU
ihrer ctma 370; aud) an crfier Steüe beä
SJiamene erfd)eint bae 9Bort, mie in Wolf-
rat, Wolfger, Wolfart. Jßie ber iffiolf,
fo ifi aud) ber JRabc Wuotan alä bem
oberften 8d)lad)tenlenfcr heilig: fein SJiame
liegt in Hiltiram, Guntram, Sigiram,
Wolfhraban, Waldram, Bertram, Rambert,
Wichram, Aldram, Engelram.
I)ie Jiernamen [)aben aud) eine äuge»
meinere 93ejiet)ung jum ÜJJut, jur Äampfeö«
lufi ber ©ermanen; in biefem Sinne ert)ielt
u. a. ber Änabe ben Dtamen Eberwin ober
Wolfwin, Sber» ober SBoIföfreunb. Qluf
ben 93ären meifen iifamen mie Bernhart
Bernwart, Bernold, Beringar, Isanpero
548
^erfoncn^ unb Familiennamen.
auf ben 'iiax Arnolf unb Arnold, auf
ben Sber Eberhart, Ebenvart, Eberswind.
Lint= Schlange unb S'wana = (5(^tt5an
biencn ju weiblid^er ^lamengebung: Ger-
lint, Burglint, Rihlint, Swanahild, Swana-
burg, Swanagart.
^oä) lüitffamer für bic Sfiamengebung
ber aJJdnner rtic ber grauen ftnb 0iamen beö
.^riegcö, beö fltufjmcä, ber (S^re; bie ^ici*
^cr 0cf)örenben SBortc ftnb namentUcf)
gund, hild, hadu, wig. 25on gund
tommt j. 93. Guntram, Ganthelm, Gnndbert,
Gunthari = Günther, Gantolf, Gundobert,
Gondemar ; Hildegunde, Adelgunde, Kuni-
gunde, Fredegunde. Uto^ jalitreii^cr fmb
bic 3ufanimcnfc|ungcn mit hild: Hilde-
brand, Hilderich, Hildebert, Hildefons,
Hildebald, Hildolf, rt)eibIic^eS«ameu Hilde-
burg, Hildegard, Hiltrud, Machtild, Brun-
hilde, Grimhilde, Clothilde. Sa^ aBort
hadu begegnet in Hadubrant, Hadnmar,
Hadolt, Hadolf, Haduwig; im te|tercn
fRamtn erfcf)eint hadu mit bem Äriegemort
wig Derbunben, tai [xä) u. a. aud) in
Wigbold , Wigbert , Wichman , Wiclef,
Lludowig = SRu^meöfampf , Hartwig
unb Herwig Dorfinbet. 2tn ben ©treit
fc^Iie§t fid^ ber @ieg; ba^er Sigwart,
Sigfrid, Sigmund, Sigibald, Sigbert, Sig-
hart, Sigimar, Sigihelm, Sigilind. %ü(i)
bie 2B äffen ber gelben tlingen auö ben
UfJamen rcieber, junäc^fi tai ©ifen: Isin-
grim, Isenhart, Isenbold. iJllö ^auptfäc^»
Iid)e Sru^ttjaffe crfd)eint bic furje fianjc,
ger ober ker, rvelc^cö in Garibald, Ger-
hard, Gerold, Gerlach, Gerwin, Gerbert,
in Notker, Berengar, Edgar, Wolfger, An-
sigar = altfäcfjftfd) Osgar, ixt 2Be|)r ber
Qlnfen, üorfommt; cbenfo finbct ftdt) gisal
= *Peitf^e, grima= ^elm, unb heim
fetbji in IRamen roie Giselbrecht unb
Giselher; Isengrim unb Lohengrim;
Helmold unb Helmger; Wilhelm (3BiIIenä=
f(^u|J unb Anshelm (ülfenf^u^), Diet-
helm= 93oIfäfd^u^. 3n Eckehart, Egbert,
Eginolf Pecft eg ober egin =z e^wcrt.
Unter ben frtcgcrifc^en (Sigenfci)aften ift
Dor aOem ilraft unb ©tdrfe, eil an unb
magan betooräubeben, baber EUanhart
unb EUentnid; Meginrat ober Meinrad
unb Meinhart, Meinhold, Meginhold unb
Meginbreht. 3)er Scgriff ber Äübnl)eit
liegt in ben mit nand unb bald ge«
bilbeten iJiamen: Nandalf (fü^ner SBolf),
Siginand(ftegcäfübn); Baldwin, Balderich,
Theobald = ber mit tapferem iBoIf, Liut-
bold ober Leopold, Willibald, Sigibald
unb Heribald. Unfcr bt'utigeä SBort
Kühn finbct man in Kuono unb Kaonrat
^ ,^übn im SRat. Hart bcaeidjnct fircngen
ÜJJut unb aue^arrenbe Äraft, baoon Hart-
man, Hartmuot, Hartbert, Nithart = fiarf
im S*"^"» Gerhart, Gebhart, Bernhart =
ber mit 93ärenfraft, Eberhart, Wolfhart,
Burchart, Richhart, Regln = ober Eein-
hart, Megin = ober Meinhart, Gothart,
Erhart, Eckehart. SCfJit mar = berühmt,
fomraen nor Adalmar, Dancmar, Walde-
mar, Volcmar, Radmar. ß**^^"^ f^^b
bic 9^amen, bie mit peraht ober preht
= glänjenb gcbilbet ftnb: Albreht a\xi
Adalperaht, ber burc^ 5tbel gldnjcnbe
Hildebreht, morauä fpdter Hildebrant
Haduberaht, Meginberaht. ^errfc^aft unb
©cmalt finb auägebrücft in rieh: Rieh
bert, Richwin, Richbald, Priderich, Hein
rieh , Theoderich , Hilderich , Richlint
Richdrut, Äoücftiübcgriffc, auä bcnctx
ftc^ ^erfonennamcn bilben, ftnb ^ecr, af)t).
hari, heri: Hermann, Heribert, Gunta-
char - Günther , Chlothachar - Lothar - La-
thar, Giselher, Sigeher, Merilint, Heris-
wind, volc in Folcwin, Folcrat; ai)t.
diot, m^b. diet in Dietrich, Dietbold,
Dietpert, Diethelm, Thietmar, Diether,
Dietlinde, Theoderada, unb m^b. Hut,
al)i. ßcut, in Liutpold, Liatprand, Liut-
per u. a. ^tt)nlid)er fRatur ftnb iJJamcn,
in bcnen laut unb marc ficcfen, voxt
Lantfrid unb Marcwart, ©eburt unb
Stellung, S)ienfipcrbdltniffe unb «Staub
bejci(^nen Segriffe mie schalk = ,^nec^t,
diu ober deo, ber ober bie 2)icnenbe, in
Engildeo, Irmindeo, Adaldeo; fobann
degan (Degenhart), erl unb karl in
ErlebaldunbKarlman; kuni=@efc^lcc^t,
in Kunigunde; fara t)on bcrfetben 93c*
beutung in Bargandofara, Adal in jabi«
reidben Stamen. SBieber eine anberc ©ruppe
fd)lic§t ben 93cgriff beö ©cbü^enbcn,
93crgcnben in ftdb; baf)in gehören bie
mit berga, birg, bürg, jufammcnge*
festen SJiamen; fte werben meifi für ^cr*
fönen »eiblicbcn ©efdblecbtcö, mic Hilt-
Ijurg, Frideburc, Gundisberga, riermcnbet,
mäbrenb umgefebrt aith. munt = S^u^,
iBormunbf^aft, feiner 93ebeutung gemag
faft außfci)tie|licb äur93ilbung DonÜJJdnncrs
namcn gcbraucbt roirb: Sigmund, Fara-
mund, Ratmund. 9iuci) ba^ 2Ö ort fride
bebeutete urfprüngltc^ Sc^u^ unb Sicber*
beit unb toarb mic wart unbwalt einfi
gerne ju JRamen werroenbet: Fridehelm,
Marcwart, Walt hari , Waltfrid, Oswald;
tai le^tere 2Bort walt unrb bann ju oald
— Rodoald, Wulfoald — unb julc^t ju
*)3etfonen* unb ^'^ti^itit""'*'"«"-
549
old, Reinold, Gerold, Arnold, Bernold.
3tt)ei ©tdmme \)abtn bic Sebcutunfl t»ou
gtat: tiai ältere ragin ober regln in
Beginwald, Reginbald, Reginswind, unb
iai iffiort rat felber, tai j. S. bei ben
Siamen Ratmund unb Radegunde üer=
treten ifi.
2lu« fold^en unb »lelen anbern SBort*
bilbungen — eä ifl ^ier blo^ eine Qluä-
roai)[ jur 23e[predt)ung gelangt — fe^te
fxcf) ber alte 6c^a^ bcr beutfdt)en '^er»
fonennamen jufammcn unb blieb im
(Sanken bi^ gegen tai 6nbc be^ ÜJJitteU
altera ju [Rec^t befieben, wobei ®tamnie6=
unb 55^'^*l^£n"^^'^^^^f"""9^" ''f* '"'"
(äinflu§ waren; fo fommen 5"^ri^, 9iu;
bolf unb Gilbert forwiegenb in öc^iuaben,
Suitpolb unb 3)ictpolb bei ben Sapern,
^einrid), Jöubwig unb Äuonrat bei ben
tR^einfranfen r^or. 3m farlin9ifd)en ®e-
fc|)Ied)t waren Äarl, üubmig unb Cot^ar
p ^aufe, bei ben ^o^enflaufen ^ncbrid),
bei ben 3äf)iingern bic 93ettt)olbe, bei ben
gürjienbergern 6gino, bei ben |»ab8burgern
5llbred)t, Olubolf, ßcopolb unb gtiebri^,
bei ben Sßittelöbadjern Dtto. ^eiligen=
namen famen für geijllic^e 5J«rfonen feit
bem 7. unb 8. S^ibi^-, aber nur pereinjelt
tjor; bic l)öfifd)c [Romantif bcüorjugtc eine
3eit lang, boc^ mit ni(^t n3cfentlid)cm
(Srfolg, Dtamen be« ^öfifc^en (Spoö, wie
iParjioal, Sriflan. ^n berfelben ^ät na^m
bic 3^1)1 ber tirc^U^en 3tamen ju, nament=
lic^ Johannes , Petras , Paulus, Jacobus,
Philippns, Michael, Christoph, Martin,
Georg, Judith, Elisabeth, Maria, bie jum
Seil befonbcrs ba ftc^ Perbreiteten, wo ber
<g»eilige befonberer ißere^rung geno§. 3)ie
Häufung mel)rerer 'Bornamen fommt feit
bcm 14. ^a\)ii). auf.
6eit ber ^Reformation würben in pro^
tefiantif($cn ilcinbern biblifcf)e iRamen unb
im ®egenfa^c baju in golge bcr ©egcn-
reformation in Üat^olifd^en (Segenben bie
^eiligcnnamen fcl)r geläufig, fo ia^ feits
bem pon ben alten beutfd)cn tRamen nur
ein tleincr 23ruc^tcil übrig blieb, fold)c,
weld^e ebenfaüä l)eilige 'Patrone aufju*
weifen |)atten, unb fol(^e, wel^c bcfonber^
unter bem Öanboolf al^ ftetö wieber=
feörenbe Dtufnamen fejlwurjclten, wie Äarl,
gri|, ^einj, Äun,.
II. 5 « w i l i c n n a m c n.
ijamilicnnamen treten um bic SRittc
bcö 11. 3al)rt;. juerp beim 5lbel auf unb
bcjicl)en f\<i) auf ©üter ober Sc^löffer,
bic ber gawilic angeboren. S)od) wec^fcln
fte noc^ in ben folgenben (Generationen,
fmb auc^ etwa bei 23rübern nac^ beren
oerfc^iebencm iScfi^ t»erf^iebcn. digcnt»
Iid)e, fiebcnbc (Sefd)lec^t«namen finbct man
juer^ in 33enebig, wo f^on 809 eine
'Familie Particiacus, bann 836 Tardonicns,
887 Candianus potfommt. Wie man Per«
mutet, nad^ einem Pon Äonftantinopel ^cr
cingefül)rten Sraudie; Pon Senebig Pcr^
breitete fic^ bie Sitte in anbern italienifc^en
6täbten, in DJtailanb feit 882, in SScrona
feit 905, ^lorenj 973, unb trat im la.Jal^rt).
bei unö auf, in Äöln j. '-Ö. feit 1106, in
3ürid) feit 1145, in 33afel feit 1168.
Überall finbet man bie (Sefcfclec^tdnamen
jucrj^ in ben grö§eren ©täbten unb jwar
bei ben oornebmcrn Sürgern, iDiinifter*
iaien unb ^atrijicrn. iffia« an iRang über
unb waä unter biefem ©tanbc ift, bcr
Ijobe ^bel unb bic ©eiftlic^feit, bcr j£)anb«
Werfer unb porige iöaucr, b^lt porläufig
nod) an bem alten 93rau(^ bcr einfachen
SRamengebung fcfi; erjl in ^olge größerer
bürgerlicf)er unb fiaatlicfeer Jteibcit net)mcn
bie le^tern mit ber 3cit auc^ (Sefd)lc(^ter=
namen an, wie benn unter ben freien ßanb;
leutcn Don Uri fc^on im 13. ^a\)il). folc^c
ju Sage treten.
3nbejug auf bie iScbeutung bct
Familiennamen laffen fr^ etwa folg*
enbc ©ruppen unterfd^eiben :
1) ^erfonennamen als (Sc*
fdjlccfctfänamcn fmb babur^ entj^anben,
t)a% f\.d} ein (Scf^Iecbt al^ JRa^fommen
einc^ angefcl)cnen 'ilt)nen benannt bat,
wobei Einfang« bcr noUpänbige ?luebrucf
lautete mit j. ö. ^einrid^, ®of)n bee
'Jlrnolb. (£ö ifi aber auffaüenb, ba§ bie
überwiegenbe ÜRcbrjal)l biefer SRamcn
nic^t im ®enetiP fonbern in iRominatio
auftritt, j. 93. fc^on im 8. '^A\)xi}. ein
Sigifridus filius Sigimundus, im 11.
3at)rb. Uquo Folcaldns, eine (Srfd)cinung,
bie man au^ einer gcwiffen erjiarrung
ber ©ptad^e erflärt. ^m befonbern wanbte
man jur i8c5eicf)nung ber patronljmifi^en
^Ibjlammung folgenbe Stittcl an:
a) 3)ic !ßerf Icinerung«* ob. Äofes
form be^ 'IJerfonennamenö; bicfelbc
wirft natürlich in erjier ßmic in ben QJers
fonennamen alö folc^en, wie benn in einer
Urfunbe beä 10. Jabrb. bic «Rotij fiebt:
Uodalcicum ob leporem vocaverunt Uo-
zonem, ben Ultid) nannte man in fofcn*
ber 2Bcifc U|. 2)ie 2lnwenbung ber Äofe«
form aber auf ben Familiennamen ober
bie in Folge bcr (Scfd)lec^tö=3lnwcnbung
erfolgte 'Serfleineiung unb Scrjlümmelung
bc^ Pollen ^Perfonennamenä lä^t fid)
550
(CftfonfriJ unb ^aiiili«"""'"*"'
giö^tcnteile bataue erflären, baf bie innere
^ebeutung bc« IWomen^ im ^Familiennamen
frü^ retf cfcmanb unb bei iRame ^iet bloe nod?
alä 3«i*f" '^^^ ©ei'dilcc^tjijufammengcs
ftötigfeit bicnte. I)ie dltcj^e 31it bc^ Äofe=
namens entfiet)t baburd) , ta^ bie eine
^älfte beö iRamen*, meift bie üttieite, »eg»
fällt unb bet SRcfi ein abf^lieienbeö o er=
tidlt : Burchart Burco, Dankmar Danco,
Fridrich Frido, Garibald Garo, Heribert
Hero, Otmar Otto, Eeginhart Regino.
(Sigentlicfte Sctfleinerungefilben, bie fobann
mit "JlbfioBung bee o an bie[c 9i^amen
lieten, fmb i (Sigi. Kuni), iko, ilo unb izo.
Sigiko, Sigilo unb Sigizo. 3)ie I)iminutip5
cnbung iko liegt bei niebetbeutf($cn ^0=
milicnnamenbilbung ju ®runbe , beien
befonbcre formen fpdlei auf ke, k, ch,
ken, eben au«gef)en; an bie ©nbung ilo
fc^lieBen fid) bie oberbeutfc^en goimen mit
el, 1, le, lei, lin, len, lein; ausgiebiger
abet alß 33eibe mar bie önbungizo, meld}e
teil«! für fi^, teile mit ben anbein beiben
fönbungen unb i^ren ülueläufern »er^
mifc^t, einen überaus reichen 9Jamcnfc^a^
lierüotgcrufen ^at.
b. ^au«5 unb ^ofnamen. 9Bic
fi^ ber 5lbel nad) feiner 93urg benannte,
fo ber angefet)ene ißürger nac^ feinem
fldbtifd^en ffiBobnft^e, vom Neumarkt, de
foro = t>om SDJaifte, zer Linden, am
Tor, im Turn. 3" ^f" genannten SSei*
fpielcn ift ee bie Sage be« ^aufce, meld)c
ben Dramen l)er»orruft, ein onbereämal mirb
ber Stame ber ^dufer tüi Sefiimmenbc;
bat)cr J^ianffurtct Dramen jum Äranic^,
jum Körner, jum ^arabieö, jum
i&d)nabel, jum SRebftücf, jum SBet«
ter^aljn, jum Älobelaud^. S)a nun
aüc möglid)en ©egcnfidnbe , namentlich
aber iiere, <PfIanäen unb Drtf^aften, il)ren
ildamen an ^dufer ab,(ugcben pflegten, fo
fonntcn aud) fol^e ®efd)led)t0namen ben
manmgfaltigften Jn^alt erhalten: 93iber,
ginf, (£d)afli, 2ud)8(, ^aae, Äreb«,
<£cetiogcl, ^irf4), ©embe, Äinfc»
lin (Äaninc^cn), ßdmmli, Ded)6li,
(Sd)tt)an. ?iuf bem ßanbe tonnte in dtjns
lid)er Söeife ber ^of namcngebenb fein,
m beiben gdüen aber fc^minbet meifi bie
roUc Drtäbcjcic^nung , ber paui ' unb
^ofname bü§t feine ^rdpofition ein unb
mirb unter Umftdnben imi) eine 93ilbung
auf er eifert: «Stalber, ©tuber, ©tu»
ber, ©runncr, 3clin5eger, ©onber =
egger, ^übler, SßJegfdjciber, iUuf'
baumer, Sinber.
c. 3'iamennue'iMmt unb SBürbcn
enifprungen. 2)a8 SOiittetalter bat ben
großen iRei(^tum feinet meifi jut (Jrbli(^-
feit gebrauten «jimter »enigften« in ®e^
fc^Iedbtcnamen ber fpdtern 3eit ^)interlaffcn;.
@efd)Ied)tenamen fmb j. S. bie Stamcn
ber obern |)ofdmter, ©^cnf, Jrudjfef,
SDUrfdjalf, Äämmerer; fobann
©^ult^ei^ ober ®d)ulje, Sogt,
llmmann, iTieicr, Äcller, ^olUx,
3öllner,3f^ntner,3[Rünjcr,J^eroIb,
ÜJenner, IZBaibel, |»cimtid)er C^SliU
glieb bee ®et)eimen SRateä), $ortner,
Äüfier, ©lödner, ÜUe^ner, ©igrifi,
6 1 0 d e r unb 6 u l j e r (® efängniärcdrter),
aiJ e i ft er, «Pfanb er, gelter, Raunet,,
^oljmart, SD^arfmart, ^agmann.
d. 9^amen aus ©efc^dft, ©emerbc
unb ^anbrcerf cntfianben bieten in
i^rer iJJJannigfaltigfeit ein bö^fi anfd)au<=
lid)cö ißilb ber mittelalterlichen ®emerb=
r>er^dltni[fe; neben ben no(^ befte^enben
^anbmerten, mie SDJülIcr, ©c^neiber,
©c^mieb, ÄeBler erinnern anbere wie
©djmertfeger, ©d)after, Soljet,
Qlrmbtufier, ^arnifler an fpdtct auö*
gefiorbene 5lrbeitöleiftungen.
e. IRamen con ber ^eimot, mobei
balb ber SSoIfäflamm, ©d)mab, Sßaper,
©ad)e, balb ber Heimatort ben fWamen
beflimmt; im le^tein galle tritt entmeber
bie *|8rdpofttion an, ton ©peier, »on
S[)Jed)el, ober ber Drtäncme fic^t nadtr
^agenbac^i, Äe^Iftabt, Sffiert^, ober
bie ©nbung er tritt ^)inju: ©d)aff=
l)aufer, Hamburger, *llppenjellcr.
f) *Perfönlici^e Umftdnbe anberer
51rt treten t)inju , namentlich Qlbjeftiüe,
fei'e ba^ biefe allein fielen, mie 2öei§,
©d)marü, (Rot, 5llt, Jung, ®to§,
Älcin, SReic^, mobei bie dlterc ^otm
ben <yrtitel ^at, der Jung, der Rot; fei'*
i>a^ biefe 2öörter ft^ mit anbern Dramen
jufammenfe^en: Älcinmi4el, Äleins
paul, Sung^ane, Äleintnec^t,
® t 0 § t n e d) t.
g) Übernamen t)umoriflifc^er
DiJatur, meiere necfifc^er fiaune, bem
2öi^, bem ©pott unb ^o^n i^r S)afcin
üerbanten. 3" unterfcf)eiben ftnb gmei
©^ic^ten biefer SRamen, eine dltere »or-
jugämeife bem 12. unb 13. ^a^r^unbert,
unb eine jüngere, bem 14. unb 15. ^affx»
Öunbert ange^örenbe ©d^ic^t. S5er ditern
©d>i(^t gepren an SJiamen »on Äörper-
g l i e b e r n , mit dem Dumen , Barfnoz,
Buntebart, Hardevust; fubftantioifc^e
ilfiamen, bie eine ^arafterifiifd^e I^dtig*
feit bejeicf)nen: Fraz, Slevere (©d^ldfcr)
Tftfr^pfennia — Tt'off.
551
SchecheriSRdutier), Schad. Manesse (SWcn*
fc^cnfieffet), Boneze (SBotmcneffcr); bann
iMbjeftiDnamen tt>ie Overstolz, Ungestome,
Unverzagt, Kleingedank, Wolgemnt, Frei-
dank, Früe; Jiexnanicn, fofern ftc nicfet
»on ^auanamcn flammen , »aren beim
fianbabcl beliebt, »iciödr, 2öoIf, gud^«,
®cier, Unfe. Überauö reid) finb cnblic^
bieSa^namen ausgefiatlet, bie aleS>ieben=
nomen fcfeon fiüber in 3talien unb granf»
icicfc nadjgewiefcn recrben, in I)eutfd)Ianb
freiliefe bloö beim niebern ^bel »or bcm
12. 3al}rt)unbcit rorfommen; ibre SBlütc^
jcit iji büß 14. unb 15. Sa^iijunbert.
3n bet Jüngern ®(feid)t fpiegelt ficfe
crfi ted)t ba« hjilbloufenbe jveiben ber
legten mittelalterlichen '^Jeriobe ab, mo bie
ißanbe ber t)öfifd)en, tii^licfeen, fiaatlid)en
3ucfet gefprcngtunb betJBiüfüt, ber Saune,
bem SDiutroiUen, bem Übermut, ber ä\ii)U
loftgtcit jeber *31tt bie SBeli offen fianb.
(4ntf}anben ftnb bie SJlamen biefer 3«it '^
Säger bet ?anb«tnecfetc, auf ben iRaub;
unb iBcrttiüPungäjügen ber gütjicn unb
6täbte, im ©elagc ber Verberge, ber 3u"ft'
flube, ber „ißauernfilbi". Sine cexflänbige
iBeranlaffung ju fe^r üielen biefer Dfiamen
iji gar nid)t abjufelien, mar aud) nie Por=
banben; ftc »eibanfen offenbar meift it)t
©afein einem plö^Ucbcn Sinfaü, um bann,
mcnn ba« Sd)icf)al e« rcoüte, am Dpfer
fced ©infaüö tiangen ju bleiben. Tlan fann
unterfdjeiben Kriegen amen, mie Iselin,
Stähelin, Eisenhu*, namentlich leicfe in
ea^namcn repräfentieit; Dnrchdenkopf,
Schlagintweit , Eilinvelt , Findenfnnd,
Füllsack, Fürdenschild, Schlaginhaufen,
Fürd en spitz , Greifdrauf, Hawinboden,
Hebdenstreit , Leichenwürfel , Ranmen-
sattel, Raumsglas, Schutt enhelm, Suchen-
wirt , Zerrenmantel. — ^anbWetfss
n amen bumorijlifcfeer 2ltt, Pfenningspeck,
Swinpeck , Grillensmid, Gareisen, Gerb-
eisen; JJamen oon 3£itfn mie Ostertag,
Sonntag; fRamen Pon 8peifen unb ®e»
richten; Schweinefleisch, Kalbfleisch,
Wurst, Schnnken, Altwegg, Sanerwein,
Kindelbier; t>on üfJünjen: Schilling,
Hälbling, Grosch, Heller ; t)on*PfIanjen,
befonbere iBIumen: Wolgemnt, Lnzei,
Wegetritt, Grünlanb , Hölderlin, Bonen-
bluest, Wachholder, Hagebutte; iJlamttt,
bie einet SRebenöart itjr 3)afein cetbans
tcn : Helfgott, Gothelf, Gotseigeert, Gotz-
zorn, Hallo, Warlich. Hotop (^ut auf!)
Über bie latcinififeen fRanien beö ^u ma-
tt i « m u « ftebe biefen 2lttif cl. £ic ßitteiatur
uber biefen ®egenflanb ifi jum giofer 2eil
totaler D'iatur; bae^auptmctt übet bie alt*
beutfdbcn 9?amen i|l§ötftemann, 3lltbeut*
fd)e« iTJamenbucfe. SBb. I. qßetfonennamen.
SfJorbtjaufen, 1856. Qlnbete Qhbeiten ftnb O.
Ol bei, 2)ie beutfcfeen "IJetfoncnnamen, Ser«
lin, 1853; S. ®teub, ©ie oberbetitfcfeen
Familiennamen, ÜWüncfeen, 1870; ißilmar,
5r)eutfd)c«! D^amenbüdilcin ; ®tatf, Äofe«
namenbet®etmanen,2[öien, 18G8; ^ein^c,
5Die bcutfcfecn Familiennamen, ^aüc, 1882;
ffleinbolb, 2>ie beutfcfeen Ji^^wf" ^^
2«ittclalter, Jßien, 1882, 2. <«ufl. Qlbfcfcn.I.
gut bie Familiennamen ifi fon un« nament-
lid) benu^t Secfer, 2)ic beutfcfccn ®c*
f^lcd)tenamen, ibte Sntftebung unb iBi^
bung, ^rogtamm ber ®emetbcfd)ule ju
SBafel 1864.
^cter^^jfcnnig ^ie§ eine utfptüngli*
fteirciüige *21bgabc, bie in (änglanb feit
bem 8. 3öf)tl)unbcrt für ben $apfi, jebocfe
mit häufigen Unterbrechungen, erboben
mutbe. iHadi bem Vorgänge ßnglanb^
mürbe biefe 2lbgabc aucb in anbern ßän*
bem üblicfe, nämli(fe in I)änemarE. ilßolcn,
bem Dtbenslanb Qßteu^en, ©cfemebcn unb
9'?otmcgen. 3" Ffon^i^"^ ""^ Spanien
gelang c« nicfet, bie ©teuer einjufüliren,
ÜWit ber 3fit »ar bie fieimiliige iMbgabc
an manchen Orten in eine notrcenbigc
©tcuet übergegangen.
^faff. t>Qi ffiott tommt uon lat.
papa = 33atei, momit bei ben Äircfeen-
oätetn ein böbeicr ©eifilicber, ein Sifdbof
genannt mürbe; ti ifi fcfcon in« ©otifcfec
aufgenommen unb et^ält fpätet im 2lt)b.
bie Foict" pfaffo , m^b. phaffe, pfaffe mit
bei 33ebeutung ber Jßeltgcifilicben über*
^aupt. 5lu6 tu gtiecfeifcfeen Foini jenc^
lat. papa, au^ papas, mel(fecö in tn
Äit(feenfpra(fee ein iJiamc bee l)öci)jien
*)3tief}ei^ mar, entfianb ai)t>. unb mbb.
bäbes, bähest, nl)b. *lBapfi. ?5faffcn met*
ben im SJüttetalter ben Saien unb ben
5)?öncfeen entgcgenfe^t; leien nnde pfaffen
ifi fooiel al« jcbermann. 2)ie geifllicfecn
®efd)äftc bet Pfaffen ftnb namentlich ®be*
einfe|ungen, €eelenmeffen, 93egräbnif[c
unb 93cicfete. 2öenn jmar an unjä^Iigcn
Crten pon fünb^aftem Ibun bei Pfaffen
erjä{)lt mirb, fo mitb bocfc oft eingcfdbaift,
boB i^t I)eiligeö ?lmt con i^tem peifön»
liehen ßebcnämanbcl ju untctfcfeeiben fei
unb untet le^terem nicfet einfili^ leibe,
ötfi um bie 3«'* bei [Reformation oeilot
tau SBoit feine utfpiünglicbc müibcüoüe
Sebeutung, bocfe bemettt fdbon ^luentin
eimafi! fiübct, bei yiamt «Pfaff fei ein „un*
el)rlicf)eö unb «:d)macf)tt)üit". ®iel)e bie
552
«Pfahlbauten.
SBörtetbüc^cr ßon üKüüer * 3fl^"<f ^ ""^
®d)mcllcr.
^fal)lbttutcu ^ei§cn bie ouf qBfä^Ien in
©ecn unb Rümpfen erbauten mcnfc^Iic^en
Kieberlaffungcn , auf bie man juerfi im
SBiniet Don 1853 auf 1854 im 3üric^erfce
aufmertfam würbe; man terbantt bie erjte
tt)iffcnfd)aftlic^e Untcrfucfiung berfelben
unb ben babur^ betbcigefüfirten 5injio§
ju dt)nli^en Unterfu^ungen in ja^lreid)en
anbern Seen ber «Sd^reeij namentlid^ bem
Dr. gcr^inanb ÄeKer in 3üri*, geji.
1881; feitbcm ftnb ät)nlid)e 9lnftcbelungen
im ÜWecElcnburgifcben, in «Pommern, «Pofen,
SDU^rcn, in ben baprif^en unb öficrrei*
d)ifc^en Stlpenfeen unb in ben ©een Ober«
italienö gefunben werben. «Ü^nlid^e SJiie*
berlüffungen befd^reibt aud^ jg>erobot : „I>ics
jenigen «päonier, »elci^e auf bem ®ee
♦Prafiaji in SDiafebonien auf !Pfa:^lbauten
leben, rammen bei ber erfien Slnlage auf
Sofien ber ©emcinbc $fa^le in ben ®runb
unb befe^igen bie barüber gelegten Stielen
aneinanber. (Sine einjige formale «rücfe
fü^rt rom Ufer ^cr auf ta^ ®erü|i. 5luf
bemfelben l)at ein jegli^er eine ^ütte jur
SBo^nung, in ber eine gaUt^üre burc^ bie
2)ielen abwärtö in ben ©ee fü^rt. Sa»
mit bie Äinber ni*t in« SZÖajfer faüen,
Werben fte am gu§e mit einem ©tritfe
angcbunben. 3N ^ferbe unb anbered
93iet) füttern fte. mit gifd^en, woran fte
einen folgen Überflu| ^aben, ta% fte
einen Äorb, ben fte an einem ©triefe
burd) bie gaütpre in ben «See l)erab«
laffen, nad) furjer Seit »oU t)on %ii(i)tn
l)eraufjiel)en." 5lnbere ©c^riftfieüer er*
wähnen fold)er 5lnjteblungen am fc^War*
jen ÜJieer, in ©prien, unb ebenfo finbet
man fie noc^ ll)eute bei wilben ißölfern,
j. 93. in SHeuguinea, auf ben ©unbainfeln,
in ^intcrinbien, am (Supt)rat, in 3nnei''
2lfrifa, bei Snbianerfiämmen ©übamerifas.
3n ben 'J3fal)lbauten ber ©d^weij würbe
je nad) ber 93 efd) Offenheit be« ©eegrunbe«
ber Unterbau üerfd^icbcn ^ergcfteHt. 3n
fleinen ©ewäffern mit tt)onigem 93oben
f(^id)tete man Änittel unb SReiftg ab=
wed)fclnb mit 8e^m unb Äied aufeinanbev;
meifien* aber trieb man eine 9lnjabl ju-
gefpi|ter *Pfä|)le aui jungem Saum*
Rammen fo tief in ben ®runb, ba^ fte
tragfdbig würben, unb legte auf bie Äöpfe
ben SBobnboben. 2Bo biefe« SÖJittel nid)t
auörei^tc, wurten bie $fäble mit fc^weren
©teincn umjlellt ober in wagrecl)t liegen«
ben ®d)Wellen Don 6ict)ent)olj befefiigt,
bie einen Dioft bilben mußten. 3)ie glitten
Waren einfiöüg, unb enthielten 9taum für
eine jjamilie unb ben SBie^fianb. ^üi
SSJdnbe unb ©d^er würbe ©tammt)olj,
SRinbe, 9teijtg, ©c^ilf ober ©tro^ r>er«
wenbet. SDie 93erbinbung mit bem trode«
nen ßanbe bitbete ein ©teg, ber ji(^ lei(^t
jurücfjiel)en lie§. 5" i^ber ^üttc ftanb
ein geuertjcrb; jur 9tufbewabrung oon
ßebcnömitteln bienten iöpfe oon f^wa(^
gebranntem S;f)on. ©erdte jur 3a9b unb
§ifc^erei, jum ©c^lac^ten ber Slicre, jur
Bearbeitung Don ^olj unb ©tein, Änoc^en
unb ^orn ober gellen unb ©eweben, fo»
wie jur Bereitung ber ©peifen waren rei(^«
lid) Dorl)anben. 3lugcnfd^einlid^ erndbrten
ftc^ bie 5ßfat)lbaubewol)ner nic^t blöd bur<^
3agb unb gifc^erei, fonbern in immer
jieigenbem ^a§e burc^ iBie^jud^t unb
9lcferbau. 3^re Sebürfniffe Derjianben fte
faft ot)nc üluäna^mc felbfi ju bcfricbigen;
bod^ erwarben fie au^ (Sinigeä burc^
laufclj^anbel, wie ÜJletalle, SernPein unb
©lad. ^m. ©d^lamm unb auf bem ©runbe
ber ©een jtnb SRcjic oon Landtieren, Don
iRinbDiet), ^unbcn, ©d^weinen unb B^^Ö^"'
Don ©ewilb, »on ilBeijcn, ©erfie unb ^irfe,
ja Don 93rob unb 93rei, Don Dtüffen, QSeeren
unb Dbjl gefunben worben; bancben ©troö»
gefleckte unb ©ewebe, ©c^nüre unb ^äinn
Don gladf)d. 9ln ®efd§en fommen Äod&s
topfe, Seiler, Sedier unb Ärüge, an SBerf»
i^cugen ©eile, ^dmmer, ü)lei§el, Äorn«
quetfc^er, ßanjen unb anbere SBaffen aud
©tein; 9iabeln unb *Pfeilfpi|en audÄnod^en
Dor, Weld^e nur mit |)ülfe Don jleinetnen
©erdten l)ergcPellt werben fonntcn; benn
bie meijien fd()Weijerifd^en <Pfal)lbauten Een*
nen nod^ fein SWetatt. S)o4 fd&eint immer«
^in bie söronce fd^on früher Derwenbet
worben ju fein, o^ne ia^ ed bid je^t ge«
lungen wdre, bie tJrage nadf) ber |ietfunft
biefed ÜJJateriald für biefe Äulturj^dtten jU
löfen. S)ie jüngfien ^Pfahlbauten ftnb o^ne
3weifel biejenigen, in benen bad (äifen jur
ißerwertung gelangt; immcrl)in ifi ed nidbt
möglidf), biefe ^^unbjldtten audf^Ue§lic^
nac^ bem ©tein«, Sronce» unb ©ifenma«
terial ju fonbern, ba bie genannten ©toffe
faji nirgenbö in ganjer ^cinl)eit, fonbern
gemifd^t, Dorliegen.
Über bie Drnamcntif auf tcn gunb«
gegenfldnben ber ^fablbauten brüdCt ft*
;R a b n , fd)Weijerifdl)e Äunfigefä)idt)ie,
©. 26 ff., folgenbcrma§en aud: 5tn ben
dlteflen t^unbgegenfidnben aud ber foge*
nannten ©teinjeit befc^rdnft ftdb bie 3i«rat
auf ein einfadbed, bcinal)e jufäHiged ßinien»
fpiel. 5Die berbe, me^r an ben Äampf unb
«Pfa^Ibütget — «Pfaljgtaf.
553
i)ie ÜWü^falc ber 3agb gewöhnte |)anb übt
ft* in lofen unb unfid^eren ©trid^en, bie
taum butc^ i^rc parallele ßage einigen 3»-
fammen^ang »erraten, ober eö ftnb aud^
einfache Dupfen, weldje regellos bie ^Vää^t
bebecfen. 3ul«^t fommt bann nod^ bie
Ärei^tinic ^inju, unb auö biefen brei Ele-
menten entroicEelt jtd^ nun bie ganje Orna=
mcntif ber $fa^Ibauer. S)ie ßinien werben
jum 3i*ä<'*' i^^ »erbinbcn jtc^ jum auf*
rcd)ten ober über 6d gej^eüten Quabratc,
ber Ärciö tt)irb mit fon5entrif(f)en dingen
gefüllt ober burc^ ®eineögleid)en gefreujt.
©obann erwacht tai ©treben nac^ rt)t)tl)=
mifcf)em SBetf)feI, nad^ ber ©lieberung »er?
fdE)iebener DWotitc in regelmäßiger SCßiebers
te|r. 25er S^d^<^d wirb tinä) SSertifal-
linien unterbrodf)en, bie einjeln »orberr«
fd^cnb biagonal fomponierten 3ifi^^Änber
an ©efäfen unb ©pangen »erben burc^
^^orijontate 3tt'if^«ntf'If getrennt , bie
Greife leer unb gefüüt treten in ein bc*
jiimmtc« SBed^feIüerl)äItni^ unter jtd^, ober
fie Sterben mit anbern Kombinationen oer*
fc|t. ®ie ^orijontallinie mirb gcbrodben,
jiel^t [xä) red^tn)inflig ober mit Ärümmun«
gen ein unb fe^t |td^ auf biefe 25ßeife fort;
jtc tt)irb bem Ornamente äbnlid^, melc&cä
bie 3llten nadf) jenem oietfadb ftc^ f^längeln«
ben gluffc Äleinaften^ aU TOäanbcr be«
jcidbneten. Sieben biefen mannigfaltigen unb
entfprcd^enben 5iuferungen etner tinbtid&
fd^altenben fp^antajte mad)t fid^ fd^on früb
ber (5inf[u§ anbercr gf'^t'fl^f'ten auf bie
Drnamentif geltenb. ^al)Ut\ä)i Kombi*
nationen j. ©. meifcn unjmeibeutig auf
ben Urfprung auä ber 2.eppicf)mirferei,
bem gledbt= unb Stejtelwerfe jurüd. 35odt)
ftnb biefe Ornamente obnc SRüdfjtdbt auf
ibre ^erfunft unb i^re firufturfpmbolifdbc
SJebeutung auf aüe möglidben ©toffe unb
formen angcmenbet, ein ®cmeiö, ba| ein
Serfiänbniö ber ^ofmcnfpradbe fcbüe, unb
baß e«i nur barauf anfam, bie ^liantafte
burdf) ein anmutige^ ©piel ber ßinien ju
Jefd^äftigen. (5r|i jule^t erireitert ftcb ba^
gormenmefen berart, baß bie umgebenbe
SRatur, inöbefonDcre bie ^ßflanjenmelt, jur
■Kadba^mung aufforbert. 5tm reidbjicn ent*
faltet fidb biefe Drnamentif an ben ^^U"^'
gegenjtdnben be^ fogenannten ©ifenalterä,
fo namentlidf) an ben bei ÜJtarin am
Stcucnburgerfee gefunbcnen ©dbmcrtern.
^ier ftnb aud^ mebrfadb Sonfiguren, SSögcl,
6int)örner u. bgl. gum SBorfdbein gefom»
men, bann aucb eigcntümlidbc jangenför*
mtge Ornamente, mie jte unter aüen bi^=
^erigen ^unben neu, bagegcn mo^I mcbr*
fa^ auf ojigotifcben unb alamannifdben
©enfmälern nac^gewiefen morben ftnb. (5ä
ip tnbeffen ma^fdbeinlidbcr , baß biefe
©dbmerter fd^on nt(^t mebr ali ^robufte
einbeimif^cr Kunfiinbufirie , fonbern ali
importierte SBerfe gaüif*er ^erfunft, etwa
auö ben SOßerffidttcn ber ^rowinj SBctgien
ju betrachten ftnb.
2)a8 (Snbe ber !]8fablbautenfultur ifi
nidbt minber rätfel^aft mie ibr 5lnfang.
SDßabrfdbeintidb fanb ein aümä^Iidbe« unb
friebli^eö 93ertajfcn fiatt, nadbbem bie ißcr--
bältniffe ein SBobnen auf bem trocfenen
ßanbe tt)ünfdbenön?erter gemadbt Ratten.
©änjlicb im Dunfeln liegt bie et^no*
grap^ifc^e Kenntnis beö ^fablbauten»
Sotfeö. 3Jlan meiß Weber mie meit bie
fogenannten ©tein*, 33roncc= unb ®ifen=^
jiationen auäeinaberliegen, nodb »eldbcm
23otf überl)aupt biefe Qtnjteblungen ange*
boren; barf man für bie jüngficn berfclben
auf Kelten fdblicßen, fo iji bodE) bödbft auf*
falienb, ia^ fein einjigcr römifdbcr ©dbrift*
fieüer ibrer erwäbnt, jumal ia in Oberitalien
felber fold^e Stieberlaffungen nac^gewiefen
morben ftnb. 3)ie ^auptqueOe für biefe
©rfdbeinung finb bie jablreic^en, in ben
iKitteilungen ber 3üricber antiquarifdben
®efellf(^aft crfc^ienenen ©erid^te Dr. ^er*
binanb Kellerö; bie ^auptfammlung
»on ©egenjiänbcn ebenfalls biejenige ber*
fclben ®efellfd)aft in Süridf). 95gl. bie
3ufammenftenung in 93aer unb ^ell»
malb, 5Der Dorgef(^idf)tlicbe SDtcnfdb, Selp«
jig, 1S74, @. 210-260.
^fafllbürgcr, m^b. phälbnrgaere , jtnb
außer ber ©tabt auf bem ßanbe Icbenbe
|)errcn, JRittcr, «ßrälaten ober gemeine gteie,
meldbe i>ai 93ürgerrecbt einer ©tabt erbal«
ten baben; fte mußten ber le^tern burdb 93ei*
^ülfc in ibren gebben, burc^ Seberbergung
ibrer reifenben 93oten u. bergl. bcifieben,
genoffen aber bafür ben ©dbu^ ber ©tabt,
ben ©eridbt^jianb in berfclben, ben freien
9tbfa^ ibrer ©rjeugniffe unb anbcre ißor*
teile. Srji im 15. ^abi^unbert gelang e^
ben burd^ tai ^fablbürgcrtum gef(^äbigten
ßanbe^b^tn, unter ^Diitbülfc ber !Rei(^^ge*
fe|e biefe ©inridbtung ju unterbrüdten.
^faljgraf, comes palatü, ®raf iti
fönigli(^en $alafie^ ober ber fönigli^en
<Pfalj, ifi f(^on unter ben aJJerooingern
bem Könige bei ber Qluöübung feiner
böbern ®eridE)t^barfeit jugeorbnet. Unter
Karl unb feinen iWacbfolgern battc er bie
obere Seitung alle* bcffen, toaö mit ber
föniglidben (Seridbtäbarfeit jufammenbing;
©ad^en geringerer *Pcrfonen madf)tc er für
554
<8farrer — «Pferö.
fic^ ab, tt)ät)icnb 'Ilngelcgcnbeit angcfcficner
ÜJJänner bem Könige Dorbe^alten blieben.
2!Bat)tf(i)einlicfe lag if)m aüä) bie Soü«
firedung bet ©crid^tSutteile bc* föniglidien
©etic^tä^ofc^ ob. 9la^ bem Sluöjierben
bet ÄoroUngct fd^cint biefea ältere 3lmt
aufge^iört ju l)aben; bagegen »erben feit
Dtto I. neuerbing« $faljgrafen, comites
palatini, in anberer Stellung genannt,
beren *ebeutung fet)r im 2>unfein liegt.
SD^an finbet fie in Sapcrn, ®Q(i)fen, Sotb=
ringen unb <g(ä)mabcn, tt)o fte überall ju
ben ©rafen gered)net trcrben , anii eine
bejiimmte ^errfc^aft inne l)aben; anbere
^faljgrafcn aU biefe Pier genannten, bie
ben alten ©tammejilierjogtümern mU
fpred^en, bat eä nie gegeben. Db e^ jtd)
bei ihrer (Sinfe^ung barum Ijanbelte, ben
.^crjogen ein gewiffeö @egengett3i(ä)t ju
geben unb burd^ fte bie eigentlich fönigs
liefen 3nt«i^ffffn i»al)rne^men jn laffen,
ifl nic^t auögcmad)t. 3" Sägern fcbeint
bie Söürbe ber ^faljgrafen an bie $falj in
JRegenöburg gefnüpft, in fiot^ringcn gab
bie 93ebeutung 2lac^en^ bem QJmt eine
befonbere ©ebeutung, roetd^e biefcm fpäter
ben erfien *Vla^ unter ben ^faljgrafen »er-
fc^affte; bod) trat bie 33eäiet)ung jur alten
.Raiferpfali fpater fo in ben ^mtcrgtunb,
ta^ fein fpäterer DJame [pfaljgraf »om
üt^einc rcurbe; er galt aU ber erjie unter
ben fränfifd)en dürften. 9^adb bem 6adt)fen-
fpiegel war e^ aU ein SRec&t ber ^^ütjien
anertannt, ba^ fie bei bem *)8fal5grafen bei
SRliein, al« beö Äaiferö oberftem fteüncr^
tretenbcn iHict)ter, Älage gegen ben Äaifer
füt)ren fonnten. ^ür ben %aü. feiner Qlb^
iDefenbeit »on 2)eutfcE)lanb fonnte ber^önig
t>ai Stic^teramt über bie gürflen bemfelben
'jpfaljgrafen übertragen, ber aud^ ben Söorft^
im gürjiengeric^t, bai ©rjtrui^fe^amt, ba^
Dflei^^fitanat unb bie Äurmürbe befa§.
2ßic anbere gür^entümer, fo routben ou^
bie mit ber *)3faljgraffct)aft uerbunbenen ^crr=
f(^aften mit ber ^nt erblid) unb ber 2öert=
meffer für baei 'Unfe^en unb bie 93ebeutung
\i)m Sräger. 35er le^ie iRcfi bii 'JBfalj'
grafcnamte« f(i)eint in ben »on ^arl IV.
ernannten ^ofpfaljgrafcn , comites sacri
palatii, ju liegen, reelle namentlid) 2)of=
torcn, Sicentiaten, gefrönte ^oeten, faifer^
licf)e !)fotatien freiren , une^elidt)e Äinber
legitimieren unb bau (Re^t ber Ißolljäbrig
!eit erteilen tonnten.
Pfarrer; bai 2!ßort iji eine Qlbleitung
t)on „bie 'iifarre, Pfarrei", melcbed feiner=
feitö oon fir*l.=lat. parochia = Sprengel
eine« j iöifi^of«^ fommt; ber griec^if^e
@tamm naQoixia bebeutet utfprüngli* ba^
aBot)nen an einem Drt aH ^tember, fpäter
äifc^of^fprengel, gleid^fam Sei« ober Um^
n)ol)nung eineö Sifdbof«. 5Die 6ntftel)ung
bti Pfarramtes liegt in ber ©rrtd^tung
(^rifilid)cr ©emeinben auf bem fianbe, über
meldte uon bem in ber ©tabt mirfenben
©ifd^of fiäbtifdt)c ^resbpter gefegt würben.
35er Siame biefer Älcrifer tt>ar presbyter,
j. %. mit bem 3"f<'^« parocManus ober
parochialis; alö Sor^e^cr einer Ocmeinbe.
plebs, f)ei§t er plebanus, mf)b. liutpriester.
meldber iJiame jmar meifi nur ben ülrdbis
preöbi)tern jufommt, beren Äirdben ba^
Jaufredjt befi^en; anbere Dflamen finb
rector (ecclesiae), pastor, cnratus, b. b.
mit einem Sßenepjium oerfeben, persona
ecclesiae. 3" ^6" altern $aro(^ialfitdben
ober Sauffircben traten im 9[Rittclalter
*Prit>atfircben auf ben ©ütern ber (Srunb*
berrn, oratoria, capellae, in »eldbcn bloS
SOJeffe gelcfen, aber ni^t getauft »urbe;
bod) erboben ftdb üiele berfelben mit ber
3eit JU »irflidben *t5farrfirci)en.
Pciffcrgcrii^t, f. Äönig ber Spiel*
l e u t e.
Pfennig, fxcbc ÜWünjen.
^ferb. 35ie 9tacc ber alten gaüifdben
unb germanifdben ^ferbe fdbilbert ßäfar
a\i bäglidb unb Hein, bodb bauertjaft. @r
bcmerft bierbei aucb, ba'^ fte obne Sattel
unb oft nidbt im ®efedbt felbfi geritten
»orbcn; bie (Reiter fprangen ab, tämpften
JU gu§ unb febrten bann ju ben SRoffen
jurücf, bie gewobnt »aren, injmif^en am
*pia^e jiitl JU ^eben. 2)ieS änberte ftdb
jebocb balb unb jmar in bem 50ta§e, als
bie 93ebeutung berijteiterei imÄriege mudbe.
Sd)on im 5. ^ab^bunbert ftnb bie *Pferbe
bei ben Surgunbern unb Jbüringern febr
oerebelt unb bie Qldbtung, bie bai $ferb
geno§ unb fein üßcrt erbeüen auS mancfcer
2^erorbnung. fpferbebiebfiabl mürbe bei
ben ^acbfen mit- bem 3;oBe befiraft. S)ie
meinen Q3ferbe maren bie gefcbä^tefien.
.Könige jogcn auf folcben ein unb teilten
auf biefen ft^enb bie ßeben auS. ffleif
wie ein Sdbtnan, wie Sdbnee, mie ^erme=
lin (harmblanc) ftnb oft micberfeörenbe
*}luSbrüdEe. 5ludb rabenfdbmarje ^Pferbe
waren beliebt.
35te attgemeinc Sejeidbnung für (Pferb
ift SRo§ a^b. hros, ros, equus, caballus,
jamentum, marah; notb. mar, meri, agf.
maere, mere, eqna; ober aucb pberit,
poledrns, vilis equus, parafrid, para-
fredns, paraveredas, veredarius; mbb.
ros, ors, march, marc, pfaerit, phaerit,
^Jfetbetüfiurtj.
555
pfaert, merhe, meriche, equa. S)ie «Sprat^e
ifi nid)t fonfequcnt in biefen i8cjcid)nungcn.
3m Solföepod überroiegt bct 5lu«btu<J
marc im ©inne Bon ©trcitro§, ba<J fonjl
in ber SRcgel ors ober kastelän genannt
wirb, momit öieücid^t anfänglich bic flaf«
fif(f)e Sdacc, fpäter aber überl)aupt baö cble
®treitro§ benannt wirb im (Scgenfa^ sum
f(ä)drf, Klepper, bcm SJJebcnpferb. Zelter,
^iSa^giinger, I)ie§ ein *]3fcrb mit fanftcr
Gangart, ein ^rauenpferb. S)ag runzit
iji ein Älepper non geringerer Qualität,
ber pd)|lenö üon 25ienern unb knappen
jum SHeiten benu^t mirb. Der ütenner
l)ei§t ravit, ein fraftlofeä, jlolpernbc?, liin=
fcnbeö ipferb Ärarfe ober gurre. 2)ie
jnmente, «Stute, ifi ein »eniggefc^öhteä
Safttier, tat, nur von acuten geringen
©tanbcä geritten, nieift aber für ben Darren
ycrmenbet roirb. S)ie sonmaere, at;b. san-
mari, soumari, sonmare, somare, somere,
soumar, burdo trug auf ben fc^lec^ten
©aumpfabcn bie souroschrin, leitschrin,
worin bie (äffeften »erpacft waren, in
meiere Qlrbeit ftd) aud) ber SWaulefel,
mül, tat. malus, at)b. mül, mulas, mülin,
mnla, teilte, ber böd)Penä non ^riePern
unb ^'^öiifn jui" ^Reiten benu^t mürbe.
93gl. l)eilige Jiere unb Opfer.
yiaä) San-Marte, SBaffenfunbe.
?ßferbcriiftung. I)ie lauärüjlung be«
©treitroffe« bält ungefät)r gleichen ©cbritt
mit ber "Musrüjtung beä SOianneö. ÜDaö
|)ufeifen, ber iserkolzen be« ^ferbeö ift
lange 3^^^ ff'" cinjiger @d)U^; biefe^
bagcgen ifi naä) gcmacbten j^""^«" h^
fc^lie§en fcf)ou recftt alt. ißon einer Q3e=
panjerung beö ganjen 2:iere§ mei^ t>ai
Beownlfslied noct) nicE)tö unb auf berlapete
»on Beyeux nod) treten fdmtlid^e $ferbe
bloö auf. ^Dagegen ermähnen anbere®(^rifti
fieOer beö ^ferbepanjer^ fd)on im 9. ^a\)X'
f)unbert.
2)ie kovertinre, daz pfertkleit, bie
S)ecfe, mar entmeber eine ©taatäbecfe ßon
foftbaren S^US^" ^^^^ f^"^ iJBaffenbedfe.
^uf ben Silbern finben mir in ber iRegel
junäd)fi unter bem ©attel ober fo über
bem Sattel, ta'^ bie «Sattelbogen burd)
Öffnungen frei ^er»orfiel)en, eine Heinere
5)ecfe, unferer t)eutigen <S(^abracfe ent«
fpredjenb. Sei bem SBcgfatI genügte, 5U=
mal bei Jrauenpferben, eine gro§e, fofi»
bare, faft baö ganje ^ferb um£)üüenbe
iDede. aBar tai 9io§ nod) mit einer ^anjer;
bede bemebrt, fo lag biefe 2Bappenbede
»on cblen «Stoffen über jener unb bebedte
^alö unb ^opf, bod) mit au^gefd&nittcnen
Qtugenlödiern unb j^rcilaffung be« ÜJlaule*,
ferner ben ganjen Äörper bc« Jtoffe« bi^
ju ben Äniecn, ja bxi jum ^uf unb über
bic Äruppe l)inmegTeid)enb. S)iefe 25ecfen
trugen reichen @d)mud, oft tai oielfadi
aufgetragene ffiappen be* J^errn.
üDic eigentliche 'Panjerbedc be^ ^ferbe«,
bie kovertinre, ifi jüngerer Qiit; fie be»
\tii}t erjtlid) aus JRingen unb in ber 55olge;
jeit fo meit tt)unlid) ouä 6d)ienen unb
platten, ^m 11. ^''t'iff'unbert gebt fte
über ia^ ganjc 9io§ unb lä^t nur bie
©eine frei; im 12. unb 13. bebedt fte
aui) biefe unb mirb oft fefer fd)VPcr, foba§
fte mo^l mel)r bem Surnier als ber ^elbs
fd)lac6t gebient baben mag. S)en ^opf*
fd)U^ bilbet ba^ tehtier, afr. testiere,
tetiere, amure de fer, proo. unb it. testiera,
frontalia, testina. Sie befianö aus Gifen«
blcd)cn, mel^e ben S^äbel beö 'Jiferbe«
belmartig bebedten, boi^ ßö^er für bic
klugen unb Obren Ratten unb benen ftd)
bie ^alö unb 'Jiaden fd)ü^enben 'Platten
anfc^loffen. 3m ©tirnble^ tledten Dicit)er*
febern ober anbere ©d)mudgegenfiänbe. Die
©ruf! bedtc bn^ Sßruflfiüd, bie Sorberbüge
unb nad^ t)inten folgten bie 55l«Jntenflüdc,
bie ©ruppen» ober Öcubenpanjcr, ^inter^
teilj!üd unb Scfcmanjrtemenpanäcr, nad)
unten bie gegtieberten ©einfd)ienen. ^lÜeä
mar burd^ oicle JRiemen unb ©(^naüen
3ufammengcl)alten unb im furnier mit ber
biö auf bic ^ufe beä Siercs reid)enbcn
@tcd)bedcn belegt. (S« galt übrigen«
allgemein aU unritterlid^ , im lurniere
ba'^ *?ferb bc^ ®egner^ ju nerle^en, mcs«
Wegen bic ganjc foftbarc 5lu3rüftung ber=
felben mcbr jur ^rad)t, aU jum Scftufe
gcfc^al).
yiaä) San-Marte, SBaffcnfunbc.
SReitjeug ober (Sereite ijl ber atl=
gemeine lluäbrud für tai gefamtc «Sat«
tel=, 3>^'™= ^^^ SRicmenjeug, t>a9 jur
^luärüjiung eine« SReitpferbe«! gebort; bod)
mirb im engeren Sinne aud) ein einzelner
leil fo benannt.
(Sineä Sattclä bebienten bie alten
(Scrmancn ftd) nid)t; fte fprangen Por Sc«
ginn be^ Äampfe« oom *Pferbe unb tämpf*
ten ju %ü^, maö überhaupt bcutfd)c Sitte
blieb bi^ auf Äarl b. ®., ber bie Steiterei
bob unb uon ii>x Dcrlangte, ta^ fte „nad&
Sitte ber ^rnnfen" ju $fcrbc fämpfen foH.
35od) mar Der Sattel (sedilia) fc^on unter
ben ÜRcromingcrn allgemein in (Sebraud).
3)a« Beownlfslied nennt ibn ^eerfefTet
unb rebct oon funfireicfeem unb präd)tigem
556
$f)i)ftoIo9ug — (l?Iapfart.
©d^mucfreerf an Sattel, 3auin unt' 9^'«*
mcnjeug.
SBie für bic (5ntn)t(flung bcr SBaffcn
unb Qlu^rüfiungen, fo anä) für bic ber
Sattel, roat tai Surnier fon größtem
©inftu^. jDxc bcibcn Sattelbogen würben
bctrdd^tli^ »crgrö^ert, teilweife jur (S-x-
jielung eineö fefien Si^eö, rae^r aber jum
@^u^ gegen ben Sto^ ber öanjc. (5^
gcf^a^ tai jwar meiji auf hoffen ber
freien iBcrcegung. 3"^ 15- S^^i^un^ert
erreid)tcn bie Slurnierfättel i^ren ^ö^ipxxnÜ
unb arteten faji in fleine Teilungen au^.
3m germanifc^cn löJufeum ju 0Jürnberg
mi§t ein folti^er Sattel 3 gu§ in bie
^ö|e unb iji mit befonbcrem @cf)u^ für
bie Seine cerfe^en. Unter bem Sattel ifi
ia^ panel, tai Satt elf iffen, ia^ biefcr
i'üi (Pferb nic^t brüctt (daz ez daz phaert
niht zebrach). S)er SBrujiriemen, bic
ftirbuoge, wirb aud) antena, antela, an-
tella genannt, welcf)c Benennung bei an«
bem ben Sattelbogen, ^ßaufd^en, jufommt.
(Sr mufte ben Sattel in I)orijontalcr 9iic^»
tung fcji^altcn unb war ba|er fef)r fiarf,
um bem JHitter bei jeglicf)em QtnpraH bie
nötige Stü^c ju gewähren. SDcrSnud)*
ricmen, SJarmgürtel, darmgnrtele, ^ielt
ben Sattel nad) unten fefi. t)8la^tc er,
fo flogen beim ßanjcnrennen 2Rann unb
Sattel rüdwärtö in ben Sanb. Der
Sdiwanjricmen (5tfterreif) entfprid^t
bem Srufiriemen, fobaf biefcr ben Sattel
gegen i>a% iBor«, ber anbere gegen 't)ai
9flü(fwärtörutfd)en fcf)ü^t. SDie Steig«
Bügel gaben bem SReiter beim Si^en
einen fcjiern ^alt unb bienten jugleid^
beim Slb^ unb 3luf|leigen jur 33equemlicb=
feit. SWan unterfd)eibet ben 93ügel felbfi,
ben Stegreif, unb tai Steigleber, ben
Stiemen, an bem crfierer f)ängt. ^Jrauen
bcbienten ftd) jum 5luffieigcn eine^ Sc^e«
mel^ ober |>ebeeifen^.
Daz hebisen ich dar truoc.
Si sprach, ir sit niht starc gennoc,
Ir mügt mich abe geheben niht.
S)ie Sßügel ftnb oft fel)r föftlid) naä)
Stoff unb Qtrbeit. S)em auffieigcnben
^errn bie Steigbügel \)alkn ifi ein 3eic^en
fc^ulbiger Unterwürfigfeit, ffc füffcn, »on
friccfienbcr Demut.
Daei ßflumjeug ber Otiten War in
feinen Seilen bem jc^igen jiemli(J) gleicf).
©loffen bee 12. 3al)t^unbertö i'd^Un auf:
Frenum, britel, ß^um; chamus, cham-
britel, OTaulf orb ; salivare, gebiz, Jrenfc;
submentile, chinneraif, Äinnfcttc; capi-
strum, helftera, halftra, halfeter, § a l f t c r.
Settern ifi i>ai JHiemenjeug um Stirn,
Obren, iBatfen unb ÜJiaul beö fpferbeä, bie
Irenfe ifi con (Sifcn, Staf)l ober nac^
Dichtern aud^ non Silber, ber 3<ium,
ani einfai^cn JRicmcn befie^cnb, perwan»
belt fic^ bei feierlid^en Olnlöffen in breite,
fofibare Sorten mit S(Retallfcf)eiben, fofis
barem S^mud unb flingenben Sd^ellen.
Oft wirb aud^ bic Ranbare erwähnt,
bic furjc JRcitfiange am ®ebi^, mit gc*
bogenen ober geraben Sd^enfcln, wcl^c
burcf) empfinbli eueren Drud auf bie S^n%t
auä) unlenffamere Siere jum ®el)orfam
jWang. {^taä) San-Marte, Sffiaffenfunbe.)
5Pöl)fiologu§ ^eitt eine im 3Diitteloltcr
latcinifc^ unb beutf^, in $rofa unb in 93er=
fen mebrfad) bearbeitete Deutung mpt^ifd^et
Jierc auf ßfirifiu^ unb ben j'cufel.
^Pitfclöcring, au^ qsidelliäring gefd)rics
ben, cigentlid) ein in ^öM liegenber ober
gelegener ficring ifi aU fRame be^ ßufiig«^
mac^cr^ in ber Äomöbic burc^ bie eng?
lifd)en ©d)aufpicler im erfien SSiertel be^
17. 3a^i^un^ertä bei un^ eingeführt, aui
englifd) pickleherring pon ber oben an»
gegebenen Sebeutung. Da§ SBort bürftc
ben magern Starren gegenüber |>anöwur^
bem geilten bejeid)nen.
^Piftolcn Witt man al^ „Sd)lüffelbüd)fcn"
»on einer Spanne Ödngc bereite um 1364
in Italien gefannt ^aben, bie ju (Snbe
beö 15. 3fll'i^f'un''ertö in Pistoja bur^
Einbringung eineö 8untenf(^loffeö bebeu«
tcnbe Serbefferungen erfahren ^aben follcn.
Die genannte Stabt will ber fpdter nament*
lid) bei bcr (Reiterei beliebten SZÖaffc ben
SRamen gegeben ^abcn. 3m ÜRufcum ju
Sigmaringen wirb eine ficbenldufige $ifiolc
gejeigt, bie bem 16. 3al)r^unbert angehören
foü. 5m 17. 3t^^i^^unt>ert mad)te man
SÜRörferpifiolen mit fe^r weitem Sauf.
?IaMart, qSlapfarter, qsiappert, ^ci^t
ein ebcmaligcr urfprünglid) auölänbij^($er
Ditfpfennig ober ©rofc^ t>on ni^t öötlig
3 Äreujcrn; eö werben genannt alte *piapps
farter ober be^cimif(^e ®rofd), gute *pi.,
.Rreujpl.,Äreuäcrpl. ; ber gcjiempft Selieimfc^,
ber befie, ber mitterc unb ber le^er '^l.,
ber 18et)eimifd) in bcr ©emeinc (96 Stücf
auö 8V2 80t 2 gl. fein Silber) ju 93/33 dn.
fd^warä; bann iD^aptanber Sd)langcn=*pi.,
®roffcn=!]3l., SRüni^ncr, Saljburger, des
genöburger unb äjJontforter (piapfarte,
94 Stüd au^ 7 Sot 3 gl. dn. fein Silber
gcprdgt; 3?appen = *t!l. Der 9?ame fc^eint
auö franj. blafard = bleid) entficKt, wcl«
d)e^ feincrfeitö auö abi. pleihfaro, b. i.
bleid)farben fiammen foU; bic SPiünjc wäre
^platte — oranger.
557
alfo, wie hex SBeifpfennig, »on ber %axii
bcö ©ilberä benannt. (23erir[}tigung: «Statt
^Plapfart, «piapfarter licö: ^lapi^axt, qjla*
pl)axtix :c.)
platte, 5ßlnttcnrüftunß. ©ie^c b. 5lit.
^arnifc^.
^oiteraficnö, b. t. eine Sorfeier ber
^oc^jeit am Sorabenbe berfelben, mirb erjt
fett bcm ©nbe beö SfJiittelaltevö ctmii^nt;
in ßeipjig Ijeift fte bie 9'{ammelnad)t. 3n
manchen ©egenben f)ei§t eine ä^nlic^c 93or«
feier Äranjclabenb ober Äranjelbinbabcnb.
5)5iinitcnttflI6ü^er* S)aö «uiraefen ift
auf griedf)ifd}er ©runbtage junai^ft in ber
britifd)en unb irifctien Äird^c auägebilbet
rcorben, baf)er a\i^ fiier bie erften 5(n=
Reifungen jur SSeriraltung beäfelben ent?
ftanben ftnb, libri poenitentiales, poeni-
tentialia. 3i^iff^£ SDMfftonare, tt)ie Votums
ban, »erpfianjten bicfeö 3"fiitut in bie
fränfifd^e Äirc^e. ^Daneben rcurbe t>ai^
felbe lebhaft in ber angel[ä(^fif(^en 5lircf)e
gepflegt, voo unter ben Sfiamen be§ 'ideta
ißcnerabiliö, gej!. 735, unb bcö Sgbert
non 2)orf , geft. 767, verfaßte 93cic^tbüdE)er
im ©cbraudbe h)aren. 2(ud) eon l)icr auä
ttjurbc bie 23u§biäjiplin im granfenreicE)
beeinflußt; befannt unter ben fränEifd)en
93upü(f)ern ifi befonberö baöjenige bcö
Ehabanus.
5PortUmcitIa=9l6Ifl^ beift ber SIblaß, ben
*Papp ^onoriuä m. 1233 bem ^ranji^^
fanerorben für aKe bicjcnigen erteilte, welcfje
am 2. Slugull: in ber ^irc^e ju ^Portiuncula
i^re Slnbac^t »errichten würben. Q3ei
bicfer ^ircbe §atte f\ä) nämlid^ O^ranj
»on 51ffift mit feinen Drbenöbrübern nie-
bcrgelaffen, unb in biefer Äircbe fei i^m
ber $err erfdbienen unb l)ahi i^m erlaubt,
ftd) jum SBcfien ber 3!Kenfd)t)eit eine ©nabe
ju erbitten; ttjorauf '^xan^ eben ben 51bla§
ftä) erbeten, 2)er 5lbla§ njurbe fpäter nac^
Derfc^iebcnen Seiten t)in ermeitcrt unb ift
nodb in Übung.
«ßrämonftratcnfcr ^eißt ber »on «Nor-
bert im 12. 3at)r^unbert gefiiftete Drben
Don 6|)or^errn, welcher unter bie refor^
mierten jtlojterfliftungen beö 11. unb
12. 3a^r^unbertä geprt. 9torbert )t)ar
ein Äanonifer »on »ornepmer iMbfunft,
geboren in 3Eanten, ber in angcfe^ener
©teüung am ^ofe lebte, »ertraubt mit
^einrid^ V. ^lö^lic^ entfc^Iof er fid)
(1115) ber 2Belt ju cntfagen; ein 93Ii^»
jiral)l, ber i{)n betäubte, befiärfte i^n in
feinem 93orfa^, unb er nal)m ju ©icgburg
bog üJJöndbötleib an, of)ne boc^ eigentlich
in ben Drben einäutreten. SSielmc^r ging
er um^er unb prebigte, «»o^u er fi(^ t»om
$apfie ©elaftuä eine förmliche 33o[Imad)t
auömirfte; befonberö ließ er eö fi^ anges
legen fein, bie 5a[)nofen ^tbben, »eldje
bamalö ^wnfreid) lüie SDeutfd^lanb erfüll*
ten, beijölegen unb ^rieben ju fiiften.
3m folgenben Ja^re ließ er ftc^ »on
feinem §reunbc, bem SSifd^of t>on 8aon
bewegen, bauernb in bef|"eu «Sprengel ftd)
nieberjulaffcn; in unwirtlicher, fumpfiger
®egenb grünbete er 1121 haii Älojler
$remontre (Praemonstratum) nac^ ber
JHeget beö l)eiligen ?tugufiinuö (ftebc Äa=
nonifer), bie er burd^ prengere 33efiim=
mungen f(ä)ärfte. 2>ie Erwerbung »on
Äappenberg in SBeftfalen für ben Drben
füt)rte 9'iorbert wiebcr häufiger na^ 2)eutfc^=
lanb; mit bemSrjbifc^of griebric^ »onÄöln,
ber i^n jum $riefter gemeiljt |atte, war
er na^e befreunbet. Salb gewann er aucft
großen (Einfluß auf Äaifer ßotbar, ber
ijJorbertö SBa^l jum ©rjbifc^of ber fe^r
»cvwilberten unb oerwa^rlojien ÜJlagbe»
burger .$?ird)e bewirfte, eine Stellung, jü
ber feine übertriebene mönc^ifcfje 5läfefe
il)n feineöWegö geeignet machte. (£r crfuljr
bort ben Ijartnacfigfien SBiberfianb unb
fonnte ju feiner bebeutenben SBirffamfeit
gelangen. 6rfl nac^ feinem £obe (1134)
breitete ftd^ ber *Prämonfiratenfer=Drben in
biefen ©egenben weiter auö unb leifiete »iel
für ben 5lnbau unb bie ©ermaniflerung
ber flaüifdben fianbe.
2)er Drben ber !|}rämonfiratcnfer um*
faßte 30 *Pro»in5en ober (Sircarien, benen
jebeömal ein (£ircator »orfianb. ^Daneben
übte hai 9J{utterflo[ter gewiffe SHecf)te über
bie »on itjm abgeleiteten Stiftungen. S)a^
pc£)fie Qlnfe^n fiatten tk »ier älteften
Stiftungen ^remontre, St. 9)tartin, »^toreff
unb Guifft), bie ba« iHecl)t ber Sifitation
fämmtlidier Älöfier befaßen. SDer 2lbt
»on *Premontre ^atte bie Dbcrieitung be^
Drbenö. 6inc gewiffe unabljängige @tel*
lung na^m bie fäcf)ftf($e ßircarie unter bem
?Prob(l »on SWagbeburg unb bie fpanifd)c
Gircarie ein. S)ie Srac^t beö Drben« ifi weiß
unb befief)t in Sunica, Sfapulier, Äappe
unb Saret. 6ö giebt auc6 g^rauenflöfier be^
Drbenä. 25ogel in §erjogä OieaUGncpä
flopäbie; äßattenbac^, @efc[)i($töquetlen.
V, §. 3; ^^r. Söinter, Sie «Prämonjira*
tenfer beö 12. 3al)rl)unbertä unb i&re Q3e=
beutung für iai norböfilid^c SDeutf(^lanb.
Scriin, 1865.
^Pranger nannte man ben Sd^anbpfa^I,
bie Staupfäule ober ben Pfeiler, an bem
bie aSerbrci^er jur öffentlichen 33efc^äniung
36
558
qSrcbigt.
au^geficQt mutben. Statt betfclben errief«
tcte man au(^ an einer ©trafencdEc, am
liebficn beim 9f?at^auö fclbfi, ober autfe in
bet Äircfce eigene ^äuSc^en, ©taup^auö^
c^en, 9tarrcn^ug*en (ftef)e bort), wo bie
Verurteilten toermittelji beö ^alöeifenö feft=
gcbunben unb jur6cf)au auägeftetlt würben,
oft mit einer Diute in ber ^anb, beren
©ebrau^ jebem SBorüberge^enben freiftanb.
^rcbtgt, beutfci)e. ©ine eigentlii^e *Pre=
bigt in Der gorm einer (Rebe geiftlid^en
Sn^altö gab eö im altbeutfc^en ßeitraumc
no^ ni*t; »ifc^öfe unb qBriejler begnügten
ftc^, bcm 23oIfe beutfc^ abgefaßte fircf)Iic^e
Formulare, «gtüde beö bamaligen Äate =
(^i^mug Borjutragen; eö ftnb mehrere
für biefen 3med »erfaßte f atect)eti[^e ^anb^
büc^er auf unö gefommen, j. 93. auö
2ßei§enbuTg unb ®t. ©allen, melcf)e hai
SBaterunfer, hai apoftolif^c ©laubenö*
befenntniö, ben fiijmnuö Sadiariö (Bene-
dictus) am er». 8uc. 1, iai Äantifum
SWarid (Magnificat), t>ai ?lt^anafrfc^e
©lauben^beEenntniä, ein S8eict)tformuIar
unb bie Jeufelöentfagung, balb me^r balb
Weniger tonjldnbig, entt)alten, balb o^ne,
Balb miteingeftreuten furjenörlduterungen.
2Ö0 fold)c 2luölegungen be^ ©tauben^ unb
beö ©ebeteö jum Diu^en ber ©emeinbe
etmaö breiter mürben, galt eö fc^on für
eine *]ßrebigt. fRoc^ bie faroUngifc^en
Kapitularien »erlangen üon ben *Pfarrern
nidjtä als foIc^e©IaubenÖ5unbq3aternofier'
rcbcn; bie Exhortatio ad plebem Chris-
tianam (ftcljc biefen Qtrt.) ijt ein Syempcl
boBon. j)cr Iateinif(i)e Ülusbrucf iji prae-
dicare, altbeutfc^ brediga, bredigon, bre-
digäri, maä urfprünglicft jegli^c 2nittei=
tung über ©ott unb göttliche 5Dingc be*
jetc^net, bie ftcf> münbUd^ an eine gröfere
üKenge ricf)tet.
SDanebcn |^abcn ftd^ »ereinjelte Scifpiele
ber in ber älteren Äirc^e ^oc^gefc^a^ten
ctgent[id)en SReben ert)alten, für beren
^Betrieb ©regor b. ®r. ein eigene^ ®efe|=
bucf), ben Liber pastoralis, »erfaßt l)atte.
3)er 9iame biefer ^Prebigt im engern ©inne
War sermo, tractatas, gried^. homilia, ho-
melia, omelia; je nad)bem bicfc it)r S^ema
au« ben öBangelien, (Spiftcln unb «P[almcn
nahmen, für bie man fc^on frü^ in ben
fogenannten Lectionarien eine bcfiimmte
2öal)l unb 0{ci^enfoIgc feftgefe^t fjatte,
ober aus ben Heiligenleben fd)öpften, unter*
fd)ieb man sermones de tempore unb ser-
mones de sanctis. daneben fd)rieben
fomo^l bie 93cnebiftinerregel als Stjrobe*
gangä regula canonica (fxe^e Äanonifcr)
nad^ ber gemeinfamen 9Ra^Ijeit prcbigt*
artige 3lnfpra(i)cn Bor; ber !?iame bafüt
ift collatio, m^b. coUäzje. ißon Sonifaj
ftnb nur 15 ©ermoneö in lateinifc()er
©prad)e erhalten, Bon bcnen jebocft ac^t
Weiter nid)t8 aU ©laubens* unb Seicht'
reben frnb; auc^ bie übrigen ftnb fel)r
einfach unb furj unb entlialten wenig me^t
aU erbauliche ^arap^rafen biblifc^er@tüde.
SRun war aber bas Stecht ber ^ßrebigt auf
bie 93ifcf)öfe eingefc^ränft worben unb ber
niebern ©eifllid)feit nur gefiattet, altere
lateinifc^e |)omilien Borjulefen ober l)er* i
jufagen. %nx bie Sifc^öfe lief Karl b. ©r. 1
782 burd) (Paulus SJiaconu« eine ©amm* ■
tung Bon lateinif($en ißrebigten, tractatns
atque sermones, auf alle @onn« unb .
^ejitage fertigen, unb jieüte if)ncn biefelbe I
mit einem empfe^lenbcn Otunbfd^rciben 1
jum ®ebrau(^c ju; fte enthält 200 «Pre»
bigten ber Äiri^enBäter; SR^abanu* SDiau«
ru^ unb ^aimo Bon Halberjlabt Beranjials
teten balb nac^^er ä^nli^e ©ammelwerfc;
aber erft 813 befalil Äarl ben 93ifd)öfen,
bie ^omilien Bon je^t an in ber SSolf^«
fprad)e Borjutragen, eine Sßerorbnung, bie
jwar mc^^rmal« erneuert, boc^ bi^ jum
10. 3i^i^unbert wenig Sea^tung fanb.
(Sine 5tuäna^me maä)t eine in fäd^ftf(^cr
©prad^e erhaltene ^omilie 93eba'^.
S)ieienige ^rebigtform, bie Biclme^r
Borläufig ber 93ilbung beö 23olEe« am
meiften entfpra^, war biejcnige ber 3)i(i^«
tung; eine 5lrt $rebigt iji ba« aüiterie*
renbe ©ebicfet iCTufpitli (fte^e biefen 5lrt.),
an ^rebigten erinnern bie epifc^en fiieber,
au5 benen Dtfrieb^ (SBangelienl)armonic
beftel)t. Srft im 11. Jabr^unbert finben
ftc^ bie 5lnfänge einer wirfli^ beutfc^en
$rebigt, um Bon ta an nie mcl)r ju Ber«
fd)Winben. @d^on IRotfer« Überfc^ung
unb Srflärung ber *Pfalmen ftnb jum
Seil beim ©otteöbienfl in bet Klofierfirc^e
Borgetragen worben, wenn fte gleich in
einem fe^r nü(^tcrncn, fc^ulmä^igen ®tt)le
gehalten ftnb; bagcgcn jeigt bie fogenannte
Samberger ißeic^trebe, welcl)e eine
(gcbilberung beö ^immels unb ber J^öDe
enthält, fd^'on eine poctifcb gehobene 2)ars
jiellungsart, unb au^ bemfelben ll.^a^v
^unbert, bcm biefeö genannte ©tücE angc«
l;ört, bat man auc^ bie er|ie ©ammlung
beutfd^er $rebigtcn, bie fogenannten 5tm»
brafer qjrebtgten (ÜRüHen^off unb
©c^eerer, 2)enfmäler, 0Jro. 86); fte ftnb
bem ©ebanfengel)alte nac^ auö ©rcgot^
b. ©r. ^omilien entnommen; in gemäßigt
einfacher Haltung ber SRebe begleiten fc
qSrebigt.
559
bie 3;ejte t>on @d;ntt ju «Schritt mit er*
baulid^er Qlu^Icgung, wobii bie S!)?etl^obe
burdjgangig bie feit ben ^ir^entiätern
üblid^e atlegorifci^e ijJ. SDie con je^t an
immer neu entfie^enben$rebigt[ammlungen
ftnb junä(i)fi ^anbbücber für $riefler, jum
Seil gerabeju *13rebigtformulare, unb fdimers
lic^ in if)rer ®cfamtl;eit »virflic^ ge^ialtene
$rebigtcn. SBon großer SZBirfung voax auf
biefem ©ebicte namentlich bie lateinifc^c
*ßrebigtfammlung, Speculum ecclesiae, be^
Honorius Augustodunensis (oon Autan),
ainfang beö 12. 3a{)r^unbertö, bie nielfad)
für beutfcE)e ^rebigtcn üJJuficr geliefert ^at.
a3orIäufig bleibt noc^ bie in ben alten
Sermonen ju DJecfjt befle^enbe ^rebigtnjeife
in Äraft ; bie Sermones de sanctis pflegen
aug einer furjenerjü^iung mit angehängter
erbaulicher Srma^nung ju be)lel)en; an
ber ©pi^e ber Sermones de tempore fte^t
in ber JRegel bie «Perifope, juerji lateinif^,
bann in beutfdE)er llmf(^reibung; biefcr
Slejrt mirb bann in ber Söeife ber |iomilie,
olme ta^ juerjl ein einheitliche« ©d)cma
barauö abgeleitet mürbe, ©lieb für ®lieb
belef)renb unb erbaulich aufgelegt unb an*
gemenbet. 2)en ®d)lu§ bilbet eine aüge*
mein gehaltene (Ermahnung unb ein fur^er
®ebetruf um ben ©egen ©otteö. 3n ber
allegorifc^en aWetl;obe ijl nunmel;r gegen
früher bie SBeränberung eingetreten, ta^
bie S^atfac^en ber et>angelifd)en ®efd)ic^tc
felbfi nicf)t mc^r ftjmboUfd^ gemenbet
werben; t)iclmel)r bleiben fte in i^rcr erfien
unb eigentlidien Sebeutung jle^cn, eä ttjirb
it)nen aber etma« anbcreö als fte abfpie*
gclnbcö Spmbol anbie©eite gefieüt; biefe
©innbilber aber ftnb entmeber natürlid^e
SDinge ober Sreigniffe unb qSerfonen beS
alten Sejiomenteä, meiere« al«2t)puö unb
S3oral)nung beä neuen Sej^amenteä aufge*
fü^rt ju merben pflegte. SWebr aU bie
bogmatifc^e Seite liegt biefen *Prebigten bie
Set^ätigung be« ©laubenä burc^ SBanbel
unb aBerte am |)erjen, mobei bie et^ifc^en
gorberungen fe^r ben ®eijt alttefiament*
lieber ®efe^e«firenge tragen. 6inb bie *Pre'
bigten überhaupt mit ber 3eit auöfü^rlic^er
geworben, fo gemö^nt man fid^ feit bem
12. 3atn"^unbert an bie ®infc^altung turjer
®efd)id)ten, ßegenbcn, Qlnefboten, nament*
li^ bc« norc^rtplic^cn «Hltertumä.
©inen neuen 5luffd^mung nimmt bie
^Urcbigtmeife in $Deutf^lanb babur«^, i>a^
bie namentlid^ gegen bie Äe|er geftifteten
Settelorbcnber §ranjiöfancr unb De*
Ulifan er fid; um eine im :^öl)ern Sinne
k'olfsgemä^e ^ßrebigtmeife bemühen; man
erfcnnt ben (Sinf(u§ ber Drben fofort
au^ baran, ba'$ je^t jum crjlcnmal 5lutor*
namcn auf biefem 3weig ber Üitteratur
auftreten, mie benn überhaupt erfi jc^t bie
*Perft)nli(i^feit be« JRebnerö jum 5Dur(^*
brud)e äu fommen beginnt.
SÖorldufig finb eö, im 13. Jabr^., bie
^ranjiöfaner, ton benen biefe Söirfung
auögc^t. 3)ie Vertreter biefe« Drben« ftnb
f)ier SDaoib oon *}tug«burg unb
99ertl)olb oon 9{egen«burg; ßon
jenem, ber 1271 ju 5lug«burg ftarb, ftnb
jmar feine beutfd)en ^rebigten, fonbern
blo« beutfctie geijllidje 5lb^anblungen, 93e*
trad)tungen unb ®ebete erhalten, meldte
überall eine erji au« bem lateinifc^en 5lu«*
brucf ftd) müi)felig entwinbenbc beutfc^e
@prcd)art verraten. ÜDcfio felbfianbiger
ijl I)ar>ib« @d)üler, 93ertl)olb »on SRegen««
bürg; feine (Prebigten ftnb 1824 unooH*
fiünbig eon Äling unb 1862, aber blo8
in einem er^en STeile, »on ijranj
^Pfeiffer erfc^icnen. Sert^olb geprtc bem
1221 gegrünbeten Drben«^aufc ber ^Jran*
ji«faner ju iRegen«burg an unb fiarb tat
felbp 1272. 33on 1250 bi« 1265 burd^jog
er al« ßanbprebiger bie beutf(^cn ßänbcr,
aud) Ungarn unb flanifc^e ®ebiete, wo
i|m ein ®olmetf<^cr jur Seite fianb. ©ic
3af)l feiner 3ul)örer fiieg in« Unglaub*
lid)e, fo ha^ er auf freiem %dtt, im Sßalbe
ober r>on SOiauertl)ürmen herunter prebigen
mu^te. Seine jal)lreid^ auf un« gef ommenen
*Prebigten ftnb o^ne 3"'^'f<!^ ^'^^ gebäd)t*
ni«fiarfen Sängern aufgcjei(^net morben.
Seine Spfianier ifi burci^au« öon feiner
^erfon getragen, er mill an« ®emiffcn
be« Sinjelnen fprec&en, er befi^t ^o^c
iöorjügc r^etorif^er .$?unj^, of)nc e« ju
miffen, er arbeitet mel;r mit bem ®emüt
unb ber ^^antafte al« bem Serfianb, unb
c« iji i^m mel)r um bie ftttlic^e Set^ätigung
be« ®lauben« al« um tta ®lauben felber
JU t^un; feine 2öirfung mar fo gro§, ta^
»tele ßl^ronifen ber 3e"it feine« Qluftretcn«
unb feine« iobe« al« eine« grofen ©r*
cigniffe« ermähnen. Sertljolb« qjrebigt*
meife, bie bod^ auc^ nid)t ol)ne norbc*
reitenbe Qlnfänger mar, gaben ben 5tnflo§
ju manigfacben ä^nlid^en Scrfud^en unb
Sammlungen, unter benen befonbcr« bie*
jenige tieroorragt, bie ton ®rie«^aber
„S)eutfd)e ^ßrebigtcn be« 13. 3a^r^. Stuttg.
1844" ^erau«gegeben morben ifl.
3m 14. 3a^rl)unbert ift e« ber (ßrc*
bigerorben, ber, ol)ne ba§ ba^ei ber
Fortgang ber altern 3tid)tung ber SDtinbcr*
brübcr aufhört, ber (Prebigtmeifc eine neue
36*
560
QJriamcI — *Prief!cr.
93a;^n bricf)t. ©ic cntiuldelt ftcE) junäd^fi
ntc^t auf ber Äanjel, fonbern auf bem
fie^rjlut)! tti ße^rmetficrä ober ßcctorö im
Drbenöf)aufc. I)aö Studium generale beö
(Prebigcrorbcnä ju Äöln unb baö Studium
sententiarum ju ©traPurg trurben bic
^auptjt^c ber mt)tit[d^ en ^rebigtmcifc.
S)ief£li)e richtete fxi) jundc^fi an bie Se»
iDo^ner ber ^rebigerflöfler felbfi unb an
biejenigen Älöfler, bie ftc^ feinem Sinfluffe
öffneten, namentlich an grauenftöj^er. £)ie
l^auptföc^Iic^en Vertreter biefer SRic^tung
ftnb junäc^ft bic anonyme, bei SBacfernagel
abgebrucfte ißrebigtfammlung, S'lifolauä
t»on Strasburg, ßeftor ju Äöln unb
® (J a r b ; ber leitete gebürtig auö X^üringen,
iPrior be^ $rebigetfIofierä ju Srfurt, tt»irfte
aU ße^rer p $ariä, Strasburg, Min; fiarb
ju Äöln 1327; er iuar ber Äe^erei angeflagt
getüefen unb eine päpjilicf)e SSuHe bejeic^s
ncte aWei 3a|re nac^ feinem Sobe ac^tunb*
jitianjig feiner Öe^rfd^e, teilä al^ fe^erifc^,
teil« al^ übelHingenb unb ber Äe^erei
öerbdc^tig. öcfarb ifi ber fpefulatit) ^er«
»orragcnbfie unter ben beutf(i)en SKpjlifern
bc8 14. 3a^r^.; alö 5ßrebiger aber tt)irb
er »on So^anneö Jauler übertroffen;
biefer »ar (ScEarbg <Bä)üUx, fiefemeijier
unb «prebiger ju ©tra^urg; me^r alä
»ielgelefener «Sd^riftfieKer , benn al^ (ßre«
biger, erlangte ^einric^ @ufe (tat.
®ufo) SBebeutung, geji. 1365 im SDomi»
nifanerflolier ju Ulm.
(Segen tai ©nbe beö 14. ^ja^xl). fanb
bie Slüte ber mt)Pifö)en iprebigt i^ren
%b\ä)m (i'gl- iin 2trtifel SUit) jiüer);
iai 15. ^ai)X^. jeigt in ber $rebigt einen
meiji »erborbenen (Sefc^mad, fotüo^I tvai
bie 51uöfü^rung ber 5i3rebigtteile, alä toai
bie S8el)anblung ber Olüegorie betrifft;
namentlich h)urbe je^t auc^ tai maerlin,
tai früher nur fpdrlid) jur 25eranfcf)au=
lic^ung ber ße|)re gebient ^atte, im
Übermaß unb poffen^ft bermenbet; man
legte je^t fogar fßrebigtmaerlein an.
S)cr cinjige bebeutenbe $rebiger biefcö
Sa^r^unbertö ift 3o^anne^ ©eiler
»on Äaiferöberg, geb. 1440 ju ©d^aff*
Raufen (auf ber 5Durd^reife feiner Altern),
^ricjler unb öe^rcr, ni(^t S!Jiön^, an ben
\)o\)in ©(i)ulen gu Safel unb greiburg im
Sreisgau, 5ulc|t ißrebiger am ÜWünfier ju
Strasburg, gejI. 1510; er jeigt fc[)on ben
(Sinfluf beö ^umaniömuö, maö ftc^
namentli(i) in ber Qlbroerfung iii aber-
gldubifc^en (glementeö äcigt. ®t pflegte
über ganje SBerfe ju prebigen, hjie über
beä Qllbertu« iDtagnuö 93a(| de virtutibus
unb über tai D'Jarrenfdjiff. (Er felber fc^rieb
nur lateinifc^e (Sntttjürfc unb überlief bie
5Iugfü^rung bem aJiomente unb bie Ueber«
lieferung ber gehaltenen *Prebigt greunben
unb Sere^rern. 9^ac^ 2ß. SBacfcrnagel,
Ülltbeutfc^e qSrebigten unb ©ebete, Safel,
1876. Sßgl. SÖiarba^, ®e)d)id)te ber
beutf^en 5ßrebigt üor Sut^er, unb (£ruel,
®efd)ic^te ber beutfc^en ^rebigt im QRittel*
alter, SDetmoIb, 1879.
^riamcl, auä mitteilet, praeambulnm
= Sßorgang, Sßorlaut, 33orrcbe,©prid^tt)ort,
ju ambulare = ge^en, »anbeln, l)t\^t
ein einem SRdtfel vergleichbarer Oteimfptuc^,
beffen einzelne ®ä^e aU 23orfpieI ber ben
©cf)Iu^ bilbenben ßöfung erfd^einen. ®ie
!ommen fc^on im 13. 'Saf)xf). j. 95. bei
t^reibanf, »or unb ftnb im »eitern SScr*
lauf ber öolfötümlic^en ßiteratur fe^r be*
liebt, fltamcntlic^ |)aben bie S^iürnberger
$ang SRüfcnblut unb ^ani golj (15.
3a^r^.) fold^e ©prüc^e, jum leil mit un-
fauberm ^ni)aU »erfertigt. Sögt. 5tb. üon
Ä eller. Ütlte gute ©(|tt)änfe. 2. 3tufl.
^eilbronn,
^JJricfter aU eigentlichen ©tanb fannten
bie ©ermanen nid^t; für fein eigeneö |>auÄ
beforgtc ber |)auöDater bie gotteöbienj^Ud)en
j^anblungen, Opfer unb ©ebete felbjl; für bie
©emcinbe t^at e^ ber %üx^, princeps.
Smmer^in crtüd^nen römifcf)c ©c^riftfieüer
(u. a. Sacituö ©erm. 7. 10. 11. 40. 43.)
etne^ '^riejlerö bei ben ©ermanen, alö be»
teiligt bei ber Sofung in öffcntlid^en 51n=:
Icgenfieiten, al^ ßeiter ber ©träfe ober bc^
©ü^nopfer^; man ertidrt t>ai entwebet
barauä, ia^ |ier immer üon ^ürjlen im
priefietlic^en 51mte bie SJlebe fei, ober baf
£Ö befümmtc ^^amilien gegeben ^abe, benen
baö yttä)t bcg qSriejiertumö jujianb. 5tufer
ber ^anb^abung ber Dpfer»©ebete hatten
fte namentlich ben SBiUen ber ©ötter »or
allen wichtigen ^anblungen ju erfunbigen,
»aö burc^ aSeobacfjtung be« 33ogeIfIug«,
ber Segegnung t)erfct)iebcner Siere, be^
Söaffcrjlrubclö ber glüffe, be« 2Bie^ernö
l^eiliger ©d^immel, burd^ ben S^fif'ii^Pf
eine« ©efangenen mit einem Ärieger be3
eigenen 33oIfeä unb cnblidb burc^ bie-
SZBeiffagung aug ßoä unb JRunen gefc^a^.
iaite beutfd)e SRamen für (ßriejier finb got.
gndja, nod^ im oberbeutfd^cn ©ötti unb
©otte = *Pate unb iJJatin, erhalten; af)b.
ewarto = ©efe^eöbeobac^tcr; harugari
unb paruwari »on harug unb paro =
2empcl. 5tuc^ «priej^erinnen fann ti
bemnad^ nic£)t gegeben ^aben, unb Wenn
alte D'iac^rid^ten üon germanifc^en {grauen
^ntfd^cnmeijlcr — $uppenfpiclc.
561
berichten, bic aU ©cuterinncn unb 33ers
fünberinnen bcö göttlichen SBitlen galten,
fo berulpt ta^ immer nur auf ber befon*
bcrcn perfönlicf)en ^oc£)a(f)tung unb 5Bcr«
el)rung, bie man einzelnen ^'^'^u^n joHte.
^Pritft^cnmciftcr, ^ief ber jenige, ber
bei ben <Sct)ü^enfefien bie Drbnung auf
bcm (S(f)ie^pla^e ju ^anb^aben ^atte; er
bebiente fic^ ju bcm 6nbe ber $ritfd^e,
cine^ f[ad)cn, in mehrere bünnc Sßrettc^en
gefpaltenen SBerfjeugeö, iromit er bic Ün-
folgfamcn fc^lug. 6r mar jugicicf) ßuftig*
ma^cr ber ©cfellfc^aft unb l)atte auf bic
gcf^lid^fciten ©pru^gebic^tc ansufertigcn.
©ic befianben mit eigener Slracf)t an
manchen ^öfen biä in ben 5tnfang bcS
18. 2af)r^.
^rofienäci^tc nennt man bic burc^ jmei
©d)meijer Jßeiötümcr beä 16. 3aÖit)unbertö
belegte <6ittc ober üielme^r ia^ Stecht eine^
^errn über bie erfie JRac^t einer ®I;e, bie
fein ^öliger mit einer porigen eingebt,
jns primae noctis, yiad) ber ncuefien
llntcrfu(ä)ung t)on Äarl ®($mibt , jus
primae noctis, grciburg i. Sr., 1881, iji
bicfcö ncrmcintlidöe [Rcc^t ein gelehrter
5lberglaubc, ber ftd) feit bcm 16. 3at)r*
lunbert verbreitet t)at.
5Pfcui)oifiöortfd^e Scfrctalien» Um bai
3ai)r 850, alfo etma um bie 3^*^ beö
Vertrags fon SBerbun, entfianb, mat)rfcf)eins
lid) in SDiainj ober in JReimjS, eine unter
bcm 9'Jamen beö t)eiligcn Sf^^oruö
get)enbe nerfälfd)te SDcErctalicnfammlung
(ftct)e ben 5trt. Äanonifcf)cg !Rec^tö =
bu^), ju bcm Stt^ecfe, anfc^einenb auö
ben älteften Quellen beö ^irc^enmefenä
alle bie SBefugniffe f)crjutciten unb aU
fd)on tcrlic^en baräuftcüen, naä) bcrcn
93eft^ bie J^ird^e trad)tete, um ©clbfiänbigs
feit unb eine i^rer |)ot)en 51ufgabc mür*
bigcrc Stellung bem ©taate gegenüber ju
erlangen. I>ic j^orm bicfe« trügerifcf)
erfunbcnen ü}tad)mcrfeö ftnb (b(i)reiben ber
römifc^cn Sif^öfe auö ben crficn ^aliX'
l^unbcrten bcö fö^rifientumö ; bie |»aupt;
abfilmt ber «Sammlung aber ift, bic Rnä)t
iiuxä) engcrcö 3w[öi"™fnf'i)ii6§en bcr=
fclbcn unter bem ^Primate $etri un=
abl)ängigcr iiom Staate unb feinen
liemmcnben ©inric^tungcn ju mad)en unb
fic baburd) aui bem 3wftanbc ber Unfid^er*
^eit unb (Srnicbrigung ju retten, in meli^e
fte \\)xi: Untcrorbnung unter bcm Staat unb
bie ßeiben bcö Sürgerfricgcö unter ßubmig
bem i5rommen unb feinen Sötjncn geflürjt
'Ratten. SReben biefer $auptabrtc[)t fd^cint
bie JJcbcnabftd)! gcmaltet ju |)aben, auf
bic (Srl)of)ung einer gemiffcn SWctropolc im
frdnfifc^en SRcid^c — iKainj ober {Reim^ —
JU einer erhabeneren Stellung ^injumirfen.
Die ^feuboifiborifc^c Sammlung bietet
eine Qlrt ©cgcnfiücf ju bcm Sßertragc »on
SSerbun; mä^renb biefer o^ne jcbc SRücfs
fi^t auf bie Sntcrcffcn ber Äirc^e ben
SD^etropoUtannerbanb an mehreren Stellen
burd^fcf)nitt, bic Seft^ungcn ber Sßietümcr
unb Älöftcr miHfürli^ für bic Äoflcn iti
SSürgerEriegeö in ^nfpru^ nat)m, a3if(f)öfc
unb 5ibte burc^ cinfeitigc Ißerfügung ber
mcltlic^cn ®emalt »on ilpren Si^en »er*
jagte, fo erflärtc bic 2)cfrctalien=Sammlung
bie !8eft^re(i)te ber Äircf)c für heilig unb
untaj^bar, eyimierte bie ®eijllict)en bom
meltli($cn (Serid^te unb lief fic in le^ter
Snjlanj nur non bcm fclbfi unabfeparen
^apfie gericf)tct merben. (Srmdlint mirb
bic Sammlung jum crftenmal im ^a.\)i
857 auf bem iRcic^ätagc Don G^icrft), unb
balb barauf il)rc ®ü(tigfeit »on $apfi
9iicolauö I. auöbrüdlicf) ben fran,;öftf^cn
93ifd)öfen gegenüber bct)auptct. 3nil5,3a^r*
l)unbert ermatte bic 5lt)nung beö Sctrugcd,
im 16. 3at)rl)unbcrt mürbe biefer burc^
protcfiantifd^c ©elc^rte jur ©cmig^eit
gebrockt.
^5u:pt)en; mit fol(^cn fpiclten mie cinfi
bie römifc^en, fo bic jungen 9J?äbd&en
bcö SJittclalterä; bie tocken :ftnb im 9.
unb 10. ^aljxl). allgemein befannt; anä)
ber QJuppenmiege gefc^ic^t (irmät)nung.
^JJulii^enf^jicIc, b. i). bramatif^c Spiele
mit fünjlUct) ^ergcficllten Figuren, fennt
man in ©eutf^lanb feit bem 12. ^a^x^. ;
ber D^amc für bie ani -^olj, Sappen
ober Slöad)^ verfertigten ^Puppen ifi
tocke, aud) kobolt, wichtel unb ta-
terman, ba^cr man auf 3ufammcns
^ang biefer Spiele mit bcm t)eibnif(^en
©ötterbicnfie gcfc^loffen ^at. 2)er Hortus
deliciarum ber ^crrab von ßanböberg
enthält ein 93ilb, tai jmet junge ßeutc
barjicllt, mcld)e über einen lif^ bin jtt>«
get)armfc^te ®liebcr=*puppen mit S($nüren
bcmcgcn unb mit einanber festen laiJen.
ytä^txt 3ia(^rid)t i^at man über biefe
Spiele ni^t.
3u meiterer 9luöbilbung gelangten hk
*Puppenfpiclc in ben ßänbern romanifd^cr
3ungc, namentlich in Stt^Ii^n unb ^ranf«
reic^. 5n Stallen fd)einen ftd^ Spiele mit
automatifd^en $uppen Don ber SRömcrjeit
f)er erhalten ju ^abcn; im 16. ^a))x^.
waren fie ^ier allgemein beliebt unb e^
gab fle^cnbc l^uppentbeater fomo|l al«
manbernbc Suben mit ÜJlarionetten , bu-
562
Purpur — IRapicr.
rattini. ßntweber hjutben fidnerc puppen
mit bct ^anb birigiett unb baju rcjitiert,
übet leien^grogc puppen njurben bur^
gilben, JDtd^tc ober ^itnn in SSettJcgung
gefegt. QIuö Stauen [ollen biefe ©pielc
i^ren 2Beg nac^ ^xanhtiij gefunben
^aben, tro auc^ ber Slame SWarionettcn
auffant; man beutet i|n aU ©eminutiü
»on ÜJJaria, moiei man erftä^nt, ia^
aucf) ju religiöfen 3*i^fcfen in hm fran«
jöfifc^en Äirc^en bcä S!)littelaltetä ä^nlid^e
Betticglici^e puppen, namentlid) am J^efte
Tlaiiä Himmelfahrt, 5(nmenbung fanben,
aU Srfa^ für bie früher öon lebenben
(Perfonen gefpielten Süi^perien ober geiji*
Iid)cn ©pielc. 3n bem Sinne eineö
a3oIföt:^eaterö erfcf)eint ber Oluöbrud
marionettes jucrft um 1600. 3^re jici^ens
ben ß^araftere empfing biefe $uppen*
fomijbie com mirflic^en 33oIf3t^eater,
namentlitJ) um itai ^aix 1630 ben fran»
jöftfd)en lianemurji. Ser berü^mtefie unb
genialfie franäöftf(i)e üJJarionettenfpielcr
mar ^ian SBriod^e, feineö Serufeö 3^^"-
irecfier unb $uppenfpieler.
iRüä) ©eutf^Ianb brachten ^erum«
jic^enbe frembe iWarionettenfpieler auä
©nglanb, granfreic^, ^oKanb, ptalien unb
Spanien jut 3«*^ be^ brei^igjä^rigen
^rieg§ biefe ißolEäbelufiigung; im Ja^r
1657 finbet man fte in granffurt a/OR.;
in SBien etablierte fic^ 1667 ein fierjig
3al)re lang befteljenbeö italienifcf)e^ $up»
pent^eater; auc^ in J^amburg finb foIcf)e
Spiele feit berfelbcn 3^^ nadjgemiefen;
fie jiellten ^ier u. a. aU Äomöbie
SDtaria Stuart, Königin ber ^ranjofen unb
Sd^otten, bar, mobei ber ^anöttjurji ftc^
a\i lujiigcr ^^^anjmann jeigte; bänifc^e
prifilcgierte |)ofacteurö gaben ebcnfaUä in
Hamburg baö geifllic^e Stücf „bie öffent*
lic^e Enthauptung beö gräulein Dorothea",
bag urfprüngli^ ein Indus gertjefen mar
(fie^e SDrama). Sin ^aupteffeft barin mar
ber, t)a^, menn bie J)orott)ea enthauptet hjor«
ben mar unb bie 3ufd)auer ia. Sapo fd^riecn,
ber ©ireftor ber ^uppe ben abgel)aucnen
Äopf noct)maIg auffegte unb ifir bann
benfelben jum smeiten Tlal abbauen Iie§.
51u(j^ Dpern unb Singfpiele mürben burc^
automatif^e puppen bargeftetit. I)a3
^auptfiücf ber beutfc^en ^^uppent^eater
mar ber Dr. ^Jaufi; anbere Stücfe maren:
SDer ütaubritter, 2)cr fcE)marje (Ritter, SDlebea,
51Icejie, 2wi>it^ unb ^oloferneö, ^aman
unb (Silber, ^Der verlorene So^n, ©enooeoa,
^räulein Qlntonie, !Harianna ober ber
meiblic^e Straf enräuber, 2)on ^uan, Zxa'
januä unb SDomitianuö, J)ie 3Worbna(i)t in
iät^iopien, ^annt) unb 2>urmann; ber
^anömurfi, ber babei feine. fle^enben (Rolle
latte', ^iei feit ber «mitte beö 18. 3a{)r*
lunbertä .^afperle. J^ögel'^ ®ef^icf)te
beö ®roteöf=^omifc^en, neu Bearbeitet toon
$5r. SB. (Sbeling, Seipjig 1862. — ® rufe,
3ur ®efcf)ic^te beö !|5uppenfpield unb ber
Qlutomaten, 1856. — 2)eutfd6e puppen*
fomöbien, herausgegeben »on Äarl (Sngel.
Olbenburg, 1875.
^Pur^Jiir. Sie föfilicfien «purpurfleibcr
jiammen auä bem entarteten (Rom unb
mürben in ®eutfdE)Ianb faum cor bem
13. 3a^r^unbert eingeführt. SRoc^ im
10. 3<i^r^unbert burften in äBtjjans nur
bie ^ofleute (Purpur tragen, ma^renb er
in Statten fo oerbreitet mar , ha^ Sßeiber
unb ÜRönd^e fid^ feiner bebienten. Seine
^arbe mar übrigen^ nic^t 'bai heutige
2)unfeIrot, fonbern ein SSioIettrot. fRoc^
um 1100 mar bei unS ber 93efi^ eineS
(Purpura an biptomatifcf)e 5tbmad)ungen
gcfnüpft , fo ba^ 5llef iug I. jufolge einer
Übereinfunft ben beutfcf)en ^of mit ge»
färbten 35USfn ju öerfc^en l^atte.
».
IRaktifti^Ifld^t, fre^e ^elbenfage.
9?ab unb räiern, fte^c Strafen.
Stamme» Die SBoctramme ober ^otje
biente im SOlittelalter — mie ^eute nod^
bei 93rücfcn= unb ÜBaffcrbauten — jum
einrammen ber (pfci^Ie. Sie beftanb in
bet 9tegcl aui einer fcf)meren |>oIjart unb
mar an ber Stirne mit einem SIRetallbe*
f(J)Iag oerfc^en. ^i)xt ^äufigfie (Berhjenbung
fanb fte im SelagerungäbienP, bei ber (Sr*
ric^tung »on S^anjmerfen.
dta^kt, SRappier. 3m a^tcn 3al)rje^nt
beä 16. 3a^rl)unbertä fam unter biefem
SRamen juerft in Spanten, bann in ^ranf^
Otaffelfarren — (Rätfcl.
563
teic^ unb ben übrigen curopäifcf)en «Staaten,
ein ©to^begcn auf, bet im au^crfricgetiä
fc^cn ©ebrau^e baö Schwert ücrbrängtc.
er war bem alt^erfömmlid)en ^anjcr*
fied^er jiemlic^ ä^nlic^, bie .Klinge 0,75 m
lang, fd^mal, öierfantig. S)er Oriff »ar
Mgelloö ober f)attc I)öc^ftcnö einen bünnen
^aujibügel, bagegen eine gcrabe Quer*
parierftange unb über berfetben eine
„®Io(Je" aU Stid)blatt. ©aöfelbc war
au^ ju einem ne^* ober ftcbartigen Äorbe
auögejiert.
9iaffelfarrcn mürben öielcrort« mit
©d^narren »erfe^en oom (SrünbonncrStag
biä Dfiern burc() bie ©trafen ber ©tabt
geführt, um ben toerflummten ®Ioden!Iang
ju crfe^cn.
mm unb JRätfellicbcr. (Rätfei, a^b.
rätissa, rätisca, m^b. rätisclie, raetsche,
raetersche, rätsal, raetsel, mit Dielen
anbern SJiebenformcn , fmb eine uralte
©attung ber SBolfäpoefte, namentlid) in
ber altnorbif(^en unb ber angelfäd)ftf^en
SDic^tung in rcidjer ^üllc erhalten; iai
S)unflc barin unb iai g^mben unb SBinben
berfelbcn jcigt ftcf) iitjnlic^ in ben mi)t^o=
logifd^en 5lnfc^auungen, in alten SRec^tö*
gebrauchen, in ber 5trt be^ menfd^lid&cn
ißcrfe^rö ber ältefien S^'ten. ®($on febr
frü^ würben gerciffe SRätfelgruppen ju !Rät=
felliebern jufammengcorbnet, bcren eine
^auptform bie ifi, tfa^ ber Sffiirt unb ber
anfommenbe ®afi fxi) in 2Bect)feIrebe
prüfen ; ber le^tere foütc burd^ fein eigeneä
2Bort »on feinen SBefen jeugen; er mirb
junäc^fi um Dramen, J^erfunft, Sßeg unb
barum befragt, tt)o er bie le^tc 9'iact)t ge=
bcrbergt ^abe, ^'^'^S^"/ benen er feiner*
feitö mit boppelfmnigen örmiberungen unb
SCBortfpielen auöbeugt, worauf fic^ bann
ein 2öe(i)fel »on ö'rage unb QIntwort ent*
fpinnt. 9tud) um SSöIfer, Könige unb
ßänber njirb ber 2Banberer befragt, unb
ni(i)t minber gilt eä im SBettfpicI mit
i^m ben allgemeinen 3uf<ii^nicnöang unb
tiefern ©runb ber 2)inge ju erfaffen, bie
Duetten geiftiger (Jrfcnntmö aufjufpüren,
®o läft fct)on bie (S-ita ben 5lfenfater
Dbin n)i§begierig auöfa^ren, bie 20ciät)eit
ber SRiefen ju prüfen unb über Drbnung,
Urfprung, Untergang unb üöiebcrgeburt
ber SBelt fic^ ju meffen; gegcnfeitig hjirb
babei iai ^aupt jur 2ßettc gefegt.
S)eutfcbe Solförätfel finben ftc^ juerfi
in einem Sü^Iein »on 1505 gcfammelt,
welc^eö ton ba an f(ei§ig unb unter uer*
fc^iebenen Sitein, mie Staet erf d)büc^ =
lein, SReterbüd)Icin, nnc^gebrucft unb
überarbeitet ujurbc. @iel)e ©trafbur«
ger IRatfelbud), neu betauögegcben »on
5t. 5. 93utfc^, @tra§burg, 1876, unb
©imrocf, S)aö beutfcf)e SRätfcUSud).
3. <MufI. granffurt a/SDl. 1874.
Unter ben beutfc^en SRätfelliebern,
benen ber altertümlidje SRamcn ber Prüfung
beö anfommenben ®afteä eigen ift, ifi hai
ältefie t>ai Sraugemunbeälicb, hai
man in feiner erhaltenen ^orm inö I2.3al)r*
^unbert fe^t. ©in fa^^renber ÜJIann, ÜReifier
trougemunt, b. ^. 3)ragoman = SDoI*
metfc^er, bem 72 öanbe funb ftnb, mirb
beföitlfommt unb gefragt, njo er bie iRad^t
gelegen, womit er bebecft War, wie er
Äleiber unb ©peife gewinne? „3!Rit bem
|)immel war id) bebecft, mit SRofen um*
^ccft, in eineä ftoljen knappen 2Bcife be»
jage icf) Äleiber unb ©peife"; worauf
bann nad^ ber wieberfe^renben gormel:
SRun fage mir, SlReifier Sraugemunb, jwei*
unbfiebenjig ßanbe bie fmb 2)ir funb, bie
aiätfel unb i^rc Qtntworten folgen. SDie*
felben bejie^en fic^ junad)ft auf ©igen*
fc^aftöwörter, bcfonber« ber "i^axhi, unb
fu^en ben ©egenfianb, bem biefelben in
üoüftcm gRaf ^ufommen, j. 33. 2Baö ifi
weiter aU ber ©df)nee, waö ifi fd)neller
alö iai SRel), wa^ iji p^er aU ber 93erg,
voai iji flnjierer al« bie SRact)t? QIntwort:
©onne, iffiinb, iöaum unb iRabe.
5tnbercr 5Irt, aber cbenfaltö [Rdtfel*
bic^tungen, fmb bie .^anbwerfggrü^c,
bie jur ßofung unter ben Qlngeprigen
berfelben ©enoffenfc^aftbicnten, (Smpfangä*
gcfprdc^e äWif(J)en bem SBanbergefellen unb
bem 5IItgefetIen ber 3ii"f^ ^'^ i" S^^ten,
Wo eä noc^ feine SBanberbüc^er gab, ben
5Iuöweiä bcö grcmbcn üertraten. Siefer wirb
gefragt, wo er I)erfäme? wie er ftcf) nenne?
wo er gelernt? wo er feinen ©efeüennamen
befommen unb wer babei gewcfen? 2)iefe
©rufe, in gereimter *|3rofa gehalten, reichen
in ipen Slufäei^nungen jwar nic^t über
iai 18. 3appnbert binauf, jeigen baber
aucf) ben »erborbenen ©efdimad beö 35oIfeä,
ope boc^ bie ©puren älteren, Urfprunge^
ganj nermiffen ju laffen. Filter in ber
Qlufäeicbnung unb frtfct)cr in ber Haltung
fmb bie Sßeibfprü^c, „woburdb ein
3äger ben anbern geprüft bat unb wo*
burd) fie ficb ju beluftigen pflegen." ©ie
betreffen gro§enteilä bie genaue .Kenntnis
ber gä^rten unb 3^'df)en bC'S SDBalbc^, fo*
wie itirer funftmäfigen Benennungen;
mancbe ftnb äd)tc SRätfelaufgaben, aber
mit weibmännifd)er ©c^lufwenbung, bie
564
!Raud^gefä§e — JRed^täfpmBoIc
cigmtümlid)ften aber bcfcf)äftigen fi($ mit
i>m ^irf^c. Sgl. ben 5trt. Sagt».
2tm forgfältigftcn au^gcbilbet ift bic
Übung bee JRätfel^Srü^cns in bet (ging^
f^ule; f(^on in ber elften ^älfte bcö
13. 3a^ibunbertö erf(i)eint, no^ [parfam
unb »ereinjelt, ia^ SRätfel in ber fitjrif,
fo jtüar, ba§ ber ©ängcr bie QtntttDort
dneä anbern ©ängers verlangt. S)ieö
gefc^a^ namentlidE), feitbem ber t>on ben
^öfen äum 93ürgerftanb übergefubelte ®e*
fang in ben (Sekimniffen bcö ©laubenö
feinen fiöcdflen unb bcliebtefien ©egcnj^anb
gefunben batte. jDiefe Otätfel jinb nun
freilief) nicf)t mefir für, , fonbern fpi^»
finbig auisc^efonnen, h)eitläufig aufgeführt
unb fünftlicE) gebaut, ©iefer 2lrt ift ber
fog. SBartburgfrieg, bann lieber, in
benen SRegenbogen mit ^rauenlob
unb beibe einanber namentlidbe geifilicf)e
SRätfel ju erraten geben. Dft tt»irb babei
bilblic^ eine« SBerbens um einen SHofen^
franj geba(^t, ifiofen jum ^ranje bred^en
bebeutet bie Äunftwerbung, unb aus fteben
cbeln SRofen, b. f). ben freien Mnjlen,
foE t>ai Äränjiein gemacE)t fein, ©aneben
aber tt)irb rom 5lusbängen beö Äranjce,
»om €d^n)enfen an ber ©tauge, »om kh'
gewinnen unb Qtuffe^en berfelben auf eine
Söeifc gefungcn, bie nid)t beätt)eifeln läft,
ta^ bem bilblicf)en ^(uäbrucfe bie 5ln=
fc^auung eine« tt)irfli(i)en ^erfommenä,
be^ 2Bettgefang3 um einen ausfeangenben
fRofenfranj, ju ©runbe liege. SffiirEIic^ ftnb
aud^ foIct)e folfetümlicbe .Rranjiieber
crbalten, beren 3"^olt roieberum SBolfä«
rätfei finb, ful)c ben 2lrt, Ar an, unb
Äranjlieber. Ublanbs ®d)riften.
«Bb. III, 181 ff,
Oiaildjgcfii^C , thuribulum, tnrabulam,
thymiaterium , roaren fc^on in ber t>ors
ä)rifilicf)en 3^** o^^ C)pfergefäf|e im ®e=
brau($. S)cr 2öcif)rau(^ ferfinnbilblicf)t bie
jum J^immel auffleigenben (Sebete. S)ic
Äirc^e unterfc^cibet f(i)on frü^, »enigflenö
»om 11. 3af)r^unbert an iai gxoBe, meiji
jur Seite beö Slltarö fejijle^enbe unb
iai f leine, tragbare 9iaucf)gefä§. 23eibe
fnb metallen, üon Silber, Äupfet, fpäter
au^ »on SWefftng ober (Sifen, mit ober
ol)ne aSergolbung. S)er I)e(fel ifi burcE)=
brocken, um bem SRaucl) ben 2)urc^gang
ju gefiatten. 3" ^^^^^ ^^orm roeid}en fie
fetir pon einanber ab. aBät)renb baö
iebtere burd)meg bie tiefe Sedengeftalt
beibebielt, wie ticrfcf)ieben auä) fein 3ietiiJt
fein mod)le, riditete fici) bic ©eftalt be«
crfteren na^ bem jeweiligen ®ef(i)mad bc^
Äünpiers ober nad) bem l^errfcfeenbcn StiU
gefd^macf ober Saujiil überl)aupt. 2)ie
urfprünglic^e Äugelform madf)te einem
turmartigen ©ebilbe (pia|, tai oft in
fünülerif(f)er 3lrbeit bie »erft^iebcnficn
6cftürmdE)en , ®iebclmänb(^en , Strebe«
Pfeiler , Spi|itürm(i)en , gialen - unb
3'iif(f)enmert in ftc^ »creinigte unb mit
allerlei auögefd)ni^tcn ^^iguren gegiert
mar. 5tber aud) »erfc^iebene Siere lie^n
bem Äünfller i{)re formen jur 2)arficllung
biefeö ©efä^e«. So foK Willigis, ber
(Srjbifcfcof ber S)omfirc^e ju IDJainä, jmci
filberne SRaucbgefäffe gefc^enft tiaben, bic
einen Ärani(f) in natürlid)er ®röBe bar«
gepeüt l)aben. 2)er SRauc^ flieg auä bem
geöffneten Schnabel ber 23ögel.
9?auf(^. Sruber JRaufd^ ^ift ein auf
altem Sagengrunbc ru^enbeä ®ebicht, hai
in feiner älteften , einer nieberbeutfd^en
Raffung, bem 15. 3al)rt)unbert angeprt,
unb hai ganje 16. 3af)tl)unbert l)inburd)
in bodibeutfd^er ^Bearbeitung cineä ber
gelefenfien SBolf«büd)er mar; ber dltcjie
^oc^beutfc^e ^xüd erfi^ien 1515 ju Stra§=
bürg. S)er 3nt)alt ifi in Äürje folgcnber:
5n einem Älofier führen bie jungen SJiönc^e
ein lieberliches ßeben, fobaf ber Seufel fic^
Pornimmt, fie gauj ju üerberben. Sn ®c»
ftalt eine« jungen SDJenfc^en, ytau\i) ge=
nannt, perbingt er ftcf) bei i^nen al^
Äüd)enfnecl)t unb mu§ bem 5ibt unb ben
übrigen 3[}iönd)en auö ©efaüigfcit je am
Qlbcnb ein jungeö 2Beib fd)affen. 2)a er
ftd) babei einmal Perfäumt unb ber Roä)
il)n barum jü^tigen miH, wirft er biefcn
in ben Äeffel, ert)ält barauf bic erlebigtc
Stelle beä SWeifterEoAe unb fübrt fte
fteben ^abxt jur 3uftiebent)eit ber üJlönc^e,
bocf) bemül)t et fid) babei, bur(^ tolle
Streid)e bie SWöncfje unter ftc^ ju »erun»
einigen; ein Sauer cntbedt aber bei einer
pon ibm belaufd)ten Seufelisjufammenfunft
im aSalbe, an weld)er ©ruber SRaufd^ teil«
nimmt, ben Staub bee ®efellen, unb mac^t
bapon bem Qlbte üDtitteilung. SDiefcr
jwingt itrn bur_^ bie Ijeilige SÖ^effc, tai
Älofter ju Petlaffen, worauf ©ruber SRaufc^
fxä) nad) Gnglanb bcgiebt unb in beö
Äonigä Soc^ter fä^rt. %ui) auä biefer
Pertreibt il)n ber l)erbeige^olte 5lbt unb
bcipt ben 2;eufel enblid) in einen SSerg
nal)e feinem Älofier fahren, tV'O er bie
jum jüngften Sage bleiben wirb. Sicf)e
©ruber SRaufd) pon Döfar Sdbabe im
SBeimarer Sabrbud), ©b. V, S. 357—412.
9Jcc$t?fl)mlioIe, b. b. bilblid^e ©oQ«
bringung eincö @efd)äfte0 im ®ciiie beä
9fled^töft)mbotc.
565
alten !Rccf)t«, i)eäict)en ftcE) getüö^nlid) auf
@runb unb Soben ober auf pcrfönlic^e
Ser^ältniffe unb j»ar fo, ba§ @ad}e ober
«Perfon babei felbfi ftnnlid) unb Iciblt(^
üergegentüärtigt hjerben muffen; bod^ ifl
bei man(ä)cn ®t)mboIen ber Seäug bcö
3cicf)enö auf bie @a(ä)e ttcrbunfelt. SBenn
tai ©^mbol aufbema^rt unb gcricfetlid)
t)orgejeigt wirb , ftef)t if)m ber SRame
2Baf)r5eid)en ju, ®ie folgenbe Süifs
jeid^nung ijl ben 9tecf)töaltertümcrn 3«f ob
©rimmö entnommen.
1. @rbe, ®ra^; biefcö hjurbe auöge»
tttorfen foniobi t>on bem, ber üon feinem
®runb unb ©oben fc^ieb, '!:iai Öanb räumte,
wie Bon bem, ber ein cinjcincä ©runbfiücf
auf einen anbern ju eigen ober ^t^fanb
übertragen uioUte; leiftete ber (Sd)ulbner
feine 3af'Iwn9, fo ff|;te ber iRic^ter burcf)
biefeg (gpmbol ben ©laubiger in ben ^eft^
beö @uteä; baäfelbe würbe alfo bur^
5tuöfc^neiben unb S)arreid)en ber &xai'
erbe aufgelaffen, burd) 5lnnal)me berfelben
in (Smpfang genommen. 2)ie befonbern
beutfc^en Flamen für bie ®raßerbe fmb
(Jrbfd)one, SRafen; in fäd)fifd)er unb
nieberbeutfd)er @prad}e Sorf. Sei einem
Orcnjfireit festen bie Ädmpfenben it)re
©cf)ft)erter an iai in einem jud) f or ben
(Srafen gcbrad)te JRafcnfiüd unb f^muren;
etmaö 5i[t)nlid)eö fd)eint eö ju bebeuten,
Wenn in alten «Sagen unb Siebern fd)n)ös
rcnbe j^etben ta^ ©d^mert biö an ben
©riff in ben ©rbboben fteden.
2. ^alm; fiet)e ben befonbern 2trtifel.
3. 2t ft. 2Benn ein SBaumgarten, Sßalb-
grunb ober Söeinberg übertragen nnirbe,
fo ppegte man einen ßaubjmeig, eine iRebe
ju breclen, in bie (Sd)o[le ju jlecfen ober
allein barjureid}en, wobei fid} bie Qlrt ber
3weige nad) bem ©runbfiüd richtete; auä
®drten nal;m man fte fon 2tpfelbäumen,
in ©cbüfd) unb SBalb i?on ^afeln unb
Öirfen.
4. ©tab bient a) aU 3^^*^^" '^^^
©üterabtretung unb jmar meip für größere
ßanbf^aften. b) alö 3«<^en ber ßanb^
ftücfetigfeit, ©rniebrigung unb Änec^t«
fd)aft für ben, ber if)n in ber |)anb trägt.
2)ie ftd) auf @nabe unb Ungnabe ergeben
tiaben, tragen weife ©täbe in ^änben.
3ir ^oüanb ge^en bienftlofe ÜJJägbe mit
weisen ©toben, c) aU Sä(i)tn böd)fier
©ewalt; Könige, gürfieu unb Otid^ter
tragen it)n in ber ^anb, ebenfo bie Soten
unb ^erolbe be«! .Königä unb 5Rid)terö;
t»on Sittcnten, ©elobenben unb ©d)mören=
ben würbe biefer ©tab angerüf)rt. d) aU
©tjmbol beö Sobeöurteilä; benn über bem
^aupt beö iBerurteitten würbe ber ©tab
gebrod)cn unb it)m t»or bie ^üfe geworfen;
eö brüdt auä, ia^ ber SJHffettjäter nic^tä
weiter ju ^offen t)at unb auf fein ßeben
ferjicfttet.
5. ^anb unb Ringer, fre^e ben
befonbern Qtrtifel.
6. ^üfe. (Sä fd)eint aUgemein ©itte
ber 33orjeit gewefen ju fein, ia^ ber ©ieger
ben ^uf auf ben ju Sßoben geftrecften
geinb fe^te, §um 3^^^)^" »oKenbeter 93e=
jwingung; Wenn liegenbeö ®ut ange=
fprod}en würbe , mufte ber red)tc ^Juf
aufgefeilt werben.
7. SDJunb. 93ei Sele^nungen iji ber
füffenbe SDhmb ©ijmbol, voai aui) mit
ber formet „mit ^anb unb SDJunb be«
Iel)nen" gefügt fein witl. S)cn Auf gab
ber 2el)n0t)err bem SBafaüen.
8. Obr. Ulod) im 18. 3a^r^unbcrt
lierrfc^te in met)reren ©egenben S5eutfc^«
lanbs bie ©itte, bei wid)tigen ^nläffen,
al^ ber ßegung eines ©runbfieinä, ©e^ung
cineö ©renjjieinö, ^inbung eineö ©c^a^es
u. bgl. Änaben jujujietjen unb fie unoer»
fel;en3 in bie Dl)rlappcn ju pfeifen ober
il^nen D^rfeigen ju peden, bamit fte ftd^
beö Sßorgangä it)r ganjeä ßeben erinnern
foUten; Dabei cmpfiengen fie f leine ®t'
fd)enfe. 9JamcntItd) in Sägern war bicfc
©itte feit ben ältejlen 3eitcn üblid), wo aber
nid)t bloö .Kinber, fonbern bie erwad)fcnen
eigentlid)en 3£"9fn f^^^l^ ^" ^^^ Dt)ren
gcjupft ^u werben pflegten.
9. 93art unb Apaar waren S^^^^^
unb 2;rad^t bcö ©tanbeö würbiger -Jreier.
^bfd^neiben bes ^auptt)aarcö, bei (Srwac^»
fenen beä Sarteö, war ®oten, granfen
unb ßangobarben ©t)mboI ber 5lnnat)mc
an ÄinbeöPati. ©in %xdn fonnte fxä)
burd) Übergabe feinet abgcf^nittenen^aarö
in bie Äned)tfd)aft cineö *Hnbern begeben.
(Stwaö anbereö war eö, wenn jemanb ftc^
bie ^aare abfc^nitt unb fie bem, beJTen
Seijlanb er anflebte, jum 3eic^en brin=
genber unb unoerfieUter 9Jot überfenbete.
@d)Wörenbe DJJänner rü[;rten Sart unb
^aai an, fd)Wörenbe grauen legten bie
ginger ber rechten ^anb auf i^rc ^aax'
fle(^ten.
10 unb 11. ^ut unb |)anbf($u:^,
fie^e bie befonbern Qtrtifel.
12. ©c^ut). 3m ültnorbifd^en SRed^t
fam baö ©pmbol beä ©ct)ul;ö iti ber
ütboption unb ßegitimation oor. S)er
iBater foU ein ÜRabl anbellen, einen brei=
jährigen Dd)fcn fc^lai^ten, beffen rechtem
566
SRed^tgfpmboIe.
gufe bie ^aut ablöfen unb barauä einen
©c^u^ niad)en; biefen <Scf)U^ jie^t er
bann juerji an, nacE) i{)m bcr abopttcrte
unb legitimierte ©o^n, |)ierauf bie (Srbcn
unb ^reunbe; man ^eift iai: mit einem
in bcn ®ct)U^ feigen, dlaä) altbeutf^er
@itte würbe ber @d)u5 and) bei bem
33erlöbniö gebraud)t; ber Sßräutigam bringt
i^n bcr 93raut; fobalb bie[e ii^n an ben
5ut gelegt ^at, n?irb fte aU feiner ©ewalt
unterworfen betracf)tet. ^aä)^ix würbe e^
üblich, ber Sraut neue ©c^u^e barju»
bringen. S!J?äci)tigcre Könige fanbten ge=
tingeren i^re ©cfju^e ju, welcl)e bicfe
jum 3«'^f" iiet Unterwerfung tragen
fonnten.
13. ®ürtcl, unb jwar berjenige, ber
bie innerfie 93efleibung, iai ^embc, über
ben |)üften 5ufammenf)(ilt. 2)ie ftjmbo*
lifd^e ißebeutung beöfelben iji eine »ier=
fad)e: a) lanbvöumige, auf ®nabc unb
Ungnabe frc^ untcrwerfenbe Scanner mußten
ben ®ürtel, wie bie @d^u§e, ablegen; b) bei
ber .^lauöfuc^ung mu§ten bie ©intretcnben
im $emb unb entgürtet gefien ; c) J^rauen,
bie auf bie 6rbfd)aft i^re^ üerjlorbenen
IKanneö üeräicf)teten, warfen entWeber gleich
Bei ber Seerbigung auf fein ®rab ober
löften lernad) vor JRid^ter unb 3ß"9^"
ben ®ürtel; »ermutlic^ genügte eö balb,
i^n blo^ barjureicEien; d) mit bem ©ürtel
gcf(^a^ aucf) bie feierliche Seräu^erung
eine« einzelnen ®uteä.
14. SRocffc^oi, ml)b. gere, b. i. ber
gefältelte Seil bc« ßeibgewanbeg. S)aö
Qlbne^men unb |)inwerfen beöfelbcn war
Wieber ©pmbol ber Qluflaffung eineö
®uteö. SDurd) ®rcifen an ben SHocffdio^
überliefert ber gorberer ben ®eforberten,
bcr ©laubiger ben ©cf)ulbner rec^tlic^.
Qlucft bei einigen ßibf^würcn Würbe t>cr*
mutlid) ixt ^ani) auf ben ®ercn gelegt.
15. 5D?antel ifi ein S^^en beö
©d^u^ed, befonberö ber iion ^ürjlen gc*
tragenc. SD^Jantclfinbcr beiden bie abop=
tierten Äinber, weil fte unter ben ÜJJantel
genommen würben. 3u ^ranffurt, wenn
eine ^rau i^ren SDkntel auf beä ÜJJanneö
®rab fallen lieg unb nic^t mcl)r aU ein
ÄIcib behielt, War fxe nic^t fcf)ulbig, für
beffen @cf)ulben einjufielin.
16. ^abne; mit ber ^lufri($tung bcr
gabne wie bc^ ^uteä würbe tai SBolf
aufgeboten unb pcrfammelt. 3n ber
©cbwcij rief bie in einen Srunncn gc=
taucbtc g^abne alle S[«annf^aft ju ben
aOöaffen; man taud^tc bie ^abne ine üBaffer
unb fd)Wur nid)t äurürfjufcbrcn, e« wäre
benn bcr ^^cinb gefdblagcn ober bie ^abne
an bcr ßuft getrocfnct. 9!Jlit bcr %ai)nt
gcfcbab bie Selebnung, wobei ber Safall
bicfclbe bem $errn barbra^tc unb biefer
ixe ibm b«na^ wieberbot, fflad) bcr SSe«
lebnung würben bie großen Sanncr ber
D^ei^öfürjicn oom Äönigöfiubl i>ixab%t'
worfen unb bcn Äriegäfncd)ten preiöge^
geben. SSei SKärften jiccttc man jum
3cicbcn ber 9J?arfifrcibeit gähnen auf.
17. !pfeil. 31" S'iorben würbe. Wenn
ber j^ein^ i"^ Sa^b iiaä), ein 9iaub ober
aWorb gefcbab, fcbncH ein $fcil betumges
fcbicft unb allem SBolf entboten, ftd^ ju öcr»
fammeln unb bem Später na($jueilcn; bie^
War bcr ^ecrpfeil, herör. 2)cn ßango«
barben War ber (Pfeil ©pmbol ber grci-
laffung.
18. Jammer, ftebc ben befonbcrn
Qlrtifel.
19. ©pecr bebeutet in ber älteren
unb gefe^li($en ©pracbe SJlann unb
SD^anneijlamm, im ©egenfa^ ju ©pinbcl
ober Äunfel; babcr bie 5luöbrücfe sper-
mäge, germäge, swertmäge = 25crwanbt=
fdbaft üon ©eite beä SD^anne^, unb spindel-
mäge, spillmäge , kankelmäge = 93er«
Wanbtfdbaft non ©eiten beä SBcibeg.
®lci(i) 'Btab unb ^aiim war ber ©pecr
für Äönigc ein ©pmbol ber Übergabe »on
IRcicb unb fianb. ©r biente aber aud)
wie |>ut unb *pfcil jur Qlnfagc be^ .^riegeä.
3n ©fanbinabien würbe neben bem ^eer»
Pfeil in nielcn ®egenbcn au(^ ein ange=
branntcr ©todf bctumgefanbt, ber Äricgä«
gefabr wegen ta^ 23olf jufammenjube«
rufen.
20. ©cbwert; auf bcn ®riff bc«
©(i)werteg mit in bie (5rbe geficcftcr ©pi^c
Würbe bei ©cbwüren unb ®elübben bie|)anb
gelegt, in ältcfter 3^^* ^'^^^ ^^^ ^^^^
blogeä Qluäüeben beä ©cbwcrtg gcfdbworcn.
S)ie 5ireifd)öffen bei bcr J^abne legten if)re
Ringer aufö breite ©c^wert unb fcbwuren.
3)ie fic^ ergaben, gingen entWeber obne
@cf)Wert ober faxten ba^ ©c^wcrt an ber
©pi^c, ibrcm ©iegcr bcn ®riff rci(f)enb.
2)urd) baä ©cbwert gcfcbab aud) Übergabe
von Sanb; c^ war ©pmbol ber ®cri^tö=
barfeit , befonberö ber peinlicbcn über
ßcben unb Job, 2)ic ^riefen trugen ber
Sraut bei ber Srautfübrung ein ©djWert
oor, jum Qää)ir\, ba§ ber OTann ®ewalt
über ibr ßeben babc. tibcrfenbung unb
9lnnabme beä ©d)Werteä beäcicbnet bie ju
»oüäiebenbe $inrid)tung. Sä war enblidb
©itte, wenn ein SDknn bei einer ^xan
fcblief, bie er ni(i)t berübren wollte, ta^
*Hccf)täft)mboIc.
567
er ein ®d)>t>ert jtrifc^en fic^ unb fic legte;
naä) ber ©age gcfcfta^ bieö j. S. jttjif^en
©igutb unb 23runf)ilb; in beutf(^cn 2)icf)«
tungen ^rcifc^en Jrifian unb 3folbe, iVoU
fc^en Sßolfbietri^ unb bcr ^eibcntod^ter,
Drenbcl unb ^xa\i 93reibe unb in »ielen
anbern Sagen.
21. SD^effer Be^eid^netc njiebcrum bie
Übergabe oon liegenben ®ütern. SBenn
bie ^ifiWöjfen einen geridjtet unb im
Söalb aufgcl)ängt :^attcn, ftecften fic ein
SOteffer in bcn Saum. 5{^nli^ flecfen im
IDtärc^en jnsei fcfteibenbe Q^reunbe ein
SJJeffcr in ben 93aum: auf ttjeffen Seite
ii rojiet, beö ßeben ijl norbei.
22. ©pinbel iji Spmbol ber t^rau
unb J^auäfrau, t)gl. 9^r. 19. 2>er (ä^e*
mann butftc bie e^ebrec^erifc^c |)auäfrau
mit ber Äunfct unb t)ier Pfennigen auö
bem ^aufe meifen unb mar i^r meitcr
md)tö fc^utbig, menn fie il;m aud) nocf)
fo »iel Out 5ugebra(i)t f)atte.
23. ®(^ecre bebeutet 5lbfcf)neiben ber
^aare, atfo Serlufi bcr ^rei^eit. ^ui be«
fd^impfenben Strafe mürbe ®cf)eere unb
93efen getragen, ein 3^**^^" nermirften
^aarfcf)nittä unb SRutenfd^Iagö ; an ®e«
ringen mürbe nämli^ bie Strafe felber
»oüfirccft, iBorncf)me famen mit bem bIo§en
St)mboI baoon.
24. Äreuj. ^ier ftnb fotgcnbe ft^m^
bolifdje 5lnmenbungen ju unterfcf)eibcn:
a) S)a^ S^i'i'«" ^«^ Äreuje^ mar bei ben
©renjen in rec^tli($em ©ebrauc^, bcrgeftalt
ba§ in bie ©renjbäume Äreuje einge^auen
unb SJJägel eingef(J)Iagen mürben, b) (Sin
Äreuü bebeutet 5Dtarftgerecf)tig!eit unb
SCßeic^bilb^frieben, gleicf) bem ^anbfcf)u^;
oft fommen beibe fo »erbunben r>or, ta^
an bem Äreuj ein ^anbfc^uf) ^ängt.
c) SDcr Äläger ober ©eric^töbote fiecft ein
Äreuj an ha^ ^ouä ober auf bie @ac6e
beö oerflagten unb oerurteilten Sc^ulbnerö.
25. Span. ®erid^tlid)e Übergabe eineö
^aufeö mürbe ft)mbotifd) baburd) bemerf*
^elligt, ia^ ber ^ronbote einen Span auö
bem Sprpfofien l)ieb unb bem neuen 93e=
ft|er einfeanbigte. S)er ®antfnecf)t jeigt
einen Span nor, aud) auö bem ©algen
fc^nitt man if)n jum Söabräeid&en.
26. 3;{)ürc. Der Seft^ eineö ^aufe«
mürbe angetreten, inbem ber (Srmerbenbe
in bie Sbüre einging, feinen red)ten gu§
auf bie Stjütfcfcmeüe fe^te ober mit ber
rechten ^anb Iprpfoften ot'er Sbürring
ober J^ürangel fa^tc ober aud) bloö bie
Jbüre auf= unb ju tbat. *ltud) (Sibc mur=
ben mit auf bie I^ür gelegter Apanb ab'
gelegt; ein Sd)Iag mit ber ^anb an bie
^ird^entf)üre mar bei ben ^Ripuariern fcier»
Iid)er öinfprud) gegen ben in ber Äird)e
abjulegenben Sib. Über bie 2;bürfd)meüe
burfte man nic^t ben 8eid)nam eine« SOtiffe«
t^äterä fd)Ieifen, man mu§te fie burd) ein
unter i^r gegrabene^ 2od) jie^en.
27. Scfelüffel ftnb baöSt)mboI jung«
fraulicher ©emalt; bei bcr fcierlid)en Sin*
fegnung erfc^eint bie Sraut mit Sc^Iüffeln
gef^mücft, bie am Oürtcl fingen; ftc
mußten bei ber Sc^eibung bem 9Dknne
jurüdgcPeüt merben.
28. SRing. 2)er 53räutigam pflegte
ber 33raut jum S^ii^stt beä gcfc^Ioffenen
(ä^eoerlöbniffcä einen SRing an ben ginger
ju fieden, bocE) mar bicfe Sitte auö ben
romantfc^cn ßdnbcrn, mo fie g^ortfc^ung
beö römifc^en ^ciratöringe^ mar, nac^
Deutfd)Ianb gefommen. Ul<x<i) ben ®e»
bid)ten bcä 13. S^^iöunbertä empfingen
bie ßicb^aber SRinge oon if)ren 2)amen.
29. SUtünjc. Sei bcn faUfd)en unb
ripuarifc^en g'^an^'^n gnlt folgenbe eigen*
tümlic^c Slöeifc ber gif^i^^iffung: ber |»ecr
marf, fd)Iug ober jiie§ fon ber J^anb
feinet Äned^teö eine fleine SKünjc berunter,
moburd^ biefer in ben Stanb ber J^reien
überging. ®rimm oermutet, ta^ ber Änecbt
bie ^ünje gleic^fam jum Äaufprei^ gab,
ben ber ^err, fte ju Soben fc^neücnb,
üerfd)mä{)te.
30. Stein, kleine Steine, nermutliii^
Äiefel, ftnb ein 3"<i;en ber Übergabe,
31. gaben; ein 3tt>ii^"' ot>iX Seiben*
faben rei($te l)in, f^mbolifcf) ju binben,
fogar bei ber 3tilicferung fd)äbUc^er SlJlen*
fd)en, Sßagabunben. 5tud) gebannte ®runb*
jlüde mürben burd) einen barum gcjogenen
Seibenfaben gcfjcgt, mic aud) bie JRofen*
gärten ber Sage mit fcibencn gäben um*
geben ftnb. 3" t)en bänifd)en iBoIfötiebcrn
binben bie |>elben, um ftd) fefijumac^cn,
rote Seibenfäben um ibrc $elme.
32. Seil; mit bem ©lodenfeil merben
Äirc^engütcr übergeben. Gin i&eil um ben
^alö trugen fomot)t foldje, bie ftc^ auf
Sob unb'?eben ergaben, aU an gemiffen
Orten bie greibauern jum 3«^cn ge*
ringcrcr Äned)tfd)aft ober >f)örigfeit.
33. Söagen. (Sin 8anb mit bem
Sßagen befabrcn ifi 3ficb<^" ^fv Seft^*
nabme; ^einrid) ber 2ßclf Iic§ ftc^ bcr
Sage nadö oon ßubmig bem grommcn fo
Diel Sanbc^ ocrIeif)cn, ali er, folange ber
j^önig JU ©Mittag fd)liefe, mit einem gol^^
ncn '$flug umadern ober mit einem golb*
nen Söagen umjicfjen fönnte.
568
SRcgalien — JRcgenbogcnfc^üfydd^cn.
34, iPflug; aui) mit i^m wirb neu»
ettDorbcneä ßonb befahren. ©icf)e Uli. 33.
35, (Stu^I unb Jifc^. Qlls (Rec^tö-
ftjmbol I)at bei lifc^ immer brei Seine;
ber geringjle ©utebcfi^ njiib burd) bcn
{Raum bejei(f)nct, njorauf ein brcibeiniger
8tu^I fielit; ein Stücf, tai feinen ©tu^l
fa^t, iji beö ©lunbeigentum« unfähig.
2)urc^ einen breibeinigen (gtubl tt)irb aber
auc^ ber Scft^ jebes anbern ©runbfiücfeö
angetreten, 2öeigert ftc^ ber (Richter einer
»orjunet)menben a3ele^nung ober (Snt-
fe^ung, fo tann mer ein 5Recf)t ^at, fie ju
forbern, mit einem folc^en €tu^l bie
feierliche ^anblung fclbfi begeben, muf
aber bie fc^ulbige ©elbabgabe barauf
legen; fiatt bee €tu^Ieä fommt etroa auc^
ein breibeiniger Sifd) »or. Qtuc^ taS^
6pri($rt)ort: einem ben @tu^I üor bie
S:^ür fe^en, b, ^. einen bietier ju ©i^
bere^tigten auö bem ^aufc Weifen, fc^eint
einer früher »orgenommenen fpmbolifc^en
^anblung fein 2>afein ju »erbanfen.
36. SBaffer; ein Zimt Söafferö tüar
3ei(^en ber (jntfagung; fonfi ifi auffaüenb,
ia^ aufer bem Sieben ber ^ai)ni. in
SBrunnenmaffer (fte^e 9^r. 16) ein fonft
fo einfaches, naf)eliegenbe« (2t)mboI feine
meitern 3ß"9niff'e feiner 5tnmenbung auf
beutfc^em 93oben ^interlaffen iiat
37. 2Bein, iSier ober IJRet mürbe eon
alterä^er in 2)eutfc^tanb jur Sefräftigung
feierlicl)er Verträge unb Sünbniffe ge*
trunfen, ja unter cielen Teilnehmern unb
Beugen förmli(ä)e6 @elag unb 2RabI ge=
l)alten. iRamentlid^ mar biefe^ «Sitte bei
gricbenöf^lüffen, Qtusfö^nungen, (Sibs
fc^aftsteilungen unb ^odE)jeiten; bocf) ifi
biefer Sraud^ faum auä einer fpmbolifc^en
SBcbeutung beö Sßeineö ober bgl, f)ers
juleiten, i>a fein @efe^ bcn 2ßeintrunf
jur ®ingef)ung irgenb eineö [Reci^tögc»
f(!)äfteö forbert. 2m ÜJJittelalter fcf)eint
bie allgemein unb meitferbreitete fijmbo-
Iifd)e Stnmenbung beä SBetntrunf« jur
geier eingegangener Ääufe, mt)b. litkouf,
winkouf, non ml)b, lit = Obp unb @e»
mürjmein, geipigcö ©etrdnfe überhaupt,
aufgefommen ju fein.
38. 33Iut; nac^ fRac^ric^ten auö ber
altepen I)eibnifcf)en 3ßit unb nad^ Sagen
mürben feierlidt)e Sibe, ©elübbe unb Sünb»
niffc mit 23Iut befräftiget, SDiefe« gefd^ab
bei Eingebung ber JBrübcrfc^aft, mo beibe
greunbe if)r SSIut in eine (Stube jufam^
menrinnen liefen, ha^ es fxä) mit ber
(Srbe t>ermifcf)e.
39, 5 euer; 3ünbung unb IRä^rung
beäfelben auf einem ©runbfiücf mar Qt\i)in
nä)tl\ä)n SBeft|na|mc unb ^n^obung; bem
SRec^tlofcn mürbe iati SBaffer gejiopft unb
tai ^tun gelöfi^t, unb noc^ biä auf bie
neuere 3^'* %^^^ i" einigen ©egenben
3)eutfdblanbö bie Sitte, bei ©utäüber«
gaben ba« alte ^euer ju löfcben unb ein
neues anjujünben. 5tngcjünbetc ^^eucr
geben in ber Sd^meij unb in grieölanb
in Äriegsnot unb ßanbeöaufru^r ein
3eid^en jur SBerfammlung.
40. StroI)tt)if(i)e werben an Stangen
auf SBicfen unb gelber gefiecft, um fie ju
legen, ba|er hegewisch, ober bcn Söcg
JU fpcrrcn; fte bejcic[)nen aucf) etmaä feilet,
j. 33. ein gerid)ttid^ ju ocrfaufenbeö ®runb«
ftücf. (Snbli(^ bejeicf)net bie umgebref)te,
umgefe^rte unb angebrannte ©c^aubc
bie SSeft^na^mc, maä maf)rfd^cinlic^ ber
fr)mboIifd)cn Äraft bcä ijcuerö gilt.
®rimm, SRec^täaltertümer, ®. 109—207.
^Regalien. 2)a3 2Bort regalia in ber
Sebeutung oon bem Könige jujic^cnbcn
^o^eitsrcditen finbet man nict)t oor bem
12. 3i|r|unbert; maä bamit jufammcn*
pngt, ta^ im ftüfjcren ÜRittelalter ©in«
fünfte be^ Clcic^eö unb beö Äönigö ni(^t
getrennt, fonbern aU ein unb baäfetbe
gcbac£)t mürben. So gcl)örten non alter
3eit Söüt unb SBeggcIber, tai SRünj«
rec^t, tai SRcc^t auf ©eminnung ber
ÜRetaHe bem [Reid^e, unb crji alö im aSer«
laufe beö SDMttelalterö ber Äaifer biefe
9ie(^te unb SBefugniffe einjelnen ^iJ^P^i^
unb Ferren ju ße^cn übertrug, nahmen
fte ben S^arafter oon ^o^eitärec^ten an
unb mürben aU folcbe roeiter auäge=
bilbet, ©ö gehörten baju 3öüCf 2lb*
gaben oon Innungen, Stanbgelber ton
ben 3a|rmärften, SlRünjre^t, ^oi^P- ""^
3agbrec^t, ^ifdjerci, 5'i^'-' unb üRü^lcn«
gerccbtigfcit, Sergmctfe, Su^tnfc^ulgclber,
einfünfte aui bem ©elcitsrc^t. Später
ifi burdf) Ginfluf ber Jürfien manc^eö, maö
früljer ©emeingut mar, j. 93. bie ©aljgc»
minnung, als SRcgal crflärt morben.
9tegcni)ogcnfc^üffeI(^cn, na^ ber 5IRcin«
ung litii !l!anboolteö ta anjutreffen, mo
ber SRegenbogen auf bie (Srbe ^o^t, ftnb
ÜRünjen fcltif(^en Urfprungö, mit einer
fc^üffelförmigen ©cftalt unb fel)r ro^cr
5lrbcit, obne S^rift, aber mit »erfd^iebenen
Stempeln ncrfel)en; man t)at fol(^e jum
teil in fcl}r großer ilnjafjl im fübrocfi*
licf)en 2)eutfd)lanb gefunben, befonbcrä
ämif(f)cn 23obenfee, Qnn unb 2)onau,
jmifc^en 2)onau unb 'JRain , fomie in
Söimen, SR^einbatjcrn unb SR^ein^effen,
JRcgenfrf)!«! — !Rci(i)äocrfammIung.
569
3llö *Pcnobc i^rer (Prägung »oitb hai
jnjeitc unb erfie S^^J^^wn^^rt üor &[;r.
angenommen, alö feltif(ie iBöIfer noc^ in
biefcn ©egenben tt)ot)nten, unb tai Don
i^nen im ßanbe gehjonncne ®olb auf biefe
SBeife auömünjten; benn man mei§, ha^
früher in ben bö^mifc^cn glüffen unb
ä8ä(i)cnunbin ben norifdtienQnpen eielöotb
getnonnen mürbe, ©ie^e Sontbecr, S3ci*
träge jur ©efc^ic^te beö ®elb= unb SlJJünj«
h)cfenö in Deutf^Ianb, in ben %ox\6)'
ungen jur beutf^en ©efc^ic^te I, 244 ff.
Sßegenfdittnt. (5rmäf)nt mirb ber Stegen*
f(i)irm juerft im 11. S^ifii^^u^^ert, »o er
burdf) bie Siormannen in (Snglanb einge-
führt morben. 2)o(J) mar er im ganjen
SWittelalter , ja nod) in ber SRenaiffance=
jeit nie allgemein. 3"^ 16- 3'^^^^""^«'^*
fpannten namentlid^ grauen jum beffcren
©c^u^e beö Äopfeö i^re iKantelfapujen mit
gifc^bein ober 2)ra|)t über bemfelben auö.
9?et^öa))fel , fie|)e Ä r ö n u n g « i n *
f igni cn.
Dici^öbörfer Reifen geföiffc 2)örfer,
gledert unb freien ßanbgemeinben, bie
tcilö Überrefie e£)ematiger SHcicfj^güter, teilö
(§ütei ehemaliger SDt)najien maren, melci)e
nic^t mieber ju fielen gegeben morben
waren. ®ie f^anben nur unter bem Äaifer
unb regierten ftct) fonfi felbjt. Man i)at
i^rer an 120 na(J)gcn)iefen, bie meift eon
ben Königen mieber eerpfänbet, cerfauft, ju
Se^en gegeben mürben u. bgl. 3"^^^^, als
man fte 1803 mebiatiftertc, traren blo^
uoct) 5 übrig.
SReit^gfamntergmt^t, fte^e lammet»
g e r i (^ t e.
9?et($ÖfIcinoliicn, fte^e Ätönungö*
i n f i g n i e n.
9tct(!öÖftäbtc, fie^e @ t ä b t e m c f e n.
9texc^§öcrfamnilung, iRetc^ötag. ®d)on
unter ben ÄaroUngern galt eä alö <Pfli(J)t
ber geijitid^en unb meItli(|en2ßürbentTäger,
ftd) an ben f)o^cn gcfien beö 3af)rcö,
Dfiern, (Pfingfien, 2ßeif)nad)ten unb SWariä
®eburt am J^oflager einjufinben, bie tixä)'
Ii(f)e ^eicr mit if)m ju begcf)en unb bann
in geifili(^en unb anbern 3lngelegen^eiten
mit i^m t^ättg ju fein. ®ö ergingen
förmlicf)e (Sinlabungen baju, fo ba§ biefe
SSerfammlungen feit ben fränfifc^en Äai*
fern ben (5.1)arafter »on ^of* unb SHeic^ö*
tagen annahmen. S)er ?iame ifi curia,
concilium, conventus, placitum, am itäw
ftgfien aber colloquium, m{)b. spräche,
älnlid) bem in (Snglanb gebrduc^lid) ge=
tüorbcnen ÜBoit Parlament, hieben bicfen
tegelmä^igen |ioftagen gab eä au^ anbere,
äu benen berÄönig bie ®ro§en beä !Reicf)eS
übcr(;aupt ober biejenigen cinjclner $ro»
Pinjen berief. Sä mürbe me^r alö $flici)t,
benn aU ein Ote(f)t betrautet, bie ^of«
unb SReicfeätage ju befud)en. 2)ie ©rofen
famen oft in 5a{)Ireii)cr Segleitung, fo
ban man gejmungen mar, [\d) unter
freiem .f)immel ju lagern unb ju tagen.
3eber tjatte babci 5unä(i)jl für feinen
llnterf)alt felbfi ju forgen, ba^er bei län*
gerem 21ufent£)alt bebeutenbe Soften auf*
laufen fonnten. I>a ber 3"S '•^^f ^^n
iReid)0tag aU JReidjäbien)! galt, erfcf)ien
eö alei ein iRecf)t beä gürften, ftc^ bafür
öon i^rcn Untergebenen eine Seifieuer
jaulen }u taffen. S)ie ®ef(^dfte beä SReic^ä*
tage« fonnten fel)r üerfc^ieben fein. 33e*
ratung über Eirct)Ucf)e mie über meltli^e,
äußere unb innere 2(ngelegen^eiten, 33e»
flimmungen über hai SRed)t, ®cf)enfungen,
SBerlobungen, 25etlcif)ung ber ^ö^ern SSür«
ben in ©taat unb Äirc^e, ^rioilegien unb
©nabenbejeugungen. 3m 15. 3af)r^unbett
fübrte bie l;erüorragenbe Stellung berÄur*
fürfien baju, bag btefelben nad) 25orlegung
ber faiferlic^en (propofxtion ju einer abge?
fonberten Beratung unb Sef^lugna^me bar*
überäufammentraten, ein Vorgang, bem ju*
erj! bie übrigen dürften unb Vetren, bann bie
gfleid^äPäbte folgten, fo ia^ ber Oteidjötag
nunmehr in brei Kollegien itx^il, in ha^t
jenige ber Äurfürjten, in ben SReic^sfürften*
rat unb in \)ai Kollegium Der iReic^ö*
jiabte, meld^ le^tere SBill^elm Don ^oUanb
1225 juerft jum Sleic^ätage jugelaffen ^atte.
Sine gemeinfame 25erfammlung ber brei
.^oQegien fanb nur bei befonberen gefi«
li^Eeiten fiatt. S)er ®ang ber ißeit)anb»
lungen mar folgenber: biefaiferlic^en (Pro*
pofitionen, mel(f)e an ben SReic^ötag ge»
langten, würben gleichzeitig an baö Äur*
fütftenfollegium unb an ben ^ürficnrat
jur iBeratung abgegeben; jiimmten bie Se*
fc^lüffe biefer beiben, SRelation unb dor*
relation genannt, überein, fo fam bie
Sacf)e an hai Kollegium ber @täbte;
fonp mar fte fc^on Dcrmoxfen. traten bie
Stäbte bei, fo (lie^ ber SefcE)luB JReid)^*
gu tackten; menn er Dom .ßaifer bie
©anftion erhalten ^atte, ^ie§ er (R e i cf) ä *
fc^luf. 3n ben Äoüegien felbft entfcl)ieb
©timmcnme^rtieit. 5Dic 0teict)öfc^lülie mut*
ben erfi am ®dl)luffe eineö SReic^stagcä ju«
fammen Derfünbet, unb ber D^ame bafüt
mar [R e i d^ {! a b f (J) i e b. (Seit grieb*
ric^ III. natim ber !Rci(f)ätag ben 6^a*
raftet eineä ®efanbtcnfongreffeö an, in«
bem bie metjien güijien nid^t me^i in ^tx"
570
Oteifröde — SRcim.
fon erf(^ienen; bct ^aifer lie^ ficf) babei
burcf) einen auä bem ^^ürfienfianbe ge«
nommenen ^rinjipalfonmiipr pertreten.
S)aö $räfibium auf bem (Retc^iötage fü^irtc
SOJain j alö D'ieict)ö«6r5f anjier. 2tn \^ü r ft e n -
rate präfibierten abtt)e($felnb Dfterreidt)
unb ©aljburg. UrfprüngUd^ ttiurben bie
©timmen nad) köpfen gefüt)rt; fpäter
hafteten fte auf ben Sänbern unb ivoax voax
aU 9tormaIjal)r für bie ©timmgebung im
5Rcid^0tage ha» ^a^x 1582 angenommen,
5Die ©rafen unb Ferren Ratten nur ®e=
fammtjiimmen, b, §. Guriatjlimmen, unb
iwax I)atten bie Orafen anfänglich jrtiei
ßurien, bie tt^ettcrauifi^e unb bie f($mäs
bifc^e ©rafenbanf, fpäter fam eine frän«
fifc^e unb eine tttcftfälifc^c ©rafenbanf
i^inju. 2;ie Prälaten verfielen bei il)ren
jnjei Äuriatfiimmen in bie rl)einifd)e unb
f(i)mabifdE)e ^rälatenbanf. S)ie SRci^ö«
fiäbte teilten f\6) feit 1474 in bie r^cini*
fd)e unb in bie fc^ifäbifd^e ©täbtebanf.
Dieifrööc trugen bie Spanierinnen äu=
erft unb jmar im 16. 3a^rf)unbert; unter
bem Dtamen vertugalles ober vertngadins,
„Jugenbttjorbeinen". 23on ia aus fanbcn
fte in granfreic^ (Eingang, nselc^eö fie in
furjer Seit auc^ in ben übrigen europä=
ifd)en Staaten jur SWobefac^e machte, rtjie
läd^crlic^ unb unbequem fu aucE) erfci^einen
mußten, hieben ben eiferncnSReifen, „@prin=
ger" , famen 5Dra^tgef(ed)te unb geigen*
förbe äur Sermenbung unb liefen bie (Röcfe
in faltenlofer ©lodenform erfct)einen. Sorn
»raren biefc balb offen, bamit ba« Untere
üeib burci^f^eine, balb gefd)Ioffen ; balb
ftnb fre länger, balb fürjer. 3m Sommer
trug man fie otine ®ürtel, foba^ fie nur
am $alfe ben Seib berüf)rten; im SBinter
mürben fie um bie $üfte gegürtet. 3t)re
größte Sebeutung unb Verbreitung Ratten
fte um 1730, tüä^irenb fte fcf)on jur 3eit
ßubwigö XV. am $ofe aufgegeben unb
erfi miebcr bur^ SD^aria iHntoinette in
Sd)h)ung famen, biesmat platt »on üorn
nad) hinten, an ben Ruften aber breit. Sie
Dcrfd^manben aber balb mieber, um nad)
einer furjen $aufe ber „culs de Paris"
$Ici^ äu mad)en, bie aber ebenfalls nur
furje 3eit ft^ galten fonnte. mit bem
beginne ber jmeiten ^alfte unfereä 5a^r*
t)unbertä fam ber Oieifrod alä „Srinoline"
»tiicber auf, frctlid^ aud) bie^mal nur für
furje 2)auer. 'S)er „gute ©ef^mad" wirb
ibn aber o^ne 3*^cife^ mieber auf bie
Sßettbü^ne rufen.
9icim. ©erfelbe ifi im 9. ^a^r^unbert
aui ber lateinifd^en iReimpocfie ber Äird^e,
tt)o er feit bem 3. Jabr^unbert gefunben
tt)irb, in bie beutfi^e I)i(^tung gebrungcn,
auö ber er fd)neü bie ältere 5lüiteratiott
»erbrängte; namentlich toax eö Dtfrieb^
(Sinflu§, ber ^ier mirffam mar. 9J?it ber
5lufna^me beä SReimö in engfter Seäief)*
ung fie^t ebenfalls auö ber ^rifilid^4a'
teinifd)cn Sichtung :^er bie Qlufna^me ber
Strophe, bie i^rerfeitö mieber mit ber ©nt«
midlung beö ©efangeö in biefer (Periobe
jufamment)ängt. i
5Das 2ßort SReim, mt)b. rim, i)at a^b. I
aU rim unb hiim bie SSebeutung »on 1
3al)l, S3iell)eit, eine Sebeutung, njeld)e
erjl im 3!}littel^o($bcutfd)en in bie beö burc^
©Icicblaut mit einem anbcrn gebunbenen
23erögliebeg übergegangen ifi. Qtlle alt«
|o(^beutfc^en ©cbic^te mit ßnbreimen, bie
vor bem 11. S^i^t^unbert entjianben finb,
befief)en auö Stropben, bie älteften ber«
felben, in benen auc^ Dtfrieb feine ßiebcr
fd)rieb, au^ bier S^'^^"; baneben finben
ftd^ in ben älteften SReimgcbic^ten brei«
jcilige Strophen; Stropt)en »on me^r aU
t>ier Werfen finben ftd) üorläufig blog in
©ebid)ten gemif^ter ©tropbcnarten, ben
fogen. Seiten, ^xn 11. 3at)rl)unbert tritt
eine aüfeitige Sßermilberung ber Dileim« unb
aSeröfunP ein, tcilö in %o\%i ber in biefer
3eit eintrctenben Serbünnung unb 5lb«
fc^leifung ber (Snbftlben, teil^ in ^ol%t
barion, "da^ je^t ®ebid)te auffommen, bie
btoö jum Sefen bejlimmt waren, benen
ba^er tai firengerc muftfalif^e 93anb ab«
ging, S)ie jum ßefen befiimmten ©ebic^te
bebicnten ftd^ beö au§ bem aüittericrenben
ßangüerfe ^eroorgegangenen SReimpaareg,
baä anfangö, jum Seil a\xä) in ^Inle^nung
an lateinifd)e SBorbilber, fcl)r ungeregelt
mar unb bal)er ben SRamen SReimprofa
er{)alten fiat. .Künfilic^ üerfc^lungene SReim«
gebäubc ftnb äucrjl in ber ßprif aufge«
tommen; anfangt bejianben biefe Stro«
pl)en blo^ auö smei, brei ober me^r mit
einanber üerbunbenen ^Reimpaaren, auö ben
gemöl)nUd)en furjcn SBerfen ber erjagten«
ben ©attung; fpäter »erbanb man Sang«
üerfe ebenfalls paarwciö, unb jWar iüenig«
ften^ i^rer nier, ju einem j!ropl)ifc^en
{Rcimgcbäube, beren merfmürbigj^eö bie
Strophe Äürenbergcrö ober biefRibe«
lungenjirop^c ifi. 2llt ijl auc^ bie
©rmeiterung ber auö jmei furjen SReim«
paaren befte^enben Strophe burd^ (Sin«
fc^iebung einer reimlofen QäU jmifi^en
ba^ jmeite ^aax, nac^ bem Schema
a a b X b. SWit bem gortfd)ritte ber
Iprifc^cn Äunfi tt)äc^fi bann fd)netl bie
SReimd^ronifen — SReliquien.
571
Äunfi, ©tropfen ju bauen. 3m ©anjcn
tvalttt bei ben initteI[)od)beut[cf)en @tto=
pt)en iai ®cfeh ber 2>i"eiteili9fett,
fte^c ben ?lrt. fiieb; alle« bieö bebingt
burd^ ben ß^araftcv ber Tlnfit biefe^ S*^**'
altera. 3n ^öejug auf bie SReinl^eit ber
[Reime gelingt ee anfangt bloö, ben [Reim«
tlang annä^ernb ju treffen, fo ta^ biefer
oft me^r einer 5lffonanj aU einem Vüirf»
liefen (Reime gleid^t in n3el(l)em SBofal
unb ©d)lu§fonfDnan5 fxä) ju beden be^
fiimmt finb; erjl bie 53Iüteäeit ber pfifd)en
Äunft :^at bie SRcintieit beä iReime« ju
einer faji fet)IerIofen, bis £)eutc nie me!)r
errei(^ten SSoüenbung gebracht; namentUd^
jeici^net ftc^ ^artmann »on 5tue in biefer
Sejie^ung auö.
S)er S^x^aU ber l;öfif(i^en Äunfi feit
ber ÜRittc beä 13. 3a§r^unbertö galt au^
bei Äunji beö [Reimes; berfclbe tnutbe
mieber unrein, fomol)! in ^Jolge mangeln«
ber Äunjlbilbung, aU beö einbringend
lanbfc^aftlict)er formen in bie ®ct)tift=
fpra^e; er tüurbc aber auä) gefünjielt unb
unnatürlid^ , unb namentlid) famen je^t
©tropftenungetüme auf, ttelcfje tai Tla^
be§ €(J)Dnen weit überfd)rittcn. 3)a^ alte
[Reimpaar, je^t feiner jerfnittertcn Sßerfe
wegen Änittelnerö genannt, blieb nic^t
bloö für bie erjäljlenbe unb bie ©prud)«
poefte ber tt)pifd)e SBerö, csi würbe aud^
für bie neu auffommenbe brcimatif^e 3)icf)=
tung bie übliche poetifd^e gorm. 2Ba^
flropI)ifc£)e JDi^tung betrifft, fo erhielten
fid) in ben ©ingfd)ulen ber SDieifierfänger
wo\)\. einige alte t>on ben SDJinnefängern
überfommenc Jone; baju aber würben
jtetö neue, meiji red^t abenteuerIidE)e SEöne
erfunben, oft pc^fi iictwidelt unb ge*
fc^madloö, mand^mal über 100 SBerfe
lang, bencn aud^ i>ai beibehaltene ®cfe^
ber SJrciteiligfeit nid)t mel)r jur anf(^au'
lid)en (Slieberung ju oer^elfen nermod^te.
S)aneben |)crrfd^en im SBotföIiebe altere
unb neuere einfachere ©trop^enformen, üon
»ier, fünf ober fecf)ä Seröäeilen, weld^c
pon ber einfachen Sßolfsweife getragen
ftnb. ©er feit 3<Jf)i^^unbcrten bauernben
[Reim»ertt)ilberung mact)t enblidf) Dpi^ ein
(Snbe; bod^ ifi e^ Weniger ber [Reim, aU
Biclmel^r bie SScrömeffung, weld)e bie
©runblage »on Dpi^enö [Reform ifi unb
Welche bann audb ben [Reim jwingt, ftd^
in rl)ptf)mifd^cr SBejic^ung fircngeren ®e=
fe^en ju unterwerfen. S)ie auf bem Son
ber aSofale unb donfonanten berul;enbe
Soüfommeni^eit beö [Reimet war innerhalb
ber t)ocf)beutfc£)en @prad)e faum me^r ^er«
jujieücn, ba bie 5tuöfprad)e ber cinjcincn
ßaute je^t ungleid) met)r Ianbfd)aftUc^en
[Rüanjierungen unterlag al^ bieö in ber
©pra(^e ber f)öfifcf)en 2)id}tcr ber ^aü. ge«
wefen war; ba^er pflegte bie beutfc^c
[poetif biö ©d)itler ber lautlid^en SRein&eit
beö [Reimet nur ein mäfigeö ^ntereffe ju»
juwenben. S)ie 5lufna^me romanifd)ct
ißer«- unb ©trop^engattungen burcl) Dpi^
unb feine [Rac^folger fonnte, 'mai ben
[Reim betrifft, feinerlei ©d)Wierigfeiten be«
gegnen; bie l)öfifd)e ^unji I)atte langfi
Diel gvö§ere überwunben.
aicimdjronWcn, fut)e ®efcf)idf)tfd)rcibung.
SReliquieu ber ^eiligen al^ Oegcnjldnbe
gläubiger Sere^rung ftnb jur 3eit ber
6;t)rijienüerfolgungen ber erjien Sa^r^
I)unbcrtc aufgefommen, anfangt unter teil*
Weifem2BiberfprudE)eeinjelnerÄirc^enle^rer;
bod) fprad^en fid^ gerabe bie angefcl^enfien
SBäter ber Äird)e , wie eppfojlomuä,
^ierontjmuö, SImbroftuä unb ülugufiinu'ä,
ju ©unjien ber [Reliquiennere^rung au^.
Dl^ne Bweifcl al)mte man bamit jum teil
ben Äultuö nad^, ben bie Reiben mit ben
©räbern if)rer |)eroen ju treiben pflegten.
2ßie biefe auf fold)en ®räbcrn Sempel
bauten , fo bie 6,t)rij!en über ben ®räbern
ber 5lpoftel unb SOJart^rer; waren feine
®räber >:)or:^anben, fo erwarb man [Rc*
liquien , wobei namentlid) bie römifd^en
Äatafomben unerfd)öpf[id)en SBorrat boten.
Die 2ßanfaf)rten nad) bem gelobten Sanbc
brad)ten neue [Reliquienfct)d^e in Umlauf,
[Reliquien ß^rifii unb ber 5lpoftel, unb
neu baran fic^ fnüpfenbe SBunber. (g«
Waren aber ni^t bloö bie Körper bei
^eiligen , einzelne Sleilc berfelben ober
Sleild^en, [ßartifeln, fonbern aud^ 2)inge,
bie mit ben ^eiligen in ©erü^rung ge*
fianben iiatkn. ©d)on luguftin flagt,
'üa^ müßige 2Röncf)e mit ben [Reliquien,
weld)e aud} aU ©d)u^= unb ^eilmitttcl
bienten, ^anbel trieben, ©d^on ju Äarl
beö ®ro§en Bett famen fe^r abenteuerlid^e
[Reliquien auf; wäl;rcnb ber Äreujjüge
mehrten fte ftc^ no^ me^r; eö famen
j. 93. t)om Scibe G^rifii ein 3a^n, |>aare,
©tüdfe »om [Rabel jum iBorfc^ein; Sin»
wenbungen frommer SiRänner, aud^ ©ottcg«
urteile, bie jur Untcrfd)eibung achter unb
unä<^ter [Reliquien angeorbnet würben,
fruchteten nid^t^. S)er SDom ju |»allc a. @.
befa§ öor ber [Reformation 8133 ^artifel,
baruntcr in einem ©arge 1243, unb 42
ganje Äörper, in me^r üU 200 SBe^ölt*
niffen , beren SSorjeigung jü^rlid^ am
©onntag nad^ SUiaria ®eburt fiattfanb.
572
ffteliquicn.
S)ic Sßorjcigung gcfc^a^ in einjelnen 916;
tcilungcn, entwcbcr üor einem 2Utare in
ber ^irc^e, ober »on 5tltanen ober ©alcrien,
fog. |)eiligtumäfiüf)fett, {)erab an iai im
freien üetfammelte 93oIE. 5tuf SReliquien,
ml)b. heiltaom ober heilectuom ftiurben
im ÜJlittclaltcr ©ibe gcfd^woren.
SBon nad^^altiger SBebeutung n^urbe bie
SReliquienoere^rung für bie bilbenbe Äunfi
unb baö Äunfl|anbn)erE, rttelc^c eine un«
ääf)lige SD^enge »on 9fietiquicnbe6dltern in
®oIb , Silber , (Slfenbein , ©betfieinen,
^xt)fta{i, feinen |»ol5artcn u. bgl. fcf)ufen.
i)ie ältefie ©teile ber ^Reliquie rcar eine oer«
fc^Ioffene Vertiefung unter ber 5tltarplatte,
sepnlchrnm, jur 5lufnat)mc eineö bleiernen
Ääfi^enä mit ber SBei^ungöurfunbe unb
ber «Reliquie bej^immt; biefe burften bei
feinem 2lltare fe|)Ien, ia feber Qlltar, im
5lnfc^Iuffe an bie altc^rijilid)e 9lbenbma^Iä*
feier über ben Oräbern ber ÜJJärttjrer, i>ai
®rab eine^ ^eiligen Dorfieüt. 3^^ 23er*
laufe ber 3eit entjtanben äat)Ireid)e befon«
berc formen eon SHeliquienbepItern, bie
Dtte, fircf)Iicf)e Äunfi^^trc^aologie, § 38,
auf folgcnbe klaffen jurücffü^rt.
1. «ReliquienBepIter in ber ^orm eine«
üierecfigen Äafienö, ©arge, Ädfic^en,
^ulte, 33üc£)cr, ©cf)ac^teln. ^ii)ä\U
niffe für einen ober für einige ganje
Körper I)eifen Äajien, capsa, mbb. chafsa,
kafs, kaps, chefsa unb ät)nlid^; cista,
Äific, ßabe, ®(ä)rein, ©arg. 9^acb 5lrt
antifer Särge f)aUn fte einen badfiartigen
Oberteil, alfo bie ^orm eineä ^aufeä ober
einer fiird)e, felb)^ mit ©eiten» unb Duer=
fd^iffen, analog bem jebesmaligen 93au=
fiile. 2)er haften bePet)t au« |)oIj, mit
Bcrgolbetem SDIetaüblec^, ©itbcr ober Äupfer
überf leibet, iai mit getriebenen SReliefä
auö ber biblifd)en ober ^eiligen ®e=
fcf)icf)te reic^ »erjiert erf*eint; berart ifi
ber Äajien mit ben ©ebcinen .^arlö beö
®ro§en im aRünfter ju Olafen unb ber
Äa^en ber ^eit. brei Könige im Kölner
^om. ®er ®ebrau(^, foI(f)e ©arge auf
«Bahren inbenqSrojeffionen feerumjutragen,
gab aSeranlaffung, fold)e ©cf)reine anjU:=
fertigen, tf>i\i)t, auf ben ©(iiuttern oon
Äteriferfiguren ru^enb, »on biefen f(^ein:=
bar getragen »erben. 3ur 5tufna^me »on
qSartifeln bienten Ääjl(i)en ober ©arg*
^en dl)nlic^er ®ejtatt, beren nod) fef)r
eiele nor^anben ftnb, jum teil au« ©Ifen*
bcin ober au« ^olj, n)elcf)eä mit (Slfenbcin*
platten überjogen ift. Stnbere SSe^dlter
|)aben bie ^^orm eine« ©c|puUc«, mic
fte auf 5(Itdven jum 9luf(egen be« 3Jicf=
bud)e« gebräuc^Ii(^ maren,
2. (St)linbrifcf)e 93et)ältnif[e |^atten
bie befonbere ®efiatt einer SBüc^fe,
eine« JEurmeä ober eine« Jaber*
nafel«, ®efäBe, bie ebenfaü« jur üluf*
bema^rung ber (Suc^ariftic bienten. I)a«
Sabcrnafel mar ein au« einem Sßalbc »on
©trebepfeilern fomponierte«, »iclfaci) burcf)=
brod)ene« JReliquiarium, in beffcn ©ocEel
bie Oieliquie aufben)a{)rt mürbe.
3. Jafc^en, im Orient am ®ürtel
getragen unb burc^ Pilger unb Äreuj*
faf)rcr im 5lbenblanbe »erbreitet.
4. SBe^dltniffe für bejiimmte Körper*
teile in gorm ber legieren, meifl au« »er*
golbetem ©über. 2)a^in gel)ören Sruj!*
bilber jur Qlufnabme be« ©d^dbcl« ber
^eiligen im Äopfe ber SBüjie, barunter ba«
Sruftbilb ^arl« b. ®r. im 5tac^ener S)om;
5Irme, bie 9?ö^rfno(^en be« ^eiligen*
SIrme« cntf)altenb; aui) biefe ^Joti" fommt
in ütac^en für ben 9(rm Äarl« b. ®r. »or;
ginger; %ü^i] einzelne größere ®c*
beine, ^Rippen, 2öirbeIfnoc&en u. bgl., in
3!J?etatt gefaxt: 93ilber, ©tatuettcn ber
|)eiligen jur 5lufna^me ber iRetiquien, ou«
äRetaE getrieben ober l^o^I gegoffen, auch
au« $olj gefcbni^t.
5. Se^dltniffe, meIcE)e burd^ i^re gorm
auf bie in benfelben enthaltenen (Reliquien
ober auf bie ßegenbe ber ^eiligen beuten,
©erart ftnb Ärcuje ober Ärucififc
al« S8el)dltniffe »on *partifeln be« magren
^reuje«, in unjdf)Iigen formen unb ©rö^en
erhalten, ©eitbem bie Äaiferin |)elena
^artüetn be« ^eil. Äreuje« genommen
Iiatte, »erme^rten ftc^ biefe bergepalt, ia^
fd£)on 30 3af)re nad^^er ei^rillu« bejeugte,
bie ganjc 2ßelt fei mit ^^artifeln be«
Äreuj^olje« evfüUt. 3u ben 93ef)dltniffen,
meld)e in gorm ber 2lttributc ober
©pmbole ber betreffenben ^eiligen »er*
fertigt ftnb, geboren ein ftlber»etgoIbeter
jüngelnber ©rad^e, al« 9lttribut ber :^etl.
ÜRargaret^e , eine ga^nc, mit fpericn
burc^itictt, für ©t. SDJori^ unb @t. ©regor,
eine tijönerne Sampe ber ^eil. Stifabetö,
ein geflügelter Söme be« ©»angclifien SÜRar*
fu«, ein filberner <)3 f) ö n i y auf bcm ©c^ei*
tertjaufcn, al« ©tjmbol ber Unfierblic^feit,
mit 16 *partifeln ber ^eit. Jungfrauen,
ein ©d)iff ber ^eil. Urfula, ein ©d^ wert
al« S[Rartermerfjeug oieler ^eiligen, eine
ftiberne 2Biege mit .^eiligtum »on ben
unfd^ulbigen Äinblein.
6. (Rcliquientafeln, tabulae, feien
e« mit glactimalereien ober Stelief« ge*
iRenaif[ance=StiI.
573
f(f)niüdtc Safelbilfccr ober o,xö^iU unb
fleincre ^^lügclfcfercine. Sabin jäblcn au(^
tu fog. ,RuBtäfeld)en ober *Paccmö,
ittclci)c, [citbem ber cigcntlicf-ie gii^benefu^
nic^t met)r üblidi war, bcn ©laubigen,
befonberö ben ®eij^li($en, oor ber Äom=
munion »iibrenb beö Qlgnuä S)ei jum
Äüffen bargereid)t lüurben unb gewöbn^
lief) iReliquien entt)ielten. ®ie befieben
auä (Elfenbein ober SWarmor , tieredig
ober geiüölbt, mit SReliefö au^ ber t)cil.
®e[d)icbte.
7. DJ^onjlranjcn; ^icr finbct jtd) baä
ftcbtbare ^etliptum in einem fcnfredjt ge=
jieüten Äri)jlaii=(Si}Iinber, ber ron einem
gotifcf)en Äelc^fu^e getragen mirb unb
oben mit einem jjabernat'cl in ben manig»
faltigen goif"!^" ber gotifd)en §(rd)iteftur
gehont ifi. SoIct)e (Sefape fmb erfl feit
bem 14. 3abtt)unbert in ©cbrauc^.
8. 9tüerlci ©efäfe, ®eräte unb ®c=
fc&irre au^ ©tcin, ©lae unb ^Hetatt, bie
fonfi im fircblicben unb bauelidjen ®es
braudic jur 5lutnal)me »on g'üffigfeiten
bienen, mic ® dialen, SBecfen, ®läfer,
S8ccf)cr, Äeld)e, Äannen, unb bic
jum ßtvtdt ber SReliquieu-^lufbewabrung
mit 2)ecfeln oerfebcn würben, ^ni) 93laö =
f) inner fmb ju biefcm ®ebrauc^e »et^
menbet morbcn.
9. Äleinobien ber »erfcbiebenfien 5lrt;
mit i^nen würben in bcn ^jicliquicnfctjä^en
ber SDome oft Äuriofa unb Diaritiiten
aufbewa{)rt, bie nad) Umfiänben aud) alö
SWeliquienbebälter, ober aber fonfi aU
©(^augegenftänbe ober als Erinnerung
an eine ^itgerfabrt bienten. SJaju ge?
^ören feit bem 9. 3al)i[f)unbert (Straußen«
eier,Äofoönüffc,€imaragb = ®efä^e,
® reif entlauen, b. I). meift mit Jier*
füfen oerfeI)ene ^örner, Porfünbflut«
Iid)e Änod)en, SBalfif d)ripven,
® ^ i I b f r ö t e n f d) a I e n , iW e t e 0 r fi e in e,
Qllraunwurjcln.
iRcnaiffancc=©tiL ®cf)on um ba(i 3af}r
1420 griffen bic italicnifd)en 51rcbiteE=
tcn, bie ben gotifc^cn Stil nur anders
lic^ aufgenommen unb felbfi inncrl)alb
feiner Srabition ftd) balb bem SHunbbogen
wicber jugcwcnbct Ratten, mit Sewu^tfein
äu ben antifcn got"!^" jurütf, um eine
„SBicbergcburt" ber SBaufunfi cinäufü^rcn.
S)iefe ülenaiffance ging con einem forg*
fältigen ©tubium ber antifen Überrede
QUd , weldje lai alte SRom t)interlaffen
batte.
1. 31 n fange bet SRcnaiffance
bei ÜJioUrn unb 93ilbl)auern. [2Ba^s
renb biefc Umgefialtung fid) im Süben ooU*
jog, brad) ber D^orben ni(^t minber eiit-
fdiieben, wenn aud) in anberer SBeife mit
bcn Srabitionen bcä ÜDJittclalterö. J^ier
war cö bic iJJatur, au« ber bie Äunfi fid^
verjüngen foütc. S)icfer 3ug nad) größerer
?Jaturwa{)rt)cit, wcld)c ber traumhafte
3bealismu(3 bcö üJJittclattcrs nid)t gefannt
batte, jcigt [xd) jucrfi in ber SlJlalerci.
Hubert unb 3an oan 6pcf finb bie er^cn
©ü^nbredbcr einer neuen 6pocf)e, aber balb
üerbreitet fid) ber ßinflu^ ber oon i^ncn
gegrünbeten flanbrifd)en Sd)ule über alit
®ebiete 2)eutf4Ianbö. 2)abur^ aber eni*
fianb ein fd)arfcr Äontrafi mit ber ^err*
fcftenben 5lrd)iteftur, welche oötlig in hm
3)ienft eineä banbwerflidien Sd)cmatiämu^
gefommen war, aber gcrabe in bem in ber
Oioutine ergrauten |)anbwerE eine ®tü5e
fanb, weld)e ben gotifd)en @til biä iu^
IT. 3al)r()unbert hinein neben ber oon
3tulicn einbrec^enben 9^enaiffance , burc^
3at)Ireid)e.^anbelSocrbinbungen unb wiffen«
fd)aftlid)e Sejiel^ungen geforbert, aufredjt
erhielt.
Unter ben Äunfiwerfen ber Übergang^»
epod)e ifi oieüeic^t fcineö, wcld)cö ben
Übergang fo oielfeitig ocranfd)auli(^t, wie
bic S^ronif oon .^»artmann ©cftebcl (1493)
mit i()rcn oon 3[IJicf)ael SBoljlgemutb unb
*)3leibenwurff entworfenen .^oljfc^nitten.
2Bät;renb ftd) einerfcitö barin bic mittelaltcr*
Iid)c 2lnfc()auung mit i^rer ®leid)gültigfeit
gegen iaii iRcale, iljrem $angc ju pljaus
taftifd)cr SBitlfür in oielen ©tiibtebilDeru
^eigt (D^iniue, JDamasfuö, 93abt)lon, *}lt^en
fcljcn auä wie mittelalterliche 6täbte unb
Sfinioc genau fo wie Äorintl), ©amaäfuij
wie 9icapcl, »Perugia, SScrona, (Siena,
9D^antua, gerrara), fo bewerft man boc^
in anbcrn einen gewiffen ®inn für JBirf*
licbfctt, wie in ben Silbern oon ijfürnberg,
aSürjburg, SBcncbig, ^^lorcnj k-, nament*
lid) aber bie Steigung, bie bargcfieütett
®ebaubc in Dienaiffanccformcn ju fleibcn.
SDJit bem 23eginn beö 16. 3abrl)un«
bertö tritt eine neue ®cneration oon
Äünfilern auf ben iSd)au|.'>la^, wcld)c ibrc
5tnregungcn bireft auö 3t^iii^" b^lt unb
ber Sienaiffance ben Gingang in bic beut*
fd)e Äunfl babnt. Der SBorrang gebührt
iier ber 21ug(3burgerfd)ulc , wo $an^
33urgfmair einer ber erfien ifi, welcher
bic .^unfi beä ©ubcnö nad) Dtorben ju
oerpflanäcn fud)t. S^m fd)lic^t ftc^ bie
gamilie .polbein an, forcrft mit .^an^
^olbcin bem altern, namentlich aber mit
^olbcin bem jungem, ber ooUjiänbig mit
37
574
JRcnaiffance^Stil.
bem 90?ittelattet bticf)t unb ftd^ bem neuen
«Stile mit ©ntfd^iebenfieit juwenbet, nid)t
nur in jofilreid^en ©emälben feiner §anb,
fonbern aud^ in ben bcfannten ^opabe^
malereien, aber aucf) in gntttiürfen ju
©laögemälbenunb ©egenjlanbcn beä Äunp-
gewerbe«. ©anj anberä gehaltet f\i) tai
Ser^Qltniö äur italienifd()en SRenaiffance
bei bem ^auptüertreter ber fränfifd)en
Schule: QUbred^t 5Dürcr. (Sr <lrcbt njcniger
aU ^olbein, ftcf) bie ijormcnttielt ber ita»
Iieni[d)en SHenaiffance ju eigen }u machen.
2)te ^auptfac^e ifi bei if)m getreue 9^ac^=
abmung ber 9?atur. S)q§ er aber, ttjo
e« töm barauf anfam, bie antifen ^^ormen
JU beberrfd)en hju^te, crfennen mir au«
feiner berrlic^en ^anb^ei^nung beä 33aöler
SDJufeumö »on 15U9, »elc^e bie SO^iabonna
mit bem Äinbe, ft^enb in einer prac^t«
coüen |)aüe mit forintf)ifc^en Säulen,
barjleüt.
Snjroifdben mirb bie Strömung ber
JRenaiffance immer mächtiger unb bie ßuj^
am reijenben Spiel il^rer ^ormenmelt »er*
breitet ftd) unter ben beutf^cn ^iinjllern
balb fo allgemein , ta^ bie ©emälbe,
Äupfcrfttä)e unb ^oljfd)nittc etwa feit
1520 ton ©etailö biefcr <Mrt mabr^aft
überprömen. ^Ubegrefer, «Hltborfer, *Pencj,
©d^äuffelin , ^anä Sebalb Sel)am ftnb
Mc Vertreter biefer (Spod^e.
®leid)äeitig mit ber ÜJialerei mcnbet
ftd) au^ bie ^laftif bem neuen Stile ju
unb gerabe an einem ber größten SDtcifter
läfet ftc^ ber Umformung ber <Mnfcbauungen
bcutlid) na(f)meifen. öö ifi «ßeter 93ifcf)er
Bon fRürnberg mit feinem ^auptwerf bem
©cbalbuägrab in St. Sebalb , »el^eö
fo Dotlitänbig wie fein anberc« bie Sßer*
fAmeljung beö neuen Stilö mit ber ©otbif
jeigt. «Zßäbrenb bie (Srjarbeit burc^ biefeä
5Kcifiermerf rafd^ unb entfd)icben bem neuen
Stile äugefüt)rt wirb, »erharrt bie Steine
ffulptur unb me|E)r nocb bie f olfött). ^olj*
fc^ni^eret bis tief in« 16. 3abrl)unbert
bei ben formen ber ©ot^tf. 5Dic ^aupt=
meifier biefcr ÄunfijWeige, 3otg Sprlin
»on Ulm, 23eit Sto^ unb Ülbam Äraft
bleiben unentwegt auf ben ißabnen beö
3Wittelalterä , wenn f\ä) aui) in i^ren
2l<erfen ein erfrculicf)cä SRingen nad) Jiaturs
tt)abrf)eit beutlic^ jeigt. ©eringen Serfucl)
in *Unmenbung ber SRenaifCanceformen mac^t
Slilmann !Riemenfd)neiber non aBürjburg.
5lm entfcbiebenften bringt ber neue Stil
an ©rabmälern nor, bie in 2 formen
auftreten, cntweber aU Sffianbgrab, »on
einer reiben unb fräftigen 5lrdbiteftur ein*
gerabmt, mit jiebenben ©eftalten ber Ser«
jiorbenen ober aU greigrab, mcld)e« ben
Soten auf prac^tooü gefd^mücftem Sarto«
pl)agc licgenb bar^ellt.
S)ie d-^öre ber Äird^en ju SBert^eim,
!Pforjt)eim, Slübingen, Stuttgart, g^eibeig
bergen eine SDtenge berfelben. Jiamentli^
baö pracbtDolle SDionument be« S^urfürjien
aWori^ üon Sac^fcn in ^reiberg gehört ju
ben bebeutenbficn Oeiftungen ber (Renaif*
fance. Sereitö ganj felbfiänbig tritt btc
(piajiif an bem ©rabmonument beä Äaifer«
SD'iaj: JU 3nöbrucf auf.
2. JRenaiffance in ber 5lrd^itef*
tur. aSäferenb fo in ben bilbenben fünften
bie SRcnaijfance bereit« fefien ^uf gefaxt
^attc, eineöteil« angeregt burcb i>ai Streben
nad^ SRaturma^ri^cit , anbernt^eil« burc^
®influ§ Stallen«, mar tai ÜJtittelalter in
ber Qlrc^iteftur ju 5lnfang be« 16. ^a^xt
i^unbert« nod) feinc«meg« abgetf)an.
9?nmentlic^ beim .Kird^enbau begnügte man
ftct) nod^ lange mit gotifdE)en Äonfiruftionen
unb formen unb felbfi im 17. 5at)r^uns
bert laffen [xi) nodf) gotifd^e ©injel^eitcn,
namentlich (portale nad^meifen.
Tlit Tlaä^t beginnt etwa feit ber
SDJitte be« Sa^r^unbert« bie Otenaiffancc
ftd^ aller Orte in S)eutf(^lanb aud^ in ber
2lrd^iteftur auöjubreitcn. Seit bem ülug««
burger SReligion«frieben (1555) begann t>ai
JRei^ ftd^ pon ben Oteligion«Eämpfen ju
berul)igen, meldte SRuf)e erft burd^ ben
5lu«bru(^ be« 30 jährigen Kriege« i^r Snbe
finben foOte. 3n biefen 60 3al)rcn eine«
fafi ununtcrbrodbenen ^lif^^n«, wo ^anbel
unb Sßerfeljr blütjte, ein neue« geiftige«
ßeben ftd^ überaß regte, entmidelte fic^
nun au(ft bie bcutfdbe SRenaiffance in i^iret
ganzen ^^üUe. ^ätte £)eutfd^lanb einen
bominiercnbcn Äönig«^of befeffcn, wie
JVranfreid^, fo mürbe ber ©ang feiner
Sienaiffance ebenfo eiitfad^ überftc^tlidl) fein,
roie bort. 2Bäf)renb bort ftcb bie einzelnen
(Spod^en nadb ben SHegierung«jeiten ber
cinjelnen Könige gliebern, ifi bii Sc*
megung in I)eutfd)lanb eine niel manig*
faltigere unb fomplijiertere.
SDie gcifiige (Sonfiguration bc« beut*
fd^en .Kulturleben« befiel)t auc^ je^t au«
einer 5lnjal)l gefonberter proninjteller ©e*
biete, bie fafi bi« jum ©igenfmn t^re
Originalität unbSelbfiänbigfeit behaupten.
a3on einer fietig fortfd^reitenben ^ifio*
rifd^en (Sntmicflung ifi fdbon be«^alb bei
ber beutfd^en Dienniffance wenig ju fpüren,
wenn fidb aud) etwa 3 uerfc^iebcne ©tabien
in ber Öhianjierung biefe« Stile« unter*
iRenaiffanc«5<gtiI.
575
[cf)eibcn. 2)ic crjic Spo(^c umfaft bie
frütiefien Q3erfuc^c, bie neue Sauroeife auf
bcutfcöen ©oben ju übertragen. J^iert)er
get)ören bie S)enfmä[er, bie jirifcfeen 1520
unb 1550 entftanben ftnb. S>er 6.t)aratter
berfelben fu§t auf einer naiven ^Ineignung
ber ijrü^renaiffance Oberitalienö, nament'
lid) iBenebigö. 2)aä S)eforatiüc waltet
»or unb iwax in bem leidsten jietlidjcn ®i'
präge eineö übcrtniegenb üegetatioen Dx'
namentö üon Slumenranfen, burd)Webt
mit Ü)fa0fen unb anbcrcm figürlichen,
bcffen 3iu0füf)rung inbeffen ben beutf(i)en
Steinmc^en feiten rcd)t gelingen iviü.
2)ie felbftänbigen ©lieber ber Qird^iteftut
namentlich bie Säulen mit i^rem 3ubet)ör
«erben o£)ne genauere« Sßerjiänbni^, un=
ftct)er unb fii)tt3anfenb gebanbt)abt. iDa=
neben fpielt iai ®otbifct)c in ©lieberungen
unb ©etailö, in £l)ür unb genftergemänbcn,
Steppen unb bcrql. immer noc^ eine gro^e
SRoüe.
2)ie 2. ^{)afe ber Sntmicflung beginnt
um bie SUiitte be^ Jalirbunbert«. *JJJan
l)at inxd) Scbrbü(^er bie antifen formen
bcffer fennen gelernt. jDie fcfcmanfenbe
Unfid^erbeit tritt jurücf, aber für eine mat)re
Stuebilbung ber *3lrci)itcftur fel)lten be=
beutenbe, tonangebenbe, füf)renbe SDieifier.
(Sin jeber fuc^te in feiner Sßeife in bem
dbaoi terfcl)iebencr formen ft^ }ured)ts
jufinben. Dieben ben Elementen ber
flafftfct)en 2lrc{)iteftur unb ben !Reminiö=
jcnjen- ber ©ot^if jleüen fi^ ^uglcid^
bie frül)en Sorbeten beä beginnenben
33aro!flilö ein. 2)ieä ilUeö bebingt eine
SDiifd^ung, wdi)t nic^t immer glücflic^
ausfiel, gleicf)roo^l aber boc^ in einigen
ü)Jeifterfd)öpfungen, mic in bem Dtto |>ein=
ric^sbau in Reibet berg jtc^ bebcutfam aus-
geprägt liat.
25iefe ©tilentraicflung gel)t bann un«
merflid) in bie 3. 6tufe über. 3n ibr
gewinnt QlQeö einen berberen Qluöbrucf,
bie formen Raufen fii) nid)t feiten biö
jur Überlabung, Sarofee unb SBitlfürli^cä
mifd^t fic^ ein, befonberö bie Drnamentif
PerläBt ben feinen ©runbjug ber frül)ern
Seit unb wcnbet frei) roieber einem Spiel
mit gcometrifcf)en formen unb einer ^ai)'
al)mung frembartiger Ornamente, nament=
li<i) au« bem 93ercic^e ber ©cbmiebearbcit,
ju. yjlxt bem 5lu«bTUi$ be« 30. jäl)rigen
-Kriege« finbet aucfe biefe (äntmidlung i^r
6nbc unb nad^l)cr tritt ber franjöfifc^e
Stil ßoui« XIV. in bie Sücfe ein.
a) 2)ie "©etailf ormen. Um nun
im gin^elnen ben G.barafter ber beutfdien
JRenaiffance ju f^ilbern, ifi t>orab mit
ber 33el)anbtung ber I)etailö jU beginnen.
SBa« junäd)fi ben Säulen bau betrifft,
giebt e« feine größere 5lnjal)l eon 93arie'
täten al« bie beutfct)e Dtenaiffance fie bietet;
e« mimmclt, namentUd) in S^i^^^^fiS^'^
unb $oljfd)nitten üon einer fafl unab=
fel)baren 'JJJannigfaltigfeit ber ^oi'r"^", fo
ootl oon ilBillfür, ta^ c« ftd) einer fpfiema«
tifc^en »ilnalpfe oollflänbig ent^icljt. 'ilber
bie iDieifter f)ieltcn alle biefe oft munbcrli^
angetlianen %oxxntn für wirtUdje 9ie*
naiffance unb manche« brang in bie
monumentale Qlrc^iteftur ein, fo nament^
lid) jene pflanjenl)afte !öeö_anblung ber
Säule, tt)eld)e bem Sd)aft in feinem
untern Seile eine ^luebaud^ung giebt unb
biefelbe mit gcjacftem 93lattmerf umfleibet,
bie Saft« ebcnfo reilltürlic^ au« fnotlig
gefc^nelltcn ©liebem jufammenfe^t unb
auc^ ba« Kapital in einer ü)iifd^ung üon
mittelalterlichen unb unflar aufgefaßten
antifen SDJotipen bel)anbelt («ie j. SB.
am @rfer tom ©c^log ^artenfclö ju
Jorgauj. Sieben biefen unflar fpielenben
formen erfctieincn inbeffen aud) anbere,
welche mit größerer @ic^erl)eit bie Slemente
ber JRenaiffance jur Srfc^cinung bringen,
wenn aud) bei il)nen ein jlarfer ^ang ju
ornamentaler jyctianblung pormiegenb ifi.
S)em untern Seil be« Si^aftcS, ber bur^
einen Oiing begrenjt ifi, giebt man beätialb
in ber Otegcl reic^eö plaiiifcf)e3 Ornament,
aui meli^em bann mol)t ßöroenföpfe unb
bcrgleid)cn au« ber ÜJiitte t>orfpringcn.
3)ergleid)en Säulen jeigt ein portal an
ber Äanjleiftra§e ju Stuttgart, bcyi (Portal
beS ^anjlcigebäuöeä in Überlingen unb
tafi (Portal beS Schlöffe« ju Tübingen.
2)ie fpätere 3^*^ mcnbet \\d) mit ißorliebc
ben einfad)crn Säulenorbnungen, nament*
li^ ber borifc^en unb to«fanifd)en ju.
3n ganj anberer 3Beife, al« bei ^ot*
talen, (Srabmälern, Srunnen :c. wirb bie
Säule ba bel)anbelt, mo fte eine ernft»
^aftere gunftion ju erfüüen l)at, befonberö
alfo bei »ilrfaben, wie fte namentlid) in
Scf)loi3l)öfen uorfommen. ^öebingt burc^
bie niebrige Stocfmerfßhö^c wirb bie
Säule fiämmig unb gebrungen gebilbct,
mit freier Umgeftaltung ber antifen 23er«
l)ältniffe. ©erabe baburd) aber gewinnt
fte oft ben (SöaraEter einer eigentümlid^en
fraftiwKen Sd)önl)eit, fo in treffli^er SÖeife
im Sd)loBl)ofe ju Stuttgart, iloi) berber
\\t bie 33e^anMung ber Säulen im alten
(Dlün^l^of in SOtünd^eu.
.; (SnMic^ ftnb noc^ jene gälte ju nennen,
37*
576
Olenaiffance*®tit.
tt>o bie ©äulc ücreinjelt jur Qtntrcnbung
fommt, namentlidf) bei 93runncn, aber aui)
bei iüfarienfaulcn k. ^ier wirb fie frei
nai) bem @ci)ön^eitägefüt)I beö Äünjilcrg
gefialtet, fo an bcm fcfcönen Srunen in
Safel, einem Srunnen ju (Stnünb unb
SRotbenburg. Streng flaffifd) ifi bie 9)tarien=
fdulc in ÜJJünc^en bet)anbelt, originell bie
Säule an ber alten ^anjlei in Stuttgart,
ttielc^e eine SBcnbeltreppe birgt.
35ie Se^anblung ber(Pilafter fd)Iie§t
ficf) in ber 9icgel berjenigen ber entfprcd^enben
Sdulenfteflungcn an. SKetftenä fanettirt
man fie, aber eben fo oft roerben fie mit
einem 9iat)men umgeben. 2)ie ^lädien
erhalten Ornamente non Sßldttern, in bercn
SRanfenmcrf ft^ ^^SÜrlic^e^ mifdit. Sei«
fpiele bicfer 5lrt jeigt bie gapabe beä
Otto |)einric^baue^ in ^eibelberg. Oegen
2luägang ber (Spoc&e mirb e^ beliebt, bie
^pila'Per entnjeber k la SHuflica mit 93offagen
ju be^anbeln, ober fu nac^ unten tierjüngt
alö J^ermen, ^äufig mit f($uppenartiger
Se^anblung aufjufaffen. 9loc^ öfter bf
fleibet man ben untern Jeil beö ®cbaftc§
ä^nlic^ roie bie Säulen mit fpielenbem,
S[Retatlbefcf)lägen äl)nclnbem, Ornament.
SDas S3arofPe ifi, menn ptöMicb in ber
SDJitte beö S($afteö fic^ ein Jeil beöfelben
»om ©runbc ju löfen beginnt unb in
ftarfer 9lu0baud)ung ttorfpringt, mn ftc^
bann »olutenartig bem Scf)afte mieber
anjufdbliefen. 93cifpiele berart jeigt bie
Äapelle in Siebenftein. S5aneben mac^t bie
Spätjcit befonber« ungemein au^fc^weifen^
ben ®ebrau($ oon ^ermen unb Äartjatiben,
unb ymax ni<^t bloö mit nad) unten oer^
jüngtem S^aft, fonbern au* mit alters
lei pljantaftifcfeen QBcrjicrungen. dagegen
mac^t fic^ julefet eine SRcaftion geltenb,
rüt\ä)t ben ^ilafter in ftrengercr Sfficife
al^ jiruftioes ©lieD mit ftraffer, mcifi etmaö
verjüngter 93ilbung bed Sc^afte^ auffaßt.
2)er felbpänbige ^feilerbau finbet ftc^
t)auptfäd)lic^ bei ben 5lrfaben ber ^öfe
angemenbet, rok in ber SRefibenj in ^i^eiftng,
bem *t5eller^au^ in SWürnberg unb in ber
Srauöni^ bei ßanbäl)ut.
5Die 93el)anblung be§ 93ogenö, mag
berfelbe mit Säulen ober «Pfeilern »er«
bunben fein, flingt no* in mannen Seilen
an^ 0}Jittelalter an. Qvoax cerbrängt ber
IRunb« unb glac^bogen allmälig ben Spi|i*
bogen, allein bie $rofilierungen finb nocf)
ganj im Sinne beö SWittelalter«2lbfaffungen
unb Sluöfe^lungen. Jnbeffen gewinnt aud^
f)ier bie QlntlFe mit ibren recbtminfligen
ar(f)itrar'tertcn formen, i>ai Überge»id)t,
fei cö, i)a% man biefelben bloä burcb *profiI
mirfen lä§t ober ta^ man aud) ben Q3ogen
üöüig mit Ornamenten befleibet, mie auf
ber $leffenburg.
S)er «Portalbau nimmt an ben üßanb»
lungen Seil, tt)el(f)e ber Sogenbau im
allgemeinen burcfcmac^t. «Portale mit
gerabem Stur^, geboren ^u ben Qlusnat)men,
Siegel ifi ber (Runbbogen, obmoljl biömeilcn,
mie am iRatbauö in ajlübl^aufen ber
Spigbogen ober ttio^l aui^ ber glac^bogcn
oorfommt, 2lnfang{S obne oiel 3i£i^<it, um«
ralimt ftd) iai «Portal nac^ ber «DJitte beö
3al)tt)unbert0 mit ben antifen,, Säulen*
orbnungen, mie hai ^Portal ju Überlingen
ju Stuttgart, ju S^anjig, SRotbcnburg. (Sine
fräfttge, oft reic^ gefc^mücfte .Sonfole be*
jcid^net ben Sd)lu§fiein be^ Sogen«, Oma«
mente »egetabilifdjer unb figürli(i)er 2lrt
f(imücf en bie 3wicf el unb bie i^läc^en ber
«Mrcfeioolte, wie aucfe be3 ^riefee. ^^ür bie
obere Sefrönung begnügt man fic6 oorerft
mit bem einfad)en (Siebel, fpäter jebod^ wirb
berfelbe oft in barofer Sffieife burdjbrodjcn,
ober eö wirb — befonberö wo ein ^enfiers
ft)iiem mit bem «Portal oerbunbcn werben
foU — ein attifaortiger 5luffa| mit «pila«
jlern unb Seitennoluten unb nic^t feiten
mit reid}er Sefrönung angebracht. «Wit
biefer gorm be^ «Portale fam man bei
allen (Scbäuben, t\xä)Uä)tn unb profanen
auö; al« eine Sluönai^me crf<f)cint e«, wenn
bem .^auptportal ein fleinere« für 5u§«
ganger beigegeben iji, »ielleicbt ein 6influ§
beö franjö'fifc^en Sc^lopaue«. 2)ie 2ln«
orbnung finbet man an ben @d)löffern
ju Stuttgart unb Tübingen, bem «piajien»
fd)lo§ JU Srieq.
®ie 93el)anblung ber genfer i)at
manct)e 35erwanbtfd)aft mit bem «portalbau,
jeigt aber eine größere «Dlannigfaltigfett
in Sßermifc^ung mittelalterlicf)cr formen
mit benen be« neuen Stil^. Spi^bogen,
i5lacf)bogen, SRunbbogen unb geraber Sturj
tommen gleid)mä§ig oor. Qlucf) bier jtnb
jucrft bie mittelalterli(i)en «Pro^le beliebt,
wie am Sudberbauä in «Itürnberg. Slntifi*
fierenbe ©infaffung mit Qlrd^itracprofilen
ieigt iai «Piafienfci)lof ju Srieg. SWeifleng
finb bie ^^"fi«!^ ungeteilt, fo ta^ bie
fleinen runben in SSlei gefaxten Scheiben,
bloä burd) ^öljerne [Rahmen gehalten
würben. Sei fiattlid^ern Einlagen wirb
aber i>a^ ^^enflcr burc^ einen mittlem
Steinpfofien geteilt, ber ^äufig einen
Scbmucf Don ^ermen ober Äarpatibcn
erl)ält, wie am .^eibelbergerfd)lopau. 3)ie
gricfc ert)alten reid^en Ornamcntf(f)mu(f
Otcnaiffances^tit.
577
unb übet bem Ocjtmö wirb entwcber eine
freie plafiifcfce Sefrönung ober ein ein»
fad)er tt)o|)l mit SWaöfen gefc^müdtcr Oicbel
angeorbnet. 5(ucf) burc^broc^ene ®iebel
fommen in ber ©pätjeit auf. 9?eben
biefen 5DoppcIfenfiern begegnet man auc^
3fa^en mit erb()l)tem Sölittelfenfier , ja
biämeilen fommen gruppierte SRunbbogen*
fenfter cor, njic am JRatbau« in Sonftanj.
öefonberö beieicf)ncnb für bie gefammte'
beutf(f)e SRenaiffance ift bie SBilbung beä
Drnamentö. iMuögcbcnb öon ber Drnas
mentiE ber italienifilien 55'^üf)'^f""^ff'''"^^'
ntel(^e burc^ rbptbmifd^en 6($»-Dung unb
flaren ,^Iu§ ber Sinien, fomie burd) an=
mutige 33erteilung im SRaume fic^ auö=
jeicf)net, trirb biefe grajicfe Drnamentif
gegen iDMtte beö 3af)r^unbcrt^ immer mebr
jurücfgebrängt unb fc^Iie§lid() ganj be=
feitigt. 5tu"(^ bem italienifd^en Sarocco
bringt forerft fcf)on früb hai fog. 6ar«
toucbenrocrf nad) SJcutfdblanb : aufgerollte,
cbgefci^nittene , mit ibren (Snben fcbatf
berauägebogene unb frei üorfpringenbe
93dnber, bie einer biegfamen SDtaffe nad)'
gebilbet finb unb ibre (Sntfiebung mabt-
f^einlicb Qtugenblicföbeforationen nerban*
fen. 3" 3)eutf(^tanb befonberö »erbinbet
fxd) nun bicö Ornament mit einer ^lacben«
beforation, bie ibre DJfotine auö ber glän*
jenb betriebenen ©dbloffers unb Sdbmiebe*
fünft b^il^it^t unb aufö ©enauefte ben
@til pon SWetaUbefi^Iägen nacf)abmt, fogar
bie SRieten unb 3JägeI werben getreuUcbfl
«iebergegeben. 2)aä figürtic^c SIement
aber mad)t fxi) namentlich in köpfen unb
ÜJtaöfen bnufig geltenb. 2Bie üppig biefe
Drnamentif aud) bei ftcineren *^racbt'
fiücfen nom ^oljfdmi^er uermenbet mürbe,
jeigt bie Säule con einem Qlltar ju
Ueberlingen.
2)ie Drnamentif ifi bie ®tärfe unb
@cbtttäd)c ber beutfcben SRenaiffancc. (äiner^
feit« fpric^t ftcf) in ibr eine %\iüt t>on
'^biintiiftc, Originalität, eine gemiffc Äraft
unb fedEe $Derbbeit auä, anbernteilä aber
jeigt fte aud), Wie tief ber ^ang ju geo*
metrifcften gonnfpielen unb Äünftcleicn im
beutfd)en ®ei|ie fiecft. S)erfelbe 3ug batte
in ber gotif^en ^nt jute^t aüeä in
SO?a§merf aufgetöft, berfelbe ®inn bringt
bie 5lrd)iteftur unter bie $errfd)aft beö
SWetatlfiileö.
S)od) »erbrängt er tai freiere Dr=
nament nid)t ganj. Sefonberä in ber
"Stufbeforation unb bcn gemalten l^er^
jtcrungeu bebält baö Segctatife, gemifcbt
mit '^igürliiiem bie Dberbanb, aber audb
biet Wirb bie jierlidbe 95ortragäweife ber
crjlen Qäi »erlaffen unb bie ^^inicn
größer unb breiter gemacht, ©a^u gefeilt
fid) eine mannigfadje Qlnwenbung »on
SBoluten unb äbnlicben gef(^wungenen
fiinien, in welcben wieberum ber ^an%
jum ®eometrifc^en b^Pottritt. (iReftbenj
in SWüncbcn).
b) gagabenentwidlung. 9^oc^
f^ärfer prägt ftcb t)ii bcutfd)e Eigentum*
lid)feit auö in ber Äompofttion ber ^^a*
paben. SBäbrenb in Stauen ^«t ^orijon«
taliMuä ber allgemein berrfcbenbc war,
gebt in S)eutfd)lanb ber ^a^abenbau auf
bie \5orm "Dti mittelaltcrlid^en Sütger*
baufeä jurüd. ^ocb unb fd)mal auf«
ragcnb febrt tai |>auö in ber iRegel feinen
fieilen, meiflenö abgetreppten ©iebel ber
®tra§e ju. S)aburc^ bleibt ber ^od)bau
mit auögefprod)ener QJertifaltenbej baä
^rinjip ber beutfd)en SRenaiffance. 3" ^^^
©lieberung ber J5a9aben überwiegt anfangt
nocE) baö mittelalterlid)e ^^Jrinäip rubiger
55läd)en, weld)e burd) jablreidie meiji
gotifdb profilierte genjier burd)brodben
werben , weli^c ju jweien ober breien
gruppiert nur burcft tai Äaffgefimfe mits
einanber »erbunben werben. S3alb aber
werben bie antifen Orbnungen jur ®lic*
berung ber Q^agabe Dcrwenbet, wenn aucb
meifi, wegen ber fliiiebrigfeit ber ©todwetfe
in iierfrüppelter ©efialt. 3" ^« 3^«S^^
begnügt man ftdb mit <pila(lerjlellungen,
wobei man in ber 5lnwenbung ber ein*
jelnen ©pfteme mit großer ffißiUfür oerfäbrt.
5lm widbtigfien für bie Sßirfung ber
^a<^ati ifl bie öebanblung beö ®iebeU.
3n freier Umbilbung ber abgetreppten
gorm wirb er mit iBoluten, bornartigen
©cbwcifen unb anbern pbantafiifdben gor«
men umfleibet, wobei namentlid) wieber
bie 9'iadbabmung Don 3!Jietanbefd)Iägen eine
gro§e SRofle fpielt. SDie ®iebelwanb wirb
in ber Siegel mit fßilaflerfieHungen ge«
gliebert unb burd) frdftige ®cftmfe in
mebrere ®efd)offe geteilt. Qluf bie cor«
fpringenbcn (Sden werben, in freier Um«
bilbung gotifcber gialen, Dbeliöfen, ober
audb Wobl Äugeln gebellt. 2)ie ÜJJannig«
faltigfeit in «Muöbilbung fold)er ®iebel ijl
überaus gro^, ja man fe^te fogar, oder«
bing^ nur auönabmöweife fleine ©iebel
auf, wenn hai ^aui mit ber Cängöfa^abe
an ber »Strafe lag, bie [Regel war aber
pielmebr bae 2)ad) unmaefiert ju jeigcn
unb eö etwa burd) buntfarbige Siegel ju
beforieren, wie am iRatbauä ju SDtü^l«
l)aufen.
578
SRenaiffance*®tiI.
SDcn |>QUptTeij erhalten bie ^apabcn
burd) bie ebcnfatlä ec^t norbif^e ©tgen-
tümlid^fcit be^ ®rf erö. SBcnn cö irgcnb
angebt, legt man benfelbcn in bie SD'Jittc
ber 5<"?''^^ ^f<^ fommt er aui) häufig
in unfpmetrifcfeer Sage t»or, wie am ^aufe
jum iHitter in ^eibclberg. 2ßo aber ein ©e*
bäube eine frei b«au§tretenbe6cEe bilbet, ha
toirb biefe fid)crlid^ jur 5JnlQge beä ßrferö
auöerfe^en unb ttiirb berfeibc entmebcr
in recfethjinfliger ^orm überccfä vorgelegt
ober freiäförmig ober nod) I;dufiger polijgon
entmidelt. 5Die 5tusfragung mirb ftetä
burdb me^T ober minber reicbc antife
©efimfc gegliebert , ttield)e unten auf
einer ۊuic ru^en.
3n ben norbbeutfc^en S'iieberungen »ar
f(^on äu gotifc^er 3eit ber 33 a dfi ein bau
weit verbreitet unb bort bleibt, irenn auc^
ni^t me^r in ber 5tusbe6nung mie im
SWittelalter, in ber 3^^* ^«r,, iRenaiffance
fein .^auptji^ Son einem Übcrgangäpit
ifi bei biefcn Sauten tuenig ju »erfpüren.
2)ie fdiulgemöfe Sßertnenbung ber antifen
gronnen 'i)atti fxä) bereite rt)eit »erbreitet,
aU biefe Oegenben bie SRenaiffance auf=
nabmen. >Da biefelben aber vom Duaber*
bau ausgegangen Waren, »erfiel man in
lleinarmen ©egenben auf ?Ja4biIbung ber^
felben in 6tud, menn man fic^ nic^t ju
bem Sufug »crfiieg, Steine »on fernher
fommen ju laffen. 35er ^eimifd)en 39au*
hjeife blieb man einjig in fDJetfIcnburg
treu unb errichtete eine 5lnja^I präcfetiger
®ebäube, bei mel(i)en man bie gläd)en
jmar mit !Cu^ »ertleibete, aber bie portale
unb genflcr mit ifiren ©infaffungen, bie
©cftmfe unb Briefe unb bie übrigen orna*
mentalen leite in gebrannten Steinen auö«
fübtte. Daö ^auptrcerf biefer 5trc^itcftur
ifi ber ^ürftenbof in ÜBiömar.
3ierli(^e ißaumerfc entjianben fobann
aus 33erbinbung beS SacfjieinroPauö mit
bem Quaberbau, mobei bie gläc^en a\xi
unoerpu^tem Sadftein bejietjen, bie fon»
firufti»en ©lieber aber in ^aujiein ge«
bilbet Werben. I)ie .^»«iinat biefeS ®tiIS
ifi in ben 3?ieberlanben, aUein »erbreitete
ficf) berfelbe rafc^ nac^ 0iorbbeutf(^lanb,
(Snglanb unb I)änematf.
yioä) größere Sluöbe^nung ^at eine
britte 5lrt aicbiteftonifc^er Sefianblung,
Welche in ticroorragenber Sffieife einen
beut|cf)cn S^arafter trägt: bie Sermenbung
ber ^oli^fonfiruftion in Sßerbinbung mit
©tein, im ^^adjmerESbau (fuf)e 2trtiEel:
^ol^arcfiiteftur) gefunben. Dfiamentlic^ finb
in ben 6tabten wie 93raunfcf)h)eig, ^ilbeS=
^eim, ©oSlar u. a. noc6 jatjlreic^e Q3eifpielc
öorl)anben.
Gnblicft ifi nocft einer anbern ©attung
»on ^oQiii'fn JU gebenden, ber gemalten
gaQaben. 3" ^f" erfien, meldte biefe
Sitte fünfilerifdb ausgeprägt {)aben, ge*
bött |)anS ^olbein. 3" "^^^ meifien
gäüen batte hit ^apabenmalerei bie 5lufs
gäbe, bie Unregelmöfigfeiten beS 5(ufbauS
JU »erbeden, inbem fte baS ©erüfi einer
ibealen Qtrdbiteftur über bie %läi)t Warf,
unb baSfelbe ni^t bloS mit ornamentalen
©ebilben, fonbern auc^ mit figürlid)en
Äompofitionen auefütltc. ©er fünfilerifcbe
ß^arafter biefer ©arfiellungen murjelt in
einer fräftigen !PoIt)d)romie. Daju fom»
men allerlei perfpefti»ifc^e Säuf^ungen,
gemalte ©aüerien mit neugierigen 3u=
fd^auern, weite Sogen^aüen mit lanb*
fd)aftlic^en ^intergrünben k. , foba§ biefe
5a<?aben baS ©epröge eineS Reitern ßebenS
erhalten, ßciber ifi wenig »on biefen
SZßerfen auf unS gefommen. SinS ber
»oüftänbigfien unb reiAfien $ra(f)tfiücfe
bietet baS ^auS jum SRitter in Schaff«
Raufen.
c) ©runbrif anlagen. 2)er©d^Io§«
bau. SBöbrcnb ber italienifcf)e (Palafibau
ber SRcnaiffance f\i) »on aller mittelalter»
lid)en Srabition ju löfen fuc^t unb ju
regelmäßigen flar geglieberten Einlagen
burdfebringt, behalten bie beutfdben unb
franjüfifc^en Sc^Iofbauten aud) fernerhin
baS malerifd)e ©epräge mittelalterlidier
SBurgcn: eine unregelmäßige Einlage, bis«
weilen bie runben 6dtütmcn, bie felbfi«
fiänbigen Sööenbeltreppen mit i^ren Stiegen«
bäufern. ©ic einzelnen ^^Wgel beS
Sc^loffcS gruppieren ftcfe um einen in ber
fRegel unregelmäßigen ^of, ber bisweilen
mit 5lrcaben umjogen würbe (Sd)loß i^u
Stuttgart unb i]8leffenburg) , wcld)e teils
ber 23erbinbung ber innern JRäume, teils
aber auc^ alS Sd)auplä^e für bie ^err*
fc^aften bienten, bei ©elegenbeit ber
SRingelrennen unb anberer ©rgö^licfefeiten,
bie man in ben Sd)IoB^öfen abjubaltcn
pflegte. 2w Snnern beS Sd)IoffeS bilbet
ber große iRitterfaal, bie lürni^ ben ^ern*
punf't ber Einlage. 2)ic beutf^e ißorliebe
für'S iBanfettiercn ließ biefe großen Säle,
bie gewöf)nlid) einen ganjen J^ügel ein«
nQl)mcn, alS ben wid)tigfien leil ber
Einlagen evi'd)einen. 3n ber fRälje beS
SaaleS war bie Äapelle angeorbnet, in
ber iHegcI in gotl)ifd)en formen gebalten.
D^amentlid) fmb bie Sffienbelfiiegen ber
Stolä ber alten SBerfmeifter. ÜRan legt
SRenaiffancesStil.
579
fie in bcn (Scfen be^ @(^Io§^ofe^ in Dor«
fpringcnben Sürmcn an. (Pracbtfiücfe ftnb
bic Steppen im @cf)Io§ ju SDlergentlieim
unb jU ©öppingen. ©cgcn ^luögang ber
Spoc^c greift ber ©c^IoBbau mand)e feiner
mittelaltetlid^en ®igen|eiten ab. 5)ic
tunben ©cEtürme fallen fort unb man liebt
eö jiatt beffen jene ^o^cn (Siebet anju»
bringen, h)eld)c ber ©tolj ber beutfd^cn
Strc^iteftur ftnb wie am @(i)loPau ju
Qtfc^affenburg.
JJeben bem ®cf)loPau fie^t in jWeitet
ßinie ta^ bürgerlid^e SBo^n^auö.
2)er ®runbri§ ifi fct)mal unb in bic Siefe
gefirecft, ganj nac^ 5lrt beö SIRittelalterö.
Sin $of Derbinbet in ber 5RcgeI ia^ 35or*
berfiauö mit ben ^intergebäuben. ^öljerne
©aüerien tiermitteln bic Sßerbinbung, an
beren ©teile biöwcilen fieinetne Qircabcn
treten (*PetIer^auö in D'iürnbcrg). 3)ic
Ireppcn ftnb jtetä alä fieinernc SBenbel*
jiiegen in ben Scfen ber ^öfe angebracht
unb mit ben ©aüerien in SSerbinbung ge=
fe^t. 3« iie« meijicn %'äü.tn bleiben biefe
bcutfc^en |)ofantagen eng unb fc^mal.
