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Full text of "Reallexikon der deutschen Altertümer"

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HcaUeytfon 


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Deutfd^en  2lltertümer. 


Digitized  by  the  Internet  Archive 

in  2009  witii  funding  from 

Ontario  Council  of  University  Libraries 


http://www.archive.org/details/reallexikonderdeOOgt 


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Q,'^ 


fiEallEjciünn 


bcr 


^Eutfdjen  SlItErtumer. 

für 

^tvtöxex enöe   nxxö   Saiext, 

bearbeitet 


-    '^S'' 


W^  ^rnft  a50t3ingei:. 


Xü  0  I  b  e  m  a  r    U  r  b  a  u. 
H88\. 


Mt  iRe^tc  uotbe^alten. 


©ortaort 


„2)a§  ,9teaIIeji!on  beutfc!)cr  Slltertümer'  ift,  tüte  ber  !IiteI  au§fagt, 
für  ©tubierenbe  unb  Saien  beftimmt  unb  angetegt  unb  mac^t  feinen  ?tn-' 
fprnc^  auf  fclbftänbige  fac^lmffenfd)aftlict)e  gorfcf)ung;  bte  testete  tage  f Ott) of)l 
au^erliatb  be§  Umfanget  be§  2öerfe§  atg  noc^  üiet  me^r  au^er^atb  ber 
?trbcit  unb  ^raft  feine§  SSerfaffer§.  ©§  ftü|t  ficf)  be§f)alb  ba§  gan^e  SBerf 
auf  bie  5(rbctten  ancrfannter  gorfdier,  lüobei  üon  ©ontroüerfen  mögtic^ft 
Ihngong  genommen  ttjurbe.  Sie  ongefü'^rten  Oueüen  ftnb  atfo  ni^t  ba§u 
beftimmt,  ben  Umfang  ber  öorfianbenen  ßitteratur  irgenbttjie  §u  erfc^ö^fen, 
ein  foIc^eS  ttiäre  f)ier  ein  eitte§  Unternehmen;  fonbern  biefelben  foHen  teil§ 
mitteilen,  lüo^er  ber  ^ßerfaffer  fic^  9?at§  erholt  {)at,  teite  benjenigen  Sefern, 
metc^e  ben  DriginalbarfteUungen  nä^er  rüden  trotten,  einen  erften  ficl)ern 
äBeg  befonber§  ju  fotct)en  @ct)riften  tteifen,  tüo  bie  Duetten  in  ttieiterem 
Umfange  angeführt  finb.  ^n  ber  5tultt)at)I  biefer  Duetten  ftnb  bem  SSer= 
faffet  bettJätjrte  greunbe  bereitttjittig  gu  S)ienfte  geftanben;  boct)  t)at  er  fii^ 
üon  2lnfang  an  nid^t  t)ert}et)tt,  ba^  i^m  t)ortäufig  3JJan(i)e§,  5tttere§  fowo^l 
at§  ^TceueS,  entgetien  merbe;  oon  neuern  Söerfeu  ober  mufete  SDland^e^  be§- 
f)atb  bei  (Seite  getegt  werben,  n^eit  fie  für  ein  23er!  n)ie  "oa^i  öortiegenbe 
nod^  5u  tnenig  abfd^tiefeenbe  9iefuttate  ber  gorfd^ung  entt)ietten,  benn  tnenn 
unferer  Strbeit  auc^  ha§!  ^emü^en  §u  ©runbe  tiegt,  fic^  auf  ber  |)ö^e  ber 
gegennjärtigen  gorfc^ung  ju  tjatten,  fo  tritt  ftc  boc^  auc^  fein  gunbort  neu' 
aufgebrachter  §Q))ott)efen  fein,  fonbern  im  Öiro^en  unb  ©anjen  fotdie 
ftenntniffe  unb  3tnfid)ten  üermittetn,  für  metc|e  betoä^rte  gorfdier  unb  @(f)rift= 
ftetter  at§  beugen  angezogen  trerben  lönnen.  (5§  muB  jugegeben  »erben, 
ba^  bei  ber  befotgten  aJiet^obe  manche  5trtifel  tierttjanbten  ^n^atteg  in  i^rer 
Stuffaffung  fid)  einigermaßen  au§fct)tieBen,  e§  fd^ien  bie§  aber  tbuntic^er  unb 
bei  ber  JebeStnatigen  ??ennung  ber  Duette  gertiffen'^after  uitb  ef)rtic^er,  ofö 
trenn  überatt  ber  SSerfuc^  gemad^t  morben  h)äre  tjerfc^iebene  ^nfd)auungen 
burc^  attertei  SKittet  unb  aJHttetc^en  fünfttic^  in  ©n§  ju  oerfc^metgen. 


II  Somott. 

Sn  ber  3tu§h)a!^I  ber  aufgune^menben  ?(rti!et  mar  eine  getüiffe  Unfid^er- 
iieit  nid^t  gu  bermeiben;  fie  (laftet  jebem  ä^nüc^en  SBerfe  an.  SSurben  arnS) 
tion  bom'^erein  {)tftortf(fie  ^erfönti^teiten ,  Örtlid)feiten ,  Sanbgebiete  nnb 
^JJamen  et^nogra^D'^ifd^er  5ytohtr  au§gefcf)toffen,  fo  Ukh  boc^  nod^  oft  §h)eifel= 
{)oft,  06  ein  Stttifet  in  bo§  t^ad^  ber  Rittertümer  unb  nic^t  bielme'Eir  in  bo§= 
jenige  ber  ®ef(f)i(f)te  ober  be§  SSörterbuc^eS  gehöre  unb  büeb  in  fotc^en 
flauen  bie  Stufnalime  ober  Stbtüeifung  be§fet6en  üom  Xafte  h^^  SSerfafferS 
unb  üom  Umfange  ber  öor^nbenen  §itf§mittet  ab{)ängig.  SBie  gat)treid)e 
Slltertümer  liefen  fid^  nennen,  bie  ^eute  nod^  jeber  Mturtjiftorifc^en  93ear= 
beitung  ermangeln,  unb  n)ie  üiete  mögen  §ntar  bearbeitet,  aber  in  fc^raer  §u= 
gönglid^en  Suchern,  ^eitjd^^ifteu  u.  bgt  mef)r  ober  h)eniger  t3erftedt  fein? 
®Dd^  bürfte  bie  gefrf)ef)ene  5(u§n)af)t  bem  S3ebürfnifje  njiffenSbegieriger  öefer 
im  ©angen  entf^red^en.  S)a^  aud)  ber  Umfang  ber  einzelnen  Slrtüel  oft 
öon  ber  33efd^affen:^eit  ber  Oueüen  abf)ängig  ift,  tjerfte^t  fid^  öon  felbft. 

(SJegenüber  einem  SSörterbud^  be§  ftaffifc^en  Rittertum^  ^at  ein  ät)n- 
lid^eg  für  ba§  9}^ittelalter  beftimmteS  2Ber!  met)r  aU  eine  ©cE)mierig!eit 
§u  überminben.  ^n  imgleic^  t)ö^erem  9J?a^e  aU  in  ber  ontifen  SBett  liegt 
im  SJ'Jittelalter  faft  oIIe§  im  glufe  ber  entwicflung ,  fo  ^a^  5tnfc^auungen, 
Sitten,  ©ebräud^e,  ©aiien,  ^uftänbe  ber  berfcE)iebenften  Statur  oft  üon  ber  ur= 
germanifc^en  ^cit  burd§  §a6Ireid^e  ©ntföirflungSftufen  bi§  ba^in  burc^gefüt)rt 
merben  tüoüen,  mo  fie  aufhören  Stitertum  gu  fein.  91dc^  d^aralteriftifd^er 
aber  ift  für  haS^  9JltttetoIter,  ha'^  für  bie  fad^tic[;en  Rittertümer  oft  fo  augen= 
fättig  f)inter  ber  beloegtid^en  Sßett  ber  Sitte,  be§  ®emüte§,  be§  9led^te§, 
ber  rettgiöfen  Rtuffaffung  gurüdtreten,  ma§  alle§  beuttid^  barjufteüen  un- 
gteid^  fd^mieriger  ift  at§  bie  ^toftifd^e  SBett  be§  !onfreten  £eben§ ;  unb  boc^ 
tianbett  e§  fid^  in  einem  2öer!e  mie  ba§  bortiegenbe  nidf)t  fomotit  um  (Sin^ 
fü^rung  in  ben  „®eift  be§  aJiittetatterä",  fonbern  bie  gormen  btefeS  (5)eifte§ 
fotten  fid^  bemjenigen  öffnen,  ber  5:eilna'^me  unb  SSerftänbni§  bafür  ent=^ 
gegenbringt.  StudE)  bie  §at)Ireid^en  S3erüt)rungen  be§  beutfrf)en  3Jiittetatter§ 
mit  anbern  SSöttern ,  öon  ben  ft'etten  Ijerab  ju  ben.  ^un ,  Rtngelfac^fen, 
©fanbinabiern ,  granjofen  unb  Statienern  erf^loeren  eine  eint)eittidf)e  unb 
fompa!te  ©arfteüung,  unb  nic^t  minber  ber  burc^  bie  tanbfd)afttict)en  Qn- 
ftönbe  bebingten  Unterfd^iebe,  jumat  bon  Dber=  unb  Sflieberbeutfdfitanb. 

SBenn  e§  nun  auc^  ni^t  ju  bermeiben  mar,  bo^  an  berfctiiebenen 
Drten  biefeg  2Ber!e§  getoiffe  ©infeitigfeiten  ju  3:age  treten,  fo  ift  anbererfcit§ 
ni(f)t  gu  bergeffen,  ba^  über  ber  fc^mer  gu  fontrottierenben  SDlannigfaltigfeit 
ouc^  eine  ©in^eit  ber  Stnfc^auung  it)re  ebenfo  gro^e  Sered^tigung  I)at;  fie 
fotl  bie  einzelnen  bibergierenben  <Strat)ten  in  eine  gemeinfame  Sid^tqucüc 
fommetn.  3n  biefem  ©inne  unb  ÖJeifte  War  ber  Sßerfaffer  gu  orbeiten  bemüht." 


55omott.  III 

^ortiegenbe  SBorte,  urj'priingtirf)  aU  ^rofpeft  na^  ber  öeenbigung 
be§  er[ten  SSierteüe§  be§  9?eoItt)örterbu(f)e§  DerfaBt,  mögen  t)ier  n)ieberf)oIt 
unb  burc^  einige  weitere  ^nmerfungen  ergänzt  merben.  SJiancfiem  ßejer 
bürfte  eine  geloiffe  Ungtei(i)t)eit  in  ber  SDarfteünngSlüeife  unb  Sel)anblung 
ber  einjetnen  %tüki  aufgefallen  fein,  unb  glüar  ni^t  bto§  bei  foli^en 
5trti!etn,  bie  ic^  mir  öon  befreunbeter  §anb  aufarbeiten  lieB,  fonbern  au^, 
lDa§  n)eitau§  bei  ben  meiften  ber  ^^aU  ift,  in  ben  öon  mir  beorbeiteten ; 
manrf)e§  ift  Üirger  unb  fna^per  aufgefallen,  aU  tt)o^t  erwartet  Serben 
burfte,  anbere§  breiter  unb  ausgiebiger  getnorben;  I)ier  finb  mefir  bIo§  bie 
Umriffe  gejeid^net,  bort  Wanä)t^  beigebracht,  \m§>  jur  beffern  Unterfc^eibung 
üon  @d)atten  unb  Sid^t  bient;  biefe  (grfc^einung  ift  blo§  bi§  gum  2iu§= 
gange  be§  9)JitteIaÜer§ ,  jene  bt§  in§  ad^tjefinte  S<il)rf)Uttbert  burc^gefü{)rt ; 
audj  ben  befonbern  2;on  eine§  OueIIcnf(i)riftftetIer§  burd)fc^immern  ju  laffeu, 
lüurbe  ni(i)t  ängftlid)  ttermieben.  2öa§  bcm  ÖJangen  baburd^  an  (äint)eit 
ber  S3el)anbtung  abgef)t,  gewinnt  üieüeirfjt  ha§  (Sin^elne  on  j^nfc^e  unb 
SJJanuigf altigteit ,  ,^umat  für  benjenigen  :^cfer,  bem  and)  in  fotdien  Singen 
ein  d)ara!teriftifd)cr  (S)efid)t§jug  bctiagt.  Unb  ta^  te^tere  lüirb  ja  n)of)t, 
loie  i6)  mir  badjte,  bei  ber  ajJet^rjat)!  meiner  Sefer  ber  i^aü  fein ;  benn  öon 
üorn^erein  loar  e§  nid)t  auf  (Selel^rte  öon  Seruf  abgefet)en,  fonbern  auf 
greunbe  unb  Siebt)aber  be§  beutfdien  3Iltertum§,  metdie  o^ne  befonbere 
(Stubien  biefer  Slrt  ju  pflegen,  einen  in  feiner  5lrt  ausgiebigen  9f{atgeber 
gerne  §ur  «Seite  Ijoben.  &ab  id)  mir  ajiüf)e,  biefeu  im  Sittgemeinen  ba§ 
anzubieten,  )ua§  nad)  meiner  @rfat}rung  gelüünfd)t  unb  eriüartet  n^irb,  unb 
in  einer  gorm,  luetdie  ben  gefer  anfpridit,  fo  fottte  bod)  aud)  ber  ©ruft 
einer  miffenfd)aftüc^:=I)iftorifd)en  9JJett)obe  nic^t  ju  öer!ennen  fein. 

S8ei  ber  burd)  bie  2ieferung§=5tu§gabe  bebingten  ftüdtüeifen  SluSarbeitung 
be§  9leatn)ürterbud^e§  mar  e§  unmögtid),  öon  Einfang  an  bie  2Iu§lüaI)I  aller 
aufäune^menber  Strtüel  feft^uftetlen  unb  e§  mu^te  bei  ja^treidien  Stid)- 
mijrtern  öorlänfig  bto§  auf  einen  folgeuben  Strtifel  öermiefen  merben;  hd 
beffen  ©teile  im  Stlpl}abet  ongetommen,  ftettte  e§  fid)  bann  mandimal  i)erau§, 
ba^  au§  biefem  unb  jenem  ©runbe  ein  befonberer  Slrtüel  untl)untic^  fei  unb 
ber  bat)in  getprige  ©toff  beffer  unter  einem  großem  ßJan^en  untergebradjt 
werbe.  Sie  gotgc  baüon  mar,  ha'^  öon  jenen  SSermeifungen  einige  im 
8tid)  taffen;  at§  o^ue  B^öeifel  millfonnnener  ®rfa|  für  biefeu  SJJanget  mürbe 
bie  5lu§arbeitung  eines  eingel)cnben  9tegifterS  inS  Stuge  genommen  unb 
burc^gefül)rt,  ein  SSerseic^niS ,  baS  nun  jene  im  S3uc^e  felbft,  befonbcrS  in 
ber  erften  §ätfte,  fid)  öorfinbenben  ä^erlüeifungen  überf)oupt  unnötig  mac^t 
unb  ben  S^iu^en  unb  (^tbvauä)  be§  S3uc|e§  mefentlic^  ert)öl)en  bürfte. 

Sa^  SSieteS   nod^   ber  ^erbefferung   bebarf,   bof;  noc^   monc^e  %xt\Ul 


IV  5ßottt)ort. 

fe'^ten,  tnand^e  Söücfier  unb  «Sd^riften  neu  l^erbeigejcrgen  werben  muffen,  ba^ 
manrfie  ältere  Oueüe  burd^  eine  neuere  §u  erfe^en  tft  u.  bgl.,  ift  mir  längft 
fiax  geworben.  (Sinige  Slegenfenten  t)atten  bie  ?5i^eunbtic^!eit,  mic^  in  blefer 
93e3ie()ung  auf  @in§el^eiten  aufmerffam  ju  machen  unb  aud^  an  föotittüollen^ 
ben  örieflicEien  S3eri(i)tigungen  freunbtic^er  Sefer  I)at  e§  je^t  f(f)on  ni(^t  ge= 
fel)tt.  ®ern  richte  ic^  ^ier  bie  fernere  ^öitte  an  bie  Sefer,  ba|  fie  mir  in 
biefer  ^infid^t  jum  S3e^f  einer  neuen  3tuflage  be^ilflid^  fein  möcfiten. 

Sd^  h)itl  enblid^  nid^t  fd^üe^en  oline  einen  ^erglicfien  S)an!,  einesteils 
an  bie  äJJitarbeiter ,  löeld^e,  meift  e()emaitge  ©filier  öon  mir,  gern  unb 
^ilfreic^  mir  beifprangen,  anbernteilS  an  bie  SSorfte^er  ber  beiben  l^iefigen 
83ibtiot^e!en,  ber  8tabt=  unb  ber  ©tiftSblibtiotfie! ,  bereu  ©ebutb  unb  3luf= 
mer!fam!eit  i^  in  ^ot)em  SJia^e  in  5inf;)rud^  nehmen  burfte. 

@t.  OJaÜen,  Dftober  1882. 

Dr.  g^rnfl  ^ö^tnger. 


l. 


^eitteuer,  aud  franj.  bieaventare,  »el^ 
ä)ti  feinctfcitä  »on  mittctlat.  adventura 
!ommt,  S)iefc^  ftanjöftfdje  SBort,  »et^e« 
eine  erfunbenc,  munberbate,  bcn  ®ei|t  ber 
iRomantiEatmenbc  ©efc^ic^te  bcjci^^nete,  »et' 
brängte  bie  ftüf)eren  beutfd&en  Jtamcn 
sage,  spei,  maere,  liet,  unb  bebcutetc  nun 
auc^  im  5Deutfc^cn  ali  bie  äventiure  bie 
tjöjif^e,  tittermä|igc,  romantifc^e,  wun« 
betbate  Srjd^lung,  im  ®egen[a^c  ju  ben 
(Stjd^lungen  bet  einf)cimifc^en  6age,  bie 
immer  nod^  einigen  *itnfpru(^  an  bie 
ffia^r^eit  itjrer  Gegebenheit  machten;  fo« 
bann  eine  folc^e  '-Öegeben^eit  fetbet,  bie 
bet  Siitter  darch  minaen  solt  aufjU« 
fachen  »erpfli^tet  ifi,  mf)b.  äventiure 
suochen ,  bejagen ,  nach  äventiare  riten, 
gen,  die  äventiare  erwerben,  erstriten, 
holn,  nemen,  brechen  u.  bgt.;  perfonifijiert 
crfc^eint  bie  äventiare  oft  in  ''ilu^brüifcn 
h)ie:  wie  unä  bie  Müentiure  fagt,  erj(it)It, 
melbet,  unb  ali  ein  felbilanbigeö  votib- 
lic^e«  ©cfen  Don  göttlic^)er  ©d^önfjeit,  fro 
äventiare;  fte  fann  fic^  butc^  einen  Sting, 
ben  fte  anjiebt,  unjtc^tbat  machen,  unb  fo 
jiet)t  fie  burc^  aüi  8an&e,  bcobad^tet  bcn 
J^auf  ber  iQtlt  unb  etfc^eint  bi^roeilcn  öem 
eridtilcnben  I)ic^ter,  i^m  ^tuffc^tug  über 
bad  ju  geben,  mad  er  ju  njiiJen  »erlangt. 
JRec^t  im  (Segcnfa^e  ju  biefcr  öem  franjö» 
fifc^en  ®cbanEentrti^  enti^ammcnben  23e= 
beutung  be^  ffiortcä  brausen  bie  «Scfirei* 
ber  bti  Jiibelungentiebe^  txxi  2öort  in 
ber  Sebeutung  oon  Äapitet,  aber  nur  bi« 
©Treiber;  im  Xcyt  erfd)cint  hai  2öort 
nic^t.  ©patere  Seiten  mai^ten  tai  "Bort 
^u  einem  Sieutrum,  t>ai  *2tbenteuer,  (5ben- 
tf)euer,fogar"}lbcnbtt)euer,  mit<}lnle(;nung  an 
Qlbenb  unb  treuer,  unb  benannten  bamit 
jebe«  [eltfamc,  auffaüenbe  ©reigni«.  — 
3m  15.  3at)rt)unbert  tfi  abentüre  ber  D^ame 
be«  ©^ü^enpreife«  bei  Oefedenfd^ieBen. 
Aventariers  o?>er  Aventarieren  ijl  ber 
;0lamcja^lrci(f)erS'lonane,  aui  bem  17.  unb 


ber  erflen  ^älfte  be^  18.  Ja^r^nbert«,  bte 
JU  ben  fog.  Jlobinfonaben  jd^len;  ba^in 
gehört  fcöon  ber  abenteuctli^e  ©impliciffi* 
muö  beä  ®f)ri^offel  oon  ©rimmel^fiaufen, 
1639;  fpdter  gab  ti  einen  beutfc^en,  einen 
tujiigcn,  einen  reifenben ,  einen  fc^roeijeri» 
f^en,  btemifc^en,  curiöfen,  bdnifc^en,  2)re^* 
bener,  ßeipjiger  iäoenturier.  5ßgt.  Ooebcfe, 
I,  511. 

2lbccglaubc,  m^b.  abergloabe  au« 
obergloabe,  wie  aberähte  ('Jtberac^t)  aui 
oberähte;  erfc^cint  erfi  gegen  Q,ntt  bed 
ÜJlittelaltcrä,  in  ber  lutt)crif(^en  'öibelübers 
fe^ung  blo«  einmal,  Qlpofielgefc^.  25,19, 
abergldubig  ebenfalls  einmal,  'HpofleU 
gefc^.  '17,22.  S)a«  Slöort  i|l  bur^  t>ai 
latcinifi^e  ©ort  saperstitio,  saperstitiosas 
l)eroorgerufen  unb  i^m  nac^gebilbet.  'ilbers 
glaube  ifi  fomo^l  (Segenfa^  beijeit ,  voni 
ber  reifte,  roabre  ®laubc  ober  maö  man 
bafür  bält,  glaubt,  aU  beijen,  roaä  bie 
Dernünftige  9'latuterfenntni^  a\i  »abr  er« 
tannt  ju  ^aben  überzeugt  ijt.  Da«  Mittel* 
alter  mit  feiner  unmiöerfpro^enen  ®ldu« 
bijfcit  Eannte  ben  '■Jlberglaubcn  meijl  nur 
im  erfieren  ©inne  unb  nannte  i^n  3'iu'>e«i 
ober  ^eyeng'aube,  je  nac^bem  er  me^r 
^anbelnb  ober  blo§  metncnb  auftrat;  erjl  bie 
9teformation«jeit,  bie  ja  jugtei.^  einen  frdf* 
tigen  ituffd^roung  Der  natürlichen  äßelt* 
auffaffung  be^eic^net,  machte  i>in  'öegriff 
be«  'Aberglauben«  allgemeiner;  Sut^er 
jdblt  in  Der  5lu«legung  ber  10  ®ebote 
einen  ganjen  .Katalog  abergldubifd^er 
^anblungen  unb  iöoriledungen  auf. 
Fabian,  oon  bem  i)Olöni^«|l  an  b 
(iöerfe,  I,  57,5  ff.)  f^reibt:  Item  was 
allen  pfarrern  eingebonden,  dass  sl  Iren 
befolhnea  uadertonea  den  heideschen 
altfränkeschen  abergloaben  zao  waren 
sich  anderaemen  sollend,  and  nämlich 
die  selzamen  opfer  für  die  toten,  item 
das  lossen  oder  walsen  (?),  das  etllch 
Franken  oder  Almenner  anfangs  einer 
1 


5lbfcferDörun^«formeIn  —  %i)t. 


jeden  handlang  im  brauch  hattend,  das 
man  bei  nnsern  zeiten  noch  das  loss- 
bnochen  oder  buochlossen  heisst,  von  wel- 
chem missbranch  mönch  Annonius 
(Aimoinas,  monachns  Floriacencis,  f  1 008, 
der  eine  historia  Francorum  fc^tieb,  iji 
gemeint)  hin  und  har  ouch  schreibt, 
item  das  warsagen,  das  vogelgsang  und 
den  vogelflng,  das  selzam  segnen,  zno 
welchem  si  der  heiigen  martrer  namen 
bruchtend ,  sam  es  christenlich  geacht 
werden  solte,  und  dass  man  keine  zwang- 
für anrüsten  und  damit  die  misstäter 
an  das  liecht  ze  bringen  underston  sölte, 
wie  bei  unsrer  väter  zeiten  noch  vor- 
handen gewesen,  da  abergloübig  leut 
und  onholden  vermeinen  wellen,  man 
könne  über  ein  hell  feur  weiss  was 
henken  und  darzuo  etliche  wort  sprechen 
und  streich  tuon  ,  dardurch  ein  mensch 
etwas  zuo  tuon  oder  zuo  lassen  gezwungen 
werde.  S)ie  bct  SReformation  folflenbcn 
3uj}änbe  waren  ni(i)t  geeignet,  bem  2lber* 
glauben  pfpc^ologifd)  unb  fiijiorifd)  ge* 
led^t  ju  werben ;  bie  ^cjtnprojeffc  ftnb  in 
fat^oUfc^en  irie  in  protcjiantifi^en  Sanben 
gleid)  ocrbreitet.  ©r^  bie  51ufflärung  natjm 
|ic^,  inbcm  fie  gegen  ben  ©lauben  eiferte, 
ouf  i^re  SBeife  beg  <llberglauben«  an ;  eine 
^ifiotif(%e  unb  pfpc^ologif^e  SBürbigung 
biefcr  (Jrfcf)einung  mar  ber  neuen  3«it  auf- 
bcl^alten.  S^oa  befle  SGBert  barüber  iji : 
Sßuttfe,  bev  bcutfd)e  33olE«aberglaube  ber 
©cgcnwart,  93erlin,  1869.  93gl.  ©rimrn, 
mt)tl).,  Aap.  35. 

Slbft^tDÖrttngöformeln,  fie^c  Saufge* 
löbniffe. 

21M,  üom  ft)rifcöen  JBorte  abba,  33atcr, 
in  bie  tir(^Iici)4atein.  Sprache  aufgenom« 
men  unb  »on  ba  in  aüe  europöifc^en 
«Sprachen  übergegangen,  al)^.  abbat,  m^b. 
abbet,  abbat,  apt,  abt,  ijl  ein  ^amt  einee 
ÄIofieiDorjle^er« ,  neben  manc^  anbern, 
roie  presbyter,  prior,  guardian,  praepo- 
sitns  (*Propjt),  major  ;  tgl.  fd)on  SB  a  b  i  a  n 
»on  bem  ÜKöndj^fianb,  bcutf^e  ^ifi.  ©dbrif« 
ten,  I,  70,18  ff.  2)a  in  ber  fränfifd)en  unb 
farolingif^en  3«it  aüe  Älöfier  beö  ^Ibenb« 
lanbe«  bem  93enebiftinerorben  angel)örten, 
gab  eä  wabrenb  biefcr  3"*  ^'"B  SenebiN 
tinerdbte ;  »om  5imtc  beä  5lbte^  ^anbett 
Caput  II  ber  93enebiftinerregel ;  qualis 
debeat  esse  abbas,  in  beffen  @t.  ®aflifd)er 
3nterIineart)erfton  (f>Qttemcr,  <Bt.  ®aUifd)c 
Iienfmale,  I,  36)  ber  S'Jame  abbas  un* 
überfe^t  geblieben  ober  burd)  fatar  wieber* 
gegeben  »orbcn  ift.  SDie  Senebiftincrinnen 
Ratten   if)re  ^ibtiffmnen.    2)aö   [Red)t   ber 


5lbtn)a^I  fianb  jmar  gefet,li(f)  ben  W6n=^ 
ä)tn  be^  Äloftere  ju ,  fam  aber  feiten 
wirf lic^  jur  5lueübung ;  in  ben  föniglid^cn 
Älöftern  ernannte  regelmäßig  ber  Äönig. 
ben  ?lbt.  -^läufig  gelangte  fogar  9?ame, 
SBürbe  unb  einfommen  eine«  <Ubte«  burc^ 
föniglid)e  33elel)nung  in  bie  ^anb  eine« 
Saien,  an  beffen  Statt  bann  regulierte 
Unteräbte,  Defane  ober  (ßrioren  ba«  Älofier 
leiteten.  2tlö  fid)  in  ^olge  ber  Älofier- 
reform  ber  Senebiftinerorbcn  in  reformierte 
unb  nic^treformierte  Älöfier  fpaltete,  be* 
bielten  bie  reformierten  ben  Jtamen  5lbt 
bloß  für  ben  2)orilel)er  beä  ©tammflofierä,. 
bie  übrigen  Softer  erf)ielten  einen  $rior, 
proabbas  ober  coabbas.  2)ic  Jtbte  ber  nid^t 
reformierten  Älöfter  würben  fletne  iDlonar*^ 
d)en,  bielten  eigenen  J^ofjiaat  unb  gelang- 
ten sum  Jtcil  in  ben  iRei(^öfürfienpanb, 
wie  bie  2tbtc  »on  ^ulba,  Äempten,  @t. 
ßmmcran  in  SRcgcnäburg ,  @t.  ®allen^ 
©infiebeln,  bie  ^tbtifftnnen  ju  ©anbcrä* 
beim,  Queblinburg,  ^erforb.  35on  fpätern 
Drben  nannten  nur  wenige  il)re  SDorjic^et 
Qlbt,baruntcrbieSifterjicnfer,Sern^arbiner, 
Irappifien,  ©ranbmontaner,  l^rämonftra* 
tenfer.  (Sin  Älofler,  beffen  Sorjie^er  5tbt 
ober  Oibtifftn  beißt,  ift  eine  2lbtei,  mittel* 
lat.  abbatiä,  al)b  abbateia,  m^b.  abbeteie, 
aptei,  abtei. 

Sld^t,  abb.  bie  ähta,  mljb.  bie  ähte 
ober  achte,  ^eißt  bie  im  altbeutfc^en  SRedjte 
Dor^anbcnc  ®cfe^«  ober  9Je(^tlo«ertlärung. 
€d^on  in  ber  fränfifd)en  ^txt  fonnte  ein 
öerbrecber  jur  Strafe  au«  &em  gemeinen 
^rieben  ober  au«  beä  Äönig«  @c^u^  ge« 
fc^t  werben;  bie  Strafe  bicß  ban;  ben  fie 
traf,  wargus,  SBolf,  Weil  ber  SBoIf  ba* 
frieblofe  Sier  i^;  ber  fo  gefirafte  Derlor 
fein  Vermögen,  feiner  burfte  i^m  33rot 
unb  Obbac^  reicf)en  unb  jeber  ibn  unge= 
firaft  töten.  Die  Strafe  fonnte  com  ®cs 
ri^t  ober  Dom  Äönig  auägefpro(^en  wer* 
ben.  SJiur  ben  öom  Äönig  au0gefpro(f)enen 
ban  nennt  ber  Sac^fenfpiegel  ähte;  ben 
t»om  ®crid^t  auögefproci^enen  nennt  er 
verfestung,  wä^renb  ber  Scfewabenfpiegel 
beibe«  ähte  I)cift;  ben  ®eäd)teten,  mbb. 
aehter,  burfte  nicmanb  länger  aläcine 
^ad)t  behalten,  ibm  Weber  Dbbad),  @(^u| 
noc^  fonfi  etwa«  uerabreicljen;  er  fonnte 
and)  an  gebunbenen  ober  gefriebeten  S^agen 
»om  Äläger  t)erl)aftet,  unb  wenn  er  fxcS) 
jur  2ßel)r  fe|ite,  erfc^lagen  werben,  ißloß 
ber  fom  Äönig  pcrfiängten  2l^t  folgte 
nadb  2a^i  unb  Jag  bie  oberähte,  nbb. 
5lberacl)t,  welche  aUeä  SRec^t  unb  allen 
^rieben  entjog. 


•2tbcl. 


Sliel,  altb.  tai  adal,  m^b.  ia^,  feU 
ten  ber  adel,  t>eth)anbt  mit  a^b.  nodal 
=  ißatcrtanb,  Erbgut.  @g  ftnb  ju  unter» 
fd^ctbcn: 

1)  bcr  urg«rmanif(i)c  tjlbcl,  jwar 
t)on  manchen  gorfc^ern  befiritten,  boc^ 
^cute  meifi  alä  bif|o"f^  angenommen, 
fcbon  »on  Jacitu^  in  bcr  ©ermania  25 
erwähnt  (super  ingemiosetnobiles). 
6ine  mijtbiWe  51bfiammung  unb  ®r= 
tlärung  be^  Qlbelä,  ttiic  jic  t>a^  digömal 
bereiten  (Jbba  entbält,  la^t  fi^  auf  beutfcbcm 
33oben  nic^t  na^mcifen;  feine  33ebeutung 
ifi  eine  biftorifcfce;  er  wurjelt  in  ber  SBcr* 
gangen^eit,  t>ieQei(^t  in  einer  ferneren  SBers 
gangcnbeit  be^  iBoIfc«.  (Sr  befielt  auö 
einjelnen  Ocfc^Iec^tern,  bie  iai  Sßolf  l)öi)n 
t^xt  aU  bie  übrigen  ©enoffcn ,  beren  Ur» 
fprung  aber  im  Dunfeln  liegt,  wie  ber 
Urfprung  beä  93oIfö  unb  feiner  ©licberung, 
beö  ®taatö  unb  feiner  Orbnung  felb^. 
©ngcrcr  3ufanimenbang  mit  bcm  IJriejier* 
tum  ifi  nic^t  na(^h)eiöbar,  ebenfomenig 
ein  f)öbcreö  Tla%  üon  ®runbbefi|.  S)a^ 
fflcrgelb  beö  ^tbligen,  fc^on  a^t.  ada- 
ling.  edeling,  ift  p^er  aU  baö  ber 
freien.  Qlu^  bem  5lbel  trcrben  bie  Könige 
gewählt,  wäbrenb  bei  gütjrcrn  im  |)cer 
auf  befonbcre  Süäjtigfeit  gefel)en  ftiirb, 
iJluögejeid^neter  Slbel  gereifte  fdjon  ben 
Jünglingen  jum  33orteiI,  junqe  5iblige 
liebten  ben  Ärieg,  fic  fu(ä)ten  ifin  auf  in 
ber  O^erne,  njcnn  ba^cim  triebe  ^crrfd)tc. 
■Jlbligc,  befonberö  3""9frouen,  rt)urben 
gern  ju  (Seifein  genommen,  bie  93ermd^Iung 
iii  5lbligen  würbe  befonbctö  gefu(^t,  unb 
er  nat)m  njobleben  be^b'^II'  m^br  alö  dne 
Stau-  ,. 

2)  Übergang  inä  5WitteIaIt  e  r, 
Qlnfänge  be^  S)ienfiabcU.  3Wit  ber 
■Reubi<bung  ber  franfifdben  ÜHonarc^ie  »er* 
liert  ber  alte  ©eburtöabel  feine  Sebcu« 
lung ;  »o  er  fid),  wie  bei  ben  Saiern  unb 
<Sad^fcn,  in  einigen  Oefdjlec^tcrn  erl)ält 
unb  »on  ben  fränfifd)en  Königen  aner^ 
fannt  tt)irb,  üermifctjt  er  fid)  mit  bem  fic^ 
fe^t  neu  bilbenben  Staube,  ber  fein  ©e* 
burtöftanb  ifi,  fonbern  ein  ^^ienfiabel, 
ein  Staub  ber  SBeoorjugten  unb  9?orncb» 
men.  (5r  bilbet  eine  oon  ben  freien  auf^ 
njört^  biö  jum  I^ronc  be«  Äönig«  auf« 
fieigenbe  51rijiofratie ,  burd)  2imt,  perfön* 
lidben  S)ienji  ober  Empfang  föniglid)er 
®üter  auägejcic^net.  ®iefe  Jleubilbungen 
beginnen  auf  frembem,  erobertem  ©oben, 
in  ©aßien,  unb  ftnb  »on  bort  auö  auf 
alten  beutfd^en  Soben  eerpflauät  roorben. 
J)ie   Sreue   unb    21nbänglic^feit    an   ben 


Äönig  ifi  eine  befonbere  «ßpic^t  bicfcrißc- 
»orjugten.  „3m  einjelnen  laffen  ftc^  unter* 
fcf)eiben:  ÜbertraguHg  »on  fird^Iid^em 
©runbbefi^  alg  ©c^enfung,  als  iffio^It^at, 
beneficium,  auf  33ittcn,  jum  iJiieBbrauc^, 
Sd^enfungen  beö  Äönigö  alö  SBobltbat,  in 
ber  23orau«fe^ung,  ba§  ber  Q3efc^enftc  bem 
Könige  treu  unb  ergeben  fei,  (Srgebung  \n 
ben  befonbcrn  ®df)u^  beä  Äönig^,  ,*Uuf= 
na^me  in«  ©efolgc  beö  Äönig«,  Über* 
na^me  eineä  *Mmteö,  j.  i8.  beä  Major- 
domas,  beö  ■^erjogö  unb  beä  Orafen.  2Der 
Sfiame  5lbel  erfd^eint  in  biefer  ^eriobc  fc^r 
feiten;  man  finbet  entttieber  9'iamen  befon* 
berer  iJienfiflaffen,  roie  vassi,  antrns- 
tiones,  »on  trastis*  oerbunbene  Sd^ar, 
leudes,  fideles,  homines,  ober  9ta* 
men  allgemeinerer  iWatur,  wie  viri  magni- 
fici,  venerabiles,  illustres  viri, 
majores,  majores  natu,  honorati, 
priores,  primores,  Primarii,  primi, 
primates,  potentes,  magni,  pr  in - 
cipes,  proceres,  optimates. 

3)  2)ie  ßtit  berÄaroIinger.  dloä) 
immer  iji  in  biefer  ^eriobe  bie  Qlrifio» 
fratie  fein  abgefcf)Ioffener  8tanb,  »ed^felt 
in  ibren  ÜJJitgliebcrn ,  ifi  im  einjelnen 
oon  ^Ibfiammung  unb  ?[nfebn  tti  ®e* 
fc^Icdbtö  abbängig,  obne  ia^  bamit  ein 
bejiimmter  rccbtli^er  Sßorjug  Perbunben 
roärc.  SScfonberen  Sin^u^  inbeffen  auf 
bie  aUmä^Iicf)e  DiJeubilbung  be^  mittelalter* 
Iid)cn  2tbclö  getüinnen  bie  SnPüute  tti 
Seneftjialmefen^,  bcr  Safaüität  unb  ber 
Immunität. 

a)  33enefi  jia  IU)cfen.  Beneficium, 
eigentlid^  SBoblt^at,  ifi  ber  Smpfang  Don 
öanb  ju  SJiiePraud^.  6ö  ttjirb  »erliefen 
cntmeber  »on  einer  gcijilicben  © tif* 
tung,  urfprünglic^  einem  getüöbntidben 
öanbbauern,  fpöter  unb  immer  bau* 
figer  einem  angefebenen  ÜJianne,  ber  e^ 
entmebcr  mit  ben  Änec^tcn,  »elcbe  biäiber 
barauf  mobntcn,  empfing  ober  fclbfi  fol(^c 
binfe^te  unb  nun  feinerfeit«  bie  Öeijiun* 
gen  entgegennahm,  ju  bcnen  biefe  gebal* 
ten  njaren.  ®er  regelmäßige  3*"^  iP  f^it 
Äarl  b.  ®r.  ein  boppelter  S^\)n\t,  neben 
melcbem  noä)  anbere  ßcijiungcn  oorfom* 
men,  Unterhaltung  fird)Ii^er  ©cbäube, 
JDicnfie,  ©cfcbenfe,  ßriegöpfiidbt;  bie  (Per« 
fon  beö  ©mpfänger^  fann  b^bcm  ober 
niebercm,  geifilii^cm  ober  ujeltlidjcm  Stanbe 
angeprcn.  Ober  Don  meltli(f)en 
©runbbefi^ern;  in  bicfem  ^aUt  fehlten 
gefe^Iid)e  23orfcf)riften,  unb  aüee  mar  gegen» 
feitiger  Vereinbarung  ober  ber  fi^  bilbenben 
®emot)nbeit  übcriaffcn.  Ober  »omÄönig 
1* 


9[bet. 


in  tticlc^cm  ^allc  auf  bem  fönigtid^cn 
beneficium  fein  3i"^  ä"  la^tn  ^Jflegtc. 
^äufig  fommt  iBerwanblung  iti  B.  in 
Eigentum  cor,  mand^mal  ou^brüdlid^  nur 
auf  Scbcn^jeit,  ober  gegen  bie  Sebingung 
auÄbauernber  jreuc  unb  ©rgcbenl^eit.  Äein 
B.  burfte  »erfauft,  »erf^cnft  ober  fonfi 
toeräußert,  bagegcn  fonnte  e*  an  anbere  in 
gicicfier  fficife  übertragen  merben.  Slud^ 
anbere  ©cgenpänbe  fonntcn  aU  B.  ge« 
Itc'^en  tt>erben ,  namcntltd^  Äircöen  unb 
Älöfier,  an  ®ci|ilid^c  h)ic  an  ffleltlid^e. 
Bei  vot\(i)  le^tern  eö  aücin  auf  ben  ®enuf 
ber  Sinfünfte  anfam,  fobann  ^orjlre^tc, 
i5ifd)creien,  Söüc,  ttidbrenb  ißericitiung  Don 
®eri(f)täbarfeit  aU  B.  in  „biefer  *l?eriobc 
meiji  nictit  üorfommt.  ^luc^5tmter,  nament« 
lic^  ©raffd^aften  würben  aU  Beneficia 
be'^anbelt.  SDaä  B.  bat  für  ben  Serieller 
ttic  für  ben  99eliebenen  einen  perfönlid^en 
ß^arafter  unb  gilt  bcöbalb  nur  für  bie 
Seben^jeit  beiber;  boc^  war  S'Jeutoerleifiung 
IRegel,  befonber^  bann,  h)o  ber  Sclie^ene 
ftc^  mit  bem  üon  i^m  gef(ienften  (Eigens 
tum  belehnen  lief  (precarie), 

b)SBafanität.  S)icÄommenbation 
ober  ber  eintritt  in  bie  «Bafallität,  b.  i. 
in  ben  ©c^u^,  mnndium,  eineö  anbern, 
erfolgte  bur<^  einen  fpmbolifd)cn  5lft  in 
ber  fficife,  ta^  einer  feine  ^änbc  jufam« 
mengefaltet  in  bie  beö  ©cf)u^I)errn  legte, 
Welker  ^anblung  baö  2rcui>erfprc*en  folg; 
te.  2)er  Äommenbierte  ^eift  vassus 
ober  vasallus,  mabrfd^einlic^  au§  bem 
Äeltif^en ,  aud)  gasindus.  homo, 
dominns  ober  senior.  SWit  fcltencn 
Slu^na^men  ftnb  e8  regclmä§ig  greie,  bie 
in  bie  SSafaflität  treten;  bie  93er^ältniffe 
finb  nad^  bem  ©tanbe  be^  ^errn  febt  »er« 
fc^ieben.  SafaUen  f önncn  wiebcr  ißafallen 
^aben;  c«  giebt  föniglicfee,  ^erjoglicf)e, 
gräflicf)e,  bifc^öflicf)e,  äbtifcbc  9Ber  ein 
Seneficium  empfangen  ^at,  mu§  fid) 
in  bie  SafaBität  begeben,  abgcfe^en  t)on 
niebcrn  bäuerlichen  Serbältniffcn  unb  *Pre5 
carien.  (Sin  unb  berfelbe  SRann  !(inn 
me^rern  Ferren  aU  Safatt  »erppid^tet  fein. 
SDer  Job  löft  bie  SSafaüität  unter  allen 
Umjiänben,  fowol)!  beim  ^crrn  al^  bei 
bem  Safaü;  Stac^folger  unb  ®ö^ne  muffen 
^c  ßon  neuem  geben  unb  eingeben.  2)er 
^err  bat  bem  SafaUen  @d^u^  ju  leifien, 
toertritt  i^n  »or  ®ertd^t,  ^at  eine  gewiffe 
©erid^täbarfeit  über  i^n;  bie  Safaüität  ifi 
ein  servitium,  ein  3)ienfl.  S)ie  ei* 
gentlici^e  SSerpflic^tung  mar  3:reue,  ber 
SDienji  ein  ecrfcfciebener,  cntmeber  um  bie 
iperfon  bed  ^errn,  ober  nur  für  gewiffc 


©efc^äfte,  wobei  ber  BafaQ  auf  feinem 
^ofe  mo^nen  tonnte.  311«  SWittel ,  bie 
mäcbtigen  territorialen  ©ewalten  in  eine 
fiebere  .31  b^än gigfett  com  fränfifcben  Äö' 
nigtum  jU  fe^cn,  fc^lug  man  axii)  ben 
SDBeg  ein,  bieSn^aberberfelben,  bie.^crjö= 
ge,  jur  »afallitifAen  ^ulbigung  gnjul^al« 
ten,  ebenfo  bie  ^ö^em  ^Beamten,  Qtbte,  39i» 
j^öfc. 

c)  3mmunitöt.  ©ic  iji  urfprünglic^ 
eine^rei]^eit»on  31  b  gaben  unb  Sei* 
Pungcn,  mürbe  aber  mit  bct  3^^*  J" 
einem  3nt>egriff  »on  ^o^eitörcdbten  für 
bie  Scft^er ,  gcifilic^e  Stifter  ober  ^o^e 
SBeltlicfje.  @ic  fie^t  juerfi  na^  altem 
^erfommen  ben  fönigli^en  ®ütern  ju, 
bc^^alb  aud^  benjcnigen  Älöpern,  bie  »oQ« 
fiänbig  in  ben  23eft^  beö  Äönig«  über* 
gingen,  unb  einzelnen  ^erfonen.  I)ie  ^rei^ 
|eit  Bon  ben  ßeipungen  an  ben  ©taot 
führte  JU  einem  3lu«fdblu§  ber  öffentlicbcn 
SBeamten,  ju  einer  Übertragung  i^rer  SRe^te 
an  bie  3"^aBer  ber  Smmunität.  ©ie  be= 
jic^t  ftct)  auf  Öanb  unb  ßeute,  auf  bie 
JBeft^ungen  unb  bie  auf  i^nen  anfäffigen 
lIRenfdjen,  alfo  aucb  auf  bie  ©enepjicn; 
fpäter  wirb  fte  aud^  auf  3öne  unb  ibnen 
nerwanbte  3lbgaben  auögebebnt.  dagegen 
ijl  ber  ^eerbienft  unb  SBad^bicnjl  au^ge« 
nommen.  2)aburc^  bafi  bie  mit  ber  3-  bf* 
bafteten  föniglid^en  ®üter  unb  firdbli^cn 
Stiftungen  auc^  eigene  ®erid)t«barfeit  er* 
balten,  befommen  ^e  ben  S^arafter  befon« 
berer,  »on  bem  übrigen  .Körper  bc«  !Reicb« 
abgetrennter  ©cbiete  ober  ^errf^aftcn. 

4)  Som  3tuöjierben  ber  Äaro« 
linger  bi«  jur  3lu«bilbung  ber 
8c^  enöoerfaffung.  (iinen  abgefdblof« 
fenen  @tanb  be«  3tbel«  ^atte  bie  Äaros 
lingerseit  nod^  nic^t  gefannt;  aud^  bie  im 
engeren  @inn  Wittelolter  genannte  ^eriobe 
fennt  einen  fold^en  Stanb  im  re^tlii^en 
©inne  ni^t.  Dagegen  bilbet  cö  ben  9lit« 
terftanb  aui  unb  in  unb  mit  i£)m  ben; 
jenigen  ©tanb,  ber  bur^  feine  gcfellfd^aft^ 
liefen  iöcrbäftniffc ,  feine  QSilbung  unb 
Äunft  berlräger  eine«  gefc^loffenen  ^\xh 
turlebenö  wirb.  35iefeg  wirb  befonber« 
burcb  bie  3luäbilbung  ber  üKinifteria^ 
Icn  bcbingt.  Urfprünglidb  ifl  üKinifie« 
rial,  35  i  e  n  fi  m  a  n  n  ,  m^b.  dien  est- 
man,  plur.  dienestman  unb  dienest- 
liute,  etncinfact)cr2)iener  im  eigentlicher 
©inne  beö  Söorteö,  o^ne  SJtüdtftcftt  auf  bie 
3lrt  be«  5Dienfteö,  im  ^aufe  um  ben  ^errn 
ober  auf  bem  ®injelbofc,  ob  niebrig  ober 
bö^er  unb  beöfialb  ebrenüoH.  93cfonberc§ 
3lnfe^en  geno§  ber  ^ofbienil,  bei  großem 


Ulbel. 


ganbbejt^ern  bei  SRofbienfi,  bic  Itilna^me 
am  ^ticgebicnji,  bie  jeben,  bcr  i^n  Icijietc, 
übet  bie  alten  ©enoffcn  ju  ^ö^erct  ®()re 
unb  ju  beffcrcm  SRc(^te  er^ob.  ®oId)e 
fieute  t)ei§en  servi,  Äned^te,  servi- 
tores,  famuli,  ministri,  mini- 
steriales,  bie  Äriegäbienfi  ficiflenben 
milites.  SDtit  ber  3eit  tarn  bie  Silbung 
biefer  ßeute  jü  einer  bejlimniten  QJtnerfen« 
nung,  ju  einem  Qlb[d)luf.  (5«  gab  ein 
Äec^t ,  einen  @tanb  ber  SWinifteriafen. 
tiai  frühere  perfönlic^e  Sßet^ältni^  tt)urbe 
ein  bauernbeö,  erblid)eä :  neben  bem  ^xim 
jip  ber  2)icnjibatfcit  rcirfte  baö  ^Jrinjip 
petfönlid&er  greifteit.  3""^^  f}^^  ^i«  ^■ 
JU  I>ienP  »erppid)tet,  f)aben  einen  Jg)errn, 
Reißen  feine  2)ienec,  aber  ber  2)icnfi  felbjl 
|ei§t  ein  freier;  bie  Sebeutung  bcr  Untere 
orbnung  unb  Qlbtjängigfeit  tritt  jurücf, 
iDenn  ber  ^crr  nic^t  al«  ^erfon,  ^önig, 
93if(^of,  ®raf,  gebac^t  wirb,  fonbern  alä 
eine  ÜRa^t,  eine  Äir^c,  SBiötum,  5lbtei, 
ba*  5Rei^,  eine  ©raffc^aft.  3n  Dielen  ^äU 
len  finb  bic  2JJ.  an  bcjiimmte  ®üter  üer= 
fnüpft ,  ficlien  bcäl)ülb  im  ©egcnfa^  ju 
ben  %xmn ,  bcn  SSafaflen ,  bie  im  en» 
gcrcn  Sinne  nobiles  ^ei^en.  3"  ^Sc* 
jug  auf  i^ren  5lnteil  am  Äriegöbienfl 
bagegen  mctbcn  fie  jenen  glei($gefieüt 
unb  beiden  bann  aud^  nobiles.  SSon 
ben  fianbbauern ,  auc^  nienn  biefc  frei 
waren,  unterf(^ieb  fie  bie  ritterlid)e  O'lü« 
jiung  unb  Sradit.  ^inwicberum  bat  ber 
pax  über  fte  ein  Serfügungered^t ,  cer« 
id)intt  unb  nertauf^t  fte ,  b.  l).  er  übei= 
trögt  bie  SRed^te,  bie  er  über  fie  bat.  S« 
^at  ft^  für  fte  eine  tefonbcre  ®ericf)t6= 
bar!eir  auegebilbet.  ©ine  befonbere  51rt 
be^  Dienjie«  ift  ter  ^ofb  i  enfi,  beim 
Äönig  unb  bei  ben  ®ro§cn,  bie  ^auptbienjle 
finb  Kämmerer,  3;ruc^fe§,  Sc^enf 
unb  a}Jarfc^alI,  baneben  Jägermciper, 
.Süc^enmciPer ,  Bannerträger.  2)ie  6nt= 
fc^äbigung  für  ben  !E)ienfi  ijt  anfdnglicf) 
Untertialt ;  befonbetö  mid^tig  aber  n>irb, 
ta^  aümäl)licf)  an  feine  stelle  8  a  n  b  a  l  ö 
©  e  n  e  f  i  c  i  u  m  tritt.  Tlit  beftebenben 
älmtern  unb  3)ienften  würben  bejlimmte 
Sencfijien  bcrbunben.  SBon  bcn  93eft^un= 
gen,  ju  benen  bic  üJIinifierialen  gehören, 
ober  üon  ben  ®ütern,  bie  fte  l)aben,  em^ 
pfangcn  fte  fpäter  ben  Stamen,  bcr  mit 
ber  36it  Saiiilicnn'init  »«iiö-  2^a  ju  Einfang 
bie  Scjie^ung  auf  Den  ^errcnlof  über= 
wog,  rcarcn  foIcbcJJamen  au^  »etfcfciebcnen 
gamilien  gemeini'd)aftlic^.  5lu^  eigengut 
fann  bcr  SWinifierial  ^aben,  ebenfo  .ftned)te 
unb  abtjängigc  Seute,  bic  i^n  ale  knappen 


in  bcn  Ärieg  begleiten.  Xuxd)  Äricgäbienfi 
über()aupt  fmb  fte  ju  2lnfel)en,  [Reichtum 
unb  2Rtt(^t  gefommcn ,  fte  bilbeten  einen 
Sleil  bc^  9fl  i  1 1  e  r  fi  a  n  b  c «  ,  ber  in  bie* 
fer  3fit  empottam.  I)ie  burd)  gleid^cÄ 
SRed^t  unb  gleiten  2)ienji  »crbunbencn  Tl. 
bilben  eine  ®cnoffcnfc^aft ,  fte  bilbcn  bie 
iöcfa^ung  »on  '-Burgen ,  oft  mit  baju  Der» 
mcnbctcn  Senejtjicn  Dcrfel)en  ;  eine  ^nja^l 
ü)l.  pflegten  33ifd)öfe  unb  *äbte  am  <Si|e 
bcö  Stifte  jur  5lbtt)e{)r  unb  fonfiigcr  ^ilfä» 
leiflung  bereit  ju  l)alten. 

3n  ben  SRitterftanb  treten  nun  auc^  ein 
freie  Öeute,  namentlich  freie  ®runb5 
beft^cr ,  bie  ft^  ijaljlreic^  crt)alten  ^aben ; 
bcfonbcrö  fte  t)ei§cn  nobiles;  man 
fprid)t  oon  freiem  iU  b  e  1  unb  Dom 
"jibcl  ber  %xti\)  tit.  Sic  flehen  im 
allgemeinen  im  ®egcnfa^  ju  bem  gemein 
nen  ißolf  bcr  Säuern.  6«  giebt  aber  f)kx 
fcl)r  Derfd)iebcnc  ©tufen.  iBoran  ficfit  bie 
freie  ®eburt  Don  freien  ßltcrn,  oon  einem 
freien,  alten,  Dornebmcu  ®ef(i^Ied)t ;  %ai 
miliennamen  folcfcer  ©cfc^lcd^ter  finb  im 
11.  3abr^.  aufgetommcn,  j^undc^ji  in  bcn 
pf)ern  Seben^treifen,  mo  fte  fi^  auf  ®ü* 
tet  unb  ©(^lüffer  belogen,  tit  ber  ^amilic 
angehörten;  boc^  mec^fclten  fie  no^  in  bcn 
folgenbcn  ®cnerationcn  oöer  bei  Srübern. 

iffiic^tig  für  ben  Stanb  bcr  freien  war 
bie51rt  bcäÄrtcgsbienficö  unb  bic  bamit  Der* 
bunbene  unb  i^ufammcn^ängcnbe  öebendart. 
ßciftung beö fd)wergctüf}cten  iRoBbienJie^ 
erfd^ien  al^  auägcjcicfenct  unb  war  befon* 
berer  (ä^re  teil()aftig,  fo  fcf)r,  bog  aHmd^* 
Vid)  bic  3Serfc^iebenf)cit  beä  ®cburt«rec^tc^ 
in  bcn  ^intcrgrunb  gebrdngt  würbe.  I)et 
33cgriff  beö  iRitterimac^tYid)  ot)ne  SRücfs 
fid)t  auf  anbere  33cr^dltniffe  gcltcnb,  ju* 
erfi  in  fiot^ringen.  ß.l)araEttriftifcf)  für 
alle,  bic  ju  biefem  ©tanbe  gerechnet  wur= 
ben,  ift  bie  ®  c^  w e r  1 1  e i  t  e  (fiel)e  biefc),  bie 
Umgüvtung  mit  bem  ©d^wett.  Einfangs 
lid)  SRed)t  ber  freien  übcrl)aupt,  i(i  bie 
söefleibung  mit  ben  fflaffcn  ober  bie 
2ßet)r^aftma4ung  ie|t  in  bicfcr  gorm  für 
bicjcnigen  üblid^  geworben,  wcl^e  ben 
SRoBbienit  leiteten  unb  jwar  für  *Uüe  Dom 
Äönig  bis  jum  iütinifieriülcn  tjcrab.  95gt. 
aud^  Surnier. 

soweit  fam  bie  Sebeutung  be^  Flitter* 
fianbee,  ta^  Qlbcl  jule^t  3titterjionb 
war,  aucf)  ber  Ü)iinifieiial  War  alö  iRitter 
üblig;  ber  freie  ®runbbeft^er,  ber  ben  IRob« 
bienft  nid^t  übte,  War  cbcnbc^fjalb  ni^t 
abiig. 

Sen  ^ö(^ficn  ®rab  ber  QUi«äcicf)nun3 
o^üb   %xi\l)i\t  mit  rittctliAem   ?eben  Der« 


9lfabemtc  —  Qlfrofii^on. 


bunben.  jE)cr  freie  5Rittcr  ^ci§t  freiet 
^err,  auc^  tt)o^t  blof  .^crr,  baro,  fri. 
3)urd^  5(mt  unb  2Bürbc  fle^t  übet  bcm 
freien  bet  princeps,  bet  %nx^ ,  feit 
^eintic^  IV.  bie  »or^errfc^enbc  Seseid^- 
nung,  ot)ne  ba§  Dorliiufig  eine  benimmt 
umgrenzte  Stellung  auögcbtüctt  tt>äre.  3" 
bcn  geiftli(i)en  i^ürflen  gehören  (Srgbifc^öfe, 
5Bifc^öfe,  5ibte  bet  unmittelbar  unter  bem 
Äönig  jie^enbcn  Älöfier;  h)eltlt(i)e  JJütfien 
ftnb  ^ctjögc,  (Srafen,  ^'falj«  unb  SDiarf* 
gtafen.  Sie  bilben  jufammen  eine  9lrt 
?(mtöabel  gegenüber  bem  JRitterabel. 

5)  Übergang  in  bie  neue  3^^*. 
SDie  boppelte  Älaffiflfation  bet  ^etfonen 
nad^  bem  (Ptinjip  bet  g^ei^eit  unb  bem« 
jenigen  beö  Ätieggbienjiesi  erhielt  ftc^  biö 
in  bai  15.  ^a^r^unbert.  2)aneben  er^ob 
fxä)  unöermetft  eine  neue  Untetfd^cibung 
naä)  ben  t^atfä(f)Iic^en  Sßet^dltniffen  unb 
S3efd^äftigungen,  auä  meldtet  bie  Unter* 
((Reibung  in  ben  ^o^en  SReid)^ ab el  unb 
ben  niebeten  Stbet  ^etöorging  3fncr 
befianb  auä  ben  gütflen,  ®rafcn,  freien 
fetten  obet  93atonen,  »on  njeli^  Ic^tetn 
bie  meiften  im  18.  ^o^i^^iinbert  ben  ©ra* 
fentitel  annahmen.  Sine  mid^tige  Ser^ 
änbctung  entjlanb  abet  baburd),  ba§  bie 
Äaifet  anfingen,  bie  gräfliche  unb  frei^err* 
lid^c  SGßürbe  fünfilicf)  an  blof  ritterbürtigc 
ijamilien  ju  »erleiden.  2)er  niebere  Qlbel 
befianb  auö  folgen,  bie  freie  (Srunbeigen* 
tümet,  93afaUen  obet  iJ^Jinifietialen  geme= 
fen  rt)aten  unb  littetlic^e  ßebensatt  fü^tten. 
SDutd^  bie  93etänbetung  be^  Ätieg^njefen^ 
fiel  bie  tittetIid)eSeben^attfott,  unb  bet5lbel 
blieb  nun  bIo§  al^  ein  au«gejeid)netet  ©e« 
butt^jianb  befielen.  3lud^  bet  niebete  Qlbel 
tt)utbc  ja^Iteid^  butd)  faifetl.  ©nabenbtiefe, 
bcfonbet0antei(^eÄaufIeute,fog.<PfeffetfüdEe, 
Seft^et  üon  ©dfelöffetn,  cetlietjen.  5luc^ 
bie  jutijlifc^e  2>oftorn3Ürbe  erteilte  bem 
Sröger  ben  nieberen  Qlbel.  @ine  befonbere 
klaffe  bee  nieberen  2lbel^  bilbete  bie  SR  e  i  db  ö= 
titterf^aft.  Stuö  ben  Ji^eicn,  bfe  jtdb 
in  ben  ©tobten  ert)alten  Ratten,  ging  baö 
flabtif($e  !Patrii(iat  ^ercor,  bie  ®efd^le(^ter; 
fte  Ratten  jum  leil  eigenen  (Srunbbefi^, 
»utben  SRittet  unb  nahmen  ßet)en. 

jDaö  ^aupthjetf,  bem  aud^  »otliegenbe 
SDarfieüung  jum  jeil  »örtlich  gefolgt  ift, 
ifi  2öai0,  5Deutf*e  93ctfaffungögefd^id^te, 
in  8  ©änben,  rvo  fonjolji  bie  teic^e  fiitte« 
ratut  übet  biefen  ©cgenftanb  alö  bie  jat)I» 
teid^en  Äonttooerfcn  be^anbelt  fmb  '  @onfl 
feien  nod)  ®timm,  SDeutfd^e  iRed^töaltets 
tümer,  B.  265  ff.  unb  bie  bcutfd)en  !Recf)t«= 
gefc^i(f)ten  t>on2BoItet  u.3öpfl  ethjö^nt. 


Sßabemte  a\i  gete^tte  Oefetlfd^aft  ifl 
ein  Äinö  bet  italienif^en  Jlenaiffance. 
S)et  ^umanifi  *Pomponiuö  SdtuS,  gefl. 
1487,  ftiftete  1468  bie  JRömifd^e  "JUabcmie 
utfptünglid^  al^  einen  fteien  unb  an  fein 
feftcö^nftitut  gctnüpftenSctein;  man  füllte 
batin  antife,  bcfonberö  $Iautinifdf)c  ©tüdfe 
auf,  feierte  jätjrlid^  ben  ©rünbungetag  bet 
@tabt  SRom,  aud^  bai  ®ebäci)tniÄ  eine^ 
Berftorbencn  iWitglicbeö,  burd^  einen  ©otteä* 
bienfi  unb  eine  lateinifd^e  SRebe ;  ein  oblis 
gatet  ©d^mauä  mit  ©iöputationen  unb 
S^ejitationcn  befd^Io§  tcgelmä§ig  ba^  ^t^. 
S)et  SRömifd^en  nadf)  ttjutben  in  ja^Itei^en 
anbetn  ©tdbten  Stalienö  fold^e  ^fabemien 
gefiiftet,  j.  S.  in  iReapet  unb  ^lotenj. 
®egen  bie  üRittc  beö  16.  Ja^t^unbett^ 
ttitt  an  bie  «Steüe  bet  lateinifd^en  ipocjte 
bie  italienifd^c,  beten  Setfe  je^t  »otgelcfen 
njetbcn,  unb  beten  Pflege  übett)aupt  ba« 
3iel  bet  SSetcinigung  bilbet;  baö  petio- 
bifcf)e  ®afimat)l  unb  bie  ?luffü^tung  »on 
2)tamen  bleiben  be^e^en.  Sgl.  iSutdljatbt, 
SRenaiffance,  220.  2)ic  betü^mrefie  biefct 
Qlfabemien  ifi  bie  1?J82  ju  5toi^f"5  i^' 
fiiftcte  Academia  della  crusca,  b.  i.  bie 
®tüfcf)=  obet  Älcien=5lfabemie,  meil  fte  bie 
Äleie  bet  @ptadf)e  oon  bem  gefunben  ÜRe^l 
ju  fdf)eiben  ttad^tet;  it)t  ^auptnetbienfi  ifi 
bie  ^etfieüung  eine*  je^t  nod^  geltenbcu 
aSJöttetbudie^,  juetfi  1612  etfcf)ienen. 
<Mu§et  biefen  littetatifd^cn  5tfabemien  im 
engcten  Sinne  gab  eö  noi^  manche  anbete, 
mie  bie  1457  ju  S'oi^fn}  gefiiftete  plato* 
nif^e  ?tfabemie.  S)iefe  itolientfc^en  3lta= 
bemien  ftnb  baä  SRufiet  bet  fafi  in  allen 
eutopäifc^en  Staaten  geatünbeten  "Ufabe* 
mien  geworben ;  Sprad^afabcmien  ftnb  bie 
frudt)tbringenbe  ®efeüf^aft  ober  ber  (Palmen» 
orben,  1617  su  SBeimar  gefiiftet;  bie  auf= 
ridl)tige  2;auengefellfdf)aft,  1633  ju  Stta§= 
butg  gefiiftet;  bie  bcutfdfjgefinnte  ®enof[en= 
fd^aft,  1643  ju  ^ambutg,  bie  ©efettfd^aft 
bet  *Pegni|f^läfer  obet  bet  geftönte  Slu« 
menotben  ju  Stütnbetg,  1644;  bet  (ilb» 
fcbmanenotben  ju  TOebel  im  ^olfieinif^en, 
1656;  fobann  ja^lteic^e  CoUegia  Mnsica, 
in  bet  Sd^weij  (aud^  in  S)eutfdt)lanb ?), 
3ütid^  1613,  St.  ®anen  1621,  2Bintct* 
tf)ut  1620,  fetnet  gele^tte  ©efeüfd^aften 
im  njeiteten  Sinne,  j.  S.  bie  Seopolbinifd^c 
<}lfabemie  bet  SRatutfotfdl)et,  1652  oon 
iöanf^iud  JU  SBien  untet  bem  IRamen 
Academia  natnrae  curiosornm  gegtünbet, 
5lfabcmie  Pon  «ßati«,  166«. 

^Ifroftiii^on,  eine  poetifc^c  Spieletei, 
monadl)  bie  llnfangö»  ober  (5nbbu(J)fiaben 
eine*  ©cbid^teä  jufammen  ein  ober  meutere 


Alamode  —  Qlld^emie. 


SBörtct  bilbcn,  f ommt  fc^on  bei  bcn  ©rieben 
t)or,  unb  ©pic^armu«,  ein  fijiIif(J)er  Äomö» 
1)icnbic^tcr  im  5,  ^ai)x^.  t).  6f)r.,  wirb 
aB  (Sr^nbct  angegeben.  'S>ai  5lfro|li(f)on 
tt»ar  in  ber  tatcinifc^cn  9Wön(f)äpocftc  be« 
fonbetö  bei  Sffiibmungögebic^tcn  [ebr  be« 
liebt  unb  fam  bal)cr  auc^  in  beutfd)e 
@ebicf)tc;  Dtfriebä  crfte^  SBibmung^gebid)! 
ergiebt  foiDobl  mit  ben  ^Infangö?  die  mit 
t)cn  ßnbbud^j^abcn  bieSBorte:  Lndouuico 
orientalinm  regnorum  regi  sit  salns 
aeterna,  tai  jTOeite  ebcnfo  Salomoni  epi- 
scopo  Otfridus,  ba^  britte  Otfridas  Wizan- 
burgensis  monachns  Hartmuate  et  Werin- 
berto  sancti  Galli  monasterii  monachis; 
unter  bcn  t)öfif(f)en  Did^tern  menben  u.  a. 
(Sottfrieb  x>.  ©ttafbutg  unb  SRuboIf  »on 
Q.mi  ba^  6picl  an;  in  Qbnlicf)et  *Jlrt  liat 
<CbiIipp  9'iicolai  feinem  Öicbe :  2Bic  f(f)ön 
teud)tct  ber  9J?orgenjiern,  *Hnfangöbud^< 
ftaben  ber  ©tropfen  gegeben,  bie  jugteic^ 
bie  Qlnfangöbu(^Paben  bcö  SJJamcn^  fmb, 
bem  ba^  Sieb  gettjiömet  ifi;  befannt  i(i 
hai  fd)önere  SOBortfpiel  in  ^aul  ®erl)arbö : 
Sefiebl  bu  bcine  Jöege. 

Alamode  war  baö  ©cfttagroort  be^ 
<Stu^crtum^  feit  iUlitte  ber  20er  ^a\)Xi  tti 
17.  ^af^xl).;  cö  bcjeic^nct  bie  »oOe  ''J3nrtei* 
na^me  für  ben  franjöftfd)cn  ®efcf)ma(f  in 
ber  ^leibung  gegenüber  ber  ättcrn ,  „alt= 
Ddterifd^en"  Sitte.  (Segen  bicfe  <JlIamobe« 
trad^t  unb  bie  bamit  ocrbunbenc  geiflige 
^lic^tung  er^ob  fid)  ein  umfangreicher  lit« 
terarifcf)er  Äampf ;  1629  erfc^ien  ein^Il- 
mobif^  er  Äletjbers  Jeuffel,  ^ranf* 
fürt  a.  Tl.,  oon  Kaplan  (Stiinger,  bem 
flnbere  dl)niid)e  Südjer  folgten,  big  1680. 
Durd)  J^iguren  auf  „^liegenben  blättern" 
fud)te  man  bie  neue  Irai^t  bem  Spott 
ber  iWenge  an^eirnjugebcn;  bie  3:racf)t 
mürbe  barin  u.  a.  alä  Monsieur  Alamode 
perfonifiäiert.  3n  biefer  5trt  mirften  aud^ 
ÜJ?of<^erof<^ä  2BunbcrIid)e  unb  mabr« 
fiaftige  (Scfid^tc,  morin  ber  ?lIamobe= 
Äef)rauö  lebenbtg  gcfc{)ilbert  mirb,  Sau» 
re nb  er g^  Satiren,  ß  og au ä  (Epigramme 
<^Iamcbe  =  .Kleiber,  ^Ulamobe« Sinnen,  mie 
ftc^ä  manbelt  au§en,  manbelt  [iä)i  aud^ 
innen),  Qtbrabam  a  Santa  Slara, 
3  0  a  dE)  i  m.  —  gfl  a  (^  cl  2B  e  i  §,  Äoflümf.  III, 
i044  ff. 

2Üd)CratC ,  m^b.  alchemte,  al- 
c  h  a  m  i  e ,  au%  mittellat.  a  1  c  h  1  m  i  a  , 
alchemia,  meld^eö  auö  gried).  bie 
ch  emeia=  Saft,  ^lüfjtgfeit,  oon  ch^- 
ein  giefen,  burd^  Vermittlung  ber  *Mra« 
ber  unb  baber  mit  bem  arabifc^en  ?lrtifel 
al.     ^an   Perftebt   baruntcr   bie  oom  4. 


bi«  in  bcn  25eginn  be8  16  pa^r^.  ge^en- 
ben  SÖcflrebungcn ,  mit  $ilfe  4emifc^er 
^rojeffe  uneblc  'BtctoUc  in  eble,  ®olb  ober 
Silber ,  ju  »ermanbeln.  SBa^rfc^eintid^ 
baben  biefe  Seftrebungen  in  ^(gtjpten  be* 
gönnen;  unb  man  nannte  fpdtcr  einen 
^(gppter  Hermes  Trismegistos 
ober  Mercurius  bcn  iöegrünbcr  ber  ^U 
d^emie.  @d)riften  aber,  mel<^e  bie  *WctatI= 
ncreblung  ju  if)rem  ^auptfädblidt)en  ®egen» 
fianb  f)aben,  pnbct  man  juerjl  in  gried)ifd^er 
Sprad)e  im  5.  Jabr^.  93om  8.  3a^r^. 
befdf)äftigt  bicfe  ^unft  bie  Araber,  unb 
n^  r>on  ibnen  fam  ftc  ju  bcn  Europäern. 
3merf  \^  fict«,  bie  iWittcl  ju  ftnben,  »o^ 
burcf)  uneble  ÜJlctatle  in  cblc  ttermanbelt 
mcrbcn,  auf  d^emifd^em2Bege  ein  ^Präparat, 
ben  S  t  e  i  n  b  e  r  2Ö  e  i  f  e  n  ,  bar^ufletlen, 
metcbeö  in  feiner  böc^jien  Soüfornmen^eit 
auedfübcr  unb  jcbc^  gef^moljcne  uneblc 
iUtetafl  in  ®olb  pcrmanbelt,  in  einem  nie* 
beren  3«i^<Jn^2  ^^^  33onfommenf)eit  biefet= 
ben  nur  in  Silber  umanbert ,  unb  enb= 
lic^  nod)  aU  ^räncimittcl  gebrandet,  attc 
^ranfl)citen  beitt ,  ben  Äörper  ncriüngt 
unb  bo^  2eben  oerldngcrt.  9tad^  ber  er- 
ften  alcf)cmiftifdben  S^eoric  ber  Araber  finb 
alle  ÜWetaüe  jufammengefe|t ,  unb  jmar 
finben  fxi)  in  allen  gmei  'Scftanbteilc,  »on 
beren  JRcngeDcrbdltniö  unb  rerfd^iebenem 
®rabe  ber  i)tcinf)cit  bie  iWatur  be«  5DletalIö 
abfängt;  fie  Reifen  Sd^mcfel  unb 
Q.uedfilber,  momit  aber  niä^t  ber 
gcn)öbnli(^c  Sdf)mcfel  unb  baö  gemö^nlid^e 
Quedfllber  gemeint  ftnb,  obgleic^  ftc  barin 
in  großer  Wenge  enthalten  fein  follen. 
Unter  i^rem  Mercurius  fd)einen  bie  Qlli^c« 
miften  ben  Segriff  beö  Unjerfc^baren  unb 
unb  jugleid^  bie  Sigcnfcf)aft  beä  OTctatI» 
glanjeö  unb  ber  2)e^nbarfeit,  ber  üJietaHiji* 
tdt,  unter  Sulfat  ben  ©egriff  ber  ^ix^ 
fe^barfeit,  ber  *Berdnbcrlit^feit  pcrfianbcn 
ju  fiabcn.  Über  bie  Jiatur  einc^  Stoffel 
giebt  iai  ^euer  am  bejlen  5lu^funft.  3t 
nad^  bem®rabe  ber  gificrung  beöS^mefel^ 
unb  hti  Qued ftlberg  ifi  bie  Sd^meläbarf eit  ber 
ÜJletaüe  »erfd)iebcn,  bie  ^^arbc  t)ängt  Dom 
Sd)mefel  ab.  2)er  bcbeutenbfie  S^cmifer 
ber  5lraber  ift  ®eber  im  8.  ^a^x\).; 
anbere  jtnb  -ütbaje«,  lloiccnna, 
5lt)enjcoar,Qllbufafe^;  c^riftlid^e 
9lld)cmiiien  Qllbcrtu«  SWagnu«, 
dogeröaco,  Qlrnolbuä  Sil* 
lanoDanu«,  SRapmunbu^  ßul* 
lu«  ,  aQe  im  13.  '!jai)xl).  (£«  pnb  meift 
ÜWöndbe,  bie  i^re  (Syperimente  in  im  Älö* 
flern  mad^en,  bencn  smar  im  Einfang  bed 
14.    '^a\)xb.    bie   "Sctreibung    ber    <Uldbes 


8 


3lUyanbttfagt  —  IHlejanbriner. 


mit  burd)  eine  pö<?ftlictc  Julie  fcttotcn 
tomtt.  3m  15.  Jo^t^.  tiitt  ol«  briitcr 
(gtunbbcflcnbtcil  juGuccffilber  unb€d;ttic« 
fcl  bö*  €  a  I  j ,  ircldfccs  »icber  nidtit  mit 
bcm  gemeinen  €alj  ibcniif*  ift.  5ric 
^oUnic*erei  tat  j;»ot  nr*  nul)t(Tc  3o^'^= 
bunbeile  lang  Qlnbätioier  (\efunben;  in  ber 
n)if[enid)afllid)en  fWatmlebre  nrutbe  fie 
aber  fdon  feit  $  a  t  a  c  e  1  j  n  e  (1493— 
1541)  obgelöjl  butc^  bie  Glitmie  in  bex 
5Rid)tung  alä  3  o  1 1^  o  *  «^^  i  f  r  iufolfle 
tt)eld)er  jie  fid)  in  ben  JEienjl  ber  ^i\h 
tunbe  fJeflt.  5lu«  ifer  iji  bann  mit  ber 
3cit  bie  moberne  2BijTenfd)aft  ber  ßfccmie 
crwad^fen.  ^opp,  ®efd)ic^tc  ber  6l)e= 
mie,  Jb.  1  unb  ebberf.,  bie  enln?i(flung 
ber  (Sl)cmic  ber  neueren  3«^*-  ^ — 32,  unb 
ebberf.,  S5  ei  träge  jur  ®efä)i^te  ber 
(S^emie.    Staunfd^weifl  1S69. 

SHcjanbcrjagc,  gebort  ju  bcnjenigcn 
Stoffen  bee  l^öfifdben  Äurfiepoe,  bie  mon 
©Äulepen  nennt,  b.  b.  epen,  bie  i^iren 
€toff  ben  fct)ulmö|i9en  €tubien  bee  5llters 
lume  »erbauten.  2?ergki(I:e  Sineibe. 
%\t  ^auptqucUe  ber  lateinifd)  fonjo^l  alc 
norbfranjöfifd)  bearbeiteten  ^llcyanberge* 
bi^te  ttJar  ber  falfcfje  ÄaBifibfne«,  urfprüng» 
lid)  9iicd)ifcb  flefd)rieben  unb  fpäter  ine 
Sateinifcbe  übertragen.  SDaß  franjofifcfce 
5llejünbertieb  ton  Sllberid)  fon  JPifinäo, 
ÜHönd)  ju  ßlugnij  um  1138,  Aubri  de 
Besancjcn,  ifi  ocrloren ;  erbalten  ftnb  aue 
bem  12.  3abi^bunbcrt  bie  5lIejanbtrUcber 
tti  Alexandre  de  Bernay  unb  Lambert  li- 
tors.  fflaäi  5llbrcd)t  »erfafte  ber^Pfoffe  Sam- 
pte<^t,  ein  SGeltgeifllidier,  um  bie  SDütte 
be«  12.  3abrbunbertö,  ein  beutfdbe?  5lle' 
yanberlieb,  i>ai  burcb  feine  fräftige,  treu^ 
berjigc  unb  naitc  £)arf}ellung  überrafdbt. 
<&i  ergäblt5llffanberöJ^crfunft  unb3ugenb, 
ben  3w9  "Q*  5lfien,  bie  Siege  über  Tia« 
liu«  unb  ^ßoruö,  ben  3"9  i"*  ßonb  ber 
3auber  unb  ©unbcr,  n^o  bie  SWäbcben 
au^  ben  ©lumen  macbfen  unb  ein  SBlumen» 
leben  fübren:  in  bae  ??arabieö  eiujiutrcten, 
tt ebrt  ibn  ein  jübifcfccr  ©reifl,  5tlef anber  febrt 
jurürf,  regiert  no(ib  12  ^a\)xt  meife  unb 
mä^ig  unb  fiirbt.  ©ine  anbere  SSearbei« 
tung  berfelben  ©oge  ift  »on  9iuboIf 
ton  Gm«  ittif<ib«n  1230  unb  1241  ab' 
gefaxt,  einem  9'Jüd)at)mer  ©ottfriebÄ  »or 
StraPurg. 

Sde^anbriiter  ifi  bet  eine  »on  ben  bei« 
ben  Sßerfen  be^  altfranjöftfdien  böfifcb«n 
(£poö;  mäbrenb  ber  beliebtere  33erÄ  ein  adjt« 
filbiger,  if!  ber  5Ucyanbriner  ein  fcd)*» 
filbiger  S5er«;  man  vermutet,  t>a^  er  baei 
SWufter  biä  ^iibelungenferfeö  gewefen  fei; 


ben  9'Jümcn  i)at  er  »on  einem  Qlleyanbers 
liebe  oter  ron  bem  Tiditer  Qtleyanber  t>on 
Seinap.  5Eie  grcnjofcn  bielten  an  ihm 
fefi  unb  mochten  itn  jum  fogenanten  be* 
roifd)en  l'ercma^  in  epoö  unb  5^rama. 
Cpi^  fübite  ben  ^Jleyanttiner  al*  bero»^ 
ifd}en  SBerö  in  bie  beutfcbc  *Poefte  ein. 
6r  fagt  ron  ibm  in  ber  bcutfden  <Poeterci, 
Aap.  7:  „Unter  ben  jambifd)«"  SSerfen 
ftnb  bie  jutörberft  ju  fe^en,  melcbc  man 
5»leyanbrinif(be  fon  ibrem  erfien  Grfinber, 
ber  ein  3talitner  foü  gcnjefen  fepn,  ju 
nennen  pfleget,  unb  ttierben  anfJatt  ber 
©ricdien  unb  Slömer  beroifdbc  SSerfe  ge^^ 
braud)t:  Cb  glel)*  iRonfarb  Vers  commnns 
bie  gemeinen  S?erfe  bierju  tüchtiger  ivt 
fein  permeinet;  meil  bie  5lIeyanbrinifcbeiT 
teegen  ibrer  SBeitläufftigfeit  ber  ungebun=f 
bencn  unb  frepen  SJlebe  jiu  febr  äbnli*  fmb, 
mann  fie  riebt  ibren  9J(ann  pnben,  bet 
fie  mit  icbenbigen  färben  berau0juflreid)en 
mei§.  2Bcil  aber  bicfee  einem  ??octen  ju- 
ftebct  unb  bie,  über  melier  9?ermögen  e* 
ifi,  nicbt  gejmungen  finb,  ficb  bamit  ju 
ärgern,  unfere  Spradje  aud^  obnc  biee  in 
fold)e  enge  ber  Sörter  mie  bie  granjöftfdbe 
ni(^t  fann  gebracbt  merben,  muffen  unb 
fönnen  mir  fie  onftatt  ber  bcroifdben  93erfe 
gar  mobl  bebalten,  inmaffen  bann  au(^  bie 
JWieberlänber  ju  tbun  pflegen.  I)er  SEeib* 
lidbe  5?crö  bat  brcpjebn,  ber  ÜJJännlicbe  i)at 
Smölf  Splben;  mie  ber  jambns  trimeter. 
6«  muf  ober  cflejeit  bie  fccb«te  Splbe  eine 
caesnr  ober  Qibfdinitt  babcn  unb  mascu- 
linae  terminatioDis,  iai  ifl  enbmeber  ein 
cinfplbig  SKort  fein  ober  ben  Slccent  in  ben 
legten  Splben  ^abtn.  ^vm  ©yempel: 
Sieb  balte  Supiter,  |  nicbt  $aii§  ibm  er» 

fobren, 
Unb  mütb  aud)  je^t  ein  Sdyman  |  manit 

bi^  fein  Sd)>t)an  gebobren. 
5Du  be'f{|^^«'fiia  I  ""b  bifi  aud)  fo  gejiert, 
Unb  mäiefi  ®u  nidbt  feufd»,  |  ®u  mürbejt 

aud)  entfübrt." 
33on  Cpi^  an  bicnte  ber  5llcyanbriner 
in  flropbifdben  ©ebicbten  fomobl  (Sonett) 
aU  in  unfiropbifdjen  iBerfen  aH  ttjpifdier 
35erg  ber  mannigfaltigflen  lidjtungöatten; 
5Drama,  Spo«,  S^ibaftif,  ©elegenbeitäi» 
gcbid)t,ßpif}el, Epigramm,  ©legic  fcebientm 
fieib  feiner.  (Srfi  um  bie  SDtittc  beö  18. 
3abrbunbertd  begann  man  feiner  mübe  §u 
merben ;  bie  fieipjigtr  SDidbter  mifcbtcn  ibn 
nur  nocb  miOfürlidb  in  jambifcbt  SBerfc 
»erfdbicbener  fiänge,  Älrpftcd  eiferte  ibn 
in  ber  SJJeffiabe  butd)  ben  ^eyamcter, 
JJefftng  im  9'Jatban  burcb  ben  günffü^ler. 
©oetbe  fd)rieb  al«i  Stubcnt  in  ßeipjig  bie 


Ülüegorie  —  lUüitteiietenbcr. 


9 


Joujie  bc«  iBciliebtcn  noc^  in  5tlefanl)ii» 
nein,  im  ^a^xt  1767. 

StUegorie,  b.  i.  biejenige  iJarfieflungö» 
»eife,  bie  ein  Dbjc!t  üeimittelfl  eine«  ibm 
ö^nlic^cn  tai|!cDt,  f)Qtte  im  SDJittclalter 
eine  fe^r  gto^e  ^luöbelinutig  unb  51nWcn= 
^ung,  fon?ol)I  in  ben  bilbcnbcn  Äün^cn 
ül»  in  ber  !Püefie.  €ct)cn  tai  Zeremoniell 
bee  c^tiftlid^cn  (Sottcebienfle^,  »erfd^iebene 
5Coflmen  unb  bcfonberß  bie  iiuelegungö« 
roeife  bet  IBibel  maien  gefätligt  üon  alle- 
gorifAer  ^DatPeÜung  unb  ^luffaffung;  mie 
man  fie  benn  in  Ctftietö  (5Dangclienl)ars 
monic  unb  in  ben  ^tebigtcn  unb  Srafta= 
ten   ber  aJI^ofiifcr   überall   jerfireut  finbet. 

—  Tie  bcfifd)e  ^oefic  ifl  ber  i5lDegorie 
ni(f)t  bcfonberö  günjiig;  bcd)  gebort  SBolfs 
lame  $arjifal  in  biefe  SRi^tung,  i>a  bie 
ganje  6rjäl)lung  ein  93ilb  bapon  geben 
(oll,  mie  ber  SKenfcfe  »on  ber  tnmpheit 
unb  bem  zwifel  jur  saelde,  au*  ber  Un« 
erfabren^eit  burd^  ben  3*i5fif£l  jut  33"' 
fö^nung  gelange.  @anj  aüegorifc^  ip  auc^ 
ber  fronjöftfctc  Roman  de  la  Rose  »on 
Gaillaume  deLorris,  fortgcfe^t  »on 
Jean  de  Meung,  SDiitte  beö  13,  Sa^tf)., 
lange  ein  ßieblingöbud)  bei  5^'i"J*'ff"« 
3n  ben  folgenben  Q^ittn  roacbji  mit  bei 
5lbnal)me  lein  batfleBenbeiÄunji  bie^icube 
an  berQlflegorie,  man  erfinbet  bieSBlumen« 
fpracSe;  bie  fiicbeeluP  miib  in  unääl)ligen 
jjormen  toeraflegorijiert;  iai  ^äiaä)' 
jobelbud^  be*  ^onrab  ton  5lmmen^aufen 
(1337)  ifi  eine  tmd)  ba«  @cf)üc^[piel  »er» 
<innbilbli(J)te  jDatPellung  id  Cebens; 
ebenfo  bie  ^aq,t)  be«  J^abcmai  t>on  ßabct. 

—  3loä)  fiärfer  jeigt  fi^  ber  @ebrau<6  ber 
ftUtgoiic  in  ber  itolienifdjen  JRenaiffance 
unb  in  benjenigen  nationalen  Äünpen, 
bie  ton  \l)X  auö  gevflanjt  moiben  finb. 
SBefonbcrö  bie  SBeliebtlicit  ber  antifen 
SOi^ttiologie  buid)  bie  italienifc^en  Äünfi= 
lei  unb  Siebter  brod)te  eine  UnjobI  altci 
unb  neueifunbenei  aüegoiifdier  ©arjlellun* 
gen  unb  "Perfonen  auf;  5Dünte«  göttlid)e 
^omöbie  Wor  felber  eine  gio§e  5lDegorie 
unb  entljielt  ja^iliei^c  aUegoiifc^e  ©injeU 
baifiellungen;  bie  SOJalerei  unb  bie  plofti« 
f^e  S;ai|iellung  burd^  lebenbe  «Perfonen 
bei  gcPaufjügen  u.  bergl,  biadite  mit 
Vorliebe  QlUegorifct)e«.  Sergl,  ituicf^arbt, 
Äullur  ber  IRenaiffance,  322  ff,  5Der  Sin« 
fiu^  ber  italienif^en  51IIcgoiie  jcigt  fid) 
nun  boppelt  jiatf  in  bei  beutf(ften  Äunji ; 
SWayinnliür«  Sl^euerbanf  ift  rein  allego« 
lifd),  ^an«  €ac^«  ^lat  foji  alle  Jugenben 
unb  ßaflei,  3ufJönbe  unb  S^egebenbeiten 
bc6  menf(^li(^en  Jöebene  aüegorifci^  betjan« 


bell;  ebenfo  bie  ü)?alerei,  bie  ©la^malerei 
u.  a. ;  »iele«  baruntcr  mit  ©eiji.  S)ie 
Dpi^ifc^e  3''^  mad)t  e«(  nid)t  anbeiö,  nur 
bo§  e*  ibr  meifl  an  eifinbeiif^em  ®eift 
gebrid)t.  6rfi  iai  frifd)erc  ßeben  bei  51uf» 
tläiungspeviobc  unb  befonber«  bie  83lüte 
be«  2>iamaä  brängen  ollmätilic^  bie  51tle* 
gorie  juiücf,  mobci  jumal  fieffmg*  baiauf 
beAÜglid[)e  Uiitevfud)ungcn  im  fiaofoon- 
mirtfam  ftnb,  £)ic  antifificrenbe  JRi^tung. 
®oetbe*  unb  ber  ®eifi  ber  iKomantif  meibcn 
ber  Slüegorie  »on  neuem  günfiiger,  mo» 
»on  ber  jrtieite  2eil  beö  %an\i  ba*  befte 
gyempel  fein  bürfte. 

3m  engeren  €inne  ifi  5lllegoric  bet 
fjlamt  eine«  Srcpu«,  moburd)  ein  ©egen« 
ftanb  nebft  ben  eigenfdiaften,  bie  i^m  an» 
fangen,  unb  ben  SBirtungen,  bie  er  aue» 
übt,  in  einem  einl)eitlid)en,  jufammen^än» 
genben  93ilbc  ausgemalt  miib.  51u^  i>üi 
®ebiä)t,  bem  ein  f'olc^er  Jropu«  ju  ®runbe 
liegt,  j.  93.  i£d)iaei«  ÜJJäbc^cn  au«  ber 
giembe,  ^egafu*  im  3od)e,  tiägt  ben  Sia« 
men  bei  QlUegoiie. 

Übel  5lllegoiie  in  bei  bilbenben  Äunfi 
»gl.  Dtte,  ^anbbu*  bei  firc^l.  Rmp 
<Uid)äoloftie.  882.  890, 

Slßtttcricrcnbcr  obei  fiabieimenber  95ei* 
ifi  ber  Ser«  be*  altgermanifcfeen  epo«,  fo» 
moI)l  ber  €fanbina»ier  al«  bei  S)cutfd)en 
unb  Qlngclfad^fen.  (5i  bef}cl)t  au*  jmei 
^älften,  beien  jcbc  jwei  grammatifd)  unb 
begrifflid)  bebeutenbe,  ftarf  acccntuierte 
©üben  enthält,  an  bie  fid)  eine  beliebige 
2lnja^l  fd)madbacccntuierter  gilben  an« 
fd^miegt;  bie  beiben  ^albterfe  werben 
buid)  ben  Stabreim,  b.  i.  buv*  ben 
®leid)laut  ber  Qlnfangöbuc^fiaben  ber  ge» 
bobencn  €ilben  ober  ©täbe  fo  »erbunten, 
ba§  meift  auf  ben  erfien  ;^alb»eie  ein, 
auf  ben  jmeiten  jwei  ©labe  fallen;  bod> 
tommen  au^  bie  €tab»et]^ältniffe  1,  Ij 
2,1;  2,  2  »or;  bie  93ofale  Werben  atlt 
aU  glei^lautig  be^anbelt.  S)ie  gan^e 
altffanbina»ifd)e  fiitteratur  baut  fi^  au& 
fittbreimenben  SSerfen  auf,  bie  aümä^lic^ 
frcilid^  »erfünfieltcn  unb  iai  formaUr^ptb» 
mifd^e  ßeben  biefer  5)i*tung  erfiarren 
madjten.  Qlud)  bie  ganje  angelfäc^ftfcfee 
«Poefie,  93coft)ulf,  Ä^nemulf,  Ääbmon,  ifi 
aüittciierenb.  93on  Überrefien  beutfd)ei 
flabicimenbet  a?eife  finb  ju  nennen  einige 
JRunenfpiüd^e,  bte  ü}Jeifeburger  3""''«» 
lieber,  ba«  ^ilbebranbölieb,  ber  Einfang 
be«  2Bcffobiunnei  ®ebete«(,  SRufpiüi,  bet 
^elianb.  95eibiängt  wuibe  bie  iUllitteraa 
tion  bcfonbeiö  burd)  Dtfiieb  babuid),  ba§ 
bei  (Snbieim  an  feine  ©teile  tiat,  ein  Um.», 


10 


moh  —  mtax. 


jtanb,  bct  p^nc  Swjeifcl  für  jtd^  aücin 
fd)on  üiet  jum  Untergänge  bcr  alten  cpi= 
f(i)en  ^ic^tungen  beitrug.  Die  iJtllittcration 
tiat  |id^  üon  ber  epif^en  ^nt  ^er  in  man« 
nigfad^en  iHebenäarten  bcfonber^  bcr  SRed^tä* 
fprad^e  erhalten:  *JJ?ann  unb  3D?auö,  Äinb 
unb  Äegel,  ab  unb  auf,  niet^  unb  nageU 
fe|l,  ^au^  unb  .^of,  2ötnb  unb  2öetter,  gc* 
fammelt  in  ®rimm^  3tcd)töaltertümcrn, 
6  ff.;  fobann  finbet  fte  ftc^  aU  malcrifc^c^ 
<S(ement  in  2)ic^tungcn  mit  (Snbrcim, 
jiemlid)  5ablrei(^  j.  ©•  im  fRibelungenlicb; 
auc^  bic  mittellateinifcfce  ^oefte  ^at  man^ 
d)eö  fiabreimenbe  (Sebid^t  ^eroorgebrac^t. 
•@rft  bie  neuere  SRomantif  madf)te  mieber 
lßerfucf)c,  bcn  aUitterierenben  IBcrö  neuer« 
bingö  einzuführen,  ba^in  get)ört  J^ouqueä 
-^elbenfpicl :  ©tgurb  bcr  ©cf)Iangentötcr, 
befonbcr*  aber  in  neuerer  3^'*  '^'^^  3liht> 
lungenlieb  unb  ^ilbebranbä  ^cimfebr  »on 
5roilt)clm  Jorean.  95gl.  ^erbinanb  33ettcr, 
TÜbcr  bic  germanifd^e  3initteratton^poeftc, 
tffitcn  1872  unb  2öilf)clm  ^orban,  ber 
epifiie  SScrö  ber  ©ermancn  unb  fein  @tab* 
reim,    ^ranffurt  a.  m.  1868. 

Wiob  ,  mittcllat.  a  1 1  o  d  i  u  m  ,  alt* 
frdnfifcf)  a  1  6  d  i  s  ,  au^  a  1  =  ganj 
unb  tai  6t,  (Eigentum ,  Sejt^.  25ad 
2ßort  finbet  ftd)  juerfi  in  ber  fpdtcren  OTc* 
Tortiingerjeit  unb  bejeid)nct  ©igengut  ober 
<Srbgut  im  ©egenfa^  ju  93encpcium. 

Siimana^ ,  burct)g  gflomanifd^c  au«  bem 
9lrabifd)en  cntlct)nt,  wo  al  CMrtifel)  unb 
manach,  entmebcr  aH  ®efd)enf,  Dteuja^rö« 
gefc^cnt  ober  aU  iBered&nung  erfidrt  mirb. 
5m  15.  ^af)xl).  tiicB  man  fo  aftronomif^e 
■^alenbertafcln,  bic  früf)  gcbrucft  crfd^iencn. 
5Die  granjofen  fügten  jucrft  biefen  Äalcn« 
barien  aüerlei  3?eigaben  onbcrcr  9tatur  an, 
unb  bcr  feit  1765  etfd^einenbe  Almanac 
■des  Moses  mürbe  ta^  iBorbilb  bcö  öon 
Gbrifiian  iSoie  1770  juerfi  herausgegebenen 
"@öttinger5}^ufcnalmana(i)c^  unb  bcö  eben* 
foHö  1770  crfdiicnenen  ßcipjiger  5Jlufen« 
olmanad)cä  oon  fö^r.  ^.  @ä)mib.  (5« 
folgten  noc^  jat)lrcid^e  totale  ^Hlmanod^c, 
Don  (Jranffurt,  33crlin,  2Bicn,  ^Pfaljbaiern, 
Semberg,  jum  Seil  unter  bem  Dtamen 
®lumenlcfc.  Unter  bcn  fpätcrn  ifl  bcr 
©(^iücrfd^e,  1796—1800,  bcr  bcrüt)mtefte 
flcmorbcn. 

Ullmcnbc,  jtet)c  S)orf, 

511^,  Stlb,  [\ii)t  mbm. 

5tlpbrUdcn,  ftct)e  2)rubc. 

3lltat,  r>om  lat.  altare,  Dpfertifd^. 
IDet  ®otc  oerbeutf^tc  ^Itar  mit  hunsla- 
staths  =  Dpferftatt,  bcr  5tngelfad)fc  mit 
Vigbed  =  icmpclbett ;     a\)t).     ältari. 


m^b.  bcr  alter.  S>cr  Urfprung  bc«  *MI« 
tar«  l)ängt  mit  bem  IReliquiens  unb  ^ei= 
ligcnfultuö  jufammen,  ber  fd^on  in  ben 
^atafombcn  gefeiert  murbc  ^lud^  bic  alte= 
jien  Äird^en  marcn  eigentlid^  ©rab^eilig« 
tümer,  bie  ft(^  über  ben  JRu^ejiättcn  bcr 
ÜJlärtijrer  erhoben.  Qln  bie  ©tcDc  bcä 
©arfop^agö,  bcr  in  bcn  Äatafombcn  fd^on 
aU  Zi^ä)  für  bic  lotenfpcnben  unb  bie 
®cbäcf)tni«feier  gcbicnt  ^attc,  tritt  jc^t  bcr 
<mtar,  auf  meldfiem  \)ai  Opfer  beö  neuen 
leliamcntcä  unb  bie  ©ebcte  bargebracf)t 
merben.  35cr  Qlltar  ift  cntmeber  ein  ©ar« 
fopbag,  bcr  ben  bcitigen  l'ci(^nam  um« 
fcf)Iie§t,  ober  er  ijl  ein  Opfcrtifd^  über 
bem  ©ruftraum,  in  Wctd^en  man  öfter* 
burd^  eine  Öffnung  ^inabfc^aucn  fonnte. 
Über  bem  'Ultar  ergebt  ftdf)  bai  Cibo- 
rium,  ein  ßon  «Säulen  getragener  59al- 
bad^in  mit  93orf)ängcn,  bic  nadE)  bcr  bei« 
ligen  ^anblung  gefd^toffen  würben,  ißon 
bem  Steinbadf)e  be«  Ciborium  t)ängt  über 
bem  Sifd^e  ein  ®cfäg,  bie  Pyxis,  t)er= 
unter,  jur  ^lufberoa^rung  bcä  bciligen 
»rote«,  ^udf)  in  bcr  Äir*e  Ui  Onittet-' 
alter«  iji  bcr  3lltar  entmeber  ein  @arg 
ober  ein  Sifd^ ,  in  beiben  fällen  bcbecft 
mit  bcr  auö  Sinem  Stüdf  gehauenen  *piattc, 
in  ober  unter  welcher  ba«  Sepulchrum, 
eine  quabratifdf)c  Vertiefung,  bie  ^Reliquien 
nebp  ber  2Bci^ung«urfunbe  cntf)ält.  @el= 
ten  entbehrte  bic  üRcnfa  eine«  weitem 
©d^mudfeä.  SOtan  bcf)ing  fte  mit  lüdEjcrn 
unb  Stirfercien,  umgab  fie  wo^I  auc^  mit 
9telief«  »on  ^lolj  unb  Stein  ober  ma«« 
tiertc,  bei  reid^crn  ÜJlitteln,  bas  ®anjc  mit 
foflbarcn  ÜJletaHen,  wobei  bic  t)orncl)mfie 
ßicrbc  bie  Scticibung  ber  ©dfiaufcitc  mit 
bem  Antipendium  bilbcte.  Die  juneb« 
menbc  ißorliebc  für  bie  'HufPeüung  Don 
JRcIiquicn  crflärt  eä ,  ta^  fd)on  in  roma« 
nifd^cr  ^ät  eine  neue  501^'"  ^«^  Elitär« 
in  *Hufna^me  gelangte;  fte  beftanb  barin, 
ba§  man  über  ber  Wcnfa  aU  iRücfwanb 
eine  ^o(^aufragcnbc  SO?auer,  retabalam, 
errichtete,  bie  »on  com  wiebcr  mit  fojl= 
baren  SfUfl^n»  ©fulpturen  ober  getriebenen 
Wctallen  gefdbmüctt,  einen  geeigneten@tanb= 
ort  für  bic  iRcliquiaricn  bot.  (Sine  wci« 
tere  Steuerung  brachte  bic  gotifd^c  ^e= 
riobe,  inbem  man  über  bem  retabalam 
einen  jweiten  "Muffa^  in  5?orm  eine«  i:abcr= 
nafel«  crfteütc  ober  einen  t>erfd^lic§baren 
Schrein  oon  ^olj,  ber  nunmet)r  bie  3leli= 
quien  einfdl)lo§;  ba«  retabalam  bicnte 
bann  blof  no(^  alö  Staffel  obcrPredella, 
aU  93aft«  bc«  Sd^rcineö.  Da«  ifl  bie 
5orm   be«    gotifd^cn  9lltarbaue«    bi«  in« 


<Ult^od)beittfc6  —  «Uneibcn. 


11 


16.  ^a^x^.;  auf  bcr  Wcnfa  ru^t  bie  Pre- 
della, ein  langet  unb  niebrtgcö  trogä^n^ 
l\ä)ti  ®el)äufc,  baä  in  bcr  iRegel  mit  gc» 
fcl)n)eiftcn  fronten  fcitroärt«  übet  bie  ÜWcnfa 
fluölabct  unb,  naä)  üorn  geöffnet,  eine 
tRei^e  oon  93ilbtt)erfen  ober,  üerfd)IiePar, 
bie  Reliqniare  cntl)ält.  S)atauf  ergebt 
fi^  ber  6ct)rein,  ein  folc^er  üierediger 
Äaficn,  mit  ©tatuen  auögefe^t  unb  mit 
glügeln  »crfc^cn,  bie  man  au^en  mit  ©i(s 
bern  unb  inwenbtg  mit  Jftetiefö  5u  üct» 
jicren  pflegte.  Dfterö  ifi  ber  iBcrfc^Iu§ 
ein  boppclter.  ©olc^c  Altäre  f)ci§cn  5ß  an^ 
belaltäre.  35a^  ©anje  befrönt  ein  Iufti= 
gcr  2lufbau  »lon  «Streben,  ^ilii^f"  ""^ 
'3atbad)inen  mit  einem  oft  »erf(I)Wenbc= 
rifd^en  IReii^tum  oon  Statuetten  unb 
Ornamenten  gcfc^mücft.  @cf)on  in  ben 
alt^rifllic^en  3<i^rt)unbcrten  njar  eö  Sitte 
geworben,  in  einer  Äirct)e  mef)rcre  'Mltdre 
«ufjuftcücn,  bi*  auf  50.  2lu§er  ben  toiclen 
IJlebcnaltären,  meiere  alö  «Stiftungen  t»on 
*Pritatcn  unb  Korporationen  in  ben  ^lb= 
feiten  unb  ben  fie  begleitenben  Kapcüen 
i^rc  ^lufjieOung  crl)iclten,  njaren  eö  ic= 
weilig  jmci  QUtärc,  bie  in  bebcutenben 
Äird)cn  eine  bcfonbere  "Jluöftattung  er^ieU 
ten,  ber  ^ron«  ober  ^oc^altar  in  ber 
STiefc  beö  (Stjoreä  unb  ber  tor  bcr  SBejl' 
feite  bcr  G^orfd^ranfcn  ober  beä  Settncrö 
befinbli(i)e  Äreujs  ober  öaicnaltar. 
IDcr  Ic^tcre,  für  ben  ©otteöbienft  bcr 
Uaien  befiimmt,  roar  gen)öt)nli(J)  üon  einem 
.^reujc  überragt,  baö  man  je|t  nod)  ju« 
«teilen  batb  frei  fd)mebenb  üon  bcm  ®e- 
lüölbe  herunterlangen  ober  auf  ber  anbe* 
Tcn  Kante  bcö  ?ettnerä  jwifc^en  ben  ©tanb* 
bilbern  'Warid  unb  beä  (Snangetipcn  3o* 
'^anneö  erri(f)tet  fie{)t.  Dtcbcn  bcm  Kreuj, 
iai  fpäter  feinen  <pia^  auf  ber  ÜJtenfa 
fclbft  fanb,  mürben  feit  bem  12.  ^a^r^ 
jwci  'Hltarlcu^tcr  aufgcj^eüt.  ^ak) 
9lat)n,  bilbenbe  Äünfie  in  ber  Sd^mcij, 
@.  729.  Dtte,  j£>anbbu^  bcr  fird^li(f)en 
Utre^äologic.    mfd)n.  31. 

Sllt^O^beutf^  nennt  man  feit  Jafob 
©rimm  bicj;enigc  Stufe  bcr  bcr  neul)0(i)? 
i)eutfiJ)en  üorau^gcfjenbcn,  mit  bcm  ®efamt= 
itamcn  altbcutfd^  benannten  ISeriobc,  meldte 
bcr  mittcIl)oc^beutfdE)en  ober  böfifd)en  *Pcriobe 
rorauögcftt.  Sic  l)ei§t  altt)od)beutfc^,  meil 
fie  bie  Sprache  bcö  oberen  ober  t)ol)en 
I)eutfc^tantö  ijl,  im  ©cgenfa^  äum  alt= 
nicberbeutf^en,  iai  man  feinen  befonbern 
©tammfprad^cn  nac^  altfädE)rif<^ ,  alt» 
frieftfd)  nennt.  Der  »Unfang  beä  Qllt^od)» 
bcutfd)en  lä§t  jtc^  nid^t  genau  fcflfe^cn; 
jene  Spradie,   melcftc  bie  33orfabrcn  bcr 


nltf)0(J)beutfcf)  fpred^cnbcn  ©tämmc  jur 
3eit  be«  Ulfila«  fprai^cn  ,  würbe  man  im 
engeren  Sinne  nod)  nicfct  altt)0(ftbeutfd) 
nennen  bürfcn,  ia  biefc  @pra(i)c,  auf  ber 
fog.  gotif^cn  fiautfiufe  fict)cnb,  eben 
bcölialb  noc^  fein  alt^odjbeutfcl)  war.  @rft 
ali  fic^  biefe  ältere  Sprac^fiufe  jur  alt= 
l)0(f)beutfc^en  Stufe  entwicfelt  tiattc,  wel(^e8 
im  6.  unb  7.  3al)r^unbert  gefcf)a^,  Idft 
f\d)  im  cigentli^cn  Sinne  »on  einer  alti 
i)0(i)beutfd^en  @prad)e  reben,  b.  b.  ton 
bcrfcnigcn  Spradjc,  wctdje  bie  ®rimmfd^c 
®rammatif  fo  nennt.  —  'J'cr  gotifd^en 
«Sprad^fiufc  gegenüber  unterfd)eibet  jtc^  ba« 
*}tlt£)o^bcutfä)c  weniger  im  ißofaliMu« 
üU  im  Äonfonanti^muö  unb  t)ier  bcfon= 
ber«  in  ben  ÜJluten  ober  93erfd)lu|lauten; 
nac^  bem  ®cfc^c  ber  ®rimmf^cn  ßaut= 
»crfcf)icbung  wirb  namlicf)  gotifc^  tenuis 
jur  aspirata  ,  got.  media  ^ur  tennis  unb 
got.  aspirata  jur  media,  Wcld^e«  na* 
ben  cmjclnen  öauten  folgcnbc«  ©cf)cma 
giebt,  i>ai  freilief)  in  jat)ireic^cn  (Sinjcl= 
fäüen  gcjlört  crfd^cint: 

©otifd)  p  ph  b      t  th  d     k  cli  g 

<}lltbo*bcutfd)  ph  b  p  th  d  t  ch  g  k 
2)cm  2Kittclt)ocI)bcutf(J)en  gegenüber  be= 
fx|t  bie  ältere  @praci)c  nocl)  »oütönige 
(Snbftlben,  5.«.  giba,  gibis,  gibit,  gebames. 
gebat,  gebaut;  tak,  takis,  taka,  takan. 
wcld^eä  mittel^ odbbcutfd)  ju  jlummcm  ober 
unbetontem  e  wirb:  gibe,  gibst,  gibt  . 
geben,  gebet,  geben;  tac,  tages,  tage,  tac  ; 
ber  Übergang  in  bie  fpätcrc  Stufe  beginnt 
im  10.  3al)rl)unbert  unb  ijl  in  bcr  Witte 
i)ci  11.  3al)rf)    na^cju  burd^gcfüf)rt. 

Da«  31ltf)oct)bcutfc^e  iji  aber  feine  cin= 
l)eitlic^c  ©cfamtfprad^e,  ütclmcf)r  fpric^t 
unb  fd)reibt  jcber  beutfc^c  ©tamm  noc^ 
bie  ibm  eigene  9!)Junbart,  immerhin  fo, 
ta^  Don  Karl  bcm  ®ro^cn  an  ein  cin= 
l)eitlic^er,  an  ben  $of  fi*  anfc^lic^cnbet 
3ug  wafirjune^mcn  tft.  Die  nortianbenen 
©enfmälcr  ftnb  entwcbcr  fränfifcf)(Otfrid), 
alemannifd^  (Me  St.  ©aller)  ober  bairifc!^.— 
Snncr^alb  be«  alt^od)beutf*en  3cit-- 
raum«  liegt  bie  altfäcf)ftfct)e  unb  altfricftfc^c 
Spracf)e,  beibc  auf  ber  gotifd)en  Stufe 
bcr  aJluten  fie^enb.  Da«  wicf)tigfic  Dcnf= 
mal  be«  <Jlltfäd)ftf(f)en  ifi  ber  ^clianb,  ba« 
widb.tigfte  bc«  <}ntfricfif(*cn  ein  ©efe^bud^. 
^incibe«  finb  ^öfifdje  9tittercpcn, 
wcldje  ben  *Birgilifcf)en  5tnea«  unb  feine 
'Jlbcntcucr  im  ©eific  be«  gtittcrtum«  jum 
(Segenftanbe  ^aben-  Die  franjöftfd^e 
5ineibe  bc«  Pierre  d'Anvergne  ifi  pcrloren. 
Sr^alten  \\t  bie  nad)  franjörtfd^en  Q.ucl= 
Icn   Pcrfa^te   beutfc^c    ^Incibe  ober  Sneit 


12 


'Ännalen  —  ^nttujiio. 


be«  ^cinii<^  »on  Sötlbcfe ,  bei  ale  bet 
JBegtünbcr  ber  ftöfif^cn  (Rittetcpif  gilt  unb 
befonber«  tai  IDJoti»  bct  SKinne  in  t>ai 
apoi  einführte,  ^aö  beutfd)e  ©tbic^t 
Iä|t  bcn  Oincfl^  au«  Sroja  flicken  unb  gur 
SDibo  gelangen  ,  bie  il)n  bur^  ßiebe  ju 
feffcin  fucf)t.  i)urd)  bic  ®ötter  an  feine 
pi)ere  SBefiimmung  erinncit,  entfliegt ?i[neüö 
in  bü^  ßanb  beä  Äönigä  Sotinuö  in  Sta- 
lien  ;  um  beffen  Stocktet  ßacinia  !änipft 
SÜneaÄ  einen  3tt5eifümpf  mit  Jutnuö,  bem 
fiawnia  f(^on  t)cr)ptoc^en  ip.  ®en  ©ipfel- 
punft  bce®ebi(^tc«bilbcibic  SDUnne  i^tt)i)(icn 
3i[nca^  u.  Jnmnia,  bief^Iic^licbbieStamms 
eitern  be«  SRomuluö  unb  JRcmusS  merben. 

Stnnalen  f)ct§t  eine  miAtige  ©attung 
mittelalterlicher,  lateinif^  gefdbtiebener  ©e* 
f(fei(^tequcüen ;  e^  finb  urfurünglid)  cbro» 
nologifdfee  furje  ^iotijcn,  melcfce  bie  SDüffto» 
näre  auf  bie  überall  »erbreiteten  Dfiettafcin 
fc^rieben,  bcren  (Ranb  »on  felbji  boju  auf* 
fotbertc,  neben  ber  3o^rc«jat)l  turjc  iWacfcs 
richten  einzutragen.  SOJan  finbet  fie  juerft 
in  3'«Iif"/  Si^lanb  unb  ßnglanb,  feit 
Äarl  b.  ®r.  in  SDeutfAknb.  ÜTiit  ben 
Cfieitafeln  mürben  bic  SRanbbemertungen 
abgef*rieben  unb  gingen  fo  »on  einem 
Älofier  an  tai  anbereüber;  man  »erbanb 
fie,  fe^te  fte  fort  unb  crgänjte  fie  aue 
anbcrn  Sc^riftfieüern.  ÜJJan  unterfdjeibet 
JReid)^*  ober  ^öniglidbe  51nnalen ,  bie  am 
Äöniglicben  ^ofc  ertjtanben  fmb,  unb  le- 
tale Äloftcrannalcn.  3^  ^f"  erjtercn  gc= 
^ören  bie  21nnalen  »on  ©.  *Jlmanb,  Anna- 
les Mosellani,  bie  fiorfc^er  ^Innalen,  bic 
^nnalen  (Sini)arb«,  beren  Urbeberf(f)aft 
burct)  ben  ®efd)id)tfd)reibcr  Äarl«  b,  ®r. 
jmar  nic^t  allgemein  anertannt  mirb. 
Älofierannalen  lofaler  Dflatur  ftnb  febr 
^ablreid^.  91uÄ  biefen  Qlnnalen  ftnb  mit 
ber  ßtit  bie  au^fübrlicl)en  (5,I)r onifcn, 
Casus,  Gesta,  Chronica  fceö  SDUttelalterö  cnt' 
fianben.  2)ie2lnnolcnrinbberauegcgebeniion 
$er^  im  crften  SBanbe  ber  Monumenta  Ger- 
maniae  historica,  1S26;  ficbc  SBattenbad), 
beutfc^e  ©cfd^icbtäqueüen  im  SDJittelaltcr. 

SInnaten  beiden  im  SDiittel alter  l.  eine 
5lbgabe  besi  Drbinicrtcn  an  ben  Drbinic= 
renben,  bic  biä  jur  pb^e  bc^  erftcn  3a')= 
tefleinfommcn*  gejieigert  »erben  butfte, 
»on  <Pricjtern,  5ibten  unb  ©ifcböfen  gelei= 
jiet  merben  mu^te  unb  aümätilid)  an  ben 
$apji  famen.  SQ?an  l)ie§  fie  meift  ser- 
vitia.  2.  bie  9lbgabe  ter  |)alftc  ber 
eijien  5o^Tf«^einnal)me,  meld}e  bielöifcböfe 
»on  bcn»on  il)nen»(rlicf)enen*Pfrünben  er^ 
hielten  unb  ebenfalls  mit  ber  3cit  an  ben 
(Püpjl  abtraten.    3:icfe  jmcite  5Ut  l)ie$  im 


engeren  ©inne  annata.  Über  beibe  %h^ 
gaben,  bic  mit  ber  3eit  benfelben  Jiamen 
annata  erbiclten,  führte  bie  »ottefotmas 
tcrifc^c  3«it  heftige  klagen;  bie  5tnnaten 
im  engern  ©inne  feilten  nad)  einem  SBe* 
fd)luffc  be*  Äonjtanjcr  ÄonjilÄ  auf|)6icn, 
menn  jte  menigcr  ali  24  ©olbgulben  be* 
trügen,  roai  in  2)eutf(^Ianb  bei  aüen 
papftlicben  $frünbcn  cintrof;  bic  ©er* 
» i  t  i  e  n  bejianbcn  fort,  unb  fte  ftnb  e^, 
benen  bic  »ielen  klagen  fpäterer  3eit  galten. 

Slnnitierfanen  ftnb  fird^lic^c  6tiftun* 
gen  für  jä^rlicl)«  »^ürbittc  ju  ©unfien 
»onOlbgcPorbencn;  jtcfamen  im  11.3a^t- 
^unbert  auf. 

2tnttc^rift,  m^b.  auc^  mit  91nlc^nung 
an  ende:endechrist.  5Dic  ße^re 
»om  Qlnticbriji,  fc^on  bei  ben  ^ul»««  al* 
^fcubomcffmö  »orgcbilbet ,  fam  frü^  mit 
bem  G^riftentum  in  bic  beutfd^c  Silbung; 
befonber^  in  ber  2luffaffung,  monad)  er 
am  (Snbe  ber  ffielt  ben  gto§en  Äampf 
mit  ßbriPuä  bcjlcljen  wirb,  an  welchem 
auf  beiben  €eiten  übermcnfc^lid)c  Jgsclbcn 
teilnebmen,  befonbere  ber  ©vjengcl  SOlic^acI 
unb  (Sliaä,  n)abrf($einlid)  na(ib  bem  93ricf 
3ubüc,  33.  9,  mo  ber  (Srjcngel  SWidbaet 
mit  bem  leufel  um  ben  ßcic^nam  ÜJJofi^ 
janft.  S;ie  befanntejte  beutfd)c  5Darjlellung 
ber  31ntid^rifis@agc  ift  i><\Q  ©cbic^t  »  o  m 
jüngfien  Sage  ober  ÜJJufpilli, 
u.  a.  abgebrucft  in  ÜJlüllcnl^off 
unb  ®d)ercr,  Scntmäler  beutfd)er 
^oefxc  unb  $rofa,  mo  in  ber  Erläuterung 
jat)lrcid)e  anberc  bcutfd)e  S)id)tungen  »om 
9lntid)riji  nac^gemicfen  ftnb. 

5Dic  auf  tüi  3abr  1000  unb  fpdtcr  oft 
mieber^olten  Sßciöfagungcn  be^  nat)cnben 
SBeltuntergange  »etanla^tcn  iai  ganjc 
ÜJJiitelaltcr  binbuid^  Sdiriften  über  biefen 
©egenfianb  in  $ocfte  unb  ^rofa ,  fo 
»on  ber  grau  ^»a,  gejtorben  1127, 
®iet)e  SBadcrnagel^  fiittcraturgefcbi^te, 
§  55.  51ud)  Vridankes  i8cfd)eibcnt)eit  ^ot 
einen  5lbf(^nitt  (49)  Von  dem  ende- 
christe,  baju  bic  51nmerfungen  in  ber  31u«> 
gabe»oniBez^enberger,^allcib72,p,  461  ff. 
5Daö  ältefic  in  2)cutfcblanb  aufgefunbene 
Sinpjterium  iji  ber  Indus  paschalis 
de  adventu  et  interitn  Anti- 
christi  »on  iBernt)er  »on  legernfee, 
ber  1172  ein  beutfd^e«  ÜRarienleben  bid)tete. 
6eitbem  14.3a^rbunbert  fanben  bie  ©cgnci 
be«  <)3apfttum«,  SBiflcff,  ^u§,  unb  gang 
allgemein  bie  (Reformatoren  ben  31nti^rij^ 
im  $apfic.  iMud?  in  ©rantg  9iarrenfc^iff, 
103,  ifi  »om  Endchrist  bic  JRebc. 

Slntrwftio,  abgeleitet  »on  trustis,  bie 


Entwerfe  —  ^ttc^iowefen. 


13 


Derbunbenc  @d^ar  unb  bcfonber«  bie  bct 
®efol9«gcnojyen ,  ifi  in  bet  SWetowtnger 
3«tt  bet  9?ame  be^jcmgen,  bet  jut  ®efolg* 
fd)oft  beä  Äonig«  ge^ött;  et  bci§t  auc^ 
JtifdbgenoiTe,  conviva,  S)ie  *}lufnabmc 
in  bie  Itujii«  etfolgtc  butdE)  bie  ^otmel: 
„e«  iji  ted)t,  ba§  wct  un«  unoetle^te 
SEteue  getobt,  unfete«  ©cbu^e«  genie|e. 
Unb  njeil  jcnet  ®etteue  nadb  ®otteö 
aöiQcn  fommcnb  bort  in  unfetem  ^alafl 
mit  feinen  ffiaffcn  in  unfcte  ^anb  ©efolge 
unb  Sreue  bcfi^woten  bat;  bcäbalb  butd^ 
bie  gegenwärtige  Utfunbc  bcfefilen  unb 
befdbHelcn  tt>it,  ba^  jenet  obcnetnjdbnte 
binfüto  untet  bie  3"^^  ^^^  ^nttuftioncn 
gcred)net  ttjerbc.  Unb  wenn  jemanb  ji* 
erfred^en  [oüte,  it)n  ju  töten,  fo  tt)if[c  er, 
t>a%  er  fein  9Bct)rgelb  mit  600  solidi  ju 
jablen  fd^ulbig  befimben  tDcrbe."  I)icfeä 
Sßcbtgelb  ift  breimal  fo  grof  wie  'iai  bcr 
gcmöbnlic^cn  %mm.  ©onft  battcn  bie 
5lntrujiioncn  t>ai  gleidbe  Oflcdbt  unb  ®e= 
ridbt  mit  ben  übrigen  ^^eien,  fte  jinb  aucb 
iiid)t  erblicb  unb  bitben  feinen  6tanb  bcö 
5lbelö.  (S«(  fmb  greigeborene,  bie  in  bicfe« 
Ißer^dltni^  eintraten.  9?ur  ber  Äönig  bat 
5lntrufiionen.  3Wit  ber  ^u^bilbung  be^ 
üebcn^mcfen^  Derf^minbet  hit^ti  nur  ben 
gtanfen  bcfanntc  3nPitut.  ®icbe  2öat^. 
^nttoerle,  mittcllat.  machinae  ober 
i  n  g  e  n  i  a  beiden  ii"  9)tittelalter  bie  ted)« 
nifdbcn  Hilfsmittel,  beren  man  ftcb  bei  Se« 
lagerungen  bebiente.  3)ic  Saufunft  bcr 
Äricgömafdbinencntttjidclte  ftcb  befonberSin 
Stallen  unb  fam  »on  ba  namcntlidb  butd) 
bie  ^reujjüge  inS  übrige  6uropa.  Samt« 
liebe« ^ntwerf  jerfäüt  in  3  3lrtcn:  Machi- 
nae oppugnatoriae,  machinae 
jaculatoriae  unb  machinae  tecto- 
riae.  3u  benm  a  chin  ae  oppugna- 
toriae ober  ©tofjeug  jum  üWauer* 
brc^cn  geboren  ber  feit  Urjeitcn  flctö  im 
©ebraucb  gebliebene  2B  i  b  b  e  r  ober  6turm* 
botf,  bcr  Garant,  b.  b-  bcr  ^ölaucr* 
bobrer,  bcr  5?udb«  unb  ber  Ärebö.  3)ic 
machinae  ja  culatoriae  ober  iai 
©dbu^*    unb  SBurf^Scug  jcrfällt  in 

a)  ®cfd)ü^e  für  r afanten  ©dbu§: 
SDic  ®tanb«5lrmbrufi,  aud)  »üd*,  Surm*, 
SBagarmbrujl  ober  Der  ©pannwagcn  gc« 
nannt,  unb  bie  SRuttcn,  abb.  ruoda, 
©tauge,  fäulcnartige  ©cftcöe  mit  foloffalcr 
jiäblerncr  ©dbncüperfcber,  mcli^c  ben  auf 
ber  ©äule  liegcnbcn  ipfcil  bintt"«gfcbnentc; 
fie  beiden  au^  Katapulte  unb  biencn  bf 
fonberö  für  5lbfcbic^cn  von  ©ranbpfeilcn. 

b)  ®cfcbü^e  jum  Sogenmurfe: 
SDic  SBIeibc,  mbb.  bilde,  berTrl- 


bock,  mbb.  driboc,  ber  Schleu- 
derkasten, bie  Mange  unb  bie 
M a r g a.  —  iDic  Machinae  tecto- 
riae,2)c<fjcug  unb  lürme,  jer« 
fallen  in  fat)rbare  ^olibruftmc^« 
ren,  bcbcdte  ©täube  ober 
fallen,  aucf)  ^a^t  unb  ©au  genannt, 
unb  Sürmc  ober  berc  vrit ,  eben- 
hoehe.  ^aä)  Jäbn«,  ®cfc^tdbtc  bc« 
Äricgöwcfcn«,  634  ff. 

^Ot^ele  bebeutetc  juerji  ieben  Äram*, 
alfo  audb  ludb«,  ©cbu^macberlabcn  u.  bgl.; 
im  14.  3abrb.  verengt  jtdb  bcr  93egriff  ju 
einem  ©pcjcrcilabcn ,  in  roclcbem  |»ülfene 
frücbte,  ®cn)ürje,  ^Irjnciitoffc,  Äonfeft, 
2Bad)«  u.  bgl.  oerfauft  würben;  au«  bem 
3nbabcr  fol^cr  ßäben  wirb  bann  ein 
gelernter  bereiter  oon  ^Mrjncicn,  ein  *Wcijler ; 
ti  bangt  ba«  bamit  jufammcn,  ba^  man 
urfprünglidb  fafi  nur  »egctabilifc^c  *}trjnct« 
floffe  gebraudbte  unb  erjt  fpäter  mit  bem 
^ortfdbreiten  ber  ®l)cmie  unb  bet  bäuftgcr 
mcrben^en  9lntt>enbung  »jon  mincralifdben 
©toffcn  eine  miffenfcbaftti(^e  S^ätigfcit 
auffommt.  ^m  15.  3.?btb.  beginnt  man 
bie  5lpot^efcn  butdb  3i[tjtc  bcaufft^tigcn 
jU  laffcn  unb  polijcilidbe  Sorfcbtiften  über 
layen  u.  bgl.  auf <uflellcn ;  bie  ättcfic  bc» 
fannte  Qlpotbefer*Orbnung  ift  bie  ^xanh 
furter  ».  3-  ^461,  mclcbc  jum  iÖluftcr 
jablreidber  anbrer  würbe.  S)ie  iflrjncifloffe 
würben  au^cr  ben  cinbcimifc^cn  torjug«; 
jugSweife  »on  Senebig  bcjogen;  fte  jer* 
fielen  in  einfalle  unb  gemengte,  ©ic^c 
Äriegt,  bcutfcbcä  33ürgcrtum  im  iWittets 
alter,  I,  60  ff,  wo  au^  bie  älteftc  *Itpo* 
tbcfcr^Orbnung  abgcbrudt  ift.  —  ^i^^bcrs 
fing,  ®cf(bid&tc  bcr  ^Pb^vmajic.  ®öttins 
gen,  1874. 

Apsis,  au«  griedb.  apsis  ober  hap- 
sis  =:  'Bcrbinbung,  Ütunbung,  ®e»ölbe, 
barau«  mittcllat.  absida,  a^t>.  abstda, 
apsita,  mbb.  mit  'Jlnlcbnung  an  ab- 
site:  bie  abs ite  ober  apsite,  uriprüng^ 
lidb  bie  «ltar=:i«ifdbe  bcr  «afilifa.  ©ic 
bei^t  aucb  concha,  tribunal,  sanc- 
tuarinm  ober  sancta  sanctorum, 
weil  ber  ^odbaltar  barin  fic^t.  3w  goti: 
fcbcn  öauftil  bort  bie  "Mpfi«  auf,  ein  orga« 
nifcb  gcfonberte«  ®licb,  eine  felbflänbige 
iöorlagc  t)ii  ^Itarbaufe«  ju  fein,  unb  bet 
Qlltattaum  ifi  blo§  ein  Öcjianbtcil  be« 
bobcn  föborc«,  ba«  "ilttcr^eiligfie  be«fclben. 

^tr^ititpcfeit«  35te  fircbltdbcn  Qlrdbioc 
rcicben  t)icl  böb^t  bi"a"f'  ^l«  bie  weit» 
lieben,  ©ie  cntbalten  jwei  5öej!anbtcile, 
cine«teil«  bie  ^rt»tlcgien,  ©cbcnfungen, 
95ertrag««Urfunben,  ri^terlidbc  ©ntfdbeibe. 


14 


Qhfcbuftercr  —  iMrmbrufi. 


anbcrnietlä  bit  am  ber  eigenen  ibcitigfeit 
beiDorgetjenben  Äonjcptc,  SRegificr,  ^ften 
aUet  2lrt;  jcneö  ftnb  Die  Urtunben,  biefcs 
bie  SRegijitatur.  I)ic  erfien  Spuren 
beä  pappUd)en  1lr(f)iüö  gehören  bem  4. 
3a^rt).  an.  infolge  beä  päpfilic^en  Syilö 
na^)  2lDignon  ging  fafi  tai  ganje  ülrdjit» 
j^u  ®runbc.  ©tP  ßon  Jino^nj  III.  an 
ftnb  bie  Otiginalrcgifter  in  2016  Sßänben 
poxfeanben.  2)ie  jüi^Ifofcn  Äirdben  unb 
Älüjicratc^iDc  »urben  mcifi  fe{)r  forgfältig 
retmabit;  oft  njurben  bie  ^aupiprioilegien 
mit  bem  »g(i)a^e  »ereinigt,  baber  fte  am 
ja^Ireicfeficn  auf  une  gefommen  finb.  !Dic 
©iegel  fcf)ü^t€  man  burd)  Umhüllung  con 
2ßcrg,  Scutel  »on  öebcr  ober  anberem 
Stoff.  Um  bie  ju  häufige  (Sinfi(^t  in  bie 
Originale  ju  umgeben,  legte  man  Äopial« 
bü^cr  an.  93ei  »eltlicben  gürf^en  toai 
e»  Sitte,  bie  »id^tigficn  2)ofumente  in 
einem  ©tift  ju  permafiren,  bie  beutfdien 
Karolinger  benu^ten  bafür  bie  ÄapcQe  ju 
Olcgensfcurg.  33ci  bem  SBanbern  bca  .^oieö 
logen  bie  iUrdbioftücfe  oft  febr  äerjlreut,  bie 
laufenben  5lften  unb  wichtigen  Urfunben 
führte  bcr  ^of  mit  fid).  3n  ben  Stäbten 
legte  man  »on  Anfang  an  großen  Sßcrt 
auf  ein  geoibnete«  ^U-^iowefen ;  jur  Qluf= 
bctt)al)rung  benu^te  man  ba?  9fi«tbauö 
ober  bie  Q3farrfirc^e.  fflaitenbac^, 
©dbriftwefen,  VII, 

8lrfc6iificrcr,  oon  franjöf.  arche- 
bnse,  bicfe^  au«  bem  altitalicnif(ä)cn 
arca-bonza,  lat.  archibnso,  ju- 
fammengefe^t  auö  ital,  archi  =  lat. 
arci  =  be^SBogenö,  u.  ital.  ber  bugio, 
Sod',  alfo  eigentlich  geuerro^r  mit  ioä), 
beutfcfe  ^afenbücbfe:  im  @cgcnfa|  jur 
SWuefete  ober  bem  ^anbroljt,  ta^  ber 
®(i)ü&e  allein  mit  ben^änbcn  l)anb^aben 
fonntc,  iji  eö  bad  |)anbgef^ü|,  tt)elcf)cd  jum 
Qluflegen  einen  ©tanb«  ober  ©abeljlocC 
forberte.  Sie  follen  in  granfreid)  burd^ 
gron,}  I.  um  1544,  im  fpanifd)snieber« 
Idnbifdben  $ecre  burd)  511  ba  um  1567 
eingeführt  worben  fein,  ©ie  hiurben  ilirer 
Unbcquemlic^fcit  falber  in  ^püanb  um 
1600,  bei  ben  @d)h)eben  burd^  ©uflaö 
5lbolf  unb  feit  ben  40cr  Sauren  beö  17. 
Sa^r^unbertö  überhaupt  me^renteilö  ab' 
gcfd^afft.  S)ie  Qluärüjlung  beö  ilrfebu» 
Äercr^  beftanb  au^  bem  eifevnen  a3rufi= 
unb  Sftüdenfiüd,  nebfi  Sturmhaube ,  bie 
Untere  fpäter  burc^  einen  breitf rempigen  ^ut 
erfe^t,  ber  51rfebufe  an  einem  Duerban- 
belier,  bem  <B(i)tont,  5ßifiolen  unb  3"- 
bebör. 

$lnntinift ,    ml)b.   tai   armbrnst, 


armbrost,  burc^  5lnlcbnung  an  iU t m 
gebilbet  auä  mittellat.  arbalista,  Doli« 
jiänbiger  arcubalista  =  iBogen« 
iZöurfmafd)ine,  au«  lat.  arcus  ber  'öo^ 
gen  unb  gricd).  ballein  =  werfen. 
ÜDie  'Mrmbruji  ifi  eine  Sßeiterentttidlung. 
beö  Sogen« ,  inbcm  berfelbe  an  einen 
«Scbaft  befejligt  »arb  ,  meld^er  im  oberen 
jDrittteil  feiner  ßängc  in  einem  oierfciti^ 
gen  Qluöfcbnitte  (fRußbrunnen)  eine  um 
eine  SBelie  brebbare  ?tu§  b^tte,  i)\ntn 
meldier  bie  Sebne  fiurücfgcjogen  unb  ein= 
gelegt,  bie  9?u§  bagegcn  burc^  bie  in  ibt 
unten  einliegenbe  ülbjug^Pange  fe^gc^als 
ten  mürbe.  S)ie  mefentlicbfien  leite  ber 
^Irmbruft  finb  alfo  ber  So l je n,  anfangt 
»on  ^olj,  bann  oon  ^orn,  enblidb  »on 
Stabl  b«g«fieöt,  ferner  ber  eidiene  Sdbaft 
mit  bev  i)?ui,  bem  Äcrn  unb  bem  @(ilüffel 
ober  I)rüder ,  fonjie  enblicb  bie  ©e^nc. 
S5ie  51rmbruji  ttjar  fd)on  ben  ®oten  be- 
fannt.  %üx  ben  51bel  unb  bie  iJürflen 
mar  fu  junäd)fi  Sagbttiaffe,  für  ben  33ür= 
ger  lurm*  unb  ÜJJauerrocbr.  3llä  Äriegö= 
Waffe  fam  fie  namenilicb  im  13.  ^af)i^. 
in  Slufna^me,  in  ben  Kriegen  ber  ©täbte 
gegen  ben  31bel.  '^Sbüipp  *Hugufi  (ll80  — 
l233)  fcbuf  in  gwnfieid)  bie  etfien  5lrm= 
brujlf^ü^cns  Kompagnien.  Scfonberd  in 
ben9?ieberlonbentt)ar  bie  SIBaffe  beliebt,  man 
belebte  bie  Übungen  burcb  ^i^i;  1394 
tt)urbc  ju  Sournat)  ein  gro^eö  2öettfdbie§en 
abgel)alten.  9ibnlicb  in  2)eutfd)Ianb ,  voo 
mand^erortö  bie  Sßürger  einen  leil  bc* 
3»t)ingerö  jmifcbcn  Stabtmauer  unb  @tabt= 
graben  ju  ibren  Übungen  innc  batten.  S)a* 
3i£l  ^Jftegte  ein  aui  |)olj  gefd^ni^ter  93o« 
gel  ju  fein,  auf  einer  langen  Stange  be^ 
fejiigt.  3"  ^fi-  Scbweij  \)al)m  ftc^  in 
einigen  Stäbten  'Jlrmbrufi*  ober  Sogen« 
fcbü|enpefenfd)aftcn  bi^  b«"'«  erbalten. 
Sßäbrenb  bie  51rmbru|i  für  bie  Ißerteibi* 
gung  fejlcr  *)Blä^e  gute  SJienfte  tbat,  fom 
fte  für  bie  Sermenbung  im  offenen  Jc'be 
niemals  recbt  auf;  fd)o§  auä)  ber  Sogen 
weniger  jiarf,  fo  f(^o§  er  bod)  »iel  f^nel« 
ler  alä  bie  Qlrmbruj!;  au^  fonnte  ber 
51rmbru)lfdbü^e  in  feinem  Köd)er  nur  18 
Soljen  fottfcbaffen,  wäbrenb  ber  Sogen* 
fd)ü|e  24  (Pfeile  trug,  ©elegentlicb  »er* 
feu  bie  31rmbruPfd)ü^en  im  Kampfe  bie 
ffiaffe  Weg  ober  bebienen  jicb  ibrer  al* 
Keule.  Ulodb  fd&werfdUigcr  Würbe  ber  ®c* 
braud)  ber  2ßaffe,  wenn  ibr  3nbaber  mit 
einem  ober  jWci  Kued)ten  alö  Spanner 
in  ben  Kampf  jog.  3W  ü  1 1  e  r  unb 
ÜJJot^eö,  2ßörterbudb,  unb^äbn«,. 
@efd)i4)te  bee  Kriegewefen«. 


3trnienpflege  —  QtrtiUciie. 


15 


5tnncn))flcgc.  S5ie  Armenpflege  ifi  ein 
mei'entlic^  cfenpiiiieö  SnPitut.  f^e  btxüi)t 
auf  bem  (Scbot  bcr  SWä(f)iicnUcbe,  hat  mit 
r>em  Staat  ni(f)tö  ju  t^un  unb  reenbct  ftd) 
blo§  an  bie  ^nbiöibuen ;  fie  befielt  in 
iPripatalmofcn  unb  beten  ©idierunfl,  alfo 
im  ©tiftungöh)efen.  2)ie  2lrmcnfiiftun= 
aen  mürben  bet  leichten,  wohlfeilen  unb 
ftd)eren  23crtt)altun9  rtiegcn  an  bleibcnbc 
Äorporationen  an9cf(J)Iof['cn,  fleincre  met)r 
an  Äit(f)en,  gröfere,  »ieSpitdter,  an®emein= 
ben.  2)urc6  bie  ^Infniipfung  an  bie  Äirc^c 
erhielt  bie  Qlrmenpflege  ben  religiöfen  St)a* 
rafter  unb  rcar  eine  mirffame  5lufmunte= 
rung  ju  neuen  5lrmenf}iftungen. 

1)  Äirc^Iic^e  Armenpflege. 
Arm  ifi  erftcnö  ber  ©cgenfa^  con  ricli  in 
beffcn  jirci  ©ebeutungen,  t)ornef)m,  mää)'- 
tig  unb  reicö  an  ®ut;  bat)er  arm  mbb.  fo= 
TOo^l  ben  ÜUann  »on  geringem  €tanbe, 
ben  hörigen  Sauer,  mbb.  arme  Hute, 
üU  benjenigen,  ber  nic^t^  beft^t,  bebeutet, 
ben  armen  I)ürftigen  ,  ben  Settier ,  tat. 
pauperes,  egeni,  pauperes 
mendicantes  hostiatim,  bie 
an  ben  2{)üren  betteln.  S)ie  Armenpflege 
erftrecfte  flcf)  meifi  auf  bicfe  zweite  Älaffe, 
unb  jh)ar  foroot)!  auf  bie  anfdffigen  ober 
Ortöarmen  aU  auf  bie  h)anbernbcn  Qlr* 
men  ober  ^ilgcr.  Auei  ber  erficn  Älaffe, 
ben  armen  liuten,  gingen  bie  a  x  - 
men  ®d)üler  ^eroor,  pauperes 
scholares,  bie  aud^  in  fiänbigc  unb 
manbernbe  eingeteilt  würben.  S)ie  fiän^= 
bigcn  befudjten  bie  Äirct)enfcf)ule  unb  roa^ 
ren  jum  ßljorgefang  »erbunbcn.  SWan 
unterfd)icb  folcfee,  bie  nur  Srot  befamen, 
unb  fol($e,  n?elcf)en  man  Äojl  gab.  Au^ 
ben  armen  €(f)ülern  mürbe  bie  niebrige 
®eifHid)fcit  gro§  gejogen ,  bie  ton  ber 
*Pfrünbe  bcä  Altar«  lebte,  bem  fie  biente. 

S>ie  Armenpflege  jiebt  3i  a  t  u  r  a  I  o  e  r  * 
pflegung  ber  ®elbau  Stellung 
por,  unb  jmar  Werben  robe  9'Jat)rung«5 
mittel  fcltener  erwähnt  aU  fertige.  SDie 
JJatural  «  Verpflegung  bie§  spende 
auö  mittellat.  s  p  e  n  d  a  ,  wel4)es  mit 
®peifc  auö  lat.  expendere  fommt, 
Wäfjrenb  ©elbalmofen  gcmöbnlid^  a  Im  o  - 
sen,  eleemosynae  {)ciBcn.  35ie 
©penbe  gefc^a^  t)äufiger  in  Sßeiprot  ate 
in  ©c^warjbrot,  weil  man  baburc^  ber 
Abfielt  beö  (Spenberö  beffer  nac^fam.  So 
gab  einmalige  €penben  unb  fol^e,  bie 
tt4  über  tai  ganje  Ja^r  erfirecften.  ®runb- 
fa^  mar,  bie  ©penben  öffentlid)  ju  »er^ 
teilen,  auf  bem  ^irc^^of,  am  ©rabmal  beö 
Stifter«,  in  bet  Äircl)e.    S)ie  Armen  mußten 


bat)er  bei  ber  Seelenmcffe  anmefenb  fein, 
fc^ma^c  unb  fronte  ^auäatme  auägenom= 
men.  Die  ©tiftungöbriefe  I)ie§en  litte- 
raepenales  oon  p  o  e  n  a ,  b.  i.  ©träfe 
für  ben  ?Jicf)t»olläug  ber  Stiftung. 

2)  3"  ^^^  ®  c  m  e  i  n  b  e  =  A  r  m  e  n  = 
pflege  ^ertfcl)t  ebenfaüö  ber  Unterf^ieb 
jreifd^en  Spenben  unb  Almofen.  Die  be^ 
fonbern  Anfialten  jur  Sefüftigung  ber  Ar^ 
men  fmb  bie  S  p  i  t  d  l  e  r ,  beren  man 
r  e  i  c^  e  6  p  i  t  d  l  e  r ,  b.  i.  $frunbt)dufer, 
unb  arme  „Spitäler,  Armen^dufer 
unterf(^ieb.  Über  bie  Armen  au^er  ben 
©pitdlern  mar  ein  Au«f(f)u^  angeorbnet. 
9Bo  bie  JHcformation  eingefül)rt  murbc, 
pflegte  bie  Dbrigteit  fofort  burcf)  ein  be* 
fonbere«  ÜJJanbat  eine  Armcnorbung  aufp» 
fiellen,  befonber«  bamit  bie  iBermdc^tniffe 
frommer  unb  milbtt)atiger  Vorfahren  nid^t 
met)r  ju  einem  prunfenben  ©otteobienjie 
unb  für  unmürbigc  ®eifilicf)e  nermenbet 
mürben.  33gl.  .^e§Iet6  Sabbatba,  I, 
92.  Tlan  fiiftete  einen  öffentlichen  A  l  = 
mofenfaficn,  ftcflte  eine  Armenbet)ütbe 
auf,  richtete  in  ben  Äir^en  einen  21  Im o 3 
fcnfiocf  ein(bat)er  ^todamt)  unb  ocr» 
orbnete  für  bie  ^auptgotte«bienjle  ein  Sin« 
fammeln  oon  Almofen  burc^  ba«  „Sdcfli", 
ben  Klingelbeutel.  ÜKonc,  Über  bie 
Armenpflege  »om  13.  biä  16.  ^ai>x\).  in  bet 
3eitf^r.  f.  ®ef^.  b.  Dbcrr^cinö,  «b.  1. 
—  Äriegt,  55eutfd)e«   ißürgert.    I,  161. 

Slrtifleric  fommt  aU  ÄoQefJit>namc  für 
®efd)ü6  im  Anfang  beo  10.  ^.xtixi).  auf, 
bei  iBabian  artellari  (etma  153U),  bei 
anbern  Artelerei  unb  ArtoUerie; 
au«  franj.  bie  artillerie,  prooenj.  ar- 
tilharia,  fpan.  artilleria,  ital.  ar- 
tiglieria  =^  ®ef(^ü^,  con  franj.  ber  ar- 
tiller,  fpan.  ber  artillero,  ital.  bet 
artigllere  =  Stü(fgie§er ,  ®efc^ü^5 
folbat,  meines  auf  prorenj.  artilha,  ge« 
ftungämevf  unb  julc^t  auf  Ableitung  non 
lat.  ars.Äunft,  im  OJJittellatcinif^en  auc^ 
foüicl  als  ®ef(i)ü^  jurücf^ufül;ren  ifi. 
Sffieiganb.  ©ine  Umbeutfdjung  be«  ni^t 
cerfianbenen  Aitiüerie  fd)eiat  Arkelei, 
arkellei,  arkollei  ju  fein.  2)er  Qluä« 
brud  Artillerie  fommt  ungefdfir  gur  fei* 
ben  3cit  mie  bie  geuermaffen  in  aUgcmei« 
nerc  Aufnahme,  boc^  ifi  er  dlter  al«  bie 
^^euermaffe  unb  bei  ben  J^aniofcn  f<^on 
unter  ßoui«  IX.  um  1228  befannt,  aU 
®efamtnamc  ber  iBurfgefi^offe.  ^tx 
Abel,  ber  in  ben  ^^"ft'^o^'^fn  ^^"^  ®^' 
fc^rdnfung  feiner  Semaffnung,  unb  ©ic^a 
ter  unb  Genfer,  bie  in  il)nen  eine  freche 
Anmaßung  göttlicher  Attribute  fa^en,  Be* 


16 


^tttuÄfdge. 


ärai^tctcn  bic  neue  SBaffe  mit  ungünfitgen 
IBIirfen.  (Sine  rationelle  Trennung  Don 
^^a^bn)affen  unb  ©efd^ü^cn  ifl  bei  ben  ge* 
tingen  Äalibcrn  bcr  frü^€|icn  ^euttiuaffen 
faum  burd^jufü^ten.  'HU  SDtittcIbing  jroi* 
fd^en  ^anbwaffc  unb  ©cfd^ü^  ging  »o^l 
junäc^ft  bie  ^otjf  anone  f)croor;  ein  ge» 
fiieltcr  ^anbmörfer  rourbe  einer  arabi« 
fcf)en  Söaffc,  bcr  Madfaa,  nad^gcbilbct. 
Qllö  fc^were^  ®efd)ü^  crfc^eint  fobann  ber 
IBurffeffel  ober  'Dtörfcr,  baburd) 
»erlängcrt,  t>a^  man  entmeber  bem  ®e« 
-fd)ü^  vorn  ein  *0lunbflücf  anfe^te,  ober, 
inbem  man  ben  SBurffcffel  in  einen  Sp* 
linber  ^ineinfd^ob;  in  jenem  %a\i  ^atte 
man  einen  93orber?,  in  biefem  %a\i  einen 
^interlaber,  OlHmä^Iid^  ging  man  ju 
[(f)tanfern  ^oi^'"^"  über.  ®egof[en  mur« 
ben  bie  ©efc^ü^e  juerfl  über  einen  Äern, 
f^on  im  15.  5a^rö.  bohrte  man  aber  in 
Seutfc^lanb  ®c[d)ü^e.  SJaö  OJlaterial  ij! 
anfangt  ©tabeifen,  fpäter  Sronje.  iöor« 
i)errfd)enbe  Xppen  gicbt  cö  bi^  gegen  1450 
faum,  man  f^manft  »on  einem  (Sytreme 
jum  anbercn,  »on  fe^r  furjen,  fcffelartigen 
JU  langen,  f<J)tangenglcic^en  iRoijrcn.  @rji 
gegen  Snbc  be*  15.  ^a^xl).  laffen  fic^  bc 
Stimmt  benannte  Wirten  oon  ®efd^ü^en 
iieutU^cr  unterfd^eiben. 

1 .  93  ü  d^  f  e ,  at)b.  p  u  h  s  a ,  m^b.  b  ü  h  s  e , 
lat.sgried^.  pyxis,  urfprüngti«^  eine  au^ 
I)artem  iöudjäbaum^otj  gebre^te  Äapfei, 
tt)elc^e  ttcft  fc^raubt.  ÜJian  unterfd^eibct 
©teinbüc^fen  für  ©teintugeln  unb 
Älo|bü4fen  für  Äugeln  auö  (Eifen, 
IBronje  unb  Slei,  Sot^büc^fcn  fc^ie^en 
blo§  «Ici. 

2.  «Diesen,  a^i>.  m^b.  mez  =  2Jla§, 
@efd§ ,  Irinfgefd^,  alfo  glei^bebcutenb 
mit  Äanone  auä  lat.  canna  =  jRö^re, 
Srinfgcfd^irr. 

3.  (Sllbogen*®ef^ü^c,  in  ^orm 
toon  fflinWf)afen  mit  ^orijontalcm  SRo^r 
qI^  Äammer  unb  fcnfrec^t  cmpot|iel)enbcm 
JHo^r  aU  gflug. 

4.  ÜJlörfer,  lummlcr  ober  "Böller, 
anfangö  feiten,  ta  bie  alten  fflurfmaf^i« 
nen  benfelbcn  ^votd  n)of)lfei(ct  erfüllten; 
feit  bem  16.  3a^rl).  werben  fte  bet)uf« 
aöerfcn  von  ^cuerfugeln  ^äufiger.  lumm« 
ler  unb  Böller  fmb  ajtörfer  Elcinercn  Äa* 
über«. 

5.  ^auptbüd^fen,  ©(^arfme^tn 
ober  9)lauerbtc(^er ,  jum  Brecf)fc^uffe 
benimmt,  feit  bem  (5nbe  be«  14.  'Sa.\)xi). 
eine  befonbere  ^m'bi  ber  ^ürfien  unb 
_6tdbte. 

6.  Äammerbü(^fen    mit   bemeglic^cr 


ßabebüd^fc,  bie  burc^  vorgejiecften  SttH 
ober  ©d^raubgewinbc  im  iRofire  befefligt 
mürbe,  auc^  Sogler,  93  0 gier  genannt, 
in  ber  crjlen  J^älfte  tii  15.  3<i^t^.  tjäuflg. 

7.  ^aufni^,  ^amni^,  ^auffnitt,  ^au» 
bi^,  t)on  ben  ^ufftten  in  Dfia^a^mung  u. 
95erfürjung  ber  gegen  fie  ja^lreic^  ange* 
manbtcn  Äammerbüd^fen  erfunben  unb  mit 
93erjlümmelung  beö  beutfc^en  SBorte« 
|»auptbüc^fe  benannt.  ®d  tjl  ein  95ot« 
bertaber,  teil«  mit,  teil«  o^ne  abgefegte 
(Puloerfammer. 

8.  Äartaunen  ober  Q.uartanen, 
95iertel«büd^fen,  burd^  93erlängerung 
ber  |)auptbü^fe  bei  95erminberung  be«  Äa* 
liber«  entftanbcn. 

9.  ©^langen,  franj.  serpentines  , 
mit  fe^r  langem  SRo^r. 

10.  Ralfen,  ^Jilfaunen,  93alfenetlin, 
Jalfonctt,  leichtere  JJelbfc^langen. 

11.  ^agclbüd^fen,  95ereinigung  me^« 
rerer  9lot)re  auf  einer  9lc^fe. 

12.  SRcpeticrgef(i^ü&. 

5n  sBejug  auf  bie  5'"ftf^<iff""9  ^^^ 
®cf(^ü|e«  untcrf(i^ieb  man  3:arra«bü(^s 
fcn,  b.  i.  folc^e,  bcrcn  ^a^rjeuge  nid^t 
bloi  jum  Iranöport,  fonbern  auc^  al3 
®c^ie|gcrüfte,  Sarra«,  bienten  unb  Aar« 
renbüc^fen,  üon  nur  einem  ^ferbc  ge« 
jogen. 

Da«  ältejic  beutfc^e  93uc^  über  9lrtitlerie 
ifl  Mi  '\^iUixro  iitihnd)  be«  9lbra^am 
Don  ÜJlcmmingcn,  1414;  auf  i^n  folgt  ber 
^fdtjer  OTartin  '•JRtq,  beffcn  Ärieg«bu^ 
au«  bem  ^ai)xt  1472  flammt.  iWa^ 
3dl}n«  ^anöbuc^  einer  ®efc^i(^te  be« 
Äricg«mcfen«. 

SirtuSfagc,  ber  beliebtefle  unb  a\xiiit' 
bilbetjlc  ©agcnfrei«  bcr  t)öftfc^en  9IBeltlittcs 
ratur.  ^ranjöftfc^  fprc^cnbe  anglo-nor* 
mannifc^c  I)id^tcr  brachten  ben  ©toff  in 
(Snglanb  auf,  mo  fte  i^n,  öon  Quellen 
jnjciten  iRangc«  abgefe^cn,  in  einer  latci« 
nif'c^  gefc^riebcncn  S^ronif  fanbcn,  bie 
®  0  1 1  f  r  i  e  b  ,  ®rjbiafon  ü  o  n  'JW  o  n  « 
moutb,  um  ba«  3a^r  1140  nieberge« 
fcf)rtcbcn  t)Mti ,  unb  Die  ben  3;itel  trdgt: 
de  origiae  et  gestis  rerum 
Britanniae;  beutfd^  überfe^t  öon 
©an  üDlartc,  ^atlc,  1854,  SJarin  mirb 
bic  ®cfc^i(^te  oon  99  ^errfd^ern  be«  alten 
99titannicn«  erjd^lt,  Don  bem  Stammoatcr 
ber  Briten ,  Brutu« ,  einem  Snfcl  be« 
9inea«,  an,  bi«  ju  Sobmallaber  am  (Snbe 
be«  7.  3al)rt)unbcrt«.  @«  ifl  ein  fagen* 
t)afte«,  mdr^cnDoHc«  Buc^,  bem  t)ai  Be« 
flrebcn  ju  ®runbe  liegt,  fcinm  ®egen« 
flanb  'unbj  burc^    i^n    fein   ^eimatlanb 


iftrjtc. 


17 


mit  ®Ianj  ju  umgeben;  inbcm  bet  ®c« 
fd^id)tf^reibct  feinen  Stoff  mit  bcm  flaf« 
jtf*en  unb  bibnfd)cn  2lltertum  »erfnüpft, 
bcmü[)t  er  jtc^  burc^  3"fa"i'"^"fi^öun9 
munbetbaret,  rüf)rcnber,  tragifc^er  SÖios 
mente  ben  (5inbrucf  lüdenlofer  ^Bodftän« 
bigfeit  unb  Bu^^^^if^g^fi*  ^ertoorjubrin* 
gen.  93iö  auf  SDiilton  ifi  ba^  Suct)  bie 
DueQc  ber  englifc^en  ®efcf)i(^tf(^reibet 
getuefen;  fein  elfter  Äönig  ifi  ßcar,  beffen 
äöcf)tcr  ©onetiQa,  [Regan  unb  Sorbaitta 
fmb;  ber  69fic  ifi  Spmbetine,  ber  91fte 
5lrtuö  ober  5lrt:^ur,  ber  ben  crobernben 
©ad^fen  im  6'.  S^^rbunbert  glüctlid)cn 
Sßiberfianb  feiftete.  Über  i^n  alö  gc= 
fd)i(i)tlic^e  ^erfönlid^Ecit  banbelt  Sappen* 
berg.  ©ef^id^te  ©nglanb«,  1, 103  ff.  25on 
ben  ^ijiorifc^snationalen  3ügen  bcö  Äönigä 
?lrtu0  iji  jebod^  in  ber  l^öfifcfien  Sage 
feine  Spur  jurücfgeblieben ,  »iclme^r 
mürbe  er  jum  '^ital  beä  rittetli(f)ften,  frei« 
gebigften,  frömmjien  Äönig^  auägebilbct; 
er  iji  ber  aQe  überfiral)lenbe  Qlrtu^,  bie 
ISlume  ber  Äönige,  ber  ©tolj  unb  9flu^m 
unb  einfüge  ^eilanb  fcineä  Sanbe^,  ber 
mit  bcm  Seifianb  bcö  gewaltigen  ^an* 
bererä  SDJcrlin  über  alle  ^«'"^c  ftegreic^ 
max.  über  Sac^fen,  S)eutfd^c  unb  felbfi 
über  ben  Äaifer  ber  SRömer,  ßuciuö  jibe« 
riuö;  fein  Ctu^m  eerbreitet  ft^  über  bie 
(Srbc;  an  SDfa^t,  ®Ianj  unb  ^rcigcbigfeit 
ifi  ibm  fein  Äönig  vergleichbar;  er  baut 
Äirj^en,  ^aläfte  unb  Stdbtc.  ®afimal)le, 
Spiele  unb  Surniere  brängen  ftc^  an  fei« 
nem  Jgsofe,  ber  ta^  Sorbilb  aller  iRittcr 
mirb.  SSei  einem  gläujenben  •ppngjtfefle, 
bae  er  in  feiner  ^auptftabt  (Sarleon  feiert, 
bulbigen  ibm  bie  40  Äönige  ber  (ärbe. 
Sein  ®Ianj  tt)irb  nur  getrübt  burc^  bie 
Untreue  feiner  ®ema|)Iin  ®ine»ra  unb 
ben  !ßerrat  feine«  Steffen  30?obreb.  S)er 
QUieibau  ber  2trtu«fagc  fct)Iie§t  fidf)  an  bie 
i^r  vorauägefienbe  Äarlesfage  an.  SÖä^renb 
Äarl  met)r  ber  frantifc^e  ^elb  war,  mürbe 
'Jlrtuö  ber  angto=normannifd)e;  »orjüglid^ 
t>ai  Tlotw  ber  'äHinne  fonnte  ^ier  oiel 
freieren  Spielraum  gewinnen  alö  in  ben 
immer  nod)  eiiiigerma|cn  f)ifiorifc^enÄarIäs 
bid)tungen,  jumal  bie  öerbotcne  *ö?innc. 
aSon  ber  ^arlöfage  entlel)ntc  bie  <2lrtuö* 
fage  bie  lafelrunbc  mit  ibren  12  «pata* 
binen;  auä  anbern  bretonifc^en  @agen 
floffen  ber  ^rtu^fagc  neue  ©efialtcn, 
Stoffe  unb  ü«otiöe  ju,  qSarjieal,  Sripan, 
fo  ba§  jule^t  ein  meiter  umfangreicher 
Sagenfomplej  barau«  ftc^  geftaltete.  2öä^* 
tenb  bie  ®ebic^te  ber  Äarlöfage  bei  ben 
franjöfifcf)en  3)i^tern   chansons  de  geste 


I)ei§en,  erhalten  bie  5(rtuögcbid)te  ben 
9iamen  Roman,  b.  i},  ein  ®ebi(f)t  in  bet 
romamfct)en  IBuIgärfpracfie  gegenüber  la« 
teinifcf)en  Did^tungen.  2)ie  erfien  Olrtuö« 
romanc  ftnb  in  ^rofa  gefc^rieben,  bie  ge= 
reimten  folgen  auf  fte.  25er  berül)mteftc 
unb  fruc^tbarjie  franjöftfcfie  >Dic^ter  auf 
biefem  ©ebiete  ifiChretiendeTroyes; 
feine  Dtomane  Erek,  Chevalier 
an  lion,  Tristan,  Lancelot  de 
lac,  Percheval.  (jrfi  in  ^i^anfreii^ 
ocrbanb  ftc^  bie  ®raalfagc  (f.  biefe)  mit 
ber  *Mrtueifage.  S)a^  ältefte  beutfdE)e  ®cs 
bi(^t  ber  oirtuäfage  ifi  ber  nur  unoollfiän« 
bige  S^rifian  beö  (Sil^arb  non 
D berge,  3)ienfimann  ^leinric^  bcööömen; 
bann  folgt  ber  Sanjelot  beö  Ulri^ 
üon  3aiif''»en  au^  bem  I^urgau,  bet 
bur^  einen  1194  für  SRid^arb  2ömcnf)erj 
gefteUten  ®eifel  mit  ber  Dueüe  bcfannt 
gemorben  mar;  ber  näi^^e  ifi  ^artmann 
Don  5lue  mit  bem  E  r  e  c  unb  I  w  e  i  n  na^ 
Chretien  de  Troyes ;  Dtac^a^mung  be^ 
Iwein  unb  ebenfalls  ber  21rtuöfage  ange» 
l)örig  ifi  ber  Wigalois  bc^  Wirnt  von 
Gravenberg.  3Rit  ber  ®raalfage  »erbun» 
ben,  erfd^eint  bie  ^rfuöfage  in  SBoIfram^ 
üon  ©fd^enbad^  ^arjifal  unb  liturel;  tai 
beliebtefie  Qlrtuügebid^t  aber  mürbe  ®ott* 
frieb^  von  Strasburg  Sriflan  unb  3foIbc, 
fortgefe^t  »on  Uolri^  »on  Sür^eim  unb 
^einrid^  oongreiberg.  ÜJlit  bemauägc^en* 
ben  JRittertum  nerlor  fid^  audf)  bie  greubc 
an  ber  Qlrtuöfage ;  in  einem  umfangrcid^en 
unb  gc^altlofen  ®ebid^t  beöJjKalerä  Ulrid^ 
^ütercr  non  1287  ifi  bie  Sage  jum  legten« 
mal  bebanbelt  morben. 

^Irjte.  51§b.  ber  arzät,  m!^b.  arzät 
unb  arzet,  com  tat.  ber  archiäter, 
biefeö  ani  griecf).  ar  chiatrossiSrjarjt, 
erfter  ßeibarjt;  bie  ältere  beutfd^c  iBencn« 
nung  mar  got.  lekeis,  leikeis,  ai)t>. 
lählii,  morauö  m^b.  lachen  aere,  bet 
33efprect)er ,  3<^"^6ic'^'  ol^  ®efc^Iedf)tös 
namc  ßad^ner  erf)alten.  2)ic  frübefiett 
9irjte  in  S)eutfd^lanb  maren  ©eifilic^e, 
befonber^  in  ben  Älöfiern;  audb  jjraucn 
»erfianben  ftdf)  moI)I  auf  gemiffe  leite 
ber  ärjtUd^en  .Runfi,  barunter  befonberö; 
Hebammen;  aud^  Sc^arfrid[)ter  mcrben 
genannt.  2)a^  man  ben  ijtrjten  fd^on  frü^ 
menig  traute,  jeigt  ^reibanf,  S8cfcf)eibens 
l;eit,  Qlbfd^nitt  23  von  arzäten  und 
siechen.  3"  ben  Stäbten  maren  anfäng* 
lid^  ebenfatlö  ®eifilic^e  ^rjtc  unb  neben 
i^nen  befonberö3ui'en.  Sie  fiepen  anfangs 
lid^  TOagifier,  ÜJieificr,  feit  bem  ©nbe 
beö  15.  3a^r^.  3)oftor,  lat.^medicus 


18 


QJfcn  —  iMfiroIogic. 


ober  physicns,  bcutfc^  auc^  buoch- 
arzät,  wuntarzät,  ßeibavjt.  3n 
ben  Stäbten  ^atk  man  feit  bem  14.  ^a\)x^. 
einen  bcfieüten  ©tabtarjt.  J^rül)  tom* 
men  Qtrjte  für  befonbere  Äranf^citen  t>or, 
Stugenärjte,  Stein-,  93rud)s  ober 
^0  benfc^ncib  er,  3o|)närjte  ober 
3äf)nebr  e(I)er.  5(ud)  üerärs  te  Eennt 
man  feit  bem  14.  3af)r^.,  meift  in  23er» 
binbung  mit  bem  ^anbiverfe  beö  ^uf= 
fc^miebeö.  —  S)ie  mebijinifdjen  Äenntniffe 
gab  im  93eginne  iii  SWittcIaltere  neben 
ber  (Srfa^rung  unb  bem  5lbcrglauben  t>ai 
©tubium  mebijinifc^cr  SBerfe  beö  5tlter= 
tum«;  ta^  bcrü^mtefie  bcrfelbcn  mar  tai 
liber  de  naturali  facultate  ober 
bnö  arzinbuoch  Ypocratis,  eine 
Sammlung  ärjtlicf)cr  93orfd^riftcn  mit  an= 
gei^dngtem  botanif^cn  ©loffar.  S)iefem 
unb  ä^nlic^en  unter  bem  9?amcn  beö 
Hippocrates  ober  Aristoteles  oft 
abgefc^ricbencn  51rjneibiicE)ern  folgt  im 
15.  3a^r^.  tai  ««rsneibud^  Drtolf« 
Bon  Saierlanb,  bie  ÜJJcinauer  Uta-- 
turlc^re  unb  tM  93u(^  ber  flfJatur 
be8JRegen«burger2)om^errnÄon» 
tab  Don  SDiegcnberg,  ebenfo  ferfc^ie« 
bene  .Kräuterbüci)er.  S)ie  erfie  miffcn» 
f(f)aftli(i)e  Schule  ber  ÜJJebijin  mürbe  im 
3a^re  1150  ju  Salerno  gegrünbct;  bie 
jmeite  mürbe  bie  ju  SKontpellier,  ml)b. 
2JlumpcIier,  beibc  f(^on  in  ^artmanns 
SJrmcm  |)einric^  genannt,  ©ine  freiere 
mebijinifd^c  2Biffenfd^aft  mürbe  burcf) 
S^eop^rafiuö  «Parajelfug  im  93e= 
ginn  beg  16.  3a^rl).  eingeleitet.  Äriegt), 
bcutfc^eä  Sürgcrtum,  I.,  1.  ff.,  Sßadcr» 
naget,  Sittcratur  §  90. 

Stfcn,  ber  altnorbifc^c  Dtamc  ber  einen 
©ötterflaffc ,  ber  bie  SBanen  gegenüber- 
fiel)en;  got.  unb  a^b.  ber  ans.  3"  ^f" 
ofen  jä^tten  au§er  SBoban  fiimtlic^e 
Qlberen  (Sötter  unb  ©öttinncn  mit  Sluö* 
na^me  ber  2Danen  genannten  $Jrepr  unb 
grerja.  Süfen  unb  2öanen  füf)rten  mitein» 
anbcr  einen  ^rieg,  ber  burd)  einen  5"«benö» 
f(^Iu§  beigelegt  "mürbe,  bemjufolge  9Jjörbr 
unb  feine  ^inber  ^uii)X  unb  ^retja  ben 
51fcn  ju  ©eifeln  gegeben  mürben,  miitirenb 
ber  <Mfe  ^önir,  Dbl)in^  93ruber,  in  gleicher 
(Sigenf(f)aft  ju  ben  2Banen  fam.  2«üIIen< 
I)off  beutet  bie  bciben  ©ötterflaffen  auf 
jmei  »crfc^iebene  ®ötterfulte  unb  bcren 
Sereinigung  gu  (Sinem  Spfiem.  Die 
SCßancn  gcf)ören  ben  gotifc^en  SSöIfern,  bie 
51fen  ben  SBefigermanen ;  2nann^arbt  fte^t 
in  ben  2Banen  unb  5lfcn  jmei  Perfd^iebene 
Stufen  ber  germanif^cn  9!JJt)tt)enbiIbung. 


©ielje  ÜJlann^arbt,  bie  ®ötter  ber  beutf^en 
unb  norbif(f)cn  SSöIEer,  S.  69  unb  73. 

9lfo^,  ftet)e  lierfabel. 

Slftrologie.  Qiprologie  mürbe  im  51U 
tertum  berjcnige  SBiffenS^meig  genannt, 
melc^cr  ftc^  jum  3ielc  fe^tc,  bie  ©ejie^un= 
gen  ber  93emegungen  ber  ^immel6för» 
per  in  ben  ißorgängen  auf  ber  ßrbober? 
fläche  JU  ergrünben.  3"  biefem  Sinne 
mar  ber  SluöbruJ  3IfiroIogie  mit  Sljiro« 
nomie  früher  ftjnonijm,  fo  nod^  bei  tHri* 
^otcleö.  ^m  Orient ,  mo  ber  Urfprung 
ber  51jirologie  freilid^  in  einer  3«it,  au« 
ber  un§  Urfunben  fehlen,  ju  fucben  tft, 
iji  ber  93er(auf  ber  ©ittcrungäerfd^einungen 
in  ben  eerfd^iebenen  S^^i^c^jcitfn  f^n  f" 
regelmäßiger,  ta^  ftc^  fe^r  leicht  unb  un« 
gejmungen  Scjielungen  ju  ben  ÄonficUa- 
tionen  am  ^immelsgemölbe  ergaben.  Über 
bie  9?atur  biefer  93ejiebungcn  fonnte  bie 
bamalige  3fit  freili(i)  nod^  ni^t  bie  richtigen 
3bcen  l)aben.  6^  iji  j.  93.  »otlfommen  rich- 
tig, baß  bamal«  bie  Sonne  im  Stcrnbilb 
bed  ßömen  i^re  größte  Äraft  erreid;tc,  baß 
bei  \\)um  (Eintritt  in  baäjenige  bc^  9Baf- 
fermann«  bie  SRegenjeit  begann  u.  f.  m.,  aber 
bie  STnnabme  ifi  eben  burc^auö  falfd),  i>a^ 
e§  bie  in  jenen  ^immeläjcic^en  jie^enben 
Sterne  maren,  meld)c  ber  Sonne  bie  er« 
p^te  Äraft  »erleiden  ober  bie  Siiieber« 
fd)läge  »cranlaffcn  k.  ®ö  mar  olfo  in 
biefem  Stjftem  ber  fogcnannten  natür» 
liefen  51fironomie  SBa^reö  unb  ^atfd^cä 
mit  cinanber  berfettet,  unb  bie  SCßiffenf^aft 
I)at  eine  fcf)mere  unb  große  5tufgabe,  bai 
Unridbtige  mieber  auäjufd^eiben  unb  auf 
bie  mat)ren  Urfadben  ber  53orgänge  auf 
ber  6rbe  binjumeifen.  iSReben  biefer  na« 
türlid;en  Qlflrologic  gelangte  aber  aud^  bie 
fogenannte  jubijierifc^e  21.  jur  iÜu«« 
bilDung,  beren  Urfprung  in  ber  SReligion 
liegt.  fRac^  ber  alten  d)albäifc^en  2tuf« 
faffung  maren  bie  Sterne  ^immlifdie  ®ei= 
Per,  unb  manüere^rtc  fie  al^  folc^e.  I)ie 
^tiejler  bra(i)tcn  ben  ©efiirnbicnii  in  ein 
förmliches  Softem.  2)er  gricd^ifc^e  ®  ef(i)id^t* 
fd^reiber  3)iobor  üon  Sicilien  fagt  (II, 
31),  ba^  nad)  ber  Qlnfid)t  ber  Gl)albäer 
bie  Planeten  aufbie@eburt  beö  iWenfc^en 
ben  größten  Sinfluß  ausüben ,  im  ®uten 
mic  im  Schlimmen  unb  burc^  bie  ißeobs 
a(^tung  unb  (Srfenntniö  i^reS  SBefen* 
feien  ftc  (bie  *Priefier)  t>orjügIid^  imilanbe 
ju  mijfen,  maö  ben  QJlenf^en  juftoßen 
merbc.  i)ie  äußern  (Srfc^einungen  ber 
^kneten  boten  aücrbingö  ber  ip^antafte 
Stoff  jur  Qluäbilbung  eineä  aftrologifd^en 
Spjiem^,  unb  biefc«  mürbe  eben  beibe^al* 


mi- 


19 


ten,  aU  fpäter  bie  ^kneten  nid)t  mc^r 
aU  bic  ©Otter  fctbfi,  fonbern  nur  noc^ 
aU  i^rc  ©tjmbolc,  ja  fogar  at8  jebcr  3«' 
fammen^ang  mit  S(Kt)tt)oIo9ic  unb  SRelu 
gion  »ctj"d)tt)unben  toai,  wie  c^  bei  bcr 
Übertragung  auf  anbere  ißölfer  bcr  gaü 
inar.  3n  ©ried^cnlanb  fanb  bie  ^Ufirolo* 
gie  crjl  ©ingang,  al^  unter  bcm  (Sinflug 
ber  5ßt)ilofop^ie  ber  ©laube  an  bie  eins 
^cimif(^cn  alten  ©öttcr  ing  ©d^wanfen 
•geriet.  S)ie  f(i)tt)armeri[d^en  ße^ren  ber 
IWcupIatonifcr  riefen  eine  ganje  SRei^e 
von  fogenanntcn  geheimen  SBiffcnfc^aftcn 
(2)ämonologie,  SiJefromantie,  ß^eiromantie 
u.  f.w.)  l)iXt)ox,  n)elct)C  ntlc  jur  Qlftrologiein 
ein  gettiiffe«5Jert)äUniö  traten.  3ltö*}lutori- 
tät  foöte  ber  gefeierte  aleyanbrinifc^e  ®c* 
U\)Xk  Glaubiu^  *ptoIcmäug  gelten.  6ö 
iß  inbejfenfaji  unjtt)eifett)aft,  ba§  unter  ben 
if)m  jugefc^ricbencn  ajlrologif^en  6^rifs 
ten  nur  bie  eine  tt)irfUc^  »on  i^m  flammt, 
bic  „apparentiae  stellarum  inerrantiam" 
«ine  Qlrt  mcterotog.  Äatcnbcrö,  wctdie  bic 
Set)ren  bcr  natürlicf)cn  Qiprologic  cntt)ält, 
unb  ba§  namenttid)  ber  fogen  Jetrabibloö 
ihm  unterfd)obcn  tt)uvbe.  Sei  ben  JRömcrn 
war  bie  jubi5ierif(f)c  Qlfirotogiemc^rgefürd^* 
tet  aU  gcad^tet.  S)urc£)  bie  ganjc  Äaifcrjcit 
l)inburd()  fpielcn  bic  aftrotogifcf)en  ^ro* 
pf)cjeiungen ,  obwohl  gefe^Iid)  ücrboten, 
eine  gro^e  SRoIIc.  ßicero  mar  einer  ber 
wenigen,  weli^er  ftc  mit  treff(i(f)er  2Baffc, 
bctjenigcnbcr  Sßernunft,  befdmpft.  «Später 
finbcn  wir  bie  Qlfirologie  in  i^rcr  pcf)ficn 
Slütc  bei  ben  5lrabcrn  5Der  fogcn.  ^a' 
tiliömug,  bie  Cc^re  »on  ber  SSorauäbcs 
fiimmung  atter  «Sc^idffalc  tti  einjclncn, 
mu^te  ber  *M|iroIogic  bie  weitc|tc  ^uöbit* 
bung  unb  iBerbreitung  ftd)crn.  5luf  ben 
i^tamitifcf)cn  @(f)ulen  würbe  bal)cr  bic 
Slfirologic  unb  i>ai  Sfiatioität«  ober  ^^»oros 
ffopfieHen,  b.  \). bie  Seilimmung  bc^ Sebcn^* 
taufet  bcö  Dfieugcborcncn  aiiö  bcr  Äon- 
fieüation  ber  ©eburtöjiunbc,  öffcntlid)  at^ 
Äunfi  gelehrt.  S)ie  arabifd^c  ^Ijlrologic 
fanb  im  12.  unb  13.  ^»^^'•^"nbert  aud^ 
im  ci)rijilic^en  (Suropa  (Singang ,  tro|bcm 
bie  .^ird^c  üon  Anfang  an  eine  oppofttio« 
neue  ©teUung  gegen  ftc  eingenommen  ^atte, 
ba  ftc  mit  bem  ^rinjip  ber  2Bi(Icnöfrei' 
i^eit  im  Sfflibcrfpruc^  fianb.  9ttpf)onö  X. 
»on  ßafiilien  unb  ßubwig  XI.  »on 
granfreic^  waren  eifrige  iUilvoIogcn.  (Jr= 
^erer  leijiete  bamit  audt)  bcr  5lftronomie 
gro§e  Dicnfic.  SBenn  aud^  auöfcf)lieflic^ 
im  SJicnjic  bcr  ©ternbeuterei  tocranlaft,  fo 
War  bod^  bie  33eredf)nung  neuer  aftrono* 
mifc^er    lafeln,     Weld^e    bi«    auf  :Äep= 


ler  bie  bc^en  waren,  oon  gto§er  2Gßid^tig= 
feit  für  bic  t^coretifc^cn  Untcrfud)Uttgen 
über  ben  8auf  ber  ^Planeten.  Jßie  früher 
in  Sagbab,  fo  würbe  fpater  auc^  auf  ben 
^o^en  ©deuten  ju  ?Pabua  unb  Bologna 
bic  iUfiroIogie  in  fireng  wiffenfc^aftli^er 
gorm  gelehrt.  @ö  fei  ^ier  ferner  nur 
an  bie  9'iamen  ®uibo  Sonatu^,  9io(tra= 
bamu«,  ©arbanuö,  ^ictro  bi2lbano,  5tgrips 
pa  pon  Sfictte^^cim  erinnert,  bie  alle  un- 
jcrtrcnnlid^  mit  bcr  Slfirologic  Pcrfnüpft 
ftnb.  ?lm  meinen  begünftigten  bie  ^öfe 
bie  Qlfirologic,  Wo  eö  gerabeju  al^  uner= 
lä^lid^  galt,  ^od)gcfientcn  ißcrfonen  i>a^ 
^oroffop  äu  fteüen.  ©editier  fü^rt  unö  in 
feinem  SZBaüenjlein  ein  ©cifpicl  bicfe«  ganj 
attgcmctncn  ©ebraud^ä  t»or.  5n  fe^r  enge 
iBejie^ungcn  jur  Qljlrologic  trat  bie  1lld^e= 
mie;  e«  ift  fein  Befall,  ta^  in  ben  unter* 
irbifdf)en  (Sewölbcn  bcr  Uranienburg,  wo 
I^c^o  feine  bcnfwürbigen  ipi^^nftcnbeob* 
ad^tuugen  anfieHte,  glcid^jcitig  gro^e  ßa- 
boratorien  ber  Qtlc^emie  bicnten.  3^  ^f- 
tonen  ifi,  ba§  nic^t  etwa  baö  copernifa* 
nif^e  SBcltfpßem  aU  folc^eö  ber  <)l)irologie 
ben  lobeöfio^  gab,  fonbern  erft  bie  Äep= 
lcrfcf)cn  ®efc^c.  (Sopernicuö  gab  aud^ 
beri(i)tigenben  5tuffdf)lu§  über  bie  ©tcQung. 
bie  3)ijlan3en  unb  bic  Bewegungen  bcr 
Planeten.  S)ie  Urfad^en  bcr  le^tern  aber 
f)at  er  nic^t ,  ja  nid)t  einmal  bic  j^ot'" 
berfclben  ermittelt.  (Srjl  Kepler  leitete 
bic  Bewegungen  ber  ^immeUförper  aud 
ben  p^pftfc^cn  Scbingungen  bcr  wirfenbeu 
Gräfte  ab,  unb  bamit  erfi  warber'Mßrologie 
ber  Soben  entzogen.  2)ie  3«it  ^^^  ^tot 
l)at  freiließ  audf)  Äcpler  juwcilen  ücranla^t, 
afirologif(i)e  ©pcfulationcn  ju  mad^en,  aber 
oft  genug  ^at  er  fidl)  barüber  au«gcfprod^en, 
voa^  er  cigentlii)  »on  ber  Äunft  ^alte, 
um  bercn  ^uöübung  man  i^n  fo  oft  ge^ 
beten.  9?ad^bcm  burd^  bic  SBcrfe  Äepler« 
unb  tii  fpätercn  9?ewton  ber  5tjlronomie 
ber  2ßeg  beutlic^  »orgejeidlinet  war,  ber 
fte  üon  i^rcrSRuttei-,  bcr  ^ilfirologic  trennte, 
mu§te  natürlid^  i>ai  fioläc  ße^rgcbdube 
ber  le^teren  jcrfallen.  (Sinjclne  Jrüinmet 
berfclben  l)aben  fic^  inbeffcn,  wenn  aud^ 
nacf)  mandE)erlci  OTetamorp^ofen,  bi«  auf 
unfere  3eit  erhalten  unb  bilbcn  nod^  ^cut* 
jutagc  einen  mcfcntlid^en  Seil  beö  iBolfd- 
aberglaubenö.     R.  B. 

2lf^I,  auä  gricd^.stat  asylum,  ^rei» 
fiätte  für  Serbred^er;  aU  fold^e  galt  bei 
i>tn  Hebräern  fowo^l  aU  bei  ben  ®rie(^en 
unb  SRömern  ber  tcmpcl,  befonberg  ber 
9lltar;  tai  S^riflentum  bct)ielt  bicfe  ein= 
rid^tung  bei,  abb.  ^eift  bic  ^reiftdtte 
2* 


20 


iMufluflincr  —  5lyt. 


lotstat,  m^b.  vridehus,  vridestat, 
V  Itihtestat,  vriheit.  2)iefe^  9tccf)t  ifi 
aud)  in  bic  beutf^cn  SSolföie^te  unb  Äa? 
pitulatien  aufgenommen  wotben,  t>oä) 
»urben  ©efiimmungcn  gegen  ben  aJJi^* 
titauc^  bicfcr  (Sinrid^tungcn  getroffen, 
©ie^e  93abian,  com  aTiönd^öftanb,  bcutfcfee 
l)ifiorifc^e  ©Triften,  I,  81,  20  ff.  3n 
mond^en  ©täbten  Reifen  ganjc  $Iä|e  u. 
bgl.,  bie  ju  einei  Äird^e  gepren,  %xii^i\t. 
2)te  ^Reformation  lief  iai  Qlf^Ire^t  ein« 
ge^en,  unb  eö  mürbe  aflmä^Iic^  auä)  in  ben 
fatpUf(f)cn  Staaten  aufflcI)o6cn. 

Sluguftincr,  ber  »ierte  Settelorben,  ou« 
meifi  in  Stalten  jerfireut  lebenben  iMugujiis 
ner^Sremiten  ober  Sinjteblern  be§  t)eil. 
Qiugujiin  in  ber  ÜJiitte  bee  13.  3a^r^.  ju 
einem  ©efamtorben  oereinigt  unb  1256 
bejiätigt;  man  unterf(i)ieb  männlid^e  unb 
meiblid^e,  befc^u^te  unb  unbefd^u^tc;  bie 
Orbcnäfleibung  ifi  fdbmarj.  Obgleich  fte 
mie  bie  2)ominif aner ,  granjiöfaner  unb 
Äarmeliter  ju  ben  93etteIorben  gejd^lt 
mürben,  burften  fte  boc^  liegente  ®üter 
beft^en.  ßut^er  unb  5tbra^am  a  Santa 
©lara  gel)örtcn  bem  Drben  an. 

StnSfo^,  bie  befannte  auä  bem  Orient 
^ommenbe  Äranf^eit  ^ei§t:  a\)t}.  hrnf, 
nif,  hriobsucht,  misalsuht,  m^b.  meiji 
miselsaht,  auä  franj.  misellus,  »on  miser, 
elenb ;  baneben  fommen  maselsaht  unb 
muselsnht  »or.  SDer  5!luefa^  würbe  aU 
(Strafe  ©otteö  angefe^en,  ber  bamit  Se« 
ftaftetc  mürbe  auö  ber  ®efenfd)aft  auä« 
flejio§en,  burfte  ben  öffentlichen  ©otteö* 
bienji  nid^t  befudf)en,  üerlor  bie  grci^eit 
unb  bic  93erfügung  über  $ab  unb  ®ut, 
ba^er  ber  UJame  m^.  uzsetze  b.  i. 
ber  5luögefe^te,  lat.  projiciendus  ober 
projectus,  auc^  auswärtig,  acker- 
siech, sundersiech,  feldsiech, 
siech  allein.  5Die  5lu«fä^igcn  burften 
auf  5lImofen  auögef)en,  ioä)  mit  eigen* 
tum  lieber  Äleibung,  |»ut  unb  Älapper;  jum 
5llm  ofenempfangen  unb  Srinfen  ^aikn  fic 
einen  pljernen  fl'Jüpf.  Sigene  5tnftalten 
mürben  für  fie  üon  einzelnen,  »on  Älö* 
fiern,  non  ©tobten  erricibtet,  siechhus, 
miselhus,  »or  ber  bemo{)nten  Drtfc^aft 
liegenb,  mit  eigener  Äapeüe,  mand^mal 
unter  einem  auöfü^igen  SÖJeifter,  moburd) 
biefe  Käufer  einen  tlöjlerlicf)en  S^atafter 
befamen;  fte  maren  bem  ^eil.  3öCob  ober 
l)eil.  fiai^aruä  gemeint;  ein  eigener  Splitter* 
orben  beä  ^eil.  Süjaru^  mürbe  für  i^re 
q3f(egc    gegtünbet.    Später    mürben   biefe 


Qlnfialten,  al^  bie  Ärant^eit  ausging,  ju 
Äranfen^äufern  überhaupt.  ®alt  jmar 
ber  5lugfa^  alö  burd^  natürliche  SWittet 
unl^eilbar  unb  begnügte  man  jtd^  eben  ba* 
rum  mit  ber  5tbfonberung  ber  Äranfen, 
fo  mar  hai  ülJJittelalter  oon  ber  ^eilfraft 
übernatürlicher  SWittel  überzeugt;  baju  ge? 
prte  in  erftcr  ßinic  baö  unmittelbare  (5in=^ 
greifen  ®otte§,  in  ja^lreid^en  ßegenbcn 
erjö^It,  bann  ©^langen  unb  befonberg 
baä  931ut  unfd^ulbiger  Äinber;  pd)iie 
Steinzeit  foüte  pd^fic  Unreinheit  feilen; 
aud^  Sau  com  ^immel  fommt  oor.  5Dic 
befanntefie  mittelalterlicf)c  5luäfa^«ßegeitbe 
iji  J^artmann^  »on  51ue  armer  ^einrid^. 

Sitte  SWarta  ober  ber  englifdbe  ®ru§^ 
bejiebt  auö  bem  ®ru§c  ®abriel§  an  SWaria,, 
ben  iffiorten  ßtifabetb^  an  Waria,  8uc.  1,. 
42;  auö  3efii^  a^xx^ü^,  5tmen,  üon 
Urban  IV.  binjugefe^t,  au^  bem  im  Ja^rc 
1508  jugefe^ten  ®cbete:  Sancta  Maria^ 
Dei  genetrix,  ora  pro  nobis  peccatoribus, 
unb  aug  bem  ^n\a^  ber  granjiöfaner: 
nunc  et  in  hora  mortis,  amen.  6r  mar 
anfänglich  ein  Seil  ber  iOieffe  am  öierten 
?lbüentöfonntage;  al^  allgemeine^  ®ebet 
fannte  hai  frühere  SRittelalter  ben  eng« 
lifd^en  ®ru§  noc^  nid^t,  meö^alb  er  aud^ 
nicf)t  in  ben  jal)lreicl)en  altbeutfd^en  litur« 
gifdben  ©d^riftmerfen  ftdl)  finbet.  So^f'nii 
XXII.  befabl  1326  i>ai  regelmäßige  Seien 
be«  ®rufe^,  boc^  mad^ten  i^n  erji  bie 
93ettelorben  allgemein,  unb  in  ber  IRefor* 
mation  mürbe  er  ein  ftd)tbareö  Unterft^ei* 
bungö}eidf)en  ber  beiben  (Religionöparteien. 

2(yt,  ml)b.  axt  au^  bem  gleidl)bebeus 
tenben  lot.  ascia;  ber  al^b.  9?ame  ifl 
partä,  m^.  harte,  »on  hart,  meil 
tai  (Sifen  »om  ©tiel  in  SSartgefialt  ^erab* 
^ängt;  ein  anberer  JJame  ifi  Seil,  a^h. 
pihil,  mp.  bihel,  bil.  SDie  2lft  mar 
eine  allgemeine  SBaffe  ber  germanifd^en 
SSölfer,  meldte  .biefclbe  nic^t  bloß  jum 
Äampf  in  ber  9?ä^e  gebraud&ten,  fonbern 
aud^  mit  großer  ©idf)cr^eit  in  meite  gerne 
ju  fd^leubern  mußten.  Sei  ben  granfen 
|eißt  iai  2Burfbeil  Francisca.  Seim 
erflen  SJnlaufe  fd^leuberten  bie  granfen 
baö  Seil  auf  ben  ®egner,  zertrümmerten 
baburd^  feinen  ©d^ilb  unb  fiürjten  jtd^ 
nun  mit  bem  ©d^mert  auf  i^n.  ©ie  mar 
natürlid^  audf)  ^iebmaffe  unb  fJetlte  ftd^ 
in  biefer  Sebeutung  neben  ben  ©treit» 
f)ammer,  ber  bei  ben  ©fanbinatoiern  fe^t 
beliebt  mar. 


Saccalaureu*  —  93albet. 


21 


% 


^accalcamni,  fte^e  Unitterfttätcn, 
Sabcöicfctt.  ©(f)on  bic  alten  ®ermas 
ncn  liebten  ta^  freie  offene  ^at  in 
^lüffen  unb  «Seen,  Sacit.  ®erm.  22,  unb 
ii  blieb  burc^  ba^  ganje  SüJlittelalter 
bi«  gegen  ba«  18.  ^a^xb.  im  ©ebrauc^; 
Äarl  bet  ©rogc,  Dtto  II.  unb  ^riebric^ 
Sorbatoffa  waren  aU  gute  ©d^wimmer 
Qerü^mt.  S)aneben  war  t>ai  fünfilicfie 
^ab  beliebter  aU  je^t,  wa^  Wo^I  bamit 
jufammenpngt,  ba§  man  bei  meifl  wolle* 
nen  ober  nod^  fcf)Werern  Kleibern  bie  ßeib= 
wäfd^e  feltener  ju  we(f)fctn  »ermod^te.  5Dem 
atitter  pflegte  nad^  ber  (Sinfelir  in  eine 
aSurg  ein  ©ab  bereitet  ju  wetben.  Wai' 
^en  bebienten  nac^  ber  (Sitte  ber  3cit  ben 
Sabenben.  Sl)e  man  xni  Sab  flieg,  banb 
man  einen  questen,  wal)rfd^cinlid)  einiRciftg- 
büf(J)el,  um  bie  §üften ;  twahen  unde 
strichen  ftnb  bic  ^auptfac^en  beim 
®abc  *Jlud)  gemeinfamcd  ^at  t»on  Wän' 
nern  unb  J^i^auen  war  in  ber  ^öpfc^en 
3eit  fc^on  bcfannt,  wobei  bie  grauen  ben 
fd)önfien  Äopffcftmud  anhatten.  (Sigcne 
95abejimmer  gab  e^  in  ben  93urgen  feiten. 
3n  ben  ©täbtcn  würben  bie  SBabeftuben 
öffentliche  ?lnjialten  jur  Unterhaltung  unb 
jum  Vergnügen.  2)er  ^anbwerfömann 
pflegte  am  ©amätag  ?lbenb  ein  53ab  ju 
nebmen.  $ri»atbabepuben  gab  eö  fogar 
in  ©auern^äufern.  ^m  15.  '^af)xi).  ge« 
l)örtc  ti  jur  ßtifettc,  am  @cf)luffe  eine^ 
^efieö  bic  Singelabenen  in  eine  öffentliche 
Sabeftube  ju  füfircn;  iai  gcfi^a^  aud)  bei 
^od^jfiten ,  tüai  man  ju  Dtürnberg  bie 
Sab  labe  ober  hai  Scrbaben  ber 
ßcutc  nannte.  Unter  einem  ©eelbab 
t>erjianb  man  eine  Stiftung,  au^  bereu 
3infen  Qlrmen  baö  Sabegelb  bcjalilt  würbe 
S)icfe  !ünftlid)en  93äber  waren  teil^ 
2Baffcrbäbcr,  tcil^  @d)Wci§«  ober 
5Dampfb(iber,  ©ie  le|tcrn,  nimmt  man 
an,  feien  burd)  bic  Äreujfa^rer,  bie  S)ampf= 
bäber  öon  SRu§lanb  ^er  in  5lufnal)me  ge^ 
fommcn.  S5ie 'Sümpfe  würben  burcf)  t>ai  ©e« 
gießen  l)ei§cr  «Steine  mit  warmem  ffiaffer 
«rjcugt.  Sbie  Sabcfluben  fianben  blo§  an 
ben  burc^  bicDbrigfeit  fefigefc^tcn  lagen 
offen,  meijl  am  iWontag  ober  I>ienötag. 
©onncrätag  unb  Samötag.  5ln  ber  ÜJti- 
f($ung  ber  ®efcf)lec^ter  fanb  man  nic[)t^ 
Slnjlö^igeö,  fowenig  aU  an  wciblicfecr  93e< 


bienung.  ^n  ben  ©abetagen  gingen  in 
mancf)en  Stäbten  5luärufcr,  jum  Seil  mit 
Römern  »erfe^en,  morgenö  in  ben  ©trafen 
um^er  unb  ma(ä)ten  befannt,  ba|  eine  ge* 
wiffe  SBabefiube  geöffnet  fei.  ißeim  eintritt 
in  tk  Scbwi^fiube  erhielt  bet  93abcnbc 
einen  gfleiftgbüfc^el  ober  ffiebcl,  um  ftcf) 
wä^renb  be«  Sd^wi^cnö  ju  peitf^en.  (5r 
legte  ober  fe|te  fxd)  auf  eine  ber  terraffcn= 
förmigen  Sänfc;  ^ier  würbe  er  mitlü^etn 
gerieben,  mit  ben  ^i^Öfifttägeln  gefragt, 
mit  bem  Süf(f)el  geflrid^en  unb  mit  lauem 
SZßaffer  ober  mit  Sauge  übergoffen,  mit 
Seife  gewaf(^en ,  wobei  man  auf  t>ai 
fflafd^en  unb  Äämmcn  be«  Äopfe«  2öert 
legte,  ^aä)  bem  ©nbe  be«  93abeö  pflegte 
man  ftdE)  burd^  ben  Saber  ben  Sart  f(^e= 
ren  unb  baä  ^aar  fcfeneiben  ju  laffen. 
ein  Schlaf  unb  ein  *mal)l  folgte  äulc|t. 
aWit  bem  la.  3al)r{).  fommt  ta^  93abe« 
wcfen  in  5lbna|me;  bic  ®rünbe  ftnb  ber 
fieigenbe  «prciö  beä  ^oljeö,  ba«  einbringen 
ber  ßuftfcud^e,  ber  häufiger  werbenbe  ©c- 
brauch  ber  ÜKineralbäber.  T>ie  iülineral* 
bäber  tieifcn  im  SWittelalter  natütlid^c 
93äber,  Sabbrunnen,  .^eilbäbet, 
2öilb bäber.  Sic  famen  befonber«  im 
15.  5a^r^.  auf  Sappert,  über  ba« 
mittclaltcrli^e  93abewefen ,  ^r(i)iü  für 
Äunbe  öfletr.  ®efd^ic^t«qucUen.  »b,  21. 
^riegf,  beutf(^c^  ©ürgertum,  II,  1.  — 
Sc^ulj,  l)öfif(t)eö  ßebcn,  I,  163.  ®cng= 
ler,  Seelbäber,  in  ber  3eitfcf)r.  f.  beutfd^e 
Äulturgef(^.  S«eue  g^olge.  1873.  S.  570  ff. 
Salbcr,  eine  germanifd^c  männlid^e 
®ottt;eit,  aud)  Phol,  Vol  genannt,  ein 
®ott  ber  Satjreöfüde  im  Sommer,  altnor» 
bifc^  B  a  I  d  u  r.  Sr  ifi  ber  So^n  Odhins 
unb  ber  Frigg,  ber  ®ott  ber  jjrömmigfeit 
unb  Unfct)ulb.  Sr  if!  fo  lid)t  unb  lieb* 
lic^  »on  *}lntli^,  ta^  weitbin  ^cHer  ®lanj 
t>on  i^m  au«tftra^lt,  ßeib  unb  ^aare  »on 
reinfier  Sc^ön^cit.  9Jiemanb  Pcrmoci^te 
i^n  je  JU  tabcln,  fo  weif"e  unb  milbe  ift 
er  unb  jugleid^  ber  berebtefie  ber  Qlfcn. 
2lber  bie  befonbetc  ©igenfc^aft  wo^nt  i^m 
bei,  bat  f«inc  Urteil^fprüd^e  niemal«  ge* 
galten  werben  fönnen.  3"  feinem  l)imm« 
li\i)tn  aSo^nft^  Breidhablik  Wirb 
nidbtö  Unreine«  gebulbet.  Sein  2öeib  ifl 
bie  treue  Sflanna,  b  ^.  bie  Äü^ne.  S. 
würbe   überall    im   9torben    oerc^rt.     3^ 


22 


iSaa  —  »aOabe. 


S'JothJcgcn  ^atte  ei  einen  »ettberü^mtcn 
lempcl,  Baldrshagi,  Salberöge^cge,  eine 
ein9cf)e9tc  ^ricbfiätte,  bie  nicmanb  fiäbiä 
gen  butfte.  2)ie  ^age  con  feinem  2obc 
iji  eng  mit  bei  gennanifc^cn  SÜJljtbc  Dom 
SfficUuntcrgang  ücrfIocf)tcn;  93.  rvax  etf(f)Te(ft 
übet  feine  Jräume,  ba§  feinem  ?eben  unb 
Damit  allen  ®öttetn®efa^tbtot)c;  bo  fiielten 
bicfe  SRat  unb  befdjiofl'en,  i^m  <Sic()etf)cit 
gegen  aüe  (Scfabr  ju  errttirfen.  So  na^m 
gtigg  (Sibe  »on  §euct  unbSÖaf[et,  »ondifen 
u.  dtjen,  Steinen  u.  ßtben,  »on  IBäumen, 
Ätanfbeiten  unb  ©iften,  baju  ton  aüen 
t'ietfü|igen  lieren,  SJögeln  unb  2Bürmern, 
ia^  fie  halber*  fc^oncn  »outen,  —  nur 
ton  einer  Staube,  öfilic^  ton  2ßalf)ana, 
aWijiiltcin  genannt,  alö  ju  jung,  na^m 
et  feinen  6ib.  %U  bie  ®öttet  nun  mit 
99alber,  ber  mitten  im  Äteife  t)on  i^nen 
flanb ,  ^urin)eil  trieben  unb  noc^  il)m 
f(i^offcn,  I)iebcn  unb  Steine  rtatfen,  obne 
baf  ii  i^m  fc^abcte,  fetbrof  ti  Sofi.  (gr 
erfuhr  ton  jener  Staube,  ri|  fte  au«  unb 
gab  jte  ^ot|er,  bem  blinben  ©ruber  Sal- 
ber«, ^otbcr  na^m  bcn  ÜJlifieljttieig  unb 
f(f)of  bamit  nad)  93albcr  auf  Sofia  lifii- 
gen  SRat.  Salbcr,  baton  getroffen,  fanf 
tot  jur  6rbe.  ^U  iai  bie  ©ötter  fa^en, 
llanben  fie  alle  \pxai)Ui,  unb  aui  S(f)merj 
»ergaben  fie  ibn  aufjubeben.  I)ann  be= 
ganr.en  fte  fo  beftig  ju  hjeinen,  ta'^  feiner 
bem  anberen  feinen  Sd^merj  flagcn  fonntc. 
511^  fte  fid)  erholt,  bradjten  fte  Salbet« 
Seiche  auf  Hringhom,  bai  größte  aQer 
Sd)iffe,  eö  ahn  tom  Strante  ju  flogen, 
um  bie  Cetebe  ju  »erbrennen,  gelang  ibncn 
ni^t,  biö  ein  5Riefenmeib,  auö  Jötunbeim 
berbeigerufen,  iak  Scf)iff  im  crflen  Qln- 
faffen  weit  »orn?ärtö  fiief,  baf  ^txin  au« 
ben  2BaIjen  fubr  unb  bie  öänber  jittertcn. 
Sei  biefem  Qtnblicf  bra^)  Lianna  »or  ^üxti' 
mer  iai  ^erj,  ba§  fte  fiarb.  ®a  roarb 
audb  fte  auf  ben  Scf)eiteibaufen  gelegt 
unb  5euer  barunter  angejünbet,  auc^  Sal« 
tixi  ^engfi,  totlfommen  gef(!)irrt,  jum 
S(f)eiterf)aufen  geführt.  Salbcr  tt)irb  ale 
Sid)t  in  feiner  ^errfc^aft  gebeutet,  fein 
lob  alö  JJeige  beö  ßidbt«.  Sein  Sruber 
^ot^er,  aU  baä  ^unfel  beö  SBinterö,  ifl 
Ii(^tIoö;  bie  einjige  2öaffe,  bie  an  i|m 
tjoftct,  ifi  ein  Spmbol  beö  büflercn  2Bin= 
ter«.  I;ie  Tli^d,  bie  im  Sinter  rti(i(i)fi 
unb  reift,  bie  barum  au*  bae  ßid)t  nid^t 
jU  förbern  fc^eint,  ij!  allein  für  Salber 
ivid^t  in  'Pflicbt  genommen.  25gl.  ®rimm 
unb  Simrocf,  iUJ  annbarbt,  ®ottet« 
le^re,  253. 

l^aU  =  lanjfefi,  aue  itol.  bcr  ballo, 


franj.  berbal=Iang,  t?om  ital.  ballare, 
tanjen,  au«  mtttcllat.  ballare,  ftelcibei 
na^  bent  in  ®ro§griccbentanb  unb  Siji» 
lien  übli^en  gric^ifcben  ballizein  = 
tanjcn,  Rupfen,  oom  griecf).  ballein  = 
»eifen  gcbtlbet  ifi.  3ni25eutf^en  fommt 
baä  SBorc  Sali  für  Sanjfefi  nidbt  cot 
bem  17.  '^^üi)xf).  cor  unb  iji,  anfangt  ein 
frani;öft[(^eä  Sergnügcn  ber  ^öfc,  »on  ba 
aümäblii^  in  bie  nid)tböfifcE)en  Äreifc  ge* 
brungcn. 