25on bcn fiäbtifc^en ©ebäuben jlcben
bie 9t at Käufer in erPer ßinie. 2m
©egenfa^ ju ben italienifc^en, werben bie
^agaben gcfd^loffen bcf)anbelt unb nur
burd^ gro§c Freitreppen, wie in ^eil«
btonn auögcjeicf)net. 3n foIc£)en ^^äüen
tt)trb baö Srbgef^op genjöljnlic^ mit
Sogen^aüen auf (Pfeilern angelegt unb
aU üßaarenlager unb ju ä^nlic^cn 3tt)eden
ocrhjcnbet. 3m -^auptgefc^o^ jic^t fict)
üor bem ^ati' unb ®erict)täfaal in ber
3fiegel ein gro§cr 95orpIa^ ^in. %in
33üreauj: unb ©cfcreiberänjecEc waren nur
wenige Siäume erforberlic^. 5Deöt)aIb wirft
hai 3nnere burc^ bie (Paar gro§en {Räume,
ben Sßorpla^ unb ben |)auptfaal, pc^ji
bebeutenb. 2)ie Ireppe liegt in ber Sieget
ali 2Denbetftiege in einem tiorfpringenben
Sutm. Srjl "fpdter werben bie Steppen
ing3n"£'^f flfjogen unb mit gcraben Saufen
unb (PoDejien angelegt. 2öo aber bie
Sreppentütme bleiben, ert)alten fte eine
meift fuppetartige a9cbacf)ung — , weld^e
ben fdjlanfen mittclalterlidjen Reimen
f(f)nurfirocfö entgegengefe^t ftnb unb oft
burcf) orgineü gef<iwungenen Umri§ eine
malerif(^ pifante SBirfung gewinnen.
d) 3nnenbefotation. 2)ie fünfis
Icrifct)e 5tu^bilbung beö 3nnetn bewegt
ft(i) bei allen (Profanbauten ber SRenaiffance
in jiemlic^ übeteinjlimmenbet aiic^tung.
Sßas juna^jl bie S)ecfcnbilbung betrifft,
fo iji bie Qlnwcnbung üon ©ewölben be*
fonberä im Srbgefc^of, ben Sreppenräumen
unb ben (£orriboren überwiegenb unb
jWat beinahe immer in gotifd)cr gorm.
S)ie meiften iRäume jcboc^ ermatten flad)i
Werfen, junäct)ft einfad)e mittelalterliche
Salfenbecfen. 23alb bringt inbe§ au^ ^ier
bic antife JJormbilbung ein unb man giebt
ben ©älcn unb 3'ni"i2rn gefd^ni^te
Safettenbecfcn, oft mit farbigen 3ntarftcn
gefc^müdt. ®amit »crbinbct jtd) eine nid^t
minber reiche Täfelung ber SBänbe.
@cl)lie§li(^ fommt bie (Jluöfc^mücfung bct
©ecfen in bie ^änbc ber DJJaler unb
©tufatoren. 3)en Übergang ju ben
SBänben mit il)xtx Seppic^befleibung bilbet
bann eine gro^e ^o^lfe^le mit ©tucfreltefö.
Oft prangen biefe S)ecfen in grogartiget
Farbenpracht, oft aber blieben fte aud^
Wei§ unb bejeic^nen itn libergang ton
ber mittelaltetlid()en *Polt)(^romie ju bet
nüd)ternen Sinfarbigfeit beö Sarocco.
e) 2Serfcf)iebene 33auwerfe. SDen
fünftlerif^en trieb bet Seit vergegenwärtigt
bicllei(i)t nic^tö fo beutlic^, wie bie 5luös
fübrung ber ja^lreic^en Sßrunnen auf
öffentlicf)en (Plänen. Diefelben fc^eiben
ftcf) in 3ie^* U"^ !Röt)renbrunnen. S)er
erjtere »erlangt in ber JRegel ein fteinerneg
©erüft äum Qluf^ängen ber SRotte, bei
le^terem ergiegt ft^ ba« 2Baffer in ein
grofeä Saffin. 2)ic iRenaiffance bilbet
biefelben in bet SRegel fo, ia^ ftc^ in ber
ÜJJitte beö Secfenä eine 6äule et^ebt, auf
beten Kapital man eine Fiöiit J" fietlen
liebt, gaft alle alten ©tdbte ^aben noc^
al^ fd^önfien 6d)mudE i^rer ©tragen unb
(Plä^e folc^e 93runnen bewahrt, wie Safel,
©münb, (Rotl^enburg, SRottWeil, SRürnberg,
(Jlugäburg unb ilRünd^en. 33on ttn
jiäbtifct)en Sauten p ©c^u^ unb Jru^
ifi no^ mandbeö erhalten, obfct)on bie
gewaltigen aBülle oon unferer niocllierenbcn
3cit mit Sifer befeitigt Werben, wie bie
unt)ergleid)li(^ großartigen (Kauern t>on
(Rürnberg.
Otoc^ wären fdf)lieglic^ mehrere ßebt*'
anftalten, namentlich 3ef"'t«nfo[legien
anjufü^ten, fetner »erfc^iebene ©pitäler,
Äanjleien, gleifc^^aücn, 3eugf)äufet unb
©ebäube für j^öfifdje gefilid)feiten , unter
weld)en tai in unferm 3a^tf)wn'5«tt jer«
jiörte ßujibauä in (Stuttgart ein Unicum
bilbete, inteffen tragen alle biefe Sauten
im 'Jlllgemeinen in ber Se^anblung^weife
bic bereite gefc^ilberten 3üge in äiemlic^et
Übeteinftimmung an bet ©tirn.
f) ©artcnanlagcn. dJJit ben
©(^löffern unb fütpiid)en Sufipufcrn,.
580
SRcnaiffance^Stil.
aber anä) mit rcid^en 93ürger^äufern,
fianben fafi immer ©artenanlat^en in Ser*
binbung, nüerbingö l)cute fafl nirgenbö
meör erfjalten. S)en üoDfianbigfien Segriff
einc^ ©artend bcr Dtenniffance giebt uniS
bic bei SKerian auö ber a?ogelfcf)au ge*
nommene ©arfieOung iDeö «SÄIo^garten^
gu ^eibelberg. S)a^ ®anje mac^t mit
feinen regelmäßig abgeteilten Slumen*
beeten, eingefaßt »on fteinen runbgefiu^ten
93ciumd^cn, burdijogen öon 2;ayuöbeden unb
überrtJÖlbten Saubgiingen, äh?ifd^en ©pring^
brunnen, Statuen unb ®artenf)auöd^en,
mit feinen ©rotten, ßabprint^ien unb
anbern jierlid^en Spielereien ben ©inbrucE
einer jlreng mit ßineal unb 3irfel bc-
l^anbelten Einlage.
g) 2) er Äirc^enbau. 2)er ^irc^en«
bau iriegt in ber beutfcf)en Ofienaiffance
nid)t fcf)mer. Sistiefinö 16. Ja^rbunbert
bleibt berfelbe ber (Sotif treu, ©rfi in
ber 2. ^älfte bes 16. Ja^r^unbertö bringen
oKmälig bie formen be? neuen Stilö ein,
inbeffen mirb hai gotljifcbe SRippengewöIbc
auc^ je|t nocb in ben fompli^ierten yit^
unb ©ternöcrbinbungen fej^gcbalten. 5Iuc^
bie gfttfter ftiurbcn übereinfiimmenD nodb
mit S[)Ja§»erE bebanbelt. «Scibfi ber ®runb-
ri§ folgt nacf) ber got^ifd^en Überlieferung
unb fc^Iießt hai Sang^au^ mit poIr)gonem
(5t)or. 2)ie SRenaiffance mit ibren antiten
gormbilbungen fommt t)autfdd)Iicb ben
freien Stufen, ben (Smporcn unb ben
5ßortaIen ju ®utc. (Jin »oüfommeneö
©ppem oon SSogenfjallen, mit aücn ete*
menten ber 3 antifcn Drbnungen um»
tieibet, umjief)t ba^ innere ber Uniüerfttätö-
firc^e ju Sffiürjburg.
2öic alles Übrige trägt au^ ber Surm»
Bau biefelben ©puren öon ®tilmifc[)ung
an fid). 3)er ooüflänbige Srud) mit bem
SDHttelalter »oü^ie^t ftd) an ber 9[)?id)ael^-
i^offirc^e in S!}Jünd)en unb bem mit foüo;
falem 3nnengemc>lbe überbauten Sau ber
2)reifaltigfeit8fird)e ju SRegensburg.
S)ie innere 5tuöftattung biefer ^irdben
fe^te alle fünftlerifdien Gräfte in 93ett>egung.
Äunfireic^e (äifengitter, präi^tige ©rab»
mäler, reicb gefd)ni^te (iborftüble unb
Slltäre, beren ^auptftücf nun 'baii nom
SWalcr angefertigte ^lltarbilb tt>urbe, tt)eld)eö
»on einer in mehreren ©todnierfen fid) auf-
bauenben ^Irdiitef tur mit Säulcnorbnungen,
obgebrod)enen ©iebeln, Soluten unb allen
Qtuögeburten beö Sarocco nerfeben, um=
tabmt njurbe; SabernaW unb ®ahamentö=
l)auiä)m :c. jc. fmb bemüht, i[;r S[Rög=
Udf)jieä jut Slugfc^müdung be^ ©otteä«
^aufeö ju tbun.
3. atcnaiffance in ben Äunfi«
gettjerben. ®ro§c Sebeutung gensinnt
ber neue ©til ber SRenaiffancc namentlid^
in bem ttieitcn ®cbiete beö Äunfi^anb^
merfö. 2ßaö jur 5luöjlattung ber SBofins
räume, roaä im engern unb weitern Sinne
jum Äoftüm gehört, erfreute ftcb in S)eutfcb*
lanb einer um fo lebenbigercn Pflege, <xU
f)ier ber Sinn für ^äu0lid)e« Sebagen
üorjugsmeifc auögebilbet mar. Selbji bie
großen ÜJJeijler, mie 5Dürcr unb ^olbcin
oerfd)mäbten nid)t, bem Äunftgettierbc Soor*
bilber ju fd)affen. 51uc^ l^ier mirfen bic
mittelaltcrli^en formen nod) lange nac^
unb erP feit DJlitte beä 16. 3af)rt)unbertg
menbet man fid) bem neuen Stile ju, aber
biö äum (Snbc ber (Epoche mifd)t [lä)
immer noc^ mand)e^ ÜJlittelalterli^c ba*
bei ein.
a) ^oljarbeit. Sie ^loljarbcit
bat i^re glänjenbe ?luäbilbung in erjler
ßinie im S)ienfte ber Äir<^e gewonnen.
*Jiid)t bloö bie jaf)trcidKn Sdjni^altäre,
fonbern namenttid) aud^ bie ßborPü^le
gaben reid)e ®elegen§eit jur Entfaltung.
S)ic (formen ber (Kenaiffance erfd)cincn
erft 1550, bann aber f^on mit barocfcn
(SIementen gemif(^t, mie an bem (5,^or=
gefiübl ber ^Älofierfirdbc ju ©anjig unb
SBettingen. iOJit aüer (Energie wirft ftc^
bann biefe 2;ed)niE auf bie 51uöfiattung
berSIÖobnräume. S^^näd^fi fmb eä bic
SBänbe unb 25ecfen ber 3i"i"iei^' welcbe
in gcbiegenfier 2öeife mit Säfelwerf auä*
gejlcittet werben, erficre mit einem Spjiem
»on '^ilaflern ober ^albfäulen unb farbig
eingelegtem Ornament, le^terc mit reict)em
ÄafettenwerE nad) antifer ülrt. ®in l)üb=
fd)eö Seifpiet bietet ein 3immcr beö alten
Seibenbofe in 3üric^, jum ^öd)^en $runf
aber ficigert fid) bic Scbanblung im gol»
benen Saale beä iRatt)aufeö ju «Jlugöburg.
Sieben bicfen großen ^rad)tfiücfen bringt
bic Äunjltifd)Ierei alle jene in i^r ®e=
biet faüenben ®egenpänbe, wetcbc jum
9J^o biliar ber tamaligen Sürgerbäufer
unb Sd)lt)f[er geboren in mannigfaltigPer
2ßcifc bervor. I)aju »erwenbct man bann
nid)t nur einf)eimifd)e ^oljarten, fonbern
aud) (SbenI)oIä unb Slfenbcin, *l<erlmutter,
@d)ilbplatt, Lapislazuli k., ^a^ ben 2Bcr=
fen jener 3cit bie reid)c garbcnpracbt einer
burct)gebilbeten *PoU)cbromic »crleiljt. 5tm
einfadiPen geüalten fxä) in bcr iRcgct bic
großen Sdiränfc für .Jlleiber, bic 2ruf)cn
für ßcincujeug, bie Süffetö unb Ärebenjcn.
9flenaijyancc«©til.
581
jDie JRcnaiffancc fü^rt bicfclbcn aU Eleinc
Söauwetfc auf, bic mit (jSilajlcr unb Säulen^
fietlungcn eingerahmt unb fclbfi mit ^ox'
talbilbungen Pcrfeljcn werben. Sinen
^ö^ern 5lnlauf nimmt bie .Kunfitifc^Ierei,
tpo c^ gilt ^rad)tgegenPänbe ju frf)affen,
feien eä einzelne Set t laben ober aber
namentlict) fogenannte Äunfifdjränfe,
bie, auf prac^tpoüen Sifc^en aufgefteflt,
in if)ren jaI)lrci(J)en , teilö ge^cimniöüoü
üerjiedten ^iic^crn unb ®d)ublaben jur
Qtufbettta{)rung V)on otlerlei Äojlbarfeiten
unb SRaritäten beftimmt, oft aber audf)
lebiglid) ju ©c^reibtifd)en bienenb , burc^
bcn crbenf lic^fien ^lufiuanb an prac^tooüem
ÜJtatcrial unb finnreid^er Qlrbeit fietö einen
^o^en SBert gewinnen. 2>ie ©cfamtform
biefer ©djränfe bilbet einen 5luffa^ in
©efialt fleincr palajlartigev *^rad)tbauten,
reii) gegliebert, in mcbreren StotfwcrEen
burc^ reid)t>erjiertc ©äulen, ilarpatiben
unb Atlanten in .^crmenform auf ge=
fd^mücften *t!ofiamenten, bajmifdien ©ta=
tuetten unb iRcUefs in reid)em Üiabmen,
tai ©anje befrönt t>on bur(f)brod)enen
©aüujlraben. ®er SWittelbau if! öfter
eingebogen, jiet^ aber mit einem $rad)t'
portal unb barüber mit einer offenen
ßoggia auf ©äulen auögeftattet.
b) ®lfenbeinfd}ni|creiunb ©olb»
fci^miebefunft. 5ln biefc funfipoHen
$l.ifci)Ierarbeitcn fc&lieBt fid) bic (Slfenbein*
fc&ni^erei unb ©olbfdjmiebefunjl. 3uniJ<^f^
bebarf bie genuffrobe 3-*^ cineä außer^
orbentlid)en Sorratö von Srinfgefc^ir*
ren aüer Qlrt. .^olbcin unb 2)itrer waren
mit Qlnfertigung »on 3"^"""gctt ju
prad^tDoüen ^ofalcn befdjäftigt. QIEein
bie DJeigung jum ©eltfamen unb *p^an=:
tajtifc^en, »crleitcte anberc ÜJieifier ju ben
wunberlic^jien ©rfinbungen. 3" ©efialt
»on ©runnen unb 2)reifü§en, »on Surgen,
©cfeiffen u. bgl., non ©amen mit aufgc-
baufd)tcm SRcifrod, würben bie ®efä§e
mit Vorliebe bargcjleüt. Unerme§lid^ ift
bcr ©(^mucf, mit weld^em man biefe ®e=
täte auöjiattete. ®ae ganjc SReid) ber
SWt)tl)ologie unb Qlüegorie würbe in Gon^
tribution gefegt unb baju nod^ üppiger
tpflanäenfd)mucf gefügt. (Sinö ber glanj*
iioUjten unter allen erl)altenen SBerfen ifi
ber berübmte Safelauffa^ üon SBcnäel
Samni^er gegenwärtig im germanifd)en
5)^ufeum ju 9türnberg. Qlber bie Sbatig»
leit beö ©olbfdimiebä erjlrcdte ftd) nocfe
Weiter über alle ®ebiete beö ©dimudeö
unb jwar nidjt bloö ber fd)müdcnben ®es
rate, im engern Sinne, fielmcbr bic ganje
.RIeibung würbe ©egenfianb präd)tiget
5lusfiattung. Diicftt allein SRinge, Äettcn
unb ©ürtel, ©pangen unb Qlgraffen gaben
2lnlaf }U fünfilerifd^cr 33el)anblung, fon«
bern aud) SRöde, 3[JJäntel unb ^üte würben
oft reid) mit 3ifi^iatl)en bebedt, }u beren
(Jrfinbung felbft .^olbein .^opf unb Spanh
ju bieten nid)t t)crfc^mät)te. %ixna iji
aud) an bcn ffiaffen bic fünpierifd)e ^uö»
jlattung eine wabrl)aft bcwunbcrnäwertc.
5)aran fd)lie§t ftd) bic nid)t minbcr glanj^
üoUe 5lrbcit ber ^arnifc^mac^er ober
q3lattncr.
93ei allebcm ftnb bie Pcrfdjiebcncn 9iid)5
tungen ber ÜJfetatlarbcit biefer 3^^^ ""'fe
nic^t erfi^öpft. 9icid)eö_2;afelgefd)irr au^
eblcm SDJctaü, platten, <öd)üffein, ©egalen,
2;eüer, 9Jäpfe, .Ronfefttriigcr unb Äü^lgc*
fäge inuiircii in ben mannigfaltigflen fünfi*
lerifc^cn formen unb werben mit gctric=
bcnen ober flac^ gradierten Drnamcntcn
unb figürlid)en 2)ar)icllungen bebedt. 'ilud^
bic Ööffcl unb 'JDJcffcr werben beliebte
©egcnjlänbc für bie erfinbungereic^e S^ä»
tigfeit beö ©olbfd^miebe«. (Jnblid^ ftnb
nod) bie ©tanbubren ju crwäbnen, wel(^e
namentlid) in 5lugöbutg unb D^ürnberg
»erfertigt würben.
c) ©(^miebcarbeiten. Sefc^eibcnerc
Qlrbeiten lieferten bie ®ifcnfd)miebe , aber
5lrbciten, bie burd) t)ö$fie tc^nifc^c 2}oll=
cnbung unb finnreid)c Srfinbung ftd) jum
aBert t»on Äunfiwerfcn er|ioben. 2)ie
©dilöffer unb 3;i)ürbefd)liigt ("Wic
bie S;|)ürEI Opfer erfreuen ftc^ bcr rei^fien
2luäbilbung unb werben in il)ren gldd)cn
baufig burd) eingegrabene unb geä^tc Dma»
mente, bisweilen felbfl burc^ Sergolbung
unb 2;oufd)irarbeit gefc^müdt. iöefonber«
aber gldnjt bie ©vfinbung unb Äunfi*
fertigfeit ber ÜReif^cr in J^crftellung ber
fd^miebeeifernen ®itter. ©aö^^riujip
berfelben bcfiebt barin, runbc totäbe in
mannigfaltigen iBerfd)lingungcn unb 2)urd^=
f^neibungcn fo miteinanber ju rcrbinben,
ta^ tai ®anje einen feflen 3ufammcnl)alt
bilbet. SDicfcr wirb ni^t bloö baburd)
l)crgcfiellt, ba^ an bcn burd)fd)neibcnben
©teilen 23änber angebrad)t werben, fonbern
nod) t)äufigcr baburd}, ta^ man tai ©tab*
eifen burdteinanberfiedt, inbem man an
ben Ärcujpunftcn ein fog. gef^wcUteö
5tuge anfd)miebet, eine wal)re ®ebulbS=
probe für ben auöfül)renben ü)tei|ler. 2)a=
neben erhalten bie untergcorbnctcn (5nbun=
gen oft freiee Slattwcrf ober feltfame
graben, 9J?enfd)en ober Jicrföpfc. 9lcbcn
biefen ©ittern aber fc^uf bie ©cfcmicbcfunji
582
IRenaiffance«@tiI.
ttoc^ tTeffli(fic« atler QIrt: ßcuc^ter, SZBettet*
fa^nen, Ärcujc, ficine Ääjic^en 2C. k.
d) Töpferarbeiten. Qn ben n)i(^*
tigjicn Äunftgetterben bcr ßnt gehört ferner
bie Töpferei, tt)eld)e nic^t nur bie geftöbn«
liefen ®efä§e beö ^auif)alM mit »er«
f^iebenfarbiger ©lafur unb taufcnbfac^
»ariirten Ornamenten f(f)afft. fonbern a\xä)
bie j^Iie§en ju ^u'^böbm, namentli^ aber
ju Dfen lieferte. 2)er Ofen befielt in
bcr JRegel auä einem Unterbau, ber auf
mcifi piafüfd^ gejialteten gü§en ru^t, unb
aus h)cldbem ein fcftmalerer Oberbau auf»
fieigt. ©er ganje Qtufbau mirb arc^itef=
tonifcb burcfcgebilbet, mit fräftigem ^u^*
unb 2)ecfgtfimfcn eerfebcn. i)ermen unb
Äartjatiben, ft>obI au^ ^ßilaper betonen
bie oertifale ©tieberung unb bie einjelnen
gelber tt>erben alö Sogcnnifc^en gebilbet,
meiere man mit figürlicben SRelief^ fcf)müdt.
®ie meifien SBerfe biefer QIrt ftnb mit
einer fcböncn grünen, anbere mit einer
fdE)n)arjen ©lafur übcrjogcn. Sefonberö
öielfeittg unb lang anbauernb bat bie
Sc^Wcij bie OfenfabriEation gepflegt. 2)er
^auptfi^ mar a!Bintertf)ur, »o bie'^amilie
$fau unb Srbart eine Qlnäabl gefct)idtet
^afnermeiPer unb Ofenmaler lieferte. 3"
bcr SRcgel mirb neben bcm Ofen in ber
(Scfe bei 3™"i«r0 ein bequemer ®i0 mit
(Rüden» unb ^trmlebnc ebenfalls mit Äa(^cln
aufgebaut. — ©ebr balb tritt an bie ©teile
beä einfarbig grünen Ofenö mit feiner
plaftifc{)en i)ur($bilbung ber »ielfarbige
mit übermiegenb malerifc^er SöcbanMung.
5Die ^Jarben mcrben bünn unb leid)tf(üfftg
aufgetragen, 3)icfc $oIi)_(i)romic bcbalten
bie Ofen bi« in bie 2. ^älftc bcö 17. Jabr*
I)unbert*, bann merben fre matter unb
matter, biä fie f^lie§lic^ ganj in^ SBci^c
crblaffen.
e) ®I Ölmalerei. IJiicbt in glei^em
Umfang, aber bocf) in anfebnlicbem Sc«
triebe mirb bie ©lasmalcvei gepflegt. Sleilö
öerrocnbet man fte jur ^erfteüung fon
Irinfgläfern unb S8e(I)ern, teil« jur ^er=
jieOung farbiger ^^"fift- 5lut^ ^^ ''^^^
eö namentlidb bie ©cbmeij, meiere biefen
Äunftjftieig biß in« 18. 3at)rl)unbcrt hinein
mit großem (Sifer pflegte.
f) lejtilc ^un% @cf)lie§ticf) ifi
nod) ein 33Ii(f auf bie tertilen fünfte ju
Werfen, bie in biefer ^nt im Sßettcifer
mit ber gefamten fünfilcrifi^en 93e*
»egung ibre SDJeiflerfcböpfungcn ^nvox'
brad)ten. ^^an^f^n mar es t>or allem,
wo bie Jeppicbfticferei aufblühte, bie in
bcr Doüen 2lnrt>enbung unb rcicf)en Slb»
fiufung ber ^"if^^n ^^^ ^"^ -^erbcijie^en
beö ©olbcö bie monumentale ÜJJalerei ju
überbieten fudjtc. 5tufer biefen Seppi^cn,
mit mclcf)en bie SBänbe bebedt ju merbcn
pflegten, fertigte man namentlid[) bie .Riffen
unb $oIfier für <S>tüi)U unb SSänfe. 2Iu^
tai Sßctt mirb oft pröcfetig mit ©ticfereien
auögcjiattet. SBorpgli^ aber mcnbet man
bie ©tiefereien an ©cmänbern an. |iicrbcr
gcf)ören cnblid^ auc^ bie arbeiten in ge«
pre^tem ßeber, metc^cö feine 33erwenbung
namentlich ju 93üd)crcinbänbcn fanb unb
bcnfelben ein unüergtcic^Iid^ jiiltoücö Oe«
präge oerleibt- @o jcigt tai Älcinfie mie
hai ®rö^te fi* üon bcrfelbcn fünfllcrifd)en
Strömung ergriffen.
4. 2;l)coretifer unb Slrc^itcftcn.
Über bie ©tubien unb ©tcüung bcr ba«
maligen 5trct)(tcften liegen nur fpärlicbc
Stotiäcn üor. dö maren anfangt fcblicbte
banbmcrflic^e SDJcificr, bie ibrer Sebcn^s
jicHung unb ibrem Silbungögangc nac^
fid) nirgenb^ über bie ©dbranfen bcr berge»
brachten Qlnfdjauung erhoben, im ©cgcn»
fa^e ju bcn italicnifc^cn unb franjöfifdben
5lrdbiteften, noll |öf)ercr SBilbung unb »oll
fiol^em Semu^tfein beeifelben. 3" i'er
2. |iälfte bes 16. 3abrbunbertä fangen
jmar allmäblid) bie 2öerEc an, frdb flaf»
ftfcbcr ju gejlalten, aber eijl gegen 5tuÖ5
gang bcr gpocbc trifft man unter ibnen
folcbc bie auf ©tubicn in Stauen beuten.
Sic bamaligen bcutfcfecn ÜJJciflcr fcbeinen
nur auenabmämeife ©tubienreifen nacb
3talien unternommen ju baben. ^i)xt
Kenntnis ber antifen 5lr(^iteftur f(i)öpften
fic jumeijl au« bcn jablreicbcn tbcorctifdben
©cbriften. SDcr erften einer, welcher folcbc
bcrauögab, mar 3llbred)t Jiürcr. 35ic
iRefultate feines SRacbbenfen« unb bie ©r»
fabrungen feine« gefamten ßeben« beab*
ftcbtigte er in einem umfaffcnben SBerfc
nicberjulegen, oon melc^em nur ein Jeil
jur 5tusfübrung gelangt ift, bie Unter»
meifung ber iüieffung mit QixUl unb
9fli(^tfcbett unb bie 23ier 93ücbcr uon
menf(i)lid)er Proportion, ©eine Unter»
meifungen giebt er mit fieter O^ücffictit
auf ®rö§cn unb S'ifj'encerbältniffc, auf
bie ©eometric unb fu§t einerfeit« auf
bcn überall nod) in Äraft bcfinblid)cn
Überlieferungen bes SKittclaltcr«, anber*
feit« fud)t er ficb an SBitruo anjulebncn.
Sejeidbnenb ift feine ißemerfung, ia's jeber
jlrcbcn folle, etrcas 2Beitere« unb gtembe«
ju finbcn, benn menn aucf) ber bodbbc»
rübmte iBitruniu« unb anbete gefud)t unb
gute Dinge gefunben bitten, fo fei bamit
IRcnaiffancesiStil.
583
n\d)t aufgehoben, ta^ nic^tö 9tnbcreö, tai
gut [ei, möge gefunben «erben. 2)iefen
|)ang ju n)iüfürlid)er ^^if^it ^« Srfin«
bung, erfcnnt man benn aud) in nianci)cn
[einer Äompofitioncn, benn, obnjot)! et bic
kntih im 5luge i)at, mi[cf)t er bie einjelnen
DrnamcnteinungcbunbcnPer2Bei[e. ©igen-
tümlid) genug ftnb bie (Sntiüürfc ju 3 @e»
b(ic^tni«[äulen, tt)obei eö fic^ bei einer um
einen Sieg über aufjlänbi[($e SBaucrn f)an»
belt unb bie ber ©onberbarfeit I)alber biet
be[cf)rieben [ei. S)ic [ebt gut gejcic^neten
(Sruppen gcfef[elten 95ie^eö, tt)el(f)e et auf
bie unterfte (Stufen ber ^afxi legt: „Äü^e,
©cf)afe, ®cf)tt)eine unb atletlei" fann man
fid) nod^ gefallen laffen. 5(bet auf bie
6cfen be^ $oftamentö rät et Äötbe mit
Äafe, Suttet, ßiet, 3*^^f^^ltt. Ätäutern
ober voa^ bit einfällt, gu fieUcn. 2luf
biefen Unterbau fe^t et allen Stnfieö
einen .^aferfafien unb (lütjt barübet einen
Äeffel, auf tüelc^en et einen Ääfenapf jieHt,
bet mit einem jiarfen Jellet jugebcdt wirb.
Qtuf bcnfelben fe^t er ein iSuttetfa^, auf
biefe^ tüiebei einen OJJilcbEiug. 2)ie[er
trägt eine J?orngarbe, in n)elcbe Schaufeln,
^auen, Warfen, 3Wijlgabeln, Drefc^flcgel u.
bgl. eingebunben ftnb. S)arübet folgt
ein |)übnerfotb unb auf biefem ein
<£c^maljt)afen, auf tt)eld)em ein trauernber
SBauer fi|t, beffen iRüden mit einem ©Ainert
burct)floc|en ift. I)ie^ eine 93eifpiel mag
genügen, ju ^ti^tn, tt)ic [e^r SDüret swar
bem SJlatutali^muö ^ulbigte, abet auc^ ju«
gleicb, tt)ie wenig et im Staube tioar ju
reinen ardiiteftonifcöen *)ßrinjipien burc^ju«
bringen. 93alb nacf) S)ürer« Jobe etfc^ien
eine t)erflänblicf)ere SJarfteüung ber „Äunfi
bet SWeffenö" Pon ^ieronpmuö SRobler,
ber »on ben 2)ürer[cben Südbern meint,
fie [eicn nur für bic, fo cineö großen a3et=
Panbeö, toietleic^t bienlid). 3n bet %\)at
gel)t SRoblet einfad) praftifc^ ju iffieife
unb btingt eine Jieibe con Scifpielen, an
n3eld)en et bie perfpeftiDifd)e (Srfd^einung
unb S)arPetlung ber 5Dinge nacbmeift.
Überall bemcrft man in feinen 3eicbnungen
eine fieigenbe 8ujl jur Qlnftenbung oon
SRenaiffanceformen , bic aber glei(|n)ol)l
üon einem lüirflid^en 93erpänbniö mcit
entfernt ftnb.
9^ict)t lange barauf gab in SRürnberg
2Balt^er SKiüiuö feine umfangreichen 2öerfe
berauö, 1547 bie „SReue ^erfpeftioe" unb
154S ben „S)eutfcf)cn Sitruö", ben er
nad) ber 1521 ju Gomo erfdiicnenen Qlu3=
gäbe unb bem Äommentar beä Gefariano
bearbeitete; aud) bie ^tluflrationen ftnb
mei(^ nad) Gefariano. Übcrfjaupt ifl bie
Qluffaffung beö 51utor0 butcfe bie feiner
italienifd)en 33otgänget bcberrf^t. ©eine
©Triften bejeicbnen offenbar ben SlHomcnt,
mo bie italienifcf)e 93el)anblung ber formen
in I)eutfd)lanb einbrang. 23on ®i)mpatl)ie
für bie Äunfi beä iOtittclalter« ij^ njcnig
mcl)r JU [puren, menn er aud) ben üJJai»
Idnber S)om in ©runb unb 51ufri§ btingt.
2)ie atd)iteftoni[dben detail«, bie et ab*
bilbet finb fotteft nad) bem Stuftet ber
3taliener tt)iebergegcben unb er rät, bie
Drbnungen nid)t ju »crmifd)en. "Sioä)
[pudt auc^ bei i^m bie 9'ieucrungä[ud)t ber
3eit in mand)erlei iBor[d^lägen ju „5Ber»
cnberung ber 93o[fen, fo ein tietfienbiget
93aumeiiict mcitet nad) feinem ©efatlcn in
man($erlei SBerf bringen möge." 2öenn
fc^on ^ier Diel Satodeä mit unterläuft,
[o bringt er benn bod) tai barod^e 3cug
unter ben fünjilid)en ©äulen üon 23ilbs
tt)erf, mie [olc^c bic[er 3cit bei ben iBel*
[c^en in Srauc^." Sffiaö SRiüiu^ con 21nj
läge unb ®e[amt[orm antifer ©ebäube »or«
bringt, iji begreiflicbetwcifc nac^ ßefarino
unb nimmt fxä) munberlid) genug au«.
©0 giebt et bie ®runbfotmen bet grie*
c^ifd)en lempel ganj nad) bem ©c^ema
me^rf^iffiger Äirdben. ffiie ernjil)aft man
c^ aber nafim, erfeben mit au^ bet ©teile,
mo et ben 5ltd)iteften nid)t blog etmabnt,
bafe er „fo et bei ©pmmetrie belicnbc unb
»o|l et fabten fein nolle, ftc^ bet geome»
ttifd)en SKeffung l)cfftig üben muffe", fon*
betn aud) nacb SßitruD bic Unterf(^iebc
bet lempel nad) »etfd)icbenen ©ott^eitcn,
befonbeti männlicben unb rt)eiblicbcn, em^
fdjärft. 3" ^iintx 2. ©cferift, ber neuen
^crfpcftiüc fommt er überall auf bie
„munberbarli^e 5lrt, dpgenfe^afft unb
©crccibtigfeit be^ 3irfeU" jurüd unb giebt
umjlänbii($e Qlnlcitung, mie aüe mög»
li^en (formen mit 3"fcff<^''J9fn i^ f''"'
jlruiercn feien.
3m meitern Sßetlaufe be^ 16. ^ai)x^
bunbert^ j^eigert ftd) bie Sujl unb tai
Sebürfniä nad) tbcoretifd)en ©d)riften,
namentlid) erfreut ftd) bie ^cifpcfticie
erneuter Sebanblung, h)ie non @rt)arb
©diön, 9irfd)üogel, ©tocr, 3^'""'^«^,
Sender :c., baneben aud) bie "ilnatomic,
mic in ber beut[d)en Überfe^uug ber 'ilna*
tomic iBefalö non 3obann Naumann.
3n ber fpätern 3cit be^ S^lT^iinbeTt«
ncbmen bic ard)iteEtünifc^en 2et)rbüd)et
übermiegenb ben Gbarafter eineö aue»
[c^fticifenben Sarodfülä an. 3"it"6i^ aber
miffen bie Herausgeber ftd) babei viel mit
584
9lcnner — 3fling.
bcr Sct)re iBittuüä ju befd^äftigen, vot\ä)i.
ftc noc^ in i^ren toEjlen ^fiantafieges
Bilbcn treu ju befolgen glauben. 2)erart
if! bic 2trd)iteftura beö „»itruDianif(f)en
Slrd^iteften 9lutger Ääfmann, Silbbamer
unb (Schreiner". 3" cii^ tioüftänbigeö
©l)f!em trüb aber bie toüc 2Biüfür bcr
3eit burd) i>ai „©c^rtjetpücfilcin" (Sabriel
Äramerä gebraä)t. 2)a« äßerf ijl ein
Äompenbium barocfer SDetaitformen. Iro^
aüebcm ifi aber bod) 5[Tietf)obe in biefcm
SBa^nfinn, ha alle biefc 5luegeburten ber
$f)antafiif fireng mä) ben oerfc^iebenen
©äutenorbnungen burc^gefüf)rt ftnb, fo
ia^ für jebe berfetben eine befiimmtc Qtrt ber
Sßcrfd^nörfelung jum ®efe^ crbobcn mirb.
SWa^ootler iji eine anbere Sammlung,
tt)eld)e hmii) ©eorgen ^aafen, ^oftifd^Ier
unb Sßürgcr in 2öien 1583 perauögcgebcn
ttjurbc. Qille B^itgenoffen übertrifft aber
an Üppigfeit bcr drfinbung unb barocfcm
®cE)tt)ulft bcr <Stra§burger Saumeijicr unb
TiaUx aiBenbel 2)ietterlein in feinem SBerf :
„5ir(i)iteftura unb 2lu6teilung ber fünf
©euln." 3im ungebunbenjlcn bemegt ftd^
feine ?|3I)antafte in ben ^ilajicr^ermen,
n)cl(ä)c er jcbcr @dulenorbnung beigiebt.
Sei ber toefanifc^cn, bie er einem groben
®aucrn t)crgleict)t, äcigt ber *pilaflcr ttjirf»
lid) bie ©efialt eincö folc^en. ©in anber-
mal terwenbet er einen feifien Äod) aU
Sltlanten, auf bem Äopf 2 ©c^üjfcln, am
©ürtel 2 Söünbel Schnepfen unb ein
Äü(f)enmefyer, in ber ^anb einen ©c^öpf«
löffcl. $raftifd)e ^Ja^folge ^aben biefc
S>ingc glüdli(i)er»eife nur an Elitären
unb (5pitapf)icn gcfunben, ber ^rofanbau
ifiih fxä) im 5ltlgemeincn rein baoon,
ttjä^renb bie Äirc^e tai toHfic Qw% nid^t
»crfcf)mä^tc.
SDic bur^ fold)c «Schriften nun ge=
bilbetcn 5irct)iteften gewannen benn aud)
im S)ienft ber güi^Pf" aügemac^ eine an^
gcfe^enere Cebenäfteüung Über einen
berfetben, ^einrieb @d)icft)art, fmb näijcrc
S8erid)te auf unö gefommcn, tt)cld)e tau
Scben unb ©tubium eineö bamaligcn
9lrd)iteftcn ticranfd)aulid)en unb tt>eld)e in
ber öffentlidicn ©ibliottjcf ju Stuttgart
aufbewahrt ftnb. aBenn er aud^ 2 ®tubicn=
reifen na^ Stalicn mad)te, fo get)t im
®anjen auö feinem Ccbensbilbc bo^ b«r*
»or, ha^ bie bamaligcn ©aumeiPer mcifi
auf Iitterarifd)e Qucüen für tai ©tubium
bcr antifen Äunft angcwiefen waren, ßü'
gicid) aber gaben ftd) bie bamaligcn
Qtrdntcften and) alle S!)Jü£)e, über bie
gleid)5eitig aufgeführten Sauten fid)
Äenntniö ju bcrfdiaffen unb fopiertcn
einjelnc Seile bcrfelbcn in eigenen @nt«
würfen oft ganj genau. Ulai) ßübfc, Oe*
fd)id)te bcr beutfc^cn SRcnaiffancc, 5ttlg.
Seil. 5t. ^.
Dienncr ifi ber ^iamc cincö auägebe^ntcn
beutfd)en ße^rgebid)teö bcö ^ugo »on
Srimbcrg , auä bem Söürjburgifc^en,
1260—1309 ©d^ulmeijlcr am eotlcgiat=
ftift an ber S^eurftabt Por SBambcrg.
SDaä über 24000 Serfe fiarfe ©cbic^t ent*
bcbrt eineä fefien $laneö unb ifi mc^r
eine allgemeine ©trafprcbigt, aber Ieb{)aft
gefc^rieben unb burd) eingefireute ^Jabctn
unb Srääblungcn belebt. Sä War neben
bem ^rcibanf iai gead)tct(le ßc^rgcbii^t
beö SDJittclalterä unb würbe in einer ©r«
neucrung fd^on 1549 gcbrudt. Dfieue^tuög.
Sambcrg 1833. Dlenncr |ici^t cö, Weil eä
burd) alte ßanbc ju rennen ft(^ »orgc*
nommcn l)at.
Üti^tftcig ßanbred)tö unb 3fiid)tpetg
Sebnrec^tä ftnb bie Dramen fpjiematif^er
Sfficrfc über ben ^roje^, auö bem ©aä)fcn«
fpicget gebogen, um beffen 9tnwenbung ju
erteiltem. Sßerfaffer beä SRidjtjicig ßanb«
rc^ta iji 3obcinn non Sud), ber auc^ \>k
crfie ®loffc jum ßanbrcd)t »erfaßt l^at
(ftel)c @ad)fenfpicgel). 3?amenttid^ biefcr
Cflid^tftcig war fcl)r terbreitet unb würbe
im 15. unb 16. 3a6r6unbert öftere mit
bem fä($fifd)cn ßanbred)t jufammcn bcrauö»
gegeben, jucrfi Safcl 1474; bie üorjüg*
iic^fte 9tuögabc »on dornet) er, Ser^
lin 1857.
Oiing. 5trmringc, Saugen, abb. unb
m^ib. bonc, werben in ben älteren S)ic^*
tungen fef)r oft erwähnt unb ftnb cineö
bcr ja^lreic^ften ©räberfunbftüdc; ftc biencn
nic^t bloö alö ©c^mud, fohbern fte »er*
treten jugteic^ baö gcmünjte ©elb (fte^c
ben Qtrt. üJiüuäcn); Saugenoertciler unb
Saugenbrec^er ift (Sl)renname beö Äönigö ;
in ben ©dba^fammern ber Könige lag tai
eble TlitaU in (Ringform aufget)auft. 2)ic
©toffc waren ®rj unb ©olb, @ifcn unb
©ilbcr, audb ®taö. S)ic f)äuf[gflen for-
men ftnb bie t)alb= ober ganjrunben ge*
fd^loffencn ober t)atboffenen cigcntlid)ett
Saugen unb bie fpiralifd)en S)rat)tringc.
3n böfif^er ßeit famen bie 2trmringe bcr
Scanner au^cr »UJobc unb blieben fortan
btoö ein ©(l)mud für tai weiblicbe ®c«
f(^ledit. Fingerringe ftnben fid) oft;
fte l)ei§en mt)b. fingerlin. ©ie jcigcn in
alter 3«it bie cinfad)e iReifform ober bie
fpiratförmige, in nicropingifd)cr 3eit bäufig
bie bcö römifd}cn ©iegelringö; bie platte
IRife — Olitterorbcn.
585
ifi mit barbarifci)en Ornamenten, Äreujen,
3nf(i)riften unb 9?ad)bilbungcn römifc^er
iDJünäcn gcfcfemüdt. Durd) eble steine
erf)ielten bic Diinge nad) bem ©lauben beö
«Dtittelaltetö SBunbeifraft. 2)cr Stoff wax
®oIb, ©über, Äupfermifcbung, 3*"" ""l*
®Iq«. ^alöringe ober ^alöbauge
n)aren Stacfcbilbungen römifc^er unb gaU
Iif($er @itte. Of)r ringe ou« ©ronce«
ober ©ilberbra^t werben in ben bcibnifd)en
Oräbern ebenfalls piel gefunben, marcn
aucf) in bcr böfifAen '!|3eriobe mit ben *2lrm5
fpangen l)äufig aU beliebter ^rauenfdimucE
genannt. @ie befie{)en juttieilen auö me^re=
ren in einanber geflochtenen ©ragten.
2(1« Qäd)m ber Sertobung flammt ber
JRing auö ben romanifc&en Sänbern, roo
er ^ortfe^ung beö römifc^en ^ciratringcö
tüar. (Sinen 9iingtt)ed^fel beö Srautpaareö
fennt baf)er t>ai frühere 9WitteIaIter nict)t,
fonbern nur bcr Sräutigam übergiebt einen
fRing ber Sraut. @r verbreitete ftcf) burd^
^ilfe ber Äirc^e. ®ie§e SBcin^oIb,
bcutfc[)e i^rauen.
2)ie Siegelringe würben rool)I
»Dcniger an bem i^inger getragen, als unter
ben 5lmtöinftgnien mitgefülnt; fte maren
jeboc^ ni($t bie eigentlicf)en ^ontififal*
ringe, bie einen »efentlicfeen Sefianbteil
bcr 2ßei|= unb Ärönungöinfignien auös
macf)ten. S)iefe n)urben feit bem 9. Sa^r*
^unbert r»orfd)riftögcmii§ am iRingfinger
bcr rechten ^anb getragen, früher am ßcigc*
pngcr. S)er JRing iji auc^ ^ier (Sl;ering,
iai Qdä)in ber geifligen iBermä^Iung be«
Sifcf)ofö mit feiner 2)iöcefe, be« Jlönigö
mit feinem ?anbe. 93om 13. Jabrbunbcrt
an mürben namentlid) bic 93ifcf)oferinge
immer reicfier mit (Sbelfteinen au^gefdjmücft,
foba§ bcren obere %Vai)i fi* oft türm«
artig crböl;te unb baei Sragen — nament*
\\ä) im 15. unb 16. 3al)tf)unbert — fd)mic*
rig mürbe. Of^inge biefer 2lrt mürben über
bem ^anbfcfcul) an ben ^^inger gefiectt.
9ttfc, ftebe ^opfbebecfung.
9ttttcrort)cn , geiftlic^e, ftnb mä^renb
bcr Ärcujjügc im gelobten ßanbe urfprüng«
lid) non franäöftfä)en Drittem ausgegangen
unb maren baju beftimmt, bie SRegcl beö
h)cltlicf)cn Dlittcrtumö mit bcrjenigen beö
Ü}Jönct)ötumö ju berbinben; anfangö ol)ne
3tt)eifcl fel)r pcrfönlicfjen Stimmungen
cinjciner 3n^i*'if'i'e" if)i^ ßeben »ctban«
f cnb , I;abcn fte ftd) , burcJ) ben ®cifi bcr
Seit getragen unb auö it)m entfprungcn,
mit ber 3eit ju einflußreichen 3njlitutioncn
beö Staate« unb ber Äirc^e I)erangebilbct.
1. Scmpeltierrn, Jcmpicr, Fratres
miiitiae templi , milites sive equites
Templarii, Riefen bie ficbcn SRitter, meiere
juerfi 1119, jmansig ^afirc nad) ber (ix»
oberung 3erufalcm« unb ber ©rimbung
be« Äönigreid)« 3erufalcni, unter ber
Leitung üon |)ugo oon ^a^cn« unb
©ottfrieb üon Dmer jufammcntraten
unb in bic |>anb bcr *Patriard)en non
3erufalcm bic ®elübbc ber Äeufcfibcit, bcr
51rmut unb be« ©eborfam« ablegten; ta»
mit t>erbanbcn fte ben @d)mur, Straßen
j^u fd^ü^cn, SBaöbrüber ju ben ^eiligen
Stätten ju geleiten unb gegen Überfall jU
»ertcibigen unb §ur 93efd)irmung be« gc«
lobten ßanbeö mibcr bic Ungläubigen
ritterlid) i^r Seben bran ju fcj^en. 2)cn
9'iamen erhielten fte von bem il)nen vom
Äonig eingeräumten, an bic SDforgenfeite
bc« falomonifdien Sempclö anftoßenben
*Patafte. Qlnfängli(^ lebten fie in mtrf«
lieber 2)üvftigfcit, il)ren l)ciligcn *Pf[id)ten
nacbfommenb; nad) neun 3"t)tfn erjl nab^
men fte auf beä .^önigö *Borfd)Iag neue
ÜRitglicber an; 33crnt)arb üon ß.Iair =
oeauf, berfelbc, bcr bem ßiflcrjicnfcrs
Orben fo juget^an mar, na^m ftd) aud^
ber Scmplcr marm an, fd^rieb aucft eine
eigene Sd)rtft für fie: de laude Miiitiae
ad Milites Templi; morauf *Papji ^ono*
riu« auf ber Äirc^enDcrfammlung ju Jrope«
1128 ben Drben bejiätigtc unb ben ©rü*
bem aU OrbcnöHcib einen »cißcn iFfantel
berDiüigte, bem fpäter öugen III. ein ein«
fad)e« rote« Äreuj auf bemfelbcn t)inju«
fügte. 5luc^ bie [Regel be« neuen Drben«
ift o^ne 3meifcl Qlbt «ern^arb« 2ßcrf; t^t
liegt bie JRcgcl be« I)ciligcn Senebift p
®runbc. 3cbcr 93rubcr fommt Sag unb
yiai)t feinem ©clübbc na^; hai jcbnte
Srot fott ben Firmen übergeben merben;
bic .ß'Ieibung ber Srüber foK ftct« Don
(Sincr garbc fein; bie Wiener tragen fie
fd)marä. |)aarc unb Sart übermäßig
tüad^fen ^n laffcn ifi ni*t erlaubt, cbcnfo«
hjcnig bie .Kleiber ju fd^müden ober am
Sflcitjcugc ®olb unb Silber ju tragen.
3cbcr Scmplcr barf blo« brei $fcrbc baltcn
unb nur einen 25iener. 5lllc 23ebürfniffc
giebt bcr Drben; bem 9!Rcifter ifi firengcr
®el)orfam jU leijien , aud^ in .Rlcinig*
feiten; bic ^a^t mit Ralfen ifi bem lemplcr
unterfagt, nur ßömen ju jagen ift feiner
mürbig. SSer^ciratcte 33rüber ftnb gefiattct,
bod^ bürfen fte ba« meiße Äleib nid^t tragen.
2)ie ^üffe eine« SBcibe«, felbfi ber ÜRuttcr,
Jante ober Sdbmefier, ftnb ju mcibcn unb
bergleid)en. 23on ber Äirc^enöcrfammlung
äu Srope« reifte ^ugo non ^at)en«,
586
JRittcrotben.
nac^bem er in bet SBürbc a\i ®ro§meijier
betätigt trorbcn war, jur Qlufna^mc feinet
Dtbenä an bcn ^öfcn umficr, warb überall
neue SWitglieber unb nabm ^u ^lanben bee
Drbenä reidic ®ütcr unb ßänbcreien ali
®efd)enf entgegen; bicö gcfclial) namcnt=
lief) in Snglanb, aber aud) in S)eutfd)lanb,
ben 9'Jieberlanben, Spanien unb Portugal;
mit 300 SRittern febrte er ins beilige 00"^
jurücf. Um tai friegeri[*e öeben , iai
in ber erflen SHegel nur ttjenig berücffK^«
tigt tnar, bclJcr ju orbnen, mürben aU'
mäf)lict) genauere Drbenö=<Statuten aufge-
i^eat, bie ämif(i)en 1227 biö 1266 gefam*
melt unb in propenjalifc^er ©prac^c ah'
gefaxt mürben.
liefen Statuten gemdf bilbeten ben
^ern beä Semplctorbenö bie SRitter,
beren ülufnabme mit feierlid)en ßeremonien
uerbunben mar; fie mußten abeligen ©tan*
beä fein. 36nen fianben auö bürgerlici)cm
©tanbe bie bienenben 93rüber jur ©eite
(fratres servientes), bie mieberum in bie
SBaffenbrüber (armigeri)unbbie |)anbs
merfsbrüber (famuli) jerjielen. Jene
bilbeten eigene ©c^aren im Äriege unb
l)atten gemiffe ei)renred)te mit ben Oftittern
gemeinfam; biefe betrieben bie ©emerbe
unb f)au0mirtfc^aftlid^en ©efc^äfte bes
Drben«; in ber golge fi^loffen ftd) aud^
rceltlicl)e *Perfonen bem Drben alö 3lffi*
lierte an. ©eitbem ftcb bie Templer pon
ber ©eri^töbarfeit ber qSatriar^en ju 3eru=
falem befreit batten, erhielten fie eigene,
ebenfalls abelige ©eifilic^e unb Äaplane,
mcld)e unmittelbar unter bem Zapfte jian-
ben. Dbcrbaupt bes Orbenö mar ber
©rofmeifier, mit fürftlic^em SRang; it)m
jur ©cite ftanb hai ©eneralf apitel
ober, ba biefe« nur feiten jufammen fom=
men fonnte, ber Äonnent ju ^erufalem.
2)te übrigen Drbenäobere maren ber ®rof! =
tomtt)ur ober ®ro^prior, ber ©ene=
fd)all, ber ajiarfc^all, ber bem Äriege«
mefen »orfianb, ber ® ro^präceptor ober
Äomtt)ur beö Äönigrei(^^ 3erufalem, ber
2>rapier, ber über bie Äleiber »erfügte,
ber Surfopolier, ©efe^lötjaber ber leicf)=
ten SReiterei, unb bie ® encralfifitas
toren. eine ä^nlii^e Drbnung beftanb
in bcn ^rooinjen.
3)er Drben nal)m nun gewaltig ju;
er erbielt tion ben (ßäpften au^erorbent*
UdK grcil)eitcn unb SBegünjligungen, mie
Sebntenfreibcit üon feinen ®ütern; (Jr»
oberungcn unb Sermadbtniffe iicrme^rten
feinen Dieicbtum; 150 Jabre nacb feiner
©rünbung jäblte er gegen 20000 SRitter
unb befa§ 9000 Äomt^ureien (m^b.
kommentier, commendur aus mittellat.
commendator, 511 commendare = bc«
feblen), Sali ei en (auö mittellat. balius,
bajnlns = Iräger, ®efcbäft«träget, iBor*
munb) unb a\xi 'P r i 0 r a t e n , beren jä|)rlid)e
(Sinfünfte gegen 54 ÜRiHionen ^tanfen be=
trugen; bie befannten ^rooinjen beöDrben^
ftnb im SDtorgenlanbe 3erufalem, Iripoli^,
2lntio(iien unb (Eppern; im 5lbenblanbc
(Portugal, ßaüilien unb ßeon, Siragonien,
l^ranfreici unb Qluoergne, ^quitanien unb
?Poitou, ^rooence, ©nglanb, 2)eutfd)lanb,
Ober« unb aRittelitalien , *}lpulien unb
©icilien. 5lnfangs mar ^eiufalem ber
^ouptft^, fpäter ©ppern, jule^t ^ranfreid^.
|iier er^ob ftd) im beginne beö 14. ^al)Xt
^unbertÄ ein abfd)eulid^eö ®crid^t über
ben Drben, bem er balb gdnjli^ jum
Dpfer fiel. S>ie Urjacfcen ber ^einbfd^aft
gegen fie maren jum Jeil mirElid)e 2lu^«
Ortungen, bie hinflöge, iia^ fte in treu*
lofem einoerfiänbni« mit ben ©aracenen
geftanben I)ätten unb ber fc^timme Qluö«
gang ber Äteuj^üge i^ncn am meijlen jur
ßaji falle; bie (£iferfud)t ber 3ot)anniter;
bie Abneigung ber S8ifd)öfe unb 2öelt*
geijilicben, ton beren ®erid)t ber Drben
gänjlic^ emanzipiert rcorben mar; am
meifien aber bie oon ben SReid)tümern beö
Drben^ gereijte ^abfuc^t be^ ^önig^
*]3bilipp IV. unb bie ©d)mäd)e beö ^apjleö
Slemenö V. ^m ^a\)u 1306 erfolgte burc^
königlichen Q3efebl bie gleid)jeitigc 23er*
Haftung aller in granfreidb lebenben Stempel*
ritter unb ©injiebung i^rer ®üter. 2)ie 2lns
tlagepunfte maren »orne^mlic^ auf bie
iBerlaugnung Sbrifii, bie Sßerebrung beg
©ö^enbilbes SBaftomet unb auf unnatür«
lic^e 2öolluji gerietet; auperbem foüten
fie bog Äreuj befpeien, mit bem leufel
im Sunbe jlel)en , einen fd)tt)arjen Äater
anbeten unb füffen, Äinbct opfern unb
ber3leid)en. Qln ber ©pi^e ber föniglid^en
Unterfucftungöfommiffton jianb ber 2)omi*
nifancr SZBilbelm. 2)ie Unterfud)ung mürbe
t)öd)ft graufam unb millfüt)rli(^ gefübrt;
üiele fianbt)afte SRitter erlitten ben jeuer*
tob. 5m 3Q^re 1312 erflörte ber qSapji
ben Drben für aufgct^oben, inbem er bie
$erfonen unb bie ®üter beö Drbenö feiner
unb ber Äirc^e Söerfügung forbe^ielt; bie
le^tern foüten bem Sob^nniterorben ju«
fallen. Slrohbem eignete fid) $^ilipp IV,
ungeheure ©d)ät}e ju; in anbern fiänbern
mürben bie ®üter ber Ärone juteil , ober
bem 3obcinniterorben, ober, mie in 5lra*
gonien unb *portngal, einl;eimifd)en SRitter*
Oiittcrorben.
587
orben. ^Sgt. ^at>emann, ®efd)ic^tc bcö
Slu^gangö bc^ Scmpel^errcnorbene, <BtütU
gort 1846.
2. 2)er 3of)annitctorbcn, aud) !R^o«
bifer unb ÜHaltbcferrtttcr genannt,
Johannitae , Fratres hospitales St. Jo-
hannis, Milites hospitales St. Joannis
Hierosolymitani, Hospitalarii. S)ic ®tif*
tung bicfeö Dtbcnö fnüpft ftc^ an iai'
jenige ber 8a^treid)cn, ju Jc'^wfaltm fd^on
tox ben Äreujjügen jur 5tufnaf)mc bcr
$ilgcr gepiftcten ^ofpitälcr, »c^c^c^ bem
^eiligen S"^"""«^ ^on ?lleyanbrien gc^
tt)ci^t rt)ar. S)en 93cn3ot)ncrn biefcö ©otteö*
I)aufeö, njelc^e ftcf) bct iRegel beö l)ciligen
93encbift unterworfen l)atten, jianb jur
3cit ber Eroberung S^tufaletnö ber ^xo'
»cnjalc ®erl)arb aU *J3rofurator oor.
93alb nac^ biefem ©reigniffe gaben fi($
bie ^ofpitalitet öon ©t. 3of)ann, ol)ne
ftd^ ibrer urfprünglid)en *Hufgabe, ber
^Jjicge üon 5trmen unb Äranfen, ju ent*
fremben, eine eigene iReget, beren 23e=
folgung ftc bcm ^Patriarchen gelobten.
(Sin f^ttjarje^ mit einem weisen Äreujc
auf ber SSruji gcjierte^ ©etranb jeic^nctc
bie 93rüber au^. (Sleid^jeitig mit ber
neuen SRegel (1113) crmarb ftcf) ber Drben
burdt) »Papfi «Pafdjaliö II. bie Befreiung
»on bem an ben ^atriarcf)en ju entric^-
tenben ßc^nten unb tai giec^t ftc^ feine
25orftef)er felbfiänbig ju tt)äl)ten. 2)er erftc
berfelben mar ®erbarb, beffen iJlact)foIger
feit 1118 iRapmunb bu (put), unter bem
crjl burc^ eine ^nja^I neuer JRegeln ber
Drben eine fefiere ©ejialtung gewann.
(So rourbe nämlid) ju ben ÄloPergclübben
bie 93erf[i(i)tung gefügt, gegen bie Uns
gläubigen ju fämpfen; ju bem Snbe mar
bie ganje ®efcnfd)aft in bie brei .Klaffen
ber SRitter, ^riefier ober Kapellane (®es
i^orfamöbrüber) unb bienenben ©ruber
geteilt, t>on benen bie crfic für ben Ärieg,
bie jmcite für ben geijilici^en SDienjl, bie
britte für bie pflege ber ffiaüfalircr bc=
fiimmt mar. S)ic friegcrifcf)e 3;i;atigfeit beä
Drben« mar ti t>ornebmlic^, bie it)m fct)nell
bie ®un^ be« ^Papfteö unb ber meltlid^en
gürjlen cerfc^afften; boc^ artete infolge
ber ungel)euren «Reichtümer auc^ biefc
®efenfd)aft fcf)on frü^ auä. üiai) bem
Serlufie Jerufalcm« »erlegte ber Drben
feinen ®i^ juerft nad^ ^tolemai«, bann
nad^ ötmiffo auf (Sijpern, »on mo auä er
ftcf) 1309 ber 3nfel SR^obuö bemächtigte;
nac^ langen 93elagerungen bemäd^tigten
fic^ 1522 bie Surfen bcr Jnfel SR^obuä,
morauf ftc^ bie 3ol)anniter balb ta balb
bort auft)iclten, in (Sanbia, ©icilien, SRom,
big (Sari V. it)ncn 1530 bie Snfeln ÜRalta,
®oj50 unb (Somino mit Stripoli«! unter
ber 33ebingung ju ßel)en gab, i>a^ fie bie
Surfen unb Seeräuber befämpften, Sri*
poliö befc^ü^ten u. a. Stacfebcm fdjon bie
(Reformation bem Drben gro§e iöerluftc
gebracht, erlag er bcr iReoclution
gänjlic^.
3ur S^it feiner ©lüte beftanb ber Drben
auö 7 Stationen ober ßung«"- meldte ^b*
georbnetc jum Äapitel fdjicften: 1) 2)ie
^rooence mit bem ®rofifomtur be« Drbcnö,
al« *J!räftbentcn beö ®d)a|e«; 2) Qluüergnc
mit bem bie fionbtruppen befet)ligenbcn
Drbenömarfc^all ; 3) J^ranfrcidb mit bem
®roPofpitalmeifter; 4) Italien mit bem
ijlbmiral ober ®eneral bcr ©alecren; 5)
2lragonicn, SRatarra unb Katalonien mit
bem'®ro§fonferüator; 6) 3)cutfd)lanb mit
bcm ©roPaiüi; 7) Äa^ilien unb «portu-
gal mit bcm ©ro^anjlcr; 8) (Snglanb mit
bem Surf 0 «polier, bem ^ommanbantcn
bcr 9Bact)en unb ber S^eiterei. S^be 3""S«
jcrficl miebcr in ^rioreien, 53allcien unb
Äomtureien. 5Dic l^öd^fte Drbenämürbc
mar bie be« ®ro§meiftcr« bc« l^ciligen
|)ofpitalä JU 3erufalem unb ©uarbian ber
2lrmcn Jcfu S^rijli; er mürbe auö bcm
Äapttcl gemault, baö fici) auä ben Qlbgc*
orbneten jeber S^n%t fonftituierte. ©ie
91ufnai)me ber »on 4 ®liebcrn »äterli^er
unb mütterlic^erfeitöt)cr abcligcn SKit*
gliebcr fonntc mit bcm 16. 3af)re erfolgen,
mit bem 17. begann bai iRooijiat, mit
bem 18. mürben bie ®elübbc abgelegt.
2)0« Drbenämappen befianb in einem
ftlberncn ad)tecfigcn Äreujc in rotem ^elbe
mit einer »on einem [Rofenfranje um«
gebenen Ärone, unten mit einem f leinen
ÜRalt^efcrfrcuäc unb ber Unterfd^rift Pro
fide. 3)ic Dtitter trugen im f^rieben einen
langen fd^marjen SWantcl, auf bemfelbcn
unb auf ber 93ruji t>a^ meigc ad)tedi9c
Ärcuj; im 5^riege foüte bie Drbeneitra^t
in einem meinen Sßaffenrodc mit einem
einfad^cn Äreujc auf ber aSrufl unb auf
bem SRüdfen befielen. fReubedfer in ^erjogä
SRcaUenctjfl. —
3) S)cutfd)orbcn. Qllö bei 5lnlaf bct
«Belagerung »on «Jlffon »ielc bcutfd)e
^Pilgrime in bem bur^ Seu^cn unb junger««
not l)eimgefud)tcn ßagcr t)infiarben, fdblugcn
einige Sörcmcr unb Sübecfcr üöürger, bie
unter ber gülining beö ©rafen «Ubolf »on
^olficin in« gelobte öanb gcfegclt marcn,
»ermittelft ibrcr ®d)ifffegcl S^lte jur «Pflege
jener «Pilger auf; mit i^ncn »crbanben
588
SRitterorben.
fid^ um 1190 a3rüber beö beutfcf)cn ^oö=
pitalö ju 3ei^"faleni. ^nwefenbe i^ürfien
unb namentlich) ber junge ^erjog griebrici^
con @(i)tt>aben faxten barauf ben (Snt=
fcf)Iu^, biefe^ Sn^itut ju einem iRittets
orben nad& bem SBorbilbe ber 3o^annitct
unb Stemple: ju geftalten; bie beiben
ÜWcifier biefer Drben entwarfen nun gc«
meinfam mit bem *Patriard)en unb anbern
Soften ®eijllicf)en eine neue Otegel, fojmar,
ta^ man bie ®cfef.e für bie ritterlid^e
Iptigfeit Don bem lempetorben, bie
^Pflege (^rifllicf)er iKilbt^iitigfeit ober fon
ben Jobannitern entlehnte. I)ie neue @t'
meinfcf)aft I;ieB „Drben bcö beutf(i)en
^aufcö unfrer lieben ^xau ju Seiufalcm"
unb erl)ielt 1191 bie Sejiatigung be§
$ap)^cg SIemenö III. 5Daö Drbenäficib
ber Otitter «urbe ein »ei^e^ ©emanb mit
einem ((^»arjen Äreuje; ber erfie ^oc^s
meijter mar |)einric^ 2Balpott »on 5Baffcn»
leim in ben iR^einlanben. 2>ie 93rüber
jerfielen in äWei Ätaffen, in SRitter unb
^ranfenpflegcr; bie ^riejier, bie ben
©otteöbienfi ju beforgen Ratten, mürben
crfi fpäter bem Drben alä eigentlidie ÜRit^
glieber eingeorbnet. S)ic erfte bebcutenbe
©d)entun9 fam bem Drben burd) ^aifer
^einrid) VI. ju, ein ßiilerjienferflofier ju
«Palermo, beffen SBeftfier megen wiber»
fpcnfiigen 39ene6menö oertrieben U)orben
tt>aren. ®d)neüeren Qtuffcbmung na^m
aber ber Drben evji feit 1210, unter bem
.g)oc&meifter ^ermann »on ®at^a, ber feiner
großen Serbienfie megen fiit ftd) unb feine
^mtsinacf)foIger jur iReid)eifürPenmürbe
erhoben mürbe unb bie Erlaubnis ertjielt,
auf feinem ©d)ilbe unb in feiner Drbenös
fa{)ne ben fd)marjen *}lbler füi)ren ju bürfen.
2)aö folgenreid)fte ©reigni« für bie 3u*
fünft beö Drbenä mar feine Berufung
nadb «Preufen. 2)er Sifcfeof ßbrijlian üon
Äulmerlanb unb ber -^lerjog Äonrab ton
SWafoeien, au^erj^anbe, fid) ber beftänbigen
ßinfäüc unb «ßerl)eerungen ber I)eibnif^en
*Preufen ju erme^rcn, famen nac| SÖe-
fpred)ung mit ben mafooifc^en ®ro^cn
überein, bem ^od^meifter beö J>eutfc^orbenö,
ber bamalä in SBenebig rcfibierte, eine ®d)ens
fung bes Äulmerlanbe^ unb eincä anbern
©ebieteä an ber (ärenje «ßreu^enö anju«
bieten, menn er ftd) entfd^lie^e, einen ieil
feiner Drbenörittcr I)erbeijufenben. Ulaä)>
bem ^aifer griebrid) II. bem J^od)mcijicr
5Bo[lmad)t erteilt, mit ber ganjen iDiac^t
feinet Drbenä in ^reu§en einjubringen
unb jugleid) bemiüigt l^atte, i>a^ ber Drben
fotüol)! ta^ oer^ei^ene unb iai fonji noc^
an if)n ju oerleifcenbe als baä fonfi ju
ermerbenbe 8anb frei, obne 2)icnftlaji unb
®teuerpfli(^t , befefeen fottte, fc^idte ^er-
mann Pon (Saija eine Bäiax Drben«=
rttter unter 5lnfül)rung beö ®eutfd)meiftcr^
J^ermann 93alf unb beä ÜRarfd)aüä SJict*
rid) üon Sernbeim nac^ $reuBen ab. ©aä
ßanb mürbe eingenommen, SBurgen unb
©tabte gegrünbet, aud) Bereinigte fii^ ber
Drben mit ben fd)on früljer bejianbencn
Drben ber 2)obriner Dtitterbrüber
unb bem iRitterorben ber ®d)mcrts
brüber in Siülanb. 2)ie erjien ißeamten
maren aufer bem auf ßebensbauer geroäbl«
ten ^od)meijier ber Oro^Eomptur , ber
DberfiiSpittler, ber DberftsJrapier, ber
Kregler ober (5d)a^meifier; bie Oflcftbenj
beö ^oc^meijierö unb feiner SBürbenträger
mar Qlffon, mo auc^ hai ©eneralfapiiel
gef)alten mürbe, gür bie einjelnen ßdnber
mürben ©teClr'ertreter ernannt; ber @tatt=
Ijalter ton jDeutfd)Ianb bie§ S)eutfd)meiftcr,
ber fon ßiolanb ^eermeifter , ber oon
$reu^en fianbmeificr. 2)en einzelnen SBe»
äirten, beren eä in 5Deutfc^tanb elf gab,
fianben Äomture cor, neben mcl(f)cn eä
in *|3reu^en Drbenäoögte gab. «Seit 13ü9
mar ber®iß bes ^oi^meifierö in SIRarien*
bürg. 2)aö 14. 3<'f'i^('unbert mar bie
a3Iüte8eit bcöDrbenö; ben erfien fd)meren
©to^ erlitt er, als in ber 6d)Iad)t bei
Sannenbevg 1410 bie 33lüte beö Drbene
oon bem vereinigten polnifd)4ittt)auifd)en
^eere t)ernid)tct mürbe; burd) ben (^rieben
oon 2;f)orn, 1460, geriet hai Drbenälanb
in poInifd)c gebenöab^ängigteit, iaii ^uU
mer ßanb, ©Ibing unb DJJarienburg gingen
ganj oerloren. SDer Drbensftaat mar in
»öUiger 51uf[öfung begriffen, alö auf ben
IRat ßutt)erö ber |)od)mcij!er SDlartgraf
51lbred)t fon Sranbcnburg bie
©äEuralifation beö Drbenej^aateß unb
bie ©infübrung ber [Reformation inä SffierE
fc|tc. 2)ie in 3)eutfd)Ianb befinblid)en
SRefie beä Drbenö mahlten einen neuen
^ofmeifter, ber feinen ®i|i ju SDJergent^eim
nai)m. .Jllüpfel in 4Jerj09^ SReal^Sncp^
ftopäbie. — 25 0 igt, ©efcfeic^te beö beut^
fd)en SRitterorbenö , 2 ^ßänbe. 93erlin,
1857 — 59.
31u§cr ben genannten tRittcrorben ents
jlanben ju berfelben ^iit nod^ ja^Ireid)e
anbere, bie meijr ober minber gro^e ©e«
beutung gemannen, ©oju gef)ören u. a.
ber Drben oon ©t. Sog", um 1170
in ©panien ^m Sertilgung ber SRauren
unb jur ©efi^ü^ung ber Safobefa^rer ge«
grünbet; ber föalatraoa'Drben, Pon
aiittcrorben — iRittettum.
589
ber fajiili[d)en €tabt (Salatraua benannt,
um 1158 gegen bic ©arajcnen gegiftet;
ber Orbcn fon ^MHantara, um 1156
gcftiftet; er befa§ bie Megel ber Sificrjienfer
unb mibmete fid) namentlich ber Äranfcn*
pfleiie unb bcm @d)u0 ber Äirc^e unb
ber Pilger.
düttixotbtn, ttcUli^c* 9^ac^ bcm Cor*
bilbe bet gei|iUcf)en 9fiittcrorbcn entjianben
feit bem ®nbe htü 12. 3at)rt)unbertö SRitters
ge[cUfcf)aften meltlic^cr 3iatur , 93riiber=
[(^aften ober Sünbc, bie je nac^ Srmcffen
geifiliAc ober irieltlicbe ®efci^äfte oerban^
ben. 33on 'Jlnfang an forjugömcife oon
0ürpen unb bem t)öd)Pen 5lbel gegrünbet,
ging tai SRec^t ibrcr Stiftung früf) ein-
fettig auf bic ^crrfc^er über, bie fid) biefer
Stiftungen für ibre b^naflifcben 3wecfe be-
bienten. 3" ^<^" frülieften Drben biefer
9lrt gefjört ber 1190 pom 2)änenfönig
Äanut IV. begrünbete (Stefan ten^Orbcn,
unb ber 1219 ebenfaüö in SDäncmarf Dom
.Rönig iffialbemar II. geftiftete Drben Dorn
5D a n c b r 0 g. 3n bie re(i)te 33Iüte alö einer
jum weltlichen ^ürPenpaat gcbörenben 3"=
^itution famen biefe Dvben ni^t uor bem
14. 3a^rbunbert, mo il;r ^tvtd 33erf)errs
Ucftung bcö .^ofejt , QluöÄcicf)nung unb
^eranäie[)ung ber geeignetfien *PcrfönIic^5
feiten in .f-'of^ Äriegß' unb ©taatebienfi
»urbe. S?iefe i)lid)tung ift tior{)anben in
bem rion ^I)tti|.ip Don Surgunb 1430 ges
fiiftetcn O r b e n oomgotbcncniBIiete,
im englifdien i) o fen b an b orbcn (1454),
im franjöftfd)en Orbcn beä l)eil. ÜRi«
^aet (l-l*^-') u"'' "''"^ hiil ®eift
(1578); be«gteicf)en in bcm bcö ticil.
Subnng (lö93).
Stittcrtiint. 2^ie (Sntfieliung beö SRitter»
ftanbeä liegt in ber junebmcnbcn ©ebcu-
tung bcö Dioffebienjleö; inbem fid) au§er=
t)alb ber txxxd) t>a^ ®cburt?rcd)t bcbingtcn
©tänbeuntcrfcf)iebe bic 5Ut beö Äriegös
bienjicß in ben iöorbcrgrunb brängte, er=
gab frd) ein 93anb, bao namentlid) bie bi«
je^t getrennten ®tänbe beö ^ot)cn *Jlbele
unb ber ÜJtinijicrialcn unter einer neuen
©intieit pereinigte; ber latcinif($c 9tame
ifi miles, auö bem beutfd)en Slßott riter
jrtjcigt ftc^ baß ÜBort ritter ab. ÜRan
Pnbet auf beutfd)em ©oben biefe 9tamcn
äuerfi in ßot^ringen , ba« fi<^ in feiner
SntniicElung bem benad}barten J^franfreid)
anfc^lo§, in Eömglid)en Urfunben juerfi
unter. Öotfiar 1125—1137. 3m SSerlauf
beö 12, 3at)r^unbertö bilbcte fid) bic 3ln^
ft(|)t immer fefier auö , mornad) alle jum
SRitterbienfi bered)tigte unb öcrpflid)tete 5ßer=
foncn aU eine gcfc^loffcne Oefcttfc^aft, tai
Schildes ampt, ordo militaris, eqnestris,
vereinigt gebad)t mürben. Sic bilbcten
einen eigenen ©taub, bef|cn (Sr^altung
namentlid) auf ber jianbc^mä^igcn @r»
5ie()ung ber ©öl^nc beruhte. 5^eie etjc«
lid)c ®eburt unb 2ßat)l ber Ericgerifcf)cn
ßebeui^art maren bic 33orbcbingungen, um
bicfem ©tanbe anjugel)örcn; fonll fonnte
jebcr, er moditc gürjl ober 2)tenftmann
fein, SRitter werben; bennod) bilbcte frd?
mi) biefer feiner SRatur nad) auf bet ^er«
fönlidiEcit ber (Sinjclnen beru^cnbe ©tanb
bem ®ciftc ber 3cit gemd§ früb miebet
in einen erbli<^en 6tanb, ben bet SRitter«
bürtigen au«, bem aUe biejenigen an*
gcf)örtcn, bereu iBater unb ©ro^oatct ÜJittet
gemefen waren; bem Äaifer blieb babei bic
©efugniö, um befonberer ißerbienjie willen
aud) Äne(^te ä" SRittern ju madien; boc^
War ia^ gegen bic allgemeine iRegel unb
ungern gcfe^en. 2)a0 ©pmbol bcö SRittet*
tumö iji ta^ ©d)ilb, ^aI)ct bet ükmc
Schildes ampt, baß fooiel al« Of^itterbienfi
bebeutet. iRittet iß in bet l)öfifd)cn '^etiobc
bet oetbreitetfie ÜJame für ben *Jlnget)örigen
be« liöfifc^cn ©tanbcä, ba er allein aüc
bcfonbcrn *Mbteilungen unb *Jlrten bcöfelben
umfa§t; fo l)ei§t eß 5. 53.: der keiser, die
künige, der fürsten schar, gräven, frien,
dienstman, — waz werder rittere hat
der plan etc.
(£^ataftctifiifd)e« 3eid)cn bet ^itttX'
würbe i)l bic s wertleite, bie Umgür«
tung mit bem ©d)Wert, bas 2öcrt ritter-
slac fommt mittelboc^beutfd) nur »etcinjelt
oot; bie ßcremonie fiammt au^ ber uts
alten äöebrbaftmai^ung ber (Sermanen
(fiel)e ben *}lrt. ßr^iebung) unb ^atte frd^
obnc befonbereö 5ruffet)en alö ©ewo^n^cit
unb iRed)t bet ^teien bi* jefet etl)alten.
S)ie l)äufigßcn ®elegenl)citen jut swert-
leite boten bie botien ÄirAcnfefle, namcnt*
\xä) tai !J}ftngßfcft , 58etfünbigung eine«
^tiebenö, iReid)ätage, Ärönungßfefic, 55ct*
mäblungcn unb betgleid)en, fobann be*
nu^te man mit SotUebe ben 'DJomcnt 00t
obc^r nad) einer (£d)lad)t ober fonfiigen
fricgcrifcfien SBegebenlieit, ben *3luäbtuc^
eineß Äricgcö. 3u ben a3otted)ten ber
iRittetbüttigen gebiJrte aud) ^'li 9ied)t, bic
Ißürbe anbern ju erteilen, unb eö fam
por, ta% gerabe bicfeß ber crfie *Jlft eine«
JÖebrbaftgemac^tcn war; aU ^^ilipp,
6obn *i3^ilipp« beö ©d)üncn, an einem
Q3fingftfcil feine brei ©öbne ju SRittetn ge«
fcblagen l)atte, mad)ten biefe jungen JJüt*
Pen fofott 400 5lnbtc ju SRittetn.
38
590
atittertum.
S)ie tütcrlic^e Srjie^ung bauertc in
bcr SRegel iii jum 21. ^ai)x. 93i^ jum
7. Jo^r blieb bcr Änabc bei bct ÜJJuttcr;
bann fam et an einen fremben $of ober
ju einem fremben 9flittev, um ftd^ ^ier ge^
meinfam mit anbern Änaben in t)öfifc^er
©itte untcrricf)ten unb üben ju kffcn;
fein ^amt ip je^t kint, jtincherre, junc-
herrelin. ©ein S)ienji galt befonberö ber
5Dame, an beren ^of er ftdf) befanb; er
mu^te fie bei lifct) bebienen, i|re 51ufträge
unb SBefeftlc »oüjieben, ben iBoten mad^en,
fie auf Diieifen, auf Spaziergängen unb
auf ber Jagb begleiten, il)reö Söinfcö ge-
irärtig fein; eö hjar bie Vorbereitung jum
fpätcrn ritterlichen grauenbicnfi. S)aneben
tpurbe er in mand)erlei Äenntniffen unb
gertigfeiten »on „ttjeifen SDMnnern" unter*
xiäjttt. meifi ®eipitd)en ober fa^renben
©ängern; ba fianben fte bcnn »oI)l unter
bet 3lufftd)t eineö,befonbern zuclitmeisters.
«Muc^ förperlid)e Übungen unb fünfte vom'
ben getrieben: Saufen, Springen, ableiten,
©(I)»ioimmen, mit 93ogen unb Qtrmbrufi
fc^ie^en, ©teinwerfen, ®($tt)ert, ßanjc unb
©d^ilb ^anb^aben.
SDtit bem »ierjetinten 3a^re würbe ta^
kint jum knappen, famnlus, armiger, be*
förbert; aud) ta^ SBort knecht mir betwa
9ebraud)t. ©r ert)ielt je^t ein 6c^mert
umgepngt unb trat in bie I)ienj^c beö
Qtitter«. 3e|t ^atte er für (Reintjaltung
bei SBaffen, für bie *13ferbe ju forgen, ben
^errn jur 3agb, Jum Jurnier, in ben ^Rricg
JU begleiten, mobei er beö ^nxn ßanje
trug unb tai ©treitro^ beöfelben am
3ügel neben fid) führte. 3n ber ©d^lac^t
blieben bie knappen in unmittelbarer 9tä|)e
bcr ritterlichen ©d^la(^treif)e. ©eine 2ße^r
iefianb in einer leicf)ten 33lccl)^aube, einem
©(I)ilb unb einem ©c^merte; fiatt cincö
©treitroffeö I)atte er einen Älepper. e^re
unb 5lnftanb gebot, ia^ fein ^crr, meift
ber ße^nöt)err, il)n jicrlic^ fleibete, in ber
(Regel in ben färben feine« SBappen«.
5lm |)of ^atte bcr knappe bie perfönli(i)e
Sebienung beö ^crrn, in ber ©c^laf-
fammcr, bei Sifc^e, in Äücf)e unb ÄeQer,
im ©tati, fo jwar, taf an grö§crn ^öfen
biefe üerf(f)iebenen Dbliegenf)eiten unter bie
knappen unter bcr 5lufftc^t,ber obern ^of=
bcamten oerteilt maren. Überhaupt aber
ioar cö in ber 93lütc beä iRittertumö bem
^errn baran gelegen, ben knappen ni(i)t
bloä förperlic^, fonbern geijiig unb ftttlicf)
JU einem recf)ten vrumen, b. \). trcffli<^en
SRitter ju machen; ba^cr ftd) in ?Profa unb
unb SScrfcn eine eigene B^'^t« unb 3ln«
ftanb^tc^re für junge ^Knappen auäbilbete,
bie namentlid^ in bem ®cbicf)t „2öinöbefc"
erf)alten ift.
SJJit bem 21. öeben^ja^re mar bie
Änappenjeit abgelaufen unb burfte ber
SRittcrfcf)lag erteilt ttierbcn; bie Qluöbrücfc
ftub daz swert nemen, swert leiten, daz
swert geben, diu swertleite; biefe ju er*
merben mar feber oerpflic^tet, »om Äaifer
biä jum abeligcn 2)icnftmann ; boc^ mu§»
ten fre Sl)rifien fein unb e« mar gegen
bie SRegel, menn !Ricf)arb ßöment)erj unb
^riebrid) II. cbeln ©arajcnen ben 9flitter=
fc^lag erteilten. (Sin ein^eitlid)c§ (Ecrc*
monicl gab cö anfangt ni(i)t; aud) be*
bingten Drt unb 3cit mefentlid^e ^Inbcrung ;
toor ober nac^ ber ©c^ladbt begnügte man
ftc^ mit bem einfad)ften ©cfclag oermitteljl
ber %Väd)t beä ©diroerteö unb fe^te nur
bie ©orte ^inju: 3m JRamen ©ottcö, bc3
^eiligen ^iä)ad unb bcö tieiligen ®eorg
mad^e iä) bi(^ jum SRitter, ober ä^nlid)e«.
2)aö franjöftfd^e Otitual mar auggcbilbetcr
alä baä beutfc^c, unb bie fpätcre ^tit ge»
fiel ftd) um fo me^r in Zeremonien, je
me^r ber t^ätige ®eifi beö fricgerifd^cn
SRittertumö gemi^en mar. Smmer ging
ein ©otteöbicnji Porauö, mobei ber Änappc
beid^tetc unb ta^ Qlbenbma^l empfing.
9'Jacl)bem er bann fnienb bie (5rmal)nungcn
angel)ört unb ba« ©elübbc mit einem @ib»
fd^mur abgelegt, empfing er mit ber ^lädie
be^ ©c^merte« brei ©cbläge über bie ©d)ul-
tcr ober ben SRüden, ober einen leifen
©c^lag an ben ^aU, jum Qt\ä)in, ta^
bieö nunmehr ber le^te fei, ben er ftd^
muffe gefallen laffen; fpäter mar ber
93adenfireicf) bie (Zeremonie, mcld)e ben
©bclfnaben jum knappen njcid)te. ©o«
bann mürbe il^m mit bem rittcrli^cn
®ürtcl iai ©c^mert um ben ßeib gc*
gürtet unb barauf bie golbencn ©poren
unb bie einjclncn ©tüde ber 9lüfiung nad^
einanber angetban, enbli^ baö SRitterpfcrb
tiorgefü^rt, auf bem er ftd^ fofort in bem
nun folgenben Surnicr in feiner SBürbc bc*
mähren fonnte.
Serü^mt ift namcntlid) bie in einer
belgifd^en (S^roniE enthaltene Sefd^reibung
ber jum Seil franjöftfdE)en Zeremonien, mo«
burd) ber jum .^önig ernannte 2ßill)clm
»on ^ollanb 1247 ju ,Köln jum SRitter
gefd)lagen mürbe, ^ier fpracfc nac6 bcr
feierlidt)en SDJcffc bcr anmcfcnbc Äarbinal
folgcnbcö JU bem Jüngling: „®ä jicmt
ftct), ba§ ein jeber, ber $Rittcrfd[)aft treiben
miH, ^od^gemut (magnanimnm), abiig (in-
genuum), freigebig (largifluum, mute),
SRittertum.
591
l^öfifd) (egregiam) unb tapfer (strennum)
fei, unb iwai l)oc^gemut im Unglürf, ablig
(von arde) in bet Semanbtfc^aft, freigebig
in ber SBürbe, t)öfifcf) in feinem Senefmcn
unb feji in männli^er Sapferfeit. @^c
bu jebo* bein ®elübbe ablegfi, fo ^öre
mit reipidier Überlegung erfi bie iRegeln
an. 2)aö aber ifi bie SRegel beö iRitter=
tumö: „3ucörberP mit frommer Sammlung
täglicf) bie SJJeffc ^Ören, für ben fattio-
Uferen ©tauben füfin tai ßeben einfe^en,
bie ^eilige Äirc^e mit if)ren Wienern »on
allen Sebrängcrn befreien, Sffiitwen, Äin«
ber unb SBaifen in i^rer iJtot befc^ü^en,
ungeredjte Äriege termeiben , unbiüige
^ienfie üermeigern, für bie JRettung eineö
jeben Unfc^ulbigen ben ß^'fif'iiiPf ^^'
nebmen, 3;urniere aüein ber friegerif(^cn
Übung Wegen befugen, bem römifi^en
Äaifer ober befl'en ©tedwertreter (patricio)
in äeitlict)en 2)ingen ef)tfur(J)tööon ge^or=
c^en, ta^ JReid) mit aüer feiner Äraft un«
ttcrfef)rt erhalten, bie Se^en beö iReid)^
ober Äaiferö in feiner Söeifc üeräu§ern
unb unjträfUc^ cor ®ott unb *D^enf(J)en
in biefer Sffiett leben." 2)arauf folgte t)a^
©clübbe unb ber 9litterfcf)lag burd) ben
,^önig üon Söljmen.
S)ie mit bem 9iittcrfcf)lage eollenbetc
ritterlicf)e Sr5iel)ung bilbete nun bie (Srunb«
läge be^rittcrlic^en Oeijteö, berrit«
tcrlic^en 33ilbung, welct)e bie eigent«
Iicf)e Slüte beö mittelalterlichen ©eifieö ge=
tDorben ijt. 5Der .Rem biefeö SRittertumei
ift feiner innern SRatur nac^ ein ^icd,
ein ©eift, eine Äraft; ein Segriff, ber [xä)
im cinjelnen SRitter nie üoüjtänbig oer*
mtrflidien fonnte, ber aber für bie ganjeSil*
bung beö ©tanbeö t>on auferorbcntlic^en
i^olgen mar. (So n)irb nie gelingen, aui
ben üorftanbencn Siegeln beö iRittertumö
tai ganjc Silb ber ©rfd^einung ju ge=
tt)innen; am e^eftcn iji iai au« ben »on
beö ©id^terä Qluge erf^auten !Ritter=
gefialten möglich , namentlid^ auö ben
Qlrtuögebid)ten, Irijlan unb 3folbe,
3>t)ein, fParjiüal. S)ie üier -^auptrid)*
tungen ber ritterlichen ßebenö«
füf)rung ftnb aber preiömürbiger coll-
fommener SBaffenbienfi, (5{)re, l)ö =
fifd)e 3"(^t unb ^raucnbienft, üon
melc£)en bie beiben erftern me{)r auä ber
altern ßiit tierübergenommen, aber '^öfif(^
auögebilbet, bie beiben le^tern neu fmb.
S)eö [Ritterö SBaffenbicnjl fd)lie^t,
roai früher nicf)t ber %aü mar, jeben
anbern ßebcnöbetuf aU beö Slitterö un*
»ürbig au«; er bejleUt ni(f)t einmal fein
eigene« ^ofgut, ou« bem et bod^ ^eraue»
gctüac^fcn i^; nod) niel weniger barf et
|)anbel unb ©emerbc treiben. 2>cr SRittet
ift gebotner Ärieg«mann; auf ben SBaffen*
bienjl fmb in erjter ßinie SBo^nung, Älei«
bung, Unterl)altung, Spiel unb (Srjiel)ung
gebaut; fo eng ifi ber ©ienft mit bem
iffiefcn be« SRitter« cerftoc^ten, ba§ biefer
traft feine« ©tanbe« nidjt blo« im etnften
SBaffenbienfi bem geinbe gegenüber ju
fämpfen ^at, fonbern ia^ er al« iRittet
verpflichtet ijt, immer unb überall frei*
miüig friegerifd^en Äampf aufjufuc^en unb
ftd) baran ju betl)ätigen; ba^er iji bet
2Baffenfampf nic^t blo« eine tägli^c
Übung be« SRitter« auf feinem $ofe, fon*
bem er ^at an fremben ^öfen, in fremben
ßönbern, in ber SRä^e unb in ber Jerne
feinem 93erufe nac^äugcljen, er suocht fre-
mediu lant. Überbie« t)at ftct) ber ritter*
lid)e aSaffenbienji ju einer befonbcm Äunji
unb ®rfc^einung au«gebilbet, bie im ernjien
Ärieg«fampfe foroot)l al« im iRitterfpiel, in
ber5ormbe«tjost, buhurtunb turnier
i^ren eigenen, fireng üorgefd)tiebenen ®e»
fe^en folgt, ©ie^e bie bcfonbem Qlrtifel.
^üd) bie ®bte ift gen.n§ etwa« Weit
ältere« al« hai gtittertum; fie eignet i^ret
iRatur nad^ jebem t)öt)er gefiellten SBefen,
fte eignet ®ott, bem Äönig, bem ^errn,
bem freien, unb bie S)eutfd)en jumat
übten »on alter«^er bie ®l)re be« S)ienfi*
manne«, meldte man Jlreue ^ei§t; ia
gerabe bie Jrcue fd^eint ftc^ il)m fc^on
|et)r frü^ ju einem ßeben«ibeal gcfialtct
ju f)aben, meldE)e« mefentlic^ jur (SntmicE*
lung be« fpätem Segriffe« ber ritterlichen
®^re beitrug. 2)od) ifi biefe mefer al«
Sreue; fie ifi ber ftttlid)e Jnbegriff aüe«
beffen, ma« il)n ber ®efetlfci)aft gegenübet
jum Ctittct maä)t, fte ifi je^t ein fpcjipfd^
titterli^er Segriff, ber ^Mbglanj be« ritter«
lict)en Qlmte«, traft totlä)ti fomobl bie
2>rittperfon, fei fte f)öfif(i)en ©tanbe« ober
nid)t, i|)m, bem SRitter, bie iljm gebü^rcnbe
äußere unb innere lli^tung entgegenju*
bringen ^at, al« er felbfi ju l)anbeln, ju
fpre^en, ju empfinben ticrpfti(^tet ifi. 6«
giebt mo^l aud) iRegeln bet (5t)re; boc^
ifi biefe ni^t blo« äuBerlid) erfennbar; benn
aucb fte ifi eine .Kraft, eine 3bee, bie im
®emüte wurjelt unb t)on 'öa au« tai ganjc
ßeben burc^bringen mu§. SBeife, b, |.
erfahrene, altere 51Ränner, ftnb c«, »eld^e
ber 3ugenb, ber tampheit, ju fagen miffen,
«a« ere fei; benn ö^te miü ©rfa^rung.
2)a« 3beal ber ölire tonnte ftc^ am aüer»
menigfien in einem SRitter t)erroirflid^en,
35*
592
SRittertum.
bie S'Jatur bcö SD?enf($en trägt «ucfe Uns
c^re an ftcfc. 93c[onbcrö gefäftrlic^ rcax
biefer Segriff für bie SBertfc^äliung beä
SRittcr« nad) ÜJJafgabe feiner geifiigen in=
tctleftuellen (Saben unb feine« tt>eltlict)en
93cfi^eö; Pon beni le^tern, bem iKeiAtum,
War bie 6^re bcö Üiiitterö unabhängig,
ein Umftanb, ber cö aüein bem befi|lofen
©beling ermöglicfitc, in ben Äreie ber
pl)ern böfifcben ©efeüfctjaft einzutreten;
aber biefelbe iBerac^tung beß 3?cicf)tum0
»erlangte non bem, ber it)n befa^, fiets
unb übcroll fo ^u ^anbeln, alö ob eß
für it)n gleicfigültig fei, mie t)iel unb mic
oft er ju geben babe; barau« fliegt bie
ritterlid)e Jugcnb ber milte, ber %xii'
gcbigfeit, melcbe eine gro^e @(f)ulb am
fpätern öfonomifd)en SRuin bcö 9lbelö auf
fic^ getragen bat. SBcniger gefäl)rlicf) mag
ber Umftanb getrefen fein, ba^ aud) bie
inteUeftueße 2Bertfcba^ung au^er bem 58e=
griff ber Sbre lag; benn ha^ Sieblingö^
gebiet bes Talentes, bie SBiffenfcbaft, lag
gänjlid) au^er ber ©pbäre bcs SRittertums,
wel(|eä nid)t einmal ber ©cftreibefunji be=
bürftig n?ar: nidit Icfen unb fd)reiben ju
fönnen, t>erf^ö|t nicf)t gegen bie (Sbre beä
SRitterö , aber Dfiarrfieiten , 6ünben gegen
bie Sßernunft ju begeben eben aud) nid)t,
unb n?enn in ber ^lüte ber I)öfifd)en
SBitbung bie S^rc fiarf genug geroefen
fein mag, aud) bier nermittelnb einju=
greifen, fd)IiefUd) I)at [xä) bod) auö bem
böfifdien 9iittertum ein ^on Duiyote
entwidelt.
SBefentlid) neu unb erjl ber Silbung
be« t)öfifdben Ceben^ ange^örenb ip bie
I)öfifd)e 3""^^' ^i^ hövescheit, bie
conrtoisie, bie man jrt'ar auc^ unter ben
SBegriff ber (S^rc unterorbnen bürfte, Se
iji ba« ©ebabren beß iRittcr^ in ber böfi=
f4cn ®cfellfd)aft. ®ett>i§ batte ftc^ fd)on
lange, namentlich am föniglid)en ^ofe,
eine JRegel be« bofmäfigen 93enebmene
I)erangebilbet , aber jur lebenbigen ben
ganzen Stanb umfaffenben Sebenefübrung
ifi bie böfifd)e 3u<^t erfi je^t gemorben.
^uä) fie ifi it)rem Sffiefen nacfe innerli^,
geifiig, ibeal; aber bie ®efeüfd)aft bemübt
ftc^, fie leiblidb inö Üeben einjufütiren.
3ud)t ift iai ©efü^I für 2öobtanj!änbig=
teit, fte ift fo notmenbig, baft fie fogar
®ott felbft beigelegt mirb. ßeiblid) aber
ifi fte eile 'Jlnftänbigfeit im betragen, ©e^
bcrbe, Äleibung; fte bemä^rt ftd) befon=
ber« beim (Empfange, <3lbfc^ieb, in
ber ®efellfd)aft, namentlidb in ber
aufmcrtfamcn unb feinen 53ebicnung bei
Safel. 2)aä fc^idlidje ©ort in f(^icf*
Itd)er 5^orm bei ber Begegnung unb in ber
Untcrbaltung ju finben unb ju gebrauchen,
ifi jletö ein Semeiö ber 3ud}t. 5Da«
ßebenselement ber zucht tfi aber iai
aRaf, bie mäze, i)a^ gemeffene ^anbeln,
bie giiüdftdjt auf bie Umflänbe, bie SSer*
meibung beö 3uöiflf ^^^ 3""'2"^S' ^^^
ißänbigung beö lcibenfcbaftUd)en Scnef)*
men^, unb bocb eine 93emcglic^feit, h)etd)e
bie (Sd)eu unb bie Unbet)oIfenf)eit über*
minbet. S5ie gorberung t)öfifd)er 3"^^^^ ^*t
Untcrorbnung bcs ü)?anneö unter eine ge»
botene ®efeUfd)aftöregeI giebt bem mittelat«
terlid)en JRitteribeal etmag tDeid)lic^e« unb
tt3eibIid)cS, mie ftd) aui$ bie *Poefte mit S5ors
liebe ber frtfd)en, aufblü^enben 3ugenb ju*
roenbet, menn nodb bai 9flot unb SBeit ber
2Bangen jart erglü{)t. ©elbfi bieÄleibung
beö SRitterg ifi nid)t o^ne mcibUd)en 3^9.
S)ie l)öfif^e Sitte »erlangt junäd^ji ein
bartlofeß ®eftd)t, fon meldiem bloö t)ol)e
fürfilic^e $erfonen unb mürbige Qlltc 5luö=
nabme mad)ten. dagegen gemattete man
bem ^auptbaar mebr Spielraum unb lic§
eö in fanften meüigen Coden ju beiben
Seiten bcö ®eftd)tee am ftets freigetragenen
^alfe berabfaüen, bod) nid)t fo lang, ia^
es bie Sd)ultern errcicbte. S)er lange
9iod beet SRitterä ging biö über bie Änic,
ja felbfi bis auf bie ?füge l)erab; er mar
ringö gcfd)loffen, am Oberteile naä) bem
SBudifc gpfd)nitten unb in jiemlicber Gngc
an ben Körper fd)lic§enb , mii^renb er
unten weit bie Seine ummaüte; aud) tt)ar
er mit einem meifi fofibaren ®ürtel ge^
gürtet. Um bie S^ultern legte ftc^ jur
Sernollfiänbigung ber ritterlidien Äicibung
ein meiter maüenber SRantcl, ber auf bct
Sruft burd) eine 'JIgraffe gebalten mürbe:
bie SRüfiung legte ber SRitter nur an, menn
er fte braud)te; in ber ®efetlfd)aft unb
fogar auf bem Äriegäjug, ?lbcnb? in ber
Verberge trug er bie gemö^nlid)e Äleibung.
2)ie JRüftung befianb auö bem Äetten^emb
unb äl)nlid)cn auä (Ringen geflod^tcncn
93efleibungen,^eö Äopfeä, ber ^anb unb
ber Seine. Über ben SRingen lag lang
unb weit unb flatternb ein prad)t»oner
SBaffenrod, ber in ^^arbcn leud)tetc unb
mit ben 3<!'<^fn "nb Silbern beö ritter»
Iid)en Höappens bebcdt mar.
Die böfifd)e 3ud)t, alä eine eigen*
artige, auf einen boben ®rab t»on ®e=
fübi für hati Sble unb Sd)öne gebaute
£eben?fübrung, bie nid)t bloö in ber
*Pbantafte uorbanben mar , obgleich fte
^ier bie pd>fie Qluöbilbung erreid)t l)aben
ütittertum.
593
mag, Pc{)t nun im cngfien 3ufanimen^ang
mit' bem ^raucnbienft, ber baei (äigen=
tümlicf)fle ifi, watJ bie ^öfifc^c Silbung
^ert>orgebrad)t ; im 2)ienfie ber g^ciu Pet)t
jugleid) beö iRittetö SBaffe , e^re unb
3ud)t. 3)ie ©tellung htü SBeibcä war
bei ben ®crmaiien mic bei allen anbcrn
Sßölfcrn urfpiünglid) eine fc^r niebvigc.
S)aö SBeib mu§tc ftc^ mit bem toten
SDJanne Derbrennen laffen, ber ÜJtann ^attc
t>ai ^iilt, eö ju üevfaufen ober ju iier=
fcf)enfen. 3Jur burc^ bie ®nabe beö SSatere
iüurbe il;m ju leben erlaubt, burcft Oelb
mürbe eö oon einem Q^remben bem 23ater
übgefauft; auf bem SBeibe allein lag bie
SßePcüung üon ^auö unb ^dt>. Diefe
öltef^en garten SJer^ältniffe maren nun
frcilid) fcl)on frü^ , lange bcüor i>a^
Gbrifientum bei ben ®ermanen l)en[^enb
lt)urbe, teiU bmi) ba« 51uffommen eine«
milberen JRed^teö ober menigfienö einer
milderen ®emol)nt)eit, teils hmä) bie 2ßir«
hingen religiöfcr *3lnfd)auungen uerebclt.
S5od) blieb baö ganje SWittelalter I)in=
burc^ ber ®runbfa^, ba§ bie ^xan fein
eigene« öied)! be[a§, fte jianb unter ber
Q3ormunb[(iaft unb bem @d)ut3e be^
ÜJknneö, unb menn fic^ au6) im praf=
tifd)en fomol)! aU im fittlidjen religiöfen
ßeben 5ln[d)auungen geltenb machten, melc!^e
ber Stellung ber ^rau fel;r äugutc famen,
b ergepalt, ba§ fte beä SjJlanneö ©enoffm
in greub unb öeib mar , bem ®eftnbc
gegenüber bie ^errin be« ^aufe«, fo
blieb bod) it)r Stanb ein gebrüdtcr; benn
ber freie ®ermane fat) ja bie Seilna^me
an ber SBoU'ögemeinbe unb am öffcntlii^en
ßeben al« feine erfie unb oberfte !Pf[id)t
an, an meld^er bie grau feinen Qlntcil
nal)m; mar fte ja fogar auf bem eigenen
|)ofe mit ibren Jöd^tern unb 2)ienerinnen
in ein befonbercö grauengemad) üer=
»riefen. ßiebe«DerI)dltniffe fonnten ber
6f)c nid)t »orauägelien , treil tai ®efe^
ben SBerber jum 95ater unb nid)t jur
2:od)ter t)inmieö. S)ie Siebe entfprang
in bem 33ufcn beö SlBcibcö unb ber Mann
naiim fte bin aU 21nerfennung feiner
Sücbtigfeit, bie er forbern fonnte unb bie
er mit el)elid)er 3uneigung belohnte. $atte
ber SWann aud) 5td)tung oor ber einjelnen
^^rau, bem ®efc^ leckte eerfagtc er eine
i^m ebenbürtige «Stellung. 2)ie alten
|>elbenfagcn ber ®ermanen fennen mo^l
leibenfd)aftlid)e, ben aJJdnnern fogar über»
legene einzelne ^elbinnen , aber ßieber
ber Siebe ftnb eö nie unb nimmer gemefen.
S)aö änbert ftd) je^t fafi plö^lid), obne
ba§ man genau fagen fönnte marum; mir
erfennen blo^, bag eine Serän&erung
eingetreten ifi, jufolge meldicr m e i b I i d) e
Ädbönbeit an Steile ber männlichen
aücbtigfeit jur Duelle ber Siebe gemad)t
ifi. ©ine J^aupturfad)e biefer (5rfd)einung
mar gemi§ bie, bo§ bie fojiale 21uöbilbung
beö [Rittetfianbcö al« eine« Don ber nid^t*
ritterlid)en Jöelt getrennten Don felbfi auc^
bie meiblidbe 33eDölferung beö Stanbe« in
bie Sphäre beö abgcfonberten Stanteö«
lebend jog; bie (Sbie beä iRitter« jog bie
(Sbre feine« iffieibeü nacb ftd). ^m Orient
tbat ftd) für bie Ärcujfabrer ba^ 'öilb
eineö Derfeinerten , ausgebilbeten , burd)
*^ocfte unb Äunfi gefcbmüdtcn Staube«*
lebend auf, morin tai 2Betb eine mefent*
liebe JRolle fpielte; bie 'Jluöbilbung be^
*ükricnfultu« jieHte für ben gläubigen
Sbrifien ein jungfräulidjeö 2öeib in bie
näcbfie D^äbe ®otteö unb gab ben Jung«
fvauen unb grauen ber ®egenmart ein
ermünfd}te«, burcb bie Äird)e gebeiligteä
3beal. Unb ein 3beal ifi tai Sßeib ber
böfifd)en 3«it *" «f^« Sinie, fogut mie
ta^ ganje Diiittertum; mer bie böftfi^c
25ame fennen lernen mill, mag bie 2)ic^tet
ber 3tit barum fragen. 2lber bicfe« 5b«al
mar bod) aud) Sßirflic^feit, bie böfif^e
l)ame fttebte barnadb, ibr 23orbilb im
Seben ju erreicben, bie Srjiebungber löc^ter
hatte basfelbe ^kl im 5luge; tai Der*
feinerte ®efübl für hai 5tnftänbige,
Sc^idlidbe, S^öne mitfte in Sbat unb
iJBabrbeit, unb aud) ber grauenbien)! ber
2)Jänner märe bod) faum Derfiänblid), menn
er nidit Don einer erböbten nuBern unb
Innern 33ilbung ber grauen getragen märe.
5lud) bie erbaltenen bilblid)en 2)arftels
lungen in ben SDJiniaturen laffen tro|
ibrer fünfilerifd)en Unbebolfenbeit auf bie
9Beicbbeit, bie D^atürlicbfeit, bie "Hnmut
ber meiblid)en Öemegungen unleugbar
fd)lie^en. SUJit bemühter 21bftdbt fitebtc
bie rittetlid)e SBelt nac^ ber ©d)önbeit
unb Qlnntut be« 2lu§ern. I)ie Sdjonbeitä*
lebre tuar Stüd für StücE burdjgefacbt,
unb märe Diel baDon ju fagen, Dom langen
blonben ^aax, Don ber auö rot unb meip
gemifd)teu @eficbt«farbe , bem roten unb
mie eine 33Iüte bur(^f^einenbcn 3}^unb,
bem f leinen unb fef}gefd)loffnen ; ben
meinen 3äbn'^"/ ben gebogenen ^tugen-
brauen, ber geraben unb laugen, meber
ju flumpfen nocb ju fpi^igen iJiafe, bem
gerunbeten Äinn mit einem meinen ©rüb«
d)en. SDaf bie Äleibung ber >Damen ber«
jenigen ber SOJänner an mirfli^ cbelm
594
O^ittcrtuni.
©cfc^macfe ni(^t naä)%ab , »crfiebl fid) in
biefcr 3fit »on felbfi.
S)tefcm ®efd)Icd)te alfo »ibmcte ber
[Ritter feinen ©ienfi, ben *Kinne= ober
j^rauenbienjl unb bamit ifi freiließ eine
©eite beö ^öpfd^en Sebenä ertt>a6nt, »o
eine befriebigenbe Tiecfung jnjifcfjen ^tn
nnb SBirf lief) feit faum mef)r möglief) ift.
,0b ber franjöftfcfje SRitter, benn in Süb=
franfreicö ifi ber ^^rauenbienP entjlanben,
burd) bae plö^li($c Srttia(^en feiner g^rauen=
iuclt aus einem langen (gd&Iummer auö
ber 8al)n bcö ^ergebrad^ten ftttli(^en Sebeno
getDorfen h?urbc, ob bei i^m biefeä fttt^
lid^e ßebcn etwa gor nid)t befianbcn, ob
er ft(ft buidi Silber beö Oriente »er*
jaubern Iie§, furj, er begann ber %xau
einen S)ienfi jn iribmen, äf)nlicf) unb
na^gebilbet bem Steubienji , ben ber
SßafatI feinem ßebnäfierrn fcf)ulbig iji. ®r
tt)äf)Ite ficb efnc S5ame, e? burfte aud) für
ben Dritter niebriger ^erfunft eine ^od)«
geborne fein, ber er feinen £)ienjl ftibmete,
modelten fie unb er »erficiratet fein ober
nici)t; nur bie eigene ^rau hsar jur ®ame
bcö (Ritterö untaugli^. yiai)m fte feinen
SDienji tiorläupg an, fo gett)ä^rte fte if)m
eine mefjrjäfirige ^rüfungejcit; erfi nacb-
bcm er biefe befianben, tt)urbe er ber
Sßafaü feiner ^er^enefönigin unb förmlicb
»on i^r belohnt, unb ivoax »renigflen^ in
^ranfrei^ mit ben gleichen ft)mbolif(^en
3ci($en flaatlid)er Sele^nung-, Änien,
^änbefalten, Äu§ unb 3iing. ©er Ctitter
trug nun an <Sd)ilb unb ßanje bie ^^arben
ber g^rau unb ein »on if)r erteilte« ffiappens
jci(i)en, iRing, Oürtel, jgiaarbanb, ©c^Icier
ober ^irmel. I)ie ^^rauen verlangten au^er
allgemeinen Schweifen ber Siebe biefe ober
jene i^at beö ©eborfams, oft auf fef)r
launenfiaftc 5trt , mand)e SRittcr fmb Pon
i^rer 2)amc gejiuungen toorbcn, einen
Äreujjug mitjumac^en. Übcrbaupt aber
foütc ber SBaffcnbienjl be« SRitters ber
iJrau getüibmet fein. (Ja braucht ber ht-
fonbcrn 93ett>eife uicf)t, um einesteils ba«
■Unfittli(^e , anberteilS bai Unmännlid)e
eineö folc^cn ©ienjicö nacfejutticifen ; aber
eö ifi eben fo fid)er, ta^, obgleidf) manche
(Ritter biefem 2)icnjle bulbigten, berfelbe
boc^ mehr in it)ren Äöpfen unb it)rer
(Pbflntafic, namcntli^ aber in i^ren fiebern
toorf)anben mar, aU auf i^rcn Surgen,
unb in Deutf(f)Ianb jumal ifi eö mcbr
ber gefcllfd)aftlic^e unb poetifc^e Otefley,
ber aui ber ()3rooence nad) jDeutfc^Ianb
^erüberfc^eint, aU bie ®ad)e fclber.
Sßürbigcr eine« tugenb^aften SRitterö, unb
Jugcnb ftanb bei ber SBürbigung beä
SRittere ftetä obenan, mar ber 3"9 ber
3cit ju treuer unb reifer Siebe, bie fid^
jcbo^ aud^ in ben gotmen ritterli«ier
Oalanterie bemegt. 90^it ber fonoentio*
neuen ^rauenminne ober bem gi^'iufn*
bienfie mar im aufgefc^Ioffenen (Semüte
biefer ^t\t natürlid) aud) ma^re Siebe
ermac^t, bie ben Jüngling jur Jungfrau
f)injie^t.
2)iefe SlRinneträger ftnb ni^t mc^r
frouwe unb herr, fonbern man unb wip,
unb ber beliebte Streit, mag cblcr unb
beffer fei, froa-we ober wip, berufit »efent»
lii) auf ber ^Jragc na^ l)öftfd) fonnentio»
neOer 9Winne ober nad) ber tiefer ge«
grünbeten Siebe. S)ic menigen tiefem»
pfunbenen Sieber unter ber Unjat)! ber
SWinnelieber ftnb Sieber ber Siebe, bie
Siebe ift e« au4, bie immerhin an ben
ritterlid)en ^Jrauenfult erinnernb, baö
SRibelungenIteb unb bie ©ubrun in ftd^
aufgenommen ^abcn:
soltu immer herzenliche zer werlte
werden fro,
daz kämt von frowen minne, da
wirst ein schoene wip,
ob dir got gefüeget eins rechte
guoten ritters lip.
2)arin Hingt nod) tief unb coü bie
altere 5luffaffung com 23erf)ältniö be«
ÜRanneö jum Sffieibe, unb ebenfo in bem
jmeiten ©runb ber 2tbmeifung.^ricmf)ilbeng
(ber erjle iji, ia^ fte i^rer jungfräulid)en
6d)önf)eit nid)t ferlufiig geben miü), ia^
liebe mit leide ze jungest Ionen kann,
S)enn mä^renb ber 9?amc üRinne in
feinem urfprünglici^cn SBorte längfi »er«
bunfelt, jum foneentioneü f)öpf(^en Siebed*
auöbrud gcmorben mar, gab bai 2Bort
liebe eben burcb feinen ©egenpart, tai
leit, bem Segriffe neueö, unmittelbare«
Scbcn, bae auger^alb ber pfifc^cn ©efett*
fc^aft, in bem S($idfal be« ^erjen« felber,
feinen ©runb ^attc.
3ur ritterlid^cn ©efeQfdbaft gehört
bur^au« ber Sänger. @« ifi fein
3»t)eifcl, i>ai D?ittelaltcr batte auci unter
anbern Sebenöbebingungen al« benjenigen
be« Sef)enmefen« eine Stjrif unb ba^cr
audb einen ©tanb ber Stjrifer ^cröor*
gebrad)t; ba nun aber in ber %oim ber
ritterlid)en ®efellfd)aft feine Slüte auf»
ging, fo mufte auc^ ber ©änger ein ©lieb
be« [Rittertum« fein. S)a mo ^artmann
Don 2tue ein Silb feine« ritterlid)en gelben,
be« armen ^einrid), giebt unb crjä^lt.
yiod — dornan.
595
wie ^crrlid^ cö um iljn gcftanben an ere,
zuht, milte, tugent, triuwe, jngent, ba
fd^lie§t er fein 93ilb mit ben ÜBorten:
er sanc vil wol von minnen, unb fjier
ifi nun bie größere Äraft einmal auf bet
6citc ber Sffiirflic^feit, nic^t auf bcr ^ttt;
bcr (Sefang »erlangte (^orm unb ®cf)alt,
SBort unb' 2Bol)IIaut. iißie bcr iRitter mit
ßanje unb ®d)tt)ert ber ^xaa biente, toa^
bod) auö) ^ätte unterbleiben fönnen , fo
bicntc mit mef)r SJie(ä)t unb 93iUig!cit ber
2)ic^tcr feiner ^errin mit bem Ciebc. 3luc^
i^m muftc fi^ nac^ ber Sitte ber ^ät
bie S)ame erfcnntlic^ crtrcifen, ja fie naf)m
i^n, »enigftcnö in %xar\hää) unb 3talicn,
förmlich in i^ren I>ienft. SRod) met)r alö
SBaffenfunji fieüte bie ©ic^tfunfl ben
länger, auc& ben llrmen, ben ^-«otjen unb
gürjien glei<^. Q.^ fonnten natürlich ni^t
alle fingen, toä) \)at jebcr Stanb be^
(Rittertum^, bü ju ben ^aifern hinauf,
feine Sänger gef)aibt, unb votx non ben
gürfien nid^t felber fingen fonntc, ber
njurbe ©önner unb greunb ber ©dnger.
^at bod) fogar bie Sage ben funjlticben»
ben ^of bcö Sanbgrafen ^errmann üon
J^üringen ju ßifenad) bleibenb berftärt.
S)er SRitterftanb tcax alfo in feiner
(Sntjie^ung unb ^ö($(ien ^luöbilbung mef)r
eine Sffiürbe, eine 6t)re, bie auf bcr ^erfon
tu^tc, »on i^r eriücrben trcrbcn mu^te, mit
i^r fiarb unb »on jebem So^n neuerbingö
genommen werben mu§tc, aU ein ©c--
burt^fianb mit gctt)iffen jlaatIi(J)cn iRe(f)tcn;
bcnn auc^ bie S^ec^te, tt>clcf)e bie Slitter*
Jrürbc gab, haaren bloö 6f)renrcc^te bcr
!^öftfd)en ©efcüfdjaft, ©emeinfamfcit be«
^ampfe^, ber jafcl, ber Äleibung, ber
©räie^ung, unb nic^t ber fiaatlic^cn Ober«
unb Unterorbnung , beö ®crid)tös unb
©igcntumärDefen«. %ü.x ben ^od^gefieüten
2Rann, ben Äönig, ^erjog, gütfien, ®rafen,
Blieb ba^cr tai [Rittertum ein Sc^mud,
eine ©runblagc ber ©cfcüigfcit, fpäter
eine ©rinnetung an eine glänjcnbc ißcrj
gangen{)eit, tt)ic bcnn iWafimilian bcr le^te
bitter genannt njurbc. ^Dagegen für bie
untern Sd)id^tcn beö ^öfifcfcen Staubet,
bie JJienjimannen unb bie ßc^nsmannen
Wax bie *iingc^örig!eit jum SRitterfianb
nic^t bloö eine Srücfe jur gcfeUigcn 2?cr;
cinigung mit ben fiöc^fien öebcnefreifcn,
fonbcrn jugteic^ ein ÜRittel ju felbfidn»
bigct red()tlic^er Stellung. Slux biefc
(Ritter nicbcren 5lbclö ftnb e^ , welche
1t(^ ju einem ©eburtöfianbe cnthjidcln,
bcr fxä) auf Öel)nfät)igfeit unb Scbnfolgc«
fä^ig!eit grünbet; jiatt lef)nfa^ig l)ci§t
cd nun, oorncl)mcr flingenb, »on rittersart,
rittennaezec , ritterbürtig. ÜRit biefem
|>auptrccf)tc ber ßet)nöfä^igfeit »erbanben
fxd) bann aümä^lic^ noc^ anberc 93orjüge,
wie SBappcnfd^igfeit, lurnicr^ unb Stifte«
fä^igfeit, ^op|t)igPeit, aud) @teuerfteil)eit
unb 2anbtagdfät)igEeit, bie gdtiigfeit, im
ße^ngeric^te aU Diid)tcr unb Sd)öffc auf*
jutrcten. Sei ber ißorliebc beä Sliittels
altera für junftmägige ^Bereinigungen
fonntc eö fobann nic^t fcf)len, ba§ nid)t
au^ bie aRitglicbcr beö SRitterPanbcd ju
dbnlic^cn iBerbinbungen jufammentratcn.
S)a^in gel)ören alö natürlid)e ®enof»
fcnfd)aftcn cinerfeitd bie ritterlid)cn Seilen«
bcji^cr eon SReid^ögütern, bie fog. SReid)^«
bicnfileutc, Ctci^dritterfdiaft genannt,
unb anberfcitö bie ritterbürtigcn ßeute einer
gewiffcn ßanbfc^aft, ßanbcärittcrfd)aft
genannt; fobann bilbeten ftc^ auc^ freie
ritterlid)C ®enoffenfd)aften mit eigenen
Statuten unb Drbnungen aud, bie fog.
SRitterorbcn. — ®an = 3)?artc, bie ®cs
genfä^c bed ^eiligen ®raled unb von ritters
orden. ^aUi, 1862. — Sc^ul^, ^öft*
fdbcö ßeben. — %aUt, bie rittcrli^e ®cs
fcUfdiaft im 3eitalter be« ^i^tJU^nfutt"^«
— 2Beinl)olb, bie beutfc^cn j^raucn.
SRot!, fte^c Zxaä)t.
atolanö^licb, fte^e ÄarUfagc.
ütontoiu Sd)on bcr Dtame biefcr S)ic^s
tung«art erinnert an bie franjöftfcfte Siuetlc;
roman bebeutetc im 'UUfranäöftfd)en jucrji
bie SBolföfprai^e gegenüber bem Satcin,
bann bie in folc^et ©prac^e gefd)ricbenc
Di^tung unb fofort eingcfd)ränfter bie in
^rofa crjä^lte®efd)ic^tdbic^tung, bcjonbcrd
bie in $rofa erjäljltc unb erbid)tete Siebcö«
ober abenteuerliche ®efd)ic^tc. Sei ben
^ranjofen entftanbcn fc^on im 12. unb
13. 3'>l)t()un^fi^t profaifc^e Bearbeitungen
ber furj eor^er in poetifd)er Jorm be*
^anbellen mittelalterli(^=ritterlic^en Sagen«
jioffe; in 3)eutfc^lanb gef^a^ basfelbe
na^ bem 5lbjierbcn ber bid^terifd)en ijjro«
buftiüität im 14. 3a^rt)unbert, nur ba§
man ^ier vorläufig mit iBorliebe frcmbe
iRomane auö franjöfifc^en, italienifc^en unb
lateinifd)cn Quellen übcrfe^te; immer noc^
jtnb cö abelige Greife, für ttield)c bicfe
Qlrbeiten benimmt ftnb, unb abelige J)amcn
nahmen mit Vorliebe 2lnteil baran; auc^
wo bürgerliche Überfe^er genannt merben,
fianben biefe im 2)ienPe abeligcr ®önncr.
3u biefen älteren (Romanen in beutfc^er
Sprache gehören 5lleyanber bcr ®ro|c,
Satomon unb aJiarfolf, ^lore unb Slan«
fd^cflur, QlpoHoniu«, bie ftebcn weifen
596
SRomanifc^c ^Saufunfl.
2Kcifier, 5lmicuö unb "Mmeliud, 5ltf)i0 unb
^rop^iliaö, ^ug «Sc^apler (ciqentli(4 ^jugo
(Sapet), ^ottunat mit bem 2Bünfd)[iütletn;
mand)eö baruntcr berührt ftcE) mit bcr
S^Joücüenbic^tung, fielic ben befonbern ^r^
tifel. ^mai nic^t eigentlid) Original, aber
bod) ganj freie, fon bemunberncroürbiger
©pra^gewali jeugcnbe Qlrbeit ijl i^ifcfe^
artö, juerfl 1575 gebrudte, bem crfien
Su<ie üoniRabelaiä ©argantua entnommene
®c[d)ic£)t0flitterung ober ©argantua;
im 16. 5-f)rbunbert wucf)« biefe ßitte=
tatur anfebntii^ ; aus ^ranfreic^ famen
gicrabraö, bic »ier ^aimonefinber, ^aifer
Dftainan, bic [c()öne SDkgelone unb SRitter
®almp. ^eutfctie <£toffe ftnb ber (5ulcn=
fpiegel, bie ®d)ilbbürger unb 3)oftor Q'aufi,
afle brci burc^ Äonjentration gangbarer
23oIf^gef(^id)ten auf einen gelben ober
auf einen Ort cntftanben. 3tlä ßrftnber
t>on [Romanen tüirb im 16. 3a^r^unbert
blo§ 3örg SßicEram auöÄoImar genannt,
ber in ben Jahren 1551 — 1556 üier SRo^
manc fd)rieb, ©abriotto unb iRein^arb, ben
©olbfaben , ben Änabenfpiegel unb bie
bie guten unb bofen JJac^barn; feine SJRujler
ftnb bie SBoItölomane, fein !i?ublifum bie
beutfd)e 3»3cnb. 2)aneben ^örte bie (Sin=
fut)r ftanjöfifcfcer Üeberfe^ungen nicf)tä
Weniger al« auf, namentlich ttiurbe ber
tneitldupge SRoman bcö „gelben Stmabis
auö grantretd)" bie ßieblingäleftürc beö
beutfc^en *ilbel«, er mud)ä oon 1569 biö
1594 aümäblic^ auf 24 Sänbe an unb
erhielt fid) lange bie ©unjl feineö f)3ubli-
fumö, aud^ nad)bem »icl anbereä 9;)kterial
auf benüRarft eingeführt rt)ar. £)onDuifote,
1621 jum crftcn mal ins jDeutfd)e übers
tragen, mad)te menig i}Uiffet)en; bagegen
trat ber ©d)äferroman , tiod) me^r ober
bcr Reibens unb fitebesroman naii fran-
jöfifct)cm 5)iufter auf, fo jmar, ta^ fid)
unter bcr ^üüe bcö ®cl)äfer= unb $elben=
tumö tt>ittlic^e (Jrlebniffc, ^ßerfonenge^
f(i)i($tcn unb poIitii"d)c Srcigniffc ber
neueren 3*^*^ "^^^ ©rfunbcnem oermifdit,
ju oerbcrgen pflegten; aua bem ©panifdjen
ert)ielt man bie ®d)eImenromane, ßeben«=
befdireibungen non ßanbfiteic^ern unb
5lbenteurern geringer ^crfunft. ÜRitten
unter bicfen mcift gcfd)modlofen ÜRac^-
werfen begegnet man brci frönen altern
a3olf0büd)ern, bic bcr ^apujincr *13ater
ÜRartin oon Äod)em auö einem franjöftfc^en
3efuitcn f(^öpftc, ©rifclbie, ©cnocefa unb
|)irlanba. 5lu0 ber gfübelungenfagc taucht
crji jc^t als Ic^te Srinnerung iai ^ni)
toom gef;örntcn ©iegfrieb auf. S)oc^ fef)lt
eö auc& nic^t an [Romanen, bic 2)cutfd)c
äu iBcrfaffern Ijaben, unb jmar legte man,
bem S^arafter bcr Sßilbung bcö 17. 3a^r'
^unbcrte gcmä§, bie mc^r inö iörcitc ali
in bic Jiefe ging unb bereu f>auptquetle
hai [Reifen mar, in bic [Romane ganjc
8et)rbüd)cr bcö ffliffenömcrtcn niebcr, ®e*
fd)id)te, i'änbcr= unb S8ölfer!unbe, Filter«
tümer, fiitteraturgcfd^id)tc, [Religion«« unb
Sittenlehre, [Rcifcbefd^reibungen , 2lftros
logie unb 51berglaube; man fügte auc^
poetifc^e ©tücfe, S)ramcn, @d>äfei^= unb
laniifpiele ein. ©olc^c bcutfd)c [Roman=
fc^riftjleüer ftnb 2)ietrid) ». b. aBerber,
q3 t)i li p p 0 0 n 3 ef en, 5t. ®. i8 ud) t) 0 Ij ,
ber •^»erjog QlntonUlrid) oonSrauns
fc^Weig, |)einri^ 51nfclm »on
3iegler mit ber oft aufgelegten „afta«
tifd)en ©anife" unb So^enficin mit bem
*2lrminiu^. ®elbfiänbigcr unb bcbeutcnbcr
aber ftnb bie fpanifd^en DWuftcrn nac^gc«
bilbctcn [Romane bc^ SERofd^crofc^
„®eftd)te", unb ber ©impliciffimuä
bcö ©btijloffel t)on ®rimmcH =
t)aufen, 1625-1676. 5^r [Rac^folgcr
ift S^rifiian üßeifc: „bic brci drgPcn
©rjnarren", „bic brci flügfien Scutc" unb
„bcr poIitifd)c [Räfd)er". 2)ic balb nai)\)tx
auftretcnben [Robin fonaben unb beren
iRa(^al)mungen, bic 5lt>entüricrä, führen
fc^on auf ben englifdjcn (£influ§, unter
bem in ®entcinfd)aft mit franjöftfdjcn
[IRufiern ber mobernc [Roman crmac^fcn
iü. ©icfie bie ßitteraturgefd)id)ten »on
aöadcrnagcl, Äobcrficin unb
^ d) e r c r.
JHontonif d)c 58aitf unft l.QllIgcmei»
neö. [)tad)bem baö farolingifd)e [Reid^
jerfaüen mar, brac^ über bie norbif<^cn
*ßölfer Porerji eine traurige 3^'^ {)ercin.
3nnere [parteiungen jcrpcif^ten baä [Reid^,
bic räubcrifc^cn ©d^aren bcr Ungarn, iffieit«
ben unb [Rormannen üer^eertcn bic Sanber
unb bie iBölfer crmartctcn mit banger @r»
Wartung i>a^ 5a^r Saufenb, mit mcld)em
baö Snbe ber 2Bclt hereinbrechen foütc.
2)a0 3abr Saufenb aber foüte fiatt beffen
ber Qlusgangcpunft einer neuen (Spod^e
merben. [Rid)t nur folgte, al^ hai gc«
fürd^tetc 3a^t ol;ne Störung ju Snbc ge»
gangen mar, ber bangen 3^rfnirfc^ung
jäl)Ung^ ein ungeflümer Feuereifer, bcr
fidf) in frommen Sßerfen, im [Ricberrei^en
alter Äircf)cn unb [ffiieberaufbau neuer
pradtjttoücrer, nid^t genugt^un fonnte, fon=
bem bie fc^limmilen inncrn unb äu§ertt
Stürme Ratten ftd) mittlerweile ausgetobt,
bie fiaatlid)en iBerbältniffc begannen fid^
[Romanifd)e Söaufunfi.
597
ju fefüflcn unb bev germanifcf)c 93olfögeifi
i}ütk biejcnige Stufe ber öntttticflung er^
reicht, ta^ et [elbjl beflimmenb ftd) aud^
in formen, iDeld)e ben ©cbanEen jiir @r-
fc^einung bringen, auöfprcd)cn, ha^ er
namentlich auf bie njeitcre ®efta(tung ber
Äunfl: feinen (Einfluß ausüben fonnte.
g3iöl)er Ratten für bie Äunfi jene alt?
(^rifiii<$=römifd)en ober bi)iantinifcf)£n 5or=
mcn ben aEgemeincn Ippuä gegeben. 3^^^
begann ein felbflänbigeä freicö Umgefialten
ber alten iJo'^nicn, auä ttielcfcer UmgejlaU
tung fd)lie§Iic^ jener Stil t)ert)orging, ben
man mit bcm 9?amen bcä romanif ci)cn be=
jcic^net, nad) bem iüorgange ber (&prad)=
tt)iffenfd)Qft, ft)elc^e bie Jbiome, bie fid)
gleid^jeitig unb unter entfprec^enben 23er=
pltniffen au« ber alten 9{ömcrfprad)e bil=
beten, mit bcmfelben 2Borte benennt. 2)ie
auefd)lie§lid;e irägetin ber Silbung mar
in biefer (Spo^e bie Äird)e un& e« ift
nic^t ju öermunbern, rcenn ber (ibarafter,
ben bie 53aumcrfe biefer (Spod)e tragen,
ein l)icratifc^er ijl. IBorab maren eö bie
fStönifC, in öcrcn Rauben ftd) bie 33au=
funfi befanb. toie entwarfen für i^re
Äird)cn= unb .Klofieranlagni bie Jtiffe unb
leiteten ben 33au. jjejle e:d)ultrabitioncn
entfprangen barauö unb fnüpften ibre
aSerbinbungen uon Älofier ju ^loftcr.
®lcid)crma§en ücrbanben ftc^ aber aui^
bie mcltlid)cn ^anbmerfer, meld)c ben
9D^önd)en bei QUiöfübrung ber Sauten
bleuten, ju genoffenfd)aftlii^en a3erbinbun=
gen, auö benen in ber j^olge ol)ne 3*^^fiifct
bie Sau^ütten t)ertiüvgingen. SDer ®eift
beö Sürgertume aber bringt erjl gegen
Qluögang ber romanifd)en (SpLid)e roirflid;
felbftänbig in biefen Stil ein.
2. 5Da^ romanifd)c 23aufl)flem.
a) Sie Safilifa. Sic altc^riftlid)e
Safilifa ift ber 5luögangspunft für bie
mittelalterlid)e ^Hn^tteftur. S)aö ßangbauö
crfiredt f:d) als breitet t)ol)eö 3Kittelfd)iff
gmifc^en jmei nur l)alb fo ^o^en unb
breiten ©eitenfc^iffen. 'Um (Snbc bcäfelben
((Reibet gelüöljnlid^ ein Eräftig porfpvingen^
beä Duerl)au§ pon ber |)öl)e unb 33reite
bcä ßangl)aufes baöfelbe üom (Sl;ore, bie
.^reujeägeilalt ber Äirc^e flar auäpriigenb.
SBiötticilen tritt aücrbingö tai Duerfd^iff
nid^t über bie Seitenfdjiffe uor, oft bleibt
ee fogar ganj meg. 35ie mefentlid)|le llm=
geftaltung erfuhr nun üorerfi ber (Jlior«
laum. 3n ber altd)rijtlid}cn 23artlit'a
f(^Io§ berfelbe al^ eine ^albrunbe 9^ifd)e
unmittelbar an ia^ Querf)auö an. S)ie
größere Qa^l ber ®eifilid)Ecit »erlangte
nun »orerfi eine 53ergrö^erung biefeä
9iaumeä , meiere baburd) bemerfftetligt
mürbe, ha^ man bem (£l;or nod) ein ber
fogcnannten 53ierung, b. t). ber Durc^-
fd)neibung oon Duer= unb ßangt)auö ents
fpred)enbeö Duabrat »erlegte. 3" gleic&er
aSeife üerlängerte man tai^ Ciuerl)au«! nad^
red)tö unb UnU, moburc^ ber mittlere
Jcil besfelben, bie fogenannte 55ierung
ein nad) allen Seiten freiliegenber, fon
oier früftigen ^Pfeilern unb cbenfo fielen
l)o^en ©urtbogen abgegrenzter iRaum mürbe,
ben man gert)öt)nlid) jum diiox ^injujog
unb mit fteinernen Sd}ranfcn gegen baä
8angl)auö bie Duert)au«flügel abfd)lo§.
®egen ba^i Sd^iff ju trurbe biefe Sd)ranfe
oft tribünenmä^ig erhöbt unb biente al^
lectorium (ß et tu er) »on mo auö bem
aSolfe baö (Soangelium uerlefen mürbe.
2)er ganje ©tjorraum aber mar über ia^
\iangl)auö um mehrere Stufen erl)ö()t unb
barg unter fid) f!etä eine ®ruftfapetle, mit,
auf f urjen , fiammigen Säulen rutjenben
Äreujgcwölben überbedt. Diefe Äapeüe,
bie i?rl}pta, biente alö Segräbniöpla^
für angefel}enc ^crfonen unb batte ibren
eigenen ailtar. 3" ber räumlichen Slue=
beljnuug beä Cboreä entmidelte ftdi inbeffen
im Saufe ber Si^it noc^ Qi^i-ige ü)?annigs
faltigfeit. S^eilö lie§ man bie Seiten^
fd)iffe fcnfeitä be« Duerbaufe^, ät)nlid) bem
SOlittelfc^iffe mit 5lbftben ober (£ond)en
enbigen, teil« lie§ man biefelben um ben
ganjen S^or Ijerumlaufen, teilö aber manbte
man fid) aud) einfad)ern Einlagen ju unb
fd)lo^ fomopl *Wittclfc^iff als Seitcnfd)iff
einfad) gerablinig ab. S)ic reid)fte Einlage
jetgt ftd) ha, mo an baö um ben (Sbor
l)erumgefübrtc Scitenfd)iff fii^ in rabiater
Stellung i)albrunbe "Kltarnifc^en anfd)lie=
§en. ilud) t)ier rid^tetc frd) bie ©efialtung
beö ®runbplaneä fietö nad) bem !Bcbürf=
niä, nad) ber ^aljl ber ®eifllil)eu, ber
erforberlid^en 'llltäre 2c.
ilßäl)renb fo bie öjilidje Partie (man
legte ben ß^or jletö naä) Djien ju) eine
Q3creid)erung erfuhr, vereinfachte man in
gemiffer "öejiebung bie meillidben Seile bet
altd^rifilid)cn Safilifa. Dort l)atte ftd; ber
SJlartlKf unb tai 'Jltrium auisgebelint, in
)xield)em fid) gcmiffc Stufen ber Saienmelt
mäl)renb beö ®ottc^bienfteö IjatUn aufl)alten
muffen, ^t^t ge)t>ann bie ganje ®emeinbe
3utritt jum ®otteöbaufe unb fo lie§ man
^öd)fienö no^ eine tleine a5orl)alle, hai fo»
genannte *Parabieö ftcl)en unb ber im
'iltrium jiel)enbe Sant^aruö fd^rumpfte jum
äöei^mafferbeden äufammen.
598
SRomanifc^e Saufunfi.
ÜJlaiK^tnal forbette inbeffen iai fircfe«
Iicf)c Sebürfniö auä) eine ieid)ere Otuö*
bilbung beö h)e|ili($en S^eiteö. SKamentlic^
in großen 5lbteicn roaxt bie Einlage eineö
jn)citen S^oreä, bem öplic^en ent=
fprect)cnb beliebt, ja oft legte man bem=
felben ein jweiteö Quet^auö cor.
3n bcr iRegel aber öffnete jic^ am 3Ötp
cnbe ber Äirc^e bog grofe portal, »on jwei
mäcf)tigen türmen eingefd^loffen, it»el(^e
nun nicf)t me^r freifiebenb aufgeführt,
fonbern mit bem übrigen ^auwcrf Der*
bunben »erben.
Sei 9^onnenfIößern mirb au§erbem meiji
über bem tt)efili(i)en Jeile beö Süfittelfc^iffeö
eine Smporc auf «Säulen eingebaut, ber
fogenannte Jionnencfjor.
5Die Sebedung bcr SRdume erfolgte
»orcrji mit *Jlu^nat)me ber ^rppta beinafie
au^fd)lieflid) mit einer flachen ^olj«
becfe, ent[precf)enb bcnjenigen bcr alt^
d^rifilicfcen Saftlifen, allein erfahren bie
tragenben ©lieber bod) fc^on tox ®in=
fül)rung beä ©ewölbebaueö eine burc^=
greifcnbe Seränberung. 25or 3inem bie
©tü^en, meldte bie auf Qlrcaben rul)enbe
Dberwanb beö SOJittelfcfciffeö tragen. Statt
ber Säulen mifd^cn ficfe öftere '^jßfciler ein,
cnth)eber abmed&felnb ober je iai britte
©dulenpaar Derbrängenb ober gerabeju
auöfc^lie^lid) , tnoburc^ bie uifprünglidie
©äulenbaftlifa eine Pfeiler baftlifa »irb.
S)ie bo^c Dbetmauer be^ SDJittelfc^iffeö
aber _fuc^t man ju beleben, inbem man
mit iiberf(f)lagung einer @äule ober eineö
^feilerg je ämei 5trcabenbögen mit einem
größeren 93ogen ratjmcnartig umfpannt.
2)arüber öffnen ftd) alöbann bie fleinen,
mit flarf abgef($rägter ßeibung »erfebcnen
genfer, melcbe regclmäfig im |)albfreiö gc=
fd^loffen ftnb. 2if)nlt(te enthalten bie
Sßänbe ber Seitenfdiiffe unb bie *Spftben.
Die burc^ flache •^oljbecEe abgebecfte
SBaftlifa marb injmifd^en balb burc^ ben
©creölbebau nerbrängt, ber aU ein 93c'
bürfniö fid^ gcltenb machte, benn bie
häufigen Sränbe, bie ben 3)ad)jiuf)l er«
griffen, jerftörten nic^t nur biefen, fonbern
audE), ba bie pljernen Ifccfen f)erunter=
jiürjten ben ganjcn Jnnenraum ber Äird^en.
SSorerfi griff man jum Sonnen gern ölbe
unb überwölbte nur bie ©eitcnfcfciffe , ba
bei bem böf)er liegenben [ÜJittelfc^iff ber
©eitenbrucf nur fd)tt)cr aufzubeben gewcfen
Wäre. Qlucf) mit ber Äuppcl ocrfucbtc
man auöjufommen, inbeffen war aud) bei
bicfcr ©emölbeform bie <S(i)mierigfeit, bem
®eitenfd)ube ju begegnen, md)t »»obl ju
überminben. £)ie beffere, freiere, lebenbt*
gcre ßöfung »erfüllte man erjl jule^t, ob«
fcf)on man bei untergeorbneten Ctäumen
befonber^ bei Ärt)pten, biefelbe fc^on längji
praftifd) angcwenbet ^atte, baöÄreujgcs
mölbc. SDaöfelbe befielt auä jmei ftd^
recl)ttt)inflig burcf)fc^ncibenbcn balbfreiö«
förmigen Sonnengewölben unb bebarf, ia
ber aSertitalbruct unb Seitenfc^ub bur^
bie entpebcnben SDiagonalrippen wefentlid^
auf bie Dier im Duabrat liegenben 6df?
punfte geleitet Wirb, nur an jenen Stellen
einer entgegenwirfenben wuchtigen ÜKauer«
maffe. Sw^'^fi begann man auc^ ^ier bamit,
bie "Seitenfc^iffc ju überwölben, wa^ um
fo leichter war, ia bie Sreite berfelben un*
gefäbr bem 5lbftanbe ber fßfeiler entfprac^,
alfo quabratifc^e gelber fti^ ergaben. S)et
burd) bie SBöIbung erhaltene fejiere Unter*
bau ermutigte aber jugleid) jur *Jlnbringung
öon ©mporen über ben Seitenfd)iffen,
Welche ftcb gegen ha^ 9D'}ittclfd)iff ju arcaben«
artig öffneten unb bie fable Dberwanb tti
SD'Jittelfd)iffe§ in angenehmer ffieife glic*
berten. ÜWan bctiiclt biefc 51rcaben benn
aud) fpäter noc^ bei, aU man oon ben
(Smporen wieber abfam, e^ bilbcten |t^
baraug bie fogenannten Sriforien.
2)aö Äreujgewölbe »erlangte, fo lange
eö au^ bem SRunbbogen fonftruirt würbe,
jictö quabratifc^e g^^^«'^- 2)a nun bie
^Pfeiler in 5lbftänbcn gleich bcr ©eitcn*
fc^tpreite, Wcld^c ^alb fo gro§ aU bie
beö !Dlittelfd)iffe^ War, fianben, fo mu^te
bei Überwölbung be^ legieren jiet^ ein
Pfeiler überfd)lagen werben. S)aburd^ er«
bielt bie Sajilifa ein ganj ncueä ®cprägc,
benn ii fc^ien nun angcjeigt, biejenigcn
©tü^cn, wcld)c bie Ourtbogen beö iJlittel«
fd)iffeö aufjunebmen beftimmt waren, fiärfer
ju gliebcrn alö bie anbetn. 3Wan brachte
?}feilcrt)orfprünge in g^orm oon ^albfäulcn
unb bergleic^en an unb gab baburd) bem
ganjcn eine l)C)\)txt rt)tf)mifd)e ©licberung,
wel^e fic^ in reicher 9lbwed)«lung oom
?!feilcr unb Säule in ongencbmer 2Bcifc
funbgab.
3n ber I)eta ilbilbung ging man
naturgemäß ganj »on bcr 5lntifc auä, wie
biefelbe »on ber att^riftli(^en Äunjl über*
liefert Worbcn war, o^nc fid) inbeffen an
bie jlrengen äj!betifc^cn ©efe^e berfelben
irgenbwic ju ballen. iBorab erfährt bie
Säule eine umfaffcnbe, freiere Umbilbung.
I)er ©tamm berfelben wirb je nad) bem
iöebürfni^ balb berb gebrungen, balb
fd)lanf, ol)ne Schwellung, ja in ber SRegcI
au^ oline ^njug, einfad) cplinbrifd) gc«
JHomanifc^c 95au!unft.
599
bilbct. 3)ic iöafiei I)at geroöljnli^ bic
gorm bcr attifc^cn, tt)enn aucE) nur in bei
®e[ammtform beö ißrofilö, feincäwcgö aber
in ben SBertjältniffen. 'iiU dc)axatkx\^\\ä)ii
3dci;en M romanifc^en etileö aber er«
f(f)eint baö fogenanntc (S d b l a 1 1 , ba^
über ben untern 2Buip bcr 93aftö binrocg
auf bie quabratifcbe ipiint^e [xiS) t)erabnei9t
unb fo bie leeren ©den ber ^platte auf-
füllt. SDaöfelbe fommt in nianni9fa(i)cr
®epalt, atö qßfianjcnblatt, aU Sierßefialt,
aU Heiner $fIocf, oft aber in ganj pl)an'
tafiifc&cn ^^if'^^n "'"r, njobei befonbere
eine *Hbn)edbäIung fetbji bei ©äuten ber=
felbcn ?trcabcnrei^c äu^erfi beliebt ijt. 3"
fpätercr Qixt übcrfleibete man an6) ben
€äulenfd)aft mit gefälligen linearen '^ito-
rationöformen. 2lm »i($tigften ift bie
ijluöbilbung beö^apitäU. 5U?an unter=
fcf)cibct babei ^^njcierlei formen. (Sinmal
t)erfud)te man cö, baö überlieferte forin=
tftifcbe Kapital frei nacl)jubilben, freilidb
meifi rot) unb unbe^ülflic^, anbcrntcilei
fc^uf bie romanifc^e Saufunfi eine eigene
?lrt be^ Kapital«, tt)eld)e für biefen Stil
gerabciiU (^arafterifc^ tt)urbe , ba^ foge=
nannte f u b i f c^ e ober SBürfelfapidl.
3n feinem obern Seile quabratif(f) cr^
plt eö an ben oier gläc^en nac^ unten
eine ^albfreiäförmige Segrenjung, um uon
bort auö in bic runbc JJo'^'ii ^^^ ©aulcn«
fd^aftcö überjuge^cn. 5Die 2)c(fplattc be=
Pebt entrt)ebcr auö einer *piint^e ober einer
2Ibfct)rdgung ober au^ einer ©ompofition
»on antifcn ©liebern. Die 51acf)en bc^
gCßürfelfapitälö crbalten oft reichen plafti«
fd^en ©c^mucE unb bergen oft ganje l)ijlo«
rifdbc S^arPeUungen in fid).
Sfieben bicfem ÜBürfelfapitÜl gehaltet
jtd) bcr antife forintbif(^c jum Äeld)^
fapitäl au«, baö roicbcrum in mancher«
Ici 25arianten ftd) mit bem SEßürfelfapitäl
»crbinbct ober in 53erbinbung mit reichem
plaPifct)en ®cf)muct öu^erfi jietlic^c ®e«
Paltungen jeigt, in benen ftd) ber pf)an=
tafiifc^c 3"9 ber 3^^* •" 93erfc^lingung
Bon Jier unb SWenfcbengcfialten ni<^t ge^
nug tbun fann.
D^ieben bcr Säule ifi ber *pfeiler
Borab ju betrachten. Seine ©runbform
iji oicrcdlig , meiji quabratifd^. Unten
fcf)licBt er in ber Siegel burd) eine attif<^c
a3ap ab, bic ftd) oben oft in Bcrfct)rtcr
gorm n)icbcrt)olt. ^m übrigen treten bie
mannigfaltigjlen ©efimöbilbungen auf;
^oblfe^lcn, SBulfic unb q8lättd)en ftnb in
üöüiger 5reif)eit jufamcngefieHt. Oft fudbt
man bem etmaö fd^weren Pfeiler baburdj
eine leici)tere J^"'"" J" geben, ba§ man
i^n an ben ®den abfafi ober aber bie
6cfcn rcAtminflig auöf(f)neibct unb fdjlanfe
frcifiel)enbc Säuld)en t)incinjleüt, tt)eld)e
fxd) am 5"^ U"'" .Kapital mit ben ®c*
ftmfen bc« ^feilcrö oerbinbcn. ©icfet
rcict)ern ©cflaltung bc« ^feilerei folgt bann
auc^ eine rei(^ere beö auf benfelbcn aufs
ft^enben Sogenö, ben man an ben Äan«
ten l)äufig mit großen Sßülficn fcrftebt,
unb im $rofil nai^ bem ©entrum ju in
treppenartigen 'Jlbfä^en ücrjüngt.
5Daö 5i[u§erc ber romanifc^cn Äird^en
baut jtc^ in ernfien rut)igcn SUJaffen traf«
tig auf. 3)ic ®cftmfc erinnern im 'JlUgc«
meinen an antife iBorbilbcr. ^ür bic
Teilung ber 2Banbfläc{)en fcrmcnbct man
fdimale pilaPcrartigc Streifen, fogenannte
Cifenen, bie gcmö^nlid) oben in einen
grieö auslaufen, bcr auö f leinen SRunb*
bogen äufammengefc^t i^. 2)iefcr 58 o gen*
frieö ifi ein untrügliches 9Wcrfmal romani«
fcbcr Sauten unb tt)irb oft mit Äonfolen
rcici)cr au«gcbilbet. Über ibm fd)lic§t tai
2)acf)gcftmö an, lai cielfac^ »on banb*
artigen griefen begleitet wirb, namentlid^
ftnb bie fog. Stromf(i)ict)tcn (über*
cd gcfictltcr Steine) unb bcr S c^ a c^ b r e 1 1«
fric^ (mehrere dit\l)ixi ertjö^ter unb ocr<=
tiefter Steine) fet)r beliebt
Sei reichern 'Anlagen tritt an Steüc
ber f(i)ft)ac^ Dortretenben ßifenen, nament*
licö an ben ßl)orabfiben eine ©Ucberung
mit fc^lanfcn ^albfäulcn. (Jinc befonbere
Stuöjcic^nung aber crljaltcn bic Qlbfibcn in
man($cn ©cgcnbcn burc^ freie auf tlcincn
Säulen rut)cnbe ©alerien, meldte ftd^
unmittelbar unter bem Dad^geftmfe a\i
ßaufgängc äbnlid) mie bie Jriforien im
3nnern liinjiebcn.
5luf bie ©eftaltung ber tt»cfilid()cn
ga^abc ttjirft namentlid) bcr Surmbau
ein. 3n frübefier 3eit ftnb bic [xä) »ot
bic ®eitenfd)iffc legcnben jmci Sürmc in
ber Cftcgcl runb, fpäter »erben fic oierecfig,
ber beffern iBcrbinbung mit bem übrigen
Söautücrfc wegen. 2)ic ©licbcrung bcr
Sürme ift äuferft einfad) unb wirb in
bcr SRegel bur^ fd)ma(f) Dotfpringcnbc 8i«
fenen unb (Runbbogcngeftmfe , votld)t ben
Surm in mebrere ®cf(|o§e teilen, bcmerf«
fieüigt. S5ic obern ®cfd)of[c erl)altcn
Scb all Öffnungen, parwcifc unb ju
breien gruppierte unb burd) Säuld^cn gc=
teilte fenfierartige 2)ur($bred^ungen bcr
üJiaucr, bic nad) oben größer unb jaf)l*
reicher werben. Oft gcljt ber Jurm oben
ing 5ld)ted über. S)ie Vermittlung Bom
600
SRomanifd^c Saufuufi.
S5terccE inö ^c^tedf gcfdjic^t mittelji ein«
fad)cr f($rdger 5tbbact)ungcn. iUbgebedt
tt)irb bev Jurm in ber ategel buvd)
einen einfa(i)en etttjaö niebrigen unb gc=
btücften ^elm.
2)en ajtittelpunft ber SZßejlfaQabe bilbct
ia^ ^auptportal, beffen SBanbe auf
ibciben ©eitcn ftci^ t)on innen nacf) au§en
crireitern unb me^rfad) rec^tminflig ein*
gcfc^nitten ftnb , in meiere ®in[d:)nitte
gleichwie bei ben *t?feilein fd)lanfc €'äüh
dien gefieClt tueiben. 5lbgebedt ifi ta^
^Portal jletö burdi eine reiche QU'c|iDoUe,
beten ©lieberung fid) berjcnigen ber «sieitens
hDÜnbc anfd)lie§t, unb bie oft uon einem
f[ad)en ©iebcl überbeut wirb. 5S)ic eigent«
lic^e ©ingangßoffnung wirb meijt borijon»
tal obgebedt'unb bilbct ftc^ bort boburi^ eine
^albfreiöförmige f^^iidie, tai fog. Jipm?
panon, auf bem t)äuftg JReliefbarfteÜun«
gen auögefütirt würben. Überhaupt ent=
faltet ftd) an ben *CortnIen bie ooHe $rad^t
ber Dvnamentation. Über bem portale
öffnet ftdi mand)mal ein gro§e^ freiö*
förmigem 5'C"fifi^- ^<^^ burcfe nad) bem
(Zentrum laufenbe ©eftmsfiabe gegliebert
iji unb wegen feinet rabä|)nUd)en ©e^alt
ben 9t amen SRabfenfier erhalten batte.
S)ic wa[)ve *}tuöbilbung follte baöfelbc ctfi
im gotifd)en Stil ert)atten. Oben fd)tie§t
bie Sßefifagabe entweder mit bem ©iebel,
ber burd) iai "^ad) bee SWittcIfd)iffeö be=
bingt ifi, ober es legt fid) ein ^od)*
aufragenber Duerbau aU SBerbinbung
^wifc^en bie stürme. Sieben ber einfad)en
Slnlage bev jwei 2Befitütme finbet man
Bei romanifd)en Äird)en aber anä) nod)
anbete mannigfaltige 21norbnungen oon
Slürnun, welcfce ben bebeutenberen Olbtei«
unliJ?atf)ebralEird^en eine großartige pradbt»
»üüc ©ruppicrung üerieiben. SBcfonberä
crf)ebt fid) oft über ber 2)urd)fd)neibung
»om ßangs unb Eiucr^auß, auf ber fog.
SSicrung ein mäditigcr turmartiger, meifi
ad^tecfiget Äötper au^ ber ÜJtaffc bcö ®c=
Mubeö, ber bejiimmt ifi, in feinem Innern
bie .Kuppel aufjunel)men, bie man ob ber
iBierung bei llufna^me beä ©ewölbebauö
au«äufü^ren pflegte. 3n feinem ijiiußern
ifi berfelbe oft rcid) mit Qlrcaben geglie«
bcrt unb fdilie^t mit einem polijgonen
^pramibenbad) ab. Qu biefen fuppelartigen
iütmen treten bann oft ju beibcn «Seiten
tti (iljorc^ ober am 6nbc ber 9tebcnfd)iffc
fd;lanfe Sürme t)inju, ja manchmal wie«
berf)olt fid) bie Äuppcl auf einem jWeiten
Äreujfd)iff unb ocrbinbet ftd) aud) ^iet
mit jWei Jürmcn, wobuid) bie ganjc
'llnlagc einen ungemein fiattlid^cn ©in*
btud gewinnt. 5lud) in bet 5tbbedung,
fei bicfclbc maffte obet auä ^olj fon»
fituiett, jeigt ftd) «ine mannigfad^e SSet«
fi^ieben^eit in Rümpfen unb fd)Ianfen
|)elmen, in ^ädictbäc^ern :c. jc.
Wit au biefen ©liebern beö Saueä
oetbinbct fid^ nun eine reid)e Drna*
mentif. Welche teilö bem oegetatioen
ßeben angeprt, jebod) niemals bcfiimmtcn
Dhtturformcn nac^gebilbet ifi, fonbern nur
in fräftigen QÜQtn ein mebr ftilifiifc^e^
allgemeine^ ©efe^ ju erfennen gicbt, teitä
ibre SDJotioc auä oerfdjlungenen unb oer«
Enotetcn 93änbern, SRaaubcrn, weUenföt«
migen, jidjadattigen, gebtod)enen öinien,
6d)uppen, Sd)ad)btetmufietn u. betgl. ju*
fammenfe^t, teill enblid) ju biefen %ox'
mcn Siet« unb SDlenfc^enleibet, monfitöfe
©ebilbc allet 21tt, oft »on tief fpmbolis
fd)em ©ebalt, oft lebiglic^ 5tuöflüffe not»
bifd)er «pt)antafiif, gefeüt.
9Wit ber reichen ©lieberung unb S)efos
ration t)ing aufä Snnigfte ber färben«
fd)mud jufammen. 2)erfelbe befianb nic^t
afletn in ©arfieüung {)etUger $erfonen unb
®efd)id)ten an ben breiten SBanbfldc^en,
fonbern aud) auö einer Semalung bet
©lieber unb Ornamente, ber Säulen,
©eftmfe , ©ewölbrippen k. 3n biefcr
polt)d)romen Qluöfiettung beobachtet bie
bie romauifd)e Äunfi ein befiimmteä ©efe^
rf)t)t^mifd)en 2Bed)feli3. 2)ie ^auptfarbcn
fmb rot unb blau mit binjugefügter SBcr«
golbung. 'ün bem einen ^ünbelpfeilet
t)aben bann oft bie Säülenfapitdlc blaue
Dtnamentc auf totem ©tunbe, wät)teiib
am gegcnübetliegenben tai 95et^ältni^
getabe umge!el)tt ifi.
3n ben bejeidjneten ©tunbäügen be=
battte bet tomanifd)c Stil biö weit übet
^ie ODiitte bee 12. 3a^tt)unbettä. Um bicfe
3eit abet madien ftd) innet^alb beö lo«
manifdien ^otmgebieteö Stfd)einungen bc»
merfli^, bie in gewiffem ©rabe bie {Rein*
beit. unb Strenge beä Stileö oerwifd^en
unb an bie Stelle feiner bei aQer ÜHannig«
faltigfeit im (Sinjelnen boc^ impofanten
Diul;e ein unrul)igeö S($wanfen unb felbfi
ein jwedlofeö Spiel mit ©lieberungcn
unb .Ronfiruftionei=@lementen fefeen.
©runbanlage. 2Iufbau unb Einteilung
ber iRäume bleiben jwar im üöefentlicben
bicfelben, allein eö madbt ftd) t)ai Se*
fireben nod) größerer Seid^tigfeit unb
Sd)lanf^eit geltenb unb jU ben auf ben
böc^fien ©rab beö SReicbtumö unb ber
3ierlidl)feit entwidelten Q^ormen bcö alten
Dtomani[d)c Saufunfi.
601
©titö gc[e(It ji^ aU frembattig neueä
(SUment noc^ bct ©pi^bogcn.
SÖfan nennt bicfc ©ntnncflung^fiufe
ttJeil fte jnjtfcfien ftreng romanifc^cm @til
unb ©ot^if bic SWittc {)ält, ben Übcr =
gangöfiil. 3" J^ranfreid) Um bcr=
fclbe nie jiit ©eltiing. 3" furjer i^rifi
^atte ftc^ bort bcr gotl)i[(i)c ®til gebilbct.
©eine Slütcjett [anb bet Übergangöj^il
in 2)cutfd)Ianb, baä mit jabcm gcft^attcii
am Übcriiefetten fid) no($ lange gegen ben
fon ^ranfvcid) einbrecf)enbcn äuögcbilbeten
goti[d)en ®tit firäubtc.
2)aö ^erforftec^enbfte ÜJ'Jcrfmal be«
Uebergang^pilö ifi wie fcf)on betont bev
igpi^bogen, bet jucrj^ eine »ormiegenb
befotiitioc ©tcKung im Jnnern ber Äircfte
einnimmt, balb aber [xi) beim ®ettiölbe=
bau einbrängt, ba burdb *2lnmenbung bcö^
fclben baö Übernuilbcn nicfet quabratifcber
9^elber, mittelfi Ärcusgemölben bebeutcnb
erlei(i)tert mürbe, benn beim «Spitzbogen
fonnte über gegebener Sprengmeite eine
beliebige ®^eitell)öt)e erlangt »erben,
mäbrenb biefelbe beim O^unbbogcn ein für
aüe mal gegeben nmr unb bem Übeljianbe
nur burd) unnatürlidjeö Srpben bcr
Ärciöbogen über ben *IRitteIpunft, burcf)
fogenannteö ©teljcn abgel)olfcn merben
tonnte. 3nbejTen bcbält bcr Spi^bogen
im Übergangäjlil bod) immer no^ eine
[ebr gebrücfte ®ejialt. Dagegen fam es
immer met)r in ©ebraud) bic ©Beitel ber
Ärcujgen^ölbc in bic $öf)c ju jiebcn, fo
ia^ berfelbc bebeutcnb £)öber lag, al^ bic
©d)eitel ber äugebörigcn ©urtbogen. 2)a«i
Streben nad) jicrlidicn aSerbättniffen gibt
ftc^i aber namentlid) aud) an ben $rofc=
lierungen ^n crfennen, 5ln ©teile ber
einfadien SBuIfie treten |)obIfebIen u. bgl.
SBabrfdieinlid) angeregt burd) baö iBorbilb
be^ franjöfifdicn gotbi[d)en ©tileä mürber
bie Äanten beö ©cmölbes (an ben ®iago=
naicn) mit runbprofHierten Ärcujrippen
auögefiattet, fo ha^ bic großen gl^'cben
bcr ©cmölbc eine uiel fiftärfer marfierte
Einteilung jeigen. Der ^iueibilbung bcö
©cmölbcbauö entfprid)t bie be^ *l>feilerö,
bcr oft eine ÜJtengc oon Sdfirul^en unb
^albfäuld)en crt)ält. itbcrbaupt merbcn in
iicrfd)n)enberifdier SBcifc fd)Ianfe ©auld)en
an SBänben unb SDJaucrcdcn, ober in ben
5lrcabcn ber Äreu^gänje, einjeln, paarmeifc
ober JU mehreren iierbunbcn, Yocii oft,
namcntli<^ in Ärcujgängcn ju glänäcnber
entmidlung bcr Qlrdnteftur fü^rt.
53e5tt)edtcn aüe biefc Steuerungen eine
Icbenbigere ©licbcrung ber SEHaffen, fo mar
e^ natürlid^, ta^ baefelbe ©trebcn fic^
auc^ am ®runbri| fclbj^ burc^fet5te. Die
balbrunbc (£t)ornifc^e geriet mit if)rcr
rubigen ßinie in ©cgenfa^ gegen bie
9lid)tung ber neuen Saufunfl: unb brad)
man beöfjatb bic iRunbung in ein ^oltjgon.
?lber audb bie niebrige bunflc ®ruftfird)e
fiimmtc nicftt me^r ju bcr nad) ßicbt unb
Freiheit jlrebenben SRicbtung. SD^rn tie§
jic beöbatb bei neuem ©auten ftetä fort.
Der Umgefialtung beö 3""ei^" folgte
balb aucb bie beö Qlutern. "Jim erfolg«
rcid^jten ermieö ftcö ^ier bie '■Jlusbilbung
ber j^enfter. Qtuögefienb uon ben ^enfter*
gruppen, mie fte fd)on bcr romanifd)e ©til
gefd)affen, fam man balb baju, biefc meifi
äu breicn angeorbneten ^cnjter in ein
genftcr jufammcnjufaffcn unb bie frühere
teilenbe 'ißanbfläd)c bur^ fd^lanfc ©äul«
d)cn, bie in ber SDiitte meift einen SRing
erbietten, ju crfe^en unb benfelbcn fiatt
bee JRunbbogenä ben ©pi^ogeu ju geben.
9? od) freier oerfäbrt man ta, mo ämei
^cnfter jufammengeorbnet merben, tv»o
bann bie obere gläd^e burd) ein fleine^
Dreiblatt, ober 9'lunbfenfier burd)brod)en
mitb. <Mud) bie frühem iPaibfenficr ent«
midelten ftd) ju brillanten 9tofenfcnftern.
Oft finbet man aud^ felbfi balbierte ^at'
fenjler, ^cnfter in 5äd)erform unb nod>
anbere auffaticnbc ©ilbungen.
Die *1}ortaIc bebaltcn im mefent*
Iid)en bie reid)c ©cftalt, bcr romanif^en
Spod)e, inbeffen tritt aud) f)icr an ©teile
bcö SRunbbogen^ ber ©pi^bogen ober bcr
Dreiblatts ober Ätecblattbogen, wobei bie
*-8ogcnIinic gebrod)en unb aus brei .Rrciö«
teilen jufammengefc^t mirb. Ja fogar bcr
maurifdbe ^ufeifcnbogen mirb angemenbet.
Dem entfpred)cnb roetbcn aud^ bie ®c=
ftmfc, namentlid) bic fo d)arafteriftifd)en
SRunbbogenfriefe umgefialtet, mobei ftd) bic
SRunbbogen bann, oft in cinanbcr Per«
fd)lingen. 3m Übrigen bleibt für bic
©licbcrung be^ «JUifern baö ®efe^ be«
romanifcbcn ©tites. 9Zur an bcii türmen
bemerft man ein fc^Ianfereö '}lufitrebcn,
maö ftc^ namentlich in ben fteilern Da^«
bclmen funbgiebt.
Das ©trebcn nad) fräftigerer SBirfung
burd)bringt nun aud) aüt Dctail'3. *2ln
©äulenbafen, Dedplattcn unb ©cftmfcn
mirb burd) tiefe *.HuöfebIung unb Unter«
fd)neibung , fomie burd) fcbarfeö SSor«
fpringen ber rnelfad) gebäuftcn ©lieber
eine fd)I(igenbe ißirfung erjicit. Daö Or«
nament errcid)t oft ben böd)flen ©rab an
©d»önl)cit unb (Sleganj. 5ln bi-n Kapitalen
602
SRomanifc^e Saufunfi.
irtrb bie fcfttanfcrc Äe^Iform übeririegenb
gebraudE)t unb namentlid^ mit fnoepen*
artigen, an langen Stengeln fi^enben
Stättern auögcftattet. 2)cr Schaft ber
langen bünnen ©äulen erhält I)äufig in
ber nJiitte einen (Ring. Oft brtd)t auc^
bie Säule in fialber |)öt)e plö^Iic^ ab unt»
t)e5cid)net bie ©teile it)reö ^uftjörcnö burc^
teicftgejierte fonfolenartige ©lieber, tt)at)r*
f(^einlicb ein SWittel um iRaum ju ge=
ttinnen.
(Segen bie 3!J?itte bes 13. ^aör^unbertö
mu§te ber Übergangefiil bem tion ^ranf^
teicfc einbrecf)cnben gotf)ifcE)en iai ^di
räumen.
b) iUbtt)eid)enbeÄir^en-5tnIagen
unb anbere Sauten. Qu ben eon ber
Saftlifaform abrt»eid)enben ^^ormen gc
I)ören »orcrft bie einfa(^en ©orffirc^en, bie
meifienteile nur einfct)iffig jtnb unb beö
Duerfäjiffeö entbeljren. daneben trifft man
aber auc^ jmetfc^iffige Einlagen mit
jtt)ci gleid) hoben unb breiten ©d^iffen.
5(u^erbem giebt eö eine Heine S<xi)l tixä)'
lieber Sauttjerfe, n^eld^e auf bie freiö^
runbe ober polijgone ^orm jurücf«
gc^en, beren ^nnenraum entweber ungeteilt
be^anbelt unb mit einer Äuppet bebcdt
ttiurbc ober einen burcf) ©äulen ge*
trennten niebrigern Umgang erf)ielt. Se*
liebt roar biefe ^oi^"^ befonbcrö für Sauf-
unb Jotenfapeüen.
(Jine fet)r originelle Sauanlage treffen
tüirin ben fogenannten ® oppetfapellen,
bie man namentlid) auf Surgen finbet.
hierbei ftnb ^mei Äapeüen »on berfelben
©runbform aufeinanber angelegt unb Dcr=
bunben burcf) eine in bem ®ewölbe ber
untern Äapeüe gelaffene meite Öffnung,
tt)et(i)C ben oben SBeilenben geftattete, an
bem in ber unteren .ftapeüe gehaltenen
©ottcöbienfie leil äu net)men.
JRicf)t fo fel)r im ©runbplane, aber
bafür befio entfc&iebener im Qlufbau meieren
bie fogenannten ^allenfirc^en üon ber
!^errfd)enben Saftlifenform ah, bei melcf)en
bie brei ©d^iffe gleid) i>oä) unb oft auct)
beinahe gleicf) breit gemacht mürben.
35ie Äirc^cn maren meifi mit fl öftere
ticken ©tiftungen oerbunben , beren
umfangreicf)e ©ebäube fid) an biefelben an-
fcf)Ioffen. 3"^^ Serbinbung ber eiujelnen
®ebäube bientc ber Äreujgang. 2tn if)n
fc^Io§ fid) ber Äapitelfaal unb tai SRefef»
torium, fomic bie anbcren iRäiime an. 3)er
ganje Sejirf mürbe mit «Wauern umjogen
(fre()e 5trtifcl Älofteranlagcn.)
SDic ^rofanarcfiiteftur ifi nod^
oormiegenb einfach), unb einjig macf)t etma
bie ©(J)Io§arc£)itef tur 5Infprud) auf
fünftlerifc^e ©ejialtung, fo j. S. bie
SBartburg. £)ie bürgerlict)e ^Ircbiteftur
aber ifi nur äufcrjl auönabmömeife in
biefer ©poc^e fcf)on ju monumentaler fünfi«
lerifc^cr Qluöprägung gelangt. Singetnc
romanifc^e Käufer I)aben ftd) in Jricr unb
^bin erf)alten, einen fcitenen Oteid^tum
frübmittelaltcrlic^er 5tr^iteftur bema^rt
®oöIar.
3) ^ijiorifd^cr 2tbri^. 5Die arcf)i«
teftoni[cf)e Scmegung fcf)reitel mä{)renb ber
romanifdben (5pocI)c in ben einjelnen Öän« .
bem fo öerfd^iebenartig oor, ta^ eö bei* l
na^e unmögti* ifi, eine fejle gefd&id^tlid^c '
(Sinteilung aufäufieöen. ülnx fo Diel Iä|t
fid) im ^itlgemeinen »orauäfc^icfen , t>a^
ber Saujtil mäf)renb be^ 11. Jafir^unbertö
burci)meg eine gemiffe ©trenge unb ©in*
fad^tieit at^met, ta^ er im Saufe beö 12.
3abr^unbertö feine reicbfie unb ebelj^c
Slüte entfaltet unb gegen (Snbe biefeö unb
im erftcn Siertel beä 13. S'Jf'i^^unbertg
jum Seil ausartet, jum Seil fid) mit ge«
miffen neuen formen »erbinbet unb ein
bunte« ©emifd^ »erfd^iebenartigcr Elemente
barbietet.
J^lac^gebccfteSafilifen »on großer
©trenge unb ©infac^^ett ber Se^anblung
finben [\ä) namentlich in ben fäc^ftfc^cn
©egenben. Überaus altertümlid^ unb fireng
erfd^eint bie Äirc^e ju ©ernerobe (ge*
grünbet 961.) ^xmx unb ebler gejialten
frd) bie antifcn SRem.iniäjenjen in ber
©dilopirc^e in Duebtinburg. 3luö bem
Qlnfange beö 12. Ji^^i^^unbertö batircn bie
glänjenben 2Berfe in Isilbeö^eim, mic bie
®ert)arböfir(i)e (1146) unb bie SRic^aeliä*
firct)e beg. 1033 erneuert 1186), mit i\)xtx
boppclä)örigen Einlage, S^orumgang unb
reid)er Surmanlage.
(JinfadE)ere 2lnlagen Don firenger 2)urd^«
füt)rung beö ©emölbcbaueö ftnb bie Sifier*
jienferfirc^cn ju Socuum unb Dlibbagliaufen,
bcibc mit gerabem 6borfc^Iu§ bei le^terer
aber mit Umgang unb Äapeüenftanj.
Qlm 9ll)ein ifi eine ber mäd^tigfien
©äuIenbaftUfen, bie 1030 gegrünbete Älo*
fierfirdie ju Simburg; ferner ber 1047 bc«
enbete 2)om ju Srier.
5lnbere ©äulenbaftlifcn I)aben ftc^ ju
^eröfelb ( 1 047) ^irfc&au (1071) ©c^maräad),
Äonfianä, ©d)aff[)aufen erhalten. 5llä Sei*
fpiele für *PfetIerbafilifcn mögen bie 2)ome
Don ffiürjburg unb 'ilugöburg, mehrere
Sauten in Ctegenäburg, ber 2)om Don
SHomanifcf)c iSitöncrei.
603
©aljburg (1127), ber 2)om tion ®urf unb
^ünffirc^cn angefül;rt fein.
2)er ©cnjölbebau trug in I)eutf(f)s
lanb ^uerft in bcn r^einifc^cn ©cgenben
bcn @icg über bie flad^gcbedtc ©oftlifa
baoon. liierter gcprt bcr boppeI($örige
3)om }u ÜJJdnj (nacf) einem ®ranbe 1081
begonnen), ber 2>om ju ©peier (1030
gegrünbet), ber 5Dom ju 2ßormö (1181
eingcweit)t), bie Qlbteifirct)e ju öaad) (1156
»oüenbet). Qtfle biefe SBautcn jeigen auc^
bereite bie reid)e lurmanlage mit iBierung«=
türm unb mefirercn Ireppentürmc^en.
Sine originelle Einlage iji bcr jierlicbe
3entralbau ber £)oppelfirc£)e ju ©cfimarj*
rt)einborf.
3n mcfentlic^ tterfd^iebener, aber eben*
follö in fünftlerifd^ bebcutfamer SBeife ent-
mictelt baö alte Äöln feinen Äird}cnbau.
(Sinö bev frü{)ef!en 3?enfmaler ift (gf. SDJaria
im Äapitol (1049 geweilit). Der Sau iji
Bon origineller JiiSpofttion. ©ottjof)! ber
(5,t)or, alö aud) bie beiben Ärcujarme fmb
im ^albfreiö gefd)Ioffen, aber iioüfldnbig
öon niebrigen Umgängen umjogen. 3)iefe
jentralifiercnbe 23ebanblung ber 6,t)orpartie
fanb im ßaufe beö 12. 3«^tbunbertö an
©t. 5lpopeln unb ®ro^. ®t. SWartin eine
mcitere 51u^bilbung. SBei le^terer Äird^e
namentlid) in bem impofanten S8ierung^=
türm, auf beffen (Sden üier fd)Ianfe Sürm*
d^en üortreten. 2)aä Gepräge beö Über«
gangöjliiä jeigt ®t. ©ereon (1212— 1227).
3n ber tüeitern Umgegenb Äölnö er?
fctieint bie iRuine ber 5tbtciftrdt)e ju ^jctfier*
iaä) befonberü burc^ bie Sborbautc,, al^
originelle Äompofttion im Stile beö Über«
gangö. 2)erfclbcn ^ät get)ört hai nic^t
minber prad^tige ÜJJünfier in 33onn an.
51m 9Wittehf)ein crfd)eint ber Über=
gang^Pil an bcr mit fla(i)gebecttem 8ang=
^aug t)erfet)enen $farrfird^e ju ®elnt)aufen
(1235 eingeweiht), üorjüglid^ aber am S)om
ju ßimburg an ber ßaf)n.
Ungleid^ firenger unb fd)li(^ter tritt
ber (Semölbebau in ben mefifälifd^cn unb
fä^ftfc^en ©cgenben auf, fo am 2)om ju
©oeft. 3)ie Übergangöepod^c ifi burc^ ben
S)om JU SRünfier vertreten. SRamentli^
flnben ftd) in 2BefifaIen einige |)aüenfird)en,
»nie JU ^erforb, <Caberborn unb 9Wett)Ier.
3n ben fdcbftfc£)en ©egenbcn tritt bie
SBölbung in SBerbinbung mit bem alten
firengen Saftlifenftil be§ 8anbe8 juerjl U-
beutfam am 2)om ju 23raunfd)tt3eig (1171)
auf- S^m folgt bie Äir^e ju 'Äönigö«
lutter. 2)en Übcrgangöfiil bejeic!^net ber
1242 gemcif)tc Dom ju P^aumburg. S)cn
®ipfel erreicht aber berfelbe im 3)om ju
Samberg.
Unter ben gemölbten Sauten beö füb=
lidt)en 5Deutfd)lanbg unb ber beutf^en
Sc^meij ftnb bcr Dom ju grciftng, bie
(gtiftöfir^ie ju (Söwangen unb ber ®ro§<
münfier in ^üxid) I^eröorjulicben.
%xüi) unb bebeutenb tritt bcr ®ctx)ölbe=
bau im (£lfa§ auf. 3m firengen <Stil be«
11. 3ö^'^^""^«'^*^ crf(i)cint bie Äirct)c ju
Dttmare^eim, eine tt)o^Iert)altene 9tad)bits
bung beä farolingifc^cn SOtünftcrö ju
'■Mact)en. Qluö bcr f^rü^jeit bcö 12 3af"^'
I)unbcrt^ fiammt bie 21bteifir^e SWurbad),
bie ^n^t JU ®ebmeiler, bie öpiid)cn leite
unb tai mäcf)tigc Q.uerfc^iff bc« ®tra§s
burgcrmünfler^.
Überauö reic^ unb glönjenb l)at ftd^
gerabe bie le^te Gpodf)c beö iRomaniömuö
in bcn öjicrreic^ifd)cn ßänbcrn ausgeprägt.
3n SDien jäblt bie ^apabe bcr ©tep^anä-
fircfec, fomie ber eble Schiffbau ber *DJicf)aelä=
firc^e i)ier{)er. Dem Übcrgangsfiil gepren
bie (I.ifierjicnferf treten ju |)eiligenfreuj,
ßilienfeib unb 3tt)ctl an.
Siö tief nac^ Ungarn unb (Sieben-
bürgen binein flnben mir biefen prächtigen
®til verbreitet. "S^ai ^auptmcrf ungari«
fd^er 51rc^itcftur ifi bie Äirc^e @t. 3äcf.
®inc für fic^ burdbauö gefonbertc ®ruppc
bilbcn bie Saumerfe bcr SJJorbofilanbe,
meiere meiji in 3ifgelj^.ein aufgeführt mcr«
bcn mußten unb im ?tu§ern, ha ftc un=
ücrpu^t blieben, eine malcrifcbc SBirfung
erjeugtcn. Piamentlic^ ergab ftd^ für bie
Dctailbilbung mandf^c Umgcftaltung. Die
Safen mürben r»ercinfa(^t unb bie Äapitälc
auö ber 2BürfeIform in ben maffigern
23adfftcindt)araftcr übcrfe^t. Dft aücrbingö
natim man für biefc Detailö aud^ ben
^auftcin ju ^ilfe. Unter ben üor^anbenen
DenEmalen fte^t bicÄloPcrfirc£)e ju 3ericf)ot)
in ber 5lltmarf, eine f(ad)gebedEtc ©äulen«
bafilifa, aU einä ber bcbeutcnbfien 93ci»
fpiele i)a.
3n gleicher 5fJ?annigfaltigfeit unb !)3racf)t,
mic in Deutfdblanb bilbcte ftd^ ber roma«
nif(f)c Saufiil and) in ben übrigen üm-
bern, in S^iJ^i^"- jjvanheic^, Snglanb,
©fanbinapien unb Spanien auö.
9?i)manif^c SBilbnerci 2öie bie romani»
fdE)e "Mrc^itcftur, na^m bie romanifi^e Silb»
ncrei junädf)ji bie (Elemente bcr altdf)rifis
licf)en Äunft unmittelbar auf, unb leimte
ftc^ in Scd^uiE, Sc^anblungömcifc, ©til
unb ®ebanfcnricl)tung ganj an bie S^jans
tincr an, bie allein nocf) im Sefi^ einer
gewiffcn Äunjibilbung waren, ^nht^ jcigt
604
5Romanifd^c Sitbncrei.
fic^ t)oi) [cf)on \xüi) bas Streben beä felbs
fiänbig ettt)ad)ten ®ei|leö, tüa« f\i) naments
iic^ an ber weitem 5lusbilbung ber »on
bcn i8t)jantincrn übetfornmenen altdfjtift:;
lieben Spmbolif ju erfennen giebt. 51ber
aui) in ber äufern 93ef)anblung jeigt ftc^
nac^ unb nadb eine gewiffe Strenge unb
93ejlimmt{)eit beö «Sinneä , bie uon ber
in^attlofcn Srocfenbeit unb Starrheit ber
bpjantinifcfien ÜBerfe tvefentlid) abweid)!.
3u üoüer Selbfiänbigfcit entfaltet jtdf) bie
tomanifcfee ©ilbncrei erjt gegen bcn (£cf)Iu§
ber ^^criobc. I)eutfcbtanb »ornefimlic^ ge^
Bü^rt ha^ 93erbienft , bas Sebeutenbjie
geleitet ju ^aben. Italien eif^eint nod)
ju unfähig ju eigcnttid)en fünfllerifd^en
Seiflungen unb erfi am Sc^Iuffe ber Spocbe
jeigt ftcft auc^ bort ein gro§artigcä unb
bebeutfamcs Streben im SBereid^e berÄunfi
jDie (ßlaflif iji ä^nüc^fi burc^ maniic
SBerfe ber ^leinhinfi , namentlich ber
(5If enbeinfc^ni^erei vertreten, rt)elct)e
ttä^rcnb ber ganjen romantfchen (Spod^e
mit befonberer ißorlicbe geübt würbe, '^bn
(Srgebniffe bitbeten einen anfe^nli($)en 33e=
jianbtetl jener t>ielt3ejialtigen ^runfgeräte,
93ü($erbccfel, tragbaren Elitäre, S^S^* ""b
Irinffiörner :c. Sine gro§e ^a\)l fol&er
5lrbciten ^at fid) in Sibhotbefen unbÄunf}=
fammlungen erbalten. Sie ju welcher
SRobbeit bie 33ilbnerei berabgefunfen war,
bcweifi bev angebliche SRetiquienfaften
^cinri(ä)S I. in ber @d)Io^fircf)e ju Queblin=
bürg, ju welcher 5lrbett ein 2)iptt)ct)on in
ber Sammlung beä .^otet (Jlunp in ^ariö,
infci)riftltc6 auä ber ^ät Dtto I. , einen
angenefimen ®egenfa| bilbet unb auf
Bpäantinifcbc ©inpüffe f^Iiefen läft. 9Son
bcm lebenbigen SRei?, welchen bie fp^am
taftefüüe jener 3^^' "ber bie *J3rofangeräte
in reicbbaltigcn 33ilbwerfen ausjugiepen
liebte, giebt ein im Il'omfc^a^ ;(u *Prag
aufbcwa|)rteö 3«ifl^^orn eine Sßorjlellung.
33on großer Sebeutung ftnb ferner bie
5lrbeiten beö (Srjguffe«, beren ^crror^
tagenbjlc in I)cutfd)lanb fi^ an bie *Per=
fönlidbfcit bcö 33if(^of0 Sernwarb üon ^iU
besbeim (t'023) anfnüpfen. Sein crfie«
2ßert ijl bie ef)erne 2£)ür bee S)om^ ju
|)ilbcef)eim , beren Stil aüerbing« nod)
äu^erfi primitio ifi unb beren ®ef!alten
ton fettfamem Ungefd)icf scugen. ®ben=
falls oon Sernwarb fiammt eine eberne
Säule, bie cf)emals im 6l)or bes 2)ome^
JU ^ilbcsbeim ein Ärujifif trug unb weld^c
na^ Qlrt antifer 93ilbfaulcn fpiralförmig
ganj mit iRclief überbecft ifi Sclbfi fc^on
©rabplatten r>erfu(i)te man in biefer früfien
3eit auö ßrj ju bilbcn. 35ie ältejie ber*
felben befinbct ftc^ im 2)om ju SDtagbc»
bürg. £)erfelben ^ixt enbtid) gehört auc^
eine Sronjefigur eineö leucfetertragenben
SOJannes im Dom ju Erfurt an. Qlu^ einer
riorgef(i)rittenern Spoc^e fiammt fobann
ein gro§eö Saufbecfen im St. Sart^etcmi)
in Süttic^, tai tJon ÜJieifier ßambert
«Patraö t>on 35inant 1112 gegoffcn würbe.
Sin anbere^ 2BerE berfelben Spod)c be*
wa^rt ber 2)om ju Dsnabrüd. ?luö bcm
13. 3abr^unbert fiammt bas Saufbccfcn
beä 2)oms ju ^ilbes^eim, bei beffen (Re*
liefbarfietlungen bereits ein frifcbes iRatut*
gefül)l unb bas 33ebürfnis nad^ bramati*
fct)em Seben glücflii^ bie fiarre br)jans
tbinifdbe ^^orm burc^brtc^t. hieben biefen
größeren SBerfcn aber fd)uf man in (5rjgu§
tiocf) eine SD'Jcnge ®eräte für ben fird)lic|cn
ßultuä , namenlid) Scud^tcr , wie bens
jenigen in ber Stiftöfirc^c ju (Sffcn, im
ÜRünfter ju 5lac[)en, ju ^ilbes^eim unb
Somburg.
gut bie Sfulpturcn in Stein ober
Stucf boten bie ^Portale, S^orfc^ranfen
unb Seltner forjüglicbe ®clcgent)eit. 2)a^
10. unb 1 1. 3dftrl)unbcrt probuäiertc in biefcm
ÜRatcrial jwar nodb fefir wenigeö, erfi in
ber Spätjeit bes romanifc^en Stileö im
12. 3af)i^^uni'£ii gelangt aud) bie Steins
ffulptur jur umfaffenberen 95erwenbung.
3u ben iiltcfien jäblcn jWei Steinreliefg
im ÜRünfier ju Safet; in bie grübjeit beä
12. 3a^r^unberts fällt hai folofTalc JRelief
ber ©fternfieine in SBefifaten, an einet
^elöwanb aufgearbeitet, bie^rcujabna^me
barficHenb.
Sine ganjc 3lci^c »on iRcIicffompos
fttionen unb in ibncn eine fonfcquent fort*
fd^reitcnbe Gntwicflung lä§t fxd) in ben
fäcbftf(f)en Safilifen nod)Weifen. 3" ^^n
ältefien, nod) gan^j firengen gef)brcn bie
in Stucf ausgefül)rten ®efialten ß^rifti
unb ber *3lpojlel in ber ^ird^e ^u ®rönin-
gen bei ^alberftabt. '^xäa unb cntwidel^
ter äeigen ftcb bie Stuctreliefö an ben S^or*
fd)rant'cn ber öiebfrauenfird)e ju ^albers
fiabt. D[Rinber cbel, aber lebhafter bewegt
ftnb bie SReliefgefialten an bcn (S^or»
fdirant'cn f on St. llJidjael in ^ilbcÄf)eim.
93emerfenäwcrt ifi ber freie fünjilerifd)c
|»umor, ber fxä) in ben Söcrfcn ber fädi)=
fifd)en ®d)ulc Sabn brid)t, wie j. ©. an
ben Oielicfö am (If)or ju ÄönigöUittcr, wo
bie SO?omentc einer fröblidjcn |)afeniagb
bargefieflt ftnb. 3u einer in bicfcr (Spocfee
pd)(i feltenen aBoüenbung, ju fafi flafft»
fd)cr Qlnmut cr!)ebt fic^ bie Stulptur an
Dlofengarten — SRofenfranj,
605
ben Äirc^en ju 2öecf)felburg unb greiberg,
in erftercr, junäc^p an ben iHelief« bet
Äanjcl unb be^ *2lltart% in Unterer an ber
fogenanntcn golbenen Pforte. (Sin üer=
raanbtcö auf lautere ®c^DnI}eit unb freiere
93en)egunt3 gerichtetem Streben erfennt
man in ben öfilic^en (I^orfd)ranfen im
®om ju ^Bamberg.
!I>ie mittelalterlid)e *P^antailiE unb
ber ^ang ju fpmbolifi^en 3f'<i}fri pi^^gt
ficf) in mehreren portalen, tt)ie bemjenigen
von @t. ^aiob in SRegenöburg, namcntlicf)
aber in einer 6äule in ber Jlrijpta beä
2)omö ju i5reifing au^. !Bom Qu^e bi^
jum Kapital ift baä ®anje in ein (Sertjirr
oon menfc!^Ii(i)en ©efiatten, 2)rad^en unb
anberen unge^cuerlid^cn 3ufammenfe^ungcn
aufgelöjl — eine n)abre Warterfiiule für
bie gelehrte 5(ufllegung. %ü<i) €d)«aben
birgt eine SOJenge bergleii^en 2lrbeiten.
S^iamentlid) jeigt bic 3of)^inniöEirc&e in
®münb neben unglaublid) puppenbaften
(Seflalten (£l}rifti unb ber J^eiligen frö{)tict)e
3agbf5enen in erfreulid)er J'^M^ft^-
S)en Übergang t»on ber Sfulptur
jur SDJalerei mad)en gen)iffe 2Berfc ber
beforatioen Äunfi, bie nid)t bloä burdf)
25erbinbung ber perfcfeiebenjlcn Eoftbarcn
Stoffe, fonbcrn auc^ burd) 23crfd)meljung
ber plafiifdien unb maictifcften 2;ed)niE ber
lebbaften ^runEliebc ber 3eit jU genügen
fu^en. SOfeiflenö würben üU ®runblage
SWetaQptatten angenommen, beren gUii^en
mit jierlii^cn Filigranarbeiten, mit bunter
©maitma lerei, mit foftbaren ßbelfteinen
unb befonberä mit antifen ®emmen unb
Kameen bcbedt »erben. Sefonberö rcic^tig
unb aügemein beliebt n>ar bic 2tntt)enbung
ber ßmailarbeit, in n3eld)cr r>or allen bie
Äun(lfct)ulen am SH^cin, namentlid) Äöln
unb (Siegburg QBebeutenbeö leiileten. *]3rä(^;
tigc SBerfe fold)er 'Urt ftnben f\i) in ben
Äirc^enfd)ä|en ju ^ilbe«l)eim, offen, Siegs
bürg, Dönabrücf :c.
3n ber SDJaterei geiüii^rcn nor allem
bie DJiiniaturen bic auögiebigjl:c Quelle
für bie llnfd^auung ber fcrfc^tebenen Stabtcn
ber SnthjicElung. (Sic^c Qtrtifcl SD^iniatur-
malcrei).
3u großartiger, räumlicber Jßirfung
aber entfaltete f\6) bic SOJalcrci erft in ben
großen aBanbgemälbcn ber ^ircf)en.
(Sie^e 5trtifel OWalerei).
ülaä) ßübfe, ©runbriß ber Äunj!ge=
gcfd)ic^te.
(aScrgl. Dtte: ®cfd)i*tc ber beutfd^en
Saufunp. Äugler, ©efc^ic^te ber 93au=
funfi. Sc^naafe, ®efd)id)te ber bilbenbcn
Äünfie beä DKittelalterei.) 5t. ^.
Slofeugartcii, frebe ^clbenfage.
Dioieiiifrans, rosarium, qßaternoficr,
beißt bie burc^ eine SRcif)c perlen gezogene
Scbnur, beren man ftd) in ber römifdjen
.^irc^c bebient, um eine beilimmtc ^In^af)!
Don iBaterunfern ober 'ilüe-SJJaria'e ju
beten. 2)ic Sitte, tai iBaterunfcr mefir«
malm JU mieberbolen, mirb im ©inrieblcrs
unb SO?ünd)öleben fc^on bcs 5.3at;rbunbertä
ern.iät)nt; ju bicfer 3«^t bat ein Qlbt
^auluä in ber ÜBüflc »Pbcrmc hai iöaters
unfer 300 mal bintercinanber gebetet,
irobei er fxä) 300 gejät^ltcr Steind)en bes
bicnte. S)er eigentliche SRofenfranj ttjurbc
aber er]! oon ben S)ominifanern gcbraud)t;
eä ip möglid), i>a$ bie .ffreuiiüge ben
®ebrau(^ beö SRofenfranjcs beel)alb be»
günfligten, mcil auc^ bie Sraminen unb
iWoijamebaner fic^ beöfelben beöienen. S)er
9tame SRofenfranj iji obne 3tt)«'fet ^fi^ "um
Diofen f)ctgei^ttlten Ärone nad)gebilbet;
bie mitteU;od)beutf(^en Ißorterbüdjer fennen
has SBort in bicfer Sebeutung nod) nid)t;
nac& 2Seiganb fotl eä im 15. 3al)rl)unbert
aufgefommen fein. üDolfömäBig >üurbc
ber ®ebrauc^ bcs DRofenfranjeä fcbenfatim
crfi nad) ber SRcformation, alä beutlicftcm
Unterfd)eibungei3eid)en ben ^Prote^anten
gegenüber. Unter ben SRofcnfranjanbaditen
ilnb bie befanntefien: 1) 2)er Dotlfiänbige
ober SJominifanersMofcnEranj, bejlcfjt auö
15 I)efaben flctner SÜJarienperlcn, Wildbi
hmd) 15 größere $atcrnofier='5erIen gc«
trennt fmb, jum 5lbjäl)len fon je 10
englifd)en ©rußen 5mifd)en jmei Söatcr*
unfern. 2) I)er gc\t)öt)nlidbe SRofenfranj um^
faßt 5 2)efabcn ÜJtarienperlen unb 5 ^Ja*
ternofierperlen; breimal n)ieberl)olt bilbet
er ben ÜJlarienpfaltcr. 3) 2)er mittlere
SRofenfranä mit 63 ÜJiarien? unb 7 «Pater*
nojlcrperlen, jur Einbeulung ber 63 Sebenm*
iat)rc, mcld)c bie ßegenbe ber Jungfrau
SD^aria beilegt. 4) 2)er Elcine SRofenfran,
^at jur Erinnerung an bie 33 2ebenöjal)re
Sf)rifii 3 I)efaben ü)kricnpcrlen unb 3
!Paternoj!erperlen. 5) Der englifc^e SHofcn*
fran;, rosarium angelicum, bat ebenfooiel
^Perlen mie ber uorige; boc^ rcirb bei jtber
3)cfabe ber OJJarienperIcn nur ju ber erjlen
iKarienperle ber englifcbe ©ruß gefproc^en,
JU ben folgenben nur hai Sanftuö mit
ber fleincn S)ojoIogie. 6) Die Ärone, befielt
a\ii 33 (Paternofier jum ©eböc^tnim ber
33 ßcbcnefabrc ß^rifii unb auö 5 2lt)c»
TOaria jur ^eier ber 5 SBunbcn bemfelben.
Die crfie Dio f cnf lanjbrub crfc^aft
39
606
SRofenfreujcr — SHunen.
tiiftctc 1475 in ber ©ominifanerfirc^e ju
Äötn bcr I)ominifaner ^atob ©prenget,
bcrfelbe, ber fx(^ mit bcr ^cyenferfolgung
berühmt gemacht I)at unb SlJJitüerfaffet bcö
im 3a^t 1489 eif^ienenen J^eyenf)ammerö
gewefcn ift. ©iftuö IV., in bic ©ruber«
fc^aft mit einem QlbtaB prioilegiertc,
forbcttc jur Verbreitung berfetben unter
Scannern unb grauen auf. @tei^in|>ers
jogö (Rca^enctjfl.
iRofcnfreuset foflten bic 2;cilncf)mcr
einer gct)eimen ©cfcQf^aft ftc^ genannt
fcaben, t>on bcnen bic in Äa[fel 1604 er*
fc^ienenc anonr)mc Schrift: „Fama Fra-
ternitatis be^ löbli(i)en Drbcnö ber IRofen»
freujer*, bic ©c^rift com ^a^x 1615:
„Confession ober SBefanbtniö ber Societat
unb SBrüberfc^aft R. C. Qtn bic Oclc^rtcn
Enropae" unb bie ©d^rift com ^a\)x 1618:
„ß^pmif^e ^od^jcit. (S^riftian JRofen=
ttcu^" Äunbe gaben. ©^ war barin »on
einer geheimen ®efellj"d)aft berichtet, bie
ein geh)if)'cr (J^rijiian SRofenfreu^ »or etn^a
200 Sauren errichtet paU. S)crfelbc, 1388
geboren, fei im Orient gewcfcn, fei üon
ben 5lrabern in bic ©e^eimniffe ber $t)pftf
unb SOkt^ematif einge»cit)t morbcn unb
l^obc, na($ 2)cutfd^Ianb jurüdgefc^rt, mit
»cnigen greunben einen gel)eimcn Drben
gelüftet, ber ^auptfäd^Iid^ ber unentgelts
lii^en ^eilung bcr Äranfen gewibmet
n)orben fei; übrigenö feien bic Srüber
im ©eft^ ber ^öc^jien Söiffenf^aft unb
bei mafellofem Scbcn^njanbcl frei »on
Äranf^cit unb ©^merj, jeboc^ tt)ic anberc
bcm Job unternjorfen. S)a eä ber 9taifd^Iui
®otte« fei, ta^ je^t um ber äöclt ®Iüct*
fcligfeit njiKen bie Srüberfd^aft ecrmefjrt
unb ausgebreitet merbe unter aüenStänbcn,
dürften unb Untert^anen, 3teicE)en unb
Sitmen, fo njurbe burc^ biefe Schriften
jum öffentlichen Seitritt cingelabcn. QlU
aSerfaffcr galt fcf)on frü^ 3ol^. Valentin
Qtnbrcä, ein SBürttembergifcf)er S^colog
1528—1654, ber bamit bic ®e:^eimni6=
fuc^t unb bie aSorlicbe für mpftifc^e S^or»
Reiten geifeln moHte. 6ö entroicfette fid^
aber balb eine ßitteratur, bie für unb min
ben »ermeintlic^en Drben *Partei naf)m.
(Sine umö ^a\)x 1622 im ^aag enfianbene
unb üon ia meitcr »erbreitete (SefeUfc^aft
Bon Qlld^^miftcn nannte fict) SRofenfreujer,
äl)nli(^ tt)ic im 18. 3a|)rl)unbert ein Stetig
ber Freimaurer fid; mit bemfelben mpfiifd^en
Uiamen ju bccfen beliebte. Ä'Iüpfel in
^erjogS SRcaUencpfl.
i){otöer, Äönig, Ijcigt ein epifd^cö
©ebic^t etncö unbekannten ADic^ter«, iai,
in ben (R^einlanben cntfianben, ber 95or«
bereitungSjeit ber l)öfifdE)en ßitteratut an*
gebort unb jur bt)5antinifc^=paldfiinifd^en
S)i(i)tung gesafjlt wirb. Äönig SRotbct
i)ixx\ii)t JU Sari in Slpulien unb fenbct,
ia er ftcft ju oermä^lcn befdjioffcn ^at,
jwölf Scannen nad) Äonfiantinopel ju
Äaifer Äonftantin, um SBcrbung anju»
fieüen um beffen 2;oci)tcr; bie Soten »er«
ben aber gefangen genommen unb in ben
Äerfer gejtecft; Worauf !Rott)er felbet unter
frcmbcn 9?amen nad) Äonjiantinopcl fd^rt
unb bie Äönigstoctiter cntfüt)rt; J^onjiantin
aber Iä§t biefelbe burd^ einen ©pielmann,
ber fte auf fein ©c^iff locEt, bem fftot^cr
»ieber entreißen. 3)arauf jie^t JRot^er mit
einem großen ^ecre »or Äon^antinopel
unb äWingt ben Äaifer, il)m feine %xau
»icbcr l^crauö gugeben. ®rfi in %ol%t
fpäter (Srfinbung iji biefe namcnlofe %xa\x
lüx 5l|)nmutter Äarlö bcö ®ro§cn gcmad^t
worben. Sluägabe mit (Einleitung »on
j^ einrief) SJlücfcrt, Äönig [Rotier, ßeip»
jig, 1872.
9!ottt)cIfc^, fic^e ©auncr.
9iuJ)0lf, maU iji ein epifc^cö ©cbid^t
au^ bcr iBorbereitung^periobe ber !^öfifd)en
Äunjiepif, ums 3a^r 1170 entpanben, iai
einen flanbrif(i)en ©rafcn 9iubolf ju ^txixt
falcm, 2lSfalon unb Äonjiantinopel im
Kriege mit Reiben unb ß^rifien unb im
ßiebeöbunbc mit einer ^eibnifc^en Äönig^»
tocf)ter jcigt. 5luögabc oon SBil^elm ©rimm,
©öttingen, 1844.
9hincit Reifen bic »on ben ©ermanen
angcmcnbcten ©d^riftäcidjcn; ber Sebcutung
beö 2BorteS g«nid§, got. runa, a^i. rüna
:= ©cl)eimni^, gel)cimer iRatfci()Iag, njurbc
biefe ©(i)rift nid^t für jufammenbängcnbe
fd^riftlid^c 51ufjeict)nung beä gcmö^nlid^en
ßebenö, fonbern jur ßofung unb SBciö*
fagung, ju ©egcnö= unb 93ertt)ünfd)ung^s
formein angemenbet. ©ic SRuncnjeid^en
flammen auö bem gried)ifd^ * p|)önifif(ien
5llpl)abet; «Die unb mann fre ben ©ermanen
jufamcn, ift nic^t befannt; ma^rfd)einlic^
gef^al) c^ auf bem alten ^anbelömege »on
®ried)en(anb unb bem fi^Warjen ifiecre
l)er. SDie Slnmenbung ber (Runen jur
ßofung gefcf)a|) bergefialt, ia^ man ©täb(i)cn
auö bcu 3>^ei9en »on fruc^ttragenbcm
^ürtl)oläe, bcfonberg »on ber Söud^e (ba^^cr
a[)i. buochstab, Söu(i)jlabe, in ber Sebeus
tung r>on ßautjcic[)en unb baei SBort buoch
=: iai Sud^, auö bie bucche, al;b. puocha)
fd)nitt, in jebeö ©tabc^en eine SRune ri^tc
unb aus ben aufS ©eratercot)! I)erau0»
gegriffenen $Runen|idbdt)en eine SDcutung
SRuoblieb — ©ac^fcnfpiegcl
607
ju gewinnen fucbte; babei vertraten bie
iHunen nid)t [ott)o|)I cinjelnc ßaute, alö
Segrijfe, mpflifc^e 3fi<^f"/ ^'^ ti^P tuxä)
tai gefungene ßieb, tttorin bie SRunen al^
31nlaute genjijjer |)auptn)orte aUiterierenb
wicbcrfe^tten, \\)xt 93ebeutung erl)icltcn.
3)af)er bie SRunc aud) €tab t)ie^, »ie bie
ottitetierenben JBegriffsirörter beö fiab*
teimenben 93erfeö. ®er tecf)nifcf)e 3tuöbrucf
für tai (£in[d)nciben ober (jinritien ber
JRunen mar a^t). rizan (altfäc^f. unb
angelfcic^f. writan, in engl, write, erf)alten
unb nf)b. 3(bri§, SReiprett; hai 2ßort
würbe burcf) baö tat. scribere nerbrängt,
Qbb. scriban, n\)h. fd)reiben. (£rji mit ber
3eit lernte man bie SRunen al« blo^e
fiautjeic^cn üenuenben. S)aö erfte SRunen»
alptjabet enthielt urfprünglid^ bloei 15
ober 16 3ci^£n, fpäter ert)ie[t eö eine (Sr-
Weiterung biö ju 22, bei ben 5tngel=
fad^fen fogar btö ju 33 3«t<i)en- 2)er
@ebrau(^ ber beutfd;en SRunen ^örtc mit
ber einfiibrung ber lateinifc^en ©djrift
burd) d^rifiUd)e 2el)rer [d)ne[l auf; bei ben
2tngel[ad)fen unb ben ©tanbinanen cr|)ielt
ftc^ bie JRunenfd^rift biß tief in bie c^rift^
lic^c 3eit. 5iuö einer 23ermifd)ung beö
SRunenalpljabeteÄ mit bem gried^ifdien fc^uf
Ulfila^ fein gotifc^eö *i(Ipt)abet. 2ß. ® r im m ,
über bcutfc^e JRunen, ®öttingen 1821.
2ß. ßilienf r on unb *ÖJü 11 en t) of f,
jur SRuncnleljre. 3roci 5lbbanblungen. ^atte
1852. 3a^er, baä gotifc^e *3ilpt)abet 23ul=
filaö unb i>ai [Runenalp|)abet. ßeipjig
1855. Ueber bie in ber legten 3eit gefun»
benen unb erflärten Stunen »gl. nament=
lic^ S) i e t r i d) in $auptä 3eitfd)rift für
beutfc^. mkxti). SBanb. XIII, 1867 unb
q3feifferö ®ermania X, 1865.
9{uobltcl) ^ei§t ein üon einem unbe«
fannten ÄIojiergeifiIid)en , roabrf^einlid)
in 33apern, umö ^ai)X 1050 in ^eyametern
Derfa§te^ epifd)e^ @ebid)t, baä jmar 'ilnfläge
an bie überlieferte «Sage tiat, fonji aber nac^
2trt be'ä Oiomanö feinen Stoff frei erfinbet.
S)aö ©ebic^t ift nur 93rud)flüdroeife er=
baltcn. e« finbet ftd) abgebrutft in
©rimm'ö unb ©c^meücrö lat. ©ebid^ten
be« 10. unb 11. ^al)xi). ©öttingen 1838.
Diiiftung. 3t" weiteren Sinne üerfie|)t
man unter ber SRüftung ixt »oHfiänbige
Bewaffnung eineä Ärieger^, im engeren
©inne nur bie S(^u^waffen. Siegle bie
5lrt. ^arnif(^ unb ^eltn.
S.
©äfiel. 2)aä 2Bort flammt auä bem
Slauonifcben (sabla), weld^eö eine ein-
fd)neibigc, gcfvümmte Hiebwaffe be&eutet.
2)er Säbfl war al^ foli^e fd)on ben alten
Werfern unb ^beriern, fowie ben Siömern
5U Srajanö 3eit bcfannt. 3n Seutfc^lanb
crfc^cint er fdion im 4. 3al;rt). neben bem
cigentlid)en Sdjwert, fommt aber in eigent=
li*en ©ebraud) erp im 17. 3af)rl;unbert.
©a^fcnUjiegcI ifi ber erpe Serfud), i>ai>
gefamte beutfdje SHed)t wiffenfc^afttid^
baräuileüen; bie alten 23olf0re($te waren
in *Bergeffenf)eit geraten; bie Oici^ögefei-
gebung war fpdrlid} unb bcfd^äftigte fic^
meijl bloß mit bem ©trafred)t unb ber
5lufrid)tung oom ßanbfricben; bie übrigen
Üied)tflqueaen waren lofalcr *Jtrt, Stabt*,
SDorfs ^of= unb 2)ienjtred)te; er^ im <3ln«
fang bee 13. ^al)xl). unternaijmen eö
$rii->atleutc, bie aügcmeinen JRec^tßgrunb»
fd^e in größeren *ilrbeiten jufammenjus
flelien, wobei fte nidjt bloß bae Sebürfniö
ber Sd)öffen im 5(uge Ratten, fonbcrn jUs
gleid) üerfud)ten, tai gefamte SRec^t bar»
äufleüen, ^Jßrit)atred)t, Strafred)t unb ®e*
rid^töwefen, Staatsrecht unb SRed^t ber
Äir(^e, fowcit eö Bon praftifd)em ^ntereffe
fein fonnte. S)aö wid)tigfie Diefer ütec^tö»
büc^er ijt ber in nieberbeutfd)cr Sprad)e
ocrfaftc ©ad) fen fpiegcl. ©erfelbe ijl
Don (Sibe t>on JRepgowe »erfaßt,
einem Wanne auß ritterbürtigem ®ef^Ied)t,
baö fxd) nad; bem jwifd)en S)effau unb
Äöt^en liegenben 5Dorfc iReppic^au nannte,
er wirb in ben Jahren 1209 — 1233 alß
Schöffe in ber ®raffc^aft öiCIingßtiö^e in
ber Diä^e bcS ^arjeö genannt. Sr f^rieb
fein 9ted;töbud) matjrfc^einlic^ jwifc^en
1226 unb 1238 juerfi in lateinifd)er Sprad^e
unb überfefete baffelbe erfl auf Seranlaffung
be« ®rafen .<joier fon gallenfiein inß
©äcf)fif(^e. Spiegel nannte er eö na^
ber literarifd^en SOtobe feiner 3eit, ta bai
*Red)t feincß Solfcä gewiiJerma^en in einem
39'
608
©ac^fenfpicgcT.
Spiegel jur ^(nfc^auung gebracht »erben
foQtc. 5Daö ^uä) jcrfäüt in baö ©äcf)[ifc^c
ß anbrecht unb hai ®dd)fifcöe
Sel^ntec^t, 8anbred)t ijl l^ier baö SRec^t,
tt)ie cä in ben ßanbgcri(i)ten, n)el(f)cn bie
freien untertüotfcn ftnb, ge^anb^abt tt)itb;
nur bcm SRed)t beö freien SRitter^ unb beä
freien öauern ift alfo baö S8uc^ gehjibmet;
bie ©tobte mcrben nur gelegentlich tx-
wä^nt unb tai J^of* unb ©ienftrec^t
au^brüdlic^ auögefd^Ioffen. ©efd^rtebene
Duellen finb im Sanbred^t fe^r nienigc be»
nü^t, üom römifcf)en SRedEit fajl feine
©puren, (äinjelne Sefiimmungen l;aben
einen fe^r altertümlid)en (5f)atacter, ber
bem 12. -Sa^r^. ober nocö früherer 3<^it
angehört; fo entfpric^t bie ©d^ilberung
ber ftänbi[cE)en SSer^ältniffe wenig bem im
13. 3a^t^unbert fd^on allgemein i^crrfc^en^
ben üe^nmefcn: bie fünf fä(i)fi[c&en Äönigö^
pfaljen entfprecf)en moI)I bem 11. aber
nid^t bem 13. ^a^r^unbert, fo ba^ eä
f($eint, ber Serfaffer l)ait f\ä) biömeilen
an alt^erfömmlid^e SErabitionen gel)alten,
bcren praftifd)e 93ebeutung längji ab^anben
gefommcn mar. Urfprünglid^ mar baö
ßanbre^t bloö in einjelne Qlrtifel einge»
teilt, erfi »on fpäteren Qlbfcf)reibern flammt
bie ©lieberung in 3 Sücber, moju bann
aU »ierteä iai 8e^nrccf)t fommt. SDie
3a^l ber ^anbfc^riften iji eine fe^r grofe.
51U bem fäd)ftfcf)cn ßanbred^t eigen*
tümli($c Qluffaffungen |cbt ©tobbe, I,
@. 301, folgenbe \)mui: „«ßor ®ott,
»elcf)er ben 9)?enfd^en naä) feinem 93ilbe
fc^uf, ftnb alle 3!Renfd)en gleid^ unb in
ber 3^it/ ^^^ bie ©ai^fen iai Sanb er»
obcrten, gab ti feine Änec^te, fonbern
aBe maren frei; überhaupt giebt eä feinen
®runb, marum einer ber Oemalt beö an^
bcm untermorfen fein foK. 2)er Tlm\ä),
©otteä 93ilb, foü nur ®ott angehören,
unb mer i^n einem anbern untcrmerfen
miü, ber f)anbelt miber ®ott. 3n Söa^r*
^eit ^at bie Änec^tfc^aft i^ren Urfprung
in 3^<i"8' ©cfangcnfc^aft unb unrechter
®cmalt, unb maä jucrfi burc^ Unred)t
feinen 5lnfang na^m, fud^t man je^t megen
ber langen ®emol)n^cit aU iRed^t ju be*
Raupten. Qllö ®ott ben aRenfd^en fd^uf,
gab er i^m ®emalt über %i\ä)t, 58ögel
unb milbe Sicre, ba^er fann niemanb
feinen fieib an biefen 2)ingen »ermirfcn,
aber ber Äönig giebt ben »ilben Stieren
an beilimmten Orten burd^ feinen 93ann
^rieben. 2)ie SBelt mirb burd^ jmei ®e»
»alten regiert, bie »cltlid^e unb bie gcifi=
lid^c: non ben jmei ©^mertern, meldte
ß^rijiuä auf ber Srbc jurüdflie^, um bie
ß^rifienl^cit ju befdt)irmen, gehört bem
$apfi hai geifilic^c unb bem Äaifer baö
meltlic^e. 5Der <Papft reitet ju gemiffen
3eiten auf einem ©dbimmel unb ber Äaifer
foü ibm ben Steigbügel f)alten, bamit fiel)
ber ©attel nic^t »erfä)iebe. 3)ag ifi ein
3ci(^en bafür, ia% menn fic^ ein SBiber*
f!anb gegen ben *^apfi ergebt, unb er ibn
mit bem geijilic^cn SRec^t nidl)t ju beben
t>ermag, ber .^aifer mit feinem meltlid^en
SRe^t i^m ben ©e^orfam erjminge. Unb
ebenfo foll aud^ bie geipiic^e ®e'malt ber
»eltiic^en f)elfen. Seibe ©emalten foKcn
alfo in 6intract)t neben einanber be^e^en,
jebe ^at i^ren eigenen Äreiä unb feine
ijl ber anbern übergeorbnet. 2)a^er barf
ber $apfi mit feinen ©eboten ni($t i>a^
meltlic^e SRec^t umänbern unb fann ben
Sann gegen Äaifer nur auöfprect)cn, menn
er an bem rechten ®lauben jmeifelt, fein
el)elic^eö SBeib oerlä§t ober ®otteäl^aufer
jerjlört. SDer Äönig ift ber gemeine !Ri(f)ter
überall unb ridE)tet auct) über ßeib unb
ßeben ber ^Jürften; aber er ifi nic^t ^err
aüeö !Recf)tä, fonbern felbfi bem ®efe^
untermorfen unb oerantmortli^; er mu§
cor bem *Pfaljgrafen ju flled^t fielen unb
fann feinen ßeib termirfen, nacbbem i^m
tai (Reic^ burcl) Urteil aberfannt ift. 2)a
er nid^t überaü in feinem (Reii^ fein unb
nidf)t jebeä Urteil rid^ten fann, fo fe^t er
®rafen unb @d^ult^ei§en ein, mel(^e oon
i^m i^re ®emalt f)aben."
S5er 6ac^fenfpiegel erlangte fdf)nell eine
meitauögebeljnte Verbreitung namentlid^ in
ben nörblicl)en ®egenben SJeutfd^lanbö; er
galt nic^t bloä aU SRedt)töbu^, fonbern
bei ben ®eride)ten fogar üU ®efe^bud^;
moju unter anbern ik aüma^lidt) entfian»
bene 3lnftä)t beitrug, ta^ ber ©ad^fen-
fpiegel auf einem iprioileg Äarlö beä
®ro§en unb auf; anbern Äaifergefe^en
berui^e. 5luc^ bei anbern SBolfeiftämmcn
^at ber ©piegel Sßerbreitung gefunben unb
ift bie Quelle einer großen 3a^l »on JRed^tö*
büdf)ern gemorben, bie mittelbar ober un*
mittelbar Don i^m abftammen. 2)ajU ge«
^ören ber S)eutfdf)enfpiegel unb ber
©^mabenfpiegel für ganj ©übbeutfdf)*
lanb; bannbaö S!Ragbeburgifd^e3Bcid^ =
bilbred^t, iai [xd) über ganj @ad§fen
ausbreitete, ber fogenannte Dermc^rte
©ad^fcnfpiegcl ober baS SRed^tSbud^
nad^ S)ifiinftionen, baö in S^üringen
entjlanb, ber !Ridf)tfteig ßanbrec^t«,
ein aRarfifc^eS fie^rbud^ beö <Projeffe«,
unb ber (Ric^tfieig ße^nred^t«. jür
©age — «Särge.
609
SBreöIau unb ^olen wirb ber ©ac^fen*
fpicgcl inö fiatcinifd)c, für ^oUn a\x<i) in*
^oInif(f)e überfc^t, für tai ^erjogtum
®reälau aU iCanbrccf)t publijiert, für @ör<
li^ unb ^oHanb bcfonberö bearbeitet,
(änblic^ entnaf)nun eine gro§e ^Injat)!
@tabtrecf)te einjelne ®ät5e unb ganje
größere ^Partien bem ®Q(^fenfpicgeI, j. 93.
biejenigen fon Hamburg, ßübecf, ©tabe,
Söremen, SSerlin, ®o§Iar; anbcre ©täbte
unb ©eridtite, wie Ärafau unb Söraun*
fct)»eig, laffen ben ©ac^fenfpiegel abfc^rei«
bcn, um it)n beim 9ied)t[pred;en }u ©runbe
ju legen; ber britte Seil SDcutfc^Ianbö,
|ie§ e* nod) am önbe beä ÜJJittelalter*
auf einem beutf($en JReicf)«!tage, lebe nac^
bem ©ad^fcnfpiegel, ja eö bilbete ftc^ aU'
mii^lid^ bie 51up^t, ia^ ber ©ac^fenfpiegel
gemeine* Stecht fei.
I)er @ad)fenfpiegcl regte aud) jucrft
bie Sbatigfeit beutfcfcer *^ec^t0le()rer ju
tt3ifj'enfd)aftlicftcr Bearbeitung ber iRed)t*s
quefleu auf, offenbar in 9ia(^af)mung ita*
lienifd^er S}ied)t*Ief)rer unb jwar rtJar e*
Pornetjmlid) ber ©egenfa^ beutf($er unb
römifd^er SKecfjtägrunbfä^e, ber biefe Qtr»
beiten Peranlagte. 2>iefe ©c^riftcn leiten
©loffen jum ©ac^fenfpiegel , beten
ättefie bem märfifc&en Oiitter 3 o fi a n n
Pon 93uci), in Urfunben 1321 — 1355
genannt, angeprte; fein Sffierf ifi wie ber
©pieget felber in nieberbeutf^er ©prac^e
gefc^rieben. (Snblic^ bat man aud) ben
Sejt be* ©ad)fcnfpiegel* burd) Silber
ju erläutern »erfudit, bie man in mehreren
^anbfd)riften finbet; biejenigen ber J^eibel*
berger ^anbfc^rift, beren Originale bem
13. 3if)r^unberi anjugel)ören fc^einen,
ftnb in 5luätt)abl ^eraulgegeben »onÄopp,
Silber unb ©d^riften ber Borjeit, 1819;
Potljlänbig in: 2;eutfd)c ©enfmäler, ^erauä*
gegeben unb erläutert Pon Satt, p. Sabo,
©itenbenj, DJfone unb SBeber, erfie
Lieferung ^eibelberg 182Ü. — S)ie dltejte
gebrudte unb batierte 5tuögabe be* ©ad)fen*
fpicgelö erfd)ien 1474 ju Safel. Olaä)
©tobbe, ®efd)id)te ber beutfd)en SRed^t*«
quellen, Sraunfd)tt)eig 1860. 5Die bcbeu=
tenbjle Qluögabe beö ©ac^fenfpiegel* ifi
bie Pon ^ 0 m e p e r , 2. 5lu*gabe. Ser*
lin 1835.
©agc, fiebe ^ e I b e n f a g c.
©aUj^C§@CJC^, ftebeLeges barbarorum.
©alomon unb 9)Jatfolf t)eiBen eine Oieibe
älterer beutfc^er 3)ic^tungen. 2)ie erfte
berfelben, ber t)öfifd)en (Jpit porau^gcbenb,
fon einem fabtenben ©änger ftropf)ifd) ge=
bi(^tet, entt)äU ein ©ewebe Pon ßntfü^=
rung*gefd)ic^ten, bie jtt>ifd)en ©alomo, Äö«
nig Pon S^i^ufalft"» uni» ben ^eibnifc^en
Königen $^arao unb ^rincian um ©alo«
mono 2Beib ©alome beflanben werben;
©alomonö Sruber SOJorolf etfd)eint babei
al* Upiger Diener, ber jenem bie jmeimal
burcö fiifi geraubte ®emat)Un äweimal
burd) gröfete 8ifi wiebergewinnt. ©in
jüngere«, bem 14. 3al)rf)unbert angef)örigeö
©ebid^t, ©alomon unb üJlarfoIf, ba* im
15. S^^rbunbert überarbeitet würbe, ftellt
bem weifeften Könige ben l)ä§Iidf)en unb
tölpelhaften Sauern üJiarfoIf gegenüber,
ber jur SBerfpottung ber Sffieiö^eit allerlei
SRartenjlreidbe begebt. S)erfelbe ©toff, ber
auc^ in lateinif^er Searbeitung porliegt,
wirb fcf)Iie§li(^ ju einem weit Perbreiteten
profaifd)en Solföbuc^ Perarbeitet, baö ju=
erfi 1487 ju UJürnberg erfc^icn unb ben
Jitcl fübtt: i^xai^t unb QlntWort ©alo^
mono unb ÜJ?arfoIft. ©ie^e bie beutfc^en
I)id)tungen Pon ©alomon unb ÜJJarfolf,
berauögegeben Pon f^riebric^ Söogt.
I. Sanb. .f)ane 1880.
©aljfa^, SJJeben ben tönernen ©alj*
fäffern be* Sürgerfianbeö finbet man auf
ttn lafeln ber Sornef)mcn für bicfen
3wed ©olb* unb ©ilbergefä^e, bie oft
auf SRäbi^en laufen, bamit bie Sifc^ge*
noffen biefelben ftd) leii^ter jufc^ieben
fönnen. Sorf)anben ifi im Mus6e de
Cluny ein jinnerne* auö bem 13, ^a^X'
bunbert, auf beffen ©edel bie Serfün«
bigung bargefieHt ifi. 35a* befanntefte
aber ifi tai golbene ©aljfa§ %X(ini I.,
gefertigt burcb S3enPenuto Seüini, gegen^
wärtig im SDJünj« unb 3tntifcnfabinet in
2Bien jU fe^en. ©* i^ freilid) mc^r ein
©(^aujlüd, bai feinem ^wtd entfrembet
iji. S)er Unterbau ifi oPal, nac^ oben
mä§ig perjüngt, fiellt ^clsgefiein bar, Pon
©cc« unb Öanbtieren, ©cE)IingpfIansen,
Slumen unb 5'^üdf)ten umgeben. 2Iuf
biefem ruljt einerfeit* 9ieptun mit bem
S)reijad, ber ©Ott bc* SWeere*, ber t>ai
©alä fpcnbet. ©t neigt fic^ etwa* rüd»
wärt*, bie ^anb auf ein Heine* ©d)iff(^en
legenb, ba* jur 5lufnal;me be* ©alje* be=
fiimmt ifi. Qluf ber entgegengef'e^tcn ©eite
fi^t ©i)bele al* bie fruct)tbare ©rbe, bie
ben ^Pfeffer erjeugt, beffen Se^dltni* le^nt
fid) an einen äierli<^en Sempel. Scibe
Figuren fmb nadt unb wie aüe* übrige
Pon reinjiem ©olbe.
©ätgc machten bie 3)eutfd)en in por»
d)riflU^er 3<!it einfach au* einem Saum«
fiamm, inbem fie ibn burcbfägten, bie eine
Apälfte au*bö^lten unb bie anbete al*
610
©attel — ©c^amfapfel.
2)ecfel Benu^ten. 2)a^ tvaxm tu eigctit»
lid)cn Saumfärgc ober Sotcnbäumc,
itelcf) Unterer Qluöbrucf fid^ biä in unferc
3eit erhalten ^at. 2;ic Särge ir>aren jinar
nod^ feiten ; ettt)aö I)äufiger ttturben fie
mit ber 6infüt)rung beö ß^riftentximö,
imb jitiar »raren es im 9. unb 10. 5a^r=
lunbert SBc^älter t)on ^olj ober Stein,
im erfieren %aüt Ä ä ft e n ober Sonnen.
2)ie iru^en erl)ielten auf bem jDecEel ettt»a
eine fägebkttartige «Stabüerjierung, bie —
n?ie man »ermutet — eine «Schlange bar=
ileüen foO. ®ie Ginfüljrung beö 6|rijien:=
tum« fe^te an beren ©teile tai Äreuj.
Sie ©tetnfärge ober ©arfo«
p ^ a g e njaren fc^on im ^Htertum befannt.
2)cr le^tere flame bejeicfenete anfangt ben
©argfiein, einen tleinafiatifc^en .^alt^ein,
ber bie SBeritjefung ber Soten beförbert
ftaben foü unb ben bie ®ried)en unb
Sö^jantiner barum. mit Sorliebc jum 5Iuö=
legen ber ©arge benufiten. ©päter »er»
jianb man barunter einfach einen jleiner«
nen «prunffarg. 2)aö IDtateriat War @anb*
fiein, IWarmor, ^oxp^\)x, ©ranit, 99a[alt
unb bcrglei(f)en. ?iuc^ in beutfd^en ©cgenben
ttiaren biefe Särge befannt. So berid^tet
ba« Stibelungenlieb über Siegfriebö a3e*
erbigung:
„Smide hiez man gäben, bewürken
einen sark,
von edelm mermelsteine yil micbel
nnde stark,
man hiez in vaste binden mit ge-
spenge gnot."
Qluc^ biefe Steinfärgc Waren tiftenför«
mig, unb fic juerji tjatten einen giebel*
förmigen 2>ecfel. I)ie Seitenf(ä(ä)en mur«
ben balb arc^iteftonifci) gegliebert unb ber
SDcdel mit ber in Stein gehauenen $or»
trätfigur bcä SBerjiorbenen gejiert. SDa»
neben ftnb namentlid) einige auf unä
gefommene alt(^riflli(f)e Särge (iHom, $Ra=
üenna, ÜHailanb, Spalato), mit biblifd)en
©arfictlungen gefcf)müdt, fe^t fe^enöwcrt.
©Ottcl, ftel)e ?! f e r b.
©aufänger nannte man einen im fpäte»
rcn 2nittelaltcr bei ber (Sberjagb gebrauch*
tcn Spie§ mit mefferförmigcr Älinge unb
faft meterlangem Sc£)aft.
©ay (scramasax). ©in einf(f)neibigc«
Stu^fcfcwert, semispatnm. Siel)e Schwert.
©ce:|)ter, ©aöScepter berbijjantinifdien
5?aifcr mar ein oben gefrümmtcr Stab
oon 60 — 70 cm ßängc, baejenige ber .Karo'
linger unb it)rer ?{aä)foIger ein golbener
Stab mit einem Olblcr, -^reuä, einer Äugel
ober Silie. 2)aö urfprünglic^c SReic&öfcepter
ging frül) »erloren, mat)rf(^einlic^ um 1270 ;
hai ältefie ber brei fortianbenen fiammt
— mic man »ermutet — au« bem 13.
2al)r|)unbert. Sie^e ben 3lrtifel ^rönungös
infignien.
©d)at^f:>)tcl. 2)aöfelbe mar alö Äriegä»
fpiel in Sn^'f" '"^ 6- 5a^rl)unbert er*
funben, t>on ta nac^ (Perfun gefommen
unb ^atte in 5lrabien feine 5tuöbilbung
gefunben. (Bon I)ier fam eö nad) bem
Qlbenblanbc, wo cö (feter SDamani, ber
^reunb ©regor VII., aU Ieibenfct)aftlic^eä
Spiel ber q3rieper oerflagt, ajlittc be«
11. Sa^rbunbertö. Seit bem 12. 3a^r«
Ipunbert finbet man bie Spuren be« Spielä
in ben 2)id^tungen ber ^öfifcf)en (Periobc
weit verbreitet; fein mbb. Otame ifi
scbächzabel, beffen zabel baö lat. tabula
= Safel, 93rett ifi; entflcUte g^ormen
fmb scbäfzabel, scbäfzapel, scbachttapel ;
Sc^a^ fpielen ^ci^t scbächzabel ziehen,
spilen, fid^ baran setzen; ber unb tai
schäch bebeutet ben ^önig im Scf)a(^fptel,
tai Srett unb iai Spiel. SDic ältefien
erl)altenen Scf)a(ä)figuren gel)ören bem 12.
3a^rbunbert an, fcfimere fauftgro§c ©tüde
au8 ©Ifenbein, ^irfd)|)orn ober ^olj. S)ie
mittellateintfcl)en 9'iamen ber scbächzabel-
gesteine finb rex, domina ober femina
ober regina, eques, alficus ober senex,
rochns, pedites, bie altfranjöftfcfeen roy,
roine ober fierge, chevalier, aupbin, roch,
peons, bie beutfc^en künec, küneginne,
rittet, alte, roch, venden ober vuoz-
gengen. S)er 2)ominiEaner Si'o^u^ t)e
ßeffoleä, 1250—1300, bielt eine [«ei^e
(Prebigten über iai S^ad^fpiel, Worin er
baöfelbc fpmboIifc^saHegorifd^ auölegtc;
biefelben fanben lateinifc^ unb übertragen
bie Weitejlc (Berbreitung; auc^ inä S)cutfcl)e
waren fte übcrfe^t. 3tu§erbem gicbt e«
in beutf(f)er Sprad^e üier jum leil fon
©cffoleö abhängige aüegorifc^e Sct)a(!^ge=
bid)te, beren befanntefteö oon Äonrab »on
(Mmmenl;ufcn, ßeutpriefter ju Stein am
SRtjein, ftammt. 2B e i n I) o I b , beutfc^e
grauen. 2. Sluflagc I, 116 ff.; S^ul^,
^öfifcl)c« ßeben, I, 415 ff.; SDt a § m a n n,
®ef(i)id)tcbedmittcIaIterIicbenScf)ac^fpieIcg,
Queblinburg 1839. 51. o. b. S i n b e , ®e=
fd^i(i)te unb ßitteratur beö Sd^ac^fpielc«,
Serlin 1874. ©benberfelbe, Duellenjlubien
jur ®efcf)i(^te beö Sd^ac^fpielö, Serlin 1881.
©cfiomfcipfel nannte man bcnjenigen Seil
ber (piattenrüjlung, ber bie ®ef(ä)lec^tgtcile
beö ÜJJanneä fapte unb fcf)ü^te. ®aä SIDort
begreift im weiteren Sinne aud^ iai »or«
©c^anb6ilbcr — ©d)ilb.
611
genähte ©ddd^en ober ßä^c^en in [xd),
baö bie fnappe $ofc bcä 15. 2al)rf)unbertä
nötig machte unb bnö aüä) bei bcr njeiten
<)BIubcrt;ofe bcibetjalten toai.
©C^onbtiiHJer marcn bie gcbräud^Iidjcn
Begleiter ber @(^anbb riefe, bie ungc-
bulbig gen)orbcne ©laubiger i^ren Sd^ulb*
ntrn jufienten ober an öjfcntlic^en ^l^löijcn
anf^Iugcn. ©ie erflärtcn ben 35argejlctlten
aU et)rIo^. Setiebt waren: fangen, OfJii*
bern, Stäupen, ^Prangerftc^en, Sfelä= unb
©auiitt K., überhaupt ©arjieUung bcr=
jenigen ©trafmet^oben, bie gegen öffent»
lid^e Scrgc^en tt)at[äcf)lid^ auägefü^rt ju
njerben pflegten.
©d^a^jei, fie^e ÄopfbcbecEung.
©^ätpe, ©ic ifi ein breitgefiicfteö Sanb,
baö pom 13. 3«^i^f)un^crt an »on ben
SRittern aU ©tanbeöabjeid^en getragen
murbc unb jtrar um ben Seib gebunben
ober über bie rechte ©cf)ulter nacE) ber
linfen ^üfte.
©t^arttiat^t nannte man im Äriegöbienjl
bie patroullicrenbe 2Bac^t. 2)er SRame f)at
fic^ aud) auf bie üeinen aBac^ttürmd)en
an ben (Sdfen ber SBäüe übertragen unb
lebt beute nod^ man(^erortö im SWunbe
beö Solf'eö fort in bem au§erorbentIid)en
9ia(^tmad;ebienfi i;ur Seaufft^tigung unb
llntcrjlü^ung ber Jiadjtiüäcbter bei er^öl)ter
^cuerägefa^r, j. 93. bei flarfcm gö^n in
ben Sergtälern bcr 511pen.
©^auk, ftclje SlJJantel unb 3;racf)t,
©djenf, fut)e J^ofämter.
©^ere. 2)ie ©d)ere fommt annäbernb
in i^rcr ie^igen gorm fcbon auf 93ilbern
bcö 10. So^v^unbertä üor, am bäufigPen
bat fu aber burdt) baö ganje OJJittelalter
bie i?orm unferer ©($affd)eren.
©^iffart, ftebe ©eewefen.
©c^ilb. Unter ben ©(^u^maffen ber
©crmoncn ifi bie am allermeifien verbreitete
unb ältefie unzweifelhaft bcr ©c^ilb (af)b.
skilt, agf. scild, got. skildus, norb. skyla,
angdf. scildan). S)ie ©d)ilte ber gcrma*
nifc^cn Sßölfcr, wie ftc in 93efd)reibungcn
unb Originalbcnfmälcrn etbalten fmb,
jerfaüen fd)on in ben älteften 3eitcn in
jroei ganj »on einanber üetf^iebene 51rtcn,
in bie manbartigen unb mit grellen ??arben
bemalten ®ejleflc unb bie bronjencn Dtunb^
[(Jilbe. 2)ie erfteven maren ftarfe ^olj=
ta^mcn, auögcfüUt mit fcftem 5led)tmcrf,
auf ber iRüdfeitc mit einer $anb{)abe oer«
fe{)cn unb fonfiigen Q5orrid)tung jur 23e*
f^fiigung am linfen Sorberarm. SDiefe
©c^ilbe marcn üon mäd)tigem Umfange
unb h)at)rfc^einlid) mit Sierl;äuten über»
jogen. Süif i^nen fc^iffte man fogar übet
©ttöme. S)ie 93ronjefd)ilbe maren fleinet,
mcift runb ober ooal, nad) au§en üxvai
au^gebaud)t unb gefd)mücf t, mit einer ©pi^e
auf ber aJJitte; auf ber ^nnenfeite ijl
miebcr iaii nötbige SRiemenmerf für ^anb
unb 'Mrm. ©tatt ber ©pi^e fommt nid)t
feiten aud) eine ^öblung in ber ÜTiitte oor,
bie nad) au^en alö Sudel l)en)ortritt, innen
aber für bie ^anh JRaum lä^t unb mit ber
^anb^abc überfpannt i(i. IRingäberum
gebt ein fiarfer Söronjcreif. dergleichen
©c^ilbe finben fic^ üornebmiid) bei ben
norbifcben SBölfern, waö in bem 2Hetall»
rei(^tum i[)rctJ ßanbeä feine (Srflärung
finbet. iMbcr auc^ oon bem trefflichen
©d)u^ ber ©cfieüe meiB Safari Seric^t
über bie ©d)lad)t gegen 5lriot)ifi ju mclbcn.
^ier bedte fid) bie 'Diaffe mit 6 J^u§ bo^cn,
4 gu§ breiten ©c^ilben berart, ia^ bie
üorbern ©lieber ben ©d)Ub cor fid), bie
innere SWaffe bagegen benfelben über fic^
^ielt, bat)cr bie römifd)cn $feilfcf)ü^cn
i^nen nid)t^ angaben tonnten, bi^ bie
fübnftcn auf hai ©d)Ubbad) fprangen unb
cei burd)bra(^cn. S)a folc^e ©(^ilbe au^cr«
orbentUc^ fd)tt)er ju fübren waren, famcn
atlmäblig fleinere in ©ebraud) non 3 big
4 5u§ ^ö^e unb IV2 — 2 gug ©reite,
bie entmeber auä SBuräcIn geflod^tcn unb
mit 2ebcr überfpannt, ober auö Srettetn
gefc^nitten waren; am liebfien fd)cint man
tai Weiche unb lcid)te Sinbenf)olj bafüt
ücrwcnbct ju f)aben, weswegen ber ©cbilb
aud) gerabcju ßinbe genannt wirb (^ilbe*
branbälieb). S)ie ©d^ilbc waren bemalt,
baber schiltaere, scliilteraere, ©c^ilbmalcr,
©^ilbmacber. 2Baf)rfc^einlitft gab c^ be«
reitö ©tammeöfarben; wenigftenö erwähnt
Sacitu^ »on bem ©tamme bcr Girier aui'
brüdlic^, ia's er an feinen fcbwarjen
©c^ilben fenntlicb gewefen fei. Sic alt*
frieftfdben ©efe^e fpred)en t)on braunen
©dbilben alö ben eigenen unb eon roten
fäc^fifi^en. S)ie fränfifc^en ©cbilbe bc=
fd)reibt 5lpoIlinariug im 5. 3a^r^unbett
alä in ber 93Jitte golbgelb, nad) bem Sftanbe
JU wei§ bemalt. 3m 9^or^cn galt ber
rote ©dbilb aU 3eid)en bed Äriegeä, ber
weiBe alö ein fold)cö bcä gricbcU'S,
(Sifcrnc ©d&ilbbudel hatten nur bie
©c^ilbe ber ißorneljmen. Sie gtö§te Qal)l
berfelben l)at ftcb in ben ©räbern bc^
SRf)einlanbcä gefunben. ©ic Sudel (nmbo),
aud) fRabel genannt, Waren mit fiarfen
eifcrnen DMgeln unb ©pangen an ben
©d)ilb bcfcjiigt. Der ©d)ilbbefd)lag reid)er
(Sbler unb gürften War nergolbet unb oft
612
©d^ilb.
mit ebcljieincn befefet. 2>tefe Ratten ju*
im ii)xt @c^tlbträger, ta fie für ben üloU
faß mehrere (Sct)ilbe mit ftcf) führten.
3m 11. unb 12. 3a6rliunbert ^errfc^t
ber manbclförmige, nabeüofe ^0($[^ilb
tior, ber an ber „®cf)itbfef[el" über ben
Schultern f)ing unb ben ber Krieger, ttienn
er if)n nicf)t brauste, auf bcm SRücfen trug,
©enabcitc SRunbfdbilbe trifft man nur bei
Icic[)tgerüpcten guffämpfern. ifflä^renb
be« 12. 3a^rl;unbertä nimmt Bei fajl: allen
europäif^en Sölfern bie ©röf e beö Sd^ilbe«
atlmä^Iid) ob. 2n granfreic^ ge£)t man
fpgar ju ben fleinen D^aU unb Ärei^s
fcfeilben über, «jä^rcnb freilief) in Spanien
ber fpi^e ßangfcfjtlb feine t)öc^fte dnU
tt)idlung erreid)t. 2)et fleine S)reifpi^
in ^ranfrci(^ unb ber ebenfalls breiecfige
rbeinifcf)c ©d^ilb hjurbe an einem ^änge*
banbe an bem ^alö getragen, bamit ber
IReiter bie linfe ^anb für ben 3ügel bii
$ferbeö ober für ta^ jnieifianbige (gdbinert
frei ^aben fotlte, toaä bei ber tterbefferten
SDlafd^enrüftung, bie ficE) bereite über ben
ganjen .Körper auöbe^nte, vool)\ o^m ju
gro^e Oefa^r gen^agt merben burfte.
3n ber iRcgel bilbet eine ^oljtafel ben
Äern beö (gc^ilbeö. ©er tiberjug befielt
beim gemeinen au§ leimgetränfter Sein»
hjanb, bei fcl)bnen Gjemplaren auö ßeber
ober «Pergament; auf erßeren hjurbe i>ai
SBappenbilb gemalt, auf le^teren au«ge=
fd)nitten, ober in foftbarem außgef(f)ni^tem
qSeljVüerf aufgenagelt. Qluö 9Kctan »urben
bie 6(f)ilbe bei ber iBerbefferung ber übri«
gen Qluerüftung unb tro^ berfelben immer
weniger gemalt, ta fie nid^t fo f(i)tt?er
fein burften. 2)ie £)icf)ter berid)ten ba^er
öiel, ta^ €d)ilbe in (Splittern ben Äampf»
pla^ berften, ober ta% bie iCauäen in bens
felben ftecfen blieben, bis ber ©c^ilb für
ben 9(rm ju f(f)nier gemorben.
®ie Qttmbruftfc^ühen bebienten ftä) in
ber t^otgejeit mit 33orliebe beö ©e^fcbilbeö,
ber ©turmttJanb, eincS großen, gerunbeten
ober nact) ber SDJitte in eine fenfrcd)te
^ante oerlaufenbeö (Serätee;, iai unten in
einer geraben üinie abgefc&nitten unb mit
f(ima(^en ®pit5en rerfe^en mar, bie fid)
Ieict)t in ben SÖoben jlecfen liefen, fo ta^
ber ®(f)ilb auf bemfclben fejlftanb. ©er
®(i)ü^e trug ben @d)ilb auf bem 9tücfen
an Crt unb ©teüe unb benu^tc \i)n
n)ä[)renb beö .Rampfet^ aU Sc^u^ni^nll, in»
bcm er I;inter bemfelben feinen Sogen
fpannte, maß menigftene eine SRinute 3eit
unb feine gan^e 9lufmerffamfeit erforberte.
Der ritterlid)e ecf)ilb (ecu) bcö 14.
3a^rbunbertö ift jiemlic^ Hein, jumal in
^ranfreict). ^m Qtügemeinen ift er brei*
ecfig, im obern SRanb baib gefc^föeift, balb
gerablinig, aud^ cerfc£)iebcn in ber ©tärfe
feiner 5luöbiegung auf ber 2;ru^feitc.
®d)ilbe, meldie ron ber breiecfigen ©efialf
abmeieren, tncrben je^t Sartfc^en (targes)
genannt, n^el^e^ SiBort »on ben ©inen
aue bem arabif(f)en tarcha ober dardy
hergeleitet mirb, aU märe baäfelbe jur
3eit ber Jlreujjügc entjianben. S)iej aber
meifi nad), ha^ Sartfi^e beutfctienUrfprung^
\\i unb ©c^u^me^r f)eift (angelf. targe,
altn. targa, aift. zarga). ®ol(f)e 2;aitfct)en
I)abcn oben xcä)ii I)äufig einen Otu^fi^nitt
um bie eingelegte ßanjc burd)äulaffen.
3nnen maren fie meift gcpolftert unb mit
Sc^ilbfeffel t>erfeben. Pavese, franj.
pavois, pavart ; itl. pavese, palvese, nennt
man bie lartfc^e beö ^uftolfeä im Unter*
fdjieb jur Sfienntartfc^e. Srfterc ifi ein
großer ©d^ilb »on ooaler ober reä)tedigct
©eftalt, in«befonberc fon Sogenfd^ü^en
gebraucht feit (Snbc beö 13. 2af)r^unbcrtä.
5Diefe ©dbu^maffe ift meift 1 m ^oct) unb
0,40 — 0,60 m breit. 5n ber aJlittc
^t fic eine tiefe SRinne, meiere nac^ au|en
alö [Rippe erfd)eint unb bem (Sc^ilb ni(J)t
nur eine größere ^efligfcit gibt, fonbern
eä auc^ crmöglidit, H)n an einen in ben
©oben getriebenen $fa^I anjule^nen. 2)ag
3nftrumcnt gleid)t in ber 5lrt feineä ®e«
brau(ieö ber fd)mcren ©e^tartfd)e (@e^»
fd)ilb).
Seit ber 2J?ittc be« 15. 3af)rl)unbctt«
:^ort ber Sd)ilb auf. ben «Rittern im ©c«
fechte ju bicnen unb ertjält fid) nur nod^
auf bem Surnierpla^e, benn feit bie platten»
rüjiung für ben gelbgebraud) (fo febr »er»
eoüfommnet bur^ @d)ulterftüd unb bop=
pelten SBruftpanjcr) »ar, gemährte fic mef)r
®d)u^, aU ber lei(^te €^ilb unb mar
biefer fomit mefir binberlid) aU förberlid).
511« auägejeid)nctfte Söerffiätten jur ^er*
fteOung biefer ©(^u^maffe galten bie ju
2Bien, "iRürnberg, ®enf, «Paris unb3?ouen.—
S)et l)eutige Sprad^gebraud) meifi me^t=
fad) barauf bin, ba§ ber ©d^ilb audb feine
ft)mbolifd)e 93ebeutung ^atte. „©c^ilbeä*
«3lmt" ifi fo iiiel als SRitterWürbe, „©diilbeö*
5lmt t)aben" t)eift (Ritter fein. ®dt)on
bei ben alten ©crmanen mad)te na^ Jacitu«
ber ©d)ilb ben bevanmadjfenben 5lnaben
mcfirbaft. ©diilb unb Speer maren bie
SSegleitcr be« «Dknne« in bie «ßolfe» unb
®erid)t0r)erfammlungen. 2)ie Qahl ber
ftreitbarcn ÜRcinner mürbe mie nad) Oioffcn,
Reimen unb Speeren, fo aud) nad) Sc^ilbcn
©(f)ilbbürger — ©d^mucffa(^cn.
613
befiimmt. Der Sctiilb voax bcr ^aupträger
beö für|ilicf)en ober ritterlid}en Sffiappenä
unb gewann in bcm ganjen SRitterwefen,
bcfonberö in ber ^»eralbif, bic weitgreifcnbjle
93ebeutung. „Den ©cfeilb terune^rt ju
^aben" ift ber fcf)impflic^fle Soriüurf, ber
einen SWann treffen fann. Daö ®efe^ bc
firaft biefen ®d^impf, wenn er ein unt>er=
bicnter iji, mit ben börtefien «Strafen.
2)ie großen S^ilbe bientcn nac^ beenbetem
Äampf jum J^eben unb fragen ber foft«
baren IBcute fott)of)I aU ber lobten. Der
neue Äönig aiic^ (ber getriät)Ite fouiot)!
wie bcr erblicbc) nnirbe auf einem €($ilbe
breimal im Äreifc bcö nerfammclten SBoIfe«
betumgetragen, bn^ Je^^iia"" i^n fft)en
fönne. Die SRipuarier gaben it)re 3"=
fiimmung ju ben iBorfcblägen Clodovechs
burcf) 3uf<ininienfd)Iagen i'brer ©cbilbc ju
erfennen unb übertrugen il}m bie ^errf^aft
bei feiner ^önigömobl burd) (Srbebung
auf ben ©cbilb. 'SRa(I)'3äI)nö, ®efcf)id^te
beö Ärieg^trefens unb © a n = ü)i a r t e ,
SBaffenfunbe.
©t^tlDtiiirger I)ei^t tai befannte, auS
@tid)elfcf}miinfen über Stdbte unb ©tabt«
eben jufammergefieüte SBoIfebucf) eineö uns
bcf annten Serfaffers ; bie erfte Qlui^gabe
fü^rt ben Sitel : Die €cbilbbürger.
SBunberfeltjamc Qlbenbtbeurlid^e, uner»
hörte, unb biäber unbefc^riebene ®e«
fd)id)ten unb Staaten ber obgemelten
©cbilbbürger in SDJifnopotamia binber
lltopia gelegen. ^^\xni> alfo frif^) ju*
fammengetragcn unb au§ lUopifc^er unb
9iotbtt)eifc^er in Deutfcbe ©prad) gefegt.
DuT^ Tl. 5llep^, 93etl), ©irnel. SWifno»
potamia 1598. (Sin anberer S^ame ift:
Daö Salenbud), gcbrudt ju ßalenburg.
23gl. ben 5lrtitel 9Jarrentum.
©t^itmfioflt, ful)e «Bogt.
©(^laraffc'nlanÖ. Tllji. Slüderafife, slür-
affe, ip jufammengefe^t auö slüder, slüder«
i^aulenjet, tröget ®efd)opf, unb äffe aU
©ejeidbnung für ben Starren, fie^c ben
Sirtifel S^arrentum. Der 91amc ®d)Iau=
raffe ijl im 15. ^a^r^unbert ein gewöhn*
li^eö €ä)impfn?ort ; ©ebaflian ©rant
f^ilbert im 108. .Kapitel be« 9]arrenfdiiffeä
tai Schluraffenschiff. Daö obne 3meifel
burd) SBrant beeinflußte ®ebicbt ^and
©ad)fenö ftammt aus bcm 3abr 1530;
feitbem ift ber €<$n.ianf nod) öftere in
Q)rofa unb 2?crfen be^anbelt iDorben.
SSgl. 3 a r n d e , Srantö 9tarrenf^iff.
©. 455 ff.
©^Icicr, fiebe Äopfbebedung.
©(^Icuöcr, Die ©d)Ieuber ift alö
.ftrieg«^anbnierfjeug fd)on auö DambÄ
3eit befannt unb o{;ne 3mcifel »on
älteren 3eiten ber eicl gebraud)t n^orben.
Die Dichter erjät)Ien uns aber «enig non
ibr, ta fie nur eine ÜÖaffe beö gemeinen
Äriegäüolfeö ift unb aU ^anbmaffe an
iöebeutung verliert, fobalb bie 93epanje<
tung beö SOknneö fefter h?irb. Die
©cbleubcr befianb entmeber aus einem
©trid ober SRiemcn, beffen (Snbe ben ju
rocrfenben ©tein in einer ©d)Unge faßte.
2Bar ber iRiemcn an einem ©tabe befefiigt,
fo entftanb bie ©tabfd)lingc, stapaslinga
im ©egenfa^ jur slinga, funda, fundi-
bula. Die ©c^Ieuberer f)ießen slingaere.
Die Sragrreite erjlrcdte [x<i) auf 300—350
©cbrittc; auf bie Entfernung von 100 — 150
©d)rttte roar bie SBirfung eine mörberifc^c,
namentlich al^ in ber ^olgcjeit auc^
pla^enbe ©ranaten geworfen rourben.
Über ©^leubermafc^inen fiel)e ben 5lrtifel
2Burfmafd)inen.
©^mudfai^cn. Daß bie Verarbeitung
beö ü)letaÜ0 bei ben ©ermanen, benen fonji
^anbarbeit alö eineö freien iKannecs unwüt«
big vorfam, in bol;em Qlnfeben fianb, be»
jeugt ber Umftanb, ia'^ mand)e Halbgott«
gleiten unter ber ©eflalt non ©^miebcn
gebad)t mürben, foSBielanb unb bie3werge.
Die erflc (Sbrc ber ©(^miebefunjl betraf
jmar baä ©d)raert unb ben $flug, baneben
aber aucb mannigfachen ©($mud, mic
benn «ffiielonb bem Äonig 9?eit^att
©dimerter unb Sauge, Söruftfpangen unb
(Ringe fd)mieben muß. Die erjte ©teile
unter bem ®efd)meibe nebmen bieSauge
ein, bann bie JJinöer^unb 2lrmringe
(ftebe ben 5lrti!el Ofiing), ^aläringe
unb anberer .^alöfdjmud , ©tcinc^en,
3;f)onfugcld)en, SBein^üdcben , 2JJuf^eIs
fdbalfcbeiben, Sd^m unb ©laäflußperlen,
bie aufhöben gereil)t ftnb; aucb SBcrnfiein
Wirb baju »ermanbt. 3n ©fanbinacien
Werben e^te ober nad)gemad)te btjjantinifc^c
SWebaillen unb ©olbmünjen mit D^rcn
am |)alfe getragen, ^albmonbförmigeö
®efd)meibe fommt au3 ®olb, ©ilber
unb SBronje r>or. Äctten finb in frübcrct
3cit feiten, erft im fpdtern ÜRittelaltcr
fmb jierlic^e ^alö!ettd)en beliebt. Der
Qln^ang am ^alöbanb erweitert ftc^ jum
93r uftgefdinieibe, hai fel)r mannigfad)c
jyormen aufweift, bic ©cwanbnabeln
ober S'it'fln' 9iüfd)e, SSrofc^en , mbb.
bratsche ober bretse auö franj. breche,
fürspan: c^ fmb entwcbcr bcm Dorn nac^*
gebilbcte JJabeln mit 2Biberf)afcn, ober
©i^crl)citönabeln mit SSügeln, biefe Ic^tcrn
614
©c^nabelf(^ut)c — ©d^otafiif.
oft aU ro^eö f^antafiifd^cö Sierbilb bc*
fianbelt; feltcner ifi bie ©c^ilbs ober otalc
(gdbatcnform. Statt bcr 9iabeln fommcn
aud) ©cf)eibcnfibeln Bor, bte auö einer
runben metallenen platte mit binten bc»
fefiigtem Dorn bcfief)en. 3n ^«i^ pfifdjen
3cit jlcdtc tai fürspan am |)emb ober
am SRodf, al^ Scheibe ober 25ierblatt ober
[Rofcttc, SRaute unb ©dbilbform gebilbet.
2lnbere ©cbmucf fachen finb Df)r ringe.
3um |)aarfcbmucE gel)ört ber Äamm
(fie^c ben bef. 5trtifel), ^ aarnabeln
au^ ®oIb, Silber unb (Srj. 3ur gefi^^
baltung ber ®(i)eitclung unb beä ^^aare^,
auf tt)elcbc bic böfifcbt SWobe »iet gab,
tüurbe ein ©tirnfireif en um bic ^aare
gelegt, mbb . un dirbant, scregibant, scbeitel-
bant, härbant, oft aud) scbapel, tromit
man fonfi aucf) ben Äranj benennt. SB ein*
bolb, beutfdje grauen, 2. 5tuf[. H ©. 298
ff. Sgl. ® d^ u I fi, $öfifcl)cö Scben, Sb. I,
5tbf*nitt III.
©d^nafidf^u^e, ftel)e guPefleibung.
©C^Dlaftif »on scholasticus, b. f). ße^rcr
an einer Älofler« ober ©tiftöfcbulc, Iiei^t
bie auögebilbete t^cologifcbc aBif[enf(i)aft
beä 2)JittcIaIterö. 2)ic farolingif^e <Periobc,
welcher eine innere notwenbige Trennung
nnb Unoereinbarfeit be^ natürlichen
Seben^ unb ber ^Religion noc^ frcmb n?ar,
begnügte fic^ in ibren t^eologifc^en 5tr*
bciten an ber iReprobuftion be^ fon ben
Äiri^entiatern ber überlieferten t^eolo9ifd)en
S!}iaterialc. 6rj^ im 11. 3<^br^unbert, aU
fidb ber innere Äern beö SÖUttelalterä ju
feinen d^arafterijlifc^en formen entroicfelte,
tt)oju nomentlidb bie gänjlictic Trennung
bcö natürli(^en unb be^ religiöfcn ßeben*
get)örtc, entfticfelte fxä) bic blo§ beni
ÖJJittelaltcr eigene f^oiapifd)c 5lrbeit; fte
klängt äufammen mit ben Älojlerreforma*
tioncn unb ben fRtugrünbungen ber Gifiers
jienfcr» Äluniaäcnfer» unb 93cttclorben;
mit bcr Qluöbilbung ber ^öfifdben Stlbung
infofern ald bie %änilxä)i Trennung ber
ritterlicf)cn SSilbung unb Silbungöbebürf*
niffc Bon berjenigen ber Äitdie biefe
le^terc bem natürli^cn Scben entfremben
l)Qlf unb ftc einem einfeitigen 93üd)cr«
unb 33erfianbeälebcn überantwortete, tai
jebocf) fo n?cnig al3 fein ©egenpart, tai
SRittcrtum, romantifcfccr Sü%i entbehrte.
SDic 3;f)atfac^e, ba§ bie ganjc europäifcbc
SBelt, fofern ftc ft(^ überhaupt um l)ö^ere
»iffenfc^aftlic^c Ißilbung bemübte , ber
©c^olaftiE angef)ötte unb ba§ Wirflid) ori*
ginellc *D?eiftet in ibr auftraten, lä§t er=
fcnnen , ta'^ fte eine nothjenbigc gruc^t
ber curopäifd^ensmittelalterlic^en (Snthjicfe?
lung geftefen fein mu§; ftc mar bic Ic^tc
grudbt; i^r namentlidb galt bcr Äampf
bcr I)umanijiifct)cn S)enfart, mit bcr bag
ÜJ^ittelalter aufprt unb eine neue ßdt
:^eranbricbt. 3" unterfdbciben ifi übrigen«
con Born^erein bic ©dbolafiif im engern
©inne unb bie fc^olajiifcbc ÜÄctbobc bc«
SOMttelaltcrö , bic ftcb nic^t allein auf
2.l)eologie unb $^ilofopbie, fonbern auf
iiai ganjc Ocbiet ber SBiffcnfcbaftcn er«
jlrccftc; in ^umaniftcn!reifen pflegte man
bie Schriollerer von Paris und die
Juristen von Bononi (Sologna) alö eine
gcmeinfame Srf^einung anjufet)cn. ÜJian
unterfcbeibet brei ^^eriobcn öcr ®cf)olafiif.
5n ber erfien ^criobc begnügten ftd^
bic Itjcotogcn mit einer blo« bialcftifdbcn
Bearbeitung beä augufiinifc^sfir^licf)cn
ße^rbegriffcö. Qlnfelm Bon Ganter*
burp, geft. 1109, fuct)tc Bor Willem bod^
ben ®lauben Bon allen pl)ilofop^ifd^cn
Unterfuc^ungen ungcfa^rbct ju bemabren,
unb aU (Rofccllinuö, Äanonifuä ju
Gompiegne, burc^ fü^ne 93el)auptungen
über bic 3;rinitätölcl)re bcnfelben ju hi'
bro^cn f(^ien, bcfämpfte i^n Qtnfelmu«
unb nötigte i^n jum SBibcrufc. S)ic mit
biefem «Streite Bermicfeltc pl)ilofop^ifd^e
Streitfrage über bie Sebcutung bcr Uni*
Bcrfalien gab ben «Corteinamen ber [Rea*
lifien unb SRominalijlen ibrcn Urfprung;
ber JRominaliömuö erflnrtc bie atlgc*
meinen Begriffe für blo§c Qlbflraftionen
tti aSerjianbeJS ani ben gegebenen ®egcn=
fiänben; ber JRcaliömuä erftarte bie all*
gemeinen Segriffc für tai Urfprünglicbc
im göttli(^en unb menfcbl'cben ©eific.
Seit bem Qlnfangc beö 13. Jöbt^unbcrtä
murbc $ariö ber §auptfi^ ber fd)olajlifc^en
S^eologie-, »ä^renb nämlidf) biö bal)in in
ben Spulen nur ba^ Trivium unb taä
Quadrivium gelcbrt maren, traten je^t ^ier
juerft ßebrer für bie !)3t)ilofop^ie unb S^eo«
logic auf. (Sictie ben Qlrtifel UniBcrfi*
tüten.) JRäcf)fl «Cariö erhielt Dyforb für
bie f^olafiifdie j^cologic am meijien S9cs
beutung. 2n $ati« l)attc juerft 21 b ä l a r b ,
gcfi. 1108, baä meifie Qlnfcbcn ; gegen
i^n traten Sern^arb Bon ©lairBauf
unb SJJorbcrt auf, welche jcbc 2lbmei^ung
Bon ber überlieferten 5luffaffungS»eife
mißbilligten unb 5lbälarb eine SBcrurtei*
lung burd) ben ^Papp jujogen. ©citbem
fingen bic 2;f)eologen an, ibre bialeftifc^en
Erörterungen burd) 5luticitiiten ber b«i-
ligcn Schrift unb bcr Säter ju fiebern;
bieß t^at namentlich bcr 3<J^i^unberte
®(f)reibfunfi.
615
binburd^ gelcfcnc Magister sententiarum
*Pctru ö ßombarb uö.
I)ic jwcitc $eriobe bcr ©d^otafiif
»irb babur(6 eingeleitet, bog man auf
ben mautifd^en €d)ulen in Spanien bie
©c^riften beö 51rijioteIeö fennen lernte.
9luö bem 9Irabi[(%en, batb barauf aud^
am ber griediifcfcen Urfpracfce tt)urben jene
nun für baö 31benblanb inö ßateinifd)e
überfe^t unb namentlicE) üon ben Storni»
nifanern unb ^^'^''"ä^^f''"''^" ä"'^ tSrwei«
fung ber $rifilidf)cn 2öa^rf)eiten bcnu^t.
3n biefe !|?criobe gehören ber granäi^faner
5l(efanber Don ^aleö, Doctor irre-
fragabilis, gefi. 1245; ber jE)ominifaner
?llbertu§ aJiagnuö, gep. 1280; unb
beffen Sd)üler 2.f)omaö oon Qlquino,
Doctor angelicns, gej!. 1274. ^m ®cgen«
fa^ ju biefem l)ob ber ^ranjiötancr S os
naticntura, Doctor seraphicus, gcft.
1274, bie SD'Jt)flif »ieber l)ervor; bemfciben
Drbcn gel)ört ber Doctor snbtilis 3 "-
banncfii I)un«©cotu^ an, gefi. 1308,
ben bie ^tanäiäfanet bem Z^omai gegen«
überjufiellen pflegten. 2)ie ()3oIemif ber
bciben Drbcn unb i^rcr tf)eoIogif4en iBcr*
treter, ber S^omiften unb ©cotificn, füllt
bie britte fPcriobc ber «S^olaftif, bie fic^
nun in unfruchtbarer *poIemif über baä
Tla^ ber ö'i^eibeit , bcr ©cnugt^uung
Gbrifti unb über bie unbeflectte (Sm«
pfängniö SD'Iariä gefielen. Qllä bcr ^u«
maniömuä auftrat, ftjar bie ©d^olajtit
f(^on am Untergeben.
©c^rciMunft unb ©(^rift I. 3 übe*
rcttung beö ® toffeö. Über ben ©toff
Berglcid)c man bie QlrtiEcI Pergament unb
$apicr. Die erftc Jptigfeit beä abenb*
länbifc^cn 6df)reibcrö bcjianb in ber 3"=
fianbfe^ung bc3 nur fe^r ro^ gearbeiteten
^crgamentcä, bamit cö überaü bie Jinte
annehme; cä tt»urbc abgefcf)abt, bann mit
Simöjlcin geglättet, IRijyc unb ßöd^cr ncrs
flebt ober äufammengcnö^t. S5ann rt>urbc
ia^ (Pergament liniert, ttjoju man il)m jucrft
mit bem Qixhl eine Olnjalil genau abge=
mcffener ©tic^c beibra^tc. I)aö in aüge=
mcinjtcm ©ebraud^ be^ Qlltcrtum« fiebenbc
©dfjreibttjcrfäcug voax tai ®c^reibrof)r, cala-
mus ; eö tt)urbc aucb im SDiittelaltcr angcrticn=
bet unb war au* 3t<ilien ju bcjiclien; boc^
fommt feit bem 5. 3al)rl)unbcrt bie ^ebcr
me^r unb mc^r auf; scribmezer ober scrip-
tral ^ei^t baä ^ebermeffer; neben ben cdE)ten
gebern fommen auct) folc^e fon SD^etaü
nor ; m<i) 33 l e i ft i f t e hjcrben für bie
Schrift auf Safein ermähnt. 2>ie 3;inte
ifl in ben alten ^anbfct)riften fon for»
jügliiiier 93efcf)affenbeit; fpäter, alö man
feit bem 13. 3af)rt)unbcrt mefir fc^ricb,
n?irb fte fc6le(iter; an lintenrcjcpten, ujos
bei immer ©allöpfct unb SBitriol bie^aupt^
fadt)e ftnb, mangelt eö in mittelalterlichen
DucHen nicf)t; gen5Öl)nli(f) untb iffiein ba,;u
genommen. i>a* 2;intcnfa§ mar ^äuftg
ein einfacl)e3 ^orn, rDeld)eä bur^ eine
Öffnung bcö (Sd)reibpultcö gcjicdt mürbe;
baö iSdl)tcibjcug, schripziuc , mar
^äufig baju cingerict)tct, anä) 9iol)re unb
unb ^ebern aufjune^men. JRote ^arbe
jur ^eroor^ebung ber Qtbfd^nitte mar fc^on
ben alten (Sgpptern befannt; im SWittds
alter mar bie Sitte allgemein oerbreitct,
nidt)t nur bie 5lbfdl)nitte burd^ rote Diub«
tifen lerüorju^eben, fonbern oft aud) jebe^
irgenb bebeutenberc 2Bort mit einem roten
©trief) ju bejeidt)nen; eö giebt ^anbfd^riften,
mo bie S)aten rot gefc^rieben fmb; oft
bcr Scft neben bem fd&marjcn Kommentar;
fom 13. 3af)r^unbcrt an ftnb rote unb
blaue %axbi regelmäßig für bie Anfang*«
budf)jlaben unb fonfiigc iBcräicrungen in
©ebraud^, ©olbfc^rift mar namcnt=<
lief) im bt)jantinif(^en $Reic^e, aber aud^
im Qlbenblanbe beliebt; balb fcf)rieb man
ganjc ^anbfd^riften in ®olb, balb nur
bie erfien ©eiten ober bie Übcrfdiriften,
ben übrigen Jcyt bäufig in ©ilber. ®crn
erljö^te man ben ©lanj tti ©olbeö burd^
purpurneö Pergament.
II. Da* © d^ r c i b e n ; ber altger«
manifd&e 5lu^bru(J bafür ifl got. vreitan,
a{)b. rizan, angelf. vritan, cnglif^ to
write, in SReiPrett, iRciplei, SHi§ crf)alten;
eö mürbe terbrängt bur^ iai lat. scribere,
at)b. scriban. S)er ©df)reiber ft^t auf ber
cathedra, bem schribstuol ; tai 93rett
beöfelben ^ei§t schribbret. 93or ftdl) !^at
ber ©d^reibcr iai exemplar. Um bie
3eilen nicf)t ju ferfelilen ober mit bem
©ucf)en bie S^xt tti(f)t ju oerlieren, I)atte
ber ©d^reiber bie cavilla, ben durlnog;
oft |dlt er nermittelfi eine* gefrümmtcn,
ton ber linEen ^anb gel)altenen SWefferö,
ba* Pergament fefl. ©et)r l)äufig ftnb in
ben Unierfd)riften ber ©dt)reiber Semer«
fungen über bie große 2T}üt)fal il)rer 5lrbeit,
mobei ber iöergleic^ mit bem ©rreid^en bei
.^afenö am Snbe ber 5lrbcit namentlid^
beliebt tjl. Oft lieißt e«:
Scribere qui nescit, nnllum putat esse
laborem ,
Tres digiti scribnnt totnm corpusqne
laborat.
(Sin ©t. ©aller fdf)reibt: Sicut aegro-
616
©c^rcibfunjl.
tus desiderat sanitatem, ita desiderat
scriptor finem libri. 2)ct ©(f)rt)äd)c bot
2lugcn tnurbe feit bcm 14. ^ofirbunbert
burd) SS r i U c n nacf)gc^oIfen. 2)ic3eit
einer 5tbfc^rift ^ing natütlid^ con ber ®e*
übt^eit bcö ©c^reiberä unb ber QIrt ber
<Bä)X\\t ab; 9iotferä fPfalmenübcrfe^ung
ȟurbc einmal in 14 Sagen abgefcbrieben;
ein vrä(i)tigeö ncueö Sefiament eon 278
ÜSldttern in grog ^o^i" i" 6 SWonaten.
2)ie Jlojibarfeit be^ ®df)reibmaterialö füfirte
juSUbfürjungen, beren Übermaß oft
iai Sefen fc^r erfc^tttert ; 3o|)ann »on
Jilbutp nerfu^te im 12. 3a^tbunbcit eine
3ci(^enfc6rift ju crfinbcn, mittel^ beren
man im @tanbe fein foQte alle Sßorlefungen
nadjjufc&rciben unb ftc^ fo alle SBeiö^eit
anzueignen; er fam aber nid^t bamit ju
©tanbe.
III. @cf)reiber. 3" i'ft römifc^cn
fPeriobe pflegten profeffioneüe Äaüigroplien
bie 93ü(i)er ju fd)reiben, im ÜJJittelalter tüur«
ben bie TO ö n d^ c bie eigentlichen Sudlers
abfc^reiber, it)elä)e me^r unb me^r barin
einen trefentli(i)en Seit i^reä Scrufeg
fanben. «Sd^on ^ierontjmu« empfiehlt ben
2Wönc&en: scribantur libri; aber erfi
ßaffiobor führte grunbfa^Iid^ in bie
Älöficr bie i|)nen bis bat)in fremben gc»
lehrten ©tubien ein (fte|e ©efc^ic^tfc^rci*
bung); er gab ju bem ^wtät feinen SDJön«
eben eine Sammlung Don ®(i)riften über
Drt|ograpl)ie, bie er 93 jährig ju i^rem
Oebraucf) ejcerpierte, i^ugleid^ 93ud)binber
unb IDiufierbänbe. ®t. SBenebiftö SRegel fe|t
bie (Sfiftenj einer SBibliotlief im Älofier
»orau«, auä »ucli^er jeber ÜJJönd^ 58üdE)er
jum ©tubium erl)ält. eine eigentlich ge«
lel)rte S^ätigfcit entttjidelt fi^ jeboc^ erji
in ben .Rlöfiern neubefel)rter ßänber, xvo
auf ben SOJönc^en bie ganje ßafi ber »ors
^anbenen 33ilbung rufete, junäc^p in Jr»
lanb unb ©nglanb h)o maffen^aft unb
fc^r f^ön gefd)ricben wirb. 5lbe"r au(!)
bie @($ottenmön(ie teilten »ielfad^ bie
barbarifc^e Söertüilbcrung ber ^üt, unb
erji Äarl ber ®ro§e brai^te eine bleibenbe
Sefferung juroeg; feit jener 3cit fehlte eö
in feinem gut eingerichteten Äloj^er an
einer ©c^reibßube, Scriptorinm; immer
trenn ein Älofter einen neuen 5luffcf)mung
nimmt, erfennt man biefen au^ auö ben
Qtrbeiten feiner €(f^reiber; hai ift auc^
noc^ bei ben .Kluniajenfern unb ben
^artf)äufern ber gall; aud) 9Jonnen übten
bie Äunft, bagegen wax fte in einigen
alten SenebiftinertUijlern im 13. 3a£)r5
l)unbett fo gut ttiie auögeftorben, fo in
©t. ©aüen unb SWurbac^. 5Die SBettel«
orben »erlegten ft^ me^r auf 5lbfd^riften
il)rer eigenen Kompilationen unb fcf)ola*
jiif($er ©d^riften aU auf bie Söerttielfäl«
tigung älterer SBerfe; manche »or^er »er*
faHenen S8encbiftincrflö|!er erlebten um
bie SWitte beö 15. ^o^t^unbertg einen
neuen 5luffcf)tt)ung ber gelehrten ©tubien.
S)ie Srüber »om gemeinfamen
ß e b e n maci;ten auS bem 9lbfd)rciben
ein ©emerbe, unterfc^ieben ftd^ aber toon
ben öo^nfd&reibern burc^ ibre genoffen«
fc^aftlic^e Drganifation unb burcf) i^rc
Sefirebungen für Unterrici^t, ®elel)rfamfeit
unb ©rbauung.
eine «eitere ©c^reiberflaffe beä ÜJlittel«
alters ftnb bie Äanjlcibeamten. 5luS
Stalten, wo fie itd^ auS ber alten 3"*
erhalten Ratten, »erbreitete ftc^ ber ©tanb
ber Weltlichen 9'iotare naä) bem 13. Ja^t*
^unbert aud^ in anberc ßdnber. S''^ax
latten bie (Dlerocinger noc^ weltli^e Äanj*
leibeamte gehabt; aber unter ben Äaro*
lingern fielen ÄapeUe unb Äanjlci gu»
fammen unb »tele S^^'^^u"^"** ^i"*
burd^ würben feitbem oufer^alb Stalten«
alle Urfunben »on ®eifilid)en gefd^rieben;
ganj befonberS war auci) aüe Äorrc*
fponbenj in geiftli^en ^änben. Sebet
SD^ann oon einiger Sebeutung mu§te feinen
clericus, pfaff t)aben, ber feine Sriefe \ai
unb fct)rieb; ti war bieS für bie Älerifet
gugleidf) ber SZBeg ju 51nfe^en unb ef)re;
bie SBorfte^er ber föniglici)en Äanjlei (fte^e
ben 5lrtitel Kapelle) würben Sßifd^öfe,
ben übrigen fielen geringere "l^frünben ju.
Die Qlnleitung jum QSrieffd^reiben bil«
bete beS^alb feit alter 3«t einen willigen
Seil beS Unterridf)tS, man nannte ti dic-
tare, einen brief dihten.
ßo^nfc^reiber gab ti in Stauen
ebenfalls feit alter 3eit, fte erhielten ftd^
^ier burd^ iai ganje SlRittelalter unb
würben fpäter »on ben Unicerfttäten alS
3uge^örige unter il)re 3ii"äbiftion unb
iferen ©d^u^ aufgenommen. 3m frdnfi*
fd^en SHeid^e gab eS ol)ne 3^eifel »tele
®eipiid[)e, weidf)e als ßo^nf^reiber i^rcn
ßebenSuntcrpalt fanben, bod^ werben fie
feiten erwäl)nt. 2lud^ fdt)rieben wo^I
iWöndf)e für einen auswärtigen iöejteHer
um ßoljn ab, wälirenb fte natürlidf) für
bie eigene ©ibliot^ef umfonfi fd^rieben.
Dle(itSt)anbfdf)riften würben auf beutfd^em
®oben frül) non ßaien abgefd)rieben ; Dom
13. Sft^t^^i'n^ert an werben eigentlid^e
gewerbsmäßige ©(^teiber auS bem ßaien«
fianbe häufiger unb übertreffen an 3a^I
@(f)rift.
617
bic geifilic^en; ftc ^ci^en cathedrales ober
staolschriber. 5tud) grauen fcnnt man,
bie um 8o^n Qbf(i)Tctben, unD «Sc^ulmcij^er;
Oraf ^iiflo üon SKontfovt (gefl. 1423)
Iie§ feine 3[)]innelieber butcb feinen knappen
nieberfc^reiben unb mit Sßeifen »erfeljen.
SSürgerlidje ©c^teiber befc^äftigten [xä)
Dotjüglid^ mit Suchern in bcn Solfä^
fprac^cn; firc()Iic^c unb geklärte SBüc^cr
fielen noc^ immer üorjugöweife bcr (Seifis
Ii(^feit unb bem entflel)enben ®elet)rtcn=
Ranb ju. 3)ie erfic gebrudte ®d)reibe'
funfi »erfaßte ber 'iJfüinbergcr 5tnton
Sfieubörffcr.
IV. (Sntwicfelung ber ©c^rift.
I)ie ^auptgattungen ber lateinifc^en
©c^rift fmb:
1. Äapitalfcf)rift^ei§tbie3[«aiugfcl=
fc^rift in ben Pollen fct)önen formen beö
iateinif^en 5npl)abeteö, wo jeber 3"9/ f^i
er gerablinig ober runb , tttefentlid^ ift.
3n ganzen ^anbfcfiriften erfd)eint bie fonfi
ber römifc^en SBilbung angeprige ©^rift
bi^ inö 6. ^a^rpnbert; fpäter behielt
man fic nur noc^ für Überfcferiften unb
für bie erfien ©eiten r>on (prad)t^anb;
fd^riften bei, »orjügltc^ in farolingif^er
Seit.
2. UnciaIfc^rift,iPauö ber Kapital«
fc^rift hervorgegangen, beren gerabe geo*
metrifci^e SH^ »a^ Sequemlic^feit bei
il)x bur(f) runbe erfe^t ftnb; einjelne SBuc^«
fiaben reichen fcf)on über unb unter bie
3eilen. S)iefc ©c^rift beftanb ^a\)x^\xn'
berte lang tibllig auögebilbct neben ber
^apttalf($rift. Man fann in ben ^anb*
fd^riften biefe ©cfirift mit june^menber
Entartung »om 4. bi^ in« 8. 3al^rl)unbcrt
»erfolgen.
3. ®ie altrömifc^ej?urfiü-©c^rift
i|l au^ bcr Uncialfc^rift berüorgegangen;
bie Suc^jtaben l)ängen jufammen unb
tocrben ineinanber gejogen ; einjcine 3ügc
treten über unb unter bie ßinie; biefe
©d^rift reprdfentiert jugleict) bie Q,nU
Pef)ung ber ÜJlinuöfel. Qlnfänglid^
für ben ©c^ulgebrauc^ unb i>ai bürger*
liebe ßeben benimmt, wirb biefe ©d)rift
»om 4. 3a^r^unbert an aud^ ju neu öer»
faxten ^anbfd^riften angeft)enbet.
4. SDie 9?ationoIfd^riften. Qluf
ber gemeinfc^aftlidE)en ©runblage ber rös
mifd&en Äurftüe, »erbunben mit (Elementen
ber Uncialfd^rift, l)aben fid) nun »erfct)ic-
bene Dtationalfd^riften enttnicf elt ; anfangt
bem ß^arafter ber Sölferwanberung gemö§
augerorbentlicf) »ernjitbert , würben fte mit
ber 3eit laKigrap^if^ iuieber audgebilbet. |
So getjören baber bie langobarbifc^e;
bie meftgotifd) e unb bie mero«
wingifd^e ©d^tift.
5. Die irifcf)e ©d)rift. 2)aö J^auüt«
lanb ber Äaüigrapbic war com 6. ^ai)x*
^unbert an 3rlanb, eö bilbeten ftc^ f)ier
mehrere größere unb Heinere ©d^tiftgat*
tungen auä. ißorjüglic^ liebten bie ^xtn
ben reid^fien iJarbenfd^mucE unb »erjicrten
bie 3nifiale" unb ganje ©eiten mit ber
fünpiic^ften 23erf(ec^tung oon ©piralen
unb fd)malen farbigen Sänbern. SWin*
befienö rourbcn bie großen 99uc^ftaben mit
(Reihen roter fünfte" umgeben, namentUdf)
(^arafterijlifdf) aber fmb bie überall ange-
brachten ©dt)Iangen= unb Sogelföpfe.
3rifdbc Tlbnä)i, bie man in >Deutfdt)Ianb
©dt)ottenmönd)e f)ei^t, oerbreiteten if)re
©(^rift über ben ganjen kontinent.
6. I)ie angelfä(tfifc^e ©^rift
empfing öinflüffe teilö üon ber irifd)en,
teils! oon ber römifd^en unb mirfte wie bie
irifd)e ebenfalls auf tai frdnfifd^e ©cf)rifts
wefen ein.
7. 2)ie farolingifdje ü)Hnu«feI.
£)ie Semüfiungen Äarlö beä ©rofcn um
bie Dteorganifation ber c)ffentlid)cn Silbung
rid^teten ftd^ au§er bcr »ermilbertcn Drtf)o«
grap^ie unb 3nterpunftion au&) auf bie
Pflege bcr ^anbfd^rift. ^ür q3rad^tfiücCc
fc^rte man jur alten Uncialfdf)rift jurücf;
für ben gewöhnlichen ©ebraud^ würbe eine
(Dlinuöfel auögebilbet, bie wcfcntlicf) eine
Sleform ber merowingifct)en ©d^rift barjiellt;
i^r 3luägangöpunft ift Sllfuin^ berühmte
®(^ulc im Sb^artinöflojler ju 3;ourö; eon
^ier würbe bie neue ©c^reibart hmä) t>a§
ganje J^ranfenreid^ oerbreitet. 2)ie faro^
lingifd^e ©djrift ifi runblid^, jlarf mit
fur'ftccn (Elementen unb einjclnen Uncial»
bud^fiabcn gemifcf)t; dbarafterijlifd^ ftnb
befonberö bie feulenförmig nad^ oben »ers
bidten 8angjlric{)c. hieben ber ätrbeit für
ben täglid^cn ®ebraud^ war bie SRid^tung
biefer 3eit »orjüglid) bcr 35erfertigung »on
!Pradt)tflücfen jugewanbt; ^urpurneö $er*
gament, ®olb, ©ilber, Äapitalfd^rift, na^
ben befien alten 3nf<^tiftcn fopiert, Per*
fc^iebene Uncialformen, Ornamente unb
Silber nac^ antifen unb bijjantinifc^en
QJlujlern auögcwd^lt, vereinigte fid) jur
^erflctlung fiaunenäwerter Äunftwcrfe.
8. 2)ie au^gcbilbete aJiinuäfel.
S)ie fränfif(^e ©cbrift fam mit ber 3'**
jur 5ineini)errfc^aft. 3^r (Jntwicflung«»
gang befielt barin, ia^ fie bi« jum 12.
3a^r:^unbert ju immer größerer SKcgel«
mäfigfeit fortfc^reitet; jeber Sud^fiabe ^at
618
®c^ul) — ©^uliücfen.
feine bePimmtc gotm imb jicfjt unab*
bängig neben bcm anöern, bie ®tid)c ftnb
[cfcarf unb gerabe, bie SBotte Doüfldnbig
getrennt. ®egen ben 5lusgang bes 12.
3a^r|)unbcrt« beginnen an ben früf)et ge*
rabe abgefcfinittenen untern Snben ber
Suc^fiaben fiarfe 5lbfc^nittstinien bemert^
lid) ju »erben; bann biegen jt(^ bic
©tri(f)e [elbft unten nacf) Dorn inbic^ö^e
unb geben baburd) ber ganzen Schrift ein
reranberteö ^uüfefien; man fd^reibt oiel
mebr unb beebalb t)iel rafd)er unb nad)»
läfftger. Um (jßla| für i£)re ungef)euer um^
fänglicben ^robutte ju fc^affen, treiben
namentlich bie i8ettelmönct)c ben ®ebrau(^
ber 5lbfürjungen auf bic ©pij^e. 3"^ SSers
laufe beö 14. 3a^rt)unbert^ wirb bie ©c^rift
immer ecfiger unb eä bilbet ftd) bie gitter-
artige ©c^rift auö, iit man gotifc^ ober
SDiön^öfdirift nennt. 5" t>en SScr«
jierungen f)errfc6en bie im 13. 3ci^Tf)unbert
auff ommenben abtt)e(l)felnb roten unb blauen
t)or. 2)aju fommen bic reichen 33IattDers
jierungcn, namentlich tai ©ornblattmuficr,
im 15. 3'i()t|i"i^^£rt ganje $f[anjcn,
SBlumcn unb grüc^tc, mit Käfern unb
(Sct)mettcrlingen auf ®oIbblattgrunb. S)ie
^umanifien teerten cnblic^ jur reinen ^u
nus!el beö 12. 3af)r^unbert^ jurüd. 9'Jac^
SZBattenbacf), ba^ ©d)rift»tfen im ÜJtittcU
alter, ätt>eite ülufl., Seipjig 1875 unb ebcn=
berfelbe, Einleitung jur lateinif(J)en *t5aläos
grap^ic, jreeite ^ufl. ßeipjig 1S72.
BtÜiVÜ), fiebe Seinbetleibung.
©d^iiler fa^renJic, fie^e fa^renbe
@cf)üler.
©d)Ult|ei^, mittetlat. scultetus, al^b.
scultheizeo, scultheizzo, m|b. scultheize,
tton ai)t. scult = ju leifienbe Serpflic^s
tung, ju leifienbe SBerbinblic^feit, unb
heizan = I)ci^en, befehlen, ©iefer fc^on
im 8. 3<Jf'i^"i^bert nicf)t feltene SRame
bejeic^nete nacf) ©o^m fräntifc^c SKei^ös
unb ©eric^teoerfaffung, SBeimar 1871, § 9,
®. 213 ff, ben (Eentenar nid)t. Sr wirb
in ber SRcgel com ®rafen, auäna^mömeife
oom Äönig ernannt; er iji alfo ein grdf»
lieber, fein unmittelbar fönigli(i)er Seamter.
©eine 2lmtofunftion ifi bie (Syefution beö
bur(^ ben ®rafcn alö SHici)tcr auegefpro«
djcncn Urteil«, mag bieei nun ein pein«
liebes ©trafurteil oDer ein ßioilerfenntniö
fein; juglcic^ ifi er ber Unterbeamte befli
®rafenfürbie6intreibungberau(^auföffent=
lic^ rccl)tlid)em Sitel rul)enben ©infiinfte
bcö Äönige. (Sr l;at ferner bie gü()rerj
fd)aft über bie Süttel ber öffentlicf)en
^olijci unb (Syefutiiigemalt. ©eitbem an
»iclen Orten bic gräfliche ©einalt an ein«
jclne ©runb^errn übergebt, tritt bei
©cf)ultf)ei§ bem ©runb^errn gegenüber in
bie ©teüung, bie er frül)er jum ©rafen
f)atte; il)m fiel)t je^t bie ©r^ebung ber
3infen unb Ginfünfte aui ben grunb^err*
lid)en, meifi geifilicf)en ©ütern jU; fein
5lmt nähert fid^ balb bem beä 95ogteö,
balö bem beö Skiern ; er rcirb je^t nic^t
mebr, mie wa^rfcfjeinlicl) früher immer ber
%aU mar, auä ber ^a\)l ber %xikn gc^
nommen, fonbern fann felber unfrei fein.
5luä ben genannten Urfad)en ifi feine
©teQung jin ber grunb^errlid)en Serfaffung
überall t»crfcl)ieben.
©c^ultoefen. ©^ule entfielt überall ba,
wo frcf) gemiffe Äenntniffe unb jj^tisfeüen
auögcbilbet i)aben, meiere ber 3"3«"i> J"
überliefern allgemeine^ Sebürfniö geworben
ifi unb JU beren Überlieferung eö be»
fiimmter ßef)rer bebarf, in crfier ßinic alfo
ba, roo bic Äunfi beö Sefenö unb ©cfirci»
benö bcfannt unb jum Sebürfniö geworben
ifi. 2)ic ©c^ule erweitert fobann ben
Umfang i^ret ße^rjielc, wenn fte bic weitere
5lufgabe erbält, ein gewiffeö üJla^ I)ö^erer
S'enntniffe, frcmbc ©prai^en, f<^riftpelierifcf)c
erjeugniffe, überhaupt tai, roai ju einer
iis)i}ntn literarif^en SSilbung gejäf)lt wirb,
JU überliefern übernimmt, unb fte ficigt noi^
\)oi)ix, Wenn fie ft^ bafür cinricl)tct, jum
ße^rinfiitut für fold^c ju Werben, beren
5lmt unb Seruf felber auf ber Elncignung
folc^er ^ö^ercn Silbung beruf)t.
S)ie ©ermanen f)atten oor ber d^rifi*
liefen 3fit feine ©c^ulc cntwicfelt; bal^er
»erfianb eö fx^ Don felbfi, ha^ ber cf)rifi5
liefen Äirc^e, wcl($e neben i^rem ®lauben
auc^ eine eigene frembe ©prac^c unb ein
fe^r at)nfc^nlid)cö ®ebict ^öljern Sßiffen«
mitbrachte, oorläufig bie ©tiftung unb
öeitung oon ©^ulen jufallen mu^tc.
%üi ben ®temcntarunterric|t im Öefen unb
©cf)reiben ber lateinifcben ©prad)e war
bie notwenbige Sebrmetbobc in ber latei«
nifcftcn ©rammatif längfi gegeben; bie
©c^ulfenntniffe p^erer 51rt famen in ber»
jenigen ^orm unb 2luöbe^nung ins SWittel«
alter, in welct)er bic fpätere römifc^e S^xt
nad) bem Vorgänge beö 23oetl)iuö unb
Gaffioboruö ben Unterri(^t ju faffen pflegte,
in bcrjcnigen ber fiebcn freien Äünfie,
be« auö ©rammatif, SRl)etorif, >DiaIcf tif unb
5lritt)metiE bcfte^enben Duabrir»iumä
unb bc§ aus 'JDJuftf, ®eometrie unb Qlfiro*
nomie bejiebenben Srioiumö, alles in
febr enger unb einfeitiger 2Beifc an tbcolo»
gifd)e ©toffc angelehnt. 2Bic wenig jebod^
(Sc^ulttcfen.
619
im ®eific bcr Äirc^e anfängli^ ber ®cf)ul»
untcrricfjt ju bebcutcn ^atte, jcigt bet Um*
fianb, ba§ bie Senebiftinetrcgcl nid)t^ auf
©^uluntenid^t bejügli(^eö enthält, ©ie
etfic SSeranlaffung jut Einrichtung eine«
folc^en l;aben in ben Ä'Iöficrn o^ne Btt'eiftl
bie pueri oblati gegeben, Änaben, bie t>on
il^rcn (SItcrn frü| jum gcifilic^cn 2)ienfi
Bejlimmt unb beöwegen bem Älojlcr über*
geben würben; am !öniglid) fränfi[<^en
^of bejianb frü^ in 9iaä)at)mung älterer
römifc^er ©itte für bie $rinjen eine j£> o f*
f(i)ule; fonfi tt)uä)^ bie SKe^rjat)! felbji
ber ©rogen unb SSorne^men, fonjie bie
gefammte übrige Sefölferung of)ne jeglichen
llnterri(i)t auf, abgefe^en etwa »on ber
©ebäc^tni^einprägung Iateinifd)er ©ebets*
formein unb c^riplic^er Zeremonien. Äarl
ber ®ro§e war e^, bem juerfi iai 93es
bürfni^ einer l)öf)ern unb allgemeinen
Silbung aufging; italienifcf)e unb angcl*
fä(^frfcf)c Sujiänbc bienten i^m babei jum
Seifpiel unb ©porn. (Sr erneuerte bie
^o(i)f(i^uIe, an bercn Unterricht er felbji,
feine Ä'inber unb ^ofteute teilnahmen,
er befat)! in einem Äapitutar üon 789,
ii foüen mit allen 93if(i)oföfir(i^en unb
Älöfiern ©c^ulen »erbunben werben, in
benen nic^t blog t>k Äinber ber ßeibeigenen
(au« benen fidf) ber Äleru^ gcwö^nli^ er*
gänäte), fonbern auc!^ bie Äinber ber ^^reien
unb (äbeln unterrichtet werben foUten, unb
5War in $fatmen, 9ioten, ®efang,Äomputuä
(9'led)ncn) unb ©rammatif. 3n einem
anbern Äapitular »om 5a|>r 801 wirb ge*
rabeju geforbert, ta^ ein S^ber feinen
®ol)n im (Erlernung beö ßefenö in bie
©c^ule fc^icte unb it)n bi^ jur SBoQenbung
beö Unterrichte bort »erweilen laffe.
S^eobulf üon Drtean^, einer ber ©enoffen
Äarie, legte feinen ©eifilid^en fogar aui>
brüdlid^ bie Unentgeltlic^teit biefeö Unter*
ric^teö ani ^erj, bamit ftd) anä) bcr ÜÜrmPe
bie im bürgcrlidt)en Sebcn notwenbigen
Äenntniffc erwerben fönne (794), ©d^nell
blüt)ten nun bie Älofier« unb ©tiftöfd^ulen
empor, ^iwt jerficlen in bie schola in-
terior für bie oblati, welche »on 5lnfang
an bem Äloficrlebcn geweit)t waren, unb
in bie schola exterior für 3öfllinge weit*
lid)en ©tanbeö. S)en Unterrici)t leitete ein
gewöhnlicher ÜJiönc^ ober ein scholasticns ;
in großem Älöftern waren für bie einjelnen
2)i«jipUnen Magistri angefiellt, bie oft
weitt)er auö anbern Älöfiern berufen
Worben Waren; ße^rlup unb ßel;rgabe
fpieltcn natürlich I)ier f^on eine gro^e
SRoKe. grauenflöfter bcfafen äl)nlic^ .ein*
gerichtete ©(^ulen für SWäbc^en, etwa aucf)
für jüngere Änaben. SRotJ) meljr alö bie
Äto|lerfä)ulen bienten bie in ben ©täbten
gelegenen 2)oms, ©tiftö* ober bifcf)öf[ic^en
®d)ulen ben <Böi)mn weltlichen Staube«.
3n Sejug auf hin Umfang be^ Unterri^ted
l)atten bie niebrigen @ct)ulen ober klaffen
üorne^mlic^ baö 8 efen im 5luge; .^ird)en*
gefang, iRed^nen unb lateinifct)e ©rammatif
bilbcten bie erfie (St Weiterung beöSlementar*
unterrid)te2i ; nur an ben großen ®elet)rten*
fd)ulen trat iai Quabrioium baju. S)er
grammatifd)e Unterricht (nad^ 3)onat,
^ri^cian, SSeba, "iUfuin u. a.) war wie
überhaupt aller Unterricht mü()fam unb
auf (Sinübung oon iRcgeln, SBörtern unb
*l}l)rafen befcferänft; oon alten 5)id^tern
famen bcfonber^ 93irgil, bann Doib unb
^oraj, ßucian unb ©tatiuä, feltener Jerenj
jur ©e^anblung; auf Serfemad^en würbe
gro§eö ©ewic^t gelegt. SDieÄenntni^ ber
lateinif(f)en $rofaifer war eine fe^r be«
f(f)ränfte. ßioiu«, (Safer, (Sicero waren
feiten, pupger ©encca, ©allufi unb @ueton.
Die Äenntni§ be^ ©riedjifc^en war nur
ganj fporabif^ t)ort)anben. ®ie f(J)ul*
müßige Se^anblung beö 5E)eutfd£)en war
febenfalie feiten unb r»on ber befonbern
5Denfweife eineö ßet)rerö abhängig; iJiotfer
ßabeo, ber ©t. (Sauer, bewerft in einem
Srief, er I^abe, um feine ©cfeüler in ba^
iBerjlänbnie ber Älafftfer einjufüf)ren, etwa^
ungewö^nli^e^ get^an unb bie lateinifc^en
©c^riftjicHer in bie ÜJJutterfpradje überfe^t
unb in biefer erläutert, benn in ber ^eimi*
fd)en ©prac^e werbe leidet gefaxt, wai in
einer fremben Eaum ober nid^t ganj be*
griffen werben fann. S3iel ©ewic^t legte
man auf ©efang unb ©cf)önfd^reiben. 2)ie
©dl)uljud^t war fireng unb tk SRute §äufig
gel)anbl)abt. 2llö 5luffe^er waren circatores
befteßt. 5Docf) fehlte e^ nid^t an erlaubten
(Srgö^lid)feiten : SBürfelfpiel, Sffiettlauf,
(Hingen mit gefalbten ^änben, ©tocffpiel,
©teinwurf. ^n ©t. ©allen i^atten bie
©c^üler bereit« ha^ festum sanctorum
innocentium, an welchem fre ber S^d^t
entbunbeu waren unb jeben bei i^nen
eintretenben g'^^'"'^^" feftne^men , a\i
©d^ulabt auf tai Äat^eber führen unb
ju einer ßosfaufung nötigen fonntcn. 5)ie
ßel)rmett)obc ifi am ebefien au« ben 8el)r*
büd^ern 'Jllfuinö crfic^tlic^; in feiner
©rammatif tritt nad) angelfäd^rtfd£)em*I)JuPer
bcfonber« ber ©ialog l^eroor; ber Sernenbe
fragt unb ber 2cl)venbe antwortet, mani^«
mal reben aud^ jWei ©dt)üler miteinanber
unb mit bem ße^rer; öfter« Werben bie
620
©c^ulwefen.
SRoOcn t)ertau[d)t. S)ic disputatio Pippini
cum Albino Scholastico ijl ein berats
tigcä $anbbücf)Iein für SJenfübungen in
biaIo9ifcf)ct ^'''^"i- 2)arin fmb 2)eftni=
tioncn tion ücrfc^iebcnen, bem ÜJlmfcfecn
na^eliegenben Dbjeften unb Gegriffen ge^
geben, am liebfien in SKetapfiern; j. '3.
trag ifi bie B^nge? (Sine ®ei§el ber 8uft.
aCÖaö ifi ber SRebel? ®ie 9^ad)t am Sage,
bie mü^t ber Qtugen. 2Baä ifi ber lag?
S)ic Qlnregung ber 5trbeit, (Jrinnern [d)on
biefe iJragen unb *ilnttt3orten an hai
dätfel, fo Iä§t ein jwciter Jeil biefeö
f8üä)Uini bem ©c^üler reirftic^e SRätfel
aufgeben.
Sie 93Iüte bc8 faroUngif^en 'S^uh
h)cfenö bauertc etiüa biö in bie SRitte beä
1 1. 3a^rf)unbertä, fo jtt)ar, ba§ man inner*
:^alb biefeö 3^itraumeö i'mti ^ö^epunfte,
im 9. unb am (Snbe beö 10. 3a^rf)unbcrtö
unterfc^eiben fann; nac^ 1050 führen jum
Seil längfi vorbereitete innere unb äußere
Urfac^en einen fc^ncHen SöerfaU btefeS
©ci)ultt)efen« ^^erbei. S)a^in gepren bie
SBerwcttlid^ung ber großen 5lbteien unb
S)omfiifter, bie 5luöbilbung bcä pfifc^en
©tanbeg unb ber bur(^ felbcn bebingten
^öpfd)-tt»elttic^en Silbung, iai ^tuftreten
ber jtrengen reformierten ü}Jönd)öorben,
ttjic ber .Kluniacenfer unb ß,ifierjienfcr,
beren fiidili^-afcctifc^e Sidt tt>iffenfd)aft-
lic^e ©tubien »enig ober gar nic^t för*
bcrten. ^^ür bcn 5lbcl unb hai iRittcrtum
■bilbete M e*ne l)öfifc^5ritterlid^e (ärsie^ung
ani, bie auf abelige Äünfie unb fertig*
feiten, auf roettmännifc^eg Sßene^men, auf
bie Äenntniä ber franjöftfcEjen ©pract)c 93e=
bac^t na^m unb nur auöna^mötoeife {^axU
mann con 2lue) eigcntti(f)en fc^ulmä|igen
©tubien fxä) juroanbtc. (2SgI. Diitter*
tum unb ©rjie^ung). 2öaö man an
ben -^jöfen an ßetjrern ctroa beburfte, be»
forgten frembeSpielleute, fa^renbe^lerifer
unb bergleidf)en aU $vioatIe^rer. 9iur
oereinjelt erl)iclten fxä), burd) bie ®unfi
einäciner (Perfönlic^feiten getragen, größere
Älofier* unb ©tiftsft^ulen unter angeficß*
ten Se^rern.
eine (Srneuerung beö @cf)ultucfen3
h)irb erfi im 12. 3a^r£)unbert ftc^tbar,
unb itvai in jtreierict ©efialt, in ber SU*
bung elementarer ©tabtfc^ulen unb ber«
jcnigen ber UniDerfitdten; über bie
Ic^tern ftctjc ben befonbern Qlrtifel. 2ßad
bie Stabtf^ulen betrifft, fo ftnben ftc^
folc^e juerfi in ben frü|enttt)icEeIten ita*
licmf(f)en (Stdbten. ^m 12. Ja^r^unbert
cntflanben bann in ben ©tobten nörblic^
toon ben 5tlpcn, namentlich früt) in bcn norb»
bcutfc^en unb nieberlänbif(f)en, b e u t f c^ e
ober ©(i)reibf(ä)ulen, bie teil« bie
notwenbige bürgerlii)e (slemcntarbilbung
in ber ßanbeöfprac^e barboten, teilä al«
SBorfdjule für bie latcinif($e <Bä)\xU bientcn.
®ie l)abtn befonbern anfangt mancf)e Äom«
petenjftreitigfeiten mit ben geifilicften Obrig=
feiten ju beficfien, welche bie ©C^ule, für
tt>elct)e bie.Kir(^e iod) feiten metir ettt>aä t^at,
für i^r SDJonopol anfa^en; namentlid) fuc^tc
bie kixä)t ju vergüten, i)A^ ftd) biefe
(Schulen bem ^n%t ber 3«it gcmä^ in
lateinifc^e ©c^ulen umtranbelten. S)ie
Unterric^tämctt)obe untcrfc^ieb [\ä) nicf)tüon
berjenigen in ben fird^lic^en ©(^uten, ge-
biet auii) nirgenbg ju einem bur(^greifenbcn
allgemeinen ©c^ulftjfiem. ©cf)ulbüc^er, felbfi
^Papier für bcn ©ebrauct) ber Äinbcr mar
äu teuer; baber bcfianb ber Unterricht jum
großen ileil in ^tuämcnbiglernen unb Qliuf=
fagen. ^oä) fpicltc in ber ADiäciplin bie
SRutc eincgro^eSRoHe. S)anebencrfrf)eintin
ben lateinif(^en ©(^ulen feit bem 16. ^a\)X'
|)unbert ber Asinus, ein in ber 6^ul^
fiubc fiel)enber ^öljerncr (Sfel, ben ber
firaffällig gemorbene ©d^üler am ßnbe
ber 8ef)rfiunbe befieigen mu§tc. 2)ic 33er=
faffung ber fiäbtifc^en ©cfculcn mar äunft=
unb ^anbmerfögemd§, 2)cr [Reftor ober
©c^ulmeijier würbe üon ber Dbrigfcit auf
ein 3^^'^ gemietet; bie ^ilf'Slefirer, feine
©efellen, mäblte er fclbji; Silbung unb
ßo^n bcrfelbcn »ar gering. ÜJicifi f)attc
nur ber SReftor feften ©e^alt, ber jeboct)
jäljrlid) fiö^fienö 40 Oulbcn betrug, moju
bann allerlei anbcre Smolumenta, nament«
li^ ©efcftenfc famen: Djiereicr, gafinacf)t=
f ud^cn, Äird)tt)eil)gef^enfe, iJafinacl)ti)ül)ner,
®utiai)r. 3n flcinern Drtfc^af^ten mar ber
Pfarrer ©c^ul^err, ber bann für baä öe^r=
amt gemö^nli(^ einen ®el)ilfen, ben Äin=
bermeificr, annahm, melc^cr neben bcn
6d)ulDerricf)tungcn wie ber Pfarrer felbfi
butd) firc^lic^c ©ienfte feinen öebenöunter=
^alt aufbrad)te. Da fefte unb bleibcnbc
QlnftcQungcn fehlten, bilbete [xd) ein >t»an=
bernber S^e^rftanb. S5ic altern ®efctlcn,
scholares vagantes, Sßacc^anten, nahmen
babei bie 3)ienfic jüngerer 6ct)üler in ^In*
fpruc^, bie ebenfalls, um ber SBiffcnfc^aft
nac^juget)cn, bie .^cimat »crlaffen Ratten.
Tlit Söetteln unb ©tet)lcn mußten biefe
„6(I)ü^en"if)rcSacct)antcn auf i^renÄreuj=
unb Duerjügen begleiten; »iele gingen bei
biefem Umticrwanbcrn ju ©runbe. ©oldbc
fatircnbc ©<f)üler (t>gl. ben befon*
bem Qlrtifel) bilbeten nun ba« ^aupU
6d)ultt>efcn.
621
fontingent für bcn ©d)ulbien|i; toä) nai)=
nun auä) onbcre Wmmx, bic be^ ßefcnä
unb ©d^reibenö funbig »arcn, bte <S(i)uI=
Haltung auf firf); bcfaßcn ftc wirfUd)
Äenntniffe, fo fanben fte gleic^jeittg anbete
aScrwenbung, j. 23. alö Schreiber im 2)ienjle
ber ©tabt ober Drtfc^aft, unb bicfe bc?
loiink unter Umftänben treue unb ani'
baucrnbe S)ienfic mit bem 93ürgcrred)t.
©ine @(J)uIpf(id)t für bie ^inber bcftanb
in feinem ^aü, um fo weniger, aU man=
d^erortö ber @cf)ulIof)n au«fcf)Ue§lic^ aus
bem ©c^ulgelb ber Äinber befianb; eben=
fowcnig eine fefigefefete Scftulbauer; bod)
mag bie urfprünglicf)e ißcbeutung beö 6.
ober 7.— 12. ßebenäiat)re^ aud) ^ier meijl
mafgebenb gewefen fein, ülud) fiabtifcfje
SD'?db^enfd)ulen ^at e* cor ber !Refor=
mation gegeben.
©e^r alt »ar baä 3nfiitut ber S^or*
fd)ulet; 5ft»ar naf)m bie ganje ©c^ule
am Äirc^cngefange teil; für au^erorbent«
lic&e Seijiungen aber, iä Trauungen SBe*
erbigungen unb bergleic^en, genügte ein
auö ben armem ©(^ülern gebilbeter Sf)or,
in ben ©tiftöfc^ulen teils Pannenses ober
SBrotfc^üIer genannt, b. b. folcfee, bie
regelmäfig bloö Srot erf)ielten , unb
scolares ad mappam ober ad scntellam,
b. ^. folc^e, benen baö ©tift regelmäßig
bie ganje ^ofi gab; übrigen^ benu^ten
bie (|^orf(f)üIer i^re ©ing!un<i, um ftd)
au^ außerhalb beö ©otteöbienfteä ®elb
ju üerbienen, j. 93. bei ben gafinad^ten
if)C8 ütateö ober »or ber Verberge einer
burd)reifenben fürj!li^en <Perfon. 2ln
mandien Orten rcicf)tc it)nen ta^ ©pitat
beniiberrefi com (Seflnbeeffen, ba^cr jebcr
»on it)ncn am ©ürtel ein t)öljerne«i ®efä§
befefiigt ^atte, t>ai ibnen ben 9?amen
^äf efeinbubcn eintrug.
3n aüen ?ateinfc^ulen tt)urbe ber
Unterri^t in Iateinifd)er ©prad^e erteilt,
unb bie ©c^üIer foüten aud) untereinanbet
nur fiatein fpre^en. S>ie tägliche ^al)i
ber fie^rfiunben ober fieftionen trat an
ben meifien ©d)ulcn »ier, fettener brei
ober fünf. 93otmittag^ begann bet Unter«
tid^t ©ommeräjeit um 6 ober 7, fogat
um 5 U^t, im SEßintet eine ©tunbe fpätet.
©d^ulptüfungen fennt ba^ SO^ittelaltet
nic^t; biefe fowo^I aU bie ©d^ulptümien
famcn et|^ in im SRcfotmationäjeit auf.
5lud^ Don ©(f)ulferien wußte man
nic^t^; fogat an ben auf SBoc^entage
faHenben fitcf)Iid)en i^fiettagen fanb j. 58.
in Stüinbetg tegclmä§ig ©c^uluntcttic^t
^att. S)agegen ^atte ber fie^rer fofi über»
aü iai üted)t, ben ©d)ülern einmal einen
ober mef)tetc fteie Söod^entage „burc^ lufl
unb fpilä tt)iüen item libe ^u trofi" ju
gett)äl)Ten ; mandf)mal Iie§ ftc^ ber
fie^rer bafür oon ben ©cf)ülern be»
jaulen. S)cPo größet roax bie Sebeutung
ber ©c^ulfefie; eä waren iai nament*
Ii(^ iia^ ©regoriuäfeji (fte^c bcn bef.
5lrtifcl), bie ©djulf omöbien unb tai
iöirgatum = ®ef)en. 3" manc&cn
©tdbten tüat eä nämli* con altet Seit
f)er gebräudiUd), ta^ an einem Sommer-
tage bie ganje ©c^uljugenb in ben 2Batb
jog, um bie nötigen iHuten :^erbeiäus
fd^affen; biefe^ {)eiß"t ber SRutenjug ober
tai aSirgatum = ®et)en unb mar ein ^ejt
ber 5reube; bie Jugcnb führte babci allerlei
©piele auf unb ließ ftd^ »on ©Item unb
fiel)retn bewitten.
2öaö bie fie^tbüc^et bettifft, fo
ttat an bie ©teßc bet alten ©tammatifet
etrtja feit 1240 iai Doctrinale puerorum
be« üllejanbct üon Sillebicu, (de
Villa Dei) eine ©tammatif in iBctfen unb
SReimcn xicn üblet 23 efcf) äffen t)eit; ein Sud^,
Don bem im 15. 3af)tt)unbett mel)t aU
50 2luflagcn etf(i)ienen ftnb ; ti jetfiel in
btei leile, (St^mologie, ©pntaj unb <pto»
nunciation. 2lnbete fief)tbü(^er für ben
lateinifc^en Unterricht maren bie Gemma
Gemmarum , tai Catholicon (üon bem
S)ominifaner beä 14. 3al)rt)unbertä 3o^.
be 93albiö), ber Modus latinitatis. (5in
©d)ulbud^ biefet Seit ifi au^ bet Cisio
— Janns, ein auö 24 lateinifc^en Serfen
be|iet)enber ^efifalenber, ber oieüeic^t fdE)on
im 10. ober U. Ja^r^unbcrt entjianben ip.
ein »icl umfaffenbe« ©(f)ulbud^ war bie
Margaritha pWlosopliica be^ Äart^äufer^
©regor SReifd), (Snbe beö 15. 3at)r^
^unbertö, bie in 12 93ü^ctn grammaticae
rndimenta (in Setfen), dialecticae prin-
cipia, rhetoricae partes, arithmeticae
species, musicae principia (mit SWoten),
geometriae elementa, astronomiae theo-
rematica, naturalis pMlosophicae prin-
cipia, alcMmiae principia, einiget de
anima unb de principiis pMlosopMae
batbot. 2)ie SuAbtucfetfunfi matf ftc^
fd&nett auf bie Sßetbteitung biefet Sucher.
3u einer rationellen SBerooHtomms
nung er^ob frc^ enblicf) baä ©d^ulwefcn
bur(^ ben ^umaniämuö; ^ier etfi
mürbe ti jugleif^ f)öt)ere ©rjie^ung. 3«
3talien jtnb eö namentlid^ jmei oortreff*
lid^e ÜJiänner , Vittorino da Peltre unb
Guarino von Verona,, meld)e biefcn 3^9
beö ^umaniämus mirtlict) f<^ön auöge«
40
622
©d^ürjc — ©cf)ü^cnfcfie.
prägt f)aitn. 9tuf beutf^em SBoben bc*
mä^tigtcn [\ä) jucrji unb mit gtofcm
gifolg bic Sötüber eont gcmetnfamcn
ßcben (ftet)e ben befonberen 'JlrtiW) ober
bic ^icronpmianer biefer 5lufgabe; i|nen
folgen anbere ^umaniftenfreife, namcntli^
in ben JRbcinlanben, n)o u. a. bic ©cfelctt«
fiabter ®cf)ule eine B^it lang ju boi)tx
Slütc gebiet). 5Dic 2öirf[amfcit ber |»u*
ntonificn iüurbc jeboc^ in 2)eutfc^tanb
fd)nen burd^ bic SReformation gehemmt
ober wcnigjienä in nief)r firc^Iic^e Sahnen
gcjogcn. (So ift bcfannt, tt)ic Cutter
unb ÜJlela nerton bic 9teubegrünber ber
bcutfd^en ©d^ule geworben ftnb, jener
mel)r für bic Solföfc^ule, biefer, auf bem
©oben bcö ^umaniMuö weiter baucnb,
me^r für bic ®r)mnaften unb ben t)ö^eren
Unterrid^t. IWit Senu^ung »on Äämmel,
Qlrtifel iWitelalt erli^c« ©c^ulroefcn
in ®(i)mib'ö @nci)ftopäbie beö @rjic^*
ungäwefcn«, »b. IV, ®. 766—816;
^unjifer, ®efd)id)tc ber fc^weiserifctien
gSolföfc^ule, 3üri(i) 1881, 23orgefd^i4te
unb Äriegf, 2)eutfd)eö 93ürgertum , II.
5lbf*n. 4.
©t^Ürjc. Qtlö ©d)u^niittel bei ber
Qtrbeit ift bie ©dbürse fc^on auö bem
frül)eren SWittcIalter befannt; aU Älei=
bung^fiüd ber grauen unb Jungfrauen
tritt fte um bic SUlitte bcS 16. 3af)r^un»
bertä auf.
©c^iiffcln »erlangten i^rem S^td gc=
mä§ eine mc^r ober minbcr tiefe
©dialcnform. *Hlö Sifc^gefüfe waren fte
fcfeon in früfierer 3^'* irbcn, aU fircb*
li^e ®efä§c metallen unb jwar je nad^
aSermögcn unb Qmä eon ®oIb , ©über,
3inn ober Äupfcr, le^tcrc bienten entweber
jur 51ufna^mc ber ^ofiic ober bann cinfa^
aU 2Baf(i)beden für bic (Priefter.
©P^cnfeftc, früt)er ®(f)icfcn, grei»
fc^ie^cn, ® efeUenfc^ie§cn genannt,
ftnb gegen ®nbc be« 14.3af)r^unbertg naä)>
mcigbar; fte l)ängen teilö mit ber 51uf=
nal^mc ber 51rmbrufi, teil« mit bem in
ben ©täbten erwac^enben Solfögeifi unb
ber greube an gemeinfamer 5«^^"^' t^i^^
mit ben altern 2;urnieren jufammcn, »on
bencn einjclnc ted^nifd^c QluöbrücEe, wie
„rennen", „fiec^en" in bic ®pract)c ber
©efcUenfc^icBcn übergeben, ©d^üj^engc«
fenfd)aften ober ©d^ü^engilbcn mit ge»
meinfamem @cf)ü^enf)auö Waren um
1300 cntftanbcn; aU <8rüberfcf)aft bc=
faßen fte einen eigenen Qlltar ober eine
eigene Ifapcüc, bic bem 1)1. ©ebafiian
gcweit)t ifi. 2Iu^ bem Ja^r 1387 wirb
cincg grcifc^iefenö ju 9Jlagbcburg, 1394
cine§ folc^en ju Zomnat) in ben Sticbcr»
lanben erwähnt. SBon ia an ftnb fte
au(^ in ©übbcutfd^lanb ganj gcwöl^n*
lic^; um 1500 erretten fic it)ren $ö^c«
punft unb äcigcn tor bem SOfö^rigcn Äricg
(Spuren beö SerfaKö. 5Dic Sd^icien Waren
ein beliebtet 2JJittel, ber ^ßolitif nad^ju«
Reifen unb ibr JRac^brucE ju »erfd)affen;
gemeinfamc 3nt«ffffn würben auferbcm
©d^icPanb befprod^en, Otcbcn gehalten;
nad^ einem Ärieg fanben jtd^ bk greunbc
am cl)eficn wieber auf bem @d&ü^cnpla|.
Oft War bie 3a^l ber cingelabencn Orte
febr gro|, biö 200, unb bem ein bcfonbcrer
^rciö auögcjieHt, der am witesten har
zum schiessen kommen was. Sei bem
5luäfd^rciben Warb bei ber Qtrmbrufi ber
Umfang beä Söoljen^, beim 9lol)r bie
©d^were ber Äugcl »orauö bejiimmt, ebenfo
bic Entfernung beö ©dbü^cnfianbeö t>on
ber Scheibe, Wobei bic ßänge bc3 üblichen
üJJaf eö in fd)Warjer ßinic bem S3ricfc auf«
gcbructt war; bito bie 5lnäa^l ber abjugc*
benbcn ®(^üffc, bie Don 12 bii etwa 40
pariieren. 3" it"«^ ältcrm ®ebraud^ ali
bic Slrmbrufl ftcl)t ber ^anbbogcn mit $fcil;
bann fommt feit 1400 bie Qlrmbruji ; balb
naä)^ix tritt bie 93üdf)fe auf, weld^e aber
an SBornebm^cit nodE) lange ber 5lrmbruji
nac^flanb; in ber ®(^Weij namentlid^ wirb
bic Süd^fc beüorjugt unb i^ier 1472 ba^
gro^c grcifd^ic^cn ju 3ütic^ nur für bie
Sü^fc auögefd^rieben. Uralt War aU
3icl ber ißogcl auf ber Stange; il)n »er*
brängte jcboc^ im größten Seile S)eutfd^lanb3
bic ©df)ieBmaucr ober fd^webenbe ©d^eibc,
35ic Entfernung beö S^thi betrug für bie
«Mrmbruft 340, fpater 300 %\x^, für bie
SBüd^fe burd^fcf)nittlid^ 600 m 750 5u§.
I)ie 3i«ljlatt war namentlich für bie 5lrm*
bru|ifcf)ü^en üielfadf) gefcf)müctt, alö ^oljs
bau mit 2;i)üren unb ©todwerfen, mit
S^viumpPogen, einem Jcmpel mit Äuppel«
türmi^en, mit Söappen unb giguren »er«
jicrt bargefteüt; ju oberft ein fünjtlidöcÄ
Ubrwcrf, barauf eine bewegliche gcfc^ni|te
gigur, oft gortuna auf einer Äuppcl.
<&ebr wid^tig waren bei jebem J^ejte bie
'$rit[d)mcifter , weld)e ba« 5lmt beö 2luä«
ruferö, ©tegreifbii^terö, fpolijcibcamten unb
^offcnreifferS in ftc^ »ercinigten; fte würben
oft »on ber g^rembc, namcntlid^ auö fRürn*
berg ober 5tugöburg, »crfcf)rieben. ©icbnct
unb ^leuner l)ei§cn bie obcrftcn SRid^ter
naä) bem ©d&ie§rcdbt, meldten aud^ bie
^Prüfung ber äBüffen obliegt. So war
ta^ SSejiteben, fo »ielc ©c^ü^en alä möglid^
©d^mabenfpiegel.
623
mit greifen ju toetfc^en; fo erfjielt bcr befic
@*uf jebcö [Rcnnenö, bcr „Swcdtf^ug"
feinen $teiä; bann »er bie meinen ©c^üffe
junäc^fi am Slagcl 9ett)an; bie ^auptge«
minne aber maren für biejenigen Sc^ü^cn,
bcnen am (gnbc beö ©d)ieienö bie meifien
3irfclfct)üffc jufammenabbicrt njurben.
9littcrf^ü^en I)eifenbic, tt>cl^e, meilftebic
gleiten ®^üffc gct^an, mit einanber jicc^en
müjfen. S^bcr ©c^ü^c mu§te beim Seginn
beö 5efic^ einen ©elbbeitrag, ben 2)oppeI,
einlegen, beffen 93etrag t»on anfangt 2
©ulben biö auf 12 3fleic^ött)alcr fiieg.
®ro§e unb flcine 5al)nen gehörten ju aüen
greifen beö $auptf(ä)ie^enö. 5Der *|3reiä
^ci§t 5tbcnteuer; ^auptpreife ftnb ein
SBibbev, ein Dd)ä, *Pfcrb, in ber ®c()tt>eij
ein „ÜJluni", oft mit mertüoüem lud) bi>
becft; 9tebenpreife ftnb ein Heiner 8ect)er,
®ilberfd)ale, ©ürtel, Slrmbrüfte, ©d)mert
unb namentiid) 6toff ju einem paar |)ofen ;
balb fommen aud) ©clbpreifc auf, um
1500 ftnb 101 ®ulben tai Sefte, bann
abwarte biä auf 1 (Sulben. i)ie ®elb«
betrage werben t)äufig in befonbern ^ip
münjen unb ÜKebaiHen gejault, bcren eö
gro^e, ficine, nergotbctc, häufig brei« unb
»ieredigc gab, f. g. Älippen. 35er le^te
®c^ü^, ber auf einen ®eminn Qlnfpruc^
machen fonnte, ert)ielt unter vielen ®ratu=
ktioncn beä *t5ritfd)meifterö au§er ber flein«
fien ©etbprämic eine ®au, mit einer ga^ne,
auf ber biefes Zl)m abgebilbct mar. üttbin
bem SIßettf(J)ie§en maren „offene ©piete"
eingerid)tet, ®teinfio§en, ©pringen, Üaufen,
ta^ testete befonberö für bie ©cfeQen unb
für bie „grauen"; aud) iRofferennen famen
üor, fogar SRingen unb 2:anjen ert)ieltcn
moi)l (greife; in Slugöburg erl)ieU 1508
aud) ber einen ^xäi, ber bem 33oIf bie
größte ßüi^e erjä^Ien fonnte. %xüi) fpiclte
bei ben gf^'WifB«" ^« ©lüd'ötopf ober
®lüdät)afen, b. \). hai ßotto, eine JRoüe;
eö crfd^eint fc^on 1467 auf bem ?Irmbruß»
fc^iegen 5u!D]ünd)en. ÜJJeijt nad) ®.%i ei tag,
58ilber auö ber beutf(^en 23ergangcnt)eit,
II, 2, auö bem 3<i^i^^"nbert ber SRefors
mation, Slbfc^nitt 10, bie SBaffenfejie be«
93ürgerg.
©c^tDafienf^JtegeU S)ie 93ebeutung, meiere
ber ©ad^fenfpicgel fd^neü in S^lorbbeutfc^j
lanb gewann, Beranla§te au(^ fübbeutf^e
Bearbeitungen biefcö SRec^t2ibud)eö. S)eren
erfte i|i bcr S)eutf^enfpic gel ober ber
©ptegcl beutfct)er Scute, unooüeubet
unb jum teil bloö eine oberbeutfcfee libcr*
fe^ung be^ nieberbeutfc^en «öorbilbeö; an
tirtjelncn ©teilen ftnb anbere Quellen bes
nu^t, römifd)cä unb fanonifd^c^ 3lec^t, bie
Lex Alamannorum, tai '\^xt\büxa^ix ©tabt«
red)t, bie Sibel, bie Äaiferd)roniE u. 51.;
e^ ijl ma^rfd)cinli(^, ba§ er um bie ÜRitte
beö 13. 3ö^i^f)unbertg in 51ugöburg ent«
ftanben iji. 5tuögabe üon^ider, 1859.
5ßäl)renb bicfer jDeutfd)enfpicget balb ter*
geffen rourbe, erlangte eine jmeite ober«
beutfc^e Bearbeitung beö ©a^fenfpiegel«,
ber ©c^mabenfpicgel, in aÜen Seilen
©übbcutfc^lanb^ eine weite Sßerbreitung
unb gro^c^ Qtnfc^en in ben ®erid)ten.
Sr jerfäÖt wie ber ©ac^fen= unb ber
S)eutfd)enfpiegel in ßanbrcc^t unb ßetinrcc^t.
S)er ©d)Wabenfpiegel wirb t)on bem Sßers
faffer fclbji lantrechtbuoch genannt, in
ben ^anbfc^riften ßanbs unb ße^nred^ t=
bud^, Äaifer ÄarU SRec^t (für iai
ßanbrcc^t), Äaifer griebrid^« [Rcdt)t
(für baö ßel)nred)t), Äaiferred)t, in ben
ältcflcn 5lu^gabcn ©picgel faifcr»
Iid)en unb gemeinen ßanbrcd^t^;
ber SRame Schwaben fpiegcl fiammt
üon ®oIbaft, bcr baö 33uc^ jwar in bcr
^tuögabc »on 1609 Äaiferlic^cö ßanbsunb
ß e ^ n r e d^ t nannte, am üianbe aber
©d)Wabenfpicgel ^injufügte. — S)cr
ißerfaffer be^ ©dt)Wabenfpiegel^ fanntc ben
©aci)fenfpiegel felbji nid)t; er benu^te i^n
Dielmcl)r blog in bcrjenigen ®efialt, welche
er im ©eutfc^cnfpiegel burc^ 33e«
arbeitung unb Berbinbung mit anbcrn
QucQcn , gewonnen ^atte; au^er ben
Duellen, weld^c fd^on ber SDeutfd^enfpiegel
neu ^erangejogen ^attc, ftnb ^ier nod)
anbere felbjiänbig benu^t , bie Lex
Bajuvariorom (fie^e Leges Barbarorum),
bie Kapitularien, iReic^^gefe^e, tai 5lugä*
burger ©tabtrecit, ^iporift^e @d)riften,
bet greibanf, ^rebigten. S)ic Senbenj beö
33erfafferö ifi, hai atigemeine beutfd^e
aied^t barjujieücn, ba^ er aber weniger
im ®ewot)n^eit^red^t eineö beftimmten
23olfc^, atö Dielmc^r im mofaifd^en ®ebot,
im römif^ien S^cd^t unb bem iRed^t Äarl^
be^ ®ro§en, im 2)ehet unb ben S)efrc*
talcn finbet. ©o ijl benn feine Qlrbcit
me^r eine gclebrtc, auö 33ü(^ern gefd^öpfte,
Weldf)c ber jRec^tabilbung ber 3eit gemä^
üoü Don Söiberfprüd^en unb SDU^ücrjiänbs
niffen fein mu|tc. ®egenüber ber freieren
weltli^en 5luffaffung (Siteö üon JRcpgau
ifl bcr Sßerfajfer beö ©d^wabenfpiegcl^
mebr ber päpfilid^en ^Partei jugewanbi.
2Bie ber ©ad^fenfpicgcl, jerfäüt aud^ ber
©dt)WabenfpiegcI nur in 5lrtifel ober Äa^
pitel, nid^t in Büdner, ©ie 6ntfiel)ung
wirb jWif(^cn 1273—1282 gefegt. S)er
40*
624
©d^manjungfrauen — ©dbrnett.
SJerfaffcr iji unbefannt; er lebte in
©c^trabcn ober Q3aicrn, meücid)! tute bcr
Bearbeiter beä ADeutfd^enfpicgelö in ^ugä!^
bürg. 5Der ©d^wabenfpieget ifi in t)er=
fc^iebencn ÜJiunbarten überliefert , übcr^
h)iegenb jeboci) in mittele unb ober»
beutfcben S^'omen, bod^ fliegt,, ^^ <^^^
nieberbeutfd^e $anbfd)riften. Überhaupt
aber ifi bie S'^^^ ^^"^ ^anbf<f)tiften eine
febr grofe unb i^r Seyt ein überauö öer=
fdE)iebener; ^omeper jäfilt 220 befannte
^anbfc()riftcn auf. Qtltefie batiertc 5tuö=
gäbe ©tra^urg 1440. 5tuögaben bee
ßanbred)tö eon Safbcrg, 1840; 3B.
ffiacf ernagcl, 1840, ©engler, 1851.
^aä) © t 0 b b e , ®ef(f)ic^te ber beutfc^cn
SRecbtäquetten. 93b. I.
©dötDanjunafroncn, fte|e SBalfüren.
©c^tpci^tucp ßönfti galt ali eine ber
»erttioUfien O^eliquien; bie ^. Seronifa
begleitete nact) ber ßegcnbc ^t\\im jur
5Ricf)tfiatte unb reiä)te xi)m, ta fte i^n
fc^h)i^en unb bluten fo|), ein breimal ju«
fammengefe|teö Zu<i) bar, in ba^ er, aU
er fic^ abtrocfnetc, auä ©anf barfeit brei*
mal fein Silbniö abbrücEte. Tlit einem
biefer iilbbrücfe feilte 93eronifa ben Äaifer
Jiberiuö »on einer fc&tüercn Äranfbeit;
fpäter fam er in bie ^änbe cineö ^apjieä
unb jule^t burc^ Äonfiantin ben ©ro^en
an bie Äircf)e beö b. $etruä ju SRom;
ein jmeiter iÜbbrucf blieb in 3£i-iif<il«i^/
ein britter fam nad) Spanien. 5lud) Surin
unb Sefanpon Jt)oüten biefclbc [Reliquie
befi^en.
©(^»crt. äste au« ber iRömerjeit, fo
finb au« ben meroöingifd^en gunben
längere unb fürjere, ein« unb jweifc^nci«
bige ©^werter ju ^ieb unb ©ti(^ ju
unterfcf)ciben, bie einen mit langer lYotu
f(J)neibiger Älinge unb fur§em ©riff, bie
onbern mit furjer einfc^neibiger Älinge
unb langem ©riff.
S)a« lange ©c^wert ifi nad) grie*
ä)\\ä)in unb römifc^en QSerid^ten bie ©äffe
ber SBölfer be« SBefienä unb fRorben«. S«
ifi oft üon ber ungefügigften ßange unb
für ben ©to§ jU »enig »ibcrfianböfäl^ig,
bcnn e« biegt fxä). 3" ^f" mcrooingif(f)en
©rdbern trifft man bie spata feiten, t>a
fie al« ein föfilidl)c« örbfiücE ^ocf) gefd)ä^t
tDurbc. @ie ^attc eine Sänge non 2^%
bi« 3'/2 ijul bei einer ©reite »on 2 bi«
3 Soüen.
2)a« furjc ©dt)njert (scramasaxns
ober semispata) ifi cinfd)neibig , fc^mal,
mcfferartig, bi« 2 ju§ lang unb IV2 Soü
breit mit 4 ßinien breitem (Rücfen, bem
heutigen SBcibmeffcr ober ^irfc^fdnget nid^t
unälinlidt). S)a« ßangfd^njert »uurbe an
einem ©ürtel an ber linfen ©citc ge»
tragen, ta^ ^albfc^wcrt (@aj) an bei
redbten, in ber SRegel mit Letten am SRing«
^emb befeftigt.
ÜJJit 93eginn ber eigentlid^en SRittcr*
äeit oerf(^n:)inbet bie ^Jü^runs jwiefacfcer
©dbttjerter unb an bie ©teile be« €iaiiii
tritt öfter« nur ein 2)old^ ober ü)leffer.
©leid^wol^l erhielt ftd^ ber <2lu«brucE sahs
nod^ längere 3fit bei ben älteren 2)idf)tcrn,
bi« er ftd^ bei ben jungem auf bie ®e«
beutung SRcffer befd£)ränft. 2)idt)ter über«
treiben bie ©truftur unb ©rö^c bet
©dbtt)crter oft unb lafen fte auf bie ftun«
berlid^fie 3lrt entfielen, ©laublidb aber
ifi, ta^ ein jiarfcr 2Irm, berbunben mit
einer auf« pd^fie gefieigerten Äampfwut
mand^cn „©d^wabenfireidf)" au«gefü^tt,
bcr ©rfiaunen erregte unb befungcn ju
»erben »erbiente. 2)ie ^aupttugenben be«
@df)tt)ertc« finb ©cf)ärfe, ^ärte unb ©tärfc.
S)ie ©d^ncibc ^ei§t ecke, egge; bie
Slutrtnne iuxä) bie ÜJJitte ^ei|t valz;
ber ©riff f)ei|t a\)'D. helza, agf. helt,
hielt, altn. Malt, mf)'i>. heize, gehilze,
helza, gr ifi balb länger, balb fürjer
unb oft mit ©olb, <)3crlcn unb Sbelfieinen
gefdf)müdft. 93eim Seginn be« ©riffe« ocr*
hjanbelt fid^ bie 5?lingc in einen fefien,
fiarfcn ©tab, ber in einem Änopf oon
eifen ober anbern SWetallen ftd^ fcf)liett,
»ä^renb ber ©tab oft mit ßebcr ober
ßeinwanb überjogen ifi. ®ie scramasaxe
^aben fiatt be« Änopfe« oft eine ^öd^ji
einfadf)e ©efefiigung ber Älinge an bem
©riff, inbem bie 5lngel einfat^ burdb bie
^oläplfe gefdf)oben unb umgenietet wirb.
<Parierfiangcn (jum Sdf)U^ ber |>anb)
flnben ftd^ meber am Änauf ber spata,
noct) be« scramax, »tiof)l aber am SRitter*
fd^roert unb jrtar fieben fte fenfrcä)t jum
©riff unb bilben mit biefcm ein Äreuj,
ober fte finb ethJa« gegen bie ©d^ncibe
gebogen, oft aud^ s förmig. 35ie©dt)eibe
toax auä) fc^on früher ein notreenbige«
3ube^ör. ©ie befianb au« ^olj mit
ßeinen« ober öeberüberjug. SWctallenc
@d)eiben Waren tmd) ba« ganje SWittel«
alter fe^r feiten. 3)ie ©d^mertfcffcl
(swertvezzel) iji ber um bie Ruften ge*
fd)lungene ©ürtel, an n)eldl)em tai ©(f)tt)ert
getragen nsirb, i>ai eigentlidbe cingulum
militare, beffen Umgürtung beim Sfütter«
fd^lag feierlich gefd^a^. S« mar »on ßeber,
boc^ mit ©ammet, SBorten unb ©belficinen
oft reidf) »erjiert.
©d)lt)ettmag — ©ectucfen.
625
S)er Püsch (büsch) fd)eint ein f)öljerne§
<Bä))POtxt ober ein Stocf gewefen ju fein,
beffen fxä) bie Jugenb bei ben gec^tübungen
(©tedcnfpicle) bebiente.
ajianigfaci) iji bie ft)mbolifcit)C Sebcu*
tung beö ©(i)tt)crtcö. Q,i ijt ber unjer=
trennlic^c Segleiter ber $erfon unb ^at
feinen eigenen Stamen unb feine eigene
®efd)icf)tc; aU j^amilienerbfiücE gcf)t eö
»on ©efdjlec^t p ©efcfelec^t. 3" "or*
bifi^cn ßicbern ifi eö eine ©erlange, bie
jifd)enb unter bie 5«'"^« ^ä\)xt. 2)ie
©c^njcrtfage ifi in erfier Sebeutung
ber 2Bei{)C' unb @egenöfpru(^, roel($er bei
Umgürtung bcö ©ct)n)erteö über ben jungen
JRitter auögefproc^en tt)irb »om ^riefier
ober gürflen. 3n jttteiter 39ebeutung ip
e«i ber auf ber klinge ober am ®riff ein=
gegrabene ober in ®olbfct)rift angebract)tc
©egenöfprud), rcoburcö man glaubte, bem
©(^ttjcrt bcfonberö mt)ftif(i)c Äräfte ju üer=
leiten, ober burc^ ben ber 5üf)ter beö^
felben an feine '^fiic^ten gemannt werben
foütc. ^n brittcr Sebcutung iji bie
S^wertfage bie 33ef(^tt)örungöformcI,
tüeldtte ben SSefproc^enen gegen Serle^ung
burc^ baä ©d^wert ftd^er fieücn foH.
Seim Äreuj {tai ®riff unb ^arierjiange
bilbeten) würbe gefc^moren unb gebetet.
SBoIfbietric^ legt t)ai Schwert jwifc^en fi($
unb bie jaubcrifi^e $eibcntoc£)ter in'^ Seite,
ta^ fte i^n nii^t r)erfü£)ren fann: wer
gumpt und ruet niete, der selb ver-
schneidet sich. — 2Ber ftc^ bem ©ieger
ergab, ber ging entmeber o^ne ©c^wert
auf benfclben ju ober er fa^te eö bei ber
©pi^e unb reid)te bemfelben ben Änauf.
Sei ben ®oten fd^eint 3lboption burd) iai
©d)h3ert jiattgefunben ju ^aben. S)aös
fclbe war aud^ @t)mboI ber ©eric^töbarfeit,
jumal ber peinlid)en ©ewalt über ßeben
unb 2ob.
SJIad) San-Marte, SBaffenfunbe.
S^tiJcrtmag, fte^e Familie.
©eelgeröt, ©celljaug, ©eelbab, SD?^b. sel-
geraete, ju fcaö geraete, bem Äoüeftiü ju rät
= Sorforgc, «Uusrüfiung, Vorrat, iß, waö
man jum ^eil ber ©eele (feiner ober anberer)
einer geijilidien Sinfialt für ©eelenmeffen
unb bergleid)en oermad)t. 30Jf)b. selhüs
ifi ein ^auö ober eine SBo^nung, bie je^
manb jum .^»eil ber ©eele für ärmere, un^
t)eret)eUd)te $erfoncn wcibli^en ®ef4»lcc^s
M gcfiiftet ^at, bie unter bem 9iamen
selnunnen, selswestern, selfrowen, sel-
wiber in ©emeinfc^aft barin lebenb, für
bie 5tbgcfc^iebenen ju beten l)atten. ©o
I)ci^t©eelbab bal $8ab, weld^e« jemanb
jum ^cil ber ©eele für 5trme gefiiftet ^at,
entwcber ein cinjelneä am Jahrestag fcined
lobe^ ju befireitenbeö, ober eine fortwäb»
renbe Qlnjialt.
©ccaefen. 2)ie entwidelung ber SWa*
rine beö aJlittelalterö fonbert jtd) in jwei
gro§e ^auptgruppen, in bie ben antifen
ärabitionen folgenbc S01ittelmeer=
gruppc unb in bie Ojeangruppe, ber
bie germanifd^en unb romanifd)'feItifd^en
Sölfer angehören. S)er iWatur beö jiiQercn,
buc^tenrcidjen S!}Jittelmeereö gemäf beoor«
jugt bie erjie ©ruppc bie 9f{uberfd^iff«
fat)rt, bie jweite ber 3iatur be^ Djean^
gemdf bie ©cgetfc^ iffat) rt mit |>0(i^«
borbfc^iffen üon fejier ^ügung. 2)ie Äreuj*
jüge bebienen fr^ beö Dtuberö; iai S^iU
alter ber (Jntbecfungcn lägt baöfclbe bem
©egel weichen.
3ur aWi ttelmeergr uppe jä{)Icn:
1. bie St)jantiner, beren flotte »om
4. biö 10. 3a^rl)unbert bie erfie beö SFlittcl»
meereö war; it)re Äriegöfd^iffe feigen
3) r 0 m 0 n e n , eine tleinere ©attung
©aleren, yaldai, 'üa^ l)eigt |)aifif(^
(nad^ anberer ©rflärung fiammt ber SJiame
auö einem arabifd^cn ©ort, ^ai Siencn«
forb bebeutet, fielje SBeiganb).
2. bie Qlraber erfd)einen feit bem 7.
3al)r^unbert im ÜJiittelmeer; i^r ©inftuf ifi
in einigen ouä bem *2lrabifd)en fiammenben
©eewörtern nod^ ert)alten: 2lbmiral,
Don 5lmpr = 5ürfi; Äabel, ßon kabl,
= 5lnfertau; Ol r f e n a l , italienifd^ dar-
sena auö där-azzan'a = S$<Mi ber Setrieb»
famf eit ; kalfatern üon qalafa ^ ein
©d^iff üerfitten , unb Ä o r » e 1 1 c »on
ghoräb = iJtabe.
3. SDieStalicner, namentlidö S en e«
big, ©enua, ißifa unb Ql m a 1 f i.
3m ®egcnfa| ju ben Späantincrn unb
ben ©enuefcn fd^einen bie *ienetianer feine
Äriegöfd^iffe oon mehreren übereinanber
liegenben Otuberrei^en gebaut ju ^aben;
»ielmc^r entwicEelt frdf) bei ibncn bie aug
bem antifen langen JJlad^fd^iffe, bem Jünf*
jigruberer, abgeleitete J^orm ber ® a l e e r e
ju ber Sebeutung unb ®efiaU , bie i^r
biö inö 18. ^a'^r^unbert geblieben ifi.
©ine befonberö groge govm t)ief ® a l e a y e.
Die ®aleeren waren bebedt unb auf bem
3)ede fagen bie ütubcrer, burcb einen
ÜRittelgang getrennt; auf eine Sanf famen
2,3, fogar 4 Otuber, jU weld^em ^xotd
bie Sänfe fc^räg gegen ben Sorb fianbcn.
©päter jog man es Bor, bie Sänfe gerabe
gegen ben Sorb ju fieücn unb 2 biö 5
Sanfgenoffen an einem fd^weren, mcifi
626
®cett)e[cn.
50 ^ut langen SHubcr arbeiten ju laffen,
fo jrtjar, baf baö innere 13 Juf lange
@tücf, baö mit 93tei auögegoffen war, im
©leic^gewic^te mit bcm äuferen 37 %vi^
langen jlanb. 5Dic gehjö^nlic[)e ©aleere
^attc auf jeber ©eite 25—26 SRuber, bie
JRubercr waren mcift »erurteiltc Sßerbrec^er.
^ür bie f. g. I a t e i n i f d^ c n ober brcis
edigen Segel waren 1 biö 2, feltcner
3 löiafie toor^anben; ber ^auptmafi flanb
in ber ÜJJitte. 2)ie Steuerung gefdial^ big
jum 13. 3a^r:^unbert burd^ ein ober jwei
grobe, »om ^intcrtcitc be« ©d)iffeö auö
regierte SRuber, iai moberne ©teuerruber
erfc^eint nid)t eor bem (5nbe beö 12. ^a^r^
^unbertg; e« iji baä am ^interjieoen burc^
ftarfe ^ahn unb gringcriinge beweglid^ be«
fejiigte, meiji auö 3 ©tücfen äufammen»
gefegte SRubcr^oIä. (Sine Srujiwe^r, bie
ben Sorb umjog, betftc bie SRuberer; au^er^
bem errichtete man auf bem ©c^iffe turm=
artige ©(^an^en ober Äaftetle.
4. 5Die Katalanen; i^nen »er»
banft baö iKittelalter tai in ^Barcelona ents
fianbene Libro del Consulado, eine ©amm«
lung ber ©ecgewo^n^eiten, iai erjle ge-
meine ©eerec^t beö 3WitteIaIterö ent^attenb ;
auc^ bie ©eeoerfic^ erung iji l)icr ju=
erfi in QInwenbung gefommen. ©egen
6nbe beä 15. 3af)rbunbert« na^m bie 33e*
beutung ber fatalonifd^en 90?arine fcbneK ah.
93ei ben Djcan=S5öIfern unter[^eibet3äl)n«:
1. bic@übgermanen bi^ aufÄarl
ben ®ro^en.
5Die erfien SRad^ric^ten über bie ©d)iffs
fa^rt beutfd^er ©tämme bejiel)en jic^ auf
a3innenf(^iffaf)rt. 9to| auöge^ölte Saum«
ftämme, befonbcr« efc^enc, »ermod^ten 30
big 40 ÜJJenfd^en ju tragen. I)ennoc^
fieüten fic^ bie ©ermanen ben römif(f)en
glotten entgegen unb wagten SRaub^üge
über iai SOteer ^in, namentti^ werben
bie 5 riefen alg ©ecfa^rer gerühmt.
S)ie bataeifd^e 5]fIotte bejianb übcrwicgenb
auö ©Griffen mit 1 ober 2 Otubcrbänfen,
jablreid)en Ää^ncn unb Ieicf)ten SRenn=
fd)iffen. SDJannigfad^e buntfarbige ©eget
Waren aufgejogen. ^m 3. 3<it)r^unbert
befa^en bie ® o t e n auf bcm SWittel«
meer eine anfcf)nli^c g^Iotte. ©päter
traten ^^i^^nfen unb ©ad^fen aU ©ee=
fairer in ben SBorbergrunb. Die ^aupt«
arten itjrer Ärieggfa^rjcuge ftnb bie »on
ben SRömern ÜJit)oparen genannten ©d^iffe
unb bie Äiele. 2)ie 3Wt)oparcn waren
leid^teÄriegäbarfen, bie aug ffieiben^gled^t«
wer! ^ergefteüt unb mit ßcber überjogen
würben ; S)ie «ritten foUen nac^ ^liniuä
auf foldben ©c^iffen big nad^ SJlorWegen
unb S^Ianb gefahren fein. S)ie Ä i e 1 c
waren größere öangfd^iffe Wcl^e ein
©egel führten; auf folc^en fuhren Säfar
unb (Elaubiuö, fpätcr bie erfien ©a^fen
nadt» Britannien, ^ud^ bem neuen ^xanU
reid^ mangelte cö nid^t an ©d^iffen, Äarl
ajlarteü fud^te bie iJricfen ju ©c^iffe auf,
unb Äarl ber ©rofe erlief wieber^olte
Befehle, ©(^iffe ju bauen unb ju bc=
mannen, bod^ fdt)eint eö nid^t ju genügen«
ben Qlnorbnungen über ©emannung unb
^ü^rung ber ©d^iffe gefommen ju fein.
2. S)ic®fanbtnaüier. Sfiad^ lacitug
®erm. 44 waren bie ©uinoncn, b. t). bie
Sewobner ©fanbinawieng, madt)tig burd^
i^^re gtottcn. ^\)xt ©(^iffe waren auf
beiben ©eiten fpi^ unb baburd^ geeignet,
beliebig mit ber einen ober ber anbcrn
ben ©tranb anjulaufen. ®ie bebienten
fidt) Weber ber ©egel, no(^ oerfa^en jte bag
©d^iff mit fejien SRuberbdnfen. 25ag ©teuer
befianb aug jwei großen beweglichen
©d^aufelrubern. Qtuggiebiger werben bie
i)iad^rid)ten erfi für bie Jiormannen«
jeit; bie gröpte 5lrt ber normannifc^en
Ärieggfd^iffe ^ie§ S)rad^cn, wa^rfd^einlid^
Weil am 33orberteil ein gefdt)ni^tcr 5Drac^en«
fopf angebradt)t war, ber baju biente, bie
^einbe ju fcfiredfen unb beren ©d^u^geijier
JU cerjd^eud^en. @in befonber« großer
2>rad^e wirb erwähnt, ber auf jeber ©eite
34 Dtuber füt)rte ; anbere Riefen © d^ n e dE e n,
urfprünglidf) = ©d^ilbfröte ober ©d^alticr,
baneben gab cg »ielc ©attungen fleinerer
gatirjeuge. ^aä) alten Silbern auf Sa«
peten unb ©iegeln ftnb aüe normannif^cn
©dt)iffe oorn unb hinten ganj äl^nlic^ ge«
baut, größere |»atlen im5DedE, unter bem
bie ©täUe unb Äammcrn lagen; gern ent«
falteten bie ©eefönige an i^ren 5at)i}cus^"
grofe $radt)t: tjcrgolbete unb bemalte
2)ra^en« unb iRoiläuptcr, in d^rijilidber
3cit ©pmbole. S)ie ©teurung gefd^a^
tmä) ein an ber red)ten ©eite beg i^abr«
jcugeg angebra(ä)teg ©d^aufelruber. SDie
©d)iffe Ratten nur einen SJiafi unb ein
grofeg öieredtigeg ©egel , bag Jafelwerf
war fe^r einfach, an ber aWajifpi^e we^tc
eine ijlagge; bie ©egel waren oft, namcnt«
lic^ mit SffiapDenfiguren, bemalt. Übrigeng
^aben bie ©eefalirtcn ber SRormannen bie
iJlautif faum wefentlid^beförbert; eg f^eint,
ia^ fte nic^t einmal biejenige ©tufe ber
nautifd^en Äenntniffe erreidbten, wel^e bie
©ad^fen fdf)on im 5. 3af)vt)unbcrt erjiiegen
l)atten.
3. 2)ie JDeutfd^cn. I. bie »or^an«
«Secwefen.
627
fifc^e Seit. (Stft im 11. 5a{)rt)unbert,
rad^bcm bie GinfäKe bcr D^Jotmanncn auf
ieutf^cö iSebiet aufgefiört Ratten, begann
fic^ ber maritime ©eifi ber norbbcutfc^en
Äüfienjlämmc ju regen. ®ic 93 rem er
Wagten ftci) aU Äauffa^rcr unb Freibeuter
ouf bie Dfifce, bie Äölncr fuhren nad)
englanb, bie ^riefen brangen at^ @ee«
unb Äüfienröuber inö, SWittelmeer; an ber
DPfcc entmictelte [li) eine mcnbifi^e
6eema(i)t, beren SWittelpunft iRügen tttar;
jte erlag fd)on im 12. 3a^rf)unbcrt ben
©änen. S)ie erjle gro|e Seeuntcrne^mung,
on meld)er frd) bie S)eutfc^cn beteiligten,
toax ber britte Äreujjug; 93rcmcr, Äölner,
glanbrer, S)änen unb 5"efen jogen mit
94 @cf)iffen an bie Äüj^c beö gelobten
Sanbeö; am fünften Äreujäugc »ar bie
93eteiligung ber beutfcl)en «Seemadbt no(ä)
»iel beträd)tlid)er; 50000 jjriefen nahmen
baran Qlnteil, für bie allein bie ©ebiete
be« Äölnifc^en Sprengel« 300 5UJeerfcf)iffe
auörüpeten. ^\x gleicf)er 3eit jogen 3Jiebcr-
fad^fcn Don ßübecf au^ gegen bie beit'ni«
fi^en ßiölänber, festen ft(^ in iRiga fcj^
unb befreiten ßübecf für immer oon ber
bänifc^en Dbert)obeit (1234).
3)ie in biefer 3eit in beutfc^cn ®d)riften
ermähnten 5af)icse"9e f^nb:
SDer Äiel, im ©eömulf ein allgemeiner
Qlu^brucE für Schiff überf)aupt; bei mittel*
^od^beutfc^en 2)id)tern bebeutet Äicl fooiel
aU Öangfd^iff.
Ä 0 cf e, ai)i. kocho, m^b. kocke, altfjoüb.
kogghe , nieberb. kogge, bejeic^net ba«
maffiD gebaute, l)ocf)borbige, toübducbige
gaiirgeug. <5eit bem «Mu^gang beö 13.
3a^vl)unbertö mar bie Äogge in ben nörb*
lid)en ©cwaffern bai^ eigentli(f)e ®d)Ia(^t*
fd^iff; »orn unb hinten trug fte fajieHar*
tigc 6rl)ö^ungen, meiere glei^ bem, einem
fleinen bejinntcn Surme nadjgebilbetcn
ORapforbc, mit ber (Slite ber SWannfc^aft
bcfc^t mürben. 3n ber SfJJitte fianben
bie SBleiben unb treibenben SBcrfe. 3n
grantreic^ entfprid)t ber Äogge la coque
unb la nef. SSeibeö maren reine @egel=
f^iffe o^ne Ütuber. S)ie *«efä Ratten 1
biö 3 SDecfe, il)r iRumpf lub com Äiel ^er
mcit auö unb flieg |)od^ auf.
©^netfe, sniggi, iji bie norbif^e
fleinere ©d^mefier ber ©alcere, auf Segel
unb CfJuber eingeri^tet, lang unb fd^mal,
offen unb feit alter 3eit in jietem ®e=
Braud^c.
2)ie @(f)ute, nieberl. schult, ifi ein
6egelfd)iff mit 53erbecf alä einmafiige 3a<i^t
getadelt, mit einer Sragfäl^igfeit üon 12
bi« 15 ßafi, für ben fleinen ÄüfienPcr«
fe^r an ber 9Jorb= unb Dfifee noc^ im
(Sebraud). ®er S^iame ©d)ute, ein« mit
„®^u§", beutet auf bie®ef4minbigfcit ^in.
i)ic ® a l e e r e , mt)b. galie, galee, galine,
galeide, mittellat. galea, engl, galley,
altfranj galee iji oben befd)rieben morbcn.
5lnbere in nieberbeutfd^en ®d)riften »or*
fommenbe D^iamen ftnb Bording, Busen,
Einer und Esping für ©eefa^rjeuge;
Kunkel, Bolscip, Prahm, (promptuariom),
Tungetship, Nankan, Envar, Ketze für
glu§fat)rjcuge.
33on mt)b 5Dic^tern merbcn ferner eine
3Injat)l frember, meift franjöftfc^er <Sd)ip«
namen gebrauci)t:
S)ie U s s i e r e, ßajifc^iff jum ÄaPaQeric»
tran^port. .^icr lag bcr huis, b. ^. bie
(Pforte äum einfd)iffen ber $ferbe, am
J^interteile be« S^iffeö unb jmar unter
bcr Söafferlinie, mürbe baf)er nad) üoücn«
beter ©infc^iffung rcaf[erbid)t Dcrfd)lof[cn.
©emö^nlicf) nahmen fte 25 «Pferbc mit
ooller gouragc auf.
Treimunde, Tragamnnde, mar-
fc^cinli^ iai franj. Dromon, aug jenem
altern bpjantinifc^en »SAipnamen ent:=
jianben.
II. 5Die^anfifd)c3eit. ©(^onl254
beftätigte Äönig 2Bill)elm »on ^ollanb
ben rbeinifc^en 93unb, ber non mc^r
aU 70 Stabtcn oon ©afel abmärtä big
Äoblenj gcfd)loffen worben mar unb eine
bebeutenbe©d)ifföjircitma*t auf bem Kleine
cntmidclte. J)aucrt)after alö biefer frül)
DerfaUcnbe 93unb mar bie ^anfa. 5Dag
2ßort bebeutet im got. unb a^b. eine ftreit'
bare @c^ar, agf. hos gilt Don einer
@c^ar, einer gefcl)loffenen (Bereinigung
überljaupt; alö faufmännifc^e (Bereinigung
mit befiimmten rid^tcrlidjen (Befugniffen er=
fd)eint hans, hanse in fübbeutf($en |>an*
bel^plö^en, in (Regenöburg feit 799.
„Raufen" t)aben im erften ©rittet beö 12.
3af)r^unbert i^x hanshüs in ßonbon. ^ui
bem gemeinfamen 9'le<^te beutfc^er J^anbel««
i^erren im (Huölanbe nun unb au« bem
(Bünbniffe beutfi^er Stäbte in ber ^eimat
crmuc^« na^ unb nac^ ber ^anf abunb.
5Dem beDorred)tetcn ,.<Btai)ü)oh" ber .Kölner
Äaufleute ju ßonbon fc^lo^ ftc^ ßübed an;
fiübeder unb Hamburger J^iiufer gemannen
(PriDilegien ju (Brügge; mit ben menbifd)en
Seeftdbten (Rofiod, (ffiiömar , ©tralfunb
unb ®reif«malb fd^log fxc^ Mbid. mit ben
©tobten (JJieberfad)fen3 Hamburg jufammen.
3u dlnfang be« 14. 3a^rl)unbert« Derci=
nigten fic^ beibe ©ruppen, morauf balb
628
©egcnöfpiüc^e.
bie wejifälifd^cn mit bcncn $reufenö in
25ercin traten. Diefcn ^anbeläbünbniffen
jur 6eitc gingen bie grofcn ßanbfriebenä«
bünbniffe »on »ormiegenb militari fd) er
®cbcutung, ein ©l)Pem oon ©ünben, au8
bcncn ftc^ um bie SJtittc bcä 14. 3a^r^un»
bcrtg ber Drganiömuö ber großen |)an[a
barjiente. 5Die ®c^ipmannfci)aft bcr^anfa»
flotte fc|t ftc^ fafi auöfd)Iic§Ii(i) auä bürgern
jufammen; bie ©dimerbemaffneten bagegen
ftaren meiji ©olbtruppen, SRittcrbürtige mit
knappen unb Änecf)tcn. 3llg ßeiä)tbc*
toajfnetc mürben ficute beö gemeinen SSolfcS
angemorbcn. S)ie ^ü^tung I'ig in ben
|)anben üon SHatmanncn. S'ieben ber ge«
orbneten ^eerei^mac^t gel)t bie .Kaperei ^er,
meld)e bie ^anfen jebeämal bann begünfiig*
ten, wenn jiefelbfi nid)t me^r Tecl)t leijiungö«
fätjig waren. 3cbeö Äauffarteifd)ijf mar
fclbpüerfiänblid) ju jener 3eit me^rli^
gerüfiet. Utaä) ^ä^n^, ®ef(^iä)te bcö
Äricgömefcnö, ©. 1229—1266, mo Seite
1266 — 1288 aud) tu ^ranjofen, ©ng«
länber, $ortugiefen unb ©panier be^an*
belt ftnb. 33gl. @an 2« arte, Söaffen*
funbe, Jeil 1, 5tbfc^nitt 2, ©c^iffömcfen
unb ©c^uli, ppfc^eö ßebcn, II, Aap. V.
©egcnöf^jrüd^c, 9?ac^ bem ältejten mie
bem neucj^en Solföglauben [oü in bem
auögefproc^enen ©egen ober JJIuc^ eine un*
mittelbare, magifc^e üBirfung liegen, bie ftc^
aber nie auf allgemeine, ftttlic^c S)inge, fon«
bem auf bie jeitlid^en «Borteile beä ,9Wcn»
f(i)en, auf 5lbme^r fon äeitlicf)cn Übeln,
Erlangung irbifdl)er ®üter unb Sottbring«
ung beö perfönliä)en .giaffeö be^^iebt. S)ie
ältefiegorm beö Sefegnenö oberSefprecfieng
iji bie Sinne ober i)ai Sieb: biefe fönnen
töten unb üom Slobc mecfen mie gegen
ben 2ob ftcfcern; feilen unb franfmad)en,
2ßunben binben, «lut ftiQen, ©c^merjen
milbern, ©(i)laf erregen, geuer löfd^en,
ajleerpürme fdnftigen, SRegen unb i)agel
fd)i(ten, Sanbc fprcngen, ^effeln jcrrei§en,
iRiegel abflogen, Serge öffnen «nb fd)lieien,
©c^ä^e auft^un, .ßreigenbc entbinben ober
»erf(^liefen, Sffiaffen fefi ober meid),
©(f)merter taub machen; Änoten f(i)ürjen,
bie üiiinbe oom Söaum löfen, @aat oerberben,
böfe ©eifier rufen unb bannen, S)iebe
binben. Ulaä) ^eibnifc^em Sraudt)e mürben
ouf Soten^ügeln unb ®räbern ßieber an^'
gcfpro^en, bamit ein Joter JRebe ftet)e ober
etmaö l)erauegebe. ®ie ältelie ^orm ber
©egen ifi bie erjät)lenbe, fo jmar, ta^
immer etmaö erjäblt mirb, maä mit bem
i\i befpred^enbcn in einer gemiffen gleich«
laufenben 99ejiel)ung fie^t, urfprünglic^ bem
„Greife bcö ÜJJpt^uö, fpäter bem ber Ijeiligen
®efd)id)te unb ©age ober bem ®ebiete bet
natürlid)en2ßirflic^feit. (SDlonb nimmt ju,
aßarje nimmt ab), ober ber bic^tenben
*P^antafie entnommen; auf bie (Srää^lunj
Eann ber Sefe^l fommen, ber in fpdtetn
©cgenöformeln oft allein ^errfe^t, inbem
einfacf) bie Äranftieit, ber 2)teb, S)dmon
unb bcrgl. angercbet unb befd)moren mirb
ju weicf)en. Urfprünglid) ifi ber 93efc^mörj
ungäfprud) in atiiterierenber^^orm gehalten;
feit bem Untergang biefer (Reimart !^at er
fiel) in profaifc^er gotm erhalten ober ftc^
bem SRad)folger beä ©tabrcime«, bem Steims
paar ober Änitteloerö anbequemt. S)ie
ältejien cr^ltenen ©egen, meiere jum
Seil an inbifc^e ©egenöfprüd^e erinnern
finb bie beiben f. g. üRerfeburger Qauiix-
fprüct)e auf ben »errenften JJwf «in«^
*Pferbe0 unb auf bie iJeffcln cineä Äriegö*
gefangenen; e« folgen bann ber UBiener
|)unbfegen, SBurm« 93luts unb SRcifefegcn
u. a., abgcbrucft bei SRüllen^off unb
©d^erer 3)enfmdler. S)arnact) foH bie
@ntjiel)ung ber meiften d)rifilid)en ©egen
mit SBa^rfc^einli^feit in bie 3«it fallen,
mo mit ber i^mciten ^älftc beö 11. Sal^r*
bunbertä bie geifilic|e 2)id)tung in ber
iöolföfpra^e einen neuen Qluffc^mung na^m
unb bann biö gegen ben 9luggang beö 12.
Ja^rftunbertg mit Sifer gepflegt murbc.
Oft ftnb in cf)ri|ilid) geformten ©egen bie
l)cibnifc^en ®runblagen noc^ unuerf cnnbar;
an ©tcKc aBobfin^, 2)onarö, ber i^rigg, traten
6,btijiuö, ^Petruö unb 3Waria. ©o ifi bie
t)dufige ^ormel: „S^rifiuö unb ^etruö gin«
gen über ßanb", ben Söanbcrungcn Sßoban«
mit anbern ®öttern entnommen; in böf)*
mifd)en i8efprecl)ungen ber Sßürmcr ^ei§t
e^: „(53 mar eine mafeHofe Jungfrau
ÜJiaria, bie ^atte brei eigene ©c^mefiern:
bie eine fpann, bie anbere mideltc auf,
bie britte fegnete bie Söürmer", ober: „bie
t)eilige Sucia ^atte brei Söc^ter: bie crfie
fpann, bie jmeite micfclte auf, bie britte
meifte", eö ftnb 5Jrigg mit ben brei 9'iorncn.
(Sinjclnc ^Jormeln foUten »on ben iÜgpptern,
ton ©alomon, ben ^trabern flammen, bei
einigen ^oi^mcln jum ^efimad^en mirb ge*
fagt, fic feien t>om Äönig Äorl b. ®r, gc*
braud)t, Suttfc ^at u. a. SBeifpielc äU«
fammcngcficKt gegen iai ^iebcr, gegen
5yricfel, ©c^laffofigfcit, @cf)minben, ®i3)t,
ißerrenfung, gegen ein ^ett auf ben 5lugcn,
gegen Blutungen, S^\)n\i^mix^, SQöürmer
im ßeibe, Äolif, bie SRofe, Sntjünbungen,
gegen üJlunbfdulc, gegen Söarjcn, ben
©^langenbig, gegen Sffiunbcn, 93ranbmun*
©emperfreic — Sieget.
629
ben, gegen SJerfengungcn überhaupt, tvtnn
man »on einem ^unbe angefallen \\i, gegen
3lufblä^ung beö Stinboie^ö, ^cuerfegen, um
pd) fugeifcfi ju machen, iuenn man Dor
©erici^t gei^t, gegen SDiebe. ®rimm,
SWl)t^oIogic, Aap. 38, bie ©ammlung Don
©egen, bte aU 5tn^ang ber erfien 3luögabe
beigegeben njat, ift in ber äWeiten 5luögabe
weggeblieben; Slßuttfe, 3tberglauben,
§. 221 — 242.
©COUierftCtC, m^^b. sentbaere, sempaere
vrie finb [oI(J)e, Welche am sendt (au^
synodns) b, 1^. ®rafcngeri(i)tc teilnehmen
bürfcn.
©eijiicnj {)ief berjenige 2;eil beö Tltp
gefangeä, ber bie le^te ©übe be^ ^aEe=
lujal^ in langen üJlobulationen fortfallen
Iie|; er \)it^ aud) jubila ober jubilatio.
IRotfer SBalbuluö (gefi. 912) in ©t.
®aüen war eä nun, ber biefen ionrei^en
felbftdnbigc 2öorte unterlegte unb jugleic^
neue Sonrei^cn ju ebenbemfelben ©ebrauc^
fomponiertc. 'Jlnfänglic^ immer nod) al^
Jeil be^ SWe^gefangeö »orgetragcn, lö(!cn
fie fxä) mit ber 3^'^ baüon ah unb traten
felbfiänbig auf. 3" ^^n SWcpüc^ern beä
ajJittelalter^ mel)rte ftc^ bie Qa^^i ber ©e=
quenjen big auf 100; fpäter famen bie
meiften Wicber inQlbgang; ©equenjen ftnb
u. a. Veni sancte spiritus, Lauda Zion
salvatorem, Stabat mater unb Dies irae.
SWan nimmt an, t>a^ bie ©equenj non
wefentlic^er 2Birfung auf ben weltlich
beutfcf)en ©efang, namentlid) auf ben !Öcid^,
gewcfen fei. i^erb. SBolf, über bie 8aiö,
©equenjen unb ßeici^e, ^»eibelberg, 1841,
®c()ubiger, ©t. ©aüif^e ©angerfc^ule;
1858. Sartfd) , bie lateini[cf)en©equenjen
beö ÜJJittelalterö in mufrfalifd)cr unb x\;)\)t^'
mifd)er «eäie^ung, SRoftocf, 1868.
©ertiictten braud)te man fcf)on in (Rom
in ber fpäteren Äaiferjeit; fte würben burc^
tai ganje SWittelalter, jebod) nur üon 93or=
nehmen, benu^t. Sei Sürgeröleuten famen
fie äu gnbe bcö 16. ^a^^r^unbertö in @e=
brauc^.
©icfien freie fünfte, ftel)e f r e i e ä ün ji e.
©iegel, auä lat. sigillam, m^b. sigel,
Siegel, sigille, insigele, war im SDIitteU
alter, alö bie llnterfd)rift no(^ fet)lte, ta^
gewöf)nli(^fie Seglaubigunömittel einer
Urfunbe; alö bie Unterf^rift allgemeiner
würbe, trat iai ©iegel jurüd; allgemein
wirb fein ©ebraud^ etwa feit 900. ffla«
iai SDiaterial angebt, fo ifi baöfelbe ents
Weber ÜJtetall; bann ^ei§t ha^ ©iegel.
Wie bie Urfunbe felbfi bulla; hai mitaU
iji ®olb ober Solei, unb jwar ifi tai
golbene ©iegel in ber altern ^iit nur bei
ben gricc^ifcfeen Äaifern, im 5lbenblanbe
feit Otto III. in ®ebrauc^; e^ wirb aU
ein Sorrec^t ber beutfd)en ^aifer für ^^ürficn«
briefe, Erteilung »on Herzogtümern unb
bergl., fpäter für (5rl)ebungen in ben®rafen*
ftanb angefe^en; jule^t fonnte jeber, ber
aui ber faiferlid^en Ä'anjlei eine "Mu^fer*
tigung befam, für bie SEaye ein golbeneö
toiegel bcfommen. ÜJJeiftenä ftnb fte ^o^l
unb befielen nur auä ®olbbled^, baö mit
Waä)^ auögefüKt ift. Sleierne Süllen
jlnb tai .^auptftegel ber ®eifili(^feit, ber
•JJdpfie feit bem 8. 3a^tl)unbert, ber geip=
liefen ijürjien biä jum 33ifc^of unb bem
reid)äfreien 5lbtc big etwa 1300; aud^ bie
Äonjilien eon 5?on(ianj unb 33afel ftegelten
bamit; Äaifcr nur feiten. 35ag pufigjie
SDlaterial i^ SBac^g, bem man anfangt
alle möglid^en gtitben gab, big feit bem
12. Sö^f^wnbert bie "natürlid^e ^arbe
für gcwöl)nlid)e 3^ßctt ^'^ Dber^anb er«
l)ielt. iRote ©iegel famen juerfi bei
Äaifern unb Sifd^öfen nor, bann ftegelten
feit bem 13. 3at)rl)unbert rcid)gfreie gürften
bamit unb eg galt alg ein faiferltd)eg
SRed)t, bog ^rioileg beg roten ©iegclg ju
erteilen. @rünc ©iegel ftnb feit bem 13.
3al)r^unbert gcbräuc^lid) unb feit bem 15.
allgemein; bamit ftegelte befonberg, wer
ni^t rot ftegeln burfte, niebere ©tifte,
nieberer 2lbel, oiele ©täbte; fd)Warje
©iegel fommen bei ben geiftlic^en JRitters
orben »or. 2)en ®ebrauc^ »on ^arj ober
to iegel lad fennt man feit bem ®nbe
beg 16. 3<il)i^()unbertg; aug berfelben 3^it
ben ber Oblaten. 2Bag bie Sefejii*
gung ber ©iegel betrifft, fo würben fie
anfange auf bie Urfunben aufgebrüdt,
fpäter §ing man fte an bie Urfunben, unb
jWar mit ©djnüren ober $crgamcntfireifen ;
bie ©c^nüre ftnb bei ben päpjilid)en Ur«
funbcn oon ungefärbtem >^anf ; feibene »on
gelb unb roter %axhi ftnb feierlid)er 3trt.
.J^aiferlid^e Urfunben 'l)aben big jum 15.
Sa^r^unbert wiKfürli^e ^J'»^^^"' f^*^
^riebrid) III, fc^warjgelbe ober gelbe
©^nüre. 2)ie ältefie gorm ber ©iegel
iji bie runbe; fpäter wirb fte länglich ober
eiförmig; brciedig waren bie ©iegel ber
niebern 5tbeligen, bag Silb beg ©c^ilbee.
3ebeg ©iegel entbält ein Silb, Signum,
bag anfangg wiflfürlicb angenommen war,
erft feit bem 12. 3a|tl;unbert non ganzen
(Familien fcPgeljalten würbe; immer war
bie Sebeutung beg Silbeg burd) eine Um«
fd)rift erflärt. Jm befonbern fann man
unterfd)eiben: Äai f er f iegel. S)ie Äaro?
630
©fapuUcr — ©ommer.
linger ^abcn einen Äopf ober t)öc&jicnö
ein iSruftbilb mit Umfd^rift; feit 9lrnulf
tarn bcr 0'leid)öapfel baju; bic Dttonen
^aben ein ^albcß ßeibpücf mit 2)iabem,
@(i)ilb unb Sanje; feit Dtto III liefen
ftc^ bie Äaifer a\i ganjc ^igur abbilben,
auf bem 5l^rone ft|enb, mit iReid^^apfel unb
©jepter ; biefe^ ©iegel blieb aU ÜJlajeftdtö«
ftcgel feitbem bie JRegel. 5llö Äanjleiftegel
bientc bcr Df^eic^öabler. jjür^en unb
©rafen liefen ftd^ ju (Pferbe mit @^ilb
unb ^a^ne abbilben, mobei tai 6(^itb
oft ein Signum trug, ober fic füt)rten hai
@cf)h)ert; t>ai fmb bie f. g. SR citerf iegel;
^ufficgel fmb fetten, bann aber jietß
9C^arnif(f)t mit bem 6(^ilb aU Signum.
2)er niebcre 5IbeI trägt erjl nac^ bem 14.
Sa^rl^unbcrt einen -f)elm in ben Siegeln.
S)ie ©täbtcfieget äeigen hai 93itb be«
©c^u^^eiligen, ein ©tabt^or, SRat^au^,
©tabtfird^e unb bergt. Über bie päpfili^en
S8utt,enficl)eben5trtifetQ3utte. Sifct^öfc
unb Qibte, tiefen ftc^ biä jum 11. 5at)i=
I)unbcrt in runbem ©ieget mit falbem ßeibs
pd, ben |)irtenfiab unb ein 5ßuc^ in ber
^anb, mit einer ben SRamen tragenben
Ueberfct)rift, bann |i|enb auf einem J^rone
abbilben. S)ae Äircf)en* ober Äonoentäs
frcgct trägt ben 6(^u^t)ciligcn. Qln roelt*
ticken Urfunben t)ängen foDicI ©iegel, alö
*Pcrfonen bei bem iRecf)tögef(^äftc beteiligt
ftnb, ba^er man Urfunben oon 300 unb
mef)r ©iegeln t)at; S^Uflcn Rängen crfi feit
bem 15. 3i^i^uribert bie ©teget mit an.
©fa^pulier nannte man ein mönct)ifc^eö
Äleibungöfiücf, ia^ einer Sunifa ät)ntic^
fa^, ctma^ fürjer atä bicfe, Dorn gef($toffen,
fiatt ber 5trmet mit weiten airmf(i)li^en
»erfetjen. 2)aä ©faputier mürbe fpätcr
Borjugämeife nur nocb bei förperlic^er
5trbeit getragen unb ba^er auf beiben
©eiten meit aufgefcfitiM. ©eit bem 12.
3at)rt)unbert ftnb 95orber= unb SRüden-
jireifen burc^ ein Duerbanb oerbunben,
bic ©eiten aber für ben 5lrm ganj frei.
©onnner unb Sinter. ^Diejenige iRatur=
erfdjcinung, mct^e mie feine anbere jur
SDJpt^cnbitbung beigetragen t)at, fpicit nocf)
tt)ät)renb bcä ganjen SD'littelalter^ , batb
mebr mptbifd), batb me^r attegorifcJE), eine
mefentli(i)c Siollc in ©itte unb Dcnfart
bcö Sßolfeö. 5lm ©onntag ßätare, ju
SKitfaften, murbc namentU»^ am SR^cin
ein SRingfampf {mifc^cn ©ommer unb
Sßinter aufgefüt)rt, wobei jener in ßaub«
merf, bicfer in ©trot) unb SWooö gefteibet
mar; bcr SBinter untertag unb mürbe
feiner ^ütle beraubt. S>ie babci »erfam*
mette mit meinen ©täbcn ttcrfe^cnc Sugenb
fang babei: ftab auö, fiab au«! (jiaub*
aue!) jiecbt bem SZBinter bic Qtugen auö!
©(^on früb entwicfette ftd^ bicfer 2tufjug
jum aufgeführten ©cfpräcf) , in meld^em
in ßiebform beibe ©treitenbc bie ©rünbe
jur SBcrcc^tigung t|reä 2)afeinä im mo^I«
gcorbneten ^al)itilau^i bartt)aten. S)cr
ättefie erl)attene ootfömäfigc Scyt auö bem
dnbe beä 16, 3a^r^unbertö, beginnt:
©ommer.
^eut ifi auc^ ein jxb\)liä)ii Jag,
baf man ben ©ommer gewinnen mag;
alle ir Ferren mein,
ber ©ommer iji fein!
2Ö t n t e r.
©0 bin i^ bcr 2Bintcr, ic^ gib birö nit redfet,
0 lieber ©ommer, bu bijl mein fned^t!
alle ir Ferren mein,
ber aCßinter ifi fein!
©ommer.
©0 bin ic^ ber ©ommer atfo fein,
ju meinen äciten ta wec^fi bcr Wein;
aÜe ir Ferren mein,
ber ©ommer ifi fein! u. f. w.
S)te brei testen ©tropfen feigen:
2Ö i n t c r.
0 lieber ©ommer, beut mir bein ^anb,
wir Wollen jie^cn in frembbe lanb!
alle ir Ferren mein,
ber ©ommer ijl fein!
©ommer.
5ttfo ifi unfer frieg »olIbracf)t,
gott geb euc^ allen ein gute nad^t!
alle ir ficrren mein,
ber SIßinter ifi fein!
2ß i n t e r.
3r f)erren, ir fott mi(^ xtä)t ocrfian,
ber ©ommer bat has befi getan;
alte ir f)crrcn mein,
bcr ©ommer ifi fein!
SDJan ^at aud) Dcrfdji ebene, me^r funfi«
mäßige Bearbeitungen beS Zi^tmai, tatei«
nifd)e auä Äarl^ b. ®r. Qät, altfranjö»
fifc^e, mittett)oc^bcutfd^e, nicberbcutf(|e,
au* eine »on $anö 'Bai^i; in einer ©t.
©allifd^cn Urfunbe »om 5a^r 858 ftnb
Söintcr unb ©ommer bie 9iamen jmeier
Srüber. Ginc fpätcre ^orm biefeö iffietts
fireiteä ifi bic, t>a^ bic ©cwäc^fc, wetd^c
fonfl nur iai bejeidE)ncnbe Seiwert ^er«
Icif)en, fctbft unb perfönlicE) bic Oegner
ftnb; fo fielen in einem engtifd^cn ßieb
©tcc^palmc unb (Sp^cu, in bem befanntcn
©onctt — ©pictc
631
feit bcm 16. 3af)rl)unbcrt »erbtciteten bcut=
fdt)cn ßiebc Suc^^baum unb gelbingct
(SBcibe) cinanber gegenüber. U ^ I a n b ö
©cferiften, HI, 17 ff.
©owctt, flammt auä Stauen, mo bic
älteficn biefer ©tropfen »ermutlic^ um
1200 entfianben finb; c« befielt auö jmci
»ier* unb jtDci brciäciligen «Strophen; bie
»tctjeiligcn l^abcn benfclben iRcim, fo jttjat,
ia^ bic bciben inncrn 3^'^«" """ ^f"
■beibcn äußern umrahmt werben; bic brci*
jeiligen Strophen jtnb in bcr Sflcgel Zn>
jincn. ?Jad)bcm S)ante unb Petrarca biefc
^orm jut f)öc^ften SSoQcnbung gebtad)t,
tarn fic nad) gronfrcicfe, (Snglanb, Spanien
unb Portugal, unb burcf) 2Be(f{)erIin unb
Dpi^ nad^ 5Dcutf(ä)Ianb , mo man fte
^linggebtt^t pie| unb alö iBer^ bcn
Sllcyanbtiner tt)ä^Itc; bcfonberg ^a\xl
^lemming t)at fcftöne ©onctte gcbiditct.
6eit bcm Untergang bcr fct)lcftfd)cn 2)id)=
tctfd^ulcn {)örtc bie Sorlicbe für baö
6onett für einige Qdt mieber auf, biä
93ürger unb bie SRomantifer fie neu belebten.
©^)cer, ftet)e ßanje.
S^jicgcl , au^ tat. specnlum , Don
®laö fannte baä ^Utertum nic&t, mo^I
aber foId)e auö blanf polirtem Wctall,
JBronce, @tat)I ober Silber. 35aei ®laö,
in feiner ißermenbung ^u %tn^ix\d)iibm
f(i^on Idngft befannt, fam in biefer (gigens
fd^aft nic^t x>ox bem 12. ober 13. Sat)^'
^unbert jur ^Inmenbung unb jmar in
fleinen mcifi runben, jicrlid) gefaxten
^anbfpiegeln, bic namentlich oon J^raucn
um bcn ^ali ober am ©ürtel getragen
tt)urben. Qln bcr ©teüc beä Quedftlbcrs
beleget finbet ftd) ein 5lufgu§ »on SIci,
3inn ober ^arj. ©a^ D-uerfftlbcramalgam
fam ju (Snbe be^ 16. 3a^r[;unbertä auf,
unb babur(^ erhielt bcr ©laäfpicget erft
feine 33orjüge, burd) mei(ä)e er bcn 3Dte-
taüfptegcl »erbrängte. 2)od) ^ielt er ftd),
»aö feine Qluöbetjnung anbelangt, nod)
immer in fe^r bef(i)eibencm üJlagc, benn
©laötafcln »on mebr aU 2 ^uf ©eitc
gu ma(^en njar noc^ eine Unmöglicftfeit.
Qln bcr Umrahmung aber mürbe nicfttö
gefpart, in @(f)ni^erei, SD^iarqueterie , 2Re=
taüarbeit, Semalung, 23ergoIbung unb
Einfügung t»on föfilic^en Steinen.
2)er Spiegel ifi ta^ ©pmbol bcr
Sclbfiprüfung, be^ Oemiffenö, baf)er bic
Sittenprebiger i^re Söerfe gern nad) bcm»
felben benannten: Sac^fcnfpicgel, @d)ma*
benfpiegel, ßaienfpiegel, ^eilöfpieget, Spie»
gel beutf^er ßeute, Ätagfpiegcl , Spiegel
ber iRf)ctorif, IHittcrfpiegel, Specnlum hu-
manae salvationis , Speculnm morum,
Specnlum puerorum, Speculnm univer-
sale. 3n ber SRcnaiftancc mirb ber Spie»
gel ba^ (Smblem ber a[Bat)rt)eit. 9}gl.
Sffiacfernagel, fl. Sd)riften, 93b. 1.
Ueber bie Spiegel im *KitteIalter.
©^Jtcle fmb ntc^t minber aU SBobnung,
Sfia^rung, .RIeibung, !Recf)t, ©räic^ung,
Äampfmcife u. f. m. ein natürlid^cr unb
mit ber (intmicfclung ber ÜJJenfe^en unb
93ötfer med^felnber Qlu^brud bcö niebern
unb ^öfjern ßeben^ unb cö märe »on
I)o^em Sntereffe, bie ©ntmicfelung cineS
SSoIfeg im ßiditc feiner Spiele nad)äus
meifen. I>a bic Stac^ricöten über biefen
Stoff nur fpärlid) fein fönnen, muf man
ficf) t)icr mit menigen Jtotisen unb 51n*
beutungen begnügen. Sor 51C(em ifi im
*Muge ju behalten, ba^ ber SRatur bcr
Sad)e nac^ Spiele ber 2wgenb unb ber
®rmad)fenen, ber Scanner unb bcr grauen
ju untcrfcf)eiben ftnb; erfi menn fid) ge»
miffe Stäube auö bcr 5ingemeinl)eit bcr
SeüölEerung auöfd)eiben, tann man eon
befonberen Spielen foldier engern Greife
fprec^en, roie eon Spielen ber SRittcr, ber
Stäbter, ber ßanbefncd^te, ber Stubenten,
ber Scf)ultinber, bcr Sauern. 3" unter»
f(^eiben ftnb bann Spiele im ^yreien,
meldte bcm SBec&fel bcr So^'^f^ä^it angc»
l)ören, namentlid) gi^üfilingöfpielc , bic
größere Ärcife t>on 3;cilnef)mcrn umfaffen,
unb Spiele beö ^aufeö, bcren 2;^cilnet)mer
biö jur 3it)l itt>ei ftnfen fann, jene bc»
fd}äftigcn mebr bcn Äörper , biefe bcn
iBerfianb. 9?ur im meitern Sinne, obglcid^
fic mit SRcc^t benfclben SRamen Spiel
tragen, gef)ören ju bcn Spielen, bicienigen
Spiclbcfc^äftigungen, beren Übung ftc^
mit ber 3«it äu einem eigentlidien Serufe
auägebilbet ^at, moju bie ü)?uftf, tai
©(^aufpicl unb bic niebercn Spiele bcr
Seiltänjcr u. bgl. jäblen ; ba^cr ber
im SOiittelalter fo öiel oerbreitete Stanb
bcr Spielleute, »ergl. fat)rcnbcö
95 0 l f .
*}luö altgermanifc^er 3eit ermähnt
2:acitug (Sermania 24 be« Sc^mert*
tan je«: Städte, junge iülänncr, fagt er,
fülnen biefei^ Spiel auö, inbem fte tanjenb
jmifc^en Sd)merter unb brol)enbe Speere
bringen. Sicher ifi, bafi auc^ anbcrcr
Sanj ben ©ermancn nid)t fremb mar;
il)m fam aui^ eine mefentlic^e JRoKc bei
ibren ©otteöbienftcn ju. Spiele bcr
üJJänner maren tai Steinfto§en , Speer»
fd)ie§en, iffietttaufen; bie (Erinnerung an
fte ifi im SBcttfampfe jmifc^cn 93run^ilb
632
©piclfarten.
unb ©untrer erbalten, Qluc^ ia^ Äc*
9 e l n (fic^e tiefen 5lrtifel) fd^eint fe^r
alt ju fein. 5lu§erbem eth3al)nt Slacituö
an bem genannten Orte baö ÜBürfel«
fpiel; ber ©crmane betrieb bagfelbe bei
Böüiger 3iüc^tern^eit aU ein crnfi^afteji
®efc^äft mit folcfjer ßeibenfd^aftlicftfeit
bei ®ett)inn unb Serlufi, ta^ er, wenn
fonfi atleä eerloren fei, ^reif)eit unb ^er«
fon auf ben leisten SBurf fe^te.
211^ mit ber Sölfermanberung bie alt=
germanifd^e Sitte aümälic^ in bie beö
SWittelalter^ überging, teilten ftd^ bie
©piele in bicjenigen bc§ ßanboolfcö unb
biejcnigen ber t)öpfä)en Äreife ; ia^ ßanb«
Bolf t)ielt metjr an ben offenen (Spielen
feji unb an benjenigen, meldte ber SBanbel
ber Soflte^icit mit fii^ braute: ©tein=
fielen, ©pringen, Regeln, Steigentanjen;
ben gro§en unb tleinen ^öfen fielen bie,
in i^rer Qlrt umgemanbelten Äampffpiele
ju, bie ftdb mit ber 3eit ju ben eigent»
ticken (Rittcrfpielcn, S^jofi, 33ul)urt, furnier
entmictelten ; aud) bie galfenjagb erhalt
ben Dramen vederspil. 2)ie Qluebilbung,
jum Seil auc^ bie SJZamengebung biefer
©pielc jeigcn franjöfifdE)en ®influ§, maö
namentUd) auc^ com |öfifcben San je
(ftebe biefcn Qlrtifel) gilt. ^\xä) bie erft
je^t auftrctenbe klaffe ber ©pielleute ifi
unbeutfd^en Urfprungö. Unter ben offenen
©pielen namentlid^ ber weiblichen Sugenb
bürgerlicher Greife erfci)eint im SOJittel»
alter juerfi unb bann fe^r oft baö ö a 1 1 fp i e l
(fte^e ben bef. ^Irtifel), auö bem 4. 3at)r»
^unbert pammt bie erfie 9'Jacf)rict)t com
IB r et t fpiel, welc^eö feit bem U.
Sa^r^unbert mit bem ©(i)a(i)fpiel
t>ai beliebtejte Sßerftanböfpiel pfifc^er
Ärcife mar. 2)aneben ging, niebriger
©pielteibenfd)aft am meifien genügenb, baö
alte SBürfelfpicl, ia^ freilid^ »on
geij^lid)en unb meltti(ä)en Obrigfeiten Diel
»erfolgt mürbe ; Otto ber ®ro§c »erbot
c^ ben ®eifili(i)en , ^ricbric^ IL feinen
93eamten.
2)er S^arafter beö ©pieleö in ber,
ber ^öfifc^en ßäi nac^folgenben $eriobe
mttb befiimmt einerfeitö burd) bie auc^
im Spiele mirffame ^ffojiation, anbern*
teils bur^ bie milbe auögelaffene unb
raffinirte 3lrt, mie man ba« ©piel betreibt.
2Bäbrenb bie länblic^en ©piele ot)ne
3n3cifel bie ältere 5lrt beibehielten, trat
namentlid^ in ben fidbtifc^en ©pielen ta^
©pielen um ®clb in ben ißorbergrunb,
wie man auS jat)lreic^en bagegen gerid^*
tcten 9flatö»erorbnungen erfennt; eä mürbe
um (Selb geregelt; in g^anffurt a. ÜÄ*
beftanb »on 1390 big 1493 eine SZBürfeU
©pielbanf, bie t>on ber ©tabtbe^örbc
felber betrieben mürbe, mie benn über«
i)aupt tai 15. 3at)r|)unbert aU bie ©lüte»
jeit leibenfcl)aftlidben ©lücföfpiele« gilt;
ber fprebiger (Sapifiranu^, ber öffentUd^ bie
©pieler ermahnte, t^m Äarten» unb ©piel*
breiter jum SBerbrennen ju übergeben, foü
allein in Dtürnberg 3640 Spielbretter, über
40000 2öurf el unb „Äartenfpiele of)ne 3a^l"
uernict)tet ^aben; Äartenfpiele bilbetcn
fe^t einen bebeutenben ^anbelSartifel.
^örmlid^e ®piel|iuben mürben einge«
richtet, beren S3eft^er ®df)olberer ^ie^en ;
auc^ an 55alfdl)fpielern fehlte e* nid^t.
SJiefem nieberen ©picljuge geprt auc^
taii 8otteries©pieI an; baSfelbe fam
in Stallen auf, mo eö barauS entfianb,
ha^ Äaufleute, um fdt)nell unb mit 33or«
teil ju »erfaufen, jebermann gegen ein
fleincS ©tücE (Selb eine il^rer DiJummern
jiel)en liefen, auf benen il)rc SBaaren ücr*
jeid^net maren. 3" 3)eutf(i)lanb i)ii^ man
tai Spiel ben ©lüct^bifen ober
® lücEStopf; in Statten mürbe eö ßotto
(ßooS) unb feit 1522 ßoteria genannt.
*itnfänglicb maren ti immer Sßaaren,
melcf)e auf biefe 5trt auägefpielt mürben;
fpäter mürben ©elbpreife barauö. 3n
2)eutfdt)lanb mar ber (SlüdEö^afen f^it «t""^
1470 an ben Sct)ü^enfeften gebräud^lic^,
mo auä) bie uralten SBolEöfpiele Stein«
fto|en. Springen unb SBettrcnnen gegen
*Preifc geübt mürben. Sonfi mürbe biefeö
Spiel lange blo§ für milbtt)diige S^cdte
gemattet unb ausgeübt. Siebe Sc^ul^,
böfifcf)eg ßeben I, 5lbfc^nitt VI; 2Bein«
bolb, beutfc^e ^^rauen, 2. a.ufl. I, 107 ff.
^riegf, Sürgerlcben I, <abfdt)nitt 19:
bie öffentlichen SBergnügungen unb ßuji«
barfeiten, unb bie befonbercn 3trtifel 93rett«
fpiel, .Regeln, Äinberfpielc, Sd^ac^*, Stanj«,
unb Sffiürfelfpiel.
©^)iclfttrtcn, fennt man bei uni feit
bem 14. 3abrbunbert, mo jtc juerfi in
einer b'tnbfdjriftlicben 6,bronif beä 3^i?o«
lauö üon Saüelluäjo ermähnt merben, mit
ber Semerfung, ta^ fle 1379 in Söiterbo
eingeführt morben unb jmar ani bem
ßanbc ber Sarazenen. Sie flammen mabr«
fdbeinlid) auö (j.l;ina unb 3nbien, mie baö
Sdbad)fpiel, ia fxe fc^einen au« biefem
beruorgegangen ju fein burdb Uebertragung
ber Figuren auf einzelne iölätter ober
3:äfelcf)en. 2)ie ?lraber fannten tai Spiel
fc^on im 12. 3abrbunbert unb con bort*
ber bradbten eö bie Äreujfabrer in'ä
©picticute — ©poren.
633
Qlbcnblanb, junäc^fi nad) Stallen, wo eö
längere Seit ni(i)t rec^t auffommen tt)oEte.
«Mbcr f(^on 1387 crlieB Johann üon
©oftilien eine 93crorbnung , mortn er bie
Sßürfel, tai ©d^acf) unb bie harten
(naypes, oon bem arabifcf)en naib, b. !)•
Dffijter, Jgjauptmann abjiammenb) unter=
fagtc, unb 10 ^ai)n fpätcr »erbietet aucb
bcr iPreuot oon $ariä ben ^anbnjcrfern
iai SJßiirfcI*, Saü^, ^ugel^ unb Äegel.
unb cnbli^ auc^ baö Äartenfpiel. (Sr^
laubt bleibt eö nur an Feiertagen. *21n=
fänglic^ I)ielt man fid^ tt>ofiI an bie ur=
fprünglicbcn orientalifdben f^iflui^fn unb
Benennungen , biä in ^ariö jur Erwei-
terung bcö gcijicöfranfen Äönigä Äart VI,
ein bcfonbereö ^artenfpiel gemalt njurbe,
worauf iii gegen bie SWitte be^ 15.
3al)rt)unbcrtö in %xanhiiä), Spanien,
3talicn unb S)eut[(|lanb bie Äunfi beö
„Sriefmalcnö" Pc& eigene SBcge gebrod^en
^attc unb baburd^ iai ©picl ntcbt blo§
in allen feinen 95ejiel)ungen erweitert,
fonbern audb jum beliebteren ®efellf^aftö=
fpicle würbe, tai alle obrigfeitli(I)en ßr«
iaffe nic^t mcl)r ju entfernen eermocf)ten.
fWad) i^ren i^arben unb 5'9urfn teilen
ftd^ bie ©pielfartcn in brei ©ruppen.
1. SDie franjöftfc^c mit ben jjarben couleur
(englifc^ heart), tr^fle (englif<^ clab),
carreau (englifdl) diamond), pique (cnglifd)
spak); 2. bie italienif^en unb fpanifcf)en
mit ben Pier iJarbcnamen cupi (93ecl)er,
coeur), denari, (SWünjen, trefle), bastoni
(«Stöde, Stäbe, carrean), spadi (S)egcn,
piqne); 3. bie beutfc^en unb bie nor=
Eiferen, beren »ier ^ai^ten SHot ober^erj,
@rün ober 33lätter (Spaten, @(i)ippen),
6i(f)eln ober Äreuj unb Schellen ftnb.
Sßrgl. Äriegf, 5Deutfcf)cä ©ürgertum, I.
432 unb Sitclbcrger in ben HHtteis
lungen ber f. t. Sentralfommiffion, SlUen,
1860, V, 93—102. 140—147,
©^jiellcittc, ftebe fa^renbeä 23olf.
©Jpinnrökr fcnnt man feit 1530, in
rocld^cm 3«l)te fic burc^ ben 93ilbfc^ni^er
Sodann Jürgeö in Söatcnbüttel erfunben
würben, ©efponnen würbe jwar fc^on
im Qlltertum, jebod) nermitteljl ber Spin =
bei, bie erfi ju ber oben genannten ^iit
burd) bie Spule erfe^t würbe.
S^ji^en alä Selben^, Baumwollen* ober
ficinengewirfe Waren im frül)eren 3ö?ittel=
alter fe^r feiten. 3Me Äunfi beö Spi|en=
flöppclnö würbe um 1536 Pon Sencbig
aui nacl) ber Sd^wcij unb naä) SJeutfc^«
lanb ferpflanjt, unb bamit fanb au^ bai
(Probuft balb eine allgemeine Verbreitung.
Gpottn* 6in ritterlic^eö notwenbigeä
unb allgemeine^ JRüfipcf fdf)cinen bie
Sporen (altl)b. sporo , sporon; angelf.
spora, spura; norb. spori ; franj. eperon,
engl, spur) crjl im 12. ^a^rljunbert
geworben ju fein, obfct)on pe fic^ in
Siebern, Silbern unb SBappcn oiel Weiter
l)inauf nad^Weifen laffen unb fol(ä)e au^
ben ältejien frän!ifcf)cn unb burgunibifc^en
©räbern 3)cutfdf)lanbö unb ber Scf)Weij
ausgegraben werben. 3)er SRitter trug
einen Sporn unb jwar am linfcn ^^u^i,
Wol)l um bem 3io§ ben 2)rud nai) rccf)tä
jur bewaffneten ^anb be« Ocgnerö ju
geben. 3)ie Silber jum SRolanbelieb jeigen
boppeltgefpornte SRitter, niele SRciterfpicgcl
einfad)gefpornte unb bie mebrfad) genann*
ten Seppic^e »on Sßapeuj; laffen bie Tlti)X'
jaljl ber SRitter o^ne Sporen auftreten.
2Bo aber folcf)c »orfommcn, ba ftnb ti
einfac[)e. Wenig auä bem ißügel ^eröor«
ragenbe StadE)eln »on nicf)t fe^r fiarfem
ßifen. S)icfe Sta(i)elfporen baucrn fort
bis inö 15. 3«l)vWunbcrt, Wenn and) me^r
auSna^möWeife , benn bie SRäberfporen
Ratten fte auä bem allgemeinen ©ebraud^
»erbrängt, ©iefe würben mit jicrlid^cn
Sorten über ben Sifenfd^u^ gefdjnatlt ober
gebunben unb waren, jumal wenn tai
^fcrb in einen Sifcnpanjer gel)ütlt war,
»on beträd^tlid&er ßänge (bis ein %\x^).
3ur Qiit bcr l^lattenrüfiung würbe ber
Sporn unter ben ,5u^fdl)ienen getragen unb
ragte auS einer Spalte ^er»or.
3n bcr Slütcjcit beS JRittertumS Ratten
bie Sporen wie ber ^anbfd^ub aud^ i^re
ft)mbolifcf)e Sebcutung. S)er Übcrwunbcnc
gab bem Sieger nebji feinem regten ^anb?
fc^u^ aud^ ben reci)ten Sporn, jur Söcr«
ft(^erung, ba^ er bie ferfprod^cnen ©c=
bingungcn crfüUen wolle. ^ontuS .Reuter
erjäl)lt, ta^ nod) im ^a\)x 1382 in ber
Dberfirc^e gu 6,ortrt)dWt 500 ^aar golbcne
Sporen gelegen pttcn, bie man 1302
ben granjofen bei ©röningen abgenommen,
knappen trugen l)öd[)|ienS füberne Sporen;
bie golbenen jcicfencten ben JRittcr auS.
Sie würben i^m bei ©rteitung bcr 9f?itters
würbe non einem anbern SRitter ober »on
einer S>amc umgcbunben, juerji ber linfe,
bann bcr redt)tc. ®ic 2)amc erteilte i^m
babci bie ©rmabnung, ta^ bie Sporen
it)m nic^t bto« baju bienen folltcn, bai
*Pferb anjutreiben, fonbern fte follcn ibn
liauptfäd^lict) erinnern, ta^ Sapfcrfeit unb
ei)re bcr cinjige Sporn ju eblcn I^atcn
für i^n fein foUen. S a n » ÜR a r t c ,
SBaffcnfunbc.
634
©ptic^iDöitet — ©tabtbcfcftigung.
©^Jrit^tDJJrter, m^b. ein altsprochen
wort, aldez wort , alter sprach , Sprich-
wort, altez Sprichwort, unb bergicicfjen,
ftnb uralte ^orm ber Sßolfötüeiö^eit, ur=
fptüngli^ in anitcrierenbcr ©efialt, bie
ft(f) in »iclen gällen erhalten f)at, fpäter
in ^rofa ober mit (Snbreim; fd)on frül)
gefammelt , bilben jte unter anbcrem
einen lucfentlic^en Q3efianbteil »on 5rei=
bonf^ i8efd)eiben^eit; fleinere ©ammlun*
gen jlammen quo bem 15., umfaffenbere
a\xi beml6.3at)rl)unbert. SDie bebeutenbften
unter ben fetjr jat)Ireic^en «Sammlungen
jtnb: Sofianncä 2lgricoIa »on ©iö^
leben, 1492—1566, juerji nieberbcutfd)
1528, bann 1529 fjo^beutf* unter
bem iitel: S)ret)t)unbert ®emet)ncr 6pric^s
Wörter, fpäter auf 750 »erme^rt, mit
Qluölegungen „bie meifien« fe^r neben bem
©inne ^erge^en." — ©ebajiiangrand
Bon I)onautt)ört^, etnja 1500 — 1565, geijis
üoUcr in ber ?luölegung ber ©pric^wörtcr
unb reichhaltiger; feine ©pric^iüörter er«
f^einen juerfi 1541. ©öbefe, (Srunb-
ri§ I, § 103, ^ini^txlt, bie bcutf(i)en
©pridjwörter im ÜHittelalter. 2Bien, 1864.
©<)tU(5- 3n ber pfifd)en 2prif be-
nennt man mit biefen S^tamen feit ©im«
rocf im ®egenfa^ ju Sieb unb Seid) bie
cinjeln jie^enbc, meifi größere, auö
langen 23erfen bejiel^enbe, mand^mal bem
®efe^ ber S)reiteiligfeit nic^t unterworfene
©tropf)c, bie mel)r gefagt aU gefungen
würbe; wenigfienö unrb bei i^r nir«
genbö muftfalifc^er Söegleitung erwälint;
ber (Spru(^, ber ftc^ erjl aüma^Iid) com
gefungenen Siebe löft , bient befonber^
potitifci)em, gnomifdiemunb fatirif(i)em3n«
^alt unb nimmt ba^er um fo me^r ju, al^
bie l)oc[)gefpannte , religiöfe unb bem
^rauenbienjl gcwibmetc Smpfinbung ab^
nimmt. 25ic bebeutenbfienSprüdje flammen
Don 2ßaltf)er »on ber SSogcIweibe.
3n anbercr Sebeutung erf^eint
© p r u d^ ale ^amt einee gcfproct)enen
©ebic^teä bele{)renben 3nt)alte0, unter
Umflänben eineä ©ebic^tee in [Heimpaaren
übert)QUpt. Sol^e 2)icf)tungen löfcn fic^
langfam feit bem 12. 3''l)i^unbert Don
ben epifct)en Dichtungen ah; im 13. 5a^r«
^unbcrt am 2lbfd)lu§ ber Sßlütejeit ber
^öfif^en Dichtung fielen bie brei be=
rüi)mten ®prucf)gebi^tc ^leibanfö 93 c«
fct)eibent)eit, ber 2öelfc^e ®ap
be« 3:t)omaftu0 üon 3trflar unb ber
SR e n n c r be« ^ugo »on Srimberg.
Söon biefer 3eit nimmt mit ber 21bna^me
ber erjä()lenbcn Dichtungen biefe gereimte
©pruc^weiö^eit bi« anö (Snbc be« ÜJiittel«
altera fietig ju ; ber SB i n ^ b e f c unb
bieSßinöbcfin, Se^rcn u. Ermahnungen
cineö abeligen SBater^ unb einer abeligcn
SWuttcr an ®o^n unb Doc^ter entl)altenb,
gef)ören noii) ber guten 3£it an. So treten
bann S^ierfabeln , fleine tt)cltli(f)e unb
geifilid)e, mdrc^enfiafte unb aüegorifd^c
©rjä^lungen in biefen Äreiö; nad| einer
5ßaufe erfc^eint am ®nbe iti 15. ^a\)X'
f)unberts ©ebajlian Sranbs 9? a r r c n «
fc^iff, mit feinen SJiad^al)mungen (urgl.
ben 2lrtifel SR a r r c n t u m) , biö enblic^
bei^an^ 6a^g aüe« <Spru(^ ^eift,
Was Weber gefungenes Sieb noc^ gefpielte«
Drama ift , mag e^ nun im befonberen
ber (Srjät)Iung , ber ^lUegoric , bem Sob«
fpruc^, bem ©d^wanf, bem ®efprac^,
bem jraum :c. angef)ören. 3n biefelbc
Äatcgoric gct)ören cnblic^ bie ja^Ilofe
SQJenge »on Sinjelfprüc^en, welche in
biefen 3<i^i^^un^«ten ber Se^r^aftigfeit
überaQ angebratit würben , an Käufern,
SBrüden , auf ©d^Wertern, Jru^en , auf
SBappen, ®Iaäs, unb anberen ©emdlben,
®Iäfern, pumpen , trügen, Saljgefä^en,
Öfen , K.
©tob. Ülbtfiab, g3if(^oföflab, Ärumm«
jiab , ftnb Qlbjei^en fird^Iicfcer üümter.
21ber aucf) untergeorbnete Äird^enbiener
trugen i^n, fo ber 95orfängcr ben .Kantor«
fiab unb ber Äirt^enbiener ben bäton de
bedeau. 2luci) bie weltlicbc ^errfc^aft be«
bicnte fic^ neben bem ©cepter bcö (Stabc^.
©tabtficfeftigung. Über bie ältefien ©tabt«
befcüigungen in Deutfc^Ianb fmb nur
wenige ?iotijen enthalten, einjelne Daten
fmb: fürSDiaina 712 unb730; SRegen««
bürg 734; Äöln 716, bie Srücfe 789;
SBorme 897; 985 wirb eine fepe Surg
im 3nnern ber ©tabt erwähnt; ^xant-
fürt a.Tt. jiammt aus ber 3eit Subwig^
Deö gf ommen ; Strasburg wirb 'iln«
fangä i>ti 8. 3af)r^unbertö jum erfien ÜJJal
erweitert, jum jweitenmal im 13. ^ai}Xf
^unbert; Slug^burg l)at jur 3cit ber
Ungarnfd)Iac^t 955 eine SJiingmauer;
Stürme erl)ält eo erji na^ ber ©d^Iad)t;
©t. ® a 1 1 c n wirb 953 befepigt unb foH
13 Sürmebefommen^aben; ^ilbeö^eim,
wirb 993 mit 3Wauern unb lürmen Der«
fc{)cn; über bie Don ben fäd^pf^en Äaifern
befePigten, Orte, jte^e ben Qlrtifel 99 u r g.
99aulid)e Überrcfie ftnb öor bemU. 3a^r«
^unbert feine ert)alten ; eö fd^cint, ta^ ben
meinen ©tobten eine mä§ig bide unb
t)ot)e in ©tein erbaute SHingmauer, hinter
einem breiten, womöglich 9Baffcrgraben
Stabtbefefiigung.
635
genügte. 2)ie Sewac^ung unb a5ertcibi=
gung war fo unter bic »erfc^iebenen
Älaffen ber Sefto^ner »erteilt , ia'^ bcn
(ginjelnen be^immte ©trecfen ober getüiffe
Sürme jugcJniefen rcaren. ^m 11.
3a^r^unbert war bie Sebcutung ber
©täbte alö fejtc *piä^e eine wefentlid^
erl)ö^tere ; ftc bienten aU ©ammelplä^e
ber |>eere, auä) ber Äird)en= unb SRei^ö«
»erfammlungen ; bie Belagerungen, t>on
benen berichtet wirb, Sffiürjburg 1077 unb
1086, 2tug«burg 1081 unb 1087, Olegenä»
bürg 1086, SDJarburg 1105, Äöln 1116)
waren meiji »ergeblii^. Qluc^ a\xi bem
12. Sa^r^unbcrt ftnb bie Überrefic pbtis
fdper Sbefefligungöbauten noc^ [pärli^ ;
i^re Elemente finb ©raben, SRingmauern,
Sürme unb SBor^öfe. 5£)er 2iuffcl)Wung,
bcn im 12. unb 13. 3al)r^unbert ber
SBurgcnbau in ^Jolge ber Äreujjüge nat)m,
tarn halb auc^ ben beutfd)en ®täbten ju
gute; er ging ^anb in ^anb mit bem
fi^ entwiäelnben 93ürgertum unb ben
3ünften unb bie legieren bientm juglei(^
olä militärifc^e ©lieberungen, fowol)l jur
Sefe^ung, al^ jur Untertialtung unb ©r»
neuerung bcpimmter Seile ber UmWatlung.
5Da baute unb fcf)mücftc benn jcbe 3""ft
nad) i|)rem Sinne, toai manche fcitfame
Qlnlage ergab; auä) il)re Stamen befamen
gewijjc Seile beö SUJauergürtelä con iörcn
3nnungen, wie Säcfert^or , Sc^neiber^
brüde. iÖefonbereOlufmerffamfeit cerwanbte
man auf bie S^orburg, baöPropugna-
culnm, iai übrigen^ nicfet bloß Der=
teibigen, fonbere auc^ bie ilJiac^t unb hai
5ln[e^en ber ©tabt repräfentieren foüte.
3n golge beö feit bem 13. 3a|)rt)uns
bert junel)menben 5ef)bewefenö »erfa^ man
in üielen (Segenben fogar bie 2)örfer mit
einer Sefeftigung , bie in ^i^anfen ^ain*
graben ^ie^. 2)iefelbe bejtanb auö
breiten ®räben, fiarfen ß^unen unb (Srbs
aufwürfen, bie mit ^ecfen bepflanjt waren,
glügelt^ore, weit genug, um einen ©rnte«
Wagen burd^julaffen, öffneten fic^ meifi
nur jwci 2Bcgen gegenüber. SDie ^aupt^
öertctbigung beö 2)orfeä lag im Äir^ =
|ofe mit ber Äir^e, fiel)e 5i^iebl)of.
9i[t)nU(^e Söer^ältniffe traten bei einem
Seile ber beutfd)en «Stäbte ein, c^ ftnb bie
fogenannten S)orfftäbte, bie für i^re
Sefepigungen lange Qüt inxä) auf |>olä
unb Srbe angewiefen blieben; aud) wo
bie eigentliche ©tabt mit OWauern einge^
fc^loffen war, blieben bie iBorftabte meiji
auf bie alte Sefeftigung mit ®raben unb
(Pfd^len angewiefen. S)ie (Elemente ber
©tabtbefeftigungen aber waren je^t
bie meift neu angelegten 3!Rauern in
einer $öf)e non 30—50 unb einer jDicfe
üon 5—7 gu^. Der 2öel)rgang lag an»
fang^ oben, fpäter oft in falber ^öt)c;
in ber ÜRauer waren für bie 5lrmbru|i
3 %u^ breite mit Saben tierf^licpare
genjler ober freujförmige ©d)arten, für
ben Sogen ocrtifaie unb für bie g^eucr^
Waffen runbe ©cl)arten angebrad)t. 3"
allgemeinem ®ebraud)e ijl aud; eine au^en
t)erumge^enbe , auf Sragfieinen ru^enbe
©allerie mit burd^brod^enem J^u^boben,
üon wo auö man ftebenbeö QBaffer, bren-
nenbeS *Ped) u. bgl. tjerabgie^en fonnte. —
I)ie Sürme waren 40—70 gug ^oc^;
fie fpringen biä jum beginne beö 14.
3a^r^unbert^ in SDeutfcfelanb feiten über
ben iDkuerjug uor; fpäter ru^en fte ju^
weilen alß ^albtürme erferartig auf ber
2Rauer; erP im 15. 3a^if)un^fit werben
fte jur <SeitcnbePreid)ung beö 3>^i"3£^^
über bie DJJauer ^inauägcrüdt. S)ie ^orm
ber beutfd)en Sürme ift meifi »ieredig,
nad) l)inten jumeifi offen; in ^ranhei^
bie ^orm gefc^loffener (E^linbcr. Sei ber
*}lrmierung na^m man bie -äpi^bd^er ab
unb fieüte auf ben Plattformen 2Bagarm=
brüfie, fpäter 33üd)fen auf. — Sie S^ore,
welche fietö mit ber 93rüde über bcn
©raben unb bem jenfeitö liegenbcn Srüden*
fopfe jufammenget)örigc Sefei^igungen bil*
beten, crfdjeinen alö fclbftänbige Sßcrtc
inneii)alb ber Umfaffung, bal)er mand)mal
gerabcju ©urgen genannt. Sei einer unb
berfelben ®tabt fann il;rc 'Mnorbnung fe^r
mannigfaltig fein. Die St)oröffnungcn
ftnb, offenbar um bcn fc^wcrcn ßanjen*
reitern bei Qluöfäüen ben nötigen (Raum
ju bieten, auffatienb i)oä) unb breit, weö«
t)alb fte fpäter wieber^olt eingebaut wer^
bcn mußten. 9Sor bem Sl)or war eine
Sarbigan angebracht, ein Qlufenwcrf,
ba^ bic Qluöfaüpfortc bedte unb ber Sc*
fa^ung gefiattetc, ftc^ üor ber SRingmauer
gcfc^ü^t äu fammcln; fte war üon ^olj
ober (Srbc ^ergcfieüt, feltener ani Stein,
unb mit 3"gl^tüdc, breitem ©raben unb
äußern *Pa[li'fabcn nerfel)cn. — 2)ic®rää
ben waren anfangt fel)r fd)mal unb feid^t;
ju (Snbc bcö 14. 3«^rbunbcrtö unb ju
'ilnfang tiS 15. wirb in Dielen Stäbten
ein jwcitcr ®raben angelegt. 2Rit
bem jenfcitigcn ®rabenranbc waren bic
Sl)ore burd) S rüden oetbunben, bie nad^
au^cn fo fiarf wie möglich, nad^ ber Stabt
ju ganj fc^u^loö ^ergcfieüt würben. 2)a3
Stüd ber Srüdc unmittelbar cor bem
636
©täbte.
J^ore war jictö eine betneglic^e Sugbrücfe.
SÜJeift liefen bic Srücfen fefträg auf baö
Zi)ox ju; t^r aO'iaterial mar getttöfinUd)
^elj; SrücEen mit fieinerncm Unterbau
waren wieber mit 2;ürmen befe^t. 3en<
feitä beö ©rabenö lagen bie Sarbigancn,
welcfie feit bem 15. 3a^rf)unbert gewö^n=
lief) iBoltWerfe ober Sftajieien genannt
werben; Weiter ^inauä 3äutie (?Jaliffaben-
rei^en) unb ©d^ütten (®rbwaüe), wclcf)c
eine ^rt gebecften Sffiegeö bilbeten.
OlKgemein in guropa War bte iß er«
binbung t>on SBurg unb ©tabt, feiö
ta^ ftdf) an unb um bie Surg bie ©tabt
angeftebelt, fei^ ia^ in bie fertige ©tabt
eine 33urg gebaut worbcn war. 3"
5Dcutf.^Ianb iji ber etile ^^aß namentlich
in bcn preu§ifcf)en ©tobten mit ben Orbenö^
bürgen eingetreten; bod) fommt biefclbe
©rf^einung anä) in altern ©tobten »or,
in SKünjier, Bamberg, Seipjig, ffiürjburg,
Dlürnberg, Sanbö^ut, 6icf)jlabt, Kempten,
^aüe, aWei^en. ßag bie 99urg t)ö|)er aU
bie ©tabt, fo Bcrbanb man Surg unb
©tabt burc^ eine SKauer, bte ben Serg
^erablicf unb fic^ an bie ©tabtmauer
anf(^Ie§.
©utc^ hai Qluftretcn ber geuerfd)Iünbe
War tai im 14. 3af)t|)iinbcrt ^errfd)enbe
gortififation^s©l)fiem in Unorbnung ge-
fommen, unb bie 93erfu(i^e, eä ^eräufieüen,
geben ton ber ilJiitte be« 15. biö in^ 17.
3a^rf)unbcrt. SDaä «Problem ber Äriegö»
baumeifter ifi nunmef)r: SUiöglid^feit rafan»
ter ®efcf)ü^wirfung bei iHufrecb^attung
»oüer ©icE)erbeit gegen Seitererfieigung.
3n ^olge baüon fam man üon ber
©itte, tai ®efd)ü| auf ben türmen auf=
jujietlen, ah, fd^üttete ben 2Öef)rgang ber
SDtauer mit ©rbe an unb fc^uf fo einen
ffiaügang hinter ber ÜJlauer, »on bem auö
tai ©efcftü^ feuern fonntc; ba^er ber
Stamc «Schütte, franj. rempart, con
remparer = parer a nouveau. 2)a jeboc^
ber ©turj ber gebrocf)enen SWauer in biefem
%aüt unbebingt ben ber Srbmaffe mä) fxä)
jog, wenbete man lieber eine äußere
©c^üttung an unb fc^uf einen äußern
fRieberwall, ben man mit ben be=
jiefienben SÜflauern unb Sürmen »erbinben
fonnte unb ber bie Sßeibe^attung beö
altern ©pftemeö gejiattete. illu§erf)atb ber
2;f)ore baute man jiatt ber alten Sarbi*
gane größere SoHwerfc, bie iai ®efd)ü^
aufnahmen unb wieberum mit ©rdben
»crfetien würben, ©ine bebeutcnbe (Rode
fpielten nunmcl)r aud) breite unb tiefe
(Sröben; um biefe felbji ju nerteibigen,
errichtete man an ben (äcten ber Umwaüung
im ®raben felbfi auötretenbe@treid^we^rcn.
2)ie genannten neueren Sauten, bei
benen ber SrbwaH eine grofe SRoüe fpielt,
würben bloö al^ ©rgänsungöbauten
ber mittelalterlid)en SBe^rcinric^tungen ^ers
gefiellt. 5tnberer D^atur ftnb bic funba«
mentalen JReubauten, bei wcld^cn ber
ajlauerbau ju fü{)ner Qluägcjialtung unb
granbiofen SDimenflonen gelangt. 5Die 5lbs
ft(f)t babci ifi, bie SDJauer ber gefieigerten
Sfrtinctiewirfung falber ju »erfiärfen unb
in ben untern ®ef(^offen ber SBerfe $ot)l*
räume ju gewinnen, bie bem bort auf*
gefieüten ®efcbü^ einen rafanten ©c^u§
fieberten. 2)ie SßerPärfung ber SD^auer
gef(ftab burd^ in bie 2Rauer eingefül)rte
(Sntlafiungöbogen, burc^ ©trebepfeilet nac^
3nnen unb burc^ au^erorbentUd^e ©tärfen.
^ol)lräume würben gewölbt; ältere
ffl^aueröffnungen würben nad) »erfd^iebenen
aJJetfioben ju ®efd)ü|fd)arten umge*
wanbelt. S)ie Sürme würben niebriger
unb mit größerem ©urdbmeffer angelegt,
auc^ melr nad) 9lu§en ßorgef(f)oben unb
bie 2a\)l ber ©Charten »erme^rt. S)ic
Sßatterie I)inter ben Binn^" würbe ge«
blenbet unb bann unmittelbar an ben
JRanb ber Slurmplattform »orgerüdt.
9?amentlic^ bic Qlnlagc unb ©inridjtung
ber 93afieien waren ein ®egenftanb un*
abläfftger S3erfud)c für alle europäifd^en
aSölfer; im Qlügemcinen Ratten um i>ai
3abr 1500 bic SJieucrungen im 93efcfiigung«s
wefen nod^ »orwiegenb lofalen Sl)aratter
unb eigentlid^c iWilitär*3"96"i«ure gab
eä noc^ nid)t.
eine allgemein anerfannte Sefeftigungö*
funji entwidelte fid) juerji auf bem Soben
ber italienifdien JRcnaiffance; i^icr cnt*
fianb bie balb überall angenommene 5llt«
italienifd)eS3efefiigung«weife ober
bie bafiionierte Sefejiigung, bie
man angcmeffener ^Jortififation mit
93aftionen ober ^olpgonalbefefii*
gung beiden foKte. ^laä) 5ä^nö, ®e*
fd)id^tc beö .Rriegdwefen,
©tobte. SDa« got. äffiort ber staths be»
beutet blo§ ©tätte, ©teile, iRaum, ®egenb;
bie Sebeuiung ber ©tabt wirb im ®otifd^en
burc^ bonrgs auögebrüdt; erjt im Qlltbb. be»
ginnt ftd) für iai SBort bie stat bie Sebeu*
tung Drtfd)aft ju entwideln, biö im Tlf)t).
stat neben ber alten* SBebeutung biejenige
einer über anbere im SRange gejtellten Drtfc^aft
^at. Urfprünglid) fennen bie S)eutf<^cn feine
©d^eibung ber t>erfd)iebcncn Sffio^nfi^e;
voai in ben eroberten f]8ro»injen »on römi«
©täbte.
637
feigen unb gaflif(^en ©tobten bem frän*
fifd^cm (Sebiete einocrteibt würbe, würbe
nic^t anberö aU bie öcimifd^en SJörfcr be*
^anbclt; boc^ erlangten manche jtärfer bc
cölferte Drtfc^aften immerhin eine erf)öf)te
aSic^tigfeit aH 33ifc^of«rt^, iölittelpunft
eineä ®aue^, 2Bol)nft^ eineä ®rafen, aU
fefier $la^, wo Ocwerbe unb ^anbet 3"'
flu(^t fanben, aU ®i^e Don Älöfiern,
^faljcn ber Könige unb J^ürficn, als Drte,
beren günftige 35cr^ältnif[e einen Iebt)afä
teten 23crfe^r beförberten. ®ö ifl betannt,
ia'^ |)einric^ I. Älöfier unb anbcre größere
Söo^nplä^c mit SDtaucrn unb ©raben um«
jiel)en unb mit regelmäßiger Sefa^ung
Derfe^cn tie§ (ngl. ben 5lrtifcl Surg).
3cber befefiigtc Drt, aber auc^ jebc größere
jufammentiängenbe Drtfdjaft l)ieß Surg.
Sntfc^eibenb für bie Sntfietiung einer Stabt
mar aber nic^t bie Ummauerung, bie man
auc^ bei Surgen unb Ätöjlcrn ^nbet, aud)
nic^t hai 23orf;anben[cin einer febjlänbigen
®emeinbencrmattung; fonbern bie 33erlei=
t)ungbeö9!Jiarftrec^teö nifob eineSJiieber*
laffung jur ©tabt unb bot für bie ^olge«
seit bie ©runbtagc, auf ber fid) jläbtifc^e«
2öefen im ©inn beö HWittclalterS auö=
bitbetc. Qlnlaß aber ju gefteigertem ÜJiarft*
r)tih])x bot bcfonberö ber Sefuc^ »on
^ird)en; I)ier fauftc man ein, maö frembe
^dnbler ober bie ^anbmerfer beö Drteö
barbradjtcn, unb bot bagegen ben (Ertrag
ber eigenen 2Birtfc^aft. äJlit bem TlaxiU
rechte mar für bie SBcfu^er beö SUJarfteö
fomo^I alö für bie gefamte jidbtifcfie
@inmo[)nerfc^aft ein befonberer föniglidt)er
g rieben oerbunben (oergl. ben 5lrtifel
triebe), auf beffcn iBerle^ung bie
©träfe bcö Äönigöbanneö jlanb; er bejog
M jundd^ft auf bie, »eld^c ben SKarJt
befu4)ten, fomo^t auf biefem felbfi alä auf
bem ^in= unb Stücfincge. ^tii)tn bcö
Äönigöfriebenö mar ta^ auf bem ^axtU
pla^e errid)tcte Äreuj. Merkatus unb forum
finb anfänglich gleid)bebeutenb mit oppi-
dum unb civitas. ^ür bie SWarft^errn
lag in ber SBerlei^ung beö SWarfteö ta^
«Prioileg jur (Srt)ebung »on SoH* ober
Slarftgelbern, für bie jldbtif(^e ©emeinbe
aber mar üielfa^ f(i)on mit ber Sßerlei^ung
beö 5)?arEte0 bie Immunität nerbunben,
b. l). bie Soälöfung oon ber grdf(i(J)en unb
bie Sluffieüung einer eigenen ©eric^töbars
feit über aüeSac^en, bie fxd^ auf SBerle^ung
bcrfelben belogen, über aüe *|Jerfonen, bie
an bem Drte mobntcn. S)ie iBerleibung
beö SWarfttec^teö ging urfprünglid) nur
r>om Könige ouö. 93on it)m erl)ielten cö.
jiet« nur für einen beftimmten Drt, bie
Söifc&öfe, jundd^fi für t^re ^aupfidbte,
bann mo^l auc^ für einjetne anbere 9tiebct»
taffungen; cbenfo erlangten eö einjelnc
®rafen unb Älöfier für i^re ©i^e. Dft
mürbe bd ber SBerlei^ung beä SDlarftredbtg
auf ia^ Sorbilb anberer ÜJldrfte SRücfftc^t
genommen, im ©üben auf SRegenöbutg,
ätugöburg, Äonjlanj, Sa fei unb
3üricf); in granfen auf a33ürjburg
unb Sambcrg; am [R^ein aufSBorm«,
9(Rainj unbÄöIn; weiter im SBefien auf
2;rier unb (Jambrai; im nörblic^cn
SDeutfc^Ianb auf 2)ortmunb, ©oölat
unb iUlagbcburg. ©o bilbetc fi^ eine
gewiffe gleicfimdßige Drbnung, ein 9ted)t
ber Äaufteute unb be« üJiarfte«. 2)ie be»
Willigten ÜJJdrftc finb entmeber ^ai)Xi
mdrfte, bie o^ne 3>''^6ifßt "lit bem %t^t
bcö Äirc^ent)eiligen jufammenfielen, ober
au(^ aSodienmdrfte; bie 3«itt'iuer be^
3a^rmarfteö we<^felt con jmei biä ju ac^t
Sagen, am t)dufigfien ftnb eä brei; aud^
metircre 3}JdrEtc werben in einem 3at)r ge*
jtattet. SOd^renb anfänglich bloö ber Äönig
33larftrec^t oerliet) , erri(i)tetcn fpdter, an=
fangö menigfienö mit ®enct)migung beö
Äönigö, geiftli(i)C unb melttid)e ®roße ifircr»
feitö DtRdrfte. 3)ie (5rrid)tung einei^ iDiarEte«
unb ber babur(^ bebingte iftuffc^wung con
^anbel unb 23erfe^r gaben Qlnlaf, ben
8ewof)nern ber ©tabt ober fpejieß ben
Äaufteuten noc^ mancherlei anbere 25er=
günftigungen juEommen ju laffen: 25er=
l;dngung ftrenger ©trafen wegen ©e«
brauet) »on SBaffen innerhalb ber ©tabt,
Sejiimmungcn über SWarftbiebfia^I, 33er«
günfiigung betrep Erwerbung oon ®runb«
eigentum be^uf^ ftdbtifcE)cr SBo^njldtten,
(Srlaubniö, 5tngeprige anberer ^errfd)aften
bei fid^ aufjune^men, ^reitieit oon 3ölien,
bie grei^eit, fein Söogtgcric^t außerhalb
ber ©tabt ju befucf)en.
fflaö bie Seamten ber ©tabt in ber
erficn 3"t betrifft, fo fmb biefelben burct)«
au« au«i ben ditereu 3lei^öbeamten ^cr«
oorgegangen; bie grdf(ict)e ober ®au5®c*
ricfetöbarfeit ^at ein Surggraf (ngl. ben
befonbern 5lrtifel) ober ein bifd) öf lic^ er
mit grdflid)er ®ewalt au^gerüfteter iBogt.
2)er Surggraf fc^eint urfprünglic^ ni(^t«
anberö aU ein auf bie ©tabt bcfdjrdnfter
®rafgewefen ju fein; wo ber 33ifcf)of mit
ber ^dt bie grdf[ic£)en Dfled^te an feine
Äir(^e brad)te, tritt bafür ein mit 9rdf[id)en
SRed)tcn ausSgefiatteter »om ©tfcfiof ernannter
Sogt ein, ber aber wie bie ddjten ®rafen
ben oornelimfien ®efd)Iect)tern be3 ßanbeä
41
638
©täbte.
entnommen unb bifdjöfli^er ße^nämann
ifi. Unter bem Sutggrafen ober Sogt
jie^t bcr aSertretei bc^ alten Sentenar«,
ber @c^ult^ei§ (fte^e bicfen 5tttifel);
et iji ber ©yefutor bc^ ®rafen, unb
Berhjaltct jugleid^ bie Sr^ebung ber 3'"=
fen unb ©infünfte auö ben bifi^öfli^en
©ütern ; a\xä) er iji njie meifi ber SSogt
auä ben !Ktnij!eriaIen beö ©ifc^ofö I)er»or«
gegangen unb oft |at [xi) mit feinem 2lmt
baöjenige beäOJieierö oerbunben. Sifc^öf»
Iic£)e ©eamtungen untergeorbneter 5ttt ftnb
ber 3önncr unb ber ÜJiünjmeifier.
2)er Surggraf ober Sogt fianb auc^ »ie
»on alters^er an ber ©pi^e beö ^cetbannö;
bie 6intt)of)ner unb bie ber Umgegenb
mußten nac^ alter SBeife jum Unterfialt
ber aWauern unb Jürmc mitf)clfen, Waä)U
unb aSartbienfie t^un; oiele ©tabter mürben
Wxä) fortgefe^te friegcrifc^e ßebenöart
n)ir!Iicf)e Otitteröleute; überhaupt fo ber
(Srunb ju ber fpäter fo bebeutenben Äriegö^
ma($t ber ©täbte gelegt.
S)ie (Sinwo^nerfc^aft bcfianb auö
freien, ^ albfreien 3inöleuten unb Äne(f)ten.
3ene, bie ^tcicn, bilbeten i^rer auöf(^lie^=
li^en ®(i)öffenbarfeit ftegen einen engern
Äreiö, bie cives ober burgenses; fie bc
fc^dftigten Jtd) mit ^anbcl unb p^etn ®e=
»erben unb maren meifi aud^ auf bem
ßanbe begütert; bie milites bilbeten bie
böc^fie Älaffe berfelben ; auc^ freie ^anb=
Werfer trifft man in ben ©tobten. ®ine
jweitc ©inwo^nerflaffe waren bie SDßelt»
unb Drbenögeijilic^Ecit unb bie bifc^öflic^en
SWiniPcriaten , in beren ^anben bo^ 9le*
giment rut)te unb wclct)e aIlmä§U(^ ben
freien rittermä§igen ©cfc^Ie^tern gleich
würben; bie t)albfreien S'^^^^ut« ^^^
Stiftet unb bie prigen Äne(^te beö ©tifted
fowo()I wie anberer in ber ©tabt befinb*
liefen geifilid)en 5tnjialten trieben ^anbs
werfe, 5tcfer=, ©artenbau unb bgl. ; fie
ftanben unter ^ofred^t unb waren ben ge=
wö^nlictjen ßajien biefer ©tdnbe unter*
werfen, 2Bic aber ber ältere freie unb ber
jüngere unfreie Qlbcl mit ber 3^it jum
3tittetfianbc, unb bie freien, Ijatbfreien unb
unfreien Scwo^ner beä fianbeö mit ber
3eit jum ein^eitlicl)en 93aucrnPonb ju*
fammen Wucf)fen , fo würben bie »er*
f(^iebenen ©inwo^nertlaffen ber ©tobte
mit ber 3«it Söürgcr, unb bie frü()ern
Unterfc^iebe oetmifc^ten jtd^.
©ie Seijiet)ung ber päbtifd^en Sin-
wobnerf^aft jum iRcgimcnt fnüpft fid^
an bie SBeift^er bed iBogtgeric^t^, bie
@d^ offen, Weld)e aümä^li^ ju einem
jiäbtif(^en IRatöfoUegium würben, oft
fo, ba§ ebenbiefelben !DJänner unter Sor«
fi^ bed 93ogteä ju ©eri^t fa§en, unter
SSorfi^ bed Sürgermcifierö, ben fte mit ber
3eit [xä) erworben f)atten, alä fiäbtifd^cÄ
SRatöfoHegium fungierten. 3ut SBa^rung
ber gemeinfc^oftUd^en ^ntercffen entfianben
nun in ben ©tobten engere 23erbinbungen,
welche eö mit ber Qtit bat)in brachten»
neben ben ©(^öffcn noc^ anbere iülünncr
in ben SRat ju wäblen, bie balb SJtat*
mannen, balb Äonfuln u. f. w. Ijie^en.
5n i'anbern ©täbten jog bie ©efetlfd^aft
ber ÜJJünjer ober ^auögenoffen unter bem
Sütünjmeijier bie Sefe^ung beö IRatcä an
fxi). Iro^ ber Verbote ber Äaifer bilbeten
jicf) nad^ ben ©ewcrben Fraternitäten, bie
ifjre iKeifier felbfi wät)Iten; bod^ blieb
jwif($en it)nen unb ben alten ratäfä^igcn
®efct)Ic(^tern ein fct)arfer Unterf(^ieb.
ÜJJanunterfcfteibet ©täbtebcö iReic^g
unb ©tdbte ber ?5ür)len; jene Werben
unmittelbar burcf) töniglid)e Söcamten »et*
Waltet, in biefen übt ber Sanbeä^err bie
öffentliche ©ewalt auä. 3" ^^^ ©täbten
beä SReid^ö ober Äönigöfiäbten , civitates
regiae, imperiales, Werben aber ununter*
fc^ieben gejault fowoljl bie (Pfaljfiäbte
alö bie© täbte ber gcijilid^en dürften,
bie legieren barum, weil ber SBurggraf ober
35ogt ^ier mit bem Slutbann »om Äönig
belehnt wirb unb fo ben d^arafter eineö
Eöniglic^en 93eamtcn erl)ält. @eit Äarlö IV.
(1346—1378) 3eit bereitet ftd^ aber eine
Qtnberung cor, beren SRefultat bie 21u8s
f^eibung oon ^rciftäbten auö ben SReid^äs
fiäbten ift. greifiäbte fmb feitbcm bie*
jenigen ©täbte, weld)e ber lanbeei^errli(^en
aSogtei entwacbfen, bennod) a6ernid)tinba«
enge *PPicf)tDer^ältniä jum Uleid^ jurüdtge*
treten fmb, in Welct)en bie fjöfalj*, nunme()r
SReidt)öfiäbte jianben, fd^wören fie jwar
ibren alten |>errn ben Sib blo^ no* pro
forma, nid^t aU ^ulbigung«* unb Ireu*
eib ber Untertanen gegen ben JürPen,
fonbern ali Sunbeöeib beö ®leidt)fiel)enben
gegen ben ^'einb, fo f(^wören fte benfelben
ebenfowenig bem Äönig alö i^rem ^errn;
bem ßanbcs^errn gegenüber crflären fte
unter bem Dteic^ ju fietien, bem Äönig
gegenüber berufen fte fii^ barauf, ba^ er
fxä) felbfi feineei iRec^tö über fte entäußert
^abe; baburd^ erbielten fte beim ©rwerb
ber öffcntlid^en ©ewalt freiere ^anb, i^r
Ser^ältniö jum SReid^ in einem il)r ju*
fagenben ©inne ju orbnen. ©er Ärei^
ber ^reifiäbte War aber ni^t offijietl be*
fiimmt unb abgefc^loffen ; unzweifelhaft
©tdbte.
63Ö
ali fol(^e galten blo« bic jtebcn alten
i8if(I)of«Häbte Äöln, SDlainj, SBormä,
@lpeier, ©trapurg, SBafel unb
(Rcgcngburg; bei Stier ftie§ ber
©ebrau^ beö Sitelö auf SBibcrfpruc^,
nodö me^r bei Sraunfd^mcig unb ^reiburg
i/93r. 3ene ftcben alten Sßifc^ofäjlabte
aber füt)ren big in bie jTOeite ^ätftc beö
15. 3af)r{)unbertö ben Don ber Eaifertic^cn
Äanjtei anerfannten S^Jamen ^reifiabt unb
bejänicren biefen jletö bat)in: 1. gegen^
über bem Sifc^of, »eil jte i|)m aU ßanb«
jiabt nicf)t gctjörcn; 2. gegenüber bem
Äönig, Weit fte »on ber 5Rciä)öpeucr unb
bem SRei^öbienjie ber iReid)öjiabtc frei
feien unb nur ücrpflicf)tet jum SDienji über
93erg (jur Äaifetfrönung) unb jum Ärieg
»ibet bie Ungläubigen. S)ie übrigen bifd)öfs
lid^en ©tabte, atfo bie gro§e SlHebräal)!,
ttjurben nid)t ^^reifiabte, fonbern fte rcurbcn
entweber jubifct)öfli(i)cnfianbftäbten
ober, üom Äönig mieber an 1>ai SReic^ gc=
sogen, ju 9fteid)äfidbten, ä. 28. 5lugä*
bürg unb Äonjianj. 5lucE) bic 5tbtei*
ftäbte rt)urben teilä ber 8anbeö^of)eit ber
Sibte unterworfen, tcilö, mie3üiiä;, »iebet
an t>aii !Rcic^ gebogen; auc^ einige urfprüngs
lic^ ber 8anbeöi)o£)eit »on gürjlcn untere
tt)orfene ©täbte, tt)ie Sübecf unb Hamburg,
finb im ßaufe ber ^tit bem SReicf)e njieber
gewonnen worben. ©0 ergiebt ft(^ nun
für bie ^J^itte tti 15. Sfl^'^fjunbertö ber
Unterfcf)ieb »on ^i^^^päbtcn, iRei4)g =
ftdbtcn unb öanbftäbten, jugleic^ aber
ba^nt ftc^ jc^t eine 25ermifd)ung ber
5rei= unb iRcic^öjiabte an. 2>ie ^^rei«
jfäbte nämlid), bie auc^ auf ben Cteic^ö=
tagen erf(^ienen, voo fte mit ben SRcid)^^
fidbtcn bie ©täbtebanf teilten, nabertcn
fic^ mel)r unb nief)r ben SReic^öftäbten,
nahmen etwa auc^ biefen Sitcl an, wd^renb
umgefebrt SReid^äfidbte fic^ beä Sitelö %xt\'
jiäbte bebienten; f^tieilid) nannten fxä)
bie greifiäbte freie Steicfeöftäbte. -^s
^ur^ jg)anbcl unb SReid^tum l)ob [\i)
bie 2)lad)t ber ©tdbte me^r unb me^r;
unfreie ßeute nom ßanbe, »cl(^c in ben
©tobten 3"P"§ ^"^ Sefc^äftigung fanben,
unb nad) 3ol)r unb Sag öon ber ßeibs
eigenf(^aft frei mürben, t)ermct)rten bie
58coöIferung : nod) mel)r bie5tuöbürger
ober Pfahlbürger, b. l). ^errn, SRittcr,
Prälaten, Älöfier unb gemeine i^xm, bie
auf bem ßanbc mol)n&aft, toä) in iia^
Sürgcrred)t ber ©tabt traten; jte ecr«
pfLid^teten fi^, ber ©tabt burc^ 33eif)ilfe in
ibren gct)ben , burc^ Beherbergung it)rer
58oten unb bgl. beiäufie^en, unb waren bafür
be« ©dbu^e^ ber ©tabt, bcö ©eric^täftan*
bcg in betfelben, be^ freien 5lbfa^e0 it)rer
©rjeugniffe teilt)aftig. ©c^lie^lic^ gingen
einjelne mädjtigcre ©tdbte jur Erwerbung
eigentlicf)cr Üntertanengebiete über, beren
SOJittel meijl bie 23erpfdnbung fo(d)er ©e*
biete t)on ©eite gelbbebütftiger 2)i)naPen
War; ben meiüen ©rfolg i)atten in biefet
(Riditung bic f(i)Wcijcrifcf)cn 3Fleid)öftdbte
Sern unb Sürid). ©0 erwarben [xi) bie
©tdbte mit ber 3eit aud) bie oerfcf)iebenen
^obcit«re(i)tc, mit tai 3oü= unb DUlünj*
red)t, enblic^ aud) bie ®erid)t'gbarfeit, bie
23ogtei unb tai @c^ultt)ei§cnamt, fei eg
unmittelbar, fei c^ au^ ber ^anb eine«
2tnbcrn, an weld)en biefelben bereite »er*
du^ett ober Dcrpfdnbet wotben waren;
wo tai gcf^af), würbe bie ©cridjt^barfeit
burc^ einen jldbtifdien Sogt ober ©*ult*
^ei§ ausgeübt. S3on großem ©influffe
würben bie feit bem 13. 3at)tf)unbcrt auf»
trctenben ©tdbtebünbniffe; ba^ienige,
au« welchem feit 1241 ber ^anfabunb
bcroorqegangen, umfaßte an 80 ©tdbte;
über 60 ©tdbte am 5if)ein traten bem
23unbc bei, ber 1254 einen großen ßanb=
frieben ertid)tete. Son bleibenbcr 93e*
beutung für bic 5(ueibilbung ber ©taatäs
gcwalt war bloö bie ©ibgenoffenfcfiaft ber
fd)Weijcrifd)en ©tdbte, welche außer ben
©tdbten Idnblid)e Setritorien ober fo«
genannte ßdnber umfaßte.
Tlit ber junebmenben Sebeutung bet
©tdbte entwidelte ftd) bie SB crfaffung. 5tn
ber ©pi^e jtanben meij^ jwei crwdf)lte 93ür=
gcrmeifter, beren einer urfprüngti^ bem SRat
aU ©eric^t, ber anbere bem 9Rat aU ber
Dbtigfeit üorjianb, unb ber 9flat felbcr, wel*
c^cr auö ben ©d^öffcn unb ben SRatmannen
befianb, wo beibe jufammen potfamen.
Um bic mai)t beö SRate« ju md^igen,
würbe oft feit bem 12. Ja^r^unbert bem
f leinen ober engeren SRat ein großer SRat
obgeorbnet, an anbern Drten würben bie
©d)öffen gdnjiid) auä bem JRate Pcrbrangt
unb bic obrigfeitlid)cn gunftionen ben
Statmannen allein übertragen, fo jwar,
i>a^ manchmal in wii^tigen gdCen ber
SRat beö ?tiorigen, in nod) wid^tigcrn
aud) bcrjcnigc beö ooroorigen ^al^ui ju»
gcjogen würbe. ®ie Scbingungcn bei
2Bdt)lbarfeit, bie 5lmtäbauer unb bie Qlrt
ber Erneuerung ftnb überall nerfc^ieben.
©eit bem 12. 3abrl)unbert erwarben ftcö,
oft butc^ blutige Ädmpfc, bie^anbw erfet
5lnteil am ^Regiment, woburc^ oft eine
ganj neue Söerfaffung nötig würbe. 3"
Äöln erlangten 1370 bie ^anbwerfer ju-
41*
640
©tabtte^te.
näc^fi nur, bag neben bem engen 5lat
»on 50 aui ben ©efd^Icd^tern ein rociterer
SRot »on 50 auä ben ^anbrtJerfetn ange=
orbnet hjurbe; ctfi 1396 würbe bic ganje
SSürgerfcbaft in 22 3ünftc unter ben
Dtamcn «Ümter unb Raffeln eingeteilt,
TOobon 5 ebte ®efd)le(^tcr enthielten; iai
©d)üffengerid)t würbe oom engern 3iate
getrennt unb jlatt beiber SRdte ein neuer
»on 49 ÜJJitglicbern eingcfc^t, bercn 36
bon ben Jg^afcln, bie übrigen 13 üon ben
36 gert)äl)lt würben; für befonber^ wid^«
tige Scrbanblungen War bejlimmt, ia^ bie
©ac^e Dörfer ben 22 ^Imtcrn unb Raffeln
funbget^an unb auö jeber jwci SDlitglieber
aBgcorbnet würben, welcf)e gemeinfc^aftlic^
mit bem SRate berieten; anberä war ber
5luögang ber 3unft*^^ifi^^n ^n anbcren
©tobten, ügl. ben «Mrtifcl 3unf triefen.
Um ein ricf)tigeä 33ilb unb aotaaß üon
ber Scbeutung ber ©tabte für bie brei legten
Sa^r^unberte bc« SWittelalter^ ju erhalten,
gälte cö, ben ®inf[u§ ber ©täbte auf bic
t)crfd)iebenßen ßweifle ^^^ Äulturlebenö
unb umgcfe^rt aüfeitig inö 5luge ju faffen ;
ftnb in ber farolingifd^en 3fit bie ©tifter
unb Älöfier neben ben föniglid^en ^faljen
bie 36"tren ber Sßilbung, unb werben
biefc feit bem 11. S^^i^^un^^i^t *""^ ^f"
ja^lrei(f)en ^öfen ber (Ebeln barin abgelöji,
fo ftnb cö jc^t bie ©täbte , auf weld^c
nid^t bloä bie Hauptaufgaben jener älteren
Äulturpcrioben übergefien, fonbcrn auf
Weld)en, immerhin neben anbcren Snjtis
tuten, bic [xiS) bod) meijt wiebcr an bic
©täbtc anfc^licBen, bie neuen 5lufgaben
be« Äulturlcbenö liegen: ©ro^^anbel unb
Älein^anbel, iSinnen« unb 5lu§cn^anbcl,
©c^ifffaf)rt unb Ärieg«funji, Hfünj^ unb
93anfwefcn, Jubentum, ©auwefcn, öffent«
Iicf)e ®cfunbl)eit0pflegc, 5lrmcn=unbÄranfcn
wefen, ®cnoffcnfcf)aftöwefcn aller 5lrt,
Srüberfdjaften , ^löfter, namentlicE) ber
Jßcttelorben, Hanbwerf= unb iDtarftwefcn,
toai jur Belebung ber ©efcüigteit gct)örtc,
©pielc, ©c^ü^enwcfen unb ©c^ü^cnfcfte,
^ccfctfcijulen , |ioc^jcitcn , STifd^orbnungen,
jläbtifcbc Zia^U unb ^Iciberorbnungen,
3unftfcjtc unb 3unftgelase- 93Jcifterfd)ulen
unb ÜKcijtcrfänger, Sl'Jpfiericn nnb gafi^
nac^tfpielc, öffentli^e Unjuc^t, ©i)ulwefcn,
Unioerfttäten , Sßibliotfjcfwcfen, ®t\i)\ä)t'
f(f)reibung, tai Äunfi[)anbwerf nad^ feinen
öerfd)ieben{ien ©eiten, Qlrc^itcftur, 9}talcrei,
^oläfd^nitt, »ud)brucfertun|t : 5iacö bie«
unb nod) t»iet 5lnbere« Ijat fid) crji cnt=
Wicfcln fönncn,, alö ber bürgerlidjc ®ei11
in unabläfftgcm Dringen nad) innerer unb
äußerer ^rei^eit unb ©clbfiänbtgfcit tn
©toat, ®cfcüf^aft, Äunfi, Silbung, ®e*
Werbe ben SSoben baju bedeute. 2)iefe
allgemeine ©ebeutung bc3 ©täbtcwcfcn«
beliebt biö ^eute, wa^renb freilid^ bie
Qluöbilbung ober el;er bic Sr^altung freier
®emcinbeöerfaffungeit weniger lebcnähäfti^
gewefen ifi; bie äJic^rja^l ber beutfd^cn
©täbtc hielten in ber 5luöbilbung i^rer re«
publiEanifd)cn 23erfaffung unb ©elbjiänbigs
feit ber 5luöbilbung ber lanbcö^crrlicö«
monarc^ifc^cn SBcrfaJtung ni^t ©tanb, fo
baf eä in neuerer 3eit oft fc^wcr ^iclt, bic
fa^ erworbenen Äcime bc^ e^emalg fo
fräftigen Sürgergeij^c^ ju neuem ßcben ju
werben. SBaitj, 2Serf. ®cfd). VII., m»
fd^nitt 12; 5trnolb, SBcrfaffungögcfd^id^te
ber bcutfd()cn jjtcifiäbtc, Hamburg, 1854.
2 Seile, ^cuälcr, Urfprung ber beutfd^en
©täbtcöerfaffung, gScimar, 1 872. 2Ö a 1 1 c r ,
IRcd^tögcfc^ic^tc, ©. 230—246. S)aö ältere
Hauptwerf, ba^ für bie Äulturgcfc^id^te
»iel Qluöbeutc gicbt, iji HüHmonn,
©täbtcwefcn bcö ÜJJittelalterö, 4 Seile, Sonn,
1826; auö neuerer 3£it ifi in bicfcr Sc*
jiel)ung befonberä bebeutcnb Äriegf,
2)eutf^e« 93ürgcrtum im SKittelaltcr,
2 Sänbc g^ranffurt a. Tl. 1868 unb 1871.
33gl. ben 5Jrtifel ©tabtbefcjiigung.
©taötrcc^tc S)ie inbioibueHe ©ntwicf lung
ber ©täbtc brad^tc cö mit ftc^, ba§ im ®c=
genfa^ jU ben, größere Territorien umfaffen«
ben aügemcinen 9ied[)ten jebe ©tobt it)r be=
fonbcrcö SRecbt l)cranbilbete; bie Qlufjeic^«
nun(\en bcrfelben ftnb nad^ ben üerfc^iebenen
©tufen ber ftäbtifd)en ©elbfiänbigfeit »er«
fct)iebene. ©ic beginnen mit <i3rieilcgicn,
beren ältefte bie bem ^txxn ber ©tabt cr=
teilten Snii^unitätöpriüilcgicn ftnb, burc^
wcld^c ber bifd)öf[id^e Drt t»on ber ®raf«
fd^aft eyimictt unb bic gräflicf)e ®cwalt
auf ben *Bogt übertragen wirb; feit bem
9lnfange beö 12. 3a^r^unbcrt fommen
^riinlcgien jum '•8c|tcit ßcr ©täbtc unb
i^rer ©inwobncr l)inju, wcldf)c ftd^ mcijl
blog auf einzelne SRcdbtöbejlimmungcn be«
jtel)en, wie MaxtU unb 3oüoerbältniffe,
Hörigfeit, (Srbredjt u. a. SIBeitauö bic
mcijlcn biefer Urfunben ftnb Sefiätigungäs
urfunbcn. 9^ur fiäbtif($e iReugrünbungcn
er^Uen, tvai ältere Orte burd^ eine 3lci^e
Urfunben befommen Ratten, burcb ein ein*
maligeö (pritiilegium. Qlnbcrcr 9^atur finb
fold)e 5luf5cicl)nungen, welche in golgc üon
©treitigf eiten jwif^en ber Sürgcrfcfeaft unb
bem ^tnn ber ©tabt ober jwifd^en ben
einjelnen Älaffen ber (£inwot)ncr alö cnb«
giltige 5tncrfcnnung ber ftäbtifc^cn (Redete,
©tabtfd^teibet — ©taud^en.
641
oft unter faifetlid^er IBcrmittlung entfianben,
jte Reifen |>onbfcftcn. S)a neu gcgtün*
httt ©täbte »on tf)rcm ßanbeät)cnn iai
JRccfet einer anbcrn ©tobt crf)ielten, fam
e# oor, ba§ eine folc^e SWutter^abt crft
burd) ^Ibforberung i^re^ SRecfite^ üon ©eitc
einer 2;o(i)terftabt jur ^lufjeic^nung i^reä
SRcdbteä nerantaft würbe. 23on ber ©tabt
felbft ausgegangene [Re^töbe|timmungen
f)ei§en Küren, Buerkören, Willkören, Ei-
nungen, Skraa (in [d^ftfcf)en ©egenben),
Recht; foI(i)c SRed)tSbcfiimmungen meift
poIijeilicf)er SJlatur pflegte man mit ben
^anbfefien unb $riüilegicn in bem f. g.
©tabtbuc^e ju oereini'gen, baö auc^ Dr=
beelbucf), roteö unb fd)ft>arjeö 93u(f)
l^eipt. ^aju famen oft Urteile beö ©tabt=
gcri(f)teö, bie jugteiiä) einen aflgcmcin
giltigen 5Re(^tsfa0 enttiielten. Um foI(i)cn
mcift [el)r nerfitiebenen iRecf)töjtoff ein{)eits
lid) ju »erarbeiten, ftturbcn feit ber SO^itte
beö 13. 3'i'^'^fe"nbert3 in manci)en norbs
unb fübbeutfd)en ©tobten ,$?ommifftonen
niebcrgefe^t, bie nun ta^ gcfamte öffcnts
\\ä)t unb $ritiatrec()t ju einem ©tabts
rechte äufammenfteüten; tai gefc()a^ j. 93.
in 5tuggburg unter ©ejlattung ,^önig
SRuboIfS im 3abr 1276, in Strasburg
1322. 9'ieben ben eigentlichen ©tabtrec^tcn
gab eö in manci)en norbbeutfct)en ©täbten,
»ie Sremen, Hamburg, ßübecf, Sffiiömar,
©tcnbal, fogenanntc Sauer [pracf)en,
n)el(^e biejenigen polijeiIid)cn *yor[d)riftcn
entl)ielten, na^ benen ftd) jeber Sürger
JU rid)ten ^atte unb bie iä[)rUc^ jur ^ai)'
aci)tung üerfünbet njurben. ©eit ben
3eiten ber 3i'nftunrul)en »urben fogenannte
triebe nsbüd^ er ferfa^t. ©tobbe,
beut[d)c SRec^tsqueüen I, § 50.
©tabtf{!^rettier, Syndlcl, famen feit bem
©nbc-beö 14. ^abrbunbertö baburd) auf,
ia^ bie ©tobte eigentlid)e iRed)töfonfulen=
ten in ibren 35ienfi na{)men, tt)eld)e anä)
jugleid) Scifiljer beö ©tabtgerid)teS tvaxm.
©ie brachten baä römifc^e 5led)t ni^t bloö
in bie Urteilöfprüd)c f)inein, [onbern »er^
mitteilen auc^ feine 51ufnabme in ta^
©tabtrcd)t, beffen Otcbaftion l)auptfäd)Iic^
i^nen überlaffen war. 3Wand)mal gefc^a^
eö, ba^ SDiänner, bie biä^cr auf Uniüerfts
täten bociert batten, jU bem 'llmte beö
©pnbifuei berufen würben; nameutli(^ gab
ftcb 9Jürnbcrg SKütje, berüf)mie SWänner
aU JRcd)t0bcittanb ju erbalten.
StO^I, lat. azarum, stalum, oerWcnbeten
unb fannten fd^on bie 'Jllten unter ben
9lamcn „d)alt)bbifd)cö (Srj". ®ie !8erei=
tung beäfelben mar jebo(^ ber bcutfc^cn
Sffierffiätte, obmobi ftc i^n fannte, ju um*
fidnblicb. Utoi) im 12. 3a()r^unbert bejog
ftc i^n jum größten Seil auö Jnbien.
©tänbc, SJonbftänbc, Sieben ben gro§en
©eric^tf^nerfammlungcn, ben lanttädingen
ober lanttagen, bie fxdt) hxi xni 13. 3a^r*
^unbcrt erl;ielten unb regelmäßig auc^
üon ben ßanbeöfjerrn benu^t mürben, um
mit ben ßanbfagen über Canbeäangelegen*
l)eiten ju oer^anbeln , finbcn fid) in ben
großem Territorien, ben .^erjogtümern unb
^^ürfientümern, in meld)en 93if(^öfe, ®rafcn
unb anbere 8anbe0l)errn faßen, in SJla^^
bilbung ber SRei^ötagc |)oftage, burc^
ben ^errn berufene Serfammlungen bet
©roßen bcö ßanbcö, auf meiere ber 9?ame
ßanbtag Don jenen aHmatjlic^ auSfter«
benben (Seriditöoerfammlungen überging.