SBaßabc;  ballada  ton  ballare, 
tanjen  im  ^rotenjalifc^cn  unb  im  altital.  b. 
12.  3btb.  b  a  11  a  t  a  tft  ein  Iprif^eä  ®cbicbt 
ton  geringem  Umfange,  bem  Sonett  unb 
ÜKabrigal  termanbt;  ä^nlic^  ftnb  bie 
ballades  bcr  ^ranjofen,  bie  feit  üJloIiere 
aufer  @cbrau(f)  famen.  I)enfelben  Flamen, 
ball  ad,  gaben  bie  ©nglanber  ibrcn 
It)rifd^=epif(f)en  Solfeliebern,  bie  im  atfge* 
meinen  ben  altern  beutfcben  Iprifdb-epifcbcn 
Solfälicbern  hti  16.  3at)rbunbert«  glid^cti 
unb  etenfo  ben  fd)ttiefcifcben  unb  bänifcbcn; 
fte  n?urbcn  gefungen,  entnüt)men  ben  epi« 
fdjen  Stoff  meifi  obne  benjö^rte  Unter« 
fdbcibung  bem  nocb  nid^t  auägeftorbenen 
mr)tf)ifdben  Solfäglauben  ober  ber  öffent« 
Ii^en@efcbi(i)te  ober  einer  engeren Segeben* 
beit  bee  Sinjellebenö,  bem  'Mbf(f)icbe,  bem 
SBieberfeben,  bem  iob  u.  bgl.,  mit  Iprifcber 
Setonung  be«  Gmpfinbung^s  unb  ®e* 
füblelebene.  2Bäbrenb  bie  beutfcben  ßieber 
bieier  5(rt  ^um  leil  auegefiorbei,  jum 
leil  unter  ber  einfeitigen  Pflege  beö  nie- 
beren  Soifcä  terborfcen  waren,  befonberd 
burcb  ben  Sinfluf  ber  Sänfelfdnger,  battcn 
bie  fcbottifcb^englifcben  Satlaben  if)re  ältere 
SReinbeit  bcffer  gemabrt.  5Daber  fam  ii^ 
bn§  Sürger ,  befonberä  tnx6)  Percyg  Re- 
liqnes  of  ancient  poetry  tcranlaft,  teil* 
englifcbe  Satlaben  terteutf^te  (Sruber 
®raurotf  unb  bie  ??ilgerin,  ber  Äatfer  unb 
ber  'Hit),  kxU  felbjlänbige  2)i(^tungen 
ber  51rt  terfafte.  |ierber  na^m  au§er 
jabireicben  *Perci)fd^en  unb  anbern  Sodas 
ben,  befonberS  bie  Colf^licber,  bie  ftd^  in 
ben  Sbafefpearefc^en  I)ramcn  finbcn,  in 
feine  Sammlung  auf;  burcb  fte  unb  bä* 
nifcbe  Saüaben  ber  ^erberfd^en  Samm* 
lung  ifi  ®oetbe  ju  feinen  frühem  Saflaben, 
ÄtJnig  in  Z^ült,  ßrlfönig,  angeregt  »or* 
ben;  Schiller  terfuc^te  fid)  unb  im  SGßetts 
cifer  mit  tbm  lieber  ®oetbe,  ebenfalls  an 
fotcben  It)rif(b'epi[cben  2)id)tungen,  bie  be« 
fonberä  ben  SfJJufenalmanacb  ton  1797 
fußen  unb  turcb  Sd)itlerö  SRejenfton  ber 
Sürgerfc^cn  ®ebidbtc  tcranlaft  »orben 
ftnb.    5Der  le^te  flafftf^e  Sallabcnbicbter 


ißaüett  —  93arfü§er. 


23 


ifi  lonn  U^Ianb  geworben.  (Sc^termetjcr 
i)at  in  ber  Einleitung  ju  [einer  5tuäwa^I 
beutfd^er  ©ebid^te  einen  tfieoretifc^cn  Wn- 
ttx\ä)itb  jttjif^cn  OSallabe  unb  SRomanje 
oufjuPeUen  gcfucf)!,  o^nc  ifiücfftcf)t  auf  ben 
^ifiorifcf)en  Urfprung  beibcr  53enennungen 
unb  o^ne  SRüdfic^t  barauf,  mie  bie  3)ic^ter 
felbji  biefe  5^amen  angertJonbt  ^abtn. 
6ie^e  SBacfernagcI,  ^oetif,  iR^etotif  unb 
Stiliilif,  ^aOe  1873,  pag.  98. 

SoKctt,  au«  itat.  balletto,  bem  Dim. 
pon  ber  ballo  =  Sanj,  lanjfefi,  pnbct 
feinen  Urfprung  in  ben  ^Pantomimen  ber 
alten  SRomer.  Äünflterif^  auögebilbet 
nnbet  man  tai  Sattett  juerft  in  3t«li«n 
im  16.  3o^t^-  an  ten  -^öfen,  mobei  ^ür- 
ficn,  $rinjen  unb  ^rinjefftnnen  tanjten, 
beflamierten  unb  fancjen.  «Seit  ber  3fit 
gehörte  ti  ju  ben  glänjenbfien  ^Jefilic^feiten 
ber  mobernen  europäif(^en  ^öfe.  ©eine 
fünf^tcrifdie^i^luäbUbung  erhielt  e«  in 
Jranfreic^.  .^ 

^öaßttcrfcii,  ttar  im  SDlittelalter  bc= 
fonbertJ  bei  itn  Sauern  im  Qlnfe^en;  ob 
ii  aui)  am  $ofe  betrieben  würbe,  ifi 
jtoeifelfjaft.  «Sobalb  im  ^^^üfiling  bie 
aEßitterung  ertaubte,  inä  %xm  ju  ge^en, 
begann  tai  Saüfpief;  na^  2DaItt)cr  0.  b. 
33.:  saehe  icli  die  megde  an  der  sträze 
den  Bai  |  werfen,  so  kaeme  uns  der 
vögele  schal.  33orne^mtic^  Df^it^art  üou 
SRüWental  ^at  in  feinen  S5orflieberu 
®äenen  aus  bem  Idnblic^en  SaüWerfen 
^atgefletlt.  25er  ©all  «ar  au«  buntem 
ßeber  jufammengeftidt  unb  boc^  fo  ^art, 
ba|  ein  gut  treffcnber  2öurf  fdE)merjen 
fonnte.  @r  wirb  jugewotfen  unb  aufge- 
fangen. 

53ann,  oon  a^b.  pannan,  ba«  ®erid)t 
bejei(^nen,  bur^ßabungoerbinblii^  ma($en, 
bauon  a^b.  ber  pan,  ban,  mf)b.  ber 
ban,  bebeutet  im  attbeutfc^en  üiiä)tt  bie 
35efugni«,  jur  (5rf)altung  ber  Drbnung  unb 
jur  Qluöfü^rung  ber  ®efc^e  2)iact)tbcfe[)Ie 
unb  Sßerorbnungen  ju  erlaffen,  bereu  dliä^t- 
befolgung  eine  33u§e  nac^  ftd)  jog ;  biefe  33u§e, 
regelmäßig  60  solidi,  fpätcr  60  S^iaingc, 
Öei§t  ebenfati«  ban;  ge^t  biefe  Sefugniö 
ftet)omÄönigauö,fo  ^eißt  Äönig^bann. 
S)iejenigc  Sefugniö  te«  ilönig«  bie  über 
Seben  unb  lob  ri^tete,  ^ie§  Sfutbann 
unb  fonnte  wie  ber  ÄönigSbann  auf  ben 
©rufen  unb  baä  ®rafengericf)t  übertragen 
werben  ober  auf  ben,  bem  ©rafengewalt 
libertragen  war,  wie  Älöfter,  Stifte,  freie 
•Ferren,  Stdbte.  Sine  anbere  33ebeutung 
uon  '-fiann  war  im  altbeutf(f)en  SRec^te  bie 
Jriebloftgfcit,  bie  über  im  au^gefproi^en 


würbe,  beffcn  man  }ur  Sefirafung  unb 
©enugt^uung  nic^t  ^ab^aft  werben  fonnte; 
barauö  ^at  ftc^  fpäter  bie  Qld^t  (ftelK  biefe) 
entwicfett.  93ann  atö  Qtu^fcftliegung  aui 
ber  fird)licf)en  Oemeinfc^aft  war  fc^on  im 
fübif^en  ©efe^e  oorgebilbet  unb  Eam  öon 
ba^er  in  bie  djrijitic^e  Äird)e,  mit  jwei 
®raben,  excommunicatio  minor  ober 
fteiner  33ann  unb  excommunicatio 
major,  anathema  ober  großer  ©ann; 
jener  fd^Iießt  bloß  oon  ber  leilna^mc  an 
ben  Saframenten,  biefer  auö  ber  ©emein* 
fcf)aft  ber  ©laubigen  ganj  auö.  2)ie  33e- 
fu^niö  be«  33annenä  fie^t  bem  33ifd^of  für 
bie  I)iöjefe,  bem  Äarbinal  für  bie  Äirc^en 
feine«  litel«  unb  bem  ^apjl  für  bie  ganje 
Äirc^e  JU.  (S«  ifi  befannt,  wie  bie  *]Bapfie 
be«  üJlittelalter«  in  i^rem  Äampfe  mit  bem 
Äaifertum  im  Sann  mi|brau(i)ten  unb  ba= 
für  i)arte  iBorwürfe  ju  boren  befamen,  §.  35. 
»on  9Battf)er  »on  ber  iBogelweibe.  3)er  übet 
eine  ganje  ©emeinbc  »erbängte  Äirdbenbonn 
^eißt  3nterbift. 

Banner,  ftefie  ^ai)nt. 

58a^Jtiftcrien,  ftebe  Äapeöe. 

Sar,  tai,  bejeic^nete  bei  ben  iWeifter* 
fdngern  eine  befiimmte  5lrt  be«  ©efange«, 
über  beffen  93efd^affen[;eit  unb  Urfprung 
wir  noc^  feine  beftimmte  ?(u«funft  b^ben. 
©rimm.  SBörterbucf),  I,  1121. 

Sorben  waren  ein  abgefcftloffener  unb 
geheiligter  Sängerfianb  ber  .Gelten,  bet  in 
3rlanb  unb  Jßate«  ftc^  bid  in  bie  neuere 
3eit  trl;ielt.  ©anj  nnftatt()aft  würben 
biefe  fc^on  »on  antifen  @c^riftj!e[Iern, 
Strabo  4.  4,  Ammian.  Marcell.  15,9  gc« 
nannten  Sarben  ben  alten  üDcutfc^en  ju^ 
gef'cftrieben,  inbem  man  ftc^  auf  bie  Steüe 
in  jacitu«  ©ermania,  cap.  3,  berief:  Sunt 
illis  quoque  carmina,  quorum  relatn, 
quem  barditus  vocant,  accendunt  animos 
futuraeque  pugnae  fortunam  ipso  canta 
augurantur;  biefe«  2ßort  barditus,  iai 
ben  Sßortrag  bcjei^net,  wirb  a(«  Sc^ilb« 
gefang  altn.  bardhi  =  S(^ilb  ober  at« 
öartweife  erftärt.  Älopflod  unb  ©erfien« 
berg  fmb  bie  ©rünber  ber  pattiotifdien, 
au«  ber  lebenbigen  ©egenwart  in  bie  Ur= 
jeit  ftüct)tcnben  Sarbcnpoefte;  Äiopfiocf 
machte  au«  Sarbe  ein  üöort  bardiet 
(jwciftitig),  wa«  Sarbcngefang  bebeuten 
foflte.  Berber  bat  am  fräftigfien  gegen  ba« 
Sarbenunwefen  geeifert. 

58arctt,  fiebe  .Ropfbebecfungen. 

SBatfü^er,  mbb.  barvuoz,  audE)bar- 
fot,  ifi  fein  Orben«name,  oielmebr  bei' 
ßen  'D'Jönc^e  oerfcbiebener  Orbcn  fo,  wel^e 
^um  unbefitubten  ©eben  uerpflii^tet  fmb. 


24 


Sarml^erjige  Stübcr  —  Saftlita, 


befonber«  bic  ^'^^"äi^f'Jnfr,  bocf)  fingen 
in  3eiten  aud)  bie  Karmeliter,  ^lugiiflincr, 
Kapuziner  barfuf.  3n  ber  ®(i)hjcij  Riegen 
bie  5ranji«faner  allgemein  33arfü|er,  i:^re 
ÄlöPer  SBarfüferflöfler. 

Sarat^crjigc  Söriibcr,  ein  fat^oIif*cr 
SlJlönd^öorben,  gcftiftet  burc^ben^ortugtcfen 
Sol^onn  Siubab,  geb.  1495,  geji.  1550, 
ber  1540  in  ©ranaba  in  einem  gemieteten 
^aufe  ?lrme  »erpflegte  unb  anmäl)ti(i)  einen 
Serein  ä^nlic^  trirfenber  ©enoffcn  jur 
Firmen*  unb  Äranfenpficge  grünbete ;  1572 
nnetfennt  ^iui  V.  bie  DteligiofensSefeU* 
f($aft  nad^  ber  SRegel  ^uguflinuö,  in  brau« 
ner,  bann  [(^rnarjer  Zxad)t  93 on  ©pa« 
lücn  fommt  ber  Drben  nad^  Stauen,  t>on 
t'a  nad)  2)eutfc^Ianb ,  $oIen  unb  ^ranf» 
vei^,  frferes  de  la  charite ;  er  befl^t  in 
SWabrib,  «Rom,  ?JeapeI,  O^ailanb,  qSari«, 
2öien,  qSrag  gro^e  ^ofpitaler.  Söeijfätfer 
in  |»erjogö  D'Jealenctjtl. 

SBaroöftU;  bai  beutfd^c  2Bort  bar  od 
ijl  erfi  im  18.  S^^t^unbert  aue  franj. 
baroque  =  fd^icfrunb  (t)on  *PerIen), 
f onberbar,  biefe^  toom  portug.  ber  b  a  r o  c  c  o 
=  ro^e,  unglcid)e  fperle,  eigentlid)  unebe» 
ner  ^cl«,  entlehnt.  Unter  Sarodjtil  t>tx> 
ftc^t  man  biejenige  gorm  be^  Dflenaiffance* 
©tileö,  bie  berSlüte  ber  ütenaiffance  ober 
ber  |>oä)=9(lenaif|'ancc  folgt.  Sie  rt»irb  ba» 
burd^  d^arafterifiert,  ia^  bie  Saufunft  non 
ben  ftrengen  f^ematifdjcn  SRegeln  ber 
alteren  Äunft  abfal;  unb  naä)  inbioibuel« 
ler  SBiOfür  auö  ben  römifc^en  93auglie= 
bern  ein  neueö,  brillante^  unb  geijlrei^eö, 
aber  ber  ftrengen  gorm  entbe^rcnbe^  ©anje 
jufammenfe^te.  511^  ^Infänger  bc«  93arodä 
ftile«  gelten  SDiic^el  Slngelo,  bcfonber^ 
aber  Sorcnjo  Sernini  unb  granc.  iöcrro« 
mini.  S)ic  ^iit  biefeg  @tileö  ift  etma 
t>on  1620  an  big  1730.  3u  i^r  gehört 
in  ber  fird)Iid^cn  ©aufunfl  ber  fogen. 
3  efui  te  n  j!  i  I.  3)ie  ^affaben  bicfer 
Äird^en  jeigen  meifi  jmei  ©äulenftellungcn 
übereinanber,  bie  obere  bebeutcnb  fleiner 
aU  bie  untere  unb  bie  Strebebogen  bur^ 
nnüfürlidie  Cdjnörfd  »erbedt.  5lnbere 
©igeni^eiten  finb  gemunbene  ©äulen,  ge« 
trockene,  äerjlüdtc  ©iebel,  gefd)meifte  ^tn^ 
fier  unb  ©iebel  mit  einer  fd)nedenartigen 
(Sinfaffung,  abentcuerlid^e,  gefd^meifte  ?tuf= 
fii^e,  i>H  ©licberungen  reid)  überlaben, 
bie  Ornamente  oft  mitlfürlid)  unb  oer» 
tüilbert,  tai  ©erablinige  überhaupt  »er= 
bannt  unb  fogar  im"  ©tunbri^  burd^ 
frumme,  gcfc^tüungene  ßinien  crfe^t.  S)ic 
le^te  5lu^artung  beö  iBarodfüleö  liei^t 
lRofofo=  ober  Bopfftit.      3n  ber  beutfd)en 


®icf)tung  ftnb  bie  beiben  (SpätsiRenaifTcnce* 
ftile  burdE)  bie  er^e  unb  jmeite  fd^Ieftfd^ 
S)id^terfd)u!e  rcpräfentiert. 

S5aron,  mf)b.  ber  barun,  au^  franj^. 
ber  baren,  melc^e^  mit  ital.  berbaröne 
auä  mitteilet,  ber  baro,  baronis  fommt, 
moneben  aud^  ber  barus;  biefeä  aber  J 
fommt  nacf)S!)Jünen^off  aud  feltifc^  bar  f 
=  SO'Jann.  2)aö2ßort  baro,  baS  fonfiaügc^ 
mein  ben  9Wann  bejeid)netc,  erfd^eint  guerfl 
bei  ben5llcmannen  uubbe^eid^net  einen  ^öri* 
gen,  mie  bie  3uf^ninienfe|ungen  barman, 
barwip,  barschalk,  barliute.  @pä; 
ter  bejeid£)nct  eö  neben  jal^lreid^en  anbern 
SJJamen  einen  freien  ^ö^eren  ©tanbed,  ber 
meber  ®raf  noc^  ^ürjl  mar,  fei  eö,  ba§  er 
ße^nömann  eine«  Ijö^eren  SOJanned,  95afall 
u.  bgl.  mar  ober  nid^t;  eö  fommt  mit 
biefer  Sebeutung  aud  bem  ^rinjöfrfd^cn 
unb  3talienifcf)en.  Später  f(^eint  ftd)  ba* 
aud^  in  ber  l)öfif^en  3^^^  feltener  ge- 
braucf)te  SBort  mieber  nerloren  unb  crfl 
im  17.  ^a^x^.  neuerbingö  für  ^i^^iöctr  jtd^ 
eingebürgert  ju  ^aben. 

fSüxt  ©ei  ben  alten  ©ermonen  galt 
nac^  iacit.  ®crm.  31.  gefürjted  |»aar  unb 
gcfc^orener  53art  aU  3eid)en  ber  Unfreiheit 
ober  beö  SSerlufleö  ber  S^re;  bie  8ango= 
barben  trugen  ben  SRamcn  »om  langen 
©arte;  bie  ©adf)fen  bagegen  trugen  im 
6.  3at)rl).  feinen  Sart.  ©ie  ÄaroUngifdt)en 
.g)errf4)er  trugen  verfc^nittened  ^aar  unb 
®cf)nurrbärte,  unb  noct)  oon  Otto  I.  mitb 
berichtet,  ta^  er  gegen  ben  alten  93raud^ 
ben  ©art  ni^t  fd)or,  fonbern  »öKig  trug. 
5lnbere  ©eifpiele  finbet  man  ebcnfaüö  nur 
unter  ben  böc^ften  (Stäuben  mellU(^er  unb 
geifitic^er  5lrt;  bie  mittlem  Älaf[en  gin* 
gen  barttoö,  mä^renb  bie  unterfien  unb 
mit  i^nen  bie  3uben  micbcr  bebartet 
maren.  3n  ber  Oiitterfd^aft  ber  .f)o^cns 
ftaufenjcit  unb  bem  böbern  ©ürgcrtum 
berrfd^te  giinjli^c  ©artloftgfeit,  biö  tief 
in«  14.  3a^r^.,  mo  bie  SDJobe  fid)  mieber 
ben  ©arten  günjlig  ermied,  fo  t>a^  ©art= 
lofigfeit  ^udna^me  mürbe.  5m  16.  Sa^^v^. 
trug  man  in  S5eutf(^Ianb  entmeberSoUbärte 
ober  nad^  fpanifd)<fvanjörtfdbcr  *Blobe  ben 
bIo§en  Sippen«  ober  jugefpi^ten  Äinnbatt, 
meld^  Unterer  fd)Iic§Iid^  in  jal)Ireid^en 
JJormen  ein  mefentlid)ed  ÜJterfmal  bcö  fran« 
jöfifd)en  ©tu|ertumd  mürbe  J'ilf  t»  ^<^<ir 
iinb  ©art  ber  2)eutfd^en,  ^In^eiger  b.  germ. 
anuf  1858. 

©afilifa.  5Dicfe  alte  gorm  be«  d^rijl« 
Iidf)en  ©otteä^aufed  mürbe  frül;er  aügemcitt 
aud  ber  go'^i"  '^^^  altrömifd)en  forenfi» 
fcf)en  ©afilifen   abgeleitet,   ©i^ungd« 


Sa^cn  —  Saupttcit. 


25 


lofalen  für  bie  tid^tctlic^en  Sc^örbcn. 
2)iefe  ?lnna^ntc  ijl  in  neuerer  3«it  rt)i^er• 
legt  tDorben,  unb  man  leitet  je^t  bie  c^rijts 
Ii(|e  ^afilifa  üon  iSäumen  be^  rö» 
mifc^en  ^rit)atl)aufcö  ab.  2)iefc  finb 
einedteit§  bie  Oeci,  Exedren  ober  Tri- 
clinien,  gro^e  ®äle,  bie  jur  Dtepräfcn^ 
tation,  jur  gefcHigen  Bereinigung  unb 
mitunter  jur  lafel  bicnten.  3^re  ßagc, 
t)intcr  einem  ^ofe,  gewö^ntic^  bem  Peristyle, 
fx^txti  bie  „bort  iöcrfammelten  vor  ber 
(Sefa^r  ber  Überrafd^ung.  5tnberntcilö  gab 
eö  in  ben  ^aläfien  nornc^mer  JRömer  njirf» 
lic^e  ^auö*  ober  ^Priüatbaftlifcn,  bie  ber 
ö^rifiengemeinbe  übergeben  unb  jur®runb« 
tage  »on  Äirc^en  ttjurben.  5Die  (f)ripiid^e 
ißajilifa  befielt  au^  bem  3ltrium,  bem 
€d^iffe  unb  bem  ß^ore.  ®a^  *Ittrium, 
burc^  tt)el(i)eg  ber  3"Sfl"9  ^<^^  '^^^  Äircf)e 
fü^rt,  ber  'Jlufenttjalt  ber  SBü^enben,  ijl 
ein  auf  brei  Seiten  non  Säulenhallen  um^ 
gebener  5}or^of,  bem  ftd^  aB  nierte  ©eitc 
bie  Sßor^alle  ber  33afilifa  anf(^Iie§t.  ^n 
feiner  aWitte  fiebt  ein  Srunnen,  ^antba^ 
ru^,  be^uf^  [Reinigung  ber  Äircf)enbefud)er. 
®aö  innere  ber  SDaftlifa  befielt  in  ber 
iHegel  auö  mehreren,  genjö^nlic^  bvei,  lang» 
geftredtten  unb  parallel  nebeneinanber 
laufenben  [Räumen,  bem  ^auptfd)iffe  unb 
ben  bciben  mcip  f;alb  fo  breiten  unb  nie= 
brigcren  51  b  feiten,  9?eben«  ober  Seiten» 
fc^iffen.  2)ic  ©tü^en,  n^eldjc  biefelben 
trennen,  fmb  meificn^  Säulen,  in  älteiler 
3eit  burd)  I;orijontaIe  Stcmmbalfcn  ober 
Qird^itraue,  feit  bem  4.  3a^r^.  »ermittelfi 
IRunbbögen  »erbunben.  5Daö  ÜJJittelfc^iff 
fteigt  mcift  in  ^oi^"!  eiueä  i^on  ^euflcrn 
burc^brodjenen  $od)baueö  über  bie  Seiten» 
fdjiffe  empor  unb  fcf)lie§t  in  ben  älteften 
Äir(ien  mit  einer  fladjen  faffettierten 
lioIjbedCe  al;  fpätere  Sauten  jeigcn  baö 
S)ai|gebälfe,  gefcf)ni^t  unb  gemalt,  unüer« 
fcf)alt.  Sie  S(i)iffe  fmb  ber  5lufentt)attö< 
ort  ber  ßaien.  Den  9lbfcf)lug  erl)ält  baäi 
i'ang^auä  burc^  ben  Sriump^ogen,  einen 
großen  SRunbbogen,  ber  tai  !]D?ittetfcf)iff  in 
feiner  ganjen  ©reite  überfpannt  Der 
S^or  beflet)t  auö  einem  ^albrunben  9iuä= 
bau,  an  ^öi)t  unb  breite  ber  ®rö§e  beö 
Iriump^bogenä  entfpred^enb ;  er  I;ei§t  tri- 
l)uiia  ober  concha,  häufiger  absis 
ober  apsis.  %üä)  bie  Seitcnf^iffe  fiaben 
oftfolc^e^luöbaue.  DerS^orbeäßangfc^iffeö 
ifi  baö  Sanctuarium,  er  liegt  mel)rere 
Stufen  ^öfter  aU  iai  Sd^iff  iinb  bicnt 
für  bie  0ri'efierf(i)aft.  3^  teidE)cr  fic^  biefe 
entn)i(Iette,befiomünfcf)barer  njurbc  bie  53ev» 
grö^erungbicfe^iRaumeö.  Wan  fügte  beöbalb 


bie  Apsis  nid^t  mc^r  unmittelbar  an  hai 
J^auptfdyiff,  fonbern  fleüte  jn)ifd)en  Sd^iff 
unb  Apsis  einen  ju  beiben  Seiten  übet 
ba^  ßangfc^iff  »orttetenben  Querbau,  i>a% 
Duer»  ober  Äreujfc^iff.  Der  mittlere 
[Raum  beöfetbcn,  bie  SSierung,  bicnte  ber 
nicbern  ®eiftlid|f eit ,  bie  ^^ügel  ben  »ot» 
nehmen  üJlänncrn  unb  grauen.  2Bar  ein 
ÄreUjjfd^iff  nic^t  anjubringen,  fo  erfiö^te 
man  ben  forbern  [Raum  ber  Skiffe  unb 
fd^toi  pe  mit  (Sittern  ab,  at«  5lufent^alt 
ber  pfaüierenben  ©ruber.  [Rec^t«  unb  tinf« 
er^ob  ftcf)  eine  Äanjel,  eine  jum  [Beriefen 
ber  ©oangetien,  bie  anbere  jum  [Bortrage 
auö  ben  Spijleln.  Der  abgegrenjte  [Raum 
ber  [Rebcnf(i)iffe  biente  bann  ben  tt)ettli(^cn 
[Borne^men.  Der  Elitär  lag  in  ber  [Witte 
ber  ß^oreö  (b.  i).  ^tpft^  unb  abgefd^loffc 
ner  [Raum  bc«  Sd^iffe^),  tior  bem  ^alb« 
runbe  ber  Apsis  tjinter  bem  [Mltar  (fte^e 
biefe«  SGßort),  in  ber  [Runbung  ber 'Jlpft«, 
fmb  fiufenförmig  bie  Si^e  für  bie  ®eifi» 
iid^en  angebracht,  unb  in  ber  SOlitte  be«» 
felben  f}e1)t  cr^ö^t  bie  Kathedra,  ein 
marmorner  I^ronfeffcl,  t>on  njclcfiem  ber 
©ifc^of  feine  1<rebigten  ju  galten  pflegte. 
yiaä)  [Ra^n,  bübenbe  Äünfte,  73  ff. 

Sfl^cn,  urfprüngtidf)  ber  ©a^e,  mittel» 
lat.  bacio,  bacius,  bacenus,  eine 
Heine,  juerfl  gegen  1492  ju  Sern  geprägte 
[SRünje  mit  bem  [ßä^,  bem  93ären,  b.  i. 
bem  SBappentiere  Sern«  ocrfe^en,  »on 
4  Äreujer  [Jöert;  fte  oerbreitete  fi<^  fcf)ncU 
aflgemein  im  fübnd)cn  Deutf(^Ianb  unb 
bebiett  ben  [Ramcn,  o^nc  ba^  ber  Sär  bat» 
auf  abgebilbet  war.  Someit  aU  mit  ®ul» 
ben  unb  Äreujern  gerecf)net  würbe,  ttjar 
auc^  ber  58a^en  »erbreitet. 

Sau^iittctt.  Die  früf)ern  mittetalter» 
lid^cn  Sauten  auf  fird)Iid)em  ®ebiete  ge^en 
oon  ©eiillidien  auö,  bie  erjt  mit  ber  3«if 
ßaien^ilfc,  anfangt  ju  niebvigen  Dicnfien, 
beijogen.  ^m  13.  ^i\\)x\).,  früt)ejien(?  im 
12.,  oereinigten  ftd^,  wie  bie  anbern  [8e» 
rufötcute,  fo  auc^  bie  [Dfaurcr  unb  Stein» 
me^en  jU  [8ruberf(f)afreu,  3nnungen  unb 
3ünften.  Die  erfie  wirb  im  3.  1258  in 
[pariö  ermät)nt.  "Sie  ^äupgen  aBanberun« 
gen,  weld^e  bie  bamaligen  *Jtrc^iteften  u»» 
terna^men,  »ermittelten  einen  [Rappott 
jwifc^en  ben  einjelnen  Korporationen  unb 
riefen  einen  eint)eitlic^en  [ßerbanb  in  grö» 
§erem  Umfange  ind  Seben.  3i'ni  erften 
TlaU  würbe  1459  ein  fold^er  ju  [Regen«» 
bürg  in«  ?eben  gerufen.  Da«  ®ebiet, 
über  t>a^  ftc^  biefer  [Bcibanb  erflvedte,  be» 
ftanb  au«  »ier  Diftriften  ober  [ßrooinjen 
für  weld^e  Straf  bürg,  Köln,   2Bien  unb 


26 


SBefejiigungen  bei  alten  ©ermatten. 


«Bern  (fpdtcr  Süticf))  aU  ^lauptortc  bc* 
jeic^net  mürben.  SJiefe  SSetbrüberungcn, 
nad^  bem  auf  bcr  ©auficüe  bcpnbli^en 
SEßerf^oufe  „93au^ütten"  genannt,  bejie^en 
^c^  in  erPcr  Sinic  auf  bie  SRegulictung 
ber  33erufet)crt)ältniffe.  ®cr  33orfic^er  bcr 
^ütte  ifi  ber  ÜJJeiiier,  unter  Umfiänben 
bur«^  ben  *5arlierer  fettreten.  I)cr  ÜJlei* 
Per  »erteilt  bie  Qtrbeitcn,  befiimmt  ©eginn 
unb  33ecnbigung  berfelbcn  unb  »vertritt  ju* 
gleiÄ  tai  Qlmt  eine^  Ütic^terö  unb  ^ütcrä 
ber  Orbnung.  ^m  %ixntxn  entbätt  bie 
Drbnung  bie  ®efe^e  unb  Sebingungen 
für  bie  ©cfellen,  8ef)rlinge  unb  ^ani^ 
langer  unb  »er  fonjl  Bei  bem  ©au  be* 
fc^aftigt  ift.  $at  ber  ange^cnbe  SD^Jaurer 
feine  ße^rjeit  t>oQcnbct,  fo  empfängt  er 
nebfi  ben  ©rfennungöjeic^en,  burc^  bie  er 
f\i)  aU  iMugeböriger  be«  Sunbeö  legiti« 
miert,  ein  befiimmtc^  SWonogramm,  baö 
5lBerfjeid)en,  tt)etdC)eö  neben  feinem  SJtamen 
in  iai  ®cfetlenbu(^  eingetragen  wirb. 
I)iefeö  SDJonogramm  War  gleid)fam  fein 
SBappen,  mit  bem  er  feine  Qlrbeiten  be? 
jeic^ntte,  unb  ia^  er,  OlnjIcHung  fucE)enb, 
aU  $robe  bcr  ®cfd)i(flid)feit  in  ben  Stein 
ju  meißeln  batte.  «Solche  (Sbiffern,  mcifi 
au^  einfachen  ßinicn,  freujförmig  unb  bia« 
gonal  in  ben  oerfc^icbcnfien  Äonbinationen 
jufammengefe^t,  fommen  beinahe  an  jebcm 
fpätmittelalterlic^en  33auh)erfe  uor  unb 
Pnb  aucf)  mitunter  ju  9[ßappenjei($en  ge- 
njorben.  Sfieben  biefcn  33oifcf)riften,  bie 
jtd^  auf  baö  93eruf0»efen  bejieben,  fcblt 
e^  auc^  ni(^t  an  foIcf)en,  ttdi)t  auf  6r* 
Haltung  unb  ^örbetung  c^rijlli^en  SGßan^ 
belei,  be^  ^Inftanbeö  unb  ber  Sitte  jielen. 
I:aö  Snfiitut  ber  Saubütten  erljielt  fid) 
lange  über  baö  ÜJJittelalter  binauä. 

5Die  günjiigen  Söitfungen  ber  Saubütten 
liegen  barin,  ba§  fte  bem  ©erufeleben  eine 
^öbere  SBeibc  gaben,  bie  Srfabrungen  ber 
^unfi  üon  ©eneration  ju  Generation  über« 
lieferten.  2Dic  tüd)tige  Sebanblung  bcö 
3)etail^  in  ben  ilKonumenten  auö  fpät= 
gotifcfier  3cit  ifj^  J"»wcf)fi  aU  örgebnie 
biefer  ^anbnjertUcben  Überlieferungen  ju 
betrachten,  ©cnauigfeit  unb  ©aubctfcit  ber 
9lu«fübrung  n^urben  biö  fpiit  aU  ^aupt= 
erforberniffe  betraditct.  ^ittmieter  seigt 
f\d)  barin  ein  €infen  ber  Äunfi,  ta^  t(xi 
pcrfönlicbc,  inbiüibucüe  freie  Schalten  bcr 
<l)bautafie,  ttiie  cä  bie  ftübercn  Saumeifter 
befeffen  batten,  bi"  jurücftritt.  QtUeö  ge= 
fcbiel)t  ttjöbrcnb  ber  3«it  bcr  iSaubütten 
mit  banbtreif^mdjiger  Ib^tigfeit.  Dcö= 
^alb  überall  bicfelbcn  ®urt«ngen,®en:iölbe* 
formen,  (Pfeilergltcbcrungcn  unb  5!)?a§ttietf« 


fombinationen.  SDie  geheimen  ©eremo* 
nien,  bie  jtc^  an  bie  Saubütten  fnüpfen 
unb  bencn  infolge  bie  ^r^iwaut«  ib^en 
Drbcn  auö  ben  Sau^ütten  abzuleiten  pfleg« 
ten,  ftnb  burdbauä  untergeorbneter  SRatur. 
SWacb  IRa^n,  b.  Ä.  in  b.  ©cbmeij,  400  ff. 
Daö  ^auptwerf  ©d^naafe,  @efcb.  b.  bilb. 
Äünfle,  IV.  212  ff. 

iBcfcfttgungcn  htv  alkn  ©cnnaitcit* 
I)ie  alten  ©ermanen  befafen  feine  be* 
fepigten  Sffiobnpld^e,  Surgen  unb  bgl.; 
bod^  bauten  fte  jum  Qwidt  ber  Seberr« 
fcbung  mistiger  ßugange  ober  ganjer  3:er« 
rainabf^nitte  Sefeftigungen,  bie  man  in 
3  ©ruppen  teilen  fann.  1)  ©efcblof* 
f  en  e  ©injelnjerfe.  ®ic  benu^en  mög« 
lidbH  ben  35orteil  ber  9?atur,  ©chjäffer 
unb  Sümpfe,  ^«t^dbjiüräe,  SZBalbungen,  be« 
fonberö  fteit  abfallenbe  J^öben,  fei  e^  mit 
ober  ol^ne  Jßall.  OJJan  unterfcbeibet  Oting« 
föällc  ouf  ben  ©ipfeln  ifolicrter  ^ö^en, 
@t einringe,  aui^ Sßatlburgen  genannt, 
au^  gefammclten,  meifi  jerbrocbenen  @tci« 
ncn  äufammengebäuft,  ®rbf(?banjen  mit 
ober  obne  ©raben,  teilö  in  ooaler,  ^äu* 
figer  in  freierunber  Jorm.  2)  Scfcfii* 
gungcn  größerer  unb  fteinerer 
?tbf(|nitte  beö  lerrainö,  mcifi  in 
ber  5orm  beä  ^albmonbe^  unb  geiuö^n« 
lii)  auf  53orfpriing^fuppen  jhjif^cn  ber 
(Sinmünbung  eineä  ©citentbalc^  in  ein 
^auptbal;  in  ebenen  ©cgenben  ftnb  jie  ge« 
ttjöbnlicb  auf  jmei  ober  brei  Seiten  oon 
2Büffir  unb  Sümpfen  umgeben,  SBaf« 
ferburgen  unb  Sumpfburgen, Söfar, 
B.  G.  6,  5.  gUtöfcblie§li(f)  ju  fflarten  unb 
SignalpoPen  finb  bie  fog.Spi^rDÖllc  6e* 
jiimmt.  (Sin  mebrfacb  »orfommcnber  Dfiamc 
für  bie  SRunbmäße  ifi  ^aga^,  in  einigen 
alten  Stäbtcn  Sranbenburgöunb  Sacbfend 
alöfRamebcrUmgcbungennocb  ctf;alten.  Sä 
finb  iai  Se^ebrungen  ber  !Runbtt>älIe  mit 
einem  •^  a  g  c  ober  einer  $  e  cf  e ,  aud^ 
[Riefe,  Schlag,  ©ebücf  unb  ^  a  * 
(fei  Werf  genannt.  JRacb  lacituä  ©crm. 
16.  pflegten  bie  ©ermanen  ibrc  ©eböfte 
mit  unburdjbringlicbcn  S)ornn)ät(cn  abju* 
fdblic§en.  Sgl.  bie  3tamen  ^agebu(J)e, 
itageborn  ,  ^agcbuttborn  ,  ^agerofe.  3) 
Sanb»  unb  ©renjmebren.  S)eren  äl* 
tcftejjorm  ifi  ebenfaüö  bcr ^a gen  unb  bad 
©  c  b  ü  (f.  35a0  leitete  ifi  ein  biö  50  Schritt 
breiter  SBalbfireifcn,  in  welcbem  man  bie 
Säume  in  oerfcbiebcnen  ^öben  gefappt 
unb  bann  ben  neuen  ^uäfd^lag  jur  6rbe 
niebergeboi^en  unb  bicbt  t)erf[oc|ten  b^tte. 
2nbem  biefe  Saume  fo  uerreu^fen,  ents 
fianb    ein    unburd^bringlicf)eä    ^acfelmerf. 


Seg^arben  —  iBcinfIcibcr. 


27 


?lnbcte  Canfcttic^rcn  gießen  fti)  ale  I)ecfe* 
bePanbener  (StbiraK,  ale  ffiatl  in  Srbe 
obct  in  Stein  ju^icil«"  mehrere  3D?ciIcn 
lang  in  ebenen  ©egcnben  ^in,  balb  mit, 
balb  of)ne  totgclegte  ©toben,  je  nai)  ber 
Ö3efd)affcnl)eit  beä  QSobenö.  ©ie  bilben 
^eute  jum  Seit  nocl)  bie  ©renjen  t>on  ®e= 
meinbcn,  iBcjirfcn  unb  größeren  öanbge^ 
bieten,  yiaä)  3 ä  t) n  ö ,  ® ef'd^ic^te  tti  Kriege* 
»efcn«,  456  ff. 

SSeg^arbcn, Seginen;  mf). begetart, 
beghart,  begine,  auc^  beguine,  be- 
gwine,  begein,  Seit  bem  12.  '^ai)xl). 
bilbeten  fict)  in  ben  3?ieberlanben  grauen« 
geftüfdiaften,  um  in  gemcinfamct  SBof)« 
nung,  naä)  einfacbct  Siegel,  aber  ot)nc 
©elübbe,  ein  frommeä  ßeben  ju  fü()ten. 
I)ie  ÜJlänncr  oetje^renben  Äreuäjügc  unb 
bie  beginnenbc  SBotliebe  für  bef(|aulicf)eö 
Scben  njirften  baju.  ^er  Utfptung  beö 
3iamen^  lat.  begbinae,  beguttae,  ifi 
ungewig ;  rigl.  bie  Sßörterbüc^er  non 
(Srimm  unb  (Sd^mellcr.  Die  33egi; 
ntnt)öfe,  auc^  Ätöjler  genannt,  njarcn  an= 
fang«  au§ert)alb  ber  €täbte  angelegt,  erfi 
fpäter  finbet  man  ftc  aucf)  innerhalb  ber 
SWauern;  ftc  ^ei^cn  aud^  saminngen, 
samnungen  unb  einignngen;  bie 
boju  gehörigen  jjrauen  behielten  einjeln 
bie  Verfügung  über  i^r  Vermögen,  j!anben 
unter  einer  Sorfiebcrin  (ÜKuttet) ,  lebten 
einfach,  bie  Unbemittelten  »on  i^rer  ^dnbe 
?lrbcit;  fpäter  erl)ielten  fie  eigene  Äapel* 
Itn  unb  .Sirenen.  Seit  bem  13.  ^a^x^. 
finbet  man,  obgleich  in  geringerer  5lnjal)I, 
aud)  ÜJidnncrocreine  berfelben  Qlrt,  beg- 
harden.  Um  me^r  S(^u^  ju  finben, 
traten  biefe  freien  ®cfel(fd)aften  fpäter 
meift  bem  britten  Drben  ber  ^^'^ansi^Ji'"«!^ 
ober  ber  ©ominifaner  bei,  baf)er  ber 
SRame  5*1^" """«n»  ^"^  ergaben  fic^ 
nun  auc^  bem  Settel,  rerbanben  fxä)  et* 
loa  axid)  mit  Seftierern ,  fo  ta'^  ber  ^ia* 
me  begbarde  5um  Äeiernamen  »uibe. 
gür  begbard  tarn  feit  bem  14.  ^ai)xi). 
auc^  ber  Dtame  ßol^arb  auf.  ©d^mibt 
in  ^erjog^  SRcalencpflopöbic.  ^rieqf, 
I)eutf(J)eö  ©ürgertum.  I,  97  ff. 

Söe^aimiff^,  33et)mif($,  93ef)aimfcf),  ^ei§t 
im  15.  unb  16.  S^ifirb-  in  gonj  igübbeutf(^ä 
lanb   eine  *)lrt  ®rof(ä)cn.    6ict)c  biefen. 

Seic^tÖÜ^cr,  libri  poenitentiales ,  ftnb 
in  ber  meromingifc^en  unb  farolingifdien 
Seit  jucrfi  in  ©nglanb  aufgefommen;  aus 
ber  tirc^Ii^en  ^rofiä  tiernorgegongcn,  flel= 
len  fie  in  ö^nlic^er  gorm  vok  bie  33olf^= 
red)te  (leges  barbarorum)  ba^  Wcltlidfie 
€trüfred)t,    tai    t)errf(^cnbe   Spfiem    ber 


Äircf)cnflrafen  unb  3BuBen  bar,  welche« 
\\ä)  ^infic^tlicf)  ber  eigentlichen  23etbrecf)en 
bur(f)gängig  an  bie  germanifc^e  ^uffaf* 
fungömeifc  anfc^lie^t.  S)ie  bebeutenbften 
ftnb  bie  angclfäc^ftf^en  Scic^tbüc^er,  bar* 
unter  ein^  Don  Beda  venerabilis,  ein 
anbereö  tt)irb  (Solumban  jugef^riebcn;, 
beutfc^c  t)on  iRabanuä  ajlauru^. 

Set^tfonneln,  altbeutf(^e,  ofjne 
ßweifel  nad^  lateinifc^em  SSorbilbe,  ftnb 
in  ben  liturgifc^en  (profabcnfmälern  be^ 
alt^oc^beutf^en  Sfitro""!^  jafjlreic^  er« 
f)alten.  Sic  jinb  abgcbrucft  bei  Tla^^^, 
mann,  biebeutfc^cnQlbfd)h)örungö',  ®lau» 
bcn^=,  33eici)t«  unb  Setformeln,  Queblin* 
bürg  unb  ?eipjig,  1839,  dh.  20—43,  einige 
aurf)  bei  3D?üllenl)off  unb  Stierer,. 
3)enfmälcr  beutfcf)er  (ßoeftc  unb  $rofa, 
yix.  71-76. 

»etc^tftü^Ie  ftnb  jucrfi  im  15.  3a^r^. 
in  granfrei^  aufgefommen,  in  SDeutfcf)* 
lanb  nic^t  for  ber  äWeitcn  |>älftc  be^  16, 

Seilattcr.  ftc^c  j^oc^icit. 

SBeinflcwer.  S)ie  alten  ©ermanen  ent=> 
beerten  noc^,  abgefeljen  ton  ber  o^ne 
3n?eifel  aud)  bei  i^nen  r'ort)anbenen  ^üft* 
!  bebecfung,  bem  bruoch,  ber  eigentli(f)cn 
Seinbefleibung ;  Dorn  Äönig  ber  öango« 
barben,  Adeloald,  mirb  erjä^lt,  bcß 
er  juerfi  ^ofen  getragen,  f)abe  unb  ia^  bie 
ßangobarben  fortan  gcrabc  biefe  Seflei* 
bung,  h  0  s  i  s  genannt,  por  allem  fcl)ä^* 
ten.  35iefeö  SBott  bcjeicf)net  bie  enganlics 
genbeSebecfung  be^  Untctfc^cnfclö,  gegen* 
über  ber  |>üftbebecfung, al)b.  pruoch,  unb 
\\t  Ixixä)  bie  gctmanifc^en,  romanifdjcn 
unb  feltif(J)en  Sptacf)cn  tjcrbrcitct;  feine 
urfprünglid^c  33ebeutung  unb  bie  eigent=- 
li(i)e  ^eimat  ifl  bunfel.  2)ie  'flnnat)me 
ber  ^ofen  burd)  bie  ßangobarben  ifi  aber 
iJ?ac^af)mung  römifcf)er  Sefleibung^* 
n^cife.  T>ie  ^ofen  Ratten  bie  ®efialt  von 
Äreujbinben,  meiere  je  na6)  bem  bö^ctn. 
JRange  an  J^öl)e  unb  fünfilii^cr  fflinbung 
june^men.  Äarl  b.  ®r.  trug  linnene 
Unter^ofen,  barüber  33einEleiber  mit  33inbe; 
tai  33olE  überhaupt  fleibete  ftd)  enttüeber 
ebenfo,  ober  eö  trug  na^  btjjantini* 
fd^er  ^rt  lange  ©trumpfe  nad)  5trt  ber 
Iricorö  biö  jur  SRitte  ber  Obetfcf)enfel, 
reo  fte  mit  Schnürriemen  an  ben  93ruc^ 
angeheftet  würben,  ober  ä^nli^e  meite 
53cinf[eiber,  mie  bie  heutigen  ftnb. 
meiere  au^  ben  Unterleib  umfd)loffen. 
3mmer  erfirccftc  ftcf)  ba^  ?cinfleib  unter^^ 
wärtö  enttt?eber  über  ben  ganjen  g"!  o^«t 
bie  3e|cn  blieben  unbcfleibct.    Jie  ftieit^ 


28 


93cinfteibet. 


punn)|)ofenarti9c  SScinbcftcibungttJarlrad^t 
ber  Sirmern.  2)ic  Iricotg  ober  Sang* 
f^rümpfe  njorcn  ßon  SBoüe  ober  ©cibc, 
fietg  nur  gewoben  unb  buntfarbig,  cnt* 
tt)cber  eintönig',  meift  rot,  ober  bur«!^ 
einjclne  (Streifen  unb  Öinien  öerjiert,  ober 
beibe  Seinlängen  öcrf(ä)ieben  gefärbt.  3" 
ben  fio^en  ©tänben  »erfdjwanb  allma^ticf) 
berSBru^  ganj,  man  trug  ^ier  bIo§  noc^ 
eng  anlicgenbe  Iricotö,  bic  oben  an  bem 
Hüftgürtel  bcfefiigt  hjurben.  üJiit  bem  2Iuf' 
tretcn  beö  franjöfifd)en  Äleibergefd^madfcö 
i^om  Seginn  beö  14  Ja^r^unbertö  an,  ber 
f\ä)  burd)  iai  ^rinjip  eng  anliegeuber^Ieis 
i<ix  fennjeid^net,  mürbe  bie  enge  ßang« 
l)ofe  momöglic^  noc^  enger,  fo  ba§  ®d^am* 
lapfeln,  franj.  braquettes,  beutfd^  ßa^, 
nötig  mürben;  auc^  hai  mar  fran» 
jöfifdf)  baf  man  i>k  Seinlinge  entmeber 
über  bem  Änie  trennte  uub  beibe  Icile 
burc^  D^efieln  unb  93änber  üerbanb,  ober 
über  bie  ganjen  $ofen  nod)  eigene  Dber^ 
fc^enfeU^ofen  in  öerfcE)icbencr  tJdrbung  unb 
^erjierungemcife  jog.  ^m  16.  3ci^rl;un« 
bert  ma^te  fi(^  in  2)eutfc6Ianb  mie  in 
ben  übrigen  ßdnbern  Suropa^  ein  SBan« 
bei  ju  bequemerer Srad^t  ^in  gettenb.  Dber« 
fleiber  unb  iBeinfleiber  mürben  meit.  I>iefe 
Söefleibungöart  ging  »on  ber  jugenblid^en 
freien  Sürgerfd^aft  unb  ben  ©ölbnern 
ani.  SDaö  lange  Seinfleib  mürbe  juerji 
t>or  ben  Änieen  au^gefc^nitten  ober  ge« 
f^Ii^t,  bann  unter  ben  Ruften  unb  längö 
ben  ©c^enfeln  5erfdf)nitten.  25er@^u^  »or 
ber  SBitterung  mie  ber  öffentliche  ?infianb 
»erlangte  aber,  ba^  man  bie  Sc^Ii^e  mit 
.3eug  unterlegte.  Söeiter  ging  eä  an  bie 
enge  Dberfcf)enfelf)ofe,  bie  ebenfaHö  jer* 
fd)nittcn  unb  big  ju  ben  Änieen  ocriän* 
gert  mürbe,  bIo§  bie  Unterfd^enM^ofe 
blieb  eng,  bie  Dberfiienfet^ofc  jerfd^li^te 
mnn  teil«  ju  oerfc^iebenen  Figuren, 
teilö  ju  öerfd^ieben  breiten,  fenf redeten 
ober  magerecf)ten  Streifen;  bie  ^ifl^'^^n 
maren  ©reiecte,  iBieretfe,  ©ed^öecfe,  Äreuje, 
©terne,  93Iumen,  93Iätter,  überaÜ  in  ben 
buntefien  JJarben  oerjiert  unb  bie  beiben 
SBeinlängen  mie  früher  oft  ganj  toerfc^ieben 
^ef(^nitten  unb  gefärbt.  ®egen  biefe  jer^ 
fcf)nittenen  ^ofen  oorne^mlidf)  menbete 
fid)  überaÜ  tit  ©ittenpolijei,  einjelne  9fles 
formationömanbate  »erboten  fie,  ebenfo  bie 
SJieict)etage  oon  Slugäburg  in  ben  3-  1530 
M.  1548.  3n  einer  t>om  9tat  ju  @t.  ©aüen 
m5a^rel527  erlaffenenOrbnung  l)ei§t  eö: 
Es  ist  ufgesetzt  und  verordnet,  dass 
alle  burger  und  inwoner,  so  zerhowen 
oder    abgehowen   hosen    oder    wamesser 


habend,  dieselben  zerhownen  hosen  und 
wamesser  widerumb  zaosamen  negen 
sollen  lassen  und  hinfur  kam  zerhowen 
hosen  noch  wamesser  tragen  sollend  an 
3  pfd.  denar  zuo  bnoss  von  jedem  mal, 
so  dick  (oft)  das  beschicht.  Man  sol  och. 
weder  hie  noch  anderswa  kain  zerhowne 
klaider  machen  lassen  und  mag  man  die 
schnlder  darumb  aiden,  Dessglichen  sol 
och  kain  schnider  kainem  burger  so 
groben  und  wuosten  latz  an  die  hosen, 
sunder  hinfur  zimlich  machen,  an  die- 
selben bnoss:  Dr.  *Mnbreaö  SDiu^cuIug, 
^rofeffor  ju  ^ranffurt,  gab  im  3.  1556 
eine  üon  ibm  gehaltene  ^rebigt  im  2)ru(f 
l)erauä:  *Bom  zerlöcherten,  ßuc^t*  unb 
ö^rüergeffenen  plubrigten  ^ofenteufel,  25er- 
ma^nung  unb  SBarnung.  2>ic  ©ac^e  mürbe 
aber  e^^er  ärger;  mä^renb  man  ben  untern 
©toff  burcf)  bie  SWenge  ber  ©d^li^e  hii 
jeöt  nur  leid^tl)in  l;er»orgejogen  ^atte, 
»ereinfac^te  man  je^t  bie  ©(i)li^e  nad^ 
3a^l  unb  ©ePaltungömeife,  ermeiterte  fre 
anfe^nlic^  unb  bauf^tc  tit  untern  «Stoffe 
auö  i^nen  in  möglidE)fter  33reite  ^erau«, 
fo  ba^  fte  übcroU  facfartig,  flatternb  ^erab* 
i)in(^en.  S)aö  mar  bie  eigentliche  $lu ber ^ 
^ofe;  fic  foQ  1553  im  ßager  beö  Äur* 
fürfien  SD^Jori^  »on  93raunfcbmeig  üor üKagbe* 
bürg  entjlanben  fein.  i)ie  öanbsfnec^te 
trugen  pe  fo,  ia^  bie  ©(^läppen  bii  ju 
ben  .Knöd^eln  ^erab^ingen  unb  für  ben 
Untcrjloff  big  40  (SKen  ludf)  rermenbet 
mürbe.  Mit  bem  (Srlöfd^en  beö  freien 
©ölbnertumä  erlofc^  eubli^  biefe  Irad^t, 
am  längfien  mährte  fte  in  ber  ©^rneij. 
©elbftDerpänblicf)  nahmen  ni(i)t  alle  ©tönbe 
an  biefer  Serjerrung  Qtnteil,  bod^  fam  bie 
$luberl)ofe  auc^  bei  ©tubentcn,  iöürgern, 
9lbligen,  |>anbmerfggefenen  »or,  mä^renb 
anbere  .Greife  bie  älteren  formen  beö  Seins 
fleibeö  beibehalten  Ratten,  ©eibene  ge^ 
ftridtte  ^ofen  ober  eigentti(i)e  Iricotö,  bie 
auö  ©nglanb  ober  ^ranfreidt)  famen,  gab  ti 
in  S)eutfd^Ianb  feit  bem  ®nbe  beö  16. 
Sabr^unbertg  3"  berfclben  *Periobe 
fing  man  in  ©eutfcblanb  an,  bem  »erfieiften 
fpanifd^en  unb  fpanifd^sfranjöfifdEien^ofen* 
gefd)mad  ju  ^ulbigen.  ©elten  trug  man 
ieboc^  bie  glatten  ober  mit  Sanbfireifcn 
bi(J)t  überjogenen,  »öHig  ftraff  auögepol« 
fterten  iRunbmüIfie;  äumeifi  fanben  bie  aug 
breiten  Sänbern  mit  locferer  Unterfütterung 
bepe^enben  furjen  ^ofcn  (Jingang,  näd^ji* 
bem  aber  bie  »on  ben  Ruften  big  ju  ben 
Änien  fi(^»eriüngenbeauggepoljlertctJumps 
l)ofc  alg  aud)  bie  »otlig  faltenlofc,  unten 
burd)aug  offene  Änie^ofe.     3'"  17.  ^abx' 


93enebiftinct=Drben. 


29 


^unbcrt  tarn  mit  bcm  ©tu^crtum  bic 
franjöfifc^eUntctrorfs^ofe  auf,  at^Um« 
fc()Iu§  bcr  Dbcrfci^enfel^ofc,  na{)Cju  \odb\= 
f(|er  9?atur,  burdjgängig  ^cr  ßdngc  na^ 
melirfad)  gefältelt.  Slof  bie  2anbbeoöI= 
fetung  unb  bie  für  ftd)  abgcfc^Ioincrcn 
alten  9leicf)^*  unb  ^»anbclöftäbtc  behielten 
JRcfie  bcä  altl)etfömmlid^  Sefie^enben,  tt)ä^= 
renb  an  ben  ^öfen  unD  in  ben  ^ö^ern 
©tänben,  bcfonberä  bcm  Scamtenfianb,  ber 
franjöfifcibe  ®efcf)madf  regierte,  biö  nict)r 
unb  mel^r  eine  allgemeine  5tuögleic^ung  ber 
europäifcf)cn  9D?oben  eintrat.  Sßei^,  Äo» 
jiümfunbe.  SWülIer  unb  SKottieö, 
Sffiörtcrbu*,  9trtifel  IBeinfleiber. 

S3cncbtfttncr=£)rl)cn.  ©ein  Stiftet  ijl 
Scncbift  Don  ^Jurfia  im  9'ieapolitani» 
fctien,  480-543,  ber  ©rünber  bc«  Älofter« 
ÜWontecaffmo  bei  Slcapel;  bie  SRcgel,  bie  er 
ben  ÜJJöud^en  biefcö  Älojierö  gab,  bejwecfte 
nici^t  bie  ©rünbung  eine^  Drben^,  benn 
ber  i)Wönct)öfianb  galt  noc^  aU  einiger, 
ungeteilter  ©tanb,  eö  I;anbeltc  ftc^  blof  "um 
bie  befonbcrcn  25orfd)tiften,  burd)  bie  iiai 
8eben  ber  iWöncfie  bicfeö  ober  jencä  Sans 
bc^  ober  Älofterö  geregelt  »erben  foßte. 
^U(ft  anbere  Äloficrregeln,  mie  bie  bcö  ^I. 
dolumbon,  bcö  ßäfariuö  »on 
5trle^,  bemirften  feinen  bcfonbern  Drben. 
2)ie  burcf)  bie  irifdKn  SWönd^e  in  S)eutfd^= 
lanb  gejlifteten  Älöfter  batfen  anfänglich 
bie  SRcgel  be«  pl.  (Solumban,  bereu  l)arte 
?löcefe  unb  bie  pufige  ^Inroenbung  bcr 
!PrügeIjlrafe  e^  allmäl;Iic[)  bal^in  brad)tcn, 
ba§  man  im  7.  unb  8.  2al)x\).  meljr  unb 
me^r  auf  bie  iRcgel  be^  \)l  Sencbitt  griff; 
fle  war  milber,  Harer  gefaxt  unb  braudj« 
borer  aU  jene.  3n  @t.  ©aücn  naf)m 
Ottmar  bie  Söenebiftinerrcgcl  auf  Sßunfcf) 
•Pipinö  an,  in  ^ulba  fül)rtc  fic  SBonifoj 
ein;  Äarl«  b.  ®r.  Spnoben  »crpftic^tetcn 
bie  SÜJünd)e  barauf.  (gine  beutfdje  2n- 
lerlincarüerfion  ber  aui  73  Kapiteln  bc« 
jiel|)enben  SRcgel,  bie  auö  bcm  8.  3af)r^. 
fiammt  unb  einem  ni(i)t  nac^mciöbaren 
SD?önd)e  Äcro  jugefdbrieben  mürbe,  ift  bei 
^attemcr,  ©t.  ©nüifc^c  6praä)benfmäler, 
I,  15.  ff.,  abgcbrudt.  Uiaä)  ber  9flcgel  bcö 
bl.  Senebift  ftc^t  an  bcr  ®pi^c  bcr  5ln= 
jialt  ber  Qlbt  mit  monarc^ifc^er  ®emalt, 
bem  gegenüber  tie  Kongregation  unb  bie 
(SItern  bIo§  bcratenbe  Stimme  ^aben. 
S5ie  5lbt«ma§I  gel)ört  in  ber  IRcgct  ben 
SWönd^en  unb  ifi  i^nen  bur^  befonberc 
(Primlegicn  gcfid)crt.  S)ie  nä(J)flen  SBeams 
ten  nad)  bem  5»bt  fmb  ?Propfi  unb  2)ed)ant, 
beibc  burci^  ben  5lbt  abfe^bar;  bcr  $ropfl, 
33ertreter  be«  5lbte«,  ^at  bie  Dfonomic, 


ber  Dcd^ant  bie  S)iöjiplin  unter  fxd^. 
3^re  iffia^I  get)t  »on  ben  9Wön(^en  au§. 
Unter  bem  *Propfi  ftebt  ber  cellarius, 
Äellermeifier.  SDie  2Bad)c  am  J^or  bat 
ber  Pförtner.  Sie  Sa\)l  ber  ÜJJönc^e  ifl 
unbef^immt.  J)ienenbc  ©ruber  giebt  cö  nid^t, 
bie  Sl'iön^c  ftnb  ju  oUen  ©ienfileiftungcn 
»crpf[id)tct;  Mi  Älofler  foU  beö^alb  mogs 
lic^fi  alle  Sebenöbcbüifniffe  umf^Iie§cn. 
Sgl.  tm  33auri§  bc«  Älofterä  @t.  ©aüett 
nom  ^ai)Xi.  820,  herausgegeben  oon  g. 
.Keller,  3ürid)  1844.  S)ie  Scforgung 
bcr  Äüd)e  med)fclt  möd)entlic^  unter  ben 
9D'Jön(^cn.  ^anbmerf  unb  Sldcrbou  liegt 
ben  ÜJiönc^en  ob.  •ßriöatbcft^  ifi  Perboten, 
aüti  ifi  allen  gemein,  unb  ber  5lbt  teilt 
jcbem  nad^  93ebürfni(J  gu.  ?IU  Äleibung 
ifi  »orgefc^rieben  .^uttc,  cuculla,  ^lemi). 
tunica,  unb  Übcrmurf,  scäpulare. 
Sllö  ©pcifc  gemattet  bie  SRcgcl  jmei 
@d)üffcln  ®emüfe,  Dbfi,  funge  ©cmäc^fe, 
33rot,  ^Ui\6)  nur  für  Äranfc  unb  ©d)tt)ad)e,, 
aSein  gcl)ört  eigentlid)  für  SUiönc^e  nic^t, 
bod)  merbcn  bie  SSJJönc^e,  fagt  bie  SRegel, 
ftc^  benfclben  nic^t  mo^l  nehmen  laffen, 
beS^alb  ifi  täglich  eine  SD?a§  (hemina) 
erlaubt.  SlUmä^lid^  geftattctc  man  fid^ 
me^r  Scbürfniffe,  jumal  an  befonberea 
Sagen,  bei  Scfud^.  5Der  Qlufna^me  ini 
Älofier  ge^t  eine  j|äl)rlid^e  ^rüfungSjcit 
Doran.  Oblati  finb  Äinbcr,  bie  oon  bc« 
Sltcrn  frü^  bcm  Älofterlcben  übergeben 
werben,  i^re3a^l  mar  gro§,  unb  if;r  Un^ 
terrid^t  gab  bie  erfie  aSeranlaffung  ju  beti 
Älofierfd)ulcn.  Reclusi  t)ei§en  fold^e, 
bie  fxd)  befonbcrcr  51öcefe  megen  in  ein. 
®emad^  cinfdt)lie§en  liefen.  5Dic  SRc^et 
Senebiftö  nimmt  auf  ^raucnflöfier  feine 
SRüdrtd)t,  bod^  mürben  aud)  bie  ebenfalls 
fd^on  lange  bcfiel^enben  9^onnenflöfier  ber* 
felben  9ficgel  untetjicüt;  ioä)  finb  bie 
Jrauenflöfier  minber  fclbftänbig  unb  mcl;c 
»om  SBifd^of  abl)üngig.  3)ic  Scncbiftincrs 
flöfier  bc«  8.,  9.  u.  10.  Sa^i^unbcrtS  ftnb 
bie  ^auptträger  berSilbung  im  fräififd^en 
SReid)c;  maS  bie  Qdt  an  ©räie^ung,  SIBif» 
fenfc^aft,  2)idl)tung,  bilbenber  .$tunfi  unl> 
SWufif,  ®cfcf)idl)tf^reibung  ^eröorbrad^te, 
ift  meifi  i\)x  SBerf.  gulba,  ©t.  ®aüctt, 
(jormet),  SReidbcnau  unb  jal)lreic^e  anbcre 
Älöfier  fmb  3f"tralpunftc  beä  geifiigen 
ßebenS.  ÜJJan  finbet  fie  u.  a.  jufammcngc* 
fieQt  unb  bcfd)ricbcn  in  ben  Äir(^engc» 
fd^id^ten  t>on  SRettberg  unb  ^riebrid^ 
urb  in  3)eutfd^lanbS  ©cfd^i^täqucllen 
»on  2ßattenbad&.  3m  10.  3a^r^.  fingen 
fie  an  jU  t)crmeltlidf)cn ;  ber  burc^  Äarl  b. 
®r.  hervorgerufene  JBilbungöeifer  crmattettj 


BO 


99cncfijtum  —  Serd^ta. 


bic  Qtuöbitbung  beä  ßcl)nflaatc*,  ttx 
JHeid)tum  an  ßanb  unb  ßcutcn,  ber  fi^  in 
i^ncn  angeliauft  Ijatte,  fd)ob  bie  Sntcrcjjcn 
ber  Sitbung  unb  (Srjie^ung,  bcv  (Religion 
unb  SBifCenfc^aft  in  bcn  |)intctgrunb,  unb 
SnicTcffen  »cttlicfjcr  5irt  traten  Por.  S)ie 
^löPcr  jlanben  meip  auf  beö  Äaifer« 
®cite;  ber  3u[ammcn^ang  mit  (Rom  l^nttc 
ftd^  gelocfcrt.  SDagegcn  trat  nun  eincSRc« 
aftion  ein;  ber  <3dpjtU(i)e  ®tu:^l  fud^te  in 
feinem  ©inne  ju  reformieren,  bie  ^löfier 
ju  Kongregationen  unter  einer  3«n-talre* 
gierung  ju  fammeln,  ba«  fpejipfd^  religiöfe 
Seben  ju  lieben,  bie  Älofierregcin  ju  fd^är* 
fen.  ©er  ^auptfi^  biefcr  Seftrebungen 
VTjurbe  hai  Älojier  Slugnt),  Clunia- 
cum,  in  93urgunb,  »on  |>eriog  SBil^elm 
Don  ?lquitanien  910  gcfiiftct  unb  juerfi 
bon  93er no,  bann  Don  Dbo  927—941 
geleitet.  2)iefe  reformierten  93enebiftincr* 
ober  SIuniacenfersÄlöjier  tvaren,  üon 
aller  tiifcf)öflid^en  ©ettjalt  Befreit,  einjig 
bem  ©tu^I  ju  9?om  untergeben;  ber  ge== 
famte  Drben  jtanb  unter  bem  3lbt  »on 
(Stugnt),  bem  Archiabbas  beö  Archi- 
inonasterii,  jtrenge  flöfterlic^e  Qiöcefe 
trat  an  bie  Steüe  freier  !^umancr  93übung 
im  €innc  ber  Äarolingifct)en  3^^*.  5Die 
beutf(i)en  Könige  felber'  n?aren  übrigen^ 
ber  (Reform  nic^t  burd^auö  abgeneigt; 
unter  ben  Ktöfiern  aber  trat  je^t  eine 
«Spaltung  in  reformierte  unb  nid)trefors 
mierte  ein.  ST^ie  ber  (Reformation  »iber* 
jianben,  toern)eltlid)ten  in  ber  ^öfifc^cn 
*Periobe  in  ^ol)em  iWa^e,  fird^Ii(f)e^  Öebcn, 
@(i)ule  unb  Sßiffenfc^aft  |örte  auf,  unb  bie 
"dibte  beteiligten  jtd)  aU  (Reic^öfürften 
l^auptfädE)ti(f)  an  ben  (Reic^lpnbcln.  Gin 
befonberö  bele^renbe^  Seifpiel  für  iai 
5BcrpItni^  ber  ß.Iuntaconfer  unb  ber  atten 
SBenebiftiner  bieten  bie  St.  ®allifd)en 
»Rafuö  (Stfe^art  IV.;  Konrab  II.  I)atte  bem 
Älofter  1034  einen  ßluniacenfer  Stbt  auö 
Sot^ringen  aufgebrungen,  gegen  bcffen 
(Reformbejlrebungen  bic  altern  S!RöndE)e 
tiferten  unb  murrten;  jum  93emeife  aber, 
itie  tücf)tigc,  toortreff(id)e  53Iüten  tai  KIo= 
Per  unter  ber  freiem  (Regel  l)eroorgcbrac^t 
l)atte,  fd^ricb  (Sffe^art  IV.  feine  Äcifu«,  in 
benen  er  baö  Klofierleben  ®t.  ©aüenö  fo 
^Jkftifd)  bargeficHt  l^at.  ©ie^c  bie  ©in= 
leitungcn  ju  ber  Iatcinifd)en  unb  beutf(f>en 
5tu«gabe  (Sffe^artö  oon  ®.  (Wetter  »on 
^nonau.  S)ie  Gluniacenfer  (Reform  fanb 
i^re  ^auptftü^c,  ma«  SDeutfcf)Ianb  anbe= 
langt,  in  ben  Klöfietn  bcö  @d)WarjtDaIbe3, 
unb  i)ier  befonber«  in^irfc^au,  ponwo 
au«    ficf)    bic    ftrenge',;(Reget    na*    allen 


©eiten  »erbreitete;  alte  Älöfter  mürben  re« 
formiert,  neue  gcgrünbet.  ^irf^auet 
Ttonä)i  famen  na^  (Rei^enba*  unb  ©t. 
©eorgen  in  ©*tDor§malb,  na*  ©*aff» 
l)aufen,  ()8cter«^aufen,  ^fafcrö,  iJif^ingtn, 
(ZBeil^eim,  3>^'fa^tcn,  Slaubeuren,  S^nt), 
SBibtingen,  Dd)fcn^aufen,  Komburg  in 
iJranten,  ^^'[^^»i'i'^^u  ii"^  ©(i)etern,  ^xü- 
fening  unb  Gnöborf  in  (Bapcrn,  na*  bem 
(Petcröberg  bei  ©rfurt,  (Rein^arbäbrunn. 
©ofecf,  ^afungcn  unb  ÜRagbcburg,  na* 
91bmont  in  ©teiermarf,  ©t.  (Paul  in 
Karnt^en.  Dtto  »on  (Bamberg  führte  in 
aUcn  feinen  Klöftern  bie  ^irf*aucr  (Regel 
ein.  ©erfclben  (Rid)tung  gehörte  @t. 
(Blaftcn  im  ©*marjmalb  an.  |)ier  njurbe 
|)artmann,  früher  (propft  »on  ©t.  (Ricola 
bei  (Paffau,  beöOcgcnfönigö  (Rubolf  Kap- 
lan, S0?ön*  unb  ^rior;  bann  aber  1094 
Qlbt  »on  ©öttücif),  moI)in  er  eine  Kolonie 
aug  ©t.  (Blaftcn  füt)rtc,  unb  balb  mürben 
i^m  au*  @t.  ßambert  in  ©teiermarf, 
Kempten,  ©t.  Ulri*  unb  (Ufra  in  51uag« 
bürg  anöertraut.  (Ra*  Kremömünjler 
famen  S[Rön*c  ani  ®otte?au,  einer 
^irf*auer  Kolonie  im  ©prcngcl  »on 
©pcier.  (8if*of  (8ur*arb  »on  93afel  aber 
unternjarf  1105,  eingebenf  ber  alten 
55reunbf*aft  unb  innigen  (Berbinbung, 
tai  »on  i^m  gegiftete  Kloper  ©t.  ?Uban 
bei  (Bafel  unmittelbar  bem  (Mbte  »on 
Slugnt).  ©.  (ffiattcnba*,  ®ef*i*töqucnen 
II>  §  6.  3tt  bie  glei*c  (ßeriobe  mit  ber 
(Sluniacenfer  (Reform  fäKt  bic  ©rünbung 
felbjtanbiger  Drben,  n)eld)c  bie  neue  römif^c 
51öccfc  in  no*  engere  5"'^'^«''  bannten, 
j.(B.bie  Drben  »on  (8aÜombrofa,(Sf)artrcuj, 
ber  2Bilt)emiten,  Siftercienfer.  ©ie^c  bie 
bcfonbcrn  5lrtiEel.  (Ro*  geringer  h)urbe 
bic  (Bebeutung  bc§  (Benebiftincrorbenö,  aU 
im  13.  3a^rb.  bie  33ettclorbcn  auffamcn. 
35cnno*  erhielt  ftcf)  im  Scnebiftinerorben 
ein  gemiffer  freier,  »on  ber  römif*cn  Kirche 
ni*t  »ötlig  abhängiger  ©eift  ber  SBiffens 
f*aft  unb  93ilbung  biä  in  bic  ©cgenwart. 

Scnefijtum,  fie^e  ße^cn. 

fÖttäfta,  ein  (Rame  unb  eine  ©ejlalt 
ber  germanif*en  ©öttermutter  ^i^^ifl/  bie 
au*  grau  ®6bc,  grau  ^txa  ober  ^arfe, 
^olba  ^ei^t.  (Ml«  (8er*ta,  b.  i.  bie  ©Idn-- 
jenbc,  a^t>.  Perahta,  »on  peraht 
glänjcnb,  erf*eint  fic  in  Öfierrei*,  (Baiern, 
©*n3aben,  im  (Slfa^,  in  ber  ©c^mcij, 
Jbüringen,  J^ranfcn  unb  Sirol.  3^rc  ®e* 
ftalt  ging  »on  ber  Söolfenfrau  au«,  mcijl 
glaubte  man,  fte  trage  Kut)gefialt,  ba^er 
fic  in  Saiern  no*  immer  in  eine  Kul^^aut 
gefleibct  erfcf)eint.   ©ie  jie^t  an  ber  ©pi^e 


SBergrci^cn  —  33ettetn)efen. 


31 


beö  iwilbcn  ^cere«,  etf^eint  um  9!Bci^nacf)= 
tcn  aU  eine  %xau  mit  jottigen  paaren,  um 
öic  6pinnerinnen  ju  beouffiditigcn,  nament^ 
\id)  am  legten  Sage  beö  3a("^e«'  >^o  i("^  ä^ 
(5^ren  5if(|c  unb  Älö§e  gcgeJTen  »erben 
unb  aüeä  obgcfponnen  [ein  mu^.  gi"^^^  pf 
bie  Qtrbeit  ber  ©piimcrinnen  nid)t  in  gc= 
poriger  Drbnung,  fo  befubelt  fie  ben  SRocfen. 
3)en  liauptbePanbteil  im  ^cere  ber  33cr(f)ta 
bilben  bie  ©eelen  bet  Ungebornen,  b.  i. 
ber  ungctauft  verdorbenen  Äinber.  TIU 
bicfen,  in  i^üringen  ^eim(i)en  genannt, 
forgt  fte  für  bie  jjrucbtbarfcit  ber  5ider, 
jiet)t  mit  i^nen  non  8anb  ju  ßanb  unb 
fc^t  mit  il)nen  über  ©tvöme.  'Um  f)eili= 
gen  SJreifönigötag  lä§t  man  \\)x  unb  i[;tcn 
Äinbern  etrtjaö  t>on  ber  9'Jaä)tma^l^eit  auf 
bem  3;tfd)e  fielen.  5^r  3;ag  ijl  balb  ber 
30.  Dezember,  batb  ber  2.  ober  6.  Sanuar 
dl  »erlangt  eine  fJef)enbc  ^efifpeife.  Serc^ta 
iji  auc^  bie  Sobc^göttin.  ®eit  alter 
3eit  tüaren  irbif(^c  9^ac^bilbungen  i^rer 
Umjüge  in  ©ebraud^,  mobei  fte  entttieber 
alö  eine  gro§e  ^xau  mit  langem  J^aarc 
»ongla^ö  unb  »-ocittjerabttiaUenbem  tüei§en 
bleibe  »orgeftellt  h)urbe,  ober  aU  eine 
furchtbare  ®öttin,  alö  Milbe  fflerc^tcl,  mit 
lüilb  jerjouftcn  |>aaren.  5"  ber  fränfi= 
f(^en  «Sage  ifi  Serc^ta  alö  ^^nmutter  ber 
2)Jenf(f)^eit  ober  beö  töniglid^en  ®efc^led)te2! 
aufgefaßt  gen^efcn.  5Daö  golbene  3eitalter 
^ei§t  feit  5llterö  bei  ben  granjofen  unb 
Italienern :  aU  93ert:^a  fpann.  2)iefer 
IDJpt^uö  ^at  ftc^  fpäter  an  Äarlö  bcö 
®ro§en  SWutter  Seitraba  unb  an  bie 
neuburgunbifci)c  Königin  S  e  r  t  f)  a  gel)eftet. 
Qlud)  bie  ireife  i^xau  ober  bie  mci^e 
S)ame,  bie  aU  i)lf)nmutter  fürftlic^er 
.^dufer  in  i:^ren  ©^löffern  ©lücC  ober 
Ungiücf  üorl;erfünbigenb  umgebt,  ift  eine 
(Srfd^einungäform  biefcr  ®öttin.  Sülann* 
I)arbt,  ©Otter  b.  S)eutf*cn  unb  norb.  iB., 
<S.  288  ff. 

Scrgm^eu,  93erglieblein,  bergrifc^e 
fiieber,  f)ei|en  im  16.  3a^r^.  93olfölieber 
überhaupt,  infofern  fie  in  Sammlungen 
vereinigt  borfommcn,  bie  man  in  33erg= 
jtdbten  ju  ülu^  unb  JJ'^ommen  ber  93ergs 
Icute  jufammengejietlt  l)atte.  (5in  fold^eö 
Solf^licberbuc^  ^at  DöEar  Q6)<xit,  2Bei- 
mar  1854,  Iicrauögegeben :  33 ergreifen. 
(Sine  Sieberfammlung  beö  16.3a^rt)unbcrt^. 

Scrit^arbincr,  ber  fuätere  9?amc  brr 
^.ifietcienfer;  ftel;e  biefen  5lrt. 

Scrtt^arbincr  tion  ber  Dbfcrüaas  ftnb 
eine  iJlbteilung  beö  ^ranji^f aner  Drbenö,  ge* 
fiiftet  üon  Säcrn^arbin  öon  Siena,  1380 
lU  1440.     ? 


SBcrnftcin,  ein  Apanbeläartifel  fcf)on  ber 
©ermanen;  er  mar  Seranlaffung ,  ba§  im 
4,  3al)rl).  t»or.  S^r.  «pptljea«  au3  üJlafftlia 
bei  ber  Vlmfcf)iffung  (Suropaä  aucf)  Die 
Dfifee  unb  \i)Xi  'ilnmo^ner  auffud)te.  511« 
dltefter  9^ame  beö  93ernPein«  nennt  2;ac. 
©crm.45.glesum,  ju  ©laö  gcbörig,  b.  i. 
ba«  ©länjcnbe.  2)ie  «Sfptlien  nannten  i^n 
nadf)  ^liniuö,  f).  n.  37,  11,  1.  sacrium, 
oon  al)b.  saccari,  ^iüix,  alfo  biefelbe 
SebcutungmieSernftcin  =33rcnnPcin. 
ÜJJtlb.  ^ei^t  ber  93ernf!ein  au($  agtstein, 
agstein,  aidstein,  auö  griec^.  acha- 
tes.  2)ie  ©ermanen  bcnu^ten  ben  93ern» 
ftein  JU  paU'-  unb  93rufigel)dngcn,  a\iä) 
ju  D^ad^bilbungen  r>on  iKaffcn  unb  ®e« 
raten,  mie  man  fie  in  ©rdbcrn  gefunbcn 
l)at.  3)urd)  ben  ^anbel  fam  er  ju  ben 
©riecf)en,  ©prern,  ^igpptern,  Hebräern, 
namenttid)  aber  mürbe  er  burd)  ganj  Sta* 
licn  maffent)aft  üermcnbet,  aU  3lmulett, 
alö  ©Amuct  für  33ornel)mc  unb  ©etinge 
unb  al^  5lräneimittel.  ®er  33ernftein  »ar 
ber  mi(i)tigfte  ^anbelöartifel  bc«  germani= 
fc^en  3eitalter«,  unb  eö  I)atten  ftc^  für  ben 
Sßetricb  bcffelben  brei  eigene  ^anbeBfita« 
§en  gebilbet:  bie  eine  lief  füblic^  unb 
überfdjritt  bei  Sarnuntum  unterl)alb  2Bien 
bie  35onau,  um  r>on  ba  ba^  <Hbriatifc^e 
aJ?eer  ju  geminnen.  2)ie  jmeite  Strafe 
ging  über  ©(Jleömig  ju  Öanb  ober  gu 
Schiff  unb  »on  ba  quer  burc^  ba^  gct« 
manifc^e  unb  gaüifc^c  ^ej^lanb  nad^ 
SD^affilia;  eine  britte  ging  an  bie  Tlün- 
bung  be«  I)niepr.  Söadcrnagel,  f leine 
©d^riften,  I,  72  ff. 

SScftcbncn,  ftc^e  (Sibe8§elfer. 

SBeftfiaiHJt,  ftcfie  ^aU. 

Söcttelorbctt  ip  ein  Äotleftionamc  für 
bicjenigen  Wönc^^orben ,  beten  SRegel  ben 
93cfi^  beö  (Sigcntumö  but(f)auö  »erbietet. 
5Kan  jdi)lte  5  Settelorben,  2)ominifaner, 
granji^fancr,  .Karmeliter,  5lugujtinereremi» 
ten  unb  ©erwiten. 

iöettclfflcfcn.  Daf  bo«  93ctteln  eine  in 
3)eutfd)lanb  fef)r  »erbreitete  ^aä)t  fei,  ge^t 
fc^on  au«  ben  äaf)lrcic^en  Dramen  für  bie^ 
fen  93egriff  ^et»or;  neben  »ettcln  au« 
Sitten  fommen  »or  (nad^  ©rimm,  2Bör= 
terbuc^  I,  1729)  bo^r.  fcrgeln,  nnl.  ttog= 
gelen,  in  «Pommern,  OJlecftenburg  gungeln, 
anbermdrtö  pradjcn.  pradfjern,  ^eifd£)en,  ^eu- 
fc^cn,  forbern,  qucnfen,  nönen,  gitcn,  ter- 
minieren. @in  anbete«  3«uS"i^  f"i^  i^"* 
3;^atfacf)e  liegt  in  ber®rticf)tung  betSettel* 
otben,  unb  audf)  mit  ben  ßanböfned^tcn 
tt)at  ba«  iSctteln  enge  »etbunben,  fte  nann« 
ten  e«  galten,  unb  ni^t  minbct  mit  bet 


32 


Sibclübetfe^ungcn. 


Sitte  bcä  SBaßfa^une,  mit  bct  Äran!^eit 
iti  Qtuöfa^cö  unb  bem  pnfiitut  ber  fa^- 
renbcn  ©d^ülcr.  2)0«  aWittelalter,  baä  für 
bic  2ltnim  nur  nofbürftige  Sorge  trug, 
lief  Betteln,  mer  hjoüte  unb  fonntc.  Slinbe, 
Sa|me,  ®tel^fü§c,  Krüppel  u.  bgl.  waren 
auf  ben  ®ettel  angewiefen.  3"  ^"  ^öfi« 
fd^en  3fit  waren  jte  eine  fie^enbe  *^lage 
ber  iBurg^crren.  Um  ftd^  in  ben  ©täbten 
einigermaßen  cor  bem  oft  fc^rcdfli^  über« 
^anbne^menben  Settel  ju  fci)ü|en,  wur* 
ben  jte  etroa  in  eine  befonbere  ©äffe  (in 
5ran!furt  a.  Tl.  ©itergaffe)  getrieben  ober 
ganj  oerjagt,  ober  man  erlaubte  ben  Settel 
bIo§  für  einige  itage  unb  nur  an  ht- 
fiimmten  Orten.  €(^on  t)or  ber  SRefor« 
mation  famen  jiäbtifc^e  iSettelorbnungen 
auf,  benen  jufolgc  biejenigen,  bencn  baö 
Setteln  erlaubt  war,  ein  befonbercd  5tbs 
jeid^en  erhielten,  j  93.  ein  Äörbc^en.  I)ie 
SReformationämanbate  wirften  auc^  in  bie* 
fer  Sejie^ung  günjiig. 

SBiöcIiificrfcl.onsen«  5tn  ber  ©pt^c  ber 
bcutfcfjen  Sibelüberfe^ungen  fic^t  bie  go» 
tifd^e  beö  93if(^of«  Ulfilaö,  gejt.  388; 
jur  ofieuropäifc^en  Äirc^e  gel)örenb ,  bie 
i^ren  93ölfern  ben  ®ebrau(|  ber  eigenen 
©pracbe  immer  äulie^,  fonntc  ber  gotifd^e 
iBifd^of  fein  3Wiffton^gefd)äft  mit  einer 
93ibelüberfe^unit  frönen;  nad)  einer  alten 
^aä)x\ä)t  foH  er  bie  ganjeSDibcI  überfe|tt)as 
ben,  bic  93ü(Ser  ber  Könige  aufgenommen,  bie 
er  i^reö  friegerifc^en  Oeifies  wegen  für 
bie  ®oten  gefäf)rli(J)  erai^tete.  (gr^alten 
finb  ani  bem  alten  2;e{iament  wenige 
t8rud)jlürfe  auö  ®«ra  unb  3?e^emia,  auö 
bem  neuen  Sejiament  grö§cre  Sleile  ber 
^öangelicn ,  ber  Briefe  an  bie  SRömer, 
Äorintt)er ,  ©alater ,  ßp^efer ,  ?p^ilipper, 
Äoloffer,  j^effaloni^er,  Simot^eu^,  litug 
unb  *PfaImen.  S5ie  Überfe^ung  legt  einen 
grie(i)ifcf)en  lejt  ju  ©runbe  mit  ©puren 
beä  Iateinifcf)cn.  Sic  fritifc^e  Suägabc 
»on  ©abclen^  u.  ßoebe,  ßeipjtg,  1843—46. 
Sfieuepe  ^anbouögabc  oon  Stamm  u.  ^erjen. 
®ine  altb.  Überfe^ung  ber  53ibel  ober  au^ 
nur  be^  neuen  lepamentö  giebt  eönicf)t;  bic 
ÜKi^acfitung  ber  römifc^en  Äird^e  für  bic 
SWationalfpradben,  bie  frembe  SJJationalität 
ber  irifd^en  unb  angelfäd^ftfc&en  iD?iffio* 
nöre  ferl)inbertc  ein  fold^e«  2ßerf;  bagegen 
|»at  man  feit  bem  8.  3nbr^-;  abgefcf)cn  fon 
poetifdt)cn  Bearbeitungen  bibUfdf)er  93üd^er, 
Wie  iselianb  unb  Ctfrieb^  (Sfaugeüenbudf), 
SßrudbftüdEe  einer  Übcrfe^ung  beö  Goan* 
gelium«  üJJatttiäi  unb  eine  üortreffIidf)e 
liberfe|ungt)onSatiane(Ammonius)(j»an« 
gelientiarmonie,    bie  an[,ber  JJulbaer  .Rio« 


fterfd)ule  entfianben  ift.  Die  ißfalmen  tti 
St.  ®anifi)Pn  iWönd^eö  Tiothr  Sabeo  um 
1000  unb  fein  oerlorener  ^iob  ftnb  ni^t 
blog  Überfe|ung ,  fonbern  Kommentar 
jugleidf).  üDie  i)o\\\i)i  ^iü  ^at,  abgefe^en 
üon  gereimten  Bearbeitungen,  faji  nid^t« 
auf  biefem  ©ebietc  geleifiet,  erp  bai  14. 
3af)r^.  fennt  wieber  eigentlid^e  Sibetüber« 
fe^ungcn,  bod^  no(^  lange  o^ne  cingrei* 
fenbc  SBirfung.  QU«  erfier  Sibclüber« 
ff^er  wirb  1343  ein  ÜKatt^iaö  »on  S3e^cim, 
Tlönä)  ju  |»afle,  genannt.  S)er  Sud^brudC 
förbertc  foldje  2öerfc,  unb  biö  jum  ^al>u 
1518  fennt  man  14  in  bod^beutfd^er  Spradf)e 
erfd^ienene  93ibclüberfc|uni\cn,  ndmlid^  1) 
3Wainj,  3.  ^uji  unb  13.  S(^öffcr,  1462  (?), 
Strasburg  ^.  ßggcnfiepn  um  1466  (?). 
2)  Strafburg,  3.  iWcntel  um  1466.  3) 
5lugöburg,  3ob.  $f[anjmann  um  1475.  4) 
Dflürnberg,  ^rie^ner  unb  Scnfenfd^mib  um 
1470.  5)  5lugöburg,  0.  3.  um  1470, 
©untrer  Saincr.  6)  5lugöb.  1477.  ©ün« 
tl)er  3'Jiner.  7)  «Mugöburg,  ^nton  Sorg 
1477.  8)  Qlugöburg,  Qlnton  Sor^  1480. 
9)  S«ürnberg,  3lnt.  Äoburger  1483.  10) 
Strasburg  1485.  11)  5lugäb.  ^ani  Sd^ön^ 
fpcrgcr  1507.  12)  Qtugöb.  ^.  Sd^önfper=^ 
gcr  1490.  13)  Qlugöb,  $an«  Dtmar  1507. 
14)  Qlugöb.  $.  Dtmar  1518.  Sic^c  3o^. 
Äc^rein,  jur  ®efd)idf)te  ber  bcutfd^cn 
iBibclübcrfc^uiig  t)on  Sut^er,  Stuttg  1851. 
Qlücn  biefen  Überfe^ungen  lag  bic  iBul« 
gata  ju  ©runbc.  ©rjt  öutber  baute  auf 
ben  I)ebräifd)en  unb  gtied^ifd^en  Urtcft. 
®r  beginnt  1517  mit  ben  fteben  ^üp 
pfalmen.  benen  anbere  f leine  Stüde,  SBa* 
ter  unfer ,  10  ©ebote  unb  bgl.  folgen. 
Urfi  1521  faite  fiut^er  ben  $lan ,  bic 
ganjc  Bibel  ju  üerbolmetfd^cn;  1522  er* 
fd^ien  ju  aBittenbcrg  iai  neue  leflamcnt 
injol.  mit  ^oljfd^nittcn,  obne  <Jlngabc  bc^ 
SJrudferö  (Wel*„  Sott^er),  ber  3a^r« 
ja^l  unb  beä  Überfe^erö ,  im  gleid^cn 
3a^rc  eine  äWeite  Qluflagc  mit  2)ructer  unb 
3a^rja^l,  1523  crfd)ien  ber  erfte  leil  be* 
alten  2e|tament«,  5  Büdner  «Kofc,  1532 
mit  ben  *13ropt)eten  ber  Sd^luf;  bie  ganje 
Bibel  1534  bei  ;^an«S  ßufft  in  ©ittenberg 
in  6  Seilen.  %üi  bie  jablreidE)  fotgenben 
<Muegaben  oerbefferte  öutficr  jietä  wieber, 
befonber«  mit  Untcrjtü^ung  feiner  ^vcunbe 
9Kclan($t{)on,  Bugenljagen,  3ona^<  S^"' 
jiger,  QlurogaQuö  unb  SRörer  fam  btt 
jweite  Hauptaufgabe  1541  ju  Staube.  ®ic 
le|te  5lu0gabc  Sutf)erö,  weldf)c  bie  ©runb* 
läge  ber  fpätern  2ut^erfdf)cn  Bi&elüberfe|;* 
ungen  i^,  jiammt  auö  1544  unb  1545.  Dri* 
ginalauögaben  bcö  neuen  leftamcntö,  aDe 


Biblia  pauperum  —  93tt)Iiot^efen. 


33 


ju  aBittenberg,  iii  um  1527  bei  Ttdi). 
ßottbcr,  bann  bei  ^ani  ßufft,  acfl.  1584, 
(^ebrurft,  crfd^iencn  »on  1522—1523  16, 
SWacf)brücfe  54,  ju  Q(ugöburg  14,  <Btxap 
bürg  13,  SSaf«!  12,  äbnlic^  bic  übrigen 
Seile  unb  fpäter  bie  ganjc  93ibel.  S)ie 
Scrjögerung  ber  ßut^erfd)en  93ibet  »eran« 
Ia§tc  aud)  f  ombinierte  33tbeln,  baiun= 
tcr  bie  Sßormfer  1529  mit  ben  *Prop^etcn 
t)on  ßubmig  ^e^er  unb  ^anö  Dencf, 
unb  bie  3üncf)er  bei  (Srijioffel  J^tof^auer, 
mit  lut^crifc^em  Jeyt,  fottteit  er  »orlag. 
unb  frembem  für  bie  noc^  fct)Ienbcn  ©tüctc. 
®ic  ©runbfä^e,  nad)  bencn  Cutter 
üerbolmetfc^te  —  überfe^en  ift  erfl  fpdter 
aufgcfommen  —  finbet  man  in  feinem 
©enbfd)r  eiben  über  td^  S)oImet= 
f*en  1530  unb  in  bct  ©c&rift  ©on  Ur  = 
fad^en  be«  5DoImetf(f)en  1531.  ^a^ 
raüel  mit  ber  8utt)erfc^en  Überfc^ung  gcl)t 
blo§  bie  ßüi^i'^f'^fd)^  ''on  2co  ^üt, 
aU  ganje  sBibel  juerfl  1530  bei  6bti- 
jloffel  ^rofdiaucr.  Über  ftc  unb  i^re  fer= 
nere  ©efc^icfete  fiebc,,  SOta^ger.  S)ie 
crflen  fotbotifdjen  Überfe^ungcn  finb 
tai  neue  Sejtament  con  ^einr.  ßmfer, 
SDreöben  1527,  bie  ®ibel  oon  2)r.  ßdf, 
3ngotfiabt  1537,  unb  biejenigc  beö  3)0* 
minifanerö  3.  jDietenberger,  SOlainj 
1534;  überarbeitet  erfd)eint  fte  fpäter  uns 
ter  bem  atamen  fat^olifd^e  Sibel.  2Son 
fpätern  beutfdjcn  33ibetüberfe^ungcn  ftnb 
bcfonbcrö  crmälinenömert:  3)ie33erlebur  = 
get  95 i bei,  1726  —  39  in  93erleburg, 
»e(ipl)atifd^er  Sejirf  51rnöberg,  »on  3- 
%.  'f)aug  unb  a.,  crfcf)ienen,  in  ber  Qlb« 
^c^t,  ben  mt)fiif(ä)sfcf)märmerif^en  Scfire« 
bungen  ber  ß^it  bibUfd)en  ®runb  unb  ta^ 
mit5tnfel)enju  öerfd)affen,  o^ne  jmeite  2luf= 
läge,  unb  bie  SZBert^eimer  93ibel,  9!öer= 
tt)eim  1735,  oon  3ob.  ßoren;\  ©(f)mibt, 
moDon  nur  bie  fünf  Sucher  tOiofiä  gcbrudft 
tüorben  ftnb ,  im  S)ien^e  ber  nacftcften 
^reibenferei  abgefaßt;  fte^e  Lettner,  Sit. 
®cfc^.  III,  ©rjleö  93u*,  5tbfd)nitt  2.  Über 
beutfc^c  Sibelüberfe^ungen  überhaupt 
^ritfcfce,  in$erjogöiReaIcnci)EI.III,334ff. 
Biblia  pauperum ,  ein  feit  bem  13. 
Sa^rb-  in  $anbjcid}nungen,  ^oljfc^nitten 
unD  balb  nacf)  ber  ©rfinbung  ber  33u(^= 
brudEetfunfi  burd)  bemegtic^e  ßettern  bet* 
gejieüteö  unb  ujeitferbreiteteö  SBer!  jur 
Unterweifung  beö  Solfeö  in  ben  c^tiji« 
lid^en  ^eilömatir^eiten.  Unter  ben  pau- 
peres  fmb  bie  Qlrmen  unb  Unmiffenben 
unb  ni^t  arme  ü)tönd)e ,  23ettelmönc^c  ju 
öerjic^en.  Saö  2ßcr!  befielt  auö  einer 
tReibe  »on  tppifc^cn  SBilbern  auä  ber  ^eili* 


gen  (Sd)rift,  fo  jwar,  ba§  j!etä  eine  ncu^ 
tefiamenttid)C  2)arpetlung  »on  jwei  »or^ 
bitblid)en  ©arfleHungen  auö  bem  alten 
leftament  unb  »on  4  Sruftbilbern  »on 
<Patriard)en  unb  (JJropbeten  begleitet  ift. 
S)er  leyt  ift  anfangt  lateinifd) ,  fpdter 
aud)  beutfc^.  S)ie  Silber  ber  5lrmcnbibcl 
würben  frü^  in  ©fulpturen,  SBanb«  unD 
©laömalercien  tt)ieberl)olt. 

SBiHiotöefcn  fennt  t>ai  aJJittelalter  in 
erfler  ßinie  in  allen  altern  Älöfiern, 
ibr  SuP'Jn^  ^fi^t  natürlid)  ben  Sßed^fel 
ber  allgemeinen  Seilnabme  für  bie  ®tu= 
bien.  5m  9.  ^ai)xi}.  ftnb  ti^alb  Äloficr* 
bibliotbefcn  bcfonberö  gcgrünbet  worbcn; 
Äataloge  ftnb  j.  93.  ert)alten  »on  9tei  = 
d)enau,  beffen  93ibliot^efar  9flegin  = 
bert  für  bie  93üc^er  forgte  Wie  ein  Sater 
für  feine  Äinber;  auö  berfelben  S^'t  ift 
ein  ®t  (Sauer  Katalog  erbalten.  3)ie 
93ücbcr  mürben  burdb  9lbfc^riften ,  Äauf 
unb  ©efcbcnfc  »ermcbtt,  audb  gab  eö  eigcnt= 
lidbc  Stiftungen  »on  regelmäßigen  (Sin* 
fünften  für  biefen  3^^*-  ®i«  Äirdben* 
bibliott)cEen  fianben  alle  Der  öffentlicben 
93enu|ung  offen,  bodb  lie^  man  J)ie  93üd&cr 
nur  ungern  auö.  S)ie  99rüber  be^  ge« 
meinfamm  ßebenö  mad)tcn  ibre  93ücber 
»or^üglidb  ben  ©d)üleTn  jugänglicib.  ^ri:= 
»atbiblio tiefen  fennt  Mi  SDlittelalter 
junadbfl  im  93eft|e  »on  Königen  unb  ^ür^ 
fien;  ^arl  b.  ®r.  liatte  eine  anfe^nlicbe 
©ammlung;  jte  foflte  feinem  Sefiamente 
gemäß  nac^  feinem  Sobe  »erfauft  unb  ber 
@rlö0  bafür  ben  9lrmen  gefcbcnft  roerben. 
Äarl  ber  Äablc,  ein  großer  93üd)er= 
frcunb,  »erteilte  feine  93ibliotbef  jmifcfeen 
®t.  5Deniö,  ©ompiögne  unb  feinem  «Sobn. 
Qludb  bie  ^erjogin  ^ebmig  »on  @d)tt)aben 
befaß  93üä)er.  3n  ber  ^olgejeit  mirb  crft 
miebcr  »on  griebridb  II.  berid)tet,  ia^  er 
im  Seftl  einer  eigentlidben  93üd)erfamm« 
lung  gewefen  fei.  Steuer  (iifer  im93üd)er= 
fammeln  entwidelte  ft($  bei  ben  ^uma« 
nifien  ^talienä  im  14.  u  15.  3at)rb;  fcbon 
«Petrarca,  mie  fpäter  6eb.  93rant  im  ülax-- 
renfd)iff  l.,  eifert  gegen  bie  neue  ÜKobe» 
t^orbcit  beö  unnü^en  9lnbäufenö  »on  93ü= 
cbern.  3n  ©eutfc^lanb  befaß  fd)on  ^ugo 
»on  Srimberg,  ber  9Serfaf[er  beö  bibaf^ 
tifcben  ©cbicbtes  ber  SRenner,  um  1300 
@d)ulmeifier  bä  93ambcrg,  200  93ücber. 
®onfi  tbaten  ftdb  bie  ^üvjien  bamal^  in 
biefer  93ejicbung  wenig  t^eroor.  (grfi  im 
15.  ^a^x^.  trifft  man  auf  Südberfamm* 
lungen  in  ben  93urgen  rcidber  ^'•"^i^i^"- 
Söon  öffentlicben  93ibliotl^ef  cn  beö  911^ 
tcrtum«!  bat  bloß  bie  »on  Äonjiantinopel  im 
3 


34 


©icr  —  93ilbcr,  teligiöff. 


SIRittelaltet  fortbejianbcn.  3m  ^benbtanb 
nifft  man  eijl  im  13.  ^ai)xi).  auf  iai 
2Jetfa^ren,  SBüdietfammlungcn  ^roax  wie 
fiüf)et  einet  gcijilic^en  Äörpeif^aft  ju 
übetgeben,  aber,  roai  neu  war,  mit  ber 
auöbxücflidien  Scjiimmung  ju  freier  3Be* 
nu^ung.  Daö  gefc^a^  ^luerfi  burcf)  bcn 
Jiompropfi  t)on  ajcrcelti,  3«^"^)  ©ar* 
nariu^,  ber  in  feinem  lejiament  »on 
1234  feine  ©ammlung  in  ber  genannten 
2Öeife  ben  3)ominifanern  »on  ®t.  '^aul 
»ermac^te.  *]ßetrarca  »ermatte  feine 
«Bücfjer  1362  ber  *Dlarfu^fird)e  Bon  SBene^ 
big  aU  öffentlid)e  Sammlung;  gönätic^ 
itierna(^Jäffigt  fanb  man  crfi  1635  einen 
leil  bat)on  »ieber  auf.  I)ie  bcrüt)mte 
ÜJlarfu^bibliot^ef  entjianb  unabl)ängig 
bo»on  1468  bur^  ben  ßarbinat  SSeffa* 
rion.  SBoccaccio  »ermacbte  feine  Siblio- 
t^ef  ben  5tugufiiner  ©remiten  ju  @.  ®pi= 
xito  in  iJIorenj;  bie  gro^e  öffentliche  33i= 
bliot^et  JU  S^orenj  würbe  ju  ©an  SDlarco 
im  Sabr  1414  gegrünbet.  3n  S)eutf4s 
lanb  fd)lieBen  fi^  bie  öffentlidben  Siblio* 
liefen  an  bie  Uniocrfitätcn;  feit  ber 
^weiten  |>älfte  be^  15,  ^ai)xi).  »erben 
bann  allgemein  in  ben  ©tdbten  ©amm« 
lungen  angelegt,  1413  in  Staunfc^wetg 
unb  2>onjig,  1469  in  J^amburg. 

I)er  gewöhnliche  üRame  für  eine  SBüc^cr« 
fammlung  war  armarinm,  almarium, 
nocf)  je^t  bie  Almer,  beutf^  liberei, 
buochgad'em,  buochkamer,  büeche- 
rei.  Äojibare  93ü4er  mürben  oft  an  eine 
eifcnfiange  angefettet,  um  unbefannten 
<)ßerfonen  bie  SSenu^ung  ber  Söüdber  o^ne 
2(uffr(f)t  gefiatten  ^u  f önnen.  SQ}  a  1 1  e  n  b  a  d), 
©Ariftmefen,  VII. 

Ster,af)b.baöpier,peor,  m£)b.bier, 
nad)  aSacfernagct  auö  ber  romanifd)en 
Jorm  beö  alt»  unb  mittellat.  iai  biber, 
bie  biberis  =  ba^  Irinfen,  ©etränfe, 
ital.  bere,  bevere,  b.  i.  lat.  bibere, 
trinfcn.  2)er  ältere  beutft^e  D'Jame  iji 
wai)rfd)einlid)  alu,  in  5lle  erbalten.  ÜRct 
unb  Sier,  tai  le|terc  fcf)on  %ac.  ®erm. 
23  ermähnt,  blieben  bei  ben  Sölfern  be« 
äu§erfien  S^iorbenä  biö  tief  in  ba^  HJlittels 
alter  i)inab  faji  bie  einjig  üblid)en  ®e» 
tränfe,  wäbrenb  bie  S>eutf^en  f^on  burd^ 
ben  Serfebr  mit  ben  SRömern  bie  93efannt* 
fcf)aft  be^  Sffieineä  matten,  ®erm.  23. 
SWcbr  unb  mebr  mürbe  ber  2Bein  baä  eble 
©etrönf,  binter  bem  ber  üJJet  unb  nod) 
mebr  ta^  SSier  alö  niebrigeö  ©etränf  ju» 
rüdtraten.  3"  9'Jorbbeutfd)lanb  blieb  aber 
hai  93icr  in  allgemeinem  ®cbraud)c,  fogar 
ber  SOfJüncf)ner  Söocf  jiammt  auö  ßinbecf 


bei  ©öttingcn.  Sine  Siecpoeftc  i)at  ti  im; 
ÜJiittclalter  nicfct  gegeben  yiaib  ^artmann 
»on  5lue  jiörft  ein  Sedier  ©ein  me^r  aU 
44  Sedier  »ier. 

I)ie  ^Bereitung  bcÄ  Siercä  war  Sabr«^ 
bunberte  lang  fein  felbjiänbige^  ®ewerbe, 
febe  ^auöbaltung  bereitete  fidb  ibr  93icr 
felbft,  größere  ^au^wefen,  wie  Älöfter,  na* 
türlidE)  in  gröferen  Quantitäten.  iBifcbüf 
©alomon  Don  Äonjianj  prallte,  er  babc 
in  6t.  ®allen  eine  S)arre,  auf  welcber 
mon  auf  einmal  100  ÜRalter  SRalj  börrcn 
fönne.  ^m  13.  '^ai)x^  famen  in  ben 
©täbten  33ierfd)enfen  auf,  1288  wirb  ber 
erjie  ^rantfurter  23ierbraucr  erWobnt,  1357 
»erjapfte  man  in  ^rantfurt  fcf)on  frembe* 
®ier.  Dk  33erwenbung  tti  .giopfenö  fäflt 
erfi  inö  14.  3abr^.  2Bacf ernagel,  Äl. 
@dbr.  I,  86.  Äriegt,  S)cutfcbe«  bürgert. 
I.  Qlbfchn.  16. 

»ilbcnbe  tunft,  fte^c  bie  2trt.  ©fulp^ 
tur,  SÖfalerei,  ffianbmalcrci,  Srjgup,  Slfen* 
beinfcbni^erci,  •&oli;fd)ni^erci. 

SSilbcr,  rcligiöje,  bei^  äJiittelalter«. 
SDic  folgenbe  Überfr^t  giebt  einen  furjen 
Sluöjug  au^  Otte,  ^anbb.  b.  Äird&I. 
«Urcbäologie ,  «Ubfdbnitt  154  ff.  SDie  reli« 
giöfen  Sßilber  teilen  frdb  in 

I.  mi)jiifd)c,  matbematif^e  Figuren, 
bie  man,  im  gani^en  feiten,  an  bcn  Äir* 
ctiengebäubcn  in  SRelief  auögefübrt  finbet. 
6ie  bcjieben  fid)  auf  bogmatifc^c  unb 
magifcbe  aWatcrien.  Da^  gl  ei  ^  fettige 
2)rcie(f=2rinität,  — Duabrat=aBBeIt. 

—  Äreiö=(Swigfeit.  —  S)rubenfu§, 
ftebe  biefen  5trt.  — 

n.  ©pmbole,  größtenteils  auS  ber 
Sibel  entnommen.  5lbler,  Sngel, 
©tier  unb  Söwe  ftnb  bie  3"cb«n  ber  4 
©oangelijien  3o^anneS,  ÜJlattbäuS,  üutai, 
iWarfuö.  —  Qlnfer:  .^offnung.  — 
Qlpfclbaum:  erbfünbe.  —  Sär:  Seufel. 

—  SBafilisf:  ber  ©d)langenfönig.  — 
93ienenforb:   Söerebfamfeit.    —   93uc^: 

I  neues  lejiament.  —  93 unb eä labe; 
I  2Rutterlcib  ber  ÜJJaria.  —  Der  feurige 
i  Sufä):  3ungfräulicbfeit  ber  SWaria.  — 
1  Sentaur:  bie  Witten  triebe  beS  ^er^enS; 

mit  SBogen  unb  $feil:  ber  Seufel.  — 
I  ©belfteine:  bie  Sugenben  ober  bie  $a« 
i  triardben  unb  Qlpopcl.  —  ©ibedbfe:  ein 
j  Öicbtfpmbot.  —  Sinborn:  ©briPuS.  — 
I  eiepbant:  Äeuf^^cit.  —  S)er  IWamc 
i  eta  (Ave):  SUiaria.  —  JJarben:  ©iebc 
I  b.  5lrtifel  garbenfpra^e.    —    ^clö: 

ßbriP"^-  —  gifcbc(S)elpbine):  eb"Pen, 

namentlicb  in  Sejie^ung  auf  bie  Saufe; 

ber  gif^  iji  aud^  baS  ©pmbol  ber  ®ott* 


iBilbcr,  tcligiöfe. 


35 


^eit  unb  bcÄ  Söfen.  —  Sin  ^ifc^er: 
(ibiifluö.  —  !E)ie  »ict  ^lüffe  beö  qßa- 
robiefe*:  Die  4  güangeliPcn.  —  ®efä§ 
mit  2)Janna:  3)ie  rounberbarc  ^lu^tbar^ 
feit  bei  ÜRaria,  i>ai  beilige  '■Jlbenbmahl.  — 
ßinc  ^anb  aus  ben  SBolfen:  ^MQinac^t 
®otted.  —  Sinjclnc  bur(^bof)tte  ^^cinbe 
unb  i^üffe:  25ei  ©cfreujigte.  —  35er 
Jg>af)n,  gtied).  ^«yws:  Logos.  —  ^<xi>n: 
Sßericugnung  *Petri,  tRuf  jut  Su^c,  SBa^s 
famfcit,  Dtt^obojif.  —  ^auö,  iai  ge- 
baut wirb:  ($iiftli(^e  Äirc^e.  —  ^irfti^ 
im  2ßaffer:  fjeiläbegictige  6eelc.  —  Äelc^: 
iPriePertutn,  isjtjmbolbeälemplerorbcn«.  — 
^in  abgehauener  Äopf,  ben  ein  -^eiliger 
trägt:  tai  (Sott  jum  Opfer  bargebracfttc 
i'cbcn.  —  Äreuj:  lob  3efu-  —  Äroue, 
Äranj:  Siegeölo^n  ber  Seligen.  —  Äus 
gel:  bie  SBclt.  —  ßamm,  oft  mit  Äranj 
ober  Siegesfahne:  ber  leibenbe  unb  ftegenbc 
S^rifiuö.  —  ßdmnier:  (I{)rif!en.  —  2  ei  er: 
bciligc  Ttnfxt,  ^od^jeit  ju  Äana.  —  ßilie: 
.tcufc^{)eit.  —  öei(^e,  üon  ©ffelangen  unb 
®ett)ürm  befroc^en:  bcr  jEob  be^  Sünberä. 

—  ßönje:  Iräger  unb  aBöcf)ter  beä heilig« 
lum^,  f)äufig  an  Äir^t^ürcn  unb  Zi)xon' 
feffeln;  G^riftuö;  öinfamfeit;  leufcL  ööhje 
unter  ben  gü^en  S^rifii:  ber  übcrmunbene 
,sür|i  biefer  SBelt.  2(uf  ßeic^enficinen: 
.pelbenmut.  öijioin  mit  jungen:  3[>?aria. 
ßöme,  ber  bic  totgcborncn  jungen  burc^ 
fein  ©ebrüü  ins  öeben  ruft:  3iuferfie^ung 
3efu.  —  2Rartertt?crf  jeuge:  Ceiben 
ßf)rifii.  —  (Sine  f leine,  oft  puppenhafte 
ÜJlenf^engeftalt,  nacft  ober  befteibet: 
fcie  bcm  Sterbenben  entfcf)ttiebenbe  Seele. 

—  Dljttcig:  triebe.  —  (Palme:  Sieg 
ber  ©laubigen  über  ben  Job,  —  «Peli* 
fan,  feine  jungen  mit  bem  eigenen  Slute 
näljrcnb:  Opfertob  6^rijli;  Äirc^e;  Sd^itan- 
gerfcl)aft  3Wariaö.  —  <Pfau:  Unfierbtid)= 
feit;  3uben;  lenfel.  —  *pt)öniy:  5lufer= 
fie^ung.  —  33ergitterter  Quell:  SDtaria.  — 
«Regenbogen:  ®nabc.  —  Diing,  auä 
bem  ein  Sn^el  fi^aut:  ber  geöffnete  |)ims 
mel.  —  ^ünfblatterige  SRofe:  33crfdti»ie= 
c\enl)eit,  —  Sct)afe:  ^iino^n  3*:fu.  — 
@d)iff:  «Ilrc^c  Uloal)^.  S(f)ifflein  '^etri: 
^rijilid)e  Äirc^c.  —  Scf) lange:  leufel; 
®ift.  Schlange  unb  Saube:  Jllug^eit  unb 
Unf(f)ulb;  ei^ö^te  eherne  Schlange:  gc^ 
freujigter  (S^rijluö.  -Sc^lüffct:  Wütijt 
ju  binben  unb  ju  löfen.  —  Schrift* 
rolle:  alteö  leffament.  —  Sc^toan: 
lob.  —  Stab  'Kronö :  SOtavia.  —  Sonne 
unb  SlJlonb:  emigfeit  unb  ®ottl)eit;  *]3Qpfi 
unb  ^aifer.  Tlit  Sternen:  iRein^eit 
nnb  Sd^ön^eit  bcr  iWaria.  —  Sirenen: 


Serlodfung;  Soüufi;  Teufel.  —  !laube: 
{)cit.  ©eifi,  —  93erfcf)loffcneä  I^or-  Tta- 
ria.  —  Surm:  ÜWaria.  —  !ßlic§  ®is 
beonä  (ßammfell):  SWaria.  —  SBein« 
ftocf,  Sffieintraubc:  ©lirifiuö;  <Jlbenb* 
mat)l.  —  Sffiibber:  SBerfö^ner.  —  3i^' 
len,  fte^e  bicfen  Qlrtifcl. 

III.  Illlcgorifcbc  iJarfiellungen. 
2)ic  biblifcf)en  fie^e  unter  IV.;  bie  pro= 
fanen  fommen  auö  bem  flafftfc^en  ^ci« 
bentum  ober  ftnb  miüEürlicf)  erfonnen,  bie 
le^tern  jmar  feltener,  boc^  erfc^einen  fie 
fd)on  im  \xüi)tn  SDiittelaltcr,  namentlich 
jur  S)arPellung  ber  Sugenben  unb  ßaflcr. 
2)ergleicf)en  2)arfiellüngen  finb  bic  Älug* 
^eit  mit  aufgefc^lagenem  iöuc^e,  bie  ©e^ 
rc^tigfeit  mit  ber  SBage,  iWägigfeit 
in  bcfi^eibener  ©ebörbc,  Jap f erfeit  mit 
Speer  unb  Scf)ilb.  Über  ©lücförab  unb 
Job  fte^e  bie  betreffenben  5lrtifel. 

IV.  »iblifc^e  Silber. 

a)  Jppifcfec.  S)ie  tljpifcfcc^uffaffungifl 
in  ber  mittelalterlichen  ^luffaffung  beÄ  alten 
Sefiamenteö  alä  t^pif^e^  33orbilb  beä  neuen 
lefiamenteä  begrüntet  unb  in  ber  bilbenben 
j^unfi,  ber  Ifjeologie,  ben  ^rebigten  ber 
'JD'?i)|lifer  meit  Perbreitet ,  j.  ©.  in  ber 
biijlia  paaperum,  fte^c  biefen  *3trt. 
Scifpiele  jlnb:  Ölfrug  ber  SD^Jutter,  Spei« 
fung  burcf)  (Slifa  =  Spcifung  burc^  S^f"^; 
(Jlia«  üor  *Jl^ab,3)aniel  cor  iRcbufctbnejar  = 
(SÖrifiuä  for  'Pilatuä. 

b)  allegorifc^e,  ©arfleüungcn  folc^er 
Sjcnen,  bie  in  ber  Sibel  nic^t  alä  ©e* 
fcf)id)te ,  fonbern  alä  iBijionen ,  *lJara* 
beln,  JBeiöfatjungen  enthalten  finb;  jtc 
»erben  oft  miQfürlicf)  gebeutet  unb  weiter 
auägebilbct.  iBeifpielc:  liimmel'gleiter,  bic 
Üräumc  Sofep^ö,  ber  gute  ^irte,  2Bcin= 
bcrg  beä  ^errn,  ftuge  unb  tfiöric^tc  3ungs 
frauen,  ß^rifiuä  eine  Äeltcr  trctenb,  au^ 
meld)er  ^ojlien  fallen,  Qlntic^rijl ,  Qlufer* 
ftel)ung  ber  Soten ,  g^öffUfi^  >  iüngficä 
©cricfet,  <)lbral)amä  S(^o§,  |>ö[le,  Dreieinig* 
feit,  Stammbaum  (S^rifii,  ber  englifc^c  ®ruf , 
jpeimfuc^ung  2Rarid,  3u3  "fi*  33etöle^cm, 
©eburt  S^rifii ,  ^Inbetung  ber  aScifen, 
Darjlctlung  im  lempel,  kjnbermorb  ju 
Set^leliem ,  ^luc^t  nacfi  Qlgppten ,  ber 
jmölfiäf)rige  3efuö,  ber  Änabe  3ef"ä,  ber 
bem  Sater  ^ilft,  laufe  im  3oröan»  ^Ser« 
fu^ung,  (S^rifiu^  al'g  ßet)rer  unb  Söun* 
bcrtl;äter,  Serflärung,  *Pglmeneinjup,  ^\i^= 
tt)afd)ung,  'ilbcnbma^l,  Ölberg,  ®efangen= 
ne^mung,  üor  *pitatu^,  ®ei§elung  unb 
Dornenfrönung,  Ecce  homo,  (Sf)rijiuä  im 
Äetfcr,  Stationen,  ^reujigung  (ftebe 
Ärujifij),  iPefpeibilber,  ^l.  ©rab,  (S^rifiuä 


36 


Sifd^of. 


in  ber  a3or£)önc,  iUuferpel^ung,  Noli  me 
tangere,  ®ang  nact)  ®mau^,  ^immelfa^vt, 
«PfingfifeP,  ©alDatorbilber. 

c)  I)iPorif(S)c,  bic  am  pufigften  »ot* 
fotnmcnben  ftnb:  ®ott  Sater,  bic  ©n* 
gel,  bei  Teufel,  2lbam  unb  (Sea,  Äain 
unb  5IbeI,  IJioa^  unb  bte  Slvc^c,  Slurm  ju 
aSaBcl,  «Mbrabam  unb  aWeld&ifcbcf,  3[aaf« 
Opferung,  ^atriar^en,  9Dtofc^,  3iaron, 
3ofua,  ©ibeon,  5Dat)ib,  bic  4  ^arfcnfpie« 
ler  (1.  e^ron.  15,  19;  16,42),  ©alomo, 
«Propheten;  (S^rijiu«,  aJtaria,  Qlpo* 
ftd.  jDie  ^eiligen  njcrben  fietö  mit  be= 
fiimmtcn  Qlttributcn  abgcbilbet,  tt)el(^c  bio« 
grap^ifc^  ober  fpmbolifd^   ju  beuten  ftnb. 

V.  ^eiligcnbitbcr  machen  bieSDie^r« 
ja^I  ber  in  ber  mittcIaItcrU(|en  Äirc^c 
»orfommenbcn  Silber  auö,  befonberö  hi)' 
ren  in  jcbcr  Äirc^e  bie  «Patrone  ber  Äird^c 
ober  jDiöjcfe  pupg  wiebcr,  über  bem 
hjcfilic^en  ^auptportal,  auf  ben  SRücEfeiten 
»icier  3iltarf(ügel,  auf  ben  $lurmfpi|en 
unter  ben  SBinbfabnen.  S)ie  Heiligenbild 
ber  ftnb  an  bem  D^imbuö  fenntlid),  ben 
fie  um  hai  ^aupt  tragen.  ®ie^e  ben  5lrt. 
SWimbuS. 

SBif^of,  m^b.  bischof,  mdt  ital. 
vescovo,  auk  gried^.^at.  episcopus. 
3^r  2lmt  t»ar  fanonifdj-firc^Iic^  f(i)on 
au^gcbilbet,  al^  baö  S^ripentum  bei  ben 
granfcn  5lufnal)mc  fanb.  SDie  Söa^l  fanb 
nac^  fanonifc^cm  Siechte  burcE)  bie  Älerifer 
unb  bie  ©emcinbc  fiatt.  3n  ber  3«it  bc^ 
ftnfenben  9iömertci(i)e^  ftanb  i^nen  eine 
gro^e  ÜJJad^t  ju,  mcifi  waren  ftc  burc^ 
^eid^tum  unb  perfönlic^cö  5lnfc^cn  auö= 
gcjct(i)net.  3)en  fränfif(i)cn  Königen 
fc^loffen  ftc  fi^  beretttüiüig  an  unb  rcur* 
ben  burd)  fte  mit  neuen  (J^ren  unb  SBür» 
ben  auägejiattct.  ÜJleip  au^  ben  alten 
fcnatorif^cn  Familien  t)er»orgegangen , 
»Durben  fte  bic  natürli^cn  SZBortfü^rer  unb 
Vertreter  ber  alten  93e»ölferung  gegen  bic 
neuen  Ferren;  fte  ftanben  an  5lnfel)en  neben 
ben  ©rafen,  übten  nac^  geifilid^em  SRcdite 
3uriöbiftion  über  ben  Älcru^,  nahmen 
I)äufig  an  ben  ®cricl)tcn  ber  ©rafen  teil, 
i)attm  mand)mal  fogar  öon  ben  Königen 
bie  Scfugnig,  bic  ®rafcn  ju  ernennen,  ünb 
foUten  überhaupt  bie  3ni«ßf[tn  beö  Staate^ 
jugleid^  mit  benen  ber  kxxä)t  tt>al)ren. 
3n  ben  5lngelegenl)citen  M  SRcici)^  n)u§* 
tcn  fte  ftc^  eine  bcfonbcr^  tt)i(i)tige  ©tcl« 
lung  JU  öcrfdiaffcn  burdi  i^rc  regelmäßigen 
unb  auferorbentlic^en  3ufflnmienfünfte,  in 
bencn  neben  ben  firc^ltc£)en  fragen  auc^ 
politif(i)e  ®cfd)äftc  öcrljanbclt  werben 
f onntcn.    2)a«  SRec^t  ber  Sefiätigung  t^rcr 


aBal)l  nal)nicn  bic  Könige  tro^  ja^lrci^er 
@t)nobalbcfcf)lüjfc  in  5lnfpruc^,  unb  e^ 
gcfd)a^  unter  ben  llDlcroltingcrn  fogar  oft, 
ia^  bic  Äöntgc  oertraute  SDldnncr  burd^ 
23if(i)oföft|e  belohnten.  Unter  ben  Äaro= 
lingcrn  tritt  ber  weltlid^e  S^araftcr  bc« 
SSifc^ofamtcf  no(i)  ftdrfcr  ^creor;  ftc  wers 
ben  neben  5lbtcn  unb  ®rafcn  alä  Äönigg= 
boten  t>cth)cnbet,  ftnb  Otatgcber  tti 
^önigg  am  ^ofc,  i^r  Stmt  wirb  alö  93enc= 
pjium  bejubelt,  unb  bie  Sifc^öfe  Werben 
beöi^alb  angehalten,  ben  SBafaHeneib  ju 
Icificn,  Waö  freiließ  nid^t  o!^ne  Sffliberfprucfi 
gefc^a^.  ©ie  waren  regelmäßig  im  ^ecrc 
beö  Äönigö  anwefenb  unb  beteiligten  ftd^ 
unter  Umfiänben  perfönlid^  am  Kampfe; 
eri^alten  Scbeutung  burd^  bic  jat)trei(i)en 
abhängigen  Seute,  bie  in  t)crfd)icbencn 
93ert)(iltniffcn  auf  i^rcn  ®ütcrn  leben,  unb 
aU  !riegcrtfcf)c  5[)?annfd)aft  für  bie  ^cer» 
fahrten  in  Setrac^t  fommen.  S)aS  aUe^ 
fieigcrt  fic^  in  ber  folgenbcn  Seit:  großer 
©runbbeft^,  3oü,  Smünje,  ORarftre^t, 
3c^nten,  jal)lreid)e  ^ofbiencrfc^aft.  2)ie 
Sßifcböfc  Wibcrjlrebten  im  ganzen  bem 
(Smporfommen  ber  I)erjogli(i)en  ©cwaltcn, 
bic  iftre  |)crrfcf)aft  auc^  über  fte  au^ju= 
bclincn  fucf)ten;  ni(i)t  minbcr  lagen  fie  im 
®cgenfa|  ju  ben  ^tbten,  wobei  c^  ftd^  um 
gcijili(^c  fowo^l  alö  um  weltlidje  Unter* 
orbnung  bicfcr  unter  jene  bftnbclte;  eö  gab 
5lbtcien,  j.  93.  JRcic^enau,  bic  ganj  in  bie 
^anb  eineä  Sifc^ofö  gerieten,  in  biefem 
§allc  beö  Äonfianjer  a3ifcf)of^;  aud^  ge- 
fd^a^  c«,  i)a^  ein  ißifd^of  Qlbt  ober  ein  91bt 
33if(|)of  würbe,  o^nc  baö  altere  Qlmt  abju= 
geben;  Srjbifd^of  ^atto  »on  üJlainj  ^atte 
»ier  Qlbteicn  unter  ftd^.  ©eit  Otto  III. 
würben  ben  93iötümcrn  ganje  ©raffd^aften 
r)erliel)cn.  jDa^  SRec^t  ber  freien  93tf^of«= 
wal)l  burd^  ©cifilid^c  unb  öaien  ti% 
®tiftö  würbe  jwar  im  ganjcn  beibehalten, 
boä)  behielt  [lä)  ber  ^önia,  bic  ißcfiätigung 
regelmäßig  nor,  tai  2öa^lrcd£)t  fclber  galt 
aU  ein  inimÄönig  erteiltet  *pripilegium,  unb 
ol)ne  ben  SBiKen  beö  Äönigä  gefcfta^  in 
ber  älteren  3eit  faum  eine  Sifd^oföwafit, 
ja  oft  würben  bic  iBifd^öfe  cinfadE)  t>om 
Äönig  ernannt,  mcijl  freilid^  na^  bem 
9iat  ber  ©roßen.  „3nt  Saufe  ber  3^** 
jlcHtcn  ftd)  für  bic  Übung  bcä  fönigUcf)en 
SBejiätigungärcd()tcä  befiimmtc  formen  fcjl. 
5Daö  ®t)mbol  ber  fir<^lidt)en  ®cwalt  für 
ben  93ifd[)of  waren  <Stab  unb  SRing, 
jener,  ber  ^irtcnfiab,  al^  3^'*^^"  ^^'^ 
bifdf)öflid^en  ©ewalt  über  bie  Untert^ancn, 
biefer,  ein  öcrlobung^ring,  al^  @t)mboi 
ber   SBcrmäfilung    ^ti  Sifc^of«   mit    ber 


äBIap^att  —  äßlumenfprac^e. 


37 


Äü4e.  filtere  Sitte  fcnnt  blof  bcn  6tab. 
®e«Dö^nIid^  h)urben  narf)  bcm  Sobe  einc^ 
33tfc^ofö  bic  SnpQnitn  an  bcn  ^of  jum 

fien  ®cipiicf)en  unb  SBcltli^cn  tti  @tift^ 
ftc^i  cinfanbcn.  3"  öffcntli^er  iBerfamms 
lung  warb  bann  bic  jiattgcfunbcnc  2Ba^l 
bejiätigt  ober  ber  »om  Äönigc  JJcfignierte 
genannt  unb  bur^  bic  Bu^^tt^unfl  ^«f 
Qlnnjcfcnbcn  erforcn,  njorauf  et  ani  ber 
jp)anb  bc«  Äönigö  bic  3nftgnten  empfing, 
grfi  hierauf  folgte  bic  firc^licf)c  2Bei^e. 
35cr  <aft  ^ie§  3ncefiitur.  I)cr  «ifc^of 
Ictficte  barauf  ben  Jrcucib.  ®ef)r  oft  ge« 
prten  bic93if(^öfcbent)ornebnificn55aniiUcn 
an,  boc^  fcnnt  man  audf)  Sifcböfe  bicfct  3£it 
auö  nicberem  ober  bod^  pon  wenig  üorne^mem 
Stanbe.  ÜDie  «Pflanäfd^ule  beä  Spi^fopatä 
voax  bic  ÄapcQc  bcö  Äönig^;  aud^  Äanjier 
erhielten  mo^l  alö  Selofinung  i^rcr  3)ienfic 
ein  93iötum.  Oft  aber  waren  93efied^ung 
unb  Äauf  bie  SRittel  jut  ©r^altung  biefc^ 
,^ird)enamte*.  ©agegcn  trat  nun  bic  be^ 
fonberg  bur(^  Stugnt)  inö  öeben  gerufene 
Oppojition  beö  ipapjltum^  unb  ber  Äird)e 
auf;  (Sregor  VII,  Perbot  juerfi  1075  bie 
3n»efiitur  bcö  93tfd^of^  burd)  einen  öaien; 
ber  «Streit,  ber  ftdt)  infolge  bapon  crijob, 
würbe  fc^Iic§Ii(^  burc^  iai  üBormfer  Äon* 
forbat,  1123,  fo  gclöft,  ba|  ber  Äaifer  bic 
freie  2BabI  berSifd^öfe  betätigte  unb  auf 
bic  5i'öefii*ur  Pcrjic^tctc;  bagegen  blieb 
ihm  bie  Seftatigung  ber  Dficgalien,  b.  i. 
ber  mcltlidjcn  ©ewalt  ber  Sifd&öfc,  burd^ 
i>a^  ©jcptcr,  mcld^eä  in  S)eutfc^Ianb 
gleid)  nad)  ber  in  OegenWatt  be«  Äaiferä 
gef(i)e^cnen  2Ba^I,  b.  l).  cor  ber  fird)lid)en 
2Beif)e,  gef(f)ef)en  foüte.  'Jla<i}  SBai^. 
iBerfaf[un9«gef*i($te,  bcfonbcr^  VII,  gib= 
fd^nitt  11,  unb  VIII,  «Hbfd^nitt  16. 
Über  bie  äußere  erfd)cinung  beö  Sifd^of^ 
fie^c  unfern  5lrt.  Drnat. 

fdUiftiavt,  «piapt)art,  qSIapp^arter,  93Iaf= 
fert,  SBlaffct,  blawfert,  urfprünglicf)  ein 
aueilänbifd)er  SJidpfcnnig  ober  ®rof($en; 
man  unterfd^ieb  alte,  gute,  Äreujbl.,  Äreu« 
jerbl.,  gcjtampft,  bebaimifdt,  ÜJiailänbcr, 
Sc^Iangcns©!..  (Sroffcnbl.  S^meOer,  bair. 
iß.  I,  460. 

SJIibe,  ftcbc  iMntwetf. 

SBIumcnorkn.  2)er  gefröntc  SBIumcn* 
orben  an  ber  i*egnifi  ober  bic  ©efcüfc^aft 
ber  ^egni^fdläfcr  ifi  eine  jener  Spracfjges 
fcQfdbaften,  bic  in  9?ad^al)mung  italicnis 
fcfeer  ®pradi)afabemien  in  ber  erficn  ^ätfte 
beä  17.  3a^r^.  auftraten.  Sie  ifi  1644 
ju  ?Jütnbcrg  burd)  ®corg  $bilipp  ^arö« 
börfcr   unb    3"^-   -^loi   9«fliftet    werben. 


2)er  dltctn  frucf)tbringenben  ©cfeüfc^aft 
gegenüber,  beren  Sefirebungen  ftd^  inner« 
Ijaib  einer  eblcrcn  ®efd^macföti(^tung  ^iel= 
ten,  Perficicn  bie  <Pe9ni|fc^öfer  einer  tön* 
bcinbcn,  unmdnnlidjcn,  überaus  gefc^mad* 
lofcn  SRi^tung,  bie  fi*  fowo^l  in  ben 
bcf)anbeltcn,  mcifi  bcm  Sc^äfcrlcben  ent* 
nommcnen  Stoffen,  ali  in  ben  gefuc^tcn 
SRcimcn  unb  in  bcm  taujcnben  baftplifd^en 
95cr«ma§e  funbgab.  2iie®efeUfcf)aft  bc|iet)t 
aU  littcrarif^sgcfeßigcr  *Bercin  biö  ^eute. 
53Iumcnf<)ra$e  be«s  OJiittelaUcrfS.  5Dic 
^öfifdic  S>i^tung  mad)t  Pon  ber  Slumc 
alö  Sinnbilb  gciftigcr  Sejüge  nur  mäßige 
2lnwcnbung.  ^bx  finb  befonberö  eigen: 
bic  ßilic  a\i  Sinnbilb  ber  iReint)cit, 
ber  Unf(^ulb,  baf)er  aucft  iülaria  Silic 
genannt  unb  ber  öngcl  ©abriet  mit  einem 
ßilienftcngel  in  ber  |)anb  bargefieUt  wirb; 
bic  SRofe,  bie  Slumc  ber  greube;  mit 
i^r  fd^müdften  jtd^  ©dfle  unb  bie  ©cfctlcn 
beim  irunf;  bei  fejilid)cm  ^lnla§  wirb  ber 
Soben  mit  iRofen  beftrcut.  S)ie  SRofe  ifi 
beö^alb  aud^  bic  Slume  ber  Siebe,  wie 
fte  bcm  Roman  de  la  Rose  ju  ©runbe 
liegt.  JRofe  unb  Siebe  fommen  miteinans 
ber  Pereint  por,  baf)er  ta^  beliebte  pfifc^e 
Spoä  Flore  unb  Blanscheflur,  ißlumc 
unb  SBci§blumc,  iHofe  unb  Silic;  ßilie 
unb  SRofe  jtnb  Spmbotc  für  (Sbriftu^  unb 
iB'Jaria,  bie  leitete  eine  SRofc  ol)ne  2)orn. 
2llö  britte  931ume  legt  man  bm  beiben 
gern  ba^  *ßeild)en,  ben  viöl,  bei, 
bie  Sotin  beö  55'^ül)lingö.  iReid)er  Wirb 
bic  93lumcnft)mboliE  feit  bem  15.  3ö^t^., 
wobei  fte  ftd^  freilid^  auf  ben  SicbcöPcr« 
!cbr  bcfdjrönft;  je|t  nimmt  bie  lid^tung 
mit  iöorliebc  Sebac^t  auf  bie  jum  Seil 
uralten  Slnmennamen,  bie  jum  Seil  ^eib* 
nifd^-mpil)ifdf)e  ober  d)rifili(^e  Sejiebungen 
baben.  2)ie  23lumen  werben  perfonifijiert, 
^rau  aBadf)plber,  ^rau  .^jafclin,  Su4ö« 
bäum  unb  ^el^ins«^»  2)ornrö«dien.  2)ie 
3al)l  ber  Slumcn  wirb  größer,  unb  neben 
fn  ftetlt  ftc^  übert)aupt  atleö,  voai  pftanä^ 
lid^er  SlfJatur  ip,  ba^Strol),  bieSBeibe, 
bie  SUJaie,  b.  i.  grüne  Steige  unb  ^ränjc 
überhaupt.  3"  "P"  ^inic  fnüpft  audö 
je^t  bie  iölumcnfijmbolif  an  bie  ^axbt. 
'S)ai  blaue  93ergi^meinni(^t,  iai  braune 
|)abmid)lieb,  tati  rofcnrote  .^»crjenttop,  tai 
wei§e  Sdf)abab;  fpäter  bleibt  bie  jarbe 
weg,  unb  nur  ber  bejicf)ung'gpoUe  9^ame 
ift  nod^  ba:  SBegWarte,  2Bo^lgcmut,  3«- 
längerjelieber,  30^a§licb,  Siebftöcfel,  Un- 
gnabe,  Seib  unb  SReue,  lag  unb  Plackt, 
^olberftod.  ffiacfernagel,  Äl.  Sc^r. 
I,  143  ff. 


38 


93tutrac6e  —  ®ö^mifc^e  93vüber. 


SIirtro(^c»  Sie  cntwicfett  ftc^  au^  bem 
fBegriffc  bei  altgermanifc^cn  ^at^ili^  ^"^ 
bcm  ©cfü^I,  ba§  bie  ©cmcinfd^aft  beö 
Sluteö  oud^  jut  innigPen  ©emcinfdjaft 
hti  SSciftanbc^,  beö  ©cbu^e«  unb  bcr 
iJamiliencf)rc  »erppi(i)tc.  25erpflic^tct  jur 
Sla^e,  befonbcrö  für  ungerechten  2;otf(i)lag, 
war  junäd)P  bcr  ^auöoater,  bann  oÜe 
waffenfähigen  SBIutöfreunbe ,  alfo  "SBeiber, 
Äinber  unb  ©reife  nid)t.  Sie  Slutra^e  tt>ar 
red^tlic^  anerfannt,  Sacituö  ©ermania,  21, 
SDlit  bem  ^rieben  fud)te  man  bie  93Iutra(I)e 
in  (Sinflang  ju  bringen,  einmal  baburd), 
bo^  man  ben  93Iutäfreunben  beö  (Srf(^Iage= 
ncn  hai  $Rcd)t  gab,  jiatt  bcr  Sßcfe^bung 
eine  bcfiimmte  ©u§e,  iai  SGßergetb,  ju  for< 
bcm  unb  baöfelbe  unter  fxd)  ju  teilen,  unb 
jwciten^  baburcf),  ba^  man  bie93Iutöfreunbe 
beä  Ifjäterö  nötigte,  ju  bcm  geforberten 
2öergclb  beijutragen,  ober  wenn  bcrfelbe 
o^nc  SBermögen  war,  eä  ganj  ju  jaulen. 
ÜJlit  bcr  Qluöbitbung  georbnetcrcr  3{ed)täs 
jujiänbe  nac^  bcr  25öIEer»anberung  trat 
iai  orbcntlid^e  ©eric^töocrfafircn  an  bie 
©tcüe  ber  Slutractjc,  of)nc  ba|  biefc  ganj 
auöjiarb.  Sic  bilbet  tai  ^auptmotio  bcr 
jwciten  ^älfte  beö  DlibclungcnUcbe^,  fomml 
im  13.  u.  14.  ^a^x^.  atä^auft^  u.  JJebbercc^t 
ncucrbingä  in  allgemeinen  ©ebraud^  unb 
ifi  aU  cigentlid^c  93Iutracfec  in  einzelnen 
fällen  bid  über  bie  ^Reformation  t)inaue 
in  3Inn)enbung  gefommen. 

Slutgfrcunbft^aft,  fielie  «Wagfc^aft. 

SBiJtte  t)ei|cn  im  15.  3«t)rf).  üorüber» 
gei^cnb  jum  3^ecfe  eincö  Äriege^  jufam^ 
mcn^altenbe  Äriegägcfcncn,  anä)  bIo|  ^"1* 
fned^tc.  2)cr  fWame  begegnet  im  S^lorbcn 
tt)ic  im  ©üben  unb  fommt  nod)  im  17. 
3a^r^.  befonberä  in  ben  SRbcinlanbcn  al^ 
Sejcicf)nung  militärifc^er  93ufct)flcpper  »or. 
Scfannt  ftnb  au«  bcm  fog.  alten  3ürc^ct« 
triege  bie  bocke;  aud^  a\xi  ÜJtemmingcn 
wirb  bcr  91ame  erwähnt. 

Sogen.  SBcnn  aud^  Weber  lacituö  noc^ 
ßäfar  beö  Sogen«  bei  ben  ©ermanen  (£r* 
wäf)nung  tf)un,  fo  crgiebt  ficb  au«  ©räber^ 
funben  mit  «Sic^erl^eit,  ia'^  fc^on  bie  Ur= 
germanen  93ogen  unb  ^fcil  gefannt  b^f'^n. 
3Dcr  Sogen  war  am  liebten  au«  bcm 
^oljc  bcr  ben  3;obe«göttern  ^eiligen  (£ibc 
gcfd^ni^t;  boc^  fommt  auc^  Ulmen»  unb 
^[ä)enl)olä  oor,  aucf)  Sogen  Don  ^orn 
worcn  im  ©cbrauc^e.  ®cr  ^^til  beraub 
au«  Stein,  Änoc^cn  unb  (Sifcn.  3)cr 
Sogen  bei^t  gotifd)  unb  altfäc^ftf^  bogo, 
a^b.  poko,  ber  *Pfeil  a\)t.  sträla,  ber 
♦Pfeilfcbaft  zein:  phil  au«  lat.  pilum 
ifi  [cigcntlid^   bie  ^feilfpi^e.    2>ie   <Pfeilc 


fmb  cntweber  mit  einer  9lngcl  jum  (5in= 
jtctfen  in  ben  Schaft  pcrfebcn  ober  ^aben 
eine  StüHc,  weldf)c  über  ben  ©d^aft  gcfd^o- 
ben  wirb.  2)ic  Ic^tcrn  Ttnb  entweber  bol= 
jenförmig  Dierfanttg  ober  rautenförmig 
ober  blattförmig  ober  mit  2Bibcrt)afen  »cr- 
feben.  3ni  4.  ^ab^bunbert  wirb  bc«  Sogen« 
audb  öon  SdbriftficQern  gebadet.  2>ie  lex 
salica  enthält  eine  befonbere  Su^c  für 
Sefcbäbigung  be«  ßeigcfinger«,  womit  man 
ben  $feil  abfdbncQc.  5ludb  in  ben  ^clbcn= 
gebieten,  imSBalt^rilicb,  im  Seowulf  unb 
im  SRibelungenlieb  wirb  ber  Sogen  er» 
wai)nt.  Sorjüglid^c  Sd^ü^en  waren  ju 
aücr  3fit  berühmt,  befonber«  tl)at  ber 
Sogen  auf  bcr  ^aa,t)  gute  ©ienfie.  3"^ 
SWittelalter  batten  bei  ben  S)cutfdben  Sogen 
unb  <)3feil  nur  geringe  Sebeutung  alö 
cigentlidbe  Äriegöwaffc,  wdbrcnb  fc^on  im 
10.  3abrb  bie  sagittarii  bcr  ^xariiO' 
fen  beim  Selagerung«friege  eine  bcbcutcnbc 
SRoüe  fpiclcn;  oon  ben  Ferren  würbe  bie 
2Baffe  nur  jur  S^gb  unb  ju  aSaffenübun» 
gen  gebrandet.  3n  ben  S^iicbcrlanbcn  cr- 
ridbteten  bie  Stdbte  im  13.  ^abr^unbert 
Sogenfdbü^cngcfcllfd)aftcn.  ©anj 
befonber«  ßctbreitet  unb  beliebt  war  aber 
bie  2Baffe  in  ©nglanb,  wo  Saufen  unb 
iJJormannen  in  gcf^icfter  ^anbbabung  be« 
Sogen«  wetteiferten,  ^icr  trat  ber  3tbel 
an  bie  Spi^e  ber  Sogcnfcbü^cn,  bie  wcfcnt-- 
lidb  JU  ben  erfolgen  über  bie  ^ranjofen 
beitrugen.  S)e«balb  war  auc^  ber  2öibcr= 
ftanb  gegen  bie  ©infübrung  bcr  ^anbfcucr= 
Waffen  nirgenb«  größer  al«  in  ®nglanb, 
fo  ta^  no^  unter  ©lifabetb«  SRegierung 
bie  Socienfi^ü^en  in  oollem  5lnfcbcn  flan= 
ben  unb  noc^  1627  al«  regelmäßige  Irup« 
pcn  porfamen.  8tuf  bcm  ^eftlonb  waren 
ftc  feitOlnfang  bc«  16.  Jabrb.  oerf^wun= 
ben.  5abn«,  ©efdt).  b.  Ärie3«wefen«,  u. 
ßinbcnfd)mibt,bcutfdbc<Jlltcrtum«tunbe. 
San  ORarte,  SBaffcnfunbe. 

iBöömifi^c  S^iibcr.  Seit  etwa  1450 
fammelte  ftd^  in  $rag  ein  Ärei«  ernjtlidb 
frommer  SlRänncr  au«  ben  Üb  erbleib  fein 
bcr  buffttif(i)cn  Sewegung,  bcncn  bcr  Äönig 
'^obicbrab  einen  2)iftrift  im  Üfiiefengebirge 
überlief,  wo  fie  fidb  niebcrlaffen  unb  nadb 
i^rer  SOßeife  bie  SReligion  einridbten  fönn= 
ten.  Durdb  eine  Verfolgung  würben  jte 
jerfireut  unb  flifteten  nun  in  Söf)mcn, 
*J}?dtiren  unb  $olcn  Dcrcinäclte  ©emeinben. 
Sie  biegen  aucb  Srübcr  be«  ©cfc^e« 
Sbrifli,  Srübcr  überbaupt,  ücrworfen 
bie  fat^oUfcftc  5lbenbmabl«lebre  unb  bau* 
ten  ibr  ©laubcn«befcnntni«  burdt)Weg  auf 
bie  Scbrift.   3bre  Scrfaffung  war  ben  äU 


fflotcnbienfl  —  »tettfpiel. 


39 


tejien  apofioIifAcn  S^nficngcmcinbcn  na** 
gebilbct.  S)tc  SReformation  ßutf)crä  bc« 
gtüftcn  jtc,  ot)ne  it)te  fietirc  unb  2}crfaj[unfl 
M\)alb  bem  *Protcjiantiömuö  ju  opfern. 
9?ad^b{m  fxd)  mand^c  ©cmeinbcn  mit  bcn 
eüangclifc^cn  Äonfeffionen  ocrbunben  l)at' 
ten,  »urbcn  bic  testen  in  93ö^mcn  nocf) 
ttor^anbcncn  bur(^  bcn  30jd{)rigcn  Äricg 
jcrftört  unb  ibrc  Qlnpnger  ttertricben,  wc 
rauf  bcr  fclbfiänbige  Seftanb  ber  Srüber* 
fird^e  ganj  auff)örte  gür  bie  cüangelifc^c 
Äir(^e  ftnb  bic  ßtebcr  bcr  Sö{)mifd)cn 
Srübet  »on  Scbcutung  geworben.  @c^on 
^u§  ^attc  einen  Äirc^engefang  in  böti* 
mifd)cr  ©prad^e  gegrünbet.  ©eine  yia^' 
folger  t)crme{)rten  bic  ßiebcr  unb  bi(I)tcten 
neue  baju  auf  alle  9trtiEeI  beä  d)ri|lUd^cn 
©laubenö  unb  auf  aüe  ^cfie  burd^  \)ai 
ganjc  Sa^r,  wobei  fte  bie  alten  Äirc^en* 
melobien  bcibcbieltcn.  '^m  5luftrage  ber 
(Scmcinbedttcftcn  übcrfe^te  3!Jl  i  d)  a  e  l 
äßciffc,  Pfarrer  ber  beutfc^en  ©emeinben 
g3ö^mifct)cr  Srüber  ju  San^fron  unb  jur 
güttnacf),  156  böömifc^e  ßieber  in  beutfd^e 
tRcime,  bie  ali  Ein  New  GesengLuchlen 
1531  jum  3"n9en6unäel  gcbrucft  würben, 
^icfed  würbe  1538—4«  ju  Ulm  mc^rfarf) 
nad^gebrudtt.  (Sine  burd&  ^o^.  $orn 
Dcrbeffcrtc  *)Uiögabe  erfd^ien  1544  ju  9?ürn= 
berg,  worauf  ßut^cr  t)crfd)iebene  öiebcr  in 
feinen  Äird^engefang  aufnahm.  2>ie  öieber 
ftnb  bei  SBadfernagcI,  etiangcl.  .^ircf)enlieb, 
abgcbrucEt. 

SBotcnMcnft  war  im  9[fJittcIaItcr  bei 
iUiangel  eincö  öffentli(f)en  *)3opwefenö  wicf)* 
tiger  <xU  je^t.  Sieben  bem  iffiorte  33ote, 
öon  bindan,  bieten,  a^b.  poto,  m^b. 
böte,  fommt  in  ben  germanif(f)en  @pra« 
d)en  ein  unerfldrtcö  SBort  üor,  got.  airus, 
angelf.  unb  (jltnotb.  är,  at)b.  bloö  ärunti, 
93otf(iaft.  >Der  33ote  ij^  ein  S)icncr,  baf)er 
HDienjibotc;  bic  *)lpoficI  at^  2)icner 
(5,t)rifli  beiden  bic  ßwölfboten,  auc^ 
bic  ©ngct  ftnb  unb  beigen  33oten.  3)ie 
ai}t).  ©prad)e  jeigt  üicte  jum  Seil  nerbun» 
fcltc  SRannönamcn,  bic  mit  boto  jufam* 
mcngcfe^t  ftnb,  Antarpoto,  Hilti- 
poto,  Sigipoto,  Mabalpoto,  Tra- 
gapoto,  Lönpoto,  Wolfpoto, 
Waltpoto.  93oten  £)öf)ern  ?lnfet)enö  ftnb 
t)ie  Äarolingifd^en  missi  dominici,  auc^ 
legati,  nantil  regales,  palatini 
regii  genannt,  m{)b. Sendboten,  sant- 
boten,  fie^e  SBabian,  beutfc^e  ^ifi.  ©d^rif« 
tcn  I,  79,  2.  unb  ben  ?lrt.  missi  do- 
minici. (Sine  wichtige  iRoüe  fpielen  bic 
93 0 ten  im  iRittcrwefcn.  OTcif!  werben 
eigene  .knappen  baju  bcnuht,    welcbc  bic 


iBriefe  in  Sü(^fcn  ober  ^öfc^cn  am  ^alfe 
ober  ®ürtel  trugen.  Sic  waren  burd^  be» 
fonberc  2ßaf)rjcidf)en  legitimiert,  Wa^t= 
fd^einlid^  bur(^  einen  bunten,  nadt)  bem 
SBappcn  bcr  Ferren  gefärbten  ©tab.  ©er 
Sote  ijl  geficiligt,  nur  93arbaren  »ergreifen 
ftd^  an  il)m,  aud)  wenn  er  fc^timme  Sot« 
fd^aft  bringt.  3u  ßicbeöbotfd^aftcn  benu^t 
man  gern  ©picUeutc,  we^I)atb  fte  oft  öcr= 
flcincrtc  Dramen  fübren:  Werbelin, 
Swemmelin,  Helnzelin,  Küenze- 
lin,  unb  bie  ^äuftge  2lnrebc:  93otc  »il 
lieber  .^nabe!  5Dic  iBcIo^nung  bcr  93o> 
ten,  aud^  beö  »ornclimen,  ^ic§  ba^  boten- 
brot,  aud^  betenbrot,  worunter  aud^ 
wertooKc  ®efc£)enfe  ober  flingenbc  9!J?ünjc 
ocrftanben  Werben  fonntc;  urfprünglid^ 
unb  bei  gewiffen  Qtnläffen  noc^  fpat  war 
e«  aber  wirflidt)eä  33rot.  «Rotter  »er« 
beutf(^t  praedicare  evangeliam,  bic 
fro^e  93otf(^aft  »ertünbigen,  burd)  predi- 
gen petinbrot.  Dbrigfeitli(^c  Soten 
gab  cö  fpäter  jn  bcn  ©tobten,  folangc 
!eine  öffcntli(^e  *5poji  cjijiierte;  bcr  ytamt 
5Botf(J)aftcr  erinnert  an  bie  frühere  S3e« 
beutung  fürfili(f)er  So  tcn.  ©df)ulj,  ^ö« 
fifdE)eö  ßeben.  I,  135  ff,  ®rimmä  aOBörtet« 
buc^  unter  93ote,  SBotcnbrot  unb 
3)icnfibotc. 

SBraftcaten,  »om  tat.  bractea,  bünneä 
iWetaUblcd^ ,  beigen  bic  mittclaltcrlid^cn 
9[JJiinjcn,  infofern  fte  bIo§  auf  einer  ©eite 
geprägt  ftnb.  S)a  feit  Dtto  b.  ®r.  iiii 
bie  gewöt)nlid^c  *]3rägungöweifc  be^  ÜJlittcIä 
altera  war,  fönncn  iJJiünjcn  bcö  »erjd^ic= 
benften  SBertcö  unb  »on  ®oIb,  ©über 
ober  Äupfer  93rafteaten  genannt  werben. 
35eutfc^c  DfJamcn  bcr  Sratteaten  ftnb  SIed^=, 
^0^1«,  ©dt)üjyctmünäen,  ©lätterlinge , 
©d)üf[elpfcnnigc.  Über  ben  ©elbwcrt 
biefcr  SOiünjen  ftc^c  bie  3lrt.  S)enar,  ©o« 
tibu^,  ©d^iüing,  ^Pfenning,  ^iUix  u.  f.  ». 

SSratf^c,  ^Irms,  2lltgeige,  auö  ital. 
viola  da  b  raccio. 

Srautlauf,  ^octjjcit,  ein  in  ben  gcr« 
manifd^en  ©prägen  wcitucrbreitctcö  SBort, 
a\)t.  ber  brütlouft  unb  bic  brüt- 
loufti,  m^b.  tai  unb  bic  brutlonf, 
bratlouft,  urfprünglid^  fo»iet  aU  bcr  ge* 
fdt)mücfte  3ug  (ßaiif)  mit  ber  93raut  ober 
jungen  j^rau  unb  i^ren  ©ad^en  jum 
^aufc  beä  aWanncö.  ßut^cr  braudE)t  bai 
©ort  jwar  nid^t  in  ber  Sibcl,  wo  er  nur 
^od^jeit  fc^t,  aber  in  feinen  übrigen 
©d^riften  oft.    @rimm  unb  SBeiganb. 

SrcttfJjjicL  S)ie  SBrettfpicIe  beä  3!Jlit= 
tctaltcrö  ftnb,  tai  ©d6ac^  aufgenommen 
(ftcbe   biefen  'Jlrtifel),   i<xi  3abelfpicl, 


40 


93re»e  —  ®rübtifdf)aftcn. 


ZxxhxaU  unb  JDJü^IenfpicI.  2)aö3abcl- 
fpiel,  mt)b.  baö  zabel,  franj.  jeux  de 
tabel,  QUO  lat.  tabula,  ifi  unfer  3)a= 
mcnfpicl;  bie  (Steine  ^ci^en  3flbel(leine. 
S5a§  SButfjabel  ober  ber  bnf,  au« 
franj.  buffe,  iji  unfer  2;riftraf,  eö  reirb 
mit  brei  Sßürfeln  gefpielt.  Ulaä)  ber  Soge 
^atte  ein  SRitter  9lIco  bei  ber  Selagerung 
r»on  Zxo\a  baö  €piel  erfunben.  93om 
ÜWüfilenfpiel  f)at  man  crfi  im  auöge^enben 
üJlittelaÜer  Ulaä)x\(i}t,  eö  ^eift  figgmüle, 
f ickmtile.  €c[)ul^,  $öfifcf)eö  geben  I,'413. 
SBreDc,  auö  mittellat.  brev  e  =  SBrief, 
ifi  ein  päpfili(f)eö  Schreiben ,  bog  fürjer 
unb  eon  weniger  h)i(f)tigem3n^alt  ifialö  bic 
bulle  unb  fcie  3uPinii"un9  i'es  Äatbi^ 
nalfollegiumö  nid)t  nötig  l&at.  ßö  ifi 
buic^auß  pon  ben  !Pri»atbriefen  ober  ben 
motus  proprii  bee  ^apfieö  ju  un« 
terfc^eiben.  2)er  (ßopfi  fprid^t  im,Src»c  in 
feiner  eigenen  !l?erfon ,  in  ber  Überfc^rift 
nennt  er  ficf)  ^apa  unb  ben  ilbreffaten 
fprici)t  er  an  mit  dilecte  fili.  (Sä  njirb 
nic^t  pom  ^Püpfie  unterjeicinet,  fonbern 
Pom  Segr  e  tario  de'  Brevi  fontraftgs 
niert,  unb  fiatt  bes  SBIeiftcgelö  nur  mit 
bem  ©e^eimjiegcl  beö  *Püpfie«,  bem  ^^ifc^er- 
ring  in  rotem  SüBacibä  unb  in  einer  blec^cr= 
nen  Äapfel,  Perfef)en.  6?  tragt  bie  Un= 
Ierfcf)rift :  Datum  Romae  sab  an- 
nulo  piscatoris. 

iBreöicr,  breviarium  im  ®cgenfo| 
ju  plenarium,  ifi  urfprünglic^  ein  ah 
gcfürjtcä  ©ebctbud)  im  Untcrf^ieb  pon 
einer  Potlfiänbigen  iMgenbe  für  ben  ®otteö= 
bicnfi.  i)ie  Untere  ^iepfpdtcr  Missale, 
SIRePud),  Sreoier  h^urbe  ber  2tußbrucf  für 
®cbetbu^.  2)ic  cinjcinen  ®ebcte  bee  Sre= 
pierö  ftnb  nacf)  ben  aui  ber  jübifc^en  Spn?  ' 
agoge  entlehnten  ©ebetfiunben  gegliebert: 
prima  (6  U^r) ,  tertia  (9),  sexta  [ 
(12),  nona  (3),  vespera  (6),  com- 
pletarinm,  (por  bem  Sd)lafengeben), 
matntina  (ÜReffe)  unb  laudes  (3  Ubr  ' 
SWorgenä).  2)ie  ®ebcte  rtaren  anfänglid) 
meifi  ben 'iJfalmen  entnommen,  ®regorVIl. 
fd)ricb  1074  eine  eigene  3ufan"iienfie(Iung 
POT ,  bie  fpäter  oft  Perbeffert  hjurbc,  fo 
1241,  1536,  1568  bur^  «Ptuö  V.,  Woburd) 
bie  Perf(^iebcnen  leite  einbeitIi(J)  georbnet 
»utben.  Daä  Srepicr  bcfiel)t  auä  4  lei^ 
len  für  bie  Pier  3af)fe05eiten  ,  Pon  benen  I 
icber4  51bteilungen  ^at:  l)*PfaIterium, 
$falmen  für  bie  fanonifc^cn  ©tunben  ber 
tinjclncn  Jage.  2)  Proprium  de 
tempore,  für  bie  ^ff^f-  bie  fid)  auf 
S^riflue  bejic^en.  3)  Proprium  de 
S  a  n  c  t  i  s  ,   für  I>ie  gefie ,  ber  ^eiligen. 


4)  Commune  sanctorum,  für  gefic 
o^ne   befonbere   ®ebctfiunben.     üln^önge 
finb    officium    B.    Mariae,    de- 
functorum,     psalmi     gradua- 
les,  psalmi     poenitentiales, 
ordo     c 0  m  m  en d a t i 0 n e s     ani- 
I  mae,benedictio  mensaeetiti- 
!  nerarium  clericorum. 
j        S3riefmalcr  f)eiBen  im  15.  3a^r^.  fol- 
I  ^e ,  welche  bie   Semalung  Pon  {^ragmen* 
i  ten  unb*Papier  (mbb.  brief)  alö  Seruf  be* 
1  treiben,  befonber«  für  änbac^tä*  unb  <Bd)\xU 
I  büc^er,  Äalenber  unb  bgl.  unb  i^rc  SZBore 
I  auf  3af)rmärt'te  Perfaufen.  Sic  finb  burc^ 
!  ibre  23crfud)e,  i^ie  Silber  auf  ^olj*  ober 
SOJeta [(platten  abjubrucfen,   bie   SBorläufer 
ber  SBu*bru(fer  geworben. 
S5rU(^,  f.  33eintleibcr. 
SBtiiticr  btS  freien  ©eifteö  ^ei§t   eine 
im    13.    unb    14.    3a()r^.  fe^r  ntrbreitetc 
i  Sefte,  mit  fiarf  pant^eifiif($en  Jenbenjcn. 
€ie  würben  Pon  ber  Äir^e  Perfolgt ,    er* 
!  f)ielten  fid)  aber  biö  in«  15.  ^a^xb. 
83rübctf(^aften,  in  SRprbbeutfc^lanb  föa* 
lanbsgilben,    in    öfiencicf)    Qtd^tn, 
i)\t^m   im   üHittelalter   fidbtifdic  SSereine, 
bie  juglei^  für  iai  religiöfc  Sebürfniö, 
für  gefellige  3^'5£<f«  unb  für  gcgenfcitige 
i)ilfeleipung   Dienten.     Sie  werben  jucrfi 
im  14.  '^a\)xb.  nac^gewiefen.   3^re  3we(fe 
i  finb;    SReligionäübungen,   welche   ju   be« 
fiimmten  3tt3cd«n  in  ©emeinfctioft  began* 
gen   würben,    gemeinfame  Seilna^me    an 
öffentlid)cn  *Crojeffionen,   Sorge   für  ein 
anfiänbii^ei?  Segräbniö  fowie  für  bic  ©ee* 
lenrube  ber  oerfiorbenen  iSrüber,   gotteä* 
bienftlictie  %mx  ber  2lnnioerfarien  berfeN 
ben  ober  aud)  eine  jd^rlic^e  üReffe  für  aÜe, 
gegenfcitigc  Unterfiü^ung  in  ber  fJlot,  na» 
mentlic^  in  Äranftjeiten,  gcfelligeö  3ufani5 
menleben  in  ben  mit  Jrinfgelagen  Pcrbun* 
benen  ©eboten  ober  93erfammlungen  ber 
Srüber.     S)ie  Srüber  leifieten   pefuniärc 
Beiträge    fowie  a\i  ©träfe  für  Pcrfäumtc 
q3f[id)ten  ®elb,  Sffiein  ober  SBad)ß.    Scbe 
Srübcrfc^aft  f(^Io§  fid^  an  eine  befiimmte 
.Äird)e  an,  picie  Peret)rten  einen  befonbern 
©d^u^patron;  mand)e  Ratten  einen  befon= 
bem  aitar  ober  au(^  eine  befonbere  ^a^ 
peile.     @oId)e   Srüberfc^aften   famen    in 
perfc^iebenen  ©täuben  Por,   eö  gab  eine 
ißrüberfdjaft  bcä  pfäljifd)en  |)ofgeftnbeö  ju 
^cibelberg,    ber   fa^renben   ©^üler,   ber 
^Pilger,   ber  2tuöfä^igen.    3)ie  Perbreitet= 
fien  unb  wirffamficn  Srübcrfc^aften  ftnb 
aber   bie  ber  ^anbwerföfnc(^te;   ba» 
burd),  ba^  fi(^  biefe  aümäblic^  burc^  hai 
SWittel   ber    firc^Iic^en   ©enoffenfc^aft  ju 


iBiüber  tiom  gcmeinfamcn  ßcben  —  SSrünne. 


41 


einem  befonbern  Stanbe  Ijeranbilbcten, 
würben  fie  ®ef eilen,  bcnen  aflcä  baran 
lag,  i^re  ®e[cflenebre  ju  »afjrcn.  I)er 
gintntt  in  biefe  ©cfeüfc^aften  ttiutbc  obli^ 
gatotifd^  für  alli,  ifjre  Statuten  unter- 
lagen ber  93efiätigun(^  beä  JRate«  unb  ber 
3unft,  fte  biibetcn  einen  ben  9J?eif}ert»er* 
bänbcn  cntgegenfie^enben  ®cfcnenr»erbanb, 
fo  jn)ar,  ba§  mit  ber  3fit  »orab  infolge 
ber  (Reformation ,  baä  fird)Ii(f)e  Clement 
jurütftrat  ober  ganj  oerfd)h)anb  unb  blof 
noc^  baö  weltliche  SIemcnt  jurüdfblieb. 
3^rc  Slütc  l^atten  fowo^l  bie  firc^Iidjen 
aU  bie  nicf)tfirc^Iid)en  Srübetfc^aften  im 
15.  3a^r^.  fmit  bem  SBerfaü  bcä  ^lanb:: 
merfö  unb  beä  3""ft>^«fcn^  verfielen  auc^ 
fte;  ifire  SRec^te  gingen  atlmä^Iicfe  an  ben 
(Staat  über.  iDcr  fRame  ber  Sorfie^er  bei 
ber  ißrüberf(f)aft  War  meift  33ücf)fcnmeifter 
ober  Äcrjenmeifter,  bei  ben  fpätern  ®c* 
feüenfcbaften  ©tubenmeifter,  OlItgefeHe, 
^Itfnecf)t,  Äna^jpenmeijler,  3[Reificrgcfeac, 
ÜKeifterfnappe,  *J[JJcif}erfned)t,  Ürtenmeifier. 
3f)rc  meift  äeremonieü  abgehaltenen  iBer« 
fammlungen  I}ic§en  ®ebot,  Qabcntag, 
griebenetag,  Umfrage,  (Singang,  SBier^ 
tt)o(f)engebot,  Sd^enfe,  lifc^gefa^,  iWittel, 
fpäter  mcij!  Qluflage.  ©iejenigen  ^anb« 
Werfer,  in  benen  am  Mufigften  folc^c  Ser* 
bänbe  auftraten,  ftnb  bie  ®d)neiber,  @d^uf)5 
madber,  ®erber,  ®cf)micbc,  SBeber,  Sdcfer, 
ÜJJüacr,  SÖJe^er,  Äürfd)ncr,  SWaureru.Sim* 
merleute.  S)ic  SBerbänbe  ber  93ucf)brucfer 
feaben  fid)  biä  ^eute  erhalten.  S^anj, 
3ur  ®efd)i^tc  ber  5Deutfdt)en  ®efeüent)er* 
bänbe.  1877.  Äricgf,  I)eutfcf)eg  Sür-- 
gertum  I,  178. 

»ruber  öom  gcmeinfamcn  SIeficn,  eine 
®rfd)cinung  ber  »orreformatorifc^en  Wt)' 
jiif.  3^r  ®rünber  ifi  ®er^arb  ®root, 
geb.  1340  jnS)eoenter,  fiubiertc  ju  ^ari^, 
würbe  ju  Äöln,  wo  er  Se^rer  war,  ä^n= 
lic^  wie  Puttjer  burc^  ältere  $5i«unbe  ju 
einem  tiefen,  religiöfen  Scbcn  erwccft  unb 
wirfte  eine  3cif'"n9  "lit  ®enet)migung 
be^  iBifAof^  oon  Utrecht  alä  wanbernber 
SuBprebiger  obnc  priejlerlicfeen  ßbaraftcr. 
S)urd)  ben  »mpftifer  3ot).  (Rup^broef, 
*Pair  beö  ißereing  ber  Äanonifcr  ju  ®rün' 
tbal  bei  Srüffel,  Iie§  er  fic^  jur  Silbung 
cineö  Sercin^  giei(f)gcjinnter  Jünglinge  in 
feiner  SSaterfiabt  anregen,  bie  unter  feiner 
Leitung  bie  Schrift  unb  anbere  nü^Ud^c 
33üc^cr  abfcf)riebcn.  (Jincr  berfelben,  §Io« 
rentiuö,  machte  ben  93orf*Iag,  ben  (Sr= 
tpcrb  jufammen  ju  legen  unb  gemcinfam 
ju  leben;  biefer  iöercin,  ber  balb  jum 
ÜJJittelpunft  einer   weitt>erjweigten  ©enof^ 


fcnfd)aft  würbe,  nannte  fid)  93rüberbcd 
gemcinfamen  8eben#,  aud^  fratrea 
bonae  voluntatis  ober  ^jieron^mia 
aner  unb  ®regoriancr,  weil  fte  .^iero» 
npmuei  unb  ®regor  ben  @ro|en  aU  ^ai 
tronc  ocre^rten.  ^aä)  ®root^  Sob,  1384, 
folgte  5510'ccntiuä  in  ber  Seitung  be^ 
Sßerein^,  geb.  1350  ju  ßeerbam,  aud)  ^lo» 
rcntiu«  SRabeWinö,  b.  i.  SRabewin^ 
So^n,  genannt.  Unter  ibm  oerjweigte 
ftcf)  ba^  3nfiitut  i"  h^^^  (Richtungen,  in 
bie  regulierten  Äanonifer  mit  flö> 
jlerlid)em  S^arafter  unb  in  bie  gewö^na 
Iid)cn  93rübe  r,  bie,  teilö  ßaien,  teilö  Älea 
rifer,  cntwcbcr  jufammen  wot)nten  ober 
jerfireut  in  geifiUd)en  5i[mtern  unb  für 
3ugenbbilbung  wirften.  glorcntiu^  lei» 
tete  felber  iai  fog.  reiche  gtaterliauö  ju 
SJeüenter  unb  war  SRettor  ber  ganzen  ®es 
noffenfdE)aft;  er  fiarb  1400.  i)ie  Srüber 
beö  gemeinfamcn  ßebcn^,  aud)  oon  i^ren 
religiöfen  93crfammtungen,  Soüatien,  So(s 
lationen:  föoüatienbrüber  genannt,  waren 
oerbunben  burd^  ®emeinfamfeit  bcd  93e* 
fr^eö,  ber  2Bot)nung,  ber  Sebenöweife  unb 
ber  (Srbauung.  2)ie  23rüber=  ober  ^xakx^ 
Käufer  bet)erbergten  etwa  20  ©ruber,  bie 
Äleibung  ein  grauet  Dbcrgewanb,  9flocf=' 
unb  iBeinfleiber  unoerjiert,  eine  graue 
.^opfbebecfung,  baf)er  aud)  cucnllati, 
.^Qppenberren,  ®ugel=  ober  .Rogel^erren. 
hieben  |)anbarbeit  unb  gemcinfamer  (Sr=> 
bauung  würbe  befonberö  tai  *)lbfc^reiben 
ber  t)eil.  @d)rift  betrieben.  5ln  ber  Spi^e 
jebe^  ^aufeä  jianb  ein  SReftor,  an  ber 
©pi^e  ber  5?rauent)creine  eine  (PPegcrin. 
S[Rartf)a  genannt.  '^i)xt  bebeutenbfic  SBir^ 
fung  liegt  in  ber  ©rünbung  t>on  Untere 
ric^t«anpalten ,  namentlid^  für  ärmere 
Sd)üler.  3bre  Verbreitung  auö  ben  (Ric^ 
bcrlanben  reut  bcfonbcr^  rt)einaufwärt^ 
bi^  nad)  Schwaben.  3"  i^nen  get)örten 
JÖo  mos  aÄempiö,  ^ermann  !8ufd), 
Sauge,  ^egiu^,  5lgrifoIa,  3t'()- 
Söeffel;  aud)  (graömu^  war  i^r  Sd)ü= 
ler.  ^m  (Berlauf  be^  16.  ^ai)X^.  erlofd) 
bie  (Bereinigung  infolge  ber  *21uöbreitung 
ber  (Reformation.  (R.o.  (Raumer,  ®ef(ii(^te 
ber  (Päbagogtf,  I,  unbUIImann  in  ^cr« 
jog«  (Reaiencpfl. 

Srünne,  a^b.  pmnjä,  m^b.  bränne, 
ett)moIogifc^  noc^  nic^t  freier,  batb  aus 
bem  Äeltifd)en,  balb  auö  bem  ©Iaoifdf)en 
gebeutet,  eine  uralte  Sdf)u^waffe,  (Rings 
panjer,  au^  einfai^  bie  ringe  genannt, 
al)'!).  aud)  saro,  sarawi,  genannt.  Ur» 
fprünglid)  fdieint  bie  (Brünne  aud  prners 
neu  Scfeuppen  bergefießt  ju  fein,  nai  man 


42 


SBud^brudferfunj!. 


aui  bcm  häufig  »orfommenben  SBcinamcn 
hei  „hörnernen"  f^Iic§t,  ben  bie  finblic^c 
^Öontaftc  ficf)  auö  bcm  93abcn  in  ©raien* 
blut  bergcfleüt  badete.  3"  altgcrmanifdficn 
©räbern  i>at  man  bic  SBaffe  biö  jc^t  ntd^t 
oufgefunben.  ©tc  War  in  ber  [Regel  aui 
JRingen  gcfd^niiebet,bicfe  iüurben  wiccin^emb 
übergctt>orfen  ober  h)ie  ein  doct  angejogen; 
abgcjogcn  fielen  fte  in  einen  .Raufen  ju« 
fammen,  fo  ia^  fie  bequem  in  ben  aSaffcn« 
facf  (särbalk)  ober  in  einen  ©d^ilb  get^an 
Serben  fonnten.  2ßeil  bic  [Ringe  unter 
Umfiänben  bcm  ©cfemert  unb  ber  Sanjc 
nic^t  ftibcrfianbcn,  begann  man  frü^,  be* 
fonbcr«  ttidbtigc  ©tcaen  beö  [Ringpanjcr« 
mit  aufgenieteten  platten  ju  Derfe^cn,  ba» 
taug  ifi  bann  ber  *piattcnpan,^er  cnt* 
fianben.  3ä^ng,  430.  ©an  9}larte, 
aSaffenfunbe  28. 

S5ui55rutfcrfmtft.  ©ie  gc^t  au8  bcm 
(Sehjcrbe  ber  ©picIfartcnBcrfertigcr  unb 
©riefmaler  (b.  b.  Söcmaler  Bon  «Pergament 
obcr'J}apier  mitgigurcn,  bcfonbcrö^ciligens 
bilbcrn ,  Sud^fiabcn  unb  S3erjicrungcn) 
beruor,  mclcbc  ibrc  Silber  »crmittclfi  gc< 
fto(§cner  ^oljplattcn  öcroicifältigcn  unb 
fc^on  im  Seginn  bcö  15.  Safrbunbertö  ju 
Innungen  jufammcntraten.  SBon  cinjcU 
nen  ^ciligcnbilbcrn  ging  man  fpdter  ju 
flanjcn  Silberreiben  mit  begleitcnbcm  Seyt 
über.  ilRit  ^oljtafclbrucf  ftnb  befom 
tcrg  in  ^oÜanb  latcinifd^e  ©lementar^ 
bücf)cr,  jumal  ber  2)onat,  gcbrudt  mor^ 
i)cn.  S)ic  (Srftnbung  bcWcglidt)er  ßettern, 
jucrfi  in  ^olj,  bann  in  SDietaH,  unb  beren 
5lnn)cnbung  jum  SudjbrucE  »urbe  fd)on 
im  15.  3aftr^.  allgemein  bcm  3oI)anncg 
©Utenberg  auä  SOtainj  jugcf(^rieben; 
bocf)  ifi  ftc^er,  ta^  auä)  an  anbern  Drten, 
in  ^aarlem  2orcni(  Sojlcr;  in  Sam« 
berg  Qllbrcd^t  qsfificr  glcidöjeitig  ben 
Sud^brucE  enth)i(f elten ;  bie  ißcrbrcitung 
ber  ^unft  jcbocb  über  S5eutfc^lanb  unb 
bie  übrigen  Sänber  Suropa«  gebt  [xä)tx 
»on  ©utenberg  auö.  30^«""^^  ®uten« 
berg  gilt  ald  1397  ju  üRainj  geboren; 
fc^on  1424  lebte  er  ju  Strasburg,  »o  er 
alten  eingaben  jufolge,  für  ttjcld^c  aber 
ein  fidbcrcr  93ch)cig  nicfct  beizubringen  ifi, 
feine  Äunft  crfanb  unb  guerfi  ausübte. 
3m  3al)rc  1444  ober  45  fel)rte  er  nad^ 
ÜRain^  jurüd.  .^ücr  fanb  er  naii)  Dielen 
mißlungenen  Sctfud^cn  einen  reichen  aber 
eigennü^igen  ©cfellfc^after  in  3''l)ann 
tVufl  ober  t^aufi,  mit  bcm  er  1450  in 
ein  iycrtragöoct^ältnig  trat,  ©utcnberg 
übte  aud)  je^t  nod)  ben  Safelbrud,  arbci« 
tete  aber  aucb  mit  böljcrncn  93u(^fiaben. 


211«  crfte  ©rucfc  ©utcnbcrgä  in  ÜJloinj 
mcrbcn  genannt  ^Ibc^büd^er,  ©cbetbücfter, 
SScid^tfpicgel,  S)onatc.  Sin  ttjcitercr  ^ort« 
fc^ritt  mar  bie  Qlnmenbung  »on  SWctatl« 
tt)pcn,  bie  ani  freier  $anb  gefdjnittcn 
Waren,  unb  ber  miti^tigflc  gottfd^ritt  ber 
®u§  ber  @cf)rifttt)pcn.  1452  mürbe  ber 
J)rud  ber  lateinifd^en  Sibel  begonnen  unb 
1455  in  2  Folianten  »on  600  Sldttern 
»oüenbct.  Sfficiterc  ^ortfd^ritte  ftammcn 
tton  «Peter  ©d)öffcr  ani  ©crnä^cim,  ber 
in  «Pari«  aU  3üuminiercr  gearbeitet  |attc  u. 
oon  %u^  a\i  ^amulu«  angcficHt  würbe.  6t 
erfe|tebicnoct)  fcbrungleicbunb  unfc^arf  ge^ 
goffenenSud^fiabcn  burd^  foldt)e,  bic  mittclfi 
eine«  ©tal)lftcmpel0  in  bünne  Tupfer«  unb 
ÜRcffmgplättdjen  cingcfd)lagen  würben. 
SRad^bcm  ^ufi  bem  @ä)öffcr  feine  loc^tcr 
jur  grau  gegeben  ^atte,  betrieb  er  1455 
einen  ?}roje§  gegen  ©utenberg  wegen  3"* 
rücEbcja^lung  ber  gcliel)enen  Kapitalien, 
unb  ©utenbcrg  würbe  »erurtcilt,  bic  ganjc 
«Pref[c  famt  allem  SWatcrtal  bcm  gujl  ju 
überlaffen.  ®urd^  Unterfiü^ung  cineö  gc^ 
acbtetcn  ÜRainjcrö,  Äonrab  .^ummer,  gc« 
langte  ©utenbcrg  in  ben  Scfx^  einer 
neuen  3)ruderei,  auö  Wcld^cr  1460  bai 
Katholikon,  eine  beliebte  grammatif^* 
Icfifalifd^c  .Kompilation  tii  3ol)  be  Salbi« 
bcroorging.  Siiadibcm  ©utenbcrg  feine 
SJruderci  nad^  Sltwpl  im  SRl^eingau  »ers 
fc^t  ^attc,  ftarb  er  um«  fRcuja^r  1468. 
2luö  ber  guftsScböfferfd^cn  Dffijin  ging 
1457  tai  Psalteriam  ^eroor,  ba«  erjic 
nadb  2)rudEcr  unb  2)rucEort  batierte  2)rudf» 
werf,  ein«  ber  fd^önften  S)rudEwerEe  bi« 
^eutc,  mit  Dcrjicrtcn  3nitittl«n  in  l'lflu  "• 
rot,  1460  ctfdt)icn  bie  latcinifd^c  Sibcl. 
5m  ^a^xt  1462  würbe  IWaing  infolge 
eine«  ©treitc«  jwifdlicn  bcm  Srjbifc^of  unb 
feinem  SJiac^folgcr  näd^tli^  überfallen  unb 
jum  2;eil  »erbrannt;  babei  ging  auct)  bic 
aßcrfjlättc  oon  guft  unb  ©cböffcr  in  glam^ 
men  auf,  bie  5trbciter,  obwol)!  bur^  einen 
Sib  an  bic  Scwa^rung  be«  ©el)cimniffc« 
gebunben,  jerftreutcn  ftdb  unb  Bcrbrcitcten 
Die  Äunfi  an  üiclc  Drte.  3n  SOtainj  crs 
ncuette  ©d^öffcr  fein  ©efd^äft  unb  brudtte 
fort,  feit  1503  »on  feinen  ©ö^nen  abge* 
löfi.  2)ic  frü^ejicn  Sudf)brudcrcien 
anberer  beutfd^cr  ©täbtc  finbet  man  in 
Äöln,  5lug«burg,  «Nürnberg,  ©tra§burg, 
©peier,  (5§lingen,  SRcrfcburg,  äörcälau, 
ßübecf,  «Pilfcn,  qgrag,  (Si^jiäbt,  Urai^, 
Tübingen,  ßeipjig,  «Dlemmingcn,  «Paffau, 
SBicn,  «Wündbcn,  [Reutlingen,  Erfurt, 
Sütagbeburg ,  ^eibelbcrg,  [Rcgen«burg, 
^agenau,  Hamburg,  grciburg,  ^Jranffurt 


93ii<^ei'. 


43 


a.  SW.,  aSittcnberg,  in  bet  ©e^iucij  93afcl, 
IBernmünftcr,  SSurgbotf,  S^xxi^.  93ergl. 
<8an  ber  fiinbe,  ©utcnberg ,  1879; 
^alfcnfiein,  ®ef^t*tc  ber  Sudbbvucferei, 
üeipj.  1840;  granfc,  ^anbbucf)  bcr 
Sud^br.  aDcimat  1867. 

2)ic  Sfitfl^wofff"  ©utcnbcrg^  unb  i{)tc 
<Sö^ne  unb  (Sntet  ^aben  bic  !8u(i)brucfcr= 
funp  flctö  aU  eine  befonbere  &ab«  unb 
Onabe  ©otteö  angef(I)aut.  ®ie  l)at  bie 
[d^neibenbfte  SBaffe  gegen  tai  romantifc^c 
(Smpfinbungglebcn  beS  mittleren  21Iterd 
unferer  ßitteratur  gefc^affen  unb  wax  be- 
rufen, auf  ben  manigfaltigfien  SBegen  üon 
ben  »erfdiiebenficn  ©eiten  ^er  neueö  SiU 
bungömaterial  ju  bcfi^affen.  Die  93uc^s 
örucferfunfi  bat  einen  ätinlic^en  llm[(^tt)ung 
im  ibeeHen  93erfct)r  ber  (Sebanfen  bewirft, 
mie  in  unferem  S^^tbunbert  ber  S)ampf 
unb  bie  Jelcgrop^ie  im  SBerfet;re  beö  ^aw 
i)di  unb  ber  3nbuftric.  3u'^ot  ^"t  biefe 
(Srfinbung  ben  auöeinanberfaüenben  ©täns 
ben  gegenüber  ein  ganj  unerwarteteö 
SOJittel  neuen  Sufti^i^i^n^iing^»  '^<^^  benn 
aui)  ialt,  mit  ber  ^Reformation,  in  gro§* 
artigfiem  SOfa^flabe  jur  *Mntt)enbung  tarn. 
S3ü(^er.  2)ic  gorm  unferer  Sucher 
fommt  juerfi  bei  ben  SSJacf)0tafeIn  »or, 
tabulae;  tai  ^ßapier  mürbe  mcifi  gerollt, 
*JJergament  gefaltet,  ©old^e  SZÖa^ötafeln 
{)ei§cn  codex;  über  bejeid)nete  urfprüngs 
\ii)  mo^l  nur  SRoüen.  SWe^rere  ölätter 
ju  einer  fiage  gefaltet  t)ci§en  quaternio, 
urfprünglidi  eine  ßage  Don  4  QSIättern,  in 
ben  93üä)eTn  meift  mit  3''Men  oberSuc^* 
ftaben  gejätitt.  «Seit  bem  14.  Jal^r^.  finben 
fic^  bic  einjelnen  Slätter  ber  ßagen  unb 
fdmtli^e  SSlätter  beö  Sudjeei  gejät)It. 
5n  SBejug  auf  iai  gormat  ift  bem  ^oben 
"Jlltertum  üotjüglid^  eine  breite  Duartform 
eigen,  bie  Seite  ju  4  ober  3  Äolumnen. 
3n  fpäterer  3eit,  mi)  bem  6.  3a^rt). 
fommt  bie  ^Dreiteilung  nur  no(^  feiten  oor. 
Sd^on  im  cbriflli^en  §IItertum  führte  bic 
SBere^rung  für  ben  bciligen  3n|^alt  bcr 
jum  ©otteöbienfi  bcfiimmtcn  93üd}er  ju 
einer  fcbönen  aufern  Qluöj^attung  burc^ 
bie  Äunjl  unb  frütijcitig  gefiörte  ein  foft« 
bar  eingebunbeuer  (Soangelienfobef  jum 
f^dnbigcn  ®(f)mucE  ber  «Jlltäre.  ®tci(i)e 
e^rc  geno?  bai  3Wif|ale.  3f)rcn  Urfprung 
hatten  biefc  Sinbänbe  in  ben  Slfenbcin« 
bifi^c^en,  öon  Sölagiftraten  beim  Eintritte 
itircö  51mteä  Derfd)enft,  jn)ifcf)cn  mcld)e 
man  bcfcf)ricbene  5ßergamentbtätter  legte. 
2)ie  Suc^becfel  felbfi  befte^en  au«  ^olj, 
»worauf  man  bie  (Jtfenbeintafeln  feftnietetc 
Um  bie  Jafel  bcrum   jieben  fi*  aU  Um= 


ra{)mung  mit  ®olb=  unb  ©ilbcrbled^  um-- 
jogcne  ^änber,  in  metct)e8  Sbetfleinc  unb 
qBcrlen  gefaxt  finb.  3cber  I)e(fel  ^at  ftet« 
feinen  eigenen  S^mucf.  3"  ber  römif(6en 
3cit  batte  man  eigene  Suc^binber,  fpäter 
beforgte  bie  ®eif!licbfcit  au§cr  bcr  ©c^tift 
auc^  ben  ©inbanb.  görmlid)  gcmcrbd^ 
mäfig  betrieben  juerfi  bie  Srübcr  beö  ge= 
meinfamen  gebend  bic  aBud)binberei,  in 
ben  6t(ibtcn  tt»urbe  biefetbe  ein  bürger= 
lic^cä  ©emerbe.  ®ö  giebt  aud)  93ü*er  = 
namcn,  norjüglicf)  für  ar^iöjiücfe, 
für  n?eld)e  man  feinen  iUutornamen  batte. 
@erid)t0bücf)er  l)ei|en  rote  93üd)er; 
Qlnbere  f)ci§en  libri  aurei,  llber  blancus, 
über  viridis,  gemma  preciosa,  über 
niger,  liber  crinitas,  Sären^aut,  pauper 
Henricus,  nudus  Laurentias,  bie  beiben 
le^tern  nad^  ben  Schreibern,  ^oflbar 
eingebunbene  93üc^er  Ratten  jum  «Scftu^ 
ein  ^emb,  camisia.  Sincn  gemiffen 
Sücber^anbet  gab  ti  f(^on  im  2J?itteIaUer; 
bo^  befc^rdnfte  er  ftd^  auf  einjcinc  gang- 
bare 5trtifel  unb  jufäQig  in  ben  ^anbel 
gefommenc  alte  IWanuffriptc.  SD^an  pflegte 
fic^  bic  gefud)ten  2ßerfe  jum  5lbf^reiben 
JU  erbitten  ober  fd)idte  eigene  ©d^rciber  jU 
biefem  ^"'e^f-  S)urc^  «Pfänber  unb 
Sürgfc^aften  fieberte  man  fid)  »or  ißerlufl. 
ßcutc,  bic  auö  bem  93üc^erabfd)reiben  unb 
Scrfaufen  ein  ©cwerbe  ma(f)tcn,  finbet 
man  ^mar  fcbon  im  33cginn  hti  ÜJJitteI= 
alterö;  nacb  longem  3tt>ifcf)enraum  fommen 
fte  wieber  an  ben  Uniocrfitäten  jum  iBor^ 
f'icin.  ©ic  Dcrmietcten  Söüc^er  jum  5tbs 
fc^reiben,  nad^  obrigfeitUc^er  Zn^t,  unb 
vermittelten  ben  Südjcrecrfauf.  Iro^bem 
ifi  ber  cigcntlid^c  Öud^tianbel  nid^t  in 
Unioerfitdtcn,  fonbern  in  anbcrn  ©tdbten, 
uoräüglicf)  in  SDi^ailanb,  33enebig  unb 
^loren,  aufgcfommcn,  bann  in  J^ranfrei* 
('iJariä),  (Snglanb  unb  ben  SJiiebcrlanben. 
5n  3)eutfc^lanb  pflegten  bie  ©tubenten 
il)re  Süct)er  mef)r  alö  anberömo  fetbft  ai' 
auftreiben,  ober  fte  entlef)ntcn  fic  auö  ben 
Älofter^  ober  Uniucrfttdtöbibliot^efen. 
Qlufer^alb  beö  geifilicben  ©tanbeö  fam 
erfi  fpdt  ein  ßefcbebürfni«  auf.  grauen 
befafen  il)rcn  in  bcr  SRcgel  in  einem 
Älojler  gefd^riebencn  qSfalter.  Um  5ln= 
ba(^töbü(^er  unb  ®^ulbüdf)cr  matten  fxdb 
torne^mlidf)  bic  33 ruber  oom  gemein* 
famen  ißeben  pcrbient.  5tn  ben  ^öfen 
fdt)rieb  etma  ber  ^offaplan,  in  ben  Stdbten 
bcr  ©cfiulmeifier  unb  ber  ©tabtfd^rciber 
Südbcr  ah,  a\xi)  *pirmenter  ('Pergament' 
mai^er)  oerfauftcn  unb  fauftcn  ^öüc^cr  auf 
berSOtcffe.    93uben,  in  bencn  man  Sdbreib^ 


44 


i8üd)fc  —  «urg. 


matciialicn  unb  Sßü^er  ticrfQufte,  pflegten 
an  bie  SBanb  bet  Äüc^c  gcjicüt  ju  werben. 
Sattenbad),  €c^nfth3efen  beü  SDlittet« 
altera. 

SBÜt^fc,  f.  iMititletic  unb  Ciborium. 
S5u^ftabcnf^rift,  f.  SRunen. 
^M^nicb  iji  im  16.  ^ai)ii).  ein  9^ame 
für  Siebeötieb;  ^onö  ©ad^ö  braucht  j.  95. 
biefen  für  feine  ^dt  ebcln  *Muöbrud. 

SBu^itrt,  ber,  irie  ba^  mt)b.  berhurt, 
€tof ,  pof  enbcö  Öoärennen,  auö  bem  %xan=' 
jöjtfc^en  aufgenommen,  behonrd,  mittel* 
lat.  bago/da,  quo  bem  «Stammwort 
heurt,  it.  arto,  ®to§,  mlat.  hurdns, 
=  93o(fauö  feltifd)  hwridh,Sto§  unb  93orf. 
I)er  Su^urt  fie^t  aU  ritterUd)cöÄampffpieI, 
wobei  ^aufe  gegen  ^aufe  fdmpft,  bem 
tjost  gegenüber,  wobei  Tlann  gegen 
2Kann  jief)t.  SOiit  bem  Jurnier  berührte 
fid)  ber  iSu^urt  nur  bann,  wenn  im  ©rnfle 
bu^urbicrt  würbe,  auf  ©treitrojfen  mit 
eingelegtem  Speer.  ®ewöt;nlid)  wor  je= 
tod)  ber  93uf)urt  bIo§  ©piel  unb  ÄuräWeil, 
tai  man  bei  hochgeziten  fürfiUd)en  *Pers 
fönen  ju  (£f)ren  gab;  ftalt  ber  ®c!)Werter 
würben  Stäbe  gebaucht,  ^m  Sffiigaloiö  beö 
iffiirnt  t)on  ©rafenberg,  9009  ff.  tieift  e«: 

Gein  der  bürch  reit  er  dö 

mit  fr 6 liebem  schalle. 

Die  ritter  begunden  alle 

vor  ir  buhurdieren 

mit  riehen  banieren. 

Von  hurt  die  Schilde  gäben  schal, 

so  daz  manech  knie  geswal 

von  hurte  und  von  gedrenge. 

Diu  sträze  wart  vil  enge 

von  der  edeln  riterschaft. 

Da  wart  zebrochen  manech  schaft, 

von  siegen  und  von  hurt  enzwei. 

Ez  waere  worden  ein  turnei, 

heten  si  ir  harnasch  gehabt. 
SBuUc,  mf)b.  bulle  auö  lat.  bnlla  = 
Jßafferblafe,  bann  ein  runbeö  3^'"^^"'  ^^ 
äilittelalter  haß  Siegel  einer  feierlichen 
Urfunbe,  wie  bie  bleierne,  golbene,  unb 
bie  Urfunbe  felbp.  3m  engern  Sinne  jtnb 
SuDen  offene  päppiid)e  Urfunben,  mit 
einem  ^erabl)ängenben  Siegel  terfeben. 
%n  ber  Stirne  tragen  fte  ben  ^lamtn  unb 
litel  beä  *^3apfte^,  j.  Ö.  Innocentius 
eplscopus,  servus  servornmDei; 
nac^  ben  folgenben  SingangöWorten  er- 
bdit  bie  93uüe  ifjren  Dramen,  j.  33.  In 
coena  Domini,  Unigenitus, 
Ecclesia  Christi.  'Jlngcbüngt  Wirb 
baö  in  S3Ici  abgcbrücfte  grofe  Siegel  ber 
TÖmifchcn  Äird)e,  baä  auf  ber  Sorberfeite 
frülier  bie  Silber  ber  *Hpoftel  *Petru0  unb 


^auluß,  feit  bem  16.  ^ai)xl).  baö  iffioppcn 
beö  regierenben  $apf?eö,  auf  ber  IRürffeitc 
beffen  Flamen  jeigt. 

S3ttni)f^u^.  3m  aWittelalter  ber  SRame 
für  ben  ©auernfdjul),  m^b.  buntschuoch 
ein  Scf)u^,  ber  gebunbcn  wirb.  „2)ie 
Sd)u^  ^ettenb  auf  beiben  Seiten  (Riemen, 
breper  (Jübogen  lang,  bie  flocht  man  unb 
f^nürt  fie  umb  bie  Sein  unb  leine  ^ofen 
creujwei^  ^erumb  wie  ein  gctter."  2>aö 
SBort  fie^t  im  ©egenfa^  ju  bem  feinen, 
jicrlic^en  brisschnh,  m^b.  bris-schuoch, 
ein  Sc^u^  jum  einbreifeln,  fdinüren. 
Statt  buntschuoch  fagte  man  aud),  aber 
nur  in  ber  eigentli(ä)cn  93ebeutung,  bot- 
schuoch,  bozschuoch.  SDie  Sinfü^« 
rung  beä  93unbfc^u|)ö  würbe  auf  Äarl  ben 
®ro§en  jurücfgefü^rt.  Seit  berSRitte  be^ 
15.  3af)rf).  unb  befonberö  im  3.  1513  wer» 
wenbeten  aufrü^rerifc^e  Sauern  ben  93unb= 
fd^uf)  alö  Sunbe^sßcic^en,  worauf  tai 
S?ort  gäujlic^  in  bie  Sebeutung  con  (Em- 
pörung, Sunbfd^ü^er  in  bie  oon  (Sm* 
pörer  überging.  Wan  beutete  bann  93unb 
ni^t  me^r  auf  tai  Sinben  ber  SJliemen, 
fonbern  auf  Sunb,  ^lufru^r.  ®rimm, 
ffiörterbu^. 

S3urg,  ein  uralte^  2öort,  wörtlich  bie 
bergen be,  fc^üfeenbe  Stätte;  lacituö 
nennt  in  ber  Germania  3  einen  Ort  As- 
clbnrgium,  b.  i.  eine  fefie  S^iffö= 
jlation,  »on  asc,  ßfc^e  unb  bürg;  an« 
bere  Ortsnamen  auf  bnrgion,  burgi- 
um  fmb  t)on  griecbifcl)en  QUitorcn  genannt. 
Ulfilaö  üerbeutf(^t  polis  burct)baurgs, 
ebenfo  latian,  Dtfrieb,  |ielianb  bie  2ßör< 
ter  nrbs,  civitas;  bat)cr  bie  alters 
Stäbtenamen  mit  bürg:  JKegenöburg, 
Strasburg,  Qiugöburg,  SDtagbes 
bürg,  Silbungen,  neben  welcfcen  auc^ 
bau  jiammüerwanbte  bcrg  jum  Seil  für 
ben  gleichen  *piti^  porfommt:  Bamberg, 
Äönigöberg,  SRürnberg.  2)ie  ^w 
fange  felb^änbiger  ©ntwidlung  be^  Äriegö= 
bauwefen^  im  ÜWittelalter  liegen  bei  tm 
^raufen;  ®oten ,  Sangobarben  unb 
Surgunber  arbeiteten  noc|)  mit  römif(^en 
SBerheuten;  bocfi  bejlcl)en  bie  .^rieg^bau« 
ten  be^  5.  u.  6.  3abrl).  fafi  nur  in  SRepara* 
turen  römifd)cr  ©anwerfe.  Sinjig  bie 
^Königin  Srunljilbe  galt  al^  eine  Surgen» 
bauerin  unb  geno§  bcö^alb  ben  Otuf  einer 
jWeiten  Semiramiö.  3'"  %(^W^  fud^en 
bie  ^raufen  ibren  3lufentbalt  nacb  alter 
Sitte  auf  bem  Sanbe,  in  ben  ißiüen. 
2)ocf)  befa^en  bie  ^fionigc  auc^  '?5aläfle  in 
ben  ©täbfen;  aud)  befefiigte  Älöfier  Wer- 
ben genannt,  unb  .^arl  SWarteü  wirb  ber 


99urg. 


45 


95ttU  bcr  Sutg  (S^iö^ctm  bei  ßolmar 
unb  bie  ©atjburg  an  bcr  ®aatc  juge* 
fd)net»en.  ®ei  bicfcn  unb  anbcrn  Äönigö' 
bauten  biente  baä  römifc^e  Äa^ell  jum 
Sßorbilbc,  »äbrenb  bie  Sauroeifc  beä 
einjcincn  freien  tcbiglid^  aU  SBeitcr- 
entroicftung  bcr  altbcutfc^cn  ^auäcinrid^s 
tuug  crf(^cint,  wie  jtc  fic^  nod^  l;cutc  in 
einjcincn  ©egcnben  SBcjifalcn«  erfjaltcn 
\)at.  Unter  ^arl  b.  ®r.  beflanbcn  nocf) 
bie  meinen  foTtififatorif(^cn  Anlagen  auö 
^olj  unb  (Srbc.  2lbgcfc[)cn  »on  ben 
JRcjten  bcr  ^faljcn  ju  'Machen,  Sni^ft^cim 
unb  granffurt  a.  SOJ.  Jinb  bie  S03aci)ttürmc 
faft  bie  cinjigen  Übcrblcibfcl  mafftocr 
33auart  auö  bcr  farolingifc^en  Qdt;  biefc 
Jürme  ftnb  »icrccfig  ober  runb,  laffcn 
bcn  (Eingang  nur  burc^  eine  ßciter  er= 
rcict)cn,  eine  in  bcr  ÜJJaucrbicfc  angcbracbtc 
Sreppc  führte  ju  einem  3^*f<^ß"i^o'ftt'ß'^fß 
ober  unmittelbar  auf  bie  bcjinnte  *l5latt= 
form.  *Jlud)  unter  ben  fvätern  Äarolin= 
gern  würben  bie  wenigen  53urgen  faft  blo§ 
auö  rein  militdrifc^en  ©cftcbt^punftcn 
für  gemeinfamc  Qwtdi  bcö  SSeidjcä  cr= 
baut.  5llä  befefiigte  ®i^e  mad)tiger  ^crren^ 
gcfcbled)ter  erfc^einen  Surgen  in  2)eutfd)= 
lanb  feit  bem  10.  ^üf)x^.,  bie  fleinercn 
ficticnöträger  wobnten  nod)  auf  ben  ^öfen. 
%U  bie  älteficn  bcutfc^cn  ^errcnbur« 
gen  werben  genannt  |)o{)  entwiel, 
©tammbcim,  S)icpoIbäburg  unb 
Dnfribinga,  alle  wenige  ©tunbcn  öon 
cinanber  entfernt,  ©rft  bie  Sfiormanncn^ 
cinfäUe  unb  Ungarfriegc  »erlangten  burd); 
auö  eine  größere  S<^^\  fefier  *piä^c;  boc^ 
fd)eint  bie  befannte  SWapregcI  ^nnric^  I. 
übcrfd)a|t  worbcn  ju  fein;  bie  |>auptfa^e 
war,  ha^  größere  2Bo^npIä^e  mitaJJaucrn 
unb  (Sräbcn  unb  mit  rcgclma^i« 
gcr  SSefa^ung  nerfeben  werben  foüten. 
2)aä  gcfcbab  unter  ^einrid^  I.  gewif  mit 
^ergfelb  unb  SWerfeburg,  wabrfcf)ein- 
lid^  mit  Queblinburg  unb  (Sorwei; 
auf  erobertem  flaöifc^en  Soben  würbe 
SOteifen  angelegt.  Unter  ben  Dt  tonen 
famen  binju  3Wagbeburg,^aIber  = 
ftabt,@t.  ©allen, ®orje,  öifc^öfe 
befefligten  bie  ©i^e  Sffiormä,  öüttict), 
^Jaberborn,  |)ilbe«^eim,  93re« 
men,  S^aumburg.  .Köln,  (Eam* 
brai  unb  93  e  r  b  u  n  erbalten  im  12. 
3abrb.  eine  bebeutenbe  SßerftärEung  i^rcr 
SBerfe.  Qtüe  biefe  fepen  @i^c  t)aben  ben 
gemcinfamen  9iamen  33urg,  lat.  castrum, 
castellum,  oppidum,  mit  bem 
befonberen  Segriff  ber  Sefefiigung  ober 
blo^  aU  iöejeid^nung  größerer  a3obnpIä|e 


urbs,     civitas,     manicipiam. 

3!)ie  neuen  ©urgenbauten  entftanben  in- 
folge innerer  Kriege,  jur  ©icberung  gegen 
gcijilicbe  unb  wcitlicbe  »erfcinbete  dürften. 
Safaücn  unb  SWinifterialen  fingen  an, 
ibre  2ßol;njt^e  ju  befefiigcn.  ©aö  begann 
mit  Ummaucrung  ber  ^öfc  unb  fübrte 
aOmäbticb  jut  Anlage  fünjllid)  befeftigter 
^tä^e  an  ben  baju  befonberö  geeigneten 
Drtlidbfeiten.  SO^an  jog  auö  bcn  35örfcrn 
auf  bie  ^öben  ober  auf  3nfeln  ober  in 
fdbwer  jugänglid^e  Sümpfe.  (Seit  bem 
®nbc  bc^  9.  3abrt).  werben  biefe  SBurgcn 
jabircicber ,  namentticb  in  ßotbringen. 
SDJancbe  93urg  würbe  gegrünbet,  um  frieb= 
Iid)en  ©efd)aftigungen  ®d)U^  ju  gewäf)ren, 
Strafen  ober  ^lüffe  ju  beberrf^cn,  bcn 
93crfcbr  ju  bcfd)ügcn,  gerabeju  iRaub  ju 
üben,  \a  gegen  ben  Äönig  felber;  aud)  folgte 
wo^l  einer  ot)ne  bcjlimmtcn  ©runb  bto§ 
bem  93eifpicl  eine^  anbcrn.  Svoax  galt  al^ 
iRcd)t,  ba§  äur  Einlage  befeftigter  $lä|e 
bie  (Srtaubniö  beö  .Rönigö  nötig  fei,  boc^ 
würbe  im  einjcincn  barauf  wenig  geartet, 
namentlicb  wenn  cö  ftc^  um  2ßibcrfianb 
gegen  bie  .ßrone  banbelt.  5ludb  bie  Ä  ö  = 
nigöburgen  nabmen  unter  fol($en 
Umftdnbcn  ju,  j.  99.  unter  |>cinric^  IV. 
2)ie  ©efamtmaffc  ber  felbjidnbigen  Sur^ 
gen  ftnb  ^öbenburgen  ober  ^lieber; 
bürgen.  (|;infad)e  SSurgnamen  ftnb  fei« 
ten  unb  oft  fremben  Urfprungö:  Stamm, 
9Balb,  93runn,  (Srla,  S)obra,  ^\)aia.  93ei 
ben  jufammcngefc|tcn  SJamen  erf(J)eint 
am  öftefien  ©tein;  %ü^  nicbt  oft,  oud) 
Surg  feltener,  bagegcn  fc|r  f)dupg  Serg, 
in  ber  (Sbenc  S)orf  unb  gelb; 
fonfi  aud)  nod)  SBört^,  i^urt,  ®cf, 
93ü(^el,  Seiten  («Mb^ang)  ^oc^.  2lu* 
jur  fleinjlcn  93urg  ftnb  5  ©tüde  unent* 
bebriicb:  1)  bcr  3  i «gel,  bie  Umfaffung^^ 
mauer.  2)  S)cr  *PaIaö,  bie  ^afle  beä 
SBurgberrn.  3)  bie  Kemenate,  ein 
mit  einer  ^eucrfiatte  (caminus)  üerfct)cne» 
©emad) ,  wcld)eö  bem  cigcntlid)en  ^amU 
lienlcbcn,  inöbcfonbcrc  bem  91ufcttt^altc 
bcr  i^raucn  biente,  aud)  gadem.  4) 
.K  ü  d)  e  unb  5)  ba^  B  e  r  g  f  r  i  d ,  mittcllat. 
berfredar,  altfr.  b  e  r  f  r  o  c  ,  bcr 
Surm,  au'g  bergen  unb  vride  = 
©cbu|.  ©a  fidb  '^alaei,  .Kemenate  unb 
Rüä)i  in  ben  ©cfdboffcn  beö  Surmcö  an= 
bringen  liefen ,  fo  war  ju  ber  fleinjicn 
93urg  nidjtö  nötig  alö  Umfaffungemaucr 
unb  Slurm.  S)cn  ©cgcnfa^  ju  bicfcn 
fleincn  Surgfldllcn  bilben  bie  ^o  f  = 
bürgen,  bereu  ooKc  Qluöbilbung  in  fpd^ 
tcre  S^it  fdüt.  Unter  bcn  frdnfif^cn  Äai« 


46 


iBürget  —  33urfc. 


fem  etfolgen  bebeutenbe  govtfc^ritte  im 
aSurgcnbau.  I)et  tomanif^c  ®lil  tritt  auf, 
man  ging  fon  ben  (Sirtjelburgcn  über  ju 
'•Burgengruppen;  bcr  ißergfrib  ober 
lurm  ttJurbe  blo^  für  ben  jjotfaß  auf* 
behalten.  !|3alaä  unb  bie  übrigen  QSurgs 
teile  »erben  in  «Stein  aufgeführt  unb  I)in 
unb  wieber  ornamentiert.  I)ic  ^ic^ter 
fprec^en  je^t  öon  „turn  und  ijalas."  2)ie 
crjie  nad)n3ciöbare  93urg  biefer  3eit  ift  bic 
^aböburg  bei  93rugg  in  iHargau;  an* 
bete  fmb  Äiburg  bei  2öintcrt^ur,  ^o- 
&cn-(Sgiöbeim  in  ben  SBogefen  unb 
ebenbort  Ädftcnburg  unb  2;  r  i  f  c  I  ö ; 
al^  eine  ber  ältejlen  Hofburgen  er« 
fc^eint  in  biefer  3fit  i'i^  SBartburg. 
Sine  neue  fperiobe  beö  Sßurgenbaueö  fe|t 
mit  ben  Ä  t  e  u  j  j  ü  g  e  n  ein,  bie  J^nic^te 
ibtcr  Erfahrungen  jeigen  ftd^  teil^  in 
jmecfmöfiger  unb  reid^crer  5tuögePaItung 
ber  fcfcon  oor^anbenen  formen,  teilö  in  ber 
5tuöfü^rung  neuer  (Srrungenf^aften.  Se« 
treffcnb  bic'Ot  u^fiattung  beöSOiau* 
etgürtelö  »erben  bie  ÜRauern  böber, 
für  bie  grofen  ^Intwerfc  »irb  ber  5[Baü= 
gang  »erbreitert  burc^  iai  *ll  n  f  e  0  e  n 
überwölbte r@trebepfeiler  na^ 
innen;  bie  3  i  "  "  « "  entwicfctn  ftc^ 
in  mannigfaltigften  Jotmen;  in  ben  SDtau* 
crwinfcin  »erben  ©diü^en*  unb  ©c^aar« 
»arttürm^en ,  ballistarien,  für 
58ogen«  unb  ^Irmbrufifc^ü^cn  angebrad^t, 
2)er  @  r  f  e  r  erfc^eint  at§  neue  fortififa« 
torifc^e  55orm,  mbb.  är  k  e  r  ,  auö  mittellat. 
ärcora  öon  tat.  arcus,  Sogen.  3"™ 
^erabgic^en  fiebenben  Üßaffer^,  brennenben 
^ec^ö  unb  bgt.  bientcn  ®  u  §  I  ö  d)  er 
ober  ^  e  ^  n  a  f  e  n.  33racf)te  man  ben 
(Erf er  auf  bem  ganjen  Umfange  be^  SDtauer« 
gange^  ober  ber  Surmplattform  on,  fo  ent* 
iianbcn  bie  Umgänge;  in  $otj  auöge« 
fü^rt,  »aä  oft  »orfam,  ^ei^en  fte  -&  u  r  * 
ben,  and)  bann  noc^ ,  ali  man  fie  ber 
5cuer^gefä()rlid)feit  »egen  auö  9[)iauer»erf 
baute.  üDen  ®  r  u  n  b  r  i  f  betreffcnb  ging 
maniml3  3bt^,  juerfi  in  ^ranfreid),  ba^ 
JU  über,  ben  lürmen  fo»o()I  einen  gtögc« 
ren  ©urc^meffer  ju  geben  alö  auc^  ibrc 
^laufen  ju  üerlängern,  inbem  man  fte 
mit  einem  f^nabelartigen  Sorfprung  »er* 
fab.  3)a^  jeigt  fic^  ,^uerfi  an  ber  |)erauö= 
bitbung  beä  P  ro  p  u  gn  a  cu  lu  m  s,  ber 
Zi)oxbnx%,  einer  9'iac^a^mung  ber 
orientalifdben  Babacane;  m^b.  bie 
barbigän,  ift  ein  auö  ^olj  ober  @rbc 
^ergejlellteä  'i(upen»erf,  mit  3  u  fl  b  r  ü  cf e, 
breite  m®raben  unb  d  u  p  e  r  n  '^3  a  1= 
li  f  a  b  e  n  pcrfe^en.    Sin  anbereö  "iUi^cn* 


»er!  ift  ber  3^in96'^'  ebcnfaliö  bcm 
Orient  entlebnt ,  i;»ifcf)en  einer  öugcru 
unb  ber  innetn  SÖJauer.  ?llö  Äcrn  ber 
iöurgbefefiigung  erbält  ftc^  ber  ^  a  u  p  t  - 
türm,  bercfrid,  aber  »ie  eö  fdbeint 
me^r  trabioneU  aU  cigentlid^  praftifc^. 
©einen  ^auptbienfi  Itifiet  er  alä  SBarte,  ju 
»eld)em  Snbe  er  oft  burcb  einen  böU^tnen 
5lufbau  mit  ^elm  erhöbt  »irb.  2)et  Jurm 
galt  beratt  al^  arcf)iteftonifc^eÄ  2lbjeic^en 
be«  2lbel^,  ba§  felbfi  baä  jiäbtifc^e  ^atri:= 
jtat  Sürmc  neben  ibre  93ürger^äufer  j^etlte. 
5Iuf  biefer  Stufe  blieb  ber  beutfcf)e  93urs 
genbau  beö  SDJittelalterö ;  bic  neuere  fortt= 
fifatorif(!^e  Sedjnif,  bie  ibn  ablöfie,  fam 
ani  ^taVun.  ^aä)  5  ä  b  n  ä ,  ©efc^icfcte 
be^  Äriegä»efenö.  93gl.  oucf)  ®  c^  u  I  ^ , 
^öftfdieg  2eben  I,  5lbfd)nitt  l. 

iöürger»  SWbb.  burgaere  bebeutet  ba^ 
Sngcfmbe  beö  ^errn  ber  93urg,  bann  bie 
Se»oI)ner  einer  befejligten  @tabt.  Sic^e 
©täbte. 

SBurggraf,  m^b.  burcgräve,  lat.  bur- 
gravius,  praefectns  ober  praetor 
urbis,  burgicomes,  comes  urbis, 
bejei(^net  ein  5tmt,  iai  in  feinem  Ui= 
fprung  ni^t  wefentlidb  oetf^ieben  ifl  üou 
bem  ber  ®rafen  überhaupt.  So  ijl  an 
einen  befeftigten  unb  fonfi  bebcutenben 
Crt  gefnüpft,  »o  ber  ^n\)abix  bie  gräf= 
Iicf)en  Steckte,  militdrifc^c,  gericbtiicfee  unb 
anbere  ju  üben  ^atte;  bie  Sffiirffamfeit  be^ 
©rafen  fonnte  auf  bie  Stabt  befd)rdnft 
ober  bamit  ein  umtiegcnbeä  öanbgebiet 
oerbunben  fein.  5Daä  dttefie  93urggrnfen= 
amt  ifi  ta^  jU  SRegenäburg,  tai  unmittcU 
bar  unter  bem  Äönig  jianb  unb  »ie  an=^ 
berc  ©raff^aften  in  ben  erblichen  93eft^ 
einer  angefebenen  ^amilie  fam.  Sonfi 
ftebt  faft  überad  ber  93urggraf  unter  einem 
geipiid)en  gürflen,  ber  bie  grdflic^en  SRe^te 
in  ber  Stabt  ei»orben  i)at  unb  pe  nun 
ganj  ober  teil»cife  burc^  jenen  ausüben 
Id§t.  So  finbet-  eä  fi^  feit  bem  Snbc 
beä  10.  3abrb.  in  Soul,  SBorm«,  Äötn, 
SWagbeburg,  Strasburg,  ©peier,  SÖiainj, 
Srier,  iüie^,  Serbun,  Sambrai,  Utrecht, 
5liigeburg,  Slßürjburg,  Samberg,  Salzburg, 
iWünjler,  $aberbotn,..giaIberjiabt,  |»er«felb, 
Sornei,  *)J?ölf.  Um  Übergriffe  oon  Seiten 
mdd)tiger  Burggrafen  ju  oermeiben,  »urbe 
tai  *Jlmt  feit  'bem  12.  3abrb.  öfterä  an 
üJliuifterialen  »ergeben.  S^  fommt  auc^ 
üor,  baß  53orfiebcr  fleinerer  Orte  inner* 
balb  fürftlirf)cr  lerritotien  al^  Burggrafen 
bejeicbnct  »erben.  2Cai^,  Berfaffungä;;es 
fcf)ic^te  VII,  41  ff. 

SBnrfl',  ^iirfc,    bie,    au'^  mittellat.  bie 


Spjantimfc^er  ©aufiil. 


47 


bursa  =  lebctnct  iBcutcI,  bann  @tifs 
tungöfaffe  ju  flcmctnfamem  Untert)aUe, 
Doine^mlicf)  bcr  (Sd)ülct  an  ben  föniglicfeen 
Spulen,  ber'^o^fc^ule  in  granhci(^,  cnb= 
üä)  jufammcnicfcenbc  ®enof('cnf(i)üft,  be« 
fonbcr^  eine  [olcfce,  beren  ÜJiitgUebet  auö 
gemeinfamet  ©tiftungöfaffe  Untcrftü^ung 
empfangen.  2)aTau^  f^on  in  ber  jtt)eitcn 
.^älfte  be^  13.  ^apxi).  mt)b.  bie  barse  = 
®elbbeute(,  Äaffe,  im  15.  ^af)x^.  jufammens 
Icbenbe  ©enoiJenf^aft,  gemeinfd^aftli^es 
■^aui  bcrfelben.  *pf)ilanbcr  t>.  ©ittewalbt 
i)at  bie  iBcrfe: 
bursa   studentorum  finstri    sub  tempore 

nachti, 
cnm    sterni    leuchtnnt,    monns    quoqne 

scheinet  ab  himlo, 
gassatim     lanfent    per    omnes    compita 

gassas 
cum  geigls,    cytharis,  lautis  barphisqne 

spilentes, 
hanjantqne    in     steinos,     quod     feurius 

springet  ab  illis. 
tunc    veniant    wechtri    cum    spiessibus 

atque  reclamant: 
ite    domum,    gasti,    schlaxit  jam  zwel- 

fius  ura. 
2llö  Äoücttiübcgiijf  einer  SRottc  ober 
öd)ar  Don  ©cfeücn,  namentlich  üon  ©tu? 
bentcn  ober  Äriegöleutcn  ober  i^re^  ©e^ 
lage^  »irb  ta^  IZBort  bie  Surfe  ober 
fpdter  bie  Surfet  im  16,  u.  17.  ^a^x^. 
fejigef)alten;  aümäl)lid^  ging  ba^  SBort 
»ic  camerata  unb  grauenäimmer 
Don  bem  ftnguinrcn  .^oüeftie begriff  in  ben 
pluralen  33e9iiff  über  jur  Sejeid)nung 
berer,  bie  jur  93urö  gehören,  unb  jule^t 
entmidelte  ftd)  barauö  ein  männlid)er  ©in* 
gular,  ber  iöurfd),  i8urfd)e.  ®rimm, 
SQBörterbucf). 

Slisantiiiif^er  Sauftü  in  2)eutfc^Ianb. 
2Bic  ber  romanifc^e  Saujlil  au^  bem 
©afilifenbau,  fo  gel)t  ber  Spjanti* 
nif^e  aui  bem  ©entralbau  (fte^e  biefen 
Slrt.)  ^ernor.  Seine  befonbere  'Jtuöbilbung 
fanb  ber  Sijjantinifcfee  Stil  im  SD^orgen* 
ianbe,  borf)  finbcn  fic^  unter  ben  Äir^cn, 
welche  äut  3"t  ber  (äoten^errfc^aft  am 
@d)Iuffe  be^  5.  ^ai)X^.  burd)  römifc^e  unb 
8tied)ifcf)c  Saumcifter  au(^gefüf)rt  mürben, 
ani)   einzelne  Zentralbauten,  unb  gerabc 


biefe  maren  eö,  bie  l^axl  b.  ®r.  für  feinen 
bebeutenbficn  Äircf)cnbau,  ben  be^  UTtün^ 
fierd  ju  5lac^en,  jum  aSorbilDe  wät)Ue. 
@r  ifi  aber  nic^t  weiter  mieberi)oIt  morbcn. 
2)a(^  iBorbilb  be«  *Mad)ener  SÖJünfieri^  ift 
San  Vitale  ju  Ravenna.  jDie  Umfaffa 
ungömauern  bilben  ein  5l^lecf  (mit  öjilicf) 
vorgelegter  5lpp),  ani  beffcn  'Dritte  fid) 
eine  gteic^faü^  ad)tedigc  Äuppet  ergebt; 
ber  niebrigere  Umgang  be(tet)t  au^  jmei 
(Stocfmerfen :  tai  untere  ©todmerf  öffnet 
fid)  jmifd)en  ben  a^t  bie  Äuppcl  tragen^ 
ben,  burc^  Sogenmölbungen  »erbunbcnen 
liauptpfeilcrn  ('pifc^en  benen,  mit  5lu«a 
fd)Iu|  ber  Dftfeite,  je  2,  im  ganjcn  alfo 
14  Säulen  aufgefletit  jtnb)  innerlich  in  ben 
ßentralbau;  tai  obere  StodrcerE  bilbet 
eine  t>on  jenen  ©äulen  unb  ^reujmöl» 
bungen  getragene,  umtaufcnbe,,  »or  ber 
iMpfi^  untcrbrod)ene  ©mpore.  5i[f)nlid)  be* 
jie^t  t>ai  5tacbener  SlJJünfter  auf^  einem 
innern  ac^tedigcn,  mit  einer  bo^en  Äuppel 
überwölbten  JRaume,  umgeben  oon  einem 
fed)äcbnedigen  Umgänge  geringerer  ^öbe, 
aber  in  jmei  Stodmerfen,  mit  einem  (Sin* 
gange  burci^  einen  lurmbau  auf  ber  »eß* 
Iid)en  unb  einer  2)oppelfapeUe  alö  ^U 
tarnifd)e  auf  ber  öfilic^en  Seite.  9l^t 
jiatfe,  äufammengefe|tc  Pfeiler,  o^nc  Äa* 
pitdle,  mit  einem  einfacben  Äämpferge» 
fimfe  fluten  im  innern  ben  SWittelbau. 
Über  ben  Sogen,  meld)e  biefe  Pfeiler 
Derbinben,  ergeben  fid)  bie  bebeutenb 
t)ö^ern  51rfaben  beö  jttjeiten  Stodmerf«, 
»on  benen  früf;er  febe  burcfe  eine  boppelte 
Säulenjleüung  »on  jmei  Säulen  in  brei 
Qlbtcilungen  geteilt  mar,  I)ie  untere 
biefer  Säulenjtetlung  trug  inncrliatb  jebet 
5lrtabe  ein  ÜJtauer jiüd ,  mit  einem  Sogen 
in  feiner  SÜRitte,  auf  mclc^em  bann  bie 
beiben  obern  Säulen  auffianben  unb  mit 
einem  cinf(id)cn,  jiemlti^  unfd)önen,  arc^i» 
trao-ä&nlid)en  SWauerjtüd  an  ben  Sogen 
ber  ^rfabe  anftie^en.  Über  biefen  5tr« 
faben  faf)  man  bie  ad)t  runbbogigen 
genjter  ber  Äuppcl  unb  enblid)  bie  ifflöt» 
bung  felbft,  in  welcher  in  IDtofaif  auf 
©olbgrunb  Stiriftuä  unter  ben  24  iÜltejien 
ber  5tpofal9pfc  bargefieüt  mar.  Dtte. 
^anbb,  b.  firc^l,  .^unfiarc^,  3lbf*n,  60. 
(gd)naafe,  Äunjigefc^id)te  III,  466  ff. 


48 


6,  —  Campas  Martins. 


(([    (fie^c  au(t  t.) 


(Joltiaricnbetgc,  f.  Stationen. 

Campus  Martius  ip  bie  Sßcrfammlung 
beö  fränf.  ^^ccrc^,  bie  ju  (5.§Iobtt)igö  3fitcn 
regclmdgig  im  SWärj  jum  S^Jctfe  einet 
üKupevung  ftattfanb.  Qtuf  i^r  foQten  bcm 
Äönige  and)  bie  jafjrlic^cn  (Sefc&enfe  bar* 
gebracht  tüerbcn;  eine  Beratung  jroifd^cn 
Äönig  unb  ^ecr  fanb  babei  im  aügemcinen 
nid^t  jlatt.  SWit  bem  ^erantt)aä)fen  beä 
franfif(i^en  ütcid^eö  würbe  eine  foI(i)c  ad* 
gemeine  ^ecrferfammlung  unmöglid^ ; 
tt>cgen  ber  Teilung  ber  9tcid)e,  wegen  bcr 
93efci^ränfung  -ber  auswärtigen  Kriege  auf 
cinjelne  ©ebiete,  wegen  ber  immer  wieber= 
tet)renben  innern  ©treitigfeiten  fam  tai 
ganjc  aSoIf  faum  jemals  mef)r  jufammen. 
9tur  in  5tuftraften  erf)ielt  ftc^  bie  alte 
©itte  ber  jä^rlid^en  SBerfammlungen ;  t)ier 
Würbe  if)nen  fogar  ein  größeres  ^iä)t,  alö 
fte  früher  befeffen  ^tten,  juerfannt;  nur 
war  ee  nic^t  me^r  baä  ganje  |)eer,  fon* 
bem  bIo§  bie  ^Beamten  unb  ®ro§en  beä 
Sfleic^eö,  bie  hier  jufammenfamen  unb  mit 
bem  Könige  bie  Serpltniffe  beö  (Reic^eä 
berieten  unb  ©efe^e  erliefen.  Unter  ^pipin 
würbe  bie  SDJärjoerfammlung  auf  ben  Tlax 
»erlegt,  bai  iRärjfelb  in  ein  ÜJlaifelb, 
Campas  Madias ,  öerwanbelt ,  unb  jWar 
würbe  ber  9'iamc  aud^  bann  beibetialten, 
als  Äarl  b.  ®r.  bie  Sßerfammlung  ^äupg 
im  Sunt/  S^Ii  ober  erji  im  Qtugujl  abf)ielt. 
Campas  Madias  erinnert  fortwäi)rcnb  an 
bie  atte  ^eereöüerfammlung ,  wäf)renb  bie 
9'iamen  Synodas,  Synodalis  con- 
ventns,  bie  man  berfelben  Sßerfammlung 
beilegte,  auf  bie  enge  SSerbinbung  mit  ben 
fird^Uc^en  3ufinintenEünften  ber  93tfc^öfe, 
ber  S^iame  placitum  auf  bie  großen 
^ofgerid)tötoge  unb  enblid)  bie  Dtamen 
generalis  conventus,  conventns 
allein,  conciliam  auf  bie  allgemeine  poli* 
tifc^e  Sebeutung  biefer  Jnj^itution  I)in= 
weifen.  9Wan(^maI  würbe  ia^  SWaifelb 
erfi  mitten  wd^rmb  beä  S^Seö  abgehalten, 
fonft  aber  unmittelbar  nor  Seginn  cincö 
JJelbjugeä,  wobei  bann  bie  Berufung  jut 
SSerfammlung  sugleid)  aU  Qlufforberung 
unb  ©ebot  erf(^eint,  fiä>  wo^Igcrüjiet  jum 
^cere  einjufinben.  Qlud)  wenn  tein  ^etb- 
jug  fiüttfanb,  würbe  bie  Sßcrfammlung  ab* 
gegolten.  3n  anbern  Ratten,  wo  fird)tic^e 
Ser^ältnijfe  fid)  geltenö  mad)en,  tragt  bie 


Serfammlung  ben  (Sfiarafter  eineö  ÄonjitS, 
befonberS  unter  ßubwig  bem  frommen. 
ÜWanc^mal  würbe  im  ^erbfic  eine  gwcite 
fleinere  (Rei^önerfammtung  abgehalten. 
5n  ißeäie^ung  auf  ben  Drt  bejianb  f  einerlei 
allgemeine  ®ewof)nbeit.  2öog  ber  mili* 
tärilcf)e  (J^arafter  »or,  fo  befiimmte  bie 
©egenb  beö  Krieges  ben  Ort  berSSerfamm* 
lung;  fonft  betief  ÄatI  b.  ®r.  iai  ÜWaifelb 
gern  an  feine  $faljen  ju  2öorm«  unb 
5lad)en,  wot)in  and)  ßubwig  b.  ^r.  bie 
meifien  Oteic^ätage  berief.  Ort  unb  3eit 
einer  93er)ammlung  würben  entweber  non 
einer  Serfammlung  fetber  für  bie  näcf)fi« 
folgenbe  benimmt,  ober  ber  Äaifcr  mit 
feinen  SRäten  gab  bie  ®ntfdt)eibung.  Sc* 
fonberc  ©ct)reiber  unb  93oten  gingen  bann 
an  bie  ®ro§en  beö  SReid^e^.  5Dic  Sera* 
tungen  unb  Sßefd^lüffe  gingen  fietg  blof 
üom  Äaifer  unb  ben  ®to§en  beä  SReic^ee 
auö,  bie  oetfammelte  ÜRenge  beteiligte  fxä) 
nid^t  baran.  ©owo^I  biejenigen  ®rofen, 
bie  Äarl  b.  ®r.  aU  erfte  iRatgeber,  sena- 
tores,  bejeid^net  ^atte  unb  bie  eine  5lrt 
iUugfdt)U§  bilbeten,  alS  bie  übrigen  ®ro§en, 
Ratten  ein  befonbereö  ßofal.  Sei  gutem 
SJBetter  berieten  fte  nad^  ber  alten  feitte 
aüer  ißoIEötterfammlungen  im  freien,  fonji 
in  bebedten  SRäumen.  (Sine  fefie  Drbnung 
in  betreff  bcr  ®efd^äftöfü^rung  bcjianb 
nid[)t,  bie  5tntröge  gingen  balb  »om  Äaifcr, 
balb  öom  5(uäfdt)u|  auS.  Sßon  einet 
fd^atfen  Umgtenjung  beg  IRed^tS  bei  93ci« 
fammlung,  namentlich  einer  genauem 
Untcrfd^eibung,  jwifc^en  JRat  unb  3"* 
fiimmung  fann  feine  SRebe  fein,  ßubwig 
bet  ^t.  ^at  eä  auöbtücflid^  auSgcfptodben, 
i)a^  et  ol^nc  bie  3"fiimniung  bet  ®io§cn 
nidt)tö  untetne^men  woüc.  Solange  Äatl 
lebte  ging  bagegen  freilid^  ber  ^mp"^^  jn 
allen  wid^tigen  Scfd^Iu^nabmen  »on  i^m, 
bem  9[)Jäd£)tigcn,  im  toüften  5tnfe^en  liefen* 
ben  ©ebicter,  auä.  S)ocf)  aud)  er  ad^tetc 
bet  alten  getmanifd^cn  Sitte,  ta^  nid^t 
ber  SBiHe  unb  bie  (Sinfid^t  beä  cinjclnen, 
wenn  and)  hochbegabten  unb  bo(f)gefietItcn 
SRanneö,  entfd^eiben  bürfe  über  SBo^I  unb 
2Bc^e,  Sun  unb  ßaffen  beä  ißolfö,  fonbcm 
ta^  berfclbe  beö  SciratS  unb  ber  ÜRit* 
wirfung  foIdf)et  bebütfe,  wcldE)e  but^  i^re 
©tcüung  berufen  feien,  ?luöfunft  über  bie 
Scbürfniffc  unb  3ntereffcn  ber  einzelnen 


Capitalaria. 


49 


Seile  unb  ©lieber  beei  SRtid^ea  ju  geben. 
3)ie  SReic^ötagc  bienten,  benSufflimien^ang 
unb    bie    (£inbeit    in    ber    ßeitung    ber 
fiaatlid^cn  ^(ngclegcn^eiten  ju  el•l^^lten  unb 
weiter  auöjubilben:   ()ier  fanb  ber  Äaifer 
©elcgcn^eit,  perfijnlid)  mit  ben  Sorjlebern 
ber  ®aue  unb  Siötümer  ju  oerfe^ren,  wie 
e^  bei  bem  weiten   Umfang    beä  iRcid)eö 
fonfi  nic^t  mögli(^  war;  l)ier,  bie  M^i= 
meinen  ©runbfä^e  fcp^uftellen  unb  au^= 
jufprec^en,  nad)  bencn  fxc  unb  bie  Äönigö= 
boten  l)anbe!n,  übcrl)aupt  bie  öffentlici^en 
5tngetegcnl)eitcn    geleitet    werben  foHtcn- 
?tbcr  eä  ijl  baö  nicftt  baö  (äinjige,  tvai  in 
Sctra(I)t  !ommt.    3)ie  SReic^öoerfammlung 
war  äugleid)  ein  5luäbru(f  ber  im  beutfc^en 
SSolf    lebenben    Qluffaffung    vom    Staat, 
nad)  welcbcr  jeberjeit  ein  3ufammcnwirten 
»on  $errf(^cr  unb  iBolf  in  ben  wichtigeren 
5(ngelegent)eiten    erforberlie^    ifi,    bie    ju 
Dcrfc^iebcnen  3«*^«"  «^i^e  tcrfc^iebene  5ße= 
tätigung  er'^altcn  bat,  bie  ftd)  aber  aud) 
^ier,     nur     in    beftimmt    arifiofratifc^en 
formen,  jeigt  unb  nid)t  gering  angefd)lai]en 
werben  barf.    SBobl  fmb  eö  bie  Beamten 
be^  ®taatä    unb    ber  Äirdbe    unb   einige 
anbere     befonbcrö     angefcl)ene    SDJdnner, 
wcld)c  bie  eigcntlid)en  Beratungen  fialten, 
unb  auf  bie  eö  bei  allen  (5ntfd)eibungen 
anfommt:   allein   fte  l)anbeln  im  Sfiamcn 
ber  ®efamtl)eit  unb    fönncn  wie  eine  5lrt 
SBertretung   beö  ßanbe^,    bie  ®rafcn   ber 
®auc,    bencn  fxc    üorfie^en,   bie  Sifc^öfe 
ber  35iöcefen  ober  aud)  ber  auf  i^ren  Sc* 
ft^uucicn  äöo^ncnben,  angcfef)cn  werben. 
SDcm  93olf,  ta^  au|crbem  auf  einer  folc^cn 
23erfammlung  ftd^  cingcfunben  ^atte  unb 
im  %xiun  umt)crlagertc,  Warb  jule^it  oer* 
fünbet,  toai    bcfd)loffen  war,   wenigfienö 
infofern  eö   bie  ©cfamt^eit  anging.    2)a 
mo^te    ba^fclbc  öie(leid)t  in  alter  Sffieife 
feinen  Seifall  burd)  S^xnf  ober  2Baffen= 
getö^  JU  crfennen  geben.    ÜJtitunter  war 
ee  ber  ^errfd)er  felbfi,  ber  jule^t  baä  SBort 
nal)m,  über  bie  gefaxten  Sefdblüffe  Stacks 
rid)t  gab  ober  fonfi  no^  einmal  ju  ber 
93erfammlung    fprai^.     SBenn    biefe    gc= 
fd)loffen,  l)at  er  bie  '■Jtnwefenben  förmlich 
entlaffen,    Die  Sefd)lüffe  würben  aufge= 
jeid)net,   mitunter  aud)  burd)  bie  Unters 
fc^rift    ber    Qlnwcfenben    befräftigt.    Unb 
regelmäßig  ift  bann  aücö  in  einem  5lftcn= 
fiüd    iieibunben,  in  anberen  fallen  aber 
i>at^,  waö  bie  ®eifilid)feit  betraf,  oon  bem 
Übrigen  getrennt,  ober  eö  ftnb  noc^  wci* 
tere  Slbteilungen  gemai^t.    S)ic  Originale 
Würben    im  5lrd)iD    bewaf)rt,    aber   aud:) 
Wol)l  gleid^  ^befonbere  5luäfertigungen  für 


bie  93eamten  gemaci^t,  ober  bicfcn  fpäter 
?lbfd)rift  gegeben.  S)er  allgemeine  ^amt, 
weld^cr  üon  biefen  5lufjeid)nungen  gilt,  ifi 
Capitularia.  ©ie^e  biefen '■ilrt.  ytai) 
ßubwig  b.  i^r.  ftnb  feine  SD^aifelber  mc^r 
abgehalten  worben.  yiai)  2Bai^,  iBer= 
faff.=®eid).,  befonberä  III,  5lbfd)nitt  5. 

Capitularia.    2)a    bie    93eftimmungen 
ber  93olföre(^te  (ogl.   ben  5lrt.  leges  Bar- 
barorum) nic^t  für  alle  iöerf)ältniffe  ge= 
nügcn  fonntcn,    fud)ten  bie  Äönige  ben 
ÜJtängeln  unb  ßücfen  burc^  neue   ®cfe^c 
abjuljelfen,    welche  fte    tcilö    abgefonbert 
publizierten,  teilö    alö   ©rgänjungen  jur 
lex  Salica    fd)reiben   liefen.     >Sie   galten 
aU  gcmeinei^  !Red)t  für  ben  ganzen  Um» 
fang  beö  SReic^eö  unb  führten  in  ber  mero« 
wingifc^en    3«^*    ^i^    3tamen    Edictum, 
Auctoritas,      Decretum     ober     Decretio, 
Praeceptio  ober  Praeceptum,  Constitutio, 
Pactum.     (Jö  giebt  i^rer   oon   ©blotiwig 
an;  fpäter  würben  fic  oon  ben  ^auömeiern 
erlaffcn.    6eit  .Karl  b.  ®r.,  wo  fte  über* 
liaupt  ja^lreic^er  unb  eingreifenber  finb, 
Reißen  fte  Capitularia  ober  Capita,  weil  fie 
in  Äapitcl  verfallen.    Sie  fxnb  wcfcntlic^ 
Sefd)lüffe  ber  SReit^öoerfammlungcn ,  mit* 
unter  bur*  bie  Unterfc^rift  ber  *UnWcfen= 
ben  befräftigt.    Siegelmä^ig  ifi  aüe^,  wa^ 
eine    SSerfammlung    befc^log,    in    Sincm 
5tftcnfiüd    oerbunben,    in  anberen  gäHen 
baS,  )!V>ai  bie  ®eifilic^feit  betraf,  fon  bem 
Übrigen  getrennt.     ©iel)e  b.  5lrt.  Cam- 
pns'Martius.     3nt)altlid)    finb  eö  2n* 
firuftionen,  93crid)te,  ®utad)ten,  namentlich 
aber  ®efe^e.    Otegelmägig  fpric^t  ober  bc* 
fic^lt  barin  ber  Äönig.    ^anbelt   eö  ftd^ 
um  ein  SRec^t  eines  befonbern  SBolfeö  ober 
©tammeö,  fo    werben  bie  Sejiimmungen 
ben  ©auoerfammlungen  jur  *}lncrfennung 
oorgelegt  unb   t;ier  burd)  Unterfd^rift  ber 
5lnwefenben    befräftigt.    ®ro§e«i   ©ewid^t 
würbe  auf  bie  Serfünbigung  biefer  ©cfe^c 
gelegt.    S)ie  .Sönigöboten,   ®rafen,   Sri* 
bifd^öfe,  Sifc^öfe  Ratten  bie  '13flic^t,  für  bie 
öffentlid)e  öcrfünbigung   ju  forgen;  bod) 
flnbet    ftd^    feine   6pur    einer    offijieUen 
beutfd)en  «uöfertigung,   alle  Kapitularien 
ftnb    in    lateinif^er    Sprache    abgefaßt. 
®aö  ^Brud)fiüd  einer  beutft^en  3nterlinear* 
oerfton,  tai  bciü)JüUenl)off  u,  ®d)ercr, 
3)enfmäler,  LXVI,  abgcbrudt  ifi,  fd)eint 
(ßriimtarbeit.    2)ie    Kapitularien   nehmen, 
fowcit  fie  gefe^lii^e  QSorf^riften  entl)alten, 
ooüe   unb  unbcfc^ränfte  ®eltung  in  5tn= 
fpru«^;  nur  waren  fte  nie  rec^t  allgemein 
oerbreitct.     Qtuf   tai    römifd)e    iRe^t    ip: 
feine  SRüdftc^t  genommen.    Unter  ßubwig 
4 


50 


Carmiua  burana  —  (Zentralbauten. 


b,  frommen  ^at  ein  OcifiUc^cr  Anregis 
eine  ©ammlung  ber  Kapitularien  ber 
legten  Seit  reranfialtet,  bie  an  ftcf)  feine 
cffijieüe  SBebeutung  ^attc,  aber  balb  in 
allgemeinen  ®ebrauc^  tarn  unb  oon  ben 
Königen  fclbft  wie  eine  aut^enti[d)c  %ui' 
gäbe  ber  gfleic^ögefe^e  angeführt  würbe, 
obgleich  jie  burcbau^  unr>ollitänbig  ifi. 
Benedictus  Levita  lieferte  eine  un« 
bebeutcnbe  J^ortfc^ung  be«  Anregis. 
SBai^,  23erfaff.=®cf(^.,  HI,  Qtbfc^n.  5. 
—  ©tobbe,  beut f(^eSRe(i)töqu eilen, 
I,  §  20  ff.  S)ic  Poll(lanbige  ^luegabe  ber 
Kapitularien  oon  ^tx^  in  ben  Monu- 
menta  Germaniae  legum  I,  1835. 

Carmina  burana  ^at  ©dimell er  eine 
Sammlung  lateinifc^er,  beutfc^er  unb  ge^ 
mifd^ter  lateinifd);beutfci)er  Sieber  genannt, 
bie  in  einer  ^anbfdirift  beifammen  fielen, 
welche  einfi  im  Seftic  ber  oberbairifc^en 
5lbtei  Scncbiftbcuren  (baber  ber  IRamc) 
mar,  unb  bie  er  in  Sb.  16  ber  Sibliotbe! 
beö  litterarifcf)en  Sereinc^  in  Stuttgart 
toeröffcntlicbte.  ®ie  lateinifd)en  Sieber 
ftnb  teilö  in  antifen  Seröma^en ,  teilö  in 
mobern  accentuievenben  Oibptbmen  mit 
(Snbreimen  gebaut.  S)cm  Snbalt  naä)  ftnb 
CS  geifilic6=polemifcf)e  ßieber,  JRatur«,  Irinf- 
unbßiebeölicber,  ®nomen,  geiftli^c  Spiele, 
mand^eö  batunter  fet)r  meltli(^,ia  friool.anbe^ 
res  überauä  frifc^  unb  lebenbig.  Sie  frühere 
5lnftd^t  non  ber  (Sntftebung  biefer  Öieber 
mar  bie,  ta^  fie  nac^  1200  »on  fabrenben 
Klerifern  ober  Vaganten  ber  bcutfd)en 
^öfifd)en  ßl)rif  in  Stropbenbau,5R^t)tbmuä 
unb  lluffaffung  nadbgebilbet  feien;  in 
neuerer  3eit  ijt  bie  *Mnftcbt  au«gcfprod)en 
morbcn,  bn§  mir  bier  ^ic^tungen  vor  unei 
bätten,  melcbc  neben  ber  fübfranjöftfcben 
{'t)rif  unb  bcm  niebern  33olf^lieb  eine 
mirfungetoüe  Dueüe  be«  böfifcf)««  Iptifc^en 
©efange^  gemefen  feien.  Siebe  5!)J  artin 
in  ber  3fd)r.  f.  b.  Qlltert.  33b.  20  (8). 

Carolina  ift  ber  Ütame  ber  SReicf)^« 
^alögericbtöorbnung  Karlä  V.  oom  3flbre 
1532.  Jßä^renb  tai  Strafrecßt  im  9«ittel= 
alter  nur  in  unnoUfommenen  Mufjeid)^ 
nungen  oft  blo§  lofaler  3Jatur,  in  ben 
SReicbägefe^en,  in  ben  iRecbtefpiegcln ,  ben 
Stabtrc(f)ten  ober  blo§  na*  münblicb^r 
Überlieferung  oorbanben  gemefen  m  ir, 
fanben  iml5. 3al)rbbic  auf  t>ai  fanoni|Cf)e 
unb  römif(*c  iJiecbt  gebauten  Schriften 
ber  italienifcben  «^raftifer  ©ingang  anb 
»eranlafteneineDteibe  nadb  ben®runbfü^en 
biefer  neuen  Juriäprubenj  bcrgefiellter 
$al0geri(J)t^orbnungen.  SBebeutenb  mürbe 
namentlict)    bie    burc^   ^obann  grciberrn 


ju  S^marjenbcrg  üertaBte  ©amberger 
^atögeridbt^orbnung  »om  3a^rc  1507,  fie 
mürbe  t>ai  ÜJiufier  ber  a9ranbenburgif(^en 
t>om3abi^£  1516  u.  ebenfalls  ber  peinlicben 
©eri^töorbnung  ju  ®runbe  gelegt ,  bie 
auf  5lnregung  bcö  Kammergericbtö  nad^ 
Dielen  Serbanblungen  feit  1498  cnblic^ 
auf  bem  *}lug^burger  SReicb^tage  »on  1532 
publiziert  mürbe.  ^it  Carolina,  mie 
fte  fpdter  genonnt  mürbe,  ober  Constitutio 
criminaUs  Carolina  befielt  ouä  219 
*)lrtiEeln. 

Scntcno,  Sentcnar  fiebe  ®au  unb 
Scbultbei^. 

Zentralbauten  i)ti^tn  biejenigen  firdb» 
li^en  SUonumente,  bie  cntmeber  freiörunbe 
ober  polpgone  Einlage  äcigen,  ober  bcrcn 
®runbri§  bie  ^orm  ein  eö  gleicbfc^enfligcn, 
beö  griecbif^en,  Äreujcö  ^ai.  Sie  ent» 
fiel)en  aU  altefic  cbritlUcbe  QSauart  gleidb= 
jeitig  mit  ber  93aftlifa.  Sc^on  bie  Ctömer 
pflegten  gemiffen  .Heiligtümern,  »orjugg« 
meife  ben  ©rabtempeln,  bie  ^otm  cineS 
heisrunben  Kuppelbaues  ju  geben;  fte 
marcn  nieijt  jmeigefcbofftg,  unten  ber 
®ruftraum  für  bie  öcicfee,  oben  ber  SRaum 
für  ben  ©rabfultuS.  Solcbe  Sauten  ftnb 
t)ai  ©rabmal  ber  .^elena,  ber  ÜJlutter 
KonftantinS  b.  ®r.,  unb  iai  ^an» 
foleum  Sbeoberidb^  ju  JftaDenna.  iBer« 
manbt  mit  ben  ©rabfiri^en  ftnb  bie 
ÜJJemorien  ober  ®ebädbtni0fird)en,  S>ent= 
maier  jur  SSerbcrrlicbung  einer  gemeibten 
Stätte.  Sine  britte  Klaffe  Don  (Sentral* 
bauten  ftnb  bie  Saptijierien  ober  Sauf* 
fircben,  in  meldbcn  bie  Kotleftiütaufc  ber 
alten  Sbnfi«n  Dorgcnommen  mürbe.  3n 
ibret  ÜJiitte  befanb  ftc^  ein  Saffin,  in 
melcbeS  bie  Iduflingc  binunterfiicgen,  um 
burd)  Untertaueben  bieSßeibc  p  empfangen, 
©ie  arc^iteftonifcbc  öntmicflung  biefer 
(Zentralbauten  Doll^og  ft<^  befonbcrS  ia' 
burd),  ta^  man  bie  Kuppel  ni^t  mebr  auf 
ben  Umfaffungemauern  felbfi  rubcn,  fon* 
bem  fte  non  Säulen  tragen  lie§,  bie 
freiöförmig  inncrbalb  ber  SRotunbe  aufge* 
fiellt  maren.  (5S  entftanb  baneben  ein 
ring^berumlaufenber  Umgang,  ben  Seiten» 
fc^iffen  ber  'J3aftliEa  eniiprec^enb,  beffen 
®emölbe  bem  bodbanfieigenben  unb  felbfiän« 
big  beleucbteten  Kuppelraumc  ein  genügen« 
beö  iffiiberlagcr  bot.  ^m  Orient  entmicfelte 
ficb  auä  biefer  ^orm  bie  ®runbform  ber 
b^jantinifcben  QSauEunfi,  im  9lbenblanöc 
blieb  fte  fajl  auäfdblic^licb  auf  beftimmtc 
Kultuäjmecfc  befd)ränft,  mie  ®rabEapenen, 
Scblo^tircbcn,  ©aptiftericn.  9^1  abn,  über 
ben  Urfprung  unb  bie   Sntmicflung    bcd 


(S,t)iromantie  —  dfiotfiü^Ic. 


51 


(^tifihi^cn  6.cnti"aU  unb  Kuppelbaues, 
1866.    »ilbenbe  Äünjie  in  b.  ed^weij,  80. 

(S^iromantic ,  Sffia^rfagung  mi  ben 
ßinien  bcr  ^anb,  flel)ört  mit  ber  5lftrofogie 
unb  ^Ic^cmic  ju  jenen  auä  bem  ^lltcttum 
fiammenbcn  ßebenöerf(i)einun9en ,  welche 
jwnr  auö  bcr  SBcobncfjtuug  ber  ?Jatur  ent* 
Panben,  bie  natürliche  Srfenntniö  jcbod)  nic^t 
rationell  auejubilben  fermoditen ,  fonbern 
in  teilö  nait>  finbli(f)er  unb  p^antafiifd^er 
5lrt,  tcilö  Ol«  SDUttcI  beö  Setrugeö  }u 
fünfllicben  ©pflemen  auögebilbet  unb, 
Dorn  SlJiittelalter  lebhaft  aufgegriffen, 
93erju(i)0fclber  fortiori  romantifcfeer  Sräu^ 
merei  ale  bctrügerifc^er  ^anblungöweife 
a\i  enblid^  reblid^cr,  aber  ungcnügenber 
S'iaturbeobaditung  gen^efcn  fmb.  ©d^on 
Slrifiotcleö  ernjöbnt  bie  6.t;iromantic,  %x= 
temibor  er^ob  fic  im  2.  ^a^xl).  n.  (S^r. 
jur  St^eorie.  Da«  16.  unb  17.  ^a\)x\). 
l)aben  in  allen  europäift^cn  ßitteraturen 
jafjUofe  gelcl)rte  unb  tolfömdfige,  mit 
Silbern  oerfebene  ©arfteüungcn  biefer 
vermeinten  2Biffcn[d)aft  l)erüorgebraci)t, 
unb  nod)  im  (Beginn  beö  18.  3af)rl).  n)ur= 
ben  auf  ben  Uninerfttätcn  eigene  Äodegien 
barüber  gclefen.  Tl\t  bcr  ©bironuintic 
ging  eine  auf  fämtlic^e  Slcile  be«s  Körpers 
fic^  crftrccfcnbc  !pt)i)fiognomie  ^anb  in 
^anb.  S)ie  Sbiromantie  fclber  jcrficl  in 
eine  Chiromantia  medica  unb  eine  Chiro- 
mantia  curiosa.  2)ic  ^auptlinien  ber 
^anb  finb:  bie  ^erjenö-  ober  ßcbcnslinie, 
bie  .Rüpfs,  aWittcIs  ober  D^aturlinie,  bie 
3;i[d)=,  ©ebärm^,  ©cnitalium«,  D^ieren«, 
®atl=  unb  bei  bem  graucnoolf  bie  SD^utter^ 
linic,  enblic^  bie  ßeber-,  Sungen-  unb 
»Dlagcnlinie.  2)aneben  giebt  e«  8  SRebcn= 
linien,  3  Triangel,  ben  Sifc^  ober 
Quabrangel  unb  7  Serge  ber  ^anb:  93erg 
Veneris,  Jovis,  Saturni,  Solls,  Mercurii, 
Lunae,  Cavea  Martis. 

g^or,  bcr  gottcöbienjilid)e  5lufent= 
^altsort  bcä  (Sf)orcö  bcr  ©ciftlidicn,  mo^ 
t>on  er  ben  Flamen  Chorus  tragt,  aud) 
bol)cr  Sbor  ober  Presbyterium  (,>Pricpcr= 
räum),  Sanctnarium,  ip  urfprünglid^  ba^ 
tegclmäfig  quabratifd)e  ailtarbau«.  gr 
liegt  f)ö|)er  al^  bai  ©c^iff  bcr  Äird)c,  be^nt 
ftd)  aber  jumcilen  »cftlic^  biö  in  bie 
SBierung  au^.  SBom  übrigen  SRaum  iji  er 
burd)  «S^ranfen  (cancelli)  ober  eine  nicb? 
tigc  SBanb  getrennt,  an  bcr  SBeftfeite  gegen 
baö  ßangf(^iff  l)äuftg  burd)  einen  förmlid)en 
Ducrbau  ober  eineömporEirc^c,  berßctt^ 
ncr,  Lectorium,  genannt  wirb.  S)crfclbc 
ifi  mct)r  ober  meniger  geräumig,  burd) 
eine    enge    SBcnbclfticgc    jugängli(^    unb 


Don  offenen  Sogen  getragen  ober  mit 
35urd)gängen  »crfcljcn.  dt  bient  aufer 
jur  SJerlcfung  bc«  epangelium«  (babcr  bcr 
«Ramc)  au^  jum  <}lufftcaen  bcr  ©ängcr= 
c^örc  unb  l)ie§  ba^cr  aud)  Doxal,  t>on 
Doxologie=  ßobpreifung,  ober  ©ingcd^or. 
©cit  bem  13.  3a^r^.  erlaubte  man  fid) 
5lbmcid)ungen  »on  bcr  quabratifc^en  ^orm 
t>i5  Qtltar^aufcö,  fowo^l  burd)  Scrfürjung 
aU  namentlid^  burc^  Verlängerung  beö 
Quabrate«;  tai  Ic^tere  murbc  im  gotifc^en 
©tu  normal,  ein  gänjlid)ee(  %ti)kn  bee 
^Itarl)aufcö  ifi  feltenc  5luänal)mc.  ©ie 
©rtjö^ung  bc«  ß^orraumc^  über  ben 
gu^oben  ber  übrigen  Kirdie  beträgt  oft 
nur  eine  ober  ^wci  ©tufen,  jicigt  aber  aud^ 
bi«  22  ©tufen;  ein  bebeutenb  cr^ö^tcr 
(S^or  läft  jietä  auf  i>ai  ißort)anbcnfein 
einer  Ärt)pta  unter  bcmfclben  fd)l(cien. 
3)cr  ©d)mibbogen,  bcr  ba^  2lltarf)auö  oon 
bcr  ißierung  [d^cibet,  mirb  JJronbogcn 
ober  Triumphbogen  genannt,  hjcil  er  mit 
einer  SDarfleaung  beö  triumpbiercnbcn 
(Jrlöfcrö  gcfc^müdt  ju  fein  pflegte.  25ie 
Krijpta,  mit  einem  ober  mehreren  5Utären, 
mar  ausfc^lieglic^  bem  SDienjlc  bcr  £oten 
gcmibmet.  S)ie  dijlcrcicnfcr  fotlen  fic  in 
ibren  Äird)en  juerfi  aufgegeben  ^abcn. 
S)ic  Beleuchtung  rid)tet  frc^  nad^  i^rcr 
me§r  ober  minber  tiefen  ßagc.  2)ie  Ärijpta 
ifi  pctö  gcmölbt,  unb  bie^SBölbung  mirb 
burcb  mehrere  q3fcilerreil)en  getragen.  51uc^ 
S)oppcld)örc  fommcn  »or,  t^om  9.  bi^  12. 
3al)rt).  in  SDcutfc^Ianb  fogar  gcmöl;nli^; 
fold^c  mxd)tn  fieücn  ftc^  gleid)fam  al^  jmei 
Kird)cn  mit  einem  gemeinfc^aftlid)cn  Sang* 
baufe  bar,  mobci  jcber  (H)ox  feinen  eigenen 
^eiligen  ^at.  S)ie  erfie  Kird^c  mit  J)oppcl- 
d)örcn  ift  bie  KIojicrfird)e  lu  %u\i>a.  — 
Otte,  ^anbb.,  «Mbfd^n.  19. 

&IOXal,  üon  mittellat.  choralis  =  jum 
d^or  gel)örig,  ifi  uod^  bn  Sutf)cr  foDiel 
al«  (s:i)orfängcr.  3n  ber  Sebeutung  bcr 
2Bci[e  cincö  Äird)enliebe«  finbet  man  tai 
SBort  juerfi  1580.  2öciganb  ©ic^c  b. 
2lrt.  Äirc^cnlieb. 

e^örftcrr,  S^or^crtnftift,  f.  .Ranonifer. 

g^orftiiftlc.  3n  ben  attdE)rifilid^cn 
■SaftUfen  pflegten  bie  ©eifitid^en  it)rc  ©i^c 
in  bcr  21pft^  cinjunebmen,  auf  ben  ficiner= 
nen,  mit  qSolfiern  unb  Ieppid)cn  belegten 
Sänfen,  bie  ftd^  ju  beiben  ©citen  ber 
bifd^öflic^en  Äat^ebra  bem  Sl;orrunb  an= 
fd)lof[cn.  eigentliche  d^orfiüfjle  jc^einen 
erfi  um  bie  SKittc  bc«  13.  3a^rb.  aufgc* 
fommen  ju  fein.  3c|t  nämlidf)  mürben 
bie  ©i^e  in  bcr  ßängenad^fe  ber  Kirche 
aufgcjicüt,  an  ben  ÜBänbcn  bcö  ^lltar^aufcö 
4* 


52 


ßöriämon  —  (5ijicrcienfcr»Drben. 


ober  Idngg  bcr  S^orfd^ronfcn,  wo  fie  jic^ 
ju  beibcn  ©citen  bei  ^^od^altarö  in  einer 
langen  i^olge,  meift  in  boppeltcr  9?ei^e, 
biö  in  bie  ißierung  beö  Duer^aufei^  unb 
nod)  über  biefelbe  ^inauö  biä  inl  J^aupt= 
fc^iff  fortfe^en.  5Die  einzelnen  bleiben 
jtnb  fiufenförmig  {jintcreinanber  erijöbt, 
bie  öorberen  @i^e  naä)  bem  (5,^ore  burcö 
eine  95ruf}rt)c^r  mit  ben  barauf  beftnblic^en 
93etpulten  abgegrenjt.  ©iefelbe  (Einrichtung 
jeigt  bie  SRüdronnb  für  bie  ba^inter  be= 
pnbtic^e  ^olge  ^«^  ^od^jiü^Ie,  bie  i^rcr- 
fcitä  in  ber  JRegel  eine  reid^e  93cfrönung 
»ermittelft  tveit  über  bie  SRücfmanb  oor- 
ragenbcr  93albad)ine  er|)ietten.  ^tirn 
*pia^  ifi  »on  ben  folgenben  burc^  ^Irm:- 
Ief)nen  getrennt  unb  äWar  gcwö^ntic^  burc^ 
boppelte,  bie  niebrigen  jum  ©ebraudfee 
beim  ®i^en,  bie  t)ö^eren  jur  öegucmlidf)^ 
feit  beim  Stehen  befiimmt.  S)ie  ©i^e  felbft 
jtnb  jum  Qlufflappen  eingeri($tet  unb  auf  ber 
untern  Seite  mit  ben  fog.  ÜJJiferiforbien 
»erfefien,  Heinen  Äonfolen,  mit  Figuren 
ober  Spiiaöfen  gefd^mücft  unb  ba^u  befiimmt, 
ben  ätteren  ober  gebrec[)ticben  Äapitularen 
tt)ä^renb  ber  jum  Steffen  »orgefd^riebenen 
3eit  ber  fö[;orjiunben  eine  ^alb  aufregte 
©teüung  ju  ermöglichen.  3"  ^^^  örc^i= 
teftoni[|)en  Sterben,  bie  man  tm  einjelnen 
©liebern  ju  teil  werben  Iie§,  fam  fc^on 
früi^  ein  rei(ä)er  ©d^mucf  mit  Ornamenten 
unb  balb  aud)  eine  SOf^annigfaltigfeit  ftgür= 
lieber  2)arficnungen.  iRaI)n,  ©ilbenbe 
Äünfie  in  ber  ©(I)n)eij,  748  ff.  Dtte, 
^anbb.  b.  Äunp=?lrci).  197. 

Sftriömon,  ftc^e  2Ronogramm  (E^rifü. 

g^riftfiflitm,  f.  2öei^na$t. 

e^riftuöbilkr»  5)ie  altc^rijilicfte  Äunp 
begnügte  ficf),  ßi^riftuä  burc^  ©pmbole 
(SiJionogramm,  i^if^,  Äreuj,  ßamm)  ober 
bur^  Oitlegoricn  (Drp^euö,  ben  guten 
Wirten)  anbeutenb  barjuPetlen.  ^m  3. 
3af)r^.  er[d)cint  auf  ©arfopbagen  ber  fog. 
Äatafombent^puö:  bcr  ^eilanb  in  boIb= 
feiiger  ^ugenb  of)ne  33art,  in  einer  ibealen 
5luffaffung,  bie  fidb,  ber  ^Mnfc^auungättjcife 
ber  ^etben=®t)riften  cntfprec^enb,  an  ben 
bereite!  fertigen  3;t)puä  beä  guten  ^irten 
anf(^lof ,  niie  biefer  formell  auö  bem  an» 
tifen  ©ilbnig  beä  »ibbertragenben  ^ermel 
i^eroorgegangen  h>ar.  ®eit  bem  6.  ^a\^xl). 
entmicfelt  [xä)  baneben  aul  bem  ©trebcn, 
ber  göttli(f)en  ©efialt  eine  t)ö^ere  SBürbe 
unb  gcmic^tigern  *}tuöbrucE  ju  oerleifien, 
ber  fog.  ÜKofaifentppuö,  ba^  tnngU(i)e 
®eftcf)t  mit  bem  gefpaltenen  53art  unb  ge= 
teilten  |)auptf;aar,  mit  unbebedftem  ^aupt 
unb  unbeüeibeten  iJüfen,   longem  Unter- 


flctüanb  unb  fürjerem  Dbergewanb.  ytaii) 
Dtte,  ^anbb.,  Qlbfc^n.  158.  Sögt,  au^ 
Äru;;ifij:  unb  ©aloatorbilber. 

g^roinf,  f.  ®efc^i^tfcf)reibung. 

6^ronoftt(i^on,  eine  im  üJlittelalter  oft 
angewanbte  iBerbülIung  ber  ^a^reöja^t 
in  ber  "Jlrt,  ba§  bie  StJ^J^^^J«^!  in  fämt« 
ticken  ober  einer  Qai)l  burc^  ben  Sf)arafter 
ber  ©c^rift  fenntti^  gcmadjter  3<'f)tf'U^= 
ftaben  oerbecft  iji,  bereu  §Ibbition  bie 
3at)re«äaf)t  giebt.  S)ie  3nfä)rift  auf  einem 
Äel(f)e  in  ber  ÜJiarienfircfje  ju  Dani^ig 
lautet:  Fulgidus  ille  calix  divine  porcio 
mense,  Aurea  quo  f actus  anno  per 
grammata  cense,  tt)el(^el  bie  3'*^^  1'*"-^ 
giebt. 

giöortum  ^ei§t  fowo^t  ber  iHItar» 
balbac^in  aU  tai  üon  ifim  ^erab^ängenbe 
®efä§  jur  2tufbcit)a^rung  ber  (Sud^ariftie; 
je  nacb  feiner  55orm  nannte  man  eö  Südbfe 
(pyxis),  5Eaube  (columba,  peristerium), 
2;ürmcf)en  (turris,  torricula),  ÄQpfet 
(capsa),  ©peifegefd§  (ciborium).  S)ic 
allgemeinfiegorm  war  eine  runbe,cplinbrifd)e 
©üc^fe,  pyxis,  in  älterer  3«it  aul  $oIj, 
Sein,  ©tein  ober  eblem  SOtctall,  fpäter 
faji  immer  auä  le^terem  oerfertigt.  S)ie 
®efä§e  in  Saubenform, mit  ber  fpmbolifdjen 
®ejiet)ung  auf  im  1)1.  (Seift,  jianben  auf 
einer  ©(I)üffel,  bie  mit  ben  baran  befinb» 
Iid)en  Äettd)en  an  ein«r  ©c^nur  über  bem 
3tttartifcf)c  fcf)tt3ebenb  ^erab^ing  unb  waf)* 
renb  ber  SWeffe  heruntergeladen  »urbe. 
©cit  ber  (Einführung  bei  ^ronlei(^namö* 
fefieö  im  13.  Jaljrl).  fommen  jur  SBorjei* 
gung  (monstrare)  ber  (Euc^arijiie  bie  SOion* 
firanjen  auf,  welche  fic^  jum  leil  an  bie 
früher  befianfcenen  SReliquiensSOtonfiraujen 
anf(i)Iiefen,  ©d)augefafen  jur  ^lufbewa^* 
rung  oon  Cfleliquien,  bie  feit  bem  14.  ^atixi). 
auö  einem  fenfrcd^t  gefietiten  ^rpfiaUsSp« 
linber  befici)en,  getragen  oon  einem  bem 
gotifd^cn  Äelc^fu^e  gleic&enbcn  metaHencn 
©tänbcr  unb  eben  mit  einem  SEabernafel 
in  ben  mannigfaltigen  formen  ber 
gotifd^en  Qlrc^itcftur  gefrönt.  Dtte, 
^anbb.  «Mbfcfcn.  45. 

(£iftmicnfcr=Drbcn,  ©ein  ©tifter  ifl 
SRobert,  auö  ber  (E^ampagne,  ein  eifriger 
(Eluniaccnfer  SWönc^.  SRac^  met)reren  oer* 
geblieben  Semü^ungen,  einige  auö  ber 
flöfierlicben  3"<^t  gefallene  Senebiftiner« 
flöfier  im  ©inne  einer  firengen  Qtäcefe  ju 
reformieren,  unb  nacf)bem  il)m  bie  Drbnung 
ber  (Einfiebler  im  Söalb  oon  SWolefmed 
ebenfalls  mißlungen  war,  fiiftete  er  in 
einer  ©inöbe  bei  ©iteauj:  unfern  Dijon 
1098  mit  Unterftü^ung  bei  (Stofen  Obo 


ßifiercienfer«Orben. 


53 


iai  Älojler  Sitcauf  mit  ber  jivengilen  Se* 
obac^tung  bcr  (Reget  beö  ^eit.  öenebift. 
3tt)ar  tvüxtt  er  burd)  päpfili(^ficn  93efel)I  gc* 
gwungen,  nacfe  SDIolcfmeö  jurüdjuf£t)ien, 
tt)o  er  anä)  im  3af)r  1108  ftarb;  aber 
feinen  S^Jac^fotgcrn  in  (Eitcauf,  3ilberic^  unb 
bcm  (gngtäuber  ®tepl;an  ^arbing,  gelang 
ii,  bie  3upimmung  $a("d)aliö  II.  ;%u  einem 
neuen  Orbenöflatut  ju  erhalten.  3"  ^^'^^^ 
9lufnai)me  fam  ha^  Älof^er  burc^  ben  (Sin^ 
tritt  bcü  15jäl)rigen  ©rafen  33erni)arli 
t>on  föl)ätiUon  mit  30  ®efäf)rten.  Die 
3a^l  ber  3Wönc()c  mürbe  [o  gro§,  ta^  man 
neue  Kolonien  auöjufenben  ftd)  genötigt 
fat;  in  malbigcn  ©inöben  muvbe  La  Fert6 
(Firmitas),  Pontigny  (Pontis  nidus), 
Clairveaux  (Clara  vallis)  unb  Morimond 
(Mors  mundi)  gegiftet.  Clairveaux  ^fam 
unter  23ernl)arbö  Seitung.  ißon  ben  gc= 
nannten  fünf  iltöflern  ftnb  otle  anbercn 
abgeleitet;  bie  Äolonifation  unb  eine  be< 
bingtc  5tb^ängigfcit  ber  Söd^ter  wom  *Kut=: 
terflofier  mürbe  @»)flem.  ©obatb  bie3i'l)l 
ber  S!jRönd)e  cö  erforberte  ober  gcfiattetc, 
ernannte  ber  51  bt  momöglic^  bTeijel)u  Srüs 
ber,  unter  iljnen  tai  ermäljlte  Oberhaupt 
hti  jufünftigen  Älojierö,  meiere  bann  mit 
fefigcileüter  ^  ^J5örm!id)!eit  i§re  bi'g^erige 
Heimat  terlie^en,  um  an  reuer  ©teile  bie 
Sefd)merben  ber®rünbung  ju  übernet)men. 
5lllc  biefc  Älöfter  mürben  in  ©inöben,  ge* 
mö^nlid)  in  Spätem  angelegt,  oie  fingen 
mit  ben  rau^efleu  Qlrbcitcn  an,  mußten 
öfter  verlegt  werben.  2)er  Jiame  mürbe 
frei  unb  bcbeutungöroü  gemä^It,  Clara 
vallis.  Aqua  bella,  Portus  S.  Mariae. 
SDa§  $rinjip  M  Drbenö,  bie  Dfieugrün^ 
bungen  in  Sinöben  anzulegen,  fül)rtc  ju 
lanbmirtfc^aftlic^er  2t)ätigfeit  in  umfaffcn« 
bem  ©inne.  «Sobalb  ftc^  tai  ©ebiet  burd) 
SRobungen  u.  ®ct)enfungen  auögebeljnt  ijatte, 
legte  man  3D'ieiert)öfe,  grangiae,  an,  auf 
meld)cn  bie  9!Birtfd)aft  burd)  5D'lönd)e  un= 
tcrgeorbncten  iRange^  betrieben  mürbe; 
baß  ifi  bie  6ntpel;ung  ber  bei  ben  alten 
Söenebiftinern  nod)  unbcEannten  Caicn« 
brüber  mie  fic  fd)on  bie  ßluniacenfer  ein 
geführt  batten ;  fte  l)n^tn  conversi,  gegenüber 
ben  professi.  SDie  conversi  auf  bem  ^ofe 
Ponbcn  unter  ber  ßcitung  eineä  professus. 
SDie  Sebenämeifc  mar  ftrenge:  grobe  ®e« 
müfc,  ^arteö  ©rot,  ein  ®trof)fa(f;  gleifd^, 
ßier,  gifc^,  ÜJJilc^  unb  iZBein  maren  »erpönt. 
S)ie  ßeitung  ber  (Siftercienfer  Älöficr 
^dlt  bie  ÜJJitte  smifcfeen  bem  rcpublifani* 
fd)cn  SBefen  ber  alten  ©enebiftiner  unb 
ber  firengen  Äonjentration  ber  Sluniacen^ 
fcr.    3mar  blieb  ßiteauf  ber  SKittclpunft, 


fein  5tbt  ^ielt  bie  ©eneralfapitcl  bc5  Drs 
benS  ab.  51ber  jcbe^  Älofler  t)atte  feinen 
eigenen  2lbt,  unb  jebeö  SDJutterflofier  führte 
bie  Qlufjic^t  über  aüt  oon  it)m  auegegange' 
nen  Älöfter.  3"  ber  innern  Sßermaltung 
unb  ber  Sßa^l  beö  Qlbteö  maren  bie  ein« 
jelncn  .Klöflcr  felbflanbig,  unterlagen  aber 
jä^rlid)  einer  Sifttation.  2Bie  bie  ©lunia« 
cenfer  ftnb  auc^  bie  ßifiercienfer  oon  ber 
bifd)öflid)en  ®emalt  eyimiert  unb  jlel)cn 
bireft  unter  bem  papfilidjen  ©tu^le.  3" 
^ranfreic^  nannte  man  ben  Drben  33ern  = 
tjarbincr^Orben.  3tn3«^rell5l  gab 
i§  500,  in  ber  SOtitte  be«  13.  3al)r^un= 
fcertä  1800  (Eificrcienfer  ^löfter ,  bie  mei= 
fien  »or  1200  gcfiiftct.  ^l)u  Strenge 
^ielt  aber  nicf)t  lange  an,  unb  gegen  (Snbc 
beö  3iif'i^^unbertö  mürbe  allgemein  über  bie 
Sermeltlic^ung  auc^  biefeö  Drben«  Älage 
gefülirt.  2)a«S  Drbenöfleib  ifi  im  (Segenfa^ 
ju  ber  fc^marjen  5lrad)t  ber  alten  !8ene= 
biftiner  mcip  mit  grauem  ©fapulier. 

2)ie  ©rünbung  unb  ®ntmicfelung  beö 
föiftercienfersDrbenö  bilbet  ein  ^erüor« 
ragenbei^  ®lieb  in  ber  Äettc  ber  (Srfc^ei« 
nungen,  meldbc  im  10.  unb  11.  ^al)i^. 
taii  einfeitig;firc^lid)e  ßeben  bc^  3QJitteI* 
altera  jur  3fitiguiig  bringen.  S)er  ältere 
93enebittiner*Drben  batte  fi^  mürbig  unb 
nerjlänbig  an  ber  ©efeftigung  ber  d)ri)l« 
Iid)en  ßebre  unb  2n<i)t  beteiligt,  mar  je* 
boc^  flctä  im  engen  3ufi"i'"<^n^'in3  "^i* 
ben  mcltlid)cn  ©emalten  unb  Sebürfniffen, 
geblieben,  ©taatlid)  mar  bei  ben  fönig» 
liefen  Älöfiern  au«(  Dem  SBorfteljcr 
beö  Äloflcrö  ein  prft  beö  *Reid^« 
gemorben,  unb  jemebr  bie  3f'tücrl)ältnijje 
bie  meltlid)c  Seflimmung  ber  Älojlerftif=^ 
tungen  f)eroort)oben,  befto  me^r  erlaljmte 
ber  fird^licbe  (S^arafter,  in  {^ranfreid)  mebr 
aU  in  I)eutfd)lanb.  ©iefem  (5_^araftcr 
mieber  ju  feinem  SRed)te  ju  »er^elfcn  unb 
bie  äBurjel  ber  SBeltlic^teit  au^juJiieben, 
entftanben  im  10.  unb  11.  3^if)'^l'U"bert 
bie  reformierten  Drben  ber  föluniacenfer, 
©rammontaner ,  Äartäufer  unb  (Jijler« 
cienfer,  beren  einflutreid)ftc  bie  (Slunia« 
cenferunbSifiercienfer  fxnb.  2Bäbrenb  jeboc^ 
bie  älteren  ßluniacenfer  neben  itirer  jlrengen 
Äir^lic^feit  toä)  bie  23erül)rung  mit  Der 
mcitlidjen  ©efeUfc^aft  nic^t  flof)en,  il;re 
Stiftungen  in  ober  bei  ben  ©täbten  aiu 
legten,  ben  betrieb  ber  aSiffenfdjaften 
unb  Äünfie  erneuerten,  ergaben  fid^  bie 
(iiftercienfer  einem  au^gefuc^t  prengen 
21öcetentum,  fteüten  eine  ^od)geftetgecte 
3bec  oon  9[J?önd)öbeiligfeit  auf,  mä|)lten 
für    H)Xi    «Stiftungen    mit    Vorliebe    öbe 


54 


Cithara  —  (Sluniacenfer  Äon(^rcgation. 


Dxkx,  jieütcn  jic^  in  fc^roffen,  feinblic^en 
®cgcnfa^  jur  Sc^olafiif,  jur  Äunfi,  jur 
freiem  ^orfdjung.  ^n  ben  ^llbigenfer* 
frieden  ^at  bcr  Dtbcn  ^ctüorragenben  5ln« 
teil  genommen. 

?lu(i)  tai  fc^eint  für  ben  Drben  bcr 
(Siftercienfcr  d)arafteriftifd) ,  baf  er  ftd)  fo 
überaus  fc^ncü  entwictelte,  er  repväfentiert 
mc^r  eine  fc^neU  erfd^cinenbe  ©timmung 
beö  (Semüteö  aU  ein  baucrnbc^  crjie^eri« 
fä)e«  $rinsi^). 

35 er  Drben  ber  Sifiercicnfcr  f)at  ci\xä) 
auf  bie  Sntmicfclung  ber  2(rd^itcftur  Sin^ 
flup  gefiabt;  fein  ©eifi  fütirte  auf  t>ü9 
(Prinjip  möglicf)f!cr  (Sinfacf)^eit.  S)aö  ®e» 
läute  burfte  nur  Don  einer  ©locfe  auö- 
ge^en ,  getuö^nlic^  bradjte  man  beö^alb 
auf  i^ren  ÄirdE)en  bIo§  einen  S)a(f)reiter, 
ein  fleinc^  Sürrndjen,  auf  ber  iBierung 
beö  Äreuje^  an.  ®oIb,  Silber  iinb  ©eibe 
roaren  nur  für  qcmiffe  ©cgenpnbe  ge« 
jiattet,  ©fuiptur  unb  SWoIerei  ju  üben 
ben  Srübcrn  »erboten;  Sticbrigf eit ,  5trn= 
Ii(^feit  ber  Älöfter  galt  il;nen  aU  ein  2ob. 
SJennod)  ntarcn  befonber§  infolge  ber  jum 
5ßrinjip  erhobenen  ©afifrei^cit  bcä  Drbenä 
geräumige  Äirct)en  unb  anbern)eitige  gro^e 
^äume  notmenbig,  unb  bie  Saumeifier  beö 
Drben«  famen  beä^alb  bcm  neuauffoms 
mcnben  gotifAcn  ©tile  umfolieb«  ents 
gegen,  aU  bicfer  gegenüber  bem  romani» 
f(^cn  ©til  mit  feiner  Qtn^äufung  t»on 
müßigem,  oft  fd^mer  oerfiänbUd^em  iöilbs 
»erf,  iBerf(i)tt)enbung  üon  cbeln  SDRetaüen 
unb  fofibaren  ©toffen,  crnüer  unb  feufc^er 
auftrat,  5Dod^  übten  bie  ©ij^ercienfer  in 
^ranfrcid)  feinen  ct^cblid^en  ßinflu^  auf  bie 
Qtrc^iteftur  au«,  fie  gaben  nur  i^rer  fIöPer= 
liefen  Strenge  gcmäf  bie  t)ereinfad)ten3^or« 
men.  Dagegen  brad^ten  fie  in  JJeutfc^lanb 
neue  unb  praftif^  nü^lic^e  ,5ormen  mit, 
meiere  ^\ä)  jur  5lnna^mc  empfahlen.  ®ie 
bauten  überaß  gemölbte  Äird^en,  machten 
bat)er  bie  biöt)er  nur  feiten  angemanbtc 
SBölbung  populär  unb  lehrten  fic  mit 
^ilfc  be«  ©pi^bogen«  unb  anfirebenber 
«Pfeiler  ju  f\d)txn.  @ie  marcn  gleid^fam 
Jölifftonärc  ber  franjöftfc^cn  Qlrdjiteftur. 
S)oc^  übten  fte  ben  frgnjöfxfc^en  ®til  mit 
2Jereinfac^ungen  unb  5tnberungen,  mel(f)e 
ben  einl^eimif^en  ©itten  unb  ^Infidbtcn 
jufagten.  Statt  ber  ©öule  jogen  fte  ben 
«Pfeiler  t>or,  fie  ücrmarfen  bie  ©alcricn 
über  ben  Seitenf(J)iffen,  i^re  ©infad^^eit 
bcr  tt)efentlid)en  formen  erjeugte  bie  ^tU 
gung  ju  forgfältiger  unb  anmutiger  2lu«i- 
bilbung  ber  SDetailö. 

iJeutfc^tanb  fianb  »orjug^wcife  in  SBet* 


binbung  mit  ÜJi  o  r  i  m  o  n  b  ,  beffen  erfict 
5lbt  5lrnolb  ein  2)eutf^er  unb  93ruber  beä 
Srjbifd)of«  ^^icbricf)  I.  oon  ÄÖln  mar; 
er  grünbetc  ba«  erjtc  bcutfc^c  Sißcrcienfct 
Älojler  Sampcn  ("MltsSamp)  bei  Äöln. 
2luc6  Dtto  »on  55rcifingcn,  ber  ®efd^ic{)t* 
fd^reiber,  D^cim  Sarbaroffa«,  mar  SWön(^ 
ju  SDtorimonb.  Slu^er  ßampen  finb  5llten* 
berge,  St.  ©eorgbcrg  (©eorgent^al)  in 
J^üringen,  ßu|etl  im  (Slfa|,  ©bra*  in 
^raufen  SWorimonbif^c  Äolonien;  ifirc 
3a^I  muc^ä  fpäter  auf  117;  nur  jwölf 
beutfc^e  (5.iftercienfer  Älöj!er  l^ammen  oon 
ßlairoeauy.  5Dem  (EiftcrcienfersDrben  ge« 
^örcn  u.  a.  an :  ^cilöbronn,  Sberbad^, 
ßoccum,  ÜJtarient^al,  SRibbagö^aufen,  Sa* 
lern,  ^eifierba^,  *Pforta,  5Doberan,  ÜWaul* 
brenn,  Sßeben^aufen. 

(Sine  genügenbc  Untcrfuc^ung  über  ben 
Drben  mangelt ;  »gl,  ^int  in  Srfd)  u. 
©ruber,  5lrt.  Sijtcrcienfer.  —  @d)nna« 
f  e  %  Äunftgcf*.  V,  8,  ,^ap.  6.  —  SR  a  ^ , 
»ilbcnbe  Äünjie,  346  ff.  —  S)erfelbe  in 
ben  ÜRitteil.  ber  antiquarif<^cn  ©efcOfd^. 
JU  3üric^,  93anb  XVm.  ^cft  2. 

Cithara  ijl  bei  ben  ßateinern  bcd 
iKittelalter«  ber  üblicf)e  Dtame  für  ^arfe. 
Stelle  biefe  unb  3't&«t. 

ßluntflccnfer  Kongregation  beigt  bie« 
jenigc  Qlbart  be«  93encbiftincrorben«,  bie 
jic^  im  10.  ^a\^xf).  Pom  Äloflcr  Slugnt) 
a\xi  Dcrbreitete.  S)er  ältere  Scnebiftiner» 
orbcn  mar  mit  ber  3«it  ju  einer  iBereinigung 
»on  OJtönc^en  gemorben,  bie  in  gefc^loffcnen 
^Bereinigungen  ben  d^rifili^en  Unterricht, 
bie  (f)rijilic^c  2ßif[cnfc^aft  u.  Äunjt  ^anb* 
liabten,  bocf)  mürbe  bie  Pflege  nationaler 
unb  meltlic^er  Sejie^ungen  bcr  SRcligion 
juliebe  nid)t  ^intangefe^t  unb  ali 
ÜRujter  allgemein  bie  flafftf^en  Qlutorcn 
bcö  llltcrtum«  benü|t;  bcr  Drben  mar  je« 
bod^  nac^  einem  ^ot)en  geizigen  5luffc^mung 
unter  ben  Karolingern  al(mäl;licf)  »crmelt* 
liefet,  maä  um  fo  leichter  gcfcfeebcn  fonnte, 
aU  biefe  monarc^ifc^cn  3njtitutioncn  bei 
il)rem  fictig  mact)fenben  SReicfetum  unb 
®runbbcfi|  na^gerabc  jU  einem  mic^tigcn 
®ltcb  ber  JRcicfeöorganiftttion  ermad^fcn 
marcn.  511«  ficfe  nun  im  10.  ^a\)x^.  auf 
ben  ©cbictcn  ber  ÄircfjcnDcrfaffung ,  ber 
•Poefic,  ber  Äunjt,  ber  (Religion,  iti 
Staatölcbcn«  fcfenell  bcrfenige  ®eifi  ent* 
micfelte,  ben  man  ben  ®cifi  beriRomantif 
nennt,  unb  ber  ficfe  im  Otittertum,  im 
ÜRinncbicnjt,  in  ber  romanif(^en  93autunfi, 
im  ^apptum  unb  in  bem  erbitterten 
Äampfe  beöfclbcn  mit  bcm  Äaifertum,  in 
gefteigertcr  Vorliebe  für  ?l«cefc,  für  religiöfe 


Sluniacenfer  Äon^regation. 


55 


©emütöinneilic^fcit  funbgab,  ba  trat  bicfer 
®cifi  aui)  an  bic  Älöftcr  bcran,  bie  ta^ 
maU  alle  bcr  33encbiftincrrc9cl  Ijulbigtcn, 
unb  fuc^te  baö  bcfie^)cnbc,  trie  man  meinte 
permeltlid^tc ,  SWönc^älebcn  gcifilic^  ju  re^ 
formieren.  3)a^  bcm  ©tubium  bcö 
tlafftfd)en  ütitertumö,  ber  nationalen  Sil^ 
bung,  bcr  njcltlic^en  Sitbuntj  überfiaupt 
fcinblic^e  ^rinjip  »rar  jmar  j'd)on  feit 
langem  üor^anben;  aU  gcfi^Ioffene  ÜJJac^t 
trat  ti  erft  im  10.  ^a\)xi).  an  eerfc^iebenen 
Orten,  j.  93.  in  8otf)ringen,  mcifi  burc!^ 
rcligiöö  gejtnnte  SDJänner  auf ,  am  fräf« 
tigflen  aber  in  (Slugnp,  Cluniacnm. 
.^ier,  in  Surgunb,  einige  SWeilen  »on 
Mäcon,  ftiftetc  im  ßaf)Xi  910  |)erjog 
9BiIt)eIm  üon  Qlquitanien  ein  Älofter,  iai 
ein  Sölufier  eine^  reformierten  .Rlofterö 
»erben  foüte.  51n  bic  ®pi|e  berief  er 
ben  5lbt  bcö  Älofter^  Seaume,  Serno. 
Da^  neue  Älojter  mürbe  üon  5tnfang  an 
unmittetbat  bcm  päpftlic^en  ©tul)l  unter- 
fieüt.  Sernod  Dfiac^folger  mürbe  Dbo, 
mt  927—941.  er  i^  bcr  eigentliche 
^Reformator  tti  ÜJlöncfjeimefcn^.  ©eine 
consuetudines  Cluniacenses,  bur^  meld)e 
bie  iRcgcIn  93enebiftö  tocrfci)drft  mürben, 
mürben  balb  in  anbercn  älteren  .^löftern 
cingcfülirt,  unb  neue  Älöjler  cntjlanben 
nadb  bcr  erneuten  (Regel.  iZöaö  biefe  refor- 
mierte Senebittinerregel  fcnnjeic^net,  ift 
bie  Umgebung  ber  bifd^öflid^cn  unb  bie 
einjige  Setonung  bcr  pdpfilici^cn  ©cmalt 
unb  fobann  bie  Äonj^cntration  fämtlii^er 
biefer  SRegel  angcl)örigen  Stiftungen  unter 
eine  Sentrallcitung ;  bie  alten  fclbfiänbigcn 
9lbteien  mürben,  menn  [\i  ber  jleforma« 
tion  beitraten,  al^  ^riorate  bel)anbclt, 
(Slugnp  mar  tai  Arcbimonasterium,  fein 
51bt  bcr  Archiabbas;  bie  SSorfte^cr  foütcn 
iät)rli(f)  ju  einer  beratenben  ^Bcrfammlung 
in  eiugnt)  jufammcnf ommen.  ©regor VII., 
Urban  II.  unb  ^afc^alia  II.  maren  SIu= 
niacenfer.  S)ic  Äirc^en  ber  Kongregation 
glänjtcn  bur^  bic^rac^t  if)rer51ueiftattung. 
3al)lreic^e  mcltlic^c  dürften,  baruntcr  auä) 
franjöftfc^c  unb  bcutf^e  Äönige,  maren 
ber  'Jlcform  geneigt.  "Jöie  jtarE  aber  an 
mannen  Orten  ber  Sffiibcrjianb  gegen  bic 
fRcuerer,  bie  ©d)iämatifer,  bic  2Bclfc^en 
mar,  unb  mie  man  i^rc  fird)lic^e  Strenge 
unter  Umjiänbcn  alö  |>euc^elei  crfldrtc, 
ge^t  auö  ben  @t  ®aEifd)en  Äafu«  Q.th' 
bartö  IV.  l)eroor ;  biefe  an  Scifpiclcn  au^ 
bcr  dltern,  frifc^en,  natürli(J)cn  .Klofterjcit 
fo  reidbc  6.f)ronif  ijt  eben  ju  bcm  Stvidt 
abgefaßt  morben,  um  aU  *Partcifc^rift 
gegen   bie  SReucrungen    cince  bcm  .Rloficr 


aufgebrungencn  duniacenftfc^en  ^bte^  ju 
bienen  unb  ben  SScWcid  ju  leijicn,  mie  uiel 
S^öncä  unb  ^crrli(^c*  unter  bcr  dltern 
freiem  SRid)tung  geleiftet  morben  fei. 
Sic^c  bic  (Einleitungen  ju  bcr  latcinifc^cn 
unb  beutfc^cn  Qluögabc  burd^  ÜReper  oon 
Änonau.  3)ic  Sluniaccnfcr  SRcformation 
bat  ftd)  in  S)eutfc^lanb  juerft  in  ben  Klö* 
jtern  beö  ©c^marjmalb«  fcftgefcBt:  „.^icr 
öcrfc^rten  bie  ßcgaten  unb  ©cgcnEönigc, 
^ier  feierten  ftc  itjrc  i^i^i,  \)m  fuc^ten  fic 
unb  it)re  'ilnt)dngcr  3uflud)t  in3«iten  t)er 
iRot.  Die  ÜRönd^e  öon  öbcrä^cim  im 
©Ifaf  baben  9tubolf  oon  *Jtl)cinfclben  fogar 
feine  Ärone  gefc^miebet.  (So  mar  ni^t 
mie  bei  ben  Sad)fen  eine  jufdflige  Über* 
cinftimmung  in  bcr  Oppofition  gegen  bai 
iRcid),  melcf)c  biefe  ÜRöncfee  mit  ®regor 
jufammenfül)rte,  fonbern  ber  reine  bogma« 
tifc^c  (Sifer.  Sic  lebten  in  ber  95  nftellung 
öon  ber  pdpftli^en  iUügemalt  unb  fonnten 
einen  anbern  fctanbpunft  gar  nic^t  hf 
greifen." 

„3n  93erbinbung  mit  (Jlugnp  ftanben 
biefe  Älöfter  mo^l  fc^on  lange.  (Sin  red)t 
lebenbigcd  unb  fcfie^  93aub  aber  fnüpfte 
ftc^  erfi  burd)  SBiUclm  uon^irfc^au. 
S)icfer  fül)rtc  auf  ben  SRat  beö  befannten 
pdpfilic^en  ßcgatcn  Scrn^arb,  51bt^  üon 
®t  93ictor,  bcr  fic^  1077  ein  gan^cö  3af)r 
lang  bei  il)m  auf|)ielt,  bic  ßluniacenfcr 
[Regel  in  feinem  .^lojier  ein,  unb  »on  ^ter 
au^  Dcrbrcitctc  jtd)  nun  ber  ^irfct)aucr 
Orben  nac^  allen  Seiten;  neue  Älöjier 
mürben  gcfiiftet  unb  alte  nad)  ber  neuen 
2Beifc  reformiert.  ^irf(^auer  üJlönd^c 
famcn  nad^  SReic^enba(|  unb  St.  ®eorgcn 
im  Sd)marjmalb,  na$  Sd)aff^aufen , 
^etcröf)aufcn  unb  «Pfdfer^,  nad^  ÜBcil^cim 
(fpdter  nac^  St.  *pctcr  bei  ^reiburg  vnx' 
legt)  unb  S^^^f^^t^n-  Slaubeuren  unb 
3änp,  2Biblingcn  unb  Oc^fen^aufcn,  nad^ 
Äomburg  in  granten,  naä)  gifc{)bacöau 
unb  Sct)cicrn,  ^rüfcning  unb  Snöborf  in 
Saiern,  nad^  bem  ^etcröberg  bei  ©rfurt, 
SRcinbarböbrunn,  ®ofc(f,  ^afungen  unb 
OJlagbcburg,  nad^  *Mbmont  in  Stciermarf, 
St.  qjaul  in  Ädrnt^cn.  Otto  üon  ©am» 
berg  führte  in  allen  feinen  .^löftern  bie 
^irfcöaucr  iRcgel  ein.  3)erfclben  iRic^tung 
gehörte  St.  Slaften  im  S^morjmalbe  an. 
^icr  mürbe  ^artmann,  früher  'Jßropfi  oon 
St.  9?icola  bei  (Paffau ,  beö  ©egenfönig* 
iRubolf  Kaplan,  ÜRönd^  unb  *Prior;  bann 
aber  1094  ?lbt  üon  ©ötmei^,  mo^in  er 
eine  Kolonie  ani  St.  931aficn  füt^rte,  unb 
balb  mürben  i^m  audf)  St.  ßambert  in 
SteiermarE,    Kempten,   St.   Ulri^    unb 


56 


CoUegia  mnsica  —  2)cutfcf). 


9lfra  in  Slugöburg  ancerttaur.  dlai) 
Ätcntämünficr  famcnüJiöndf)c  auö®ottc0au, 
einer  ^irfcf)auer  Kolonie  im  «Sprengel  t>on 
©pcier.  Söifc^of  Sßurc^arb  Pon  ©afel  aber 
unternjarf  1105,  eingebend  ber  alten 
^rcunbfd&aft  unb  innic(en  Sßerbinbung, 
hai  üon  i^m  gejliftete  ^lof!er  ©t.  5tlban 
bei  93afel  unmittelbar  bem  5tbtc  »on 
Slugnl)."  SBatten  bad),®ef(^id^t^quellen 
IV,  §  6. 

2>ie  Sluniacenfer  iWönctie  trennten  ftc^ 
nie  »öüig  üon  ben  alten  93enebiftinern, 
behielten  auc^  bie  fd)n)arjc  %xad)t.  %b' 
gcfe^en  »on  ben  jircngeren  Üiegeln  ber 
Kongregation  unterfc^iebcn  ftd)  ibrc  (Stif= 
tungen  baburc^  »on  ben  alten  nicfctrefor« 
mierten,  tia^  biefe  burd)  bie  näcf)ftfoIgen- 
ben  3a^i^f)"n^fi^t£  i^re  ©clbjlänbigfeit 
unb  ibre  93ebeutung  aU  9fietd^öfiänbe  be« 
»atjrten,  bie  möd^tigeren  unter  i^ncn  fo« 
gar  ju  (Reic^efürßen  würben,  wä^renb  bie 
reformierten  Älöfier  bem  S^arafter 
ber  fird)Iid^en  (Senoffenfc^aft  treuer  blieben. 
ÜWit  ben  Sifiercienfern,  bie  aucb  Senebif^ 
tiner  fein  wollten,  ober  ta^  ?5rinjip  bes 
geifili(f)en    91Rönd)ötumä    riet    einfeitiget 


barfieüten,  aui)  jur  weisen  Irad^t  über* 
gingen,  führten  bie  Sluniaccnfer  heftige 
^e^ben,  befonberä  Sern^arb  oon  Slair* 
Deauf  aU  ßifiercienfer  gegen  ben  iHbt  Don 
Slugnt),  (Pcter  ben  (S^rtnürbigen.  ®iebe 
g^inf  in  ©rfc^  unb  ©ruber,  Qtrt.  Sifier« 
cienfer. 

Collegia  Musica  Reifen  mufttalifc^e 
Qlfabemien,  bie  glcidijeitig  mit  ben  @pradb* 
genoffenfd^aften  unb  ben  ©ic^teröercinen 
nac^  italicnifd^em  ÜRujler  in  ber  erjicn 
^ätftc  beö  17.  ^a\)x\).  auftraten,  um  gc* 
meinfam  Drd^efiermufif  gu  üben.  ÜWan 
finbet  fotd^e  (Sefetlfc^aftcn  u.  o.  in  3üri^ 
1613,  in  @t.  ©aüen  1621,  Sffiintert^ur 
1629  gefiiftet.  S)ie  <2t.  ©aüifd^e  ©efeO* 
fcbaft  f)at  ftc^  unter  bem  Df^amen  „*MntIi|« 
gefeüfc^aft"  big  ^eute  erhalten  unb  fiet)t 
nocE)  im  ©eft^e  fämtlid^er  ^rotofoüe  unö 
anbcrcr  ©c^riften.  ©iel^e  ®ö|ingerg  Sit* 
teraturbciträgc  auä  ©t.  ©allen,  ©t.  ©aßen, 
1870. 

gotttmcitiiatio,  ftebe  5lbel. 

S^mfialum,  f.  ©lorfenfpiel. 

ß^^jcrtuein,  mbb.  klpper,  f.  aBein. 


D. 


3)aIt^Itf(]^C  bcutfdbc  93erfe  finb  juerji 
im  12.  ^ai)xt).  neben  anapäj!i[(f)en  in 
9fad;a^mung  lateinif^er  baftt)Iifcf)erS8erfe, 
leononifcfcer  .5>^?<i"ifter  ober  ©equcnjen 
oerfu(^t  h)orben,  unb  jwar  juerj!  in  gcifl= 
Iid)en  8eid)en;  boc^  waren  fie  bei  ben 
böftfc^en  ßprifern  Weber  befonberö  beliebt 
no^  gcfcbicft  gebanbfjabt.  3"  t)ie  Cpi^ifcfce 
©cf)ule  würben  SDaftpIu^  unb  *Mnapäfi 
bur(f)  99uct)ner  eingefübrt,  ber baftt)Iif($e 
33erfebc3Ü)Hnnefdngerö  Ulrich  oon  i3ie(4tcn= 
fiein  nad)af)mte.  „S)iefeä  9f{eimgefc&[ed)t", 
fagt  ©d)0tteliug  »om  2)atti)luö,  „ifi  cine^ 
eon  ben  ßicblidEifien  in  beutfd^er  ©prai^e, 
nicht  o^ne  (Ruhm  unb  Ulxi^  enblii  ^er^ 
toorgefuc^t  unb  richtig  nac^  eingcppanjeten 
natürlichen  ©rünben  unb  8ieb  =  leic^Iid^em 
Vermögen  teutf^er  ^auptfprac^e,  »on 
»ornel)mtn  *Poeten,  bocfe  anfänglich  non 
.^crrn  *Hugujio  Sßuc^nero  aufgebract)t  unb 
^crauägeftlmücfet".  93cfonberä  bie^egni^^ 
©d^äfer  tiatten  eine  bcfonbere  UJorliebe  für 
bie  beiben  IBer^arten. 

35amaft,    geblümte^   ©eibenjeug    oon 


©amaöfue,  auö  ital.  damasco,  fran^.  da- 
mas,  wirb  im  14,  ^af)ii).  juerft  erwähnt. 

plante,  mittellat.  domna,  ital.  dama 
unb  donna,  fran^.  dame,  ift  nacb  ©rimm 
wal)rfcf)einlicb  erjl  in  ber  jwciten  ^älfte 
beö  17.  3af)r^unbert«  bei  unä  eingeführt; 
im  ©implicifftmuä,  1669,  ijl  hai  2öort 
fc^on  geläufig. 

Dei  gratia,  oon  ©otteä  ©naben,  ifi 
äuerft  oon  $ipin-  in  feinen  2itel  aufge* 
nommen  worben.  I)ic  3ia(i)folger  betiicl« 
ten  ed  bei,  fpäter  nahmen  eö  anbere 
SBürbenträgcr,  wie  .^crjöge,  ©rafen  an. 

25cnar,  f.  üJJünje. 

Scutf^,  abb.  diutisk,  m^b.  diutisch, 
diutsch.  fränfifc^slateinifc^  theotiscas, 
ift  abgeleitet  oon  at)b.  ber  unb  taQ  diot 
u.  bie  diota,  got.  thiada,  altfäcf)ftfc^  tWod 
unb  thioda  =:  ißolt,  a3ol!«fiamm,  unb  be» 
beutet:  bem  23olfe  eigen,  oolf^mä^ig, 
9'lacf)bem  infolge  ber  SSölferWanberung  ber 
alte  ©efamtname  ber  ©ermanen  (ftet)e 
biefen  5lrt.)  oerloren  gegangen  war,  fam 
aümä^lic^,    juerfi    für    bie   ©pracf)c,  im 


S)eutf(f)c  iEeiter  —  SJicnflmannen^JRed)!^ 


57 


©egenfa^c  jum  ßatcin  bcr  Äird^c,  bcö 
SRcd^tcö  unb  ber  ^ö^crn  Silbung 
überhaupt,  bann  aui)  im  (Segen* 
fa^e  jum  JRomanifc^en  ber  9^ame 
beutfcf)  cuf;  man  finbet  baö  Sffiort  juerfi 
im  Sa^vc  788,  »on  ba  nod)  längere  3«'* 
feiten  gebraucht.  35er  gebräud)Iici)ere  S^^ame 
be«  33otfeö  [omo^t  alä  [einer  @pra(ä)c 
war^Tanfen  unb  fränfifdje  Sprache. 
JRed)t  in  9lufnaf)me  fam  ia^  SBort 
beutfcf  erfi  im  12.  3abr^.,  unb  ättjar  ju* 
erfi  in  S^Jicberbcutfc^Ianb;  benn  im  ^tt* 
franjöftfcften  unterfc^ieb  man  Alemant  unb 
Tyois  aU  Ober*  unö  Sfileberbcutfc^ ,  «ic 
nod^  beute  bei  ben  (Jnglänbcrn  Dutch 
ein  ^oüänber  ijl;  tai  franj.  Tyois  [d^eint 
aud)  bie  im  ^i)t.  oft  üorfommenbe 
©c^reibung  be^  Sßorteö  mit  t:  tintsch 
üeranla^t  ju  ^aben.  2>ic  nl)b.  Sdjreibung 
mit  t  l)Qt  feinen  @inn.  S)aö  SBort  ©eutfcf)* 
lanb  fommt  juerft  im  12.  unb  13.3abrl). 
»or ;  im  1 6.  jeigt  eö  ftc^  tidupger.  ®  r  i  m  m , 
©rammatif,  *8b.  1  ber  3.  »aufläge,  ©citc 
10—20. 

2)cutf^c  JRciter  fiei^t  eine  Qlrt  ber 
^Reiterei,  bie  ein  fflJittelbing  jtrifd^en  Äü« 
raffteren  unb  5trEebufteren  war  unb  ftd) 
lüä^rcnb  ber  fcfemalSabifd^cn  Äriegc  bcrauö* 
bilbete.  ®ie  beiden  auc^  JRingerpferbe, 
roeil  fie  geringere,  b.  l).  Ieid)tere  iPferbe 
ritten,  ©tatt  ber  öcrfc^lie^aren  ^ehnc 
trugen  fte  offene  (Sifenbüte,  fiatt  beö  ^an* 
jcr^  bequeme  58ruflbarnifcf)e  ober  blog 
ßcberfoücr  mit  ^al^berge.  2Beil  fte  hui 
(Sifenjeug  fcf)tt)arj  anjuftreic^en  pflegten, 
{)ie§en  fte  aud)  „bie  ©djWarjen".  %li 
^Ingrifföroaffen  bleuten  ©djrtiert  unb 
^auftro^r.  Jt^rc  g^ec^tttieife,  ganj  na^e  an 
ben^einb  ju  traben,  iai  Üio^r  abjufc()ie§en 
unb  bie  ^ferbe  fofort  binter  ben  Raufen 
prüdf  juJrerfcn ,  »abrenb  bie  näd)fien 
©lieber  immer  iricber  folgten, f)ie^  3t at« 
tcruieiätummeln  (Xummeln  nad)  dlat-- 
tcrnart),  Saracoliercn  ober  jgsarce« 
lieren.  3"  if)ren  SRei[;en  entmidelte  ftd) 
jum  erftenmal  ein  fananerijitfi^er  ®eifi 
im  mobernen  ©inne.  '^hitn  ^auptfc^au* 
pla^  fanbcn  fte  in  J^ranfreic^,  wo  bie 
„reitres"  in  ben  Hugenotten  *  Kriegen 
berühmt  unb  gefürchtet  mürben.  SDurd) 
bie  beutfcfeen  JRciter  würbe  bie  uralte 
IReiterlanje  auf  er  Äurö  gefefet.  3«^"^» 
1215. 

3)eutf(!^Öcrretiorbcn,  f.  SRitterorben. 

2)it||tcr.  einen  ©tanb  ber  SDic^tcr 
ober  ©änget  ^at  e^  bei  ben  2)cutfdben  nie 
gegeben;  bie  SWänner,  bie  r>oräüglid)  mit 
ber   Äunft    begabt    waren   unb    bea^alf' 


Dic^iten  unb  ©ingen  wie  einen  93cruf 
ausübten,  t)ic§  man  scof,  b.  i.  ben 
©d^affenben  wie  gricd^.  noir]rris  öon 
noielv,  fd)affen,  ober  in  93ejug  auf  ben 
Vortrag  ben©änger.  2)aö  erfterc  SZBort 
teilt  'iiüi  ©d)icffal  bcä  alten  aüitterierenbcn 
epoö,  erhalt  ftd)  ahn  oercinjclt  in  ®\o\' 
fen  unb  Äompofttionen  nod)  biö  inö  13. 
3at)rl)unbert:  salmscoph=  psalmista, 
leodscaffo  r=r  carminnm  conditor, 
scofleod  u.  winileod,  scopfsang, 
das  schof  =  Srbic^tung;  schophlich, 
bicfcterifd),  erbic^tet;  schopf-bnoch  = 
®ebid)tbud);  schophen  =  bid)ten. 
2)er  anbere  3?ame  ©önger  erhält  ftc^  bi^ 
ju  ben  S)Jinneftngern  unb  SOieij^erftngern, 
bie  aucb  S)ic^ter  finb.  'S)\t  Ijöftfc^e  ©id^t« 
fünft  crmangelt  eine^  gleid)mä'^ig  »erbrei« 
teten  JJamenci  für  ben  allgemeinen  Segriff 
beiS  2)id)terö ;  ibre  Sbätigfeit  ^d^i  singen 
ober  singen  nnd  sagen,  le^terc  jwei  ur* 
fprünglid)  ber  3iame  für  ba^  jDid)ten 
überhaupt  nacb  ^orm  (singen)  unb  3»^<itt 
(sagen),  fpöter  ber  2(u^brucf  für  bie  bei- 
ben  au^einanber  gegangenen  formen  bet 
epif  unb  eprif.  3)ie  fiprifer  biegen  bann 
senger  ober  singaere,  bie  dpifer  tihtaere, 
üon  tihten,  auß  lat.  dictare  =  jum 
9tacbfd)reiben  »orfagen,  nieberfd)reiben 
laffen ,  oorfagenb  anfertigen ;  benn  ber 
epifcbe  I)id)tcr  be^  SOf^itteklterä  fonnte  ge* 
meiniglicb  nic^t  f(^reiben,  er  bittierte; 
mit  ber  3^*^  gingen  beibe  SBörtcr,  tihten 
unb  tihtaere  in  bie  eblerc  Sebeutung 
be^  (Srftnnen^,  ^tnorbnenö,  förbenfenö, 
Otad^benfenä ,  ©innen«  unb  Eünfilerifc^en 
©d)affenö  über;  bod)  wiegt  baöSBerbnocb 
nor,  tihtaere  ijl;  feltener,  unb  nod^  bi^ 
in^  16. 3at)rl).  behalt  e«  .uigleic^  t>ic  alte  ©e* 
beutung  be^  93crfafferö  einer  nid)tpoetifcben 
©cbrift  bei.  SJiebcn  biefem  Söort  erf^eint 
oft  meister,  b.  i.  berjenige  ber  ea  nerjtebt, 
fet^  aB  ®egenfa^  ju  bem,  ber  e«  nid)t  eerjtebt, 
feiö  aU  ©brenname  be«  5Did>ter«  auä 
bürgerlicbcm  ©tanbc ,  j.  23.  meister 
©ottfrieb  üon  ©trafburg,  gegen* 
über  bcm  abiigen  2)icbter ,  beffcn 
2;itcl  herr  ifl.  @rft  bie  JRenaiffance 
bat  ben  Dramen  S)id)ter  alö  gleid)bebeu* 
tenb  mit  poeta  allgemein  gemacht;  bodb 
nennen  Dpi0,  (ad)otteI  u.  a.  ben 
2)icbter  nodb  regelmäßig  $oet,  feine 
Äunft  S)id)tfunfi  ober  '^Joeterei. 

2)knÖtag,  f.  a[Bod)entage. 

S)tenftraonn,  f.  S[>Jinifteriat. 

2)ienftmannen=9ic(^te.  5Da  baö  93cr* 
bältniä  bc«  I)icn)tmanne^ ,  SDtinifterialcn, 
;;um  2)ienfiberrn  ein  wefcntlicb  perföniic^e^ 


58 


Dies  irea  dies  illa  —  jDing,  thing. 


war,  fehlte  eö  an  !Rc(i)t0queIIcn,  »el^e  für 
bic  SWinificrtalen  beö  ©efamtreid^eö  gleicb^ 
mäßige  *|Bnnjipien  ent()ieUen.  3)ic  SRedite^ 
bü^cr  fprec^en  bcöfialb  fafi  nie  uon  ben 
Dienjileutcn.  2)a^cr  fam  eö,  ba§  im  12. 
3at)rt)unb<>rt  bcfonberö  in  geifilic^en  ^crt= 
tc^aften  tai  ©ebürfni^  entj^anb,  bic  gegen« 
fettigen  SRed^te  unb  *Pf[icf)tcn  ber  SO'iinifie' 
lialcn  ju  Perbiiefen;  es  gef^af)  unter  TliU 
»irfung  ber  2}linifterialcn  felbft,  äbnlid) 
wie  bei  ben  Öffnungen.  S)icfe  5tufjetd)5 
nungen  bejief)en  ficE)  auf  bie  2)ienßppict)t, 
hau  6rbrect)t,  bic33erpf[id)tungen  beö  Ferren 
ju  einjelncn  ßeifiungen,  mancftmat  auc^ 
auf  bie  fonjligen  Jßermögenäöerfialtniffe, 
jjamilicnre^t,  ^roje^  unb  Strafrec^t.  Sie 
ifobm  meifi  nur  geringen  Umfang.  jDie 
nnc^tigflen  ftnb  baö  Sambcrger,  Äöl« 
ncr,  i>üi  Sifc&ofö«  unb  ©tenßman' 
nenrecf)t  ju  Sa  fei  Cf)erauägegcben  »on 
SB.  SBocfernagcI) ,  bie  Leges  feudales 
Teklenburgicae,  ia^  SBotmfer  S)ienft= 
red^t.  ©tobbe,  Diec^töqucüen,  I,  579. 

Dies  irae  dies  illa,  bie  bekannte  ©e» 
quenj  auf  ben  5tl(erfeelentag ,  tt)irb  je^t 
meiji  bem  Zijomai  »on  Selano,  einem 
graniiiefaner  au*  Selano  in  ben  5tbruäjen 
jugefdbrieben;  biefer  lebte  um  1250  unb 
|ielt  fic^  längere  3«it  '"  ^öln  auf.  Q.i 
giebt  brei  Steyte  biefeö  iöiebeö  unb  unjä^« 
lige  Überfe^ungm  in«  2)cutf(f)e. 

2)tetn(^  üon  33crn  iji  ber  bcliebtcfie 
^elb  ber  beutf(^en  Soü^fage  im  ÜJJittel- 
alter.  @ein  @cf)idfat  liegt  in  folgeubcn 
3ügcn:  2(uf  5lnfiiften  beö  ungetreuen 
Matcä  @ibic^  »ertreibt  ber  Äönig  ©r« 
mcnric^  t>on  (Rom  feinen  9ieffcn  2)ictri(^ 
auö  Sein;  biefer  f[üd)tet  an  S^eU,  beö 
^unnenfönigö,  ^of,  mo  i^n  u.  a.  i>a9 
SWibelungenlicb  üorfinbet.  6^el  giebt  if)m 
barauf  ein  pax  mit,  fein  ßanb  lieber  ju 
erobern;  mit  beffen  ^itfe  bepegt  er  bn« 
^cer  ßrmcnrid)*  in  ber  iRabenf c^lad) t 
(©c^Iad)t  bei  SRawenna)  unb  gewinnt  fein 
3fleid^  mieber.  Die  erhaltenen  2)ic^tungen, 
bic  ftc^  an  bie  «Sdjicffalc  biefe«  |>elbcn 
anfc^lic§en,  jtnb  baö  altbcutfd^c  aüitterics 
renbe  ^ilbebronbölieb,  in  mitteI|od)= 
beutfcf)er  @pract)c  bie  unftrop^ifd)en  ©ebictte 
Sitcrolf  unb  3)tctleib  üom  23eifaf[er 
ber  iRibelungcn  Älagc,  erjäf)It  einen  grofen 
lurnicrfampf  2tttilag  unb  ber  ©einen, 
5Dietrid)  Doran ,  um  1225  gefc^riebcn; 
©ictrid)  unb  SBcne^Ian,  ein  Srud)« 
fiücf,  tai  ben  3rt)eiEampf  mit  bem  dolens 
fönig  aöenejlan  etjii^It;  2)ictridE)ö 
5l^ncn  unb  5tucf)t  ober  daz  buoch 
von    Berne   üon   ^einric^    bem  Sogler, 


unb  ßuarin  ober  ber  tlcine  Ctofcn« 
garten.  ©trop^ifdjc  25ic^tungen  ftnb: 
5llp^art«  Zoit,  ber  gro§e  iRofen* 
garten,  bieSRabcnfcfilacfet,  «Sigenot, 
ecfe,®otbemar,  35ietri(^ö5Drad^cn« 
fämpfe,  (S^cU  ^offialtung. 

25ie  föntjiebung  unb  93ebeutung  bct 
2)ietric^öfage  unterliegt  ben  manigfaltigßcn, 
jum  steil  rt)iberfpred^etibften  2lnjt^ten. 
S)er  S'iame  S)ietri($,  ber  Ort,  wo  bic 
Sage  fpielt,  Scrona ,  (Rat;enna,  (Rom, 
liefen  eä  frülicr  a\i  fclbfiöerfiänblid^  er« 
fd)einen,  ba§  ber  ^elb  ber  Sage  ni(f)tö 
anbereö  als  tai  epifc^c  93ilb  beö  DPgoten* 
fönigö  3;f)eoberid)  beö  ®ro§en  fei;  »er* 
glei(|t  man  jebod)  ben  ßebcn8int)alt  beibet 
S)ietrid)e,  fo  fiimmt  ni^tö  miteinanber 
überein,  unb  man  fam  beö^alb  ju  ber  lln* 
ftd)t,  bic  Sage  fei  älter  alö  ber  ^ifiorifc^c 
Ootenfönig;  »obei  bann  eine  jWeite  %raQt 
ftc^  aufbrängte:  ij!  in  bicfem  gaüc  bic 
@age  bcnnod^  ^iftorif(^,  obei:  ip  fie 
mpt^if^  ?  S)a«  legiere  fänbe  barin  einen 
^alt,  ta^  mit  ber  S)ictri(^fage  bie  m\)t\)i\ä)t 
Söiclanböfagc  burc^  beffen  @o^n  SOBittig, 
tiroler  S^iergfagen,  ber  9!Ri)t^uö  »om  gc* 
treuen  (Scffiart  unb  3üge  beö  alten  5Don« 
nergotteö  »erbunben  ftnb.  Stimmen  übri» 
genö  bie  ßebenöfcf)i(ffafe  ber  beiben  2)icts 
ric^c  nic^t  miteinanber  überein,  fo  fcbeint  bie 
allgemeine  Sebeutung,  baö  itnfe^en, 
baö  ber  bijiorifc^e  S)ietric^  geno§,um  fo  e^ct 
in  ber  Sage  jt^  mieberjufpicgeln ,  Wenn 
man  annimmt,  bicfelbe  fei  bei  ben  Äle« 
mannen  auögcbilbet  worben ;  bie  5llcmannen 
»erbanften  I^eobcridf)  bie  @cf)onung,  mit 
welcher  bic  ^ranfen  fie  befjanbcln  mußten ; 
33rcifad^,  wo  bic  ©agc  ooii  ben  ^arlungen 
fpielt,  liegt  in  5llemannien,  unb  an  »ielen 
Orten  6(|wabenö  wirb  25ietrid)  alö  Scs 
fämpfer  fct)äbliä)er  Ungel)cuer  genannt, 
wie  benn  auc^  eine  ÜRenge  Ortönamcn 
feinen  9?amen  tragen.  Äarl  ÜRcpcr,  tie 
S)ietrict)fage  in  i|rcr  gcfcf)ic^tlic^en  ®nt» 
wirfelung.    Safel  1868. 

2)xng,  thing  =  ®cric^t.  A.  3n  ger* 
manif^er  3eit.  2)er  ÜRittclpunft  beö 
paatli(^en  Öcbcnö  bei  ben  I)eutfd)cn  war  bic 
(ßerfammlung  beö  (ßolfeö,  fowo^l  ber  ©c* 
fomt^cit  alö  ber  einjelncn  5lbteilungen,  in 
bic  eine  (öölfcrfc^aft  jcrpcl:  35örfcr,  ^un* 
berte,  ®aue.  3cbe  biefer  (ßerfammlungcn 
bie  ber  Dörfer  auögcnommcn,  war  jugleic!^ 
(Seric^t,  b.  i).  Serfammlungcn,  in  welchen 
alle  bffentlid)cn  5lngclcgenbeiten  ber  (Warf, 
beö  ®aueö  unb  ber  öanbfc^aft  jur  «Sprache 
famen,  alle  ^^'"l^ftiten  beö  unfircitigcn 
(Re(f)tö  »orgenommen,  enblic^  au^  3tt'iPig* 


®inc<,  thing. 


59 


feiten  beurteilt  unb  93u§en  erfonnt  hjuts 
ben.  Sei  ben  meijien  ©tämmen  ^ie§en 
bicfc  ißerfammlungeu  thing,  ding, 
t)aupt[äd&lic^  bei  ben  ^ranfen  mall,  bei 
ben  ^Ingelfadjfcn  gemöt,  engl,  meet, 
meeting,  bei  ben  ^^i^icfen  warf,  alle  biefe 
Flamen  pon  ber  Sebeutung  ber  iB  crbanb  = 
(ung,  23efpred)ung. 

lacituä,  Genn.  11  u.  19,  Id^t  nur 
bic  g  r  0  ^  c  93olf0oerfammlung  al^  tt)al)re 
35olföüetfammIung ,  conciliom ,  gelten, 
bie  ber  ^unbcrtc  erfd)einen  ii)m 
aU  ®ert(f)t.  Sie  fanben,  fleinerc  wie 
größere,  bei  9?eu5  unb  iDoünionb  fiatt. 
5110  fpdtere  @itte  erfd)eint,  ba§  bie  ^un= 
bcrte  aüroöc^entlic^ ,  alle  üierje^n  läge 
ober  aüc  ÜJlonatc  jufammenfamen.  Söer^ 
fäumniö  ber  ©erid^täncrfammlung  njurbe 
bei  einzelnen  ©tdmmen  mit  93ufe  bebrobt. 
51u^erorbentli($c  !Berfammlungen  würben 
üertünbet  bur^  5tnjünbcn  ton  g^u^'^"' 
burd^  ^erumfd)i(fen  eine«  ©tocfeö  ober 
^feile^.  Tlan  nerfammclte  fxä)  unter 
freiem  ^immel ,  auf  ^In^öbcn  ober  in 
|)ainen,  wof)!  üorjugötteife  in  ber  Diäbc 
ber  ©tdttcn,  fto  bic  @öttcr  ücre{)rt  njur» 
ben.  ^it>i  ^unberte,  tttie  fct)on  jebeö  2)orf, 
^atte  o^nc  3^2*f^t  ^^^^  regelmäßige  aSer* 
fammlung^ftdttc.  2Ber  tciluabm,  crfc^icn 
bertjaffnct,  JRccf)t  unb  3eic^cn  ber  ^^c^^fi*^ 
SRur  bie  ^ufenbefi^er  ftnb,  n)enigftenö  fpd; 
ter,  bic  »oüberedbtigtcn  ÜJiitgtieber  ber  ®e^ 
meinbc,  bie  jur  leilna^mc  am  Urteil  be= 
rufenen.  Ulai)  lacituö  [aßen  bie  SBoIf'f: 
genoffen  bei  ber  iBerfammlung,  fpdter  jlanb 
bie  2)?engc  um  ben  für  bie  ft^enben  ißor= 
fte^er  abgegrcnjtcn  iRaum,  fte  f^tug  ben 
ding,  h)ie  man  ju  [agen  pflegte.  2)ie 
Scrfammlung  hjurbe  niä)t  ju  beftimmter 
3cit,  aber  feierlich  eröffnet.  Sic  *Pticfier 
geboten  ©c^meigcn  unb  ben  2f)ingfrieben, 
über  ben  fre  ju  ma(i)en  ^abcn.  3)er  Äönig 
ober  gürfi  trägt  bie  @ac^c  cor,  um  bie 
eö  ficf)  f)anbelt.  6ine  tücitldufige  a3crl)anbs 
lung  pnbet  ni(f)t  fiatt,  aud^  ju  einer  form* 
Ii(f)€n  5lbfiimmung  (^reitet  man  ni(i)t. 
2)ic  ÜJ^engc  gab  i^ren  ®eifatt  burc^  S^ivf 
ober  3"fammcnfd)lagen  ber  SBaffen  funb; 
tt)aä  mi^n«l»  »errt)arf  fic  mit  unmiüigem 
SWurren.  2)ie  befonbercn  ®cfct)äfte  maren 
SGßaf)l  ber  dürften,  (Srl)ebung  cineö  ^cr= 
jog* ,  2Bef)rf)aftma(^ung  ber  Jünglinge, 
^reilaffung,  Soöfagung  non  ber  Familie, 
in  cinjclnen  j^dücn  iBcrIobung  unb  Scr* 
mdl)Iung,  Übertragung  non  ßanb.  5inge= 
meine  aBcfdblüffc  über  Äricg  unb  ^^tifben, 
SBünbniffe  unb  Verträge  fönnen  nur  auf 
ben    allgemeinen   Serfammlungen    gefaßt 


fein.  3n  bie  gcridbtlicf)en  a5erl)dltniffe 
teilten  ft(fi  ßanbf^aft  unb  ^unbertc. 
®cf)tt)ercre,  öffentlicf)c  ^erbre<ten,  bic  mit 
ßcbeneftrafc  bebrotjt  maren,  famcn  an  bie 
Sanbeöoerfammlung.  Sonfi  war  bie  |)uns 
bcrte  aU  ®eti(f)t  tt)dtig;  bie  @rf)lic^tung 
oon  ©treitigfeiten,  tai  Urteil  über  ißera 
Ic^ung  beö  einjelncn  erfolgte  regelmäßig 
f)icr.  Überall  gilt  bei  ben  ®ermancn, 
ta^  bic  »erfammeltc  ©cmeinbc  urteilt, 
baö  SRed)t  meift,  bic  ©ntfc^eibung  trifft, 
wdl)renb  ber  9flidbtcr  bie  ßeitung  beä  ®e« 
ric^tö,  bic  5tu«fül)rung  bes  Urteilt  unb 
maä  weiter  jur  ©id^erung  be«  5{ed)t0  ge* 
f)ört  in  .^dnben  ^at.  33ieQeict)t  gab  c^ 
SWänner,  welche  aU  bcfonber^  bc^  iRcd)tc^ 
funbig  über  baöfelbe  33elcbrung  ju  geben 
Ratten,  bie  alten  Formeln  unb  33ußefä|e 
bcrfclben  bewahrten.  93ie[lci(i)t  mar  eine 
fold^e  Stellung  manchmal  mit  ber  dc^ 
SBorjlel)er^  ber  ^unbcrtc,  in  älterer  3^1* 
mit  ber   beö  55i^i«j^«i^*  verbunbcn  gemcfcn, 

3)a^  ßanbe^tl)ing  war  au^  baä  San» 
b  c  ö  b  c  £  IC  f  bem  9?amen  fowobl  alö  bem 
aOßefcn  nad).  2)ie  IBerfammlung ,  bic  ben 
,^rieg  bef^Ioß,  führte  ibn  aud),  brac^  un* 
mittelbar  jum  ^^^l^ä^S  «"f- 

ÜJlit  ber  Stuöbilbung  größerer  9tcid)e 
dnbcrn  ftd)  bic  urfprünglic^en  3uP<inbc 
üiclfa^.  ©aö  ßanbcätbing  wirb  unmög* 
lid) ;  an  feine  ©teile  tritt  jum  Seil  iiai 
aWdrjfelb,  ftc^e  ben  *Mrt.  Campus  Martins, 
dagegen  bleiben  bie  ®erid)t(^oerfammlun* 
gen  ber  ^unbertc  in  Sefianb. 

B.  3"  ^^^  mcrowingif^cn 
3  c  i  t.  35ie  23erfammlungen  ber  |>unbcrtc 
gingen  wefcntlid^  unncrdnbcrt  au^  ber 
diteften  3eit  in  bie  merowingif<$c  l)inübcr. 
S)er  regelmäßige  leimin  War  ein  oierjelin« 
tdgiger,  ber  gewö^nlict)c  ®cricbtÄtag  t>on 
211ter«  ^er ,  wabrfc^cinlid)  feit  t)eibnifdbct 
3cit,  ber  2)ien«tag.  Sei  tin  *Hlemanncn 
fanb  ba«  ®cri(^t  ftatt  i3or  bem  ©rafen 
unb  bem  Scntcnar,  welcher  in  biefcm  ^aö 
auc^  judex  beißt,  bei  ben  33aicrn  ttot 
bem  ©rafen  unb,  ba  bic  93aiern  ben  Gens 
tcnav  ni^t  fanntcn,  oor  einem  wie  ti 
fdictnt  burcf)  Sölitwirfung  be«  SBolEeö  bc* 
fieüten  judex ;  in  bciben  ©tdmmen  battc 
ber  Sentenar  ober  judex  bie  ©ac^c,  um 
bic  ti  f\i)  l)anbcltc,  ju  unterfudbcn,  et 
cntf(i)ieb ,  ob  fte  jum  Urteil  reif  unb 
fertig  war,  gab  an,  toai  iai  ®efc^  übet 
ben  Dorliegenben  ^all  bcjiimmtc,  unb  ging 
mit  feinem  51uöfprudf)  ber  ©cmcinbc  t>or« 
an.  6r  erf(i)cint  fo  aU  Vertreter  unb 
Organ  bc«  !Bolf«t,  baö  jum  leil  burd^ 
i^n  feinen  Sinfluß  auf  bic  Oficc^töwcifung 


60 


©ing,  thing. 


übt.    S>et  ®raf  iji  an»vcfenb,  ttjeil  er  bcr 

Strägcr  bcö  f  öniglid^cn  93Iutbannc5  ifl.  Sei 
ben  granfen  giebt  eö  außer  iljm  feinen 
anbern  SRid)ter.  S)cinef»en  n.tiU-  aber,  wie 
früher  immer,  bie  93er[ammlung  ber  freien 
©runbbefi^er  gegentt)ärtig,  um  iai  $Rc(I)t 
lü  fpted^en.  SDef  ®raf  [a§  auf  einem  er» 
^ö^tcn  ^Jla^c,  ein  neben  i^m  aufgebängter 
©cbilb  bezeichnete  bie  -Regung  be«  ®erici)tö. 
(Regelmäßig  ifi  aud)  ein  ©l)reiber  gegen* 
märtig.  2)ie  SBerfammlung  fanb  unter 
freiem  ^immcl  an  ber  befiimmten  (Se* 
rid)täftätte  fiatt.  ©ie  bauert  biö  ©onncn* 
Untergang.  SDie  Öabung  ergebt  fom  Älä* 
gcr  felbfi.  2)aö  ^rinjip  bcr  Vertretung 
ijl  fd)on  meit  gebietien,  junäd))!  natürli^ 
in  (Jiüilfa^en. '©ibcf^bctfer,  ®ot« 
t  e  ö  u  r  t  c  i  I  unb  3ttieifampf  (fie^e  bie 
bcfonberen  5trtifel)  behaupten  if)ren  5pia|. 
©rötere  93erfammlungen  aU  biejenigen 
ber  |)unbertfd)nften ,  eigentliche  ©auner* 
fammlungen,  gab  eä  in  meromingifc^er 
3eit  nicbt  me^r.  dagegen  finbet  man  in 
biefer  '^eriobe  ßanbeeiDerfammlungcn  ber 
alemannifd)en  unb  bairifdien  ©efamt^eit, 
wobei  bie  wcltli(^en  unb  geifilicben  ®ro§en 
ficft  um  ben  |)erjog  jufammenfd)arten  unb 
freie  Söotf^genoffen  ftd)  fonft  einfinben 
mod)ten;  biefe  ßanbtage  mürben  mie 
bie  großen  Ü}Jarjfelbcr  im  SDiärj  abgef)al« 
tcn  unb  maren,  waü  in  bem  Söefen  atlet 
bcutfd^en  Serfammlungen  liegt,  immer  gu« 
glci(^  ®erid)tc. 

C.  Ä  a  r  0  l  i  n  g  i  f  d)  e  3  e  i  t.  SDie 
3:eilna{)me  am  ©eri^t,  früher  ein  JRed)t 
unb  eine  (S^re  beö  freien,  mirb  allmä^lid) 
aU  ßaft  empfunbcn,  ber  man  fid^  ju  ent; 
gießen  fudit;  bie  S^if)!  ^«  cotibercdjtigtcn 
freien  l)at  abgenommen,  ein  Seil  ber[el= 
ben  unb  namentlid)  bie  ®rafcn,  bie  buvcb 
i^re  militärifd)e  ©emalt  ber  gcric^tUd)cn 
oft  entzogen  merben,  liegen  brausen  im 
gelbe.  2)arauä  ergeben  ftd)  folgenbe  33er= 
änberungen  im  ®eric^tömefcn :  ®eri(^tö:: 
»erfammlungen  beö  ganjen  ®aueä  foüten 
jät)rlid^  bloß  jmei  bi«  brei  ftattfinben,  uon 
je^t  an  unter  einer  ta^n  bergefteUtcn  ©e= 
ba^ung,  einem  förmlichen  ®erid)t0l)au«, 
nie  in  ber  Äirc^e.  (Sine  größere  Qaljl 
»on  Teilnehmern  mürbe  fi^on  baburd) 
auögcfc^loffen.  SJJiemanb  foU  bier  bcmaff» 
net  mit  fianje  unb  ®d)ilb  —  ta^  ©d^mert 
blieb  gemattet—  ftd)  einfinben.  ®erid)t0^ 
unb  ^jcerocrfammlung  fallen  alfo  nic^t 
mcbr  jufammen.  I)ic  in  fürjeren,  rner= 
zehntägigen  Triften  abjuf)altenben  ©eric^te 
werben  »on  einem  ^bgeorbncten  (missus) 
ober  »om  (Sentenar  abgef)alten;  fol^e  ®es 


ridbtc  urteilen  nur  über  geringere  ©ac^en ; 
über  ßebcn,  ^^rci^eit  unb  Eigentum  ent= 
fdbeibet  ta6  ©rafengeric^t,  jebod)  o^ne  ge* 
fe|li^  befiimmte  Äompetenjauäfc^eibung; 
benn  immer  nocb  erfc^eint  ber  ©raf  al^ 
bcr  orbcntlic^c  ^iä)ttx;  bcr  "Vicarius  ober 
Centenarins  fungiert  nur  in  Vertretung 
bee  ©rafen.  SDie  3a^l  ber  ©crif^t^tage 
möglic^ft  ^u  befd)ränfcn,  iji  ©treben  ber 
farolin9ifd)en  ©cfcfegebung ;  ebenfo  foü  gu 
anbcren  ®eri(ftten  alö  ju  ben  brei  allge= 
meinen  niemanb  geloben  werben,  als  wer 
etwaä  babei  ju  »crrid)tcn  i)at.  Q\xi  ^tX' 
ficllung  eine^  einfachem  unb  fürjcrn,  an 
ber  ©teile  bcei  alten  unb  förmlichem  2)er« 
fabrenö  würbe  auc^  befiimmt:  wer  nad) 
bcr  jwcitcn  Slufforberung  auäblieb,  beffen 
Vermögen  foüte  mit  bem  33  a  n  n  belegt 
Werben.  S)ic  23uße  für  Verfäumni^  fiel 
nicit  me^r  wie  frübcr  an  bie  ®egenpartci, 
fonbetn  an  ben  Beamten. 

Tlit  bem  allen  ftet)t  im  3ufammcn^ang, 
baß  bejiimmte  ^crfonen  für  bie  Urteil* 
finbung  bejeid[)net  unb  jur  regelmäßigen 
\Mnwefen{)cit  im  ®cric^t  nerpflidbtet  wur* 
ben,  fic  bfißf"  ©fabinen  ober  ©cböf« 
fcn,  üon  ai)h.  scafan,  n^b.  schaffen  in 
ber  Sebeutung:  Oicc^t  fprecben;  ber  ^ami 
crfd)eint  balb  nac^  bem  Vcginn  bcr  ^err* 
fc^afi  Äarlö  b.  ®r.  6ö  ftnb  angcfel)cne 
SJännet  mit  freiem  ®runbbcrt^ ,  beren 
Qluöwal)l  unter  ÜJJifwirfung  bee  ®rafcn 
unb  beö  Volfcö  erfolgte,  ©ie  würben 
t>ereibigt  unb  fonnten  nur  wegen  Unwür* 
bigfeit  entfernt  werben,  ^n  Stauen  wa* 
ren  eä  oft  ®cijilicbe.  S)ie  ©fabinen  ge» 
l)örcn  bem  ©au ,  nid)t  ber  .^unbcrtfd^aft 
an.  2Bie  »icl  ©fabinen  jebcr  ©raf  ^atte, 
iji  nicbt  auägemittelt;  im  ©crid)t  follten 
regelmäßig  fteben  anwcfcnb  fein. 

3n  ber  farolingifcben  *Petiobc  \)at  aber 
aud)  fc^on  bie  3ttfplittcrung  bc«  ©erlebte* 
wefen^  begonnen,  baburd),  ia%  neben  ben 
gewö^nlid)cn  ©rafengeri(itcn  bie  gciji« 
iid)en  ©eridbtc  ftci)  auöbebnten,  befon= 
berc  w  e  1 1 1  i  d)  c  ®  c  r  i  c^  t  c  auf  ben  ®ütern 
bcr  ®rafen  entftanben  unb  ein  bcfonbcrc« 
föniglic^eö  ®cridbt  »orbanben  war. 

D.  3)ie  3«it  ^«*  ßcbn^wefen«. 
2)ie  im  Saufe  biefer  *Periobe  cor  ftd^ 
gebenbc  ?luftöfung  bcö  SRcicbeö  in  eine 
^ciljc  öcrfd)iebcnartiger  ®cwalten  unb 
.^errfd)aften  jcrfplittert  aucb  tai  ®crid^t0» 
wefen,  unb  ee  bilben  ftdb  je^t  bie  befon« 
beren  ®eri($tc:  tau  föniglidbe,  ^of« 
ober  ^f  al jgeric^t,  bie  l)erjoglidben 
®eric^te,  bie  gräflichen  ®C' 
rid^te,    bie  !öogteigeti(^te,   ^ofge» 


Diocletianus  —  Diptpcf)?». 


61 


ri(i)te,  (Scric^te  t>on  Unterbeamtcn, 

«StabtgcviAte.  35ie  otbentli^c  ®c= 
rid^t^brtrfeit  i\i  aber  forttüä^renb  bic  gräf« 
Iicf)c,  [clbft  ber  ■^erjog  wirb  al^  iRi^ter 
ju  bcn  Orafen  gerechnet. 

2>aö  e(^te  2)iiig,  b.  i.  ba^  alte  ®ra* 
fengcridjt ,  n)irb  in  bergebradjtcr  2ßeife 
brcimal  im  '^ai)i  abgehalten,  eö  f)ei^t  baö 
jdbtlii^e,  baö  allgemein  c,  baäge  = 
meine,  ba'g  gro^c  ober  oolte  ®ericf)t, 
[pöter  8anbgerict)t,  ßanbbing,  bai 
Ungebotcnbing  ober  and)  tai  Sot* 
bing.  Qlu§er  bem  ®rafen  fonnten  ein 
folcbc«  2)ing  ber  ^erjog,  ber  ©teürertreter 
beö  ©rafen,  53ögte  mit  grafUcf)em  SRed^tc, 
S)ing»ögte,  unter  Umftänben  ©ciftlic^e 
ober  mcr  fonfi  in  ben  33efi^  biefe«  SRed)^ 
teö  gefommen  toar,  abf)alten.  £)ie  3«** 
wax  pupg  ein  für  aüemat  beftimmt,  an 
ben  bo|cn  fircbli(J)en  ^eften ,  ffieibnadbt, 
Dficm  unb  *Pfingfien  ober  S)reifönige, 
ÜRontag  nac^  bem  tneifen  Sonntag  unb 
9Wai,  ober  jtreimal  jur  ßeit  bcö  ©rafeä, 
einmal  bcd  J^cueö.  3nn«^«l£'  ^^^  ®raf= 
fd^aft  fanben  fid)  regelmäßig  »erfc^iebenc 
©erid^töjlätten,  meifi  ,^mei  ober  brei,  mancb= 
mal  nur  eine.  9?od)  immer  würbe  nic^t 
feiten  in  aller  iffleife  unter  freiem  |iimmel 
getagt,  in  einem  SBalbc,  auf  einem 
|>ügel,  einem  ilir(^l)of,  an  einer  ©rücfe, 
einem  t^tuf,  bo^  auc6  in  großen  Orten 
unb  ©tobten.  «Jltlc  ^reie  ber  ®raffcl)aft 
waren  bingpftid^tig ,  fpater  ^aben  aud^ 
SDliniflcrialen  teilgenommen.  Urtciler  ftnb 
bie  ®d)  offen,  »oüfreie  Scanner,  auö 
angefel)cnen  (Sefd^le^tern,  lebenölänglicf), 
pieQei*t  felbfi  erblicb.  Sffier  ftc  ernannte, 
ifi  nid)t  beutlicE).  2>ie  ^ompetenj  ber 
®rafengerid)te  bleibt  im  aUgenieinen  bie 
alte:  f(l)Were  iBerbrecf)en,  ©treit  über  5rei= 
t)eit  unö  (Sigentum. 

9llö  uncc^teö  Ding  galt  baö  ®eri(i)t 
beö  alten  Gentenaret  ober  ©c^ulttjeißcn, 
ber  jwar  aud)  mit  @d)öffen  richtete;  bie= 
feö  ®ericbt  wirb  befonbetS  in  ben  ©täbtcn 
Pon  93ebeutung. 

S)ie  ©ntwidelung  ber  öffentlicfjen  ®e= 
ri(i)täbarfeit  war  nun  im  allgemeinen  bie,  ta^ 
bie  ®ericf)töbarfeit,  it)rer  Dtatur  na*  baju 
ba,  iia^  SRec^t  unb  bcn  ^rieben  ju  ftd)ern, 
bemjenigen,  ber  fte  befaß,  bem  fte  mittels 
bar  ober  unmittelbar  übertragen  würbe, 
bie  ®runblage  für  eine  ®tctlung  pon 
nicf)t  bloß  amtlicber,  fonbern  felbfiänbig 
poUtifc^er  ©teüung  gab.  S)et  S^rfatl  ber 
geric^tlicben  3njlitutionen  in  bie  greife 
ber  9flitter,  ber  93ürger,  ber  abt)ängigen 
aSauern  crfd)Werte  bie  S)urc^fü^rung  gleid)* 


müßiger  9lcd)t^grunbfä^e.  IRac^e  unb 
55et)be  benachteiligten  ba«(  SRed)t;  bie  ^uö= 
beutung  beö  SRed)teö  auf  33uße  für  finan,^ienc 
3wedc  erjeugte  Übelftänbe  ber  fd)limmfie!i 
llrt,  fo  ta^  bie  ®erid)t«bar!eit  gcrabeju 
ein  SWittel  jur  Untcrbrüdung  ber  unteren 
klaffen  würbe.  3"9l^i*  würbe  ftc  ber 
2Beg  jur  58ilfung  felbfiänbigcr  größerer 
ober  fleinerer  $errfd)aftcn.  2)er  ©eft^ 
ber  ®crid)tegcwalt  galt  fo  fel)r  ale  aRittet^ 
punft  aller '  fiaatlic^en  ®ewalt ,  M^  fte 
bie  ®runblage  ntc^t  bloß  für  eine  obrigs 
feitlid)e,  fonbern  ^crrfd)aftlic^e  Stellung 
würbe.  —  'iRaä)  SBai^. 

Diocletianus  ober  bie  flcben  weifen 
SWcifier,  ftebc  iR  o  P  e  11  e  n. 

2)tptt)C^ett  ftnb  bei  ben  SRömern  ber 
crften  3abrt).  d)rifilii$er  3eitrec^nung  Zat 
fein  Pon  ®olb  ober  «Silber,  bei  rcicf)erer 
Qluefiattung  Pon.g>ol5  ober  Schiefer,  aml)du* 
figfien  Pon  Elfenbein  ober,  in  (Ermangelung 
bcffen,  Pon  ^famelbein.  Diefe  Safein 
waren  mit  Säubern  ober  Sd)arnicren  Pcr^ 
feigen,  fobaß  fte  wie  Sucher  auf=  unb  ju« 
fammengelegt  werben  fonnten.  i)ie  ^ußen« 
feiten  pflegte  man  mit  ©ilbfc^ni^ercien  ju 
pcrjiercn,  wät)rcnb  bie  inneren  gläd)en,  mit 
2Dad)ö  ober  QJappru«  überwogen ,  aU 
Sd)reibtafeln  btcnten.  Sie  würben,  be= 
fd}rifben  unb  Perftegelt,  nidit  feiten  nl« 
©riefe  Perfanfct.  Sie  waren  ein  beliebter 
©egenPanb  non  ®efd)enfen,  bie  fowobl 
Pon"  *priiiaten  alö  namcntlid)  t^on  ^öl;eren 
Beamten,  Äonfuln,  «prätorcn,  Duäftoren 
bei  Einlaß  tl)reä  ?lmteantrittcä  Perabfolgt 
würben.  SDie  D^clicfö  fieüten  bcöljalb  in 
ber  Siegel  btc  bei  jenem  Qtnlaß  flattgel)ab* 
ten  Sierfämpfe  bar:  oben  ft^t  ber  Jlonful, 
Pon  SSegleitern  umgeben,  bie  ßnfip*^" 
beö  2lmteö  in  ber  ^anb,  ba^  3eid)en  jum 
SBeginn  ber  Spiele  gebenb,  unten  im  flei* 
nern  SRaßfiabe  finben  ftc^  bie  'Spiele  felber 
bargejlcüt.  Solche  2)ipti)d)en  würben  frü^ 
für  'fird)lidie  3wede  bcnufet.  ORan  pflegte 
auf  bcnfelben  bie  «Ramen  ber  ORärtprer, 
ber  Äird^enporjle^er,  ber  Seßol)ltbäter  unb 
anberer  l)crPorragenber  ®cmeinbcgenoffen 
JU  pcr}eid)nen.  S)iefe  'tafeln  würben  bann 
wä^renb  ber  gürbitte  auf  bem  Qlltar  aufs 
gefteüt  unb  im  Olbenblanbe  bi«  inö  12., 
in  ber  gricc^ifc^en  Äitä)e  bi«  in«  15. 
3abrb.  iH^nu^t.  SlRan  fd)müdtc  fte  in 
d)rifiUd)ev  Qai  mit  Heiligenfiguren,  bibli« 
fd)en  ober  legenbarifd)cn  2)arftellungen. 
(Sinö  ber  berüt)mteften  2)tpti)d)cn  ifi  ba^ 
St.  ®aatfd)e,  ba«  ben  fRamen  bc«  Sutilo 
alö  Serfertiger  trägt.  (Ra^,  ©ilbenbe 
fünfte.  108  ff. 


62 


Directorinm  hninanae  vitae  —  ®oniinifaner«Dtben. 


Directorium  humanae  vitae ,  alias 
Parabolae  antiquoram  sapientium ,  ijl 
eine  latctnifd^e  ^Bearbeitung  ber  au«  bem 
Bidpai  fiammenben  SJiocetlenfammlungen, 
im  13.  ^a\)x^.  Don  bem  getauften  3uben 
Sodann  »on  ©apua  auö  einer  ^ebrdi» 
fcf)en  Siiad^bilbung  überfe^t ,  gcbrudt 
jrcifd^en  1470  unb  1480  (tt3a^rf(i)ein= 
lid^  auf  Seranlaffung  ©bcr^arbg  im 
93art  al^  Suc^  ber  ©cifpiele  ber 
alten  SÜBcifen,  SSud^  ber  SBciö^eit, 
ber  alten  SBeifen  Syempelfpru^ ,  juerfi 
n)a^rf(i^einltc^  Urac^  1480 ,  bann  Ulm 
1483  unb  öfter. 

Disciplina  clericalis  ^ei§t  eine  latei- 
nifdje,  im  2)?ittclatter  üielfa^  gelefene93e= 
arbeitung  ber  auö  ^n^i^n  fiammenben 
S'ioDellcnfammlungen,  ju  bencn  Pantscha- 
Tantra ,  Hitopadesa ,  bie  fieben  mcifen 
ÜJteifier  u.  a.  geboren.  ®ie  mürben  t)cr* 
faft  im  12.  ^af)xi).  »on  einem  fpanifc^en 
Suben  üJIofee!,  ber  ftc^  in  ber  d)rißUcf)en 
Saufe  Petras  Alfonsus  nannte.  2>ie 
DueHe  mar  eine  arabif^e.  Sä  finb  ber 
i^orm  nad)  ©efpräc^e  smifc^en  iBater  unb 
©o^n,  !öe^rer  unb  @(!)üler,  eine  (^x^ä^' 
lung  o^ne  Sinfleibung,  Scmerfungen  über 
a5erf)ältniffe  beö  ßcben«,  jufammcn  39  *Mb= 
fc^nitte.  herausgegeben  fon  ®cE)mibt, 
Scriin  1827. 

2)oftor  fie^e  Uniocrfttät. 

2)0l^.  ©er  «Rame  ifi  erjl  im  16.  ^a\)xf). 
aus  bem  ©lamifc^en  ^erübergcfommen : 
bö^m.  poln.  ber  tulicli,  mie  $anö  <Bad)i 
noc^  doUich  fd)reibt.  ©aS  Sffiort  :^at  mit 
abb.  ber  dolk,  tolk  =  äffiunbc,  altnorb. 
iai  dolg  =  Äampf,  got.  ber  dulgs  = 
©c^ulb,  nidbtö  ^u  tbun.  ©ie^c  bie  5lrtifel 
Ü)J  cf  f  e  r  unb  @  a  y. 

Soraöcrr,  2)omftift  ftcfje  Äanonifer. 

2)ontinifoncr=  ober  ^Prcöigcr  =  Drbcn. 
©ein  Stifter  ifi  D  o  m  i  n  i  t  u  g ,  geb. 
1170  ju  ßalaruega  im  altfaftilifdbcn  93ig= 
tum  DSma  ;  er  erbielt  eine  miffenf(ä)aftli(^e 
Silbung,  mürbe  3)omberr  ju  Oöma,  aU 
»elc^er  er  jur  2öefct)rung  »on  90Jo^amme= 
banern  unb  Äe^ern  auögefanbt  mürbe. 
5tl0  Söegleiter  feinet  Sifä)of«  lernte  er 
bie  rcrfommenen  fircblic^en  Sufiänbe  6üb= 
franfreic^g  fennen,  beren  golge  bie  31uS= 
breitung  ber  Äat^arcr  (Äe^er)  ober  Qllbi= 
genfer  unb  ber  SBalbcnfer  mar.  (£iftercien= 
fer  *Mbte  roto»-.  gerabe  je|t  im  ßanbe  ^er= 
um,  Die  Äe|er  ju  befc^ren,  fanben  aber, 
ba  fte  bie  Sebürfniffe  bc«  Sßolfe«  ni(f)t 
öerjianbcn  unb  alö  »orneljmc  reiche  Ferren 
auftraten,  fein  ®ebör.  l«un  traten  ber 
©ifc^of  SDicgo  »on  D«ma  unb  5Domtm!uö 


mit  i^ncn  in  'iJertc^r,  bereiften  in  ber 
fd)Iic^tejlen  ÄIcibung  mie  Settier  iai  ßanb, 
prebigten  bem  95otf  ta^  Soangelium  unb 
namentlici)  bie  ©riefe  bcö  QlpojiclS  ipaulue. 
SJiacbbem  bie  Sijicrcienfer  unb  ber  Sifcftof 
in  it)re  ^eimat  jurüdgefe^rt  maren,  mar 
Dominifu«  auf  ficft  felbfl  gejieüt.  3" 
^rouiüe  im  93iötum  Souloufe  grünbetc 
er  juerfi  ein  ^tfpl  für  ÜJiäbcben ,  bie  erfie 
feiner  «Stiftungen;  bann  erf)iett  er  für  fxd^ 
unb  feine  ©cfä^rten  ein  ^auö  jU  louloufe 
gcfc^enft,  mo  bie  'KifftonSprebigcr  einen 
SWittelpunft  fanben.  511«  bann  freiließ 
Snnoccnä  m.  9torbfranfreic^  ju  einem 
Äreujjuge  gegen  bie  Äe^er  aufrief,  l^örte 
bie  manbernbe  iKifftonäprebigt  auf,  unb 
2)ominihiö  erhielt  bie  ^lufgabc,  bie  93er« 
bä(i)tigen  unb  ®efangcnen  be«  falfd)cn 
©tauben«  ju  überführen.  3llö  er  nac^ 
bem  Äricgc  in  Gliom  um  bie  ©cmö^rung 
eineö  eigenen  DrbenS  einfam,  mar  foeben 
ber  SBefä)Iu§  gefaxt  morben,  leine  neuen 
Drben  me^r  jujutaffen;  bie  ja|)lrci(I)cn 
neuen  DrbenSbilbungen  bcä  11.  unb  12. 
3a^rf)unbcrtS  Ratten  bie  Äurie  ermübet. 
©0  fa^  ftd)  ©ominifuö  genötigt,  eine  ©e« 
fellfc^aft  »on  .Ranonifern  nac^  ber  (Reget 
beä  ^eiligen  5lugupin  ju  bitben,  mit  *iln« 
te^nung  an  bie  SReget  ber  <prämon(iraten* 
fer:  ©tiüfcfemeigen ,  fafi  unaufbörtid^e« 
^ajien,  feine  gleifd)fpeife,  5lrmut ;  dli 
Zxaä)t  bie  ber  ©om^erren,  langer  fc^morjer 
(Rocf  unb  furjer,  meifer  Ubermurf  obne 
©ürtct.  ytaä)  3"nocenö  HI.  lobe  aner? 
fannte  |)onoriu«  HI.  im  ^a^x  1216  ben 
Drben  ber  ^rebiger  ober  Pratres 
praedicatores  unb  betätigte  i^n  burd^ 
eine  Sude.  2)a«  ffiappen  beö  Drben« 
mürbe  ein  §unb ,  ber  madjfame  ©cfäbrte 
beö  ^irtcn,  mit  einer  brennenben  %adt\ 
im  ÜJiaute.  S)aö  erfie  Ätofler  blieb  ba«  ju 
Soutoufe;  ft^nell  mürben  anbcre  gcgrünbet; 
ton  bem  *|}arifer  Älofier  im  ^aufc  fon 
©t.  3<icob  erhielt  ber  Drben  ben  in  ^xanU 
reicf)  »etbreitcten  9?amen  3  ac  bin  er.  3" 
iRom  reformierte  5Dominifuö  bie  -ERonnen« 
flöfier  nac^  feiner  iReget  unb  mürbe  megen 
feiner  ißerbicnfie  um  bie  3)iener  unb  ^of« 
leute  bc«  ^apfie«  jum  magist  er  sacri 
palatii  ernannt,  ein  5lmt,  tai  immer 
noc^  Bon  einem  SDominifaner  ocrmattct 
mirb,  unb  in  beffen  ^änbcn  bie  oberfie 
SBücberccnfur  liegt.  3m  ^(ii)Xi  1219  murbc 
bie  ADomt)crrentrad^t  mit  berjenigcn  ber 
Äapujincr  »ertaufcftt:  meiner  9locf,  mcife« 
©fapulicr  mit  fpi^iger  meiferÄapuje,  ia> 
rüber  beim  5tuegcljcn  fc^marje  Äutte  unb 
Äapuje.    (Srfi  1220  murbc  auf  bem  erften 


jDonar. 


63 


®eneraltü>)itel  in  9tacl)abmung  bet  gran- 
ji^faner  bcr  ©runbfa^  ber  tiöüigen  93e- 
ft^toftgfcit  unb  tägltcf)c  Srbettctung  bcr 
nöttgflen  Sial^rungö'iiitel  fejigcfe^t.  2)ic 
Drganifation  beö  Drbcnö  ficüt  ^Ptioven, 
(Ptooinjiale  unb  2)cfinitorcn  unb  einen 
©cneral  auf.  Domtnituö  flarb  ju  öolognu 
1221  unb  hjurbc  1233  bf'tig  gefprod)en. 
®Icic^  ben  g^ranjiefanern  gicbt  cü  anä) 
unter  ben  2)ominifancrn  einen  brüten 
Drben,  Sertianer,  aud)  Drbcn  de  poeni- 
tentia  St.  Dominici. 

2)er  ©runbfa^  ber  ecangetifc^en  5lrmut, 
ber  bei  bcm  ©rünber  beä  ^ranjisfancr* 
orbenä  tai  treibenbe  (jSrincip  war,  war 
für  S)ominiEuö  unb  feinen  Drben  blo§ 
ÜJUttel  jum  SttJed  unb  tt)urbe  be«t)alb 
fd)nell  aufgegeben,  dagegen  waren  fic 
fef)r  einflufireiift  burc^  it)ren  Serfe^r  mit 
ben  bürgerlid^en  ©tünben,  wie  fte  benn 
aud)  ibre  Älöfter  felbftücrfiänblicf)  in  ben 
©tobten  grünbeten.  Sie  93ctteIorben  ftnb 
rcd)t  eigentli«^  bic  9!)lönct)öorben  beö  Sür^ 
gertumä  gcwefen.  .Hauptaufgabe  jebod) 
bcr  ^rebigermönd)e  blieb,  bie  S[Baf)rl)eit 
be«  ^rifilicfeen  ©tauben^  innerf)alb  unb 
auferf)atb  bcr  cbrif^Iic^cn  Äir(^e  burd^ 
aSiberlegung  unb  Sefämpfung  aller  3tn* 
beräbentenben  ju  »ertcibigen  unb  über  ber 
JRcin^eit  ber  d^rifilicbcn  8et)re  ju  wad^en. 
3u  einem  tiefern  ftttlid^cn  ©inftc^en  für 
bicfeö  <)Briticip  nac^  bem  Seifpiel  beö  uon 
ben  3)ominifanern  am  meiften  nerc^rtcn 
5lpo(lefö  '^Pauluö  fonnte  e^  natürlich  nid)t 
fommen,  ba  fic  fic^  fofort  in  ben  3>tenfi 
beö  *Papjtcö  unb  ber  :^errfc^cnben  Äird^e 
ficHtcn.  3t)r  ©cbict  würbe  bic  Jnquifttion 
(Äonrab  »on  ÜJlarburg),  bic  d-cnfur  unb 
bie  @(f)oIafiif;  ben  crftcn  8ef)rPuf)l  erhiel- 
ten fre  1228  ju  <pariö  ,  alä  infolge  bon 
6trcitigfeiten  bie  Sct)rer  ber  Ünir>erfxtät 
ftcf)  auf  einige  ^dt  auö  ber  ®tabt  cnt= 
fernt  {)attcn ;  balb  folgten  i^nen  bie  gtan« 
jiäfancr  in  bicfcö  ®ebiet.  2)ic  bciben 
Drbcn  würben,  fiet^  miteinanber  in  ©treit 
(fgl.  ben  "Jlrt.  ©c^olaftif),  bifä  jur  SRefor= 
mation  bie  Iräger  ber  fc^olafiifc^en  5lbeo= 
logie;  atä  I^omiilen:unb  ©fotifien,  iWomis 
natifien  unb  9tcaUfien  janEten  fte  fxd)  i>ex' 
um;  befonber^  galt  c^  für  bic  3)ominifa= 
ncr,  bie  bon  ben  ^wnjiöfancrn  terteibigte 
ßc^rc  ber  unbeftedten  ®mpfängni§  SDfarid 
JU  wiberlegcn.  2Bie  tief  f^lie^Iid)  tai 
fittlid^e  93ewu§tfein  beö  Drben§  gefunfcn 
War,  jcigt  ber  befannte  3f|et^onbeI  im 
«Prebigcrfl öfter  .^u  Sern  »om  Ja^r  1509; 
au($  be^  ?tbla§^anbelö  nahmen  fic  ftc^ 
an;   SEc^et   l)at   it)rcm  Drbcn    angebört. 


5lnbererfcitö  ftnb  aui^  bcbcutenbe  SD'länner 
auö  if)rcr  üWittc  beroorgegangen:  Qllbcrtuä 
'JDlagnuö,  Sfjomaö  üon  *ilquino,  9U?eifiet 
(Sf^arb,  3obann  Sauler,  ^cinrtci)  Sufo, 
(Saoonarola,  2aä  föafa^ ,  *öinccnö  üon 
Seautiai^  waren  2)ctminifaner. 

Jionar  ift  ber  jweitgrögtc  ber  germa* 
nifcf)cn  ®ötter,  in  ber  Ürjeit  waf)rfc^ein« 
lii)  me^r  geehrt  ali  Sffioban,  baljcr  bcr 
fünfte  2Bo(|entag,  dies  Jovis ,  ju  ®on? 
nerötag  Würbe,  ber  nocf)  f)eute  mancf)c  oolfä« 
mäßige  ^(nfd^auungen  bewahrt  f)at.  ÜBdbs 
renb  2öoban  im  faufenben  ®turm  auf 
weitem  SBoIfenroffe  reitet,  fät)rt  35onar 
auf  einem  JBagen  burc^  bie  SGßolfen ,  ben 
»ermutlict)  jWci  93ödc  jogcn.  J)cö  ®otteg 
Äinn  umwallen  bic  feuerroten  ^aare  fei« 
nti  Sarteß,  in  bcr  iRcitten  trägt  er  einen 
fieinernen  ^cil  ober  einen  gcwid)tigen  ^am- 
mer,  ber,  fo  oft  er  i^n  oon  fid)  fc^leubcrt, 
uon  fclbfi  in  feine  .^anb  i^urücfEel)rt.  3^m 
war  bie  Sid^e  geheiligt,  bereu  rote  ^axht 
an  feinen  5fW2i"fi>^a^'  erinnerte,  unb  bie 
ber  2öctterjtraf)l  gern  äertrümmertc.  *Jluf 
il)r  bauft  ber  |)irfcf)fäfer ,  Donnerpuppc 
genannt ,  ber  glü^cnbe  .^of)len  auf  bic 
2)äd)cr  tragen  fotl.  Qlnberc  SBäume  unb 
Sicre,  bic  wegen  if)rer  bU^äl)nli(^en  roten 
ober  blauen  J^arbe  ju  3)onar  in  93c= 
jicl)ung  gefegt  werben,  ftnb  ber  ^»agebuts 
tenjlrauc^  unb  ber  *Bogelbcer=  ober  Siuet* 
fcf)enbaum,  bic  ^»afelnu^j^aube,  ber  6rb* 
ep^eu  ober  ©unbermann,  aud^  ©onncrrcbe 
genannt ;  bai  rote  6icf)^örnc^en,  bai  9tots 
fef)td)en  ober  SRotfd)Wänjd^en ,  ber  ^a^n, 
bic  ;HeerfcC)nepfe,  aui^  SDonnerbocE,  Don« 
nerjiege  ober  ©cwitterjiege  genannt,  bc« 
fonberä  aber  ber  @torc^  mit  ben  roten 
Seinen.  -  ©onar  mclft  mit  fdöimmern« 
bem  33U^firal)l  bie  PoUen  (Suter  ber  2Bol« 
fenfül)c,  fo  ha^  fte  i^tc  SDtild),  ben  atcgcn, 
bcfrud)tenb  jur  (Srbe  nieberfaüen  lapn. 
'Born  göttlichen  gcuer  beß  'öli^c«  flammt 
bie  |)erbf(amme ,  bcr  TOittelpunft  be^ 
^aufeö,  ber  ^amilic,  bcö  ©tammeä.  SDa« 
l}er  ijt  2)onar  and)  ^ä^ü^er  ber  6f)c, 
Spenber  öon  .Rinberfegen ,  ißorjlc^er  bcr 
(Sippe,  ißertcibiger  bcr  (Scmarhtng.  .^eilige 
®ebrnud^c,  bic  ftd)  anfänglich  an  ben 
.^erb  anlehnten,  gingen  fpätcr  auf  ben 
Dfen  über.  2)onar  ijl  ber  fräftigfte  won 
allen  ®öttern,  er  teilt  ben  OWcnfc^enfinbcrn 
.Rraft  unb  Starfe  mit,  er  ^eilt  Srfranfte, 
3Dtcnfd)cn  fowol)l  al^  93ie6,  bal)er  gewiffe 
.Kuren  am  S)onnerötag  vorgenommen  wer* 
ben  muffen;  burd)  bai  Dtotfeucr,  Weld^c« 
burd)  bo^renbe  SDre^ung  einer  2öaljc  in 
bcm   ßocftc   eineö   '!Pfa^leö   l)crr»orgebrad^t 


64 


©onncrätag  —  S)otf. 


tt)irb,  treibt  man  bai  ücrfcuc^tc  SBief).  2)a 
ber  93U^ftraf)I  iai  (Srbreid)  locfctt  unb 
ber  nacf)rauf(f)enbe  JRegcn  bcn  ©oben  be* 
fruchtet,  tüirb  3)onar  jum  ^rü^Iingsgottc, 
i^m  banfcn  oorjugättieife  bie  ^flanjen 
t|r  Sffia^ötum.  Ojltti  unb  3uba«feuer 
fom  S^arfamötag)  hJerben  t^m  ju  g^ren 
im  i^rübling  angcjünbet,  befonbec^  aber 
um  bie  3«'*  ^61^  ®ommerfonnenh)enbe  bic 
©onnmenbs  ober  3o^anniöfeuer.  5(uc^  an 
SBei^nadötßumjügen  ip  er  Beteiligt.  5luf 
feinem  SBagcn  burc^  bie  Süftc  fal)renb, 
»onfüt)tt  ber  2)onnerer  in  bcn  SBolfen 
felbfi  ben  geinaltigjien  aUer  kämpfe, 
meldte  bie  2BeIt  erfc^auen  fann.  (Sr  Der= 
folgt  bie  S)amonen,  Welche  ba^  gic^t  beö 
^immel^,  ben  ®Ianj  ber  ©onne  mit  bem 
®d&atten  ber  fctittarjen  ®eft)itternjoIfe,  bem 
S)unfet  ber  ytaä)t,  ber  j^infierniä  unb 
Ädlte  be^  Sßinterö  DerbecEen  unb  ben  Sauf 
beg  evquidenben  SRegenä  jur  (Jrbe  auf^aU 
ten.  21uf^  biefen  2)ämonen  jtnb  im  ßaufe 
ber  ©ntmicfelung  bie  Ütiefen  unb  5Drad)en 
gemorben.  Sßon  beiben  «Seiten  wirb  ber 
(Streit  mit  5BU^  unb  SJonner  geführt,  biö 
ber  milbe  ®ott  ben  ©ieg  erringt ,  ber 
[Riefe  tot  ju  Soben  ftnft,  fein  ©olbfiort 
ober  bie  ^xau,  bie  er  geraubt  ^at,  befreit 
ftnb.  3)onar^  Jammer  felbfi  mirb  3a^r 
für  3af)r  im  |)evbfle  oon  ben  (Riefen  ge- 
jio^len  unb  bie  fteben  aBintermonate  ^in= 
burd^  in  i^rcm  Serge  »erftetft  gehalten, 
Ui  im  grü[;Iing  ber  ©ott  i^n  mieber  ^ott. 

—  S)ie  SEanbinaöier  nannten  ben  ®ott 
Thor,  ytaä)  manni)axt>t,  ©ötter,  187  ff. 
aSergl.  aufer  Orimm  unb  ©imroct  nodE) 
aCßuttfe,  5lbcrglauben,  §  20  ff. 

Somtcrgtag,  f.  aSoc^entage. 

5)orf,  got.  ba^  thaurp  =  SBauIanb, 
gelb,  jiimmt  mit  griec^.  rvgßTj  =  ®e- 
brängc,  fiärm,  lat.  turba  =  Stenge,  .^au= 
fen,  a^t).  unb  mbb.  dorf,  nieberbeutfd^ 
dorp.  lacituö,  Germ.  cap.  16,  befc^reibt 
i>ai  S)orf  noc^  nic^t ;  boc^  nimmt  man 
allgemein  an,  i>a^  fcf)on  bie  alten  ®erma^ 
nen  fomo^I  bie  aBot)nart  in  einjel^öfen 
((Sinöben)  fannten,  bie  nod^  in  Söejlfalen 
unb  im  beutfcf)en  ©üben  oorfommt,  als 
eigentliche  SDörfer;  biefe  feigen  in  altgcr* 
manifc^cr  3^'^  (^^^  wich,  got.  veihs; 
heima,  got.  haims  unb  bürg,  got.  baurgs. 
I)ie  5lnficf)ten  über  bie  ältefie  Sßo^nunge* 
unb  gelberbebauung«imeife  ber  S)eutfct)en 
9ef)en  auäeinanber:  mir  folgen  ber  2)ar- 
jiellung  Don  2Bai^,  I,  ßap.  4.  S)ie  in 
engerer  ®emeinfd)aft  nerbunben  maren  — 
burc^  Sermanbtfc^aft  ober  anbere  Umfidnbc 

—  nahmen  einen    großem   ober    fleinern 


öanbjlric^  in  iöejt^.  ?ln  einer  ©tcttc 
bauten  fic  bic  aBo^nungen,  bena(I)bart, 
aber  nicfct  in  gcfc^loffenen  ©trafen,  fon« 
bem  jebe^  ^au^  frei  belegen,  mie  ei  bem 
einzelnen  gcffct.  Unmittelbar  ju  bemfcl« 
ben  gehörte  ein  gemiffcä  ßanb,  ju  ^of  u. 
©arten  ober  fonfiigcm  ®cbrau(^.  S)ag 
®anje  l)icf  fpäter  .^ofjiätte,  in  Dfiorbs 
beutfd)lanb  Wurth ,  im  ffanbinaoif($cn 
SRorben  Toft.  ^ür  bie  einjclnen  Dörfer 
mar  mo^l  ein  gemiffe^  ÜRaf  befiimmt, 
einzelne  |)offtdtten  fonntcn  aber  einen 
gröfern  Umfang  ^aben.  2lnbere  finb 
fpdter  burc^  Teilung  ober  Slblcgung  an 
Äncd)te  unb  .^örige  oerfleincrt. 

gür  ben  51  cf  c  r  b  a  u  mürben  in  ber 
glur  Derf($iebenc  5^elber  angelegt,  fe  nac^ 
ber  8age  unb  93efd^affen§eit  beö  SBoben^, 
Gewanne,  Breiten,  Kamp,  balb  mef)r, 
balb  weniger.  9ln  jebem  g^Ii*  ^<it  ^^^ 
2)orfgenoffe  feinen  Stnteil :  fo  oiele  ÜRit* 
glieber,  fo  oiele  ®arten,  nid^t  feiten  nac^ 
bem  ßofe  oerteilt.  2öenn  i>a^  anfangt 
bebaute  ßanb  nicf)t  auörei($te,  mürbe  ein 
neue^  i^clb  gebroci)en  unb  gleidfemäfig 
»erteilt,  fo  ta^  jeber  bcn  gleichen  Slnteil 
an  gutem  unb  geringerem,  an  fettem  unb 
magerem,  na^em  unb  entfernterem  Sobcn 
{)attc.  9Ran  rechnete  nacf)  SDJorgen  (= 
foDiel  alö  man  mit  einem  ®efpann  an 
einem  9[Rorgen ,  fpdter  läge  pflügen 
fann)  ober  Jagemcrfcn,  unb  ba^ 
ÜRaf  für  ben  (Sinjetnen  marcn  30,  20 
ober  40  SIRorgcn.  ^ür  bie  5lbmcffung  ber 
einäclncn  2l(ferfldd^cn  mar  Weffung  mit 
bem  Seil ,  im  ffanbinaoifcöen  SRorben 
©onnenteilung  genannt ,  üblich, 
im  ®egenfa|  gegen  bic  jammertet* 
l  u  n  g,  bie  auf  bem  2Burf  eineö  ^ammcrö 
beruhte. 

%iü^  fanb  bic  5Drcifelb<rmirtfd^aft  ©in* 
gang;  bie  oerfcfeiebcnen  ®emanne  mürben 
in  brei  grof  c  Sl&eile,  3  eigen,  jerlegt, 
nad^  meldten  ber  2ßc(^fcl  ber  Sefleüung, 
SBinterforn,  ©ommerforn  unb 
Srac^c  fiattftatte  unb  an  meiere  jeber 
©injelnc  gebunben  mar.  S)aö  'Bcr^dltniö 
l)icf  gel^gemeinfd^aft  ober  Jim* 
jmang. 

SBalb  unb  SBcibc,  überhaupt  bai  nic^t 
jum  Stcferbau  bcnu^te  2anb,  mürbe  nid^t 
geteilt,  gehörte  »ielmcör  ber  ®cfamt^eit, 
mar  5tlmenbe,  m&b.  almeinde,  ma^ 
aßen  gemein  ifi.  ®ie  mürbe  benu^t 
al^  SBcibe  für  [Rinbcr  unb  ©c^afe,  jur 
@cf)meinema|l,  jum  .^»''Ijte^^ii^f-  3)a^ 
SRed^t,  an  ber  51lmenbc  teilzunehmen,  ^ie§ 
fpdter  bie  were  ober   bai  echtwort,  bai 


Dotfpocjte. 


65 


ungeteilte  ßanb  bte  »JOhuf  =  2;orfgebiet, 
©rcnje,  bic  ©cmeinfd^aft  TOarfgcnoffcn  = 
f*aft. 

2l(teö,  waei  ber  ©injelne  im  jDorfc  bc« 
fa§,  |)offiättc,  Qiderlanb  unb  !Recf)t  in  ber 
gemeinen  'üRaxt  l)k^  a\)t).  bic  huoba, 
hnopa,  mbb.  bie  huobe,  huofe,  n{)b. 
^ube  unb  ^ufe,  bation  m^b.  ber 
hnober,  aU  Familienname  ^uber  cr^ 
:^altcn.  QInberc  93eäcict)nungen  finb  ßoö, 
^flug,  ^of,  mansus.  ?luf  ber  ^ufe 
rubtc  ta^  SReÄt  ber  Sinjetncn  in  ber  ®e= 
mcinfd)aft,  fie  »ar  bic  ©runblage  ber  ^xn- 
l^eit.  Qum  Unterfd^icb  feincö  ®ute8  unb 
^aufeö  ton  anberen  bebientc  ft^  ber  greie 
r\aä)  atter  Sitte  eine^  ßeidbenö,  hant- 
mäl,  hantgemäl,  melc^eö  auc&  alö 
SRame  für  bcn  ©runbbeft^  [eiber  erfcbcint, 
febe  ben  5Irt.  ^ani'  unb  |>ofmarfe. 
(Sin  anbcrer  febr  alter  9?ame  iji  odal, 
nodal  =  ererbter  ©runbbeft^.  I^ie  |)ufe 
fonnte  fpäter  ber  Teilung  unterliegen,  bot^ 
tt>ar  Teilung  jcbenfaüö  nid)t  beliebt;  man 
fucbtc  iiielmebr  bem33cbürfniä  burdbQlnlagc 
neuer  |)ufen  unb  Dörfer  ju  genügen.  £)ie 
®emeinfd)aft  be^  Sanbeä  begrünbete  mancbc 
®cmeinfcbaft  bes  Öebenö.  Sei  ben  fali- 
fc^en  ^ranfcn  rvax  bic  SJZieberlaffung  im 
2)orfe  an  bie  3u(timmung  aller  ©emeinbe- 
genoffen  gebunben.  S)ic  ÜJJitglieber  beö 
2)orfeä  waren  ju  gegcnfeitigcr  ^ilfe  unb 
Untetfiü^ung  üerpfli*tet,  j.  ^.  burcb3«U9' 
n\i  r>or  ©ericfjt.  Son  jebcr  b^itten  bie 
5Dörfer  oI)nc  3*^^*ff^  ^^"f"  SSorj^e^cr,  uou 
ben  SWitglicbern  crttiäblt.  S)cr  jur  i8era= 
tung  gemcinfcbaftU<$er  *}lngelegenbciten  be» 
jiimmte  *Pla^  war  burd)  cineßinbe  auä= 
gcjei(^net.  (Sine  gericbtiidbe  Scbcutung 
tiefer  33erfammlungen  War  nicbt  üorbanben; 
hai  mar  @acbc  ber  Sentencn,  bic  meifi 
umfangrcidjer  gemefcn  fein  werben  aU  bie 
itorffd)aft. 

51uf  biefe  alten  (Sinricbtungen  ber  S)orfs 
gcnoffenf^aften  i}atttn  wäbrenb  unb  nad^ 
ber  SSölfcrwanbcrung  Weber  bie  Söanbe- 
tungen  felber  nocib  bic  Bereinigungen  ber 
©tdmmc  JU  gröfercn  iöerbänben  nocf)  bic 
fränfifcbc  |)errf(iaft  ober  baä  6brif!cn= 
tum  wcfcntlid)en  (Sinflu§.  3"  ben  lateis 
nifc^cn  S)cnfmälern  ber  merowingifdjcn  (Pc= 
riobe  fommen  bie  lateinifcben  Flamen  vi- 
cus  unb  Villa  auf.  Qlud)  bann  warb 
ber  Sefianb  ber  alten  ©emeinbeorbnung 
nicfit  gehört,  wenn  ein  Seil  ber  $ufen  an 
ein  geijilid)c«  Stift  ober  an  einen  [)öi)txn 
weltlicben  ^errn  gcfommen  War  unb  nun 
Pon  abbängigen  Seuten  bcwobnt  unb  hi' 
wirtfdbaftet  würbe.     üDann    war   e^    ber 


^err,  ber  bie  an  ber  Jpufc  bängcnben 
JRecbtc  übte;  bic  abbängigen  öeutc  felber 
Waren  ni($t  befugt,  felbflänbig  on  ben 
(Semcinbefacben  teii^unebmen.  iTJacf)  2Bai^. 
Über  bie  weitere  ©ntwicfliing  biefcr  iBcrs 
biiltniffe  fiebc  ben  *21rt.  3[Rarf  gen  offen« 
fcf)aft 

!5)orf^oefic,  pfift^c,  bat  jucrft  8acE)= 
mann  biejenigc  iRicbtung  ber  böfif^cn 
^t)x\t  genannt,  bcren  Scrfaffer  jwar  wie 
bie  |)örer  bem  böfifdien  «Staub  angcbörten, 
beren  ©cbalt  aber  unb  teilwcife  aucfe  bcren 
Form  auö  bem  öeben  ber  23auern  fdböpftc. 
®ie  ging  leroor  auä  einer  bcgreifltcbcn 
SReaftion  gegen  bic  gebunbene,  fonpen* 
tionellc,  nai)  Form,  Jn^alt,  ©egenftanb 
ber  ^oefie  überbaupt  unb  jumal  ber  'OWinne 
rein  böfifcbe  ßprif.  ®egen  fie  ta\xä)t 
plöfeli(^  im  äwcitcn  Jabrjebnt  beö  13. 
3abr^.  eine  Stjrif  auf,  bie  mit  üoöcm 
Scwuftfcin  unb  mit  ©ntf^icbenbcit  fxcb 
t>on  bem  3wange  ber  böfifcben  Forn^^" 
loötrennt,  bie  ftdb  nic^t  mebr  mit  fonwcn* 
tioncüen,  jarten  (Smppnbungen  unb  weidben 
Älagen  begnügt,  fonbcrn  mit  ^umor  unb 
Sebenslufi  ftd)  bem  ßcben  unb  ber  Siebe 
ergiebt.  3brcn  Urfprung  unb  ^auptft^ 
batte  biefe  SRii^tung  am  ^ofc  su  SBien, 
wo  ber  (Srfinber  ber  ©attung,  Siiitbart 
oonSRiuWental,  fcbon  um  1207  tbätig 
war.  51m  $ofe  ju  2öicn  fangen  bie  Für- 
fien  ben  F'^^^'^n  ^^"  iReigcn  t>or,  unb 
bicfen  famt  im  begleitcnben  ßicbcrn,  mit 
wclcben  ia^  lebenelufiige  93olE  ben  Sc« 
ginn  bcö  Sommert  unb  ber  gefcHigen 
Freuben  bcö  iZöinter^  begingen,  abmte 
^Ritbart  nacJ),  f,\xm  iBerbru^  ber  an  ben 
Sitten  beg  böfifcben  ßebenö  feft^altenben 
3)i(i)ter,  jumal  üöaltberö  v.  b.  23.  (g« 
gicbt  jWei  Wirten  biefcr  ßtjvit:  bie  F^üb* 
lingäliebcr,  gefungen  jur  Segleitung 
beö  SReigen^  unb  im  F^^eien,  übcrwiegenb 
epifi^  gebalten,  jum  Jeil  mit  SRefrain  aug 
blof  gejaucb^tcn  Sauten,  j.  ©.  traranu- 
retum  traranurirantandeie,  unb  bic 
Sfflinterlieber,  jum  Sanj  in  ber  Stube. 
S)ic  meiftcn  ßicbcr  bcibcrlei  51rt  fmb 
ÜRinnelieber,  oft  liinblidbe  SiebeäDcrbält* 
niffe  be«  2)icbtcrö  felbji.  Stitbartä  Dflame 
war  fo  beliebt,  ta^  tai  14.  unb  15. 
3a^rbunbert  eine  UnjabI  öon  Siebern  ibm 
untergefcboben  unb  Slbcnteucr  nac^  Qlrt 
bed  (Sulenfpicgelö  angebicbtet  bat.  21u§cr 
iJiitbart  baben  folgcnbe2)idf)ter  an  bieferSHidb« 
tung  berSi)rif  teilgenommen :ber5Ean^äus 
fer,  ber  oon  Stamm^eim,  Seopolb  Don 
Sdjarfenbcrg,  ©eltar,  Äonrab  »on 
.Rir^bcrg,  Steimmarauö  bem  S^ur« 
5 


66 


S)rad&c  —  35rama. 


gau  unb  bcr3ütd^er  ^ablaub.  ßilicn* 
fron  in  ^auptä  3-  ^I«;  ©ci^röbct  in 
®o[d^e«  Sa^ib.  I. 

2)ra^C.  Sßä^rcnb  in  bcr  ^rifilic^en 
Oinft^t  ber  Segriff  böfcr  unb  teuflifi^er 
(Schlangen  üortttaltet,  »erel)tte  ia^  ^iu 
bentum  me^r  gütige,  nio^Itf)ätigc@ct)Iangen; 
bic  ©cf)tange  ifi  ein  ^eilbringenbcö,  un* 
t»erlc|li(^eä  Siet,  bem  bie  ßangobarbcn 
eine  eigene  SBcrefirung  nsibmetcn.  ©ie 
friec^t  ober  ringelt  ftd^  auf  bem  Sßoben; 
fielen  it)r  jyWgel  ju  ®ebote,  fo  ^eigt  fte 
5Dra(f)e,  aug  lat.  draco,  aber  fc^on 
frü^  einge[üt)rt.  2)er  beutfd)e  Utamt, 
welcher  allgemeiner  aud^  bic  ®d)lange 
mit  begreift,  iftaBurm  ober  lint,  ba|)er 
bie  ^Doppelnamen  öinbbradie,  ßinb» 
ttjurm.  2iuö  biefem  lint,  mit  bem  pc^ 
ber  5iuöbrucE  beö  (ad)önen,  ©c^meid^elnben 
»erbanb,  fmb  »iele  ^rauennamen  gebilbet: 
Sigilint,  Reginlint,  Ermanllnt, 
Eburlint,  Gerlint,  Winilint. 
S)ic  l)errfc^enbe  öorfieHung  oon  ben 
SDrac^en  war  bie,  'i^a^  fte  auf  bem  ®olb 
liegen  unb  baf on  Ieud)ten,  bie  ©d)ä|e 
bemac^en  unb  nad)tö  burdb  bie  ßüftc  tra:= 
gen.  Sie  galten  gleich  ben  [Riefen  für 
alt  unb  bod)begabt.  ^mt  ber  gelben 
mar  eö,  SRiefcn  unb  3)ra(f)en  auf  ber 
SQöelt  ausjutilgen,  Zf)ox  felbft  befämpft 
bic  SWibgartöfdjlangc ,  unb  ©igemunb, 
©iegfrieb,  Seomulf  unb  »iele  anbere,  j.  35. 
©trutl;an  2Binfelrieb,  finb  tapferjie 
SDrac^enüberminber.  S)er  Sefieger  ert)ält 
aufer  bem  ®olb|)ort  noc^  anbere  Soor« 
teile:  bcr  ©enuf  beö  I)ract)en^erjen« 
bringt  Äunbe  ber  2:ierfprad)e  jumege, 
unb  tM  93eftrei^cn  mit  SDrac^enblut 
l^örtct  bie  ^aut.  Stac^  alter  «Sitte  werben 
klinge  unb  anbere  ©cfc^meibe  gern  in 
©c^Iangcnform  gearbeitet,  fo  auf  Reimen 
unb  bcfonberö  auf  gähnen.  Der  fliegenbe 
Qlbler  über  einem  2)ra(i)cn  ober  Söwen  mar 
büö  55clbjei(^en  ber  Sacbfen.  51uf  ber 
«Säule  Jrajanö  erfcf)cinen  2)rad)engcfialten 
aU  fat)ncnartigc  ^clbjci(f)en,  fomo^l  unter 
bcr  Äriegebeutc  aU  in  ben  2)ar)tellungen. 
®rimm,  aJJ^tfiol.  652  ff.  —  ßinben  = 
fc!)mitt,  ^anbb.  L,  276  ff. 

2)rogoner  gcprcn  eigentlid)  jum 
gu§DolE  unb  ücrbanfcn  i^re  (Sntfie^ung 
bem  alten  (Sebrauc^,  3nfantcrie  l)intcr  bic 
leichten  SRciter  auf«  $feib  ju  fcj^cn ,  um 
fte  auf  biefe  SBeife  rafcf)  an  einen  ents 
fernten  Ort  ju  bringen.  (Sic  unterfc^eiben 
ftc^  je  nac^  ibrcr  SBcmaffnung  in  (piEc* 
niere  unb  ÜJiuäf  etic rc,  bercn  SIBaffen 
unb  fonfiigc  51uörüjiung  bcnen  bc^  %\xp 


»olfe^  üoUjiänbig  cntfprad^cn,  führten 
jebo^  feine  ^JJifioIen.  3^^^  eigcntlidie 
Scjlimmung  mar,  ju  5u§c  ju  fdmpfcn, 
moüon  man  jeboc^  in  fpäterer  ä^it  ab« 
ging.  3^^*  unb  Umjiänbc  ber  Sntflcl^ung 
biefcr  Truppengattung  ftnb  cbcnfo  unft(^er 
mie  bic  Sebeutung  unb  ber  Urfprung 
iljrcö  9'iamen^.  S)ie  (Sntjlc^ung  fc^t  man 
in  bic  jmcite  ^älftc  bc^  16.  ober  erfi  inö 
17,  3af)r£)  ;  bcr  Ulamt  mirb  balb  öon 
»S)ra<^c"  abgeleitet,  ben  fte  alä  {Jelbjeic^cn 
getragen  Ratten ;  nad^anberen  mardragon 
eine  englifc^c  Sejcic^nung  für  eine  SOJuäfc* 
tenart.    5ä^nö,  1216. 

Sroma»  SDaä  2)rama  entfiel)t  tcil^ 
aus  bem  mimifc^cn  Spiel  einer  ober 
mehrerer  fPcrfoncn,  tcilö  auö  bem  SBcc^fcl« 
gefpräc^,  beibeö  im  Einfang  nid^t  notmen^ 
big  ocrcinigt.  !Wimifc^e  «Spiele,  Qlufjügc, 
5Kummereien  finb  oline  3">c'ffi  fc^ott  in 
oorc^rifilid^cr  3fit  oor^anben  gemefen  unb 
crbaltcn  ftc^  tai  ganjc  ÜJlittcIaltcr  ^in« 
burcf),  in  cinjcincn  ^ottnen  biö  ^cute;  fie 
l)ei§en  im  SRittelalter  kapfspil, 
schowspil,  bic  C'läumli(i)Eeit ,  in  bcr 
fte  begangen  merbcn,  spilhof,  spil- 
liüs,  schimpfhüs  (schimpfen  =  Spa§ 
treiben).  Qluc^  ^uppcnfpicle  merbcn  fc^on 
im  12  ^al)xi).  ermähnt.  39efonberö  beliebt 
unb  oerbreitet  mar  baä  ^^üblingöfpicl, 
liaQ  ben  Äampf  beö  2Bintcrg  unb  bc« 
Sommerö  barftcüte.  „5lm  SRofenfonntag", 
erjä^lt  ®eba|itan  grancE ,  „^at  man  an 
etiicben  Orten  in  ^raufen  im  Qtpril  ben 
i3rau^,  ha^  bie  ®uben  an  langen  Dlutcn 
Sre^cln  l)erumb  tragen  in  bcr  ©tabt,  unb 
ämeen  anget^ane  SDlann,  einer  in  ©ingrün 
ober  (Sp^eu,  ber  Ijcift  bcr  ©ummcr,  bcr 
anbcr  mit  ®mö§  (ü}iooö)  angelegt,  ber 
l)eift  bcr  Sffiintcr,  biefe  fireitcn  miteinan* 
ber,  ta  liegt  bcr  ©ummcr  ob  unb  er* 
iä)hä)t  ben  Sffiintcr,  barnac^  get)t  man 
barauf  jum  aSein."  2ßurbc  biefcr  ©treit 
jmifcbcn  ©ommer  unb  Sfflinter  in  SBorte 
gefleibet  unb  fobann  auf  anbere  ©egen« 
Üänbc  übertragen,  auf  ^crbji  unb  ÜJiai, 
!8u^äbaum  unb  g^lbingcr,  SRittcr  unb 
^iJfaff,  39atml)crjigfeit  unb  SBa^rbeit,  fo 
erhielt  man  eine  jmeitc  Quelle  bee  3Drama^, 
bic  ft(^  jugleidt)  an  lateinifc^e  SBotbilbcr  an* 
fcf)Uc§en  fonntc.  ®ic  @efprdd)fpicle  gc^en, 
aud)  na(f)bem  ftc^  baö  eigentltcE)c  ©df)aufpici 
fc^on  lange  auf  eigene  %ü^t  gefteüt  i)at, 
il;rcn  felbfiänbigcn  ®ang  metter;  auö  bem 
15.  ^a^xi).  fcnnt  man  bie  ©treitgc« 
bict)tc  SBolf  unb  *)3faffc,  rpricjicr  unb 
2öeib,  eiirifi  unb  3ubc,  SRittcr  u.  Sauer, 
JVrau  unb  Jungfrau,  Ärieg  jmeier  ^wuen. 


S)rama. 


67 


ob  Sieben  ober  9tid^t»8ieben  bcffet  fei, 
^erj  unb  SD^iunb ,  SRinnc  unb  SBcIt, 
©c^anbe  unb  ®{)re  (2Bacf ernagel,  ßit. 
®.  §  84.).  «Sei  |>an^  ©a^ä  ^ei^en  ftc 
Äatnpfgefpräcfee,  j  93.  jmifc^en  Mftn* 
t)eit  unb  ©cbutb ,  jrt)ifcf)en  3"^"  "«^ 
©onftmut,  ^offaf)rt  unb  SDcmut,  ?(rmut 
unb  SRcic^tum,  3us^"^  ""^  Filter,  3:od)tcr 
unb  üHutter,  Äranf^cit  unb  ©efunb- 
I;eit.  ©in  fotd)eä  totreitgebid)t,  jugleicfe 
aberein  SRätfeIftreit(f.  5(rt.  gftdtfel)  ijl 
berSängcrtricg  aufberSOöartburg, 
entjianben  umä  ^al)x  1300.  ©iet)e  biefen 
2JrtifeL 

2)aö  eigentliche  Drama  finbct  feinen  ^Ins 
fang  erfi  in  ben  fird)Uc^cn  ©ä)aufpielen; 
bcnn  bie  nod)  älteren  tateinifcf)  gcfc^riebenen 
jDramen,  barunter  6  ©tücfe  bcrSfionne^  r  0  ö* 
roit^  ober  Roswitha,  Hrotsvitha 
»on  ©anberö^cim,  t>or  984,  ttielc^e  bie  un- 
tüchtigen @tü(fe  be^  Sercnj  burd^  c^rip= 
U(^e  Spiele  ju  erfe^en  trachtete,  fmb 
gänjlic^  oline  SRact)»irEung  geblieben.  2>ie 
tircl)lid}en  I>ramen,  bie  uom  12.  3^1^)^^- 
an  beginnen,  teilen  in  2)eutfcf)lanb  ludi, 
in  5':<infi^«i'i)  misteria,  altftanj.  mis- 
tere,  oon  ministerium,  f{rd)li(^c 
^anblung,  aui^  mysteria  gef(^rieben, 
bod)  ot)ne  Suf^iiinien^ang  mit  myste- 
rium  =  ®e§eimniö.  «Sie  rtJaren  baju 
befiimmt,  bie  firc^lic^en  ^eP'e,  eorne^mlid^ 
bie  ^offton  unb  bie  Dfiern  ju  »erl;errs 
Iicl)en.  Spieler  maren  bie  Ocipiidben,  ber 
Drt  ber  5luffü^rung  bie  Äir^e,  bie  Sprache 
latctnifc^;  jte  entmicEeltcn  ftd)  auö  ben 
geftliturgien.  SDa^  bebeutenbfic  biefer 
©lüde  ifiber  Ludus  paschalis  de 
adventn  et  interitn  Anti- 
christi  »on  SBcrn^cr  won  Siegern* 
fee;  anbevc  6ei§en  Ludns  in  resur- 
rectione  Domini;  beutfd)e  ©teilen 
mürben  vorläufig  nur  fpärlid)  eingefügt, 
fo  ber  Dfterlei^  „Krist  ist  erstanden" 
ober  einjelne  ßiebcr,  bie  man  befonber^ 
gern  ber  Maria  Magdalena,  einer  Sieb? 
lingöfigur  ber  Djlerfpielc,  in  ben  SOJunb 
legte. 

3m  14.  3al)rf).  !ommen  folc^e  gcijl' 
lic^e  ©piele,  mie  jte  »on  ba  an  l)ei^en, 
in  beutfcf)er  ©pracl)e  nor  unb  gef)en  »on 
ben  Älerifern  auf  bie  Öaien  über.  2ßelts 
lic^e  SWotioe,  2Iuflel;nung  gegen  bie  (Setfi- 
lic^fcit,  $a§  gegen  ia^  3iibentum,  teilö 
burd)  ben  geminnfüc^tigen  3ui>a^.  tsitö 
bur^  ben  ©pejerei  »erfaufenben  Ärämer 
üertreten,  traten  in  fomifc^er  2luffaffung 
unmittelbar  neben  tai  Sragifdjc.  Einfang« 
fpielen  nod)  bie  Älerifer,  bann  biefe  mit 


ben  ©d)ülern,  bann  bie  ©c^üIer  allein, 
enblid^  nur  ?aien.  Qvoax  banb  fic^  bie 
^tuffü^rung  immer  nod)  an  bie  Äird^en« 
fejle,  aber  ber  Drt  ber  5luffül;rung  mürbe 
ber  Tlaxft  ober  fonft  ein  freier  $la^,  mo 
eine  fünjilid)e  93ül)ne  errid)tet  mar.  Die 
grauenroHen  mürben  üon  Scannern  ge= 
fpielt.  Der  Umfang  beä  in  t>ai  ©piel 
eingefc^altetcn  ®efange^  fomo^t  einzelner 
*Perfonen  alö  ganjer  4^öre  ijl  oerf^ieben; 
felbfi  Sanj  mürbe  jugelaffcn.  Dod)  über= 
mog  bnö  ©efpräd^,  nad^  bcm  ®efcf)macfc 
ber  3«'t  in  ^Reimpaaren  »erfaßt,  tai  ge= 
legentli(^  auf  ber  93ül)ne  nur  getefen 
mürbe.  @ö  mar  fe^r  breit  auögcfponnen, 
mie  aud^  bie  ^al)l  ber  mitl^anbelnben  *Per= 
fönen  bi^  auf  metjrere  |)unbert  fteigt. 
iUZand^e  ©tücfe  maren  fo  breit,  ba^  i^re 
^Jluffü^rung  7  Sage  in  Qlnfprud^  nalim. 
Dem  Sn^alt  nad)  ftnb  e^  in  crjler  Öinie 
<Paffion^=  unb  Dfierfpiele,  rüdroärtö 
unb  pormärtä  oerfürjt  ober  »erlängert,  fo 
ha^  unter  Umflänben  mit  ber  ®eburt 
fö^rifti  begonnen  unb  mit  ber  J^öüenfa^rt 
unb  ber  $immelfal)rt  gefdjlofl'en  mirb. 
Da  biefe  ©piele  ä^nlic^  bem  kpoi  aui 
einem  gemeinfamen  .Kern  l)eniorgel)en, 
fel)len  überall  93erfaffernamen.  Dläc^fi  ber 
*)ßafftonös  unb  DJierjcit  mürben  aud)  bie 
®eit)nac^t,  SHariä  SerEünbigung,  üiä)U 
me§,  Himmelfahrt,  ba^  gronleic^nam^« 
fcft  mit  ©piclen  gefeiert.  @d)on  bei  ben 
jule^t  genannten  mu^te  eine  paffenbe 
^anblung  erfi  erfunben  merben;  ganj  felb« 
ftänbige  ©piele  ftnb  fobann  flöten* 
tun  je  (jiet)c  biefen  Qlrtifel),  \)ai  ©piel 
»on  ben  fingen  unb  ben  t^öric^ten 
3ungfrauen,  iai  »on  ber  feufc£)en 
©ufanna,  »on  ber  ^eiligen  Do  rot  l)ca, 
»on  3;i)eopl)iluä;  im  ©piel  »on  grau 
3utten  \)at  ber  ©eifili^e  2;|)eoberic^ 
©Cherub erg  um  1480  bie  ®efcf)ic^te  »on 
ber  ^Pdpftin  3o^anna  bef)anbelt. 

ütod)  me^r  alö  bie  Dfierfpiele  fdjliefen 
fid)  bie  gajinaci^tfpiele  an  »orci)rifilic^e 
Überlieferungen  unb  @ebrciu(^ean.  5lnfcing- 
lid)blo§c®elegenl)eit2imummereien,©tra§ens 
unb  Äird)enlauf,  oft,  mie  bie  geiftli^en 
©piele,  in  gorm  eineö  gerichtlichen  ^xo" 
jeffeö,  merben  fte  im  15.  ^a\)x\).  litten 
rarifc^  auögcbilbet ,  unb  jmar  ju  S^ürn* 
berg  burd^  ^an^  SRofenblüt,  ben 
©dE)nepperer  unb  _burd)  |)anä  i^olj. 
©ic  mürben  nid)t  ÖTfentlid^  unb  im  Jreien, 
fonbcrn  »on  um^er3iel)enben  munteren  ®e' 
feilen  in  ben  ^Räumen  befreunbeter  Käufer 
aufgefüt)rt.  Salb  fmb  ilirer  blof  ein 
*Paar,  balb  met)r,  biö  12  ober  14,  bie  in 


68 


35rama. 


leichter  Sßcrmummung  frcmbartigc  ©cftal* 
ten  batPellcn ,  trübe  'JJJänncr ,  Säuern, 
IBettcIooH,  atlegorifc^e  Figuren.  2)cn 
Stoff  bet  ^anblung  bieten  Sjcncn  beö 
täglicfien  ßeben^ ,  beim  ^auf  auf  bem 
ÜJtarfte,  cor  ©eri^t,  ebc^«if!e,  3ant  bc«i 
©eftnbe^.  „ÜJJit  einer  (Srflnbungsfraft  t)on 
fiaunen^tt)erter  Qluögiebigfett  nsurben  bie 
Sßer^ältnifle  beö  ®efd)lerf)teö  jum  ®egen= 
ftanbc  beö  fc^amlofeften ,  im  ©c^mu^e 
fcligen  2ßi^eö  gemad)t  unb  in  immer 
neuen  üöcnbungen  entf)üllt  unb  »crfjö^nt. 
2)ie  brutale  SHo^eit  ber  ©itten  i)at  in 
bicfen  «Spielen  ben  ^öc^jicn  ®rab  erreicf)t; 
jcber  Sprec^cnbe  ein  <Bd))x>(\n,  jcbcr  Spruch 
eine  SRo^eit,  jebcr  2Bi^  eine  Unfläterei." 
©oetefe,  I.  §  93.  <Ku§er  Jtürnberg  ^aben 
Bamberg  unb  5tugöburg  on  ber  (Sntfie^ung 
biefcr  Spiele  einigen  Qlnteil. 

®egen  hai  6nbe  beö  15.  3a^r^.  treten 
in  ber  ®ef^irf)te  beö  beutfi^en  ©d^au* 
fpielö  Pon  mebreren  Seiten  f;cr  neue 
[Regungen  unb  93ett)egungen  auf. 

3n  ben  Greifen  ber  ^umaniften  mürben 
bie  ©ramen  beä  ^piautus  unb  lerenj, 
fpätcr  auc^  griec^if(J)e  be^  5lriftop£)anei 
üon  ben  Schülern  aufgefüt)rt  unb  in  SJiac^« 
a^mung  antifer  SO^ufler  jaf)treid)e  *Reu- 
bict)tungen  ferfud^t;  ba^in  geboren  Iatei= 
nif^e  "Sct)aiifpietc  non  SÖöimfeling, 
tReuc^tin,  ^at.  ßoc^er,  Sonrab  Sel  = 
ter,  S^rifiop^  ^cgenborf,  S^omaö 
9'iaogeorguä(.kird)mair)  oon  Straubing. 
®eorg  ÜRacropebiuö,  9^icobemuö 
5rifd)Iin  u.  a.  ®ocbefc,  §  113. 

Scbon  vor  ber  [Reformation  fing  man 
an  neben  ^lautu«  unb  lerenj  auc^  folc^c 
neuere  2)ramen  ju  überfe^en,  natürlii)  im 
©ewanbe  unb  Sßerfc  ber  Qixi.  ?ll brecht 
»on  6ibe,  3)om[)err  ju  Bamberg,  gejt. 
1485,  überfe^te  bie  Menaechmi  unb 
Bacchides  tcö  (ßlautuä ,  ^anö 
iRiptMtt  oon  Ulm  I48fi  ben  ®unucf)en 
bc0  Icrenj,  1499  ein  Ungenannter  ben 
ganjen  lerenj,  erfd)ienen  ui  Strasburg.  35on 
neulateinifd)en  Stüden  mürbe  ber  Henno 
bc^  [Reuc^Iin,  ber  Acolastns  (oertorene 
Sobn)  beö  Gnapliaens  unb  mandbe 
Stüde  be^Naogeorgns  überfe^t  unb 
aufgefül)rt,  ^an^  Sac^ö  bearbeitete  ben 
Platns  beö  Qlriflopbaneä  na(f)  einer  latei« 
nifd^en  Bearbeitung  (ber  gried^ifdje  Zip 
mar  JU  3ürid)  im  3a^r  1531  unter 
3n)ingliö  fieitung  aufgeführt  morbcn),  oon 
lerenj  ben  Sunucf)en  unb  bie  ü)?en(ic^men, 
»on  Macropedins  ben  Hekastus. 

3m  Qlnfdiluffc  an  folcf)«  frembc  Stiidc 
unb  jugteic^  burd)  ba«  mac^fcnbe  jläbtifd^e 


SBoIf^leben,  in  5Deutfct)Ianb  burd^  ßut^er« 
Scilnafimc  geförbert,  entjlanb  im  Beginn 
be«  16.  3fi^i^^unbertö  ein  auägebilbeteö 
Sc^aufpiet.  2>ad  fd^meijerifd)e,  tai  am 
üii)än  berab  mirffam  blieb,  ging  me^r  »om 
35oIfe,  tai  mittel^  unb  norbbeutfd^e  me^r 
»on  ber  ®eifiIi(^Eeit  unb  ber  Sd)ulc  au^. 
3n  ber  Sc^meij  ijt  Bern  repräfentiert 
burd)  SRiflauä  üRanuel  unb  $ang 
»on  iRüte,  Bafel  burcfe  ®engenbad), 
Sift  Bird,  3o^.  Äo^Iro«,  Balentin 
Bol^,  3ürid)  burd)  3a!ob  SRuof, 
Biet  burc^  '^at.  ^undctin.  —  5« 
Sac^fen  unb  Reffen  mirfen  3o^<^i"i 
®raff  unb  *JJaul  iHebf)un,  beibc  »on 
3midau;  in  'Jlugöburg  SebaftianSBilb, 
in  ^Jürnberg  aufer  |>anöSad)«  ßeon* 
^arb  Sulman;  überhaupt  ifi  biefe 
SJic^tung  bem  ßebcn  ber  Qät  gemäf  burd?« 
au^  lofaliftert,  unb  eä  frnb  nur  fe^r  Wenige, 
barunter  in  erjier  Sinie  .^»anö  Sad)^, 
meiere  über  bie  2Rauern  i^rer  Baterftabt 
{)inauö  mirffam  ju  werben  »ermoc^ten, 

2öa^  bie  Stoffe  anbelangt,  fo  finb  e^  mit 
Borliebe  biblifcöe,  me^r  auö  bem  alten 
at^  bem  neuen  jejiament:  *Hbam  unb  (S»a, 
2tbral)am  unb  Opferung  3faafö ,  ^\aat 
unb  SRebeHa,  Safob,  3ofep§,  |>iob,  ba« 
gotbene  Äalb,  3ofua,  S)a»ib  unb  ®oUat^, 
S)aoib  unb  Salomo,  5lbfalom,  Subita, 
Sobiaö,  beibe  le^tgenannten  burc^  ßutber 
empfohlen ,  Belagerung  Babplonä ,  am 
^äufigften  Sufanna  im  Babe.  5lu«  bem 
neuen  Sejlament:  SBei^nad^täfpielc,  S"- 
^anneö  ber  Säufer,  ^od)jeit  ju  Sana,  ba^ 
jüngfie  ®eri(^t,  am  fcitenften  bie  ^afjtong« 
gef^i^te;  bramatifiertc  ^Parabeln  »om 
SDßeingarten  be^  f>crrn,  »om  »crlorenen 
So[;n  (Acolastns),  »om  reid)en  Tlann  u. 
armen  ßajaruö. 

3mar  bicnte,  mic  überhaupt  bie  ganje 
Sitteratur  biefer  ^eriobe,  fo  auc^  i>ai  Spiel 
ber  ßcl)re,  auc^  mo  biblifd)c  ober  profane 
®ef^ic^te  bargefieQt  mar;  eö  giebt  aber 
fold^e  Stüde,  bie  »on  »orntierein  lel;rl;af« 
ten  Stoff  im  engern  Sinne  befonberö  fatt* 
rifc^  be^anbeln;  ba^in  gcliören  bie  ®au(^* 
matt,  bie  jcf)n  '■Mkx  unb  ber  SRoü^arb 
»on  ©engenbacb,  bie  fünf  Bctrad^tungcn 
jur  Bu§e  »on  Äolro«,  2öol)l=  unb  Übcl= 
ftanb  ber  Sibgcnoffenfc^aft  »on  ^atob 
[Ruof,  ber  SBelt  Spiegel  »on  Bol^,  bie 
SRarrenfc^ulc  »on  ^erp\>vt. 

Qlm  liebjten  aber  ben^egtc  jtd^  Öebtc  u. 
Satire  auf  bem  ©cbiete  ber  iReformationö* 
fireitigfciten.  SDaljin  jäblt  hai  »on  2Ö. 
JJarel  in  fran^öftfd)er  Sprache  erbic^tcte 
unb  öfter   beutfc^  überfe^te   Spiel   im 


■Drama. 


69 


föniglid^cn  Saale  ju  ^avi«, 
bie  5aflnad)tfpiel£  beö  S^itlaittf  »DJanuel: 
S3om  ^ap^  unb  feiner  $riefier[d)aft,  5tb» 
la§Erämer,  öarbali,  (SlfU  Svagbcntnabcn 
(ältere  Qluögabe  uon  ©rüneifen ,  neuere 
von  93ad)toIb,  J^iflauä  SOJanuel,  grauen« 
fclb,  1878);  anbcre  ©tücfe  bcr  Qlrt  [xnh: 
3o(}anneö  .^u§,  1537;  ber  neue  beutfc^e 
Sileamöefet  üon  (iammerlanber,  um  1542. 