S)ic l)auptfäd)li(^ften SDer^anblungägegcn«
fidnbc Waren, außer ben cor biefclben
gel)örigen, 8e^nrcd)tfad)en, 5tnorbnungen
unb einrid)tungen , bie jum ißoUjugc
ber 9^eid)öfd)Iüffe notwenbig waren, Qluf«
bringung ber linannfd)aften unb Soften ber
SReid)sEriegc , fowic überl)aupt bie Äofien
ber ßanbesregicrung. 'i)cnn ha ber (Ertrag
ber l)errfd)aftlid)cn ®üter unb ber iRegalien
ni(i)t mel)r wie früber jur 93efireitung beö
iRegimenteö ausreichte, galt e« allerlei,
anfangs außerorbentli(ie Seit)ilfen, fpäter
regelmäßig wieberfebrcnbe ©teuern ^u be*
willigen, bereu ®röße ober 5lrt ber ^erbei^
fd)affung ©egenftanb ber 95ert)anblung
würbe, ©eit bem 14. ^a^rbunbert fingen
bie ßanbfiänbc (ber iJiame erfd)etnt im
SDibb. noc^ nid^t unb mag wot)l erft fpäter
aus bem franj. 6tats überfc^t worbcn
fein; ber alte SRame ifi lantherren) an,
fict) über it)re SRed)tc unb greibeiten Don
ben SanbeSberrn urfunblicbc 3uri^frun9«n
erteilen ju laffen; fd)lo[fen aucb unter ein«
anber jur üBabrung it)rer SRcd)te unb %xtu
bciten Sünbniffe. ®ewöl)nlid) teilten fte
fid) in brci Kurien: *)3rälaten, 3?itterfd)aft
unb ©täbte; in lirol unb Sßürtemberg
famen no^ ^Ibgeorbnete beS Sauernftan*
beS nai^ 5initern liinju. 3fbcr ©taub be*
riet unb bcf^loß für ftdb, unb es braud)te
erfl gcgenfeitiger ißerbanblungen, um ju
einem gemeinfamen @d)luffc ^u gelangen,
©eit bem 17. Jabrbunbert behaupteten fte
ftd) nur in wenigen Territorien in DoQer
93ebeutung. Ungcr, ©efcbic^te ber beut=
fc^en Sanbfiänbe. .^annooer 1844.
©tauchen trugen bie ^i^auen beS 15.
SabrbunbertS bei ibren ^äuSlidicn wirbelten
über ben üblid)en foftbaren Kleibern, ©ie
642
©taup — ©tcin=, ©rj« unb ©ifcnaltcr.
bcbedten bcfonberö bie %xmt aU eine üttt
Überärmel.
S)cr fRamc bejeid)nct ani) ben iSrec^s
fragen ober ©tofEragen an ben Qtd^fcl«
jiücfcn bcr «piattenrüjiung.
©taU^J ober ©tauf, lat. staupns, stopns,
stoupus. 2)er ©taup iji ein Irinfgefä^,
baä im früheren ÜWittelalter neben bem
33e4er (bikarar), Äeld) (kalkir), ber 3ufta,
%üU, Äer ober ^ar unb ben |)örncrn cicl
gebraucht mürbe. S)aneben fül)rten nament«
lid^ JReifenbc bicßeberflaf^e (ledrflaska)
mit ft^. ©treitbare SWänner bereiteten fid^
(im S^orben) nacb ^eibnifc^em Sraud^ roof)!
aucf) no($ eine Srinf fetale au^ bem 'Sd^a.t
belfnocben cineä erfctilagenen ^cinbeö.
©toiHJfäitle, ©d)anbpfa^C oranger, ^ie|
bie Säule, an bcr gemeine 23erbrec^er auö«
gefteüt unb geftäupt, b. ^. mit Stuten ge»
gei§elt mürben.
Stecher jur leid^tcren ßöfung beö ©(^nep«
per^ im ©cf)Io§ ber ^^euerroaffen fennt
man feit 1543. ©ie mürben in ÜJlünc£)en
erfunben.
<Btm-, 6r5= unb eifcnalter» Um
bie iPlitte ber brei^iger ^aiin tarn in
5Deutf(^Ianb unb noä) me^r in 2)änemarf,
l)icr namentlid) bur^ ß,. 3- 3;f)omfen, ben
2)ire!tor beg üJJufeumö für norbifd^e ^Iter«
tümer in Äopcnt)agen, bie 2lnft(f)t auf,
ta^ ft(^ bie germanifcften Qlltertümer t>or*
(ftriftlidier 3eit in- brei gro§e jlrenggefc^ie=
bene ©ruppen abteilen liefen, bercn be-
fiimmenbe SDkrfmale in bem »erfdtjiebenen
SOJaterial ber SBaffen unb 2Berfjeuge au^
©tcin, Srj unb (Sifen ju erfennen feien;
biefen brei ^ulturperioben foüten menig«
fieng für baö iJJorbs unb Dflfeegebiet ein
brcimaliger SlBe^fel ber SBalbuegetation
(Sonne, ®i^e unb Suc^e) unb brei Der«
fd^iebene SBölfer mit ebenfo »iclen ^auö^
tieren entfpreci)en. fflkn ifi feitbem ju
bcr Übcrjeugung gelangt, ba^ bicfeö ©rei*
pcriobenfr)f}cm nur mit gro§cr SSorfid)t Qn=
june^mcn fei; mit bcr ©ntmicflung üon
einjelfölfcrn ftef)t es nur infomcit im
3ufammcnt)ang, ali ®crätc auö Änod^en
unb ©tein eben eine buri^igetienbe ©runb^
läge beö gefamten »orgefd)i^tli^cn Äultur*
ftanbeä finb unb ebenfo überall ber Über«
gang oon ©tcin jum Sifen burcfe bie
2JJittclfiufe bcr iBronce gel)t; c^ fönncn
alfo fcf)r öcrfd)iebene SBölfcr ftd) gleich«
jcitig beäfclbcn ÜWatcrialö unb umgcfebrt
2lbtcilungcn bcßfclben Sßolfcö je nad) be*
fonbern Umfiänben \xä) glcicftjeitig cineä
»erfcf)iebenen a}Jaterialö für i^re SBaffen
unb (Seräte bebicnt l)aben; um bie Dbjefte,
meldte B^us^n ^i^f" ältejien ^ät ftnb,
in i^rem 3"f'>ni'"£n'^<i"9 i" beurteilen,
genügt cö nid^t allein auf ben ©toff ju
fe^en; auc^ ber ^^unbort, bie gorm, be«
gleitenbe Überrefie bcr IjSflanjen unb Sicr«
melt muffen mit ^erbeigcjogen merben.
5Dcnnod^ iji eö Bon Söert, im ÜJlateriat
ein bcqucmeä , lei(ä)t erfennbareö Unter«
fdt)eibungämittet ju beft^en.
I. © t e i n j e i t. 5lm aücrwenig jicn Id^t
f\i) über jene SDtcnfd^en etmaö gefc^ic^t«
iici)eö oermuten, beren ©teingcräte ben
Bcitaltern be^ üJiammut unb beä SRenn»
tiereö angehören; mcnfc^Iic^c ®cräte ber
ÜJJ a m m u 1 5 e i t ^at man namentlidE) im
J^ale ber ©omme (^icarbie) unb in ^ö^Ien
Jfranfreid^ö, Selgienö unb ©teiermarfö ent«
bedt; reidöer finb ixt Überrejic ber iR e n n «
t i e r j c i t »ertreten unb jmar ebenfalls
in ©übs^^ranfreidt), Selgien unb au^erbem
in ©d^maben, ber ©(^meij, 93aiern, SBefi*
falen unb 9)?ät;ren; ber benu^te ©tein i)l
meift ber Jeucrficin ober iJlint; üermittcl(i
feiner mürben fogar Sierbilber in ©d^iefer«
platten, auf SRenntierfnod^cn, auf @e»ci^=
jiüdEe eingeri^t; boc^ finbet man aud^ an«
bere ©teine benu^t, ®neiö, 2)iorit, ©er«
pentin, 9icp^rit, ^artc SRoüfiefel u. a. Sic
©cgenfiänbe bejteljcn auö ro^ jugcfdblagencn
©teinen, oline jcben SSerfud^ cineä ©c^lip,
ober aui eben fo ro^ bearbeiteten ^orn=
unb Änod^cnftücfcn. S)od^ erfcnnt man
bereite ©teinäyte, ©teinmeffcr, ficinernc
ßanjenfpi^cn unb *Pfeilfpi^en.
eine jüngere ©teinjeit, beren gc«
fd^id^tlid)cr 3i*f«"^"i^"^«nS ^^^^^ "i"fi
ebenfalls fcfir bunfel ifi, d^arafteriftert frei)
burc^ geglättete ober gef cJ)Iiffene
©teingcräte.
3n biefc ^eriobe gehören: a) ber fo»
genannte Äjöffcnmöb binger, p. l).
Äüdf)enmober auö S)änemarf. ©4 ftnb
tai terraffcnförmigc iöönfe an bcr 2Rccreö=
!üfie üon 30 bi« 500 m Sänge, 6 m Sreite
unb 1 biä 2 m ^ö^e. ©ic befieljcn unter
einer 2)edEc oon SRafcn unb iRoUjicin auö
SWufd^cIf^alen, ®räten, Änocfjcn, 5tf^c,
Äof)len unb (Scrätcn uon .^iefeipein, ^orn
unb Änoc^en. 21u§er in SDänemarf finbet
man ä^nlid£)en 3lbl)ub an ber iRl)onemün«
bang, am ®olf non ®cnua, an ben Äüjicn
©übamerita^. — b) Storfmoorc in
S)änemarf, ©ct)mcben, im 2£)al bcr ©omme.
— c) bie Pfahlbauten, fic^c ben be=
fonbern 51rtifel. — d) ©tcin bauten.
SDa^in geljörcn bie fogcnannten Dolmen
ober ©teintif(^e, auc6 Äromlc^ ober
SKcnfir genannt, grof c aufgerid^tetc ©teine,
©tetns, ©tj* unb (Sifenaltct.
643
bic jum Seil in Greife äufai"ni«nge|iellt
ftnb unb auf benen ein riejtger Stein
gleich einer iifd^plattc tu6t. ^i)X Ur«
fprung liegt gänjli^ im ©unfein; ta^
«ö feine S)tuibena(tarc ftnb, iji cmiefen;
»0 man Steingeräte barin finbet, gehören
bicfelben ben polierten Steinen an. SDtan
finbet fie über ben ganjen SBeften unb
©übnjejlen eon ^^onfreic^, unb biö an bie
Ofifee, in ©änemarf, Schonen unb Slßefis
gotlanb, füblic^ biö jfjüringcn unb ©cf)Ie=
fien, aud) bie britifd)en Snffln Pnb reict)
baran. Sie fc^einen in 3i'['^ninic"^ong
ju fielen mit ben bdnifd^ * fc{)tticbif(^en
©anggtäbern ober SRicfenf ammern,
in njel^cn bie Sotcn ft^enb ober liegenb
beigefe^t tt)urben.
S)ie aSaffen ber jtticiten Stcinpcriobe
finb bie 51 yt, tt»eld)e mel)r Äeilform fiat
unb jum Spalten bient, baä 93 eil, an
ber Sd^neibe minber breit unb nur an
einer Seite fc^räg angefc^Iiffen, t>a eö jum
SSe^auen bient; S)ot(J)e unb ÜJleffer,
?PfciIfpi^en, SDlei^el. S)ie Sefeftigung
ber Steinflingen am ®riffe gefd^ab teilö
burc^ 5^P''^"'^^n mit Se^ne ober SSaji,
teilö burc^ (Sinficbcn mit (Srbpcd) unb
ä^nlic^en Stoffen, teitö burc^ ©inficmmen.
n. »roncejeit. 5Da« erjlc 2RetatJ,
iai bie 9[fJenfd)cn in i^ren ©cbrauc^ äogen,
irar unftreitig ba^ gebiegen üorfommenbe
®otb. 3" jweiter ßtnie jlel)t baö eben«
faüö gebiegen tjorfommenbe Äupf er, bai
fid^ burd) Sd)Iagen mit Steinen in jcbe
gemünfc^te f^orm bringen Iie|, e« gab
25ölEer, j. iö. in SRefopotamien unb am
9iil, roelc^e Pom ®ebraud)e ber Steine
Waffen ju ben Äupfermaffen übergingen;
häufiger ifi aber bie "Jlnnjcnbung ber burc^
Sc^meljung gewonnenen, au^ 90 Seilen
Äupfer unb 10 Seilen 3*1" beftcbenben
Sronce. 2)ie *Mnmenbung biefeä SRetaHä
l)attc in üerf(^icbenen ®cgenben ot)ne
3»eifel fet)r üerfdjiebenc 2)auer. 2Baf)rs
f^einlic^ fam bie ^enntniö ber 93roncc
fortjo^l burd) eingemanbertc, erobernbe
Stämme, aU burd) ^anbelöüerbinbungen
naä) ©uropa; bie ^orm ber Serjierungen,
bie J^ürje ber Sd)tt)ertgriffe mand)er Sronce'
gegenftänbe laffen vermuten, ha^ u. a.
pt)önijif^e ^änbler if)re 2öaare nac^ ©u»
ropa brad)ten. ©od) mangelte eö ^ier
nid)t, wie bie äa^lrei(^ »orgefunbenen ®ü'B'
formen beweifen, an eigenen 93roncert>erfä
ptten. 9lm retc^fien trat biefe ^nbufiric
in ben nörblid)en ©ebieten auf, welche xi)x
3inn unb jum Seil ibr Tupfer leicht »on
ben Sciltt)=3nfeln unb ber bcnad)barten
Äüftc üon Sornmoü befommen fonnten,
in 2)änemarf, ®d)tt)eben, iWorbbeutfc^lanb ;
anbere ^unb^dtten minberen iReid)tumS
ftnb bie ^fal)lbauten , bie fogenannteit
Sflramaren, b. t). au^getrocfnete fünp*
lic^c Söafferbeden in ben ^roöinjcn "Parma,
SDtobena unb SReggio.
2>ie Slafiicität ber 93ronce roar ba«
mala auf einen ®rab gelangt, ber feitbem
nid^t me^r erreicht morben ift. Überall
bauert ber ©ebraud^ ber Steinroaffen wä^*
renb ber iSroncejeit fort unb ragt noc^
tief in bie (Sifenjeit t)inein; ®eh)ol)nl)eit,
ererbte gertigfeit, ba« Seifpiel ber Cor«
fahren, !D?t)tt)uö unb 5lberglaube marcn
babei wirffam. Sei ^afiingä fochten im
11. 3al)r^unbcrt 5Däncn unb ©ad^fen
au§er mit eifernen SBaffen mit folgen
Don Stein, no(^ fpäter bie ^eibnifc^en
(Preu§en gegen bie beutfc^en Drbenörttter.
ilud^ erfennt man ben ©influg metaüenet
®erätc beutlid^ an ber funftüotleren ©r*
f^etlung ber metallenen ißorbilber.
Sie eberne Strcitajt fommt al^
Seit, ali «paaljiab unb aU eigentliche 5ljt
cor. Die Seite bienten fottjoljl jum
9tabfampf alö jum iffiurf; fic f)aben bie
t^orm eineä Äeilö, ftnb aber nac^ bcm
gtücfen f)in gcrunbct unb jur *}lufnaf)me
eincö ©c^afteä auögc^öblt; bie itnai
breiter »erbenbe Sdbncibe ift fc^arf juge»
fdUiffen. Sßiele ftnb mit einer Dfe »er«
febcn, burc^ bie man einen iRiemen fnüpfte,
mit meinem man bie Älinge bem Stiele
ftd)er oerbanb. ®ic Älingen ber f^aal*
ftäbe jeigen bie ©ejlalt beä iKeifelä, ber
nad) ber Sdbneibe ju breiter wirb; rüd»
märtö befinben ftd^ äWei S^aftlappen jut
93efe|iigung an ben ^oläjlab, mit bcm fte
burd) eine Scl)nürung üerbunben finb.
Unter bem S'iamen framea ifi tai bie
ältejle JJationalwaffc ber ©ermanen. 3)ie
eigentlichen Streitäyte jerfaücn in folc^e
mit einfad^em Sd^aftlod^, in fold^e, weld^c
mit Sd)aftröbren »erfebcn ftnb unb in
SDoppeläytc; bie berübmtefie ^orm ber ein«
fad)en *Myt ifi bie ber francisca, bie jmei*
fdjneibig unb furjflielig ftd) fowo^l jum
©ebrau^c in ber gauji alö jum ©urfe
eignete. Streitfolben unb Stadt) cl*
tnöpfe üon Sronce baben auf einer ge»
goffenen, über einen ^oljfd^aft gef^obenen
|)ol)ltt)alje mebrere SReil)en non Stadt)eln.
2)ic ßanjenfpi^en ber ©roncejeit ^aben
gewö^nlicf) bie go'^'i^ ^^^^^ SBeibenblatte^
mit flarfcm Ü)?ittelrüden unb ftnb jur 93e*
fcfiigung mit Sd)aftröbre ober mit 5lngeln
iierfel)en. Sronjenc ipfeilfpi|en ftnb
644
©teljfc^u^e — ©teuemefcn.
feiten, ber ^Jlintfiein genügte ^ier üoH«
jiänbig; bie (Srsmcffer jinb im ©egcn^
fa^ jU ben jtcinernen iDiefTern etn[cE)neibig.
%U eine ganj neue SBaffe erfcf)eint je^t
bog ©Aweit, beffen urfprüngli^e ^Jotm
ttja^rf^eintict) bie einfc^neibige ifi, xva\)X'
fcf)einlicf) biefetbe SBaffc, bie bei ben Oer»
manen scramasax f)ie§. Später entfticfclt
jtc^ bie fc^Ianfe ^ttieif^neibige j^otm beö
eigentlid)en @ct)n5erteö; feine Älingc l)at
bie ©eftalt cineö ©(i)ilfblatte^ , nimmt
alfo nad) ber SWitte an Sreite ju unb
läuft fpi^ auö; ber Oriff ijl nie länger
aU 2,5 30II unb in ber SRcgel mit ©piral*
unb 3icf*acf»erjierungen gefä)mü(ft. ^aum
com ©d^mert ju trennen ifi ber jmeis
fc^neibige jDoId^. ©citcncr aU bie 5tns
grtffömaffen ftnb ©c^ulwaffen au§ Sroncc:
^elm, €(f)ilb unb ^anjer. Qlud) 6d)alen
eon Sronceblec^ finb jafilreic^ unb meit^
perbreitet gefunben morben, bann ^ängc*
urnen mit glotfenförmigem ober plattem
S)e(fel.
(Stjl: baö TlttaU gab fobann 33eran«
laffung, bie Äunji, meldte ©äffen ^erftellt,
jugleid^ äu ©egenjtänben für bie grauen«
arb eit unb namentlich für @ cf) m u d f a ($ e n
ju verarbeiten. Überaß erfc^einen 9^ä^=
nabeln, 5trm= unb gingerringe, Änöpfe,
^aarnabeln unb .Kämme; um »ieleö reid^*
faltiger iji ber Sroncefd^mud ber nor?
bif(ä)en ßänber; t)ier erfci)einen SDiabeme,
.Ropfs, ^als«, Ölrms unb gingerringe,
2lgraffen, gibein, ©cmanbnabeln.
ni. (Sifenjeit. ^uä) ber Einfang be§
eif enä bleibt in I>unfel^eit gebüüt. 2)a§
bie alten ©ermanen bie 5lnmenbung biefel
SD'letalleg gefannt, bation jeugt bie ©ebeutung
unb (Sf)re, rt)elct)e bie Sdimiebefunfi unb bie
©^miebe bei it)nen l)atten; eä ijl bie ein*
jige Jg)anbarbeit, bie Pon Einfang an eineö
freien SRanne^ mürbig eracf)tet mürbe; auf
bie frü^c ©tal)lbereitung beutet bie ©age
»om ©(^mieb Sßielanb, ber fein ©d^mcrt
jerfeilte, bie Gifenfeilfpätjne mit bem Tlil)U
brei feinen Oänfen ju freffen gab, ben
®änfefot auäglü()te unb »on bem jurücfs
bleibenben Sifenjiaube baö f(^ärfere
©d)mert fd^miebete; in ben tierifc&en Gy-
crementen ifi, mie audb anbern *Bölfern
frü^ befannt mürbe, ©täl)lung mirfenber
Äo^lenfioff enthalten. Tlit ber örfinbung
bess (Sifene mirb baö ©cf)mert bie .^aupt«
njaffc. 3torbifdf)e 3lItertum«forfc^er moKen
jmei, einjelne fogar brci ^Perioben beö
difcnjeitalter« unterfcf)ieben baben. 2 ä t) n ä,
"" "pid^te beö Äriegömefenä, ©. 1—14.—
Saer unb ^ellmalb, ber »orgefc^i^t»
Iidf)c Smenf*, fieipjig 1874,
©teljf^U^c mürben namentlict) »on öcu*
ten fteiner ©tatur im 15. unb 16. ^af)X'
^unbert ßiel getragen unb jWar bie ju
jmci gu§ ^ö{)c. Sie er|)ielten fic^ bei
ben Sßorne^men weniger lang, weit ber
SBürgerfianb fi^i i^i^ei^ 6ali> bebicnte unb
fielen bann aucb um bie SOf^itte beö 16.
3af)rf)unbertä jum äWeitenmal auö aller
@unft burct) bie Courtisane, bie fte über
alleä Tla^ aufbaufd)ten.
©tcuertnefen» S)ie alten (Sermanen wufs
ten t)on Steuern nicbts; bagegen mar ©itte,
ta'B fte il)ten ^^ürfien ®efdl)ente bar«
brachten aU S^iä)tn ber (SI)rfurc^t unb
beä Sanfeö. ©old^e ©efc^enfe bauerten
in mel)rfad)er ^nmenbung nocb lange fort;
entmeber macfjte man fte bcmÄönig auö per=
fönlict)en ©rünben, jur Unterfiü^ung einet
Sitte, jur ©rlangung eineö ^2lmtcä, bei
®elegen£)eit einer in ber föniglii$en gamis
lie gefeierten ^oA^eit; ober eä waren iät)rj
licf)e, fefi beftimmte ober frei gewäbltc
®aben , bie man anfangt an bie ÜWarj*
üerfammlungen brachte, fpäter bei anbern
Serminen, an 2Bcil)nact)t ober iJieujafir;
namcntlici) würben geijilic^en ©tiftern
foldje ©efc^enfe, in SHoffen unb SQöaffen
befie^enb, alä Seifiung auferlegt, ©efd^en*
fen le^terer Qlrt ätjnüc^ ftnb bie Jribute,
welche ein unterworfener Solfefiamm ober
gürft bem -^errn ju bejafjlen l)atte. 2)iefe
ßeijlung t)ieB sleora, ©teuer, ober
stuofa unb befianb ebenfaüe aus Sfiatu*
ralien: SJinbern , ^fetben , Lämmern,
.^»üfincrn, (Siern, ^onig, ©ewänbern, -^olj,
teilweife auc^ in ®elb; oh aber ju btefet
©teuer ade, 5. 93. bie jfjüringer, ©ac^fen,
Qllamannen »erpflid^tet waren , iß ni^t
beutlicf). 93ei einer Sanbeenot würben auf
bie ©tifte, Älöfier, ®rafen unb foniglic^en
iBafaüen ein Sribut au«gefd)rieben, fraft
befien fte fon febem i^rer .^aupt« unb
SfJebenpfe ein befiimmteä ju sabten fjattcn;
3uben mußten bann einen 3El)nten, ^an'
belöleute ein (Slftel entridjten; fonfi aber
befianb noc^ in ber Qnt ber Karolinger
ber altgermanifdEje ®runbfa^ , ta^ ber
greie weber i^on feinem Sanbe nocf) t>on
feiner $erfon eine 'Jlbgabe ju entricf)ten
^abc. 2)ie (Sinfünfte be« .Königs, welcfcc
einä Waren mit benjenigen bee (Reidf)cä,
bcfianben im Srtrage ber föniglidien ®üter,
ber griebcnögelber unb Sannbufeen, auö
ben l)äufigen jlonpefationen, ber (jinjie*
f)ung erblofer ®üter, bem Jribut frember
23ölfer, ber Kriegsbeute; baju famen ßöHe,
Strafen,
645
SBcg«, 93rü(fcns unb 55Ql)r(^eIber auf bcn
öffentli(i)en aScgen unb glüffcn, ber ©rtrag
be^ 2)Jünätt>efenä unb jal)lreicf)e 9^atural=
leifiunt^cn bcä Solfcß für befonbere öffent=
Ii(^c3ft'e<*e. S)al)in jaulten ber Untcrtjalt ber
ötfentlici)cn SBetjc, ©c^leufen unb SBrücfen,
ber iMufentt)Qlt, ben man föniglic^en ®c=
fanbten ju Iei)len \)atti, Öeil)un9 Don ^fer^
bcn unb 5"l)i^cn berfelben, ia\)lxäii)i 'Jla'
turallciftungen , bie iai ^riegäwefen mit
ftc^ brachte.
5tuf erorbentlic^e Seiträge , S3eit)ilfcn
für Derfd)iebene befonbere ^Jtnläffe maren
cö, aüi bencn fic^ anmät)lic^ ber 93egriff
ber öffentlid)en ©teuer entmicfette. Solcher
0iatur maren bie 3«^Iungen abhängiger
ßeutc an i^ren ^errn Jücgcn nic^t geleiftc=
ten Äriegöbienfte«, bie ^ecrfteuer, ot)b.
lieristiura, ml)b. lierstiure, fiefje ben ülrt.
^ecrmefen. SÜ^nlic^er 2lrt ftnb in
Sifci)ofaflabtcn 3ii^Iun9cn iin bcn ^crrn
ckU ©eibilfon jur ^eer= unb ^ofj5at)rt.
Qlnbcrc Scil^ilfen ftnb jWar bcm iRamen
nac^ freiunütg, »erben auf Sitten gegeben,
ba^er bie 9'Jamen (petitio, precaria, betta,
bete, bede), aber bie Sitte rcurbe oft
ftrengc g-orbcrung unb burd)au« regel-
mäßig. *3lbt)ängigc Seute ücrfcf)iebcnen
Staubet unterliegen biefen ^'^'■^^'^""9^".
in bcn gciftlid)en (Stiftern regelmäßig üon
Seiten ber 35ögte; ^rcic unterlagen folc^en
gorbcrungen in ber Üiegel nic^t. Qluc^
bie Könige bradE)ten e« üorber^anb nur
;u auBcrorbcntlicf)en Scit)ilfen; alö iaiu
Derpflid)tct galten »or allem bie r>on
*lllterö t)er ju folct)cn Seiftungen ücrpftic!^=
tctcn geifili^cn Stifter; neu famcn je^t
bie Stäbte Ijinju, unb jmar mußte ein
fold^er Scitrag, bem Dt)ne Si^eifel anbcre
5ur Seftrcitung gemcinfamcr Sebürfniffc
jur Seite gingen, ron ben 2lngcl)örigen ber
Stabt aufgebracf)t nierben. (Sine eigentüm=
lic^e Qlbgabe ift baö in bcn Stäbten aufge=
fommenc nngelt, eine lUbgabe »on (5in=
iü\)X unb SBerfauf ber Sebenömittel, eine
3ef)r5 unb ißcrbrau(4öfteucr ; bie Sürger
nannten fie, meil cö bafür feinen iRe(i)t«=
grunb gab, ungelt, b. l). wai man nic^t
fc^ulbig ift, indebitum; fpätcr mürbe baß
SBort cntpcHt ,^u umbgelt, nod) in ber
Sc^meij ale D^mgelt ert)alten. ©es
mürbe anfangö, bo^ ot)ne Srfolg, »on
iHeicf)0roegen »erboten. Seit bem 14. '^a\)x-
bunbcrt ahmten 8anbeöt)errn in il)ren
Serritotien biefe Steuer na^.
2n bcn Stäbten nun unb in ben lan»
bc0^)ertlid)en Territorien cntmicfelten fut
bie eigentlid)cn regelmäßigen Steuern.
2Bie bie Umlage »erteilt mürbe, mar »ers
fcf)icbcn; an einigen Orten nacf) bem Sin»
fommen, an anbern nad) bem ÄapitaU
»ermögen, in bcn Stäbten nac^ bcn Käufern
unb bcm bcmcglict)cn Vermögen; aud) ein
©runbjine »on jeber übcrlaffcnen Sauficlle
fam t)äufig »or. Daneben blieb, mie
früljcr bcm .König, fo je^t bcm Canbe«*
i)errn »orbel)alten, ju außcrorbcntlidien
Scbürfniffen eine nötbete ju »erlangen,
bei brängenber itricgsnot, jur 'Jtuölöfung
auä ber fcinblic^en ®efangenf(±)aft, jur
Tilgung »on Scfeulbcn, jum Sefud)e ber
SReid)etagc unb bee ^oflagerä, ju einem
Sfiömerjug, jur 2lußf:attung einer 3;oct)ter,
ju ben geftlic^feiten be«! SHitterf^lagcö ber
<ööt)nc. Seit bcm 15. 3al)tt)unbert mar
bie (Sinfüt;rung neuer ober bie (Srbebung
bejlcljcnber Steuern an bcn Seirat ober
bie SemiÜigung ber ßanbfiänbe gebunben;
biefcö gefd)a^ bann auf gemiffe ^ai)Xi ober
auf unbeilimmte 3«it unter ben iJJamcn
Sd)a|}ung, ©cfd^oß. Kontribution,
unb eö mürben entmeber bie fteuevpflid)«
tigen '^Jerfonen ober ®üter unmittelbar
nad^ i^rem Scrmögen ober (Srtragc bc=
ficuert ober bie ganje Summe nad) bc«
ftimmten Quoten auf bie »Prälaten, *Jiitters
fd)aft , Stäbte unb gemeine l'anbfc^aft
»erlegt.
Diac^bem mit ber 3cit bie urfprüng«
liefen 9icic^öeinfünftc iait gan, aufgehört
l)attcn, famen im 15. Siit'il'iinbcrt für
»orübergebenbe außcrorbcntlic^c Scbürf«
niffe Üteicböfieuern auf. S)ic eine gorm
berfelben mar bie 'Jlu0fd)reibuiig eince gc»
meinen *Pfennigö auf alle ßinmotjuer bcäi
iReid)«, nad) bem Serl)ältnie il^rce Ser*
mögen«, bie anberc ein ben Oieic^öftänben'
auferlegter 21nfd)lag, ber bcm .Rontingent
febeö Stanbes entfptacfe; feit 1535 gefd)af)
ber '2lnfd)lag fo, ba^ bie ;;u 2Borme 1521
für ben beabftdbtigten 9ftömcrjug entmor=
fene SDfannfc^aftismatrifcl ju ©runbc gelegt
rourbe, mornad) ber ^ußfned)t ju 4, ber
SHeifige ju 10 ©ulben monatlid) ange»
fc^tagen mar; baö ©clbfontingcnt für eine
monutlid^e Cöfung t)ieß !Röm er m onat.
2)ie einjigc ft e t) c n b c SHcic^efteuer mar
bie »on ben JReid)öftänben feit 1548 jum
Unterl)alte bea Oicii^^fammergerid^tca über»
nommenc. S)ic Stömermonate unb bie le^t*
genannte Steuer mürbe in bcn einjelnen
Territorien auf bie Untcrll)anen »erlegt.
230 a i ^ , Serfaffungögefd)id^tc unb SB a 1 1 er ,
iHed)tögefd)ic^te.
©trofen. 3" altgcrmanifdjer 3«it ging
bie 5lu0übung ber StrafgcmaItj»om obcrs
646
©trafen.
ficn ®cTi(St, ber ©auoetfammlung aui;
bo^ würben nur bie fd^meren 33erbrec^en,
wie 33errat , Übergang jum 5«^"^ < 5fi9*
^eit ober }^\vi(i)t, mit bem lobe bcfiraft,
aüe übrigen burc6 !ßermögen«bu§en
gefübnt, unb neben ber ©trafgewalt ber
©emeinbe fianb tai ^e^b credit ber
g^amilie, beffen !räftigfter QluöbrucE bie
SIutra(i)c war. Son ben Sermögenö-
bu§en fiel ein leil, Äompofition ober
93u§e genannt, an ben SBerlc^ten jur ®e-
nugt^uung für iai erlittene Unrecht, ber
anbere Seil, ber ^icbum ober Söette
^ie§, an tai ©emeinwefen jur Sü^ne beö
»erlebten g'^ie^^ns. fpäter trat nod? ber
Sann als ©ü^ne be« »erlebten .Rönigö«
friebenö baju. 29efa§ ber ju Süfenbe fein
Vermögen , fo bü§te er bur^ förperlicfte
3üc^tigung ober mu§te bem anbern feinen
Öeib für bie ©c^ulb oerpfänben ober fi^
i^m in Änec^tf($aft ergeben ober enbli(^,
wenn nicht Sjerwanbte unb ^Jrcunbc für
il)n eintraten, mit bem ßeben l)erl)alten.
©flauen ober leibeigene Äned^te lagen
burebaue in ber ©ewalt be« ^errn.
SDHt ber 3eit na^m hai ©trafrei^t eine
anbere !Hic£)tung an. %ür bie römifj^e
SBeüölEerung ber germanifc^en $Reic^e blieb
iai römifd)e ©trafrec^t in 5lnwenbung;
tai (S.t)ri)lentum, ta^ ben ®runb ber
©träfe auf ben Segriff ber ©ercd^tigfeit
unb beffen 3"f<i'""^enf'ang mit ber fttt»
liefen Süeltorbnung jurüdfü^rte unb jum
Seil tai mofaifc^e SRec^t aneifannte, bann
bie ^öbcre S3orfteQung tion ben *t'fli(^ten
beö föniglic^en Qlmte^, enblicS hai Se=
bürfniä , bie allgemeine Drbnung unb
©id^erbeit burc^ ©trafen ju fidrfcn, atleä
bieö rief ein auf bartc 2ebenö= unb Seibeä«
jlrafen gebaute« ©trafre^t fieroor. 25a^=
felbe bilbetc ftdj Dorberrfd)enb lofal unb
jum Seil willfürlicfe auä , unb erfi feit
bem 15. 3i>^i^^unbert würben in Seutfc^s
lanb , beeinffuft ton ber italienifc^en
Surieprubenj, jufammen^ängenbe ©^lleme
Derfu(i)t.
SBaö bie befonbern ©trafen be*
trifft, fo fmb JU unterfcbeiben:
A. 33ermögenöfirafcn.
1. Äompofition ober 2Bcrgelb,
cgi. ben ^Mrt. fficrgelb.
2. 3)0« jyrebum ober bie 2Bette war
iM ©trafgelb, bae jur ©ü^ne be« fer^
legten ^rieben« urfprüngli^ an baä Solf,
fpäter an ben Äönig entrid)tet würbe.
Äompofttion unb grebum gepren jufam«
men, fo jwar, ba| in jener ber SBegriff
ber perfönlic^en ®enugtl)uung, in biefem
ber Segriff oon ©träfe Dor^errf^t. 2)ie
®rö§e be^ grebum betrug 9ewö^nli(!^ ein
3)rittel ber Äompofttion.
3. S)cr Sann ifi bie Sufe, weld^e
wegen be^ Ungeborfamö gegen ein fönig*
lic^ed Sanngebot ju entridjten war; ^e
betrug regelmäfig 60 ©olibi. 2öer bie
SannbuBe m<i)t jaulen fonnte, erhielt
60 .^iebe.
4. ÄonfiöEation beä Sermögen« War
urfprünglic^ immer mit ber {Jiisblofigfeit
oerbunben , fpäter fam fre in Serbinbung
mit ber Serbannung ober ber Jobeäjirafc
ober and) felbfidnbig t>or.
B. ßebenä* unb ßeibeäfirafen.
I. 2)ie Jobesfirafe. lacituä ®erm.
12 erwähnt jweier bei ben ©ermanen an*
gemenbeter 2obe«firafen, beö ^ufbängenä
unb tti SerfenEenö in ÜJ^oor unb ©umpf;
es ifi fein 3tt'ciftl. t^Jf noc^ anbere lobe^*
firafen baneben befianbcn l)aben, wel^e
aber. Wie bies aud^ fpäter »orEam, na(^
jeweiliger JRcditöanfcfiauung unb ber be«
fonbern ©itte eines Solfsfiammeö »er«
fc^teben waren. ^ant> aui) eine gewiffe
Sejieliung fiatt jwifcfeen ber Uiatur bed
Serbrecfeenö unb ber Qlrt ber ju wählen»
ben Sobesfirafe, fo war bocf) ber ©itte
unb SBillEür in biefcn 3^^*^" ^^^^ ^^"
großer ©pielraum gelaffen.
1. (Sntl)aupten fd^eint bie gewöhn*
lic^jle Sobeöflrafe gewefen ju fein; bie
(Sntf)auptung gefc^ab mit Sarte unb
©erleget: ber Verurteilte legte feinen ^alg
auf einen Stocf, bie Sarte (Seil) würbe
barüber gehalten unb mit bem ©d^legel
ein ©d^lag getl)an. SDie Qlnwenbung beä
©^wertes fd)eint ebler unb friegerifc^er.
2llte ©itte fcf)eint es, baf baö gefaüene
|)aupt in bie ^ö^e gehoben unb gejeigt
ober auf einem ©peer um^ergetragen würbe.
Qltle übrigen ©trafen fc^etnen me^r al^
qualifizierte gegolten ju l)aben, bie bei
folc^cn Serbredjen jur ^nwcnbung famen,
wo neben ber unre(^tcn ®ewalt aud) eine
böfe unb niebrtge ®efinnung oorban*
ben War.
2. Die weitpcrbreitetfie, am meifien
übliche pon biefen fc^eint bas .Rängen
gewefen ju fein, na^ alten Formeln: in
ber Ü3uft reiten, bie 8uft über fict) jufam*
menf(f)lagen laffen, ben ^ft bauen, ben
bürren Saum reiten. Uralt ifi unb in
alten beutfc^en ÜJJunbarten verbreitet tai
SBort a\)t. galgo, ®algen; aufer bem
®a(gcn benu|.te man bcfiimmte laublofe
Säume ober, wenn bicfe ausfiarben, ein«
gerammelte ©tämme unb $fäl)le. ©tatt
©trafen.
647
bcr pnfencn Seile bref)te ba« einfache
5tltettum 3^f^9« ^o" fttfc^em , jä{)em
gießen» über SIBeiben^oIj, mt)b. ris, wit
(^ol}) unb Wide. Uralte ©itte [c^eint
23ert)üflun9 bcö iJlntli^eö, oft mit einem
f(f)h)arjcn %uä). 5Da^ ®efic^t beö iBer=
brec^er^ würbe nad^ 9'iorbcn geri(f)tet. 3)ie
Strafe mürbe meijt in ber 5lrt üoUjogen,
ta^ bet Sob fogicid) beim Qluffnüpfen
felbji erfolgte. 3n i^^t ©c^auPetlung beö
ä)Uftet{)iitcr«i lag ein crfc^njerenbc^ SOJomcnt
biefer ©träfe, bat)er ber ©algen an offener
^eerfira^c ober bei einem (Sci)eibeweg auf*
gefleüt rourbe; ^bhtx f)ängen mar nod^ eine
befonbere (Srfd)ttterung. 6ine altertümlid^c
©rfc^reerung ber ©atgenfirafe »ar eö au^,
ba§ SBöIfe ober ^unbc neben bem 93erur=
teilten aufgehängt »nurben. Rängen roar
bic eigentlid)e I>ieb|laI)Bflrafe. ,^rauen
foHten nic^t get)ängt werben, fonbern ftatt
bejfen bem 25erbrenncn, Srtränten unb
ii^steinigen unterliegen, (gonjl gilt Rängen
nä(i)fi ber ^inrid^tung im 23ert)ältniä ju
ben anbcrn üblid^en Jobcöarten aU min*
ber t)arte ©träfe.
3. iHäbern ober 9tabebrcd^cn, auf^
0tab legen, fommt ebenfaüä fef)r früt) Dor.
S)ie ©träfe befianb barin, ta^ bie ©lieber
beö SDJiffet^äter^ mit einem iRabe jerfio^en,
ber Verurteilte mit verbrochenen ®licbern
aufg ytah geflochten unb fo auf einem
*Cfaf)I ober ®algen auägefteüt rourbe.
®rimm nermutet, ta^ t>ai 3«rfto^en ber
Olicbcr mit bem „neun* ober äef)nfpci($igen
SRabe" crji fpäter entpanben unb man ftatt
beffen früfier mit einem SBagcn über ben
9Jiiffett)dtcr l)ergefa^ren fei.
4. 2)aö Verbrennen ijl eine fcf)on
bei ben f)eibnifd)en ©ad)fen unb ^raufen
beäcugtc Jobeöart, namentli^ für Sou^^crer
unb ©iftmifd^cr, fpäter für Äe^er. 93e*
fonberö nai)e lag c« , bic 2)^orbbrenner
felbft biefer S-obeäart ju meit)cn; auc^ beim
®t)ebru(i) war biefc ©träfe übU(^.
5. ©teinigen wirb in norbif($en unb
frdnfifd^en Dueflen ermät)nt. S5er SWiffe*
t^ater würbe an einen ©tamm ober $fa^I
gebunben unb mit ©teinen nac^ i^m ge*
worfen.
6. ßebenbigbegraBctt erwähnt
S;acituö ®erm. 12. ©päter galt aU
SRegcl, wenn Scanner gctiängt unb ge*
räbert werben follten, foüe man SBeibcr
„ber Weiblichen ©bre wiüen" Icbenbig be*
graben. SÜUt biefer ©träfe würbe noci)
fpäter oftmals baä treiben eineö
^fat)Icö bur^ ben ßeib, befonberä
bei Äinbeämörberinnen, oerbunben. 2)aö
Scrfenfcn in 2Roor unb Vfü^en, ba^
ßebenbigbegraben unb felbjl tai ©rtränfcn
fcf)eincn oEe faft nur oerfd^iebene formen
einer unb berfelben ©trafart gewefen ju
fein, wobei oorjüglid) baö l)eimUc^e ilöeg*
t^un, iai (Sntjie^en eineö ctjrlic^en 93e*
gräbnijfeö in iBetrac^t fam.
7. ©rtränfen war »orjügti(^ ©träfe
ber 5'^''"^" ""^ S'iu^srinncn. 2)08
©(^wimmen ber Srtrdnften jU tiert)inbern,
banb man il)nen ©teine, 3Qlüf)ljieine um
ben ^alö; erfcf)Wert würbe bie ©träfe ba*
burc^, ha^ man bie üJJiffet^ätcrin in einem
©acf mit |)unb, Äa^c unb ©i^Iange jU*
fammen ertränftc.
S)ic übrigen Sobcöi^rafen ftnb fcltenct
erwäf)nt unb nicf)t allgemein angewenbet
worben:
8. Qluöbärmen galt für Söaumfd^älet
unb *)3f(ugräuber.
9. 5Ieifc^fd)neiben au^bcrSBtufi
iji ©träfe beä böfen @d)ulbnerä.
10. Vierteilen, mt)b. zerliden; oft
gefcbat) hai fo, ha^ einzelne ©lieber bcjt
ÜJJiffct^äteräi an ben ©cI)Weif eineö wilben
SRoffe« gebunben unb jerfcf)leift ober t>a^
2lrme unb %ü^t an mehrere *Pferbe be«
fcfiigt unb biefe nacf) üerff^iebenen ©eiten
i)in getrieben würben. Dft wirb biefe
©träfe in ben ©ebiditen be^ farolingifct)en
©agenfreifeö r»erl)ängt.
11. 3^i^treten oon *Pfcrben wirb
in norbifc^en ©agen erwähnt, unb ifi bem
Berjlo^en ber ©lieber burci) SIBagen ju
üergleid)en; fie^e oben 3. SRäbern.
12. ©leben, in ftebenbem SBaffer
töten, fc^eint an Äe^ern rtolipredt worben
ju fein.
13. 3n ein jleuerlofc^, lecfeä
©4)iff fe^en, fommt bloö in Siebern
unb ©agen »or.
14. Sieren »orwcrfen erfc^eint auf
beutfd)cm 3Boben ebenfafl^ bloö in bcr ©agc.
II. ßeibeöjirafcn. *Mud^ bie 5ln*
wenbung biefer ober jener ßcibeöflrafe
jianb oft in ber ffiiHfür iti $Ric^ter«,
wobei neben ber ©ere^tigfeit auc^ Üiücf*
flehten auf bie *Perfon, beren ©tanb, ®c«
fä^rlid^feit u. a. leiteten. 9JJand^e biefer
©trafen fonnten, gleic^fam ali ©c^är*
fungen, mit ber ^obeöfirafe ccrbunben
werben.
1. Verfiümmelnbe ©trafen. Wo«
burc^ ber SÜJiffetbäter eine^ ©liebet ober
©inneöwerfjeugcö beraubt würbe. 35a^in
gct)ören:
a) ^anb unb g"^ abljauen, wobei
redete ^anb unb lin!er 0u§ mel)r galten
648
©trafen.
ali bic anbern; jene fü^tt baä ©d^toert
unb fd^wingt ben ©peer, mit biefem tritt
ber aJJann in ben ©tcigbügel. 3n Sßalbs
»eiötümern fommt oft ^b^auen bci§ SDau*
men^ oor.
b) Slenbcn, fei eö blog eine^, fei
eö beiber Slugcn.
c) Stbfcbneiben ber S'iafe, eineö
ober beiber D^ren ober fto^l oon ?iafe
unb O^ren jugleid). Sefonbcrö ©Hawen
mögen mit bicfer ©träfe belegt tt>orben
fein, »eil baburd^ i^xn 5trbeitfa^igfeit
tticniger gef(f)abet njurbe.
d) Entmannung, ©ei^cl^iebe unb
Entmannung maren bei ben falifcf)cn
i^ranfen bie bciben ©trafen für Unfreie;
mer bei ben g^^iefen •§)ciligtümer entrcei^t
^atte , foHtc Dor ber ^inri^tung jucor
entmannt merben.
2Beniger allgemeine unb häufige ©tra«
fcn berart fc^einen gen)efen ju fein: 5iu0*
fc^neiben ber 3""S^ bcfonber« für
23crläumber unb ißerrater, 5tbfc^neiben
ber Oberlippe mit ber SJJafe, 5luÖ5
brcd)cn ber SJorber jät)ne bem gegen*
über ber ben anbern bei§t; 5lbfc^nciben
ober 5tbf)aucn einzelner ginger.
2. ® ei§lung ober ©läupung, 2luäs
bauen bc« ÜRalefifanten, ber babci an
einen ^fa^l gebunben ober auf eine 53anf
^ingcftvectt mürbe, mit SRuten, SRiemen
ober ©triden auf bloßem Qtücfen. I)a=
burd) , ba^ biefe ©träfe nad) erfolgtem
SRecbtöfpruct) , unter 5liiffi*t hii ®erict)tä,
öffentlich gefcl)a^, unterfc^ieb fie ftd) oon
ber blopen 3ü<^tigung, mie fte bem $errn
gegen feine porigen unb felbji gegen bie
in feiner SDJunbf^aft ftcl)enben gamilien«
glieber erlaubt mar. ®ie Qai)l ber ^iebe
roirb in alten Solfärecftten oon 40 big
300 gebellt. 9?amcntli(^ Unfreie muften
ibrc 3Kiffetf)at mit i^rer ^aut bü^cn ;
greie mürben nur bann biefer ©träfe
untermorfcn , menn fie nicfct im ©tanbc
maren bic 2?upc ^u bejal;lcn ; erft mit ber
Seit mürben unbcbingt gcmiffe 9Wiffett)aten
mit förpcrlicbcv 3ü<i)ttgung bebro^t. S)ie
törperlid^e 3üc^t'9unS jog , menn ein
i^rcier fte erlitt, ben ißcrluft ber grei^eit
teincömegs nai) fttf); bagegcn fd)eint,
gleicbfam aU ein SSePanbteil ber ©träfe
felbfi, hai 2lbf^ercn ber ^aare bamit
uerbunben gctvefen ju fein.
3. ©c^inben, Slbjieben ber ^aut mit
ben paaren, eine ©träfe, bie für fe^r
fcf)impf[td) galt; aupcrbem mar im 5llterä
tum iiüd) ein befonbevci? Diiemenfcfcnci*
ben au« ber ^aut alö ©träfe betannt.
4. Sranbmarfen mar nid^t blöd
©träfe megen bcS ©t^merjeö unb ©d)tm«
pfeö, fonbern biente auc^ baju, ben einmal
SBerurteilten unb noc^ anbcrmeitig 93ejirafä
ten mieber ju erfennen; eö gefd^a^ meiji
burc^ Einbrennen eine^ ©c^lüffelö in
2ßange ober ©tirn.
5. 2Ber jemanben mit einen SDteffer
gefiodicn liatte, bem foUte baöfelbe ÜJlcffer
üor ®erid)t burc^ bie ^anb gefc^la«
gen merben.
6. Unt)orfä^licf)e üJiörber mürben im
SKittelalter fird)lid^ anget)alten, mit fdjmes
ren Äetten ober ^Ringen um ben 8eib ober
bie 5lrme belai^et, SBaKfalirten ju tl)un.
3n leid)teren gäüen mu§te ber SWörber
menigpcnä an l^oben %i^tn cntEleibet unb
nacft biä jum ®ürtel cor ber *}}roceffion
jiel)cn, in jeber ^anb eine gebunbene SRute,
unb ftc^ felbji fc^lagen, ia^ eö blutete,
unb bie 93anbe tragen, biö fte abfielen.
III. grei^eitöürafen. 1. ©fla*
»er ei. SBer in alter 3eit einen ^^riebcnö*
brucf) mit ®elb ju füt)nen unoermögenb
mar, mürbe ©flaoe ober poriger feineö
©d)utbnerö ; ja nad) einigen ©efe^en mar
eö ibm fogar gejiattet, x^iaM unb ^inber
in bie ^örigfeit ju geben, um für i^n bic
©d)ulb mit abjuocrbienen. Dlad^ anbern
©cfe^en Eonnte ein 9D^iffett)äter überl)aupt
bem SBerle^ten ober 9'cad)ftbeteiligten in
beftänbigc Äneditfc^aft Eingegeben merben.
S)em ®rab nad) fd)eint bie Eingabe in
®flat)erei ber Sobeöfirafe am näd)fien ge*
fianben ju baben. 2n beutfd^en t>on ber
Äiri^e beeinf(u|ten 93olföred^tcn mirb auc^
©onntagsentljeiligung unb El^ebruc^ mit
biefer ©träfe belegt.
2. *Berbannung. SBa^renb bie ^^lud^t
auö bem ßanbe früber eine notmenbige
golgc beä griebeneocrluileö mar, um ta'
bur(^ ber Derl)ängten ftraflofen Rötung
ober ber ^inrid)tung ju cntgel)cn, mürbe
bic Verbannung fpiiter i^u einer befonbern
greil)eitöftrafe. ©ie erfc^eint aber in ben
Jicc^tequellen mel)r eine »on bem Äönig
ober ^erjog als l)öä)ftcm JRi^ter in ben
il)m geeignet fd)einenben fallen millfür=
lid), oft an ©teile anbcrer ©trafarten
auferlegte ©träfe gemefcn ju fein. S)ocE
fommt bic Setbannung aud) in anbern
SSerbaltniffcn cor. Sfficnn bie ÜJtarfge«
noffcn ober ©aubcmobner einen 23erbrc(^er
aus ibrer ®emein[d)aft fc^lic^cn moEten,
jerfiörten fte i^m fein .^»auö: hai "i^cnS)
mürbe abgetragen, hai 2;i;)or cerpfäblt, ber
©runnen mit Erbe jugebecft, ber Ofen
eingefc^lagcn. •päufig mürben im 2)Jittel=
©trafen.
649
alter bic 2Bo^nungcn Don Äapitabers
bred^crn jcrjiört, abgcfe^en ton ber fonft
über pe »erhängten ©träfe. 3" bie SBurg
Dcrurteiltet 3flitter rourbe ein Ä reu j ge-
riffen, b. ft. bie SOJauer üon »ier ©citen
^er bur(f)brod)en. 2)er non ber ®cnoffcn=
fc^aft freier Scanner 5luögefct)Iof['cne burftc
fortan feinen Umgang mit it)nen feaben,
ben Sßerfammlungen , ©cric^ten unb im
^eibentum ben Dpfern nic^t beiwohnen,
mu^te, tttenn er i^nen auf bem SBeg be-
gegnete, auött>eid^en. 3!)littelalterli^c ^ot*
mein bafür finb einen erlös und recht-
los sagen, künden, bannen, verbannen,
verfesten , verweisen , verschalten , ver-
femen , verzelen , aechten , einen aller-
menniglichen erlonben. 2BaIbgang ^ie^
in ältejier 3eit ber ^ärtejle ©rab ber 23er*
bannung, ber Verbannte SB albmann,
SBalbgänger, aud) wargus = 2Bolf
unb [Räuber, njeil ber iBcrbannte gleich
bem 9taubtier ein 93ett?oI)ner beö SBalbe^
iji unb gleich bem Sffiolf ungejiraft erlegt
»erben barf. 5Bermicfene räumten bar«
fu^, entgürtet, unb einen ©tab tra*
genb ta^ Sanb; i^n foüte niemanb be=
Verbergen unb fpeifen. !Die ^luöj^lie^ung
auö ber ©cmcinfd^aft ging junäc^fi nur
ba« engere iBerf)äItniö an, bie ÜJtarf, ben
®au, fpäter anä) bie ©tabt; e8 gab
aber aud^ ißert)ältniffe, Wo ber SSerbre^er
beä grieben^ im ganzen SSoIf »erlu^ig
h)urbe. 2)ie Äircfce [e^te fpäter oft an
©teüe beg weltlichen Sänne« bie aBall«
fa^rt an beilige Drter, wobei ber SBer*
Brecher 93anbe unb ,Kettc trug, grauen
unterlagen beö^alb ber a3erbannung nid^t,
Weil fte nic^t in ber ®emeinf(f)aft ber
freien ÜWänner fianben. SanbeöDermiefcne
burften, wenn fte ftc^ bei feierlictiem ©in?
jug ber gürjien an beffen SBagen ober
$ferb hielten, ftc^er jurücffeljren.
3. ©efängniöfirafe, äeitweilige unb
Iebenölänglici)e, wirb juweilen erwähnt;
fte fam au« ben römif^en eroberten San«
bem, unb wenn gleidb Äarl b. ®r. befaf)l,
ba§ jeber ®raf in feiner ®raffd)aft für
ein gehörige« ®efängni« forgcn foüte, fo
fehlte c« boc^ no(6 fpäter oft an Qlufbe«
wa^rungöorten für Verurteilte.
IV. S^renjirafen. S)iefe ftnb in
ber frü{)eren 3fit minbejlen« feiten gewcfen
unb fct)cinen erji mit ber befiimmteren Itu««
bilbung eine« ©tanbe«, ber auf beoorjugte
6t)re Qlnfprud) machte, auögebilbct unb
üblicher geworben ju fein.
1. Jßiberruf unb Qlbbitte. SBct
ben anbern ^efd^olten, i^m ein Scrbre^en
üorgeWorfen t)atte, oI)ne e« bewäbren ju
fönncn, muf te ftd^ öffcntlid) auf ben ^vmi
fdblagen unb fagen: ÜJJunb, ba bu tai
SBort rebete)^, logefi bu!
2. ©d)impfli(i)e Srad^t, wie ba«
Qlbfd^neiben be« ^aare«, ba« Mrjen be«
langen ®ewanbe«, beibe« befonber« bei
grauen, bie il)re Unfd)ulb nid^t beweifen
fonnten.
3Unterfagung berSBaffcnunb
ritterlichen ®erätc«. Sin e^rlofer
SRitter foüte ©tiefel o^ne ©porn tragen,
ein $ferb ot)ne ^ufeifen, o^ne ©attel unb
mit bajienem Qanm reiten ; iai ^ie^ ml)b.
einen von Schildes ambet scheiden und
rechtlos sagen. Sbelleuten, bie [xd) »er«
gangen I)atten, Würbe tai %\\ä)tuä) jer«
f(f)nitten unb bai Srot terfc^tt
gelegt.
4. ©t)mbolifc^e ^Projeffion. 2)ie
SRiffetljäter mu§ten in bemütigenbem 3ln«
jug, ein 3^^^^" ^^'^ cerwirften ©träfe
auf il)rem ^al« ober (Rüden tragenb, Dor
i^rem ^errn erf(f)einen unb eine norge«
f^riebene ©trede, 9ewöt)nlicf) bi« jur
®rcnje be« ®au« burdoWanbern , glei*«
fam bamit i^re (Entehrung jebermann im
ßanbe befannt würbe. 6ble unb greic
trugen ein blo^c« ©c&wert. Unfreie ben
©trang um i^ren ^al«, jum ©pmbol,
i>a^ fte »erbient ptten entbauptet ober ge«
fangen ju werben. 5IRiffetbäter trugen
auc^ SRuten ober Sefcn in ber ^anb,
jum 3cic^en be« »erwirften ©taupenfc^lag«,
wie bem ergriffenen, oor ®eric^t gefc^lepp«
ten 2)ieb ©^ere unb 33efen auf ben
SRüden gebunben würbe, ©bie ißcrbrec^er
trugen |)unbc, wot)l um anjubeutcn,
ba§ fte wert wären, glei^ einem |)unb
erfc^lagen unb aufgepngt, an ber ©eitc
eine« |)unbe« aufgehängt ju werben.
a3lo§e greie ober S)icnjimannen trugen
©ättel. Unfreie ein *Pflu grab, grauen
trugen ©teine um ben ^al«.
5. (Sfelritt. (Sine grau, bic i^ren
ORann gefd^lagen ^atte, mufte rücf wärt«
auf einem Sfel reiten unb beffen
©c^wanj ^altenb buxä) ben ganjen Drt
sieben. 5i^nlicl)e (J^renPrafen ftnb, l)inter*
rüd« auf einen weisen ®aul, ober auf
einen fc&warjen 2Bibber gefegt ju werben.
6. 2)a(|)abbecEung ifl ebenfaü«
eine ©träfe für ben Seemann, ber ft^
oon feiner eigenen grau ^at raufen, fc^Iagen
unb fc!^elten laffen.
7. ÜRit^ec^ befireic^en unb
in gebern wäljen.
8. oranger; ber Verbrecher wirb
650
©traföetfa^ten.
an einen auf bcm ®tüä)tipla^ ober fonfi
öffentlii^ fic^enben *P f a ^ 1 , 93 I o d ober
Stein gebunben, angefd^Ioffen ober ein«
gcfpannt unb ben 93Iic[en be^ SBolfe^ auö*
gefieüt; bicfer @d)anbpfa^I ^ei^t in 9?te=
berbeutfd^Ianb ^ati, in ©c^njaben bie
® (f) r a i a t , in Saiern bie ^ r c d) e , m
9torbbcutf(i)Ianb bie ^f i e b e I , in ©c^wa*
ben bie 0 e i g e. pariere ©träfe ift ber
6 d& a n b f 0 r b , ber für Oartenbiebc,
jäntifc^e SJÖeiber unb @|ebrcci)cr gebraucht
würbe, unb baö 2lufi^ängen im Äefid^-
9, , U n e b t H c^ e ä 93 e g r ä b n i g.
Sotc Übeltäter unb 93erbrec^er tt)urbcn
auf ben Ä r e u j tt) e g begraben, unb nicf)t
über bie © c^ tt> e 1 1 e , bereu ^eiligfeit
nid^t entweiht njerben burfte, auö bem
j^au^ getragen, fonbern buni) ein fiod^
unter ber ©(^njelle ^^ergefc^Ictft; fo ber
beim Sinbruct) erfc£)lagene 9ia^tbieb unb
ber Äe^er, namentlich aber ber ©elbfi=
mörbcr.
Utaä) gßilba, ©trafrcc^t ber ®er*
manen, ^aHe 1842 ; 3. ® r t m m , SReditö^
altertümcr, 680—744 ; 2ß a 1 1 e r , 9iec^tö*
gefc^id)te. SBgt. 25 r e p e r , antiquari[d)e
änmerfungen über einige in bem mittleren
3eitalter in Seutfd^Ianb unb bem Sfiorben
übliä) gemefene ßeben§=, ßeibeö* unb(5bren=
ftrafcn, Cübecf 1792 unb Ä r i e g f , S)eut«
fd^eö 93ürgertum, I. 9lbfc^n. XI, Äriminal^
jufiij unb 9lb[c^n. xn, 2>ie kriminal»
firafen; © cf) u I ^ , pfifd^e^ ßeben, H,
149—157.
©trafticrfa^tcn. 3n biefem 9trtiEeI foKen
alö ©rgänjung namentlid) beß 2lrtifelg
Ding einige ©eric^töattertümer befpro^
d^en tt)erben, ttiobei befonberg ©rimmä
SRed^töaltertümer 93ud) VI, Aap. V
unb VI unb 2ß a 1 1 e r « Gtec^tögefc^ic^te
al^ DueÜen bienen.
1. ßabung. ©d^on früt) im SDlittel*
olter ttjurbe tai gebotene ®eriä)t be>
läutet unb befdjreit. S)ie ®Iode
rief alle ^^rcien unb bie Urteler inöbefon=
bere ju il)rem SRcc^te, njie bie Äirc^englode
jum ®otteöbienjt , bie ©turmglocte gegen
^einb, S!}Jörber unb treuer aufrief. jDer
® e g n e r bagcgen mürbe in ber dltefien
3eit o^ne(Jinmif(i)ung beö JRic^terö gerufen;
ber Kläger fclbfi forberte feinen ©c^ulbner,
in Seifein t>on S^ufif"' ^""^ ®eri4t; ber
5lu«brud bafür ifi a^b. manön, nfeb,
mal) neu. 3u bcm (Snbc »erfügte ftd)
ber klüger, »on 3^U9f" begleitet, ju ber
SEßoljnung beö ©d^ulbnerö, forberte it)n
noc^malSi feine SöetbinbUc^teit ju erfüllen
auf unb beflimmte bcm 2Beigcrnbcn ein
®eri(^t. SBurbe bie ßabung, wai fpäter
auffam, toon bem IRid^ter ober beffen 93oten
üorgenommen, fo ^ie§ jte 93ann; biefer
gcf^al) münblic^, ober fpäter au^ fc^iift«
li^, burc^ ben ®crict)t^boten , ber unter
Umjlänben bie ßabung an bie %'^üxt jiecEen
unb ftenfen burfte. ®emaltfam fonnte in
ber SRcgel fein freier »or ®eric^t gebracht
merben, am wenigPen nac^ ber erjien
ßabung; fold)er ßabungen aber maren in
ben alten SBolE^red^ten brei biä fteben öor=
gefc&rieben. 93ei ben böl)crn ©täuben
mußten big in§ 15. 3i|it^un^«t jur
ßabung Ebenbürtige gebraui^t merben.
Über bie gefe^lic^ geftattetcn Cntfc^ulbi*
gungägrünbe fte^e ben 31rt. ehaftiu not.
2. Regung beä®eri(^teö. Die
feierli($e ^ufPeüung beö ®erid^tcö l)ic§
gerihte hegen, eigentlich mit einem ^ag
abfct)licBen. (So fd)eint, ta^ beim ©i^e
beg 5Ri(I)terö ein © c^ i 1 b aufgehängt
mürbe, »ietleid^t an einem in bie (Srbe
gefiecften ©peer; bie gewöhnlichen ®eric^te
mürben aber feit bem STcittelalter blo«
burcb ©pannung ber 93anf unb
mit bem ©tab gehegt; am ©d)luffe beö
®erid)teö pflegten bteöänfegcjiürät
(jufammengemorfen) ju werben. (Jrfie^
©efc^äft be« 9iid)tcr0 ifi, ©tille ju
gebieten, ® er i c^ t ^ f ri c b e n jU
bannen, ban und frid gebieten. Sig
wieweit ber Umftanb (bie Umftcbenben)
bem gehegten ©eridit na^en burfte, be*
fiimmte entWeber ©eil unb ©c^ranfen ober
befonbere Sßerfügung. g'^^^'^e rnupten ftd)
in noc^ weiterer gerne tjalten; Überfd^rei*
tung ber gefegten ©d)ranfe würbe l^art
gebüßt.
3. © t r e i t. Der ^rojc| Würbe aU
ein Äampf gebadE)t; ber Kläger greift an,
ber 93eElagte wef)rt fic^; bie ßabung ifi
eine Äriegöanfünbigung, bie ®emeinbc
fc^aut JU unb urteilt, wer unterlegen fei;
3eugen unb ÜJJitf^wörenbe belfeu auf
beiben ©eiten; juweilen löfi fid^ iaii gauäc
SSerfa^iren in baei ©otteöurteil cinc^ leib«
lid^en 3>üeitampfeg auf. Älage unb 9lnt^
wort unb ta^ übrige 23erl)alten cor ®e=
rid^t War an genau abgemeffene 91uöbrüde
gebunben. Der ®ang ber Sßer^anblung
war ängfilid^ abgemeffen unb bie %ui=
brüde für t>a^ (Sinjelne fo genau »orge»
jeid^nct, ba§ bie fleinfte 9lbweict)ung dladj^
teil unb ®efat)r mit fic^ füt;rte.
Ä 1 a g e ifi urfprünglid^ tai ®cfd)rei,
mit bem man feinen Qlnfläger befc^ulbtgt,
ba§ eö möglid)ft aüe l)ören, unb bie ^ilfe
bed SRic^terä anruft. 91Birtlic^ war eö im
©traföetfa^rcn.
651
SWittelalter 6itte, baf ber jenige, ber bcn
SJerbred^et auf ber Z^at ertappte ober [elb|i
»ergensaltigt »rorben wax, bai (Sefc^rci,
m^b. baögerüefte, ben wuof ober wuoft,
er^ob; biefem SBaffenruf, woju no^ Um»
fittitbcn baö ßärml)orn geblafen unb bie
©turmglocfe geläutet tüurbe, voax jeber
®rtt)ad)fene bei Strafe ju folgen »erbun*
ben. ^atte man ben iBcrbrec^er eingefan»
gen, fo 50g man jum SRic^ter, ber aläbalb
baö ®erid)t »erfammelte. S)cr ßcidbnam,
bie gefiot)Ienc ©act)e ober anbere SBaf)r=
jei^en ber Z^at mußten »or ®crid)t ge»
bra(f)t hjcrben, tvai ber blickende schin
ober scMb ^ie^ ; fpdter mu§te tt»enigftenö
bie abgelcfie lianb alä ß e i b j c i d) e n
»orgelegt n)erbcn, biö jule^t bie Seft(^=
tigung ber 6ct)öffen unb haii ^rotoEoü
ber ©eftion auffam. 'Und) »or bem »er-
fammclten ©eric^t mürbe bie ^lage mit
©erüfte ert)oben, ttielc^e« aud) bei
Älage auf übernä(l;ti9e Zi^at eintrat.
3n biefem %aU fonnte nac^ uraltem
Sßrauc^ ber Seflagte umringt t>on iöer^
hjanbten unb greunbcn cor ®erid)t treten,
bocf) war im SWittelalter bie Sa))l bcrfel*
ben auf breifig ^öd)fienö mit einem
©c^merte Semaffnete eingefd)ränft. 93c«
fonberei auögcbitbet mar bie ^lage megen
Sobfcfclag unb SBunbcn. ^uä) \)in mufte
ber Sote mitgebracht merbcn; ja nad)
einigen SRed^ten mürbe, menn ein ®erid)t
nic^t gleid) ju Ijaben mar, bie ßeid)e in
einem %a^ mit Äalf unter ©iegel aufbe=
mabrt unb bamit geflagt. Soor bem ner«
fammeltcn ©erid^t ert)oben ber Äliiger,
feine iBermanbten unb greunbe mit ge«
jogenen ®d)mertern baö breimalige ®e*
fc^rei, fte t> e r f c^ r i e e n bcn SDJörber, in*
bem fte icbeömal ben loten ctma^ nät)cr
brachten. Dfiadjbem ein Urteil il)nen bie
©^merter einjut^un geboten unb ber
©d^ult^eiB mit ben ©(|öffcn ben ü)Jorb
befeftcn Ratten, rief ber ©d)ultl)ei§ ben
33erftagtcn breimal mit SRamen auf, unb
menn berfelbe nid)t anmcfcnb mar, mürbe
ein Termin über 14 D^ac^te gefegt, unb
baö ®eri^t gab Urlaub ben Joten ju be*
graben; bod) mürbe an einigen Orten hai
Mutige ®emanb ober bie rcd)te |>anb ju*
tüdbe^alten, mand)mal aber fiatt ber le^«
tcrn eine mäi^ferne^anb gugelaffen.
931ieb ber 33erElagtc im brüten Termine
auö,,fo mürbe er in bie ÜJIorbadjt erflärt.
Über bie 93emei^mittel (5ibmit(£ibeö =
Iielfern, ®otte0urteile, 3meifampf ,
fpäter Tortur ftef)e bie befonbern 5lrtiEel.
4. aSerurteilung. Urteil mar tiie
5lntmort ber ©cfeöffen auf bie ibnen oom
{Rid)tcr gefieüte ^rage. 5tbftimmenbc Ur»
teuer pflegten mol)l mit einer ^otmel ju
fd)lie§en ; ;\. 93. : kunne anders ieman iht
gesagen, der spreche sunder minen zom.
®emöt)nlid) galt ©timmcnme^rl)eit. ^J 0 1 g e
^ei§t, menn bem Urteilenben bie übrigen
©c^öffen ober auc^ bie umjle^enben freien
Scanner beipfli(^ten : „ein unerfolgtcÄ
Urteil ifi fein Urteil", ©in gefunbened
Urteil anfechten, ^ie^ eä fc^elten ober
trafen, ma^ urfprünglid) burc^ ein
®otteöurteil gefd)ef)en fonnte. ©päter mar
bie gemöl)nlid)c SIßirfung beö ©^clten^,
ba| ber ©treit for anbere Urteiler ge»
brad^t mürbe, cntmeber unter 95orft^ bee»
felben JRi^terä ober bei einem l)öl)ern ®e»
rid)t. föinem 93erbrcd)er fc^mere ©träfe
juerfennen, t)ie§ il)n tierjät)len, al)b.
firzellan ober firtuoman, firtuon, firwäzan ;
bie ©cfcöffen l)oben babci it)re t^inger auf.
©ine 93erurteilungöformel ber SUerban*
nung unb 23erfebmung lautet 3. 93.:
„beö urteilen unb ächten mir bid) unb
nel)men bid) »on un^ auä allen red)ten
unb fe^en bic^ in aüeö unrecht, unb mir
teilen beine mirtin ju einer mi§enbaften
mitemen unb beine finbcr ju ebe^aften
maifen, beine lcl)en bem berren, üon bem
fie rühren, bcin erb unb eigen bcincn
finbern, bein leib unb fleifc^ ben tieren
in ben mälbern, ben Bögcln in bcn lüften,
ben fifd^cn in ben mögen; mir erlauben
bic^ anä) männiglic^ allen fira§en, unb
mo ein ieglid^ man frib unb gelcit l)at,
foltu feinö ^aben unb mcifen bi^ in bie
öier fira^en ber mclt." Ober:
„ber f d) a r f r i d) t e r foU x\)n führen
auf freien pla^ , ba am meifien oolf i|i,
unb mit bem fdi)mert feinen leib in jmei
jlücf fd)lagcn, ta^ ber leib hai größte unb
ber fopf hai fleinfie teil bleibe; [ip einer
jum ©trid ocrurteilt:] foU ibn führen bei
einen grünen bäum, i>a foU er it)n an*
fnüpfcn mit feinem beften b^lä, ba| ber
minb unber unb über ibn äufammcnfdilägt;
auc^ foU ibn ber tag unb bie fonne an«
f(^cinen btei tage, alsbann foü er abgelöfi
unb, begraben merben."
Über einen jum lob SSerurteilten mürbe
ber ©tab gebrochen.
5. .^ i n r i d) t u n g. ©trafen ju ootl*
jireden fc^eint urfprünglid) nid)t baß 9lmt
bcftimmterßeute gemefen jufein; miebie®e=
meinbe felbft baä Urteil fanb, mu§te jte auc^
an beffen 93otljicl)ung .^»anb legen ober jte
etma bem Kläger unb feinem Qln^ang über*
laffen. Sninid^in beforgte fc^on fe^r früb
652
©tricfcrci — ©tjnobcn.
meificnteil« ber ©erid^täbotc bie ^intidjtung.
©d)crgc unb ^ronbotc waren anjcfcliene
ßeute. 5lltc IRatncn berfelbm ftnb'scarjo,
■wizinari , wiziscalh , jüngere : genfer,
9?a4rid)ter, @d)arfri^ter, ®toder,
aWetficr, «Unglimann. SBeil aber ju
©c^ergen unb ®crtcf)töbienern unfreie
ßeute genommen werben fonnten, alfo bie
Einrichtung in fnecf)ti[c^e ^dnbc ju faflcn
pflegte; roeil e^ bem natürlichen ®efül)l
wiberftrebtc, ha'e ficf) ein TOenfc^ baju
Vergab unb glei(|fam fein ©efc^äft barau^
ma^te, anbere umä Seben ju bringen, fo
trennte fict) mit ber 3fit ^»"^ ^mt i'cö
^enferö oon bem beö ®crid)töbotcn unb
jencö fanf in SBcracf)tung, 3ebe Strafe,
bie ber genfer üoüjog, Peruncfirte ; jebe
a3erüf)rung »on feiner ^anb befdbimpfte.
!inan mieb feinen Umgang, bei ber *lluö*
teilung be^ 5lbenbma^lö mu§te er es ju
aüerle^t nebmen. 9^ur in Stotfäüen, wenn
ber ©(^arfrid^ter mangelte ober nid^t allein
fertig werben fonntc, "trat bie SBerbinblid^»
feit ber ©emeinbe I)eroor, $ilfe ju leifien,
unb fie mufte aläbann förmlid^ »on i^rem
JRid&ter aufgcforbert werben, ^n einigen
Drten (j. 93. in ^Reutlingen) würbe bem
unterfien Schöffen, an anbern (j. iß. in
frdnfifc^en ©egenben) bem jüngjlen e^c*
manne bie Einrichtung aufgetragen. (Sigcns
tümlid) war ber ©ebrauc^, mehrere ^cr»
urteilte an einanber felbfi bie ©träfe öoHs
firecfen ju laffen.
©triderei. (Srfunben würbe fte um 1550,
wabrfcbeinlid) in Spanien unb befaßte ftc^
anfängli^ mit ber llnfertigung mannlid^er
Sßeinf leiber , ber „2ricot", bie biä babin
aui mehreren ©tücfen jufammengenä^t
Waren. SRamentlic^ bie feibenen Iricotg
Waren febr gefcbä^t. E^inrid) VIII. »on
®nglanb lief ftc^ 1547 hai erjie ^iaax
aue ©panien fommen. E^im^ic^ H- oon
^ranfreid) erfc^ien 1559 ebenfaüö .in
STricot«. aBiüiam See erfanb 1589 bcn
©trumpffiridiiubl SU dambribge; ba aber
bie E'>"^l^'^i*er beffen Äonfurrenj fürd)«
teten unb ber Äönig ibnen bcifiimmte, f[of)
ber (Jrpnber nac^ *Pariö unb lie§ ftd) bann
in iRoucn nieber.
©trüm^jfc Waren anfangt t>on ficber
ober SBoÜcnjeug genät)t unb mit ben ^ofen
üerbunben. (©trumpfljofcn.) Um 1550
!am bie ©trieferei auf unb jwar bie
©trumpffiricfcrei burd) (Slifabetf) üon (5ng=
tanb. 2)ic ©trumpfe würben fortan ge«
trennt con ben ^ofen getragen unb aui
SBoüe, Saumwoüe ober ©eibe ^ergefteüt.
3)er ©trumpf war faltenlo« an ben Unter*
fc^enfel gepaßt „wie baö ^eü einer Itom»
mel", unb balb würbe er mit oerjierten
3wideln unb föfilid^en ©trumpfbönbern
bcrart au^geftattet, ta% bie ©ittenrid^tet
i^m ben Ärieg crftdrten. ©efonber^ be«
liebt waren bie weisen ©trumpfe a\xi
Filet de Florence. 3)ic ©trumpfe jd^I«
ten auc^ ju bcn Ärönungöinftgnicn.
©iebe bort,
©tu^I. 2Bic anbere je^t notwcnbige
3immcrgerdte f ommt ber ©tubt im früfieren
SDiittelalter no^ feiten oor, eigentlich nur
alä ^xadjU unb S^ronjiu^l für ^o^e
ÜBürbcntrdger, etwa auc^ alö (J^rcnft^
für ben Eau^oa^ei^ "ni» für grembe. I)ic
gamilic fe^te fi(^ auf ©c^emel, ißdnte,
Sru^en ober Eütfc^en, Älappjlüble unb
©effel. Qlm ©d^luffe be« 11. Jafir^un*
bertö finbet man, jwar immer noc^ nur
bei ißornebmen, ©d^emel mit SRüdcnle^nen,
alfo Eoläjiü^le, im täglichen ©ebrauc^.
3nr 13. 3a^i^f)unbert wirb bie @i|plattc
fcc^ö= bi^ ad^tedig unb tai ®erdt ^at ent»
fpred)enb bie gletd)e ^al)l oon ©tü^en
ober Seinen. %üi ben SRi^terfiubl ia»
gegen be|iet)t auö ber gleichen 3^*^ bie
$orfd)rift, ta% er vierbeinig fein fotl, unb
ebenfallei im 13. 3*i^t^unbert fertigte man
aud) fd)on ©tül)le a\xi bünnen (Jifenlldben,
bereitete ben ©ib auö iRiemen ober ®ur«
ten unb legte Ätffen auf biefelbcn. Über*
au^ fofibar waren fd)on bie bt)5antinifd)cn
unb römifc^en fprad)tflül)lc, unb fie btie*
ben eö burd^ iai ganje SWittelalter. S)ie
SRüdle^nen waren bcfonberö l;od) unb mit
föjllic^en ©c^ni^ercien gejiert, it)re ©dulcn
fowof)l wie bie 5ü§e mebr ober minber
gefc^madPoH gef^weift unb gebred^felt.
2Bar ia^ ^oläwerf weniger foftbar, fo
überbedte man eä »on oben biä unten
mit einem geftidten ober gewirften Über»
jug. 2)er *Prad)tfiubl ßanb nie frei, fon»
bem meifi üor ber üJiittc einer 2Banb.
©ittane, lat. sutana, nennt man tai
au§erbienftUd^e Äleib ber fat^olifc^en ®eifi*
lic^feit. ®ä ifi bei Äarbindlen ^od^rot,
bei Sßif^öfen unb ^au^pi^älaten beö ^ap*
fieä »iolett, beim *Papfte felbfi wei^woHen,
bei ber ganzen übrigen *^3riefterfc^aft f^warj.
©Qnoiien* Scrfammlungcn ber Sif(^öfc
fommen fc^on in ben erften Sti^rfiunberten
ber Äird)e üor; anfangt auf engere burc^
SJationalität unb @prad)e nerbunbene
Äreife befc^rdnft, umf äffen fie feit .Ron»
ftantin b. ®r. iai gauije römifd^e SReic^,
bie ganje S^rifien^eit. ©ig in bie Söiittc
bed 9. 3«bi^^unbertä würben folc^e öfu«
menifd)c ©pnoben nur im Ügriec^ifii^en
SEabernafel — 3;ageliebct.
653
Sprachgebiet, unb jtrar in Äleinafien ober
Äonfiantinopel gebalten; eö jtnb iai bic
@t)noben 1. üon 9?icäa 325, 2. Don Äon=
fiantinopel 381, 3. »on (äp^efuö 431,
4. Don ß^alcebon 451 , 5. »on Äonjian«
tinopel 553, 6. oon Äonftantinopel 680,
7. t>on SRicäa 787, 8. »on ÄonPantinopel 869.
daneben giebt e^ jabircid&e <13rot)injiaIf
unb 3Wetropolitanft)noben. ^^ür biejcnigcn
©tjnoben, bie im fränfifc^en SReid)e
abgehalten h)urben, nabtncn bie Könige üon
jclfer bic Sefugniä in 5tn[prucf), ba^u ibte
3u(iimmung ju erteilen ober gcrabeju ^ät
unb Ort ber @t)nobe ju beftimmen; batte
ber Äönig felbfi bie 93i[cf)öfe jur 35er»
fammlung eingclaben, fo pflegte er roobi
audb pcrföntict) ftdb baju einjuftnben unb bie
tt)eItU($en ©ro^en mit ju berufen, njobei
bann bic ®cipiid)cn balb für fi^ allein,
balb mit ben tt)cltUd)cn ®ro§cn jufammcn
berieten; din^d wax, ha^ bicfe @t)noben
mit ben Otcic^öücrfammlungcn jum Seil
jufammenfielen , babcr bie SReid)äfpnobcn
gcrabcju als SRcid)ötage betracbtct mürben;
fo blieb c§ biö in^ 11. 3abrbunbert. Seit
ber 3tuöbilbung bcö $rimateä unb bcr
affctifcb-firc^Iicbcn SRcform ber Sffielts unb
Älofiergeifilicibfeit oerlorcn bie beutfcben
®t)nobcn ibren fteltlicb'fiaatli^en ^l)axat'
ter unb päpfilid)e ßegatcn Icnften je^t ben
®ang unb ©ciji bcr aScrfammlungen ; nacf)=
cinanbcr traten nun auf ©cfebl bee '^apjieö
meiji in feiner eigenen ^Pfarrfircbe, bem
ßateran, gro^c abenblänbifd)e ©tjnoben
auf, bic crfie im 3abr 1123 jur ®c»
ncbmigung bcö SBormfer^Äonforbate«, bic
jrtieite 1139, bic brittc 1179, bie oicrtc
unb jugteid) bic glänjenbfic im 3abt '215,
oon 3"npcenj III. ücranflaltct, an ber
412 93ifcböfe, 800 2ibtc unb qßnoren nebfi
5lbgeorbncten ber morgenlänbifcben !)3atri=
arcbalfird^cn unb jabircicbc ®cfanbte oon
gürflcn unb Ferren tcilnabmcn; ^in
würbe bai 2)ogma oon ber SBanblung
fanftioniert, bie Dbrcnbeicbtc gcfe^Ud) fcfi»
gcfietit unb Sßerorbnungen über 3nqui=
fttion unb Äe^crgeridjtc crlaffen. 2)iefen
öateranfonjilien fd)Iie§en fid) an bic bei=
ben 2t)oner Sijnoben 1245 unb 1274
unb tae^ Ä'onjil oon ißicnne 1311, ba^
ben Jempelor&cn aufbob. ©egcnüber bie=
fen päp)llid)en Spnobcn, bic mebr appro«
bierenbc SBcrfammtungen für pdpjilic^e Sc*
fcblüffc roarcn, folgen bic reformatori*
fd)en Äonjilien beö 15. Sab^bunbcrtö,
hjclc^c bic Äircbc an ^aupt unb ®licbcrn
ju reformieren bcabftcbtigten. S)a^in ge«
bort baöÄonjit non $ifa 1409, Äon*
fianj 1414—1418, QSafcI 1431—1443,
^crrara unb ^lorcnj 1438 — 1439.
2)er SRefiitution bc« 'JJapfitumö bientc cnb«
lid) 1545—1563 baö Äo njil oon Sri en t
S.
SaticrnflfcL 51nfang^ tourbc bie Sud)a=
riftie über bem 5(ltare am iBalbadbin beö*
feiben aufgebängt; na(^bem ber Qlltar=
balba^in roeggcfaüen mar , fübrtc tai
Ißebürfniö 6cr liufbemabrung beei (Sibo»
riumö jur 5rrid)tung bcfonberer fiebcnber
®efäfe, beten Flamen Sab er na Ecl (b. i.
^äuöd^en), ®aframentbäuöd)en,^crrs
gottöbauöcben, ®otte^büttc^cn,
Fronwalme ift. ®ö ftnb brei ocrfd^ie»
bcnc Wirten bcöfelben befannt: 1) Sßanbs
fdbrünfe in 5örufil)öbc über ber 6rbe,
gewöbnlicb mit einer etferncn ®ittertbür
gcfcbloffen. 2) ^i^^^fi^^fttbc Saber»
natel in ^oiftn fine^ 3;urmcö, monu?
mentale ÜJlonj^ranjcn in großem ü)k^fiabe,
feit bem 14. Jabrbunbert unb namcntlid)
infolge bcr (äinfübrung be^ gronlei(^='
namfcjicö in ®ebraud). 2luf einem boben
Sodel rubt bcr ring« oon burcbficbtigem
®ittermcrfe umfcbloffene @ ^ r c i n , über
tt)el(^em fidb eine gotifd)c, oft bis jum
®e»ölb reicfeenbc *pt)ramibc erbebt; bai
Sabernafel im STiünfier ju Ulm ifi 90 J-up
bo(^. 3) lürme. Die an einer
>5citc mit bcr 2Banb oerbunben
f i n b. D 1 1 e , fird)l. ^Ircfeäol. § 45.
SugdicÖer, mbb. tageliet, tagewise, finb
eine tieliebtc ©attung ber böfifdjcn öprif
fomobi in bcr franjöfifcben alö in bcr
bcutfd)cn ßitteratur. »Sie bcfieben aug
einem an ben 31nbruc6 beö SWorgcnö, ben
5lufgang i>i^ OWorgcnilcrneä anfnüpfenbcn
®efpräcb jmifcben bem ®clicbten unb ber
®eliebten, morin bie mc^mütigc (5mpfin=
bung bcä nötig geworbenen ©Reiben« jum
42
654
Sagc^bejei^nung.
I^rifdjcn 5(uäbrucfc fomrat. S)tc ©itua»
tion ip urfprünglic^ o^nc 3>^eife^ ^^i iQ*
gemein über (Suropa ücrbrcitete Sitte bcö
toersclien biligen, ber tton Seite ber ®c«
liebten gefiatteten ^robenä^tc ber (S.ntl)alU
famfeit, «obei au§cr Äu§ unb Umarmung
mct)tö rcciter gemattet Yoax, berfelben (Sitte,
bie l^eute noc^ unter ben 9'iamen juÄilt
ge^en, filtcn, ©affel gef)n, gaf*
fein, fenf!ern, branteln, [c^nur-
ren u. a. in »erfd^iebenen ©egenben ju
Olcd^t befielt. 2)ie nadiwciebarcn Sieber
biefeö 5nl)aUeä beginnen aber erfi mit bem
Eintritte ber St)rif in bie ßitteratur; fte
l^ci^en bei ben ^ronenjalen albas, Don
alba, OJJorgenPern, bei ben granjofen aubes.
5Die beutf(i)cn Sagelieber fieüen entmeber
bie einfa^ere Sjene bar, wenn bie %iaü
erwactit, ben Siebenben mecft unb bcibc
fc^eiben, ober bie Sjene gehaltet jtc^ burc^
bie ®infü:^rung be^ 2Bää)terö belebter, in;
bem biefer Don ber 3^""^ ^^^ Surgturmeö
bei bem erjien Scheine ber 2Jiorgenröte ein
»arnenbeö Sieb anfiimmt. 2lucf) biefer
3ug bürfte auf ber wirflicf)cn Sitte be--
tu^en, ta^ ber «Rac^tirä^ter , tt)ie e« biö
in neuerer 3eit gefd)at) , au|er bem ge*
tt)ölt)nli($cn Stunbenrufe regelmäßig nocf)
einen *Hbcnb= unb einen iUJorgenruf ftngt.
SBolfram Don efcf)enbacf) ^at ben SBäc^ter
juerji in baö Sagelicb eingeführt. Sffiieber
eine Sßariation iji eö, roenn fiatt be« 2Bäd^=
lerö ein greunb beö Olitter^ bie fflac^e
t»erjrel)t; nie aber bat man in ben jat)lrcic^
»or^anbenen SagcUebcrn, »el^e jum Jcil
ben befien aJJinnefängern, SBaltber v. b. 23.
unb ifflolfram anget)ören, erlebte Siebeä*
eteigniffe ju erfennen, fonbern fletö bloö
ßicber ber Siebe, tt)el(i)e bem ©ef^macfe
ber 3eit jufolge mit iBorliebe biefe J^orm
annahmen; bal)er auc^ ni^t aüju^iod) ju
öcrwunbern, rt)enn berid)tet mirb, ein 5lbt
»on St. ©aüen l)abe Xagelieber gefungen.
SWit bem aiuSfierben ber tjöfif^cn Sprif
ctf*eint iai Sagelieb in ber gorm be«
aSoIföIiebeä, wie benn j. 33. Mi befannte
ßieb: „m fielen brei Sterne am Fimmel,
bie geben ber Sieb ibren S^ein" urfprüng*
lic^ ein lagelieb ijl. 3m l«. 3a^rt)un»
bert föurben Sageliebcr auf piegenbe Slät'
ter gebrudt, n)elc£)e an bem Sitel in gro»
bem $ol}fd)nittc ben 2Bäct)ter mit bem
^orn auf ber 3^""^ h^W^- ^"* 9«*fi'
lid^e Umbicf)tungen biefer ßicbgattungen
Waren frül) beliebt; bie befanntefte ber«
felben ifi tiai Sieb Don ^WW S^icolai,
„2Bie f(i)ön leuchtet ber ü)?orgenftern";
baffelbe xoax namentlid) als ^ocftjeitdlieb
»erbreitet. SBcin^oIb, SJeutfc^e grauen,
jweite 3luf[. I, 261 ff. iSartf^, im 511*
bum beö litt, ißereinö ju Sfiürnberg, 1865,
S. 1—75.
Sagcgbcjeiti^nung. S)ie aage«bejeid&s
nung im *Diittelalter ifi eine fünffach »et*
f(f)iebene; bie ältefte ifi:
1. 2)ie altrömifcf)e Datierung
naä) Äalenben , (21nfang bc^ SKonatö),
3ben (OJiitte beö SDlonatä) unb fronen (9.
Sag »or ben 3ben, biefen unb ben lag
ber 3ben mitgerechnet) ; nur ber fprac^lid^e
51uöbrud biefer ^Datierung ifi ettt)ae anber^
geworben.
2. 2)ic l)eutige Jagbcjeic^nung,
öom 1. bii 28., 29., 30. ober 31.
3. I)ie consuetudo Bononien-
sis, feit bem 11. S^'^r^unbert Dorfom*
menb ; barnad^ ^eißt ber erjie Seil bed
SWonat^ mensis intrans unb wirb corwärtd
gejäblt , ber äWeite Seil beö ÜJionatö biä
jum Sc^luffe mensis stans, astans, exi-
ens unb wirb rücflaufenb gejdblt. 3n
I)eutfc^lanb ftnbet ftcb biefe SRed^nung
feiten unb erfi feit ber iülitte bc« 13. Sa^r«
t)unbertö.
4. S)ie Sageöbcjeic^nung nac^
g^efien unb ^eiligentagen, fei eö,
ta^ bie Datierung bireft bem Jefie ober
^eiligentage fclbfi entnommen, fei e^, baß
fte burd) Sejeic^nung ber 2Bocf)entage »or
ober nad^ einem foIcf)en Sage befd^afft
würbe.
25ie mittelalterlichen SBod^entagö*
bejeifftnungen (über it)re öebeutung unb
®ntficl)ung fie^e ben befonberen ^Irtifel)
ftnb:
Sonntag: feria dominica , feria
prima, dies Solls, Inx Del, Frontag, Sun-
netac.
ÜJiontag: feries secunda, dies Lu-
nae, Montac.
S)ienftag: feria tertia, dies Martis,
Eritag, Erchtag, Zistag, Zinstag u. f. W.,
21ftermontag.
3Wi 1 1 w 0 d^ : feria quarta, dies Mer-
cnrii, Wodenstag, media septimana, Mitt-
wochen.
3)onnerötag: feria quinta , dies
Jovis, Donnerstag, Phinstag.
greitag, feria sexta, dies Veneris,
Fro Venusdag, Fridach.
Sonnabenb: dies Saturni, Sam-
bestag, Sunnabend.
©ei ber ^eftbejeid^nung ftnb fol«
genbe fie^enbe 5luöbrütfe erwähnenswert:
Festum, beutf(^ fest, hohgezite, dult,
wirb jcber größere ^fi^tog genannt.
S^ageöeinteilung.
655
Vigilia , pervigilinm , bcutfc^ abend,
Vorabend , bannfasten ; dies pro festo,
profestum , bcutfd) vorfest , vorfir , vor-
hochtid, der foddere tagh bebeutet bcn
Sag Dor einem ^ejlc. Vigilia vi-
giliae, praevigilia, vorfirabend fommt
regelmäßig bei SBei^nac^ten, ^fingflen unb
5lfiett)eiUgen , einjctn bei anbern großem
tieften üor. Die er astin o, sequenti
die , proximo die, am lateren dage, mor-
gens, mornentz ^ei^t immer am unmittel*
bar folgenben läge naä) bem ^e^e. Oc-
tava, der achte tag ifi infofern bcr
ac^te jag nad) einem '^i^i, aU fict^ 5ln=
fangä* unb ©nbtermine mitgejät)lt »erben.
@ine feit bem 14. 3'J^'^l)i'"^£'^t oi^t
»erbreitete 5trt bcr Datierung nac^ ^^t^tn
unb .^ciligentagen gcfc^ief)t mit ^ilfe beö
Cisiojanns, b. ^. auö ben Anfang««
ftibcn ber größern ^efitage unb tt3iafüt)r=
liefen (Sinfc^iebfeln ^ufammenge^oppclter
ÜJtemorierüerfe. Sr wirb me^rfad^ al^ Un*
terrid^tögegen^anb ermät)nt unb fanb Sluf*
nal)me in gemeinnü^ige Schriften. Ser
93erö bcö 3a""ttr lautet:
Cisio Janns Epi sibi vendicat Oc Feli
Mar An
Prisca Fab Ag Vincen Ti Pau Po
nobile lamen.
Daä tt>inf)eißen: ®er Januar mad)t
Qlnfpruc^ auf baö cble ßid)t ber 93cf(i)nei-
bung (El)rifti, circnmcisio, (1), auf
Spi Planta (6), Octava Domini, b. l).
Sffiei^na^töoftat>e (1), St. Felix (14), St.
Marcellus (16), St. Anton eremita (17),
St, Prisca (18), St. Fabianus et Se-
bastia-nus (20', St. Agnes (21) , St. Vin-
centius levita (22), St. Timothens (24),
St. Pauli conversio (15) , St. Poly-
carpus (26). ^ad) ©rotefenb, J^anb«
buc^ ber ^iflorifctien ß^ronologic, ^an^
noDer 1872, § 14—17.
S^agcöeintcilung. £)er lag beö beut-
fd)en 'JJiittelaltere mäl)rte, gegenüber bem
»on ÜJUtternad^t ju 3Dtittcrnad)t gejdtilten
tömifd)en Sage, i'on Sonnenuntergang ju
Sonnenuntergang. 3^^ '^^^ oerfc^iebenen
(Sinteilungömeife mirften römif(i)e, germa«
nifd)e unb fpejififc^ cl)ripUc^c Slementc
jufammen.
iJiömifcben Urfprungö ftnb bie popu*
lären a3ejeid)nungen media nox, SWitter«
nac^t; gallicinium, ber er|ie ^al)nenfc^rei,
diluculnm , SD^orgenbämmerung, primo
mane, früljmorgen^ , mane, morgenö, ad
meridiem, am Sormittag, meridies, TliU
tag, de meridie, am 91ac^mittag, solis
occasus, (Sonnenuntergang, vespera,?lbenb,
crepiuscnlum , *Ubenbbnmmerung, Inmini-
bns accensis, bie Seit bcö ßi^ltan^ünbend,
concnbia, bcr erfie Schlaf, intmepesta nox,
ad mediam noctem, cor 3[)Jitternad)t.
2)em d)rifilicf)cn ©otteäbienPc gct)ört
bie Einteilung in vigiliae unb borae
canonicae.
Vigiliae jinb infolge ber ju got»
teöbicnfilic^en S^'^«*«" bienenben flöficr»
licf)cn JRad)tmad)en entftanbcn ; man teilte,
ber militärifd)en 35igilicncinteilung ber
Otömcr analog , bie ^a<i)t in 4 gleict)e
Seile, bie üon 6—9, 9—12, 12—3 unb
3 — 6 »d^rten.
Horae canonicae ftnb für tai
ÜJJittelalter bie eigentliche Einteilung be^
licl)ten Jageö; ftc beginnen ungefät)r um
3 U^r SlJJorgenö unb rcid)cn bi« 6 ober 7
Ul)r 5lbenb^. Sic bilbcn bie Jiypunfte
für bie mcifi äße brci Stunben t)orjunc|)!=
mcnbcn Stunbcngcbctc (lag^icitcn) bcr
©cijlli^en unb recrbcn in aüen Älöficrn
burd^ ©eldutc ocrfünbigt, mel^eö ficb je
naä) bcr 3a^ieöjcit t>erfrü^te ober eer«
fpätetc.
1. Matatina (hora) , 2)?ette, jjrü^*
mcttc, begann in Älöficrn in ber Siegel
um 3 U^r ÜJiorgcnö, wäfirenb bie ißclt*
gcijtlid^feit bcn 3lnfang nod) weiter in
bcn £ag l)incin oerjog , ja cnblid^ bie
ganjcüJJettc am Sage »or^cr r>orau^ na^m.
Streng genommen mährte bie hora matu-
tina öon ber 3D^ittcrnact)t biö jur Prima.
2. Prima, zur preim zit , nmb prim
zit, Don 5, refp. 6 U^r SWorgcnö biö jur
Sertia.
3. Tertia, zu terzen zit, oon 8, refp.
9 Ul)r SOtorgenö biö jur Seyta. 3u bicfcr
Stunbc begann bcr Sag bcö öffcntlid)en
fiebenö.
4. Sexta, nm sexte zit, za sexten zit,
t>on 11, refp. 12 ]X\)x iUlittagö biö jur
9tona.
5. Nona, zu nonen zit , oon 2 ober
brci lll)r SJiac^mittagg biö jur SSefper.
6. Vespera , hora vesperarnm ober
vesperornm, hora vespertina, zu vesper
zit, üon 4, refp. 5 Uljr biö jur jmcitcn
Sefpcr.
7. Completorium, hora completa, um
complete zit, ßomplet, feiten jmcitc 23 ef*
per genannt, glcid) nac^ Sonnenuntcr«
9>J"9- 3" i>^i\^i 3^it finbet tai 31 »e-
*naria»ßäutcn ftatt, am 5lbenb gleich
nad^ Sonnenuntergang, meld^cö aud) bcn
DiJamen „bie legten ©locfcn" tragt.
(5nbli(| tcnnt hai ajlittclalter aud^ eine
(Einteilung in Stunben, t>on 1 biö 24
42*
656
lann^ufct — Sanj.
fottlaufcnb unt) Don 2lbenbö 6 Uf)r unfctet
3eitredt)nung ab gcjäfilt. Qtn ben ^itd)=
türmen unb an fon^igcn lerDorragenben
Drten anflebxac^tc (Sonnenuhren regulier:
tcn bie 3df)lung» ®er Uebergang pon
ber ganzen jur je^igcn balben )Xi)x »odjog
ftcf) im ßaufe beö 15. 5at)röunbert«, fpäte^
jien« beö erfien 93iertclö beä 16. 3a^r«
^unbcrtö. SJtad) ©rotcfenb, § 18, fte^e
ben oorjlcbenben 2lrtifet.
2!annftiiufcr. S)cr f)iPori[c^c Sann^äufer
ifi ein beutfc^er SDUnnefänger, ber t)ermut=
li^ ju bem bairi[^söjierrei($ifcf)cn ®e«
f(J)Ie(ä)te ber freien ^errn üon San^ufen
gctiörte unb neben O^itfjart ber bcfie \Rt'
präfentant ber ^öfifd)en S)orfpocfie (fte^c
biefen 2lrtifcl) ifi. @r fam Weit in ber
2BeIt I)erum, machte eine Äreujfafert unb
anbere gro§e IReifen, lebte gern fröl)li^
unb luftig, liebte f^Öne SBeiber, guten
Sein unb fcbmacffiafte 93iffen, um beren
»inen er cor SBerpfänbung feiner |>abe
md)t äurüdf^redt. ®ie »on i^m er^al»
tenen ®ebid)te ftnb meijt SanjUeber. 51u§er
biefem f)ifiorif^en Sanntidufer beö 13.
3a|)rf)unbertö fennt bie ©age nocfe einen,
ot)ne baf eö hii je^t gelungen wäre, ben
3ufammenf)ang beibcr beutlic^ ju erfennen.
®in Solfetieb ersäf)It »on i^m: 3;ann=
l)(iufer im SBcnuebcrg fc^nt jtc^ »on bannen
unb wirb »ergeben« »on %xau 33cnuö ju-
rü(fjut)alten gefucfet; aU er bie Jungfrau
SD'Jaria anruft, lä^t tai SDöeib it)n fc^eiben.
er gef)t jum $apjt Urban, »on i^m S3er=
gebung feiner ®ünben ju erlangen; ber
^apfi aber weift auf ben bürren ®tab,
ben er in ber ^anb bdit, unb fpri(i)t: fo
Wenig ber grünen werbe, fo wenig werbe
2;annt)äufer iBergebung feiner Sünben er«
werben. Sraurig gebt lanntjdufer wieber
in ben SSerg. i)a fängt am britten Sage
ber <6tab an ju grünen, ©er $apft fc^idt
in aüe 2anbe au«, wo Sann^äufer t)in=
gefommen? 25er aber war wieber im öerge
unb t)atte fein l'ieb erforen. 2)e«balb
mu§ ber vierte $apfi Urban ewig Dct^
loren fein. 3m (Einjelnen weichen bie
bcfonbern formen be« Sannbduferliebc«
»on einanber ab. %xa\x 33enuö im QSenuäs
"berg ifi niemanb anbers alä ^xi\)a (ftebe
biefen 5(rtifel); tvaii für anbere 93ejügc
aber in bem ßiebe fieden, ifi oorldu^g
©ad)e ber 5Jermutung. Qlb^anblungen
über ben Sannbdufer oon ®rdffc, 1846
unb 1861, unb fon 3anber, 1858.
^rtiij war, je weiter jurüd in tai QKter«
tum man it)n octfolgt, eine um fo wid)=
tigere gefeUigere 55re"be, eines be« t>er«
breitetften Spiele beä l'eibc^. ©t wirb
urfprünglid^ ßon bem Oefange, bem ßieb
getragen unb trat bei jcber fefilic^en |)anb5
lung, auc^ bei ber religiöfen, at« notwen*
biger Seit be« ©anjen auf. Slacitu« er«
wät)nt ©crmania 24 be« ©d^werttanje«,
au«gefüt)rt öon nadten Jünglingen, bie
tanjenb jwifd^en ®c£)Werter unb bro^enbe
Speere fpringcn ; Qlu«ldufer beöfelben ftnb
bi« in bie neuere ,3^^ i" ©tdbten unb
auf bem ßanbc in Übung geblieben. Ur*
alt ifi ferner bie Sebeutung be« Sanjc«
bei ber ^oc^jeit, wo i^m eine ^üHc
ft)mbolifcE)er Sejtebungen eignet, fobann
Jdnje um bie ^eiligen i^euer, wie Öfter*
feuer, €onnWenbfeuer , »ieüeicbt auc^ bie
überall verbreiteten ^irct)Wcil)tdnje unb
bie ja^lreicften Säuje, welche tai Äinbcr*
fpiel erhalten ^at. ^ui) 3auberfraft wirb
bem lanjc, fei e« ein wirflic^er Janj, fei
e« blo« ein |>erumgef)en um ben ©egen«
fianb. Wie bei aÜen inbogcrmanifc^cn
Sölfern, fo auc^ bei unö jugefcftrieben ;
man fpinnt baburd) gewifferma^en einen
©egenftanb in ben eigenen 2Rad)tbereid&
l)inein; fo get)t man breimal um bie Äird)e,
um ben ^erb, um ein brennenbe« paxii,
um ha^ ^tlt, um 93äume, um ücrbdc^ttgc
ÜJienfc^en.
i)er alte 9tame für ben 2anj ifi got.
laikan, al)b. unb mbb. ber leich; leicüen
= l)üpfen. *Mnbere aiuäbrüde für tanjen
Waren a^b. salzön, au« bem gleic^bebeus
tenben lat. saltare, plinsjan au« bem
@lat)ifd)en, spüon = fpielcn, unb tumb-
jan; au^ a^b. dinsan unb danson fc^cint
ta^ ^ü^ren unb |)in« unb ^erjie^en ber
*Paare bejeid)net ju ^aben; benn au« bem
«Stamme biefer Serben ifi iai romanifc^e
danse gebilbet, Welc&c« bie S)eutfdben feit
I bem (Snbe be« 12. 3al)rt)unbert« »on ben
granjofen jurüdnabmen.
3n ber böfif<^en «Pcriobe unterfc^ieb
man al« bie beiben ^auptarten be« San^e«
ben San j im engem Sinne, ber getreten
würbe unb ben 3{eif)en, ber gefprun*
gen würbe, danser unb caroler. S)er
blo« getretene ober gegangene Sanj war
r>or}U9«weif^e in pfiffen .^reifen ju^aufe;
e« würbe eine SHeil)e gebilbet, jeber SDiann
nahm eine %xau ober auc^ äwei bei ber
|)anb unb unter bem Saitenfpiete be«
riorau«fc^reitenben epielmann« unb unter
©efang hielten bie Jdnjer mit fc^leifenben
leifen Schritten ibre Umgänge. Ober bie
©cfeüfdiaft fd)loB einen Äret« unb mit
fanfter Bewegung gingen fte ftngenb in
ber SRunbc t)«i"m, inbem ber Jn^alt be«
lanj.
657
©efangcä burd) 5DiicnenfpicI unb einfädle
SettJcgungen äu^crlic^) bargcftellt niurbc.
9(u($ bcn Sauern toaun biefe ruljigcren
Sänjc nic^t unbefannt, fie würben aber
wefcntlid) jur Sßinteröjeit in ben Stuben
getanjt; befonbere Dtamen bafür jänb bie
(Stabelweife, ber SRibewanj, bcr
girgganbrap, ber ÜJ?ürmum, ber
Jri)potep. Snfi'^uttifntalmuftf unb ®c=
fang war fowo^l bem Sanj alö bem
Oleigen eigen; ein Sßorfänger ober eine
SSorfängcrin leitete i^n; bie 'grauen gingen
red)tö üon ben Scannern unb mürben ent=
h)cber bei ber ^anb ober am Qtrmel ge-
führt; t)erumgetanjt warb nac^ linf^.
2)ie Steigen waren gefprungene Janje
unb namentlich non alter ßf^it ^)^^ teim
fianbüolfc in (äebraud^. «Sie würben feit
bem 14. 3a^rl)unbert immer wtlber. SBe»
fonberc SReigcnnamen ftnb ber frumme
9lcier, bcr ^oppalbei, ber ^eierlei^,
girlei, girlcfci unb ^irlcfanj;
manche biefer SJiamen fd)eincn bem @Ia«
»ifc^cn, ^lämifc^en ober granjöftfc^eu an=
jugebören, anbere erflären ftcf) burct) munb-
artlicbe Qluöbrüde unb bcr Eccfcn ©prad)»
bilbungäluji beö auögcfjcnben ü}iittelalterö.
Oiicibcn werben wo^l auc^ bie ^ron-
tänje gewefcn fein, bie urfprünglid) bcn
3wccf gehabt ju t)aben fcfjcinen, bie (Srunb^
i)errfc^aft ju unterl)alten unb fpäter alö
eine ftjmbolifc^c Qlnerfcnnung bcr ^err*
f(I)aft bicntcn; man finbct fte in I^üringcn
unb in ber iRl)einpfalj. 3" Sangenbcrg
im ®craifci)en mußten j. 33. jebeö 3al)r
am britten *Pfing|lfciertagc bie Säuern t>on
md)x aU a(i)t S)örfern paarweife unge«
boten jufammenfommcn, um unter einer
ßinbc in ©cgcnwart i^rer ^errfc^aft einen
Sanj auf jufii^rcn ; »on ber ^crrfd)aft er-
l)ielten fte 23icr unb Äud^en; man nannte
biefe Sänjc aud^ (Pfing^* ober S)icnfi»
tänjc.
51tler Sanj würbe entwebcr burd^ ®e<
fang ober bur* 50Jufif, ©eigen, (Pfeifen,
glöten, Sit^«"' frömmeln ober Tamburin
begleitet, ©ae Janjlieb würbe gewöl)nlic^
Don einem 93orfänger ober einer Sor«
fängerin vorgetragen unb bie SOJengc
jiimmte nur in bcn (Refrain ein ober fang
bie einjclnen iöerfc nad). 2)cr Jn^alt ber
Sanjliebcr war ein fef)r »erfc^iebener:
fiiebeäliebcr, politifd^c unb SRügeliebcr,
6d)erjlicber, am ^dufigfien natürlich tai
ßiebeölieb; bod) fmb aud) ^ijiorifd^e Sanj*
lieber tcid)lid) ocrtrcten, unb man barf
annehmen, ta^ bie alten ^clbenliebcr in
älteji« 3cit JU ben Slanjen gcfungen wur«
ben; tai' nalje ÜScrbaltnie beö lanjcö
jum erjät)lcnben ®cbid)t bat frc^ im ro»
manifcben 9Jamen beä 2anjliebe^, ballata,
erbalten. 3n Sejug auf bie ^orni gebort
ber 8 c i d^ (ftebe biefen Qlrtifcl) mit feinen
wcdt)felnben Oibptbwcn mebr bem fpringcn»
ben SRcigcn, hai propbifd)e Sieb bem treten^
bcn Janjc. Oft oerbanb ftcb mit bem 2anjc
bai SaUfpiel.
SDer Sanj fommt jwar ju jcbcr 3eit
Dor, toä) ift er oorjugöweifc Spiel beä
f^tübtingö, wo tai iBoU ganje Sage oer*
tanjte. Soujl wäbltc man am licbjtcn,
bem jtets wieberboUen Äir(^enoerbote jum
Jro^, Sonn- unb ^eiwtagc- S^^ Scbmude
ber SÖciber, wenn cö jum Sanjc ging,
geborte »or Willem ber Äranj auf bem
Raupte, ber juweilcn au^ bcr (preiö war,
um bcn bei bem SRingcltan^ oon ben ®e«
feüen gcfungen würbe. Siebe bcn 5lrtifel
Äranj; aud) ein Eleincr ©picgel war bc»
liebt; er würbe in ber .^anb getragen ober
bing an einer feibcnen, um bcn ^aii gc*
wunbenen @d)nur; ÜJJänncr famen wof)t
mit bem Sd}Wcrt bewaffnet jum lanje.
2)aß 23olf tanjte am Itebfien unter
freiem |)immel, unb eö gab baber an »iclen
Drten jum Sanjen beftimmte, befonbere
SRäumc im J^rcien, tanzbühel, Sanj«
plan ober Jlanärain; babin fübrenbe
2ßegc beiden Sanjwegc unb Sanjgaffen.
^ier nun würbe um eine ßinbc bcrum
getanjt, ober man erricbtete für bie .!^ircb*
weib ober anbere ^i^i einen bebccftcn,
mit 3D?aien gef^müdten Janjboben, ber
Janjbau«- Sanjbütte ober Sanj*
laubc bief- 2)ic ^öfifd^c ®efellfd)aft
tanjte im gefi^loffcncn Otaum, im Saal
ober $alaö, unter Umjlänben aber auc^
oor ber 23urg. ^n ttn Stäbten gab e^
wobl eigene Sanjbäufcr, in bcn ©örfcrn
Spielbäufer, welcbe cbenfaüö jum San*
jen bienten. ^n manchen Stäbten be=
nu^tcn bie ^atrijier bie 9latöjlubc jum
Sanjen, ober ein anbcrcö öffcntlicbe^ ®es
bäube, befonberä aber bie ^unftjluben.
'}l\i)t bloö bie Äird^e eiferte gegen i>ai
Sanjen: ba^fclbe fiammc com Scufel ab
unb ber erfie £anj fei bcr 2;anj ber '^ntm
um t>a^ golbcne Äalb gewefcn; fonbern
auc^ bie weltlid^en Dbrigfcitcn erliefen
SBerbotc gegen Sanjüberfd^reitungcn.
©ine eigentümlicbc Sitte war am üt^^än
iai SDJaisÖcbcn. SDa^felbc bejianb barin,
ba§ am Dflermontag ober am SBorabenb
tti 1. Tlai unter bie Berfammcltcn S3ur»
fdt)cn eineö Drteä bie Sunflftaufn beöfelbeu
nerfieigert würben, »on weld^en Unteren
658
Saf^cntüdbct — Scücr.
bann eine jebe baö ^a^x ^inburd^ nur
mit if)rcm ©rPeigerct tanjcn burftc. Da*
erlöfie ®elb rourbc für bie 2;anjmuftf unb
für bie ^Bewirtung bcr ÜWaifraucn, b. l).
eben ber erfteigertcn SJtäbc^cn t?ertt>enbct.
3n @t. ®oar aber gcfc^af) bie Serfteigcrung
auf bcm !HatE)aufe unb ber ©rlöä ^o§ in
bie ©tabtfaffe.
5luc^ ein ^a^ncntanj njirb aU ein
„fremblänbifd&er" unb „^eibnifd^er" Slanj
crrt3äf)nt; er beftanb barin, ba^ bie ^aaxi
um eine Stange tanjten, auf beffcn ©pi^e
ein ^A^n befefiigt »ar, unb ba§ babei bcr
Sänjcr fpringcnb tai Snbe eine* an ber
©tange quer angebrachten 3lrme* ju be=
rüf)ren fuc^tc, auf bem ein gefüUteö ®laö
fianb. ©clang el i^m, biefeö baburc^
jum UmfaUen ju bringen, fo tiatte er
einen ber aufgefegten (jSreifc gcmonnen.
SBcinl^oIb, beutfdE)e iJtauen, 2. »Auflage,
I, 389—391; II, 157 — 182. Äriegf,
beutfd^eö iöürgertum, I, 415—423; »gl.
©d)röber. bie f)öfifd)e S^orfüoejte, in
®ofc^c« Safjrb. f- Sit. ®efc^. I, 93er=
lin 1865.
Saf^cntii^cr fennt man bei un« feit bcr
jtueiten ^älfte bc* 16. Sobt^unbcrte, wo
ftc eon Italien f)cr in ©ebraud) famen.
@ic Waren nid^t mit Unrecht aU cinßufus»
artifcl ocrf(^rien, benn nic^t nur maren
fte aue feinfter ßeinmanb ober aui Äam=
mertucö gefertigt, fonbern aud^ mit @ticte=
reien, f ojlbaren ©pi^en unb feinen Duajtcn
gejicrt, fogar mit ®oIb, ©über unb <PerIen
üerbrämt. 6d)on im I6.3a6r^unbcrtfeu^«
tcten 5Damcn i^re laf^entüc^cr mit rtiof)!-
riectjcnben Sßäffern an unb meinten bamit
nic^t nur i^re SRad^barfdjaft ju erfreuen,
fonbern aud^ jugleid^ bcn Scint ju fon=
fcroicren.
2!affeti »on Ion unb SWetatl finb au*
ber SronjCjcit noii erhalten. 5tlö lifcfe*
gefä^e jum täglichen ®ebrauc^ fmb fu
fpötefienö in'ö 13. 3il)r()unbert 'jurüdju^
fül)rcn unb itoax fmb fic meijt au* SDtetaÜ
gemalt, mit 2 J^enfeln unb einer Unter=
taffe ocrfc^en.
^OUfgcIÖIintffc, b. ^. firdf)Iicf)e, bem ®lau=
ben*befenntnif[e »orancje^enbc gp'^n^^t"'
meldte bie Qlbfct)mörung beö ®Iauben* an
^eibnifcf)e ®ötter unb ®ö^enbienfi cnt^
galten , ftnb in bcr beutfc^en ©practie
met)rere entf)altcn ; baeijenige in fdd)fifc^cr
Sprache ijl namcntlidt) beö^alb merfmür^
big , »eil barin bie iJJamen ber obcrfien
gcrmanifd)cn ®ottt)eiten angeführt ftnb,
5Donar, SBoban unb ©aynot, b. i. 3iu.
SWit Äommentar fmb frc u. a. abgebrudtt
bei SWüllen^off unb Sd^ercr, S)cnf«
mdler, SRro 51, 52 unb 53.
2!aufftetnc. Sä^renb man in bcn
erficn c^rifili(f)en 3ot)r^unbertcn in jcbem
beliebigen SÖaffer taufte, famen feit Äon«
^antin eigene iauf Käufer, 93 a ptijtcricn,
in ®ebraud^, bie in ber ülä^t ber bif^öfs
lidben Äirc^cn errichtet maren; benn in
älterer ^ät Ratten blo* bie 93ifd^öfe ba*
3lecf)t, bie Saufe ju nolljie^en. 5Den SWit»
telpunft ber Söaptifterien bilbetc tai 5;aufs
baffm , in rt)elct)c* ber Jäufling untergc»
taudfjt rourbc; barübcr cr^ob ftd^ tai ®c*
bäube in gotm ber iHotunbe , f\t\)t ben
5lrt. Aap eile. 2)03 Söaffm mar runb
ober a^tccfig unb reic^ auögciiattet SÖ^it
ber ®infü^rung ber Äinbcrtaufe mu§te
man bie Saufe auc^ anbern al* bifd^öf«
lid^cn Äir^en geftatten, maö bi* jum 13.
3at)r^unbert burci)gefü^rt mar; au* bcm
ndmlid^cn ®runbe »erlegte man bcn Sauf*
räum in bie Äird^c felbji unb gmar an
bie nörblid^e @eite bcr iöor^allc; cnbli^
famen,, ta jlatt bc* altern Untertaudl)cn*
ba* Übcrfprcngcn mit Söaffer ©cbrauc^
mürbe, fiatt be« Saufbafftn* feit bem 9.
3a^r^unbert bie Saufficine auf, bcnen
man mit SBorliebe in Erinnerung an bie
tJorm bc* Sßafftn* cbenfaH* runbc ober
ac^tecfige ^^orm gab. Jbrer bcfonbercn
®efialt nac^ unterfd^cibet man mc^r trog«
artige ober me^r pofal^ ober fcffclartige,
auf einem «Sd^aft ober «Stengel ru^cnbc
«Steine. Sffio i>C[i ©tcinmatcrial fehlte,
mcnbcte man bie fogenannten Sauf»
g r a p c n an, b. ^. au* SWetaü gegoffenc
SaufPeine, i>it auf 5ü§en ftanben, meldte
gemöt)nlic^ mcnfc^lid^e ober Sierfigurcn bar»
ffeüten. 6ct)lie|licl) »urbe ber Saufjlein jum
blo§cn Saufftänber für bie flache Sauf«
fd^üffcl; äur le^tern gct)örtc no^ ein be«
fonbere* ®ie§gef(i§, ein Äännd^cn, au*
bem tai Sßafl'er über bcn Säufitng au**
gegoffen mürbe, ß. ©rodf^au* in ^cr»
jog* SReal=(Snct)fl. 2. 5lufl. Qlrt. 8ap»
tijlerium. 9}gl. Dtte, fircf)l. ^Ird^äol.
§ 49.
Scücr r»on Son, ÜJlctall unb ^olj fom»
men auc^ bii ben beutfd^cn Sölfern fd^on
in ältejicr 3«it »or; bo(^ mürben barin
blo* bie ©peifen aufgetragen, morauf j|cbct
Sifd^gcnoffe fein ©tüdE auf eine 93rob«
fc^nittc gelegt erhielt unb mit bem SOteffer
jcrflcinerte. ©rj! im 12. 3al)r^unbcrt fc^te
man ben ®d|len noc^ befonbere Scücr cor
unb jmar anfänglid^ je einen für ivod
Sifc^gcnoffen. 2>ie Seiler bcr 2lrmcn marcn
»on |)olj, fcltcncr oon Son, biejcnigen
Icppid^e — leufcl.
659
bct 9Bof)I^abenben oon 3*"" ^^^ i'it ^fi
IRcid^en »on ©über. ®ie Jeüer biefcr
3eit waten ctwaö flcin, im Uebrigen aber
»on gleitet iJorm , wie bie unftigcn, bic
einen mti)x flad), bic anbern »ertieft,
!^e<)))tt^c ecrwenbete man im SDJittelalter
fd^on red^t l)äufig jur 93clegung bcr %ü^'
böben unb (Sängen in Äircfeen unb SBobns
Rufern , [otüie aud) aU SBorbängc für
Sßänbc, Z^nx' unb ^cnfteröffnungcn. 95on
ganj befonbcrö tojibaren leppicfcen ifi [(t)on
in ber alten orientalifc^en ®ef($i(i)tc bie
SRebe. @o foflen bic Olrabcr bei (Srobe=
rung bc^ ^crferrciAcö in Ät)o«ru'ö ^alafl
einen Jeppid^ »orgefunben babcn, ber fed)'
jig Stlen im ©coicrt gcmcffen, auö€eibe
gcwirft unb mit ®oIb , Silber unb far=
bigen (Sbcljlcinen gejiert njar , bie einen
in Slüten unb ^rüdfiten prangenben Dbft^
garten barfictlten. Omar »erteilte ben
äeppicf) unter feine grcunbc , beren ^apl
nid^t angegeben tt)irb; bod) foü ein ©tücf
Bon Olli mit 20,000 ©ilberpcfen beja^It
njorbcn fein.
S)ie 2;eppi(i)e be^ frül)crcn IDJittelalter^
fiammen meifi auö bem Orient. 23om 11.
Sa^r^unbert an meben bic ßaicnbrübcr ber
Älöfter Steppid^c in ßcinmanb unb bie yiorx'
nen at)men bie norlicgenbcn orientalifc^en
SDtufier nacf). S)ic Sobentcppic^c «erben
nur mit geometrifd)en t^is^ren ober mit
Ornomenten gejiert , aücrliöc^jicnö mit
Silbern auö ben niebcrn Sictflaffcn, „mit
böfcm ®ett)ürm" ; bie 93orl)angtcppi(f)e aber,
fowie bic jum SDccfen ber SOJöbcl »ermcn«
beten merbcn namentlid^ oom 13. 3if)r«
I)unbert on ju eigcntlid)cn 8uyu«gcgen«
jiänben. SDic Eird^Iid^cn erl)altcn fird^licf)c
Silber, biejenigcn für ben ^rioatgcbraud)
jum Seil tt)cltlid)c. 93erül)mt ifi bic äu§crft
ttjcrtootlc „lapetc »on SBatjcuy", bie für
bic Äofiümfunbc i^rcr ßeit mid^tigc ^uf»
f^lüffc gibt. 51uf einer ßeinmanbflä($c
»on 63 m Cänge unb 0,46 m ^ö^c f($il=
bertc ftc in 72 ©jenen mit 530 ^iflui^en
bie Eroberung »on ©nglanb burd^ SBiU
l^elm ben Srobcrcr. 2)ie ©tiderei iji im
^lattjiic^ auögefü^rt unb mit »ielen 3n=
fdiriftcn »crfetjen. 2)ic 5lrbcit flammt
h)a^rfd)cinlic^ au« ber 2. ^dlftc tti 12.
Sa^r^unbert« unb h)irb »on ben einen ber
©cma^lin Sßil^clmö , bcr Königin iWa»
tljilbe, »on ben anbern bcr lodljter ^cin*
x\i)i I. »on Snglanb jugefc^riebcn.
©e^r fe^cnömert^ ftnb au* bie S^It'
teppid)c Äarlö beö Äübnen, bie er bei
®ranfon »erlor. ©ic ficüten bie Äricgö«
traten 3"Iiu^ Safar'ö bar unb ftnb o|)nc
Swcifel eine nicberldnbifd)e *Mrbcit , tnie
benn überljaupt bie ??iebcrlänber ftc^ im
fpatcren ÜJiittelaltcr auc^ in ber Icppid^«
fliderei befonberä ^eruorgetan ^aben.
^crjinc, bie breijeiligc ©tropt)c, in bct
3>antc feine göttlid)eÄomöbie bietete unb
beren äußere 3eüen mit einanbcr reimen,
mä^renb bie DJJitteljcilc ben iReim für bie
folgcnbe 2;crjine anfc^lägt , mürbe burd^
qSauI ÜJteliffuö 1572 jucrji, aber nur
ganj »ereinjelt, inä I)cutfd)e eingeführt;
bic Dpi^ianer nal)men bicfe ^Jorm nid^t
an, fo ba§ ftc erjl am ©nbe bcö 18. 3a^r*
^unbcrt^ bcfanntcr mürbe.
S^cucröanf Ijei^t ein aUegorifc^e«, ^öc^fi
unbct)ülflic^c* SReimmerE Äaifer ÜRayimi*
lian^, morin beö Äaifer^ 3"9ent>f*icffale
unter bem allgemeinen Silbe einer Sraut»
fatirt be^ Seucrbanf (SDJajimilian) nad^
S^renreid) (ÜRaria »on Surgunb), Äö«
nig SRu^mreidf)^ (RaxU beö Äü^ncn)
5tod^tcr erjät)lt merben. 51uf biefcr ^a^xt
fommt bcr ^elb an brci ©ngpäffc, an be*
ren jcbcm il)n ein ^einb ermartet: iJ ü r «
m i t t i g , b. i. Unbcfonnenbeit ber 3u*
genb, U n f a I o , b. f. Unglüdäfaüc unb
3i c i b c l M r b , b. f. bic politifdt)en
^^cinbe. ©d^lic|lid^ beftegt leucrbanf feine
®cgncr unb ftc merbcn aU 93crbre(^er gc*
ticktet. 2)aö «ffierf, bcffen JRebaftion bem
Äaplan bcö Äaifer«, 2Jleldt)ior *|8ftnjing,
übertragen mar , murbc mit »crfd^rccnbe«
rifd^er ^radl)t unb »iclen Silbern in »icr«
jig ©ycmplarcn auf Pergament, jugtcid^
aber auf Rapier gcbrudt unb erhielt fpd«
ter nod^ »icle Qluflagen. 2>cr Sitel bcr
erfien 5luögabc lautet: „jDic gcucrlif^itcn
unb cin^ tcilö bcr gefd^id^tcn bc« löbUdf)en
flreitbaren unb ^o^becümtcn f»elbg unb
SRittcrö Jcwrbannd^ö. ®cbr. S^Jürnberg
burd^ ben (Sltern ^annfcn ©d^önfpcrgcr
Surger ju 5lugöpurg, 1517.
Scufcl» e^ ifi bloä bie mittelalterlid^c,
»erEörpcrtc ®efialt be« leufelö, bcr Icufcl
iii Solfäglauben«, ber unter bic bcutfdf)en
5lltertümer gefiört, unb nidit bcr ältere
Jcufcl bcr biblifd^en unb fird^li^cn Öe^re.
Jiur tai fei in Scjug auf ben te^tern ^icr
bcmerft, ba^ bcr ältere Seil bc« alten Jefia*
menteä ben Icufel nod& nid^t fennt; erfi im
6yil, nimmt man an, Ratten bic ^uttn »on
ber 3<"^''ajlrifd)en SRcligion bcr ^erfet,
meldbe jmifd^en Otmujb unb 5l^riman,
bem guten unb böfen ®eifi, untetfc^icben,
ben Setfud^ct fennen gelernt, ber bann
mef)r unb mc^r in i^r SolEöbemu§tfcin
überging, aber nod) lange nid)t alä Eör*
perlidt) gebaut mürbe, ©o tritt et im
660
Jcufet.
Ultum Icfiament auf. «Später trug namcnt«
\\i) bie 93etüf)rung mit einigen eetten,
ben ©noflifern unb iUlanicfeäern, jut bog=
matifc^en 5lusbilbung beö 5j;eufeI«sS)ogmaä
bei unb eö bilbete fic^ aus fe^t üet*
((^iebcncn (SIementen im ©egenfa^ jur
2BeIt bcr ©ngel eine SBelt böfer ®eij!er
auö, bie jum Seil aU t>on (Sott abgc=
fatlene Gngcl bctiac^tct mürben unb beren
Dberbaupt ber Seufel ift. S)ie ^errfcf)enbe
aSorfieüung üon bem Seufel mürbe um
mefentli(i)ee baburd) ermeitert, ha^ bie ab'
ficrbenben beibnif^cn (Sötter jmar für be=
ftegt unb of)nmäc^tig, aber nid)t ganj für
machtlos ertlart, fonbern in tai (Sebiet
ber teuflifdjen SWäd^te fcrmiefen mürben,
unb jmar gef*Q^ bies in crfier ßinie mit
benjenigen beibnifAen (Sottf)eiten, mcl^e
»on *Ratur übeltt)ätig unb finjier maren,
mic bie beutfdien (Sotter ßofi unb $el;
bann aber auc^ mit ben übrigen, fonji
aU gut 9ebacf)ten (Sottbeiten, fofcrn nid)t
bie fortfd)affenbe ^fjantafie tfire 3üge an=
bem guten (Seflalten beä (Ifirifientumä,
mie SDJaria unb ben |)ciliaen jumie^. So
fagt benn (Srimm, ber 2;"eufel fei jübif^,
c^riillid), beibnifc^, abgöttifdf), elbifc^, rie^
fenbaft, gefpen^ig, aüee jufammen.
2)er 9?ame Seufel, a^b. tiuval, mbb.
tievel, tiufel, iji nicfetä als tai grie*.
Siäßokos; es iji ein internationaler 5tu«brucE
fafi aller europäifc^en iBöIfer; jablreiiie
Supbcmismen beä D^amenä ftnb ^ocbbeutfc^
S)eic^ el, 2)eif l u. bgl.; satan mirb m^b.
feiten angemanbt. 2)en übrigen Sßencns
nungen liegt entmeber ber (S^arafter,
bie (S e fi a 1 1 , ober ber '21 u f e n t f) a 1 1
beä 2:eufel« ju (Srunbe. ©einem ßf)aratter
ober innern ^^rinjip nac^ t)ei^t ber Seufel,
im ©egcnfa^ jum gütigen, freunblid)en
unb milben (Sötte, ber SBöfe, ^einb*
I i ^ e , bcr U n i) 0 I b. Qtnbere iUuäbrüde
ftnb ber 8 e i b i g e , ber Ol 1 1 f e i n b , ber
Qllte, ml)b. ber välant, ni)b. Soüanb,
3unfer SSotlanb, f^articip ju agf. vaelan
= »erführen, fdjrccfen. Seiner äußern
® e jl a 1 1 naä) \)t\^t ber Scufet ber ^ i n *
fcnbe,^infebein,berfc^marse,
(Sraumann, (Sraumannletn; in
allen übrigen (Sliebern fonjl mic ein SDtenfd)
geformt, oerrdt il)nS8odöo^r, ^orn,
®^manj ober *Pferbcfut. 2)er
93ocf iji baö t)eilige Sier 2)onare; ba^cr
er oft in €(J)müren unb Söcrmünfd)ungen
erfcbeint: dass dich der bock sehend!
2lüe i^cfen bQd)ten fid) x^xtn iUJeijier ale
f^marjen 99ocf, mie er in ber ^eycnoer*
fammlung erfcf)ien; ber Seufel iji eö auc^.
bcr bie 3*^9^" "ber bie (Semfen erf(i^affen
hat. 9^äd)ji bem Sod iji bcr 6 bcr ein
Seufclätier, er mar urfprünglid^ bem ^ro
J)cilig unb gab in SBalbaüa ber gelben
«Speife ^er; baf)er er unb bie @ au Seufelä*
ticre ftnb. Oft erfd)eint ber Teufel alä
SB 0 I f , met^eö mo^I ber SQBoIf SBobanä
iji; menn er bagegen ali f<^marjer ^ u n b
miit ^«ucraugen erj^c^eint, fo beutet tai
mieber auf ben (Scmittergott. (Sern nimmt
ber Scufei bie (Sejialt t>on ÜBoban« Zm,
bee SR oben, an. 5tlt unb verbreitet mar
bie (Srf^einung be« leufelö alö®ct)lange,
2Burm unb 2)rac^e, eine SorjicQung,
bie ftd) teilä an bie ©(i)Iange im ^ara*
biefe, an 21pofaIt)pfe 20,2 unb an ben
Sefiat^an, tcilö an ben ein^eimifc^en Solfg»
glauben bon feuerfpcicnben, giftigen SBür«
mern, f($a^t)ütenben 25rac^en unb munber*
baren @ci)Iangen anfiä)Iie§t. 2tuc^ jmci
(Seraten, bem Jammer unb bem Spiegel
mirb ber Jeufet ncrglic^cn; »on mel(i)en
ber Jammer j)onar, bcr SRiegel öofi ju^
fte^t; ja man fc^rieb ben Sturmminb unb
bie SBinböbraut gerabeju fpätcr ben SHiefen
ober leufeln ju.
23on feinem 51 u f e n t ^ a 1 1 in bct
$ b 11 e , aus metc^er er bie beibnifd^c
©öttin |)el (ftebe biefen Qlrtifel) tcrbrängt
bat, l)ei^t ber Seufel hellewarte, hellehirte,
hellewirt. Urfprünglid) ber Qlufent^alt
ber Jobcägöttin ^el, unb baburcf) bie
2Bobnung ber loten, jmar traurig unb
freubcnlecr, aber frei oon jebcr ©träfe unb
Q.ual feiner Semobner, mürbe bie •^ölle
bcr Dtame beö Drteö ber SSerbammten, ein
mit flammen unb *13cc^ erfüllter ^fu^t;
bie alten ©acfcfen nannten biefen Ort nod^
lange , meil il)nen hai ein^eimifdbe hellia
nod) JU ^cibnif^ »orfam, mit bem bibs
lifdien Dramen infern ober »erfürjt fern.
(Srimm nermutet, ta^ bie *^ c d) I) ö H c
ben ®rie($cn fon ben ©lauen jugebrad^t
morben fei; benn in flaDifc[)cn Sprachen
bebeutet basfelbe SBort *|3ec^ unb ^öllc.
(äin eigentümlid) mittelalterlid^cr Slame
für bie ^öüe ijiD^obisfrug, a\xi grie(^.«
iat. abyssns = 2lbgrunb, ^öüe unb nie»
berbeutfc^ bcr krog, Ärug = geringe
6d)enfe; bie ^öUe iji alfo ^icr als JBirtä«
l)aui unb bcr Teufel alö SBirt gebadet.
*mie l)cibnif(J)en ®ötter Dermanbelten
jtd) ben neuen S^rijien nic^t bloö in
@ö^en, fonbern in Seufel. „2ßer ben
alten ®öttern anf)ing, iljnen bcimli^
opferte, I)ie§ Jcufelöbiener; bie alten
laufgelöbniffc fragten einfach: Sfflibcrfagji
bu bem Seufcl; ?lnttt)ort: 3^ »iberfage
Scufcl.
661
bem Scufet unb ber 2;eufelöüeref)rung unb
aüm äöerfen unb SBortcn beö Scufclö,
bem Donar unb bcm SBoban unb bem
©ajnot unb allen ben Unt)oIbcn, bic x\)xt
®cnoj[cn ftnb." Qluö SBuotan, bem tt5il=
ben Säger, mürbe ein jogenber Seufel, ber
hellejager, ber aud) alö S^ger in grünem
äRod mit ^af)nenfeber auf bem ^ut erfc^eint.
®Ieid^ SZßuotan unb 35onar [ä\)xt ber Jeufel
batb auf fc^marjem iRoffc, balb in ftatt^
liebem iZßagen. SBie 2ßuotan alö (Sott
unb (Srfinber bcö ®pielö, namentlid) beei
2BürfeIö galt, fo wirb je^t boä SBürfeU
fpiel auf ben Seufel bejogen , er n:)ürfelt
mit ÜJJenfc^cn, bie it)re Seele auffegen.
2ßie 2Buotan feinen ©c^ü^Ung bur^ bie
SBotfen bringt, fo njerben gelben auö
ferner ©egenb »on bem Seufel ptö^tici)
burc^ bic ßüftc jur |)eimat getragen; tai
ip ber i^aü. bei ^einric^ bcm ßömcn,
Älinfor, Dfterbingen, ^^auft. 2)ie meinen
(Jigenfc^aftcn bcö Seufelä aber ftnb üon
S)onar übernommen; er fjaufi im ©ertjittcr
unb 2ßirbelrt)inb; er t)intcrlä^t, tt>cnn er
burcf) ein t)eilige^ SBort ober ein t)eiUgeä
3ci(^en übermiefen wirb, immer einen
©d^mefclgePanf, ber auf ben iöli^ beutet.
S)ie S)onnerfeile ^ei§en auct) Seufelöfinger;
in 5Iü(^en ifi S)onner unb Jteufcl oft baä=
fclbe. 2)onnerfinb ifi fooiel wie Seufelt^^
finb ; fct)»ierige (Sc^miebc= unb ®d)Ioffer=
arbeiten »erben bem Seufel jugefd)rieben.
2)ie großen feurigen 5lugen, fein (Srfc^cinen
ali fc^warjer ^unb, bie rote garbe feiner
■^leibung, bie rote $af)nenfeber auf bem
^ut finb bem (Scroittergott entnommen.
5lu0 bem beutfcf)en ^eibentume flammen
au^ bie 2 e u f e I i n n e n , ©cfialten, bie
bcm 3ii^^"^umc burdjau^ fremb finb.
@cf)on Ulftla«! übertrug baö gricd^ifct)c
daimonion burc^ ein meiblic^eö Sffiort; bie
nnhultho, b. i. unl)oIbe ^xau; biefe cer=
tritt unter ben D'ieubcfelirten, tt»aä fid) if)rc
aSorcltcrn unter .^olba gebadet t)attcn.
^olba ifi cö auc^ tt)al)rfct)cinlid), bic unter
bem Dtamcn „bcö SeufeU ©rofmuttcr"
befannt ifi.
(Sinjclnc Dpfcr, bic, mcil fic mit ®c*
bräuci)cn unb ^efien jufammcn{)ingcn, nod)
lange Qdt t)inbur(^, julc^t al^ unoerfians
bcnc fc^utblofc Sitte fortgeführt mürben,
tourben bem Scufcl jugefcbrieben , fo
Sämmcr unb Söcf lein, meifi fd)tt)arje,
bie in 9torrocgen bem SBaffergeifi juge»
f(3E)ricben würben; bei Sd)a^^cbungcn febrt
bicfcr fd^marje, genau ein 3"^^ unb einen
ZüQ alte ®ci^bod immer wieber. %\xä)
fc^warjc ^ül)ncr fommen »or , an
benen aber feine mci^e jjeber feine barf;
hoi Opfer eineö C'icfjtc« bat ftd) bis je^t
in ber Ütcbenäart crf)alten: „bcm Scufcl
ein 8icf)t anfiecfen".
93icleö bat ber Teufel von ben ^lämo*
nen unb ©eifiern ber beutfcl)en 3iatur-
religion aufgenommen; er ^ei§t bal)er ber
2Bid)t, Söfemid)t, .^ellemicfct;
gleich Slben bat er bie &abi. ju etfc^ieinen,
ju t)crfcl)minben unb ftd) ju nerwanbclit,
nur ba^ bic me^r necfifcfec Scfcabenfrcubc
bicfcr ©eifier bcm Scufcl immer ale bitterer
©rnfi angerechnet wirb. Scufclbcfcffen ifi
ber, bcm c^ bie @lbc angetljan t)abcn; er
glcidlit ber aBol)nung, in mcldicr ftd) ^ol*
tergeificr feftgcfc^t babcn. Gutmütigen
^auögeiftern gleid^ trägt ber Jcufcl feinen
grcunben unb ©ünftlingcn ®elb ober ®c=
treibe ju. ®anj befonber^ tfl aber ber
Jeufcl an bie ©teile ber alten JRicfcn
getreten; bcibe, [Riefen unb Scufcl, ocrfolgt
ber SJonnergott mit feinem .^»ammer; wie
ber SRiefe üon Ztioxi SRiölnir, fo mirb ber
Seufd im ÜRärc^en von bcä ©d)micbcg
Jammer getroffen. «Rieftg erfd)cint na^
mcntlid^ ber Teufel ha, wo it)m i>ai 23olf
ungel;eurc ©auten unb ©teinwürfe
beilegt; ber bummcSeufcl gilt wie ber
bumme [Riefe. I)ie ©rbauung d)rifi=
tid)er Äirc^cn ifi il;m oer^agt, er fud)t fte
ju jertrümmern, f^cin $lan wirb aber jebes^
mal »on einer i)öi)ixn ©cwalt ober burc^
überlegene Öifi ber «Jcnfd)cn, j. S. einen
fünfiU(^ gewirftcn .^at)ncnfd)rei ober burcö
etwa« .^eilige« uercttclt. ®leid) bcm SRie^
fcn äcigt er ftc^ felbfi oft aU crfal)rencn
Saumeifler, wel_d)cr eine 93urg, Srücfc
ober Äirc^e aufzuführen übernimmt unb
ftcft jum 8of)n bie »Seele beffen auöbcbingt,
ber ben neuen Sau juerfi betritt; bat)er
man wol)lbcbäd)tig juerfi einen $at)n ober
eine ©cmf'e über bic neue Srüdc laufen
tä^t; beim ^irdienbau ifi eö ein SlBolf.
Jeufcläfieinc t)ei§en cntwcber bic, wcld)e
er jum Sau tragcnb au^ ber ßuft faüen
lie§ ober bie er, fein bcgonncneö äöerf
jcrfiörcnb, auf bie Serge trägt ober bic
er nac^ berÄird^c geworfen t)at. Scufcl^*
mauern crEIärt ta^ Sßolf fo: ber 2eufel
t)abc bamit bic ®renje feincö JRcid)ö ab-
f^liegcn woücn. ^eroorragenbc ^eleflips
pen Reißen Scuf clöf an jeln, ha foü ber
böfc gcinb bem oerfammeltcn 23olf ge=
prebigt babcn; eä ftnb oieUcic^t alte
Äultuöplä^c.
Stücifcl^aft ifi ber Urfprung ber «Sage
oon Pcrtrag^mäBigcn Sünbniffcn
mit bem $teufel, wobutc^ für bic »on
662
leufcl.
bcm Scufel erlangten irbifcften ©lücfögüter,
bcfonbcrö ober für bic 3i"6erfrQft, bie
eigene @eele ücrfauft wirb. 3)aö ältcjle
Sßeifpiel bicfer @age fiammt quo bem 4.
3a^r^unbert, nio aber noc^ feiner iBer=^
f(i)rcibung gcbac^t hjirb; iai ftü^efle
SBeifpiel eincd SünbniflTcö mittelfi 23er=
fc^reibung an ben Seufel bietet bie ®e=
fd^id)te tii Sl^eopliluö. SDiefcr, ein
überaus frommer SWann, lebte ju Qlbana
in (Eilicien aU Dfonomuö ober iBice--
bominuö ber Äirc^e jur 3tit ^^^ ^erfer*
einfalle in hai SReid). S'ia* beö 93ifd)of«
lobe tt)urbe er jum 93ifd^of ertcä^It, lehnte
aber bie iSJaf)l aui I)emut ai. 5Der l^att
feiner nun geh)ä^Ite neue 93ifd)of entfe^t,
burdb 93erleumbung gcbicnbct, ben ^kt-
bominuö feineö 2imteö, vorauf bicfer,
bitter gefränft, ftci) an einen aU gett)al»
tigen 3aubercr befannten 3uben tt)enbet,
burd) beffen Scifianb ev »icber ju feinem
Qtmtc JU fommen t)offt. 5Dcr 3'^"^^^«'^
fübrt ben 2;^eopt)ilu^ am näd)jien Sage
in ben (Eircu^ unb maf)nt i^n, »or feiner
©rfd^einung ju erfd)recten unb ftcb mit
bem 3^''^^tt ^^^ Äreujeö ju befä)ü|en.
liort treffen fte eine SKenge 2öciber mit
brcnnenben Radeln um^ersiebenb, ßoblieber
ftngenb; in i^rer ÜJiittc tbront ©atanae,
ber bic ^ulbigungen feiner getreuen Unter»
t{)ancn entgegennimmt. 5lud^ SE^eop^iluä
fdnt auf bie Änie unb fü§t beö Seufelö
%ü^t; ia ©atana« fic^ jebocf) nic^t erinnert,
ben J^eopt)iIuö je gefe^en ju ^aben, t>er=
wunbert er ftc^ über bie ©reiftigfeit be«*
(Jinbringlingö. 5tuf bie barfd^e O'rage, toai
er wolle? ertttiebert S^eopfiiluö : beinen
93cfet)len get)ord^en. 5L)a erf)ebt f\ä) @a=
tanaö ein wenig, ftreidtielt bcm Sfieop^ilu^
ben 93art, fü|t unb begrübt iljn freunblid)
aU feinen lieben Untertban; Sfjcop^ilu^
aber entfagt bierauf 3efu* unb ber StRaria
unb überreicht bcm jcufel bie oon i^m fetbfi
gcfdiriebcne unb mit 2Ba(i)ö »erjicgclte Ur=
funbe. 9lm folgenben Sage Wirb Stjeos
p^iluö »om Sifä)of auf bic efirenootlfic
SCBeifc in fein 3tmt Wicbcr cingefc^t unb
fü^rt fortan aU beö Scufcl^ 8ct)nömann
ein übermütige^ ßcben. ©o ge^t ti eine
3cit lang ; fpäter aber wirb S^copfjiluö
»on iHcue ergriffen; 40 Sage unb 9iäd[)tc
lang fic^t er SÖfaria in ibrer Äird^c um
SBcijtanb an; ffe läft ftd^ erweicben, be=
wegt aud) it)rcn ©ol)n bem ©ünber ju
eer5cil)en, fc^afft bie Urfunbe wicbcr ^erbei
unb legt fte i^m, wäbrenb er in ber Äird)c
cingcfd)lafcn war, auf bie 93rufi. Sr«
Waä)cnb, finbct er bic ©d)tift, befennt
öffentli^ feine ©ünbe, »crbrennt bie
©d)rift unb jlirbt brei Sage barauf cined
feiigen Sobeö. Sic fpätcre 3"t »erfc^te
i^n unter bie ^»eiligen. — 5Die Unter«
fdnift mit Slut fommt jucrfi im 13.
Sabr.bunbcrt cor.
Über ben Seufcl in ben ^ejcnpro«
jcffcn fte^e biefen bcfonbcrn Qlrtifel.
ffiaö bie ßittcratur beö Seufelö
betrifft, fo ifi biefelbc in ber farolingifdben
^Jeriobe bei bem feufd)eren, bem Slltertum
nid)t wenig jugefelrtcn ©inn nod) faum
in befonberen SBerfcn ücttretcn; ber Srj«
bifd)of 51gobarb ton ßtjon, aui ber fa«
rolingif($cn @d)ulc b^forgegangen, gejior«
ben 841 , trat nod) gegen ben ©tauben
an bie fficttcrmadbcrei burd) ben Seufel
auf. ?lud^ bie pfifc^e ©ilbung bcüorjugt
ben Seufcl nod) in feiner Sßeifc, fo oft
aud) fein SRamc alä böfeö ^rincip in ben
©djriftcn bicfer iperiobe angetroffen wirb,
erft bic fird)li(^-Qffetifd)c SBilbung, bie feit
bem 11. 3af)rl)unbert auftrat unb noment«
lic& in ben neuen Drben ibren ^alt I)atte,
war eö, Weld^e ba^ 5ntereffe am Seufel
wad^^iclt unb belebte. 5Da^er bic ja^lrei«
d^en Scufclögefcbi(^tcn in ben fiegenben,
in ben SBunbercrjä^Iungen bcö Sijierjicnfcr
ÜKöncb* Säfariu^ üon ^cijlerbad^,
13. 3a^i^^unbcrt, bcö glci^jcitigen 5lugu*
fiiner=SO?önd)e« 91 Ib er ic u ö, ba^ 33ud^ be«
wenig fpätern (5.ifierjienfer«9lbtcö iJl i c^ a I «
nu^, „33ud^ ber Offenbarungen über bie
Sflac^jicÜungcn unb Süden beö Seufelö,"
fobann bic Seilna^mc ber neuen Drben,
befonberö ber S) o m i n i f a n e r , an ben ^e^er*
»crfolgungen , roo immer auc^ ber Seufcl
in'g ©picl gebogen würbe, an ber 91uf*
I)ebung bc^ Scmplerorbenö, an ben -^eyen«
^rojeffen. (Sine cigcntümlid)e unb im
fpätern ÜJJittelaltcr me^rfadb bearbeitete
©d)rif t ifi ber © a t a n 0 p r 0 j e §, processus
Satanae, eine 51rt fprojc^lc^rbud), „ein
nü^lid)cr ®ericbte*f)anbel cor ®ot bem all«
mcd)tigen unferm Jg)errcn, burd^ bie glori«
wirbigflcn JungffraWcn SIRariam, fürfprc»
d)crin beö menf($lid^cngefd)Iedbt«!, am einen,
unb riermalebe^ten ©at^anam, anwalt ber
^ellifd)en fd)aldl)cit, am anbern Seil ge«
übet ;" bic ©d^rift wirb mcifi einem gewiffcn
iöartoluß, 14. 3al)r^unbcrt, jugcfd)riebcn,
fie fcbeint aber im 13. ^o^'^^unbert t»on
einem Sui^il^en erfunben worben ju fein.
S)cr Seufcl fam cnblidf) al^ f omifdbe
(Perfon auf bic ©übne, unb im 15.
unb 16. 3a^i-^unbert gcl)ötte er in ©panien,
granfrcidb unb 2)eutfcblanb ju ben Sffiür«
Jen ber geifilid)en ©pielc. ■^icr war er red^t
Siara.
663
wie bcr Seufcl bcö iBoIfäglaubcn« auöge-
jiattct, machte groteöfc Sprünge unb länjc
unb tiergnügte bie 3"f<J)''"fi nanientlid^
and) burcf) [ein ©c^merj* unb 5lngflge^cul.
3n einem ^u 3üric^ aufgefütjrten Spiele
»utbe ber Jeufcl fogar hiftiert, worauf
er ein iWaufenejl t>on ftdE) c^ab. Seine
Stolle im Spiel iji eine boppeltc, aU i8c=
ftrafer bcö ßafier unb aU iöoter aüer
Sünbc. 3" i'£>^ "Pf" SfloHc ift er ernfl,
man liebte eö, i^m ber JReif)e nacf) aüe
mögtid^en Stdnbe jujufütircn unb bilbete
fo eine ^rt Scufclötanj bem Sotentanj
nac^. 3lm Weitläupgfien ifl biefer ©ebanfe
in bem (Sebii^te „des tiufels segi" befians
belt, herausgegeben unter bem JJamen ,,beei
leufelö ?Je|" üon Saracf, Stuttgart 1863,
ou^erbem in mehreren Spielen. 5llö ißater
ber Sünbe iji ber leufcl jugleii^ Sater
ber Sl^or^eit unb nähert f\i) baburd) bem
Jiarrcn. Unter bcn Spielen, worin ber
Jeufel eine SRoHe fpielt, finbet man au*
jene oben erwät)nte Sage t>on IbeopH-
Iu 8 wieber; ein anbercö ift tai Spiel t>on
i^rau^utta, beffen 3n^alt bie Sage t>on
ber ^pdbftin So^^inn«^ iP- 6i" SD^äbc^er
auö ©nglanb ifi mit einem ®eiftlid)en,
i^rem ®eliebten, in SDiiannöEIeibern nad^
!|3ariö gegangen, wirb bafclbft 2)oftor, in
IRom ©arbinal unb julc^t ^apjt; aU fol=
d^er aber wirb fte mit S(^impf cntlarct
unb con ben Teufeln in ber ^öHe empfan=
gen, jebod) burd) bie ^^ürbittc IKariaö unb
beä I)eiligen Siifolauä bennoc^ befreit. ?lud)
in ber^Poffe fpielt berScufcl alä fomif^e
gigur feine SRolle. Sie^e Söein^olb in
©ofd^e'ö 3at)rbuc^ für ßit.»®ef(^. 33b. I,
Seite 17 ff.
iötiblidt) fommt ber leufel früf)jeitig
bei ber ©arftcUung beö SünbenfaUeö in
ber cf)riftlid^en Äunft cor unter bem bib;
Iifd)en Silbe einer Sd^lange mit ober oljne
SDienfdjentjaupt; fpdter ?ommen alö Sinn=
bilbcr ber S)rad)e l^inju, mit weld^cm Tlb
d^ael fämpft, unb ber ßöwe, ben ^eilige
unter bie ^üfee treten. iBereinjelt crfdbcint
er im 9. 3a^rl)unbcrt bei ber 93erfuc^ung
ß-^rifti aU böfcr (Sngel in nacfter SWen^
fd^cngejialt, geflügelt unb öon grüner Jarbe;
feit bem 11. 3f'l)'^t)unbert erf^eint er teilö
in menfd)li(^er, teils in tiertfd^er ®eftalt,
aier immer t)ä§lid^, mit paarigem Äörper,
Sc^wanj, gcfpaltenen ^ufen, Römern,
ijlebcrmauöflügeln u. bgl. SOtagiern ober
^tinben ©ottcS ft^t er alS ein fd)Warjcr
©olgenoogel auf ber ScE)ulter; ben Sefeffe^
nen fahren bie Seufel auS bem ÜJiunbe.
3n ber |>ölle tl)ront Satan, umgeben »on
feinen 93afatlen, in allen möglidt)en fd)eu§*
Heiden ©eftalten. Seit 1500 überliefen
fid^ bie SWaler überhaupt bei 2)arPeQung
ber ^öUc unb i^rcr 93ewo^ner ben auS*
fd)Weifenbften $f)antaften. 6 1 1 e , f ir^lic^c
51rc^äologie, § 158. 2öcffelt), bie ®e«
jialten beS SobeS unb beS leufelS in ber
barfieHenben ^unft. ßcipjig 1876.
3m 15. 3abrl)unbert fcfcien bie ißcbeu«
tung beS Sleufele abjunel)men; ber ^uma«
niSmuS fannte il)n ntd)t mcl)r, bie mönct)ifc^e
Qlnfcf)auung war in ißerac^tung geraten,
unb bie plaftif($--bramatifd^e SDarj^cUung
biefer ®eftalt fprad^ beutlic^ bafür, ba|
man il)n ju fürd^ten verlernte. i>a regte
fiutl)er ben leufelSglauben oon neuem
auf. 93on Statur unb ^'•'"i^i^ ^'^^ «t
einem ftarf ftnnlid^saltertümlid)en Jeufelö'
glauben geneigt unb trug benfelben Diel«
fadf) in feine 9teben unb Sd^riften über.
9Jun war fc^on früher ber Teufel fatirifc^s
bibaftifdf) als Megorie beS 93öfen oerwen«
bet worben, unter anberm war 1489 ein
lateinifd^er Älagebrief über tai ©lenb
ber ?!farrer crf^ienen, worin bie armen
8anbgeiftli($en üon neun leufeln, barunter
ber Sifc^of, gequält bargcftetlt werben.
3)iefe (jpiftcl Hei Sut^er 1540 mit einer
SSorrebc begleitet wicbcr abbruden, unb nun
entwidelte fid^ eine ganje leufelSlitteratur,
bie 150 3af)re anbielt unb worin bie »er«
fd^iebenen 8aftert)aften alS ebenfo oiele
SeufelSbefeffene gegeißelt würben, ä^nlid^
wie man fon|i baS ßafter alS ?iarr^eit
barjufteUen pflegte. Dicfe ISeufelStraftate,
in $rofa, in Werfen, audt) in bramatifd^er
Jorm, bringen nun ber Sflei^e nad^ einen
^ofteufel, liofen», jj^"*^*» ^^^'> ®nuf=,
3agbs, 3unferä, ®eiä» unb aBu^er«, ^auh,
^offartSo Sf^uber«, Sd)napSs, $auS=,93au=,
©cjtnbs, lanj«, SpieU, ^Peftilenj« unb fiele
anbere leufel. ^^xtx 24 finb in bem gro«
§en Folianten abgebrudft, ber 1569, 1575
unb 1587 unter bem Sitel Theatrum Dia-
bolornm ju ^ranffurt a. DW. erfd^ien.
(SrP baS QtufflärungSjeitalter bat ben
Jeufcl, ber bei Ijjroteftantcn unb Äat^oli«
fen feit ber iReformation aud^ in bie ^a»
te^iämcn, ®ebcte unb ©efangbüd^er i5in«
laf gefunben ^atte, in bie 5)ogmatif üer=
wiefen. ®rimm, ÜJJljtbologie, Aap. 33;
SButtfe, »olESaberglauben. iRoSfoff,
®efdl)id^te beS JteufelS, 2 QSänbe. fieipjig
1869. Freitag, ȟber auS ber beutfd)cn
Q3ergangenl)eit. 51uS bem 3a^r^unbert ber
SRcformation, Qlbfd^nitt 11: S)er beutfd^e
Teufel im 16. 3af)r^unbert.
Xiaxa ^ei^t bie fronenartige Äopfbe=
664
Jicrbitber — Iterfabcl.
bccfung be^ $apjie6. iMnfänglid) xoax fic
glatt, ot)ne Ätonranb, bann g^^i^fif^ ^it
einem ©tirnreif ferfeben, ^od^, fegclfötmig
g3omfacius VIII. (1294—1303) gab bem
©tirnreif bie ©efialt eine^ Äronreifc«! unb
fefite einen äweiten über benfelben, unge=
fäbr in bie OJtittc beö Äegelö. Urban V.
(1362—1370) fügte ben britten binju, unb
fo entftanb bie fogenannte breifad)e
Ärone. ®ie trägt auf ber ©pi^e ben
fReici)6apfeI unb ha^ ^reuj, ju beibcn
Seiten je ein SBanb.
Sterbilber in fijmboUfdber 33ebeutung
finb juerft aus ber antifen SBcIt in bie
d)riftli(^en ©ilbwerfe fiinübergenommen unb
^ier jum teil cfcrijtlid) umgebeutet roorben;
babei Eommt in SSetra^t ber Unterfc^ieb
jnjtfi^en reinen unb unreinen Sieren, al«
©pmbole bee Siebtes unb ber ginfierni«;
SRaubtiere finb JRepräfentanten ci)riftenä
feinblid)er SKä(f)te, mel)rIofe Siere bejeictincn
bie bebrangte 6.[)riftenf(iar; Jagbfjenen
bebeuten bie 93efef)rung ber ©ünber, bie
gejagten Sicrc bie einzelnen ©ünben, bie
Sagb^unbe bie Su^prebiger, bie aufge*
fiellten S^Je^e ben (glauben unb bie ©otteä-
tiercf)rung. ^nfangö ^errfct)te in biefen
(firijilid^cn 3;ierbtlbern nod) ein ^armlofer
Ion, ber namentlich ßämmer unb ©djafe
beooräugt; feit aber bie 9lpofaIppfe be=
fannter gettjorben n?ar , traten bie unge?
l)euerli(f)en liere ber Offenbarung in ben
Silberfreiö ein, um ben ©ieg ber (i)rif!lic^en
Äirc^e über ben ©atan ju t»erfrnnlid)en:
ber ©rjengel ÜJJi(i)ael beftegt ben I)rad)en,
Stitter ®eorg ben Sinbmurm; pl)antajlifd)e
©ejlalten aller Qlrt traten auf, S[)Jenf(^en
mit Sierföpfcn, Siere mit ü)Jenfc^enföpfen,
barode an agpptifdje (Sottbeiten ers
innernbc SRiegejlolten, barunter ber letra^
morp^, ttield)er bie rier Scangelifien bar^
fteüt unb ein auä üJ^enfcb, Dc^s, 51bler
unb ßöroe gebilbeteö inerlcibigee unb tiier^
föpfige« Ungeheuer ifi. S)ie ^lafiifer beä
11. 3a^rl)unbertö brad)ten biefe ft)mbo=
Itfcf)en Jicre, ju bercn ©ebraui^ unb QUiö^
wa^I auc^ ber ^btjfiolo gu« mitrcirttc,
in bie firctjli^e Drnamentif; junäd)fi gab
man firdblic^en ©erätcn in 2Refring unb
(Smail, ben SOJe^fannen, ©albflafcben,
Sffieit)raucf)büd^fen, bie {Jorm »on ©reifen,
©träumen, ÄranidEjen, ^elp^inen, n^ii^renb
ba^ Giborium bie alte i^orm ber laube
bcibef)ielt; bie 2öeif)roafferfeffel er{)ielten
^tt)ci ftd) begegnenbe 3)rQd)en jum ^enfel,
d^nlidbe ©ehalten befamcn bie ßeu**
ter für it)r Untergefteü. 2)ann famen bie
glei(i^en ^iö"!^«" in bie monumentale
2)eforation be« Äir(^enbau«; anfangt auf
bie Qlu«f<^mü(fung ber ©äulenfapitälc bei
3nnern befcbränft, Perbreiteten fie ftc^ im
12. 3a^rf)unbert auc^ über alle ^a^abenteilc
ber romanifcben Äirc^e, unb jmar in ber
ernften ^Ibfrctit, bamit baö 93öfc unb feine
unfeligen ^^olgen fo abfd)recEenb al^ mögU(!^
abjubilbern; aud) ftnb bie ©arfieüungen
anfangt nod) fireng unb ber fircfelid;en
Irabition getreu gehalten; im 13. unb
14. 3a{)rbunbert, alö meItli(J)c Söaumeifict
unb ©teinme^en auftraten, lie§ man ba'
gegen ber perfönlic^en ßaune unb ©atire
Die ßna,d fc^ie^en, unb brad^le bie freieften,
mutwiiligjien ©c^öpfungen auf. (jö giebt
au* lierDarjieüungen , meiere bireft bem
beutfd^en lierepoä entnommen ftnb. 5lbs
gefebcn Don ber {)äufigen ütbbilbung be^
iffiolfe^ unb gud^feö, ^nbet man an ben
«Pfeilerfriefen ber Ärppta be^ ©aeler Tlün>
jierö ben ganjen Sn^alt fon SffnS'fii"^
9'J ot (Sierfage SRr. 5), namentlich bie Äranf«
t)eit unb Teilung beö Könige ßömc ab'
gebilbet; äbnlic^e« auf einem Sleppic^ ju
Sübecf, ber einfi <xU 511tarbecEe biente,
Dtte, fird^l. 91rd)äologie, ©. 875 ff. —
SBadernagcl, fl. ©c^riften, H, 309 ff.
fö. Äolloff, biefagent)afteunbfi)mbolifc^c
2iergefd)id)te beö SDiittelalterä, in SRaumer«
t)iji. lafc^enbud). 33iertc golge, ^a\)X%. 8,
e>. 179—269.
SierfabcL 2)ie Sierfabel, n)eld)e im
bleibe einer fc^einbar ber jiermclt ent«
nommenen ©jene eine für bie ÜJJenfd)en»
tuelt berechnete 8el)re, eine ©rfa^rung ober
ffiarnung enthält, jiammt auö bem Orient;
bei ben Snbiern ift fte Pertreten burd^ bie
*Pantfc^atantra unb bie au« biefet
©ammlung ^eroorgegangenen Searbei«
tungen ^itopabefa unb 93ibpai, bei
ben ©riechen bur^ 5lefop unb bei ben
SRömern namentlich burd^ <pt)aeb ru«.
S)aö a>Jittelalter überfam bie fabeln be«
51ltertum« oornetimUd) au« einer profaifd^en
^abclfammlung eine« gewiffen [Romulu«,
ber auf 5lefop beruht; e« giebt aber ba*
neben nod^ einige anbere, teil« in (ßrofa,
teil« in ißerfen nerfa^te ^abelfammlungen
be« SWittelalter«. SDUt tl)nen mifd^ten ftd^
orientalifd^e Sierfabeln, bie man au« ben
SJiopcüenbüc^ern fennen lernte, au« ber
Disciplina clericalis, ben Gesta Roma-
norum, ten fteben weifen ÜJJeiftern (ogl.
ben 5lrtifel Dt o u e 1 1 e n). S)ie beutfc^e Sitte»
ratur jeigt für biefe 5Did^tung«art crfi ®e«
fc^macf, nacf)bem gegen bie ÜJlittc be«
13. 3a^r|)unbert« bie '-Blüte ber ^öfif^en
5Did^tung porbei war unb bie frei f^affenbc
Sierfunbc.
665
^^antafic Mc ßeitung bcr ^oeite an bcn
93crfianb abgegeben t)attc. 2>er ältefic 'j^abel^
bic^ter i|i ber ©triefet; il)m folgt mit
einer ©beljiein genannten, um 1330 ge=
bic^teten ©ammlung oon 100 5'i^fl" ^^^
SBerner ^tebigermön^ Ulrid) Soner, ce
ift baö crjlc in beutf(f)cr @pradf)e gcbrucfte
©ud^; Bamberg 146t; bann ^cinric^
»on SWüglin, ber feine gabeln in I^rifc^er
©trop^enform bic^tetc, tt»iit)renb bie übrigen
gabclbic^ter hai %moi}nk [Reimpaar an^
ftenbeten; aud) in ben SRenner bes •5>ugo
»onSrimberg finb oictfac^ gabeln eingc=
fioben. 5Der al)b. D'Jame für biefe Ie^r=
tiaften, ol)ne S^'f'fff ''''" ^f" jierepen
beinfluften Sierfabeln, bencn meijl bie
SeJ)re gefonbert beigefügt ifi, ifi bispel,
ju at)b. unb mf)b. baä spei = SRcbe, (Sr--
jä^Iung, ©age, morauö erjl nl)b. Scifpie'I
»urbe. (Srfi im 15. 3a^r!)unbert fefjrte
man ju ber urfprünglid)en gorm ber gabel
j^urürf, jur $rofa, unb jmar übctfe^te ber
Ülmer 'ilrjt ^c in rieft ©teinbömel fo<
tt)ol)I bie gnbeln beä 5i[fop nl^ ben inbifAcn
Sibpai, ben le^tcrn unter bem ütel
Sud) berSeifpiele beratten2ßeifen,
biefeö auö einer lateinifd^en 23earbei=
tung, melcfte im 13. ^abfbunbcrt ^o^^""
t>on Sapua unter bem ilitel directorinm
hnmanae vitae »erfaßt batte. ©teinljömel'«
Qlefop erfdncn Dor 1480, ba« iBucft ber
Seifpiele 1483. ißeibc Sücfcer bemiefen
burd) bie ja^Ireii^en SJieubrude, bie fie
burcb me^r al^ ein 3<^f)r£)"nbert l)inburd)
erlebten, lüie fef)r je^t bie 3«'^ ber gabel
geneigt mar. 5Durd) bie iBorliebe unb (Sm=
pfcljlung 8utt)er'ä, ber felber äfopifdie
gabeln überfe|te unb feröffentli^te, gemann
bie ©attung no(ft mebr (Sinfiuf , fo ta^
nun im 16. Jabrbunbert bie S<^^^ i*"
gereimten unb ungereimten, furjen unb
au0fül)rlid)en gabelfammlungen fe^r groß
mirb. ©0 fd^rieb ©ebajlian Örant
gabeln in $rofa, J^anö ©ad)« ale
SJeiflergefänge unb in ©prudjform. SBeit
»erbreitet marcn bie gabeln beö (Sra^muö
QUberuö, gefi. 1553, ber aud^ geijllid)e
ßieber bietete; ibr SWamc ifi „tau 33ud)
Don berlugenb unb SBeiet^eit;" ebenfo ber
„dfopuö, ganj neu gemacht unb in
SReimen nerfa^t, mit fampt t)unbert neuer
gabeln" »on Surft) art SBalbiS; nod)
anbere Sammlungen baben ^ artmann
©c^oppcr,SJtatban(S,t)t)iräuä,2)anicl
^oltjmann, ^ulbrid) Söolgemut
feranjlaltet. SDJit'bem QUifleben bcö Dpi^i=
fc^en ®efd)madc^ tierfd)n.nnbet bie gabel
für längere ^nt fafi ganj aus bem ©e«
ft^tisEteife ber bcutfdjen Sitteratur unb erji
im 18. 3af)unl>ert erbicit fie burd) ben
Vorgang La Fontaines's unb burd) iai
®emid)t, baö bie 3ürd)er .Rritifer Sobmer
unb Sreitinger auf biefe ©attung legten,
erneuerte üleilnatjme.
Sicrfuitbc be« a)?ittel altera. S)a§
bem natürlid)en 2luge bed ^Rittclaltet'S licr«
beobad)tung nid)t fremb mar, bemeift bie
Verbreitung unb liebePoüc Bearbeitung ber
lierfage; bocft murjelt biefe mel)r in ben
ttolfsmä^igs natürlichen Einlagen beä mit
ber Statur jufammenlebenben SDlenfcften;
maö man im engern ©inne ®eifi be«
SDtittelalterä nennt, bie ben ©runblagen
beö natürlichen Sebenö abgemenbete, bem
6{)rif!entum unb feinen iffiunbern juge»
manbte, pbantafiifd) = romantifcfte aBeltan*
fd)auung, fo ^at biefe für bie ©egenfliinbc
ber Dtatur überhaupt mie inäbefonbere für
bie Siermelt nur fet)r menig SerPänbni«,
unb fomeit fie ftcf) bcr Jierwelt nid)t ganj
entfd)lägt, Met)t fie biefelbe mit Sßorliebe in
ben jDienfi ihrer metapt)t)fifcft=ft)mbolifd)eu
3been r>on ^immel unb ^ötle, 6l)tiiiu^
unb SDJaria, lugcnben unb Softer u. bgl.,
bergefialt, haf\ bie Soologie beö ÜJJittelalterö
menig anbcrä al^ ein ©tüd Jbeologie
fd)eint. Sorgearbeitet batte aber in biefer Se«
trad)tungä»eife fd)on bie alte SBelt, meld)c,
bie eyaftere S8eobad)tung^-9Jtetl)obe be^
5lrifiotcle« perlaffenb, ihre Jfenntniö unb
Teilnahme an ber Jiermelt oielfacf) mit
milbem 21berglauben nerquidte; 3f"S"'ff^
bapon fmb $liniuö unb 'Helian, beten
SRad)ri^ten jumSeil in bieSncpflopäbie beä
Isidor übergegangen finb. t)a0 ^auptmert
aber ber licrfunbe bes früheren SOUttelalter«
iji ber Physiologus, beffen au^erorbent=
lid)e Verbreitung fcfton baraue etf)eüt, ta^
man ihn, ptofaifcf) obet mettifd), in grie=
d)ifd)er, lateinifdher, fl)Tifd)er, armenifd)er,
atabifdjet, äthiopifd)ct, althod)beutfd)cr,
angelfäd)fifd)et, altenglifdhet, irlänbifd)et,
ptooenjalifAct unb altftan5Öfifd)ct Spta^e
ethalten finbet. 2)iefeei l'ebtbüd)lein ber
mittelalterlid)en Sffielt fd)eint in ben erften
3ahrhunbcrten ber chrifiUd)en 3eitrecftnung
non Sehrern orientalifdi^alejanbrinifcftcr
Shtifiengemeinben ferfa^t morbcn ju fein;
bie Siere, mel($e barin jut 23e)d)reibung
famcn, maren bie bibtifd)en, ben natura
hifiorifd)en ©ehalt boten bie hfi^nifd)en
Sierfabeln unb 2;iergefd)ichten, 3"^^^ ^^^
93ud)cä mar fd)lie§lid) fl;)mbolifd)e 2tnmen«
bung bet liermelt auf tit chriftlid)e ßehre.
(Stft mit bet ^iit etbiclt bie ©ammlung
eine fanonifd) firiette ©ejialt, an meldet
666
Stietfunbe.
bann nur nod), burd^ 3trt unb ^üt »er«
onIa§t, 5i[u§etUd^fetten gcänbert luutbcn.
^tnfangö wax bic Äirc^c bcm ()ßf)i)rtologuä
ni(i)t günfiig, feit ©rcgot b. ®r. galt er
aber a\i ancrfannte^ Scbrbud) ber dirifi-
Ii(^cn 3ootogie; feine 33ebeutung ettifc^t
erjl im 14. 3al)rt)unbert. 35iele ^anbs
fd^riftenbcö^^i)fiotoguööberBestiariu8,
njie er aud) §ei^t, waren illufiricrt. SDie
^auptfäc^Iid)jten Siere bee *p^t)ftotogu«
finb ber JJöme, ber (Panther ober*|Jars
bei, ein £ier, baö nie feineögleic^en auf
ber SBcIt i>atk, — fanftmütig unb njun«
berfam, baö ^iU rot, blau, gelb, grün,
fc^marj unb grau gef(ecft, auö feinem
SD^unbe jlrömt ein ®ixuä), liebli(ä)cr aU
ein ganjcä Stumenbect ober ©pejereige-
wölbe, fo ta^ bie Sliere Don aüen Seiten
feiner ^axtt folgen; er ifi tai ©innbilb
d^rijit; ber eiefant ifi t>a^ größte Sier
ber 2Belt, t)at ßiet SBerjtanb unb wenig
©ef^Ie^tötrieb. (Sr fc^läft fte^enb, an
einen Saum gelef)nt; Jäger, bie il)n fan*
gen wollen, fuc^en bie Stellen unb Säume
auöjufunbfc^aften, wo er fd)Iä[t, naci)t)er
fägen fte ben 93aum biö auf ein bünne^
dnbe burd), unb wenn ber (Slefant fxä)
baran le^nt, fo fällt er mit bem Saume
um unb fd)reit erbärmlid) ; baö @ i n ^ o r n ;
fein Jgiorn (ber ©tof ja^in bcö D^arwal galt
bafür) bewahrt ben Seft^er oor Vergiftung;
<Probierlöffeldt)en barauö bienen, mit ftlber-
neu Äettct)en angelötet, namentlid) an ©alj*
fäffern unb Slrinfbc^ern, um bei Safel
»or ^eimtüdif^en 5lnfc^Iägen ju ftc^ern.
5Daä (5inl)orn felbft ifi ©pmbol ber un«
befledtcn (Smpfdngniä. ©eine ©efialt
backte man ftd) anfangt alö ein Siegen*
lamm, fpäter aU iRl)inocero^ ober ©djim*
mcl. 5Daö 5tnt^olopä ober 2lptolop^,
QlptolofS, 2lntula ifi ein wilbeö fd)nea»
fü^igeö Z\)m mit ^^wei langen ^sörnern,
fct)arf wie eine aJJefferElinge unb jadig wie
eine ©ägc, fo ta^ eä bomit bic bidfien
Säume jerfc^neiben ober umfägen fann;
biefe ^örncr fmb bic beiben Sefiamente
ber Sffialbefel ober SBilbefel, bei welchem
^lebutabnejar wohnte, lebt in ?lfrifa unb
fc^reit nur, wenn er nic^tä mel)r ju freffen
^at. 3ebe^ 3al)r am 25. SKärj brüüt er
jwölf ajtal in ber D<ad)t unb ebenfo oft
am Sage; barauö crfennt man, ta^ bie
9täd)tc ebenfo lang fmb alä bie Sage.
2)er SBolf ifi fiarf an ben gügen, aber
fc^wac^ in ben Dtippen unb fo geartet, ta^
er ben Äopf ni^t nad) l)inten ^inwenben
fann; Wenn er hinter ftc^ fe^en wiü, muf
■«r fid) beöl)alb mit bem ganjen ßeibc umbre«
l)en. 5Die2öölftn Wirft im ÜJtonatSDtai Junge,
unb nur, wenn eö bonnert. 33on ben jaf)lrei»
c^en Äniffen beö gud)feä fiel)tim ^^^fto«
loguö blo^ bic ®cfd)i(^te, wie er fxd) fdiein*
bar tot mit bem JRüden auf bic (Srbe legt,
in ber 5lbnd)t, unbefonnene Sögcl als 51aö
anjuloden unb fie nac^t)er ju töten; eö
folgen bann ber Sod, ber St ber, ber
3gel, tai äßiefel, ber ^t)bruö ober
2)bri§, eigentlich t>ai 3<^neumon, ber
>ilbler; wenn er altert, fo crlal)mt bie
Äraft feiner %\nq,d unb trübt ftc^ bic
^eUfid)tigfeit feiner Qlugen ; bann fliegt er
jur ©onne auf, wärmt ftd) an i^ren ©tra^*
len, fenft ftc^ nicbcr unb taucht breimal
in einen Srunnen, worauf er Böüig Der«
jungt l)erDorgcl)t; ber ©cier; bcrOlabc;
ber ©trauf; ber ©tord); ber ^alf
(SRei^er): berÄranid); ber 56tö; ber
|»a^n; ber Äalanber, nac^ ber beutfd^s
mittelalterlichen 5lnf^auung ber 2ewarf,
bie gro^c |)aubcnlerd)e; er ifi ein ganj
Weifer unb äuferfi fluger 35ogcl, beffen
JUS ober abgewanbtcr Slid über 2eben unb
lob entfd)eibet. 6rl)atnämli(^ bie ^rt. Wenn
man it)n ju einem fted)en 2)Jenfd^cn bringt,
fo beutet er an, ob ber ÜRenfc^ fierben
ober genefen foll. Serfd^mä^t er beö Äran*
fen 2lntli^ unb wenbet feine 2lugen Don
i^m ab, fo fiirbt ber Äranfe; fe^rt er fic^
aber ju bem Äranfen l)in unb legt feinen
©d^nabcl auf bcffen SCRunb, fo genefi ber
Äranfe, bcnn ber SBogel nimmt fein ©ied^s
t^um an ftc^, fliegt bamit ^od) in bie ßuft
hinauf unb Derbrennt cä an ben ©onnen«
fira^len. DerÄalanber, auc^ ©alianbcr,
ßalanbriu^, (5.t)arabriuö genannt, ifi
ein ©innbilb S^rifii. S)ic ®ule; iai
Stcbliuljn; bic 2)rad)cn unb beren iMbart,
bic ©crra; bie ©erlange; bie Otter;
bie Siper.
3n ber ^öfifc^cn S)id)tung finbet man
ben (Sinf[u| bcd ^^pftologuö namentlich
in bemicnigen 5lbfd^nitt Don greibanf'ö
S efcf) eiben^eit, ber von tieren über*
fc^rieben ifi.
(Sine (Srneucrung feiner Sicrfunbe ers
lebte baei aJiittelalter erfi baburd^, ta^
im 13. 3al)rl)unbcrt burd) Sermittlung
ber 5lraber bie joologifi^en @cf)riften
bcö 5trifiotcleö im 5lbcnblanbe bcfannt
unb inö ßateinifc^c überfe|t würben; bie
beiben Überfeger ftnb 2Jli^aeI ©cotu^,
wie erjäl)lt wirb, burd) Äaifer ^riebric^ II.,
ben Serfaffcr beä Sucf)eö über bie Ralfen«
jagb, baju aufgeforbert, unb 2Dil^clm
Don ÜJioerbcte, Unter Senu^ung bed
Qlrifiotclcä ficüten ftc^ barauf brei S)omi*
Sierfagc.
667
nif ancr in ber SD^ittc bcö 13. 3at)rt)unbctt^
bic ^tufgabc, tai gcfammtc joologifc^e
aCßiffcn ber ^dt in umfaffcnbcr Jorm jut
3)arfieÜung ju bringen; unb jiüar f^ricb
SljoTnaö 'üon Santimpte in 20 SBü»
^crn de naturis rerum; 33uc^ 1 beginnt
mit bcr men[d)lid)en ^tnatomie, 2 t)anbelt
Don bcr Seele, 3 »on bcn monfiröfen
SKenfc^en beö Oriente, 4—9 Don ben
Sieren, 10 — 12 »on ben Säumen unb
trautem, 13—20 oon ben Quellen, ©bei«
j^einen, üielen SOJetaüen, fteben ©cgcnden
unb humores ber 8uft, bem ^immelöge»
rcölbe unb ben jteben Planeten, bem ®on«
ncr unb ät)nli(^en (Srfc^einungcn, ben »ier
Elementen unb bcr 33ett)egung ber (Seftirne.
S;l)omaö i)at au§er bem 5lrifioteleö bie
ganje biefer ßnt zugängliche jooIogi[cf)e
ßittcratur benu^t; au§er bcn ^Iten, mie
Sll)copf)rafiunb '^Iiniu^,bicÄirc^cnDäter,ben
3ftbor, ücrfd)icbene mittclalterlid)e ©c^rift^
ftcder, and) bcn $l^t)ftologuö unb ä^nlid^c
feltcnere ßet)rbüd)er, unb wenn er natürlid)
tDcber pon ber moralificrcnben äJict^obe
no(^ Dom Söunbcrglaubcn frei ift, fo
bejcid^net feine Qlnfc^auung jufolge i^rcr
größeren DbjeftiDität bod^ einen mcfent«
tiefen ^ortfc^ritt, ©ein ße^rer ifi ^ilbtx =
tu« aRagnuß, gcji. 1280; bcffen 2Bcrf
über bie Jiere i)! aber fpater aU baöjenige
be« Jljomaö gefc^rieben, um 1250; cä ent«
plt au^cr bcn 19 Suchern bcö ?lrifio»
teleä nod) fteben mcitcrc, in meiern Don
ber Sfiatur ber ticrifci)en Körper, Don ben
33oüEomment)eit«graben, ben Dicrfügigen
Sieren, 33ögcln, aBoffertieren, @d)Iangen
unb bcn tlcinen blutlofen Sieren geban*
belt wirb; <aibcrt f)at tai 2Bort feine«
Vorgänger« unb ©c^ülerö ffei^ig ju [Rate
gejogen, jei($nct ftcE) aber if)m gegenüber
burd^ eine planDoüe fijftcmatifc^e S)ur(i)»
arbeitung ber 51rifiotelifd^cn Dlaturp^ilos
fopl)ie au«. 2)er britte ©ominiEancr ifi
bcr bcEannte SSincentiu« SelloDa*
tcnfi«, beffcn speculum quadruples
(ftel)e ®efc^ict)tfc^reibung) auct) einen spe-
culum naturale enthält. (£r \)at noc^
me^r ©c^riftftettcr aU feine beibcn Vor-
gänger auögcjogen, auc^, mie iltlbert,
ben S^oma« jlarf bcnu^t; fonji ifi if)m
Sllbett an »äict)erf)eit unb Äonfequenä ber
5lnfic^ten überlegen. S)er granji«»
fanersDrben nimmt an biefen joolo-
■gifc^cn arbeiten burc^ ein SBerf beä
Sartl)oIom ä uö 51ngticuö de pro-
prietatibus rerum Slnteil, tai bi« in«
17. Safli-liunbert neu gebrudt mürbe.
OWit ben genannten SSetfen trat por»
läufig ein ©tiQfianb in ber jooIogif(J)cn
^orf^ung ein; bocf) mürben Don ©ebcu*
tung jroeiim 14.3at)r^.cntfianbenc 53earbeis
tungcn bc« St)oma0 d on £a n timpr6,
eine profaif^e bcutfdjc, iai Sud) ber
D^aturDonÄonrabDonSJlcgenberg,
berauägegeben Don ^ranj "Pfeiffer,
Stuttgart 1861, unb eine ücrftfijicrte
nicberlänbijfc^c, bcr „Staturen
blocmc" Don Jafob Don SDUcrlant.
^onrab Don !F?cgenberg mar ebenfaü«
I>ominif aner, um 1309 in Sapern
geboren, ftarb 1374 al« 2)omI)err ju
9f{egen«burg ; fein Sud) ber 9'iatur war
fet)r Derbreitet unb mürbe blo« Dor 1500
fcc^ömal gebrudt. 3afob Don SWaerlant
flarb 1300 al« ©tabtf^reiber in Sßeft*
Panbern.
2)ie *ilnfänge ber neuern, auf bie Se«
obac^tung ber ^atux felbfi gegrünbeten
'JlatüX' unb üierfunbe fu<^t man in 5ta*
licn; fd)on an S)antc bemunbert man bie
reiche güüe Don ?iaturbetra<^tung ; Sier*
gärten maren in Stauen früf) (Sitte ge«
rcorben; fc^on Äaifer griebrid^ II. ^atte ftd^
einen angelegt, im I5.3af)rt)unbert get)örtcn
fte jum regelmäßigen öufu« ber ^ürfitcn unb
Stäbte. 5Dod) mar hai ^auptintereffe
bc« ^umaniemu« fomoj^I al« ber unmittel«
bar folgenben 3fiiten immer nur in be*
f^eibenem SWafe ber Siermelt jugemenbet.
Die Sammlungen naturmiffenfd)aftlic^et
(Sciienfiänbe blieben nod) lange (Raritäten
= Äabinete; im SJiittelaltcr freilid) marcn
fte ben Steliquicnfammlungcn in bcn Äir*
c^en angehängt morben. SOknd)e« trugen
bie ©ntbedung be« neuen 2BeItteiI« unb
Cleifcn na^ anbern öänbern jur @r*
forfc^ung ber Dtaturbeobac^tung bei, unb
bcr freiere ^otfc^ungögeifi , bcr überhaupt
feit bem 15, 3at)r^unbert ermad)t mar,
brachte c« mit ftc^, ta^ anä) bie Sierfunbc
namentli^ burd) ein flafftfc^c« SBcrE ber
3f{eformation«jcit mcfentlid)e (Srneuerung
erfuf)r, burc^ Äonrab®e§ncr« historia
animalium 1551. 3- 2J. ®aru«, ®efc^id)tc
ber Boologic, 9Wünd)cn 1 872 ; g. Ä o 11 o f f ,
bie fagent)aftc ft)mboIifd)e Siergefd^ic^tc
be« Ü}MttclaIter« , in SRaumet'« ^ifi.
Safc^enbud^, IV. Jolgc, 3a^rg. 8, 1867,
179—269.
2:icrfagc. Äcin anbcrc« SoIE ^at eine
fo au«gebtlbctc Sierfage entrcicfelt wie ba«
beutf(^c unb in if)m befonber« ber Stamm
bcr granfen; benn im DUttelaltcr tritt ia^
Sicrepo« in einer reid)en ^üüc Don S)ic^tun5
gen fafl in Äonfurrcnj jum ^elbencpo«.
2öät)renb nun 3atob(Srimm in feinem
668
lierfoge.
SBetfc ateinbart ^u*«, 99ctlin 1834,
biefe ^ic^tunt? als ein uttrüdjftgeä <)3robuft
bc^ gcrmanifd)en Sebcn« unb (Scmütee an«
fd^aute, babcn in neuerer 3^'* anbere
55orfd)er bog liercpoö auö ber äfopifd^cn
§abel üom franfen ßöften tjcrieiten trollen,
ber auf ben 9tat eincö i^uchfe^ burc^ einen
frtfd^cn 2BolföbaIg gebeilt hiirb; biefc
gabel, fagcn fie, fei auö 3n^ifn "«*
©riecbenlanb , Don ta nad) Italien unb
t»on ba fpdtefiene im ncfiten S^^r^unbert
nac^ SDcutfdjIanb gefommen. Um 940 fei
fte einem fleincn non einem SDJönc^e in
loul Perfa^ten Iateinif(i)en Spoö eingefügt
ttjorben, tt)eld)eö parabolifd) in ber Jorm
einer 2;iergefd)ic{)te bie ^I"** cinee Ü}Jön»
4eä au« feinem ^lofter erjäf)Ite; ttiorauf
fpäter bie %abd burd) fiel anbere erweitert
unb ^u n:iat)ren Spen aufgefd^tt>etlt reorben
fei. @iet)e ©cfeerer, ßitteratur^Oefd&idjte,
<B. 260. 3)iefer 5inft*t ficl)t SieleiS ent<
gegen, bie beutf<f)en S'jamen ber Sterfjelben,
tau urfprünglicfee Königtum beö 83ären,
bie auffallenb ftarfe 9Zeigung beö ger»
manifchen Sinneö jur ÜKitcmpftnbung unb
99etrad)tung bes Jierleben«, bie ftdb , ab;
gefeben Dom eigentlichen jierepoä, aud^
in jaljlreicfeen 23olfäliebern, Jiermärcben,
Äinbcrlicbern u. bgl. abfpiegelt. 5luf
biefer ?lnrtd)t fu^t gegcnh)ärtigc ßuf'iii'
menfteüung, bie fid^ auf bie llbbanblung
2B. aBadcrnagel« fiüht: «Bon ber lier^
fage unb ben Sichtungen aus ber 2;ierfage.
kleinere @d)riften, II, 234—326.
2)et ÜWenfd) ber 2?orjeit fa^ in ben
lieren ein halb übermenfc^lic^cö 2Befen
unb einen ®tanb näf)er ben (Söttern felbfi;
iai i^cigt ha9 l)ot)e ßebenöalter, ta^ man
etnjelnen Sieren ;5ufct)rieb, bann bie SRdtfeU
I)aftigfeit if)reö Jobeä, fobalb fie üon fclbft
ungemaltfam fierben, ber Slufentf)alt ber
35ögel i)o<i} in freier ßuft, bie 5lrt ber
©pracbe, bie bem ü)Jenfd)cn nur unter be=
fonbern Umfiänben Perfldnblicb ttjirb , ber
®laubc, ta^ eine übernatürli^e .^rafl
ü)tenfcf)en in Jicrgefialt üerjaubere unb
bie üinna^me einer Seelenwanberung, bie
au^ bem ©ermanen ni(i^t fremb hjar, fo=
bann bie iHngeI)örigfeit einzelner Sliere an
cinjelne ®ottbeiten, ibre Sebeutung für
Sßciöfagung, bie *2lnnjenbung Don SJJamen
ebler jfere, mic be« *llblerö, IRabcn, Söolf«,
93ärö, alö aJJenfcfeennamen (fiet)e ben 5lrtifel
^erfoncnnamen).
SBie nun t>ü^ ©ötterepoä unb baa
^elbcnepoä bie (Sötter unb gelben in
epifc^ie ^anblung bringt, fo tat, Sicrepoß
feine Jiere. Unb jmar fmb es bloä bie
Jicre beö Sffialbcä, bie fid^ ber ^errfc^aft
unb 23crtraulid)feit bcö ÜWcnfe^en cntjiet)en,
nic^t bie jafimen |)au0tiere; biefe geboren
aU 93egleiter beö SRenf^en XM SOtenfdben*
epoö. S""! 2ierl)elben aber mürbe bie
Jiergattung baburi^, ta^ man bie le^tere
aU Sinjelmefen anfd)aute, tai mie ber
SWcnfcf) feinen perfönli(^en (Eigennamen
trägt unb in feinen ^lanbtungen lofali?
fier't, an einen {)eimatlicf)en üßo^nort ge«
bunben ifi.
Sräger ober |)clben ber SEicrfage
ftnb in erfier ßinie berj^üßolf unb ber
%\xä)i. 5Der 2Bolf ^ei§t Isengrim =
©ifenfielm (altnorbifcft grima = Tlaih,
^elm), ber ^uct)^ Raginhart, Rein-
hart, b. i). !Rat(larf, ber ftcb unb anbern
immer IRat mei^; beibcö ftnb aud^ menfc^«
liebe 9?amen. Urfprünglid) ifi ber ffiolf,
obfc^on er immer bur^ ben %uä)a ju
Schaben fommt, boc^ alö ber bclben^aftere
gebadet unb nimmt bie bePorjugtere ©tet«
iung ein, mäljrenb bet.i^ud^ö erft neben
unb nad^ i^m fie^t. Über 2Botf unb
guc^ö fianb alä Äönig cinji ber 93är,
Brün; fiatt feiner ifi er)l fpäter aug
ber äfopifcben gabel ber ßöme cinge«
fü^rt morben. ©einen ©igenfd^aften nac^
ifi ber SBolf alt, grau, greiö, alter
(ScDatter, Dbeim, fiarf, ungefc^tad^t, biet,
plump, bef^ränft, gierig, gefräßig, uner*
fättlic^, fred), fcbamlo^, fiol|, neibifc^,
graufam, mutig, SRäuber, SDJörber, ungetreu,
alter Pcrfiocfter 93öfemidbt, Seufcl, $al)nrei,
angeführt, bcfiegt; ber guc^^ i>«9f9^" 1^"^
frifcf), jung, junger ©ewatter, Dteffe, fc^lan!,
glatt, fdjmad), fein, fcblau, burc^trieben,
iifiig, ränfeüoQ, ®d^leidt)er, ©cf)meid)ler,
6c^alf, Sctrüger, S)ieb, böfe, boö^aft,
treulos, gottloä, teuflifd^, lecfer, geil,
3:augenicbtö, (ät)ebred)er, »crfdtjlagen, üor*
ftdbtig, erfahren, berebt, «Ratgeber, SDicifier
unb Sieger. 2)ie übrigen 2ierc ^aben
für bie ®age nuruntergeorbnete Sebcutung.
S)ie ÜJlotiüe ber ^anblung entfpred)en
bem niebrig tierifd^en (Jbaraftet ber gelben
unb fircifen baljer anö ^omifi^e; nament«
lid) ber gucf)* ifi ein argeö Sier, ta er
nid^t einmal baö ^eilige 93anb ber (Se^
»atterfcl)aft, ja ber näberen <Sippfdt)aft (er
ifi einmal Sffngtitnö 9icffe) fc^eut. „ÜDie
iierfage fd)lieft in ftd^ ben ®egenfa^
eine« ©iarfen , bem feine 2orl)eit alle«
^anbeln in ßciben ücrfebrt, unb eine«
€cf)macben, ber burc^ Älugbeit alle« Cciben
in ein ^anbeln menbet jum eigenen ÜJor«
teil unb jum €d)aben unb bie jum Unter»
gang be« il)n bebrolienben StarEen."
Itetfage.
669
I)ic ^eimat bcr bcutfcf)cn lietfage
tjl Ji^'inf'!"' '"1 befonbcrn bie 9ilcbetlanbt,
tai nörblic^c ^ranfteic^ unb iai rt)cPIi(^e
^eutf4)lanb, unb cö ip möglich, ba§ ge«
rabe biefcr Stamm feine befonbcrc in ber
meroüingif^en S^xt noc^ [e^r rau^e ©igen*
art in ben (Sigenfd^aften beö ÜBolfeä unb
^uc^feä miebcrctfannte. 5iu(^ jeiii)nete
ftd) ©aöien fd)on im frü^e^en OTittetalter
tmi) feine Vorliebe für bie lierfabel
auö, beren (Sinflu§ auf bie 2icrfage
fcfcon bie Setbrängung beä iBären burc^
ben Cömen jeigt. 2BirfIid^ gehören aud^
bie ältejlcn t)on fränfifc^en (Sc^riftjlcnern
aufgefcferiebenen 3;iergebicf)te me^r bet ^abel
aU ber ©age an. Die bebeutenberen 3)ic^*
tungcn ber eigentlichen 2ietfage ftnb
folgenbe:
1. 2)ie Ecbasis, aui bcm 10. ober
11. 3(i^ri)unbert, lateinifcf) in IBerfen abge«
fa§t; i>([i ®ebid)t crjd&It bie ,5luc£)t cineä
Äalbcä t>on feiner ^crbe; ti gerät in bie
©ernalt be^ ÜBoIfeö unb »irb »on biefem
in feine 33urg gefc^ileppt. SDicfe rtjirb {)ierauf
im Qtuftrage beö .^önigä Söwe unb unter
5lnfit()rung be^ ^u^fe« burc^ bie übrigen
Sierc belagert unb erftiegen unb ber 2Bolf
getötet.
2. Isengrimns, tateinifi^eä ©ebic^t
beö 11. ober 12. 3af)r^unbcrtä. m etjä^It
juerfl bie Rettung tti franfen ßöfficn burc^
Umlegen be« ^eüeä, tai auf SReint;artei
Diät bem 2BoIfc abgejogen ttiorbcn ifl, unb
fobann ein (Sreigniü auä früherer öebcnä«
jeit be« 2öoIfc«, hai ber %\xi)i erjäf)lt:
»erfc^tebene Siere niimticE), barunter Re-
nardus, mac()en eine 'Pilgerfahrt; ta fte
in einer 2BaIbt)erbergc ra|lcn, fc^leicf)t Isen-
grimus in rau6erifif)er, mötbjrifdjer 5lb=
pc^t ^crju, mirb aber bur^ Ufilge Sor»
fe^rungcn beä 5i"*)feä abgefc^recfc.
3. Reinardus, Iateinifcf)c5 ®ebi(^t
beä 12. 3af)r^unbertö, oiel umfangrei^cr
alö bie biä^cr genannten ©cbid^tc, über
6000 3eilen ilarf ; jugtci^ tai erfie ©cbi^t
ber Sterfage, beffen Dichter „Nivardas"
ein im übrigen unbefannter üJiann, il^
genannt ^at. 5Daä ©ebi^t f)at ben 3nf)alt
beö Isengrimns jum Zäl mörtlic^ in fii)
aufgenommen unb ja^lreic^j anbete Xiev«
abenteuer ba^u oerbunben; im ©anjen ftnb
e^ biefet jwöif.
2)iit "Üuöna^me be5 Isengrimus fmb
fc^on biefc X>i4tuigen ftarf mit Satire
burci)5ogcn, unb jttjar ifi biefe teitj perfön*
lii^, bestellt fiii) auf ganj bc)ltmmtc ^ih'-
genoffen unb iBert)ältniffe, auf bcfannte
unb genannte Sifc^öfc unb iVoU, teilö be»
jief)t fte ftc^ auf ben in biefcr ^eriobe au3«
gebrochenen Äampf jwifd^en Äaifertum unb
^apfltum, fo jTOar, bagbieSerfaffer, obwohl
felbcr ®eifilic|e, oQe auf Seite be« iReic^e«
gegen bie Äitc^e flefien, unb obwohl felbet
SWön^e, bo^ mit befonberer Sorliebe ba«
iUJönc^ötum perftflieren, namentUd^ aber
bai reformierte OTönc^ötum ber Sijlcrjienfer,
beren .^auptoertteter Serntiarb oon
ßlairtJauy feinen Dtamen Bernardus bem
Jßibber unb bem @fcl ^at f)erlei^en müjfen.
4. Roman de Renart, umfa§t .30362
33erfc unb jerfdttt in 27 jum Seil fe^r
felbfiflänbige iStücfe ober Branches (Steige
am Saum ber «Sage); bie I)ic^tung ijl nur
fe{)r attmäfilic^ burc^ bie Qlrbeit mehrerer
entjlanben unb reicht »on ber jmeiten ^dlfte
be^ 12. biä inö 14. ^a^r^unbert; Don man«
<i)tn Stücfen »erben bie ©t^tcr genannt.
jDer 3nbalt ifi teilä bcm Renardus, teilö
anberen fc^riftlid^en unb münbli^en Quellen
entnommen. — 2)ie reii^ere *Muöfü^rung
jeigt bie ©inmirfungen ber ^öfifc^en (SpiE,
ju ben ^aupttieren iji ein ja^lreicf)e3 Ulibtri'
perfonat gefommen, beren 9'Jamen meifl
franjöfifc^ ift; ber Ööme f)ei§t f)ier juerfi
Noble, bie Satitc ijl bürftiger unb matter
gcmotben; i^r |)auptträger, bisher ber
2öolf, ijl je^t ber ^uc^^, unb it)re Spi^e
nii^t met)r gegen bie Äiri^e, fonbern gegen
hai ^ofieben gcrid^tet. 'Jlüx beiläufig mö.^en
noc^ ämei anbere ftanjöftfi^^e Jiergebid^te
bcä 13. unb 14. 3'i^'^^ii"ö«'^f^ erroäfint
mcrben, bie ganj in biä ®ebiet ber fati»
rifc&cn 51 Heg orte fetten: Le couronne-
mens Renart ift eine Satire gegen bie
33e ttelmö ni^e unb Renart le nouvel
eine foli^e ge^en bie iRittero rben.
5. fsengrimes not oon pcinrid^ bem
Glichezäre, Glichesaere, Glichsenaere, b. i.
bem ^iui)Ux, ®teiBner, einem (5!fa§ct.
Seine ^auptquctte ifi ein fcanjöftfc^eä Xier--
epo^, tai nic^t me^ir erfiaiten i)l, ftv-^ aber
in b;n fcanjöftf^en iHa.nen unö anbeten
Set^ältniffen überatt funbgiebt. DOttn Eann
jmölf 'Hbcnteuer ober '5tancf)en unter*
fi^eiDen; au^ ^iet richtet iii) bie Satire
ootnc^mtic^ 3^;^^" ben |>of unb ba-S Oeben.
'Bon 'i>tt utfptüngUd)en (Seflalt ftnb nur
33tuo^ilü(fe, Da^^ ®anje in cinn- liebet«
arbeitung tii 13. ^abtiiunbettÄ ermatten,
bie \>in 9iamen Reiahart Fachs ttii^t. —
"2lnbere Si^tungen biefet Jltt ^.tt bie
Sitteratut De^^ öeutf^en "J^ittelaltet^ nii^t
&ett)3tjebta:^t; jiatt bet Xicrfage pflegte
man auf b;utf^>m 333bcn t>ict me^r bie
lierfaDei, bie immetbtn au:^ üeteinjelte
3üge ber Sage in iii) aufita^-n.
43
670
Sjoji — Zip.
6. Reinaert, ein flämif(f)cö ©ebtc^t öon
ÜB il lern, auä ber jWciten ^älfte bcö
13. 3a^r()unbcrtö, meill nacfe ftanjcftfdjcn
Oueüen bearbeitet, ßwax in überlieferter
2Beife fatirifd) gemeint, ifi baä ©ebic^t
tod) rein epif^ gehalten. So ifi baö üor^
jüglic^fte SBerf unter aüen liercpcn unb
gehört übert)aupt ju ben be|ien bid)terifcf)cn
Srjeugniffen bcä ÜJiittelalterö. (So ent[)ält
bic 5lnElage beö $5"^ff^' ^i^ SBorlabung
beöfclben bur($ ben ©ären, ben Äater unb
ben SJac^si, feine Soäfprei^ung gegen . hai
©eliibbe einer (pilgerfa^irt unb feine Übet-
traten gegen ben |)afcn unb ben 2Bibber,
alfo iai, ttjaö ben 3n^<ilt beö erflen
18u(i)eö im SReinecte bilbet; ein 2Ibfc^tu§
mangelt. (5ine Iateinifcf)e 93earbcitung
bicfeö Reinaert in 2)ifti(i)en »on einem ge»
tt)if[en Baldwinus, Reynardus vulpes
«Durbe noc^ im 13. 2ciJ)tf)unber oerfaft unb
unb im 16. ju Utrecht gebrudt. Um 1300
erhielt ber Reinaert r>on einem unbefannten
jlaeming eine ^ortfe^ung, gteidbfati« auf
®runb(age franjöflfc^er >Dic^tungen; biefe
rt)iebert)olt in ftörenber 9Q8eifc ben älteren
Reinaert, bie 25crfammlung ber liere, bie
Ätage berfelben über ben %\xd)i, fein 6r=
fc^einen bci^ofe, feine lügenhafte Srjä^Iung
ton ben S($ä|en, itlleö nur breiter, ge»
Ief)rter, mit äfopifc^en ^Jabeln bur^fireut
unb fef)r flarf in^ fatirifcfi=bibaftifd^e, ja
in« atlegorifc^e gcjogen.
©er flämifd)e Reinaert in feiner ganjen
5tuöbcbnung njurbc nun bie Duelle ja^l^
reid^ er Überarbeitungen. 3nl^ 0 11 an b i fd) e r
*Ptofa erfcf)ien eine folc^c 1479 unb 1495,
auö beren SSerfürjung ein je^t nod^ in
^oUanb üielgelefeneö 3?oIföbud), Reinaert
de vos, f)eroorging; ebenbiefelbe erfc^ien
in engtif(icr (1481) unb in franjöftfcfcer
Übertragung 1566, bie le^tere al^ Regnier
le renard. Sieben ber Qluflbfung in f)o(Iän=
bifc^e $rofa gab eä aber t»om alten Reinaert
au^ eine Übcrfe^ung in tjolldnbifdie
Sßerfc, Pon beren 3)ru(f leiber bloö
7 ©lätter Dor^anbcn fmb; hai ©ebi^t
erfd)eint ^ier ^uerfi in Äapitel eingeteilt,
beren jebe^ mit einer oorauögefddicften
profaifd-,en Jn^altöangabc unb einer letjr«
|)aftcn iRu^annrenbung in (Profa »erfe^cn
ift. ®er 3?erfaffer unb Bearbeiter ^ief
Hinrek van Alkmer.
7. Reinke de vos, in nieberbeutf(i)et
Sprache juerji 1498 ju Sübef erfd^icnen,
Wa^rfcheinlid^ jumXcil ^eroorgctufcn burc^
bie ein ^ahx Dörfer ebenbafelbp erfcf)ienene
nicberbeutfc^e QtuägaBc x>on ©ebafiian
93rant'ö SRarrenfc^iff. 5Dicfer Reinke de
vos ifi bloä eine nicberbeutfc^c Überfc^ung
beö I)oDänbifc6en (Sebi($teö üon |)cinrid^
oan <}llfmar. S)ie 5iueigaben btefeä iBoIfä*
bu^eä jerfallen in jreei Älaffen; beren
erfie bietet ben Z(ict mit ber urfprünglicf)cn
©cftalt ber ®Ioffe, »o^in u. a. bie 5tugs
gaben »on Sübben, DIbenburg 1867, ^off*
mann Don i^aUtx^Ubin, Sreelau 1834
unb 1852, unb ©(gröber, ßeipjig 1872
(bie beiben legieren o'^ne bie ©(offen)
gefjören; bie smeitc klaffe beginnt mit
bem SRofiocfer S)rucf »on 1539, mo bie
früf)ere ©loffe burc^ eine tt»eitläufige neue
t)om protefiantifdEien ©tanbpunfte erfe^t
ift, S)ie au^erorbentUc^e Seltenheit ber
erfien 5luögabe rü^rt ba^er, ba§ fatf)oIif(^e
unb proteftantif(f)e ®eiftlict)e ba^ 93uc^
eifrig üerfotgten; man fe^te e^ fogar auf
ben 3nbef. Übertragen n^urbe enbltd) ha^
Sud) im ©erlaufe beö 16. unb 17. 3a^r=
bunbcrt§ in^ |)0^beutf^e, ^ranjöftf^je,
3)änifc^e, ©c5ft)ebifcf)e, 3äl(inbifif)e, (Sng^
Ufcf)e, ^otIänbifct)e, ßateinifc^c; biefe le^tere
Übertragung unter bem 2:itcl Speculam
vitae aulicae ftebenmal gebiucft. I>ie 93e=
arbeitung ©oet^e'^ erfc^ien 1794. ^olj«
fcf)nitte befa§ fct)on bie t)o[Iänbifd)e 5tuö=
arbeitung beä ^einric^ üon 5tlfmar, wie
fortan bie fpätern *}luägaben. (Eigentums
lic^ ifi babei bic ^eraIbif(^=t>erjogene 'J}knier,
in ber bie liere, für biefen 3"'^'^ "i^t
unpaffenb, gehalten ftnb.
Sjoft, m^b. bie unb ber tjoste, tjust,
joste, schuste, u. bgl., auö mittelfranj.
jonste üon lat. juxta, ifi ber ritterlidf)e
3tt)cifampf mit bem Speere, gegenüber bem
Su^urt ober iReif)enfampf. £>er Speer
■;i leim Ijoji abgejiumpft unb fiatt bet
Spi^e mit einer fla(^en, etwaä gejacften
*i?latte, bem kroenlin, oerfe^cn. SRitter wie
iRo^ maren gepanzert, fprengten im ®aIopp
an unb jiürmten bann mit ner^ängten
3ügeln auf einanber to3. 3^^^" cerfuc^tc
mit ber eingelegten ßanje ben ®egncr ju
treffen, mit bem @(^ilbe ben €to§ ju
pariren. 2)a^ Qlufeinanbcrpraüen ber
Kämpfer fieift af)t. puneiz. Iraf ber
Speer ben ®egner rid^tig, fo würbe berfelbe
entrocber au« bem Sattel gehoben, ober
bie 8anje jerfplitterte an bem rid)tig parte«
renben Si^ilbc, fo i>a^ bie Stücfe, tranzüne,
umi)erflogen. Sd^ul^, pfifc^eö ßcben,
II, S. 107. Sgl. Su^urt unb Surnier.
2!i|j, Sippe, fpi^e^ (Snbe ber SOiantel«
fapujc, tai burd^ ©inlagen oon ^if«^^"«
ober !pappe nac^ com gebogen wirb unb
kornartig über bie Stirne Ijercorragt. 2)ie
lippe, %\p'^tüh, lipsJ^oife, war befonbet*
zm -
im 9?icbcrfad^fen im 16. unb ju Qlnfang
fceö 17. 3i'£)if)wn^fttg beliebt.
2;{ft$. 2^er SRame Ii[d) \\i auö gricc^.s
lat. discas = 2Buvf«, (S^fdjeibe, Jcfler
enlle^nt, eine 93cbeutung , bic bag 2Bort
in norbcjerraanifc^en SOJunbatten lange bei=
behielt; bcr ecf)tbcutfc^c D^ame beö ©cräteä
ifi got. biuds, ai)"!}. piot, biet, urfprüng«
lirf) Dpfertifd), »on bieten = barlegen.
I)ie ©crmanen unb ©fanbinauier Ratten
fe^r mafftfe Speifeti[d)c auf t>iec jlavfen
$fofien, ober auf einem fügebocfartigcn,
gefreuäten Oej^etl, wie fotc^e bitrc^ i>a^
ganje iOJittelalter üor^errfd^en. S)ie großen
pietecfigen lifi^e würben bei ber TM)U
jeit gewöhnlich mit einem 2;ifd)tuc^ be*
bcdt. I)aneben ^atte man fleine runbe,
aucf) {)albrunbe unb ooale 2;ifrf)e. 3« '(»ai
SReid^ ber ilJJäriijcn wirb eä ju rechnen [ein,
wenn SRoberi^ üon Solebo melbet, la^
bie 5iraber im (Sd)a^ ber SBeftgoten
bei ber ©roberung ©panienä einen großen
Sifc^ üon Smaragb ober ®Iaöf[u§ t>orge=
funben, ber überbieö mit brei Oteibcn perlen
bcfe^t mar unb auf 365 golbtien '\^ü^in
ftanb, fo ha^ beffen SBert 500 000 ©olb»
ftücfe betrug. 5tud^ Äarl ber (Svo^c foH
brei ftiberne unb einen golbenen Zi^ä)
bintcriaffen baben, beren einer auf ber
^platte ben eingegrabenen Stabtplan üon
Äonftantinopel, ein jweiter hk 2Inricf)t »on
SRom unb ein britter bie ^^immeläfartc
jcigte. SDen golbenen Z\\<i) [c^enfte er ber
$cteröfircf)e in SRom mit einigen $runf=
gefäpen. Äarl felbjt mu^ fülc^e Äoftbar=
feiten »on au^cn ebenfalls ge[(i)enf^rtieife
erhalten ^aben, fo befonberö pon Spjanj,
bcnn bie beutf^c Äunfi lag noc^ ju febt
in ibrcn 5lnfängen ia, ali baß fu fol^e
ÜJJcipermeife aufjumeifen im Staube mar.
S)en vorerwähnten golbenen Üifc^ ^ält man
r^ieüeic^t nict)t mit Unrecbt für eine füb*
franjöfifcf)e Qirbeit eine^ SDJciflerä auö ber
gc^ule beö heiligen (äligiu^. Son Otto III.
wirb tabelnb ermähnt, ia^ er — entgegen
berbeutfdhcn'yrt — allein an einer f leinen,
balbrunben 2afel fpeifie. 3m 13. 3a^r»
bunbert erhielten bie hölzernen Jifdbe
Sargen, eine erp^te Einrahmung, mohl
aud) fchon ©chublabe, fc^räg^ehenbe
Seine, bie behufä ©rjielung einer größeren
©oUbität unb jur SequemUchfeit mit ^u^--
ftangen üerfef)en mürben. S)ie2;ifd)e mürben
übrigen« oft oon Steinplatten gemacf)t unb
auf ©tein gcjlü|t.
3n ber früheren Oflenaiffancejeit fieüte
man bic gebretihfcitcn unb mit großen
iinäufen »erfehenen Seine mieber meiji
Tortur.
671
I lotrecht unb oerbanb fic in i^ter unteren
^älfte burrf) einen .Rreujfleg.
Xitnxä hei^t ein, bloö \n jwei Srucf)^
ftücfen erhaltenes, unnoUenbet gebliebene^
3ugenbmerE Sßolframä ron (Sfchenbach.
S)a«felbe ift ftarf Ii^rifcf) gehalten unb \n
einer eigen« baju gebicf)teten, bcr Äubrun^
ftrop^e nadhgebidhteten Strophe erhalten.
I)a« ®ebicht gehört wie ber '^arjiüal ber
©ralfage an unb bilbet eine 5Ut 23orge=
fchichte beö größeren fflerfeö. 3n ben beibcn
Srud)jlücfen fmb bie fchönfien Partien
herausgegriffen unb behanbclt, unb jwar ftnb
im erften 33ruchjlücfe, bic feimenbc ßiebe
© d) i 0 n a t u l a n b c r ö , nad) bem eigentlich
bai ganje Oebicht genannt fein foUte, ju
Sigune, bann ber lob ®ahmuretö, bee
©rjieher« non ©chionatulanbcr unb be«
le^tern Älage um ihn behanbclt, im smciten
93rud)fiücfebie*)lbenteuer, meld)c bieSBieber«
erlangung eine« fo|lbaren, verloren gc*
gangenen 93radenfeile« bcjmeden. S)iefe
!8rud)ftücfe, bie in ben legten ^a\)Xix\ be«
12. 3c»hi^hunbert§ gebict)iet fein mögen, t)at
50 3ahtena(^h«!t*^llbred)t oon Scharfen«
berg, ein bairifd)er Ütitter, ju einem gro§en
unb langweiligen ©poe aufgearbeitet, hai
bcr jüngere Siturel h^iBt. ÜDasfclbe
war im 5J{ittelalter fajl berühmter al« ber
*Parjiüal, ijl aber ein abgefd)madt gelehrte«
li)iad)werf mit einer ftarfen Hinneigung
jum römifch=fird)licf)en *Partci|ianbpunft.
Sie^c Sartfc^ in ber (Einleitung ju
SZBolfram'« ^arjioal unb Siturel, 2eip=
äig 1570.
S^ortur. 2)icfelbc ftammt au« bem
römifd)cn 9ied)te, wo fie anfangs nur
gegen Sflaocn, wenn fic^ ber ^err für
feine Unf^ulb auf ihr 3fugniö berief,
fpäter aud) gegen ^reic unb jwar äuerfi beim
*j)jajejiät0Derbre(^en , allmäl)lid) aber aud)
bei anbern fd)wcren iBergehen angcwenbet
würbe. 3" ben alten beutf^en SBolf«^
rechten fommt bie Sortur blo« gegen
Sftaoen ror, ocrfd)Winbet bann aber wie*
ber; unb hüi eigentlid)e SWittclalter fennt
al« SWittel be« SBeweißiicrfahren« bloä
ben 9^cinigung«eib, bie 6ibe«helfer
unb tM ®otte«urteil. Srft im 15.
3ahr^unbert trat in ÜDeutfc^lanb eine
wefentliche 5lcnbcrung im ©erfahren unb
a3ewci«ft)ftem ein. S)ie ®crid)te fingen
an, jum 2eil ouf faiferlid)e ^prinilcgien
geflutt unb nadh bem 33organge bcr
geiftlidhen ©eridhte, Qlüe« öom ®e|iänb =
niffc ber ülngcfchulbigtcn oB^ängig gu
machen, wcldhc« man nun auf alle SBeife
herbcijufü^ren fud)t. 911« Mittel ^ierju
43*
672
JotenElcib.
ttjurbe, »iebcr nac^ bem SSotgange ber
geifllic^en ©cric^tc unb bet itoUenifc^en
^rayiö unb Doftrinjur poltet gegriffen,
»el^e nun na* unb na<^ burc^ ßanbeö»
gefe^e unb im 16. 3a^t)iiunbett burci^ bie
^eii^ögefe^gebung befiätigt mürbe; axxä)
iai Sffiort 5"'*«^ flammt auö Stauen,
Wo im mitteUateinifc^en pöledrtis, pöletrns,
con grie^. pölos = g^üllen, ein SÜJarter«
rt»crfjeug bejei^net, i>ai ein Oefleü mit
öier %n^m nac^ ber Qtrt einc^ ^ferb*
c^cnö barfieüt. (Srforbcrnip jur 5ln«
menbung ber poltet tt»aren: ba§ hjeber
bur^ ©cfianbniö nod^ burc^ Seweig bie
fIBaf)rt)eit bereite entbecft toorbcn fei ober
in ber ^olge cntbedt werben fönne; ba§
bie 33efd5ulbigung in einem firmeren Ser«
bre($en befiele; ta^ iai Corpus delicti
eon bemjcnigcn 25erbre(^en, über Voeld^eä
bie ^olter erfannt »rerben foHte, berichtiget
fei; ta^ tniber ben ju ^yolternben ttii(j)tige
iUnjeigen Dor£)anben feien, bie einen ftar-
fen Sßerbad)t grünbeten unb ia^ ber 23 er«
bre^er bie J^otter auäjui)Qltcn fätjig unb
nicf)t gegen biefelbe priüilegiert fei; prioi-
legiert maren aber bo^c Otbclö« unb ©e*
ric^tsperfonen, fürjllid^c SRäte unb ©oI«
baten. Sie geölter njurbc auf üerfüebenc
©rabe erfannt, bie aber nic^t überall
gleici rcaren; meifi natim man i^rer brei
an. ©er erjie ober geringfte ®rab
tttar tai Schnüren, toobei bem 5tngc*
flagten bie ^änbc an ben ©elenfen bis
auf bie Änoc^en mit Seilen ftarf jufam»
mengefc^nürt unb auf ben SRücfen gebun»
ben würben ; an anbern Drten befianb
ber crfte ®rab in ben ©a umcnfc^r au«
ben ober 2)aumenfiöcf cn, wobei bem
Snquifitcn bie S)aumen beiber $änbc üu=
fammengeprc^t würben; noc^ ananbernCr-
ten getiörten bie ©pani fc^en Stiefeln
ober S ein f(^ rauben jum erjlen ®rabe,
woburc^ bie 2ßaben unb (Schienbeine beö
Snquifiten gcquetfc^t würben. 2)er
j weite ®rab befianb, nac^ bem fää)ft-
f(^en (Red)te, barin, ha^ ber 5tngcflagte
auf bie Seit er gebogen, ifim bie @pani=
fd)en Stiefeln angelegt, hierauf feine
©lieber auf ber ßeiter auögebetint unb
au^cinanbergejogen würben, welcf)er ®rab
nun nodf) baburc^ »erme^rt Warb , i>a^
man baö Seil einige IDJale anjog, ober
bem unten loögebunbcnen ^nfluiftten einige
©ewic^te toon Stein ober ©ifen an bie
%n^t gelängt würben, unb bann an baö
Seil gefcblagen ober i^m an bie fpani«
f(^en Stiefeln geflopft würbe ; ober man
bewarf ben 5tngeflagten mit «S (^ W efel«
faben. 9tn anbern Drten befianb ber
jweite ®rab aOein barin, baf ber ^Inge*
flagte mit auf ben {Rüden gebunbenen
Rauben aufgewogen unb eine 3«itlö"9
I)ängen gelaffen würbe. Sffienn enbli^
ber b r i 1 1 e ® r a b ber go^^er erfannt
würbe, fo Warb, nac^ fäc^fifd)em Steckte,
ber auf ber Seiter aufgefpannte ßeib be#
Qlngeflagten nodE) Weiter gepeinigt, inbera
man l^eberfiele in jerlaffenen @d)Wefel
eintaud^te unb angcjünbet bem auf ber
ßeiter liegenben SiKluipt^n auf ben ßeib
warf, ober baoon gema(^te ^flafier anjün»
bete unb auf ben ßeib flebte, ober einen
Änaul oon einem eine ^albe GHe langem
^olje mit ^anf umwunben, in jerlaffencö
^td) eintauchte, mit ^anf wieber um*
Wicfelte, Wieberum eintaud)te , biä ber
Änaul bie ©rö§e einer ^au^ erhielt, ben
man f)ernac^ anjünbete unb bem Sni^ui*
ftten auf ben blo§en ßeib warf, jebocö
auf feine eblen leile; ober Wenn man
i^m fpi^ gemachte Äienpljcr unter bie
yid%d f(^Iug unb anjünbete. 5ln einigen
Drten befianb ber britte ©rab aüein ia»
rin, ta^ mit bem 5lufjie^en bc« Snquiftten
tai S(ä)lagen an bie Seile ober tai Qln«
t)ängen oon ©ewid^ten oerbunben warb.
3n wandten beutfd)en ßanben waren un«
ter ben oben angefübrten brei ®rabcn
auc^ noc^ anbcre 5lrtcn unb Söerfjeuge
jur %oÜn cingefülirt, al^ iai Sam*
bergifc^e Snjii^ui"«"!/ ^^"^ fpanifc^e
iSocf ober iai ÜJleflenburgif ä)e 3"*
firument, bie ©panifc^e Äappe, ber
SDänifd)e SDtantel, bie ©nglifcbe
Jungfrau, ber gefpidte ^afe, bie
^euertortur, ber Sc^wi^fafien, tai
^iebeln mit bem (Riemen :c. S^^^*
reicf) waren bie 95orfcf)riften über 2)auer,
5lrt, Sfefution, SBicberliolung ber JJoltcr,
unb il)re p§li(i)fie unb fdjrecflid^fie 5ln«
wenbung fanb fte in ben ^ejenpro»
jeffen, fte^c ben befonbern 2lrt. 9iac^»
bem fcC)on im 16. Ja^r^unbert einige
Stimmen ftc^ gegen bie geölter erhoben
f)atten, fiel fte enblic^ im 18. ber 3luf*
flärung jum »erbienten Dpfer; namentlid^
5lt;omaftu8, Seccaria, S3oltaire, Sonnen*
fel^ unb 3u1iu^ 9Röfer Ratten ftd^ gegen
fte auögefprod)en. griebridt) b. ©r. fdiaffte
fte äuerft ab, 1740 unb 1754; bann folgte
S)anemarf 1770, Deficrreic^ 1784 unb 87,
granfreic^ 1789.
S^otenllcib, SEotenbemb. 3lac^ l^cibnifd^em
SSraudö würben im früheren SWittelalter bie
ßeid^en möglidbfi prunfooü beerbigt, Arie*
ger in il)rem SBaffenfd^mude, SBürbcnträ*
lotcnleuc^tet — lotentanj.
673
gcr in i^rcm 9lmtgornat. S)ie (f)rif!licf)e
kixä)i eiferte bagegen unb toer^ie§ Söerfür«
jung ber Sußjeit im ^«öcfeuer, njcnn 25et»
^otbene ftd) im Suffleib beerbigen laffen.
©0 würbe auü bem langen Su^EIeib tai
übliche ©terbcfleib, mciP »on weiter ßetn«
wanb gema(i)t unb mit fc^njarjcm Sßcfa^
»eiferen.