3u  n.->eltli(i)en  ©toffen  beö  Otomanö,  ber 
©efc^ic^te  unb  ber  Sage  griff  man  im 
allgemeinen  feltener;  ^anö  ©acf)^  auöge* 
nommen.  ber  über{)aupt  bcn  Ävei^  beö 
jeitgenöffifc^en  ©tojfe^  weit  überfc^reitet ; 
er  t)at  in  feinen  208  bramatifd)cn  ©tüdcn 
©toffe  auö  SSoccaccioö  >Decameron  unb 
ben  23üd)ern  ber  burd)Iäuc[)tigen  g^''"'^" 
bramatifd)  bearbeitet ,  <xx\i  ©ebafiian 
%xandü  ffleltbud) ,  Qllbett  Äran^'  dljxomt 
t>on  2)ancmarf ,  au^  ^omcr,  .^erobot, 
^lutard) ,  Xcnopfjon ,  Dpib ,  €uc« 
ton,  Öiuiu«;  bem  beutfd)en  .§)ctbcnbuc^e 
entnal}m  er  einen  |)örnen  ©eifvicb,  wobei 
freitidi  ju  bcbenfen,  bii§  biefer  2)ic^ter 
feine  Stoffe,  wo  immer  er  fte  fanb,  (o* 
njobi  für  Ü}rifd)e  aU  epifc^c  alö  brama- 
tiid)ei)id)tungen  verwenbete.  SBon  anberen 
2)id)tern  ^at  man  auö  biefer  Qdt  bie  Histo- 
ria  Magelonae,  Dctapianuö  unb  bie  fieben 
weifen  SOicifler,  2öilf)clm  leü,  grau  2Ben« 
beigart,  2ucretia,  2)amon  unb  *^3i;tl}ia«, 
3ei'|lörung  oon  Ivoja. 

iBon  ben  aiitifen  ©lüden  ^attc  man 
nunniel)r  aud)  bie  Unterfd)eibung§namcn 
51  r  a  g  ö b  i  c  unb  Ä  o  m  ö  b  i  e  f'enncn  lernen, 
o^ne  ha^  man  irgenbwie  über  ha^  innere 
SBefen  terfelben  1luff^l«§  cr[)alten  ^ätte; 
^mi  'Bad)^  nennt  biejenigen  ©tüde ,  in 
bcnen  ein  Ärieg  üorfommt,  Sragöbie, 
bie  anbern  Äomöbie;  gern  bcnu^te  man 
beöbalb  jur  5lu«^ülfe  äragifomöbie, 
ober  man  beljiett  t>a^  alte  2ßort  Spiel 
bei.  S)a^  geiftlic^e  ©piel  im  engern 
®inne  würbe  in  protePantifd)en  (Segenben 
natürlid)  nid)t  weiter  geübt,  ouci}  ba^ 
cinfadberc  gajlnaditfpiel  ift,  aber  uerebelt, 
nur  von  ^an^  <S>(xi)i  unb  Saf''^  Qlprer 
forigefübrt.  3)en  antifen  SDJuPern  ent« 
nabm  man  aud)  bie  Sinteitung  in  5tfte 
unb  ©jenen,  ebenfalls  obnc  tiefere  (Sinfi(f^t. 

2öic  im  altern  geifilidjen  ©piel  liebte 
man  eö  je^t  nod)  SQJuftffiüde  einjuf[ed)ten, 
feiö  an  Einfang  unb  @nbe,  fei«;  fonft  an 
paffenben  Orten.  (Sinjelnc  geleierte  S)ic^tcr 
machten  bcn  iBerfud),  antife  ißerös  unb 
©tropl)enmcffung,  anbere  welfd)c  SR^t)t^« 
men  nac^juabmen,  befonber^  $aul 
IReb^un.      3"^     Belebung     be«    immer 


nod^  fcf)r  gebunbencn  ©celenleben«  ber 
banbclnben  (Perfonen  würbe  etwa  bie 
ü)Junbart  verwenbet.  3)ie  9luffü{)rung  ber 
©tüde  burc^  bie  jüngere  ®ürgerf(^aft  gc« 
fd)at)  unter  '}luffid)t  unb  Untcrfiü^ung  ber 
Obrigfeit,  bei  einfac^jler  Sütjnenjurüjtung 
unb  ÜJJafc^inerie,  bagegen  mitunter  !oft- 
barer  .^ojlümietung,  bie  ftetö  ber  gegen« 
wärtigen  Ira^t  entnommen  würbe.  '^xU 
ten  in  bie  ernfle  J^anblun^  würben  o^ne 
2lnfianb  fomifd)e  ©jenen  eingefd^oben,  be« 
fonberö  an  5irjte,  '^ntixx,  ben  leufel  unb 
ben  Starren  fid)  anfd)lie§enb.  3!)Jand)er« 
orten  fpielten  bie  a)leifierfinger,  j.  93.  in 
5lugöburg,  ober  ßiebljabcrgefeUfc^aften. 

S)er  frifd)e  'Jluffdjwung  ber  «öolföfpicle 
burd)  bie  9fleformationöbewegung  erlahmte 
balb  an  ber  allgemeinen  (Srlabmung  be^ 
geizigen  ßebenö;  einjig  ^anä  ©a^(^  t)iclt 
i'olange  er  lebte  unb  nod)  längere  ^txt  nad^s 
bcr,  burc^  ben  ®inftu§  feiner  ©d)riften  bie 
©rinncrung  an  frühere  3al)rjel)nte  auf« 
rcd)t.  ©onj^  trat  ba«  ©d^aufpiel  mel)r 
unb  me^r  in  bcn  ©ienft  ber  ©c^ule,  be« 
fonberg  feitbcm  bie  3^fuit«n  ^^^f«  ®attung 
für  i^rc  51nfialtcn  nac^  if)rem  ©eiftc  aus* 
bilbeten  unb  proteflantifd)e  *Mnftalten  mit 
ibnen  in  protePantifd)em  (Seifte  Wetteifer« 
ten ;  ber  ^auptfr^  biefer  le^tern  3;l)ätigfeit 
war  ©traiburg. 

9?ur  D^ürnbcrg  :^atte  in  3afob 
9lt)rer,  gep.  1605,  eine  ^rt  9^od) folger 
von  .^ane  ©ad^ö,  ber  fogar  xxoä)  gafina(^t« 
fpiele  fd)rieb,  bod)  fommt  er  feinem  23or« 
ganger  Weber  an  govm  nod)  ®el)alt  nabe. 
^Dagegen  iji  feine  2:i)<itigfeit  baburd)  in« 
tcveffant,  ha^  fid)  in  einigen  feiner  ©tüde 
?iuerft  ber  (5influ§  ber  c  n g l  i  f  d) e n  .^o  m  ö  « 
bianten  jeigt.  ©d)on  wäbrenb  bcr 
3al)rc  1556—84  Würben  englifd)c  SDiuftfcr, 
giebler,  Srompeter  unb  «Pfeifer  am  marf« 
gräflid)en  |)ofc  in  ^rcu§en  gef)alten. 
Später  finbet  man  äl)nlic^c  Struppen  an 
anberen  .^öfen,  bie  ^uglcid)  DWuftfer,  ©^au« 
fpicicr,  ©ciltänjcr  u.  bgl.  finb;  vor 
1586  fpielte  eine  folc^e  Sruppe  am  bäni« 
fd)en  ^ofe,  fpäter  in  Dre^ben,  2öolfen« 
büttcl,  .Gaffel,  von  weldjer  bäufige  .Kunfi« 
reifen  in  äat;lreid)c  ©täbtc  äRittel«  unb 
©übbeutfc^lanbö  unternommen  würben,  fo 
nad^  granffurt,  Ulm,  «lug^burg,  Safcl, 
Diürnbcrg,  Stuttgart,  2)armjiabt,  JRcgcnö« 
bürg.  SDiefe  englifc^en  .Romöbiantcn, 
3eitgcnoffcn  ©bafefpeareö ,  einige  von 
ibnen  o{)nc  3weif«t  feine  ®ct)ülfen,  fpicl« 
ten  anfangt  in  englifd)er  ©ptac^e,  fpäter, 
befonberä  als  bcutfc^e  Sd^aufpieler  i^ncn 
beitraten,    beutfc^;    aU    e«    fd)on    ganj 


70 


Dtcifönig^fcft. 


beutfcf)e  @d)aufpielertruppm  nad)  5lrt  ber 
älteren  cnglifdficn  gab,  feieren  fte  immer 
noc^  englifc^e  Äomöbiantcn.  üJlan  fcnnt 
ben  ©()arafter  ber  t>on  i^nen  gefpielten 
»Stücfc,  bie  fiVim  %ä\  auf  englt[(^e  Ducüen, 
namcntlict)  ©^afefpearc,  jurücfgingen,  jum 
%txl  auf  älteren  beutf(^en  ruf)ten,  teilö  auä 
3afob  5(i)rerä  Spielen;  benn  biefer 
roar  i^r  3uf<i)'Ji'ct  gewefen  unb  f)atte  it)re 
2trt  nac6geaf)mt;  teilö  auö  einer  im  3a^r 
1620  of)ne  5(ngabc  beö  S)rucEorte«  fietauö* 
gcf  ommencn  Sammlung  t)on  20  ©tücEen : 
„Sngelifc^e  Somcbicn  unb  Sragcbicn," 
teil^  au^  ben  ©tücfen  beS  .^eräogg  ^ein« 
ric^  3uli"^  *"'n  93raunfc^h)eig,  1564 
ixi  1613,  fterauögegcben  tion  ^oHanb, 
SBibl.  beä  litt.  25crcinö  ju  ©tuttg.  1855. 

I)ie  Sebeutung  ber  englifc^cn  Äomö- 
biantcn  liegt  nid)t  in  ber  (|infül)rung  beö 
Stottjnö,  ben  man  in  Dcutfc^Ianb  nad) 
bem  nieberlänbifc^en  Stamen  *picEett)äs 
ring  unb  bie  3^i[^'"fpi^If'  ^^^  ^^"^  f'^'^ 
i^n  benimmt  maren,  ^idel^äringö  = 
fpiele  nannte;  nocft  nseniger  liegt  fte  in 
ber  barbarifd^en  ©ittentoftgfeit ,  )x>t\<i)t 
i^ren  ©lüden  jum  Seit  eigen  ift ;  fonbern 
barin,  ta^  fte  juerfl  in  5Deutfd)Ianb  bie 
perföntid)e,  inbiinbueUeÄunj!  beö  SDiimeu' 
fpielö  aufbrad)ten  unb  jugleic^  bieienit^en 
Sütjneneinric^tungen  einbürgerten,  bie  feit; 
bem  bem  Jtieater  eigen  geblieben  ftnb. 
©ic  fclber  mußten  noc^  in  paffenben  8ofa= 
Icn  anberer  3trt,  5ec^tfd)ulen,  !ßaUt)äufern, 
Slattjäufern  fpielen;  ta^  erfte  Jfteater  baute 
äanbgraf  iWori^  non  Reffen  in  Gaffel,  ju 
(S^ren  feineö  ©o^neß  Dt  ton  in  m  ge^ 
nannt.  ©eit  ben  englifc^en  Äomöbianten 
giebt  e^  in  ©eutfc^Ianb  einen  ©d)au^ 
fpielerftanb. 

5Wit  bem  so  jährigen  Kriege  prte  ba^ 
©d)aufpiet  faft  überall  auf,  cineißelufiigung 
be^  35olfe8  ju  fein;  e«  würbe  entmeber 
blo^  ßefebrama  ober  ging  an  bie  $öfc 
über,  unb  jn)ar  entweber  aU  Oper  (fiebe 
biefen  QlitiEct)  ober  alä  ®elegen^eit«ibi<^« 
tung,  ganj  im  ©eifte  ber  Dpi^ifi^en  *Poetif. 
5ürjltid)c  ^od)jeitcn,  Äinbtaufen  unb 
©eburtöfefie  mürben  mit  ^ofmä§igen 
©df)aufpieien  gefeiert.  ?luö  ben  ®elegen= 
I)eitöfd)aufpielen,  bie  eine  ernfi^afte  ^anb= 
lung  in  t)o(]em  ©teljenfd)ritt  unb  baneben 
ober  barin  eine  luftige  |»anblung  mit 
f[ad)en  ©pä^en  unb  Prügeleien  »orPettten, 
entmidelten  fid)  bie  ^aupt*  u.  ©taate* 
aftionen  gegen  tai  (Snbe  be^  17.  unb 
im  93eginn  beö  18.  ^<xi)xi}.;  bie  älteren 
tomifc^en  ^igui^^n  mürben  barin  burd)  bie 
neueren   beö  '^Jideltiäring   unb  ^an^murP 


erfe|t.  S)er  einjige  namhafte  bramatifc^c 
Siebter  ber  jmeiten  ^ätfte  bcä  17.  3a^r^. 
ij^  Qlnbreaö  ®tpp^iu«,  in  bcffenffierfen 
ber  6inf(u§  ber  2lntife,  ©^afefpeare«,  ber 
95olföfd)aufpicle  beutlic^  erfennbar  fmb. 
.t>arjujtcüen ,  mie  bann  ber  franjöjtfcfie 
®cfd)macf  in  ©eutfc^tanb  einf)eimif(^  mirb 
unb  gegen  i^n  antifer  unb  engtifdEjcr  ®e« 
fc^mad  anfämpft,  gehört  nid)t  in  ben 
SRaömen  biefer  ©fijje.  Sßgl.  $ru^,  ®e* 
fd)id)te  be«  beutfc^en  J^eaterÄ,  2)eürient, 
®efc^.  ber  beutfc^cn  ©d)aufpieIEunft,  unb 
au^cr  ben  ßitteraturgefc^i^ten  namentlid^ 
toon  ©erninuö,  2Badernagetunb®oebcEe,  bie 
einleitungen  ^u:  ©d)aufpiele  au«  bem 
16.  3af)r^.,  ^erausg.  ».  Sittmann,  2  iBbc. ; 
J^anö  ^a<i)i,  bie  ©d)aufpiele  ber  engtifc^en 
.^omöbianten,  bie  ©^aufpiele  bcä  ^crjogä 
$.  3.  t)on  ©raunf Ameig,  5(nbreaö  ®rt)p^iu^, 
fämtUd)  in  ben  ©ammlungen  „3)eutfc^c 
S)ic^ter  beö  16.  rcfp.  17.  ^ai)x\).  »on 
®oebede  u.  littmann.  Seipj.  Srod^au«. 
!5)rci!öntgöfeft,  @pipt)ania«;  mie  in 
ben  meiften  fird)lt($en  ^e^f"  freujen  unb 
octbinben  ft^  ^ier  f)eibnifc^e  unb  dirifi» 
Iid)e  *}lnfcbauungcn  unb  ®ebräud)e.  ©er 
3)reifönig8tag,  6.  3anuar,  ifi  ber  ©(^tu§ 
ber  3 mölf nackte  (fte^e  biefen  9lrt.). 
35ie  SRad)t  auf  (Spip^aniaä  ^ic^  im  iDJit* 
telalter  giperahta  naht,  bie  Ieud)tenbe 
yiaä:)t,  ober  perhtennaht ,  perktentag; 
ber  Sag  galt  aU  Sag  ber  Sert^a.  ^xxi 
®egenfa^  ju  ben  3tt'ölfnäc6ten,  mo  bie 
©o'nne  im  ©tiüfianb  ijl,  meöf)alb  ft(^  fein 
^ah  brel)en  barf,  f^cint  man  an  biefem 
Sage  tai  mieber  beginnenbe  23orrüden 
ber  ©onne  gefeiert  ju  f)aben;  ber  ©tern, 
urfprüngtid)  iai  ©onnenrab,  mu§  ftd^ 
bret)cn.  yto^  je^t  fnüpft  ftd)  an  ben 
Sag  5at)treid)er  Aberglaube,  SButtfe, 
§  79.  S)ie  ^riftli^e  ßegenbe  fe^t  auf 
biefen  Sag  bie  51nbetung  beö  ß^rijtuö* 
finbeö  bur^  bie2öeifen  r>om  ÜJl  orgen« 
lanbc;  bie  ©refjat)!  i|l  bem  breifaci^en 
®efd)enf,  ®olb,  2öei£)raud)  unb  5WijrtI)en, 
nad)gebiibet,  menn  xxxd^t  aud)  barin  eine 
Erinnerung  liegt  an  bie  mo^tt^ätige 
Söanberung  ber  oft  alä  S)rcit)eit  gebac^tcn 
germanifdien  ®ott^eit  in  ben  3tt)ölfnä(^s 
tcn;  frül)ere  3äf)rbunbertc  nahmen  bie 
3a^t  12  ober  15  an.  ^inftc^tUc^  ibreä 
Oftangeö  unb  ©tanbe^  badete  man  ftc^  bie 
SOtagier  aU  ^crnfunbige  ®etet)rte,  5lfiros 
logen  ober  a\i  3auberer;  erfl  fpäter 
f(^lo§  man  aue  ben  föniglid^en  ®efc^enfcn, 
ta^  eö  Äönige  gemefen  feien. 

Be da  Yen erabilis,  672— 735, ermähnt 
jucrP  ibre  iRamen  Äafpar,  9D'leId)ior,  ^aU 


Drube  —  Druiben. 


71 


tf)afar;  anDcie  nennen  fic  anbetä :  Apellus, 
Amerus  unb  Damascus,  ober  Magalach, 
Galgalath  unb  Saracin,  ober  Ator, 
Eator  unb  Peratoras.  "^iixt  Seichnamc 
foUen  im  ^al)Xt  1162  aufgefunben  unb 
nnd)  SRailanb  in  bie  (SuPorgiucsfirdjc  ge^ 
fommcn  fein;  bei  ber  (SrobcrungSWailanbö 
fcftenfte  fte  Sarbaroffa  bein  ßr^bifc^of  wn 
Äöln;  fte  liegen  noc^  im  Kölner  S)om. 
SBefannt  ifi  bie  alte  Sitte,  b(i§  am  SJrei^ 
fönigötag  brei  ßeute  in  abentcuerlid)em 
Äojiüm,  beren  ^auptfpre^er  einen  bli^en« 
bcn  ®tern  »oranträgt,  um  eine  milbe 
&abi,  baö  fog.  ©ternbre^crtieb 
fingen,  eä  fängt  an;  ®ott,  fo  »ollen  wir 
loben  unb  cl)rn,  bie  beiligen  brei  Könige 
mit  i^rcm  8tern,  fte  reiten  bal)er  in  aller  (Sil, 
in  brei^ig  ©tunbcn  t)ier^unfcrt  SDteil; 
ober:  bie  4  I)eiligeu  3  Könige  mit  it)ren 
Stern  u.  f.  m.,  öfter  abgebrucft. 

3n  ^ranfreid)  finbct  an  biefcm  lag 
tai  So^inenfönigefeft  ftatt.  ©in  großer 
gejlfucf)en  cntt)ält  im  Innern  eine  33ol)ne 
®erfetbc  wirb  in  fo  inel  Stücfe  jerfc^nitten, 
aU  J^nniilienglieber  üorl)anben  ftnb;  wer 
in  feinem  ©tiicfe  bie  Sotjne  t)at,  wirb 
93of)nenfönig  unb  gilt  an  biefem  lag  aH 
^err  unb  ^önig.    JPicrjog,  SReaUlSnc. 

Snibe,  bie,  ifi  altnorbif*  alöThiüdhr 
ber  9iame  einer  ®c^Ia(ä)tiungfrau,  altbocf)^ 
beutfd)  in  jal)lreid)en  5'^^'<i^f'i"^if"f"  ^"^ 
balten:  Alpdrut,  Regindrut,  Jrmindrüt, 
Ämaldrüt,  Gerdnit,  Sigidrüt,  Trüdhilt. 
SOiit  (Sinfübrung  beö  (5,l)riftentum^  ging 
ber  D'Jame  ber  Ijalbgötilid^en  Jungfrau  in 
ben  non  ^eje,  Unl)olbin  über ,  befonberö 
bicjenige,  tt)eldE)e  alö  21  Ip  bie  ®d)lafenben 
brücft.  ^i)xt  urfprünglicf)  gute  Scbeutung 
ifi  in  Sirol  erl)nlten,  wo  man  fte  no* 
für  eine  fcf)öne  ^xan  bält;  an  anbercn 
Orten  ftnb  eö  alte,  in  *Balblöd)ern  l;au= 
fenbe  Söeibcr,  l)ä^lid)  anjuf^auen.  6ie 
treiben  näcbtlidie  Äüufie,  fommen  nacf)t0 
als  5llp  mit  Icifen  ©^ritten  an  ba«  33ctt 
beä  ®d)lafenben,  aud)  in  ®efialt  eineö 
weisen  Sünbelö,  legen  fid)  auf  ben  Sc^la^ 
fenben,  brücten  i^n,  ba^  er  fxd)  nid^t  regen, 
nic^t  atmen,  nid)t  rufen  fann.  ©in 
anbcrcr  ??ame  ifi  üJtare,  30tat)rt,  9'?ad)tmar. 
©rimrn,  Sßörterb.,  *Urt.  3)rubc.  — 
SButtee,  *Jlberglaube,  §  402  ff. 

2)rilbenfll^,  Pentagramma,  Pentalpha, 
5Upfreuj,  JJrubenEreuj,  Salus  Pythagorae, 
iji  ein  auö  jwei  ferfc^ränften  glcic^fcitigen 
S^reiecfen  gebilbeter  fünfediger  ober  fedb^= 
ediger  ©lern,  galt  im  SOJittelalter  aU 
®c^lo|  unb  Sflicgel  gegen  hai'  (Sinbringen 
ober  Sntweicben  böfer  ®cifier.    eigentlich 


ftnb  es  iBogelfü^e  (®änfefü§e),  bie  tai 
geificr^afte  Sffiefcn  beö  ju  95erf^eud)enben 
bejeic^nen;  gewöljnlic^  werben  iDrei  lange 
3eben  angegeben,  brei  nad)  r>orn,  eine 
nad^  hinten,  üßeiber,  wcld)e  plattfü^ig 
finb,  fommcn  baber  am  meijien  in  ben 
Serba<$t,  t>a^  fte  3)ruben  abgeben.  3)ag 
3eic^cn  wirb  üerfc^iebentlid)  angebra^t, 
am  5"§3fPföf  ^«^"^  Scttfiatt,  an  bet 
©d)wclle,  an  ©efägen,  93üd)ern,  ©erat« 
fc^aften,  an  S)orffd)enEen  aU  Qluötjänge* 
fc^ilb. 

2)rutbcn  bilbeten  neben  ben  9littern 
ben  jweiten  ©tanb,  ber  bei  ben  ©atliern 
»on  Sebeutung  unb  *}lnfet)cn  war  I)ie 
$aupttl)ätigfeit  ber  J)ruiben  waren  ba^ 
Opfer  unb  bie  iDJantif ,  'Hai  SRid)teramt,  bie 
Qlnfe^ung  ber  Ort«!«  unb  ®aufe(ie,  bie 
5^ercd)nung  bcö  Sonnen«  unb  OTonbtau* 
feö,  'Beobadbtung  ber  ©efiirne.  Sie  fa^en 
mit  il)ten  Familien  in  allen  3)örfcrn  unb 
Stäbtcn  be^  ßanbeä  unb  tierric^teten  an 
ben  l)eiligen  Orten  bie  priefierli^en 
^anblungcn,  unter  welchen  man  Stammet« 
unb  Sanbeö^eiligtümer  unterfd)ieb.  Set 
berüt)mten  Heiligtümern  Ratten  fte  ibre 
Sd)ulen,  wo  bie  religiöfen  ©ebrdudbe  er« 
flärt  unb  bie  9!J?oralpbilofopl)ie  geleljrt 
würbe,  unb  woliinein  immer  eine  gro§c 
5!J?enge  ber  Jugenb  ber  ßel)re  wegen 
firömtc.  2)a  biäputicrten  fte  oiel  über  bie 
©ejiirne  unb  t^ren  Sauf,  über  bie  ©rö^c 
bor  Srbe  unb  be«  SBeltaüci,  über  bie  yia^ 
tur  ber  SDinge,  ®ewalt  unb  Tladjt  ber 
unfterblid)en  ®ötter  unb  überlieferten  e§ 
ben  Schülern.  SBon  einem  liauptljeiligtum 
ging  nermutltc^  bie  23ereinigung  ber 
S)ruiben  auö  unb  mag  burd)  hai  *princi« 
pat  eincä  Staatee!  ober  burd^  einen  gropen 
politifd)cn  ©unb  mel)rerer  begünjiigt 
worben  fein.  Sie  fieQte  in  ber  S^it  ber 
p>erfplitterung  wenigjien^  bie  nationale 
(iinbeit  bcö  eigentlich  gaüif^en  SBolf«« 
fiammeö  bar. 

35ie  3)ruiben  waren  ein  in  ftd)  fefige« 
fdlloffener  ?tanb,  ber  ft^  äu^etlid)  aud^ 
burd)  eine  Orbenötrad^t  unterfcf)ieb.  ®ur4 
^Jrioilegien  fianben  fte  au§ert)alb  bet 
bütgerlid^cn  ©ewalten  unb  bilbeten  eine 
eigene  Korporation.  (Sin  erblidber  Staub 
ober  eine  Äafie  waren  fte  aber  n{d)t, 
fonbern  fte  ergiinjten  fx<S)  au^  bem  ganzen 
33olf.  3n  il^re  Orbcnöf(^u(en  fonnte 
jeber  %xtk  eintreten,  Sö^ne  beä  gemeinen 
iDianneö  ebenfo  wie  Sprößlinge  ber  be« 
rül)mtefien  ®ef(^lecf)ter,  unb  fte  wätjlten 
biefcn  ©eruf  ber  großen  33orteile  wegen 
teilö  freiwillig,  teilö  burd)  il)re  (Sltern  unb 


72 


2)u,  S)ujcn. 


S3ermanbten  baju  befümmt.  Die  ßc^täcit 
bauertc  fe^r  lange,  manche  btacftten  i)abt\ 
20  3a^re  ju.  2>ie  ße^rlingc  Ratten  in 
bcn  ©(i)ulen  eine  groge  iDJenge  23erfe  auä= 
ttjenbig  ju  lernen,  bic  aüe  ntcf)t  nieber» 
^efd^rieben  »erben  burften.  2ln  ber  »äpi^e 
beö  ©tanbe^  flanb  ein  Dbcrbruibe. 

2)u,  2)Ujcn»  Unter  biefem  STOort  mögen 
einige  Einbeulungen  über  bie  %xt  ber  per= 
fönli^en  ^tnrebe  in  älterer  3eit  ^la^ 
finben.  S)ie  gotifc^e  Sprache  fennt  ft)ie 
bie  griecl}ifd^e  unb  lateinifc^e  bto§  bie 
naturgemäße  5lnrebc  ber  ginjelperfon  in 
ber  ©inja^t:  hails  thiudans!  fpätcr 
noä;  altbeutfc^:  heil  herro,  heil  liebo! 
2)ie  erfie  eingreifenbe  23errücfung  beö 
fKumeruö  beim  ''^Jronomcn  jiammt  auö  ben 
fönigli($en  Äanjleien;  in  ?{a(^a^mung  bea 
römifc^en  ober  bpjantinifcfjen  (Se[d)äftö= 
fiileö  beseicf)neten  bie  beutfd^en  Äönige 
%f)iohmä),  $ipin,  Äarl  unb  bie  foIgen=^ 
ben  if)re  imperatoria  Majestas  baburd^, 
ia^  ftc  iion  frc^  im  «lülural  fcE)rieben.  *Mtt= 
mä^Iic^  brang  biefer  (jSIural  öor  in  bie 
©ctireiben  ber  Sifc^öfe,  iÜbte,  ®rafen  u. 
bgl.  ®aö  gefd)a^  alfo  in  ber  erfreu 
«Perfon.  3m  8.  unb  nod^  me^r  im 
9.  3a^r|).  ging  biefer  q31ural  in  bie  *Jln= 
rebe,  alfo  in  ik  äWcite  QJerfon  über,  baö 
S^rjcn  ber  Könige  tüirb  geläufiger.  3m2öal= 
t^arilieb  rebet  bie  |)unnenfönigin  Dfpirin 
ibren®emal;l  mitvosan,ebenfo2!BaItf)ariuö 
ben  Äönig,  »ä^renb  ^agen,  ©untrer  unb 
aüe  färapfcnbcn  ^selben  fict)  bujen.  3n 
beutfc^er  ©piac^c  rebet  juetjl  Dtfrieb  ben 
Sifc^of  ©alomon  in  feiner  2Bibmung  ber 
(5t)angelicnf)armonic  mit  ir  an.  Unter 
bem  ganzen  Solf  ftatte  ftc^  aber  t>ai  3t)rjcn 
ber  Äönige  unb  dürften  fc^mcrlid)  fci)on 
»erbreitet.  3n  ben  t)öpfcf)en  ©ebicfcten  beä 
12.  unb  13,  5af)rb.  ift  bai  majeflätifc^e 
SBir^en  überaQ  gemicben,  ber  ^ürft  fpricf)t 
mit  id);  ia^  bie  geifilictjen  ®ebicf)te  tai 
tu  gürjlen  gegenüber  ann^enben,  ift  ^aä)- 
a^mung  ber  biblif(i)en  5tniebe.  SDen  vodt= 
lidjen  ®ebid:;ten  ifl,  wo  fte  rittertid^en 
©toff  be{)anbeln,  baö  S^rjen  gemein,  ber 
Äaiferc^ronif,  bem  QUepanbcr,  ber  Sneit, 
bem  Gfiot|)er,  Strifian  jc.  3m  Qlnnolieb 
tt)irb  gcfagt,  ba^  man  ben  3"liuö  Säfar, 
um  itin  ju  ebren,  gei^rjt  ^ahe.  Die  ^aupt-- 
regeln  ber  Qlnrcbe  in  ber  pfifcfcen  3«it 
»Darcn:  unter  ©eiteiiüerwanbten,  Könige 
unb  Königinnen  man(i)mal  aufgenommen, 
gilt  bu.  ©Item  gaben  ben  Äinbern  du, 
ber  SÖater  empfing  non  (go^n  unb  Jod^ter 
ir,  bie  SDJutter  oom  ®of)n  ir,  öon  ber 
Sloc[)tcr  du,   (S{)eleute  ibrjen  fxc^.    giebcnbe. 


minneroerbenbe  nennen  ftc^  ir,  ge^en  aber 
leicht  in  hai  »ertraulic^e  du  über;  in 
'JDtinnetiebern  mirb  meijl  du  angefiimmt. 
Der  (Geringere  giebt  bem  ^ö^ern  ir  unb 
erf)ält  du  jurücf.  5«  ber  Äaiferc^ronif 
bujt  ber  ^apft  ben  Äaifer  unb  wirb  »on 
i^m  geif)rjt.  B^^ifc^f"  J^reunben  unb 
®cfeüen  gilt  du;  boc^  galt  bai  ir  al* 
befonberö  ^öfifc^,  unb  hjcnn  im  Ulihi' 
lungenliebc  bie  (Ritter  ftc^  me^r,  atf  fonjl 
gef^icf)t,  bujen,  fo  f(%eint  bai  Überrefi 
beö  t)olfömä§igen  Slementeä.  grauen, 
®eiftlic&e  unb  ^renrbe  erhalten  ir,  bafür 
ftnb  aber  grauen  unb  ©eif^lic^e  gegen 
©eringere  leict)t  ^öflicfecr  aU  5[JJänner 
unb  SBeltlic^e.  fPerfoniftjierte  2öcfen  »er« 
ben  Pom  Did^ter  gei^rjt,  j.  93.  %ia\i 
SiJJinne,  i^xaix  Qlbenteuer.  S)aÄ  gemeine 
iöolE  bleibt  nod^  beim  S)ujcn  fielen. 
Seibenfdbaftli^e ,  belegte  {Rebe  a^tct  ber 
Sitte  nidE)t  unb  jie^t  balb  traulidbes  du, 
balb  ^öftic^eä  ir  por. 

3m  Saufe  beö  14.,  15.  u.  16.  3a^r^.  blie* 
ben  bie  93erf)ältmffe  ber  5lnrebe  ungefähr 
mic  fte  bai  13.  geregelt  f)atte,  nur  ba^ 
bei  Königen,  ^^ürflen  unb  anberen  Irägern 
bof)er  SBürben  im  15.  unb  16.  %\hx^.  bic 
titeliDJaiefiät,  ^ürfilic^eSnaben,  Strenge, 
i^efie,  SBciö^cit  u.  bgl.  überbanb  nahmen 
unb  tttenigfienö  beim  Seginn  ber  SRebc 
ba^  unmittelbare  ir  »er^inbertcn.  3" 
jenen  liteln  rourbe,  je  nacbbem  fie  im 
Singular  ober  Plural  angewenbet  waren, 
bai  93erb,  in  ber  brüten  *Perfon  bei 
Singular  ober  ^Plural  fonflruiert:  (5uer 
faiferli^e  DD^ajefiät  bat  befol)len,  Suer 
fürftlid^e  ®naben  finb  ber  SDteinung; 
aber  f(ä)on  bai  beigefügte  <Poffeffto  ®uer 
^cigt,  ba^  baneben  immer  no4  gei^rjt 
würbe;  auö  ber  brüten  !J}erfon  fonnte  im 
"öerfolg  ber  Dtebe  in  bai  birefte  ir  übcr= 
gegangen  werben.  Solcf)e  Sitel  galten 
aucf)  für  ben  ^^aü.  ber  wirElidt)en  brüten 
^erfon,  beim  örjä^len ,  unb  bann  würbe 
bai  entfprec^enbe  *)8offefftt»  bamü  »er« 
bunben:  Seine  9[Raitflät,  Seine,  bii 
(^ürfien,  ®naben,  wobei  man  aber  irrig 
Durd^  ben  *)8lural  beö  23erbum8  ju  bem 
pluralen  *Poffefftti  ire,  iro,  S^ro  »er« 
leitet  würbe.  IFG  ^eigt:  ^\)xo  fürfilid^e 
®naben.  'äui  fog.  „Stetborifen"  jener 
3eit  lägt  fic^  umflänblid)  erfet)en,  wie  i% 
mit  bem  ibrjen  unbbujcn  gel;alten würbe. 
Die  Stragburger,  1511  gcbrudtte  erteilt 
folgen&e  'ilnweifungen:  ber  Kaifer  bujt 
alle  ©eifilicfecn  bi^  an  bcn  5)apf^,  bie 
®ei|llic^feit  it)t;5t  fid)  in  il;rcn  Scbriften, 
ebenfo  i^rjen  ficf)  gleiche  weltliche  5"ip«n 


5)ufatcn  —  2)uf 


73 


unb  ®rafcn.  tRittct  »erben  »on  gürjicn 
gei^rj^t.  Süe  ©bellcutc  bujen  cinanber; 
wen  jic  m(f)t  für  cbel  galten,  benif)rjen 
fie  „ju  merfcn  iA^  er  ein  93urger  ober 
nit  tujenö  üon  inen  gno^  fei."  deinem 
uneblcn  SCRann,  wie  boi)  »erbient  ober 
»erfreit  er  fei,  gejiemt  eö  einen  Gbelmann 
ju  bujen,  er  fei  it)m  benn  nabe  nerwanbt. 
Äinber  i^rjen  i^re  Altern,  boct)  bie  Äinber 
ber  (Sbelleute  bujen.  (Sltcrn  bujen  i()re 
Äinber,  folangc  fte  nid^t  in  einen  l)öt)ern 
@tanb  treten.  <So  fianb  cö  h\i  etwa  in 
ben  33cginn  bes  17.  "^aljxt).,  um  tt)elcf)e 
3eit,  ttial)rfd)eintic^  nad)  franjörif(i)em  33cis 
fpicl ,  bie  Benennung  ^crr  unb  ^xaxi 
nid)t  mef)r  trie  früt)cr  eine  wirflic^e 
€uperiorität  beö  iJtngcrebeten  über  ben 
5lnrcbcnbeu  ju  ernennen  gab ,  fonbern  ju 
einem  bloßen  J^öf[id)fcit0jciii)en  Ijerabfant 
5n  unmittelbarer  Qlnrebc  Iie§  fic^  nun 
freili^  mit  biefen  Jitcin  ba<^  Pronomen 
tt)r  cerbinben;  allein  mon  fing  an,  fie 
gleid)  ben  übrigen  t)öt)eren  Titeln  bireft  in 
ber  brittcn  ^erfon  ju  oermenben,  unb 
alö  fte  immer  weiter  um  fid^  griffen,  balb 
mit  au^gelaffcnem  ©ubjiantio  tai  bare 
^Pronomen  er  unb  fie,  ju  bem  93etbum 
britter  $erfon  fonfiruiert,  j^att  ber  bireften 
<llnrcbe  ju  fe^en.  2)iefeö  er  ober  fie 
überbot  bie  ^öfli^feit  be«  i^r,  uielci)e0 
fortan  eine  blo^e  JJiittelftufe  ber  iBcrtrau* 
lidjhxt  ober  ©eringfc^a^ung  abgab,  rval)' 
renb  bn  bie  unterjle  Stufe  auäbrüdte. 
Sine  neue  2}erfd}raubung  ber  natürlid^cn 
5lnrebcoermtniffe  mürbe  gegen  ben  ®ci)lu§ 
beö  17.  ^a\)x\).  erfonnen,  bie  mit  ber  bis- 
herigen eine  Scitlang  ju  fämpfen  ^atte, 
aber  ungefähr  jmifc^en  1730—1740  ben 
©ieg  banon  trug  unb  burc^  ben  je^t 
mächtig  eintretenben  5luff^mung  ber 
^xo\a  befefligt  mürbe.  211«  bie  feinfte 
^jöffic^feit  tam  nämlid)  auf,  ha^  man  t>a^ 
er  unb  fie  ber  britten  *Pcrfon  au^ 
bem  Singular  in  ben  $lural  rüdtc,  mo* 
nnd)  fxd)  benn  aud)  i>ai  23erbum  ju  ridjten 
^attc.  SWan  mar  aljo  ton  bem  bu  auf 
baei  if)r,  oon  bem  ilir  jurücf  auf  ben 
Singular  er  unb  fie,  oon  i^)ncn  mieberum 
auf  ben  ipiural  fie  gelangt  unb  batte  bie 
jtt)eite*Perfon  jiatt  bu  bifi  anjureben: 
fie  finb!  25ie  erften  Spuren  biefe^  plu= 
talen  fie  erfd^einen  jmifc^en  1680  unb 
1690,  cö  iji  ein  *Jlu0flu§  bc8  bamaU  bc= 
ginnenben   k  la  Mode«Stu^crtumö.    I)a; 


neben  lie§  man  übrigen«  bie  älteren  Stufen 
ber  ^öfli^feit,  il)r  unb  er  ober  fie  auc^ 
nid)t  faf)ren,  nur  ba§  fte  mit  ber  3eit  ^W 
Öebeutung  etma«  änberten.  Um  178U 
ftanb  e«  folgenberma^en;  ber  (Sbelmann 
crjte  feinen  ©erid^tsbalter  unb  ??farrer, 
griebrid)  b.  ®r.  feine  t)ö^eren  SiuiU  unb 
ajiilitärbeamten,  ber  5lmtmann  ben  Süttcl, 
ber  (Pfarrer  ben  Äüficr,  ber  Sd)ulmei)ler 
ben  Sd)üler,  ber  Sd)tt)iegeruater  ben 
(Jibnm  (^err  So^^n),  ber  (Seemann  fiejte 
(Singular)  feine  ^rau  in  »ertrauli^er 
ßaune  (bore  fte,  befietle  fte  mir);  in  ber 
Sd)n)eij  rebeten  gebilbete  tDIäbc^en  ben 
Jremben  mit  er  an  (er  tanjt  mol}l  gern?), 
ebrenbe«  er  mürbe  bem  |>anbmerfömeiper 
i^u  teil,  «Plural  fie  etma  nur  ®olbfd)nues 
ben,  U^rmacbern,  öarbicren,  SBirtcn.  ^i)x 
befamen  ^anbmerfßgefetl ,  (Jubrmann, 
®ärtner,  Solbat,  söauer,  .ftned)t  unb 
SWagb,  bu  mar  für  alle  S)icnPbotcn  ein 
ßei^en  längerer  a3ettraulid)fcit.  Sie  er« 
bicltcn  ade,  bie  nom  Qinrebenben  meber 
abbängig  no^  ibm  näl;er  o ertraut  maren. 
(Sinjclne  länbli^c  Seoölfcrungen  bi^tten 
wie  b^iiff  "od)  am  alten  bu  feft.  3"  ^'^ 
cble  «Poefte  fanb  fie  feinen  ©ingang,  mofel 
aber  ibr  unb  felbfr  er,  ©oetbeö  |)crmann 
ibrjt  feine  (Sltern,  in  23o§'  ßuifc 
erjt  ber  *Pfarrer  ben  S^miegerfobn. 
^ad)  ©rimrnä  ©rammatif,  IV.  298  ff. 

2)ufatcn,  ©olbmünje,  brci  2;l)aler  an 
5Bcrt,  au«  ital.  ducato,  mittcllat.  du- 
catus,  franj.  ducat,  mbb.  ducate, 
oon  dux  =  •^evjog,  meil,  mie  man  be= 
bauptet,  ilönig  SRoger  IL  t>on  Sidlicn, 
alö  ^erjog  r>on  *)lpulicn,  juerft  biefe 
®olbmünje  1140  prägen  lie^  mit  ber  3n» 
fd)rift:  sit  tibi,  Christe,  datus,  quem  tu 
regis,  iste  ducatns.  2)er  D^Jame  fommt 
m  Urfunben  oon  1181  unb  1186  oor,  ge« 
prägt  muiben  fie  in  ißenebig  juerfi  1280. 
3m  16.  3abrb  crfdieinen  aucb  bie  Jomten 
trucktaten  unb  ductaten.  ®rimm, 
iffiörterbud). 

2)ufef,  S)ufcfc,  55ifaf,  2)ifcctcn,  au« 
böbmifd)  tesäk,  beif,t  ein  im  15.  unb 
16.  5abrb.  oft  genannte«,  breite«,  ge= 
möbnlid)  böljerne«  Sd)mert  o^ne  ^eft, 
fiatt  beffen  ein  ®riff  ober  eine  Öffnung 
in  bie  Älinge  gemacbt  mar,  mie  ein  iRabel= 
öbr,  fo  gro§,  ia^  man  mit  ber  $anb  bin? 
bur(^greifen  fonnte. 


74 


Ecbasis    —  ®bl)a. 


Ecbasis,  fte^e  licrfage, 

@(f^art,  ber  gctrcnc,  ifi  eine  (Scfialt  auö 
bem  Greife  ber  beutf(ien  ^clbcnfac^c,  ber 
©oftn  ber  ^aä)t,  ber  ^flcaer  ber  @ö^ne 
^arlungä,  bie  Srmcnrid)  töten  tie§,  ein 
|>clb  2)ietrid^ö  non  93ern,  mit  bem  er  im 
Tt)^tt)üi  bic  Sleilna^mc  an  ber  mitbcn 
^(iq,t)  teilt.  Sdftart  jie^t  cor  bem  müten= 
ben  |)cerc  ^er  mit  ^otba  unb  ifi  f  erit)ünf(ä)t, 
biö  jum  jüngften  Sage  am  Scnuäberg  ju 
meilen  2Bcnn  |)oIba  nact)  ber  ©age  mit 
bem  mütenben  ^eerc  auä  i^rem  Serge 
jie^t,  fc^reitet  ber  treue  öcffiart  aU  ein 
alter  SJiann  mit  langem  93arte  unb  mei- 
nem Stabe  norauf.  3)iefer  marnt  jcber^ 
mann,  auä  bem  3Bcge  ju  gef)en.  (äinmal 
begegneten  i^m  stnci  Äinber,  bic  foeben 
einen  Ärug  93ier  für  if)rc  ©Item  auö  bem 
Sßirt^Öaufe  geholt  Ratten.  2)aö  wütcnbe 
pnx  I)ielt  fte  an,  ricfige  SüfJänner  nal)men 
i^nen  ben  Ärug  ab  unb  leerten  iön.  ©ie 
Äleinen  meinten  bitterlid^.  Qlber  ber  treue 
(Scffjart  beruhigte  fic  unb  fagte,  fte  fodtcn 
ni(f)t  bange  f^ein,  ber  Ärug  merbe  ftc^  mie= 
ber  füücn  unb  niemals  leer  merben,  fo= 
lange  fte  »erfcE)miegen  f)ielten,  roo^er  bie 
2öunbcrgabe  fommc.  5lfö  bie  kleinen  auf 
bie  5lnfragcn  ber  ©Item  unb  91adf)barn 
fdblief  lid)  bocf)  auäfd^ma^ten,  »erfiegtc  tai 
93ier. 

dbia  ifi  ber  9tame  jmcier  aug  bem 
altnorbifc^en  5tltertum  erhaltenen  Sicber- 
unb©agenfammlungen,  gett)öl)nlic^  ältere 
unb  jüngere  (Sbba  ge^ei^en.  I.  3)ie 
qlterc  (§.tt>a.  ®en  Sf^amen  Q.tta  = 
Oiltermutter,  fem.  ton  Aetti  =  93ater,  er= 
bielt  bie  altere  Sammlung  erfl  burd)  ben 
93if^of  93rt)niulf  ©menbfen  ju  @fal{)olt, 
melcf)er  im  ^ai)Xi.  1643  bie  ältefte  ^anb= 
fc^riff,  ben  codex  regius,  auffanb  unb 
einer  .^opie  berfctben  ben  Sitel  Edda 
Saemundar  hinns  froda,  Q-tta  ©ämunb 
bee  ®clel)rten,  üorfe^te;  biefer  ©ämunb 
ifi  ©ämunb  ©iguffon,  non  feiner  ®e= 
let)rfamfcit  äubenannt,  1056—1133,  ber 
©tifter  einer  ber  ältefien  iölänbifd)en 
Schulen.  Semeife  bafür,  ba§  ©ämunb 
ber  Sammler  ber  Sbba  gcmefen  fei,  f)ai 
man  feine.  3et>enfa(lö  ftnb  bie  Sieber 
auf  bem  ^efilanbe  gcbict)tet  unb  üon  ben 
S^länbcrn    mit    nact)   ber  3"fel   gebra(f)t 


unb  fo  gerettet  morben.  2)ic  ältefien 
öieber  werben  bem  6.  ^aifti).  jugefc^rieben. 
5ltlc  ^aben  tm  Stabreim.  9Kan  unter» 
fct)eibet,  obglcicl)  nid^t  glei(f)mä§ig,  mt)t^o« 
logifcfee  öieber  unb  |)elbenlicber.  3"  ^«n 
mr)töologifcf)en  geprt: 

1.  Völuspä  ober  bie  2öeiöfagung,  baS 
®eftct)t  ber  2ßala;  bie  ©e^erin  SBala  ent« 
^ünt  bie  ganje  Ocfd^i^te  beö  SBeltaES  in 
mt)tl)ifd)er  Raffung. 

2.  Grimmismäl,  b.  i.  ©efang  ©rim« 
mirä,  eineö  SRamen^,  unter  bem  fic^  Odhin 
»erbirgt;  biefer,  »on  feinem  (Pflegcfo^n  al§ 
3auberer  gequält,  beflagt  feine  ßage  unb 
f(f)ilbert  im  ©egenfa^e  bie  jmölf  Sßo^* 
nungen  ber  ®ötter  unb  bie  ^errlid^feit 
2öalt)aaaö. 

3.  Vafthrudnismäl,  b.  i.  ©efang 
Jßaft^rubnir^.  Db^in  Va^t  [xä)  mit  bem 
(Riefen  2Baftf)rubnir  in  einen  2öcttfampf 
ber  2Beigl)eit  ein  über  (fragen  foämogonis 
fd^en  unb  mt)tl)ologifd)en  Sn^ilteö;  ber 
skiefe  üerliert  Sßette  unb  öaupt. 

4.  Hrafnagaldr  Odhins,  Db^in^ 
flflabenjauber,  ta^  bunfelfie  aüer  ©bba* 
lieber.  SRad)  ©imrocE  lägt  ftd)  ber  allge« 
meinfie  ©inn  bcö  ßiebcö  bal)in  angeben, 
ba§  bie  (Sötter  in  bem  (Eintritt  ber  2Bin» 
terjeü  ein  ©innbilb  beö  na^enben  2Bclt» 
Untergänge^  erblicEen,  ta  fte  beim  iUbfatt 
be«^  ßaubeö  non  trüben  5tl;nungen  er* 
griffen  werben. 

5.  Vegtamsquidha,  tai  ßieb  com 
SBanberer:  Db^in,  ber  Sffianbcrer,  reitet 
nad)  SJiifl^el  unb  befragt  l)ier  eine  2Bala 
um  i>ai  ©c^idffal  Salber^,  über  beffen 
Job  fünbenbc  Sräume  alle  ©ötter  in 
Qlngfi  ftnb. 

6.  Thrymsquidh  a  ober  Hamars 
heimt,  .^ammerä  ^eim^olung.  J^or, 
in  }Sxi\)a  üerf leibet,  gel)t  unter  ßofiö  Se« 
gleitung  aU  33raut  nad)  3ötunbeim;  mit 
bem  i^m  al^  Srautgabe  übergebenen 
Jammer  tötet  er  tai  Ciiefengefd^lec^t; 
u.  a.  üon  S^amiffo  überfe^t. 

7.  Härbardhsliödh,  ta^  ßieb  »om 
^aarbärtigen.  Dbl)in  alö  iJ«^'^'"^"" 
^arbarbl;  foQ  bem  jenfeit^  be«  S^uffc^ 
Pe^enben  I^or  bie  Überfahrt  gewähren; 
Ibor  jiebt  im  ©efpräc^e  überall  ben 
Äürjern    unb    mirb    nid)t  übergefa|)ren, 


Sbba. 


75 


fonbctn     IJcim     ju     feiner    SWutter    ge? 
»icfcn. 

8.  Alvismäl,  be^  Qlüweijen  Sieb,  eine 
\ä)maä)i  9'Jadf)a{)mung  »on  ^x.  3.  6in 
^ragefpiel  S^orö  mit  bem  S^^^i^S  5ltüiö, 
bei  bem  e^  um  eine  93raut  gilt,  giebt  33er= 
anlaffung,  eine  Steige  poeti[ä)er  ©ijnontjme 
»orjufüf)ren. 

9.  Hymisquida,  bie  ®age  t>on  ^\)= 
mir,  %f)oxi  §if(f)fang  mit  bjm  SRicfen 
^pmir. 

10.  Oegisdrecka,  Ögirg  Srinfgclag. 
2)ie  ®ötter  jtnb  bei  Dgir  ucrfammclt, 
ßofi  aber  wirb  einer  ©enmtttbat  balber 
weggejagt.  Sr  fommt  jebocf)  jurüd  unb 
tt)irft  nun  allen  ®öttcrn  unb  ©öttinnen 
@d)anbt|aten  unb  SBerbred^cn  oor,  bie 
enblid)  i.l)ox  burd)  fein  Srfc^einen  öofi 
betttegt,  baö  i^clb  ju  räumen. 

11.  Skirnis  för,  «Sfirne^  ^al)xt. 
©firnir,  grei)ä  1)iener,  tt»irbt  für  feinen 
^errn  um  bie  fc^önc  ®erbur,  bie  Joi^tev 
beö  Otiefcn  ^tjmir. 

12.  Hyndluliodh,  baö  ^IjnblaUeb. 
greija  begiebt  ftc^  mit  it)rem  <Scf)ü^ling 
Dttar  jur  iRiejin  |)t)nbla  unb  lä^t  biefe 
feine  *)lbpammung  funb  tbun,  bei  welchem 
Qlnkffe  auc^  bie  Stammbäume  anbercr 
.^clbcngcfc^lecfeter  angegeben  werben. 

13.  Häva  mal,  bic  ^thi  beö  ^o^en, 
b.  i.  Db^in,  entt)ält  ßcbenäregeln  unb 
SBorfc^riftcn  für  ben  ®aP  unb  "iReifenben, 
für  ^»auebattung  unb  i)äuötic^eä  ßeben, 
für  bie  ßanbtt)irtfcf)aft,  fobann  einge= 
fc^oben  bie  (Srmcrbung  be^  S)id)tcr  = 
ÜJiet^  burcf)  Dbbin,  bann  öc^ren  beö 
Satcrö  an  feinen  ©o^n  unb  bie  8e^re  oon 
ben  SRunen. 

14.  Sölarliodh,  ©onnenlieb,  ein 
ci^rifilicbc^,  aber  mit  altbeibnif(^en,  mptbo^ 
logifct)en  Silbern  unb  Sßotfienungen  auö= 
gef(J)mü(fteö  Sieb, 

15.  Gröugaldr,  ®roa^  (grmecEung, 
eine  9iac^abmung  »on  Obf)in^  Utunenticb 
im  ^aüamal. 

16  Rigsmäl,  mr)tbifcbe  (Srjä^lung 
»on  Urfprung  ber  brei  ©tänbe:  beö  5lbli- 
gen,  beö  j^rcien  unb  beö  Änecbteö. 

17.  Fiölsvinnsmäl,  beä  SSielwiffers 
fiteb,  ein  burcbauö  bunHeö  SRätfeltieb. 

2)et    ^elbcnfage    get)ören    folgenbc 
öiebcr  an: 

1.  Helgaquidha  Hjörvardhssonar,  baö 
Sieb  üon  -^elgi,  bem  Sotjne  ^iörmarbe. 
^clgi  x'ä<i)t  mit  ^ülfc  ber  SJalfüre  ©mäma 
ben  9Sater  feiner  SCilutter  an  beren  erjiem 
abgemiefenen  g^reicr,  fällt  aber  im  Äampfc 

2.  Helgaquidha    Hundingsbana   fyrri. 


SRa^bem  ^elgi,  ©igmunbö  @o^n  unb 
ber  SBorgbilb,  ben  |)unbing  getötet,  ge^t 
er  baran,  bieSßalfüre  ©igrün  i^rem  erften 
ißerfprod^enen  abzugewinnen,  toai  ^clgi 
gelingt. 

3.  Helgaquidha  Hundingsbana  hin 
önnnr,  bai  anbere  ßieb  üon  -^elgi,  bem 
^unbingötöter.  iJiac^bem  ^elgi  feinem 
^ater  ©igmunb  im  Äampf  gegen  ^un* 
bing  geholfen  unb  Sigrün  oon  ibrem 
33crlobten  |)übbrobb  befreit,  »ermä^It  et 
ftcf)  mit  «Sigrün;  i^r  93ruber  aber,  beffen 
93ater  unb  Sruber  non  •f>elgi  getötet 
morben,  burc^fiic^t  biefen.  '}\U  ®ei)i  fet)rt 
ber  ©etötete  jU  feiner  ©attin  jurücf  unb 
unterrebet  ft(^  mit  if)r;  ba  er  aber  bie 
jweite  9'lad)t  »ergebend  erwartet  Wirb, 
fiirbt  jene  oor  ^arm  unb  ßeib. 

4.  Sinfiötlalok ,  ©infiötli^  (Snbe,  ein 
profaifd)cr  3tt'ifi^enberi(f)t,  ber  ba8,  tüai 
in  ben  ^elgiliebern  t»on  iSinfiötli,  bem 
älteren  @o^)n  ©igmunbö,  crjäf)lt  war, 
burc^  bie  (Srjäf)lung  non  feinem  jEobe  er* 
gänjt  unb  ta^  SBerwanbtfdjaftäoer^ättnig 
üon  (SinfiötU  unb  ^elgi  ju  Sigurb  er» 
läutert. 

5.  Gripis  spä.  ©ripir^  2ßeiöfagung, 
ober  Sigurdharqnidha  Fafnisbana  hin 
fyrsta,  ba^  ixftt  Sieb  uon  ©igurb  bem 
gafnirötöter.  8igurb  (Siegfrieb)  reitet 
»or  Öeginn  feiner  ^etbenlaufbabn  ju 
®vipir,  bem  ©ruber  feiner  iUJutter  ^iörbi^, 
bamit  biefer  ibm  aüe  feine  ©efc^itfe  big 
JU  feinem  Sobc  iwrauöfage.  ®r  erbält 
cic  gewünfd)tc  ?tuöhmft  unb  reitet 
t)inweg. 

6.  Sigurdharquidha  Fafnisbana  hin 
önnur,  ha^  anbere  ßieb  Don  ©igurb  bem 
^afnirötöter  unb 

7.  Fäfnismäl,  hai  Sieb  fon  g'^f'"'^- 
SRegin  begiebt  [xä^  an  ben  ^of  ^ialpretg, 
wo  ber  junge  ©igurb  lebt,  erjä^lt  ibm 
oon  bem  ^orte,  Weldjen  einfi  bic  brei 
®öttev  Obt)in,  ^tjmir  unb  ßofi  feinem 
SBatcr  ^teibmar  aU  Suge  für  bic  Sötung 
Dturö,  fcineg  €oI)ncö,  burcb  8ofi  gaben, 
unb  auf  weld)em  nun  ber  britte  Srubet 
^^afnir,  um  beei  ^orte^  alleiniger  ^err  ju 
bleiben,  in  S)racbenge|!att  at^  |)üter  liegt. 
Sr  reijt  i^n  jur  Sefämpfung  '{Jafnirä  unb 
fi^miebct  il)m  ju  biefem  S*^^'*^  ^^^ 
@cf)Wcrt  ®ram.  Sigurb  jie^t  nun  mit 
(gcbiffövolf  auö  jur  iRa^e  an  ^unbingg 
®öbnen,  bic  feinen  33ater  ©igmunb  er* 
fi^lugcn,  bcficgt  fie  unb  reitet  bann  auf 
bie  ©iufa^cibc,  wo  er  ^afnir  tötet.  S)a 
offenbart  itjm  SRegin,  war  er  erfc^lagen 
babc,  er  trinft  »on  i^afnir«  iölut  unb  be« 


76 


ebba. 


fieblt  ©igutb,  iai  ^erj  am  %tmx  ju 
braten.  S)aburd^  ia^  bcr  @aft  be^  ^er* 
jen^  bicfem  bic  3w"9ß  "f^t,  eilangt  er 
bic  gö^igfeit,  bie  Sprache  bcr  äJögel  ju 
»erj!el)cn,  Vorauf  er  burd^  bie  Unterrebung 
cineö  5tblerpaarö  fofort  erfährt,  ba§  SRcgin 
i^n  JU  »erberben  ftnne.  ®r  i§t  ^^afnir^ 
^cr§,  tötet  bcn  fi^Iafenben  JRegin,  be* 
lafiet  [ein  iRo§  mit  bem  ®oIbe  unb  reitet 
JU  (Siufiö  93urg. 

8.  Brynhildarquidha  Budla  dottur 
hin  iyrsta  ober  Sigrdrifamäl,  bai  crfte 
ßieb  üon  SBrtjnt)ilb,  Subliä  Soc^ter,  ober 
©igrbrifa«  SRebe.  Qtuf  bem  SBegc  ju 
©iufie  Surg  crbltät  Sigurb  einen  99erg, 
bellen  (äipfel  ßof)cn  umgeben.  ®r  reitet 
i^inauf,  bringt  burc^  bie  ®Iut,  tritt  in 
einen  ®aal  unb  ftnbet  ha  einen  in  üoücr 
SRüj!ung  fcf)Iafenben  SD^ann.  5tl«  er  mit 
bem  Sanierte  bie  33rünnejerfd)nitten  unb 
abgejogen,  ift  eä  eine  3ungfrau,  bie  nun 
enyad)t  unb  erjä£)lt,  ha^  Dbbin  fte  in 
bicfen  ©d^Iaf  gebracht  Ijabc.  ®ie  rcid^t 
ibm  ben  SPlinnctran!  unb  nennt  jtd) 
©igrbrifa.  Stad^bem  fte  i^m  bie  näheren 
Syorgänge  crjäf)lt  unb  ibn  bvtxii)  SRunen* 
unb  ©ittcnfprüdbe  belehrt,  bri<^t  tai  Sieb 
plö^licf)  ab. 

9.  Brot  af  Bry nhildharquidha, 
a3ru(f)pcf  eine«  Srtjnbilbenlicbe«.  ®er 
verlorene  Einfang  I;atte  ol)ne  B^^^iffl  ^i^ 
®ett)innung  ber  ißrpnbilb  burcb  Sigurb 
für  ®unnar  unb  i^re  unglüdlid^e  S^f 
mit  ©unnar  jum  ©egen^anbe.  S)aö 
SBrucbPücf  beginnt  nun  mit  ber  uon 
SBr^nbiib  an  ©unnar  gerichteten  Sluffor^ 
berung,  ben  treulofen  ©igurb  ju  töten, 
er^äl)U  bie  Q(u«füt)rung  beö  SUlorbe^, 
5^rt)nbtlbö  ^reubc  unb  ^o\)nlai)tn ,  alö 
fte  bic  Zi)cit  erfährt,  ©ubrunö  Sernjün^ 
frf)ung  beö  DJJörbcrei,  33rt)nbilbä  ©efiänbniö, 
ia^  ©igurb  un[cf)ulbig  gemefen,  unb  i^re 
SScrfünbigung  be^  bctjorftcbcnben  Unter* 
gangeö  ber  9Jibelungc. 

10.  Sigurdharquidha  Fäfnis- 
bana  hin  thridja,  ta^  britte  ßieb  oon 
@igurb.  ©igurb  ifi  mit  ®iufiö  (£öl;nen 
in  Söerbinbung  getreten ,  unb  t)at  i^re 
©c^hjcjler  ®ubrun  gcebdicbt;  barauf  jicben 
pc'auä,  bic  Srpnbitb  für  ®unnar  ju 
Werben,  ©igurb  crnjirbi  fte  unb  überants 
tt)ortet  bem  ®unnar  bic  unberübrte  Sraut. 
9lber  biefe  füblt  ft*  ungtücflic^  >?crmdt)lt, 
bcflagt  ibr  ©cfcbicE  unb  reijt  ®unnarn 
ju  ©igurbö  SWorbc  auf  ®unnar  f^itanft 
unb  fragt  |)ögnin  (^agen),  bcr  ben  SBer* 
tat  mipiüigt.  2)a  wirb  bem  jüngftcn 
93ruber,  bcn  feine  eibe  binben,  bem  ®unb* 


wurm,  bie  5iuäfü^rung  übertragen.  S)icfer 
ftö^t  bem  an  ®ubrunä  Seite  fcf)tafenben 
gelben  bcn  ©ta^t  inö  ^crj,  wirb  aber 
fetbjl  von  bem  ©dbwcrtc,  ba«  ber  Slob^ 
wunbe  i^m  nadbwirft,  mitten  cntjwei  gc* 
fpaltcn.  2)er  ©terbcnbe  nennt  ber  er« 
wa(i)cnben  ®attin  iörijn^ilb  aU  5tnjiiftcrin 
bcö  ÜJZorbeö,  ®unnar  fdbilt  fte  barum, 
aber  if)n  bemütigenb  fagtc  fic,  ta^  fte 
wiffc,  wie  fte  bei  ber  SSermäblung  betro« 
gen  worben  fei,  fic  geftcbt  ibre  Siebe  ju 
©igurb  unb  wiH  mit  ibm  bcn  Slot  teilen. 
@ic  jlicbt  ftcb  i>ai  ©dbwert  in^  .^erj, 
wciöfagt  ®unnar  SScrfö^nung  mit  ®U5 
brun,  wel^e  bie  ©wanbilb  gebiert  unb 
bann  mit  2ttli  ftd)  t>ermä^U.  3"^«^*  ^^' 
fteüt  S3tt)n^itb  nod)  itjr  unb  ©igurbö  Se? 
gräbni^. 

11.  Helreidh  Brynhildar,  !ßrl)n* 
bilbö  Sotcnfabrt  ju  |iel,  ber  fte  itjr 
@(i)icffal  erjäblt. 

12.Griidhrünarquidhahin  fyrsta, 
hai  crftc  ®ubrunlieb.  @(i)ilberun9  be^ 
©c^merje«  ber  ®ubrun  beim  'JlnblicE  i^reä 
toten  ®emabl^. 

13  Drap  Niflunga,  «Korb  ber  iRi» 
belunge,  furjer  profaifcber  ßwifcbenberid^t 
jur  Überleitung  auf  bie  folgenben 
Sieber. 

14.  Güdhrünarquidha  hin  ön- 
nur,  hcii  anbere  ©ubrunlicb.  ®ubrun, 
mit  Qltli  öcrma^It,  flagt  bem  Ibio^i^«? 
(3)ietri(^  tion  Sern)  ibr  ©(i)icffal,  ba^  fte 
wiber  ibre  9Jcigung  5ttli,  bem  93ruber 
bcr  ©rljnbitb,  ibre  .^anb  l)aht  reicben 
muffen.  ®ie  fct)Iie§t  mit  'Jingabe  bcr 
Unbcil  »crfünbenben  Iräume  QUliö  unb 
mit  ber  ißerftcbcrung,  ba^  fte  fucben 
werbe,  biefelbcn  in  ©rfüüung  gcbn  ju 
laffen. 

15. Güdhrünarquidha  hin  thridja, 
iai  Dritte  ®ubrunlieb.  ®ine  2JJagb, 
^erjaf  (^cldjc),  l)at  ®ubrun  51tli  gegen« 
über  ber  Untreue  mit  Sbiobref  gejie^en, 
burcf)  ein  ibr  günftigcß  ®otte0urteil  be* 
freit  fte  ftcf)  tJon  ber  ^Intlage. 

16.  Oddrünar  grätr,  Älage  ber 
Dbbrun,  ein  fpätcreö,  unedjtce  Sieb. 
Dbbrun,  5itli^  ©cbwefier,  crjäbtt  einer 
^reunbin,  wie  fte  gegen  ben  SBiUen  ibreä 
iöruber^  ein  SiebcöPcrbältniö  mit  ®unnar 
gebabt  bnbc,  um  beffen  wiClcn  5ltli  ®unnar 
unb  ^ögni  getötet  l)abi. 

17.  Gunnars  slagr,  ®unnarg 
^arfenfcblag ,  tai  Sieb,  mit  welkem  ber 
t)on  2ttli  in  bic  ©cblangenböble  geworfene 
®unnar  bic  ©cblangen  bi^  auf  eine,  bic 
ibn  tötete  unb  2Uliö  9)hitter  war,  cinge» 


ebba. 


77 


fc^Idfcrt      i)abtn     foü.      2}icUtirf)t     eine 
Jälfc^ung. 

18.  Atlaquidha  unb 

19.  Atlamäl,  @aqe  unb  ©cfang  »on 
^ttli.  iöeibc  ßieber  fc^ilbcrn  ben  idm- 
tüdifc^cn  SBerrat  2ltliö  an  feinen  ©(^roä^ 
gern,  ben  ©iufungen  ®unnar  unb  ^ögni, 
unb  bie  beö^alb  »on  ®ubrun,  ihrer 
®d)tt)e|ier,  an  i^m  ausgeübte  iRacfce. 
9ltli  jürnt  ben  beiben  5^ürjlen,  weit  er  fte 
für  fä)ulbig  ^ält  am  Zohi  ber  S3n;n^ilb, 
unb  »eil  er  aU  ®emaf)l  ber  ©ubrun  auf 
ben  ^ort  5lnfprücf)e  mac^t,  ber  ihr  nad) 
8igurbä  Sobc  oon  ben  Srübcrn  gewaltfam 
entriffen  würbe,  (är  labet  fte  burc^  einen 
93oten  jum  ©aümale  ein,  unb  fte,  t»er= 
gebenö  gen^arnt,  folgen  ber  Sinlabung. 
©leidE)  bei  il;rcr  Qtnfunft  in  *atli«  33urg 
»oerben  fte  binterlißig  angegriffen,  erliegen 
jebod)  erfi  nac^  ber  tapfcrften  ©egcnvoeör 
''Mix  forbert  non  ben  (Sebunbenen  ben 
$ort ,  (Sunnar  aber  weigert  fxd),  ben  Ort 
feiner  Seroaljrung  ju  entbedcn,  folangc 
^ögni  lebe.  Da  lä§t  ?Uli  einem  .5lned^te 
hai  ^crj  auö  bem  ßeibc  fcf)neibcn  unb 
c^  blutig  aU  ^ögni«  $crj  cor  ©unnar 
tragen;  ber  aber  erfennt  an  bem  93eben 
beö  ^erjenö,  ta^  cä  nic^t  ^ögniö  ^erj 
fein  Eönnc,  ba^  nie  gebebt  ^abe.  ?Jun 
wirb  ^ögni  felbft  getötet  unb  feinet  ^er* 
jcn^  beraubt,  unb  ®unnar  erfennt  e^  aU 
fol(ä)eö  an,  boc^  foHe  2ltli  ben  Drt  beö 
®(^a^e^  nienmlö  erfahren.  5Da  Wirb 
(Sunnar  in  bie  (Bcf)langengrubc  geworfen, 
um  feinen  Sro^  ju  bü^tn.  SJiun  Wirb 
©ubrun  oon  ber  ^ei^epen  ytaä)i  oufge- 
fiac^elt,  fte  tötet  il;re  mit  5ltli  erjeugten 
©ö^nc,  giebt  bem  93ater  beren  |)crj  ju 
effcn  unb  beren  93lut  mit  SBein  riermifd)t 
ju  trinfen,  burc^bot)rt  bann  if)n  felbfi  mit 
^ülfc  pon  |»ögniä  ®of)ne  9'Jiblung,  alä  er 
trunfen  im  33ette  fcbläft,  unb  flecft  bie 
93urg  in  33ranb.  «Sie  felbfi  wiCl  ibren 
Job  int  Speere  fu(i)en,  aber  if)r  ®efcf)icf  ifi 
noc^  liiert  crfüQt. 

20.  Hamdismäl,  ba^  ßicb  üon^am= 
bir,  erjäl)lt,  wie  (Subrun  i^re  nad^  Qltli^ 
lobe  mit  3ön<tfur  erzeugten  ©öt)nc  ^am:= 
bir  unb  ©örli  jur  'Jlad)e  an  Äönig  ^öi- 
munref  (ßrmanric^)  aufreijt,  ber  il)re  unb 
©igurb^  2;od)ter,  bie  it)m  »erlobte  ©wan* 
^üb,  auf  bed  treulofen  Siffiö  CBihiä)) 
9lat  Wegen  falf(i)lic6  angefd)ulbigter  Un- 
treue üon  SRoffen  ^atte  ju  lobe  treten 
laffen.  ^txxi  reiten  na«^  furjer  Sffieigerung 
ai  itnb  finben  il;ren  ^einb  beim  S^^%^' 
läge.  ®ie  ri(f)ten  eine  gro^e  9^ieberlage 
unter  Jörmunrcfä  ÜJiannen  an,    berauben 


ifin  felbfi  ber  ^änbe  unb  güpe  unb  wer« 
ben  fo  lange  üergebenö  betämpft,  biö  Dbbin 
felbfi  erfct)eint  unb  ben  SRat  erteilt, 
Steine  auf  fte  ju  werfen,  benen  fte  enb* 
licl)  erliegen. 

21.  Gudlirünarhvüt,  ©ubrunä  *2hif« 
reijung  ober  SRa($eruf,  an  il)re  Söljne 
wegen  ber  (Srmorbung  il;rcr  Sc^wefter 
gcrid)tet,  2öel)f lagen  über  il;r  eigene^ 
jammerootleö  ®efd)icf  unb  5lufforberung 
an  it)ren  crflcn  ©emabl  Sigurb,  wie  er 
oerfproc^en  ftabe,  auf  fdöwarjem  D^offe 
berjureiten  unb  fic  aua  bem  ?eben  abju» 
^olen.  Sie  befiehlt,  ben  93ranb  ju  ruften, 
ta^  xi)xt  93rufi  »oll  Scibe^  nun  brennen 
möge. 

22.  Völundarqnidha,  ta^  ßicb 
tion  Sölunb,  bem  Sd)mieb  SBielanb. 
2)icfer,  ein  finnifd)er  Äönigäfo^n,  bat  mit 
feinen  Sriibern  ©itid  unb  Slagfib^r  bie 
^eimat  werlaffen  unb  in  2Bolft^alen  im 
SHeicfte  beö  iJtiarenfönig^  Sfiibtjubljr  SBoljnft^ 
genommen.  Sinft  überuifc^ten  bie  brei 
Srübet  brei  ©(^wanjungfrauen  (üßatfüren) 
am  Seeftranbe,  fingen  fle  unb  üermäl)ltcn 
ftcf)  mit  it)nen.  äßie  jeboc^  bie  brei 
©rüber  einmal  auf  ber  3agb  finb,  be* 
mäd)tigen  jene  ftc^  i^rer  Sc^wan^emben  unb 
fliegen  fort,  Jlampf  aufjufudien.  2)ie  tieim* 
gefommenen  53rüber  finben  il)r  ipaxxü  leer, 
SgiU  unb  Slagfib^r  ma^en  fid)  auf,  il;re 
grauen  ju  fud)en,  SBielanb  aber  bleibt 
babeint ,  fd)miebet  (Solbringe  unb  reil^t 
fte  on  ben  ßinbenbafi.  5Da  cernimmt 
9?ib^u^I)r,  ba%  Söielanb  in  Sffiolft^alen 
fi|e  unb  äie^t  mit  feinen  ÜJiannen 
bei  iRad)t  auö,  ftd)  feiner  ,^u  bemacbtigen. 
Sr  ift  aber  md)t  ^^u  ^aufe;  ba  verbergen 
fte  fid),  nad)bem  fte  einen  ber  Dtinge  weg« 
genommen.  (Srmübet  »on  ber  3agb  fommt 
Sßielanb  l)eim,  jiibtt  bie  O^linge  unb  uer= 
mutet,  ba  einer  fel)lt,  feine  ^rau  5llwitr 
fei  5urücfgefet)rt.  (5ingefd)lafen,  wirb  er 
pon  9iibl)ubl)r  an  Rauben  unb  t^üßcn 
fc^wer  gefeffelt  unb  |inweggefü^rt.  2)a« 
i)eim  giebt  ber  Äönig  ben  SRing  feiner 
Jod^tcr  Söb^wilb,  ÜBielanbö  Schwert  aber 
behält  er  für  ftci-  5luf  ben  SRat  feiner 
©ema^lin,  bie  2BieIanb^  SRadje  fürchtet, 
lii^t  er  ibm  bie  Scf)ncn  an  ben  %ü^in 
burd)fd)neibcn  unb  fe|t  ben  @clä|mten 
nadb  Säparftabl;,  wo  biefcr  i^m  atler^anb 
Äleinobe  fc^mieben  mu^.  5lber  jur  JRa(^c 
tötet  aSJielanb  ^Jltbliub^rö  junge  ©ö^nc, 
wirft  bie  ©ebcinc  unter  ben  ßöf'c^trog, 
fd)weift  it)re  |>irnfd)alen  in  Silber  unb 
giebt  fte  bem  Äönig,  i^rem  «Bater.  51uö 
ibren  Qlugen  ma^t  er  Sarfnafieine,  ^ugen^ 


78 


'    (Sbclbing  —  Sf)e. 


jieine,  unb  fcnbct  fte  S'libfjub^rö  SBeibc,  aug 
t^ren  3^^^"^"  SBrujitinfltein ,  bie  et  bcr 
93öbf)Witb  fcf)idt.  ©inft  fpicit  biefc  mit 
SBiclanb^  SRing,  unb  er  äerbticfet.  3)er 
(Sä)mtcb,  äu  bem  fte  gelit,  t)cr[pricE)t  tf)r, 
i^n  tüieber  gatij  ju  mad)en,  fd^läfcrt  fte 
aber  ein  unb  bewältigt  fte.  ©arauf  nimmt 
er  fein  eon  i^m  gefertigte^  55ebergeh)anb 
^ernor  unb  bebt  ft^  loc^enb  in  bie  ßüftc. 
51UÖ  ben  3!Botfen  giebt  er  bem  i£)n  be» 
fragenben  Äönig  Äunbe  über  haii  ©c^icEfal 
feiner  ©öfine  unb  feiner  Slod^ter  unb  ent» 
fliegt. 

il.  2>ic  jüngere  ®bba  ober  Snorra- 
edda,  meil  fie,  aber  mit  Unrcd^t,  bem 
<Snorri  ©turlafon,  1178—1241,  bem 
23erf affer  ber  .^eimsfringla,  eineö  großen 
ttorbifd^en  ©efc^icbtöwerfeö,  jugefc^rieben 
tt)irb.  S5ie  jüngere  ^itha  ifi  ein  ^anbbuc^ 
für  junge  ©falben,  bie  ftc^  mit  ber  (Sötter- 
iebre,  ber  ^elbenfage,  ben  ®efe^en  ber 
2)icf)tfunjl  unb  93ereb[amfeit  befannt 
mad)en  wollen,  unb  jerfäHt  in  fotgenbe 
Seile: 

1.  Gylfagiuning,  ®t)Ifiö  93erblenbung, 
fd^Iieft  ftc^  in  feiner  ©infleibung  an  baö 
britte  mr)tI)oIogifc^e  ßieb  ber  altern  Sbba 
an,  an  2Baftt)rubniömäl.  2Bie  bort  Db^in 
unter  bem  9^amen  ©angrabr  einen  mää)' 
tigen  unb  meifen  [Riefen  befuc^t,  um  fein 
SBiffen  auf  bie  fprobe  ju  fietlcn,  unb  fo 
ein  aSettftreit  beginnt,  bei  bem  hai  ^aupt 
beö  Unterliegenben  ju  $fanbe  j^el^t,  fo 
wirb  umgefefirt  ^ier  bie  SZßeiöbeit  ber 
©Otter  auf  bie  $robe  gejieEt.  @plfi,  ein 
mt)tf)ifd)er  .^önig  oon  ©^roeben,  begiebt 
ftd)  nai)  5tögarb,  um  ju  erfa{)ren,  wo^er 
bem  5tfenüoIf  feine  2)?ac^t  fommc;  fein 
JRame  ip  ©angleri,  ber  SBanberer.  2)ie 
©Otter  machen  i^m  aber  ein  ©lenbwer! 
ober  ©auEelfpiel  r>or  unb  jeigen  ft^  i^m 
nid^t  in  it)rer  magren  ©eftalt,  fonbern 
beantworten  feine  (fragen  ßon  einem  brei* 
fachen  Apodjft^e  aug  unter  ben  Stamen 
^ars,  S^Jftil'fli^^  "Ob  2:t)ribiö,  b.  i.  ber 
^o^e,  ®Ieicf)f)o^e  unb  ber  Stritte.  2)ie 
»orgetegten  fragen  geben  SSeranlaffung, 
bie  ^auptlel)ren  be^  norbifc^en  ©ötter» 
glaubenei  barjulegen. 

2.  Bragarödur,  93ragiä  ©efpräc^e, 
ber  Ögisbretfa,  bem  ^e^nten  mpt^o* 
logifcben  ßiebe  bcr  altern  (ä.hta,  na(^gcbil= 
bet.  Dgir,  ein  jaubertunbiger,  auf^Iefe^ 
wo^nenber  SDIann  befucbt  bie  5lfen  unb 
wir^  oon  ifinen  mit  ©aufelfpiel  empfangen. 
Sei  Z\\d)i  ft^t  Dgir  neben  Sragi,  wel« 
<^er  \\)m  bie  norgelegten  ^^ragen  burc^ 
mpt^ifdje  ®rjät)Iungen  beantwortet.  SJeren 


Ie|tc  bejie^t  fid^  auf  ben  Urfprung  ber 
S)icf)tEunjl ,  worüber  Sragi,  ber  ©falbe 
ber  ©Otter,  f^idlid^  ?Iuäfunft  giebt. 

3.  Skaldskaparmäl,  f)at  bie  ©falben« 
fünft  jum  ©egenfianb  unb  serfätlt  in 
a)  Kenningar,  Umschreibungen,  b)  Okend 
heiti,  einfädle  Benennungen,  wie  bie= 
jenigen,  bie  in  Qllwiömät,  bem  a^ten 
mpti^ologifd^en  Sieb  ber  alten  (S.tia,  auf« 
gejeic^net  ftnb.  c)  Fornöfn,  in  ber  ©fal« 
benfunjt  gebrdu^Iic^e  9iamen  ber  ÜRänner, 
Jyrauen,  @d)Werter,  ©(i)iffe  u.  bgl.,  bie 
aufgejä^It  unb  nac^  t^ren  mi)t^ologifcf)en 
Scjie^ungen  gebeutet  werben.  (Sinigemat 
finbet  [xä)  Sßerantajfung,  größere  ©tücfe 
aüi  bcr  ©Otter«  unb  |)clbenfage  einjufiec^« 
ten.  2)ie  ©infleibung  iji  biefelbe  wie  in 
Sraguröbur.  Koppen,  litcrarifc^e  Sin« 
Icitung  in  bie  norbif(J)e  ©Jpt^ologie- 
©imrocE,  bie  (§,ti)a,  überfe^t  unb  mit 
(Erläuterungen  begleitet.  ©ttmüller, 
8iteraturgefcf)ic^te. 

©kUng,  fte^e  5t bei. 

©bclfnak  erfd)eint  im  mittel^od^beut« 
fc^en  ©prad^fd)a^c  nic^t;  neuere  33üc^er 
oerj!el)en  barunter  junge  Knaben  ebler  ^er« 
fünft,  bie  bei  einem  bcfrcunbetcn  ^errn 
ft(^  in  rittcrli(^er  ßebenöart  auSbilben 
foüen,  m^b.  meifi  kint  genannt. 

^Mintäft,  ftel;c  O^ittertum. 

Edictum  Rotharis  unb  Theodorici,  fte^e 
leges  Barbarorum. 

ehaftiu  not,  au^  bIo§  die  e hafte 
bci^t  ein  nac^  bem  ®cfe|e  juläfftger  @nt« 
fcf)ulbigung^grunb  beffen,  ber  ber  ßabung 
r>or  ®erid)t  nicf)t  golge  leiftet;  fränfifd^ 
sunnis.  3n  ben  ältcften  JRcd^töaufjcid^« 
nungen  werben  aU  e^bafte  S^iötc  aufgc« 
fü^rt  ^ranft)eit  ,  ^errenbienfi  unb 
5tob  eineö  naben  25erwanbten;  in 
^artmannö  3wein  l)ei§en  fte  slechtuom, 
vancnüsse  ode  der  tot;  im  ©adjfen* 
fpiegel:  Vier  sake  sint,  die  ehte  not 
betet:  vengnisse  unde  süke,  godes 
dienst  bute n lande  (iBetefat)rt)  unde 
des  rikes  dienst;  anbcre  SRec^te  nen« 
nen  anbere  ülok. 

fö^C,  a\)t.  bie  ewa,  ea  =  (Swigfctt, 
enbloö  lange  3eit,  (feit  langen ,  unbcnf« 
lid^en  Seiten  geltcnbeö  Otedbt  ober)  ©efe^, 
tiom  got.  ber  äivs  =  3eit,  ewigfeit, 
weld)C!3  bem  lat.  aevum,  gricd^.  alcov 
=  Si^i,  Ccbenöjeit,  ©wigfeit,  fanöfr.  ewa 
=  @ang,  SBanbel,  cntfpricf)t.  25aö  a^^b. 
ewa  ftnbet  ftd)  juerp  bei  9Jotf  e  r  (f  1022) 
in  ber  Sebeutung  eineä  auf  bie  Sänge  be« 
ßebenä    gefcf)loffenen      3ied)t^rier^ältniJTed 


e^c. 


79 


ober    Sünbniffeji    ätüifc^cn    Tlann    unb 
2ßeib,  mf)b.  ewe,  e.  SBeiganb. 

S)er  alte  ©ermane  ^attc  bcr  ©ittc  fei« 
neö  ^oUii  gemä§  nur  eine  ^Jrau,  obgleich 
re(ä)tlic^  bie  Vielweiberei  nid)t  unterfagt 
war.  ^üi^Pen  nahmen  etwa  politifc^er 
(Srünbe  wegen  mel)rere  Söeibcr.  Urfprüng* 
lief)  Würbe  bie  93raut  üon  bcm  !öater  ge« 
fauft;  bod)  fennt  fcf)on  Sacitu^  (Germ. 
18.)  ben  cigentli(ä)en  Äauf  bcr  33raut 
fetbcr  nicfit  mit)X,  fonbcrn  blo^  ben  Äauf  ber 
®cwalt  über  fic,  ben  Äanf  beöSDUmbiumö 
(f.  biefen  5trt ),  bcö  gefe^Iicf)cn  D^ec^teö  über 
fie,  womit  ber  2öaffenf<$u^,  bie  i*ertretung 
toor  ®erid)t,  Darlegung  beö  SBeljrgctbee 
»erbunbcn  war.  ©ae  SWunbium  mu^te 
gcfauft  Werben,  in  erjler  Cinie  auö  ber  ^anb 
beä  Sßater^,  in  jweiter  ßinie  je  nad)  ben  be* 
fonbercn  93oIf öred)ten  ausi  ber  ber  SDJutter  ober 
bcr  ißerwanbten,  bei  Unfreien  aui  ber  ^anb 
beö  pnxn,  bcffcn  ©inwiüigung  aufcrbem 
gewö{)nIidE)  an  bie  Entrichtung  eineö  3'"' 
fco  gefnüpft  War;  Wenn  nid)t  alö  Sted^t, 
fo  nat)m  bod)  alö  ©rauc^  unb  ©ewobn^eit 
bcr  |)err  oiclfai^  \o%ax  baö  jus  primae 
noctis  für  fid)  in  Qlnfpru^.  5Da^  Ser« 
fügung^rec^t  über  bie  |>anb  beö  Söcibeö 
Pon  feiten  bcö  Söormunbcö  ifi  altgerma« 
nifc^,  bcr  ißormunb  burfte  cö  üerniäl)Ien, 
Wem  er  woHtc,  o|ne  auf  i^rc  Steigung 
unb  ©inwitligung  SRüdftc^t  ju  nehmen. 
2)oc^  minberte  ft^  biefc  ^drtc  frü^  burc^ 
einwirfung  beö  ©{irij^entumö-,  wcl(ie^  iai 
ötec^t  ber  freien  Sinwittigung  Pcrlangtc. 
Oft  Eam,  tro^  Ijarter  ©trafen,  bie  barauf 
gefegt  waren,  gcwaltfamc  ©ntfütjrung, 
^rauenraub  por;  in  ber  t)orf)öfifc^en,  wie 
tn  ber  ^öftf^en  3«t  ijt  biefcä  5ibcntcuer 
Piel  bcfungen  worben,  j.  33  in  ber  ©ubrun. 
ebenfalls  alt  unb  Piel  Perbreitet,  bei  %ÜX' 
flen  jlcf)enber  (Sebrauc^,  ifl  bie  ffiöerbung 
bur^  einen  ^Jürfprec&cr,  weld)cr  üorne^m« 
lid)  bie  $ö^e  beö  33rautfaufeö  ju  ner^an* 
bcln  ^attc.  S)er  Srautfauf,  aud)  ma- 
halscaz,  muntscaz,  brütmiete, 
langobarbifc^  metä,  burgunbifc^  wit- 
temo,  mittellat.  mundiam,  sponsa- 
litium,  arrha,  pretium  emtionis, 
nuptiale  pretium,  dos  genannt,  ifi 
bie  Qlblöfung  bcr  Sraut  üon  ber  ange« 
borenen  3D'iunbfd)aft  unb  bie  Sbebingung 
bcö  rechtmäßigen  (Sintritteö  in  ta^  ®c- 
fd^(ed)t  unb  ben  ©c^u^  bc^  Sräutigam«. 
£)f)ne  9JJat)Ifd)a^  gab  cä  feine  ebclid)e 
i|rau,  bloß  eine  93cif(^Iäferin.  Urfprüng* 
lid)  würbe  er  nur  in  beweglicher  ^abe 
gegeben,  in  Aneckten,  ÜJtägben,  ^Pferben, 
0linbern,  ^ojibarfeitcn,  SÖaffcn,  fpüter  aud) 


in  ßanb.  S)ic  |>öl)e  bcäfclben  würbe  ur* 
fprünglic^  bem  Übereinfommen  »on  bciben 
«Seiten  überlaffcn,  unb  jubem  rid)tete  et 
fid^  nai^  bem  ©taube  beö  SUtannc«.  ©d)on 
frü^  neigte  fid)  bcr  germanifc^e  ®eifi  hat 
i)in,  ben  ©rautfauf  nur  aU  einen  ©c^cin» 
fauf  fefijul;alten,  bcr  jur  bloßen  9ficd)t^s 
formalitiit  würbe.  5Docö  blieb  bie  Ctebcn«« 
art  „ein  2Beib  faufcn"  noc^  lange  belieben. 
2)ie  3<5^Iung  an  ben  ißormunb  würbe 
in  ©egenwart  Don  36"9f"  ^^^  rec^tmäßi« 
gen  SBcrlobcr  ju  feinem  Sigentum  über« 
geben.  Olümäblic^  fam  eö  »or,  ha^  man 
bie  Sraut  felbcr  in  ben  ®enu§  bcö  33raui* 
fd)a^eö  treten  ließ. 

QUö  ©cgcnleifiung  gegen  ben  Sraut; 
fauf,  nacfibcm  biefer  mef)r  ein  ©efc^enf  an 
bie  ^amitic  bcr  93raut  ober  an  bicfc  felbfi 
geworben  war,  fam  bie  SOiitgift  auf, 
m^b.  heimstiur,  histinr.  Si  War  bai 
eine  ®aht  ber  rc(^tmäßigcn  SSerlobcr,  be^ 
33ater^  ober  ber  33rüöcr^  an  bie  Sraut  felbfi, 
ein  ®efd)enf,  taii  \l)x  eigen  blieb,  unb  über  ta^ 
bcr  TOann  fein  ißerfügungöred^t  !^atte.  5tuc§ 
bie  Sinitgift  fonnte  urfprüngli(^ ,  aU  tai 
iZßcib  noc^  nic^t  liegcnbcö  ©igen  befi^cn 
burfte,  nur  in  fabrenber  ^abe  gegeben 
werben,  voa^  fid)  fpäter  änbcrtc. 

3ur  ®egengabc  gegen  bie  SDtitgift,  Pon 
bcr  boc^  bcr  SDtann  cbenfaü^  mc^r  ober 
weniger  ®enuß  jog,  fam  bie  ©itte  auf, 
ha^  bcr  ^rau  Pon  bem  üJlanne  ein  Seil 
feineö  ®uteö  auägefe^t  würbe,  bie  2Bi  = 
bcrlage,  mf)b.  bie  widerlege.  jDurc^ 
fte  würbe  bie  ajJitgift  aufgewogen,  fo  i>a^ 
bie  i^rau  fortan  feine  '2lnfprü(^c  mcf)r  an 
fic  battc.  3nbem  bie  Söiberlage  befonbcr^ 
für  ben  ßcben^unter^alt  ber  üBitWc  auä« 
gefegt  war,  bieß  fte  öcibjuc^t  ober 
l*eibgcbinge. 

SJiad)bem  bie  Sercbung  über  tafi  Sßer« 
mögen  beibcr  Seile  bcenbct,  SSrauttauf 
unb  2Ritgift  unb,  wo  ta^  33rauc^  War,  bie 
aSiberlage,  etwa  aud)  eine  ®abc  an  bie 
Serwanbten  be^  SDtanneö  ober  ber  93raut, 
oon  ber  ®egcnfeite  ®cfc^cnfc  beä  Sräus 
tigamö  an  bie  Sraut  gegeben  Waren, 
fc^ritt  man  jur  3Solljicf)ung  bcrSer« 
lobung.  ^auptbcbingung  war,  ta^  bie» 
felbc  üon  ben  rc^tmäßigcn  93crlobern  er» 
folgte  unb  öffcntlid)  war.  3)ie  3fugen 
fc^loffen  einen  Äreiö  (SRing)  unb  t)ai 
Srautpaar  würbe  in  bie  SOZitte  bcefclbcn 
geführt.  ^Darauf  richtete  ber  Scrlober  an 
ben  9Wann  juerft,  bann  an  i>ai  SDiübc^en 
bie  ^rage,  ob  fte  ftd)  jur  @^e  wotltcn, 
fte^e  i>ai  f^wäbifd)c  Söcriöbniö  auö  bem 
12.  3a^r^.,  u.  a.  abgcbrudt  bei  9Wünen^off 


80 


et)e. 


nnb  S^crer,  iJeiifniälcr,  'Jlx.  99.  iBci  bcm 
a3crlö6ntä  tnurbe  Dom  Ißctiobcr  bem  Sräu' 
tigam  am  @4tt)cvte  ein  SRtng  übctrei(^r, 
bcn  ber  le|tere  ber  93raut  fctbfi  an= 
j!cdtc.  6r  ifi  baä  tcd^te  S^i^cn  ^f« 
gcf^lof[cnen  93unbeö,  bic  Urfunbe  ber 
Sreuc  unb  5Winne;  in  älterer  3^'^  f<^eint 
jiatt  beö  iRingeö  ein  ^aben  ober  Sanb 
3ei(i)en  ber  Q3erIobung  gewefen  ju  [ein. 
9in  bic  ©eringung  fcf)lieBt  ftd^  Umarmung 
unb  Äu§;  in  mand^en  ©egenbcn  über* 
reichte  ber  Sräutigam  ber  93raut  noc^  einen 
Sc^u^  ober  er  trat  i^r  auf  ben  gu^. 
SÖ3ar  bieg  gcfc^c^en,  fo  war  bie  33er= 
lobung  gefc^Ioffen  unb  burfte  nic^t  me^r 
gebro(|en  merben;  eine  beftimmte  ^rift 
war  biö  jur  |)eimfüf)rung  ber  33rout  ge= 
fe^Iic^  gcfiattet,  auf  bie  Scrfäumni^  ber= 
felben  eine  Strafe  gefegt;  cbenfo  Wie  auf 
ein  abfxd)tlid)eä  3urücft)alten  ber  Staut 
burd)  ben  9Ser(ober.  Untreue  ber  33raut 
Würbe  ^art  gebügt,  Untreue  beö  35räuti= 
gamg  Icic&t. 

3u  einer  rechten  6l;e  geborte  (Sbenbürs 
tigfeit,  es  foKten  bIo§  ^xm  mit  freien, 
Unfreie  mit  Unfreien  ftc^  Perbinben.  (£t)cn 
jwifc^en  (freien  unb  Unfreien  würben  nad) 
einigen  iBoIf§gefe|en  mit  bem  Jobc  be» 
jiraft,  in  anberen  mit  ©elbbu^en ;  bagegen 
galt  im  SWittelaiter  bie  (St)c  jwif($en  einem 
©beln  unb  einer  gewöf)nlid^en  freien  als 
burd}au«  „gefiattet,  nod^  im  13.  ^al}ii). 
famen  in  Dficrrcic^  unb  93aiern  (S^en 
5Wifd)en  SRittern  unb  freien  iöauerö- 
töc^tern  ober  jwif($en  Dilitterötöc^tern  unb 
Säuern  oielfad)  »or.  dagegen  würbe 
bod^  f^on  frü^  barauf  geft^en,  ta^  ber 
befonbere  ©tanb  in  ber  (St)e  gewahrt 
würbe,  Könige  mit  Äönigätöditern,  dürften 
mit  i^iii^ninnen  Serbinbungen  eingingen. 
SJie  eigcntlicfien  ^Parteigänger  für  biefe 
neue  8ct)rc  oon  ber  (Sbenbürtigfeit  waren 
bie  i^rauen.  ^ür  bie  ef)e  jwi[d)en  gteicn 
unb  Unfreien,  auf  bte  urfprünglid)  ber 
Job  gefegt  war,  bilbete  fid)  für  bic  fol» 
genbc  3fit  ber  SReditögrurbfa^,  ba§  in 
folc^en  St)en  ber  freie  (Satte  famt  bcn 
erjeugten  ^inbcrn  unfrei  werbe,  ber  arge* 
rcn  ^anb  folge. 

3n  Scjiebung  auf  bie  Scrwanbtfc^aftgs 
grabe  ber  Sbe^atten  waren  bie  bcibnifd)cn 
©ermanen  fe^r  freibcnfenb,  unb  au§er 
heiraten  jwifd)en  ©Iteiii  unb  Äinbern 
fdieinen  aUe  ©bcn  erlaubt  gewefcn  ju 
fein ;  man  l)at  Seifpiele  oon  ®efd)Wiper» 
ct)en,  (Sf)cn  mit  ber  (Stiefmutter,  mit  ber 
Sruberöwitwe,  bem  ®efd)Wijlertinb.  2)ie 
Äird^e  ftetltc  bagegen  ein  St)fiem  ton  »er* 


botcnen  Serwanbtfc^aftegtabcn  auf,  ba^ 
ni^t  blo^  big  m  bcn  ftebcntcn  ®rab  ber 
Serwanbtfd^aft  ging,  fonbern  fogar  bic 
(Sben  5Wif(^en  2auf=  unb  gitmelpatcn 
oerbot. 

Spätejtcng  ein  3a^i  nad)  ttolljogener 
Verlobung  erfolgte  feit  bcm  13.  3af)r^. 
bem  ®cfe^e  naä)  bie  ß^elic^ung  ober 
^oc&jeit,  a{)b.  hileich,  kihileich, 
hirät,  brütlouft,  brütleite;  {)eira« 
ten:  hiwjan,  hien,  gehijan,  gewi- 
ben,  briuten.  SDie  gewöhnliche  3^^* 
jum  heiraten  war  ber  ^crbjl  unb 
ÜBintersanfang.  Verbotene  ^iciratgjciten 
^at  crfi  bie  Äird)c  aufgebracht.  3"^^ 
^oc^jeit  fclber  lub  man  felbfi  ober 
burc^  ben  Srautfüf)rcr,  Srautmann  ober 
J^oc^jcitbitter  ein.  2)ag  cigentlid)e  ^ejl 
würbe  im  ^aufe  beö  Sräutigamg  gefeiert, 
eä  war  eine  ^eimI)oIung,  ein  Sraut* 
jug  ober  Srautlauf.  £>ie  Wefcntlic^» 
Pen  ©ebräucbe  babci  jtnb :  ber  Sräutigam 
fenbet  eine  ©c^ar  auö,  bie  Sraut  in  fein 
^au0  ju  ^olen;  ber  Srautfüf)rcr  ifi  felbjt 
für  ben  gaD,  ta^  ber  Sräutigam  am  3uge 
teilnimmt,  ber  Spred)er  unb  Untert)änbler ; 
er  bringt  bie  SIBerbung  noc^  einmal  cor, 
i^m  wirb  bic  Sraut  übergeben,  unb  er 
fü^rt  fie  bem  Sräutigam  ju. 

5lllgemcin  verbreitet  war  bie  Sitte,  ba§ 
bic  Sraut  bei  ber^cim{)oIung  i^r^aupt  »er« 
büütc,  ^auptfd)mud  ber  Sraut  hai  lange  lofe 
^aax,  aliQää)tn  bewahrter  SReint)cit;  bagc= 
gcniji  berSrautfranj  nid)t  altgermanifc^ 
unb  crfi  tmä)  bie  SBcrmittcIung  ber 
Äird)e  aufgcfommen,  bie  if)n  aug  bem 
flaffifd)en  3lltertum  cinfüfirtc.  Jm  13. 
3airl^.  war  ber  Srautfranj  aber  bereit« 
im  Srauc^. 

Die  Sraut  war  baö  ganje  3^cP  über 
fafi  aüent^albcn  in  bie  Db^ut  ber  Sraut* 
fr  au  gegeben,  einer  nabcn  Scrwanbtcn 
ober  einer  !Pate,"  wel^e  für  bicfen  Jag 
bic  Stelle  ber  SÖJuttcr  ücrtritt;  i^r  Soor« 
fommcn  in  altgermanifdher  3«it  ifi  toa^r» 
fd)einlid),  aber  nid)t  bewiefen. 

2ßag  bie  rcligiöfe  «Seite  ber  Beirat 
belangt,  fo  fd^eint  im  ^cibcntum  Sitte 
gewefcn  ju  fein,  bier  wie  in  jcbcm  wid^* 
tigen  Seginnen  bie  Stimme  ber  ©öttcr 
burd)  tai  800  ju  erforfd)en,  wie  biefe« 
aud^  f)eute  nod)  üicifacf)  geübt  wirb.  Un* 
ter  ben  gcrmanifd)en  ©ott^citen  fmb  aU 
Sorfieber  ber  Sl^e  ju  bcjei<^nen:  ßofi, 
2)onar,  grctjr ,  ^xo.  ßieber,  a\)t).  brüt- 
leich,  brütisanc,  hileich,  leichod, 
würben  beim  Srautlauf  gcfungcn.Jj^i 


(i^c. 


81 


Die  d^nfili(i)e  Drbnung  »erlangte  fpäter, 
ba|  man  ben  ^teäbpter  unb  Sifcfcof  über 
bie  eingefiung  ber  (Sfie  um  SRat  fragte 
unb  bie  6t)c  nad)  bcm  ©cnuffe  beö  Ijeil. 
Qlbenbma^Ie^  unter  pricPerIidE)em  @egen 
fd^lop.  ^iäfjereä  in  iRettbergö  Äir(i)enä 
gefcf)ic&te,  II,  §  117;  toä)  gemö^nten  fi^ 
bie  S)eutf(J)en  langfamer  an  bie  neue  5ln* 
fc^auung  unb  (Sitte  alä  bie  romanifc^en 
ßdnber ,  ©nglanb  unb  ©fanbinatien. 
Doppelehen  tt)arcn  bei  ben  meroh)ingifcf)en 
J^önigen  I)ergebra(i)t.  Qwax  würbe  bie 
!ir(f)Ud)e  Sinfegnung  üon  ben  Karolingern 
angenommen,  aber  nod)  lange  ni(i)t  aUge« 
mein  burctigefüf)rt.  93i^  inö  15.  Ja^rb. 
f;aben  Äonjilien=  unb  ®t)nobaIbef(^IüfTe 
mit  biefer  ®ad^c  ju  t^un.  5tm  Ieid)teften 
fügten  ftcb  bie  ^ö^eren  ©tänbe.  51ber  auc^ 
tt)o  fir(f)tic^er  Seijlanb  nadjgefuAt  war, 
gefct)af)  bie  (Sinfegnung  oft  nicf)t  in  ber 
Äird^e,  fonbern  im  ^oc^jeitö^aufe,  mitten 
im  lauten  ge^.  Dagegen  fanb  bie  firc^« 
Iict)c  Sinfegnung  be^  jungen  $aareö  n  a  d)  ber 
^0(f)äeitönacbt  frübcr  unb  leichter  (Singang. 
3n  ben  unteren  ©tänben  begnügte  man 
^ä)  immer  nod)  gern  mit, ber  bürgerlicf)en 
Verlobung  unb  mit  ber  DffentlicbEett  ber 
i^odiäeit.  93oIfömä§ige  ©ebräudbe,  bie 
jum  Seil  febr  alt  ftnb,  ftnb  bei  Sffluttf  e, 
Öolfäaberglaube,  §  558  ff.  jufammen« 
gefieüt. 

Die  ^auptuntet^altung  ber  |>ocbjeitö« 
gäfle  toax  ber  San 5:  bie  t^ejilidbfeit  be= 
gann  mit  einem  SRcigen,  bann  folgte  i>ai 
bürgerIicE)e  ober  fird)lic^c  3uf<init"fnsef'ßn 
bcö  Srautpaarö;  warb  babei  ein  3^9  in 
bie  Äircbe  teranj^altet,  fo  mürbe  er  unter 
Sanj,  ©efang  unb  Satlfpiel  abgehalten; 
meifi  feblten  auc6  bie  (Spielleutc  nic^t. 
(Sinen  Seil  beö  ^efieö  bilbet  bie  Übergabe 
ber  ^od)äeit^gefd)enfe  an  baä  ^Bräutpaar. 

3n  ber  ^ocf)äeitönac^t  mürbe  bie  Sraut 
f  on  ben  (Eltern  ober  ißormünbern ,  oft 
con  ber  ganjen  ©efeüfcfeaft  in  bie  Sraut-- 
fammer  geleitet  unb  bem  Bräutigam  übers 
geben,  ©obalb  eine  Decfe  baö  ^aar  be= 
fd)Iug,  galt  bie  (Sf)e  aU  rec^t^giltig  ange; 
treten,  bie  93raut  mar  (S^efrau;  beö^alb 
würbe  bie  Sefd)reitung  beö  ®{)ebette* 
in  Gegenwart  ton  3^"9^n  i^^  S^ff^' 
lid^en  Sebingung  erhoben,  in  fpäterer 
3eit  nur  baburd)  gemilbert,  ha%  beibe  ftd) 
»ötlig  angef leibet  nieberlegten;  bod^  erl)ielt 
fi^  ber  ältere  ed)t  germanifc^e  iBrauc^, 
ber  ftc^  auf  ben  ©inn  beö  IBolfeö  für  bie 
CffentUd)feit  ber  3f{ec^tätierf)ältniffe  baute, 
manc^erorten  bis  ins  17,  3a^i^b. 

^ai)  einiger  3eit  fe^rten  bie  SSerwanbten 


ober  bie  ganje  ©cfetlfc^aft  in  bie  Äammer 
jurüd  unb  brauten  ben  jungen  St)eleuten 
einen  Srun!.  5lm  ÜKorgen  würbe  i^nen 
al^  5rüf)fiücf  gewö^nli(^  ein  ^u^n  ,  ba^ 
briutelhuon,  Bor  baö  33ett  gebrad)t, 
beibeö  uralte  ®ebräud)e.  ©itte  war  ti 
ferner,  bem  ißrautpaare  neue  Äleiber  oor 
baö  33ett  jU  legen.  Die  %iau  änberte 
il)rc  ^aaitra^t,  f^ürjte  iai  jungfräuli^c 
lofe  ^aar  jufammen.  legte  bie  ^i^auen* 
binbe  um  bie  Stirn,  sie  bant  ir  hoabet. 

9Run  folgte  bie  gefe^li(^e  ©c^enfung 
ber  DJiorgcngabe,  b.  |.  bie  am  SOtorgen 
nac^  ber  ©rautna^t  übergebene  (S)abt  beä 
SSrdutigamö  an  bie  Sraut,  ali  3«ic^en 
ber  ßiebe  (in  signum  amoris)  für  bie 
Übergabe  ber  Collen  ©c^önbeit  (in  honore 
pulchritndinis)  unb  ber  3u"9fräulicbfeit 
(pretiam  virginitatis).  Söitwen  erl)ielten 
fic  etft  in  fpäterer  3"*-  2Iud)  bie  SKor^ 
gengabe  bejianb  anfanglid)  nur  in  fatiren« 
ber  ^abc,  Äleibern,  |)auärat ,  @(^mucf, 
fpdter  fonntc  liegenbeö  ®ut  gegeben  wer* 
ben;  bie  ^öbe  ber  ®abt  würbe  gefe^Iic^ 
geregelt  unb  richtete  fic^  nad)  bem  ©tanbc. 

Die  ©itte  ber  23orfeier  am  SBorabenbe 
einer  ^od^jcit,  ber  fog.  ^olterabenb,  fd)eint 
ni^t  alt  ju  fein. 

Daö  c^eli^e  ^Regiment  War  bei  ben 
Deutfd^en  ein  prenge^,  o^ne  t>a^  bie  ^rau 
baburcb  ftttlid^  ^erabgewürbigt  worben 
wäre,  fte  warb  aU  ©enofftn  beö  ÜJJanneö 
an  ßuj^  unb  8eib,  an  SRecbt  unb  ©tanb 
betrad)tct.  3«  älteficr  Qät  folgte  bem 
Sob  beö  2}^anneä  ber  gewaltfame  Sob  ber 
grau;  boc^  wei^  Sacitu«  fc^on  nid)t» 
me^r  t)iertion;  bie  ©age,  5.  93.  oon  ber 
93runf)ilb,  Fiat  ben  (Sebrau^  überliefert; 
bei  ben  ©fanbinat>iern  erhielt  er  ftc^  länger. 
Der  ©ermane  fonntc  fein  SBeib  aucö  lc|t= 
willig  »ermad^en,  oerfi^enfen,  mit  $au^ 
unb  ^of  »erfaufcn,  woüon  jat)lreic^c  93ci* 
fpiete  corbanben  finb. 

SBielweiberei,  nad)  Sacit.  ®erm.  18  oon 
ben  ©ermanen  oerpönt,  fommt  im  iRorben, 
fpäter  befonbers  bei  ben  ^^ürflen  regel« 
mäßig  oor,  ebenfo  bei  ben  DJJerowingern 
unb  überl)aupt  nid^t  feiten  bei  J'cn  granfen. 

SBar  bie  i^xau  Weber  gefauft  nod)  Der« 
mäl)lt,  lebte  aber  bennod)  in  ef)elid^em 
SBunbe  mit  bcm  3Wann,  fo  l)ie§  f'c  Äebfe, 
abb.  chepisa.keblsa,  chepis,kebis, 
mf)b.  kebese,  kebse,  kebes,  urfprüng« 
Ii(^  foüiel  als  ©flaüin;  anbcre  alt« 
bocbbeutfd)e  Dtamen  finb  friudila, 
friudilinna,  ella,  gella.  @ie  Waren 
urfprünglid)  unb  gewc^nlidi  unfreie  2Bei« 
ber,  bie  freien  üerjianben  fic^  nic^t  baju. 
6 


82 


e^re  —  (SiD. 


SDa^  ßeben  mit  einer  Äebfe,  boä  Äonfu* 
binat,  mürbe  baö  ganjc  iDJittcIoItcr  t)in* 
burc^  tjon  ben  reid)eren  geüflcgt,  of)ne  ba§ 
bie  öffentIi<J)e  üJJcinung  ein  Oirgerniö  ia* 
ron  na^m.  Äarl  b.  ®r.  foüte  bafür  im 
gegfcuer  befonbere  ©träfe  empfangen 
I)abcn ,  ßubwig  ber  fromme  lebte  mit 
Seifc^Iäferinnen.  3)ie  Äird)e  f^ritt  bIo§ 
gegen  baöjenige  ÄonEubinat  ein,  baä 
neben  einer  re^tmä^igen  Sfie  befianb,  bie 
®ei|iti(i)feit  felbcr  fat)  ftc^  burc^  bie  Äir=' 
c^engefe|e  allgemein  oeranla^t,  ftatt  mit 
(J^efrauen,  mitÄebfen  ju  leben.  DieÄinber 
berÄebfen  f)ie§en  unechte,  m^b.  unecht, 
aug  unehaft  jufammengeäogen,  natür* 
Iict)e,  93aftarb,  Sanfart  =  auf  ber 
San!  erjeugt,  Äcböfinb,  Äegel  (in  ber 
§ormel  ^inb  unb  Äegel  =  e^eli^e  unb  un* 
e^elic^e  Äinber),  beikind,  ledigkind, 
unb  genoffen  ni^t  bie  SRed)te  ef)elic^er, 
t)atten  öor  aüem  feinen  5lnfprud)  auf  iai 
Ȋterli(f)e  Srbe,  fonbern  fonnten  nur  von 
ber  SD^utter  erben;  ebenfo  »erf)ielt  eö  fid) 
mit  ber  Seilna^me  an  Söergelb  unb 
Su^en. 

SBä^renb  naä)  älterer  3lc(i)täanfi(J)t  bie 
j^xau  feinen  Qlnfpruc^  auf  bie  Sreue  be^ 
SÖJanneä  |attc,  mürbe  biejenige  %xaxi, 
meiere  bie  Ireue  »erlebt  ^atte,  naä}  Zac. 
®erm.  19  cor  ben  2lugen  beö  ©efcfeled^teö 
fdbimpflic^  auä  bem  ^aufe  gejtofen,  ber 
freien,  langen  ^aare  beraubt,  nactt,  unter 
©erlägen  com  Süfanne  bur^  hai  2)orf 
gejagt.  yto<^  firengereä  Oted^t  gestattete 
bem  (Sermanen,  hai  ouf  bem  d^ebrucf) 
ertappte  9Beib  famt  bem  6^ebred)er  auf 
frifd^er  Zijat  ju  erfcf)Iagcn.  3)o(^  mu§te 
ber  ÜJJann  bie  Z^at  cor  ©eri^t  jur  5(n* 
jeige  bringen.  (Srft  fpäter  fam  auc^  bie 
^rau  ju  if)rcm  SRecbte  unb  mürbe  i>ai 
^erbred)en  be^  (St)ebruct)ä  an  bem  aJJanne 
ebenfo  gefiraft  mie  an  ber  grau. 

(Sine  notmenbige  i^olc^i  ber  9Wunbfcf)aft 
be«  ÜJianne«  über  bie  grau  ijt  bie  (Süter= 
Bereinigung  beiber  in  ber  ^anb  bcö  Tlaxi' 
nee,  ber  iai  23ermaltungä«  unb  0tu^ungö» 
red)t  baran  ftatte.  ®ur(^  lob  ber  grau 
ober  ©c^eibung  mürbe  bie  vereinte  ^abi 
mieber  getrennt.  2lnfänglid&  ftanb  ber 
gamilie  ber  grau  nod^  ein  gemiffeö  5tuf= 
ftc^terecftt  über  haii  Vermögen  berfelben 
ju,  fpäter  nic^t  mefir.  S)ie  grau  felber 
l)atte  fein  53erfügungerect)t  über  tai  S^rige, 
fonbern  jum  Serfd^enfen,  Söerfaufen  unb 
35erlei£)en  beburfte  fie  ber  (Sinmiüigung 
i^reä  ÜKannes,  ber  it)r  Sogt  mar.  9'Jac^ 
Sffieinbolb,  beutf^e  grauen,  VI.  u.  VU. 
@I)rc,  ftebe  iRittcrtum. 


(g^^a^,  mf)b.  erschaz,  ©ebü^r, 
bie  bei  SSeräu^erung  eine«  ®ute^  ober 
©runbßücfcö  ober  bei  fonfliger  SBerünbe* 
rung,  fei  e«  imä)  Äauf  ober  SobeöfaU 
bes  93eft|erä,  an  ben  ^im-  ober  ße^en^^ 
f)crrn  »on  bem  Ääufer  ober  ©rben  ju 
entrichten  ijt.  (5ö  ift  ni^t  auögemacf)t, 
ob  ba^  aSort  ju  m^b.  ere  ober  ju  her 
gehört. 

gib,  (Sibegöclfer,  Stcuciö,  I.  mt, 
got.  ber  äiths,  a^b.  eid,  ml)b.  eit, 
(gen.  ei  des),  ift  feinem  Jöorturfprung 
nac^  bunfel.  (Jib  unb  ©ottedurtcil 
finb  biejcnigen  Semeiämittel  beö  altgers 
manifd^en  SRec^teö,  meldte  nid)t  fomo^l  auf 
bie  Don  natürlichen  *BerjianbeöregeIn  ge* 
leitete  eigene  S^ätigfeit  be«  Urteile«  ab* 
feben ,  fonbern  burc^  ^erfommen  unb 
burc^  ®efe|e  bejlimmte  ißorauäfe^ungcn 
fmb,  unter  meld)en  etma«  »on  ben  Ur* 
teilern  aU  ma^r  ober  nic^t  ma^r  angc« 
nommen  merben  muffe.  2>er  (Sib  felber 
ifi  bie  feierliche  Beteuerung  ber  2ßa^r^eit 
einer  »ergangenen,  ber  Sc^t^eit  einer  gegen« 
märtigen,  ber  ©id^erbeit  einer  jufünftigen 
^anblung.  2)a«  geierUcf)e  beruht  mefent= 
lic^  barin,  ia^  ein  bem  ©c^mörenben  ^eiliger 
®egenfianb  angerufen  unb  jum  S^UQ^n  ge« 
nommen  mirb.  3eber  (Sib  mu§  in  lauter 
gormel  gefprod^en  merben;  ben  (Sib 
ablegen  ^eiBt  in  ber  alten  ©prac^e  sva- 
ran,  fc^mören,  ober  saljan,  sellan; 
ben  6ib  l elften  mirb  bagegen  uon  bem 
galten  unb  (SrfüUen  bcä  gef^morenen 
©i(^ert)eitseibeä  gebraud^t. 

S)en  (Sib  ablegen  fonnten  alle  SRün? 
bigen.  2)ie  Reiben  fc^muren  bei  einem 
ober  mel)reren  ®öttern  jugleic^,  bie  ®er* 
manen  befonbcrä  bei  grepr,  SJiiörb^r, 
Söuoton  unb  S5onar,  bie  ß^rifien  bei 
®ott,  gemö^nlifi)  aber  aud)  bei  i^ren 
^ eiligen.  ®er@d)mörenbemu§te,  inbem 
er  bie  ©ibeeformel  ^erfagte,  einen  ®egens 
^anb  berühren,  ber  fic^  auf  bie  angerufe« 
nen  ®ötter  unb  ^eiligen  ober  auf  bie  bem 
SPteineib  folgenbe ©träfe  bejog.  3n©fanbi* 
naüien  fafte  er  einen  imicmpel  bema^rten, 
üom  ^riefter  bargebotenen,  mit  Dpferblut 
geröteten  Dling,  ber  bem  ®ott  Ullr  ge* 
mei^t  mar.  (S^rißen  fc^muren  auf  ta^ 
Äreuä  ober  gemöl)nlid^er  auf  iai  ^eil» 
tum.  3m  pcf)ften  Altertum  f(^muren 
bie  SWänner  auf  i^r  ©c^mert;  anbere 
®egenftänbc,  bei  benen  man  fcf)mur,  ftnb 
®rbe  u.  ®ra«,  Säume,  ^eilige  SOßaf* 
fer,  Srunnen,  glüffe,  l)eilige 
Serge,  gelfen,  ©teine.  ©c^mörenbe 
grauen  legten  bie  ^anb  auf  i^te  33  ruft. 


eib. 


83 


nad)  einzelnen  ©cfe^en  mu§te  bcr  über  bic 
Schulter  bängenbc  ^aarjopf  mit  angc= 
lü^tt  »erben;  au*  Scanner,  namentlii) 
»orneftmcre  unb  fürpii(J)e ,  fcf)einen  in 
einigen  ®egcnben  leichtere  Sibc  ober  bIo§c 
©clübbe  mit  auf  bie  33  ruft  gelegter  |>anb 
get^an  ju  ^aben.  S)er  friefiftie  ÜJiiinnereib 
gefd^ab  auf  bie  Soden.  ©ct)»ören  bei 
bem  93art  unb  mit  5infaffung  beö  Söar« 
tcö  fommt  nic^t  in  ben  ©efe^en  cor, 
aber  oft  in  ßiebern,  wie  5.  S.  bie  Sage 
pon  Otto  mit  bem  Sarte  erjäf)It.  Sei  bem 
©tttjonb  u,  !R  0  (ff  d)o§  legten 'biegriefen 
geringere  Sibc  ab.  Verbreitet  ift  ber  gib 
mit  angerüt)rtem  <£tab  beä  Slic^terä.  3"' 
weilen  berührte  ber  ®cf)»örcnbe  nid)t  ®lie» 
ber  feinet  eigenen  Ceibe^,  fonbern  bie  bc^ 
©egenteilö.  (Sibe  bei  ®aitmäf)Icrn  ge» 
fd^a^cn  mit  S3erüörung  beg  Opferticr^ 
ober  beö  norncfimjlen  ©eri^te^,  im  iRor* 
ben  bcö  Sbets,  in  ber  SRitterjeit  in  granf^ 
lei*  beö  '^faueö,  in  Snglanb  fommen 
©clübbe  bei  Schwänen  »or. 

3um(Sibablc9cn  gef)örcn  jn.iei  Seile,  einer, 
ber'  it)n  abnimmt,  unb  ber  anöerc,  ber  ihn 
fd^ttjört.  2)er  ben  ßib  abnimmt,  ift  ent« 
roeber  ber  beteiligte  felbft  ober  ber  9ii(^ter, 
er  fagt  bem  ©cftinörcnben  Die  (Formel  Dor, 
ttlei;rt,  giebt  bie 'Borte,  erflabt  ben 
(Jib.  i)er  ®d)«ur  gefc^a^  mit  ÜJlunb 
unb  >^anb,  b.  b-  ber  teerten,  bie  ben 
Zeitigen  ©egenfianb  anrührte,  ©ewötjn^ 
lidb  legten  iTJiännct  nicfet  bie  gan^e  ^anb, 
fonbern  nur  bie  jwei^-öorberfinger  ber  recb= 
ten -^anb  auf.  ©crScftwörenbe  pflegte  bie 
2öatfen  »or^er  nieb  crjulegen  unb  ju 
fnicen.  Ort  ber  ©ibeöablage  »ar 
tit  @tcUe,  tt)o  tai  anjurübrenbe  .^»eiltum 
ftdf)  befanb,  »renn  eä  unben3egli(i)  mar; 
mar  eö  bemeglic^,  fo  gefc^a^  ber  gib  in 
bem  Ming,  Dor  ®eri(^t,  ju  (^rifiUcber 
3eit  meift  »or  bem  Qtitar  in  Äirc^en  unb 
Äapetlen.  3"^  9torben  mürbe  bcr  6ib  cor 
ber  .Kirc^tbüre  auf  ber  ®d)mene  unb, 
wenn  fein  9!JJe§bu*  ba  »ar,  mit  Scrüf)» 
Tung  beö  Jbiirpfoftenö  gcfc^moren. 

2)ev  falfcf)e  gib  bcift  »IReineib,  at)h. 
unb  m^b.  meineid,  bellen  crfler  Seil 
mein  in  feinem  Urfprung  noc^  unauf^ 
gebeut  \%  Jreubrud)  unb  SSJetneib  mar 
ben  ©ermanen  fo  unleiblid),  ia^  auf  bem 
Ort,  wo  er  norgefaden  mar,  bcr  fRame 
SDleineib  haftete.  SWißtrautc  ber  Seil, 
gegen  meli)cn  gefcl)moren  werben  foüte, 
ber  Dtedfitfcfeaffenljeit  beö  Sibbictenben,  fo 
fonnte  er  bie  (Sibeäablagc  Ijinbcrn  unb  eä 
auf  ben  3"^2if'i'^Pf  anfommcn  laffcn. 
Sbenfo    butfte    ein    fcf)Wöven   SBoUcnber 


burcf)  ben  abgehalten  werben,  bcr  felbet 
einen  jlcirfern  (Jib  ablegen  Eonnte.  ?tuc6 
lianb  e^  bem  SRicf)ter  ju,  bei  S3efürcf)tung 
üon  üJleineib  ben  Sib  ju  hintertreiben. 
Strafe  beö  ©ibbrud^e^  war  51  brauen 
bet  meineibigcn  ^anb.  SRad)  ©rimm, 
iHecf)töaItertümer,  892  ff,  ©ine  neuere 
bijiorifcf)e  Unterfucf)ung  fc^cint  ju  mangeln. 

II.  (5ibcäf)clfer.  Um  ftd)  ber  ^iä)U 
fcöaffen^eit  beö  eibleiftenbcn  ju  ücrft(f)em, 
»erlangte  fc^on  lai  ältcjte  germanifd)e 
SRe(i)t  Sibes^flfer:  aidi,  juratores, 
conjuratores,sacramentales,con- 
sacramentales.  ©icfe  befcf)muren  ni(J)t 
bie  ®acf)e  felbfi,  fonbern  nur  i^re  Übet* 
jeugung,  ia^  berjenige,  bem  ftebeiftanbcn, 
einc^  falf^cn  (Sibe^  nic^t  fä^ig  fei-  2)ie 
3abl  ber  Sibe^belfer  gegen  @tanbeögleicf)c 
War  regelmäßig  fec^ö,  mit  bem  ®ibfd)wbs 
renben  alfo  fieben;  bie  93eweiäfübrung 
burcb  biefc  ftebcn  Sibc  nannte  man  fpätcr 
besibenen.  ©aä  ®ewicf)t  biefeö  (Sibe^ 
fuct)te  man  ^u  »erfiärfen:  burd)  33eftrafung 
ber  (Sibcöbelfer,  im  gaüe  ber  33etlagte  im 
©ottc^urteil  unterlag,  nic^talä  *IReineibige, 
fonbern  alä  ßeicf)tg{dubtge;  burd)  eine 
gröBcre  ^abl  ber  S^iitfcbwörenben,  ba^et 
bcr  fpiitere  5tuöbrucf  übersibnen;  t>a' 
burd),  ta^  ber  ®tanb  ber  (äibeäbelfer  in 
5lnfd)Iag  gebogen  würbe  unb  ber  (äib  eine^ 
5lbligen  mebr  galt  aH  ber  eines  i^xixm, 
biefer  mebr  alö  ber  eineä  Unfreien;  fcbUc§* 
üä)  burd)  bie  Strt  bct  Sffiabl  bcr  ©ibeei^ 
belfer.  3n  ältef}cr3eit  fianb  e^  ben  q3Iut^* 
frcunben  ju,  bie  ©iöesbi^fe  Ju  leiftcn,  fie 
war  eine  *BerWiinbtf(^aftöpf(tcbt.  2)ie  eine 
$älfte  wäbltc  ipiiter  ber  Kläger  aue;  be« 
Seflagten  Slutöfreunben,  bic  anbere  ^alfte 
ber  93cflagte,  wober  er  wollte. 

III.  Sreueib  finbct  [xä)  nad)  bet 
53ötferwanberung  in  ben  r>erfd)iebenen 
gcrmanifcben  [fteii^cn  unb  ift  rticücid)t  ein 
utfprünglidbe^  *Jlc^t  beä  beutfd)en  Äönig* 
tumö  gewefen.  ®ä  war  beutfcbe  ©ewobn« 
beit,  ha^  ein  neuer  .^önig  fein  9flcic^ 
burd)5og,  um  ficb  aU  |)ervfcber  ju  jeigen 
unb  üon  aUem  5BoIf  bie  .pulbigung  ein« 
äunebmen;  war  tai  nid)t  möglieb,  fo 
würben  auf  erorbentlid)c  ^Ibgefanbtc  in  bic 
Seile  beä  SJanbeö  gefcbidt,  um  bie  (£ibe  ju 
empfangen.  2)ie  gorm  biefeä  ©ibeei  ?ennt 
man  nicbt.  ?Jur  einmal  wirb  auä  me* 
rowingifd)er  3«'t  berid)tct,  txi^  aucb  ber 
Äönig  feinem  'Bolf  einen  (Sib  leifiete. 
Unter  ben  fpäteren  SOlcrowingern  fam  bcr 
©ebrau(^  beö  Srcueibe^  in  SJcrgeffenbcit, 
unb  er|l  Äarl  b.  ®r.  rieran|laltete  786 
nacb  Sntbetfung  einer  23erfd)wörung  einen 

6* 


84 


(Sigcnmann  —  6lbcn. 


aügemetnen  Sib  aller,  btc  iai  12.  ^a))x 
jutüdgelegt  l^atten.  5Die  tjormcl  lautete: 
„®o  »ctfpre^c  ic^  meinem  |)errn  bem  Äös 
nige  Äarl  unb  feinen  ©ö|nen,  baf  id) 
treu  bin  unb  fein  »erbe  bie  Sage  mcineö 
■ßebenö,  o^ne  Jrug  unb  ©cfä^rbc."  3« 
ber  folgenben  3f't  erfolgte  in  ben  neu  er^ 
»orbcncn  ©cbieten  immer  fofort  bie  ®ibe0= 
leijiung.  3?ac&  feiner  Äaifer?rönung  o,ab 
Äarl  ber  ®r.  bem  Sreueib  fofort 
eine  üiel  umfaffenberc  Sebeutung;  er 
»erfügte,  ia^  aüi,  ®eifHict)c  unb  ffielts 
lic^c,  bie  i^m  frül)er  afö^önig  gefc^moren, 
nun  einen  neuen  (Sib  aU  üjiannen 
(Sßafallen)  beö  Äaifer«  leijien  foüten. 
2)erfelbc  folle  nid)t  blof  enthalten,  ta^ 
man  bem  Äaifcr,  folange  er  lebe,  bie 
Streue  bcWatjre,  feine  ^einbe  in  tai  8anb 
fü^re  unb  nic^t  jemanbcö  Untreue  unter= 
fiü^e  ober  »erfcf)n)eige,  fonbcrn  eö  tt»irb 
eine  ganje  9tei£)e  tciU  moralifc^er  ober 
fircf)li^er,  teilö  befiimmter  jiaatlid)er  Sei= 
jtungen  aug  bemfelben  abgeleitet.  S)as 
burc^,  ba|  nac^  biefem  (Sibe  bie  Sreuc 
gegen  ben  Äaifcr  biefelbe  fein  fett  mie  bie, 
welche  ber  25afall  feinem  $errn  gelobt, 
tt)irb  t>ai  allgemeine  Untertt)anenücrbättniö 
ber  befonbern  unb  engen  Serbinbung, 
n)eld)e  bieÄommenbation  begrünbet  (ftefe 
3t bei)  gleid)gcflellt.  <«icf)t  ha^  burd) 
biefen  ©ib  alle  ttiirflid)  SUlannen  ober 
Safallen  beö  Äaiferä  werben  foütcn:  nur 
i^re  Sirene  unb  ©rgeben^ieit  foll  feine  ge* 
ringere  fein.  3"  Su^unft  ttiurben  alle, 
inelc^c  baä  12.  3al)r  jurücfgelcgt  Ratten, 
immer  fofort  bur(|  bie  Äönigöboten  bc= 
eibigt.  5llg  ^arl  b.  ®r.  bie  Sejiimmung 
über  bie  ?lac^folge  feiner  ©ö^ne  getroffen 
^atte,  lief  er  no(i)malö  eine  allgemeine 
Seeibigung  Dornefimcn,  bie  einige  ^a^u 
fpäter  mieberl)olt  würbe. 

Unter  ben  9ia(^folgern  Äarl«  Weigerte 
fic^  bie  ??orberung  fold^er  ®ibe  jum 
tt)af)rcn  SWifbraucf);  je  weniger  bie  Sreue 
gehalten  würbe,  befto  öfter  mu§tc  fie  t>er< 
fproc^en  werben,  ©erireueib  würbe  wie 
ber  ®eric£)t^eib  auf  SReliquicn  befd)Woren. 
©incm  anbern  al^  bem  Äaifer  ober  bem 
befonbern  |)crrn,  befahl  Äarl,  burfte  fein 
<5ib  geleijiet  werben.  5Der  93ruc^  ber  Ireue 
würbe  regelmäßig  mit  ÄonpöEation  beö 
93ermögcnö  ober  "boc^  ber  föniglicf)cn  Sc 
nefijien  befiraft.  ßebcneftrafe,  bie  in 
früljcren  3eiten  barauf  fianb,  fam  jegt  nur 
in  fc^Wererengdllcn  jur  QlnWenbung,  wenn 
tai  ßeben  ober  bie  ^errfcf)aft  beä  ^önigä 
bebrol)t  gewefen  war. 
93on    eibli(f)en  35erfrcf)erungcn    be^  Äö^ 


nig§  an  bai  33olf  ober  bem  ^apfi  gegen= 
über  iji  unter  ben  erfien  Karolingern  nt^t 
bie  iRebe.  ßrfi  in  ber  jweiten  ©eneration 
nad^  Äarl  b.  ®r.  liefen  fic^  bie  @ö^ne 
unb  ßnfel  ßubwig^  bewegen,  um  bie 
Unterpfeung  ber  '®rofcn  ju  crl^alten, 
biefen  gegenüber  aud^  eibli^e  SBerpflid^s 
tungen  einjuge^en.  2lud^  bie  $äpfle 
benu^ten  je^t  bie  Umjiänbe,  um  bie  Äoi« 
jer  jU  förmlichen  eiblid^en  3"I<i9f"  J" 
r'erpj!id)ten.  ©onji  würbe  nod^  fpäter 
barauf  gel)alten,  baf  berbeutfc&e^önignid^t, 
auc^  bei  ber  Salbung  wie  bei  ber  Äönigö» 
unb  Äaiferfrönung  nic^t,  einen  förmlichen 
(5ib  ablegte,  (är  gelobte  bloß  in  anberer 
feierlidjer  2Deife,  burcö  befonberc  93eteue« 
rung  ober  J^anbfd)tag,  ober  lief  anberc  in 
feinem  5luftrag  unb  SRamen  fdjwörcn. 
yiüx  Äönige  untereinanber  mo(i)ten  ^ä) 
gegcnfcitig  ben  J^^iebcn  aud^  eibli^  ge* 
loben. 

®ie  !ßerpf(ic^tungen  beö  Solfeö  in  eib* 
liclier  ^orm  famen  bagegen  baö  ganje 
!Wittelaltcr  burc^  in  weiter  2luöbel)nung 
jurülnwenbung,  ju  ber  Sefrdftigung  einjcl« 
ner  S3erpf(icf)tungen ,  ber  93ewa^rung  be3 
^riebenö,  ber  ßeijlung  beä  geerbten jie^, 
al^  SSafallcneib,  aU  aKgemeiner  Jreucib. 
S)er  ®ib  Warb  junäc^ft  bem  neuen  Äönig 
bei  ber  S^ronbefieigung  geleiftet,  bo^ 
niijt  me^r  com  ganjen  !ßolf ,  fonbern 
blof  »on  ben  ^"^Pen,  ben  ©rofen, 
üon  bem,  ber  ein  Qlmt  empfing.  2)a* 
gegen  liefen  bie  dürften  unb  anbere, 
welche  abbdngige  ßeute  unter  ftd^  Ratten, 
[\ä)  üon  biefen  bem  Jreueib  an  ben  Äönig 
nacl)gebilbetc  ®ibe  leijien.  ?lur  einzeln 
würbe  bei  fold;en  ße^nöeiben  bie  Sreue 
gegen  ben  König  Dorbet)alten,  |)ilfe  ober 
5Dien|t  gegen  biefen  au^gefd)loffen.  Dft, 
befonber«  wenn  bie  Sirene  einmal  »erlebt 
War,  Würbe  ber  Sib  burc^  ©cifelficHung 
befrdftigt.  23om  Srut^  beö  ©ibeä  ^at 
man  äa^lreiclje  Seifpielc,  unb  ju  ®regorg 
VII.  3cit  erflärte  man,  ber  ©ib  binbe  nur, 
folange  ber  König  red^t  l)anble  unb  bie 
üon  i"^m  gegebenen  Serfpred^ungen  ^alte. 
©rcgor  nat)m  iai  (Red)t  in  5lnfprud^, 
au(^  bie  (5ibe  gegen  einen  König  ju  löfen, 
toai  jablreic^en  ffiiberfprud^  fanb. 

Gigeumanii,  fte^e  Safaü. 

©igcnuanteu  ftel)e  Ortsnamen,  (Perfonen« 
namen. 

ßifen,  peifeö,  fiebe  ®otteäurteil. 

Gifcnjeitaltcr,  fiebe  Steins,  Sr^*  unb 
©ifeni^eitalter. 
i   Gtfcrnc  Äronc,  fte^c  Krönungöornat. 

6Ikn,  ßlfcn,  abb.  unb  ml^b.  ber  alp, 


@ltif(^mancnoiben  —  (SIcnb. 


85 


neben  m^b.  bic  elbe,  angelfdd^ftfc^  el- 
fen,  englifd),  [cf)Webifd)  unb  bdnifc^  elf; 
n^b.  bauert  9tlp  mit  bcr  Sebeutung  eine^ 
Stat^tgeifleö  fort,  baneben  ^abcn  Sc^rift^ 
jiellcr  beö  18.  ^aiix]).  bic  unfcrer  SJJunbart 
ungere(J)tc  J^orm  6If,  Slfen  eingeführt. 
yiad)  ber  (Sbba  untcrfd^eibet  bie  norbi[rf)c 
SD'Ji)t^oIogie  jmei  ©attungen  Don  (Slbcn, 
ötcf)telben  unb  @(f)tt)arj*  ober  ÜDun* 
felelben.  S^  fmb  ÜJlittelwefen  jnjifc^en 
(Söttern  unb  SDienf^en ,  eine  gefonberte 
©efeüfc^aft  für  f\d),  fte  ^aben  Äraft, 
bem  aJlenf^en  ^u  fd)aben,  unb  fc^euen  fic^ 
bod)  »or  ibm,  t>a  fte  i^m  leiblich  nid^t 
getra^fen  ftnb.  Unter  ben  Segriff  Stben 
ober  2Bi(f)te,  ^at  (Srimm  in  ber  iKpt^o» 
logie  alle  Slöefen  biefer  5Irt  jufammenge- 
fa^t,  Aap.  17.,  3tt»erge,  SBaffergeifier,  |)auö= 
geijier  u.  bgt.  S)ie  beutfc^e  'Jluffaffung  fte^t 
in  ben  (Slben  eine  befonberc  Qlrt  ber  me^r 
einer  ^cibnifc^;bi^terif(^cn  Ofiatutbetrac^» 
tung  als  ber  eigentUcf)en  [Religion  ange« 
t)örenben  SBefen,  bie  ebcnbeebalb  fic^  im 
23olfögIauben  länger  aB  bie  eigentlict)en 
©Otter  erhalten  t)aben;  eä  gehören  baju 
bic  3*^f'^9f'  Äobolbe,  Älabatcr* 
männäiin,  Sergs  unb  aSalbgeifter, 
iWifen  unb  nid)t  minber  bie  ®lbcn. 
2)ie  legieren  fmb  freie,  im  SIBalbe  unb  auf 
SBiefen  ftc^  bewegenbe  9?aturgeifier,  balb 
milber,  balb  fdjäblic^er  'üxt,  SOtenf^en 
berbeijielenb  unb  fte  äerrei§enb,  3n  ben 
bairif^en  2llpen  leben  bie  gutmütigen, 
weiblidE)  gebadeten  (Slfen  in  Sergfc^luc^ten, 
ftnb  fel)r  fd^eu,  baber  fcf)>per  ju  fe^en, 
nähren  ftc^  »on  ber  S[)iil(^  ber  Äü^e  unb 
Siegen  unb  geben  ben  aWenf(^cn  bafür 
rei(i)Iid^en  Segen.  SßuttEe,  SBolf^aber^ 
glaube,  §  50. 

(Slöfi^toanenorben  ^ei§t  bic  »onSob. 
ati|t  um  1656  ju  2Bebet  im  ^olfteinifAen 
gcjiiftete  beutfcf)e  ©prad^gefeüf^aft.  @ie 
foüte  ein  „^flanjgarten"  für  bie  frucf)t= 
bringcnbc  ©efeüfc^aft  fein."  SDie  SUfitglies 
bcr  führten  mie  in  ben  anberen@pra^ge= 
fcllf(i)aften  Sd^äfernamen.  SDJit  bem  1667 
erfolgten  2obe  beö  ©tifterä  ging  bie  ®e= 
fcüfi^aft  mieber  ein. 

(glenb  unb  ©lenben^^crbergen.  S)a6 
SIcnb,  ml)b.  baß  eilende,  elelende, 
a^b.  baö  elilenti,  auö  alilanti,  ift 
^ufammengefe^t  au^  bem  mit  lat.  alias, 
gried^.  dkXos  :=  ein  anberer,  in  Uroer- 
tt)anbtfcf)aft  übereinftimmenben ,  nur  in 
Sufammcnfe^ungen  oorfommenben  a^b. 
^bfeftit)  all,  eli  =  ein  anberer,  unb 
auö  bem  mittelft  i  fon  lant  gebilbeten 
lenti.    I)a9  SBort  bebeutet  alfo  urfprüng= 


lic^  foüiel  aU  anbere^,  frembe^  Sanb, 
roorauä  fic&  bann  im  SW^b.  bie  ©ebeutung 
größter  Sebrängni«  unb  Sefc^merniö  er« 
giebt,  2öie  man  tai  8anb  baute,  fo 
baute  man  bai  6lenb,  micj. 93.  ba^ 
aBaUfal)rtelieb  nac^  6t.  3acob  oon  (£omp. 
beginnt: 

wer  das  elent  bawen  wel, 
der  heb  sich  auf  und  sei  mein  gsel 
wol  auf  sanct  Jacobs  Strassen. 
3)al)cr    aucf)    bie    ja^lrei(^en  'Uu'äbrücfe: 
inä    (Slenb    gef)cn,     fahren,    »anbern, 
fliegen: 

e  ich  mein  bulen  wolt  faren  lan,' 
e  wolt  ich  mit  ir  ins  elend  gan ; 
im  (Slenb  fein,  bleiben,  laffen,  jubringen, 
jtreifen,  fdl)tt)ärmcn: 

Insbruck,  ich  mass  dich  lassen, 
ich  far  dahin  mein  Strassen, 
in  fremde  land  dahin; 
mein  freud  ist  mir  genommen, 
die  ich  nit  weiss  bekommen, 
wo  ich  im  eilend  bin. 
gerner:  inöSlenb  fdt)irfen,  ücrfenben,  jagen, 
bringen,  treiben,   jlo§en,   »ermeifen,  au« 
bem  Slenb  ^eimEet)ren,  führen,  ^olcn. 

®leicf)er  Silbung  unb  cbcnfatlä  fc^on 
alt^ocf)beutfc^  ijl  i>ai  ^Ibjcftio  clcnb, 
aht.  alilanti,  m^ö.  eilende,  ba« 
cbenfaüi^  mit  ber  3eit  auä  ber  Sebeutung 
beö  in  ber  grembe  ßebenben  in  bie  be« 
beraubten  unb  Stoßen,  5lrmen,Qlrmfeligcn, 
©eringen  unb  <Sd)le(f)ten  überging. 

(5lenbenj|)erbergen  ftnb  im  15. 
^ai)xl).  l)auptfticE)lid^  für  *lßilger  einge* 
rid)tet  morben.  SDereine,  bie  ftc^  bic 
•Sorge  für  arme  unb  franfe  ^^rembe  jur 
5lufgabe  gemadl)t  l)atten,  t)ie^en  ©tenben« 
Srüberfd^aft  en.  S)ie  (51enben=$erberge 
glitte  einen  SBermalter.  SD^anc^mal  geborte 
jur  Verberge  eine  ÄapeUe  mit  bem  5tlmos 
fenftode;  mar  ber  Untere  in  einer  öffents 
licf)en  Äiid)e  aufgefteüt,  fo  brannte  an 
it)m  mol)I  bie  burd)  milbtfjätige  iDienfd^en 
geftiftcte  (Stenben=Äerje;  anbere  Äerjcn 
mürben  in  bie  Verberge  felbft  jur  abenb» 
lid)en  Q3eleudf)tung  gefiiftct.  3)ic  33eber« 
bergung  mürbe  in  ber  [Regel  nur  für  eine 
Ülad^t  gewäf)rt,  unb  eö  maren  befonberc 
Sejtimmungen  jur  Qlufredt)t^altung  einer 
guten  Drbnung  getroffen.  3-  ^-  *t»ar 
bcfiimmt,  i>a^  jeber  Qtufgenommene  Äleibcr 
unb  ©eriitfc^aften  mit  Qluäna|)me  be« 
Unterf)embeö  vox  ber  ©d^laffammer  ab> 
lege  unb  bafelbji  liegen  laffe;  nai)  aä^u 
fiünbigem  (Sdblafen  mürben  bie  .Kammern 
mieber  geöffnet,  jeber  jianb  auf,  mai)U 
fein  93ett,    fleibete    ftc^    t>or  ber  Kammer 


86 


Slfen  —  (Sneibcn. 


an  unb  »urbc  nic^t  c^ct  au«  bem  ^aufe 
gelafjcn,  ali  lii  er  crüärt  ^attc, 
ba§  i^m  nid^tö  »on  feiner  ^abe  ab^anben 
(^efommen  fei.  ®  rimm,  SBörtcrbu^,  unb 
Äriecif,  SSürgertum,  I,  viii. 

©ifcn,  fut)e  eibcm 

(SIfcnbetnarfieiten.  5Daö  üBort  eifcn* 
bein  ip  mt)b.  helfantbein,  ba  mbb. 
ber  (Slep^ant  helfant  [)eigt.  @cf)on  [cit 
bem  ftü^ejlcn  ÜJiittelalter  würbe  gef(^ni^= 
teö  ©Ifenbein  jumSc^mucEe  eon  Qtitärcn, 
Don  fircE)Iict)en  ©eräten,  für  tojlbarc 
JBüd^ereinbänbe  um  fo  lieber  angelucnbet, 
aU  ber  (SIcpfjant  nact)  D^otfer  ßabco  at^ 
ein  c  hin  sehe  fieo,  ein  feufd^eö  93iel) 
galt.  2)ie(Slfenbeinarbciten,9ieIicfö  fon  fef)r 
ungleidjer  ©rö^e,  balb  jum  @^mucfe  Don 
®efä§en  unb  felbfi  con  größeren  ©eräten 
nic^it  feiten  fabrifmä§ig  jum  »orauä  ges 
fertigt,  balb  auc^  alö  felbfiänbige  .^unft= 
hjerfe  angefertigt,  fc^lie^en  fxd)  in  ben 
erjlen  2ai)r{)unberten  nac^  @til  unb 
3n^alt  iiorf)errf(I)enb  antifen  Sorbilbern 
an.  Später  tritt  baä  c^ripiic^e  Clement 
in  ben  93orbergrunb.  ®ef)r  beliebt  maren 
unter  ben  aus  antif  j^eibnifc^em  in 
(^rifilicben  ©ebraud)  f)inübergett)anberten 
©erätcn  bie2)iptt)ct)en  (fie^e  biefen  5lrt). 
5(ud)  äu  ben  Pyxiden,  freiörunben 
93ü(f)fen ,  it)el(^e  von  bem  Siborium,  bem 
©(i)irmba$c  beö  5lltareä  Iieruntettjüngenb, 
jur  Qiufbemaf)rung  beä  ^eiligen  SBrotee 
bienten,  mürben  öfter  f;eibnifct)e  Sffierte, 
©c^mucf=  unb  SoiQcttenfäfidjen,  benu^t. 
3m  eigentlid)en  ÜJJitteialter  bcbiente  man 
frc^  beö  ©Ifenbeins  nid)t  blof  ju  tird)Ii= 
c^en  3*^^^^«'  i^  Dicliquiarien,  93ücf)er= 
becfcin,  für  fleinere  Sragaltare,  fonbern 
aud^  für  ©eräte  bcö  meltlid^en  öufuö, 
Sagbä  unb  Jrinfbörner,  ©ec^er,  ©ei§eln, 
8an5cnfd)äfte ,  ©c^mucffäfien,  ©picgel^ 
tapfetn,  ja  ganje  ®dttel.  2)ie  ©otif  mar 
ber  ©Ifenbeinffulptuv  nic^t  günftig,  erft 
in  ben  legten  3'^^^'^f)u"^fiten  wirb  bie 
Äunfi,  namentlid)  an  ®d)mucfgefä§en  unb 
©eräten  profanen  3>»tdeö,  mieber  erneuert, 
befonberfl  in  S'Jürnbcrg  unb  5lugeburg, 
mo  ber  (Slepbantenjal)n  in  [einer  ganjen 
atunbung  ^u  pumpen  unb  trügen,  ganj 
mit  fReliefö  umgeben,  bearbeitet  mürbe. 

©mail,  mittclat.  smaltum,  esmalc- 
tum,  ital.  smalto,  franj.  ömail,  beutfd; 
Smalte,  Schmälte,  Schmelz,  aßc^ 
biefeö  fom  beutfd)en  23erb.  fc^meljen,  be= 
beutet  urfprünglid)  ©e|'d)meläe  »on  ©olb 
unb  Silber  burd)einanber.  Spuren  ber 
6mail=2;ed)nif  finben  fid)  fdE)on  in  ägt)p= 
tifc^en,    etruefifc^en    unb    altgried)i[d)en 


Äunfiraerfen,  faum  bei  ben  iRömcrn.  5Dte 
Spjantiner  »erliefen  berfelben  einen  neuen 
aiuffcftroung,  eieüeid^t  in  5lnlel)nung  an 
^inboPanifd)e,  pcrrrfd)c  unb  ^ine|lfd)e 
2ed)nif,  3l)re  f)öc^fie  Äunfl  erreid^te  biefe 
Sed^nif  feit  bem  10.  ^a\)x^.,  inbem  fte 
je|t  nid)t  blo^  jum  ©ermüde  fteiner 
aSerfe,  fonbern  felbftänbig  in  großartigen 
2)imenfionen  betrieben  mürbe.  3m  3lbenb= 
lanbe,  in  ©aüien  unb  (Jnglanb,  mürbe 
biefe  Äunfi  ebenfalls  fd)on  früt)  geübt, 
bodö  meifi  in  fleinercm  a)?aPabc  unb  in 
beforatioem  Sinne.  (Einen  l)öf)ern  9tuf= 
fd)mung  erl)ielt  jte  feit  bem  10.  3«^^^., 
aU  burd^  bie  SBermä^lung  Otto  UI.  mit 
einer  gried)i[c^en  ^rinjef^n  bpjantinifc^e 
Äunftmerfe  unb  oielleid^t  aud)  bpjantinifcbe 
Jfüiij^ler  nad^  S'iorben  famen.  3^rf  -^aupt^ 
fi^e  lagen  am  Dtieberr^ein  unb  in  ßot6= 
ringen,  etma  feit  bem  12.  ^a\)xi>.  in  ber 
meftfranjöfifcf)en  $roi?inj  Don  Limoges. 
\voi)ix  bie  ®mail!un|l  ben  iJiamen  Opus  de 
Limogia  ober  Lemovicinnm  ert)ielt.  S5ie 
Sed^nif  Der  meiften  abenblänbifd^en  (Smailä 
\\t  Don  ber  ber  bpjantinifd^cn  Derfc^ieben. 
©iefe  fmb  pormiegenb  3^^^^"^"^'^^^^' 
emaax  cloisonnes;  ber  gefärbte  ®taÖf[u§ 
wirb  in  Qiütn  au^gegoffen ,  bie  Don 
bünncn  aufrec[)t  fte^enben  ©olbblättdben 
erjieüt  morben  fmb;  bie  abenblänbifd£)c 
Sec^nif  ift  mcift  ©rubenemail,  email 
champleve ,  bei  Welcber  ber  ©la«t"lu§  in 
bie  auögeticften  Jeile  einer  flärfern 
Wetallplatte  eingelaffen  mirb.  S)ie  abenb^ 
länbiid)cn  (Smailä  ftnb  aud)  Diel  einfadber 
aU  bie  bt)jantinif(^en.  2)ic  ^'''^^«"f^'^l'^ 
ift  fc^r  bcfd)räntt  unb  Dormiegenb  bumpf : 
bunfleä  !Ölau  für  ben  ©runb,  5lot,  ©rün 
ober  93lau,  ©elb  ober  2Bei§  in  meicöer 
5lbftufung.  5igürlid)c  2)arftetlungen  ftnb 
feiten,  nieifl  ifi  bie  .$lunfi  bier  für  33cr=: 
jierungen  angemanbt.  dlnd)  SRa^n,  öilb. 
.ßünjle.  280  ff.  Sdt)naafe,  IV,  2. 
i8ud)er,  ©cfd).  b.  tec^n.  Äünfte,  I. 

@netJ)cn,  fielie  Ülneiben. 

©ngcl  mürben  im  frütiern  SOUttclalter 
geflügelt,  in  reifer  3ünglingöge|lalt,  in 
2)iatonentracf)t  unb  unbefc^u^t  bargeficüt, 
feit  bem  l.'i.  3'il)i^l>  aud)  al^  fc^mebenbt 
Äinber.  S)ie  legieren  tragen  |)äuftg  mufi= 
Ealifi^e  3nftrumente,  ©rj  enget  gicbt 
eö  für  ben  Dccibent  brei,  für  ben  Orient 
Dier:  93hd)ael,  in  ritterlicf)er  9tüfiung, 
fämpft  mit  bem  3)rad)cn,  magt  bie  Seelen; 
©abriel,  mit  bem  Öilienftengel,  im  15. 
unb  16.  ^al)xi).  aud)  "l«  3äger  mit  ^ift= 
^orn  unb  .^»unben,  weld)er  tai  in  ben 
Sd)o§    ber  SWaria  gef[üd)tete  6inl)orn  er= 


Snglif^c  Äomöbianten  —  Spo(i)c. 


87 


jagt;  !Rapt)ael,  ein  aBanbcter,  ^Begleitet 
bcö  Sobiaö,  crfc^eint  ben  Ritten  bei  bet 
©cbutt  Sbrifix;  Uricl,  »on  bet  römifcfcen 
Äirc^e  nid)t  anerfannt  unb  bcnnod)  öiel 
bargc^cüt,  mit  ©(^riftroüc  ober  33u$, 
erfc^cint  bcm  9Kofeä  im  feurigen  23ufd), 
fi^t  auf  bem  Orabc  3cfu,  ge^t  mit  ben 
3üngcrn  »on  (Smauö.  93c[onbere  3?amcn 
anbetet  (Sngel  [xnt:  (5f)amacl,  ^anicl, 
3opt)ieI,  ^abfiel,  3ap§fiel.  Otte, 
lanbb.  5lbfd)n.  158. 

©ngUfc^e  tomööiarttcn,  ftefie  5Drama. 

©nglift^cr  @ruj^,  fte^e  5Uic  ÜJJatia. 

(S:|ji^)Öania^,  fiet)e  btei  Äönige. 

©Jpiftelfcitc  IjeiBt  bicjenigc  Seite  beö 
5tltatö,  tt)eld)e  linfö  tion  bemaufbem'jntare 
fiet)enben  Ärujifife  iji,  olfo  gcwöfinlicf) 
bie  fübli(^e;  üon  bet  auf  biefct  Seite  bc=: 
finblid)en  Äanjel  mitb  bie  Spiftcl  öet= 
Icfen. 

Epistolae  obscurorum  virorum.  @te 
fmb  tjctPorgcgangen  aui  bem  Iangiät)tigcn 
Streite  Dieud)Un^  mit  ben  Kölner  S^co« 
legen.  Der  getaufte  3ube  "Ufefferforn,  ein 
tüiberttjartiger,  unfauberer  SWenfc^,  bem  bie 
Sefebrung  feinet  ehemaligen  ®taubenä» 
gcnofien  burcb  (£rma^nung  mi§lungen 
war,  I)atte  im  3«f)v  1509  Obtigfeiten  linb 
SBoIf  ju  gemaltfamcr  93efef)rung  ober  35ets 
treibung  ber  3"t)en  unb  jut  Söctbtennung 
ibtet  solltet  aufgefotbett.  S)ie  ^Ungelegen; 
beit  fam  an  ben  Äaifer,  bet  norerft  com 
©ominifanerptiot  unb  Äegcrmeiftet  ^atob 
^oc^fttaten  ju  Äöln ,  fom  ct)cmatigen 
SRabbinet  Sictor  non  ßatben,  t>on  SReuc^* 
lin  unb  non  ben  UntDetfitäten  ju  ^öln, 
Tlaini,  etfurt,  |)eibelberg  ©utacfcten  ab-- 
forberte.  <Mlö  lReud)Iin  ftc^  im  ©egenfa^ 
JU  ben  übrigen  iubenfeinblid)en  ®utacf)ten 
ba^in  auäfprad),  ,M^  man  ber  3uben 
93ücf)er  ni^t  foüc  terbrennen,  fonbern  fic 
burc^  r)ernünftigc!E)iöputationcn  fanftmütig 
unb  gütl{(^  ju  unferem  ®Iauben  mit  ber 
^itfe  ®otteä  Überreben",  begann  IJfeffers 
forn  öffentlid)  gegen SReuc^Iin  aufzutreten; 
(Reud)lin  antwortete;  Briefe,  ®utadt)ten, 
©d^riften  ber  Dcrfd)icbemlen  Qlrt  in  *Profa 
unb  S3erfen,  in  lateinifdjec  unb  beutf^er 
@prad)e  mürben  gemei^felt,  unb  befonberö 
bet  Äteiä  bet  beutfcfcen  ^umaniften  be- 
ttaci)tete  bie  *3(ngelegen^eit  alö  eine  öffent« 
licf)e  ©ad^e  bet  Silbung  unb  2ßa^tf)eit 
gegen  S)umm^eit  unb  qßfaffenfiolj,  qßapji 
Seo  X.  f(f)Iug  enbli^  ben  'jJrojef ,  nai^bem 
ein  befonbere^  ®eridE)t  ftcf)  für  ^ieui^Un 
entfcf)icben  ^attc,  nieber.  ^m  ©egenfa^e 
nun  ju  einer  Sammlung  Don  ©riefen  bc= 
türmtet  ^umanifien  an  iReud)tin,  bie  bet 


©mpfdnget  im  3a^t  1514  untct  bem  litet 
Clarorum  virorum  Epistolae  hebraicae, 
graecae    et    latinae    ad    Jo.  Reuchlinum 

l)erausgegeben  I)atte,  bamit  man  fef)e,  wie 
atle  ^etl  unb  gut  ©enfenben  in  S)eutfc^« 
lanb  unb  S^^ili^"  f^'^  "™  i^"  fc^atten, 
etf(J)ien  im  ^etbfi  1515  ein  Sucb:  Epi- 
stolae obscurorum  virorum,  41  93tiefe 
entl)altenb;  äWeimal  «iebetfjolt  1516,  i)ai 
jmeitemal  mit  einem  5ln^ang  Don  7  ©tic« 
fen;  ein  jmeitet  Jeil  mit  62  ©tiefen  fam 
1517  ^etauö,  moju  in  ber  jmeiten  5lu8» 
gäbe  noc^malö  ein  5tnbang  Don  8  ©riefen 
trat.  Die  ©riefe  ftnb  an  Drtuinu^ 
(Sratiuö,  (Drtmtn  be  ®tae«),  2e{)tet  unb 
$oet  an  bet  Äölner  Scf)ule,  ben  lateini^ 
fc^en  ^anblanger  unb  poetifc^cn  Sc^ilb- 
balter  ber  Äölner  2t)eoIogen,  gericf)tct,  bie 
©ticffcf)reibet  ftnb  bie  ÜJiagtjlet  unb 
©accalautei  Genselinas,  Caprimulgius, 
Scherschleiferias,  Dollenkopfius,  Mist- 
laderius  u.  bgl.,  einigemal  ani)  bie  Äöt* 
net  S^eologen  felbet.  Die  ^olemif  liegt 
Dorne^mIi(i)  in  bem  fc^eu§li4)en  Tlöni)i' 
latein  unb  in  ber.  naiD=bummen  S)enfart 
bet  S(^teiber.  Übet  bie  ©etfaffet  bet 
©riefe  ifi  Sicf)etcä  nic^t  aua^umitteln. 
3laä)  Sttaufe  flammt  bet  ctfte  Seil 
roefentlicf)  auä  bet  ^ebet  bc«  3o^ann 
ßtotuö  SRubianuö,  eigcntli«^  3ol)ann 
3äget,  um  1480  in  bcm  tl)üringtf^en 
^Iccfen  S)ornt)eim  bei  5lrnfiabt  geboren. 
(Sr  jiubiertc  in  (Stfurt  unb  Äöln  unb  mar 
ein  ÜJJenfc^  Don  großer  ©egabung  unb 
namentlid)  in  l)o^em  2JJa§e  »i^ig.  "iJiad): 
bem  er  eine  3^'^  lang  2ef)tet  an  bet  Älofiet» 
fdE)ule  ju  gulba  gemefcn  mat,  fef)ttc  er 
nad)  gtfutt  äutücf.  ®t  »at  ein  tteuet 
55reunb  ^uttcnö  unb  trat  anä)  offen  auf 
Sutbcrä  Seite  über,  freiließ  ot)ne  babeiju* 
bleiben;  bie  legten  3a^te  feines  mec^fel* 
pouen  ßebens  fmb  gän^lic^  in  ©unfel  ges 
\)üüt.  5ln  bet  5lbfajifung  beö  Qlnbang^ 
jum  etfien  leile  unb  bet  ©tiefe  be^  smei« 
ten  2eileä  ^at  o^ne  3>Dcifel  .g>uttcu 
t)ctDottagenben  5lnteil,  otjne  ta^  frei)  t>ai 
Tla^  be^  Qtnteilä  nützet  befiimmen  liefe. 
5lnbete  ©etfaffct  meint  man  in  ^etmann 
Don  bem  ©ufc^e,  ^lermann  Don  9Juenar, 
(Soban  ^effe  unb  $ctrejuö  (Sberbad)  finben 
ju  Eönncn.  Die  au§erorbentlic^  fc^neüc 
©crbreitung  ber  ©riefe  bauette  blo§  bi^ 
JU  bem  'itugenblicfc,  mo  feit  1518  iai 
Snteteifc  bet  Qi\t  gänälic^  in  bet  iRefot^ 
mationsfai^e  aufging.  Sie^e  Sttauf, 
^utten;  bet  leyt  bet  ©tiefe  in  ^uttcn^ 
SBetfen  Don  ©öding. 

G^JO^c,  fie^e  3£ittc(f)nung. 


88 


epoö. 


^pBS  ifi  tnic  für  bic  übiigcn  inbo* 
gcrmanifdben  ßittcraturcn,  fo  aud)  für  bic 
bcutfc^e  bic  natürliche  ^Dicbtungäartbcr  ältc* 
jicn  *Pmobc;  bcr  befonbern  gntmicfclung 
ber  bcutfd)en  Literatur  unb  ©ilbung  gc» 
mä§  \)ai  I)icr  ba^  gpoö  nacf)  govm  unb 
3nf)alt  eine  ganje  Oiei^e  »on  ßntwide* 
lung^ftufcn  burd)gemad)t ,  biö  eö  nad^ 
jd^em  Seben  auflförte  ober  einem  neuen 
Äunjiepog  «Pla^  ma($te. 

1.  aSomßpoä  ber  älteften  3cit  fmb 
nur  njenigeS'Jacfcri^ten  unb  Überrede  er^al^ 
ten.  Zac.  Germ.  3,  bcricf)tet  »on  öiebcrn, 
ttielcf)e  bic  alten  SDeutfc^cn  auf  ^erfnleö 
(2)onar),  Zl)\x\ito,  SlJJannuä  unb  beffen 
igö^ne  gefungen  {)ätten;  jte  befa^en  alle 
mt)t^ifdf)e  gieber  unb  genealogifiie  ßieber, 
bic  t)on  ben  üi^n^erren  ber  SOfenfc^en  unb 
ber  befonbcren  «Stämme  erjä|)Iten.  Qluc^ 
ßicber  auö  ber  Sierfgge  »erben  fd)on  bie* 
fer  3«it  angepren.  Über  bie  ^orm  biefer 
älteficn  Sieber  ijl  nic^tö  erhalten;  ta^  fie 
gefungcn  würben,  liegt  im  SBefen  ber 
diteften  *l!oefic,  begleitet  njurbe  ba^  ge= 
fungene  SBort  mit  bcr  ^arfe.  D^nt  Qtvti' 
fei  war  bie  mctrifdie  ,^orm  ^ier  fc^on  bie 
allittericrenbc;  man  erf^Iie^t  baö  be« 
fonberö  barauö,  ba§  bie  SJJamen  ber  ®öf)nc 
bc^  äJiannuö:  Ingo,  Isco  unb  Jrmino, 
unb  ebenfo  anbere  9?amen  ber  norbifcfjcn 
unb  angelfn<$fif(i)en  Sage,  Hengest  unb 
llorsa,  Skyld  unb  Skeaf  aüitterieren.  2)ie 
Sänger  geprten  feinem  befonbern  Staube 
an;  eö  fang,  von  bie  &aht  baju  befa^ 
(fte^e  ben  5lrtifcl  S)icf)ter).  %uä)  auä 
ber  Qi\t  unmittelbar  nad)  ber  SBölfernDan« 
berung  ftnb  bie  fRadjric^ten  über  baö  ger= 
manifi^e  ßieb  fpätli(^;  ber  ®ote  Sotn""' 
beö  berid)tet  551,  ta^  Sieber  über  bie 
SBanberjüge  ber  ®oten  no^  gefungcn 
wurtcn,  über  ben  gefallenen  ^unnenfönig 
2lttila  unb  äl)nli^cö.  ^Die  diteften  er* 
^altencn  Sieber  fxnb  bie  fog.  iKerfebur« 
gcr  ß'iu^ti^^^f^  ^i  öuf  ben  ccrrcnften 
§u§  eineä  $fcrbcä  unb  auf  bie  ö;cffc^" 
eincö  ^ricgögcfangenen ,  ia^  .^ilbc* 
branbölieb  unb  ber5lnfang  bcä  SBcffos 
brunner  ©ebetcö.  ^oä)  Äarl  ber  ®r. 
lie^  eine  fd)riftlic^c  Sammlung  bcr  beuts 
fc^en  J^elfccnliebcr,  morin  bie  j^iaten  unb 
Siebcr  üor5citlid)er  Könige  gefungcn  »rur* 
ben,  aufjcidinen. 

2.  2)aö  epog  im  9.-10.  Sa^rl^. 
^dtte  ftc^  ba^  bcutfd)e  ©poö  tjon  fremben 
©inflüffen  bcr  iReligion  unb  Silbung  un« 
gefrört  eniwicfeln  bürfcn,  fo  wäre  ifim  wo^l 
mit  ber  Sntwidelung  bcr  Sc^reibefunfi  ein 
natürlicher  Fortgang  jur  ©popöe  auf  ben 


©runblagcn  feiner  alten  fRatur  fo  gutalö  bem 
inbii"($en  unb  griec^ifc^cn  6po^  »ergönnt 
gcwefcn.  5lber  bic  51rt  unb  SBcife,  wie 
iai  (Sl;rijlcntum  in  ©eutfc^lanb  auftrot, 
feine  priejlcvlic&e  51bncigung  nidfet  bIo§ 
gegen  bie  ^eibnifd^e  iRcligion ,  fonbern 
gegen  aücä,  toa^  üolfämd^ig  unb  bcutf^ 
War,  lic§  bic  Sammlung  Äarl^  b.  ®r., 
bic  leibcr  auc^  nic^t  erbalten  if!,  iai  le^tc 
fein,  tviai  unö  »on  ben  alten  Siebern  in 
echter  alter  ^orm  überliefert  ijl.  ^attc  c^ 
bod)  bcr  perfönlicfeen  Siebe  .^arfö  ju  feiner 
angcjlammtcn  SBoll'äart  beburft,  ta^  er 
übcrliaupt  jene  Sieber  no^  auffcftreibcn 
lie§;  f(*on  lange  »or  i^m  brachte  bic  allein 
f^rcibfunbige  ®"cijilid-)fcit  bcmSolEögefang 
nid)t  bIo§,  wie  es  fpdter  in  SfanbinaDien 
gefd^a^,  i^re  2;eilnat)mc  nid)t  entgegen, 
fonbern  fie  \)a^k  unb  verfolgte  bie  ^cimifd)c 
>Did)tung. 

2)ai  fi(^  jwar  bic  aüittcricrcnbe  ^orm 
nod)  einige  3^'*  crbielt,  beweifi  baö  bem 
9.  3al)rt).  angeprige  ®cbid)t  ÜHufpilli,. 
bcr  ^elianb  auö  bcmfelbcn  3al)rt)unbert 
unb  bie  erji  im  10.  3öf)t^.  aufgcfd)riebcs 
nen  3au&ci^lif^«-  Son^  trat  je^t  an  bic 
©teile  ber  *Jttlitteration  ber  (Snbreim 
(fiel)e  SRcim),  ein  SBcc^fcI  im  ®efd)made, 
bcr  für  fxä)  aßcin  ber  ^ortbauer  ber  alten 
Siebcr  in  l;o{)cm  ilJJa^e  im  SBcgc  fianb. 
3war  vermittelte  jctit  bic  firi^iicbe  Sil* 
bung  bic  @rfd)cinung  jwcicr  ©popöen, 
bcö  Dtfricbifdjcn  Sfangelicnbuc^eä  unb 
be«  _^elianb,  t)ai  erficre  bem  einjcllicb 
infofern  fid)  annd^ernb,  a\i  cä  ft^i  au^ 
einäcincn,  jum  Singen  bc|iimmtcn  Olb* 
fcbnittcn  jufammenfc^t.  Q,i  finb  ©popöen, 
infofern  jie  gefc^ricbcne  S)id)tungcn 
gröfcrn  Umfanget  ftnb,  bem  Umfang  bcr 
fönangelicn  cntfpred)enb ,  aber  auä  bem 
Icbcnbigcn  Solfögcfang  fmb  fte  nid)t  I)cr= 
vorgegangen,  unb  fpätere  Sßirt'ung  ifi  »on 
il)nen,  abgefet)cn  oon  bcr  JRcimformDtfriebe, 
nid)t  ouögegangcn. 

®er  pon  ber  neuen  Silbung  jwar  nid)t 
unterflüfetc,  aber  fcineöwcgö  au^gclöfdE)te 
cpifd)e23olfögcfang  erhielt  ft(|  in  ben^änben 
fal)rcnbcr  Scute,  Spiellcutc  auß  ben  unteren 
Stäuben;  biefe  bewahrten  tcilö  bie  alten 
Sagen  oon  SDictri^  »on  SBern,  Siegfrieb, 
QUtiia,  ben  SSurgunbern,  nad)  ibrem  ro^ern, 
ben  äußeren  ^l^atfac^en  me^r  aU  bem 
innern  Seben  jugewaubten  ®cl)alte,  bem 
imä)  t>a^  S^riftentum  jumal  bic  pbere 
rcligiöfe  SBcilie  entjogcn  Worben  War,  teiB 
fangen  fte  neue  Sieber  auf  Srcigni)Te  ber 
©egcnwart,  auf  (Srjbifd^of  ^attoi  ©errat 
an  Qlbelbcrt  ton  Sambcrg,  904,  auf  bic 


©rbämter  —  (Stbicd^l. 


89 


giliebctlagc  bcr  %xmhn  bei  ^«Coburg, 
915,  auf  bie  SBunbert^aten  be«  fieiligen 
Ulrich,  bi«  973.  S)a^  [ogor  in  Äloper* 
räumen,  aber  freiließ  nur  in  folgen,  in 
tt)eld)cn  bcr  ©eifi  .^axU  b.  ®r.  nod)  fort« 
lebte,  Wie  in  ®t.  Oaüen,  bie  alte  iBoIfä* 
fage  noc^  überaus  lebcnbig  war,  jeigt  hai 
Sieb  üon  JBalt^er  unb  ^iltgunt  unb 
bcr  SR  u  blieb,  beibe  in  latcinif^cr 
®pracf)e  gcbid[)tet,  aber  barum  nid^t  min« 
ber  bcutf(^  empfunben  unb  bargeftetit. 

3.  51)0«  (5poö  ber  f)öfifd)en  Seit. 
6ö  War  nicf)t  ta^  ßbtiftentum  aüein,  baä 
ber  alten  (Spif  entgegenjlanb ;  wai  H)x  ben 
Sebenönert»  nic^t  minbcr  angriff,  voax  ber 
Übergang  auö  bem  freien  23oÜöftaat  in 
ben  'öef)n«ftaat ;  bie  alten  freien  Sänger 
t>erfcf)tt»anben  mit  bem  freien  Oefamtpolfe, 
ber  Unterfc^ieb  ber  unteren  unb  oberen 
©tänbe  brängtc  bie  üolfömä§igc  Silbung 
in  ben  untern  ®tanb  jurücf,  unb  e«  ging 
3a^rfeunberte  lang,  bi«  bcr  obere  @tanb 
ber  JRittcrbürtigen  ju  einer  fclbfiänbigcn 
Silbung  empormuci)«.  5ltö  bies  mit  bem 
iBeginn  beä  12.  ^ai)x^.  cnbU^  gefc^at), 
trat  aucf)  eine  neue  *Periobc  bcr  cpif(i)cn 
35i($tung  ein.  SBoraud  gef)t  eine  burc^  bie 
(Srneucrung  be«  firc^tid)=rcligiöfcn  8eben<$ 
im  II.  ^a\)xl).  ^eroorgerufene  *Jiei^e  geijl« 
lid^er  5Dic{)tungen  fcrfc^iebenjlen  ©tileä 
unb  Umfange«,  eine  ttjirfungslofe  SReaftion 
gegen  bie  auffommcnbe  »eltlic^e  2)i(^tung 
be«  ^öfifd^cn  Stanbeö.  ^l)x  folgen  gleid)« 
geitig  bie  bcibcn  (Gattungen  bc«  »olf«« 
mäßigen  (Spo«  unb  bc«  i^öfifc^en  Äunft« 
cpos  ,  beibe  in  ber  goi^m  gcf(i)riebener, 
fünfilerifcf)  tt)irffam  aufgearbeiteter  ©po« 
pöen,  beibe  noc^  infofern  an  tai  alte 
Spoä  erinncrnb,  aU  bie  S^i^tcr  immer 
nocf),  njcnigjlcn«  in  ber  SRegel,  beö  ©c^rci- 
benö  unfunbig  ftnb,  alfo  biftieren  muffen, 
»äfirenb  üon  feiten  bcr  gcnicßcnben  *t!aitei 
nii^t  gclefen,  fonbcrn  einem  Söorlefenben 
juget)ört  mirb.  SGßot)er  tai  nolförnägigc 
(Spoö  feinen  Stoff  f(J)öpfte,  ift  mit  ©ic^er« 
^eit  ni($t  auäjumitteln ;  er  mup  üon  fa^* 
renben  <Sängern  ber  unteren  Stcinbc  erf)at- 
ten  morben  fein,  jumeifi  o^ne  S^^^'f^^  '" 
bem  »om  t)öfifct)cn  ßebcn  unbcrüt)rtern, 
noe^  mct)r  in  alter  iöolfäfraft  unb  23oIfö« 
erinncrung  Icbcnben  S^Jorben  I)eutf(i)lanb«; 
benn  üon  f)ier  nsurben  biefelben  Stoffe 
im  13.  ober  14.  3abr^.  na^  Sfanbinaöien 
getragen  unb  ^ier  al«  SBilfinasSaga 
aufgefc^rieben.  5iuö  9iorbbeutf(^lanb  bra^« 
ten  ga^rcnbe  bicfen  Stoff  nacE)  Sübbeutf^- 
lanb ,  alö  aud^  l)ier  bie  Seilna^me  bafür 
n.Meber  erwachte.    3"  Ö{ierreicf),   n?o  am 


2Biener  ^ofe  franjöftfc^eö  Sßefen  mcf)t 
ebenfo  auöfcf)Iie|Itd)  tjerrfc^te  wie  im 
SBejien  S)eutfd^lanb«,  ftnb  bann  r»on  un« 
bekannten  2)id^tcrn  ba«  iRibclungen« 
lieb,  ®ubrun  unb  bie  übrigen  ßieber 
be«  |)elbcnbu(^eö  entfianbcn  (fte()c 
biefe  'Jlrtifel),  alle  in  ber  gorm  ber 
Dtibelungenfirop^e  ober  ^Ibarten  ber« 
fetben. 

2)a«  ^öfif^e  ßunjiepo«  empfängt 
bagegen  Don  granfreic^  ^nftofe,  Stojf, 
gorm,  51uffaf[ung,  Umfang.  2)er  93er«  ijl 
ia^  SReimpaar,  ,bie  ^auptj^offe  5llefan« 
ber,  ^tnea«,  Äarl  unb  feine  Safelrunbe, 
*Mrtu«  unb  feine  Safelrunbc,  ®raal;  baran 
fc^lie§en  ftd)  b^jantinifc^e  oon  j.  93.  -^erjog 
ernft,  einbeimifc£)e  SRittcrfagen,  j.  93.  Otto 
mit  bem  58arte,  unb  burc^  bie  ganje  ^tit 
l)inburc£)  natürli^  ©eifiUc^e«,  mit  Vorliebe 
bie  Öegenbe. 

(Jine  »eitere  ®ntmidelung  ^at  tai  alte 
®po«  faum  mef)c  gehabt  SDJit  bem  25er« 
faß  bcr  l)öfifd)cn  93ilbung  »etfäüt  aud^ 
\i)xt  2)i(ä)tung ,  für  ta^  nationale  iiben 
ein  f^merjlic^cr  93erlufi;  xväxi  bie  ange« 
ftammte  Sage  in  if)rer  mittelaltcrlid)en 
©cftalt  (Eigentum  be«  ganjcn  S3olfe«  ge^ 
mcfen,  e«  t)ätte  ft^  mcnigPen«  bi«  in« 
16.  3at)r(;.  retten  mögen,  »icüeic^t  ben 
SCßec^fel  bcr  Seiten  ganj  überbauert;  fo 
aber  war  c«  (Eigentum  ber  ^öfe  unb  bc« 
SRittertum«  unb  ifl  mit  bicfen  Elementen 
in  baSfelbe  Scf)icffal  mit  l;ineingeriffcn 
»orbcn.  2)Qnte«  göttliche  Äomöbie  ifi 
nur  wenig  met)r  al«  100  3al)rc  jünger 
al«  ba«  Oiibclungcnlicb;  wa^renb  biefe« 
fd)on  im  15,  ^a\)x\).  oergeffen  war,  lebt 
©ante«  ®id)tung  noc^  f)eute.  23loB  ein« 
äclne  untcrgeorbncte  oolf«mä§igc  Spen 
Ijattcn  fic^  bi«  in  bie  Qät  bc«  Suc^brucf« 
gerettet  unb  würben  üon  93änfclfängern 
noc^  tcilwcife  gefungcn  unb  geleiert.  iDlan« 
d)e«,  2)eutfc^e«  fowo^l  al«  granjöftfc^e«, 
fam  al«  *tJrofaroman  wieber  auf  ben 
ÜRarft,  wie  bcr  l)ürnene  Sicgfricb,  Die 
toier  ^aimonefinber  (ficl)e  ben  9lrtifel 
93olf«büct)er).  SBie  feit  ber  jWeiten 
^älftc  be«  18.  3al)rl).  bie  ältere  Siteratur 
wieber  erwedt  würbe  unb  atlmäblid)  neue 
Äcime  trieb,  gehört  nid)t  t)icrt)er.  93gl. 
ben  2lrt.  ^clbenfage. 

©rtämtcr,  fiel)e  |)ofämter. 
(Stbttäit  5E)a«  (£rbc  ifi  Cil)i.  ia^ 
arpi,  erbi,  erbe,  got.  hai  arbi,  ba«= 
fclbc  9[Bort  in  ben  norbifd)  german. 
Sprachen;  in  welcher  aBurjel,  »on  bcr 
auc^  9lrbeit  abgeleitet  ifi,  bie  93or« 
fteüungen  bcr  3lnge^örigfeit  unb  ^örigEei 


90 


Sref. 


(milbcrer  ?cibctgenfd>aft),  öer  Ätnbf^aft 
unb  bcr  Äned^tfd)aft  tneinanbet  flicfen. 
25et  ®rbc  ijl  got.  bcr  arbja,  ai)t).  bct 
ärpeo,  äripeo  ,  erpeo,  eribo,  erbo, 
m^b.  bcr  erbe.     SBeiganb. 

S)ic  regelmäßige  Srbfolgc  bcr  ©crmanen 
beruhte  auf  ber  SBIutöfrcunttfcf)aft  unb 
fionb  mit  ben  übrigen  SRcd^ten  unb  (Pflid^s 
ten  ber  g^amilie  in  bcr  engficn  Sejic^ung. 
2)ie  SBerh)anbtfc^aft,  bie  jur  (Erbfolge  bc« 
rcti^tigte,  mu§tc  aber  cincötcil^  eine  burc^ 
eine  gütige  (S^c  (ficfie  biefen  9trt.)  be* 
grünbctc  Scrmanbtfd^nft  unb  anbcrntcilö 
mußte  bcr  23crtt>anbte  bcm  SrblaflTer  ebcns 
bürtig  fein.  Sie  9iä^c  bcr  SScrtüanbt* 
fd^aft  würbe  naä)  bcr  größern  ober  ge* 
ringern  ©cmeinfc^aft  beö  ©lute^  gc* 
mcffen,  bic  ?iäc^ficn  waren  ftc^  alfo  bie* 
jenigen.  Welche  ben  näc^jten  ©tamm^altcr 
gemeinsam  Ratten,  waö  man  eine  *P  a  r  c  n  t  e  I 
obcr©i^)pe  nannte,  bann  fam  bie^arentel 
unter  bcm  jwcitnäd^pcn  Stammhalter  u. 
f.  W.  S)ie  naberc  *parcntel  fc^Ioß  bic 
entferntere  fdf)Ied^t§in  auö.  511^  |>ilfä' 
mittel,  bie  SBcrWanbtfcf)aftögrabe  ju  »er« 
itnnli^en,  brauchte  man  hai  23ilb  bcä 
tnenfcf)IicE)cn  Äörpcrä,  inbem  man  an  iai 
^awpt  ben  @tammf)alter  j^elltc.  5Die  93Iutö= 
freunbe,  inöbefonbere  bic  ©citenoermanbten, 
i)icßcn  11)1  agen,  unb  eö  Würbe  babei  bic 
paterna  unb  materna  generatio,  ober 
lancea  unb  fnsus,  bie  ©c^wcrt*  unb 
©pillfeitc  unterfcf)ieben.  2)ic  altejle 
(Srbfolgcorbnung  War,  foweit  [li)  erfcnncn 
läßt,  (Sacituö  ®crm.  20.  32)  auf  bic 
Sebcutung  ber  ©ippe  ober  bcr  ©enoffcn« 
f^aft  ber  Slutäfreunbe  gcgrünbct,  burc^ 
beren  Tla<i)t  feber  be«s  jjricbcnö,  bcä  ge« 
waffncten  ©i^u^eö  unb  bcr  Vertretung 
naii)  außen  unb  nor  ®eric[)t  unb  na^ 
bcm  lotie  bcr  (5f)rc  ber  Slutrac^c  Per* 
fiebert  warb.  2)iefcm  (Scbanfcn  gemäß 
mußte  tai  Vermögen  aU  bie  ®runb« 
bcbingung  ber  Tla(i)t  bloß  an  93Jänncr 
unb  jWar,  weit  SBeibcr  burc^  i^re  93er« 
l^eiratung  au^  i^rer  ©ippc  f)crauägingen, 
an  bloß  burc^  iWänner  ücrwanbte  mann* 
lic^e  Sölutöfreunbc  ücrerbt  werben.  !E)ic 
3;öcf)tcr  waren  auf  bie  ©crabc,  m^b. 
gerade,  angcWicfen,  b.  i.  im  Wcfentlic^en 
ber  uorf)anbcne  ®c^mucf:  ^alöEctten, 
paiu,  ^Irmbaugc,  Dljrringe,  gi^ciucnfleibcr, 
im  weitern  ©inne  eine  ganje  Qiu^pcucr: 
93etten,  q3fül)Ic,  Äiffen,  Sctt«  unb  2ifd)« 
wä|'d)e,  Scppic^e,  Umgänge,  Ääpen,  Öaben, 
©effcl,  Spiegel ,  Surften,  ©eueren,  Seud)« 
ter,  Sedcn,  adcö  ©am,  bie  Kleiber,  bie 
gotteöbicnjiIid)en  93üd)cr,  bie  ®änfc  unb 


@^afe,  oUcö  bie^  b«r  ©egenfa^  jum 
^eergcräte,  bem  ©d^Wert,  iai  bcm 
©o^n  aU  (5rbe  juficl;  bcibe^,  ®erabc 
unb  |)eergcräte,  würbe  bcr  ©rbtcilung 
Borau<S  Weggenommen.  iHOmäfjIi^  brängte 
fcf)on  in  ben  alten  93oIf«sre(i)ten  bie  «Sitte 
jur  aBcfferftcDung  ber  2;ö(f)tcr;  ftc  traten 
cbenfaHö  in«  ©rbc  bcö  ®runbeigcntum^ 
ein,  anfangt  mit  einem  I)rittcl,  fpätet 
mit  gleichem  Jeil  mit  ben  ©ö^ncn.  93ei 
bcm  Qlbel  unb  ben  iBauern  erhielten  ftd^ 
aber  ni^t  nur  bie  alten  (Siemcnte,  fonbcrn 
würben  in  befonbercr  ?lrt  weiter  auSge« 
bilbet.  2llä  fcE)Were  ißerle^ung  bcr  93er« 
wanbtfc^aftöpflid)t  galt  e«,  ben  93Iut8« 
freunben  i>a^  it)ncn  jufommcnbe  ®rbe  ju 
cntjie^cn.  3m  ^ortf^ritte  ber  3«it 
fämpftc  jcbo^  baä  ®cfü^l  ber  5i^eit)eit 
gegen  biefe  S8ef($ränfung  an,  unb  man 
fuc^te  eine  9luggleic^ung.  Sejlamcntc  jWar, 
alö  einen  Qlft,  ben  man  im  ®cf)eimcn  »er« 
richtet,  ließ  bcr  ®runbfa|  ber  Öffentlich« 
feit  im  (Recf)tölebcn  nic^t  ju.  hingegen 
War  bic  Übertragung  »on  ^ani  unb  J^of 
unter  ßebcnben  jugelaffcn,  unb  bicfeö  ge« 
fd)af)  in  mand^crlei  SBenbungen  fo,  ta^ 
bcr  93ergeber  [xä)  felbf!  baburcf)  möglicfe^ 
wenig  cntjog,  unb  bic  üBirfung  frc^  ^aupt« 
fäcf)Iic^  crfl  nac^  bcm  Sobc  äußerte.  5luä 
ben  93crgabungcn  unter  Scbcnben  würben 
(SrbDerträge.  93on  biefen  93crgabungen 
bei  tebcnbigcm  ßeibe  gab  eä  breicriei  Oib« 
fiufungen:  entWeber  ging  ba^  93crmögen 
fofort  nidt)t  bloß  in  baä  Eigentum,  fon« 
bem  audf)  in  ben  SSefi^  beö  anbern,  unter 
93orbc^aIt  ber  lebenslänglichen  SJcrpflc« 
gung  ober  95crpfrünbung,  ober  man  »er« 
gab  fein  ®ut,  behielt  [li)  aber  biö  ju 
feinem  CcbenScnbc  ben  93cfi^  »or,  wobei 
häufig  bem  Scfcf)enften  ein  3^"^  *"''" 
®utc  bebungen  würbe;  ober  enblic^, 
man  »erfc^enfte  fein  93crmt)gen  bem  an« 
bcm  fcfl,  fo  tcbod),  ta^  hai  ßigentum 
erfi  nacf)  beä  ©c^enferi?  Zott  auf  ben 
93efc^enften  übergeben  foütc  3"  ^f" 
beiben  erfien  gäflcn  war  gcric^tlid)c  5tuf« 
faffung  notwenbig,  bcr  britte  r^aU  würbe 
alö  ®clöbniä  angefe^cn,  wofür  auc^  eine 
Urfunbe  Ijinrcic^tc.  2)aS  römifc^c  SRcc^t 
beö  IcfiamentcS  befaßen  in  S)eutf(^Ianb 
anfängii^  bloß  bic  ©eiftlic^en,  bic  über« 
l)aupt  nad)  bcm  römifd)cn  [Red)t  lebten; 
Don  i^nen  auS,  namentli(^  burc^  bic 
geifiticf)cn  ®eri(f)te,  fanben  bic  Scfiamcnte 
feit  bem  13.  ^a\)x^.  in  ben  ©tabt«  unb 
Sanbrccbten  ©ingang. 

6rcf   \\t  ber  yiami:  eine«  SRittcrö  au^ 
^IrtuS'    Safclrunbe    unb    bcr  ^elb    eine« 


(Srmcnticf)  —  ®rjbifcf)of. 


91 


ftanjöftfcfjcn  (Spo^  M  Crestien  de  Troyes 
utib  eineö  tanad)  bearbeiteten  beutfcl)en 
»on  ^artmann  üon  5lue.  Ereo  i)at  bie 
f^öne  Enite  jur  %xan  genommen  unb 
üetliegt  fi^,  b.  {).  er  oerfäumt  rittcrlicfie 
9lbenteuer.  Darüber  trauert  ©nite;  Srec, 
tt)ie  er  ben  @runb  erfät)rt,  äiel)t  mit  i^t 
auf  I^aten  auö,  verbietet  il;r  jebocf),  \\)n 
»or  ©efabren  ju  warnen.  S)a  fic  tai 
bennocf)  jebcömal  tbut,  be^anbclt  er  fie 
t)art  bafür.  9?ac^  fielen  Qlbenteuern  tritt 
er  feineö  IBaterö  DJcicE)  an  unb  oertiegt 
ftd^  ni(^t  itiieber.  5Die  ®runbmotit)c  finb 
SRittcrei^re  unb  ^rauentreue. 

ßrmenrt^  ift  bcr  ^auptfeinb  Dietri*« 
t>on  33ern  in  ber  ^elbenfage.  Jßaß  er  mit 
bem  goti[d)en  Äönig  Airmanareiks 
geme^nfam  bat,  ifi  ni^t  nad^juweifen :  in 
ber  feagc  eTfd)eint  er  aU  römifd)er  Äaiier, 
Dbeim  J)ii'ttid}ö;  er  entebit  bie  ^vau  [ei= 
ncä  3DJar[d)aü«i  ®ibic^,  n->orauf  er,  burd) 
beffen  treulofe  SRäte  »eranlapt,  [ein  eigene^ 
®ef(i)ted)t  ju  ®runbe  rid)tet.  2)ie  (£öt)nc 
[eineö  93rubersi  ^arUtng  Ui^t  er  f)ängen, 
unb  feinen  Steffen  S)'ietric{)  oon  Sern 
jmingt  er  jur  gl"*^  insi  .^unncnlanb; 
6^el  giebt  jebocf)  b*m  iycrner  ein  i^^eer 
mit,  burd)  beffen  Apilfe  biefer  in  bet  a?a= 
bcnfd)Iad)t  ben  (Srmaurid)  beftegt  unb  [ein 
Üanb  »üiebergcminnt.  2)ic  einjelnen  3!}Jo^ 
mente  beö  ßebenä  (Svmenrid)^  laufen  in 
ben  2)id)tungen,  bie  bafon  crjät)len,  fet)r 
auöeinanber. 

@rnft,  ^»crjog,  ifi  in  ber  Sage  ber 
@ol)n  einer  bairi[d)en  .^»friogin  *2lbetbeit, 
weldie  mit  (Sinwiüigung  eben  biefeö  Sobs 
ncöÄaiferDtto  ben  SRoten  {)eiratet.  S)urd) 
ben  !}3faljgrafen  A^einrid)  »irb  örnji 
bei  feinem  Sticfimtev  oerleumbet  unb  i>a' 
rauf{)in  feiner  ®üter  entfe^t;  eine  ^ebbe 
entbrennt,  unb  ßrnfi  evfd)Iägt  feinen  5Ber= 
leumber  im  %\\a^t  tii  Äaiferö;  barauf 
fliebt  er  in  Segleitung  feineö  treuen  S)ienj^= 
mannen,  beä  ®rafen  «ffie^el,  aU  Äreuj^ 
fafirer  nad)  Jerufalcm.  -iluf  ber  ^afjrt 
gelangt  er  ju  einer  einfamen  ,  präd)tigen, 
mcnfc^enleeren  93ur_g  DoQer  Sebenämittel. 
SBäbvenb  bie  ^reujfal)rer  ftc^  ^ier  gütlich 
tl)un,  reitet  ein  feltfameä  aSolf  l)eran,  in 
Weisen  Äleibern,  langen  Ralfen  unb  fdjmas 
len  6cbnäbcln  tt)ie  Äranidie,  in  ibrer 
SWitte  eine  auö  3nbicn  geraubte  Sungfvau 
tü^renb,  bie  ttjic  eine  betaute  SRofe  unter 
X^fänen  einfjergebt.  ^^lerjog  (Srnfi  unb 
feine  Scannen  fallen  über  tai  @c^nabel= 
fiel)  ber,  o^ne  bie  ^unsfro"  erretten  ju 
fönnen.  ®ie  jie^en  roeiter,  fommen  in^ 
Sebermeer   an   ben  ÜJJagnetberg;   nad)bem 


fein  @d)iff  ^ier  geflranbet,  lä§t  er  fxä) 
üon  ©reifen  auf  einen  fernen  §cUen  tra* 
gen.  2)ann  fommt  er  ju  ben  ?lrimafpen, 
bie  nur  ein  5tugc  l;aben,  flreitct  für  beren 
.5?önig  gegen  bie  ^lattfüfec ,  bie  jum 
6d)ui^e  üor  Unmetter  i^ve  gü§e  wie 
©d)irme  über  ft^  ausbreiten,  unb  gegen 
bie  fiangobren,  bie  if)re  D^rcn  alS  Älei= 
bung  braud)en.  dlad}  anberen  trunberbaren 
Qlbenteuern  fommt  er  enblid)  nac!^  Jeru* 
falem,  wo  er  groge  Itjaten  jum  ^eile  ber 
St)ri|lent)eit  nodfülirt;  ber  9tuf)m  feiner 
Saaten  befänftigt  ben  jürnenben  Äaifer 
unb  ©tiefoater,  er  febrt  jurücf  unb  erl)ält 
^rieben  unb  •Ber,^eil)ung. 

2)er  ©toff  biefer  Sage  scrfäüt  in  jwei 
Seile:  beren  crfter  entbält  t>olfömä§ig 
epifd)c  Erinnerungen  an  4>eräog  ®rnjt  II. 
oon  €d)tt)aben,  ber  f\<i)  gegen  feinen 
©tiefüater  Äonrab  II.  auflehnte  unb  tro^ 
ber  Serwenbung  feiner  SRutter  ®ifcla 
famt  feinem  treuen  ^reunbe,  bem  ®rafen 
aSerner  oon  Äiburg,  ben  Untergang  fanb; 
tiermifdbt  unb  ^urd)fe^t  mit  alteren  ©r* 
inncrungen  an  bie  ®efd)id)te  ßubolfa  oon 
(Schwaben,  €tieffol)ncs  ber  Königin  'Übel* 
l)eib,  ^2lufrüt)erö  gegen  feinen  iöater  Dtto  I. 
unb  ^einbeö  feines  Obeimö,  ^einrid)  non 
33aiern.  3?er  anbere  Seil,  bie  .^eerfabrten, 
entl)äU  morgenlanbifd)e  Sagen  unb  gabeln 
ber  antiten  2Beltbefd)reibung,  bie  burc^ 
bie  Äreujjüge  entweber  erft  befannt  ober 
ju  neuer  2eilnat)me  gcwedt  reorben 
waren. 

Die  Sage  com  ^crjog  Srnji  erfc^eint 
in  ben  iierf*iebenf!cn  formen;  im  12. 
3al;rl).  bearbeitete  ftc  ein  Ja^renber,  bem 
im  13,  unb  15.  3al)rb.  Überarbeitcr  folg* 
ten,  ^a5rt)if(^en  latcinifcftc  ^Bearbeitungen 
in  qßrofa  unb  23erä.  ©er  Sänfelfanger, 
ber  ben  @toff  im  !5.  '^a\)xb.  in  ber  fog. 
Sernern^eife  bearbeitete,  gab  *ßeranlaffung, 
bicfe  üJtelobie  lierjog  (£rnfiö  Son  ju 
nennen.  (Snblidi  »urbc  gegen  (änbe  beS 
15.  3a^rb.  auS  ber  latoinifc|en  '^Jrofa  ein 
beutfd)er  Oioman  gemad)t,  ber  nun  unter 
bie  aS  olföbü(^er  geriet. 
försämtcr,  ftebe  ^ofdmter. 
erjMft^of.  SBiö  in  bie  erjie  Seit 
^axU  b.  ®r.  tt>ar  bie  äöürbe  eine«  ©rj^ 
bifd)ofö  ober  SDtetropoUten  nid)t  mit  einem 
beftimmten  ißiötum  fefl  uerbunben,  fonbern 
peifönlid)  balb  bem  einen  *-8ifd)of,  balb 
bem  anbern  übertragen  »orben;  je^t 
würbe  biefe  ffiürbc  anmäf)li(^  mit  SRücf« 
ftd)t  auf  baß  feit  5llterö  begrüubete  Sin» 
fe^en  einjelner  Äird)en  geregelt.  3n 
üKains    erbielt  «itü,    beö  Söonifaj  9lad^- 


92 


grjsguB  —  exjsie^ung. 


folger,  780  baö  «Pallium  (ftc^c  biefen 
9lrtifcl),  unb  um  bic  S!«itte  bcö  9.  3af)rf). 
^ci§t  Spfiainj  ÜJJetropoUö  »on  ®ermanicn; 
in  Äöln  erhielt  ^ilbebolb,  ^axU  b.  ®. 
Kaplan,  bic  cräbif^öfUd)e  SBürbe.  ßub* 
»ig  ber  i^rommc  cnicf)tctc  baö  (Srjbiötum 
Hamburg,  beffcn  SKetropoIit  in  Sremen 
teftöiertc,  mit  ber  ?tufgabc,  bie  obere  ßci« 
tung  ber  ffanbinaoifdjen  Äir(^e  ju  über* 
nehmen;  in  ©aicrn  empfing  ber  93ifc^of 
»on  (Salzburg  baä  *Pa(lium;  im  SDiofcI* 
lanbe  bcfanben  ftcf)  anfangt  bie  SBifc^öfe 
non  SWe^  im  Sefile  ber  erjbifdjöflic^en 
SBürbe;  'feit  Äarl  b.  ®r.  mar  Jricr 
SWetropoIitan  für  ÜJJe^,  Soul  unb  SBerbun. 
2)ie  ©rteilung  beö  <)3aüium^  erfolgte  burd) 
ben  Q3apji,  aber  mit  3ufiimmung  beö 
frcintifc^en  Äönigö.  Dtto  I.  giünbete  970 
t)ai  förjbiötum  SÖJagbeburg. 

(Srsgu^.  ®ein  fünfitcrifd)cr  betrieb 
gc^t  in  S)eutfcf)Ianb  ni(^t  f)inter  bie  Äaro« 
linger  jurüd.  Äarl  ber  ©ro^e  lie^  fun= 
bige  SDiänner  axii  ^talun  unb  anberen 
ij^roüinjen  fommen,  um  ba«i  5(ac^encr 
a)iünfier  m.it  ®oIb  unb  Silber,  el)crnen 
(Sittern  unb  Spüren  ju  fcfemüden.  Unter 
ben  ©rägiegern  am  föniglicben  $ofe  befanb 
ftd)  ein  9JJÖnct)  au§  @t.  ©allen,  9iamenö 
Sanfo,  mit  bcm  ein  frember  3!JJeijl:er,  ber 
in  aüer  Tldaü.'  unb  ©laäarbcit  oortreff* 
lic^  mar,  metteifertc.  Diefe  "Jlrbeiten  ftnb 
jum  2eil  in  4  ü}JetaUtl)üren ,  Sruftgelän* 
bern  ber  ©mporen,  einer  mafferfpeicnben 
2Bölfin  unb  einem  ^inienjapfcn  nod)  er= 
galten.  3m  10.  Sa^rb.  grünbete  33ifd)of 
Sernmarb  üon  ^ilbc3l)eim  eine  f[öjierlid)e 
®ie§bütte,  beren  anfel)nlid)e  Sßerfc  in 
6ad)fen  tcilmeife  erbalten  ftnb,  2;l)ürflügel, 
eine  nad)  bem  ÜHuficr  ber  Srajanöfaulc 
entworfene  ©äulc  ju  ^ilbeebcim,  ^ron» 
Ieud)ter  unb  bie  ©rabtafet  bcä  ©egenfönigi^ 
SRubolf  üon  €c^maben  (t  1080)  im  S)om 
ju  ÜJJerfeburg.  2ßäl)renb  in  biefer  frül)ern 
«Periobc  bc^  2)littelaltcrö  bie  >S2tein= 
merfe  an  ülnja^l  üon  ben  ©uftmerfen  nod) 
überragt  merben,  nimmt  mit  ber  ®otif 
bie  93iibnerei  in  «Stein  übcrl)anb  unb  tritt 
ber  (Srjgui  jurüd,  ber  oon  ha  an  längere 
3eit  met)r  bcinbmerf<^mä§igem  'Betriebe 
überlaffen  bleibt.  3n  ©a*fen  finben  [\ä) 
bie  meinen  gcgoffenen  Sauffeffel,  unb  bie 
©täbte  !8raunfd)meig,  Sortmunb,  Erfurt, 
ßcipjig,  ÜJlagbeburg,  3tt''d<i"  merben  aU 
©iepätten  genannt.  5luö  DJürnberg  gin= 
gen  fpäter  bie  grö§tcn  erjgie§er  ^eroor, 
barunter  qScter  a3ifd)er,  1460—1529; 
er  beteiligte  ftc^  aucfe  an  bem  bebeutenbflen 
aSerfe    beö    (Erjguffcä     auä    ber    ^rü^* 


ienaijfance«3«ii/  ^£"1  ®rabmal  beö  Äaiferä 
iDlay  5U  ^nnöbrud. 