3n ber fRcnaiffanceicit tarn eS für
furje I)auer in 9tbnaf)me, er^ob fic^ aber
im 17. 3a^r^unbert ju noc^ allgemeinerem
Oebraud).
tottaUuäfttt , Äircb^ofölaternen, Qlrm»
feelenltdt)ter, 8id)tf;äuöd^en, 8i(^t[äulen was
Ten fc^on früt) im ©ebraucf). ^cibnifc^er
Ißolfäglaubc ttiar eä, t>ermittelfi eineö
Seud)terä bie böfen Oeijler com ©rabe ber
©einigen fcrnju|)alten. ®o erl)iclt anfängt
li^ jebeö ®rab fein befonbercö Cämpi^en,
Vüenigflenö baöjcnige eine^ ^eiligen ober
eineä ^oc^gefieüten überl)aupt. 5(uö biefer
©itte cntfprang bic »eitere, entweber auf
bem ©otteöadcr felbfi auf einer me^r
ober minber feo^cn ©äule ober bann in
einem crferartigcn Sid)tt)äu0c^cn [an ber
anfiofcnben ■Rird)enmauer ein etnige^ ßi(^t
ju unter{)alten, rt)ot>on bic crfic freiere
SWelbung auf tai 12. 3af)rl)unbert jurücf*
roeift. 3" 2)eutfd)Ianb fmb einige Soten*
leud^tcr auö bem 13. — 16. 3al)rt)unbert
erhalten, j. S. in ®cf)uIpforta, SRegensburg,
ÄloPerncuburg, ber le^terc (com ^a])xc
1381) 9m {)od) unb mitSReliefä ani bcrqßaf^
fton^gef(i)id)te gefd)mücft. Qtn ber ®äule
if! oft aud^ eine effenartige SScrticfung, ein
fleincr ^erb, in ttielc^em aU *}lrmfcclcnli(i)t
2ßeiI)t)oIä (aBciben- unb SZÖac{)l)olbcrjtt)eige,
am^almfonntag gcttteil)t) oerbranntrourbe.
Ob biefe^ an mandjen Orten hai eigent*
licf)e unb cinjigc 3;otcnticf)t mar, ober ob
baneben eine eftiige ßampc brannte, fann
genau nicf)t ermittelt merben. 3" i^ranf«
Tcict) t)aben einige lotenleuc^ter au§en ^erum
eine SBenbeltreppc, über bie man jum So»
tenli(^t emporf!eigen fonnte; in S)cutfd)5
lanb ftnb feine fold)e erl)alten geblieben.
2'Dtentanj. Unter bic ^umorifiif(ä)=atIeä
gorifct)en Sieblingeftguren beö auege^enben
ikittelalterö jät)lt näc^fl bem DIaircn unb
bem Jeufel ncimcntlid) ber Sob. ©ci)on
frü^ War bie *Perfonifijierung beö Sobcö
uid^tö ungcn)ö:^nli(^eö : man fielltc i|)n,
einem biblifc^cn Silbe folgenb , bar ali
5t der mann, ber ben ©arten beö Sebcnä
jätet unb bie Slumen brid^t, ber über
baö 6d)la(^tfelb fc^reitet unb eö mit Slut
büngt, mit 8d)mertcrn furd)t unb mit
ßciä)en anfät; ober at^ ^önig, ber burd)
bie ßanbe fafjrenb feine ^cerfd)aren, bie
(Sterbenben, fammelt, ber feinen gcinbcn,
ben iDlenff^cn, Ärieg anfünbigt, gewappnet
au§jief)t unb fie gefangen nimmt, ber fte
in fein gajiUdjcä ^au^ ober aU SRic^ter
t>ot feinen ®erid)töfiu]t)l labet; Äranft)eiten
ftnb feine S3oten, Sweifdmpfc unb ©d)la^s
ten feine ^rojeffe. ®eit bem 14. ^a^X'
^unbert nimmt man bie Silber bee lobe*
mit SBorliebe aus bem niebern itütagöleben
nennt ben Äampf ein 33eid)te^örcn, ein 2lb=
la^ unb ®egen«Srte(len, ben Job ein ^eicr*
abcnb maä)m, ober man fe^te ben £ob anö
(S(^a(^brett, )x>o er ben Figuren besfelben,
al^ *Päpfien, Äaifern, Königen, 'Bii)ai) unb
SWatt bietet, ober man backte ftd), ber Sob
gebe ben 9JJenf($en ein ©aflma^l, einen
Srunf, mit SWufif unb Sana, überl^aupt
einen Sanj, ju meld)em ber lob ben SÜRen*
fd^en auffpiele. 2)iefer muftäirenbc unb mit
ben Sü?enfd)en baton tan^cnbe Job mürbe
nun im Seginn beä 14. 3a^vt)unberte jum
®egenflanbbramatif^erS)ic^tung
unb ©c^auftetlung gemad)t, fo^mar, ba|
ber Job eine SReilje r>on SDUnfd)en Derfc^ie*
bener 3lrt unb ©tdnbe mufijirenb unb tan«
jenb entfül)rte, mobei ftd) ber 2)ialog auf
furje 2öortc unb ©egenmorte befd)ranfte;
ot)nc S^^cifel fmb fold^c Spiele conSeip^
lid)cn aufgeführt morben; ani ^axii ift
eine bcrartigc Qluffü[)rung ani bem 3al)tc
1424 befannt. 3" 5'^^^"^'^«'^ begann man
aud) an bemfelben Ort, tüo man bie Zo'
tentänjc ju fpielen pflegte, auf bic SWauer
beö Äir(feI)ofö bie Silber be^ Sanjec ju
malen. S)aöfelbe g,efd)at) in ®cutf(^lanb,
unb ämar ifi baö ciltefle Seifpiel ein ®e=
mälbe in ber 5D'Jatienfird)e ju ßübcd; eö
meift, gleid) bem alten «Spiele, blog 24
!)3crfoncn auf, unb smar ?5apft, Äaifer,
^aifcrin, Äarbinal, Äönig, Sifdbof, ^erjog,
Qlbt, IRitter, Äartt)äufer, Sürgermeifier,
SDomljcrr, ©belmann, Qlrit, Sßuc^erer, Äa«
pet(an,5lmtmann,ÄüPer, Kaufmann, Älaus=
ner, Sauer, 3üngling, 3ungfrau unb ^inb.
SDiefe tanjen in langer SRelöe, je eine 2;o=
beögefialt unb eine menfc^li^c nebenein-
anbcr, alfo einen Dt ei gen; ber Job ijl
bier nirgcnbö ein gänjlicfc entftcifditeö ©e-
rippe, mel(^eö er im 16. 3iil)vl)unbert mirb,
fonbern nur eine eingefallene jufammen=
gefd)rumpfte ßeid^e, ein vielfältig um ben
Seib fid) fc^lingenbeö unb it)n großenteils
fcrbedenbee ©rabtud) tragenb; ber le^tc
Sob beö ßübcdcr Jotcntanje« fü^rt, ^n
Erinnerung an jenen Qldermann, ben Sd)nit=
ter Job, eine Senfe, ©er Sübeder Joten*
tanj mar lange ein !Rul)m ber Stabt unb
674
Zxad^t.
nmtdtt vielerlei 9iac^a^mung. SDie dU
teflen oberlicutfcf)en Sotcntän,« finb in
Süc^et^anbf(f)iiftcn ober in -^joIj;
fd)nittcn erhalten; fte unterfcf)eiben ftc^
fon bcr nicbcrbeutfc^en ©ruppc butci) eine
ctftiaö anbere 21ustt)ci{)I ber *Per[onen, bann
baburcf), baB eine fur^e, einem (frebiger
in ben [OJunb gelegte gereimte ißermaf)nung
üorous unb nad) ge{)t, unb ia^ enblit^
bic Silber ben ^ufammenbängenben Dleigen
ineinjelnelanjgruppen auflöet. ®o;
wof)! üon ber öübecfer alö loon bcr foebcn
genannten ^oljf^nittj^Jujfaffung ablningig
iji ber Sotentan; im ißaöler Jllins
gcntbal, einem grauenflofter bes 2)omi=
nifaner = Drben^; er nimmt bie (Perfonen
ber beiben genannten ©ruppen äufammcn
unb fermebrt fie bur* einige neue bie ju
39; bcr 2;anj ifi ebenfaüö in lauter ein»
acinc $aare aufgelöft.
3n ben genannten ©cmälben n^aren bie
Silber ben Jßorten untergeorbnct, biefc i>ai
ältere, jene tai fpatere, baraus abgeleitete
SIement; feit man tai Spiet bc3 eigent»
liefen Jotentanjeö nirf)t mebr aufführte,
anberte fid) baö Sßerbältnis, unb bie Sil-
ber ttiurben jur |)auptfQd)e, bie 2öcrte tra«
tcn jurücf ; bie Silber «anberten jc^t ron
Ort ju Drt, »abrenb bie Scrfe ficf) ''anbcr-
ten ober ganj Berfcf)»anben. 2)Jufter für
üüefputern Jotentänje blieb berÄlingen«
tbaler fon Safel, ber juerfi in einem
Sotentanj be^ Saeler (Prebigerfloflers
nac^geabmt, fünftleiifct) aber Don ibm
übertroffen murbc. ßrft biefer „Job von
Safel" nmxhi taii aufgefu(^te SSabtjeid)en
ber €tabt unb ein €pri(^mort bes SoI«
feö unb tas näbere Sorbilb aller folgen»
ben SarficUungen, fo in bcn^rebiger»
flöfiern ju Strasburg unb juSern,
bie Ic^tere fon SRifolauö DJJanuel,
tt>elcf)er SO^aler, 2)id)ter, Staatsmann ju=
gleicf) mar unb feine geniale ßaune in ben
t'inien unb Serfen feines Jotentanje« gteid}
ojigineli fpielen ju laffen feriJanb, @o
ift ber Saelerlob aucb SeranUiffung gemor»
ben ju ben ^ 0 1 3 f c^ n i 1 1 e n ^ 0 1 b e i n ö , bie
alö Im ag Ines mortis feit 1530 erf(i)ie-
nen. ^ier finb nun eine beliebige 3«f)i
ton ^^erfoncn ju einer ©ruppe r>ereinigt
unb alö gefd)loffenc Silber fomponiert,
auc^ ift bcr San^ aufgegeben unb ber Job
fd)reitet unb greift fonfi mie auf bie jebeö»
mal angemeffcne SBeife in tai jreiben bcr
SDJcnfcfccn binein. (Srfi ^ia ifl aud) ber Job
alä üollfommcneö ©crippe aufgefaßt. 2)ie
beigcgcbcncn Scrfe V)erfagle lütxfi auf gran=
äöfifd) 6 0 r r 0 r c t, bann, fte übetfeg.enb,
auf 8ateinif(^ ©eorgiuä ^UemiliuS.
S)a§$olbein aud) benöro^baelerJotcntanj
gemalt babi, mar eine grunblofe ©age.
iffi a der n a g cl, !l. ®d)riften, I, 302—375.
Sgl. 3. e. SBeffelp, bie ©cfialtcn bcä
Jobeä unb beö jcufdö in bcr barjietten«
ben Äunft. ..fieipjig 1876.
!J'racl)t. Über bie Äleibungäart ber alten
©crmanen unb ibrer €tammoermanbten
ftnb mir burd) bic SRömer genau unter»
ricbtet. (Siebe Jacituä ©ermania 17.)
Spärli(i flieien bie Duellen bcr folgen»
ben 2abrf)unbertc bis auf Äarl b. ©. Zi^aU
fac^e ift, bap bie an bie römifcben ??ro»
rinjen angren§enben Solfsftämme fc^on
früb ficb 'ri Sitten unb ©ebräud)en, fo
aucb in ibrem duBcrcn Qluftrctcn, in ber
jllcibung becinfluffen liefen. (Eö gef^a^
hai aber nic^t mit cincmmal unb nicbt
an allen Crtcn su g!cid)er 3«^^ unb in
gleid)er SSeifc. Std)er ifi aber, ha^ bic
altgcrmanifd)e (Sinfacbbeit na^ unb nac^
b;m Tömifien ^runfe reid), über bic 2lrt
unb ÜBeifc bes Sfficid)ens bcr einen unb
bes 55ortfd)reitens bcr anberen fmb feine
beftimmtcn 5lnl)altspun!te »orbanben.
2Benn einzelne 9]ad)rtd)tcn ton cinemQJrunfc
rcbcn, ber ben römifd)en übertrifft, fo ftnb
bas entmebcr Sagen ober baben jum min»
beficn nur auf bie böc^jigeftctltcn qSerfonen,
auf Könige unb Sifd)öfe Sejug; miibrcnb
man mit Sid^crbeit annebmen barf, ta^
hai gemeine SolE nod) 3abrbunt)erte lang
ben Sitten ber Sätcr in Sejug auf Äleibung
treu blieb, mas ihre eebensrccife überbaupt
fd)on mebr ober meniger bebingte. 5in
lanbmirtfcbafitreibcnbcs Sägeroolf fann
ftd) faum in Seibe unb Sammet f leiben;
es mitb äu ben gellen greifen, bie nicbt
nur näber bei ber $anb fmb unb felbfi
jubereitct merbcn !önnen, fonbern 1>u aud)
beffer fd)üt.cn unb langer bauern.
SLerfrübefte Serid)tcrftatter über bieÄlei»
bung bcr ^raufen ifi Sibonius ^Ipolli»
naris, ber um bie SDJitte bes fünften ^al)X'
bunberts fc^ricb: „SSatlcnb unb blonb ifi
hai^ ^aax ber Jianfen, blau ibr 5tuge; ibje
großen unb ftarfen ©lieber umfd)iicBt ein
enganliegenbesÄleib; fid)tbar (uodt) ifi tai
änk, um ben Scib tragen fic einen ©urt;
mit ibren Streitäften bauen fie »eit; ben
S^ilb ju binbbabcn ifi ibnen Spul, bcm
SBurffpecr fommt felbfi ibr 5lngrin jucor;
fcfeon in ber Äinbbeit ifi Ärieg ibre grcubc;
übermannt fenncn fte feine gurd)t, i^r
lüfut bauert über tai ßcbcn fiinauß".
©a^ aber aucb in ber ÜUeropingerjeit
ber *}lufmanb bei fürfilidicn *Perfonen fc^on
Zxaä)t.
675
gro^ gcwefcn fein mu§, ge^t aui »crs
fcf)iet)cncn iJJacbticfjten ^eroor. Ulad^ bem
lobe beö iüngflen @o{)ncö (S^ilperic^ä
Iie§ grebegunbe, bic SWutter, auö iöetrüb»
niä fämmtlict)e Äleiber, „bic fcibenen unb
bie f on anbeten Stoffen", foft)iebie6cf)mud=
fachen »erbrennen unb brau(f)te jum ^oxU
fAaffen berfelbcn ficr Äarrcn. 2)ad ®oIb
unb Silber Iie§ fte fcf)meljen unb tf)Qt eä
bei Seite, „bamit ni(i)t« in feinet alten
©efiatt f erbliebe, wai tl)r bie Irauer jurücf^
riefe". Unb aU ebenbicfelbe bie 21uö=
flattung it)rer locfetcr SRiguntfie beforgte,
„fügte fte ju ben nnmtjaften ^(i)ä^m, ftield)e
6.1)ilperici) baju ^ergab, eine unermeßliche
2J?engc ®oIb, Silber unb Äleibungäfiüde
l^inju, fo tai ber Äbnig, als er bieö fa|),
rcrmeinte, er behalte nid^te übrig. S)a nun
bic .fibnigin ibn jornig anbticfte, nmnbte
fie ficf) ju ben ^lanfen unb fprad): „©laubt
ni(i)t, !D?ännet, 'i>a^ xii »on bem aüem
irgenb ttwai aui ben Scf)a^fammern ber
früberen Könige genommen babe; aües,
ttiaö ibr Ijier erfd^auet, ifl oon meinem
(Sigentum. So gro§ aber tvax bie SDienge
ber Sad)en, ia'p fünfjig ßoftwagen erforbert
tüurben, um hai ®oIb, Silber unb aüe
bie übrigen Sd^mucfgegenfidnbc fortju^
fd)affen". Ueber ben Schnitt bicfer bleibet
ift nid)te fr($ere^ befannt.
Seffer unterriditet finb mir über bie
2ra^t ber Karolinger. T>ur(^ baß auö«
gefproc^ene, lebenSf rdftige 2)eutfd)tum Äarlä
b. ®. mitb ber Sujuä ton bem .^ofe unb
bamit au« ben oberen Stänbcn miebcr
perbrängt unb fommt bie fränfifc^e
Srac^t ju if)rer (Entfaltung. Äarl felbfi
bebiente fic^ berfelben. Ueber fein 5luftreten
fagtßinbarb, fein SBiograp^: „Set .Raifer
ißarl fleibetc fid) nad) üaterlänbifc^cm,
ftänfifd)em 33raud). 5luf bem £eib trug
er ein linnenee ^erab unb ebenfaOä linnene
Unterf;ofen , barübcr ein mit feibenen
Streifen nerbrämteö ffiamä unb ißein*
fleiber; fobann bebecfte er bie Seine mit
Sinben unb bie ^^ße mit Sd)u^en. 3Jur
im SBinter bebiente er [xä) jum Sc^u^ ber
©d)ultcrn unb ber Sruji noc^ eineö eigenen,
ous Seet}unb0fe(l unb 3c"tielpelj nerfertigten
IRoct«; aud) trug er einen meergrünen
ÜJJantel unb beftänbig iai Sd)mert an ber
Seite, bcffen ^anbgriff unb @ef)enf fon
®oIb ober Silber gearbeitet hjaren. SDiit^
unter jebod), fo namentlich bei gefilid)»
feiten ober n^enn bie ®efanbtfd)aften frember
S3öl!er cor i^m erfdjienen, fü{)rte er auc^
ein nocf) reicher mit ®olb unb Sbelfieinen
»erjicrtcö S(^tt)ert. ^tuölanbif^ie Zxaä)t
aber »ie« et jurüd, mochte fte auc^ no^
fo prunfenb fein, unb Iie§ fxcf) foIcf)e nie*
malö anlegen, nur ausgenommen smeimal
ju SRom, mo er einmal auf 2ßunfcf) be^
*Papfieö ^abrian unb ein anbermal auf bie
Sitte t)on beffen iJladjfolger 8eo bie lange
Junifa, bie Chlamys unb römifd^e Sc^ul)e
anjog. Sinjig bei fepiid)en 93orfommniffen
erfcfjien er in golbburd)roirftem Ätcibe unb
Sc^u^en mit Sbelfieinen befc^t, ben ÜRantel
burc^ eine golbene ^afenfpange äufammens
gef)alten unb auf bem Raupte ein 2)iabem
tion ®olb mit ©belfieinen gefcf)müdt.
2ln anberen gemö^nlic^en Sagen inbed
unterfd)ieb ftc^ feine Äleibung nur menig
t>on ber gemeinen 33olf*trac^t". Qluä einet
SDJitteilung in ben „Sorfi^er ^al)xbüä)ax{"
betreffenb bie Söegräbnisfeierlid^feit beö*
felben Äaiferä iji erftc^tlii^, M^ er „^eimlid^
auc^ unausgcfe^t ein l)ärneö ®emanb auf
blofem Scibe getragen bat". 2)ie bleibet
ttiuiben »on ben ^tauen felber gemacht,
fogar am ^ofe bee Äaiferö, in ben foge=
nannten grauen^äufern. Die Kaiferin unb
if)re Jüdjter „befd)dftigten ftd) mit Spinbel,
Spinnrocfen unbSBoüenarbeit, bamttle^tere
nid)t in Jrägbeit ücrfielcn unb ftd) an
SDtüßiggang gett)öl)nten". ^wax tonnte ti
nidit fehlen, ta^ bei bem lebhaften Set«
feljt mit ben ausmärtigen -^söfen, fomie
angcftc^tg ber tjielen fofibartn ©ef^enfe,
bie Äarl bon Sijjanj unb fogat bon 'J!etficn
\)tx etbielt, mandl) fofilid)eö Stücf in ben ^of=
fd^al tam, tai namentlich ben gr^iuen in
bie 5lugen ftad) unb fie menigftcnö cet-
anla§te, felbige nac^juabmen. Unb in ber
Jbat f etmanbte man am $ofe gto§e Sotg-
falt auf ^anbatbeiten aus bem Stidetei*
fac^. 2ßie grünblic^ aber ber .Kaifer feinen
|)ofleuten bie @ier nad) föfilict)em (Pelj-
merfen terleibete, er;äl)lt bie belannte
5lnetbote t>on bem ju Sßaffer geworbenen
3agbiicrgnügen. Ueber|)aupt mar Äarl ein
auögefprocfjener ^einb ber fremben Xra(^ten,
voai fd)on auä feinen Älcibetotbnun«
gen ert)ellt. Siel)e ben befonbctn Qlrtifcl.
5luf bie Qtit Submig beö 5Deutfc^en
bat Sejug, rtiae bet „!i)iönc^ oon St.
®atlen" oon ftänfifd)et Stacht betteltet,
menn et fagt: „5Die Stad^t bet alten
gtanfcn beflanb in Scbu^en, außen mit
mit ®olb gcfi^müdt, nebfi brei Stlen langen
Schnüren, fd)arlac^nen 33inben um bie
ißeine unb barunter aui linnenen ebcnfo
gefärbten ^ofcn, aber mit funfireid^er2lrbeit
9efd)müdt. Über biefe unb bie Sinben
erjirecjfen ftd^ in freujraeifer Jöinbung, innen
unb außen, »otn unb hinten, jene langen
676
Ita^t.
8d^nütl)änber. ^arn ein ^tmt ton ©lanj^
feineironb, unb laiüber ein Edfeftettgc^cnf.
2)iefcä €*>tt)cit trutbe junäc^|i bui^ bie
€cf)eibe, bann butc^ irgcnb eine 5ltt jeber
unb btitteng »on »eifer unb mit feuern
2Ba(i^fe geflätfter Scintnonb fo umgeben,
ba§ (e mit feinen in bet 3JJitte blin!cnbtn
Äieujd^en jum iBeibetben ber Reiben feji
ct^olJcn marb. 5Daä le^te 6tüd \i)Xti ^w
jugce rtax ein grauee ober blaueö ©tiranb,
rietecfig unb bcfpelt, bergcPült, ba^ cö
über teite €^ultctn gelangt totn unb
bintcn bie ^ü§e bctübite, [eiittartö jcbcd^
faum bis jum Änie teicbte. S;oju füliitcn
jte in ber teerten einen ©tüb mit glei^*
mäßigen knoten »on einem geraben äBcum*
Pamme, fdtön, ^axt unb f^rccfbar jugleii^,
mit einem ^onbgnff ton (Solb ober Silber,
ben fc^öne, erf)abene ?Hrbeit f^müdte".
SEie fet)r nun ron alten Sc^riflfiellern
biefc Iradjt ale bie alt f rdn fi [($ e ün=
geführt njitb, fo ifi tci) nic^t ju oerfennen,
bQ§ fte eigentlid) bie altromifd^e iji, maä
namentli^ bie ertjaltenen SJiiniaturbilber
auö biefer fränfifc^en 3«it bepötigett. ®ie
Scanner etfcf)einen auf benfelben in einer
iii jum Änie reid^enben, enganliegenben
Junifa mit langen, fnappen 5hmeln.
S)ie SBeinflciber ftnb ebenfalls eng, ber
Unterf^enfel umbunben. SBettürjt ft(^ bie
Unlerf(^entelbtnbe jur Äniebinbc, fo
tritt noc^ eine befonbere ^"^^lefleiburg
baju, bie Socfen ,cber ©tiefet, -^od)'
gefiente eifdjeincn auc^ etma in einem
ritrcdigen €(I)ultcimantel, beffcn Gnten
com unb l)intcn tiefer fangen, al« ju
beiben €eiten. ^ic grauen tragen mei()r
ober minber reictoersierte, lange Unter«
fleiber, einen »eimittelfi ber üblid)en€pünge
gcl)eftcten Sülantel unb furj jugefpi^te
farbige €c^ul)c. ?llö ein Äönig, ber ber
fremben Zxaä)t fefjr jugctan mar, mirb
Äarl ber ^a^Ie genannt, ber nad) ben
3a^rbü^ern auö bcm Älofler ^u^^o (^"6)
griecbifdjen $runf auö 3tfllicn Ijetüber*
brachte, einen langen, faltenreicf)en, bal*
matinifäjen lalar mit barüber gefd)lungenem
(Süttel, ber bis auf bie %ü^t ^ing, ben
Äopf in €eibe get)üüt unb mit bem ^iabem
gehont. 5Daefelbe befräftigen bie 3a|r*
bü(J)er ton €t. JBertin, bie Äarl auf ber
€i)notc ju (fontion am 21. 2uni S76
„mit einem golbburc^mirften ©emanbc nac^
fränfifd)em €(i)nittc" erfc^cinen laffen,
njö^renb er am €(i)luffe berfclben, am
16. 3uli, ein gried)ifdt)eö ©emanb unb
bie Ärone trägt. S)ic ben {Römern ent«
lehnte 2racf)t entfpracf) aber in ber ^aupt=
facfcc ben Slnforbeiungen ber t^ranfen,
unb erl)ielt fidb bee^alb jiemlid) unoer«
änbert jmei oollc Jü^i^^uii^ctte ^inburc^,
\a in i^rem ©runbc^arafter bis in ben
Slnfang be« 14. ^a^t^unbertö. jDic 51bs
änberungen erjiredten fi* befonber^ auf
bie oerf(|iebcnartige ißefleibung ber Seine.
ÜTiit ber aümdlidtyen Verbreitung ber mann«
lidben 23ein!leiber mürben bie S(ftenfel«
binben terbröngt, wogegen gtiefet ober
€ocfe oon gilj unb ßeber häufiger »urben
unb felbfi ber Äopf ju feinem €^u^c ^ier
unb ba (j. 93. in Sac^fen f($)on im 10. 3Ql)t*
^unbert) ben leid)tcn Strof)^ut erhielt.
Som 12. Sö^i^unbert an mürbe auc^ baö
Untergemanb nod) me^r oerlängert unb
ber Sd^ultermantel erljielt jumeilen eine
ilapuje. I;ic iBornet)men trugen Kleiber
na^ bcmfelben €(f;nitt, jebod) mit reichen
SRanboerjieiungen unb in oetfi^iebener
i^drbung; ber cinfüd)e 93unbfcf)uö mürbe
jum l)ö^er gefd)nittenen ^albfiiefel.
SDie i^rauen erfd^einen im 11. 3a^i^unbert
aud) etma in einer oberen lunif'a mit meit«
geöffneten Halbärmeln unb gemöf)nlid^ in
rot ober blau gefärbten €(i)uben. ^k
Könige trugen fid) x\ad) 51rt Äarlö be*
^a^Ien; boc^ mirb bei ÜDibufinb in ber
Sc^ilberung ber .Rrönungefeierlic^feit tom
3abre 936 "(Ctto I.) ausbrüdlicf) ermähnt,
ba§ ber Äönig „mit ben enganliegenben
frän{ifd)en ©emanbe befleibet mar" im
©egenfa^ ju ber langmaUenben, üppigen
gried)ifc^en ftleibung. S^iefer fränüf^en
®emef[enf)eit in ber Jrac^t entfprad) aud)
baöallgcmeinüblic^fursgefd^nitteneliaupt«
l)aar, mä^renb man am gried)ifd)en $of
^aar unb Sart lang trug unb in farbige
feibene 3:üd)er füllte, ^xn 11., oienei(t)t
fd)on im 10. 3flf)t^"n^frf» entfic()t in ben
i)ö^eren €tänben ber 93raud), auf bcm
Seibe junädjft ein leineneö ^ em b ju tragen,
meld)eö auö na^eliegenben ©rünben balb
allgemein angenommen mürbe. 2ßer fid^
bcjtcn cntbielt unb tai fd;on aue bcm
8. 3al)r^unbert befannte grob^ärenc 9?ü^er«
^emb trug, meinte bamit ben ^immel ju
oerbienen. 5lllgemeiner mürbe auc^ in
biefer ^dt fd)on bie ^opfbebcdung (ful)e
bort). Qluö einer Älage 2;i)ictmarsi oon
SDlerfeburg ifi ju fd^lie^en, ba§ fid) fc^on
JU Gnbe bcö 11. 3«fei^^"nt«i^'ö grauen
gelüficn liefen, „bie einjelnen Seile beS
Äörpciö auf unanfiänbige SBeife ju ent«
blöden, allen üiebl)abein offen ju jeigen,
maß an i^nen feil fei, unb alfo, obmol)!
aU ein ©reuel tor @ott unb eine (£d)anbe
oor ber 2ßelt, oline irgenb meldie €ci^am
Sra^t.
677
altem iBoIfe jur Sä^av. cin^crjugc^en."
51u0 ben SWiniaturbilbcin bicfcr3«it'flnicf)t
ju crfe^en, wie J^ietmar^ ffiöoitc ju üct»
Pf^en fmi. (5* batf aber angenommen
Jrctbcn, ba§ ni^t »öllige SRadt^cit ber
grauen ben 5lnflägct fo fd&amrot 9ema(^t
\)üt, fonbcrn »ielme^r bie fnappe ©eroan«
bung, >t)cld)c bie Äötpctfotmen ju beuttic^
^tipottreten Iie§.
Tlit bem 5luffc^h)ung, ben ber ^anbel —
jum großen Seil burd^ bie Ären jjüge ecr*
anlaßt — im 12. ^a^r^unbeit nal;m,
brachen fic^ quc^ bie Perf(J)iebenen auö«
Idnbifc^enJrac^ten immer met)r Sßa^n.
3ur SWettopoIe biefe^ ^anbeU marSßencbig
gcttjoiben, auf bcffen Tlaxttt Spjanä,
3nbicn, 5i[gi)pten, SJorbafvifa unb «Spanien
mit if)rcn Grjeugniffen üettretcn njaten, unb
jnjarbcjlanbenbiefc »orne^mlid)in<Sd)mu(f=
fachen, ÄlciberPoffen unb fettigen Äleibern.
Sei ben $ejiet)ungen, ftelc^c au^ bie beut-
fd^en ©tobte mit SSenebig pflegten unb befon-
berö ber beut[d)c^of, fonnte eä nidE)t fehlen,
bog bie alte ftdnfifc^e Zxaä)t bei ben
böseren Stäuben balb eöQig, beim auf*
firebenben iBürgerfianbe nac^ unb nad) oer»
btöngt fturbe. «Setbcne unb föpiic^e
baumnjoKene 2üc^er »erbröngten bie ein=
^eimif(f)en, unb ti fonnte ber ffiettpreit
jtvifcEjen ben Stauben unb ®efc^(ed)tern
fic^ nac^ SBelieben entfalten. 33iel ermäf)nt
mirbbei ben2)id)tern be« 12. unb 13.3a^r»
^unbert« © e i b e au« S^iniec, auö Sagbab,
5llfjanbrien, 5ibramant, 3lffagauf, Qllamans
furo, fpelpiuntc, Steuticnte, dcibemoniä,
2lgat{)ptftentl)c, Jabvonit, iülo^renlanb,
Sasamanf u. f. m. 311« Stoffe n.ierben
fonfi noc^ genannt : ber SBaIbad)in, SBlialt
obcrqaiialt, (St)clat,$almat,q3fah)in,3;riblat,
$fet(el, Jpraö, 2t)mit, Jaft, aJiarro*,
Sintet, bei n3clcf)er ®elegcnt)eit mit SBeit«
f(^ft)eifigfeit aud^ bie Heimat unb S^bi'
reitungöart beö betreffenben Stoffe« angc*
geben mirb, mobei oft bie h)unberlict)Pen
SÜJären txia\)\t werben. Qlm I)öd^fien gefd)ä^t
war ber ^fellel, bann ber Sß albad^ in
»on Salbecf (93agbab) unb ber Sammt,
ber JU (Snbebeä i2. ^a^r^unbert unter ben
Sorne^men fcfion Parf »erbreitet war.
^äufig taxn anä) ber Siglat ober ßtjglat
in ©ebraud), tcn man oft wie ben Salbac^in
befticftc unb mit ©olbfdben burcbwirfte.
Selbflt)etpdnblid) wat man aud^ bemül)t,
biefe Stoffe nad)äua^men, b. l). im eigenen
öanbe ju verfertigen; fo wirb bereit« in
biefer 3fit ber 3ü rd)er=Seibe unb be«
JRegen6burger«3enb alä etn)ät)nt. So
würbe auc^ bie einl;eimifd)c SDöeberei, bie
fieinwanb«unb SD3oatu(f)Weberei, namentlich
»om 9^ieberrt)eine au« perarbeitet unb
üerbeffert. «Reben ber fc^on au«ÄarI« be«
®ro^en ßtittn befannten „Friese" famen
je^t burd) aSerwenbung cnalifc^er, un»
gatifd)er unb fpanifd)er iKoüe aud^ feinere
2üc^er auf, <B^axlad), Saja, Otafc^, 5?ritf(f)al,
Sßogram, Sßarragan, ßobon unb Äamelot.
SDerSogram würbe au« 3iegenf)aaren ge*
woben, ber Äamelot au« Äamelt)aaren.
5luc^ bie ^Benennungen 3tt)illid), SclEet
unb Sd)ctter famen in biefer ^tit fd^on
auf. ÜJHt ber SIBeberei famen audf) bie
gdrberei, SBirferei unb Stiderei me^r in
5lufna^me, Wie überhaupt ein ©cwerbe ba«
anbete unterfiü^te unb anregte.
Selbfioetpänblid) ifi, ba§ nic^t jebe
Hausfrau fic^ gettaute, biefe föjllidt)en Stoffe
felbfi in 3ttbeit ju nehmen, um fo mebr,
ba auc^ ber Sd)nitt ber Kleiber immer
fomplijictter würbe. So entfianb im 12.
3a^rf)unbert ein neue« |>anbwetf unb ia*
mit eine neue ^wnft, bie berSniber, in
(liranfreid) Jalierer genannt, bie anfänglid^
bie Sud^frdmer auc^ in ftd) begriffen. 3m
13, 3a^r^unbert ^eip man fie „2}?entler,
©eWüubä unb glidfd)neibcr" unb erjl fpdtet
werben |tein„ü)^ann«-unb5rauenfd)nciber"
au«gef^ieben.
SBa« nun bie Qtrt bet Äleibung«Pütfe
unb i^te 3tit)I bctttfft, fo bleibt biefe tro^
ber »erdnberten Ser^dltniffe fo ^iemli^
bie gleicf)e, — ^emb, obere Sunifa, Sein*
fleibung unb SKantel machen in ber ^aupt*
fad^e aud^ jc^t noc^ bie männliche Jrad^t
au«. 2?a« .^emb, hemede, nider-wät,
nider-kleit, ifi )oßn ßeinwanb gemalt,
furjdrmclig, na^ 2ltt ber lunifa üorn gc^
f(^loffen. Sie ^ofe, caliga, ^atte üiclfad)
bodt) bie ©ejialt bet 2rifot«, inbem ffe al«
Cangfirümpfe bie Seine bi« in bie Tlxtti
ber Dberfc^enfel beflcibete unb bort an
bie Sroc^e, femoralia, (unferer Sd^wimm«
^ofe dt)nlict)) anfd)lof ober and) al« ein
Stüd mit berfelben ben Scib bi« jur
^üfte bebedte. Sei ben Firmen tritt eine
cinfadf)e ^JumpMfe o"f» i>if öm obetn
[Ranbe burd^ einen eingenät)ten JRiemen
jufammcngejogen wirb. Qludf) bie ganjen
Irifot« würben mittelft Sd)nüren an
ben J^üften gel)cftet, b. f). mcij! mit bem
Dberfleibe jufammcngenePelt, woju biefe
fowol)! wie ber .^üftengürtel cntfpred)enb
bur^lö(^ert waren. Jiiefe Irifot« würben
au« Seibe ober SBoHe gewebt, t)or^errfdt)enb
einfarbig, befonber« rot, bann oft aud^ ge»
fireift ober jeber Seinling in eigener garbc.
SDie Sdt)u^e, ^albjiiefeln, würben nac^
678
Strad^t.
irie »or aüi 3f"9' %^h "^^'^ 2^^" 8^'
gefertigt unb ermatten immer nod) öer=
fd)iebene ^^arben; bod) I)errfc^t bereite bif
[cbwarje cor. ©ie tnurben mebr ober
minbcr n?eit auögefc^nitten unb offen ges
tragen ober mit iRiemen gebunben, fogar
tereinäelt aui) gefä)nabclt, meldte ÜJJanier
®raf i^ulEo t>on 51njou ober 5tnger« um
1089 feiner übelgebauten gü^e tocgen
oufgebrac^t f)aben foll. Qlm beutli(ä)jien
geigte fi^i ber frcmbe Sinfu^ imRoc ober
(R 0 cf. !8ei ben bicnenben ©täuben bertfd)te
aU Untergewanb jwar immer nod) bie
furje ^ivmeltunifa tox, bei ben Beamten
ober unb bei ^t^erfonen »on $Rang ober
©tanb verlängerte biefe fid) berart, ta^ fic
oft aufgefd)ürjt »erben mu§te. SDaö ©tuj^er=
tum fd)Ii^te fte aud) »om ©ürtel abmärtg
ganj auf unb jadte ben unteren Dtanb ju
fd)malen Sappen auf. 2Iud} trug man
mitunter über biefem einjmeitc^, ärmellofe^
Untergett?anb, hai ungegürtet f)erabt)ing,
»om 13. 3abrl)unbert analäSc^apperun,
2ßarfuö,Äappe, bePänbigäumr>oüenQln=
jug geprte unb je|it eine Äapuje ober Qlrmel
ober aud) beibee jugleid) erhielt unb jmar
bie Ütmel als meite ^alb^ ober |)änge«
örmel. 35aö untere (Semanb 5ie§ Sukkenie
unb mürbe in feinem oberen leite febr »er=
engt. Q.i mar hai ^auefleib, mä{)renb
bie „Äappe" auf (Reifen unb jur ^a%h ba=
rüber angezogen mürbe. 23ornebme trugen
auf ber 'j^saqh aud) ein befonbereö ,,Pirs-
gewant", einen furjen Umbang fon $elj=
mcrf . SDer 3R a n t e l (ftebe bort) batte feine
urfprünglid)e ^otm, biejenige eineö ])alU
freiefötmigen, mebr ober minber meitcn
Umbangö nod) immer bema^rt, mürbe nun
aber ntd)t mebr au0fd)Iie§Udi nad) römifd)er
©itte auf ber linfen ©c^ulter getragen, fon»
bern alö iRüdenmantet auf beiben ©d)uls
tcrn gugleicb. 2)ieÄopfbebedung fommt
noä) feiten t»or, mo fie aber auftritt, t>a ift
e* bie iRunbfappe, bie fpifeigc ItSetjmühe unb
ber breitfrempige ©trobt)ut. (©iel)e Äopfs
bebedung.)
S)ie weiblicbc Äleibung entfpracb ber
eben befprodbenen. 3""<J^f^ ^f^ ^^ ^^^
im 12. 3ol;)i^bun^fi^t nur nocb ein .Rleib,
ber SRod, ber auf bloßem ßeibe getragen
tt)irb. (Sr bleibt aud) längere Stit noä)
tai einjige Äleibungöfiüd ber SBebienfieten
unb ber ^rmen. 93ermöglid)e tragen balb
iai ^auptflcibungöpd über bemfelben
unb feit ber jmeiten §iälfte beö 12. 3abr=
l)unbertö aud) fd)on baö britte. 5Der ©toff
iti ^embe« ifi Seinmanb ober©eibe; mo
ii einjigcä Äleibung^püd bleibt — ein
grober SoHenftoff. ®cr SR od bebedte ben
Cberförper febr fnapp, erweiterte ficb aber
an ben Ruften ju einem langen ©(^lepp*
f leibe, bem bie meiten ^ängeärmel ent»
fpracben. S)ie ®eifili(^feit na^m %n'
fio^ an bicfer 2;rad)t unb unterfagtc fte
auf einem ^onjil um 1195 aufei nad^'
brüdlicbfle. ©ie erbielt ful) {ihod) biö in
ben Einfang beö 13. ^abrbunberts, mo
bie (in i^rem oberen Seile) meitere ärmeU
lofe Snggenie ober Suckenie aufEam, bie
aud) »on ben SDiännern balb allgemein
getragen mutbe. 6rmä{)nt merben bei ben
S5id)tern „nod) ber für je Bolt, maf)rfcbein=
lid) ein Übermurf, ber Surkot, ein bem
Skapulier äbnlicber Überbang, t^orn unb
binten b«flbbängenb, an ben ©eiten offen,
oben mit einem ^opflod) »erfe^en — unb
ferner ber Swanz ober iai Swänzelin,
oermutlicb eine Suckenie mit ©d)leppc.
ÜRantel, ^u^* unb Äopfbefleibung, menig«
fienö crf^ere jmei, unterfd)ieben ftd) nicft
üon benjenigen ber ÜRänner, mogegen bie
foflbarcn fremben ©efdiiueibe üon ben
grauen im allgemeinen mebr geliebt mer«
ben, alö non ben ÜRännern, mie menig
auc^ bie ÜRänner, natürlid) bie J^ürjien
t»orab, ben glänjenben ©vjcugniffen ber
®olbfcf)miebefunß abbolb maren. ^m 3ns
lanb jcid)ncten jldb auf biefem ©ebiete bie
5lugöburger unb D^ürnberger ©olbfcbmiebe«
merfflätten auö. ^aar unb 93 ort mur*
ben immer nodb furj gefc^nittcn; ber oolle
Sßart fennjeidjuete bcn3"^cn, bem über=
bieä ein guderbutförmiger ^ut mit furjem,
I;erabf)ängenbem SRanb »orgefdbriebcn mar,
meld)e 93efiimmungen »on fpäteren Äirä)cn«
oerfammlungen ba^in ermeitert mürben,
ta^ ber ^ut l)ornartig gefrümmt unb i>ai
Unterfleib auf ber 93ruj^ ober bann ber
SRantcl mit einem orangefarbenen IRab
bejcid)net merben muffe, ©benfo muftcn
ftd) bie jübifctjen ffieiber unb Äinber auf=
fällige Äennjeidbnung gefallen laffen.
Sßobl aud^ gegen ^nbc beä 12. 3ai^r*
^unbert^ mögen befonberc 3lbjeidben für
93eamtc aufgefommen fein, fei e^ nun ba^
biefe in einem eigenartig gejialteten Ätei«
bungäfiüd felbft ober in einer SSerjierung
beefclbcn beflanben. 2)ie erfic juoerlafjtge
SRadbridjt finbet ftd) im 2B i g a l o i «, ber
um 1212 Don Sffiirnt oon ® ra fenberg
»erfaßt morben unb bie reid)t 5luefiattung
eine« (Ober) Irud^fcffen alfo fd)ilbert,
3886 ff.:
„Er reit ein ors wolgetän
Ein vrizen halsperc fuorter an,
2ra(f»t.
679
Den bedahte ein grüener wäfenrock,
Darüf was ein rech bock
Gesniten von samite
An ietwedere site.
Sin heim der was riche,
Vil herte höveschliche
Mit rüten kein bedecket.
Darumbe was gestrecket
Ein Strieme wiz härmin.
Obene was gestecket drin
Ein schüzzel von golde,
Da bi man wizzen solde
Daz er truhsaezze was.
Ein timit grüen alsam ein gras
Was gebunden an sin sper.
Einen niuwen schilt füert er ,
Da was daz tier gemälet an ,
Als ich iu gesaget hän ,
Daz in da leiten solde,
Von läzüre und von golde
Was ez harte riche
Gefüllet meisterliche.
Daz was ir wäfen ze Roymunt."
<Jlu4) beöStabcö »rirb aU eineö folc^en
Qlbäcic^enö errtiaf)nt. (So muffen abtx bicfe
^Ifijcic^en überlniupt anfamjlict) nur bei
befonfcevö boben 5c|^I'(^fcitcn getragen voox'
ben fein, irenigften^ crfd)cint auf einem
23iltie in ber 'JJ?anejfe'fc^en ßicberl)anb=
fd)iift, bic j>xnfd:}en 1280 unb 1328 9e=
fammelt motben, bcv ^Böbmcnfönig SBcn^
sei II. in feinem i^oücn Crnate, »äfjxenb
feine fiimttidjen Segleiter ol)ne befonbcre
Äcnnjeidien bargefleüt ftnb. Qlu^ ift mit
©etrifiljeit anjunebmcn, i^a^ in gleid^er
SIßeifc bie ^luejeidjnung bcr .^lur^ ober
2yat)Ifürfien t'aum for bem (Snbc beö
13. 2abrt)unberte auffam. 2)iefe bejlanb
in einem langen, roten 9}Jantct, befe^t
unb gefüttert mit Hermelin unb einem
Etagen pon bemfelben Stoffe, unb in einer
roten iRunbfappe mit ^evmelinbefa|, bei
ben Pier meltlid)cn Süi^P^n ^^Pit 6ammet,
bei ben geijilic^cn Pen Sud).
3u eben ber Qdt, als ber ^of feine
Beamten äu^crlid) fennjei(i)nete, natjm
anä) bie bürgerlii^e Qlmt^tleibun g in
ben jiäbtifd)en ©emeinwefen ibren 5lnfang.
2)ie böd)jle ©emalt voax bie ricbterlic^e,
unb für it)rc Iräger finbct man juerfi —
unb ämar fd)on in ben i)1ed)t0büd)ern beö
13. 2al)if()unbcrtö — beftimmte iBorfd^riften
über ibr e:rfd)einen bei beren Qluäübung.
Jier SR i d) t e r mu§te auf einem pierbeinigen
Stuhle fi^en „aU ein griögrimmenber
?öroc, ben red)tcn ^u^ über ben lin!en
gefc^Iagen", befleibet mit einem üJiaiitel,
ben foüen fie „nppen den schalderen
hebben , sunder wapenen solen sie sin".
Unb ,,swar man dinget in bi koninges
banne, dar ne sal noch scepenen (Schöffen)
noch richtere kappen hebben an noch
hüdeken noch hnven noch handschuhe".
3ubem trägt ber 9iid)ter einen meinen (cnt«
rinbcten) ®tab. ®d)ultf)eiBen unb ßanb«
.grafcn ft^en aud), fomie bie übrigen
®d)5ppen ober ©d}öffen auf ber Schoppens
SBanf. 6ie tragen 6tab unb SD'Jantel unb
übetbicö einen gelben Ärempcnbut, beffen
©pi^e bornartig rüdmärti? gebogen er=
fd)eint. Untergeorbnete Söeamte trugen bic
^Jarben ber €tabt, pieüeid)t audi bie 2ßabrs
jeid)en berfelbcn in gorm pon Jöappen»
fd)ilbd)en, mie au^ jebe Qnn'it — mancher«
ort^; aud) einjelne ®efd)lec^ter — iör
eigene^ 2Öabrjeid)en fü[)rte.
®c^on in ber jmeiten ^älfte beä 13.
Sabrbunbcrtö batte ®eutfd)Ianb bie %ü\)'
rcrfd)aft unter ben europäifdien ßanben
an granheid) abtreten muffen, iai and)
in iöe^ug auf bie Irad)! eine Potlige
Umgcj^altung ^erporrief, inbem e^ mit
ben altvömifcf)en Uebcriieferungen Pijüig
brad) unb baburd) für tai itoflüm eine
burd)au« felbfianbige, p(^ft nied)fetPoae
gortgeflaltung Qnba{)ntc. S)eutfd)Ianb
miberpanb bem franäüfifd)en (Sinfluffe biä
gegen bie SDJitte beö 14. ^a^rbunbertö unb
ber (Srunbdjarafter ber Sefleibungöart blieb
biö babin bem bi^bertgcn gleid). S)ann aber
brac^ mit cinemmale ber ganje 2Bibcrftanb,
unb bic glut beö SJfeuen bra^ nun um
fo fräftiger I)erein. '^hiU- unb Bürger*
fianb fud)ten fid) ju überbieten ,,unb mag
bcibc in äußern ©enüffcn nid)t felber er^
fannen ober Permod)ten, erfann unb poü«
fül)rtc bie @eifilid)teit. ÜBie bcftig aui^
ber ßinfprud) niurbe, ben cinjelne ge«
ftnnungetüc^tige SOUinner, *j3rebicanten unb
SWoralifien, unb felbft 23ei)örben bagegcn
ertjoben, unb n^ie wirffam aud) bie^ teil«
ftieife mar, im ganjen blieb man fid) getreu,
ja fübltc fid) barum um fo entfdncbenct
geneigt, im (Sigenreiüen ju bel)arren unb
eben nur fid), bann oft bit^ jum SDiut«
mitten, in ungebunbenper 51rt ju gc*
nügen."
3n.nfd)en 1330 unb 1340 fam bic
neue 2:rad)t in 51ufna^me, jucrß bei bcr
3ugenb, bann bei ben (£rtt)ad)fenen mann«
rid)en ®efcfeled)tö, jule^t bei ben {grauen.
3)cr SBevfoffer ber fiimhurger Gbronif
(1349) fagt hierüber : „S)ic alten ßeut,
mit 3tamen bie ÜRanne, trugen meite unb
lange Älcibcr, bie Ratten nicf)t Änäufc,
680
2;to(^t.
allein on ben 5itmeln Ratten jie brei
ober Dict Änduft. S5ie Slrmcl tuaren
befc^eibentli^ weit, unb bie (Rode ober*
i)alh bei Stüfle gctunjet unb eingefranjt,
Dorne gcfc^Ii^et big an ben ®ürtel. I)te
jungen SWannöIeute trugen furje Äleiber,
abgcfc^nitten, auf ben öenben gerunjet
unb gefallen, mit engen firmeln, bie
Äogeln gro^. S)arnac^ jur ^anb trugen
fie SRöde mit »icrunbjmanäig ober breifig
®irnen, unb lange ^cufen, bie maren
gefneuft, Dorne nieber bii auf bie gü§,
unb @tumpf-@cf)u^, ©tlic^e aber trugen
Äogeln, bie Ratten Dorne einen Sappen,
bie reichten ^erab biö an bie Änie, bie
Sappen Derfd^nitten unb Derjufelt, ®«
^at bicfe Zxaä)t gar manche« 3o|r ge*
rcä^rt."
„I)ie Ferren unb SRitter, tt)cnn ftc
^effa^rten, f)atten lange Äappen an i^rcn
Slermcln iii auf bie Grbe ^erabl)dngenb,
gefüttert mit Sunt ober fleinem Spelt
(grauem ^eljmerf), alö toit eä ben ^errn
unb SRitlern gebüt)rt."
„grauen unb SBeib^perfoncn toaxtn
gefleibet, mann fte gingen ju ^of ober
äanj, mit $erffleibern, barunter JRöcte
mit engen 2lermeln, unb iai obcrjteÄicib
^ie§ Sorfete; eö mar ju beiben 6eiten,
beneben, unten auf9efcf)Ii|t unb gefüttert,
im SBinter mit Sunt, im ©ommer mit
3inbel, barnac^ eä au^ jebem SBeibe
jiemli^ mar. — 6ä trugen bie gi^^ucn,
fo Bürgerinnen maren, in ben «Stabten
aar jiemblic^e ^euEen, bie nannte man
Veelen unb mar baran beä fleinen ®e*
fpenä (©efpcnjteei) Don SDifielfdjit frauö
gefallen unb eng gefallen, bei bem einen
mit einem «Saum bei nat)e einer ©panne
breit, unb fofiet einer neun ober 5ef)n
®ulben."
3um ^a^xt 1350 fd^reibt nun berfelbe
G^ronifi: „unb machten bie Seute
neue Älcibung. SRun maren bie IRöcfe un=
ten o^ne ®irnen, unb fte maren aud) nit
getürjet, fonbern lang unb berge|talt
enge, ba§ ein S!Jlann nid^t mot)I barin
fc^reiten mod)te, unb gingen eine Spanne
unter bie Änie; ba fingen au^ bie ©c^na«
belfd)u^e an."
„ÜDie grauen trugen neue ^lauptfinftarn,
fo ba| man bie 93rüpc beinahe ^alb fa^e.
Sieberum aud) machten bie ilRänner SRöde
turj eine Spanne unter bie ®ürtel;
aud^ trugen fte ^eufen, bie maren afle
runb unb gonj, bie ^ie§e man ©lodfen,
bie maren meit, lang unb au^ furj,"
^ Unb fcf)on 1362 mei^ ber ß^ronifi
eine »eitere Steuerung ju beridjten: „3n
biefen Sagen Dergingen bie großen weiten
ipiober^ofen unb ©tiefein; biefe t)atten
oben rot ßeber unb waren »erl)auen (auf«
gefd^lifet) unb gingen bie langen ßeberfen
an. I>ie maren eng, mit langen Sd^nd-
beln, Ratten 5?rappen, einen bei bem an*
beren, Don ber großen 3e^t an, hii oben
auä, unb ^inten aufgenejlett big ^alb
auf ben (Rücfen l^in. I)a^ingegen Der«
gingen nun bie meiten unb furjen ße*
bcrfen, bie I)atten oberhalb gut ßeber
unb maren (untermdrtö) Der^auen. t>a
ging auc^ an, ia^ bie SDldnner ftd) Dorne,
hinten unb neben juncftelten unb gingen
a!fo ^art gefpannt. 5Die jungen 5Wdnner
trugen gemeinigli(^ gefndufte^ogeln, aU
mie bie grauen. SDiefe Äogeln md^rten
brei§ig 3a^r unb Dergingen barnac^
mieber."
SBie eö bei SRa^dffereien ju ge«
fdjc&en pflegt, maren eö befonberö bie
aupüigften 21bfonbcrli^teiten ber fran=
jöftfi^en ÜJlohi, bie eifrig na(^gea^mt unb
überboten merben rooüten, fo bie überaus
meiten ^dngedrmel ber iRöde, bieSc^mdnje
ber .^apujen, bie Schnabel ber ®d)u^e unb bie
SluäjattelungberSRdnber. SBdbrenbbiegranj
jofen 5. S. bie engen iRöcfe ooüpnbig juge-
fnöpft trugen, fd^Ii^tcn bie 2;eutf(i)en bie-
felben juerjt an ben ©eiten nocf) etmae auf
unb Derfaf)en biefe ©c^li^en mieber mit
Änöpfen in bic^tejler iRci^e. ®cn furjen
SRocf nannte man fc^Iec^t^in „6c£)ede"
unb entte{)nte biefen ^luäbrucf ma^rfd^ein«
lic^ bem englifd)en G^cke, jacket), ben
längeren nannte man SBamö, wammesin,
wambeson, gambeson, mit meld)em Sluä»
brud anfängli^ iai ritterli^e Unterge^
manb bejeidtjnet mürbe. 2)er Hüftgürtel
bet)ielt feine urfprünglicf)e Stetle bei unä
nod) lange Qtxt bei, inbem nur Dereinjelte
©tu^er i^)n tiefer ^inunterrüdten, mie eä
bie fran5Öftfd)e SDJobe .Dorfc^rieb, 5tlg
Sein! leib mar bie enganliegenbe ^ofe
jc^t am Derbrcitetfien, bod^ maren aud)
bie alten Ginäelbeinlinge nod) üblid).
2Ba^ aber ber SBerfoffer ber Simburger
Q,i)Xon\t unter ber „*)3lobcr^ofe" Dcrfiel)t,
ifl nid^t erftc^tlic^. jDie fpi{3en ©d^nd«
bei ber ©^u^e maren oft eine „(Elle
lang unb bie gleid)e unftnnige Über«
treibung bemdc^ligte ftc^ ber Äugeln
(®ugeln, Äogeln, ®ogeIn, lat. cucnlus,
Äappe), ber üblichen ^opfbebedung, bie
mit Sappen- unb 3'J^^^I>^"f unförmig
bedangen unb mit mel^r ali ellenlangen
©djmdnjen Derfe^en mürben, gür bie
Stacht.
681
SDtdntel bet)ielt man bie jitei biäfjet üb»
li^en formen ber „^tufe" unb „©locfc",
ben linfen ©c^ultetmantet, bet auf itx
rechten ge^efttt »irb, unb ben ärociteiligtn
©d^utj, ber oben ein Änopflod) beft^t,
com unb hinten »eit ^etabfjdngt unb ju
ben ©eilen offen ijl.
®leid)jeitig mit ber neuen Irac^t fam
bei ben ffitannern aud^ baö lange ^aat
unb bet 93a tt tt)ieber in 5Iufna^me, njie
Hagecius fd)on um 1329 fagt: „9Jun auc^
begann bie SRittetfcf)aft ibre Sorte lang
h)acf)fen ju laffen, ta man fid) »orbem glatt
trug; auc^ trugen einige Änebelbärte,
gleid^ ^unben unb Äa^en nact) l)eibnifd^er
^Irt. ?lnbere aber, i|rc SDRann^eit »er»
leugnenb, nahmen h)eibifcf)en ©ebrau^
an, trugen lang^erab^angenbeä ^aar,
tämmten unb bleid^ten eö naf an ber
Sonne. Stücke, bie cor aQen anbcrn
berufen unb fd^ön erfc^einen »oUten,
brannten unb frdufelten i^r ^aar, unb je
jierli^cr einer bieg fonnte, je fd^öner er
fxä) ju fein bebünfte."
I)ie grauen gaben juerfi hai ärmel»
lofe Untertleib auf ober »anbelten ti jum
©orfct um, inbem ftc eä jur rechten unb
jur linfen con unten berauf jlarE auf»
fc^Ii|ten. 2)arauf lieg man eö mieber unge*
teilt, cerengtc eä aber unb cerfa^ e^ mit
©anjärmeln. 93alb aber überboten fte
i^re SDJänner im 2Betteifcr, nad) fronjö*
ftf(f)er Qlrt fid) ju fleiben. 5Daö Äleib
mürbe in feinem obern Seile eng, bafür
aber tief auägefc^nitten, foba§ ^aU unb
©c^ultetn, oft auc^ ein großer Seil ber
aSruji entbiöjl erfcf)ienen. Um fo ccrf^men»
beriftSer mar man mit bem faltigen un»
tern Seile beffelben, ber — menn auc^
ni(ä)t in bemfelben SWage mie in J^ranfreid)
— in einer Schleppe enbigtc. 2)er®ürtcl
mürbe reic^ cerjiett unb imöaufe ber3eitun«
förmig cerbreitcrt. 5llä Äopfbcbedung be»
nu|ten aucf) bie grauen ben ®ugel.
^Daneben fommt aU eine bcutfc^c Äopf»
tracf)t bie ^aube cor, bie Äopf unb
@(f)ultern bebedt unb an i^rem äu§ern
Dianbe, ber ba^ ®efid)t umfc^Iiegt, einen
meieren 33efa^ con Ä'raufen trägt, me§»
megen fte auc^ „^uüen" ober „Ärufcicr"
genannt mcrben. >Die jungen 9UJäbcf)en
tragen noct) ben ©tirnreif ober ®d)apcl
bei offenem ober langgeflocbtenem .^aar.
S)er (S(f)Icier mürbe immer fiaufiger.
5lIöüJianteI beliebte be-n grauen im«
mer nocb ber biö anl)in übliche 9iücfen»
mantel, ber auf beriBrufi befejiigt mürbe;
feltener trugen fie bie „^eufe." 3m übri»
gen i^ ju bemerfen, ba§ ba«, rca« ^iet
auffommt, bort f<^on fdüt unb wai con
einer ©tabt gefagt merben barf, auf eine
anbere nic^t 93ejug ^at, wenigjien« nic^t
in bemfelben ®rabe, benn — mie ein öfter»
reid^if^er (Jbronifl fagt: „Jeber fteibete
fid) na^ ®efatlen, einige trugen iRöde con
jmeierlei Suc^, bei anbern mar ber linfc
Slrmcl betrdd^tlic^ meiter al^ ber rechte,
ja bei mandjen fogar no^ meiter aU ber
ganje üiod lang mar. 5lnbere bcittcn bcibc
Qirmel con berartig gleid)er SBeite, unb
mieberum anbere cerjterten ben linfen auf
mand^erlei ocrfd)iebene iffleife , teilä mit
ffldnbern con allerlei garben, teilö mit
ftlbernen ^örnlein an feibenen ©d^nüren.
©inige trugen auf ber ÖruP ein Sud)fiüd
con cerfd)iebenergarbe, mit fitbcrnen unb
feibenen Sud)ftaben gejicrt. 9^ocb anbere
trugen 93ilbniffe auf ber Unten ©eite ber
Sßrujl:, unb aber anbere mideltcn ftd) bie
©ruft ganj mit feibenen SRingcn ein.
Einige liegen fid) bie Äteiber fo eng ma»
d)en, ta^ fie folcf)e nur mithülfe anbercr
ober cermittelfi Ötuflöfung einer ÜJtengc
flciner „^nöpflein, momit bie ^rmel bii
auf bie @d)ultern, auf 93rufl unb 53auc6
gatiä bcfe^t maren, mirflic^ an» unb auö«
jie^en fonnten". :c.
21uc^ ber me^rmalö genannte fiimburgcr
ß^ronifi cerliert bie ®ebulb, bie jemeiligen
Qlnberungen in ber Srac^t mit ber Qluö»
füf)rli(^feit ju bc^anbeln, mie er eä anfangt
getan, ©o fagt er com 3a{;re 1370 furj:
„S^Jeue Äleibung ging an in bem ^al)Xt,
Mi maren bie langen Sappertc, bie tru«
gen fomof)l SWdnner aU grauen, unb tru»
gen bie aJJdnner bie Raufen furj, meit,
auf beiben ©eiten gcfnduft ; unb md^rte
nid^t lang in bicfen Öanben." ®r über»
fpringt bann jc^n ^a\)it unb bcmerft
(1380): „2ßer ^euer ein guter ©d^neiber
mar, ber taugt jc^t nidl)t nid^t eine gliege,
alfo ^at \x<i) ber ©c^nitt ccrmanbelt in
biefcn ßanben in fo furjer 3^'*."
„3n bemfelben ^a^i" — erjd^lt er
meiter — „gingen bie SJldnner unb bie
grauen, eble unb uneble, Änabcn unb
3ungfrauen mit Sapperten, unb Ratten bie
in ber 2)iitte gegurtet, unb bie ©ürtel ^ie§
man S)uc^fing; bie QJidnner trugen fxe
furj unb lang, mie fte moQten, unb mad^»
ten baran groge, lange unb meite ©tau»
d)en, eineöteilö biä auf bie (Srbe. liefen
©d^nitt l)aben fte nidbt con S^otburft ober
auö ©rob^eit angenommen, fonbcrn lebig»
lid) con ^offabrt."
g„3)a au^ fing eä an, bag man nic^t
682
%xaä)t.
me^r bie ^aaxlodtn unb ß^Pfc trug, fon-
bern bic |>crren, iRittcr unb Anette trugen
flcfürätcö ^aar ober Ärütlen, über ben
D^ren afcgefd^nitten, glei^ roie bie Con-
versbrüder. S)a bieö bie gemeinen iieute
fa^en, taten fte eä ibnen nad)."
„(So führten bie iRitter, ^nec^te, 93ür«
ger unb bic reifigen Seute überhaupt, lange
®(^ecfen, Sc^ecfenröcfe, gefcf)Ii^et Ijinten
unb bencben, mit fe^r großen unb leiten
firmeln, bie ^iefc^en (SBüIfte) an ben
iitrmeln betrugen eine f)albc (Süc ober mebr.
^as t)ing ben ßeuten über tit |>änbc unb wo
man moüte, f^Iug man fie auf. — jDie
^unbäfogeln tüf)rten SRitter unb Äned)te,
Sürger unb aud) reiftge Scute. — ^ttm
aucf) trugen bie Scanner 5i[rmel unb SOßams
fcr of)ne (gd)oppen unb anberc Äleibung,
bie f)atten Staudjen biö na£) auf bie ßrbe,
unb mer con i{)nen bie aüerlängfte trug,
t>ai Kai ein SlJJann."
„23öf)mifcf)c Äugeln trugen bietjraucn,
bie gingen ba an in biefen Sanben. 2)iefc
Äuget ftürjte eine grau auf i^r.|auptunb
ftanben »ornc auf 5U Serge, über bem
.^aupt, als mie man bie |)eiligen in ber
kixdii malet mit ben 2)iabemen."
2)er „2 a p p e r t", aud) 2;rappert ober
2;rapp^art genannt, »ar ein iiberjief)rocf
Don mäßiger SBeitc, anfangt biö auf
bie gü^e reicfeenb. Dorn »om ©ürtel ab^
tt)ärt^ aufgefc()H^t, mit beliebigen Qtrmeln
»erfe^cn. Snlb mürbe er »erfürjt unb
reichte fo nur nod) biä jum Änie. ®e*
gürtet mürbe er mit bem „jDuc^jtng"
(2)upftng, 3)ufing, SeufinEe) , ber na^
einer alten, nun neuerfianbencn ©ittc mit
Scheuen unb ©loderen gejiert mar.
I)iefe mürben juerfi, mie cö ^eute noc^
üblic^ ift, mit bem •pferbegefdjirr in 23er«
binbung gebracht, alfo felbjltterftänbli^
nur »on ben ^ö^ern ©tdnben angcmenbet;
aU man fie aber auf (Sürtel, Qtrmel, Äu*
gel unb [ogar auf bie €(i)ut)e übertrug,
ba liefen ft^ bie 93et)örben bagcgen auf.
So gebot 1343 ber SRat ju D^ürnberg:
„Äein 2J2ann nod) grau foß feinerlei
©loden, €d)etten, no^ irgcnb Don Silber
gemacht ^angenbe S)inge an einer Äette
nod) an einem (Sürtel trogen." Unb nac^
ber ©öttinger ß^ronif erf^ienen auf ben
großen geften, bie ^erjog Otto um 1370
unb 1376 üeranflaltete, Diele SRitter, SBei-
ber unb Jungfrauen gejiert mit ^crrlic^en
«IBmpurgemänbern unb flingenben, filbcr*
nen unb golbenen (Sürteln unb Sorten,
mit langen iRöden unb Äleibern, bie gin»
gen alle fd)urr fcf)urr unb fling fling."
SBie ber Sappcrt felbjl fid) erweiterte,
fo mürbe baä Unterfleib nad) franjöftfc^em
ÜRufler immer fürjer unb enger, foba§ bie
[Räte allen (Srnjleß jur 2Bal)rung beä Sd^id=
li^feitegefü^ls bagegen auftreten mußten,
fo ber ju Äonftan^ im ^abxt 1390:
„2öer in einem bloBen ÜBamm^ jum
janj ober auf bie Strafe get)t, foU cö
fein el^rbarlid) machen unb bie ®d)am
l)intcn unb »orne beden, ta^ man bie
nic^t fe^en möge."
2)ie grauen f)inmieber metteiferten
barin, ibre „üeibcfjen" auf 33ruji unb
SRüden rec^t meit au0jufd)netben unb biefc
entblöBten leile rec^t doU erfd)einen ju
laffeu bur^ 5lnmenbung eineä breiten,
engen ©ürtelä, ber bie Saide ntöglidifi
lang unb bünn crf(^einen lie^. 3)er
Sc^eHengürtel bwg nur lofe an ben $üf=
ten. Qll« Äopfbebedung fam ju ber biö-
lerigen noi^ neu binju hai aua ©olb«
unb Silberfäben gerlod)tcne, mit fleinen
SIRetaüan^ängfeln, *Petlen unb Steinen
xdd) gezierte |)aarne^, ebenfalls ein beut*
fc^e^ ^robuft, t>ai ben bamaU in granfs
rei<^ allgemein verbreiteten „Atour'- nic^t
red)t auffommen lieB-
2ßie allgemein aber ju 6nbe be^ 5a^r*
^unbert« bie neue 2;radbt fd)on mar, b. l).
mie fte auc^ bie tleinen unb tleinj^en
Stäbte fd)on Dötlig für ftc^ eingenommen
batte, beroeiät eine 9Jad)rid)t aus Äreuj*
bürg: „ 3)ie reid)en Seute f)atten 2euftn!c
um, war ein ftlberner ®ürtel, ba fingen
(Slödlein an; wenn eineö ging, fcöetlte c^
um i^n \)ix. 2)aö SOtannäDolE l)attc Aap*
pen mit wollenen Irobbeln, ellenlang unb
festen fic über bie Stirn. 5l)re Sc^u^c
waren Dorn fpi|ig, faji ellenlang, ^a
einige ma($ten an bie Spifien S($ellen.
^üä) Ratten bie ÜRänner |»ofen ol;ne (Se*
fäf , banben fold)c an bie ^emben. 3)ie
reid)en 3i^"9fi^ouen l)atten SRöde auöges
fd)nitten binten unb Dorne, i>a^ man Srüfie
unb SRüden fajl entblößt fa^. 21ud) waren
biefe SRöde geflügelt unb auf ben Seiten
aufgefüttert. etlid)e, bamit fte fd^mal
blieben, fd)nürten fic^ fo enge ein, ia^
man [ie umfpannen mod)tc. ÜDie abeligcn
grauen ^atte gefd)Wönjte SRöde (Sc^Iep*
pen), Dier ober fünf eHen lang, fo bap
fte Änaben nad^trugen. S)ie grauen unb
SUiabc^en f)atten an SRöden bopple bicfe
Säume, f)anbbreit; bie reiben SBeiber
frlberne Änäufen ober breite ftlberne
Schalen, »on oben bi^ unten auf bie
Sc^u^. Die ÜRägbe trugen ^aarbönber
Don Silber, Dergolbcte Spangen unb ^an*
Iradjt.
683
gcnbe ^^^^inif" (@(i)Ieicr) jum ®cf($mücf
auf bcn Häuptern; bie Sßciber aud) lange
3D?äntcl mit i?alten, unten weit, mit jreie»
fächern @aum ^anbbreit, oben mit bicfem,
gefiatftem fragen, anbertbalb <Bä)ul) lang:
Riefen Äragenmäntcl. 'üüd) Ratten bie
ÜJJänner 2öämmfer t>on Sarc^ent, mitten
njarcn boppclte Äragcn mit laig ^ufam»
mcngeflcifiett, unb furje SHöcfe mit jmei
galten, faum mürbe ber ^interfle bebecft."
^oä) mciter ging baä 15. 3af)rf)un-
bert. iRanicntticf) bicjugenb mar bemübt,
bie gegebenen Q'ormen ber biebcrigen Jracfct
burd) neue 3utl)aten nod) aujfäüiger ju
mad)en, mepmegcn benn aud) Serorbnung
über Serorbnung er[cf)ien, bem „ßoppen*
unb 3a^^clroerf", ber „geteilten Äleibung",
ber „®d)ellentra(^t" unb ben „Sc^nabel-
\i)ni)tn" ben Ärieg ju erElärcn. üDod)
|errfd)te — [agtc ein alter 6f)roni[t —
„anno 1400 unb bis man fc^rieb 1430
ein [o großer Überfluß an präd)tigem ®e-
manb unb Äleibung ber dürften, ber
Orafen, ^errn, SRitter unb Äned^te, aud)
ber SBeibepcrfonen, aU cor niemals ge=
^ört morben; auc^ trug man ta filberne
Raffungen ober 93änber mit ©loden Don
je^n, ämölf, fiinfjc^n unb jumeilen üon
jmanjig SWarfen (etma itl)n ^funb). ®ts
lid^e aud^ trugen i^einifc^e .Retten oon
üier ober fed^ö 5D?arfen, famt fofibar=
li^en ^atöbänbern, großen filbernen
Hüftgürteln unb man<^erlei Qlrt r>on
Spangenmcrf."
3ur 5tuöjabbclung eignete fic^ ber
Jap per t am befien; er erhielt ba^er in
biefer 3^'^ i'^f meitefte Verbreitung. ?lue=
gebabbelt mürben juerfl bie meiten Qhmel,
bann aber ber ganje Stanb unb enbli(^
ber J^alsfragen unb felbfi bie ©djulter*
fiücfe. 33alb mar ber ganjc iRod auege»
jabbelt, t>a^ er meber ju fdjügen, nod)
ju beden oermoditc. £)ie einjelnen ^aii'
beln maren fon ungleidier ®rö§e unb
0orm, unb oft mit meiteren 3öfci>«In ber^
art überlegt unb übernaf)t, ta^ baä ganje
mirflic^ ein „3abbetmerE' genannt mcr*
ben burfte. 5»iit ber OJIittc beä 15. 3a^r*
^unbertö Eam bann neben bem Sappert
auc^ bie Sc^aube auf, inbem jener auf
ber Söorberfeitc geöffnet aKmdlid^ in biefe
umgeftaltet mürbe. 2)ie fogenannte Sei»
lung ber bleibet ^atte immer no^ ju*
meijl auf bie Seinfleibet Sejug. 2)a
ber lappett alö met)r ober minber langet
Dbergemanb bcn SRod ober iai 2ßamö
bebecfte, f^enfte man le^terem weniger
5lufmetffamfeit. S)oc^ gab e« auc^ etmo
einjelne ©tu^er, bie ben iHod in jmei
garben, jmei ^dlften, geteilt trugen.
23on ber Äicibung ber JJrauen ifl
menig neue« ju meiten. 2ßdt)renb einige
grauen ber [;öd)flen ©tänbe fid) burc^
i^r fd)lic^teet, mürbeüoüeä Qluftreten auä*
jeid^neten unb barum hm Äünfilcrn it)rer
3eit als Sorbilber ju 3)arfteUungcn bct
ÜJiaria unb anbcrn ^eiligenbilbetn bien^
ten, bemül)ten ftd) bie übrigen, im SBett*
fireit mit ben SLRdnnern tm ®ieg baoon
JU tragen, inbem fte hn^ ^atihtU unb
©^eUenmerf nad;a^mten, Sruft unb JRüdcn
momögIi(^ nod) fdiamlofer entblö_^ten unb
i>ai Sc^nürteibc^en, „®efängniB", noc^
enger mad)ten. "Die freien ^aarloden
mieten me^r unb mc()r mieber ben aufge»
bunbenen 3Ied)ten, bie mit Olofetten- unb
ebelfletn gezierten ®olbflreifen, fünfiltc^en
Ärdnjen, geflidten Sdnbern, mit Slumen
unb gebern gefd)müdt mürben. 2Ber bai^
®elb für einen etften @d)mud erlegen
fonnte, ber lien ftd)'^ nic^t gereuen, un«
glauliid)e Summen ju opfern; mer feinen
e^ten bejahten fonnte, begnügte fic^ mit
einem uned)ten, mic er il)n bei öffentlich
JU JRec^t bePet)enben ^anbmcrföinnungen
^aben fonnte. 8eine *i3lüte aber erreic^ite
ia^ gtu^ertum in ber jnreiten ^dlftc bea
15. 3a{)r^unbertö unb jmar am burgun =
bifc^en^ofe, mo ti ]xd) in betben ®e*
fd)tec^tern jebmeber geffel entmanb unb
bie toüe ßaune bem 2ln|ianb, ber @d)öni
^eit unb 3tt'ftf'nä§igfeit überorbnete.
Monstrelet fc^reibt jum 3a^re 1467 in
fe^r bejeic^nenber SBeife: 3n biefer ßiit
mad)ten bie OTdnner bie Äleibung fo
furj, ha^ man bie genaue gorm \l)xn
culs unb genitoires fe^en fonnte, ganj
fo, mie iti ben befleibeten 'Mffen. 2luc^
in 2)eutfd)Ianb trug man fiatt ber langen
Japperte nun bie Dorn offene Sc^aube
ober t^n furjen, engen «S^edenrod, baju
eine ^ofe, beten Änappf)cit fid) bis jur
(St^amloftgfeit geweigert ^atte unb bie eine
®d)amfapfet erforberli^ machte. 3lu^
mürbe bie ^adt meit au«gefd)nittcn , ber
5lu^fc^nitt mit föjilid)en Sorben Derjiert
unb mit einem 33rufila^ unterlegt, mie
i^n bie grauen trugen. S)ie *}irmel mur»
ben »erfürjt, aufgefc^li^t unb bie Sd^Ii^e
unterpufft, ^ie unb ba fanben auc^
fc^on bie franjöftfc^en, ^od)aufgepoU
jlertcn Schultern i^re iMnmenbung.
S)er ÜRantel mufte begrcifli^ermeife
lappenartig üerfümmern ober ju einem
blofen ©d)aujiüde ftd) verengen, tai —
mit einer weiten ^alööffnung cerfe^en —
684
Stacht.
nur etwa ben SRücfcn bebccfte unb »otne
auf bct 93ru|i butd^ eine tunli(^fi lange
©d^nur jufammcngc^alten »utbe, bamit
ja bem Qlugc bcö Seoba(^tcrö ni(^tö eoi»
«nt^altcn bleibe, »aö berfelbe (eben »oute
unb fc^en foüte. 2tuc^ iai iRüdenpcf
njurbe jutticilcn auögefc^nitten voit bie
Sörufi unb bann in gleidjer 2Detfe mit
einem Unterlaß »etfetjcn. 2ln toflbarcn
Sefd^en unb ©tief ereien fehlte eö ebenfüQä
ni(it; leitete fictltcn nic^t feiten einen
Sinnfprucfe ober ein 6innbilb bar unb
fehlten fogar auf ben Beinlingen bcr
^ofc ni^t. ^iefe war eigcntlicf) auf
tai Sein gefpannt, mit iRe^eln gebun=
ben. Oft jerfiet fu bcr Sänge nacfe in
jmei «Stücfe, inbem ber Unterfcfeenfel feine
eigene Seficibung batte, bie am .Knie an
iie obere ^ofe angenejielt »urte. 3tuc^
trug man überbaupt jnjei ^ofen überein«
anber, bie untere lang, bie obere üon
anberer ^ärbuug nur biö jum Änie. SDie
93rujl war auc^ ettt)a gefd)Ioffen unb
bann weibetbufenartig ^oc^ gepoljlert.
^infic^lli(^ ber „®ct)almirung"
ober Seilung (miparti) ging man nun
[o meit, ba§ nic^t nur bie ^ofc, fonbern
übcrt)aupt baö ganje ^leib in jmei »er*
1d)iebene |Ȋlftcn jerfiet nac^ iJarbe, ^orm
unb Stoff, maö fogar auf bie ^opfbe«
becfung unb gufbefleibung Sejug f)at,
foba^ bcr Tlann oon ber einen «Seite
etma ganj rot, oon bcr anbern ganj blau,
tion oorn unb hinten aber f)alb blau unb
I)alb rot erfc^icn. So fleibetc 1459 ber
qSfaljgraf am 9ll)cin 1300 SDknn in blau
unb roei^, unb bie granffurter (S^ronif
trjä[)It fon einem ©ernbarb tfon iRol)r=
bac^, einem reiben Sturer bafelbft, ha^
er um 1464 ficf) ein „gebeilt Äleit" mad)en
lic§, „rot und wys zu eyn Farbe uff
der linken Sitten und mitten nff der
der Gosen als das Rotlie und wys zu-
sammen genegt ; ytel Knop und mit
Gattein rot und wys, und oben nff ikli-
chem Knop eyn silbern Spang gestegt,
als Perlin, und also auch Rock, Koller
und Kogel." S)ocb beliebte au^ bie
5JJel)rteilung; fo maren um 1473 bie
Ärieger ber Stabt Qlugäburg brei farbig
gcfleibet, mei§ unb rot, burcf) grün geteilt.
2)ic Seilung nacb bcr J^ovm crfiretfte fi^
auf bie 5irmel unb Seinlingc.
2)ie Scf)nabelfc:bul)e crl)icltcn fidt)
tro^ bcr beftigcn Eingriffe, bie fu Pon allen
Seiten erlitten unb tro^ bcr augenfälligen
Unjmccfmä^igfcit bis jum 3abrc 1490, mo
man in'ö anbere (iytrem überging, näm=
liefe jum breiten, „entenf^nabclförmigen"
Sd^u^. .Jtopfbebetfungcn waren oorab
ber |)ut in ben »erfcfeiebenflen ©efialtun*
gen, baneben bie SlJlü^en, Senbelbinben
unb Ougcln. I)aö ^aupt^aar trug man
gegen @<felu§ beö S^^i^^unbertg lang;
mer »on Sf^atur bicfeö ©cfemurfeä entbehrte,
ber trug falfcfee ^aare (fte^e (ßerrüde);
ber S3art rcurbc mit menigen 9luöna^men
immer noc^ gefd)orcn. 5luögenommen in
ber Teilung bcr .Rleiber machten bie
grauen aud^ in ber burgunbifi^cn Iracfet
getreuli^ mit. 25ie ©c^leppe mirb big
4 (äUen lang, unb mu§ t)on bienenber ^anb
getragen merben. J>aburc^ mirb auc^
tai Unterfleib ftc^tbar, mc^megen eö uns
termärtö reicfe befe|t mirb. Der ^als*
auöfi^nitt bleibt weit, ja er oertieft ficfe
nocfe unb nimmt tai foPbare, feine aber
bur(^fti^tigc Sorjiedtucfe auf, baö bie
©cjlalt eineg Äragcnö ober eincö Srufi*
la|eg fiat, barin bie fonfl nötlig freien
SSrüjic com Seibcfjcn unterfiü^t, ruhten.
So fd^reibt ber Erfurter S^ronifi jum
3at)rc 1480: „iülöbien unb grauen tru«
gen föftlicbe Srufitüc^cr , auc^ t>orn mit
breiten Säumen gefiictt, mit Scibc, mit
perlen ober glitter, unb i^re ^emben
l)atten Säcfe, bat)inein fic bie Srüjie
ficdten, baö aücä juoor nicfet gemefen mar."
Oegen (Snbc bcä 3flf)t^wnbertg teilte man
anä) nacf) fran^ö^fc^er -Dianier t>ai Selb«
^cn eon bem SRod unb gab nun bem
crjlcren noc^ freiere ©cfJaltung. ißcfonbere
5lufmcrffamfeit fd)enftcn fte auc^ je^t ber
Äopfbebectung. Sieben ben »iclen ein»
l)cimif(^en gormen tritt befonberö ber fran«
jöfifd)e „hennin" auf, mcifi fcgelförmig
geflod^tcn unb mit einem breiten, flügel*
artigen SBe^ängc t>crje^cn. Sic ifl oereinjclt
fcfeon in ber erjlc pälfte bcä ^al>x\)ün'
bertö ju treffen, fan t firf) aber aud^ je^t
nod) ni(i)t nad)l)alt»g einbürgern, mie
überl)aupt bie (ScfatljUc^t in ber Srac^t
am Scfelu^ beä 15. 3a^r^unbcrtg jene
^öl)c errei^t l)atte, bie fic feinen ruhigen
|)alt mc^r geminncn li. g.
S)ic crfle J^älftc bcä 16. Ja^r^unbcrt«
brachte, maä bie Xxaä)t anbelangt, menig
neucö. Sö^an begnügte ftcfe im allgemeinen,
tai alte in etmaö neränberter gorm, balb
oerbeffert unb balb nerfcfetcdbtert, balb
t)ercinfacbt unb balb crmeitert, immer
mieber ju probieren. iJJamcntlicfe maö bie
Äleibung bcr grauen betrifft, trat nac^
unb nad) eine 'Beübung jum Smecfmäpi*
geren unb ^tnj^änbigcrn infofern ein, ali
bie Sd^leppc ficfe fcrfürjtc unb mand^ets
2racf)t.
685
ott^ ganj ftiegficl unb tai ßcibd^en fxä)
nai) oben rnttn mcfit f(f)Io§ ober bei
einem weiten .^alöauöfc^nitt bet „©otler"
Schultern unb 33ruji becfte. %nx bic
niännlict)e ^Icibung Waren bie 8anb0 =
fnec^te tonangebenb. beren lorfereö 2ße=
fen felbfioerfiünblicf) feine burdbgreifenbc
fficnbung ^um (Snten terfprad). *öielmebr
gej^altete ftc^ namentlich bie ^ofe [cfeam*
lofer, aU je, foba§ fchon ju SDJafimilianö
3eit bie ^ofleute crnftlic^e klagen gegen
bie Äricgögefeücn unb i^r 5tuftreten ^u
führen ft* bemü§igt fanbcn; ber Äaifer
aber, ber fte ni($t entbe^iren fonnte, ant«
wortete aueweic^enb, t>a^ man ihnen für
i^r „fümmerlicf) unb unfelig üeben bo(i)
ein wenig %xtui) unb (Srgö^Ud)feit gön»
nen folle." Die wid)tigjle Steuerung bicfer
3eit ging mit ber ÄopfbebecEung t>or, in--
bem ba^ Sarett bie bieder bcfie^enben
in furjer 3cit auö bem %t{tt fd)iug, unb
jwar bei ÜJJänncrn fowo{)l ali bei »grauen.
Sc^tere bebieltcn baneben nur nocf) bie
engcn[d)liefenbc ^aarbaubc.
Sffia^ ben 6toff ber Kleiber anbe*
langt unb bie 5lu6fiattung mit €cbmucfs
fachen unb ©tidereien, fo blieb eä ou^
hierin im alten, b. I). jebermann wenbete
:^iefür auf, tvai feine SWittel erlaubten,
Weswegen benn au*;^ bie geifilic^en unb
wcttUd)cn Sebötben in jabllofen (Sriaffen
gegen bic über^anbnebmenbc *Pracbtliebe
auftraten unb biä inö fleinflc beftimmten,
wie fxä) bie fcrfcbiebcnen (Sefcbtecbter unb
©tanbe ju tragen b^ittcn. S)er Srfolg blieb
au^. 5lu(J) bie treffe benubtc balb nad)
(Srfinbung ber Suc^brucferfunfi bie günftige
©elegenbeit, glugfdiriften in bie SBelt
!^inau«'jufd)icfcn, bie baö nerblenbete 33oIf
belebren foüten. ®o fct)iicb ber 9Jtagifier
SBej^pbal: „SBcnn man ftd) in ber weiten
SBelt umfiebet unb Qld)tung barauf gibt,
fo wirb man finben, baö fa^ alle Sßölfer,
ßänber unb 9'Jationeß ibre eigene befonbcre
gewiffe Sracbt, Qlrt unb gorm ber Äleibung
^aben. 'liüein wir beutf(J)cn baben nid)tö
gewiffee, fonbern mengen bie« je^t erjäblte
unb nodt) »iel mebr allee buvcbeinanber,
tragen Sßelfd), ^ranjöftfd), ^ufernifd^, unb
ja nal)e atlerbingen Sürfifd) baju. 2Ber
wollte ober fönnte wol)l erääl)len bie
mand)erlei wunbcrlidien unb feltfamen
SWufier unb 5lrt ber Äleibung, bic bei
SKann^s unb 2ßeib«perfonen ober 25oIf in
breifig 3abren ber, auf= unb wicbcr ab-
gc!ommcn iß, fon itetten, i&d)QUben, 9Wän;
teln, $eljcn, Äörfcn, JRödcn u. f, w.? 3e^t
^at man ben ®d)Wciäcr[d)nitt, balb bcn
Äreu^fdt)nitt, ben «Pfauenfc^wonj in bie
|>ofcn gefd)nitten, unb eine folc^e fd)änb*
U^e, graulid)e unb abfd)culic^e Irac^t
barau« worben, ta^ ein fromm |»erj bafüt
erfd)ridt unb feinen gropcn Unwillen baran
jtebt. I)enn fein ®teb am Oalgen fo l)ä|lic^
i)\n unb ^cr bommelt, jerlubcrt u. jcrlumpt
iji ali bie jc^igen ^ofen ber (Sifenfreffer
unb OWad)tl)anfcn, pfui ber ©c^anbc!"
Um 1553 würbe nämli(^ burd) bic
2 a n b 8 f n e d) t c eine üöüige Umgefialtung
ber ^ofe ^eroorgerufen; eö entfianb bic »iel*
genannte unb oielge^agte „serlubertc, ju^t*
unb c^riierwegenc plubrige Seufclöbofc",
bic fogenannte *P l u b e r f) o f c. ÜJtan fertigte
fie aus einer Ucbcrfütlc oon fef)r bünnem
Stoff, gewöbnlid) ani ®eibengcwcbc, unb
faf tc biefen burcb mebrere banbartigcStrcifcn
oon ©arnmt ober Suc^, foba§ tai ganjc
weit unb fd)lotterig oon ben Ruften ^erab*
bing. jDic 9?ürnbergcr (Sbronif nennt ba^
8agcr beä ^urfürPen SDJori^ (ÜJiagbeburg)
a\i bcn Ort, tvo bicfc ^ofc erfunbcn worben
fein foQ, wä{)renb in bem ®ebid)tc: „Ein
new klaglied eines alten Deutschen
Kriegsknechts wider die grewliche vnd
vnerherte Kleidung der Pluderhosen" ba3
„Brannschweiger landt" genannt ijl aU ber
Ort, wo erfunbcn worben fei „eine grosse
sünd vnd schand". 3ft'cnfallö ift fic eine
beutfcbe (Srfinbung, bcnn ^Inbreae '))lui'
culu^ fagt um 1555: „iffier 8u|t t)ättc oon
SBunber^ wegen folc^c unflatl)igc, bubifcf)c
unb unjud)tige (piuberteufel ju fe^cn, ber
fuc^ fte nit unter bem $apfitum, fonbern
gebe in bic €täbt unb ßdnbcr, bie je^unb
lutl)crif^ unb efangclifcfe genennet werben,
ia wirb er fie ^äu^g ju fel)en friegen, bi^
auf bcn l)öd)j!en (S'reucl unb (Sdel, baß
ibm aud) ba« ^erj barübcr webe t^uen
unb bafür ala für bem greulid)flcn ü)Jeer«
wunber fid) entfe^cn unb erfd^redcn wirb."
Sie ßanb^fncd)te muffen it)re g^rcubc an
fold)en Eingriffen gegen ibr licbfte^ Äinb
gebabt l)aben, bcnn fte ocrlängcrtcn bie
|»ofc, bie anfdnglid) nur bie jum Änie
reid)tc, balb biei auf bie Änöd)el ^erab
unb braud)ten gewöbnlic^ 20—40 ©Hcn
für eine ^ofe, wäbrcnb in einjelnen %aüin
100—130 (Sflcn oerwenbet würben. S)ic
gleiche $erfd)wenbung wenbeten fic auf bie
5lermel ibrer ^adt an, unb ale bann in
ben fed)jiger Jabren ein l)ober, fafi fcgcl*
förmiger ^ilj* ober ^eljbut alö .Kopfbe*
bebecfung tjinjufam, ber felber wieber ton
i5eberbüfd)en ober Sänbern ftatiertc, t>a
War tiai Äofiüm allerbings biö ju einem
gewiffen 5lbfd)lu§ gebicijcn, aber für einen
44
686
%xa(i)t.
ßricget im ^tlit »icl wemgcr gef^icft, alö
für einen ^anätrurj! auf bem Safirmorft.
J)od^ erhielt bie ^ofc au(^ unter ber
3iDiIbetiöIferung in furjer ^ät großen
Qln^ang, n)ic fe^r auc^ bie Sittenrichter
gegen fic auftraten. .Rurfüril 3oact)im n.
ton SBranbenburg lieB mebrere Sumpen«
\)öiUx aufgreifen, in einem Ääfig brei iage
I)inburcf) öffentlid^ auefieüen, iÖiufifanten
bat>or auffpielen. 3tud^ lief er einigen
(Sbeücutctt tai „jottige |)ofengeIump" auf
offener ©tra§e ^eimlic^ loälofen, fo ba^
fie allem 5BoIfe ju ©efpötte mürben. 'JS)ai
aües ^alf nic^t, bie ^ofe erhielt ftd) bei
ben ßanbäfned^tcn fomof)!, als im SBolfe
überhaupt, bi^ jum Srlöfc^en beö freien
©ölbnertume, bie in iaü le|te 3öf)i^3«^nt
beä 16., in ber ©c^mei^ biö in tai 17. Sa^r«
^unbcrt.
Sie „ehrbar geftnnten" Sürgersleute
unb ber 5lbel jebod) befreunbcten ftc^
menigjicnö mit ber langen ^luber^ofe
nie, trugen aber eine furje, bie menigcr
baufc^ig mar unb jmifcticn biefer unb ber
engen Sc^li^^ofe bie Tlitu hielt. S)oc^
menbeten auc^ ftc Der^ältnismdfig jur
5lu«jiattung bes ßa^e« ober ber ©d^am«
tapfel ^u üiel auf an allerlei S(f)leifen=
merf. Uiihtn biefer ^ofe ober Dielmebr in
SSerbinbung mit berfelben trug man au(^
je|t nocf) bie enge Äniebofe, fomie bie
alte ©trumpfbofe mit unb obne Stiefel,
bie lange ^ofe bagegen nur noc^ in ben
^öc^jicn Stauben. I)anebcn famen auct>
bie feibenen geji rief ten .^ofen auf, menn
aud) nod) ni(^t allgemein, ta fxe noc^ ju
teuer maren. ^Jiod) feltener maren bie
fpanifcften unb fpanifc^«fran;öftfd)cn Dber«
fd^enfell)ofen unb bie glatten ober mit
Sanbjtreifen bic^t überzogenen, flraff au«=
gepoljierten 91 u n b m ü l fi e n, bdufiger
mieber bie con ben |)üflen bis 5um Änie
rcidienben auegepolfterten ^umpl)ofen
unb bie unten onenc Äniel)ofe. HHit
biefen rerfölmten '\\d) bie €ittenri(f)ter
atlmäf)lid); menn fie auc^ bie fpanifd)en
„^eerpaufen" unb bie ©d^lumper^ofen an*
fange nicfct ganj billigen fonnten, fo maren
fie bodö annehmbarer als bie„$luberhofen".
3ft>ar f(^reibt 3of)ann Strauß: S^ie^Sumps
^ofen jieren mol)l, menn fie o^ne ßa^ ge=
mac^t merben unb ni^t gar fo meit. 3c^t
aber muffen fie mit ^»aar ausgefütlet fein,
t>a$ einer barin paufet mie ein QJJa^facE.
SWan muf brei Äälbert)dute (hafi 4>aar) ju
einem $aar ^aben. Unb ha fonfi nid)t0 aue*
gejogcne« barin iji, fo mug boc^ b'Stoher,
mie fie eä nennen, auegejogen fein unb
unter bie Slugen fe^en. $fai ber ©c^anb 1
5IRan machet 2)iebfäd (Saften) brein, baf
man mie bie ©pi^buben, allerlei ©attung
balb hineinraffen mag."
S5ic ^adi, bie man ju ben 1?Iuberl)ofctt
trug, mar eng, reid^te tom |)alä bxi ju
ben Ruften, hatte ha einen iBorfiof unb
mar mattirt unb gefteppt. 35ie unentbehrliche
®chli|e mürbe mit Streifen befe^t ober
mit allerlei Änopfmert. Die Qirmcl \)atkn
biefelben SBerjierungen, maren aber meit.
Johann Strauß fcfereibt barüber: „©aä
für Üppigfeit mit üßame unb ^uffjacfen
getrieben mirb, hai flehet man. 2)er Seib
am aSamö, ob er mohl fein unb glatt
angemacht mirb, fo mu§ er bo^ mit Seiben
burch unb burdh umfiöppt fein; norne feit*
fame .ßneuffel bran, Don Stein, ßoratlen,
©las ober ^orn. Oben einen Äragen barauf,
ber meit hinauäftarret, Oirmel baran, bie
einer, megen ber ©rö^e unb 2Öeite, faum
an ben Firmen tragen fann. S)ie muffen
oorn auch eingefaltet fein, ha% fie Ärö§
geminnen. I)ie trägt man an ben 5lrmen,
mie bie ©artenfnecht ihre Samiöfecfel an
ben Firmen tragen." Tlit bem gaQ ber
Q31uberhofen mürben menigftenö auch bie
5irmcl ber Jacfen einfacher, im übrigen
mar aber gerabe ha^ sißame ben fremben
(Sinflüffen am meiften untermorfen. SÖkn
nerfah baefelbe mit Schultcrmüljien,
polfterte es unter ber laille ju bem Spi^*
b au ch aus unb nahm fogar ben ftanjöfichen
©dnfe bauch an, fo ba§ 1586 llnbreag
Dfianber ber jüngere, S)iafon ju Ura^,
fich barüber alfo »ernehmen lie§: „Ein
gar herrliclier Schmuck aber seind die
hässlichen langen ausgefällten Gänss-
bäucli, die oben gleich, unter dem Hals
anfangen und herab bis weiter unter die
Gürtel hangen, wie ein Erker an ein
Haus hanget, dass er schier umziehen
möchte."
2)er §als fragen ober bieÄröfc mar
bis in bie *D?itte biefes S^^i^^unberts mit
bem .g)embc oerbunben als ein leichtge«
frauster Streifen SöeiBjeug. 95on bo ab
mürbe er fclbftünbig behanbelt unb »er«
breitete fich immer mehr, bis bie „über fi^
ragenbcn ober auf bie SAulter herab«
hängenben 2)Iühlftein=5lrägcn" baraus cnt«
i^anbcn. 2)cr mehrgenannte Johann Strauß
jagt betreffenb ber Äröfen: Obmohl hai
^emb t>on ÜKatetie nit gar fo föftlich iji
unb bismeilen fon grober ßeinmanbt, fo
mu§ boch oben barauf fommen ein Ärauf
ober ©efröf Don gar föftUchem ©ejeug,
unb baöfelbe über alle ÜWafcn meit unb
Srad^t.
687
unb bcr Äopf ^crauögucfet, njic au^ einem
©acfc. 2)aö mu§ geliarfct fein, ba^ eö
fiarret iinb ^leif fielet. Solche Ävaufen
finb üvoa geboppelt unb hinten jugcmaclit
(u. f. h).)- Sßelfc^e unb [panifd)e Ärdgcn,
mit »iel ab^angenben ®^nür(cin, tragen
it)rct einö jeil^ aucft. 2)tc alte Zxa6)t,
tt)ic man etlra bic alten f^üiflen öon ©ac^fcn
mit if)rcn §embcn unb Prägen um bcn
^aU malet, taug nit me^r. SBorne ju ben
5trmeln muffen auc^ Ävö§ berauöge^cn,
wie i'üi I)öüif^c i^euer ju allen genfiern
^crauäfciblägt."
Über bicDberfleiber fagt berfelbe:
„Sin ßeibrocE mit einem felbfiange=
fc^Ioffenen @(i)urj ober eine ^arjfappe
fief)ct et)rbarcn Seutcn mot)l. Die ^anb*
h)erfäleut tiaben it)r ©c^urjfeü, 5^1=
l)änge unb Voller, iji ehrbar unb jlef)et
rtio\)l. Dbcrfleiber ftnb jc^t, ©ottlob, tai
meijie Seit leiblich unb töblid^; feine
SBürgerröd jU SDintcr unb Sommer; fon*
bcrlid) bie feinen, langen unb ebrbaren
Äappcn ober SFiäntel obne unb mit 5trmeln,
bic fleiben unb jicren mo^l alte unb junge
ßcute." 5lber balb barauf fagt er: „ÜDie
cl)rbaren ßcibröde unb ^arjfappen getjen
ab unb fommen auf bie ^uffiacEcn, bie
finb gar auf bie Äürje abgcrid)t, ba^ ber
@to§begen hinten cor fann ragen, unb
Dorne muffen fte offen fein, ba§ man bie
Äneuffel am SBammö unb anbereö mebr
fct)en mag. 35ie Reffte brann muffen gar
gro^ unb ungefdbaffen fein. 2)ie ©djtingen
iwic bie ©efc^irrinfen fo gro§; bie ^afen
tüie bie ©c^näbel an ßöffcigänfcn."
Unter ber ^arjfappe ij! eine »er«
fürjte @d)aubc »erfianben, bie inie ber
fleine fpanifc^e ©cbultermantcl je^t ßiel
getragen luurbe. SSeibe würben mit einem
breiten, I)oc^fte{)enben ©c^ultcrfragen »er^
fel)en ober mit *PeIjn)erf reidb verbrämt,
unb eö t)errfcbte jwifdicn il)nen faum ein
merflic^er Untcrfcbieb, au^er ta'^ bie ^arj«
!appe in ''Jlnlet)nung an bic @(I}aube meift
weite *JlrmIöc^er ober au^ weite gefÄli^te
^albs ober ©anjürmel erl)ielt. 2Burbe fte
biß JU ben Ruften gcfürjt, fo ^ief fte
^Pufffacfc. — S)ie urfprünglid)e lange
@d)aube bauertc fort beim Filter, bei be'm
®elcf)rtenfianbe unb aU 5lbjeid)cn ber
^öl)eren 23eomten.
5llö Äopfbebedung erf)iclt ftd) ta^
Sarret biö in bie *Md)tjigerial)re neben bem
fpanifdben ^uU, welcher eö bann terbrängte.
®ö mar unterbcffen einfad)er geworben,
meift ungefd)li^t, ein flaches, becfelförmige^
Ädpplein. 2)ic ©d^u^c erhielten cnbltd^
wieber eine ^^otm, bie bem j^ufe angepaßt
war, mußten bagegen immer noc^ au^
Detfd)icbenen «Stoffen Ijergcftcnt, gefcfili^t
unb unterpufft fein, „auf ta^ hai SIBaffer
balb wieber l)crau6fommcn fann," meint
fcbalft)aft 3o()ann Strauf. 2)abei bebiente
man ftc^, wie biciber, eince Unterf(j)u^eä,
ber aber jetjt bic ®efialt ber Pantoffeln
erl)ält. *ilucb burd) biefc füt;lt ftcfi ©traup
beleibigt; „Qlud) muf man ni(^t aüein
im SBinter (welcbeö ettic^erma^cn eine
©ntfc^ulbigung tjättc), fonbern auc^ mitten
im Sommer auf Pantoffeln babcrfd^lürfen
unb junge Äerl fc^Ieifen biefclben an ben
gü^en t)ernac^, unb flopfen bamit wie bic
alte fedijigjä^rige ober ftebjigjäl)rige 2öei*
ber." Unb: „aöaö foü man fagen »on
ben unget)cucr großen Hentzsken, bie
etliche auc^ im Sommer tragen, fo weit,
ha^ einer ein äiemli^ (Paar gcrabe 5trmet
barauö fönnte mad^en laffen." 2)iefe
^en^^fen waren weniger $^ingerl)anbfcbu^e,
aU grof c jiulpenartige gäujllinge von bcr«
bem 3fug oi^cr feinem ßeber.
5Die ^ a a r t r a ($ t war weniger beftimmt,
ale in frübercn *Pcrioben. ^m ganjcn
trug man ftdf) furjgefd)oren unb bartlog,
tod) firicben einjclne ta^ ^aax rorn „über
ftc^ unb mad^ten gepuffte Äolben, barauf
man ftebet, wie ein raul;er 38^'" ober
„Wann eine Sau jornig ifi, i>a^ if)r bie
Sorflcn über fict) ftel)en," D^leben glattra*
ftertcn ®eft($tern ftnbet man anä) WaÜenbc
Soübärte, äugefpi^te Äinn? unb blofc
iüppenbärte.
S)ic w e i b l i cb c Älcibung fcblug in iai
©egenteil um. 9ln bic Steüe bcr beliebten
9^acft^eit beö früheren S^^rbunberte trat
je^t in rafd^er Qlufeinanbcrfolgc eine iBer*
jlcifung. *Ber^üÜung con Sruft unb ^aU
würbe jur uncrlä§li(^en2tnflanböfoiberung.
2)ie ^alöfraufe feblte nicbt. S)ie Ürmcl
würben eng unb blieben ungefcf)li^t. 2)0«
für erhielten bicScbuIterjiücfc eine wulfiigc,
brcitauälabenbe (^rljöbung. Söäbrcnb bic
Sittenrid)ter nod) r>or furjcm über bie
„unfletige, fd)aubarlicbc" 9'ladtbcit ftc^
auöliepen, rii)teten fie il)rc^feile nun gc*
gen eine übertriebene „55ermummelung",
bic aus bcr (Sitclfeit entfprungen, red^t
cbrbar jU fd^eincn unb ben leint ju fdbo»
ncn. I)ic Sdbleppe war weggefallen, bcr
obere SRocE l)ieng in mäpigcr 2öeite üielfac^
gefaltet f)crab, foba§ er and) ben J^uf üöQig
becftc. 5ludb baß ßeibcben War burAauÄ
gcfd)loffen. 3)ancben trug man and) nacf)
fpanif^ = franjöfifct)er SWobe geöffnete
44*
688
Zxa^t
iRöcEe, unb jttjar l)\e^ man ftc enge, wenn
ftc nur »on ber laifle abh)ärt^, meite,
Wenn fte ganj f)crauf geöffnet rtarcn. 9?a«
türlic^ traten bic Unterleiber in bicfem
%aUt um fo föfiliAer. S5aö Dberfleib
»urbe buTci) Unterfüttetnng mit betbem
®toff, 5i^8 "^^'^ '^^^ metaüenen O^eifen
(Springer) mehr ober minber fiart auäge^
[pannt. 6ö gefcbal) t)ai beim gci'djtoffencn,
mie beim offenen. Soffen mir miebet ben
eifrigen 3of''i'i" Strau§ reben: „®ie Ärö^
fen tragen fte (bie grauen) mit ben SHannäs
pcrfonen gemein. I>ie Qirmel muffen un*
ter ben Udifen unb unten am ']Jrm burrf)«
ft(ä)tig fein, ba^ man bie u^ei^e ^aut feben
mag. Die ©ruftlä^e auf baß fcbönfte ge«
jätetet, mit *13ulf^erlein fein gefüttert, i>a^
ftc paufen, alö fie reif jum ^anbeln fein.
S)ie (gcfcmeife unten an .Kleibern muffen
Don Summet unb Seiben fein, unb ift
dtoa iüQ Äleib oben faum Sacfleinmanb.
Springer barunter, ha^ fte mie eine (Slocfe
einen 3irfel geben unb meit um ftcb fparr-
ten. 2>ic feinen Ceibjäcfd)en tun fte meg,
nef)men ©diaublein, .^ar^EäppIein, unb
biefelben furj genug, baß man ben spracht
unten feben mag. S3or ^iUtn trug tat!'
grauen^immer fein lange S<iauben, je^t
ftnb fte »erbauen biä auf bic ©ürtcl, mie
ber «anbetncAt Ääpplein. SBa« für Un=
fofien aud) an Die SOJäntel gemenbet mor?
ben, baä ftel)t man nor 'Mugen. 5Dkn fann
fo teure ®emanbt nicbt befommen, man
braud)t eä barju unb mel^c ^yrau ben
teucrften bat, \>a^ ifi bic befie. 2)ie 3""S=
frauen bc6i\Ieid)en. ?luf biefc unb ber^
glcicbcn Stücfc ift nun jefet aller Dichten
unb Irad)ten gerichtet, unb mos fte »ers
bienen, ergattern unb erobern, biämeilen
aud^ iat (Q mobl beffet böcfet, baö men=
ben ftc an bie leibige ^offart. Unb gebt
mandbe Dienftmagb bermaBcn ^er, ia^ ftc
cg mobl einer reicfccn *i^ürger«toc6ter ^u«
Dortut. Darnad) menn ftc jur Sbe grei^
fen foüen, tia ift mcbcr 33ett, .Riffen noch
^fubl, Decfe nod) Strede." S« mar alfo
Icbiglid) ber aüi^ugro^e '■ilufmanb, ber nun
getabelt merben fonntc unb mae ber äuferft
geftrenge Sittenrichter ^ier bernorliebt. Die
SRügen betreff« ber Sci)U^en unb burc^ftcfc*
tigen Qlrmcl gc^cn nur nebenber unb töw
ncn mobl nur für bic erftc 3fit/ jcbenfaüö
nid)t allgemeine Geltung baben.
Der offene Oberrocf rief ber Sd)ürje,
bic aus ffi.ei^jcug, f^marjer Seibc ober
leid)tem S^aff'et gemadjt unb mit Sticfercien
unb anbcrem 33efa^ gcjiert murbc. 5lu(^
Oüttcl mit jierlid)en SafdjAcn, 93 c=
ficcfcn (Scbciben) unb Scblüffeln be*
fangen, 5ä(^er, Sragfpicgcl, Ufircn
unb ^anbfcbu^ctrug man nad^ fpanifc^«
franjöftfcbem 53orbilbe, unb baälafc^cn^
tud) würbe ju einem eigentlid^cn *j)runf»
fiüd. SBefonbcrc Untcrröcfc, mic ftc in
j^ranfreicb bereit« üblicb geworben, fc^einen
nocb feiten ju fein unb bie graucn^ofc
wirb in beutfcfecn SradbtbüAcrn noi^ um
iia^ 3al)r 1600 al« eine 93efonbcrt)cit ber
italicnifcfeen ^i^^Ufn erwdbnt. .^tnffcf)tlic^
ber ^iiP^^tfibung ifl wenig neueö ju be»
ricf)tcn. Die grauen fc^loffcn ffc^ bierin
ben Scannern an, trugen alfo ben gc«
f(ä)li^tcn farbigen Sc^ut) unb ben ^antof«
fei ober bie Grippe.
®er ÜJJantcl gcftaltetc ftc^ bei ben
JJrauen frei. @r war balb fürjcr, balb
langer, balb mit einem leichten Umhange
Derfet)en, balb föfllid) peljoerbrämt. ^od)»
fte^enbe Äragcn würben bei ungünfiigcr
ffiitrerung auä) etwa aufgefcblagen unb
bcbccften fo ben ^al« unb Äopf äugteid^.
511« Äopfbebecfung fommen neben Sarctt
unb .5>«iflrl)aubc auc^ golb« unb ftlbcrgc«
jicrte SOt ü ^ c n unb S (ileier ober Stür«
qcn wieber me^r in Qtufnabme. Das ^aat
würbe nacb wie Por am D'iadcn l)0(^gcbun*
ben ; 23räute unb Srautjungfern trugen c*
frei ober legten eö in ^5'«^^^" "•" ^^^
Äopf. 9iacb'ben Sed^jigeriat)rcn lie§ man
e« in jwei 3öpfen über ben JRücfen l)cr*
unterfangen, Wa« ju bem Suyu« ber fal*
f(i)en, blonben ßöpfe fübrte. 93on 1585
an trug man bie großen .^alöfrägcn, t)cr*
iicbtete um if)retwillen auf bie 3öpfe unb
banb haii ^aai ^ocbaufjlrcbcnb mit man*
cticrlei ©(imucf ausgeftattet nad) franjö?
fffcber grifur. Da biefc nicbt feiten mit
Drabt unterjlü^t war, r>crgli($ ftc Dffan*
ber in nicfet fe^f galanter 2ßeife mit „Sau»
t)ägen, ta man bie SRuten über bic Ire*
mel i^cucbt."
gür bie Sracfet bc6l7. Jalir^un*
bert« blieb granfreit^ ma^gcbcnb
ober würbe c« mcljr aU je. Sct)on
äu Einfang besfelben crt)ielt bic furje,
runbwulftig gefpannte, langftreifig gc*
fdjlihtc Dbcrfd)enfel^ofe am ^arifer ^ofc
ben 33orjug unb gelangte balb ju weitefter
Verbreitung. Da« SB a m m « erbielt lange
@d)ö§c, bie ben Unterleib bebedten, bic
2aiüe rüdte l;öber ober »erfi^wanb ganj
unb würbe blo§ burc^ ein farbige^
Sd)leifcnwerf angebeutet. Die türmet
erweiterten fid). Den %ü^ tleibetc ein
t)ot)er SReiterftiefel , ber balb in feinem
Obern Jcilc ftdb beträci)tli^ erweiterte.
£racf)t.
689
SDer niebete ®c^uf) tvax mit SD'iafcf)entt)crt
gejicrt unb jicdte in einem fc^ü^enben
ilbctfcfeuf). 25er i)Jf antel njurbe beträchtlich
ermeitcrt, oft ju einem fötmlid)en Änöpf=
rocf umgejlaltet, bie 2iirmel gefürjt ober
jur ^iilfte umgefd^Iagen, ber iJtnnb oft
mit $elä befe^t, ber Äragcn üicUjeftaltig.
SDer ■^ u t mürbe breitfrämpig unb übet=
fc^mänglic^ ä^ä't'ff' ^'^^ ^aai frei unb
maüenb.
S)ic »erfc^iebencn bcutfcfien 8anbeö=
teile Derl^ielten jtd) ju biefcm |ranjörtfct)en
Sinfiuffc ungleich- SDie einen erlagen
i^m balb, bie anbcvn erfi in ber jmeitcn
J^älfte beö 3*it)rt)unbcrtä. 8eid}t jugäng=
li^ maren für biefclbe j. 93. bie |)öfe in
S)üffelborf, ber ber 5ßfalj, oon süatjcrn,
®raunfcl)meig unb ^annooer, am fd^rcer«
fJcn berfenige ju 9Bien unb unttr ben
iStäbten Hamburg, ßübecf, 93iemen,
Ulm, Stürnberg, 5tugöburg, ^ranffurta. 3)t.
unb Strasburg. %m gicrigften griff hati
©tu^ertum barnai^, unb biefe« verbreitete
feine l^ofung „ä la mode" ober „allamode"
(gegenüber ftonb „altüäterifcf)") feit ben
Swanjigerjal^rcn mit ftc^tlid^em (Srfolg.
3at)lrei^ unb Ijcftig maren bie Eingriffe
ber ®egner. D'iamentlict) Pon ben Äanjeln
mürbe iaü 2Bort (Sottet in unjmeibeuti«
gem ©inne aufgelegt; aber umfonft. S)a
mar eö mieber bie treffe, bie iai 9Bort
fefibalten unb bem Qtuge aufnötigen
mu§tc, menn tai Oi)x nid)t l)ören moUtc.
Kaplan Johann (Süinger fd)rieb im ^a\)Xi
1629 ben „Allmodischen Kleyder Teuifel"
unb jierte ben 3,itel mit ad)t aümobifc^
gefleibeten giguren. Siiadibem ber -^err
Äaplan beö ffieiten unb breiten ertlart,
maß hai SBort „aümobifd)" bcbeuten
fönnte unb ju feinem ©ntfe^en finbet,
ta^ iü fein beutfci^c^ SBort fei, crflärte
er, für men er eigentlid) fi^reibe. 9}ic^t
für bie, „meiere Stands vnnd Vermögens
halben es than können und vermögen,
mit denen will ich vnverworren seyn,
denen gilt auch mein discurs nicht,
sondern nur denjenigen, von welchen
Syrach saget: Jch bin dem Armen
der hoffertig ist, von Herzen feind,
cap. 26, denn an solcher Leuth Hoffart
wischt der Teuffei das Gesess." ©r
eifert bann: Haben wir nicht vber sie-
ben Jahr Krieg, Verheerung und Ver-
störung genugsam gehabt, gesehen vnd
erfahren, vnd ist noch kein Ende nicht,
Mars blaset ein weg wie den andern,
jmmerdar lermen, wer achtet aber sol-
ches, wer stehet ab von dem Teufflischen
Hoffart V wird es doch allezeit nur
ärger." 2)ann crmaf)nt er einbringli^
„dieses Laster derhalben zu fliehen
vnned zu meyden, weil gemeiniglich der
stolze Allmodisch Kleyderteuffel, wo
der einzeucht, nit allein zu kommen
pflegt, sondern noch sieben andere
Tenflel, die ärger sind, als er selbsten,
zur Gesellschaft mit sich bringet vnd
nimmet, oder doch ihm gleich uff dem
Fusse nachfolgen: Erstlich ist es der
müssiggehende, pflastertretende Spazier-
teuffel, dann ist das gewiss, zu keinem
anderen endt streichet sich vnseres All-
modisches Gesindlein der Gestalt so
Fantasirlich heraus, alss nur dass es
eju Gassen vff die ander hinab trette,
sich beschawen und begaffen lasse. Da
weiss mancher nit wie Närrisch er nur
sich stellen soll, vnd gucket jhm der
Allmodisch Fantast zu allen Glieder-
maassen herauss, vnnd sperret sich
Herre Omnes wie ein Haspel oder Katz
im Carniersack. Die linke wirfft man
in die Seyte, die rechte spielet mit dem
Allmodischen Bärtlein. Die Augen
lauffen in alle Winkel, da speitzet vnd
hustet man jmmerdar, dass ja jederman
an die Fenster falle vnd zuseht, wie
unser Junger Herr und jung Fraw da-
her schwentze" (u f. m.); ,,znm andern
ist es der leichtfertige, vppige, sprin-
gende vnd hippende Tanzteuffel" (u. f. m.);
,,zum dritten ist der Hurenteuffel (u. f.
m.); zum vierten vnd fünften ist es der
vnersättige Frassteuflel vnd der Schlem-
merige Sauffteuffel" (u. f. m.); zum 6.
vnd 7. ist es der ßäuberische,
Diebische Mordteuffel vnd der Mör-
derische Diebtenffel" (u. f. m.) Sßon
fämmtlict)en Teufeleien meif ber mobl«
meinenbc ©ittcnleljrcr bie erfct)re(fenbfien
ißeifpiele anjufü^ren unb immer bie treff«
lid)fien golgetungen abzuleiten. S)iefet
@d)rift folgten nod) nielc anbete, ä^n«
lid) betitelt unb ähnlichen 3"l)alt«- 2Jian
laa fic, lad)tc über bie (Sifercr unb trug
fic^ mie juoor.
2)em aOßort fam aud) bie barflellenbe
Äunft jur ^ülfc. Um 1628 erfdjienen bie
erjien „fliegcnben Slqtier", meld)c jum
£eil in ma§lofen Übertreibungen bie
t)offättigen 9Jeuevungen bilblid) jum ®es
fpötte maci^ten unb fie mit ©pottgebid^ten
begleiteten. ©in fold)eö ifi betitelt:
, .Monsieurisch Alla mode vnd Damische
Bisarrie". gin anbercö fül)rte unter«
mdrtg bie 'Äuffc^rift: Wie sich ein deut-
690
Stacht.
scher Monsieur in Kleydem halten soll,
er soll haben : Jmmagination — haar,
Patient — barth , Responsion — huth,
Jndifferent — hutschnur, Legation —
feder — — — Stnltisissimas — gang
vnd geberden" u. f. vo. im ©anjen
jtt)an^tg tietf^iebene Stüde. Sin anberee
trägt ben bic €a<i)e felbft ausfü^rlicf)
d&arafterifterenbcnSitel: „Kartell stutzeri-
schen Aufzugs der durchsichtigen, hoch-
gefiederten, wohlgespornten und weitge-
stiefelten, langschwarzhärigen, zigeuner-
ischen, wohlvernestelten, langlapphosigen,
milztägischen, wohlherausstaflfirten, welt-
bekannten Cavalliere. Sammt deren
hochgeputzten, hochhaargepüfften, wohl-
angestrichenen Büchsleinblasem , wie
auch unten, mitten und oben zerhackten,
zerspaltenen und geputzten Cortesi, Con-
cubin und mätressin der welschfranzö-
sischen, Jetztmals teutschen, Aufzugs
genannt."
Die Sei^tüttung 2)cutfcf)Ianb« in poU=
tifc^er Sejiefjung unb bet mc(^feIroüe,
aües Derberenbe ^rieg hattm namentlich
bie S'Jfl^"^ '»"^ SRanb unb 23anb gebracht
unb bcfonbers bie ermad)fene männlicfie
Jugenb, bie ni^tä gröBereä !annte, al«
bie franjöjtfc^e ®ro§tuerei in allen Stüden
nad^jua^men. 5Daö erüärt benn aucf)
baß 51uftreten eine« S^am iDJicftael ÜJJ o ^
fcf)eiofä) (1600—1669), ber mic fein an=
bercr ©c^tiftßeüer feiner 3^1^/ berufen
mar, bie (Sntartung feines SSolfe« ju geis
§eln. 6r f(^rieb als '^Jbilanber r»on
Sitte malb 1646 eine fatirifc^e Sd)rift :
„Wunderliche und wahrhafte Gesichte"
unb balb barauf feinen „Alamode Kehr-
aus", morin c« unter anberm t)ei§t:
„2)iefe langen ^aare, alfo öcruntetban^
genb, fxnb rechte J)iebc0^aare, unb t>on
ben SS)eIf(^en, melcf)e umb einer ÜJJiffetf^at
ober 2)iebeflücf« mitten irgenb ein Di}i
abgef^nitten, erbacf)t morben, bamit fie
mit ben paaren ee alfo bebcden möchten.
Unb ii)r rooüt fold}en lafier^aften ßeuten
in ibrer Untugenb nachäffen? ja oft eurer
eignen beutfd)en J^aare cud) fcfcdmen?
SBoUt hingegen lieber eineö SJiebö ober
©algencogels $aar eud) auf ben Äopf
fe^cn laffen? 5ibcr mer ftd) feinet eigenen
J^aares fchämt, ber ifi nid)t wertl), ta^
er einen beutfd)en Äopf l)at" (u. f. m.)
„Sifi bu ein I)eutfc^er? marum benn
mu^t bu ein iffielfc^ ^aar tragen? 2öa=
tumb muB iicii ^aax alfo lang über bie
©c^ultern t)erab^angen? marumb miUfiu
ti m<i)t furj bef^neiben auf bcutfc^e
SZBeife?" Unb t>om ©art: „2>a beine
23orfaf)ren e« für bie gröf tc 3«i^be ge^al=
ten t)aben, fo ftc einen rec^tfAaffcnen
Sart hatten, fo mollet \i)X ben rcelf(f)en
unbeftänbigen Starren nac^ alle ÜJlonat,
alle 2Bo(f)en eure 93ärte beropfcn unb be-
fc^eeren, befummeln, be^u^en, ja alle
Sag unb SDJorgen mit Sifen unb ^euer
peinigen, foltern unb martern, jiefien unb
jerren laffen? jeM mie ein 3irfel —
Särtel, je^t mic ein (g^neden — Särtcl,
balb mie ein Su^öf'^ou^n — Särtel, ein
Setter — Särtel, ein 8pi| — 99artcl, ein
Smaitafer — Sdrtcl" (u. f. m.) „3^un ift
eure meijie €orgc, fobalb i^r morgend
aufgefianben, mie ii)r ben 93art rüfien
unb jufdjneiben möget, bamit ihr »or
jungen Siarren unb Sappen fönnt burdh*
mifdien. D i^r SBeiber^iWäuIer! 31)t Un»
hörigen. 3" i"«" ßöffelja^iren gebt i^r
jU japfcn, ju triücn, ju ropfen, biä bie
®auä)ii)aax herausmollen; unb mann i^r
burc^ (Sunfi ber 9iatur biefclbige enblic^
erlangt l)abt, fo mi^t t^r il)nen nid)t
Starter genug, bis i^r fte mieter »ertrei«
bet! 3hr ©art = ®d)inber! 5f)r Sart*
Sd)neiber! 3^r 33art=®tu^er! 3^r 93aTt=
3maderl 3t)r Sart^^olterer ! 3^r Sart^
ffiippercr! u. f. m. Unb com $ut fagt
er: „2öic oiele Oattungen t>on ^ütcn
i)abt it)r in mcnigen 3al)ren nid)t nac^*
getragen? 3e^t ein ^ut mic ein 5lnfers
bafen, bann mie ein 3uder^ut, mic ein
Garbinalebut, bann mie ein @d)Iappl)ut,
ba ein <Stilp Sblen breit, ia ein €tilp
fingere breit; bann »on ®ci§cnt)aar,
bann ton ,^amecl«haiii, bann oon QSibcr«
haar, t>on *Jlffent)aar, öon 9iarrcnf)aar;
bann ein |)ut als ein ©c^mar^mälber
^äf, bann mic ein ^oüänbcr Ää§, bann
mie ein DDJünfier Ää§." 2öam« unb
^ofe: „Unb möd)te mancher meinen, et
fe^e einen Äramlaben aufgethan ober
in einen ^aternoftcrsöaben, fo mit man«
cherlei 5^arben oon ?Je|lcln, Sdnbeln,
3»eifclfitiden, Schlüpfen unb anbcren,
fo ftc favores (8icbe«pfänbcr) nennen, ftnb
fte an •^»aut, an ^ofen unb 2Bamd, an
ßcfb unb Seel behentet, blcfd)lefet, be»
fnöpfet unb belaben." 8o bel)anbclt er
auc^ bie anbern Seile ber Srad)t.
Scfonbcrer 3?eliebt^eit erfreuten fid)
bic fran^öjif^cn ©tulpfiiefel r>on
au§erorbentli<^cr Sßeite. unten mit brei*
tem 'Spornleber unb mit f^meren, raffeln»
ben ßeberfporen, fomie bie meitfiul«
pigen, langbefranjtcn ^anbfd)u^c unb
bic lebcrnen Überjic^mdmfcr, Eurj-
Zxaä)t
691
fä)0§i9, mit 5irmcln ober ttJenigflcng
mit 9lrmlöcf)crn ücrfeben.
Qtbcr aud) bie grauen hatten i^rc
6ittenricf)tcr. ©eoxg griebtid) SWcffer^
fc^mib [agt in einet gcbrudften ^rebigt
(©ttapurg 1615) über fte: „©o laffet
unö bod) ni^t oon bcr ^Jarrt^eit abweichen,
ei^e ttir jupor bie (gitclfeiten bcr Sßeiber
in ben äu^crli^cn *ilctionen, 3;|)un, 23or*
!^aben unb Soffen entbcden unb offenbaren :
aU roie jie fxd) fo fe^r belectiten unb
bclufiigen, tiübf^ ju fagen, ftcf) mit
mand^erlei färben anjufireic^en unb fc^ön
ju mad&cn. ©ie erfül)len hai ^ntti^ mit
fcrftgblü^enb 2ßaffer, beftreictien unb jär=
teln hai %lti\<i> niit ßimonenfaft, mit
©felömilc^. @ic erf)alten fxd) mit 9flofcn=
»affer, 2Bein unb QUaun. Sie gebraud^en
ftct) ber Sragant^Säfclein t>on Duitten^
fernen, beö gebranben iBein«s, be^ unge=
löfcftten ^alfe, itincn ein rcdjt öoüfommcn
S8leiwei§=ÄäIbleiu ju präpariren. — @ie^c,
ba »erben gefef)en auöfiaffirte Spiegeln
|RLifcn= unb ©picanarbimaffer, Sifam,
3übet{), 3f{auct)»erfc, fd)mäfenb ^uber
üon Qlloeö, Pipern, ©tabmurj, ©c^mal«
fügelein, iöifamfopf, SWuöfatnüffen — —
— ha fiet)t man ®träl (Äämme) , Spie-
gel, Dl)renlöffel, ^aareifen, ^»aarfd^ären,
?lupfjtt)cingtein unb Pfriemen. S)a flehen
Scfeäittilcin, 33üct)ö(ein, irbenc ®ef($irlein,
gldferne 5läfd)lein, Scfiiffelein, Scbärb^
lein, ^öfclein, Stjerfc^aalcn, 2JJufd)eln,
gcfpicft unb auögefüüt »on aUer^anb
^fläftertein unb Sälblein. — 2)a
tritt bie 9U?agb herbei, bie |)aarbögcn ju
rüfien, if)nen bie ^iofen unb 9tejlel ju
binben, bie ^aarfc^eibel ju machen, bie
^aax re(f)t ju orbnen unb verteilen, fte
einäufcftmiren , bie Qlc^feln ju jiel)en unb
einjutialten, um if)ncn baoornen unb ta'
hinten ju f)<!U«n . i'ie Pantoffeln unb
Steljenfchuhe beijutragen, bie i^^'tten ju
erheben, ben ©chmeiff (bie Sd^leppe) ju
er lupfen." —
„I)a tritt bann ^xan 33enue; herein mit
»ohiaufgepu^tem Äopfe, mit aufgelegten
Sßii^dhen, mit auf ber Seite aufgebunbenen
Jörnen, mit gelben, braunen, blauen, grünen,
fd)»arjen, mei§cn^aarpedhten, mit gütbnen
SBinben unb ^loren, mit iWaöfen, mit Samen,
mit iJi^^fi^^üfdjen, mit einem ^uth, ta^
rauf ©tiefften, SWebaglien, ober pergülbten
ÜKün^en; mitneugebacf)en, fantafltfcfeen
©offen: mit 2lrmbanben um ben 51rm, mit
biamantnen [Ringen an ben ^Jins^'^" > >"'*
Letten um ben ^al§ unb ©ehenften an
burcf)löd)erten Dhrcn; mit IRägelöblumen
(Steifen) »ohl offtcrmalen in ber rechten,
mit SRofcn in ber linfen ^anb. 5(uf foI(f)e
S!)Janier, nun herauägepu^t, ba fommt fte
eben recht für, »ic eine 5alfd)e unb ange»
firidhene Sfabeüa. — Söeitercö jur gröferen
3ärtIi^Eeit trägt fie feibne ober Don ®olb
gepcfte ^anbf(^uh; ju Sffiintet^jeit ein
Scf)Iuffer Don So^el, ben Sommer burd)
einen äöinbfahnen ober S!}iücfcnfd)leid)er.
2ßaö motten mir nun aber oon ihrer ^aU^
jierbe trjä[)Ien ? »ic fiel i<^ bereu gefehen,
melche Äragen tragen, bie oiclmehr für
Äarrenräber ju f)altenb fet)nb? Unb i^
mei§ nid)t, »ie fte ftch bafür jeidhnen
(befteuäen) fönnen. Unb obfd)on bie SadE)e
mehrere nid)t »ertf) ifi, t^ut eä boch 9'lot,
Ihüren unb «Pfoten ju crmeitern, fonfl
fönnen fte md)t hinein. 2Iud) ftcht man
j»ar, ia^ fte monatli^cn fold)cr Ärägen
formen, »cränbern unb changiren, metche
*Beränbcrungen bann offtermalen mehr
fofien, aU mo{;l biöweilen ein gan), nemcä
Äleibe. Unb i^ mci§ eine ^erfohn, bie
hat für einen biden Äragen fünfjig Äronen
fpenbirt; ifi jmar für einmal genug. 9^un
fragt ftd^, ob biefe« nid)t 2Bürfimgen ber
3Jarrf)eit fein, melche folchcn ßeuthcn cö
berma^en fo fü§ einrebet, ia^ fte fic^ bürfen
bereben, fte flehen beflo beffer, je mef)r fie
mit bergleid)cn parfümirten Soffen aufge*
jogen fommen."
SWit ju biefcn Sor^eiten ȟurbcn ben
grauen gercdinet hai fnöpfrodartig ge«
fialtete Überfleib mit langen Sd)öBcn
unb furjen ober langen gefd^li^ten firmeln,
bie üorn mit ßi^en unb Änöpfen bii^t be«
fe^t »aren, bann ber gro§e S dh l a p p h u t ,
»ie fte ihn ben SOf^ännern nad)trugen, ber
gefältelte, breitherabfaüenbe fragen unb
bieStulphanbfchuhe, fomie bie^ofen,
bie „bie hohen SDtabonnen unter ben SJlöden
trugen."
*Mu(ft bie hauöhälterifd)eÄurfürflin2Rag*
balena Sibt)lla fon Sad)fen beflagt ftc^brief*
li^ fchmer über bie Seipjiger J^riwfn (ihrem
®atten 3ohann ®eorg II. gegenüber) unb
Dr. .^öpner in bort gelangt 1641 an ben
Senat megen eineö Sdhneiberö, bcr fran=
jöftfd)e *Pradht unb ^offart oon „thcuren
^al§gen unb attcrlei .^auptgefdimud unb
anberc neue iDioben ju Stärfung bcr oer*
botenen unb »erpönten .Rleiberboffarth ju
feilem Äauf anblaffe, alfo ta^ t>on ^i^aucn
unb 3un9fi^auen ein groper Conctirsns,
gleichfam eine ÜBaQfart, ju i^m angejleHt
merbc. 2)a®ott baburdh erjürnt, bcr Dbrig«
feit ®cbot übertreten unb ber Stabt ein
grofeö Unglücf jugejogcn »erbe, . . . fo
692
Straft.
foütc bie Dbrigfcit \\)Xii ^of)en Slmtcö
^anb^abcn unb gegen bte g^ötbcrer unb
(jortpflanjcr ber üermalebeitcn Kleibers
foffatbt mit cfcmplorifc^en ©trafen »et«
fahren."
Qtucf) in SBcrfen »rutbc bie neue SUiobc
»iel gegeiielt. ^lie^^fid) 8ogau(1604—
1659) fd^reibt in feinen (Epigrammen:
„Diener tragen inögemein i^rer Ferren
Siüerei:
©oü'^ benn fein, ba§ jjranfreid^ |)crr,
25eutfd)Ianb aber 3)iencr fei?
iJreteä 2Deutfd)Ianb, f(i)äm bi^ bod)
biefer fcE)nöben Äriecf)erei!"
Unb ein anberer beutfcber ©atirifer,
Soac^im gftac^el (1618—69) fc^reibt:
„Sin ieglicf) peiteö SBort, muf je^t
franäöfifcf) fet)n;
i^tanjöfifd) IDJunb unb Sart, franjöfifc^
alle ©itten,
^ranjöftfc^ SRocf unb SBamö, franjöfifd^
jugefd)nitten.
Sßaö immer ju $ariö bie eble ©(i)nei=
berjunft
$at neulii^ aufgebracht, auc^ miber bie
SBernunft ,
25a3 mad^t ein jDcutfd)cr mä). ©out
ein 5tanäoä eö wagen,
£)ic ©poren auf bem ^ut, ©d^ul^ an
ber .^anb ju tragen,
2)ie ©tiefet ouf bem Äopf, ja ©dieüen
öor bem Sauc^,
QInftatt be« ajejielwerfä: ber 25eutf(i)e
t^ät eö aud),
93ei einem fammtnen SRocf bie groben
ßeinmanb^ofen?
SBer ^at eö fonft erbacbt, alä Starren
unb granjofen?
aiBenn felber J^eraEIit ben *piunber
foüte fet)en:
(5r lieg (mit ©unjl gefagt) tor 8act)en
(Sinen get)en."
5n ber jmeiten ^dlfte be« 5a^r[)un-
bcrtg ge^t cö in gleid)er Söeife fort. 93ei
ben SDJännern iji eä befonber^ bie fc^urj=
förmige „ Unterrocft)of e", bie im
Sßerein mit ber qSerrüdfe am meiften ange*
fod)ten mirb. SBoIfgang Dum, qSaPor
ju glcnnsburg, Iie§ fic^ um 1663 folgen^
berma§en über biefelben Perne^men:
„SBaö finb bie uncrt)örte meite SÜJiinners
^ofen, bie für einem 3a^r erfllic^ auffge:=
bracht, anberö al« abgetür^te 2Beiber-9iö(J,
e« get)en 20-30 unb md)i (Süen barein,
barauä man »or biefem jmei unb me^r
Äleiber f)at mad^en fonnen. D ber gro^
gen Üppigfeit! !Bon biefcn .^ofcn möd^te
man fafi eben baöfenige fd^reiben, voxi
üor 3>j("^fn 'oon ben 3"*^= unb S^roer«
»egenen plubrii^ten -^lofen Seuffel iji auff;
gejeid^net morben. 'JSfui), tt)ie f)at biefer
leuffel, in fo gefdt)tt)inber ®il, fo »iel
ßdnber unb ©täbte eingenommen.
'S)u Sßeiber jianben binter i^ren
Scannern in feiner SBeife jurüc!. ®ie
liegen ftdt) aümonatlid^ eme SWobep uppe
t>on ^axii fommen, um ja feine Sorbett
länger alä nötig mar ju oerfäumen ; jte
fdt)icften auc^ if)re ©d^nciber bort^in, ba|
biefe ftcfe bort über aüee oergemiffern, maö
bie Irad^t befc^Iagen fonnte.
2)er obengenannte 2BoIfgang Dum
fd^rieb meiter (1663:) „SBoüte jemanb bie
Äteibcrprad^t ber SBeibcr anatomiren,
mürbe man genug ju tt)un friegen. Äür|=
li^ unb ma^r^üfftig fann man bat»on
alfo urteilen. 1. SOßirb gefünbiget super-
fluitate, ha^ man an ©cmanb, Kammer»
tudt), Sdnber k. mef)r gebraud^t, alö bie
S^otbburft erforbert. 2. Söirb gefünbigt
sumptaositate, ba man aüertei tt)eute
©ai^en auff ben Seib leget, in ®oIb unb
©i[ber=©tücf, ©eiben, ©ammet, Qltlo«
unb anbern t^euerbabren SJBafjren ftd^
fleibet. 3. 2Birb gefünbigt novitate, bag
feine Srad^t fo neu, bunt, fraug, munber«
lidf), alamobifd), man narret, äffet unb
alamobiret immer nad^, balb gct)et man
gtan^öfrfdt)!, balb ©nglifc^, balb iRiebers
Iänbif(^, balb ^olnifd^, ja foüten bie
Surfen fommen , man mürbe mol auff
Sürfifdt) gefleibet ge^en. 4. 2Birb gcfün«
biget levitate unb scnrilitate, ba man
fi^ mit leid^tjtnniger Äleibung belanget,
bie ©lieber, fo (Sott unb bie Statur ju*
bedfen geiget, fdt)änblic^ entblöget, unb
fonfi auff anber SBeife feine 8ei(f)tfinnig»
feit an ben Sag giebet, ober anbere mit
Ä:Ieiber baju anrei^ete! —
Sßenn Dum fil) ^ier barüber beflagt,
ha% nid^t nur i?ie franjöftfdbe OJJobe na^«
geat)mt merbe, fonbcrn au^ bie aüer an^
bem ßänber unb iBölfer ©uropa'ä, fo iji
eö mol)l met)r ber Unmut, ber biefeä
fc^rcibt, aU bie Sffiafjr^eiteliebe, benn menn
auc^ ^ranfreid^ felbfi ta^ eine unb anbere
in ä^nlid^er gorm bem 5tuölanb entlehnt,
b. \). üon biefem irgenb eine 5lnregung
empfangen ^aben modijte, fo jeigte ft(^
je^t ber franjöfifd)e Srfinbungägeifi auf
biefem (Sebictc fo uncrfdböpflidb , bag er
aud) bem pu^füd)ti9fien ©tu^ertum ein
»oQfiänbigeä (genüge leijlen fonnte.
hieben ber übermagigen Sßermenbung
%xaä)t.
693
bed ^aatpuberö, bet Sc^minfc unb
ber ©d)önpfläflerc^en waren eö jc^t
bie ©c^Icppen, bie $8rujllä^e unb
„Jontanqen", bie am meinen Qtnjlog
erregten. 2)ie le^terc war ein Äopfpui}
unb rührte üon ber [d^önen gontange
l^er. Sbre Sntjief)ungäge[c^ic^tc ä«*9t fo
red^t bie überreif franEf)aftc ÜJJobefudit beö
fTanjöftf(t)en ^ofeö *Jluf einer Jagbparlie
trug nämlid) bie SWaitreffe einen fleinen,
mit ^yebern gefc^mücften $ut. ®in f)ef«
tiger SZßinb nötigte fie, ben ^ut ju ent*
fernen unb if)r |)aar, bamit cä nid)t aü--
jufe^r in Unorbnung gerate, mit 23änbern
aufbinbcn ju laffen. 2Bie nun berÄönig
bie (Snben unb (£c£)Ieifen berfclben im
SGBinbe flattern fat), tuarb er [oentjiidt, ba|
er bie Trägerin bat, fo ju tierblciben.
Sfiatürlict wußten bie übrigen ^ofbamen
nid)ts eiligere^ ju tun, alä fd^leunigfi
ben jufäfligen $u^ il)rcr ilonfurrentin
nad)juat)men, unb fo fonnte eö nid)t
fct)len, ba§ ber ÜJJobewcIt hai neue ®lü(f
in furjcr 3«it jugetragcn würbe.
3m 3al)re 1689 erfdiicn gegen bie Fon-
tange ein ®^riftci)en, hai an S)crbl;cit
ber ©prad)e nic^tö ju wünfc^en übrig
Ia§t. Sä ijl betitelt: „Der gedoppelte
Blasbalg der üppigen Wollust, nemlich
die erhöhete Fontange und die blosse
Brust, mit welchem das alamodische und
die Eitelkeit liebende Frauenzimmer in
ihrem eigenem und vieler unvorsichtigen
Manns-Personen sich darin vergaffenden
Herzen ein Feuer der verbothenen Liebes-
Brunst angezündet, so hernach zu einer
hellleuchtenden grossen Flamme einer
bitteren Unlust ausschlägt Jedermännig-
lich, absonderlich dem Tugend und Ehr-
barkeit liebenden Frauenzimmer zu guter
Warnung und kluger Vorsichtigkeit vor-
gestellet und zum Druck befördert durch
Emestum Gottlieb, bürtig zu Veron."
©ine jweite erfd)ien ein 3at)r fpäter ju
iJranffurt: „Die verabgötterte Fontange
im Gnadenschoss des Königs von Frank-
reich verblichen, jetznnd aber auf den
Häuptern des Frauenzimmers in Teutsch-
land wider lebendig worden, von F. L.
von Hohen-Uffer". S)er auegefprodjene
ßifer unb ber mä)t ju ferfennenbe gute
SCBifle blieben aud^ t)ier ot)ne Srfolg; bie
Fontange ert)ielt ft4 biö um 1720, benn
jte War franjöfif«^ unb ein im ^a\)x 1689 ju
®et)er«bergf erf4)ieneneö ©d^riftc^en fagt
mit Üfle(J)t: „®äi ijl ja leiber! mel)r alä ju
fc^r bcfannt, bü§, fo lange ber j^ranjofen«
Sleuffcl unter un« Xeutf<^en regieret, wir
unä am öeben, ©ittcn unb (S^ebräuc^en
alfo öeränbert, hü^ wir mit gutem iRed^t,
wo wir nid^t gar naturalifute ^ranjofen
fetjn unb t)ei^en wollen, ben Dtamen eineö
neuen, fonberlid^en unb in i^ranjofen Der=
Wanbelteeißolf bcfommen tonnen, ©onfien
würben bie granjofen bei ben leutfdben
nid^t äfiimiret, f)eute ju Sage tonnen wir
nidtit obne fte leben unb mu§ alleö fran?
jöftfi^fein. ^ran?iörtfd)^@pract)e,fvan^örifd^e
Ätciber, franjöfifcfce fcpeifen, ftan^öftfiier
^aueratt), fran.^öfifd^ Sanjen, franjöfifc^e
SDiufif, franjöftfcfee Äranfbeiten , unb ic^
befabre, es werbe auc^ ein franjöfifc^er
Job barauf erfolgen, weil ja bie ^ieburd^
ticrübtcn 6ünbcn nic^tä anbera progno«
jlijiren 2)ic meifien bculfd)en |)öfc
ftnb franjöfifdb eingcrid)tet, unb wer beut«
jutage an benfelben uerforgt fein will,
mut franjöfif^ tonnen unb befonberä in
^ariä, welcf)ee gleicfjfam eine Ünioerfität
aüer 8etd)tfertigteit xft, gewefen fepn, wo
nid)t, barf er fid) feine Diec^nung am^ofc
mad)en. Snbeffen mod)te bies nocft tjin«
gcf)en .... *Jlllein bieö ifi aud) bi« auf
'4>riüalperfonen, unb biö f^n bem $öbci
getommcn, unb man barf fidb nur in ben
©tobten umfel^en, fo wirb man finben;
alleö ift franjöftf^."
„*ffiill ein 3unggefell t)eute ju Sage
bei) einem grauenjimmer attresse ()aben,
fo mu§ er mit franjöfifcf)en gütigen, 2Befien,
galanten ©trumpfen u. f. w. angefiod)en
fonimen. 2Benn biefcä ift, mag er gleid^
fonj^ eine frumme |>abid^tö=9fJafe, Äalbeö«
'klugen, 33ucfel (ober wie e« anbere, bie
bergleid^en »^erfonen affectionirt ftnb, t)obe
©(^ultcr nennen), SRaffjäl)ne, frumme Seine
unb bergleici)en baben, fo fragt man ni^tä
barnad); genug, ta^ er fic^ nad^ langem
Semen a la mode frans fteüen fann. !}Jian
bält i|)n für einen rcdt)t gefdbicftcn Äerl,
ob er gleich nidf)t für einer glebetmauä
erndition im fiopff, unb anfiatt be« ®e«
^irnö |)ecferling bat. 6^ ift unb bleibt
ein Monsieur, beforau« wenn er etwa«
wenige^ parliren fann."
Unter fotanen Umflanben l)ielt eö fc^wer,
ja eö war ganj unmöglidb, burd) eine
dunere ÜJJadbt bem Unwefen (5int)alt ju
tbun. ©elbft bie ^odbobrigfeitlid)en ©rlajye
biefer 3tit treten weniger mebr gegen bie
%xaä^t felber auf, als gegen bie 25 et«
m i f db u n g b e r '•£ t ii n b e. iDicfe foüen auö«
einanbergebaltcn werben, alfo, i>a^ man
fie erfenne in ibrem äußeren 5tuftreten. 2)aä
War ii, wcii ber ^of unb ber 'ilbel wollte,
tx>ai aber bie anbern «Stäube eben t)atten.
694
Itadbt.
S)tc ©tanbeßunterfc^iebc tvaxtn bic ^aupt«
tricbfebern biefer Äonfurrenj auf Seben
unb Job, inbem bic einen ftc mit QÜer
SJlübe wiebcr^erpeücn, bie anbctn »et«
n)i[c^cn tt)oOten.
3n biefem Sinne erldpt ©eorg I. ton
©adifen [i^on um 1612 eine 93etorbnung,
bic jebem @tanb biä inö fleinlid^jte cot^
((ftreibt, iraö er tragen barf unb »aö nid}t,
tt)ie inel Qmq, ju biefem ÄleibungöfiüdEc
Berwenbet nierben bürfe unb wie öiel ju
jenem unb mie jebee! ßeug ju fdineibcn, ju
ju jieren unb ju tragen fei. 2)a erhalten
i|re 9Sorfcf)riften: „Sie »om 51bel unb
tai abelid&e grauen^immer; $rofefforeö
»nb SDoctoreö auff ben Unißerfitäten. S)eren
Söeiber; ber S)octoren 2;öd)ter; |)offbiencr
fo nit grabuiret, 3tem ©ecretarien; Tla-
giPri; ber ^offbiener unb ©ecretarien
Sßeibcr (unb „iljxi. Softer"); Pfarrern,
SBcibcr cnb Äinber; ©tubioft; ©c^löjfer,
Oimtoögte, SBcrmaltcr, SBürgermeijler onb
SRat^gocrmanbten (SCRannä* r>nb 2Beibgpcr:=
fönen); beren ©ö^inc; beren aSeibcrn, 3ung=
frawen; oon ^anbclälcuten, Ärametn tnb
tiermögenben Sürgern, fo nicf)t öon jbrcm
.^anbmcvgc, fonbern eon \\)nn ®ütern,
(Rent^en ober anberm bürgerlid)em ©emcrb
Ißi) atlein ernebren; beren ©öbne; Sßeiber
»nb Södjter; ®emeine Sßürgcr, ^anbrnergö»
leute onb ©efcüen; ©emeinen 33ürger onb
§anbtticrger SBeiber »nb Softer; ^anb=
»erger in 23orftabten; Sorfiäbter, fo eigene
Käufer l)aben, auc^ bie $falbürger; ©icnfi«
boten, Äned)ten unb SWögben; ber 93amer§«
mann beneben Söeib fnb Äinbern . . . ."
3m 18. ^abrtjunbert — um auct)
biefeö ber Söoüfiänbigteit millen nod) furj
ju berübren — blieb grantreid) tro^ feinet
fittli(f)(n 3cifaQ^ö immer nod) ma^gebenb.
üioii) unter ber [Regierung ßubmig XIV.
trat für bie mannlicbe Äleibung ber
6f)araftcr ber ^altcnlofigfeit ein. jDcr
SR od »urbe balb etwa« enger getragen,
balb weiter unb ganj geöffnet, na^ bem
Sobe ßubmig^ ganj ober iialb jugefnöpft.
SDie ©tu^er liefen ibn »on ber laiüe ab^
martö mit berbem ©toff ober mit gifcb»
bein glodenförmig auöjieifen, mai bii
jum *}lu^gang ber iBierjigeriat)rc beliebte.
3)er Äragen blieb meg, bie iärmel ert)ielten
einen breiten Überfd)lag. t)er 93efa^ blieb
ein teid)er. 5Die SBcj^c »etlängcrte ftd)
»ieber bis jum .^nie. I)ie Ob erfreu*
fel^ofe oerengte ftd) mieber unb bie
©trumpf^ofe beftanb meifi au« meiner
©eibe. *illä ^"Petleibung griff man
gum © d) u ^ mit ©cibcnlaf^cn unb ©pann»
fc^natle. I)ie (Per rüden würben bcbcu«
tcnb einfacher.
2)ie $D amen Welt ocräic^tete auf ben
übermäßig aufgetürmten Äopfpu^, ba 1714
ber Äönig an jmei ©nglanberinnen ben
„nieberen" fo reijcnb gcfunbcn, ia% et
ftc^ äußerte: „2Benn bo^ bie franjöftf^cn
2)amen nur fo fcrftdnbig mären, i^re
läd)erlid)e Coiffure gegen jene ju »ertau»
fcben". Unb eben bur^ biefclben fam
aud) ber fleine SReifrod mieber ju ßf)ren,
ber balb einen Umfang »on fteben unb
mcfir ^u^ erreichte. Um aber bie © d) l cp p e
bod) md)t JU entbehren befefiigte mon
rüdlingö jmifdben ben ©d^ultern ober an
ber SLaiüc eine cntfprec^enbe ©toffmaffc.
5Der Oberleib jiedtc in einem engen Seib*
c^en, ber ^alöau^fc^nitt mürbe tiefer. 33e«
grciflic^ ert)ielt jebe« ©tüd einjeln micber
feine befonbere Durd^bilbung.
2)cutfd)lanb fu^r fort, tai neuefie
nacbjuabnien. Unberül)rt blieb baoon
pd)jien« noc^ etwa bie ßanbbetölfcrung,
bie einesteils bic ÜRittel nid)t batte, fol«
d)en „©taat" anjufd)affen, anbernteilS bie
3eit nid)t, ibn ju tragen unb ju pftcgcu.
2luc^ mar bei bem 5lbpngigfeitö»erbält*
niS, t>a^ jmifdjen ©tabt unb ßanb ju
(Sunftcn ber erfteren oiclortS noc^ ^errfc^tc,
bei bem le|tercn bie 5lbfc^eu cor ber
„fiäbtifd)en" SDJobc f^on allein ücrmögenb,
ftc in S[RiPrcbit ju bringen, ©o ging bei
aRobe = „Teufel" feinen ®ang tro^ ber
immermä^renben Eingriffe, bic er aud^
je^t JU erbulben batte, namcntlid) »on
©eite ber frommen, bie an ber ^anb ber
33ibel baarfd)arf nacbwiefen, ba^ biefe
SD?obe nor ©ott ein ©reuel fei. @o bic
©dbrift: „Inversns DecalogüS Mundi.
Das ist : Die verkehrte Welt. Oder zehn
Hanptlaster der heutigen Welt. Wider
die H. Zehn Gebote Gottes, Sehr an-
muthig und Instig zu lesen. Nebst einen
angenehmen Valet der Welt, Vorgestellet
von Einen Weltkündigen Liebhaber der
Wahrheit, Nahmens B. F. H. Gedruckt
im Jahr Christi 1712." u. a. m.
2)Jet)r unb mcbr wid) aud) in ben öji«
lid)en ©taaten aller 2Biberftanb; felbfl
SZBien erfdjlo^ fid) nad) bem ?lblcbcn
Äarl VI. ber jemeiligen SlRobc immer me^r,
unb in ber jmeiten J^älfte beS 3a^rf)un»
bertö mar faum ein beutfd)er ^of ju fin«
ben, ber nic^t nacb franjöftfdbcm SlRufict
cingcrid)tet gemcfen märe, ©clbfi bai
3ubc^ör an 3<'9ben, ^^t^tn, Opern jc.
montc Äciner mct)r entbehren. 95oran ging
©ad^fcn unter Qlugufi I. unb II. unb
Srauerficibcr — Zxintböxntx.
695
bcm ©ünftling beliebteren, bem®rafcn
Don 93rü^I, ber einen eigenen ^^offiaat
unterhielt mit jatjllofen ^auöbeamten,
(j. 93. brei^ig Äöc^en), für bie er bic Älci*
bungöpücfe biö in'ö Äleinjle auö *Pari^ be«
jog. 2)ie Sac^fen galten ba^er mit SRed)t
aU „bic ^vanjofen in S)eutfd)lQnb."
2>ie *pra<^tliebc beö erflenprcuf i f cfeen
Äcnigei, ^vicbrid) I., ift betannt. *Jtnberö
t»etl)a[t fid) ^ricbri^ Sßilbelm, ber bei
feinem SRegierungöantritt (1713) 88 5lam.
mer^errn unb 5at)Ireid:)c anbere Sebienfiete
entließ unb baburd^ unjweibeutig ju er=
fennen gab, meffen man fidi'ö bei if)m ju
»erfetjen i)abi. (5r felbfl trug einen brau=
nen SMocf (^abit) mit englifdben Qluffdölägen
unb eine rote, mit Silber borbierte 2Befte,
Bon 1719 an eine fct)mu(fIofc Uniform.
S)ie 2Bolfenperrüde üertaufci)te er i^uerft
mit bem einfachen „SDf uff er", ober „ÜJJir--
leton", entfernte aber aud) biefen balb
unb flocht bie eigenen ^aare in einen
3opf, maö er aud) auf fein |)cer über«
trug. (Sein ganjer ^of, ®emal;tin unb
Äuiber inbegriffen, folgten feinem 93eifpiel.
^ud) in meiteren Äreifcn blieb fein *Bor=
gelten nid)t obne (Sinfiug, ba er tlug ge»
nug mar, nid)t burc^ ©rlaffe, bie bod)
nid)t auöjufübren waren, fid) ju blami=
ren, fonbcrn bie 4>offart felbfi burdb it)rc
SDarfteüung. <Bo fül)rtc er ber franjöfifd^en
®efanbtfd)aft, bie auä brci§ig *Perfonen bc=
jianb unb beren (£influ§ bei ^ofe er bre=
d)en moüte, bei einer SRceue ganj uner*
märtet bie *Profo^en ber iKegimenter in
franjöfifd)er Sradit oor mit möglid)fier
Übertreibung — in riefigen ^üten, mit
^ebern bebedt, in Of^öcfen mit übergroßen
5luffdilägen unb mit gemaltigen ^aarbeu^
teln. I)ae tl)at gute SBirfung, um fo mcl)r,
ba ber Äönig balb barauf aucfe allen al^
„infam" SrHärten ben ^aarjopf obfc^nei«
ben unb bie ^Perrüde auffegen lie§. ®o
wählte er aud) für feine luftigen SRäte
immer baejenige nuö, maö er lä^erlid) ma-
(ften moHte. ?luf biefe SBeife brachte er
bei ben'fflannern eine folbatifd)e Äleibung,
ben fnappen, abgcfd^rägten, blauen %xad
unb ben breiectigen |>ut ju jiemlid)er
QSerbreitung, S)ie große ^errücfe blieb
nur x\oi) bei ÜJliniftern, SRaten, Doftoren
unb ©eifilicften, mürbe im übrigen burd)
ben „Sltuffer" erfe|t. 2ßcr fic^ mit bem
3opfe nid)t befreuuDcn fonnte, fräufelte bie
^aare über ben Dljren ju tleinen 9iunb=
mülften auf. 5l5orftedärmel unb 6ct)ürjen
würben gebraud)t, „3abot" unb ÜJianfd^et»
ten üon ben ^emben getrennt be^anbelt.
überhaupt ging oon "Preußen ein neuer
®eip ber (Srnüc^terung unb ©parfamfeit
auei. 2Beniger glüdlid) mar ber Äönig
mit feinen SReformplcincn bei ben grauen.
2)iefe, anfängli^ fd)üd)tcrn na^gebenb,
entfd)abigten fid) für bie bcjd)ränfte (Stoff*
füüe burd) bie ^Ui^fiattung mit tö|llid)en
©pi^en, unb als ^riebvid) 2ßilbetm ftarb
unb ^riebrid) II. ben Jbron beftieg, ner*
fielen ftc mieber üoUftänbig bem •?)ang
na^ ber franäöftfd)en SDJobe, wie aud) bic
ÜJIänner, tro^ bem militärif d)en ©e*
präge, baö if)r Sluftretcn behielt, für ben
franj^öfifd^en ©influß mieber jugänglid)er
maren, um fo metir, ia ber neue Äönig,
menn aud) nid^t ein ^rcunb ber franjö*
fifd)en 3;tad)t, fo bo* ein SSere^rer ber
fransöfrfd)en Silbung mar unb bie fran«
jüfifd)en®elel)rten an feinem ^ofe flct^ gern
gefcben unb gelitten Waren. S^*^^"! ^^"^
§riebrid) Diel ju febr mit feinen wcitge-
^enbcn*piänen bcfdjäftigt, ale! t>ü^ er ben
fteinlidien Streit um ben ,.%xad ber 5rieb=
rid)=2öilbelmöä5)tänner" t)atte aufnef)men
unb weiterführen mögen. 3^ feinem 'Ml*
ter fprad) er fid) wobl bie unb ba fd)arf
gegen ben mobifd)en Äleibcraufwanb auä ;
(i gefd)al) baö aber mebr nur in einer
<}lnwenbung feiner eigenftnnigen ^errfd)ers
laune unb blieb barum aud) ol)ne ©rfolg.
^ranfreid) ^attc mit feiner OJiobc ju (Jnbc
teei 3a^rt)unbert^ bie 3BeIt erobert, unb
eö bel)ielt fie, biö c(S il)r mit bem ©d)Wertc
in ber .^anb aud) bie „J5reil)eit" bringen
wollte. 5Der *Uuögang be« Kampfe« ifi
befannt: S)aö alte (Suropa würbe in fei*
nen ©runbfeficn erfd)üttert. S)ie alten
©taatöformen fielen mit it)ren becngenben
iBorfc^riften unb 33erorbnungcn unb mit
biefen fiel aud) ber (äegenjianb, ben fte
befämpft, bie franjöfif d)e Srad)!. fHaä)
SB eiß, Äoftümfunbe.
Stanerllcibcr, S)ie Srauerfarbe ber <MI=
ten war SBiolett. ilBittwen üerbüQten um
1350 ben Äopf na* «Ronnenart, trugen
bunfleä Äleib, weißet ©Eapulier mit ge=
ftidten ober gemalten fd)Warjen J^ränen
unb einen ©trid a\i ©ürtel. Um 1500
fam bie fd)Warje Jrac^t auf, Welcfcc bic
ftiinbige blieb unb nur nod) in il)ren 3"'
tbaten — 23inbcn, ü)iü^en, ®ürteln unb
©^leier — oariierte, bie balb weiß, bnlb
fcbwarj getragen würben.
Srinf^örner waren neben ber l)obIen
^anh wobl bei allen Golfern bie crjien
Srinfgefäpe. Stuc^ bic ©crmanen liebten
ftc unb boten fic bei it)ren ^^f^^" fleißig
i)crum. 3n einer Seipjiger Sammlung
696
Srifian.
finbet fxd) ein t^öncrne^ Jiinf^otn auö l>er
Sronjcjcit.
hai Oottfrieb üon ©tra^bur^ i)ins
tertaffen ^at. SDie Sage tft «ic biejcnigc
bc3 5lrtu6 eine britanifcbe, fcf)eint ober
im ©egcnfa^e ju bicfer, tt>cl(^e einen l)u
ftorifi^en ^intevgrunb £)at, mebr mptbifcber
Statur ju [ein; »ie biefelbe, o^ne 3>i^eif«I
burdt) normannifdi cn9U[d)e ©änger, in bic
norbfvanjöfiWe ßitteratut geriet, ifi nid)t
aueigcmittelt; ebcnfowenig ^nb bie [ranjö=
fifdren @ebid)te er^)alten, aus bcnen (Sott;
frieb feiner eigenen 5lu«fage jufolge feine
@efcf)i(fttc cntnal)m. ©ine SBetbinbung ber
Strifianfage mit ber 5lrtuö* unb ®ral=
fage ifi nur febr ciuBertid^ ^ergejieüt morben.
fUucf) baö unterfcf)eibet bie Srifianfage »on
ber ?lrtuöJ unb ©nüfage, ta^ jene üon
»orn^ercin eine 8iebe«fage ifi, äbnlic^
ben ©agen non ^pramu« unb S^^iäbe,
^ero unb Scanber, iRomeo unb 3ulie. Son
ber Scliebtt)cit, rcclcber fic^ bie Srifianfagc
im SOUttelalter erfreute, geben namentlid)
üerfc^icbenc bilMid)e Sarfteüungen ^iu%'
nxi, fo ^reefobarfieüungen auf bem ©rtiloffe
(Runfel^ein bei 33ojcn, ferner mcf)rerc Zip-
p\ä)i, ein gcfd)nit3te0 (I;Ifenbeint'äftcf)en u. a.
^00 ®ebid)t ©ottfriebö beginnt mit ber
®efc^icf)tc ber ©ttevn bes gelben, iH i » a li n
unb Sölanfdbeflur; »elc^ leitete bie
©cbmeftcr beö Äönigö SJarfe non Äurnciüal
ijl; ber SSater ifi i^on einem ^^einbe befiegt
fürs Bor, bie Tlixttix bei ber ®eburt bea
©öbnieinei gefiorben, taQ nun uon bem ge-
treuen 9Wari'd:)an beö 93ater^, SRual, alö
beffen eigenes Äinb ju fid) genommen unb
aufcrjogen rt)irb. fRornsegifc^c Äaufleute
entfüt)ren ben Hjabritien Änaben, an beffen
©cjtalt unb ©egab'ung fte ©efallen gefun^
ben, mit fr*, fe^en \\)n inbe«, burct)
einen fd)redlid)en ©türm jur Ocrfenntniö
ibrer JRaubtbat gcEommen, mieber ane
ßanb. iBon jwci'^Jilgern begleitet, trifft
er jufätlig auf bie ^ü%tx feine« iljm un=
beEannten D^eime ÜJiarfe, beren ßob er
ft^ burd) feine meifterlidien Sägerfünjie
gewinnt; üud) ber Äönig felbft fübtt fic^
fo ju bem 3ü"Slin9« ^ingejogen, ta^ er
it)n ju feinem Si^S^^^^'P^^ ernennt, ja
ibm, nad)bcm fener fic^ aud)jm bö<^lien
(ärabe ber ©prad)e unb beö toaitenfpieleä
funbig ermiefen, gerabcju feine 5teunbfd)aft
antragt. 93ier 3abre fdjon hält fid) Sri^an
an Ötartee'^of auf, alö fein ^(flegeoater
IRual nadb mül)feligen SlBanberungen, bie
er um 3;rijianö n)ilien unternommen bat,
ben ©rfebnten finbet unb DorÄönig üWarfe
bag (Rätfei feiner ©eburt löji, Vorauf fi^
biefer bereit erflärt, (Srbüater fcineö D'leffen
fein jumoüen. ®r folgt SriftanöSd) wert =
leite, bei tt)el(f)er ©ottfrieb Sßcranlaffung
nimmt, in einer berühmt geworbenen f laffi«
fd)en ©teile fein Urteil über bie bebeutenbften
beutfd)cn böfifd)en 5Did)ter au«äufpredben.
SRac^bem SOiarfe feinem iReffen nerfproiien,
t)a^ er feinetmegen unüere|)cli(^t bleiben
motte, febrt bicfer in feine ^eimat ju«
rücf, radbt feinen SBater, übcrgiebt aber
fein tttiebergewonneneö ßanb feinem gc»
liebten 9iual unb fe^rt ju feinem Dt)eim
tDiarfe jurüdE. ^ier i(i foeben ÜRor olt
üon 3rlanb erfcl)iencn, um für feinen
©cbmä^er ben feit mehreren 3«^'^^^ ^uf'
erlegten 3*"^ unb brei^ig eble Jünglinge
jU b^ifd)en; irifian benoegt feinen Dbeim
ben ßinö JU weigern unb bejlebt ben in
biefem %a{li auebcbungenen ß^J^^f^mpf
mit SKorolt; jmar befiegt, erf^lägt et
biefen im jmeiten Sßaffengange, nad)bem
er freilieb im crficn aSaffengange burci^
SOtoroltö »crgifteteö ©cbi^ert eine SBunbc
erhalten, bie nacb SDloroltö eigener 5luös
fage bloö burc^ beffen ©cbmefter 3fot
geseilt werben fann. 5Da infolge beö
ilusgangö biefeö Kampfe« 3rlanb für
Jrijian »erfc^loffen iji, frebt er jtcb ge*
nötigt, als ©pielmann »crfleibet jeneö
ßanb ju betreten, wo e8 if)m wirflic^
burdb feine ßiji gelingt, bei ber Äönigin
@inla§ unb t>on i|r Teilung feiner SBunbe
ju erlangen; al« Sntgelt bafür bat er
bie 2;od)ter ber Äönigin, bie junge 3fot,
in ©aitenfpiel unb ©pracfcen ju unter«
weifen. i)tad)bem er ju SOtarEe jurüdge*
Eet)rt, ftebt ftcf) biefer auf ben SRat »on
Dteibern Jriftanä unb auf- beffen eigenen
9iat bin, Deranlaft, an eine Serebeli^ung
^u benEen, unb jwar, wieber auf Ürifian^
SRat ^in, mit ber jungen 3fot. iRatürli^
Eann Eein anberer alö Srifian felber ber
Srautwerbcr fein, unb eä gelingt it)m nac^
fielen Qtbcnteuern, worunter aud) ein
2)ra4)enEanipf erfd)cint, bie ©inwitligung
JU ert)alten. ^ux ^eimfat)rt gicbt bie alte
Königin ber 2od)ter ibre 3li\td '-Örangaene
unb juglcicft einen SDHnnetranE mit,
welcfeen ©rangaenen, nad)bem ficb Sf"*
unb SOJarEe in öiebc »ereint l^ätten, biefen
ftatt SBeineö fcbenEen möge. 2öal)renb
bie SReifenben einmal Dtube galten , unb
baä 23olt ficb äui' (4rlujiigung an baö
ßanb begeben bat, befucbt Srijlan bie
Königin unb beget)rt wä^renb beö S^^^'
9efpräc^ö ju trinEen; t>a rcicbt i^m eine
ber anwefenben 3un9frauen unwiffentUd^
Irojanifc^cr .^tict^ — £ruhe.
697
jcne^ ®cfäf; Slriilan bietet c^ juerfi ber
Petrin, bann trinft er felber, unb fofort
crwacbt in beiber ^scr^en glübenbe Siebe
unb e^ nü^t nici)t^ mii)X, baf bie er=
fc^rodenc Srangacne baö ®Irtö inö ÜJJeer
roirft. JJun foTgen rerfcbiebene 5tbenteucr,
hjeldbe aüe batauf hinauslaufen, ben mit
3fot tictmäbltcn Äönig SOtarfe wegen
ber Sreuc feiner ©attin ju tdufdbcn, ttio=
bei au^er bem Könige felbfl balb beffen
3;ru($fe§, balb ein S^^^erg, ber Setvogene
t|i. önMid) überjeugt ficf) benno* ber
^önig ber Untreue feinet Steffen unb feiner
®atti'n, bod) finb it)m 33eibe ju lieb, um
fte ju töten, er pcrbannt fte. 3" ^^^
Sßilbniö t)alten fte fiel) in einer t)errli(l)en
5D?innegrotte auf, roo fie ber jagenbe .tönig
neuerbingä finbet unb, burd) eine ßifi t>on
neuem getäufcbt, beifen oergiebt. SBicberum
aber überrafcftt 5Dtarfc ia^ *^aar, worauf
Sriftan fliel)t unb in ber ^rembc eine
Siebfcfeaft mit einer anberen 3fot, 3fot
2Bei§banb, anfnüpft. 2)ie ^Dichtung
bricht mit ber (Srjäl)Iung ah, mie Jri jlan
biefer neuen ©eliebten fcfeöne ßieber ge-
bidbtct unb gefungen babe.
S)a0 unnoüenbet bintertaffenc ©ebic^t
bat jwei i^ortfe^cr gefunben: Ulridb üon
3;ürt)cim fcfericb um 1240 feine ettttaS
fd)tt)ächere unb notbürftigc üßeitcrfübrung;
er würbe mefentlid) unb mit ®lü(f über«
troffen pon ^einrieb »on ?frciberg,
um 1300. 5lut?gabe beö irijlan mit
fämtlicbcn ^ortfe^ungen oon gr. ^. p. b.
^agcn, 2 iBdnbe,' ^öreelau 1823. ««euefic
Ausgabe t>on (Sottfriebs Sriüan, t>.
[Rein t)oIb Seift ein, 2 Sänbe, Seipjig,
1869. 3?on ebenbemfelben ber Sriftan
beö Reinritt) »on ^i-'ciberg, ßeipjig.
Srojanifcficr trieg gebort jwar unter
biejenigen Stoffe bes böfifcf)en Spoö, metcbe
ber antifen Sagenwelt entnommen ftnb,
erfreute fic^ aber burcbauö nic^t ber ^Jbc-
Iiebtf)eit wie bie Sagen pon 5tenca^ unb
5lteyanber; eineöteil« fehlte eö an genügen^
ben Süueüen, benn .^omer würbe in biefer
(Periobe auf beutfcbem Soben nicbt gelefen;
anberfeitö an einem gelben, ber wie 5tencaö
unb ^lleyanber ;;um Stjpuä beö 9{ittertumö
umgebilbet werben tonnte. 2)ic latei«
nifd)en DueÜen ber mittelalterlicben Sro^
janer s®cbi($te finb S)are0 unb 35ictt)S.
9)on biefen gilt 2)arcö $brt)giuä ali
93erfaffer einer Historia de excidio Trojae,
einer furjgefaBten, flüd)tig unb in f(^Iect)=
tem ßatein gefd)riebenen (grjäblung non
ber jWeimaligen 3"fl''rung iroja'^, burd)
J^erfuleö unb burd) bie ®ricd)en, mit
furjer 2}erüt)rung ber iitrgonautenfaört,
angeblid) t>on Gorneliusi Ultpoi ine Öatei«
niid)e überfefet; ber 33ctfaffcr, nimmt man
an, babe etwa im 6. 3abrt)unbert n. St)r.
gelebt, ©rgän^t würbe 3)arc« auä ben Ephe-
meris belli Trojani eine« gewiffen 3)ictl)^ ,
unter bem fid) ein fpätcrcr ©ramw.atifer
Dcrbirgt. 5luä biefen DucUen tjat ber norb?
franjöfif(^e S)id)ter Senoit be SaintslDJore
im 12. 3abrbunbert ein gro^eö ©ebic^t
pon etwa 30000 Serfen Perfa^t, destruc-
tion de Troyes, roman de Troyes, weld)e^
feinerfeit« Queüc geworben ift für ein
beutfd)e«s 6poS beä^erbort von^ri^«
lär, liet von Troye; biefeä ©ebicfet ifi
im iUuftrage bc« funßliebenben öanb»
grafen .^ermann »on Ibüringen gefc^rie*
ben, ber taQ franjöftfd)e Original oon
bem fianbgrafen t>on Seiningen erbalten
hatte; eö fäüt alfo in ben Einfang beö
13. 3at)rt)unbertS. Ungleid) iwüfommcnet
in ©arpeüung unb 5lußbrucf atä biefc^
©ebic^t iji ber Srojaner Jlrieg beö jlon*
rab »onSBüräburg, beffen ^auptquettc
berfelbe franjöfrfdje Siebter war; Äonrab
fiarb über bem unfotlenbet gebliebenen
Söerfe, baö bann ein Unbefannter ooü*
enbete. Serüf)mter aU bie genannten Se«
arbeitungen ber Srojancrfage würbe enb*
lid) ber lateinifd)e $rofaroman beö ®uibo
be ßolumna, 9ftid)ter in 93?cfftna:
Historia destructionis Trojae, 1287 ooH*
enbet, ebenfaüö unter Senufeung beS fran*
SÖftfd^en ®cbid)te'5 aufgearbeitet. S)er
Ütoman würbe fajl in aüe €prad)cn Suro»
paö überfeßt unb in einer 9J^affe oon ge«
brudten QUtegaben »erbreitct; man bat
liberfe^ungcn inei 3tfllicnifd)e, granjöftfdjc,
@panifd)e, 6nglifd)C, 2)eutfd)c, O^ieberfdc^*
fifcbc, |>o[Iänbifd)e, !ööbmifd)e, ®änifd)e.
*}lu«i il)m entlehnte aud) ^Boccaccio ben
(Stoff äu feinem Filostrato, wcld)er bie
^auptqueüc ju Sbafefpeareö Sroilu^
unb ßreffiba würbe. 2)ic oerbreitetfie
beutfd)c Hberfe|ung fiammt t>on ^ang
2)air ober ^an« ÜHair oon 9Jörblingen,
auö b. 3. 1392 unb ift oft gebrucft wot«
ben. (Snblid) bat ein unbefannter ©i^«
ter, ber fid) betrügerifd) Jöolfram non
(Sfdienbad) nennt, im 14. 3ahrl)unbcrt
biefelbe Sage in etwa 30 000 Werfen bc=
^anbelt. ^. 2)unger, 2)ie Sage fem
trojanifdjen Äriege in ben Bearbeitungen
be« ÜKittelalterä. ßeipjig 1S69.
^ruic nannte man einen red)tecfigen
Äaften mit flad)em ober gewölbtem ©ecfci.
S)ie SSorbevfeite war nad) SBermögen mit
Sdbni^ereicn unb CWalereien gegiert. 2)ic
698
SluniccHa — lurniet.
Sltul^e biente jur SBcrforgung bcr bleibet
unb !o|ibQrer ^auögeräte, ju^aufefowo^l,
lüie ttamentlicf) beim Sranäport.
^uniccKa, eine ctwaö fürjcrc Sunüa,
bie im früheren SOJitteklter pon ber gtic«
ä)\\ä)m ©ciftlii^feit unter bcrSalmatifa
getragen »urbc. 3u Einfang bc« 9. ^ai)i'
^unbert« [cbeint fte audb im iHbenblanbe
aufjutrcten unb jwar qU Untetfleib aöer
®cifiti(i)en. S)cr SDiafonuei trug bie Junis
ccUa un^ bie 2)almatifa jugleid), bcr ©üb«
biafonuö erfiere aüein. £)ie SuniceHa war
Bio insi 11. 3a^r()unbert weif, mit oioictten
©aumjireifen oefe^t, bann mit ©olb eer*
Brdmt unb ctma mit fleinen ®ä)etlen be-
dangen, ©tele auc^ ben Qtrt. Ärönungö«
tnfignien.
Sunifa, bog crfi ärmeßofc, feit ^ugufiuö
3eit mit Qirmetn »erfc^ene leinene ober
rt)onene UnterEIcib, ta^ auf bloßem Seibe
unter bem SOIantel getragen ttiurbe.
S^urntcr. 2)ie 2;urnicre ftnb neben bcr
pfifdien 2)i(^tung ber eigenartigfte 5lU(^
brucf be^ mittelalterlid^en 3tittertumö. ©ie
entfielen ofjne 3*^6iffl auä alteren Clcis
terfpielen, ton benen ber ®efd)ic^ts
fc^rciber SRitbarb, SBicr Sucher ®cfd)id)5
ten III, 6 folgenbcg anfc^aulicfee Silb
giebt: „3ur Seibeäübung jieüten ftc — cö
ift üon ben beiben ©ö^nen ßubtrig beö
^jjrommen, ßubtüig bem S)eutf(J)en unb Äarl
bem Äat)lcn, bie 9^cbc — anä) oft Kampfs
fpiele an. 2)ann famen fte auf einem bc*
fonberö auöericfenen $Ia^e jufammen unb
Jnä^renb ringö um^er t>a§ 23oIt fi($ fd)arte,
fiürjten fic^ juerp »on beiben ©eiten gleid)
ftarfe ©c^aren »on @ad)fen, SBaefen,
5luflraftern unb Srittoncn rrie ^um Kampfe
in fcbneüem Saufe aufeinanber; barauf
tticnbctcn bie einen i^re iHoffe unb fuc^ten
mit ben ©c^ilben [\ä) becfeub »or bem Qln«
griff ber ©cgner burd^ bie ^ludjt fic^ ju rcts
ten, n^ät^renb bicfe bie J^üel^nben »erfolgs
ten; julc|t fiürmen beibe .Könige, umge=
ben non ber ganjcn jungen !F(annfc^aft,
in gefircdtem ßauf, bie Sanjen fd)tt)ingenb,
gegen einanber, unb balb non biefer, balb
öon jener ©cite jur |^Iud)t ftc^ wenbenb,
a^mt man ben rtJcc^felnben Äampf ber
©^la^t nac^. Unb eö roar ein ©(f)au«
fpiet bewunbcrnömert »negcn bee ©lanseö
unb berDrbnung, bie l^errfditen: bcnn aud)
nid)t einer üon biefer fo großen ÜJtengc unb
üon biefen nerf^iebenen Sölfcrn wagte,
ftie c« fclbfi unter SBenigen unb unter
Sefannten ju gefc^el^en pflegt, einem an-
bcrn eine SBunbe ju fd^lagen ober einen
©c^impf anjutun,"
SDiefe iReitfpiele erhielten mit ber^uf«
na^mc beö JRitterttiefcn« in ^ranfrcid^ i^re
ritterlid&c Qluöbilbung unb jmar toirb in
ben 32itbüd&crn bcr §ranjofc Godefroi
de Preuilly, 11. 3a^t^unbert, alö ber*
jenige genannt, ber baö furnier, torne-
amentum, con Iateinifd)tornare=bre^en,
hi}Xtn, menben, franjöftfd^ tournoyer, pro»
ccnjiaiifc^ torneiar, mftb, tumieren, er=
funben i)ait; eö ifi nidbt unwa^rfd^einli^,
ta'B bie Srpnbung bc« franjöftfd)en [Ritterä
barin bcfianb, ta^ er ia^ befle^enbe tanp
mäßige JReitfpicl mit bem ritterlichen
SBaffcnfampfc »erbanb, eine 93eränbe*
rung, ttjcld^e eincrfcitö baö blo^e Dflcäfpicl
bem ernften Äampfc, anberfeitg ben eben*
fall^ uralten bloßen Sanjen^ unb ©c^wcrt*
fampf bem fc^öncn fünfilcrifd)cn ©piele
näherte; ee mar gleid)fam eine iBerbinbung
bcö Janjc« mit bem Äampfe.
3n SDeutfc^Ianb wirb juerji im ^ai)t
1127 ein tomeamentum ermäfjnt, tai Rau
fcr ßot^ar bei SBürjburg abt)iclt. ©citbcm
ifi cg in S)eutfd^Ianb tt)ic in ^ranfrcid^
»öQig l)eimif^, mie u. a. tit mieber^oltcn
SBerbote ber *päpjtc bemeifen; boc^ erfolgt
bie eigentliche 5luäbitbung biefeö (Ritter»
fpieleä auf beutfd^em 93obcn erfi in ber
jmeiten ^älfte beö 12. 3afert)unbcrtö; auf
bem .Kreujjuge unter ßonrab IL unb 8ub*
iüig VII. mürben bie 2)eutfd^en noc^ megcn
it)rcr Ungefd)idlid^feit im (Reiten »on ben
^ranjofcn cert)ö^nt.
ÜJJan mu§ nun burd^auö unterfd)eibcn
jmifci^en ben furnieren ber eigentlichen
t)öfifd)en 3«it, im 12. unb 13. ^a^i^ün-
bert, unb jmifdbcn ben fpäteren furnieren
be« 14. m 16. 3a^r^unbcrt«. SBaö bie
erficren ober bie ad)tcn Surniere betrifft,
fo unterfc^ciben fi(^ bicfelbcn üon ben in
biefer Qät fef)r geläufigen ritterlidbcn
Äampf» unb (Reitfpielen, bem tjost unb
bem buhart, baburd^, ba^ bicfe jcben SCugen»
blid jur Übung, jur Äurämeil, auf ben
2ßunf(^ irgenb einer ^erfon angefieüt
werben fönnen, »t)äl)renb tai Sutnier jtetö
»oraler angefagti^. 5Daö Jurnier fanb
nid)t überall in gleicher Sffieifc j^att, bie
granjofcn j. 23. galten aU bi^iger alö bie
S)eutfd)en, mand)e ©tämme l)atten grö§erc
Sorlicbe für hai ©piel, anbere geringere
^rcubc baran. 3" =Sejiel^ung auf ben
3tt)ed bcöSurnicrg untcrfd)cibct man:
a) turnei durch lernen, mittel«
lat. tirocinium; biefc ©piele, burdb tt>el(^c
.Knappen in bie Sturnierfunp eingeführt
merben foHten, fanben unter *Huffi(|it aU
tcrcr SRittcr jiatt. 5ibcr bloö bie breile|«
furnier.
699
ten 3a^rc bcr Änappenjcit, in hjel^cn
ber Änappc kneht t)ie§, berechtigten jur
ieilname an biefen STurniercn; e«i »ar bie
3eit, h)o er, aber nur gebulbet, [c^on baö
rittctlid^e 6d^mert fü{)rte unb iai ritter-
Ii(i)e iKo§ ritt ; boc^ trug er jene^ nod) nid)t
gegürtet, fonbern mu^te eö an bcn ©attel
Rängen. Sin folc^eä Äned)tturnier fanb
auä) am läge »or ber ®($tt)ertleite fiatt,
jur *)8rüfung berÄanbibaten beßiKittertumö.
b) turnei nmbe gnot. ^n jebem
Jurniere get)örte bie Clüfiung unb ba^
SRo§ be^ (befangenen r>on üiec^t^ föegen
bem©iegcr, unb bcr ©efangene mu^teftd^
für eine »on biefem geforberte ©umme
au^Iöfen. S)oct) galt eö für anfianbig, ben
©efangenen freizugeben, 'über nic^t ade
Surniercr beoba^teten biefen ^in^anb, na»
mentlicft biejenigen nicbt, bie crbeloö im
ßanbe ^erum abenteuerten, gewanbt im
lurnieren nsaren unb fid) lebiglid) bur^
lurniere ertjielten. Um foIcf)en ßeuten
ibre iJrcube ju laffen, fliftete man gerabeju
tourniere umbe guot, jurnicre, Wo i>ai
Seutemac^cn bie ^auptfad)c mar; mer bier
fein ßöfegelb tjatte, mu^te ze den juden
farn. 5tm SRbein fanben foId)e 2;urniere
iai ganje ^ai)x ^att.
c) ber turnei darch die vrou-
wen; barunter t)crPcl)t man fottjol)! ben
auf jebem orbnung^md^igcn Sturnier
fiattfinbenben 2)amenfii^, an metd)em
namentlid) bie vrouwen ritter teiljunet)«
men f)atten, aU überhaupt folcbe Surniere,
tt)cl($c ju (Sbren unb jur ©elufiigung bcr
grauen angcftcUt mürben, ^i^o"«" ^^^'
men überl)aupt bcn lebbaftefien 5tnteil an
fold^en Selupigungen; ja e^ mirb erjäblt,
Wie fie fogar Sbiannerrüfiung angelegt unb
jum @d)impfc (jur Äur^meil) turniert t)ät»
ten. ©iefc Surnierart artete leid)t in ein
(Salanteriefpiel au^.
d) bcr turnei durch ere ij^ baöcbelftc
Jurnier; ^ier fonnten blo^ erprobte 9f{it.-
ter mit Srfolg fämpfen, ©cfangcnc mur^
ben fofort freigegeben. Sßurbcn jttiar bei
biefem Surniere, naü bei ben brei anbern
'ilrten »ermutlidb nid)t fiattfanb, greife
auägcfe^t, fo blieb ber liauptlo^n für ben
©ieger bo^ immer ber, bcr gcfcj^icftci^e
Slurnierer genannt ju werben. 5n ben bö=
fif^en ©efdjic^tcn gcfcf)icht cä oft, ba§ bei
einem foI($cn furnier eine I)ame ftd) unb
it)r ßanb bcm Sieger aU ^ui^ anbietet.
Sflacfe ben 33 e b i n g u n g c n , unter bencn
baä Surnier fiattfanb, tann man unter»
fc^eibcn :
a) ber turnei ze ernste. 2)arunter
war nid)t etwa ein Jurniertampf »crjlan*
ben, ber, fricbticb begonnen, burct) bcn
3orn bcr untcrliegcnben Partei in einen
mirflic^en itampf ausartete, wobei man
bie fiumpfen ÜBaffcn mit fd)arfcn oer*
taufd^tc, fonbern ein Surnier, hai wirf*
Iid)e ^einbe nadi gcgcnfeitigcr Scrabrcbung
mit fc^arfen Sffiaffen abt)iclten.
b) bcr turnei ze schimpfe iji ein
lurnicr mit fiumpfen Sßaffen, bcffcn .^laupt«
gewid)t auf ben burc^ taii tüniiu^c SRci*
ten ausgebilbctcn ©peerfampf fäüt; e^
f ommt l)icr »or Qlflem barauf an, mögtidjfl
fiele ©cgncr auö bem ©attcl ju heben
unb ftc jur Sicherheit, f iance ju bringen ;
ber 93eftegte oerlor baburd) feine ^rei^eit
unb cö jianb üöüig in bem Selieben be^
©iegcrö, ob unb wann er ihn freitaffen, ob
unb für welche ©ummc er ihm fein ^ampf=
3eug jurücfgcben woütc. ^m Ocgcnfa^e
ju biefem Jurnicr fleht
c) ber turnei zeschimpfemit
V r i d e ; hier fc^te man von oornhcrcin eine
ßöfefummc feft, bie ber 93ertcgte an ben
©icger ju jahlcn i)atti unb bie im Durd)«
fdhnittöwcrt ber ju i^elbc gebrachten Sur«
nierrüftungen befionb. Unter Umiiäuben
war biefc Surnicrwcifc gefährli^er aU
bie »orhergchcnbe; bort fonnte ein ebel'
mutiger ©ieger feinen ©cfangcncn unter
Umflänben freigeben; hier ücrftanb e^ ftd)
unter aüen Umpiinben , ha^ hai f orher
auögemad)tc ßöfegelb bejahU werben mu§te.
d) S5cr turnei ze schimpfe mit
vride mit kippern iji hai einjige SHittcr*
furnier, in welchem eö bcn Änappcn gc*
flattet war in ben ^ampf einjugreifcn; ba
fic inbe^ feine ritterlichen Söaffcn tragen
burften, mußten ftc ftd) mit einem cinfai^cn
Änüttet behetfeu; audh fonnten fie nid)t
ju [Roffe fi^cn, mußten vielmehr ihrem ^icrrn
ju ^uBc nad)gehen. ^^n Qlufgabc war bcn
abgcfiochencn SRitter fo lange mit prügeln
ju traftiren, biö er ®id)crhcit gelobte.
Diefe wenig höfifch« Äampfweife würbe be*
fonber^ im lurnicr umbe guot gcbulbet ; im
turnei durch ere f(iloB man ftc gewöhn«
lid) auö. 2)ic im lurnicr geübte Di c i t s u n b
Äampffunfl erhellt am beutlid)fien aui
einer ©tcüc im ^aräinal, 812, 9—16:
Fünf Stiche mac turnieren hän :
die sint mit miner hant getan,
einer ist zem puneiz:
ze treviers ich den andern weiz:
der dritte ist zen muoten:
ze rehter tjost den guoten
ich hurteclichen hän geriten,
und den zer volge niht vermiten.
700
Jurnier.
5Dicfc ©teQc tniri» erfldrt: ti gebe fünf
JReittouren im Jurnier, in bencn auf ben
©cgner gefloc^cn werben fann, Surnicr*
fpeerfampf; ju it)nen fommt bann bcr
jurnierfchrcertfampf ober baö zöumen.
$Dcr Surnicrfpeerfampf befielt alfo
auö folgenben Souren ober ®ticfcen:
1. I>er ©tief) zem puneiz ifi eine
5tttQque fämtlicfcer ©cfearen t»on üorne
auf ben geinb mit eingelegter öanje unb
hurt, b. b. mit bemjcnigen fio^enben 5tn=
reiten, tai aucE) bem buburt ju ©runbe
liegt. 5Die ^unft für ben Sinjelncn befiel)!
barin, ju ricfttiger 3eit, fobalb ber gübret
ber Scbaren ben Sefebl „zem puneiz", b. |.
^um S53ed)fel beä ®aIopp= unb Äarriere*
ritt^ giebt, biefen aueijufül)ren, bamit et
ni(f)t hinter ben anberen jurütfbleibt.
2. 2)er ©tid) ze treviers ifi eine
5tttaquc fämtlid)er ©dbatcn » o n ber
recbten Seite auf ben ^^finf» «lit ein=
gelegter Sani;e unb ^urt. 2)ie Äunfi für
ben (äinjelnen beflebt barin, fobalb ber
gübrer ba^ .Rommanbo „ze treviers" giebt,
jugleicb auö bem (Salopp in bie Karriere
unb auö ber geraben in bie fcf)räge SRid)=
tung ju fallen, bamit er nic^t jurücfbleibt;
fte ifi alfo »iel fci^wieriger ale im ©tic^e
ze puneiz.
3. 2)er ©tic^ zen muoten ifi ia^
©teeren eineö (Sinjelncn gegen eine ganje
©cbar, roobci ee für biefen barauf anfommt,
mät)rcnb er ben einen aufö 3^^^ genommenen
©egner trifft, ben ©tö^en ber Uebrigen ju
entmeii^en. 3)iefer©ti(t) ifi ba^erfd)tt)ieriger
aU bie torbergebenben, abn oer^ältni^»
mä§ig feiten unb mu^ besbalb alö eine
5trt Sytra^Iour gelten.
4. S)er ©ticb ze rehter tjost ifi
©injelattaque mit eingelegter fianje auf
ben ^einb, gerablinig ober »on ber redeten
©cite ber. ^Die j^unfi beö (Sinjelnen ifi
bier, burd) gefcbicfteß SReiten ftd) bem .^urt
be«; ©efamtfampfe« ju entjiel^en unb
iid)tig äu beurteilen, ob eö im einzelnen
gatle rütlicfc fei, gerabe ober f(!)räg ben
©egner anjurennen, »ann in bciben %'aUtn
in bie Karriere ju fallen fei unb ob eä
gut fei, gleidb anfang« ze treviers ju reiten
ober erfi, nac^bem man fc^on im puneiz
bie .Rorrierc genommen bat, plö^lic^ in
bie CJicfetung ze treviers ju faüen, voai
befonber« gro^e ©cnjanbtbcit erforberte.
3cbc ijofie, bie alö t'unfigemä§ „gemeffen"
gelten fotl, mu^ richtig geritten unb
rid)tig gefiochen «erben. >Die beiben
tjostiare, b. i. bie tjofiierenben, reiten
gerablinig auf einanber; ifi bie Sljofie ju
®nbe, fo „kerent" fie ober jic „tuont den
wanc", b. i). fie reiten jum erfien ©tanb=
orte jurücf, laffen fidb neue ©peere geben
unb beginnen ben gerabliniaen 5Ritt »iebcr,
fo bap man alfo non einer erfien, gweiten,
fünften Sjofi fpricbt. 5Die Sjofi beginnt
im (Salopp unb gebt natf)ber in bie
Karriere über, wobei bie Äunfi barin
befiel)t, jut reä)ten 3«*^ ben 2Bed)fel be«
2:empo'd eintreten ju laffen. 2)abei treten
jmei %'düi ein, entmeber reiten bie beiben
tjostiare, tti(il)renb fte bie ©peere Der«
fied)en, an einanber vorüber, ober fie treffen
mit ben 3fJ offen 93rufi an 33rufi jufam«
men; ber ytamt biefe^ 3"l'""^"'^"^f""<^"^
mit ben SRofCen ift hurten, ber ober
bie hurt. 6^e bie tjostiure jum ©ticf)e
aneinanber ritten, galt e^ die tjost ziln,
b. l). © c^ i l b unb © p e e r funfigere^t
ju halten, ben @(^ilb mit ber linfen ^anb
fo, ha^ er ben ganjen Dberförpcr oom
^ale bi« ju ben Änien, »on Dorne unb
Don ber linfen ©eitc bebectt; daz sper
under den arm slahen, daz sper üfdiebrast
limen. 3ielpunfte be^ ©peerfio^e^ ftnb bie
üier DJägel ober ber ^alä beö ©egner«;
bie öier ??ägel befanben ftd) auf bemjenigen
Seile beö ©cbilbeö, mcldjer wd^renb bed
Äampfeö bie ^anb bedte; eö ftnb ol)ne
3tt)eifel biefelben SJJögel, rceld)c innen bie
j^anbriemen fefttiielten unb um ben €d)ilbs
budel l)erum lagen. 93eftegt ifi ber ®egner,
menn er burcb ben ©to§ auf bie oier ytä<^t\
ober auf ben ^alö abgefiodben ober roenn
beim f>urt ta^ 9io§ mit fammt bem SReitei
i^u Söoben gefunfen ifi; unentfc^ieben ifi ber
.Kampf unb bat alfo auf« 9Jeue ju beginnen,
wenn bie auä bürrem -^olje gefertigten
©peere jerfplittert ftnb ober menn beim
hurten iai SRo§ ^mar ben ©tof auäge«
balten I)at, bie a^ticmen bagegen, meiere
ben ©attel balten, burd) ben |»urt gelöfi
fmb unb ber ©attel mit fampt bem (Reiter
oom Üioffc berabgerutfd)t ift.
5. jDer ©tic^ zer volge ifi ein ©tid^,
ber nacb ben eigentlid)en Surnieren fiatt*
finbet unb bloe üon ben gett)anbtefien
Dieitern gcfiodien mirb; eö ifi nod) mebr
aU ber brüte ©ti(i ber fogenannte S)amen*
fiid); er h)irb blo^ auf auäbrüdlic^e i^Sro«
Dotation unb 3uftininiung be« ^roDojierten
^tn gefiod)en unb ifi im übrigen aud^ ein
tjost.
S)ie fiebenbe gormel für ben ©d^Iu§
eine« getroffenen ©tid)eö niar, ia^ ber
*llbgefiöcbene fragte: wer hat mich über-
wanden? worauf ber ©ieger antwortete:
ich bin N. unb ber Seflegte: min sicher-
lurnier.
701
heit si din. 2ßuri>e aber betn @egner bloä
^elm« ober ©c^ilbriemen locfcr gcmad^t ober
bic SRiemcn beö 9lojyeö jcrfiod^en, fo mar
er nid)t beftcc\t, mu^tc aber com Jurnier^
pla^, um fid) mit ^elm, ©(i)ilb unb SRo§
auf« S'ieue ju r)erfel)en. 35eim (Snburteil
fam bann frciti^ mit in Sctrac^t, wie oft
biefeö le^tere eingetreten mar.
Sieben bem ituruierfpeerfampf bcftet)t
ein 5lürnierf d^merüampf. (5r {)ei§t
t)ai zöumen unb bejlef)t barin, ta^ ber
SRitter tai 3f{of feincö ©egnerJS am SüflCi
nimmt, mit i^m ummenbet unb c« nac^
ber ©eite feiner Surniergcnojycn I)in »om
Sturnierpla^ ju jieben fucftt. I)a biefeä
jeboci^ meiji nict)t fo glatt oon Statten
ging, mu§te bic ®emanbtl)eit beö 9teiterö
burc^ ben Äampf untcrjlüt3t merben,
moju man eben ben <Sd)mertfampf bcnu^te.
©ben in biefer lurniertour griffen nun in
fet)r unfiöfifc^er Sfficife jene kipper ein,
bercn oben gebadet ifi. Kipper ift eine
turnierunfät)ige *Pcrfon, meldte fxd) miibrenb
beö Äampfeö ber 53eute ber Ciittcr bemäcbtigt,
in erfier ßinic Änappen; ibre 2Baffe \fl
ein *Prügel, mit bem fte ta^ SRo§ bcö ®egs
mxi ibreä ^errn namentlich beim zonmcn
traftieren. Sffier gezoumt mar, galt natürlid)
alö befiegt.
2üa0 bie 23eranfialtung unb SlujSs
ticbtung eine« Suvnierö fonjl betrifft,
fo i)aüi ber, ber ein Surnier abl)alten
motltc , junäc^ft ben, gegen ben er ju
fdmpfen beabji(^tigtc, baoon in Äcnntni^
ju fe^en, den turnei anbieten. S'ial^m eö
biefer an, fo einigte man fxd) über bie QSe-
biiigungen, unter benen ber Surnei abge==
tialten merben foüte, ob ze ernste ober ze
schimpfe, mit vride ober äne vride, mie ber
Slurnei stän ober gelten foH, b. l). mie
l)oc^ bie 5luölöfungeifumme anjufe^en fei,
ob Äippcr juäulajfen feien ober nidbt.
t)ann mürbe Qixt unb Drt für ben Zm^
m\ fcjlgefe^t, maö bie Seit betrifft, immer
im ©ommer unb jmar meifi amäRontag.
Surnterort ift ein großer freier $Ia^, in
ber (Regel in ber ytäi)t einer größeren Stabt.
33eibe Seile forgten je^t für bie ^ui =
tünbung beei Sturnierä, den turnei
schrien, ma^ burd) knappen an befummle
^erfonen ober an jeben turnierfal)igen
2Rann gefdial) , ber angetroffen mürbe.
SOhnbeficnö brei SIBodjen bauert eö non ta
big jum befiimmten Jetmin. 5£)cr 2;urnicr:=
pla^ ift Don ©^ranfeu, hämit, umfd^loffcn
morben, binter benen fid) hai gestüele
für bie >Damen, alten ^errn unb bie 3!)Jit=
glieber be« 2:urniergerid)tö erticbt. Die jum
Surnier Srfd)ienenen mürben gemujiett
unb geprüft, ob jie turnierfdbig, b. ^.
iRitter feien unb jur 3eit in feinem unfreien
Sßcrbältniffe fiünben. 3eber lurnierteiU
neljmer tam allein ober mit feinen ©efellen,
mcldie entmeber t)ienftmannen ober ^iün
maren bie ftc^ ibm freimitlig angcfct)lof[en
ballen unb bann mie bie I)iciiftmannen
mäbtenb beö Surnierö baö iZBappen il)reö
erforenen I)icnjlt)erren trugen. 2öer ganj
auf eigene ^^aufi fam, t)ie§ muotwillaere,
moju bie lantvaraere gel)örtcn, bie baö
lurnier beö (Srmerbö megen auffuc^ten.
gerner mürbe fonftatiert, ob jeber im »or*
gefd)riebcnen lurnieraufäuge gef ommen
fei, nämlii^ georset, mit einem ors =
5treitro§, t)erfet)en, 'i>ai ftetä männlicb unb
meifi ein -^cngfi mar, unb gezimiert,
b. i). mit ber zimierde, bem |)clmf(^mud(
unb bem SBappen auf bem ©d^ilbe ocr«
fel)en. ©obann muffen bie 2Baffen
fpiegelblanf üuöfel)en, ganj neue (Riemen
baben unb bei allen gleid^ fein. S)a«
äu gehören:
3)aä harn as ober harn asch , (Ring*
panjer, meld^er mieber aue! ber Sebecfung
beä Äopfeö bejlet)t, bie coife, konfe,
kapfe, bie entmeber ben ganzen Äopf um*
fd)lic§t unb bloö 8öd)er für bie ?lugen lä|t
ober liai (Seftt^t ganj frei giebt; au« ber
'•Bebecfung beöDbertörper«: halsperc,
unb aug berjenigen ber Seine unb güfe
iserhosen ober iserkolzen, 3!)aju fommt
^um Sd)u^e be« ^alfeö: i>ai collier, beä
Äopfeä: bie barbier, eine gemölbte platte
bic oon ber ©tirnleifte beö ^elmeö bis jum
Äinn t)crabreid^te unb oben ßöc^cr für tai
*ilugc ^attc; ber 33ruji; bie plate; ber
Änie: ia^ schinnelier, aücö bieö oon
innen befonberö bepolftert. SBie ber iRitter
ift tai iR 0 § in eine eiferne 3)e(f e gefüllt.
®d;u|maffenftnb:2)er2;urnierl)elm,
im (Segenfa^ ju bem in ber ®d3tad)t ju
biefer 3eit nod) mcift gcbraud)ten isenhuot,
mit ber zimier, bem ^elmfchmud oerfcben;
unb ber lurn ierfd)ilb in gorm eine« ab«
gerunbeten 2)reiecEö, mit bem bunt bemalten
Sßappenbilbc. Die *H n g r i f f « m a f f en,
Speer unb6c^mert, beibe abgejlumpft,
jener momöglicb bemalt, ißerglei^e bie
befonberen ^Irtifel.
2)er eigcntlid^e lurnicrfampf jcrfdüt
in bicvesperie, ben turnei im engem
©inn, unb ben 25 a m e n ft o § , unb jmar
fo, ta^ vesperie unb Damenftof, bie
beim tlafftfd)en lurnei SRcgel finb , beim
turnei nmbe gaot gemöl)nlid) fet)lcn. ÜDie
vesperie ifi ein Surnei am ißorabenb
45
702
iibcrfc|ungen.
bcä %t^ii, an öem f\^ »ortBiegcnb jüngere
IRittet unb Ättec^te beteiligen; für baö Ur*
teil bcö lutniergeti^tö fommt biefc« ©ptel
ni^t in bettad)t. ©er eigentlid)c Jurnei
beginnt mit 2lnbörung einer 2Jieffe; bonn
orbnen ftd) bie SRitter, der tarnei wirt ge-
teilt, fo jrcar, ba^ föttige Harmonie ber
einjelnen ©treitgruppen üorl)anben fein
muf; jcbe 5lbteilung, teil ober parte ge«
nannt, f)at ibren ^auptfüf)rer, jerfättt aber
njiebcr in scharn ober rotten mit ©injeU
fübrern. 'ilm 35 a m e n fi o § beteiligten ftcf)
nur auögett)äf)Ite SRitter; bod) beigt eei
erji, n)enn er gej^otfeen ijt, nü het der
turnel ende. 91uf ben turnei folgt ber
Urteilöfprud) unb bie *t?rei«jucr =
fcnnung. 3)aä 3:urnierger id) t fe^te
fxä) jufammen au«! ben dlteften unb ers
fa^renfien 5Rittcrn, bie nicbtfelber turnierten
unb auö il^ren für biefen ©ienjl bejtimmten,
erprobten unb wappenfunbigen knappen,
knaben von den wäpen, benen aüe Äofi*
barfeiten, 2Baffen unb 3imifrben, bie auf
bem Jurnierplaj^e liegen geblieben finb,
aU if)r red)tmä§ige« (Eigentum jufaücn.
(Sieger fann im tarnei durch ere nur
einer fein, der den pris ze beiden siten
hat, b. \). »erben turniermäfigen Speer»
Scbwertf ampf am gemanbetejlen ge»
fdmpft unb am eleganteften babei geritten
^at, 2)ic greife maren gering. 9tacf)
g. 9t i ebner, 2Daö beutfdbe furnier im
12. unb 13. 3abrl)unbert. öetlin 18S1.
23gl. ©c^ul^, l)öfifc^eg Seben, II, .^ap. 2.
©egcn bie ÜRitte be« 13. 3a^rf)unbertd
verfielen bie Surniere rafct) unb gefalteten
ftcf) ju folennen, aber gef)altlofen ^riuat«
Vergnügungen be^ ^ö^ern 51bel^. Sine
au« ben Quellen gefcfcöpfte S)arftetlung
ber Jurnierc beö 14. biö 16. 3abrl;unbert^
fcbeint ju mangeln. SBa^ man in altern
2Berfen barüber finbet, berufet jum größten
Seil auf einer ber argjien ® e f cfe i et) t g s
fälfdfeungen, bie man fennt, auf
IRüynerö Surnierbud). S)iefei
oeröffeutlicfete ju ^ranffurt im Safer 1530
®eorg Otüyner auä 93aiern unter bem £itel:
„Anfang, urfprung unb feerfommen be^
ifeurntcrö in teutfcfecr Station". S)er
iBerfaffer füferte barin bie 5lnfängc ber
Sumiere auf bie 3«^^^" -^einrid) I. jurücE
unb bracfete jte mit bem glücElicfeen Äampfc
gegen bie Ungarn in 93erbinbung, wobei
er ftcfe auf ein dltereä 8üd)lein ftü^te, tai
1508 über biefelbe ÜRaterie ju 51ugöburg
erfdfeienen war. Sä ifi unglaublidfe, mit
welcfeer 5re(^feeit iRüyner eineäteilä bie
einzelnen Surniere batiert unb aufgcjäfett,
anberfeitä bie Unjafel ton Dtamen abeliger
Seilnefemer erfunben unb jufammengcPetIt
feat. ®ie erfien beffern ©cferiftfieller , bie
ftcfe burcfe SRüyner betrügen liefen, njaren
8ebafiian 5^1"? '" ^^"^ SferoniE,
unb ^anö Sacfeä in einem ®prucfe :
^iftoria oom Urfprung unb 51nfunft be^
Sfeurnierö 1541. ©iefee barüber aßai|,
^»einricfe I. 2. 2luög. B. 252 ff.
«.
Überlegungen nefemen bei ber mannigs
fod)en aBed^fcImirfung, melcfee baä alte
unb mittlere ßeitalter unb bie oerfcfeiefcenen
SinäcQitteraturen beä DWittelalter'S auf ein»
anber feaben, eine wefentlicfee Stelle in ber
ßitteratur beä SOJittclalterä ein. ^ier Eann
eö ftd), jumal eine gefonberte Sefeanbtung
biefeä ?itteraturjtt)eigeö mangelt, nur um
eine furje Überftcfet bcrfelben banbeln. 2)a
im ÜJUitelatter alle geleferte Silbung unb
6d)riftfte[lerei öon Der Äircfee auägefet,
Weidfee ftd) ununtetbrod)en ber lateinif^en
®prad)e bebient, fo äeigt ftcfe ttorläufig
faum ein Sebürfniä, bie 2ßerfe ber antif=
cferiftlidfeävömifd^en Sitteratur inö 2)eutfd)e
ju überfe^en. (Sine 3luönafeme madfeen
bloä firdfelicfee ©dferiften, beren SOtitteilung
an einen weitem Äreiö ber ^Jolfögenojfen
wünfdibar war. ^wax bie Sibel iji im
altbeutfd)en 3eitraum nie »oüpanbig inä
Deutfcfee überfe^t worben (flefee ben 2lrt.
33ibelüberfe^ungen), jum Seil ofene
3wcifel beäfealb, weil bie erfien SWiffionare
in S)cutfcfelanb ^t^länbcr, alfo ijrembe,
waren; bagegen feat man jablreid)e Über«
fe^ungen liturgifd)er Äated)iömuöftücfe,
ber (Slaubenöbefenntniffe, beö Unferüaterö,
Don ^eicfetformeln; etwaä weiter reicfet ber
Scrfucfe Satianä eoangelienfearmonie
JU über''e^cn, eä ifi bieö wie bie 5"ter*
Übetfcöungen.
703
lineatDcrjton bcr 5tmbrofianif(f)en
^pmnen unb bie Übcrfc^ung jmeicr
©c^riftcn tti 3fibor »on ©eoilla
ein 3eu9ni8 üon ber imd) ÄatI b. ®r.
gemcdtcn Scitnabme für bie beutfcf)e
ajJutter[prad)e; biefes 3nt«effe »crfc^roinbct
aber baib rt)iebcr unb bie fommcntierten
Überfe^unftcn beö |»iob unb ßcr ipfalmcn
»ie t)cr[d)iebener aOBetfe ber römifc^en ^ro«
fanlitteratur, bcß Soetbiuö, be« SKartianu«^
SapeUa unb beä ^rifioteleö burc^ Dtotf er
ßa bco aus €t. (Sauen, bie ume 3af)r lOÜO
entjianben fiub, fanbcn 3fl^if)wnberte lang
feine S^Jac^folge.
DJiit bem QSegriffe einer Übcrfe^unges
titteratur bcrüf)rt ftd) eng bie Ibütigfeit
ber S^icftter bcö f)öfifc^en ^unfiepoä,
\vtld)t bem ^ixQt ber ^ät unb namentli^
bcö Otittertum^ gernä^ bie franjöfifc^cn
®pen üon Äarl b. ®rof cn, 5lcneaö, ^leyan«
ber, 5lrtu^, bem ©rat, Jrifian u. brgl.
au^ bem granjöfifc^cn in^ 2)eut[d^e über«
festen; wenn fte aber aucfe im ©eginn il)reö
®ebict)teö regelmäßig iljre fran^öfifc^c Duette
benannten unb bie SSerantmortung bcr
Ibötfac^en auf jene abfcfeobcn, fo galten
unb roirftcn biefe Siitungen bod) al^
Driginalfcfcriften, i^r fRame ifi getihte,
buoch, sage, maere, äventiure unb nie
translation ober bergleic^cn; man »otlte
nic^t ta^ franjöftfcle iBorbilb in feiner
(Eigenart beutf^ übertragen beft^en, fon=
bem matt woütc bcnfclben Stoff unb bie=
felbe iJ'"^'" ■ "'if ii)n bie fronjöfifc^cn
gitttter befaßen, auc^ in 2)eutfd)lanb ju
eigen ^aben, unb bes^alb übertrug man
benn „ auä) freier, alö eö ber eigcnt«
lic^e Überfe^er ju tfjun gett)o{;nt ifi; auc^
ktcinifc^e Quellen, bie man etnja für
ßegenben bcnu^tc, unterlagen ber gleichen
Söearbeitungäweife.
I)ie 93earbeitung franjöftfc^cr @d)rift*
werte in beutfd)er J^of'" ^ört feit ber
^öfifdjcn 3£it nicJ)t met)r auf unb näbert
f\i) mtt)X unb met)r ber cigenttict)en Über^
fe^ung. Th\\t finb cö aud) oorläufig bie
i)öf)ern abcligen 6tänbe, für »el^e fold)c
Qlrbeiten unternommen mcrben. 2)aö 13.
unb 14. 3'ibibunbert überträgt jat)lreid)c
fabliaux (^c^c ben %xt. 9?o ü eilen), bann
fommt ber (Roman (ftct)e biefen) an bie
[Reit)e, biö fcftließlid) gegen (Snbe be« 16,
unb in ben folgenben 3abr^unbcrten gran^
jöftfcf) bie Umganges unb Sefefprad^e aüer
berjenigcn Seüölfemngöfreife 2)eutfd)lanbß
wirb, welche 'ilnfprud) auf Sornebmbeit
machen.
(Sine anbere (äruppe oon Überfe|ungejr,
bie ^ä) aber jum leil mit ber franjöftfc^en
®ruppe bcrül)rt, bilben jene profaifd^cn
®d)riftcn, bie jum leil fc^on wätjrenb ber
^öfifdien *Periobe, noc^ mehr aber in ben
legten 3'>f'i^""betten beä üRittcIalter^ in»
ternationaiea, gemeinfamed Eigentum bcr
europäifc^en 35öUer weröcn; fie fiammen
teil^ auä bem Orient unb gelangen an«
fänglicf) meijl burd) Vermittlung ber latei«
nifc^en <£pra^e in 'i>k iBolfetittcvaturen;
ii ergänjt fid) aber biefe 93 olf^ litt er a«
tur immer mieber burd) neu auftauc^cnbe
Sßerfe, oon benen jebe^, wie ein in^ 9Baffet
geworfener (Stein, einen engern ober wei*
tcrn SKing in baö ®ebiet benad)barter ßit»
teraturen äietit. Soldie aBeltbüd)er fmb
bcr '${)pfioIoguä (fic^e ben 5lrt. Sier*
funbe), bie f icben weifen SDteijier,
bie Gesta Romanoriim, öieLegenda
aurea, bie 2)Je^rja^t bcr 93 elf ^büd)cr,
i6cbajlian Srantä iRarrenf^iff,
9f{eineEe i5u,d)ö, (Sulenfpiegel u. a.
IXüä) biefen Überfe^ungen liegt aber nid)t
bie 5lbftd)t ^u ®runbe, einen frcmben
©dirift)leller in feiner (Eigenart burd) Daei
ajUttcl bcr 93olfefprad)e näbcr ju bringen,
fonbern es iji immer tai jlofflid)c 93il«
bungäintcreffe, tai ftd) biefer SBcltbüd^et
bemä^tigt.
2)ic cigentlid}e Überfe^ung »on
':|3rofünfd)riftf}ellcrn bat erfi ber ^uma»
ni«mug auf bie 93at)n gebrüd)t, eine
i»ebenärid)tung, ber juerfi bie ©ebcutung
bed3nbii)ibuum0, aud) bc^f^riftftcüernbcn,
jum 93ewu§tfein gcfommcn war. I)od)
wu§tc man oorläufig jwifd)en wirflic^en
©c^riftfieüern bes 5lltcrtumö unb jwifdien
lateinifd)en ©tribenten ber SReujeit nod&
Wenig Unierfc^ieb ju mad)en, unb bei ber
aWe^rjabl ber ßefer, namentlid) ber unge*
bilbeten, für welche biefe "ilrbeitcn beredinet
waren, überwog nod) lange i>ai fiofflid^c
3ntcreffe. 2)er ncuerfunbene 93ud)bru(f
bemd*tigte ftdi fd)nctl bicfe<S., 3weige«S ber
ßittcratur. (Siner bcr erfien Uberfe^er war
SRiclaö fon 9!Bi;le, auä 93remgarten,
@d)ulmeiPer in 3ürid), bann *Ratf(|rciber
ju IRürnberg unb (Solingen, jule^t Äansler
be^ ®rafen r>on ^ü^ürttcmbcrg. (Jr über«
fc^te eine üReil)e flcincret <Sd)riften bc^
qSoggiu^, «llcnea« ©ilüiue, ^clip
^emmcrlin u. a., bie jum teil anfangt
bcfonber^ gebrudt unb bann 1478, ibrer
ad)tjcl)n an bcr S^i)\, unter bem Jitel
Translationen ;ufammengejiellt Wur*
ben. Qlnberc forreformatorifc^e Übcrfe^*
ungcn, bei benen bie beigcfe^tc 3jf)'^8a^I
ba« S)atum bes erjien batiertcn S)tucfeö
45*
704
U^ren — Umäügc.
iejctd)net, ftnb: S)ct ttojanifd^c Ärteg beä
Guido Colnmna 1474 (jtct)e Irojas
nifd^ct Ätiec\); Boethius De conso-
latione philosöphiae 1473; Aesop (t»or
1480); Terenz 1486; Cicero de officiis
1488; Hyginus 1481; Aristoteles
Problemata 1492; Livias 1505; Caesar
1507; Plautus 1511; Lukian 1512;
Seneca 1507; Plinius lobsagung vom
heyligen Keyser Trajano 1515; Sallnst
1513; Vergils Aeneis burdfei Dr. Tho-
mas Murner, 1515; Isocrates 1517;
Plutarch 1519.
3laä) ber ^Reformation mehren fx* ivoax
bie Überfc^uncien, bod) maä)t fxä) tai 35or*
tüiegen beö jiofflictien 3ntereffcö tiod) lange
geltcnb, teilö barin, ta^ man bie alten
Älaffrfct in meifi fe^r ungenügenber ^orm
überträgt (35crgil unb ^omer in Änittel»
»crfcn), tcil«i in ber QJorliebe für bie ®e*
fd)ictitf(f)reiber, bie ^raftifer, unb in ber
gänjlic^en Übergebung ber Öprifer; grie-
ä)\\ä)t ®c^rift|lefler, für bie man überhaupt
nur nod) geringe^ Söerftänbniä bcfa§, mur»
ben oft burc^ iBermittelung lateinifc^er
SSerftoncn »crbcutfcfct. 3m 16. 5al)rbun^
bcrt famen ju ben fc^on genannten Qlutorcn,
bie meiji öftere erneut mürben, folgenbe
neue ^in;(u: Homer Odyssee 1537;
Tlias 1610; Vergil Bucolica 1567;
Ovids Metamophosen 1571 — Fla-
vius Josephus 1531; unb oon ha an
in jQ^lreicf)en Qiuögaben; Justin 1531;
Herodian 1531; Thucydides 1533;
Herodot 1535; Orosius 1539; Xeno-
phon 1540; Demosthenes 1543;
Euclides 1562; Polybius 1574;
Sueto unb Tacitus 1535; Plinius
historia naturalis 1543; Diodor 1554;
Vitruvius 1548; Frontin 1532.
Sßon griec^ifd)en S)ramatifern
crfc^ien in beutfcf)er *BerboImctf4ung juerjt
Euripides Iphigenia in Aulide 1585;
Medea 1598; Alcestis 1604; Hecuba
1615; Sophocles Aiax 1608 unb Ari-
stophanes Nubes 1613.
©oebedfe« ®runbri§ I, § 114 u. 143;
5- %■ Segen, ßitteratur ber bcutfc^en
liberfe^ungen ber iRömer, 5lltenburg
1794—99, 3 ißbe. unb ßitteratur ber beut«
fc^en Überfettungen ber®rie^en, 1797—98.
2 «Banbe.
U^rcn, m^b. üre, 6re au^ tat. hora,
bebeutet juerfl bie Stunbc, örglocke, bie
©tunbcnglocte, horologium. jDaö frühere
ajJittcUiUer benu^te au0fd)lie§lic^ bie fc^on
bem Rittertum befannten ©onnen«,
©anb« unb SBafferubren, t>on bencn
bie erPe Qirt jumeiten an ben Äird)en
angebrad)t ttJar. 2ßann bie imä) ein
®ett)icf)t in ©etüegung gefegten mcc^ani«
fc^en U^rcn aufgefommen ftnb, iji nid^t
mit ©cmiB^eit befannt; man l)at bie 6r«
finbung berfclben balb bem $rteftcr ^aci«
flcuö au^ Sßerona im 9. 3<i^r^)unbcrt, balb
bem «Papft ©Uoefter II., ©crbert, gcfi. 1003,
jugcfcferieben. ©rroäbnt merben fie jucrft in
um tai ^ai)x 1120 jufammengetragcnen
Statuten tti (5,ifierjicnfer*Drben«, mo
bem ©afrifian aufgegeben mirb, bie U^r
fo ju regeln, ba§ fte fcfeldgt unb ihn i>or
bem 5rüt)gottcöbienft mcdt. S)a0 3'ff«i»
biatt war biö inö 16. 5i^l)tl)unbert in
24 ©tunben geteilt, rceldbeö bie ganje
ober bie gro^e Ufir ftic§. Die erjlc
SRäberturmu^r befam Qiugäburg 1364,
Sreölau 1368, ©traf bürg 1370, S«ürn*
berg 1462. Äünfilid^c ajironomifc^e
Ut)rcn erhielten baä 9[J?ünfier ju ©traf*
bürg 1352—54, bie 2Rarienfird)e in Oü*
bed 1405; jeneö ©traf burger Söetf würbe
burc^ ein neueö, »on Sfaa* ^abre(|t ani
©cf)affhaufen in ben 3ahren 1547 — 1574
verfertigte« unb aufgejieHtcö 2öerf crfe^t,
ta^ für ein SBunber ber ÜJ^ec^anif galt,
aber im '^ai)x 1789 ju geben aufhörte.
Um bie ÜKitte beö 16. 3ahrbunbert« wa»
ren SRäberu^rwerfe mit ©cf)lagmerf unb
Jßecfer al^ ©tubenuf)ren, ebenfo iaf(f)en«
ul)ren f(f)on »ielfai^ im ©ebraud^. 'Uli
ber Srfinber ber le^tern wirb ber ytnxn-
berger ^eter ^ele be5eid)net, alä iai
3abr ber Srfinbung 1510.
Umjügc ber gcrmanifcften ®ötter werben
in »erfdjtebener 2Beife erwähnt. "Jim feier»
lic^Pen war ber Umjug mit bem Silbe
ober bem ©pmbol ber ®ottbeit, wobei
man fr^ biefe felbfi t)on ibrem •öeilig'!
tume auä unter ben 'JWcnfAen ibren Um»
jug f)altenb badjtc. 3)er 2Bagen mit ßcm
Silbe würbe überall feftlicfc empfingen,
Dpfer unb 20eibgcfd)cnfe i^m bargcbracftt
unb gcftfricbe gebatten. lacituö ®crs
mania 40. 'Jlamrntlid) jur (Jrbittung
cineö frud)tbtiren 3-^^)"^ würben fol^e
Umjügc im J^i-"''^*"!^^ abgehalten. Qln«
berer Qlrt finb bie 9{ad^ri^ten oon Um*
,^ügcn mit einem ©c^if föwagen , b. i.
einem mit SRäbern nerfc^enen grofen
©djiffe. @in folcf)cr würbe 1133 in einem
JBalbc unweit '2lact)en gewimmert unb bur^
bie *JDtitglieber ber 2öeberjunft, bie fi^
oorfpannten, weit im vianbe berumgcjogcn,
unter grofcm 3"t<'"f "^1^ ®eleite De^
SolE^. 3)ie 'Jlnfunfi beö ssdiiffe^ mar in
ben ©tobten oorauö angefagt, wer bie
Uncf)rlid^e ßcutc.
705
(Stlaubniei erbat, bae Sdjiff bcrübrcn ju
bürfen, muitc bic Äleinobe oon feinem
^al\i. ben iffiebern ^eben ober ftcf) burd)
eine anberc ®abe löfen.
2)ic beut[d)e 5DJptf)oIo9ie iji aud) an
foIct)en Umjügen reic^, tt)eld)c bie ©ötter
o^nc Söermittlung bcr ^ricfter I)alten; ba*
l)in gehört bev Urnjug SBobanä mit bem
ttJÜtigen ^eere unb ber Umjug ber ®ötter=
mutter %Xi\a. SRa^mann in 6rfd) unb
©ruber, QUtifel ©öttcrbilber ; ©rirnm,
2«l)tt)oI., ®. 237 ff.
2)ie (J)riftlid)c kxxdn crfe^tc biefe Um::
jügc jum leil bur($ ©rcnjumgänge, Sitts
fahrten ju fflnüfa^rtsfirdben, bic ebenfaüci
meifi im SSorfommer fiattjänben unb ein
frud)tbareö 3'^^''^ ^(>^ ^immcl erbitten
foüen. @oId)e ^rojeffioncn fanbcn unb
finbcn immer noch in fatt)otifc^en ®egen=
ben rcgelmafsig in ber Äreujittoc^e, in
ben Sagen cor unb xiad) bem ^immel«
fat)rt^fe|i jlatt; einzelne an anbern 5Eer=
minen , oft mit iJlufwanb großer •pracJ)t
unb ®df)aufteC(ung; in «Scfimaben nennt
man biefe Umjüge ®fc^= ober ^I^vgönge;
bic ganjc ®emeinbc umhiebt, ben ®eijl»
liefen an ber ®pi^e, bie SOJarfung; an
»ier ©teüen mad)t man ^alt , um tai
(Soangelium ju lefcn unb ben jßetterfegen
entgegcnjunet)men, unb Käufer, S[Renfd)en
unb licre merben mit 2Beib»affcr befprengt.
aSerüömt ifi namentlich ber fog. 931utritt
im el)emaligcn Älojier ffleingarten.
UneWi^c 2eutc. Sürgerlid)e ef)r= unb
SRed)tIoftgfeit laflcte im "SWittelalter nid)t
btoö auf benfenigcn, bie fid) gcttiiffer 25er=
bred)en fc^ulbig gemad)t f)atten, fonbcrn
auf allen benen, meiere feine SBaffen
tragen burftcn, »ie bie Änecf)tc, 3"ben,
Surfen unb Reiben, unb nicfit minber auf
gettjiffcn ®etüerben unb 5J5ienftoerbäItniffcn,
beren 5tuöübung ftd) nac^ ber *2luffaffung
ber Qnt mit ber ooüen S[)rent)aftigfeit
eineä freien iDJanne^ nicfet üertrug. Ueber
bie le^tcrn bat Otto Senefe in einem
93ü(i)Iein gebanbelt, i>aii ben Sitel fü^rt:
SDon unel)tlid)en ßeuten, Hamburg 1863.