(Srjtc^ung»  dla^  altgerm.  Stedjt^an- 
fd)auung  ftanb  eä  in  ber  Sffiillfür  be§ 
23aterö,  ob  er  iai  neugeborene  Äinb  über* 
l)aupt  aufjie^en  laffen  mollte;  cö  fianb 
i^m  frei,  e^  ju  töten,  auäjufe^en  ober  ju 
oerfaufen.  5Doc^  fam  bicä  im  me(ili(^en 
©cutfd^lanb  feltener  oor  alö  im  D^orben, 
unb  fd^on  Sacituö  (Germ,  19)  ermähnt 
biefe^  9ied)teö  nid)t  meljr.  Salb  nad)  ber 
®eburt  mürbe  t>a^  Äinb  auf  bie  6rbe  ge« 
legt,  big  frc^  ber  Sßater  erflcirte,  ob  er  e« 
leben  laffen  mollte  ober  nid)t.  (Sntfc^ieb 
er  fi(^  für  jeneö,  fo  mürbe  ba^  Äinb  auf« 
gel) oben,  ba^er  ma^rfc^einlid)  ber  DiJame 
|)ebamme.  (£ntfd)icb  er  fr^)  für  bag 
le^tere,  fo  mürbe  ta^  Äinb  au^gefc^t; 
boc^  befd)ränfte  ftd^  bie  5luäfe|ung  auf 
gemiffe  ©tämme  unb  auf  bcftimmte  SScr» 
bältniffe,  mie  gro§e  5trmut  ber  (Sltcrn, 
ieurung,  ober  fte  betraf  fd)mäd)lic^e  unb 
ftüppell)afte  Äinber  unb  jmar  SDJabc^en 
l)äufiger  aU  Änaben.  ©obalb  bem  Äinbe 
nur  bie  geringftc  Jia^rung  ju  teil  gemor* 
ben  mar,  ein  Jropfen  ÜJJilc^  ober  |>onig, 
fo  mar  bic  ^uäfe^ung  nid)t  mc^r  gemattet, 
©agegcn  fonnte  hai  Ätnb  no(6  fpdter  im 
^alie  äu^erfier  ülot  in  bic  ©Elaücrci  »er« 
!auft  merben. 

2öar  iai  Äinb  aufget)obcn,  fo  mürbe 
eö  gcbabct,  mit  SBaffer  bcgoffcn  unb  i^m 
babei  ber  fRame  gegeben,  eine  altgerma« 
nifd)  beibnifdjc  ©itte.  Die  ganj  ju  ber 
Saufe  jlimmtc.  ©onöljnlid)  mar  cd  ber 
oornct)m|le  ber  anmcfenben  ÜRanncr,  ber 
taQ  Sßapr  über  hai  ^inb  go^  unb  i^m 
ben  Flamen  beilegte;  man  mäi)lte  baju 
mit  Sßorliebe  ben  JJamen  beä  mütterlid^cn 
Dbcimö  ober  beä  ®ro§Daterö.  Siel  3«"* 
gen  ju  ber  ^anblung  ju  ncrfammcln,  mar 
alter  Srau^.  SBcr  ben  9?amcn  gab,  fügte 
ein  ®efd)cnf  an  Uegenbcr  ober  fabrenber 
^abt  binju.  ß'benfo  pflegte  man  ben 
ctpen  3«^"  "^it   ^i"^'^  ®'^^^  ä"  begrüfen. 

®a  na*^  germanifd)em  SRcc^t  ber  Un« 
münbige  ben  ©tanb  bcö  Unfreien  teilt, 
ba^er  Äne^t  unb  Änabe,  iWagb  unb 
Jungfrau  in  ber  alten  teprac^e  jufammen« 
fallen,  fo  mud)ö  ha^  Äinb  beö  ^xmn  ju« 
lammen  mit  ben  Äinbern  ber  Anette  auf; 
Sacituö  Germ,  20  berichtet:  „3n  febem 
^aufc  mad^fen  bie  Äinber  nadt  unb 
fd)mu^ig  ju  jenen  ©liebern  unb  ßeibern 
i)tran,  bie  mir  anPaunen.  ®ic  SOiutter 
näbrt  ein  jcbcä  an  i^rer  eigenen  93rufi, 
unb  fte  merben  ni^t  SWägben  ober  5lmmen 
Übermiefen,  ^errn  unb  Äned)t  fann  man  an 


(Srjie^ung. 


93 


leinctlei  SSeöotjugung  in  bet  (Srjie^ung 
unterfc^eibcn.  Unter  bcmfclben  33ie^,  auf 
bcmfelbcn  ©oben  leben  fte  miteinanbct, 
bi«  iai  ^eranreifenbe  QlUcr  bic  ^reigeborc* 
ncn  auöfonbert,  Sapferfeit  fic  fennttid) 
maä)t."  Oft  »urbcn  9leicf)aUertgc  un« 
freie  Äinber  ben  freien  Äinbern  bei  ber 
Sflamengebung  jum  Eigentum  gcf($enft 
unb  blieben  baö  ganje  öeben  in  if)rer 
näc^ften     Umgebung.      Überhaupt     trug 

baö  3"f>-ini"ifn5ei*f"  ^ft  f'^fif"  ""^  ""' 
freien  Äinber  ju  einer  ^iuögleii^ung  ber 
©tanbeäoerfc^iebcn^cit  bei.  3"  ^s:n  erjlen 
3al)rcn  lebten  bie  Äinber  beiberlei  ®c» 
fc^Iec^t^  unter  ber  Db^ut  ber  ÜJJutter;  ob, 
n)a^  in  ®fanbina»ien  pufig  gcfc^a^ ,  bie 
Knaben  a\xä)  bei  ben  alten  ©eutfd^en  frü^ 
f^on  in  hai  ^auä  eineg  §rcunbc«  ober 
eine«  SBerWanbten  unb  i'max  befonberö  5um 
Sruber  ber  5Kutter  gegeben  mürben,  ifi 
burd^  feine  Bcufln^ff^  belegt,  aber  nid^t 
untta^rfc^einlid).  ©ie  3;ö(f)ter  ttiurben 
au^er  in  ben  QIrbeiten  i^reö  ®e[($led^teä 
aud^  in  ber  ^enntniö  ber  3flunen  unter« 
richtet;  im  Übrigen  blieben  fxe  in  ber 
aWunbf^aft  bcä  Saterö  ober  be^  gebore« 
ncn  iBormunbeg,  biö  fte  mit  ber  Scrl^ei« 
ratung  in  bie  üJtunbfd^aft  iiti  (Stjemanneö 
traten;  waö  fte  äuferlid^  üor  ber  iBcr« 
^eiratung  einjig  fennjei^netc,  tüar  ber 
freie  ^aarftu^ö,  fonjt  bIo§  ber  ®d)mu(f 
be«  freien;  aU  Sraut  mu§te  fte  bie 
Soden  üerfd)neiben,  unb  bic  B^Pft  würben 
xi)x  aufgebunben.  S)ie  Änaben  bagcgen 
ttjurben,  folangc  fte  in  ber  ®ctt)alt  bcö 
SSaterö  waren,  j^ctö  »on  frifc^cm  gefc^oren. 

SOlit  ber  Stellung  ber  Jlinbcr  ju  ben 
(Sltern  l)ängt  ein  eigentümlicher  ®ebrau(^ 
frül)crer  3i>f)rl)unberte  jufammen,  ta^ 
nämlid),  njcnn  bie  ganje  ^amilie  über 
bic  ©träfe  fc^ritt,  jucrji  bie  lö^tcr,  bann 
bic  aJlutter,  fobann  ber  SBater  unb  bann 
erfi  bie  ©ö^ne  famen.  2)ic  2öeibcr  geben 
ben  ÜJJännern  »oran,  wie  fonfi  bog  ®e« 
ftnbe  coranjuge^en  pflegt,  um  ber  ^err« 
fc^aft  ben  2Beg  ju  räumen,  unb  unter  ben 
Söeibern  fommcn  bic  Söc^ter  üor  ber 
Söjfuttcr,  ttseil  fte  in  \\)xtx  5>icnfibarfeit  ju* 
nd^jjl  biefer  untergeben  finb.  25ic  ®ö^ne 
aber  folgen  bem  iBatcr,  tvcil  fte,  gleic^fam 
bag  ftet)cnbe  |>ecr  bcö  ^aufeö,  i{)n  aU 
i^ren  Sßaffcnmcifier  unb  gdb^crrn  an  ber 
©pi|e  l)aben  muffen. 

^atte  ber  ©o()n,  na^bcm  er  frü^seitig 
ju  förperlict)en  Übungen  angepltcn  ttjor« 
ben  War,  jum  ^ül)rcn  ber  aSaffcn,  Sflcitcn, 
©«^»immcn,  Jagen,  J)inrei^enbc  groben 
feinet   SWuteö   abgelegt,    fo    erfolgte    bie 


feierliche  aBc^rl)aftmad^ung.  Dffent* 
li^  ,  cor  bem  33olfc,  »or  ^rcunben  unb 
ißerwanbtcn  würbe  er  com  SSatcr  ober 
einem  befreunbcten  (Sbeln  mit  @d)ilb  unb 
gramea  auögerüftet  unb  mit  bem  erjten 
il)m  fclbji  gcprenben  ©cfewcrtc  mürbe  er 
aU  fci^ig  bcjci(i)net,  ftc^  unb  anbere  ju  bc« 
fd^ü^cn.  Sic  2Be^rl)oftma^ung  gefd)a^ 
ctioa  im  15.  3al)re;  ttoUEommen  frei 
mürbe  ber  ®of)n  aber  erfl  mit  eintritt  bc« 
21.  Ja^rcö;  bann  mußte  er,  menn  bicfc« 
ni(f)t  f(ion  tjorlier  gefd^ctjcn  mar,  auö  ber 
a}lunbfd)aft  be«  SBater«  austreten,  fein 
eigener  ^err  merben,  mo(^tc  er  ftd^  nun 
t)crt)ciraten  unb  einen  eigenen  ^auö^anb 
grünben  ober  unocr^eiratet  bei  feinem 
Satcr  ober  anbcrämo  um  öotin  arbeiten 
ober  in  bic  ®cf)ar  eineö  ©cfolgö^crrn 
eintreten. 

3)ie  aSölfcrmanberung  bracf)tc  in  biefe 
cinfad)en  Sufiänbc  manche  SSermirrung  unb 
anfänglich  jebenfaüö  ni(f)t«  ©c^önercä. 
@(^on  im  6.  3a^r^.  liebten  e«  reid)e 
Qlngelfact)ftnnen ,  it)rc  Äinber  Qlmmcn  ju 
übergeben,  eine  Unfttte,  bic  in  ber  I)öfifc^cn 
3cit  aügcmcin  mürbe,  ^ür  bie  Knaben 
unb  2)Jäbc^cn  famen  3ud^tmcijicr  auf, 
Qf)b.  magaczogo,  magazogo,  mbb. 
magezoge  unb  magezoginne,  ztiht- 
meister  unb  zuhtmeisterinne,  ju« 
crfi  of)ne  3meifel  für  bic  Äinbcr  bc« 
Äönigö  unb  ber  ^^ürjicn,  bann  meitcrgrei« 
fenb  für  bie  ber  iBorncljmen  unb  beä  51bcU 
überhaupt.  Äcnntniä  ber  ®efe|c  unb  bed 
©(irifttumö  überpupt  »erlangte  einen  bc« 
fonbern  Unterricht,  ber  naturgemäß  oon 
®ciiili^cn  geleitet  unb  gegeben  mürbe. 

S)ie«  mürbe  bcfonbcrä  burd)  Äarl  b.  ®r. 
meiter  auägebilbct.  Dcrfclbe  ri(i)tcte  fogar 
für  feine  Söc^ter  neben  bem  Untcrri(f)t  im 
Soeben  unb  Spinnen  eine  51rt  miffcnf^afts 
liefen  Unterricfct«  ein.  Scfonberö  foütcn 
bie  Älofierf^ulen  für  ben  Untcrrric|)t  ber 
©ö^nc  be^  W>üi  bienen;  nad)  bem  Sor« 
bilbc  cnglif^er  grauenflöfier  mürben  burc^ 
englifd)c  Stonnen  beutfd^c  ^raucnflöftcr 
gefiiftet,  befonberä  93ifc^of«l)cint  an  ber 
iauber,  ©tättcn,  bic  in  ber  golgcjcit  bic 
gemö^nlid^en  erjicf)ungöftätten  für  reichere 
9J?äbc£)en  mürben ,  unb  in  benen  ncbfl 
feineren  meiblicftcn  3lrbeiten  aud)  eine  gc* 
miffc  miffcnfd)aftlidic  93ilbung  gegeben 
mürbe;  ber  Scft^  eincö  gefd)rtcbenen  ^\aU 
tni  ifi  im  3D?ittclalter  für  bic  %xa\i  SRcgel 
unb  5ä^It  jur  ®erabc  (ftc^c  ®be). 

SBeniger  Grfolg  Ratten  auf  bie  ßdngc 
Äarlö  b.  ®r.  93emü^ungen  um  miffen» 
f^aftlic^en  Unterrid^t  ber  .Knaben.    S^^^ 


94 


©rjfansler  —  ©ulenfpiegel. 


maren  in  ben  Älöfiern  neben  ben  für  ben 
ytaä)Wuii)i  ber  iüJiönc^c  beftimmten  inneren 
©d^ulen  befonbere  äußere  ©c^ulen  für 
2öelt9eipiict)e  unb  ßaien  eingerichtet;  bie 
golgejeit  tticifi  aber  einen  @tanb  ber  93ot> 
nehmen  auf,  ber  »on  gelebrter  93ilbung 
fe^r  wenig  angenommen  ^at.  ^Dagegen 
^at  bie  5tuöbilbung  be^  titterlid^cn  ©tan« 
beö  aud)  eine  ganj  befonbere  fon»entio» 
neue  iStanbeöerjief)ung  gcfi^affen.  S^d 
bcrfelben  »ar  cor  aüem  eine  ^öfifc^c 
ßebenöart,  zuht,  hövescheit,  im  ®egcn< 
fa|  jur  nnzuht,  dörperlieit,  un- 
hövescheit;  fte  berut)te  auf  einem  an* 
fiänbigen  93ene^men,  auf  Äenntniö  ber 
gert)öbnUc^en  Spiele,  ber  SOiufif  unb  ber 
©pracben.  kluger  ffleltgeijilid^en ,  $of» 
faplanen  befonberö,  bebiente  man  ftc^  ha^ 
bei  ber  ©pielleute ,  bie  jugleic^  ©prac^* 
meifter  waren;  franjöftf(|e  famen  nad) 
Spanien,  3talien  unb  S5cutfd)Ianb ;  beutfd)c 
©pielleute  waren  in^talien,  beutf(^c  ©eiger 
in  granfreid^  im  13.  '^apx^.  fe^r  beliebt. 
gürbieÄnaben  Warfrübe  Übung  imSQBaffens 
fpiel  uncrlä§lic^,  ä^nlic^  ben  Änaben  ber 
Saciteifc^en  ^ät;  fte  lernten  Strapasen 
ertragen,  reiten,  laufen,  flettcrn,  fpringen, 
mit  bem  Sogen  fc^ie^en,  htn  Speer  wer« 
fcn ,  mit  @cf)ilb ,  ßanjc  unb  Schwert 
lämpfen.  (Jin  eigentlicher  J^^«^*'"^^!^" 
{)ie^  Schirmmeister.  Söenn  in  ben 
S)ict)tungen  biefer  3eit  ^äufig  bai  7.  Ja^r 
ali  ber  Seginn  folc^er  ©rjie^ung  ange« 
gegeben  wirb,  fo  fc^cint  iai  ni^t  germa« 
nif(^,  fonbern  Don  ben  SRömern  §erge= 
braute  Sitte  gewefen  ju  fein,  dagegen 
ifi  eö  germanif^e^  SRec^t,  wenn  ber  Änabe 
mit  bem  12.  3a^r  an  einen  fremben  ^of 
gefc^icft  wirb,  um  bort  unter  ber  Db^ut 
eine^  befreunbetcn  SDknneö  jum  (Ritter 
I)eranäuwac[)fen,  er  gc|)örte  bann  unter  bie 
kint;  er  War  ju  feinen  Sa^^^en  ge« 
fommmen,  er  versan  sich,  b.  l).  er 
War  jur  SBefinnung,  jum  eigenen  S)enfcn 
unb  ^anbeln  gelangt.  2)ie  le^te  Staffel 
»or  ber  iRitterwürbe  naf)m  ber  knappe 
ein,  ber  feinem  ^errn  fd)on  in  bem  (Srnjt 
beä  ßebenä  ein  Segleiter  war,  unb  bie 
altgermanifc^c  9Be^rbaftmac^ung  er« 
^ielt  frd)  cnbli(J)  im  iRitterf^lag,  in 
ber  sw er t leite.  SRäl;ereä  beim  5lrtifel 
IRitt  ertum. 

3n  ber  J^olgejcit  fommen  für  bie  neuen 
aSer^dltniffe  aud)  neue  Silbungömittel  auf: 
für  Äunfi  unb  .^onbwerf  ßel)re_unb 
aGßanberfd)aft,  für  bie  gelehrten  totänbe 
bie  niebere  unb  bie  bo^e  Schule,  für 
ben    iJlbel    hai  ^iRcifen.      Sßein^olb, 


®eutfd)e  grauen,  'Hbfc^n.  IV;  Sd)ulje, 
^öfifc^e*  geben. 

©rjfonjlcr,  f.  Äanjiei. 

dx^fa^lan,  f.  Aap  eile. 

6fo<)U0,  f.  Sierfabel. 

6^el,  eine  befannte  *Perfon  ber  beut* 
fc^en  ^elbenfagc.  S)ie  ©runbjüge  feiner 
Sage  fmb  folgenbe:  (5|el,  Sotelung* 
So^n,  erobert  fic^  ^ünenlanb  unb 
überlädt  feinem  altern  Sruber  t>ai  »ötcr» 
lid&e  SReid^.  SDann  roirbt  er  um  ^erc^c, 
Dferid)«  Zod)kx.  Sie  wirb  i^m  »erfagt, 
aber  ÜRarfgraf  SRübiger  fommt  in  einet 
SerEleibung  an  i^rc^  Saterö  $of  un& 
entfül)rt  fte  ju  S^el,  ber  nun  in  fortwä^* 
renbcr  geinbfc^aft  mit  Oferic^  lebt.  — 
®^cU  3u9  9^8^"  ilöalbemar,  Ofe= 
ri(|ö  Sruber.  5Dietri(^,  SÖalbemar«  So^n, 
wirb  com  Serner  gefangen,  ^erd^e  bcilt 
feine  Sßunben.  (Sr  entfliegt,  aber  ber  Sers 
ner  l)olt  i^n  ein  unb  ^aut  ibn  nieber. 
®ro§e  @d)la(f)t  jwifdien  ben  ^ünen  unb 
iRuffen,  ööüiger  Untergang  SJalbematd 
unb  Eroberung  oon  iRuBlanb.  —  (S|€l 
t)at  nad)  bem  lobe  ber  ^erc^c  um  Äricm* 
^ilb  geworben,  unb  biefe  t)at  in  ber  J^off* 
nung,  baburd)  an  ben  ^«inben  Siegfrieb^ 
SRac^e  nehmen  ju  fönnen  ,  eingewilligt. 
Sie^e  iüibclungenlieb.  (Sä  lag  öon  je« 
^cr  auf  ber  ^anb,  ben  $clb  ber  Sage  mit 
bem  biporif^en  ^unnenEönig  5tttila  ju 
ibentifijiercn,  unb  eä  ift  fein  3tt>t^f«I'  ^<i§ 
ber  t)iftorifd)c  Qlttila  ^ur  iUuebilbung  bet 
Sagengefialt  ©^elö  beigetragen  ^at;  ob 
aber  ber  fagenl)aftc  (S^cl  auö  ber  t)iilori* 
fc^en  *Perfon  ^Utilaä  l)eruorgegangen,  ifi 
fe^r  jWeifell)aft.  S)er  bem  beutfci^en  (Sfeet 
entfprec^enbe  norbifd)e  ^elb  ?ltli  jiimmt 
in  Dielen  Sejiebungen  gar  nid^t  jum 
I)i|iortfd)en  |)unnenfönig. 

GuIcuf^Jtegel,  ber  iRamc  eines  Sdialfö« 
narren,  auf  lan  ^af)lxi\d)i  Sdt)Wcinfe  ber 
wanbernben  ^anbwcrfi^burfc^en  unb  fonjii* 
ger  faf)renber  ßeute,  ältere  unb  neuere, 
frembe  unb  ein^eimifc^e,  oberbeutfc^e  unb 
nieberbeutfcbe  übertragen  würben.  iDie  auf 
einen  ©rabjlein  [xi)  ^ü^enbe  iRa^ric^t, 
ba§  er  1350  ju  SOiöün,  einem  Stiibtc^en 
bei  Öübed,  gcfiorben  fei,  ifi  uvfunblic^ 
nict)t  belegt.  Sicher  ijl  aber,  ta^  ber 
SRamc  Sulenfpiegel  alö  ber  ciueö  Sd)alfa* 
narren  unb  Sd^wänfe  non  ihm  lange  cor 
bem  erftcn  befannten  Solfebudje  Dor^an* 
ben  waren;  Spiegel  fd}eint  l)icr  eine  ä^n' 
lic^e  Sebeutung  wie  in  Sd)Wabenfpiegel, 
specalum  historiale  u.  bgl.  gel;abt  ju 
^aben.  2)ie  erfie  befannte  Qluögabe  ift 
Dom  ^übx  1519,    oberbeutfcft    gefd)rieben, 


6t>an(^cIienbarmonien  —  (Jwigcr  3ubc. 


95 


unb  wirb  in  einer  iSpottf(ä)tift  auf  iDiurs 
ner  biefem  jugefc^rieben ,  voai  ebenfalls 
ni^t  nät)er  nacöjuroeifen  ifi;  icbcnfatlä 
»or  tai  93ud^  urfprünglic^  niebcrbeutfc^ 
t)erfa§t,  i)a  bcr  ^elb  in  S'iiebcrfadjfcn  ju 
^aufe  iji:  „Bei  dem  wald  Melme  ge- 
nant, in  dem  land  zno  Sachsen,  in  dem 
dorf  Knetlingen,  da  ward  Ulnspiegel  ge- 
born,  nnd  sein  vater  biess  Claus  Uln- 
spiegel und  sein  muoter  Ann  Witcken," 
2)er  ältere  nad^geföiefene  S)ru(f  ifi  ju 
©tra§burg  1519  erfcfeienen,  unb  ba^  Suc^ 
h)urbe  üon  ia  an  hai  am  meiften  t)er= 
breitete  öolföbuc^  unb  inö  IJJieberldn? 
bifd)e,  granjöftfcf)«»  ©nglifc^c,  *PoImf(^e 
unb  8ateinif(|c  überfe^t.  5ifd)art  bracf)te 
ti  in  SReimc.  SDie  ältejic  ^tu^gabe  [amt 
5lbl)anb[ungen  bei  Sappenberg,  Dr. 
Thomas  Mnrners  Ulenspiegel.  fieipjig 
1854. 

©öangeltcnöormDntcn  feigen  3ufam» 
menficflungen  ber  otcr  (Sinjeleüangelien  in 
einem  Sinäcieüangelium.  5Der  erpe,  ber 
biefeö  tl)at,  ifi  ber  5lfrt)rer  latian,  ber, 
ton  fcftiercrifcf)em  3nt£i^efre  geleitet,  bie 
eöangelifcöen  Söeric^te  mit  miQfütlic^en  ^uö* 
lajjungcn,  j.  S.  bcr  ©encalogien  jufam= 
menpeütc;  biefeö  SBerf,  einft  beliebt,  ifi  »er-- 
loren  gegangen,  ©benfoftenig  erhalten  ifi  bie 
Harmonie  beä  51Iefanbrinerä  Qlmmoniuä, 
Se^rerö  beö  Origencö,  um  224,  ber  fxä)  bie 
2lufgabe  fleUte,  ben  »oüfiänbigen  Seyt  ber 
»ier  Snangelien  jufammenjuflellen.  (är* 
galten  ifi  bIo§  bie  »om  93ifd}of  Sßiftor 
»on  (Sapua  neu  rebigierte  lateinifdje  (Sean« 
gelien^armonie  öu^  bem  6.  ^al)x\).,  bcren 
Original^anbfc^rift  burc^  33onifajiuö  nad^ 
gulba  gebrad^t  unb  bier  inö  SDeutf(i)e 
überfe^t  »urbe,  ^erauögeg.  eon  ©c^meüer, 
1841,  unb  ©ieüer«,  1872.  2«it  bem 
fRamcn  (Joangelien^armonie  benennt 
man  au^  bie  bciben  df)rifilic^5beutfc^en 
Spopöen  beö  9.  Sabrb-,  biefenige  beö 
Otfrieb  unb  ben  äuget  fad)  ftfc^en  ^e^ 
lianb,  unb  enblid)  eine  jüngere  Scarbei« 
tung  be^  üon  ber  5^rau  5lDa  um  1100  gc« 
bicf)teten  Sebenä  3cfu,  ttjelc^c  jüngere  93c* 
arbeitung  man  bie  ©örli^er  (SüangeUcn= 
Harmonie  nennt. 

(Süangdtcnfcitc  ^ei§t  bicjcnige  Seite 
beä  5tltarö,  »eldie  Xi<i)ti  »on  bem  auf 
bem  Elitäre  fief)enbcn  Ärujifife  ifi,  alfo 
ge»öf)nlic^  bie  nörblic^e;  »on  ber  auf 
biefer  Seite  befinblici)en  Äanjel  njcrbcn 
bie  Soangelicn  »erlcfcn. 

ßtoiger  ^ube.  ©einer  erwähnt  juerfi 
ber  englif^c  Senebiftincr  SDtatt^.  »Pariftuö, 


gcfi.  1259,  in  ber  historia  major.  (Jin 
armenifc^cr  93ifd^of,  bem  ber  ctt)ige  Swi'e 
feine  @efd^id)tc  felber  crjäl)lt  t)aben  foU, 
^at  bem  S^ronifien  bie  9^ad)rid)t  gegc* 
ben:  SDer  3ube  &artapt)iluä  war 
(Pförtner  be^  (palafieö  im  ©icnfte  be« 
<i3ilatu«.  21I(^  nun  bie  3uben  S^rifiu^ 
auä  bem  *palafi  fc^Ieppten,  üerfe^te  i^m 
ber  ^Pförtner  unter  bem  I^or  einen  Schlag 
mit  bcr  3^aufi  unb  fprad):  „®e^c  ^in, 
3efuä ,  immer  ge^e  fd^neüer,  ma^  jögerfi 
®u?"  3efuä  fa^  fxd)  um  mit  firengem 
Slide  unb  fpra^:  „3c^  gelje,  2)u  aber 
foüfi  ttjarten,  bxi  ic^  njieberfomme."  S)er 
Pförtner  »ar  bamal«i  30  3a^re  alt,  aber 
aüemat,  tt)enn  er  wicber  100  ^a\)u  ju> 
rücfgclegt  ^at,  mirb  er  »on  einer  6c|n)äc^e 
ergriffen,  fäüt  in  Di)nmaä)t,  bann  mirb  er 
rtiieber  gefunb  unb  lebt  »ieber  auf.  ®r 
^at  fic^  oon  5lnaniaä  taufen  laffen  unb 
ben  Jlamen  3offp^  crf^alten,  fü{)rt  alö 
ß^rifi  ein  frommet,  ftrengeä  Sü^crlcben, 
in  ber  Hoffnung,  bereinfi  begnabigt  ju 
merben. 

Unter  bcmD'Jamen  Ql^aöoeru^  erfc^eint 
bcr  ewige  3ube  in  2)cutfc^Ianb  im  16. 
3fl^r^,  Sin  Söefifate,  Chrysostomus  Dada- 
laens,  erjäl^It  nämlid)  in  bem  öon  i^m 
im  3a^re  1614  herausgegebenen  33oIfäs 
buc^c  t)om  ewigen  3"ben,  ber  Sifc^of  »on 
©c^Ieöwig,  ^auluö  üon  (giljen,  fein  it^- 
rer,  l^abe  ben  5l^aöoer  1547  ju  Hamburg 
gefeben;  fpäter  erfc^icn  er  in  S5anjig, 
SD^agfceburg,  ßübecf,  SBicn,  iRccal,  qSari«. 
Q.X  crjü^lte  bem  *PauIuä  tjon  (Siljen,  ta^ 
er  jur  ^tit  S^rifii  aU  S^uficr  in 
3erufalem  gelebt  :^abc  unb  einer  t»on  be= 
ncn  gcwcfen  fei,  bie  am  lauteficn  in  hati 
„Äreu,?igc"  einfiimmten.  21Iö  bann  3ef"^ 
jui  ©c^äbelfiätte  ^inauSgefü^rt  würbe, 
führte  bcr  2Beg  an  beö  (Scf)ufierS  |)auS 
öorbei.  (grmattet  »on  btr  Safi  bcS  Ärcu* 
jeö  lehnte  pd)  3efu^  an  ben  S^ürpfofien, 
aQcin  ber  Sc^ufier  Wieö  i^n  mit  f)artcn 
2Bortcn  Weg,  worauf  3efuö  ibn  fiarr  an« 
faf)  unb  ju  i^m  fprac^  :  „3<^  wiü  aübier 
fief)en  unb  ru^en,  aber  3)u  foÜfi  getien 
big  auf  ben  jüngfien  2ag."  S)aÄ  furje 
93oIfäbuc^  erfd)ien  juerfi  1602  ju  3)anjig 
unb  blieb  feitbem  alö  3«f)rmarfteiartife( 
»iel  begehrt. 

S)er  ewige  wanbernbe  3"be  wirb  aU 
ber  ©Ott  SB  ob  an  gebeutet;  ber  ewige 
3ager  ifi  jum  ewig  2öanbernbcn  geworben ;  er 
trägt  wie  Söoban  einen  breiten  ^ut,  einen 
grauen  jcrfc^ten  9?tantel  unb  iJiagetf^u^e, 
unb   5at)trci^e  Solfsfagen   f)abcn  bie  ur= 


96 


Exhortatio  —  ^i^n^- 


alte  93cbcutung  biefeä  ewigen  3uben  er« 
galten.  3"  ber  ©dfiwciä  {)cift  er  aucf) 
$ilatuö  ober  *pilger  i>on  SRom.  ^U  er  baö 
erfie  Tlal  in  ben  SBinfel  beä  SRbeineä  fam, 
Wo  je^t  93afet  fief)t,  fanb  er  einen  fd^war» 
Jen  lannenwalb,  baö  jtreite  SDlal  ein  brcitcö 
S)orncngefirüppc,  'i^a^  britte  SWal  eine  com 
örbbcbcn  jerriJTcne  gro§c  @tabt.  5lu(^ 
über  bie  ©rimfel  unb  t>ai  Tlatinjodi  ifi 
er  mef)rercmal  gefommcn  unb  ^at  bei  feinem 
erften  ^inüberfieigen  nidbtö  aU  2!öcinberge 
gefe^en,  wo  je^t  ®Ictfct)er  unb  ©d^neefcU 
ber  finb.  3)eä  Juben  ©tedcn  unb  ®c&u^e 
würben  aU  Oflarität  in  ber  öffentlicf)en 
Sibliot^ef  ju  Sern  aufbewahrt.  ®rä^e, 
Sie  Sage  oom  ewigen  Juben,  S5rcöben, 
1844.  -  2BoIf,  Beiträge  jur  ÜKpi^oI.  I, 


10—21.  —  SRod^^olj,  @cf)weijcrfagen, 
II,  306. 

Exhortatio   ad    plebem    ohristianam 

^ci§t  eine  Iateintf(^  unb  beutfc^  abgefaßte 
Qlnrcbe  beö  *priefterö  an  bie  erwa^fenen 
©lieber  feiner  ©cmeinbc,  worin  bicfe  auf* 
gcforbert  werben,  boö  apoftolifd^c  ®Iau« 
benöbefenntntg  unb  bai  SJatcrunfer  felbjl 
gu  lernen  unb  i^re  Staufpaten  ju  lehren. 
3Jad^  SWüüen^off  u.  S^erer,  SJenfmäter  beut« 
fc^er  $oeftc  unb  (Profa,  »erbanft  ber  latei* 
nifcfte  2eyt  ber  non  Äarl  b.  ®r.  berufenen 
©pnobe  oom  SRoocmber  801  feine  (Snt« 
fie^ung,  unb  würbe  bie  beutf(i)eliberfe|ung 
ju  5tnfang  be^  3a^re^  802  wo^l  auf 
Seranlaffung  beö  93if(i^ofö  Otto  »on  ^rei« 
fing  (782—810)  angefertigt. 


I. 


Facetiae.  (Sammlungen  furjer,  wi^i« 
ger  (Sinfäüe,  ©ticf)elreben  in  Iateinif(i)er 
©pradje,  fmb  nad^  antifen  23orbiIbern  un« 
tcr  biefcm  Dramen  juerfi  oon  bem  italie-- 
mf(i)cn  ^umanifien  *poggiu«  Sraccio« 
lanuö,  gefl.  1459,  gefammelt  worben 
unb  juerft  1470  im  2)ru(f  erfd)icnen;  fte 
enthalten  273  gaceticn  unb  würben  in 
ganj  ©uropa  gelefen.  2}on  fpdtercn  ®amm« 
lungcn  I)abcn  [lä)  einen  9iamen  gemacht 
bie  facetiae  beö  |>cinri(^  Sebel,  eineö 
Wirffamen  ^umanißen,  ber  aU  ^rofeffor 
in  Tübingen  Qtl)xn  SD'JeIand)tf)onä  war, 
gejl.  1514;  feint  Facetiae,  juerft  1508  er« 
fcf)icnen,  waren  fet)r  beliebt  unb  würben 
mef)rfac^  inö  ©eutf($c  überfe^t.  ©ie  bil« 
ben  bie  ©runbla'ge  t^on  .Kirc^bofö  SBenb« 
Unmut;  fobann  fmb  erwähnenswert  bie 
Joci  et  Sales  mire  festivi  beö  Dt^omar 
ßuöciniuö,  bie  Facetiae  beö  iKicobemuö 
grifdjiin,  1547 — 1590;  bie  Jocoram  et 
seriorum  libri  duo  be^  Dtto  SOIelanber, 
juerfi  1600  erfcE)icncn. 

t^a^itc»  3n  älterer  3eit  führten  bie 
beutf^en  Sßötfer  gewiffe  93ilbcr  al«  ^etb« 
jeid)cn,  auf  Stangen  befefiigte  Sierbilber, 
be«  eberö,  beö  ©tiereä,  ber  ®d)Iange. 
5Daneben  erfdf)eint  fd^on  in  ^eibnifcfter 
3eit  alä  3^^'^^"  für  bie  SBeWegung  ber 
^eerfd)aren  bie  Saline;  eä  giebt  bafür  jwei 
9ßörtcr,  einmal  baö  bandum ,  vandnm, 
bandora ,  com  Serb  binden,  fpäter 
nüttellat.    banderia,    baneria,    banerium, 


woraus  ital.  bandiera,  franj.  banniere, 
barauö  ml)b.  bie  unb  tai  baniere.banier,  im 
14.  ^a\)x\).  tai  paner;  baS  anbere  2ßort 
i|l  got.  ber  fana  =  3cugftücE,  wurjcloer« 
wanbt  mit  lat.  pannus  =  ®tü(f  Slu(^, 
Sappe,  Sinbc;  ai)t).  ber  fano,  m^b.  ia9 
vane,  van  unb  bie  vane,  n^b.  J^i^ne. 
(5ä  ifi  iai  an  ben  @peerf(^aft  gebunbene 
gelbjeic^en,  mit  beffen  Sr^ebung  ba^  SiU 
ä)tn  jum  93eginne  tti  Äampfcö  gegeben 
wirb,  wie  mit  bem  ©enfen  bcrfelbcn  bie 
a[Öaffenruf)c  eintritt.  SDci  fliegenbc  Qlbler 
über  einem  2)rad)en  unb  ßöwen  ber  im 
6.  3al:)rt).  alä  ^eiligeö  gelbjeic^en  ber 
©a(^fen  erwähnt  wirb,  bai  SRabenbilb 
ber  ^eibnif^en  SRormannen  waren  ^atinen. 
3ucrfi  würbe  bie  %a^nt,  vexillam,  »on 
bewäf)rten  gelben  ebeln  ®efd)Ied)tcö  gc« 
tragen,  bie  nad)  alter  Sitte  ju  gufe  kämpften. 
5tUbeutfd)  f)ei§t  bie  Äriegöfa^^ne  gandfano, 
lion  gundja,  worauf  aitfranj.  gonfanon, 
ital.  gonfalone  =  .Rriegöfa^ne,  neufranj. 
bagcgen  ift  gonfalon  eine  .Rirc^enfa^nc ; 
ital.  gonfaloniere,  gonfaloniero  ifi  93anncr= 
fjcrr,  gonfalonata  eine  SD^annfd^aft,  bie  einer 
^abne  folgt;  mittetlat.  ifi  guntfanonarias 
ber  SSannerträger.  SWittel^o^bcutfd)  ^ei§t 
bie  §auptfat)nc  stnrmvane,  hervane;  fie 
würbe  bem  |)ecve  ju  IRoffe  porangetragen. 
©aneben  t)atten  bie  cinjelnen  Raufen  i^re 
bcfonberen  Salinen  »on  geringerer  Sebcu« 
tung.  Sffiurbe  bie  %almt  auf  einer  be« 
lagerten  93urg  aufgefiedt,  fo  war  fie  gc« 


ga^renbc  ©dbülcr  —  ga^renbe^  95oIf. 


97 


faßen-,  »utbe  ftc  in  bcr  @c^lacf)t  oon 
einer  6cite  frctrt)itli9  gcfenft,  fo  gab  jtd) 
bicfe  für  befiegt.  5"  3falien  tarn  bcr 
Ja^ncnwagen  auf,  ba^  Carroccio,  ju= 
erfi  »on  ben  üJlailänbcrn  1038  ermdbnt. 
3u  5tnfang  ^e^  12.  3a^r^.  fam  btefe  Sin* 
ric^tung  nad)  S)eutfd)Ianb ,  m^b.  bie 
karrosche,  karrutsche,  karräsche,  bcr  unb 
bie  karrotsch,  karrutsch,  karratsch,  kar- 
räsch,  englifd)  unb  beutfcf)  aud)  Standart 
genannt,  nit)b.  fcer  stanthart,  mit  5ln= 
ic^nung  an  ©tanb  unb  Ijart  auö  franj. 
estendart,  ital.  stendarto,  t»on  lat.  exten- 
dere  =  ausbreiten,  aud)  •^»eerwagen 
tommt  »or.  (Sin  t)obcr  OTaflbaum,  ber 
hai  %aiimni\xi)  trägt,  i|t  auf  einem  öier- 
täberigcn  2Bagcn  bcfefiigt.  S)er  2Bagen 
wirb  immer  Don  Od)fen  gejogen.  3"* 
»eilen  war  no^  eine  ®!ode  auf  bem 
2Bogen  angebracht.  91uf  einem  großen 
{^abnenrcagen  i)atit  fogar  eine  eigene  Se« 
fa^ung  *pia^.  ®aS  gabnentud^  ifi  meifi 
feibcn;  bie  §arbc  ber  @turmfat)ne  oft  rot 
ober  wei§.  35ie  gobncntüi^cr  werben  erfi 
furj  »or  ber  ©(f)Iadit  an  bie  ©tangen  ge^ 
bunbcn.  ^li^S^nbe  ^abnen  fmb  baber 
hai  3^^*^^"  ^^^  Äampfbereitfcbaft.  2)ie 
alten  Ärieggorbnungen  legten  bem  ^cii)n= 
ridb  öuf>  fein  anbefohlen  $5'Jb"tcin  ju 
»crwabren  unb  in  Sbfen  ju  balten,  gleicb 
feinem  e^cUcben  SBeib.  Sffiürbe  er  »om 
JJeinbe  fo  gebrängt,  ta^  \i)m  bie  rechte 
^anb  abgefd)! offen  »ärc,  foü  er  iaa 
^äbnlein  in  bie  linfe  nebmen,  unb  h)irb 
ibm  bie  aud)  abgefdjlagen,  eö  mit  ben 
Stumpfen  an  ficb  jieben,  ftd)  barein  »icfcin, 
8eib  unb  öeben  babei  laffen. 

S)ie  ^a\)nt  ifi  nebft  ber  ßanje  ein 
®t)mboI  ber  Selebnung.  ®cbon  *)8apjt 
©tepban  fd^idt  Äarl  a^arteH  bie  Scblüffel 
jum  ©raiJe  beö  beiligen  *Petruö  unb  bie 
Ja^ne  ber  ®tabt  iRom,  ber  ^atriarcb  non 
3crufalcm  äbniicb  Äarl  bem  ©rofen  bie 
©d)lüjfel  jum  belügen  ©rabc  famt  einer 
%ai)nt.  23ei  feierlichen 'J3elebnungen  »urbe 
regelmäßig  eine  ^abne  übergeben.  2)ie 
rote  SSlutfa^ne  ifi  baö  ©tjmbol  be«  Slut-- 
banneö.  Sei  SJ^ärftcn  jiedte  man  jum  3ci' 
d)en  berlöiarftfreibeit^abnen  auf.  Sin  ben« 
f*mit,I,  275.  —  ©d)ul^,  ^öfifd)es 
8cben.  ©  a  n OJt  a  r  t  e ,  SBaffcnEunbe  i.II,  51.3 

^a^rcnbc  ©C^ÜIcr,  scholasticl,  scho- 
lares  vagantes,  auö  vagantes  burc^  Solfö« 
»i^  forrumpiert  audb  33ad)anten  mit 
2lnlc^nung  an  Bacchns.  ®ie  erjie 
t^orm  bicfer  im  ÜJtittelalter  febr  jabtreidben 
ä^ieufdienflaffe  fin^  bie  clerici  vagantes, 
bie   im    H.   unb    12.    ^ib^^^unbert    obne 


befiimmte«!  ?lmt  ein  freieö  Söanberlcben 
führten  unb  aU  Äaplanc ,  ©efetl« 
fd)after  u.  bgl.  an  ben  ^öfen  Dicnfte 
fanbcn.  2tu«!  i^nen  entmidelt  fid)  im 
13.  ^a^xi).  ber  gefcbtoffenc  ©tanb  ber 
©aliarbcn,  franj.  gouliards,  wanbernbe 
©efeüen  mit  oict  33orlicbe  für  ®id)tfunfi, 
bie  ivoax  im  ©ebraucb  ber  loteinifcbcn 
©pra(^e  i^rem  Elerifalen  Sbarafter  treu 
blieben,  bagegen  in  ber  freien,  fröbUd)en, 
bem  ßebcn  entnommenen  5)arftellung  »enig 
fircblid)en  (Jfjarattcr  aufliefen.  33on 
ibnen  flammen  u.  a.  bie  Carmina 
burana  (ftcbe  bicfen  ^Irtifet).  60  finb 
nid)t  mebr  burcbgängig  wirflic^e  ,^Ieritcc, 
fonbern  jum  Seil  ©tubenten ,  bie  crji 
Älcrifer  werben  »oüen.  3m  14.  ^a\)xf). 
Werben  fte  ganj  auS  bem  geifilid)en 
©tanbe  auögefioßen  unb  treiben  fid)  bei 
ben  93auern  a\i  3'^"^erer  unb  ^efenban* 
ner,  2BunberboEtoren  unb  .Kuppler  umber; 
ibnen  ocrbanEt  man  wabrfdjeinlid)  bie  a\ii 
biefer  3eit  erbaltencn  SKifdjlieber  in  öatcin 
unb  S)eutfcb.  Srji  gegen  Snbe  beä  14. 
3abrt)unbertö  fommen  bie  eigentlichen 
93acbantcn  auf,  alte  ©cbulbuben  unb 
wanbernbe  (|3rootforen ,  bie  ben  ©tabt- 
fc^ulen  nadbgebcn  unb  frd)  alö  Untcrlcbrer 
oermieten.  51uf  ben  SBanberungen  fübr= 
ten  fie  fleine  Änaben,  Ql^iBsS-Scbüj^en  ge= 
nannt,  mit  fi(^,  angebticf)  um  fxe  in  eine  gute 
©d)ule  ju  bringen  unb  felbfi  ju  unterricb= 
ten,  in  Sffia^rbeit  um  jic  für  ftdb  betteln 
unb  fieblcn  —  fc^ießen  —  ju  laffen.  ®o 
ein  Ql*23=(5,=©d)ü^  war  Ibomaö  *piater, 
1499 -t5S2,  fpäter  «Reftor  ju  Safel,  beffcn 
©clbfibiograpbic  allgemein  befannt  ifi  unb 
baS  anfdjaulic^fie  33tlb  bicfeö  Jreibene  ab' 
giebt.  Qibnlic^  bie  Siograpbie  beö  93urf  = 
barbt  3^ngg  in  ben  scriptores  rerum 
Boicarum ,  I.  ^al)lxäci)t  firc^licbe  ©tif« 
tungen  forgten  für  ben  Unterbalt  biefer 
ßeutc.  *palm  in  ©cbmibö  ®nct)fl.  — 
©iefebrec^t  in  klugem.  ÜJlonatgfci^rift  f. 
Sffiiffenfcbaft  unb  ßittcratur.    1851. 

i5a^renbc§  öolf.  3)er  im  SWittelalter 
Diel  genannte  ©tanb  ber  ^abrcnben, 
bie  um  ßobn  ibrc  .fünfte  auffül)rten,  ifi 
ben  25eutfd^en  urfprünglidb  fremb;  bcnn 
bie  alten  beutfc^en  ©änger,  ob  fie  fcf)on 
auä)  ein  SBanberleben  nic^t  Derfcbmäbten, 
unb  fidb  wobl  audb  aU  iSoten  gebraudben 
ließen,  fangen  nid)t  um  ®ut  unb  ©elb; 
aucb  bie  5Did)ter  unb  3}?eifier  bcr  böfif^cn 
3eir,  Wenn  fie  fc^on  oft  gezwungen  waren, 
mit  ibrer  Äunfi  ibr  33rob  ju  fucben,  ftnb 
feine  ^Vabrcnben;  ibrc  Äunfl  abeltc  ftc. 
aSiclmebr  liegt  ber  Urfprung  ber  ^a^ren* 
7 


98 


^afultäten  —  ,5<J^ff"t>cije. 


bcn  in  bcn  römifc^cn  ©auEIern  unb  Wlu 
men,  joculatores,  histriones,  thymelici, 
bic  fxd)  in  bie  gcrmanifd^e  SBclt  I)inein 
erl)icltcn.  ^m  [üblichen  ^^anfreid)  30= 
biegen  bicfe  Sanbcn  am  äa^lreic^jien ;  uon 
ba  auö  fanben  fte  ben  2öeg  nac^  55cutf(^= 
lanb,  tt>o  man  befonbcrö  in  ben  ©lojjen 
itjre  fRamcn  finbct:  spiliman,  scarra, 
mimus ,  histrio ,  thymelicas  scenicus, 
tümäri,  sprangäri,  b.  \).  @ptellcutc, 
^PoiTenreißcr,  Sänjcr,  ©pringer  u.  bgl., 
nie  Sänger  ober  ^larfenfpieler;  aud)  2Bei= 
Ber,  spilwip,  fanb  man  unter  it)ncn,  bie 
ftc^  fcfcled^ten  SRufeä  erfreuten.  2Bar  bie= 
fem  aSolfe  iebocf)  bie  ^oefie  nod)  längere 
3eit  »erfc^Ioffen,  fo  nahmen  fie  fxä)  boc^ 
halb  ber  3nfii:ui"ßntalmurt!  an,  fte  rour* 
ben  spilman  ober  spilliute  im  engern 
©inne.  3"  ^^^  glötcn,  Sauten  unb 
Rauten,  bie  fte  ju  il)ren  Sänjen  brauchten, 
traten  mit  ber  ^txt  Warfen,  ^^ibeln  unb 
©eigen,  fpäter  Diotte,  ßaute,  auer= 
pfeife,  SRo^rpfeife,  S)ubelfad,  SDre^orgcl, 
^orn,  Srompete,  fPofaune  unb  Slrommet. 
dlo<i)  h)eitcrn  SBobcn  gewann  biefer  ®tanb 
baburdö,  ba§  ftd)  Iei(f^tftnnigc  ©eijilid^e 
unb  3DJönd)e  unter  fte  mifcfcten;  aU  33  a« 
ganten  (flet)e  biefen  Qlrtifel)  lebenb,  bid^- 
teten  fte  t»oIf^mä§ig  cmpfunbene  unb  ge» 
bac£)te  ßieber  in  lateinifdjer  ©prad^e,  mo* 
JU  i^nen  einige  Äenntni^  ber  antifen 
2>ict)tertt)elt  unb  ber  fir^Iic^en  ißoeftc  unb 
iÖluft!  5U  fiatten  fam.  SSon  i^nen  lernten 
bic  nieberen  ©piellcute  ©efang  unb  ©ic^« 
tung  in  ben  Ärei^  i^rcr  biö£)crigcn  Äunfl* 
Übungen  einjujie^en.  2)abur(J)  entjianb  eine 
Spaltung  in  tl)rem  ©tanbe.  SDie  beffcren 
unter  il)nen  traten  ju  ben  abtigen  Tlinnt' 
fängern  aU  93cgleiter  i\)xn  ®ebict)te  mit 
g^iebel  ober  Ütotte  in  ein  näf)ereö  Sßer^älts 
niö.  ^\xä)  eigene  S)i(ä)tungen ,  »ic  bie 
ßegcnbe  com  ^eiligen  Däwalb,  bie  erjä^s 
Icitben  ®ebi(ä)te  üon  9iott)er,  ©alomon 
unb  iDJoroIf  fd)reibt  man  i^nen  ju,  in 
rof)er  aber  lebenbiger  ^Jotm,  jum  Seil  in 
ro^er  unb  gemeiner  *Uuffaffung  gefc^rte- 
ben;  me^r  aber  gaben  fte  ftc^  ab  mit  ber 
Q3f[ege  fd)on  »or^anbener  ®efc^id)tcn  unb 
©dömänfe,  au«i  römifc^en,  bpjantinifdjen 
anb  morgenlänbifd)en  Ducücn. 

2)ic  aftaffc  ber  ^o^rcnben  unb 
®et)renben  jebodö  blieb  bei  il)ren 
niebrigcn  Äünj^en  flehen.  23on  i^nen 
fprid)t  berÄanjlcr,  ein  SDiinneftngcr  ber 
fpätcrn  ^ixt: 

Manie  herre  mich  des  vräget, 

dar  waz  der  gernden  si  so  vil; 

ob  in  des  niht  betraget  (ocrbric^t), 


dem  wil  ich  betiaten,  ob  ichz  kan, 

wie  ez  umb  die  gernden  si: 

Ein  gernder  man  der  triaget, 

der  ander  kan  wol  zabelspil, 

der  dritte  hoveliaget, 

der  vierte  ist  gar  ein  gumpelman, 

der  vünfte  ist  sinnen  vri, 

so   ist  der  sechste  spottes  vol, 

der  sibende  kleider  koufet, 

der  ahte  vederliset  wol  (f(^meid^elt), 

der  niunde  nmbe  gäbe  loufet, 

der  zehende  hat  ein  dirne, 

ein  wip,  ein  tohter,  unbehuot; 

den  gebent    ninwe  nnde    virne    (b.  i). 

neue  unb  alte  Äleiber) 
die  herren  durh  ir  toerschen  muot: 
sie  gebent  durh  kunst  niht  guot. 
SDiefe  fa^renben  Seute  ber  nicbcrn  9trt, 
varndez  volc,  varndin  diet,  varnde 
liute,  fanben  ftcE)  überall  ein,  mo  eö  etma^ 
ju  Berbienen  gab,  befonber^  bei  ^^eficn. 
©ic  nerftanben  ftcfe  auf  ©eiltänjerflüde, 
©piele  mit  SOJarionettcn ,  SlJleffetmerfen, 
Sßecfen  mit  ©tecfen  auffangen,  ©teinc  jcr« 
fauen,  ^Jeuet  frcffen  unö  auö  bem  ÜKunbe 
blafen.  ©ic  ahmten  bic  ©timme  ber 
iJla^tigal,  beö  Cflel)ö,  beö  <PfaueÄ  nac^, 
mirftcn  alä  Äunfireiter.  ÜKanc^mal  gab 
eö  für  fte  eigene  spilhus,  theatra.  SRc^t* 
lidt)  fianbcn  jte  tief;  fte  i^attcn  fein  SRec^t 
unb  feine  ^orberung  an  Sßuge.  SDer 
©d)mabenfpicgcl  enterbt  bcn  ©o^n,  ber 
gegen  feinet  ÜJatcrö  Sßitlen  ©pietmann 
mirb,  unb  erflärt  bic  ©piclleutc  für  uä)U 
loa;  bie  ©tabtred)tc  Dcrmeigcrten  i^nen 
ben  3"ti^iti  ober  jmangcn  fte  ju  öffcntU« 
(^en  5trbciten.  Ttan  na^m  an,  fte  feien 
bem  Jeufcl  Dcrfc^riebcn.  ^aax  unb  93art 
f(f)orcn  fte  nad)  alter  5lrt  unfreier  ßeute. 
ffieinf)olb,  bcutfc^c  ^r.  Vin.  — 
'(sä)nl^,  |)öf.  öcben,  I,  vi. 
i^atultätcn,  ftc^c  Unioerfttät. 
§al!cnbeijc.  2)ic  bcfonberen  mittel 
^oc^beutfd^en  Dfiamen  ber  »erf^iebcncn 
^alfenarten  ftnb  ger-  ober  girvalce, 
sackers,  au^  altfr.  sacre,  lat.  falco 
sacer,  pilgrimvalce,  edelvalce,  ha- 
bech,  sparwaer  (©perber),  smirl  := 
3mergfalfe,  terce.  S)er  ^alfc  ifi  crfi 
braui^bar,  wenn  er  ftc^  nac^  bem  erficn 
3at)re  jum  crjlenmal  gemaufert  i)at,  ein 
müzervaice,  muzaere.  2)er  abgc* 
rid^tete  93ogcl  I)ei§t  auä)  vederspil. 
2)ie  jungen  iBögel  werben  cntmebcr  bem 
9?cfie  entnommen  ober  cingcfangcn,  feite« 
nere  Qlrten  audb  üon  Äaufleuten  crf)anbclt. 
3ur  3ä^mung  blcnbet  man  fte  cinjlmcilen, 
inbem  man  burd^  bie  unteren  ?tugcnlibcr 


^ad  —  55<""i^i6- 


99 


«inen  j^aben  jict)t  unb  benfclben  aufbinbet; 
au^  werben  i^nen  bic  ^än%i  abgefiumpft. 
2)arauf  wirb  bem  licre  an  jcbcn  5u§ 
ein  wärfei,  b.  t.  ein  SRiemen  auö  weis 
d^em  ßeber,  angelegt,  t>on  bem  ein  fleiner 
«Ring  ^erabf)angt;  buvd)  bic  SRinge  ifl  ein 
längerer  SRiemen,  ber  lancvezzel  ge^ 
jogcn,  Womit  ber  ^alfc  an  feiner  ©tangc 
angebunben  unb  beim  Slragcn  auf  ber 
^auft  feftgeftalten  wirb.  2ln  einem  ober 
<in  beiben  gü§en  ip  eine  @^etle  ange» 
bunben.  'S>k  ^anb,  auf  bie  ber  %alh 
fid)  fe^t,  ij^  burd^  einen  ftarfen  Scber* 
i)anbfc^u^  gefc^ü^t:  ber  lancvezzel  wirb 
um  ben  fieinen  ^inc^n  gewidelt.  fRun 
Wirb  ixi^  lux  lag  unb  *Rad)t  auf  ber 
^anb  getragen,  geä^t,  an  bie  |)anb  bcä 
§ü^rer*  unb  an  ben  Älang  feiner  Stimme 
9cwöi)nt.  Sp  'i>ai  einigermaßen  gelungen, 
fo  werben  if)m  bie  klugen  juerfi  halb, 
bann  ganj  geöffnet  unb  er  nun  auc^  (o 
gejäbnit.  33ei  ben  Orientalen  war  ftatt 
ber  Slenbung  bic  leberne  Äappe  ober 
^aube  gebrau(^Iid^,  mit  einem  2o(l)e  für 
®d)nabel  unb  9tafcnlö(^er;  ^riebricf)  n. 
führte  fic  juerfi  im  5lbenblanbe  ein.  «Sie 
würbe  bem  Sicre  crji  abgenommen,  wenn 
tai  Söilb  in  ®icf)t  war.. 

S)ie  5lbrid^tung  beö  J^alfcn  gefd^a!^ 
cntwcber  oon  ßiebl)abern  unb  ^i^f""^«" 
biefer  Äunj^,  wie  j.  ©.  .Ärimljilb^  Sraum 
jeigt,  ober  fon  einem  baju  bcjicütcn 
S)iener,  bem  valkenaere,  lat.  falconarius, 
»on  bem  man  ganj  befonbere  Sigcnfdjaf; 
ten  beö  Äörperä  wie  beä  ©cmütcä  Pcr^ 
langte.  ®ic  33Ögcl,  auf  bic  man  mit  bem 
fjallcn  beijte,  waren:  Äranid),  9f{ei^er, 
®d)Wan,  Srappe,  ^^afan,  55etbt)ui)n,  wilbc 
©anö,  ®nte,  laubc,  58rad)t)ogel ,  Äiebi^, 
@iaar  unb  8erd)e.  Sefonberö  abgeri(J)tete 
SSogelbunbc  fd^euc^tcn  tai  Sffiilb  auf,  cbcn^ 
fo  Srommcllärm.  —  Über  bic  ^alBenbeije 
i)abcn  u.  a.  Äaifer  ^^^i^^ii«^  ^-  ^*" 
93ud)  De  arte  venandi  cum  avibus,  unb 
^Ibcrtuä  ilRagnuö  De  Falconibus, 
Asturibus  et  Accipitribus  gefd)rieben, 
beibe  jufammen  2lugöburg  1596  gebrucft. 
—  iRad)  @  c^  u  l  ^ ,  ^öftfc^eö  ßeben  I.,  368 ff. 
gaü,  ^^otfatt  t)ei§t  ba^ienige  ©tücf  ber 
-^intcrlaffcnfdjaft  cineö  unfreien  ober  i)ö' 
rigen  ^interfaffen ,  tai  an  Steüe  beö 
ganjen  (Srbcö,  wclc^cö  in  früherer  Sät 
bem  ^ofl)crtn  anf)eimgefallen  war,  fd^lie§« 
Ixd)  nod)  ald  ©pmbol  unb  3ei^«n  ^on 
ber  ©rbfä^igfeit  ber  ^of|)erren  übrig 
blieb.  ai  befiet)t  aui  bem  beficn 
*13ferb,  ber  beiden  Ruf),  (5fcl,  ©cbwein, 
@c^af,    biö    jur    beften   ®an^    ober    jum 


bejien  |)u6n;  oft  aber  au^  bem  beftcn 
.bleibe,  jumal  bem  beften  fetbfltierfertigtcri 
Älcibe.  S)ie  ja^heic^en  Jtamen  für  ben 
'\^all  ftnb  33efl^aupt,  optimnm  caput, 
jus  capitale,  Scuerft^aupt,  ^auptrecf)t, 
^auptoaa,  a3aUred)t,  ©terbfatt,  Sotfaü, 
iEotenjoü ,  tote  |>anb,  ßä§  ober  Wcläß, 
©rbbing,  ©terb^aber,  (Srbred)t,  löeibfaU, 
öeibpfennia,  ^auptjinö,  ©cwanbfaQ,  2öat= 
mal,  ©eftewatmal,  kurmiete,  büteil,  büwe- 
teil,  mcij!  ein  Xeil  bc^  ^auörateö  ober  ber 
gefamten  fa^renben  ^abt  an  ^ru^t  unb 
an  i^utter.  ©c^on  Urfunben  be^  8.  u.  9. 
3at)rt).  erwähnen  beö  Sejibauptcä ,  fe^r 
häufig  ift  cö  feit  bem  11.  ^ai)x\). 

Fallgatter,  mf)b.  schöztore,  slagetore, 
valporten,  franj.  herses,  sarraslns,  mittel^ 
lat.  chlatrae,  cataractae,  f)atte  ba^  I^or 
ber  mittelalterlid)cn  93urg  juweilen  jwei. 
2)a^  eine  lag  bann  unmittelbar  t)intcr  ber 
eigentlid)en  *i3forte,  baö  anbere  am  innetn 
^Huögangc  beö  S^orburc^gangö.  5Da  bie 
5Dlafd)incrie  beä  äufammen^ängenben  ^^alls 
gatterö  burd)  einen  untergcfdjobenen  großen 
Stein  u.  bgl.  leicht  inö  ©tocfen  flcbrac^t 
werben  fonnte,  erfanb  man  ta^  Drgel- 
werf,  organnm;  ^ier  fingen  bic  einäcl« 
nen  oertifal  gcorbnetcn  ißalfen  an  einer 
Jöinbe  unb  fielen  o^nc  med)anifd&e  53er- 
binbung  nieber,  fo  baß  bei  ©törung  eine^ 
ober  mct)rcrer  "Salfcn  bie  übrigen  il)ren 
Dicnf^  bennod)  tbaten.  5Dae  ^allgatter- 
ip  auf  üielcn  mittclalterlid)cn  ©täbtefiegeln' 
5U  fe^en.  _3äf)n«,  664. 

Familie»  3ur  3^'^  tt^  Sacituö  be« 
f)errfc^t,  wie  in  nod)  früherer  3cit  ge* 
fc^c^cn  fein  mag,  ber  {^amilicnpcrbanb 
ha^  ilaatlic^e  geben  nid)t  met)r;  bic  ißer= 
bältniffe  beö  ©runbbefi^cä,  ber  Qlnficbes 
lung,  ber  ©emcinbe  fmb  bic  entfd)ciben= 
ben  geworben.  2)ennod^  ^at  in  biefer 
3eit  ber  ^amilienpcrbanb  eine  weiter  rei« 
^cnbe  ©cltung,  alä  ilim  fpäter  jufommt. 
J^amilie  ifi  bic  ©cmcinfc^aft  bercr,  welche 
mit  bem  Wann,  bem  ^au^oater,  burc^  bai 
33lut  uerbunben  fmb:  3D?ann,  2öeib  unb 
tinber.  SBcitere  ©lieber  fehen  fid)  an 
unb  werben  in  ber  ißcrbinbung  crtjaltcn. 
S)em  SWann  fommt  tai  iRed&t  ju,  im 
^aufe  ju  l)errfd)en;  er  ift  ber  ^err,  in 
älterer  3cit  fro,  er  barf  bie  Äinber  aui^. 
fe^cn,  bie  grau  jüd)tigen,  im  ^aU  ber 
SRot  bcibc  oerfaufen.  dx  i)at  ben  ©d^u| 
überfic,  badüRunbium,  baöif)maud)  über 
feine  Änecf)tc  juftcfit.  'Muö  bem  93cgriff 
ber  iJamilic  gci^t  i>ai  5Rcd^t  ju  erben  ^er^ 
üor;  bie  näd^fien  am  Srbe  finb  ©öbnc, 
iBrüber,  93atcrbrüber,  erji  fpäter  würbe- 
7* 


100 


Familiennamen  —  ^otbenfprac^e. 


Soc^tcr  unl)  ©Anjcftcr  i(um  Srbe  lü^c 
laffcn.  6in  ©cfamteigcntum  bcr  ^Jamilie 
ifi  nicf)t  tt)abtfcf)finlid^ ;  ebenfo  untt)a[)r= 
fcfceinlic^  ift,  ba§  ein  95o^ug  beä  ältefien 
©obneö  ein  ©tpgeburtdredbt,  germanifc&e 
Sitte  gen^efen  [ei.  2)a9egen  nabm  bie 
rteiblicbe  SBcmanbtf^aft  am  (5rbe  teil: 
ber  iUJutterbruber  fiebt  beim  6rbc  bem 
Satetbrubtr  gleic^.  5m  SDJittelalter  h)itb 
pupg  bet  @obn  ben  Srübern  bcr  ^tau 
empfoblen;  ol«  D^Jamc  für  ben  SRcugebore« 
nen  »ablte  man  mit  Söotliebe  ben  bcö 
IWutterbrubcrei  ober  be^  Oro^üaterö. 
tpflicbt  unb  iRecbt  ber  ^amilic  mar  cö, 
ben  erfcblagenen  iBerwanbten  ju  rdcben, 
Slut  mit  '-Ölut  ju  fübncn  ober  bie  gefc^= 
li(i)c  33u§e  ju  forbern;  bie  lefetcrc  empfing 
bad  gan^e  ^auö.  J)ie  üJJitglieber  ber 
Familie  jtnb  Derpf[icf)tet,  unter  ftc^  \^x\t' 
b  en  }u  balten,  (S  i p  p  e  ifi 5"^^'« )-  U"b  nicftt 
befugt,  »or  ®cri(^t  gegeneinanber  aufju« 
treten.  S)ie  (Sntticbtung  beö  SBergelbe^ 
für  einen  oon  einem  F'^milienglieb  ge= 
fd^cbenen  %xtr)ü  mar  ^ngelegenbeit  ber 
ganzen  Familie  F^^^i^^f^g^nofK"  maren 
urfprünglicb  Gibeeib^Uf^  (fifbe  biefen 
2Irt.).  Sinen  engem  3»fammcnbang  bcr 
Familie  mit  ben  ^eereäabteilungen,  ben 
örtlicben  ©emeinben,  ben  2lnfiebelungen 
fennen  meber  Jacituö  no^  bie  Solfärec^te. 
3m  allgemeinen  blieb  bie  SBebeutung 
ber  Familie  al«  F'^'^^^^"^'  U"^  Diecbteige- 
nojfenfcbaft  bie  gegen  ben  <gcblu§  bed 
SOflittelalterö  unocränbert ;  bie  gefamtc 
!Bcrmanbtfd)aft  beißt  mbb.  sippe,  sippe- 
8chaft.  3"^  befonbern  i)d^t  bie  9?a(^« 
fommenfc^aft  in  gerabe  abjleigenbcr  ßinie 
Tauosem,  Sufen,  nacb  bem  23ilbe  be^ 
menf(f)lici)en  ?eibeö,  unter  rt)elcf)em  man 
bie  iBermanbtf(^aftägrabe  barjuftetlcn 
pflegte;  alle  übrigen  (Seiten=)  SBermanbten 
Don  ben  ©efcfjmijlerfinbern  an  i)t\^tn 
mägen.  ©iefelben  finb  im  iWanncefiamm 
swertmägen,  imSöciböftamm  kankel- 
ober  spilmägen,  spinnelmägen ,  25er« 
wanbte  berÄunfel  ober6pinbeI.  3)a«  ältere 
Sffiortmandium  f)ei§t  feiten  mebr  ber  ober 
bie  mnnt,  bäuftger  vormuntschaft, 
vogti,  phlege,  unb  eö  giebt  einen 
cbcmännlidben ,  üätcrlicben  unb  ücrmanbt- 
f^aftlidben  mnnt.  ®eit  bem  15.  Sab^b- 
erbält  bag  römifcfee  ditd)t  ©influf  auf  bie 
beutfcbc  iJJecbtäanfdbauung  »on  bcr  Familie. 

j^familiennamcn,  ftcbe  *Perfonennamcn. 

§arbcnf<)tatftc.  S)a«  iöUttclalter 
fcf)>i3anfte  i^mifcbcn  fedbö  unb  ficbcn  Far« 
ben,  bie  ftebcn  ftnb  SEßeif,  äcbmarj, 
gtot,  S8lau,@elb,®rün  u.  »raun; 


fe(^«  mürben  gejäblt,  inbem  man  bo* 
@4marj  ober  iai  ©raun  bei  Seite  lie§. 
31m  Sflciienbogcn  aber  unterfcbieb  bag  ge« 
möbnlicfie  "iluge  nur  bie  örei  Farben:  ®rün,. 
®elb  unb  iRot,  ober  blo§  ®elb  unb  iRot. 
I)ie  jinnbilblic^e  51nn)enbung  bcr  Farben 
fuft  auf  ben  jabircicben  Farbencrfdieinun* 
gen  ber  9?atur,  namentlicf)  auf  bem  menfc^«- 
lieben  51ntli^c.  tffleig  unb  ©cbmarj  finb 
bie  Farben  beö  2ageö  unb  bcr  iRac^t,  JRot 
bie  Farbe  bcr  Siebe  unb  Fteube,  aber  auc^ 
ber  S<$)am,  ttjo^u  blcidb  alö  Farbe  bcr 
Serjagtbeit,  bcr  %üxä)t  ober  beö  löcibcS 
ben  natürli(i)cn  ©cgenfa^  bitbet;  ioä) 
fönnen  3orn  unb  $a§  ba«  Qlntli^  auc^ 
grün  unb  gelb  färben.  S)aö  SRot  unb 
2öei^  iti  "JtntU^ce  ifi  ein  üRertmal  ber 
Scibcefcbönbeit;  eö  erfcf)cint  bann  tt>ic 
üRild)  unb  33lut,  ober  mie  «Schnee,  ber 
mit  Slut  geträuft  iß,  „hadd  ik  doch  en 
Kind,  so  rood  as  Blood  nnn  so  wit  as 
Snee"  feufjt  bie  ÜRutter  im  üRärcbcn  Born 
iUlacbanbelbaum.  S)aö  9Beib,  bem  Don 
JJatur  2Bci§  unb  SRot  nic^t  gegönnt  mar, 
fcbminfte  frei;  fünftlicb  bamit,  fomo^t 
Frauen  üon  Stanb  als  Säucrinnen  unb 
Sublbirnen;  ein  ungefcbminftcö  SBcib 
f)ei§t  mbb.  selpvar.  2Bic  man  ftcb 
aber  in  romanif(^en  Sanben  mancbmal 
blo^  ber  roten  Farbe  jur  ©dbminfe  bc* 
biente,  fo  in  3)eutfd)lanb  blo§  ber  mci§en; 
benn  2Bei§  galt  aucf)  für  frcb  allein  ali 
bie  F<^rbe  bcr  ©c^önbeit,  mie  ®db»orj 
aU  biejenige  bcr  |>ä^lidbfcit,  mäbrcnb 
baöfclbe  Sdbmarj  bi»tt)iebcrum,  j.  93.  im 
©neemittc^en ,  felbfi  mieber  jur  britten 
Farbe  bcr  ©dbönbcit  gcmorben  ifi;  fic  ifi 
ein  .^inb  fo  mcip  mie  ©dbnee,  fo  rot  mie 
331ut  unb  fo  f^marj  mie  Sbenbolj.  2>ic 
fcbmarjc  Farbe  gilt  bier  bem  ^aarc,  a\i 
beffen  oornebmfte  Farbe  fonfi  im  beutfcbcn 
SDtittclaltcr  tau  ©lonb  galt,  mbb.  val 
(falb)  ;ober  gel;  baö  SBort  blonb,  m^b. 
blunt,  fiammt  auö  bem  fonfi  bunfcln 
fran^öfrfcbcn  blond  unb  mürbe  juerfi  üon 
®ottfrieb  »on  ©trafburg  gebraucht;  »er» 
glicbcn  mirb  biefe  Farbe  mit  bem  ®oIb, 
bem  5Ba(^ä  ober  ber  frifc£)en  ©eibc. 

3n  finnbilbli(^cr  2)eutung  merben  ®elb 
unb  ®rün  bie  Farben  beet  9?eibcö;  aBci§ 
bie  F^rbe  bcr  fittlicbcn  SRcinbcit,  ber 
.Rcufd&beit,  ©djmarj  bie  F^rbc  ber  Un* 
rein^eit,  ber  Srauer,  ber  ®ünbc;*  ber  Sngcl 
mirb  wei^,  bcr  Scufcl  fdbmarj  gebadbt; 
IRigromantie  ifi  bie  fcbmarjc  Äunfi,  3auber« 
bü^cr  bci§cn  fcbtnarjc  Sücicr ,  mci^e 
©üdber  feigen  bie  bciligc  Schrift  unb 
bcren   ®ebotc.     S)er    beiliöc  ®cifi    »itb 


^atbcnfprac^e. 


101 


bur^  bie  tt)ei§e  Saube,  bct  Stcufcl  burc^ 
ben  fc^njarjcn  9flaben  fpmboliftctt.  2lucft 
bebcuten  2ßei§  unb  ©djirarj  bie  qutc  unb 
bie  böfc  Seit,  ®Iüct  unb  Unglücf.  «Rot 
ifi  nic^t  bto§  gotbe  ber  ®ci)önt)cit,  bet 
greube,  bcö  3orneö,  bet  Sctjam  unb  ber 
Siebe,  ei»  roirb  axii)  %axbi  ber  6ünbc; 
toter  ®att  unb  ^aupt^aar  ijl  3^^^^"  '^^^ 
5al[d)t)cit: 

die  bleichen  glichent  den  toten, 
n-ngetriuwe  sint  die  roten, 
die  swarzen  glichent  moren, 
die  wizen  zagen  oder  tören. 

Roter  Bart,  untreuwe  art,  Rot  Bart  und 
erlin  Bogen  (Sogen  Dom  (£tlent)oIj)  ge- 
raten selten,  ist  nit  erlogen;  Rot  bar 
ist  entweder  gar  fromm,  oder  gar  boess. 
I)ie[e  *llnf(^auung  foH  it)te  Dueüc  in  ber 
toten  ^arbe  beä  gu^feä  ber  Sierfage 
^aben;  fonft  galt  bei  ben  ©eutfcften  rote« 
^aax  unb  Satt  nic^t  alö  e^renrülirig;  rot 
ijl  Seiname  ücrf(^iebener  dürften  gc^wefcn. 

SWocf)  njeitcr  ton  ber  9^atur  entfernt 
fid)  biejenige  ijarbenfpmbolif ,  bie  jum 
Seil  an  bie  3latüx  frd)  anlef)nt,  jum 
Seil  ganj  wiflfürlicf)  bnr(^  bic5<"^t>c  be^ 
©ewanbeö  ju  fpred^en  fucfet. 

3)ie  Iiturgif(f)en  garben  ber  abenb; 
länbifdjen  Äircbe  finb  SBeig,  ©djttiarj, 
{Rot,  ®rün,  SBioIett  unb  unter  gemiffen 
33orfommniffen  ®elb  unb  Sölau.  Unb 
ivoax  njirb  getragen: 

2ßeif  alä  ein  Silb  ber  9teinbcit  unb 
^^reubc  bei  |egUd)en  ®ebäd)tni«fcicrn  ber 
®e!enner  unb  Jungfrauen,  Sie  ni(f)t  ben 
ÜRärtijrettob  ctlitten,  ju  a!Beif)nad)ten, 
<5pipt)ania,  Dftern,  J^immeIfat)rtÖ5  unb 
gronlei^namöfeft,  2(üert)eiligen  unb  an 
ben  heften  bet  *)ßäpfie ,  5)oEtotcn  unb 
Äonfeffoten: 

SRot,  ein  93ilb  bet  brennenben  ßiebc, 
bei  allen  ^eften  jum  «Mnbcnfen  ber  Olpo^el 
unb  DIärtprer  («Pfingften). 

©tun,  garbe  ber  Hoffnung  auf  bie 
ewige  ©eligfeit,  an  ben  6onns'unb  %ip 
tagen. 

@dbtt)atj,  ein  93ilb  bet  Staurigfeit,  bei 
ben  gajien  unb  Sotenfeietn,  6.l)arfrcitag 
unb  bei  ©eelenmeffen. 

©lau,  ein  ©ilb  ber  Srübfeligfeit  unb 
ber  gänjlid^en  Olbtötung,  no(^  jur  ^dt 
3nnocen;i  in.  a\i  buntelbiau  ober  viola- 
cens  auöfc^Iie^Iid)  nur  ättieir.;.,!  im  3af)t, 
an  bem  ijefle  ber  unfd^ulbigen  Äinblein 
unb  am  Sonntag  Laetare,  fpäter  I)ingegen 
^dufiiier  unb  mit  ber  f(^marjen  garbe 
tt)ccbfelnb,  tJon  Septuagesima  biö  Dficrn 


unb  mötjtenb  bet  Duatemberjeiten,  an  ben 
ißigilien  unb  93ettagen. 

®elb  aU  eine  ni^t  eigentlich  fefige» 
fiellte  Iiturgifct)e  x^axbi  nur  au^na^mgä 
ttjcife  bei  einjelnen  iRiten,  bei  bem  gefie 
tii  bcil-  Sofep^  unb  ber  jweiten  ?(Reffc 
5u  2öei^na(^t. 

8c^tt)arj  unb  2Bei§  ftnb  beibeä  auc^ 
allgemein  Jrauerfatben ,  3Bei§  jeboc^  in 
biefcm  Ö^aKc  nur  mit  ®(^>natj  »erbunDen, 
j.  33.  f(f)mar^cr  3fto(f  unb  «ei^e  Äopf= 
bebccfung.  Sißei^  ift  iai  ©ewanb  ber 
iReugetauftcn  unb  ber  ^Jirmlinge,  babet 
Der  Sonntag  Qaasimodogeniti,  an  Welkem 
gefitmt  roirb,  dominica  in  albis,  ber  tt)ei§e 
Sonntag,  ^ei§t. 

SBabrenb  bie  ^^arbe  ber  ÜBettgcifllic^fcit 
«ed^feltc,  blieb  bie  .^loftergeijllict)! eit 
bei  ber  einmal  angenommen  Drbenöfarbe 
|lef)en.  ^m  atigemeinen  finb  6^warj 
unb  ®rau  bie  oerbreitetpen  J^'iil'en  für 
Sü§er  unb  Pilger,  grau  t)ei§t  ber  unge= 
näbtc  [Rod  dbrifii  (obgleid^  berjenige  ju 
Irier  in  SBitflii^feit  purpurfarben  iji). 
3nöbefonbere  bcbicnen  fiä)  bie  älteren 
*JJiönd)0otben  folgenbet  ^'"^J'cn: 

Söenebiftiner:  fdbwarj,  t>ermutli(^ 
nad)  iBorgang  bet  motgen!onbifd)en  Safis 
lianet;  Scncbift  felbet  ^at  feine  JRegcl 
übet  bie  ^Jatbe  aufgefteßt. 

(S-luniajenfet:  f^matj. 

Dtben  »on  Sallombrofo:  grau, 
hal}n  gtaue  9!Rönd)e  genannt,  fpätet 
gegen  brauntote  unb  julc^t  gegen  fc^marje 
5a"tbe  Dertaufc^t. 

Äamalbulenfer:  tt)ei§. 

©rammontaner:  fc^marj. 

jlattduf er:  trei^  mit  fd^roarjer  Äappe. 

^ofpitalbrüber  bes  t)eil.  5lnto« 
niuö:  fdjttiarje  Butten  mit  einem  f)immel» 
blauen  T,  Potentia  genannt,  b.  i.  bie 
^anbfrücfe  beö  §1.  2lntoniuö. 

dificrjienfer  ober  Setn^arbinet:  §u* 
etfl  fd)matä,  bann  balb  n)ei§  mit  f(^tt)at» 
jem  ©fapuliet. 

«Ptämonflratenfct:  n)ei§  mitweigcm 
©fapuliet. 

.Katmelitet:  juetfi  tt)ci§,  fpdtet  braun 
unb  »ei^  geftteift. 

Jtappiften:  mie  Gifictjienfer. 

4)umiliatcn:  afdigtau. 

©älefiitiet:  njei§  mit  fc^marjem  ©fa» 
puliet. 

Äanonifct,  Oiegulicrte  (Sl)ot» 
fjetrcn:  je  nac^  ÜRa^gabc  ber  ©prengel 
»e^felnb  tragen  fic  ein  fdimarjeäi,  inei^ed, 
Dioletteö  ober  braune*  Untetfleib,  batübet 


102 


^a^nacfet. 


iai    (E^or^emb    nebji    einem    fc^warjen 

i^tanjiöfaner:  braun,  bafier  „bie 
Sßraunen"  genannt. 

SJominifaner  ober  ^rebiger: 
tt)ei§e*  UntergettJanb,  mit  weitem  @fapu- 
lier  unb  fd^roarjem  SKantel,  bie  Siionnen 
mit  braunem  ÜJlantet  unb  [^»ar^em 
^auptfd)Ieier. 

Qlugufiinercremiten:  grau,  fpäter 
fc^rt)ar^ 

99 eg inen:  braun,  grün  ober  blau, 
fpäter  f^warj. 

©eg^arben,  SoIIbrübcr:  grau. 

5R  i  1 1  e  r  0  r  b  c  n : 

Orben  beö  ^eil.  ©rabe«:  meiB 
mit  rotem  Äreuj  in  frlbernem  ^tMi. 

3o^anniter:  fd)h)arj  mit  meifem 
Äreuj. 

2;  e  m  p  l  e  r :  bie  SRitter  meif  mit  rotem 
Ärcuj,  bie  ®ciftUci)en  meif,  bie  bienenben 
SßrüCcr  grau  ober  fc^marj. 

S)eutfc()^erren:  fdjwarje«  Unter= 
gemanb,  weiter  ©(^ultermantel  mit 
[(^marjcm  Äreuj. 

5tuct)  bie  QS  ö  l  f  e  r  unterfc^eiben  ft* 
burci^  bie  ^^arbe  if)rcr  ^leibung.  S)ie 
3  u  b  e  n  trugen  im  ÜJUttelaltcr  einen  ^ut 
Don  weiter  ober  gelber  garbe,  auä) 
ganj  gelbeö  Äleib,  ober  einen  SRing  üon 
gelbem  S^^a^  ""f  ^^^  ^xn^  beö  SRocfeä 
aufgcndl^t;  gelb  ifi  aber  auc^  iai  (Semonb 
ber  feilen  2)irnen.  2)ie  ißauern  beö  ÜJiittel- 
alterä  trugen  fid)  fc^marj  ober  grau; 
grisette  ifi  eigentlich  ein  SKdbcfcen  »on 
geringer  ^crfunft;  bancben  crf^eint  für 
benfelben  Stanb  bunfelbtau.  SDer  bösere 
©tanb  jog  in  bunten  ^ii^bcn  auf,  oft  feit 
bem  12.  3abrf).  fo,  ta^  man  baöfelbc  ®e= 
tt)anb  jTOeifarbig  machte,  tjalb  in  ^alb 
gcgeneinanber  ober  in  Streifen  ober 
SBürfcIn  burc^einanber ,  jeneS  bei§t  mbb. 
teilen,  zesamene  sniden,  biefeö  under- 
sniden,  zersniden,  zerhonwen,  mengen, 
parrieren.  I)ie  bejeic^nenbftcn  Äleibcr» 
färben  beö  f;öfifd)cn  ©tanbe«  fmb  aber 
tt) e i §  unb  rot.  3"  meiner  i^arbe 
erfcf)ien  bie  fürfili^e  Oemalt:  wei^eö 
*Pferb,  meiner  ^unb,  meiner  ©tab,  mci§e 
Sücf)er  auf  %i[ii)  unb  Sett,  mci§e«  (£§= 
unb  Srinfgcfc^irr;  ber  Stab  be^  JRic^terö, 
beö  ®ericl)teboten  unb  ^erolbe^  ifi  roeife. 
{R  0  t  mar  nad)  alter  beutfc^er  ©ittc  nur 
bie  ©emanbfarbc  für  ben  Ä  r  i  e  g  ,  bie 
@d)ilbe  ftnb  urfprünglic^  rot  ober  »ei§ 
bemalt;  fo  mar  bie  gemö^nlic^c  garbe  ber 
5  a  :^  n  c  rot.  SRotc  ©  i  e  g  e  l  f  a  r  b  e  galt 
al«  bcfonbere  iJlueäei^nung. 


€eit  bem  14.  ^a^x^.  übertrug  man  bie 
55arbenfpmbolif  ber  Siebe  gerabesu  auf  bie 
mirf liefen  Äleiber;  licbenbe  S^nglingc 
unb  3""9fwucn  erfct)ienen  in  roten 
SRöcfen;  mer  bie  93efiänbigteit  feiner  Siebe 
öffentlich  bemeifcn  moi^te,  in  blauen, 
blau  tragen  l)eif t  fo»iel  alö  bejiänbig  fein. 
SCßei^e^  Äleib  beutete  auf  Hoffnung, 
fc^marjeä  auf  Trauer,  gelbe^  auf  pd^fie 
©eglücfung ,  brauned  auf  iBerfci)miegenbcit 
unb  Sebutfamfcit,  graueö  ironifc^  auf  ben 
^ol)m  ©tanb  ber  ®eliebten,  grüneö  auf 
ben  fröljlid^en  Anfang  beö  Sieben«!;  mit 
mehreren  ^Jai^ften  an  einem  unb  bemfelben 
©emanbe  liefen  fic^natürli^  mehrere SiebeS? 
bejüge  bejeicf)ncn.  2)aä  iBolfelieb  oom 
15.  3af)rf).  an  üertaufd)t  bann  bie  färben* 
fpracbe  mit  ber  93  l  u  m  e  n  f  p  r  a  cfe  e  (ftcfie 
biffen  9lrt.).  «Ra*  9B  a  d  e  r  n  a  g  e  l ,  Äl. 
Schriften,  I.,  143  ff,  unb  für  bie  firc^l. 
55arben  nact)  2B  c  i  fe  ,  .^ojiüm!unbe. 

gaftna^t,  f^fJ^nfl^t,  m^b.  vasenaht, 
vasnaht,  vasennaht ,  fd^eint  feinesmeg^ 
ju  fajien,  fonbern  ju  fafen,  fafcln, 
baüon  ^afelHnö,  m^b.  vasen,  a^b. 
fason  ju  gepren ,  mit  ber  urfprüng« 
liefen  ©ebeutung  »on  ©(fymarmfcji. 
S)ie  ^orm  vastnaht  mit  9lnlct)nung  an 
fasten  ifi  juerfi  in  IRorbbeutfd^Ianb  auf» 
gefommen,  neben  vastelnaht;  in  Sapern 
unb  Dfierreid)  ^eift  eö  ^afdbing,  tvai 
man  ebenfatlö  üon  vasnaht  abjulciten 
pflegt.  SB  e  i  g  a  n  b.  —  3n  ben  gafinad)t«* 
gebräud)en  mifc^cn  ftc^  altgermanifdjc 
grül)lingäfttten,  c^rifilid^e  2lnfc^auungen, 
Solföaberglaube  unb  jum  Jeil  »on  ben 
SRömern  ^erfiammenbe  itaUcnif(f)e  Äarne* 
üalöfeierlic^feiten.  2)ie  5afinad)tfreuben 
befianbcn  in  Sanj,  ©cfemaufereien,  Srinf* 
gelagen,  üRummcreien,  9lufjügen,  mancher* 
ortö  im  9lbl)alten  eine^  9'Jarren9eri<i)te«. 
S)ie  ©ucl)t,  ftd)  ju  oerfleiben.  War  im 
ORittclalter  fe^r  grp§  unb  ma^tc  fid)  auä) 
JU  anberen  Seiten  a\i  bloB  jur  ^afinad^t 
geltenb.  (5igcntli($e  ^ufjügc  f^cincn  aug 
3talien  ^erübcrgefommcn  ju  fein,  mo  im 
14.  unb  15.  3a^Tl)unbert  ber  Äarner»al 
ju  \)oi)n  2luöbilbung  gelangte.  3" 
©eutf^c^tanb  mar  bie  ^auptfacf)e  ©c^mau* 
fcn,  Irinfen  unb  2anjcn.  IRat^^erren, 
93eamte ,  ^anbmerfer  mürben  in  ben 
©labten  ju  5aftnac^tmät)lern  »erfammelt; 
bie  3"nftt  l)atten  an  biefem  Sage  i^ren 
3unftf(f)mauö ,  bcfonberö  bie  patrijifd)en 
®efetlfd)aften.  3"  S'^anffurt  währte  bei 
einer  folc^en  ®efetlfd)aft  bie  5fPf«i«t  neun 
Jage,  mit  bem  jur  ©r^olung  nötigen 
9lu«ifatlc  non  brei  lagen.    Qluffallenb  ift. 


^ajinad^t. 


103 


ta^  man  id)on  im  SOJittelalter  bie  ^ap 
nac^tfeier  biä  in  bie  gaftcnjeit  fortfe^tc. 
5llle  Älaffen  feierten  ben  2(f(ftcrmitttt)0(f) 
mit  (Jffen  unb  Srinfen;  in  (Sonftanj 
tt)urbe  biefe  $(uöbcl)nung  ber  ^eiet  im 
3a^r  1450  »erboten. 

(So  giebt  eine  umfan9reicf)e  %a^\\ai)U 
fiitteratur  3"  ^^^^^  ^^^^^  gehören  baju 
bie  gaftna^tfpielc,  bie  im  15.  3a^rl). 
bcfonberö  in  SJürnberg  blühten;  |)anö 
Sflofenbtut  unb  ^anö  golj  Ijaben  if)rer 
eincÜjRenge^intcrlaffen.  Qlud^nac^  beriRefor^ 
mation  blieb  HfJürnberg  ber  Ijauptfife  beö 
öcrebelten  5aj^nacf)tö[piele^,  üertreten  burd) 
^an^  ®ad)^  unb  Jiifob  2lt)rer ;  (fte{)e 
ben  2lrtifel  S)rama).  ^Jafinac^tlieber 
^at  man  melirerc  auö  bem  15.  ^a):)xl).] 
ein  93oItöIieb  non  ber  gejina^t  (Ut)lanb, 
SRr.  242)  f)at  u.  a.  folgenbe  ®tropt)en: 

55ürtt)i^,  ber  framer,  t)at  uil  rcat 
gebracht  au§  frembben  lanben, 
tt)er  icfct«  bebarf,  ber  fücg  f\ä)  bar! 
finbt  mandberlei  t>ort)anben; 
benn  iebermann  finbt  fein  manier, 
»er  gelt  barauf  ttiil  hjenben, 
bamit  er  fid)  fdf)ön  fc^mücf  unb  jier, 
bie  faönac^t  juc  noüenben. 

2)er  narrenfappen  ^at  er  fit 
für  alt  unb  jung  gefeHen, 
bie  bienen  jue  bem  faönacbtfpil, 
rotx  fid)  fan  nerrifc^  l^eüen; 
Dil  fittei  juc  ber  mummerei, 
gcmad)t  üon  allen  färben, 
»il  larben  bie  jinb  aud)  barbei, 
rcei  ber  ie  ntc^t  »il  barben. 

atot  büet  gebraucht  man  bifer  jeit, 
ein  fd)Ieir  barumb  gebunben; 
mer  umb  boö  ©retlein  freien  reit, 
ein  franä  mit  lan  (ßein)  umbnjunben, 
ein  ^anenfeber  mu§  er  ^n, 
ein  I)emb  mit  feiben  nätcn, 
bamit  er  möge  mol  bcjian 
unb  gfaOen  feiner  (Sretcn. 

2>er  framer  ^at  Dil  feitenfpil, 
bie  i^  ein«  teiB  rttil  melbcn: 
ein  facfpfeif  unb  ein  pfannenjiil, 
pofaunen  ^ört  man  feiten; 
ein  lauten,  bie  fein  feiten  f)at, 
barjue  ein  ^üljen  glecfjter, 
barbei  ein  fuet)orn  fer  mol  |iat, 
baö  bienet  für  bie  wed^ter. 

(Sin  f)ären  ftb  bie  paufen  fei! 
bie  f(^led)t  man  mit  bem  querlen; 
»il  ofcnruc§  ift  auc^  barbei 
unb  Rauben  o^ne  perlen, 


bamit  Derftelt  t>a^  angcftc^t, 
fo  man  nac^  ȟr^en  finget, 
an  gabeln  tregi  man  aufgeri(f)t, 
tvai  febed  feltfamö  bringet  u.  f.  m. 

5lucf)  gajinact)tprebigten  fommen 
fcf)on  im  15.  3at)rt).  cor,  im  16.  3abrf). 
mcift  auf  bie  alte  Äirct)e  gemünjt,  fo  bie 
„Äur^weilige  5a§nac£)t  <  5ßrebigt  »on  Dr. 
©^warmen  ju  |iummclöl)agen,  auf  (Sritlen= 
berg  unb  Jappened,"  unb  „Sin  fur^tt)et)lig 
$rebige,  bie  unä  bef^rcipbt  Dr.  ©d)mo§- 
mann,  am  üier  unb  jwein^igjien  Äappen- 
äipffea." 

©ebafiian  ^ranf  bcfcf)reibt  imffielt» 
bud)  bie  5afinad)t  folgenbcrma^en: 
„««a(^mals  fnadi  Sic^tmeB)  fumpt  bie  ^a^- 
nad)t,  ber  SRömifd)en  Sf)rijlen  Sac^analia. 
Oln  bifem  ^efl  pflegt  man  Dil  fur^Vüeil, 
fpectafel,  fpil  jue  l)alten,  mit  jiedicn,  tur« 
nieren,  tanjen,  lodenfart,  faftnac^tfpil. 
S)a  üerf leiben  fic^  bie  leut,  laufen  reic 
narren  unb  unftnnige  in  ber  flatt,  mit 
mand)erlei  abentt)eur  unb  fantafei,  »aö  fte 
erbenfen  mögen:  mer  ctreaö  närrif{^  er« 
benft,  ber  ijl  meijier.  S)a  frl)et  man  in 
fel^amer  lüjiung,  fel^amer  mummerei, 
bie  fragen  in  mann«  fleibern  unb  bie  mann 
in  n)eiblid)er  »aat,  unb  ifi  fürrcar  fd)aam, 
jud)t,  erbatfeit,  frumbfeit  an  bifem  d)rift* 
liefen  feji  t^eur,  unb  gefc^ic^t  »il  buobcrei, 
bo^  berric^tö  gelt  aüe^  in  ber  beid^t,  att 
bo|t)eit  unb  unjud^t  ift  jimlic^  an  bifem 
fe|i,  ja  ein  moljianb.  2)ie  Ferren  ^abcn 
ir  ga^nad)t  an  einem  fontag,  barna*  auf 
ben  aftermontag  (Sag  nad)  bem  Wontag) 
bie  öeigen.  3n  fumma,  man  fad)ct  baran 
aüen  muotmiH  unb  fursweil  an.  ötlid) 
taufenb  on  aüe  fd)am  aller  bing  nacEenb 
umb,  (Stli*  fried)enb  auf  allen  eieren  tt)ie 
bie  tbier,  (Stlic^  brüllen  narren  au§,  (Stlic^ 
feinb  münc^,  fünig  jc.  auf  bi^  ^i%  Mi 
no\  lad)enö  wert  ifi.  ®tlic^  ge^n  auf 
^of)en  fieljen  mit  flügeln  unb  langen 
©^nabeln,  feinb  fiorfen,  etlid^  bdren, 
etUd^  »ilb  I)oljleut.  ctlic^  teufel,  etlic^ 
tragcnb  ein  frifd^en  menfdbenfot  auf  ein 
füffin  t)erumb  unb  mörcn  im  ber  fliegen, 
»ölte  ©Ott,  fre  müe^ten  im  auc^  fc^neijcn 
unb  crebenjen.  etlic^  feinb  äffen,  ctli* 
in  narrenfleibcrn  oerbu^t,  unb  j»ar  bife 
ge^n  in  ir  redeten  mummerei  unb  ftnb 
in  ber  »arlieit  bai,  baö  fte  anseigen. 
SBann  fre  ein  anbrer  ein  narren  fd)ilt  unb 
efelorcn  jeigt,  fo  möEen  fte  jürnen,  t)arDen 
unb  fielen,  unb  f)ie  beichten  fte  willig 
unb  öffentlich  cor  jeberman  felb«,  wer 
ft  ftnb.    S)ie  Stali  ober  ffialfen  in  Stalia 


104 


gfaufi. 


fleflen  ftc^  aui),  aU  tüöUcn  fie  bie  leut« 
fd^en  in  biefem  fall  übeiminbcn,  ^a  fcinb 
au(J)  narren  «olfeil,  bod)  etwa«  fubtilct 
bcnn  bic  teutfc^en  Um  Ulm  ^at  ee 
einen  ixaui)  an  ber  ^afincc^t:  von  bi§ 
tag^  in  ein  ^au§  gef)t  unb  nit  fagt,  er 
fle|e  mit  urlaub  au|  unb  ein,  ben  faj[en 
fi  unb  binben  bem  (e^  fei  fragen  ober 
manng  bilb)  bie  t)änb  alö  ein  Übeltäter 
auf  ben  rüdfen,  Elopfen  mit  einem  böcfcn 
toran  unb  füerenö  in  ber  ßatt  ^erumb. 
31uf  biefe  fumbt  bie  gaji.  S)en  näc^jlen 
tag  barnad)  jur  cingang  berfelben  lauft 
ba«  nolf  jufirc^en,  ba  jlreftet  ber  pfoff 
cim  jcben  umb  ein  Pfennig  ein  menig 
äfd^en  auf  ben  Äopf.  (Stlicb  ^aben  ir 
eigen  gebet  unb  anbackt  auf  bie  fagnad^t, 
für  ben  frörcr  ober  feler.  Qluf  biefen  tag 
ber  äfcf)erigen  mitreoc^  leuten  fte  ba^ 
ijaficn  ein  mit  großer  mummerei,  balten 
pan?et,  unb  necfleiben  ft^  in  ein  funber 
munier.  (Stlid^  flogen  unb  fuo($en  bie 
fafinad^t  mit  fadten  unb  laternen  bd 
gellem  tag,  fc^reien  fläglid^,  mobin  bie 
^afnacbt  fumcn  fei.  (Stlic^  tragen  ein 
^aring  an  einer  jlangen  unb  fagen:  SRim« 
mer  reürji!  ^aring!  mit  »iel  fel^amer 
abent^cur,  fafinadbtfpil,  gfang  unb  reimen, 
laufenb  aber  etli^  gar  nacfenb  burd)  bie 
fiatt.  Stli(^  ^endenb  ein  {)aufen  buoben 
an  ftct)  unb  fingen  inen  »or,  etlic^  roer^ 
fenb  nu^  au§,  etlicf)  faffen  einanber,  tra* 
gen  einanber  auf  fiangen  in  bac^  unb 
treiben  ber  fantafei  unjälid^  »il.  S)en 
näc^fien  ©ontag  barnac^  gibt  man  ber 
ga§nad;t  Urlaub,  »erbu^t  unb  Dcrl)ült 
^c^  aber,  trinfen  fid)  »oü,  fpilen  u.  rafften 
juletp.  Qllö  bann  folget  bie  traurig  faft." 
Unb  bei  ®elegenl)eit  ber  Sefc^reibung  i>ii 
ßanbcö  ber  ^i^anfcn:  „5ln  bem  SR^ein, 
^yronfenlanb  unb  etlid)  anbern  orten  fam* 
ien  bic  jungen  gefeüenallc  banjjungfratt)en, 
fe^en  fi  in  ein  pfluog  unb  jieben  iren 
©pilman,  ber  auf  bem  pfluog  fi^t  unb 
pfeift,  in  baäi  n)affcr.  üln  anbetn  orten 
jie^en  fie  ein  feurigen  pfluog,  mit  einem 
meifterlidf)cn  barauf  gemadjten  feur  an* 
gejünbt,  bi§  cä  ju  trummern  feit. 

galten  auc^  ir  »ier  ein  Iet)Iac^  (8cin= 
tud))  bei  ben  cier  jipfeln  unb  ein  ^röinen 
angemad)tcn  bu^cn  in  bofen  unb  ttjammcö, 
mit  einer  larüen  tt)ie  ein  tobten  mann, 
fd)mingen  fie  in  auf  bie  t)ö^e  unb  ent^ 
Pfaden  in  »iber  in  tai  U^laä).  iai  trei« 
ben  fie  burd)  bie  ganj  jlatt,  unb  mit  Dil 
anbern  figuren  ge^n  bie  JRömif^cn  ^»eib» 
mfd)cn  (S^rifien  in  ber  ^a^nad^t  umb, 
aU  unftnnig,  mit  großer  Icid^tfertigfcit." 


I.  ßtteratur  beö  J^a  uflbucfeeö.  ^n 
d^nlie^em  ©inne  mie  baö  16.  Ja^r^unbcrt 
cinjelne  8anbfaf)rergefcbi(^ten  auf  ben 
©ulenfpiegel,  9'iarrengefct)idf)ten  auf  ben 
Ort  ®d)ilba  cereinigtc,  »urben  bamalÄ 
and)  feit  alter  Qnt  umgebenbe  Saubtxtx^äb' 
lungen  auf  ben  SRamen  cineö  Dr.  Jo^anneä 
%a\x^  fonjentriert.  5Diefeä  fog.  5^auftbud^ 
erfd)ien  juerfi  1587  ju  ^ranffurt  a.  ÜJI., 
unter  bem  Sitel:  |)ifloria  Söon  Dr.  3o^ann 
JJauften,  bem  meitbef(^ret)ten  3auberer  unb 
@dbtt3orjfünfiler ,  mie  er  ftd)  geaen  bem 
teuffei  auff  eine  benanbte  jeit  üerfd^ricben, 
3Ba^  er  ^ier^wifd^en  für  feltjame  2tbent^etT)r 
gcfebcn,  felbä!  angeridf)tet  unb  getrieben, 
bi§  er  enblicft  feinen  motjluerbienten  2o^n 
empfangen.  SWebrertlieil^  aug  feinen  eigenen 
^interlaffenen  ©dirifften  ^ufamen  gebogen 
unb  im  S)rud  »erfertigct.  (Scbrudt  ju 
55ranffort  am  ÜJlapn,  burd^  Johann  ©pic^." 
1588  erfd)ien  jU  Sübed  eine  nicberbeutfd^e 
?luögabe,  in  bemfelben  Jqbre  ein  gereimte« 
gaufibu^,  balb  barauf  Überfc^ungen  in« 
2)änif^e,  ^oüdnbifdje,  ^ranjöftfc^c  unb 
Snglifcfte,  1599  ju  .^»amburg  eine  mit 
morali[d)en  93etradbtungen  üerfe^ene,  bur^ 
®eorg  ^lubolf  Sßibmann  »eranftaltcte 
'Jluäqabe,  biele^tere*iluägabe  »erme^rt  burd^ 
3.  yi.  qSfi^er  JU  9?ürnberg  1674;  1728 
eine  »erfüräte  Qluögabc  ^u  ^'ranffurt  unb 
öeipjig  ,  meiere  bie  ©runblage  beö  fpätcrn 
3ai)rmarftoolf0buc^eä  gcttiorben  ift. 

n.  23 erf affer.  S)er  unbefannte  93er* 
faffer  bcä  älteflen  23olf0bud)e«  mug  ein 
protefiantifc^er  j^eologe  gewefen  fein,  einer 
ber  ja^lreidben  nad^reformatorifd^en  ©iferer, 
tit  eö  äu  it)rer  Qlufgabe  madbten,  ben  nie 
ru^enben  Unglauben  ju  bcfämpfen.  ®r 
rcar  jum  minbejlcn  ein  febr  abergloubifd^cr 
ÜJJenfd^;  benn  er  teilt  93riefe  unb  Urfunbcn 
al«  äd)te  mit,  j.  S.  ^au^i  33ertrag  mit  bem 
Teufel,  beruft  fid^  aud^  auf  bie  oon  Dr. 
9^auft  felbft  üufgejeic^nete  unb  feinem  %a' 
muluö  Sffiagner  tefiamenteweifc  »ermatte 
^ijlorie  feinee  fiebcn«  roä^renb  ber  ^tit, 
ba  er  mit  fcem  Teufel  Sßerfe^r  pflog. 

m.  3nbalt  beö  gaufibud^e«.  SDa« 
jjaupbudl)  jerfiiHt  in  brei  Seile.  2)eren 
erfier  l)anbelt  »on  Dr.  gaufiä  iBcrfu^ung 
unb  t)öaifd)em  Sünbniö.  Dr.  J^auft  i^ 
eine«  93auern  @ol)n  gcmefen,  ju  SRob  bei 
ffieimar  gebürtig,  ©eine  ©Itcrn  waren 
gottfelige  unb  dbrifilid^e  ßeute,  unb  fein 
bi)m,  ber  ju  Wittenberg  fe§^aft  unb  ein 
Dcrmögcnber  Sürger  mar,  bat  ^aufium 
auferjogen  unb  wie  ein  Äinb  gel)alten. 
(Sr  lie§  ibn  in  bie  ©^ule  ge^en,  Jtieologie 


5?aufi. 


105 


ju  jiubietcn.  ©t  ifi  aber  Don  biefcm  gott* 
feligen  23otnct)mcn  abgegangen  unö  ^at 
©otteö  ffiort  miPraud^t.  Da  gaufluä 
aU  ein  gelefirigcr  unb  gefd^winbcc  Äopf 
jum  ©tubicrcn  geeignet  unb  geneigt  war, 
ijl  cä  balb  [o  meit  gekommen,  t>a^  man 
ibn  jum  üJiagifter  eyaminiertc.  Söeil  er 
aber  einen  unfmnigen  unb  tjoffärtigen  Äopf 
gehabt,  tt)ic  man  if)n  benn  aüejcit  ben 
6pefulicrer  genannt  ^at,  ift  er  in  böfe 
®e[enfd)aft  geraten,  f)at  bie  £)cilige  ©cf)rift 
eine  fficilc  binter  bie  Z^üx  unb  unter  bie 
San!  gelegt  unb  ein  raub  unb  gottlofe^ 
SIBefen  geführt;  »ie  c«i  benn  ein  «abr 
©pridjmort  ift:  SBa«  äum  leufel  mü, 
ba^  lä§t  ftcf)  nicfct  auft)alten.  Da 
ging  er  benn  nad)  Ärafau,  i>a  warb  er 
<in  SBeltmenfcf),  ein  Qlflrotoguö  unb 
9)1  a  t  ^ em  at  i f  uö,  nannte  fid)  einen  ©oEtor 
ber  50Jebijin,'balf  aucb  crftlid)  »iclen  Seuten 
mit  Kräutern,  Sßurjeln  unb  ^flajlern  unb 
roar  babci  rebfelig  unb  in  ber  göttHd)en 
®({)rift  rcoblerfa^ren.  5Bie  nun  Dr.  ^aufiö 
©inn  bat)in  geftcßt  rcar,  tai  ju  lieben, 
maä  ni^t  ju  lieben  war,  na^m  er  Slblcrös 
flügel  an  ftd)  unb  »otlte  aUe  ®rünbe  oon 
^immel  unb  Srbe  erforfd^en;  benn  fein 
leidbtfertiger  35oitt)i0  fiac^elte  unb  reijte 
tbn  alfo,  i)a^  er  fid)  auf  eine  3eit  Pornabm, 
etli(f)e  sauberifc^e  Sßofabeln,  gigurcn  unb 
üBefcbwörungen  ju  cerfucben  unb  inö  2Berf 
JU  fc|en,  bamit  er  ben  Seufel  oor  ftcf) 
forbern  mö($te.  Söiittcn  im  SBalbc  bei 
Sffiittenberg  befd^mor  er,  auf  einem  Ärcuj^ 
megc,  burc^  ctlid)e  S^^^^^  "lit  feinem  6tabe 
ben  böfen  Oeifi.  Unter  fd)redlicften  (Sr» 
f^einungen  fommt  biefer  in  ©eflalt  eineö 
i^rauen  SWöndbö.  %a\x\t  jitiert  i^n  beö 
nä(^flen  ÜJJorgenö  in  feine  Äammer  unb 
f(^ldgt  ibm  ein  "Bünbniö  »or:  erjilid) 
Derlangt  ^auft  Pom  Jeufel,  ta^  er,  ?^aup, 
aucb  ®ci($icf,  ^orm  unb  ®efialt  eine«! 
©eifieö  möge  annehmen  fönnen;  jmeitenei 
foEte  ber  Oeifi  aüe«  tbun,  maö  er  beget)rte; 
brittens  in  feinem  ^auö  unft(^tbar  re^ 
gieren,  unb  »iertenö,  fo  oft  er  if)n 
forberte,  foüte  er  in  ber  ®e|talt  erfcf)einen, 
wie  er  i^m  auferlegen  würbe.  Der  ®eiji 
miüigt  ein,  falls  ^^a\x^  feinerfeitö  fotgenbe 
93cbingungen  eingel)t:  1)  ta^  ^au^  »er» 
fprcd)e,  beö  5lcufel«  eigen  fein  ju  wollen; 
2)  \o\ä)ii  wolle  er  ju  mebrer  ©cEräftigung 
mit  feinem  Slute  bezeugen;  3)  ta^  er  allen 
c^riPgläubigen  5Wcnf^en  feinb  fein  wolle; 
4)  ba§  er  ben  d^ripiicben  (glauben  oer- 
Icugne,  unb  5j  ta^  er  ftd)  nic^t  Derfüt)ren 
laffe,  fo  man  i^n  befe^ren  wolle,  {^auft 
ge^t  ben  <Pa!t  ein.    (gben  in  biefer  ©tunbe 


fiel  ber  gottlofe  SDJann  oon  feinem  ®ott 
unb  Schöpfer  ab,  ber  tbn  erfcf)affcn  bat, 
unb  warb  ein  ©lieb  be^  leibigen  Jeufelö, 
unb  War  biefer  5lbfall  nict)t«(  anbcre^  benn 
ftoljer,  oerjweifelter  ^oc^mut,  verwegene 
'Öernieffenbeit,  wie  ben  iRtefen  ju  9JJute 
war,  Don  welchen  bie  ^oeten  bid)ten,  ba§ 
fte  bie  Serge  jufammentrugen  unb  wiber 
©Ott  friegen  wollten;  ja  wie  bem  böfen 
(Sngel,  ber  ftcb  wiber  ©ott  fe^te,  weöt)alb 
er  für  feinen  Übermut  unb  .^'off'ii^t  üon 
©Ott  üerfto§en  warb.  Denn  wer  f)oc^ 
fieigen  will,  ber  fällt  axxä)  bo<^  berab.  — 
9lun  lebt  \^au^  in  Sau«i  unö  Srauä; 
feine  9Jabrung  bat  er  überflüfftg,  ber  ©eiji 
bringt  iim  JBein  auö  ben  Äetlern,  wo  er 
will.  iJiur  bie  (Jingel;ung  einer  S^c  »er* 
bietet  er  ibm,  alä  bem  ^afte  juwiber: 
benn  bie  (Jl)c  i|i  göttlicher  ©infe^ung.  Dr. 
^aujl  üerfuc^t  nun  »om  ©eiji  aücrlet 
©eiö^eit  ^u  erforf^en,  bie  er  auf  gött* 
lidjem  üBege  nid)t  erfahren  ^atte;  waö  für 
ein  ©eift  er  fei?  wie  fein  J^err  im  ^immel 
gejiert  gewefen?  wie  ber  Teufel  feine  iöer* 
fucbungen  non  5lnfang  an  getrieben  ^abe  ? 
wie  bie  ^ölle  befc^affen  fei?  was  Tlepl)u 
ilopl;eleä,  angenommen,  er  wäre  al^  ein 
ÜJtenfc^  non  ©ott  erfdjaffen,  tl)un  wollte, 
um  ©Ott  unb  ben  üJJenfcfeen  ju  gefallen. 
Die  33cantwortung  biefer  fragen  gefdbie^t 
mit  ben  nctbürftigen  t^eologifdbcn  ÜHitteln 
ber  S^it. 

Der  anbere  Seil  banbelt  Don  Dr. 
,^aufli  ©efc^ic^ten  unb  5lbenteuern.  5lm 
@nbe  be^  crfien  £eileö  t)itte  ^»er  ©eifi 
gauftm  erflärt,  er  werbe  ibm  auf  feine 
gottfeligen  ^'^flS^n  ^^i""!  Antwort  me^r 
geben,  ©o  mu§te  eö  ^^auft  für  gut  fein 
laffen  unb  fing  an,  .^alenber  ju  fd^reiben.  Da» 
gegen  frug  er  ben  ©eift  über  Sommer  unb 
üBinter,  wot)er  fie  il)ren  Urfprung  näbmen, 
t)onbeö|)immelö!Bewegung,ßaufunb3i8rbe, 
woraufibnber©eift  gar  woblbefd&ieb. Darauf 
tat)rt  i^aufi  mit  bes  ©eiftö  ^ülfe  jur  ^ölle, 
fät)rt  in  hai  ©eftirn  auf,  wo  er  ®elegenl)cit 
finbet,  tai  Himmelsgewölbe,  Sonne,  ÜRonb 
unb  Sterne  in  ibrer  2Birfltd)feit  ju  beob* 
achten,  unb  fdjlieflic^  mad)t  er  eint  SReife 
in  bie  »ornctjmften  ©täbte  unb  ßänbet, 
nai)  *Pari^,  D^eapel,  nad)  9iom  }um  $apft, 
glorenä,  Äöln,  ®enf,  Strafeburg,  Sffiien, 
»Prag,  Ärafau  unb  burd)  Uni]arn  nac^ 
Äonfiantinopel.  fRad)  anbcrt^alb  3''^'^«" 
teljrt  er  jurüd,  ber  Scufel  I)atte  i^m  iai 
möglidbft  grofee  SD?a§  üon  weltlid^er  (Sr» 
Eenntnid  oerfcbafft. 

Der  brittc  2: eil  erää^ilt  in  crjtcr 
Sinie   etwa   40  ßoubergefc^idjten  beä  Dr. 


106 


5ouji. 


^auii:  njtc  er  »or  ÄatI  V.  Ullcjanber 
ben®ro§en  unb  feine  ©emaötin  üorjaubcrt, 
einem  SRitter  ein  ^irfd^gewei^  an  ben  Äopf 
jaubcrt,  einem  Sauetn  ein  ^ui^er  .^eu  famt 
Sffiaflen  unb  (ßferben  frij^t,  brei  ©rafen  auf 
i^r  Sßegeljren  burcf)  bie  8uft  na^  Tim(i)tn 
füfirt  auf  beä  jungen  Saietnfürfien  ^oi)' 
jeit,  con  einem  3uben  (Selb  entliet)  unb 
i^m  feinen  S^entel  ju  *Pfanb  ^ab.  ben 
er  ficft  felber  in  beä  3uben  Seifein  ab-- 
fügte.  Sin  anbermal  cer;;aubcrt  er  93auetn 
ibi  offene^  2)JauI,  ba§  fie  cö,  offen,  nid^t 
fd^Iiegen  fönnen;  er  jaubert  ©peifc  unb 
Jranf  nad^  SBiÜfür.  rco^in  er  reiü;  er 
jaubert  ein  anfet)nlicf)eö  Scfelo^  auf  eine 
^ö^e;  er  jaubert  üor  ben  Stugen  cingelabe^ 
ncr  ©tubenten  bie  fcfcöne  Helena  ins  ®e= 
mac^;  er  ;;aubert  jid)  bei  einer  Belagerung 
feinblic^e  j^ugeln  in  bie  ^anb  u.  a. 

(Sin  %ni)an%  crjä^It  enblic^,  voai  ftd) 
mit  Dr.  ^auftuä  in  feinem  legten  ^a^x 
begeben  £)ai.  Sr  ma^t,  wie  er  merft,  ia^ 
bie  24  '^ai)Xi  fcinea  23ertrageö  balb  öor= 
bei  ftnb,  fein  Seftament  ju  ©unfien  feine« 
^amulu«  SBagner,  jammert  unb  feufjt 
über  fein  Tud)lo^  Sebcn  unb  barüber,  t>a^ 
er  feine  Seele  bem  Jeufel  nerfc^rieben, 
unb  mirb  jule^t  com  Teufel  jerriffen. 

IV.  (Elemente  beö  55auftbucf)C0. 
Sd  laffen  ftcft  im  ^auftbuc^e  folgenbc 
ßtcmente  unterfc^cibcn: 

a.  2)ie  3öubergefcbic^ten;  im  3"= 
fammenf)ang  beä  ^auftbuc^eö  ftnb  fic  frei* 
l\d)  aU  «yuäflüffe  gotttofcn  Zl)\im  betradf)= 
tet-,  fic  gehören  jeboc^  urfprünglid)  in 
ben  Sereicf)  ber  übernatürlichen  (£rfc6ei= 
nungen,  bie  tai  c^riftli(^e  SJiittcIalter  auä 
ber  tieibnifc^en  syorjeit  überkommen  unb 
bem  ©cipe  ber  3^'^  gemä§  mit  aSorliebe 
überliefert  unb  auegebilbet  f)atte.  «Sie 
unterliegen  beebolb  eigentlich  nidbt  bem 
SDtapjlabe  bee  (Suten  unb  QSöfcn,  fonbern 
allein  bem  beö  Äönnen«  unb  9'iic^tfönnen«; 
bie  Sage  unb  iai  Äinbermärc^en  }^abin 
ben  3<'u&«  unmiberfproci^en  bi«  ^eute  hf 
ftaf)«,  bie  SRübejabl '  SOJärcfien  finb  feiner 
Doli.  SOtanc^eö  non  bem  3ii'tfi^  ^^^  I^r. 
gaufi  mag  orientalifdier  ^ertunft  fein,  in 
ber  fd)önen  Helena  fpielt  leife  tau  $rinjip 
ber  SRenaiffance  in  biefc  fonji  fefjr  mittel- 
alterliche 2Belt. 

b.  SDic  $erfon  be^  3iuberfünfi  = 
lerä.  2i[d)tcr  3auber  iji  urfprünglid)  Sad^e 
eines  ©eiftee ;  ber  SDtenfc^  fann  blo§  ju  jau= 
betn  Borgeben,  mclcf)eö  tmmerl)in  fo  lange 
eine  gemiffe  (5ntfct)ulbigung  bii  fxi)  i)at, 
ali  bie  ÜJlenfc^en  »on  i^rc«  (Sleid)en  3auber 
anneljmen  unb  glaubenmögen.  Sold)e  ^au» 


bcrer  fanntc  ba^  glaubensoolle  aJiittelaltet 
Diele,  öeute,  n)eld)e  bie  ^reube  ber  3R\u 
menfc&en  an  3'^"^««*  benü^ten,  um  ftc^ 
gute  Jage  ju  mad^en,  ü)?enfd^cn  »on  auägc* 
fprocfecn  fd)led^temßebensn)anbel,  Q3etrüger, 
ßügner,  SBollüpUnge,  Sdf)lemmer  u.  bgl. 
(Sin  fold^er  SOlenfc^,  9?ameng  ^auji, 
fc^eint  in  ber  jnseiten  ^dlftc  beö  15.  3cibr= 
l)unbertö  in  3)eutf^lanb  gelebt  ju  ^aben. 
®ett)i§  ifi,  ta^  tttoai  fpäter  ein  ät)n* 
lidt)er  Serufämann  alö  S^itgenoffe  ßutl)erö 
in  I)eutf(^lanb  fein  2Befen  trieb.  (Sr 
nannte  f\i)  felbft  unb  fd)ricb  eö  auf  feine 
^arte  Magister  Georgias  Sabellicus, 
Faustus  junior,  fons  necromanticorum, 
magns  secondas ,  chiromanticus ,  aero- 
manticas,  pyro  manticus ,  in  hydra  arte 
secnndas.  5llö  fein  ©eburtßort  mirb  tai 
Stäbtd)en  Änittlingen  in  SBürttcmberg 
ober  SRob  bei  SBeimar  angegeben.  (5r  foQ 
in  Wittenberg  unb  Ärafau  Ib^ologie  unb 
SWebi^n  fiubiert  ^aben,  aU  fa^renbcr 
Scf)ülcr  umliergejogen  unb  bur^  feine 
3auberfünfie  in  2>cutf(i)lanb  me^r  berü^s 
tigt  ali  berülimt  gewefen  fein.  (Srfurt  u. 
Wittenberg  ftnb  bie  ^auptft|e  feiner 
2;^ätig!eit,  in  SBittenberg  fieüte  er  fic^ 
unter  anberen  ü)Jelanc^tbon  cor.  Qlbei 
auc^  auö  aiöürjburg,  Äreujna*,  TlanU 
bronn,  üKagbeburg,  ©otba,  S^ürnbcrg, 
©oälar,  Q3rag,  a)?eiBcn  laufen  SWactjrid^ten 
über  ibn  ein.  Sein  2ob  fc^eint  um  tai 
3a^r  1540  erfolgt  ju  fein. 

c.  5llö  brütet  (Slement  pnbet  fid^  im 
^aufibud)  bie  naturmiffenfdjaftli^e, 
auf  eigenen  5"i«"  ^et)enbc  5"!* 
fdjung  niebergelegt.  SWur  mü^fam  ringt 
^d)  »ätjrenb  be^  ÜJiittelaltcr^  eine  auf 
Ibatfad^en  gebaute  naturmiffenfc^aftlid^c 
grfenntni«  burd^ ;  fiillgeftanben  aber  bat 
aud)  in  jener  ^eriobe  biefe  ©eifieöarbeit 
nicl)t.  Qlm  e^eften  gelingt  e^  it)r  auf  bem 
^elbc  ber  5lfironomte  ju  fid)eren  iRefultatcn 
5U  gelangen,  befonber^  mo  bicfelben  burd^ 
!Red)nen  ju  gcminnen  maren;  auf  bem 
©ebiete  ber  ^l)t)ftf  unb  namentlich  bct 
(5.t)emie  fa^  eö  bunfler  auö,  unb  eö  i^  bc« 
fannt,  tt)ie  bamalö  (^emifdbe  gorfc^ungen 
mit  allerlei  bunfeln  Problemen  unoerfian* 
bener  iDlagie  jufammentrafen.  S)af  e«  aber 
auc6  bereit«  eine  fe^r  beteu^te  Statur* 
erfenntnis  gab,  bemeifen  u.  a.  bie  'ün- 
fd^auungen  beö  in  ®enf  ocrbrannten 
Seroet;  in  33abianö  Fragment  einer 
®efcf)id)le  ber  römif(|en  Äaifer  (S)eutfdt)e 
t)ifi.  S*riften,  m,  20.  40)  jie^t  ber  ©a^: 
„Dan  die  natnr  nünt  anders  ist,  dan 
die  kraft  Gotes,  der  gaist  Gotes,  ja  Got 


^auflrecftt. 


107 


selbs,  durch  welchen  alle  geschepft  er- 
halten wirt  nnd  von  welicher  wegen 
man  der  Wirkung  der  geschepften  den 
namen  der  natur  geben  hat."  2tucl)  Dr. 
^aujl  flubiert  neben  ber  2;f)eoIo9ie  5[Rebijin, 
er  warb  ein  2Bettmcnfd) ,  ein  ^Jl^tologuß 
unb  ÜJJat^ematifuö,  nannte  fic^  einen 
5Doftor  ber  ÜJJebi^in ,  l)alf  nuc^  etjilid) 
ptelen  Seuten  mit  Kräutern,  2BurjeIn  unb 
ÜBafTetn,  SRejepten  unb  ^Ittftieten.  (St 
ma(j)te  aucfe  ^alcnber,  unb  man  tobte 
feine  Äalenber  unb  '2llmanacfte  t>or  aüen 
anbeten;  benn  et  fe^te  n\ä)ta  in  ben  Äo= 
lenbet,  ti  voax  benn  alfo.  Sä  waten  feine 
Äalenbei  nic^t  rt)ie  bie  etli(^et  unetfa^te= 
net  5iptoIogen,  bie  im  SBintct  falt  übet 
®i^  unb  Sdinee,  obet  im  «Sommet  in  ben 
^unbötagen  matm,  I)onnct  unb  Ungcmits 
tet  fe^en.  St  nannte  aüemat  3^**  u"^ 
®tunbe,  mann  ctmaä  gefc^ef)en  foüte,  unb 
matnte  jebe«  ßanb  insbefonbete,  lak  eine 
cot  Äiieg,  tai  anbete  oot  leutung,  tai 
biitte  üot  @tctben  u.  f.  vo. 

d.  'S>ai  oiette  Slemcnt  beö  JVauftbuc^eä 
ift  bie  fitc^Iid)e,  off  cnbatungö= 
gläubige  Sßeltanf  c^auung.  2)iefe 
iii§t  ben  SDlenfc^en  bIo§  tuxi)  bie  ®na< 
bcnmittel  bcö  6|)tiftentumä  feiig  mctben ; 
met  nic^t  glaubt,  ftd)  oom  ©tauben  toö= 
töfi,  ifi  tietbammt,  tft  beö  leufetö,  i^n 
^olt  bet  Seufel,  et  geliött  bct  |)ötle  an. 
®(f)on  bie  etfien  d)iifilid)en  3at)t^unbette 
batten  biefe  ^nfc^auung  auögebitbet,  mic 
man  benn  auc^  fd)on  fo  ftüb  bie  23et= 
fc^teibung  bee  ©otttofen  mit  eigenem 
93tut  an  ben  2eufet  unb  tai  $oten  eineä 
©otttofen  butd)  ben  Seufet  fetbet  fennt. 
Sine  dttete  fatbotif^e  ®age  (J^eopbituä) 
tä^t  ben  5lbgefatlenen  but^  bie  gütbitte  bet 
ÜJlatia  getettet  mctben.  Unfct  gaujibud) 
ifi  ptotefiantifcf).  (Kettung  buti  bie®naben= 
mittet  bet  Ättd)e  gilt  nic^t,  jebet  ^at  2öot)t 
obet  SBetje  fetbet  ju  ttagen,  %aü^  f)at 
ftc^  üon  ©Ott  toägelöfi,  atfo  ^ott  i^n  bet 
Seufcl. 

Sä  ticktet  ft(^  abet  bie  @ttafe  für  ben 
2lbfaII  glcid)mä§ig  gegen  fdmtlid)e  btei 
SIemente  beä  gauftbu^eö.  %au^  mitb 
alfo  etjienä  oom  Seufcl  gef)ott,  meil  et 
ein  S'iuf'etct  ijl;  bct  teufet  ^at  i^m  bie 
Äiaft  bc«  Saw^fin^  mitgeteilt,  mit  feinet 
^ütfc  t)at  et  auc^  biefenigen  S'^u^^'^^i^" 
unfcf)ulbiget  DiJatut  begangen,  bie  an  an* 
beten  Otten  o^ne  Su^'ü^f^iT'^m«  be^  leu« 
fetg  betid)tet  metben.  3tt'fitcnö  mitb 
^aü\t  com  Seufet  geholt ,  meit  et  ein 
igcfcminbtet  ift,  ein  ®d)temmet,  ein  "Ptaffct, 
ein  aBoltüjlting.    ®(^on  oot  bem  ^aü^- 


bud^e  ^atte  man  ft^  an  octfc^icbenen 
Dtten  eti^a^tt,  in  bet  unb  bet  ©äffe,  in 
bem  unb  bem  -^aufc,  fei  bet  mitfti(i)e 
Dr.  }^au^  nai)ti  com  'leufet  geholt  unb 
in  ®tü(fe  jcttiffen  motbcn.  2)titten3 
t)oIt  bet  Scufet  ben  ^'Jufi,  meit  et  eö  un« 
tetnommen  t)at,  bie  a!öat)tbcit  in  bet  9ia* 
tut  auf  eigene  %au^  in  geminnen,  meit  et 
in  feinet  SZBiffenfd)aft  oom  2Begc  bet  Itjeos 
togic  abgewi^en  ift. 

dlaä:)  bem  ^auftbu^  fcbeint  am  Snbc 
beä  17.  '^al)i\).  eine  btamatifcf)e  ©eatbei« 
tung  bet  (Sage  in  Qtteyanbtinetn  \>oxi)an' 
ben  gcwefen  ju  fein.  «Stücfe  batau«  fin= 
ben  fic^  im  "Puppenfpiet  ^aü\t,  beffen 
^auptquetlc  man  getoö^ntid)  in  bet  ooit 
ÜJlattome,  geji.  1593,  Dctfa§tcn  engtifc^cn 
Jtagöbiegaufi  fu^t,  bie  oon  fog.  englifc^icn 
Äomöbiantcn  nacf)  2)eutfd)lanb  gebtacfet 
moiben  mäte.  2Bie  t>ai  '^iuppenfpiet  im 
ituffliitungöjeitattet  ben  iflnftop  ju  neuen 
gaußfictitungen  im  ©cifte  einet  fteien 
^ilbung  gab  unb  jumat  Seffing  unb 
©oetbe  befcfcäftigte,  gebött  nii^t  i)m\:)(x. 

gauftrct^t  unb  ^c^berc^t.  Sin  $5  c  ^  b  c  * 
tec^t  fennt  fd)on  baä  altgetmanif4)e9flcd)t; 
eä  gebt  auei  bem  Segtiff  beö  55'^*^^^"^ 
betüot,  ben  bie  einjelnen  Ätcife  fetbet  ju 
fc^ü^en  t)atten;  tt)et  jemanbcn  böömitlig 
netteste,  bn  bxai)  mit  bem  Sette^ten  unb 
beffen  5^amitic  unb  ©enoffen  ben  gtiebcn, 
fe^tc  ft^  ton  fetbfi  mit  ibm  in  .Jltieg«« 
fianb,  unb  bet  Sette^te  t)atte  tai  SRed)t, 
mit  feinet  ^^iTii^i^  ^^^  feinen  ©enoffen 
toibet  ben  ^tiebenöbiec^et  ^^'e^be  ju  et* 
^eben,  i^t  aüe  i^m  nut  mögtid)e  2tuä« 
be^nung  ju  geben  unb  im  33tute  beö 
5tiebbtccf)etä  ©enugt^uung  füt  ben  ettit« 
tenen  |)obn  ju  fucben.  ©aä  2Bott  ^e  f)bc 
iji  m^b.  bie  vehede,  ai}^.  fehida,  angel« 
fäc^)f.  faedhn,  faedhe  ;  mit  bem  af)b.  Sctb 
fehan  =  feinbfelig,  gtam  fein,  Raffen, 
angteifen  unb  »etfotgen,  unb  bem  a^b. 
Slbjeftio  feh,  mbb.  vech  =  feinbfetig,  unb 
bem  tongobatbifc^en  ®ubftantip  bie  falda 
flammt  eä  matjtfd^einlid)  oon  bem  got.  faijan 
=  anfeinben,  tai  miebet  mit  got.  fijan, 
=  tjaffen,  bem  iZBurjetoetb  oon  geinb, 
»etmanbt  ifi.  3)amit  fi^  abet  bet  ©taife 
gegen  ben  ©c[)tt)a(J)en  nicfct  aües  etlaube, 
bejianb  jugteid)  tai  iRed)t  auf  ein  «Sü^n* 
g  e  t  b ,  compositio.  2)et  iBette^te  f onntc 
ftd)  an  hai  23oIfögetid)t  menben  unb  ba« 
ißotf  fotgte  füt  bie  ©teUung  beö  gticb* 
btec^etä  oot  ©etic^t  unb  jmang  ibn  jut 
®enugtf)uung  unb  babutcb  jut  2Biebett)ct* 
fieltuiig  be«  ^ytiebeng.  ^m  gcf)be  betec^= 
ttgte  abet  bto^  biejenigc  SRec^töoetle^ung, 


108 


tjed)tfunjl. 


burd)  roelcfce  bct  9"«^«  wirflic^  gebrochen 
n>ax.  bei  Gioilanfprüc^cn  unb  bei  nic^t 
Dotfd^lic^  jugefügtcn  SSerle^ungcn  roax  bic 
%il)tt  unjuldfftg;  im  etfien  %aUi  raupte 
ber  SRidbter  angegangen  n^erbcn,  im  jweiten 
%i\üt  trat  bIo§  Äompofition  ein.  2lud^ 
h)ar  bie  Qluöübung  besi  55€f)i'«e<^tö  babutc^ 
bef(i)rän!t,  ba§  gegen  ben  Serbtec^et  in 
feinem  ^aufe  unb  in  feiner  2S?et)re,  in  ber 
Äirc^e  ober  an  ber  ©erid^t^fielle  ober  auf  bem 
2öegc  ba^in  unb  juriid  ober  beim  Äönige  unb 
auf  bem  Slöege  ju  unb  »on  i^m  nid^tö 
unternommen  werben  burfte.  «Seit  ber 
Äarotingerjeit  würbe  aber  tai  ^cbberec^t 
aU  einem  georbneten  SRec^täjuflanb  jumiber 
fcbr  cingef^ränft.  S)er  Äönig  fonnte 
einem  einjelnen  Scfeljbeten  ben  Äönig^« 
frieben  erteilen,  lüoburd)  jebe  ^eijbe  gegen 
it)n  gcf)emmt  mürbe;  bei  f(i)tt>erercn  iBers 
brechen,  namentliif^  bei  2JJorb,  Sranb,  iRaub, 
SRotjudbt,  2>iebjtat)l  trat  ber  ©taat  burd) 
eine  öffentlid)e  Strafe  für  ben  Serle^ten 
ein,  ta  babur(i  boc^  mittelbar  ber  gemeine 
gricbe  be^  Staate^  gejlört  mar. 

2m  fpätern  9JJittetaIter,  feitbem  oom  11. 
3a^irf)unbert  an  bie  üBirffamfeit  ber  (Seri^te 
fo  oft  geläf)mt  mürbe,  änberte  fxi)  bie 
Sebeutung  bes  ^^ebberec^tc^  ba^in,  ba§ 
biefeg  jmar  gemattet  rourbe  unb  jmar  fomol^I 
gegen  fd^mere  SBerbred^er  aU  gegen  geringe 
Verlegungen,  ja  auÄ  megcn  bes  unbe« 
beutenbPen  (S,ir)ilanfprud)eö,  aber  nur  gegen 
ben,  gegen  meli^en  bie  ®erict)ie  ÜRai^t  ju 
ücrf(^affen  nic^t  imfianbe  waren;  bie 
ge^be  war  blo§  nod)  eine  erlaubte  ©elbfi* 
^ülfe  in  aüen  §ä(Ien,  in  welchen  bem  auö 
irgcnb  einem  ©runbe  berechtigten  ber  ©taat 
JU  feinem  [Rechte  nid)t  üer^elfen  fonnte. 
S)ic  5luäübung  bicfc«  in  ben  ßanbfrieben 
(fie^e  bicfen  5trt.)  geflatteten  (^et)bered^teä 
war  aber  an  gewijfe  go'^'^en  gebunbcn. 
2Ber  [i<i>  in  bic  ßagc  »erfe^t  fa^,  ge^jbe 
ju  ergeben,  mugte  feinem  ©egner  bie  gebbe 
tjorber  offen  unb  förmlicb  brei  Sage  Dor 
i^rem  Scginncn  anfagen.  3)ie  %t\)i>t  mu§te 
angcfünbigt  werben  burcE)  einen  23 rief, 
ben  ein  Söotc  in  bie  2Bof)nung  bcö  ju 
93efebbenben  bei  Jage  ju  bringen  f)atte. 
©cwiffe  (Perfonen  unb  ©a(i)cn  mußten  ge= 
fe^tic^  bei  2iucübung  ber  gcl;bc  gcfc^ont 
werben:  ®eijllid)e,  .^inbbetterinnen,  fct)Wer 
Ärante,  ^ilgcr,  Äaufleutc,  5ut)rleutc  mit 
i^rer  ^abt  unb  Äaufmannf^aft,  5ldcrmann 
unb  SIBeingärtncr  wa|)renb  ber  ^etbgefc^cifte, 
Äird)en  unb  Äir^böfe.  S)ur^  ben  Älcruä 
würbe  jur  28cfd)ränhmg  be«  5ct)bcrc(f)tcö 
bei  ®ottc«fricbe  eingefübrt,  Pax  ober 
Treuga    Dei.     %n    gewiffen    lagen    beö 


3at)re«  unb  auperbem  in  jeber  2Bod^e  »on 
Snittwod)  <Mbenb  bi«  OJJontng  frü^  follte 
je&c  5et)bc  ru[;en.  Der  ©otteöfriebe  würbe 
iebeömal  eingeläutet.  SBer  i^n  »erlebte, 
fam  in  ben  Ätrcbenbann,  wer  fxä)  baraud 
nid)t  löjie,  in  bie  SRcid^äadfjt.  ^Dagegen 
fc^ü^te,.  Wie  es  im  alten  Dfledf)te  gcwefen 
war,  .^augred)t  unb  ^auefriebe  ni(i)t  me^r 
in  bct  mittelalterlichen  J^cbbe.  2Ber  ^^c^bc 
crf)ob,  oI)ne  ri($terlicf)e  |)ülfe  »erfud^t  ju 
f)aben,  wer  fte  nidbt  anfünbigte  unb  fonfi 
ftd)  gegen  iai  gef)bcre^t  »crfe^lte,  war 
ßanbfriebenocrbrcd^cr  unb  bü|tc  gc« 
wö^nlt(^  mit  bem  ©trang. 

S)aö  mi|bräud)Ii(^  ausgeübte  iStl)ii' 
xiä)t  ^eif  t  nun  5^  a  u  ^  r  e  cf)  t,  ein  Sßort,  iai 
juerfi  im  16.  3al)rb.  erfc^cint.  S)ie  a)li§» 
bröuc^e  lagen  bei  bem  ganzen  3"fiitute 
nat)e,  unb  bic  SSet^altniffe  ber  3eit  bc« 
günftigten  fte.  ißefonberä  ben  5IbeI  trifft 
ber  aSorwurf  folcber  3Wi§brdud)e;  bie  ©tobte 
Waren  in  ber  SRegel  frob,  wenn  fte  ni(^t 
befet)bet  würben  unb  nid^t  jur  ^e^be  ju 
greifen  ftc^  gezwungen  faben.  2)em  ätbcl  ba? 
gegen  war  bie  jyet)be  ßuj^  unb  (Stwerb; 
bcnn  ber  SRaub  war,  am  (Segnet  unb  feinen 
5lnge{)örigen  begangen,  gefiattet.  Sich  auf 
Räuberei  legen,  vom  Sattel  ober  vom 
Stegreif  leben,  war  ber  31uöbrud  für  biefe^ 
^anbwerf.  ütoä)  gegen  6nbe  beä  15.  ■ 
5abrb.  fagte  ein  römifc^er  Äarbinat  »on  ■ 
2)eutfi^Ianb :  Germania  tota  unum  lätro- 
ciniam  est,  et  ille  inter  nobiles  gloriosior, 
qui  rapacior :  (Sanj  2)eutfc^lanb  ifi  ein 
einjigeö  iRäubcrnejl  unb  unter  ben  @bcl« 
Icuten  ber  am  ru^mwürbigPcn ,  ber  am 
mciften  raubt.  2Begen  ber  ftcinficn  S3a« 
gatellfad^en  würbe  oft  gebbe  angcfünbigt; 
ein  $err  üon  <|8raun^cim  fcbidtc  j.  93.  bei 
©tabt  ^rauEfurt  einen  ^ebbcbrief,  weil  eine 
^tanffutterin  auf  einem  93atle  feinem  93cttcr 
einen  Sanj  ücrfagt  unb  mit  einem  anbcm 
getanjt  Iiatte  unb  bie  ©tabt  i^m  nic^t 
bafür  (Senugt^uung  geben  wollfe.  Oft, 
wenn  ein  [Ritter  jemanbem  %i\)tt  etfläitc, 
fcbicEtc  aUn  Irof ,  bct  ju  i^m  ge^ötte,  aud^ 
5et)bcbriefe.  ytai)  ÜBä^tet,  beitrage  jut 
beutfd^en  @efd)ic^te. 

get^tfunft  SDa«  im  ÜRittel^odbbeutfd^en 
fel)t  oft  gcbtauc^te  93crb  fechten,  wabt* 
fct)einlid^  mit  ^Jaufl  wutjcloetwanbt,  ^at 
bic  allgemeine  93ebeutung  bcö  ftd^  2tb» 
mü^enö,  eiftig  ©ttebcn*,  beö  2tnfitcngcnS 
bct  ^änbc,  im  bcfonbern  wirb  eö  »ora 
kämpfen,  ©tteiten  im  ®efe(^tc  ange» 
wanbt.  2)ic  Übung  im  ©ebtaud^c  beö 
©dbwetted  ^ie§  in  bet  böfifd^en  ©ptac^e 
schirmen;  schirmknaben  finb  Änabcn,  bie 


5e(^ttunil. 


109 


bcn  5c*tunterric^t  erhalten;  ber  %id)U 
meiflcr  iiei§t  tnt)b,  schirmmeister,  6rfi 
in  ben  ©täbtcn  nannte  man  bie  Don 
jünftigcn  ^anbwcrfcrn  ausgeübten  2ß<iffen- 
fpicle,  bie  obne  S^i'fU'el  fin«  Siac^abmung 
ber  rittcrli^en  iZBaffenübungen  waren, 
^c^tfunjl;  aU  Dolfömd§igeö  SIcment 
mifd^tc  ftd)  bamit  bie  Äunjl  ber  »on 
altera  ^ct  umjief)enbcn  ©pietleute  unb 
@(i)Werttänjer.  'HU  bie  ältejle  ^ecfeter^ 
gcfcllfc^aft  in  3)eutf(f)Ianb  gelten  bie 
»JOiarybrübcr  in  ^ranffurt  a.  Tl.,  ober 
bie33rüberf(f)aftöon®t.  ÜJiarcuöoon 
ßöwenberg,  tii  auö  einem  |)auptmann 
unb  Pier  2)?ciftern  jufammengetreten  war. 
SBer  mit  it)nen  ju  festen  magtc,  ber  gab 
fic^  if)nen  entmcber  in  bie  Schule  ober 
fianb  ganj  oom  ^ec^fen  ab.  3n  ber 
granffurter  ^erbftmefTe  fönten  bie  üJlarys 
brüber  auf  öffcntti^cm  $la^e  mit  fremben 
^cc^tmeifiern;  mer  bie  ^robe  befianb,  bem 
würbe  oon  i^nen  bie  „|>eimlid)feit"  an« 
oertraut,  b.  f).  atlerlei  Äunfigriffe  in  ber 
^üfirung  beä  ©cfemerteö.  3e^t  burftc  er 
baö  SIBappen  ber  SIRarybrüber,  einen  ßöwen, 
führen  unb  in  ganj  S)eutfcf)Ionb  bai 
5e(J)ten  lehren.  ®aS  <PrioiIcgium  ber 
^arybrüber  mürbe  Dom  Äaifer  1480, 
1512,  1566  unb  1579  erneuert.  Unter 
ben  nidbtpriüilcgierten  ^««^tf^u^f"  "j'^r 
bie  ber  5tberfcd)ter  bie  öerbreitetfte;  fie 
fticf  au^  grcife^ter  Don  ber^^eber, 
mobci  eö  ungemi^  i|t,  ob  fte  ben  Flamen 
Don  einer  am  ^ut  ober  Spiet  aufgefiecften 
^cber  ober  baoon  trugen ,  ta^  fte  ur* 
fprünglic^  auö  bem  @tanb  ber  ©djreiber 
^erDorgcgangcn  waren,  bafter  bie  Sffiorte 
geberfuc^fer,  55^^^^^^^^»  ober  ob 
gar  geber  ber  9^ame  eineä  Sto§begenä  war; 
tVen  ^auptfi^  batten  fte  ju  ^rag.  5tucf) 
eine  ©efeüfd^aft  ber  ßujbrüber  fommt 
Dor,  beren  Sebeutung  nod)  weniger  flar 
iji,  wie  übert)aupt  eine  urfunblic^e  iDar^ 
jietlung  biefeS  ©egenjlanbeä  mangelt.  SWan 
bat  Don  ^anS  ©acbs  (2Berte  m  ^^ol.  I, 
307)  ein  ®ebid)t:  S)er  ^e^tfpruc^, 
StnCunft  unb  ^reifieit  ber  Äun^. 
5Darin  wirb  bie  ^ecf)tfunfi  Don  ^erfulcö 
hergeleitet ,  ber  bie  Dltjmpifdjen  Spiele 
giftete;  Don  ben  ©riechen  fam  bie  %tiiiU 
funfi  ju  ben  iRömern;  tai  ßbtificntum 
jicDte  jwar  bai  blutige  Äampffpiel  ah, 

Dennoch  ein  jiütf  Dom  tampf  no^  blieB, 
33il  ^elb  fdmpften  in  freiem  ^elb 
unb  ritten  jfam  in  ftnfter  SBälb, 
Ollö  (Sd  unb  ber  alt  ^ißebrant, 
Saurein,  ^ürncn  Sewfrib  genannt, 


Äöng  gafolt  unb  S)ietricfe  Don  Sem, 
Sbatcn  einanber  ^ampf  gewern  k. 
QIucI)   bie  5ctf)tfunft   bc«  «Hbel«,  bie  ju 
93erwunbungen   unb   5;ob    führte,   würbe 
abgeftedt  unb  bie  Äunft  ber    ©t.    SWarys 
33ruberfcbaft  übergeben.    2)ie  Äunfl  felber 
be[d)rcibt  ^anä  @ad)^  foIgenberma|en: 
3cb  fprad):  2Bic  ftnb  bie  ftücf  genanb, 
55ie  man  mu§  lebren  im  anfang? 
(gr  fpra*:  2)er  Äunjl  ju  eim  cingang 
lebrt  man  ober?  unb  unterbaro, 
SfJittet«  unb  55'ügel=  f)avo  genaw, 
<Mudb  gfcbloffen  unb  einfad)cn  ^urj, 
Den  tritt  barju,  aucb  lebrt  man  turj 
S)en  'J3offen  unb  ein  aufbeben, 
^luggäng  unb  nibericgen  eben. 
3*  bat:  ßieber  ÜJteijler,  jeigt  an, 
Sie  nennt  man  bie  ftüd  Dor  bem  iDtann? 
Sr    fprad):    Db    id)    bir^    glei($    tbu 

nennen, 
Äanß  bu  bie  ^M  onS  iIßerE  nit  fcnnen. 
2BeiI  bu  nit  liafi  gelebrt  bie  .^unft, 
S)ocb  icb  bir  aug  befonbrer  ®unft 
(Stlii^  bäw  unb  jtüd  nennen  will, 
I)ie  mcifierticb  ftnb  unb  fubtit: 
®er  jornbaw  unö  frumpbaw,  fdbaw, 
3wcrcbbaw,  f^iüerbaw,  fcbeitlerbaw, 
SBunber  Derfa^ung  unb  nacbreifen, 
Ueberlauf,  S)urcbwecbfel  etlidb  beiden, 
©cbneibcn,  b^i^«"/  j^i"^  iw  winbcn, 
2lbfd)neiben,  Mengen  unb  anbinben; 
2)ie  Äunfi  l)ait  in  Dier  läger  flug, 
5tlber,  lag,  Dcb«  unb  ben  ^flug. 
3)iefe{ben  feltfamen  9'iamcn  ftnbet  man 
au*  in  ben  im  16.  Jabrb-  ju  granffurt 
etfcbienenen,  mit  ^oljfc^nitten    oerfebenen 
j^ecfctbücbern;  \)kx  wirb   untetfcbieben  iai 
g^ecbtcn   mit   bem   langen    Sd)Wert,    ba^ 
21'Jeffcrfed)ten ,    beffen    4     l)'aw     genannt 
Werben       St"^"^«*^'        ©ntrüfibciw, 
©eferbaw,  (Entweder,  3'T'in9et  ""^ 
SBinfer,    iai  3^e(^tcn   mit  Solchen   ober 
Rampftegen  unb  tai  ^ti)Un  in  ber  ®tan= 
gen.    Tlit  ber  35erbreitung    ber  ©cbü^ens 
gefeüfcbaften  famen  bie  bürgerlicf)en  %id)' 
tergefeüfdbaftcn  in  Söerfatt. 

S)agegen  erbicit  fidb  bie  J^ecbtfunfl  aU 
notwenbige  Seigabe  einer  abeligen  (Sr* 
jiebung  unb  auf  ben  Unioerfitäten ,  beren 
©tubenten  ben  Solang  eineS  gelebrten  IHili 
beanfprucbten.  511«  Segrünber  ber  afa« 
bemifdben  ^e^tEunfi  wirb  333  übe  Im 
Ärcuf  ler  genannt,  6obn  eine«  9?affaui« 
fcben  Scbulmeifierä,  ber  ju  granffurt 
iDlarfbrubcr  unb  in  3« na  priDilegierter 
g^ed^tmeifier  würbe,  er  ftarb  1673.  SSon 
feinen  jwölf  Äinbern  würben  Dier  wicber 
gecbtmeifter  an  Dcrfcbiebenen  ^ocbf(^uIen; 


110 


Jebcrfpicl  —  ^cmgcridit. 


biefee  ®cf(^lcdpt  blieb  Der  Äunft  noc^ 
burä)  brci  ©eneiationcn  l)inburd^  treu  unb 
^at  bie  berü^mteficn  beutfcf)en  i5eci)tmeijlcr 
unb  bur($  ftc  eine  bcutf^e  gec^tmetbobe 
:^erDorgebracE)t.  ©ic^e  3«^n,  lurnfunfi, 
unb  ®ct)eibler  in  6rfc6  u.  ©ruber. 

^cöcr^JicI,  ftet)c  galfenjagb. 

^cen,  bei  ben  romanifd^en  25öIEern  auö 
bcm  lateinifc^en  2Bort  fatum  entftanbcn, 
itield)eö  an  bie  6teüe  non  parca,  $arje, 
getreten  h)ar,  ital.  fata,  fpan.  hada,  proD. 
fada,  franj.  fee.  Äcltifd^er  unb  germo« 
manifd^er  SBoIfäglaube,  bie  beutfcbenDfiornen, 
mögen  ftc&  mit  biefcn  Sc^idfalägöttinnen 
»crmifd)t  ^aben.  ®dbon  ^ufoniu«,  4.  ^aiiX' 
ftunbert,  ertt3ät)nt  neben  tres  Charites:  tria 
fata,  njtc  benn  übert)aupt  bie  35reijQf)l, 
banebcn  einigemal  bie  3«bl  7  unb  13  für 
fte  c^arafterifiif(^  ftnb.  ®ie  ^aben  au^ 
bcfonbere  SRamen,  befonberä  berühmt  ifi 
bie  fata  Morgana,  Morghe  la  fee.  @ie  er« 
fc^cinen  bei  länblid^en  (5^eftcn  unb  belohnen 
fleißige  ©pinnerinnen,  ^ibnlid)  ben  beut« 
fd)en  SRiefenjungfrauen  tragen  fie  ungefteurc 
jjelöblödc  auf  bem  Raupte  unb  in  berSd^ürje, 
tDäf)renb  ftc  mit  freier  ^anb  iljre  ©pinbel 
brc^cn;  al^  eine  ^ce,  tt)eld)e  ben  Sau  »otls 
führte,  jußnbe  mar,  rief  fic  ifiren  ©<^meftern 
ju,  mit  bem  herantragen  auf5uf)ören, 
biefe,  obgleich  jmei  ÜJ?eiten  meit  entfernt, 
^örten  ben  SRuf  unb  liefen  bie  Steine 
fallen,  bie  ftd)  tief  in  bie  Grbe  fenften; 
fpanncn  aber  bie  %tm  nid)t,  fo  trugen  fte 
Pter  ©teine  auf  einmal,  ©ie  waren  gut« 
mutig  unb  nal)men  ft^  befonber^  ber 
Äinber  an,  beren  ©c^idfal  fte  oerfünbigten, 
5n  bie  Käufer  ber  Dflacbbarn  fliegen  fic 
burd)  ben  SRaud^fang  ein  unb  auö;  ba^cr 
fam  eö  ,  ia^  ftd)  einji  bie  untiorfid)tigPe 
unter  ibncn  verbrannte  unb  ein  lauteö 
Älagegefd^rei  au^ftic^,  auf  tt)el($ed  aüc 
gccn  ber  ®egenb  jufammcnliefcn.  iäufdjen 
liefen  ftc  ftd)  nid^t;  benn  aU  ein  !0?ann 
feiner  grauen  Kleiber  anjog  unb  bc«  ^mte^ 
pflegte,  jlrafte  ftc  i^n  baburd),  ia^  ftc  bie 
auf  bem  ^crb  fod^enben  Qlpfel  in  Sirnen 
Bcrmanbeltc.  ®rimm,  ÜJJt)ti)ol.  382.  2)ic 
altfranjöftfcftcn  Gpifer  t)erflod)ten  bie  %nn 
in  bie  romantifd)en  Abenteuer  ibrcr  gelben, 
»on  »30  fte  auc^  al^  m^b.  feie,  feine, 
merfeie,  wazzerfeie,  aber  nur  fpärlic^,  in 
baä  beutfc^c  f)öfifc^c  Äunfiepoö  eingcfüf)rt 
tt)orben ;  ©ottfricb  »on  ©tra^burg  fagt 
»om  «Slicfct  Bon  ©teinad)  (Iriflan  4698): 

ich  waene,  daz  in  feinen 
ze  wnnder  haben  gespunnen 
und  haben  in  in  ir  brnnnen 


geliutert  und  gereinet, 
er  ist  benamen  gefeinet. 
3tu^  Solföübcrlieferungen  unb  nid)t,  mtc 
man  früt)er  meift  annat)m,  aui  arabifc^cn 
Quellen  ftnb  feit  ber  jmeitcn  |)cilftc  beö 
1 7.  5af)rf)unbcrt^  bie  franjöftfdien  Contes 
de  fees  entftanbcn,  beren  etfte  unb  beflc 
bie  bcö  Sari  qSerrault  (1633—1703)  ifi, 
erfd)ienen  1697;  gleidjjcitig  fammcitc  fol^e 
SRärd)en  bie  ®räpn  5lulnop,  1650—1705, 
fte  erfc^ienen  1698;  »on  beibcn  ©amm« 
lungen  giebt  eä  äa^lrcid)c  D^ad^a^mcr. 
©  d)  r  c  i  b  e  r ,  bie  ^ccn  in  ©uropa,  ^Jreiburg 
1842,  unb  Änigt)tlcr,  SD?ptf)ologic  ber 
5cen  unb  (Slfen,  beutfd)  oon  O.  ß.  33. 
äßolff,  SBeimar  1828.  2  «be. 

ielbgcfd^m,  ftebe  Kri. 

§cmgeri(^t,  SBe bmger id)t,  m^b.  bie 
veme  =  ©träfe,  ©trafgerid)t,  vemen  = 
ha^  Urteil  über  jemanb  fprccfeen,  nerur* 
teilen,  baoon  vervemen,  nl)b.  üerfc^men, 
auö  bem  'Ulittcl«,  urfprünglid)  iJiiebcr« 
beutfd)en,  bunfeln  Urfprunflc«.  25ic  ^cm« 
gerid^tc  maren  fatferlid)c  8anbge  = 
rid)tc,  bie  iljren  ©i^  in  2Befifalcn, 
in  einem  Seile  t>on  (Sngern  in  bem 
aßinfel  jn3ifcl)cn  bcm  9flf)eine  unb  ber 
ÜBcfer  Ratten,  ©ie  felbfi  fcfereiben  i^ren 
Urfprung  Äarl  bcm  ®ro^en  ju,  ber  fl« 
auf  ben  Otat  be^  (PapPce  Cco  eingefe^t 
l)abi,  unb  berufen  ftd^  barauf  rcgelmäfig; 
richtig  ifl  bie^  nur,  infofern  eben  Äarl 
ber  ©ro^e  tai  3"1^'tut  ber  ®d)öffen  in 
bie  9Solf«=  ober  ®augerid)tc  einfübrte 
(fte^c  ben  5lrt.  2)ing).  311^  nun  nad^  bct 
Äarolingifc^en  ^tit  bie  alte  ®auDerfafs 
fung  ftd)  allmät)lidf)  auflöste  unb  bie 
®rafenge»alt  in  ein  crblid)e^  SRcd^t,  unb 
in  ßanbcstjo^cit  übcrjuget)en  anfing,  üer* 
lorcn  bie  %nkn  fafi  itbcraü  einen  2cil 
ifireö  angcftammtcn  SRcd^tcö,  fte  mürben 
tiogteipflid)ig,  unb  menn  jtc  auc^  an  ben 
Sanbeögerid^ten  noc^  teilnat}men,  fo 
bitbeten  ftc  bod)  feine  faifcrlic^cn  ®erid^te 
me^r  über  greie.  3n  menigen  ©egenben 
erhielten  jtd^  alte  ®erid^tc,  j.  33.  in  Ober« 
fc^ttsaben  tai  faiferlic^e  Saubgerid^t  bei 
2Bangcn,  l)auptfd(^li(^  aber  in  2Bcfi« 
falen  unb  einem  ieile  non  Sngern.  ^icr 
bilbctc  ftc^  bie  2anbeöl)of)eit  fc^r  langfam 
auä,  bie  Ferren  maren  meifi  gcifilid^c,  iai 
alte  ©ac^fcnlanb  t)ing  überl)aupt  firengcr 
an  ber  l)crgcbradE)ten  ©itte,  Diele  freie 
®runbbeft^er  crl)ieltcn  ftd^.  3)er  fHid^ter, 
ber  bem  ®eric^tc  norfaf,  h)ar  immer  nci) 
ber  alte  farolingifdf)e  ©augraf,  ein  faifcr« 
lid^er  93eomtct,  ber  oom  ®nbc  be«  12. 
3al)t()unbcrt«   an  jur  «Muöjcid^nung   oon 


(Jemgeri^t. 


111 


anbcrcn  ®rafcn  igreigraf,  Comes  libe- 
rornm  t)ic§,  »te  bic  ©d^öffen  %xtX' 
fd)  offen,  Scabini  liberorum  ober  liber- 
scabini.  Qlüe  eingcfcffenen  freien  Waren 
unb  blieben  fd)öffcnbar  unb  jaulten  an  bcn 
Comes  bic  alten  iReicf)öabgaben  für  bcn 
faiferli^en  gi^f"^-  ®«i^  ä"'<i>^  "i*t  ju^ 
fammentiängenbe  ®cricf)t^bejirf  t)ie§  'Jrci« 
9raffcf)aft,  comitia  libera.  S)ie  %nu 
grafen  mürben  unmittelbar  »om  Äaifer 
ober  namenä  be^  Äaiferö  t>om  ^erjog  mit 
bem  ©cric^te  bele^int.  S^Jar  gelang  e^ 
auc^  l)ier  ben  Jerritorialljerren,  bie  jrei* 
graffd^aften  in  ein  5lb[)ängigEeitöiier^ältniä 
ju  ftc^  ju  bringen  unb  fxd)  mit  ber  ®raf= 
f(i)aft  fclbfi  aU  fog.  @tu{)l^crren,  b.  l). 
!®eric^t^l;crren ,  erblid)  »om  Äaifer  be» 
Ief)ncn  ju  laffen,  aucf)  bie  [Reic£)öabgabeu 
an  fi6)  ju  jic^en;  bennod^  blieb  baö  alte 
@erict)t,  mit  i^m  bie  alten  3U?al)lplä^c, 
§rcijlü^le;  ber  @tut)lt)err  mu§tc  ben 
greigrafen  alä  bcn  SSorfi^enben  beö  ®c« 
rid^tcö  bem  Äaifcr  ober  bem  ^erjoge  prä« 
fentieren,  bamit  er  non  biefem  ben  faifers 
liefen  Sann  unmittelbar  erbaltc.  ©o  er* 
l)ielten  f\d)  biefc  ^wgcridjte  fort  alä 
faiferlic^c  ©eric^te  unb  übten  nid^t  blof 
kriminal«,  fonbern  aud)  SiDilgeri^töbar« 
feit,  junä^fi  jebod)  nur  über  bie  jur 
greigraffd)aft  geprigcn  „  5^reifiuf)lögüter 
unb  bereu  *ilnget)örigc.  Über  biefe  ^om* 
pctenj  ^inauä  ging  ha^  @erid)t  baburd), 
bog  fxä)  bic  iSd)öffen,  ebenfalls  nac^  einer 
»on  Äarl  bem  @ro§en  hergeleiteten  *13fli(^t, 
für  bered^tigt  bielten,  oor  bem  ®crid^t  al^ 
iRüger,  b.  i).  aU  ^Infläger  im  eigenen 
Slamenöermögeilircr  eiblid)  übernommenen 
3'JügepfIic[)tauf;(utreten,  unb  jmar  audb  gegen 
95erbrecbcn,  bic  au^crbalb  i^re^  ®eri(^tö« 
fprengeijs  unb  »on  frcmbcn  ^erfoncn  Der» 
übt  hjurben,  mcnn  niimlidC)  ber  orbentlic^e 
Stifter  nidbt  imftanbc  war,  beä  @d)uls 
bigcn  mädt)tig  ju  werben,  ober  ben  guten 
SBiUen  ^icrju  nid^t  battc;  wann  biefe  Sr« 
Weiterung  gefc^al),  ifi  ungewiß.  Um  aber 
gegen  bic  jat)Ircid^en  ^ixUt  gerüfiet  ju 
fein,  wo  ber  Scflagte  bem  ©eric^tc  ein» 
fad^  nid^tö  nadt)fragtc,  ridf)tetc  man  neben 
ben  ©i^ungen,  woju  wie  gcwö^nlid^  jcbcr 
3utritt  t)atte,  anbere  ein,  woran  nur 
©d^öffen  teilnahmen;  tai  offenbare 
5Ding  »erwanbclte  ftct)  in  ein  ^eimlid&cg 
ober  ©tillgeridf)t,  eine  ^eimlid^c 
ober  bcfd^loffenc  Qld)t,  t)ai  nid)t  etwa 
bei  Dtad^t  ober  an  befonbcren  Orten  abgc« 
Ijalten  würbe,  fonbern  am  gewohnten 
SWa^lplal  im  jjreicn,  nur  unter  Qluöfd^lu§ 
aüer  Dti^tw.iffenbcn.  Qlm  offenen  ®e* 


rid£)t  würben  jc^t  blo§  nod»  ßiniU  unb 
geringere  SRügefad)en  Dcrbanbelt;  cor  i>ai 
offene  ®eri(i)t  mu^te  aud)  ber  Unwif* 
fcnbc  gelaben  werben,  unb  e^  würbe 
t)ier  über  ibn  gerichtet,  wenn  er  crfd)ien; 
erfdf)ien  er  nid)t,  fo  Dcrwanbelte  fxc^  tai 
®ericbt  in  bie  i)eimticf)e  ober  bef^loffcnc 
'ücftt  boburd),  i>a^  allen  *Jlnwefenben,  bie 
ni<i)t  ^teifd^öffen  waren,  bei  Sobeöftrafe 
geboten  würbe,  ftd)  ju  entfernen,  ^ux 
fiebern  SBoüjieliung  beö  Urteilt  würbe  bc« 
llimmt,  ta^  bic  Dorn  $5fni9«iid)tc  auöge« 
fproc^ene  D  b  c  r  a  (i  t  jugleid)  i>ai  £  o  b  c  d « 
urteil  t>ti  ®erid)teten  fein  fodte,  ta^ 
cö  nur  eine  Jobeßftrafe  geben  fotl,  ben 
Strang  ober  bie  wid,  sßcibenftrict,  unb 
ta'^  ber  näi^fie  befic  Saum  ber  ®algcn 
fein  foüte.  2)cn  ©d^öffen  war  bem  be« 
ftebenbcn  SRcdf)te  gemä^  alä  allgemeine 
*;pflidf)t  aufgelegt,  tai  lobeöurtcil  ju  ootl= 
5iel)en.  ©obann  nafim  man  aüi)  au^er^alb 
©eutfd^lanbö  ©(^öffen  an,  nai^  bem  ©runb« 
fa^,  t(x^  jeber  SDcutfc^e  »on  gutem  SRufe, 
wenn  au<^  ber  ßanbe^bo^eit  unterworfen, 
faHö  er  nur  nic^t  l)örig  ober  non  liörigen 
(Sltern  geboren  war,  jum  ©d^offen  aufge^ 
nommen  werben  fönne,  wenn  er  in  2öeft* 
falen  ftdf)  baju  melbcte,  benn  nur  auf 
wefifälifd)er  Srbe  fonnte  man  jum  Sdl)öffcn 
^emad^t  werben.  3«  ^öl)er  ta^  5lnfc^cn 
unb  bie  'JJJac^t  ber  gemgcrii^te  flieg, 
bcpo  me^r  brängte  ftd)  atlcö  jum  @dl)öffcn* 
amte,  in  bem  ein  befonberer  ©d)u^  lag. 
S)ie  freien  ©täbtc  forgten  mei(t  bafür, 
unter  ben  SD^itgliebern  i^re^  iRate^  einige 
^Jreifd^öffcn  ju  ^aben;  bic  dürften  faben 
c^  gern,  wenn  ibre  iRätc  Q^reifd^öffen 
würben;  Dieid^^fürfien ,  ja  Äaifer  reifien 
nad^  SBefifalen,  [xi)  wiffcnb  mad^cn  ju 
laffen;  im  15.  3al)rbunbcrt  foüen  ftd) 
taufenbc  oon  ^rcifdjöffen  in  ©eutfd^lanb 
befunben  b^ben. 

3m  Übrigen  fu§tc  t>ai  SSerfaliren  auf 
allgemeinen  germanifd^en  9te(^tögcwobn= 
l)eiten.  3)aö  ®eridbt  würbe  bei  Jage  jwi^ 
fd^en  morgen^  7  Ul)r  big  SJlai^mittag, 
unter  freiem  .^immel,  an  bcn  bcEanntcn 
9!)Jal)lplä|en  ber  einjclncn  gi^ei^üblc,  beren 
eö  übet  100  gab,  gehalten.  SBorft^ct  war 
ber  ^rcigraf,  ber  ein  Söejlfale  fein  mugte, 
fo  ixoax,  t)a^  jcber  freie  SBcfifalc,  Sbel- 
mann  ober  Sauer,  ^i^cigraf  fein  fonnte 
unb  wirfli^  war.  Sor  bem  ®rafen  jlanb 
ein  lif^,  auf  bemfelben  lag  ein  blanfcä 
©dbwert  unb  ein  aBeibenfiridf.  (Srfc^einen 
unb  am  Urteile  teilnehmen  fonnte  jebcr 
^reigraf  unb  ^reifc^öffc,  foba§  bei  wic^s 
tigen   Ser^anblungen    ibrer  bunbert   an» 


112 


gcmgeri^t. 


hjefctib  fein  motten;  jum  »cnigfien 
aber  mußten  fiebcn  jugegcn  fein,  fjum 
UrtetUfinbct  rief  ber  SBorftienbe  einen 
ebenbürtigen  ©Söffen  auf,  bicfer  beriet 
[\ä)  mit  ben  Umjlebcnben ;  fein  5tuöfpruct). 
wenn  er  »on  ber  ißerfammlung  mit  Billi- 
gung aufgenommen  »urbc,  bilbete  bai 
Urteil,  iai  ber  ^reigraf  oerfünbete.  (S^ 
fonnte  nur  auf  Sin f  läge  perfabren  vpct- 
ben,  unb  21  n  flog  er  fonnte  nur  ein  5rei= 
fcböffe  fein;  er  f tagte  balb  auf  eigenen 
SWamen,  balb  im  Jiamen  eine«  oerle^ten 
aUiffenben  ober  3iic^ttt)ijfenbcn.  Stuf  er= 
^obenc  Qtnflage  njurbe  juerfi  entfc^icben, 
ob  ta^  bcflagtc  33erbrc^en  vemwroge, 
b.  ^.  ein  Dor  bie  ^ycmc  ge^örigeö  S8er= 
bred^cn  fei.  2ßar  bicfeö  befabt,  fo  njurbe 
ber  2lngeflagte,  h)enn  er  ^iti^diö^^i 
»Dar,  »or  bie  ^eimlicbe  5ld)t  gelaben, 
bur*  fc^riftlicf)  ausgefertigte  unb  com 
ijreigrafen  beficgeltc  ßabung.  5Die  Sabungö= 
frifi  betrug  nac^  altem  JRecftt  fec^ä  2Boc^en 
unb  brei  Sage.  S)er  ^reifdjöffc  ftiurbe 
brcimal  gelaben  unb  erbicit  brei  ijriften,  bie 
crjie  Sabunggef(f)ab  burc^  jtrei  greifcböffen, 
bie  jmeitc  burc^  cicr,  bie  britte  burd)  fecbe 
greifcböffen  unb  einen  ^^reigrafen;  wenn  er 
baö  britte  9WaInidt)terf(i)eine,fontc  bie  bö(f)fie 
SBette,  bie  Ic^te  fdjtncre  ©entenj  au^ge^ 
fprocftcn  »erben,  ©in  greigraf  foötc  jum 
crjienmal  burc^  fieben  ^reifd^öffen  unb 
jtüei  i^reigrafen,  bann  burd)  »ierjebn  ^xtU 
fd^öffen  unb  oier  ^reigrafen,  jutc^t  bur^ 
cinunb/iwangig  Jveifcböffen  unb  fieben  grei* 
grafen  gelaben  «erben.  3)ic  ßabung  eines 
?ltd)tn)iffenbcn  gefcbaf)  »or  baö  offen  e 
jDing;  blieb  er  auö,  fo  oerttianbelte  ftd) 
baö  offene  2)ing  fofort  in  bie  beimli(f)c 
5tcbt.  ®r  erhielt  in  ber  SRegcI  bIo|  einen 
Icrmin  non  fec6ö  2Bo(feen  unb  brei  3;agen. 
S)ie  fcbriftli(^e  ßabung  an  ibn  rourbe  burcb 
ben  Ji^onboten  be^  g'^^iP"!''^  ober  burc^ 
gwci  ^Tcifc^öffen  beforgt.  ffiar  ber  2Bobn* 
ort  beö  jiu  fiabcnben  unbefannt,  fo  mürben 
an  öier  Orten  bes  ßanbeö,  in  bem  ber 
ju  ßabenbe  ftc^  t>ermutlid)  auffielt,  auf 
Äreujflragcn  gegen  Dfien,  SBePcn,  ©üben 
unb  ?lorben  je  eine  fdf)riftlicbe  ßabung  auf= 
gcftcdft  unb  ju  jcbem  ©riefe  eine  Äönigö= 
münjc  gelegt.  Unter  Umjlänbcn,  tt)o  2)or= 
ftd^t  nötig  mar,  fonnte  bie  ßabung  aud) 
bei  üta&it  gcfd)eben  unb  an  bie  Ü^orc  bes 
@cbIoffc^  ober  ber  ©tabt,  mo  ber  Qlnge= 
tiagte  ba"«*«-  gfpcdt  mcrben.  erfd)ien 
ber  5tngef tagte  nid)t,  fo  ^atte  am  legten 
Sermine,  auf  nictd)en  bcr^tngeftagtc  gelaben 
mar,  ber  2tnfläger  feine  Älage  ju  wieber« 
i^olen.    SJann  würbe  auf  ben  ©elabenen 


gcmartet,  „bis  bie  Sonne  auf  bem  ^ö^» 
Pen  gemcfcn",  „bi^  mittagö  in  bie  britte 
Ubr".  @rfd)ien  ber  2tngeftagte  ouc^  je^t 
nid)t,  fo  mu^te  ber  Äläger  nad)Weifen,  tia% 
bie  ßabungen  gebörig  gefc^eben  feien;  bann 
rief  ber  ^i^eigraf  ben  "5tngettagtcn  im  ©c* 
ri^te  noii  »iermat  beim  SJiamen  unb  3"- 
namen  auf  unb  fragte,  ob  niemanb  oon 
feinetmegen  ba  fei,  ber  tt)n  ücrantmortea 
moHe?  2öar  iai  Dergebenö  gefd^e|en,  \(y 
forberte  ber  Äläger  Sotigeridbt,  b.  b. 
bie  le^te  ©entenj,  menn  er  nid)t  fetbjl 
noc^  eine  le^te  ^nft  öon  breimal  Dierjef)ir 
5Jäd)ten,  einen  fogen.  Äatfcr  Äarlö  lag 
gemattete.  ®r  mürbe  nun  aufgeforbcrt,  feine 
Ätage  ju  bemeifen.  S)icö  gefcbab  nad^ 
beutfdbcm  SRe^te  burcb  Sibcöl^clfer 
(ftcbe  biefen  5trt.),  wetd)e  bie  ©bren^af* 
tigfeit  unb  »oüc  ©laubmürbigfeit  be* 
©d)mörenben  eiblid^  ju  befräftigen  batt«n- 
Söenn  alfo  ber  2tnfläger  fnieenb  mit  jmei 
Ringern  ber  redeten  J^anb  auf  bem  btanfen 
©dbmerie  fc^mur,  ia^  ber  9tngcflagte  fdbuU 
big  fei,  unb  menn  bann  fe(^ö  grcifd^öffcn 
eiblid)  befräftigten ,  |te  feien  überzeugt, 
ber  5tnflägcr  fdjmöre  rein,  nid^t  mein, 
fo  mürbe  bie  Slnflage  alö  toolt  crmiefen 
angenommen.  9?un  mürbe  bie  le^te  fd^mere 
©entcnj  in  feierlidE)fier  gorm  über  ben 
©dbulbigen  auögefprod^cn ;  jie  lautete  im 
SDtunbe  beä  greigrafcn: 

„S)en  beflagten  IKann  mit  Dlamcn  SR., 
ben  nebme  idt)  auö  bem  ^rieben,  aug  bem 
iRecbte  unb  auö  ben  i^reibciten,  bie  Äaifcr 
Äarl  gefegt  unb  I^Japfi  ßeo  betätigt  b^t 
unb  ferner  aße  Surften,  Ferren,  SRitter  unb 
Äned^te,  ^i^eie  unb  |^reifd)öffen  gelobt  unb 
bcfd)moren  §aben  im  ßanbe  ju  Sterten, 
unb  mcrfe  ibn  nieber  »om  ^öc^fien  ®rab 
äum  niebrigfien  ®rab  unb  fc^e  ibn  aug 
aüen  ^i^fibtiten ,  ^rieben  unb  9iccbten  in 
.^önigöbann  unö  SBette  unb  in  ben  l^öcb» 
ften  Unfrieben  unb  Ungnabe,  unb  mac^e 
ibn  unmünbig,  ed^ttoö,  red^tlos,  fiegcltoö, 
ebrlo^,  friebeloö  unb  unteil^aftig  aUe* 
SRed)ts  unb  »crfübre  ibn  unb  oerfeme  i^n 
unb  fe^c  ibn  l)in  nadl)  ©a^ung  ber  b^im* 
ticken  5l^t  unb  meibe  feinen  |>al^  bem 
©tride,  f^einen  fleid^nam  ben  Sieren  unb 
ben  Sögein  in  ber  ßuft,  ibn  ju  »crje^ren, 
unö  befehle  feine  ©eele  ®ott  im  ^immel 
in  feine  ©etuatt.  Wenn  er  fte  ju  fidl)  neb= 
men  miU,  unb  fe^e  fein  ßeben  unb  ®ut 
lebig,  fein  2Beib  fotl  SBittüc,  feine  Äinber 
Söaifen  fein." 

hierauf,  bti§t  eä  in  ben  alten  Jcmred^ts* 
bü^ern,  foü  ber  ®raf  nebmen  ben©trid  »on 
Söeiben  gcflodbten  unb  ibn  werfen  auö  bem 


^cmgeric^t. 


113 


©cric^te,  wnb  fo  foüen  bann  aCle  %XiX' 
fci)öffen,  bie  um  ba^  Oerid^t  fielen,  auö 
bcm  SWinibc  fpeien,  gicid)  aU  ob  man  bcn 
Verfemten  fort  in  ber  ©tunbe  klänge. 
^ad)  biefem  foü  bergreigraf  fofort  QtW- 
ten  allen  ^Jreigrafen  unb  ^rcifd) offen  unb 
fte  ermal)nen  bei  ifiren  (Sibcn  unb  Sreucn, 
bic  jie  ber  ^cimlid)en  5ldE)t  getrau,  fobalb 
fte  bcn  ecrfcmten  UJtann  befommen,  ba§ 
fte  if)n  Rängen  foUcn  an  ben  nac^fien 
iSaum,  ben  fte  haben  mögen,  nac^  aller 
i^rer  OJlad&t  unb  Äraft. 

5Diefeö  Urteil  vomtt  uor  bem  a3erfem= 
ten  in  ber  [Regel  geheim  gehalten;  ein 
Schöffe,  ber  eä  »erriet,  mar  felbp  bem 
(Strange  »erfatlen.  2)em  3tnfläger  würbe 
iai  Urteil  fcf)rifttich  mit  bem  Siegel  be§ 
^rcigrafen  ausgefertigt,  jur  ßegitimation 
gegen  anbere  ^i^^if^öffcn,  bie  i^m  bei  ber 
eyefution  be^ülflicf)  fein  foHten;  bod)  burf» 
ten  nur  brei  bei  berfelben  fein.  Sßo  fte 
if)n  trafen,  richteten  bie  @(i) offen  bcn  23er= 
fcmten,  t)ängten  il)n  an  ben  nä(i)flen 
befien  Saum  unb  ftccftcn  jum  3ei<^en,  ba§ 
er  »on  ber  t)ciligcn  ^enie  gerichtet  fei,  ein 
SÖtcffer  in  ben  Saum. 

j»ie  i^rcifc^öffcn  erfannten  fid^  gcgenfcis 
tig  an  ber  gcf)eimen  ßofung.  ÜDiefe 
befianb  auö  ben  2ßörtern  ©trief,  ©tein, 
®,raö,  (Srcin,  auö  bem  fog.  SiJotmort 
Reinir  dor  Feweri  urb  auö  bcm 
beimlic^en  @ dl) offen g ruf:  ber  anfom- 
menbc  Sd^öffe  legt  feine  redf)te  ^anb  auf 
feine  linfc  ©df)ulter  unb  fpricf)t: 

Eck  grüt  ju,  lewe  man; 

Wat  fange  ji  M  an? 
darauf  legt   er  feine  redl)te  $anb  auf  bcö 
anbern  ®dE)öffcn  linfc  ®dl)ultcr,  unb    ber 
anbere  t^ut  be6glcid)en  unb  fprid^t: 

Allet  Glucke  kehre  in, 

Wo  de  Frienscheppen  sin! 
J)ie  (Sd^öffen  mußten  fd^mören,  bie  ge= 
beime  ßofung  unb  bie  J^eimlid^feiten  beö 
®eridf)teö  überhaupt  t>or  2öeib  unb 
Äinb,  ®anb  unb  Slöinb  ju  betoa^rcn. 
©rfdfiien  ber  Slngeflagte  auf  bie  ge- 
fd^e^ene fiabung  oor  ®erici)t  unb  geftanb 
er  bie  Zi)at,  fo  mürbe  i^m  fofort  't)ai 
Jobcäurteil  gefproi^en  unb  an  ibm  »oüfütirt. 
ßeugnete  ber  Qtngeflagte  bie  S^at 
unb  mar  er  felbcr  greifc^öffe,  fo 
brandete  er  anfängli*  nidbtö  aU  einen 
SReinigungöeib  ju  tl;un,  unb  man  mu^tc 
tt)n  feineä  SJBegeä  geben  laffen;  fpätcr,  ali 
biefeö  Sotredbt  ber  greifdf)öffen  bem  mi^-- 
braudl)  auögcfe^t  fdbien,  mürbe  benimmt, 
ia^  ber  5lnfläger  burc^  feinen  (£ib  unb 
jmei   ©ibeö^elfcr   unter  bcn  anmcfen* 


bcn  ^reifd^öffen  ben  Kläger  überbieten 
fönne.  >Dem  gegenüber  fonnte  ber  93e* 
flagtc  mit  fed^ö  (SibeiJljelfern  ftcf)  loS= 
f(i)mörcn,  berÄldgcr  mit  br eisern  (Sibeä= 
belfern  it)n  mieber  überbieten  unb  ber  5lngc- 
flagtc  im ^nüe  mit  jmanjig  gibeöf)elfern 
ftd^  enbgültig  loöfc^mörcn;  biefe  3a^t 
fonnte  nic£)t  mc^r  überboten  merben. 

2öar  ber  5lngeflagtc  ein  JMd^tmiffens 
ber,  fo  mar  feine  Stellung  üon  oorn^cr- 
ein  fdfimierig.  3mar  fonnte  er  inman(i)cn 
gciücn  beö  Äaiferö  ^ülfe  anrufen,  auc^ 
fonnte  fein  orbentlid^cö  ®eridf)t  bic  'S>aä)t 
abforbcin  unb  ftd^  ju  9fte^t  erbieten;  aber 
er  muf  te  bic  *Hbforberung  fofort  mitbringen 
unb  jmei  ^rcifd^öffcn  alö  »ürgen  ficücn, 
ta^  er  bort  bem  Äläger  ju  (S^rc  unb  S)ic<^t 
liefen  mollc.  Dft  jebod^  beachtete  ba« 
5reigeridf)t  beibee!  ni(^t,  unb  bann  fam  ee 
äum  gleichen  33erfat)ren  mie  in  bem  gaüe, 
mcnn  ber  Seflagte  felbcr  ^Jmfdböffe  mar; 
aber  mie  fotltc  er  bcm  Kläger  gegenüber 
unter  bcn  ^reifchöffcn  bie  nötigen  ©ibeö- 
Ijclfer  pnben?  S)eeibalb  crfcbien  ein  fold^cr 
2lngeflagter  ^äufig  lieber  gar  nicf)t,  ob- 
glcid)  i|n  bann  unnad)ftd^tlid^  bie  aScr* 
femung  traf. 

Söenn  febod^  ber  ißerbred^cr,  mo  eS  im* 
mer  fein  modf)te,  auf  ^anb^after  £^at  ober 
mit  bcn  2Bcrf jeugen,  mit  benen  er  fte  ootts 
brad^te,  ober  mit  bem,  maö  er  burd)  bie 
%l)at  fidf)  angeeignet,  auf  eine  SBcifc  be= 
troffen  marb,  bic  it)n  ganj  unoerfennbar 
aU  2;i;äter  be^ei^netc,  ober  er  bie  ')ii)at 
geftanb,  „mit  |)abenber  ^anb,  mit 
blidfenbcm  @ct)cin,  mit  gid^tigem 
901  unb",  fo  fonnten  brei  grcifi^öffen  i^n 
fofort  ridE)tcn  unb  ^cnfcu. 

*Mnmäf)lid^  artete  t)aii  SBaltcn  be«  Jcm* 
geridbtö  in  gro§c  aSißfür  auS;  ganje  Stäbte. 
ber  SJiat  ober  fämtlii^e  6inmot)ner  »on  U 
biö  70  Sauren  mürben  »orgelaben;  Äaifer 
^riebrid^  III.,  fein  Äanjlcr  unb  fein 
Äammcrgcridl)t  mürben  jmeimal  porgelaben, 
„ta^  er  bafelbfi  feinen  Scib  unb  bie  hödE)fie 
®t)rc  »erantmorte,  bei  ©träfe  für  einen 
ungef)orfamcn  Äaifer  gehalten  ju  merben". 

©(^on  um  1400  befct)äftigte  man  fid^ 
mit  bcn  laut  gemorbencn  2>ti§bräud^en; 
im  15.  '^a^xh.  crmivftcn  bie  iReidhäfiänbe 
für  fid^  unb  i^re  Untcrtl;anen  *Pri»iicgictt 
gegen  bie  33orlabung,  bie  ^al)!  ber  SBif« 
i'cnben  aufcr^alb  Sße^falen  na^m  ab,  bic 
»erbefferte  SRci(f)öiu|liä  macfetc  bie  Berufung 
an  fte  übcrflüfftg,  in  SöcPfalcn  felbcr  mür- 
ben bie  55reiftüt)le  in  lanbcä^crrli^c  ®c* 
tidt)te  umgemanbclt.  S)ie  ißerl;ängung  oon 
ßebenöfirafen  fam  auf  er  Übung  ober  mürbe 


114 


f^enjier  —  ^efie. 


bcn  55reipiend)ten  auöbrüdüd)  unterfagt  und 
ftc  babur^  auf  bie  geringeren  g^recet  eingc« 
fc^ränft.  3n  bicfer  ^oi^nr  aber  beftanbcn 
fic  nod)  lange  fort,  in  SBeftfalen  »urben 
fte  1811  burc^  bie  fran^öftfc^e  ®cfc^ge= 
bung  aufgeftoben.  ÜJieift  nad)  2B  ödster, 
^Beiträge  jur  bcutfdjen  ®efc^ict)te.  Tübingen, 
1845. 

gcnftcr  finb  im  roraantfc^cn  S8au= 
jiil  flein  unb  fcfemal.  3>ie  ^irc^en  mit 
nicbrigen  ®eitenf(i)iffen  ^aben  im  Sang« 
baufc  "jttiei  gcnfierrci^en,  eine  für  bie  5lbs 
feiten  im  Untergefdf)of,  bie  anbere  für  baä 
^auptfcbiff  im  Dbergefä)of ,  bie  Untere 
SReit)e  fe|t  ftcf)  in  ben  ^reujf^iffen  unb 
im  ©bor  fort.  S)ie  3a^t  ber  genfier  beö 
ßangf)aufe6  forrefponbiert  nic^t  immer  mit 
ber  3a^I  ber  Sogenfieüungen.  Sie  ^cn^er 
ftnb  wie  aÜc  SOBöIbungen  im  Slunbbogen 
gefctiloffen.  2)ie  genjtermanbung,  bie 
ßeibung,  befiet)t  aus  jwei  fog.  Schmiegen 
ober  ©cfcrägen,  tt?el*e  in  ber  SWittc  auf 
einem  platten  99anbe  jufammentreffen,  fo-- 
i>a^  fid)  bie  ^enfieröffnung  nad)  innen 
unb  au§en  erweitert,  —  baburc^  mirb  bie 
SSeleu^tung  bcö  Jnnern  »erfiärft  unb  bcm 
SRegen  na^  au§en  Ieid)terer  3lbpu|  ge« 
fiattet.  3"  i>«tt  romanifc^en  Sürmen 
nimmt  bie  ^al)l  ber  ^enjier  mit  ber  ^öf)e 
be^  (Stocf»erEö  ju;  in  ben  oberen  ©tod* 
ttjerfen  gruppieren  jre  ftd)  nebencinanber, 
foba§  bie  Öffnungen  blo^  bur^  bie  bie* 
felben  jlü|enben  3;eilfäuld)cn  getrennt 
ftnb;  man  bei^t  fte  gef  uppelte  genficr, 
Welche  für  bie  romanifcbc  Qlrc^iteftur  eine 
fe^r  d)arafteripifc^e  Silbung  fmb. 

3m  gotifdien  Sauftil  ftnb  bie  ^fens 
fier  äat)lreid)er  unb  erfialten  größere  2>i' 
mcnftoncn.  ^\)Xi  erfle  ^tuäbilbung  txi)aU 
ten  fte  in  *)ßrofanbauten  unb  Äreujgängen. 
^ier  würben  äWei.  burc^  eine  mittlere 
©äule  getrennte  Öffnungen  eon  einem 
gemeinf^aftlid)en  ©lenbbogcn  umfd)loffen, 
unb  bie  jwifdben  bem  le^tern  unb  ben 
iJenPeröffnungen  beffnbUd)e  9Jfauerfläd)e, 
ta9  Sogenfelb,  mit  einem  Äreisrunb,  einer 
breiä  ober  Bierblättrigen  Clofette  burc^s 
brocken.  Spater  würben  bie  iRunbbögen 
lu  Spi^bögcn,  wäf)rcnb  man  fowot)l  iati 
Söogenfelb  als  bie  fräftige  3wifd)enfdule 
nod)  beibehielt.  2)ann,  alä  mit  ber  ®otit 
immer  met)r  tai  Streben  erwa*tc,  bie 
5läd)en  ju  burc^brec^cn  unb  bie  fiü^enben 
Seile  ju  erleid)tern,  rebusierte  ftd)  bie 
3wifc^enfiü^e  5Wifd)en  ben  ^enjlern  auf 
einen  fd)lan!en,  |iabarttgen  ^Pfeiler  ober 
^Pfoften,  ber  in  ben  älteren  Sauten  in  @r* 
innerung  an  feine  ^erfunft  au«  ber  ®äule 


nod)  mit  einer  'üafts  unb  einem  Kapitale 
»erfeben  if!;  an  bie  Stelle  ber  jtcinernen 
^läd)e  tritt  ein  großer  offener  Ärei^,  »on 
einem  bünnen  SRinge  umfd)loffen;  an 
©teüe  ber  ÜJtauermaffc  ifi  ein  leic^te^ 
latabs  ober  ©itterwerf  oon  fenfred)ten 
?Pfoften,  t>on  ©pibbögen  unb  bem  barübet 
befinblic^en  Äreife  getreten,  txii  ®anje 
öon  ben  offenen  |)auptbögen  umfcbloffen. 
SZÖie  früber  gcffaltete  man  bie  ^«"i^erbanf 
unb  bie  ßeibung  beö  |)auptbogenö  ein« 
wärtö  unb  augwärtö  fd)räg,  je|t  belebt 
burd)  einen  SJÖed^fel  Don  »orfpringenben 
unb  eingefeblten  ©lieberungen,  eine  ®lic= 
berung,  bie  aud^  bem  ©tabwer!  ber  ^foften, 
Sögen  unb  Greife  juteil  würbe.  iJtocö 
meljr  neue  Elemente  treten  ^tnju  babur(^, 
ia^  bie  unteren  ©pi^bögen  »erbreifacbt 
unb  öerüierfac^t  Würben,  t>a^  man  fte 
paarweife  burc^  größere  umfd)lop,  inbem 
man  größere  unb  !leinere,  alte  unb 
junge  *|3foffen  miteinanber  wei^feln 
lie§.  2)abur(i^  enblid^,  ta^  man  bie  »er« 
met)rte  Qa\)l  ber  Sögen  unb  Ärcife  burc^ 
Einbringung  fleiner  ©reiede,  fog.  üla^tn, 
mit  fleeblattförmigen  ÜJJujlern  füllte,  cnt* 
ftanb  ta?,  Wafwerf,  ein  SDBcd^fcI 
mannigfaltigfier  Kombinationen,  bie  ftd^ 
alte  auf  tai  Äreiörunb  jurüdfübrcn  laffen. 
3e  na(^  ber  3t^Ir  in  ber  bie  9?afen  an« 
gewenbet  würben,  erhielt  man  eine  btei«, 
üiers  ober  fünf  blättrige  iRofettc,  einen 
2)rci^,  ißicr*  ober  günfpaf. 

Seit  bem  14.  ^af)t^.  betrad^tete  man 
i>a^  SDk^roerE  nur  nodb  al^  blo§eg  %üüt 
werf  unb  fud^te  bie  biö^er  offenen  Seile 
fo  reid)  wie  möglicE)  ju  beforieren.  San  bie 
©teüe  ber  Greife  traten  fpbärifc^e  SDrci»  unb 
SSierede,  bie  nun  tt)rcrfeitö  wieber  mit  bc» 
fonberem  ÜJiafwerfe  gefüllt  würben.  Seit 
bem  15.  ^al)xi).  wirb  tai  5ifd)blafen« 
mufier  bie  tonangebenbe  SD^af  werf  form. 
^ad)  iRat)n. 

tiefte,  ^riftCti^c,  ober  ^Ifeicrtagc.  5Dic 
ältejlen  firc^lic^en  gefl*  unb  5^'f'^*<^9^ 
würben  üor  bem  ÜJlittelalter  geffiftet; 
ber  (Sonntag  alg  ber  üluferfie^ungä* 
tag  iff  fc^on  im  2.  ^a\)ii).  allgemein 
gefeiert  worben;  bod^  orbnete  erfl  Äaifet 
Äonfiantin  im  ^abxi  321  eine  jirengere 
©onntagöfeier  an,  inbem  er  nerorbnete,  ta^ 
an  biefem  Sage  bie  geridl)tlid^en  ®a(^en 
unb  bie  öff'entlid^en  unb  gewöbnli(^en 
Sageöarbeiten  ruben  foüten;  nur  bie  8anb* 
leute  foüten  bie  günjlige  äßitterung /für 
ii)xt  ^clbarbeiten  benuhen  bürfen.  iÜltet 
nod)  ali  bie  ©onntagöfeier  ifi  bie  Dficr* 
feicr  ober  bie  %im  beö  jübifd^en  !Paff  al). 


gefic,  c^rifilid)c. 


115 


6ci  welcher  an  ©teHc  beö  jübi[cf)cn  Dficrs 
lammcö  bai  Dpfer  be^  |)erra  gefeiert 
hjurbe.  3n  biefeö  jj^f^  $"8  "^""  ^'f  ijf'c^' 
beö  Jobcstageö  5efu,  beö  6t)arfrcitagä, 
unb  ben  barauf  fülgenben,  gvo§cv  €>ab' 
bau)  genannten  ©onnabenb  unb  [e^tc 
bcr  ttJÜrbigcn  93orbereitunA  wegen  tati 
»orauögcf)enbe  40  teigige  ^Jafien  an.  2Bie 
bic  Subcn,  fo  begannen  bie  S^riflen  \\)x 
Äird)enjal)r  anfangtid)  mit  Oftern.  So 
entnat)men  bic  följriften  ben  Juben  auc^ 
baö  fünfzig  läge  nacft  Dfiern  ftattfinbenbc 
SBo(i)enfeft  ober  baö  ^eft  ber  %xn},)' 
ernte,  ^fingftcn.  3Itö  aügemcingültigeö 
(Jcji  erf(i)cint*13fingPen  aber  erjl  im  4.3at)rl). 
3n  baöl'elbc  3i^r^u"^eft  fäüt  bie  aügc* 
meine  6infüt)rung  beä  |)immelfal)rt; 
fcfie^  unb  bct  aBeit)nac^ töfcicr,  aüc 
btci  ^ejie  bebingt  huxä)  ^ntct)nung  bcö 
<i^riftUd)en  Kultuö  an  bie  iReligion  ber 
©crmanen,  am  meinen  tai  2ßeit)nac^töfc(l, 
tüelci^cö  gerabcju  tai  gcrmanifc^e  ^^efi  ber 
SBinterfonnenmenbe  ju  bedcn  bc= 
jiimmt  war.  3SgI.  ^tüi.  tt)cltlid)e,  unD 
2ßci^nad)t.  ©aö  ©pip^anienfcfi  am 
6.  Januar  [d)eint  älter  alä  ta^  2öeib= 
nac^t^feft  äufein;  alö  crfleö  Äirc^weit)« 
feP,  ba^  balb  5iad)a^mung  fanb,  wirb 
bic  (Sinwei^iung  ber  oon  Äonftantin  bcm 
©ro^en  erbauten  9}iärt9rerfird)c  ju  3c= 
tufalem  genannt;  crji  bem  6.  ober  7.  Ja^rt). 
gct)öit  bcr  Qlboent,  bem  5.  S^tjrt).  bcr 
Stag  bcö  crften  3!)Jarti)rcr^  Step^anuä, 
bcr  britte  bem  ©»angelifien  3"' 
t)anne^  gett)eit)te  Sßei^nai^tötag ,  btefer 
crjt  im  13.  3al)rb.  aügemein  geworben; 
bcr  unf^ulbigc  Äinbcrtag,  Festum 
Innocentium ,  rcurbe  anfänglich  mit 
(Spip^anien  jufammen  gefeiert.  3m  5. 
3at)r|).  war  bamit  bcr  gro§c  d)riftlid^e 
gcficpfluö  abgefc^Ioffcn.  3ebe«  bebeutenbe 
geft  ert)ielt  [d)on  feit  bcm  4.  ^al)xi).  feine 
9iact)«  ober  @d)Iu§feicr  am  ad)ten  jage 
nac^  bem  ^^cf^c,  bic  Oftanc 

©ine  Erweiterung  bcr  '(Feiertage  gcfcf)al; 
bur^  bic *Bcrcbrung  ber  9[JJä  rtprer,  i^rcr 
JRcItquien  unb  ber  Otte  un&  Äird)cn, 
in  bcncn  jene  aufbcwat)rt  würben.  @anj 
befonbcrö  aber  trug  bic  im  5.  3abrb.  über« 
l)anbnebmenbc  SJiarienrercbrung  jur 
(Srünbunii  unb  5luöbilbung  ber  ilfaricn« 
fcftc  bei.  ®iefelbcn  ftnö  folgenbe:  1} 
ÜJlariä  5öcrf ünbigung,  25.  aJtärj, 
Festum  Annunciationis  Domini  ober 
Annunciationis  Angeli  ad  B.  Mariam, 
fpäter  Annunciatio  Mariae  ober  Festum 
Conceptionis  Christi  genannt,  wa|)rfd)ein- 
lid)  baö  ältefic,  fd^on  awii  bcm  3.  ober  4. 


3abr^.  fiammenbc  SRartenfep.  2)  SWariä 
SRcinigung,  2.  g^cbr  uar,  au d)  Festum 
Praesentionis  Domini,  Festum  Occursus, 
Festum  Simeonis  et  Hannae ,  Festum 
Candelaram  ober  Luminum  ,  fiid)tme§, 
ßic^t-'2öei^e,  .Rerjen  =  aßeit)e ,  .Rcrj^gWeffe 
genannt,  auö  bem  6.  ^ai)xi).  3)  !lRariä 
|)immclfa^rt,  15.  ^uguft,  üiefleic^t 
fc^bon  im  6.  3^i^'^f)unbert  gefeiert,  ^ei^t 
aud)  Festum  Herbarum  oberOBürjs 
2öeif)c,  2Bürj  =  ü}icffc.  4)  9JJariä 
®eburt,  8.  (Sept.,  Festum  Nativitatis 
Mariae,  im  7.  3<>^r^unbert  cntjianbcn- 
5)  9Wariä  Opferung,  21.  Sfiocembet, 
Festum  Praesentationis  Mariae,  g^eicr  oon 
TOaria^  @inwcif)ung  jum  Scmpclbienji 
unb  jur  bcjlänbigen  3unflfrnufcf)aft. 
5Daö  ^eji  fommt  auö  bcm  Orient  unb 
rourbe  crfi  im  10.  '^ai)x^.  im  Stbenblanbe, 
unb  nie  allgemein,  angenommen.  6)  »JJiariä 
(Smpfängniö,  8.  ©ejcmbcr,  Festum 
Conceptionis  Mariae,  b.  i.  bic  unbefledte 
(Empfängnis  bcr  'üRaxia  toon  i\)xtx  9Wuttcr 
^nna,  nid)t  bic  (Smpfäitgniö  3«f"  bon 
bcr  9[Raria.  (5ö  foQ  juerjl  in  ®nglanb 
im  11.  ^a\)x^.  aufgefommcn  fein;  bcr 
1)1.  Sern^arb  fprad)  ftdb  nodb  gegen  bicfcö 
^cfi  auS;  bagegen  marfen  ft(^  bicg^ran« 
jiflfaner  ju  Scrteibigcrn  biefeö  gefiel 
in  ber  2et)rc  auf,  ha^  DJJaria  o^nc  ®ünbc 
oon  i^rer  3Wuttcr  empfangen  worbcn  unb 
folglich  obnc  ©rbfünbe  fei.  Sro^bem  bie 
2)ominifancr  tai  2)ogma  bcftrittcn, 
erflärte  iai  Äonjil  ju  93afel  1439  bic  5ln= 
na^mc  ber  ^^ranjiSfaner  für  orttiobop  unb 
fi^ricb  iai  ^eft  allgemein  cor  al«i  eine 
consuetudo  antiqua  et  laudabilis.  7) 
SWariä  ^cimfud^ung,  2.  3 uü,  Festum 
Visitationis  Mariae,  fam  im  14.  3'i^i^^- 
alö  Äirdbcnfefi  auf  unb  würbe  im  15. 
3abrl).  crfi  allgemein.  *Pap|l  Urban  VI. 
orbnete  1389  tai  Q^eft  an,  bamit  bei  bem 
unt)eiloollen  3«tWürfni'g  bcr  Äird^c  Matxa 
feiner  i)ittc  bcflo  geneigter  fei  unb  tai 
Scbiäma  bcfcitige. 

5?lcinerc  ÜJIaricnfcjlc,  bic  jumJcil 
erp  in  bic  nacbreformatotifc^e  S^xt  fallen, 
ftnb  baä  iR  Ofen  fr  anjfcfi,  1.  Ottober, 
fat  1573;  SWariaö  *ßerlo bungäfcji 
mit  3ofepl),  23.  3anuar,  feit  154(5;  3D?a« 
riä  ObnmaAtöfcicr  ober  %i^  bcr 
ficben  ®d)merjen,  i^rcitag  ober  Sonnabenb 
üor  *PaImfonntag,  feit  bem  15.  3obvl).; 
iKariä  greubenf eicr,  24.  September, 
feit  1745,  unb  SOJariä  ®cl)necfcicr,  5. 
51ugujt,  jur  (Erinnerung  an  bie  (Sinrict)tung 
einer  OJiaricnfitdbe  jum  ®(^nec. 

I)ic  »ornc^mfien   unb    am  meiflcn  oer« 
8* 


116 


gefie,  (f)ripii(i)c. 


breitete«   ^cjle   ber  «DUrtprcr,  ^eili- 
gen unb  ^po^d  jinb: 
3)a«  gcji  3o^anne«   bc^  läuferä, 

24.  3uni,  auö  bem  5.  ^a^x^. 

Zaa,  qpetri  unb  qSauIi,  29.  Juni, 
4.  3at)r^. 

*J}etri  ®tu  ^Ifeier,  Festnm  Cathedrae 
Petri,  22.  gebruar  ober  8.  Januar,  5, 
3a^rf). 

«Pctri  Äettenfeier,  Festnm  Petri  ad 
Vincula,  1.  5tugufi,  4.  3a^r6. 

qSauIi  33efef)rung,  Festum  Conver- 
sionis  Pauli,  25.  Januar,  1200  öon  Jnnos 
jenö  ni.  begrünbet. 

iJlpofieltag  beä  *P^itippu§  unb 
Jacobuö,  1.  Tlai,  üon  Sonifaä  IV.  im 
7.  Ja^rf).  gejiiftet. 

51po<icltag  be«  «Simon  unb  3u  = 
baö,  28.  Dftobcr. 

Qlpofteltag  beö  'Hnbreaö,  30.  dlo^ 
»ember,  feit  bem  4.  3al)r^.  51nbreaö,  93ru= 
ber  beöqSetruä,  <MpojteI  ber  ©fptben,  erlitt 
ben  SIKärtijrertob  auf  einem  fog.  31  n  b  r  c  a  g  = 
!reu5,  b.  i.  einem  Äreuj  in  ber  gorm 
eine«  X.  ©eine  JReliquien  ftnb  febr  »ers 
breitet,  ebenfo  feine  !]ßatronatfc^aften  gan« 
jcr  ßänber,  ©täbte,  Innungen  unb  93rü» 
berfi)aften.  2ßegen  feiner  «Berbinbung  mit 
ber  i)i.  SSirgo  ift  er  «Patron  ber  (S^e  unb 
lüirb  Don  lebigen  Jungfrauen  angerufen. 
91uf  Qtnbrea^  ging  ein  Seil  ber  Sebeu^ 
tung  be«  ©ottcö  ^repr  über,  be«  ©ottcö 
ber  grud)tbarfeit  unb  ber  (S^en. 

21pofieItag  bcö  Z^oma^,  21.  SDe* 
jember. 

Olpofteltag  beä  Jacobu«,  beö 
*MItern,  25.  Juli. 

qSartbolomäuötag,  24.  31uguji. 

iüfattl)äuötag,  21.  September. 

«Mpofteltag  beö  SUlatt^iaä,  24.  %t> 
bruar. 

Sag  bcö  iMpoPeU  unb  etjangeli* 
jtcn  Jobanne ö,  27.  2)esember. 

Sag    be«    et>angeli|len    3Warfu«, 

25.  iMpril. 

Sag  beö  ©»angelifien  ßufaö,  18. 
Dftobcr. 

S)aö^c1^  all  er  ^eiligen  rourbcrton  ber 
morgcnlänbifdf)en  Äirc[)e  fcl)on  im  4.  Jabr^. 
am  Sonntage  nac^  (Pfingficn,  im  SKorgen* 
lanbe  feit  bem  8.  ober  9.  Ja^r^.  am  1. 
Jtoriember  gefeiert. 

S)en  t>iev  ^auptle^rern  unb  ©äulen  ber 
abenblänbifct)cn  .Kir^e:  ©regoriu«,  51us 
gujlinu«,  Qlmbrofiuö  unb^ietont)^ 
muö,  »erorbnete  Sonifaj  VIII.  im  Jabre 
1295  je  ein  eigene«  gej!.  2)aö  ^eft  beö 
^1.  (Sregor,  ba«   auf   ben   12.  Wax^   fiel, 


rcar  Äinber«  unb  S^ulfeji.  91u<^  bie 
»icr  |>auptle^rer  ber  morgenldnbifc^cn 
Äircbe,  31t^anafiu«,  Safiliu«  ber 
®ro^e,  Oregoriuä  »on  SRajianj 
unb  db^pfojlomuö  mürben  im  ^benbs 
lanbe  Wie  im  SDtorgenlanbe  burcf)  {Jefic 
au«gcjeicf)nct. 

Unter  ben  ©ngeln  erbielt  bto§  ber 
Srjengel  Tli^ad  fein  %i^  am  29. 
September;  e«  mürbe  im  9.  Ja^rb-  aHgc* 
mein.  «Wan(^e  ®ebräu(f)c  be«  ÜJJic^aeli«» 
tage«  in  S)eutf(^[anb  pngen  mit  ber 
^crbfifeicr  beä  SBoban  jufammcn,  mie 
überbaupt  mand^e  ©lementc  ber  SBoban«* 
mptbe  auf  ben  Srjengel  ÜJlicbael  übergc« 
gangen  ftnb. 

3u  erhabnen  finb  enblicb  cinjelne  bc« 
fonbere  ^ejle,  bie  fi^  auf  Sbrijlu«,  auf 
®lauben«artifel  unb  auf  bcfonbere  SBor« 
fäCe  ober  ßebenölagen  ber  ©laubigen  be= 
äie^en. 

1.  S)a«  ^efi  ber  23er!Iärung 
ß  b  1^  i  Pi .  Festnm  TransfiguratiomsCkristi 
ober  Patefactionis  Christi  in  monte 
Thabor,  am  6.  31ugufi,  urfprünglicb  im 
SJiorgenlanbc  ju  ^aufc,  feit  bem  9.  Ja^rb- 
im  5lbenblanbe,  allgemein  aber  erfi  feit  bem 

15.  Ja^rb. 

2.  Äreuje«  =  6rftnbung,  Festnm  In- 
ventionis  S.  Crucis,  3.  SDiai,  feit  bem  13. 
Ja^rb.  im  Qlbenblanbe  rec^t  tierbreitet, 
i^u  Sbten  ber  3Iuffinbung  be«  Äreuje« 
ßl)ripi  burd)  Helena,  bie  SDlutter  Äonfian« 
tin  be«  ®r. 

3.  Äreuje«er^öbung,  Festum  Ex- 
altationis  S.  Cracis,  14.  September,  üom 
Äaifer  ^erafUu«  631  gefiiftet,  al«  bie  be» 
ftegten  «Perfer  t>a^  au«  Jerufalem  fortge» 
nommenc  .^reuj,  ta^  ftc  14  Jabre  bcfcffen 
batten,  mieber  bewusgeben  muften. 

4.  §efi  ber  ßanje  unb  ber  3?ägel 
S^rij^i,    Festum  Lanceae  et  Clavornm, 

16.  Qlpril,  auf  Sitte  Äaifer  Äarl«  IV.,  ber 
bicfc  SHeliquien  ermorben  batte,  im  Jalirc 
1354  t>on  Jnnojen«  VI.  für  SSö^menunb 
2:eutfc^lanb  bejlätigt. 

5.  ^ronleicbnamSfeji,  Festum  Cor- 
poris Christi,  am  S5onncr«tag  nad)  Srini« 
tati«,  al«  allgemeine«  Äird^cnfej^  juerji  »on 
Urban  IV.  im  Jabre  1264  beiiätigt  (fie^c 
ben  befonbcrn  ilrtifcl). 

6.  S)a«  Srinitati«fef!,  am  Sonntag 
nac^  ^fingften,  ifi  erfi  im  14.  Jal;rb.  aO* 
gemeine«  Äitc^enfcfi  gemorben. 

7.  ^eft  aller  Seelen,  Festnm  Om- 
nium  Animarnm,  2.  O^ooember.  QU«  Ur* 
beber  btefe«  gejte«  gilt  Dbilo,  3tbt  ju 
ßlugnt);    e«    mürbe    befonber«    ton    ben 


Jcjle,  tt>cttlid)e. 


117 


<5[uutajenfern   »erbrettet,    erhielt  aber  nie 
bie  päpfitic^c  Sefidtigung. 

Die  %xt  unb  Sffieife,  wie  bie  gejie  ge« 
feiert  JDurben,  tvax  natürlich  naä)  ber  Se« 
beutung  bc^  ^eftcö  felbft,  na*  ber  iBotfö= 
art  ber  ^^eftfeicrnben  unb  nad)  ber  ©enf^ 
unb  ©mpfinbungättieife  ber  3^'^  t)crf(i)ie= 
ben;  ja^Ireic^e  Überbleibfei  Qltgermanifcf)er 
©ebräuc^e,  bie  ftc^  namentlid)  auf  bie 
geier  ber  3«&'^föäeiten  unb  i^rer  ©öttcr 
bejogen,  ttiaren  in  bie  d)riftlict)e  ^eftfcicr 
einbezogen  worben  unb  fanbcn  il)ren  *pta^ 
teil«  im  ©ottcöbienfie  felbft,  teil^  unb 
fiärfer  im  weltlichen  Jeile  beö  )5efteß,  in 
<)8rojefftonen,  <£d)maufercien,  ©cfänflcn, 
jänjcn,  in  ber  geflHeibung,  in  5lupf)5 
rungen,  ©pielcn  u.  f.  to.  S)ie  Slüicjeit 
für  bie  fatbig=h5eltlic^e  %mi  ber  ^i^i 
roar  iebenfatlö  ber  3luögang  beä  9KitteI= 
altcrö,  beö  14.  unb  15.  ^aljxi).  SDie  ernfte 
SBürbe  ber  ^öftfcf)en  S^^U  bie  o^nc 
3ttieifct  auc^  in  bie  .^ird^en  hinein  gewirft 
l)atte,  war  gebro(^en,  unb  bie  jlnulid)cn 
©cnüffen  fel)r  ergebene  (Seftnuung  be« 
Sanbüolfeö  wie  ber  ©täbtebcwo^ner  gab 
bcn  3^eften  ein  bunteä,  lauteö  unb  d)araf' 
teriftifd)eö  Ocpräge,  beffcn  wcltlid)er  ©eift 
baju  beitrug,  eine  SReformation  aud)  biefer 
3ufiänbe  wünfc^bar  ju  machen.  Sebenbigc 
©d^ilberungen  biefer  weltlidien  jJePfrcuben 
geben@cbajiian  ^ranf  im  iffieltbud), 
Slatt  130  ff.:  «Bon  ber  SRömild)en  (Sbri. 
ftcn  Jefifepr,  Jempel,  5tltar,  Segriibniö, 
Söefingniö  unb  Sreuc^cn  burd)  bai  ganj 
jar,  unb  3o^anneöÄc§Icr  im  crj^en 
Sud)  ber  ©abbata:  Epitome  ober  ain 
furje  Sefd)ribung  be^  qSappumbö.  QlU(S= 
gäbe  bon  ©ö^inger.  (St.  ©allen,  1866, 
Sb.  I.,  6.  51  ff.  Über  bie  befonöeren  gefte, 
wie  Dftern,  *PaImtag,  ':|3fing|ien,  gronleic^= 
nam,  SBei^nac^t  ftet)e  bie  befonberen  5trtifel. 
S)aö  ^auptwerf  über  bie  c^rijilic^en  %i^t 
tfi  immer  noc^  iHugufii,  bie  g^fte  ber 
alten  (Sörifien.  3  93be.  Seipjig.  1817—20. 
ÜWeifi  banac^  ^anbclt  auäfül)rlic&  über  bie 
Scfic  JJinfJn  Srfc^  unb  ©ruber,  Qlrt. 
geiertagc.  Über  bie  germanifd)=üoIfätüms 
lid)cn  Sejie^ungen  ju  t>m  ^ejten  »gl. 
SButtfe,  ißolf^aberglauben  §  73  ff. 
tiefte,  tDEltUc^c» 

1.  3n  gcrmanif^cr  3eit.  2öic  bie 
©ötterocre^rung  überl)aupt,  fo  fianben 
audb  bie  befonberen  §efte  ber  ©ermanen 
in  engem  3ufanimenl)ang  mit'  bcm  SBed^fel 
ber  5af)reöäeiten.  2)ie  |)auptfeftc,  dult, 
fpäter  hochzit,  höchgezit,  fallen 
barum  auf  bie  beiben  ©onnenwenbcn 
unb    bie    beiben    Dla^tglcid^en;     bo^ 


tritt,  ba  bie  ©ermanen  bIo§  bie  brei 
3a^re«jeiten  ^rü^Iing,  ©ommcr  unb  SBins 
tcr  fannten,  bie  ^erbftsD'iad^tgleid^e  £)inter 
bcn  brei  anbercn  Qäkn  jurüd.  35aä  be= 
bcutenbfte  geft  ifi  aber  baö  3"l'  ober 
3ocIfcft;  e^  beginnt  mit  ber  Diac^t  jum 
25.  S)ejember,  ber  ^eiligen  SBeif)»  ober 
ÜJlutternac^t,  unb  bauert  12  9'Jäd)te 
tjinbur^  —  bcnn  bie  ©ermanen  5af)Iten 
nac^  DfJüf^ten  unb  na^  2öintern,  nid)t 
nad^  Sagen  unb  3al;rcn  —  bi^  jum  6. 
3anuar,  bem  ^eiligen  ßid)ttag  ober 
Dbcrfttag.  S)icfc  3^^*  war  ber  aBiebcr= 
te^r  beö  $5rüt)ling0  unb  ©ommerö  geweil)t. 
2)ie  12  Sage  feigen  bie  3>^ Elften,  bie 
12  9iä(^te.  9}Jit  i^nen  beginnt  iai  3a^r. 
3n  if)nen  wirb  ber  Äalenber  für  bie  fol« 
genben  12  DDtonate  gemad)t:  wie  eö  in 
hin  12  Jagen  fei,  fo  wirb  eö  aud)  in 
ben  12  S!)Jonaten  eintreffen.  3n  biefer 
3eit  ertönt  tai  Sieb  beö  wütenben  ^eereS; 
bie  ©Otter,  namentli(^  SBoban,  fteigcn 
wieber  jur  SDiJenfc^enWelt  t)erab  unb  Ratten, 
in^  ßanb  einjiebenb,  einen  fegnenben  Um* 
jug  in  S)örfern  unb  ^Ii'i^cn-  Darum  ijl 
je^t  f)cilige  3^**/  ^^^  5lrbeit  ru^t,  auf  ben 
'•Bergen  lobern  Zeitige  ^euer.  Uralte  ÄuU 
tuögebräud^e  fteüten  ben  Umjug  2ßobanö 
bramatifc^  bar.  ÜJJan  opferte  bem  ©otte 
^eftgebäde,  auf  bem  |)erbe  brannte  ber 
aSeibnac^töflo^.  ®ie^e  ben  5trt.  äBeil^* 
nad)t.  QU}nIid)er  Statur  waren  ia% 
jyrü^tingeifeft,  ta^  Sommer-  unb 
^erbftfeft;  Urnjüge,  Opfer,  ^e|tlid)fei* 
ten  aller  Qlrt  trugen  jur  SBeifjc  biefer 
^eiligen  Qtikn  bei.  3)ie  Erinnerung  baran 
bat  fxä)  unter  anberem  barin  erhalten, 
ta^  in  bcn  ^öflfd)en  5Did)tungen,  jumal 
im  Sfitbelungenliebe,  bie  hochgezite  an 
ben  sunewenden  jiattfinben. 

2.  Übergang  inö  ß^rijientum. 
Die  5efte  ber  alten  Deutf(^en  waren  ju 
tief  in  il)rcn  ©ebräud^en  unb  2tnfd)auungen 
begrünbet,  alö  ta'^  c«  bem  (5.l;rifientum 
gelungen  wäre,  biefelben  gänjlid)  auöju« 
rotten  unb  fiatt  i^rcr  bie  d)ri"jili^«fird)li^en 
t^ejle  cinäufü^ren.  3nbem  man  jwar  bie 
legieren  fird)lid)  orbnete,  fügten  [xd)  il)nen 
i)k  alt{)ergebrac^ten  gefte  unb  ^eierlic^* 
feiten  non  felber  an  unb  fd)miegtc  ftc^ 
ni(^t  minber  umgefefjrt  ber  c^ri)"tlid)e  ^tp 
fultuä  an  bie  «Sitten  ber  l)ergebrad)ten 
55efie,  fo  ia^  Umjüge,  Opfer,  %iu<ix,  ©rü^e, 
SRebenöartcn,  Z'dnit,  SSerflcibungcn  u.  bgl. 
ftd)  aU  ©c^mud  ber  firc^li(i)en  %t^t  fe^r 
jablreid^  erhielten.  Dabei  i(l  aber  ju  be= 
benfen,  einmal,  t>a^  bie  ©ermanen  ber 
3al)re^rcd^nung  Porauö  eine  ÜJionbrec^nung 


118 


5^cfie,  wcltlidic. 


{)atten,  beven  Erinnerung  im  JBortc  5)io  = 
nat  ftc^  erf)altcn  fiat,  unb  tvdd)t  o^ne 
3tt)cifcl  in  manchen  fepUdben  ©cbräuc^en 
nod}  mitfpiett;  [obann,  ha^  bie  Äir($en= 
fefie,  meldbc  h)ie  Djlern  unb  $fingfien  ge^ 
bunbcne  3c'ten  l;atten,  bie  alten  ®onn= 
ttjenbjcitcn  unb  üag^  unb  9^act)tglcic&en 
ni(i)t  becften  unb  e^  bc^&alb  gef^e^en 
fonnte,  ta^  mani^c  alte  @ebräuci)e  [päter 
auf  tierfcfciebene  fird)(idöe  3eiten  unb  j^cfie 
fxd)  üevteilten,  unb  bicö  um  fo  me^r,  alö 
bei  befonbere  @influ§  ber  Oegenb  unb  beä 
Stammet  getri^  fcbon  fe^r  frü{)e  üicl 
SOtannigfaltigfeit  aufnjieö. 

(So  fcbr  tt)u§tc  fic^  ber  (^rifilicöe  Äult 
ben  ^eibnifd)en  ^tnfc^auungen  anjufcblie^en, 
ba§  t>ai  aBei^nad)töfe|i  auf  baöjul- 
fefi  »erlegt  würbe.  3'Tin^«'^  ^od)  get)t  ber 
trilbe  '^äQn  um,  bie  |)ej:en  roalten  in  ben 
jtrölf  ?Jäd)ten  frei,  bie  h)ci§e  i^'can  jeigt 
ftcf).  SDer  auä  SB  o  bau  cntj^anbcne  Äned)t 
Oluprec^t  unb  bie  i^n  begleitenbe,  auä 
ber  ©öttin  ^ifi^Ö  entfianbene  tt)eiblici)e 
$crfon,  mei§  gefleibet  unb  ferjc^Ieiert,  tritt 
auf  aU  baö  „(5{)ripfinb",  atö  SDiaria  ober 
ajJuttcr  (Sotteö,  grau  Sertfia  ober  grau 
^ulba ;  ftc  befiienfen  bie  Äinber  mit  Gipfeln, 
Pergolbeten  Uiüffen,  firafen  fte  mit  ber 
SRutc.  2)cr  iffieii)nad)töbaum  erinnert  an 
SBoban^  beiligcn  Saum  unb  bie  8ici)ter 
an  ben  alten  Älo^,  ber  in  bicfer  Qnt  auf 
bem  ^erbe  cerbrannt  njurbe.  S)ie  ©c^mau^ 
fercien  unb  ©peifen  ber  2Bei^na(f)t  jtnb 
nicbt  minber  altgermanifc^. 

®ipfel*  unb  SWittelpunft  ber  an  bie 
3tt)ölften  fic^  anfnüpfenben  3eiten  in  i^rcn 
potfötümli^en  ©ejietjungen  ifi  bie  ©tjl« 
Pcfiers  ober  SJJeuja^rönac&t.  i8ec^  = 
telitag,  b.  f).  Sag  ber  33er(^ta,  ber 
^immelögöttin,  ^ei^t  entmcbet  ber  2.  ober 
ber  6.  3finuar;  im  Unteren  gaü  fönt  er 
mit  bem  3)reifönigötag  jufammen  unb 
f($Iie|t  bie  alten  3tt'ölfnäcf)te  fowo^I  aU 
bie  c^rijlli^e  2Beit)na^täfeiei. 

©ine  I)eibnif^c  33orfeier  be^  grü^Iingö, 
bie  auf  S)onar  unb  grigg  33cjug  ^atte, 
fd)eint  ftc^  in  ben  gajinacf)tfreuben  crt)alten 
ju  {)aben;  bie  befcnbern  läge  fmb  ber 
2)onnerötag  üot  gaftnai^t,  fcf)mut= 
äiger,  gumpiger,  unfmniger  ober  feiger 
2)onnerötag,  aud)  2Beiberfaf!nac^t  genannt, 
ber  gajlnad)tfonntag,  ÜJ^ontag  unb  25ien^= 
tag  u.  a.,  ttjie  2öeil)nacf)t  unb  Djlern  burd) 
befonbere  Opfergebäcfe ,  Srejeln,  Ärapfen, 
Äüd^Ic,  fficcfen  u.  bgl.  gefeiert. 

Dicgcier  bergrül)lingönacf)tgleicf)c 
^at  i^re  alten  SSejie^ungen  an  Oftcrn 
abgegeben,   bereu  ?iame   felbp  ber  ^xüi)' 


lingögöttin  Ojiara  entlehnt  ifi.  3"  ^«n 
alten  Srinnerungen  gehören  bie  Ojier» 
fcuer  (fief)e  geucr),  bie  Dficrcier, 
©innbilber  be^  neubcginnenben  iJiatur« 
lebend,  tt)obei  ber  ^afe  ebenfaü^  ber  grü^« 
lingegöttin  angebört  ober  ber  ^ulba;  et 
War  ben  alten  Deutfc^en  heilig,  fie  a§cn 
if)n  ni^t;  iai  ©ierlefen.  3)er®rün* 
bonnerätag  ^at  93ejie^ung  ju  2)onat. 

(Sine  anbere  gorm  nimmt  ta^  gtü;^* 
lingä«  unb  Sommerfeji  am  1.  SO^iai,  am 
Sßalpurgiötage  an.  *Hud)  biefer  Sag 
ifi  jDonar  geweift  unb  War  einer  ber  ^ei' 
ligfien  Sage  bcö  beutfcfecn  ^eibentum^, 
Opfers  unb  ©erid^tötag  ber  SDlaioerfamm« 
lung  bcö  3Solfe(^.  SBenigcr  Dtcjic  alter 
gefijeit  baben  fid)  auf  5|}fingjien  über« 
tragen  laffen;  bocb  fmb  ßüQt  be^  @om« 
merfonnwenbfcfie^  auf  biefe^  Äirc^cnfefl 
übertragen  morben,  u.  a.  ber  ^fingfibaum, 
ber  fonj^  bem  ÜJJaitag  angeprt,  unb  tai 
3luöf(ä)mücfen  ber  Käufer  mit  Sirfenlaub. 
®cr  blumenbcfränjte  *t?fingjioc^fc,  bet 
einem  Dfieroc^fen  parallel  ge£)t,  beutet  auf 
alte  Opfer.  S)er  ^immclfatjrtötag  ifi  »iebet 
ein  S)onarg  Sag. 

2)ie  eigentliche  ©ommerfonnen« 
menbe  (^  auf  ben  3of)anniötag 
üertegt,  eö  war  tai  waf)rfc^einli(^  bem 
gro  gewibmete  Opferfefi;  an  biefem  Sag 
lobern  bie  3of)anni^=  ob.  ©onnwenbs 
feuer,  Sirfen  werben  aufgeri^tet,  SIu« 
mens  unb  öaubgewinbe  an  bie  |>äufer  ge* 
pngt  ober  quer  burd)  bie  ©tra§c  gejogen, 
Sannenbäume  mit  bunten  Siern  unb  Slu« 
men  gefd)müdt  unb  oon  ben  SDtdbi^en 
ftngcnb  umtanjt.  ©ie|)e  2öuttfe,  iMbct<= 
glauben,  §  74  ff.,  unb  pon  SRcinäbergs 
3)üringöfclb,  5Daö  fefilid»c  ^cit)i  in 
Sitten,  Oebräuc^en  unb  ge^en  ber  get* 
manifd)en  Söölfer.    Ceipjig,  1863. 

3.  gefie  ber  ^öfifd)en  3eit.  O^ne 
3weifel  nabmen  aud)  ^öfifd)e  Greife  cinis 
gen  *}(nteil  an  tm  oolfetümli^en  gefien; 
bie  pfifd^e  ©efetlfc^aft  al^  folc^e  aber 
Perlegte  it)re  großen  gefie  auf  bie  brei 
fird)li($cn  höchgeziten,  35Bei^nad)t,  Ofiern 
unb  ^fingficn,  bencn  Tlaxi'a.  ©eburt  an 
bie  Seite  gefieKt  wirb.  31n  bicfen  Sagen 
fanben  ficb  bie  geifilic^en  unb  weltlichen 
SZßürbcnträger  am  ^»oflager  ein,  begingen 
bie  fir(^lid)c  geier  mit  bem  ^errf^er,  bet 
babei  im  Ärönungöornat  erfd)ien,  unb 
waren  bann  aud)  in  geric^tltd)en  unb  an* 
bercn  5(ngelcgen^eiten  mit  i^m  tl)ätig. 
SBefonberö  beliebt  war  tai  ^fmgjifefi,  wo 
man  fid)  jugleid)  im  freien  ergoßen 
fonnte.    3m   IReinede  gu^«   lägt   Rönig 


J^cubalrec^t  —  ^cucr. 


119 


Sipbcl  feine  SSafaÜen  auf  ^ßfingftcn  naä) 
$ofe  berufen.  93efonberö  bctü&mt  )max 
unb  blieb  lange  in  Erinnerung  bcr  gro^e 
^oftag,  ben  Ji^i^^ii^  Sarbaroffa  ju 
«Pfingficn  be«  5at)rcö  1184  ju  SWainj  ftielt. 
«Dkn  f^a|tc  bic  ßahl  ber  iRitter  unb 
Ärieget,  ber  ®eifilic^en  unb  ber  ,Viibren  = 
ben  auf  70U00;  ber  |»erjog  griebrid)  oon 
Söbmen  fam  mit  2  000,  ber  erjbif^of 
öon  ^öln  mit  1700,  anbere  mit  500  biö 
1000  «Reiftgcn  unb  [Rittern.  51m  erften 
qgfingfifeiertage  (20.  Tlai)  fc^ritt  Äaifer 
J^riebrid)  mit  feiner  ®emaf)Hn  Seatriy  im 
©d^mucfe  beö  faiferlic^en  ©tirnreifeö  in 
feierli(^cr  ^rojeffion,  xion  einem  glänjens 
ben  ®cfoIge  begleitet,  ju  ber  in  ber  SWitte 
beä  ßager^  an  bem  faiferlic^en  ^alafic 
errichteten  ÄirAc;  mit  ber  fönigtic^en 
Ärone  auf  feinem  jugenbUi^en  Raupte 
folgte  i^nen  Äönig  lieinric^.  S)em  ^n%i. 
Poran  fcbritt  ®raf  Salbuin  Don  ^ennegau, 
be^  !Rcid)e^  Schwert  tragenb.  ^radbtDoüe 
®afimäl)Ier  unb  gtänjenbe  ®elagc  fd)Ioffen 
ben  erften  i^ePtag ,  babei  »erfabcn  ben 
2)ienji  beö  SDJunbfdEienfen  unb  3;vu(f)fep, 
bcö  iIJ?arfd)aIlö  unb  Äämmererä  bei  bem 
Äaifer  bic  |ierjöge  unb  9ieid)öfürften  in 
eigener  $erfon.  5(m  jiueiten  Sage  fanben 
nac^  ber  ^lübmeffc  glänjcnbe  SHitterfpiele 
unb  SBaffenübuncien  ftatt,  bei  tt)eld)en  be^ 
Äaiferö  ®übne,  Äönig  ^einric^  unb  |)crjog 
griebric^  non  tocbttjaben,  ebe  fic  bie 
©dimertleite  empfingen,  if)re  ®en)anbtbeit 
in  ber  gübrung  ber  2Baffen  ju  jeigen 
l)atten.  Sei  20  000  SRitter  foüen  M 
bamaU  in  ben  ©dbranfen  getummelt  i)a= 
ben.  Äaifer  grieDrid)  felbft  erfcfjien  in 
ibrer  9?Jitte.  9Jad)  bem  Äampffpiel  mür- 
ben be^  Äaiferö  ®öbne  feierli^  mit  bem 
@cf)merte  umgürtet  unb  fobann  jur  geier 
beö  froren  Sreigniffeö  an  bie  ©c^aren 
jufammengejlrömter  ©ienjlmannen,  ®än« 
gcr,  *pilger,  armer  8eute,  ©autler  unb 
©auflerinncn  ®oIb  unb  ©über,  «Pferbc 
unb  ®eh3anbcr  in  t)erfd)Wenberifc^er  ^uu 
gebig  feit  oerteilt,  ein  93eifpiel,  ta^  »on 
ben  jürfien  unb  ©rogen  metteifernb  nadt)* 
geabmt  mürbe.  Unter  äbniicben  Jeptid)« 
feiten  üerlief  ber  brittc  Sag.  2)oc^  mürbe  an 
biefem  bie  allgemeine  ^^Pfreube  babutd) 
gejiört,  t>a^  gegen  Slbenb  ein  b^ftiger 
©turmminb  bie  inmitten  beö  ßager^  er« 
ridbtete  böljerne  Äirdic,  eine  21njal)l  anbe^ 
ier®cbäube  unb  eine  ÜRenge  3elte  nieber== 
ti^  unb  fünfjebn  i]!Renfd)en  ba§  2eben 
raubte.  «Seit  SDJenfcbengebenfen  mar  fein 
fo  pra^tiger  ^oftag  gebalten  morben;  für 
^einrid)   non  iBelbefe  mürbe  baö  SDfainjer 


%i\i  53orbilb  für  bie  t>on  jbm  gcfd)ilberte 
^odbjeit  feineö  J^elben  ^tnea^.  ^ru^, 
®efd).  ^fif^i^'^^  I-  ^u^er  biefen  regel« 
mäßigen  fir(^lid)en  |)oftagen  gab  eö  natür= 
lid)  nod)  anbere  böpfdbe  J^ejle,  bie  befon» 
bcren  *}lnldffen  ibr  2)afein  »erbanften, 
Krönung«*  unb  $ulbigungöfeftc,„-5)0(^jeis 
ten,  ©cbfoevtleiten,  Segräbniffc.  Über  bie 
Surniere  [iebe  ben  bcfonbcten  5lrtifel. 

4.  a3ürgcrlid)e  ^^i^t.  5lud)  in  ben 
legten  S^^'^l'un^^'^ff"  ^^^  SRittelalterg 
bauerten  bie  alten  fejllicben  iBolfsfitten 
fort;  ein  neuer  ^efic^arafter  bilbete  ftd) 
in  ben  Stäbten,  Wo  einesteils  eine  gro§e 
®efamtbcoölferung  bie  meUlidien  unb 
fird)li^en  33olfSfefle  bot»,  anberfeitS  bcr 
JlorporationSd)arafter  ber  Seit  fi<^  aud) 
ber  ^efte  bemäd)tigte  unb  eine  große 
ÜRannigfaltigfeit  gefd)loffener  ^efigefeU- 
fcftaftcn  erjeugte  unb  auäbilbetc.  Solcbe 
an  gemiffe  j'inungen  U"^  ^»anbmcrEc  fid> 
anfd)liefeenbe  gefie  ftnb  bie  @d)ü|enfefie 
j  ober  ®efellenfcbie§en,  ha^  ®d)öns 
bartlau fcn  bcr  glcifc^erjunft  unb  ber 
nod)  beflebenbe  SlRe^gcrfprung  in 
SRürnberg,  ber  ©cbäfflertanj  ber  Sött= 
d)et  in  5)Jünc^en,  ber  Zanij  ber  ©öttcber 
in  ^ranffurt  a.  Tl ,  ber  auf  bem  jugc* 
frorcnen  ÜRain  am  ^aftnacbtmontag  fiatt« 
finbet  unb  mit  bem  Sinben  eineS  %a^i^ 
oerbunben  ift,  hai  5ifd)erfie(^en  in 
Ulm. 

f^cubaltedjt,  fube  ßebnämefen. 

§cucr,  Dfterv  3foöonnig=  u.  Stotfeucr» 
Offene  geuer  baben  ftd)  no^  b^ute  als 
Überbleibfei  beS  ©onar^JlultuS  überall  in 
S)eutfd)lanb  erl)alten.  S)ie  grüblingS« 
feuer  bciBc"  ^etersfeuer,  3uboS* 
feucr  ober  Dfierfeuer,  fie  flnb  befon* 
berS  in  ^Jorbbcutfdblanb  befannt.  ©ie 
merben  entmeber  am  Sorabenbc  beä  Djiei« 
feficS,  biSmeilen  an  ben  folgenbcn  Sagen 
ober  am  ©onntag  nad)  t5aPna<^t  ober  adbt 
Sage  nacb  bem  ^afinad)tfonntag  angejün» 
bet,  meifi  auf  Sergen  unb  -^ügeln,  auS 
©tro§,  ^olj,  befonbcrS  oom  SodSborn, 
(Äreujborn),  93efcn.  Änaben  laufen  mit 
brennenben  ©tro^büfcbeln  um  bie  gelber, 
fie  frud)tbar  ju  madjen.  3m  ^arj  merben 
oor  bem  ßntjünben  beS  ^Jeuerei  (|id)börn* 
eben,  bie  Siere  beS  ®onav,  im  Sßalbc 
gebebt  unb  gefangen.  3"  SBefifalen 
fdbliefjt  t)ai  23olf  einen  ÄreiS  um  ben 
^oljfiof,  einer  fcblägt  mit  einem  in  einen 
Änoten  gefnüpften  Sud)  (Älumpfad,*piump* 
fad)  jeben  einzelnen  unb  fpricbt:  Kik  di 
nit  um,  das  Foesken  dat  kämt,  fcfeau  bicb 
nic^t  um,  ta^  güd^Sc^en  fommt!   S)tcS  iji 


120 


i^euevpTobe  —  ^cuernjaffcn. 


bcr  Urfptung  bes  ineitDerbreiteten  $Iump= 
fatffpielcö,    bcö  SRefieö  eine^  altf)cibnifd^cn 

®ö  giebt  aud&  ein  fit(i)Itä)  angeorbnc* 
teö  Dperfcuer,  ba^  in  bcr  fatf)oIifc^cn 
Äir($e  am  S^atfamötag  morgen  mit  @tat)I 
unb  ©tein  angejünbet  mirb,  nac^bcm  »or« 
f)cr  olle  fird)Iicften  Sicf)ter  auögelöfcf)t  finb. 
5ln  biefem  %tun  n^erben  .Roi^Ien,  bie  »or^ 
l}n  gefegnct  ttjutben,  glü^enb  gemacht  unb 
mit  biefen  bie  OPerferje  angejünbet,  burd) 
Jüeld)c  nun  n^eiter  bie  üor^er  auögetöfc^ten 
entäünbet  Serben.  51n  »ielen  Orten  wirb 
mittelfl  biefeö  %n\ni  auf  einem  freien 
*PIa|c  in  ber  9?ä^e  ber  J?ir(f^e  ein  ^olä» 
feuer  angejünbet  unb  barin  aKeö  im  legten 
3n^re  übrig  gebliebene  ^eilige  Dl,  biö* 
roeilcn  aucf)  bie  Q^igur  iti  ^ni>ai,  inel= 
teilet  urfprünglic^  ben  SBinter  barftcHenb, 
Bevbrannt.  2>ie  ■^ol)Icn  oon  angebrannten 
55fa!^Ien  gelten  aU  ©en^itterfc^u^  ober, 
in  bie  gelber  jerfircut,  aU  iKittel  gegen 
SOJi^rtja^ö  unb  Ungejiefer.  I>iefeö  fir^Iicf)e 
Dftcrfeuer  erf^eint  in  SDeutf(^Ianb  juerfi 
im  9.  3a^rl). 

@in  anbereä  uralte«  %mtx,  ba§  5Donar 
beilig  ttar,  n)ar  iai  um  bie  Qät  ber 
<5ommerfonnenn)enbe  angejünbete, 
je|t  meift  auf  ben  ^o^anniötag  (25.  5uni) 
»erlegte  JJcucr;  ee!  ifi  bcfonberö  in  @üb= 
beutfc^lanb  ju  ^aufe  unb  |)eift  isjonnens 
iuenbfeuer,  So^^inni^ffucr,  j£»immel^feuer, 
3ünbelfeuer.  S)iefe  ^^euer  »erben  au§er  auf 
Sergen  aud^  auf  9Wärften  unb  in  (Strafen 
angejünbet.  SJJJan  fpringt  burd^  baö  geuer, 
fc^Ieubert  brennenbe  |)oIjfc^eite,  in  bcr 
9Wittc  mit  einem  ?ocf),  l)0(i)  in  bie  ßuft; 
auö  ©trol;  geflochtene  brennenbe  SRcibcr 
»erben  ben  Serg  ^inabgeroüt.  2)ie  3"= 
gcnb  befränjt  [\ä)  mit  Slumen,  namcntlid) 
mit  Seifu§  unb  ©ifenfraut,  unb  biefe 
Äränjc  »erben  bann  in  ben  Käufern  jum 
€dbu|  gegen  ben  Ü81i^  aufgehängt.  @c* 
bajiian  J^rantf  erjätjlt  im  SBcItbud^ 
ton  ben  g'^'^"^^"-  »^i^  ®*^-  3o[)an^ 
tag  machen  ft)  ein  Sinetfeur,  tragen  auc^ 
bifen  tag  funberc  frän|  auf,  »ei§  nit  au^ 
»aö  aberglauben,  üon  beifue|  unb  cifen* 
haut  gemacht,  unb  ^at  fd^ier  ein  jeber 
ein  bla»  fraut ,  Dtitterfporn  genannt,  in 
ber  i}ant>;  »eld)cr  barburd^  in  i>ai  fe»r 
ftt)et,  bcm  t^uet  baö  ganj  jar  fein  aug 
»el),  »ie  fi  aberglauben.  2ßer  »om  fc»r 
I)eim  jul)auf  l)in»eg  gel;n  »iü,  ber  »ürft 
bi^  fein  Äraut  in  tai  feur,  fprec£)enbe: 
(Sä  ge^c  t)in»cg  [unb  »erb  »erbrent  mit 
bifem  fraut  au  mein  unglüdf.  ®a«  bi» 
fcf)öf[ic^   t)ofgcftnb   »ürft    auf   bifen    tag 


bei  i^rem  freubenfeur  auf  bcm  93crg  bin« 
term  fcE)Io§  feurine  fügten  in  ben  flu§ 
Moganum  (ÜJJain),  fo  mcifierlidt)  juegericbt, 
aU  ob  cä  fliegenbe  Srad^cn  »eren."  3n 
früheren  3eiten  na^m  aud^  bie  feine  SBcIt 
an  biefen  ^^rcubcnfcucrn  teil.  3"  3lugä« 
bürg  jünbetc  1497  in  Äaifer  Tlaf 
@egen»art  bie  fdf)önc  ©ufanna  ?leit^att 
ba^  3of)anniöfcuer  mit  einer  gacfel  an 
unb  mad^te  bann  juerfi  ben  Sfteigcn  um 
bie  ^^lammc  an  ^^ilippä  ^anb.  ^m 
3a^re  1578  lie^  ber  ^erjog  Bon  ßiegni^ 
3o^anniäabenbö  ein  greubenfeuer  auf  bem 
5lpnafi  galten,  »obei  er  felbft  mit  feinem 
^of  jugegen  »ar.  granjöftfc^e  ©d^riftfieller 
beö  12.  unb  13.  3a^rf).  bejcugen  bie  ®itte 
für  g^ranfreid^. 

93er»anbt  mit  bem  Dfier«  unb  ^o^annig« 
feuer  ftnb  bie  fdbon  im  8.  ^a^x}).  fird^Iid^ 
öcrbotcnen  Dtotfcucr,  bie  f)eute  nod^  nid^t 
ganj  auögejiorben  ftnb;  audE)  fic  »urben 
bem  ®e»ittergott  SDonar  ju  (ä^ren  ent*  | 
flammt,  alö  einer  ©ott^eit,  bie  baö  geben  | 
unb  bie  ©efunbbcit  ber  ü)ienf(^en  unb 
Sicre  bef(^ü|t.  2)aä  Dtotfcucr  »irb  an^ 
gcjünbct,  fobatb  eine  ©cud^e  unter  bcm 
25ie^  auftritt  unb  j»ar  burd^  SReibung 
mit  einer  ÜBalje  ober  einem  SRabc.  ®ta^I 
unb  ©tein  barf  nidf)t  ange»anbt  »erben, 
unb  im  ganjen  Orte  muf  jebeö  geuer  unb 
ßidbt  auägelöf(^t  fein,  fonfi  gerät  eö  nid^t; 
jeber  (Sin»of)ner  mu§  ct»aä  SRcijtg  unb 
©tro^  ju  bem  ^Jeuer  liefern.  2)aö  93ic^, 
befonberä  ®^»eine,  Äü^e  unb  @änfc, 
»irb  bann  breimal  burdf)  t>ai  %tnn  l)ins 
burc^getrieben  ober  «gejogen.  SDaö  ^oU 
feuer  f)ei§t  aud^  iaii  »übe  ^-inti. 
®rimm,  Tl\)tl)ol  XX;  SDlann^arbt, 
® Otter,  VI;  SButtfe,  2lbergl. 

^tnttpvoUf  fie^e  ©ottcäurteil. 

^cuetttaffen.  3^re  ?ln»enbung  cntwidtelt  j 
ftdt)  auä  ben  im  Orient  feit  uralter  ßtit  1 
befanntcn  Äriegäfeuern.  (iypiobierenbc  ■ 
©emenge,  auä  ©alpeter,  ©^»efet  unb 
einem  britten  ©toffe,  ^edb,  ^arj,  Öl  ober 
^oljfoble,  jinb  in  ben  ßänbcrn,  in  »eld^en 
ber  ©alpctcr  häufiger  Borfommt,  in  3nbicn, 
5lgV)ptcn  unb  (5.l)ina,  juerji  ju  |)aufe  gc= 
»efcn.  SÖtit  fold^cn  cfploftöcn  iWifc^ungen 
fpielte  man  jucrp,  bann  oermertcte 
man  fte  im  Kriege,  julegt  führte  bie  ©r» 
fennung  ber  baüifüfc^cn  Äräfte,  »cldbe  bie 
bei  ber  (Sypiofton  ent»idfelten  ®afe  bc« 
ft^en,  jur  ^euentiaffc.  2)ie  .Renntniö  bcr 
eypiofioen  ©toffe  unb  SDJifd^ungcn  »urbc 
im  Orient  namentlich  in  ben  *Pricfier* 
fdf)aftcn  gct)eim  gehalten  unb  benu^t,  um 
bcr  ÜJJcngc    banbgrciflic^   ju    imponieren. 


iJcuemaffen. 


121 


3n  t^cofratifd^en  25cfpotien,  unter  Sei* 
tung  bcr  (Priejter,  h)urbc  aud)  Die  *pt)ro= 
tcc^nif  juerfl  in  ben  S)tcnfl  bcä  -^tiegeö 
gejogcn.  5tue  bem  Orient  tarn  bie  5ln= 
ftenbung  beä  Äriegöfcuerö  in  bie  tt)eftlicf)cn 
Cänbcr,  unb  bie  iRömer  öerfianbcn  pd) 
fc^on  äur  ^ät  bet  Stepublif  auf  tai 
©cfeleubcrn  brenncnber  ©ubpanjen  jur  SHw 
jünbung  belagerter  ©täbte.  6in  weiterer 
5ortfd)ritt  lag  in  ber  ^erfteUung  »on  ÜJJi* 
fc^ungen,  bie  fic^  »on  fetbft,  b.  ^.  bei  ber 
93erü|)rung  mit  ber  ßuft  ober  bem  SBaffer, 
entjünbeten.  «Solche  Riefen  in  bcr  ^olflf 
gried^ifcfteä  J^euer,  ta^  im  4.  ^a\)x\). 
nad)  ß.f)rifiufii  bereite  befannt  genjefcn  fein 
fott;  ber  9kme  flammt  erfi  auö  ber  ^iit 
bcr  Ärcujjüge.  ^m  7.  3a^r^.  ttturbc  hai 
gried^if^c  %imx  mit  (grfolg  gegen  bie 
arabifd)e  ^^otte  angewanbt,  »elcfic  Äon= 
fiantinopcl  belagerte,  eö  brannte  aud)  im 
SBaffcr  unb  flammte  nicf)t  blo§ ,  roie  iai 
gcn)öt)nUc^e  geuer,  aufrcärtö,  fonbcrn  au^ 
lorijontal  unb  abmärtä.  3"  Äonftanti* 
nopel  würben  aud)  fc^on  im  10.  Saf^i^f)- 
i5euerrof)rc  angewenbet,  tt)eld)e  mit  lang; 
fam  brennenbem  Qlu^pogfa|c  gefüllt  maren 
■unb  einen  i^euerfirom  fprü^ten;  fte  maren 
t)on  tt)eic^ercn  Stoffen,  non  53ambu^  ober 
fieber,  ober  oon  SWetaü,  Tupfer  ober  (Sifen. 
51uc^  geuerlanjen  mit  fold)em  g^euer 
ircrbcn  erniatint.  SDaburd)  ferner,  ta^  man 
ben  in  ben  SRo^ren  fejlgcflampften  ®a^ 
nid^t  mc^r  an  ber  glatten  Dberftä^e  cnt* 
jimbete,  fonbern  bie  eypioftblc  SHaffe 
burd^bo^ttc  unb  einen  3""^f«^^6n  ^i"' 
führte,  befam  baä  ^^eueii^o^r  eine  „@eelc" 
unb  erhielt  man  bie  erjle  Oiaf  ete,  unfern 
„©c^märmer",  ben  man  tt)iebctum  in  ben 
^änben  ägtjptifc^er,  inbifd)er  unb  gried)ifd)er 
SRagicr  unb  J^ierop^anten  finbet.  Qtud^ 
biefeö  Äriegäfeucr  mürbe  im  4,  ^al)x^. 
bem  Kriege  bienfibar  qemad)t ;  tai  SRejept, 
iai  für  bicfeö  aus  ©d^mefel,  Äo^Ic  unb 
©alpeter  jufammengefe^te  Äriegsfeuer  er- 
halten ijt:  1  Seil  Sdjmefel,  2  Seile  2öeiben= 
fot)le  unb  6  Seile  ©alpeter,  ergiebt  unfcr 
@d)ie§puloer.  SBa^  bicfem  $ulüer  aber 
nod)  mangelte,  mar  norjüglid)  bie  Körnung. 
^Paraücl  mit  bcr  Sntmicfelung  ber  ^euer» 
njcrfcrei  bei  ben  (Sricdicn  unb  Otijmcrn 
ge^t  biejenige  bei  ben  51  rabern;  boc^ 
fd)eint  bei  il)nen  ber  ©alpetcr  ctfi  im 
13.  '^a^xi).  in  ®ebrau^  gefommen  ju 
fein,  morauf  balb  oerfd)iebene  Äricgö« 
»Daffen,  mit  ejploftblen  Stoffen  üerfel)en, 
«rfunben  ober  fd^on  »or^anbene  nac^gc* 
af)mt  mürben:  ©laäbdlle,  ^euer* 
lanjen,     «Hrmbruflpfeilc ,      SBurf- 


fpic|c,®trcitfolbcn,ü)'lorgenficrne; 
aU  cigentlid)c  ^Jeuermaffc  tt)irb  bie  SOtabs 
faa,  ein  geftielter  i)öljcrner  ^anb^ 
mörfer  ermähnt;  anü  it)m  fd)o^  man 
juerji  SBoljcn  ober  Äugeln.  5lu§erbem 
berid^ten  arabifc^c  ©cbriftfleöer  üon  au^« 
gep()lten  5euei^rol;ren. 

3n  SBe^europa  entmicfclte  ftc^  teil« 
auä  ber  fd)on  Dortjanbenen  (Srfa^rung  bcö 
Drientö,  bie  namentlid)  non  ben  italie- 
nif(^en  äflcpublifen  auögenu|t  mürbe,  tcil'S 
burd^  (Sntmidelung  bcr  naturmiffenfd)afts 
liefen  ^orfd^ung  befonberö  auf  bem  Soben 
>Deuffd)lanbö  unb  ©nc^lanbö  bie  J^euer^ 
maffe.  'iJllbertus  Sötagnuö,  *Prcbiger« 
möm^  (ftarb  1280  ju  Äötn),  fannte  tai 
®ci^ic§puli>er ;  ebenfo  fein  3eitgfnoffc,  ber 
englifd^c  SJJinorit  Ctogcr  Sacon.  3" 
^Jicberbeutfdjlanb  unb  §lanbern  mar  ber 
^auptft^  bcö  ^^euermerfmefenö;  bort  ents 
midclte  fid)  auc^  allein  ein  befonberer 
5lu^brud  für  «puluer,  Äraut,  *Kud)  bie 
SDtetaüinbullrie  mar  bort  rege,  unb  eö  ifl 
möglid^,  ta%  bie  93cl)crrfd)ung  beö  btjjans 
tinifd)cn  iRcid)eä  bur^  ben  ®rafen  t>on 
glanbern  üon  1204  bi^  1261  einflu§ 
auf  bicfe  Äunji  ausübte.  Qlnfänglid^ 
mürben  aud)  auf  biefem  33oben  ^euer» 
lanjen,  Dtafcten,  ^euerro^re  angc« 
wcnbct;  oermittelft  be^  le^tgenannten 
marf  man  fd)»ere  *Cfeile,  3ünbfä^e, 
geuertöpfe  unb  Äugeln  juerfi  aui  Slei, 
fpäter  auä  ©tein  ober  ®u§eifen.  2)a§  bie 
SR  a  f  e  t  e  lange  3eit  im  Söorfprunge  mar, 
erftcöt  man  baraui^,  ba^  baö  2Bort «Seele, 
meld)eö  urfprünglic^  nur  bie  ©urc^bob- 
rung  ber  SRafctenad)fe  bebeuten  fonnte, 
Icbiglid^  analog  auf  tai  fe|lj!ct)enbe 
geuerro^r  Qlnmenbung  fanb.  Urfprünglid) 
t)ie|  bie  9tafetc  fomol)l  Äanone,  »on 
canna  =  tRöl)re,  mittellat.  cannonus  = 
gro§cä  Dlol)r,  aU  Sombarbe,  üon  lat. 
bombus  =  ia^  Summen,  bal)cr  bomba  = 
fummenbeö  ®efd)o^;  bombas  ardens  = 
©efc^ü^,  alö  Scopetto,  fon  mittelat. 
sclopus  =  @d)lag  unb  ©d)u§.  barauö 
ital.  schioppo,  scoppio  =  ÄnaU ,  schio- 
petto,  scopietto  =  ^euermaffe;  franj. 
escopette  =  ®tu^bü(ftfe.  aSelc^en  ßinflu^ 
Scrt^olb  ©cfemarä  auf  bie  |>erPctlung 
ober  5tnmcnbung  ber  gcuerrolire  ausübte, 
ip  unbefannt;  i>a^  er  aber  allgemein  aläi 
(jrfinber  beö  ®(i^ie§pulocrö  gcpriefcn  mirb, 
beutet  barauf  l)in,  i>a^  man  bie  *}lnmenbung 
eigcntlid)en  ®cfd)ügicä  2)eutfd)lanb  ju« 
fd^ricb.  5Da8  altcfte  urfunblic^e  S)atum 
aber,  melcfteö  bc^üglidt)  beö  ®ebraud)e^ 
»on  Feuerrohren   überbaupt   crbaltcn    ift. 


122 


^icbel  —  j^Ioficiebicfitc. 


finbet  f\d)  in  ben  ®enter  QInnalen 
jum  ^ai)i  1313:  „Jtem,  in  dit  jare  was 
aldereerst  ghevonden  in  Duutschland 
het  gebrunk  der  bussen  (büd)fen)  van 
einem  mneninck.  93cfiimmte  6ttt)äf)nun9en 
für  ben  ©ebraud)  ber  J^euerrtjaffen  finben 
fxc^:  für  mt^  1324,  55Ioren5  1326, 
eiüibale  1331,  «aiicante  1331,  (Sftc 
1334,  SRoucn  1338,  Sambrap  1339, 
Jarifa  1344,  TOa inj  1345,  louloufe 
1345,  bcr  Snglanber  bei  ©rccp  1346  jc. 
3u  betfclben  3^^^  wie  bie  5^euertt)affen 
fommt  ber  Sluäbrucf  2lrtiIIerie  auf; 
^el)e  biefen  itrtifel  unb  ^anbfeuer= 
rti  äffen,  ülai)  ^ähni. 

%kbtU   Me  ÜJiufifalif^e  3njiru  = 
mcntc. 

ginfenritter  6ct^t  ein  juerfi  im  3al)re 
1560  ju  6traPurg  gebrudter,  fpdter  alö 
93oIflbu($  oft  ttiieber^oltcr  SRoman,  in 
»tetcfeem  im  ®inne  ber  fog.  Sügen« 
märdien  (fte^e  biefen  5lrt.)  ^öc^fi  un= 
finnige,  üerrüdte,  jum  Öadjen  reijenbe 
geograpf)ifc^e  unb  ^ij^orifdie  Unmöglid)^ 
feiten  ancinanbergereibt  tüerbcn,  alö:  eine 
SBelt,  ttio  bie  fieinernen  Sirnbäumc  fieben, 
ber  Sac^  brennt  unb  bie  SSauern  mit  Strof) 
löfd)en. 

^Flagellanten,  ftebe  ©eitler. 

^Itegenöe  S3Iöttcr  beiden  bie  jablrei^en 
iJIugbläiter,  bie  feit  bem  Snbe  beS  15. 
3a{)r^.  mit  einem  ober  mef)reren  ßiebern, 
me^rfac^  alö  offene  goliobogen,  feltener 
in  Duart,  am  Ijiiufigfien  aber  in  ftein 
D?taD,  namentlid)  auö  ben  Drucfjiätten 
ju  ©trapurg  unb  53afel,  ^lugäburg  unb 
Stürnberg  ftd)  »erbreiteten.  @ie  tt)urben 
o^ne  3^f^f^^^  ™^ifi  ^'^f^  ^'i""  gebrucft, 
Wenn  bie  münblic^e  Fortpflanzung  ju  fioden 
begann,  »^rübjeitig  rourben  fte  »on  greun« 
ben  be«  Siebet  ober  ber  ®ef(^ic^tc  jufam^ 
mengebeftet. 

^Itnte,  ftebc  ^anbfeuerioaffe. 

^lo^gebit^tc.  ©ie  finnli(f)=muttt)illige 
Sebenälufi  ber  ^oefte  beö  16.  3at)r^.  f)at 
ft(f)  auct)  tcr  51öt)e  al^  ÜJJotio  bemächtigt. 
5Da«  ältere  ber  beiben  glo^gebidite  ifi 
5if(f)artß:  glö^^^aä  Jöeiber  2raä, 
ber  ttjunber  unri(f)tige  unb  fpotroidjtige 
9fle(J)töbanbcI  ber  j^Iöb  mit  ben  Sfficibern. 
©in  9?en)  gelää  auf  taii  übcrfurhweitigefi 
ju  betad)en,  voa  anberö  bie  %V6b  mit  jiec^en 
einem  bie  furgmeil  nit  lang  machen. 
©traPurg,  1573.  5Der  %loh  n^enbet  ficb 
an  3upitfi^'  i^n  unr  (£d)u^  seQen  bie  SScrs 
folgungen  ber  Söeiber  ju  bitten.  jDie 
SWücfe  bort  ba^  3«nimcrn  t>ti  Siere^,  fte 
fud)t  il;n  ju  tröfien,  unb  e^  entfpinnt  ft^ 


ämifdten  beiben  ein  ©efprä^,  in  »üelcbem 
eine  SReifie  Don  ^lo^abenteuern  erjäblt 
werben.  Unter  ben  glo^namen  finben 
[\ä)  u.  a.  €enfim^emb,  D'Zimmerru, 
^bejftelinb,  ^intenpicf,  Scf)leicf)inötal, 
3»i(frt,  Seiötapp,  Sortif,  qSuIöfüler, 
Springinsröcfel,  Sopffifetf,  TOauöambaucfe. 
3m  jWeiten  Seil  trägt  ber  >Did)tcr  al^ 
»om  Jupiter  bereuter  Flol)fanjler  bie 
Sßerantwortung  ber  SBeiber  »or,  bie  er 
burd)  bie  ^ofi  befommen,  unb  faßt  fc^liei* 
lid)  tai  Urteil,  ba§  eä  ^en  SBeibern  er« 
laubt  fein  follc,  ben  i^Iöljen  nac^jufieüen; 
toä)  folle  eö  ben  j^Iö^en  gemattet  fein,  bie 
aSeiber  auf  ber  „gangen  3iinS«"  5"  fiec^cn 
unb  ftd)  in  ben  großen  .^alöfraufcn  unb 
SD'Janf(^etten  ber  ffleiber  aufjul)alten  unb 
bicfe  beim  2:an5e  ju  fi^eln. 

25aö  anbere  ^^lobgcbic^t  geprt  jur 
maccaronifd)en  *Poefie  (f. biefen 51rt.), 
b.  l).  JU  einer  Qlrt  ©ebic^ten,  bie  in  mitt? 
fürlid)  gemifcbter  beutfc^er  unb  lateinifdier 
iSprad)e  nerfiftjiert  fmb.  6ö  f)ei§t:  Floia, 
corttim  versicale,  de  flois,  schwartibus 
Ulis  deiriculis,  quae  omnes  fere  Minschos, 
Hannos,  "Weibras,  Jungfras  etc.  behnppere 
et  spitzibas  suis  schnaflis  stekere  et 
bitere  solent,  autore  Gripholdo  Knick- 
knackio  ex  Floilandia ,  juerji  1593 ,  mit 
nieten  9leubruden.  ®aä  S)eutf(^e  barin 
ifi  nieberbeutfcfi ,  i>a^  ®ebid)t  ifi  etma 
200  ^eyameter  fiarf,  ber  5lnfang  lautet: 
Angla  flöosque  canam,  qni  wafftmt  pul- 
vere swarto, 
Ex  Wateroque  simnl  fleitenti  et  blaside 

dicke , 
Multipedes    deiri,    qni   possunt  buppere 

longe 
Non  aliter,    quam  si  floglos  natnra  de- 

disset. 
Ulis  sunt   equidem,    sunt,  inqnam,  Cor- 
pora kleina. 
Sed  mille  erregunt  menschis  martrasque 

plagasque, 
Cum  stecknnt     snaflum  in   livnm,  blau- 

tnmqne  rabentem 
Exsngnnt:    Homines    sie,    sie    vexeirere 

possnnt, 
Et  quae   tandem    ilUs  pro    tanta   lonia 

restant , 
Vxeeritate,  et  quem  nemant  per  volnera , 

dodam 
Sunt  variae  plagae ,  qaibns  ob  sua  Sönda 

suamque 
Ob  mntwillitiam  strafit  Menrosque  Frau- 

asque 
Ipse  Dens,  caelnm  et  sternas  qui  fecit  et 

Erdam. 


^(orc  —  gormelfammluncicn. 


123 


SJJeu  bcrauöcicgcben  Don  @d) ab e  im  2ßei* 
marifcben  3abrb.  II. 

glorc  unb  Slanfc^cflur,  b.  b.  ©turne 
unb  fflei^blume,  JRofc  unb  ßitie,  ift  ber  litel 
einer  in  ber  böfiid)en  ®efe(I[ct)aft  beö  TUtkU 
altera  rocitcerbreiteten  2iebeei9e[c^ici)te, 
bie  firf)  an  bcn  Saqenfreiö  ÄarU  bcö 
®roien  antct^nt,  o^nc  B^^^if"-'^  »^^^»^  ff'"^' 
t)iftorifd)e  aSejiet^ung  ju  ^art  ^at.  2)aö 
ßiebcapaar  gel)ört  neben  *}(nea^  unb  S)ibo 
unb  Sriftan  unb  3fotöc  ju  hm  berü^m= 
tePen  ßiebeäpaaren  ber  ritterlid)cn  3^'*- 
©ine  c^ripli^e  ©räftn  aug  ^ranfreic^  tüirb 
auf  einer  *Pil(}erfaf)rt  üon  ben  ßeuten  bed 
t)eibnifcf)en  Äönigä  ffienij  in  Spanien  ge* 
fangen  unb  an  beffen  |>of  gebraut;  bie 
©räfin  n^ar  [(^n^anger  unb  gebar  eine 
loc^ter,  33Ianfc^eflur,  in  berfelben  6tunbe 
bie  Königin  einen  <So^n,  gtore.  Scibe 
Äinber  warfen  jufammeu  auf,  oon  einer 
Qtmme  gcnäbtt.  'üuö  39üd)ern  lernen  fte, 
nod^  Äinber,  bie  SWinne  Eennen,  bie,  fietö 
unfct)utbig  bleibenb,  immer  innig,er  tüirb. 
Der  23ater,  ergrimmt  über  biefe  Siebe,  will 
bie  Jungfrau  umbringen,  giebt  jeboc^  bem 
milbcren  $Rate  feiner  ©emabün,  beibe  ju 
trennen,  ®ebör.  glore  »irb  ju  feiner 
Sante,  ber  ^erjogin  ju  ÜJlantua,  gefd)icft. 
SBIanfi^eflur  aber  an  Äaufteute  ner^anbelt, 
tt)eld)e  fie  tüieber  an  ben  *Jlbmiral,  ben  ©mir 
Bon  Sabi)Ion,  »er^anbetn.  ^n  bie  ^leimat 
jurücfgefebrt ,  njitl  glore  üerjweifeln,  ba 
i^m  ein  fdlfd)lic^  aufgefteüteö  QSrabmal 
ben  lob  feiner  (ScUebten  t?erEünbigt.  2)o^ 
gcftef)t  i^m  bie  äJUitter  bie  SBabrtjeit  unb 
giebt  ibm,  ba  er  ftd)  entfc^lie§t,  S(anfcf)e= 
flur  aufjufu(i)en,  einen  SRtng  mit,  ber  bie 
Äraft  befi^t,  jcben,  ber  ibn  trägt,  Dor  iBer^ 
le^ung  ju  bewabren.  Slanfcbeflur  ift  in- 
beffcn  ju  93abt)lon  in  einem  feften  jurm 
bema^rt  tüorCen,  unb  ber  (Smir  mirb  fre  in 
einem  3abre  fetber  jur  ^xau  nel)men. 
5lore  gewinnt  burc^  foflbare  (Sef(^enEe 
ben  2ßäd)ter  biefe^  Jurmeö,  iia^  er  i^n 
in  einem  Q3Iumenforbe  einlädt.  5Der  fü§en 
lüiinne  pflegenb,  werben  bie  Siebenben 
jeboc^  uom  Smir  überrafcf)t  unb  pm  5cuer< 
tobe  verurteilt.  Durd)  ben  2Bctt|ltcit  ber 
Siebe,  inbem  iebeö  ber  beiben  ßiebenben 
bcn  rettenben  iRing  bem  anbercn  übcrlaffen 
lüiH,  gerührt,  fcbenft  ber  ^üx^  beiben  baö 
ßeben  unb  la§t  fte  nac^  ber  ^eimat  jieben. 
^lore  erbält  Daä  SHeicf)  feinet  ißaterö,  wirb 
Sl)rifi  unb  beiratet  33lanf(^eflur.  ^unbert 
Snbre  alt,  jterben  beibe  an  bemfelben  Jage 
unb  ruben  in  einem  Orabe.  2)ie  einzige 
5tud)t  ibrer  Siebe  »ar  33 er  t  ^  a ,  bie  ÜKutter 
Äarlä  be«  ©ro^en. 


S)ie  franjöftfcbe  CiueUe  ift  ein  nicbt  ert)al» 
tenerSRoman  be^  *Ruprect)t  üonDrbont;  eine 
franj.  Überarbeitung  beöfclben  bi^t  '^xna' 
nuel  '-öeder  berauögegeben.  Ulai)  SRuprec^t 
non  Drbont  bearbeitete  Äonr ab  ^lid, 
ein  fcbwabifcber  ober  fcf)rocijerifd)er  böfi« 
f^er  2)id)ter  auä  ber  «d}ule  ©ottfricb« 
t>on  Strasburg  um  1230,  hai  x\oä)  er« 
baltene  ®ebi^t.  Soccaccio  legte  bie  Sage 
feinem  [Roman  II  Filocolo  o  Filocopo  ju 
®xunbe. 

goltcr,  ftebe  Tortur. 

§ormcIfammIungcn  unb  ^ovmtWmtv. 
A.  ^^ormelfamm  lungen.  Salb  na^ 
ben  erjlen  SRecbt^aufjeicbnungen  entjlanben 
in  S)eutf(^lanb  5ormelbüd)er,  bie  'JJlw^ti 
für  Urfunbcn  ber  föniglid)en  Äanjlei,  für 
UrEunben  über  SRed)t«gef(^äfte  ^mifdien 
qSrinatleuten,  für  ©cbreiben  oon  Beamten, 
®erid)t(3oerbanbtungen  u.  f.  ».  entbielten. 
S)ie  |)erPeaung  oon  Urfunben  roar  eine 
Äunjt  (ars  dictandi),  n)eld)e  gelernt  fein 
mu^te,  um  fo  mebic,  ai^  ^«  eigentliche 
iRe^töinbalt  in  9f{eic^tum  unb  ®d)mucf  bet 
SRebe,  ®entenjen,  fünftlid)e  Eingänge,  mo* 
ralifd)e  33etrad)tungen  unb  Sitate  auä  ber 
33ibet  unb  anbcren  ®d)riften  eingehüllt 
würbe.  S)iefc  gormein  lebnen  ftcfe  meifl 
an  bereite  »orl)anbene  Urfunben  an,  au^ 
benen  man  bie  tonEreten  iöejiebungen  be^ 
fpeUetlen  gaüeä  entfernte.  S)ie  topra^c 
ift  bie  lateinifcbc,  bie  iBerfaffcr  geiftli^en 
©tanbeg.  9flömifcbe  Sßorbilber  n^irften  bei 
ber  <«bfaffung  mit.  3wif*en  ben  Jormeln 
ober  innerbalb  berfelben  fteben  etwa  furje 
!8orfd)riften  über  bie  *Jlbfaffung  ber  Ur* 
funben;  anä)  nerbanb  man  mit  ben  Ur« 
funbenformeln  Sriefmufier,  wofür  bie 
Äorrefponbenj  eincö  Sifcbofö  ober  2lbt^ 
alö  2)hi)ler  biente. 

^bgefel)en  oon  einigen  wefi«  unb  ofi- 
gotif^en  gormclfammlungen  beö  7.  '^(^iixl). 
itnb  bie  für  2)eutfd)lanb  wid)tigfien  Samm* 
lungen:  Marculfi  monachi  formu- 
larum  libri  duo,  um  bie  SDJitte  be^  7. 
3abrb.  oon  einem  ORöndje  ÜRarculf  im 
Qluftrage  beö  erjbifdiofö  Sanberid)  üon 
$ari^  oerfa^t,  „um  junge  Seulc  bamit  ju 
unterrid)ten-.  ®a«  löerf  i^erfdüt  in  prae- 
ceptiones  regales,  Sorf^riften  für  ben 
iBerfebr  ber  föniglicben  .tanjlei,  unb  in 
chartae  pagenses,  Urfunben,  bie  für  tai 
®augerid)t  benimmt  fmb.  Späterer  3eit 
unb  bem  alamannifdben  dedite  geboren 
einige  in  iReicbenau  unb  @t.  ©allen  »er« 
fa^te  Sammlungen  an,  barunter  biejenige 
beä  3f  0,  eine^  St.  ©aller  ü)tönd)eö,  gefi. 
871,unbba«gormclbucbbe(^i3ifd)of« 


124 


gottunat. 


©alotno  ni.  Don  Äonfianj,  aui  bet 
gtDciten  ^älfte  bcö  9.  ^ai)xl}.,  ta^  aui) 
«ine  Srieffammlung  umfaßt.  (Sine  bai» 
tifie  gormclfammlung  iji  n3a^tfcE)einIic^ 
in  iSaljburg  entfianbcn. 

B.  ^ormelbü^er  ä^nlidjet  iRntur  er* 
fd)einen  nad)  längerer  $au[e  »icber  im 
12.  5a^r^.,  äucrfi  in  kteinifd)er,  bann  in 
beutfd^er  €praä)e,  bie  älteficn  im  Siiorben 
S)eutfd)Ianbö,  bie  fpäteren  in  ben  fübU(i)en 
©egenben.  @ie  ^ei§en  dictamen,  summa 
dictaminis,  summa,  usus  sive  practica 
dictaminis,  rhetorica.  Sßerfaffet  fmb  an* 
fangä  bie  ©cijllicfeen,  bann  Dtotare  gcift« 
iid)cn  ©tanbcö,  jule^t  eigentliche  iRecE)tö* 
gelehrte.  3"  fielen  Sammlungen  oerbanb 
man  mit  ben  SRecfctsformeln  auct)  anbere 
Belehrungen.  2)iefe  finb:  gormulare  für 
tBriefe  be«  gett)öt)nlicf)cn  Gebens,  fpäter  aU 
eiaentlicf)e  Sriefftcüer  gefonbert,  bann  eine 
Qtft  SRt)etorif  mit  ben  |)auptgrunbfä^en 
fiilifiifcber  SJarflellung,  enblic^  tt)eoretif(f)e 
Erörterungen  über  bie  »erfd)iebenen  SRect)t0« 
inftitute.  <Huf  bie  2trt  ber  Sc^anblung 
gewannen  bie  Sffierfe  ber  3taliener  über 
bie  3iotariat6funft  einflu§,  aucf)  na^m 
man  italienifcbe  Formulare  nac^  2)eutfcf)s 
lanb  I)crüber.  SDie  3af)l  foI(*er  Sü(ä)cr 
iP  eine  gro^e,  ibr  innerer  2Bert  flein. 

@eit  (Srfinbung  ber  33ud)brucferfunfi 
nimmt  biefe  ßitteratur  noc^  mef)r  ju,  unb 
man  brucft  Sucher  mie:  De  arte  notarii, 
Formulare  instrumentorum,  Formularium 
diversorum  contractuum,  Rhetorica  pro 
conficiendis  epistolis  accommodata,  Specu- 
lum  notariorum,  tatelliarnm  et  scribarnm 
etc.,  manche«  barunter  auc^  inä  S)eutfcE)e 
überfe^t,  bis  3ulet,t,  fcfcon  im  15.  3af)r^., 
felbjiänbige  beutf^e  iißerfe  erf^einen. 
S)eren  ältefieä  iji:  In  dem  Namen  der 
heiligen  unzerteilten  drivaltigkeit  Amen  : 
Hye  hebt  an  der  Formular!  darinn  be- 
griffen sind  allerhand  brieff  auch  Retho- 
rick  mit  frag  und  antwnrt  zegeben,  tittel 
aller  ständt,  Senndtbrieff,  Synonima  u. 
Colores,  das  alles  zum  brieffmachen 
dyenent  ist,  1483,  in  fpäteren  5luflagen 
al«  Formulare  und  Tütsch  rhetorica  oft 
ft)iebcrt)oIt.  Dft  gebrudt  »urbe  unter  bem 
jute^t  genannten  jitel  ein  SBerf  bee  ^einr. 
©e§ter  aus  ^reiburg,  juerfi  1493,  in 
bcmfelben  3a{)rc  crf(^ien  [R  i  c  b  r  e  r  Spiegel 
der  wahren  Rhetoric,  1528  bie  Ct^etorif 
Don  Slleranber  |>ug.  ^iac^  ©tobbe, 
®ef*id)tc  ber  beutfd)en  SRec^täquedcn. 

gortunot  ifi  ber  ^elb  cinee  beutfd)cn 
33olf0bucl)ee  auö  bem  16.  3al)rt).  S)ers 
felbc    ift    ber  @obn  eine«  ebeln  Sürgerö 


ju  J^awaguila  auf  ber  3nfel  G^pern.  2>a 
er  ben  Äummer  beä  burc^  ritterlichen  Qlufs 
manb  arm  geworbenen  iBaters  bemerft, 
nerlä§t  er  !^eimti^  tai  SSaterbauö  unb 
nerbingt  ftc^  bei  bem  auf  ber  OiüdEcör 
pon  3eTufaIem  ^u  J^amagufta  eben  getan* 
beten  ©rafen  Don  ^lanbern.  S^iefer  »cn* 
bet  it)m  feine  ganje  (Sunft  ju;  ein  auf 
gortunat  neibif(i)er  Wiener  aber,  SRupert, 
überrebet  biefen,  ber  (Sraf  rt)oüe  ibn  ju 
größerer  Sid)erl)cit  »erfc^neiben  laffen, 
morauf  ber  5üngling  nacf)  ÜJonbon  ent- 
f(tel)t.  ^ier  wirb  et  bei  einem  reichen 
Florentiner  .Kaufmann  Sluffeber  über  bie 
anfommenben  unb  abge^enben  ®ütet,  mu§ 
aber  wegen  eine«  im  ^aufe  feine«  ^errn 
Dorgefaüencn  SJJorbeö  auc^  biefen  ^ienfi 
unb  bae  ßanb  felber  räumen.  3n  ber 
'Bretagne  ^at  er  nun  auf  freiem  ^clbe  ein 
5lbenteuer  mit  einem  Bären,  ben  er 
erlegt,  wobei  ibm  eine  f(i)öne  i^xau, 
gottuna,  erfcfieint.  @ie  bietet  i^m  bie 
ffiabl  ä^ifd)en  2ßei6{)eit,  9f{etd)tum, 
StärEe,  ©efunb^eit,  ©cfcön^eit  unb 
langem  Seben;  ta  gortunat  of)ne  langet 
Bebenfen  9fieicf)tum  wäblt,  giebt  ftc  i^m 
einen  6ectel,  au«  meld)em  er  auf  jeben 
®riff  äe^n  ©olbfiüde  äiel)en  werbe,  fo  lange 
er  unb  feine  c^eli(J)en Äinber  lebten;  bo^ 
ftnb  folgenbe  brei  Bebingungen  baran  ge* 
fnüpft:  1.  t>a^  er  auf  biefen  Sag  feiere, 
2.  ta^  er  an  biefem  Jag  fein  ebelic^ 
SBerf  noübringe,  unb  3.  ba^  er  auf  biefen 
Sag,  wo  er  immer  fei,  bie  mannbare  Joc^* 
ter  eineö  armen  9)knneö  e^rlicf)  fleiben  unb 
bie  eitern  unb  fte  mit  400  ©olbfiücfen 
begaben  fotlc-  3^  Begleitung  einee  ßiel* 
gewanberten  alten  Sbelmanneö  burcbjie^t 
er  nun  alle  möglieben  ßänber  unb  ©tobte 
in  3)eutfcfttanb,  ben  $Rieberlanbcn,  ®ng* 
lanb,  @d)otttanb,  granfreid^,  Staoarra, 
*Uragonien,  Spanien,  «Portugal,  3tnlien, 
Surfet,  Ungarn,  ?JoIen,  Sd^weben,  Böb* 
men,  biä  er  enblicf)  nad^  15jö()rigcr  5lb- 
wefenbeit  nad)  J^amagujia  jurüdfe^rt. 
©ie  eitern  finb  tot.  5ln  ber  ©teile  beä 
iiäterlid)en  ^aufeä  baut  er  ficf)  einen 
*palaft  unb  heiratet  eine  ®rafentocf)ter. 
9tac^  jwölf  Tul)igen  S^^i^en,  wätjrenb 
welcher  feine  ®emablin  i^m  jwei  ©ö^nc 
gefcbenft  t)atte,  5ief)t  er  aufö  neue  auf  bie 
äöanberung,  um  nun  and)  ben  anbern 
Seil  ber  Srbe,  bie  J^cibenfd)aft  ju  erfun« 
ben.  51uf  ber  ^eimfet)r  »on  biefer  ifieife 
jeigt  if)m  ber  ©ultan  »on  'Jtlcfanbria  feine 
©d)ä|e  unb  barunter  ein  unfdjcinbare« 
^iljtjütlein,  weld)e0  ben,  ber  e^  auf 
bem  Äopfe  trägt,  augenbtidlicb   an  jeben 


Framea 


Jtanjiöfancrorbcn. 


125 


gemünfc^ten  Drt  bringt,  gortunat  fe|t 
e^  f\i)  auf,  wünfd^t  ft^  in  feine  im  ^afen 
lüartcnbc  ©aiccre  unb  fegelt  I)eim  nad) 
^amaguj^a.  ^ad)  einigen  Siifren,  rtjic  er 
feinen  Job  herannahen  füI;U,  übergiebt 
er  ben  ©öbnen  21nboIofta  unb  5Impebo 
bie  bciben  Älcinobe,  offenbart  ibnen  bic 
^eimlicbfeiten  berfelbcn  unb  beftcf)lt  it)ncn, 
bie  Äleinobc  nimmer  ju  trennen.  2)aä 
le^tere  gefcfiicbt  bennocE),  inbem  ber  ältere 
Sruber  *l(nbolofta  mit  bem  ©ecfel  auf 
[Reifen  jief)t  unb  in  ben  2)ienft  r»erfd)iebe' 
ner  Könige  tritt.  93on  ber  Softer  beö  Äönigö 
oonSnglanb,  5tgrippina,  tt)irb  er  |ebod^  be* 
tprt  unb  be«  «Secfelö  beraubt;  jmar  ge^ 
iingt  e^  i^m,  mit  |)ülfc  beö  bem  33ruber 
entiocftcn  ^uteö,  bie  *Prinjeifin  ju  ent= 
fübren;  aber  burd)  feine  Unflug^eit  »er= 
licrt  er  an  fte  audt)  ben  $ut;  burd)  ßifi 
gelingt  e«  il;m  and)  beffen  ftc^  tt>iebcr  ju 
bemad)tigen,  bod)  ifi  iai  ®lücf  ba^in,  ber 
Srubcr  *Mmpebo  ftirbt  au«  ®ram,  nac^bem 
er  ben  2Bünfd)^ut  verbrannt,  unb  5tnbo< 
lofta  tt>irb  beä  ©ecfelö  beraubt  unb  im 
Werfer  erwürgt. 

5lu^  ben  jabtreic^en  t)iftorifdben  5tnbeu= 
tungen  bcß  SWäri^enö  erbeut,  ba§  cö  um 
bie  üJlittc  beö  15.  ^a^i^unbcrtö  entftan= 
ben  fein  mu§.  D^ne  S'i'fif^l  i|^  £^  ^ewf- 
fd^en  Uifprung^;  ba^  2Bunf(^t)üt lein  ifi 
urfprünglid^  ber  breitfrempige  ^ut  aBuo  = 
tanö,  an  ben  ftc^  eine  gülle  mi)tboIogi= 
fcber  ißcrfletlungen  fnüpfte.  2)cr  ©edel 
fcbeint  bagegen  bretonifdjen  Urfprunge, 
tt»ie  bie  gortuna  ef)er  einer  feltifcben  gee 
aU  einer  beutfd)en  2Bal&frau  glcid)t.  ^er 
jmeite  ieil  beä  5Dtärdicn^,  bic  ®efd)id)te 
ßon  iJortunatö  €öbnen,  finbet  im  120. 
Äapüel  ber  Gesta  Romanornm  ein  ®egen= 
fiüd.  jE)ie  3"ftJni>n£nf<iffung  ber  t)erfd)ie- 
benen  Seile  beö  SDtär^en«  ifi  jebenfallö  baö 
3Serbienfi  einc^  beutfd)en  ©d)reiberö.  SDie 
erjie  befannte  51uägabc  iji  ju  5tugöburg 
1509  erfdjienen;  fpdter  ttiurbe  ee  oft  auf^ 
gelegt,  ^an^  'Badji  l)at  ben  ®toff  ju 
einer  Sragöbie  oertoertet.  jDer  beutfdie 
Seyt  ifi  inä  ^ranjöfifd^e,  Sta^icnifc^e, 
SRieberlänbifc^e,  ®nglifd)e  unb  @^tt>ebif^e 
überfe^t  morben.  jDramatifd)e  Searbei^ 
tungen  ^at  i>a^  9Wärd)en  noc^  erfahren 
burd)  Zi)omai  ®eder,  einen  ß^^^S^noffe" 
@^afefpeare«  ,  burc^  bie  e  n  g  1 1  f  d)  e  n 
.Komöbianten  (ftefje  S)rama) ,  burc^ 
Sied,  md)  3 ad) er  in  (Srfcl)  u.  ©ruber. 
Framea,  ber  ®pie§  ber  alten  ©erma« 
nen,  it)re  einjige  Söaffe,  bie  Sacituö  nät)er 
fd)iibert:  fte  fei  jugleid)  mörberifi^  unb 
fiegreid).    2)ie  aBet)rf)aftmad)ung  gefd)ie^t 


burd)  Überreizung  »on  ©d^ilb  unb  ^^a« 
mea,  bie  framea  begleitet  ben  SDtann  in 
bie  iBolföoerfammlung,  Jünglinge  fül)rcn 
jtt)ifd)en  6d}n)ertern  unb  gefällten  gi^amca^ 
ben  Äriegätanj  auö,  unb  Verlobte  fcfeenfen 
ficb  me*felfeitig  bie  framea.  ®efd)ilbert 
mirb  bie  Sßaffe,  Germania  6,  aU  ein  ®pie§ 
oon  fd)malem  unb  furjem  Sifen,  aber  fo 
fc^arj^  unb  braud)bar,  ha^  fie  mit  berfcl» 
ben  SBaffe,  wie  eö  bie  Umfiänbe  erforbern, 
in  ber  'Ml)t  fomobl  alö  aus  ber  i^ixnt 
firciten  fönnen;  i^re  Älinge  jiebt  alfo  im 
©egenfa^e  ju  ber  ber  römif(^en  ßanje, 
n)eld)e  bie  ©efialt  eine^  Sffieibenblatteä 
^atte.  3)ie  verbreite  5lnnat)me ,  ha^  bie 
framea  eine  jur  Sanjenfpi^e  umgefialtete 
*ilft,  vorn  mit  breiter  ©d)neibe  fei,  mirb 
oon  ßinbenfd)mit  burc^auö  jurüdgettjie* 
fen.  5^on  framea,  beffen  etpmol.  Urfprung 
mit  €id)er{)eit  nid^t  crfannt  worben  ifi,  fmb 
abgeleitet  ba^  angelfä(^fif($e  franca,  unb 
weiter  francisca,  mabrfd)einlid»  auc^ 
Franco,  ber  granfe.  ßinbenf^mit, 
^anbb.  I,  163;  5ät)nö,  406. 

t^rauäiöfancrorbcn.  2ein  Stifter, 
Johannes  Bernardone,  ifi  1182  in  Qlffift 
aU  ber  @o^n  eineö  reiben  3;uc^l)änbler0 
geboren.  2)en  fRamen  Francesco  ert)ielt 
er  vom  Sßater  erfi  jur  (Erinnerung  an  ba^ 
i^m  liebgettiorbene  JJranfreic^.  Sorgfältig 
erjogcn,  aber  o^nc  tiefere  5lenntniffe,  trat 
er  in  ha^  ©ef^äft  feinet  Satcrö,  gab  ftd) 
aber  jat)lreid)en  3«i^f^r£uungen  ^in.  (jrfi 
aU  er  auö  einem  j^riegöjuge  feiner  ßanbö« 
leute  gegen  bie  (Perugianer  unb  auö  einer 
babei  erfolgten  ©efangenfd)aft  ju  ^aufe 
in  eine  fc^mere  Äranfbeit  verfiel,  begann 
er  fein  fieben  ju  änbern.  (Sr  begab  ft^ 
in  bie  ©infamfeit  unb  manbte  ftd)  ber 
(Pflege  befonberö  efell)after  unb  anfieden» 
ber  Äranfbeiten  ju.  Qluf  einer  üßatlfabrt 
nad)  iRom,  aU  er  an  ben  Äirditpren  für 
bie  Firmen  bettelte,  ^örte  er  ben  SRuf  an 
ftd)  ergeben,  bie  äerfallene  5?ircbe  ©otte^ 
miebcr^erjufietlen.  Sine  *13rebigt  über 
SDJatti;.  10,  9—10  oeranla§te  ibtt ,  ein 
grobeö  Äleib  anjujiebcn,  Safdic,  ©d)ul)c 
unb  «Stab  abzulegen  unb  einen  StricE 
fiatt  beö  ©ürtelä  anjunebmen.  Sein 
fiteblingöaufentbalt  in  3lfftfi  mar  ba^  oon 
ibm  ^ergefieQte  Äird)lein  ber  SOkria  ber 
©ngel,  '^ortiunfula.  Sinige  Jünger  unb 
3lnl)änger,  bie  ftd^  ibm  anf^loffen,  »er* 
anlaste  er,  paarmeifc  burcb^  ßanb  jU 
jie^en  unb  ju  prebigen.  S)ie  erfie  SRegel 
ber  gemeinfamen  Sebenöorbnung  tt)ar  fafi 
ganj  auü  ©prüd)en  ber  'Bergprebigt  ju* 
fammengefe^t,  i^re  ©elübbe  bie  ^ergebrac^« 


126 


^ranjiöfanerotöm. 


tcn:  Qlrmut,  Äcufd^beit  unb  ®et)orfam,  bie 
Slrmut  in  jirengficr  "Jluffaffunfl.  ®ic 
nannten  fic^  anfant^s  bie  atmen  Öü^cnbcn 
fon  2lfrift;  erp  als' im  3abr  1209  ^nno* 
jenö  ni.  eine  »orldufige  Scttiilligung  ets 
teilte,  nahmen  ftc  ben  DJamen  Fratres 
minores,  'DHnoviten,  S)Unbern 
S3rüber,  9[Rinbcrbrüber  an.  S)er 
*Rame  ^ranäiäfaner  iji  fpätercr  Sntjleftung; 
in  Dbctbeutfd)Ianb  ^ie§en  fte  meijl  5ßar  = 
fü§er.  ß'in  obetjiet  2)iener,  minister 
generalis,  [oüte  ber  gefamten  ä3rüberfcl)aft 
»orfieben,  bei  ibm  foüten  alle  in  3ti»li«n 
lebenben  trüber  ftc^  aüiät)rlid),  bie  antif 
märtigen  alle  brei  '^ai)U  »erfammeln. 
IRac^bem  bet  Drben  rafd)  ju  einet  euto* 
p(iiicf)en  Setbinbung  ^etangercac^fen  »at, 
ttjutben  füt  bie  einjelncn  Äonoente  ®uat= 
bianc,  custodes,  eingefe^t,  füt  ganje  Äteife 
unb  ÜJänbet  SSotjiebet;  aüe  foüten 
ministri  Reifen;  iod)  fütjtc  man  ben 
9Jamen  ministri  provinciales  balb  in 
<|}toöinjiaIe,  ben  bea  Minister  generalis  in 
Dtbcneigenetal.  Sc^on  fiüf)  ttaten  im 
Diben  fftoä  fiä)  befeinbcnbc  fRi(^tungcn 
^etüot:  bie  eine,  milbctc ,  fotbette  bai 
9ted)t  gemeinfamcn  SBefi^tumö  unb  Seil» 
nabme  an  fitcf)ticbet ,  fünfiletifc^cr  unb 
n)iffcnfd)aftlic^et  Sitbung;  fte  iji  befon? 
bet^  but^  Helias  von  Kortona  oet« 
tteten,  feit  1221  ©enetalöifat  beö  ©tiftetä; 
bie  onbete  flreng  aäcetifc^e  unb  an  bet 
*2ltmut  unbebingt  fejli)altenbe  ftebt  ibten 
'5)auptDetttetet  in  Antonius  von  Pas 
dua,  gefl.  1231.  Dbgleicf)  Snnojenä  IH. 
no(^  1215  bie  ©tünbung  neuet  Otben 
Ibattc  üetbieten  laffen,  »utbc  bennoc^  Don 
^onotiuö  UI.  bie  9leget  ^tanccäcos  1223 
feietlicfe  betätigt.  3"  i^i^r  SRegel  t>et* 
Iptic^t  ^tanci^cuö  bem  *iJapjie  ^onotiuö 
unb  feinen  9'la(^foIgetn  ®ebotiam  unb 
ö^tfutc^t,  bie  anbeten  Siübet  ftnb  gebal^ 
ten,  bem  Stubet  gtanciäcuö  unb  feinen 
giia^folgetn  ju  gebot(f)en.  9Bet  in  ben 
Dtbcn  cinttcten  roiü  unb  feji  im  fatbolis 
fdben  ©lauben  ctfunben  iji,  foU  l)ingelien, 
oücö  baä  ©eine  octfaufen  unb  eä  ben 
21rmen  geben.  S^Jac^  einem  '^Ptobejabt 
voix'ii  et  jum  ©elübbe  jugelaffcn.  Die 
Stübet  etbalten  eine  Äuttc  mit  einet 
Äapuje;  bicjenigen,  bie  e«  bebütfcn,  fönnen 
©cfcubwetf  ttagcn.  51üe  foüen  ftc^  in 
gelinge  ©etnanbe  fleiben  unb  mögen  fte 
ausfiicfen  mit  ©öcfen  obct  anbeten  gc^en, 
untet  ®ottc«  (gegen.  ./Jlbet  id)  oetma^ne 
fte,  ia^  fte  bie  UJicnfc^en  ni($t  uetadjten 
nod)  rieten,  welche  fie  feben  mit  voää)m, 
bunten    Älcibetn    angetban      obet    feine 


©peifen  unb  ©etränfe  genie§enb,  fonbetn 
ein  jebet  tidite  unb  üeta(|te  nur  fidb  felbji." 
©ie  foden  butc^  bie  ÜBelt  manbetnb  nic^t 
babetn  unb  mit  Sffiotten  fiteitcn,  fonbetn 
ftiebli^  ,  befcbeiben  ,  bemütig  jebetmann 
ebtbav  ^ttt  fiebcn  unb  in  ein  ^auö  ein« 
ttetenb  juetjl  fagen:  gtiebe  fei  mit  biefem 
^aufe!  2)ic  ^tieftet  wetben  jut  ^eiet  ber 
beiligen  ©tunben  beö  Jagö  unb  bet  ^ai)t 
nacb  bet  römif(i)en  .Kitcbenotbnung,  bie 
Saien  untet  ben  ©lübetn  ju  einet  be= 
jiimmten  ?lnjabl  *t)atetnofiet  an  bicfen 
©tunben  oerpfiicbtet,  baju  Mafien  faft  bie 
^älfte  beö  3abteä.  Sic  Grübet,  benen 
bet  .^ctt  bie  ®nabc  einet  ^anbatbeit  »er« 
lieben  bar,  mögen  getteu  arbeiten,  'äit^ 
ßobn  ibtet  5itbeit  mögen  ftc,  mit  Slug* 
nabme  beö  ®elbe^,  füt  ftc^  unb  ifite  33tü« 
bet  nebmen,  maö  bet  ßeib  bebatf,  befcbei* 
ben,  wie  eö  ßieb^abein  bet  5ltmut  jicmt.  ■ 
2)ie  ©ruber  foQen  ftcb  nic^t^  aneignen,  i 
nidbt  ein  ^auö,  nocb  eine  ©tätte,  noc^ 
itgenb  eine  ®aä)t,  fonbetn  alä  ^remb« 
linge  in  biefer  Söelt  bem  ^ettn  in  *ittmut 
unb  3)emut  bienenb  foden  fie  nac^  ^Imo« 
fen  geben  unb  beffen  ftd)  nidbt  fc^ämen, 
bcnn  bet  ^ett  bat  ftdb  arm  füt  unö  in 
biefet  aSelt  gemacht.  —  Die  SßabI  eineö 
Diiacbfolgetä  beä  ©eneralö  gefc^ief)t  burc^ 
bie  iptooinjiale  unb  ©uatbiane  auf  ber 
regelmäßigen  ^ppngfioerfammlung.  «ßrebis 
gen  foH  nur  ber  Ötuber,  ber  oom  ®eneral 
geptüft  iii  unb  oom  33if(i)of  beö  ©ptengcB 
©tiaubniö  etbalten  bat- 

35utcb  bie  Zoä)tn  eine^  angcfe^encn 
(Rittet^  in  5lfftft ,  ß,lara©cifi,  eine 
ciftige  5tnbängerin  beä  Ji^anciäcuö,  h)itb 
1212  bet  Dtben  ber  armen  grauen, 
na(^mal^  meijl  (Jlariffen  genannt,  nad) 
bet  iRegel  bet  SlJJinbctbtüber  gejiiftet,  nur 
t>a^  fte  nicbt  tt)anbetten,  fonbetn  in  M^ 
Älofiet  eingcfcbloffen  blieben. 

ßin  btitter  Dtben,  Sertiaricr, 
uri'ptünglid)  SBtü'bet  unb  ©cbweftetn  ber 
'43ugc,  nabm  foldbe  ju  SDtitgtiebetn  auf, 
bie  in  ibtem  Q3eft^tum  unb  bütgctlidben 
8eben,  aucb  in  bet  Q.i)t,  blieben  unb  bei 
bet  ^ufnabme  nut  oetfptadien ,  aüe  ®e5 
böte  ®otteö  ju  bitten;  ou§etbem  mitb  bie 
3utücE|leüung  atleä  ungctec^t  Stwotbenen, 
bie  Qluäföbnung  mit  bem  9'läct)jien,  füt 
Sbefiauen  bie  ^uftimmung  ibtet  *ölännet 
»erlangt.  2)ie  üWitgliebet  foüen  getinge 
bunfetfatbige  Äleibung  tiagen,  ©(i)au|'pielc, 
iänje  unb  anbete  ilücUiufi  meibcn,  in 
ftommen  SBctfen  fi(^  üben  unb  aüe  tirdb* 
lieben  !)3f[i(i)ten  na^  bejlimmtet  SBotfcbtift 
eiftig    etfüüen,   inöbefonbete    nebji  butd)' 


^ranjisfanerorbcn. 


127 


flärtgigei  iUiä^igfcu  langauage&cl^nte  gajten 
galten.  3"  f^wören  in  gemeiner  Stebe 
unb  feierlicfje  (Sibe  foQcn  ftc  möglicf)fi 
meiben,  Streitigfeiten  nacf)  beni  SRate  ber 
Oberen  tiergleidjen.  QlngriphJaff'en  bütfen 
pc  nur  rubren  jur  iBerteibigung  ber  römi^ 
\änn  Äir(^c,  bes  ^rifilidjcn  ©laubenä 
unb  it)rcä  öanbeä.  2)ie  Eingetretenen 
^abcn  nac^  brei  SlJJonaten  über  \l)U  ®ütcr, 
foweit  fie  baju  berect)tigt,  le^jtmiüig  ju 
»erfügen.  5lüeö  bietS  unter  5iuffid)t  auö 
ibrer  ÜJJitte  auf  3fit  crwät^Iter  Sifitatoren 
unb  in  unbeflimmt  gcbaltcner  iJerbinbung 
mit  bem  eigentltd)cn  SÖtönc^ätum.  Spätere 
Überlieferung  »erlegte  ben  Qtnfang  be^ 
5rertiarier=Drbenö  in  ha^  ^bt  1221- 
©eine  SBerbreitung  War  eine  unerme^Iidje, 
com  Könige  unb  ber  Königin  |erab  biö 
lum  Söettler,  unb  ber  Drben  burc^bracb 
baburd^  in  tüirffamer  SBeife  mitten  in  ber 
Slüte  beö  i^öfifcben  ©tanbeei  bic  Sanbe 
ber  ©tdnbetrennung. 

^ranciöcuä  fiarb  1224  ju  Ülffift  unb 
tnurbc  fcbon  1228  f)eiUg  gefprocben.  QwtU 
unbnierjig  ^al}xt  nadb  feinem  Sob  jäblte 
ber  Drben  5  000  Älöficr  mit  200000 
SOJöncben  in  23  ^ro»injen.  3)icfc  gro§c 
Verbreitung  banft  ber  Drben  »erfdbicbcnen 
Umflänben!^  3"  ^"^^^^  ^ini«  ^^^  ^crfön« 
liebfeit  bcö  ©tifterö,  bcffen  gemütöinnigc 
Vertiefung  in  ta^  93orbilb  ©brifti  unb 
beffen  unbebingte  cntfagungö»oüc  Siebe  ju 
allen  5lrmen  unb  (Slenben  in  biefer  3«it 
fircblicf)er  Vermeltlid^ung  einen  tiefen  <Sin= 
bruj  ^eroorbracbte.  2)ie  93el)auptung, 
ia^  in  feinem  ßeibe  bie  SBunbenmale 
Sl)rif!i  eingeprägt  gemefcn  feien,  ert)ö[)te 
nac^  feinem  Jobe  bie  unbebingte  23er:= 
el)rung  be^  SWanneö;  im  14.  ^a\)xi).  xcnx-- 
ben  burd)  q3ifiö  ^llbiäji  (gep.  UOl)  in 
bem  Liber  conformitatum  nidbt  Weniger 
aU  »ierjig  5i[l)nlicf)feiten  jmift^en  6.t)rif^uö 
unb  granciecuö  nac^gemiefen.  Sobann 
gab  ber  ©runbfa^  urcbriftlidbcr  5lrmut, 
ber  f)crummanbernben  $vebigt,  beö  ßebcnö 
in  unb  mit  bem  Volfe  biefcm  Drben  nodb 
mef)r  alö  feinem  [Riüalen,  bem  SDomini* 
fanerorben,  einen  ungemein  populären  3ug; 
tai  maren  meber  reicf)e,  »ornebme  'öDiönc^e, 
tüie  nod)  bie  ßluniajenfer  unb  ßiflerjien« 
fer,  nocb  übert)aupt  geijilic^e  Drbeneleutc, 
bic,  »on  ber  SBelt  abgefonbert,  blo|  auf 
i^rer  eigenen  Seele  ^cil  beforgt  waren, 
fonbcrn  fromme  SDJänner ,  bie  mit  bem 
9'iieberften  wie  mit  bem  ^öcbfien  in  ber 
Sracbt  be^  erfiern  »erEe^rten,  ibm  balfcn, 
il)m  jufprac^en,  Vorbilb  waren  in  ber 
(Sntfagung.     S)a§    tai    crfie    ^taal    beö 


beiltgen  granciäcu«  »ielfac^  »erlebt  ju 
Sage  trat,  »erjlanb  ftc^  oon  felbfi :  bie 
fatl}olifcbe  ^ir^e  mit  ibrem  9teic})tum  unb 
ibrem  Streben  nacb  'öJla&)t  fpottcte  ber 
freiwilligen  5lrmut;  innerhalb  beei  Drben^ 
felbft  bötte  bic  Spaltung  in  eine  freiere 
unb  eine  gcbunbenerc  SRicf)tung  nie  auf. 
3)ie  Kongregationen  ber  armen  (5.öle< 
ftiner  Eremiten,  ber  Spiritua» 
l  e  n  unb  ber  S  r  ü  b  c  r  ber  fi  t  e  n  g  e  n 
D  b  f  e  r  »  a  n  j  finb  au^  biefcm  S^icfpalt 
^er»orgegangen.  ^ud)  ber  ^ranjiöf anerorbcn 
würbe julc^trcid), unb  feine Äircben  cntbebr* 
ten  bee  ©olbee  uub  Silber«  fcincöwegö; 
au^  er  ^atte  ben  ei)rgeij,  bic  2el)rjlüt)le  ber 
UniDcrfitätcn  ju  bcfc^en  unb  baburc^  (Sin* 
fluf  auf  bie  Äirdbc  ju  gewinnen.  ®o 
tam  ti,  ia^  bie  9[)Jinoriten  famt  ben  2)o« 
minifanern  jule^t  ben  Verfall  bct  tat^o^ 
Uferen  Äircbc  am  beutlid)flen  reprafentit* 
ten  unb  fc^on  Bor  ber  3fleformation  ber 
öffcntli(ä)cn  Verad^tung  ant)ctmficlen. 
^afe,  ^ranj  üon  ^Jlfftfi.  ®in  ^eiligen« 
bilb.  Seipjig  1856.  igebafiiangrancf 
fcfereibt  in  feiner  ß^ronif,  3eitbud)  unb 
©ef^icbtbibel  folgcnbc«  über  ben  Drben : 
„33  ar  f  ü§  er=0  r  b  c  n.  ^nno  1222  befiätigct 
baplt  ^ononuö  III.,  ber  müncbäoater,  aud) 
bifen  Drben,  »on  ^rancifco  einem  2Bald)en 
cingefiift,  ber  ein  Kaufmann  unb  \aft  weit* 
lid)er  mcnfdb  bi§  in  25  jar  voai.  ©arnac^ 
gebacbter  S^rifio  nad)juofolgcn,  »erfd)ma^t 
aüc  irbif^c  bing.  Unb  aU  er  gefd)uoc^t 
nit  i^weicn  rinfen  gcgürt  gicng,  ba  warb 
er  eingeben!  be«  Ferren  wort:  ^x  folt 
Weber  fedcl  nocl)  tafc^cn,  filber  ober  golt 
tragen,  aud)  nit  gcfd)U0(^t  fein,  unb  wer 
ftc^  nit  alter  bing  ccrjeil)et,  ber  mag  nit 
mein  jünger  fein.  S)cö^alb  warf  er  alle 
bing  »on  im,  aud)  bie  gürtel,  gürtet  ein 
jlrid  umb  unb  fieng  allbalb  bifen  orbcn 
an.  3n  bem  waö  er  im  fclbö  alfo  fireng, 
iai  er  in  Winter  jeit,  in  anfed)tung  bcÄ 
fleifd)«,  ft^  mit  fcbnee  ober  ei§  juo  bccfct. 
®r  l)ie|  bic  armuot  allweg  fein  tjerrin,  fo 
bort  er  lieber  fd)ma^  bann  lob  »on  im 
fagen,  behielt  nid)t  auf  morgen,  fein  ^erj 
fdjwcbet  in  bcgirb  ber  marter.  (Sieng  in 
Spriam  für  ben  Solban,  ber  cmpficng  in 
ceilicb.  Darbei  wol  abjuoncmcn  ift ,  tai 
er  im  freilid)  bie  warl)eit  nit  gefagt  ^ot, 
ban  bie  warbeit  wenig  gottwiltummcn  iji 
an  ben  gütjlenpfen  unb  in  aüer  weit. 
3db  unberla§  ^ic  bie  fabel  juo  fe^en,  wie 
in  ©t)rifiuö  mit  feinen  bciligcn  fünf  wun* 
ben  be5eid)nct  l)ab.  Sllö  er  nun  18  jar 
feinem  gleifc^  fein  ruow  lief,  ia  ftarb 
er  jur  5lfftö,  »on  papfi  ©regor  IX.  in  ber 


128 


grauen. 


^eiligen  jal  gefdiriben.  2llfo  bafiu  bife 
äffen  beö  (Suangeltumbö  befc^tibcn,  unb 
bct  Sarfuefer  grunbfcfi  unb  fcul.  9'iun 
i(6  Ia§  inö  gtcid)  reit  unb  guot  gemeint 
fiaben,  »a  feinb  feine  na(f)foIger?  2)ie 
Äutt  unb  Heib  ftbe  i*  inlleid)t,  abei 
^lancifcu^  teben  nienbert.  (ä(^  fief)et  nit, 
tai  webet  er  noc^  bie  feinen  mit  ber 
buc^^  umb^er  fei  gelaufen  unb  in  allen 
fpilen  gert)efen.  Jtem  nit,  baö  er  auf 
^oljfctiuo^en  fei  gangen  k. 

Drben  ber  minbern  Srüber  6. 
^rancifci.  5Inno  1224  ober  balb  barnad) 
feinb  üon  ben  porigen  93arfüe§er  bie  S!JJino= 
re^  abgefiigen  (%iax\ä  meint  bie  Sertiarier) 
unb  gcl)edt  nsorben,  aud)  unber  S.  gran^ 
cifci  fleib  unb  regel,  on  idi  fte  nit  fo 
^reng  feinb,  fcfeuo^  an  tragen,  gelt  ncmen 
unb  anregen  unb  etwa«  mit  ber  regel  @. 
^rancifci  biepenftrt  t)aben. 

®ie  feinb  in  oil  Siegel,  @ecten  unb 
Drben  jerteilt:  ^oIäfd)Uoer,  QSarfüeffer  gc= 
regelt,  grancifcaner  ober  Obferoanjer  unb 
SKinoreä  genant,  y.cm  ÜJiinimi.  ©tUcb 
^eiffen  de  Evangelio,  etlic^  de  Capntio, 
unb  ^aben  in  eil  bingcn  unberfc^eib,  on 
aücin  in  ber  fuperfiition  feinb  fie  alle  cin^. 

3(i)  fan  bie  untcrfd)eib  nid^t  afle  an* 
jeigen,  i^  finb,  ta^  bie  SDJinoreö  üon  ®. 
^roncifco  gepflanjt  feinb,  »on  ^onorio  HI. 
f(^tt)erlic^  befietiget.  ®emelter  grancifcuö 
^at  in  ein  Siegel  juo  leben  geben,  nemlic^, 
ba*  heilig  ßuangelium  (S^rif^i  juo  l)alten, 
in  armuot,  feufc^^eit  unb  ge()orfam,  gleich 
al^  ob  fte  nun  aücin  6-^rifien  feien,  unb 
welcher  ein  fö^rifl  xobü.  merben,  muo§  ein 
löarfüeffer  «erben,  ober  aU  feien  mancf)er= 
lei  d^rificn  unb  6l)rifiug  in  im  felbä  jer= 
teilt.  3)ifer  Drben  i)at  getiabt  Scr^arbi- 
num  Don  ©eniö,  33onaoenturam  ein  Sar= 
binal.  3tem  3  23äpft,  SRicolaum  IV., 
illieyanbrum  V.,  6if  tum  IV.  3tem  5lleyan« 
brum  be  5lled,  ttielc^e  oüe  in  be«  Sapjiö 
regifier  canoniftert  feinb,  erljebt  unb  in  ber 
{»eiligen  anjal  gnogefelt. 

©ant  eiara^Drben.  5m  jar  1225 
leuchtet  ©.  ßlara,  ein  füngerin  ©.  ^ran» 
cifci,  üon  ber  ftatt  5lffiö,  bie  l)at  bei  ©. 
Damiano  firc^en  ein  f)eilige  »erfamlung 
unb  Drben  ber  armen  frawen  angefangen, 
faft  auf  ®.  ^rancifci  tt)ei§.  S)arin  17 
jar  ir  fleifd)  cafteiet.  Sapfi  3nno  IV.  ^at 
fl  in  iren  ficrben  f)cimgefuo(i)t,  ^onoriuö 
unb  (Sregoriuc!  t)aben  ft  mit  gnab  unb  gab 
gccrh)ürbiget,  unb  Qileyanber  IV  fr  unter 
bie  t)eiligen  gejölt.  Sie  tragen  gratt),  leben 
naä)  ®.  ^rancifci  regel  (roa  ft  todä)  unb 


Unb  ifi),  bod^  in  fil  fiücfen  etma^  ü'crens 
beret,  unb  ber  orben  fc^leu^t  nic^tö  bann 
»eibeöbilb  ein  unb  fein  mann,  eä  ge^c 
bann  etwa  in  ber  fiittmc§  juo."  <Bxd)t 
mi)  ben  5lttifel  (Ptebigt. 

t5rancn. 

1.  S'iamen.  %xau,  a^b.  frouwä,  mftb. 
fronwe,  im  Ulfila^  ni^t  erfdbeinenb,  ifi 
bie  rceiblidje  g^orm  oon  got.  frauja,  af)t), 
fro,  fiatt  frouwo,  melc()eä  frü^  bem  heriro, 
herre,  lierr  gemid^en  ifi,  mä^renb  fid)  bie 
weibliche  ^otm  ertiielt.  2)er  meiblic^cn 
i^orm  ber  Söurjel  entfprid)t  ber  3?ame  ber 
@öttin  Freya,  ber  männlichen  berjenigc 
beö  ®otteä  Freyr.  5tU  urfprünglic^e  Se* 
beutung  gilt:  ber  ©rfrcuenbe,  %xo'i)' 
macf)enbe,  ©ütige,  SDZilbe,  ©igen» 
fd^aften,  "bie  foh)o^l  bem  (Sötte  al^  bem 
®ebieter  unter  ben  ÜJJenfcften  ^ufommen. 
5llä  Qlpellatio  fommt  bem  Söort  ^rau  in 
erfler  ßinie  bie  Sebcutung  ^errin,  ®e- 
bi  et  er  in  ju.  5lIImäblicf)  fommt  ber 
5?ame  me^r  unb  mebr  auc^  bem  ©eringc« 
ren  ju,  am  längfien  credit  fid)  bie  alte 
Sebeutung  in  ber  Slnretie  unb  alö  Sitel: 
Unfcre  %xau,  Unfere  liebe  ^xau  ift  ÜJlatia 
(frauj.  notre  dame),  ^xan  Äönigin ,  ^er= 
jogin,  unb  in  aKen  6tänben  biejenigc,  bie 
bejae^lt,  ber  S)ienerfc^aft  gegenüber,  in  ber 
gamilie  %xa\i  SBtutter. 

Äone,  Äon,  m^b.  kone,  ekone  = 
®attin,  (Sbefrau,  oereinjelt  in  93aiern„unb 
Dftcrreicf)  lebenbig  geblieben,  finb  Über* 
bleibfel  beö  einfl  »iel  gebrausten  a^b. 
chuenä,  quenä,  got.  qvino,  altnorb.  kona, 
neben  meldten  ^otmen  eine  jrtjeitc  iJorm 
^erläuft:  got.  qvens,  agf.  cven,  altn. 
kvän,  im  ^oc^beutfd)en  fel)lenb,  entartet 
engl,  quean  =  SBeibsbilb,  -^urc,  unb 
queen  =  Königin.  Daö  SBort  entfpric^t 
ett)mologifc^  bem  gried^.  ywr/.  I)ie  SBur* 
jel  ifi  gan,  gen  =  gebären,  jeugen^ 
»ernjanbt  ftnb  ^inb,  Änabe,  Äne^t, 
Äönig  unb  fönnen. 

<}ll)b.  itis,  altf.  idis,  altnorb.  dis, 
war  urfprünglid^  ber  ^iame  eine«  göttlid)en 
SBefcnö,  namentlid)  ber  ©öttinnen  beä 
®efd)icfeö  unb  tt?irb  im  ?lltt)0^beutfc^cn, 
v5äcf)ftfd)en  unb  namentlid^  im  Ringel* 
fdd)ftfSen  allgemein  für  jebe  grau  jebe« 
QUter«,  »erbeiratet  ober  nid^t,  angemanbt. 

2Beib,  a\)i>.  unb  m^b.  i>a^  wip,  gebt 
befonberö  auf  baö  ®efc^led^t,  mie  man 
benn  aud)  bem  Sicre  fein  ffieibc^en  ju= 
legt,  ^aä)  ®rimm  get)t  tai  2Bort  auf 
weben  unb  meifen  jurüd.  |>öfifd)e 
SJi^ter  ftreiten  ftc^  gern  barübcr,  meldbed 
üßort,   grau    ober    SBeib,   ootjüglid^er 


JJrauen. 


129 


fei.  SBalt^icr  uon  ber  SSocjelrocibe  ent= 
fd)cibct  ftd)  für  SZBeib,  weil  in  if)m  ber 
Inbegriff  aller  bem  ®cfc^Iecf)te  cignenben 
lugenben  liege;  ^cinrii^  fon  *If?ei§en  er= 
flärte  ftd)  ba'9ec3en  für  ta^  2Bort  x^  x  an 
unb  erhielt  bafür  ben  9?amen  graucnlob. 
iÖraut.  ®ot.  ifi  bic  braths  = 
©c^lt)iegertoc[)ter;  al}b.  bic  prüt,  brüt  = 
IBerlobte  ft)ie  Dieunermcibltc,  nu(^  Äeb^^ 
tt>eib;  angelfäd))'.  bryd,  altnorb.  brüdhr  = 
aScrIobtc.  ©er  (Srunbbegriff  ip  bie  §eim- 
gefül)rte;  benn  baö  2Bort  ifi  au^  got. 
fra  =  tov,  unb  einem  mit  lat.  vehere  = 
fahren  Bcrmanbtcn  SBcrb  jufammcngcfe^t 
2.  tDieStellung  bergi^^ui"  tilt» 
<^ermani[d)er  ^Periobe.  Urfprünglic^ 
tt»ar  bic  Stellung  bcö  SBeibcö  bei  ben 
(Sermnnen  feine  anbere  aU  bei  allen  an= 
teren  Solfern,  ct^  tt>urbc  aU  eine  blo§e 
<Bia<i)i  unb  al«  JßcrfjfUji  ftnnli(^er  93es 
friebigung  aufgcfo§t.  S)aä  2Beib  mu§tc 
ftd)  mit  beni  toten  Wanne  perbrennen 
laffcn,  ber  TOann  l)atte  iai  SRec^t,  eä  ju 
ticrfaufcn,  ju  uermad)cn,  ju  üerfc^enfen, 
feinem  ®afie  anzubieten.  2)ur(f)  bic  ®nabc 
bcö  Satcrö  mürbe  ihm  i^u  leben  erlaubt; 
fcurd^  @elb  mürbe  eä  von  einem  ^rcnrben 
bcm  Sßatcr  abgcfnuft;  auf  bem  2Beibe  lag 
bic  93cfteüung  iion  %)ani  unb  ^elb.  2)iefe 
ältcflcn,  t)artcn  33evl;ältniffe  beö  SBeibeä 
mürben  aber  fd)on  frü^  teil^  burd^  tai 
Sluffommcn  eine^  milberen  9ied)te0  ober 
mcnigfienö  einer  milberen  ©cmo^nbcit, 
teil^  burc^  bie  SBirfung  religiöfcr  51n= 
fc^auungcn  t>crebclt ,  fo  ha^  f^on  bei 
jacitu^  ber  urfprünglidfie  B^f^""^  "i<i'^ 
mehr  bcutlicf)  I)eroortritt.  *}Uö  bie  midf}= 
tigftc  SBefiimmung  für  bie  Stellung  be«! 
SBcibeä  gilt  ber  ®runbfa^,  ba^  nac^  ger- 
manifc^em  iRcd)te  bie  Äinbcr  unb  bie  ^xan 
fein  eigene«  3ied)t  befi^cn,  fic  fieljcn  unter 
ber  OJJunbfAaft  bcö  ^amilienoater«  ober 
ffincö  Steüncrtretcrö,  meld)c  in  ältejler 
3cit  fel)r  fireng  mar,  fo  t>a^  bie  Soc^tcr 
ot)ne  feine  ß^l^i^iniu^S  »fcber  über  il)rc 
*Per[on  nod)  über  ihr  Sßermögen  irgenb 
mdcfcc  Serfügung  treffen  fonnte.  iDitann 
unb  2ßeib  fd)ritten  bei  ben  alten  ©errna? 
neu  crji  fpät  jur  (£l)c.  3)ie  Cled)t«form 
berfdben  mar  ein  Äauf,  ben  ber  23or= 
tnunb,  in  crfter  ßinic  ber  Satcr,  mit  bcm 
©cmcrber  abfd)Io§.  Unfreie  Seutc  bcburf« 
ten  ber  ®enel;migung  ilireö  ^errn ,  bem 
fie  bafür  eine  Steuer  bejablen  mußten. 
Stur  aHmä^lii^  unb  burd)  Untccp^ung 
ber  fir*lid)cn  *}lnf*auungen  ermud^ö  hai 
Selbflbeflimmungötec^t  ber  Jungfrau.  2)ie 
SScrabrebung  über  bie  ju  jaljlenbc  @ummc, 


mahalscaz,  mantscaz,  brütmiete,  ober  ba« 
öffentlid),  vor  gclabenen  3f"d«"  au^ge« 
fvro(^cne  ®clöbniö  be^  Srautigam*,  ben 
3!)Junbfd)a^  ju  erlegen,  unb  hai  ®egcn« 
gekJbni^  beä  iBormunbe^,  bafür  bie  '-Braut 
JU  überantmorten,  mar  bie  oornebmfie  unb 
binbenbfie  ^anblung  bei  ber  (äljefcftlie^ung. 
Sßon  mahaljan  =  fprec^cn ,  befonberä  in 
ber  gerid)tlid)en  33erl;anblung,  nannte  man 
bic  ^anblung  beö  Scrloben^  mahalon; 
der  gemahel  unb  diu  gemahele  finb  bie 
SScrlobten;  das  gemahel  für  bie  iBerlobtc 
mirb  crft  im  15.  3al)rbunbcrt  gebräuchlich). 
Über  bie  meiteren  @;l)el;anblungen  fie^c 
ben  'Mrtifel  (Sl)c. 

2Bar  bie  3u"9^öu  ^^t"  9Wannc  anges 
traut,  fo  mar  ftc  rccbtlid}  Eigentum  bcö 
SDJanneä  gemorben.  Sr  burftc  fic  töten, 
vererben,  firafen,  förperli*^  ;!|üct)tigen.  dloä) 
im  9?ibelungenlicbc  erjäl^lt  Äriemt)ilb, 
Siegfrieb  babe  ibr  für  baö  unnü^c  ®c= 
fd)md^  ber  93runl)ilb  gegenüber  ben  lip 
zerblouwen.  (Jl)elid)e  Untreue  beö  Jßetbcö 
mürbe  auf  ia^  t)artefic  beftraft,  ber  DJfann 
burfte  fic,  menn  er  fie  auf  frifc^er  Xl)at 
ertappte,  crfd)lagen;  ivurbc  i^r  geben  ge- 
fc^ont,  fo  Pcrlor  fie  iljr  iBermögen  an  it)n, 
mürbe  in  ®e9enmart  ber  Sermanbtcn 
fd)impflid)  auö  bem  ^aufc  geflogen,  beö 
langen  ^aarfc^mucfcö  beraubt  unb  unter 
Sd^Uigen  burcft  bai  3)orf  gejagt.  Untreue 
beö  SDtanneä  in  ber  (£t)e  blieb  ungcjlraft. 
*Bielmciberei  mar  jmar  ben  ®ernianen 
nid)t  gauj  frcmb,  llriorn^  j.  !ö.  l)atte  jmei 
g^rauen ;  bod)  mar  biefe  Sitte  meifi  burd) 
politifd)c  SRüdfid)tcn  Bornc^mer  SDJänner 
Bcranlapt.  Sacituö  rechnet  eö  ben  ®crma= 
neu  jur  obre  an,  ta'ß  fie  fic^  mit  einem 
SBeibe  begnügen.  Äebfen  bagegen,  b.  f). 
nici)t  burd)  öffentlid}en  2)?unbfauf  ücrbuns 
bene  grauen  galten  burcl)ö  ganje  SWittel- 
alter  ^inburd)  nic^t  für  unjiemlid^. 

®e9tnüber  ber  rcd)tlicö  niebrigen  Stel- 
lung ber  gcrmanif(^en  '^xan  machten  fic^ 
im  praftifd)cn  fomol)!  alö  im  fittlic^s 
religiöfcn  Scben  ''^Infd^auungcn  gcltenb, 
melcf)e  ber  Stellung  ber  grau  fe^r  jugute 
famen.  Die  gtau  mar  be«  Sianneä  ®c= 
noffm  in  \5rcub  unb  Seib,  fie  mar,  ma^ 
ibr  yiami  bcfagt,  |>errin  bcö  Jpaufeö. 
grauen  unb  3ungfrauen  rcid)ten  beim 
äiablc  ben  Sed)cr  ober  tai  Zx{nti}oxn 
uml}er ,  fie  folgten  bem  Spanne  in  bic 
S(^lad)t,  feuerten  feine  Sapferfeit  an  unb 
pcrbanbcn  feine  aSunbcn. 

51m  l)eQftcn  fpiegelt  fid)  bie  fittlicf)e  Se* 
beutung  ber  germanifc^en  grau  im  religio* 
fen  Scben  beö  iJolfee  unb  t)ier  jucrfi  in 
9 


130 


{grauen. 


bcn  ®  Ott  innen  bcä93oIfeö  unb  jumat  in 
bcr  getmanifc^m  ©öttcrmutter ,  %xi\a 
(fte^e  bic  bcfonberen  'Hrtifcl).  'aber  axid)  in 
ben  fierbtic&en  grauen  faben  bie  ©ermanen 
cttttaö  ^eilige«  unb  Jßei^fagenbeö  ,•  fxe 
fud)ten  in  bcn  &öd)^en  2)ingen  il)ren  SRat 
unb  metftcn  auf  ibte  Qlntworten.  Dieben 
bem  ^auöfater,  ber  im  .^aufe  bie  pricjier« 
liefen  ®efd)äftc  poUsoc^,  crfcljeint  bie  ^auö- 
muttet  nl^  *priefierin  beä  i>aufe^,  neben 
ben  <Ptieftern  ber  (Semeinbc  erf(^eincn  aud) 
*priefterinnen  ber  ©efamt^eit.  iBeleba 
würbe  ton  ben  Srufterern  fafi  göttlid) 
»ere^rt  unb  batte  auf  bie  Unternef)mungen 
be«  "Solfeä  ben  größten  ®inftu§;  bie 
^raucnnamen  auf  trüt,  Electrndis,  Ans- 
trudls,  laffen  ^ricfterinnen  für  bie 
Präger  beä  iJJamenö  »orauöfe^en.  ^xtt)^ 
Scmpelbienft  n>irb  burd)  eine  Jungfrau 
oerfet)en.  Dagegen  f)at  man  fein  iHet^t, 
einen  abgefd)loffenen  @tanb  ber  'Pricjie» 
rinnen  anjunebmen;  mo  *Prief^erinnen  ers 
f(^einen,  ftnb  eö  folc^e  J^rauen,  bic  ftc^ 
jum  göttlicf)en  I)ienfic  unb  jur  3Bci«fagung 
Bcfonbevö  befäbigten.  2)enn  SBeiefagung 
mar  bie  ^auptf)ätigfeit  ber  priefterlid^en 
grauen.  Sie  erfcbauten  hai  ®efd)id  auö 
bem  ßofc,  bem  rinnenben  Dpferblute  ber 
geopferten  Äriegögcfangenen.  ®aä  Sofen 
%t\d)a\)  bind)  bie  C^unen:  Sucbenfläbe,  in 
meldbe  3eicben  geriet  waren,  mürben  auf 
ein  mei§e^  Juc^  geworfen,  unb  mit  ®ebet 
unb  331id  jum  |)immel  bob  ber  ?)rierter 
ober  bie  (|3rieilerin  brei  Stäbe  auf,  auö 
bcncn  fte  ben  Söitlen  ber  ®ötter  lafcn. 
I)aäu  geborte  alfo  bic  Äunbe  »om  ßefen 
unb  €d)rciben,  eine  Äunjl,  bic  biä  inä 
ÜJJittcIalter  bie  ^^rauen  »or  ben  üWännern 
»orauä  [galten.  Qiuct)  ®efang  unb  3;anj 
jät)lten  ju  ben  gotteäbienftlidjen  iBerpflicf)« 
lungen  bcr  *Priefterinnen,  bie  natürlich  ouc^ 
an  benUmjügen,  meldte  bie  ©cttbeit  im'Bilbe 
ober  (Symbole  auf  ^eiligem  Ißagen  atiläbr* 
li^  txixä)  ba^  öanb  biett,  teilnahmen. 
*l!rieflcrinncn  maren  beim  Opfern  tbätig, 
fle  nerricbtcten  in  ältefter  3^'^  fogiir 
iüJenfd^cnopfcr;  fic  beforgtcn  tai  Sieben 
ber  Cpfertierc,  ^ai  ^adin  ber  Opferfud)en. 
QUui)  anbere  2l>ciber  neben  ben  ^riePc- 
linnen  mibmeten  fxä)  ber  «Beißfagung,  fte 
I)ie^cn  wisin  wip,  Weife  ober  fluge  grauen. 
€ie  t)aben  ibrcn  göttlichen  |)intergrunb 
on  bcn  i)?ornen  unb  ffialfürcn;  nor« 
bifd)  heilen  f^e  völnr;  völuspa,  ber  iffiala 
aBeisfagung,  ift  ein^  ber  hltej^cn  dtta' 
lieber,  morin  ber  «Scbcrin  Heidr  bie  Ser^ 
fünbigung  bcö  2öeltgefd)icfeö  in  ben  SOJunb 
gelegt  mirb.    ©oldbe  Söciber  jietjen  mciä* 


fagenb  im  ßanbc  um^er ,  mit  ^anbtx^ 
fprüd)en  oertraut  unb  auf  ßiiut^crmerf  ge* 
übt ;  man  labet  fte  gern  ju  5eflfd)mäufcn, 
bei  met*cn  fte  bann  in  ber  9'Jad)t  bcn 
3auber  fteben  unb  vom  Dierbeinigcn  @d)e* 
mel  berab  if)re  SBeiöfagungen  »erfünben. 
©er  3*iuf'eftranf  gab  Tlaä)l  über  ÜWen» 
fd)en,  iierc  unb  Sßetter;  feine  SBirfung 
mar  nad)  bcn  ®cgenftänben ,  bic  in  bcn 
Äeffel  famen,  »crfcbieben.  S)ie  Sinnesart 
ber  'JWenfc^en  fonnte  ccriinbert ,  $a^  ober 
ßiebe  it)m  eingeflößt  merben;  (angfamcö 
^inftec^en,  ißerfcfeen  <\ni  ber  ^ixni:  in  bie 
yidi)i,  ©rjeugung  »on  «Sturm,  Unwetter 
unb  SOJiömad)ä  fd)ricb  man  bem  QanhiX' 
gebrau  ju,  au^  Teilung  ber  Äranf« 
Reiten.  iDenn  fomol;l  *^ricficrinnen  alö 
meifc  gfauf"  erfcbicnen  jur  ^eitfunfi  be« 
fät)igt.  Teilung  »on  .^ranf^eiten  War  ein 
Opfcrbicnft,  bie  grauenfranthciten,  befon* 
ber^  bie  ®eburten,  ftanbcn  unter  grcia^ 
9[Jlac^t.  Tlit  bem  Untergang  beä  getmani« 
fdien  ®öttcrglauben^  ftnb  biefc  weifen 
grauen  ju  ^eyen  gemorbcn,  (f  b.  Qirt.). 

Über  bie  Srjie^n g  ber  SWäbcften  [uijt 
biefen  Qlrtifcl.  SBa^  enblid)  für  bic  alt« 
germ.  fperiobe  bie  ßicbe  beö  2öcibe^  jum 
ÜWannc,  ber  Jungfrau  jum  Jüngling  betrifft, 
fo  mirfte  ber  feufd)e  Sinn  beö  53otfeö,  bic 
Qld)tung  t>or  3"'^)'  unb  @^re  ^eiligenb  auf 
ben  Ted)tlid)  nicbrigen  Stanb  beö  SBcibc^ 
ein.  Sigenttidie  SiebcöoctficiUiiiffe  Eonnten 
ber  St)e  nicbt  riorauöge[;en,  meil  tai  ®efe^ 
bcnSBcrber  ^um  33atcr  unb  nidjt  äurlodbter 
^inmieö.  I)ic Siebe  entfprang  in  bemSufen 
bc«20cibeö,  unb  berSOJann  nat)m  fte  bin  aU 
Qlncrfennung  feiner  Süc^tigfeit,  bic  cv  for= 
bem  fonnte  unb  bie  er  mit  cfirlic^er  3unfi= 
gung  belohnte.  I)icfer  ®eip  [prid)t  ftd^  in 
ber  früt)mittelalterlid)en  I)icbtung  auö, 
namentlich  in  bcn  ©bbaliebcrn,  im  ßicbe 
t>on  SBaltbcr  unb  ^iltgunt.  2>q«  ffiort, 
bciii  in  biefer  älteren  ^i\t  bie  3"n6'9uns 
bed  2Beibcä  jum  2}iannc  bejeic^nete,  ift 
minne,  minna,  urfprüngli(^  tai  S)cnfen, 
tai  Qlnbcnfcn,  bie  ©rinnevung. 

3.  Stellung  bcr  grau  in  !^öfif(^cr 
3  ei  t.  ®tft  bie  böfifcbc  3eit  ^at  burd)  frembc 
(Sinflüffc  ta^  93crl;ältniö  be«  2ßcibeö  jum 
Wanne,  aber  blo§  inner{)alb  bc^  SRittertum^, 
gänjlid)  »eränbcrt  unb  bcn  OWann  jum  b^^' 
wunbcrnben  unb  wcrbenbcn  leil,  bic  wcib* 
lic^c  S*önl)cit  an  StcHc  ber  männlidben 
2;üd)tigfeit  jur  Quelle  ber  ßicbe  gemad^t. 
2)icfer  Umfd)Wung  i)nt  febr  oetfc^iebene 
Urfadben-  5)ie  fojiilc  5luäbilbung  be^ 
SRittcrftanbcä  ali  cineö  oon  bcr  nidjtrittcrs 
ltd)en  SBclt  getrennten  jog  natürlich  aud^ 


grauen. 


131 


bie  tt)cibli(^e  ®cfeQfdE)aft  in  bie  ©ptjare 
b«ä  abgcfonberten  6tanbe^Icbenö;  im 
Orient  t^at  [xd)  für  bie  Äreujfa{)rcr  tai 
Silb  cineö  ücrfcinerten ,  au^gcbilbetcn, 
burc^  ^Poefte  unb  ^un)l  gefi^nüicftcn  ©tan= 
beälebcnö  auf,  tüorin  baö  Slßcib  eine  »efent« 
lid^e  SRofle  fpielte;  bie  5iuöbilbung  beä 
SWarienfuItuö  fieüte  auct)  für  ben  gldubis 
gen  6£)ri|len  ein  jungfräulictieö  Sßeib  in 
bie  nii(ä)Pe  3läi)t  ®otteö  unb  gab  ben 
Jungfrauen  unb  51^^''^"  ^^^  ©cgcnwart 
ein  erirünfc^teö,  burdf)  bie  Äircftc  gebeilig* 
tcö  3beal;  bie  fübfranjöftfi^cn  SRitter,  bie 
in  einem  rei($en,  blütjenben  ßanbe  längft 
on  feinere  ®enüffe  gewobnt  maren  alö 
ber  beutf(i)e  iRitterömann  fte  fannte,  unb 
bencn  bie  ffiürbe  unb  (5t)re  ber  e^clid)en 
^eufc^bcit  unb  Sreue  im  ©inne  ber  guten 
bcutfcben  (Sitte  fremb  hsar,  bitbeten  juerfi 
ben  fonoentioneücn  ritterlict)en  ÜHinne- 
bienfi  auö.  ^Jac^  it)rer  ilJJinnefunji 
giebt  eö  iner  ©tufen  be^  IDJinnebienfleö. 
Stuf  ber  erficn  ©tufe  jl:cf)t  ber  fctimad)« 
tenbe  SRittcr,  ber  feine  ^eim!iä)e  Siebe  nic^t 
ju  gcftebcn  lüagt,  fonbcrn  üerbirgt  unb 
ftcf)  rierfteüt,  ber  feignaire;  Jjat  er,  burc^ 
bie  ^rau  ermutigt,  bag  ®eftänbniö  ge= 
tuagt,  fo  tt)irb  er  ein  Sittcnber,  pregalre; 
nimmt  fie  i^n  jum  förmlichen  IBiebeöbienft 
an,  fo  h)irb  er  ein  Srprter,  entendaire, 
unb  ifi  i^m  enblicfi  bie  böct)f}e  ®unft  gc= 
tt)äf)rt,  fo  t)eift  er  ber  Siebfjaber,  dratz. 
S)er  (Sr^örung  ging  eine  *Prüfutigöjeit 
»oran,  beren  i)auer  bem  ©utbünfen  ber 
S)ame  übcrlaffen  voax;  biefelbe  bebnte  ftd) 
nid)t  fetten  auf  fünf  ^ai)n  auö.  2Bar 
bie  ^Prüfung  glüdlicf)  iiorbeigegangcn,  bann 
tt)urbc  ber  JRitter  ber  iBafatl  feiner  ^erjenö« 
fönigin  unb  förmtict)  üon  i^r  belebnt. 
3n  ©übfranfrei«^  njenigfienö  gefc^ab  bieö 
mit  ben  gleichen  ftjmbolifdien  S^ic^en,  wie 
fte  bei  ber  tt)irflid)en  93elef)nung  eineö 
SSafaüen  j^attfanbcn:  ^nieen,  ^cinbefats 
ten,  ^u§  unb  SRing,  aüä)  baö  ©c^e* 
ren  ber  ^aare  fam  »or  unb  pricfter« 
lic^e  Sinfegnung.  S)er  JRitter  trug  nun 
an  ©(f)ilb  ober  ßanje  bie  Q^arben  ber  %xan 
unb  ein  r>on  il;r  erteilteö  2ßappenjeid)en: 
JRing,  ®ürtel,  ^aarbanb,  ©ct)Ieier  ober 
Strmel.  2)ie  grauen  oerlangten  au§er  all- 
gemeinen Setüeifen  ber  ßiebe  biefe  ober 
jene  S^at  be«  ©e^orfamö  unb  oft  auf 
fc^r  launenhafte  5trt;  man(^e  iRitter  ftnb 
bon  i^rer  S)ame  gejwungen  tt)orben,  an 
einem  ^reujjug  teiljunefim'en.  '^ittx  SRitter 
mufte  ftc^  nad)  bem  ®eifte  ber  3fit  f*"^ 
^errin  annebmen,  bie  jebod)  nie  feine 
eigene  ^rau  fein  fonnte.    2)er  p^antajiifcbc 


®eijl:  ber  ^dt  ermöglichte  cet  jttJar,  baß 
ber  ÜRinnebienfi  junjeilen  gänjli(^  ibeal, 
blog  in  ber  (Smpftnbung  lebenb  fid)  ge* 
f^altete;  cö  gab  S[)emänner,  vodd)^  bie 
(Srtaubniä  erteilten,  ba^  anbcre  i^ren 
grauen  bienten.  Qlnbcrfeitä  war  ber 
®eift  ber  3eit  bei  beiben  ®efcf)lect)tern 
fmnlic^em  ®enuffe  nicfet  minber  jugett^an, 
unb  ber  S!Rinnebienft  war  bie  gegebene 
Leiter  baju.  2Bie  nac^  ber  ©itte  bie  an- 
wefenbcn  55afa(ien  ben  ßebnäfjerrn  ju 
ißcttc  begleiteten  unb  ftc^  erft  entfernten, 
wenn  er'^ftcii  niebercielegt  fiatte,  fo  beglei< 
tcte  ber  begüniligte  Sieb^aber  bie  ^rau 
inä  ®d)Iafgema^.  5a,  bie  ^rau  gewährte 
bem  ßiebl)aber  juweilen  eine  SRac^t  in  it)ren 
Firmen,  wenn  er  [xd)  eiblid)  üerpflid)tete, 
fid)  nid)tö  weiter  alö  einen  Äu§  ju  erlau= 
ben.  Qtuö  biefer  verbreiteten  ©ittc  ftnb 
bie  Sagclieber  entftanben  (fief)c  ben  be= 
fonbern^Jtrtifel).  5Dcr3wiefpaIt  jwifcben  ber 
bloß  empfunbenen  2iebe«fet)nfucf)t  unb  ber 
ftnnlic^en  SBirflic^feit  lieg  23erfc^wie  = 
gen^eit  aU  eine  befonbcre  @orge  ber 
Siebenben  erf^einen;  eö  war  beebalb  eine 
e^renppi^t  be^  'Utinnefanger^,  ben  iRamen 
ber  grau  gar  ni^t  ober  nur  t>crf)üüt  ju 
nennen.  Qlucf)  bie  'Jlufpaffcr  ober  merkaere, 
welche  bie  greube  ber  ßiebenbcn  2ag  unb 
9ia(I)t  »erbittern,  geboren  jum  fiel;enbcn 
Sciwerf  beS  SOJinnelebene. 

SBelc^e  befonbere  ®eftalt  ber  fon* 
tientionelte  grauenbienfl  be8  SRit* 
tertum^  in  I)eutfc^Ianb  angenommen 
haU,  iji  mit  @ict)erf)eit  nid)t  ju  fagen. 
®ie  oben  genannten  ßier  Stufen  be^ 
ÜRinnebienfie«  ftnb  bei  beutfc^en  5Dic^tern 
nid)t  na^juweifen,  unb  überf)aupt  ift  c# 
mebr  ber  gefeüfd)aftlid)e  unb  poetifc^c 
SRePey,  ber  auö  ber  «JJrotience  nad)  S)eutf^= 
lanb  t)inüberf($eint,  atö  bie  ©ac^c  felber. 
5Die  Vorliebe  ber  ritterlid)en  Sänger  für 
ben  grauenbienji,  baö  ®eiammer  über  bie 
merkaere,  bie  Sagetieber,  tai  ®efe^  bct 
*ßerfd)Wiegent)eit ,  atleö  mad)t  ben  ®in= 
brud  beä  auö  ber  $|rembe  eingelernten,  unb 
eö  ftnb  auc^  b!o§  einige  wenige  aügemeinc 
3üge,  auö  beren  leid^tbcr^ulfetlenber  üRi* 
fd)ung  ber  etwa«  wäfferige  SReid^tum 
ber  grauenbic^tungen  tjemorgeljt.  5Der 
pronenpalifd^e  31Rinnebien(i  t)ob  ba'ä  Don 
ber  33oIföfttte  geforberte  Sf)eleben  eigent* 
Ii(^  auf,  unb  franjöftfd)e  ©d^riftftcQer  er« 
flären,  ia^  nur  folc^e  «Perfonen  unter  ben 
®efe^cn  ber  Siebe  fielen,  welche  ni^t 
miteinanber  »erheiratet  ftnb;  jwifd^en  ©tje« 
leuten  finbe  feine  Siebe  me^r  jtatt,  unb 
wenn  jwei  Siebenbc  einanber  heiraten, 
9* 


132 


JJraucn. 


«rlüfd^c  auc^cnblicflic^  baä  iBerl)äUniö.  2)a§ 
ein  SKann  ober  eine  S5anie  öetbciratet  [ei, 
^inbcrc  feinen  Seil,  ein8iebe^oerf)äItniö  mit 
einer  britten  ({Jerfon  einjugelien.  2)cr 
HRöncf)  D^oftrabanniö,  ber  Siograpft  ber 
Iroubabourö,  erflärt:  Causa  conjugii  ab 
amore  non  est  excusatio  certa.  2)er  beutfc^c 
ÜJJinnebienfi  fd}n.iebte  flletci)fam  in  ber 
Suft,  über  ben  tttirfliiien  *Pert)aItnif[en, 
blo^  in  ber  *]ßf)antafte  beä  3fif''tff'^^-  ©eine 
-^auptquctle  ftnb  bie,  franjöfifd^en  Ducüen 
entnommenen  Slitterepen,  bcfonberö  tk  Qir* 
tuöcpen,  bcren  gelben  3tt)cin,®arDein,  6ref, 
<Parjit)al,  S;iturel,Irijlan  al^iWufier  galan* 
ter  5Ritter  bargefleüt  finb.  .(ao  iji  aud)  ber 
2Bort[ct)a^  beä  beutfcfcenSWinncbienjleönicfct 
gerabc  reid).  2)aö  SBort  frouwe  get)ört  in 
crjter  ßinie  baju,  »eil  ber  GUitter  [o  [eine 
(Srforene,  [eine^errin  an[prQd);  genäde 
I)eiit  ber  Spfünnelo^n;  [eine  2lrt  ^iingt 
[et)r  Don  5tbft^t,  ®c[innung  unb  Oeftttung 
ber  fiicbenben  ab;  fic  fann  reine  järtlid^e 
Zuneigung,  ein  Slid,  ein  ffiort,  ein  (gr= 
röten  [ein,  ober  ein  äu§creö  3cicf)en  ber 
Suneigung:  Srie[,5Ring,2lrmbanb,  «Spange, 
®ürtel,  ®cf)Ieier,  5lusfiattung  an  SRog, 
Äleibungen,  2ÖQ[fen  ober  enblic^  ©emätj* 
tung  ber  minne. 

fein  ttie[enüicf)  üer[(f)icbeneö  Clement  ift 
ia^  DlJJotio  ect)tcr,  n^al^rer  ßicbc  in 
ben  äugeren  formen  ritterltd)cr  ©alantcrie. 
SiKit  ber  fonuentionellen  grauenminne  tvar 
aud)  im  au[9e[d)Io[[enen  ©emüte  bie[er 
3cit  natürlich  aud)  bie  Jüa^re  ßiebe  er« 
tvai)t,  bie  ben  Süngling  jur  3ung[rau 
I^in5iet)t;  ibr  ge()ört  ta^  [d)öne  öiebc^en  an: 

Du  bist  min,  ih  bin  diu, 

des  solt  du  gewis  sin. 

du  bist  beslozzen 

in  reinem  herzen. 

verlorn  ist  daz  sluzzelin: 

du  muost  immer  darinne  sin. 
2)iefe  DDUnneträger  fmb  nidit  mc^r 
frouwe  unb  herr,  [onbern  man  unb  wip, 
unb  ber  beliebte  Stielt,  maä  eblcr  unb 
be[[cr  [ei  frouwe  ober  wip,  bcruljt  mc[ent5 
lid)  au[  ber  grage  nad)  p[ifd)=fonnentio= 
neuer  üJJinne  ober  nad)  ber  tie[eren  ßiebe; 
Sßalt^er  l)at  ftd)  [ür  bie  le^tere  au0ge= 
fprod)en.  Sic  menigen  tiefemp[unbenen 
ßieber  unter  ber  großen  ^ai)l  ber  SWinne» 
lieber  ftnb  ßieber  ber  ßiebe;  bie  ßiebc  ifi 
€0  aud),  bie,  immerl)in  an  ben  ritterlicben 
grauenhilt  erinnernb,  taii  D^ibelungenlieb 
unb  bie  ®ubrun  in  ftc^  au[genommen  l)aben; 

soltu  immer  herzenliche 

zer  werlte  werden  fro, 

däz  kümt  von  mannes  minne, 


du  wirst  ein  schoene  wip, 

übe  dir  got  gefüeget 

eins  rehte  guoten  ritters  lip. 
S)arin  tlingt  v.od)  tief  unb  t>oII  bie 
ältere  Qluffaf[ung  t>om  iBfrl)äItniö  bc« 
ÜKanneö  jum  2Beibe,  unb  ebenfo  in  bem 
jmeiten  ®tunb  ber  *}lbmei[ung  Äriembilbenss 
(ber  erpe  ijt,  ta^  fie  xi)xi  jungfräulid)c 
©d)önl;)eit  nid)t  aufop[crn  miü),  i>a$  liebe 
mit  leide  ze  jungest  Ionen  kan.  I)ic[er 
@egen[a^  »on  liebe  unb  leid  ifi  au^  fonfl 
in  ber  l)öfi[d)en  Sichtung  meit  üerbrcitct; 
mäl^renb  ber  Stame  minne  in  [einem  ur« 
[prünglid)en  Sßerte  längji  üerbunfclt,  jum 
fonoentioneüen  ßiebeöauebrucf  geworben 
mar,  gab  tai  Sffiort  liebe  eben  bur^  [ei* 
neu  ®egenpart,  tai  leit,  bem  Segriffe 
ncueä,  unmittelbare^  ßeben,  hai  auBcrf)alb 
ber  ^öfi[d)en  ®efetl[d)a[t  [einen  ®runb 
i)atte.  SBie  über  wip  unb  frouwe,  [o 
roirb  aud)  über  ben  pt)eren  Söert  ber  minne 
ober  liebe  geftritten;  SReinmar  oon  S^JCter 
[prid)t  ftd)  [ür  minne  auö,  Ulrid^  üon 
fiied)tenjiein  ibentifijiett  beibc  SffiÖrtcr: 

Staetiu  liebe  heizet  minne. 

liebe,  minne,  ist  al  ein: 

die  kan  ich  in  minem  sinne 

niht  gemachen  wol  zuo  zwein. 

liebe  muoz  mir  minne  sin 

immer  in  dem  herzen  min. 
^^reibanfö  Söefd)eiben^eit  ^anbelt  in  3lb* 
[c^nitt  37  von  minne  unde  wiben,  unb 
benft  babei  faum  je  an  ben  ritterliä)en 
2)icnft,  [onbern  an  baö  natürliche  SBcr* 
^ältniö  üon  iDJann  unb  SBeib: 

Swer  minnet,  daz  er  minnen  sol, 

dem  ist  mit  eime  wibe  wol; 

ist  si  guot,  erst  wol  gewert, 

swes  man  von  allen  wiben  gert. 

Ein  man  sol  sin  getriuwer  wip 

minnen  für  sin  selbes  lip ; 

swer  ein  getriuwes  wip  hat, 

diu  tuot.  im  maneger  sorgen  rät.  — 

Ist  schoene  wip  getriuwe, 

der  lop  sol  wesen  niuwe. 
3?ie  51rt  tti  ßicbeälebenä  i(l  nid^t  tai 
einzige,  maö  bie  ^rau  ber  I)öfi[c^en  3cit 
befiimmt,  aber  ta^  am  mciften  (Barattes 
ri[ii[d)e;  [ie  \)at  ben  I)ö[i[d)cn  I)ic^tern  ben 
Jiamen  2)?inne[dnger  öcr[d)afft.  3n  engem 
3u[amment)ang  mit  ber  ßiebc  jtc^t  bie 
Sd^önl;eit,  ml;b.  diu  schoene.  QIHc 
.^»elbinnen  ber  Ctittergebic^te  fmb,  a\i  ob 
fii)  tai  non  [elbcr  eerjtänbe,  [c^ön,  bod^ 
gelingt  e^  ber  3eit  nur  in  befd)cibencm 
Wa^i,  bie  einzelnen  3ügc  ber  ©cfcön^cit 
bar^u[ietlen ;  mie  benn  an  Äriem^ilb  ni^t 
gerabe  anfc^aulid)  diu  ir  unmäzen  schoene 


grauen. 


138 


gerühmt  tüirb,  ßux  ©d^ön^cit  gcfiört  ba^ 
lange,  blonbe  ^aar,  eine  ani  rot  unb 
h)ei|  gcmifcf)tc  »eftcfjtsfatbe,  ber  ÜJtunb 
rot  unb  burct)f*einenb  wie  eine  Slüte, 
flein,  fefigefd)Ioffen  unb  Devf)ei§enb;  bie 
3ä^nc  iveig  unb  eben,  bie  5lugenbrauen 
gebogen,  f^arf  unb  fcf)mal  wie  ein  ^in« 
feljiric^,  ber  3tt''Wf"'^<ii™  jtüifi^cn  ben 
jtugen  breit,  bie  3Jafe  gerabe  unb  lang, 
Jüeber  ju  ftumpf  noc^  ju  fpi^,  baä  Äinn 
gerunbct  mit  einem  weiften  @rübd)en,  ber 
|)afö  tt)ei§,  Doü  unb  feft;  bie  SBruil  runb, 
tlein  unb  weif;  bie  ©eftalt  mäftig  groft, 
fc^lanf  unb  boc^  lioü,  in  ber  'iJJittc  bee 
ßcibeö  fd^mal  unb  gelenf,  bie  -^JÜften  uotl 
unb  jart,  bie  Seine  gerabe  unb  runb  wie 
eine  Äerje,  bie  ^iiie  fd)mal,  flein,  ge« 
iDÖIbt;  5lrme  unb  ^änbe  wei§,  gerunbet 
unb  fein,  bie  i5'"8fi^  ümg,  gerabe  unb 
glatt.  Einige  «Stellen  mögen  bieö  nä^er 
öeranfcf)aulid)en: 

Ir  wol  geroeter  munt,   ir  liebten   oagen, 
ir  kel,  ir  kinne,  ir  roeselihtiu  wangen, 
die  hant  daz  sende  herze  min  betwangen, 
d6  si  darin  geblickten  lieplich  tongen, 
dar  nach  zehant  dö  wart  ich  ir  gevuiigen. 

©ottfrieb  oon  dli^tn. 
Wengel  rosen  var, 
wol  gestellet  kinne, 
ougen  lüter,  klär, 
mineklichin  tinne  ( Stirn e'* 
hat  si,  diu  mir  krenket  leben  nnde  lip: 
hei,  saelik  wip, 

dar  din  besten  tugende  mirminleit  vertrip ! 
^effe  pon  SRinad). 
I)ie  ®rjiebung  ber  abligcn  Söditer 
bcjog  fic^  mebr,  aU  bei  ben  .Knaben  ber 
%aü  trar,  auf  bie  ^un\i  beö  ©direibenä 
unb  ßefenö  unb  aufterbem  auf  bie  *}lrbei« 
ten  ber  Hausfrau.  SJJcibcn  unb  «Spinnen 
mürbe  frü^  gelernt.  3)ie  Äleiber  für  bie 
Scanner,  befonberö  bie  Sbrenfleibcr,  mur* 
ben  in  ber  kemenäte  oon  ben  gi^auen 
öcrfcrtigt.  Soeben  aber  galt  alä  einer 
^Jreien  unmürbig;  fo  überlieft  man  baö 
Sßoüefpinnen  gern  ben  3)ienitteuten,  mäb* 
rcnb  cble  i^rauen  ©efpinnft  üon  %Ud)i  unb 
©eibe  Perfertigten.  'Jim  beliebtefien  aber 
tü'XX  baö  ©tiefen ,  wirken  in  ober  an  der 
ram,  für  2Banbteppic^e,  Sifcbtüdjer,  SOicft^ 
gcmänber,  Qlltar=Qlnbepenbien.  Qln  biefen 
5lrbcitcn  l)atten  bie  jungen  9D?äbcf)en  teil» 
june^men,  bie  ficb  ju  ibrer  Qluöbilbung 
an  einem  befreunbeten  ^of  aufhielten;  fte 
maren  flets  in  ber  9iät)e  ibrer  ^errin  unb 
muftten  fie  jumal,  menn  fte  ausging,  be= 
gleiten;  benn  eine  eble  j>ame  ging  nie 
allein   auö.    5luf   iai   äuftere   aSene^men 


mürben  natürlich  ^obe  ©tücfc  gehalten, 
e^  giebt  barüber  befonbere  *3luf;ieict)nungen, 
unter  anberen  bie  ßcbrcn  ber  SBinäbccfin 
an  ibre  Sot^ter.  @ö  galt  als  für  eine 
2)ame  unfef)icflicf),  mit  groftcn  6ef)ritten 
eint;er^ugeben,  bie  5lrme  lebbaft  ju  beme« 
gen;  bie  5lugen  fotl  fie  gefenft  baben, 
obne  ftc^  uüijufe^auen.  (äinen  fremben 
Tlann  juerft  an^ureben,  mar  oerpönt,  fic 
fotltc  il)n  niebt  einmal  anbliefen,  biö  fte 
angerebet  mürbe.  ?autee  Sprc^en  unb 
lautet  l'acten  mar  gegen  bie  Sitte,  bie 
^tau  unb  Junflf'^«"  foöf^  ^'"B  läcbeln, 
smielen  ober  smieren.  Sinige  Äenntni^ 
ber  ^eilfunjl  batten  bie  böfifcf)en  grauen 
au^  frü£)erer  3fit  ber  geerbt. 

*iluf  bie  fieibeäpflege,  Äleibung 
u.  bgi.  t»ermenbete  bie  böfif(^c  grauenmelt 
natürlie^  fiel  ä^it,  Tlüljt  unb  .Kunf!.  3n 
erfier  ßinie  auf  taQ  $aar.  ^""öfrt^utn 
trugen  lange,  mit  Säubern  burebfloi^tenc, 
eigene  ober  frembe  3öofe.  bie  man  auc^ 
JU  färben  mußte.  i)Jad)  ber  53ermäl)lung 
mürben  alter  Sitte  gemäft  bie  ^aare  auf* 
gebunben.  Jungfrauen  gingen  gemöbnliei^ 
ol)ne  Äopfbcfecfung;  im  Sommer  flo(^ten 
fie  fief)  einen  33lumentran^,  schapel,  ber 
aud)  auö  fünfilid)cn  Slumen  befielen 
fonnte;  befianb  ber  5topffcbmuct  aus  mc^r 
al^  einem  schapel,  fo  beiftt  er  hai  gebende, 
ta^  nad)  äJal;l,  ©efci^mact  unb  ajtobc 
fel)r  tierfdbieben  fein  fonnte;  eei  mürbe  al^ 
ber  t)orjüglid)fte  Seil  be^  $u^eö  einer 
grau  angefeben.  Ulaä)  ber  SDJobe  einer 
gemiffen  3^'^  würbe  burc^  ta^  gebende 
bas  ^aax  am  ^interfopfe  üf  gebunden; 
ein  2,eil  be^  gebendes  lief  unter  bem 
Äinn  t)in  unb  bebedte  bie  2öangen;  menn 
baljer  ein  .Ruft  empfangen  merben  foüte, 
muftte  tai  gebende  aufgerüdt  merben. 
iDieÄopftrad)tt)erl)eirateter  grauen 
ift  ber  (Sd)leier,  diu  rise,  er  bing  frei 
ju  beiben  Seiten  beö  ^aupteö  nieber  unb 
reid)te  mit  feinen  3ipf^^"  ^^^  '^"f  ^^^ 
Sruft.  Verbreitet  mar  tai  Sdjminfen 
mit  roter  unb  meifter  garbe.  'ün  ben 
güften  trugen  bie  grauen  Soden,  bie 
Sd)ut)e  maren  mit  Stidercien  »eruiert 
unb  au0gefd)nitten.  >Da6  ^emb  oon  meifter 
garbe,  leinen,  banfen  ober  motten,  mürbe, 
mie  alle  anberen  Äleibung^fiüde,  bloft  bei 
Jage  angelegt.  6ä  mürbe  bid)t  an  ben 
Körper  gefd)nürt  unb  fiel  in  reidjen  gal= 
ten  biä  bidbt  auf  bie  güfte;  ber  obere 
.^alöteil  bee  ^embes  mar  mit  feinen 
Diäbten ,  mit  (Solb»  unb  ^erlenftidereien 
gegiert,  ober  fein  gefältelt  unb  mit  Ärau* 
fen   befe^t.    (Jine   Agraffe,   spange,  vür- 


134 


grauen. 


Spange,  fd)Io§  bic  ^aleöffnung.  ©oroo^I 
bic  in  in  jwcitcn  Jöätfte  beö  13.  3al)tf). 
aufgcfommcnc  Sitte  ber  93ruftcntblö§unc^ 
aU  bte  engen,  bic  ^örperformen  fcf)arf 
j^etwor^cbenben  Kleiber  »utben  »iel  ge^ 
tabelt.  Qitmei  würben  erfovbeilidien 
%cil[ti  an^  ^enib  angcfc^nürt  ober  ange« 
heftet.  (Sä  njarcn  jum  S^eil  lange  $runf= 
ormcl  fon  toftbaren  Stojfen.  2)er  rechte 
Äleibcriuyuö  beginnt  erfi  mit  bem  SR  od e, 
bcffen  €d)nitt  burd)  bie  franjöftfd)c  »D'Jobe 
bejiimmt  \vax,  nach  der  Franzoyser  siten, 
in  dem  snite  von  Franze ,  als  man  ze 
Frankriche  pfliget.  Sr  rei(f)te  bi^  ju  bcn 
fjü^cn  l^evüb,  lag  am  Dberförper  feil  ge= 
fc^nürt  an  unb  »aöte  unten  in  galten 
berab.  5tm  ^alöauö[d)nitt  wirb  er  burd) 
ein  ©pani^e  äufammengebalten;  an  ben 
firmeln,  am  ^alö  unb  biömeilen  am  un« 
tcren  Saume  ifi  er  mit  ^eljftterf  befe^t, 
um  bie  ^üfte  burd)  einen  ®ürtet  jufams 
mengefaft.  @r  ijl  ein=  ober  mehrfarbig. 
5Dae  snrköt  ifi  ein  über  bem  SRod  getra« 
gcnees,  meiji  mit  $elj  gefüttetteö  ©emanb, 
ebenfo  bie  ben  ©tarnen  entlef)nten  sackenie, 
godehse,  bie  garnasch  ein  ^cljüber« 
n)urf  nad)  italienifc^er  üJJobe  (ital.  gar- 
naccia);  aud^  bic  kürsen  ijt  ein  *PeIjfIeib, 
baoon  ber  Äürfd)ner.  Über  bie  Äleiber 
nmrbe  ber  sw;\nz  ober  i>ai  swenzelin  an= 
c,etcgt,  ein  lang  nad}fd)Ieppenbeö  ©cmanb, 
ia^  befonberö  jum  %an\i  getragen  nnirbc, 
fauber  gefältelt,  gefticft  unb  gegürtet.  2)0« 
obcrfte  ®tüd  enblid)  if!  ber  mantel,  ärmcU 
loö  unb  bi^  auf  bie  %ü^(.  lierabreid)cnb, 
unter  Umfiiinben  fo  lang,  ta^  er  »on 
3)icncrn  na(^getragen  merbcn  mu^te.  (Sr 
lt»at  haii  am  präd)tigfien  ausgefiattetc 
Älcibungäflütf,  au^en  unb  innen  reic^ 
tcrjiert,  mcift  mit  Hermelin  gefüttert. 

3u  ben  (g;d)mudfa($en  ber  grauen 
gebort  ber  ©ürtcl,  er  bejlc^t  auö  ber 
borte,  meifi  auö  ®eibc  gemirft  unb  oft 
übcrauö  fopbar  auögcftattct,  ber  rinke 
ober  i2d)naflc  au^  ®laö  ober  (Jbelfteinen, 
unb  bem  senke],  b.  i  bem  9[)?etanbefd)lag  an 
bem  anbern  (Snbc  ber  Sorte,  ber  burd)  bie 
rinke  burd)gejogen  würbe  unb  üorn  lang 
l)erabl)ing.  9Jamen  für  ©pangen  ftnb 
bic  nusche,  ber  vnrspange,  baS  fiirge- 
spenge,  bie  bratsche.  2)aju  fommen 
Dt)rringe,^aleEetten,  gingerringe, 
*2trmbanbcr.  35ie  |)anbfd)ul;e  ftnb 
öon  Seber  ober  €eibe.  Sllterc  verheiratete 
grauen  bebcdten  ben  Äopf  mit  einem  ^ute 
a\ii  eamt,  qßcljwerf  ober  q3fauciifcbcrn. 

Um  baö93tlb  be^  mittelaltcrli(^engrauen< 
Icbenö  in   meitercm   Umfange  for  fid)  ju 


^aben,  mü^tc  man  bic  grauenflöjicr  in 
i^Tcn  Berfd)iebenett ,  abiigen  unb  bürgcr« 
liefen  ©eftaltungen,  i>ai  grauenlebcn  bet 
nieberen  arbeitenben  ©tanbc  unb  nid^t 
minber  tai  ßeben  ber  fa^renben  SGßeibct 
fidb  veranfc^aulid^en;  ber  legieren  gab  c^ 
überau«  oiele,  ^oä)  mannigfaltiger  aber 
gefaltete  ftc^  hai  grauenlebcn  in  ber  Ic^* 
ten  3^it  i5t^  5DKtteIalterö.  Q^ax  blieben 
cinjclnc  SÜQt  bcö  &öfifd)cn  ßebenö  auc^ 
an  ben  fpätercn  .^öfen  ju  SRec^t  beflcfjen, 
ja  baben  fid)  al«  5lntiquitäten  biö  ^cute 
ert;alten;  aber  ber  SWinncEuIt  fiarb  grünb» 
lid)  ab,  wie  überhaupt  bie  im  12.  unb 
13.  3''^i^f)""^^rt  beftanbene  ©in^cit  ber 
t)öfli'd)en  ©ilbung  in  bic  S8rüä)c  ging.  3n 
ben  ©tdbten  jog  ftd)  bie  Sürgerfrau  auf 
bcn  Äreiö  i^rer  ^duölic^feit  jurücf,  bcnn 
baö  (bewerbe  unb  ber  ^anbcl  war  cinjig 
©ad^e  ber  Scanner.  5ln  ©teile  bcö  (Segen* 
fa^cö  3roifd)en  f(^önen  imb  ^ci§lic^cn 
grauen,  jwif^en  folcf)en,  bie  minne,  unb 
fol(^cn,  bie  unminne  geben,  5mifd)en  bobet 
unb  nicberer  OJÜnne  tritt  ber  (Scgenfa^ 
jwifd^en  tugenb«  unb  lajier^aftcn  grauen, 
jmif(^en  feufd^en  unb  unfeufd^cn,  äroifd^cn 
QBeltbamen  unb  frommen  ®emütern.  3c 
mebr  [id)  aber  ein  ©tanb  niebriger  grauen 
pon  bem  el)rbarer  grauen  abfonberte,  befio 
eber  modt)ten  bie  Ic^teren  in  ber  ©teile 
beö  ffiürgerbaui'eä  gebeiben.  ©ogar  in  bcn 
Älc)|icrn  tritt  ber  moralifdbe  3tt5iffP''lt 
jmifd)en  frommen  unb  liebcrlid)en  ®e= 
noffenfdbaften  auf;  in  mand)en  9?onnen  = 
l)äufern  finbet  bic  'DJpflif  ibre  fd)öne  *t?Pegc, 
man  t)at  ßieöer  unb  bcfdbaulid^e  23etra^« 
tungen,  bie  in  grauenflöftern  cntfianbcn 
ftnb;  auct)  ©infteblerinnen  r»ermel)ren  fic^ 
wieber;  wie  umgefel;rt  bie  ß^ronifen  oiel 
Don  hbä)\i  ftttenlofcm  Iljun  in  ben  grauen« 
flöfiern  bcrid)ten.  2ln  ©teile  beö  ÜJMnncj 
ließcö  tritt  tai  Siebcölicb,  tai  jWar  jum 
Icil  aud)  friüolere  Söne  anfcfelägt,  aber 
im  ganzen  mel)r  ben  Srnfl  ber  Siebe,  bai 
©d)idEfal  ber  ftc^  treu  fiiebcnben,  Trennung 
unb  ;2Bicberfe^en  befingt  unb  cielfac^ 
ältere,  epifc^e  unb  mptbifd)c  3ügc  in  fidb 
aufnimmt,  ^ad)  35 ab i an  berrfd)t  in 
©t.  (Sauen  euch  ein  schoen  und  wolge- 
zogene  frouwenzucht,  mit  schoenem  nnd 
souberm  wandet  und  erbarllch  bekleit 
und  gnoter  sitten,  zuo  allerlei  arbeit 
geschickt  und  geneigt.  2>aö  reid^fic  ®ilb 
beä  beutfd^en  grauenlebenö  im  16.  3a^r« 
^unbert  gewinnt  man  wobl  auö  ^an^ 
©ad)^'  (Sebidbtcn,  wo  in  fräftigen  garben 
ta^  ßeben  unb  treiben  beö  beutfc^cn 
SOBeibe^,  beö  tugenb«  unb  beS  lajlcr^aftcn. 


grauen^au«. 


135 


bed  tnilbcn  unb  böfcn,  bcö  armen  unb 
icid^en,  bee  ^oöen  unb  nicbtigcn  in  Srnft 
unb  ©cfcerj  9efd)ilbctt  ifi;  foli^enbc  SBcrfc 
auö  einem  feiner  ®c|>räc£)e ,  „S)aö 
graben  ßob  eines  ©ibcrweibä, 
mögen  bicfen  *MrtifeI  befd)lie§en. 

(Sin  alter  Ü)Jann  fprid;t  ju  einem  jungen, 
bcr  fürjlic^  ein  2Beib  genommen,  mit  meU 
ä)em  er  nidjt  auöfommt,  unb  ber  beötjalb 
auf  bie  grauen  fd)mäl)t: 

©ie  (mein  mcib)  fod}t,  fpült,  fert, 
mefd)t,  neet  unb  fpinnt 
Unb  5cu(^t  mit  flci§  bie  iren  Äinb, 
3fi  arbeitfam,  f)äu§Iic^  unb  cc^tig, 
©mbfici,  enblid),  tvei^  unb  fürtrec^tig, 
TIH  aiim  fingen  in  bcm  -^auß, 
3»^  fei  barinn  ober  barau§, 
'üuc^  ifi  fie  me^ig,  nimbt  für  gut, 
S'jQd}  bem  bie  Qnt  eö  bringen  tbut, 
5in  bing  ift  mol  mit  ir  verfetjcti, 
3r  bing  mu§  aM  mit  ratt)  gefc^ef)en, 
9iLid)  gel}t  fie  cplenb  ^in  ir  ilra§, 
€tc^t  nit  ju  blappern  bi§  unb  iai, 
Qu  unnü^  ftc  mir  nid^tei  ricrgeit, 
Unb  ift  mir  trem  ju  aller  jeit .... 
3fi  mir  aud^  millig  untcrtl)an, 
3u  allem  bcm  tai  i^  mitl  l)an, 
3u  ^3ett:^  unb  üfd)  frcunblid)er  n)ci§, 
ÜJkinö  miüen«  ^at  fte  otljcit  flei^, 
Unb  ob  fie  etwas  unredjt  tl^ut: 
©traff  i(^«,  fo  nimbt  fic  es  für  gut; 
Db  gleid)  ein  jorcn  ic^  anfad), 
60  güiet  fte  unb  gibt  mir  nad). 
©ie  ifi  xierftanben  unb  r>etfd)wiegen, 
SWit  feinem  9kd)baUHa  t^ut  fie  triegen. 
Sßann  ic^  traunig,  unmutbig  bin, 
IReöi  fte  mir  baö  au^  meinem  Sinn 
Unb  tröflet  mid)  mit  guten  2ßorten, 
3fi  mir  freunblid)  an  allen  orten 
Unb  aüe  bing  jum  befien  menb. 
^ergleid)  meiber  unjalbar  fenb, 
2)ie  ir  ^lann  tialten  lieb  unb  mert^, 
Unb  tt)un,  wai  nur  ir  l)er|  begehrt , . . 
ei;meibcr  balten  flete  Sieb 
Unb  ftnb  ein  el)rentreid)e  Äron 
3rcn  Ü}{annen,  fprid^t  ©alomon. 
5llS  id)  felb  ^an  ein  c\)xlid)  gramen, 
jDer  id)  r>on  l;er0en  tlju  oertramen, 
2)ic  ftd)  aud)  alfo  jüdjtig  ^elt, 
5Ber)  jeberman  fo  ehrbar  fielt, 
3n  morten,  merfen  unb  gepcr, 
SDa§  id)  ftc  t>on  anfang  bi§t)cr 
9^it  ^ab  gefpürt  mit  einem  roort 
ßet(^tfcrtig,  frcc^  an  feinem  ort, 
®cl)t  nit  nil  au§  bem  ^auR  ma^ircn, 
5tl)ut  ftd)  nit  überme^ig  jieren, 
Sonbcrn   fein  c^rbarli^  unb   fc^tc(J)t ; 
ÜJiit  SDtannöbilben  ftc  nit  t>il  fpred^t. 


®ic  ifi  nit  gögcl  noc^  fürmi^, 
?ftoci)  mit  fpric^morten  jenä   nod)  bi^, 
*Dlan  börtö  nit  bubenlieblein  fingen, 
Sie  ifi  f^amljaft  in  allen  bingen, 
®ie  minfcltänj  ftc  allmal  fleud)t, 
Uneljrlid)  (Sfpiclfd^aft  ftc  aud)  fd)eud)t. 
33ei)  mir  aüein  ba  ifi  ir  mol, 
©ic  ifi  ja  aller  Iiigenb  vol. 
Dt)n  !^al  ftnbt  man  ber  SBeibcr  me{}r, 
SDen  ir  ftnn  fiel)t  auf  Qüdtit  unb  S^r, 
6mbfig,  freunblid),  in  Sieb  untabelid^, 
ßöblid),  unb  mirbig  unb  ganj  ^Ibelic^, 
©in  auffentl;alt  irs  SJJanncö  leben. 
2Bem  ®ott  ein  folid^  SBcib  ifi  geben, 
S)en  fprid)t  aud)  feiig  ©alomon 
2)as  ^auptmcrf  über  bicfen  (Segenfianb 
unb    unfere  ^auptquellc   ifi  2Beinl)olb, 
I>ic  beutfd^en  grauen  in  bem  SJittelalter. 
SBien  1851;  anberc  Duellen  finb  Sd)ul^, 
^öfifdjcö  ßcben;  San  SOI  arte,  'JSarjiüal* 
©tubien  III. 

i^tfluenöauö,  m^b.  frouwenhüs,  aud^ 
grauenjimmer ,  iöc^tetljauä ,  gemeines 
^aui^,  freieö  ^auö,  offenes  ^auö  genannt, 
ifi  eine  für  bie  Unjud)t  bcfiel)enbe  öffent« 
lii^e  5lnfialt.  grauen^äufer  fommen  in 
S)cutfd^lanb  fd)on  im  13.  3i^^vf)unbert  üor 
unb  befianbcn  in  allen  größeren  ©täbten. 
©ic  ftnb  meifi  ©igcntum  ber  Dbrigfcit 
unb  merben  burd^  söeamtc  ober  *^Jd^tcr 
ücrmaltet.  Qluc^  bie  Äir(^e  fieütc  folc^c 
Käufer  unter  il;ren  ©d)u^,  ma^  j.  33. 
in  SRom  feibor  gefd)al).  ÜJlan  erfannte 
jmar  bie  Unet)rbarfcit  foldt)er  3nfiitutc, 
f)iclt  fte  aber  aufredet,  um  gröfereö  Übel 
ju  iicrmcibcn.  S)ic  Sinnatjmc,  bie  ber 
päpfilic^en  Äammer  jährlich  auö  bicfen 
'Jlnfialten  jufam,  foü  im  16.  3'i|)r';unbcrt 
manchmal  20  000  ©ufatcn  betragen  l)abcit. 
SiandK  grauent)äufer  ftnb  fürfilid)c, 
bifd)öflid)c  9ieid)Slel;cii.  Dieben  ben  offcnt* 
lid)en  graucnt)äufern  befianbcn  fafi  überall 
noc^  t)eimUd)e  grauent)äufer,  oon  iBKinnern 
ober  t>on  grauen  unterl)aUcn;  grauen? 
mirt,  graucnmeificr,  |)urenmirt, 
greimirt  l)ciBt  ber  iöorficber  einer  obrig* 
feitlid)en,  SHuffian,  ml)b.  raffiän,  riffieii, 
riffin,  ruffigan  u.  bgl.,  üom  ital.  ruflfo, 
raffiano,  ber  9)tann,  ber  auf  eigene  gaufi 
biefeö  ®emerbc  treibt.  3Iuc^  Oafimirte 
trieben  bas  ®cuierbe  unb  unterl)icltcn 
fabrcnbe  grauen  moc^enlang  S)ie  |)aufcr 
fianben  cntmeber  bireft  unter  bcr  2tuffict)t 
beö  SRateä  ober  beä  ©ürgermeifiersi,  ober 
unter  einem  ber  niebrigfien  öeamtcn, 
©c^arfric^ter,  ©tocfer  u.  bgl.  S)ic  Sage 
ber  grauen{)äufer  mar  überall  eine  abge« 
fc^iebene,  mcber  in  ber  yi'ai)i  pon  Äirc^cit 


136 


i^rauenjimmct  —  Freia. 


noc^  fiarf  bctt)of)ntcn  ©trafen,  oft  an  ber 
©tabtmaucr;  man  erfcnnt  [old^e  (Segenben 
jum  Icil  beute  noc^  an  if)rcn  SRamen: 
J^rauengofc^en  in  DiJürnberg  unb  gc()aff= 
baufen,  §rauenflecf  in  SBien,  öibergaffe 
in  gtrafburg,  J^i^^wen^oi^n,  J^rauentutm, 
^tauenpfortc  in  granffutt  a.  Tl.  2)ie 
dlteficn  g^'m^nbäufer  ftnb  bic  beiben  (Si- 
linger  oom  %\iii  1300;  in  S^xiä)  »urbe 
1314  ein  folcbeö  aufgebobcn.  S)ie  93lüte 
be^  3nfi'tutö  im  15.  ^abrbunbert  b«"öt 
mit  bem  SRcicbtum  unb  Suyu^  bev  ©täbte 
in  biefcm  3'if)'^f'unbert  jufammcn.  3n 
bcn  jablreid)  erbaltenen  grauenbau8orb= 
nungen  wirb  unter  anbetem  befitmmt,  tci^ 
eine  S)irnt  unter  feiner  Sebingung  am 
Qlußtreten  »erbinbcrt  »erben  fönne,  oud) 
war  ibnen  bie  leitnabme  am  ®otte«bienft 
gefiebert;  befonbere  non  ben  ^auebewob^ 
nern  unterbaltenc  Äerjen  brannten  ftiäb« 
renb  ber  ©onntagönacbt  i"  ^^^  ^auplEircfte; 
am  (Samötogabenb  unb  an  titx  großen 
iJeiertngen  blieb  tau  ^aui  gefcbloffen; 
auc^  für  Äranfenpficge  unb  ^Iteröferfor^ 
gung  ber  fsnfaffinnen  roaxtn  an  mantbcn 
Orten  ©ejlinimungen  getroffen.  3n  be« 
treff  ber  9}?änncr  war  an  manchen  Orten 
tierbotcn,  Q3riePer  unb  anbcre  genseibte 
^erfonen  einjulaffen ,  an  anberen  Orten 
fotltc  ein  $rie;ler  nur  nic^t  über  iWacbt 
im  ^aufe  gelaffen  »erben;  Sbemänner 
»aren  jum  leil  ebenfaüö  auägefd)Ioffen, 
ober  fie  »urben  im  %a[i  beö  23efud)eö  mit 
©efäiigni^  ober  ®elbbu§e  geftraft;  ben 
3ubcn  »aren  biefe  Käufer  überatt  nerbo» 
ten.  5f«i'e"i^''ii^te  unb  2)irncn  »aren  überaü 
frcmbe  Seute,  nicbt  Sürger  unb  Bürge- 
rinnen. S)ie  jDirnen  »raren  üonObricifeitää 
»egen  ju  einer  bcflimmtcn,  auffälligen 
Ira^t  angebalten;  biefe  beftanb  in  einer 
befiimmten  'ilrt  »on  SWänteln  ober  ^al^* 
fragen  ober  in  roter  ©dblcifc  auf  ber 
linfcn  ,€dbulter  ober  in  einem  um  ben 
*Hrm  genjunbcnen  ©anbe  »on  beflimmter 
^arbc.  33efonberö  bic  gelbe  ^axbi  wax 
bier  bejeicbnenb;  in  93crn  unb  ^üxiä)  tiu« 
gen  fte  rote  Ääpp^en.  21n  üielen  Orten 
roar  c^  Sitte,  ta^  man  bie  S)irnen  bei 
fejilidben  ©elegcnbeiten,  Sänjen,  ^od)äeitös 
fefien  inö  ^atbauö  ober  in  ^atrijier* 
ttjobnungen  einlub.  ®ie  überreicbten  bie 
Slumenfiräuf  e  unb  »urben  bafür  bewirtet, 
einjiebenben  gürten  »urbcn  auf  33efebl 
beei  iRütcö  burd)  biefe  ^erfoncn  Sölumen» 
firäufe  überreicbt;  in  Jßien  tanj^ten  fic 
öffentlich  mit  ben  ^anbmerfögefeüen  im 
3Beifein  ton  ©ürgermeifter  unb  Cftat  um 
bau  Sobannisfeuer.     infolge    ber  SRefor» 


mation  tnurben  in  proteftantifdben  unb  in 
fatbolifcben  ©täbten  bic  ^raucnbäufet  auf« 
geboben.  iRa*  Äriegf,  Deutfcbe^  ©ür« 
gertum,  II,  <abfd)n.  15. 

grauenjimmer,  auö  abb.  zimpar,  mbb. 
zimber,  zimmer  =  Saubolj  unb  bamit 
crricbtete^  ©ebäube,  ijl  urfprünglicb  g^rauen« 
gemad),  ^rauenfammer  unb  feit  bem  15. 
Jabrbunbert  corfommenb;  ia^  SBort  galt 
gegenüber  ^i^^menbauä  (fiebe  biefe^)  a(^ 
ber  Qlufentbalt  fittfamer  ober  bod)  oor- 
nebmer  J^raucn,  ^offrauen,  j  33. 
ihr  zarten  jungfraun  gross  und  klein, 
kompt  mit  ins  frauenzimmer  rein. 

^tjrer. 
5tuä  biefer  erfreu  Scbeutung  entwidelt  ficb 
um  1500  bie  foüeftiüe  iBebeutung  ber  im 
3immer  mobnenben  grauen,  ber  n)ciblid)en 
©ienerfcbaft,  be«  ®efoIge^  ber  gü'^fiin^ 
j.  23.  bie  |)erjogin  unb  basi  ?5iouenjimmer; 
bic  OWuftf  mar  lieblid),  ber  Sffiein  gut,  ba* 
^rauenjimmer  fd)ön.  35ic  meitere  söcbcu* 
tung  lief  ben  räumlid)  einbeitlid)en  23cs 
griff  t»on  ^itnirier  fabren  unb  nannte 
^rauenjimmer  ^i^""*^"  insgemein,  in  ber 
SRegcl  üornebme,  mobfgcfittete.  3"Ie&t 
trat  au^  bem  Äotleftio  n?ieber  bic  23or» 
flctlung  be«  Snbiüituumö  bfti'or,  mie  bei 
Söurf^  unb  .Kamcrab,  unb  ^'^auen* 
jimmcr  mürbe  ber  D^ame  für  eine  cinjcine 
unb  jmat  eine  feine,  gcbilbetc  ^xamni' 
perfon;  biefer  ©ebraucb  beä  ilöorte^  finbet 
ftc^  juerjt  bei  Opi^  in  ber  1622  gefcbric* 
benen  ®cb eiferet:  „2Bie  nun  ein  2)?cnfcb 
in  einem  ißilbe  bie  Äunfi  unb  nid)t  tai 
23ilb,  in  einer  $flanje  bie  ^ruc^t  unb 
nid)t  bie  ^flanjc  liebet,  alfo  muffen  mir 
in  einem  fd)önen  ^^rauenUmmer  nicbt  bie 
®e{ialt,  fonbcrn  bic  €cbönbeit  beö  ®emüte^ 
erbeben  unb  bod)balten."  ■^äufig  mirb 
biefe  Sebeutung  jebodb  eril  jmifd)en  1730 
unb  1750.    ®rimm^  SBörterbud). 

Freia,  Fria,  Frigg.  S)ie  germanifcbc 
®öttermutter  entflcbt  auä  ber  Dtaturbe« 
beutung  ber  näbrenben  Söolfe,  ber  firab= 
lenben  iSonne  unb  ber  frucbttragenbcn 
6rbe,  namentli^  au^  ber  erflen  biefer  brei 
ißebeutungen;  bic  2Bolfenfrau  ifi  be^ 
©turmgotteö  ®cmablin;  mit  ibr  fmb  bann 
9?orjleUungen  oon  bcn  leucbtenbcn  5'^^uen 
ber  SWorgenrötc  unb  ©onnc  jufammenges 
floffen,  unb  bie  Sßorftellung  ber  Söolfcn* 
göttin  im  ©ctreibefelb  bringt  fic  ber  (5rb* 
göttin  nabc.  35af  aber  ibre  3iaturbebeu« 
tung  früb  burd)  ctbifd)c  ©ebanfen  »er« 
geiftigt  morben  ijl,  bezeugt  ibr  iilteflcr 
SRamc,  Friia,  Fria,  Frea,  b.  b-  ^'C  ßie« 
bcnbe,  5«wnt>Iicbc.    Steben  biefen  ^iamcn 


Freia, 


137 


ctfd^eint  aber  auä)  bie  nicbetbeutf^e,  »et* 
bict)tetc  ^ort"  bcöfclbcn  Slßorte««,  Frikka. 
®ie  entnimmt  il)re  ett)ifd)en  Süge  bem 
Söalten  ber  beutf(i)en  ^rau  unb  93iutter, 
bcr  ^errfd^erin  auf  bem  ^ofe;  ȟic  biefe 
fpinnt  unb  wixU  unb  webt  fte  unb  f)äit 
5luffti$t  über  bie  Änei^tc,  SOJägbe  unb 
jlinber.  'Jluf  ber  ^auäfvau  rul^t  bie  'öe* 
^aglidifeit  unb  iai  @IM  be^  ^aufcä. 
3m  SDIetfaalc  fxtjt  fie,  golb9efd)mü(ft, 
mit  leuc^tenber  ^lUiflcnbrauc,  beä  SOJanneö 
33anfi3eno[fin,  obenan.  23om  SRat  unb  5IuÖ5 
fprud)  ber  JVniuen  marfite  ber  ®ermane 
oft  bcn  33e9inn  beä  Äampfeä  abt^angig; 
einjelne  ^i^'^wcn  fianben  alö  ^Beraterinnen 
ganjer  *ßölfcr  in  faft  götttidjem  '2lnfe[)en. 
©cfeon  im  4.  3ii()'^f)unbert  erhielt  ber 
fed^fte  SBocfientog,'  dies  Veneris,  nad) 
Fria ,  ben  9iamen  Friatac ,  Frigetac, 
i^reitac).  *}Uö  (Söttin  ber  f^urmgejag* 
ten  SBolfe  cvf(i)eint  Fria  aU  tu  übe 
3ägerin,  tie  gleid)  SBoban  juv  Qät  ber 
SBinterfonnenttienbe  nad)te  burd)  bie  ßuft 
tobt;  bann  i)ält  fie,  tt)ie  fpäter  im  5rüt)Iing, 
einen  fcgncnben  Umjug  burd)ö  ßanb.  ®ie 
ge^t  tton  ^au^  ,^u  ^auö  unb  fd)aut  in 
bie  Stuben,  ob  bie  !)DJäbd)en  ben  ^UAii 
oom  »gpinnrod'en  gefponnen  l)aben;  ifi 
ba^  nid)t  gefdieljen,  fo  verunreinigt  fie  baö 
®efpinft.  (Sern  bält  fid)  bie  ®öttin  in 
SBäibern  unb  unter  Jßcibenbdumen  auf; 
ta  fi^t  fte  am  ftiüen  See  unb  fpinnt  unb 
t)afpclt  mit  il)rem  großen  S)aumen,  unb 
aü  il)r  ®efpinil  mirb  flareä  ®olb.  Sic 
ffioban  feiner  ®emaf)lin  im  Sturme  na^* 
jagt,  fo  flreift  umgefcl)rt  '^xan  Frien,  mit 
tt)ei§er  ^aube  unb  meinem,  tangbcrab= 
tüaQcnbem  ©ewanbc  anget^an ,  meinenb 
unb  flagenb  über  93erg  unb  Zi)(il,  i^ren 
®emat)l  ober  freier  ju  fud)cn.  3t;r  eigent* 
Ud)ct  2Bol)nft^  aber  ifl  im  ^immel.  'ÜU 
J^immel'fgöttin  trägt  [xi.  ein  leuchten* 
beö  ^al^tiefc^meibe,  Brosingamene.  Sie 
fiel)t  bem  *JIderbau  vor,  mirb  üU  ^übrerin 
ber  milben  "^a^t,  bie  auö  Seelen  bcPet)t, 
lobeögöttin,  unb  tt)irb  au^erbem  atä®(jttin 
ber  (Sbc  unb  ber  ®eburt  »erebrt. 

Qtuger  bem  älteftcn  iWamen  Fria,  bcr  in 
Drtänamen  überaü  in  Dcutfc^lanb  unb  in 
bcr  93oIföfagc  ber  Ucfermarf  unb  ber  ?llt= 
mar!  ^eute  noc^  fortlebt,  fü^rt  bie  ®öttin, 
nod)  Seinamen,  unter  roei(^en  fte  in  an* 
bcren  Sanbfd)aften  jum  Jeil  mit  befon* 
bcrct  ©ctonung  einjelner  3^9«  üerel)rt 
h)irb:  3n  ber  ^riegni^  unb  in  Skcficnburg 
f)ei^t  fie  i^xau  ^öbe  ober  Rauben,  in 
anberen  Seilen  ber  »DJarf  i^xan  ^era  ober 
•g>arfe,  in  I^üringen,  Reffen  unb  Sirol 


|>oIba,  im  übrigen  Oberbeutfc^lanb 
Sert^a,  auf  attfränfif^em  *Boben  Hrodsa 

^•rau  |)6be,  Rauben  ober  ^aue  ifl 
Quä  Sffiöba,  ber  n)eiblid)en  gorm  oon 
2Böbau  entftanben.  '^\)Xi  ®eftalt  ift  njc* 
niger  entroicfelt  aU  bie  ber  ^ul ba, 
^olba,  |)olIc.  2)iefc  ift  eine  j^xan  von 
wunberbarcr  @d)önl)eit  mit  langem,  golb« 
gelbem  ^aar,  lanaem,  meinem  ®emanb  unb 
Sd)leier.  Sie  fenbet  al^  SBolfengöttin 
Sd)nee  unb  3tegen.  SBenn  bie  n)ei§en 
Sd)neef[odcn  fliegen,  fagt  man,  %xan  ^otle 
f(^ütte  bie  5^ebern  il}reö  'öetteä  ober  fte 
fdjlage  i^ren  meiien  ÜJiantel  auöeinanber. 
5luf  einem  präd)tigen  Scf)immel  reitet  fie 
über  8anb  unb  JBaffer,  Sattilbedc  unb 
©cjäume  mit  ftlbernen  iRö[ld)en  unb  ®löcf« 
d)en  befel^t.  ®in  ®efolge  göttlid)er  grauen 
unb  Jungfrauen,  auf  Äo.l^en  reitenb,  bc« 
gleitet  fte,  ober  baä  wütenbe  ^cer.  Tlit 
it)rem  ®efolge  fdjlägt  fie  il)ren  SBo^nfi^ 
in  Sergen  auf,  auil  benen  fte  nad)tö  l)er« 
oorftürmt,  um  am  borgen  ju  il)nen  ju= 
rücfjufct;rcn.  3)a^  3n"erc  beö  Sergeä, 
eigentlid)  ber  alö  33erg  gebaditen  Jßo  If  c, 
bie  hai  glanjtioüc  ^immelögeft>ölbe  bebedt, 
fiebt  ani  ftiie  ein  avo§cö,  lid)terbeüteö  ®e' 
njölbe.  3t"  15-  3af)rl)nntert  unube  bem 
f^elc^rten  QnQ,t  ber  3<!it  gemä§  bicfct 
ißerg  jum  SBenuöberg  umgewanbelt; 
f)ier  ^ätt  fic  burd)  it)rcn  3'^'-'^^''^  ^f" 
Sann^äufer  gefangen.  2)em  Söoban 
al^  ^t^if^'^i'^  33arbaroffa  im  jlt)ffl)äufer 
fie^t  |)olba  aU  Sd)affnerin  jur  Seite. 
SBenn  bie  ®()tttn  mit  bem  inütenben  fieerc 
auä  ibrem  Serge  l;erau^^ie^t,  fd) reitet  ein 
alter  50?ann  mit  langem  Sarte  unb  weitem 
Stabe  vorauf,  ber  treue  (Sdl^art  gc« 
beiden  (fiebe  biefen  ^Irtifel). 

(Sin  anberev  2Bobnfi^  ber  ®öttin,  ber 
ebenfan«t  »on  ber  SHJolfe  feinen  Urfpruug 
f)at,  i(l  ein  See  ober  ©runnen.  Unter 
bem  2Baffer  cineä  Srunnen^  befx^t  ^olba 
einen  h)unberlieblid)en  ®arten,  l)ier  nimmt 
fie  bie  Seelen  ber  'öerflorbenen  in  (Sm* 
pfang  unb  fenbet  fie  »iebergeboren  aU 
Äinberfeelen  auf  bie  (Srbe  jurüd.  Sag 
ift  ber  Urfprung  bcr  Sage  vom  3iing« 
brunnen  ober  Quidborn  unb  bcö 
®Iauben^,  ta^  bie  neugeborenen  .^inbct 
auä  bem  Srunncn  Eommen.  |iier  ^olt  fte 
ber  Stord),  Qlbebar  ober  Dbcbat, 
ber  ber  Söget  ber  ^reia  ift.  Som  |)immcl 
l;erunter,  auä  ben  Sßolfen,  bringt  ber 
SOlarient'äfer,  t>ai  Jperrgottepferb,  bie 
Seelen  ber  Äinber,  er  ^ei§t  bcö^alb  au^ 
Sonnenfalb,  iWonbfalb,  Sonnenf)üt)nc^en, 
5rüuen!üt)lein. 


138 


Preia. 


3n  Dbevbcutfc^lant)  t)at  bic  germanifctic 
©öttcrmuttev  bcn  9Jamcn  93ert^a,  Perahta, 
bic  ®Idnjcnbc,  angenommen,  3"  i{)ren\ 
^ecrc  finben  fic^  bie  ©eelen  ber  ungcborc» 
ncn  ober  ber  ungetauft  oerilorbenen  Äinber, 
in  Jtjüringen  ^cimc^en  genannt.  9J?it 
biefen  forgt  fie  für  bic  gfucfetbarfeit  ber 
«jidcr.  5br  Jag,  qSerdjtentag,  fätlt  auf 
ben  30.  5Dcäembcr,  ben  2.  ober  6.  Januar, 
alfo  icbenfaflä  in  bie  3'^ölfndcf)tc. 
®te[;enbc  ^e^fpf'fe  in  Ibüringen  ifl  bann 
ein  ®erici)t  t)on  ^ifi^^"  ""^  Älö§en  ober 
93rei  mit  geringen,  tvM  aU  eine  uralte 
gerTnanif(^e  ©ötterfpcife  galt;  an  anbern 
Orten  finb  anbere  geftfpeifen  ober  sgebäcfc 
alßSiinncrung  an  bie  alten  Opfer  gebräui^s 
lic^.  Snft'fern  bie  ®öttin  33erti)a  ben  Oeifi 
bcö  ©terbenben  empfängt,  ttjirb  fie  jur  Zo- 
beägöttin.  Umjiige  ber  ^rau  'Jicrc^  ftnb 
immer  noci)  in  ©cbrauc^.  3"  '^^'^  franft= 
fc^en  ®age  h.nirbc  23er^ta  aU  Q({)n  = 
muttcr  ber  9Wenfc{)f)eit  ober  beö  fönig« 
licf)m  ®ef(^Ied)te^  aufgefaßt.  S8ci  ben 
granjofen  unb  J^iilicnern  bejeic^net  man 
feit  altera  tai  golbene  3^iffilfcc  mit  bem 
Qlusbrurfe:  aleiSevtba  fpann.  Später 
\)at  fid)  bicfe  Sage  mit  ber  ÜJJutter  Äarlö 
beö  (Svogen,  Bertrada,  unb  ber  D^eubur« 
gunbifd)en  Königin  33ertba  Permtf($t.  5(18 
VHt)nmutter  füvfllid^er  •'päufer  gebt  fte  al« 
wei^e  55'^''"-  niei§e2)ame  um  unb 
tcrfünbet  i[)ren  9Jad)fommcn  ®(ücf  ober 
Unglüd;  fo  in  ben  'ächlöffern  ju  Serlin, 
2ln6bac[),2öaireutl),  9?eubaue  unb  Üiofenbevg 
in  ®öt)men.  3"  überaus  äat)treicf)en 
@agcn  n:iä|d)t  bie  roei^e  ^Jrau  roci§c  2öäf($e 
im  ©ee  ober  an  OueÜen  ober  in  Srunnen 
unb  feängt  fte  bei  Sonnen=  ober  SJonb? 
fc^ein  auf  ober  bleicht  fie  auf  ber  SJBiefc. 
3n  einigen  fäd)frfcl;en  ©egenbcn  f)ie§ 
bic  ®öttin  ^era,  in  ber  ü)Jarf  ^crfc 
ober  .^arfc,  in  ibüringen  %xan  ^olle, 
im  |)avj  bie  ^aulemutter  ober  bic 
Älagefrau,  in  lirol  grau  ®tcmpe 
ober  ©tampa;  SWutter  JRofa  Ijci^t  fie 
in  einem  Äinberfpiel.  3"  Süh-  unb 
ÜJJittelbeutfd)Ianö  crfd^cint  bie  rcei^e  grau 
aU  Urfcf)el,  Ur fei,  Orfcb el,  J^orfel, 
Urfula,  non  ns,  brennen,  leuchten,  ltiei§ 
ober  fdjiüarj  getleibet,  immer  mit  einem 
großen  '^^lüjfclbunb  am  ®ürtcl;  fie  be- 
hjadbt  ®d)ä|c  unb  mill  crlöfi  fein;  aud) 
ben  fc^iüar^en  ^unb  t)at  fic  bei  fic^ ;  bis- 
weilen crfd)eint  fie  otjnc  Äopf.  2)iefe 
gorm  ber  ©öttin  gel;t  bann  auf  biejenige 
ber  nenvünfd)  ten  4)urgfräulein 
über;  biefe  crfd)einen  einzeln  ober  jmci, 
am  i)äufigficn  brei,   in  le^terem  Jalle  oft 


bie  eine  n)ei§,  bie  anbere  t)alb  f(^»t)atj, 
bie  britte  ganj  fcftrcarj;  fic  berüt)rett  fi^ 
aufeer  mit  ber  iiimmelämutter  mit  bet 
lobesgöttin  ^cl. 

23iele  39ejiet)ungcn  unb  3üge  ber  grcia 
als  |)immelsfönigin  fmb  fpäter  auf  ÜJlatia 
übergegangen;  aud^  biefe  maltet  in  S)on« 
ncr  unb  93li^  unb  mirft  mit  golbencn 
Äugeln.  2)ie  !Warienfcftc  jief)en  in  befon« 
bcrcr  93c5ict)ung  jum  fficttcr  unb  ju  ^ciU 
fräutern,  befonberö  iDkriä  Äräutermei^e. 
@(f)on  im  SWittelalter  mürbe  SD^atia  um 
^egcn  angcflel)t;  ber  ^Regenbogen  ifi  ber 
'»aum  itjreö  ©emanbeö,  ber  Sd^nee  tai 
„3ngefieber"  tbres  QScttes;  batict  SOiaricn« 
fd}nee  ober  üfjaria  im  Sdbnee,  Maria  in 
nive  ober  ad  nives  ber  ?Jame  »erf(^iebe« 
ner  auf  iSergen  gelegener  2!ßanfa6rtöfir(f)en. 
3n  Dielen  Sagen  crfc^eint  SWaria  alä 
Spinnerin.  Sie  fommt  mic  ^otlc  um 
bie  2öci^nad)töäeit  beö  Jiad^t«  in  bic 
Käufer  unb  ftc^t  ju,  ob  in  ber  Äü^c 
aüeä  orbentlicb  ifi.  2)ie  »olf0tümlid)ett 
3!?tarienbilber  tiabcn  mie  ^olba  faji  alle 
blonbeö  ^aar;  ein  ber  greia  gei)örcnbe0 
garrenEraut  l)ci§t  SOlariengraä;  ÜKarieu' 
^ac^s  beutet  auf  bic  Spinnerin.  Söeibcn 
grauen,  i^olba  unb  ÜJJacia,  iji  bic  SRofc 
gemei{)t ,  ÜJJaria  trocfiiet  ihren  Sdilcicr 
gern  auf  SRofenfträudiern.  S)er  ber  ^ulba 
get)örenbc  Sommcrfäfer ,  Sonnenfäfet, 
SonnenEälbd)e!i  [)eiBt  audj  SRaricnfäfer, 
9Jkrienfüblein. 

211S  „(ii)X\[ttint"  crfdicint  bic  ® öttin 
am  2Bei^nad)t0.ibenb  jur  Seite  beS  Änc^« 
tce  Qiupred)t  ober  beä  Ulitlai  ober  SofepN. 
alä  roei§gefteibete,  oerfd^lciertc  meiblid)c 
©cfialt;  fie  l)ciBt  aud)  Sngcl,  SlJ^aria, 
5Jhittcr  ®ottes,  grau  23crt£)a,  grau  §ulba, 
bef(^enft  bic  ifinber  mit  Qlpfeln,  pcrgol« 
beten  Dflüffen,  ober  firaft  fie  mit  ber  iRute. 
Qln  mand)en  Orten  fommt  fic  allein. 

5luc^  als  f  riegerifd)c  ®  öttin  tritt  bie 
^immelömutter  unter  bem  9iamcn  ^ilbe 
auf;  in  öaicrn  I)ic§  Berclita  aud)  Hilda- 
bertha. 

3n  ber  ffanbinaoifd^en  3[)?pt|)ologie  tritt 
bic  ®öttcnnutter  unter  bem  S^amcn  Frigg, 
Freyja  unb  Jdhunn  auf. 

Frigg,  entfprcc^enb  bem  beutf(^cnFrikka, 
ifi  bie  tiornel)mfie  ber  'Mfinnen,  ^errfc^crin 
beä  |)immelö  unb  Obt)uie  ^auafrau. 
23on  H)x  unb  bem  ®ötterEönig  ifi  iai 
®öttcrgefd)led)t  entfprungen.  Sie  wci§ 
atlee,  maö  fid)  bcgiebt,  obmo^l  fic  nid^t 
bapon  rebet.  Sic  fpinnt  auf  golbcncm 
3fiocfen.  Äinberlofc  ßcute  flel)ten  fte  um 
SfJadliEommcnfdiaft   an.     ^i)xt    fönigliä)en 


iJreibanf. 


139 


JDicnctinnen  ftnb  Füll  ober  FuUa,  njclc^e 
gviggä  ©d^mucffäficbcn  trägt,  i^rea  ©c^u^- 
xvtxU  «artet  unb  teilnimmt  an  ihrem 
I)cimltc^cn  SRate;  Hlin  ober  Hlyn  t)at  haii 
3lmt,  bic  SWenf^en  ju  be|'cf)irmen,  tt>eld)e 
grigg  t>or  ®efa^r  behüten  voiU ;  unb  Gna 
ifi  bie  ißotin  grigc?^. 

Freyja,  got.  Franjo,  a^b.  frouwa,  m^b. 
vrouwe,  nt)b.  J^rau,  b.  i.  bie  (Srfreuenbe, 
grobe,  bie  ^errin,  ifi  ebenfaüä  nur 
eine  D^ebengcfialt  berfclben  ©öttin.  ®ic 
gehört  bem  ißanengefc^lec{)te  an.  Sie  ifi 
%Xit)i  ©cferoefier  unb  ijjjörbbjs  Sodjtcr. 
@ie  fd^inebt  in  galfengepalt  burd)  bie 
ßüftc  ober  mirb  üon  ibrem  ©ber  mit  ben 
lobenben  Öorpcn  im  Söagen  gebogen.  ®e= 
tröbniicf)  aber  bilben  jmei  Äa|ien  \\)x 
©efpann.  5lu(^  i^re  ©ruft  bebecft  ber 
leud^tenbe  .^aläfcbmucf  Brosingame.  Sie 
ift  ©ebieterin  ber  33alfl)ricn.  Slßäbrenb 
bie  ^immel^Eönigin  met)r  hai  beilige 
ßcben  ber  (S^e  befcbirmt,  nimmt  grct)ia 
ftd)  foräugewcife  ber  jartcn  erblübenben 
Siebe  an.  2)ie  britte  ®eilalt,  unter  ber 
bie  J^immetemutter  bei  ben  ©fanbinaoiern 
erfc^eint,  ift  Idhunn:  in  i^r  fmb  bie 
.f>immel«tt3aifer  ober  bie  SJBaffer  überhaupt 
in  ibrer  beilfrciftigen  ^öebeutung  pcrfoni^ 
fixiert.  Sie  mobnt  in  Brannakr,  33run= 
nenfelb,  unb  pernmljrt  ©oloäpfel,  beren 
®enu^  ben  ®öttern  emige  SuG^'ib  unb 
Unfterblii^feit  t>erlei{)t.  ^aä)  9}Unn* 
f)arbt,  (Sötter,  vm,  unb  äßuttfc, 
5lberglaube,  §  23  ff. 

^rcitianf  ^eißt  ober  nennt  [xü)  ber 
93erfa[|'er  ber  ißefcbeibeul^eit,  eine«  mit* 
tel^od)beutfd)en  @pru(^gebid)teö  auö,,ber 
iBlüte^eit  ber  f)öfifc^en  Sitteratur.  Über 
bie  *Perfon  teö  Sßerfafferö  berrfcbt  S)unfel ; 
9!BiIl)eIm  ®rimm  mad)te  ben  Serfurf),  bie 
Sbentitiit  grei&anf^  mit  SBultber  von  ber 
i^ogeIroei^e  ju  bcineifen;  boc^  ifi:  feine 
2Inftcht  nicf)t  buvcf)getirungen.  dagegen 
ifi  big  iet,t  nic^t  fxinx,  ob  ber  dlamt 
^yreibant  ber  überlieferte  Familienname 
tei  T>id}ter3  ober  ein  angenommener  9^ame 
ift.  gür  baö  erftere  fprid^t  eine  DJoti,  in 
bem  33u(^e  öes  JJürnbcrgcr  "^Irjteg  ^axU 
mann  2d)ebel ,  Opus  de  antiquitatibus, 
roorin  ber  Sßerfaffer  crjätjtt,  er  fei  auf 
einer  J^unfireife  um  1466  in  Jrctiifo  ge= 
tüefen  unb  ^abe  bafelbft  büß  irot)Iert)al' 
tene  ©rabbcnfmal  greifanfö  gefeben,  mit 
ber  3nfc^rift: 

Hye  leit  Freydanck, 

gar  on  all  sein  danck, 

der  alweg  sprach  und  nie  sanck. 


2>0(^  ifi  bic  Jbentitdt  au^  bicfcd  ^xit)' 
band  mit  bem  2)id)tcr^  ber  18cfd)eiben()cit 
nid)t  nad)gemiefen.  Äic^er  ifi,  ta^  grei« 
banf  ein  fal)rcnCer  Siebter  aue  Sdjroaben 
war,  ber  jroifd)en  1216  unb  1240  bietete 
unb  unter  anberem  Äaifer  5rifbri(^  II. 
auf  feinem  Äreujjug  begleitete.  3)aö 
Sprud)gebid)t  trägt  ben  JJamen  Scfd^ei« 
bent)eit,  b.  i).  fiebensmeiäfjcit: 

Ich  bin  genant  Bescheidenheit, 
diu  aller  lügende  kröne  treit. 
mich  hat  berihtet  Fridanc, 
ein  teil  von  sinnen  die  sint  kranc. 