2)arauä mögen ^icr einige 9'ia(i)ric^ten ju«
fammcngefteiit werben.
'ÜU unebrli(^ galten^irten, @ct)äfer
unb 3Wüllcr. ®ül)ne Don SD^JülIern waren
ju Äarlä b, ®r. 3fit »on aüen geij^=
Iicf)en 5imtern unb SBürben auögefc^loffen.
IWanc^erortö mar ben 5[Rü[Icrn bie Lieferung
aüer benötigten ®algenlcitern aufgcbunben,
unb erfi im 16. 3al)rf)unbert mürben burd^
IReic^öpolijeiorbnungen bie aJlüHer mit ben
^irten unb Schäfern »oüfidnbig cf)rljd^
erflärt, bod) braud)te ee nod) mandjet
faiferlid)en (grflärung, biä jte 3ulaffung
ju aüen et)rUd)en fünften unb ®ilben
erf)ielten.
SpieUeute geborten fd)on ihrer man«
bernbcn fieben^art balbcr feiner bejlimmten
®enoffenfd)aft an; ba§ fic jubem ®ut für
®^re nahmen, unb ftd) felb)l für ®elb ju
eigen gaben , madite fte unet)rUd). Unb
jmar mar ^ier mit ber ©brlofigfeit eine
Olrt iRed)tIo[tgfeit oerbunben, meldic fic^
auf bie Unfät)ig!eit bejog, ju geri^ttic^ctt
unb anbern (5f)renamtern gewählt ju
»erben; mar ein Spielmann unoerbient
gefränft morben, fo bcftanb feine ganjc
®enugtt)uung barin, ba§ man if)m ben
®d)atten feine« im ®onnenfd)cin gegen
bie 2öanb gefteüten ißelcibiger« Q3rei3
gab; biefcm @d)attcnbilbe burfte er bann
einen ©dilag an ben J^alö geben. Sine
OfJei^öpolijei ä Drbnung beä 16. '^ai>X'
bunbertö verfügte, bag aüe ®<^alf«narren,
'iifeifer, Spietieute, ßanbfatjrcr, Sänget
unb Dteimenfprec^er eine befonbere, leid)t
crfcnnbare Äleibung tragen fotlten, ba«
mit bie e^rlid)en ficutc ftd) befto leiertet
oor (Ed^aben f)üten unb oon i^rcr ®es
meinfd)aft abfonbern fönnten. Spätere
JReid)«gefc^c erfldrten bie «Pfeifer unb
Srommler für ebrlid) unb unt» warfen
bloö nod) bie, „fo fxd) auf Singen unb
iReimenfpred)en legen" aU fatjrcnbe ßeute
in tai gleid)e une^rlid)e 3ied)t ju ben
Sd)alf«narren. ?llö im brei^igiabrigem
Äricg fabrenbe Spieüeute in bie jieben*
^enben aSerbänbe ber angefet)enen Srom*
pcter unb*pauEenfc^ldger eingetreten
waren, erwirften eine 'Mnjat)! angefc^cnet
faiferlic^er unb fürjllid)er ^of-- unb gelb*
trompeter unb ^eerpaufcr ein faiferlid)«^
*Pripileg, wonad) ber Äriegö= unb .^of*
bienP ben Sürmern unb btafcnben Äomö*
bianten jlrenge oerfd)loffen bleiben foüte.
%\xi) bie in ben Stabten fefl angeftebel*
ten "Pfeifer, weld^e ebenfafle ju Betbrübc«
rungcn jufammengetreten waren, bieÄun^t«
Pfeifer, Stabtpfeifer ober iRatemuftfantcn,
wollten nxä)H fon ben fat)renben Spiel«
leuten wiffen.
©aber unb Sarbier e fmb fcfeon frü^
ber Une^rlid)feit an^eim gefallen, offenbar
barum, weil bie Säber mit ber 3«it aU
jg)crbergen ber Seid)tfertigfeit angefel)ett
würben. 511« Äaifer Sßenjel imi) eine
^eroifd^e Sabcmagb au« ber ®efangenf(6aft
errettet würbe, belol)nte er 1406 biefen
I)ienji bur^ ein (prioilcg , wonach iai
^anbwerf ber 93abcr fünftig überaU ma*
706
Une^rlic^e ßcutc.
feOo«, cbrli^ unb rein angcfcfien werben
foHte; äuglei^ üerorbnete et ben labern
ein 3unfttrQppen, nämlid^ im gütbenen
@cf)ilb eine fnotenweiä »erfd^Iungene^bcT?
lafbinbc, in bcrcn ÜJiittc ein grüner ^a?
Paget prangte. 5Do* battc iai <l3rioiIeg
njenig SBirfung unb bie Dorneömeren 3ünfte
bcrfagten noc^ lange ben Söhnen »on 93a*
bcrn bie 5Iufna^me. S)ic Ur[a*c ber Un=
e^rlidjfeit, in h)eld&er bie ißorbtercr jian=
ben, mag if)re SWitmirfung an ber 3"*
quirierung unb Jorquierung üon gefan*
genen ü}Jif[ctptern gett>efcn fein.
ßcincweber famen mie bie SKüüer
beäf)alb in ben iBerruf unehrlicher ßeutc,
iueil it)r (Sewerbe eine r)ielfad}c unb be«
queme 93erfüf)rung jum Setruge barbieten
[otltc; enttüebcr fei ia^ ®arn ober ber
^'leifier gefätfd)t ober tai ßängen* unb
äSrcitenmaf unridt)tig. ©aren an einigen
Drten bie SDJüaet üerpfii^iet, bie ßeiter
jum ©algen ju liefern, fo war ben Seine*
Webern auferlegt, ben ©algcn fclber ju
macf)en. 5Berfcf)iebenc alte Seinewebctlieber
beftätigen bie ^Infid^t, bie man oon Diefem
©cwerbc ^cgte; in einem foI(ä)cn ßiebc
l^eift eä:
5Dcr ßcincwebet ^6)\aä)ttt alle ^a\)x jwci
Schwein,
2)a§ eine ifi gefio^Ien, bai anbrc ip
nid)t fein.
Übrigenä War bie Une^rtid^fcit bet
genannten CSeWerbe nic^t aügemein, unb
ti gab ßanbfcfeaften, ©täbte, 3^'*^"- ^^
SKüücr, 93arbierer unb ßeineweber ftc^
cincä burcfcauö ebriicben Dtamenö erfreuten;
bie eornebmfic 3""ff i" ®t. ©allen war
l. !8. biejcnigc ber ßeinWanbwcber, weil
auf ibnen ber SRci($tum unb SRu^m ber
«Stabt bcrut)te. 5ln einigen Orten waren
au(f) biejcnigcn ® erber uerrufen , bie
^unbö^dute Derarbcitctcn, an anbcrn Suc^*
mac^cr, bie 9iaufwoQe »erarbeiteten, ^ie
unb ba auä) ® c^orn jicinfegcr unb
(Jffenfebrcr.
SßonStaot^s unb ©emeinbc*
b i e n e r n , welche in teilweifer Unct)rlid)=
!eit fianben, würben bur(^ baö SReicftägefc^
»on 1731 ber Uncbrlidifeit loö* unb frei*
gefprod)cn bie ® a f f e n f e ^ r e r , 23 a ^ *
feger, |»otäs unb getbt)üter,
ßcute, bie offenbar burcfc if)ren jum leit
fd)mu^igen unb niebrigen SScruf jU ber
öffentlichen Unehre gefommen Waren. 3bncn
fd^Iicf cn ji(^ an bie 3 ö 1 ^ " « ^ - ^i« 2: o *
tengräbct, bie Jürmer, unb jwar
bicfe oft um bcöwiUen, weil man bie Sc*
aufftditigung ber aU ^aftlofale bienenben
Sürmc ben ©d^arfric^tern übertrug, welche
ben Dienjt burct) einen Änect)t »erfe^cn
tiefen, bann bie 8 e 1 1 e I o ö g t c. 93ott
ben 9'ia(^twäd)tcrn geborten nur bie*
jenigen jur Älaffc ber unebrlic^en ßeute,
weldfee äugleid) jum 2)ieböfangen gebraucfet
würben; bie rid^tigen fJiad^twaiiter, wclcbc
mit öanje, ^orn unb ßcud^tc »igiltcrten,
galten aU e^rlid).
©eric^t«* unb <p o I i 5 ei bi c*
n e r waren in ältejler 3eit burc^auä e^r»
lic^ ; crfi aU man bie ®cf)crgcn für ©traf*
unb 93Iutgerid)te »on ben gewö^nlid^en
gronboten in 3i''iIf<Ji^f" trennte unb für
jene häufig Unfreie na^m, fam ber I)ienft
in ben ®eruc^ ber Unel)rlid^!eit , ber i^m
bis inä 18. ^aftr^unbert an mandE)en Dr*
ten blieb. Une^rli^cr aber aU alle ge«
nannten ©tänbc war ber Stanb beg
@cbarfrict)terö unb genfer ö.
<}ludb biefer jwar war na$ ber dltcjien
(Sitte ein e^rltd^er iKann, oft ber jüngjie
SRid)ter fclbft ober ber jüngfie ©bemann in
ber ©emeinbc. jDoö 2tmt bü^te jWar
fd)on baburd^ an bürgerlidf)cr (5f)renbaftig«
teit ein, i>a^ e« jic^ ju einem Serufc ent«
wicfeltc, ber nur »on unfreien ßeuten übers
nommen Werben mochte, ta^ fiä) mit ber
Sinfübrung beö römifdjen SHecf)tö bie »er*
^afte Gfefution ber 3;ortur bamit »erbanb
unb enblic^, ia^ ber Si^arfricbter §ugleic^
21 b b e d c r ober <S c^ i n b e r würbe. Um
nun bie »erachteten ©cbarfric^ter gegen bie
folgen einer »oIfötümIict)en iBogelfrei^cit
ju fcfcü^en, würben ftc burd) faii'erlid)c
ober lanbeö^crrlid^e (ßrioilegien gef<$irmt,
ba^er i^r 0Jame ^retmann unb grei*
fncct)t. [Dtit ber 3«it würbe t>ai »crad^tete
©dbarfric^teramt fafi erblid) , wie eö bet
Unefirlicbfeit beö ®efc^Ied)teö gemäß faum
anberö fein fonntc, jugleidt) aber war e^
ein red^t einträglid^eö 5lmt geworben.
2öie bei ben ^^ed^tmeifiern gob e« @^arf*
rid)terfamilien, beren Angehörige über eine
ganje ^roüinj »erbreitet waren; fte f)ie^cn
@cf)elmenfippen. ®rfi im SReidböpoIijei«
gefc^ »on 1731 würbe benimmt, ta^ jTOar
bie Unel)rlidt)feit bei ben 3?act)!ommcn beS
®dt)inbere( in erfler unb jWeiter ©eneration
jiel)en bleiben foü, bie ferneren ®enerationen
aber ju allen unb jeben e^rlici)en ^anb*
werfen unb (Srwerb^artcn jugelaffen wer*
ben foücn. Durc^gteifenber lautete i>ai
faiferlictje patent »on 1772, wonadf) bie
Äinber ber SBafenmeifier, welcf)e bie »et»
werfiid^e Qlrbeit \i)xti iBaterö nod^ nic^t
getrieben ^abcn nodt) treiben woüen, »ow
Untocrfttätcn.
707
bcn ^ünbtt)crfcn nicf)t auäjufd^IieBen, fon»
b«rn ti)x\\i) ju nd^ten feien.
(5ö war ©itte, ha^ in ber ®^arfric^tcr=
familie ber ältefie ®ot)n beö 33aters SJ^eiPer;
titel iinb Se^cn erbte, wabrcnb bie jungem,
faüä fte nicfet einen eigenen SDienfl erbieltcn,
^cnferöfned^tc unb 3tbbecferleute tt)urben,
ju benen ftd) etwa unefirlid&e ßeute anbcrn
©tanbe^, ja JRäuber unb SWörber gefcüten.
3nncrt)alb einer foI(J)en r>om 23erfci)r mit
ber übrigen Jßelt auägefio^encn pcrad)teten
unb gefürc^tetcn familie, bcfianb aber eine
gett)i[fc Strenge unb ®e[e|mä^igfeit. ©eine
§rau fanb ber ÜJJeiftcr in ber familie
einer anbern ©cbarfrid^terei, bie jüngeren
®öt)ne blieben meifi lebig. 2)ie (Sd)arf=
ti(J)terföt)ne öatten if)re öe^r« unb 2Ban=
berjat)re burd)juniacben , wobei fte iljren
bcfonbern ^anbwerfögru^ befa^en. 55a
jebe Sßerü^rung eineö ®bi^licf)cn mit bem
j^enfer be[d)impfcnb wirfte, war berfelbe
ju einer eigenen, leidbt erfcnntlidien .Klei=
bung ferbunben, er fa§ in ber .Rircf)c auf
einem entlegenen, gefonberten ^la^ unb
geno§ bae *ilbenbmaf)I allein unb jule^t.
6inc oerunglüdtc ©yefution würbe wo^il
augenblidlid) burcfc bie 53oIEöjuPij geatin^
bct, inbem man ben @d)arfrid^ter marterte,
jieimgte, jerrig; ba^cr man itjm fpater,
aU ia^ freie @eleit nic^tö mel)r fru^tcte,
eine ftarfc 9D^ilitärmad)t beigab. ®ö
War anä) Sitte unb ißorfc^rift, t>a^ nad^
»onkogener ©jefution ber ©($arfrid[)ter vom
®d)affot f)erab bcn anwefcnben SRid^ter an-
rebcte unb fragte, ob er rcct)t geridbtct?
Sfiad^bem biefcr geantwortet: „2)u ^ajl ge=
Tid)tet, wie Urteil unb Siecht gegeben unb
wie ber arme 8ünber eö üerf^ulbet ^at",
entgegnete jener fdblie^Iid): „2)at>or banfc
icf) ®ott unb meinem SWeifter, ber mir
bicfc Äunfi gelernet". 5Die jDienfleinnal)^
mcn beö ©d^arfricbterö befianben au^er
ber 2BoI)nung in ben nadt) beftimmten
layen geregelten einjelnen SSerric^tungen.
©eringere Strafen, wie ©taupenfdtilag unb
^ranbmarfen, bcforgte ber ÜJJeifterfnedit;
in großen Stäbten peten biefcm üud^ bie
©yefutioncn mit ®algen unb ^at) an^eim,
Wofür er ben ©pcjialtitel genfer erhielt,
unb ber Sdf)arfrid()ter felber f)anb^abte blos
tai ®cf)Wert, Dft funftionicrte er juglcid),
im ®el)eimen natürlich, aU 5licr= unb
ÜJJcnfci)enarjt , wobei er üielfad^ in ben
ifiuf jauberfunbiger SWittel geriet. 33erü^mt
war namentlich ber Sc^arfrid^ter ju ^affau,
ber 1611 ben Solbaten bc« ©rätierjog
SOtatttiiag einen Saliämann gegen |»icb,
@t^u§ unb Stid) uerfaufte; tai ©e^eim^
mittel fam fo in Schwung, ba^ eö bcn
SfJamen <)ßaf faucrä.Runft erlangte, weld)e
nod) bie 9?act)fommen beö (Srfinbere auä«
beuteten. 'Jlnbere Sdbarfrictitcr »erlianben
ftcf) auf greif ugcln, auf« gefimad^en, auf
ft)mpati)etifd)e SlJittel u. bgl.
31u§er ber 'JJcrfon bes S^arfric^terö
unb feiner ©efeüen nahmen bie bei feinen
25errid^tungen gebrauchten (Seräte Anteil
an bem 5Rufe ber Uneljrlictjfeit. S^o^ju gc*
prt boö ^bbcdfermeffer, womit frei) ber
Iräger gegen bicjenigen wehrte, wel(^c,
entgegen bem ibm erteilten $rioilege, in
bctrejf ber Sejlattung aücö »erlebten
iBiebeö, etwa einen ^unb, eine Äa^e ober
bgt. auf eigene ^^aufi töteten ober begruben.
3n tai ^auö eine« fold)en Diec^tänerle^erd
unb jwar in ben Sljürpfoften besfelben
flie^ er bann fein aübefannteö 2lbbecter«
meJTer; ber an it)m tiaftenben Unel)rlid)«
feit wegen wagte niemanb eä pixaü^\^t
nel)men unb war fein anbcreö Hilfsmittel,
als bcn SBiifenmeijler ju bef(^idcn unb
it)m bie ®cbül)r ju jal)len. ©cfürc^tct
unb gemieben War tai SRidf) tfdfewcrt;
es ifi ein ma§ig langet, breitet, fdf)Were«
Älingencifen, mit bciben ^änben ju fd^win»
gen, unb ftedt gcwö^nlid) in fd^warjlebcr»
ner Sd^eibe, meifi mit einer 3nf<ä)i^ift ijuf
ber Älinge, j. S.:
SBenn xd) ta^ @df)Wert t^u auföcben,
So wünf(^ i^ bem armen Sünbcr 't>ai
ewige Seben.
®ine (5l)rltdt)fpred^ung gcfd^a^ ni^t
bloS in 23ejug auf ganje Stäube unb ®e«
werbe »on Seite beS Äaiferö unb Üteidb^s
tageei, fonbern eS finb aud^ einzelne un*
et^rlid^e öeute, bie ftct) ocrbient gemacht
t)atten, »om Äaifer d)xli<i) aefprocf)en
worben.
Uniticrfitötcn, l. ©rünbung. 2)ic
?luebilbung ber Uniferfttäten, einer ge«
fammtcuropäifc()en ©rfc^cinung , gefcf)ie^t
im 12. 3abrbunbert, parallel mit ber *Hu§*
bilbung beö iRittertuniö unb beö neuen
ßijleräienfer 3Wöndf)Stumö. 2)er Srieb be«
inteneftueüen ßcbenä , bie neue SBiffcn*
f(^aft ber rationalen ober bialeftifc^en I^eos
logie, bie S^olafiif, welche bie l)eiligc
öc^re mit ben Gräften beS natürlichen
Iienfcnä innerlid^ ju bewältigen unb fic^
anjueignen fuc^tc, äcitigte baö 3"Pitut
ber Uniferfitätcn. 2Bic 9littertum unb
afcctifd^eS SDJönd^ötum gef)t bie Unirierftä
tat Don granfreid^ auö. $ariö ifi iai
2Jlufier ber bcutfcfecn Uniöerfitäten.
2)ie ^parifer Unipcrjttät ifi ani alten
708
Untüctfttdten.
fircblid)cn Schulen {leroorgegangen, bet
35omfcf)ulc unb bcn ^loftetfcfculen ju St.
Geneviere unb St. Victor. Der SRuf ber
9ro§en ßet)rcr, bic £)ier im 12. 3rt|)r^un=
bcrt tt)irEtcn, jog auö aßen öänbern eine
ja^treicfee ®(i)ülerfc^aft naä) *Pariä. 2)er
Äan;;Icr ober ©cfjolaflifus beä I)om =
fapitet^, bem bie ^flicfct oblag, für ben
Unterricht an ber ©omfc^ule ju forgen,
fa^ aU treiterc Qlmtäpfljctit bie '■Jlnfieüung
ober Cicentierung unb Übeih)a(i)ung aller
ße^rer ber S)iöcefe an. I)arauö t)eroorgeä
gangcnen 3Kiöbräu(^en entgegenzutreten,
cntfianben bie Anfänge ber Korporationen
ber 2et)rerfd)aft. jnno^nj HI- t«gette
1213 juerfi tai 23er^aUniö jwifdien bem
Äan;Ier unb ber universitas magi-
strorum et scolarinm. "Iltlmäfili^
erhielten bie lodern Jntereffenoerbänbe be-
fiimmtere ^oxm, unb man unterfc^ieb in
ber jroeitcn 4>älfte beä 13. 3af)r{)unbert«
üier Stationen ber 5lrti)tcn: ^i^a^^of«"/
fRormannen, $ifarben unb (Snglänber
(fpäter ©eut[d)e), jebe unter einem pro-
cnrator ober provisor, bie ®c)'amt=
^eit unter einem rector. 3^ ®ad)en
ber Se^re unb ber iCiiä^iplin (facultas) be-
tteten aüe ÜRagifier aüer fRationen alä
©cfamt^eit. ^Daneben befianben aU auto=
nome Äörper[d)aften Don etiüaö fpdterer
93ilbung bie brei ^afultäten ber i^co^
logen, 2)cEretiften unb 9[Rebijiner
unter einem Sor^e^er, 2)cfan genannt.
3n äußern Qingelcgen^eiten ber ®efamts
^eit reurbe oon ber Kongregation biefer
peben antonomcn Körperfi^aften Sefc^lu^
gefaxt, aU ^aupt ber ©efamt^eit galt ber
rector.
3m 15. 5a&rl)unbert füfirte baö Snjlitut
ber Kollegien bie Uniücrfttät ju einer
innern Umbilbung 25ie Kollegien tt)ur=
ben feit bem 13. 3abrf)unbert al« Stifs
tungcn für arme ®d)oIaren gegrünbet mit
befonberm Sffio£)n^au0. ^lümäbli^ jog
ft^ ber Unterri(^t auö ben öffentlid)en
Seftorien in biefe Kollegien jurücf unb
rtenigflcnö bie 5lrtiftenfaEultät löjlc fid)
in eine 5lnjaf)l 3nt«i^"<it^f^"I«n «uf-
*Ülter ali bic ^arifer, aber für bie
fpätern bcutfc^en Stiftungen r>on meniger
Hinflug waren bie italienif<i)en Unioerfr^
töten. Die mebijinifc^e ©c^utc ju
©alerno befianb fd)on im 11. 3^^"^=
^unbert; feit ber DWitte tti 12. 3a^rt)un-
bert« blül)te bie SRc*t«fc^ulc ju »o»
logna auf, auö ber im 13. 3a^rf)unbcrt
burcf) eine ^uämanberung bie ju ^abua
entfianb. 3n Sologna äcrfaüen bic
©tubierenben in citramontani unb ultra-
montani, bie aus iftrer ^DJitte je einen
SReftor wählen. S)ie ©tubierenben finb
nid^t Knaben, wie in ben parifer 'Ilrtifieuä
fcbulen, fonbern geijilicbe unb weltliche
Ferren , bic bur^ ibre fojialc Stellung
jur Silbung felbfiönbiger Korporationen
befähigt fc^cinen. 2öaö bic ßel)rc betraf,
fo lag ^ier alleä: in ber ^anb beö SJoftor^
Eotlcgium«. ®rji im 13. 3al)rt)unbert fam
JU ber altern SRec^täfd^ule eine universitas
pMlosophorum et medicorum, ober ju?
fammcn artistarum ^inju ; bic tlicologifd^e
Scfjule mürbe 1362 errichtet.
Dtac^bem nac^ bem Silbe Don *Cariö
unb Bologna in ^ranfrcii^ , (£nglanb,
3talien unb Spanien mäl)renb bc« 13. unb
14. 3al)r^unbertö äfinlicfte Sdl)ulen ent«
iianben waren, folgte julc^t Deutfc^«
lanb. |)ier fc^eiben ftc^ für tai ÜJiittcU
alter j^wei ©rünbungöperioben: bie erfie
fäHt in bic jweite ^dlfte be^ 14., bic
anbere in bie jweite |)älftc beö 15. ^a\)Z'
^unberts.
2)ic crfie ©poc^c folgt ber ^criobe
beö wirtfc^aftli(f)en *Jluff(f)Wungö jwifc^en
1150 unb 1300; ja^lreiAe neue Äanoni«
fate waren gefiiftct, Stabtfcbulen erric&tet,
bie I)om« unb Stiftcifc^ulen Dermocf)tcn
mit ben auswärtigen Unioerfttäten nic^t
met)r ,^u fonfurrieren.
1. ^rag, 1347; gemäß ber Stiftung^«
urEunbc werben ben Oliebcrn ber UniPcrs
fität aüe 5ßriDilegicn , 3"i"iunitätcn unb
5reil)eiten jugcfi^ert, bereu bic ©liebet
ber parifer unb bolognefer Unioerfttät fid^
erfreuen. — 2. Sffiien, 1365 gefiiftct, toi)
erft 1384 rec^t auägefütirt, jum teil burc^
parifer ßcbrer , bic wegen bcö firc^lic^en
Sd^iömaö aui $ariö Dcrtricbcn worben
waren. — 3. i>eibclbcrg 1385. —
4, Köln 1386, wo baä t^eologifc^c ©tu«
bium f(i)on blühte unb eö ftcfc bloß barum
^anbcltc, bic in Dcrfd^icbcnen Klö|icrn
unb Stiften Dorlianbcncn Kurfe jufammen«
jufaffen, mit bem SRccfct ber (Srteilung ata'
bemifcftcr ®rabe. — 5. Erfurt 1389,
eine fiäbtifc^e Stiftung. — Qtlö Dtai^jüglct
ber crfien Spoc^e finb ju nennen 6. ßcipjig
1409, gegrünbet in unmittelbarer ?{olgc
baDon, ta^ ju $rag bic bö^mifc^c Jiation
Don ben brei anbern ÜfJationcn (Saiern,
Sad)fen, $olcn) ben 95orrang in ben Stim^
men erhielt, unb 7. 9lofio(f 1419.
I)ic ® r ü n b u n g e n ber j weiten
Spocfec fcbeinen infolge eineö au§crs
orbentlid^ fiarfen ^Inbrang« ju ben Stubicn
jlattgcfunben ju l)abcn, infolge beS ^uma-
UntDetfitäten.
709
niämus, bti 9tuffommcn« ber römifc^cn
JRecf)tä9eIe^rtcn aU cineö befonbern Stan»
bcö, fteigenben SDÖo^llebenö, tt)irtfd)aftli<l)en
5Iuf[^tt)ungö
1. Orcif^walb, 1456. 2. ^rei»
bürg, 1460 eröffnet. 3. ©afcl, 1400.
4. Sngol j!abt, 1472. 5. Iiiet,
1473. 6. Smüinj, 1476. 7. Jübingcn,
1477. — 51IÖ ««acftjüqler 8. SB i 1 1 c n =
ber 9, 1502. 9. j^ran'tfui^t a. O., 1506.
2)ie UnioerfUäten finb in erjler ßinie
firc{)Iid)e S^ulanfiatten, ben iiltern tixä)'
Iid)cn 2d)uIanfiaUen in S)i0,^iplin unb
Sinri(f)tungcn äf)nlid). ^l)x 3"fflni'^"!ti'
Öang mit ber Äuc^e etroeiil fid) 1. barin,
ba§ überaß bie päpftlid)e SJitmirfung bei
ber ©rünbung einer Uninerfüät einge^iolt
tt>irb, roobur^ man fid) nidit aüeiii bes
nottt)enbigen unb coüEommcnen ßinoer;
fiänbniffcö bc6 ^aupteö ber dljriftenbeit
zerflederte, fonbern befonberö bie ®rmä($5
tigung ju lehren unb (grabe ju erteilen
ert)ielt; bie Sernuiltung biefer ©efugni«
»urbe regelmä§ig uon einem ort^anmefen=
ben ißertreter ber Äircf)e, ber Äanjier bieg,
überhjac^t, meift ber Sifc^of ober fonfi
ber üorne^mjie ®eiillic^e am Ort ber Uni*
oerfttiit. 2. in ber 'Musfiattung ber ßel)rer
mit (Sinfommen ani ÄanoniEaten unb
(Pfarreien. 5Die »eltli^e Obrigteit fteütc
fid^ anfänglich nid)t anber^ jur Uniüerft^
tat, al« ju jeber anbern Eird)ticf)en <£tifs
tung, im 15. Jabrbunbert betonten ft<^
jcbod) bie lanbe0t)crrlic^en Scfugniffe
fel)r am.
n. Organifation. 30öä|irenb in
*Pariö in unregelmäpigem üßacfcätum unb
nad) üerfc^iebenem ^-yitbungeprinjip oier
fclbfiänbige j^örpetfc^aften, nier iJiationen
unb brei ^iifultäten entfianben unb äu§er=
lid) ju einer universitas r>erbunbcn morben
maren, gingen bie beutfd)en Dteugrünbungen
umgefet)rt Don ber (Sint)eit ber ^nfialt au^
unb glieberten nun biefelbc in ^nlcl)nung
an haii fcfeematifierte *parifer S5orbilb auf
boppelte aSeife in iJJationen unb j^^tüU
tätcn, einer boppelten gu'iftion bet 2et)rc
unb ber politif^en ißermaltung entfprecbenb ;
alä 8ei)reranjlalt f)ei^t bie Unioerfität
Studium generale unb teilt fid) in oier
gofuUätcn, alö Korporation ^eißt ftc uni-
versitas studii Pragensis, Viennensis
u. f. vo.. foba§ jebeäf ®Iieb ber Unioerfttät
in beiben oorfommt.
S>ie Jiationen bilben eine rein
duferlic^e ©inteitung ber ®cfamtbeit fiir
bie ^voidi ber iBerrcaltung na^ ber geo»
grap^if^en Sage bes Heimatorten ber TliU
gliebcr. Qlue bem Uniöerfitäteorte ali
OJJittclpunft rcirb bie ganje ß^riften^cit
in oier Duartiere eingeteilt, jebeä nac^
bem Dramen einer am ^drffien oertretenen
Sanbfdiaft benannt. 3ebe iWation mäblt
einen Sorftcbcr, Procurator, ber bie ÜJlits
glieber in bie giften ber Station, Matri-
cnla, einträgt, bie 5Jerfammlungen beruft,
bie Äaffe oerreattet. 2" ^if »ifi Stationen
gegliebcrt, übt bie ®efamt^eit, congregatio
universitatis, bie gefeggebenbe ®ett)alt, be=
fcfclic^t, nad) Stationen ftimmenb, Statuten
ober I)ieiiplinargefe^e, ju bereu Haltung alle
©lieber burd) (Sib fid) oerpflid^teu , »d^lt
^um teil butd) eine fomplijierte, inbirefte
ißa^l ben iRettor. Xiefcr ift Vertreter ber
Unioerfität nac^ *l(u§en unb fübtt tai
Siegel, l)anbt)abt bie ber Korporation com
?anbsl;errn gegebene ®erid)tebarfeil. 5«^«^"
SReftor \\t ein 9f{at, consüium univer-
sitatis beigegeben, jU bem jebe Station
jpei SJlitgliebcr aborbnet. 3" biefen
Ämtern tonnten anfänglid^ forool)l ®ras
buierte al^ Stid)tgrabuierte mäblcn unb
gemäbtt merben; bod) n^urbe fd)on frü^
bie Stinimfäl)igfeit auf bie ®rabuierten
eingefd)ränft; bie paffioe 2Bal)lfdbigteit
blieb b^igegen allgemein, befonber« ber
OfteEtor mar oft ein Stic^tgrabuicrter. 2>ie
Ginteilung in Stationen ^atte aber auf
ben beutfc^en Unioerfitäten oon Einfang
mcnig (5influ§; bie 2)efane ber ^^lEultäten
nal)men oon fclbfl neben ben Stäten bcc
Stationen bie Stelle oon Seratern tei
Stcttorä ein unb bie jungem Unioerfitäten
begnügten fid) überhaupt mit ber Sintei«
lung in ^tiful^äten.
2öaö bie ße^ranfialt unb biega*
fultäten betrifft, fo giebt es auf einer
mitlelaltcrlid)en ^oc^fc^ule »eber eine be«
flimmte 3'^''^ fefter, befolbeter Se^rfiü^le
für bie oerfd)iebenen i)i?jiplinen , nod)
einen berufsmäßigen ^rofefforenfianb, noc^
Stubenten im l)cutigen Sinne. Se^ren
unb lernen ge^t incinanber; man fängt
ben Äurfus lernenb an, gct)t atlmäl)lic^
jum l'ebren meiter unb fc^ließt it)n blo§
lel)renb. ^iht 'Jafultät ifi mit '-Besiebung
auf bie 8el)rc felbftänbig. jDer Scolaris
fd)lie§t fid) alö 2el)rling einem beflimmten
magister an, tritt meifi m feinen ^aus»
^alt ein, ber flöjlerlid)er Statur ift. Stacks
bem er in etira jmei 3iif»ien bie Einfangs«
gtünbe ber Öel)re erlernt, mirb er bet
oetfammelten Üteiftcrf^aft oorgefiellt, »on
it)r geprüft unb jum baccalaureus,
©efetlen, ernannt, tiefer lernt meiter,
mirb jebocfe burc^ einen Sib oerpflic^tet,
710
Umöcrfttätcn.
unter 9lufficbt ^e^ iUleifierä [einerfcitö bie
Elemente ber Äunft ju Icbrcn. ^lai) etwa
jttjei 3a&ren mieber geprüft unb Don ber
firc^Iicf)en QSc^örbe mit ber licentia aui'
geflattet, wirb er burd^ öffentlichen Qlft
öon feinem SO'leijier jum SJicijier gemadbt.
2)urd) ben IDJeifiereib ijl er eetpfli^tet,
»enigflenö noc^ jrnei ^a\)xt in ber Stabt
^u bleiben, um aU 9Weifter ju lehren, bie
2Reifterfcf)aft aufrecht ju ermatten. Sr
nimmt je^t felbflänbig öe^rlinge an, bie
er ^u ©efetlen unb 2l?eifiern ^eranjiebt.
3>iefer »ollfiänbige Äurö ber freien Äün^e
fcei^t facultas artium; »erläßt ber SiJJagifter
nadi jn)eijäf)rigcr *Uuöübung ber Äunjl bie
Stobt nicfct, fo mag er bie p^eren .^ünjie
auf biefelbe SZBeife lernen : SWcbijin, 3"^^'
prubenj, ^l^cologie, unb ju biefem 3^)^^^
fann er in eine Stiftung, collegium,
eintreten, tt)o er fflobnung unb einiget
(Sinfommen erfiält; überbie^ erpit er tion
feinen ßctirlingen baö ßef)rgetb, pastus,
minerval. SOtan bleibt bann iDJeij^er in
ber Qtrtifienjunft unb iji ?ebrling ober
Oefefle in einer ber anbern B^nfte; erji
menn man SOffeifter in einer ber f)öf)ern
^afuttäten, d o c t o r , wirb, fc^eibet man
au« ber untern auä. (gr^ält man enbtid)
eine Äanonifatöpfrünbe , fo mag man
lebenslang aU Sebrer an ber Unicierfrtät
bleiben. 2)ie menigften ma(ä)en aber biefen
PoUPänbigen «Stubiengang burc^; bie 3ci^l
ber @(f)üier in ben obern JJafuItätcn mar
immer gering.
3^ren Unterbalt t)ermo(i)ten ftd^ Moi
bie ße^rer ber ?lrtifienfafultät burd) ben
©cf)uno{)n ju ermeiben; S)oftoren ber
I)öbcrn ^afultäten gewann man baburc^,
ia^ man eine befiimmte Qlnjat)! Pon
Äanonifaten mit ber Uniöerfltät »erbanb,
eineötcit« mit einem Äanonifat bie ^Pfiic^t
ber 93orIefungen Pereinigte ober anberfeitä
ein .^anonifat üon aQen ober einigen geifts
liefen ^ppid^ten biäpenfterte. (5rfi aamat)^
lieb erlangte bie Sanbeäobrigfeit ®inf(u§
auf bie Sefe^ung ber ßebrfteüen burcf)
©rünbung befonberer *Profeffuren ; feit bem
15. 3abrbunbert befehle bie Dbrigfeit bie
Sebrerfleflen ber obern gafultaten t>on fidf)
auö. 5Die Qlnjabl ber ße^rer ber ^Irtiften*
fafultdt ^ing ton ber ^requenj ber "Jlnftalt
ab unb erft im 16. 3'>t''^^""bert waren
aud) bier überad eine beftimmte iMnja^l
ton Stellen fej^gefe^t.
S)ie'llttiftenfafultät war bie !Bor=
bereitungöanflalt für bie obern gafuttäten,
bie pt)iIofopf)if(f)en ^Jrofefforen waren
©tubenten in ben anbern {Jafultdtcn. ?tn
iRang unb SRec^t jtanben bie 5lrti(icn an
ber legten ©teile. Sor^anbene ältere
Stabtf(^uten würben oft in bie Unioerjts
tot cintierleibt. I>er unterfie ^uxi ber
"ilrtifien bie§ man({)mal paedagogium;
\>M Qllter ber Schüler ging oft nicbt über
12 3at>re I)inau§. ®<i)\xUn, bie ftifi bie
Vorbereitung jur Unioerfitat jur 5tufgabe
matten, gab eö im SDJittetalter nic^t; erfl
feit bem 16. 3a^r^unbert beginnen bie
iSpmnafxcn. ©rögere ®tabtf(J)uIen lehrten
unter Umjiänben ben glei(f)en Stoff wie
bie *Urtiflenfcf)uIen , wenigfienö in i^rem
erften Äurä, bem fogen. Srioium.
3n ber dufern ßebenöorbnung
ftnb bie Uniperfttdtögtieber urfprünglid^
ben ?tngebörigen ber ^ircbe nac^gebilbet.
2)ie ®efamtf)eit ber ÜJlitglieber ber 2öie«
ner Unioerfitdt f)ei^t clerus universitatis,
bie Uniüerfttdtäfefle ftnb fircblidiet SJJatur.
2)ie 5trtifienfafultdt feierte befonberö ben
2ag ber ^I. Äatljarina. ?lu(f) bie Älei«
bung war bie geiftlic^e: langer SRocf oon
einfarbig bunflem S^M^' für bie Sd^ola»
ren mit Sapuje unb ®ürtcl, für ben SDta*
giftcr mit Sarett. Stubentenfrawaüe rid^»
teten [xä) u. <M. gegen t>a^ fragen be3
(Sürtelö. SDie ©ojenten fianben unter
bem Sölibat; »on ber wetttic^en Dbrigfeit
ber @(J)uIe warb bloö ber SReftor jum So«
libat »erpflic^tet. SKebijiner bra(f)en wol)I
juerfi biefe alte Sitte, bann Sui^ifif" ""^
21rtij^en, am S^Iu§ beö 15.3a^r^unbert«
War ein »erheirateter SIRagijier feine Sei*
tenf)eit me^r.
3m |>aufe beö ßoüegiumö, in welchem
aud) bie SRdume für bie SSorlefungen unb
Unitierfttdt^aÜe unb Sffiobnungen für Sd)o=
laren ftcf) befanben, wohnten bie 9Wagijlcr
flöfierlicft jufammen. ^itn trotte feine
Stube, bie 5RaIjeiten Waren gemeinfam.
3eber SRagifter l)at einen Sd^olaren aH 93e«
bienten, famulus, servitor. ^eijbar
fmb bie ®emd<i)er ber Scbotaren regel«
mdfig nicf)t. 2)ie SRaljeit pflegte überaus
einfa^ ju fein, im großen Kollegium in
ßeipjig gab e« 13 mal im 3af)r ein Sytra*
geriet nebfl iffiein unb J^rüc^ten. iDa^er
freute man ftc^ fo fetir auf bie ^cPf'^niäufe.
3bre Unterfunft fanben bie Stubenten
entWeber miet^weife in ttn ÄoQegien, wo
fonfi bie SDkgifter wobnten, ober in be»
fonbern Stiftungs^dufern; auc^ ^rioatun«
terne^mungen einzelner ÜRagifier werben er«
wdf)nt. Sin foIcfterÄonoift l)ieR bur s a, oon
bem wö^entli(^en ©eitrag (bursa = i8örfe),
ben bie einjelnen ÜRitglieber , combnrsa-
les, bursales, domicelli , socii, leiftctcn
Untüerfttätcn.
711
35er SWagificr, bcr Untcrncbmer ober 58or=
ftcl^et war, f)ie^ conventor, 23ermieter, auä)
rector bursae, regens barsam, baber bie
Surfe a\id) regentia. Qlu§erf)alb ber ÄoI=
legten ober ber approbierten Surfen ju
Wonnen, war überall »erboten, ^uönab'
men famen bei üornc^mcn ^erfonen, ar*
men fieuten in bicnenber Stellung unb
Drtäangel)örigcn nor. S)ie 3<if)I ber Sur*
fenbewo^ner war oft eine befcf)ränfte, 8,
10 ober 12 SWitglieber. Sie aUit^licber
ber Surfe bilbcten bie 8et)rlin(^fcf)aft tti
SWcijlerä, fte ^örten feine Sortefungen, nab=
tnen an ben SJiöputationeübungen 'Jlnteil,
bie regelmäßig nacb bem Qlbenöeffen , oft
auc^ nad) bcm SWittagcffcn jiattfanben.
3)aneben hielten fie bie öffentlicbcn Sor«
lefungcn in ben Seftorien bcr ÄoUegicn«
Käufer. 2)ie Jftepetitonsifurfe in ben Sur-
fen 'gießen resumptiones unb Waren ge«
gen ®nbe beö 15. 3a^r^unbertö meifi obli«
gatorifcb. S)er5Re!tor fontrolierte ben Se=
fucb ber Sorlcfungen unb bie "Jlfte ber
^afultcit, war aud) »erpfli^tet , bie ©tu^
beuten ad latinisandam anjut)altfn unb
Übertretungen burd) theutonisare , beutfdb
reben , ju firafen. |)eimlid^ aufgefteÜte
^lufpaffer, lupi, au^ bcr SWitte bcr ©d^o^
laren notirten bie gc^ilbaren. ©ing ber
SOJagificr öffcntlii^ auö, jur Äird)e, ju ben
gafultätöflften, fpajieren ober inö Sab, fo
begleitete it)n bie ße^rlingfc^aft. 2)ie cin=
jclnen Äawniern ber Surfenmitgtieber, un«
I)eijbar, biegen camerae, cellae, commoda,
bie beijbare ©peife« unb @d)ul^ube stuba
communltatis , aestuarlum. ^abfuct)t
feilte oft in eine cinjige Äammcr bi^ 12
€(l)olaren.
5Der Sifci^ würbe auö ben Seiträgen
ber Surfenmitgtieber beftritten, Äod) war
entWeber ber famulns ober bie Surfalen
fdber in beflimmter >Jlbwed)ötung.
S)aö mittlere *JUter ber ®d)olaren beim
3tnfang it)rer 8tubien war tai 15. ober
1 6. öcbcn^ial)r, boc^ f ommcn aud) jüngere
©c^otaren »or.
iUlittcl beö Unterrid^t« Waren Sorle=
fungcn unb I)iäputatio nen nad) Sn*
l^ialt unb ÜWetfiobe bcr Sdiolaftif, bie le^=
lern namentlidb mit ber Äunft einer ab*
ft^tlid) unreblicbcn ©optiiftit ausgebilbet
unb oft fo bcftig unb erbittert geführt,
baf j. S. an ber ©arbonne in ^axi^ ber
$la^ be§ Opponenten von bem bcö 3fic»
fponbcnten burd) eine Sretterwanb gcfd)ie=
ben War, bamit bie S)i^putiercnbcn fxc^
nic^t in bie ^aare fahren tonnten
3n Jolge bcr iRcformation änbertc
fid) ber ©baratter bcr Unioerfitäten m man*
d)er Se^ie^ung, im ©anjcn aber l)at ftd^
faum ein mittetattcrlid)cä 3nfiitut fo jä^
gegen bie formen neuer Silbung unb neuer
Scbcnöanfc^auungcn crwicfen, wie bie fjo^en
©d)uten.
<Jln ©teile ber tird)lid)en Dbrigteit trat
in ben protefiantifdben ßänbern ber ßan*
beöberr ober bie l^anbeäobrigteit ; Scjläti-
gung gab ber Äaifer, bie Qluflöfung bcr
Surfen unb ß-ottegien mad)te felbfi|länbige
Sorbereitungsanftatten notwenbig, ®pm*
naften u. bgl., wobur(^ ber bi^iberigcn 5lr*
tiftcnfatultät ber (5t)arafter einer Sorbe«
reitung0fd)ule genommen unb fie jur fetbft«
ftänbigen pt)i 1 o fop bifd)cn SJatuItät
bcranwudbö, 9ieufiiftungen ftnb 9War*
bürg 1527, Äönigöbcrg 1544, 2)itlingen
1554, 3cna 1558, .^elmliäbt 1575,
ilttorf 1578, ffiürjburg 1582, ®rä^
1585, qjaberborn 1592, (Siegen 1607,
«Rinicln 1621, ©tragburg 1621, ©aljburg
1623, SMünjlcr 1631, Dönabrüd 1632,
SDuiäburg 1655, Äicl 1665, SnnöbrucE
1672, ^aüe 1694, Sreölau 1702, gulba
1734, (Söttingen 1734, erlangen 1743,
©tuttgart 1775, 8anböl)ut 1802. 2)cm
®cijle ber nad)rcformatorifd)en Silbung
gemd§ mad^te bcr Icbcnbige, geijlige üluf»
fcbwung bcr Üieformation^jcit einem ängji*
lid)en, breiten unb geiftlofen ©d)ematiä«
muö '^}la^, bcm namcntlid) bie Üicinbeit
ber Sebre unb bie "Jlbweifung neuer 8cl)ren
am ^erjen lag. 2)ic Sorlcfungen würben
nur in lateintfd)er ©prad)e gebalten, biö
(£brijlian Sbomaftus ber (Srfte würbe, ber
beutfd)e Sorlcfungen cinri^tete. 2)ie Seil*
name ber ©tubicrenben an ber Leitung ber
Uniüerfttäten borte auf, tii perfönli^e Öei«
tung ber ©tubicrenben burc^ bie Scbrcr
trat cbenfatlö jurüd, fo ta^ eei möglich
war, ta^ fic^ namentlich feit bcm 30jd^s
gen S!rieg ein rot)eä ©tubentenwefen au^=
bilbetc, beffen liäBlicbßer 5luöwud)ö bet
tPennaliömuö war, eine robe burfc^ifofc
ScrgeWaltignng bcr altern ©tubcntcn ober
©d)orijicn, b. 1). berjenigen, welche bie
*21nbcrn fc^oren, gegen bie ange^cnben
SOUtfd)üter. 2)amal« tarnen bie l^ubenti*
fd)cn Dtamen Neovisti, Vulpeculae, ^ü^fc,
Caeci, Slinbe, Vitnii, DJutterfälbcr, ©äug*
tinge, Innocentes, Unfd)ulbige, Imperfecti,
GalJi domestici, ^auebä^nc, Dominastri,
3tappfd)näbel, Sadjantcn auf. S)iefc3ün=
gern mußten nun ben *M Item bie niebrigftcn
2)icnjie leifien unb ftd) gleid)famjur 2Bc^r=
tjaftmacbung nad^ Ablauf eineö ^a\)ui
bcr ©epofition ober (Snttölpclung un*
712
Unjucbt
tcrjic^cn, einer Iä(J)crIic^cn , i;uni Seil
fc^merjUi^en (Sercmonie mit einer ÜJJengc
it)mboIi[(!^er J^anbtungen. 3" berfelben
3eit tarn unter ben ©tubenten ba« 2) u eil
auf, ebenfo bie ßanbäman nfc&aften
ober Serbin bun gen, bie 6tubenten-
lieber unb eine Sitteratur fleiner ©üc^tcin,
»orin ft^ ein luftiger, oft auä) Himu^u
gcr |>umor jeber 3trt geltenb mad)te. 2)ie
geifiige Erneuerung ber beutfd}cn Unicer^
^tdten beginnt mit menigcn 'Husna^men
erfi im 18. ^a^r^unbert. *PauIfen, bie
©rünbung ber beutfcJ)en Unioerfttäten im
SWittelalter, in @t)belö I)ifiorifcl)er S^iU
fc^rift 1881. Sgl. 3arncEe, jur ®e=
fc^id)te ber beutfi^cn Unioerfitäten; SliO'
lud, Sorgefcfti^te beä jRationaliömuö ;
Ä. D. SR au m er, ®cfct)idt)te ber ^'atd'
gogif. 33b. 4.
Unjuc^t. (§,\)d\6:iz Äeufd)beit galt bem
Sflömer alö ein ^auptmerfmal gernianifc^cr
Sitte. „2)ie ®be, fagt Sacituä ®erm.
18 unb 19, mirb bei ben ©ermancn fireng
gehalten unb tt)o£)I in feinem ©tüde |)aben
bie ©ermanen mel)r Slnfprucf) auf ^oä)'
ac^tung; benn üon aßen Sarbarennölfern
ftnb fie faft bie einzigen, mel(J)e [\<i) mit
einem SBcibe begnügen, (ge^r menige
mad^en baoon eine 51uönaf)me unb jmar
nid)t üon ©innlicfcfeit geleitet, fonbetn
meil fie i^reö 5lnfet)enä megen mit me^re=
ten Einträgen angegangen »erben. 3)ie
^Jrauen führen if)r ßeben in ben @c^ran=
fen feufc^er @ittlid)feit, frei üon ben 93et=
locfungen üppiger ©djaufpielc, unberührt
üon bem ©innentaumcl ftttenlofer ©elage.
33on get)eimen öiebcsbriefen mei^ meber
ÜJJann noc^ %xaü; (J^ebruc^ fommt bei
bem fo ja^iheid^en Solfe fef)r feiten cor,
unb bie ©träfe, meiere ber SBefiimmung
bee ©atten überlaffen bleibt, folgt it)m
auf bem ^u^e nac^. %nx oerlorenc Äeufd)=
^eit giebt e^ feine ®nabc; meber Bdjön-
|eit noc^ S^tfl^nb nod) SReic^tum werben
i^r je einen ®atten jufüljren. S)cnn ha
ijl niemanb, ber über tai ßafter fct)erjte,
niemanb, ber »erführen unb »etfübrtmer«
ben ben l'auf ber 2BeIt nennte. ®en)i§
jie^t e^ mit einem Staate, mo nur 2ung=
frauen fxi) üermäl)len, unb mo bie ®attin
mit il)rer Hoffnung unb il)rem ®elübbe
il)r 8eben für immer bejiimmt, beffer aU
mit bem unfern, ©inen ®atten erl)alt
baö Söeib, «ie fte nur einen Körper unb
nur ein ßeben empfing, unb fein ®ebanfe,
fein ®elüß fofl biefe ®ct)ranfen übertreten,
fte foü in ii)rem ©atten nid^t ben SKann,
fonbern bie (Sbe lieben." @d)on Slacituä
erwäbnt an biefer Stelle ber politifd^eit
SRücfftcfeten mcgen »orfommenben Siel«
m ei ber ei; biefelbe, o^ne 3»^f'fcl ^^^
früt)crn rot)en 3uf^änben überfommen, n)at
im ®cfci)Iedbte ber iKeroninger geroöt)nlic^;
bei ben Dflorbgermanen bauette fie noc^
lange fort unD mar j. ©. in ©(^mebcn
im 11. 3«^i^"n^"t allgemein Derbreitet,
lud) Äonfubinat mar ben ®ermanen
nid)t fremb; bie Äebfe, m^b. kebese,
kebeswip, friandinne, gelle, zaowip, bi-
släfe , bislaeferinne , släfwip, släffrouwe,
mar bem SDknne nid^t »ermä^It, lebte
aber in bauernber iBerbinbung mit i^m.
Urfprünglid^ fc^einen eä unfreie aSeibct
gewefen ju fein, bie in biefen ©tanb ein»
traten; boc^ mar tai 23erl)ältniö md^renb
be^ ganzen SKittelalterö uon ben 93or«
nef)mcn gepflegt, o^ne ta^ bie öffentliche
SD^einung befonbere^ Sitrgetniä baran na^m;
fo Ratten Äarl b. ®r. unb ßubmig ber
^Jromme i^re äßeifc^läferinnen. S)ie Äin«
ber ber Äebfen erbten blo^ Don ber SDJutter
unb geborten nic^t jur Sippe beä 93aterö,
maren alfo, mo ber 23ater gürfi mar, »Ott
ber S^ronfolgc auögefci^Ioffen, menn nid^t
befonberc Umfiänbe unb perfönlid)e Sor«
jüge i^ren Stanb oerbedten. Oft erf)iclten
une^elid^e Jürfienfö^ne ^o^e geifilid)c
Steüen.
Dffentlicl)e 2Beiber finb bagegen
ben S)cutfcbcn eifi burd) bie unterge^enbe
römifd^c 2ßelt jugefommen; bod) jeigt
fd^on bie güUe ber il^nen angeprenben
iliamen , mie biefe OWenfdtjenflaiTe auc^ in
I)eutf^Ianb um ftd^ griff; m.ittelpdö«
beutfd^e SJJamen ftnb j. 93. gemeine frowen
fröuwelin ober wip ; armia, valschia
boesiu wip , varende frouwen , veil
fronwen; irria, swacbiu, übelin wip
wandelbare vrouwen , unwip , üppige
frouwen, wildiu wip, gilwerin, hübscher-
inne, knaberin, lennelin. Qrvax für bie
Slütejeit beö SRittertume Wirb man an«
nehmen muffen, ta^ ber ibeale 3"9 ^«t
3eit, bie t)ol)e Stellung, bie namentUd^
bie beutfdt)en SRitler bem 2Bcibe ein»
räumten, bie jerfiörenbe ÜJlac^t ber ge«
meinen ©u^Ierei befd)ränft babt; ber ©eifl
ber l)öfifd)en 2)id)tungen SDßalt^erä, ^art«
manne, Söolframö legt bafür 3«ugmö ab.
51nberfeit^ lag e^ in ber Dtatur ber roman«
tif(^en g^rauencierl)errlid)ung, i>a^ biefelbe
gerabeju einem natürlid^ berberen SSer^dlt«
ni^ ber gefct)led)tlidl)en ißerbinbungen ju
rufen geeignet mar; bann mar ber SRitter,
feiner ßcbcnäart jufolge, bie \f)n ^aupt«
fä(^Ii<^ förperlict) entmideln lic§, burc^
Urbarbüc^er — Urfet)bc.
713
Sagb, ©picl, Äampf, SRcifcn, mit einer
ficibe^fraft ou^gcftattet , bie gett)i§ getn
über bic @ct)ranfen bcä Oefc^e« ^inauä«
langte, unb cnblid) war bie foömDpolitifd)c
Söeltbilbung beö SRitter« unb feine ^tb^
^ängigfeit pon ber ^tnU unb ^anbelö»
n)cij'e bc« franjöfifc^en iHittertumö einer
gefe(lfct)aftli($en 'ijjrüberie nid)t juget^an,
ttiie man jum Seil n^ieber auö bcn SJid)'
tungen ber genannten beften böfifc^cn
S)ict)ter er!ennen fann. %U bann aber
balb nad) bem erj^en 33iertcl i'ti 13. Jabr«
^unbertö ber ibeale Sinn ber ritterlicf)en
®e[enfd}aft fd)ncü erblaßte, unb eine aus
gemeine *2luflö[ung ber gefetlfdbaftUc^en
^flicf)ten unb SRücfftd)ten eintrat, ba eer-
wilberte namentlich aud^ \>ai 93erbdltniö
be^ ÜJianneö jum ifficibe in aujfaQcnbem
®rabe. 3^"9"'^ bacon giebt [c^on Oott*
frieb Don Strasburg, ebenfo 9'iitt)art Don
SRiumental unb bie anbern t)öft[(^en 2)orfs
bic^ter, nod) mehr aber bie jat)lreicben
DJooeÜen unb ©rjäl)lungcn , unter bcnen
nad) biefer Seite t)in namentlich *ßon ber
<^agenö (Sefamtabenteucr ftcfc auöjeic^nen.
S)abei ift jebodj ju bcrüdftd)tigen , ba^
bie *}lnft(i)t bes iWittelalterö »on @itte
unb ®ittlid)feit überhaupt eine layerc mar
unb bie öffcntUdje SlJeinung »ieleä obne
meitereö geftattetc, ma^ [päter al« flraf=
mürbig ober [d)Ied)t galt; ber ißerfebr mit
feilen üBeibcrn braute ben ÜJtänncrn beß
au2get)enben SWittel alter« feinen Ü)Jatel.
@o lieft man benn, iia'B ben franjöfifc^en
Sreujbeeren ganje @(^aren t>on 2)irnen
folgten, im 3abre 1180 5.93. 1500 mitein=
anber. 21m fran5Öftfd)en unb englifdien^ofe
gab cä einen befonbern 9JJarfd)att jut 4)e-
aufftd^tigung jener ^erfonen. '.ilud) in
3)cutfdblanb jogen bcn Sölbnertruppen unb
8anbefned}ten ganjc @4aaren gemeiner
Sffieiber nac^, bie einem eigenen 2lmttnann
untetttjorfen waren unb bcmfelben eine
möcbcntlid)e Qlbgabe jafiUen. 3" üRagbc-
birg fe^te 1279 ein 'Mrger bä einem non
i^m üeranfialteten lurnier ein 3D'läbd)en
aU ©iegeäpretö auö; ber Kaufmann
»on ©oälar, ber eö gewann, fiattete
e^ auö unb brachte eö ju einem tugenb»
Iiaftcn äßanbel jurücf. 2lm Äon^il ju
^onjian;; mürben 15üO greubenmäbcben ge=
iäblt. ©olc^e maren eö auc^, bie bem
einjiebenben ^etrfdjer auf Seranfialtung
ber Dbrigfeiten i?rdnäe unb Slumen ju
überreichen pflegten, ißon ben fleinen unb
großen ^öfen oetbreitete ftd) biefe Unjudjt
in bie .Greife ber |iäbtifc^cn söeoölferungen,
mo bie 5rauent)äufer, [xti>t bcn bcfon--
bern 'ilrtitel, ju bcn notroenbigen jidbtifcfecn
5lnfiQlten unb Stiftungen jäblten. Um
tai 93ilb biefer Seite iti fojialen öeben^
ju »erüolipänbigen, ift noc^ be^ iöerlial;
tcnö ber (Seifilic^fcit ju ermdf)ncn. ^tla«
gen über Unjucbt beö geifllid)cn Staubet
beginnen fcbon in ben erften S^bi^bunber«
ten beei Mittelalter« unb bilben bi^ jur
3iicformation eine ununterbrochene Äette,
beren 3cu9"iff6 ""^ Urfunben unjdl)lbar
fmb; fie liegen cor in iRatöprotoEoüen, S^iU
büd)ern , 23erorbnungcn unb namentlich
aud) in ben ^aßnac^tfpielcn, ^^ajctien unb
JioneUcn be^ 14. unb 15. 5at)rl)unbert^,
beren ^nbalt jum allergrößten Seile bie
iBerfüt)rung einer ^rau burd^ einen lieber-
lid)cn *Pfaffen ifi. „*Wan bulbete bie
Sünbe ber ^urcrei, aU eine nid)t ju be«
feitigcnbe mcnfcblidbe Sdbwäi^e, um beren«
»nillcn ber Setreffenbe ftcf), ücrmittclfi ber
firc^ltd)en ©nabenmittel, lebiglic^ mit fflott
unb feinem ©emiffen abjufinbcn ^abc."
Iluf biefem ©ebietc t)at ber (Seift be* j^u=
manimuö feine 5inberung, üielleid)t eber
eine SBerfc^limmcrung bcrPorgcbrad)t; benn
nie mar bie Unjui^t auf einen l)öt)etn ®rab
geftiegen, alö am (Snbe bc« 15. unb am 5ln=
fang beö 16. Sobrbunbert«, unb e« be=
burfte ber grünbli^ften SDiaBregeln uon
Seite ber proteftantif*en Dbrigfeiten, um
hier eine nur langfam mirfenbe Umfebr ju
crteidjcn. 2Beini;olb, beutfd)e »^i^au^"/
IL, Qlbfdinitt 7 unb 8. Sd)ul^, böfi*
fd)eö uneben, I., Aap. 7; Äriegf, beutfc^cö
Sürgertum, II, Qlbfdjnitt 12 biö 15. Q3urcfs
barb, SHenaiffance, Qlbfcbnitt V.
UrbotbÜC^cr, i^on mbb. urbar, urbor =
jinstragenbes ®runbftücf, 3in«gut, 3^"*
von einem fold)en, melcbeö jum mbb.
SBctb erbern = ertragen gebort, ftnb *Bet«
jci^niffe ber Sefifeungen , Seben, grunb«
t)errlid)en 'ilbgaben unb ipflic^ten. Sic
fommen bei geiftUd)cn Stiftern, wie bei
tücltlid^en ^errfd^aften feit bem 12. Jabr«
bunbert cor; bcfannt ift j. S. ta^ von
(Pfeiffer l)erauägegebene f)aböburgifcb=öftcri
reid)ifd)e Utbarbud), meld)eö bie t)abä*
burgifcbcn *-8eft^ungen im 6lfaf, in
Sd)mabcn unb ber S^wcij 1304—1311
entbält.
Urfcbbc, mbb. urvehe unb urvehede, iji
ein ciblicb gelobter ißerjidbt auf SRacbe für
erlittene 5fi"^f*<^ft; fi"^ Urfebbc mürbe
üou @eri(it«tt)efen freigefvnod)encn *}lngc»
fügten JU bem 3tt-'>«*c aufgcbunben, bamtt
er an feinem *3lnflägcr feine SRacbc übe.
•Uli bie Jortur auffam, mußten bdufig un=
fcbulbig befunbene Sorquierte bem (Scripte
714
93aganten — 95afaü.
fctbfi eine llrfcbbe fcf)tt)örcn, ta^ jte jtc^
»cgen bei iWarter nicfet räd)cn rcoüten.
SnbU(^ nannte man Urfebbc aucfe bcn Sib,
tt)elc^en ein auö einem ©eric^tsbejixfe Sßcrs
banntet ba^in fc^rcöten mu§te, i>a^ er
tt)äf)rcnb ber SDauer bei SDerbannung o^ne
(Jtlaubnig bea OflateÄ »eber jurücffe^ten,
nod) fic^ wegen biefer ©träfe unb ber
überjianbenen ®cfangenf(^aft täcf)en rcoEe.
H.
SBttgantctl, derlei vagantes, vagi, |tnb
©cifilic^e, bie einee ftanbigen Äird&enam=
teö aU Dueüe i^reö Sebenöunter^alteä
entbetjren unb bcöfialb unfiat t)erumjicben.
(5cf)en im 4. unb 5. 3a^it)unbert werben
Äircfcengefe^e gegen tai unorbentlid^e
treiben [oI(f)et Älerifer erlaffen, meijl
ot)ne nad)()altigen (Srfolg. Scfonberä
jablreii^e Älagen werben im farolingifd^en
3eitalter laut, unb Äarl b. ®r. erneuerte
in mehreren Kapitularien bie altfirc^lid)en
Sßerbote ber ordinatio vaga. (Sin fircl)^
lidber ©chriftfieüer beä 12. Sabrbunbertö
erflärt bie 3Saganten, weil fie Weber recfcte
Älerifer noc^ ßaien feien, für eine ^rt
^ippocentauren unb für eine (gpnagoge
©atanä. Sne^öei^bemfelben^ii^vfiunbertges
rieten nun biefe Saganten mit bcn ©piel»
leuten in 'Serü^rung; in gi^^nfreic^ jo*
gen ganje ©cfcaren üon ©polaren burc^
bie ßanbe, auc^ beutfdie ©enoffen mit
frd) fübrenb, unb ha bie 3eit bem ©e*
fange überaus günfiig unb biefe ßcute
aU Äleriter beö Sateinifc^en funbig waren,
entfianb unter i^nen in 9'Ja*at)mung
ber rittevlic^spfifdben ©änger eine fiöc^jl
c^arafteriftif(^c, originelle latcinifcfcc ißa=
gantensßprif, namentli^ Siebeö*, 2Bein=
unb ©pieüieber, ©prüdjc fatirifd)? per*
fönlic^er 'Jlrt u. bgl. S)ie bebeutenbfie
Sammlung berfelben finb bie fog. Carmina
burana, fiel)e ben bef. Qlrtifei; ber be^
gabtefte S)ic^ter biefer iBolföflaffc war
Sßaltljer ber (Srjpoet, Archipoeta,
ber mehrere ^ai)xt in ber Umgebung beö
(5rjbifd)ofö i)ieinl)olb Don ßöln, beä Äanj»
ler^ !barbaroffaö, lebte; er ifi ber J)i(J)t£r
Don Mihi est propositum in taberna mori.
©eine J)icfitungcn t)at 5- ®rimm Deröffents
licf)t unter Dem litet : ©ebicfcte beö iOlit=
tclaltcrä auf ^riebric^ I. iöerlin 1844.
Später oereinigten ftrf) bie 93aganten mit
ben f'.ilirenben «sc^ütern.
öaüomörofa, Drben oon, ifi eine ber
jablreic^en DrbendsSleugrünbungen tti 11.
3a^rl;unbertg. 2)er ®rünber, Jobanne«
(Sualbert, $err Don Q3ifioja, foU ber
Drben^legenbe jufolge Don feinem SSatet
jur Verfolgung eine^ ÜJJörbet^ Don einem
feiner 23crwanbten auögefenbet worben
fein; an einem ©Karfreitage finbet er ben
ü}Jörber in einem ^o^lwege, Derjei^t iftm
aber, ba it)n jener bei ber Siebe bei ge*
freujigten 3efu um ®nabe bittet. S)a*
für nidt i^m t>ai in ber nad)fien Äirc^e
befinblic^e ßrucifif, Dor bem er betete,
banfenb ju, unb ®ualbert fa§t ben ®nt*
fc^lug, ftd) ber Äirdbe unb bem S)ienfi
(Sotteä ju weil)en Sr wirb juetfl ÜJ?ön(^
eine« fc^on befie^enben Älojiers, bann
1U39 (Sinfieblcr in Vallis umbrosa in
ben 5lpeninnen unweit JJlorenj, wo et
nun anbere Ocnoffen um [xä) fammelt,
Wellte bie fireng^e SrfüUung bet SRcget
ißcnebift^ geloben , namentlid^ in betteff
bet ßlaufur, beö ©tiüfc^weigenä unb bei
anbäc^tigcn 23etrad)tung beä ßebcnö unb
Sterbend 3cfu. ©ualbert fiarb 1093.
2)a^ Drbenöfleib war grau, baf)et man
tii Orbenäleute auc^ graue SKön^e
nannte; feit 1500 nahmen fxc jebo^
braune Drbcnstracfet an. ®er Drben war
nie befonberä Dcrbreitet.
5Bafaü, mittellat. vassus unb vasal-
lus, ein wa^rfi^einlicf) auö bem Äeltifd)en
ju ben J^ranten gewanberted Sffiort, iai
anfangs ben unfreien I)iencr bebeutete, bc«
jeic^net urfprünglit^ benjenigen , ber in
ben @^u^, in hai SOJunbium eine^ an«
bem aufgenommen ift; ber Eintritt in
ein folct)ed Sdju^Der^ältniö trägt bcn
Dtamcn Sommcnbation. Sc^on in bet
meroDingif(^en 3«it ^atte biefelbe befon«
berä gegenüber bem Äönig einen fc()t
Weiten Umfang, inbem ganje Klaffen bet
SeDölfcrung einen 5tnfpruc^ auf ben
Äönig«f(l)u^ i^aittn, namentlid^ SBittwen
unbSBaifen. 2lu(i) auäbrücflid^ wirbert)äus
SBitalienbtübcr.
715
fia erteilt: ©cifilicfien bloö für if)re $er=
fon ober jugleii) für il;rc Äirc^c, Äauf»
icuten, 3uben, grauen. Gommenbation
tritt aui) regelmäßig bei ben jungen
Scannern ein, bie an ben^of be^ Äönig^
gcbrad^t »erben, um ft(^ t)ier jum
SJienfic norjubereiten ober in ein befiimm=
te^ ^ofamt cinjutreten. ^o<i) befrf)ränEte
fr^ biefe^ *ßert)ättniä nid)t auf ben Äönig ;
au^ (Srafen, Sifci^öfe, geifilic^e Stifter
fonnten einen äbnli(i}en B<i)ü^ erteilen.
?ltle nun, bie ftd) fommenbirt Ijaben, mag
e^ ein niebererer Sanbbeft^et einem @tift
ober einem an^ern .^errn gegenüber, ein
Dornel)mer 2Beltlid^er bem Äönig gegen-
über fein, tragen ben iRamen vassus ober
vasallus, feit ber ÄaroUnger 3«'* aud)
gasindus, homo, berfcnige aber , ber ben
@d)u^ giebt, t)ei§t dominus ober
senior.
Tlit ber Seit unterfcf)ieb man »on ben
@(i)u^r>er^ältniffen überl)aupt alä eine be=
fonberc 5lrt berfelben bie 'BafaUität,
unb jmar erfolgte bie Äommenbation,
melcl)e bie aSafaHität begrünbete , burd)
einen beflimmtcn, fi)mboUfd)en litt, in
ber SBcifc, ha^ ber 'Bafaü feine ^änbe
jufammengefaltet in bie beö ©(^u^tjerrn
legte; na^ ber .^anbreid)ung erfolgte
regelmäßig ein befonbereä I r e u t> e r =
f pr e d) e n.
3n ber Earolingtfc^en *13eriobe jeigt
ftd) nocft eine gro|e 33crfd)iebent)eit in
ben a?erl)ältniffen ber »BafaQen. ^max
bem ©tanbe nad) ftnb eö regelmäßig
{5reie; bagegen ift ber Unterfd)ieb jwifdien
ben 53afaüen beö .^önigö unb benjenigen
anberer Ferren ein großer. 'Bkncbe SBa=
faüen leben aU Qlutfel)er über bie 2)ie=
nerfd^aft ober über bie Defonomie im
.^aufe bc(^ -^errn, anbere ^aben ßanb com
|»errn empfangen, oft f)at ber QSafaü tt)ic=
ber anbere 93afaüen unter fid). Äönig=
lic^e iBafatlen werben für fiaatlic^e ^hu
gelegenbeiten in ^nfpru^ genommen, als
Äönigöboten, ^eerfü^rer, iöeamte. ©ie
große Qa^l ber Äöniglicicn 5ßafatlen unb
bie no^ größere berjenigen , bie ju geifi-
lid)en Stiftern unb ju tt)eltlid)en ®roßen
im 33erl)ältni^ ber .iBafaüität Pel)en, l)ängt
jum großen Seil bamit jufammen, baß
ftd) ber ©runbfa^ fe(lftellte, alle bie, melt^e
33eneficium empfingen, Ratten ftc^ bem
33erleit)er ju fommenbircn, fxd) in bie
SSafaüität ju begeben, greili^ mar ba^
nic^t bei jeber 8anboerleil)ung ber %aü.,
j. 23. ta nid)t, mo ber 6d|enfer fein ®ut
jum SRicßbrauc^ mieber erf)ielt, unb übcr^
^aupt nicht in bäuerlid)en 'iJerl)ältnijj'cn ;
burd) Smpfang tion SBeneftcien oerfc^iebe*
ner |)erren fonntc einer ^'iafaü mel)rc*
rer Jgserren merben. 3)a«s ißer^ältni« ber
iBafatlität roar oon beiben Seiten löä«
bar unb crlofc^ jcbenfaUö mit bem Üobe,
fonntc aber natürlich oon ben ®öbnen
erneuert Werben. >Die ißerpflif^tungen
ber 25afatlität waren gegenfeitige, unb ber
|)err mar bem Q3afatlen <gd)u^ ju leiten
üerpfli^tet; unterließ er c«, fo fonnte il)n
biefer cerlaffen. 5luc^ eine gemiffe ®e<=
rid)t0barfeit pet)t bem ^errn über feine
SafaUen ju, unb namentli^ fonnten bie
£ad)en ber 55afa(len »or iai Äöniglid)e
®erid)t gebrad)t werben. Sine befonbcrc
*llnwenbung würbe biefem »BerliältniiS
fd)on for Äarl b. ®r. baburd) gegeben,
isci^ man, um bie im gvanfenreid) aufge*
fommenen mächtigen territorialen ®e=^
walten wieber ju unterwerfen, bie '^n\)a<
ber berfelben jur üaffalitifd)en ^ulbigung
ant)ielt. Sbenfo mußten unter .Sari b. ®r.
unb feinen Dtac^folgern frembe dürften,
bie ftd) bem fränfif(^en Äönige unter*
warfen, bie |)ulbigung teilen, mci^ auä«
brücflid) bei faracenifd)en, britifcfecn, fla«
infd)en unb bänifd)en erwähnt wirb.
Seine fpätere engere iBebeutung erf)ielt
nun bie iBafatlität etj^, feitbem bie »a«
fatlitifd)e ^ulbigung mit ber ^lluöbilbung
beö ßebenwefen^ ein wcfentli^eä unb
d)arafterifiifd)eö ©rforberniö beö ße^cn«
empfangt würbe, öe^nemann unb 35afaCl
wirb fc^t gleid)bebeutenb, 8et)n< ober JeubaU
tec^t iff jugleic^ i)ied)t ber Isafatlität, unb
ba ber .^auptjWecf ber 33elet)nung bie
i'erpflic^tung ju triegerifcfeen ßeijlungen
ift, fo nimmt ber ©egriff iBafall nunmel;r
aud} biefe iRic^tung. 2)ai)er fommen
ie^t auc^ vasallus, vir, homo, miles
neben einanber unb in gleid)er ")lnwen«
bung oor. 25gl. ben Qlrt. öe_^näwefen.
ytai) 2Bai^, »Berfaffungö=®efd)id)te.
Söitalienbciilicr beißen (sseeräubcrbanben,
weld)e Dom legten Sßiertel beo 14. ^a\)X'
f)unbert^ an fünf 3ii^t5el)»te ^inburc^ bie
norbifd)en ÜJJeere unb Äüjien bcuntul)igten.
.§)ert)orgegangen aui bem altern Seeräuber*
tum biefer ©egenben, nat)nien bie ißitalien*
brüber baburd) i^ren iJlnfang, y^ü^ naä)
ber 'Beftegung unb ®efangennat)me beö
König« QUbrecht oon Sd)Weben burc^ bie
Äönigin SOJargaretbe von 2>änemarf bie
ißerw'anbten beö ®(^webenfönig«, nämlic^
bie -^erjogc fon ÜJiedlenburg im 23erein
mit ben Stäbten SHoftod unb löi'^mar,
Freibeuter gegen bie brei norbifd)en iReic^e
716
QSogt.
aufriefen, bie namentlich auä) ben 'J(uf;
trag bcitten, baö bem Äönige treu gcblics
bcne ©todt)otm mit SSiftualicn, über*
^aupt mit 3ufu^'^ ä" bcrfor(^cn ; bafter
ber S^Jame 53italicnbrübcr, ben fte [xi)
fctber beilegten, um unter biefem c£)ren^
i)aftcn SJiamcn i^r übrige^ unet)ren^Qfteö
®ett>erbe ju nerbecfen. *Hud) ßiefcnbeler,
b. t). ®Iei(i)teiter, ©leictibeuter f)iegen fte,
h3cil fte ben gemacf)ten JRaub ober ben
barau^ gelöfien ©ettiinn fietä ju 9lei(i)en
Seilen unter bie ©enoffen einer Jtotte
ober ^orbe ju »erteilen pflegten. Über
bie ©iöjiplin ober innere iBerfaffung biefer
iRaubgenoffenfd)aftcn i(i menig bcfannt.
Stac^bcm fte einige glücf[id)e Srfolgc gegen
bie ©(^»eben unb 2)anen gehabt unb 1394
bie 3nfcl ©ot^Ianb erobert, rafften ftd)
enbli^ ber bcutfc^e Drben, bie Königin
ton 2)änemarf, Hamburg unb ßübecf ge>
meinfam gegen fte auf. Sin leil ber
95italienbrüber fe^rte nad^ ber ^eimat
jurücf, bie größere 3"^^ ff*"^ ^«^ ^f"
fricfifcben |)äuptlingen Unterfunft, »on
tüo auö fte ncuerbingö niel Unheil an-
rid^teten. I)ie Hamburger fc^lugen fte
enblidb 1402 entfcfeeibcnb bei ^elgolanb
unb brauten bie *Hnfüt)rcr Ätau^ @törte=
befer unb Sffiigman fom geben jum Sobe.
3nt '^ai}X 1439 brannten bie S5italienbrübcr
Sergen niebcr; boc^ t)erfd)tt)inbet feitbcm itir
SJame. 3' 35oigt inJtaumerö ^ijiorifc^cm
2;afd)enbud). I84l.
Sßogt, m^b. voget, vogt, voit, au«
mitteÜat. vocatus für advocatns, ifl
in erfier ßinie ber JJame beöjenigen Se^
amtcn, ber bie einem ©tifte mit ber
Immunität gegebenen [Re(i)te t)anbbabt,
bie 5lnget)ötigcn be« ©tift^ »ertritt unb
in Sejug auf fte alle biejenigen Scfug=
niffc übt, n)cl(i)e Äraft ber Sinn^unität
ben föniglid)en Beamten entjogen fein
foüten. 3f)m lag äugteicfe bie *Pflid)t ob,
baö @tift ju fc^ü^cn, feinem geijlUi^en
93orftel)er ben ißeiftanb ju leiften, befjen
bcrfelbe fcebürftig roäre; bod) ifi ber ^^amc
©^irmt)ogt, ber ftd) auf biefe Untere
^unftion bejiel)t, im 5!JtitteIt)oci)beutf(^en
tio^ unbefannt. Äarl ber Orope ^atte
bie ^unftioncn beö Sogteö gefe^Iid) gere;
gelt unb namentlicf) fejigefteUt, t>a^ ein
©tift ober Älofier in jeber Oraffc^aft
einen 53ogt t)abcn foHe, mo eö ©ütcr be»
fa§, unb i)a^ nic^t ber ®raf ober ß-ente^
ttar, fonbern ftctö ein in ber ©raffcfeaft
begüterter ÜJtann jum ißogtc genommen
toerben foUte. 3n ber farolingifi^en 3cit
rturbe berfelbe noc^ unter »JUlitwirfung
beö Äönig^ unb feiner Seamtcn eingefc^t,
fpätcr gilt es alä SRec^t beö Sifdbofg ober
5lbteö, ben 93ogt felber ju trollen. ®rün=
ber neuer Älöfier ober Äirdicn pflegten
ftc6 unb meifi auc^ i^rcr D^ac^fommen«
fd^aft bie Sogtei tjorjubctjalten. Obgleid^
ftd) ber ^apfi auäbrüdU^ bagcgen ertlärte,
mürbe bie !öogtei nid^t blo§ in bem ju«
le^t genannten ^aUi meiji mic anbcre
Qimtcr beö SKittelalterö etblic^, ti fam
oor, ta^ ber eigentliche Sogt ©teütier'
treter fe|te, bie an feiner ©tatt bie ^t--
fugniffe übten, aSicebögtcUnteroögte,
jmeite unb britte35ögte, ein 25er«
it)altniä, tai bie ©tiftungen gern ju oer*
binbern fuct)ten. ©rötere ©tifter Ratten
mit Olücffid^t auf bie Sage ber ®ütcr regele
md^ig met)rere ißögte, manchmal auc^
für einjelne Difiriftc, Orte unb @ütct
einen befonbern Sogt; bod) mirb im
ßaufe ber 3fit immer allgemeiner einet
al« ber eigentliche unb mafire Sogt bc*
jeic^net. Unter ben Äarolingern mar
auäibrücflid^ benimmt morben, ta^ bet
®raf, ben ja ber Sogt mcfentlid^ ju oer«
treten ^atte, nid)t felber Sogt fein tonne;
iai anberteft(^ fpäter fo, ba^fafi regelmäßig
ein l)ö^erer '-Beamter, ber ®raf ober ber
^erjog, in ben Scjt| ber Sogtei über bie
JU feinem ^mtöbejirf geprigen ©tifter
ober bie ^ier belegenen ®ütcr anbercr
©tifter gelangte, ein Ser^ältniö, t>üi
jenen mcltli^en (Semalten bie i^nen burd^
bie 3nimunität früher entriffenen @üter
unb Otec^te nur in anberet ^orm unb
meift bleibenb mieber jubrac^te. Stament«
lic^ bie Älöfier ftnb ber ajtetirja^l na^
ber 3}laä)t i^rer Sögte mit ber 3eit un*
terlegen. iJlur bei fold)en. .^löfiern, bie
unmittelbar unter beö .^önig« ©d)u^
jlanben, blieb rcot)l bem Äönig unb bem
Dfieicfee bie iüogtei öorbebalten, ober et
ließ fie ftd^ förmlid^ übertragen, um bann
in ber einen ober anbern Sßeife »ieber
über fte ju tetfügen. 2Bar aber ber Sogt
aucfc oom Sorfie^ct beö ©tifteö felbfi ge«
mablt, ei n g e f e ^ t mürbe et oon bem ^önig,
ber it)m ba^ SHec^t beö föniglid^en Sänne«
iu erteilen l)atte. 'Dht ber 3eit mutbe bie
Sogtei ali ße^en betrad^tct, »obur^
ber (Jinftug unb bie ®ewalt, bie ber Sogt
über ba« Älofier I)atte, nod) fiärfer mürbe.
©onftert)ielten bieSögte bloß beftimmte®ü«
ter JU Öet)en, bie als Selopung ober Se*
folbung für it)r *}lmt angcfel)en mürben,
®üter, bie mandjmal einen außerorbent«
li(^en Umfang erreichten.
2)ie (Junftioncn unb iRed)te beö SogtcÄ
SBoIföbüc^cr.
717
tüurben oft butc^ aScreinbarung ober ut*
funbli^c ^cftfe^ung bcfiimmt. Stac^ biefen
[oflte er junäc^ft bet 95crtreter bcg ©tiftä
unb feince SBorfic^erö fein; er BoQjog
^ec^tögcfcf)äfte, (Erwerbungen, 5lau[c^e u.
bgt., füt)rte bie SHcc^täfad^en. p""«!'»!''
ber Smmunitdt ifi ber SBogt SRi^tcr über
bie ab{)angigen ßeute beä ®tiftö ober bie,
»etc^e fpäter ber ®cri(J)töbarfett beöfclben
unterworfen worbcn ftnb. 93u§cn unb
anbere ©erid^tögefäüc erhält er in bcm
Umfange, wie fic ber ®raf al« iRid)tcr
empfing. Slucf) biefeö Ser^ältniö führte
oft ben SKiöbraud) mit fic^, ba§ fi(i) ber
Sogt aU ben Jn^'-''^«'^ '^^^ ©erid^ttgborfeit
betracf)tete, biefelbe auf bie ÜJlitglieber be«
€tifteö fclbcr auöbe^nte unb fie fc^Iic§Iic^
aU eine 5irt ^errfc^aft über bie il)r Unter*
Worfencn ausübte, bie bann roie Unter«
tf)anen eibU(^ rierpftic^tet würben; eö fam
BOT, i>a^ ber SSogt einen Qlbt fogar er-
nannte unb inüeftierte, Übergriffe, benen
bie ©tifter mit allen i[)nen ju ©cbote
fie^enben ÜJlittetn ju wcl)ren fud)ten;
burc^ fönigti($e *PriüiIegien , iRec^töent«
fc^eibungen, Verträge würben bie (Rechte
ber Sßögtc fej^gefe^t, bei neuen iBerleil;uns
gen beftimmte Sorbe^alte gemad)t, bei
?leugrünbungen non oornc I)erein bie 23ogs
tei an befcf)ränEenbe 33ebingungen gefnüpft;
aud^ »erfud^te man ii, bie SrbU^feit, ja
auc^ bie SebenölängUc^fcit beö ^mteö ju
burcSbrec^en, ober man gab bie 33ogtei
in bie ^dnbe üon ^Dlinifierialen, bie
ftd^ immer in größerer 5lb^ängigfeit com
©tifte befanben, ober über{)aupt Bon fold^en.
Welche wirflic^e 93eamte waren unb blieben,
SfJieier ober ©d^ultf)ei§c, wel^c in biefem
^aUt bann auc^ 93ögte ^ie^en. 5n man*
cften JJätlen gelang eö, burc^ 5lblöfung,
lyerji^t ober ©c^enfung be§ 3nbaber8
bie Sogtei ganj ju befeitigen; ber Sificr*
iienfer=Drben na^m für feine SReugrün*
bungcn iai JRec^t ber 25ogtcifrcif)eit in
5tnfpruc^.
5Iu§er ben geifilic^en ©tiftern fommen
Sögte auc^ in anbcrn, weUIii^en 33erl;älts
niffen Bor. ©o giebt eö föniglic^e
SBögte, bie eö meifi nur mit ber 25ertrctung
bcö Äönigg in einzelnen SRei^töfäücn ju
tl)un laben, ©paterer ®ntfiel)ung finb
bie iReic^öBögte aU SBorfie^er Bon
Sfieic^öBogteien, b. |. foldjer Serri*
torien, bie bei ber Qluflöfung be* Stcid^eö
in Territorien geijUic^er ober weltlicher
Ferren bem iJleiä)e übrig geblieben waren,
fei eö, ba§ freie Steidöägüter ober freit
©runbeigcntümer ftc^ erl)altcn Ratten, wai
befonberö am iR^ein, in ©cbwaben, ^xan*
fen, im iRebni|gau, in ©übt^üringen bet
^all war; 9teid)öoogt |lcB ber iBot*
fieser einer pdbtif^en, ßanbBogt einet
länblid^en iReic^öBogtci; bo(i erhielten fi^
aud^ biefe 93ogteien nid^t lange, teilten
Bielmel)r baö ©ct)ictfal aüer übrigen ßan«
beöteile 5Deutfd^lanbg, einjelnen Territorien
einoerleibt ju werben. SBieber anbere
ftnb Seamtc weltli(^er gürten*
tümer unb lanbcöl)ettlid^er Setti*
torien; eä ftnb ©teHoertreter beö ßanbeä»
l)errn, bie baBon ben SJlanten ßanbBogt
tragen, unb l)anbt)aben wie el)emalä ber
@raf bie |o|e ©cric^tsbarfeit. (Snblid^
liaben auc^ bie ©tobte regelmäßig i^ren
iBogt gel)abt; eö ifi urfprünglid^ niemanb
anberö ald ein ober ber SBogt bc« 93ifd[)ofö,
auf beffen ©ebict bie ©tabt liegt unb in
beffen ^änben bie gräfliche ober l)o^e ©e»
ricf)tbaifeit liegt, bem ©d^ult^eiß ober bem
9'iad)folger beä ^.entenarö gegenüber, bem
bie *Muäübung ber niebern ®eric()täbarfeit
obliegt. 5Dod^ giebt eö ©tdbte, j. S. Äöln,
wo jener ben SRamen SButggraf unb biefcr
ben ^amtn Sogt trügt, ©citbem ftd^ bie
©täbte auf eigene %ü^t fteüten unb bie
©cric^töbarfeit Bon ft^ auö an bie ^anb
nahmen, blieb SBogt ber ?iame für ben
aSorfteber beä 9tateö, wenn bicfer alö
|o|eö ®erid()t jufammentrat; fpdtcr nannte
man i^n in ben fog. aieid^öftäbten ben
SReic^^Bogt. 2Bai^, iBerf. ®ef*. VII,
Qlbfcf)n. 12, unb ©alter, Siec^tägefc^ic^te.
SSolfÖbii^cr |ei§t man, wie ti fc^eint
erft feit ber 3eit ber SRomantifer, iRoBetlen
unb (Romane, totlä)t feit ben legten 3a|t*
l)unberten iti SDJittelalter^ bie beliebtere
ßeftüre, anfangt me^r ber abeligen, fpäter
ber Bolfömäßigen SeüölEerung waren unb
feit ber Srfinbung be« Suc^brudfJ aU
Sü($erweit Berbreitet würben; fte nennen
ftd^ felbetmeift eine ^ijiorie ober ein Sud^
ober ein licbUc^cä ßcfen u. bgl., wa^
baiauf beutet, ba§ e^ eben nic^t bie Äunfi«
form ber IRooeüe ober beö iRomanö war,
waä man barir\ fu^te unb fanb, fonbem
ber unter^altenbe Sn^aU. 35erfelbe cnt*
jiammt ben aQerBerfc^iebenfien ®ebieten,
bcm Orient (jteben weiße QJJeifier), bem
üR^t^uä (©enofeBa), ben pfifd)cn ©agen«
fteifen ber ^franjofen (Äatolingifdjcr Äreiö,
Qlrtu«, Sriflan), bem beutf(^en ©agenErei3
(^örnener ©iegfrieb), bem Solföwi^
(Sulenfpiegel), wobei aber aüeö ber naioen
2Beife ber S^xt gemäß in bie 'Ilnfd^auung,
ßebenSs, 2)enf= unb (Smpftnbungöweife bet
©egenwart gejicHt ifi, fo jwar, baß fid^
46
718
25oIf«büd^et.
oft untet bei meifl unf(i^ctnbaren ^üDe
bei 53c8ebcn^cit große ßcbenöroeiö^eit, tiefe
(Sinftc^t in bad SBefen ber menfc^Iii^cn
©eele oerbirgt; aui) bie ©rjä^Iung^art
etinnett an _bie ipiaiiif ber ^oljfc^nitte
jener ^dt. Übrigen^ Idft fic^ ber 93egriff
ber Sßolföbüd^cr »eiter ober enger faffen;
im engern ©inne gehören nur erjät)lenbc
QSüd^cr bflju, im »eitern Sinne aüerlei
anbere für txxi 35oIf befiimmtc ©cbriften,
SBoIföIieberfammtungen , SRätfel, ©pri^*
ttörter, Sraumbüd^er, furj alleö, tvai in
SBuc^form auf ben 3a^rnidrftcn aufgeboten
»urbe. ©ie 23cranlaffcr biefer Sucher mögen
in ben meijien füllen Unternehmung^»
lujiige Sucfebrudfer gemefen fein,, mand^»
mal nennt ficf) 99earbciter ober Überfe^er,
oon beffen nabern Umftänbcn jebo^ in
ber Dtegel nicbt* Dtäbcre« btfannt iji.
Sie crfie Sammlung einer Qtnja^l ^olH'
büd^cr crfc^icn unter bem 9tamen ©u^
ber Siebe ju granffurt 1578 unb 1587.
2)te einjelnen SBücf)er mürben, mit $otj*
fc^nitten ücrfeben, auf ben SlJ^ärften »er«
fauft, jum Seil mit ber Untcrf^rift „ge*
brucft in biefem 3i^t*» ferloren aber mit
ber 3^^t ^^^^ ^^ ibrem urfprünglicben
Qluöbrud, 25ic SRomantifer miefen juerji
auf biefen öon ber gebitbetcn iZöelt gdnj*
lic^ oerfannten unb gcringgefc^d^ten Seil
ber alten ßitteratur ))\n; namentlid^ b^t
Siecf jt(^ burc^b feine 0ieubcarbeitungen
unb ©örreö buri^ fein Sfflerf: „2)ie
ieutf(icn Solfsüc^er. Jläbere SBürbigung
ber fd^önen J^if^orien«, SÖetter« unb 2lrjs
nepbüdblein , meldbe tbeilö innerer Söertb,
tbeil^ Suf'iü' Sabrbunberte binburcb big
auf unfere 3fit ertjalten ^at," ^eibelberg
1807, grogeö Serbienft erworben. 2)ie
aSolfebücber nacb ben befien alten Jejten
neu bearbeitet p ^abtn, ifi 'i>a9 93erbienfl
©imrocfö: S)eutfcbc 33olf8bü(ä)er nac^
ben ä(^tefien ^luögaben bergefiedt. Sßcrlin
unb granffurt 1839 ff. SDaä folgenbe
SSerseidbniä berubt grö§tenteilg auf®oe*
befe'« ®runbri§, § 105 unb 173.
1. ^erjog drnji, gegen Snbe beä
15. S'ibtbunberte auö bem altern ©ebicibt
profaifii aufgelöjl. Siebe ^ier mie bei
ben meij!en anbern Stummem ben befon*
beren ^Irtifel.
2. Sßigaloiä, au^ bem altern ®e*
bicbte beä SBirnt oon ©rafcnberg 1472
in iProfa aufgelöfi unb 1493 in 5lug3*
bürg jum erfien SDlal gebrucft.
3. Irijian, aui bem überarbeiteten
®ebicbte beä (Silbart oon Dberge, be^
iBorgangerg oon ©ottfricb oon StraB*
bürg, in ^rofa aufgelöfi: „von der
leut wegen, die solicher gereimter bü-
cher nit genad habent , hab ich o n g e -
nanter dise hystori in die form ge-
pracht. 2tugöburg 1498.
4. SBilbclm oon Dfieircicii; ti
ijl biefe^ eine nur einmal (Qlugäburg 1481)
gebrucfte *profaauf[öfung cine^ ©ebicbteö,.
beffen Serfaffer 3obonn ber Scbreiber oon
SBürjburg tnxä) D'iaiSabmung älterer ®e*
bicbte iai öfierreicbifcbe »Jürflen^aug ju
oer^errli<^en gebacbte.
5. I>ie b«iligen brei^önige, ur»
fptünglicö oon Jobanne^ oon ^ilbcöbeim,
jtarb 1375, für Äöln latcinifdb bearbeitet,
1389 beutfi) überfe|t unb um 1480 ju
Stcafburg erfc^ienen.
6. Sarbaroffa: „(Sin »a^rbafftige
|)ijiort) oon bem Äapfer ^nebrid^, ber
crji feinet fRamenö, mit einem langen
roten 93art, ben bie SIBalfen nennten
Sarbaroffa," ßanbö^ut unb 3lugöburg
1519. S)a0 Süi^lein berichtet, mie öar*
baroffa mit Äönig ^^ilipp oon ^tanfreicb
unb SRicbarb oon ©nglanb S^ruf'^lfw «>^*
obert, wobei ein -S>erjog (Scf^art oon
Sägern ju ^ülfe fommt, ber feinen 93unbs
fcbub alö Sanner aufjlecft; bei einem
Söabe wirb SBarbaroffa burcb SBerrat beä
*Papjieö Dom Sultan gefangen, nacb einem
3a^r aber micber entlaffen, worauf er
nac^ Otom jiebt, um fi^ an bem ^apfl
jn räcben. (Sä erfolgt aber SBcrfö^nung
unb Job beä Äaiferö.
7. ©er !]8faff oom Äalenbcrg,
eine gereimte S^mänEcfammlung, bie ein
fonft unbcfannter (Philipp J^ranffurtet
gegen ®nbe bcä 14. ^'»b'^^un^^tö ju
2Bien gebidbtet ^aben foQ, bie aber erjl
feit bem (Snbe bcö 15. S^bibunbert nad&ju*
weifen ijl. (Srfier 5Drud Jranffurt 1550.
8. (Peter ßeu ,5ortfc^ung beö Äa»
lenbergerö, »erfaßt oon 5tcb illeä 3flfo"
SB ib mann oon Scbwäbifcb=>^atl, juerjt
33locf träger bafelbft, fpäter *|3faffe; erjier
S)rucf granffurt o^ne SDatum; 9iürn»
berg 1560.
9. öulenfpiegel, Strasburg 1519.
10. 2)ie fieben weifen SDieificr,
erjter batierter ©rud iMugeburg 1473.
11. Salomon unb ÜJiarcolf,
Stürnberg 1487, ging aucb al'^ lateinif^ei
aSolfäbud) um unter bem Sitel: Collatio-
nes quas dicuntur fecisse mutuo rex
Salomon sapientissimns et Marcolphos
facie deformis et torpissimas, tarnen,
ut fertur, eloquentissimus.
12. ©rifelbiö, „DiB ijl ain epijiel
Solföftant^eitcn.
719
^xancifci ^dxaxd) , oon großer jiätifcit
ainer ftowcn ©rifel ge^aiffen," 51ugös
buig 1471.
13. ^IppoIIontug, nai) bem fiatci«
nifc^cn bcä ©ottfrieb »on 93iterbo „von
latin zu teutsch gemachet," *Jlugöä
bürg 1471.
14. glorcunb Slanfcfecftur, nac^
bem auef bcm t5ranjöjifd)cn gef^öpften
iRomane Filicopo beö Boccaccio, iüie^ 1 499.
15. Süt^er unb OJiaHer, SttaB*
bürg 1514.
16. J^ortunatu^, 5tugöburg 1509.
17. SÖUIufin e, 1456 oon Sbürtng
iion iRingoItingen auö bcm ^ranjöftf^cn
übcrfc^t unb ju «Strasburg um 1474 jUm
crjien ÜJJal gcbrucft.
18. 2)er Df{itier oon Surn, nad)
franjöjifc^er Ducüe burd) 3Warquarb üon
©tein übcrfe^t, Safel 1493.
19. *Pontuö unb Sibonia, auä
einem.. franjöftf($en SRoman burc^ (äleonore
»on Öjierrcict) überfc^t, 3tugöbutg 1498.
20. ^ug ©c^aplcr, bic fagcn^afte
©efd^icfcte beö ■^ugo dapet, uon bcr ^n-
jogin (Slifabctl) oon Solljtingcn auö bcm
granjöftfcicn ocrbcutfct)!, ©traBburg 1500.
21. |>crpiu, cbcnfaüä auü bcm
,5ranjöfifcf)en. Strasburg 1514.
22. *ÜJagctonc, fon Seit SBarbcd
QUO bem ^i^iiniöfifcbcn ins ©cutfdje über;
fc^t, ülugäburg 1535.
23. g-icrabraö, eine Oiliefengefc^idjte
au^ bem ÄQroIingi|d)en ©agenfveifc, nac^
fran5Öiifd)er DueÜe, ©icmern 1533.
24. ®te Pier |)aimonäf inbcr,
©iemern 1535.
25. O f t a ui n n u ö , üon aDöil^elm
©aljmann auö bcm granjöftfdicn bear=
beitet, Strasburg 1535.
26. iRitter ©almp, ebenfoü^ auö
bem i5ranjöfifd^en, Strasburg 1539.
27. I)cr ginffnritter, eine 3"fnin-
menilcQung oon Sügenmdrd)en, ©tra^*
bürg um 1560.
28. etauö iJi arr, ®efd)id)ten tti
fd d)ftfd)en Hofnarren ebcnbe!2ifeIben3Jamenö,
bcr Don 1486 biö 1532 lebte; (Siä*
leben 1572.
29. |) a n g ©lauert, ein jmeiter
(Sulenfpiegel, bcfc^riebcn burc^ Sartf)oIo=
mdusi .ffrüger, ©tabtfc^rciber ju Jrebbin
in ber Tlaxt, baber baö SBud) aud) ber
mdrfif^e (Sulenfpiegel beipt. ©erlin 1591.
30. ^ au\t. 5ranffurt 1587.
31. @d) ilbbürge r, 1589, aud^
S a I e n b u d) genannt.
32. 2)er c m i g e 3 u b e , 25anjig 1602.
33. D gier, au* bem 3>änifd^en
burd^ Ggenberger üon 2ßert^eim überfe^t,
JJranffurt 1571.
34. ® e n 0 » cf a.
35. ^irlanba. I)ic beiben testen
S^iummern ftnb erji im 17. ^abr^unbert
burd) bcn Äapujiner *Pater 3[R a r t i n
Don ßoc^cm in SBcrbinbung mit (Sri«
fclbiö unb anbern 2cgcnben unb ®e[d)id)=:
tcn als „Qlu^erlcfenca $iftori>i8uc^" bem
SBcrfe eine* franäöftfc^cn S^fuitcn nad)=
eri^di)lt morben, I)aben aber balb ben
äflang ber beliebteren iBolf*büd)er er«
ttjorbcn.
a^olföfranföcitcn, l. 2) er fc^marje
2 ob, gemeiniglich in ben jcitgcnöffifd)en
(it)ronifen „haii gro^c ©tcrben" genannt,
iji ienc furd^tbare !Peftfeud)e, bie 1348
in Suropa auftrat, balb eine allgemeine
SBcrbreitung erlangte unb jat)llofe Opfer
^inmcgraffte. ©ie bcftanb in einem |)i^i-
gen giebcr, begleitet Don Slutauämurf;
balb erfd)ienen iöranDbeulcn unb fc^maräc
gleden auf ber ^aut (bat)cr ber iRame:
fdjmarjer Job), bie Spmp^brüfen fd)»otIen
an, söubonen bradben in ta\ 5ld)fcln unb
5lßcid}en IjeiDor: in brei Sagen mar ber
Don ber fdt)redlict)en i^ranlbeit Gefallene
eine 8eid)c. 3uerji mirb it)r 5luftreten
an ber ©übtüjie (Suropa'ö gemelbet im
3abre 1348, Don mo auä fie im Dfien
burd) Dbcritalien Eingang fanb in Ädrn=
tben, SteiermarE unb Djierreicfe, im SBejten
bur^ büi Dibonctbal in bcr ©dbreei^ unb
*^urgunb. 23on Dfierreic^ griff fic in
mcfilid)cr SRid^tung Ijinüber nad) SBapcrn,
wo um a)iid)acli 1348 \\)x l^eftigcs 5luf-
treten in SDJütilborf, einer faläburgifd)cn
enClaoe im iöat^tifd^en, gemelbet mirb;
Dou t)ier ijt il)r iBorfd)reitcn ein atlmdltge*.
SRegeneburg mirb erft 1350 errei^t. 3n
ber ©d^meij mirb faj^ atigemein 1349 ali
i>ai '^Jeftjabr angegeben. 2)eutfd)lanb fa^
fid) alfo juglcid^ burd^ einen Eingriff Don
Söefien t)er bcbrobt, unb in ber 2l)at er«
fd)eint Mi unheimliche ©cfpcnft ber burc§
Surgunb Dorgerüdtcn Ärantlieit in ber
oberrl)cinifd)cn Siefebene früher aU an
bcn Ufern bcö Sßobenfcc'ö, bie burd) ba*
Dorgelagcrte .^oci)gebirge Dor ber ^Inficdung
gefc^ü^t waren. ©tra^urg mirb im
2uni 1349 erreicht, im Qlugufi unb ben
folgenben 2)Jonaten bie mittelr^einifdbcn
totdbtc, JJranffurt fd)on im 5lugup, Äöln
nic^t Dor ÜJUtte ©cptember. 3m gteid)en
3a^re noc^ erfd^cint bie ©eu^e in $rcu§en,
mit Seginn beö ^ai)xti 1350 in 3ütlanb,
©^leöroig unb^olfiein, fo ia% ber ganjc
40*
720
Solföfranf^citcn.
noibwefilid^e Steil SDeutfc^Ianb^ jnjifc^cn
6Ibc unb !RI)ein 9lci(f)jcitig »on ©üben,
Söefien unb ÜJlorben bebroI)t wirb, unb
übcreinfiimmenb n^itb für tai ganje ®e»
biet für bag ^af^x 1350 ber Qluöbruc^ ber
(Pcfi gemelbet. 2)ie lanbläufige ^nna^me
ifi, t}(X^ big 1350 ber fc&ttiarjc lob eine
panbemif(fte iBcrbrcitung in ganj ©uropa
mit 2tu0naf)mc t>on iRu^Ianb erlangt
^abc ^m 2Befentlicf)en ftnb e^ jeboc^
bie großen ^anbelö^ unb 23crfc^r^jira§en,
bie jugleidt) ^cerfirafen beö fcf)tt)arjen
Sobeö hjurben; abgelegene, »om 23erfe^r
Wenig berührte Drte mögen toerfcf)ont ge=
blieben (ein. %btx aud^ an großen unb au^s
gebet)nten ©ebietcn ifi ber erfie 5Injlurm
glüdlid) üorübergegangen, roo burc^ t)em«
menbe®ebirgöjüge mit »enig frequentirten
^Püffen bem bireftenÄontagium eine ®renjc
geftedt ttiar. ©o Dfifranfen, unb weiter
Djihjärtö in gleicher SBeifc SBöl^men, wo
bie 5ßcfi erfi 1359 unb jrear mdfig unb
fporabifc^ auftrat; tai traftigc ülufbUW
^en biefeö legieren ©ebieteä in ben erfien
Sauren üon Äarl'g IV. (Regiment wäre
fonfi fcf)merli^ ju erflären, wenn bie
bejien Ärafte beö ßanbeä burd) ben fc^war^
Jen Job üernid^tet worben wären. 5i^n*
lic^ terlält ti f\ä) mit ©(Rieften; in
Sreälau jcigt f\ä) bie(Pep erp 1372 na^
einer glaubwürbigen SHotij, unb mit ^olen,
Wo eine energifd^ bur^gefüt)rte Duaran*
tainc benfelben ©(i)u^ gewät)rte, wie für
Djtfranfcn bie natürliche ©renje t>on
Dbenwalb, ©peffart, iR^ön unb S^ürin^
gerwalb, unb für 93öf)men bie biefeä ßanb
umgebenben ©cbirgöjüge.
(Eigentümlich unb interepnt in ©e»
jug auf bie drgrünbung ber Urfa($en
einer fo furd^tbaren .^eimfud^ung iji bie
erjie Wiffcnfc^aftlic^e ©runbtage, bie ber«
felben gegeben würbe. 3^^ i>« SIRitte beä
14, 3a|r^unbertö fanb nämlic^ eine SHei^e
öon (Srberfc^ütterungen jiatt, beren SRit*
telDunft aSiüadf) war, Wo am 25. Januar
1348 ein (Srbbcben nic^t uner^eblicf)e 3cr=
fiörungen »erurfad^te; in unmittelbaren
c^ronologifd^en 3ufawmenl)ang bamitwirb
nun ber auöbrud^ ber $eP gefegt, inbem
man glaubte, ber ,,irbifdl)e SDunfi" i)aht ftd^
einen gewaltfamen Sluäwcg cerfd^afft, bie
ßuft »ergiftet unb »erpefiet, unb in jjolgc
biefer ßuftoergiftung fei bie <Pefi entfiam
ben. 3)arin fc^en wir bie erfie wiffen*
fi^aftli^e Scgrünbung be« bireftcn 3"'
fammen^ang« be^ f(|warjen Sobeö mit
gleid^jcitigen 3$orgängen im SRaturleben.
S)a§ übrigen« noc^ allerlei fonberbare
5Dinge mit bem grfd^einen ber Äronf^eit
in 3"f<^"i"if"^'^"8 gebrad^t würben, ifi
felbjiücrjiänblid^ bei bem fraffen 5ibcr«
glauben, ber bie ©cijier im SWittelaltei
befangen l^ielt. 3"»" 5°^^ ©otteö über
bie !Berfd^led^terung ber SÜJenfc^^eit famen
afiralifc^e ©inflüffe, feltfame .konjunfturen
ber ^kneten Tlaxi, Jupiter unb ©aturn ;
je fpätcr bie (Ebronifien, bejip mel)r bc*
richten ftc öon Srbbeben, Überfd^wem*
mungen, JRegenfluten gemifd^t mit ©c^lan«
gen unb Äröten, $euf$redEcnfcf)Wärmen,
giftigen Diebeln, unt)eimlic^en J^immelö«
jeid^en, ^lometen, ^euerfugeln, woran jtd^
natürlidl) allerlei abergläubifc^e ©cfd^ic^ten
tnüpfen. ^tän'i 3tnjtd^t ifi gleict)fam ber
©d^lu§flein biefer S^eorie „ber foömifd^e
Urfprung bcö fc^warjen S^obe^ beruhe in
einem unerhörten 5lufru^r ber (Elemente
über unb unter ber (Erbe, wie er in glei«
ä)tx 5lu8be^nung nie wiebergefet)rt fein
foü." 2luc^ ^aefer iji ber Qlnftd^t, „ber
f^war^e Job iji eingeleitet unb »or«
bereitet burc^ bie ^eftigjien (Erfc^ütterun*
gen ber (Erbe unb beä jte umgebenben
Suftfreifeä."
2Bir werben wo^l biefe Qlnftc^ten, bei
benen ber nerpejienbe SBinb non 1348
eine bebeutenbe SRolle fpielt, aU auf un«
finnigen Grfinbungen ber ©pätern beru«
benb, in bie gehörigen ^gd^ronfen jurüdE«
weifen muffen, „©ie grofe ^^^l t»«
jeitgenöffifd^en ©^riftfieüer wiffcn big
1348 fo gut wienic^tä »on au^ergewö^ns
licf)en Vorgängen im fRaturleben. (Erfi
mit bem ^cranna^en ber furd^tbaren
Äranfl)eit taud^en aller^anb wüjic ®e*
rü*te auf: „unter entfe^lic^en ©tür*
men feien Kröten, ©d)lang<!n, (Sibci^fen,
Sforpionen in giftigem SRegen auf bie
Srbe gefallen, barauf ptte 33li^ unb
^agel unjä^lige 3!Renfd)cn getötet unb
fd)lie^li(^ §euer «nb Dualm »om ^immel
fd^lagenb ben JRcfi aüeä ßebenä oernid^tet."
*Jlber alleä fotl nadö bem Qloignoner 93ricf
öom 27. ?lpril 1348 »or ft^ gegangen
fein circa yndiam majorem in orienta-
libas partibus in quadam provincia;
ani) bie anbern Duellen laffcn biefe 93or*
gänge in angemeff euer (Entfernung pafftercn
„ubi zinziber nascitur," bagegen bie
fpätern Äompilatoren jie^en fic ^eran
unb madf)en fd^lieflid^ bie ^eimat jum
©^aupla^, unb alleö erfährt natürlid^ bie
feltfamften ^Deutungen unb fdiredflid^fien
$rop^ejeiungen unb Äombinationen.
(Erfi bie neuem ätiologifd^en Jorfd^ungen
laften unö SRüdffc^lü^c tl)un unb tai
SSoIEöftanf^citen.
721
tiefe 2)unfel, tai über bem fcf)tt)arjen
Sob in pat^ologifc^cr iBejie^ung lag,
liebten. „2Die heutige mebi^inifcftc Sßiffen*
fc^aft conPatiert eine gewiffe (Sleic^attig*
feit in bem 3Be[cn ber fogcnannten 3"*
feftionä»Ärantt)eiten. 5Die Äranf^eit fetbji
»irb bei bem 3nbioibuum burd) Qlufnat)me
cigentümli($er giftiget ©ubfianjen in bem
Drganiömuö ceturfa^t. S)iefc ©ubj^anjen
ftnb in i^rcm Urfprunge unb in i^rer
^emifc^en Sufa'^'^^nffiuttS "^"^ ^^^^
tioKig ergtünbct. Qlber taufcnbfa(I)c Sr«
fa^tungen »reifen immer lieber auf bie
mit aügemeincn fojialen iDJi^ftänben ge«
gebenen3«fe^ungöt)erbc organif^er Stoffe
aU bie gcmeinfc^aftlicf)e Queue hi% Äranf*
^eitögifteä." -^irfc^ trcifl nun bie (Snt>
Pe^ung ber Äranf^eit aufer^alb (guropa'ä
na^ , aüc 3«'^Öfnoffen ftimmen barin
überein, ha^ ber f($tt)arje lob ftc^ über
ben mepiic^en Seil ^iftenö unb über
(Suropa unb Qifrifa üerbreitct f)abe; fo
merben tt)ir njof)! ^irfc^ unbcbingt bei*
fiimmen fönnen , ba§ >t»ir in einigen
notbttie)lU($en ©cbieten ^inboftanä, unb
fpejiett in ben am füblic^en ^tb^ange beö
^imala^a gclcc\enen *I5roüinjen bie eigent«
li(te Heimat ber unter bem S^lamen beö
f^marjen lobeö befannt geworbenen ^tp
epibemien ju fudien bilden, ^ludj über baö
SJBefen ber Ärantt)ett ftnb mir je^t im
klaren; cg ifi eine bur^ öungcnaffeftion
mefentticf) moMfijierte orientalifc^c öeulen^
peft, beren fpcjififd)e ®igentümUd)feit eben
bie fiungcnaffeftion ijl; eine Äranf^eitä»
form bie nad) ^ix\^ üoüfommen überein«
jiimmt mit ber inbifc^en (Pejt.
S)a^ bie <Seucf)e in ben rafcf)aufblü*
^enben mittclalterli(i)en Stäbten, mo auf
DerpItnisimäBig geringem g^äi^enraum
gro^e SDRenfchenmaffen eingepfercf)t gewe^
fcn fein muffen, fid^ üppig entmidetn unb
gro^e Sßcrbecrungen anrid)ten fonnte, ifi
natürlict). SUJit biefenSD'iiöftänbeneereinigte
\\ä) ein {)cftigeö üßiberjireben gegen üer*
nünftige 2JJa§regeln ber ^ijgieine, abfd)eu=
liebe *nii§bräuc^c in ber |)anb^abung beä
8ei(^entt)efen^; bie 2oben mürben begras
Ben inÄird^en, ober bod) innerhalb berStabt*
mauern, fo ha'^ baburd) neue Qtnftedungö*
beerbe entjlanben. ®d)mu^, Sicnb, Un=
^ttlid)feit waren bie miic^tigften Sunbeö»
genoffen beä fc^marjen Sobeä, moju m^
an manchen Drten anormale SBittcrungös
»erpltniffe unb beren Äonfequenjen mö*
gen binjugefommen fein. i)arauä erflärt
fid) bie 3ntenptät unb bie anbaltenbe
©auer ber ©eud^enperiobe. -^irfd) ^ält
c8 „für unsmeifet^aft, ba§ mcnn au^
nic^t alle, fo bocö »ielc ber in ben fots
genben 3a^ren bi^ 1380 bcobad)tetcn
^ejlepibemien unter ben Srfc^einungcn
be^ fd)tt)arjen Sobeö »erlaufen ftnb."
Ü«it3tu^gang 1351 f^eint eine<Paufe
in ber @terblid)feit für iDeutfd)Ianb ein«
getreten ju fein, 1356 wirb baä Sffiieber*
erfd)einen be3 fd)Waräcn Jobe^ gemelbet,
ber 1357 biö an bie ©renjen ber SFiarE
Sranbenburg unb füblic^ biö Sapern
unb 33aben üorbrang, 1358 ba« ganje
fübwejllic^e 2)eutfd)lanb überwogen b^itte,
unb jwar nad) (Sloöner unb Äönigäf)ofen
in ber iRic^tung na^ 9'iorb unb @üb
feinen 3ug nef)menb. 1359 unb 1360
Wirb bie ganjeD'iorbs unb Dfifeefüfie üon
neuem entoölfert , gleid)äeitig Dfierreic^
jum jWeiten ÜJiale f)eimgefud)t, am (5nbe
biefe« 3af)iä6^nt^ aucf) Sö^men, Sc^Iepen
unb $oIen. Snbe ber fec^jiger unb 5ln*
fang ber fiebriger ^ai)xt fallt hai brüte
5luftreten ber ^efi; unb Stalin be Sinario,
*J(rät in 5lDignon, fieüt bie JJortbauer
ber 6eu(^enperiobe in *ilu3ftd)t. Siä jum
Qluägang be* S'i^i^t)""^"^^ t)erget)t fafl
fein ^ahx, wo nic^t ein „gro§eö Sterben"
gemelbet wirb, auc^ nod^ im *Mnfang beä
15. 3^^'^f)un^6i^^^- 6^n genauer Qlb«
f(^lu§ la§t ftc^ erfUirlid) nic^t batiercn,
wir Werben jeboc^ gut t^un, bei Unter*
fuc^ung ber folgen nic^t über i>ai 14.
3a^r^unbert ^inauöäugef)en. Sei'cnfaü*
nal^m bie ©terblidifeit, wo auc^ bie
Äranft)eit nod) auftrat, in jcbem 3tt^r
immer mefir unb mcbr ab.
?tac^ ben gleid)äcitigen Seriellen ifl
fein 3^^*f^^ ä^i ^fflc"/ ^<^^ ein beifpieU
lofeä ©ntfe^en bie ©emüter ergriff unb
iöeibenf^aften entfeffelt würben, bie fid)
rol) unb gewaltfam iiugerten; uns
üerfennbar fieigerten fic^ Üppigfeit, 8uru«
unb 33erfd)Wenbung, jügellofe Segierben
nad) ®cnu§ in ben testen oielleii^t no^
üergönnten 5lugenbliden. (S^arafterifiifc^
fmb baber bie feit SDIitte beö 14. 3a^r«
i)unbcrt* (1356) in 2)cutfd)tanb häufigen
SJerorbnungen gegen Äleiberlufu*, an«
fiö^igc Sradbten unb ©c^welgerei. Sine
bireftc Sceinfluffung ber ©e^altung po«
litifd)er iBer^ältniffe burcft ben fc^warjen
2ob tritt in geringem 5Wa§e ju Sage. I)ie
$arteifampfe würben gelähmt, bie burd)
bie ©euc^e felbfi ober bie 2lngfl oor ibr
bert)orgerufene allgemeine Verwirrung unb
Seflürjung mußte einen momentanen,
läbmenben ©rud ousüben auf bie öffent=
lic^e 3;|)ätigfeit. Scfiimmter erfenntlit^
722
SBoIfeftanf^eitcn.
ftnb bie @inn)irfungen ber ©cuc^enpcriobc
auf bie h)irtfc^aftlid)en Scr^ältniffc.
ffia« jupörbetfi ben JWcnfc^cnticrlufi bc*
trifft, fo finb bie 3<'^Ifni"S«t>en bed
beä ajJittcIaltetä »on fc6r jireifelfiaftem
SBertc. 3)ie überlieferten Serluftjiffern
für ßübecf f(i)tt)anfen j. S8. gwifdien
9000 unb 80 000 Umgefommcncn. SöDtg
Wcrtloö ftnb bie allgemeinen Serecfenun«
gen ber ^ei^S^noffen, (wie Stalin be
Sinario) bie Serlufte ber erfien Spibemie
auf 60 % ®ui) be S^auliac auf 75 %
ber 93eüöIEerung angibt. SSorjugsttieife
Ratten, tt)ie natürlid), bie unterften iBoIfä*
fc^id^ten ju leiben, fo roax j. S. 1350
in Sßeftfalcn fein ^irt unb fein 6c&nitter
gur Srnteseit ju ftnben; ä^nli^e SBeri^te
ftnb in gro§er ^a^ ^u finbcn. Sine
unausbleibliche «irtfdjaftlicie jjolge njar
eine Steigerung ber 5lrbeiklöbne, tixt
aber «ieber rebujiert njurbe burd^ eine
bebeutenbc SIBcrttierminberung ber ©cfeeibc«
münje, t)ernorgerufen bur^ eine aüge*
meine Scrfc^Iec^terung ber ^Prägung.
(Sin foIcf)er 3upinb mufte natürlich bem
ÄIeinl;anbet ganj empfinbliä) fc^aben,
ober fetbfi ÜJJünjncrorbnungen, h)ie bie*
jcnige ber ßrjbifd^öfe ton Sricr unb
Äöln, fonjie bie ißemü^ungen Äarl'ö IV.
»ermoc^ten bem brücfenbcn Übel nid^t ab»
§u^elfen. 2)agegen rt)u§te frc^ ber beutfcfte
®ro§t)anbet ju fiebern bur^ ^inübernabme
beS ben ^urSf(j)iranfungen njeniger un«
terliegenben florentinif^cn ©olbgulbenä.
5m atigemeinen aber bemerfen roir, nad^«
bem ber atigemeine Qluägleid) ber iSeföt«
fcrungöüertjältniffe ber tt3irtf^aftlicf)en
unb gefdbäfttidt)cn ©todfung miebcr Qtb«
pife »erfd^afft I)atte, in ben ®täbten
befonber«! einen rafd^en unb crfreuli^en
Stuffc^TOung unb gortfcferitt. 3ubem fätit
in biefe 2)^\i aud^ bie Stiftung ber erfien
beutfc^en Uniüerfitäten, «Ctag 134S, iißien
1365, .^eibelberg 1386, Äöln 1389, Srfurt
1392. „®ie jmeite ^dlfte be« 14. 3abr=
f)unbertö ift bie ^t\t, in ber ber beutfi^c
^anbcl ben 2BeItmarft ju erobern beginnt.
3n immer fteigenbem ÜJJa^e crblüf)t
^anbcl unb Jnbuftrie, unb felbft fünfte
unb 2Bif|'cnfd)aft gelangen roicber ju
neuen (St)ren." 5lm allgemeinen S^araf»
ter be« 14, 3ii^tt)unbert« „biefer »üben
gät)renben 3eit »oü gewaltiger 3mpwtfe
unb ro^er ßeibcnfdtjaften" t)at ber fcf)»ar5e
2ob nidf)t« geänbert. S)ie 5tnard)ie in
ben Sauren 1348—50 I)at gewif bie
$eft oerfc^ulbet, unb gewi^ jte|en ®ei§et»
fa()rt unb Sut^cnperfolgug mit i^r im
Äaufaljufammen^ang. Stbcr beibe berufen
aud^ im ßbarafter ber3cit unb ftnb be§*
Wegen, weit fte eyplobicrenb auögebrod&cn
ftnb, jügelloä unb ro^ geworben. 93eibc
Bewegungen, bie 3"^fn*'fi^f''l9ung »on
Sübfranf reid^ , gteic^jeitig mit ber ^efl,
bie ®ei§elfa^rt im Djien ©eutf^Ianb«,
aU *Präücntioma§regeI ber !Pcit unb jur
93efdnftigung beä g6tttidf)en 3orneS, un=
mittelbar »or Qluöbrud^ be« fc^warjen
SobeS auöge^enb, eilen in i^rcr rapiben
Verbreitung über ©eutfdblanb ber *Pefl
Porauä. *Sn einjelnen Orten faüen fie
jeitlic^ jufammcn , wie *Pcfi unb ®ci§el«
fafirt in ©traPurg, in ^tanbcrn; juweilen
tritt an einem Orte bie $efi auf, ibr
folgte bie ^ubenferfolgung , I)eroorge«
rufen burc^ bie unfinnige iUJär r>on ber
Srunnenpergiftung burdt) bie Su^'^"- o^^i^
ber ^anatismuä ber ®ei§lcr fd)ürte ben
3ubenf)a^ wie in granffurt a. Sk., Äöln,
Sreälau, im allgemeinen aber werben bie
3uben rorl)er bie Opfer ber blinben Ser?
fotgungäwut. 25ic ®ci§elfa^rten erreichen
fc^on it)r (Snbe, bcüor aud^ nurbie^alfte
beutfcf)en ®ebiete« Pom fd^warjen Job
überwogen ift; Jubenüerfolgung unb ®cis
§etfat)rt treten aud) t<x auf, wo bie Äranf»
beit bei ibrem erfien 23erwüfiungöjug
burcb 2)eutfdblanb üorbeijog.
yio6) ju erwähnen baten wir, "ba^ ftcb
audb bie Äircftc bie allgemeine Sobeöangfl
ju 9Ju^e ju madben wu§te, wot>on eine
Unjabl r>on Jefiamcnten unb S^i^iun^'
täten berebteS 3^"8"^^ ablegen; niemals
war ber flingcnbe Srfolg größer aU 1350,
als Giemen« VI. einen Subildumöablai
auöfcbrieb unb eine ungeheure OJienfc^cn«
menge in SRom jufammenfirömte. gerner
wudbö ber ©runbbeft^ unb bäS Vermögen
ber j^ir^en unb Älöfter an, xoai ficb
offenbarte in ber eminenten äöautbütigfcit
na($ bem Stusbrudb ber 'JJefi.
gaffen wir bie ®ef(^ict)te beä 14. Jabr»
^unbertö jufammen: „gür bie politifdbe
©efcbidbtc ifi ber fc^warje lob fafi be«
beutungötoö geblieben. 2)er enorme SWen«
fd)enperlufi bat au^ ben mödbtigen IMuf*
fcf)Wung non |>anbel unb Snbufirie, bie
gldnjenbe (Sntwicttung ber beutfdben ©tobte
nidbt aufbalten fönnen, unb xtxai ftdb üon
ber angeblidben iöerwilberung bcS ÜJlen^
fdbengcfcf)Iec^tcö unter ben ©dbreden unb
grePeln ber ^efi^eit ju crfennen giebt,
bewegt ft(^ fotlig in bem ©bataftcr ber
3cit, unb tritt in äbnlidber ffieife fcbon
t)or bem QUiSbrudb beä fdbwarjen ülobeä
ju Üagc. Sfiirgenb« jtritt, wenn wir allen*
ajolföfrant^eiten.
(23
fadd t)on bcr ©ntfie^ung bet ©anitätös
palijci abfcl)cn, in bcr (gnttricflung bet
ißerbaltniftc ein 3mpulä ju läge, bet
nic^t fc^on t»orf)et »iitfam gctt):fen wdte,
unb fein neuer ®efid)täpunft mad)t fic^
in bet (Seflaltung bet S)inge bcmcrfbar."
ülaä) Dr. «Robert lionigcr, 2)cr
fcf)tt)Qtjc lob in 2)cutfd)Ianb. Sin ©eittag
jut ®efd)id)te bcä tiictjcbntcn 3«^i^f)""'
bertä. SetUn 1882.
n. Äinbctfa^tten. |>edet bc»
jeic^net fte in Sßetbinbung mit bet
Janjftut aU bie $fi;)c^opQtt)ien beö üJJit*
teloltctg, 2)ie gtofartigftc 6tfd)einung
tiefet Äinbetfabttcn, bie iljten Utfptung
im teligiöfen Gntbufiaömuö unb bet ®e-
mütäcttegung bet 3eit ^aben, ift bet .tin«
betfreujjug com Ja^tc 1212. 2)ie 3^»"
bet Sffiieberetobeiung bcö heiligen ?anbeö,
tai fd)on tt)iebet in bie ^änbe bet ©ata^
jenen gefallen xoax, etgtiff bie ©ernütet
mit etneutet J^eftigfeit, unb bei bet ta-
maligen ©ttmmung fonnten übetfpanntc
9luäbtüd)e betfclben niiit ausbleiben. 3)en
«tjien 5inPo§ gab ein Jf>ittenfnabe Sticnnc,
au^ bem 2)otfe dloiee bei Senböme; et
hielt fid) füt einen 5tbge[anbten be« ^ettn,
bet ihm erfchienen fei, v>on ihm 93rot ge*
nommen unb einen SBrief an ben Äönig
gegeben l)Cibi. 2)ie ^ittenfnaben bet Um=
gegenb firömten ihm in ©chaten ju, täg=
lieh ethoben fi^ 8 unb lOjahtigc ^tos
pbeten unb fühtten bem jungen ©tephanu«
ganje ^eete bet Pon bet 33en?egung fotts
getijfcnen .^inbetn^elt ju, beten ganatiö«
mu« SRichtS jU bdnbigcn im ©tanbe »at.
©c ttiaicn balb 30000 bewaffnete unb
unbenjaffnete Äinbet beifammen, bie untet
bet ^ühtung bcö heiligen ©tcpbanuä jut
(Stobetung 3fr"falcme auöjogen; feine
Sef^mcibe bet <J3ilgerteife oetmo^ite ihte
heilige 93tgeifietung unb *Mnbacht ju et*
Riefen. 3n SRatfeille ttjutben bie jungen
fpilgct auf fieben ©Riffen eingefcfjifft, »on
benen jeboch jWei mit ben batauf bcfinb«
liehen Äinbctn untergingen; bie anbern
fünf lieferten ihre 3nfaffen f^mdhli^ ben
©arajenen <xU ©flauen in bie J&änbe.
fRxä)t fo übel erging eS ben jungen Äteuj*
fahtetn in I)eutfchlanb, »o fub bie 33e»
Jncgung cbenfo mächtig jeigte unb untet ahn*
li^en Umjlänben oetlief. ^iet jogen smei
■i^eeteöhaufen, bie an ßfht ben ftanjöfifchen
3ug wohl nod) übcrfiiegen , bem iDketc
gu, bai, wie auch fic jucetftchtlicf) glaubten,
Bor ihnen jurücf treten würbe, fo ia^ fic
trodenen ^u^e« Da« l)ii{ig^i ßanb erreichten.
©er eine 4>aufe, unter ber J^ührung eine«
gewiffen 9iifotauö pon unbefannter |)er«
fünft, wanbte fid) über ben SWont Geniä
unb erteilte im ^lugufi in bet 3<i^t '"'"
noch 7000 leilnehmetn ®enua. ®ic
®enuefct öffneten ihnen jeboch etfi nach
einigen Unterhanblungen bie Shore am
24. Sluguft ; aber fdion waren üiele ber
Äteujfahrt mübe, fte fuchten unb fanben
gapiid^e «Mufnabwe unb blieben in ®enua
^uxni. Sie anbern, genötigt nach einigen
lagen bie ©tabt ju ücrlaffen, jerftreuten
ftch nac^ perfchiebenen SRi^tungcn. 23iele
»erfu^ten, fich nach £)eutfchlanb butchju«
f^lagen, bie wenigen, benen e« gelang,
wutben bott mit |)ohn unb ©pott em«
pfangen. (Sin leil blieb jebodh feinem
SSothabcn tteu, butchjog in t>etf(i)iebenen
Raufen Jtalicn; eine 5lnjahl 5?nabcn maU'
fahttete nach SRom unb mußten bott bem
qjapji iai ®elübbe ablegen, wenn fu
hetangewachfen feien , einen Äteujjug ab«
julegen. «Bon bem anbetn Äinbethcet
haben wit feine Äunbe, a\x<i) ben IRamcn
beö Ruhtet« fennen wit nicht. So nahm
feinen SBeg übet ben ©t. ©otthatb, wutbe
abet in bet ßombatbei mit eiftger Äälte
oufgenommcn; eiele famen bort um, bie
©tärfjlen unb ©läubigjlen gelangten nach
Srunbiftum, wo fte ©arajenen alä will«
fommene Seute in bie |)anbe fielen.
ein Seiten bet fötregung in ber ^m-
berwelt biefet Seit ip eine jweite Äinbei*
fahtt, bie ftd^ abet auf bie ©tabt (St fürt
aücin befchtänfte. «Jim 15. 3uli 1237
oerlie^en gegen 1000 Äinbcr tanjenb unb
fpringenb bie ©tabt unb wanbettcn übet
ben ©teigcrwalb ncch ^rnjiabt. 5lm fol«
gcnben 2:age würben fie oon ihren (Sltern,
bie injwifc^en ben «ßorgang erfahren hatten,
wieber abgeholt; inele foQen noch lange
nacbher franf gewefen, unb namentlich an
3ittern ber ©lieber gelitten haben, ©et
ganje Vorfall ift in feinen Urfachcn bun-
fel; no4 bunfler eine Äinberfahrt Pom
Jahre 1458, bcren «DJotioe offenbat tcli«
giöfet «Ratut waten, ©ie galt bet 33ets
chrung beö (Stjengelö «Michael. Tli^i aU
lOOÄinbet auä^^all in ©ch Waben wan=
betten wibcr SZÖiHen ihrer ©Item nach ber
bamalö weltberühmten, je^t jum ©taat««
gefängni« geworbenen 5lbtei ©t. «Deichet
in ber «Jtotmanbie, wo fte auch Witflich
angefommen fein foüen. I>et «D^agijitat,
bet bie ^ahtt nicht h^ni^etn fonnte, gab
ihnen wenigjiend einen führet unb einen
(Sfel jum 2tagen bcä ©cpädg mit. SJÖeitcte
D^achrichten fehlen.
724
SBoIfsftanf^citen.
m. Sie 3; an 5 Wut. 1. 6 t. 30»
^annötan?. Salb nadf) bem SGBütm beä
fd^tüarun Zotti üerbreitct ficf) eine neue
Solfeftanf^eit in 2)cutfi$Ianb , bie Janj»
tt)ut. Scfeon 1374 famen in ^laä)tn
ÜRdnner unb grauen an, bie in Äirc^en
unb ©trafen bem Solf ein feltfam 6(^au«
fpiel batboten, ©tunbcnlarg tankten fic
in gcfd)IofTenen Greifen in »ilter, baccfitin«
tifd)er SRafetei, bie ^e fot (ärfd)öpfung
nieberfielen. Sann flagten fe übet Se»
Hemmungen, big man i^nen ben Untetleib
mit Süc^etn jufc^nütte, obet mit ^au^>
(flögen unb guBtiit^«" ^'on i^tem Selben
fealf, »oiauf nac^ einit3et ^i\t ein neuei
9Infaü fie in bcn frübein entfe|Iict)en 3^»
ftanb ^uiücftierfe^te. 2Bät)tcnb b«g lanjeä
fcattcn fie (Stfcfceinungen, einige [a^en ben
^immel offen mit bem J^eilanb unb bet
ffifJatia. 2)ie Einfalle begannen mit faQs
füd)tigen SucfunQ^n; ^i« ^on biefen Se*
jafteten fielen bewuBtIoö unb f^naubenb,
©d^aum fot bem IRunb, ^u S3oben, bann
fptangen fie auf unb begannen ibren Janj
untet ben fcfetedlidiflfn Setjertungen. 2)ie
Ätanffceit oetbteitete ficfi balb tjon Qlad^en
au« übet bie ^liebetlanbe, mo bie öetan*
mac^fenbe €^at bet 3o^innietänjet aU-
mäbli(^ 93efoTgniä ettegte, unb man an»
fing, ;u Sefc^njöiungen unb Sittgebeten
feine Suflu'it ^u nel^men, um 5U oett)üten,
baB bie Ätanfbeit auc^ bie ^ö^etn Stäube
etgtiff. (Sinen OJJonat fpätet als in Qiac&en
iüat bie 2anjfud)t auA in Äöln, mo 500
2Renfcf)en oon if)t befallen mutben, unb
in !We|, tro bie 2a\^{ fogat auf 1100
anfiieg. Sanbleute, 4*anbmetfet, 5Dienft-
toten, Knaben unb ÜRäbdjen, tetbeiiatete
unb unt)etf)eitatete ^i^^u^n fdiloffcn fic^
bem unt)eimlic6en JHeigen an, bet balb jut
Stutfldtte mitbct Scgieiben unb öeiben=
fc^aften muibe. (Stfi nacf) üiet ÜJ^onaten
gelang e^, biefe^ bämonifcfcen Steibenä in
ben tbeinifc^en ©täbten ^ett ju roetben,
ohne jebod^ feine gdnjlicf)e Setnicfetung
ju etteic^cn. 2)ie Sejie^ung ^obanne«
bee läufetä ;ut lanjwut ifl folgenbe:
€cit ben ölteften 3«**^" feierte man ben
2ot)anniätag mit aüetlei fonbetbaten, mil=
ben, beibnifcften ©ebtäucfcen. 35ie ©cut»
fc^en fetlcgtcn ben uralten |eibnift^en
©ebtaucf) bee 9^otfeuet auf biefen lag, mo'
bei ein milbet baccbantif(J)et Sanj aufge»
fü^tt tt?utbe, eine Sif(^einung, bie ft^
auc^ bei anbetn Solfetn äeigte. (So liegt
nun bie SSetmutung na^e, t)a^ bie au^^
gelaffcne geiet ton 1374 ben 5lnftog
jum Soljannistanj gab, ba bie lönäet
immer ben Dramen be§ ^eiligen ^o^anneS
im ÜJJunbe führten.
2. I)er @t. Seitötanj. 3m 3a^te
1418 etf^ien in ©traPutg bet gleite
2Baf)nftnn mie in ben t^einifc^en unb bei*
gifcfccn €täbten; ^iet na^m ft<^ bet
Söiagifitat bet ^tanfen an unb ließ fie in
einzelnen Raufen nad) ben ÄapcDcn tti
^eiligen Seit nac^ 3'^^«'^" ""^ SRotefiein
geleiten, mo i^nen butc^ ÜJ^effen unb
anbete ^eilige ®ebtäuc^e, einen feietlid^en
Umjug um ben ?lltat unb ficine Dpfei üon
intern ^Imofen Teilung erfleht, werben
fotitc; öitle genafen mitüicfe. Übet @t.
iBeit, einen bet 14 „iJlot^elfet" get)t fol*
genbe Segenbe: et ^abe, e^e et fic^ unter
iai ©c^mert gebeugt, 5U (Sott gebetet,
et möge ade, bie feinen 5lbenb fafien unb
feinen lag feiein, t>ot bem Sanj bcwa^«
tcn, unb batauf eine ©timme retnommen:
„€anft Site, bu biji etbötet". @o iüutbe
@t. Seit bet €d)ufebeilige bet lan'jfüc^*
tigcn. Siefe Jansfucfet ifi übtigens feine
neue 5rfcf)einung. iSJir »erben nic^t um«
i)\n fönnen, jene Äinberfa^rt ton r237
in Erfurt aU eine g^orm ber 2:an5mut ^u
erflären. Sin ä^nltcf)et SorfaCl ^atte \\<i)
eteignet in Utrecht am 17. 3uni 1278,
wo 200 Sänket auf bet ÜJlofelbrücfe ni(^t
aufboren moüten ju tanjen, atö bis ein
Sricftet ben Seib (S^tifti ^u einem Ätanfen
torübertrüge; atlein bie Srücfe brac^ tor*
bet unb aüe crttanfen. 1201 mutbe ton
1 8 Sanbleuten auf bem ^rieb^of bet Äloftet«
fitere itolbig bei Sernburgbutcf)8ätmcn unb
lanun bet (Sotteäbienfi in bet S^tijinad^t
gehört, worauf ber ^rieflet iRupred^t ben
%{\xä) übet fie fiabe ergeben laffen, ein
3abr lang ju fAreien unb tanjen. I;iee fei
wirflici in (Erfüllung gegangen, bis fie
burd) tai ®ebet jweict ftommet Sifd)öfe
etlöfi wotben feien. (Sin 3^^^" mittel«
altetlic^iet (Rof)£)eit ifi auc^ ein auf biefen
JIucö Wo^l jutürfge^enbeä, je^t Idngfl
untetgegangeneö ©piic^Wott; „dass dich
Sanct Veitstantz ankomme." (Sine Ut«
fac^e für biefen San, würbe gefunben in
ber unfräftigen laufe untüchtiger *Prieftet.
2)aB füt ben .Klerus hieraus grcpe ®efa^t
entfprang, ifi leicfct jU erflären, unb
berfelbe fu(i)te jid) gegen ben allgemeinen
Unwillen butc^ Sefcftwötungeu },u belfen,
bie abet ebenfo wenig nü^ten, wie bie ©e*
bete am mittäte St. Seitä. I)enn ton ber
^eftigfeit bet Janjfud^t geben und Se«
fc^tcibungen aui bem 16. 3abtbunbett
lautet 3«"9"i^' "'ö P^ eigentli(f) fd)on
im ülbne^men begtiffen wat. 2)ic miU
aSoIföEranf^eitcn.
725
bete gorm War häufiger, fcitener bic ^ef»
ticje. jDamalö fottcn [ic^ t»iete an Gcfcn
unb SBänben bie Äöpfe jcifc^mettert ober
fi^ in JJIüffe gefiürjt ^aben, wo fte ben
gefuc^ten Sob fanben. 6ie tonnten ni^t
anberö gebänbigt werben, aU ba§ man
bie JRafenben mit Jifd^en unb Stühlen
umfieüte unb fte fo ju ^oljtn ©prüngen
jwang, ia^ jie balb in äu^erfier ®r»
fci^öpfung }u ißoben pürjten. ©elbjl
^o(I)f(i)Wangere ^'^''"f" f"^ ^^^ ''^"^
«Schaben ber ßeibeäfrudjt an bem toüen
2anjc teilnehmen. ©a§ lebhafte QJluftf
bie Srregung Weigerte, liegt im SBefen
ber Äranff)eit. IRagiflrate miet{)etcn ba«
^cr oft ÜJJuftfanten, um bie Olnfäfle raf($er
üorbeijufü^ren. (5ä mußten aui) 93erbote
ertaffen Werben gegen ba^ Iragen ber
roten i^^arbe, Weld)e bie Sffiut unb SRaferei
ber Äranfen auc^ ^erüorrief. ^ümatjUd^
Wid^ bie Äranf^eit nun bod) jurücf, we=
nigPenä famen 2Banberungcn ,öon iStabt
JU 6tabt nic^t me^r Dor. 9JJand)e wur*
ben auc^ nur aüjä^^rlic^ befallen. 2)en
ganjen 3uni ^ox bem 3o^a"n'0fcf^ fübl*
ten fie Unruhe unb Unbc^aglict)feit,
©c^merjen trieben fte unfidt um^cr.
©e^nlic^ erwarteten fte ben iöorabenb,
um for bem Qtitar beä ^I. 2ol;cinne^
ober be§ ^I. Seit ju tanjen. Qroä
Äapeüen beö le^tern Waren befonberö be-
fugt, bie eine in Siencn bei 93reifac^,
bie anbere in SBafenwciler. Jßenn fte
mit einem breiftünbigen lanje ben ^ox»
berungen ber Sf^atur genüge getrau Ratten,
blieben fie baö ganjeSfil)! unangefochten.
5m Qlnj^üng beö 17. 3a^rt)unbertö War
bic SanjWut fcItcncr. 1623 berichtet
man no(| »?on ^'^'^"fi^ '" 3)refelbaufen
bei SBei^enfiein im Ulmer (Sebiet, bic aü«
jäfjrlid^ JU ben i^apetlen beö bl. Seit
linwanberten, um ibrc lanjanfälle ab*
juwarten unb bann Sag unb Üla6:)t biä
jur @rfd}öpfun9 ju tanjen. ^lümäfjlid^
oerfd)Winbet fte ganj bei ber june^men*
ben 5iufflärung ber ®eificr. (Sleidijeitig
unb in \ii)X na^er Sejiebung jum IBeitö*
tanj trat in 3t<i^'fn ber Saranti^muä
auf, ber in S^'^lif" it" 1"^- StJ^i^ftunbert
feine pd^fie ^öi)t erreichte, alä ber 93cit3ä
tanj fd)on erIofd)cn war.
IV. S)er engUfcf)e ©($weif ifl jene
beftigc Äranf!)eit, bie nai^ ber Q(3^\aä)t bei
33oöwort^ im ftegreicfien ^eere ^cinridb VII.
auöbrac^, in ben erften S'agen beö 2lugufl
1486. „6ö War ein überaus ^i^igeö
lieber, tai nai^ furjcm grof^e bic Ärdfte
wie mit einem. @d)Iagc fernicf)tcte, u.nb
wd^renb fc^merj^after 5Qtagenbrucf , .^opf»
wef) unb fc^Iaffü($tige Sctdubung ^inju«
traten, ben Äörper in übelriedjenben @(^wei§
auflöste. 35ieö atlcö gcfd^a^ innerhalb
Weniger ©tunben unb niemals blieb bie
entfd)eibung über Jag unb D^ac^t ani.
Unerträglid^ war ben Äranfen bie innere
^i^c, bo^ braute i^nen febc Q(bfüt)lung
ben Job." Äaum war ber Äönig in ßon-
bon angelangt, ia bxadi) balb na^^er am
21. September auc^ ^ier bie Äranfbeit auf
unb wütete furd)tbar biä (Snbc Dftober.
35ann fcrfd^wanb fte wieber, biö fte im
©ommer 1507, aber o^ne bebeutenbc ©terb*
lid)feit unb nur oon furjen 3)aucr in ßon»
bon wieber auftrat. Sei i^rem brüten 5lufs
treten in ßonbon im ^^n\\ 1518 forberte
fie ja^llofe Opfer, verbreitete fic^ aud^
wdt)renb bcö ganjen SDßinterä in ben meiftcn
engUfcf)en Stdbten. 3" i>cn legten lagen
beö aWai 1529 trat fte in bet ^auptflabt
mit berfelben lieftigfeit auf wie 1518, bie
ilRenfdjenterlufle laffen ftc^ bei i^rerrafd)en
unb angemeinen Serbreitung n\(i)t bejiffern.
©egen ben 25. 3uti erf(^ien fic jum erfien
Tlai in jgianiburg unb erregte eine aüge*
meine Sefiürjung. ®in ©c^iffer, 9'iamen^
^ermann ©oerö fotl auä Snglanb jurücf»
gefcl)tt fein, mit jungen fieuten, oon benen
12 in 2 Sagen ber S^Wei^fuc^t erlagen.
3n ber Stacht nacf) ber Qlnfunft ftarben
in J^amburg 4 iperfonen, bann täglich
40—60, wdbrenb ber 'J tdgigen 35auer bet
.Rranf^eit. 3n ßübecf flar'b am 30. 3uli
1 grau baron, bann folgte eine rei§enbe
3una!^me ber Sobeäfdlle. 3" ^^^ gleite
3ctt fdüt i^r aiuöbruc^ in «Roflotf, Soi^en»
bürg, 3wicfau; in le^terem Orte würben
am 14. *Jlugufi 19 Sobte beerbigt, in bei
SJtac^t erfranften fcf)on 100 Hienfcften. ®e*
gen (Snbc 2lugu(l unb Einfang i^eptember
tritt bic ©cftwei^fu^t auf in Stettin
(31. 5luguf!), ©anjig (1. ©eptember), in
ber 9WatE Sranbenburg, ©cfileften, 5lugg»
bürg (6. ©eptember) Äöln, (7. ©eptember),
granffurt a. 3W. , »Dkrburg, ©dttingen,
eimbcd, Lüneburg u. f. f. 3n ©ttaiburg
War fte fc^on am 24. 5lugufi. 3" $reu$eit
flatbcn etwa 30 000 iKenf($en bat)in, in
5lug0burg in 6 lagen 800. 3n igtra^burg
waren 3000 franf, aber nur wenige fiats
ben. Der einjige ^ranfe in ÜJJarburg
genaö. Qluffaüenb if!, baf bic iJiicberlanbe,
wo ber SerEet)r mit (jnglanb ungleich be*
bcutcnber war, erfl 4 2öo($en [päter er«
griffen würben, aud) bier wie 2) eut f c^ la n b
ifi bic3«it ibrer Serweilenä eine bcifpiel*
loa furje. 3^r "auftreten fdtlt in 2)dne*
726
S olf stieb.
marf in bie legten Sagen ©eptember, »on
ta ftanberte fte a\xä) in bie ffanbinatiifd^c
^albinfel hinüber. 5lm fpätefien tritt fie
in ber @d)»eij auf, in Safcl im 6pät*
^ctbfi, naä)^tx »on ^ict ani in ©olotburn
unb 93crn. SBä^renb bie SSerlufie in Safel
bebeutenb tvaren, fiarben in 93ern »on 300
©rfranften nur 3. S)ie ©rft^ütterung ber
(Semüt^er hjor über alle Se[(f)reibung I)eftig,
fie würbe noc^ erp^t burdb ^aarfiräubcnbe
(5rjhI)Iungen ton ben Dualen ber Äranfen.
.^ierju fam noc^ ber unglüdEfelige SBa^n, rrer
t»on ber Äran!bcit ergriffen, entrinnen woHe,
muffe 24 ©tunben unabläffig fd^mi^cn,
»ä^renb gerabe in ©nglanb allgemein ber
^at fealf: mäßige (jrwärmung, feine
IRa^rung, nur milbe^ ©etränf, feine fiarfen
Slrjneien, ru^ig 24 ©tunbcn auö^arren
biä jur ©ntfcfeeibung. Siele be^errf(^te
aud) bie (Sinbilbung, »om englifdjen
@c^mci§ befallen ju fein, fo ia^ fte unter
einem SSerg Pon Seiten, auf ben fic^ nodb
einige ©efunbe oft legten, ipen lob fanben.
yt\(i)t ju üergeffen ifi, ta^ in biefer 3fit
ber ©laubenäfämpfe ber ©eud^e eine be»
fonbcre iöebeutung jugefd^ricben tuurbe.
2>ie SBolfäfranfbeit mürbe aU ©ei^el
©otteö Ijingefteüt, unb bie päpfilic^e ^Partei
bemüf)te ftä auf alle SBeife, fie auSju«
f(i)reten aU offenbare 5lbmaf)nung t»om
ßut^ertum , wobei man ftc^ natürlich auc^
ber Unma^rbeiten ni($t f(f)eute. ©o mürbe
bef)auptet, bie 3uf<in^nifnfu"ft ber 9iefor*
matorcn in SDJarburg am 2. Dftobcr ^ätte
be«t)alb ju Feiner Sinigung geführt, meil
bie 5urct)t »or ber neuen Äranfljeit bie
5?c^er ergriffen ^dtte.
iffia« bie 51crjte biefer 3eit betrifft, fo
»erorbneten bie unmiffenben unb ermerböluf«
tigen, ta wo ber gefunbe Sinn beö SBolfeä
nid)t bagcgen auftommcn fonnte, in einer
^ülle Bon ^lugfcbriftcn t>ai unftnnige 24fiün«
bige S^mi^en, moDurcb bie Äranfcn gleid^«
fam tot gcfc^mort mürben; unb eine Un«
maffc non *pillcn, ßatmergen, linfturen,
SlCerläffe, Qlbfüljrungen, I)eräf}ärtenbe ^rjs
neien, gaben bem Q3olf aDe möglid^en unb
unmögli(^en ©e^eimmittel, wobei fie natür«
lic^ gute ®efd)äfte mad^ten. ®egen bicfen
Unfinn tx\)ob [\ä) aber boi) eine gefunbe,
energifd^e JReaftion, bie bem englifd^en
Serfa^ren balb bie »erbiente 5lnerfennung
ferfdiafftc unb ber Äranft)eit (Sin^alt t^at.
5lm 15. «Jlpril 1557 crfcibien ber alte
(Srbfcinb ber englifc^en 93olfg mieber unb
^roar jum legten iKal, in iSt)reWf^burt), »er»
breitete [lä) aläbalb über ganj ©nglanb bi«
an bie fd^ottif^e (Srenje, unb raffte, feinen
Staub nerfcbonenb, eine fe^r bebeutenbe
!KenfdE)enmenge tjinmeg.
I)eutfc^lanb mürbe »erfd^ont, unb e«
liegt nabe, bie (Sigentümlid^fcit ber eng«
lif^en tlltmofp^äre unb ber ®obenbefdöaf«
fcn^eit aU ®runb aufjufaffen. <Seitbem ifl
bie Äranfbeit nid)t mieber crf^ienen. —
maä) ^ecfer, bie großen Bolföfranfbeiten
be8 ÜJJittelalterä, herausgegeben »on^irf d^.
Serlin 1865. SSgl. ^aefer, ße^rbudb ber
©efdbic^te ber OTebijin. Über ben QluS«
fa^ fie^e ben befonbern 5irtifel.
löolfölicb. 5Der 9lame 95 olf Stieb flammt
erft aus bem 18. 3i^r{)unbcrt unb fom
auf, feitbem ^lerber ben Unterf(^ieb »on
Äunji« unb 5öotfSbidl)tung atS ben für
baS aSefen ber <Poefic eingreifcnbfien ju
betonen begann. 2)en Stomantifern, na»
mentlidb ?lä)im »on Qlrnim unb ÄlemenS
Srentano, ben Scrfaffern »on „2)eS Ana«
ben 9Bunberl)orn" unb ben balb barnadb
auftretenben Scgrünbcrn ber beutfd^en
ßitteraturgefc^i(^te »erbanft man bie Unter«
fudbung über bie ©ntfieliung unb (Snt*
midlung beS 2)otfSIiebeS; fo xtiä) nun«
mef)r bie Sammlungen eon 23oIfSliebern
geworben finb, fo fet)It immer nod^ eine
eingepnbere ÜJJonograp^ie über biefeS
ßitteraturgebiet; bie ^errlicbcn 5tb^anb»
lungen UljlanbS über baS ißoIfSlieb, bie
ben brüten 93anb feiner ©dbriften bilben,
fmb teiber J^ragmcnt geblieben.
3n feiner ©ntfie^ung fnüpft baS IBotfS»
tieb an bie ältefte 2)id^tung überf)aupt an,
roomä) aüe 2)idbtung SolfSbic^tung unb
alle a5otfSbidf)tung (Scfang ifi. fiiebet
mi)t^if(t)cn 3nt)altS würben oom begleiten*
ben 33olfe bei rctigiöfen ^efi« unb Um«
jügen gefungen, Sor bem 93eginn bei
6^ladl)t fangen nad^ STacituS ©ermania 4
bie ©ermanen öon JperfulcS, b. 1). non
2)onar. fReben Siebern m^tbifcben ^atte
man ßieber gefc^id^tUc^en 3n^a'tS, wobei
man o^ne Stt'fifct f^^t frül» mieber fagen«
^afte Sieber unb fotd^e unterfd^eiben fonnte,
weldbe eine Sl^at ber ©egenwart feierten,
ßieber, weld)e bie Saaten unb Kriege ber
alten Könige befangen, lief 5?art b. ®r.
aufzeichnen unb lernen unb Subwig ber
jVromme üerbanntc fie wieber auS Sortrag
unb Unterridbt. ßeiber ifi üon allen Sicbem
mt)tt)ifd)en jn^altS nidbtS, t)on ßiebern
ber Sage bloS baS ^ilbebranbSlieb er*
fialten; eine fd^öne 5ßrobe beS gefd^id^t«
liefen SolfSlicbeS auS bem 9. 3a^r^un«
bcrt bietet ber ßeid^ auf Äönig ßubwig III.
unb bie 9'lormannenfc£)lad)t »on 881. 2)ie
SSoHälieb.
72'
cf)nfilid^c 93ilbunc< änbertc tüenig an biefcn
ältcjicn 2)crl)ältniffen bc^ SBolEöIicbcö, abge=
fct)cn baoon, t>af an ©teile ^eibnifc&=mt)t|is
fcf)er öiebct d^rifilid^e unb an ©teile bcä
©tabreimeö bet (Snbreim trat; im Übrigen
jinb bic SDictitungen bcr c^riftlidfjjfird^Iic^en
tperiobe ttiicber iBoIfäbidjtungen ober fünft*
li^e Sfiacfea^mungen bcrfelben. £>icfer ^rt
■ftnb ber^elianb unb bie (Soangelien*
i)armonie Dtfrieb^, ber Öeid) auf ben
i^eiltgcn ^etruö, hai Sieb t?on ber ®ama*
riterin, bie ebenfaüä in ßeic^form gebi^«
teten ßegenbcn vom ^eiligen ©eorg unb
»om f)eiligen ©afluö. Sffiaä jwar bcm
IBoIfägcfang jc^t n3efentlid)en Slbbrucö
tl^at, roar ber Umftanb, ba§ fic^ je|t iai
ganje ©cbiet ber h)iffenfd^aftltd)en unb
bamit ber feineren ©eifieöEultur überhaupt
»on i^m abfonberte unb in bie, i^orläufig
lateinifdbe, *Pro[a überging. 2)od) \)öxti.
bcr Sßolfögefang ni(i^t auf, nur »urbe er
feiten burd) bic ©c^rift überliefert, ^ifio«
Tifd)c SSolföIieber gcf^idbtlid)er 9iatur, bic
gcfungen njorben ftnb, »erben u. a. er*
tt)ät)nt auf erjbifcfeof ^atto 914, auf bie
@c^Iaci)t bei |)ere«burg 915; auf Sifc^of
Ulrici) oon <llugöburg, auf fierjog Soleölat)
ben «Polen 1109; reicher no(^ waren bic
Sicbcr, hjclc^c ber ^elbcnfagc angehörten;
i^r S)afein ift burd^ bie im 12. ^a^r*
l^unbert ani it)nen entfianbenen ©popöicn
bcr bcutf^cn ^clbenfagc bcjcugt, bencn
»erlorcn gegangene gcfungcne 93oIföIieber
in reicher 5lnjal)l üorau^gegangen fein
muffen. ß\i i^ncn gefeilten fxd) bie ßegenbc
unb firc^Iic^e ©age, unb überl)aupt ber
»iclfacl)c (Srja^Iung^ftoff, ber feit bcm Sc*
ginne ber Ärcujjüge burcf) ben nermelirtcn
Scrfcbr mit bcm 5tuölanbe in bie mittel*
aIterUc[)e SBelt eingefirömt war.
S)ie ©dnger biefer Solfölieber ftnb
im ®anjcn bie 5al)rcnben, ©iinger con
^ai) unb ®c»erbe; fte ftnb »on «Mltcrö
^er bie cigcntli^en Pfleger ber Äunfl bcö
Solfögefangcö, fte bewahren in i^rem ®e*
bäc^tniö unb in i^rem SBortrag ben j^off*
liefen 3nt)alt beö 35olfäliebc0 , fte bilbcn
bic 2ec^nif bcö I)idt)tenä, bcä ©ingcn«
unb ©agenö weiter. D^ne junftmä^ige
?lbgcfc^Ioffenf)eit, bcft^en unb erben fte
fort bic l'el)rc unb libung bc^ ©efangeö,
i>eö SBortragö, ber bid)tertfcf)en led^nif.
5m 12. 3'ibrl)unbcrt trat nun bic
I)öfifd^e Äunfibid)tung neben biel5i**
tung bcö aSolfcö unb brangt biefc le^tcrc
baburdb um fo weiter »on ibr weg in
tRob^cit unb ©eringfc^ä^ung, aU jetjt bie
befferen unb aufjirebenöercn Talente bcr
!BoIf«bid)tung für Eurje ßtü inä 2ager
ber ^öfifd^en I)i(i^tung übertraten, wo allein
(S^re unb 23erbienfl ju erholen war. ®a^
baucrt aber bloö bi« gegen t>ai (Snbe bc^
13. Sabtbunbert«, wo mit bem Untergang
ber ^öfifdE)en Silbung ber Bolfämä§ige ®c*
fang, fpcjicü tai, \r)ai man je^t Soltö*
lieb :^ei|t, in reic^ficr ^üllc ju tage tritt.
®ic ßimburger (S^ronif crjal)lt jum ^a^xt
1370 „ba§ am iRl)cin ein auöfä^igcr Tlöni)
bie bejicn ßiebcr unb iReit)en in ber 2Bclt
mad^tc, Bon ®ebic^t unb ÜJlelobien, Da§
i^m Stiemanb uf iRl)cinftrom oöcr fonfiwo
gleid^en mochte. Unb waä er fang, tai
fangen bie 8eute alle gern, unb alle SDlcijlcr
pfiffen, unb anbcre ©pielleutc fiibrtcn ben
®efang unb t<\^ ®ebid)t." Über t>ai
9lltcr 'bcr ctnäclncn Solfelicber ifi feiten
etwaä ®ewiffe« jU fagcn; it)rc Qlufjcic^*
nung beginnt mit bem 14. unb Wirb crfi
l)äufiger im 15. 3ol)'[f)unbert, wo bann
bcr 23ud)brucf jucrfi in fliegenbcn Slättcrn,
fpäter in ßicbcrfammlungcn ft^ mit 33or*
liebe biefeä ©toffc^ bemäd)tiget. ®cwi§
ift, ta^ bie ungebunbene, bcm inbioibucücn
©emütölcbcn fo oiel ^rcibcit gönncnbc
2)enfart biefer Seiten bcm 23olfälie£)c fiet«
neue 9ia^rung unb neuen ©toff jufü^rt;
ältere ßicbcr laffcn ft^ jum Jeil an ibrcr
cpifc^*bramatif(^cn S)arfte[lung a\i fol^c
erfcnnen, erjl fpdter, namentlich im 16.
3al;rbunbcrt, tritt bic reinere lt)rifc^c 33c*
lianblung an totctle ber epifc^cn.
QUte "Jiamen für ben begriff beö »olf«*
liebeö aU eineä gangbaren fiiebc^ bcr
Sllenge in ber ßanbcöfprac^e finb, bem gc*
lefirtcn lateinifci^cn versus und carmen
gegenüber, carmen barbarum, carmen vul-
gare, secnlare, triviale, rusticum, publi-
cum, gentile; bürengesang, ein liet, ein
neuw liet, ein hübsch new lied, ein
Beiterliedlein , ein Bergreihen, Graslied-
lin, Strassenlied, Gassengedicht, Gassen-
hauer, gute Gesellenliedlein, Reuterlied-
lein, S)ic ^ier folgcnbc ®lieberung beö
«BoIEöliebci^ na^ feinem 3nf)alte folgt
ber Einleitung jum altbeutfc^cn ßie*
berbud) »on ^ranj ü)l. Sßö^mc, ßeip*
jig 1877.
1. Sallabcn unb SRomanjen, bic
lt)rifd)e Jortfe^ung beö alten (Spoä; i^r
©toff ifi bem 'M\)ti}Vii unb ber alten ©agc
entnommen, oft auc^ bann, wenn iRamen
»on (Perfoncn unb Orten fd)cinbar ber
^anblung eine fpätcre S^it juweifen; voai
biefc jum Jeil uralten 3«"S«" ber ^olU--
poefie crbaltcn ^at, ift meifi ber allgemein
menfc^lid)c, bic 3fitcrcignif[e übcrbaucrnbc
728
23oIföIieb.
®e^alt. 2ctber ijl bic 3«^^ ^i«fet lieber
gegenüber bet ffanbinatiifd^en unb fc^ot*
tifd)cn ßitteratur bei unä nur eine fleinc.
93on eigentlichen .^clbentiebetu fmb
bloö baö ^ilbebranbölieb (baä jüngere),
baö (Srmenrid)lieb unb ber Jäger auö
©riecbenlanb, ber 9[Botf=S)ietricf)fage ange«
börenb, ert)alten. ÜWpt^ifc^en Urfprungä
finb ßieber com SüBaffermann, non fRiyen,
©eifiern unb ©efpenflcrn, riom Jonn^dufcr;
auc^ einjdnc Sicbeäbaüaben , ttie bic
Sc^wimmerfage, ge^en auf mpt^ifc^en Ur^
fprung jurüd.
2. Sag« ober JBäc^terliebct; ur*
fprünglic^ ber böfifcf)en Ctjrif ange^örenb
(fre^e ben 5lrt. Ja gelieb), ^at fid) biefe
©attung im SolEöUebe fpäter in reicher
güüe erhalten.
3. fiiebcölicber im engern Sinne,
©ie hjcrben fc^on im 8. 3a^tt)unbert er*
ipö^nt, ba 93onifaciuä (Reigen ber Saien
unb ©efänge ber ÜJJäbc^en in ben Äircfcen
»erbietet unb ein Äapitular Äarlö b. ®r.
Don 7S9 befiimmt, ia^ bie SRonncn feine
■winileodes, b. ^. gi^f^^^f^*, ©efeüen»
lieber , üon wine = 5^^^""^ > [(^reiben
ober Quöfcbiden [oüen. Öeiber ifi üon
folc^en Siebesliebern be^ alt^od^beutfcfien
3eitraumcd nid)tö erf)alten; lieber al^n«
lid)er 5lrt muffen eö aber gemefcn fein,
an meld)e onfnüpfenb baä böfif($e SKinne«
lieb fid) entfaltete; basfetbe trägt aU
3eugni^ feines üolfsmäfigen Urfprungö
namentlich ben Umfianb, ia^ eä reget«
ma^ig an bie SQBanblung ber 3a^reöjeit
anfnüpft, fojmar, ba§ bic glüdlidjc 3^*^
be^ gi^ütilingö ben 5tnbrud^ ber Siebe, bie
3cit beö ^erbfleö unb Söintcrg bie £ren«
nung con ber ®eliebtcn, ber Siebe Seib
in fxd) trägt. S)iefen 3u9 trägt anä) tai
fpäterc Q?oifäIieb no^ an [xäi.
4. 51bf($icbä* unb SEBanberlieber
ge{)ören ju ben rü^renbjten unb ergreifenb«
Pen 2}oIfeitiebcrn, bie man t)at; ftc fielen
im 3uf«mmen^ang mit ber allgemeinen
SBanbcrIufi beö 15. unb 16. Ja^rbunbertö,
unb mit ber bamit ferEnüpftcn 93efcf)mer«
Iid)feit beö SReifcnö, ber Unfict)er^eit beä
Seft^eö , ber UnftätigEeit beö Sebenö.
6otä)e Sieber fmb „Jnnöbrucf icö muf
bicft laffen", „^ä) ©ott, mie meb t^ut
fc^eiben", „3cf) ftunb an einem ü/lorgen
ijeimlid) an einem Ort".
5. (RätfeU, Sffiett«, üöunfc^« unb
Sügenlieber geboren if)rem 3ni)alte nac^
ju ben ätteflen liic^tungen , bie in engem
3ufammenbang fo»ot)f mit bem ÜJipt^uä
unb ber rcligiöfen DenftBcife aU mit ben
ältej!cn 3u{iänben bes gefeüfd^afttic^cn
Seben« fielen (23gt. ben «rt. SRätfel unb
SRätfellicbcr). 35a« ältcfic SRätfellieb,
Sugleid^ eine« ber dltefien erhaltenen 93olf«=
lieber, ifi tai auö bem 13. 3ai^r^unbert
erf)altene S^ragemunbc^lieb. 3^ ben
üöcttgefpräc^en, in melden jtc^ in urgcr*
manifcfter 3«* äii'ei ÜJJänner jur Prüfung
i^reö SBiffen« bcraueforbcrtcn unb mobei
ftc auf i^re Qlntmort «Sagen üon ber 2öelt
unb ben ©öttern mitteilen, geboren auc6
bie SBettfireitlieber smifdien Sommer unb
aSinter (fuf)c ben bef. 5trt.) unb ba«
biefen nac^gemacbtc jmifc^en 93u^äbaum
unb i^elbinaer. Sic|)e U()lanb, Qlb^anb*
lung III: jßett« unb fflunfcf)liebcr.
6. Zan^' unb ^tanütiebcr iüurben
beim SReigen fon ben Janjcnben felbft
gefungen, voohti alle Sanjcnben ftcf) bei
ben ^änben gefaxt hielten unb langfam
um^ettraten; erjl auf biefen crficn Jeil
folgte al« smeiter unb au« bcrfclben SÜJelo«
bie geformt ber ^lac^tanj ober Spring«
tanj. Die .^ranjlieber gehören in^altlid^
ju ben (Rätfelliebern ; tgl. bie 5lrt. 2anj
unb .^ranj.
7. Srinf« unb 3«(^tiebcr giebt e«
erjl feit bem 16. 3a|tbunbert; bie ^öfifc^e
3eit unb bie unmittelbar folgenbcn ^a^x-
bunbertc brachten an Jrinftiebern blo«
lateinifc^e Saganten« unb SDJönd^eliebet
^enior. üDefio üppiger treiben fie im 16.
Sa^rbunbert, mo ja{)llofc geftlidjfciten,
Scbmäufe unb 3e(i)9elage jur Qlu«übung
folcber $oefie Qlnlaf boten. ^U mefent«
licbfier 3n^alt ijl (Ermunterung jum Reitern
Seben«gcnuffe, Sob be« Sffieine« unb 3u«
fprud) äum Jrinfen; eine befonberc 5lrt
ber Srinflieber fmb bie 9JJ artin« lieb er.
8. ^ijiorifct)c Sieber. 3" i^i^et
(Sntfle^ung mieber^olt frc^ bie Sntfle^ung««
art be« gcfct)ic^tlic^en Siebe« oon ältefier 3eit
ber, nur i)a^ bie befonbern fiifiorifc^cn 9Bc«
bingungcn, n)eld)c ta^ SolEölicb be« 13. bi«
16. 3abr^unbert« jeitigtcn, i^ren befonbern
(5f)arafter erhalten burc^ ben im 13. ^apxb.
bcginnenben Äampf ber untern Stäube
gegen ben *}lbel. Äaum beginnt biefer Äamp|
ber Stäbte, ®ibgenoffenfc^aften , Zi)aU
unb Sanbfc^aften gegen ibre bi«berigen
$errn, ein Äampf, ber re(ff)t eigentlich bem
©eiflc ber 3cit SRidbtung giebt, unb ein
neue« .^elbenalter herbeiführt, fo erfd^einen
auc^ bie Sieber Sd^Iag auf Sd)lag. 2öo
überaü auf bcutfd)em 93obcn tai iBolf
feine JJeffeln bri^t, äucrfi in ber ©ibge«
noffenfc^aft, bann im JfJi eb erlaub , bei
ben ©itmarfc^cn, fpäter allerort« in5Dcutfd^«
!BoIt8licb.
729
lanb, ta folgen ben @cf)Iad^ten, Srobc*
rungcn ber ©täbte unb Surgen i^re ßiebcr;
ben witfUc^en ©reigniffen \i)X bleibenbeö
Silb, S)iefeö iji feine ®c^Iacf)tbefd)reibung,
fonbern ein con gcfieigettcr ®inbilbungä=
traft crfc^auteö (Sinjelbitb, bem meifi, wie
beim alten (Spoö, bie birefte fRebc, tai
3n)iegefpradf) d^arafterifiifct) ifi. 5Die @amm=
lung ■D. ßilienfronä, tt)clct)e bie t)i|iorif(f)en
ßieber com 13. bi« 16. 3at)r^unbert um*
fa^t, cntl^dlt 623 Stummem, worunter
freiließ mand)c iUi gefproc^cnc 2)ic^tun»
gen, fog. Sprüche, inbegriffen ftnb. ©ic
im jirengcrn Sinne I)i|iorif^en ßiebcr
wollen immer jugleid^ politifd) Wirfcn,
ber spartet bicnen, wobei freiließ tai ßieb in
ber (Regel bloö ben ©ieg ju begleiten pfiegt.
Tli^x unmittelbar birf)terifct)en ©inbrud
aU bie :^iporif(^-poIitifc^en ßieber machen
biejenigen 93oIfdlicber, in benen eine jwar
i^i(lorifd^e, aber in^ ©ebiet ber iRomantif
Preifenbc J^at ftcf) jum ßiebe gehaltet
i)at, wie tai »om ßinbenfc^micb, »om
©ppele »on ©aitingen. SBieberum fd^eint
ft(i) in anbern ßicbern ein auö früher,
»ieüeic^t aug fel)r früher ßi\t ^ergefom*
mener l)iftorifcf)er ober mt)t^ifd^er 3«3
bloö einem l)ifiorifd^en ober für I)ijiorif(^
geglaubten 9iamen angepaßt ju t)aben, wie
j. SB. je^t tai alte ^itbcbranbölieb alö
eine romantifc^e SRitterbaüabe jum a3or=
fc^ein fommt.
9. ßanböEnect)tö* unb SReiterlie«
ber beö 15. unb 16. Ja^r^unbertä ftnb
bie ©olbatenlieber ber SSorjeit; jtc berü^«
ren ftc^ teit^ mit bem ^ijlorifc^en ßieb,
teilö mit bem ßiebeälieb.
10. Jägcrlicber unb^ägcrroman*
Jen erf^einen feit bem (Snbe beö 16. ^apx>
lunbert^ unb waren feit ber 3«t bi^ inö
18. 3a^r^unbert beliebt; fte ftnb jum
3:eil nad^ franjöjtfc^em Sorbilbe gefungen
worben.
11. ßiebct auf tocrfd^iebcnc
© t ä n b e ftnb Weber alt noc^ waren
fte je allgemeiner »erbreitet, abgefcbcn con
ben fd^on genannten 2:t)pen, worin fi^
u. a. ber (Seijl ber ©täbter, Sauern,
Sanbgfned^te u. bgl. anbern ©tdnben
gegenüber auöfpri(^t, ^Dagegen ftnb ^anb«
werföj unb Sunftlieber, worin bie 3;|ätig»
!eit beä ^anbwerfd befd^rieben ifi, faum
üor bem 16. 3a^rt)unbert unb nur fpora«
bifd^ bagewefen. S)ie gereimten 3ii"ft*
lieber waren nac^ i^rem 3nÖnIte fog.
Sflu^ms, (5t)r« unb ßoblieber ber
^anbwerfer, mcifi auf eine unb biefelbe
©c^abtonc jugefc^nitten, an $oefte arm
unb nüchtern. Srfi im 17. unb nocJ) metir
im 18. 3a^t^unbert ftnb t>on iöolföpäba«
gogen unb Qluffldrern eine größere 5lnjabl
Serufögefänge gcbii^tet worben, an benen
namentlich baäSÖiilb^eimcrßicberbuc^, 1799,
rcic^ war.
12. ©d^erä«, ©pott« unb®cf)anb«
lieber bilben eine befonberc ©attung
Bon SBolf^liebern ; unter benen befonberd
bie auf Sauern unb Pfaffen jal)lrcidf) ftnb,
aud^ auf cinjelne ^anbwerfet, wie bie
®(^neiber unb ßcineweber. 2)a^in get)ören
©to^feufjer geplagter Sl)eleute, @pottlieber
auf menfdjlic^c ©ebred^en, *Wiil)eiraten,
j. S. bcg flcinen ÜRanneä mit bem grogen
ÜBeibe.
13. Äinb er reime, fie^e ben 5ltt.
Äinberfpiele.
14. ®eifllidf)e 93plf«liebcr, fte^e
ben Qtrt. Äir(^enlieb. Über ben Übergang
be« 23olf8liebeö inö ©efellfc&aftälieb,
ftel)c ben befonbern Qlrtifel. Sammlungen
üon 25olföliebern ftnb oiele »orl)anbcn; ti
feien ^icr erwät)nt au§er bem SB unb er«
i)orn (neue Qluögabe oon Sirlinger unb
föreccliu«, SBieöbaben 1874), Ublanb,
alte l)od^- unb nieberbeutf(^e iBolfölieber,
(Stuttgart 1844—46, fürjlid^ unneränbert
neu aufgelegt; baju ge|iören in Sanb 3
t)onUl)kni'^ Sd^riften bie 5tbf)anblungen,
oon benen bloö folgenbe üicr bearbeitet
unb erfd&ienen ftnb: Sommer unb SBinter;
{^abellieber; SBett- unb SBunf^lieber ;
ßiebe^lieber; unb bie ^Inmerfungcn in
Sanb 4 ber ©d^riften; Simrocf, bie
beutfdf)en 93olEöbüd^er, ^ranffurt 1851 unb
1872; erf, beutf^d^er ßieberl)ort, Serlin
1856; »on ßiliencron, bie ^ifiorifd^en
Solf^lieber ber 2)etitfd^cn »om 13. big 16.
5al)r^unbert, ßcipjig 1865—69. 4 »änbe;
©oebefe unb Sittmann, ßieberbud^
auö bem 16. 5a'^rl}unbert, ßcipjig 1867;
Söljmc, altbcutf^ed ßicberbud^, ßcipjig
1877, bcfonbcrS für bie iWclobien be*
arbeitet.
730
2Öagcn — Söagenburg.
1.
SBageit ctf^einen ali üierräbtigc SBagcn*
farren fd)on in bei iDlerot^ingcrjeit, ia bie
Äönigc t\<^ t^rct aU cincö uralten SBor*
xtä)M bebientcn; biefe Äöntgäfatten toaren
mit einem ©efpann üon O^fen bcfpannt,
bic nac^ iBaucrnart ein SRinbettiirte leitete.
®o blieb eö noc^ fet)r lange, unb eö ijt
befannt, wie .Kaifet gi^iebrii^ in. »er«
mittelft eincö Dd)fenn)agen^ feine üänber
bereijlc. Unmittelbar auf ben 5t(^fen rubte
ein Jtüei« ober tiierrdbriger Äarren mit
pieredigem SBagenfaficn , bie $ferbe balb
jioei neben«, balb jmei bintereinanber an^
gefpannt. 3""^ eintreiben bebiente man
ft(^ ber ®ei§el ober cine^ Stabes mit
eifernem ©tadbel. (Sin gewiffer Qlufwanb
in ber äußern 5tuöf^mücfung beö SBagen^
trat erji im 13. 3abrf)unbert f)auptfäcblicb
in ^ranfreidb ju ÜTage, wo Öubmig ber
®d)öne ben 2)amen oom ^ofe ben ©ebraud^
Bon 2öagen aU ?luöjeicftnung gemattete.
35er ^tufwanb beftanb jc|t in Serjierung
ber *Mu§en»änbe beö SSagenfajlenä bur^
©c^ni^trerf unb ÜJJalerei , Überfpannung
bcg Äafienö burc^ lücber oermittelji SReifen,
5luäjiattung ber @i^e burc^ ^olfier; im
Übrigen jogen bi^ über ia^ SKittelalter
^inauö au(^ SDamen ia^ JRciten ober bie
iragfdnfte bem t)olprigen SSöagcn for.
3n ^ranfreic^ führte man im 16. ^al^X'
^unbert eine 23erbefferung ber Sffiagen ta^
burd) ein , ta^ man ben .Mafien in ein
atiemcngebänge befefiigte unb Ütjürc unb
Jritt beö SBa'geng feitmärtä anbraci)te, in«
folge bat)on au^ bie @i|c ber Sreite nacb
anorbnete. S)ie langfame SerbeJTerung beö
(Perfonenfubrrcerf^ namcntlid) in 2)eutf^«
lanb bing ä"ni 2;cil bamit pfammen, ta^
bie ßanbeöb^ten i'f" ®ebrauc^ oon 2ßagen
alä nur if)nen jufiänbig ober blo^ SBeibcrn
ju gejlatten erachteten; noc^ im 16. 3a^r«
lunbert würben bie ÄutfcE)Wagen —
ber 9^amc ifi in biefer 3^tt au^ bem
Ungarifc^en nac^ JJeutfdblanb gefommen —
in Derfcfjiebenen Staaten »erboten unb
allen benen, bie am |)ofe ctma^ ju fcfiaffen
bitten, eingefd)ärft, fie möcbten ju Dioffe
crfd)einen. 3n ßnglanb mürben Äutfcfcen
an ©teile ber altern Äarren crji um 1580
con iDeutf^lanb au« eingeführt. 2)oc^
blieb ber ®ebrau(^ ber Äutfcf)en fogat in
^ranfreidb noc^ üereinjelt, unb eä foü ju:
5ßari« um 1540 ju täglicher 99enu|ung
btoä jwei Äutfd)en gegeben babcn, eine
für einen abeligen J^errn, ber feiner 93e«
leibt^eit wegen nid)t reiten fonnte, unb
bie anbere für bie ^erjogin t»on iöalcn«
tinoi«. ^einric^ IV. befaß für fiö) unb
bie .Königin nur einen Sffiagen, unb in
Spanien gcj^attete $^ilipp II., bie 93c«
nu^ung ber .^utfd)en nur benen, bie mit
»ier eigenen $ferben fahren fonnten; wer
bieö nicf)t cermoc^te, i)atte auf SWaultiercn
jU retten. Dagegen gab eö fi^on etwa*
früfier reid) aujsgeftattete ßujuöwagen; bei
ber ÄaiferErönung SOiajimilianö IT., um
1562, erfc^ien ber Äutfür)! »on Äöln mit
14, in ber |)ulbigung in 2Barfc^au 1594
ber ilRarfgraf oon Sranbcnburg mit 36
Äutfaen. Um 1599 erfcbien ber tDlarfc^att
Jranpoiö be Saffompierre juerfi in einer
.Rutfcbe mit ©laäfenjiern, bie er au« ^ta^
licn mitgebracbt. 2)er Äutfcfcer fa^ big
babin regelmäßig auf bem $ferbc. ^n
biefer 3^^* famen aucf) bie gefcbmüdten
ßufu^sScblittcn auf. Seit bem ^Regierung««
anttitte ßubwig« XIV. fiieg in $ari« bic
SKenge ber SBagen fcbnetl unb um 1651
würbe fd)on jur einrid)tung »on SÜJüet«
futfcben gefdbritten, welche nac^ i()rem
Stanbort, bem ^ötel St. 5"iacre, ben iRamen
Fiacre erbielten. 3n 2)eutfc^lanb war
eö ber cerfc^icbene ©efdjmad ber .pöfc,
ber ben ©cbraucb ber SBagen begünjiigte
ober jurücfbielt; aU in ber Scbweij 1671
ber ftanjöfifdbe ©efanbte feinen ©injug in
93abcn in einer .Rutfd)e l)iclt, fiel biefe«
ungewöbnlicbe Sc^aufpiel auf. Irag«
Stühle ober Porte-chaises fanben im
17. 3'>bi^£)unbert außer wie feitber jum
®ebraud^ für Jlranfe, wenig ilnflang.
9Bei§, Äoftüm«Äunbe.
SÖSagcnburg. 5"! nomabijierenbc aSölfer,
wcld)e auf biefer Stufe ibrer (Sntwicflung
bie gelbbefefiigung nodi) nic^t fennen, bietet
bie Söagenburg ben naturgemäBefien (5r«
fa|. 5lU(^ bic alten S)eutfd)en bebienten
jtd) berfelben regelmäßig unb manöocrierten
bamit oft mit ®efc^icf. Sie SBagenburg
erhält ft^ bei cinjelnen 23ölEetf(f)aften
2Bal)rjeid)cn — SBatfürcn.
731
butd) »tele 3a^r^unbertc unb gelangt in
bcn ^uffttenEricgcn noc^mal^ ju einer gc«
miffen 93erüt)mtbcit. ©täbte unb befefiigte
fiager madjten jie anberort^ balb entbehr«
lid). (®ie^e ben 5ltt. Ätiegönsefen.)
SBaÖrjcid^C«. nil)b. warzeichen, ju
ml)b. bic war = 2l^tfamteit, alfo 3f'<^cn
gut 5l(^tfonifeit, fd^on im ü)^f)b. gern mit
2Ö 0 r 1 5 e i c^ e n jufammengeficllt. SÖtan »er*
ftel)t barunter gcmiffc S)enfmale unb Äu*
riofa, bie in ober an Äirci^en unb anbem
öffentlichen Orten einer beftimmten ©tabt
ongebrad^t pnb. ®ie befiet)en entmebcr
in 93aubenfjeid^en , unb jlnb bann teilä
@d)Iu§Peine, namentlid^ an Srüctcn, teile
ju Sage gelegte ©runbpüdäbejeid^nungcn,
93auamulettc, j. S. bie ^ufeifen, 5u^fol)len,
Ärcuje, ,^öpfc, teilö aber nur Soubütten*
ober ®teinme^jeid)en, teilö ©i^Utffel
alter iBaufagen, ober ftc ftnb au^ eigent«
liefen ßanbeögerid^töjeidjen cntfianben, ober
cnblic^ au^ ben miöDcrftanbenen ältefien,
urfprüngli(|en ©täbtemappen ^erüorgegan«
gen. ÜDiefe 2Ba^räei(^en fpielten in ber
©efc^ic^te ber ®emerböüerbanbe eine große
SRoIIe , inbem bie i^umanbcrnben ©efeüen
ober Äned)te ftd) bem Qlltgefeücn gegen«
über burc^ bic ^cnntniö ber 2öat)rjeid^en
über ben ^ufent^alt in anbem ©labten
auömcifen mußten. (S^ trar bat)er (är«
forberniö, i>a^ febcr ^anbmerfögcfctte ober
Äned)t, fobalb er in einet Stabt in Qlr=
beit fam ober aud) nur ta^ ®ef(J)enf er«
Ijielt, ftc^ iai Sßa^rjeic^en ber ©tabt be*
fa^ unb [\ä) bie baju geprigcn ©eben?»
Bcrfe einprägte, bamit er im gegebenen
5?alle tai öyamen bePet)en fonnte. 2)ie
Äenntniö ber Sßa^räei^en »ertrat bal)er
gteid^fam Mi fpäterc SBanbcrbuc^. 2ß.
©c^äfer, bcutfc^e ©täbtema^rjeic^en.
ßeip^ig 1858.
SÖaifen^ÖUfcr, »on a^b. welsi, m^b. weise
= beraubt, entblößt, ba^ 2öort Söaifens
i)aui juetfl 1618 nad^gettjiefen. SBaifen»
Käufer finben ftd) me^ir bei ben gcrma«
nif(^en, ^Jinbel^aufer bei ben romanifcl)en
SÖölfern. S)a^ erjle in ber ®cfc^id)te be=
!annte SBaifcn^auö ift bie »on Äaifer
Jrajan gemachte Stiftung für 5000 2Baifen«
finber; im ^al)X 330 n. (Sljr. würbe in
^onjlantinopel ein 2Baifen{)auä gegrünbet;
tai ältefie franjöfifc^e foQ t>a^ tuxä) bcn
93ifcf)of Don 5lngeiä 654 geftiftctc fein.
5n jDeutf^lanb fommt im 9. 3at)rbunbert
im Äloflet aSeißenburg eine fol(^e 5tnftalt
Dor, bürgerlicl)e SBaifenl)äufer f^eint e^
bagegen |ier ni^t Dor bem 14. ^aiiX'
l)unbert gegeben ju ^aben; jte blieben
aud^ Don ba big in^ 17. 5al)t^un»
bett noc^ feiten, ba man bie ©orge
für Sßaifen meifienä ben befletienben
5lrmenanfiülten unb Äranfenliäufern über»
ließ. 5n einzelnen fällen gemährte auC^
bie Obrigfeit einen ißeitrag, um einem
elterlofen Äinbe ju Reifen, ober man
fe^te ein wöc^entlic^eö 211mofen bafür au«
unb gab etwa ein Sßaifenfinb jur SScr*
pflegung auf t>ai ßanb. (Sin 5^ i n b e 1 1) a u a
mirb im 7. 3at)tt)unbert in Irier ertt)ät)nt;
ju ^lorenj 1316 unb ju qSariä 1362, in
S)eutfc^lanb im 14. 3at)rl)unbert ju grci=
bürg der fanden kindlin hüs, unb 1386
JU Ulm; 1473 ju Sßlingen.
SBoIfÜrcn, SBalEprien, altnorb. valkyrja,
al)b. walachuriä jufammengefe^t au« alt«
norbifc^ ber valr = ©efamt^eit ber lobeö»
voaifl, b. \). ber für Slöalballa ermäl)lten
unb bat)er in ber ©cfclacftt gefangenen
.Krieger, (Sefamttjeit ber oom ©ct)la^tentob
betroffenen, bann ber Äampfpla^, t)aQ
©ci)lac^tfelb felbfi; unb au« einerben ©inn
üon „2Bat)lcnbe, Sluetmöblenbe, Empfangs
netimerin" tragenben 'Jlbleitung bed *Berb«
füren ober Eiefen, tai ©anje alfo ein
au« jttiei ftnnnettttanbten fflurjeln bePel)en»
bc« iffiort. S)ie 2Balfüren t)abcn außer
bem 5lmtc ber loteniua^l basjenige ber
©(^enfmabc^en Dbt)inö unb ber Sinlierier,
fie bienen in 2ßal^atl, bringen ba« Jrinfen
unb uermat)ren tai Sifdjjeug unb bie
a)letfd)alen. 3n beiberlei |)inficf)t ftnb
fie Seroielfiiltigungcn ber %n\a, crfcfceinen
aber au* al« Soüfirederinnen be« ilßiUen«
Dbl)in«. 2Bie bie Atomen mirfen fie auf
hai ®ef(^icf, aber me^r in Scjug auf bie
©d)lacl)t, mic fie benn aucE) 2Balmäbct)en,
©($ilb= unb ^elmmabct)en Reißen. Sine
ber üßalEüren t)eißt Tli^ = SRebel, 2BolEe;
auf Sffiolfenroffen f(^meben fte über bem
©dölac{)tfetbc unb Sau träuft oon bcn
SOläbnen ibrct SRoffc in tiefe Zi)dkx. 2Benn
fic Öuft unb SBaffer reiten, legen bic iffiaU
füren ©cl)mancn^emben an ober manbeln
fiel) in ©c^wäne, wobei ba« einfügen be«
©d&wanengeficber« burc^ ben ©cfcmanring
Dcrmittelt wirb. Sffiie c« irbifd)e Ülorncn
giebt, unb bie @abc ber Sßeiffagung unb
be« Sauber« auc^ jierblid)en grauen über«
tragen werben fann, fo fönnen auc^
Äönigötöd^tcr in bcn ©tanb ber 2Balfüren
treten, wenn fte Äricgcrifd)e« ©ewerbc er*
greifen unb ewige 3ungfrauf(^aft geloben.
@ie Reißen bann ©unfd)mdbc^en, Qlbop«
tiotöc^tcr Db^in«. ©oli^c 2Balfürcn fmb
bie brei SDJeerweiber, bie im SRibclungcns
lieb hti ber Überfal)rt ber 58urgunbet
732
SBalt^atiUcb.
über ixt 2)onau ctf^einen; in bcr Oubrun
etfc^cint ein trciffagenbct Snget in bcr ®c=
fialt eineö fd^roimmenben »Üben iBogelö,
urfprünglic^ o^ne 3tt>«ifel eineö (Sd^wancö;
and) Sßrunl^ilb tft urfprünglic^ eine 2Bal<
füre. 2)er ^ahl ber Söalfuren ttiirb cers
((Rieben angegeben, jwölf, fteben ober neun,
©imroct, SWpt^otogie.
S93aItÖariIicb ifi ein in lateinifd^en |)eja--
metern ton bem [anft galler 3Jlöni) @tfe=
l)axt I. in ber erfien ^ölfte hti 10. 3al)rs
^unbert^ »erfa§teö ©ebic^t, beffen 3"^'»^*
f urj folgenber iji. 2>en mäd)tigen $»unnen<
fönig ®|el ergreift rt>ieber einmal bie
Äriegeluft. 2)ie granfen will er bieömal
mit [einen |)orben ^eimfuc^en. 3" SBorms
berrf^t über beö J^ranfcnlanb Äönig
©ibicf). SJiicEjtö a^nenb »on bem ©emitter,
tai »on Ojlen ^er ben blüf)enben ®auen
feinet !Heicf)cö na^t, ifi er »on greube er*
füllt, ta ber .^»imniel i^m fürjlic^ in ©untrer
einen Sronfolger gefc^enft. 2ßie ein ©li^
aus beiterem ^immel fätirt in allen ben 3ufeel
am 2Bormferf)of bie Scbrecfenönac^rif^t,
(S|el ftef)e mit einem ungeheueren ^cere an
ben ©renjen beö ßanbe«. Unfinn wäre eä,
SBiberfianb ju Iciften, Sünbnis unb ®ei^
fein ftnb ^ier bcffer angebracbt alö g^inb«
f(^aft unb j^ampf, fo benfen ®ibic^ unb
feine SRäte. ^Joc^ ifi ®untl)er ju flein
um als ®eifcl feinem SBaterlanbe 5Rube
unb ^rieben ju erfaufcn; beä^alb mirb
beö Äönigö Setter ^agen mit nielen
©^ä^en ju 6^el gefanbt, um biefen gnä*
big ju flimmen, was and) gelingt. SBeiter
wäljt ftc^ bie ^eereämoge bcr ^unnen
gegen baö ßanb ber Surgunber, welc^eä
Äönig ^crri^ mit feiner fefien ^anb re«
giert. 3^"^ wächst als Jod^ter auf bie
reijenbe ^ilbegunb. Sie giebt ber 95ater
^in aU ©eifel, um wie ber granfenfönig
iai (Reic^ ju retten Bor Slttilaö ©rimm,
UloA ein«n ^»errfcber miQ ber ^unnenfürfi
Icimfui^en, nämlic^ Äönig 2llpl)cr Don
Qlquitanien. 2)er ^of Don SBurgunb unb
ber Don 5lquitanien ^e^ien in freunbfd^aft*
lieber 93ejict)ung, wel(I)e bur^ bie Scr*
ma^lung Don 5llp|)erö ®ü^n SD3altl)ari
unb ber fc^önen |)ilbegunb, bie noc^
Äinber, bod) fc^on für cinanbcr bejlimmt
finb, in 3ufunft nodb enger werben foütc.
2Bie feine beibcn Borgänger bcr granfen»
unb ber Sßurgunberfönig plt cä auc^
9llpf)cr Don 5tquitanicn für bepr, ftatt mit
bem ©c^wert buri^ ßöfcgelb unb ©eifel
ftd) ben gefä^rltcben geinb Dom ^alfe ju
fcfeaffen ; er überliefert feinen 6ol)n SB al«
t^ari bem ^unnenfürficn , ber nun mit
^agen, ^ilbegunb unb SBalt^ari ^cimwdrtS
äie^t an bie blaue 2)onau. I)ie Äinbet
werben an bem ^unnifc^en ^of feineöweg^
fd3led)t gebalten. SBo^l unterrichtet in ben
SBerf cn beö .Rriegeö unb beö Ji^iebenö wad)fen
bie beiben Änaben auf, wä^renb .^»ilbegunb
unter bie Db^ut ber ©emat)lin S^elä, ber
Königin Döpirin tritt unb Dcrmöge ifircr
iücbtigfeit unb i^rer Sugenben eä big
jur Qluffc^erin be« ^off^a^eö bringt.
5n 2Bormö ifi nac^ bem '2lbleben ®t«
bic^ö fein ©of)n ®unt^er auf ben 2ron
gefommen. Sr brid^t tai öünbnid mit
ben ^unnen unb Derweigcrt ben üblidf)en
3inö ju jaulen. 2)aö ^ört ^agen unb
üerfc^winbet bei 3^acbt unb S'Jebel. ÜJJiB«
trauifd^ gemacbt burd^ bie {Jludbt .^agen^
will 2Ittila SBalt^ari enger an fid^ fetten
unb äwar auf ben iRat feincö SZßeibeä Däpi*
rin burd§ Verheiratung mit einer bcr
^unnentoc^tcr. D^atürlicö willfahrt SDBat*
t^ari bem üBunfc^e S^elö nidbt, fönnte er
bodb, wie er bem^unnenfönig auöeinanber*
fe^t, als g'JWiifi^n'^'itf 1^ "^t nif^'f «injis unb
üüein fxä) bem I)ienfie feineä ^errn wib«
men, nid^t me^r mit berfelben forglofcn
Sapferfeit ben i^einben S^elö entgegen«
treten. G^el la§t ftc^ burcb bie SHuäflüc^tc
ÜBalt^ari'ö blenben, fo ta^ bie 93erl)eira*
tung unterbleibt. 5n einem fofort nad^
biefem 3luftritt auebred^enben .Slriege Der«
richtet SBaltbari iJBunber ber Sapferfeit.
2)er ^einb wirb gefd^lagen, frcggefrönt
fe^rt SBalt^ari jurüdt in @|elö ^ofburg.
3m Äönigöfaale finbet er ^ilbegunbe allein,
errötenb frebenjt bie ^olbe i^rem fdbon in
ber JBiege 5lnDerlobten einen Se^cr ffieing.
®ie wd^nt, beö 3ünglingö ^erj l)abt fid^
Don il)x abgewenbet, berüät »on ber (ßrad^t
unb ©cfeön^eit einer ber löd^ter beö San?
beö. 3)od^ ber .^elb beruhigt bie ÜJJatb
unb Wci^t fie ein in bai ®e^eimniö, wel'
c^eö feine 93rufi birgt, in ben f^lan, jurüdE*
äufet)ren in baö geliebte, ferne ^eimatlanb.
©ntjüdft föKt ^ilbegunb i^rem ©eliebten
ju ^ü^en auörufenb:
„2ßo^in bu mtd^ berufefi, o ^err, id^
folge bir nad)!"
5luf über fiebcn Sage, wo ein ®elage
fiattfinbet in ber .Rönigöburg, wirb bie
gludbt terabrebct. |»ilbegunb alö Hüterin
ber ©cba^fammer wirb bie ®efd^affung
ber 5luörüfiung antertraut, bei ber jwei
©d^rcine mit ©pangen unb ®olb, fowie
5lngel^acten nid^t fehlen bürfcn.
2)cr Der^ängniöDolle 9lbenb fommt
^eran. ■^od^ l)er ge^t eö bei bem ©elage
unb balb bat beö Sßeincö Äraft bie
Söalt^attlicb.
733
^unncn^elben, S^eln an ber Spi^e, bc»
^cgt unö in tiefen Schlaf »erfcnft. ^t^t
ifi bie ®elegen!^eit jur ^^ud^t ba unb
balb ttägt baö gewaltige ®d)laci^tro§
,,9ört)e" feinen ^errn unb ^ilbegunb famt
ben entttienbctcn ©d)ä^en t)tnauä au^
Q,^iU 33urg bcm SBejien ju. ®ro§ iji am
anbcrn iDIorgen ber 23erbtu§ (S^elö über
tai 2}erfd)tt)inben üßalt^ati^, gro§ ber
3orn ber Königin Oöpirin über bie
ilbttjcfenbcit i|)rer 3oft ■^ilbegunb. 2)ie
reteben Selo^nungcn, bie ber Äönig bem
ausfegt , rcelc^cr bie 5lüd)tlinge mieber
jurüdbringt, bleiben uniierbient unb fo
reiten SBatt^ari unb ^ilbegunb unange=
fochten ttjeiter, i()r ßeben mit bem (^I^if^e
ber gefnnc(encn iBögel unb ber geangelten
gifcbe frijienb. 3lad) nierjig Sagen enblid)
fe^en bie beiben Scrlobtcn bei SBormö
über ben 9if)ein. ^lö Sclobnung bietet
2BaIt^aribem g-ät)rmann biele^tgefangeneu
^ifcbe bar unb reitet weiter. 5Dod) jefet
na^t ta^ 23erbQngni«. SDer ^'^^'^n^inn
bringt bie gefc^enften ^ifAe bcm Äoc^ bcö
Könige, fte fommcn auf ©untbers Zx^i)
unb aufmerffam gemacht burcb bie g'^fn'b:
artigfeit ber ©pcife farfcf)t er nadi beren
@eber, in »el(^em benn aui^ ^agen auei
beei bergerufenen J^ergen örjä^Iung feinen
Jugenbgefpielcn 5ffialtf)ari mit ^ilbegunb
erfcnnt. 5Da erfaßt ^abfud)t ta^ ^eij
be^ 5'^""f''ttfü'^flfn / cö lec^jt nad) ben
@oIbfd)reinen, bie JBalt^ari mit fi^ füf)rt
unb in benen, nac^ beö Äönigö SD?einung
tai ®elb fei, baö fein 9?ater aU Qim
nocfe Ungarn geliefert. %xo^ ^agenö Qlb-
raten reitet ber t)abgierige Äönig mit jtt)clf
augerlefenen SReden , unter benen aud)
^agen fi^ befinbet, auö jur SBerfoIgung
bee 5lquitanierö, ber unterbeffen lanbein«
märt^ reitenb in ben 2Bafid)enn.ialb gelangt
unb Qlbenb^ in einen Sngpaf, beim foge«
nannten ä5?aögenPein naä) inerjigtägigem
JKeiten eine »o^Iüerbiente 9?ad)trut)e ge-
nießen mttl, mät)rcnb feine fc^arfäugigc
©efä^rtin J^ilbegunb bie üßac^e Ijält. ?Jur
ju balb t)at ®untf)er SQBaltl)ariö ©pur
entbedt, nur ju balb fd)rcdt ber SHuf
liilbegunbä, ia^ »^einbe naf)cn , 2ßalt[)ari
au6 bem fü§en ©c^Iummer auf. 2)er .^elb
erfennt in ben ©egnern bie jjranfen, ruftet
ftd) jum ©efec^t, tröfiet bie entfette ^ilbe^
gunb unb flet)t ®ott um einen günfligen
SliK^gang be^ .^ampfeö an. D^i^t lange
lüfit ber 5fi"b auf ftd) warten. SfJocbmalei
jwar miü ^agen ben Äönig beftimmen
Don einem Eingriff auf Jöaltbori abjufetjen.
Sein 53itten nü^t nid)te:. Sielmeljr fenbtt
®untf)er ben SamcIoPonüJlc^ SBalt^ari
entgegen mit bem ^luftrag com *}(quitanicr
bie ©(greine ®olbc^, t)a^ *Jioß unb bie
9)?aib ju »erlangen. (Samelo tf)ut nad)
feineä |»errn iöefeljl, wirb aber non 2ßal«
ti)axi äurüdgefc^idt mit bem 93efc^etb, ba^
er bem Äönig i)unbert Spangen alö SBeg*
gelb geben «oüc. Sffiieber crljebt ber er«
fabrene J^agen feine warnenbe Stimme,
mitb aber »om Äönig mit ^öbnenben
Sffiorten ber i^fiä^'^^t gejieben, fo ha^ ber
alfo ®efd)mäbtc fc^weigt unb fon ^erne
bem beoorftebenben .Kampfe juäufd)auen
gebenft. ©ein frütieres SSetlangen ju
micbcrl)olen wirb Samelo nodimalä oon
®untber abgefd)idt. (Sr get)t unb nadbbem
iffialt{)ari oergebenö jwcibunbert ©pangen
il)m anerboten, entfpinnt fid) ber S^^^i*
fampf, welcher mit bem Sobe ©amcloö
ein blutige« @nbe nimmt. ^Huffpringt
iel3t ber »Jieffe Samelo^, .^imo, aud) ©f a*
r am unb gcf)ei§en, begierig ben £ob feinet
DI)cim^ ju räd)en. iöiit jwei Speeren
unternimmt er ben Eingriff gegen 2BaI*
ti)axx. Dl)M erfolg fc^Icubert er bie bei«
ben ßanjen gegen ben gelben, bcffen
flarfer $clm aud) bie ©d)wert|ireid)e bcä
J^ranfen UHfd)abIid) mad)t. 23effer jielt
2Baltl)ari, fein ©peer buv(^bol)tt beö gein«
beä ^alä unb entl)auptct ftnft ber 3üng*
Itng neben feinem Dl)cim in'« ®ra«.
2)urcb ^önig ©untrer angefeuert wiü
SBerinbarb fein ®lüd uerfui^en, nur mit
$feil unb iöogen ausgerüjtet. S)ic Pfeile
praUen an bem ©d)ilbe 2Baltl)ari^ ab unb
wie 2öerinbarb ben ©d^wertfampf auf«
nehmen Witt, trifft auc^ il)n ber tob«
bringenbe ©peer beö *Jleden au« bem
^unnenlanb. 5llä iBierter reitet Sffefrteb
auf rötlid)braunem ©c^eden I)eran. 2Begcn
.filönigämorbeäi würbe er au« bem ©ad)fen«
lanbe oerbannt unb lebt fo al« glüc^tltng
am J^ofc ©untrer«. Unter böl)nenben
iBorten fd)Ieubert er feine Sanje gegen 2Öal«
tt)ari; fte i^crmag nid)t Sßaltbari« ©d)tlb
ju burd)bringen, wol)l aber burd)bol)rt ber
©toß be« 5lquitanier« SEfeiriet« ©d)ilb
unb ©ruft. 3um mütj^amen ©d)wertfampf
fteüt [xä) ^ a b w a r t aBaltt)ari entgegen,
be^ gelben ©diilb t)eifd)t er mit I)erau««
forbernben SBorten, ein 5lobe«flo§ ift bie
•iJlntwort, weld)c 2ßaltl)ari auf eine fold)c
3umutung tiin giebt. ÜJoc^ ein Jüngling
an Jahren wiü je^t *]3atafrib, be« ^agcn
©cbwefierfobn , feine Äriifte mit bem Un«
beftegbarcn meffen. ©r bort nic^t auf bie
wohlgemeinten 2Barnungen feine« Dl)eim«,
ber im 3nn«tn bie fc^nöbe Habgier feinet
47
734
2[ßQltt)ariIicb.
^enn üerfluc^t, bic ic|t fd)on ba§ ßcbcn
fo fielet (Sblcr öernidbtet. 5tuc^ 2BaIt^ati
plt ca unter feiner SBürbe mit bem un«
erfahrenen Jüngling ju preiten, boc^ fiolje
SCßorte i)at biefer nur für bcö .^»elben yiad)'
fid^t. 93alb aber f)auct)t aucf) fßatafrib
fein jungeö ßeben auä. 3^n ä" räd^en
jjürmt ©raf ®ertt)ig feeran. 9^i(^tö nü^t
t^n feine boppelfd)neibige ©treitayt, neben
bcn anbern finft auc^i er totwunb nieber.
3)a fa^t (Sntfe^en bie ^ranfen t>or bcr
Äraft beß ^urditbaren unb eä bebarf fä)elten«
bcr 2öorte bes Äönigö, bis lieber einer
bcr gelben ben iicrbängnivöoQen Äampf
tt3ac3en reiß mit SBaltbari. 5Diefer ^at
untcrbeffen bie *J3aufe im blutigen ©piele
benu^t um ben ^elm abjune^men unb
fein t)ei§eö ^aupt ju füblen. dloä) ^at
er ni(J)t bie fcbü^enbc ^üüe tt)ieber auf=
gefegt, aU fampfeägierig JR a n b o I f
ßeranfiürmt. SBo^l gelingt eö i^m mit
Ic^roerer Sifenftange 2ßaltt)ari« 33rufi ju
treffen unb feine fd^arfe Älinge fdjeert
bem Saar£)äuptigen jmci SocEen ai , aber
aud^ auö biefem (Ringen gebt 2Battf)er
ale ©ieger bcroor. Um bem Unbeäming»
baren ben ®cf)ilb ju entreißen, fd)Ieppt
^err ^elmnob einen S)reijacf an einem
©eil ba^er. liefen wiU er in SBaltljariä
©(i^ilb cin^acfen unb ben J^elben fo feiner
®cbu^wet)r berauben. 2)er I)reijacf pacft
aud^ wirtlid^ ben ©d^ilb, aber fiärfcr al^
bie grauten, bie an bem ©eile jietien, ifi
Sßalt^ari. Unerfd^üttert ftebt er ha. plö^«
lid^ aber lä^t er ben ©d)ilb loe unb mirft
mit lei^ter SRübc bie brei geinbe ^elmnob,
Sttoguä üon ©tra^burg unb Sannafi
»on©peierüberben Raufen, ©o bleiben
»on ber floljen ©d)ar nur nod[) ©untrer
unb ^a gen übrig. Aalt bleibt ^agen bei
ben inbrünftigen söitten feineö ^erin aud)
teiljunel)men am ilampfe, eingeben! ber
frühem btttcrn 2Borte beö Äönigö, bic
i|n unb feine *Jll)nen bcr geigt)eit befdjuU
bigt. (Srfi alö ©untrer auf ben .^nien
t>or il)m liegt unb er ftel)t, hoi^ bic (St)re
ber granfen auf bem ©piele jlel)t, entfcf)lie§t
ftd^ ^agen enblicf) im ß^i^ifampf feinem
greunbc cntgegcnjutreten. I)od) nic^jt im
6ngpa§ miü er ben ®e»»altigcn angreifen,
ft)o auc^ bem Sapferfien ein fid)ercr Job
entgegcngrinst, nein, er roill i^altber in
"UM freie gelb jief)en laffen unb bort ben
SBaffcntanj beginnen. Um aber 2Baltf)ari
fid^cr ju mad)en unb fo feinen 2tbjug ju
Deranlaffen, jiel)en ftc^ bie beiben granfen
jurücf. fRod) i^rc legten ©tral)len mirft
bic ©onne auf bic blutige SBo^lftatt, bann
ma^t jte ber Sommerung ^la^, bic cnb*
lidt) bem fampfmüben SBalt^ari bie ttjo^l*
fcrbicntc, langerfebntc (Ru^e gemattet. ÜRit
S)ornen unb ©traud^wcrf bilbct er an
bem (Singang ber ©dt)ludf)t ein Söcr^au
unb fällt bann banfcrfüüt nicbcr »or ©ott
it)n bafür preifenb, iOi^ er ibm fo glor»
rcid) beigefianben in beö Äampfeä S^Jöten,
it)n aber jugleid^ aud^ bittenb Srbarmen
JU üben an ben Srfd^lagenen unb ftc aufs
äunel)men in feinen |>immcl. S)ann j^ärft
fxd) ber ^elb an ©peife unb Sranf unb
legt ft(^ nieber auf feinen treuen ©d^ilb
i^um ©dE)lafe, ftc^ aud) |e|t lüicber ber
fflad)famfcit ^ilbegunbenö anüertrauenb.
©cgen SOJorgen ergebt er ft(^ auä bem
©d)lummer, fd^aut nad^ bcn gefangenen
iRoffen unb nimmt al^ i?riegöbeutc ben
Seftegten ^anjer, ©pangen, ©d)mcrt unb
iBel)rgebenE ab. 2)ann rüjien fi(^ er unb
^ilbcgunbc jur 2Bcitcrrcifc, bic mit ber
5öeute belabenen SRoffe treibt er cor fid^
l)cr, alö plö^lid^ »on einer *Jtnl)öl)e ®un«
tl)er unb .^»agen tjciabfprcngcn jum blutigen
®ntfd)eibungeiEampf. Sie t)öl)nenbc *iln*
rebc ©untl^er^ nic^t bead^tenb fud^t 2ßal*
tt)ari nur feinen alten greunb ^agen Dom
3»cifampf abju^alten, inbem er il)m mit
marmen jßorten bic Sage il)rer Jugenb«
jeit in baä ®cbäd)tniö jurüdEruft , wo ftc
wie Srübcr einträd)tiglid) fid^ bcö ßebenä
gefreut. 2)od) finjter f^lägt ^agen bie
bargereidt)tc grcunbfc^aftöl)anb auö; feinen
Dteffen i^atafrib, weld)cr unter 2ßaltl)ariö
Streidjen fein Seben auätiaud^te, roill er
rächen unb fo fpringen alle brei fampf«
gierig r>on il)ren ?Pferben. 2)ur(^ feinen
guten ©c^ilb wirb 2ßaltl)ari cor ben
©peerroürfen |)agen^ unb ®untl)crä ge=
fd)ü^t, fo tia'^ bicfe ju bcn fd^arfcn ©c^»er=
lern greifen muffen. 2)cm Äönigc gelingt
ii nid)t feine üor 2Baltl)ari liegenbe 2anjc
JU crljafd^cn. Unnü^ fd)lcubett audt) JßaU
tt)ari feinen ©pecr gegen |)agen, fo 'da^
aud^ er jc^t auf 'ixxi ©df)rocrt angcroiefen
ifi, mit Weld^cm er burd^ einen furcht*
baren ©c^Iag bem .König ©untrer iai
eine Sein vom Oiumpfe trennt; it)m ben
lobcöptcid) jU geben gelingt nic^t , 'ixu
^agen bem $icbe fid) entgegenroirft, fo
'hfx'^ an feinem eifcnljarten ^clmc SBal*
tl)ariä todiroert roic ©laö jerfplittert.
2öaltt)ari roiH bcn (todjrocrtgriff oerädjtlic^
roegroerfen, 'ixx giebt er feiner SRed^ten eine
i8lö§c unb mit roo^lgcjieltcm ©daläge
t)aut ftc il)m ^agen ab. ^oi) ifi SSaU
tl;ari nid)t verloren, mit feiner Sinfen er«
faft er txx^ frumme ^unnenfd^roert unb
2öaUt)anUcb.
735
fc^tägt bem ^agcn inö ©cfic^t, ta% ein
eilige unb fe^^ iöacfen^ätjne ber grimme
^ämpc laffen mu§. Jeht l;at hai "iRingen
ein 6nbe. SScrfö&nt fejsen ftd) bic beiben
gelben auf ben SBiefengrunb. .^^^^^fflU"^
fommt hierbei, üerbinbct bie flaffcnben
ÜBunben unb fre^enJt ben !i*cd);;enben ben
Sabetrunf. DJJit ©cberj unb D^cdereien über
bie a^genfeitigen Serpümmclungen ttJivb
ber üßcin geioürjt, bann gebt jcbcr feiner
Sßege
yjiit ^reuben ttiirb 2BaItt)ari in Qlqui*
tanien empfangen unb an bev ©cite feiner
treuen f)ilbeguiib betierrfciit er nac^ feinee
*Batcrä Job nod) brei§ig 3al)ve lang iai
23olf Don "Mquitanien ju beffen @egcn unb
SRut)m.
2)er aSerfaffer be^ SBalt^ariliebcö ifl
ber ®t. (Saaif^e ÜJJönci) Sfte^art, ber
burd^ ben Seinamen ber I. unterfd)icben
Tüirb Don feinen beiben ^Reffen ®ffet)art
bem II. unb III. unb Sffebart bem IV.,
öon benen ber erfierc eö war, ber wegen
feiner funfelnben QUuien unb feiner ^err=
liefen ©efialt oon ber |)erjogin ^abinig
jum ßatcinlet)rcr auögemäblt würbe unb
yOü aU 2)omprobfi 511 OJfainj ftarb, tt»äb'
tenb fon ©ttebart bem III. man nur weiB,
ia'^ er feinen iJJeffcn (Sffebart ben n. aud)
einmal auf ben ^obentmiel begleitete unb
«« in <St. @aüen bie jur äßürbc beö
S)eEanä gebracht, Sffe£)art ber IV. (c. 980
biö c. 1060) aber befonberä befannt ift al^
Serfaffer uerfd)iebener latetnifcf)er ®ebid)te
unb aU i^ortfe^er ber pon JRatpert biß
jum ^a\)Xt 883 gefüt)rten Casus Sancti
Galli, bic er felber mit bem ^ai)xt 975
abfcfeltefet.
9Ui^ ber ®egcnb Bon ®o§au ober
J^eriöau , naä) anbern üon Sonsunil tvax
effet)art I. na^ £t. ©aCIen in bie Älofier*
mauern eingesogen. Sr brachte e« ^u
l)ol)en SBürben, inbem er bie ^Steüe eine«
2)efanö befleibete unb nacb 5lbt ßraloijö
Job 958 interimifiifd) fetbfi al« *}lmtö<
üerroefer bic ®ef($äfte beö Äloftcrö leitete,
bann aber auf bie 2öürbc eineö 5lbte«
nerjicötete ju ©unfien ^urd)arb6, bc«
<Bo\)mi beä ©rafen Ulrid) r>on !8u(i)born.
iBom gauiicn Älojler tief betrauert ftarb
ber trefflidbe Ttann ben 14. Januar 973.
5Daö @cbid)t ift eine Jugenbarbeit, benn
al^ Älojtcrfi^üler ücrfa^tc e^ ©ffebart im
3luf trage feine« ßc^rerö ©cralbuö. 3)ic
öntftebung hti ©ebicbteö fdüt in bic 3cit
üon 920—940. 2)ie unö üorliegenben
Scrfc ftnb otlcrbing« nid)t bie urfprüng-
li(^cn, ttjclc^e (ätfetjart ber I. »crfafite. ©ie
fxnb t>ielmei)t burd) bie bcffernbe |)anb tci
©cralbuö gegangen unb haben fpätcr nod)=
malö in dtte^art bem IV., bem oben er^
rt)iihntcn gemanbten ßatcincr, einen forg-
fältigen itorreftor gefunbcn. 2Öie t)0'i)
fd)on bie S^'^Sfioffen Sffet)art^ taii ©c*
bid)t JU fc^ä^en mußten, jcigt ber Um«
fianb, ha^ eö mit einer SBibmung uerfel)cn
üon ©cralb bem '■üifd)of (Srd)enbalb oon
Strasburg jugefanbt würbe unb burc^
Sffebart beö IV. Söcrmittlung aud) an bem
^ofe be? ®räbifd)of^i ^Hribo oon DJiainj
]\ci) 5lnfeE)cn ju vcrfcfcaffen wu^te.
UnfercmIatcinifchen2BaItt)ariliebebiente
offenbar atö iBorlage ein altbod)beutfd)cö
^elbentieb , baö bic 2ßaltt)arifagc bet)an=
beltc, unö aber leiber verloren gegangen ifi.
i>\i 9Baltl)arifagc gebort bem ©agcn-
frcife ber D^ibelungen an, ben man au(^
ben t)ii""if*=^urgunbifd)cn nennen Eann,
weil eincrfeitö (S^el ber mäd)tig? |)unnenj
fürft, anbercvfcitö bic Surgunber bie Irägcr
ber ^anbtung in bicfcn Sagen ftnb.
?Raä:) äöadernaget entbiilt bic SBal*
tbarifagc Wal)rfd)einlicf) eine 93eimif<iung
auö ber ©ötterfagc, ober wurzelt ineüci^t
ganj in le^tercr: in bem ®ntfd)eibungö«
fampfe wirb SÖoItbari cinbänbig wie Zt)X
unb ^agcn cinäuiiig wie ^öbbr blinb ift;
.5)ilbcgunb aber vereinigt in ftd) bic Dramen
^wcicr 53alf9rien ^ilbr unb ®unnr.
35ie aSaltbarifagc liegt unä in brei ©e^
flauen nor (»DJüÜenboff, Sfitf^i^ift für
beutfd)Cö *illtertl)um XII., 273):
1. in einer allcmannifc^ cn, 2. in
einer frdn Eiferen, unb 3. in einer poU
nif (^cn.
S>ic at(cmannif(^c ©cftalt ber ©agc tritt
unö in bem Waltharius manufortis beä
(SfEeI;art entgegen , ferner in ben Qlnfpic^
lungen auf bic Slüaltbarifage in bem
Diibelungenlicb unb im 'öitcrolf unb enblic^
nod) in bem angelfadiflfc^en ©ebid^t
Valdere, ta^ aui 'bem 9. 3al)rbunbert
ftammenb bie iiltcfie unö crbaltenc llluf«
jeid)nung ber Sage ift unb unö in jwct
Fragmenten erja^lt, Xücii in ben *13aufcn,
weldK jwifd)cn t>itx brei 'Jibafcn bc^ Äam»
pfcä am 2öaögenftein liegen, gefd)eben ift,
inbem in ber erftcn ^ilbegunb (ags. Hild-
gut) ]>m iöalberc ju mut^iger ©egenwebr
anfeuert, in bem äweitcn Siubepunfte beö
®cfed)teö aber halbere unb @untt)er (ags.
Guthere) mit einanbcr rcbcn, na^bcm
iklberc einen *Mngriff ^agcn« (ags. Hagena)
glüdlid) abgefd)lagen. 3n ben eben an*
geführten ''ilufscic^nungcn Eampft Söaltbari
am SBa^gcnficin gegen bie granfcn, gtgm
47*
736
Sßaltßariltcb.
Äönig @untt)cr t>on SBorm^ unb feine
jwölf «Ritter.
3n bcr fränfifc&en gaffung liegt
uns bie SZBaltbarifagc in bet Thidrekssaga
t>or, ft)o ber ^clb alö Valtari af Vaska-
steini , beffen iBater niAt genannt trirb,
unb aU <Scbtt)e|lerfobn Srmcnrid)? erfd)cinl.
2)cr Ootenfönig ßtmenrid) bat mit *3lttila
ein 93ünbniö gefd)Ioffen , @cifel gefenbet
unb empfangen. 9Bei biefen ®elei(enf)eit
fommt 58aUari aU metjäbrige^ Äinb ju
5lttila unb meilt fteben Sa^re bei if)m.
5nfo felbfi nod) ein Änabe, ferabtebet
er njcibrenb eineö ©elagee mit ber üeben=
jährigen ^ilbegunb, Jod)ter hii S^urs fon
©rieienlanb, bie glucbt. «Sie nimmt riet
®olb au^ ber <£dia|fammer mit. 3^ölf
JRitter muffen ben beiben nacbfe^en, ba=
runter aud) ^ögni (.^agen) ^llbrianä Sobn ;
büB er greunb unb ©efeCIe 2?altariß ge=
tt>cfcn, bat>on boren ttiir nid)tö. 3?altavi
tobtet aüe non feinen iPerfoIgern, nur ber
einjige J^ögni entfommt in ben iZöalb.
25er üßaegenftein ifi ganj üergeffen, ob=
gleicf) ber |>elb baüon ben Flamen trägt
Saltari jünbet ein gcuer an unb brät ben
SRücfen eines »üben (Jberö, aber roäbrenb
er unb |)ilbegunb banon genießen, über»
fätit fie ^ögni. ÜDoct) iBaltari fcfcleubert
ben abgcgcffenen Änodien fo gehtaltig
gegen ibn, ha^ er niebetfällt, ein ^luge
»crliert unb fi<^ nur aufrafft um ^u Rieben.
Saltari langt glücfli^ bei ©rmenricf) an
(SRacb ffiilt). ®rimm. ©iebeutfdbe ^elben^
fage pag. 91). ©iefer Srjäl)Iurg ber
JbibreEöfage liegt ein nieberbeutfcfieö ober
fränfifcbeö ©ebic^t ju ©runbe, rooraue
ficf) auc^ etflärt, ha's an Steüe ber oon
ÜBaltbari bcfiegten ^ranfen bie §(unnen
treten, tteil fein 55olt ober Stamm gern
t>on feinen eigenen 9Jieberlagen ftngt.
25iefer fränfifdien Qluffaffung f^Iie§t fic^
au^ baö Fragment eineä öüerreic^ifd)en
©ebicbteö über ffialt^ari aue ber beflen
3eit ber mittel^oAbeutfdben (Spoö an unb
bicfe^ bilbet tt)abrfcbeinli($ ftieber bie
SüueHc äu ber ebenfalls öperreid)ifcben
^it^tung: „Von einen tibelen wibe",
worin ein üon feinem 2Beibe mi^^anbelter
'Ulann meint, SÖattber unb ^ilbegunb
bätten fic^ beffer vertragen. 5Juf bie Seite
ber ^unnen cnbli^ fteüt ficft ber ??oIe
33ogupl)aIu^ (f 1253) ber in feinem
Chronicon Poloniae bie 2öaltf)arifagc
folgenberma^en crjä^It: aBalgerjö ber
Starfe (robustus) beffen Scblog Jijniej
bei Ärafou lag, entführte bie Socbter eineö
fränfifc^en Äönige Dramen« ^elgunba.
Sie war anfangs bem <Soi)ne eineö aüe*
mannifcben ,^önig«, ber an bem ^ofe i^re«
SSaterä lebte, geneigt, bod) üöalgerjö ge^
mann burd) näd)tlic^en @efang ii)re Siebe.
Jicr Äönigöfobn, über biefe ^tntanfc^ung
aufgebrad)t, eilt f)eim, nimmt aüe iRbein«
jöüe in 33efi^ unb bef[e£)lt, ba§ niemanb
mit einer Jungfrau übergefe^t werbe, ber
nid)t eine SItarE ©olbeä erlegt l)<xbt. Wah
gerjä auf ber gf"«^' "lit ^elgunba fügt
iid) bem ®efe^, bod) at« bcr ^jäbrmann
it)n biö jur 5lnEunft feine« ^errn auf^u^
bellten fu(^t, nimmt er bie 3ungfrau f)intcr
ftc^ auf'ö 9flo§ unb fe^t über. S)er
Äönigöfobn ruft i^m je^t ju, er möge mit
ibm um ^elgunba, ffiafjen unb JRüfiung
fämpfen. SBalgerjö ermibert, er babe bie
2}JarE ®oIbeö gelegt unb bie pungfrau
nidit geraubt, ba fte ibm freiwiüig gefolgt
fei. 2!od) fommt eß jum Äampf unb ber
••jmemanne, ber bie ^clgunba babei anfebcn
unb ftd) burd) ben "*ltnblid ermut^igcn
fann, bringt ben SBalgerjä jum 2öeid)en,
bis aud) biefer jurüdfcbreitenb feine ®e«
liebte crfd)aut unb mit frifd)er Äraft auf
feinen ®egner einbringt. ®r tobtet ibn,
nimmt qSferb unb afüfiung unb fübrt
^elgunba na* ber 58urg 3;t)nic^ fjeim
{dU<i) 2Bilf). ®rimm ©eutfdbe ^elbenfagc
pag. 158).
2)iefe nerf^iebcnen Bearbeitungen ber
ÜBalt^arifage, fowie bie mannigfadien ^n--
fpielungen , roeId)e auf bie ib^it^n be^
gelben pon *}lquitanien im 9^ibetungenlie_be,
im Siierotf unb im iRofcngarten ftd) fin=
ben, fuib ein 33ett)ei« für bie 'JJopuIarität,
beren fid) biefe Sage im beutfd)cn *JlIter«
tbum unb SDiittelalter erfreute unb es ifl
barum aud) fein fo gro^eö SDBunber, wenn
fic fogar ©ingang fanb in bie ftiüen
Äloftermauern Pon"6t. ®aüen unb felbji
in ber ®d)ute ben jungen 5[)]önd)en aU
Sbema ju metrifdjer 33ef)anblung bingefteüt
mürbe. 5lUerbingg fiebt bcr raupen, ^cib-
nii'd)en Sage ta^ elegante SWobefleib
ber latcinifd)en bem 23crgil nad)gcal^mten
^eyamcter etwas eigentümlid) unb wenn
aud) im ®ro§en unb ®anjen ber 2>id)ter
fo für ben Stoff begeijiert oerga§, ^a^ er
bem .Rtofter angehörte , fo jcigt bod) ber
(^rifilidje girniö, bcr über iai fräftige
germanifcfec ®emälbe geftridben iji, we^
®eijtesÄinb berSerfaffcr war. Gbriflcntum
unb ^eibentum ftnb eigentümlid) gemifcfet
in bem porliegenben ®cbic6t.