3roar  im  ganzen  auf  bem  33oben  mittel« 
alterlid)er  unb  rittcrlid)er  ii3eltanfd)auung 
fiebenb,  ifi  er  bod),  foweit  reiche  ('ebenes 
erfal)rung,  SWenfc^enfenntniä,  ein  fc^arfeä 
'Jluge  für  hai  ®anje  eä  geftatten,  ein 
freier  3)enfer,  ber  überall  pon  ber  jufäüis 
gen,  fonoentioneüen  »vorm  bc^  S)enfenö, 
©laubenö,  .^anbelne,  beä  gefeUfd)aftlid)en 
öebenö  unb  treiben«  ber  3fit  ^tn  tieferen 
(Srunb  bleibenber  3Bat)rl;eit  ju  erfennen 
trad)tet  unb  fic^  uornebmlic^  bcel)alb  alä 
geifiigcr  (Senoffe  2öaltl}erö  üon  ber  Sßogel« 
ireite  funbgiebt.  3n  roenig  jufammcn« 
bängcnben  (l;injelfprüd)cn  unb  Of^eimpaaren, 
bie  fid)  nur  jua^ilen  häufen,  befprid)t  er 
alle  möglid)cn  Serhältniffe  »on  ben  SJins 
gen  biefer  unD  jener  äßelt;  uon  (Sott  unb 
iliatur ,  .giimmel  unb  (Srbe ,  Staat  unb 
.Kirche.  Spätere  .&anbfd)riften  Ijaben  bie 
Sammlung  in  flcinere  Qlbfc^nitte  geteilt, 
tt)eld)e  folgenbe  Überfd)riiten  trogen:  von 
gote,  von  der  messe,  der  sele,  den  men- 
schen, den  Juden,  den  ketzern,  wuocher, 
hochvart,  werlde,  Sünden ,  riehen  und 
armen,  triawe  und  untriuwe,  dieben, 
spile,  dieneste,  rechte  und  unrechte,  edele 
and  tngende,  alter,  blinden,  konege,  ge- 
winne und  guote,  sorgen,  arzäten  und 
siechen,  nide,  lobe,  scheltenne ,  gesellen, 
zorne,  himelriche  und  helle ,  pfaffen, 
künegen  und  forsten,  wisen  und  tören, 
muten  und  kargen,  ere,  trunkenheit, 
Munden,  minne  und  wiben,  erkanntnisse, 
hunger,  wäne,  gnot  und  übele,  unkünde, 
tieren,  schätz  und  pfenning,  Röme,  Akers, 
Zungen,  liegen  und  triegen,  endekrist, 
Gotes  geböte,  töde,  junger  tac,  gebet, 
(Se  ifi  ein  feltener,  roabrbaft  erquicfcnbcr 
iKeiditum  an  gprüd)en  ber  ißeistjeit,  ben 
heften  Sprud)gebid)ten  alter  unb  neuer 
ßitteraturcn  mürbig  an  bie  Seite  ju  fieüen. 
Über  bie  Duellen  ber  iE)id)tung  unb  über 
bic  Qlrt  ihrer  Senu^ung  geben  bie  (Sr= 
flärcr    au*    aueeinanber;    wätjrenb    bic 


140 


^reic  Äünfic  —  freier  «Stanb. 


einen  bie  93efc^eiben^cit  aU  ein  planöoll 
gearbeitete^  ®ebi(l)t  rühmen,  fef)en  anbete 
in  ibm  bIo§  eine  Äompilation  Don  33ibel* 
fPTÜd)en,  3)ijlid)en  Äatoö,  fabeln  be^ 
^tfop,  ben  (Sttjmologien  bcä  3f^öor,  antifen 
®d)riftfie[Icrn,  <Scneca,  Doib,  •^oraj,  ißir- 
gil,  (jicero,  (piautus;  auc^  5eitgenö|'ft[(^e 
S)i^ter,  wie  |»einndö  oon  2Jie(E  ,  ben 
a5Bc![d)cn  ®afi,  SBinäbefe  unb  SBaltfier 
fotl  et  xtidjlid)  ausgefc^tieben  ^aben; 
gteibanf  Ijabe  nur  eine  Slütenlcfe  bee 
Sefien  geben  raoüen,  ttjaä  i^m  Don  ^ap' 
men  unb  JRcflejionen  auö  alter  unb  neuer 
3eit  befannt  war  unb  in  ba«  et  ben  eige* 
nen  SBorrat  einwob.  3"  jcbem  gati  aber 
bliebe  bem  S)ic^ter  bie  g^rtn,  burc^  bie 
er  biefcn  23orrat  erft  bem  SBoIfe  unb  fei= 
ner  3eit  nabe  bra(^te,  unb  ber  freie  ®e* 
banfe,  bie  freie  ^ebenöauffaffun^,  bie  ixn 
geifiigen  ^ern  beö  ©anJien  bilbet;  er  ent= 
fleibet  gteicfefam  bie  einfeitige  2)cnfn)ei[e 
ber  geiflUAen  unb  ber  böfifcf)en  2)id)ter 
ibreö  befonbcren  ©eftanbe«  unb  bilbet  auä 
it)t  eine  Seben^^weiätieit  besSoIfeS;  baf)er 
benn  aucf)  hai  Sud)  ben  Untergang  bet 
^öfif(ä)cn  'Jäilbung  um  3'>f'i^""^f>t«  ü^^t^ 
bauert  f)at.  3)a4  ®ebi^t  bat  febr  jaf)U 
reicf)e  |)anbfc^riftcn  oeranla^t ,  ijt  in^ 
9Rieberbeut[d)e,  in«  9?icberlänbifcf)e,  in^ 
8ateinifcf)e  übertragen  motbcn.  Sebajlian 
53rant  l)at  etS  1508  in  erneuerter  ^orm 
jum  ®rucfe  gebracht;  ber  ^ame  ^^i^cibanf 
rourbe  alö  befonberä  etirenooE  auf  äbnlicfce 
S)id)ter  nad)  \\)m  übertragen.  9^od)  5ioüens 
^agen  ^at  im  5i^ofcf)mäufeler  ben  ^xn- 
bont  benu^t.  (Srfi  im  17.  3abrl)unbert 
oer[d)n3inbet  feine  €pur.  5luegaben  t>on 
SBilbetm  ©rimm  unb  üonJBej^enberget. 

.  grcic  ftünftc,  bie  Überfe^ung  oon 
artes  liberales,  finb  urfprünglicb  biejenigcn 
Äünfte ,  beren  ©tubium  ben  Äinbern  bee 
freien  notwenbig  ifi.  (ärft  in  bet  lehten 
3eit  ber  römi((ien  Silbung ,  befonber« 
burc^  Marcianus  Capeila,  in  feinem  53ud)c 
Denaptüs  philologiae etMercDrii.unb  burd) 
Boethlus,  beibe  im  5.  3«brt;unbert  lebenb, 
würben  bie  Dbjefte  ber  elementaren  unb 
^öl)eren  ©ilbung  in  berjenigen  fd^ulge« 
red)ten  Otbnung  gufammengeftetlt,  meld)e 
burd)  baö  gan^c  StJittelaltet  t)inburd)  bie 
berr)'d)enbe  blieb.  2)ie  septem  artes 
liberales  jerfielen  banad)  in  hai  trivinm, 
Welche«  ben  unteren  Äuvö  umf^Io^  unb 
au^  ®rammatif,  SR^ctorif  unb  2)ialeflif 
bejtanb,  unb  in  tm  oberen  Äur^  be« 
qaadrivinm  mit  Qhitt)metif ,  Tlü[\t,  ®C0ä 
metrie  unb  *}lj!ronomie.  5)er  versus  me- 
morialis  \)t\^t: 


Lingua,    tropus ,  ratio,    numerus,  tenor, 
angelus ,  astra. 

Sin  Magister  artium  liberalium  Wat  eben 
ein  ?et)rer  ober  9J?eifter  ber  fteben  freien 
.Rünfie,  unb  bie  ^^afultät,  meldje  biefelben 
Iel)rte,  ^ieß  lirtiilenfafultüt.  '^m  früheren 
SÖJittelalter  {)ie§en  fie  die  siben  liste  frie. 

freier  ©tanb.  3"  Sacitue'  3eit  teilt 
ftd)  baä  Sßolf  ber  2)eutfd)en  in  brei 
Stäube:  5tblige,  J^teic  unb  |)ötige. 
2)et  .^»«"Pttetl  unb  bie  5^taft  beö  SBolfeö, 
bie  matten  SBolfjigcnoffen,  ftnb  bie  ^Jt  ei  en; 
bet  SRamc  ftei  gebt  burd)  alle  beutfd)en 
3ungen,  baneben  friman,  frihals  unb  bei 
ben  ©ac^fen  friling.  2)ie  ®eburt  üon 
freien  Sltern  gab  bie  ^f^if'fii;  "i"^  n^it 
ber  freien  %xaü  erzeugte  ^tt  freie  3D?ann 
freie  .Kinbei.  3^1^  3'^'^'^«^^  gehört  not* 
menbig  eigener  ®runbbcfi^.  Det 
5|reigelaffene  blieb  ein  .poriger  (ftef)cßi  ten.) 
5i[ut!ere^  .^ennjeid)en  beö  ^'^fif"  iP  ^''^ 
lange,  lorfige  |)aar,  Anteile  unb  Unmün* 
bige  f)atten  il)r  .^aar  ju  fcfceren.  3«bcr 
^reie  i)at  tci^  SRed)t,  unbetjinbert  ju 
gef)en,  mot)in  er  will,  c«  folgt  it)m 
fein  ^err  nad),  ber  i^n  jurüdöeflangen 
barf,  er  ift  nid)t  an  bie  ©c^olle  ge* 
bunben.  2)a^  Ißetgelb  wirb  nacf)  bem* 
fenigcn  be^  %xi\m  gemeffen:  ber  Site 
ober  ^reigelaffene  ^attc  i>a9  ^albe,  bet 
<}lbtige  ia^  boppelte  Sffiergelb  bcä  freien. 
3um  Diec^te  ber  freien  getiört  tai  2Bafs 
fenred)t;  feine  SBaffen  legt  bet  ^xtit 
oon  bet  2Bel)rt)aftmac^ung  an  bi«  jum 
lobe  nid)t  mieber  ab,  ftc  folgen  if)m  fo* 
gar  ine  ®rab.  ©t^mert  unb  8anje  gelten 
alö  3t'i*<:n  ber  5i^^if)cit-  2)ie  Saffen 
jtreden  bei^t  fic^  ber  ^'^^^^^^^  begeben. 
Sin  »eitereö  SRecbt  unb  juglei^  'l^flic^t 
beö  freien  i^  Seilna^mc  an  ißolfä* 
oerfammlung  unb  ®etid)t.  3)er 
gteie  fann  feine  gteil)eit  fteimiQig  pieiö* 
geben,  ^  S.  bur'c^ö  Spiel- 

3nfoIge  ber  SBölferwanberung  unb 
namentlich  infolge  ber  fiaatlid)en  SJieu* 
bilbungen  burd)  bie  ®rünbnng  be^  gran« 
Ecnreicbeö  Derrtiifd)te  fid)  bie  frühere  fttenge 
Sd)eibung  än»ifd)en  %xmn  unb  Un« 
freien,  unb  es  bilbeten  fid)  eigentümlidic 
Übergänge  unb  3mif'*f"P"^"-  -^nec^te 
würben  waffenfähig  unb  fliegen  babur^ 
bei  bem  Könige  ober  »orne^men  $errn  ju 
5lnfcben  unb  ©influ^,  bie  3"^^  ^«^  S"i* 
gelaufenen  fernul^rte  fid),  römifc^e  Stäube 
mittlerer  greibeit  fanben  bei  ben  S)cutfd)en 
(gingang  unb  ißerbreitung;  {^reigeborene 
traten  in  Qlbt)ängigfcit  unb  2!ienft  ju  ans 


t^rcie  ©täbte  —  J^rcifierr. 


141 


bcrcn,  lebten  in  ibrem  ^au«  unb  cmpfins 
^^cn  i)on'il;)ncn  Canb  ju  2e{)cn.  ^uß  bcr  ß'if'I 
ber  ^i^fif"  f^c'flt  «ine  *}ln^al)l  burcf)  9)Jad)t 
unb  *Heid)tum  über  bie  ftübcren  ©tanbeö« 
flcnoJTen  empor.  ^auptfadK  für  bcn  '^xmn 
bleibt  aber  immer  ber  freie  ©runbbeftfe. 
5ln  le^tcren  fnüpft  fid)  audi  je^t  nod)  bic 
leitnabme  nn  ben  9erid)tlidien  ®efc^äften, 
nur  ba^  je|t  hai  alte  SRed)t  in  einen 
3n)anfl  pcrmanbclt  ifi.  60  ttar  aud)  ber 
freie  @runbbefi|er  aüein  jur  ^eereefolge 
»crpflic^tet. 

3n  ber  Äarotinger^ßfi^  9«^*  ber 
Umwanblung^projep  ber  Stänbe  noc^ 
rafd)er  von  ftatten;  J^rei^eit,  mit  freiem 
®runbbefitjüerbunbcn,  ijifo  feiten  gerporben, 
ta^  man  einen  ©efifter  bcefelbcn  nobilis 
nennt ;  ber  i^emöbnlidjc  D^ame  für  biefen 
©tanb  ift  aber  honi  homines;  fie  allein 
fonnten  «u  €di offen  berangejotjen  ttier= 
ben  (ftcbc  ben  'ilrtifel  2) in 9);  aber  aucft 
bie  ®au-  unb  ®d)Dffen9erid)te  würben 
ton  ben  ^at;Ueid)en  anbercu  ©ericfeten  mehr 
unb  mehr  uerbrüngt.  ®benfo  ift  unter 
ben  .Sarolin.iern  ber  ^ecrbienfi  jWar  nod) 
eine  allqemeine  '!pflid)t  be«  grunbbefi^cn» 
ben  i^xdiix ;  aber  idjon  je^t  »waren  jabl' 
reid^e  SOJänner  porbanben,  bie  obnc  %Xiu 
i)tit  unb  (Mrunbbefi^  ibrer  perfDnlid)en 
Stellung  jufolge  jum  2Baffenbienfi  r>er= 
pflid)tet  mann,  unb  bie  iReiterei  machte 
(d)on  unter  ^axl  bem  @ro§en  einen  an= 
(cbnlid^en  Seil  bee  ^ecres  auö;  biefc  aber 
bcftanb  nidit  au«  ben  9emöbnlid)en  freien, 
bic  ben  Heerbann  ju  leiften  Ratten. 

3mmer  mebr  traten  an  ©teile  ber  burc^ 
Oeburt  unb  ©runbbefi^  bebingten  5ifit)eit 
antere  !ßerbältnif|e,  mel^e  bie  33ebcutung 
unb  ben  äßert  eine^  iDianneö  bebingen: 
bic  Stellung  im  ifieid)  unb  ju  ben  cer^ 
fd)icbenen  ®emalten  beöfelben,  ber  '-Befi^ 
»on  5imtcrn,  iRec^ten  unb  ®ütern ,  bcr 
SMenft,  ben  man  leiftet,  ber  Seruf,  ben  bcr 
cinjelne  treibt,  ha9  ßeben  in  einer  Stabt 
ober  auf  bem  Sanbe.  3'^'"^  mirb  bcr  Un« 
tctfc^ieb  oon  g'^^i«"  ""^  Änediten  noi^ 
immer  gemad)t,  befonberö  in  SRec^täge« 
f^äften;  aber  anbere  Untetfd)icbe,  wie  ber 
jmif^en  'ilbligcn  unb  Unabligcn,  SBür^ 
gern  unb  ©auern,  SRitlern  unb  Äaufleuten, 
ftnb  9cbräud)lid)er  unb  bem  ®eifi  ber 
3cit  angemeffener.  2)od)  mar  bie  3'*^' 
-bcr  gi^eien  no(^  im  11.  3*if'rl)unbert  fo« 
tDobl  in  ben  ®täbten  a\i  auf  bem  Öanbc 
feine  geringe;  es  übermog  aber  bic3iibl  bcr 
^albfreien  unb  bcr  Unfreien  bergcftalt, 
ba§  Dielfa^  altbemalirtc  J'^^ibcit  beii  5n= 
.^abct   in   b€n   6tanb    beö  Qlbclä   er^ob ; 


biefeö  ip  ber  Urfprung  beöfcnigcn  SlbcU. 
ber  fidi  mljb.  fri  nannte,  fpäter  ^itii^txt. 
2)ic  nid)t  ablig  geworbenen  ed)ten  freien 
beiden  im  tead)fenfpiegel  bie  Schöffen» 
barfreien,  scepenbäre  vrie,  im  ^gcfemas 
bcnfpiegel  bie  !)Jt  i  ttelfreien,  mittelvrie, 
boi^  ift  bicfe  Älaffe  in  beibcn  Spiegeln 
fd}on  im  engen  3"f'i"i"if"^^in9  "^it  bem 
2cl)n^Mvcfen  gebad)t.  SJJur  in  cinjelncn 
©cgciibcn,  mic  in  Jßcftfalen,  bei  ben  '2)it» 
marfd)en,  in  ber  Sc^meij,  erhielten  fic^ 
cdite  freie  Sauern  bis  über  bic  ?et)neit)er= 
faffung  hinaus  unb  r>crmod)tcn  il)ren  alt^ 
bcrgebraditen  Stanb  bis  in  bie  ftaatlidjen 
DJeubilbungen  bes  ousgeljenben  SOlittelalterä 
ju  retten.  25ic  ßitteratur  hti  \)ö^id)tn 
DJJittcl alters  braud}t  ta^  2öort  vri  fafi 
bloB  mit  abftratten  Dbjeften:  alles  übels, 
der  Sünden,  armüete.  der  eren,  vreuden, 
guoter  sinne,  des  lebens,  vor  missewende, 
vor  valsche  vri  u.  bgl.  So  ifl  audb  ^ai 
Jßort  grcil;eit,  vriheit  im  Tli)t).  feiten; 
mo  es  oorfommt  mirb  es  meift  nid)t  in 
gefellfd)aftlid)cr  ober  red)tlid)er  Sejiebung 
gebraurf)t,  fonbern  cntmcber  als  Staub 
be«  greicn,  Ijäufigcr  aber  als  iprioi« 
Icgium  ober  Immunität,  als  gefreiter,  au^ 
einer  größeren  ^crrfd)aft  abgetrennter 
^errfd)aft«l-ejtrt  ober  alö  2lfpl.  grei^cit 
im  ®egenfa^  ju  .Rned)tfd)aft  unb  Unter« 
mürfigteit  fd)eint  als  Überfe^ung  üon 
libertas  crft  tüxti)  ?utber^  iöibeluberfe^ung 
aufgefommen  ju  fein;  baber  bic  Säuern 
eine  fo  große  ^reubc  an  bem  neuen  Söortc 
bejeugten. 

gretc  Stäbte,  fie^c  Stdbtc. 

^rcigclaffeuc,  ftebe  ßiten. 

grciöcrr.  Das  2Bort  Eommt  crft  im 
15.  3al)rt)unbert  oor.  Sac^lid)  ift  grei« 
f)err  ber  ablig  geworbene  alte  ^'^cic,  mcl« 
dber,  o^ne  burd)  i>a^  iReid)8amt  cine^  ^er* 
50g«  ober  (Srafen  ausge^eid)nct  ju  fein,  in 
ben  <Btanb  be^  Qlbelä  eingetreten  mar; 
greic,  bie  nic^t  ablig  geworben,  alfo 
freie  Sauern  geblieben  waren',  würben, 
weil  fie  bes  Sitels  ^err  cntbebrten,  au^ 
feine  freien  Herten.  Sie  benennen  fic^ 
burc^  3'Jad)fe|ung  beö  ^JlbjeEtiDä  fri  t)inter 
il;rcn  @cfd)led)tsnamen,  j.  S.  Walther 
von  Klingen  fri.  Sie  ftnb  alfo  bie  unterftc 
Stufe  beredeten,  alten,  in  ben  SRitterfianb 
gebobenen  i^reien  unb  wobl  ju  uns 
tcrfd)eii>cn  »om  2)icnfimanncnabcl  ober 
ben  Dhnifterialcn,  bic  be«  Siamenä  fri 
cntbcbren  unb  unter  S)ienftmannenred)t 
lieben,  wäbrcnb  jene  ibrcn  ®erid)t8fianb 
unmittelbar  oor  bem  Äaifer  im  SReic^öge« 
ric^t    Ratten.      SDurc^    (ärwerbung    einer 


142 


Freimaurerei. 


gräflichen  ©eric^tdbnrfeit  ober  aucf)  nur 
eineö  Scilcä  berfelbcn  festen  fi^  t>kU,  bie 
nie  ttiirfli^e  ®rafcn  geroefen  ttiarcn,  in 
beu  S>tanb,  ftc^  ®rafcn  ju  nennen,  rt)a« 
befonbevä  im  15.  unb  16.  3a^rf)unbert 
gefdiat).  €ie^e  übtiacnö  bcn  51rtifel  2t bei. 
Freimaurerei*  5^et  9?amc  ^reimaxuet 
Pammt  auö  bem  ©ngli^en,  in  weld)cr 
Sprad)c  freemason  berjenige  beift,  ber 
ben  free  stone,  ben  freifiebcnben  ober  bcn 
Duaberfiein  bearbeitete,  alfo  ber  Stein* 
me^,  gegenüber  bem  rough  mason,  ber 
bcn  rongh  stone,  ben  ro^en  ober  bcn 
Sruc^jlein  bearbeitete,  ober  bem  SDi  a  u  r  e  r. 
S5ic  freemasons  bilbetcn  aber  in  ©ng« 
lanb  nicf)t  mie  in  S)eut[cf)Ianb  gefcfjlolTcne 
Q3rüberfc^aften,  [onbern  fte  ftanben  nur 
al^  tai  ^croorragenbpe  ©lieb  in  ber 
größeren  ©cnoffenfc^aft  ber  ÜRafonen 
ober  ^Bau^anbnrerfcr.  2)aö  bauptfädE)Ii(^Pe 
3iel  ber  genicinfamen  93eftrcbungen  nnb 
Serfammlungcn  ber  i0?a[onen  wax  bie 
ißcrbcffcrung  i^rcr  materiellen  Sage.  S)ie 
^anbtt>erEögcbräucE)e,  3^'ct)f"  ""^  ®viffe 
Panben  unter  bem  Siegel  beä  ®el)eim5 
niffe^.  Sfjrc  einige  Sffiiffcnfc^aft  mar  bie 
Saufunfi,  uon  il;ncn  ©eometrie  genannt. 
2)ie  ältefte  befannnt  gemorbene  Äonfii' 
tution  ifi  jmifd)en  1429  unb  1445  ge* 
[d)riebcn.  ©ie  bie  beutfc^en  39aul)üttcn, 
erlagen  im  16.  3al)r^unbert  bie  engli[(^en 
^OJafonen  einem  allmäl)lirficn  (giedbtvim. 
2llö  bann  im  'Beginne  beä  17.  5'-f'rt)i;n^ 
bertä  ber  italienifdie  23au)til  in  (Snglanb 
unter  bcn  böbcrcn  6tänben  'Jlufnabme  unb 
Pflege  fanb  unb  eö  notmenbig  mar,  bie 
SBaugemerfe  in  bie  (Srforbcrniffe  bc^  neuen 
©tile^  erfi  einzuführen,  fo  liefen  ftc^  nor« 
ne^me  unb  reiche  Saulieb^aber  förmlicl) 
in  bie  3i'"ft  '^^^  SO'Jafonen  aufnef)mcn. 
5Dennod^  jerfielen  bie  93auf)ütten  ober 
Sogen,  nadt)  ital.  loggia,  franj.  legis,  engl, 
lodge,  balb  miebcr  in  tiefen  iBerfaQ,  unb 
erfi  im  ^a\)x  1716  entmicfelte  fid)  auä 
bem  3ttf^itute  ein  neueö  Seben,  ta^  ^xn' 
maurertum. 

3n  biefem  Satire  »ereinigten  ftdf)  näm» 
lid)  bie  oier  noc^  allein  in  ©übcnglanb  be= 
fiel)enbcn  ßonboner  Sogen  ju  einer  gemein* 
famen  ^Bereinigung,  (Sroüloge  genannt,  bie 
unter  einem  ®ro§meifier  f!anb.  S)ie  ®runb» 
lagen  ber  *ßerfaffung,  ber  ^lanbmerfögcbraud) 
unb  tai  Siegel  ber  iBerfd)n3iegcnl)cit  rnur* 
ben  beibct)altcn,  im  Übrigen  aber  ber  93er» 
cinigung  ein  mcfcntlid)  bumaneä  ßiä  ge= 
geben.  üEiic  ÜHaurer  fcrpflic^tcten  fid)  jU 
berjenigen  CfJeligion,  in  meld)er  aüe  SCRen* 
f(^cn  übcreinftimmen,  unb  belaffen  il)nen 


fclbfl  ibre  befonbcrcn  ÜJieinungen.  ®e« 
boten  mirb  ber  ®el)orfam  unter  bie  bür* 
gerlid)e  ®ema(t,  unb  bie  [Ret>olution  »er« 
abfd)eut,  bod)  'üa^  um  ber  le^tcren  miüen 
fein  93ruber  auö  ber  Soge  »erbannt  fein 
fotl.  Wt  2)ieputc  über  SReligion  ober 
«Pditif  merben  auä  ber  Soge  »ermiefen 
unb  bie  brübcrlid)e  Siebe  al^  bie  ©runb« 
läge  unb  ber  ®runbfiein,  ber  Äitt  unb 
ber  fRu^m  biefer  alten  Srüberfc^aft  be« 
jeid)net  unb  treuer,  brüberlid)er  Seifianb 
em^jfoblen.  S)ie  Ijerüorragenbiien  Stifter 
beä  Sunbe^  maren  3o^«nn  Jbeopiji* 
l  u  ö  ^  e  ö  a  g  u  i  l  i  e  r  ö ,  auö  einer  gcflücf)te' 
ten  franjöftfd)en  |)ugenottenfamilic  abt 
fiammcnb,  ©oftor  ber  Slecbte  unb  aU  f)e= 
rül)mter  *J3^l)fifer  SD^itglieb  ber  föniglidyen 
Sozietät,  unb  J^^ob  Qlnberfon,  ein 
anglifanifd)er  fCrebigcr. 

m  ifi  fein  3meifel,  ba§  bie  ®efeafd^aft 
ber  Freimaurer  il)rc  (Sntfie^ung  unb  fel)r 
f($net(e  Verbreitung  bem  burd)  ben  j^eiö« 
muö  in  (Snglanb  »erbreiteten  Streben  nad^ 
einer  ÜberbrücEung  beä  fonfefftoncK^reltgiö« 
fen  3^iffP«I^f^  »crbanft ,  bem  Sud)en 
naä)  einer  natürlichen,  auf  Jugenb  unb 
ü)Jenfd;lid^fcit  gebauten  SReligion.  I)ic 
Stifter  maren  aber  felbft  feine  S)eifien, 
unb  bie  ^Jlnlebnung  ber  ®efeafd)aft  an 
ben  l)oben  unb  böd)jien  *}lbel  unb  tai 
Sßerbot,  über  SReligion  unb  ^olitif  ju  bi^pu« 
tieren,  laffcn  »ermuten,  ta^  ber  ®eiji  ber 
©cfcflfc^aft  nic^töbejlomeniger  ein  met)r 
fonfer»ati»er  mar.  S)ie  ber»orragenbften 
Iräßcr  nnb  ißcrtcibiger  ber  freien  Silbung 
unb  gorfdjung  gel)örten  nur  auönat)mö« 
meife  bem  Drben  an,  ber  baburc^,  ta^  er 
bie  freie  33ilbung  in  bejiimmte  formen 
banb,  »on  »ornl)erein  in  einen  gemiffen 
Sffiiberfpru^  mit  i^r  trat.  iDa^er  i>ai  auc^ 
»on  Sefftng  mieber^olte  2Bort,  man  fönne 
Freimaurer  fein,  o^ne Freimaurer  ju  f)cifen. 

2)ie  meiterc  ®efd)id)te  beö  Fi^cimaurerä 
orbenö  t)at  eö  "barum  and)  »iel  meniger 
mit  errungenfd)aften  geifiigcr  ^atux  ju 
tbun,  alö  mit  Innern  Streitigfeiten  unb 
Äleinliiiöfciten,  bie  an  tai  erinnern,  mad 
inncrbalb  fir^Iid)cr  ®efcnfd)aften  »orju« 
geljcn  pp[cgt ;  ti  IjanbeU  ftd)  um  bie  Sffiabl 
»on  abiigen  ®ro§meiftern ,  um  gefd)aft» 
lic^c  SBcrbanblungen,  um  Sc^maufereien 
ober  Safcllogcn,  um  Sßermaltung  beö  Qlr* 
menfonbö,  beffen  (Srgebniffe  meifi  blo^ 
ben  Srübern  ju  gute  famen.  Sc^on  frü^ 
erregte  ber  *^unb  bie  93eforgniffe  »on 
Staat  unb  Äird)e,  ber  protcfiantifd)en  »ie 
ber  fatbolifcben.  ßlemcnö  XII.  tf)at  1738 
bie  93rübcrfc^aft  in  bcn  93ann;  in  Spanien 


Freitag  —  t^viebc. 


143 


unb  *|}ortugal  »wütete  fiegcn  fie  bie  3"* 
quifition. 

5)cr  yiamc,  beu  bic  ©cfettfc^aft  in  öng^ 
lanb  anfangt  annahm,  war  23rübcr  = 
fc^aft,  Company,  fraternity;  fie  be« 
fc^ränftc  [xd)  auf  bic  bvei  Stufen  ober 
®rabe  beö  ?e()vIing(S,  (äefellen  unb  *Keifierö. 
(Srft  in  JJvanfrcid)  n^urbe  bic  Srübcrfc^aft 
jum  Orbcn  unb  befam  über  bcn  genante 
tcn  nicberen,  fog.  3o^'inni^graben,  —  tion 
bcn  bciben  ^Patronen  be^  ©unbcä,  bem 
laufer  unb  bem  (Soangelifien  fo  genannt  — 
nod^  {)ö^crc  Drbenögrabe.  ißiö  jur  SReoo* 
lution  fiatte  bie  franjöjifd^e  SWaurerci  jroci 
m9ili[cf);p^antafi:ifc^e  iRidjtungen  ju  über^ 
n)inben,  bereu  eine  fid)  aU  SBiebcraufIcben 
bcö  3;em))Ierorbcnö  gcberbctc,  beren  an^ 
bcre  fid)  an  bie  ?Ud)t)inie,  SKagie,  (Seifter* 
befd^tt>örung  anfd^Iog  unb  ben  berüchtigten 
ßagliofiro  ju  ifiren  *Jlbepten  ädIjUc.  *}tucf) 
bic  beutfd)e  3Waurerei  blieb  uon  foIcf)en 
5lucfcf)rcitungen  nic^t  oerfc^ont;  ber  franjö* 
ftf(f^e  leniplerorben  natjm  I)icr  bic  ©ebcuä 
tung  unb  ben  D'Jamen  ber  jlriftcn  Ob« 
f er» ans  nn;  auch  an  Setrügern,  ©olb^ 
mac^ern  u.  bgt.  fehlte  cö  nic^t.  (Sin  foI(^cr 
grünbetc  1773  ben  Orbcn  ber  SHofcn* 
freujcr,  beffen  5lblegcr  njictcrum  ber 
Orbcn  ber  afiatifd)fn  23rübcr  unb 
ber  ber  Äreujbrübcr  ober  Äreuäfrom* 
men  n>arcn;  äf)nlid)e  93ebeutung  ^ot  ber 
üon  Qtbam  SBei^^aupt,  ^rofeffor  beö  fano^ 
nif^en  öle^tcä  ju  ^ngolfiabt,  1776  ge= 
grünbetc  SUuminatcnorbcn,  tt)cld)cr 
in  feiner  Organifation  bem  S^fui^fnorbcn 
nac^gcmacfit  ifi  unb  gegen  unten  ouf  bic 
©tubiercnben,  gegen  oben  auf  bic  Dbrig» 
feiten  mirfcn  foüte.  Utad)  6tet|  in  ■§tcrjog^ 
SRealencpftopäbic.  93gi.  aud)  ^ettncr, 
engt,  ^itteratur,  Sud)  H,  9lbfd^nitt  1. 

i5rettag,  fiet)e  SB  o  c^  e  n  t  a  g  c. 

triebe,  aht.  fridu,  ml)b.  vride,  ju  got. 
frijon  =r  lieben,  moju  aud)  (^rcunb  ge> 
|ört.  55riebc  ifi  nad)  ältefter  2tuffaffung 
fottjot)!  bie  ungcftörte  SRu^c,  ber  ®egenfa^ 
üon  ^c'nbfdjaften,  n)eld)e  $a§  unb  blutige 
Scrfolgungcn,  ^^^^c  entjünben ,  baficr 
gre^r  ber  ®ctt  bc«  gricbcnö  ^cigt;  al^ 
baöjenigc,  h)aö  biefen  ^'^if^f«  crfjatfcn, 
ttenn  er  gebrod)cn  ift,  it)n  wiebcr^erftetlen 
foü,  atfo  ber  georbnete  unb  gcfidjcrtc  Qu' 
panb  unter  ber  |)etrfd)aft  beö  iRed)teö. 
j^riebc  \\i  ba^cr  mit  SJled)t  gtcid^bebcutenb, 
nur  ba§  bei  SRec^t  me^r  bie  '-öcjicbung  auf 
bcn  (Sinjctnen  tjernortritt.  2öer  im  grie- 
ben  beö  35olfeö  roar,  bem  mar  baburc^ 
fein  iRec^t  gefegt  unb  gematjrt,  er  fonnte, 
tt>enn  er  ftc^für  beeinträ(^tigt  ^iclt,  bic  J^ütfe 


iii  ®cri($te^  in  »Unfprud)  nc()men ; 
bur<f^  bic  aSetle^ung  bcö  iHc^tc^  beö  (Sin- 
jelnen  mar  jugleid)  an  iljm  ber  ^riebc 
5ltler  gebrod)cn.  ©emeinbenerbinbung  unb 
Opfergenoffcnfd)aft  ftanb  in  einem  ^rie« 
ben  unb  einer  J'^fi'nbfi^aft. 

Sine  (Srmeiterung  beä  JJricbenö  fanb 
ftatt,  mcnn  ^anblungen,  bic  bieficr  nid)t 
aU  ^ticbenöbrüdic  galten ,  burc^  9luöbe[)= 
nung  ber  Unuerle^Iic^feit  ober  @e^ung 
eines  befonberen  {^'''ebcnö  biefc  (Sigenfd^aft 
crf)ielten.  ©iefeö  gef^of)  in  53ejicl)ung  auf 
•Perfonen  j.  53.  fvcmben  ©tammcagenoffcn, 
in  Schiebung  aufissa^en  bcn  *PfIügen  unb 
ÜRü^icn  gegenüber.  6inc  (ärmeiterung 
bcö  gricbenö  mar  cä  aud),  mcnn  bicfer 
aU  mirffam  aud)  ia  anerfannt  murbc, 
mo  er  burc^  eine  ^anblung  t>crmirft  mor* 
ben  tt)ar.  ©iea  mar  ber  gaü  ,  mcnn  bic 
33cfugniä  unb  hai  SRe^t,  9iad)c  an  einem 
9[)Jiffet[)iiter  ju  üben,  au^erorbentlid)er= 
mcifc  bcfd)ränft  mutbc;  eö  gcfd)at)  bieö 
cntmcbcr  burd)  ein  ©elöbnis  ber  ^Partei 
ober  burc^  einen  Scfel)!  beö  iRiditerö,  ober 
mcnn  ber  Scrtc^er  ftd}  ju  SRc($t  ju  flehen 
erbot.  üDicfer  ^ficbc  mar  nur  ein  jeit« 
meilig  mirfcnber,  eine  Qlrt  SBaffcn« 
ftiflftanb;  ein  bcftiinbigcr^riebc  aber 
murbc  gelobt,  menn  eine  ©treitigfeit  uon 
grö§crer  33cbeutung ,  befonbcrö  burd)  ben 
Jotfdjlag  cineä  93ermanbten  uerurfndjt, 
burc^  Srlegung  einer  Su^c  ober  cine^ 
2ßergelbcö  auögegli(^en  mar;  ein  joUfcr 
triebe  gefc^a^  burd)  eibltd)c  3"fi'i)fi'"ng 
beibcr  ^Parteien,  im  fränfifd)cn  Dteic^c  burd) 
lluöpcllung  befonberer  UrEunben. 

|>öl)erc  triebe n  finb  fold)c,  bie  eine 
ücrpärftc  Unnerlcelic^fcit  nid)t  blo§  für 
©injelnc,  fonbern  für  51  He  mirften.  ©in 
foId)cr  triebe  mar  burc^  Ort,  ^nt  ober 
anberc  Umfiänbc  bebingt.  S)te  befonberen 
Qlrtcn  beö  Ijöbcren  gricben^  fmb: 

a)  S)er  2) in gf riebe.  (Ss  ift  ber« 
jenige  J^tiebe,  ber  urfprünglic^  in  ben  bo^cn 
gcfiäciten  ^crrfd)te,  menn  bie  gropcn  5Solf^ä 
ober  Sanbeöticrfammlungen  gehalten  mur« 
ben,  biejum  Opfer,  jum  (Selage  unb  jur  Sc* 
ratung  mic^tiger  <Mngele^enl)eiten  unb  @nt* 
f(^eibung  r>on*5trcitigfeiten  bienten.  2)ann 
mciltc,  obfd)on  unftd)tbar,  bie®otlt)eit  fclbft 
unter  ben  SOJenf^en,  ein  l)eiliger®otteöfriebc 
^errfc^te  im  ganjen  ßanbc.  Sacit.  ®erm. 
40.  S)icfer  ©ottcöfricbe  murbc  aud)  nad> 
6infüt)rung  beä  Gliriftentum^  auf  bic  gc= 
botenen  2)ingc,  bie  Solfögcridjtc,  übertrat 
gen,  er  murDc  jum  S)ingfrieb  cn.  S^ 
lüar  bie^  ein  bei  febem  ®crid)te  ^errfd^cn= 
ber,  »om  ©eri^töüorjianb  in  einer  üblichen 


144 


triebe. 


gorm  bei'onfccrö  ncrfünöeter  ®eri(f)t6fricbc. 
er  umfaßte  ni(^t  bIo§  bic  ®erid)t0fidttc, 
fonbern  (Wii)  biejcnigen,  bie  jum  i)inge 
gingen  ober  i>on  bort  nad)  t^rer  ^cimat 
jutüdfcbrten.  5d)on  früf)  war  ber  bö^tu 
^vicbe  ber  ^Dingücrfammlungen  auf  an- 
bere  3uf«ni'^c"fünfte,  ^od)jeitcii,  Seicfcen« 
feiern, *Berfammlun9enPon®enoffenl'd)aften, 
au^gebe^nt  worben;  für  Wdxttt  cntfianb 
ber  'JKarf tfriebe;  übnliAer  Dlatur  wax 
ber  gricbe  für  bic  ct)ri|tlic^en  ^tp 
jetten. 

b)  Der  ^eerfriebe  tt>ar  urfprünt35 
lic^  berfelbe  »ie  ber  ®cricf)t«i=  ober  l^in^^ 
fric^e,  ia  haii  »erfammelte  23olf  ^uglcid) 
©cric^töPerfammlung  unb  ^eerocrfnmmlung 
tt>ar.  3n  feiner  iDJitte  mattete  ©otteßfriebe, 
eö  jog  auö  unter  bcm  Sc^u^e  beä  [d)lad)ten= 
lenfenben  ©otteö,  I;cilige,  ben  |)aincn  ber 
®ötter  entnommene  3'^i'i'^"  ^or  ftd)  l)er 
tragenb.  2Ber  ben  gii'fben  brad) ,  mürbe 
ton  ber  ^anb  beö  (i^tieper^  ergriffen  unb 
fiel  H)x  jum  Opfer.  *Jlud)  unter  bem(i5t)rijten« 
tum  blieb  ber  für  bie  ^ccrfüf)rung  burdiauö 
notmen^ige  ^eerfrieoe  ju  SRe(^t  bekleben. 
S)ie  iBolfärcd)te  beflimmen  für  jebe  Rötung 
ober  gemaltfamc  90Jiffett)at  auf  ber  ^ccr- 
faf)tt  brei«  bis  neunfad)e  ©u§e,  ober  ßcbenö' 
ftrafe,  Verbannung  u.  f.  m. 

c)  Der  ^eimfricbe.  ®ä  mar  o^nc 
3meifel  urgermanifd)er  Ofiec^t^grunbfa^, 
ta$  jebermann  in  feiner  Heimat  ftieb^eilig 
fein  foütc.  Grid,  giicbe,  bejeidjnet  alt= 
norbifc^  auc^  baö  ^auä.  Qiucb  ber  ^au^= 
friebc  bangt  t)ie[Ieic|t  urfprünglid)  mit  ber 
9fleligion  jufammen,  ba  neben  bem  ^oc^fi^ 
bic  *-öilber  ber  ©ötter  fianben.  S)er  .^au8= 
friebc  foütc  gegen  gemaltfamcä  ©inbringen 
in  bie  Se^aufung  unb  gegen  33crübung 
Bon  ®emalttt)ätigfetten  an  $erfonen  unb 
©ac^en  ftd)er  ftcllen.  3tud)  bcm  a3erbred)cr 
gemäbrtc  fein  cigencä  ober  ein  frembcö 
|)auö,  mcnn  ber  ^auö^err  cö  gemattete, 
eine  gemiffe  ©ic^erlpcit,  bie  jmar  obne 
3meifel  an  tai  9UJa§  einer  bcfiimmten  3cit 
ober  an  anberc  23ebingungen  gefnüpft  mar. 
Die  im  engeren  «Sinne  befnebcte  .^»eimat 
mar  tai  ^am  mit  bem  eigentlichen  .^ofe. 
2lu(^  einer  Vereinigung  oon  Käufern  unb 
■^öfen,  menn  biefc  burd^  Umzäunung  ober 
Ummaüung  ein  ®anjeö  bilbctc,  fam  ber 
^ausfriebe  ju. 

d)  Otdcr-'  ober  ^rü^jafjrä^  unb 
^ er bfi friebc.  3n  ben  3eiten,  meld)e 
bcfonbcrä  jur  ScfteUung  bee  {^clbcö  bicn= 
ten,  gcno§  ber  (Sermane  eine«  ^oberen 
^^riebenö;  ni^t  blo^  mürben  baf)er  ^anb* 
lungen,  mobur^    biefer  triebe   9ebrod)cn 


würbe,  bcfonbcrö  gca^nbct,  fonbern  man 
fotlte  mät^renb  ber  Dauer  beßfelben  nic^t 
einmal  im  Söege  SRccftten^  'Mnfprüd)e  ner^ 
folgen  fönnen,  bamir  ber  ßanbmann  nid)t 
in  feiner  *Urbeit  gcfiört  mürbe.  Sin  ber* 
artiger,  ebenfaüä  mdbrcnb  einer  gc* 
«»ifff"  3«it  bauernbcr  %xkit  mattete, 
mcnn  ber  Heerbann  auögerücft  mar,  für  bie 
Hinterbliebenen. 

e)  Der  Äir^enfr  ieb c.  Die  J^eilig« 
feit  ber  attgermanifd)=  Ijeibnifc^en  .^aine, 
Sempet,  ^ef^e  ging  aud)  «uf  bic  c^rif!lid)cn 
®ottc0t)äufer  über.  Diefcr  triebe  mar  ein 
triebe  beö  Drteei,  ber  beol)atb  ni(^t 
blo§  burc^  iBerte^ung  ber  Äir.tc  unb  ber 
,^u  berfelben  gebövigen  ®egenilänbe  fctbf}, 
fonbern  aud)  burd)  einen  j^rcocl  an  ^cr« 
fönen  »erlebt  mutbe,  meldie  fi't  an  ber 
^eiligen, ®d)U^  t)crlcit;cnben  S  tatte  bcfanben. 
*itlä  raumtid)e  ®renjc  ber  beliebeten  Äird)e 
gatt  bie  ÄirAc,  ber  5litd)t)of  unt)  baju 
iiod)  ein  gefriebeter  Umfieiß  von  einer  gc* 
miffen  %ni,a\)l,  j.  93.  HO  ober  40€<^ritt; 
je  nac^  ber  ®töpe  unb  33cbeutung  ber 
jlirdie  mürbe  ibr  ein  mcbr  occt  mcnig 
^of)er  triebe  beigelegt,  ber  in  ber  ^ö^e 
ber  griebenefirafe  Qlu^brud  fanb. 

f)  Der  iiönigäfciebc.  23on  jeber 
^atte  ber  Äönig  *llnteit  an  ber  ©rbattung 
beö  ^rieben«,  ba  er  ber  Sorj^anb  unb  Scitcr 
ber  SotEeocrfammlung  mar,  in  mctd)er 
über  bie  (Srbaltung  bc^  ^^if^*^"^  beraten 
unb  übet  Jricbcnöbrcdjcr  gcrid)tct  murbc 
9)tit  ber  ?luebilbung  ber  perfönticben  Äös 
nigögcmatt  ttermanbctte  fid)  ber  23otE^« 
friebc  in  einen  .Koni  gäfrieben.  93om 
Äönige  mürben  bic  Vorjlcber  ber  ®eric^te 
ernannt,  uon  il)m  ging  ber  SBIutbann  auö; 
^rieben^getber  unb  oerfatlenc  ®üter  bei 
grteben«brcd)er'g  fteten  t>orjug^mcife  bem 
Könige  ju.  Unb  jmar  mar  bicfeö  fomof)t 
beim  ©emeinfricben  alö  bei  bcm  böt)ern 
5 rieben  ber  gati;  bod)  fanb  ein  un« 
mittetbareö  (Singreifen  unb  öinroirfen  bc^ 
.Könige  befonbet«*  bei  ben  le^teren  flatt';  bei 
^tx  Verlegung  eine«  böberen  griebcnä  fo* 
mie  bei  jebcr  grobem  'Jied)täoerIe^ung  er* 
fd)ien  ber  .König  unmittelbar  beteiligt,  bai 
*itnfef)en  feiner  ®ebote  Bericht,  iöru^ 
eine«  t)ö^eren  grifbene  mar  babcr  Äö« 
nigefricbcnsbruc^,  unb  ber  Segriff 
ber  üeifd)iebenen  ^oberen  ^"«bcn  ging 
fafi  ganj  in  ben  eines  Äönig^ftiebcnö  auf; 
fomobi  ber  Äird)cnfriebe,  ba  ber  Äönig 
ber  Sefc^ü^er  ber  Äirdie  mar,  aU  ber 
Dingfricbe,  ha  bie  Dinge  unter  be*  Äö« 
nigö  befonbercr  Dbbut  ftan&cn,  olo  bct 
^ccrfriebc;     IfldxUt    unb    fpäter   ©täbtc 


5ricbf)öfe. 


145 


fonnten  nur  mit  Setüilligung  beä  Äönigä 
gcgtünbct  »erben,  ta  baju  fein  griebc  ge= 
forte.  S)ic  Äiriie  bcförbcrtc  unb  befe= 
^igte  biefc  ^Inftcfct  unb  mad)te  bie  33ett)at)= 
rung  be^  ®otteäfricbenö  jiir  erflen  ^flicf)t 
beö  Äönigö.  (Sin  befonbcrer  ^(uv^brud  ber:= 
fclbcn  War  ber  triebe  ber  Jöitrocn, 
aSßaifen  unb  2Be^rtofcn,  bcn  bie  8e^= 
rer  ber  Äirctie  bem  Äönigc  befonbcrö  unb 
bie  Äönige  tjinmiebcrum  if)rcn  ^Beamten 
ern(l(ic^  anempfahlen. 

S)er  .König  fonntc  aber  feinen  5i^i<^^«" 
zeitweilig  ober  bauernb  aucE)  einzelnen  $er« 
fönen  geben,  urfprünglic^  in  Sejie^ung 
ouf  eine  beflimmtc  fcbmebenbe  ober  been^ 
bigtc  9'Jec^t'?ifacf)c,  fpäter  einjclnen  wie 
ganjen  .Klaffen  oon  *i^erfoncn  ein  für  alle« 
mal;  ein  ilönigöfricbe  im  engern  Sinne 
aber  war  berjcnige  triebe,  ber  an  jebem 
Drtc  Waltete,  in  welchem  ber  .König  blei= 
benb  ober  nur  »orübergebenb  weilte;  aud) 
bie  Äönigeböfc  balten  batier  tai  *Jlft)U 
re^t,  ja  felbfi  ber  ®tabt  unb  ber  Ißrottins, 
in  ber  ber  Äönig  ftd)  auffielt,  teilte  fid) 
fein  t)öf)ercr  gnebe  mit.  Unter  bem  Äö= 
nigäfrieben  fieben  audb  biejenigen,  bie,  um 
ein  öffentliche^  ®efd)äft  gu  oollfübren,  nom 
Äönige  abgefcnbet  werben. 

3cbeö  Wabre  Unred^t  war  bem  ccbten 
2ßefen  beö  jjriebenö  jufotge  ein  ^^rie« 
bcn^bruc^,  ein  Sßerbredjen,  ia^  lefe* 
tere  2ßort  jwar  erfl  feit  bem  17.  ^a\)x\). 
bctannt.  ÜJJan  unterfd)ieb  aber  bie  wal)= 
rcn,  j^Ti^^^oftgfeit  nad)  fid)  jie^enben 
gricbeni^brü^e,  unb  bie,  weli^e  für  ben 
SWiffet^öter  nur  bie  SJiotwenbigÜeit  erjeug= 
tcn,  fid)  eine  neue  5lnerfennung  feineö 
^riebens  ju  erwerben,  ol)ne  ia^  er,  biei 
bieö  gefc^eben  war,  al^  ein  gleid)fam 
burd)  bie  Z\)at  gricblofcr  bel;anbelt  wer- 
ben fonnte;  bie  legieren  fönnte  man  im 
©egenfa^e  ju  ben  ^5riebensbrüd)en 
SRedjtßbrüd^c  nennen;  jte  jie|)en  blog 
!8u§en  nad)  fid).  2)er  Umfang  ber  eigent^ 
lid^en  ^'^'^benebrüc^e  war  im  altgermanis 
f^en  ^cd)t  bebeutenb  gröper ,  ber  ber 
[Red)töbrü^e  üeincr  alö  in  fpäterer  3fit- 

i^rieblofigfeit  ifi  bem  ®runbgeban= 
fcn  nad)  eine  burd)  ißcrfcftulbung,  gleich« 
fam  burc^  einen  5lreubru(^  begrünbete 
5lu0fc[)lie§ung  aus  ber  griebcnl«  unb 
{Red)t«igcmeinfd)aft,  wel^e  bem  baoon  Se? 
troffenen  nic^t  nur  ben  iRedit^fchug  ent= 
jog  unb  it)n  in  bie  8agc  eine«  Unge  = 
Hoffen,  cine^  »öüig  grcmben  »erfe^te, 
fonbern  ibn  al^  J^etnb  feinet  Sßolfe^  unb 
be*  Äönig^  besei^nete.  ©er  grieblofe 
fonnte  bu|lo«  »on  allen  unb   jebem    er« 


fd/iagen  werben;  bie  grieblofigfeit  näherte 
\\(i)  alfo  ber  3;obc«(|lrafe ;  allmäblici)  ging 
fte  aber  mehr  in  ßanbeöuerweifungüber.  'Jim 
eine  2ßirEung  ber  i^ricblofigfcit  war  eä,  ta^ 
niemanb  mit  bem  ^"cblofen5Sertet)r  ^aben, 
ibn  bel)erbergen,  fpeifcn  burfte,  bei  Strafe 
eigener  J^rieblofigfeit.  SOtit  ber  griebloftgs 
feit  War  in  ber  frül;crn  3fit  ^'^  (Sinjies 
f)ung  be^  ganjen  Sermögenö  t>er* 
bunben,  ja  felbft  Cie  ©pur  unD  tai  Qln* 
benfen  beö  grieblofcn  auö  ber  ®emeinbe 
würbe  burc^  bie  3^'^P''rung,  burci)  ha^ 
9iieberbrennen  feiner  2öol;nung  getilgt. 
ÜJJit  bct  3tit  würbe  bie  griebloOgfcit  in 
it)rer  llnwenbung  mel;r  unb  mü)x  be* 
fd)ränft,  bie  g'^d^t  au3  bem  ßanbe  j.  93. 
erleichtert,  bie  Sinjic^ung  beö  SBermögeng 
nur  auf  haii  unbeweglid)c  ®ut  bejogen, 
unb  bie  Strafe  ber  ^riebloftgfcit  löfie 
ftc^  in  it)re  Sefianbteile  auf,  fo  ba^  ali 
felbftdnbige  Strafen  Sobesfirafe,  Sßerban* 
nung  unb  (äinjie^ung  be«  QSermögenö 
barauä  ^eroorgingen.  dlad)  ©ilba, 
Strafrcd)t,  IV.. 

Sriciööfc*  af)b-  frithof,  ml)b.  vrithof 
:=  ber  jur  Sd^onung  unb  Si(^ert)eit 
Dor  einem  unb  um  ein  ©ebäube  cingc« 
fangene  JRaum,  ber  iBorl)of;  bann  erfl 
'J3orf)of  ber  Äird)e  alü  offen tlid) er  Scf)u^  = 
ort  geflüd)teter  a3erbrect)er,  enbli^  f^on 
im  *Jlitbochbeurfd)en  ^ixä)\)oi  ©otteäader. 
5Da3  aSort  frit  fommt  Don  af)b.  friten  = 
begünftigcn ,  Welc^e^  l)inwieberum  mit 
griebe  unb  gtfunb  wurjeloerwanbt  ifi. 
^illt^oc^beutfd)  fagte  man  auc^  fritgadem. 
—  gricbl)öfe  t)at  man  au«  merowin^if^er 
3cit  nocfe  jablreic^e  crbaltcn;  fre  be^eicf)« 
ncn  neben  ben  eigentlid)en  ©rab^ügeln 
bie  ältejle  ^efiattungsftätte  ber  ©crmanen 
nad)  ber  93ölEecwanberung.  Sic  befielen 
auö  einfad)en  (Jrbgräbern,  weld)e  in  met)r 
ober  minber  regelmäßige  SRei^cn  georbnct 
jtnb.  SDie  ©ruber,  meiji  in  einer  Siefe 
öon  3  bis  8  gu§,  ^aben  i^rc  SRic^tung 
»on  2tbenb  gegen  Storgen  mit  4  bie  5 
t^up  breiten  3wifd}enräumen.  21m  Tliüth 
rl)ein  buben  natieju  alle  Dörfer,  bie  üoer« 
l)aupt  aii  feijr  alte  D^ieberlaffungen  anju= 
fel)en  finb,  auc^  il;re  frünfifc^en  (gröber, 
unb  ein  Umfreit^  mit  bem  ©urc^mcffer 
oon  2  biö  3  SBegjlunben  umfaßt  oft  8 
biö  10  jum  Seil  anfe^nlict)e  gricbt)öfe. 
S)ie  größten  Sotenfclber  in  SDeutfd^s 
lanb  ftnb  auf  bairifc^em  unb  alamannis 
fc^em  (gebiete  cntbedt  worben,  baQ  bairifc^c 
bei  gribolfing  an  ber  Saljac^  wirb  auf 
3000  —  4000  Sote  bered)net,  b&Q  ala= 
mannifci^e  bei  SRorbenborf,  7  Stunben  oon 
10 


146 


Frö. 


SlUflSburg,  ergab  biö  jc^t  362  Ordbcr. 
3ut  3^'t  i'et  crflcn  (Sntbcdungen  bicfer 
i^rtebl^öfc  glaubte  man  ber  jal^lreic^en 
aöafftnfunbe  «cgcn  biefclben  für  S>d)\ait)U 
felber  unb  für  bie  "Beilattungsorte  ber  @t' 
faücnen  erfldren  ju  muffen;  aber  bie 
gleichmäßige  Öcifeöung  oon  üJJdnnern, 
grauen  unb  Äinbern,  bie  'Muefiattung  ber 
äoten  mit  i^iem  »oürn  ©cbmucfc  unb 
mit  aücn  *3lrten  ®efäßen  bciriee,  ta^  man 
I)Io§  eigentliche  ^riebböfe  Por  ficf)  babe. 

3m  Sühiteloltor  famen  bie  Dramen  Äird)^ 
^of,  ßcid)enbof,  ßicb^of,  im  15. 
3abr^.  ©otteäücfer  auf.  Urfprünglic^ 
^atfe  jebe  Stabt  unb  jebeö  3)orf  nur  eine 
cinjige  33egrabnidftatte,  ben  ^^ricbbof  ber 
Haupts  ober  fpfarrfircbc;  aümdtjlic^  er= 
langten  Älöficr  unb  Spitäler  baö  Üiec^t, 
auf  ibrem  (Srunb  unb  ©oben  befonbere 
ffle^räbnieftäiten  t)aben  ju  bürfen.  2)ie 
gtiebböfe  ttjaren  bciüge,  fir^Iicf)  einge= 
tüeitjte  Stätten;  bie  im  33ann  ober  roät)= 
rcnö  beö  Jntevbifteö  ®efiorbenen,  bie  tai 
©tcrbefaframcnt  ni(^t  empfangen  batten, 
bie  tot  "ilufgefunbenen,  bie  SelbfimörDer 
rrurben  nid^t  ouf  bem  Äircf)bof»  bejtattet. 
5lußer  ben  5'^iibt)öfcn  tt>urbe  auct)  ber 
93oben  ber  Äirc^en  al^  (Srabftätte  benu^t, 
anfänglid)  jebod)  bIo§  fiir  bie  (Seifthc^en; 
fpäter  namentlid)  für  foldie  ßaien,  bie  ftd) 
burcb  ©c^enfuni^en  um  bie  ^ird)e  oerbient 
gemaci)t  tjotten.  ©olcbe  Äitd)engruften 
tüurbcn  nad)bcr  Srbbcgräbniffe.  'iSei  @eu- 
d)en  u.  bgl  mürbe  juroeilen  t>ai  Sci^raben 
in  Den  ^irc^en  auf  eine  gewiffe  ^ät  ocr* 
boten. 

Die  0riebl)öfe  ber  I)orffird)en  Ratten 
im  ÜJUtielalter  oft  bee^atb  eine  ftrategifcfee 
Sßicbtigteit,  weil  bie  2)orffird)cn  meijt 
auf  bem  ^ödjften  ^Puntte  beö  lerrainö 
lagen  unb  ibr  {^i^icöbof  ber  einzige  mit 
einer  SDJaucr  umi^ebene  iRaum  bcö  Dorfeä 
tt)ar.  2)er  giiebijof  trar  beä^alb  bie  3"' 
fluct)t«ftät(e  für  bie  2)orfberoobncr  unb 
oft  bie  Stätte  blutigen  ÄJmpfea,  j.  ^ö. 
bei  Dcffingen.  3""ii^  tie  •^'ir<i)«  tbat  aud) 
gegen  biefe  'i^enu^ung  beö  grieb^ofeä  ©in« 
fproc^e,  aber  Pergebenö. 

3)ie  5riebt)öfe  bicnten  aucb  für  gerieft» 
tid)e  ^anMungen,  bie  mitunter  aud)  in 
Äreujgängen  unb  in  ben  5tird)en  felbit 
porgcnommen  mürben;  biefe  (Sintid)iung 
l)at  ficb  mand)erort«  batin  ert)alten,  l>a^ 
nad)  bem  ®otte«bicnf}e  oon  ber  ©mpove 
fierab  obrigtcitlicbe  Srlaffe  bifannt  ge» 
macbt  unb  oor  ber  Äird)e  auf  bem  Äird)= 
l)of  ®emeinbePerfamnilungen  ab,.\et)alten 
njerben.      Sogar    jum    §eil|)altcn     Pon 


Sffiaarcn    bicnten   mitunter  ÄirA^öfe   unb 
Äreujgange.  J 

3ur  "Aufbewahrung  ber  auägefd)arrtcn  | 
Sotcngebeine  roar  tai  Scini^au«  bcs 
fttmmt,  m^b.  beinhüs,  ober  ber  Äernct, 
Äernbcr,  Äarner,  ©erner,  altfranj. 
carner,  fran,.  charnier,  lat.  carnariam, 
manchmal  auc^  So  ten  ^auei  genannt;  ed 
bcfianö  jumeilen  auä  einer  untcrirbifd)cn 
©ruft   unb    bet  barübcr  erbauten  Äapeüe. 

Soinol;!  einjelne  i^amilicn  a\i  einzelne 
33rüberfi^aften  befa|en  befonbere  ®rabs 
ftäiten  auf  bem  ^rieb^of.  S)ie  ©rabfteinc 
lagen  in  ber  D^iegel.  ^xvi\)  f ommt  bie  3"' 
fd)rift  Requiescat  in  pace  unD  auf  ben 
©rübileinen  »on  ©eiftlicben  ber  ^eld)  üor. 
©in  {jöljetner  Sd)ilb  mit  bem  Slöappen 
beä  Uierftorbenen  l)ieß  ßeidjenf^ilb 
ober  ßei^enfc^cibe.  "JJud)  Ärujifiyc 
auf  ©räbern  fir.b  alt.  ßinb  enf  djmit, 
"JUtertumsfunbe  90,  unb  Äriegf,  ißurgcr* 
mm  n,  ''ilbfd)n.  5. 

Frö,  Freyr.  J)ie  norbifc^o  ÜWptbologie 
fennt  einen  teud)tenben  ®ott,  mit  feiigem 
Si|,  ^Jamenä  Freyr,  auä  Fravis,  b.  i). 
ber  (Svfreuenbe,  (5rot)e,  ber  J^err.  (5r  cnt« 
fproß  bem  Stamme  ber  SBancn.  (Sr 
roaltet  über  bem  iRegen  unb  Sonnenfc^ein 
«ic  über  bem  ©rgrünea  unb  JÖad)«tum 
ber  ®rbe.  Sr  fäbrt  entmcber  auf  feinem 
ju  Sanbe  wie  ju  SBaffer  fegelnben  Sd)iff 
Skidhbladhnir,  in  melcbem  er  jletö  mit 
gutem  Sffiinbe  jleuert  unb  meldje^  nad) 
bem  ©ebrauc^e  toie  ein  luc^  jufammen« 
gelegt  tterötn  fann,  ober  faijtt  auf  feinem 
Sffiagen,  ben  ber  golbbor(itge  @ber  Gullin- 
barsti  ober  Slidhragtanni ,  b.  i.  Spi^« 
jatjn,  jietjt,  ober  er  reitet  auf  bem  Sber. 
Sd)iff  unb  Sber  ftnb  S'laiurbilber  bet 
Ud)tburd)ßraf)lten  Jßolfen,  auf  benen  bie 
Sonnenftrablen  über  bie  SBeiten  be*  ^im« 
melö  fc^meben.  J'retjr  ip  ber  trefflidjfte 
aller  ©ötter;  feine  ^au^ftau  ijl  bie  lieb« 
lic^e  ©erbbr,  be<*  SRiefen  ©pmir  lodjtct. 
SDtan  rief  ben  ©ott  um  5rud)tbarfeit  berörbe 
an,  er  fpenbete  ben  (Srntcfegen  ourc^  alle 
ßanbe.  Darum  t)ie§  er  freunbli;^  ,  mo^l« 
tbäiig,  fruchtbar,  glücflid)  unö  gibnütbe. 
3m  ^t"t'li"9  >r»uröe  in  Sd)meoen  eine 
^iibfdulc  beö  ©otte^  auf  einem  2Bagen 
burd)^  Öanb  gefabren.  'Dian  meinte,  i>ai 
fei  ber  lebcnbe  ©ott.  5ret)r  unb  eine 
tJriefterin,  bie  man  fein  ffleib  nannte, 
faßen  im  fflagen,  ein  Diener  fd)ritt  »or« 
auö.  Daö  oon  überall  äufammengeitrömtc 
93olE  empjrng  i>m  ffiagen  mit  Dpfermabl« 
Jetten,  um  ein  fcud)tbareö  3'^bt  ju  erbit* 
ten,  mit  ©aben  oon  ©olb,  äilbcr,  guten 


5ron  —  gtonböfc. 


147 


Kleibern.  2Bo  bcr  ®ctt  einfet)rtc,  fläite 
fid)  bod  SBcttcr  auf  unb  mon  erwartete 
n\ä)i  (Srnte.  Srcpr  füllte  ouch  boö  ^aue 
mit  blübcnben  5linbern  unb  fpcnbete  ben 
@tetblid)cn  löiebeelufi.  iBei  JP)od)^citen 
opferte  man  i^m.  t^^i^'c  ifi  aud)  bcr 
®ott  beä  ^Tiebenö.  ^DJan  tranf  feine 
2)(inne  um  ^rieben  unb  grud)ibinfeit. 
Um  SDlittrointer^ieit  leitete  ein  breinHid)ents 
Iid)er  ^u^f'^ifbc,  tt'äbrenb  beffen  aQe 
gcbben  fd)roei9cn  mußten,  ta^  gro^c  ^eit 
tcr  SBintcrfonnenmenbe ,  baä  Julfel^, 
ein.  Qluf  ba«i  feierlidje  Opfer  im  Sempel 
toor  %xtr)i^  ^i(b  folgten  ©afiereien  unb 
Spiele;  jum  9'?ad)tmat)t  trugen  bic  ©iencr 
ben  bem  '\^n'()x  unb  ber  5'^fpi'''  9ftt>cil)ten 
Sübneber  auf  ben  Jifd),  unb  man  legte 
biirauf  ^a«  (Seiübbe  ab,  im  beginnenben 
3nbrc  grof;c  unb  fübne  Jbaten  ju  tbu".  3" 
Dflergotlanb  roirb  nod)  jc^t  am  3ulabenb 
ein  mit  einer  Sd)n)ein«baut  überzogener 
931oct  auf  ben  lifd)  gefegt,  unb  bcr  J^auö= 
üatcr ,  bic  ^au?frau  unb  tai.  (Serrnbc 
fd)mören,  itjrc  i'flid)t  treu  leiflen  ju  rooUen. 
51n  anberen  Orten  fterbfn  Äiid)cn  in  (5;ber= 
geftalt  gebaden.  5lud)  Stiere  fielen  bem 
^repr  (\U  Opfer.  Um  manei^e  lempel 
^^reprö  mcibeten  tjeilige  ©onnenroffe. 
®egenüber  bem  in  9<ortt)egcn  nerebrtcn 
5tt)ort  galt  t^repr  al^  ber  <Sd)meben  ®ott; 
fein  gro§er  ^uupttempel,  in  roeldjcm  bod) 
üud)  iborrö  unb  Obbine!  *Silbniffc  flan^ 
ben,  lag  ju  Upfala.  ^rcljr^  ©obn  t^eißt 
5^jölnir,  mäd)tig,  frudjtbar,  glürflid)  unb 
fricbfelig,  roie  fein  ^ater.  Sei  ben  S)änen 
l)ie§  ber  @ott  5rib{)leifr  =  gric^fi^^ 
erbe,  (^i^obtii  =  ber  2Beifc,  obcrjii^t)* 
frobl)i. 

S)erfelbe  ®ott  nun,  ber  bei  ben  DJorb^ 
länbern  5rcl)r  ^ie§ ,  mürbe  ton  ben 
S)cutfd)en  pcrebrt;  er  ift  ein  Sonnenaott, 
fein  beutfdjer  ^amt  aber  nicfct  me^r  naAs 
Vocisbar;  man  nennt  ibn  mit  bim  bem  nor= 
bifdien^icpr  entfpredienben  bcutfdjcn  2Bortc 
Frö,  melc^cö  im  '2lltbeutfci^en  al?  ®emein< 
nanie  für  ben  ©egriff  ^crr,  vociblii^ 
Fronwa  =  %xau,  ^errin  unb  juglei(^ 
aU  "Jlbjettio,  abo.  froh,  auftritt.  S)tc 
©onncnräfer,  rDeld)e  beim  ^c^anniös  unb 
beim  Ofterfcuer  angcjünbet  rocrbcn,  gelten 
mabrfe^cinlid)  bieftm  ■Sonnengott.  3t)m 
tvax  bcfonb^rö  1>ai  3«lfeft  eig«n.  ba^ 
%iit  ber  SBinterfonnenrocnbc. 

t5ron=,  ^robn«  m  3^'fa"i"i«"ff^""' 
^en  ift  urfprüngli(^  ber  b^ilb  por. 
Salb  nad)  ©ubftantioen  gefegte  ©enitio 
*)Bluraliö  beö  obb.  frö  =  j^err,  beffen  *^''eni= 
tit>  $lural  fröne   lautete  =  ber  Ferren, 


b.  b.  tjicr  tt)o^t  naä)  d)riflUd)cr  ^nftc^t 
„®otte^  unb  bcr  ^eiligen".  2)iefer  ®eni» 
tiü  ^luraliö  mürbe  aber  balb  mi^oerftan« 
ben,  in  abrerbialem  Sinne  gefaxt  unb  al^ 
ein  n)trflid)e^  llboerb  fröne  in  ben  33e« 
beutungen:  bcr^erren,  l)erifd)aftlid),  öffont» 
lid) ,  beilig,  genommen,  morau^  enbli(^ 
allmablicf),  ^ueift  im  11.  Si^brb.  i^ai  bieg« 
famere  ^ibjeftio  frön  ^erootging,  hai  im 
12.  3^1)^^^-  l)äiifigfi;  ootfommt,  aber  fd)on 
im  13.  3afif')  micber  feltener  ju  rocrbcn 
beginnt;  eö  l)ie§  alfo:  boe  J?reuj  fron, 
fein  ^eiliger  ?eid)nnm  fron,  bcr  ebel  iRittcr 
fron,  baö  frone  J^reu;,  bie  frone  jcben 
gebot,  bcr  jarte  fron  ?eid)nam.  3"5f'ftlbaft 
ifl,  ob  bic  mit  gron  ;\ufammcngefcBtcn 
SIBörtcr  aU  oon  biefcm  *}lb|eftio  ober  ritel« 
mebr  al^  r>om  tt)irflid)en  älteren  ®cnitiD 
l^lurdliö  abgeleitet  anjufcbcit  feien;  e^ 
bcjieljt  fid)  in  fold)en  ffiörtern  ta^  33c< 
ftimmunci^roort  ^ron  ftetä  auf  ein  bunflcä 
l)crrfd)aftlid)e^  ober  beiügeö  IBctbältniö. 
®old)e  ilompofitioncn  finb  gronaltar, 
Jljronarbeit,  5^ronbau,  fronbar, 
Fronbauer,  gronbotc,  ^'^''nbrot, 
^ronbienfi,  ^ronfaften,  Jytonfclb, 
i^ronfefte,  gronfubr,  gron  garte, 
grongebot,  grongeifi,  J^ongclb, 
grongemic^t,  gronglaube,  ^^t^on* 
gut,5ronbauä,5ro"brtK^l«'^'f'^on'= 
heilig,  ^ronljcrr,  J^ronMf,  i^ron* 
l;ubc,^  ^ronfäfe,§ronfned)t,5ron  = 
torn,  gronfreuj,5ronlünb,^ron« 
leib,  gronleid)nam,  5"^""^^"**^ 
J^ronmatte,  ^ronpfcnnig,  ^ron* 
pfcrb,  ^ronpflidit,  gronrcc^t, 
55ronfd)iff,  ^r  onfd)rei  bcr,  ^ron« 
ftod,  ^rontatij,  ^rontcil,  ^"^on* 
tiogt,  ^tonmalb,5ronmalt,  gron* 
maffer,  gronmed)feI,  ^ronmeifc, 
JVronmerf,  gronmiefc,  gronjinö. 
yinä)  SBeiganb  unb  ®rimm. 

gronljbfc.  "Der  ^robn-  ober  Ferren* 
fiof  entftcbt  in  altgcrmanifd)cr  ^dl  ta^ 
burd),  ba§  jcber  freie  ®runbberrfer  mit 
feinem  ßoosgute  in  bcr  ^ffbmarf  aud) 
einen  ^errenbof  in  bem  35orfe  befaf. 
3u  befonberer  |»au^s  unb  Jpofbaltung  gc^- 
bie^  ein  foldjer  ^of  fcbod)  erft,  fcitbem 
bic  3abt  ber  ©emeinfreien  fid)  feit  ber 
3eit  "bcr  *)[l?eroroinger  rocfcntlid)  geminbert 
^atte. 

1.  2)ie  3^ronl)öfc  tii  früheren 
SRittelalte  r^  biö  in  bic  3fit  bcr 
Karolinger.  Der  ??ron5  ober  Ferren« 
bof  ift  curtis  ober  cnrtis  dominica,  casa 
dominicata,  sala  ober  ©albof.  ^(hix 
freie  ©lunbbeft^cr  bi^  jum  ^^'önig  befi^t 
10* 


148 


gton^öfc. 


einen  ^ronfjof.  S)en  |»crrenf)of  bee 
Äönigä  nannte  man  Äönigetjof,  fönig^ 
lid)en  ©aIt)of,  fijmnlid)cn  ^jiötue, 
•PalaP;  bcn  bcr  Si[d)öfc  2)om[)of; 
bcn  bet  ©orfgeipUcfjen  q3farrf)of.  3u 
jebem  ^ronfjof  geborten  me£)r  ober  »c= 
niger  auegebebnte  ßänbereien,  »el^e  bie 
®runbl)errid)aft  beä  J^of^errn  bilbeten. 
(Sine  fefir  nuegebe^nte  ober  quo  mehreren 
©runbbcrrfcbaften  äufammengebracbte 

®runbtierr[d)aft  entj^ielt  mehrere  5ron= 
t)öfe,  jumat  bei  Königen,  Sifdjöfen  u.  bgl. 
S)ie  jum  J^ronfiofe  get)örenben  Sdnbereien 
»erben  teilö  ton  bem  |)ofe  aus,  teil«  burc^ 
Colonen  gebaut;  bai  ^ofgefmbe  beflebt 
aue  unfreien  ober  tt>enigjlen«  nid)t  iioüfreien 
geutcn.  €d)on  früb  f)atti  ber  umzäunte 
^errenbof  mit  ben  ÜBobnungen  beö  |)errn 
fott)obt  aU  ber  £)iener  ein  burgartiges 
Qlnfeben.  Qltle  Sßobnungen  niareii  aus 
^olä  gebaut,  bie  25ä^er  mit  <Sd)inbeIn, 
feiten  mit  3*^9^^"  bebedt.  S)ie  Ferren* 
TOobnung  be"«  Soüfreien  \a^  in  altfränfi= 
fd)er  3eit  auö  »ie  t)iüU  nod)  bie  gröBeren 
^öfe  güDbeutfcblanbä  unb  ber  €d)»eiä; 
fte  befianbcn  aus  blocfbauäartig  ju[am= 
mengefügten  Salfen  mit  einem  bob«" 
2)act)e,  bem  }^ix^\  iai  2)adb  fotrobl  ale 
baö  3»inere  maren  burd)  Säulen  getragen, 
unb  ©äulen  Dor  bem  ©ebäube  trugen 
ba«  Dotilebenbc  3)ad)  unb  bilbetcn  baburd) 
einen  bebecften  ®ang.  ©üö  3nnere  ber 
SCBobnung,  bie2)iele,  beflanb  aus  einem 
einzigen  SRaume,  in  melcbem  bie  ganje 
i^amilie,  um  ben  ^Jamitienberb  rerfammelt, 
ttjobnte.  Qlüc  ^aupt*  unb  SJJebengebäube 
famt  ben  Qirbeitebäufern  unb  2ßirtfcf)aft0s 
gebauben  bejlanben  aue  einjelncn',  neben= 
einanber  ftebenben,  einj^ödigen  unb  nur  einen 
einzigen  Oiaum  entbalten^en  ©ebäuben. 
93en)ad)t  ttiurbe  tai  ®anje  mie  nod)  beute 
bie '■Bauernböfe  »om^ofmart,  b.  i.  bem 
^ofbunbe. 

S)iefet  Scjtanb  ber  dltejlen  ^tonböfe 
erbieit  burcb  Äatls  be^  ©ro^en  !8c= 
Semübungen  ein  n>efentlid)  tierän= 
berte^  SInfeben.  ^arl  bcr  ®ro§c  erlie§ 
genaue  93e|limmungen  für  ben  Äönigsbof 
unb  beffen  einzelne  Icilc.  5Da«  ^aupt« 
geböube  foüte  tai  geräumige  unb  mobl« 
cingerid)tete  Ferren  baue  fein;  inegc- 
mein  aus  Stein  ober  menigftenö  au§en 
aus  Stein  ober  aud)  ganj  aus  ^olj  ber= 
gcfietlt;  bie  übrigen  äffiobn*  unb  *Mrbeitö= 
Käufer,  bie  Käufer  für  bie  grauen  famt 
bcn  nötigen  Stuben  unb  iBorrai«fammern 
foüten  fid)  baran  anreiben.  jDa«  ganje 
.^ofgebäube   mar   mit   Söüern,   ^in  unb 


wieber  auc^  noc^  mit  bebedten  (Sängen 
umgeben,  moju  erfi  noc^  bie  Dfonomiege= 
bäube,  (Satten,  J^ofräumc  unb  gifc^teidje 
famcn,  alle«  mieberum  mit  einer  gemein* 
f(^aftlicften  3[Rauer  ober  mit  einem  3'iun& 
umgeben.  ÄarU  beä  (Sro§cn  Seifpiel  fanb 
bei  ben  mcltlid)cn  unb  geiftlic^en  ©runb« 
berren  balb  Dtai^abmung. 

■Jinf  fotd)en  j^i^ouböfen  entmidelte  ficf> 
nun ,  ebenfati«  in  ^Inlebnung  an  bie 
föniglicben  ^öfe,  bie  J^ofbaltung 
beö  ü)JitteIaIterä,  meldje  aufä  engpe  mit 
ber  23erfaffung,  ber  Sitbung,  ber  Äunfl 
biefer  ^eriobe  jufammenbängt.  .^ier  fott 
bIo§  bie  (5ntmidlung  unb  (Sefialtnng  tii 
grobnbofmefenö  im  engeren  Sinne  furj 
gejeic^net  merben. 

3n  Schiebung  auf  bie  föniglidbcn  ^öft 
entmidclt  ficft  ein  Unterfcbieb  jtt)ifd)en 
fpfaljen,  ju  benen  fiel«  gemiffe  fönig« 
Iid)c  Sitten  geborten  unb  in  melcben  eine 
föniglid)e  ^ofbaltung  beftanb,  unb  jmifdben 
gemöbnlidben  ftönig^böfen,  bie  bIo§ 
für  eine  Sillenoermaltung,  feineämegi 
aber  jum  (Smpfange  beä  Äönigä  unb  ber 
föniglid)en  ^ofbaltung  eingerid)tet  maren. 
5inberSpi^e  eine«  Äbnigäbofeö  ober  einer 
SBitta  unb  ber  baju  gebörigen  ^^errfcbaft 
jianb  ein  berrfcbaftlid)  er  Beamter,  bcr 
febr  ücrfd)iebene  9Jamen  trägt,  j.  ©. 
judex,  villicus,  major,  major  villae, 
cellarins,  decanus ,  centenarius ,  decurio, 
Sd)ultbci§  u.  a.  2)iefer  Seamte,  ber  balb 
bem  Staube  ber  bofbötigen  ßfute,  balb 
bem  ber  böbcren|)ofbeamten  angebörte,  b*ittfr 
bie  53ermaltung  unb  'J3emirtfd)aftung  bcr 
ßänbereien  beä  ^ofeä  unter  fid)  unb  bie 
5lufftd)t  über  bie  arbeitenben  unb  bienens 
ben  grauen,  Äünf^ler  unb  .^»anbmerfer. 

S)er  Serfaffung  ber  föniglid)en  |iöfc 
unb  55iüen  mürbe  biejenigc  ber  übrigen 
(Srunbberren  nad)gebilbet,  unb  jirar  un* 
terf^ieb  man  bicr  bie  innere  gamilie 
beä  .^ofberrn,  bie  jur  Söcforgung  bea 
eigentlid)en  ^ofbienjleä  »ermenbet  mürbe, 
unb  bie  äußere  gamilie,  moju  bie  jur 
ßanbmirrfcbaft  oerwenbetenÄnedbte,  93tägbe 
unb  anbere  unfreie  unb  börigc  ßeute  iäi)U 
ten,  bie  um  ben  gronbof  berum  mobn« 
ten.  Sallänbereien,  terrae  salicae,  agri 
salici,  .^erren«  ober  gronlänbereien  biegen 
bie  oom  gronbofe  aus  bebauten  ßänbe* 
reien,  jum  Unterfcbicbe  »on  ben  an  Äo= 
Ionen  binflcgebenen  3inägütcrn  unb  !8ene- 
fijien.  '^udi  an  ber  Spi^e  biefer  ^öfe 
fianben  SDJeier ,  S^l'fntf'^  "ber  (Sentncr, 
DrtsDorfteber  (praepositi),  .Rettncr,  iBer* 
Walter  (actores)  ober  Sßögte,  in  9eiftlid)en 


iJron^öfc 


149 


@runbberrfd)aften  ni(^t  feiten  ÜJJöndje  unb 
anbete  ©ctpiic^e. 

3u  ben  ^ronböfen  gef)örtcn  aber  aud) 
bie  im  93e[i^  bcr -Äolonen  ftd)  bcfinblic^en 
Sauernl)öfe.  ©ic  geborten  infofern 
gum  ^ronbofe,  a\i  i^rc  3nf"il'<!i^  flwiffe 
SJienfic  unb  Seifiungen,  ju  bcnen  fie  oer; 
1jflicf)tet  waren,  an  ben  f)errfd)aftlicben 
©camten  beä  ,5ronf)ofcä  ju  entrichten 
■i^atten.  ©ben  au^  biefer  3uf"ii'^f"9fi- 
|)örigfeit  bcr  23auernl)öfc  jum  .^errenbof 
ifi  bcr  SRame  |>örigEeit,  |)ofl)örigfeit 
«ntfprungen.  ^od)  lagen  biefe  99auerns 
^öfe  niä)t  notwenbig  unmittelbar  am 
^ronbofe,  fonbern  I;äufig  burcf)au0  jer« 
prellt,  ©onfi  njar  bcr  !öauernt)of,  abge-- 
fel)en  non  feinem  abhängigen  Swfi'Ji^öf/ 
im  fleinen,  voa^  ber  ^^rotjntiof  im  großen 
tuar.  6r  bcj^anb  auö  einer  2Bol) nun g 
im  I)orfc,  nicifi  mansus  genannt,  mit 
ben  baju  ge[;örigen  Stallungen,  Sd)eunen 
u.  bgl.  unb  au«  einer  Slnja^l  ^^elbern  unb 
SBiefen  in  ber  i^clbmarE.  2)ie  Colonen 
fonnten  lieber  ibrunfreieö  ®  efinbe,  man- 
cipia,  babcn,  bie,  an  bie  (£d)oüe  gebunben, 
mit  bem  ®runb  unb  ©oben  oeräu^ert 
njuvbcn. 

I)ie  93auernbicnj^c,  rttel^e  bie  Colonen 
unb  porigen  an  ben  ^i^ontjof  ju  cnt^ 
richten  t)aben,  fmb  ^^ronbienfte;  ju 
bcnfelben  waren  nict)t  blo^  bie  *JJJänner, 
fonbern  aud)  bie  grauen  t>evpflid)tct.  Sie 
fmb  fel)r  »erfd)iebener  5lrt,  bie  bäufigflcn 
aber  finb  bie  Ql  cf  erbten  jle;  onbere  ftnb 
bie  23otenbienjle,  ^ronful;ren  unb 
Sßorfpannbiefie;  aud)  ju  Äriegö* 
bienften  unb  gemiffen  ^auö*  unb 
Jp)ofbienPen  »üaren  bie  Sn^öt*«!  ^^^ 
Söaucrngüter  t>erpf[id)tct. 

jiDie  Colonen  unb  @d)u^^örigen  eincö 
iJronbofeö  bilbeten  jufamnun  eine  |)of= 
gcnoffenfd)aft,  beren  ^aupt  ber  jebeßmalige 
^crr  bee  g-ronl)ofeö  mar.  (är  cermitteltc 
ben  SRe(^t8iierfcl}r  ber  ^ofgenoffen  nad) 
au§en;  er  üertrat  fie.  3)ie  ^ofgenoffen 
felbft  t)atten  ibr  eigeneä  .^ofrecfet,  eine 
eigene  genoffenfcboftlid)e  ®erid)töbarfeit. 
SBie  bei  ben  2iolt0gerid)ten  fanben  bie 
©enoffen  felbfi  ia^  iRed)t,  ber  »orfi^enbc 
9flid)ter  mar  nur  ^rager  bes  Siccbteö. 

2.  2)ic  5ronl)öfe  beö  fpäteren 
SWittclattere.  S)u  2Bobnung  beö 
®runb^errn  ^ei^t  au^  im  fpätern  iDiittel- 
alter  ^lon*  ober  J&crrenbof,  domns 
dominica,  mansus  dem.,  curia,  curtis; 
anbere  9'Jamen  fmb  sal,  salhof,  selhof, 
bannhof,  twinghof.  5llö  @i^  bcr  J^err« 
fc^aft  ^ei§t  er  sedelhof,  sidelhof,  morauö 


fpdter  sadelhof,  seidelhof  unb  sattelhof 
mürbe;  aud)  stadelhof  fommt  Dor,  2lmt«s 
bof  unb  ®ingbof.  3nfofern  }U  jebcm 
S^ronl)of  eine  *ilnjabl  Sauernböfe  ober 
|)uben  geborte,  fo  bie§  er  hnobliof,  ^aupt« 
bof;  infoforn  er  feiner  ®runb=  unC>  ®d)u^s 
berrfd)aft  untermorfen  wax ,  5rei[)of, 
freier  gronl)of;  na^  anberer  Se= 
jiet)ung  enblid)  l)ei§t  er  einerfeitö  (5bel  = 
bof  Don  bem  ©tanbe  feinet  Sefi^ers, 
DJ?  ei  erb  of,  Äelnbof,  villlcatus,  villi- 
catio,  infofern  er  an  ilfieicr  ober  Äcüner 
jur  2öemirtfd)aftung  abgegeben  mar.  SRit 
allen  biei'cn  3iamen  bejcid)nct  man  nun 
aber  entmeber  nur  bie  berrfcbaftlii^e  ißot)s 
nung  im  ©egenfafee  ju  ben  baju  geboren^ 
ben  Öänbern  unb  Bauerngütern,  ober  aufer 
ber  2Bobnung  nocb  alle  baju  gebören- 
ben  2Birtfd)aft2(j  unb  anbercn  ©ebiiube 
nebfi  .^ofräiimcn  unb  ©arten,  ober  enbs 
lid)  ju  allcbem  no(^  bie  baju  gef)örigcn 
Cän&ereien,  mcld)e  nid)t  feiten  eine  ober 
mebrerc  3)orffd)aften  umfa§ten.  3^  »ii^ 
bei"  @vöfe  be^  »on  einem  ®runbberrn  ju» 
fammengebradbten  Serritoriumö  mar  bie 
3abl  ber  ^'^'■''nl'öfe  üerfd)ieben;  beftanb 
bie  ^crrfcbaft  a\ik  mebrcrcn  55>^onl;öfen, 
fo  ftanb  an  bcr  ®pi^c  berfelben  bcr 
Dbert)of,  |>auptt)of,  3lmtäl)of,  ^falj* 
ober  Äammcrbof.  3"  33cjiel)ung  auf  ben 
^errn  unterfd)eibet  man  1.  '^Jalaticn 
ber  Könige  unb  bie  il^ncn  nad)gcbilbeten 
Q3 fallen  ber  ?anbcöt)errcn;  2.  bie  für  bie 
liermaltung  bcjlimmten  ^önigäböfe  unb 
bie  bicfcn  nacbgebitbeten  lanbeöberrlicben 
^ronböfe;  unb  3.  bie  gronböfe  ber 
geiftlid)en  unb  meltlid)cn  ©runbbetren, 
meld)c  fet)r  büufig  ju  gleicf)er  ^iit  ber  >£i^ 
ber  J^crrfd)afi  felbjt  unb. bcr  t)eirfd)artlic{)en 
iieimaliung  marcn.  Über  bie  Q3fal;!|en 
felic  man  ben  befonberen  *Jlrtifel.  2)ie 
töniglid)en  unb  lanbeöl)errlid)en  g'^on« 
l)öfe  entbtelten  in  erfter  ßinie  ein  jur 
2Bo£)nung  beö  lanbe«beirlid)en  Seamten 
bienenbcei  a[Bol)ngebäube,  Äbnig^s 
1)0 f,  Ferren  bof,  curia,  curtis,  .^er  ren« 
baue,  fpätcr  meijt  Qlmlöl)of,  officium, 
5lmt0l)au0  genannt,  moju  bann  bie 
nötigen  lanbmirtfd)aftlid)en  ®ebäube 
famen,  ®d)eunen,  ®pcid)et,  Mafien,  ÄcQcr, 
93ormcrfe  u.  bgl.  iÜbnlid),  nur  fleincr 
unb  befd)eibener,  maren  bie  S5'^''"^öte  bcr 
geifllid)en  unb  meltli(^cn  ®runbl)errn 
befd)affen,meld)c  juglcicb  llanbigcräöobnfi^ 
berfelben,  berrfd)  aftlid)  c  SBobnung 
unb  SBermaltungen  maren. 

5lu«   ben  SIBol;nt)äufern  berjvon- 
l)öfe,    bie    man   nun    mcifi    auö   Stein 


150 


^ronfeöfc. 


baute,  iiai)ix  ber  9'?ame  steinhüs,  unb  bie 
fd)on  frü^)  mit  3äunen  ober  SWaucrn 
umgeben  maren ,  mürben  bie  ©urc^en 
be^  awtttelattcrö;  ftc  treten  erfi  feit 
bem  10.  unb  11.  3af)'^f)unt)ert  alö  foldie 
^crnor.  Qlnberc  Iburgen,  bie  erf!  fpiitcr 
jQblreic^  aU  feftc  Qtufcntbaliö»  unb  93es 
mabrungöorte  an9eTec^t  mürben,  untcrfAie« 
ben  fxd)  Pon  ben  älteren  ciu^  ^'^'^"^öfcn 
entftanbcnen  iBurgen  baburc^ ,  ba^  fie 
au^er  it)rem  Surgbann  ober  Surgfrieben 
feinen  meiteren  '-öejirf  befa^cn.  9?eben 
ben  ju  Surgen  gemorbenen  ^ronbofbäufern 
gab  cö  aber  immer  nod)  joblreiAe  (5ron= 
böfc,  bie  nie  ju  23uTgcn  un^gebaut  mürben. 
i>ie  äu  einem  gronfjofe  getiörenben 
ßänbcreien  ^ie§en  tai  Territorium 
ober  ta^  ®ut,  praedinm.  ®ie  maren, 
menn  fie  um  ben  ,5fO"'"'f  I)erumlagen, 
öfter«  mit  einem  ®raben,  3'^""/  ßtter  ober 
(Satter,  meift  aber  mit  SDkrffleinen  ober 
©renävfäblen,  (Srenjbäumen,  Äreujcn  unb 
©renjfciulen  bejcid)net ,  bie  Umzäunung 
aber  mit  Jboren,  befonberö  mit  %alU 
tf)oren  oerfcben.  23on  biefcr  Qlbmarfung 
erf)ielt  tai  ju  einem  ^'^onbr'fe  get)örige 
©ebiet  felbfl  ben  SJJamen  Tlaxt  ober 
^ofmarf,  aucf)  Stter,  3oun,  Sannjaun, 
@d)u^bann.  £^ie  l^änbcreien  ber  ^ofmarf 
befinben  ficb  entmeber  in  unmittelbarem 
93efi^e  beö  ©runbberrn  felbfi  unb  mcr- 
ben  t>om  gronbofe  auö  ober  burc^  Jlolo* 
nen,  jebod)  nur  fronmcii'e,  bebaut,  ober 
fte  finb  gegen  beflimmte  Öeifiungen  feit 
unbenflid)er  >^eit  an  Colonen  b'ngfgfben, 
alfo  Bauerngüter.  I)ie  erfteren  ^ie^en 
audb  im  fpdieren  ÜJtittetalter  nocb  terrae 
salicae ,  ©allanbereien,  agri  salici, 
u.  b(\I.,  auc^  ©eellänbereien,  ©eclgüter, 
@eell)uben,  seilend,  sale,  auc^  ahtae, 
ahten,  baten,  achten,  ^ofad)ten,  ju  mf)b. 
ber  ähte,  achte,  b.  t).  ein  au^gefonbertfö 
unb  unter  befonberen  iRed)t?fc()U0  genom» 
meneö  ^.Jlcferlonb  eineö  ^errn;  aud)iöüns 
ben,  ©ebunben,  *13eunten;  ^of^  ober 
^ronlänbcreien,  grongüter,  gronäcfer, 
^ertfd)aftlicf)e  ßänbereien.  ®iefe  @üter 
Ratten  mancberlei  Freiheiten,  maren  mie 
bie  F'fn^'öfc  felbl?  fteuerfrei,  frei  oon 
aflcn  grunbberrlid)en  unb  fogteilic^en  2Ib=^ 
gaben,  pom  ^errfcbaftlidjen  3«^r>ten.  ®te 
maren  nid)t  überall  arronbiert,  fonbcrn 
lagen  oft  jerflreut  unter  ben  börigen  unb 
unfreien  3?auerngütcrn.  3n  ©übbeutfc^= 
lanb  maren  bie  meiflen  ©allänbcreicn  früb  ju 
3in?gütcrn  gemorben,  al^  ?ef)en  oerroenbet, 
an  Colonen  abgetreten  u.  bgl.  unb  battcn 
bann  i^ren  freien  fö^araftcr  mciji  mit  ber 


3eit  einaebüft.  3n  3?orbbeutfcf)Ianb  er* 
hielten  fie  fid)  länger.  *Muö  ibren  iRcftcn 
finb  bie  2)omänen,  Äammcrgüter, 
ÄammerforPen,  Sfiittergüter  unb 
herrfd)aftlid)cn  üöalbungen  bei»orgcgangen. 

^a  freier  ©runbbe^^  im  ü)(ittelaltet 
anmäbli(f)  meijt  bie  ikitterbürtigfeit  jur 
golge  batte,  mürben  bie  ^^nböfe  ju 
6b el^ Öfen,  bie  ^of*  unb  ©runtJberr»  J 
fd)aften  ju  !Rittcr(}errfd)aften  ober  ^ 
iRittergütern,  unb  ta^  iRed)t  fte  ju 
befi^en  ein  iRed)t  beö  ilbelö.  3eber 
5ront)off)err  ^atte  baö  freie  Sigcntum 
an  bem  ju  feinem  5f'"i')''f£  gebörigcn 
®runb  unb  iBoben;  bo^  maren  aud)  gc* 
miffe  iPerppi^tungen  bamtt  oerbunbcn, 
namentlid)  mar  ber  3n')''''ff  ^c^  Jron« 
^ofeö  jur  Haltung  beö  notmenbigen  ^  a)  el- 
ober  3'I^P'fM  ober  ber  aBuct)cr> 
ticre  angehalten.  3"  ^^"  befonbereit 
SRed)ten  be«(  ^ixxn  geborte  tai  Sigentum 
an  ben  SBalbungen,  an  SDaffer  unb 
SBeibe,  an  tJIüffen  unb  Sachen,  an 
bem  ©anb,  an  ben  ©er gen,  j^elfen, 
2:bälern,  SZßegen  unb  ©legen,  freien 
*ßlä^en  unb  an  ber  ^Imenbe,  fo  feboc^, 
ta^  hen  .Colonen  mt[)x  ober  mcniger  auäs 
gebebnte  ®ebraud)Ö5  unb  SKu^ungere^te 
juiiejlanben  maren. 

3um  {Jronbofe  gct)ören  aufer  ben 
Sallänbcreien  bie  in  ben  ^änben 
bf^  .Colonen  liegenben  Bauernhöfe. 
3ht  ?Jame  ifi  ^öfc,  curtes,  curiae,  mansi, 
^ubböfe,  ©abelljöfe,  ®ebelf)öfe, 
3in^t)öfe,  %alli)ö^t,  Urbare,  -^of* 
guter,  Bauerngüter,  j^allgüter, 
Erbgüter;  ju  i'ehen  gegeben  l)ei§en  frc 
Bauernle£)en,  ü>{  annleben,  6rb* 
leben,  freie  Sehen,  Sin^^e^f"- 
Sie  maren  in  oerfc^iebenen  ^ronböfen 
unb  ®runb^errfchaften  Derfd)ieben  gro§, 
meijl  etma  30  SDJorgen  oPer  3ucharte, 
aüentfialben  aber  in  einem  unb  bemfelbcn 
^ronhofe  gan;}  -  gleich,  fo  gro§  jmar, 
ta%  ta^  ®ut  jur  örnäljrung  einer  hörigen 
gamilie  f)inreic^te.  'ilüe  93auerni^üter 
maren  bee^alb  urfprünglidi  oermeffen. 
aSegen  ihrer  urfprünglichen  ®lei4)t)eit 
fonnten  bicfe  ®üter  auch  nod)  fpäter  oer* 
lojl  merben.  S)aneben  befi^en  bie  hof* 
hörigen  Ceute  auc^  nod)  ungeteilte 
^elb*  unb  Sffialbmarfen,  ®emein» 
marfen,  |)Oljmarten.  2)ie  ®efamts 
l)eit  ber  in  einer  fold)en  %t\t>t  unb  Sßalb« 
marf  anciefeffenen  höcigen  l'eute  ^ei§t 
ÜJiarfgeno  f  fenf  c^aft  ober  ^ofmarf» 
gemeinbe,  bercn  ootlbetedhtigte  ®enoffcn 
nur  biejenigen  fxnb,  meldte  ^ofgüter  innc* 


^ronlcid^namsfcfl. 


151 


l)abtn;  ia^  rcd)tc  ©igentum  über  bic 
©emcinmatfen  ftanb  aber  bem  |)crrn  bcä 
^ofe«  äu. 

2)ie  2)icnfte  ber  bäucrti(^en  Äo  = 
Ionen  an  bcn  ^errn  njaren  febr  mannig* 
fac^.  SKan  unterfd)cibct  O^aturaU 
ieipungen,  5tüd)te,  ;^auötiere,  (Scflügel, 
(Srjeugniffe  ber  Diild)n?irtfd)afr,  ber  iöieneu- 
ju(f)t,  bea  gifd)fang«s,  5^lad)^,  ^anf,  be« 
Obft*  unb  ©einbaue«,  ('iefcrungen  ber  in 
ber  Äüc^e  nötigen  ®evätfd)aften,  beö  .^außs 
geratet  überhaupt,  ^^ifdicrne^e,  Züd)tx, 
^eljWerfe ,  fertige  Älcibungöftüde  wie 
6*ube,  ^anbfct)uhc,  $anDtücI)er;  ferner 
ben  täglichen  unb  ben  9B  o  d)  enb  ienft 
jur  Sebienung  ber  ©runbl^errfcfcüft;  au§er= 
orbentlidje  IDienfte  an  ben  fcierlid^en  ^of^ 
unb  ®erid)tötagen,  !Öct)erbergung  unb  25ers 
pflegung  ber  ®run^berren  unb  ihrer  '-öe^ 
amten  bei  ihren  '■Jlmtsreifen,  n)eld)e3  man 
ben  S)ienfi,  bic  2t^ung  ober  51 0e, 
tai  ÜJhrhl,  *«ad)tmahl,  l)cn  Smbig 
u.  bgl.  nannte.  Tlc\\i  mürben  mit  ber 
3eit  biefc  D'Jaturalleiilungen  in  ®elb= 
leifiungcn  terwanbelt.  5lnberer  9iatur 
iinb  bie  J^ronbienfie,  grontage, 
aui)  ©cf)ar,  ®d)artt)ert,  6  cfcarwerd), 
©(^arwagcn,  5lnger,  Sagman, 
5ldhten  genannt.  Sä  gehören  ^aJu  bie 
Safelbienfte ,  Sotenbienüc ,  gronpferbc 
unb  gronfuhren ,  ©diiffcsbicnfte ,  99au= 
fronen,  Jagb«,  %[\ä)ixti''  unb  San^froncn  ; 
bie  ^'^ontäuje,  urfprünglid)  beftimmt, 
bie  ^errfc^aft  ju  unterhalten  hieben 
auci)  ^fingft*  ober  2)ienfitän,^e.  !)ßflid)t 
ber  |)err[d)aft  roai  eö,  bie  hötigen  ('eute 
tDÖhrenö  beä  ^'^^nbicnfleä  ju  beföfiigen 
unb  ju  befleiben.  ?lnbere  Dienfte  ftnb 
■Waturallieferungen  unb  2)ienPe 
für  bie  2anbwirtfd)aft,  ildn-  unb 
gelbbienfie:  ßieferung  fon  2>ünger,  $flü« 
gen,  Säen,  (Srntcn,  |>auen,  iRoben,  2öein' 
lefen,  3aunmad)en.  JDen  hörigen  grauen 
fianben  meiblid)e  *ilrbciten  im  ^aufe  unb 
in  ber  Äüdje  ju,  S3cforgung  ber  D^dherci. 
5Die  hörigen  2)icnfimägbe  wohnten  mit  ben 
©belfraucn  im  grauenj  immer. 

©ie  'Huflöfung  ber  gronhöfe  beginnt 
fdhon  im  12.  ^ai)xl).  unb  fe^t  ftd)  biö 
jum  Qlbfdhluffe  beö  SOJittelalter^  ftfttig 
fort,  ßö  finb  babei  roirffam:  93eräu§erung 
cinjelner  ®tücfe  ober  fhmttidier  iBauern= 
guter  ton  bem  gronhofe  alö  Sehen  ober 
al«  QJacbts  ober  SOJeiergüter,  aümählicfce, 
jum  leil  unoermerfte  fioelöfung  biefer 
Ätüde  com  ®anjen ;  93erpad)tungen  ber 
gronhöfc  unb  ber  baju  gehörigen  Sans 
bereien,  Serdu^erung  an  auörodrtigc  ©tifs 


ter  unb  Älöfter,  ebcUcutc,  ©tdbte  unb 
©tabtbürger,  un&  »aö  fonft  ben  *-8ci^anb 
ber  mittelalterlichen  ®runbred)te  aufröfte. 
yiaä)  t>.  URaurcr,  ®efd)idhtc  ber  gron« 
höfe,  ber  Bauernhöfe  unb  ber  ^ofoer* 
faffung  in  3)eutfchlanb.  4  33dnbe.  Sr« 
langen,  lxfi2,   1863. 

^ronlctC^nam^feft,  Festum  sive,  solen- 
Yiitas    corporis    Christi ,     bic    J^eier    ber 
IranofubPantiation,    entfianb  halb,    nach- 
bem    bie  ßehrc    oon    ber    tt)irfli(f)en   Sers 
wanblung  bcö  Srotcö  unb  2ßeine^  in  ben 
Öcib  unb  baä  53lut  ^i)x[\ii  auf   ber  ßate« 
ranfpnobc    unter  Jnnocenj  HI.    im    ^a\)x 
1215    alö    tird)lid)cö  Sogma    fanttioniert 
»orben  war.  iWehrcre  ^^rauen  beö  iJJonnen^ 
Eioflcrö    ju    ßüttid),    namentlich   Juliana, 
3fabeüa  unb  (Soa,  erblicftcn  »dhrcnb  ihre^ 
®ebete^  einen  gldnjenbcn,    jebod)   an  bet 
Seite   eerbunfclten    ÜJIonb    unb    matten 
ihrem  33ifd)of  ^In^eige  baoon.     511^  biefer 
barauf    für    feine   ©iöccfc    ein    geft    ber 
^ojtienanbetung  angcorbnet,   würbe  $apfi 
Urban  IV.   burc^    ein    ncue^  SBunöer  be« 
wogen,  baafelbe  im  3ahr  1264  burd)  eine 
23uüe   alö    ein  %i\i   für  bie  ganje  Äivche 
^u    üerorbnen.     3>a    jcbod)    biefer    *Papjl 
furj  nad)   ber  Srlaffung    ber  'J3utle  jiarb, 
fam  hai  ^i\i  nid)t  eher  jum  35o(ljug,  aU 
biö  Giemen^  V.  e^  burd)  eine  neue  SuHe 
1311  betätigt  hatte.     SSor  1316  td§t  fxä) 
ein  allgemeiner  ©ebrauc^  nid)t  aufweifcn. 
2)a^     SBefentliche     ber     (Sinfe^ungebuQc 
befleht      barin:     Obgleich     ber     grüne 
Donnerstag    baS  §eP    ber    ©infe^ung 
beS    heiligen    'Jtbcnbmahlö    fei,    fo    tönnc 
bo*  bie  .Kirche  an  biefem  Jage  wegen  ber 
51uöföhnung   ber  ©ü^enben,   ißerfertigung 
beö  geweihten  Dteö,  beö  gugnjafchenS  unb 
anberer  'Sefcf)äftigungen    jeneö  Saframent 
nid)t  gebührenb  feiern,  unb  eä  muffe  ba* 
her  ein  befonberer  Sag  baju  beftimmt  wer« 
ben.     Diefeö    geft,    für    beffen   bußfertige 
geier  ein   5lbla§  »on  40  biö  100    Jagen 
oerheißen    wirb,    foU    baju  bienen,    bie 
.Ke^er  ju  befd}dmen  unb  ben   wah« 
rcn    ®lauben    ju    befefiigen.      £)ie 
ffiahl  beS  25  0  n  n  e  r  ö  t  a  g  ö  nncf)  ber  '^pngft« 
Dftaüe  hatte  offenbar  ^iejiehung   auf  bcn 
grünen  SJonner^-tag  unb  auf  iiai   Dogma 
oon    ber    35reieinigfcit.     5ltlgemein    wirb 
bem    ©dhokjliEer    Ihomaö    'llquinaö    ein 
großer  llnteit    an    ber  'ijtti  unb  ^luSfüh« 
rung  biefeö  Jnj^itutö  jugefc^rieben.     ^on 
ihm    lührt    tai'    je^t    noch    gebräu(^Itd)C 
Difijium  her,  baö  unter  bic  oorjüglic^iictt 
liturgifd)en  5lrbciten  gere(J)nct  wirb ;  befon« 
bcrS  fdhön  ijl  ber  ^pmnuö: 


152 


g^rofd^miiufclcr  —  ^ruc^tbringcnbe  ©efeßfd^aft. 


Pangae  lingua  gloriosi 
Corporis  mysteriam 
Sanguinisque  pretiosi, 
Quem  in  mundi  pretiam 
Fractus  ventris  generosi 
Rex  effadit  gentium. 
5Dic  i5i^''"l<^'^"iiiii^pioi<^[r^on  mü.  t>nxi) 
hai  ftd)tbcire  Unibertiagcn  ber  ^oflic  unb 
hmd)  ben  übrii^en  ftnnlic^en  5lufn)anö" 
nacf)  bem  'Jlnöbrucfe  beö  Sribcntiner  Äonjilä 
bie  ^evrlic^fcit  bev  tat£)olii'*en  Äirc^e 
aud)  öor  ben  Qlugen  it)rer  ©cgner  ojtcn= 
büven  unb  beren  Seelen  crfd)üttern  unb 
gewinnen.  3ot)anneö  Äc^Icr  cjtebt  in 
bet  •(cabbata,  I,  103  folgcnbc  S8efc^rei= 
bung  bcö  i^efleg,  »ic  eä  biä  ungefä£)r 
1525  in  ®t.  ®aC[cn  abgebalten  ttiurbe: 
Demnach  ist  angesehen  in  onvorlangen 
ziten  anno  1254  ein  fest  und  procession 
zuo  lob  und  vererung  des  gegenwurtigen 
wesenlichen  libs  Christi  im  sacrament 
des  abendmals,  so  jarlich  uf  dondstag 
4  tag  brachmonats  in  solichem  pracht 
und  apparat,  baide  von  gaistlichen  und 
"weltlichen  baider  geschlechten  personen 
nnd  kostbarlichen  ceremonien,  dass  ich 
die  nit  wiste  ze  beschriben,  begangen 
wirt.  Was  sol  ich  sagen  von  den  un- 
zaligen  langen  und  von  gold  und  arbait 
gezierten  kerzenstangen ,  mit  gras  und 
allerlei  bluomen  nmbwunden,  glicher- 
massen  wie  die  haiden  ire  thyrses  ge- 
nant in  den  festen  Bachi  zuoberait  haben? 
Dise  thyrses  oder  wandelkerzen  giengen 
der  procession  umb  die  ganzen  stat 
ussert  den  muren  zuovor;  demnach  die 
schuoler  in  iren  wissen  linwaten  über- 
rocken ,  singende  und  schellende  mit 
cymbalen  ganz  lustbarlichen ;  demnach 
die  priester  und  monachen,  alle  in  kost- 
lichen, siden  und  samaten  klaider,  darin- 
nen och  si  zuo  den  hoechsten  festen 
die  opfermess  haltend,  jeder  in  siner 
band  oder  armen  ain  guldin  oder  silbe- 
rin stuck  und  gefess  tragend,  darinnen 
etlicher  abgestorbnen  haiigen  bain  ver- 
schlossen ligend.  Uf  die  gaistlich  ge- 
nanten zuoletst  gieng  irer  obersten  des- 
selbigen  orts ,  als  pfarrer ,  bischoffe, 
propst,  decan,  bi  uns  hie  der  abt,  für- 
treffenlich  kostlich  tragende  in  einem 
gnldinen  oder  silberin  monstranzen  das 
brot  des  abendmals  Christi  als  den 
wesenlichen,  personlichen,  selbstendigen 
lib  Christi.  Und  zuo  baiden  siten  ward 
der  gefüert  von  der  stat  obersten  bur- 
germaister  oder  schuldhaissen  under 
ainem  himel,  welcher  mit  sechs  Stangen 


von  den  sechs  zunftmaister  entbor  tra- 
gen ward.  Uf  der  gaistlichen  procession 
volgte  dan  der  laien  hnf  in  iren  allerkost- 
barlichsten  klaider,  und  jjederman,  gaist- 
lich und  weltlich  ,  Jungs  und  alts  tra- 
gende uf  irem  hopt  von  wolriechenden 
bluomen  ainen  kränz.  Mit  solichem  hoch- 
zitlichen  apparat  von  claidung,  zierden, 
singen,  cymbalen,  harpfen,  gigen,  luten, 
orglen  etc.  procediert  man  umb  die 
stat.  Ueber  den  vier  toren  warend  von 
den  burger  zuoberaite  altar  von  tüecher, 
bilder,  kerzen;  alda  hielt  man  under 
jedem  stil,  singende  ain  evangelion,  und 
empfieng  man  von  dem  obersten  den 
segen.  In  der  stat  aber,  an  welchen 
orten  die  procession  maost  fürgon,  wa- 
rend alle  hüser  nach  vermugen  dem 
sacrament  zuo  eren  mit  bildern,  brinnen- 
den  kerzen ,  tüecher  zuoberait  und  be- 
hengt  und  die  gassen  mit  lobästen  wald- 
wit-s  besteckt,  och  mit  gräss  beströuwet 
und  bedeckt.  Ich  glob:  wo  die  Juden 
werend  darzuo  komen,  si  bettend  im 
anschwick  vermaint,  es  were  ir  fest  der 
loberhütten,  oder  die  haiden  für  ire 
orgia  und  bachanalia  angesechen.  Was 
flaischlicher  und  lustbarlicher  andacht 
und  hochfertige  demuot  hie  jsie  ussge- 
stossen,  wissen  wir,  die  wir  hiemit  sind 
umbgangen,  und  jeder  licht  mag  er- 
messen. Diss  fest  weret  mit  usstailung 
der  gnaden  und  papstlichen  aplas  acht 
tag  ;  welcher  den  gegenwurtigen  im  tem- 
pel  durch  ainen  segen,  so  mit  dem  mon- 
stranzen des  sacraments  crutzwiss  von 
dem  priester,  hin  und  her,  uf  und  ab 
gewehet,  überraicht  ward;  och  die  zit 
von  besunderm  ablas  genant  die  aplas- 
wuch.  (sine  anbeve  Sefd)reibung  giebt 
©cbafiian  %xant,  2öeltbud^,  ©.  132a. 

grof^mäufelcr  ^et§t  ein  cpifc()=fatiii= 
fd)cö  ©ebic^t  be^  ®eorg  [Roüentjogcn, 
1542—1609,  fRtUox  in  ^alberfiabt  unb 
9Jlagbeburg.  m  ifi  eine  9?act)a^)mung  ber 
^omcrifdjeii  SatrQd)omi)omac6ie,abcr  bur(^« 
auö  inä  ßel)rl;atte  unb  'J?olemif^e  ge« 
arbeitet.  (Jvjle  Qluögabc  SDJagbeburg  1595. 
i«nd)  bem  SBcrfc  felbp  I)anbclt  bai  erjle 
'üüd)  uom  »Priuatflanbe,  t>ai  jmeite  »ora 
gcifllic^en  unb  nieltlii^en  SRegimcntc,  baä 
brittc  Pon  Äricgöfad)en,  unb  obgleich  üon 
*JJ?äufcn,  gvöfcDen  unb  ^nfen  bie  [Rebe 
fei,  [o  [cieu  toi)  immer  5Wcnfc{)en  abgc= 
malet  unb  gemeinet. 

f^rncftttiringcnbc  ©cfeüfi^aft  ober  ^aU 
mcuorbcn  l^eißt  t>ie  Iitteranfc^e  ©efetlf^aft 


^uftrtücrf  —  gürfi. 


153 


iic  bei  5tnlag  cineä  fürfiUi^en  8eid)cnbc« 
^ängmjfcö  im  '^ai)x  1617  ju  Sßcimar  gc* 
fiiftet  mutbe.  <Sic  würbe  nad)  bcm  (Rate 
be«  oielgcrcificn  geheimen  SRate«!  unb 
•^ofmarfttaüö  Äafpar  üon  Seuticbcn  in 
?iac^al)mung  italicnif(f)er  5lfabemien  er* 
rid^tet,  beffcn  Sorfd)lag  bafiin  ging,  „aud) 
in  3;eutfd)lanb  eine  [olcf)e  (Sefeüfd^aft  ju 
crroccfen,  batin  man  gut  rein  leutfi^  ju 
rebcn,  ju  fcörciben  ficft  befleipige  unb 
ba^jcnigc  tl^dte,  ttjaö  jur  (5r{)ebung  ber 
SDtuttcrfprad)«  bicnlic^  märe."  S)ic  ©efeü* 
fdiaft  nannte  f\d)  bie  fr  ud)  tbrin  gen  be, 
ttjeil  jebcä  !J}Jttgtteb  „überall  |^ruct)t  ju 
fd)affen  gefliffen  fein  foUte".  ^\)xt  2)enifc 
war:  „QlQcö  ju  Df^u^en."  S^beei  SKitglieb 
^atte  aufer  feinem  bejie£)ung6reid)en  ^A' 
mea  ficft  aud)  eine  cmblematifc^e  33Iumc, 
eine  jrudjt,  einen  Saum  ober  ein  Äraut 
ju  wählen,  tai  an  ben  aBaf)Ifprud)  „^lüeö 
ju  9^u^en"  erinnerte.  S)ie  iDJitglicber  ber 
©efeüfdiüft  fotiten  fic^,  „wcä  etanbeö  ober 
n5eld)cr  iReligion  fic  aud)  feien,  eljrbar, 
Perftdnbig  unb  weife,  tugenbt^aft  unb  l)öfs 
lic^,  nü^Uc^  unb  ergö^lid},  leutfelig  unb 
mäßig  überall  erweifen,  rü[;mticft  unb 
eljriid)  t)anbeln,  bei  Suftinimentünften  fic^ 
gütig,  fröblid)  unb  vertraulich,  in  2öor= 
ttn,  Oebärbcn  unb  SBerfen  treulich  er^ 
Weifen,  feiner  bem  anbern  ein  wibrig  iffiort 
übel  aufnehmen,  auc^  ftc^  alter  unjiemcn« 
ben  JReben  unb  groben  «Sdier^e  entbaltcn." 
2)ann  aber  foLlte  „ben  ®efeßfd)afiern 
»or  allen  Dingen  obliegen,  unfere  l)od)ge« 
ebrte  2JJutterfprad)e  in  it)rem  gtünblid)en 
SBefen  unb  rechten  SBerfianbe,  ol)ne  ©in« 
mifd)ung  frember,  ausilänbifdier  glidwörter, 
fowol)!  im  SHeben,  ®d)reiben,  ®ebid}ten 
aufä  anerjietlid)ftc  unb  beutlid)ftc  ju  er= 
iiaikn  unb  auöjuüben,  aud)  möglid)fi  ju 
üert)üten,  ha^  bicfem  in  feinem  gatle  möge 
juwiber  ge^anbelt,  inclmebr  gct)orfamlid) 
nadigelcbt  werben".  Die  ®rünber  ber  @e« 
feüfd)aft  Waren  auger  Seutleben:  ber  Jürfi 
Subwig  Don  ^nl)alt^^ötl)cn  unb  fein 
©obn  ßubwig  ber  3üngere;  bie  |>erjöge 
3obann  (Jrnft,  ^^riebrid)  unb  SBilljelm  oon 
Höeimar  unb  jwei  an^altifd)e  (Sbclleute 
ßbriPopl)  unb  Söernbarb  non  Äroftgf. 
Die  ^iiU  ber  ©efetlfc&aft  waren  offenbat 
burd)auö  würbige;  bod)  War  fie  oornebm« 
U^  eine  ©efeflfc^aft  beö  llbclä  unb  war, 
wie  bie  33ilbung  ber  3fit  überhaupt,  mit 
(äinfeitigfeit  fdiöner  unb  löblicher  Jorm 
jugetban;  aud)  war  Wirfüd)  bie  b«Biii^€ 
•gprad)mengerci,  welcher  bie  ®cfetl[i^aft 
entgegentrat,  am  weiften  in  ben  t)orncl)men 
Greifen  jul;aufe.    Dat)er  |!iftetc  auc^  eine 


?lnna,  ®iäfin  oon  QSentlieim,  noc^  in  bem- 
felbe  3at)re  1617  ju  »Mmberg  in  ber  Ober- 
pfalj  eine  Academie  des  Loyales  ober 
i'Ordre  de  la  Palme  d'or,  beftimmt,  bie 
franjöftfdje  Silbung  unter  ben  J^rauen 
i^reö  ^aufe^  ju  ücrbveiten.  DieSWitgliebcr 
ber  ,5rud)tbringenben  ®efellfd)aft  bemühten 
fich  befonöerö,  franjöfti'dje  unb  italienifd)e 
@ebict)te  in^  Deutfd^e  ju  überfe^en  unb  3tin» 
gclrennen  unb  bergleid^en  •^offcftc  mit  ihren 
beutfi^en  *probuftionen  ju  jieren.  Sin 
befonbcrö  fleißiger  Did)ter  war  in  biefer  Sf 
jiel)ung  ber  im  ^aljx.  1620  bem  Drben 
beigetretene  Dietrid)  oon  bcm  SJcrber,  ber 
*ilrio|iä  [Rafenben  SRolanb  überfe^te.  ^le 
bai  jweil)unbertfte  ajiitglieb  würbe  Dp  ig 
unter  bem  9iamen  bti  „©efronten"  unb 
mit  bem  (Jmblem  eine«  breitblatterigcn 
ßorbeerbaumeö  aufgenommen.  9'Jad)bem  im 
^ai)x  1650  erfolgten  Jobc  beö  ^erjogä 
l'ubwig  Don  *2lnl)alt=Äött)en,  ber  30  3at)re 
lang  bie  «eele  ber  ®efeüfd)aft  gewefeu 
War  unb  eö  mit  ihren  Qlbfic^ten  wirflid) 
ernft  meinte,  fam  bie  ßeitung  ber  ©efell* 
fd)aft  nad)  SB  ei  mar,  ino  -^erjog  9BiUiclm 
ba^  neue  Oberhaupt  ber  ®efeUfd)aft  würbe; 
benn  hai  Dberhaupt  mu§te  nach  ben 
Orbenögefe^cn  ein  ^ürft  fein.  (Sr  ftatb 
1662;  fein  9^ad)folger  würbe  erft  1667 
|)erjog  ^iluguft  fon  (Sad)fen;  nai)  beffen 
im  ^c[i)x  1680  erfolgten  jobe  würbe  fein 
Dbert)aupt  mel;r  gewählt.  Döring  in 
(ärfd)  unb  ©ruber.  Sart^olb,  %xüä)U 
bringenbe  ©efeüfdiaft 

J^u^rttJcrf,  fict)e  2ßagen. 

prft.  1.  5n  altgerm.  3eit.  9Jac^ 
Sacituö  ©ermania,  Aap.  13  l;atten  bie 
©ermanen  principes,  beren  2öal)l  in  ber 
Solfönerfammlung  vorgenommen  würbe. 
Jfach  £acituö  ftnb  biefelben  iBorftct)er  ber 
|>unbertfchaften,  eö  ifi  aber  wat)rfd)einlii^, 
ba^  eä  au($  dürften  beö  ganjen  *Bolfö= 
fiammcö  gab;  bod)  fennt  man  wenigftens 
ben  Dramen  eineö  folgen  Qlmteä  ni^t. 
Der  princeps  würbe  frei  auö  bem  ganzen 
iöolfe,  ohne  !Rüdftd)t  auf  beflimmte  ©e» 
f^led)ter  ober  auf  ben  (Stanb  bed  *Uoclß 
gewallt.  Die  iffiahl  erfolgte  nid^t  auf 
einzelne  5al)re,  fonbern  ber  ©ewählte  blieb 
^ürft,  folange  bie  Äraft  jur  J^ührung  fci= 
ner  Stellung  auäreidhtc.  Die  J^ürP«"  ^^^ 
©neuen  5eid)neten  ^xd)  burd)  \i)xm  ^aaxs 
fd)mucf  auö.  Ob  fie  noch  anbere  3^**^^" 
ihrer  ©ewalt,  Stab,  ©peer  ober  Schwert 
befa(3en,  wirb  nid)t  übetliefert.  5ln  ben 
allgemeinen  $8erfammlungen  brachte  il)nen 
bai  5Bolf  ©aben,  ^rüc^te  unb  33ieb.  3)on 
©runbbeft^,  ber  mit   bem  "ilmt  uerbunbcn 


154 


5ür|i. 


voax,  fagcn  bie  Duellen  nickte;  e^  iji 
Wal)tfd)einUd)et,  bug  überl)aupt  nur  bie= 
jenigen  jur  Stellung  eineä  t^-ürftcn  gC' 
langten,  tt»eld)e  burc^  SRcid)tum  au«ge= 
jcid^net  »arcn.  ®cr  ^ütii  aüein  ^atte 
ba«  iHcd)t,  ein  ©efolge  an  fid)  ju  jiel)en. 
35ie  ü)Jad)t  bcr  ^ütften  mar  met)r  eine 
leitenbc  ala  eine  gebietenbe.  3"'  Stieben 
hjoren  ftc  bie  (Richter  unb  9Sorfttt)cr  ber 
^unberte,  unb  «o  eö  Sanbeöfütften  gab, 
Sorftct)er  ber  t'anfeöueriammlung ,  bic 
aud;  jui^leidl)  ©eridstöDerfammhing  war. 
2)ie  Sffic^rbaftmac^ung  eine^  Jünglinge 
erfolgte  burd)  einen  güifien,  ben  35ater 
ober  einen  SBcrwanbten  in  bcr  ißolfßticr= 
fammlung.  I)cr  %üx^  voax  aud)  bei 
religiöfen  .^»anblungen  beteiligt,  unb  YOf 
nigfien«  gcwiffc  priefletlidbe  Setugniffe 
flanben  ben  ^^üi^Pen  ju;  »iellcid)t  n)arcn 
jene  mitunter  ganj  auf  bie  j^ürflen  über^ 
gegangen.  SBie  im  (Stieben  beim  ®erid)t, 
fo  roaren  im  ^rieg  biefelben  J^iitf^f"  bic 
^ecrfüljrer;  ban<btn  würben  befonbeie 
^ecvfübrer,  |)erjöge  gen)äl)lr. 

2.  3m  »Httelaltcr.  (Srft  in  bicfer 
*Periobe  ^at  man  eigcntlid)  ein  SHcd)t,  »on 
J^ürft  en  ju  fprert)cn;bennbie  principesbeä 
Sacttuö  biegen  auf  feinen  galt  gürftcn; 
iai  ®otifd)e  fennt  taii  SBort  nod)  nid)t; 
crfi  baä  <yitl)od)beutfd)e  bilbet  auö  bcm 
StbDctb  furi  =  r^b.  für  einen  euperlatio 
faristo,  fursto ,  mf)b.  (abjlcrbenb)  vürste 
=  bcr  *Üorbcrftc,  Stfic ,  „^öd)Pe  in  SRang 
unb  Jßürbe,  fci)on  ftüf)  Überfe^ung  r>on 
princeps,  proceres. 

ü)Mt  princeps  tt)urbc  fcit  bcr  ^tuöbilbung 
be?  friinfifdim  SRcid)eö  überf)aupt  öcrjcnigc 
bejcid)net,  ber  an  iRong  unb  SBürbe  ju 
ben  J^öd)fien  ääl)Uc:  ber  .König,  bcr  ÜJJas 
jütbomuö,  bic  l)ol)en  93eamten.  Uloä)  bic 
fä(^rii(^cn  unb  fvänfifd)en  ^aifer  unb 
Könige  unb  bie  ®d)riftf}etler  ibrer  3«'t 
fprcd)en  allgemein  ton  ben  ®TO§cn,  ben 
^üifien  be«  SReidjö;  feit  ^einricl)  IV.  et* 
id)eint  ber  9Jamc  principes  regni  in  ben 
föniglid)en  Urfunben  ,  alö  !Öejeid)nung 
betjenigen,  n)cld)c  im  ftaatUd)en  Öeben  bic 
bcbcutenbjlc  Oioüc  fpielen.  3^^«"^  «*"« 
bcfiimmte  Umgtcnumg  tti  ©cgnffeö  finbet 
jcbod^  nod)  nidit  fiatt.  3u  ben  gei(ilid)en 
gürften  bc^  iHcict)c«  geböten  in  bicfer  Seit 
bic  (är^bifc^öfc,  93ifd)öfc  unb  Qlbte  ber 
unmittelbar  unter  bcm  Äönig  ftebcnbcn 
Älöfict,  bod)  Werben  aud)  Äanoniter, 
(ßriefter  unb  fctbjl  OTöndjc  baju  gerechnet. 
2Bcltlid)c  gürfien  t)ei§en  bic  |)eTjöge  unb 
®rafen,  boc^  Werben  aud)  angefet)enc 
grcie  mitunter  baju  gcjätjU.   ai^  cljrenbe 


5lnrebc  empfangen  befonbcr^  jene  ^öitfieu' 
Beamten  bee  Oteic^e^  ben  iRamen  princeps. 
"ilQmäljlid)  werben  bic  gütftcn  bcfiimmtct 
üon  ben  'Ubiigen  unb  freien  getrennt,, 
unb  bic  principes  fteben  nun  aU  5tmtö» 
übel  bemSRittetabel  gegenübet.  3n'i^teibanf3 
93efd)eibenbeit  banbclt  bic  31.  Übetfd^tift 
Don  künegen  und  fürsten,  unb  e«l  finbett 
[\ä)  batin  u.  a.  folgenbc  @ptü($e: 

Der  fürsten  herze  und  ouch  ir  leben 
erkenne  icli  bi  den  rätgeben: 
der  wise  suochet  wisen  rät, 
der  töre  sich  zen  tören  hat,  — 
Ein  fürste  der  mac  wol  genesen, 
Wil  er  ze  rehte  meister  wesen.  — 
Swelch  fürste  frides  und  rehtes    gert, 
der  wirt  gote  unde  der  werlde  wert.  — 
Die  fürsten  hänt  der  esele  art, 
si  tuont  durch  niemen  äne  gart. 

(Jteibftecfen.) 
Ich  weiz  wol,  daz  der  fürsten  kint 
den  alten  erben  vient  sint.  — 
Die  fürsten  twingent  mit  gewalt 
velt,  stein,  waszer  unde  walt, 
darzno  beidiu  wilt  unde  zam; 
sie  taeten  lüfte  gerne  alsam, 
der  muoz  uns  doch  gemeine  sin. 
möchtens  uns  der  snnnen  schin 
verbieten,  ouch  wint  unde  regen, 
man  müeste  in  zins  mit  golde  wegen, 
doch  möchten  s'  alle  bilde  nemen, 
daz  mucken,  fliegen,  floehe,  bremen 
sint  in  vint  als  eim  andern  man, 
der  nie  schätz  noch  lant  gewan. 
ir  herschaft  dunket  mich  ein  wint, 
Sit  boese  würme  ir  meister  wint.  — 

2>ie  Qlu^bilbung  beö  mittelalterlichen  Sc* 
amtentumä  in  Staat  unb  Äirc^jc  cntwicfcltc 
jule^t  unter  bcm  ßinfluffe  beä  \?e^nwcfend 
befonbete  (Gewalten,  bie  in  ilirct  ©elb* 
jlänbigfcit  jwar  mannigfach  abgefiuft,  bod^ 
eine  gemcinfam.e  (Stunblage  l)aben.  S)ie 
Präger  bicfer  ©eWalten  l)ei§en  gürjlen, 
bcr  3nt'egtiff  ibter  iRed)tc  unb  'i>cfi^ungen 
gürücntümct,  mi)h.  fürsttuom  unb 
fürstentnom,  baneben  herschaft  unb  her- 
tuom,  urfprünglid)  berblo§ciRamcber2Bürbe 
eines  ^"'^Pf"'  fpäter  mit  näljercr  a3cjiel)un9 
auf  beffen  ßonb  unb  ®ebiet. 

©tjnonpmen  fmb  Regimen,  Postestas, 
Territoriam,  ta^  Ic^tere  2Bort  fül)tt  bann 
jum  aSegriff  ßanbcöberr,  ßanbeöfürf}. 
®ol^c  ©ejeic^nungen  werben  juerji  im 
51nfange  be^  12.  3at)rt)unbcrt^  unb  befon« 
ber^  in  Cot^ringen  üblic^.  ©in  91uebru(f 
ber  Stellung,  bic  bcr  %m\l  einnimmt,  iji 


gürfienfcbulea  —  gugbeflcibung. 


155 


bcr  Streueib,  bcn  er  ftci^  »on  bcn  Unter» 
^ebenen  Iciftcn  lä^t,  junüd^ji  Dort  ^en 
Safaüen  unb  SDtiniflcrialcn ,  in  manchen 
^üüen  Don  weiteren  Greifen  ber  Untergc» 
bencn,  s.  33.  ben  93eroot)nern  einer  gcifl» 
Iid)cn  ©tabt.  $Die  SRed)tc  beä  gürten 
»aren  ©eridjtögewatt,  ^eergcttialt  unb  ßr» 
Ijebung  Don  (Sinfimften.  %nx  bie  Übung 
berfclben  unb  für  bie  obere  Leitung  be= 
burfte  ber  ^^ürfi  nid^t  minber  alö  ber 
Äönig  Serireter  unb  ©ebülfcn.  6eine 
Umgebung  bci§t  ^of,  curia,  fott)o£)I  als 
©friert  (|)of^etid)t)  wie  al«  ^at  (^ofrat) 
t^ätig.  ß"'"  •S'of  werben  bie  23afaüen 
unb  SWiniflerialen  berufen.  I)aö  leitete 
ift  befonberä!  bei  ben  geif}Iid)en  ^ütfien 
ber  %aä;  t)in  erfolgten  33efi^oeränberun= 
gen  nur  unter  ibrer  3"P™'^""9/  ^'<^ 
He  nerweigern  fonnten;  fie  bitten  (äinf(u§ 
auf  bie  Srnennung  ber  Beamten  bee  Stifte 
unb  ?lnteil  an  ber  9Bat)t  be^  33i[d)of^ 
ober  ^bte^.  5)er  beutfd)e  9tame  für  biefe 
«eltlidben  Seiräte  ifi  i>a^  gedigene,  b.  i). 
bie  3)egenfd)aft.  Stuö  ben  ÜJJinitlerialen 
gingen  bei  njeltlic^en  unb  geijilic^en  i^üx' 
ften  bie  ^ofbeamten  bcroor. 

iBefonberä  bie  ^^ämpfe  jn?if(i)en  (Staat 
unb  R\x<i)t  mann  bem  Qluffommen  ber 
^ürftentümer  günjlig.  ©er  Äaifer  b^'te 
ftd)  bem  $ap|i  gegenüber  auf  bie  gürften 
ftü^en  muffen;  bie  »Jolgc  war,  i>a^  biefe 
fid)  mebr  unb  mebr  felbfliinbig  auöbilbe» 
tcn.  3"  immer  weiterem  Umfange  würbe 
bamal^  in  ben  nieltlicl)en  gürftentümern, 
bie  urfprünglic^  ja  blo§  Jfile  be«  iReic^e^ 
unb  Don  biefem  unb  be^en  Dbcrf;aupte  ab» 
t)angtg  waren,  etblicfce  Jiadjfolgc  Derlangt, 
beftimmte  @efd)Ied)ter  befeftigten  fxi^  im 
Sefi^e  ber  großen  ^ütPentümer.  2)en 
iBifd)öfen  fte£)en  fe^t  bie  '-öewotjner  ber  Stäbte 
jur  ®eite.  3^  Derjettclter  bie  föniglicf)en 
93efi^ungen  würben,  befto  fompafter  fd)lof- 
fen  ficf)  bie  fürftlicben  Territorien,  jabl» 
reiche  Söiinifterialen  jianben  ben  Unteren 
ju  ©cbotc,  wie  it)nen  aud)  i<ai  *Miifblüben 
ber  ®täbte,  beä  ^anbet^  unb  ©ewerbeß, 
be«  aBot)lftanbe9  in  evfter  Sinie  jugute  iam. 

6eit  bem  12.  3»-^'l>^f'unbcrt ,  nad)bem 
bie  ©teüung  bcr  ©rafen  al^  cinjliger  i)oi)tx 
Sfleicb«beamter  f\ä)  f(I)on  wefentlic^  abge» 
fc^wäd^t  ^atte  unb  Diele  (SbcUeute  infolge 
(Srwerbung  eineö  Stücfe^  alter  ®taffc^aft  fi* 
ben  ®rafcntitel  beigelegt  l)atten,  trat  eine 
©paltung  jwif^en  eigcntUdjen  ^i'i^P^" 
unb  (Srafen  ein;  Don  ben  legieren  gcbör= 
ten  nur  bie  wenigen  jum  J^ürftenftanbe, 
bie  Dom  Äaifcr  in  ben  JReici)0fürftenilanb 
erhoben  worben  waren,  wot)er  fte  bann 


gefürftete  Orafen  |)te^en.  iDiei|l  nac^ 
ilßai^.  QSgl.  gicfer,  «om  Dfleic^efürflen» 
jlonbe    I.  rsnnöbrucf,  18öl. 

i5ürftenfd)iilcn  beiden  im  ®egcnfa^ 
gegen  bie  ftaötif(i)en  ®d)ulen  bie  brei 
fädjfifcben,  auf  einer  Stiftung  be^  ßanbeä» 
fürften  bcrubenben  unb  unter  feiner  un= 
mittelbaren  5lulfid)t  geleiteten  (Spmnafien 
ju  ÜJlei§en,  *13forta  unb  ®rimma. 
@ie  würben  auö  ben  burd)  bie  SJtefor» 
mation  frei  geworbenen  geiftlic^en  ©ütern, 
namentlich  Der  Älöfter  crrid)tet  unb  jwar 
bie  ®d)ulen  ju  ÜJJei^en  unb  *Pforta  im 
5abr  1553,  biefenige  ju  ®rimma  1549 
burd)  ^erjog  Tloxi^  oon  Sad)fcn,  nament« 
lid)  unter  *JJlitwirCung  ber  D^dte  Dr.  Äo= 
merftabt  unb  örnjt  Don  «Uiilti^. 

guPencibung.  2)q§  ben  S)eutfcbcn 
fd)on  fvül)  eine  '^u§beflei&ung  eigen  war, 
jeigt  i)ixi  früt)e  33orPommen  be«  fflorie^ 
got.  skohs,  at)b.  scuoh,  mbb.  schaoch, 
nt)b.  ®d5U^  unb  bie  fpmbolifd)e  Ser* 
wenbung  beö  Sid)ube0  in  ben  9ttd)töalter« 
tümern.  3^  norbif^cn  !Red)t  fommt  bcr 
<B(i)ül)  bei  ber  *Uboption  unb  öegiti» 
mation  Dor :  bcr  SSater  foü  ein  9!)iabl 
aufteilen ,  einen  breijatjrigen  Dd)(en 
fd)lad)ten,  bcffen  red)tcm  ^u%i  bie  .f)aut 
ablöfen  unb  barauö  einen  ©d)ub  machen, 
ben  er  äuerft  felbft  anjiebt,  naä)  it)m  ber 
aboptievte  ober  legitimteite  €obn,  sule^t 
bie  (Stben  unb  ^^«iinbc.  SRad)  altbeut» 
fd)er  Sitte  bringt  ber  Sräutigam  ber 
Sraut  bcn  €d)ul)  beim  ißerlöbni«;  fo» 
balb  fte  il)n  an  bcn  Jfu§  gelegt  i)at,  wirb 
fte  al«l  feiner  ®cwalt  unterworfen  bc» 
trad)tet;  Dicüeid)t  war  e*  bcö '-Ördutigamd 
eigener  ®(^ub.  SlJä^tige  Äönige  fanbten 
geringeren  it)re  '£d)ube  ju,  weld)e  biefe 
jum  ßfi'ä)^"  ber  Unterwerfung  tragen 
foUten. 

Ster  dltefic  Sdbu^  ifi  ber  Sunbfc^ut), 
m^b.  buntschuoch,  nach  alter  ü)?einung 
Don  Äarl  bem  ®ro§en  Dorgefd)rieben,  ein 
biö  an  bie  Änöd)el  reid)cnbeö,  au^  ßeber 
o^cr  .Raulen  beftebenbe«  ®d)ul)wetE,  mit 
iSct)nürriemen  gebunben,  weid^e  Untere 
fo  lang  waren ,  ta^  man  fic  über  bie 
*Jöaben  freujweife  bie  ;(um  Änie  winben 
tonnte.  grembc^uBbeflcibungen,  aber  eben» 
fallä  alt,  ftnb  mbb.  ber  unb  bie  soc,  socke, 
auö  lat.  soceus,  unb  m^b.  berunb  bie  stival, 
stiväl,  aus  ital.  stivale,  fronj.  estival,  Dom 
lat.  aestivale,  alfo  eine  ©ommerbctlci» 
bung  be^  i^uBcö  ,  beibc  au^  lei(i)tcren 
Stoffen,  feinem  ßeber  ober  iJilj^  gemacht 
unb  Don  Dorne^men  *Perfonen  getrogen; 
fie  reichen  etwa«  ^öljer  an  bcr  SEBabe  auf* 


156 


5uBfu§  —  ©atantctic. 


w'dxti  aU  Der  @(f)u^',  bcr  bei  »ornc^men 
Seuten  ebenfaü«  aui  feincrem  Stoffe,  ^xli 
ober  ttjeic^em  Seber  gearbeitet  unb  oberfjalb 
bcö  ©pannö  au0gcfcf)nitten  unb  etwa  juge^ 
f<^nürt  mar. 

S)ic  ppfi^t  OTobe  aboptiertc  bic  um 
1090  Dom  ©rafen  ^uclo  »on  Qtnjou  jum 
tßerbcrgen  feiner  @d)miclen  ober  Seulen 
aufgebrod)teu  ®  d)na  b  clfc^u^e,  bie  porn 
fpi^  jutiefen  unb  barum  über  bie  Qihtn 
l)inauä  Derlängctt  »erben  mußten;  bie 
Borragenbcn  ©pi^cn  maren  mit  SBcrg 
aueigcftopft  unb  bei  ®tu|ern  mancf)mal 
üon  fo  bcbeutcnber  Sänge,  ta^  fte  mit 
einer  Äcttc  ober  ^Igroffe,  etma  oud)  mit 
einer  Sd)etle  t>erfef)en  an%  ^niebanb 
ober  an  ben  »orberen  Sappen  beö  ©c^ubö 
fclber  feflgebunben  mürben.  2Ber  Irifote 
trug,  bebientc  fid) ,  befonberö  *ßorne^me, 
fiatt  ber  (g'd)uf)e  einer  Serftärfung  »on 
ßeber  unmittelbar  unter  ber  @ot)Ie.  2t" 
15.  3at)rb.  famen  für  fd)Ied)teö  üöctter 
Unterfci)uf)e  ober  Grippen  ouf,  genau 
nacf)  bcr  gorm  ber  ®o^le  gearbeitet  unb 
langfpifiig  mie  bie  "Sd^nabelfcfeutjc;  fie 
Ratten  unter  bcr  ^erfe  unb  öem  SaQen 
eine  (Srböbung  unb  beftanben  auö  $olj, 
ha^  mit  ?eber  übcrjogen  mar.  (Stgent* 
lic^c  Stiefel  mürben  in  biefer  *PerioDc 
bIo§  fon  SReitern  bei  ber  Z^a%t  unb  im 
Kriege  gctracien.  ©ic  ©chnabelfcbuljc 
midien  nac^  »ierbunbertjäbriger  üöirffam^ 
feit,  unb  nad)bcm  übevaü  SBerbotc  gegen 
fte  ergangen  maren,  erfl  gegen  ias  ^al)X 
15U0  bem  umgefebrten  öftrem  breiter 
(Sc()ul;e,  bic  äuerfl  ©ntcnfdinäbcl,  bann 
bei  cr(;öf)ter  ©reite  ©ärenf  lauen, 
D^fens  unb  5?uf)mäulcr  genannt 
mürben. 

aBa^  aber  biefem  ^ugmcrf  an  Sreitc 
juging,  ging  it)m  an  |)öbc  ab;  e^  mar 
meift  fef)r  tief  auägcfd^nitten.  ®cgen  1550 
öcrfd)manb  bie  ©reite  unb  mad)te  einer 
Dctftanbigen  fpi^cren  gorm  *p[ah;  bagcgen 


bemächtigte  ftc^  bic  auffommenbc  gc* 
fc^Ii^tc  SKobe  aud)  ber  (Sd)uf)c,  unb 
äbnli^  ben  ättcren  Irippcn  legte  man 
jc^t  ebenfalls  gefcbli^te  Üntcrfd)u^e  ober 
Pantoffeln  unter  ben  ©c^uben  an; 
©tu^cr  pflegten  burd^  i^r  'PantoffcIEIopfen 
bic  *Hufmerffamfeit  bcr  ßeute  anjujicbcn. 
J)ie  franjöfifc^c  SOJobc  fd)mü(ftc  ben  fonfl 
ber  ^u§form  angepaßten  ®cf)u^  mit  [Ro* 
fetten  unb  ©c^lcifen  unb  ncrfc^afftc  im 
18.  3af)it)unbert  für  ia^  männlidjc  ®e* 
fd)ted)t  bem  mebr  militätifdjcn  Stiefel  bie 
^errfd^aft  über  ben  ®c^u^. 

^U§fu^  aU  3fi^e"  ^«r  aScre^rung 
Eommt  fomo^I  al«  gciftli^e  ßercmonie 
oor,  in  3inlcbnung  an  ßuE.  7,  38.  45: 
©rac^t  fte  ein  ®Iaö  mit  ©alben  unb 
tüffet  feine  %u^t  unb  falbet  fte  mit  ®al* 
ben  (bat)er  mit  bcr  ©cremonie  bcr  J^uf* 
mafd^ung  bcr  gu^f^B  »crbunben  ifi),  al^ 
in  meltlic^en  Äreifen,  mo  bcr  jußfuß 
maf)rfd)cinlicb  auf  bie  ^ulbigung  jurücf» 
get)t,  bie  man  ben  ©öttcrn  bot: 

Gäwän  bot  Ir  sinen  grnoz, 
si  kust  im  Stegreif  unde  vuoz. 
Parz.  621,   16. 

Sr  gilt  als  3cid)cn  t)öcbftcr  ißere^rung, 
aud)  t)öd)fler  ficubigcr  Olüfjrung,  unter* 
mürfiger  S)anfbarteit.  2)abcr  tai  Äüffen 
beö  päpfllid)cn  iPantoffel«.  ©iel)c  Äüffcn. 

^u§tDaf(^ung  aU  firrf)lid)e  (Zeremonie 
fnüpft  jtd)  an  3cb.  13,  4,  mo  Jefuä  bei  ber 
legten  Ü)Jabljeit  feinen  3"nflfi^n  felbf!  bie 
5uße  mäfd)t.  SDic  iRad)abmung  biefer  @ittc 
fam  fd)on  früb  auf  unb  mürbe  im  7. 
3abvbunbert  auf  ben  grünen  3)onner^tag 
Dcrlegt.  3«  ber  gricd)ifd)en  Äirdbc  galt 
iai  %\x^\r)Ci^(i)tn  als  ein  ©aframcnt.  5n 
ber  römifd)en  Mxd)t  cmpfal)!  es  ©ernbarb 
tion  ßlairuauj:  bringenb,  unb  cö  fjabet  fid^ 
im  ÜJJittclaltcr  ^äupg  an  ben  ©i^cn  bct 
93ifd)öfc  unb  jjütfien. 


®abcl  ift  bei  un«  als  2;ifd)gerät  crji 
nad)  bem  Mittelalter,  im  16.  3at)rbunbert, 
in  ©ebrauc^  gcEommcn  unb  oon  ber 
glcif*gabcl  in  ber  Äüd)e  ausgegangen. 
Sorijer    füt)rtc   man   bie  Siffcn   mit   hex 


bloßen  ^anb  jum  ÜJfunbc;  bcr  ©ebraud^ 
»on  (Säbeln  galt  nad)  ber  9lnfid)t  bei 
(Scitllid)cn  als  fünbbafte  Üppigfeit. 

©alontcrtc  beipt  tAi  aöcfen  beö  ©a» 
lant,  mclc^  lehtercs  SBort  feit  etma  1670 


©algen  —  ©aiten. 


157 


baä  iZBott  alamobifd^  (fie^e  Alamode) 
oblöfi.  üDaä  franjöfifc^c  SBort  galant  ift 
eine  parti^ipifc^e  ^Ittjeftiübilbung  cnttnebcv 
»Ott  altfcan^.  galer  =  lufiig  fein,  ^t^i 
feiern,  obcv  t>on  gala  =  fcjllid^e  Äleiber« 
pra^t  ober  Jcfiprac^t  übcrtjaupt,  befon- 
betö  bei  |)ofe,  tt»eIdE)eö  SBort  auä  bem 
3tatienifcf)cn  ober  ©panifd)en,  vt)nf)tfcf)ein- 
lid^  oon  einem  bcfünimtcn  .giofc,  wie  es 
f($eint  bem  äBicner ,  ein9cfüt)rt  »vutbe. 
(5in  galantliomme ,  galantuomo  ift  ein 
SKcnfcf),  ber  fic^  nact)  ber  SD^obe  trägt 
unb  fxd)  überhaupt,  befonberä  gegenüber 
bem  „Jrauenjimmer"  mobifcfe  betragt.  — 
©alant  foüte  aber  ni(f)t  blop  iai  Äleib, 
bie  Q^rifur,  hai  billet  doux  fein,  fonbern 
überhaupt  aüeö  S!JJenfc^li($e.  ©alante 
5ßrebigcr  mürben  begel^rt,  bie  !J)ict)tEunfi 
foQtc  galant  fein ;  S^rifiian  Sffieife  beieict)=: 
nete  bie  ^oefie  al^  „ben  galantejlen  Jeil 
ber  93erebfamfeit",  unb  DJJenantcö  fi^rieb 
ein  Se^rbuc^:  Die  aüerneuefie  'Jlrt  jur 
reinen  unb  galanten  *Poeftc  }U  gelangen, 
Hamburg  1707,  auc^  tijeatralifi^c,  galante 
unb  gciftlic^e  ©ebici)te,  Hamburg  1706. 
3o^.  (ll;ri(i.  Söart^  fd)ricb  1720  „3)ie 
galante  6t{)ifa,  ober  naä)  ber  neueftcn 
Qlrt  eingeridjtetc  ®iiten=2et)rc,  in  tt)eld)er 
gezeigt  wirb,  «ie  fid)  ein  junger  SWenfd) 
bei  ber  galanten  ffielt  refommanbieren 
foQ,  allen  2iebl)abern  ber  heutigen  $oli= 
teffc  ju  fonberbarem  9?u|en  unb  Söergnü^ 
gen  anä  8id;t  gefteüet."  ®rimm,  Slßörtcrb. 
©algcn,  got.  galga,  t>om  Äreuj  dl^ripi, 
allh.  galgo,  uil)b.  ber  galge.  ©owot)!  baö 
SBort  aU  bie  ©träfe  be^  iiängenö  get^n 
in  bie  ältefte  Sorjeit  äurüd.  S)cr  dltepe 
©algen  ijl;  ber  bürre  Saum,  nadf)  Zac. 
®erm.  12  Ijängen  bie  ©ermancn  ßanbcä^ 
oerriiter  unb  Überläufer  an  Säumen  auf ; 
it)at)rfcf)einlid)  benu^te  man  baju  befummle 
laublofe  93äume  an  befiimmter  igteüe 
ober,  menn  biefe  ausflarben,  eingerammelte 
Stämme  unb  $fä^le.  üTaä  ^erbeifat)ren, 
Eingraben  unb  @rri($ten  beö  ©algenä 
it)irb  in  ben  iRec^tequellcn  auöfüf)rlid)  ge* 
fd)ilbert.  ©er  Ort  be^  ®algen^  voax  an 
offener  ^eerfira§e,  an  2öegfd)eiben.  Statt 
ber  fianfenen  Seile  benu^te  man  anfängt 
lic^  Btt'cigc  »on  frif^em,  jä^em  ®id)en' 
ober  Sßeiben^ülj.  Uralte  Sitte  ift  bie 
Sßerbütlung  beö  ^ntli^eö;  Steigerung  ber 
Strafe  mar  baö  ^öl)erl)ängen,  ober  tü^ 
man  üßölfe  ober  |)unbe  bem  armen  Sün* 
ber  jur  Seite  l)ing,  meld)  Ie|tereö  befon^ 
ber«  bei  ^utnx  gefc^a^.  grauen  auf= 
juböngen  mar  gegen  bie  Sitte  beei  5lUer= 
tumö;    mo    für   Scanner    bie  Strafe  be« 


bälgen«  auägefprod)en  mar ,  mürben 
grauen  jum  93erbrennen,  Srtränfen  ober 
Steinigen  beftimmt.  S)a«  Rängen  mar 
bie  eigentlid)e  S)ieb)labl0firafe  unb  fommt 
alä  fold)e  fafi  bei  allen  germanifd)cn 
Stationen  cor.  ©rimm,  5Red}töaU.  682. 
©arten,  got.  ber  garda  :;=:  Stall,  af)b. 
garto,  ml)b.  garte,  neben  got.  ber  gards 
=  ^auö,  bann  in  3uf>^'ii'"f"fc^ungen  f. 
0.  a.  ©arten,  Äreiö,  urfprünglid)  e;in= 
jäunung,  (Sinfriebigung  eines  ®runbflüd^, 
al)b.  ber  gart,  mbb.  nur  feiten  ber  gart. 
33 om  beutfdjen  2Bort  ©arten  unb  nii^t 
Dom  lateinifc^en  hortas  finb  entlehnt  franj. 
jardin,  mit  alter  D^ebenform  gardin,  fpan. 
jardin ,  ital.  giardino  unb  giardiua, 
mittellat.  gardinas  unb  gardinum.  Ur« 
üermanbt  mit  ©arten  ift  griei^.  ;to^Tos- 
=  a3ie{)futter,  eigentlid)  Sßeibeplat^,  lat. 
hortns  unb  cohors  (cohort  -),  eigentUd^ 
©e^ege,  ^ürbe,  33iel)[;of;  aud)  im  üittaui* 
fd)en  unb  @Iamifd)en  ift  ba«  2Bort  meit 
»erbreitet;  in  ber  Sebeutung  Stabt,  93urg 
lebt  eö  in  Ortsnamen  auf  altflamifd)em 
93oben,  j.  93.  Selgarb  in  '43ommetn, 
Stargar b  =  21ltenburg,  Nowgorod  := 
3Jeuftabt.  2)ie  erreict)bar  ältefte  Sebeu^ 
tung  fd^eint  3iw"-  2)arauö  cntmicfelt 
ftd)  hai  ßingejäuntc,  ©inge^egte,  bat;cr 
©eftütgarten,  Stuttgart,  Tiergarten,  S(^afs, 
^afengarten.  S)ie  fernere  Sebeutung 
ifl  ißotjnftätte  ober  tai  jur  ÜÖoljnftätte 
©eprige,  mel^e  Scbeutung  in  ben  norbi= 
fc^en  Sprachen  meit  üerbteitct  ift  Sobaiin 
ift  ©art  auc^  ein  fianbma§  gemefen, 
äl)nlicfe  bem  fflort  ^ufe.  S)er  legten 
Sebcutung  gemä§,  monad)  ber  ©arten  ein 
jum  pai>\t  geljörige^,  im  unmittelbaren 
2)ienfte  ber  .^ausbemobner  fiel;enbeö,  bem 
9^u^en  unb  ber  ßu|l  bienenbeö,  mit  bem 
Spaten  bearbeitetet  ©runbfiücE  ift,  jer^^ 
fäUt  ber  ©arten  in  Äraut*,  !8aum=  unb 
SBeingarten.  6^  l)at  in  früherer  ^dt 
einen  öffentlid)en,  umt)egten  *pia^  in  ober 
bei  ben  Orten  gegeben,  mo  man  ^ufam= 
mcnfam,  ^eimgarten,  Äofegarten 
genannt,  ber  aber  aud)  aU  ©erid)töftättc 
bleute;  er  mar  mit  ßinben  bepflanjt  unb 
mürbe  fpäter  al^  Spielplan  gebraucht. 

$Der  ©arten  im  engem  Sinne  mirb  auf 
beutfd)i:m  Soben  mol;l  juerft  in  Äarlö  be« 
©ro^en  Capitalare  de  villis  et  curtis 
imperialibus  r>om  ^a\)X  812  grmät)nung 
gctt)an,  morin  u.  a.  bie  Slumen*  unb 
ftü^engemäd)fe  beö  ©artenä  unb  bie  Obfi- 
fortcn,  bie  gebogen  merben  foUen,  ßilien, 
Otofen,  (aalbei,  SRaute,  ©urfen,  !Bot)nen, 
.Slürnmel  u.  f.  m.   unb    ni<^t   minbcr    bie 


158 


®affcnl)aucr  —  ®ajl. 


Dbfis  unb  3ifi^^''ii'iic  ^^^  flcnaucPen  auf? 
gcjQblt    fmö      ©enau    nai)    biefct    93or« 
fd)tift  finb  auf  bem  bcfannten,  unter  Qlbt 
®ojbcrt  (816  —  837)  t)erqffleUten  ®t.®üüi^ 
fd^m  Äloilcrplan  bie  Älojlergätten  borg«» 
jicüt,  tianilict)    ber  Dbfiflartcn,  bcr  ju^ 
gicid)    bcr    gtiebfiof,    mit    "Jlpfel^,    Sirn^, 
^Pflaumenbaum,    (£berefdic,    SQ^ifpelbaum, 
Sorbeer,    ^aflanien«,    geigen^,    Duittcn«, 
^fiificbbaum,    ^afclnu^jlraud),    SDKmbeU, 
SWauIbeer«    unb     2ÖQlnu§baum;     fobann 
ber    (Semüfeg arten,     in    beffcn    *pian 
folgcnbc     ®eroäd)fe     cingcjeidinet     finb: 
3niiebeln,  ßaud)=3tt>ietiel,  ©tllciie,  Sorian^ 
bcr,    2)ifl,     ü)Jobn,     SRctsige,     iBfangoIo, 
©d)nitts     ober    Änoblau* ,     ©djiilottcn, 
<CeierfiIien,  ®attenterbel,  Äopffalat.Satui  ei, 
«Pailinaf,     ^ot)I     unb     scfemarjfümmcl; 
neben   bicfem  ®iirtin    f}e{)t    baö    ®ärtncr- 
=  *Borratebnuö;    fleiner    enblic^    ift    ber 
^räneiträuterg arten  neben  ber  2Bob= 
tiung  beö  *Hrjtcä  unb  bcm  Spital,  Worin 
u.  a.  folgenbeäi  ui  fi'iben:  Solbei,  SWauie, 
(gd)fficrtel,  q8olct)=T^iinäe,  ßicb(löcfel  gcn- 
d)el.  ireifie  Öilie,  SRofen,  ©otjnen,  Soturei, 
Ißocfjbornflee,  Sioemaiin  unb  Pfefferminze. 
<Muicr   ben    .Slöilcrn    l)attcn   tt)obl  au(^ 
bie  Surgen  be^  *JJ(ittetalterö   ibren  Äraut^ 
unb  JBür^garten,  in  bcnen  bie  JHofen  unb 
Ciüen  nii^t  feblten ;  r>on  eigentlicber  ®ar5 
tenjud)t  ifi  ober  taum  bie  !Hibe.     Srft  bie 
Italiener  bcr  SRenaiffance^'Periobe  erricfcte» 
tcn  ®.irtcn    in    größerem    iDia^ftabe ,   wie 
oud)    bie    erflen    botanifd)en    ©iivtcn     in 
Italien  entftanbcn  fein  foüen.     2)er  me^r 
unb  m(l)i  auf  bie  iRatur    gericbtcte  ©inn 
lieB  gürflen   unb   anbcre  reid)e  ßeute    bei 
ber  9lnlage  it)ret  Juftgärtcn  auf  ba^  (Sam« 
mein    pielcr    nerfd^iebener    (Pflanjen    unb 
Savietätcn  berfelben  geraten,  fobap  im  15. 
3ai)rt)unbert    einzelne   ®ärtcn    burd^    i^rc 
lSlumenjud)t  weit  berühmt  waren. 

3n  ^oQanb  unb  S)eutfd)Ianb  ftnb  feit 
bem  16.  S'J^f^-  gtöfiere  ®ärten  angelegt 
worben  unb  begann  bie  lulpcn^  unb 
i^t)a^intt)enjurf)t  ber  Dtieberlänber.  ?IU 
23egrünber  einer  eigentlidicn  ®arteni- 
baufunfl  gilt  aber  erfi  *Jtnbre  2c  = 
nötre,  1613  — 17üO,  weiter  bie  ®drten 
Pen  Q3erfaiücö,  &l)antiap,  gt^Sloub,  in 
ben  Suiletien,  ju  ^ontainebleau  unb  €t. 
®ermain  anlegte  unc^  baburd)  tai  '13rinjip 
ber  biö  auf^  Olu^eifte  gettiebtnen  Spms 
■metrie  mit  jierlid)  ge;irtelten  ißlumcn-: 
beeten  ,  Scrraffcn ,  ^onlanen,  großen 
SBafferfünften,  t)o^en  ^eden,  ®itterwer* 
fcn,  ßabi)rintl)cn ,  ®rotten,  6tatuen  ein= 
fübrte.    dloä)^  weiter   al^    bie   ^ranjofcn 


gingen  bann  bie  ^oHdnbcr,  mit  Perfd^nittc« 
nen  Siiumen,  bemalten  f)öljerncn  giguren, 
farbigen  Steinen  unb  ÜJiufd)eln.  (Sng« 
lifd)e 'Huffldrer,  namentlich  *Jlbbifon  im 
Spectator,  <|3ope  in  ben  fntifd^tn ©riefen 
unb  .g)orace  ffialpole  in  ber  „®c» 
fd)id)tc  ber  neuen  ®artenfunft,"  überfe^t 
pon  *}!.  2B.  €d)Iegel,  fofann  ÜRilton 
burd)  bie  S^efdjreibung  beö  ®artcnö  ©ben 
unb  aU  «Prattifer  Sßill.  Äcnt,  würben 
bie  ©egrimber  ber  freien,  an  bie  SRotut 
frd)  anfd)miegenben  englifdjcn  ©artenan* 
lagen. 

©affcnftaiicr,  urfprüngli(^  ein  lani 
auf  ber  ®dffe  im  brciteiligen  laftc;  aufs 
bauen  ifi  in  Sffiicn  ein  Äraftwott  für 
tanjen.  33om  Janj  unb  ber  Sanjweife 
gebt  bann  bie  ©ebeutung  auf  ba«  auf  bcr 
®.iffe  gefungene  Sieb,  tai  SSolfelicb,  wie 
man  feit  fem  18.  3^il)rbunbert  fagtc,  unb 
jwar  niu§  eö  urfprüngli^  eine  befiimmtc 
*2lit  öicö  gewefen  fein ,  wie  bcnn  ^ani 
^aä)i  gciftlidic  Sieber ,  ®affent)aucr, 
.^riegälieber  unb  59ublliebcr  unt(rfd)eibet; 
in  allen  ßieberfommlungcn  werben  „®affen« 
t)awer  unb  SReuterlieblein",  „®affcnbawer, 
SReuter=  unb  93erglieblein"  unterfd)ieben. 
(S^  werben  Sicbcr  gewefen  fein,  wie  ftc 
nä(^lli4c  ®affengänger  fangen;  bcnn 
®afient)aucr  bcjeidjnet  aud)  ben  ®affen* 
gdnger,  ©affentrcter.  iBenor  im  18  3iibt' 
bunbert  ber  'Jlamt  ^Bolf^licb  au  ff  am, 
nannte  man  bie  ganje  ®dttung  in  c^rcn« 
bem  ©innc  ©offen biiuer. 

©aft,  ©aftfreunbfdiaft,  35a«  SIBort 
®ofi  ift  got.  ber  gasts,  a^b.  gast,  mbb. 
gast,  c8  ift  PerWanbt  wt  lat.  hostis, 
S)ie  dltefie  erfennbarc  ©ebeutung  ift  bie 
beö  5'^^iTi^f"'  ""^  ®dfte  ftnb  (Slenbe 
in  bcr  alten  33ebeutung  bcö  ffiorte«.  Olud« 
Idnber  in  ber  ©tabt,  in  ber  ®cmeinbc, 
im  ßanbc  ^ic§cn  in  ber  Sprache  beä 
9Red)t0lcbcnä  bi«  in«  17.  3abrb-  ®dftc: 
Bürger  ober  ®aft;  ®aftgerid)t  ijt  ein  für 
einen  fremben  iDfann  aufgejtellte*  ®erid^t. 
3n  get'teigertcm  Sluöbrud  bci§t  bct 
grembe  ein  wilb  er  ®  aft ,  ber  nirgenbö 
beimifc^  ift,  ein  den  ber  ober  fr  cm  bcr 
®aft.  ^m  befouberen  beiden  frembc 
.ftaufleute  ©ifte,  aber  aud)  lanbfabrenbc 
Äriegcr,  *Mbentcurcr,  .Sielbcn,  dbnlid)  wie 
iRede  urfprünglic^  ben  93erbannten,  alfo 
ebenfaCl«  ben  in  bcr  grembc  fid)  auf^al* 
tenben  SWann  bezeichnete;  bie  If^terc  *J3c« 
beutung  bcö  .gelben  finbet  man  in  .^cl« 
bennamen:  Liodegast,  Hiltigast,  Hada* 
gast,  unb  nod)  mbb.  war  gast  al«  ^elb 
ein    gcldiifiijer    5luöbru(f.     Sc^on    enger 


®au. 


159 


n)itb  bie  33e^cutung  bc^  SBortc^,  tt>cnn 
©oft  tin  Äunben,  ben  J^remben  im 
®ei'd)äftötierfc^r  bebeutet,  roetcfteö  ber  ^aü 
ift  in  Äaufgcift  =  ®efd)äftefunbe, 
aRatftaQfi,  9DJül)lgofl ,  5nl)n3ajl,  ©nbcgaft. 
35ie  neuere  SntixMcfclung  bfö  SBorteö  ®afl 
(je^t  anbem  (Scgenfa^c  fon  ®  ap  un^  ilBirt 
Bot  fid),  rcobei  i>ai  le^tere  SBort  urfprüng« 
lid)  ben  ÜJJann  mit  eigenem  -^aufe,  ^au6 
unb  |>ofc  ober  oudi  l'anbe  (bcö  Canbeä 
aßirt  =  ^üif^),  ®afi  alfo  baö  gerabe 
©egenteil  bc.^e'c^netc.  Sßuibc  nun  ein 
®afi,  b.  i.  i^rember,  Pon  einem  SBirte, 
^auei^etrn,  a\i  fein  ®iifi  aufgenommen, 
in  fein  |)auö  unb  in  feinen  Sd)u^,  feine 
^Pflege  unb  ®aftfreunbfd)aft,  fo  ergab  fiA 
bie  eine,  meitere,  ber  beiben  jc^t  gang= 
fcaren  Sebeutungen;  bie  anbete  fam  bann 
jum  iBotfd)cin,  mcnn  ber  üßitt  ®  aft  m  itt 
(gastgebe)  unb  ber  ®afi  SBittsgafi 
irurbe.  ^lud)  im  le^tgenannten  iBertjälts 
tiiffe  toaren  utfptünglici)  nut  grfiribc  ge= 
meint,  bie  beim  üßitt  ^lufnabmc  fud)ten 
unb  fanbcn,  unb  etft  fpcit  mod)ten  ftd) 
€inl)eimifd)e  nad)tlicf)e  3ed)cr  ®äftc  nennen, 
um  beim  JBcinc  fi^en  bleiben  ju  tonnen. 
IRad)  ©rimrn,  ffiörtetb. 

S)ic  ®  a  fi  f  t  e  u  n  b  t  cb  a  f  t  bet  ®etmanen, 
b.  b.  atfo  bie  ^reunbl'cfcalt  gegenübet  bcm 
^remblina    {t)ai    2Bott    ®aftfreunb    ifi 
jüngetn  5)atum«    unb    etjt    feit    95  o§    in 
®ang    gcfommen)     trat     Weit     berühmt. 
(Eäfar  erjQ^lt,  mic  ben  grcmben  aüe  Käufer 
offen    fldnbon    unb    ibncn  geboten  mütbe, 
voai  an  ©peife  unb  iran!  oor^anben  fei. 
2;acituö    ®etm.  21    crflärt,    fein    anbere«) 
25olt  tonne  fi^    in  ber  Sugenb  ber  @ap 
freunbfd)aft    mit    ben    ®ermanen    miffen; 
fein  5'rf"iber,  mcr  er  auc^  fei,  Werbe  oon 
einem    iDact)e    abgewiefen,    cö    tt)etbe  bem 
©afte  wotgefe^t,  ma«  baä  ^auö  biete,  unb 
fei  aüe^  aufgeje^tt,  fo  gebe  bet  iBirt  mit 
bem  ®dfic   ju   bem   nöcftf^en  .f)ofe.     33eim 
3lbfd)iebe  mürben   erbetene  ®efd)enfe  gern 
geinäbrt.     ^art  ber  ®rojFc  fci)ärfte  in  fei« 
nen    ^Kapitularien    bie  Übung    bet   ®afi= 
freunbf(^aft  micbert)oU  ein.     S)agegen  Der^ 
langte    man   tom  ®allc,  ba§  er  nid)t  ju 
iange  bleibe;  in  gfanbinanien  toaren  brei 
Dtüdbtc  ober  läge   bie  tängfic  '^x\ft\   blieb 
ber  ®afl  länger,  fo  trat  er  in  ein  nät)creö 
S5erl)ältnid   ju   feinem   üöitte.     3n   oielen 
iölänbifc^cn  ^äufetn,  bie  an  bet  Vanb)lta§e 
lagen,  ftanb  ftetei  ein  üfcb  füt  ®äfte  be- 
reit, unb  bie  |)auäftau  fa§  cor  bet  lijüx, 
um  jeben  Söanbetet  einjulaben,   untet  ibt 
2)ad)    ju    tteten.     2)et    iüiit    ging    bem 
®ajie  entgegen,  bcttjiüfommnetc  it)n  unb 


bat  i^n    einiutteten;  bie  ifflittin   aber  bc* 
grüpte  ben  ®afi  mit  einem  .Ru§. 

5il)nlid)  blieb  ed  biird}d  ganje  OTittcl« 
alter,  mäl^ronb  weichet  3eit  eö  an  pilgern, 
fabrcnben  ßeuten  jeben  ©tanbe«,  fabten« 
ben  -Jpielleuten  unb  Sängetn  nicf)t  fehlte. 
91m  ^ofe  abet  l)aik  fid)  ebeln  ®äftcn 
gegenület  ein  eigene^  Getemonieü  ou«gc* 
in  btt,  \icii  ficb  an  bie  ältetc  ©itte  an= 
fdilo^.  ^xau  obet  2,oct)tct  beö  ^aufcö 
nabmen  bcm  tittetlicben  ®afte  feine 
SRüitung  ab,  Teid)ten  ibm  ftifd)c  bleibet 
unb,  nact)bem  et  einen  Srunt  aenoffcn, 
ein  93ab.  2)ann  legte  fict)  ber  ®aft  ent* 
metcr  füt  fut^e  3«'^  ju  Sett,  obet  et  bc* 
gab  fid),  mit  ben  Kleibern  be«i  2Birteg 
angetan,  jur  SDJabljeit,  mo  er  ben  ebten^ 
pKi^  bem  2Birtc  gegenüber,  ta^  g^gen- 
sidele,  einnabm.  Sßirtin  ober  locbter 
treben^ten  ben  93ecbcr  unb  fdbnitten  bie 
Speifen  »or.  3"^^  SHacbtrube  in  bie 
Ädmmer  begleitete  ben  ®a)t  »ieberum  bie 
|)auöfrau,  um  nacbjufeben,  ob  nicftt^ 
fel)le,  unb  nad)  einer  SZBcilc  tarn  fie  roie* 
ber,  um  nod)jufragen,  ob  er  gut  gebettet 
fei,  jugicid)  brad)te  fic  x\)m  ben  *Rad)tttunE. 
*Mm  SDiovgen  fonb  bet  ®aft  oot  feinem 
Q3eitc  frif*c  2Bdf*e,  bie  .^au^frau  erfun« 
bigte  fid),  n.iie  er  gefd)Iafen  babe,  ror  bet 
Qlbreife  legten  2Birt  unb  2Birtin  bem  ®aPe 
bie  SBaffen  an  unb  entließen  ibn,  nadjbcm 
fic  ibm  3f"b'^  unb  Itunf  getcid)t  t)atten. 
9?od)  altet  Sitte  übetteid)te  bet  Jßirt  bcm 
®aftc  ein  ®a|lgefc^ent ,  tai  biefer  auc^ 
forbern  mod)tc. 

*Mud)  für  g^remblingc  niebern  ©tanbeö 
forgtc  i>ai  alte  iRed)t  unb  bie  alte  ©itte. 
'ü<enn  ber  (^rcmblina  abenb^  teinc  2öoö« 
nung  mebr  erteid)te,  fo  it>ar  il)m  geftattct, 
ungej^raft  €peife  für  ftc^  unb  J^utter  für 
fein  ermattetet  '^5ferb  auö  ber  SDJarf  ju 
nebmen.  2)er  SReifenbc  barf  fid)  brei 
Qlpfel  oom  Saume  bred)en,  brei  ober  nict 
2:rauben  in  bie  ^»anb  fd)neibcn,  ben  ^anb» 
fd)ub  »oll  9?üffe  pflüden,  fopiel  ^eu,  ali 
ein  'Pferb  jum  5"*^^'^  braud)t,  nebmen, 
aud)  ^olj  büuen,  um  fein  ®efd)irr  ober 
©efdbrt  bamit  anäjubeffern  unö  feine 
®peife  ju  tod)en.  S)od)  burfte  er  fein 
^utter  mitnebmen  unb  mu§te  fid)  auf 
gebabntem  2öege  balten  ober  im  Jßalbc 
ein  ^orn  blafen,  menn  er  nic^t  alö  Dieb 
gelten  moUte.  SBcinbolb,  S)eutfc^e 
grauen,  390  ff.  ®timm,  9fied)töalt.  399  ff. 
©au,  got.  ha^  gavi,  ®en.  gänjis,  ai)i>. 
hai  gawi,  gowi,  gouwi,  ml)b.  ^a^!  gonwe, 
gon,  niben  abb.  bie  gawa,  gonwa,  männli« 
I  eben  ®cf(^lei^teö  erfi  feit  bem  17.  3al)t^., 


160 


®ou. 


ift  cti;moloc^i^c^  bunfcin  Uifprungä.  ©Jan 
bejeicfcnet  bamit  bic  uralte,  auf  tai 
Staates,  ®eri(i)tör  unb  ^eetroefen  bejügs 
Iid)c  Unterabtcitung  ber  beutfcfcen  iBölfer; 
ftämmc  ober  Staaten ,  im  ©egenfa^e  ju 
ben  OJJarfcn-  unb  2)orfqenoffenfd)aften, 
tt)eld)e  nid)t  politifcber  Statur  fmb,  fon= 
bern  b(o§  auf  bas  3i'fi'"i"^f"'^o^nf"  unb 
bic  93ebfluung  bc^  Jelbc^  ^-Bejug  ^abcn. 
Db  jcbocfe  bcm  ÜBortc  ®au  fc^on  in 
ältcfier  3^**  j^"^  93ebeutung  jutam,  ift 
ungcnjif ,  ba  au(f)  felbftänbige  iBölfer* 
fc^aftcn,  civitates,  ®aue  genannt  rt>erbcn. 
S)cr  öerbreitetere  3Jame  für  bie  ftaatlid)en 
Unterabteilungen  in  ben  ätteficn  Quellen 
ifi  Dielmebr  bic  ^unbertc,  centena, 
btren  urfprünglid)e  öcbeutung  au§erbalb 
ber  l)iftorifd)en  3^**  ju  fu(^en  ift;  man 
tt)ci§  nidit  einmal,  ob  barunter  nad)  bcm 
S)uobcjimalft)Pem  hai  fog.  gro§c  ^un* 
bert  =  120  ober  bae  tlcine'^unöctt  »er* 
fianben  ift-,  ot)ne  3tt'eifel  «ber  gel)t  bie 
i^unbert  urfprüngtid)  auö  einer  Bereinigung 
»on  ^unbert  greien  ober  bunbert  ^ufen 
^erpor,  n)eld)e0  auf  einä  ^erausfommt,  ta 
nur  ber  Sefi^er  eineö  freien  ®utcö  felb= 
ftdnbiger  iBolfögenoffe  ifi.  2>ie  alten 
Dfiamen  ftnb:  altnorbifd)  hnndari,  angel* 
fäc^fifcf)  hundred,  alamannifd)  huntari, 
ber  93orftebcr  einer  ^unbcrtfdjaft  bei§t  bei 
Den  ©a^fen  unb  ^tanfcn  hnnno.  Sd)on 
;^u  Sacitus'  Qdt  tvax  baö  3o^'c"öefbält= 
niö,  hi\%  ber  ?iame  auebtücEt,  burcftauö 
»crbunfelt  unb  gab  eö  .^unberte,  bie  »cit 
mel)r  ober  treniger  alä  fjunbert  ^ufen 
ober  ®cnoffcn  umfaßten.  3"  mannen 
®egcnben  fommt  fiir  benfelben  '-Begriff 
ba^  Söort  (Sent  ober3ent  Dor.  2ln  ber 
®pi^e  ber  ^unberte  fianb  ber  »on  ber 
iBoltäüerfammlung  gctt)äf)lte  princeps,  ber 
§ürfi,  aU  35orftanb  ii^  ®eri(^te0,  bc^ 
^eereö,  ber  Sßolfäoerfammlung,  h)eld)e^ 
urfprüngli(fi  wieberum  auf  ein«  l;erauö= 
fam.  3n  ben  ^unberten  bewegte  ftd)  ha^ 
politifdje  ßebcn  be«  ißolfe^ ,  bat)er  man 
bie  SBerfaffung  ber  alten  ®ermancn  ®  au  = 
»erfaffung  genannt  t)at;  bie  regelm(i§is 
gen  ißerfammlungen  ber  33ölfer  bei  9ieu« 
unb  SBoümonb  finb  bie  ®aut)etfammlungen, 
neben  njclc^ien  jwar  auc^  QSerfammlungen 
be^  gnnjcn,  au^  mehreren  ®auen  ober 
^unberten  beftebenben  93olföPamme^  ober 
«Staates  genannt  roerben,  benen  böljere 
gürften  beä  ®efamtt)olfeö  »orjianben; 
fie^e  aucf)  bie  5lrtifel  25ing  unb  ^^ürft. 
3m  franfifchen  9iei(f)e  f(^liepen  fic^  bie 
fiaatlid)en  Unterabteilungen  im  allgemein 
nen  an  bie  befiel;enbcn  alteren   3u)iänbc 


an;  nur  ta^  mit  ber  3fit  ein  Untcrfd^ieb 
in  ber  ©ebeutung  ber  Unterabteilungen  ein* 
tritt,  je  nac^bem  fte  im  engern  Sinne  alg 
Serwaltungäbejirfe  beö  fränfif($cn  SReicfteä 
unter  einem  [Reic^«beamten  ober  alö  für 
fic^  befie^enbe,  ibre  eigenen  3n*ti^cfffn 
Perfolgenben  ®emeinf^aften  aufgefaßt  »er* 
ben.  ©ie  erfiercn  Dorncf)mlic^  ^ei§en 
®aue,  bie  legieren  ^un ber tc.  ^^ür  bie 
(Einteilung  ber  ®auc  behielt  man  be* 
fiebenbe  ^erl)altniffe  bei,  alle  römifc^cn 
Stäbte  mit  it)rem  ®cbiete ,  aud)  neue 
Stäbte,  Welche  Si|ie  ber  Beamten  mürben, 
j.  33.  2Bormö=,  Speicr«,  3ütic^=,  Salzburg* 
gau.  •'iUnberc  ®aue ,  mic  ber  O^bein*, 
S)onau*,  DJtain*,  9Jcdar*,  Jbufgau  fdblie^cn 
ftd)  an  55l"lTe.  »icber  anberc  an  SBölfer* 
fd)aften  an:  Jbüringau,  ^effcngau.  iJie* 
ben  pagus  unb  ®au  fommen  bie  Sßorte 
bant  tior:  Bralbant,  Ostrobant;  eiba  in 
Wettereiba ,  "Winegartheiba;  feld  in 
Wormazfeld,  Meinefeld,  Grapfeld,  Eichs- 
feld; bara  auf  alamannifd)em  ©oben: 
Folcholtes  para ,  Bertoltis  para,  ^eute 
in  ber  fcb^äbifcben  8anbf(l)aft  Sßaar  er* 
galten. 

S)ie  alten  ®eri(^t6üerfammlungcn  blies 
ben  jttjar  ben  ^unDerten;  beren  jjorjicber 
centenarius  ,  centnrio  ,  hnnno  ,  hunne, 
mürbe  wie  früher  t>om  Sßolfe  felbfi  ge* 
mäblt,  aber  er  gab  atlmiililicb  bie  eigent* 
liebe  fieitung  unb  jmingenbe  ®emalt,  »o* 
mit  bie  SBoüfiredung  bc^  Urteile  unb  bie 
©yehition  ber  Strafen  5ufammcnt)ing,  an 
ben  föniglicben  ©camten,  ben  ®rafen, 
ab,  beffcn  ®au  mehrere  ^unberte,  alfo 
aud)  mebrere  Gentenarien  ju  umfoffen 
pflegte.  Seit  ^arl  bem  ®rofen  trat  bie  Öe* 
beutung  be^  ®rafen  immer  mebr  ^erüor, 
bie  beö  dentenar«!  jurücf;  ber  Untere  mar 
blo§  nod)  Unterbeamter  unb  Stclloertretct 
beö  ®rafen  in  ®eri(^t^facben  unb  jmar 
blo§  in  feiner  ^unberte;  mit  bcm 
|>eermefen  t)atte'  er  nid)tä  me^r  ju  t^un; 
ber  9'iame  ®au  mürbe  in  ben  Urfunbcn 
mobi  nod)  jur  Scjcicbnung  ber  Sage  oon 
Orten  gebraudbt,  ber  l)äu^gcre  9Jame  be^ 
5(mtägebicteä  felber  mar  ®raff<^aft, 
comitatns;  infofern  ein  alter  ®au  mel)rere 
gräfli^e  ^Imtegebicte  umfaffen  fonnte, 
fonntc  cö  gefd)ebcn ,  tia^  fiä)  mcbrcrc 
®rafen  ober  ®raff^aftcn  in  einem  ®au 
Dorfanben.  üDie  JJamen  ber  alten  ®aue 
unb  bic  53cjcid)nung  ber  Orte  nad)  ber 
ßage  in  benfelben  ert)alten  ficb  bi^  in  bic 
SKittc  beö  12.  3al)i^^-;  «l»  einbeitlicbe 
5tmtöbejirfc  beö  9ieid)e^  fmb  bie  ®aue 
aber  fd)on  h)cit  früher  allmöblicb  »iclfadb 


©auncrtum. 


161 


jcrfiört  unb  auäeinanbcrgcriffen  werben; 
»Ott  ben  alten  ^unberten  jinb  nur  in 
2tlamannien  unb  8otf)ringen  gemiffc  ®c= 
rid&töbarfeiten  ber  ©cntcnarien  er()alten. 
2)ic  ^auptutfac^en  »on  ber  5tuftö[ung  ber 
alten  ©aunerfaffung  waren  bie  Setlung 
ber  ®aue  unter  mei^rere  ©rafcn,  bie  23er=: 
einigung  mcf)rerer  ober  ber  Seile  t)on 
mehreren  ©auen  ju  einem  ©raffi^aftöoer« 
banb,  tii  jaf)Irei(^en  Syemptionen  »on  ber 
attcn  ®raffd)aft  burct)  Übertragung  ber  in 
ibr  liegenben  jiecf)te  an  anöere,  befonbere 
an  bie  geifllidjen  Stifter,  bie  teitö  grdf« 
licf)e  ©efugniffe  auf  if)ren  SSeft^ungen, 
teiiä  ganje  ©raffc^aften  empfingen,  aber 
auc6  an  n)eltlicf)e  ®ro§c;  fobann  bie 
felbfiänbige  (Jntroirfclung  ber  ®täbte, 
bie  ftd)  au^  bem  ®raff(^aftöt)erbanbe 
löjien.  >Daburd)  t>crIor  ber  alte  ®au  aU 
®eric^tei'  unb  überhaupt  politifc^er  99ejirf 
feine  93ebeutung  unb  meifi  aud)  feinen 
fRamen.  Stur  alö  allgemeiner  fianbfct)aftös 
name  ^aben  ftd)  einige  alte  ®aunamen 
erhalten.    SRa*  9Bai^'. 

Gaunertum»  S)aö  ©ort  ®auner  tanäii 
jwar  er(l  im  18.  ^a\)ii}.  in  ber  jj^rm 
5auner  in  Oberfd^roaben  auf  unb  wirb 
bei  norbbeutfc^en  ®c^riftfietlern  ju  ®aus 
ncr.  Sä  ftammt  fom  rotwclfc^en;  im  15. 
unb  16.  Sa^rt).  bezeugten  ber  joner  = 
Spieler,  auä  ^ebrätfd)  jänä  =  ©ewalts 
tl)ättgfeit  üben,  überüorteilen,  betrügen, 
übcrltfien.  'S^ai  ®auncrtum  ifi  auä  bem 
Settlertum  entflanben,  unb  biefeä  Untere, 
bei  bem  Dlec^tä^uftanb  ber  alten  ®ermanen 
noc^  nic^t  möglief),  gel)t  oorne^mlic^  ^er* 
Dor  auä  bem  *JJU§brau^  bes  d)rijls 
lid)en  ©eboteä  ber  9Jlilbt^ätigfeit  gegen 
bie  Firmen,  ©c^on  bie  Kapitularien  Äarlä 
beä  ®rof  en  warnen  »or  Settlern  unb  cor 
liaufterern,  bie  unter  bem  S)edmantel 
fird)lid)cc  *]3önitcnj  im  ßanbe  um^er- 
fcbweifen  unb  bie  ßcute  betrügen;  auc^ 
Don  jübifc^en  unb  onberen  Jg)anbcleleuten, 
weld)e  Kird)enf(^ä|e  oon  gewiffenlofen 
unb  nad)Iäfftgen  2ßä4)tern  aufjuEaufen 
Wiffen,  ifi  in  bcnfelbcn  iRecötöquetlen  fd)on 
bie  SRebe.  S)ie  Qlufnabmc  ber  ©tcibte,  bie 
jum  Seil  burd)  flüd^tige  Äned)te  üeranla^t 
war,  bewog  »iele  porige  jur  i51ud)t,  o^nc 
ba§  fie  beö^alb  in  ber  ®tabt  wirflic^ 
Unterfunft  fanben;  woburc^  fte  bewogen 
würben,  tai  ßanbfireic^ertum  entweber 
auf  eigene  gauft  ober  im  2)ienjle  cineä 
rduberifc^en  'ilbligen  ju  führen.  3u  fol« 
<^en  gefeilten  [xd)  fa^renbe  «ßriefter  unb 
2Beiber,  faf)renbe  Äird)cn=  unb  @d)ullet)rer, 
wanbcrnbe^anbwerfägefellen,  ÜJiarftf^reier 


unb  3;ofcf)enfpieIer.  aCßeitcre  Kontingente 
lieferten  gerid)tli(^  ebrloö  ©rflärte,  Sans 
beäocrwiefene ,  entlaffene  SReifige,  ßanbg« 
Cned)te,  3i9f"nerbanben  unb  3uben. 
Sie  bur^jogen  in  ©c^arcn  bai  ßanb  unb 
lebten  t>om  Settel  unb  oon  i8erbred)cn  unter 
ber  ÜJiasfe  »on  fleinen  ®ewerbcn,  ©auf« 
lern,  pilgern,  Sügern,  Äranfen  unb  ßa^s 
men.  ®ie  nannten  fic^  Äod)emer  ober 
3enifd)e,  beibe  Öejeicfcnungen  auä  bem 
$ebräifd)en  fjergeleitet  unb  fo  biel  al^ 
SBiffenbe,  ÜJJänncr  beä  SBiffenä,  3ü"ftise 
bebeutcnb.  3^rc  3Biffenfd)aft  war  bie 
©aunerei,  b.  i).  ber  Setrieb  beä  Settelng 
mit  allerlei  Künfien,  bie  Serübung  oon 
iBerbred)en,  S)icbftd^len  unb  namentlid» 
©etrug  unb  '^JreUerei  burd)  2ßat)rfagen 
unb  3i»uberei,  Sorfc^ü^en  non  aller^anb 
geiftigen  unb  leiblidien  ©ebrec^en.  ^\)i 
treiben  war  in  ein  abcrgläubifd)eö  2)unfel 
getjüllt,  mit  bem  fte  ftd)  umgaben,  ^^xt 
Sprad)e  l)atte  ftd)  im  Verlaufe  ber  36it 
fe^r  auägebilbet:  jübifd)  =  beutfc^,  jigeune« 
rif^,  SBörter  auö  ben  S)ialeften  fafi  aUet 
europäifd)en  ®pra(^en ,  felbfierfunbene 
2Bi^*  unb  ®d)lagwövter,  beutfd)e  %ui' 
brüde  au^  bem  Solfäleben  fmb  ber  3"* 
halt  biefer  ©prac^c,  welche  üon  il)nen  bie 
Kod^euier,  bie  3fnifd)e,  bie  ßuffen* 
taubifcfce  genannt  würbe.  2)aß  ißol! 
nannten  bie  ©auner  bie  ©ilen,  bie 
Carmen,  bie  23ettler,  i^re  Sprache 
ixxii  SWengifd^e,  in  ber  @d)weiä  and) 
tai  $omperlufifd)c. 

Die  erfie  genauere  9'iad)ric^t  über  t>ai 
®aunertum  fommt  auä  93a fei.  ■§)ier  be* 
fanb  ftc^  nämlic^  „am  Äol)lenberg"  eine 
^reifiättc  ber  ®ilen  unb  8al)men,  ein  SBor* 
red)t,  hai  bie  „freie"  ®tabt  Safel  mit 
Augsburg,  .^amburg  unb  einer  britten 
(unbefannten)  ®tabt  geno^.  Die  Settler 
genoffen  t)ier  befonbere  ^rioilegien,  bilbe* 
ten  eine  Korporation  unter  einem  ^aupt* 
mann ,  fianben  unmittelbar  unter  bem 
[Reic^eoogt  unb  f)atten  i^r  eigeneä  ®erid)i. 
S^  iji  nun  ein  *Uftenfiücf  erl)alten,  eut* 
Weber  ein  förmlic^eö  ÜKanbat  beä  State* 
ober  eine  prioate  ober  amtU^e,  auf  Un» 
terfucfeungäaEten  gegrünbete  »ssd^rift,  welche 
bie  Sitten  unb  ®ebrduc^e  ber  ©ilen  unb 
ßa^men  beä  ndl)eren  auseinanberfe^t;  fte 
jiammt  etwa  auä  ber  ÜJJitte  beä  15.  3"^^^. 
^ier  werben  unterfc^ieben:  bie  ®raute« 
ner,  welche  iai  faüenbe  2öe^  erl^euc^eln; 
bie  23alfentreiger,  welche  ben  blutig 
angejlrid)enen  5Irm  in  einer  @(^lingc  tra* 
gen,  alö  ob  fie  gefangen  in  iRingen  ge« 
legen  wären;  Sraffeln,  welche  fic^  an 
11 


162 


©aunettum. 


ben  Seinen  fo  perunfialtcn,  als  ob  fte  in  | 

ben  Stöcfcn  gelegen  mären;  .Klant,  tra« 

gen   SIBac^äfiöcfe  unb   fagen,  <5t.  Diüflauö 

feabc  if)nen  aus  bem  (Sefängni^   geholfen, 

betteln    für    ein   Dpfer;    &  um  e«  erger, 

geben  mit  langen  'Keifern  um ,  fogen,  üe 

lätten  in  ber  ^lotroebr  einen  niebergef^la* 

gen  unb  foüten  nun  eine  ©umme  ©elbeö 

jablen,     ober     fte    mürben     b'ngericfitet; 

©umemergerin  finb   eE)eti(f)e   ober  an* 

berc   ÜBeiber,    bie    fagen,    fre    bätten    ber 

©ünbc  gefröbnt  unb  moüten  fici  befebten, 

bitten  um  ©t.   SDJaria  OJJagtalena  miUcn 

um  cm^Umofcn;  Sille,  SJBeibsbilber,  bie 

f  ^  mit  alten  „3Bammetfd)  unb  Sie«  unber 

bc  Äleibcr"    fdjroanger  ftcüen,    hM    {)eiBt 

„mit  ber  Sitten  gegangen;  3ut^9fi^ö»e, 

SJBeiber,  bie  Ätappern  tragen  mie  bie  ^lui- 

fö|igfn,  i>a^   tiei^t  „mit  ber  Junsfromen 

gangen";    2)Junifd)e,    ©eiber,    bie    ]\ä^ 

als   Segbarben  oetiletlen;    Äufcbe    3ias 

tungc,   ÜSeiber,   bie  oorgeben,   fte  feien 

ebler  ^erfunft,    aber  burd)  ^rieg,  Sranb 

unb  (Sefängniä  ibrer  ^aht  beraubt;  03  a  = 

bune,  bie  behaupten,  fte  feien  Äaufteute, 

benen   man   ibr  Äaufmannsgut    geraubt; 

SBcrmcrin,    befonbers  j^f^uen,    bie  fic^ 

al^    getaufte    3"ben    auegeben   unb    ben 

Seuten  fagen,    ob  ibr  I<ater   ober  OTutter 

in  ber  ^ötte  fei  ober  nicfct;   S^emefer, 

al«    'JJriefter    cerfappte    ®auner    mit    ge« 

fcborener  tilatte   unb  'D^onfiran,,   bie  ben 

btitten  Seit  ibree  Gintommens  bemjenigen 

geben,    ber    it)nen    baju    uerbolfen    b^t; 

Äammerierer,  bie  an   it)ren  ^üten  be= 

fonbere  S^i«^«!^  "^o"  ödnbern  unb  Stdbten 

tragen,    als    ob    fte  bort  gemefen  waren; 

(Su^beterin,  bie  ftd)  at«  Äinbbetterins 

nen  auegeben;  ®efer,   bie  ftd)  fted)  Don 

langer  3^^^    ^^^  fietlen;    Slocbarb,  bie 

fic^    btinb    f^etlen   unb    fagen,    fte  bitten 

ibren  Äugetbut  cerloren    bie   .fiüte,    bie 

man   i^nen  bann    fchenft,   Perfaufcn   fte; 

^anbblinbcn,  ftd)  btinb  ftctlenbe  ®au= 

ner,    bie  fagen,    (Sott  i)abt  fie  um  einer 

©ünbc  mitten    gebtenbet,    unb    fte  fümen 

öon     fernen     Söatlfabrteorten     ber;    bie 

mit    bcm    Srud)    manbetent,    ®au= 

ner,  bie  btutige  Saummotte   über«   *2tuge 

binben  unb  behaupten,  fte  feien  at«  Äauf= 

leute     ober    Krämer     in     einem     ffiatbe 

überfallen  unb  gebtenbet  motben;  ®pan- 

felber,    bie    ftd)    hatbnacft,    ^itternb  oor 

Äätte,   por   bie  Äirc^en  legen;   Sßopper, 

^tauen  ober  ÜJiänncr,  bie  ftch  an  eifernen 

Letten  führen  lafen,  als  ob  fte  unftnnig 

mären;  bie  (Statten,  halb  (Setehrte,  bie 

ftc^  atä  beraubte  unb  beimreifenDc  ^riefier 


ausgeben  unb  beten;  Äracfcere,  ßcutc,  bie 
genfer  maren  unb  behaupten,  fte  motten  ftc^ 
befehlen,  unb  boch  mieberum  genfer  merben. 
„Unb  biefc,  fo  fd)tie§t  ta^  «Uftcnjlüd 
mit  einer  $robc  bes  Slotmelf^,  bie 
txx     anbcigent,     hai     ift     gegangen 

—  uf  bem  Je  rieh,  baö  i(i  uf  bem 
Sanbe  —  mit  bem  Alant  unb  mit 
bem  ßume,  hai  ift  mit  (Sif  enh  altun* 
gen,  atä  ob  fie  gefangen  roercn  gemeffen; 

—  unb  menn  bie  jufammen  fommen  in 
bie  '$öfe,  b.  i.  in  bie  ^erberg,  —  fo 
motlcnt  ft  haben  ein  Sreitfu§,  iai  ijl 
ein  (Sans,  —  unb  Jtughart,  ba^ 
finb  ^lüener  —  unb  Johanns  gnug, 
b.  i.  ber  ©ein ;  menn  fte  benn  Derfched)ent  mer* 
bent,  baa  ift  fo  ft  t  runden  mcrbent,  fo 
hebet  ftc^  ein  3 nnen,  baB  iil  ein  Spiten 

—  mit  ben  SRübtingen,  ta's  fint 
2Bürf  fct  —  menn  bcnn  ettid)epcrinnet, 
bas  ift  oerfpttet,  ta\i  er  nit  me  h<it, 
fo  mit  er  D^Jarunge  anfachen,  bamitte  fo 
mirt  er  merden,  t>a^  ift  oeretfcht, 
baB  er  bie  fchuber  ftd)ent  gemar  mer« 
bent,    tai    ftnb    bie  <Jlmbttüte   bafelbä; 

—  fo  mirb  er  gebruft  in  ber  ®abcl, 
ia^  ift  gefangen  in  ber  Statt,  ift  ta^ 
es  umtich  narung  ift,  ba^  ift  böä,  — 
fo  mirt  er  gef löffelt  ober  gern  ö gen, 
ta^    ift    ertrendt;  —   ift    cä  aber  ficin 

I  gefüege  narung.  bie  nit  oaft  böffe  ift,  fo 
;  fd)niDet  man  ime  bie  Süfelinge  ab, 
I  baB  ftnt  tit  Oren." 

Diefeä  Sa«terifd)c  ©auner  =  Qlftcnftüd 
mirb  nun  bie  duettc  anberer  ßitteratur  über 
bas  ®aunertum.  3"  f^^fter  ßinie  gehört 
ba^u  ber  73.  yiaxx  auö  ©cbaftian 
Srants  SJiarrenfdhtff,  befonberä  aber 
bns  pietgefrudte  unb  pielgelefene  Su^ 
Liber  vagatoram,  meli)e3  jmifchen  1494 
unb  1499  mahrfcheinlich  ^uerft  in  Safel 
erfd)ien,  bie  Sasler  'öefanntmachung  fpfte« 
mattfch  rebigierte  unb  mit3ui'ä^en,  (Srem* 
petn  unb  einem  atphabetifch  gcorbneten 
fflörterbui^c  oerfah.  Tlan  hat  als  iBcr« 
f affer  auf  ©ebaftian  Srant  geraten. 
(Ss  ctfd)ienen  5roifd)en  ben  ^^i^ten  1510 
unb  1529  ad)t  ho^beutfche  unb  eine  nie« 
I  berbeutfd)e  'Ausgabe,  Don  jenen  acht  eine  in 
;  Änitteberfe  aufgetöft ,  eine  öom  ^a^x 
1524  oon  Suther  beforgt  unb  mit  einer 
iöorrebe  ausgeftattet.  *2tnbere  'Jluägaben, 
metd)e  bas  Sofabutar  poranftetlen,  nennen 
ftd)  iRotmetfche  ©rammatif;  hier  ifl 
in  fpäteren  "Jlusgaben  tai  2Börteroerjetchs 
nis  bebeutenb  oermehrt  morben.  2)ie 
niebetbcutfche  Qlusgabe  bes  Liber  vagato- 
ram   nennt    fich   Der  bedeler  orden  und 


(Sefäfic,  ^äuölic&c. 


163 


or  vocnbalar  in  rotwelsch.  (Jinc  iöerjts 
fifation  id  Liber  vagatoram  l)at  aüi) 
<Pamp{)iIu«!  ©engcnbac^  in  93afct 
»eran  flauet. 

(Srfl  im  16.  3af)rf)unbert  orc^anifierten 
jid)  bie  ®auner,  bercn  ®efd)äft  butc^  bic 
[Reformation  unb  o^ne  3>^"f^l  ^^^^  ^^^ 
9}etbreitung  be^  Liber  vagatoram  (Jinbu§e 
erlitten  hatten,  ju  gefd) [offenen,  bur^ 
(Sib  tierbunbencn  Sanben,  bic  eö  befon* 
berö  auf  ÜJfJorbbrennerei  abgefet)en  f)alten, 
fpdter  JU  eigentlichen  5täubcrbanben,an 
bcren  (£pi^e  Ijerüorragenbe  ©pi^bubcn  flan* 
bcn;  befonberö  ber  breigigjäbrigc  Äricg  ^at 
bicfer  Srid)einung  35orfd)ub  gcleifiet,  öorbcr 
fd)on  bic  Saucrnfriegc;  fic  liaben  ©cutf^:; 
lanb  h\i  in  bicfe^  3a^i^f'"iii'ttt  t)inein 
üiclfad)  unrid)cr  gemacht. 

3ur  Drganifation  be^  Oauncrtumö  gc^ 
boren  feit  alter  3cit  geheime  *B er fidn  = 
bigungöjeid)en,  3i"ffn  genannt;  ftc 
tüurbcn  unb  rocrben  nod)  in  bie  iRinbe 
ber  Säume,  an  iWauern,  2Bänbe,  ©rücfcn, 
fogar  in  bcn  ®d)ncc  eingcjcicf)net  ober 
cingefcftnitten.  ^tn^jßaUemant,  S)a^ 
beutfd)c  (Gaunertum.  4  ©be  i'eipjig  1858 
hxi  1862.  ißgt.  bie  5lrttEeI  3uben,  Äc^* 
Icr  unb  3^<^""^^- 

(Scfä^c,  'iiöitöli^c,  ftaren  für  bcn  gc* 
meinen  Diann  unb  ben  gemöhnlichen  |)auÖ5 
gebrauch  biö  inö  *IRitteIaUer  t)on  fehr 
einfadhen ,  meifl  rot)en  formen  unb  cnt« 
tucber  ixiii  gebranntem  2 t)on,  $>otj  ober 
JU  höberem  Sebarf  au«  üJJetaU  uerfertigt. 
SWetaüenc  ®efa§e  auü  (Sifen,  Äupfer  unb 
3inn  mürben  feit  ber  SJtittc  beä  10.  3nt)r* 
hun^ertö  in  bcn  iJlieberlanben  aU  .^»an' 
belöortifel  »erfcrtigt  unb  Pcrfcnbct.  S)a« 
neben  finbct  man  fd)on  früf)  im  .giauähalt 
ber  hcrrf^enben  ®tänbe  unb  nod^  mehr 
in  bcn  Äird^cn  *I!runfgcfäge  au^  cblem 
WetoQ  unb  Slfenbein,  aud)  biefe  jeboc^ 
anfänglid)  in  oft  plumpen  ®eftalten.  ©ic 
Stinfgcfcftirrc  maren  ber  Äeld),  ^alb^ 
tugclförmig  unb  auf  einem  furjen  J^u§e 
jlc^cnb,  ber  SfJame,  fd)on  früb  auö  bem 
lat.  calix  entlehnt,  abb.  chelih,  mbb. 
kelcb,  unb  ber  ebenfalls  bem  ßatcinifdien 
(üolfömii§ig=  lat.  bacar.mittcllat.  baccha- 
ricnm)  entlehnte  39c($cr,  at)b.  pecbar, 
mt)D.  becher;  er  ^atte  im  lüJittclalter  ent:= 
tücber  bie  jc^ige  gorm  ober  bic  (Sejlalt 
Heiner,  mit  2)auben  »erbunbener  ^olj« 
fäfd)en;  fein  beutid)er  ?Jame  ifi  6tauf, 
al)b.  unb  mt)b.  der  stonf;  baneben  be^ 
bientc  man  [xd)  immer  noc^  ber  alten 
Srinfbörner,  entmeber  auö  mirfli(^en 
©tierljörnern  ober  aui  (Slfenbein  gefc^ni^t; 


Srinf gefd) irre  ani  ®trau§enciern,  .^otoif 
nüffen  unb  bgl.  flammen  auö  fcem  Orient. 
5liid)  bie  ©Rüffel,  bic  mit  unb  of)ne 
guigefieü  »orEommt,  bat  fremben  Flamen; 
(i{)i).  skuzila,  mbb.  schüzzel  fommt  fom 
lat.  scutula,  bem  I)iminutii:)mort  t>on  scata 
=  flad)e  ©d)üffcl.  Sefonbere  Jeüer  ma* 
ren  nicht  üblid);  hai  mbb.  teler,  auä  ital. 
tagliöre,  tagliero  ijl  iai  5lüd)enbadbrctt, 
jU  ital.  tagliare,  franj.  tailler  =  fd)nci* 
ben.  S)ie  Äanne  mirb  non  einigen 
ebcnfaüä  auö  bem  ßateinifcben  crfldrt,  lat. 
canna  =  SRöbrc,  .ftrug .  2;rinfgef(^irr; 
nad)  ®rimmö  Jöörterb.  foü  bae Söort  mit 
Äabn  einer  SBnrjel  fein,  bcibcö  aui 
•öaumjlöcfen  auögeböbltc  Dinge.  Äan  = 
bei  unb  Äante  fmb  2Beitcrbilbungcn 
uon  Äanne. 