3um erften 2RaIe in beutfcbcr ^Joefte
tritt unö im SBaltbariliebc bie iBaffaüens
treue entgegen. Sie Iä§t bie Äricget
SJBappcu.
737
@unti>txi falten SSIutcä bcm SoDe in'«
«Mntli^ fd)auen, ftc übertönt im |)erjen
^agcnö bie Stimme ber grcunbfc^aft , fo
ta^ er [einem unttiürbigen Äönig ju Siebe
bie SWorörtJaffcn fdjwingt gegen ben greunb
feiner Sugc»^-
Über bie Öittcratur beä 2BaItf)arilicbeä
»gt. bie iffialtljariuöauögabe »on ©(i)cffet
unb ^otber pag. 174.
^ap^tn, tai gleidjc Söort mit 2Ö äffen,
mt)b. wäfen, tnoju wäpen aU nieber=
beutfd^c 33it^ung gehört; unb i'max beibe
formen wäfen unb wäpen in beiber«
Ici SBebeutung tenüanbt. 2)er Urfprung
ber äßappen liegt otjne 3>^^iffl '" ^cm
■Umjtanbc, ta^ bie gallifdt)en unb ge'rma=
nifc^en iBölfcr in ber Urjeit buntbemalte
®d)ilbe trugen unb bie ^elme mit licr«
figuren auöfd)mü(f ten ; lacituö Oerm. 6.
35ie[c ®ett)ot)nbeit mu§te baju füt)rcn,
bie ^elmfigur unb namentlid) bcn bemalten
©c^ilb ale Unter[(^eibungö5eid)en ber ^er^
fon äu benu^en. 2)ic ältefien fid)ern
3eugniffe für baö SSor^anbenfcin wirf«
licE)er 2Bappen finb ben Siegeln ber Könige
unb beö i)o\)tn *}lbelö auö bcm 11. unb 12.
3a^r^unbert i^u entnel;men. @ie äeigen ben
Snöaber entroeber im Ornate, mit ber
Äronc auf bcm Raupte, auf bem 5E^rone
ft^enb, ober, bei bem l)ot)cn 'Jlbcl unb ju=
tt)eilen aucfe bei ben Königen, in DoOer
Üiüftung mit 33anner unb ®d)ilb auf bem
*Pferbe cinf)crfprengcnb. 3)ic SBappcnbil»
ber finben [xd) nun l;ier entweber auf
®c{)ilb, |)elm unb Sanner ber iReiterge^alt,
ober für fic^ fclbftdnbig auf heinen
Siegeln, bie aU f. g. ©egenftegel auf ber
JRüctfcitc ber großen 2öad)efiegel abgebrüdt
hJurben unb im SScrlaufe, nac^bcm fie
lange 3fit neben ben großen «Siegeln vor^
gefommen, biefe le^tern föüig iicrbriingcn.
3)aö ältere befanntc SBappenfiegel l)ängt
an einer Urfunbe beö ®rafen SRobert I.
toon ^lanbcrn »om 3al)r 1072 unb jcigt
auf bem Sd)ilbe bereit« ben f(anbrifd)en
ßöttien. 3i>l}lveid)crmerbcnbie2ßappenbilber
erfi feit ber iWitte be« 12. 3a^rl)unbert, ja
bie meifien ®cfd)led)ter be« l)ol)en beutfd)cn
5lbel« fönnen i^re 2Bappenbilber nid)t t>or
ber erPen ^iilfte be« 13. 3a^rl)unbert nac^
hjeifen. Sogar bie SReid^onsappen fiyteren
ftc^ ni^t in friil)ercr 3«it. 2)ic franjöftfc^cn
ßilien, frül)er auc^ anber« mo t)äufig oor«
fommenbe« Symbol beö »om Äöntg ge=
rta^rten gi^if^fnö/ ^i£ cnglifd)cn brei 8eo=
parben, ber aufgerid)tcte fd)ottifd)c ßöwc in
boppclter 8iUenreit)e erfdieinen ali fefl«
jic^cnbe IReidjöwappen erjl in ber ^weiten
^äftc be« 12. 3at)rf)unbert. 5Dcr beutfcfie
iReid)«abter jeigt [\i) alä ftänbige« ffiappen
crft auf ben Siegeln iRuboIfs üon ^abös
bürg, ber SJoppelabler erft unter Sigi«=
munb. 2)ie üiclen Sagen über ben altern
Urfprung einjclner Sßappen finb alfo fcimt^
lid) i^abdn unb ein SBappenfiegel bee 10.
3al)rl)unbert ip immer unäi^t.
S)ie entflel)ung bc« ÜBappeng iji alfo
offenbar non ber Sntflel)ung unb 9lu«bils
bung be« iRitterttjef cn« abbiingig. 2)ic
©tl^ebung eine« bcfonbern SRitterfianbe«
verlangte ein äußere«* 3^'^^" ^er iRitter=
«ürbe, bie toerl)ü[lenbe Sifenrüfiung ein
befonbercöÄennjei^enbeäeinjelneniRitterß;
bie Staube«' unb ^riegere^re oerlie^ bie»
fen 3^^<^'" f)ol)en 2Bcrt unb beftimmte bie
6rben, an bem einmal angenommenen
3cid)en feftjul)alten, unb bie aufblül)enbe
Äunjl beeilte fid), ben rt)iüfommenen &i'
genfianb in tttürbiger iZßeife barjufieüen.
2)ie <Jtu«bilbung ber SÖappentunbe als einer
93eruf«tt:>iffenfd}aft burd) bie^§)erolbc (fte^e
biefen Qlrt.) fam erft nac^ ber t)öfifd)en ^nt
auf; Won ben ^crolben aber flammen bie
im 14. 3iif)tl)iinbert fipftematifc^ entmidel«
ten unb fd)riftlic^ aufge^eii^neten iRegeln
ber SBnppenfunfl, ^ er olb« fünft ober
^eralbif ber. ©er franjöftf^e Qluäbrud
l'art du blasen wirb »on bem beutfd)en
blasen abgeleitet, bem ^ornrufc, womit
ber SRitter an ben Surnierfd^ranfen bcn
^erolb ju rufen t)atte. S)a« gebraud^te
|»orn foü bann auf bem ^elm als 3<!i"^en
ber gefc^e^enen 3ulaffung bcfefligt raorben
fein.
'Scflanbteil be« SBappcn« bitbct
Silb unb ^''i^^« ^f^ bemalten
Sd)ilbe« unb ber bcn ^clm jierenbe
Sd^mud; üon Sc^ilb unb |»clm mürben
bann bie SBappenfiguren auf bcn Sßappcns
rod, iai ipannier, bie $ferbebede über«
tragen, fo ä^ar, t'a^ aud) t)ier meitl bie
Sc^ilbform, oft mit ^Beifügung be« ^clme«,
beibel)altcn ift unb tai ganje alä i)lad)*
bilbung ber jur lurnicrfdjau aueigefleüten
ober ber com SRitter fclber ju *13ferbe ge«
tragencn SBaffcnftüde fid) barfieüt.. Dicifi
ftnb bie alten Jßappenabbilbungcn, mie in
ber SUlanefftfdjen ^anbfd)rift ber SOiinnc=
fänger, oon ber *3lrt, t>a^ man obne irgenb
tt)cld)c SBeränberung ben 3iitter felbfl nur
binter bem Sd)itb in bcn ^elm eingefügt
jld) äu benfen braudpt, um ba« oolle '^roftl*
bilb be« Oiitter« _äu baben, mie er, am
linfcn 5lrmc ben to(^ilb tragenb, in funfl»
gerecbtcr toteüung ju '^fcrbe fi^t. Sic
Siegel be« 13. unb 14. ^a^r^unbert, welche
738
ffiappen.
ilBappcn entf)alten, i)abm urfprünglidf)
tläufig [elbft ©c^tlbcrfotm , baiicben hjirb
bie lunbe iform, bie bcn Scbilb bIo§ aU
innere^ ©icgelbitb jctgt, immer gewöbits
Ud)er. 3Dabei pnbet fi(^ anfangt @d)ilb
unb ^elm fetten Bereinigt, enticeber blo^
(Sc^ilb ober, namentli(^ in fleinen ^anb=
fxegeln, ber |)etm mit ber ^elmjier. (Srfi
[pätere 3^*t üerbinbet regelmäfig ©dbilb
unb ^elm. 3m SBerlauf ber 3«it tüutben
bie SJBappen auf ©iegeln unb anbevn
SDarfieüungen immer reifer au^gefcfimüdt,
Symbole ber Olmtämürbc ober 5lbelöfiufe
be^ 3"f"i^^i^^. ^^f Äronen, IRü^en, ^üte.
Stabe, auc^ ^elmbecEen f ommen baju ; ferner
im 16. unb 17. 3at)r^unbert bcfonbere
©(^ilb^alter , 5Deüifen aU Äriegöruf bce
©efc^Iedbteä, enblic^ f. g. 2öappenjclte
ober Söapp enmänntcl, bie oon bcn
Siittermäntetn l)crgenommen ftnb;
yiüx bie SBappen ber ©tcibte,
Äirc^en unb Älöfler laffen ftc^ nic^t
bircft oon ber SRitterrüjlung ableiten,
obgleich ftc ebenfomenig aus ben altern
Siegeln biefer Korporationen abgeleitet
»erben fönncn. iffiabrfc^einlid) UX'
banfen ftc it)ren Urfprung ben *Pannieren,
unter benen bie 5lnget)örigcn ber ©tabt,
be^ 93ifc^ofö ober 5tbte«! ju ^elbc jogen;
bie ©c^tlbeäform ifi alfo ^ier bIo§c Ulai)-
a^mung; bie SBappenfarbe fann nur t>on
ber garbe be« *Pannierö ober ber Äleibung
ber bemfclben ju gu§ folgenbcn Ärieger
'^errü^rcn. *JlUe 2BappenroC(en cnttialtcn
©tdbtc* oon ©tiftönjappen rcirflii^ in
fjorm unb ^abnen.
^crrfcf)aft25 unb ßdnbcrmappcn
finb bur^iüegä bem ©efc^lecbtöniappen
be^ ^etrn entnommen; erft »o ctma bie
$crrfd)aft wec^feltc unb hati ältere Sßappen
für tai 2anb blieb, mürbe bie .fseticitung
nerbunfelt; benn gemöf)nli(^ nat)m nicfct
tai ßanb baö SBappen beö neuen ^errn,
fonbern ber neue ^err baö SBappen ber
neu crmorbcnen ^errfd)aft an.
Urfprüngtid^ fd^cint man bie Silber jum
Jeil auä ^eljmcrf au^gefcbnitten unb auf
ben ©c^ilb befefiigt ju baben; baber bie
fct)marje garbe nocb im 13. ^a^rbunbert
gcmöbnli^ mit zobel bejei($net mirb : meif;
ifi hermin. 2)ie übli*en garben fnib
(Silber unb ®oIb, bonn 2Bei§,
®cf)mar5, [Rot, Sßlau, ®rün; ge»öbn=
lid) iji ha^ gelb SJetaü unb hat, jßappen»
bilb gefärbt, ober umgc!cbrt.
Über ben ®runb, meldber ein ®e*
\ä)Uä)t, eine ©tabt ober Korporation öeran»
la^te, biefeö ober jene« Sffiappcnbilb anju«
nel:)men, ifi feiten ctrt)a« juüerläffigeö anju«
geben möglid). 5tm erfennbarjicn liegt er oot
bei ben f. g. rebenbcn Sßappen, bei benen
"•Bilb unb kamt: entfpre^en foüen, oft
jwar nadö foüflänbig erfunbcner ©ttjmo^
logie , fo menn ^elfenfiein einen ©lefant,
S^affbaufen ein ®cbaf (einen SZBibber)
im SBappen trägt; bo^ ftnb biefe 33ilbct
oft erfi [päter aboptiert. 9'iid)t feiten ijl
hüi 2ÖLippenfd)ilb ober bie %axbi j^um
itnbenfen an irgenb eine tapfere Sßaffen«
ti)at üerlieben ober angenommen morben.
Unter bcn lierflguren erfd)etnen meitau«
am Ijäufigjlen bie ßörocn unb 'ilbler,
Symbole ber Kraft unb beä SUiuteö, bie
fd)on im 12. S^^i^^un^^vt oorüommen;
urfprünglic^ ju ben üornebmtlen 2Bappen=
bilbern beö ^o^en Qlbel« gebörig, finben ftc
ftcb in 50^9^ ''on Seriei^iung ober ali
Seieben ber *itb^ängigfeit fi^on früt) auc^ in
SBappen be« niebern *Hbel« , ber SWinifte»
rialen unb ©täbte, oft fo, tafi tai abge«
leitete il^appen huxä) eine Sßeränberung
feiner garbe ober %ia,\ix ober burd) einen
3ufa^ ju ber Ie|tern oon f iner DucKc
unterfd)ieben mürbe; fo finben ftd) bie
ßömen ber fdbmäbifc^en ^crjogc nidit feiten
in ben ®d)ilben ti^ fcbmäbifd)en 'Jlbcl«,
bie fiömen ber ®rafen t>on Kiburg in ben
Sffiappcn ber ©täbte fflintertbur, S)iefen^
bofenunb^lnbelfingen- 5lnberealteiffiQppen*
jei^cn ftnb ber öeoparb, bie Särens
ta|e, bie milbe ÜJJeerf a^ e, ber 2Ö olf,
ber @bet, ber ^irf(^, ber ©teinbocE,
ber aSibbcr, ber ©reif, ber Sßin^s
^unb, ber ©trau^, ber Papagei,
gifc^c, t>ai ©cbiff. %u<i) 3eidben
iitk in ber J5i"iilie erb liefen *Jlmte«
ober ©ienfieö fönnen bie Söappen fein;
fo fübren mancbe 2rucbfeffen=®cfd)lecbtcr
einen Keffel ober eine ©ciüffel, mancE)c
©c^enfen einen Sec^er im ©d)ilbc; ^äu*
figcr inbe« beutet nur ba6 ^elmfleinob
auf ein fol(^e« 23ert)ältniö l)in, mobci tai
fonfitge ^amilienmappen ungcftört bleibt;
bie geiftlicben ^errn, bie KurfürPcn unb
gürften f)aben ^üte unb 9JJüi3eu in be=
ftimmtct ^o'^ni' unb oon ibnen abgeleitet
mitunter au(J) i^rc SBafaüen; baneben
fommen biefelben ©tücfe aU ©tjmbole ber
greibeit, jumcilen moljl aud) ganj o^ne
SBcbeutung l)äufig »or, aU ^elmjier ober
aud) blo^ al« Unterlage einer fold)en.
Kronen finben ftd) aU f. g. iRangfronen
nid)t blo§ in ben SBappcn beä i)of)tn
"ilbcU, fte fommen fcbon um 1350 in ben
©iegeln be« niebern 5lbcl« oor. 2luc^ auf
bie !eefd)affen^cit ber ^clmc felbfi murbc
SBartburgfriec^.
739
hii gegen bie SWitte 15. 3a^rf)wnbert fein
bcfonbercä ®ett>i($t gelegt; ber gert>öf)nli(ä)e
^elm in SBappen unb ©iegeln toax ber
einfädle gefc^loffene ; feit (Snbc beä 15.
2ai)x\). galten bagegcn gefc^loffcne ober
f. g. @ te(ä)l)elme für 3^**^1^ eineö nic^t
abeligen, offene ober f. g. Surniev^elmc
aU S^id^en eineö turnierfä^igen abeligen
©efdiled^t«.
2)ie 93ebcutung bcö eisten üßap*
penä bePet)t barin, ba^ eö 3«*'^^" f^"^^
rittermä§igen, turnierfäbigen unb feit ^luö^
bilbung bc^ niebern 5lbele! abeligen @t'
](i)Ud)ti ifi. 2Bappengcno^, wäpengenoz,
ju 6c^ilb unb |»elm geboren unb ritter;
bürtig ftnb gteid)bebeutcnbe 5luöbrücfe.
(Erteilung eineö il>appenbriefeä fdüt mit
ber Srl)ebung in ben 5lbcl2(Panb jufammen.
„@eit (Snbe beö 14. Sat'il'unbertä belintc
ftc^ jeboc^ ber ®ebrauc^ ber Sßappen,
namentlich bei ben bürgern ber ©tobte,
»iel njeiter au^. 3e "if^i^ ^i£ tnirflicl)
rittermä^igen (Sefd^lec^ter ber 33ürgerfd)aft
mit ben anbern ju einer ®enoffenf($aft
jufammenf^moljen unb 2)iüt)e l)atten,
i^ren Staub gegenüber ber nicfet in ©täbten
niebergelaffenen SRitterfd()aft ju bef)aupten,
befto met)r nat)erten ficf) it)ncn bie bürgere
lid^cn ®cfd^le(iter, infofern biefe menig^
fienö fein unrittertid^e« ®crt)erbe trieben;
unb bie Unterfc^eibung njurbe um fo ge^
ringer, alö ja urfprünglid) biefe ©tanbe^=
toerf^iebenbeit nur auf ber Jebeneart be-
rul)t unb bie Unterlage pcrfönli^er fd)öps
penbarer greilieit gcrabc in ben ©labten
au* aufer bem ^bel ungefi^wäcbt ftcf)
erhalten ^atte. ^aiv. l)alfen bie lUioilegien
mit, bie ben bürgern einzelner 6täbte
allgemeine ße^enöfäl)igfeit erteilten. ®aö
SBappen fonnte l)ier um fo meniger me^r
alä ein 3^1^^" ^^^ 2lbelö gelten , üU eä
übcrl)aupt bie ©cjiebung auf SHitterfd)aft
unb Äriegömefcn immer mebr terlor unb
bie praftifd)e Sebeutung auf ta^ 6iegel=
bilb fr* fonjentriertc. 3" ^»er @d)it)eij
bcl)nte ftc^ ber ©ebraucf) ber Söappen fogar
auf bie Säuern unb auf eiujelne ©örfer
ouä. De* unterfcf)ieb bie jlrcnge ^eral=
bif fortttiäbrenb jmifdjen abeligen unb nid)t
abeligen SBappen, unb gab nur ben erfiern
bie Äraft beö eigentlichen SBappenö."
Seit ber »oHenbeten ^luebilbung beö
SBappeninfiituteä im 14. 3at)rf)unbert gilt
baö eigentlicf)e SBappen al« notmenbig unb
unüeränberlid^. SBappenoerleibungen fom=
men erft im 14. 3at;rl)unbcrt »or; bei
I)ürgeriid)en Familien mürbe, frü£)cr mie
fpäter, baö Sßappen miUfürlic^ Don bem
^ierju Serec^tigten angenommen. 2)a^
aSappen oercrbt ftc^ nad^ ben ©runbfa^en
ber ijamilienerbfolge auf bie ebenbürtigen
SRac&fommen; es gilt al^ ein mi*tigeö
nu^bare« SRec^t, beffen Serle^ung burc^
ißer^öbnung, 9[Jli§brau* ober unbefugte
Qlnmafung 5lnrufung be^ ri*terli*en
®d)u^eö unb ©träfe reditfertigcn fann;
e^ fann fogar alö Seil be^ Sermögenä
oeräufert «erben, mie j. 33. ber g^eiberr
ßeutt)olb oon SRegenöburg 1370 fein ^elm*
fleinob, ben Srafenfopf, auö ®elbnot ben
SBurggrafen oon ?fürnberg oerfaufte. Siel
größer aber ifi bie fonftige 93ebeutung bea
fflappeng. SRittere^re unb ^amilienfiolj
oereinen ftc^, ben SRubm beö altbergebrac^^
ten Sßappenö ju maleren unb ju erl)ö^en.
ÜSereblung beö SBappcnö burd) faiferlicf)e
Serlcibung iji f)ö(^fie 58elof)nung bemie«
fcner Sapferfeit; mäbrenb bem iBerbrec^er
ber JÖappenft^ilb com |)erolb umgefiürjt
unb burdb ben Äot gef(^lcift mirb, bedt
ebel gebliebene Soten noc^ im ®rabe ber
Stein mit bem Slöappenbilb; fiirbt aber
ber le^te be^ ®efdbled)teä, fo wirb über
bem ®rabe, ta au* Sc^ilb unb ^elm
il)n nic^t überleben foü, iai Gl^renfpmbol
feierlich jerfcblagen. ÜRei ji nacb 5 1 i f b r i d^
0. 2öt)§, Über Urfprung unb ^ebeutung
ber 2öappen, im fcdbjien Sanbe ber 9}iit=
teilungen ber 3üt^er 5lntiquarifd)en ©e«
fetlf*aft. ©d)ul^, ^öfifc^e« fieben, n,
2lbfc^nitt 1. 2}gl. ÜRaper, ß. ü., ^eralb.
Qlbc^Sud), 1857, unb D. |)efner, ^anb:=
b\xä) ber tf)eoretifd)en unb praftifd)en
^eralbif, 1863.
Sartinrglricg. ©ie aSartburg war
unter ber ^errf^aft be^ ßanbgrafen ^ix-
mann »on !Il)üringen für i>ai ÜRittelalter,
ma^ i>a^ benachbarte jßeimar unter .Karl
2lugu|i für bie jmeite Slütejeit ber beut«
fc^en ßitteratur mar, namli* Sammelpla^
ber großen Dichter. 25a fonnte mobl mand^«
mal bie (Siferfud)t unb ber 2Betteifcr ber
Sänger ein poetifcbeö Surnier veranlaiTen,
in meld)em fte it)re Äräftc mapen. 3"
einen fold)en ffiettgefang , ber im ^abxt
12Ü6 ober 1207 auf ber Sßartburg jlatt=
gefunben ^aben foll, »erben mir burd^
baö®ebicbt „berSIßartburgfrieg" eingeführt.
2)ie berüt)mtefien Sänger ber bamaligen
3eit ftnb baran beteiligt: aBaltt)et Don
ber Sogelmeibe, 2Öolfram dou
©fd^cnbad) unb SReimar ber Qllte,
ferner ber tugenbbafte Sct)reiber,
Siterolf unb ^einric^ Don Dfter«
bingcn, Don mel* le^tercm mir fon|l fo
gut mie nidt)te miffen.
SBartbutgfrieci.
3m erfien Steile tii ®ebi(f)te^, im
©trcitgebid^t, fdmpfen bic ©änger über
bcn QSotjug t)on ^ütften. Jg)einvicf) »on
Dfterbingen maä)t ftd) nnbeifc^ig (einen
^crrn ben |»eTjog Seopolb VII. eon D|ier=
reic^ ju preifen, gegenüber 9BoIftam üon
©f^cnbaci) unb bem tugcnb^aften ®(f)reiber,
tt)clcf)e ben Sanbgrafen ^ermann uon Ibü»
ringen über bcn Djierreic^er Pellen unb gegen^
über Siterolf, bcr bie Stimme erbebf jur
iBer^errIi(i)ung feineö $errn, beö ©rafen
»on ^ennebcrg. 2BaItt)er »on ber iPoget»
Ipeibc jeigt jid) anfang'^ ungehalten auf
Djierreicfe unb giebt bem .^önig non ^Jranf*
xtiä) üor allen anbern ^ürfien bcn ^reiö;
fpäter bereut er eö f\ä) r>on Dpcvrei^
loögefagt ju baben unb »ergleicbt geopolb
mit ber Sonne, inbem er an Dfterbingen
bie grage ficüt:
„Heinricli von Ofterdingen , sage, wer
mac der edel sin,
des tugent vor allen forsten kan der
sunne geliche wesen?"
tüorauf Dfterbingen antniortet:
„Von Osterricli der herre min:
von siner milte wirt noch vil gesungen
und gelesen."
Qlbcr jc^t ruft SBaltber aus:
„Ich gihe der tac hat prises me
dan sunne, mäne, sterneglast als ichz
bescheiden wil."
|)einvi(^ t>on Dfterbingen giebt bieö
jiiüfc^ttieigenb ju, ifi burd^ eine unf(^öne
ßifi Sffialt^crö befiegt morben unb foü nun
bur^ ben genfer «älempfel auä Sifenad)
Eingerichtet tüerbcn. 3" feiner §ilfe ruft
er ben 3aut<;i^fit Älingöor au^ Ungarn,
biefcr erfcbeint unb mit feinem 5luftreten
bebt ber ämeite Seil beä (Sebic^teö an,
ben (Simrod paffcnb: baö Oflätfclf picl
überfd)rieben l;at. Älingöor giebt nämlicö
bem SBolfram ton ©fc^enbac^ ad^t SRätfel
auf, melci)c biefer mit iieicbtigfeit löfi. ©o
bat ber einfache (Slaube beei 9!}Jinnefängcrö ge^
fiegt über bic fd)tt)Qrje Süc^crgelebrfamEeit
beö ungarifcben Siiw^'^'^'^'f^- 2>iefer wiU
SRacbe nehmen für feine !)iieberlage unb
jugleicb erfabren mit roelcber überirbif^en
Tlad)t SBoIfram im *-öunbc ftebe, baf er
bie fd)»icrigen ^'üt\d fo fd^netl getöji.
dl befd)trürt ju bicfem ^\v(di ben Jeufel
Stafton, ber bei ^iaitt SZßolfram beimfud)t
unb ibn über bcn Sauf ber ©eftirne fragt.
„2>crj;enige, ber bie ®epirnc gemacht bat,
regelt unb fennt ibren Sauf, mid) bcfüm-
mert t><x^ nid)t", i)! bic ilntmort SBolframd,
ber jugleid) burc^ tai S^i'^ß" ^^^ Ärcujeä
ben 3;eufel jum Q^Iicben jwingt.
iitn bicfen jmeiten ^auptteil beö SBart»
burgfriegeö, ber mit bem erjicn aKcrbingö
in einem äicmlid) lofen, aber bod) in einem
3ufammenbang jlc^t , ftnb nun nod^ »er*
fc^iebene S)id)tungen gereibt, bie mit bem
aSartburgfricg fo gut mie nid)tö ju fd)affen
baben. ®o pnbet fid) in ber ©imrod'f^en
Sluögabc äuerfi ein ®tbic^t betitelt:
5luronö Pfennig, ©in auä bem
^immel üermiefener, aber ber |>öllc nic^t
anheimgefallener ©eift mirft bem Älingöor,
ber \i)n befi^woren ju b^bcn fc^cint, Dor
feinem 95crfd)minben einen Srief ju, bcr
beftige 5lnE(agen gegen bic Habgier ber
©cipiic^en entbält.
51 n 3«itgen offen übcrfdireibt ©im»
rod bie folgenben bciben Sieber. S)aä crfie
\^ an ©iegfrieb oon 2Bcjierburg, Sifc^of
oon Äöln gerichtet, meld)cr 1287 auf bem
Jlonjil ju SBürjburg eintrat für tu grci«
beiten unb SRed)tc bcr bcutfcben Äircbc
gegenüber einer ©teuer, bie bcr $app in
©eutfcblanb erbeben mollte.
3m fünften 5tbf(^nitt beflagcn bcr
tugenbbaftc ©c^rciber unb Sitcrolf ben
lob be^ Sanbgrafen ^ermann fon S^b"*
ringen unb bcö ©rafen r>on ^ennebcrg.
S)iefelben SDiinncfanger b^bcn fd)on im
cigcntlidien ©ängerfrieg gegen ^einric^
toon Dfterbingen Partei ergriffen für biefc
bciben Ferren. S)er l)in gepriefenc unb
betrauerte ^cnncbcvgcr ifi mabrfd)einlid^
^oppo XIII., ben aud^ bie ©efcbid)tc unter
bem S^iamen bcö TOilbcn unb ©trcit«
baren fennt.
Stuf biefc Totenfeier folgt fed)|icnö ein
Sieb, hau SBoIfram »on (^fcbenbacb unb
^lingöor im SBec^fctgefcing oortragen unb
baö ben Sitel 3«^nlon0 Sud) fübrt.
Q.i mirb bem SBartburgfrieg nur cinoericibt,
meil es i>a^ 9Jietrum mit anbcrn Seiten
biefeö ßieberjpfluö gemein bat unb »eil
eö bic bciben iJJamen SBoIfram unb
Älingöor aufaieift, tt)eld)e ja f(ion früher
eine fo gro§e iRofle fpielten, aßerbing^ in
einem ganj anbern Serbältniö jucinanber.
3abulon«i 93ud} bcbanbclt eine böc^fi mcrfs
mürbigc, ücrmorrene unb abentcucrlid)e
®efcbid)tc. (So treten auf ein Sranben
oon 3rlanb, ber Sebrer Sffiolfram^, bem
Älingöor feinen SÖfeiflcr in bcr fcbmarjcn
ÄunP, Safiant üon Äonfiantinopcl, cnt«
gcgenftellt; bann 3aI'nIon »on Sabt)lon,
ber oon »atcrlid^cr ©eite eine |>cibc, »on
müttcrlid)cr ein 3"^»^, in bcn ©lernen gc*
SBartburgfrieg.
741
Icfen t)atk, ha^ ein Äinö geboten würbe,
«61(^)60 ben 3ubcn ben Untergang bräcf)te.
Um biefeö ju öert)inbcrn [cf)teibt er mit
aüen fünften ber 5lftronomie, *JJ?agie unb
9?eftomanjiie ein 93ud), n}eld)e^ einem in
6rä gcgoffenen 58ilb in bie iJfafe ge[d)oben
tt»irb unb wel^eä eben bie Sufien uor ber
@efat)r bctt)at)ren foü, mit tt)eld)cr fte föbrifii
©eburt bebrot)t. 2>ie[cä vereitelt *2lrifioteleö,
ber feinen teuflifdjen (Sefeüen Älefironiö,
if)n cor ber §öüe ^IJein ju bewahren, aU
fliege r>ertt)anbelt in ben SRubin eineä
O^ingleinö bannt, auö bem er nad^malö
bem Äönig Sirol oon ©d)ottIanb mit
feinem [Rat^e beim 6d)ad)fpiel bet)ülf=
lic^ roax, ttjeil beö Äönigö S;iünpt für ben
51u«gang beä ©pielö ju *Pfanbe ftanb.
S)aä ©rjbilö mit bem Sud^e 3<'^ii'onö
fiebt auf einem 'DJagnetberg im Sebermeer
umgeben eon Sirenen, ÄvoEobiüen unb
©reifen. (Jin in 9iom burd? DJiilbe üer=
armtc^ ®efd)led)t »itt bie <Sd)äi}e ber am
SlJJagnetberg in großer ßa\)l gcjtranbeten
6d)iffc ^eben unb ermdblt jum jüt)rer ber
(Sypebition ben Hauptmann gabian,
h)äf)renb ber 3^iuberer *BirgiIiuö ben SIßeg
jeigcn mug. 2)ie ©rjafjlung fd)lie§t bamit,
bof ber ÜJJagnetberg »ier Dc^fen mit
großen (Sifenfetten unb bie *2lnfer beö
©d)iffeö an ftc^ rei§t., *t)Iö^Uc^ aber
fptingt fte ganj ot)ne Übergang auf bie
3rt>ergfönige Sinnets uon ^alaferö unb
feinen '-öruber ßauvin t>on Sirol über.
©innclö nnrb üon 2)rad)en unb Ärofobitten
^axt bebrängt unb ruft be«if)alb feinen
S3ruber 2aurin um ^ilfe an, ber i^m
gtüci cSreifeneier fc^icEt, ttjelc^e üon einem
©traute ausgebrütet merben. 2)ie beiben
©reife befreien Äönig ©innelö üon feiner
(Plagc. 3"If^t mirb im "Jlnfc^Iu^ an
Saurin fon Sirol eine ßpifobe erjätjlt, tn
ttjeldier 2>ietric^ tjon Sern um taufenb
3at)re nod) ju leben mit ßaurin burcfe
einen feurigen 23erg nac^ ^alaferö, ®innel8
Sanb, fäbtt.
^tn 3abuIonö Sud; fc^Iie§t ftc^ noc^
ein jlcbentes ßieb an, tai teimrocfö unter
bie Überfd)rift: @pred)en unb OJfeinen
bringt. 2öie ein ^abi, ber um ben ßci(^>-
nam eineö gefallenen 2luerod)fen aüein
freffen ju fönnen, bie anbern Siere uor
bem ©enuic beö Qtafcä rttarnt, fo prebtgen
auc^ bie *Pfaffen immer (Snt{;altfamfeit,
o^ne boc^ felber biefe Sugenb ju üben.
2)ieö ijt ber ©runbgebanfc bcö fräftig ge=
l^altenen unb fd)arfen ®ebid)teö.
2ßer ber SSerfaffer beö üöartburgfriegeö
getüefen, ijl nic^t fid)er anzugeben. O^ne
3roeifcl abix ftammt er nid)t oon einem
cinjigen 2)id)ter. 3)ie "tJarifer ^anbfd)rift
ber SUtinnelieber, gewötjnlid) bie ÜJ?anefnfd)e
(M) genannt, bejeidjuet als ben I)id)tcr fflolf»
ram Don (Sfd)enbad), mäl)renb bie 2enaifd)e
8iebetbanbfd)rift (I) hm evjten Jeil, alfo
hai 'S)treitgebid)t, bem ^einrid) »on Dfter=
bingcn, ben SRcitfelfampf aber fflolftam
»on ©fc^enbad) in ben SDJunb legt. S)ie
Überfd^rift beö ©ebid^teö, n)eld)e nac^ M.
Klingesor von Ungerlant lautet, Rempelte
fogar bie tätfdbafte *)3erfönlid)feit pm
Serfaffer beä @ebid)tcö. 6imrocf ifi ge=
neigt ben 5lätfelfampf alö ein Jßerf $ein=
ridjö Don Dfterbingen anjuiebcn, meieret
feiner ^Jlnfic^t nad) ein ©djmabe, nad)
anbern aber ein SDJainjer non ©eburt märe.
Der fünfte Qtbfc^nitt, meld)er bie Totenfeier
ber dürften ^erman tion Sbüringen unb
*Peppo von ^enneberg beijanbelt, barf faum
auf bie iDMnncfänger, bencn bie Stropbcn
äugefd)rieben »erben, nämlid) auf öiterolf
unb ben tugcnbt)aften ©djreiber jurücfge*
fü^rt merben. Qllö ben 23erfaffer üon
3abutonö Sud) anerfennt (Sttmüßer
grauenlob non 2Rainj, oon meinem er
überl;aiipt ben ganzen SBartburgt'rieg ge»
oid)tet glaubt.
©imrod lägt i>a^ abenteuerlid^e ©ebid^t
auc^ in SDJainj entfianben fein oon einem
ber altern 'Dieifter, bie am 2BartburgErieg
teilgenommen baben. -Den fiebentcn 5lbs
fd)nitt enblic^ möchte ©imrocf SDBaltt;ern
pon ber Söogelireibe jufdbreiben, unb in
ber Sbiit tuürbe ber pfaffcnfcinbtid)c 2:on
nii^t fd)led)t ju ben 2lnfid)ten beö ÜJtinne»
fanget^ ftimmen, ber oft in feinen ©ebid^tcn
mit jornooKen 2Bortcn bie iBcvDerbni^ beS
*]3apj!tt;umä unb ber Älerifci geifelt.
2Bie bie einjelnen Jeile beö 3Bartburg=
friegeS ceifdiietienen S)id)tern angeboren,
fo fäEt iljre (äntfic^ung aud; in oerfcbie-
benc 36iten. ©inb bie beiben ©tropben
beö ficbcnten *Ilbfdinittcä nnrflid) »on
2BalH)cr öon ber IBogelweibe, fo muffen
fie üüä) ber älteftc Jeil beß ©ebid)te6 unb
üor 1216 tierfagt fein. Der ed)te .Sern
beÄi SRätfelfpieleö , n)eld)er UHi^rfd)einUc^
nur baö erfie IRätfel oom fd)lafenben Äinbe
unb tc[i jet)nte famt beren *Jluflöfungen
unb ben SRebeu, mctdbe fii^ unmittelbar
baran anfd)lie§en umfaßt, nnibrenb bie
anbern JRätfel, jebenfaüä bie, welche SIBoIfs
ram bem Älingöor jur "iluflöfung giebt,
3ubid)tungen einer fpäteren ^anb ftnb,
biefer ect)tc Äern be« Diätfelfpieleö alfo
fonnte fcbon ju ülnfang ber breigiger
3al)re be« breije^ntcn S^f^fiunbertei \>ox'
742
2BccE)äter.
f)anben getucfcn fein, ber ^Inbnng baju,
5turonö Pfennig, aber nid)t vox 1233,
tneil in biefem ©cbic^t Olnfpielungcn »or«
fommen auf ein im 3al)rc 1233 abget)al=
tene« «Proinnjialfonjil ju 2)kinj.
S)a0 (8treitgebici)t würbe pon einem an^
bcrn 2)icf)ter, nicbt bem bes jweiten Seilee,
alä Einleitung jum Olatfelfampf gefd)rie=
ben um biefen intereffanter ju madjen unb
bas ßrfdjcincn Ätingßorä ju erklären,
tt)elcf)er aüerbingö ju einem ganj anbern
3rcecf Don Dfterbingen, ber im iRätfeljircit
au^ PoUfldnbig nerfdjminbet, nac^ ber
SZBartburg gerufen mürbe. SfJacfe ©imrocf
tann hai @ireitgebi(^t ni^t »or 1231
ober 1235 gcfc^rieben fein unb »erbanft
feine ®ntfief)ung rcabrfd)einli(ii erjl bem
iobe beä .^»ennebergetö 1245, meiner auch
bie Sßeranlaffung gab jum fünften *Ub=
f^nitt, 5ur Seid)enfeier be^ ßanbgrafen
t»on S^üringen unb beß ©rafen ton^enne--
berg. 2)ie erfie ®tropt)e bes üicrten 3lb=
fd)nitteö, bie 2ipofiropl)e an ben Sifdtiof
Don ^öln, fe^t bae Konsilium ju SBürj^
bürg im 3abre 12S7 üoraus unb ift mabr=
fc^emli^ aud) in biefem 3«bre entftanben.
%in bie 5lbfaffung t>on 3abuIonö ißud)
unb ben eingefdbobencn Seilen bcä Oiätfel*
fpiel« lä^t ftd) fein befummlet jDatum
angeben, aller 2ßal)rf(^ein!icl)fcit nad) fallen
aurf) fte in tai (Snbe beJS 13. 3at)rl)un»
berte. ©nt^anben ftnb bie ®ebid)te teils
in Sbüntigen unb teils in ^Hiainj. —
©er i^orm nad) jerfiiüt bas oorliegenbe
©ebic^t in jmei Seite, in^em bie einen
Sieber im fogenannten „Sbüringer Ferren
£on", bie anbern im „fdjroarjen Son"
gcbic^tct ftnb.
S5cr Sbütinger ^erren Son
bcfiet)t aus rier nierjeiligen <£tropben,
fon benen bie erjlen beiben bie (Stollen
bilben unb alfo glei(^ gebaut fmb. S)cr
erfie SBcrs ber beiben ©tollen bePet)t aus
nier, ber jmeitc au^ fieben, ber britte aus
fünf unb ber ricrte au^ brci Hebungen.
I)aä 3fleimfd}ema ift a b a b. 2)er Qlbge=
fang jerfällt in jmei »erf4)ieben gebaute
Dierjeilige Xlbtcilungcn. 2)er erfie , jmcite
unb üierte 93erö ber crjien Qlbteilung bat
fteben, ber britte brci Hebungen. SReim^
fd)ema: ab ab. 2)ie jmcite Qlbteilung bc!^
•Hbgefangs i)C[t ben erften unb inerten *Berö
mit fünf, ben jrttciten unb brüten mit
^totx Hebungen. S)as SReimfdjema iji mie-
ber a b a b. Älingenbe unb ftumpfe (Reime
mcd)feln miüfürlid) ab. 3n biefem Sbü»
linger Ferren Son fmb gefc^ricben: bas
6treitgebid)t (I), 3abulonö 93ud^ (VI)
unb Spred)en unb ÜReinen (VII).
35er fd)marje Son beficl)t auö jwei
brcijeiligen ©tollen unb einem »ierftlbigen
^bgefang. 2)cr erfie Cers ber ©tollen
befiebt aus »ier, ber jmeite auö fed^s, ber
britte auö fünf .^ebungen. S)ie beiben
©tollen baben untereinanber bie SRcimöcr*
fcblinciung a a b c c b. 2)er SReim b ifi
immer flingenb, bie anbern ftnb meifteng
fiumpf. S)ic erfie Seile bes Qlbgefang«
i)at fteben, bie jmcite Dier, 6ic britte fcd^ö,
bie üierte fünf Hebungen. I>a^ iReimfdbema
ifi a b b a. 2)er 5Rcim a ifi immer
meiblid), ber SHcim b immer mdnnlic^.
2!en fdbmaräcn Son, ber feinen 9Jamen
bem ©d)marjfünfiler .Rlingöor t»erbanft,
baben ba« SRätfelfpiel (II), 5luronö «Pfennig
(III), 51n Scitgenoffen (IV), Sotenfeier
bes Sanbgrafen üon Sbüringcn unb beä
©rafen Don ^enneberg (V).
iBon je^cr betraditetc man ben SBart*
burgfrieg alä einen SSerfuc^ Hm geifilicben
£)rama ein meltlid)e« entgegenjufe^en.
S)er I)id)ter f*lo^ fi^ bei biefem Unter»
fangen an hai ©treitgebicfet an unb per»
fnüpftc mit biefem einen SRatfelfampf, mie
ii)n feine Seit liebte, ©treitgcbi^te mit
unter ©öngern t>erteilten Quollen fanb er
bei ben granjofen nor unter bem Flamen
Jen parti. SBor bem ffiartburgfrieg Waren
fte in 35eutfd)lanb nict»t wolfstümli«^, ba«
ein;ige auegenommen, bas ben ©treit
5mifd)en ©ommer unb ilBinter bel)anbelt
unb alö ältefte Duelle fold)er poctifd)cr
SBcttfämpfe betrad)tet werben fann. SRät*
felfämpfc ^agcgen fommen fd)on in ber
bcutfd)en SDJpttjologie cor. S)em Jnbalte
unb ber gorm nac^ erbebt ftd) ber SBart*
burgfrieg nun aber nid)t über ben (5t)a=
raftcr bes ©treitgebidjtes unb ber erfie
IBerfud) rein beutf^er 2)ramatif mu§ fomit
alö miBlungcn bejeicbnet werben. Qlber
aud) nid)t nom ©tanbpunft be^ ©rama«
turgcn aus betrachtet fann i)Ci^ ©ebic^t
Dom ©ängerfricg auf ber ÜBartburg im
©rogen unb ©anjen poetifd) wertlos ge«
nannt werben. 2ßobltI)ucnb bagegcn ifi ber
^aucf) ber (St)rfurcf)t unb ber iBewunberung,
Wcldier baö ganje ©ebid)t burcb^^ebt, für
ben größten beutfd)en S)icf)ter be^ ORitteU
altera, für SBolfram Don (Sf^enbai^. 35et
ffiartburgfrieg, ^erausgeg. gcorbnct, über^
fe|t unb erläutert Don Ä. ©imtodf.
©tuttg. 1858.
2ße^glcr. 2)ie au§erorbentlid)c ©er*
wirrung ber TOünjDer^ältniffe im ÜRittel*
alter, bie 5lusbeutung ber SDiünjrcgal« Don
2Bcc^0(ct.
743
©eitc bev 2;erritoTiaII)ertfd)aften, überbaupt
bic allgemein? Söerfc^lcd)tcrun9 ber iDJünjcn,
aücä bicö iietlangte mit SRotroenbigtcit bic
91u0bilbung bee ^nfiitutes ber 2Bcd)öIer.
Unter biefen fann man eint)eimifc{K beutfcfee
unb frembc Sßecbeler unterf(^eiben. 3"
ben einbeimifd) beutf^en aBc^ös
lern gefrören in erfier Sinic bie2)icnfi:
tnannifcfeen ober p atriäifcft en ®e =
fcfelccfcter in einigen ©täöten, tt)el(^c
eine eigene 3i"iff' bie >p a u 3 g c n o f [ e n ,
unter bem 9!}fünjmeiiler bilbeten; biefe be=
fa^en au§er bem eigentlichen iUiünsrerfjt
als ßeben i>ai außfc^ilieBHcbe !23otrcct)t, in
ben €täbtca ©elb n)ec{)fctn ju bürfen;
fie t)attcn bem zufolge ben 9'Jamen camp-
sores, cambiatores, 2Öed)0ler. S)aß *Pri«
»ilcg hing bamit ^ufammen, ta^ bie
ü)Jünjer ala bie Ü)^ün5[d)auer baö !Hc(^t
unb bic !)ßfli(i)t hatten, bie probet)altige
iDlün^e ju ücrftegeln, bie nicf)t probet)aItige
ju jerfAneiben , Überali narf) ber föcfttbeit
bcr 'JJiünjen ju fct)en unb alle beträcf)t=
Iid)en 3^^^t""Ö^" ä" fontrolieren. 3"
ßittbauen unb *PoIen, Ärafau unb iBrecs=
lau bcforgtcn bagegen lebig(icf) ange«
f c b e " e Ä a u f l c u t c hm ®elbmeci)fel
bcr großen 33eträgc einbeimifd)er (iJelbs
arten, bic quo btefen (Sebieten feit bem
12. 3al)vbunbert in Saarfenbungen alä
9lbgaben an ben päbpiid)en §o|' gingen.
95ieüeid)t auä ben JpauSgenoffen i)iXvox>
gegangen finbet man brittcnä feit bem
13. 3abrt)unbcrt ein ^a\)[ oon 9i e b c n>
tt) e d) e l e r n, bie, unter ber *2(ufrid)t bcr
^auägcnofien fie()enb ober unabl,)angig
tteben ihnen gegen Äaution unb 'Jlbgaben
ßon ben ftäbtifc^en Dbrigfeiten ©liaubs
niö jum 2Bed)[eln crbalten. Sie betreiben
faß Iebigli($ tux |)anbtt)cc^fel, ©elbtranä«
port unb taii ^inlcit)cn oon 2)arlet)cn
gegen *Pfänber, nehmen auch 2)epoftten
an unb bcforgcn SBechfel auf Scftcüung,
inbcB nicf)i «iich entfernten 3a^Iun9^ortcn.
6ic finbcn fid) befonbcrä in norbbeutfc^en
6tdbten, öübed, Hamburg, Sre'^lau, in
*PreuBen unb *I!oIen. Ißieie berfclben be«
fa§en erbliche 2ße(^felbänfe, bie fre nad)
ScUebcn por bem State übertrugen unb
bie meiß nahe bem SRatbaufc unb ber
fpätern Söörfc ftehen. g^rembe 2öcd)«=:
ier auö 3 Valien unb ©üb][ranf*
t c i d) niaren namentlich in 6übb'eutf cf) =
lanb anfäffig. @d)on feit bem 8. 3ibr»
^unbcrt i)aiun bie itaUenifd)en ^aupt^
^anbclepld^c *2lmalfi, 'Jlnfona, Sencbig,
bann franjöfifdje ^anbelsottc ?Jiebcr*
laffungcn im Orient jur 'iluebreitung bcä
^anbele errietet unb bie ©lütc bicfet
•Jiicbcrlaffungen hatte bie il)nen befonber^
nü|,lichen .Rreuj^üge überbauert. 2)arau«
entftanb nun ber roeitDcrjmcigtc ©elb« unb
2öarenhanbel ber itaUenif(^'cn Äaufleute
unb SBed}«ler (33anf häufer) über ^ranE^
reich, bic fRicberlanbe unb (Snglanb. Sie
Äommanbiten bcr großen italienifchcn
öanfhäufer folgten ben ^aufleuten in bic
grembc , um ihnen bei OReguUerung beä
Don ihnen im ©igcnhanbel übernommenen
®elbeä ertt)ünfd)te >Dienfie ju Icifien. 3n
berfelbcn SBeife öcrfd)afften fie fxd) axxi}
al« Äaufleutc lüic alä 2ßed)0ler (Eingang
in ®übbeutfd)lanb. TUn finbet fie \)in
im 13. 3ahrhunbcrt in iffiorm^, im 14.
3ahrhunbert in ©iegburg bei Sonn,
Singen, Soloturn, in 9'Jürnberg feit bem
15. 3ahrhunbert. Sie tragen ben iJiamen
ßombarben, ßampactcr, ßum«
mcrtc, SBalcn, Ä a m er t f cf) en
(flehe ben befonbcrn ?lrtiEeI). SDercinjelt
,;;eigen fie fidh auch in Dtorbbeutfchlanb,
5 93. in fiübecf unb Breslau. (Sine britte
©ruppe Don SBe^slern bilbcn bic 3"^«"'
welche »on eiujelncn Sanbcäherrn t>a^
$rit>ilcg beö SBe^felrechteö erhalten.
*Bon ben ® c f d) ä f t e n ber itati=
enifd)en 2Bed)felhäufer betreiben bie ©echö«
Icr in ©cutfchlanb oornehmlicl) nur brci,
ben ^anbm ech f el, ba« Darlchn
unb ben Jö ed) [e l b etricb, bod) bc=
treiben bie !3)cutfd)en unb 3ubcntt3ed)ölcr
ben Sffied)fclbetricb innerhalb flcinctcr ©nt*
fernungcn innerhalb S)eutfd)lanb; über
I)eutfchlanb hinauf, namentlich nad)
granfrcid) unb 3talien, pflegen ihn bie
italienifd)en 2Bed)0ler. (Sine gro^c S^xbl
bcr 2Bed)ßler lieB fid) ohne 3tt)eifcl neben
ihrem faufmännifd^en ®cltierbc an bem
(Seminne be^ .^»anbnjechfelö genügen,
mährcnb anbere bie ftete Sereithaltung
oon 35arlehen meiß in fleiner Summe
unb auf hirje 3eit baran fnüpften. Sieben
fold)en privaten ©arlehnöbanfen »urben
mit ber 3eit burch faiferlid)eö ober lanbcö-
herrlid)ee "l^rioileg fon ben ftdbtif^cn
Dbrigfeiten fiäbtifdhc aBc^fcl-
bänfc unböcihhäufei^ angelegt.
2)a jebod) biefe 3nftitute, fomeit ftc
nid)t üon 3uben betrieben würben, gegen
haii allgemeine tird)lid)c üßucherDcrbot bc«i
SOJittclalterö waren unb bod) nicht entbehrt
werben fonntcn, ridjtctc bie Äirche eigene
2)arlebn0banfcn für bic gelbfud)cnben 93e=
bürftigen ein, bic ftc berge dermilti-
keit, montes pietatis nannte, unb Wo
bem fanonifchen ©laubenöfa^e getreu gar
744
SBei^nadbt.
feine 3i"ffn Don bcm SDarlct)n6nel)mer ge«
forbertwerbenfoüten; gciftlid^cSiittclfoüten
jur ^erbcifc^affung beö nötigen Kapitale
angereanbt »erben: SSermäditniffe, @d^en=
tungen frommer reicf)er 2eute, JSeförberung
ju afabemifcfien unb anbern Sffiürben, jum
hhtl, für bie, welcbe angemefi'cne (Sinlagen in
biemontes taten; unelielic^ ®eborne werben
ber 5Jecf)te ber efietid) ©eborncn teil^aftunb
wer berSßerroaltung bermontesunentgeltlid)
®cf)ülfenbienfte »ibmete, bem oerfpra^ man
ben ßof)n bes Wimmele. 2)a jebod^ bie
frommen ®penben balb »erftegten, fat)
jic^ bie Äirct)e gejmungen i;ur ©edung
ber ©efcbäftöunfoften unb ber Serlufte einen
geringen 33etrag oon jäf)rlic^ 10—15 o/o
iu forbern; ben ^Begüterten aber, faflö fie
it)re (Selber eine längere befiimmtc 3^'^
ben xnontes jinsloß überliefen, oerfprad^
man bie ©ummen nacf) Qlblauf ber 3^**
yernielfa(i)t jurücf jubejaf)Ien , unb fo fam
eö erfi in Stalten, bann auc^ in ©cutfcf)»
lanb in (Sebraud), ba§ ein SSatcr nac^
ber ©eburt einer 2od)ter bie SDiitgift ber
Ie|itercn fogleii^ in bie Äaffe ber montes
jaulte, um nad) beren a ^ t j c f) n t'e m
ßebensja^re ben jet)nfact)en Setrag bem
iBertobtcn beä 5[){äbd)cnö einäut)änbigen;
heiratete tai 9Wäb(J>en früber, fo ging tai
Kapital an bie jüngere ©^»efter über,
unb fiel, roo eine folc^e nic^jt eyifiirtc, ber
^affe ber montes an^eim.
iDie meitern J^unftionen ber italie«
nifc^en SBec^öler übernehmen in S)eutfct)=
lanb bie ® en offenfc^aften ber Ä auf«
Icute unb bie fiäbtifd)en Sefiörbcn,
uamentlirf) ta^ gro§e 2) arlel)n8* unb
©ep ofitengef d)(ift, bie 5lffomenba
unb ben Sffi e d) f e I u m l a u f. Ulad)
Uleumann, ©efcfcic^te beä 2Bud)erß in
5£)eutf*lanb, ^jatlc 1S65.
SBci^na^t. J^ier foüen in 8Iu0füi)rung
beä 5trtifel0 f ird)Iid)e gefie bie nä{)crn
Sejüge jufammengejleüt merben, in meld)en
bie tird)lid)e iBeitinac^tefeier jum beibnifd)*
gcrmanif^cn ißolfeiglauben jlel^t. 2)aö
ffleil)nad)t6feft cntfiammt einem Jiaturfefte,
bae bei febr oielen Solfern einbeimifc^
mar, ber freier ber SBinterfonnenmenbe,
bem nal)enben 2Biebercrrca4)en ber Jf^atur;
fo feierten bie ^inbu iai *ffiieberer*
mad^cn be« in tiefen ®d)Iaf »erfunfenem
©otteö fflifc^nu; in ®ried)enlanb jeigte
man am 20. jDejember im Jempel ju
S)elpt)i hai (S)xab beä 2)ioni)fos unb
trauerte um ibn mit milben ®ebe^rbcn,
bid man ibn ftc^ balb barauf mieber
hja^enb »orfieüte unb feine SJeugcburt
prieö. Sbenfo feierten bie iRömct an ben
fieben Jagen Pon 17. big 24. Dcäem«
ber ba« 5^1^ ^^^ ©aturnuö, jünbeten in
feinem Sempel alö Qlbbilb beä neu ge«
fdienften ©onnenlid^teä Piele Siebter an,
ergaben fiä) auögelaffencr gcfifreube, be«
f(^enften einanber unb bgl., fpäter fügten
bie Äaifer bem ©aturnalienfePe nod) ben
25. S)ejember alö allgemeinen gcfttag ^in*
ju, jur JJeier ber ^mar »on ben ©Ratten
beö Sffiintere befämpfteu, aber bennoc^
unbefiegten ©onne; an eben bemfelben
Sage mürbe t<xi ©eburtefeft beö unbefiegten
©onnengottee ÜJJitbra begangen unb ber
©Ott bargefteüt, wie er in einer ^d\m'
grottc, bem-libbilb beö näc^tU^en ^immelä,
geboren mürbe, ^ejie ä{)nlic^er Sebeutung
mürben auc^ an anbernSnfiregjeiten gefeiert,
mobei ber Perf^iebenc Dieujatirganfang oft
bejiimmenb einmirfte.
@o begingen oon ben gcrmanifc^cn
Sölfcrn bie ©fanbinaöicr in ben
altern 3eiten if)r mit bem 12. 3anuat
alä il)rem S^eujabröanfang beginnenbeö
3tägigeä gefi ber iKitminternac^t ober
taQ Sulfefi als 5lbfc^lu§ ber OJiitte
Oftobcr beginnenben „SBinternacfet".
Qibnli* mar eg bei ben 5lngelfad)fen, mo
tai 3ulfefi ÜRutternad)t l)ieg. ©cfton
im 6. 3a^rbunbert erjäl)lt ber gried)ifd)C
©opl)ift unb ®efcbi^tfd)reibcr qSrofop, er
Hht get)ört, i>a^ bie nörblid)jien Scmo^ncr
oon ©darneben unb Otorroegen am 35. Sage
ber langen aQBinternad)t 35oten auf bie
®ipfel it)rer pd)iien 33erge fc^idten , um
bie mieberfe^renbe Sonne ju erfpä^en;
menn fie erblidt mcrbe, fo ergebe ftc^
unerme§tid)cr Jubel, aüeö feiere „tai %tft
ber frol)en Sotfc^aft". 3lug ^urd^t, bie
©onne möchte einmal ganj ausbleiben,
fc^lad)teten fte unaufhörlich ben ®öttern
unb böl)ern a}(dd)tcn ber ßuft, beö ^immel«,
ber ®rbe Dpfer, jumal bem oornel)mjien
oon ^^tllen, bem Äriegsgott, bem als ebeljic
®abc ein friegögefangener iHann an einem
®algen crtjängt ober in bie I>ornen ge=
morfen merbe. ^aä) bem ®lauben ben ®er»
manen fd)lief im SBintcr Sffioban mit
feinen ®eifierfd)aaren oerjaubert im Serge,
bie böfen ®eifter trieben il)r JBefen; iRicfen,
2Öeit)nac^tebuben ober 2öeif)nac^tömid^tc
genannt, fotlten Pon ben Sergen f)crab»
tommen unb mit langen -^afen auö
ben IBorratefammern ber Sauern S)örr=
f[eif^ ftet)len ober bie ÜJlenfd)en in i^re
finftern $öf)len rauben. 3n 2)dnemarE
bilbet man biefe ®efialten nad^ unb
ein Äned^t mit gefc^märjtem ®ejtd^t,
ilöein.
745
eine in einen langen igc^manj enbigenbe
^ferbebecfe über ben Äörper getnorfen,
unb einen mit brennenbcn ßic^tern bc=
becfien ®tocf im ÜJhmbe, ttiecbt in bie
j^äufer unb fammelt Gipfel unb Slüffe ein,
unb PöBt 2)rot)un9en auö, iaM er nid)t0
bcfomme. @ct)on gegen hai ®nbe bcr
langen 2Binternad)t »ar man mit ^offnung
ber naf)enbcn ©onnenmenbe erfütlt; an
ben brei 2)onnerftagen vor 2öeit)nacf)ten,
ben brei !)taut)näci)ten ober Älöpfleine«
nähten, jieöen in ©üDbeut[ct)lanb Änaben
cor bie Käufer i^rer '-öefannten un^
mcrfen mit örbfen an bie ^^enjler. 9hm
fommt bie 3^it, wo JßoDan mit ber
Sc^aar ber gefallenen gelben al« iüilbe
3agb burc^ie ßcnb jiebt. ödrmt t>ai
*ffiueteröl)ecr recbt, [o barf man ein frud)t5
bare^ 5at)r erhoffen. 5lud) milbe (i^öttinncn
ftnb im 3"9f' %^'^^ ®obe, gria ober
^olba. Silblid)e S5arftetlungen aSobane
aue ber 2lboent0jeit fmb nod) ber © c^im»
melreiter unb Äne^t SRuprcc^t,
beibeö urfprünglid) i^einamen äßobanö
felbft, at)b. hruodperabt = rul;mglänjcnb,
unb in ben ©efc^icnfen, bie er tui Äinbern
bringt, an bie Segnungen bcö ©ottcs
erinnernb; aud) manche ffleit)nad)tögebacfe
aus üebfucbenteig foUten urfprimglicfe
rol)c Stbbilbungen beö ®otte^ fein. S)a«
breitägige Sulf^fi felber leitete in ®Eanbi=
naoien ein feierlid)eö Opfer um grud)!-
barfeit unb ^rieben cui; ^erolbe cerf iuu
bigten einen brcttt)öd)entlid)en ^ulfricben;
auf ben J^öfen fanb gafilidje iBemirtung
flatt. Qluf ben gelbern unb Sergen lobten
geuer, man pflanjte Tannenbaume cor
bie Käufer, bie man mit 23änbern unb
ßid)tern bct)ing. QUö Sinnbtlb beö neuen
ßtd)teö brannte in ber ^aCle bes A^aufeö ein
mddjtigcr iBaumtlo^ auf bem |)erbe, auf
bem Sifd)e jünbete man brciäjiige .Rien»
fpäne als ^^'li^ter an. 3*^^^ Seute, aU
Sßoban unb griga gefleibet, traten auf,
unb 3ünglinge tanjtcn um fte einen
©(^merttanj; aud) «Sommer unb SBinter
ftritten mit einanbcr. 311^ uralte iycftge=
tid)te galten ^afcrgrü^e mit geringen, bie
aus bem SRücfenjlüct eineö frif^ gefcblac^*
teten ®d)n.ieinee! gefönte Julfuppc, ein
(Jbeibratcn. Unjal)lig maren bie ®ebräuc^c,
oermitteljl reel(^er man in ber 3"ln''<^t
Me. jufünftige ®efd)icf ju erf(^auen uer=
memte. lln tai eigentlid)e 3"lf«fl fc^loffen
ftd) als eine l)eilige 3^*^ bie S^^ölf«
ndc^te, bie jc^t genau bie Qni nom
Sffieibnad)t0tag bio jura 6. 3anuar, bem
S)reiEönigeta9, füllen. 3lu* ^ier ru^te I
alle Qlrbeit. S)ie jmölf 9?äd)te galten al'^
ein <)lbbilb be« fommenbcn Jabreä; mie
in jebem ber 12 Jage ba« SBetter h>ar,
fo erroartete man e^ an jebem entfpred)ens
ben ü)?onate. IDi annl^arbt, Slßei^nacftta»
bluten in Sitte unb Sage, Berlin 1864;
figl. SHeinöberg'jDüringäfelb, ha^
fefmd)e 3abr, unb äßuttfc, Sßoltsaber*
glaube.
2ßcin. 2)ic urfprüngli^en ©etrünfe
ber germanifd)en SBölEer ftnb iDfet unb
©ier (fiel)e bie befonbern ^Irtifcl), unb
nur bei einigen iBölfcrfd)aften Dbftmein
ober lit; im bairif^en Sprad)gebiet l)eigt
lithus eine Sd)enfe, litgebe bcr üöirt unb
litkouf ber ©elöbniätrunf beim "Jlbfc^luffc
eine« .^anbel«. 2)od) ermäbnt fc^on Jacitu^
©ermania 23, ta^ bie öemobncr ber rö«
mifd)en ©renjgebiete von ben Otömern
SBein erl)anbelten; ben römifdien Urfprung
be;ieugen auc^ bie ber römifc^en Sprache
entnommenen SBörter atjD. win auß
vinmn, at)b. winzuril, 2ßinjcr au0 vinitor,
al)b. windemun, munbartlid) mimmeln,
mimmen, aus vindemiare; 'Preffe, lorfel
unb Äeltcr aus pressa, torcalar, calcitrare;
nur Jrotte ift beutfcber "ilbfiammung.
grub mürben bie Otebbergc an ber 'JJiofel
beutfd)eet ©igentum, feit bem fi. 3iJbrl)un=
bert mürbe äöcin bei 3lnbernac^ im Speier»
gau unb am untevn Olidnx gebaut. Äarl
b. ®r. menbete bem SBembau feine 'iluf=
merEfamfeit ju, fpäter mar namentlid) Ulm
ein eigcntlid)er "iüemmarEt. 2ßie ber »er^
fcinerte ®efd)mad bcc l)öfifd)en ®efetl=
f(^aft ttn üöein beoorjugte, erEennt man
u. a. baraue, ta^ in ben ®ebi^ten beo
11. unb 12. 3af)r^unbert0 'JDJet unb JBein
nod) regelmäßig als gleid) angefcl)ene ®e-
tränfc neben einanber erroäbiU merben,
mäbrenb bie f)öflfc^en Siebter bcs 13. ^ai)i'
bunbertä ben ÜJJet fafi gar nid)t mif)x
Eennen. 2)od) f^eint ber einl)eimifc^e
Slßein, mt)b. ber lantwin, mit '2lu0nat)me
berjenigen ®egenben, mo ben iReben non
ben SRömern i}ti überlieferte foigfamere
'i<flege ju ^ilfe Eam, nid)t in befonberm
'ilnfel)en gejlanben ju l)aben, er galt alü
fauer, unb bie ^drte ber Srauben fotl im
33iittelalter baju genötigt ^abcn, bieÄelter=
bdume aui ben Idngficn unb bidfieu
Stdmmen be^ SBalbe« ju machen. 'Ml«
gute eint)eimif(^e SBeinc maren oorjüglid)
Jibeinmein, eifaffcr, 'J3o^ener ge-
jd)d^t; fonfi tranfen bie a3orncl)men mit
"Vorliebe au eldnbifcbe SBeine, oon benen
man eine reid)e Dtamenlifie fennt. 3" ^«"
Dcrbreitetjien gehören bcr iDlalDafier, ein
746
Söcin.
9ried)ifd)cr 2öein üon 91apoIi bi SKaloafta
in bet ü)(orca, üteüeic^t überhaupt oon
®ried)cnlanb; wie anberc [übliche Sßcine
Bejog man if)n mcift üon Senebig. ©in
anberer füblicf)« Jöein ifi berSRomanij,
Sflomonii , (Rommenji, SRominere, SRum^
mcnie u. bgl. genannt, auö Sflapoli bi
SRomana bejogen, tüenn ber Stame SRecf)t
^at. 5)icfcn ÜBeinen an ^IJreiö gleid) ftanb
ber SDtuöcatellcr ober ÜJJujiabetle; unter
tt)dlfd)em 2öein ober vinnm latinum
ifi n)at)r[d)einlicf) italienifcfccr ju üerfteben;
bcr vinnm Rabiole, Riviglio , Reinfal
ober Reinfan fiammt aui Sfi'^'ß" ""^
h)äd)fi ju (Profecco bei Stiefi. Serübmt
«ar auä) ber cipperwin, (Spp.ertt)ein oon
ber Onfel 6.l)pern.
Jafi no^ lieber alä bie natürtidien
SBeinforten tranf tai SÖJittelaltcr folc^e
aBeine, bie burc^ Sinfocben oerfüft ober
roie unfer ÜJiaiwein burd) Söeimifcfeung oon
gett3Ürät)aften Kräutern unb anbern
3utbaten »erfiärft waren. ©d)on in ber
mcroDingi[ct)en ßeit ftürjte man gelcgent=
lid) ben SBein, hoä) tarn biefe @itte erji im.
11. Sabt^unbert in aflgemeineren (Sebrau^,
unb jroar fcnnt mau aU ältere -yrtcn
biefe^ ©etranfeö ben moraz, lat. moratum,
b. l). SBein über DJJauIbeeren abgezogen,
®Iüt)föein unb eine 9}?ifcf)ung »on SBein
unb ^onig; jur eigentti^en ®itte ben
SBcin 5U mürsen, würbe es ober crfi in
ben 3eiten bcr .Rreujjüt^e, unb j^roar o^nc
ßweifel in 9^a^af)mung ber ^ranjofen;
bie beliebtefien ©orten gemürjter Seine
finb je^t:
2)aö pigment, fr. piment; infofern
pigmentam eigentlid) ein jiarf unb moi)U
rie($eiibeö ®eroürj, ©pejerei, bejeicfenet, «ar
pigment anfängli^ nic^tö anbcreö alö ein
mit ©eroürjen »erfe^ter äöein; bod) tnirb
aud) einer 3"tf)at »on ^onig für biefen
2öein (Srmäi)nung gct^an, woburi^ berfelbc
bie gleiche SBebeutung erhält mic
ber claret, frauj. clares, tat. clara-
tnm, claretnm; ti iji ein guter SRotwein,
ber fo lange mit ©etnürjen unb ^onig
gemifd)t unb gerüttelt irurbc, big crflar
geworben mar.
(Sine mobl befonberö auf arjneilic^e
aßirfung berec[)nete 5lrt be^ ßlaretö war
ber naä) ^ippoErateö, bem fpricbwörtlid)
berütjmtefien 5lrjtc, genannte Hippocras.
(Sine anbere "Ilrt (£laret t)ie§ man ilirer
roten garbe wegen sinopel, »on lat.
cinnabaris, beutfd) S^i^"''«'^-
S)er am t)dufigjicn Borfommcnbc 9iamc
für ben angemadjtcn Sßein ifi aber lüter-
tranc, ein bem 2Bort claret nadbgcbilbeter
yiamc; boc^ fcbeint jwifdjcn i^nen ein
Unterfcf)ieb befianbcn s" baben, infofern
man ben lütertranc oorjüglid) auä w e i B e m
2öein unb Permittelfi fcftarfer unb wobl=
riei^enber, frifd)gewacbfener ober gebörrtec
Äräuter bereitete.
2)02 'JJUttelalter fennt übrigen« auc^
fdbon gefälfdbte 2Beine, unb feit bem
14. Sa^r^unbert giebt eö obrigfeitltdjc
iBerorönungen, in benen jebe *änbcrung
am aBein »erboten würbe: eö ftebt bartn
mand)mal, eß bürfe JJiemanb ten ÜBciu
anber« macf)en, aU ®ott ber ^err ibn
babe Wa(i)fen laffen. 2)od) fab man ft^
gezwungen, bie fünfili^e Bearbeitung »on
umgefcf)lngenem SBein ju gejiatten; bie
bafür erlaubten ©toffe waren anfangt
Gerbe unb 5Dhld) : feit bem 16. Jabr^unbert
fam iaii ©cfjwefcln auf. 5lm (Snbe
be« ÜHittclalterö famcn »on iReicbswegen
aBein»erorbnungen ju fianbe, unb 1487
arbeitete ein ju ^Rotenburg an ber lauber
gebaltener 9ieid)S5S)ePutationö=2:ag nad)
bem ®utac^ten ber 5trjte eine SBeinorbs
nung aui(, weld)c nad)ber »on Oteicftstage
angenommen unb publiziert unb fpäter
nocb,, oft wieberbolt unb »erfcbärft würbe.
liberauö jal)lreid) ftnb bie fiäbtifd)en
Serorbnungen über ben SBeinoeifebr,
iffieinbanbel unb bgl. 25a unfers ÜBiffeng
eine ßufammenfiellung berfelben biö je^t
nid)t »orliegt, mag ^ier einige« auö ben
iBerl)ältniffen mitgeteilt werben wie fte
ÄriegE für granffurt berid)tet, wobei
»orläufig ju oermuten ifi, ba^ bie Einrieb*
tungen anberer ätäbtc im ®anjen äbnlid)e
gewefen fein werben.
3n 5ranf fürt 0. W, war ber aBeins
Ijanbel innerbalb ber Stabt gefe^lid) an
bie obrigfeiilic^ befieüten üöeinfiecber
gebunben, bie eine eigene 3''"f^ bilbeten.
(Sie l)atten nicbt bloß Ääufer unb a3ers
fäufer gegen liber»orteilung ftcfeer ju ftetlen,
fon^ern aud) bie bei jebem äßeinoerfauf
»orgefd)ricbene ficibtif^c Abgabe ju erbeben,
tai fog. iStid)gelb, wo»on fie al0i)Wafler=:
gebühr jwei 25ritteile bet)ielten, ben britten
Seil aber an bie ©tattfaffe abzuliefern
batten. 2)ie 2öeinfied)er waren in »icr
®ruppen eingeteilt, beren jebe ba^i ®es
fd)aft gemeinf4)aftli(^ trieb. 'iJcim ^ranf*
furter aBeinbanbel ifi 5Wifd)en bem in
unb bem au§er ber ÜJJeffe ju unterfd)cibcn.
'Jlud) 55rembe burften au^erbalb ber ÜJJeffe
aBein^anbel treiben, jebod) mit ber öin*
fdjrdnfung, ha^ fie jwar an ^Bürger itbt
beliebige Quantität, an ^icmbe aber nur
2öein.
747
größere t>orge[d)rtebene Saften uerfaufen
durften. 2Jon auegefü^rtcm SIßein niu§tc
jebctmann einen Sluäfui^tjOÜ, bie Stein*
fu^t, beja^Ien, ein D^ame, bei" ba^er
tüt)rt, ia'^ urfprünglicö jeber, ber ein i^a^
2öein ani granffurt \ü\)x, ber ©labt ein
gubcr Steine für it)re Sauten Ijatte ju=
füt)ren muffen. Söon Seiten ber Bürger
unb (£init>ot)ner burfte ber Sertauf uon
SBeinen nur nact) ber granffurter 5Udie
gefcfce^en, i^'^f'"^^ burften }^a\ia einer
anbcrn *iid)e benu^en. Äein SBein, ber
nicht eigenes ©ewäc^ß eines Bürgers war,
burfte nid)t anbers als öffentlich" Pcrtauft,
b. l). er mu§te äum SSerfauf auf bcn 'j^iarft
gcbtact)t werben. 2ßäbrenb ber DJfefj'ejeit
war auct) bcn fremben aBein= unb i3iers
l)änblcrn gcjiattet, im Äleinen aus^u=
fd)entcn, boci) mu§ten fte fo gut wie bie
Sürger von bem ausgefdbenften JBein unb
93ier' bie jweifactie *iUigabe bes ^lieber-
läge gelbes unb bes Ungelbes ent=
tidjten; »on bem felbft gctrunfenen SBein
aber jaulten grembe wie 'öürgcr ben ® ä f! e*
^Pfennig, ber in ber oierten 9Jk^ bc^
jlanb.
"ilu^er^alb ber 5Weffejeit war bas SB c i n »
f^enfen von illtcrsber nur einem *öür*
ger geftattct. ©s fcfccnften aber nid;t
blo§ berufsmäßige SÖeinwirte fflein aai,
fonbern alle Sürger, bie 2Beinbau trieben,
»crjapften ibr felbj^gewonnenes ©r^eugni«;
in anDern ©tdbtcn war bas 2lusfd)enfen
befiimmter iöeinforten bem SRatc ttorbe«
I)alten; bagegen übte bet SRat uon grant*
fürt auf feinen 2)iJrfetn ba^ ansfd)lie§lict)c
5Red)t bcäi JöeinccrEaufes im kleinen au^,
er befaß bort, wie es bieB, ben 'j^ann^
Wein, ein Oicdit, ba^ er etwa für ein
f5aß ober bloß für bie .Kird)Weil)e an eine
©orfgemeinbe ober an einen SBirt abtrat.
3)aö '2luöfd)enfen bes eigenen Jßeineö war
notwenbig, weil ber gewöbnlid)e ßanbwcin
alä ^anbelöartifcl weber gut noc^ bauernb
genug war. ©od) mußte ber ißürger äuerfi
bie Erlaubnis ijum '2luöfd)anf uon ben
Otedienmeiftern eingeholt tjabcn; biefe gaben
i^m bann ein 3^''^)^" ' ^'^^ ^"^ 'i" ^^^
SBifterer abgab, bie it)rerfeitö bie nötigen
SBorbercitungen für Dieinl)eit beö ©eines
unb für (Erlegung ber *ilbgaben trafen,
©tetö War bie ©rlaubniä ^um 2Beinfcf)enEcn
auf 4 2Boc^en bcfd)ränft. SBer jene er«
l^alten liatte, ließ feinen SBein unb beffen
^reiö in ben Straßen aufrufen unb ftedte
über feine ^auötl;üre ein ^Jlbjeidien auf,
ba^ im (Segenfa^ ju ben 2BirtSbausfd)ilben
in einem grünen Sufc^, Bweig ober
Strobbünbel beftanb; folc^e temporäre
Sd)cnfen bicßen 5öufd)= ober Strauß*
wirtfd)aftcn. 2)as Qlnftcd)en jebeei ;um
23erjapfen befiimmten »paffes gcfcf)ab burd)
bie Sifierer ober Ungelber. 2ßein*
f n ed)te l)ießen biejenigcn, wcldje ben ÜBein
aufriefen unb in ber ÜBobnung be^ *3lug*
fdjenfers bas '■ilbjapfen unb *J(uftragen bes
^Beines bcforgten; aud) fte flanben im
2)ienfte ber Dbrigfeit unb bilbeten eine
eigene 3unft; fein 2Birt burfte me^r als
jwei 2BcinCned)te in Sienfl nehmen, ben
einen als Sßcinjapfcr, ben anbern als
ißeinrufcr ober iffieinfager. 3n ^er
*Jtegel burften bie 2öeinwirte nur jwei
Sorten ober jWei 3apfen juglei(^ fci)cn=
(en, nur ausnabmswcife brei ober gar
uier. 33eibe 3'^Pf^'^ mußten iierfd)iebenen
*;?iei^ t)aben, ben ber iRat feflfe^te, oft jum
*üerbtuß ber SBirte. 23or ber .^austbüre
pflegte bcö üßirteö Seinfnec^t ben 2öein
,^um *Berfuc^en barjureidicn. 3^'^'^'^^^'^^
"ßerorbnungcn unb Verbote jeugen üon
bem oft bunten unb wilben treiben in ber
2Birtsfiube.
51ußcr ben eigentli^en üßein* unb
iöier haufern, ben für beftimmtc Äreife
bcftebenben Irinfftuben unb ben tem«
poniren SIßirtsbäufern ber weinausfd)enten*
ben ©ürger gab ed ©afll^äufer für
grcmbe ober Verbergen. S)ie SriuE*
ftuben waren Sffieinjluben für gefd)loffene
Korporationen ober iBereine unb febr »er*
breitet; es gab folcfee für bie iRatömit*
glieber, bie 3ünfte unb anbere f'og. totu»
iicngefellfd) aftcn. 2)ic eigentlichen
'ißirtshäufcr , b. i. bie bleibenben ffiein«
unb Sierfd)enfen, würben oorjugsweife oon
folchen beuten befud)t, Weldie wie bie nid)t*
künftigen ^anbwerfcr, bie ^aiibwert'sfnechte
unb 2)ienflboten feine Srinfjiube h>3tten.
äd)on früh war eine bcftimmte Stunbe
beö Iffieggebens feftgcfe^t unb in allen
bcutfd)en gtäbten bie Q;invid)tung getroffen,
ta^ biefelbe buvd) bas Süuten einer ®locf e,
ÜBeinglode, le^te ® lo de ober lange
®lode angefünbigt würbe; in ber beffern
3al)reshälfte „läutete man bie legten" um
9, in ber f^djlimmen um 8 Uhr; ber 2ßeci)fel
trat an SWariä «Berfünbigung (25. SDJärj)
unb an ©attu^tag (16. Oft.) ein.
Selten fam man im SDJittelalter ju
einem gemeinfchafllic^en @efd)äfte jufam«
men, ohne babci fflein ^u trinfen ; unb ia
1"elbp ftäbtifd)e unb Otatsgefi^äfte nid)t
ohne SBein abgehanbelt würben, fo war
es für bie fläbtifdien Obrigfeiten geboten,
einen SRatsf eller ju f)aben: lag bie
748
QBein.
@tabt im Söeinlanbc, fo pflegte ber SBcin,
meldten bic 6tabt »on i^rcn eigenen [Reben
ober alö S^n^t Abgabe u. bgl. crf)telt, {)ier
abgelagert ju «erben; mand)erortä war e^
aud) ber ©pital, in beffen Getier ber
<!dbtifd)e Sffiein lag. 93ei fefiltd^en ©elagcn,
93ürgermeifiertt)af)Icn, beim 93efud) f)ober
55ürjiten ober ®efanbt[(ä)aften föurbe mit
fldbtifctiem 3Beine aufgewartet, maä man
Söeinfc^enfinen ^ie§.
3tt>ar bejiefit ftd; ber Segriff bcä
Srinfeng äugleic^ auf bie übrigen ©e^
tränfe, bocf) mag ^ier einige« QiUgemeinc
über biefe befannte 0iarional=2eiben[(^aft
ber ^eutfc^en jufammengefteüt morben
9[)?ptf)ologic unb ®ef($id)te erjdblen fc^on
aa^ dltefter 3^*^ com Srinfen ber ®er=
mancn; in SZÖaUjatI tranfen Dbin unb bie
Sinöericr SD?et unb SBier au^ bcn ^irns
fcfiäbeln ber übcrmunbenen ^t'iit'c; al^
®(i)enfmäb(i)en bienen bie SBaltüren. 5lu0
bem SlranEe eineö göttli(^en SO?et erlangt
man nacft ber (^hha 2i*eiä^eit unb 2)ic^t^
fünft. @o maren bic ®ermancn aud)
große ^reunbc fon ®clagcn ; gcmetnfd)afts
Iid)e Opfer unb gefte, bei benen ju (S^ren
ber ®ötter geroaltigc mit ©über be|'(^Ia=
gene 5luerod)fenf)örner geleert n?urben,
maren bäufig. ©in gatlifdjer i8ifcf)of beö
6. 3a^rf)unbertei , SBenantiuö 5?ortunatu«i,
ber folc^en ©efcUfdiaften bcigett)ot)nt ^atte,
berichtet: „©dngcr fangen ßieber unb
fpieltcn bie ^arfe baju. llmi)er fa^en Qiu
börer bei a^ornen 93e(^ern unb tianfen mie
(Rafenbe ®efunbl)citen um bie aSctte. Slöer
nid)t mitmad[)tc, mavb für einen S;t)oren
get)atten. Tian mu§te ftd) gtüdlic^ preifen,
nad> bem S;rinfcn nod) ju leben." 33ünbj
niffe auf l'eben unb Job, *Berträge unb
öffentliche J^anblungen mürben beim Srunfc
abgefc^loffen, ber JrunE gel)örte unter bie
gotteöbienfilid)en ^anblungen ; in ben Sem^
peln mürben bie ®ott gemeil)ten 93ed)er
burd) bie Dpferflamme gehoben, unb ber
erfie ju Sßobanä, ber anbere ju Zhori unb
gretjaö iBerel)rung geleert, ber brittc galt
bem ®ebä(^tniö berühmter gelben, ber
oicrte, 3[)^innebed)er, bem 2lnbenten gefc^ie^
bener gi^^^'^^f- ^"^ ^^f ^^" ®rdbern
feierten fte ®afigelage unb ficHten ben
SSerftorbenen ©peife unb 2;ranf \)m. Äein
JBunber, wenn ber ernfie SRömer an mehreren
©teilen feineö ©üd^Ieinä (Sacitu^ ®er=
mania 22 unb 23) ber Srunfleibenfc^aft
ber ®etmanen ßrmäbnung tj[)ut unb feit^er
eine fafi fortlaufenbeÄette äl)nlid)et 9^ac^=
rid)ten ju ®ebote fiet)t; namentlich fpielt
babci t>ai 2Bett= unb 3utiinfcn ci"e gi^oB<^
SRoüe; basfelbe mirb fc^on crmätjnt öoti
(Priecug bei ber i8efd)reibung eineö 2ltti»
lafc^en ©afigeboteö, wobei a\xä) 2)eutfc^e
anmefenb waren, ©obalb bic römifdben
®efanbten baö ®emad) betreten I)atten,
brad)te il)nen ein ©d^enf einen ißec^er jum
Irinfen bar. hierauf eröffnete ber ßänber*
bejwinger bai ®elagc mit einer ®efunb?
I)cit, bie er ben t)ornet)mjtcn feiner Jifc^«
genoffen aufbrachte unb bie biefe jicbcnb
erwiberten; fpdter forbertc er feine ©äjle
m einem allgemeinen Irinf gefed)t auf.
5ihnlid) flingt bie befanntere ©d)ilberung
bcö Stttilafchen „2Beinturnierö", bie Sde*
hart im Sßalthariliebe niebergelegt hat.
2Bieberholt erliefen fränfif(^e ©pnoben
©rlaffe gegen 3;runffud)t ber ®cifiU(^feit.
3war Äarl b. ®r. h'elt audh ^n OJia^;
er War fein gi^^unb oon ©aftereien unb
fud)te burd) mand)erlei SSerorbnungen bem
ßajter feinet 35olfeö entgegenjuwirfen; ba?
gegen l)at ftd) ßubwig ber £)eutfd)e im
25ertrage r>on SBerbün auöbrü(fli(^ bie fen*
fcitö bet^ (Rh«u0 gelegenen 93i3tümer ©peier,
aSorm^ unb Tlain^ beöhalb auöbcbungen,
weil fte ftarfen SBeinbau hatten. 5lud^
bie Sebeutung, welche i>ai ©chcnfenamt
an ben $öfen be^ SDIittelalter« befaf , fprid)t
für bte Sebeutung be^ SBeingenuffe«. 2)ie
höfifche 3ucht jügelte für einige 3«** ^'«
wilbe ßeibenfdiaft, wofür e^^ in ben 2luö*
fprüdjen ber Siebter manche Selegc giebt;
bejto fd)Iimmer würbe eö in ben folgenbcn
3ahrhunberten, jule^t befonberö im 15.
unb 16., Welche bie 93Uiteäeit ber bcutfd)en
©auferei ftnb. 2)ie 3eugniffc bafür ftnb
unjählbar, aüe ©tänbe, oorab aber ber
?ibcl, bann bie 53ürger, ©tubenten, ßanbä»
fnechte, bie ®cipii(^en brauten bem Srunf«
®otte ihren 3oü. 35ie ©hronifen, 5. ©.
bie 3i"if"f'^f<^^f ©atiren , wie tai dlair^
renf^iff (Aap. 16), gaönachtfpiele , bie
@d)riften beö ^anö ©a^ö, namentlich audh
bie ©elbjtbiographie beö SRitter^ ^ani
t>on ©d)Weinichen ftnb »oü 9J?aterial
jur ®efd)ichte ber ©auferei; ein grolBcr
Jrinfer ju fein, war eine ®hte, unb ber
genannte ©d)Weinichen erjäl)It einmal:
„^abc auf biefem 9f{itt im SJleich grofe
Äunbfchaft befommen unb mir mit meinem
©aufen einen großen Dramen gemad^t."
Unter ttn fatirifd)<moraltfd)en ©d)riftert
be« 16, Sahrhunbertö, bie bcn 9'Jamen
„Seufcl" tragen, fehlt natürlich aud) ber
„©aufteufel" nidht.
@rfreulid)er aH biefe bi« inö 18. Jahr*
hunbcrt bauernbe @rfd)einung ijt bas »auf*
fommen ber aßeinpoefic. 5Dcr höftfchcn
aPeifenbc lietc — SPci^funic«.
749
S^rif iji nod^ jebeö 2Bcin= unb Srinfmotio
frcmb; bie cr^c 2Beinpoejic, ein ©ptud)=
9ebi(i)t in SRcimpaarcn, genannt ber 9Bctn =
fcbroelg, fiammt fd^on auä ber ^mcitcn
^älftc bcö 13. Jabrbunbertö unb fcftilbcvt
t)öct}fi crgö^lid) einen ^Hiin'S^dfn, ber in
icgclmä^igcm J^O'^^f'^'^itt — dö huob er
uf nnde tranc — [eine Jlannc mit SBein
leett, bcnfclbcn preift, forttrinft unb fort=
trinft, biö er am 6(l)Iu^ beö ®ebirf)tcö —
tx^ eigentlid) anl)ebt ju trinfcn. fSrft im
14. 3a^rt)unbcrt tritt mit bcm SBolfeilicb
au* baö 2rinf= unb (5^cfeIIfci)aftölieb auf,
bae \ii)x t)citere 93Iiitcn getrieben bat, unb
tt)enn ber Sprud^ „»er nicfct liebt fflein,
2öeib unb ®cfang" u. f. tv. nud) nid)t
üon ßutbcr l)errül;ren [oüte, fo bejeid)net
er bocf) ben 3nl)alt bee ÜSolfdliebes feiner
3eit, tai neben ber Siebe unb bem ®cfang
namcntlicf) ben Sein bcftngt: „^er liebfie
Suhlen, ben id) ban, ber leit beim 2öut
im Äeller, er bat ein böljin Otöcflein an
unb bei^t berSDJuöfateüer." @ä finb mcifi
©c^Iemmerlieber, bie ein ^anö D^neforge
in bie 2öelt binau« ftngt, ober mutmiüigc
®efeüfd)aftölieber, ttjo ju aud) bie 50? a r t i n 0=
lieber ge()örcn; ügl. Uljlanbä SBoIföIiebcr,
9?r. 205 ff-; ^offmann ü. %., ©efeü^:
fd)aft0licbcr, Ulx. 174 — 265. (ärgö^Ii*
Pub aui) bie auö SWariengrüfen pQro=
bierten aSeingrü^c unb SOcinfcgen
beä JJürnbcrger SBappcnmaler« ^ai[i SRofen«
t»Iüt, genannt ber ©cfenepperer.
Qln ben Irunf fnüpft fid) enblid) aud)
i>ai Jrinfgefä^ unb tai %a^, in meiterer
ßinic Sifd), <Bt\i\)\ unb ©d)enftifcf). Daß
ältefte 2;rinfgefd)irr if^ hai ^orn, unter
Umftäuben mit ©über eingefaßt unb bics
jum 12. 3a{)rbunbert in ®ebrau(^: in
51a(^en wirb nod) boö .^orn RaxU b. ®r.
unb in 93raunfd)tt)eig basjcnige .^eintid)*
be«i Sorten aufbewahrt. *Muei uralter 3eit
wirb t>on ©d) ab ein erfd)Iagener j^einbe
berid^tet, auö bencn bie (Sermanen ge=
trunfcn l)ättcn; bei ben ßangobarben f)ie6
biefeö ®efä§ schala. Später traten jum
Jeil nad) römifd^em SDluftcr ro^geformte
®cfä^e auö ü^etaK, 33ronce, ©ilber ober
®oIb, auf, bercn ©runbformen ber Äeld^i
unb ber iPcc^er ftnb. ®iehe ben 5trt.
®efäBe. Qlud) böljernc iöed^er Waren
im ©raud), au^ 5tborn^ ^idfiten* unb 3?uf;=
baumbol^; aber ber SSorne^me bcbiente
ftdb wcnigfien^ bei 5efJtid)feiten ber metal^
Icncn, jum Seil mit (jbelfieinen gefd}müdf
ten $ofale, auf wcUte man feit bem 10.
unb II. 3a^rhunbert fiel ®clb unb *}trbcit
»crwcnbete. 3m 12. unb 13. 3af)rbunbert
Werben Äöpfc unb ©dualen al« üblid^e
irinfgcfäfie genannt, jener ein bem .Retef)
üerwanbte^ balbfugclförmige« , auf einem
5u§ ftebenbeö, bicfe« ein flad)gewölbte^
2rinfgefä§ ot)ne gu^. Unmäßige 3e*er
tranfen auöÄannen. iDJit ber 3eü pcr^
mel;rte fid) bie ®rö^e ber .ftöpfe unb
pumpen, d^nlid) wie man eine (Sbre
barein p [c^en anfing, ungeheure gaffcr
im j^eüer ju haben. .Rurfürfi 3ohan Äafi-
mer »on ber IJfalj lie^ 1591 ein f^a^ oon
132 SJubern jimmern; 1664 Iie§ Äarl
ßubwig ein grö^ereö t>on 204 gubern auf-
fteücn, biö enblid) Äarl Shcobor tai jc^igc
5a§ ju |>eibelberg non 250 Jubern bauen
liep; eö wuree 1752 am SWartinetage juerfi,
fpdtcr nod) brei Wal gefüüt; feit 1769
lieht eß leer; noc^ größer waren bit
Äönigfieiner j^äffer, bercn grö§tcö 1725
erbaut würbe, 34 5u§ lang unb 24
Jug ^od) war unb 600 (Simer mehr al«
tai: ^eibelberger %a% fa§tc. — fflacfer«
n a g c I , Mete Bier Win Lutertranc in
ben n. ©d)riften I; Äriegf, Sürgertum,
I, 31bfd)nitt 16; ©d)ul6, pfifche»
Sehen, I, Qlbfd)nitt 4-, T)eutfd)cr ilrunf.
Äulturhifiorif($e ©tiäjen. Scipjig, 1863;
JR. ©d)ul^e, ®cfd)ic^tc iti SBeinö unb
ber Irinfgelagc, Serlin 1 S67 ; Uf 0 r b h 0 ff,
ber pormalige 2Beinbau in ffJorbbeutfdh*
lanb, anünfier 1877.
SBeifcnbe Xkn nennt bie !ö?i)tpIogic
foldhe 2;icre, weldf)e auf göttli(^en 9tat=
fdhlug bem SJtenfd^en, ber ju irgenb einem
ißorhaben ben SBeg ni(^t tennt, bie Oiid)s
tung bahin weifen, fei^, ta^ e^ gilt eine
iRieberlaffung ju grünben, ©tobte, Sßurgen,
Äirdien ^u bauen, einen Soten, befonber«
einen ^eiligen ober einen ißcrbammten, ju
befiatten. ©i^on bie Hebräer, ®tied)en
unb iRömer fcnnen bie weifenben Siere;
in ber beutfrfien ©age finb cä namentlich
SRabe unb 2Bolf, bie Sicblinge Sßoban^,
bann ber Sär, ber -^lirfch unb bie ^ünbin,
etwa fo, ba§ ber |)irfd) S'iöf^". ^^^ ©ticr
.^irten unb ber SIBolf .gelben ben ffieg
weift. Qlu^ in ber Segcnbe be« hl- ®allu«
geleiten jwei nod) ungejähmte *)3fcrbe ben
aSJagcn mit bcm ©arge be« .^»^iligen; bct
^I. Suciuä oon ©hur fpannt jwei wilbc
SDalbbüffel in einen Darren unb fä^rt
mit ihnen nach ber ^cimat. ®timm,
9J?9thologie 1093.
SBei^fumg hci§t eine t>on .Kaifcr aWafi=
milian entworfene unb banbfd)riftlidh hin«
terlaffene aüegorifd^c (i*efdiid)te in !Profa,
bie 1775 mit .^oljfd)nitten ju 2Bicn in
4S
750
SBcietüract — Sßetgelb.
^olio ^erauöfara. 2)et „Weife Äunig" iji
beö Äaiferg ^ater.
SBctötümcr t)ieBen bie mittetaltetUcfien
Qlufjei^nungcn bct |>of* unfc SDorfred^te.
23crcinjclt finben ftc ftct) fd^on [eil bcm
8. 3at)r^unbert, in gtö^eret 3«^^ t^^t bem
13. 3al)xt)unbett, bi« ftc mit bem 14. 3a^r*
^unbcxt in fafl unüberfet)bater SOKiffc in
bcn meificn ®egenbcn 2)cut[c^lanbö jum
23ot[(i)ein fommen. S)a cö größere Öanb=
f(J)aften umfnffenbc 9fted)tönormen im
93auernred)t gar ni^t gab unb ieber^cin«
jelne ^of [ein tnxö) ^etfommen ober Über«
einfunft beö ^errn mit ben Untertfianen
cntmicfelteä eigene^ SRec^t be[a^, [o Ratten
bie ©auern 3ntere[[e baran, bie geltenben
tRect)tö[ä^e immer oon neuem in (Srinne=
rung ju bringen, bamit bem J^crrn bie
3JiögIi<ä)feit benommen mürbe, [ein iRed)t
njiüfürlic^ weiter auöjube^nen. S« mar
bat)er Sitte, ha^ an beftimmten Jagen,
wo bie ganje ©emeinbe [xä) Der[ammelte
unb bcr |)err ober [ein SSertreter jugegen
War, be[onbcrä in ben ungebotenen ®i'
richten (jie^e 25ing), bie wi^tigflen ^itditi-
fä^e auögc[proc£)cn würben, welche fid) [o
»on ®e[(^lect)t ju @e[c^Ie4)t weiter fort«
erbten, ©päter »crjeic^nete man bie (Re(ä)tä=
[d^e unb lag fic in ben ©eric^ten cor.
SDag iRed)t »erlefen ober au^ ber Srinne»
tung mitteilen, f)ie§ nun bog SR e d) t
wei[en, eröf[nen, unb bie barüber
aufge[e|te Urhmbe aBeigtum,D[[nung,
mbb. wistnom, oifenange, in Saiern ehaft-
recht, in Dfterreid) pantaiding. 5Die gorm
bcö 2Bei[en9 war »er[(^ieben: balb werben
bie ©ct)ö[fen, bie ®erid)täper[onen ober
alle Scanner, wel(^e am beften hai ^et«
fommen fennen, nur im Qiügemeinen au[=
geforbert, atleg wag fte »om 9fled)t miffen,
augju[agen; balb t^ut ber 9iid)ter, *-8e»
amte ober ^err einjelne ^'^'■19^" ""^ ^i^
Oemeinbeglieber geben barauf iljre Qlnt»
Worten; ift it)nen babei etwa« nic^t tioü=
[tdnbig bcwugt, [o üer[prc(^en fic ju ant*
Worten, [oweit eg fte Sinn unb ffii^ te^re,
ober [ie etflären, ba^ fte feine Snt[<^eis
bung wüßten, weil if)nen ein [ol^er ?^all
noc^ nic^t eorgefommen [ei, ober fte bitten
ft(^ jur *}(ntmort einen [pätern Termin
aug. ÜRit ber ^ät jog man jur [c^ri[t=
liefen 5lufjeid)nung ber ffieigtümer iRotare
ober [onjiige Schreiber ju, weldje bie[elben
in ber ^orm oon iJ'^^S^" ""^ Qlntwortcn
ober in bcrjenigen üon einjelnen JRcd^tgs
[ä^en rebigiertcn; man [d^rieb [ie auf ein*
jelne ©lätter ober ^ergamentfircifcn ober
trug fte in Sucher unb Olegiper ein. SHuä)
bie fpät niebcrge[c^riebcnen Söeigtümer ent*
galten meijl [ebr alte 9'{ecfetg[ä^e, wcldbc
[ci)on [cit 3'^'f)>^^un^ßtt£n gegolten Ratten,
unb man wu^te, ba^ man altbergebra^teg
SRe^t mitteile; bie Schöffen, ^ei§t eg,
wei[en bag iRcc^t, wie fie eg Don ben 23or*
fal)ren unb ibren ÜRitbrübern erlernt unb
gel)ört £)aben, unb {)alten eg für (Pflid)t
il)rer Dfiadifommen, eg unangetafiet fpdtern
©enerationen ju überliefern. SOJan f^rieb
bie alten SBeigtümer wörtlich »on neuem
wieber ab, felbfi bann, wenn bie oeränber*
ten ißerf)dltniffc eine iünbetung erforberten
unb fügte blog einjelne neue ©d^e ^inju.
35er ^n\)alt ber ilBeigtümer iji fe^r
mannigfaltig, je nac^bem bie 'Sauern frei
ober unfrei [tnb u. f. w. (Einige 2Beig«
tümer ftnb blo§e JDorforbnungen, anberc
^ofred)te. Sg giebt ÜRarf* unb Jorjlroei«*
tümer, rneldjc ftcb nic^t auf eine einjelne
©emeinbe, fonbern auf bie iRec^te mef)rercr
S)örfer an ber gemeinen 9JJarf, auf ÜRarf«
freöel u. a. bejiet)en; ferner Sergre(^tc
für üöeinbau treibenbe 2)örfer, ©renjweig*
tümer, 3«i^I«i^re(^te, 2Baf[errecbte, Deic^»
unb 2)iü^)lenre(i)te , ^ifc^ereiweigtümer,
gdl)rweigtümer, gturorbnungen, Äird^en«
rechte, ©en Hauptinhalt bilbet bie Stellung
ber ©emeinbe jum Öanbeg», ®erid)tgs, 33og*
tci* unb ®runbt)erren; bie 3i^I "nb 33e=
fc^affen^eit bcr einjelnen ®üter wirb auf*
gejeic^net, bie 5lbgabcn, 3inff" ""^ j^rofjn«
bcn aufgejd^lt, bie 23etpflid)tungen beg
Herrn genannt, bie ®runb[d^e mitgeteilt
über bie 33crcrblic^Eeit unb Übertragbarfeit
ber ®üter, Strafen für nieberc Jreoel u. a.
9^ac^ Stobbe, gflec^tgqucaen , I, 585 ff.
S)ie bebcutenbfie Sammlung »on 2ßeig=
tümern mürbe feit 1840 oon 3acob
®rimm neranfialtet unb nacf) feinem
Jobe fottgefe^t.
SBcrgelb, a^b. werigelt, ju al)b. ver =
SDJann, alfo eigentli^ iDknngelt, war im
altgermant[c^en SRec^t bie bejümmte, gegen
2;ob[c^lag an bie '33lutg[ieunbe ju ent*
ri(^tcnbe Sufe; bie[elbe würbe alg 33e«
friebigung unb @ül)ne für ein "^erbrec^en
gegeben, unb bcjeic^nete ben 2öert, woju
jeber na^ feinem Staube in bem ®emcin«
wefen ge[4)ä|st unb »ct[tcf)crt war ; ux-
[prüngli^ enlfprac^ bag Sffiergclb bem fflcrt
ber H"f«' 2)ie gorberung beg SBergelbeg
ging Don ben Sötutgfreunbcn beg ©rfc^la«
genen aug, bie jcncö aud) unter ftc^ Der«
teilten, unb ebenfo waren bie Slutgfreunbe
beg Ibdterg genötigt, ju bem geforberten
■JBcrgelb beizutragen ober eg unter Um*
fidnben ganj ju jaulen. 2Bilba unter«
2B«th)oIf — fffiielanb.
751
((Reibet, Strafrec^t ber ©crmancn, S. 371,
folj^cnbc i:'crfd[)iebene Stufen in ber (Snt»
mictlungögefcftic^te be^ SBergcIbeö. 1) Sä
iilbcte ftc^ unb bcflanb neben bcm ältcficn
auf j^ricblofigf cit gegtünbeten ©traf-
tecf)t unb voax tt)cber ©egenj^anb ber ®e-
fe^gebung nod) ber SRed)t8pf[ege. 2) 6^
JDurbe eine SHecf)töinfiitution, bie baju
bientc, bie ^^amilien, o£)nc notwenbigc
SRücffid)t auf bcn Später, lebigtic^ um it)rcr
felbft wiücn ju oerföf)nen. 3) So mürbe
ber Familie jur ^pid^t gemacht, jum Sßers
gelb beijufteuern, bamit ber S^ulbige felbfi
ftc^ üon weiteren folgen feiner 5ll)at be=
freien !önne, ohne ta^ jener eotigc ®e«
fici)täpunft ganj ertof*. 4) Die (Sefe^e
befd^ rauften biefe !18f(icf)t ber ^ittii'icn, bi«
fie babin famen, jebe notwenbigc 33etei=
iigung aufju{)eben unb bcn ©runbfa^ auf*
jufieücn, e^ foüe ber %\)'atn aüein für
feine ®(f)ulb bü§cn, mit 'Mu«fd)lug jeber
fubfibiären |>aftung. 2)a^ 2ßergclb naljm
nun ganj bie JJatur einer ©träfe an; eö
tt3ar, nebfi bem beim Sobfc^Iagc ju jol)«
lenben griebcnägelbe, rein an bie ©teile
ber ben ©d^ulbigen trcffenbeu Jricblofigteit
getreten. 5) ßäs war biefeö auc^ nid)t
etma nur in Sejici)ung auf bcn Sobfc^Iag
ber %aü, fonbern eine DJ^enge anberer
iDJiffettjaten fotlten nact) bcn gcfc^lid)en
SJeftimmungcn mit bcm SBcrgelbc, unb
jwar balb bcö 25erle|ten, balb beö ©(^ul=
bigen gebüßt werben, of)ne ta^ fic^ bafür,
Wann man t)ai eine ober anberc gcwät)lt
'i)Cit, eine fefte iRegcl auffinben lägt. 3"'
bem man bann biefcö SBcrgcIb aucf) oer=
»iclfac^tc unb teilte, war ea §u einem all*
gemeinen ©u^fo^ geworben.
SBeröJOlf, mt)b. werwolf uon afjb. wer
= Ü)Jann, alfo ÜJtannwolf, ift nad) einer
bei flaoififjcn, romanifcf)en, fcltifi^en unb
germanifd)cn Sölfern bcrrfi^enbcn 'iln=
fi^auung ein in einen Sffiolf ocrwanbeltcr
SRenfd); bie 5lnna^me ber SBolfägcftalt
Ijängt oon bem Überwerfen einc^ 2öoIf;
gürtelö ober 3BoIft)embö ab; wer btcfc^
anlegt, erfäf)rt Ummanblung unb barferjl
am jei)nten lag in menfd)Iic^c ®e|lalt
jurüdfcl;rcn; nac^ anbern Sagen mu^ er
brei, ftebcn ober neun Jage in bem SQBoIfö^
leib beljarrcn; mit bcm 'üuöfebcn nimmt
er jugteic^ SZBilb^cit unb beulen beö Sffiolfeö
an unb jerfieifc^t wäIbcrbur(^Preifenb *illleä,
Waö ibm in ben 2öcg Eommt. ^n ben
^eyenprojeffen fpieite biefer Qibergtaubc
eine gro§c iRoIIc, unb jwar war l)ier bie
gewöhnliche Qlnna^mc, bie 33erwanblung
werbe burc^ einen um ben ßeib gebunbnen
SRiemen bewirft; ber ©ürtei fei nur brei
ginger breit, unb aui ber .^aut eineö
9!JJcnfcf)en gefc^nitten. iBon natürlichen
üßölfen foü ein Sßcrwolf an feinem ab?
geflumpften ©d)Weif ju crfennen fein.
(Srimm, 5pRl)tf)oIogie 1048; ogl. 2eu =
buf^cr. Über bie Ißerwölfe unb Jicr^
Bcrwanblungcn im ÜJJittelalter. Serlin 1 850.
aSeffofirunnergcbct l)ei§t eine auä bem
8. ober 9. 3iil)tt)unbert Rammcnbe furje
beutfd^e 2)i($tung in aüitterierenben 3Seifen,
bie auö mef)rercn urfprünglic^ nict)t ju=
fammengeprcnbcn ©tücfen fompilicrt ifi.
S)er erfte au«i oier iJangüerfen befiebenbe
Seil ifi ber Singang eine^ ^eibnifcf)en,
urfprünglid) altfac^fifd)cn ®cC)icf)tcg oon
ber iffieltfdiöpfung; bie nier weitern SBcrfe
enthalten eine ci)viftlici)e ©d)ilbcrun9 oon
ber 2ßettfd)öpfung, unb ber ©d)lu| befielt
auö einem c^riftlic^en ®ebct. I)en ?iamen
£;at tai gragment bat)on, ia^ cö in bem
bairi|'d)en Älojier SBeffobrunn aufgcfunbcn
worben ifi.
SBcttcr^a^n auf bem ©lodcnturme fommt
fi^on im 10. 5at)r^unbert ju ©t. ©allen
t)or; er erinnert an bie Sßac^famfcit in
'Beobachtung ber fanonif(^cn ©tunben, ba
man t»or ber Srfinbung ber Uf)ren ben
*Jlnfang beei jjrübgottesbienficä nac^ bcm
^atincnfc^rei richtete, ©tatt beö ^a^neä
fommen auc^ ÄirAcnpatronc oor.
SSicIaub abb. Wiolant, angelfäd^f. Ve-
land, altnorb. Völundr ^ei^t ber ^elb
cinea auö mt)tt)ifc^er *Unfd)auung ^crüor«
gegangenen ©agenfreife^, beffen ^auptin-
balt folgcnber ijl : iHiefe iJBaba, ber ©ol)n
beä 2Bilfinus unb ber iDJcerfrau aBad)ilbe,
giebt feinen ©obn SBiclanb erfi bei üJJimc,
bann bei 3tt'ergcn in bie ße^re, bie itjn
jum funflreic^jlcn ©d)mieb mad}en. J)arauf
wo^nt er mit feinen Srübern (Sigil unb
©lagfibr eine Zeitlang in Ufbalir, wo ftc
brei ©c^wanjungfrauen finben unb mit
i^ncn jufammcnlebcn, biö biefe nad) fieben
3at)ren aU äöalfüren bauonfliegen. S)ann
fommt 2Bielanb ju .^önig 3?l^ung unb
beftegt im SBcttfampfc ben ©c^micb ?lmi=
liaö mit bcm ©d&werte 'DUmung. SJJibung
ld§t if)n Idfjmcn, aber 2Bietanb räc^t fxd),
inbcm er beö Äönigö beibe ©ö^ne tötet
unb feine loc^tcr cntet)rt; ii)r gemeinfamer
©oljn ifi ber .^clb SBittiÄ. S)ann cnt»
fliet)t er in einem Jebcrfleib. — 35ic ©agc
üom ©d)mieb 2Bielanb war im iKittelalter
weit verbreitet, wie u. a. oiele mit Jßie-
lanb jnfammengefe^te Ortsnamen bejcugcn.
Dagegen iji leibcr fein beutf^eö ©ebicftt
biefe« 3n^<iltc^ erhalten geblieben; blo§
48*
752
äßiftaloiö — 2ßiacf)nlm.
ein bcm 14. 3abrl)unDert ange^ötigc« ®e=
btd)t ^ricbttcf) 0 on ©c^maben etjä^It
^Mbctiteucr beä .petben, bic cigcntlid^ bics
jcnigen SBielanbö ftnb; unter bem 9?amcn
SBielanb, bci§t eö l^icr, ^abc jjrtebtic^ feine
(geliebte 5tngelbutg, ein balb geiftetbaftcä
SlBcfen, gcfurf)t unb fei ibm Hoffnung ge*
mad)t h)orbcn, an eirem be^immten Ort
feinen 2Bunfct) ju erreid)en. *}U« er bort
angelangt ij^, fte^t er bret Jauben ju einet
Duette fliegen, bie ftcf) barin baben nsoücn.
3nbeni ftc bie Srbc berüf)ren, tt)erbcn fte
JU Jungfrauen, beren eine 3lngelburg ilt.
©ic werfen i^re (Sewänber ah unb fpringen
in« SCßnffer. SBielanb, burc^ |)ülfe einer
äßurjel unfid)tfcar, nimmt if)nen bie Ätei=
bet weg. 5)arüber erheben bie 5D?öb(l)en
gro§eei "WefArei, aber SBielanb, ftc^tbar t)erä
»ortretenb, crflärt ftd) nur bann jur 3"=
tütfgübe ber Äleiber bereit, wenn eine baoon
il^n jum OWanne nehmen wolle. Sie ent*
fd)Iie§en ftcb enbli<^ unb übertaffen it)m
bie ilßübt. Worauf er bie geliebte 2tngel-
burg wäf)tt, bie mit greubcn ben ^tiebric^
ton Schwaben in ibm erblicft. iReid)er
fliegen bie Duellen ber JBielanböfage in
ber altnorbifct)en Öitteratur; bie SBöIun-
barquiba, ein |)elbenlieb ber alten ®bba
(fte^e unter bem Qlrtifel (5bba baö jwei-
unbjwanjigfte ?ieb ber .gielbenfage) , bem
übrigen^ nac^ SimrocE roal)rfcf)einlic^ ein
beutfcbeö fiieb jU ©runbe liegt erjäblt oon
Sffiielanb. 9io* beutlid)er liegt ber beutfd)e
Urfprung in ber'ßilfinas ober 53ilttna =
©age for, einem norbifc^en *13rofaroman,
ber um ba«i 3a^r 1300 auö ÜJJitteilungen
fäd)fifcftcr unb Weftfälifct)er ü)tdnner jufam=
mengeftcQt worben ift. 'Jhic^ bie Ji^iijofen
fannten bicSageoonIBielanb ober Galland,
wie er bei ihnen bei^t; ein franjöftfchcr
SHoman bicfe^ ©toffeö, *Partenopeuö unb
ÜWelior, würbe wal)rf^einltch oon Äonrab
ton üöürjburg unter bem Stamen Parti-
nopier unb Meliur inä iDeutfdbc übertragen.
SBtgaloiÖ f)eiit ein ber *Jlrtuöfage an=
gebörigeö t)öfif^cö Spoö bcö 2)ic^terö
2Birnt oon ® ra nenberg, ber baöfclbe,
ein 9'iacl)a^mer ^artmannö ton 5Uie, im
erften iBiertel beö 13. Sabr^unbettö nac^
einer unbefannten franjöftfcf)cn Duette be^
arbeitete. Gin unbcfanntet 9flitter, ber an
Qlrtus ^ofe erfd)eint, forbert bie ©enoffen
ber lafelrunbe auf, ibm einen Hßunber;
QÜrtel abjugewinnen; nad^bem alle unter;
legen ftnb , fül)rt er bed Äönigö IReffen
®'awein gefangen mit |ic^ fort, um i^n
mit feiner Dlic^te Flörie ju t>ermäl)Icn.
%U ®awein, nncbbcm er einen ®o^n ge«
jeugt, an 'Mrtuö ^of gurücfgefel)rt iü, fann
er ta, weil er ben jßunbergürtel nid^t mit*
genommen, hai fianb Plories nid)t wiebcr«
pnben. üJJit bem Oürtel nun jiefjt fein
Sobn !IßigaIoiö auf 2Ibenteuer auö, fommt
an '}lrtuö\g»of, wirb jum (Rittet gefd^lagen
unb f(J)lie§t mit feinem 55ater, o^ne ton
ihm gefannt ju werben, gifUttbfd^aft. ^m
•iDienffc Äönigö "Mrtuä beftegt er barauf
ben i^iint) ber Larie von Korntin, Roaz
von Gloys, fdmpft mit SRiefcn unb 5Drad^en
unb wirb ton einem in ^^tnn umge^enben
©ciftc, ben er erlöfi, übet feine JP)erEunft
unterricf)tet, worauf er fid) mit Larie ter*
mäI)U unb Äönig if)teö ?anbeö witb. yt)X
@ot)n bei§t li fort Gawanides, tiJim
51tentiure jwar in wälfdier ©prac^c auf«
gejeid^net, aber für beö beutfct)en 3)ichter*
ÄunP ju fct)Wer ftnb. Sielfadbe S8etra(^'
tungen erfjöben ben SBert ber fonj^ bütf«
tigen Stj^ablung.
aBtl^cIm boii Drleang ober ©ourlcn«
ift ein 1241 gebic^teteä ^öftfcf)eä (Spo^ be«
SJJubolf ton dm^, baö mit SBil^elm bem
(Eroberer beginnt unb mit ®ottfrieb ton
Souiüon aufbort; SBil^elm erfd)eint barin
al^ ein Jürft ton 33rabant (33outllon), ber
in lurnier unb ^rieg bie Äönigötoebter
unb tau Äönigtum in (Snglanb gewinnt.
JüBtl^cIntttcr beiden bie ÜJJön^e etncö
reformierten ©(>nebift^neror^enö, ton beffen
Stiftung wenig befannt ift. 2)cr ©rünber,
ein l)eiHget Jöilfielm, foH ftd) nac^ einem
auäfcbweifenbcn ßeben befebtt unb auf
ben iRat bcä «papfte^ Sugen III. alö (Sin«
ftebler in eine ÜBüftc ton Joöfana jurücf*
gcjogen ^ben. *31bet etfi im (Sebiete ton
©iena fanb et baö öbe fieinigc Zi)al, bai
et fu(t)te unb wo et ficfe 1155 ju einem
entfagungötoHen geben nicberlicR. 2>er
Ort, Stabalnm Rhodis, fpäter Malavalle
genannt, würbe bet Qluögangöpunft ton
(Stemiten« (Kongregationen bic jtd) na^
bem bl- ffiilbelm benannten unb ftdf) imi)
3talien, ©eutfc^Ianb, bie JJiebctlanbc unb
gtanfreid) terbreiteten. 2)et Drben war
nie bebeutenb.
Siüe^alnt bei^t ta^ le^tc bet btei bö«
fifdben (Spen JÖolftamö ton ©fcben«
bac^. 6ö gebort bem Äatolingifcfeen
©agenfreifc an unb ge^t wie bie übrigen
(Spen üßolframö auf ein fran^öftfc^eö 93uci)
jurücf, baö ber 2)ici)ter burc^ feinen ©ön«
net, ben Sangtofcn J^etmann ton I^ürins
gen, ett)alten batte. Slöitlebalm, (Staf ton
Orange in ©übfranfreic^ (eä ifl eigentlich
ber ^eilige aBill)eIm, ®raf SCßilbelm ton
Qlquitanien, ber 793 gegen bic ©arasencn
SÜBiafomm — asitree.
753
fod^t, unb obglcid) bcfiegt, tai iBorbringcn
ber g^einbe ^emmte), ber Bafaü ßublrig
bcö ^"^ommen, tiHU in bie ©cfangcnfi^üft
bea ^cibcnfönigö Serramer (b. i, li rois
d'ontre mer, ber Äönig Don Jenfcit« bcö
ÜKccte^) geraten, tüar aber oon ber ju if)m
in Siebe entbrannten unb üon i^m in ber
®efangenfi$aft jum S^riftentum befetjrten
2;o(J)tcr bcö Äönigö 5lrabel, ber (Semablin
beä Äöniöö ipbalt, befreit luorbcn unb
mit i^r äuiiicf^cEeljrt. ^nx SRac^e für biefe
5lf)at fallen nun ber 33atcr unb ber ©e-
mabi llrabelö ober, mie biefe feit ber Saufe
l^ei§t, (Spburcö, in SBiüetialmö ßanb ein;
mit ber iBefdjreibung ber erftcn ©c^Iacfet
auf bem ^elbe pon ^llifcEianj beginnt baö
©ebicbt; 2ßi(lel)alm ft)ivb gcfdjiagen unb
cntfd)Iiept fid} beöfialb, [xä) an ben ^of
nai) Drlanö ju begeben, um bei Üoi;^
(öubmig ber fromme), ber feine Sd^mefier
jur 6^e l)at, ^ilfe ju fucf)en. SOtit bem
^ilfs^eer, in bem fxd^ namentlich) aud^ ber
furd&tbar ftarfe knappe SRenneroart befinbet,
trifft er »or bem »on ben Reiben bclager«
tcn Drange ein. 2)ie (5ntfd)eibung0fd)tac^t
wirb ^auptfadjlic;^ burd) SRenneWartä iapfer*
!eit, ber fic^ übrigen^ alö ber einjige, aU
ttcineä Äinb fd)on entfül;rte 93ruber ber
®r)burc tierauöfieüt, juOunften berS^riften
geroenbct; tod) wirb nac^ berSd)la(^t SRen«
ncrcart »ermißt, morauf aSitle^alm gegen
iai iBerfpred)en, il^m bie ^tuölieferung feinet
|)elben 5U bemirfen, 25 gefangene beib=
nifd)e gür[len freilägt, ©amit fd)Iie§t ba^
®eöid)t, bcffen SBeiterfü^rung Wül)rf($ein=
lid) burc^ tii 2)ic|iterä Job uer^inbert
njurbe. 2ßie iZßolframä liturel, fo i)at
aud) fein SBille^alm, ben bie 3fitgenoffen
fe^r l)oc^ fd}ä^ten, Don jungem I)id)tern
©rgänjungen erfal;rcn, unb jmar tt)urben
fott)of)l bie *Borgefd}i($te alä ber fd&einbar
fel)lenbe ®d)lu§ tiinjugebic^tet. S>ie (Sr*
gänjung beä ©c^luffeö unternahm Ulrid^
Bon Surf) ei m ani ber ®egenb uon
Qlugöburg um 1242. 3)aö ®ebid)t ifi nod}
ungebrudt; Sßiüctjalm unb ®t)burc get)en
barin fd)lie§lic^ inö Älofter. 2)ie (Srgän=
jung ber a3orgefd)idbte rüt)rt oon Ulrich
con bem Stürlin, einem färnt^ifc^en
SDic^tcr, ^er, ber im 5Dienfie Äönig Otto;
farö »on Söfimen (1253 — 78) arbeitete.
Qluc^ biefe^ ®ebic^t ifi biö je^t ungebrucft.
SBittforam ^ie§en bie großen !PofaIe
ober fannenartigen pumpen, bie auf ber
ffliUfommfiube ber 3ünfte jum ©mpfang
ber ®äjle geleert würben, ©ic Ijatten mit
2lnlc^nung an t>ai ®ett3erbe ber betreffen;
ben 3unft bcrfd^icbenc Jotnien, bie eine'g
©d)iffeö, eineä ^uki, eine^ ©tiefelö, eine
Sonne ober Äauone 2c.
SaStnööeÖE uiib 2Bin3beöiii (ber unb bie)
beigen jioei ber guten l)öfifd)en 3eit an»
gebörenbc ßebrgebii^te in Propl)ifc^er ^orm,
morin ein iBater bem So^ne unb eine
SOlutter ber Sodjter Untermeifungen in
allen Sugenben beä abeli(^en Sebenö geben.
Db ber Dtame „ber SBinöbecfe" auf ben
3)id)ter ober auf ben St)arafter be« ©e«
bid)tes geben fotl, ift nid)t auägcmad)t;
einige ^anbfi^riften baben bie Ü^Jamcn des
vater unb der muoter lere, 23eibe ®e=
bid)te geboren ju ben au^gejeicbnetften beö
iDJittelalterä. ?luägabe con |)aupt, ßeipjig
1845.
SßitüJC, got. viduvö, altfäd)f. widua,
al)b. witawä, mfjb. witewe, witwe, fommt
pon bem gleid)bcbeutenben lat. vidaa, b. ^.
bie (beä ©alten) beraubte. 9tad) altbeut;
fcbem !Red)t mugte bie finberlofe Söitme
aläbalb nad) bem lobe beö ÜRanneö unb
nad)bem fie in ben Sep^ hd H)x red)tlidb
3uEommenben gefegt mar, 'i>ai ®ut ibrel
*JU}anne« uerlaffen, hai feine näcb(len ißer*
manbten in 23efi^ nabmen; bloö menn fie
ficb nad) üorangcgangener Unfru(^tbarfeit
beim Sobe beö iÖJanne^ für fd^manger er*
Härte, burfte fte biö jur @ntfd)eibung ber
iRid)tigEeit ibter Eingabe im ^aufc bleiben.
Sßaren aber .ßinber porbanben, fo blieb
bie 2Bitmc bei biefen, fübrte iai -^auö*
mefen fort unb ftanb babei unter ber
3!Runbfcbaft betg näd)ften ©^mertmagen
iifxtx Äinber; im anbern ^aüe fam fie
unter ben ®^u^ ibrer nä(^ften angebornen
Sermanbten jurüd. 3n ber älteften, üor=
biftorifdben ^nt folgte bie aöitme bem
©alten in ben Job; fo iSrl)nl)ilb bem
©igurb in ber norbifdben Sage; eö ifi ein
uralter aud) bei ben 3n^fr"- Jbi^afern,
©riecben unb ®lat>en befannter Sraudb,
bem bie 5luffaffung ber %xaü aU eine*
(gigentumeö beö SÖIanne^ ju ®runbe liegt,
tai gleid) $ferb unb Änecbten mit ibm
fterben mup. 2luf biefe *Periobe folgte
biejenige, in ber jmar bie ÜBitme fort«
lebte, ftcb aber ni(^t mieber iiermöblen
burfte; Sacituö bezeugt fie ®ermania 19.
jDie nacb ber Söölfermanberung aufgefieüten
25olföredbte ge|latten l)inmieberum bie iZBie«
bcrferbeiratung ber SBitme; bocb erbielt
{xä), uon ber äixd)i untcrfiü^t, nocb lange
eine gemiffe Qlbneigung gegen eine Sffiiebers
uerbeiratung ber »^rau; tai jeigt j. 'S.
ber in einigen 6täbten für 2öittt>entrau*
ungen bejlimmte, fonjl oermiebene !Dlitt=
mocb; unb eö ifi nidbt unma^rf^einli^,
754
aiöodbcntngc.
ta% bic Äa^enmufif »on bcm ^öncn=
lärm bei bcrartigen 23erIo6uncien ober
iSrautläufen ibrert Urf^jnmg gmommen
^at. Um äu rafcfjer ÜBicbetPer^eiratung
©c^ranfen ju fe^en, gebot bie Äir^e
ttienigflenö ein 5a^r trauernber (5ntbalt=
famfeit , lüaö aber feiten inne gebalten
würbe. 2B e i n ^ 0 I b , beutfdbe grauen.
5tbfcbnitt Vn.
SBoi^entagc. 2)a§ bie 2Bo(f)e, b. i. ber
3eitab[ct)nttt ton *DJonbt>ierteI ju 5D?onb=
fiertel, ben alten ©ermancn fd)on üor ber
einfübrung beö S^iiflentuniö befannt tttar,
jeigt fcbon ber beutfcbe 9kme bafür, got.
viko, a^h. wehhä, m{)b. woche unb wnche,
ttielcbcö SBort mit »eidjen unb SBecbfel,
aud^ mit lat. vicis =: 9[Bed)feI certtJanbt
ifi unb foriiel als 3fit*^^^[ft (OJ^onbs
tt)ecf)fel) bebeutet. 2)0(^ fi^eint bei 93e=
nennung ber SBocbentage, ebenfalls fc^on
t)or 6infüf)rung bes ßbtiftentumä, römi=
fcber ®inf(u§, üieüeicbt über Oatlien i)tx,
gewaltet ju ^aben. 23on ben urfprüngtid)
h3at)rfd)einlicf) ägt)pti[c^cn unb um ben
€c^Iu§ beö 2. 3abtbunbert« bei ben Diö=
mern üöüig eingebürgerten aftrologifcfcen
Dtamen ber fieben SIBodientage mürben bie
für Sonntag unb SDJontag beibc£)alten, bie
übrigen aber burd) bie 9^amen ber ent=
fpred&enben gcrmanifcben ©ott^eiten bc=
jeic^net T>em römifcfeen Mars entfpradi
ber beutfdie Ziu ober Er, baber abb.
Ziestac, b. i. Ziwestac, oberbeutfd)
3ijiig, bairifd) ©rtag, ©rcbtag, (äritag.
'S^Jerfur würbe mit Sffioban übertragen,
bafier burc^ alle niebcrbeutfdjcn unb nor=
bifc^en (Sprayen bis beute ber lag Ga-
destag, Gudenstag, niebert. Woensdach,
angelf. Vodenes däg, engl. Wednes dag,
altnorbifcb Odhinsdago, fd)Webifd) unb
bänifcb Onsdag f)ei§t, beffen a(tbeutfd)er
Dtame Wodanes tag gelautet b^ben wirb,
wd^renb in Dbeibeutfcftlanb [xi) früf) ein
abpracteö, bie mittawecha, fpater ber mitt-
woche, mit ergänjenb f)injuge&acbtcm Sag
jeigte, biö je^t nicbt »or bem 10. ^al>X'
^unbcrt nac^gewiefcn. Dies Jovis würbe
überaß jum lag beä ©onar, abb. To-
niris tac, mbb. doners-, donres-, dunres-
tac, engl, thursdag, altnorb. thorsdagr,
f(^webifd) unb bdnifd) torsdag. Dies
Veneris würbe jum Sag ber Fria, nor«
bifcö Frigg, ber ®emat)lin SBobanö, unb
nlc^t, wie man frütjer annal)m, ber ®öttin
ber Siebe unb grucbtbarfeit; bcnn nad) ibr,
ber altnorb. Freyja, abb. Frouwä benannt,
würbe ber lag nic^t friatac fonbern fron-
wüntac I)eigen muffen. 53cim legten
3Bod)entagc geben bie germanifdien ®pra=
dien wieber aueeinanber; Den dies Sa-
tttrni bewafirte tai 9Jieberlänbifd)e, 91n«
gelfä^ftf(ie, Snglifcbe unb SIBefifälifd^e
(Satersdag) , wät)renb fid^ im [Rorben ein
laDgardagr, b. i. Sabetag, fefife^te, unb
in Dberbeutfcblanb bie Dramen Samftag
ober ©onnabenb; tai le^terc 9Bort
i)tx^t abb. der sunnün äband, m\)h. der
sunnen äbent unb „Ia§t bie ©onne an bem
Sorabenb beä i^r geweiften Sageö, tti
Sonntage«, aU jur iRu^e ge^enb erfcfcet*
nen, um bann an biefem, bem crßen ber
^otbi, gleicftfam mit i^rem Saufe neu ju
beginnen." S)er ©amftag hingegen, al)b,
sambaztac unb samiztac, mbb. samtez-,
samez-, samztac neben sames-, samis-,
samstac, franj. samedi, ifl bem lat. sabbati
dies entfprungen. ®cmd^ itjren alt^cib*
nifd)en Patronen ^aben bie Jßocftentagc,
nur etwaä umgebilbet burcb d)rifllic^e, bc«
fonbere! römif(^5fatboIif(^e Sinriditungen,
t>ielfacb i^re alten Sejie^ungen erl)alten.
5lügemcin gilt ber ©onntag al^ glüct«
lidb^i^ 2;ag unb Wirb ba^er bcfonberö ju
Trauungen gewäblt; ©onntagöfinbcr finb
©lüdefinbcr unb fönnen, wie ber Sonne
nid)ts unncrborgen i|!, Dielet anbcrn SUJen*
fdien verborgene feben unb erfennen. S)er
ÜJJontag übernimmt ebcnfo bieSebeutung
beö ÜJ^onbeei, ber mit ber 3?ad)t, ber 23ers
änbcrlic^feit, ber ©unfcl^eit tierwanbt iji;
er ifi alfo mcift ein Ünglücfetag; am
ÜJJontag barf man nicbtö unterncfjmcn,
voai bauernb fein foll, nid)t 2Bäfc^c
wafcben, in feine neue Sffiobnung ),}ii)in,
nid)t .£)od)jeit machen, bieSrnte beginnen,
einen S>ienfi ober eine SReife. antreten u.
bgl. 3"fofern aber ber SD^onb, bei fafi
aUen 33ölfern, aU görberer ber ^rud)tbar=
feit gilt, befonberö alö iiunef)menber, ifi ber
ÜJJontag günfiig für aÜeö rvai wad)fen
fotl, alfo jum pflanjcn. I)er 2)ienfiag,
ein^ bem ®ott beö Äriegeö, beö Scibwerteö
unb beö ®erid)teö geheiligt, ifi wid)tig für
®crid)tö= unb SSertragefadben , baf)er er
aucb früber dingstac, b. b- ©cri^t^tag,
genannt würbe; ba^cr er aud) für 'Irauun«
gen unb jum eintreten eince S)ienficä günfiig
gea(%tet wirb. 2)er SO? i 1 1 w o d> , bem ® ott
beö Sturmeö unb Ungewitterö ge^örenb,
ifi ein Unglüdetag; am ^Ibcnb faf)ren bic
J^cyen auö, nicbtö waä oon ®auct fein
foti, barf angefangen werben; getraut wer*
ben an biefem Sage nur gefallene ÜWdb*
d)en unb Sffiitwen. 23or allen anbern lagen
unbeilüotl ifi ber SDonnerfiag; mancl)c
5lrbett ifi unterfagt, weil ber Sag ein ^eib*
Jßoban.
755
nifd^cr iJefitag war: fein ^olf^ batf ge«
I)aucn, hin Tli^ auß9efül)rt, abenb« nic^t
gcfponncn ttjerbcn; man mu§ fotgfattig
allen 3''"^^i^f^"l beobaditen, benn bic
^ticm galten Umjug. Sofern ®onar auc^
®ott ber re(f)tlid)en Orbnung ifi unb burd)
feinen Jammer ®efc& unb *8etttag fcf^igt,
ifi ber 2)onnerflag früljet, jum Seil aud)
je^t noc^ ®eri^t«stag. ®er ^teitag ijt
ber ücr^angniöDoüftc 2ßod)cntag; je nad)=
bem aber bie ^eibnifc^e ober bie d)rifilid)e
Überlieferung überttjiegt, gilt er alö ber
glücflic^fte ober, aber fcltener, al^ ber un^
gUtdlid)fie Sag. Sr eignet fid) cor allem
ju |)od)jeiten; ^reitagöfinber, am Sonn«
tag getauft, gelten ben «Sonntagöfinbern
gleid). ®er ©onnabenb gel)örte tt)al)r*
fd^einli* bem Fro ; an biefem Sag foü bie
@onnc fdjeinen, nsenn auc^ nur ju i)JHttag
brei QWinuten lang; benn bie HKutter
©otte^ reill i()r^emb trodnen. Qlm^tbenb
barf nic&t gefponnen njerben; benn rttaö
man ta fpinnt, ttiitb in ber *JJad)t njieber
rterborben ober njeggenommen. Orimm,
SD?t)tl)ologie 111; S'i^e'^ in ©'^f* ""^
©ruber, Qlrt. ©ermanicn, ©eite 373;
ffiuttfe, SBolfäabevglaube, § 66—72.
SBobait (at)b. Wuotan, agf. Vöden,
oltnorb. Odhinn) obevfiev ®ott ber ger^
manifd)en SDölfer. S)ie JRömer glaubten
in Slßoban il)rcn SRerfur mieber ^u erfen=
ncn. ^m ^ratijöfifc^cn iji ^er Söhttwod)
bem SOfierfur gett>eit)t Mercredi, im (5ng=
lifd)en aber bem SBoban Wednesday,
nieberl. Woensdag, mefifälifc^ Gudens-
dag. S)er yiamt t)ängt jufammen mit
bem al)b. 93erb watan, praet. wuot, unfer
„tt>aten", beffen urfprünglidje Sebeutung
„bur^bringen" ttiar, unb fo bejeid}net
benn ber 3?ame SIBoban, ftie ber ©ott bei
ben 5lltfad)fen {)ic^, bog aüburdibrtngcnbc
2ßefen, bie at(burd)bringenbe fcfcaffenbe unb
bilbenbe .^raft. 95on watan ift aber aud)
unfer „2But" abgeleitet, unb fo tritt un^
benn juerfl SBoban entgegen aU iöcrtreter
beö alle0burd)bringenben Slementeö, ber
ßuft, bic aufgeregt, ober bilbli^ gefproc^cn,
in 2ßut »eifert, ^um Sturme wirb. QUö
(Sturmgott reitet SBoban auf mild)'
h)ei|cm *Pferbe, in einen ireiten blauen
flcdigen SlJlantel gebüQt unb mit einem
breitfämpigen ^ute bebedt entmeber allein
ober an ber Spi^e ber roilben 3agb
unb bc^ roütenben ^cereä bur* bie
öüfte. I)er ©laube an bic milbc Sngb, bie
tt)ic baö wütcnbc ^cer auö ben al«S ^uft-
^aud) bem ßcic^nam entpie^cnben Seelen
ber SDcrfiorbcncn befielt, gcprt bem 3lbX'
ben S)eutfd)lanb^ an, mätjrcnb bie 33or»
fieHung be^ mütcnben ^eereö in Süb»
beutfd)lanb nolEsitümlic^ if!. S)er 2B6bc
jage, ^ei§t e« in *Commern, 9!JJedIenburg
unb ^olflein, ber Sffioejagcr in .^annoDer,
ber SJBöinjäger jiclje um in Dlbenburg,
wenn ber Sturm burc^ ben Jßalb tofi. S)er
tt)cite ÜJlantel f)at bem ®ott in einem Seile
SBefip^alenö, im ^»arj unb im Sf)ürtnger*
n>alb ben iJlamen „^adelbärenb" ober
„^adelberg" b. t). „üJJantelträger", t>er«
fc^afft, tt)äf)renb er mieber in anbern ©egcn^
ben 9?orbbeutf(^lanb^ wegen feinet meißen
3floffe0 „S^immelreiter" genannt ttiirb.
(Sine (Sule, Suturfel mit SJJamcn, fliegt
bem 3ufl£ »oran , iRaben unb .giunbe mit
ßid)tern folgen i^m. 9iur menn man fid)
platt auf ben ißoben mirft mit bem 51n*
geftd)t, fann man fid) cor bem ODtitgeriffcn*
«erben l)üten. Sd)aut man jum Jenfier
f)inau«! beim ^erannat)en ber milben 5agb,
fo erhält man einen betäubenben Sd)lag,
ober mirb blinb, ober ttja^nftnnig. 2Bo
2öoban fein iHo§ »eibet, ia »inbet eö fort«
mäbrenb. *Jluf beftimmten SBegcn raji bic
tttilbc 3agb ba^in, befonberö gern burc^
Käufer unb Scheunen, in benen jroei ober
brei St)ürcn l)intercinanber liegen. Set
fold)en S)urd)jügen fommt eö oft üor, ia^
ber nnlbe 309«^ einen feiner ^unbe, mcl^e
feine Äinber ober Seelen »on Söferoic^tern
ftnb, im ^aufe jurüdlä^t unb überö '^a\)x
micber abholt. S)er gcuer^erb i(l bic
2Bot)njtätte beö ^unbeö, 5(fd}e feine Vtai)»
rung. So jagt Sffioban mit feinen ^unben,
benen fic^ oft noc^ eine auö Soten gebilbetc
Sd)ar anfdilicft, entmebcr einem Sbcr,
ober einem $ferbe ober einem geificrliaften
iffieibe nad) , baö er enblid) nad) fieben
3al)ren eint)oIt unb cor fid) t)in quer aufö
SRo§ legt. 5n SWitteIbeutfd)lanb aber unb
Sirol »erfolgt bie wilbe Jagb bie foge=
nannten ü«006tt)eibd)en, ßo^jungfern, ^olj«
frciulein, melc&e bie *perfonififationen bcä
öaubwerfeö ftnb unb bem ßanbmann bei
feiner 51rbeit bclfenb jur Seite jlcben.
2Ber aufgeforbert in ben 3agbruf beö 2ßobc
unb feiner ©enoffen einftimmt, bem fc^enft
er eine ^ferbefeule, bic ftc^ in ®olb üer=
»anbelt, mer aber pbnt auf ben milben
3äger, bem l)eftet er auf ben SRücten ober
an tai ^aui einen nad) Sd)mcfet fünfen*
ben *Pferbefc^cnfcI, ber nid)t mel)r ju cnt*
fernen ifi.
2>aci ttjütcnbc ^ecr iji baöfelbc tüte
bic »ilbe ^ao,i> , nur iji cä eben feine
3agb , b. i). feine Verfolgung irgenb
eine« 2Bilbe«. Die »crfd)iebenen 9?amcn
756
iZöoban.
©ucni^ |iecr gc^cn auf bie ^otni 2Buo«
tanö ^cer jurücf , wäftrenb reiebet in
anbcrn ©cgenben bie uni)eimUc[)e @rfd)ei-
nung unter ben Sejeid^nungen: „tai
fHaä)tt)olt" , „UJacötgejäge", ober „bie wilbe
5af)rc" befannt ij?. 5tlä ein 3^3 "^^n
©eifiern in menfdilicier ©eftalt, mand)=
mal in einer großen fc[)ttiarjen Äut[d)e
fi^enb , braufi bas wütenbc .^eer bat)er
unter bejaubernbem ®efang unb »unber*
bar fd^öner SWufifbegleitung. SBefic bem,
ber bem Sffiarnung^ruf beä >3orau0f($reiten=
ben ÜRanne« ni($t ge^orc^t unb ftd) nicf)t
platt auf bie ®rbe »irft. Sntmeber muf
er mit rafen ober h)irb geblenbet ober
fcineä ^aupteö beraubt, ^m Sernerober=
lanb, ©raubünbcn unb SBalliö erfc^eint
tai mütenbc ^cer ali JJaÄtoolf, ioten«
öotf ober lotenfcßar, «elcfieö mit bem
Jobe an ber ®pi|e bie Sei^name berer
herumträgt, bie balb ficrben muffen, unb
fo tai Eintreten einee Sobeefaüeß ter*
fünben. Älopft tai DJac^tooIf an eine
I^üre, fo mu§ mitjiefjen ober fterben,
mer ibm anthjortet.
SDiefc Sagen beruf)en atle nuf ?iatur«
Dorgängen. iöor bem ©turmwinb wirft
man ftd^ auf ben 33oben, um nid)t mit»
geriffen ju Serben. 2Bie bie ȟbe 3agb,
fo jiefit aud) ber üßinb bcfonberö t)eftig
burd) f)intercinanberliegcnbe Xbüren unb
^enfier. S)urd) ben Äamin t)eult ber SBinb
unb mirbelt bie ?ifc^e bea ^eröes auf, auf
ber 5«u«Pflttc hjinfcU unb t)eult aber ber
©age nad) aud) SBoban^ |)unb unb fri§t
Otfcle. ffiobanö SWantel ifi ber ^immel,
fein ^ut bie SBoIfe. S)er ®turm»inb
fd]cu(i)t bie SBolfen cor fic^ ^er, ber milbe
3ag'er t>a^ iRo§, ben ©ber ober bie ©eifier»
Jungfrau. 3?er ßuftjug ttiet)t iai Saub
»on ben Säumen, tt)ic SBoban^ ^eer bie
SBalbgenien mit fid) rei^t. S)er 33Ii| iji
e^, ber aU fcfcweflige *Pferbefcule ben
Spötter trifft. i)ic milbe Jagb, tok hai
Wütenbe ^ecr werben begleitet üon Sli^,
SDonner unb iRegcn. SDie fdjmarje ©e»
tt)ittermolfe ijl bie ©eijlerfutfdfee, ber 2)on=
ncr it)r SRoIlen. 9)iet)rfad) fe^rt bie Sage
tt)ieber, ha^ (Seifier beö »ütenbcn ^eereö
eine ^ui) fcf)lac^teten unb oerjeljrten, bie
fie bann aus ber abgejogenen |)aut roieber
erneuten unb inö Ceben jurücfriefen. ©ö
ift bie SBolfe alä Auf) geb(id)t, ton ber bie
SGßinbgeifier bie Seele ^ebrcn, inbem fte ben
iRegcn berfelben auf bie (ärbe gießen. SRur
ein fleinc« SBölt^en, bie ^aut, bleibt
übrig unb auö bicfer erfie^t unb wä^fi
bie Äut), mie fie war, ju neuem ßeben. —
3m Saufe ber 3«it tftJt an bie Stelle beä
ffioban aU llnfübrer beö wilben ^eered
ein ^elb ber beutfc^en SSorseit, fo in ber
Sauft^ unb in Qlltenburg S)ietric^ üon
!Bern, in ©c^leämig lierjog 5lbel, ber feinen
©ruber ermorben lie|. 2)oct) nid^t nur
ÜDeutfcf)lanb fennt bie wilbe ^ao^t unb baä
wütenbe |)eer. 3n granfreicfe fpuft fte
unter ben ?iamen: Chasse Herode, Chasse
de Cain, Chasse Macliabee, Chasse da
diable, Chasse galerie, Chasse gayere,
Chasse briguet. ^i)u 5lnfül)rer finb, wie
teil« ibre Stamen anbeuten, ^erobe« unb
Äain, bann in ber ®egcnb Pon Jourö
|)ugo Äapet, an anbern Drten St. ^ubcrt
unb St. @u^ad)iue. Selbjl ber.^önig ber
2;afelrunbe 'Jlrtuö würbe jum wilben Säger
gema(^t. ^n (Snglanb wirb bie wilbc
3agb nac^ beren ?lnfü^rcr Äönig ^erla
Herlathing genannt.
5luö ber wilben ^a^b ober bem wüten«
ben ^eere entwidelten ftdb aHmä^lic^ an«
bere Sagen. So würbe SBoban, ber an
ber Spi^e feiner ©enoffcn hai aUeä in 93e*
wegung fe^cnbe ©turmlicb fingt, jum
funftfertigen Spielmann, wie er un^
alä [Rattenfänger oon Hameln in ber po=
pulärften Sffieife entgegentritt, ©inen üiel
ebleren ©fjarafter t)at 2Boban in ber ®e«
jialt beö alles bejaubernben Sönger^ ^o*
rant, ber namcntlid) in ber Äubrun bei
ber (Sntfül)rung ber irifc^en Äönigsto^ter
^ilbe eine grofe iRolle fpicU.
ytabm ber ^eibnifct)en 2luffafung ju
Jolge bie wilbe ^a%t> alle Seelen mit, fo
befc^ränfte iiai^ ßl^rifientum bie Slufna^me
baburd), i>a^ ft« blo^ au« ben (Seificrn
oon *3euten beftet)enb gebad)t würbe, bie
Sonntagä unb fflerftagö gejagt, tai ßanb*
oolf burc^ 5rot)nfned)te jur Ireibba^ ge=
trieben unb in ibrer wilben öuji felbfl
ber Saaten unb beö Sc^weifeeö ber Sauern
nic^t gcfd)oni l)ätten. I)arum trügen fte
jur Strafe bie Äöpfe unter bem ?lrm unb
ritten auf (Hoffen oi)ne Äopf.
511« bie beutfd)e 9U?t)t|)ologic einen
immer friegerif(^eren Sl)arafter annabm,
fo ging bicfer aud) auf bie wilbe ^a^b
über, weld)e au« im .Kampfe gefallenen
gelben nunmeljt jufammengefe^t war unb
burc^ i^r ©rfc^eincn ben ^uebrud^ eine«
Äriegeö »erfünbete. L'armee furieuse f)eipt
in ^ranlreid) ber Spuf. 3"! Dbenwalb ifi
ber burc6 Sd)effelö Gaudeamas fo populär
geworbene SRobenfieinerber iUnfü^rer
biefer wilben Sd)aren, weld)e, fo oft feinb=
lid)e 93ölfer eä wagen ben (R^ein ju über«
aßoban.
757
fd)reiten, a\xibxt<i)m au« bem ©^neUertö«
berge unb i^nen entgegentreten unb erft
tt)ieber in ben S3erg jurüdjicf)en, wenn bic
fremben €olbaten über ben %{u^ jurüds
gegangen fmb. 3« Dbert)effen ip iin bic
©teile 2Boban« fogar ein ^elb ber neuern
3eit i?arl V. getreten, ber auc^ beim ^eran«
nüben eineö Äriegeö mit feinem ®efolge
feine Serg^eimat ücrtä^t.
^u^ ben 2Bolfen quiüt ber Segen,
firömt ber SRegen. *2lU(ä) 2Boban mit fci=
neni »üben J^ecre h)irb fo jum Dtegen«
gott, jum Sefruc^ter ber ©aaten,
tt)eld)cm ton ben frommen ßanbicuten
Opfer bargebrac^t merben. S)iefer i)t\t)'
nifd^e (Sebraud) betrfdjte noch im »origen
3a^rt)unbcrt in iDJecflenburg, roo bei ber
tRoggenernte cim 6nbe eineö febcn %di>ci
ein Streif (Setreibe unabgemäbt blieb, mit
ben ©arben jufammengeflod)ten unb mit
Sier befprcngt »»utbe. 2)Jit entblößten
Häuptern baten bann bie Sauern 3B6ba
um eine gute (Srntc für'ö näd)fic 2a\)x.
(Sin tibnlid^eä Opfer mar nod^ im Qlnfang
biefeö 3iJf)i-f)U"i^fitö i" 8ippes®d)aumburg
übli(^ unb nod) beute t)ei§t in <peffen bie
le^te (Sarbe „Sffiaulroggcn". 3n iöaiern
»Durbc SBoban alä (Srntegott unter bem
fRamen Oanötüalb, Uanörtjalb, 5letDalb
ober Oömalb tere^rt.
2ßar SBoban einmal ©turm^, Sßoifcn*
unb SRegcngott, rourbe hai Gelingen ober
SOiißUngen ber Srnte alä t>on ibm ab«
gängig betrachtet, fo lag eö nabe il)n über^
$oupt ^um (Sott beö ^immelö unb ber
Suftregionen ju ma<^en. (Sr ift aU
fold^er einäugig; benn bie ©onne ijl fein
21uge, hau ©ternbilb bce! großen Scircn
fein 2Bagen, auf n)elct)em er bic Soten in
iai ©eelcnreicb fül)rt. Da ftd) 2Boban
jc^t ju einem ^immclögott, ,;u einem mil=
l>tn unb fcgenfpenbenbcn 2Befen erI)oben
l)atte, fo mürben feine frü!^eren äerflörcns
ben Söirfungen alö ©turmgott einem (aber,
bem fogenannten „Söinbeber" äugef^ricben,
mit melcbcm SBoban fämpft. J)er @ott
befiegt baö Untier, fiirbt bann aber felbjl;
ber milbc fegncnbc (Sott, melcbcr tit golbnc
^ruc^t beö 5lcfcrö fpenbet, erfcbicn aU ein
fommcriidjer, mit feinem 2;obe ober 3}er=
fd^minben machte er bem froftigen Sßinter
5pia^. 3m aSolfenbergc, in ber 2Bolten=
bürg, meiere bann gefdjloffen ifi unb nicf)t
befrucbtenben SRegen, fonbern nur ciftgen
©d^nee jur ®rbe fenbet, träumt er mit
feinem ganjen ^eere bem 55i^"blin9 «"t*
gegen. 2Die aU rt»ilber 3äget, fo ging al^
©d^Iafenber äßoban in bic ©eftaltcn oon
ßieblingsbelben tei bcutfd^en 95olfed übet,
^aifer Äarl ber ®roBe fdbläft im 2)efcn-
berge bei Harburg, in ber 93urg ^crftaüa
an ber 2Befer, in ber Äarlcburg bei Ööbr
im ©peffart, im irautberg unb 2)onncra=
berg in ber $falj. Otto ber (Sroße fr^t
i'cr^aubert im Älppäufer. ©päter trat
an ©teüe Ottoa ?5"«^"d) Sarbaroffa,
ber fd)Iafen muß, fo lange bic 3taben um
bie SBurg herumfliegen. 3" ©cbottlanb
träumt Äönig 5trtu0 mit feiner lafelrunbe
in ben ^ügeln non Alderley Edge. *Rac^
einer anbetn ©age irrt SBoban fieben
3al)rc, melcbe bie fieben ffiintcrmonatc be=
beuten, ale ein iöetbanntcr ^crum, fern
oon feiner (Sattin, um bic ber Blaffe,
mintcrlic^e 2Boban mirbt. 'Olado 5lblauf
ber fteben ^at)u refpettiiie fieben Sionate
aber fommt er jurüdf, uertreibt feinen iRc=
benbut)lct unb ermccft an ber ©eite feiner
(Semablin alle« »ieber ju neuem 2eben.
SBieber in einer anbern ^'iffung beißt i^,
ber ipimmclagott jage fieben S^ibrc feinem
2Beibc nad), ber 333olfengiJttin, meld)e oer«
jaubert il)m untreu gemorben. (5« ift bicä
bic gcifierl;afte 3u"9fraU' weldie fcbon
oben als Don ber roilbcn S^^Sb fcrfolgt
ermäl)nt rourbe.
iöom 21. ©cjember ber aBintcrfonnens
menbc an werben bie Jage roieber länger
unb biee betrad)tcte man aU eine iBot«
bebcutung für bie Sßiebcrfebr be« %xüb'
liugä unb ©ommere. ®ie auf hai 2ßintcr=
folfiij folgenbcn „jmölf i}Md)te", in (ängs
lanb unter bem SfJameu Twelf Nights
wol)t befannt , gelten in 'Scjug auf i)cii
JÖetter rorbcbeutenb für ba« folgenbc 3^ibr.
Die (Seither ber SBctfiorbcnen ftcigen m
bicfer 3eit jur (Srbe niebcr unb manbeln
unter ben ©terblicbcn. 25ic mütenbc 3»iäb
burd)toft bae ianb. »DUt ben Iknftorbenen
mifd)en fid) aud; bic (Sötter unter bie
31Rcnfd)en unb netlangenSeretjrung. Jpeilige
Jeuer loben auf ben Sergen jur (Sbre
aöobanö. 3" ben Dörfern aber mürben
bic Ji^ultuögebräucbc bramatifd) bargcjtctlt.
9tod) je^t repräfcntiert in Sraunfcbmeig,
<5d)lcftcn, ©d)maben unb aud) in Sng«
lanb ber fogcnannte „©d)inimelrciter" ober
i>aii Woodenhorse , Hobbyhorse ben auf
weißem !Roß baberbraufcnben Sßoban. 3"
feiner (Sefeüfc^aft fmb oft ein ©d^mieb,
ber ben (SDct)immel befctjUigt, ein 93är,
melden ein in Srbfenfirot) gcbülltcr Surfte
fpielt, an beffen ©teile in Ufebom ber Älap*
pcrbod, in ©ct)meben. ber Julebock, m
ObcrfieicrmarE bie ^abetgaiö tritt. Oft
aud) folgt bem ©(^immclreiter ^anä (Rups
758
2öoban.
led^t ober Änccf)tSRuprecf)t, ireldficr ficf)
ja jc^t nod) nicf)t nur auf bcm 8anbe, fon^
bern aucb in ben Stäbtcn etf)alten bat
unb mit feinen ®abcn bie braoen Äinbcr
bcglücft, mit feiner 9flute bic unartigen
betraft, ©elbfi ©ebdcfe mürben um biefe
3eit in ^ferbeform gemadit. SRoci) einmal
tritt ber SBintcr in feine SRecftte, bann
aber ergreift ber fegenfpenbenbe Sommer^
gott mieber bauernb bie .^errfi^aft über
bie im frifcfcen i£cf)mucfe prangenbe (5rbe.
3tn Dki fd}lägt SBoban in entfcfceibenber
©d)Iaci)t ben falten ^errn beä 2Binterö
au^ bem %ilhi. 3n gnglanb 5ief)t bann
SRobin J^oob mit feinen fröbli(f)en S^Sb*
gcfctien ein. SBieber fpielt bei ben ^^rüb-
iing?fejilicf)feiten , roie fie in ben smölf
crften iüJaientagcn in J)eutfct)Ianb , ®ng=
lanb unb bis nad) ^^ranfreid) hinein oon
ber froren SBcüölferung gefeiert werben,
ber (gcfcimmelreiter eine gro§e SfioIIe. 3^)"!
^ur Seite fte^t aber bie ebenfo micbtige
^crfönlid)feit ber iKaifönigin ober be«
SWaifönigä in (änglanb, be^ 3[Raigrafen in
f)?ieberbeulfcf)lanb , beä $fingftbu^ in
@d)maben, bce SiOafferoogele in Saiern,
melcbe alle mit ®rün unb SBlumen ge=
fcbmücft ben (Jin^ug ber marmen ^al)Xii'
jeit peranfcbaulicfcen foüen.
Sffiie tai fanfre SBeben beö SÖinbeä
ik öuft reinigt un^ ^vanfbeitsftoffe r»er=
fct)eu(^t, fo tritt aud) Sffioban aU ^eiU
gott auf, ber, mie ber stt>eite SDierfeburqer
3auberfprud) jeigt, j. 93. bie ^u^cerrenfung
Don 93albers f^oblen beilt, nad)bem »er=
gebene bie beilfunbii^en 2Beiber ®intt)gunt
unb Sunna, i^riia unb QSoÜa tai lier bc=
fprod)en.
©em boppelten ßbarafter beö ®otte«
gemäß, empfing SBoban aud) ^meierlei
Opfer. ?lle fegenfpenbenbem Grntegctt
h)urben ibm ^etbfrüdite bargebrad)t. 2)er
tüilbe .^err be« ©türme« unb ber (5d)Iad)=
ten aber ledijte nad) 93Iut unb fo fielen
*Pferbe unb felbft iütenfcben unter bem
iWeffer ober burd) ben Strid beö opfernben
$riefierö; benn namcntlidb bic ©celen ber
©ebüngten pnb bem ®ottc lieb.
SBenn er nid)t im milben ©turmminb
einbcrfäbrt, fo meilt SBoban mit feinem
®efoIge in feinem (Palajie binter ben
2BoIfen. 3" biefem goIbleuAtenben .^aufe
fübrt ein SQBeg, ber mit eblen Steinen ge-
pflaflert iji. <}(ud) für ßiebe ift baä |)erj
bc« ^immelögotte^ nid)t unempfänglid),
bie Sage meil »on einer iBerlobung 200»
ban« mit ber rcijenben Äöbleretoditer ßili.
ebenfo mci§ ber gemaltige ®ott bie felbft»
fertrauenbe ÜJfa^t unb Älugbeit bet üWcn«
fcben ju adb ten unb ju mürbigen.
S)er ®ott, meld)er ben SÖJenfcben ben
@ieg nerlief), würbe balb ou^ ber
®eber aüeö ®Iüdeö unb aücr \)ö^txtn
®üter, er mürbe ®eber beö Sßunfcbe^ unb
gar ber 2Bunfd) felber; benn mit biefem
Söorte beseid)neten nod) bie S)id)ter be^
5WitteIaItcrö ein gewaltige^, fc^öpferifd)e^
ÜBefen.
2ßie bei ben ©riechen unb SRömcrn
marcn aud) bei ben ®ermanen bie ^err«
fdier barauf Derfeffen oon ®öttern abju«
ftammen. Sei ber englifdben Äönigäfamilie
reid)t ber Stammbaum big auf ÜBoban
binauf unb mit ^ilfenabme toeibIi(^et
3n:iifd)englieber biä Äönigin Sßiftoria berab.
Sei ben SJlorbgermanen finbcn mir ben
9tamen SBoban in Dbb inn (oft mit oer*
beutfcbter @d)reibung Dbin gefd)rieben)
»ermanbelt. Seine Sebeutung ifi biefelbe
geblieben. 'Mud) Dbbinn ift Sturmgott, atg
foId)er fogar früber ol« 5lbler abgebilbet,
baber ber fRame Arnhöfdhi (ablerbäuptig),
mcl(^er an ber Spi^e ber milbcn ^a^i> in
2)iinemarf ober bes mütenben J^eereö in
Sd)meben unb D^Jormcgen fein 2Befen treibt.
Asgardhreidh b. b. ^ai>xt nad) 3lfgarbb,
mit meld)cm Diiamen Dbbinnö 2ßobnft^
bezeichnet mirb, nennt man bie ©rfcbei*
nung. ®eijter oon Srunfenbolbcn, <Sd^Vä'
gern, SfJeibem unb Betrügern, bie für ben
liimmel nid)t reif, für bie J^öüe ju gut
ftnb, bilben tai ®efolge be^ ®otteä unb
treiben e« ganj gleidi wie ibre sBrüber in
3?eutfd)lanb. 5lud) Cbbinn mobnt im
Sffiolfenberg, if^ einäugig, meil bie Sonne
fein Qluge bilbet, ficüt burcb feinen Weiten
SWantel tai ^immelejelt, burd) feinen
breitranbigen .^ut bie Jßolfen bar unb
reitet auf weitem JHof, tae SIcipnir bei§t
unb ad)t 55ü|e beft^t. 5ibnlicbe ®ebräud)e
wie in 2)eutfd)Ianb bcrrfd)en aud) in
Sfanbinainen an ber SBinterfonnenwenbe
unb im j^TÜblingäanfang.
®an^ anber« aüerbingö gefialtet fid>
t>ai' Silb Cbbinns, Wenn wir bie Sbba
äu JRate jieben, Wel^e fic^ einen ©ötter»
bimmcl gefdbaffen, wie bic ®riecben ibn
befagen. S)a ifi Dbbinn ber Äönig unb
oäterli^e SRegierer bet Söelt unb bed
®ötterftaate«. (5r wirb baber 5tnüatet ge«
nonnt. iUIä fold)er tbront et in ber ®ötter*
bürg Qlögarbbr, weld)e in ibrem ÜRauet»
ring oielc berrlid)e ^aldfte umf(^Iie§t.
S^er präd)tigfte ron biefen ifi ®laböbeim
(2Bclt ber ^reube), wo geräumig bie golb«
fd)immctnbc53atIböa(2öalbaUa, b. b- bic
2Boban.
759
Botäüi3[id)c $nüe) ficf) erbebt. 3n bicfer
^aüe freuen ni) bie (Sinbcrier, bie im
Äampfc gefallenen gelben , iljre^ Öeben«,
effcn tai ^^leifd) bc^ Sber« Säbrimnir,
baö if)nen ber Äo4 Qlnbf)timnir in bem
Äcjfet (Slb{)rininir jubcreitet, laben ficf) an
ber nie nerftegenben iOJilcf) ber S'^Q^
^eibt{)un, h)ät)renb bie bolben ißalf^rien
t^nen ani golbenen Römern fößUdien
ÜRet frebenjcn. Dbbinn felbj! fi^t auf
auf golbencm Ibrone umgeben Don ben
beiben JBöIfen ®eri (ber .^ei§f)ungrige)
unb J^refi (ber ©efräfige), umflogen non
ben Siaben ^ugin ((Sebanfe) unb SDJunin
(Erinnerung). 3" ^f" (Sinberiern gel^ören
Mo« bie im Äampfe gefaUenen Könige,
^erjoge, Qlbelige unb reichen -Ferren. ®ie
werben au^gereäblt auf blutiger Sßabiftatt
»on ben iBalft)rien unb ein feftlirf)er ®m=
pfang wirb ihnen bereitet in SBalbaüa.
Sinft wirb Dbbinn bie ßinherier gebrau=
chen: in ber (Sötterbämmerung , wenn es
gilt gegen bie bamonifi^en SKäcbte, roelcbe
ben Untergang ber SBelt h^i^teifütjren, ben
(Sntfcfceibungefampf ju fcblagen. Dbt)inn
ifi ilriegsgott. Ja er fäet fogar 3^'^=
tract)t, menn gi^^fben im Öanbe ifl. Snt^
brennt bie ©Aladbt, fo fämpft er felbft
unfid)tbar mit. SBon ifjm allein biingt
ber Sieg ab. 3^ l^ertraucn auf bie -^ilfe
5lllt)ater0 verrichteten bie iJJorbmännerSJÖun:
ber ber lapferfcit unb fahen lachenben
ÜJ?unbeö bem Sob ine ^Jngeftdn. Sie
jum iJanatiömue begeifiert ftürjten fte ficf)
wohl panjerloä , atä Setferfir , in bie
Scharen ber iJeinbe unb biffcn um ftch
wie iffiölfe.
Dbbinns Dienfi war blutig, SDJenfchen*
Opfer fielen an feinen OTtären. 2ßie in
2)eutfchlanb würben aucb in ©fanbinatiien
bie jum Dpfertobe beftimmten oorjug^s
weife gebangt.
Iioch nicht nur auf bem ,5ejltanbe ifi
Dbhinn ^crr. 5lu(i bie Seefahrer flehen
ihn um aünfiigen ,5ahrwinb an unb »er«
trauen auf feine ^ülfe in beö Sturmeö
SRöten. SRed)t bejeichnenb ifi ee für bie
©crmanen, bcnen ja fchon S^acituö ßiebe
gum Srunfc »orwirft, ta^ fie ihren ober=
jien ©Ott gleichfam auch aU oberjien
SBierbrauer anfahen. ^m engfien 3ufam-
mcnhang bamit fiebt aber auch, ba§ Dbbinn
SDicbtergott ifi, welcher ben Sängern ben
Sranf ber 9?egeificrung einflößt. @r felbfi
ifi ber befie ber l:;id)ter unb ihm werben
fogar eine iReibe non Sinnfprüchen in ben
ÜJJunb gelegt, bie unter bem Dramen ^a-
t>amal, b. b. Sprüche bce ^ohcn, gcfam«
mclt finb. (Sbenfo gro§ wie fein bi(^te*
rifches Salent ifi fein ©efchicf iRätfel auf^
^(ulöfen , felbft ben 9flicfen Saftbrubnir
befiegt feine löeiäbeit im iRötfclfampfc.
Dbhinn ifi atlwiffcnb, benn er hat au^
bem Sßeiehcit fpenbenbcn SBrunnen bed
^Riefen ORimir gctrunfen, wofür er aber
bem SRicfcn jur Selobnuug baei eine "Jluge
laffen mu§te. Ttit be« ®otteö 'Jltlwiffen*
heit höugt aud) feine QlQmacht jufam=
men. (Sr ifi (Srfinber ber JR u n e n , ber
Scböpfer unb Drbncr im SReidic ber SRatur
unb atleä höheren ?ebenö. SlRit feinen
Srübern iBili (ber SBoüenbe) unb 93e (ber
^»eilige) bat er au^ bem (Shoos ^immcl
unb Srbe erhoben unb bie organifdje unb
fittlid)e SBeltorbnung gcfchaffen. 'Hai
Sciumen l)at er bie ÜRenfchen gebilbct unb
if)nen bie Seele eingehaud)t. ^ort unb
fort erhält er, aU Äönig bem ©otterftaatc
rorftchcnb , feine It^eltorbnung aufrecht,
ßr ifi iBorbilb ber (Sefe^gebcr unb wad^t
über bie ^eiligbaltung beö Sibe«. 2Iuc&
Äinber werben Dbbinn jugefcbrieben. 2Rit
grigg h^i er ben lid)ten Salber er,;eugt,
mit ber ßrbgöttin Sötbh ben fiarfcn I)ons
nergott Z\)on, mit JRinbr ben 'iBali, mit
ber SHieftn ®ribbr ben fchweigenben IBib»
bnrr; auch t'ie ^ampfgöttcr Z\)x unb
yöbbr, ber I>icbtergott Sragi, ber ©ötter«
wäct)ter ^eimbaÜr unb ^ermobhr, ber ®öt«
tcrbote, nannten ben "Münater Dbbinn ihren
(Srjeuger 'Jll^ bie ^eiligen ber chrifilichen
Jlircbc ben beibnifcben ®öttern ben Ärieg
erflärten unb fte allmählich aus bem ^elbe
fchlugen, ba nabmcn boch einige ber Sieger
3üge von ben Unterbrücften an. 2)er Srj«
enget SUiichaet, biefer ./Jahnenträger ber
bimmlifd)en ^cerfcharen", trat an 2Boban«
Stelle. <31uf beni'elben ^la^en, wo SBo»
banö Tempel gefianben, erhoben fid) ^a'
pellen bee ©rjcngelö 'DJicbael; in Sd)Weben
lobern iD?id)acläfeucr ju berfelbcn 3eit, in
ber fonfi bem Dbbinn auf ^iefe JBeife iai
93olE feine Serebrung bezeugte, ffioban
alä ^acfclbärenb gin^ auf in bem ^ei*
ligen IWartin, ber befanntlid) als iRits
ter' bem in (Sefialt eine« Settlerö ihn an*
flebenben |)eilanb ein Stücf feinet üRantetä
gegeben. 2ßa^ früber bem SBoban gegol«
ten, gefchieht je^t bem ^1. ü}}artin ju
(Shren. Sr Wirb alö Sd)immelreiter bar»
gcfietlt; ihn günfiig ju fiimmen feiert man
an SWartini in ber 9}?arf örntefefie unb
jünbct greubenfeuer an. 3" Sübbeutf($i
lanb jeigt fi^ St. SWartin jur 2Beihnacht«=
jeit in ber iRotle bcö Äned^t iRuprecht aU
«ßeljmärtel. ©nblich ^at aucb St. 9?ifo =
760
Sffiürfelfpiel — Babicn.
lau^, ber finberfreunblicfee Sifct)of oon
Tlixa, beffen ^fPi^'S (6- J^ejcmber) in bic
3cit ber ÜBinterfonnenwenbc fict, [einen
9iamen bem SBoban borgen muffen, ^uf
einem ©(^immel, ober aU Äned)t Der^
mummt jie^t er in ber Siadjt com 5. auf
ben 6. ^Cijcmber in ben S)örfern ^eriim
unb legt ben ^inbern ^pfet, Sirnen unb
il^üffe in bie Sc^ufje, in mel^i' le^tere üon
ben kleinen ^eu geflopft h)irb am iBor*
abenb , bamit ber ©cfeimmel beä freunb?
liefen ©ebcrä aud) etmaä ju freffen ^abe.
©0 lebt aud^ beute nod) mcbr ober meni*
ger beutlid) tai QInbenfen an SBoban im
beutfc^en 33oIfe fort.
ytaä) SOtann^rbt, 2)ie ©ötter ber
beutfd)en unb norbifdjen 23ölfer.
SBÜrfcIf^icI wirb fc^on »on Jacituö
©ermania 24 als eine ßeibenfc^aft ber
2)eutfcf)en gefc^ilbert, baö fte [ogar im
nüchternen 3uf^'i»^^' treiben, ^aben fte
alleä uerfpielt, fo fe^en fie auf ben legten
2Burf ÜJeib unb Jrei^eit. S5aö (öpiel blieb
baö ganje ü)JittelaIter Ijinburd^ bei ÜJldn«
ncrn unb grauen beliebt, au4 bei Won'
(^en unb 9ionnen, unb feineö ber ja^I*
reichen geiflUdfien unb meltUd^en 23erbote
battc naci)^altige SffiirEung; Dtto ber ©rofee
bebrofjte j. S. bie ©eipiic^en, bic pom
2öürfclfpiele nic^t abliefen, mit ber ^tb«
fe^ung. Um hai^ 6piel unf(!^ablicber ju
macf)en, erfanb ber Sifd)of Sffiibotb pon
<5ambrap (972) ein befonbcrä funftreic^eä
unb auf geipiicfie SSer^ältniffe umgebeuteteö
Sürfetfpiel. 2)ie 2öürfel njaren auö (Sl=
fenbein ober Änoc^cn, bie Jlummern Riefen
Esse, Tns, Drie, Kwater, Zinke unb Ses.
ein befonbere« Söürfelbrett gcprte jum
©piel. ©piitcr maren namentlich bie
ßanbäfne(i)te für it)re Üeibcnfci^aft jum
aSürfelfpiet berüd)tigt.
2ßurfmaf(^iucn mürben ^auptfä^lic^ im
33elagerung6bienfie angemcnbct. ®ro§e
«Steine würben an bic ÜJJauern ber bcla*
gerten ©tdbte, ^^"^'^^"9^^" ""^ allerlei
Unrat in bicfelben geworfen, um ißranb
unb <PefiiIenä ju erjcugen. j)ie SauEunfl
ber Ärieg^mafi^inen entwidclte ftc^ befon»
berö in Stauen, wo no^ mancbe ®rinne=
rungen unb iBorrid^tungen auö ber Otömerä
jeit fic^ erbalten ^aben mochten. S)ie
baburd) erhielten ®(J)reden erregenben 25cr«
t)crungcn ma(^ten bie zweite Iatcranifcf)e
Äir^enPerfammlung (1139) auf bie neuen
ÜJiafi^inen aufmcrffam, welcfee bei Strafe
bcö ©anneö oerbot, jene tobbringcnbc unb
gottoerf)a§te Äunfi beö Sauenä Don 2öurf=
unb iPfeilgefc^ offen fernert)in gegen Eatfios
lift^e S|)rificn ju üben. 3nbe^ blieb hai
23erbot o^ne j^olge, am metjien in 3talicn
fetbji. 35ocf) auä) bie I)eutf(^en fannten
bie Äunji unb bic S)änen lernten fie Pon
ben ®ad^fen(1134), am meiften Perbreitet
aber würbe fte burc^ bie Äreujäüge.
35ic gebräuct)Iici)|ien ®cf)teubermafcbtnett
Waren bie ÜJJange (manga, manganea), bie
23libc (nit. blida, whlfd) bliv, bän. blie)
unb ber Sriboc (trabucca, dribokke). Sie
beftanben auö einem fefien ^ju^gefteü Pon
^olj, auf bem ein fc^werer Salfen, S^win*
gel (swenkel) ru|)te unb gefpannt (ge-
seilt, gewunden) merben fonnte. 2)iefer
Stamm war auf ber einen Seite mit einer
Sd^Iinge ober mit einem ®<^Ieuberfaficn
fcrfc^cn, auf ber anbern war ein gro^c^
(Scwic^t angebracht, ha^ plö&lid) frcige-
laffen bie eine Seite beä ^ebelö in bie
liefe jog unb bie Sabung auä ber gegen*
überliegenben Schlinge ober «Pfanne ^er»
auäf^teuberte.
SKit ber (grfinbung beö ©c^ie^pulpcrä
famen biefe üJlafc^inen natürli»^ au§ct
Äurö.
^ai) San-SOUrte, 2Baffenfunbe.
Sgl. *antwerfe.
3.
BttWcn. Der ©ebraud^ gewiffer 3a&Icn
ifl, abgefet)en oon bem natürlid^en 3a^ien*
wert berfelben, in ft)mboIifd)er Sebcutung
bei ben meiften, wo nic^tbeiotteniBölfernim
Sd)Wange: befonbere ^uäbilbung \)at bie
Sa^ilenfpmboUf u. a. bei ben Hebräern,
ben ©riechen unb JRömcrn ((Ppt^agoraä),
unb im SDtittelalter erlangt; bie d^rifilid^e
Spmbolif beö ÜJlittelaltcrö ift reid^ an
folc^en 5lnfcfeauungen, nid)t minbcr ber
23olföabcrglaube , bie ÜJlagie, bic voUi*
mäfigc 5tnfc^auung überhaupt; fo beruht
Ballen.
761
baä SRacfctttjäcbtetlicb „^ört i^x ^crin unb
laft cucfi [agcn, Unfrc ®Iocf i)at je^n gc=
f(f)Iagcn", Simrocf 93olföIicbcr ««r. 379
auf bcr Slnwenbung fotgenber ^eilii^er
3a^Icn: 3tt)ölf ©cbote, (Si'lf <MpoficI, (5in
©Ott, Si^fi ^Bcge bcä ÜJJcnf(^en, ÜDrcieinig-
feit, 33icrfac^cö *UcferfeIb; unb baö ßicb
0 Lector Lectorum ober bic fot^olifdic
iBefpcr (©imrocf ülx. 335), n)eld)eö aii=
fängt: „®utcr ^rcunb, ic^ frage btd), ®ag
mir, wai ifi ©ineö?" unb tt)orin in jcbcr
'Strophe eine «eitere ^)eilige 3<5t)t äugffcist
wirb, lautet in ber ©cf)Iu^flrop^e:
®uter J^reunb, id) frage bic^,
@uter 55i^eunb, maö fragft bu mi^?
®ag mir, inaö finb jmölfe?
3tt)ölf ftnb «Mpoßel,
@ilf taufenb Sunflfrauen,
3el)n ®ebote ©otteö,
SReun ß.t)örc ber ©ngel,
ütcbt @eligfeiten,
©icbcn Sahamente,
Sed)ö Ärüg mit rotem 2Bein
^at ber ^err gefcfcenfet ein
3u (Sana in ®aliläa.
^ünf Jßunben ßbrifti,
Sier (Soangeliften ,
!I)rei *)3atriar(i)en,
3tt)ei Jafeln aJJofie,
6in^ unb ©in« ijl ®oti ber |)crr,
2)er ba lebt
Unb ba fd)irebt
3m .^'ininiel unb auf (Srben.
*ji[f)nltd) legte nacf) 33abian (bcutf(^e !
©d^riften III, 509, 26) ein pfaff und j
pfarrer zuo Tal bi Rinegg, tai Äarten= j
fpicl, t>ai er am D^euja^rötag 1533 auf bie i
Äanjcl gcbrad)t t)atte, feinen 3"^örern \
alfo au^ : der küng der bedüte Got den \
obristen; der oberbuob unser frouwen.
der underbuob die 12 boten; die nüne
die nun frömbden sünd; die achte die
acht sälikeiten ; die sibne die siben tot-
sünd; die sechse die sechs werch der
barmherzikait ; die vier die vier evan-
gelisten; die drü die bälgen drifalti-
kait; die zwai di zwai taflen Moisi.
(Sine 3"f«mmenfteIIung firdblicf) = fpm;
bolifd^er B^ifllen \\t unö unbefannt; ngl.
itibe^ ?eprcr in ^erjog« iRealsSnct)EIo=
pöbie, *Mrt. Bafilf" bei ben J^cbräern; ba=
gegen i)at 3- ®rimm in ben fftecfttöoltcr«
lümern, Aap. 5, 3ablencerf)ältniffe aui
bem ©ebiete beö beutfcf)en Ü^ccbtcö ge^
fammelt, non »elcfcen b'er unter Seijieljung
bee ®rimm'f{^cn unb be^ ©cfemeüer'fc^cn
Sffiörterbucfie« (Stnigeö angemerft merben
fofl. SWad) ®rimmä ^Beobachtung jerfaflen
im ft)mboIifcf)en ®ebraucf)c beö iRed)te«
fd)on bie einjelnen B'J^lc" '" 5>^«' ""-
gleiche 3;eilc, bergeftalt ta^ einer gerabcn
Saft^ eine ungerabe Bug^^be, einer ungc»
raben eine gerabe beigefügt ju werben
pflegt; im ®anjcn mecben bat)er meift un^
gerabe 3*^^'^" gebraucf)t unb gcforbett,
namentlich brei, freben unb neun.
1) S)reijat)l. 2)rei bf^cid)net bii'j
abgefc^loffene, ooUenbete, ooUftänbige; »renn
bei ben ^cibnifd)en S)eutf(^cn bae feicrlid)e
ifficrfen bcr ßofe ftattfanb, um eine gijtt=
lirf)e ©ntfc^cibung ju erlangen, fo mürben
brei oon ben l)ingefd)ütteten ?o«fiaben
t)erau0genommen ober baö ?ofen njarb an
brei Perfcf)icbenen lagen micbcrbolt; in
ißolfslieberu finben ftd) brei Siofen, brei
iReiter ju ^ferb, brei |»äälein, brei 2BoIfen
am ^immel, brei ®dn« im ^aberftrof),
brei 23urfd)c , bie über ben iKbein Rieben
unb Diele«! anbre. 3brcr etbnogonifd)en
©oge jufolge flammten bie brei Stämme,
in "meld)e baei ©cfamtuolf ber ®crmanen
jerfiel, bie 3"vläDonen, .pcrmionen unb
3fiäüoncn , oon ben brei Söl)ncn beo
ÜJJannuei. 2)ie ^ahl ber ©tdnbe ifl brei:
*llbcl, gveie unb Äned)te. *Mm ®erid)te^
pla^ fieben brei Sicf)en, breimal roirb et«
maö befannt gemad)t, wirb aufgeforbert,
angcfünbigt, gewarnt, geantwortet, ein
3ei(^en gegeben; brei ifi bic 3öhl ber eb-
tiaften SJJöte; oon brei Strafen wirb bäufig
bem iBerbrec^er bie 2ßal)l gegeben eine
auejulefen; einen ®afi bebält man brei
Sage.
2) 3Sicrjal)l ifi meift blo§ auf ben
(Sinftuf ber oier ^immelv<gcgenben, auf
bie ülanbeeeinteilung, Sßege unb ©eri^te-
pUi^e bejogen; häufig war eine t'anbein-
tcilung in oier ®türfe, mit uier Srfen,
Sffidnben unb 2Begen; auf bem qnadriviam,
ber 2Begfd)eibe, würben l^erfd)ie^cne 3ied)te=
feierlidifeitcn forgcnommen ; ein Tlann
woljnt binnen feinen oier *Pfäblcn; über
bem Raupte be^ jum 2obc 3?erurteilten
werben oier gebrochene Stäbe nad) ben
oier Seiten ^in geworfen. Ü?ier ^fenniiu
ftnb eine l)äufige *Jlbgabe. 'Vierer ober
ißiermeifier frnb eine börflicbe unb in
Stäbten eine jünftige Set)örbe, bie man
mand^mal 5Jüt)rer gefd)rieben finbet.
3) Jünfja^l finbet im alten SRcd.t
feiten *Berwenbung; bagegen grünbet DU
frieb bie (gintcilung feiner (äoangelien;
l)armonie in fünf 6üd)er auf bie fünf
Sinne; üiclleidit an bie ^ci\)[ ber Sinne
ober bcr Ringer benfenb oerlangt ®ottfrif?
762
Ballen.
Bon ©tra§burg fünf IDingc Don bcr SOtinnc:
3iein£)cit, Äeufc6f)eit, SÜJilbc, 3)cmut,
©ebulb. 6itt batrifc^er «Spottauöbrucf
SBauernfünfcr i)at nai) S^mcüer mU
Iei($t Sejug auf bic altern ®cf)rannen9e*
lid^te, bei tt)elc^en ircnigflenä „fünf erber
man" ober „fünf biber man" als ge=
fc^roorne (Re(^tfpre(^er fafen, bic auf bem
öanbc auö ^-Bauern genommen mürben.
4) (Sec^öjat}l ifi fe^r feiten.
5) ©iebenjabl ifi S'^^I ^^"^ ® 'Söffen
bcr S^UQ^n (baber bcficbncn, überftebnen).
23or (beriefet erfd)eint jcber '^xm, bcr an
®runb unb 93oben fiebcn <S^ut) t)inter ]\(i)
unb Dor fid) befi^t; bcn Sarg nennen bic
S)ic6tcr baä ^au« üon fteben gülen. 'Jim
(Sericötäplaö (leben ficben (Sieben, ia'
fter bcr Drtönamc. |)ciufig ftnb fteben
©trafen, 5. 33. in J^ennegau ficben ^cet^
ftra^en beä Äönig^, üier mit rotem, brei
mit fcf)»arjcm Steine gepflaftert; in §ric3'
lanb, hai nod) im 10. Jöbrbunbcrt in
fteben ßanbfd)aften äcrflel, ütcr Sffiaffers unb
brei ßanbfira^en-, fteben Pfennige, oier bem
f)immlifd)en, brei bem irbif(ä)en Äönige,
ftnb eine 5lbgabe; fteben |)eetf(^ilbe jablt
ber ©ac^fcnfpiegel. (So gicbt fteben ^rie*
bcn, für ^au«, 2Beg, 2)ing, Äirc^c, 2öa=
gen, $f[ug unb Seid). Sieben S^bte unb
fteben Sage ftnb bauftg friftbcflimmcnb,
j. S. für bic ©rcnäbegebung ; ein slben-
aere i^ einer üon fteben aufgcPeüten Sac^«
»crflänbigen bei Seft^tigung t)on Sau«,
^lüX' unb ®rcn§fac^en; bcr ©icbner*
gang ifi bic jdbrlid)c '•8ertd)tigung fämt«
lieber ü)Iarfen einer glur tnxä) bic Sieb?
ner. 25cr ©icbent, ber ftebcnte, iji bcr
ftebente Sag nad) 93eife^ung einer ücrftor*
bcnen QJerfon, an meinem cbemaU bcr
jmeite ©ottc^bienfi für fic gcf)altcn ju
tDcrbcn pflegte.
6) ^2lc^tjal)l ifi ttjicbcrum im iRed)t
ungcbrducfeUd); a<$t Sage ftnb ein alter
5lu0brucf für bic 2Boc^c, inbem man oon
ber neuen 9Boc^e bcn erflen Sag mitjäl)lt.
7) iJlcunjabl; neun Äinbcr fönnen,
ber Qlnnabme beö fricftfd)cn ©efe^fö nad),
crjeugt tnerben; fonfl gicbt es neun Ur«
tciler , neun ^flugfc^arcn beim Oottcä«
urteil (ftcl)e biefen 5lrt. Ulx.S); bic eine
leibeigene ^^rau t)abcn, foücn neun Sd)rittc
ßon ber ®erid)t0l)üttc fiel)en bleiben; neun
Sabrc, neun Sage, neun 3l'ä6)k.
8) 3c^n5af)l fcfecint im 9fle(i)t über«
att au« 9 + 1 ju crflärcn; bcr ße^ntc
bebeutet bic Entrichtung bc« ©tücfcö, iai
auf baS neunte folgt; cbcnfo jtnb ^"P«"/
jc^n 3iad)tc, jc^n 3a^rc Scrbannung ju
crflärcn.
9) Silf, gmölf unb breijc^n bc=
beuten oft gleid^oiel, 11 bie Sßerminberung,
13 bic Scrmebrung ber 12 um einö; bei
11 Scböffcn iß bcr 3iid)tcr bcr jmölftc,
bei 12 Sd)öffen ber brcijc^ntc; oft er«
f^cint ein ^crr mit cilf ober gmölf S)ienfi«
mannen; im le^tern JaQ ifi er felbfl mit«
gejault. ©Ifcr jinb aud) eine ftäDtifc^e
ißeljörbc.
10) iBicrjc^n ifi bie iBerbopplung
oon fteben, günfäclin ber S^^a^ oon
einem ju t)ierjcl)n, ac^tjeltn, JBcrboppe«
lung oon neun, bcjei^nct j. S. bie Sahire
bcr SDJünbigEcit.
11) Unter ben 3'^'i"ii9fi^n ifi 21,
24 unb 27 in ®ebrau($; 21 unb 27 iBer«
breifad)ung oon 7 unb 9; 24 93crboppelung
oon 12. Sin ^lauägenoffc barf 21 ^ai)x
abmefenb fein, obne fein [Rcdbt cinjubüfen.
12) S>rei§ig 3at)re befiimmen ben
21blauf ber SBcrjäljrung, eine auä römifc^cm
!Rcd)t f)crgelcitete ^rifl.
die wisen jehent und ist ouch war,
daz kein unmäze nie gewerte drizec
jär, ober:
kein unfaoc weret drizec jär.
S)er S)rciiigfic ifi ber breigigfic Sag
nac^ bcr Seerbigung eine« 23erf!orbenen,
an mclc^cm el)malö ber le^te Seelengoticö«
bienfi für bcnfelbcn gel)altcn ju werben
pflegte, je^t übcr{)aupt ber lc|tc Seelen«
gotteöbicnfi.
13) iBicrjig Sage oberiRät^tc ifi eine
alte ^rijlbefiimmung, bie befonberä beim
Heerbann galt, bod) aucb in ben ©ebic^tcn
beö ÜJJittelaltcrö oorEommt.
14) 3rt>ciunbficbcnjig ©ibeöfielfcr,
b. ^. 8x9 ober 6 X 12 fommen in
ben alten 5ßolEered)ten oor; fonfi trifft
man Strafe um 72 ^Pfennige; 72 £>icnfi«
leutc, 72 Ödnber, 72 Sprayen.
15) 3ugabc«3'^^^^"- Gntfpringcn
fc^on einjclnc B'J^Jcn für ben 5Rec^täge«
brauch auä bIo§er Sufl'^^^» nämlic^ oier
auö 3 -f- 1, odjt auä 7 + 1, je^n aud
9 + 1, breijebn aud 12 + 1, fünfjC^n aud
14 f 1, brei^ig aus 27 + 3, oicrjig aud
39 + 1 ; feltener aud 93erminberung, mie
fec^d aud 7—1, eilf aud 12 — 1, fec^d«
unbjmanjig aud 27 — 1, fo offenbart ftd^
bicfed ^rinjip in ctmeitettem Ma^t oor«
äüglid) bei gtifi^«Pi"i'"""9^"- ^^^ 25er«
firid^ einer grifi ifi nämli^ crfi bann für
ooü ju ad)ten, menn in bic au§er it)r lie«
gcnbe ^t\t eingetreten mirb, raed()alb no^
3attettt)erf — 3''"''fr.
763
ein ©tuet biefcr neuen 3eit mit baju gc«
fdblagen ju »erben pflegt. 2)ie ältere 3äf)lung
ifi bie, ta^ einer geitifj'cn ^a\)l oon ytää)'
ten, j. S. 7 ober 14, ein Jag zugegeben
tüirb, voaö ft«^ ti^ in \^i)^ fpäte 3^'^ ^i^-
liält; fpätere 3ählung nennt bIo§ Sage
unb nimmt ben 3ufl''^'3;ag gteic^ in bie
9anje3al)I mit auf; alfo ftatt 1 + l : 8;
jiatt 14 + 1: 15 Sage. Sängere griften
würben auö (Sinjelnen jufammen'j;efe^t,
tüobei ficfe bie 3u9^iben nad) ben Sinjel*
frifien rii^teten; fo be^anb eine [ec^^-
njöd^entli^e ^i^'P '^^^ 45 Jagen, b. t).
brei uierje|)nnäd)tige Jtifien (42 Jage) mit
je einem 3u3fl^ = 2;ag: 42 + 3 = 45.
S)ie $5"f^«'i unb gormein, bie ba3 alte
IRe^t fennt, fmb folgenbe:
a) breindd)tige unb fiebennä^tige o|)ne
3ugabsJag nac^ ben älteften ©efe^en;
b) einen dag nnd vierzehn nacht;
c) ßicrmö(t)entlid)e ober monatliche ttier^
ben meifi burd) 30 Jage auägebrücft: vier
Wochen nnd zwei tage;
d) fec^öinöc^eiitlicöe grifi ift [ef;r »er^
breitet unb beruht auf breimaliger Ji'iebcr^
I)oIung bcr Dierjebntägigen iJrifi mit brei
3ugaben : drei tag und sechs wochen,
sechs Wochen nnd dri tag, drei vierzehn
tage und noch drei tage;
e) bie üotige %ü^ üerbreifai^t = 135
Jage: dreimal sechs wochen und neun
tage;
f) S^^'^c^fi^ift fj^t ^i« t^oi^ni^I: jär
und tag, unb ifl namentli(^ Öefiimmung
für üerjäljrenben 93eft^ unb [ür bie J)auer
bcö 'Mufentbalteä. 2>ie[e grifi galt nun
aber nid)t foüiel aU ein 3al)t unb ein
notier Jag baju, fonbern fic mürbe feit
3at)r^)unberten bei ben ®eri(f)ten nac^ bcr
fec[)ämöd)entlid^en grift (oben d) geregnet
unb mar foüiet atö ein ^a^x \cd)i
2ßod)en unb brei Jage;
g) jeön 3a{)r unb ein Jag fommt in
bairifi^en Urfunben oft üor unb mirb im
alemannifd^en ßanbrci^t miebcr gebeutet
aU zehen jär, sechs wochen und drie
tage;
h) aä)tii.l)n ^c[\)x unb ein Jag;
i) brei^ig ^al)x unb ein ^ct\)X, eine ur*
alte Sejiimmung, bie fc^on im 7. 3al)r*
l^unbert bcjeugt ift; fpäter mirb barauö
brei^ig 3a^r unb ein J:ag, ober cinunb*
btei^ig ^a\)Xt unb ein Jag;
k) fünfjig ^a^x unb ein Jag benimmt
ben Segriff eineö ^agefloljen;
1) tjunbert ^a\)x unb ein Jag ifl ^OX'
mel für emige iBerbannung.
äuttcltoeri. SDiefeö entjianb bur^) baS
üblid^c 5luäfd)nciben bcr iHänber nament*
lic^ an ber münnlidjen Äleibung , wie
folc^ee v>om i:'..— 15. 2aI)rt)un^ert in
2)eutfd)lanb übli^ war. (Sic^e Jract)t
unb Äleiberorbnung.
3tiu6ct. 3iin''ß'^- '^l^b. zoupar, m^b.
bac* unb bcr>ouber ifl bie fc^äblii^e unb
unbefugte '-^luäübung übernatürlid)er Kräfte
unb mürbe erft ben gefunEenen »erachteten
Oöttern jugef'dirieben; näc^ji bicfcn ben
SWittelmefen jmifd)en i^nen unb ben 2Ren=
f(ften, ben iRiefen, SIbcn unb 3tt)ergcn,
jule^t unter Umftänben ben iDlenfcf)cn.
(gegenüber bem 2Bunber, ber ^eilf'amen
unb mit rccf)ten Jjingen jugeijenben 3ßir=
fung übernatürlid)er Äräftc, gei)t ber ^<\u=
ber mit unrechten 3)ingcn ju. „UnmitteU
bar auö ben l)eiligflen, hai gefamte fflif'fcn
beö ^eibentumä in ficft begreif'enben ®c=
fc^äften, Ootteäbienfl unb J>ict)tfunf}, mu§
jugleici^ aller 3auberei Urfprung abgeleitet
werben; Opfern unb «Singen tritt über in
bie iöorfteUung Don 3i<u^crn; «ßriefier
unb J)id^ter, iBertraute ber (äötter unb
göttlid)er Eingebung teilf)aft, grenjen an
SBciffager unb 3'inberer." iSd)on bie
beibnif^en J)eutfdben fannten neben bem
Oötterfultuä bie 3iJiit'f"i; aber erfl feit
ba^ ß^riftentum afle Segriffe unb 33räud)e
ber Reiben für Jruc» unb fünb^afteö Stenö;
Werf erflärte, floffen bie beiben ©ebiete
jufammen. „53alb erzeugten ftc^ Über=
Ueferumjen üon unmittelbarem 3ufiinimen=
I)ang beö böfen g^inbeä mit bem ^i'\in
ber 3in^i-'rei; bie unert)öttefie graufame
Serwirrang jwifdE)en ^iiantafie unb SBir^
Ii(^fcit ifl barauä t)enwrgegangen. 2)erge;
fialt üerfioffen ocrübte unb eingebilbete
3auberfünfie ineinanber, ba§ fte Weber in
ber Seflrafung no(^ fetbfi in ber Scge^ung
gef(^ieben werben fonnten."
3auberei würbe non Scannern wie
Don 5'^^i"f" getrieben; bod) f^rieb bai
frübeffe Qlltertum biefelbe fdjon üorjug^s
Weife J^rauen ju. 3^nen war ba^ lluö^
lefen unb 5lod)en fräftiger Heilmittel an»
gewicfen; ©albe fertigen, Pinnen Weben,
SDunben binben War iljr ©cfc^äft, ebenf'o
öu^flaben fd)reiben unb lef'en. örfa^«
rung unb bcbagiid^e *Ku§e oerlie^en ben
SBeibern Öefäbigung ju tieimlid^er 3au«
berei. J)aäU fam i^r wärmereö unb em«
pfänglid^ereö (Sinbilbungöüermögen; na«
mentlicf) alte 2Beibcr, bie ber Siebe unb
51rbeit abgeftorbcn waren, nerlegten wo^I
i^r ©innen unb Jrad^tcn üor^ugäweife
auf geheime fünfte. S)a^ ifl bcr Urfprung
bcr weifen grauen, auö bcnen fpäter bie
764
3e{)nte.
^cfen ftd) cntmidcln, fiebc bcn bcfonbern
llrtifcl. 33on befonbcren Qhtcn tti 3""'
bernä fotro^I bcr ^cjen aU anbetet ^au:
betet tretben ctttjä^nt ^»ag eltn ad) en unb
©aatPetbetben, wobei fid) jene mand)=
mal einet ÜBannc obct eineö Ätut^eö be=
biencn; gcttiö^nlic&c ©diimpfmöttet gegen
v^efcn wann 2Bettetma*etin, SBettet^eje,
SettetfafeiC, S)onncrfü&e, 9icbeI^oje, ®traM=
i)t^i, SU^fjefe, SZßolfengüfi'e; mandt)nial
gebt babei bie Qlbftcbt bc« J^'"'^^'^^ ^f-
niget batauf auö, bie %xnä)t ju petttiüflen,
ole riielmcf)t ftd^ i^tct ju bemächtigen.
Untet ben ©ctätcn, iietmittelji n.iclcf)ct
gejaubett »itb, [piclen bati Sieb unb
SBaAäbilbet eine iRoüe; bcm le^tctn
ibut man untet ^Utöfptedjung ge^cimet
2ßotte etwa« an, um auf abwefenbc ''DUn-
i'cf)en einjumitfen, eä tt>itb in bie ßuft ge=
bangt ober in« Saffet getaucht, am ^euet
gebäht obet mit 9JabeIn bur(i)itocf)en unter
bcr Ibür[d)tt)e[le Petgtaben; ein folc^e«
2Bac^öbilb fieipt ein '21^ man; tof)et Wat
bet ©ebtauc^, bießtbc obet Olafen au0=
juf^neiben, auf melcften bet %u^ eine«
SD'Jen[cf)en gejlanben ^at, ben man üet«
betben wiü, Sin anbetet 3''"J'fi^ I'^S^
in bem *ßetmögen, Sictgcftalt anju=
nehmen, toai namentlid^ beim 2B c t Wolfe
(fiet)c ben befonbctn Qtttifel) bet %aU
iß; feltenet al« in einen Sßolf, fommt bie
3?etwanblung in einen © d t e n , in eine
Äa^e, eine ©anö fot. 2Bcnn bie abge-
legte Äleibung weggenommen witb , iß
feine 2öiebetf)erfletlung ber nctlaffenen ®e=
ßalt möglief) aufet unter ber Sebingung,
ba§ ein unf^ulbige« ü}?äbcf)en fieben ^al)xt
lang fiumm unb fcl)weigenb ein ^emb
fertig fpinne unb näbe, hai' über ben
35etjaubertcn geworfen werbe; ein fold)c«
jF>emb, im Df^ittelaltet St. ®eotgenf)embe
gebei§en, lööt nidjt nut ben 3aubet, e«
ma^t aud) fej! unb ftegtcicf). 3^"^"' M^
aud) möglid) ol)ne aQe 23etübtung butdb
bloßen S8 1 i d , voai mbb. entsehen
beipt; bai ttiefenbe neibifc^e, üble?luge
bet cinttetenben ^cye, gefd)weige ibr
-^ a u 4 unb ® r u § , fann plö^Iid) Der=
le^en. ©rimrn, SDJptboIogie, Aap. 34;
rgl. 2B u t 1 1 e , Sotfeiaberglaubc.
ßc^ntc, abb. zehando, mbb. zehende,
zende; ^lural bie3f|)"*f"r ^^^ feine
Sntßebung in ben iBorf(^riften beö QUtcn
Xeßamcnt«, wonad) jeber 3^i^oelit ben
jebnten leil feinet gelb= unb 33aumftücbte
unb baö jebntc Stüd be^ [Rinb= unb
Äleinttieb^ an bie öeoiten ju ibtem Unter«
boltc abgaben, bie bann wiebei ben 3«^"==
tcn baoon an bie Stießet abliefcitcn, 33e»
ftimmungen, bie fpdtet babin etwcitett
würben, baf ein jweitet 3«^'"^ ^"n %det«
ptobuften, DI unb 90? oß unb bie ©tßlinge-
be« SRinb; unb .^leinoiebö, ju einet löJabl«
jeit beim 3enttalbeiligtum netwanbt werben
foüten. 9Iuf biefe Safeungen berufen ßcb
im 4. unb 5. Jabrbunbert bie Äird)en':
nätet, wenn fic bie ©laubigen jut (Snt«
rid)tung ber 3fbnten ermabnen; bocb galt
bie Ceiffung anfangt nut al^ ein 2öetf ber
?iebe, unb etß im 6. 3öf'tb"tit)ett btobtc
eine fränfifd)e ©pnobe mit bem Sänne,
wenn ferner bie Sbtißen ben ^tießetn ben
ibnen fon ®ott angewiefcnen 3fbnten oet*
weigetn wütben. Dficben biefem f i t d) l i d) e n
3ebnten gab eöabetaucb einen weit lieben,
au« bem römifdjen ©efe^en bettübtcnben;
biefe fannten ndmlicb ein 3cbntoetbdltnid
füt bie 93cbauet bet 6taat«bomäne, be*
ager publicas, wel*er butd) (Srobetung
in allen ^Ptopinjen al^ Sigentum beö tö«
mifcben 33olfe*, fpdtet bet .^aifet, etwotben
wat; Wer Stüde batauö jut Sebauung
übernabm, bejablte al« 9lnerfennung tti
unüodEommnen ©igentume«, über bai ber
©taat untet Umßdnben anbetweitig oet=-
fügen fonnte, tu jebnte ®atbe. Sin
dbnlid)e« ißetbdltni« eine* unooHfommenen
33ert^e« beßanb bei bem römifdben Äo*
lonat feit .^onßantin b. ®t., wobei pet«
fönlid) fteie, jebodb an bie Scboüe gebun«
bene ©ebauet oon öanbgütetn iai Sigen«
tum be« ®tunbbettn gegen Abgabe be*
3cbnten bebauten, ©iefe« le|.tere Set«
bdltni* blieb üielfad) and) auf beutfd)en
Q3oben namentlicb füt bie nad) tömifdiem
SRecbt lebenbe Äitd)e in ®eltung, fo ^wat,
ta% bie Äitcbe »on ben auf ibten ®ütetn
lebenben Colonen ben alten, an ben Jn«
babet bet 2)omdne ju entti^tenben, butd)=
au« weltlicben 3fb"ten al* iRente bejog.
3ut Sinfübtung be* fitd) liefen 3«^"*
ten«, füt beffen Sinfübrung ha^ Sol?
lange feine Dbten \:)attt, fo oft unb oiel
bie Äitd)e ba^u ermabnte, macbten befon^
bcr« bie ^ürßen in ber SBeife ben 'Jlnfang,
t>a^ ftc ben auf ibren eigenen Ärongütern
liegenben grunbberrlid)en 3ff'nten an
mancben Orten ber Äircbc überwiefen; ein
33orbtlb, ba* nun bie übrigen ®runbberi6et
^u dbnlicben Scbtitten beßimmte; füt ba*
©Qdbfenlanb beßimmte .Katl b. ®t. bie
3ebntpf[icbt al* allgemein füt alle beß^en«
ben Stdnbe. 2Hit bet 3eit »etfd)Wanb bet
Untetfcbteb beibet 3eb"ten. ""^ i>i« J^ird)e
madbte für alle Bfbntf" nur nocb ben ®e»
fid)t*punft ibre* auf göttlid)er ?lnotbnung
Leitungen — 3'9funcr.
765
beru()cnbcn SRcc^teö gcttcnb. gür bie Scr»
toenbung beö bifcfiöflic^en 3el)ntcn« galt
aU JRcgcl eine 93emenbung naii üier <Por=
tionen, beten eine bem 33ifc^of, bie anbete
ben i?(eiifetn, bie btitte ben Qitmen unb
bie Diette bet Äitc^enbaufaffe jufam; bet
3cf)nten bet *Pfatt!itcöen folite ju gleichen
Seilen bem ^tiefiet, ben Qltmen unb bet
Äitd)enfabtiE (^ircfeenbaufaffe) jufaUen,
etjl fpätct wutbe ein üiettet Seil and) bem
53ifd)of oettec^net. ©abutcf), ta'^ bie ^0=
nige unb anbete «eltlic^e unb geipiicbe
©tunbbcft^er hai üon it)nen hn ^itc^e
i)etliet)ene je^ntbate ®ut oielfac^ an Öaien
ju Öe^en gaben, fam »iel je{)ntbatcö
®ut in meltli^c ^dnbe; auc^ ?Jattone
gogen oft bie 3et)nten jutücf, bie utfptüng«
lid) ben auf i^rem (ätunbe etbauten Äit=
c^en gesotten. Seit bem 11.3al)rt)unbett
öetbot jtt3at bie Äitc^e biefcö 2Jotgeben
unb fprad) jule^t ben Otunbfa^ au«, ta^
f^on bet Seft§ eineö 3^''"ten in ben
^änben eineö öaien eine ®ünbe unb ein
2Jetfio§ gegen bie göttlichen ©cfe^e fei;
cä ifi tlar, baf bie Äitd)e nidjt übetall
butd)btang Suchtet, ^itd^enteci^t; SRett^
betg, Äit^engef^t(i)te.
Bettungen I^ciien anfänglid^ gebtucfte
i8etid}te, bie übet einjclne ha^ allgemeine
Jnteteffe in 5lnfptud) nel)menbe 2;t)atfad)en
t>on untetnebmenben Sucfebtucfetn feit bem
Seginn be« 16. 3af)tbunbett«i »etanjlaltet
Wutben, fei'« in *^tofa, fei'« in ißetfen;
ä^nlid)e Sldtter ttagen bie Df^amen ,/fln«
jcigcn, Setic^te, ■^iilotien, ^Relationen",
mit Sotliebe abet „tt)a^tt)aftige neue Qiu
tungen". >Die elfte gebtudte 3eitung foH
au« bem ^a\)x 1505 jtammen; fie enll)ält
aSeiidbte au« Stafilien. 3m 3abi 1566
tt)ud)« mit bet 2;ütfengefal)t bie Qal)\ bet
3eitungen unb e« entjlanben jum etften
Dfale numetiette plattet, üon 1 biö 8,
ftelcfee ©tta^butget unb 23aölei Öui^btudet
I)etau6gaben unb üiel nai^gebtucft mutben.
25on 1591 an btac^te ein Jafobuä ^law
iüii, b. i. Äontab Öautetobad), bei ^ß.
SötaAfelb in gtanffutt einen l)albiäf)tig
etfd)einenben Setid^t Relationes historicae,
»t)eld)et in monatlichen Übetftdjten ta^
•[Reuefte mitteilte; alö „'Jtanffuttet *JlRe§=
^Relationen" mutbe biefe« Untetncbmen bi^
1792 fottgefe^t. t)a^ *lluftaucf)cn » ö d) e n t=
liefet 3<^if"n9«n fäüt in ba« 17. ^abx'
lunbett, unb jwat gab bet ^i^^inffurtct
!8ud)l)dnblet (Sgenolf (gmmel tai' elfte ©ci-
fpiel baju 160H, ein 33tatt, au« bem mit
bet 3eit ba« gvanffurtet 3outnal betiiot^
gegangen ift. Sinen gtögetn lUuffdjivung
na\)m iai 3citung«n)efen ctfi im 18. 5at)i*
Öunbeit. $tu^, ®efd)id)te be« beutfc^en
3ouinatiömu«, unb 2B eilet, ^ie etften
beutfd)cn 3ettungen, liteiotifd)et ißciein in
«Stuttgatt, 1872, Ob. 111.
3tgeuner ftnb, wu bie ®pta4fotfc^ung
ernjiefen ^at, ein altet, au« feinen Ut=
ft^en au«gert)anbettet Stamm jnbien«;
bet Dtame ©inte, ben fie ftd) felbft
beilegen, ta\)ix itat. zingano unb zingaro,
beutfc^ 3'9cunet, fc^eint auf *2lnmol)net
be« ^ntüi (obet <Sinb) l;injumeifen. SZBie
fie nacf) ©utopa gcfommen ftnb, ifi biö
je^t unauögemad^t, tt)at)tfd)einli(^ 9£fd)a^
eä in ^olg^ fintö SWongolenftutmeä im 13.
3a^t^unbctt untet ben ?iad)fotgetn Dfc^in=
gi«d)an«, unb ätrat nötblicf) bem fdjmat^en
9Rect entlang in bie 2ßatad)ei. 35on l)ict
manbetten cinjelneSanben feit 1415 nac^
3Jotb< unb Sißejteutopa ; auf beutfc^em
33obcn pnbet man fie juetjt 1417, jui
3eit be« Äonftanjei Ifon^ilö , in ben
^anfeftäbten an bet D^otb^ unb Dftfec;
man nannte fie 3: a t e t n , b. l;. Sattaten,
|)eiben, 3t9eun«r, Q3öbmen; fie felbet
biegen ficb (Secanet obet SRoma. O^nc
.Rinbet jaulte bie Sanbc etwa 300 Äöpfe,
an ibtet ©pi^e ftanben ein „jF»etjog" unb
ein „®taf". @ie wiefen 6(i)u^biiefe beö
.Raifetö ©igiämunb oot, bie et i^nen an=
geblid) ju Äonftanj obet ßinbau auäge-
ftetlt t)aben folite unb laut »el^en fte auö
.Rlein=5igppten fommen unb urfptünglic^
gute (S^tiften gertiefen fein follten, bi«
i^te Sätet abttünnig gewotben unb fic^
jum J^eibentum gett)anbt; batauf hätten
it)ncn if)te 53ifi^öfe aU 5ßu§e aufetlegt,
flehen ^ai)xt lang bie ilDclt ju butd)itten
unb Don ben Qtlmofen bet Shriitenl)eit iht
Sehen ju ftijten. i)a man bie faifetlid)en
'^Ptiüilegien füt ed)t anfat), fanben bie
'Jlhenteuiet in Siinchutg, .^ambutg, Sübecf,
9[Bi«mat, Stofiocf, ©ttalfunb unb ®teif«=
malb juuotfommenbe '3lufnaf)me. 2)oc^
fonnten fie ihten ßhaiaftet nicht lange cet=
laugnen unb touiben au« S^otbbeutfchlanb
üetjagt, wotauf fie fid) 1418 nach bet
®d)meij wanbten, oon nso fich tt>iebei
fleineie Sanben nad) ©übfranfteich, ©üb*
beutf^lanb unb 3t>Jiien abjmeigten ; aui
bem le^tetn Sanbe btachten ^e angebe
lid) ©d)U^htiefe bcä ^apjle« 5)iatttn V,
mit, ttiotin e« hicp, ihve ^Ihnen fiätten
cinft in 'jtgppten bie ajJatia unb ben 3ofepb,
bet mit bem 3efu«finbchen bei ihnen iSafi»
frcunbfchaft etfleht, t>on fid) ge|lopen:
bafüt müpten nun fie, bie Otad)fommen
3al;tt)unbette lang o^nc SRafi unb Untetj
49
766
Bimmcrauöfiattung.
Ia§ im (Slcnb um^ctwanbern ; an anbetn
Orten, wie in ^ari^, tt)o fie 1427 er«
fc^ienen, tifd)ten fie wieber anbere ÜJiärdben
auf; mit bcm 3af"^e 1433 fctieint biefc
er^e ^orbc Poüftänbig »erfijoüen ober
aufgerieben ober in bie ^leimat jurücfge=
fe^rt ju fein. I>ie eigentlichen größeren
(Sinwanberungen ber S^S^uner in 2Bejl=
(Suropa unb ibre S^'^i^'^^uung über ben
ganjen kontinent batieren t)öcf)ftenö oom
Satire 143S. ?(n ber 6pifec ber je^t nad)
taufenben jäf)lenben 33anben fianb ein
„Äönig" , Sini^l genannt. C'ange fcf)eincn
jte nun in 2)eutf^Ianb herumgezogen, [xdi
auä) bie unb ba angeftebelt ju ^aben, bi«
1500 auf bem *}lug3burger Sieid^ötage ta^
erjle SBertmnnungäebüt gegen bie „Spione
be# 3;ürtifd)en Sultanä" publiziert mürbe,
bem nun Diele anbere folgten; ä^nlidjc«
gefc^ab in %xanht\ä^ , ia^ bie 3'Sf"ii*i^
mirtli^ ausrottete, mä^renb jte in S>eutfd)=
lanb, Spanien unb (Snglanb fe§f)aft blie«
ben. QJott, bie 3^9«""^'^ ^" ©uropa
unb «Mftcn, 2 Siinbe, ^aUe 1844—45;
Siebid), bie 3i9f"iif^f ß^ipjig 1863:
^opf, bie ©inmanberung ber 3i9euner in
Suropa. ®ott)a 1870.
äiinracrau'gftattitng* 2)iefe mar bei ben
©ermanen felbfliierfiänblicf) no($ äu§fr)l
einfa^. ißon einer t)iiu6lid)en 6inrid)tung
na^ unferen Segriffen mei§ ein nomabi^
fierenbee ÜSoIf nichts, unb menn au<^ bie
(Sermanen fd)on in il)ren aftatifc^en 2Bof)n=
fi^en ben *Jlcferbau Eennen gelernt unb
mot)t aud) auegeübt f)aben, maS ©rirnm
auö bem ibn betreffenben SBortfc^a^e nad)'
gemiefen ^at, fo braci^te bod) ber gro^e
3ug naä) bem 3iorbmeften biefe Sölfer^
fd)aftcn notgcbrungen micber auS ber
ftiQercn ßebenomeife berauä unb lie^ fie
bei ben römifd)en a3erid)terfiattern ben
Äelten gegenüber als ein unjtäteß 3Joma=
bcnoolf erfc^einen, Mi bie feflen SBot)n=
fi^e eerfd)mäf)tc. 3ui" fteinercn Seile
aus !Berad)tung , jum größeren auä !8e=
quemlic^feit ober ^iuU;eit nimmt fid) ber
ÜJ?ann ber Sffiirtfc^aft nidjt im minbeften
an, er pflegt nur bie SBaffc. ^auä unb
gelb bcforgt bie r^xan, mas eine fe^r
primitioe Einrichtung beS crfieren unb eine
mangcll)afte Seficttung beS legieren not-
menbig jur %o\%t l)at.
gebaut unb faß entmeber fc^on auf einem
2Bagen ober lie§ frd) auc^ beim iBeiterguge
leicht ganj ober jerlcgt auf benfelben
^eben. ©elegentlic^ benu^te man aucf)
Bot^anbenc ^öt)len unb baute frd) biefe in
ber golgejeit al^ ben fogenannten tunc,
meiere Benennung »on bem S)ünget ^ct«
rüt)ren fotl, mit ben biefe jum ©cfeufsc
gegen bie 2Binterfälte bebedt mürben. ÜJiit
ben feftcn 2Bot)nfi|en famen bann aud^
bie feftcn üöolmjlätten in ©ebrauc^. ®a|
biefe anfänglich nur au« |>olj gebaut
Waren, lä§t ftd) fd)on auä bem Umftanb
fd)lic§en, ha^ biefeä äJiatcrial überall oor«
banbeii unb leidit ^ü »erarbeiten mar.
ÜDicfer 5tnnal)me entfpved^en aucfc bie äU
tejien Sluäbrücfe für bie Jbätigfeit be^
Sauenä: *Jlt)b. zimbarjan, zimbarön, got.
timrjan, alts unb angelfäd)fifd) timbrjan,
altnorbifd) timbra. 3""fi^l)'ilt> ber oier
Q3fät)le beftanb hai ^am auö einem ein=
jigen SRaum. 3^ ben betben Äurjfeiten
maren bie ^Türöffnungen, bie nic^t nur
alä Sin= unb ^iluägang bienten, fonbcrn
aud) zugleich unfere §enff er oertreten mu§ten.
2)ie eine Z\)m feblte auc^ mitunter, unb
biefc @eite (!nal)rfcf)einli(^ bie nörbtic^e)
befam fiatt berfelben eine Sröö^ung. ©in^
äig jmei ©tü^balfen bilbeten im Ji^orben
bie rol)e ©lieberung bcö Slaumeö. Bk
fianben in ber ÜJlitte beäfelben. 3"'M''iien
ibncn, gegen bie Sonne geEc|)rt, crfiob fic^
ber ©i^ beö ^auSl)errn. dlada beiben
Seiten ^in »erliefen bie Sänfe unb jmifd)cn
biefen brannte iai gro§c ^erbfeuer. S)tc
©rpbung an ber einen Äurjfeite trug im
Storbcn ben grauenft^, in SBeftfaten ben
^erb. kleinere 23erf(|täge, bie meift an
einer Sangfeite üngebrad)t maren, bitbeten
bie @d)lafftätten unb Sorratefammern.
©ebedt mar ber 9flaum unmittelbar burd^
t)ai S)ac^, burc^ beffen Süden ber Oiau^
feinen ^Muögang fud)te. ÜJJitunter maren
freiließ ju biefem QtPiit and) oierecfige
ßüden bereitet, burd) bie nebenbei auc^ ber
Sag feinen Eingang finben fotlte.
S)aö 25iel) fanb mancf)erortö feinen
®(^u^ unter bem gleichen '2)ac^c; auf
gröpcren -^öfen aber mar eS in einem ge?
trennt gebauten ©taue untergebrad)t. 3"
Uplanb j. S. gehörten fteben ©ebäube ju
einem eoHpänbigen ^ofe, i>ai Slöobnbaud
(stuva), bie .Küc^e, bie S^eune, bie ^orn*
tammer, tai Sorratö^auö, baä ®d)laf^au^
unb ber 93icl)fiall. Sin bid^ter Qaun ober
ßeb{)ag umgürtete fie gemeinfam. 3n an*
bem ^öfcn bilbete rcenigfien^ baä grauen*
bauä einen abgefonbertcn Seil, ber mit
einem eigenen 3aune umgeben mar. 5)on
eigentlid}en ^sausgeräten, no(^ »icl meniger
»on etmaigem 3i"i'"^'^'^'""'*' ^^ nidjt«
befannt; e« ifi aucö fe^r unmat)rfd)einlic^,
ha^ in bicfcr ^jinfid)! »icl ülufroanb ge-
Simmerauöfiattung.
767
mac^t it>uttie. (Sin beim Sau abfaUcn=
bet 23Io(f über ein in bcr üläl^t licgenbcr
Stein war bocf) ein [oliber ©iß; würbe er
mit einem Sciren^ ober Jßolfepelj über?
bctft, fo mo^te er and) alö bequem unb
fd)ön crfc^einen; bie ©anf war auö einem
bet)auenen ®tücf ^olj leicht unb billig
l)cr^ufteüen, bcö 3;ifct)c^ beburfte man ent=
Weber gar nict)t, ober man bereitete jtcf)
Denfelben wiebcr auei einem maffttten Slorfc;
iai StroI)= ober SWoöIager warb auf bem
93obcn bereitet unb ben 2Banbfd)miicf biU
bete bie 'ä>affc bc«S ^auäljerrn.
@o blieb eä in ben unteren ®d)i($ten
ber 93enölferung nod) weit biö in ta^ SÜRittel«
airer berauf, aud) a\^ burd} ha^ 53eifpiet
tiX JRömer angeregt, bie 2Bobnfitje bcr
9tbeligen aus fcftcm SJJauerwerfc aufge=
füfirt würben unb in ber ^olgejeit Älöjier
unb Äirdicn ber beutfdien SBaufunft ®e=
Iegen[;eit ju ibrer Sntfaltung gaben. SIBenn
au<^ bie bürgcrlid^en üßotinfiätten na*
unb nad) etwas bequemer unb ^u Äarl
b. ®r. 3f't fi^on inelfad) auö Stein auf«
gefübrt würben, fo bej^anben ftc bod^ iior^
jug^weifc immer nod) aus nur einem
iRaum, ber für bie ^äuälid)c '■Jlrbeit, für bie
gcfeüigcn Sufunit^cn^ünffii . ii^ö ®§= unb
JrinEflubc unb jugleid) alü Sd&Iaf^immer
bicnte unb jWar für beibe ©efcblediter,
für bie ^r^^uen unb für bie ÜRägbe, für
bie Ferren unb i^re Äned)te, wie eS im
Dtorben »iclfad) biö in unfere S^it 9«*
blieben ift. SBenn bie SRad)t anbracb, be*
legte man ben Soben bcö ©aalee mit Stroh
unb jebev legte fid) an jener Stelle unter
ben %i\(i), wo er oorbem feinen ^la^ jum
Si^en hatte. 5ln ben iffianben waren aud)
etwa t)erfd)Iiepare Sc^lafräume (lokhvilar)
angebra^t, bie jebod) für bie @äfle ober
für befonbcrö iiornel)me ^ausgenoffen rc=
ferfiert blieben. Um Ungeptigfeiten ju
vermeiben, brannten bie gauje 9?acbt Ijin«
burc^ eine entfpred)enbe 2lnjabl Siebter.
3n i)öfifd)en 5lreifen finb bie Sd)Iafflätten
nac^ (Sefcblcditern getrennt. 3)cr ^crr
fchldft bei feinen Äncd)ten, bie %xa\i mit=
tcn unter i^ren SIßeibetn unb SDKibdien.
5luc^ bie eigentlichen 3ii^'^ti9ff''ff
fommen ^ier in 2lufnabme un^ bringen
nadb unb nad) — in gleid)em DWaSe, wie
bie Äultur überhaupt fortfd)reitet — aud)
ju ben unteren Sd)id)tcn bcr ~i*ePÖlEcrung
t'urd). 2)icfe« ^ortfdireiten ifl freiließ ein
febr aümäbtidjeö unb nirgenbö bcutlid)
nad)Wciebar.
3um Si^cn be^ientc man jic^ — ^iet
in ^Ibwcidiunq pon bcr römifc^en ®c=
wobnbcit ber fopliaäbnlic^cn Oefieüe —
im bcflcn 5«Wf be^ ScffcU, ber bie ®e«
fialt eine« fleinen ,?t lappfiublcä ^at,
wie er in ben .^üttcn ber ©ergbewobner
^cutc no* gcfunben wirb. Tiod) finbet
biefer in bcr Siegel nur alä 6t)rcnriÖ feine
5lnwenbung; bie J^anülie fi'.'t bei Jifd)c,
jur Arbeit unb Unterljaltung auf langen
Sdnfen, bie aue ^otj gejimmcrt unb an
ben SBänbcn befefiigt, feiten beweglicb f^nb.
©epolftcrtc unb mit Jeppic^en belegte
v!cbnf^üble fommen nur in ben Käufern
ber SSorncbmflen, unb aud) ba nur febr
ferein;,elt t>or. 35ic Sifc^e ftnb auc^ an
bie SBanb geflappt ober auö fdiwercn,
inevcdigen Jafcln bereitet, bie auf einem
mcift gefreujten ®eficüe rubcn. 2)odj
fommen au^ fd)on iRunbtifd)e t>or, bie
o^ne 3tt.icifel mehr ^ur 3ierbe in ber 2)iittc
bcö B'wmer« aufgcfieüt würben, wäbvenö
bie eigcntlid)cn ^ilrbcits« unb (5^tifd)e in
einer Sde angebracht Waren. Äojlbarfeiten,
wobi aud) .Kleiber unb fleincrc ®eräte,
wurDen in fofferartigen Jrutjen aufbe*
wat)rt. Unter bem 2)edet einer foldicn
fotltc na* ber ©rjöblung Gregors von
Tours bie wiberfpenfiigc Rignntlie, Chil-
perichs Soc^ter, ben ©eborfam gegen ibte
TOutter lernen, bie ibr, aufgebracht übet
il)r anma^enbeä 2Befen, über ibreunDcr«
bienten Sd)mäf)ungen unb g^auflfd)lage,
bie irubc i3ffnet, bie Sd)muctfac^en ibre^
!Batcrö berauSjunc^mcn erlaubt, bann aber
ben fdiarffantigen S>cdet fo fct)r auf \>in
yiadm brüdt, t>a% itjr bie klugen auä bcnt
^opfe quellen unb nur bie t)crbeieilcnbc
SO^agb ftc üor bem lobe errettet. J)iefe
©rjäblung lägt eö ale unäweifelbaft cr<=
fc^cinen, ta^ unter berartigen Srubcn nic^t
ein iöd)mucffaficn ju ücrflcljen fei, fonbcrn
eine groge ßabc, wie fte bie Sanbbecbl*
ferung beute nod) jur Qlufbcwabrung feiner
5lfrud)toorrätc benul}t. 3" einem folcficn
einfacben jpoljbebältni^ fanPen fid) m bet
©ruft beei beil. ©aüus tai biirene *ewanb
unb bie ®ei§el cor. 5br 2Scrfd)luf? war
ein Sanb, bctn ba^ aBa^öftcgel aufgebtüdt
würbe. 2Baö über bie öetten biefer 3cit
gefagt wirb, ergebt ftd) in 5)futm.iBungen.
(So wirb angenommen, ^a^ biefelben naci^
'3Ut ber fpättömifd)en auä einem oierbei*
nigen ®efle(l, tcilwcifc mit, teilweifc ol)ne
.Kopf' unb gu^lebnc beflanben haben, auf
bae bie nötigen Unterpoliter unb ®cden
^u liegen tarnen. 2;üd)er unb Scppic^e
fommen häufig r>or unb bienen nid)t nur
jum Setcgcn ber ÜKöbel, fonbern aud) jum
ißerfleibcn bcr JÖänbc unb 2?crbängen bcr
49*
768
Btmmcrauöfiattung.
Zf)üxt unb ^cnjietöffnungcn. 33icQcic^t
aud) rourbcn an großen Käufern bie ©öücr
batnit übcrfpannt, jur 3"^» '^(^ man auf
benfelben ju fpcifen pflegte. 5llö 2Banb*
fc^mucf fommen metallene Spiegel »or,
Bom 9, 3a^r^unbert an aud^ ctttia SO^lale*
rcien, meifi burci) italienif^e Äünjiler auö*
geführt. 2)ie «Pracfctgetate Äarl^, »on
benen einige @ä)riftfieller fo gerne unb fo
tiel erjciblen, ftnb meift bt)jantinifc^e
6f)rengefd)enfe unb fönnen batum ^ier
nic^t in Setractit fommen.
»ig um bie «»Jitte beö 12. 3a^t*
^unbertö »ermo^te baö bcutfc^e ^ant»
voixt in 3imraermöbeln nic^t »iel ncueö ju
fd)affen. 5Die fpätlid^cn üor^anbenen 'üb^
bilbungen jeigen burcfjweg noc^ biefelbe
ro^e Cprofilierung unb biefelbe ®ct)tt)er*
fäüigfcit. Stieben benÄlappjlü^len erfd)eint
alä gett)öt)nlid^er ®t^ jh)ar ein bem rö«
mifd^en S5ioan nachgeahmter Mafien, mit
ober ot)nc ße^ne, öftere aud) fattel» ober
fc^littenartig geftaltet, mit monßröfen Sier»
figuren gcjiert ober üerun|ialtet. 3"»"
Sefteigen beöfclben würbe bie ^u^^^n?
üorgefe^t. STceben biefet erfd^eint ein brei=
beiniger gu^fd^cmcl. 25ie J.ifdie ftnb
lalbrunbe ober langlid) »ierecEige ^platten,
auf unmittelbar bamit »erbunbenen J^üfen
ober auf einem fagebocEartigcn ©efiett.
2)o(^ jeigen bie 2tbbilbungen au^ biefer
3ett aud) fc^on ©c^reibtifc^e im ®e=
braud), bie einen ^n^ unb eine fcf)räg*
fiel^enbe Jafel t)aben, auf ber hai ©inten«
fa§ in ©epalt eineä furjen ^ornö befefligt
ifi. Der %u^ ifi berb profiliert, bie 5£afel
jum ©teüen cin9crid)tet. S)iefen cntfpredjenb
waren bie öefcpulte, teilmeife fefige=
mad^t, n3ol)l met)r aber »erfe^bar. (39c*
jüglid) ber Seiten termeifen wir aufben
»Urtüel ßagerflättcn.)
Sßefonbere Seac^tung »erbicnen bie 93 e*
lieijungöcinrid^tungen. Daö ältefie
unb natürlic^fie war ba^ offene geuer. 3e
mebr aber tai 3i"i"^«^ feinen 3^ed be^
@diu|eäi gegen bie Unbilbcn ber Sfflitterung
erfüllen foüte unb je fc^öner man e« ju
feiner eigenen 53c^aglid)fcit auöfiattete,. um
fo me^r würbe hai offene ^euer oerbrdngt.
(Ja entfianben in hirjer 'Jlufeinanberfolge
Berfd)iebene ®rfa|mittcl. 9lud) in ben
2öol)nraumlid^feiten, wie in ber i?irc^c
(biefe iüergünfiigung fam in ber JRegel
nur ber ©eifilic^feit ju gute) wärmte man
ftc^ bie ^änbe an fogenannien Calefac-
torien, an f leinen (Sefä^d^en, bie bie
ijoim eine« bohlen, burc^bro^enen Qlpfcl«;
Ratten unb mit einem metaEenen föinfa^
jur 5lufnabmc glül)cnber Äo^lcn ober cincd
er^i^ten Sifen^ oerfelien waren. Sine
größere 5lrt berfelben f)atte bie ©eftalt
eineö Sifc^eö ober eine^ niebrigen, »ier»
räbrigen Sffiagene. 2n Sifc^gefialt iji ba«
©erat me^rfa^ abgebilbet, j. S. in ben
ffl^iniaturgemälbcn ju bem „Hortus deli-
ciaram" ber 5lbtiffln Herrad von Lands-
perg, bie auö ber jweiten |>älfte beä 12.
3al)r^unbert2( flammen. I)ic üier 5ü§e be6
lifdjeö ftnb unterhalb Derjiert. *3luf bem*
felben fie^t tai Äo^lenbeden, ba^ bie
gorm einer oieredigen, rofiartig burc^«
broc^enen ©d)üffel l^at. ^rül^ePenä auä
bem 5lnfange beä 13. 3a^r^unbettä fiammt
hai (Serät in feiner äweiten jjorm. 6^
ifi auö Sronje ober auö ®ifen gemacht
unb befiel)t au^ einem umfangreid)en, »ier*
edigen Se^ältniö für bie Neuerung, beffen
93oben rofiartig, beffen aSdnbc aber jur
Srjielung eineö möglid^fi ftarfcn ßuftjuge^
ein geflocbteneö ©tab* unb (Ranfenwerf
bilben. 25aö auö einer platte bcflet)enbc
Untergeftelt ifi mit oier fleinen ©peid^en»
räbern unb einer SJeic^fel aU ^anb^abe
üerfeben. %üx größere JRäumlidifeiten
reid)ten jWar biefe „geuerfor^en" nid)t au^;
ba beburfte man bod) wieber be« lebhaften
^oljfeuerö, baö aber au« ber 5Witte be3
3immerö nad) einer SBanb »erlegt unb aui
lcid)t begreiflid^en ©rünben in bie iDlauer
geborgen würbe. @o entfianb i)aii Äa»
min f euer. ©Ictallenc ^euerböde trugen
bie fiarfen .g)oljElDben. Sie befianben auS
jwei Döüig gleidbgefialteten ©cfietlen, beren
jebeö eine fenfre^tfieljenbe 'Borfiange mit
einem unterwärtö rec^twinflig baran fefi»
gemad)ten ©tabe jcigte. Sie waren für
ftc^ beweglid), fonntcn alfo je nacb 93e*
bürfniö weiter au^einanber ober näber ju«
fammengerüdt werben. Qln ben iBorfiangen
waren Diinge unb |>äfd)en angebracht, an
bie geuergabelu, Äoljlenjangen
unb anbere ncbengeorbnete ®erat|"d)nften
angebängt werben fonntcn.
©piegel unb Übten geboren auc^
jc^t nod), felbfi in ben 3intmern ber 33or*
netjmen, ju ben ungewöt)nlicben 2)ingen.
2)eutli^er unb entf^iebener werben bie
gortf^ritte im 13. ^abrbunbert, wo
ftd) al« ^rucbt ber Ärcujjügc unb 5ln*
jeicben eine^ geiftigen erwad)enä übet«
baupt in ber 2lucfiattung beö 3inii"er«
ber orientalifd)e ®iuflu§ immer mebr funb
giebt, namcntlicb in ber 93efd)affenbeit bct
SRubebctten unb ©effel, fowie ganj
bcfonberö in berjenigen ber IronftübU
unb (äbt«nf effel. 9?eben ben bi«i)crigen
Simmcrau^fiattung.
769
g^ormen treten nämticf) ganj bcfonber^ f)o^c,
umfangrcicf)c 6tüt)le mit lunber ober
»ielcdigcr ©i^platte auf, mit cntfprecbenj
ber SRücfen= unb ®eiten(el)ne. I)ie[e fteigt
fenfrccf}t auf unb umfd)Uefet oft ben ganjen
©i^, mit einziger j^^cilaffung bcr nötigen
©i^öffnung. 5tm tjäufigPcn fmb bic f cc^^s
ccfigenSi^c, bie in ber JRegcl auf brei,
feltfncr auf fünf Seiten mit einer öetjne
Berfe()en ftnb. ^m legieren ^aüe finb bie
beiben ßef)ncnflücfe , bie ber ©i^öffnung
junäc^fi fief)en, ttvoai niebrigcr gebaut.
Überhaupt pflegte man bie ßebne nad) Qtrt
eine« eins ober met)rreit)igen ;5ierlicf)en ®it=
terh)erfeö ju be^anbeln unb il}re fenfred)ten
3tt)ifd)enpfofien mit einem gcfcöni^ten
Änauf ju nerjieren. 2)er Slnja^l ber (Scfen
unb $fofien entfprad) aud) bie Qluial)!
ber «Stufen ober gü§e, foba§ bcr fecf)ö=
ccfige (£tul)l bereu ebenfaüä fecfiö erl)ielt;
ber runbe bagegen flutte fic^ auf brei ober
oier. 51hc^ ber SRaum jtt)ifcften bicfen
güfen voax, namentli^ bei ber ©ec^öjat)!,
mit äbnlic^em [Ranfen= unb ©itterraerf
auögefütlt, unb glei(i)fam aU ©tü^e beö
®anjen würben unter tk ^üge Sierge=
jialten gefegt, oornebmlict) ßömen, meifi
in fauernbcr ©teUung. Seppidje, 5"^'
bänflein unb ©d)emel fet)Iten natürlich
auc^ i)kx nid)t:
alnmbe an allen sitzen
mit senften plumiten
manec gesitz da wart gelelt,
druf man tiare kultern breit.
■ituf bie iBeränberungen, bie in biefer
3eit mit ben Sifd^en vorgenommen ttjor«
ben , lä^t fxi) weniger fd)lie§en , ha bie
größeren bcrfclben auf ben *ilbbilbungen
jietö biä jum ^Jußboben herunter mit einem
Steppid) bet}angen erfd^einen. So IciBt fid)
baber nid)t einmal genau feftflcUen, ob fte
überhaupt nod) burc^ Bereinigung einer
(platte mit felbjlänbigcn ©tü^en (jergeflettt
ober ob man fte öon Dornt)crein mit ben
nötigen gii^en üerfaf). ®roge ©peifetifc^c
würben ot)ne 3'^fiffl P^itii^ a"^ ©tein
»erfertigt. Qlud? würbe eä, entgegen bem
l)iöt)erigen bcutfd)en ®ebrauc&, nunmel)r
üblich, größere 5lifd)genoffenf(^aften nid)t
mti)x an einer großen, fonbern an mti)'
teren tleinen 2;ifd)en ju bewirten, bie auö
^olj unb ÜJletail gearbeitet, namentlid) an
ben gü^en me^r ober minbcr fiinftlid) >:>er=
jiert , bereite alei wirflid)c ^immergerätc
angcfe^en werben fönnen. 2)ie öefe^ unb
©^reibputte behielten itjre JJorm bei.
ße^tere trugen iai Dinten^orn oft in
einem Ääpd)en, baö jugteic^ jur Qlufnabme
ber ^tttxn unb bed ÜJ^effev« biente. 'Jluf
bem $ulte lag bie 2ßad)0tafel, in bie nac^
römifd)er äßeife mit einem mctaüenen
®riffel bie gewöt)nlid)en ^io^jen eingcri^t
würben.
S)ie leppic^c biefer ßtit fmb fd)on
recf)t foftbar. 2Benn bie einheimifd)cn ®e«
wirfe bie orientaIifd)en iDJuflcr auc^ bei
weitem nic^t erreid^en, fo j^eigt fid) in
biefer .Runfi boc^ ein entfc^iebcner j^ort*
fd)ritt, unb fo fonnte eä ni^t fehlen, ha^
nid)t nur bie SJiöbet, fonbern auc^ bie
^upöben unb SSanbe immer reichlicher
mit ben ©rjeugniffen berfelben bebangen
würben, wie folgenbe ©teüen auö ^arcioal
unb triftan befunben:
Manec rückelachen
in dem palas wart gehangen,
aldä wart niht gegangen
wan üf tepichen wol geworcht.
unb:
des herzogen palas
was alum und nmbe gar
behangen mit sperlachen clär
diu meisterliche wären gebriten,
wol geworht und underspriten
mit siden und mit golde.
2Bcr aber feine 5u^teppidt)e aufjubrin«
gen r)ermod)te, bebalf fxd) mit geflod)tenen
©tro^matten ober mit einer ©treu oon
Sinfen ober bei fe^lid)en ^MnUiffen mi
grünen iRcifern, Sldttern unb 93lumen.
manic KClbe bluomen tolde,
rosen rot und grüenes gras
öf den estrich gestreuet was.
(Tristan.)
©cfion im 13., me^r aber no^ im
14. Sabr^unbert, grünbete fid) ber
beutfd)e .f)anbwcrferfianb unb fonfolibicrtc
ftct) in feinen ja^lreic^en Sünften ober
3nnungcn. 2)amit war bie ßofung 5U
einer ixwn Sntwirflung ber gewerblid)en
Äünfie gegeben, bie biä auf bie befagtc
3eit in ber ^anb ber ©eiftlidifeit lag, in
ben Älöfiern il)ren ©i^ battc unb fafi
auöfdt)lie9lid) ber .Rircf)e biente. Die alU
römifd)en plumpen {formen freien unb an
i^re ©tefle troten, aui) was hai ©etäte
felber anbetrifft, bie fc^IanPcn, germanifc^en
Sciulen* unb iRanfenformen. Tlit ber
.Kräftigung biefer ßün^it begann erfi ba^
eigentliche ©täbteleben unb grünbetc ftcb
ber {»"bliebe ©ürgerftanb, ber bie cinbeis
mifdbe Äunfi weit mebr ju förbern fdbig
unb willig war, ali ti ber ausgeartete
770
ßimmetauöjiattung.
5tbel fonnte, unb ber alte ©^icfeten be^'
SceöIEcrung tt»eit ntc|r jur SJJactiafjmung
feinet Sdfpielcö veijtc. SDie einteiligen
SBol&npufet genügten nicht me^r. ©ie
Jüurben emeitcrt, unb in tnef)rere 3läumc
eingeteilt, beren jeber feinen befiimmten
Qvoid i)atk. @o cntftanben bie gefonber^
ten aBo^n», ®efen[*aft«=, *Mrbeit^= unb
(iS(J)lafgemäd^er. ^a, man ging nod)
toeitcr unb eifieüte in einem t»on bicfen^
ganj gcfonbcrten Seil beä ^aufeö noc^
befonbcre^ienibonjimmer. S)ie[e befonbev^,
aber aud) bie -Jamilienjimmer, würben
nun auc^ nai) befiimmten ®Tunbfa|en
auägejlattet, je nac^ ben 2JJittcIn, bie man
bafür jur ^Beifügung ^attc. S)ic 2Bänbc
mürben mit einem glatten ober gefcfcni^ten
|>oljgetäfel oerfe^en, mit Seppic^cn
ober mit leberncn Sapetcn »erf leibet,
bie fttomöglid) bebilbert mürben. 2)ie
©onne mürbe burd^ Sor^änge fern
gel)altcn ober aucE) fdion burd) g^enfier =
laben, bie ber (Mrö§c unb Sreite nai)
geteilt, oft aber anä) ungeteilt maren.
2)ie Wlöhil maren bem entfprec^cnb ge*
arbeitet. SBornebmlid) bie ©effel maren
geeignet, baä Serfui^öfelb ber jungen
^unjl ju merben. ©eiten» unb SRücfen=
lel)ncn geftaltete man »orerfi nod) ju=
meip gerablinig, feltener gebogen unb gab
i^ncn burd^gängiger, alö eä biä ba^in
ber ^atl mar, bie ^orm oon me^rfad) ge*
glieberten Pfeilern ober Säulen mit barauf
ru^enben Äarnieffen unb baämifc^cn gcorb*
netem, erftobencm ober burd^brodjcnem
„ÜJlaa^mcrf" , gcmeiniglid) auci bem foge^
nannten „^Dreiblatt" unb „ffiierblatt" be=
jicbenb. 25er 2ifd) hingegen oerlangte
feinet 3^6*^^ megen met)r bie !8eibel)als
tung ber gegebenen formen; Ijöc^ften« ha^
gufgeflell erlaubte eine freie ©ebanblung.
Sie Iru^e blieb ia^ gcbräud)lid;fie
Eepositorium, bo(^ fam ber ©c^rant
ober Äajlen bereite flarf in ^lufna^me,
ber bann in feinen tierfd)icbenen ®rö§en
unb ©cpalten balb ba« foflbarfie ^auö<
gerate mürbe. ^o<i) mar er großenteils
fc^r einfad) gehaltet, ein unmittelbar auf
bem Soben ober auf turjen gü§en ßet)enber
®rettcrt)crfd)lag mit mel)reren nebencin«
anberliegenben unb übereinanberfiebenben
2lbteilungen, beren jcbe i^r cigcncö Sür*
^en batte. 5luBcr bem ©ef^läge ifi
faum eine Seräicrung oorbanbcn. 3una*P
folgt bann t>ai oben aufgelegte „SDiaa§merf ",
ber geftm^artige Äranj. SJie 2ßänbe merben
I)ierauf mit Pergament »erflcibet unb bunt
bemalt.
25ie 2ron« unb (S^tcnfcffcl
Ratten teils noc^ immer bie ©efialt ber
Dieredigen .$?aften, mit gerabaufficigenbcn
©dpfeilern, teitö biejenigen ber fägebotf«
al)nli(^ ftcfe freujenbcn frummen 5ü§c unb
ßel)nen. S)cr Unterbau berfelben murbc
erl)öbt, um aud) ben ^ußfiffen unb gußs
banfd)en eine freiere ©eftaltung unb größere
Stuöbe^nung ju gejlatten. 2)arübcr breitete
fid) ber Sron^immcl auö, ber äumeilen
mit ®eitenr>or|)ängen ocrfe^en mar. Qtn
einem folc^en Seffel arbeiteten »erfd^iebene
.g)anbmerfe. 2)ie erjie 5lrbeit fiel bem
|)oljarbeiter ju, ber ein feiner <B>ä)m^Ux
fein mußte; bann mürbe ta^ ©eräte be«
malt, ocrgolbet, mit ©Ifenbein unb anberen
©toffen aufgelegt, aud) mit golbencn ober
filbcrfevgolbeten 3ic^i^*iten , mit farbigen
(ämaiEen unb fieüenmeife felbfi mit Steinen
uub perlen bebedt. ©ifernc ober bronzene
®erate formte unb jierte man momög«
lic^ nod) fünfilid)er. Seinen , ^ußgefieHc
unb ©i^e mürben nac^ toxt oor gerne
mit Sierföpfen ober ganjen Sterfigurcn
gegiert, namentlich mit öömen, iigern,
^unben :c. aU ©innbilber ber ^raft
unb Söad^famfeit. 2)ie Seppic^c maren
üon purpurfarbiger 5eibe ober tonSammet
mit ®olb befiidt.
5m bürgerlichen ^aufc blieb ber flcine
le^nenlofe Äl appflul;! immer nod) in
feiner ©eltung, menn aud) felbfi er eine
freiere, leiditere 33cl)anblung erful)r unb
gegentUc^ feinen Jierfopf barjiellen burfte.
35ic großen fd)merbemegbaren 93anf f äficn
bagegen, bie ftc^ längä ben 3i'^ni6twäns
ben i;injogcn, famen met)r unb mebr außer
®ebrau(^ ober mürben bod) burd) leichtere
®eräte berfelben Qlrt erfe^t, bie mit ^üßen
oerfeben, auf ber »orbern ßangfläc^c ge=
felbert, mit geraber öel)ne, ^ol)er iRüdmanb,
oft mit überpngenber Sebac^ung unb mit
©c^ni^s unb ©d)nörfclmerf auögefiattet
mürben. I)ie 23er fc^ biinfc maren balb
fafienartig gcfcbloffen, balb nur oon ijüßen
unterftü^t, mit ©eiten* ober 3tüdlel)nen,
aud) mit beiben jugleic^ üevfe^cn, offen
ober gcfd)loffen, nad) ©i^plä^cn abgeteilt
ober aud) nic^t. ©o ift um 1365 ermähnt
„eine 93anf au« ©ic^enbolj jum iöcmcgen,
non jmanjig Juß ßiinge nebft SHücfenle^nc,
um oor ben großen ©peifetifc^ tti Äönigö
aufgeficllt ju merben." kleinere Sdnfc
bicfer 5lrt geftaltete man balb runb, balb
brciedfig (mit brei Jüßen). ©ol^e fe()lten
in feinem aud) nur mäßig begüterten
^auöftanbe. S)ie große fafienartige Sani
mürbe aud) mitunter jur eigentlichen
3tmmerauöf}attun8.
771
SDoppelbanf »on bctröd^tlid^er Steile.
3cbc (Sdf)malfcite trug {ine fenfted)taiifä
fieigenbe 2Bnnb, bereit SOJitten butd) eine
in &f)arnictcn üots unb tücftoärtö betoeg^
Ii(f)e gerabc ßct)ne oetbunbcn waren, foba§
mctjrete Q3cr[oncn bequem iRücEen gegen
SRütfen fi^en tonnten, ©old^c ©anfc
jleüte man etma üor ha^ Äamin unb legte
fxd) gar brauf fc^Iafen, in welchem gaüc
jum ©c^u^c gegen bie birefte 2ßQtme=
ftrat)lung ein jeltattiget leppid) üütge»
i^ängt mutöc. S)ancben rourben bie £ r u f) e n
aud) aU ®i^e »ernjanbet.
3;i[d)e petfcttigte man auö SJJetaO,
au«i Stein unb .^ol,^. Oft nrnten bie güf e
ani biefem, bie '^tlatte auö einem anbern
©toffe. ®ro§e lafeln behielten meifi tai
gefreujte ^u^gefteü. 2)aö Jifct)tud) fehlte
nie, bod) war eö ni<iht butd)meg wei^,
fonbern oft fatbig unb gemufiert.
Unter ben Älcingetäten maten nament=
lieh bie ^ietlidien Ääftd)en jur ^hifnabme
ton ©d)mudfad)en, SDJeffern, SJtähjeug u.
bgl. bei ben gtauen beliebt. 5)ie gtö^eren
befianben juweilen auö jWei ober mehreren
neben» unb übeteinanber georbneten (£d)ub«
laben nebft jmei nerf^UeParen (^lügels
thürd)en. SBaren fie gar fofibar au« eblcn
SWetaüen unb ®cfieinen gefertigt, fo ftetftc
man fte aud) in eigenö beteitetc ^"ttes
rale auä Seber, bie burdh *Preffung, SDJa*
lerei unb Söefdiläge felber »ieber reidh auö»
gejlattet würben. ®ie ©piegel bagegen
Waten faft burä)Wcg bIo§e |)anbfpiegei oon
geringem Umfange, aber »on 5ierlid)fier
Sefchaffenheit unb tei*fier Qluäftattung,
©ie beftanben au« poliertem SDJetaü, ®ol'b,
©itbcr, @taht, 3"'"/ <^^^ ""^ gefd)Iiffe=
nem Ärtjüatl, feiten auö ®Iac!. 2)ie Qtmal*
gamifterung bciSfelben, woburch ber ®lai>
fpiegel afle anbern auä bem ^elht fd)Iug,
würbe erfi im 15. Jahrhunbett erfunben.
(ärwähnt werben j. ©. um 1313 „Sin
Spiegel t>on Silber", um 1372 „ein
(Spiegel »on .J^rppall, Welcihen ein SBeib
in ©efialt einer Sirene »on »crgolbetem
Silber hält", um 1380 „ein Spiegel oon
®oIb mit üier Slubinen, oier Saphiren
unb oictunbbteifig '^Jerlen befc^t", „äwci
l^ohe Spiegel mit jwei ,^ü§en üon (Slfen?
bcin, ber eine größer al« ber anbcre",
„jwci Spiegel oon totahl, ber größere Don
Tupfer eingefaßt unb rüdwärt« bamit be=
bcdt, ber anbere auf einem |)oljgefielI
flehenb" unb „ein fleiner Spiegel von
Silber, läng« ben iRänbern unb rüdling«
emaillitTt, getragen t»on jWci Äinbcrn in
SDlänteldhen unb langen Äappen, biefemit i
a3lümd)en in Smail bcbedt, jiehenb auf
einem fClättd)cn mit einer SWaefe nebfl
jWei »5ü§en, bnrunter eine gefimeartigc
'JlJlatte mit emaillierter SCarfieüung einer
^irfchjagb". Qlu^ treten gegen (änb'e tiefe«
3eitraumä neben ben längft betannten
Sanb= unb Sßafferuhrcn gtöpere
SBanb Uhren mit einer 5(rt Diäbetwerf
auf, freilid) nod) febr feiten unb einfach,
nur mit einem 3ciger cetfeben. 3)enft
man fid) noch bie mit foftbaren leppidien
oerhängten 3™ni«tt)änbe unb bie eben»
fatlö aufS funjlreid) gc^idten Südjern ge=
fertigten, in SpoU "gerahmten J^lügel«
wänbe jum iöerfieücn ber Ihüf unb
^enjletöffnungen hinäu,jo fann man ftc^
einen ungefähren 'iSegtitt bon einem 3im«
met beö 14. ^ahrhunbett« machen. 55teili(^
ctlaubte fid) ber fd)licftte 93ütgetf!anb einen
foldien ßufuö nod) nid)t. 'S)ie fdjweten
Sanffäfien, einige bewegbare Iruhen, ein
ober mehrere ßangtifche unb bie crforber»
liehe 5lnjahl oim iBetten madhte hier ohne
3weifel baö gejamte 3Wobtliat au«. 3n
ben glitten ber 5ltmen mad)ten bie Jruhen
fogar ben Sifd) entbehrlidi, waren alle« in
aQem, höd)fien« nod) etwa oon befonbern
Schlaffieöen begleitet.
3m 15. 3 ihr hu n ber t bra($ ftch ber
burgunbifche (Sinftu§ !8a!^n, ber in bem
kräftigen beutfd)cn f)anbwertetf^anbe einen
fähigen Itäger fanb. S)ie ®olbfd)miebeä
funfi unb ihre 3tt>eige, bie (Smaillierung
unb Steinfchneiberei, ha§ ^anbwerf ber
SAmiebc, S^loffer, Äupferfchmiebe, Sron«
jegie^er unb 3innarbeiter wetteiferte mit
bem ber (Jlfenbeinfchni^ler, ber eigcntlid)en
fiilbfc^ni^er, Sdhteiner, Söpfer u. f. w.
^nx größten, b. \). ben für bie ?lu«|iattung
ber iffiohnräume praftifd) cerwenbbarfien
Schritt, thaten Wohl bie ® lafer, bie nun
neben allerlei nü^Iid)en SDingen bie @laäs
fenjler erjiellten, au« 9iunbfd)eiben ju*
fammengefe^t, wie fie fid) biß in unfer
3ahrhunbert erhalten haben. SBenn auch
bie uniiermeiölid)e Sleifaffung, uerbunben
mit ber meift nod) geringen Qualität bc«
©lafe«, ein ißrobuft entfiehen lie^, ta^ ber
IBoüEommenbeit noc^ ferne fianb, fo war
boch bicfeö fd^on fon groper 93ebeutung,
ein nicht gering ju fdhähenber j^ortfchritt
gegenüber ben früheren genjleroerfdjiüifen
au« ^orn ober geöltem Rapier. S)icfe ge»
langten überhaupt nie ju allgemeiner ißer*
breitung.
3n 93ejug auf bie 2;cppid)roitf crei
genoffen bie flanbrifc^en üBerffiättcn eine«
hohen 9iufcö, Dor aücm bur^ bie „hodh*
772
Simmcrauäfiattunc?.
fd^äftigc SBtrfetci mit fcnf rechter Äettt",
burd^ bic „hautelisse". 2)cr 51uftt)anb an
folc^cn leppicfcen überfticg jumcüen jebeö
erbenflid)c ^a^. ®o mxt> crjä^It: .,3lle
man bei ©clcgenbcit bcr Sermäfilung
RaxU VIII. (um 1491) iai @c^Io§ Am-
boise ausfiattetc, öemanbtc man baju an
feibenen unb goIbburcf)tt)irftcn Sffianbtcps
i)i(^cn nicf)t ttjeniger aU mehrere taufenb
(SClcn. ^Itlein um ben $of bamit ju be-
beden, bcburfte man inettaufenb ^afen,
unb ju einem einzigen ®emacf) brcifcunbert-
ficbenunböier^ig SQen üon bem fiärfüen
©eibenfioff, barauf in fortlaufenben 93il=
bem bie ©efc^idite SWofiä ju fe{)en mar.
2)ie anbern ieppid)e entl)ielten ©jenen auö
ber ÜJipt^oIogie, auö ber iilteten unb bet
neueren ®efä)i($te. 2luf i^nen erblicfte
man unter anberm bie ftegreictien 2:l)aten
be^ ^erfuleö, bie ©efc^iic^te ber @t)bi[len,
bie ©roberung r>on iroja, bie 3cifit'rung
Serufalemö, Sinjelneä auö bcmSRoman fon
ber ifiofc unb bie öd)Iact)t t»on ^ormigni,
in mel(i)er um 1450 Äarl VII. bie ßng*
länber fc£)!ug." 3"T, 59ebecfung ber Q\m^
mergeräte unb jum liberjie^en ber l^oljter
mä|)lte man fortrciälnenb mit 93orUcbe bie
gemöl)nlid& bcjticften, einfarbigen ober
buntbemujlertcn ©toffe.
?luct) in Sejug auf bie Verfertigung
»on U^rcn marb ein mic^tiger ©chritt
»ormörtö getban. Sr ging »on g^nnfi^fi'^
au0. Um ha^ 3a^r 1480 erfanb bort ein
gemiffer Carovage ober Carovagius bie
Spiralfprungfcter unb »erwanbte beren
Sriebfraft jur ^etj^eöung r>on fleineren
iffianbubren, bie furje 3ett ^ernac^ (1500)
•Peter ^ele in 9'Jiirnberg berart üerPotI=
fommnete, ta^ er aU ber eigentliche ®r=
finber ber 2;af(ä)cnut)ren ange(el)en merben
barf.
3n 33cjug auf bie ©eftaltungemeife beö
©cratö im iMügemeinen bielt man fi*
an bie „germanifcfcen" ®runbformen, fo=
ba§ barüber, namentlich auö ber erftcn
^älftc beä S'^Ö'^^iinbertö, weniger ju be^
richten ifi. üDie perjiercnbe Qtusftattung
freilid) mürbe immer mannigfaltiger, ja in
bem Streben, burcf) immer neue Stftnbun:
gen i;u glänjen, oerlor fie gegen Gnbe bee
3abri)unbevt« ben feineren ©inn für fünfi-
Ierifd)en 3u^''"i"^f"^""9' f^f führte jur
Überlabung unb jur 2Biütür unb in ibrem
Umfc^lag jur nüd)ternen ßeerc, foba§ fte
ftd) enblid) teil« in launenhafter 23er«
mifd^ung eon ftarren ober boc^ nur mägig
ornamental belebten gläd^en mit einer ju«
meifi übertriebenen güüe oon bunt jufam«
mcngcorbnetem 3'ft>^6'^f< t«il^ i« 0"^'
fcf)Iie§lid)er 23ermenbungbcö le^tercn oerlor.
Sflcben ben biöber übli(^en oerfcftieben*
geflalteten öebnfeffeln tritt ber ä^nlid) au^s
fe^ienbe 2)re^feffel auf, ber 'mic ber
'Jl 0 11 j! u t) l bauptfä^lici) »on Äranfen mag
gebraudtit morben fein. ?ln ©dbrdnten
unb Sirupen fuditc man nun üorjüglidfy
bie gefteigerte S^üüe baulid^er Serjierung^s
formen jur ©eltung ju bringen, au(J fom»
men an benfelben neben fojlbaren <S(^ni|*
roerf oft ©olbrerjierungen, fomie $olj^ unb
ÜJJetatI ein lagen oor. S)ie Slruben jteQtc
man gern auf Jierföpfe; bie ©c^ränfe
erbielten größere j^\ixfi)tn, bamit bie Set*
jierungen reicbli^er angebracht merben
fönnten. I)ie 2;{)üren mürben fleiner, beren
Umrabmungen aber verbreitert, fomie bie
magrec^ten Seiften jroifc^en ben 5ä(6ern.
9'lebcn ben größeren ©tanb» ober SBanb«
f(l)ränfen bebiente man ftc^ aud) fleinerer,
bie an bie 2Banb gebangt merben fonnten
unb eben i^rer Äleinbeit megen um fo
föftltd)er gejiert mürben.
Unter ben fielen 5lrtcn be«( Jifcbeö
begegnet man am l^äufigfien bem fleinen,
einfügigen, mit runber, ooaler unb oiet«
ecfiger platte, unb bem cbarnierbemeglicben
.$llapptifd)c. Sßeibe fommen mebrfad) im
3immer oor unb jmar il)rer iloftbarfeit
megen mel)r atö 3iertifc^. 2)ie «platte i|l
iDJarmor ober ©erpentin, jum minbejlen
eine feltene ^oljart, mofaifartig aufgelegt,
bemalt, auc^ mobl am SRanbe jierli^ ein*
gefaf?t. 5Die ^^ü^e firib SWetaKarbeit, aug
Ijoljfinifemerf über au« einjeln gearbeiteten
Drnamentftüden jufammengefe^t. 5lucb bie
%ü^i ber mebifü§igen Zi\<i)t fmb bie Ijaupt*
fäci)lid)jlen Srciger ber SSerjierungen. Qlu^
bie ©dienfs ober Äreben^tifcf)e fanben
jiemlid)e Verbreitung; bie ©^augefielle
ober ,,dressoirs" unb bie 5lnrichtcta«
fein ober „bnffets" fiellte man mit ber
3unabme bcr *13runfgefd)irre (®laö*
unb Sonmaren, ®olb= unb ©ilbergefcf)irre,
Srunnen [®ieMüffer], 2)rcifüge unb©cf)iffe)
oiel häufiger unb umfangrei^er \)n, aH
eei frül)er gefd)ab unb ermangelte felbfioer«
ftänblic^ auch nic^t, fie felber mit aflem
erbenflid)en 3'C'^i^it J" f(^mücfen. 51B
3tmmerfc^mud mären enbUch nod^ bie
großen Safelbilber, auf ^olj gemalt
unb jierli^ eingefaßt, fomie bie gläfernen
Sffianbfpiegel ju nennen.
SBcnn auc^ baö bürgerlicf) t SBo ^n «
t)au«f aü biefe ^ra^t nodö m(i)t auf ein*
mal nachjualimen oermo(^te, fo muc^fen
boc^ auc^ bort bie Sebürfniffe fietig. 3)ie
Simmetauöjiattung.
773
SBonffäficn blieben nod^, bie 3;rnt;en ebcn=
fo, tod) trerben baneben me^r ober minber
letc^ üetjicrte lifcfcc , ©tüftle , Sänfe,
®d)tänfc, Öcfepulte u. f. tt). faft aügcmein
angetroffen, unb and) bie nic^t einmal
rcid) iBcgütertcn erlaubten ftc^ ju 6nbe
be« 3"f)»'l)»"bertö ben öuyuö ber ^änge^
teppiAc unb beö ^ol^tafelrocrfcö.
^m i'ai 16 3abrftunbcrt fttirb
Italien tonangebenb. 2)ort hatte ftcfe j^u^
erfi wiebcr hai 93ebürfniö ber ^uffrifcfcung
beö (Sefdimacfe^ an fcem iBorbilb ber eilten
hmb gctl)an. 3" eingebenber Scrroenbung
ber altflaffifd^en goriiei' juoörberfi im
baulichen ^Betriebe, mar man jugleicf) be^
m.übt, aucf) bie antife ißcr^ierungsmcife
mieber aufleben ju lüffen, voai ber ®e=
rätebilbung mit ju fiatten fam. ^infäng^
lid) a()mte man bie 9JJujier getreu nadö,
lernte hai (Sbenma§ ber Seile mieber
fcftä^en unb bie J^üUe ber 3ierraten bamit
in dinflang bringen, maa qu^ für bie
neuen Serbältniffe nid)t über ®ebü^r
fcfemer fein burfte. 33et)anbelten bod) bie
SSorbilber in med^felooüPcr S)urcf)bilbung
unb *Jlnorbnung bie blofen ^tjantafte*
Ornamente , bie monnigfaltigfien ®egcn=
fldnbc au« bem Iier= unb *l'flanjenleben
unb auö ber altrömifdbcn SBerfebrsmcIt,
bem {ult(id)en , friegerifd)en unb aütäg=
Ud)en ßeben , maß atlc« nid^t nur bie
Sinne bilbete, fonbern aucf) bie *pi)antajie
ju eigenen Kombinationen anregen mu§te.
®ie „iRenaiffance" ging juniid)fi auf
Spanien, bann auf ^ranfreidE) unb erfi
burd) biefc« auf bie SRieberlanbe unb auf
2)eutfd)Ianb über; jebcö biefer ßiinber ftat
fte in feiner eigenen 5lrt empfangen unb
aufgegriffen, feinem aber Ijat fie no^
»oüenbß fo ein bcfiimmteö ©epräge aufs
gebrücft, mie bem le^tgenannten, l>aü fein
^auö unb feine ®tabt in einer SBeife
fteraueibilbete, ha^ ber objeftioe tiefer=
blicfenbe ^rembe mit feinem '-Beifaüe nid)t
äurüdljalten fonntc. So fagt ber feinge=
bilbete Italiener, 5tneaö SplOiu«, $apft
qSiue II. (1458— 14Ö4), ta^ er bie grö»
feren nicberlänbifc^en, beutfd)cn unb
fcftmeijerifd^en Stäbte iftter befonberen
Sjuberfeit, Orbnung unb 2ßot)ll)abenbeit
nsegen, lebiglid) abgefeften oon Kunjl«
fd)mu(f, ben größeren italienifAcn unb
franjöfifcben Stäbten meit oorjiebe unb
üiele, mie Dor allem ®ent, iörügge, Sred«
lau, QSrag, ßübcd, 'Mc^en, Sricr, Äöln,
Ulm, ÜBien, Strasburg, Salzburg, Safcl,
^üxii) u. a. als iDiujlcrbiltcr, ja eins
seine, mie llug^burg unb 9iurnberg, ge«
rabcju ale 3beale einer »otlfommcncn
Stabt bejetd)net werben muffen. Unb
äbnlicft fprad) fid) in ber jmeiten ^älftc
be« 16. 3abrbunf ta !Dlid)el be ÜJlontaigne
au0 , ber aucbrürflic^ bert)orbebt, ta^ itt
ben bcutfc^en unb fd)mei;;erifc^en Stäbten,
bie Strafen unb öffentlid)en 'ISlä^e, bie
2Bol)nungcn famt ilirem ^auärat, iftren
Jafeln unb jafelgcfi^irren, meit fd)öner
unb fauberer feien, alä in ^^ranfrcid).
3n ber 33el;anblung ber e b e l n SSi e t a 1 1 e
unb Steine maren unter ben beutfd)en
fflJeifiern bie 5lug«burger unb [Nürnberger am
berütimteflen, bod^ genoffen aud) bie Ülmcr,
Äölner, Jrantfurter (a. DJf.), *13rager, üöicnet
unb 2)re0bener eineö guten SRufeß. SDie
'5lfenbeinfd)ni^erci batte be=
fonber^ in Qlugeburg ibren ®i^. Die
Qlrbeit in |)ol5 l)atte fd)on im 15. ^ai)X'
bunbert in rein ted)nif^er mie in fünp*
lcrifd)er $inftd)t eine Stufe erreid)t, bie
eine bebeutenbe 2Beiterentmidtung taum
me^r sulie§; aber ba«i immer fteigenbc
Sebürfniö für berartige *Jlrbeiten ju melt«
lid)em, unb bi«S jum "*ilblauf ber breipiger
3at)re aud) nod) für fird)lid)e 3tt)ecfe, lie§
bod) mand)erlei Steuerungen unb iBerbeffe=
rungcn unöermerft entfteben. ©ine folc^c
mar bie bon 3t"licn a"f 5'^''"^^^** ^'"^
bann aud) auf 5)eutfd)lanbübergel)cnbe Sieb*
baberei für gcfd)ni^tc3ii"i"fi^^2'^^"'
3n ber crflcn |)cilfte beö 3ti^it'unbcrt0 be»
gnügt man ftd) nod) mit einem fid) freu*
scnbcn, t\n\ad) geglieberten Salt'cnmcrf mit
SBer^ierungcn in 55'^i^1'fft"'t3<^'^*^^'' ^" ^^^
smeiien ^älfte aber entmitfelt fid) bie 'Decfe
burd)gängig ju einem febr üerfd)iebencn.
oft du^erft fünftlid)en .Kaffettcnmerf, aug*
gefüllt mit erhabenen Sd)ni^ereien unb
(Semälben im SZÖed)fel, ober aud) in ihrem
Serlaufe lebiglid) mit SUtalereien. ®oc^
blieb ber ®ei"d)mad für gute Sd)ni|ar=
beit immer norhanben, ja man begnügte
fic^ nid)t mehr bamit, blo^ bie gläd)en,
bercn CSinfaffungen unb ißcfrönungen bamit
JU jieren , fonbern fügte noch tiöUig runb
gearbeitete (Jinjelteile bei, ^j^^S"^^" ^°^
i)Jienfchen unb licren, jumeilen in ®ruppen,
Äöpfc, lierfü^e, Säulen, *Cfeiler, Stü0en
u. bgl. S'ieben ben eirl)eimifd)cn ^olj*
arten, (Stehens unb [Jiu^baumftolj, gelangen
nun aud) frembe ,^ur Scrmcnbung, fo be»
fonber« tai aue Ofiinbicn belogene ©ben«
holj, iaQ anfange feineö hot)en (preife^
wegen nur ju fleincn ®eräten üermenbet
merben fonnte, oon ben fiebjiger 3i5^reit
an aber, in ^olgc eingetretener $rci««
ermä^igung, bei ben Dornel)mcn gamilicn
774
Simmeraueflattung.
gcrabcju »ot^errfc^enb rourbe. JBeliebt
»arcn namentUdt) bic SWöbcI mit Slfen«
bein« unb ©ilbereinlagcn. 2)ie ®ct)rcincr
festen ficf) ju bicfem Btt'ecfe mit ben Äiinfi«
lern »on §ac!^ in 33erbinbung unb n^aren
ni^t [eltcn fclbcr rccnigfienö tüchtige
Sd)ni^cr unb 23aumcifiet.
9?icfet minber rüf)rig tt>aren bie SDi c t a t h
arbeitet, ®cf)micbc, @($)Io[fer, Tupfer»
fcf)miebe, Sronje« unb 3i"n9i<^fe2'^- *31u^
fu luu^ten ju teilen, waö baä ^aubn^eif
überfiaupt je ju Icijien t>crmoct)tc. iRament*
lidt) bie Qtvbeiten ber bamaligen 6cf)Iof[erei
»ctbienen £)eute nod) unfere Scmunberung.
@ä finb nit^t nur fun^lreid^ gearbeitete
©d)Iö[fer unb Sefc^tüge, fonbcrn aud)
einige UbriDerfe, bic al^ Surmu^ren
mit einem Sc^Iagwctf unb mancher«
Ici funfireidben unb ergö|lict)en äutf'oten
»crfefien finb, bancbcn audb afironomifd^e
3nfirumente unb tier[cf)iebenartige giguren,
bic burc^ einen fünjllii^en 9Jie(ä)aniömuö
tl)re Sl^ätigfciten auöfüt)ren. S)ic @ I a ^ «
fabrifation unb iBerarbeitung biefcö
immer rt)id)tiger »er^enben Stoffeö rui)te
befonber« nod) in ber ^anh ber 23enejis
oncr. 5ine föjKid^eren ©tücfe famen »on
bort ^er. 3"! eigenen öanbe machte man
au^er ben |^enfter[d)eiben unb tieinen
Spiegeln nur nod) bie fleinen Oefä^e für
ben ^auöbebarf, aüert)öd)jlenö etn.Hr 2)ecfels
gläfcr (pumpen) mit eingebrannten *pin«
ftl5eid)nungen. *ilu(J) bie Söpferfunft unb
©tcingutfabrifation blü{)te in 3toUcn ju»
mcifi unb ging »on 'i>a nac^ grantrcid)
über. 5llö aßerfpätten Unterer 2lrt waren
in 5Deutfc^Ianb unb in ben IRieberlanben
bcfonberö 2)elft unb Äöln befannt. Sc|itere
©tabt tt)at fid) aud) in ber 2;eppid)mirfcrct
unb SBcrarbcitung bc^ gepreßten Sebcr^
l^erpor.
2)er neuen ®e[ä)macförid)tung folgte
auä) in ®eutfct)Ianb, mie anberort«, an=
fönglid) roenigcr ber ^of unb ber Qlbcl
überbaupt, al^ ia^ »ornet)tTte 93ürgertum,
fo in 5lugöburg bie ^ugger unb SBclfer.
©er ®clet)rtc Seatuä iRt)cnanuö be«
fd^rcibt in einem ©riefe Pom 3ai)r 1531
hai ^aui beä 5tnton J^ugger folgen*
bermafcn: „Sßelc^ eine $rad)t ifl nid)t
in 5lnton ^^uggcr« ^am. 6ö ifi an ben
meiften Orten gemölbt. unb mit mar*
morenen ©äulen unterjlü^t. 2öa^ fott ic^
Pon ben iticitläuftigen unb jicrlid^en
3immern, ben ©tuben, Sälen unb bem
Äabinete beö ^cvrn felbfi fagen, mcicfeeö
fowo^l mcgcn feineä oergotbeten ©ebälteö,
ali ber übrigen 3ierraten, unb ber ni(f)t
gemeinen 3ietlicibfeit feineä 93ctteö tai aller«
f(f)önfte i|i? ©ä flögt baran eine bem
i)eiligen ©cbaftian gcroeibte Äapetle, mit
Stühlen , bie auö bem fofibarfien ^olje
fcbr fünftlid) gcmad)t finb. %üii aber
jieren portrefflicfie ÜJiatereien Pon aufen
unb innen. JHapmunb ^uggerä ^auä iji
ebenfalls föftlid) unb bat auf aücn Seiten
bie angencbmfte *Muäftd)t in ©arten. 2öaä
erjeuget Stalten für *Pf[anjcn, bic nic^t
barin anjutreffen mären, roaö finbet man
barin für öufttjäufer, Blumenbeete, Säume,
Springbrunnen, bic mit Srjbilbern ber
©Otter gejiert ftnb? Söaä für ein prädb»
tigeä 93ab ifi in bicfem Steile bes ^aufeä.
ajJir gefielen bie föniglid) franjöftfi^en
©arten ju Sloiö unb 3:ourä nidbt fo gut.
9iad)bem mir inä ^auö Ijinaufgegangen,
beobachteten mir fefr breite Stuben, weit*
läuftige Säle unb3inrmer, bie mitÄamincn,
aber auf fet)r jierlidbe 9Beife, Äufammen«
gefügt marcn. Qlüe Ibüren geften oufcin«
anber biö in bie SWitte beö ^aufeö, foba§
man immer Pon einem ßimmer inö anbere
fommt. .pier faben mir bic trefflicbficn
©emälbe. 3ebod) nod) mct)r rübttcn unä,
nad)bem mir inö obere Stodmerf ge*
fommcn, fo piele unb gro§c ©enfmale iti
^Itertumö, ha^ icb glaube, man mirb in
Stalten fclbfl nicbt mebrere bei einem
ÜJiannc finben. 3" einem 3ininie'^ ^'^
ebernen unb gegoffenen Silber unb bie
SDiünjcn, im anberen bic ficincrnen, einige
üon toloffalcr ©röge. üRan crjäbltc unä,
biefe ©enfmalc iii *Hltertumä fetjen faji
auä allen Seilen ber 2Belt, pornämlidb ani
©tiecbenlanb unb Sicilien, mit grofen
Äofien jufammengebrad)t. SRat)munb ifi
felbfi fein ungelebrter »Kann, Pon cbicr
Seele."
einfad)cr (bnö reid)e 33afcl auögenom*
men) mobnte man in ber Sc^mcij. Illop«
fxm p. Dreüi fcbrcibt jroifcben 1550 unb
l.'575 auf^ 3ürtcb, ta^ überaü SReinIid)feit
bie größte 3ierbe fei, bancbcn aber Sin*
fad)beit berrf^e. ieppie^e babc er nur in
jmei .f)äufern porgefunben. S)er corncbmiie
Sdimud ber 3*"inier fei hai nufbaumcnc
©etöfcl mit gotifd^cm Sd)ni^merf. S)ic
gugbbben ber iZBobnjimmer feien Pon ^olj,
bie ber anbern Pon Sadfiein gemadbt, beren
Pielc obne3«i^i^at, anbere mit einer 93Iume
ober einer fonjiigcn 3ei<i)nung gcjicrt feien.
2)ie 3immerbede bagegen fei v.iclfad) föfi«
lieb gefd)ni^t unb bemalt, bin unb miebcr
mit maffiPem ©tjpjimcrf (Stud) in ÜBaffcn
unb ^arnifdben» flu<^ ^^^^ "i** ©"Ib ge«
jiert. S)anebcn feien lateinifcbe 2)cnffprüdbe
Simmerauöfiattung.
775
tjingemalt. ^nt förmdrnuuig Der 3'ii^nifr
bcbiene man ficb großer Dfen. DicSrinf*
gefä^e feien uon 3'"". oft l^cr einjic^e
®cf)muct bev bunfeln ©tube, ba^cr tcic3licl)
blanf gcjc^cucrt. „S)ic ®erätfcl)aften" —
fc^rcibt er weiter — „fmb auf S)aucr ge=
macf)t, njenig jaf)Irei(f), uiel ttienigev präd)=
tig, aber oft in gutem ©efc^matf. %üx bcn
täglid^cn ©ebraud) finb in ben SBobnjim«
mern, längs ber SBanb unb um einen
großen Sifc^ b^rum, longe Sänfe für bie
|)au0baltung bingefieCIt, luononbic oberfte,
für ben ^crrn unb bie g^tau beä .^»''ufcä
benimmt, mit Znd) auögefcblagen iji.
Äömmt ©cfeüfdjoft, fo lüerben in ben
reichen .^äufern böljcrne Stühle bingeficQt,
beren ©i^ mit ®ammet befd^Iagen unb
mit feibencn, audt), bocb feiten, mit filber»
neu unb gotbenen granjen gejiert ftnb.
iZBeniger iReicbc begnügen ficb mit ©tüb-
len, mit gefärbtem %nä) ober ßebet au^«
gefcblagen, ober mit ^olfiern barauf, con
ben grauen unb Jöditcrn im $au^ ge*
fiicft; mit bergleid)en, unb etwa au^ mit
geflicftcn Seppid^en, ttjerben bei feftlid^en
5tnläffen bie Sifcbe bebecEt. Sebnfiüble
l^ält bieä rüfligc Solf nur für Äranfe ober
©reife tauglid)." ®r rebet bann »on ber
SDlenge filberner unb ecrgolbeter Strinfge*
fä^e, *13ofale, ©dbüffcln u. bgl., bie man
in reidben |)äufern finbe unb mit benen
bei fe|iUd)en*}lnIäffen bie Safe! gebecft unb
gefd)mü(Jt werbe, aud) uon ber in ©amrnet
gebunbenen, mit ©itber unb ®olb gezierten
|)au^btbel unb fäbrt bann fort : „60 ein*
füd) unb bflii'^biilterifd) bie ©peifen im
täglicben geben finb, fo einfad) ifi aud)
ta^ 3;ifd)geräte. 3)ie Söffet ftnb burd)»
gängig oon |>oIj ober J^orn, nur bei
reicben ^erfonen, bie beö ^au^oaterä unb
ber ^auömutter, mit ein roenig ©ilber üer«
jicrt. Sßon gleichem ®ebalt ftnb aud) bie
SeKer ber ©emeinen, bie ber SReicben oon
3inn, ftenigfienö beö ^auöberrn unb ber
Jg)auöfrau ibre. ©ie ©d)ü^eln ftnb oon
»erjinntem Tupfer, 3'"" ober gebrannter
(Srbe; fo aud) bie Srinfgefäge. ®{ai gc»
braud)t man nic^t jum täglid)en (Sebraucfte,
bcebcilb ftnb bie ^lafdjen uon battgebrann=
tem ^bcn, bie 9Bed)er pljcrn ober oon
3inn."
3u bibenfen tft bei ber Beurteilung
biefer beiben »erttioüen Stacbridbten , bü|
JRbtnanu^ bcn ^lauöbalt beö SürgcrfürPen,
Dreüi aber abftd)tUd) ben ber einfad)cn
Sürgeröleute befdircibt, unb ta^ fte fid)
barum jur Äombinierung eincö ©efamt*
fcilbeä gegenfeitig ergänjen. 3)er eigent*
Iid)e 23ürget|laub wirb and) in 2)eutfc^Ianb
mebr nad) ber üweitcn ©d)ilberung gcroobnt
unb gelebt b^iben. SBie oiel übrigen* ju
einem mittleren ^ausflanb fc^on nötig roar,
befd)reibt S;>am ©ad)* in bem um 1544
erf^ienenen ®ebid)te „SDer ganje |>au§rat
bep brcpbunbert ©tüden, fo ungcfebrii*
in ein jcbe* ^au§ get)ört" fotgenberma|cn :
(Srfitid) in bie fiuben geben!,
SWu^t bnben Jifd) , ©tut, ©effet unb
Senf,
S3anfpoIfter, M^ unb ein 5VauIbett,
®ic§taltcr unb ein ÄanbeUnett,
^anbt^roebel, 3;ifd)tud), ©diüffelring,
Q3fannboIj, ßöp, Seüer, Hüpferling,
^ Äraufen, *J(engfier unb ein 5öiergla§,
Äuttrolff, Irac^ter unb ein ©al.^fap,
öin Äülfeffcl, Äanbcl unb glafcben,
ein Sürflen, ©läfer mit ju raafd)en,
ßeudbter, Su^fcbcr unb Äerjen oiel,
<Sid)ad), Harten, ÜBürfel, ein ^öretfpiel,
©in reifenbe Ubr, ©(ibirm unb ©picget,
6in ©dbreibjeug, hinten, *Papir unb
©igcl,
S)ie 93ibel unb anbere 23üd)cr mc^r
3u Hurt3tt3cil unb ftttlid)er i*ebr.
SDarnad) in bie Äud)en fetfüg
Äeffel, Pfannen, ^äfen unb Ärüg,
25rifu|R, !Bratfpie§ gro§ unb flein,
(Sin Oiofi unb Srätcr mu§ ba fet)n,
(Sin a[Bur|bud)* unb ein (Sffigfa|,
ÜJJörfer, ©tempffel, aud) über hai
(Sin ßaugcnfaf, ßaugenbäfen, jmo©tü^en,
3u gemerönot ein meffen ©prüfen,
ein i^ifdibrct unb ein !Ribeifen,
©d)üffeIforb, ©tur^e, ©pifnabel preifen,
(Sin ^afbrett, ^afmeffer barju,_
©atjfai, Sratpfann, ©enfffd)üiiel jwu,
(Sin güütridjter, ein 2)urd)fd)lag eng,
^eimlöffl unb ÄocblöffI bie meng,
(Sin ©pülftanbt, iPan^erfled barbep,
©d)üffel unb leüer man^erlep,
(Ple^ ficin unb gro§ id) bir nit leug,
©d)n)ebel, 3i'"'^«t ""^ Scwerjeug,
(Sin g-cwerjnngen, ein Dfenf rufen,
$Daü geroerpöflin jubin fd)mufen,
ein legel, 23la§balg, Dfenrobr,
ein Dfengabel mupt baben üor
Ht)n, ©pän unb ^olj jum ^ervtx frifd),
ein Öefen, ©trobnufd) unb J^lebermifdi,
5lud) muBt bu b^iben im Sßorrat
5n ber ©pei^fammer früb unb fpat
ein Qlufbcbfdbüffel, ein 3«rkgtener.
'ölun mu§t aud) baben in bem Äeüer
SBcin unb 33ier, je mebr je beffer,
ein ©c^rotleiter unb ein ©ambmcffer.
776
3tmmctauÄftattunc».
Sin ^a^böxix niu§ aud) ia fepn,
©in Stören unb ein Äunnetlein,
Sin ©tenbtlcin unb «uc^ ctU(i Äanbcl,
SBcinfd^Iaud^ unb wai gebort ju bem
§anbel.
Sßilt nun in bic €^Iaftammer ge^n,
(Sin «Spannbett mu§ batinnen fiebn
ÜJJit ©tro^fad unb ein J^f^^ibett,
qSolj^er, Äü§ unb ein 5Dcdbett,
SDecf, (Prun^fcfccrb, ^arngla§unb33ctttu(f)
Unb a\x6) ein Iruben ober jttju,
S)arein man mol befcfelie^en tbu
®elt. ®ilberge[d)irr unb ^oicaln,
Äleinat, ©c&croern, ^Porten unb <Bä)aln.
Sluc^ mu^t bu !^aben ein ®ett)anb{)alter.
3tucb tt)ic man ju bem Owanb mu§
brauchen
Sin Omanbbürfien unb ein ®rt>anbbe[en.
5lu($ mu^t fünft haben in gemein
ißit |)au0ratt in bem ^aufe bein,
Somit man täglid) flücf unb beffer
Sin Segen, SReben« unb ®d)eitmeffer,
Jammer, Sfiegel, SIRaifil unb g^^ns^"'
|)obeI, ^anbbeif)!, ein Öaiter bangen,
©cbaufel, ^amen, Qljt nu^t man gern.
Sin SRecben, ©c^Iegel unb ßatern.
Slucft SöerEjeug mand)erlei 25orratb
ßum ^anbel felb in bein Sßcrfjlatt.
?lud( mu^t bu für bein Tlaih unb J^rawcn
yiad) einem ©pinnräblein umbfct)awen,
iRocfen, 6pinbel unb ^efpa gut,
€d)er, D^Jabel Sin unb Fingerhut,
Sin fd)marjen unb ein meipen Stt'irn,
aRarfforb, Sragforb, gifcfefacf, fern ibrn,
5lucfc mu§ fie t)abtn ju bem Sßafcben
Saugen, ©eiffen, ^ol^ unb 3lfd)en,
SDtuIter, 2Bafd)böcf unb 3überlein,
(Selten unb (gcbeffel, gro§ unb flein,
©Töpfer, SZÖafcbtifcf) , Jßafdjpleul unb
Stangen,
SDatan man bie Jßefd) auf t^ut banftcn.
SBenn man bann \ni 33ab miß gan,
Sin Ärug mit Saugen mu^ man ban,
Sßabmantel, Sabbut unb ^aubtucb,
SBecf, Q3urften, Äamp, Sdbroammen unb
prud).
®cbt bann bic gram mit einem fiinbel,
€o tradit umb pierunb^meinjig SBinbel,
Sin gürbang unb ein 5RumpeIfef,
SBed, Ääg unb Dbft ju bem ®cfrä§,
Sin Äinblbctt, bem Äinbt ein Sßicgen,
S[Ru§t \)abtn SWil*. mal unb mnhi»
Pfannen,
Sin Äinbömaibt unb ein Sübeicin.
^annji bu foldbcä atle^ nit erfcfemingen,
ÜRuft in ücrfe^ten Ibon bu fingen.
®o iiai id) bir gelt au^gefunbctt
S)c« jFiauöratbsfiüd bie in brepbunbert,
SBiemol nocb üiel gebort ^u ben ^Dingen,
Jrauft bu bir ben jumegen bringen
Unb barj^u ÜBeib unb Äinb ernäbten,
®o magfi bu greiffen mol i^u ebten,
2)arumb beben! bid) mol, eö liegt an bir."
2)ie ÜRöbel nabmen an Umfang i^u,
9llä€i^e blieben bie ßebnfeffel,® tu ble,
®d)emel, Sänfe unb fopbaartigc
©eftelle in ©ebraud). 3)ie SRüdlebnen
ber @effel mürben l)\t unb ba etmaei rücfs
märtfi, bic 51rmlebnen etmaö einmdrtg
geneigt. Dodb blieben im 2>urd)fd)nitt
bie gerabe Sinic unb ber red)te SBinfet
berrfdienb. 3)ie Älappfiüblc famen
bebeutenb in 5lbgang , mie aud) bie fcfi?
llcbenbcn boben ®efiüble, allcö mu^tc
möglidjft lei*t bemegli* fein, ©tatt ber
aufgelegten Äiffen brachte man je^t feft»
genagelte *)3olficr an. 2)ie ßebnen marcn
entmeber aud) gepolfiert ober auö ©tab*
merE mit reidber iBerj^ierung aufgebaut, in
ber gmeiten ^älfte be« 5abrbunf>ert3 mie
tit ©i^c felbcr oft ein fünftlid)e^ aber
berbeä SHobrgeflccbt. ÜJJctaaene
©tüblc mürben feiten. SDie glcid)e SBanb*
lung mad)ten audb bie »erfcbicbenen 5trten
ber Sänfe burcb, bie fie, bie ©anffäfien
suerft, gegen Snbc bee 3abrbunbcrtd auä
ben 2Bobnjimmern »on ©til ganj »er«
fd)roanben unb bödiftene noc^ etwa in hm
iöorjimmern unb lanäfälen gebulbet marcn.
2)ie üßanblungen ber 3; i f ^ e bicfer 3«it
ftnb nid)t bebeutenb unb befd)ränfen fi(^
bauptfddilid) auf bic SBer^ierungen bc^
gu§gefte[lee. 9leu traten grofe balbrunbe,
brcifüBige Iif(^c bwiiii/ bie beliebig ali
3iertifcbc an bie 2Banb gejlctlt ober je
ju !,meien aucb ale ©pcifetifcb benufet
merben fonnten. ©ie reid)lid))le "S^mä)'
bilbung erfubren bie©'d)reibtifd)c,
burd) bic Srfinbung ber Sucbbrudcrfunfl
Pcranla^t. 3)ocb bereitete man audb e^t
fd)on befonberc S ü cfe e r g e ft e 1 1 c , bie
mie bic Suff et e unb ©d)autifc^c
ficb äu föpii(^cn ©c^auftüden betau^bils
beten. 2)ic J r u b e n unb © 4 r ä n f e
fommcm audb i«^t ^°^ nebencinanber »or.
3tu.
777
i>oä) werben bie leiteten f)äupger unb
bienen crflerc faji ain^fd)lie^lic^ nur nocf)
jum aJerforaen Der ßetbiüäfcijc u. bgl.,
überhaupt üerfc^en fxc bcn 2>ienfi unfctcr
Äommoben, roabrenb Äleiber unb (ö(^mucf=
fachen an bie ®ct)ränfe übergefjen. 2)ie
^Toilette" bagegen bilbetc nur in 5luös
nal)m0fällea ein jietli(^er Äoffer ; in ber
0tegel mar fic ein einfacftea lucft ober ein
au« bemfclben bereitete« ©lieferen, ba«
alle« tai in fic^ barg, maö $ur 'JJaii^tjeit
unb beim iWorgenanpu^ erforberlid) roar.
2)ie ^ulartung blieb and) bieamal
ni^t au«. 23on ben brei§iger 3al)ren be^
17. 3 a l; r l; un b e r t^ an feattc bie
SBiafübr, ber „'Sarocffipl" über bie
SHenaiffance ben Sieg bauongetragen.
Qlu(^ er ging non 3tiilifn iu<* »nb na^m
feinen 2Beg über ^^ranfreid) ju un«. %xt\'
ixd) Dermod)te er auf bcutfc^er (Srbe weniger
ieict)t '^ug ju faffen, auf ber übert)aupt
ber furchtbare söruberfrieg alle« fünfilerifcfce
ßebcnfüreinige3eit barnteberl)ielt. sbeutfi^^
lanb oerfiel in biefer ^jinftc^t me^ir aiü
in jeber anbern fflaoif^ bem 'ilrme granf»
reic^«. S)ie 3; a f e l g e r ä t e , Xrinf«
unb ® i c § g e f ü I e erlitten freilig neben
einer 23ert>üUfiänbigung einerfeit« in gc*
wifftr i8ejiel)ung eine Serminberung. 2)ie
Srunnen unbS)reifüBe gingen in ben
jwanjiger, bie ©d^iffe unb jd^iff«för«
m i g e n S e cf e n in bcn brei^iger 3ii^ien
ab. 'JlucI) al« I r i n t g e f ci B e bleiben
in ber ^auptfai^e nur noc^ befleißen bie
pumpen, Äel^e, ©e^er unb
>& ^ a l e n. 2)ie 3i'Ti'"^i^'" öbcl
verlieren wieber an Umfang, ba e« immer
me^r beliebte, fte nict)t für einen bePimmien
«Stanbort feft, fonbern möglicf)ji letdjt be^
wegbar berjufteüen. ?ll« SSerjierungcn
baucrn bie Scbni^ereien fort, boc^ be*
liebtcr ftnb bic Einlagen unb aufgefegten
aSerjierungen üon farbigem (Seftein, (Slaö,
©c^ilbpab unt> befonber« »on SDtetaE,
6ilber ober cergolbeter iöronje. gür bie
<5Di^e erhielt fid) biö ftarf auf bie iüiitte
be« 3al)rt)unbert« bie gcrabe Cinic unb
ber rechte liBinfel no(^ fa|i burd)Weg, wo*
tauf fic aber burc^ bie gefd)Wungenc oer*
brängt würbe, bie anfängltd) auf bie
2lrmle^ne, bann auf bie iRü(flel)ne unb in
ben frebjiger Jahren auf bie JüBe über»
tragen würbe, worauf fie auc^ für bie
©i^platte bur^jweg geforbert würbe, 3?ic
^olficrungen nat)mcn an Umfang noch
immer ju. Sic bebnten ficf) nic^t nur übet
ben ©i0, fonbern balb aui^ über, bie Stücf«
unb 5lrmle^nen au«, ^üxa Überjie^en
ber <poIfler öerwenbete man fiatt be* biä«
feer üblicben ßeber« unb ©ammet« mit
iüorliebe beilicfte ©eibenfloffe. 3)ie Sifc^e
machten bie gleict)e Öanblung burdö.
^u^ fte erbieltcn namentlid) gezierte unb
gefd)wungene 5^üfte. Die eigentlichen (S e »
brau(^«fci)rdnfe bebielten ihre (5orm
länger, wätjrenb bic Äunflfcf)ränte eine
tleinfünftlerifd)e *}Jrad)tard)iteftur oon oft
wunberlid^et S)urct)bilbung etfut)ren. 3n
ber jweiten ^alfte be« 3^it)tt)unbert« er»
f(^eint bann aud) ein fc^rantartiger ©e«
l)älter mit ein ober jwei ©djiebfaflen
Don burd)gel)cnbcr Sänge al« Sorläufet
ber Äommobe, bie bie Srube ju uerbräns
gen bellimmt war unb gegen (5nbe ini
jabr^unbert« tarn ein Toiletten =0 e*
rate auf, bcjiebenb in einem tifc^artigen
©djranC mit fd)malcm 'Jluöjiebfafictien
unb baraufrubenbem ©piegel.
)£>(\^ 18. 3i^btbunbert enblid) brad)te
wieber feine befonbcrn*Bert)ältniffc. iRament»
lieh feit bem jauberbaften 'ilufblüben bei
neuen rufrifd)en ^auptflabt würben aui^
in beutfcli)en ©tobten bie SJteubauten ju
*13alä|len, bamit aber aud) ^u fafcrnen»
artigen 3l}iiet«bäufern, bie bem ^^^"li^ifn*
leben nac^ altem ©raud)e, überhaupt bem
„beutfc^en ^aufe" ben Sobcsilop gaben.
SJiatürlid^ wirften nocf) üielc anbere Um»
\tani>t mit. ÜÖa« fpejicU bie *Jlu?ftattung
ber 3it"ii£t anbelangt, fo jcigte fich balb,
ta^ mel)r unb mehr tai .^anDwerf non
ber Äunji fid) trennte unb babuvd) in
!DU^frebit fam. ©ic *Wafd)inen halfen
treulich, ben 2Bert einer "itrbeit mehr nac^
ber Quantität ju bemeffen, al« nad)_ ber
Qualität unb bie balb aüfeitig erötrncte
Äonfurrenj brad)tc enblicf) bic 31*!^^"^^
unferet 3^**.
iJJacf) aScinbolb, bic beutf^en (Jtaucn
unb 2Bei§, Äo|lümfunbe.
3iU, got. Tias, angelfäd)f. Tin, aht. Ziu
unb Zio, altnorb. Tyr, war ber (Sott bc*
lid)ten .'pimmcl«gewölbe«, ber 'Bater ^immel ;
er entfprid)t bem Öaut unb *-öcgritt nad)
bem griei^ifchcn ßmi unb bem römifdjcn
3upitcr. 'Mä) ibm ifi ber britte iBod)en*
tag, abb. Ziwestac, 2)ienHag, ober«
beutf^ 3ieftig genannt, ©onft wei^ man
wenig uon ihm. Sr gilt al« ber (Sott,
bcn lacitu« (Sermania 39 al« tin Jiatio«
naU(Sott ber ©emnoncn nennt, welche
fic^ für bie älte|len unb ebelfien ber äueucn
au«geben. .,3n einer bellimmten ^iit
be« 3i'bte« fehlten alle ftammoerwanbten
Sölferfd^aften ihre 3Scrtreter her m einen
burd) bie SBeibe ber sBorfaljrcn unb bai
778
Soff-
mit ß^rfuicbt crfüüenbe SBcfcn ber 23 or«
jeit gcf)eiligten ffialb, unb mit einem für
ben Staat gebrauchten SWenfc^en Opfer be«
ginnt bie fd)aurtgc ^mx nad^ barbarifcfcer
©itte. Tlod) in anberer SBeife seigt f^cf)
bie rcligiöfe (Sbrfurd&t, mit ber bicfer ^ain
Berc^rt »irb: 9Jiemanb betritt if)n anbevä
al^ ger'effelt, um feine Unterwürfigfeit
unter bie (Semalt ber ©ottbeit ^u beEun=
ben. gättt etma einer ^u ©oben, fo barf
et mcber aufile&n nod) fid) aufrichten
laffcn; auf bem 3?oben muß er ficfe fiin=
ausmären. %üi biefe religiöfen ®ebräud)t
h)cifen bal)in, hai f)ier bie SßJiege beä
SBolfe« fei, ba§ ^ier ber aües be^errfcfeenbe
©Ott mobnc, bem aUeä anbere unterti)änig
unb bicnf!bar fei." 9?oc^ in ®Ioffen bee
9. unb 10. 3ö&'^6unbertö merben bie
©d)maben Ziawari, iDiänner be^ 3i" 9«'
nannt; Qtugäburg i)ie§ nac^ bem Äulte bes
©ottes Ziesbnrc, SBurg bc^ 3^"- 2)a ber
^immel bie ©traMen beä ßicfcteä mie beä
Sli|e0 auefenbet, bie man mt)tf)if(^ mit
@cf)mert unb '^feit üerglict), fo mürbe 3iu
ju einem @c^mert= unb Äriegsgotte, bai)er
et auci) in feinem Sßoc^enlage ben Mars
»erlritt. QU« Jtriegegott fui)rte er ben
Seinome Arhvns , angelfacfcf. Earh, Ear,
ai)t). Erch, Ir, b. i. 8trabl, $feil, got.
hairu := Sdimert ; baber ber 2)ienftag in
SSapern aud) (Srfiag, ^xtaq f)ei^t. 33on
i^m ^atte bie Stabt Sresburg an ber
SDiemel, jc^t Stabibergen, ben IRiimcn. gür
einen befonberen ??amen beö 3iu ^«It man
ben fdc^ftfdjen Flamen Sahsnöt, b. i. bec
beö ®d)merte0 genie§enbe, »altenbe, ber
nur auä ber fäd)ftfcf)en 'Jlbf^iworungsfor^
mel beEonnt ift. 2)ianni}arbt, ©ötter*
»elt, ©. 262 ff.
3on, al)h. unb mf)b. ber zol, entlelint
auä bem gleiä)bebeutenben griec^if^^mitteU
lateinifcben telonium mie ÜJJ a u t , m^b.
mute, abb. unb mittcllat. muta, got. mota,
ju tat. mutare = üerönbern, mec^feln, ift
eine ben I)eutfcften urfprünglid) frembe,
auä bem römif(f)en ^iid) in ta^ mero*
»ingifd)=ftän£ifc^e tjerübergcnommene 5tb=
gäbe, bie urfprünglid) feinen anbern ^wti
^at, alä (Selb aufjubringen. 2)ie Qöüe
finb urfprünglicli mebcr ^iuafufjr- nodi
einful)r=3öüe, fonbern Jranfitjötle, info;
fern fte überaß gezahlt werben, mo eine
2Bare eine beftimmte 3otIftätte pafftert;
biefe le^tcrn aber ftnb überall angelegt,
wo ein lebl)aftcrcr 23erfe^r ftattfinbet,"" ni^t
blo§ an ben ^äfen ober an ben (Srenjen,
fonbern aud) an allen bebeutenben ©tobten.
Scfiimmte Scßlinien gab e« nid)t, fo wenig
alä c« einen 3otl für ben Ott gab, wo^in
bie SBare benimmt war; pielmefir mu^te
biefe einfad) fo oft fte einer 3ollftätte be«
gegnete, bie feftgefe^te ^Ibgabe jat)len.
2)iefe fdieint ungefä&r nad) bem SBert unb
bann nad^ g«njen SBagen« ober «Sc^ips
ßabungen bered)net ju fein. S5ie 3'>blung
gefd)ab regelmäßig nid)t in (Selb, fonbern
in ben ÜBareii felbft. SRegelmäfig war
mit jebem iWarft eine 3oÜet^ebung »er*
bunbcn , wcld)e erlaffen würbe um einen
neuen 5)?arft ju begünftigen ober bem«
jenigen ^ufiel, bem ber ÜJJarft geborte;
beftimmten I^Serfonen ober geißlid)en
Stiftern würbe unter Umfiänben 3oflfrei*
^eit für alle ober einjetne ©egenfiönbe
uerliebcn. 5lbgaben ö^nlicfeer llrt würben
für bie (Srlaubniä erl)oben, gewiffe ©trafen
JU ßanbe ober ^u SBaffer ju paffteren,
@tra§engelber, Srücfengelber, 2l)orgeIbcr,
5J?arftgelber , ßafttiergelber, SBagcngelbct
nad) ben iRäbcrn ober ber S)eic^fel be«
rei^net u. a.
S'iefe 3uf^änbe blieben im ©anjcn unb
®ro§enwat)rcnbbeeü)httelalteräf)errfc^enb:
eine Qlbgabe auf ben ÜJ^arften unb übcr^
^aupt bei allem ^anbel, ein Sc^ipgetb
in ben ^äfen unb an ben ^^lüffeu , unb
eine 3<i^I""9 > ^'^ §auptfäd)li(i^ an ben
©rüden unb" anbern Übergängen, bann
aber aud) in ©täbten forfam. Unter
mand)erlei 33orwanb würben bie Seiftungen
namentli^ ber le^tern 5lrt nic^t blo| im
SJiamen beä Staatä, fonbern auÄ, l)äuftg
mi§bräud)licb, pon ben 'Jlnwo^nern bet
Strafen unb %lü^t unb ben (Erbauern
ber 93rüden erl)oben. Oft würbe übet
alle biefe "Jlbgaben ju ©unften anberer
Derfügt, fei eä ta^ ber Äönig 3oUfrcil)eiten
erteilte, balb allgemein, balb für bejlimmte
iRoutcn ober ©ebiete, für eine beftimmte
^Inja^l üon iffiaren unb eine beftimmte
■Jtniabl Don Sd)iffcn, fei eä ta^ bie Sr«
trdgniffe felbft ober gewiffe Duoten an
anbere, namentlid) an geiftlid)e Stifter Der*
lief)en würben, welche Dann regelmä§ig
felbft bie (Srbebung unb ibre eignen Sötlnet
battcn. So famen 3öüe unb ä^nlic^e Qlb*
gaben in bie ^änbe oon ^rioaten, ma^
wieberum allerlei 2)ii|bräu(be jur ^Jolgc
t)atte. tiefte ©runbfä^e über bie ^öl)e
ber Qibgaben gab eä ni^t.
aUe^t unb mebr war ber3onau« ben
|)änben bee iRcid)cö in ben Seft^ ber
ßanbeäberrn unb ©emeinben überge*
gangen unb baburc^ bie ebemalä fo ergiebige
(äinnabmequetlebeeSReic^eäoerfiegt-, au(^bie
Dbetauffid)t über t^ai SoDtücfen war feit
3unft= unb ®ilbert>efcn.
779
grtebric^ II. unb feinen S'ladjfolgcrn an
baö Äurfürfienfoüegium gefommen, tt)eld)eä
fxti) jene regelmäßig in ben 9!Bal)lfapitn=
lationen oom ^a\\a befräftigen lic§. I)a«
SBejirebcn, ben lanbe^t)crrlid[)en 3otl^(^ri!3
gegen ben 2Bibcrfpru^ ber Untert^anen
unb bie 3oü«in"'i{)nif" tuxi) 33eftiebung
ber Sanbjirafen ju ftrf)crn, machte feit bem
14. 3nl)tbunbert iaii 3oß*^fK" 5""i ®egen=
fianb öffentlicher 5Bertrage ober 3"^' =
einig un gen jnsifcften ben öonbcebcrrn,
bie neben ben Sanbfrieben fiergingen ober
in benfclbcn eingcfd)Iüffen n?aren. Seim
ftäbtifrf)en 3o'I>^''ff«" iP ärt)ifd)cn
Tlaitt' unb S)uvcf)ful)räöncn ju untere
fc^eiben; jene tarnen früt)er alä biefe in
ben 9Befi^ ber Stäbte unb waren untrenn=
bar mit bem 30larftrect)te nerbunben (fgl. ben
2lrt. @täbte); fo jmar, ta^ beibeö urfprüngs
liäf bem ^errn beö S[fJarfteö gef)örte, non
bem bie (^emeinbe eä erfi gemäf ibrer
örtlid) bcbingten 53erbältniffe burd) 23er=
pfänbung, Äauf ober Selei^ung an fxä)
bra(fete, worauf eö erfl ju einem unab;
gängig nermattcten fidbtifd)en 3ollttiefcn
umgefialtet merben fonnte; biefeä gcfd)ab
feit bem (Snbc beö 12. Ja^rtjunbert«*.
33erleit)ungen oon 2öeg= unb Sörüdengclbcrn
an ©tdbte unb (äemeinben werben eben=
faOö t)"ufig, unb feit bem 14. 3abrf)unbert
begannen 3onerwerbungcn burc^ einjclne
Sürger. 3n jeber Stabt geftaltete ftd)
übrigen^ baei 3oÜre(^t anber^, ftanb
aber ben Ianbeöf)^rrlicben 3oütecbten g(eid)=
»ertig jur ©eite. iBon befonberer SBic^tig^
feit für bie ©tcibtc ftnb bie 3oltbcfjei =
ungen, bie ficb jene mit *p[an unb Über=
legung an aüen benfcnigen 3oÜftdtten ju
erwerben fud)ten, wel(^e auf ben für bie
©tabt wid)tigen ^anbclälinien lagen.
S)arin liegen bie 'Jlnfänge einer fiäbtifd)en
^anbelöpolitif, bie ftd) namentUd) feit bem
6nbc beä 12. 3abvt)unbettö in (J*egenfeitigö=
»ertragen manifejliertc. 2)ieicuigen jwifd)en
Hamburg unb ßübed bilben ben 'Üu^gang«;
puntt für bie ^anbet«potitif ber ^anfa.
%\xä) bie Öanbeet)ei^in richteten feit bem
13, 3at)rf)unbert äbnüc^e ißertriige mit tax
©tobten auf; fRürnberg j. S. erwarb fid)
auf foldje SJBeifc 3'-''Qfrfit)eit in mct)r alö
10 ©täbtcn. ©amit aber benno(^ hai alte
3o[Irc(^t gewahrt bleibe, würbe bie 3oU=
freit)eit immer nur aU eine freiwillig gc=
gebenc 23ergün|!igung aufgefaßt, um weld)e
formell ber Segünftigte icibrticb Pon Dleuem
nadbfud)cn mu^te; eä gefdjal) baö burd)
gefeftli^ bejlimmte fr)mbolifd)c ©efcbcnfe,
bie fxd) feit bem 15. 3J^tb"nt'f'-'t S" bunten
5örmlid)teitcn, in granffurt a. 2». j. ©.
jum *)3feiffergerid)t auögefialtetcn. t>xt
®efdienfe beftanben auö bem 3c<4c'i ber
urfprünglid) fönigUd)cn Öanbcöobrigfeit,
ben .f)aubfd)uben, entwcber einem 'iJaar
ober nur bem red)ten, unb jwar o{)ne
2)aumen. ÜDaran fd)Io§ fidi baä wei§e
©täbicin, bn« ©pmbol ber anerfannten
®erid)t^barfeit ber 3oü= unb Bhuftberrn;
alä ©ijmbol für bie uifprüni^Ud) in Sßaren
bciabltcn 'Kbgaben galt ber *t!feffer, t>M
ßiebling^gcwür,i beö Wittetaltere. (£in
anbereö fi^mboUu^eä Überblcibfel beö
9?aturaI,jolle^ war ber ^ut, woju an
münd)cn _3oüfiiitten nocb ^utfdinürc
famen; Überbleibfel beö alten Jhiturats
joUc^ »on ^oljWaren war ber wei§e
böljerne S8ed)er, ber nielleicbt auc^ für
ben Söeinj^oü luufam; ber 2Baffenl)anbet
bewahrte fein 5lnbenfen in ber Übergabe
eineö ©d) wertet ober iJcgenö, ©ürtlcr*
ober ©attlevwaren würben burd) einen
leb er neu ®ürtel, ber ©ifenbanbel burd)
ein eifcrncö ®efä§ ober ein *Pa(f
ajdbnabeln repräfentiert.
2>er jenige (Beamte, bem bie "Jlufftdbt
über ben ^oü oblag, i}k^ ber 3öltner,
neben Weld)em feit bem 13. 3abrbunbert
ein 301^06 reib er erfd)eint; mit bem
kirnte be^ 3'^^^"^'^^ ^'^'^''^ immer eine ftraf*
red)tlid)e ®cwalt gegen bie Übertreter ber
3otlgefe^c oerbunben. 3. ^alfe, ®e-
fd)icbte be^ beutfcbcn ^oüwcfenä , ßeipjig
1869; 2öai^, !öerfaffungö=®cfd)idite.
3nuft= unb ©tlbctucfen» S)ie (Sntwicfr:
lung be8 genoffenfd)aftlii^en Iriebe^ be^
wcgte fid) urfprünglicb in ben natürlich
erwad)fcnen ©emeinfcbaften bee ®efd)led)tiS,
ber iRad)barf($aft, ber Maxi, bcö ^aufed
unb beö Solfeö ; über ibnen trbobcn fid)
mit ber ?lufI5fung namentlich be^ ®c»
fcbled)tiierbanbeö bie |)errfd)aft'^« unb
2)icnjloerbänbc. 35ie le^te ©tufe ber ®c=
noffenfcbaften bilben enblid) bie freien ober
gewiHEürten ©enoffenfcbaften, welt^e blop
ber gegenfeitige Sibfi^wur, bie feierlid)e
SBincnöerflärung in^ $Dafein rief. 3bt
ältefter UJame ifl ®ilbe, unb bie 3eit ibret
(Sntftebung biejenigeber beginnenbcn *)luf<
löfung ber alten genoffenfd)aftlid)en, be^
fonberö ber gefd)led)tögenoffcnfcbaftlid3en
ü>erbäube; bie er)lc ]xd)txt i)iai^rid)t folc^er
auf germanifd)er ®runblage bcrubenben
6inungen pnbet man in einem Äapitular
00m ^ahxt 779. ©ie erftrecfte {xd) auf
aüe ©eiten beö Seben^, auf ben ganjcn
S)?enfd)en, batte alfo jugleid) religiöfe, ge«
780
3unft« unb ®ilbeh)cfcn.
feniflc, ftttlid)e, ptioatrec^tlid^e unb potü
tifc^c S^^h; Seilnabmc an einer (Silbe
fc^Io§ t>on jcber anbern berattigen ®e»
noffcnfi^aft auö, unb wenn aud) t)äuftg
ein beftimmteö Sebürfni« 51nla§ jut 2)cr=
einöbilbung gab unb beragemö§ bct ißerein
üotjugöwcife nad^ einer befiimmten Seite
fortgebilbet würbe, fo waren bie ©enoffen
boc^ aud^ immer jugleicE) für ade anbern
Tncnfd)Ii(f)cn ©emeinfcfcaftejwetfc oercint.
%U religio fe ®enof[enf.cbaft, aU eine
@emeinf(i)aft be^ Äultu«, wie bieä tt)al)r*
fd)einli(J) auc^ bie 2Bort6ebeutung ifirc^
IRamcnä anjeigt, ^attc bie ®tlbe einen
^eiligen aU <Sd)U|patron , ber i^r nieiji
ben 9^amen gab, unb einen befonbern 3(t«
tar; ©tiftung'»on2Bo^Ut)ätigfeit0inftituten,
ewigen ÜJJeffen u. bgl. waren 33ereinö'
jweä, cbcnfo Sorge für iiai Q3egräbniä
unb ta^ ©eeten^eil perfiorbener ©enoffen.
9icgelmä§ige 3ufammenfünfte, teilö in ®rs
innerung i^eibnifc^er Opfer* unb Soten«
maftle, teilö al* i^riftlid^c ßiebeömat)le,
Wahrten einen religiöfen (5,()arafter unb
lagen jugleii^ bcm gefeilt gen Sljarafter
ber ®ilben lu ©runbe, bie man ba^cr auci)
convivia nannte. 5lber auc^ fonft Ijatte
bie ®ilbe, bie man aud) 2ßrüberfcf)aft,
confraternitas \)k^, für ben erfranften,
verarmten ober notleibcnbcn ©ruber ju
forgen, woju regelmäßige Seiträge ber
SDtitglieber in ^nfprucfe genommen würben.
3m öffentlid^en JRec^t traten fic aU Äör*
perfd)aften jur Qlbwe^r beä Unrec^tä auf
unb nahmen aU folc^c ben (5.l;arafter üon
Sc^u^gilben an, welche burc^ gemein*
fame ©elbp^ilfc ben com Staate nic^t
me^r gewät)rten 9f{ed)töf(^u^ ju erreidien
fuct)ten; fte foEten ba^ (Eigentum, bie *Per-
fon, i)ai ?eben unb bie Jrcibeit jebeö ®e*
noffen f^ü^en, ihm burcf) 36ugni«( unb
©ibeö^ilfe oor ®cri^t beiftetjen. Jbre
Drganifation ging i^on ber öcrfamm-
lung aüer iBotlgenoffen auö, bie tcil^ ju
tcgctmä§igen 3^*ten, teilö auf befonbere
Berufung fiattfanb. (Ja befianb ein be*
fonberer ®ilbcf riebe unb ein @ilbe =
red^t. ®in eiblic^eö ®elöbniö ober
eine anberweitige (Jrüärung banb bie ®c*
noffen i^ufammen.
Sßä^renb nun aber in ©ngtanb tai
®ilbewefen üon feiner (Sntficbung an in
einen organifd)en 3ufammcnl)ang mit bem
Staate gebra(^t würbe, traten im fränfi*
fcben unb anfangt aud) im beutfi^cn äReid)
Staat unb Äird)e ber freien (äinung auf
tai ©ntfc^ieöenpe entgegen unb fowo^l
föni9lid)e Söerorbnungen alö firc^li^e ®e=
fc^c unb Äonjilienbefd^lüffe fucf)ten fic jU
Unterbrüden, aber o^ne (Srfolg.
grub trat eine Spaltung be^ ®ilbc*
wefcnö in gewiffe ^auptjwcige ein , juerfi
eine Sdbeibung ber g ei filieren unb
weltlichen Örüberfclaften, ot)ne i>a^
biefe beiben 3*'^f<*f immer gefcfcieben
gewefen waren. 2)ie gcifilid)en Sru«
berfd^aften oerbreiteten ftc^ im fpätern
üJiittelaltcr fo, ta^ in einer großem Stabt
oft biö ju f)unbert corbanben waren, boc^
ftnb fte fc^on weit früher nai^gewiefen.
5tud) fie übten neben religiöfen 3"'«cE«n
fol^e ber ©efelligfeit unb be^ 3^ec^teö,
batten ein ®ilbet)auö, tai jugteidi alä
23erfammlungäort, (Jefifal unb ärinffiube
biente. (Sine befonbere Qlrt berfelben ftnb
bie Äalanbä gilben. Sgl. ben ?lrtitel
33ruberf(i^aften. DieweUlid)en ®il«
ben, bei bcnen bie religiöfe Sebeutung
me^r jurüdtrat, bilbcn t)or allem bie po«
litifd^e Seite i^rer ißereinigung, bie
g rieben^» unb SRec^tögenoffenfd^aft
au^, fte würben S c^ u ^ g i l b e n , t>on bcnen
ftct) bauptfäc^Ud^ auö englif(^cn, bänifcben,
franjöftfdt)cn unb nieberlänbifdben Stabten
9tad)ri(^ten erlialten b^bcn. 'itu^ in
3)eutfd)lanb ^aben obne Stt'fU'ci f<^on »or
(Sntfie^ung ber Stabtoerfaffung äf)nlicbe
®ilben befianbcn; aber nur »on ber
9lic^cräed)e in Äöln t)ermag man mit
93ejiimmt|)eit ju fagen , ha^ fte eine febr
alte S^u^gilbc unter ben iÖlitgliebcrn ber
altfreien SWarfgemeinbe Äöln^ gewefen ijl
biefelbc würbe fpater pm 5tuögang^punft
ber ältei^en Stabtt)erfaffung 2)cutfc^lanb*.
®enn er ji in ben S t ü b t e n , für weld)e
bie ©ntwidlung eineö retdben unb felbc
pdnbigen genoffenfdbaftlidt)en Öebenö ge*
rabeju d)arafteriflifd) ifl, »oUjog ftdb bie
(Sntwidlung ber freien (jinungen ju blei«
benben unb fiaatli^ böd)fi wirtfamcn 3ns
jlituten. ^max bie urfprünglid)en au^ ber
»orjiäbtifd^en (ßeriobe b^tiütirenben 8o«
fal= ober S pejial^öemeinben, bie
ftdb in einigen altern unb größern Stäbten
eri)ieltcn, waren nidt)t gcrabe widt)ttg; bodt)
Ratten fie l)ter immerbin eine red^tlidbe,
friegerifdbe, religiöfe un^ wirtfdbaftlid^c
93ebcutung; in firdjlicfeer 23ejiebung waren
fte *13farreien. 33cfonberö auegebilbet finbet
man fte alei 93urgenoff enfc^aften in
Äöln, wo fte ein eigencei genoffenfd)aft=
liebe« *J{cd)t befaßen. aBid)tiger alä biefe
lofalen ftnb bie auf freier 2Jeteinigung be*
rubenben bürgevlidben ®enoffenfd)aften, in
crfler ßinie bie Äörperfd)af ten beä ®e*
fdi)lec^ter(tanbe^. (So waren bicä bie pa«
3unft« unb ®ilben)cfcn.
781
tiijif^cn fogcnanntcn ^lltbürgctgilben,
bic teil* auö bcn alten Sd^u^gilbcn ober
Stübctfc^aftcn aller üsollbürget, kiU auö
neuen im ©egenfa^ 511 ben Äötperfd)aften
bet aufflrebenben nicbcrn ®tänbe gefcftloffe^
nen SBeretnigungcn l)eroorgingen; fie l)ie^en
^öd)jie (Silbe, Stä)t bcr JReic^cn
ober ©enannten, ® tubengefell*
fc^aften, Qlrtuäit) öfe, 3""f£'^f''m*
pagnien, Äon^affeln (auä consta-
bulus, OberfiaÜmcificr, franv connestable),
@ ett)erb[(J)aften, in ^tiücn unb granf»
reic^ fallen ober ßauben. 6ie waren
IRed^töfc^u^Dereinc unb übten eine gctt)iffe
©eric^täbarfeit über ifire SDJitglieber aui,
i^atten il)ren @d)u^patron, i^re Äapeüe,
pflegten auf il)vev Jrinffiube ber ©efeüig«
feit, übten gcgenfeitige Unterflü^ung unb
befa^en benieglict)eö unb unbewegliche^
Äorporationöuermögen. %li ^auptbeflim*
mung bcr @cnoffcn'fct)aft aber erfc^ien me^r
unb me^r bie Srbaltung unb Qluöübung
eincö ber ©efamtlieit bcr (Senoffen jufie»
^enben poUtifcfcen iBorrecijte« bejüglid)
beet ©tabtregimenteä. S)iefeö 93orred^t war
aber »erfct)ieben: urfprünglid) oft bie Quä=
fc^Ue^enbe ober nur mit gleici)fte'^cnben
@cnoffenfd)aftcn geteilte (Sefamtregierung
cnt^altenb, äußerte eö ftd) feit ber SRatö»
üerfaffung in ber aßeinigen iRat^befe^ung
ober boc^ in einem 93orred)t bei bicfer.
SDie Kölner 9iicl)erjcd^e l)atte ini ani--
fc^lic§lid)e 9iecf)t, anbern ißereinen haä
3unft= ober ffiruberfc^aftöred^t, baö JRcc&t
ber eigentum0fät)igfcit u. f. vo. ju öers
leit)en; fie übte bie t)öc^fle ^anbclö» unb
33erfet)repolijei, l;attc bie Dberauffid)t über
ben gefamtcn faufmannifdjen unb gewerb^
liefen 93erfet)r unb ernannte für jebe 3"nft
einen Dbcrmeijler, ber neben bcm 3""f''
meifler einen 5lnteil üon ben ®traf= unb
(Sintrittögclbern bejog. ÜJlitglieb ber ®c-
noffenfdjaft fonnte man nur burcE) bic cr^
Härte *Hbfid)t jum eintritt unb bie 5luf:=
nal)me feitcnö bcr ©enoffcn Werben, welche
neben Unbcfc^oltcnljcit unb ebelid^er ®c*
burt flctß Oieic^tum unb ^Infeben forbcrten,
bic ben neuen ©cnoffen in ©tanb festen,
„mü^ig", b. f). ol)ne niebcre gcwcrblidje
2.t)ätigteit, ju leben; übcrbieö ni)oh man
ein febr ^o^eä eintrittägclb unb gelangte
jule^t ju einer Doüfommenen (^xtlie^ung
ber ®efeaf(i)aft. 2)cn burd^ üe t>erfd)ärftcn
3unftbcwegungen erlagen ftc cntwebcr uöQig
ober fie würben il)rer iyorrccf)tc beraubt
unb bcn übrigen 3ü"ften gleid)gcftctlt.
2)ic taufmannifd)en (Silben ftnb
im 11. unb 12. 3al)ri)unbert baburc^ ent*
fianben, ba^ bie au« Äaufleuten befielen«
ben 33ürgerDcrbrüberungen baä gemeinfame
J^anbcläintcreffe unter bieißerein^angclcgen*
Reiten aufnabmen; im 13. 3a^rl)unbert
erfuljren biefe ®ewerb«gil&cn ober ^anbcU^
Innungen eine reid)c äuiere unb innere
(Sntwicflung. 3unäc^fl fmb fold)c in bet
|)eimat unb folc^e im 3lu8lanbe ju unter*
((Reiben.
2)ie ©üben bctÄaufleute in
ber Ap e i ni a 1 waren cineö ber i)a\x\>u
fäi^lidjjlen ©lieber ber f!äbtifd)en 53erfafs
fung. ®ie fianben in ber Witk i^wifc^cn
ben alten ®d)u^gilben ber iBolfäbürger
unb bcn ^anbwcrfcrjünftcn , unb teilten
mit biefen bie gewerbltd)e iRic^)tung unb
mand)e örinnerung einer einji unoofl*
fommenen ,^reil)cit, wälircnb ftc mit jenen
eine freiere Stellung, außgebcbnterc Qlutos
nomic unb tjielfai^c politifd^e iöorrcd)te gc»
meinfam Ratten. 3" i'«" Sütgerfdbaftcn
alteret ^erfunft nehmen fic in bcr Oicgel
bic jWeite, in bcn jungem 6täbtcn bic
erfie Stelle ein, weil bifi bic ganjc erb*
gefeffcne 93ürgerfd)aft auö ilauPcutcn ju
beftet)en pflegte; bod) entwicfelte fid) auc^
üielfac^ auö bcn reid) geworbenen Äauf«
mannögefd)lcc^tern ein $atri^ier|lanb, ber
^anbel unb ©cwcrbe r)crfc^mäl)tc unb
bcffcn patrijifd^e ©ilben fic^ bann übet
bic cigcntli(|)cn ^^anbelögilben, bic ®c=
noffenfc^aften ber aftioen Äaufleute, fieüten.
2)ic ^anbcl^innungen bcfaßcn cbcnfatl« ein
felbfiänbigeö .^orporationöred)t, ©trafge*
Walt, .ftaffc, Siegel, ebcnfo gemeinfame
religiöfe, unb gcfelligc 3wecfc unb bie !öer«
pflid)lung ju gegcnfeitigcr Unterfiü^ung;
bocb überwog bciil)nenbaä|)anbelöintereffe;
unb ba fowol)l ber ©cijt ibrer Statuten
al^ i^nen erteilte ^anbclö=^ripilegten unb
5rcil)citen mit bet Qdt ein befonbere«
^anbclörec^t fc^ufcn , fo ging barauö für
ftc al^ ©enoffenfc^aft jugicid) ein ^ a n b e l «»
monopcl bernor, ein aui(fd5lic^li(f)eä
SRe^t auf bcn ^anbel einea Saiibcß, einer
©attung ober einet Jßiarc. »Jibniti) be«
fd^affcn waren bie ® e n 0 f f c n f d) a f t c n
ber beutfc^en Äaufleute im
51 u ö l a n b e; au^ ootübcrgebenben ober
wanbetnben ®cnoffcnfd)aften waren an
auelänbifd)cn ^anbclciempotien bauetnbc
©ilben ober Raufen geworben , bie
blcibenbe 23erfammlung«biiufcr unb Öagcr«
fiättcn bcfa§cn unb ^anbcleptinilegien
unb gteibciten erwarben, ^hn ivciters
gel)cnbe (Sntwidlung beginnt bamit, t>i^
fid) bic fiimtli^en beutfc^en (Sin^elbanfen
einet Stabt ju einer einjigcn ©cnoffen*
50
782
3unft« unb ®ilbcrt)cfen.
fd^aft tcrbinbcn; jitiat bcfianben bic bc-
fonberen Äörpcrfd^aftcn mit eigenen 93or=
fiebern, (Rechten unb SSetmögcn fort, bod)
bilbctc bcn i^rembcn gegenübet bic ©c»
famt^cit eine abgefd^loffeneö faufman^
nifc^eä ©emciniuefen. S3on ^ier auö be^nte
ftd^ bie (äinung über bic (Silben anberer
©tdbte bcsfclben 2anbe^ au^, um fd)lie|Iic^
bie gefamte beutfc^e Äaufmannömett in
bcn ttorbi[(i)cn ^'^cmblänbern ju ergreif
fen, tt)dbrenb glei(ä)äcitig bic notbbcutf^en
©tdbte ficf) cbcnfaüö oerbanben, bi« enb*
lid) aüi bem 3ufanimcnmac^fen ber Äauf«
mannöücreine unb ©täbtcbünbc bie gro§c
bcutfd^c ^ an f a ^eroorging; bie ^aupt«
mtttelpunfte biefer ®enoffenf(f)aft waren
Sonbon, Söiäbp, 9?omgorob unb Srügge.
2)ie julc^t entfianbenen fiäbtifi^en ©e*
noffenfäiaften jtnb biejenigen ber ^ a n b s
m e r f c r ober bic 3 ü n f t e. ©ie maren
i^rem ©runbmefen nac^ S i n u n g e n
ober ® i I b e n bcr burc^ bie ©emeinf^aft
beö SBerufö einanber na^e |iel)enbcn ©c»
roerbtreibenben, fomo^l bcr Äünfiler unb
ber eigentlid)en |)anbmcrfer, aU ber nid^t
bcn Äaufleuten jugcrecfjnctcn Ärämer unb
^dnbter, bcr ^ifii^cr unb anberer *|}erfoncn
bcr iJ^äbrfianbcö. 5110 eine auf frcige-
moUter Bereinigung bcruf)cnbc 35erbinbung
nannte ftc ftd^ 33 r ü b c r f c^ a f t , frater-
nitas, confraternitas, ©enoffcnfdiaft
ober ©cfellfc^aft, consortium, socie-
tas, sodalitium, convivinm, eine gc =
fc^morene ©inung, unio, conjuratio,
ober 3"nun8> ©ilbc, ^ tä) t (m^b.
zeche = Drbnung, SReilcnfoIge, 2BuräeI
nod) nicfjt ftc^er erfannt), © a f f c I (angel*
fdc^ftfc^ gefol, engl, gavel, mitteüat. ga-
buinm, ju geben, alfo cigentlid^ ein 93erein
ju glcidber 5tbgabe) ober 3ii"ft. ml)b. bie
zunft, af)b. znmft =:= ißcrfammlung, jum
©erb jicmcn, alfo urfprünglid) mo|)I fo^
Diel alö3iemlid^fcit, ^afli^fcit ju einanber.
2)er Qmiff. tiefer ©cfcüfd^aften mar ur*
fprünglid) uuf bie ©cmcinfc^aft überhaupt
gerichtet, unb neben ber gürforgc für iai
glcicf)artige ©emerbe »erfolgte ftc poIitif(f)e
unb Ericgerifd)e, gefeHigc unb rcligiöfc,
ftttlid)e unb rcc^tögcnoffcnfc^aftlid^e 3tt)ecfe.
3n bcr (Regel lag bicfcn freien Vereinen
bcr Sctrieb eine^ gcmiffen ^anbmcrfeö
ober ©emcrbeö ob unb ftanb ibncn aU
©cfamtre^t ju, fo jmar, ba§ bicfcö ®c=
famtrcc^t ein öffentlid^eö 5tmt
mar unb ^icp, auä) bic ©enoffcnfd^aft felbfi
batnac^ ein 2( m t , officium, hantwerk,
gewerk, opus genannt mürbe. SDer auö
Dem «Mmtöbegriff folgcnbe3 u n f t j m a n g
befianb urfprünglic^ nur batin, ba§ ben
3ünftcn baö SRe^t erteilt mürbe, jebcn,
melier hai bctreffcnbe ^anbmerf^amt
erlangte ober ausübte, jum Eintritt in bic
©enoffcnfd)aft ju jmingen; benn nur fo
fonntc nad) ber SRcinung bcr 3ünftc bic
6t)re beö ^anbmerfe^ unb tai gemeine
Sefic gema^rt merben. 2)a^ ©emerbe»
monopol ber 3iinft ii" Scr^dltniä ju bcn
Unjünftigcn befc^rdnfte fi^ beä^alb im
14. unb no(^ mefcntlic^ im 15. 3al)r^unbcrt
auf ben Qluöfä)lu§ ber nic^t ber 3""ft=
fontroüc unterliegenben 5Jrtifel Don iBcr*
fef)r unb ^anbcl. grembc mußten ftc^
nur, menn ftc i^rc Sffiaaren in bie ©tabt
brai^tcn, bcr genoffcnf(i^aftlic^en iUrbcitöpo^
lijci untcrmerfen unb fonntcn fonftnamcnt=
lic^ auf ben regelmäßigen ÜRdrftcn i^rc
Qlrbeit abfegen. @rfi allmd^lic^ traten
größere 93efi^rdnfungcn bcr f. g. ®dfic
^inftcl)tlic^ bcr ßtit, be^ Drteä unb ber
2trt bc^ SDerfaufcS ein, bie ftd^ aber crfi
fpdt ju Döüigcr Qluöfci^ließung bcr Äonfur»
renj frember ©tdbte unb ju ungebührlicher
iMuöbebnung beä SBannmcilcnrcc^tcä ober
beö SBerboteö be§ ^anbmerföbctriebe^ auf
bem umliegenbcn ßanbe fteigerten. 5lud^ im
SScr^dltniä ju ben übrigen fidbtifc^en
Äörperfc^aftcn, Äauftcuten unb ^rdmern
cinerfeitö, üermanbtcn 3ünften anbcrfcitö,
über mel^eö fc^on im 14. 3a^rl;unbcrt Diel
gcftritten unb oerorbnet mürbe, maltete
bod) me^r ber ©ebanfe, bie öffentliche
Stellung ber 3unft ju fc^ü^cn, aU bur*
Sefi^neibung bcr Äonfurrenj ben ©eminn
ber einzelnen ju erhöben, ©o mar aud>
in bcn 3eiten bcr aufficigenben (Jntmicfs
lung bic ßrteilung beö Dotlen ©emetbe=
berufet burc^ bie 2lufna^me in bie 3unft
meit meniger eine 5^age bc^ iRu^en^ alä
bcr SD'iactjt, beä 3lnfel)e n^ unb ber S^ve
ber ©cnoffcnfc^aft; Dor allem mürbe ta^
t)er mafctiofer SRuf Dcrlangt, moju nac^
mittelalterli^cr 3lnfc^auung auc^ e^clid)e
®eburt erforbcrlic^ mar. 3« ber jmeiten
^dlfte bcö 14. Ja^r^unbert fam in Dielen
3ünftcn ^a^ (Srforberniö eincö beflimmtcn
eigenen Sermögenä ^inju, unb enblic^
Bcrlangte man, ta^ ber 9Jcueintretenbe tai
^anbmcrf Dcrftc^c. SDie gorbcrung
einer beftimmtenßc^rs unb 2)icnjijeit jcbod»,
eine f. g. <Probc= ober SRutjcit, unb bgl.
mürbe urfprünglicf) nid)t Dcrlangt, bagegen
feit bem (Snbe beö 14. 3al)r^unbertä eine
förmlid^c «Prüfung burd^ 5lnfertigung be«
2R e i ji e r fi ü cf e « üblid^. 93crmoct)te 5c=
manb bicfc ©rforberniffc burc^ ein 3«"9'
niö feiner 3unft ober ©tabt nac^jumeifcn,
3unft* unb Oilbcwefcn.
783
fo würbe if)m bic 5lufnaf)mc ntei^t öcrfagt;
Sd)Iic§ung bcr 3""ff' ff*^ "^^^ 16. 3al;rs
bunbcrt ihr tiorncbmfieö *Ptitiilcg, galt
utfprüngtic^ aU gefür^teteö SBerbot; fo
»ci^ audt) bic ftü()erc 3^^^ nicktet t>on
f. g. 93 ö n b a f e n ober <Pfuf(I)ern. 2)cr
(Sntric^tung fon ®ebüf)ren an bie ^nn'iU
faffe fon Seite bcö ©intrctcnben, üon
Sßad)« ju Äerjcn, JRüftjeug jur 3unfth)el)r,
SBein ober Sier jutr. Irunfe, aud) mo^I
einer ganjen 93iat)Ijeit, rt)a6 man benÄauf
ber 3unft nannte, lag urfprünglirf) ber
©ebanfe einc^ Sinfaufö an haii 3""ft*
vermögen ju ®runbe. S)a0 ®enofi'enre(i)t
War unübertragbar, unncräu^crlict), unteil-
bar unb unnererblid), nur ha^ ©öbnen
»on ©enoffcn unb bcnen, weldje bie 3;od)ter
ober 2ßittnie eine^ fold^en ef)elid)ten , ©r*
Ieid)terungen unb S3cgünpigungen bei ber
Stufna^me ju S^eit würben. Qlud) in biefer
93ejiel)ung beginnen bie 5lu0niüd)fe bce!
Jamilienftnneö erp im 16. 3a{)r{)unbert.
2)ie 3unft war äugteid) eine (Semeinbe
für ft(^ unb ein Seit unb Drgan ber
«Stabtgemeinbe. p" le^ter .giinfid)t War
ftc nid)t bloö Trägerin cineci ibr r»on bcr
®tabt anücrtrauten 5lmteei, fonbcrn ju=
gtcid) ein jläbtifd)er 2ßa[)lförpcr , beffen
*Borjiänbe in bcn päbtifd)cn Äollegien bie
gefamte Sürgerfdiaft vertreten Ralfen , fie
war Don SÖic^tigfeit für bie Steuerner-
faffung bcr Stabt, bilbcte eine eigene ^\b'
teilung im SDürgerbecr, bic unter bcm
3unftbanncr fod)t unb im gvicbcn Sßaffcn
in Scrcitfcbaft bielt. 3'» Übrigen fuAte
man möglid)ft bie.^armonie5wi[d}cn(£eIbftä
Verwaltung unb 51ufficbtercdit, jwifcbcn
gcnof[cnfd)aftIid)cr ^i^ci^'^it "n^i fiaatlidier
6inf)eit berjufteüen. gür bie ©ntficliung
einer 3""ft mu§tc jur frcigcwotltcn Gini=
gung "ber Ocnoffen bie ©encbmigung bcö
9iate« bii^juti^f^f"' c^cnfo jui' Sereinigung
biäber getrennter ^(mter ju einem. 3"
altern 3citen unüoOt'ommener ,5veil)eit wür-
ben ben 3ii"ft'" patrijifd)e ober bienfl^
männifcbe 23orficbcr gegeben; fpäter, alö
fte i]E)re 93orficl)er fclbfl wählten, unterlag
wenigflenä bic Ernennung ober Sefiätigung
ber SKeifler ober Qiltcrlcute bem 5Rat, biö
jule^t bic S^^ft in t'fi^ 3Bal)l ihrer i^or=
jiänbe ganj felbpiinbig würbe. Üibnlid;)
uerbiett eä frd) mit bem freien 33erfamm=
lungöred)t ber 3ünfte. 3" ^f" inncrn
genoffcnfdjaftlidicn Qtngelegcnbciten war
jur 3eit ber 3unftfrcibeit bie ©clbftfcrs
Waltung wenig ober nid)t befd)ränft. 3»
Volitifd^er unb militärifd^er ^infid)t war
bie 3unft für i^re ©enoffen iai ticrflcincrtc
5lbbilb bcr ®tabt, bocb fam cä nor, baß
mit ber 3cit burd) (Sintritt non 9?id)t*
banbwerfern, Teilung bed ©ewerbee u. bgl.
neue gewerblid)e 5"nungcn ent«
fianben , bie ficb mit ben p o l i t i f d) »
militärifcben3ünften uid)t mebr
iwUig bedien. 3n r e l i g i o f e r ^infiAt
batte bie 3»"ft ci"fn ^eiligen als €4ug5
Patron, nerfolgtc fivd)lid)e unb wobltbcitige
3wecfe, oerfammelte ibre SWitglieber ju Ocbet
unb *}lnbad)t, unteri^ielt oft einen eigenen
5lltar ober bod) eigene Äerjen in ber Äird)c
unb lie^ für bie »crftorbenen 93rüber ®eelen=
meffen fingen; bod) gcfd)ab ee auch bicr,
\>a^ aü^ ber gefonberten Verwaltung be«i
Äircbeniiermögenö ber 3"i^ff ""t* ^nxi)
^injujiebung ber JJraucn unb anberer
SWitglicber ftd) julctst auä einer 3uin't eine
fclbpänbigc geipiid)e 93rüberfd)aft ablöfie.
23on großem ßinfluf würbe hai gef eilige
ßcben ber 3ü"ft2 - i" ^^f" fi*^ f^"^ iReibe
pofitipcr «Sittengcbräucbe auäbilbeic, bie
cbcnfowobl i>ai täglid)e itbtn auf ben
3unftjiubcn unb .^erbergen alä bic ein'
jelnen feierlid)en Qlfte cor ber ©enoffcns
fd)aft mit finnigen ^o^^mf" umfleibeten;
ju formalen unb jwingenben 3evemonicn
arteten biefc jcbod) erfi fpäter auö. Qltö
fittlidjc Serbinbung mad)tc bic 3j"nff
ibren ©enoffen eine gcgenfeitigc werftbätige
Siebe jur *Pflid)t, bie fidb in bcr Unter»
^üt3ung franfer ober iierarmter ©enoffen
unb in ber iBcranflaltung eines ebrenroücn
iBegrübniffeö funb gab', unb übte eine
Sittenpolizei über ibre DJJitglieber auö,
namentlidj über bic ©cfellen unb löcbrlinge.
©ic .f^auptpflidit bcr 3»»ft cileSSirt»
f d) a f t e g e n 0 f f e n f d) a f t war bie
€id)erung ber ©ütc unb i8raud)baifeit bee
5hbcitprobuEtö, berbeigefübrt bcfonbere
bur* bie gcnoffenfd)aft"lid)e Äontrote bcr
5hbeit; aujf SBer^öiictung bcr *}(rbeit, auf
Qlnfcrtigung unb' i^crfauf fd^lcdjter SBaarc
waren Strafen gefeht unb eine regelmäßige
23ifitation ber jöcrfilättcn unb ber 5lrbcit
burd) bic 3unftiiorfiebcr, bic fog. Scbau,
eingeführt; aud) SKarimalpreife würben
oon ben 3ünften aufgeftetlt. 2)ie 3unft
üerpfliditctc ibre DJiitglieber ^ur 5lrbcit
in '^3 e r f o n ; in beren 2)icnfi foUte bae
Kapital fteben; überhaupt aber würbe un»
bebingte © l c i di b c 1 1 aller ©enoffen an=
gefirebt, baber fam bic 5lußfd)licBung ber
freien Äonfurren« unter ben ©enoffen unb
bic äußcrfle Sefd)ränfung be« Ginjclnen
bei <)3robuftion unb Qlbfa^ ju ©unfien ber
©cfamtbcit, *8efd)rünfungen, bie ^war ber
Entfaltung bce (Sinäclncn binberlidb waten.
50*t .
784
3unfts unb ffiilbmcfen.
aber ben©tanb ber ©ercctbtreibenbcn
ftob unb anfangt ni(|t als ^emmenbe
^effeln gefüllt wutben. S)iefc Sef^rän*
tungen bcjogen jtd) in cTJiet ßinic auf bie
SBefc^affung beö SR o ft |i o f f c ä ,
fo ättiar, ba| cnthJeber qIIc^ SWaterial nur
gemcinfd)aftUd) angcf^afft hjerbcn burftc
übet bem ©injelnen »erboten war, iKo^«
fioffe befiimmter 5lrt über ein gcwiffcö
Duantum ^inauö ober nur für |td) felbj^
ju faufen, of)nc bie ©etegen^eit ^um Äauf
ben 93rübern anjujcigen. ÜJJögti^jtc ©Icid^«
^eit h)Utbc ferner angefirebt be^üglid^
i>ii Umfange« ber (probuftion,
rcorauf namentlich bie gificrung ber ^a^i
ber Se^rlinge unb ©efellen eineö SÖJeijierö
^injielt; auc^ bie Slrbeitöjeit »ar oft
fiyiert. 5Danüt bie Äofien ber $robuf=
tion gleich feien, njurbe ber OlrbcitsJ*
1 0 ^ n t)on ber 3""?* reguliert unb foh)of)I
Setrag aU Qlrt ber Qlrbeitäentfc^äbigung
für ße^rlinge unb ©efcflcn genau beftimmt,
übert)aupt aud) baö ganjc Sertjdltni^
jwif^en ÜKeifter unb ©e^ilfcn Don ber
©enoffenfc^aft für QlUe gleid^ geotbnct.
aBejügIi(!) be« Stbfa^c« war, um bie
©enoffen gleici) ju machen, »erorbnet, baf
fein unanftdnbigc^ ober unreblid)eö SDUttel,
feine unfd)icflid)e (Reflame u. bgl. fiatt*
finben foQe. S)er Sßerfauf mittel^ ^au-
ftereng war in ber SRegel ganj »erboten.
Dft foüte jeber nur einen ßaben ober
eine iöerfauf^fiättc f)alten, Äunben ober
Käufer burfte man ftc^ ni^t gegenfeitig
abwenbig machen. Sogar baö Sßermögen
ber 3unft biente nii^t blo^ ju allgemeinen
3unftjmecten , fonbern gleid)mä§ig burfte
oud^ jeber bie 3unftt)äujer befonbcrö bei
iJamilienfeftcn ju feinem gefeüigen Ser^
gnügen benu^en. 3" ©tjug auf tai
ütti)t ber 3unft gab eö einen befonbern
3unft=5tieben, bcffen ^anbljabung, 2Ba|)=
rung unb ^erficüung Sei i^r mar, unb ein
3unftgeri^t, »or meld^eö aüe Streitige
feiten unter ©enoffen gebtad)t werben
mußten, ct)c man an ben orbentlicfjen
Stiftet ging.
2)ie Drganifation ber Qixn^tt
fieüte an bie @pi^e bie SBerfammlung ber
ÜRctjler ; biefelben waren auf regel»
mäßigen ober gebotenen S)ingen ben eckten
unb gebotenen 2)ingen ber freien ©e«
meinbe na(f)gebitbet. Organ ber ©e*
famt^eit waren bie gewallten ober er»
loften, na^ 3a^I unb 5tmtöbauer »erfd^ie*
benen SOleilier ober «MUerleute , bie »er»
eibigte unb »erantwortli^e Dbrigfeit ber
3unft. ©^u^gcnoffen ber 3unft, bie nur
paffiö an bem ^^ieben unb IRec^t ber
Äörperfd)aft teil naf)men, waren eineötcifö
bie gt'iufn unb Äinber ber 5lmtöbrüber,
anbernteilö bieße^rtingeunb ©ef eilen,
©iefelben waren anfänglich überall ÜJlit«
gliebcr beö ^auöwefenö i^reö SKeifierg
unb ber 3unft9«ti<^töt)arfeit unterworfen.
@c^on bie ßelirjungen beburften einet
förmlichen 5lufna^mc in« 51mt, wobei Un*
befd^oltenfjeit, freie, cf)eli(^e unb bcutfd^e
©eburt unb bie Entrichtung gewiffer din»
trittägebü()ren in ©elb, SBacbä, SBein
ober 93ict gefoibett wutben. 3)ut(5 5lb«
folüierung ber Dorgcfd)riebenen Sc^rjeit et*
langte bet Sef)tling t)ai iHccbt, in bie
klaffe ber ©efeüen aufgenommen ju wer*
ben. 25ie ©ef eilen jianbcn ju intern
SReificr wie ju bet 3""f^ urfprünglic^
rec^tli^ in bemfelben 23er()ältniö wie bie
ße^rlinge; auc^ ber ©efeüe, „Äncd^t" ober
„knappe", gehörte jum ^au^wefen beS
ikeifterä, beljen ^auö er nid^t einmal auf
eine S^ad^t oerlaffen burfte; junä<I)jl war
aud^ er ber ^ausgewalt bcö üJleijler^, in
Ijö^ercr SnPanj al'fic ber 3""ft unter*
Würfen. Ratten fte aber bie »orgefc^riebenc
2)ienfijeit aufgehalten ober ^att beffen
auf bet SJÖanbetfd^aft, bie jwar erfi im
16. 3at)i^^un^«t recf)tlid^eö ©rforberni«
würbe, f(f)on oor^er aber üblic^ war,
unter 2Bat)rung beä 3ufQwmen^angö mit
ber S^^nft ^i^ nötigen ^äl)igfeiten crwor«
ben, fo Ratten fie einen D^ec^töanfprud)
auf bie 5lufnal)me aU 50^cifier. ©ie waren
alfo in ber Slüteseit beö 3"nftwcfen*
nichts aU werbenbc SOieifter unb cö gab
feinen befonbern ©tanb ber ©efeüen, feinen
unftlbftänbigen ^Irbeiterflanb, fonbern nur
eine ße^t* unb ©ienftjcit alä iöotfc^ule
unb ißorfiufc für eigene 31u«übung beä
Qlmteö. S)eöbalb war aud& »on einer be*
fonbern förperfi^aftlic^en Sßerbinbung bet
©efeüen urfprünglic^ ni^t bie SRebe, nur
t>a^ ju frommen 3wedEcn geiftlid^c Srüber*
fd)aften unter itjncn »orfamcn. ©obalb
inbeö, Kai feit bem Seginn beö 15. 3a^t*
^unbertö gefd)a^, burc^ bie ©rfd^werungen
beö SWeijlermerben^, bie Verlängerung »on
ße^r- unb 2ßanberjeit unb bai Sorfommen
üon ©efeüen, tit nie ÜJleifter würben,
bie ©efeüen in einen gewiffen ©egenfa^
ju ben SOieiftern traten, ba traten fte au^
JU eigenen ®efeüf(^aften jufammen, nann*
ten ftc^ aud) feitbem crfi mit bem 9iamen
„©efeüen", fteüten eigene 9toüen unb
«Statuten auf, wählten eigene Sßorfiänbc
(*2tltgefellen) unb 93camte unb oerwal*
tcten unter 5lufftd^t eineö i^nen mcijl ge»
Sftjerge unb [Riefen.
785
(^ebenen ÜWeiperö (©cfellenüatcr) iftre
iängelegentieitcn fclbji; f^on frü^ führten
ftc planmä§iflc Koalitionen unb ?irbcitö*
einPcüungcn ^erbci.
©ie überhaupt in ben ©cnoffcnfd^aftcn
beö ÜJiittctalter^ bcr ülrieb l)ettfcbtc, jid)
mit 9tcid)artiäen SBcrcincn su großem ®c-
famtf)eitcn ju »erbinben, fo waren auc^ bie
©enoffcnfc^aften ber ^anbwcrfer befirebt,
Snnungöoerein übet ben cinjclnen
3ünftcn ju grünben, unb fonjobt in ein*
jelncn @täbten ftanbcn teifö forübcrgebcnb
tcilö bauetnb bie tetfc^icbencn 3i'"ftt i"
mebr ober minbcr organifiertcm SBcrbanbc,
atö a\xä) förmlicbc Ärciöwetetne aller
3ünfte einet ©egcnb ober eineä Sanbeä
»orEamen. 3" ^^^^^ aögemeinern engen
aSerbinbung ber 3ünftc trug fobann bie
®ett)obn[)eit unb fpüter bie Sorfcbrift bcä
SOB anbcrn^ bei; eö mürbe baburc^ ge=
rabeju bieSBorftellung einer Oefamtgcnoffen*
fctiaft flücr ^anbtticrfcr beö IRcicbeö gewecft,
bur* njcicfie [xdt) ein gemeiner bcutfc^er
^anbwetf^gcBraucf) unb ein gemeine^
beutfd)cö $anbttierförccf)t auöbilbctc; bie
eigcntlid^en Srägcr biefer ©emeinfamfeit
ftnb aber, tt>eit tttcniger aU bie SÖJeijlcr, bie
©cfetlen, beren ©efeÖcnjünfte mebr afö bie
ÜHeifierjünfte in einen regen OcfamtiDerfe^r
traten unb ein gemeine^ ®efe[Ienrecf)t unb
gleici^artige 5lnfc^auung unb Sitte ^erpor*
bracbten.
3m Oewerbe ber ©tcinmc^en traten
fogar Por ber ©efamtgenoffenfcbaft bielo'
falen 93ruber[cf)aften in ben ^intcrgrunb.
Ütnfänglicb junä(f)fi in ben cinjelnen
©tobten unb (Segenben Pereint, föitfte in
i^nen früb bie 3bee pon einem bur^ iai
ganje beutfcfic SReicö Pertretcnen ©ruber*
bunb. 2)urdb trabitionett fortgepflanzte^
unb pon ber @age auf bie ^eiligen jurücf«
gefübrteö ©crttobnbeitärecbt cntftanb an=
mäblicb eine beftimmte 23erfaffung biefer
Sßerbinbung, pgl. ben Qlrt. 93aubütten.
Seit bem 16. ^afirbunbert jeigen f\ä)
im 3iinftn)efen bie Äeimc beö SBerfaüä.
Statt ber freien Sinung ber 23erufögenoffen
hjurbe ta^ ,;um *|3riPiIeg unb ft>omögIid)
jum SUtonopoI gefialtete IRed)t auf eine be=
fiimmte 5lrt beö ©enjerbetricbeä Orunblage
unb 3ȟecf ber 3"tif^; ^^^^ ^^^ '"^^'^
ging ber fttttid)e" Jnbalt ber 3""ft ^^'^'
loren unb bie alten ©enoffentugenben
f({)Iugen in bie entfprcc^enbcn j^ebter um.
9llö begcbrenöttJertcftcö fPrinjip erprcbte
je^t bie 3unft bie ©efdbloffenbeit, fo
ta^ oft baei ^anbmerf aU baö erbli^c
9?cftt,tum einer Slnjabl Pon iJamilien er*
fd)ien; in Pielen Statuten mürbe für ben
i?remben bie Beirat einer ÜJJeiilermitrtie ober
Söflcifiertocbter jur unerläglid&en QScbingung
ber 5lufnabmc gema({)t unb »crbeirateten
iKännern ber (Eintritt oerfagt. Die *Bor=:
bebingungcn be« (Sintrittä für ben ^ebr«
ling ttjurben erfd)tt)ert, bie ©ebübren er«
böbt, bie (Sefetten burd) QSerlängerung ber
SBanberjeit unb burd) befonbere baä Tlä'
jierfiüdE betreffenbeSerorbnungen cbifaniert.
Sine immer mebr Pcrmcbrte *J(njabl Pon
93efdbäftigungen mürbe für unebtlid) er«
fUirt, Seinmeber, iBarbiere, 3)JütIer, 3öüner,
Stabtfncdbte, ©eridbtöbiener, Surm*, |(ol5*
unb ^«It'bütcr, Totengräber, SRacfetmäcfeter,
33ettelPögte, ©affenEebrer, Sacbfeger, Scbä«
fer, iKufifantcn (fxebe ben QIrtifci unebr«
li^e ßeute). 2Begen ber S(J)uIb bcr
^rau fd)Io^ man ben (Sf)emann, megen
berjenigen ber (Sltern bie Äinber au^.
Wil)x unb mebr mürben bie © c f el I c n ber
©enoffenfcbaft bcr ÜJJeiftcr entfrembct. Die
Drganifation ber 3u"ft mürbe oligard)ifcf)
gefialtet. S)ic potitifcfee Sebcutung borte
feit bem 3?tebergang ber iHeformationsbe»
megung meijl ganj auf. Srutale ^anb»
hingen gegen $fuf(|er unb Störcr, (Sren^*
irrungen unb ©emerböftreitigfciten mit
anbern 3""ft«" ""^ ^rofefftoncn, auö«
fübriicbftc 5irbeiteircgulicrung, ^iricrung
ber ^Irbciterjabt, i8efd)ränfung ber H^atc«
rialbefcbaffung, bcrSBcrfjeugc, be^ 'Jlbfaöed
u. bgi. maren an ber Sageöorbnung. '■Jin
bie Stelle ber religiö«i-'rtttlid)cn ©enoffcn«
pf[i({)ten trat ein perfcftnörfette^ ßeremo«
nicQ, robc ©elage, gegen ben iJJcuting ge=
übte Spä^c. ißon Seite beö Staate^
fucbte man jeht bie 3ünfte bem obrigfeit*
lieben Softem einjuorbnen unb ftc ^u
blogen ^Polijeianftaltcn ju macf)cn. (Snt*
ftebung unb 2lufbebung bcr Runft mürbe
unbcbingt in ben Staatömiücn Pcrlcgt;
bie Dbrigfeit erlangte einen bcftimmenbcn
Sinflug auf bie 3iifonimcnfe^ung bcr3unft,
inbem ftc befonbere ^reimcificr für bie
3unft ernannte; baä i3ebrlingemefen mürbe
obrigfeitlid) reguliert unb eine 0}?engc iBers
orbnungen erlaffen über Dinge, meldbc
früber bIo§ Sad)e bcr 3""f^ gcmefen
maren; bocb gaben ftcb bicfc obrigfeitticben
®rlaffe oft ikühe , cingcriffcncn Sdiäben
unb ÜJ?i§|tänben im 3unftmefen abjubelfen.
ülai) ©icrf e, iRccbt^gef^id)te ber beutfdben
Qknoffenfcbaft. Serlin 1868. Bgt. 2)ia =
fcbcr, ®aä bcutfc^e ©emerbcmefen. ^^ot?-
bam 1866.
ättJergc unb [Riefen. Die 3>^crge ge»
^ören ju ber Klaffe ber (J I b c n ober 2B i d) t e.
786
Sitcrge unb JRiefcn.
mit n.icld)en Dramen man SQSefen bcjei(ä)nct,
bencn etwa« Übctmcnfdblicfeeö, tt)a« fie ben
(Söttern nähert, beigemiic^t ijl, welche bic
Äraft befitien bem JJJenfc^cn ju fcf)abcn
unb ju l)elfen, [xä) aber sustetc^ wicber
for bicfem fd)cuen, ftieil fie i()m leiblid)
nicfct gema(ä)fen ftnb, inbem fte entJticbcr
uieit unter meni'(^Ii(^em 2Ba(^ätum ober
ungcßattet er)'d)einen , unb tt)etd)en ba§
Vermögen eigen ift, ftd^ unfic^tbar ju
madjen. ©olcfce Slbcn fommcn fc^on in
bei inbifii)cn Tlt)ti)o{s}%ii cor unter ben
9?amen SRaruts, Sftib^u«, iHubras. ü)?arut
t]l aber abgeleitet ton ber Sffiurjel mri,
fterben, unb fo fcl}en mir, ba^ urfprünglicf)
bie (Slben als bie Seelen r>on SBerftorbenen
angefcbcn mürben. 3" bet germanif^en
2J?r)tboIogie iil bicfc QInfc&auung atlerbtngö
fe£)r ucrmifdjt, ftc erfd)einen bier pietme^r
ale Halbgötter, meiere Vorgänge iu ber
Statur bilblt(^ barfiellen foüen. 2" ber
(xhta merben bie (älben eingeteilt in
Giösälf ar (8i(i)telben) unb Swartalfar
über Döckalfar (©c^marjs ober 2)unfel«
elben). Qu. ben S)unfelelben merben nun
aud) bie 3ft'erge geregnet, bcren SRamen
im ®oti[ct)en dvairgs, agf. dveorg,
abi. tuerc, mbb. tverc lautet unb nac^
©rimrn üon bem ®riecf)ifd)en &Eovoy6s
b. £). übcrnatürlicf)e S)inge r>evrid)tenb, bcr-
i!ammt. ©iefc Qlnna[)me befldtigen nid)t
nur bie ©cfe^e ber ßautoer[d)iebung, fon-
bern auc^ ber l'olfeglaube, ber fid) bie
3n)erge, %U\&) ben Äljflcpen, gern aU funfi«
fertige !gd)miebe ^enEt, mel(^e in Sergej;
^öf)len ilir SBefen treiben, (sntpanben ftnb
bie 3^f'^32 fl^^ OJJabcn in bem ßeid)nam
be^ iKiefen 2)niir, [pöter mürbe i^nen 23er*
ftanb juteil, fo lü^ fie nur ber (Seftalt
na^ bem 5nenf($cn nadifte^en, inbem fic
fd)on mit bem britten '^ahxt ausgewacfefen
unb mit bem ftebenten ©reife ftnb. 2)ie
SBorfieüungen über bie ©röpe ber S^'^'^Ö^
fc^manfen noc^. SBalb fotlen fie t>ai
2öad)ätum einec- tierjäbvigcn .Rinbeö er«
reid)en, balb nur 2)aumengro§ fein, unter
mcld}en Umftönben fie bann 2)äumling
genannt merben, balb, mie ber fleinfie in
einem bänifc^en ßiebe, nid)t größer alö eine
2lmeifc fein. 3"^ 'i>\t\a Älein^eit fommt
in ber [Reget noc^ ein |)öder, eine bunfle
@efid)täfarbe unb grobe Srac^t Ijinju.
5(uc^ it)re güßc fmb ungefialtet, oft bencn
ber Snte g,leic^cnb, mee^alb fte bicfctben
ftctö forgfaltig ben SDiJenfc^en oerbergcn
unb fcbr ungehalten merben, menn Dteu»
gierige burd) '2lfd)e, mel^c ftc ben 3mergcn
auf ben 2öcg ftrcuen, txt gorm ber J^üfe
crforf^en motlen. 5Die 3"'f'^9f bttben
unter ftc^ ein IBolf, bem ein 3 tt» er g fönig
oorPc^t. ÜJJanie unter biefcn J^crrfc^ern
haben eine 93crüt)mtl)eit erlangt. 5d fei
l)ier nur an 5llbcrid) erinnert, ber in ber
fran5öfifd)cn JDi^tung al^ Dberon cr=
fd)cint, bann an ©c^ilbung unb
DJibelung, h)cld)e im 3Jibelungcnlicbe
eine SRotlc fpielcn. ^ixmx ftnb ju ermd^s
nen Stnnetä »on ^alaferö unb ßaurtn,
erfterer auö bem SBartburgfrieg , le^tcrer
als Herr beä SRofengartcnä im Sproler*
gebirge befannt. S)ie 3™«^S6 molinen in
Sd)lud)ten unb H^^l^n bcö ©ebirgs, bai
ftc tro^ Qlbgrünben unb illbl)ängcn mit
munberbarer SBcljenbigfcit unb Std)crheit
burd)ftreifen. 2"i S^^t^«^" ber Serge bicnen
aber praditige ©emöcher oft ben Q'mtxa,'
fürfien jur 2Sohnung, mohin aud) üJicn*
f($en unb Halben oft gelodt, fefige^alten
unb bann rcicft begabt entlaffen merben.
iibcrljaupt braud)en bie 3"'^'^S£ ^^^ SOten«
fd)cn. So f)olen fte $^raucn unb H^ti^nn^^n,
um freiilenben 3^^i^9^""f" bet!,uftehen,
bann menben fte ftc^ an oerfiänbigc SfJiönncr,
menn es ftc^ um Teilung eineö Sc^abeä
hanbelt, unb enblid) erbitten fte oon ben
2)Jenfd)cn Diäumlid)f'ctten, um ibre ^oij'
jeiten barin abhalten ^u fönnen. IDIit bem
mas bie Untermelt bietet, mit Segen unb
®Iüd fpcnbenbcn Äleinobicn merben bic
5JJenfd)en jemeilcii belohnt für it)rc Dienjle
unb 3uoor£ommenheit. S)en 3tt»crgcn ftnb
auch Heilfrüfte befannt, meld)c ^flanjen unb
Steinen inne mohnen. Sro^ ii)rer geifiigcn
Überlegenheit haben bic 3»erge oor bem
!)Jienfd)en bodh eine gemiffc Sd)cu. 23e*
fonbers jumiber ift il)nen als ^eibnifd)en
Sßefen unb rollen iJtaturföhncn bie Qluä=
breitung bes (£l)riftentumö unb ber .Kultur,
namentlid) menn Icfetere in il)r Serei^
fommt, gelber befietl't unb bie 93ergc mit
S^ad)ten burd)müt)lt. 2)arauö cntfpringt
nun aber aud) ein fcinblii^c^ iBcrl)altniö
jmiic^cn 3wergcn unb ÜUenfc^en. 2)icfc
achten jene nid)t unb fo fd)abcn bie 3^f'^S^
Xiin 9)ienfd)en unb neden ftc. S)te Sc»
rül)rung ober ber Qlnhaud) pon 3™8rgcn
fann bei Ü}Jenfd)en unb Slieren Äranf^eit
unb Job nerurfa^en. 3^)1: Sd)Icig lä^mt
.Körper unb ©eifi. ©as SBolf f^reibt ben
(Jlben auc^ bie *2lfilöc^er im Holje ju; mer
burc^ ein fol^e«, ober burch bai 2od),
meldjcä ber 'JJfeil eines 3™«>^9® ^n ^i^ •^^wf
eines licress gcfd)offen, fdhaut, ber fteht
fonft tocrborgenc 35ingc. ^tlen 3"5crgen
fte^t büS SBermögcn ju fid) unftd)tbar ju
machen, teil^ rermittelfl t^rer Äopfbc*
3tt)erge unb iRiefen.
787
tccfung, ben fogenannten ytiitU ober Zain-
tappen, teilä mit .•oilfe i^rer ytödi ober
SO^äntcI. SBer eineö biefer Äleibungäfiüdc
an fid) ju reifen oerjle^t, gen^innt nid)t
nur bie Tlaä)t ficf) unfi(^tbar ju mad)cn,
fonbern mi) größere ^örperprfe unb
bie |>errfc^aft über baä Söolt unb baö
(Eigentum bcr 3^«i^9f- 2)on i^rer i^ä^ig*
feit bie ©efialt ju bergen machen bie
nectifd)en ÜBic^te oft ©cbraud) um bie
lWen[(f)en ju betrügen unb ju täufd^en.
Syrern 6influ§ n?irb aucf) eine Äranffjeit
jugefd)ricben , ttieI(J)e eine 93erfiläung ber
^opff)aare jur ^olg^i i)at; QÜpjopf, 5Druten*
jopf, SBic^tel« ober a[öeicf)feljopf wirb biefe
6rf(^einung genannt, 5Da^ engU[d)e
Serbum „to elf" beißt gerabcju „hai ^aax
öerftljen". 5tIIe Si^^isc ""^ Stben fmb
biebif(f) unb entfüt)ren nicf)t nur leblofe
SDinge, fonbern auc^ SOtenfcfien, namentlif^
Jungfrauen unb ^inber, an bercn ©teüe fie
bann bie fogenannten Sfflccfcfelbälge , baB=
lic^e fretinenartige ©ef^öpfe in bie SBiege
legen. QSertjinbern fann man ben Äinber«
auötaufd), »enn man einen ©c^lüffel, ober
eineö t>on beä 55atcrö Äleibern, ober 6taf)l
ober ?Jä()nabeIn in bie SBiege legt, ben
äßecf)felbalg [\i) com $alfe fc^affen aber,
inbem man burd) etwas ©onberbarcä, j. S.
burd) 2Öafferfod)en in (£ierfd)aten, ibn in
öerrounberung terfefet. S'^id ber 3un9=
frauen» unb Bcr Äinberentfübrung i|l ben
ßwergcn burc^ .Rreujung mit bem 2)Jcnfd)en
\i)x eigenes ®efd)led)t auf eine l)öt)ere
©tufe ber (Sntwidlung ju bringen, ©in
untt>iberftef)Iid)er ^ang jur 'Diufit unb Jan,
mobnt ben ©Ibcn inne. 3n iDJonbfc^ein^
nädjten fröfineu fie auf SBiefen ibrer ßuji.
SBefie bem, ber ftd) burc^ bie fügen löne
jur Sfieugierbe terlocfen Ici§t, um ibn iftä
gefd)e^en. *Mud) bie ®abt ber SZBeiöfagung
roirb ben 3>^crgen jugefd)ricben, oft er^
fd)einen fie als fluge Otatgcber. ©ie
3nierginnen fpinnen unb rceben feine
©toffe, iic. iD]ännd)en aber fd^mieben funjl*
noüe (Seräte. ®egcn fleinen ßobn fann
man rot)e^ ©ifen, baö man vor bie .pöblen
ber 3*^^''8^ 1^9^' '^^ anbern SKorgen gc«
fd)miebet unö verarbeitet »ieber abtjolen.
Unter ten ©Iben fpielen nun einige
eine befonberä bebeutenbe SRoUe, fo ber
^ßilhji^, beffenD^ame in jablreidjen iBa*
riationen t)äufig in m^b. ®ebid)ten auf=
tritt, ör ift ein böfer 2)ämon, ber ^aare
nerfiljt unb verwirrt unb bem ßanbmann
namentlid) baburd) jur großen 5ßlage wirb,
ta^ er, eine €id)el an ben ^"B gebunben,
Jiurd) ^ai reifenbe Äorn ge^t. SBon bem
Seil bed ©etreibefelbeä, »eichen er mi
feiner Sid)el bur^fd)neibet, fliegen alle
Äörner in feine ®(fteune, ober in biejenige
beö 93auern, bem er gerabe ale ^ausgeifi
bient. Oft reitet er auc^ auf einem 33o(f
iuxä) bie ©etreibefelber. I)em (pilmife jur
Seite fie^t ber 6crat, ber in SBälbcrn
^erumfpuft unb ft(^ im Saufe ber 3eit
ani ber ernflern, grö§ern ©efialt beö Sßalb»
fd)rat ju bem fleinen, necf ifd)en ® d) r e 1 1 e l
cntwidelte. (Sr I)at in feinem SBefen üiel
5i[t)nUd)feit mit ben ®atl)rn unb jjauncif
ber gried)ifd)en unb römifd)en Tl\)i^O'-
logie. S)er SBalb mirb nod) üon anbern
fleinen (Sefc^öpfen be»ot)nt, ben fogenann*
ten milben ßeutcn, SBalbleuten,
^oljleuten, \vild)t bem ÜJJcnfcfeen immer
bilfrcid) jur «Seite fteben unb beren größter
Si^recf ber wilbe ^ä^ti unb ÄümmeU
brot ift.
3n 3ufiiTi™fn^'>"9 ni^t ^*n SBalb«
geifiern flct)en bie 2Baff ergeifier,
n3eld)e allerbingd oft nid)t ali fleine ®e*
fd)öpfe aufgefaßt roerben, fonbern vielmehr
alä ungeheure ©eifier, ein Sc^reden be^
2)/eereö, mie bie fJiicorcö im ©eomulf. Die
weiblichen fflefen ^ei§t man 9iijen, bie
männlichen DMfe, weld)e Dfiamen fid) auf
tai at)b. nichns, agf. nicor, juriidfüfiren
laffen. 2)ie männlid^en SBaffergeifier wer«
ben gewöbnli^ fd)on ältlich unb lang=
bärtig norgefietlt. 33iel befannter fmb bie
weiblid)en ®efd^öpfe, bie iRiren, Welche fo
oft von S)i<$tern uetf)errlic^t werben unb
bercn 3aubetgcfang mand)es ?Wenfc6enfinb
l}inabgelodt Ijat in bie ilöaffertiefe, wo
präd)tige Äcrallcnpaläfie bie reijcnben Jung»
frauen aufnel)men.
Sieben ber Sejeic^nung 9'?ijc fommt
and) ber DJame IDJummcl, SDiü^mc^en,
SBaffermubme vor, benen unter anbemt
ber büfterc Ü)^ummelfee im mittleren
Sc^warjwalb feinen Slawen verbonft. Sic
bie Oper „Unbine" von Cor|}ing , ober
\>ai 30?ärd)en „O^elufine" jeigt, Verlanen
bie Diifen oft if)re naffe ^eimat unb
mif*en fxd) unter bie SDJenfcbenfinbcr.
®oc^ äu einer bejlimmtcn 3fit mü^en fre
wieber äurüdfe^ren in ilir ilöaiierreid). 2Ber
ftc^ verfpätet, wirb vom Sffiaffermann, bem
^crrn ber 9iiren, ermorbet, einJBIutjtra^I,
weld)cr auö ber Sicfc beä ©ewäiier« empor--
fpri^t, äcigt bcutli^ an, wie i)ai unglüd-
lid)c HRäbdjcn i^re Serfäumniö gebü§t.
Überf)aupt flnb bie ffiaffergcifier viel blut*
bürjiiger als itire Settern in ©ebirg unb
ffialb. Sin unfd)ulbigeg Äinb würbe in
alter 3eit bem SJlidiuö geopfert unb noc^
788
3tt)crge unb [Riefen.
^en(df)t ber ©laube, ba§ bcr 2öaf[erncrf
Srtrurfene alö Opfer in tai naffe ®xab
gcjogen iiabi.
2Dem üJJenfd^en am näd)jicn jle^cn bie
|>au«geijier, bieÄoboIbe ober^cin»
ädmännd^en. Sie ftnb pct^ männlidf)en
®efcf)Icd^tö. QIuö 93u(i^öboum^oIj würben
fleine iindnnd&en gcf($ni^t unb im 3inini«t
Qufgefieüt. fBai frü{)er ^eiliger Srnfi »ar,
inbem man in bicfcn ^oljfiguren gütige
ßaren t>cre{)rtc, njurbe fpätet jum ®cf)etj.
3n ©eftalt, 5lu^fe]^en unb Stadjt fommcn
fte ben S^i^ergcn gleid^. 3^^ Äopf^aat unb
93art ift rot, au(^ fie tragen bie fpi|e rote
Äapuje. €idf) unfid^tbar ju mad^en liegt
ebcnfaü« in i^rer SDlac^t. SJJlittelfi gefeitet
6d)uf)e ober ©tiefet ip c^ if)nen leicht,
bie hjeitejlen SBege mit bet größten ©e«
fdf)h)inbigEcit jurücfjutegen. 3^re Sffiofens
lldtte ift meiPenö Stall ober ©c^eune. |)ier
unb in ber Äüdje ifi ber Screid^ i^reö
fiiüen, unfidjtbaren ©d^affenö unb 2öitfenö.
®lücf unb Segen ifi in bem ^aufe, in
welchem ein Heiner .^auögeiji fein 2Befen
treibt. glf^B'S^ ©ienfiboten unterfiütet er,
faule aber baben fon feinen Siiecfeteien »iel
ju leiben. Jreu plt er bei feinem ^auä^
f)etrn auö, ja er »erme^rt fogar beffen ®ut
auf Äojicn ber Jiac^barn. ®r ifi mit fef)r
geringem ßo^ne jufrteben. (jffen unb
Jrinfen mu§ i^m täglid^ binflcfitßt werben,
©ann forbert er no(|, rcenn'ö l)o<i) Eommt,
einen ^ut, eine rote Äappe, einen bunten
9iocf mit flingenben ©gellen. S[J?anc^mal
aber net)men eö bie fleinen SBtc^te übel,
menn man fte mit Kleibern befcE)enft unb
ijieben eon bem ^aufe weg, auö tt)el(f)em
bann jugleic^ au* aller Sffioblfianb, bie
eintrad)t, furj iai ®lücf f^winbet. S)icfe
Äobolbe fmb überhaupt fe^r empfinblid).
Sßerben fie im ©eringfien nernacbläffigt,
fo räcficn fte fid) an ben ^auögenoffen im
befien f^^ll burcfe fffiegjug, ober fte laffen
i^nen unb bem Sieb alä poltet«, $lagc=,
ober Duälgeifter Sag unb dlai)t, bei 9lr«
beit unb Schlaf feine SRube. (5^ fann
ben 93öfcmid)ten fogar in ben ©inn fom«
men, einem einfach ba^ ^auö übet bem
^opfe anäujünben.
Sreffenb ttirb ber (Sbataftet bet focben
fur^ bcfc^riebencn ©eifiet butc^ ©rimm in
folgcnbcn Sorten jufammengefa^t: „2)urd^
bas ganje SBefen bet(5lbe, S^iye unbÄobolbe
gebt ein leifet©runbjug Donllnbcfticbigung
unb Srofiloftgfeit : ©ie miffen i^te l)nxi
licf)en ©aben ni<^t rect)t geltenb ju ma(f)en
unb bebürfen immer ber 5lnlcbnung an
bie SWenfdjen. JRid^t nur fireben jtc, il)r
©efc^ledbt butc^ ^eirat mit SWenfd^en ju
etftij^^en, fte ^abcn auä) ju ibren Qtnge*
legenbeiten beö SRateö unb be^ SSeiflanbg
bet 3Wenfdben t)on ??öten. Dbglei(^ ge*
Reimet ^eilftdfte bet ©teine unb Ätdutet
in §öbetem ©tabe aU bie SQJenfcfjen fun«
big, tufen fte bennodb jU ibren 5^ranfcn
unb freifenben 5'f<JU«n menfi^lic^e |>ilfe,
leiben t)on ben SlJJenfcben 93acf=: unb i8rau=:
gerate, feiern felbft i^re ^ocbi^eitcn unb
^efie in ©dien ber SJienfcben. t>ai)ix ancS)
\\)X 3»eifel, ob fte bet dttöfung teilhaftig
meiben tonnen unb bet untjerbaltne
©dbmerj, wenn terneincnbc ütntwort er»
folgt."
S)en fidrffien ©cgenfa^ ju ben ßwergen
bilben bie SRiefen. ©inb bie 3tt)erge an
SBerftanb bem SKenfi^en überlegen, fieben
fte il)m aber nacb in 93ejug auf ben ^öt«
per, fo wobnt getabe bei ben ^liefen in
einem ftdftigen Selbe ein befcbrdnfter ©eifi.
3m iRorben beiden bie SRiefen Jötunn, plar.
Jötnar, iai ©imrocf oon bem ®ot. „itan",
„effen" ableitet, fo ia^ baburcb ber [Riefe
alö bcr ©efrd^ige bejeicf)nct würbe, wdb*
tenb bet anbete oorfommcnbe 9tame Thurs
mit unferm 25utft jufammenbdngt unb fo
bem iRiefengef4Ie(f)te auc^ bie Siebe jum
StunE jugefc^rieben wirb. S^benfaüg ifi
ftcber, ta^ in bem 2Befen ber SRiefen baö
ftnnlicbe weit über bem gciftigen fiebt, ber
Äötpet weit übet bet ©ccle. 3" bet
©cböpfungögefcbicbte ftnb bie SRiefen bie
etftcn lebenben SBefen. jDet Uttiefe 2)titit
ifi ani bem SRiebcifcblag bet utweltlic^en
©cwdffet, ani SReif unb lau entfianben
unb auö feinet ßeibeä unge^eutet 2Raffe
würbe ^ernac^ (grbe, SBaffcr, SBerg unb
SBalb erjeugt. 2)ie SRiefen werben für
bumm unb einfältig gebalten unb in ber
beutfc!)en2R9t^oiogieweni9fienö wirb i^nen
Sreubetjigfeit ^ugefd)tieben , wd^renb fie
in anbetn ©egenben (Sutopaö in bem SRufe
wilber SOUnfcbenfteffet fieben. 35ocb ni(f)t
alle SRiefen ttifft bet SBorwurf ber ©umms
beit. Sänge flreitet im SRdtfelEampfe SCßo«
ban mit bem weifen Vafthrudnir unb erfi
butcb einen Stunf auö aWimitä Duelle
tann SBoban ^lüwiffen^eit etlangen. 3""^
3otne gereijt, werben aber bie SRiefen, wie
eä bei geifiig nidbt bocf) begabten 2öefen
in bet SRegel bet ^aU ifi, futcf)tbat unge«
fiüm unb ftnb bann ebcnfo tücfifcb unb
plump im 5lngtiff, al^ fte gutmütig unb
plump in bet SRu^e Waten. J^elöblöcfe
Werben gegen bie ^einbe gefcf)leubett,
ganje 53dume au^ bem SBoben getiffen
unb fo beftis gcfiampft, baß baö SBein
3»et9e unb Sliefen.
789
big jum Änie in bie ®rbc cinftnft. 3"
ben ©Ottern fielen bie SRicfen balb fteunb»
Ixd). balb feinblid). 3^iW«n ber Sßo^s
nung bcr (Riefen, Jötun^eimr, unb bem
©öttetft^ 2l[Q^eimr finben l)äufige gecten^^
feitige 93cfu(^c fiatt. SWanc^e ©öttcr jtnb
mit SRicfentöcbtern , bie ftc^ oft burc^ be*
äaubernbe @d)önbeit auöjeicinen, burd^ bie
©be »crbunben. SBoIIen aber, tt)ie cö awcf)
gefdbiebt, bie 9fltefen, gleid) bimmelftürmen^
ben Juanen, bie ©ötter fiürjen unb bie
SBeltberrfcbaft an [xä) reifen unb entfpinnt
fid) ein Äampf, fo ijl i^r furc^tbarfier
i^einb %^ox , »etcber mit feinem |)ammcr
fc^on mancbcö iRebenen ^aupt jerfdbmettert.
SDie iRoKe St^orö aU gemaltiger SRiefen*
überminber ttjurbe in ber ^rijtlidben ©agcn«
gefc^id^te bem ^cil. Dlaf anücrtraut. äffiaä
bog SBcrbältniä ju ben !rJenfcf)en betrifft,
fo ifi eö beinahe rü^rcnb ju fe^en, mic
ben SRiefen bie (SrbbeWo^ncr jmar an ^öx-
per clU ni^tigc Ääfer ober im ©taube
mü^Ienbeä ®eh)ürm crfc^eincn, njic fie
aber bocf) füblen, baf bcr geijtig ©tarfe
tro^ feiner pbt)fif<i«n ©(^njäd^c bie ^Icifcö«
fotoffe immer mebr »erbrängt unb ta^ fie
fclbjl fo »or bem S3orfct)reiten ber Äultur
einem fiebern Untergänge entgegengehen, mie
bie Urmälber unb bie »üben Sliere, itelcbe
in biefen baujlen. 2Bie bie (Riefen ibre
5tb^ängigfeit non ben SD'lenfcben füf)Ien,
baö jeigt bie meitoerbreitete ©age »on bem
ppügenben 2anbmannc mit feinen 3^9*
tieren, ben ein SRiefenmäbcben in ber
©cbüräe bem SSater aU artig ©pieljeug
jutrdgt, eon iljm aber jirenge angebalten
mirb bie jappelnbcn 2)inger mieber an Ort
unb ©teile ju bringen.
„I)enn märe nic^t ber 93auer, fo |ättefi
S)u fein iBrot,
6ä fprieft ber ©tamm ber (Riefen auä
Sßauermart ^eroor;
5Dct Sauet ifi fein ©pieljcug: ba fei
unö (Sott baoor."
35ie (Riefen mo^nen auf Reifen unb
Sergen; if)re ganje (Ratur l)ängt mit
bem ©teinreic^ ä^fammen, fie ftnb ent^
meber belebte ©teinmaffen ober t>er=
fieinertc, früher lebenbige ®cfcf)öpfe. Qlucb
ibre ©dE)U^s unb (Hngriffemaffen , ©ct)ilb
unb Äeule, fmb au^ ©tein. 2Bie bei ben
3ftergen fann man aber aud) bei ben
(Riefen neben Sergriefen nod) SBalb* unb
2Baflterriefcn unter'fdbeiben , je nacb ib«ni
5tufcntbaltöort. 3u ben dßafferriefen ge-
hört j. S. ber au« bem angelfä4)fafd)en
epoö ©eowulf befannte unb berücfetigte
Orcnbel. ©puren non iZBalbriefcn finben
fi^ in jablreicben ©agen. Äpftopcnmauern
tennt nid)t nur ©riecfeenlanb fonbcrn aucft
I)eutfd)tanb. 5Dcn (Riefen mcrbcn aud^
bier Sauten ber Sorjeit jugcfi^riebcn. 3n
9liefenbergen, (Riefcnbügeln, ^ü»
nen betten backte fid) hai Solf bie öeidj»
name ber Äoloffe rubcnb, ober aber ti
ftnb biefe oft febr bebeutcnben Gcböbungen
burcf) (Riefen bfiflctragen morben. 3n
(Rorbbeutfcblanb iji bie ©age mcitoerbreitct,
ia^ ein (Riefe eine Srüde über eine ÜReer«
enge bauen moüte, ju biefem 3tt>ecfe ©tcine
ober ©anb ^erbeitrug, bann etma« üon
feiner ßafi fallen lief woburcb bcnn
ein Serg, eine ©anbbanf ober gar eine
fleine 3nM entjianb. 2)ie größten ©teine
unb gclöblöcfc bacf)tc bie ißolföpbantafte
an ben bcftimmten Drt gefegt, ttjeil fie
einft ben (Riefen im ©cf)ub brücften, mie
un« ©anbförner ober fleine Äicfel. 2Rit
ber ®röge jte|)t aucf) bie Unempfinblicfefeit
ber (Riefen gegen Serle^ungen im Ser»
bältniö. ein Slatt fei auf ibn berabge«
fallen, meint ber auö bem ©cblafe er*
macbenbe ^üne ©frpmir, alä Ibor mit
feinem Jammer i^m einen mud)tigcn©trei^
auf« ^aupt üerfe^t. 5luct) ibr junger
unb 2)urfi ift grof. 2>er ©argantua t>ti
(Rabelaiö jiebt mit jcbem 5"^ auf «in^n»
boben Serg unb trinft, ftd) nicberbeugenb,
ben baämifdienfliepenben ©trcm au«,
©tarf ftnb bie (Riefen aucb im ©tein»
fcbleubern, fiet« finbet man bie gan^e
^anb beä (Ißcrfcr« auf bem barten Slocfe
abgebrücft, ebenfo laffen fte im »atein
guffpuren jurücf unb ibre ganje ©cftalt
ifi eingeprägt in gelömänbcn, an bie fxe
frcb gelernt.
SDer ©laube an (Riefen ifi fdbnetler ge*
fd)munben al« ber an bie 3«efSf- 3"
ber mbb. Dicf)tung «erben fie bcfonber«
Don böfifcben 2>i*tern, mclcf)e ibre ©toffc
au« bem (Romanif^en entlet)ntcn, nur mit
aUgemtinen Bügen gefcbilbert. ßcbcnbiger
unb brafitfcber treten fie in ber gelben*
fage auf, fo im Äönig (Rotber Qtfpirian,
©rimme unb Söibolt, im ^ürnen ©ieg*
frieb Äuperan, im JBolfbietericb (Rü^e
unb (Belle. (D?an finbet benn aucb tjon
Dpfcrn, »elcbe (Riefen, ftie freunblic^en
(Slben unb ipauögeijiern gebrad)t roorben
mären, faum eine ©pur.
(Rai): ©rimm unb ©imrod,3R9t^o«
logic.
^acörtgifter.
21.
«UbBittc 649.
9l«93.(5.Scf)ü^en 97.
Qlbbccfcr 706.
5tbbedctmcffer 707.
5lbenbmct)Iöprobc 245.
8lbentcucr 1, 623.
abentüre 1.
«überac^t 2.
?(6erglaubc 1.
SlblaBjCttcl 304.
9lbf(i)neiben ber Sflafe 648.
«Mbfeiten 25.
mt 2.
Qlcfcrbau 64.
5tdctfricbe 144.
adaling, edeling 3.
Stbel 3, 196.
Vilbel, nicberet 6.
mUi 274, 666.
äffe 509.
mgibiuö 502.
Agnus Dei 403.
agtstein 31.
ütbaäreru* 95,
«Mbnmuttcr 138.
Sllabemie 6.
Qlfolutbcn 361.
Stfrofttt^on 6.
Alamode 7, 157.
Alba 169, 394.
2tl(^emic 7.
Sticyanbctfage 8.
5llejaubriner 8.
Megork 9, 35, 315.
StUittcriwenber 5ßcrg 9, 88.
SlHob 10.
Ollmageft 174.
SHntttiiac^ 10. Ij
Qllmcnbc 64.
511mofen 15.
?lImofenfaf}«n 15.
»HIp 71.
mp^axti %ot 282.
ÜUpborn 497.
mtax 10.
Qlltarleu^tcr 11.
mt^o^beutfi^ 11.
Olmabi^ 596.
^Imelungenhnö 281.
Olmtätlcibung 679.
«nbreaöfrcuj 116.
Sincüicn 11.
an9clfäcf)ft[cf}e Schrift 617.
Stnnalcn 12, 203.
2tnnaten 12.
2lnntöcrfaricnl2, 420, 514.
«Mnfianbätegcln 252.
<}lntboIop^ 666.
Slnttcörift 12, 333.
Antipendium 10.
Qlntoniuebcrren 308.
Slntruftio 12.
Stntoerfe 13.
apotrppl). Srja^Iungcn 444.
^otmt 13.
5lppoüoniuö 719.
Apsis 13.
Archlabbas des Archimo-
nasterii 30.
Slri^iütDefcn 13.
«Urtebufc 259.
2lrlcbufiercr 14.
atrmfiraft 14, 622.
arme Gölefitner ©remiten
127.
arme Schüler 15.
txmd 134.
Strmen^flcgc 15.
armiger 590.
^Irmringc 584.
SlrttUetie 15, 122.
mtiPenfatultdt 710.
iartud^öfe 781.
Wrtugfagc 16.
nxitt 17.
Stfen 18.
Asinus 620.
iafi 565.
mvoum 18, 334.
«tf^I 19.
Atlamäl 77.
Stitgufttiter 20.
"Äugufiinciregcl 337.
Anrea Gemma 425.
5luronö <)3fenmg 740.
«tugfa^ 20.
Qlutobiogtapbie 209.
mt mana 20.
Aventuriers 1.
2tjt 20.
Babacane 46.
baccalanreus 709.
!8a*anten 97.
»acffleinbau 227.
Saber 705.
Sabcacfen 21.
^ai)xxtä)t 245.
»alba^in 677.
SBalbcr 21.
Satt 22.
SoUabe 22.
Saüeien 586.
fSaUüt 23.
iBaafpicl 632.
SaatDcrfcn 23.
Söann 23, 246, 646.
Saptifterien 340, 658.
mt 23, 456.
23dt 274, 668.
»arbatop 718.
öatbietc 705.
fBarbigan 625.
öorbcn 23.
Sarctt 171, 376, 685, 687.
mtmtt 23, 126.
Sormöetjtfic Sriibcr 24.
Saroöfttl "24,
mton 24.
mxt 24, 565.
'.ßartfiolomäuä 502.
«afilifa 24, 597.
«ajlcicn 390, 626.
iBa^en 25.
iBaucrn 199, 366.
Sauern^öfe 150.
Saucifprac^en 641.
«auc^cn 584, 613.
Sau^üttcn 25, 785.
Beati 272.
Sed)et 163.
33c(i)tcUtaa 118.
Seerbigung 419.
^Bcfeftigunqcn bcr alten @cr=
ntfluen '2().
Següngniö 420.
53egöarbcn, S3ctitiien27, öoo.
^öe^aimiic^ 27.
Ücbcijuna '68.
S3cid)tbü(iöcr 27.
«cic^tformchi 27.
«cid)tiger 272.
«et^tftüölc 27.
«eil 2ü.
»eilagcr 278.
Seinfldbcr 27.
!öein|"d}icnen 263.
Sefcnncr 272.
Selagcrungöbienfi 384.
Sciagerungstricg 388.
S8ciiebiftincr=Drbcn 29.
*.öcnefijialaic[en 3, 412.
beneflcium 412.
»enj 502.
bercfrid 46.
SBcr^ta 30.
berge der miltikeit 743.
!8ergfricb 45.
58ergrctl)cn 31.
5öernöaröincr 31, 53.
söcrn^arbtncr Don btx Db=
feröans 31.
«eniftein 31, 189.
Seitba 137, 13*^.
a3efdicibcnt)cit 139.
»ejitjoupt 99.
Bestiarias 666.
Setglode 215.
«cttclorbcn 31, 2(i6, 365.
söcttelu)cfcn 31.
33ettcn 4ul, 767.
Scttbimmel 4U2.
»cttlabcn 581.
©ad)regifier.
93ettfdiemel 403.
33ibclübcrje^itnneii 32.
Jöililia pauperum ;j3.
S8ibaotl)efen 33.
i^iencn 276.
mtt 34, 534.
«ilbcnbc tituft 34.
Silber, relioiöfc 34.
23ilbnerci, gotifd)e 230.
Siograplnen 209.
Söifd^of 36, 169, 361.
23iifcn, gctticiljter 245.
Sitevolf'unb 2)ictlcib 282.
mapljatt 37, 556.
©lasinfirumcnte 497.
!ülau 100, 615.
«leiöe 13.
©leifliftc 615.
33tonb 100.
iHumcnorbcn 37.
5ÖIunteHi'prad)c 37.
Ölut 56».
Slutbann 23.
Sölutrai^c 38.
■43ocf 274.
Söötfe 38, 385.
iöocfopfer 534.
Sogen 38
!l3ogenfd)ü^cngefeüfd;aften
38.
^ogram 677.
Sö^mifd)e Srüber 38.
:^obncutönig«ife[i 71.
33öaer 16, i391.
^.üoütüetf 626.
33ombarbc 121.
Sotenbtenft 3!).
Sroftcatcn 3i», 473.
vBranbmarfeit 648.
Sratfc^c 39.
23iaun 100.
Svaut 129.
«Srautfuiu 80.
©rauttauf 79.
53rauifranä 80, 278.
Srautlanf 39, so.
^iireibbabhf 21.
Sretti>tcl 39, 632.
Srcöc 40.
Srcöicr 40.
Sriefmoler 40.
«riücn 616.
'öronccjcit 643.
Srot 426.
Srüber bct fttcngen Dbfcv=
»ans 127.
Srübcrbeö freien (SeijM 40.
23rubcr beaöcfc^cö (äljniii 38,
791
•Dxütii iRaufd) 564.
j Sriibcr toom gcmeinfamen
I Seben 41, 4:5, :iii, 616,
622.
Srüber t>om [)1. (Seifte 366.
Srüberf chatten 40, 780.
Srünne 41, 262.
Sörunncn 579.
2)tufiriemcn 556.
a3ud) bet Siebe 718.
Sucb ber ««atur 666.
Snd)bni(fcr!unft 42.
Südjer 43.
33iui, rotcö unb fcbrearjed
641.
iöücbfc 16.
bnf 40.
SuöUieb 44.
Suliurt 44.
S3«üe 44, 629.
iöüubcn 150.
93unbl)aube 375.
©ünbniiTe mit b. Teufel 661.
Snnbfc^nf) 44, 155.
ibuntmcrf 545.
buoch der veter 410.
Surg 44, 150, 634.
Bürger 4(1.
43ürgerU^e {^ctlc 119.
bürgcvlirficö 2öobnbauö 772.
burgerfd)oft 198.
Surgfräulcin, Pertt>ünf(^te
138.
Snrggraf 4G, 637.
33urgunbert)clm 285.
Surgfapcdcn 341.
Suvgftalle 45.
mtS, Surfe 46, 710.
>i3iipcr 166.
S'ojantinifd^er Sauftil 47.
6, ftel)c au<i) Ä.
6atanb?gilben 40.
(Eatatraua^Diben 588.
Campus Madins 48.
Campns Martins 48-
Canonissae 338.
Capitularia 49.
(Äaracolievcn 57.
Carmina baraua 50, 97.
Caroccio 97.
Carolina 50.
Gelte 643.
C^entenar 59, 618.
Cento novelle antiche 528.
Zentralbauten 50.
Chansons de Geste 210.
(ibaifreitag 115.
792
(Sa(^rcgt|ier.
gfttromatttic 51.
66or 51.
g^oral 51, 485.
(S;^ort)errcn, regulierte 337.
gborrocE 171.
dftorfcbüler 621.
g^orftii^k 51.
etiriflftnb 138.
(Sbriilopf) 502.
g^riftuSBilbcr 52.
ebronif 203.
göronoftti^on 52.
gifiorium 52, 10.
Cisiojanns 655.
giftetctenfer=Dri)cn 52, 364.
Cithara 54.
dar et 746.
Slareta 497.
(SlariJTen 126.
©taug ytaxx 719.
eiown 512.
Sluniaccnfer Äongrcpttoit
54, 363, 30.
coUatio 558.
CoUegia Musica 56, 6.
dompaBfatten 175.
Completorium 655.
Confessores 272.
coasuetacloBonoiiiensis654.
Contrapnnctus 483.
courtoisie 592.
Srebenjbecber 164.
(Spglat 677.
epmbeln 499.
Cythara 493.
3).
I)ad)abbccfung 649.
2)aftUltf(^c Sicrfe 56.
Dalmatica 169, 393.
2)amoft 56.
2)antc 56.
©ampfbaber 21.
©edjcug 13.
Dei gratia 56, 370.
SJefretalen 338.
2)cnar 471.
I)cporttion 711.
^eutfcö 56.
2)euttcf)c Dtcitcr 57.
S5eutfcbc Schuten 620.
Seutfc^enfpiegel 62i3.
©cutfc^orben 587.
Siafon 361.
2)t(^tet 57.
dienestman 4, 463.
©icnjiag 754, 777.
^ienile 223.
2)icnftmanncn=9Jc(^tc 57.
Dienjitänje 657.
Dies irae dies illa 5$.
Dictric^ä 2)rad)cnfämpfe282.
■Dietridiö %lu<bt 282.
2)ictrtt^ ö. Sern 58.
S)ing, ecf)teö unb unedE)teS 6 1 .
Sing, thing 58,
2)tngfriebe 143.
2)ing»ogt 61.
2)t)jttj(!^cn 61.
Direetorium hamanae
Titae 62, 665.
Disciplina clericalis 62.
2)iöputationen 711.
SDobriner SRittcrbrüber 588.
doctor 710.
3)oI(5 62.
©om^crren 337.
©omfapitfl 337, 363.
S)om{nifancr= oö. ^reMgcr^
£rkn62, 174, 207, 324,
365, 468, 500.
2)onar 63, 660.
2?onnet|tag 754.
S;oppeI{)n<Jen 260.
©oppclfapeücn 341, 602.
3)orf 64.
2)orf^ocfic, ftöfif(!^c 65.
2)orfnäbtc 635.
'^xad^t 66, 275, 626.
2)ragoncr 66.
Srania 66.
2)m!ömgöfeft 70.
2)reifönigötüg 118.
S)rei§ic(j^cr 420.
©reija^l 761.
S)romonen 625.
Srubc 71.
Srubcnfit^ 71.
2)ruibcn 71.
Su, Sujcn 72.
25ubel[acf 497.
Sufatcn 73, 474.
S)urd)fcf)lüpfenbc Sierc 454.
3)ufcf, Snfcfc, Stfef, 2?t=
ie!cn 73.
(5.
(Sben{)otj 773.
ßbcr 274.
eberopfer 534.
Ecbasis 669.
©den «Muäfabrt 281.
©öödrt» t>er getreue 74, 137.
©bba 74.
gbclfnate 78.
Edicta regam Langobardo-
rnm 411.
Edictum Theodorici 411.
ehaftiu not 78.
e^C 78, 181, 367, 536.
(Sbie 591.
(5brenftrafen 649.
eörfc^a^ 82.
Siebe 270.
gib, (SxbeS^elfer, 2:rcn=
eib 82, 370, 414.
ginfjorn 666.
einigangen 27.
(Sifen, ^ei§cä 244
öifen^ut 285.
©ifenfappc 285.
©ifentragen 244.
fSifenjeit 644.
elften, (Slfen 84, 785.
Slbf^öianenorben 85.
(Elefant 666.
(SIenb unb (£Icnbcn-§er=
bergen 85.
Slfenbeinarbetien 86.
Slfenbeinfcfent|erei 581,604.
eiifabet^ 502.
(Sübogcn=®e[dE)ü|e 16.
Slfier 275.
©(ucibariuö 425. '
(Smail 86, 605.
empören 224, 598,
(Snct)fIopabien 206.
6ngel 86.
Snglifd^e Äomöbianten 69.
Snglifcfecr ©(i^ftici§ 725.
®nfbaupten 647.
(Entmannung 648.
©pipbania« 70, 115.
(S^iftelfeitc 87.
Epistolae obscurorum
1 virorum 87.
(gpopöen 88.
eVOÖ 88.
(Srbamt 293.
S-rbrcc^t 89.
(Srbfi^aftöma^t 536.
(Srbe 565.
Srcf 90.
Srfcr 46.
Sruienrit^ 91.
Srnft 529.
©ruft, fierjog 91.
©rtrdnten 647.
grsämtcr 293.
erjMfc^of 91, 169.
erjcn 73.
ßrsengel 86.
(Srsgul 92, 604.
©rjicöung 92, 133, 589.
etjnotar 340.
efc^e 271.
efel 509.
efclritt 649.
e^cl 94.
e^elö ^of^altung 282.
eMlenf^tcgcI 94, 5ii.
©Dangclienbud) 395.
(Stianßeltcn^annomcn 95.
döangcIicnfeUe 95.
©ttigct Sutic 95.
Exhortatio ad plebem
christianam 96.
ejorcijien 361.
Fabliaux 528.
Facetiae 96.
gaben 567.
Fäfnismäl 75.
gagott 497.
%am 96, 374, 566.
ga^nlcfeen 374.
ga^rcnbc ©t^iilcr 97.
I5tt^rcnbcö 'Mit 97.
galfen 16.
galfcnticiic 98.
^aü, Xotm 99.
gaügatter 99.
gamilic 99.
Familiennamen 549,
famulus 590, 710.
Farben 6uu.
gorbenf^ra^c 100.
gaf^ing 1U2.
pffer 749.
^fttftnac^t, ^aSmd^t 102.
Fafinac^tlieDer 103.
Fafinac^tprebigten 103.
Fafinact)töt)u^n 367.
Fafinacfctfpiclc 67, 103.
gauft, Dr. 104.
I5au(trcc^tu.g£^bcre(^tl07,
gcc^tfimft 108.
gebet 615.
geberflug 453.
Seen 110.
ge^bctcc^t 107.
gelbgeraeinfd^aft 64.
gelbmarf 183.
gclbnonnen 27.
gelbttompetc 497.
Scmgent^t 110.
genfter 114, 224, 601.
geitelopfer 534.
ge(l afler Seelen 116.
gejlbrote 534.
@adbregi(ler.
gcfte, ^riftlicöe ober geict=
tage 114.
geftc, mltüäit 117.
gefitu^en 534.
fendam 413.
geuer, ^eilige« 380.
geucr, öfter-, 3toö(inmg;
unb 9Jotfeucr 119, 568.
geuetprobe 244.
geuertol)te 121.
gcuertDaffcn 120.
Fiacre 730.
gialen 225.
Fibel 493.
gicrabra« 719.
ginbel^au« 731.
gingertinge 584.
gtnfcnrittcr 122, 7i9.
gifd)blafenmufter 114.
Flagellantes 166.
gliegenbc «lätter 122.
, glo^gebit^tc 122.
! glore n. «lanfdjcflur 123,
1 343.
Flores temporum 207.
glöte 497.
gö^re 271.
göltet 290, 672.
^ormdfammlungen w. ^ov-
melbüt^er 12l
gortuuat 124.
Framea 125.
Francisca 20.
granji^fanerorbcn 125, 365,
46S, 559.
Fratres minores 126.
grauen 128, 73, 178, I8i.
gtauenbienfi 295, 593, 594.
131.
f^raucn^auS 135.
gtauentlöflet 500.
^raucustmmcr 136.
gtebum 646.
Freia, Fria, Frigg 136,
30.
grcibanf 139.
greie tünfte 140.
freier ©tanb 140, 5, 267.
gteigraf 111.
grcilcrr 141.
gteiEned)! 706.
gteimann 706.
greimaurcrct 142.
gteif*ic§en 622.
gteifd)öffe 111.
gteijiäbte 638.
gtcifiül)U 111.
gteitag 755.
793
Freyr 146.
ivtia 136.
griebe 143, 370. 637.
gtiebendbtud) 145.
griebpfe 145.
gticbloftgteit 145.
gtigg 118, 136.
Frikka 138.
gri^ 502.
Fr«, FrejT 146.
gron-- 147.
gtonbicnfle 151,
gronööfe 147.
gronlei(^nom#fcft 151.
gton« ober J^o(i)nltat 11.
grof^mäufcler 152.
gruc^tbringcnbe (Sefeüf^aft
ober ^^^almenorben 152.
gtül)iabiöftiebe 144.
gud)« 274, 666, 668.
günfjaftl 761.
gürft 153.
gürftenf^ulcn 155.
gu§ 80, .^65.
giipcflcibnng 155.
gitftlu^ 156.
gu^ujafdiung 156.
©abel 156.
gadem 45.
(Saffel 782.
©alontcrie 156.
(Saleajje 625.
©aleete 625, 627.
©algen 157, 646.
®aliatben 97.
©änfebaucf) 686.
©atbinen 403.
©arten 157.
gatten 31.
®artenanlagen 579.
®attengefea[d)aft 529.
©affenbancr 158.
(Saft, (Saftfrcunbft^aft 158.
182.
©afi^äufet 747.
®ait 159.
öjaud)matte 509.
©aunertum 161.
©cbücf 26.
©efängnieftrafc 649.
(Sefäfje, Iiöuglit^c 163.
(Sefä^e, ür^li^e 165.
(V)cfoIgcü)efen 165, 179.
®ei)aln)itung 684.
©eige 493.
794
(Scißenflaöicr 495.
©cifel 166.
©etiler 166, 354.
(Seiilunc? 648.
©ctftUc^cr Drnat 169.
®clb 100, 136.
(Btlb 172, 469.
@elegcnljeitgbi(!^tcrei 172.
©cnoöefa 173.
©cograjpljie 174.
®cr 408.
©crabc 90.
©eti^t 58, 650.
®crt(it^altünier 650.
©eric^tötiicner 706.
®cncf)täfriebc 650.
©ennania i>c^ XadM 175.
©ermania nac^ ©eb. ^ranf
192.
©etraanten 176.
®erüfte 651.
®cfangbu(^ 355.
®cfdte 423.
©efc^tc^tft^rctöung 201.
®cfc^rei 651.
®ci(^ü^namcn 508.
©cfctien 41, 784.
®efcaenfcf)ic§en 622.
©efcaft^apiieöcr 209, 423.
©efprä^fpicle 66.
Gesta, Oeste, Chanson
de Geste 209.
Gesta Eomanorum 210.
®cßirne 237.
®efungenc 93er[e 88.
®etränE 182.
®emtter 237.
®c»ölbebau 598.
©ewölberippen 223.
®ic§9efäge 165.
®ilbe 779.
®ittcr 581.
mai 774.
®Iaäfenfier 771.
maMaUui 211, 582.
(BloSt 215, 419, 650, 747.
®Iocfcnin[c^riftcn 216.
®Ioc!ennamcn 215, 508.
©loric 5-24.
©loffen 216.
®Iücföf)iifcn 632.
©lUtf^rab unb ümtl m
©lürfg 217.
©lücteiopf 623, 632.
©olbeiic mUt 218, 375.
©olbcncö «Ue^ 218.
®olbf(f)micbcfunp 581.
®olbfc^rift 615.
©ad®ifier.
©otifc^c SBauhinft 219.
©otifc^c Silbncrei 230.
güttfd)c ©d)tift 618.
©Ott mttv 234.
®ötter 178.
©ijtter bcr ©crntanen 234.
©öttcrbämntenmg 237.
©ijttertcnt))cl u. ©öttcrtil^
bcr 240.
®otte^ader 146.
©ottcöfreunbc 500.
©ottcöfricbc 242, 108.
©otteSurtcilc 243.
gouch 509.
®räbcr 415.
©rabbügcl 417.
©rabfapeCcn 341.
©rabfieine 146.
©raf 246, 58.
©ral ober ©taal 247.
©ranbmontaiicr 9Äöncö§=
orbcn 250.
®raä 565.
®rau»ctf 545.
©rcgor üom ©tcinc 250.
®regoriantfcf)e .Kalcnbevre«
form 334.
©tegortantfiScr (56oraI 477.
©regortugfcft 251.
©rcgoriußfuu^ou 251.
©rcnobtcre 251.
®ric*ifd)eä Jcucr 121.
©rieewürtet 244.
©rifclbc,©nfclbig252,7i8.
©robiauuö 252.
@rof(^en 253, 475.
®rubenemail 86.
®rün 100, 629.
©rünbonnerötag 118.
©ubruit 253.
©ugcl 376, 680.
©uibcn 474.
©üttcl 134, 169, 394, 566,
779.
©u^löc^er 46.
§aar 256, 133, 565, 690.
^aarnabcln 614.
^acfbrctt 494.
^acfelbdrcnb 755.
^addmxt 26.
^ttfclcinbubcn 621.
^afct 426.
lag 26.
^aga« 26.
^agclbüc^fen 16.
^agcftolj 256, 277.
^a^n 274.
^a^ncntanj 658.
^aingraben 635.
§atniongftnbcr 257, 719.
^albfreie 423.
^aüm 781.
^aUenfiraen 227. 602.
Saint 257.
§alöbcrge 257. 263.
laläfragcn 686.
^alöringe 585.
^alötud) 169.
fammcr 257.
anb 258.
^anb unb ^uf abbauen 647.
^anbarüeitcrt 258.
^anbbcvgc 262.
^änbctoafcbcn 259.
^anbfc|len 641.
§anbfcucrö)affen 259.
^anbfanoncn 259.
^anbleud^ter 421.
^anbteic^ung 414.
|»anbro^re 260.
|)anbfcf)lag 258.
§anbfc^uöc 261, 170, 265,
394, 779.
^anbinerfcr 782.
jg)anbtt)crfagtü§e 563.
Iiangeleuc^tcr 421.
fangen 646.
^am 503.
|)an^ Slauctt 719.
^anfa 627.
^anfen 78 1.
^atiöiDurft 262.
^arcelicten 57.
^arfe 494.
^orfc 137.
^arnifcfj 262.
^arjfappc 687.
§atfcbtcr, ^atft^tcrcr, ^atU
\d}kt 266.
§aitbi$c 266.
^aufni^ 16.
^auptaftionen 70.
^auptbü^fen 16.
j^auö 766.
tauöntarfc 266.
auömcier 266.
^auptpottal 600.
|auögcnof[en 464, 743.
Hebamme 92.
^ecfc 26.
^cere, fie^ienbe 270.
Heerbann 267.
^ecrfricbc 144.
^ccrgcräte 90.
i^m\m^ 269.
|>cerpcuer 269, 644.
^ccrwaflcn 97.
§ccrtt)cfcit 266*
^eflung beö ©cricfete^ 650.
^eilige »flitmc 270.
bcilifle bret Äöniflc 718.
t eilige Spiere 273 .
eiligenöercftrung 271«
^etligcnbilbet 36.
^citigenfdbcin 524.
Iciligcr 2Bil^clm 343.
l^ciliger ÜJJartin 759.
^ciligfprec^ung 272.
fcimfricbc 144.
^eimgortcn 157.
^einrieb 502,
§einri^, armer 277.
^einjclraannd)cn 788.
heiraten u. |»Dc^jcite« 277.
fei 279, 660.
elfiUng 279.
öclbcnbuc^ 279, 28t.
|»eli)enfage 279.
äcliauö 283.
lelleliortc 283.
Setter 283, 474.
$elm 283.
§clnt6riinue 285.
^elmnamcn 507.
§elmäier5c 286.
|emb 133, 677.
lenfcr 652, 706.
^era 137.
|ierbfifrtebe 144.
lerbfiopfer 535.
herisliz 268.
§eroIti 2m, 512.
lerolböbic^tung 286.
lerpin 719.
öcrr 286 73, 99.
$craog 287.
|)erjog (Srnfi 718.
f ejen u. ^cfeiiljrojeffe 287
|)efcnbammer 299.
^icroiitimtten 290.
|)ilbe 138.
§iltiebrantiöaeö 290.
|)iIbcbranböton 291.
|>übcn[agc 254.
|>immctfa^rtfefi 115.
^immelfa^rtöleiö 353.
linric&lung 651.
Hippocras 746.
^irlanba 719.
gittert 705.
©aAtegijler.
^irtcnfiab 170.
^iftorifac Silber 36.
|)oboc 497.
hOchgezit 118,
.^»ocfijcit 80, 277.
^o^jciten, geiftlic^c 292.
|)6be 137.
§ofämter 292.
|iofburgen 45.
^ofbicnjl 5, 463.
|>ofgendE)t, faiferlicf)eö 336
|>ofbaItung 148.
|>öfifc^e SJi^tung 294.
|»öfifd)e(3 J?unflepoö 89.
I;üfifcfK 3u(f)t 592.
lioffapcÜan 341.
Hofnarren 298.
lofpoeten 298.
|»ofri(!^tcr 336.
.^offcf)ulc 619.
loffiättc 64.
|)oftage 641.
^ofjrtergc 298.
.^obltampcn 422.
|>oIba 137.
^oHc 138.
Iiöfle 279, 660.
|)Dlunberbaum 271.
^oljarbeit 580.
^oljart^iteftur 299.
J^oläbecfc 598.
|)öläerner S8edf)er 779.
^ol^actäfct 776.
|)Oljft^neibe!unft 303.
^oljfdjnitt 303.
loljfc^ni^ctci 232.
|)ot5tafelbrucf 42.
Horae canonicae 655.
öörigicit 307, 423.
©orn 307, 749.
|)öntcrner ©iegfrieb 307.
Hortiilus deliciariim
308.
$ofc677,27,jetfd)mttene28.
©ofpitäler 366.
öoHjttaütcr bt§ iilMntoim^
308.
|)0f^jitaliter ober |>of^itaI=
trüber 308.
hövescheit 94, 592.
^ube 65.
.g>ufe 65.
|>üftgürtel 680.
^ug ©cbapler 719.
|)ugbtctrid) 282.
Hügelgräber 416.
lulba 137,
795
§uraaniömu«( 308, 2 o 8, 62 1 ,
703, 68, 172.
§uniiliateuorben 312.
|>unb 274.
|»unbenamen 50S.
|>unberte 59, 160.
§iinengral), ^üucnbett 313,
415.
^üncntrittc 415.
|»urbcn 46.
öitfar 313.
§ut 313, 375, 779.
§t)mneu 313.
3adc 686,
3agb 314, 180.
Sagbrcgal 314.
3ager[d)rcie 316.
3ai}n 512.
äaljreöanfang 316.
l^a^reöücjcicquuug 317.
Saörc^eiutciluug 317.
3abrjeit 420.
a^aörseitbut^ 318.
3afob 503.
3afobiner 62.
Safob^ljrüber 318.
^ambifdjeg ^ttMa^ 319.
jär nnd tag 768.
3böim 319.
Sefutteuorben 319.
3e[uitenftil 24.
:sWn 72.
Sfluminatcnorbcn 143.
»tnmitnitiit 321, 4, 63 :.
Index librorum proM-
bitorum 321.
Snbimon 322.
ingenia 13.
Snitidcn 323.
3n!nnalieln 322.
^nquifitioii 323.
3nfignien 393.
3nPrumentaImufif 485.
3ntcrbift 23.
3ntcrlincan?erüoix 217.
äiiüeftitur 325, 37.
3od) Dd)fcn 454.
3ofianne^ 503.
äfo^amtc^minue ober^o^an^
nc^fcncit 325.
3o^anmöfcucr 120.
3o^anmstag 118.
3o^anniterorbcn 587.
irifc^e ®*rift 617.
Snntit 325.
796
©ad)te9t|icr.
isengrimes not 669.
Isengrimus 669.
itis 128.
»Hbclja^r 326.
Suben 326.
3iibcneib 329.
Submüerfolgungcn 330.
pulfcfi 117, 147.
junchherre 590.
Sunflbrunncn 137.
Sunicr 331.
Sunferfompagnien 781.
jus primae noctis 79.
Sioein 331.
Äa*eIofen 530.
^aiferc^ronif 332, 206.
faiferli^^ Ätönung 373.
Saifcrfagc 332.
Äaiferfiegcl 629.
ÄaIanbc,toIani)g6riibcr333.
^aknbet 666.
Ädlcnbcr 333, 202.
^atnalbulenfer 335.
Äamclot 677.
ftamm 335.
Äammcrbüdjfen 16, 259.
^cimTnerct 292.
Äammcrgert^t, faiferli^cö
336.
Äammctfantate 488.
Äammetfncd)te 327.
.^ampf ju 5u§ 384.
Äampfgefvrndjc 67.
^iampfurteit 243.
tamicu 336, 163, 165.
Äanon 338.
Äanonc 16, 121.
Äanonücr 337.
Äanonif(^eö9ic(^tg6u(§338.
ftanjcl 339.
Äfinjlei 341, 616.
ftanjkr 340, 293.
ftfl^cüc, Äöiügli^c ta^)ctte,
mplan 340, 658.
ÄapcUanc 341.
Kapitale 223.
^apitalfd)nft 617.
Äapitularc 337.
.ftappe 678.
Äapujc 676.
Sa^ujtnct 342.
Äatbinalöt)ut 171.
Siaxl 504.
Äiulmeinet 343.
Äarlöpfunb 472.
Äorigfaqc 342
Ädtinclücr 343.
farolingif^c iDlinuöEel 617.
Äattcnbüd^fe 16.
ÄartQuncn 16.
.^artöuferorben 344, 365.
harten 632.
Äafpat 505.
tai^erlctdcatcr 345.
ÄflfteuDogt 345.
fatalanifc^c^ SBcItgcmälbe
405.
^atcc^iömug 558.
tflt^arer 345, 358.
Äat^atina 505.
Äa^e 274.
Äalipori 529.
faufmännifcfte ®ilbe 781.
SatDcrtfc^cn 346, 743.
Äebfc 81, 712.
tcgcl 347.
tegcifvicl 347, 632.
Äeil 380.
mHi 347, 164.
tetter 349.
teln^of, Ädtiof 349.
Äcmenotc 349, 45.
tcrjen u. Sinter 349.
jleffclfang 244.
Äefj'elt)QUbe 284.
teilet 350.
tc^er 350.
teulc 350.
ÄieU 626.
Äinber 181.
^tnberfaf)rten 723.
Äinbergebct 351.
tiitbcrf^jielc 350.
ÄinbeTf(i)rei 453.
ÄinbkintiJicgcn 351.
kint 94, 590.
Äir(f)cnbüd)Ct 419.
Äird)enfriebc 144.
tirt^cnlicb 352.
Äirc^^of 146.
Äirc^n)cil)fefi 115.
Ätage 650.
Älagewcibcr 419.
Älattic^orb 494.
Älaüicpmbatum 494.
Älaüicptetum 494.
Älaoiorganum 495.
Äicibetfarben 102.
SIeiberotbnungcn 356.
lÄUibung 193, 195, 592.
I filetug "361.
t^linggcbid)! 631.
tlo^fou 361.
^lofteranlagen 361.
ÄloPergcifiltd^feit 101.
Äloficrfc^ulen 93.
Änoübücf)fcn 259.
.knappe 94, 590.
Snrujt 366.
Änect;t 3 Jprccf)t 118, 745,
758,
tnittclücrfc 368, 57i.
Äobolbc 788.
miftv 368.
Äode 627.
Solbcit 368.
Äoüegiatpiftcr 363.
Äomöbie 69.
ÄompaBfcrtcn 404.
Äomt^urcien 586.
Äone 128.
Äonfiöfation 646.
Äönig 178.
töntg ber ©^icllcittc 368.
Äönig Dttnit 282.
Äönigöboten 464.
Äömgßfriebc 144.
Äönig0t)öfc 148.
töntgtunt u. taifertum 368.
Äonrab 505.
Äonfefration 361.
Äonfiaffeln 781.
Äonjiticn 653.
to^fbcbcäungcn 375.
Äopftuc^ 376.
^ofegartcn 157.
tranj, Äransfingen 377.
^ranjlicber 564.
Ärebä 13.
5?rebenjtifd^e 772.
Ärcuj 567.
.Kreujbrübct 166.
Ärcujcr 378.
Äveuje^crflnbung 116.
Äreujc«iert)öt)ung 116.
Ärcujgeraölbe 598.
Ärcujs ober löaicnaltat 11.
Ärcujurtcil 245.
Ärcuj, roeiieö 388.
Krie 380.
Äricgöle^n 413.
triegöiDcfcn 380.
Äriegairefen, fd)n)eijerifcl)e^
385.
mont 391, 371.
Äronleuc^tet 421.
Krönung 370.
trönitngSinrtgnten 393.
Äröiiungemantel 394.
Äröfe 686.
Ärumml)orn 497.
Sad^regifiet.
797
Äritsiftr 396.
Är^pta 51, 597.
Äü*e 45.
Äüd^enmcificr 292.
Äucfud 275.
Äubrun 253.
Äuget bcö @lüiSi,^^iy
knnkelmägen lOÖ.
Äunftepo« 396.
Äunfigewcrbe 580.
Äunfifd)rän!c 581.
^iHjfcrftec^fimft 396.
Äüra^ 400.
Äutfürfi 374.
Äutiofa 573.
Äurfiü»®cf)nft 617.
turttfan 400.
Äuroerein 374.
tii^ 401.
^ufioben 323.
Äutfdbttjagen 730.
Äutte 263.
Kyrie eleison 352.
ßabung bcä ©erlebte« 650.
Sagerftätten 401.
Somm mttt§ 403.
Campen 421.
Campen, evotge 422.
8anb bebecfcn 454.
ßanb umgeben 454.
ßanbeöritterfdiaft 595.
Sanbfricten 403, los.
ßanbgcricbt 61
Sanbgrafcjt 404.
Saitbiartcn 404, 304.
Soniiöf«cd)te 405, 270, 385,
685.
ßanbfläbte 639.
Santiftänbc 641.
Vanbtag 60, 641.
ßanbüogt 717.
ßangflötc 497.
Sanje 408.
Sansekt 409.
Särminfirumente 499
ßaternc 422.
ßa^ 28, 686.
Sauben 229, 781
Sauf 454.
Saufe, gezogene 261.
ßaufgtäbcn 389.
ßaurin 281.
Saute 494.
Scbenbigbegraben 647.
Scfierrcimc 409.
Lectionarien 558.
Sebcrflafcfee 642.
Segaten 323.
Legenda Aurea 409.
Segcnbc 409, 20i.
Leges barbarorum 410.
SeÖHötuefcn, S3cncfijiat»)efcn
412.
Se^rbüc^er 621.
Sebrer 619.
Sel)rtinge 784.
Seibeäfirafcn 647.
Seibgebinge 79.
8eib,iucl)t 79.
M6) 414.
SetdicubeftattitJtg 415.
Sci(l)engcfoIge 419.
Sei^enmabl 419.
8eicf)enprebigtcn 419.
Seici)enj^ein 418.
Seicbcnwagcn 419.
Seit)pufer 74.3.
Seineweber 706.
M§ 420, 353.
Scftorcn 361.
Scnbner 420.
Senj 505.
Seoitinifcöe »erfe 420.
Setfcii 420
Sefebrama 70.
Seltner 51, 339.
Se^c 420.
Scud)ter 420.
Lex Alamannorum 412.
Lex Angliorum et Werino-
rnm 412.
Lex Bajuvariornm 412.
Lex Burgundionum 411.
Lex Frisionum 412.
Lex Ripuariornm 411.
Lex Salica 411.
Lex Saxonnm 412.
Lex Wisigotorum 411.
Libri feudorum 422.
Siebter 349.
Si(^tfc^crc 422.
Siebe 594.
Sieb 422.
Sieber 176
Sieber bcr bö^mifd)eu ©rü=
ber 39.
Sieb pom ^I. ^dxxii 352.
Sinbe 65, 271.
lint 65.
lit 745
Sitcn 423.
Siturgifcbc garben 101.
Sijffef 423.
So^cngrin 424.
Sol)nfd)reibcr 616.
Soli 424.
Sombarben 743.
Sog 424, 244.
\?06bü(^er 424.
Sci«bu(^en 425.
Sotfter & Mauer 425.
Sütterie-®piel 632.
Sotto 623.
Sutibariug 425.
ladi 67.
SiibtDigöIieb ober Subtotgö-
Iei(^ 425.
Süocnmärtöcu 425.
Smitenfc^Io^ 425.
lütertranc 746.
St)ra 496.
Sprif 295.
3)?acoronifc^c ^^joeftc 426.
machinae 13.
aWabrigoI 426.
aßagelonc 426, 7I9.
mägen 100.
magezoge 93-
SOJagnetnabel 175.
Magister 140
aWagntftcat 426.
aJiaftljeiten 426.
SDiaibäume 429.
il)?ai=8el)en 657.
ÜJkier 349.
Majordomns 266.
SÖJalerei 429, 231, 605.
Malleus maleficarum 289.
2«altl)cferritter 587.
iDlangc 13.
ORampcI 109.
gWanncö Äraft 454.
9KontcI443, 171, 566,678.
2«arga 13.
Ökrgarcta 506.
50kria 50G, 138.
SKaria im €c^nec 138.
SOJarienbilber 445.
5D?arienbid)tung 448.
»faricnfcfie 115.
3)?aricnIuUuö 444.
'DJarionctten 562.
Tlaxi 150, 473.
üWarfen 451.
a}?ärfergerid)te 451.
ÜKarfgcnoffenf($ttft 450, 65,
150.
aJJorlgraf 451.
51
798
fKarfoIf 511.
Warft 473.
SDlatttftiebe 144.
SWarEtrecfct 637.
üJiarfc^alf 292.
OJ? artin 506.
452.
gWärtprer 272.
SDkrttjroIogien 202, 409.
«B^arybrübcr 109.
aJJafonen 142.
ma^ 592.
ma^t 453.
2«afett)erf 114.
Matutina 655.
ü)tauerbred)cr 16.
SJebrpimmiöEeit 478.
aWcicr 454.
2}^einett> 83.
Smcife 275.
meister 57.
aJZctftcr, ficbcn tteifc 455.
SKeiftergefang 455, 4SI.
5DIeiftetftücf 782.
mtMim 457, 719.
SWenfdienopfer 532.
«Wcnfuralmuftf 480.
SDIerfeburger BaukrlteiJcr
457.
SDJeffc, erfic 292.
3Kcffcr 457, 567.
Wcketnanb 170.
mtt 457.
ÜJie^e 506.
ÜJJe^cn 16.
mi&)at\ 506.
3DtiId)ftra^e 279.
mute 592.
DJJinbcrbrüDcr 126.
aJHniaturtnakret 457, 233,
605.
Minimi fratres 462.
2«inne 295.
«Kinnebienj^ 131, 594.
5[JJinncgefang 481.
9J?tuncjängcr 464.
2)fiui)tcnalität 463, 4, 57,
413.
gWinoriten 174, 207, 126.
aifinuefel 617.
Missi dominici 464.
fflUt^ift 79.
mtia 465, 170, 376.
a)iitttt)interfcfi 536.
SDiittmocb 754,
«D^obiliar 580.
^matnamtn 465.
©ad^regiiict.
ajlön^c 616.
ÜJJöncbefc^rift 618.
aKöndjgaefen 466.
OJJonoc^orb 596.
fflJonogramm 26.
SDlonogramm e^rifti 468.
gnonftranj 469, 348, 573.
OKontag 754. _
montes pietatis 743.
SWorgengabc 81, 278.
möx]n 16, 391.
SWorgmfiern 350.
möxttl 469.
a«üt)lcnfpicl 40.
TlüVitx 705.
aWummct 787.
3Kiimjncnt^anS 469.
ä)Junb 565.
iDJunbium 79, 99.
ÜJJün§mcifter 638.
gKünjöJGfcn 469, 567.
9)iuftf 475.
SWuriftnftnmicntc 493.
göfuäfctierc 66.
muwm 499.
3Kü^e 375.
mysteria 67.
SDltjftif 500, 354, 560.
nipjiif^c «über 34.
«Rac^ri^ter 652.
«Rac^tbücf)Iein 529.
?lad)ti9aa 275.
?iact)ttt)äcf)tcr 706.
m^tn 133, 258.
SRd^nabetn 779.
ytamt 92, 310.
^amtn ber ÜJJiniftcriakn 5
SJiamengebung 547.
?iamcn öon ^crfoncn in
«H)öeIIattöcr 5luü)cnöung
502.
^iamen tion Sachen 507.
giorrcn 508.
Starren beö @c^aufptcl3 511.
0larrenfeii 512.
Dfiarrengefcüf^aftcn 513.
SJJarreni^auötöcn 514.
fftarrcn[d)iff 510.
Sftafcnf^trmc 514.
Dtattcrrceiatunimeln 57.
Dfiaturalleiflungcn 151.
SIcfrDlogtcit 5l4, 202.
9ieftel 514.
5«c^ 514.
Die^^aube 376.
JJieuja^rtöEarten 304.
neulateinif(^c S)id)tung 311.
Steumen 479.
9iibeIungcn«.RIagc 521.
9tüielungcnUc5 514.
iRicotauß 506.
9ümbug 524.
9lifcn 525 , 787.
i«obiö!rug 660.
Nonae 655.
Üfiorncn 525, 130, 287.
Jiotar 340.
««otfeuer 120.
9ioüeüc 526.
D.
Oblate 529, 629.
Oblati 29, 619.
Dbfitt3ein 745.
Di^fenpngc 530.
Dctaöiauuö 530, 719.
Dbt)inn 758.
£fcn 530.
Pffentltd)e Sßcibcr 712.
Öffnung 750.
Dgier 719.
D^mgclt 645.
Obx 565.
D^rgc^ängc 531.
Ohrringe 585.
DÖrftcrn 531.
DEtave 115.
Pftatien ober ©tanjen 531.
DIberge 532.
Öllampen 422.
£)Vcr 532, 487.
Operette 491.
D^fcr 532, 661.
Opfern 130.
Oratorien 340, 487.
Orbalicn 243.
Orbeelbu^ 641.
Orbcn ber armen ^taucn 126.
Orben Don üUEantara 589.
Orbcn Don @t. ^a%o 588.
Orbination 361.
Dtcnbcl 537.
Organijlrum 496.
Orgel 497.
Orgeltücrf 99.
Ornat, geifili(!)er 169.
Ort 537.
Ortönomen 537.
Oftcmcr 541, ii8.
Ojlerfeier 114.
Ofterfeuer 118, 119.
Ofierleiä 353.
©ac^rcgifier.
799
Dfietn 118.
Dflerfpiclc 67.
Djitaricn 361.
qSaaljldbc 643.
*^alaö 45.
5palafi 148.
«Paltm^fcft 541.
IßaltffaiJcn 541.
Pallium 170.
^almc 542.
ijalmenorben 152.
5JJaImfonntag 542.
paner 96.
^Panigbricf 542.
q3antt)ev 666.
qSantoffetn 687.
?Ponjcr 542.
fpapp 169.
qjatabcbcttcn 402.
«ßavQbie^ 597.
^^arjtöal 543, 2i7.
q8af[auer=.^unft 707.
qgaffional 410.
«tJaffionÖfpiclc 67.
qSafictcn 426.
^aftourcttc, ^aftorcüc 544.
*Catriäiev 370.
^atronat über tirdicit 544.
q3auEenfd)läc3ev 705.
pax Dei 242.
»Pecfcnafen 46.
Wi 545.
^cunaliömuö 711.
Pentagramma 71.
Pentalpha 71.
*Peraament 545, 322.
^txmi 546.
^Perlmutter 546.
^ßerrüden 546.
*4>crfonen= mit) gamtlteii=
nameit 547.
qjetet 506
$etcr Seu 718.
^Peterö^jfennig 551.
^faft 551, 195.
s^foff uom Äatcnbcvg 718.
*45fal}Ibauteu 552.
5|3fal)ll)ür9er 553. 639
>:PfaUen 148.
«JJfalsgraf 553, 292.
»^fal^ftätte 638.
i^farrcr 554.
'^feffcr[äcfe 427.
fpfeifer 705.
«Pfeiferfönig 368.
qSfeifcrtafl 368.
qßfeit 566.
(Pfeiler 223, 599.
«Pfeücl 677.
*|5ferb 554, 273.
«ißfetbe, gcpanjettc 263.
(Pferbenamen 508.
«Pferbcopfet 533.
^ßferbcrüftung 555.
'^Jfincjficn 115, 118.
qgfingpleiö 353.
«Pfinijfttctnje 657.
(Pflug 568.
*Pflu9fcf)arcn, gtü^enbe 244.
qßfunb 473.
<Pf)ilipp 507.
Phol 21.
5pi)t)fi0l0p§ 556, 664, 665.
^tüiifclliering 556, 70.
pigment 746.
^ifeniere 66.
(Pilwi^ 787.
^ßtftokn 556.
Pa^jfiart 556.
'^lafiif 230.
(Plattenpanjcr 42, 265.
<piubcvl;ofc 28, 685.
*^oefte, macavonif(J)e 122.
'ijoUjcibicner 706.
^olteraBcub 557, 81.
H>'önitentialliüc^er 557.
iiontuö u. ©iboiiia 719.
'Portale 226, 6ni.
(Portatiü 498.
^ortiuucMla=2l6Inp 557.
»^Jofltio 498.
'JJraftifen 334.
^römonftratenfer 557, 264.
^'rauger 557, 649.
Predella 10.
q8rcbi9er»Drbcn62,365,559.
^rebiflt 558.
'^Jrcbigtglocfe 216.
i^iebigtmaerlein 560.
(Prebigtfiubl 340.
?ßrtamel 560.
^riefter 560, 361.
Prima 655.
*13rior 2.
^jjritfc^ennteifter 561.
^jjrobenüditc 561.
Propugnaculum 46.
*5rofad)ronifen 207.
^falmenübcrfc^ungcn 355.
!PfeuJ)oiriborifdie3)eIrctalten
561.
qßuffiacEc 687.
«Pump^ofc 677.
5ßu^^cn 561, 351.
^u^^jenf^Jtelc 561.
^uxm 562.
Pyxis 10.
JQ.
quadrivium 140, 618.
Querflöte 497.
Ouintern 496.
iRabe 274.
iRabenfc^Iad)t 58, 282.
Racketten 498.
iRabc^arte 174.
SRäbern 647.
!Rabfenj!er 600.
iRabfc^lo^ 261.
atafete 126.
9Jaramc 562.
iRa^jicr 562.
iRaritätcn 573.
9JaffcIfanen 563.
Ütationale 171.
!Ratl)auö 579, 230.
SRatöfcUer 747
Üiäte, luftige 513.
»tätfei unbaiätfelUebcr 563.
759.
Oiattcnfänger t>. Hameln 756
Dläuberbanben 163.
aiaudibccfcn 165.
Üiaitdincfü^e 564.
ataufcö 564.
'Saufdipfeife 498.
iücbcc 496.
9Jc(^t^fQmI)0lc 564.
Reclusi 29.
Oicaal 49S.
Dkgalteii 568
iEcflcitbonenft^iiffcliöen 568.
5)icncnfd)irm 569.
^ci*eabf*ieb 569.
SReid)0abel 6.
<Rei*äapfct 394.
9ieid)5börfer 569.
iRcid)ebiftoriograpbic 206.
SReid)otleinobien 373.
aieid)öritterfd}aft 6, 595.
iRcid)e(läbtc 639.
JRcidiöfiabte, freie 639.
äieidicjj^cuor 645.
Otet^v^öcrtantmlung, 9{etc^?=
ta(i 569.
iRcidiöUogteicn 717
ateifriitfc' 570.
51*
800
«Reigen 673.
3fletf)en 656.
9?ctm 570.
«Reim^ronifen 207.
3fleimpaar 89, 570.
ßeinaert 670,
Reinardus 669.
Keinke de vos 670.
SReiterbienfl: 269.
JReiterä 267, 382.
JReiterficgel 630.
5Reitjeiuj 555.
Reliquiare 11.
Dtcliquien 571»
3leliquicnbel)ältcr 572.
afJeliquienfäfic^cn 395.
gflcliquientafcln 572.
9tenatffante=©m 573, 432
9tcnncr 584.
9lcpctierge[ct)ü^ 16.
SRcPenä 371.
retabulum 10.
SR^obifer 587.
«Richter 679.
iRid)t[d)»crt 707.
SHditftcig 584.
«Riefe 26.
9fiiemen[d)neiben 648.
Oflicfcn 661, 785, 788.
SRinber 274.
3tinberopfcr 534.
Sltng 584, 170, 567, 262.
älingcvpfcTbe 57.
SRinggclb 470.
aflingwaü 26.
iRife 376.
gflittcrbürtigc 589.
SRitter ®a\m\) 719.
Sittterorben, gciftltt^c 585.
365.
gHttcroröcn, mltiiäit 589.
SRitterfd)aft 384.
Oflitterfc^tag 94.
JRitterftnnb 4,5.
9Httertum 589.
JRittet oon Jurn 719.
SRittctmefcn 737.
iRobinfonabcn 596.
3floct 134, 678.
«Rodfc^ol 566.
toben 451.
iRobenfleiner 756.
iRoüiragenbüc^tein 529.
9ioman 595.
Roman de Renart 669.
9iomanifri)c »aitfimft 597,
9tomamfc^c Söilbnerei 603.
SRoBbienji ö.
©ad^regifier.
iRofen 224.
iRofengartcn 281.
9Jofen!ranj 605.
SRofenfranjbrubeifc^aft 605.
Siofcnfreujer 606, 143.
«Rot 100, 615, 629
dtottitx 606.
«Rotfel)l^en 275.
»Jtotta 496.
SRotttielfcf)c ©rammatit 162.
9fiuberf*tffal)rt 625.
SRuöolf, Oraf 606.
«Ruffian 135.
«Rüger 111.
Dtuncit 606, l3o, 759.
moUidi 607.
«Rupre(t)t 507.
9{üftuitg 607.
«Rute 620.
Olutten 13.
Olpbeben 496.
©.
Säficl 607.
©ac^jcnf^jiegcl 607.
©acfpfetpfe 498.
Sage 176.
SagenEreife 281.
Saiteninfirumente 403.
Salbung 370.
®al^of 147.
©allänbereien 150.
Balomon unb SOZarfoIf 609.
718.
samlungen 27.
Sammt 677.
toamfiag 754.
Sancti 272.
Sänger 57. 594.
©ärgc 609, 418.
'«arfopt)age 417, 610.
Satanöproje^ 662.
Sattel 550.
©aufänger 610.
Säule 598.
©ay 610.
©c^acöf^icl 610, 632.
Sd)äbel 749.
Sd)äfet 705.
Scf)ale 285.
S(J)all 453.
Sd)almei 499.
St^omfa^fcl 610.
©(^anbMIbcr 611.
Sd)anjtörbe 389.
Sc^apel 376.
Sc^apperun 678.
Sd^atfme^en 16.
Sd)arfri^ter 652, 706.
Siii'dxpt 611.
©(j^amad^t 611.
Scfeaube 683.
Sc^aufpiel 68, 182.
S^ede 680.
S($eere 567.
Sc^eit^olj 496.
Sd^elmenftppen 706.
[ekelten 651.
Sd)enE 292.
Sc^enfinen 278.
©^crc 611.
Sc^ie^en 622.
Sd)ieipuloer 121.
S*iffa^rt 625.
@d)ipnamen 508.
Sc^ipmagen 704.
©(^Üb 6li, 589.
Scfcilbbutgen 381.
©(^ilbdürgcr 613, 5ii.
Sd)iaing 470.
Sd)immelrciter 745.
©diimpf 529.
Sd)inben 648.
Scbinber 706.
scliirmmeister 94.
Sd)irmtiogt 716.
S^tac^tgei^el 350.
Sd)lag 26.
Solange 275, 16.
©c^Iaraffcnlanb 613.
Sd)leicr 133, 376.
©c^kubcr 613.
Sd)lcubcrfafien 13.
S^loBbau 578.
©cl)löffer 581.
Sd}lü[[cl 567.'
gd^miebeatbeiten 581.
Scftmud 90, 581.
©c^mucf fachen 613. 134.
Sd)nabelfd)uf)e 156, 684
S(^napp^al)n[cf)loB 261.
Sdmeden 626.
S^neüe ^anblung 454.
Scfeöffc 60.
©c^olafttl 614.
scholasticas 619.
Scftotbeter 632.
Sc^ön^eit 132, 593.
Scfeorifien 711.
Sdnänfc 580.
©^rclbfunft «. ©t^rift 615.
©(^reibro[)r 615.
Sd)teibfc^ulbcn 620.
@d)reibjeug 615.
©c^rettel 787.
©ac^rcgifier.
801
@*U^ 80, 565, 169, 393,
677, 155.
©djülcr, fa^renbc 62 0.
Schulferien 621.
©*ulfefte 621.
©djulpiüfungen 621.
©cfeulterfleib 171.
Scöultertu* 169.
mmm^ 618 61, 638.
©dlulttcfeu 618.
-äcftuppenwamö 263.
©(^ürje 622.
mmln 622, 163.
®d)uffei-fpiel 351.
@*utc 627.
@d)ütten 626.
©cbüt^en 620.
©t^ü^cnfefte 622.
®d)u^flilben 780.
f^ujokitf^jicgcl 623.
^(i)Walbt 275.
^^voan 275.
@d)tt)dnfefammlungen 527.
©(i)iriarj 100.
fd)»arjer SoD 719.
@(ä)tt)eiiet 499.
©(^wcißtui^ Sftnftt 624.
(fcct)tt3ent)i 451.
©c^aert 624, 371, 395,
566, 779.
«Sd^tücrtbiübcr in fiiölanb
^588.
i&^ttiertfeite 90.
©^rcerttanä 631, 656.
©echter 610, 371, 374,
394.
scof 57.
Scramasax 624, 644.
©erat 787.
©eelbab 21.
©celflcrät, ©ccIIjaiiS, ©ecl=
Üb 625.
Sceoetftc^erung 626.
©eetDcfen 625.
Segetfcfeiffatjvt 625.
©egcitgf^jrüd&e 628.
^cibe 677.
(Seil 567.
©cligc 272.
semispata 624.
©cmperfreie 629.
©enbboten 464.
©cnbgertdjte 323.
@emfct)aIE 292.
Sepulchrum 10.
©ciiucnj 629.
©cröiettcjt 629.
servitia 12.
Sexta 655.
Siegel 629.
Siciicllacf 629.
Siegelringe 585.
fxeben freie Äünjlc 618.
Siebenter 420.
Sieben.^a^l 762.
ftejen 73.
Sigenot 281.
Siglat 677.
Signatur 323.
Singf^ule 564.
Singfpiele 488.
Sinopel 746,
Sippe 90, 100.
S!iHJuUer 630.
S!lat>en 183, 648.
Snorraedda 78.
Soden 160, 676.
Sölbner 270, 384.
solidns 470.
Sommereinjug 536.
©ontmcr unb Sßtnter 630,
Sonate 487.
Sonett 631.
Sonnabenb 754.
Sonnenroenbe 117.
Sonntag 114, 754.
Sorbet 681.
Span 567.
Spangen 134.
Specht 275.
Speculam quadraplex 207.
Speer 408, 566.
spende 15.
Sperber 275.
©^jiegel 631.
Spiegel beutfdier 8eutc 623.
Spiele 69, 631.
Spiele, geifilic^e 67.
Spielen um ®clb 632.
Spiele, offene 623.
©^Jielfarten 632.
Spielleute 9S, 631, 705.
Spiclftuben 632.
52pieB 408.
fpilbret 195.
spilmagen 100.
Spiüfeite 90,
Spinbel 567.
©pinett 496.
Spinnen 133, 258.
S^jtniiräöer 633, 258.
Spiritualen 127.
Spitdler 15.
Spi^bauA 686.
©^Jt^cn 633. .
©^jorcn 633.
©^jrit^töörtcr 634.
^m^ 634.
Sprucftfpredier 512.
Staatöa!tioncn 70.
©tab 634, 371, 565, 679.
©täbtc 636, 180.
©tabtbcfeftigung 634.
StaDtbud) 641.
Stäbtebilb 300.
Stäbtebünbniffe 639.
Stäbteftegel 630.
©tabttec^te 640.
©tabtfc^reiber 641.
Stabtfd)ulen 620.
©tabi 641.
©tänbe 641.
Stanbleud)ter 421.
Stärfe ber ^ü^ner 454.
ftattlcut 198.
Btmd^tn 641.
Stauf 163.
©taiiO 642.
©taulpföule 642.
Stäupung 648.
©teilet 642.
Stcd)f)etm 285.
Stedenpferb 351.
Steigbügel 556.
Stein 567.
i2)tein bor SBeifen 7.
©tetn=, (£rj= nitb eifeiialtcr
642.
Steingräber 415.
Steinigen 647.
Steinme^ 785.
Steinringe 26.
Steinfärge 610.
Steinffutptur 604,
©teljfc^uöe 644.
Sternbreberlieb 71.
©tcucmcfeit 644.
Süden 133, 258.
Stiefel 676.
Stiftöberrcn 337.
Stirnftreifen 614.
St. iTiiEolauö 760,
Stoder 652.
Stolc 169.
Stollen 423.
Stord) 137, 275.
Sto^^eug 13.
©trafen 645, 179.
©trflfüerfabren 650.
Straßen 229.
Strebepfeiler 225.
Strebebogen 225.
Streit 650.
®treitgebid)te 66.
802
Sad^tegtper.
©triifcm 652.
<Btxoi)W\\ci)t 568.
©tropfen 570.
©trop^cnbau, breitdiiger 423
©trümvfe 652, 169, 393.
@tubenflefcll[ct)aftcn747,781.
©tU^I 652, 568, 769.
@tut)I^ctren 111.
©tunben 655.
©t. 25eitetan3 724.
©ubbiafon 361.
Suggenie 678.
Surkot 134, 678.
®u[anna 507.
©utanc 652, 172.
swanz 134, 678.
swertleite 589.
swertmägen 100.
©pmbolc 34.
SipmboUfd^c «procefjton649.
Syndici 641.
©^noben 652, 48.
Xabttnalü 653.
Sabulatur 456.
lafcl 428, 592.
Safclmalcrci 233
Sagclicbcr 653, 131.
^tagc^bcjei^uung 654.
2;agcgeintcihiiig 655.
Sann^öufer 656, 137.
Xan 657, 81, 482, 632,
673.
Xanjliebcr 657.
lanätüut 724.
läpperte 681.
Garant 13.
3:arraöbü(J)fe 16.
Xartfc^e 612.
Safc^cntü^cr 658.
Saffen 658.
^aufgelöbniffe 685.
Jaufi^Tüpen 658.
iauffapcUc 340.
Saufftcine 658.
leilutig bet Älcibet 683.
Setter 658.
Xtppiö^t 659, 767, 769.
Sempcl 240.
JcmpcU^etrn 585.
terra salica 148.
Tertia 655.
lertiarier 126.
Serjine 659.
Jeiiament 90.
XeucrbanI 659.
Seufel 659.
Scufelinnen 661.
Jeftilc .Kunil 582.
Sweater 70.
2;[)eopl)ilu« 662.
2;f)orburc3 46.
Sf)ore 635.
■J^ron 371.
%^mU\mm 581 =
J^üre 567.
l^üringer Reiten Zon 742.
Sbürf topfet 581.
Xiaxa 663, no, 377.
SterMlber 664
Sietfaticl 664.
Sierfunbc 665.
Sicrnamen 547,
Jteropfer 533.
Querlage 667.
2;intenfa§ 615.
Sintinabutum 499.
Sjoft 670, 700.
X\p 670.
tirades 210.
Xi]^ 671, 568, 767.
Itf^tetatbeiten 581.
2;i[d)rätc 513.
£i[d)tud) jetfd^nitten 649.
lifc^jud^t 428.
Xitmzl 671, 247.
lobesjiiafe 646.
Sonnengewölbe 598.
lonfui 361.
Töpferarbeiten 582.
2;ortur 671.
Sotenbäume 417.
Jotenbefiattung 183, 415.
3;otenbüd)et 420.
Sotenfelber 145.
Jotenglodc 216.
Jotenbemb 418.
2:otenIIcib 672.
Sotenlcut^ter 672.
lotenopfet 536.
Sotentanj 673.
lotfatt 99.
Stacht 674, 180.
Srac^t ber ®eijiUd)feit 171,
Stagcleuc^tet 321, 422.
Üragöbie 69.
Sragfänfte 730.
Trauer 419.
Srauerflcüiei: 695.
Sraugemunbe^Iieb 563.
ireue 591.
Ircucib 83, 370.
treuga Dei 242.
Tribock 13,
IttcotS 28, 677.
Irifotien 224, 598.
Srittraf 40.
Irinfen 748.
2:rin!prner 695, 163.
irinfgcfc^irre 581.
Srinffiuben 747.
Xripper 156...
XnUn 696; 718.
trivium 140, 618.
Srojantf^cr trieg 697.
Xrommctn.
Jrompete 499.
Trompeter 705.
Xrud^fef 293, 678.
Xmtit 697, 767.
Irummfc^cit 496.
Sutäfo 240.
Jumbcn 418.
'Eummter 16.
Sumcetta 698.
Xmüa 698, 393.
lürme 13, 45, 216, 599,
600, 635.
Xurmbau 225.
2;uriner 698.
Spmpanum 499, 600.
Ippifc^e Silber 35.
U.
Übernamen 550.
Üficrfc^mtgcn 702.
Überfe^ungen lateinifc^er
Äit^enl)t)mnen 354.
Utiren 704, 771, 772.
U^rfcöbc 713.
llmbi^tungen weltlicher ®c»
fange 354.
Umgange 46.
Umsügc 704.
Uncialfd)rift 617.
Unefirat^c Seutc 705, 785.
Unebrlic^eö Segräbni« 650.
Unfreier 366.
ungelt 645.
ungenäbter SRocf g^rifii 537.
Unbcrrüäten 707.
Unterrocf=|5ofe 29.
Unjut^t 712.
Urbarbüt^er 713.
Ussiere 627.
5Baganten 714, 98.
Jöauorabrofa 714.
ÜJofatt 714, 4, 413.
vederspil 98.
Seit 507.
95erbannung 648,
93etbrcc^cn 145.
iBerbrenncn 647.
Verlobung 79, 277.
*Bcvuvt(;ilung 651.
a3errtianbtfd)aftl. 23cr(;äÜ=
niffc 182.
Vespera 655.
vesperie 701.
vicus 65.
Sibel 493.
3ikf) 469.
Vielweiberei 712.
Vierteilen 647.
Sierja^I 771.
Vigilia 655.
Villa 65.
SBirginal 497.
Vita 201, 409.
Jöitalicnbrüber 715.
aSögel 274.
Sßogt 716, 637.
Vol 21.
»olfgtiüc^er 717, 89.
Sßolföepoö 296.
mmttantmtm 719.
SBoimieb 726, 423, 484.
33olföred)tc 410.
Völundarquidha 77.
lBorjeid)en 178.
3[öad)^oIber 271.
SZÖaffen 177.
Söaffenbienp 591.
SBaffennamen 507.
SSööCit 730, 568.
aSancnburg 730, 381, 385
Safrjetc^en 731.
fflBatfeuljäufer 731.
3Balbefel 666.
Sßalbgang 649.
2ßalbgcifter 787.
SBalbaüa 757.
2BaI!üren 731, 130.
aBaÜbüdife 257.
aSalpurgiötag 118.
Söalferfclb 333.
aBalt^arilicb 732.
ißanberfc^aft 784.
SBanbgemdlbe 605.
IBanbleuc^ter 422.
SBanbmalerei 233.
Sßanbetaltärc U.
SBanen 18, 146.
mmtn 737.
Sac^rcgiftcr.
Sßarfu« 678.
SBartfiurßfrieg 739.
SBafler 568.
Ißaffcrbutgen 26.
ifflaJTergeiPer 787.
fflafferorgel 499.
2ßaffcrprobe 244.
2Baffer[peier 225.
2Bcben 133, 258.
mtmtx 742.
2Beg=5türt3er 529.
2ßebrl)aftma(i)ung 93, 179
SBcib 128.
2Beib 451.
2BeibfpTÜd)e 316, 563.
SBetönadit 744.
2Bcil;na^töfcier 115.
ilöcibnad)tefejl 118.
2öeibraud)gefäf 165.
aSeiit 745.
SBeinpoefie 748.
weife SWantier 591.
aSctfenöc Xim 749.
weife SBeiber 287.
SBeife t>om OKorgenlanbe 70.
2Bei§ 100.
rtiei§e 3)ame 31.
wci§c ^xan 31, 138.
wei^e Stäbe 565, 779.
2Bci^!untg 750.
aSeiffagung 178, 536.
aßciötiimcr 749.
äBeltlicbe gefte 117.
2ßenbunmut 529.
2ßenjel 507.
gScrgdb 750.
2BertD0lf 751.
aBette 646.
Jöettcrglocfe 216.
Wttma\in 751.
aßcffobrunncrgcbet 751.
2öid}t 661.
iffii^te 85, 785.
SBibber 13.
aSibberopfcr 534.
2BiberIage 79.
SBiberruf 649.
gßtelanb 751.
SKtgaloiS 752, 7i8.
Wilbe 3agb 755.
wilbc 3ägerin 137.
Stlfielittitcr 752.
Stlljelm öon DxltanS 752,
aiüilbelm üon D(lerreid) 7 IS.
2BiIfina=@aga 89.
SBiüeöfllni 752.
SßiUfomnt 753.
803
ilöiüfommbed)cr 164.
ÜBimpergen 225.
2Binb 236.
gBingbc(fcu.Sin8bctItn753.
SQJinter unb (Sommer 66.
2Bir^en 72.
mtm 753.
SSo^cntagc 754.
aBocI}enta9«bejeicf)nungen
654.
SBoÖOn 755, 95, 118, 125.
aBobnt)QU« 229, 579.
2ßoIf 274, 666, 668.
SUJoIfbietrid) 282.
SColfen unb ülibd 236.
Sffiunn 451.
SBurf 453.
aßürfelHjtcl 760, 632.
SBurfmofdiiuc 760.
aBurfjabel 40.
SBurffeffel 16.
aBürfelfpic§ 183.
wütenbe^ |>eer 755.
Babelfpicl 39.
3abuIonö Su(^ 740.
BaWn 760.
äattclttierf 763.
Bdukr 763, 106.
ßaumjcug 556.
3aunfönig 275.
3ed)e 40, 781.
äetinte 764.
3eitungen 765.
3clgen 64.
3eflencmailö 86.
3igeuner 765.
3immerQUöftattung 766.
3immerbecren,gef^ni^te773.
3ingel 45.
3infen 499.
3innen 46.
3iu 777.
3oa 778.
Söüncr 638.
3ugabe=3'>^Ifn '^62.
zuht 94.
zuhtmeister 93.
BuKftoefen 779.
3roeifQmpf 243.
3«cr4pfeifen 499.
ätijergc 785.
Smü\6) 677.
3n)inger 46.
3it)ölfnäc^te 745.
3tt)ölfte 117.
®rucl bon (ämil JtieiTinann sen. in öeipäifl-
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