I)ie  ®otif  unb  ber  3luffd)tt)ung  beö  ba* 
mit  ticrbunbenen  Äunjlbanömerfce»  fam 
natürlid)  aud^  ben  ®efa§cn  in  hohem 
ÜJia^c  JU  gute,  üöährcnb  biä  jum  ©d)lu§ 
bcö  13.  3abrbunbertö  blo§  bie  berifd)cnbcn 
Stänbc  ®ef(^irrc  Don  ©öclmctaü  bcfeffen 
batten ,  begann  nun  bie  Vorliebe  für 
®cbmudgefä§e  aud)  ben  ©ürgcrfianb  ju 
ergreifen.  Unter  «Bermenbung  jahlrcid)cr 
ißerjicrungömittcl  entfaltete  man ,  am 
meijlcn  in  J^ranfen,  einen  früher  nie  ge* 
fanntcn  gormenreid)tum,  befonberö  in 
©cbaufiücfen.  jDaju  gehören  ücrfd)Iie§* 
bare  Jafelbefledc  in  ber  '\^oxm  t>on(öd)if* 
fen,  melcfcc  ©emürje,  iffiein,  Jrinfgefd^e, 
ßöffel  entbieltcn  unb  in  oft  feltener  '^iradht 
bergefleüt  maren;  Sronnen,  JBeinbehäls 
ter  in  ^orm  reid)gegliebcrtcr  Q3aumerEc, 
(galjf  äffer,  ©rcifüBc  jur  Unter* 
ftü^ung  grö§ercr  ®cfd)irre  ober  alä  fclb« 
ftänbigc  ©d^auftüde.  33efonbcren  üßert 
legte  man  auf  Eunftrcid)e  IrinfgcfäBc 
jumal  auf  33  cd)  er,  bic  halb  mcbr  in 
ber  SBcife  einer  ©d)ale,  balb  in  ber  eine^ 
jleld)e«i,  eincö  lönndicnö  ober  einer  Saffe 
gebilbct  rourben,  mit  ober  obne  ^ü^,  mit 
ober  obne  5)cdel.  ©aneben  fainen  für 
ben  bäu0lid)en  ©ebraud)  immer  no(^ 
tbönerne,  jinnerne  unb  böljcrnc 
®efä§c  jur  Qlnmenbung.  3m  15.  3abrb. 
fleigcrtc  fid)  ber  «Jlufmanb  fomobl  aU  ber 
(ärfinbungögcifl,  ber  fid)  in  aücn  mög= 
lid)en,  jum  2cil_  böd;)ft  Pbantafiifd)en 
{formen  ermie^.  «20  nehmen  nun  auc^ 
bie  9? amen  ber  Srinfgcfdie  ju;  nacb  ber 
©efamtfaffung  ober  bem  'JJJaBin^altc  un« 
tetfd)eibet  man  je^t  ©d^cirn,  pumpen, 
Äeld),  33ecber,  .^rug,  Äanne^  Äopf , 
Scboppcn;  na(^  Q^orm  unb  Stoff  !)J?uÖ5 
fat,  eic^el,  Äofo^nufe,  iraube, 
11* 


164 


®efä§c,  ^öu^Ud)e. 


©trau^,  IJcIif an,  ©d^Wan,  ©ct)iff, 
Tlönä),  9tonne,  Ulan,  SReiter, 
©rcifenflaue,  ^orn;  bei  bcn  Are« 
benj*  oter  2)oppeIbcd)ern  bilbetc 
ein  Sedier  ben  2)edfcl  bcö  anbern. 

35er  im  16.  5a()t^.  in  2)eutf(f^lanb 
auftretenbc  SWenaiffanceftil  äußerte  ftd) 
an  ben  ®efcf)irren,  abgefefjen  uon  ben 
formen  ber  Söerjierungen,  barin,  ta^ 
ber  fünftlerifc^e  ©cbanfc  [o  fe^r  bctoor« 
trat,  bai  ber  natürUd)e  3*^^^  ^et  ©egcn« 
jtänbc  babur«^  beeinträd)ti9t  n)urbe  unb 
bie  »erjierenbc  *Hu0ftattung  in^altlid)  aü' 
mät)Ii(^  auf  er  Sejug  ju  ben  Oegenflänben 
aU  [otogen  trat;  unb  in  ber  übcrbanb* 
ncbmenben  Serwenbung  beä  ®Iafe^, 
ber  SPtajolifa  unb  ber  »Jaience,  »o* 
burd)  bie  ®efä§e  in  ®olb  unb  Silber 
juvüdtiraten.  ®ie  frü[)eren  Q3ronnen  unb 
©rcifüpe  famen  in  ^bnafjme,  wdtirenb 
bie  6d)iffe  immer  noi)  forfamen;  be» 
fonberö  mürben  aber  alö  2;afeIbcilecEe 
teilö  feld^äbnIidE)c  ©tönber  ober  üon  äu« 
meip  bt'b«"  5"Bfn  gefiü^te  [c^alenförmige 
platten  beliebt,  reid)  mit  Ornamenten  bebecft, 
morauf  ftd)  ein  funftuoüer  S^ixat  txljob, 
teilö  in  5lunb  burd^gefübrte  ©arfteüungen 
au§  bem  SO?en[ct)ens  unb  Sierieben  unb 
ber  fpflanjenmelt,  ©jenen  gefdjii^tlic^en 
ober  aüegorij'd)en  3nb«lt^/  mptbologifd^e 
$l)antafien,  Sagbflüdc,  Sierfämpfe  u.  bgl.; 
dt)nltcf)en  ^"'f^^n  bienen  reid^ferjierte 
ÜJlufd^elauffä^e.  Sei  ben  ®ie§gcf(^irren 
mürbe  bie  Äannenform  übermicgenb 
l)errfd)enb,  mobei  %n^,  2)c(Jel,  |)entel  unb 
5luögu§  mannigfaltige  reict)e  S)ur(t)bilbung 
erfut)ren.  %üx  ben  eigentlid^en  Sebältcr 
ober  ben  Saud)  fam  bie  ®iform  auf  unb 
für  iai  ®cfd^irre  überf)aupt  bie  altrömif($e 
93afenform  jur  Geltung;  auc^  menn 
tai  ®efä§  felber  auä  gebrannter  ßrbc 
f)ergejtellt  mar,  pflegte  man  ben  ©d)mud 
an  J^enfeln,  ^ü^tn  u.  ^gl.  au^  getrieben 
ner  aJlctadarbeit  bfifsufteüen.  ©el)r  in 
iUufnabme  famen  bie  ®Iaögefä§e.,  melcf)c 
bis  ctma  1550  auöfc^liefli^  im  33enctia- 
nifc^en  angefertigt  mürben.  Sie  abfon= 
berlid)en  ®eftalten ,  meld)e  bie  Dörfer« 
geljenbe  ^eriobe  fo  fet)r  beoorjugt  b^tte, 
befd)ränften  fic^  con  jc^t  an  me^r  auf 
bie  5lrbeiten  aui  ©teingut  unb  mürben 
©ad)c  ber  eigentlid)en  löpfer,  bie  nun 
rec^t  im  ®egenfa^  jur  SBafcnform  i^ormcn 
au^  ringförmigen  Dtöbi-en  unb  bie 
Sonnenform  ober  aufredet  fauernbc 
giguren  unb  bgl.  auöbilbeten.  3^^^^" 
ben  eigentli^en  ©icf»  unb  ben  eigent» 
lid)en    irintgefä^cn    fam    für   ben    ge* 


möf)nlid^cn  iBetfe^r  eine  jugleic^  jum 
®iegen  unb  Srinfen  benu^te  ®efä§form 
auf,  ber  ^enfclfrug,  aud)  Ärug  über* 
^aupt.  Qluö  WlttaU  ober  Steingut  ^ergc* 
^etlt,  gcfialtete  man  ben  Ärug  alä  Ser* 
einigung  ber  Pannen*  unb  Sedjerform, 
fpöter  bäufig  mit  |)inneigung  gur  Sige* 
fialt  ber  ißafe;  baju  famen  bilbnerifdic 
Serjierungen,  Qlrabeäfen,  Sßappen  unb 
ein  »erjierter  Dedel  au^  ÜJietatt.  2)ie 
aSec^er  mürben  je^t  bäufig  au^  (Slfenbein, 
®laä  unb  55>>i6"ct  bfrSffl^Qt,  unb  jmar 
meift  obne  metallenen  ©cf)mu(f;  bie  ®c* 
fialt  mar  mie  früber  eine  überaua  mannig* 
faltige  unb  abenteuerlid)e ,  fo  ta^  ein 
©diriftfteller  flagen  fonnte:  „^eutige^ 
Jage^  trinten  bie  Sßeltbrüber  unb  Srinf« 
belben  auö  ©dbiffen,  Sffiinbmüblen,  öatcr« 
nen,  ©adpfeifen,  ©cfereibjeugen,  SBüc^fcn, 
Ärummbörnern,  Änebclfpiefen,  Söeinmagen, 
Weintrauben,  *}tpfeln,  23irnen,  Äodelbäbnen, 
^ffen,  Pfauen,  *13fajfen,  Ü}Jönd)en,  D^onnen, 
Sauern,  Sären,  Sömcn,  $irfd)en,  SRoffen, 
©trauten,  .$^a^en,  ©cbmanen,  ©c^meinen, 
(51enböfü§en  unb  anbercn  ungemöbnlid)en 
3;rinfgefd)irren,  bie  ber  leufel  erbad)t  ^at, 
mit  großem  5Dtigfat(en  ®ottcö  im  ^immcl." 
©päter  fc^ritt  man  gar  ju  9'?ad)abmungen 
oon  ©tiefein,  ©cbubcn ,  ©(^ubfarren, 
^riegögefd)ü^en  fort.  3u  »ormiegenbei 
®eltung  famen  alö  OJJetallarbeit  Srinf« 
gefäfe  »on  Sannen«  unb  ^tJinien« 
japfen,  ber  SBeintraube,  oon  Äöp» 
fen,  namentlich  t>on  |>örnern  mit 
reii^en  Sefd)Iägen;  fobann  Sedier  in  ber 
^orm  oon  OWönc^en,  fRonnen  unb 
reid)gefleibeten  meltlid)en  S)amen  in  ftei« 
fem  iReifrod,  ober  ber  fpi^igen  ^älfte  beä 
Sie«.  2)ie  @.rebenjbed)er  bilbeten 
meift  eine  mciblid)e  i^iqnx  mit  feitmdrtd 
auegebreiteten  5lrmen,  über  bem  |)aupt  ein 
©efäfc^en  tragenb,  bai  ftd)  um  feine 
Qucrad^fe  bemegtc;  er  biente  alö  ÜDoppel* 
bec^er  für  ^err  unb  iDame.  2)er  »Bill« 
fommbed)er  mar  meijt  ein  fe^r  umfang* 
reifer  *PoEol  ober  pumpen,  'ku  iai  cot* 
nebmfte  2;rinfgefd)irr  galt  immer  no<i)  ber 
Äel(i,  ben  man  ie^t  ju  äu§erfter  ©d)lanf« 
beit  gefialtete  unb  bcffen  5u§  man  miüfür« 
lid)  »erjierte.  Qlud)  bie  3;rinfgefd)irrc  au« 
®la«  mürben  in  ocrfd)iebenjier  ^^orm,  alö 
$ofaIe,  Äeld)gläfer,  ©cfealcn,  unb  in  ?llaä)' 
aljmung  jebmeber  ®egenjiänbe  gearbeitet. 

2m  17.  3abrbunbert,  aU  bie  Äunjl  ju 
jtnfen  begann,  famen  Srun nen,  I>rci« 
füfe  unb  ©cbiffc  gänjlid)  ab,  ebenfo 
bie  9[Ret)rjabl  fonberbar  gejialteter  ®efd§e  i 
bagcgen  mürben  aU  2;afelauffd|eä®erdtc 


®efä§c,  fird^Iid)«  —  ©cfolgewefen. 


165 


in  35afenform  mit  93Iumenftrau^  barin 
beliebt.  Äunfigläfer  nafjmen  no*  met)r 
über^anb;  bie  ®efä§e  fielen  ber  23erfd^nör« 
feiung  onbeim,  würben  immer  flacher  be« 
^anbelt  unb  bie  frü|)cren  Silbnereicn  burd) 
blop  eingcri^tc  ^inak  oon  oft  ro^er 
Lüftung  erfc^t.  (Sine  neue  5lrt  »on 
@ie§5  unb  itinfgefcbirren  brad^te  bie  (£in= 
füt)rung  be^  Äaffceö  unb  j{)eeö  mit 
ftd),  bie  Soffen,  bie  man  juerft  auä 
SWetaU  verfertigte.  5Der  aiofofo=@tiI  be« 
18.  3af)r()unbert^  enblic^  brachte  ben  ®e» 
fä^en  baö  lang*  unb  quergefurd^te,  fiel« 
jadige  SKufc^elttJcrf,  fc^arffantigc  unb  ecfige 
6d)nörfel  obne  fefic  ©runbgeflalt,  aufge« 
malte,  eingelegte  ober  leicht  erl)abene  2)ar= 
fieüungen,  (Scnicn,  SBIumen,  ßanbfc^aften, 
5ütll)örner  u.  bgl.  S)a^  ^auptmaterial, 
i)aä  für  biefe  ©efdbmacf^ric^tung  auc^  am 
gceignetftcn  war,  mürbe  baö^oräcUan. 
S«ad)  ÜBci^,  .Roftümfunbe. 

©cfäftc,  firiiilit^c.  ^eilige  ©efäfc, 
vasa  Sacra,  bcilcn  bie  bei  ber  Siturgie 
gebrauchten  ®efä§c ,  nämlic^  Äel(i)e, 
^atenen,  ^ofiienbüct)fcn,  ©iborien 
unb  ü)ion  jiranjen,  i)Ugf  ännd)  cn  unb 
®ie§gefä§e  SBcibx"aucf)becf en  unb 
®  d^  i  f  f  d)  c  n ,  ®  e  f  d  §  e  für  bie  f)  e  i  I  i  = 
gen  Die,  iRe§g,lödcf)en  unb  Sßei^s 
tüafferf  effel.  Über  bie  im  engem 
»Sinne  vasa  sacra  genannten  ®efd§e, 
meiere  burc^  il)ren  ®ebraud^  in  unmittel= 
bare  Öcrü^rung  mit  bem  fonfefrierten 
93rot  unb  Sßem  beö  Qiltarfaframentcö 
fommen,  ftetje  bie  befonbercn  2lrtifcl 
Äeld)  unb  föiborium.  Jiie  übrigen 
fird)lidben  ®efä§c  ftnb  »on  minbercr  ©id^* 
tigf cit.  ©ie  il  a  n  n  c  n ,  amulae,  ampnllae, 
baben  er^  in  fpdtgotifdier  Qät  einen  be« 
jiimmtcn  Jijpuö  angenommen.  6ie  fem« 
men  immer  paarmeife,  auf  einer  ©d^üffel 
fie^enb,  oor,  ba^  eine  Ädnnd)en  für  ben 
Sßein,  iia^  anbere  für  tai  jur  2iuäfpülung 
beö  Äeld)e^  erforberIid)e  SBaffer.  2)cr 
baudE)ige  Äörpcr  beflef)t  gemöbnlid)  auö 
@laö;  gu§,  ^enfel,  Älappbedel  au^  m^ 
tau]  anüi)  fommt  baä  ganje  ®efdB  metal« 
len  Por.  ©er  ®ie§gefd^e,  manilia, 
aquaemanilia,  bebiente  fid)  ber  ^rieficr 
jum  2ßafd)en  ber  ^dnbe,  fie  l)atten  bie 
gorm  irgenb  eine«  ber  9iatur  nac^gcbiU 
beten  ober  p^antafiifc£)cn  Jiereö,  cineö 
fiömen,  ^ferbeö,  einer  laube,  einer  ^enne, 
eineä  99aftliöf,  aui  SJetatt  gegoffen.  3« 
ben  Didu<^erungcn  get)ört  baö2ßett)raud)* 
gefd§,  acerra,  incensarium,  pyxis  thuris, 
unb  ia^  SRaud)beden,  tburibulum ; 
jene^  !^atte,   mic  i>ai  ®ie^gefdf,   oft  bie 


^orm  einer  53ef!ie  ober  bicjcnigc  cinc^ 
®(^iffd)en^,  hai  burc^  einen  in  ber  TOitte 
geteilten  Älappbedel  Perfd)lie§bar  mar. 
hai  SRaud)bcden  Ijat  jum  A^infieüen  einen 
einfad)en  runben  %\x^,  h)dl)renb  ia^  [\i) 
au^bau^enbe  Äotjlenbcden  jum  3^^*^ 
beö  ©d^wingenö  an  Letten  bdngt.  Sie 
ftnb  in  älterer  3eit  meifi  auö  (Srj,  erjl 
fpdter  üon  6ilbcr.  2)ie  ®efd§e  für 
bie  beiligen  Die,  ^eilöl,  Äranfcnöl 
unb  Salböl  fmb  Perfc^liepare  iBü(^fcn 
unb  5lafd)en,  aud^  in  ^örnerform.  Dtte, 
^anbbud)  ber  iJtrd)dologie. 

©cfoIgcttJCfcn,  eine  ben  Urjeiten  ber 
®ermanen  eigcntümlid^e  (Sinrid)tung,  Pon 
ber  Sacituö  in  ber  Germania  13  — l-i 
t)anbelt.  (£ö  tt»ar  ein  (Redbt  ber  gürften 
(nid)t  beä  5lbelö  unb  cbenfomenig  jcbeö 
einjelnen  im  ißolfe),  ein  ©efolge,  comi- 
tatas,  ju  l)alten.  Junge  ÜJidnner  auä  bem 
Söolf  fi^lie^en  fid)  bem  ^^ürftcn  an,  frei« 
millig,  fobuB  ber  Jüngling  felbft  ober  ber 
iBater  für  i^n  ben  dürften  md^It;  aud^ 
®öt)nc  bcö  Qlbelö  traten  in  iai  ®efoIge. 
2)ie  Sßcrbinbung  ifi  bauernb,  nid^t  für 
einen  befonberen  '3tt5e*/  bo(^  aud)  nid)t 
unauflöölid).  2)urd)  einen  ®ib  mirb  tn^ 
Sßerbdltniä  befrdftigt,  ber  jur  Sreue  unb 
Eingebung  Perpflid)tet.  2)ie  ®efolg^gc« 
nof[en  bilDen  bie  Segleitung  be^s  t^ürflen. 
mo^ncn  mit  i^m,  fd^maufen  in  feiner 
^aüe ,  ba^er  fte  fpdter  Heerdgesellen, 
Bankgenossen,  Tiscbgenossen  be«  "J^ürften 
ober  Äönigö  i)ei§en,  audf)  Notgestalden, 
al)b.  nötstallo,  Gesinde.  S)er  2)ien)l  al^ 
®l)tcnbien|l  minberte  bie  ^i^^'b^'t  nid)t. 
@in  jat)lreid)c4  ®efol9e  gab  bem  gürfien 
SRul)m  unb  ä)Jadt)t,  im  »^i^iftien  (Sbre,  im 
Kriege  ©c^u^.  3llö  ßo^n  erl)iclten  fxe 
SBaffen  unb  §ioffe,  awd)  Sd^d^e  auö  ber 
iBeute  ober  anbere  ®aben.  2)ie  91b« 
leitungen  beö  2lbelö,  ber  SSölferwanberung, 
ber  |)eerperfaffung  ,  ber  Safaüitdt ,  be^ 
33enefi^ialmefenö  auö  ber  £aciteifdf)en  ®e« 
folgf(^aft  finb  alle  »ibcrlegt  morben;  nad^ 
2ßai^,  !öerf.«®efd).  L,  »J(bfd)n.  10,  mac^t 
bie  ®cfolgfdf)aft ,  eine  3^^tlang  in  ben 
ÄönigreidE)en  ju  bcfonberer  Sebeutung  ge« 
langt,  fpdter  anberen  Silbungen  JHaum, 
bie  pornebmlidl)  auf  ber  (Sntmidelung 
ber  frdnfifd£)en  SJionardbic  unb  beö 
®runbbeft^eä  beruben.  3n  ben  norbifd^en 
SReid)cn  erbdlt  ft*^  bie  ®efoIgf(^aft  am 
reinflen  unb  Idngflen.  ®ie  (Erinnerung 
an  fie  lebt  in  manchen  ©ebi^ten  bee 
SJittelalter«  fort,  in  ben  SJibelungen, 
®ubrun,  im  ^clianb,  am  lebenbigfien  im 
angclfdd)fifd^en  Seomulf. 


166 


@cifct  —  (Scificr. 


©Cifcl,  ai)i>.  gisal,  gisil,  mbb.  der  unh 
das  gisel.  S)ie  ältcfien  3eM9niffi=  f"i^  ^'^ 
©cifelfleüung  bei  ben  (Sermanen  ftnt>  bie 
mit  gisil,  gisal,  üerfürjt  gis  jufammen= 
gefegten  jablrcidjen  (Sic^cnnamcn:  Willigis, 
Madalgis,  Fridngis;  Gisulf  =  Gisalwolf, 
Gisfrid,  Gisalfrid,  Gisibald,  Gisalbald, 
Gisalbrand,  Gisalmund,  a\iä)  bto§  Giso, 
»ueibtid^  Gisa,  neben  Gisilo,  Gisila,  Gisela, 
Gisel,  Gisalhart.  Gisalmaot,  Helidgis, 
Wolfgis,  Berengis,  Ebergis ,  Adalgis, 
Godigisil,  Ansigisil  (ju  ans  =  *Mfe). 
ÜJ?an  leitet  ba«  2Bort  »on  ger  =:  €peet* 
eifen,  Speer  ab,  tüonac^  ®eifel  ber  €peer= 
gefangene  wate,  föcnn  nidjt  eine  3tt'i[^«n- 
bcbcutung  =  ^elb  anjune^mcn  ifi.  S^ 
ifi  möglich,  bü§  in  früt)eften  3eiten  blo^ 
i)oit  (gefangene,  gürjien  alö  (Scifcin  an* 
genommen  mürben ,  matirenb  man  bic 
übrigen  tötete;  bie  bof)en  (Seifein  bienten, 
h)ie  ^agen  unb  2Baltt)ari  am  |)ofc  (S^elö, 
gerabeju  aU  3ierben  ber  ^öfc.  2)ur^ 
baö  ganje  ÜJJittelalter  blieb  bie  (SeifeU 
fieüung  eine  «efräftigung  beö  (gibeö,  na« 
mentlid)  menn  bie  Sirene  einmal  »erlebt, 
ober  SBerbac^t  beö  5lbfatle^  oorbanben 
mar.  ®ogar  ber  Äönig  fa^  ftc^  unter 
Umftänbcn  »eranlagt,  für  fein  gegebene^ 
SSort  (Seifein  ju  fteQen;  hod)  ertlärte 
^cinric^  IV.  ben  ©ad)fen  gegenüber,  bie 
»on  ihm  ©eifeln  begehrten :  (Seifein  ju 
ficüen  liege  tt)cit  ab  »on  ber  tönigli(f)en 
SQJajejlät. 

(Bti^ltXf  ©eigelbrübcr,  Ärcujbrüber, 
93ü§er,  Flagellantes,  Flagellarii  u.  a. 
ftnb  Benennungen  einer  im  )3.,  14.  unb 
15.  Sabrb-  auf  bem  (Sebietc  beö  ftrc^li*en 
SBu^mefen^  auftrctcnben  (Srfcfccinung.  2)ie 
altbritifct)e  unb  angelfad)frfcf)e  .Kirche 
fannte  al^  einjige  5lrt  be«  Sugroerfeö  ba^ 
galten;  ba  biefe^  nicfet  in  allen  gälten 
au^reid)tc,  famen  alö  Srfa|mittel  beöfels 
ben  a3eten,  ©ingcn,  ^erfagen  Don  «Pfal* 
mcn,  Kniebeugen,  (Selbfpeiiben  ju  Uxi)' 
liefen  ober  mot)ltt)(itigen  3tt>ccfen  unb  bie 
©ci^clung  auf.  2)ic  legiere  crfcf)cint 
luerfi  in  einem  93u§bud)c  beö  8.  5at)rl)- 
tn  ?iacl)al)mung  ber  (Seifelungen  S.l)rifti 
unb  ber  ?lpoPel.  Sie  blieb  lange  nur 
auf  Älöfler  befd^ränft  unb  erlangte  ^ier 
eine  fp^emotifd^e  5luöbilbung,  fobQ§  bic 
3al)l  ber  €^lägc  nac^  einer  feftcn  laye 
bercd)net  njurbc.  ©efonbetö  ber  Äarbinal 
5Damiani,  gcft.  1072,  mürbe  nic^t  mübe, 
bie  (Seifclung  anjuempfel)Ien  unb  brad^tc 
ti  fo  meit ,  ba§  bie  ©eifetung  nic^t 
blof  in  ben  Älöftern  eine  fe^r  au^ge= 
gebe()nte     ülnmenbung      fanb ,     fonbern 


aud)  in  bic  ^riwatbäufcr  btang.  S>ie 
macf)fcnbc  SBcrmilberung  bc^  gcifili(ftcn 
©tanbc^,  bie  23erau§erli(^ung  bc^  iöufs 
begriffet,  bie  Slbfolution  buri^  ben  'Criejier, 
bie  ftet^  abcnteuerlid)er  fid)  ausbilbenbc 
fatt)olifd^e  25ogmatif,  bie  53erme^rung  beö 
Äe^ertumö  unb  ber  milbe  Äampf  ber 
Äirc^e  gegen  baöfclbe,  ber  2öiberfpru(^ 
jmifcben  bem  öorl)anbenen  rcligiöfen  33e« 
bürfniffe  unb  ber  Ol)nma^t  ber  Äird^e, 
bemfclben  jU  genügen,  bie  infolge  baoon 
juncbmenbe  ißere^rung  ber  iJBanberprcbigcr, 
iafi  *Jluffommen  ber  geifilid)cn  Spiele,  ber 
®efang  freier  religiöfer  Sieber,  allc^ 
brängte  ftd)  ju  befonberen  5luäbrüd)en  bcö 
franfl)aft  gejieigerten  religio fen  aSotfägcs 
füblä.  25on  ber  SBirfung  beö  ^ntoniu« 
»on  fpabua,  geft.  1231,  l)ct§t  eö  in  ber 
Sebenöbef(^reibung:  „SDamalä  fingen  bic 
9!J?enfd)cn  juerji  an ,  fd^artnmeifc  [\ä) 
geigelnb  unb  geifili($e  ßicter  fmgenb  in 
'^Jrojeffion  ju  geben.  „^Beglaubigt  ifi,  i>a^  im 
5al)r  1260  jU  Perugia,  infolge' langer  unb 
furchtbarer  Äämpfe,  fic^  eine  SD^enge  ißolfe^ 
ju  reuiger  ®ei§elbu§e  ücrbanb.  „'Dtit  ent' 
blö§tem  Dberförper  matltcn  (Jblc  unb  Un« 
eblc,  (Sreife,  SOtänner  unb  Jünglinge,  ja 
felbft  ^inbcr  paarmeife  in  feierlid)cm  'üuf* 
juge  burd)  bie  Stabt  unb  f^lugen  {\(i) 
mit  lebernen  ®ei§elricmen  über  bic  Sc^ul« 
lern,  'oa§  baä  Slut  berabflof.  3>ann  er* 
goffen  fie  ft<^  l)inauö  über  bai  2Beic^bilb 
ber  ©tabt,  unb  immer  neue  ®d)aren 
fd)Ioffen  fic^  an,  mie  uon  *llnfiedung  er« 
griffen,  unb  fo  jogen  bic  33ü§er  roeiter  ju 
|)unberien,  ju  Jaufcnben,  ja  ju  3fb»tau« 
fenben  eon  S)orf  ju  2)orf,  oon  ®tabt  ju 
©tabt,  angefüf)rt  oon  *Ptie(lern  mit  Äreu« 
jen  unb  gi^ti^n»  ""^  marfcn  [li)  oor  ben 
Elitären  ber  .Kird^en  nieber.  Otüc  mufxt, 
aller  (Sefang  netftummtc  cor  i^ren  iSu§« 
liebern.  SRcue  unb  Sebürfni«  ber  93cr- 
föbnung  ermad)tf  in  allen  (Scmütcrn;  jebcr 
beeilte  fiä)  ju  beid)ten  unb  gctf)aneö  Un* 
red^t  miebcr  gut  ju  mad^en.  SBuc^crcr  j 
unb  SRäuber  jieUten  tai  unred)tma§ig  ge«  M 
monnenc  (Sut  jurüdt,  gcinbc  föl)nten  fxc^  ■ 
aug,  (Sefangcne  mürben  entlaffcn,  93crtric= 
benc  miebcr  aufgenommen,  reid)c  5llmofen 
gefpenbet.  93iä  nai)  SHom  l)in  manbertc 
tai  ©eiflcr^ccr  unb  aufmättö  burc^  bie 
öombarbei  unb  *picmont  bi^  na^  ber 
$roocncc;  felbfi  ber  iSJinter  cermoc^te 
i^ren  Stfer  nic^t  ju  bämpfen." 

Da«  5a^r  barauf,  1261,  fa^  ben  erjicn 
®ei§lerüug  in  2)eutfd)lanb  unb  jmar  in 
ben  öjicrrcic^ifd^en  ßänbern,  Saiern, 
^olcn,   Sö^men,   SJlä^rcn   unb    Ungarn. 


®ei§lcr. 


167 


3n  Stalten  tt)icberf)oItc  fi(^  bic  (Srfdjeinung 
im  ^a\)i  1334.  I)ie  grögte  ©emegung 
bicfer  QIrt  gefd^a^  jcbod)  unter  bcm  (Sin= 
brude  bee!  [d)tt)arjen  lobe«,  ber,  üon 
Dfiaften  t)erEommenb,  unglaubli(i)e  33er= 
n)üPungcn  annd)tcte  (ftet)e  ben  befonberen 
Slrtifel).  dlad)  l!eutfd)lanb  fam  biefe 
*PeP  im  3at)r  1348;  it^r  ©inörucf  mürbe 
»crmet)rt  burcft  tai  auf  bem  öerftorbcnen 
fiubmig  bem  93aier  unb  feinen  j^reunben 
unb  ■2int)ängern  lafienbe  3"f"t)itt.  3)a 
fammeltcn  ftd)  im  %\i)x  1349  an  t)er= 
f^iebenen  Orten  neue  ®ci§lerfd^arcn,  bie 
üon  febr  Derfdjiebenen  Orten  fic^  mef)renb 
unb  fid)  mieber  jerteilenb ,  t)ai  Sanb  üon 
ben  ?llpen  bi^  nad)  I)änematf  unb  binüber 
nad)  6nglanö  burd)jogen;  aud)  ^f""«" 
unb  Äinber  waren  babei.  S)ie  au^^ülji' 
lid)fte  iJiai^ric^t  barüber  jrnbet  man  in 
©lofcnerö  ©trapburger  föbronif  ,  bie 
im  ^al)X  1362  ootlenbet  mürbe. 

Sßer  in  bie  Srüberfc^aft  eintreten  moüte, 
mu^tc  jucrft  ertlären ,  ba§  er  gebetd)tet, 
aufrid)tig  bereut,  feinen  Jcinben  nergebeti 
unb  bie  ©inmiUigung  feiner  (äf)efrau 
jur  ®eipelfal)rt  ert;alten  l)<\bi;  bann 
mu§te  er  11  (tod)iUinge  unb  4  '{5fennige 
aufmcifen,  um  burd}  3o  bis  34  läge  (jum 
5lnbcnfen  an  S^iifii  ßebenöiaf)re)  fid)  mit 
täglid)  4  Pfennigen  erbalten  ju  fönnen; 
fobann  foQtc  er  i^ie  SBeife  ber  ©etiler 
galten  unb  ben  iDJeiftern  ber  Srübeifdjaft 
©eborfam  angeloben.  9}Ut  J^rauen  ju 
Dcrfe^ren  mar  nid)t  gefiattet.  3n  ber 
S«ät)c  einer  bemobnten  Ortfd)aft  orbnete 
ftd)  ber  3^ig,  ooran  bie  gemunbenen  Äerjen, 
^reuje,  i^o^nen,  bann  bie  *ü§er  paar- 
meife,  in  ä)?äntel  unb  ^üte  gefleibet  mit 
barauf  gct)cfteten  roten  Äreujien.  iUte^rcre 
SBorfdnger  fiimmten  bann  einen  8eiö  an 
(flef)e  biefen  5lttifel),  ben  bie  gan^e  'Sc^ar 
nad^fang,  mäl)renb  alle  ®loden  be«  Orteä 
jum  (Jmpfange  geläutet  mürben.  2)er  ge; 
bräud^lic^fte  ßeiö  lautete: 

Nu  ist  die  betevai't  so  her: 
Crist  reit  selber  gen  Jerusalem, 
er  füerte  ein  kriaze  in  siner  hant; 
nu  helfe  uns  der  heilant! 

Nu  ist  die  betevart  so  guot: 
hilf  uns,  herre,  durch  d  in  heiiges  bluot, 
daz  da  an  dem  kriaze  vergossen  hast, 
und  uns  in  dem  eilende  gelassen  hast! 

Nu  ist  die  Strosse  also  breit, 
die  uns  zuo  unserre  frouwen  treit, 
in  unserre  lieben  frouwen  laut; 
nu  helfe  uns  der  heilant! 


Wir  snllen  die  buosse  an  uns  nemen, 

daz  wir  gote  deste  bas  gezemen 

aldort  in  sines  vater  rieh; 

des  biten  wir  dich  alle  gelich ; 
so  biten  wir  den  heiligen  Crist, 
der  alle  der  weite  gewaltig  ist. 

5n  ber  Äird)e,  mo^in  jtc  jogen,  fnietcn 
fte  niebcr  unb  fangen: 

Jhesus  der  wart  gelabet  mit  gallen, 
des  suUen   wir  an  ein  kriaze  vallen. 

Wit  biefen  2ßorten  marfen  fic  fxi)  mit  freujs 
meiö  au0(3ebreitetcn  *2lrmcn  jur  ®rbc,  unb 
nertjarrtcn  fo,  biä  ber  ißorfdnger  an^ob: 

Nu  hebent  üf  die  iuwern  hende, 
daz  Got  dis  grosse  sterben  wende, 

morauf  jte  ftd)  mieber  erhoben.  3)ie«  ge* 
fc^a^  breimal.  2)ann  traten  Sürgec  ber 
Stabt  f)inju  unb  luben  bie  örüber  jum 
3mbi§  JU  ftd)  ein.  3um  ©ei^eln  aber 
ober  jum  ©ü^cn,  »elc^eö  t)or=  unb  nad)* 
mittägig  gcfd^at;,  begaben  fte  ftc^  mieber 
in  ^^lirojeffion  auf  einen  freien  ^.pla^, 
etma  ben  Äird)bof,  ftloffen  einen  Ärei^, 
legten  in  bie  'JJJittc  famtlid^e  Äleiöung^s 
fiücte  bi^  auf  bie  ^ofen,  tnüpften  einen 
®d)urj  um  unb  legten  ftd)  in  einem  mei* 
ten  Äreife  fo  nieber,  t>a^  bie  Sage  o&er 
Oebdrbe  bie  J^auptfünbe  Ui  einjelnen 
anjeigte,  ber  et)ebred)er  auf  ben  Sau^, 
ber  OJiörber  auf  ben  iRuden.  2)er  SUleifier 
f^ritt  bann  über  jeben  mcg,  rüljrte  \\)n 
mit  ber  @ci§el  unb  fprac^: 

Stant  üf  durch  der  reinen  martel  ere 
und  hüete  dich  vor  den  sünden  mere! 

3eber  iJerü^rte  f(^ritt  bem  SlKeijier  nad^ 
unb  ti)at  mie  er.  Diadbbcm  ade  aufgc* 
ßanben  rcaren,  fteßten  fte  ftd)  mieber  ju 
einem  Ärci«i  jufammen,  gingen  paarrceifc 
um  ben  Äreiö,  ben  iRiiden  mit  (Seigeln 
blutig  fd)lagenb,  non  benen  breidiemen  in 
Änoten  mit  oier  eifernen  Sta(^eln  au^* 
liefen,  unb  mätjrenb  ber  ©eigelung  fangen 
fie  ben  8ciä: 

Nu  tretend  herzuo  swer  büessen  welle  ! 
fliehen  wir  die  heissen  helle! 
Lucifer  ist  ein  boese  geselle: 
sin  muot  ist,  wie  er  uns  vervelle, 
wände  er  hete  daz  bech  ze  Ion, 
des  Süllen  wir  von  den  Sünden  gön. 

Swer  unser  buosse  welle  pflegen, 
der  sol  gelten  und  widerwegen; 
der  bihte  rehte,  lö  sünde  vam. 


168 


©eistet. 


so  wil  sich  got  über  in  erbarn: 
der  bihte  rehte,  lö  sünde  rinwen, 
so  wil  sich  got  selbe  im  erniuwen. 

Jhesus  Crist  der  wart  gevangen, 
an  ein  kriuz  wart  er  erhangen, 
daz  kriuze  wart  von  blaote  rot; 
wir  klagen  sin  martel  und  sinen  tot. 
durch  got  vergiez  wir  unser  bluot, 
daz  si  uns  für  die  Sünden  guot! 

des  hilf  uns,  lieber  herre  got! 

des  biten  wir  dich  durch  dinen  tot. 

„Stinder,  womit  wilt  du  mir  Ionen? 
dri  nagel  und  ein  dürnin  krönen, 
daz  kriuze  vrone,  eine  speres  stick, 
Sünder,  daz  leit  ich  durch  dich: 
waz  wiltu  liden  nü  durch  mich? 

So  ruofen  wir  uss  lütem  done: 
uusern  dienst  gen  wir  dir  ze  lone; 
durch  dich  vergiez  wir  unser  bluot, 
daz  si  uns  für  die  sünden  guot! 

des  hilf  uns,  lieber  herre  got! 

des  biten  wir  dich  durch  dinen  tot. 

Ir  lügenaere,  ir  meinsweraere,' 
dem  hoechsten  got  sint  ir  unmaere; 
ir  bihtent  keine  sünde  gar, 
des  müesst  ir  in  die  helle  dar! 

dovor  behiiet  uns,  here  got! 

des  biten  wir  dich  durch  dinen  tot. 

9iun  knieten  fte  mieber  ntebcr  unb  fangen: 

Jhesus  der  wart  gelabet  mit  gallen, 
des  Süllen  wir  an  ein  kriuze  vallen, 

tüarfen  ftd^  mit  frcujttieiei  ausgebreiteten 
Sltmen  ju  ©oben  unb  erl)oben  fic^  etji 
tüiebcr  auf  btc  Ante,  Wenn  bte  aSotfönger 
Begannen: 

Nü  hebent  üf  die  iuwern  hende, 
daz  got  dis  grosse  sterben  wende! 
nü  hebent  üf  die  iuwern  arme, 
daz  got  sich  über  uns  erbarme! 
Jhesus  durch  dine  namen  dri 
du  mach  uns,  herre,  von  sünden  vri. 
Jhesus  durch  dine  wunden  rot 
behüet  uns  vor  dem  gaehen  tot. 

fftait)  biefem  breiteten  jtc  i^re  2lrme  freuj= 
njeiö  an^,  fd)Iu9en  ftd)  an  bte  'örup  unb 
fangen: 

Nü  slänt  iuch  sere  durch  Cristes  ere, 
durch  got  so  länt  die  sünden  mere, 
durch  got   so  länt  die  hochvart  varn, 
so  wil  sich  got  über  uns  erbarn. 

9lun  flanben  bie  ®rüber  »tebcr  auf  unb 
begannen  ben  jtüciten  Umgang  ber  ©ei^e« 


lung,  mä^renb  folgenbcr  öeiS  gcfungen 
»urbe,  ber  »aferfcfeeinUd^  bet  ©equenj 
stabat  mater  entnommen  tji: 

Maria  stuont  in  grossen  noeten, 
do  siu  ir  liebes  kint  sach  toeten, 
ein  swert  ir  durch  die  sele  sneit; 
daz  16  dir,  sünder,  wesen  leit! 

des  hilf  uns,  lieber  herre  got! 

des  biten  wir  dich  durch  dinen  tot. 

Jhesus  rief  in  himelriche 

sinen  engein  algeliche; 

er  sprach  zno  in  vil  senedeclichen : 

„die  kristenheit  wil  mir  entwichen, 

des  wil  ich  län  die  weit  zergän, 

daz  wissent  sicher,  öne  wän!" 

dovor  behüet  uns,  herre  got! 

des  biten  wir  dich  durch  dinen  t6t. 

Maria  bat  den  sun,  den  süessen: 
,, liebes  kint,  16  sie  dir  büessen, 
so  wil  ich  schicken ,  daz  sie  müess  en 
bekeren  sich;  des  bit  ich  dich, 
vil  liebes  kint,  des  wer  du  mich!" 
des  biten  wir  (sünder)  ouch  algelich. 

Swelch  frowe  od  man  ir  e  nü  brechen, 
daz  wil  got  selber  an  in  rechen: 
swebel,  bech  und  ouch  die  gallen 
giusst  der  tiuvel  in  sie  alle ; 
fürwär  si  sint  des  tiuvels  spot! 

dovor  behüet  uns,  herre  got! 

des  biten  wir  dich  durch  dinen  tot. 

Ir  mordaere,  ir  strossroubaere, 
iuch  ist  die  rede  ein  teil  ze  swaere, 
ir  weint  iuch  über  nieman  erbarn, 
des  müesst  ir  in  die  helle  varn! 

d6vor  behüet  uns,  herre  got! 

des  biten  wir  dich  durch  dinen  tot. 

3)en  ju  einer  britten  ®ei§elung  get)ö* 
tigen  ÖeiS  übergeben  »ir.  3tacf)bem  bie 
(Singangä  =  (Zeremonien  »tcber^olt  «arcn, 
legten  bie  ®ei§Ier  iljre  .Kleiber  an ,  ac^t« 
bare  2eute  unter  ben  ßiifct)'!"^'^"  fammel* 
ten  eine  Seij^cucr  ju  5?erjcn  unb  i5af)nen 
für  bie  33rüberfc^aft,  unb  wenn  bieö  ge* 
tl;an,  trat  einer,  ber  ein  ßaie  War  unb 
tefen  fonnte,  auf  eine  (Srfiö^ung  unb  »er^ 
laö  einen  langen  ©rief,  ber  angeblid)  Don 
S^rifluS  felbfi  auf  eine  üJiarmortafet  ge= 
fc^riebcn ,  tuxti)  einen  (Sngcl  ^erabge* 
bracf)t  unb  auf  ben  ?Utar  ©t.  Cetera  ju 
3etufalem  niebergelegt  worben  fein  foQte. 
er  entf)ielt  bie  "ilufforberung  jut  ®ei§elfal)rt. 
3n  feierlidbcm  2u%i,  unter  ©lodfengeläute, 
fe£)rten  bann  bie  ®ei§Ier  in  bie  @tabt  jU' 
rücE,  »errichteten  in  ber  Äir^e  i^re  ^n* 
ba^t  unb  gingen  auöeinanber.    ©ie  butften 


©cifilid^c«  Drnat. 


169 


nic^t  über  einen  Sag  unb  eine  yta(i)t  an 
einem  Drte  »crmeilcn;  beim  gortjie^en 
aui  einem  Drte  fangen  fie: 

0  herre  vater,  Jhesa  Crist, 

wan  du  allein  ein  herre  bist, 

der  uns  die  sünde  mac  vergeben, 

DU  gevriste  uns  unser  leben, 

daz  wir  beweinen  dinen  tot, 

wir  klagen  dir,  herre,  al  unser  not. 

<Mnc  bie  Sieber  tttaren  crp  für  biefe  ®ei§el* 
fal)tt  üon  einem  unbefannten  Sßerfaffer  ge-- 
bid^tet  morben. 

(So  au§erorbcntIi(^  bie  Seilnaftmc  an 
biefer  fettfamen  (Stf^einung  voax,  fo 
f(J)neII  ging  fie  norbci ;  nai^  einem  fjalben 
3af)re  »erbot  man  in  @tva§buvg  unb 
anbermärtö,  jumtcil  burc^  bie  ©eiftlic^fcit 
angeregt,  bie  öffentliche  (SeiBetung.  2)a= 
ju  fam,  ta^  bie  fran5öri|'cf)en  (Sei^elfafir» 
ten,  wofür  bie  beutfc^en  Seife  übevfc^t 
Werben  waren,  pon  ©eite  bcö  Äönigjs  unb 
ber  UniDerfttät  »erboten  würben  unb  ber 
^apji  noc^  im  ^icrbfl  beö  3al)re0  1349 
eine  93uüe  gegen  bie  ©eitler  erlie§,  worin 
er  it)nen  jur  Saft  legte,  ta^  fic  eigenmäd)« 
tig  ^anbclnb,  bie  @d)lüffelgewalt  unb  bie 
biöciplinarifc^e  Drbnung  ber  Äitc^e  mi§? 
ad^ten,  unb  ben  93ifd)öfen  befaf)!,  fte  ju 
unterbrüdfen. 

3n  3talien,  ^xantxäi)  unb  Spanien 
trat  bie  (Srfd)einung  ber  ®ei§ler  oom 
3abrc  1398  an  in  anberer  gorm  auf;  ge» 
^lüüt  in  lange,  wei§c,  leinene  ©ewänber 
(batier  Bianchi,  Albi,  Albati  genannt), 
welche  aü<i)  ^opf  unb  @efid)t  oerbcdten 
unb  nur  jwei  Öffnungen  für  bie  "Jlugcn 
freiließen,  wallten  fte  in  neuntägiger  23u§= 
fa|rt  in  großen  .^»aufen  unter  ^Ibfingung 
beö  Stabat  mater  burd^  bie  Sänber '  unb 
(gtäbte;  oud)  biefe  (Srfd^einung  würbe 
balb  untcrbrüdt,  unb  bie  ©eißelbuße  nur 
nodt)  im  ®et)cimen  oon  ben  nie  ganj  jer= 
jiörten  S8rüberfd)aften  fortgefegt.  "^  3m  15. 
3at)rtjunbert  würben  niele  gebeimc  ^In- 
jünger  berfelbcn  in  2)eutfdblanb  non  ber 
3nquifttton  auf  ben  Sdbciter^aufen  ge- 
brac£)t.  3laä)  3 ad) er  in  Srfdb  u.  ©ruber. 
©ciftlt^cr  Drnat.  S)ie  ^erfletlung  einer 
liturgifd^en  Iracbt  für  bie  c^riftli(^e  Oitiit'- 
li^fcit  erfolgte  nid^t  oor  bem  6.  3a^rl). 
S)ie  *yuöbilbung  beö  priefterlic^en  '}lm\i'' 
ornatcö  ging  oorjugöweife  oon  ber  römis 
fd^en  ©efleibung  auö  unD  üoQjog  ftc^  aU 
allgemein  maßgebenb  juerfi  in  SiJäanä, 
erljielt  bann  aber  im  ^benblanbc  aümäl)* 
Iid&  eine  baoon  abweidf)enbe  felbjlänbige 
9li^tung.     2)ie   geftfietlung    ber   ®runb= 


formen  bc«  occibentaltfc^cn  Drnateö  »er« 
legt  man  in  ben  Seginn  be^  9.  ^ai)xl). 
tton  welker  ^dt  an  biö  inö  14.  3al)r^., 
bie  geiftlidE)e  SErad^t  im  31llgemeinen  bie» 
felbe  blieb. 

3um  Ornat  be§  Sifdf)ofS,  (Srj:= 
bifdbofö  unb  ^Papjleö  getjörten  folgenbe 
@tücfc : 

1.  Strümpfe  ober  ©odEen,  Caligae, 
Tibalia,  eö  ftnb  bieä  biö  ju  ben  Änicen 
reidbenbe  ßangfirümpfe,  oberl;atb  mit  Ante« 
bänbern  oerfetien,  ^uerfi  auö  Seinwanb, 
fpäter  auö  (geibe  ober  Sammet,  bunfeU 
eioletter  SJarbe. 

2.  Qä)ü\)i,  Sandalia,  Calceamenta, 
Socculi,  urfprünglidf)  baö  römif(^e  23inbe« 
fc^ut)WerE ,  fpdter  ein  ooü|lanbiger  gc= 
f(^loffener  ®d^ut)  mit  breiten  2;afd)en  oon 
ber  (Sot)le  bi«  jum  Spanne,  garbe  meifi 
farminpurpur,  außerbem  oft  ®d)mucE  »on 
®olbfiidEwerf,  perlen  unb  ©belfteinen. 

3.  ^aH'  ober  ® c^ u 1 1 e r t u d) ,  Amic- 
tus,  Superhumerale,  ein  großcä ,  oblon* 
geö  lud),  teilä  um  ben  ^aii  ju  fd)ügen, 
teils  um  bie  anbcrn  ®ewänber  vor  einer 
unmittelbaren  Serü^rung  mit  bem  ^a\i 
ftd)er  ÄU  fietlen. 

4.  51 1  b  e ,  Alba  ,  Camisia  ,  Poderis, 
Tunica  talaris,  iai  ältefle  @tücE  beö  gan* 
Jen  31mt(Sornateö,  ein  mäßig  weite«  ^emb, 
t>ai  biö  ju  ben  güßen  reicht,  mit  langen 
gegen,  bie  .gjanbfnö^el  ju  fxä)  t)erengen= 
Den  Oirmetn  unb  weitem  Änopflod^,  »on 
Weißer  Seinwanb,  ot)ne  ©dimucf. 

5.  S)er  jur  51lbe  geprenbc  ©ürtel, 
Balthens ,  Zona,  Cingulnm,  urfprünglid^ 
fdE)mucfloö,  fpäter  reic^  auögejiattet  mit 
Srobbelwerf  unb  ®olbf(^ellcn. 

6  ©tole,  Stola,  Orarium,  ein  langet 
um  ben  ^aU  gelegte«  Sanb,  beffen 
beibe  (Snben  je  jur  Seite  f)erabf)ingcn. 
211^  biefe^  Sonb  fidb  foWeit  »erlängcrte, 
ta'p  eä  am  ®e^en  l)iubette,  freu.^te  man 
c^  auf  ber  23ruji,  gürtete  eö  mit  bem 
©ingulum  unb  jog  eö  binter  biefem  Ijcr» 
auf.  S)ie  ©tote  war  mit  religiöfcn  Sinn- 
bilbern  unb  anbern  QSerjicrungcn  auöge= 
fiattet,  ber  Stoff  Slßotle  ober  ©cibe. 

7.  35aÖ  5üianipel,  Phanon,  Mani- 
pula,  Mappula,  urfprüngUd)  ein  Sud) 
üon  Sinnen,  beffen  ftd)  ber  $rieftcr 
jum  ^btrocfnen  beö  S(^weißeö,  unb 
jur  Säuberung  ber  l)eiligen  ®efäßc 
bebicnte,  fpäter  ein  fcbmaleö,  bem  linfen 
5trm  übergcbängte«  '-Öanb. 

8.  Qmi  ^embfijrmige  Über jieljer, 
Dalmatica  unb  Tunicella,  ein  längerei 
unb  ein  für3cre«  ®ewanb,  üon  benen  ent= 


170 


©eifili^c^  Ornat. 


ttttin  überhaupt  blo§  eincö  ober  öae 
fürjere  über  t>cm  längeren  getrogen  würbe, 
ber  ^orm  nad)  gef^Ioffene  Überfleiber, 
ju  ben  Seiten  je  ber  ßänge  nai)  mit 
einem  fd)malcn  üiolettroten  Sanb^reifen 
bcbecEt,  baö  längere  Äicib  mcifienö  rot, 
iai  türjcre  n3ci§. 

9.  I)aö  ÜJte^geWanb,  Paenula,  Pla- 
neta, Casnla,  Casubula,  ein  ringeum  gc« 
f(J)Iof]'ener ,  glocfenförmiger  Itberfjang , 
burd)  reii^cn  (äolbbefa^  auögejeic^net,  ber 
jt(^  um  ben  untern  «Saum,  um  ben  SRanb 
be^  Äopfaue[d)nitteö  unb  auf  ber  SSorber- 
unb  JRüdenfeite  längä  ber  SJfitte  t)in  be= 
fanb,  feit  bem  15.  3af)rb.  bradite  man 
auf  bem  SHücfenftüd  oft  einen  fe^r  breiten 
53cfa^  in  ®eftalt  beö  lateinifc^en  Äreujee 
mit  ber  %\QUX  bcö  ©efreu^igten  baruntcr  an, 
»orn  einen  fiangftreiien  mit  fleineren 
Äreu^en   au«  ©toff,  ©cibe  ober  ©ammet. 

10.  |)anbf(^ut)  c.  Manicae,  Chiro- 
thecae,  bie  nid)t  genäbt,  fonbern  gemirft 
fein  muffen,  auä  €cibenjloff,  purpurfarben 
unb  reid)  gejiert,  fpäter  mit  (Stulpen  »er« 
fet)en. 

11.  ©eriRing,  Annnlus,  urfprünglicft 
am  3£i9ffi"9f'^/  fpäter  am  vierten  i^inger 
ber  rechten  |)anb  getragen;  er  foüte  con 
®oIb,  mit  einem  (Sbcljleine  gefctimücft  fein 
®r  würbe  über  bem  ^anbfdiui)  getragen. 

12.  ©ine  Äopfbebectunq,  Mitra, 
Tiara,  Tnfnla,  Phrygium,  Corona  sacer- 
dotalis,  Cidaris  unb  Caphia. 

a)  ®ie  bifc[)öflid)e  Äopf  bebedung 
ober  Mitra  mar  eine  D^adbbilbung  ber 
aud)  im  getDÖ^ntid^cn  l'cbeu  allgemein 
üblid)en  SRunbfappen;  biefelbe  ruurbc  ins 
mitten  beö  ®d)äbetö  mäBig  eingefenft, 
burc^  bie  -äcnfung,  uieücid^t  um  biefelbe 
überl)aupt  ju  crjieten,  ein  »ertifal  laufen- 
beö  breitet  -td^mudbanb  gejogcn,  mctd)eö 
fi^  pon  ber  2)Jiitc  beö  auä)  fonft  üblid)en 
©tirnreifenö  cr^redie  ütümäblid^  löfie 
man  ben  Stirnreif,  ber  bei  allen  berarti? 
gen  Äappen  feit  jeber  ben  ^auptfd)mud 
lilbete,  Don  feinem  ®runbe  ab  unb  beban= 
belte  it)n  in  ®ejlalt  einer  langen  ©inbe 
aU  felbßänbigen  ®d)mud,  beffen  (Snben 
gleichmäßig  auf  bie  ®d)ultern  fielen.  Um 
ben  ®d)lu§  beä  11.  3a^r^.  erweiterte 
man  jene  erfic  (Sinfcnfung  bergefialt,  ha^ 
bie  Äappe  in  jwei  gleiche  ^^»älften  gefcfeie= 
ben  unb  j\ur  wirElid)en  2)oppclmüe>e 
würbe,  wobei  bie  Sinbebänber  nur  nod) 
gelegcntlid)  bie  Sebeutung  einer  befonbern 
51u0jeic^nung  beibehielten.  Später  fdjwanfte 
biefe  Sebedung  blog  nod)  in  ibren  ^ö^e« 


tterfjaltniffen    unb   in    ber    bcftänbig   ftc^ 
»crmebrenben  Qluöfiattuug. 

b)  2)ie  Äopfbebedung  beö  *Capjle« 
ober  Tiara  ifl  ein  t)of)er,  juderf)utförmigcr 
®pi|f)ut,  mit  einem  fentrecbtcn  goibenen 
Streifen  auögefiattet;  biefer  fowo^l  aU 
ber  golbene  Stirnreif  rei<^  mit  ©bei« 
fieinen  befe^t.  6r|i  ©onifajiue  VIII. 
(gefi.  1303)  gab  bem  Stirnreif  bie  ®e« 
fialt  einer  Ärone  unb  bradbte  barüber  in 
einiger  Entfernung  nocb  einen  bcrartigen 
SReifen  an,  wobur(^  bie  Siara  jur  ®op« 
pelfronc  würbe.  S3enebift  XII.  (1334 
bi^  1342)  ober  Urban  V.  (1362—1370) 
foü  einen  brüten  JReif  binjugcfügt  unb 
Urban  VI.  um  1378  biefe  breifa^e 
Äronc  bauernb  eingefüfirt  f)aben. 

13.  ^er  .^irtenft ab,  Baculus  episco- 
palis,  pastoralis,  Ferula,  Virga,  Pedum, 
Sambuca ,  urfprünglid)  eine  mit  einer 
Ärüde  t>erfcl)enc  Stü^e.  'Stan  oermutet, 
ta^  ber  Stab  im  8.  3af)r^.  jum  "Jlbjeidjen 
ber  Eird)Iid)en  ÜRad)t  würbe  Srft  um 
ben  Schluß  beö  10.  ^ai)x^.  ncrlängerte 
man  ibn,  brad)te  an  Steile  ber  furjcn 
S)oppeIfrüde  eine  ben  Sd^äferjläben  ä^n* 
Iid)e  nad)  innen  gewenbete  bafenförmige 
Ärümmung  an  unb  oermittelte  biefelbe 
mit  bem  Sdiaft  hüid)  einen  Änopf.  Sd)on 
bie  altern  Ärüdenfiäbe  waren  mit  plajli' 
fd)cn  3ifi^^cn  üerfebcn;  bie  .^rummfiäbc 
i)atten  eine  SBinbung  auä  glfenbein  unb 
einen  .Knopf  auä  SOJctall;  bie  Sffiinbung 
erbielt  bie  ®efialt  einer  S<^lange  ober 
irgetib  ein  fpmbolifdie^  Slätter«,  S3Iumcn* 
ober  SRanfenwerf,  auä)  ganje  Sjencn  aud  ber 
beiligen  ®efd)id)te.  S)er  urfprünglidy 
l)öljerne  Stab  würbe  fpäter  wof)l  ganj. 
auö  ©Ifenbein  ober  SRetad  ^ergefieüt.  — 
S)er  *}}apft  braucht,  ba  er  bei  *ßrojeffto* 
neu  fi^cnb  getragen  ober  fonfi  untcrflü^t 
wirb,  feinen  ^irtenjlab;  bo«^  trägt  er  gc« 
legentlic^  auf  iöilbwerfen  einen  langen 
Stab  mit  einem  Äreuje  barauf.  —  S>ic 
aSinbung  ber  5lbt «Stab  e  ifi  nad)  3nnen 
gebogen. 

2)ic  folgenben  Drnatfiüdc  werben  ent« 
Weber  bloß  com  *]3apfi  getragen  ober  finb 
nur  folc^en  Srjbifc^öfeu  unb  33ifd)öfen 
jugefianben,  welche  ber  $apfi  ebenbaburd^ 
auöjeid^nen  wid: 

14.  Sin  Öanb,  Pallium,  Pallium 
archiepiscopale.  (Jd  ifl  ein  jiemlid)  f(^ma» 
let,  etwa  brei  Ringer  breiter  Streifen,  auä 
fiommwoüc  gewoben,  mit  mehreren  fc^war« 
jen,  fpäter  purpurroten  Äreujen  Derjicrt, 
ber  fo  um  bie  S^ultern  getragen  wirb, 
ia^   eineei   ber    beiben  ßnbcn  ootn,    baÄ 


®cifili*f«i  Drnat. 


171 


anbcrc  tjintcrwärtö  ^erabföQt.     2)aö  ^aU 
lium  ifi  tai  6t)renäeid)cn  te«  ßrjbif*ofö. 

15.  (Sin  iS(J)ulterEIeib,  Amiculum, 
Superhamerale,  Rationale  episcoporum, 
Dom  12. — 15.  3abrb.  gebrd»i(i)licf) ,  ein 
bcm  ©d)ultcrf(cib  beö  jübi[(^en  ^ol)en» 
pricfler«*  nncbgePattetcö  ®en)anb,  baö  auö 
i;tt)ei  einanbcr  uöüig  gleiten  »ieredigen 
^(ilften,  einem  25orber=  unb  einem  SRücfenä 
teil  beflanb,  beibc  an  ben  untern  Tanten 
ju  fur.^en  oblongen  Streiten  verengert, 
beibe  2eile  mit  iSinnbilbern,  giguren  u. 
bgt.  Xild)  gefd)mücft. 

16.  SRationale,  Pectorale  ober  For- 
male, S^acbabmung  beö  fiobenprieficr^ 
lid)en  33ruftf(i)ilbeö,  ein  länglicfeeö 
95iered  mit  barauf  fenfred^t  in  oier  SReifjen 
gefaxten  jroolf  Gbelfteinen;  eö  nnirbc 
[päter  burd)  ein  Stujlüreuj  ober  burd) 
eine  reid)e  23ni  jlfponge  erfc|t,  unb  tai 
93rujtfreuj  auc^  auf  bie  Si[d)öfe  über^ 
tragen. 

93on  geringerer  Sebeutung  fmb  folgenbc 
Drnatpiicfe: 

17.  3)cr  SOJantcl,  Plnviale,  Kappa, 
ein  mit  einer  .^npujc  üetfebencr  Sd)uUer5 
um{)ang,  anfänglid)  blo§  ein  @cf)U^fleib 
(^Regenmantel),  gegen  i^älte  unb  SRegen, 
unb  baber  [d)mucfIoä  auö  einem  berben 
©toff  bevgefieflt.  ^rübcfienö  ju  (gnbe  beö 
12.  ^([l)xi).  oermanbcite  man  biefeö  ©iu^^ 
fleib  in  ein  ^e  ftf  Icib,  fteate  basfelbe 
aue  foftbaren  Stoffen  ^er  unb  fdbmiicfte 
üorjugemeife  bie  ©öume  Idngä  ber  Dff= 
nung  unb  tai  Oberteil  jirifc^en  ben 
®d)ultern  mit  reicb  geflicftem  93e[a^,  ben 
untern  <Saum  tt>of)I  aud)  mit  (Slöcfcben. 
3cber  ®eiftlici)e  fonnte  ftcb  biefeö  Äleibeö 
ot)ne  9'iangunterfd)icb  bebienen;  baö  SRüden= 
fd^ilb  cerfleincrte  ftdb  im  15.  3a^r^.  ju 
einer  ?lrt  ©enidfragen. 

18.  ©er  (Eborrod,  Rocchetum,  Roc- 
chet,  Superpelliceam,  eine  Qllbo,  bie  nid^t 
beim  ^Itarbienfte,  fonbern  al^  bequeme 
2)ienfifleibung  getragen  mürbe ;  biefeä 
Äleib  mürbe  mit  ber  ßeit  me^r  unb  met)r 
»erfürjt. 

19.  SDa«  Sarett,  Birretum,  tp  im  10. 
3a^r^.  auö  ber  bamalä  allgemein  üblid^en 
^unbEappe  baburd)  f)en)orgegangcn,  i>a^ 
man  fu  jum  bequemeren  *iinfaffcn  etwaö 
erf)öbtc  unb  fältelte,  ©päter  mürbe  ftc 
»öüig  quabratifd)  gefaltet  unb  auägejleift 
unb  oben  in  ber  'JDiitte  eine  Duajic  an=: 
gebrad)t. 

20.  2)er  Äarbinalä^ut,  Pileus  unb 
Galeras  ruber,  fam  crfi  im  13.  3abr^. 
a}i  atangbejeid^nung  auf,  »ermutlid^ 


in  ber  ibm  jc^t  no^  eigentümlichen  gorm 
einer  mit  breiter  gereifter  .Krempe  au^ge* 
Matteten  iRunbfappc;  ©cbnüre  unb  Qua* 
ften  fdjeinen  jungem  Saturn^,  ©päter 
famen  jum  roten  |)ut  ber  rote  ßeibrocf 
unb  iia^  rote  S3arett. 

Über  bie  liturgifcben  färben  fiel)e  ben 
ben  'MrtiEel  J^  arbenfprad)e,  ©.  101. 

2Ba0  hai  fird)lid)e  Ornat  ber  niebern 
©eiftlüfeit  anbelangt,  fo  roar  mit  ber  (Sin* 
meibung  in  ben  $riefierftanb  ober  la^ 
Prespyteriat  bie  Sctleibung  mit  ber 
©tola  unb  ber  Casula  oerbunbcn.  2)a= 
neben  beftanb  bie  übrige  amtli(^  firc^lid)e 
^Insf^attung  auö  bem  *}lmictuö,  ber 
511  ba,  bem  (Singulum  unb  bem  SWa« 
nipel.  2)ie  niebern  (Mrab c  ber  ®ei^s 
licbfcit  trugen  burcbgöngig  baö  rociie 
i^eicr fleib,  bie  Tnnica  alba  ober  talaris, 
moju  fpäter  für  (Sinjelne,  namentlich  bie 
*!Hiniftr  an  ten,  ta^  (it) orbemb  unb 
für  bie  ©an g er  au§erbem  tai  Plu- 
V  i  a  1  e  fam. 

2)ie  au§erf  irdblid^c  Iradbt  ber 
®eijllid)feit  fierocgtc  ftd)  im  ÜRittelalter 
faft  unau0gcfet;t  fe  nad)  3Kaftgabe  ber  3n* 
bioibualität  beö  (Sinjclnen  wormiegenb  in 
ben  (Sftremen  einer  äu^crftcn  ©ürftig* 
feit,  äbnli(^  ben  "iläfeten  unb  JVlofier« 
gei(llid)en,  ober  eineö  böd)jl  gefteigcr* 
ten  5lufmanbes  unb  *prunfc^  nacb  rein 
meltlid)cm  ®efd)mad.  ©eöbalb  na^m 
man  aucb  feinen  'änftanb  baran,  baf)  bie 
l}öbere  ®eiftlid)feit  eö  bcnÜJittern  gleic^^ 
tbat  unb  in  xioüer  f  r  iegerifd)er  ober 
fagblid^ei  5luörüfiung  erfcbien,  obgleicb 
Sie  meltlid^e  Obrigfeit  inelfa^  bagegen 
eiferte  unb  ber  ®eifilid)feit  „bie  ^inmen^ 
bung  fon  bunten ,  tiielfarbiqen ,  roten, 
grünen,  ju  furjen  un^  aufgefd^li^ten  Älei* 
bem ,  r>on  golbenen  unb  filbemen  *}lrm* 
fpangen,  fojlbarem  $eljmerf,  gefd)näbelten 
©d)ul)en  u.  bgl.  mef)r"  jlrenge  ncrbot. 
3n  ben  SSilberbanbfcbriftcn  beö  12.  unb 
13.  ^a^xi).  erfennt  man  bie  ®eifilid^en 
blo§  an  ben  hellblauen  lunifen  unb  am 
gefcfcorenen  .^laupt.  Äird)lid)er  Orbnung 
gemä§  follten  ftd^  aber  bie  ®cifilid)en  ber 
ben  ganjen  .Jlörpcr  üerbüilenben  einfadben 
.Kappe  unb  bes  langen  SRüdcnmantcl^ 
bebienen,  beibe  fon  bunfler  ^arbe. 

3)aö  liturgifd)  einmal  fcRgejletlte  3lmt^* 
ornat  änberte  ftdf)  feit  bem  14.  3abr^.  in 
mefentlid)cn  ©lüden  faum  mebr;  bie 
SBanblungen,  bie  dwa  no^  norfornmen, 
betrafen  meift  bie  oerjierenbe  "Huöftattung, 
bie  im  15.  3a^rb.  bie  böd)fic  ißoQfommen* 
^eit  erreid)t;  ma«  bie  3nbufirie  ber  mau* 


172 


©elb  —  (Selegen^citäbic^terei. 


ttfd^en  ©ciDenfioffe,  bie  fflcbcrci,  bie 
SBirfcrei,  9?a^clll^cfcm ,  SuntßidCcrci  in 
(Solbfdben,  ©olbfdbenfpinncrei,  SRelicf» 
jiirfcrei  erfanb  unb  octDoüfommnete,  ttjurbc 
in  erfter  Sinie  in  ben  ®ienfi  ber  fird^* 
liefen  ©emdnber  gcfteüt.  QllfS  au§cramt» 
Uc^e  geifilid^e  Zxaä)t  bilbctcn  ftd)  ncbfl 
bem  faltenreichen,  mit  Äapuje  oevfef)enen 
ÜÄantel  jWei  liauptformen  ber  Äappe, 
bie  eine  ein  faltenreicher  Salar  mit  lan« 
gen  unb  n)citen  5irmeln;  bie  anbere,  eng» 
anliegenbe  mit  engen  itrmeln,  ber  ganzen 
i!dnge  nacf)  bic^t  mit  Änöpfen  jum 
6df)Iie^en  bebecft ,  I)ieB  Sutane;  ber 
Stoff  beiber  ©emänber  mar  2Boüe  ober 
^albfeibc;  bie  ^axii  bei  ben  Äarbinälen 
^oc&rot,  bei  93ifc^öfen  fiolelt,  beim  qSapfi 
meif  unb  jmar  nur  in  «ffioffe,  bei  ber 
übrigen  ®cijili(i)feit  fc^tüarj;  über  ber 
Äappe  lag  in  gleid^er  J^arbe  ber  breite 
Hüftgürtel.  S)aju  fam  bei  ber  bö[)crn 
@eipiict)feit  ein  furjer  Ärempen£)ut  oon 
fdjmavjer  garbc  in  ®ebrauc&. 

S)ie  SRcnaiffance  übte  mef)r  (5inf[u§  auf 
bie  fünftlerifd[)e  «Musbilbung  ber  f(i)müctens 
ben  3iei^bcn,  aU  auf  bie  ©eu'änber  [elbfi. 
gutl)cr  bebicnte  fic^  für  bie  auf?erfird)» 
Iid)e  ■Jlmtßtrac^t  ber  f)errfd^cnben  ®e=^ 
Ie^rtentra(^t;  für  bie  firc^licf)e  Irac^t 
behielt  bie  lut^erifcbe  ©cifilidjteit  jum 
Jeil  ben  St)orrocf  unb  tai  *Die^ge  = 
manb  bei.    Utaä)  2öei§,  Äojtümfunbe. 

©cli»,  aiih.  unb  mbb.  gelt,  t>om  ÜSerb 
gelten  ift  eigentlich  bie  3'^f)Iun8f  ^i^  S^' 
leiftet  mirb;  got.  gilt  ijl  ©teuer,  ßinö, 
altfdcf)fifci)  geld  ift  SBergeltung,  3at)Iung, 
Opfer,  angelfäcftf.  gield,  gild,  gyld,  unb 
norbif*  giald  hai  gleiche.  3t"  ®inne 
tion  Tlitaü  aU  allgemeinem  3'if)^"ng^= 
mittel  fannten  bie  (äermanen  t>ai  (Selb 
nod)  nicf)t;  ^bie  runben  ®oIbbIecf)e  mit 
eingeprdgten  SSilbern  unb  9iummern,  bie 
man  öfterö  in  norbifcf)en  ©rdbern  finbet, 
ftnb  feine  SWÜHi^cn,  fonbcrn  Qlmulete  unb 
93ruftjierben.  2)er  ©ermane  tauf(J)te  ®ut 
geqcn  ®ut;  am  meißen  SRinber,  ^ferbe, 
alleö  93ie^  unb  SBaffen.  2Bortc,  bie  ur^ 
fprüngtid^  ben  93egriff  bei  Siet)eö  bejei(^- 
neten,  mürben  bat)er  fpdtcr  auf  ben  93C' 
griff  bei  ®elbel  übertragen,  mie  fc^on 
bei  ben  SRömern  pecus  unb  pecunia;  got. 
faihu  ift  fc^on  ein  iRame  für  ®clb.  3n 
93teb  unb  ifflaffen  mürben  bie  geri(ä)tli($cn 
93u§en  unb  ber  Äaufpreiö  für  ein  ffieib 
bejat)It.  2)en  Übergang  »om  Äaufc  burc^ 
laufet)  äum  Äaufe  burd^  ®elb  bitbeten 
bie  et)ernen  unb  golbenen  SRinge,  bie  um 
^aU  unb  Qtrm  getragen  nod)  im  iWittcU 


alter  ein  beliebter  ©(i)muc(  ber  S^eutfd^en 
morcn.  ®oIbene  JRtngc  galten  aH  iBu§* 
unb  Äaufgelb,  feil  ganj  feil  in  cinjelnen 
iRingfiütfen.  (jrft  unter  ben  üReromingern 
fam  infolge  iRa(^af)mung  römifc^^gatlitd^cr 
S[Rünjeinri{^tungen  ein  ®ctb  im  engern 
Sinne  auf  "'(fiele  ben  QIrtifel  SWünjen.) 
Sffiadernagel,  m.  ©^riften,  I,  55  ff. 

©elegen^ettöötc^tem,  b.  i.  biejenigc 
SRid)tung  unb  «Hrt  Der  2)ict)tfunfi,  bie  jtc^ 
an  du§erlicbe  Sorfdüe  beä  öebenl  bei 
einjelnen  ÜRenfd^en  ober  ber  einzelnen 
Äörperfc^aft,  ©emeinbc  u.  bgl.  anfängt, 
ift  juerjl  bei  ben  ^umaniften  Italien« 
in  Qtufna^me  gefommen.  S^ax  gab  el 
f^on  früher  an  einjelne  iperfonen  gc^ 
rict)tete  ®ebi^te,  beren  5.  25.  2Baltl)er  Don 
ber  aSogelmeibe  mehrere  oerfa^te.  aber  jte 
fnüpfen  fic^  an  eine  cinjcinc,  freie 
8ebenlcrfat)rung;  ^anö  ©ad^l  fennt  S)ic^» 
tungen  an  ^erfouen  gar  nic^t  ®rfi  tai 
ben  feinen  ßebcniformen  nad^ge^enbe 
^treiben  ber  ^umaniften  unter  fid)  felber 
unb  gegenüber  il)ren  ^o^en  "IRdcenaten, 
i\)xt  !Rut)mfu(i)t,  bie  anbere  rühmen  Iie§,  um 
ftdf)  bamit  felber  iRut)m  ju  erl)olen,  gewöbnte 
ftc^  an  regelmäßige  poetifdie  33emei^rdu(i)es 
rung  ber  Srbebung  ju  afabemifcf)en  ijtm« 
tern  unb  SBürben,  ton  ©eburtätagen, 
Ho(i)jeiten .  ©terbefdUen.  3n  beutf^en 
®ele^rtenfreifen  brudt  man  feit  ber  aJJitte 
bei  16.  3«Öi^^-  regelmäßig  foldbe  Carmina 
gratularia  etc.  ©ie  ftnb  anfänglich  tateis 
nifd),  menni  ^öber  reic[)t,  gricc^ifd),  unb 
menni  nod)  l)öi)tx  fommt,  l)ebrdifdh  ober 
arabifcö  gefc^ricbcn;  mit  bem  95eginn  hti 
17.  '^ahxi).  treten  franjörifct)c  unb  italie= 
nif(f)e  ©prad^c  auf,  mit  Dpi^  bie  bcutfitc; 
oon  ^a  an  biegten  nic^t  bloß  bie  eigent« 
licf)en  iDtcE)ter ,  mie  Dpi^ ,  glemming, 
®rt)phiul  fol(ä)e  ®elegenbeitlgebic^te,  fon» 
bem  überall  finben  ftct)  fiubierte  öeute, 
moI;l  meifi  *Pf^nrer,  bie  fid)  gegen  einen 
ßol)n  baju  [^ergeben,  auf  '.öeßellung  ber« 
gleid^en  ©cbic^tc  ju  liefern.  3"  ^^n 
jaf)lrci(^  erhaltenen  Sfnjelbruden  unter* 
fc^eibet  man  red)t  beutlid)  ben  bejfern 
®efdl)mad  ber  erjlen  unb  ben  ro^ern 
unb  unfcufc^en  ©efc^mad  ber  jmeiten 
fc^lertfd)en  ©dt)ule.  2Bal  bie  ^^orm  biefcr 
®elegenf)eitlbid)tungen  betrifft,  fo  ifi  jmar 
bie  am  meinen  gebräud)li(^e  bie  Obe  ober 
bie  eiegie,  refp.  ein  refleftierenbel  ®ebid)t 
in  5llefanbrinern;  el  fommcn  aber  aud^ 
ftropl)i[che  2)id)tungen  cor ,  bie  ©atirc, 
tai  |)irtengebid)t,  Santatcn,  ©crenaben, 
<PajioreUen ,  ÜRalferaben  unb  SSaüabcn. 
®rji   bal  18.  3a^rl).    tiat   bicfc  [Richtung 


©cnoocfa. 


173 


bet  SDi(i)tfunfi  ba^in  jutüdgebrängt,  wo 
ftc  ^in  9e{)ört,  in  bie  Äreife  beä  *pn»at* 
lebend. 

Ocnoticfa  t)ei|t  bie  ^clbin  eineö  weit» 
»crtreitcten  Solföbuc^eö.  2)ie  Sage  ijl 
jucrjl  1472  in  Iateini[d)er  Spraye  burd^ 
einen  mi  Slnbcrnad)  gebürtigen  Äarme= 
Iitcrmönc^,5[JJattbiaö  (Smid),  niebcrgefc^rie« 
bcn  »orbcn  unb  er[d)eint  f)ier  ale!  eine 
SDRarientegenbe ,  an  bie  ffialbfapeüe 
5raüenfird)cn  gefniipft ,  n)eld)e  einige 
TltiUn  üon  (Soblenj  entfernt  liegt.  3^r 
3nl)aU  ifi  folgenber:  S^"^  3fit  beö  2rier's 
fctien  erjbifc£)ofä  ^ilbolf  lebte  ein  fronis 
mer  ^Pfaljgraf  ©iegfrieb,  beffen  [d^önc 
®emat)Un  ®enonefa ,  eine  Soc^ter  beä 
|>eräDgö  t)on  33rabant,  bcr  Jungfrau 
5Karia  mit  ©ebet  unb  QUniofen  eifrig 
biente.  9Jun  begab  e^  ftd) ,  ia%  öer 
^faljgraf  an  einem  ^cerjug  gegen  bie 
Reiben  teitnct)men  foüte,  unb,  nod)  tinber« 
loö,  üerorbncte  er,  ta^  feine  ©emablin 
hjä^renb  feiner  *3lbTOefent)eit  auf  fei* 
ner  im  SORaifetbe  belegenen  23urg  ©immern 
n)of)nen  foüte;  ju  feinem  iöermefer  aber 
befiimmte  er  nac^  bem  SRate  feiner  23afal- 
len  i>in  tapferen  ^cermcifier  ®oIo.  3" 
ber  iJiacfct  üor  bem  Qlufbrud^e  gcfd)a^  eö 
buid)  göttlidjc  Sc^icfung,  ta^  bie  (Sräfin 
tom  *Pfaljgrafen  empfing.  SKit  ©mpfeb« 
lung  feiner  ®emal)lin  in  ben  ®d^u^  ber 
Jungfrau  ÜJJaria  eilte  ber  ®raf  traurig 
»on  bannen,  ©alb  barnad^  entbrannte 
ber  trculüfe  ®oIo  in  fünbli(i)er  ßiebe  ju 
ber  fc^öncn  3^rau;  bod)  alle  eintrage  fiud}= 
teten  nid)t^,  fomcnig  aU  bie  falf($e  SRac^; 
ric^t,  ta'^  ber  ^err  im  SUJeerc  umgefom= 
men  fei.  SJJun  entjog  ibr  ®olo  aüe 
Diener  unb  Xiiencrinnen  unb  lie§  \\)X  für 
bie  Stunbe  ber  ®cburt  nur  ein  alteö, 
böfeö  2Beib  jum  Seiflanbe.  Qllä  aber  bie 
Jfai^ric^t  fam,  ber  ^fal^graf  fei  auf  ber 
$eimfet)r  begriffen  unb  in  Strasburg  ein? 
getroffen,  ging  ®oIo  i^m  entgegen  unb 
tierleumbete  ben  Äod)  alö  33ut)len  feiner 
^errin,  »u§te  if)n  aud)  ju  »crleiten,  ta^ 
er  bem  23orfd)Iage  jufiimmte,  SWutter  unb 
Äinb  im  (ßaac^er)  See  ju  ertränfen  2)ie 
mit  ber  Qiuöfüf)rung  beö  Scfebleö  ter« 
trauten  Diener  fd)onten  jebod)  §rau  unb 
Äinb,  liefen  jene  im  Söatbe  jurücE  unb 
brad^ten  bie  auögef^nittene  3""9^  ^i"'^ 
mitgelaufenen  ^unbe^  alö  Söal^rjeid^en 
beä  ®e()orfamä  mit.  'JOJaria  aber  gelobte 
ber  ücriaffenen  SDiutter  i^re  ^ütfc  unb 
fanbte  bem  »crfd^macbtenben  Äinbe  eine 
^irfc^fut),  bie  d  fäugte.  ©ed)ö  Ja^re 
unb    brei    SlJtonate    barauf   gebac^tc     bet 


qSfaljgraf  feinen  iBafaUen  ein  gro§cä  ^efi 
ju  geben;  »eil  aber  oiele  ®äfte  früher 
eintrafen,  jog  er  am  Sage  t>or  (Spiptjania^ 
mit  ifinen  ^inauö  jur  Jagb.  Da  fiief  er 
auf  bie  ^irfd)fu^,  fanb  bei  if)rer  ißer= 
folgiing  DDJutter  unb  ^inb  unb  etfannte 
fie  alä  bie  feinigen  an.  (Srjbifd)of  |>ili 
bolf  meil)te  auf  ©euocefaö  Sitte  unb  53er= 
langen  am  Dreifönigetage  bie  fd)ü0enbe 
©tättc  bcr  beiligen  Dretfaltigfeit  unb  ber 
Jungfrau  DJfaria.  Sei  bem  großen  ^eflc 
aber,  baf  ber  ®raf  jegt  gab,  mürbe  ®oto 
burd)  »icr  Dd)fen  jerriJTen,  bie  jrod)  nic^t 
im  Pfluge  gegangen  maren.  »c^on  am 
2.  5ipril  ftatb  ©enoüefa  unb  mürbe  in 
ber  neugcfiifteten  S^arienfapeüe  begraben. 

Die  befiimmte  ®efialt  einer  lofalifierä 
ten  ÜJfarienlegenbe  fdieint  bie  ®efd)id)te 
©enopcfaö  gegen  bie  SOiitte  beö  15.  Jabr« 
^unberte  erl)alten  ju  {)aben,  mabrfd)cinlid) 
unter  bem  ©infiuffe  bcr  Äarmelitcr,  roelc^)e 
ber  SOkrienoerebrung  bcfonbcra  ergeben 
maren.  SSicCIcii^t  haftete  bereit«  eine 
ber  ^ortbilbung  faltige  Sage  an  bet 
Äapcüe  JVvaucnfirc^en.  Der  Jriercr  Sifcfeof 
|>ilboIf  ift  eine  apofrl)pf)ifc^e  *Pcrfon  unb 
r>on  einem  rbeinifd)cn  *13faljgrafen ,  ter 
umö  3al;r  1100  in  biefcr  ®egenb  gelebt 
l)abcn  foü,  meif  man  fc^r  menig  ®cft>iffcä. 

(Svft  um  bie  ÜJtitte  beö  17.  Jatjrbun« 
bertö,  nac^bcm  bie  ßegenbe  biö  bat)in 
menig  befannt  gemefen  mar,  ermeiterte  bcr 
franjöftfdjc  Jefuit  Kene  de  Ceresiers, 
geb.  1606,  bie  Segenbe  ju  einer  erbau* 
liefen  9^0  0 eile  unb  cntfleibete  fic  be« 
lofalen  unb  inbiüibuctlen  (Sl)araftcrö  einet 
iDJarienlegenbe.  Seitbem  mürbe  biefcr 
Stoff  üielfad)  epifd)  unb  bramatifd)  juerj! 
in  franjöftf^er  Sprad)e  bcbanbclt;  in  ttn 
9'lieberlanbcu  fc^liff  fic^  föcriftcrö  9iot>eIle 
jU  einem  Öolfäbuc^e  ab,  au«  meld)cm 
mat)ri^cinlic^  ba^  beutf^e  SBolföbuc^ 
fierootgegangen  i|i. 

Jn  ber  iRad)barfc^aft  bet  Äapcfle  grauen* 
fird)en  murbc  ®cnotoefa  Sabrbunberte  lang 
üH  ^eilige  »erebrt,  obmot)l  ftc  nie  f)eilig 
gefproc^en  roorben  ift.  5lüiä^rlid)  am 
Dfiermontage,  bem  Sterbetag  ber  $falj« 
gräpn,  jogen  bie  Sürget  bcr  benachbarten 
Stabt  SDJatjen  in  üollct  .^riegörüfiung  nac^ 
graucnfiriien,  fübrten  ein  Scfeeingcfei^t 
jmifd)cn  ^raufen  unb  Sarajencn  awf 
unb  febrten  nad)  »errid^tctem  ©cbcte  in 
qSroäcffton  juiücf.  (Srfi  im  Ja^r  1785 
^örte  bie  *Projeffton  auf. 

3ad^et  untcrfd)eibet  an  ber  ©enooefa« 
ßcgcnbe  jmei  Scfianbteile,  einen  utfprüngs 
liefen,    fagcn^aften   unb    einen    iüngcrn, 


174 


©eograp^ie. 


nooeüiftif^en.  SDaö  noücüiftifc^e  (SIement 
h)ar  feit  bcm  13  3'Jf)'^t)Uti^e'^t  in  einet 
gto§cn  5tnjat)I  t>on  @efd)ict)ten  jur  2)ar' 
fleüung  gelangt,  tt)eld)e  ben  Sieg  bct  ef)e» 
lieben  ßiebe  unb  Steue  oerfterrlicbten,  bie 
<iuä  5DrangfaIcn  unb  iBerfolgungen  ge= 
prüft  unb  geläutert  ^eroorge^t.  >Der 
©toff  biefer  bis  inö  16.  3abrf)unbcrt 
reicbenben  SJottetlen  voax  aber  mcifi  »on 
früber  ßett  f)er  überliefert  unb  gebt  iim 
unb  in  anbern  (Sr^^äblungen  auf  bie 
©ötterfage  felbfi  jurücf.  ©s  ifi  ndmltcb  biefc 
ßegenbc  ein  ©rucbfiücf  jener  hjeitperbrei« 
teten  ©age,  rtield)e  bei  jablrei(J)cn  bcutfcben 
SJolfeftämmen  »ieberfcbrenb,  an  bie  3Jamen 
ber  6tammI)eroen,  ©cbttunritter,  ©iegfrieb, 
SBelf  u.  a.  fid)  anfnüpft  unb  über  biefe 
auf  2Buotan  bin  aufretd)t,  auä  beffen 
25erbinbung  mit  einer  2ßalft)re  jene  ©tarn« 
tne«it)eroen  entfproffen  gebad)t  ttiutben. 
©enonefa  ifi  niemanb  anberö  alö  bie 
beutf^e  (Sötterniutter ,  }^nr)a.  ®abin 
roeift  ibre  ?lufflnbung,  fefilid)e  |)eimfüb« 
rung  unb  bie  6inroei[)ung  beä  J^eiligtumg 
am  legten  Slage  ber  3>i^ölften ,  am  (Spi^ 
pbanioßfeft,  oieücicbt  aud)  bie  ^lirfc^fu^ 
unb  bie  !jiad)bar[(^art  ber  3^ieberlanbe,  h)0 
bie  ©cbruanenfage  am  meijlen  beimifcb 
War.  ^a&i  3^ifber  in  (5rfd)  u.  ©ruber. 
(Scogra^JÖtC.  SBenige  SBiffenägebiete 
waren  bem  ®eijl  ebe«  läj'Httelalterö  [o  frcmb 
unb  mürben  bei  ber  befcferdnften  9'iatur; 
anfcbauung  unb  bempbantajlifcben  Jßunber; 
ftnn  jener  3eit  fo  farrifaturmäßig  »erjerrt, 
tüic  ha«  ber  ©eo.jrapbie.  SSon  ben  geos 
grapt)ifdben  llnfcbauungcn  unb  ÄenntnifCen 
ber  'Jlltcn  rettete  fid)  blo§  ein  ganj  unbe^ 
beutenber  Jeit,  maö  etma  'JJIiniuä,  9U?eIa 
unb  ©olinuö  gefcf)rieben  i)atten,  bie  felber 
bcm  Jöunber  fo  nai)t  jianben,  in  bie  93il-- 
bung«jlätten  unb  in  bie  Äöpfe  beö  ü)?ittel< 
alterö.  Sic  *Unfcbauung  »on  ber  Äugele 
gcftalt  ber  (Srbe  mar  mieber  uerloien  ge« 
gangen  ober  tt>ar  menigjlenö  nur  nod) 
Sißentgen,  mic  bcm  Seba  iBenerabiliö,  be= 
fannt,  ber  aftronomif(i)e  Äenntniffe  jur 
©erec^nung  ber  Ofiertafcin  anmanbte.  i)ie 
©ejlalt  ber  SBelt  backte  man  fidb  f(^cibem 
förmig  ober  oierecfig;  im  erfleren  x^aüt 
jeicbnete  man  eine  f.  g.  !}lab(^arte, 
nämlicb  einen  Äreiö,  bie  6rbc,  unb  um 
fte  l)erum  in  einem  meitercn  fon- 
centrifchen  .^reiö  im  Dceanuei,  a\)t.  win- 
telseo  ,  wentil  meri.  5l)er  Srbfreiö  mirb 
bann  burd)  einen  I)orijontaIen  *-8aIfcn  in 
jmei  ^cilftcn  jerlegt,  in  eine  öf!Iid)c  afu 
atifd)e  unb  in  eine  mefilic^e,  bie  unpar« 
tciifc^  jmifc^en  Suropa  unb  Qtfrifa  geteilt 


murbc;  jmifcbcn  ©uropa  unb  'Hfrifa  liegt, 
burcb  einen  Ducrbalfen  angebeutet,  ba^ 
Marc  Magnum.  3"'*"^^'^^  i"i  2lfiatif(f)en 
.^»albfreiö  ftel)t  Paradisus,  üuroberP  Gog 
et  Magog,  baä  finb  bie  apofalpp« 
tifc^en  23ölfer,  bie  nacb  ber  53ibel  beim 
9^at)en  beö  ®crid)te«  bie  2ßelt  mit  iBer* 
l)ecrungen  überjieben  foücn.  ^m  ÜJJittcl* 
punft  ober  im  3?abcl  ber  SBclt  ftet)t  3e* 
r  Ufa  lern  eerjeicbnet. 

2)ie  Semabver  beö  geograpbifd^en 
SBiffenä  ber  21Iten  unb  jugteid)  bie  f[ei§ig« 
ften  unb  unterne^menbften  ßanberentbecfer 
marcn  im  früben  ilJittelalter  bie  5traber; 
ber  Äalif  üfJamun,  3^'^«""^^"  Äarl« 
b.  ®r.,  lic§  bie  großen  ©pntayiö  tii 
^  totem  äuö  unter  bem  SRamen  Qllma* 
gefi  (»7  fisyiar?]  mit  bem  arabifct)en  2lrs 
tifel  al)  unb  üieQei^t  audb  feine  geogra« 
pt)ifd)en  Safein  übcrfe^en.  ?Jic^t  blof 
fannten  bie  ^Iraber  bie  Äugelgeftalt  ber 
©rbe,  fte  ma§en  fogar  jmei  Srbbogen« 
fiücfe,  mobei  fie  nur  um  Vio  juüicl  üon 
ber  ffiirfli^feit  feblten.  2)ic  33erü[)rung 
nun  beö  d)riüiid)en  SOiittelaltcrö  mit  ber 
arabifd)en  ©cfittung  in  l)eiligen  Sanbc  unb 
in  (Spanien,  ber  (Sinbrud)  ber  SWongolcn 
in  ©orberafien,  bie  (Eröffnung  eine«  at« 
lantif^en  Seemcgeä  oon  ben  italienifc^cn 
.§)anbcläpäbten  nacb  glanbern  unb  bie 
erneuerte  !8efanntfd)aft  mit  ben  Urteyten 
ber  griecbif^en  ©cbriftftetler  tiermittelten 
enbli(^  in  ber  jweiten  ^älfte  be«  SDiittcl* 
alter«  auc^  bem  d)riftlid)en  3tbenblanbe  bie 
Qlnfänge  ä^ter  i^eograpbifd^cr  ©rfcnntniö. 
SÜHit  ben  mongolifdben  ^crtfcbcrn,  bie  gegen 
®lauben«formen  gleid)gültig  maren,  ent» 
midelte  ftd)  feit  ber  50Ütte  beö  13.  3abr^. 
oon  ben  franjöfifdien  ^öfen  auä  ein  leb* 
bnfter  SSotfcbafterferfcbr,  ba  man  it)rct 
|»ülfe  gegen  bie  ägt)ptifd)cn  üHamelufcn 
,;;u  bebürfen  meinte.  3""i<Jt  3) o mini* 
f aner  unb  IRinoriten  maren  bei  biefen 
®cfanbtf(^aften',  bie  sngleid)  SiJiiffiong* 
reifen  maren,  tbatig;  barunter  jeid)net  fi^ 
ber  Script  beö  üon  Submig  bem  ^eiligen 
entfanbten  SWinoriten  Ruysbroek  ober 
Rubrnquis,  burdb  feine  t>on  jlörenben 
fabeln  foft  unbefledte  9?aturmabrl)eit  fclir 
üorteilbaft  aui.  iJJod)  böl)ereö  jcboc^ 
leifteten  bie  ®ebrübcr  Poli  au^  33enebig, 
Nicolo  unb  Maffio  Polo  unb  bei 
Nicolo  ©obn,  Marco  Polo,  bie  24 
5abre  im  SD?orgenlanbe  manbcrten  unb  bi3 
na^  beding  !amen,  »on  mo  fte  über  .Ro« 
cbincbma,  6umatra,  Seplon,  iWalabar, 
Sdbri«  unb  Srapejunt  ber  ^cimrcife  an» 
traten. 


(Scrmania  beö  Sacituö. 


175 


2;f)eoretifcf)e  Äenntniffe  beö  5lltettumö 
€ntnaf)m  fobann  iai  *ilbenblanb  auö  ara= 
bifcf)cn  6(^riftfleC[ern ;  bcfonbetä  ifl  £)icr 
ju  nennen  beä  *M  Ibevtuä  SRa  gnu  ö  Liber 
kosmographicus  (um  1250)  unb  SRoger 
Sacoö  Opas  majas,  1270,  n^orin  fd)on 
bcr  @a^  aufi]cfieüt  toitb,  eä  muffe  nacf) 
ber  füblic^en  J^emifpf)arc  ju  nod)  ein 
groger,  trocfener  unb  unbefannter  Erbteil 
norbanben  fein,  ci;i  ®a^  über  bcm  fpiiter 
(Solumbuö  grübelte.  6inc  ifficttbefc^reibung 
bagegen  Peä  Gervasius  von  Tilbary, 
Äanjler«  bc«t  Äaiferö  Dtto  IV,  bie  Otia 
imperialia,  sea  liber  de  rairabilibas  mnndi, 
sen  Solatinm  imperatoris  seu  Descriptio 
totias  orbis  per  3  dicisiones  distincta 
überid^ricben  ifl,  ftrojjt  »oü  pöbeln  ^lucf) 
einige  ®efcf)i^tfdireiber  fd)icften  ibren 
SBeifen  geograpf)ifcf)e  Sinleitungen  norauö, 
i-  *-8.  Otto  t»on  JJreifing  feinen  gesta 
Priederici  I.  eine  iöcfd)reibung  t>on  ^ranfs 
rei(^,  3talien  unb  Ungarn  S)urd)  folcfec 
unb  ät)n[i*e  ®c^ri|ten  rourbe  bie  Äugel= 
geftalt  ber  @rbe  im  *3ibenblanbe  »iebcr 
aügemein  befannt  unb  angenommen 
unb  foimte  man  fic^  felbftanbig  an 
aftronomifd)c  Drtäbcfiimmungen  Wagen. 
<5in  rtefentlic^er  5ortfrf)ritt  gefc^af)  burd) 
bie  ißerbreitung  ber  3Dt  a  g  n  e  t  n  a  b  c  l 
im  12.  3al)rb.  feit  Kicicfter  3tit  auc!b  bie 
f.  g.  Gompagfartcn  in  "lUifnabme  famen; 
b.  l).  mit  2ßinb«  unb  5lompagrofen  be* 
bctfte  Äarten,  auö  benen  flrablenförmig 
bunte  ©triebe  nad)  ben  ^aupt^immelörid)^ 
tungcn  auslaufen,  um  fic^  auf  anbern 
fünften  ber  Äarte  ^u  anbern  ÜBinbrofen 
ju  Percinigen.  3)ie  merfrcürbigften  Äom^» 
pagfarten  jinb  baö  f  a  t  a  I  a  n  i  f  d^  c  2ö  e  1 1  * 
gcmdlbe  pom  3at)rc  1375,  pon  einem 
unbefannten  ©teuermann  Perfertigt,  unb 
bie  harten  beö  iß  e  n  e  t  i  a  n  e  r  ä  ^  r  a 
SWouro.  2)enn  überhaupt  ftnb  eö  bie 
Strtliener,  benen  (Suropa  t)ornef)mIi($  auf 
bem  (Gebiete  ber,  ®cograpl)ie  unb  ilBett« 
entbecfung  ben  Übergang  auä  bem  ÜJJittct« 
alter  in  bie  moberne  Seit  Perbanft.  3btc 
^anbel^fiaaten,  iBenebig  unb  Oenua,  be« 
^crrfd)en  ni^t  bIo§  mit  if)ren  @d)iffen  bie 
SO?eere,  fonbern  mit  bem  in  ibnen  ge» 
Pflanjten  Oeiftc  bie  (Srfenntniö  fetber.  ®ie 
l)aben  juerft  bie  ßänber  unb  33ölEer  ob jeftip  ju 
beobaditen  unb  ju  befd)reiben  Pcrftanben; 
ßolumbuä  ift  ein  Jtaliener  Pon  ©eburt  unb 
39ill>ung.  «Sie  baben  aud)  juerft  bie  geo* 
gr,ipt)i[d)e  Söiffenfc^aft  ber  Qllten,  nament= 
lid)  S  t  r  a  b  0  unb  *P  t  o  t  e  m  ä  u  ö  mit  ben 
Aorten  beö  *}lgatl)obdmon  h)ieber  für  bie 
(äuropäifc^e    Silbung     nu^bar     gemacht. 


Unter  ben  beutfd)en  ^umaniftcn,  tt)eId)C 
bcr  geograpbifd)en  2öiffenfd)aft  itjrc  ipftcgc 
^uroanbten,  roirb  befonberi^  Vadian  ge« 
nannt,  ber  Herausgeber  beä  Pomponius 
Mela,  ber  juerjl  bie  amerifanifd)en  (Snt« 
bedungen  perreertete ;  *^etcr  'Upianud 
gab  1524  bie  erfte  beutfd)e  klarte  f)erauö; 
Scbafiian^rand  unb  ©  e  b  a  ft  i  a  n 
551  ü  n  ft  e  r  fd)rieben  jucrft  in  bcutfd^er 
®prad)e  umfaffcnbe  2öeltbefd)reibungcn. 

(Sctntania  bt§  XadtnS*  ^n  ©tcac 
einer  Slb^anblung  ü'jer  bie  alten  (Serma» 
nen  trirb  ^ier  eine  Übeife^ung  Pon  Zacu 
tuS  (Sermania  eingerücft;  fie  wirb  um  fo 
ermünfd)ter  fein,  aU  in  jablreid)en  einjel^ 
nen  Qlttifeln  auf  biefeö  ©riinbbud)  beut^ 
fd)er  Urgcfcbid)te  Sejug  genommen  voixi. 
'Bon  umfaffenben  neueren  S)arjle[Iungcn 
feien  crreäbnt:  ber  erfte  'Banb  ber  iBer= 
faffungöaefc^ic^te  r>on  äJlaite,  —  Sir* 
nolb,  i&cutfd)e  Urjeit,  ®otba  1879.  — 
I)a^n,  Urgefd)id)te  ber  germanifcftcn  unb 
romanifd)en  liölfer.  Serlin  1881,  unb 
3  ad) er  in  Grfc^  unb  ©ruber,  OlttiEct 
(S  ermanen. 

ß  0  r  n  c  1  i  u  S  J  a  c  i  t  u  ä ,  ber  bcbeutenbflc 
®efd)ic^t«fd)rciber  ber  römifdjen  Jlaiferjeit, 
mürbe  wabrf^einlid)  im  ^ai)xt  54  v.  ßb. 
geboren  2)ie  ®ermania  fd)ricb  er  im 
jalne  9S,  mic  auö  ber  *)lrt  bcr  ßrmii^nung 
bcS  jmeiten  Sonfulatö  Don  Irajan  (®ap. 
37)  ^erporgebt ,  t^ai  in  biefeS  '^al)x  fällt. 
35aö  SRömerüolf  füllte  f<^on  bamalS  tt>ot)l, 
ba§  cö  mit  feiner  Herrfd)aft  jur  Dfleigc 
gebe,  unb  ben  Jieferblicfenben  roar  cö 
nidbt  Perborgen,  ta^  bie  beutfd)en  ©tämmc 
ben  Untergang  beö  3ieid)eä  berbeifül)rcn 
mürben.  Seit  210  3al)ren  befdmpfte  man 
fte  faft  ununterbro(^en ,  unb  bie  (Jrfolge 
wogen  bie  25erlu|le  nid)t  auf.  lacituö 
mar  im  ^a\)Xi  97  consul  suifectas  neben 
bem  Äaifer  Jieroa  geroefen;  befto  mebr 
mu§te  er  auf  bie  bcbeutfamc  Stellung  bcr 
©ermanen  gegenüber  Den  iRömern  aufmcrfs 
fam  geworben  fein.  5E)iefeci  3"tercffc  gab 
ibm  bie  l^eranlaffung  i^u  einer  einge^enöen 
©tubie  über  germanifd)e«  'Öanb  unb  53olB. 
(Sr  äeigt  fid)  überall  au§erorbcntlid)  gut 
unterri^tet  unb  feine  ©arf^eüung  wirb 
aU  l)öd)ii  wat)rf)eitögctreu  bcfiätigt,  foweit 
fte  mit  anbern  uni  crbaltenen  3?ad)ri^ten 
üergU(^en  werben  fann.  2)a§  er  aber 
felbfi  in  ©ermanien  gewefen  fei,  barf  nid)t 
angenommen  werben.  *Mu§er  Picien  ®d)rift* 
werfen  ftanben  ibm  münblidje  iOTittbeilun* 
gen  ju  ©ebote.  S)er  '^Jrocurator  ber  Gal- 
lia  belgica,  ber  auc^  Sorneliuö  lacituö 
^ie§   unb   Wa^rfd)einlid)   ein  SBcrwanbter 


176 


©crmatiia  bti  Zacitixi. 


»on  it)m  war,  wirb  \i)m  tt)o^l  Diel  ÜJla« 
tetial  geliefert  ^aben,  ba^er  bie  »iclen 
S^Jacferi^ten  üon  ben  Sataoern,  welche 
jenem  ^rocurator  al«  ©renjnac^batn  wol)!» 
bcfannt  inarcn;. 

93orUeaenbeÜberfe^ung  fuft  aufber'fluö* 
gäbe  Don  ^  Sd)ft)ei5er^®ib  ler,  |)alle 
1871,  tt)o  fic^  in  ben  reic^^alticien  ^Jlnmcr» 
fungen  anä)  bie  cinfc^Idgigc  Literatur  oer- 
jeic^net  finbet. 

aSerbeu  tfdjun  g. 

1.  ©ermanien  aU  ©efamtlanb  ifi 
Don  ben  Oaütern,  iRätcrn  unb  '13annoniern 
burd)  ben  iRbeinjlrom,  üon  ben  Sarmaten 
unb  S)acen  burc^  ©ebirgsjüge  ober  bie 
gegenfeitige  gurdjt  gleicf)  mächtiger  iöölfer« 
fc^aften  gefd)ieben.  S)ie  anbern  Seiten 
umfpült  ber  Ocean,  au§gcbef)nte  ^alb' 
infein  unb  gewaltige  ©treden  non  3nfel* 
lanb  umfaffenb;  wie  uns  \a  erfi  neuer« 
bingä  einjclne  SJölfer  unb  ÄÖnige  befanni 
würben,  ju  benen  ber  Ärieg  uns  93abn 
gebrocf)en  i)at.  ©er  SR^ein,  an  einem  un« 
jugänglid^en,  jäb  abfaüenben  ®ipfel  ber 
räti1d)en  *Jltpen  feinen  Anfang  nebmenb, 
wenbct  ftd)  bann  in  mäßiger  Ärümm.ung 
gegen  ÜÖeftcii  unb  münbet  in  bie  iJ^orbfee. 
I>ie  2)onau  entfpringt  in  einem  aümäblig 
fanft  auffieigenben  3ocf)  be^  Slbnoba 
unb  Hii^t  an  Dielen  ißölfern  Dorbei,  um 
frd)  barauf  in  fcd)«  glu^Idufen  in  tai 
pontifi^e  DJieer  ju  ftürjen,  wäb^enb  ber 
fiebcnte  5{rm  nur  ©ümpfe  nät)rt. 

2.  3(^  bellte  bafür,  l>a^  tit  (Serma* 
neu  bie  Ureinwohner  btefes  öanbeä  finb 
unb  ficf)  faum  burd)  ©inwanbetung  unb 
*ilufnabme  üongremblingcn  gemifc^t  tjaben, 
weil  cor  3(:it£n  «^n  33olf,  wenn  eö  neue 
SCßobnft^e  auffuc^en  wollte,  bie  SOSanberung 
ju  Schiff  antrat,  unb  weil  ber  jenfeitä 
in«(  ©nblofe  gebenbe  Ocean,  ber  fojufagen 
»on  einer  anberen  ffielt  ju  un^  b^^über* 
rcid)t,  feiten  fon  einem  ©d^iffe  auö  unfctm 
erbftrid)c  befuc^t  wirb.  2Ber  ^dtte  aucb, 
abgefeben  oon  ben  ©efabren  eineö  rauben, 
unbefannten  SDJeere^,  Elften,  5lfrifa  ober 
3talien  oerlaffen  mögen,  um  nad)  ©er« 
manien  ju  jieben,  beffen  ©oben  fo  wüft, 
bcffen  Älima  fo  raub,  beffen  5lnbau  unb 
5tu0febcn  für  jeben  fo  nicberbrüdenb  fmb, 
bem  nicbt  l)ier  feine  2Biegc  gefianben  \)at'^ 

3n  alten  ßiebern,  ber  einzigen  5lrt 
gefd)icbtlid)erUcberlieferung,  bie  fie  beit|en, 
feiern  fxe  ben  non  ber  ®rbc  erzeugten  ®ott 
luißo  unb  feinen  @obn  SDknnu^,  bie 
Urüäter  unb  ©tünbcr  ibreä  iBoUe^.  Dem 
ÜJJannuä  werben  brei  ©öbne  jugef^rieben, 
unb  nad)  ibrcn  fRamcn  foüen  bie  junddbfi 


am  !ü?cere  3Bobncnben  3"9'i>'oncn,  bie 
üJJittleren  Herminonen,  bie  Uebrigen  5Päs 
Donen  genannt  worben  fein.  Sinjelne  — 
unb  ba^  fann  ja  bei  bem  weiten  «Spiel« 
räum,  ben  fo  bobe«  5tltertum  gibt,  nic^t 
auffallen  -__  bebaupten,  jener  ®ott  \)abt 
nod)  met)r  »öbne  gehabt,  unb  e^  gingen 
nod)  mebr  SSölfernamen  auf  biefe  jurüd, 
fo  DUiarfen,  ©ambrioier,  Sueben,  Söanbilier. 
I)a«  feien  alfo  bie  dd)ten  alten  3Jamen; 
(Sermanien  fei  bagegen  ein  junges  Söort 
unb  bem  ©efammtoolEe  erjl  in  neuerer 
3eit  beigelegt  worben.  3)ic  Sungrer, 
weld)e  juerji  ben  iRbein  überfcbrcitenb  bie 
©allier  oertrieben,  bdttcn  ndmlid)  bamalö 
(Sermanen  ge^eigen;  allmdblig  fei  biefer 
iliame,  ber  eigentlii^  nur  einem  Stamme, 
nicbt  bem  ganzen  ißolEe  gcbüf)rte,  bie  oor» 
berrfc^enbe  Sejeicbnung  geworben,  inbem 
bie  Sieger  anfangs  ibr  ganje«  Solf  mit 
bem  S($reden«wort  il)re^  Stammet  (Ser* 
manen  benannten,  worauf  jene  bann  balb 
felbfi  ben  i^nen  beigelegten  0iamen  ge* 
braucbten. 

3.  3brer  Sage  jufolge  foU  audf  ^tu 
cule«  bei  ibnen  gewefen  fein,  ben  fte  al^ 
ben  erfien  aller  .g)elben  befrngen,  wenn  e^ 
jur  Scblacbt  ge^t.  (Sä  fxnb  auc^  Äriegs« 
gefdnge  bei  ibnen  üblid),  beren  ißortrag, 
'-öarbituö  genannt,  bie  33egeiperung  ent« 
flammt  unb  felbfi  fd)on  ben  ^Husgang  ber 
Sd)lad)t  oerEünbet;  entWeber  jagen  fte 
bem  (^einöe  baburd)  Scbretfcn  ein,  ober 
fte  abnen  Sd)limmeö,  je  nad)  ber  ÜJlac^t 
beä  Sd)allc0,  womit  ber  Sang  burc^  il)re 
iRei^en  braufi.  (Sä  iji  feine  Harmonie  ber 
Stimme,  fonbern  beö  fampfmutbigen  Sin« 
neä.  SRaubeit  beä  Sd)alleä  unb  brö^nen« 
beä  Sraufen,  barauf  fommt  cä  an,  unb 
tai  erzielen  fte  baburd),  ta^  fxc  bie  Si^ilbe 
gegen  ben  2Runb  galten,  bamii  bie  Stimme 
wieberballenb  um  fo  ooller  unb  mächtiger 
anfcbwetle. 

'JRancbe  glauben,  auc^  Uliffeä  fei,  auf 
jener  langen  unb  fagenberübmten  5tif<ibtt 
in  ben  Dcean  oerfd)lagen,  auf  germani« 
fdben  23oben  gefommen,  unb  Slöciburg, 
t)ai  am  Ufer  beä  [Rb^i"^  liegt  unb  no^ 
je^t  bcwobnt  wirb,  fei  oon  ibm  gegrünbet 
unb  benannt  worben.  3^  ^(^^  ^^^  l^gat 
cor  Siitm  einen  oon  Uliffcä  geweibten 
Elitär  mit  bem  3iamcn  fcineä  iBatcrä 
Saerteä  bort  aufgefunben  ^aben,  unb  noc^ 
jc^t  füllen  fid>  2)enfmdler  unb  ©rabbügcl, 
mit  gried)ifcben  93udb|laben  befd)ticben, 
auf  ber  (Srenje  ©ermanienö  unb  iRdtienä 
finben.  3^  b^^«  nid)t  bie  5lbft^t,  biefe 
2Reinungen    bur^    Seweife   ftü|en    ober 


)crmonin  be^  lacituö 


177 


itiiberlcgcn  ju  moQen;  3ebet  mag  i^nen 
na<^  cic^entm  Urteil  ©laubcn  bcimcf[cn 
ober  Detfagen. 

4.  3<^  für  micf)  teile  bie  'JlnfiAt  bcrcr, 
tt)eld)e  bie  iBölfetfc^afren  ©ermnnien«,  »eil 
burc^  feine  ©fjeüerbinbung  mit  au6tt)är= 
tigen  ©tämmen  mit  frembartigen  (Siemens 
ten  Dctmifcfjt,  für  eine  ganj  eigenartige, 
reine  unb  nur  ficf)  felbjl  gleicftenbe  IRation 
galten.  Daber  ijl  a\xä)  ber  Körperbau, 
fo  gro§  bie  iBolfejal)l  ifi,  bod)  bei  allen 
bcrfelbe:  wilbe,  blaue  Qlugen ,  rötlic^e^ 
.^»aar,  eine  wahre  üliefengePalt,  fteilid) 
nur  jum  ftürmi)'cf)en  ^Ungriff  rei^t  tüd)tig ; 
©trapajcn  un&  mübfamen  wirbelten  gegen« 
über  jeigen  fte  ftd)  nic^t  in  glei(^cm  'Dia^e 
auebauemb.  2)ur|l  unb  ^i^e  fönnen  f\e 
burd)auö  nicht  ertragen,  gegen  Äälte  unb 
junger  aber  fmb  jie  burc^  ßanb  unb 
Älima  abgef)ärtet. 

5.  2)  a ei  8 an b,  obwohl  in  feinem 'Jluös 
febcn  einigcrmaBen  »erfcbieben,  madjt  bocfc 
im  ^ungemeinen  mit  feinen  fc^aurigen 
©albern  unb  müfien  Sümpfen  einen 
büpern  ©inbrucf.  Segen  ©aüien  t)in  ifi 
eö  me^r  feud^t,  gegen  Jloricum  unb  iCan< 
nonien  mel)r  reinbig.  gür  «Saaten  ifi  bcr 
©oben  ergiebig;  Obfibäume  fommen  aber 
nicfet  fort.  Sieb  iji  bie  gütle  forbanben, 
aber  efl  ifi  meifi  unanfetjnlic^ ,  aud)  feljlt 
ben  JRinbcrn  tati  ftattlic^e  21u0fc^cn  unb 
ber  fiolje  ^örnerfc^mucf ,  ben  mir  an  ben 
italifd)en  gemol)nt  fmb.  (Sine  jat)lreid)e 
beerbe,  ia^i  ifi  ibr  ®lü(f,  ibr  einziger, 
^od)gef(f)ä|ter  SReicbtum,  3'^  ttJ«iB  ni^t, 
foll  ii)  eö  eine  ®unfi  ober  Ungunfi  bcr 
®ötter  nennen,  ta^  fte  ibnen  ®olb  unb 
Silber  Derfagt  l)aben.  ^toax  möchte  id) 
bocfe  nid)t  bel)iiupten,  ta^  ©ernianien  feine 
Silbers  ober  (Solbaber  berge,  benn  mer 
bat  je  barnad)  gcforfd)t?  —  aber  33efi^ 
unb  ©cbrauc^  biefer  ebeln  DJJetalle  madjen 
feinen  fonbcrlicben  ©inbrud  auf  fie.  SÜJan 
fann  feben,  mie  bei  ibnen  filberne  ®efä^e, 
bie  i^rcn  ©cianften  unb  gürfien  jum 
®cfd)ent  gemacht  mürben,  gcrabe  fo  ge= 
ringfchä^ig  bebanbctt  werben,  mic  bie 
Jöpfe,  bie  fic  felbfi  au«  I^on  formen. 
'JJur  Die  unferer  ©ren^e  jundc^fi  Jöo^ncn= 
ben  i)abtn  ben  ®ebraud)  oon  ®olb  unb 
Silber  beim  .^anbel  fennen  gelernt  unb 
roiffen  fie  ju  fdjä^en ;  einzelne  ®epräge  f)aben 
fte  ftd)  gcmerft  unö  nehmen  biefc  mit  Vorliebe 
an,  mdt)renb  bei  ben  Stämmen,  bie  tiefer 
im  5nnern  baufen,  noch  ber  urfprünglic^e, 
alte  2;aufd)^anbel  im  S^mange  ge^it.  5lm 
liebften  ftnb  i^nen,  meil  alt  unb  längfi 
bcfannt,  bie  am  SRanbc  ©ejacften  unb  bie 


mit  bem  ®eprägc  eine«  Stt'tiflffpann^  »eis 
febcncn  S)cnare.  Silber  Rieben  fte  bem 
®olbc  t>or,  nid^t  au^  einem  53orurteil, 
fonbern  weit  bie  größere  3<ibl  ber  Silber« 
fiücfe  für  ßcute  bequemer  ift,  roeld)e  allerlei 
moblfeiles  ^tu%  ^u  erl)anbeln  pflegen. 

6.  *)iid)t  einmal  @ifcn  tft  reid^li^  por« 
banben,  wie  fich  au«  bcrülrt  il)rer  Söaffcn 
fd)lte§en  lö^t.  9tur  wenige  fütjren  ein 
©(^wert  ober  eine  größere  ßanjc;  ein 
Spie^  ober,  nad)  i^rem  eigenen  2lu«brucf, 
eine  5i^^f"^<^  if^  ^^^^  2Baffe,  bie,  mit 
fc^malcm,  fur^em  (Sifen  Detfel)en,  fo  fci^arf 
unb  bcinblii^  ifi,  baB  fte  fc  naä}  ben  Um« 
fiänben  jum  iRat)«  ober  jum  gf^nf^nipf 
gebraucht  werben  fann.  ©er  C^eiter  be* 
gnügt  ft<h  mit  Sd)ilö  unb  Spie§,  wä^rcnb 
bcr  Ärieger  ju  %a^  aud)  noc^  JBurfgc« 
fd)offe  ^u  tjcrfenbcn  f)at,  bcren  er  mehrere 
beft^t.  55afi  nacft  ober  l)öchfien«  nod) 
mit  bem  furjen  ÜWantcl  befleibet,  ber  allen 
Bewegungen  freien  Spielraum  lagt,  weip 
er  biefelben  auf  eine  crjiaunlic^e  (Sntfers 
nung  ju  fc^leubcrn.  2)lit  ber  5lußrüfiung 
wirb  fein  prunfenber  Suju^  getrieben,  nitr 
ber  Scbilb  erbält  eine  Semalung  burch 
bie  au«gefu(^tefien  färben.  Söenigc  tragen 
einen  ^anjer,  faum  ^ie  unb  i>a  einer  ifi 
im  33eft^  einer  (Sturmhaube  oon  ÜJJetaß 
ober  Qeber.  ©ie  $ferbe  5eid)nen  ftd)  Weber 
burd)  Sd)önl:)eit,  noch  burcf)  ScbneQigfeit 
au^;  fte  Werben  auc^  nid)t  auf  fünfilidi 
Dcrfd)lungene  SBcnbungen  einbreffirt;  ge= 
rabe  au«  gebt  e«  immer  ober  mit  einer 
einzigen  Sc|wenfung  nac^  reditö,  wobei 
ta^  Greifen  in  fo  fcfi  flefd)loffener  Sinie 
gefchiel)t,  baf  feiner  hinter  bem  anbern 
jurüdbleibt. 

3m  allgemeinen  liegt  i^re  ^auptfiärfe 
im  ^ü^voit  unb  be«balb  fämpfen  au^ 
j^utgänger  unter  bie  SRciter  »erteilt,  inbem 
bie  Sd)nelligfeit  berfelben  fte  ^um  SReiter« 
fompf  ganj  tauglicf)  unb  gefd)idt  ma^t. 
@ö  ftnb  5lueerlefene  au«  ber  ganjen  jungen 
ÜJJannfcbaft,  wel^c  fo  oor  bie  Sd)la^treil)e 
gcfiellt  werben,  unb  ibrc  3«^l  if^  fi"^  ^^' 
fiimmte;  jeber  ®au  ftellt  bunbert  iDiann 
baju  unb  barnac^  werben  fte  unter  il)ren 
35olf^genoffen  genannt.  So  würbe  t>ai 
Sßort,  bai  urfprünglic^  nur  ihre  3a^I  ^t' 
jeid)nete,  nunmebr  i^r  g^renname. 

2)ie  Sc^lad)torbnung  wirb  au^  feil» 
förmigen  Raufen  gebilöet.  Son  feinem 
Starborte  ju  weichen,  um  nad)t)cr  wicber 
auf  ben  geinb  anjufiürmen,  gilt  ihnen 
me^r  alä  3tichen  fluger  Äriegefunfi,  ni^t 
Don  '^Mxi)t.  3b«  ©efaUcncn  bringen  fte 
immer,  au^  wenn  bie  bro^cnbe  öntfc^ei« 
12 


178 


©crmania  bcg  lacitu^. 


bung  De«  Äampfeei  Die  ^öc^fte  'ilmireiiijung 
gebietet,  hinter  bie  @c^lQd)tlinic.  2)ie 
grö§te  Sd^anbe  ijt  e^,  feinen  '8chilb  preiö» 
gugcben;  wen  folcfiet  Sdjimpf  befledt,  ber 
ifi  gebninbmatFt,  Ot)fer  unb  (Ratäperfamm; 
lung  fmb  i^m  t»crfc^lof[en,  unb  oiclc,  bie 
\\)x  ?ebcn  um  bicfcn  'Jtci«  au«  bct  8ct)Iac^t 
retteten,  machten  i^rcm  f^mad^üotlcn  2)0« 
fein  burd)  bin  ©trief  ein  (Snbe. 

7.  3um  Äönig  wirb  ber  gcroä^tt,  ben 
fein  Uibel  am  p(^fien  fieüt,  jum  51  n« 
fü^rer  ber  Sapferjic.  2)et  Äönig  oerfügt 
aber  nic^t  über  unbefc^ränfte  SDtac^tDott» 
fnmmen^eit,  unb  ber  iJü^rer  ^at  mcbr 
©ewicbt  burc^  fein  Scifpiel,  ale  burc^ 
feinen  ©cfe^l;  bie  SSewunberung,  bie  man 
ibm  joQt,  mcnn  er  feine  entfdjloffenc  %i)aU 
fraft  bewährt,  wenn  er  e«  *Uüen  juoort^ut 
unb  ftctö  an  ber  Spi^e  ber  ©c^Iacbtorb* 
nung  jircitct,  bie  madjt  it)n  jum  Rubrer 
ber  SRenge.  Sr  barf  aui)  iRiemanbcn  bin- 
ridfjten,  in  J^effeln  legen ,  ja  nid)t  einmal 
gei§eln  laffen;  nur  bcm  '^riefier  fommt 
bie^  ju,  benn  e«  fotl  nicöt  alä  Strafe,  bie 
ta^  bürgerliche  SRccfet  unb  ha«  ©uibünfen 
bc^  ^ü|)rer«  bcftimmt,  fonbern  ald  2Biüe 
be^  Ootte«  erf(^einen,  ber  nacft  ibrem 
©lauben  ben  Äämpfenben  na^e  ip.  iöiU 
ber  ber  Qlttribute  ibrer  ©ötter  unb  ber 
i^nen  geheiligten  Jiere  fmb  it)re  %eli>' 
üeicben,  bie  fie  jum  Äampf  au«  ben  ^eiligen 
Rainen  f)olcn.  2öa«  jie  ganj  befonber« 
jur  lapferfeit  anfpornt,  begebt  barin,  M^ 
ber  ^aufe,  ber  Äeil,  nid)t  burci)  ben  3"' 
fall,  burc^  beliebige^  3iif'^"i"^f"l'^^^^"  ^^"^ 
©injelnen  gebilbet  »irb,  fonbern  nach  ®e- 
fd)led)tern  unb  35ermanbtfchaften;  unb  in 
ber  9'iäbc  h)eilen  i^re  Sieben,  fo  ha^  iai 
2Bebegef(^rei  x\)xtx  Oattinen,  i>ai  ©einen 
it)rcr  Äinber  ton  ben  Äämpfenben  Der= 
nommen  roerben  fann.  2)a^  ftnb  jebem 
bie  am  ^öc^jten  cere^rten  3fU8fn<  i''^  ßob 
gilt  it)m  am  meinen;  ber  IRutter,  ber 
©attin  bringt  er  feine  ffiunben  au«  fcem 
Äampf  jurücf  unb  fte  fcbeuen  ftd)  ni(^t, 
biefelben  ju  jäblen  unb  reol)l  ju  prüfen; 
fte  tragen  i^m  Stärtungen  ju  unb  feuern 
i^n  ju  neuen  Saaten  an 

8.  3fl  i^if  grauen  foKcn  bie 
©chlachtlinie,  menn  fte  fchon  «anfle  unb 
ttiid),  tt)icber  jum  ®tanbl)altcn  gebrai^i 
baben,  inbem  fte  fich  ben  Kämpfern  in« 
fiänbig  fiebcnb  entgegenroarfen  unb  auf 
ibrc  na^e  benorfiebcnbe  ©efangenfdjaft  ^in» 
ttsiefen,  weld^c  ber  (Sermanc  rceit  mebr  für 
feine  ©attin  fütcbtet,  unb  jnjar  fo  fetjr, 
ia^  ber  miberfpänftige  ©inn  ber  Staaten, 
bie  au^  abelige  Jungfrauen   al^  (Seideln 


fteUen  mußten,  »irtfamer  im  ^a\xm  ge« 
galten  «irb.  2)er  Oermane  glaubt,  ta^ 
^en  grauen  etwa«  ^eiligeö,  ^rop^etifie« 
innemotine;  i^rc  SRäte  bält  er  boc^  unb 
achtet  mo^l  auf  ifire  3lu«fprücbe.  Unter 
bem  Dereroigtcn  Sßcfpajian  faben  mir  bie 
ißcleba  lange  bei  gar  Dielen  für  ein  gött« 
liehet  'Bcfen  geltcnb ,  aber  aud^  früher 
fd)on  genoffen  bie  ^llbruna  unb  manche 
anbre  eine  gleiche  93crcbrung,  toä)  ni(it 
etma  fo,  wie  e«  bei  unö  »orEommt,  ta% 
man  biefelben  au^  ©cf)meichelei  ju  ©öttin* 
nen  erhoben  l)ätte. 

9.    Unter  ben  ©Ottern  wirb   befon« 
ber^  ÜRerEur  oere^rt,  unb   e^   ijt  l)eilige 
Orbnung,   ihm  an   gewiffen  Jagen   auc^ 
ÜRcnfdjenopfer  barjubringen.     S)cn  Tlaii 
unb  ^in  ^erculeö  Timmen  fte  ft^  günftig, 
inbem  fte  i^nen  —  unö  tai  ift  au^  aücin 
hai  SRecf)te    —   nur  2.iere   weihen.     (Jin 
Seil   ber  ©neben    opfert   auc^    ber    3P-    j 
Über  ©runb  unb   Urfprung  beä   fremben    1 
Äult^  habe  ic^  nic^t  mel)r  erfahren  fönncn.    1 
alö   ha^   i\)x  5lttribut   bie   ©eftalt    eine« 
gQ^r!,euge«    i)at,   unb   baburc^    wirb   i^r 
S)ienfi  alö  ein  eingefüf)rter  charafterijtert.    J 
t)k  ©Otter  in  ÜJiauern  ein^ufi^liefen  unb   " 
ibnen  ein  ÜJJenfchenantli^  ju  geben,  Ratten 
fte  für  unoereinbar  mit  ber  (Sr^abenbeit 
ber  ^immlifdien;   fte  meinen  t^ncn  ^ainc 
unb  SBalbtriften  unb   benennen   mit  bem 
'JJamen  ber  ©ett^eit  jene«  'gehcimniöDotle 
(Jtmaö,  hai   jtch  nur  ber  e^tfur^t^ootlen 
^nbüc^t  offenbart 

10.  Sorjei^en  unb  SBetffagung 
burc^  Sofe  ftetien  bei  ihnen  in  ^ödjftem 
*2lnfe^en  2)ie  Qlrt  beö  Sofen«  ijl  einfach. 
ÜJlan  t)aut  einen  ^'mii%  oon  einem  gru^t* 
bäum,  jerfdjneibet  ihn  in  ©täbchen ,  bie 
man  burd)  geroiffe  3^id)en  unterfcheibet, 
unb  ftreut  fte  nac^  blinbem  3"fi>ü  über 
ein  mei^eö  %üä).  3)arauf  betet  ber  'J5riefier 
tii  ©taate«,  wenn  bie  'Befragung  ber 
Sofe  »on  ©taatö  wegen,  ber  ^iiu«t)ater, 
wenn  fte  in  einer  Familienangelegenheit 
gefd)ie^t,  ;;u  ben  ©öttern  unb  ^ebt  jum 
j^immel  auf blicfenb  nacheinanber  brei  ©täb» 
(^en  auf,  beren  33ebeutung  er  na^  ttn  üor« 
ber  eingeferbten  3eid)en  erflärt.  3Ji  i^r 
'ilusfpruch  ücrneinenb,  fo  finbet  in  biefer 
©a^e  am  ghic^en  läge  feine  Befragung 
ber  ©öfter  mebr  fiatt;  ifi  er  bejabenb,  fo 
werben  jur  Scfidtigung  no^  bie  iBor« 
jeic^en  ju  ^ülfe  gerufen,  ©er  Srauch, 
©timmc  unb  glug  öer  ißögel  ju  beachten, 
ifi  auch  ibnen  befannt;  au«fd)lie^lich  eigen 
ifi  e«  i^nen  aber  bie  Sorjeic^en  im  ®e* 
bahren  ber  ^Pferbe  um  Dtat  ju  fragen,  tit 


©ermania  beä  lacitu^. 


179 


auf  ©taatäfoficn  in  jenen  SBalbttiftcn  unb 
Rainen  ßcbaltcn  n)erbcn.  @ie  jtnb  öon 
rociicr  '\^axbe  unb  nerri^tcn  nie  ein  pro« 
fane^  fficrf.  ®ic  tt)ctbcn  »or  bcn  tjclligen 
SBiigfn  gefpannt  unb  oon  bcm  'itrieflcr 
un&  bcm  Äönig  ober  ^ürflen  bcä  €t.iate^ 
bca leitet,  »eldje  batauf  ad)ten,  ob  fie 
lioiet)ern  ober  fdjnauben.  deinem  Drnfel 
Wirb  me^c  ®lauben  geWenft,  tt)cber  beim 
93olf,  no(t  bei  ben  iBornet)mften,  no(^  aud) 
bei  ben  ^^ricfiern;  benn  bicfc  holten  ftc^ 
nur  für  ^Diener  ber  ©ötter,  jene  aber  für 
SOUtwiffenbe.  ©ic  erfovfcfcen  bie  3ufui^ft 
aber  aud)  nod^  auf  anbere  QUt,  um  ben 
5lu^gang  fc^merer  kämpfe  ju  erfahren. 
®ie  laffen  nämlich  einen  irgenbwie  auf= 
gegriffenen  (gefangenen  jcneö  ißolfe^,  mit 
bem  fic  Äricg  führen,  mit  einem  5luäcr= 
lefenen  aug  i{)ren  Solf^gcnoffen  fämpfen 
unb  i^mar  jcben  mit  ben  3D3affcn  feineö 
©tamme^;  ber  Sieg  beö  einen  ober  an= 
beren  gilt  aU  IBorbcbcutung  für  ben 
ganjen  ^rieg. 

11.  Über  bie  Weniger  micbtigcn  9lnge« 
legenbeiten  Ijaltcn  bie  Häuptlinge  !Rat, 
übet  Die  bebeuiungäooflern  'ilDc;  inbeffen 
tt)crbcn  aud)  jene  'lUinfte,  über  meld)e  Mi 
IBolf  ju  entfd)eiben  bat,  juerj!  t>on  ben 
Häuptlingen  einläßlicher bel)anbelt.  ©ieöer» 
fammeln  fid),  außer  wenn  etmaö  Unoor* 
bcrgefebeneö  plö^lid)  eintritt,  ju  befiimmten 
3eiten,  fo  jur  3f't  beö  3Jeumonb^  ober 
beä  SoÜmonbö;  benn  fte  balten  bafür, 
t>c[^  einem  33oibaben  bie  günfügücn  Sterne 
leud)ten,  wenn  eö  f^u  biefer  ßdt  inö  2öerf 
gefegt  mirb  Sie  reebnen  nid)t  na^  lagen, 
n)ie  mir,  fonbern  nad)  9Jäd)tcn  ;  barnad) 
fc|en  fte  bie  Termine  fefi  unb  mad)en  ibre 
SSorlabung  n;  bie  JRac^t  fdjeint  ben  Sag 
in«  ircffen  ju  fül)rcn.  ^\)xt  greitieit  bat 
bie  fd)led)te  ©emobnbeit  mit  ftd)  gebrad)t, 
i>a^  fte  nic^t  mic  foldie,  bie  i!3efebl  erbaU 
ten  baben,  jugleicb  jufammenfommcn, 
fonbern  ber  jweite  unb  fogar  ber  britte 
Slag  ge^en  burd)  tai  Säumen  ber  ftc^ 
95erfammelnben  nu^lo^  Detloren.  SBenn 
beren  3i^I  ^inreidienb  crfd)eint,  fo  fefeen 
fie  fid)  jur  Beratung  unb  jmar  in  ü^affen. 
2)ie  '^jriefter,  meld)e  bann  audb  i>ai  SRecfet 
i)aben,  bie  anbern  in  ben  Sdbranfen  ber 
Dr&nung  ju  Ijalten,  befehlen  Stillfdiweigen. 
2)arauf  mirb  ber  ^önig  ober  ber  g'ürjt 
angehört,  feinem  *}llter,  feinem  5lbel,  feinem 
Äriegerubm,  feiner  SereDfamfeit  gemäß, 
mehr  um  bc^  3iitr""«n^  h)iUen,  tai  man 
feinem  iRate  f*cnEt,  aU  meil  er  bie  5!)?ad)t 
bat,  ju  befehlen.  üBenn  eine  9lnfid)t  miß= 
faüen  hat ,   fo  gibt  JDJurren  i^ic  ÜRifbil* 


ligung  funb ;  menn  fie  aber  moljigeficl, 
fd)lagen  fte  bie  Spieße  an  cinanber.  Der 
Ä'lang  ber  ÜBaffen  ifi  bie  ehrenbfie  5lTt 
bei^  *beifaaö. 

12.  e«  ift  oucb  geflattet,  bei  ben  Viati^ 
Derfammlungen  Auflagen  üorjubringen  unb 
auf  lobeöiirafe  anjutragen.  2>ie  Se« 
fiimmung  ber  Strafe  ergibt  fid)  au^ 
bem  53ergchen.  Verräter  unb  Üeberläufer 
merben  an  39äiinien  aufgenüpft,  Feiglinge, 
Äriegeflücbtige  unb  tierrufene  xiüfilinge 
metben  in  iumpf  unb  Sd)lamm  oerfentt 
unb  ertränFt,  inbem  man  ?fled)tmerf  über 
fie  mirft.  2)iefe  33erfd)iebenbcit  in  ber 
iöoUflredung  ber  loDeeftrafe  beruht  ouf 
bem  ©cbanten ,  baß,  mie  bie  35erbre(^en 
ber  iffielt  sum  abfd)re(fenben  Seifpicl  mit 
ihrer  Scftrafung  Dor  bie  klugen  gebellt 
werben,  fo  bie  Sdhanbthaten  fpurloö  »om 
Srbboben  »erfd)tt)inben  foHen.  5lber  aud^ 
für  bie  geringern  'Vergehen  ifi  je  nac^ 
ihrer  Sd)merc  bie  Strafe  benimmt ;  bie 
Sd)ulbigen  metbcn  an  ber  Qabi  ihrer 
^ferbe  unb  iRinber  gefiraff.  6in  Seil  ber 
Süße  fäüt  bem  Äönig  ober  bem  Staate 
ju,  ber  anbere  jenem,  Der  fein  SRc^t  ttx- 
langt,  ober  feinen  SBcrmanbten. 

3n  ber  *l*olf«Derfammlung  werben  audb 
bie  HiJuP^-^^S*  gewählt,  weld)e  in  ben 
®auen  unö  auf  ben  ÜDörfern  SR  c  d)  t 
fpre£^en  ^&im  pon  ihnen  (Ichen  je  hunbert 
aui  bem  Solfe  aU  ratenbe  unb  bejiim« 
menbe  iBehörbe  jur  Seite. 

13.  3u  feinem  ©cfcbäfte,  fei  e^  ein 
öffentlid)cö  ofer  ein  prioatcö,  fdjrciten  fic 
anberö  alö  in  SDBaffen.  5Daö  He'^fo'nnien 
erlaubt  aber  feinem  bie  2Ö  ehrhaft* 
mad)ung,  beoor  bie  ®emeinbc  ihn  ta* 
JU  fähig  erflärt  hat.  Dann  fd)mücft  ihn 
in  ber  'I<olf«ferfammlung  cntweber  ein 
Häuptling  o^er  Der  *Bater  ober  au^  ein 
SSerwanbter  mit  8d)ilb  unb  Speer.  S)ie^ 
ift  ihre  loga,  bie^  ber  crfte  Sd^mud  ber 
3ugenb.  *ßorher  war  er  nur  ein  5tnge* 
höriger  bes  H^ufcö,  je^t  aber  Wirb  er  al§ 
ein  DoQbered^tigte^  ©lieb  tti  Staate^  bf 
trad)tet. 

Hö(^ftcr  5lbel  ober  große  Scrbienjte  ber 
ilhnherrn  Derfdhaffen  auch  fd)on  ganj 
jungen  ORännern  bie  ffiürbe  eineö  Haupt* 
ling«.  Sie  fd)ließen  ftd)  ben  übrigen, 
altern  an,  cie  fd)on  lange  Sßaffen  tragen, 
unb  »erf^mähen  e^  nid)t,  im  ®  c  f  o  l  g  c 
berfelben  ju  erfcbcinen.  Hat  ja  audh  bie 
®efoIgid)aft  felbft  SRangftufen,  nämlid)  im 
Urteil  beffen,  ber  fie  anführt,  ©in  großer 
SÖetteifer  fpornt  bie  ©efolgöleutc  an,  nacb 
bem  näd)ften  <|31a^  bei  i^rem  Häuptling 
12* 


180 


©etmania  be^  lacitu^. 


ju  flrcben,  unb  bic  .^auptlcute,  bic  iai)U 
teid^jicn  unb  tü(i)tt9flcn  Äricflct  in  it)rem 
(Sefolge  ^u  fiaben.  35aö  ift  2Dürbc ,  baö 
ifi  üJlac^t,  Pctö  oon  einer  Sc^aar  auöet= 
Icfcner  junger  5D'?änner  umgeben  ju  fein, 
im  5"ebcn  jur  6t)re,  im  Äriege  jum  ©d^u^. 
Unb  ni(it  allein  bei  itjrem  3Solf,  fonbern 
aud)  bei  ben  benachbarten  Staaten  Der? 
breitet  ftcft  fein  9?ame,  fein  JRu^m,  wenn 
fein  ©efolge  an  S^'^^  unb  Sücfctigfeit 
hervorragt;  man  fcf)icft  ©efanbtfcbaftcn 
an  ibn,  ct)rt  in  burcö  ©efc^enfe,  unb  gar 
oft  fcf)lägt  blo§  fein  Siuf  fd^on  einen 
Ärieg  nieber. 

14.  3fi  e^  einmal  jum  Äampf  ge^ 
fommen,  fo  ifl  cö  eine  ©c^anbe  für  ben 
Häuptling,  fid)  an  Sapferfeit  übertreffen 
ju  laffen,  eine  ©d^anbe  für  iai  (Sefolge, 
eö  itirem  Rubrer  ni^t  gleidb  ju  t^un. 
6(^ma(^bebedt  unb  ef)rIo^  ifi  ber  furo 
ganje  ßeben,  ber,  nacbbcm  ber  5ül)rer  ge= 
fallen,  auö  ber  ©c^loc^trcibe  entweicht. 
Ufiefen  ju  certcibigen,  ju  fc^ü^en,  ja  feine 
eigenen  ^lelbentbaten  nod)  in  beffen 
tRubmeöfranii  ju  ftecbten,  bog  ifi  ber  cor* 
ncbmfie  ^unft  beä  Äriegereibe^ ;  ber 
5üt)rer  fdmpft  für  ben  ®ieg,  tai  ©efolge 
für  feinen  ^ülirer. 

2Bcnn  i^r  23olf  in  langem  müfigem 
^rieben  tbatenlod  ba^inlebt,  fo  jieben 
gar  Diele  eble  Jünglinge  über  feine 
®tenjen  ju  jenen  93ölferfcbaften,  bie  gerabe 
im  Äricgc  begriffen  fmb.  S)enn  bem  ®er« 
manen  ifi  e^  bei  einem  rubigcn  ?eben 
nidbt  n)of)t;  in  ©efabren  erringt  er  ftdb 
leicfeter  9tubm  unb  nur  burd)  .^ampf  unb 
©treit  tann  er  ftd)  eine  gro§e  ®efolgfcf)aft 
erljatten.  Die  gi^figf^igfcit  if)»^««  ^übrcr^ 
mu§  if)nen  jene  ®d)lac^trofTe,  jene  bluti^ 
gen  unb  ftegeögetröntcn  Speere  liefern, 
bie  fie  in«  JJelb  führen,  j^üx  <Solb  gelten 
tl)nen  ©afimäblcr  unb  reid)lic^e,  menn 
aud)  nicbt  gerabe  feine  ©elage,  unb  ju 
biefer  ^reigcbigfcit  muffen  eben  Staub  unb 
Ärieg  bie  SOtittel  fcf)affen.  5)en  ^Ider  um* 
}ubre(t)en  unb  ben  Segen  be^  Jabreä  ju 
ettt)atten,  baju  würben  fte  fic^  rool)l 
fcftmerlid)  oerfiebcn;  gilt  eö  aber,  ben 
iJeinb  ^erausforbern  unb  Sßunben  ju  gc* 
tüinnen,  fo  ftnb  fte  mit  ßeib  unb  Seele 
babei.  SOtan  ^ält  ti  fogar  für  trag  unb 
feige,  im  @(I)tt)ei§e  feinet  ^ngeficbtö  ju 
erarbeiten,  Yoai  man  mit  feinem  33lute 
errti  erben  fann. 

15.  3ft  fein  Ärieg  im  ßanb,  fo  ifi  ein 
Wenig  3  o  g  b  ber  ©ermanen  !8ef(!^of= 
tigung;  bie  meifie  ß^'t  aber  »erbringt 
er    mit    9'Ji^töt^un ,   mit    Schlafen    unb 


(Sffen.  ©crabe  bie  lapferfien  unb  ÄampfV 
lujiigjien  t^un  am  menigjien.  gür  ^auö, 
|>erb  unb  JJelb  mögen  SBeiber,  ©reife  unb 
überhaupt  bie  Sc^wac^en  in  ber  gamilic 
forgen,  fte  felbfi  leben  in  bumpfer  SRube 
babin.  SOßunberbarer  SDßiberfprud)  ber 
Statur,  ba§  biefelbcn  OJlenf^en,  melcbc  ben 
gemä^Ud^en  ^rieben  fo  febr  \)a^m,  anber= 
fcitö  bem  9?ic^tött)un  fo  lcibenfd)aftUd^  er* 
geben  ftnb ! 

^reiroiüig  bringt  jeber,  mie  eö  im  ßanbe 
Sitte  ifi,  bem  |)duptlinge  eine  ®abi  an 
iöief)  ober  J'^U'^t-  f'"  ®biengefdbenf ,  t>ai- 
jugleicf)  ju  feinem  Unterbalte  bient.  5lm 
meifien  fc^äht  er  aber  bie  ©efd^enfe  be* 
nacbbarter  33ölfer,  meiere  if)m  nic^t  nur 
Don  einzelnen  IJJciüatleuten ,  fonbern  auä) 
ton  ber  ©efamtbeit  bargebta(^t  njcrben, 
au«gejeid)netc  Cfloffe,  gro§e  2Baffenfiüde, 
golbene  ©ucEeln  unb  2lrmringe;  auä)  ©elb 
anjuncfimen  ^aben  fie  fd)on  oon  unö  ge- 
lernt. 

16.  ®a§  bie  germanifdien  Sßölfer  feine 
Stäbte  bewohnen,  unb  ba§  fte  überhaupt 
5ufammenf)ängenben  3[öobnfi|cn  abge* 
neigt  fmb,  iji  genugfam  befannt.  3bre 
SRieberlaffungen  fielen  getrennt  unb  jer« 
jireut,  je  nad)bcm  ein  Dueü,  ein  %di), 
ein  2öalb  jum  iöleiben  lodte.  25ie  Sffieis 
Icr  baut  man  nicbt  nac^  unfcrer  SBeife  mit 
gefcbloffcnen,  jufammen^ängenben  .^äufer* 
reiben,  fonbern  jebcr  umgiebtfein^auei  mit 
einem  freien  $la|e,  n)ohl  ju  Scf)u^  gcgfit 
geuerögefaljr  ober  aucb,  Weil  fte  eben  oon 
ber  93auEunfi  nicbtä  cerfteben.  Sic  eer= 
Wenben  aud)  meber  SOtauerfieire,  nod)  3**= 
gel,  fonbern  ro^  gejimmerteö  '-öaubolj 
bient  jur  ^erfiellung  aller  Jcile,  o^ne  iln* 
fprud)  auf  Sdbönt)eit  ju  ma^en.  (Sin^el* 
neu  Stellen  f^enfen  fie  inbeffen  me^ir  Se* 
ac^tung  unb  befirei(f)en  fte  mit  einer  fo 
reinen  unb  glänüenben  ®rbe,  ba§  e«  faft 
mie  ÜJialerei  unb  5arbenjeid)nung  auä* 
ftebt.  *I«an  gräbt  ft^  al«  3uf[udbt«ort 
für  ben  SBinter  unb  aU  SBorratöfammer 
für  bie  5elbffüd)te  unterirbifdbc  |)öt)len, 
bie  mit  oiel  S)ünger  überbecft  merben. 
Solcbe  J^öbten  milbern  bie  tjarte  SBinters 
falte,  unb  bridbt  einmal  ber  5«inb  herein, 
fo  plünbcrt  er  bo^  nur  hai  offene  Da« 
liegenbe ,  oon  ben  »ergrabenen  ©e^etm* 
niJTen  tt)et§  er  entmeber  nic^tö,  ober  er 
ftnbet  fie  eben  nidbt,  meil  er  nic^t  weil, 
mo  er  fte  fucben  foÜ. 

17.  fianbcütrac^t  ifi  bei  Tillen  ein 
Ueberttiurf,  befie^enb  au«!  einem  »ieredtigen 
2;ud)fiücf,  tai  mit  einer  Spange  ober  in 
beten  Ermangelung  mit   einem  5Dorn  jU« 


©ermania  beö  a;acitu*. 


181 


fammcn^e^eftct  roitD.  Dt)nc  anbete  33c- 
bccfung  liegen  fxc  ganje  Sage  lang  am 
^eröfcucr.  35ie  SBo^lbabcnben  unterfd^ei» 
bcn  ftc^  bur^  ben  ©toff  beö  Unterfleibcd, 
ta^  ni(i)t  baufc^ig,  «sie  bei  ben  ©armaten 
unb  <partf)crn,  fonbern  anliegenb  ijl  unb 
bie  einzelnen  ®Iiebma§cn  ^eroortreten  Iä§t. 
2iud^  2;t)ierfeüe  tragen  Tte,  wobei  bie  5tn= 
h)obnct  beö  3lt)cin2i  unb  ber  35onau  feinen 
befonbern  Unterfc^ieb  mad)en ;  bagegen 
finb  bie  im  3"ne'^n  ^^^  Öanbeö  niäBleri? 
fd)er,  i>a  i^nen  fein  ^anbcl  [onf^igcn  ^u^ 
bringt,  ©ie  jieljen  gcnnfje  Jbierartcn  öot 
unb  burd)[e^en  if)re  '^ele  mit  Sappen  auä 
anberefarbtgcn  Sälgen,  njelc^c  fte  fom 
entlegenem  Dcean  unb  bem  uns  unbc« 
fannten  SDJeere  ijer  erbalten.  ®a^  Älcib 
ber  $5raucn  ift  ganj  glei(^,  wie  tai  ber 
SDJdnner,  nur  l)ütlen  fte  ft(^  öfter  in  lei« 
nene,  mit  ^utpur  üetbrämte  ©emänbcr. 
S)cr  obere  Seil  beö  Älcibeö  Wirt»  nid)t  ju 
«Uermeln  »erlängert,  fonbern  Dber=  unb 
Unterarm  fmb  ganj  frei  unb  cbenfo  ifl 
bie  53tuft  v>om  ^alfc  an  jum  Seil  blo§. 
18.  5Die  Q,i)i  wirb  bei  iljnen  aber 
ftreng  gebalten  unb  wo^l  in  feinem  ©tücfe 
haben  il)re  Sitten  mcl)r  Qlnfprud)  auf 
.^ocbacfctung;  benn  oon  allen  33arbaren= 
pölfcrn  ftnb  f>c  fafi  bie  einijigen,  \mlä)t 
firf)  mit  einem  Söcibc  begnügen,  ©e^r 
wenige  mad)cn  baoon  eint  Qlusnalime  unb 
jwar  nic^t  »on  ©innlicbfeit  geleitet,  fon« 
bem  weil  fte  i^reö  5lnfet)cn6  wegen  mit 
meutern  Einträgen  angegangen  werben. 
35cr  SKann  bringt  ber  93raut  eine  5luö« 
fieucr,  nicbt  umgefc^rt.  S)ie  Sltern  unb 
IBetwanbten  ftnb  iabä  unb  prüfen  bie  ®e= 
fd)enfc,  bie  nid)t  in  auögefuc^ten  ßuyuö« 
fadben  jum  ©cfjmuiJ  ber  SReuoermäbltcn 
befielen ,  fonbern  in  Otinbern,  einem  aufs 
gejäumten  iRoffe  ncbft  ©cbilb,  ©peer  unb 
©cbwert.  Tlit  biefen  ®efd}enfen  gewinnt 
«r  bie  Staut,  bie  if)m  bafür  wieber  einis 
geö  an  fflaffenftüdcn  jubringt.  2"  biefen 
jDingen  erblicfen  fte  hai  fcftejie  söanb,  ein 
^eiligeö  ®el)eimnt^,  bie  Sbc  bef(^ü^enbc 
©Otter.  Daß  SQöeib  foll  nt<^t  fern  Don 
©ebanfen  an  männlidbe  Sapfcrfcit  unb 
unbetüt)tt  üon  ben  SOßecbfelfdüen  beä  Ätie= 
ge«  ba^in  leben,  fonbetn  gleid)  beim  93c* 
ginn  ber  @t)e  wirb  it)r  eingeprägt,  ha^  fte 
an  bie  ©eitc  bcö  ©attcn  ttitt,  al^  treue 
©cnofftn  in  ü)Jüt)falcn  unb  ©efa^ren,  ta^ 
fie  im  gtiebcn  unb  im  Ärieg  mit  it)m  bul* 
ben  unb  wagen  mu|.  S)a«  fagen  if)r  bie 
jufammengciocbten  SRinber,  hati  getüfiete 
9lo§,  bie  Eingegebenen  SSJaffen.  5Dicfer 
•Pfli(i)t  foH  fte  treu  bleiben  biö  jum  legten 


^aucfec.  Wai  fie  jur23etlobung  empfängt, 
bat  fte  ibren  Äinbetn  unpctlc^t  unb  in 
wütbigem  3"!^'^"^^  ü"  überliefern ,  ba^ 
foHen  it)re  ®(f)micgertö(tter  wieberum  em* 
pfangcn  unb  auf  i^re  Snfel  uererben. 

19.  ©0  führen  bie  grauen  ibr  Se- 
ben  in  ben  ©(^raufen  feufcfier  ©tttUd)feit, 
frei  »on  ben  ißerlocfungcn  üppiger  ©c^au= 
fpiele,  unberührt  üon  bem  ©innentaumel 
ftttenlofer  ©elage.  Sßon  geheimen  Siebet* 
briefen  wei^  Weber  SÖJann  noc^  %^CiVi; 
(Jbebrudh  fommt  bei  bem  bod)  fo  jahU 
rei(^en  35olfc  fehr  feiten  »or,  unb  :bie 
©träfe,  welche  ber  iöefiimmung  beä  «Satten 
überlaffen  bleibt,  folgt  tt)m  auf  bem 
5u§e  naä).  Tlit  furj  gef^nittenen  ^aat 
ren  unb  entblößtem  ßeibe  wirb  fie  »or  ber 
ganzen  Serwanbtfcfeaft  Don  ihrem  (Sht- 
mann  auä  bem  ^aufe  gejagt  unb  butc^ 
ba^  ©otf  gepeitfcht.  gut  »erlorenc  Äcufc^* 
heit  giebt  e«  feine  ©nabe;  Weber  ©chön» 
heit,  noch  3"gfnb,  noci)  SHeic^thum  wer« 
ben  iht  je  einen  ©atten  jufühten.  35cnn 
ba  iji  S^iiemanb,  bet  übet  tai  ßafict 
fd)erjte,  9'liemanb,  ber  iBerführen  unb  23cts 
führtwerbcn  ben  Sauf  ber  Sßelt  nennte. 
©ewi§  l^eht  cei  mit  einem  ©taate,  wo 
nur  3""9f>^'^"^"  P^  Dcrmählen  unb  wo 
bie  ©attin  mit  ihrer  Hoffnung  unb  ihrem 
©elübbe  ihr  Öeben  für  immer  befiimmt, 
bcffet,  alö  mit  Ccm  unfern.  (Sinen  ©at« 
ten  etl;ält  hai  SBeib,  wie  fte  nur  einen 
Äörper  unb  nur  ein  ßeben  empfing,  unb 
fein  ©cbanfe,  fein  ©elüfi  foll  biefe  ©dbtan* 
ten  übertreten,  fte  foü  in  ihrem  ©atten 
nid)t  ben  IJJann,  fonbern  bie  6h«  lieben. 

2)ie  ^al)l  feiner  Ä  in  bet  wiüfürlic^  ju 
befdhränfcn  ober  cineä  »on  ben  fpätet  ge* . 
borenen  ju  tobten,  gilt  für  eine  ©d^anbe, 
unb  bie  gute  ©ittc  wirft  bei  ihnen  mcfjr, 
al^  anbetäwo  gute  ©efe^e. 

20.  üiadt  unb  fd)mu^ig  wäc^fi  bie 
3ugenb  in  aöen  |)auöbaltungen  ju  jenen 
gebrungenen  iRicfengeftalten  ^eran,  bie  un* 
mit  QScwunbetung  erfüllen.  3ebe  SDiuttet 
ernährt  ben  ©äugling  an  ber  eigenen 
Stujl  unb  entlebigt  ftcft  nicht  ihrer  üJJuttet« 
Pflicht,  tnbem  fte  ihn  SOtägben  unb  <Smmcn 
überläßt.  ^erten=  unb  (Sflaoenfinb  unter* 
f^eibet  feine  ausgefucfetete  'i*flcge;  unter 
benfelben  .^auötieren,  auf  ben  gleichen 
'lilä^en  treiben  fte  ftdh  hetum,  biö  ba§ 
Qlltei  bem  ^teigebotnen  feine  abgefonbctte 
©lellung  anweift  unb  fein  eblet  ©tamm 
fich  Dcrräth  ©pät  etfi  wetben  bem  3üng« 
ling  bie  ^^euben  bet  ßiebc  ju  Shfit»  ""^ 
bähet  auch  feine  uncrfchöpflid)e  Tlannti' 
fraft.   ajJit  ber  Verheiratung  ber  3un9f'^<i^ 


182 


©etmania  iti  Zadiui. 


eilt  man  a\xä)  nic^t;  i^r  Slltcr  ifi  baffelbe 
unb  fafi  a\iä)  i^re  ©rößc;  in  bct  glcicbcn 
Soüfraft  bcr  3"Sf"t>  »etcinigcn  fte  ftcf) 
unb  bie  Äcrnbaftigfcit  bet  Sltern  fpiegcU 
fd)  in  ibren  Äinbern. 

S)ie  ®ö^nc  ber  €c^h)cficr  jiebcn  jum 
Dbeim  in  bemfelbcn  »crwanbtfdbaft^ 
Heften  aSerbältniffe,  vok  jum  Batet. 
Ginjelnc  tialten  baö  93anb  bicfcr  iÖlut^= 
gemeinfcftaft  fogar  nocö  für  enger  unb 
^eiliger  unb  forbern  baber  am  liebfien 
folcftc  ©lieber  bet  gamilie  al^  (Seideln, 
inbcm  fte  babutd)  bie  33ettt)anbtf^aft  in 
(\tö^etet  *Mu«bebnung  unb  if)re  niiberfpen= 
jiigen  Oelüjte  fefict  im  3'iuni  i^u  b^lten 
meinen.  Jiacfcfolget  unb  Stbeu  finb  abet 
nut  bie  eigenen  Äinbet;  le^miüigc  SBer* 
fügungen  giebt  e«  gat  nicftt.  iginb  feine 
j^inbet  ba,  fo  baben  ben  näcftfien  *Hn[ptud) 
auf  ia^  (Stbe  bie  Srübet,  bie  Df)eime  Don 
oäterlicbet  unb  müttetlicfeet  ©eire.  3e 
gtöger  bet  Äreiö  ber  SlutäDetmanbten,  bie 
3QbI  ber  ißerfd)tt)ägerten  iji,  befto  freunb= 
Hefter  gefialtet  ftcft  baß  5llter;  bie^inber^ 
loftgfeit  ^at  feine  *Uusftcftt  auf  irgenb  einen 
Vorteil. 

21,  ©omofti  bie  freunbfcftaftlicften  SSets 
binbungen  bes  93aterö  ober  beö  ißermanb* 
ten  mu|  ber  (Stbe  auf  ficft  neftmen,  alü 
aucft  beffcn  ^ebben.  3)iefe  brau(ften  be2= 
megen  aber  uiAt  unoerfö^nlicb  fort^u= 
bauern;  felbfi  bie  Sötung  eine^  2JJenf(ften 
fann  burdb  eine  bejlimmte  ^a^I  »on  gropem 
unb  fleinem  Sieb  Derbüpt  werten,  unb  bie 
ganje  93ern)anbtfd)aft  beä  Setreffenben  em^ 
pfängt  iai  SBergelb  alö  üoüfidnbige  (äe= 
nugtbuung.  2)jö  ift  eine  b«ilfflm«  €>\ttt 
für  baö  ©emeinmefen,  benn  bei  bet  bert^ 
f(ftenben  g^tcifteit  ftnb  folcfte  gef)ben  bop= 
pelt  gcfä^tli^. 

Äein  anbcteö  33oIf  giebt  ftcft  feinem  Itieb 
ju  gefeüigen  ©elagen  unb  gafifteunb  = 
Tieftet  9lufnaftme  fo  tüejfbaltöleö  ftin. 
S«  gilt  füt  J^refct,  itgenb  S^m^nben,  e^ 
fei  mct  e«  fei,  nieftt  untet  fein  2)a(ft  auf= 
june{)men.  'i^tttx  bemitiet  feinen  ®aft  fo 
gut,  aU  cö  feine  95etbciltniffc  etlauben. 
Sinb  bie  33ottätc  aufgejefttt,  fo  mecftfelt 
bct  bißberige  iffiitt  bie  iRoQe,  et  meift 
feinem  ®aft  eine  neue  .^etbetge  unb  gebt 
gleieft  felbfi  mit.  Uneingelaben  tteten  fte 
inä  SJadbbatftauö  unb  bcibe  oftne  Untet; 
fefttcb  merben  mit  gleicftet  Jteunbltcftfeit 
aufgenommen;  benn  ob  befannt  obet  un= 
befannt,  barnaeft  ftagt  bnö  ©afirc^t  nieftt 
3)ie  Sitte  üetlangt,  ta^  man  bcm  ©eftei^ 
benben  bemiüigt,  maö  et  fieft  auöbittet; 
anbetctfcitß  ttägt  bet  SBitt  cbenfo  wenig 


Sebenfen,  einen  SBunfeft  an  feinen  ©aft 
lu  ticftten.  9in  biefen  ©efeftenfen  ftaben 
fte  iftte  ^teube;  ma«  fte  gaben,  bringen 
fte  nieftt  in  5inf^Iag,  unb  mai  fte  em* 
pfingen,  »etpflicfttet  fte  nieftt;  nur  gegen* 
feitige  J^reunblieftfett  ifi  iai  93anb,  bad 
bie  ©afifteunbe  Petbinbet. 

22.  Äaum  Dom  ©eftlafe  etmacf)t,  ber 
in  bet  SRegel  biö  in  ben  Jag  binein  aug« 
gebe^nt  mitb,  baben  fte  ftcft,  gcmöbnlieft 
matm,  ta  ja  bei  ttinen  bie  meifie  3eit 
übet  bct  aSintet  ftettfcftt.  «Raeft  bem  Sabe 
mitb  gcftütjftücft,  wobei  jcbet  feinen  bc* 
fonbetn  ©i^  unb  feinen  eignen  iifcft  eins 
nimmt.  S^'ann  gebt  ee  an^  ©efeftäft  ober, 
unb  jwat  ni^t  wcniget  oft,  jum  ©elagc,. 
immet  abet  in  fflaffen.  Sag  unb  SRad^t 
ununtetbto^en  fottjujecbcn,  btaucftt  fteft 
JRiemanb  ju  fcftämcn.  Sffiic  bei  Stunfenctt 
wobi  begteiflieft  ifi,  cntftebt  bäuftg  -^tieit, 
wobei  ce  feiten  bloß  mit  ©eftimpfteben 
abläuft;  meiflenä  fommt  eß  ju  IZÖunben 
unb  Jobtfcftlag.  *Mbet  aucft  übet  bie^üußföb* 
nung  t>on  ^^inben,  bie  Änüpfuna  »et* 
wanbtfi^aftlieftet  ©ejiebungen,  bie  ©ewiit» 
nung  ftembet  j^ürfien  unb  übctftaupt  über 
Ätieg  unb  ^rieben  witb  gewöbnli(ft  beim 
©elage  betaten,  weit  bet  Wenfcft  fonfi  nie 
fo  tteubctjig  gejlimmt  unb  für  gto§e2)ingt 
fo  begeifiert  fei.  ^eute  nod)  etöffnet  biefe* 
•Bolf  ftei  oon  5ltgli|l  unb  93etfcftlagenbcit 
feine  innctfien  ©ebanfen  in  bet  Ungebun- 
benfteit  bet  ßufi,  Unoetftüüt  un&  offen 
legt  ^itix  feine  ÜJicinung  bat,  unb  am 
folgenben  Jag  witb  bie  -Sacftc  no(ft  ein« 
mal  butcftgefptod)en.  ©o  wetben  fte  jcber 
Seit  gcteeftt;  fte  betaten,  wann  iftnen  SSet« 
fietlung  unmöglidb  ifi,  unb  befcftUe^en, 
Wann  fte  uot  Jrrtftum  gcfeftü^t  finb. 

23.  3tlä  ©ettänf  bient  iftnen  eine 
auö  ©etfie  obet  SBeijcn  beteitete  ^tüff^fl' 
feit,  welcfte  man  gäbten  läpt,  fo  ta^  [it 
einige  2leftnlicbfeit  mit  bem  SBein  bcfommt; 
bie  Qlnwoftnct  beö  SHf)ein^  etbanbeln  fteft 
aucb  2Bein.  25ie  ©peifen  ftnb  einfacft: 
wilöeö  Dbfi,  ftifcfteö  Sffiilbptet  obet  gc« 
tonnene  Tlilib ;  um  iftten  junget  ju  fiiüen, 
btaucftt  eß  Webet  eine  feine  ßubeteitung, 
nocft  außgefuefttc  ©ewütje.  2)em  2)utfic 
gegenübet  jeigt  bet  ©etmane  nieftt  biefelbe 
ajJägigung;  untetfiü^t  man  feine  Sttunf« 
fueftt.  fd)afft  man  iftm  fo  picl  ju  ttinfen, 
al^  fein  ^etj  begefttt,  fo  witb  man  iftti 
gewi§  leidbtet  buteft  feine  fiafier,  ali  butd^ 
Sßaffengewalt  beficgen 

24.  33on  ©cftaufpielcn  gtebt  e* 
nut  eine  einjige  ?ttt,  wel^e  fteft  bei  jebet 
gtö§etn  ißetfammlung  wiebctftolt.    UJacftc 


©eimania  bed  Socitu^. 


183 


junge  ü)länn«t  führen  biefc^  Spiel  au«, 
inbem  fie  tanjenb  jwifcfeen  ®d)trctter  unb 
bio^cnbe  Speere  fpringen.  'Durd)  Übung 
büöete  ft*  eine  gro§e  ®efd)icflic^feit  auö, 
in  beren  Oefolge  fic^  bic  Qlnmut  einfanb. 
2lber  nid^t  ^lueftdbt  auf  (grrcerb,  auf  33e- 
jablung  Detanlapt  ben  3üngling  ju  biefem 
Spiele,  bcnn  fo  to[lfüt)n  c2(  aud)  ijt,  bcr 
einjige  fiot)n  befief)t  in  bcm  Vergnügen 
ber  3ui^*auer-  2)a«  Sffiürfelfpiel  aber, 
voaü  \vvi)l  auffaücnb  er[d)einen  mag,  be^ 
treibt  ber  ©ermane  bei  pöüigcr  ))lü(i)tixn' 
^eit  aH  ein  ernftbafteö  ®cfd)aft  mit  [old)er 
Seiben[d)aftli^feit  bei  ®eminn  unb  93cr-- 
lufi,  t>a^  er,  TOuin  fonft  'üUeö  oerloren  ijt, 
Freiheit  unb  ^ßevfon  auf  ben  legten  ent- 
fd)eibenben  Sßutf  [c^t.  j^reiroiUig  nimmt 
er  tai  3oc^  bcr  Äuc(^{fd)aft  auf  Hd); 
tt)iberftanbelo«  la§t  er  fi^,  wenn  au(^ 
nod)  i'o  üiel  jimger  unb  fröftiger,  in 
geffeln  legen  unb  oerfaufen.  ^aö  ifi  freiließ 
Gbarafterfcfiigfeit  in  üertt>crfli(^er  Sa(^e; 
fie  felbfi  nennen  es  d^renbaftigteit.  So 
ern)orbene  Stlaven  »erbanbelt  man  bann 
tceiter,  um  tai  brücfenbe  Semußtfein  be« 
befdiämenben  Siege«  loa  ju  merbcn. 

25.  2)ie  übiigen  Sflaoen  »erben 
nid)t  fo  perwenbet,  wie  bei  unä,  mo  man 
jebem  einzelnen  an^  bcm  ©eftnbe  fein  be- 
fiimmtcö  (Sef^äft  juteilt;  bei  it)nen  bat 
jeber  feinen  eigenen  2ßol)nfi^ ,  gebietet 
über  ein  ^cim;  ber  ^err  bffiimmt  il)m 
nur  eine  5lbi(abe  an  ©etteibe,  SSict)  ober 
Äleibungäbebarf,  mic  cö  bei  uns  bem 
<Päd3ter  gegenüber  gefd)icbt.  Dtur  fo  meit 
gebt  bie  ^ienfipflid)!  bes  porigen.  Sic 
^au0gefd)äftc  beforgcn  %xau  unb  .ftinber. 
Selten  wirb  ber  Sf lar e  burd)  bic  ^eitfd)e, 
burc^  i^ffT^l"  ""^  3*^'i"9^'J'^^<!i^f"  gcjüd^s 
tigt,  meiften«  erfcblägt  if)n  ber  ^err  fo^ 
gleidb  unb  jrear  nidit,  roeil  bie  ^au3ju(^t 
eine  folc^c  Strenge  »erlangte,  fonbern  Pon 
ber  ^i&e  feine«  Sdbjorn«  übermannt,  wie 
er  feinen  ^einb  nieberbaut,  nur  M^  ber 
%ot>  fcineö  Sflaoen  ungerä^t  bleibt.  S5er 
^reigclaffene  ftel)t  nid)t  Diel  über  bcm 
Sflaocn,  feiten  l)at  er  eine  etttia«  bebeu: 
tenbere  StcEung  im  ^auü,  nicmalö  aber 
im  Staate.  9?ur  bei  jenen  Stämmen  Dcr^ 
l)ält  ftd)  bie«  anbers,  mo  ein  firenge« 
Königtum  f)errfd:it;  benn  ba  fann  er  auct) 
über  bie  jjreigeborcncn  unb  fogar  über  bic 
^beligen  emporfieigen,  fo  ta^  bie  niebrigere 
Stellung  ber  j^reigclaffenen  bei  ben  übrigen 
©ermanen  gerabeju  ein  d)arüfieriflifd)e« 
(DJerfmal  ilirer  freien  SBerfaffung  ifi. 

26.  SDUt  Ä  a  p  i  t  a  l  i  e  n  (Sefdidftc  ju 
mad)en  unb   burd)   bie  3infen   anwadjfen 


ju  laffen,  ifi  ben  ©ermanen  unbcfannt; 
man  ifi  alfo  »or  2Bud)er  gef^ü^ter,  ali 
wenn  er  burc^  ©efe^c  oerboten  wäre,  wie 
bei  un«. 

5n  bie  ^elbmarf  teilen  ftd)  bie  ®e« 
noffenf^aj^ten  nadb  bcr  3^^^  if^rer  freien 
Sauern,  inbem  babci  oon  ^ät  ju  ^ät 
bic  ©runbfiüdc  gc«c(^i'elt  merben.  S)icfc 
©runbfiücfe  merben  bann  unter  it)nen  nad> 
bem  ^Infe^cn  bc«  ©injelnen  mieber  oerteilt. 
33ci  bcr  großen  5lu«bcl)nung  ber  gelbmarf 
Id^t  fic^  eine  fold)e  iöerteilung  j'cbr  leicht 
machen.  S^^fö  3ibr  werben  anbere  Saat« 
felber  bebaut  unb  bo(i  bleibt  immer  noc^ 
5ldcrlanb  übrig.  S)cr  ©ermanc  ringt  bcm 
iöoben  nid)t  immer  größere  ©rgiebigfeit 
ab,  unb  firebt  nid)t  barnad),  tau  frui^t» 
bare  ßanb  ftet«  Weiter  auejubcfjnen.  Dbft= 
pflan jungen,  abgefonberte  SIßiefen,  wo^l» 
bewäfferte  ©arten  ftnb  i^m  unbekannte 
I)inge;  nur  ©ctreibe  mid  er  Pon  feinem 
<3(der  ^abcn.  2)aber  wirb  i)aQ  ^ai)i  aud) 
nid)t  in  gleich  viel  3a^  reßjcitcn  geteilt, 
wie  bei  un« ;  Sßinter,  gtübling  unb  Som= 
mer  ftnb  ibm  allein  geläufige  iöcgriffc  unb 
tragen  allein  SRamen;  eine  Sejeid)nung  be« 
^crbftc«  fennt  er  fo  wenig  als  feine 
i&penben. 

27.  S)ic  öefiattunt^  bcr  Sotcn  ge* 
fc^ie^t  obnc  ©eprängc;  ber  einjige  8uyu«, 
ben  hai  |>erfommen  er^eifd)t,  befiel)t  barin, 
ba§  jur  iBcrbrennung  ber  Ceid)en  t)erDors 
ragenber  SD^dnner  beftimmte  ^oljartcn  t>er« 
wenbet  werben.  S)cn  Sd)eitcrt)aufen  jicrt 
man  nid)t  mit  barauf  gebduften  Seppidjcn 
unb  woblnec^enbcm  SRdud)erwctf;  nur 
feine  üßaffcn,  mand)mal  auc^  fein  SRog, 
werben  bem  Soten  in«  ^cuer  mitgegeben; 
ein  Sflafenbügel  erbebt  fic^  über  feinem 
©rabc.  2)ic  burd)  oiel  SWübe  unb  Qlrbeit 
erfaufte  *Prac^t  »on  2)enfmälern  wci^  ber 
©ermanc  ni(^t  ju  j'cfedöen;  fte  eri'd)eint 
il)m  ni(St  als  eine  (Sbre  für  ben  Soten, 
fonbern  al«  ein  2)rud,  ber  auf  ibm  lafiet. 
2Bet)tlagcn  unb  Z\)ianin  gibt  er  ni(^t 
lange  SRaum,  Sd)merj  unb  2Bef)mut  ober 
ucrlaffen  it)n  nur  langfant;  benn  bem 
ffieibe  jiemt  bie  laute  Srauer,  bcm  iRannc 
jiillc«  ©ebenEen. 

So  cid  babe  icb  im  ?lllgcmeincn  über 
Urfprung  unb  Sitten  aller  gcrmanif(^cn 
93ölferfd)often  in  (Srfabrung  gcbrad)t.  Stun 
wiü  ic^  bic  93rdu(^e  unb  Sitten  bcr  ein= 
jclncn  ißölfer  in  it)ren  unterfcfccibenben 
*13unftcn  barfieüen  unb  bic  ßinwanberung 
germanifc^cr  Stdmmc  in  ©aüicn  betraci^ten. 

28.  3)a§  ©aüicn  frül)er  ein  mdditigercr 
Staat  war,  bezeugt  bcr  juncrläfftgjiie  ©es 


184 


©crmania  be«  lacitu^. 


tr>ai;iömanii,  öer  vereinigte  Juliue;  C6  iii 
ba^er  root)l  glaubli^,  ba§  aucf)  gallifc^e 
©tämme  in  ©eutfd^lanb  cinge* 
wanbcrt  ftnb,  benn  wie  wenig  fonnte 
ber  iRbeinjirom  ein  nicid^tig  gett)orbcne^ 
33otf  ^inDcrn,  feine  Sßotjnft^e  ju  oerlaffcn 
unb  neue  in  Sefc^lag  ju  nef)men,  aU  bic 
öänbereien  nod^  öerrenloö  unb  nocf)  ni(i)t 
alö  [elb|i^ertIi(J)e  Staaten  eine  fePc  (Sin* 
tcilung  bcfa^en!  ©o  baben  jmifcften  bem 
^cic^nifcfeen  SBalbe  unb  ben  ,^'"iTf"  *Ji^ein 
unb  IJJJain  einmal  bie  ^clt>etier  ge= 
tüobnt,  weiter  öjllicf)  bie  93oier,  beibes 
gaüifcfce  53ölferfd)aften.  Dtacf)  beute  lebt 
ber  IJJame  93öl)ämen  unb  gibt  Äunbe  oon 
ibrer  einzigen  5lntt)c[en^eit,  menn  audb 
längft  anbere  Sewo^ner  tai  öanb  einge« 
nommen  t)aben. 

Die  3t ratio! er  \)aii.n  gicidbe  ©pracbe, 
gtcidbc  Sräudbe,  gleite  Sitten  wie  bie 
Ofen.  Db  fte  aber  ein  Stamm  ber  Ofen, 
cincö  germanifcbcn  25oIfc^,  waren  unb  bann 
naci)  *jßannonien  au^wanberten,  ober  ob 
bic  Dfen  bie  ^trauiöfer  üerliefen,  um  ftc^ 
eine  neue^cimat  in  ©crmanien  ju  fucben, 
lägt  ficb  nic^t  entfc^eiben,  weil  biefen 
©tdmmen,  bie  an  Qlrmut  unb  ^reibeit  fic^ 
gleich  ftanben,  ein  Ufer  eben  fo  oielc  3Sor= 
teile  unb  S^ladblcile  bot,  alö  baö  anbere. 

2)ie  Sreoerer  unb  ^J? eruier  frnb  fo« 
gar  e^rgeijig  barauf,  gcrmanifdbeö  93lut 
in  ben  ^bern  ju  ^aben,  um  fi(^  burcf)  ben 
5lbcl  i^rer  ^bflammung  ju  ben  fd)Iaffen 
©aütern  in  ®egenfa|  ju  fe|en.  Die  bai 
IRbcinufer  bewobnenben  SBölfer  finb  äweifel* 
lo^  gcrmanifcf)en  Stammeö:  bie  Sangio« 
nen,  Iribefen,  ^licmetcr.  Selbft  bie 
Ubier,  obwohl  fie  für  i^rc  93erbienfie  ju 
einer  römifdben  Kolonie  erijobcn  würben 
«nb  ftd)  lieber  nad)  bem  Dfiamen  ibrer 
©tifterin  51gripDina  nennen  f)ören,  fcf)ämen 
fid)  ibreä  germanifc^en  Utfprung^  nid)t; 
■fte  baben  Dor  ^txtm  ben  iRbcin  über* 
fd)ritten  unb  burftcn  ftd)  jum  2o§n  ihrer 
fieten  Ireue  unmittelbar  am  5Rl)cin  nieber* 
laffen,  um  ein  SBaH  gegen  bie  Jcini'e  ä" 
fein,  ni^t  um  beflänbig  bcwad)t  werben 
^u  fönnen. 

29.  Tillen  biefen  53ölfern  fielen  an 
Sapferfeit  bie  Sa  tau  er  Doran,  tvdia 
nur  nod)  einen  flcinen  «Streifen  be^  SRbein* 
uferö,  fobann  aber  bie  Jnfel  im  Strome 
fcewobncn.  *i3ormal«  ein  ®Iieb  in  ber 
@emeinfd)aft  ber  Statten  wanberten  fte 
infolge  innerer  3etn>ürfniffe  au«S  unb 
liegen  ficb  {)w  nicbcr,  um  bann  bem 
Tömifcben  SfJei^e  eineerleibt  ju  werben, 
(äine  gcad)tete  Stellung  unb  bie  ^udjeid^« 


nuiig  alter  öunbeögenoffen  ftnb  tönen  ge» 
blieben;  feine  Abgabe  erniebrigt  pc,  fein 
Steuerpät^ter  faugt  ifinen  bai  Warf  au« 
ben  Änoc^en.  ÜJlit  öafien  unD  Beiträgen 
oerfcbont  unb  nur  für  Äamof  unb  Ärieg 
in  Qlnfpruch  genommen,  gleid)en  fie  einem 
SJtüflbauö,  ta^  für  bic  Ärieg^jeiten  aßc^t 
unb  2Baffcn  birgt.  (Sbenfo  oerbält  ti  pc^ 
mit  ber  '3lbt)ängigfeit  ber  'Ulattia  f  er;  benn 
bie  ®roge  beä  römifd)cn  iBolfeö  \)at  bie 
Sf)rfurd)t  oor  feiner  üWa^t  big  über  ben 
SRljeiu  unb  bie  alten  ®renjen  binaud  ge- 
tragen. Siegt  auch  'bt  ßanb,  ibre  §eimat 
auf  bem  jenfeitigen  Ufer,  fo  ifi  bodb  i^t 
^erj  unb  Sinn  bei  unei,  fo  gut  wie  bie 
SataDer  auf  unfrer  Seite  fielen,  nur  ba^ 
jene  ber  Soben  unb  ber  ^immel  ihrer 
alteit  ^eimat  feuriger  belebt. 

3u  ben  germauifchcn  Stömmcn  fann 
ic^  bie  ©ewohner  ber  becumatif^en 
gelber  nicht  jäblen,  obwohl  üc  ftch  icn= 
feitö  beö  ütheine  unt)  ber  Donau  nicbcr* 
gelaffen  l)abm.  hergelaufene^  gaUifchee 
(Sefinbel  hat,  non  "Jlrmut  gebrängt,  gewagt, 
biefen  Soöen,  wo  ber  Scft|  fiel«  oon  ®e* 
fabren  bcbroht  ijl,  ju  feiner  .^eimat  ju 
mad)en.  Darauf  würbe  bann  ber  ©rcnj* 
wall  gejogen  unb  bie  Sefa^ungen  Dorgc= 
fchoben,  unb  feither  betrad)tct  man  biefc^ 
®ebiet  als  Sluäbuchtung  unfere^  [Rei^eä 
unb  Jeil  bes  '^rooinjiaüanbeö. 

30.  iZBcitcr  nörblich  beim  herctjnifdhen 
fflalbc  beginnt  bag  8anb  ber  d hatten, 
Dag  feine  fold)e  Äctte  üon  fumpfigen 
©benen  bilbet,  wie  bie  anbern  üänber, 
über  welche  fic^  ®crmanicn  erjirecft;  crji 
nad)  unb  nach  ocrlieren  ftdh  bie  ^ügel,  ber 
betc9nifd)e  SBalb  geleitet  feine  Chatten  her* 
nieber  unb  »ertraut  fie  bann  öem  ^lachlanbe 
an.  6in  befouber^  auäbauernöer  Körper, 
gebrungene  ®Uebma§en,  ein  broheubcr 
ißlid  unb  ein  ungewöhnlidh  gewcdter  ®cifl 
,5eic^net  fte  auö.  Dem  Sbatten  wohnt  im 
*öerglcid)  mit  ben  übrigen  ®ermanen  ein 
fein  beredhncnbcr  Söerfianb  unb  tlugc  5tn= 
fdhlägigfeit  innc;  er  »erjieht  eä,  bie  ric^* 
tigen  ßeute  ^ü  gübrern  ju  wählen  unb 
ihnen  bann  ju  gehorchen;  er  fennt  bic 
ateihcn,  er  wci§  ben  günjiigcn  5lugenblt(J 
ju  nü^cn,  einen  Eingriff  auf  gelegenere 
3eit  ju  Dcrfdhiet'en»  ben  Sag  jwcdmägig 
cinjuteilen  unb  fich  für  bic  SWad)t  ju  ocr* 
fchanjcn.  Da^  Äricgöglüd  ifi  wanfclmütig, 
barum  ocrläf  t  er  ftd)  allein  auf  bie  lapfer* 
feit  unb  —  mai  i><x^  ©igentümlichfie  ifi 
unb  fonji  nur  aU  ©rrungenf^aft  römifdhet 
Äriegötunji  gilt  —  er  wei§,  ba^  ein  tücfe* 
ttgcr  Rubrer  mehr  wert  ifi,  als  ein  ganje^ 


©crmania  i>ii  lacitu^. 


185 


^ccr.  ?tßc  ibre  @tärfe  Ue^t  im  gu§Dolf, 
t)ai  aufer  feinen  SBaffen  aud)  nocfi  eifctnc 
ÜBerf^euge  unb  ÜJiunboorräte  mit  ftd)  tra« 
gen  mug.  5lnDcre  jie^en  jum  ®efc(^t, 
bic  Glatten  jum  Äriege;  Streif jüge  unb 
jufäüigc  ®(fiarmü|el  fommen  bei  il)nen 
feiten  t>or.  (Sine  berittene  Jruppc  l)at 
freilief)  ben  53orteil ,  in  rafd)em  5Inlauf 
ben  @ieg  banon  ju  tragen,  ober  ftd)  eben 
fo  raf(^  micbcr  jurücfjicben  ju  fönnen; 
allein  nabe  bei  ber  ®d)nenigfeit  wobnt 
bie  jyurd^t,  langfame^  ^anbeln  ftebt  ber 
^efiigfcit  nä^er. 

31'.  Jöaö  bei  anberen  gertnanifc^en 
Stämmen  nur  feiten  aU  ein  *i(u^f[u§  tti 
3:f)atenburPeö  einjetner  uorfommt,  i^  bei 
ben  ©batten  gäng  unb  gäbe  geworben;  ta 
lä§t  ber  Jüngling  namlid)  |iaar  unb 
99art  roacbfcn  unb  erp,  wenn  er  einen 
iJcinb  getötet  bat,  befreit  er  fein  QlntU^ 
»on  bicfcm  ''Ku^feben,  tai  er  gelobt  unb 
ber  Sapf'erfeit  al«  ^fanb  gegeben  bat. 
Uebcr  bem  *81ut  bcä  ^einbeö  unb  ben  er* 
beuteten  Üßaffen  mac^t  er  feine  Stirne 
frei,  unb  ic|it  erjt  glaubt  er  tai  @efd)enf 
be^  S)afcinö  öeröient  jiu  baben,  be^  55a= 
terlanbeä  unb  jeiner  ©Itcrn  mürbig  ju 
fein.  S)cm  feigen  unb  Unfriegerifc^en 
bleibt  fein  |>aarmufi.  S)ie  tapferften  ApeU 
ben  tragen  barübcr,  wai  fonft  bei  biefcm 
Stamme  ein  fd)impfli(^c^  *)lbjeid)en  if!, 
einen  cifemcn  SRing.  gleicbfam  als  j^effcl, 
»on  ber  ite  ftdt)  burc^  Jötung  cineä  gein« 
beö  JU  löftn  ^abea.  ®ar  manchem  ifi 
biefe  STrac^t  Heb  geworben ,  er  ifi  ergraut 
barin,  SRubm  bat  fid)  an  feinen  Dramen 
gefnüpft  unb  Jeinb  unb  ^Jreunb  weifen 
mit  5inö«u  auf  ben  gelben.  'Diefe 
Sapfcrn  fmb  bie  SSorfcimpfer  bei  iebem 
Streit,  fie  bilben  bic  erfte  S^lac^trei^c, 
ein  überraf(f)enber  *}lnbli(f,  bei  mit  ®nts 
fe^en  erfüat;  benn  felbP  ber  triebe  mil» 
bcrt  i^re  roilben  3üge  nid^t.  deiner  ^at 
ein  ^auö,  befieöt  ein  ^elb  ober  fümmcrt 
jtd^  um  irgenb  ein  ®efc^äft;  wo  er  f)\n-^ 
fömmt,  wirb  er  bewirtbet;  fremben  93cft^ 
Perfcbwenbct  er  unb  üera^tet  eigenen,  big 
enblidb  ta^  jitternbe  «Mlter  il^m  bie  2öei= 
terfübrung  biefe^  barten  ^elbcntumö  un= 
erbiitlid)  rerfagt. 

32.  2)en  6f)atten  junadbjl,  wo  ber 
IRbein  in  feflem  Sette  f(ie§t  unb  breit  genug 
ifi,  um  eine  natürlidbe  (Srenjc  ju  bilben, 
wohnen  bie  Ufiper  unb  Icncterer. 
S)ie  lenctercr,  fd)la^tcnbcrül)mt,  wie  bic 
übrigen  ©ermonen,  jeidbnen  ftd)  burc^ 
eine  Dorjüglic^  gefd)ulte  JReiterei  auö, 
fclbft   ber   5Ruf  bc«   cbattifc^en   guioolf« 


übcr(irat)lt  jtc  nic^t.  @o  war  ii  ber 
'8rau($  ber  Söätcr  unb  bie  9?a(J)fommen 
ftnb  in  i^re  5}*Bftapfen  getreten.  9fleltcr-- 
fampf  ifi  iai  «spiel  beö  Äinbe«,  ber  et)r» 
gei^i  beö  3ünglingö,  unb  nod)  bcc  ®reiS 
fann  fidb  nid)t  t>om  S($IacbtrofJe  trennen. 
2ßic  für  baö  ©cftnbc,  baä  ^auäwcfen  unb 
über{)aupt  bic  ©egcnfiänbe  rec^tlict)er  ©rb« 
folge  gilt  anbcrfeit«  für  ha'i  iHo§  ein  be» 
fonbere^  ©rbrec^t,  nic^t  ber  ältefie  ©o^n 
erbält  cö,  wie  ta^  Ucbrige,  fonbern  ber 
fampfmutt)igfic  unb  tapferfie. 

33.  'ÜU  Dfiacbbarn  ber  Sencterer  traf 
man  »or  Seiten  bie  33ructerer;  je^t 
ftnb,  wie  beridbtct  wirb,  bic  ß^amatjcr 
unb  *}lngrioarier  bort  cingctranbcrt. 
Die  Sructerer  würben  niimlicö  bur(^  bie 
oerbünbeten  9ia(ä)barfiammc  »erjagt  unb 
gänjlid)  aufgerieben,  fei  e«s ,  ta^  bicfc 
burdb  bereu  Uebermutb  gereijt  lüurbcn, 
ober  t>a^  bie  ©cute  ftc  lodtc,  ober  ta^ 
bie  ®öttcr  unö  eine  ®unfi  erweifen  woü» 
ten:  benn  fclbft  ba«  ®cf)aufpiel  bcö 
Äampfe^  ^aben  fie  unö  ni*t  mi§gijnnt. 
lieber  fe^jigtaufcnb  fielen,  nic^t  burd)  bic 
"Baffen  be^  SRömcrö,  fonbern,  wa^  ^crr« 
lieber  ifi,  il)m  jur  ^ugcnweibe  D  möge 
bo^  —  i>ai  ftebe  id)  —  bei  biefen  33öl« 
fern,  wenn  aucb  nid^t  bie  IMcbe  ju  un^, 
fo  bod)  bie  3tt.Hetrad>t  unter  ftcb  befiänbig 
forbaucrn ;  benn  je^t,  wo  'i>t^  SRcidbeö  SBcr* 
bängni§  öor  ber  Sbür  ficht,  fann  unö 
i>ai  S^idfal  ja  bod)  nic^tö  'öeffereö  mcl)r 
gcwäbrcn,  ale  bic  Uncinigfeit  unferer 
^cinbc. 

34.  hinter  ben  Qlngriüaricrn  unb 
Sbamaoern  fdblie§en  fic^  bie  Iiulgub* 
nier  unb  Sliafu artet  an  nebft  anbetn 
'Bölfcrn,  öon  benen  nid)t  eben  oiel  ocr« 
lautet.  ®egen2öeften reiben  fidjbie^ricfen 
an,  wcl<^e  man  nacb  it)rer  Tlaii)t  in  ®ro§= 
unb  Älcin  s  ^Jriefen  fcbcibet.  ©a^  ©ebiet 
beiber  Stämme  wirb  t>om  Oft^ein  bcfäumt 
unb  umfaßt  gewattige  (Seen,  weld)e  aud^ 
fc^on  »on  römifd;)cn  flotten  befahren  wut* 
ben.  2Bir  wagten  cö  ja  fogar,  in  bie  cnt* 
legencn  ®ewäffer  tii  angrenjenben  Ocean^ 
unferc  SHuber  ju  taud)cn.  60  ge^t  bie 
Sage,  baf  bort  nocb  Säulen  beä  |)crculcg 
porbanben  feien,  feie«,  ba§  ^erculee  wirf« 
lidb  babin  fam,  ober  i>a^  ftc  in  gleichem 
®cfüble,  wie  wir,  aüeö  ©ewaltige  feinem 
erbabeuen  9?amen  äufcbreibcn.  Qludb  fehlte 
e«  2)rufuö  ©crmanicuö  nicbt  an  Äübntjeit, 
aber  ber  Dccan  fe^ic  ben  ^orfc^ungen 
nad)  feinen  ©ebeimntffcn  unb  nad)  |)erculcg 
ein  gebictcrifdicö  ^^alt  entgegen.  Später 
nahm  Stiemanb   bic  iBerfud)e  micber   auf. 


186 


®ermanio  be«  Sacitug. 


bcnn  ber  ®Iaube  an  bie  Saaten  in  @otU 
^cit  fehlen  frömmer  unb  ehrerbietiger,  ali 
tai  SffiifTcn. 

35.  (So  hjcit  fcnnen  wir  bcn  2öcficn 
©ermanienö;  gegen  iHorben  bebnt  e^  ftd) 
in  gemaltigcm  33ogcn  auö.  ®Ieic^  jucrft 
tritt  unö  tai  93oIf  ber  Sbauccn  cnt= 
gegen,  beffen  ®ebiet,  obmobl  eä  bei  ben 
^riefen  beginnt  unb  einen  Seil  ber  ÜJJceres: 
füjle  in  fid)  fcblieBt,  bie  ©renken  aller  biö 
je^t  aufgefübrten  33ölfer  berührt,  bi^  es 
f\d)  enblidi  nodb  in  has  Sanb  ber  Sbatten 
bincinbrängt.  5)ie[cn  getttaltigen  SRaum 
beberrfcben  bie  (lf)aucen  ni*t  blo§,  fon» 
bern  fte  fußen  i^n  mit  ibrer  reicben  iBoIfe= 
jabt  aud)  am.  2)a«  ifi  ein  Stamm,  ber 
ju  ben  nngcfebenftcn  ©ermanicnö  ^ablt 
unb  ber  feine  ®rö§e  nur  auf  ®ere*tigfeit 
gegrünbet  miffen  miü.  Dbne  ^errfdbfucf)t, 
obne  ßeibenfct)aftlid)feit  lebt  er  rubig  unb 
frieblic^  babin,  giebt  ju  feinem  Kriege 
91nla§  unb  Derbeert  fein  ßanb  mit  9flaub 
unb  ^lünberung.  Denn  tiai  ip  tai  frd)crfte 
3eid^fn  üon  Sücttigfcit  unb  Äraft,  ba§ 
man  feine  ©rö^e  nicbt  bem  Unrecht  ricr= 
banft.  5e^fn  QlugenblidE  aber  ifi  ber  ß^auce 
bereit,  bie  SBaffon  ju  ergreifen;  ruft  i>c[i 
SPaterlonb,  fo  fiebt  ia^  $eer  fd)Iagfertig, 
üon  Äriegern  unb  6treitroffen  eine  mädi= 
tigc  Sai)V,  unb  auc^  wenn  fte  ruben,  lebt 
i^r  gefürcbtctcr  9kme. 

36.  2)ie  ®renjnad)barn  ber  Sbaucen 
unb  6f)atten,  bie  &beruäf  er  boben  unan= 
gcfeinbet  einen  langen,  tfjatenlofen  ^rieben 
gro§  gcjogen,  ma«  ibncn  »obl  Sequem^ 
lic^feit,  nicbt  aber  Sidicrbeit  »erfdjaffte. 
I)enn  umringt  pon  ®ett)alttt)at  unb  Ueber- 
mad)t  ift  e«  gefäbrlicb  ju  fcblafen;  wo 
bie  Ö'aufi  SRecbt  fprid)t,  t)ei§t  ber  Stärfcrc 
flet«  ebrlid)  unb  bieber.  So  nennt  man 
bie  St)eru0fer,  ebemals  bie  2;üd)tigen,  ®e= 
redbten,  nunmebr  faul  unb  einfältig,  ben 
fiegrcid^en  ßt)atten  Wirb  ibr  Äriegfglücf 
alö  2ßei?t)cit  anqeredjnet.  3"  ^f"  Sturj 
ber  (5.l)eruöfer  würben  ibre  9tad)barn,  bie 
$5  0  f  e  n  mit  bineingejogen ;  im  ® lud e  jenen 
untergeordnet,  fieben  fte  nun  im  Unglüd 
mit  tt)nen  auf  gleid)er  Siufc 

37.  3n  ber  genannten  Qluebud)tung 
©crmanienä  wol)nen  am  ®ejlabc  bee 
Dceane  bie  S  im  bern,  geacnwdrtig  nur 
ein  fleiner  ©toat,  aber  gro§  an  Änegä* 
rubm.  2Bcit  oerbrcitete  Spuren,  aucge» 
bc^nte  fiagerplägc  auf  beiben  Ufern  bce 
9il)t\r\Q,  beren  Umfreiö  bie  iPolfsmaffen 
unb  bie  3abl  ber  fampftüd)tigen  5lrmee 
ermeffcn  lä§t,  geben  Äunbe  uon  ibrer 
ru^mPoUcn  2Sergangenbeit  unb  finb  leben^ 


bige  ScuQfn  i«"«^  fo  gewaltigen  iMu^juge«- 
640  3abte  Waren  über  unfcrc  ©tabt  bin»^ 
gegangen,  al^  jum  crflen  üJJal  unter  ben 
Sonfuln  ßäciliuö  SUletellu«  unb  ^apiriud 
Sarbo  bie  2Baffen  ber  Simbern  auf  rö« 
mifdjem  33obcn  erflangen.  3«^lfn  tt)ir  »on 
ia  biö  ju  bem  ^weiten  (Sonfulat  beÄ 
.^aiferö  Irajan,  fo  ergeben  ftd)  etwa  210 
3abre:  fo  lange  ringen  wir  nacb  ber  Se« 
fiegung  ©ermanien«  unb  biefer  lange 
3eitraum  ^at  beiben  Seiten  »iclc  SSerlufte 
gebracht.  Sßebcr  bie  Samnicr,  nocb  bie 
5ßunier,  weber  ^ifpanien,  no^  ©aQien, 
fclbft  nid)t  bie  $artt)er  ^aben  unä  fo 
mancben  I)enfjettel  gegeben;  benn  furcht« 
barer  aU  bie  ^errfcbermacbt  bc^  5lrfaceS 
ifi  bie  germanifd)e  greit)eit.  2Baä  anbered 
fann  ber  Orient,  ber  f>or  einem  33entibiuö 
im  ©taube  liegen  mu^te,  unö  entgegen« 
balten,  alä  ben  Job  be^  Sraffuö,  treuer 
crfauft  mit  bem  ©lute  beö  (Pacoruä?  2)ie 
®ermanen  aber  baben  ben  ßarbo,  ben 
dafftuö,  ben  ecauru«  ülurcliuö,  ben  ©er» 
Diliu«  ßaepio  unb  ben  ©näuö  ÜJladiu* 
Qefd)lagen  ober  fogar  gefangen,  fünf  con« 
fularifd)e  J&eere  beiben  fte  mit  ibnen  bem 
römifd)en  SBolf,  bem  93aruö  mit  feinen 
brei  ßegionen  felbji  bem  (5.äfar  geraubt, 
unb  nid)t  ungefiraft  ^aben  ®ajuö  OJiariuÄ 
in  3talien,  ber  »erewigtc3i'liuö  in  ©aQien, 
I>rufuö  3?eto  unb  ®etmanicuö  in  ibrem 
eignen  Sanbe  ibre  SWadjt  ju  crfd)üttern 
»erfudbt.  önblic^  mad)te  nod)  ber  Äatfer 
Saligula  feine  gewaltigen,  »iel  üerfprecben« 
ben  SRüfiungcn,  beren  finbifdjeä  ®nbe 
lci(^erUd)  genug  ausfiel,  ©aranf  war  SJlut)e, 
bi«  bie  ®ermancn,  benen  unfere  innern 
3wifie  unb  iöürgerfrtege  eine  günfiige  ©e« 
legen^eit  boten,  bie  äßinterlager  ber  8es 
gionen  erfiürmtcn  unb  ©aüien  ^u  ge« 
winnen  tra(^teten;  bo(6  würben  fte  wieber 
jurüdgebrängt.  3"  neuefter  3e't  bat  man 
bann  wobl  nielc  Iriump^e  über  fte  Qt' 
feiert,  aber  wenig  ©iege. 

38.  3d)  gebe  nun  ju  ben  ©neben  über, 
beren  iBolf  nic^t,  wie  iai  ber  (Statten 
ober  Sencterer,  eine«  ©tammeö  ifi-;  fte 
t)aben  ben  gröfern  Jeil  ®ermanienä  inne 
unb  trennen  pd)  wieber  in  felbjiänbige 
©tdmme  mit  eigenen  SRamen,  obwohl  fte 
in^gefamt  Sueben  genannt  werben. 

®ö  iji  eine  d)arafterifiifc^e  Sitte  biefe« 
SBolfed,  tau  ^aax  feitwdrtö  geftrid)en  unb 
in  einen  .fnoten  gef^lungen  ju  tragen. 
©0  unterf^eibet  ficb  ber  ©uebe  »on  ben 
übrigen  ®ermanen,  ber  freie  ^uebe  non 
feinem  Änecbt.  Sei  einigen  anbern  ißölfern, 
bie   Dietleid)t   mit  ben  ©ueben   Perwanbt 


©crmania  bcä  lacituä. 


187 


pnb  ober,  »ic  eö  ttjo^I  gefcfcebcn  mag, 
beten  ©itte  na($at)men,  fommt  bieä  au* 
»or,  aber  feiten  unb  nur  auf  bie  SwQfnb 
befc^ränft;  ber  Sucbe  aber  fircidjt  fein 
^aat  immer  noc^  jurücf,  wenn  c^  fcf)on 
grau  unb  flruppig  gcroorben,  unb  binbet 
ben  Änotcn  oft  t^crabe  über  bem  Eablen 
6d)citcl;  bie  ^iii'Pfn  tragen  i^r  .^aar  noA 
gefünHelter.  Daö  ifi  i^re  ^u^fu(^t,  aber 
feine  eitle;  m<i)t  um  ju  liebeln  unb  feiner 
©uble  ju  gefallen,  fonbern  um  grijger 
unb  furchtbarer  in  ber  6d)lact)t  ju  er= 
fd)eincn,  für  baö  Qtuge  beß  j^einbe^ 
f^mücfcn  fte  fid». 

39.  Sie  <Scmuoncn  nennen  fid)  Die 
ältejlcn  unb  ebelftcn  unter  ben  Sueben, 
unb  ein  reiigiöfer  23raud)  lägt  i^r  altee 
^erfommen  tt)ol)l  glaubwürbig  erfi)einen. 
3u  einer  befiimmtcn  3^'^  ^f^  3at)rea 
fd^icfen  aße  jlammtierwanbten  SSoIferfcfcafj 
ten  ihre  Vertreter  ^er  in  einen  burd)  bie 
2Beil;e  ber  ißorfabren  unb  tai  mit  Sb^« 
furcht  erfüüenbc  2Bef)en  ber  Sorjeit  ge= 
heiligten  2Balb,  unb  mit  einem  für  ben 
Sitaat  gebrad)ten  SDJenfcfeen Opfer  beginnt 
bie  fc^aurige  5|eier  nad)  barbarif^er  Sitte. 
3lo<i)  in  anberer  Sßeife  jeigt  ftd)  bie  reli» 
fliöfe  (5l)rfurdit,  mit  ber  biefer  ^oin  Der« 
t^rt  wirb:  D^iemanb  betritt  ihn  anber«( 
alä  c(cfenelt,  um  feine  Untcrmütfigteit  uns 
ter  bie  ©emalt  ber  (Sott^eit  ;u  befunbcn. 
Jäüt  etttia  einer  ju  Soben,  fo  barf  er 
»eber  auffte^n,  nodb  fic^  aufrichten  laffen; 
auf  bem  'ioben  mu§  er  ftc^  I)inauön)aljen. 
Qlüe  bicfc  religiöfen  33räud)e  weifen  ta- 
\)\n,  baK  t)ier  bie  2Biege  beä  Solfeö  fei, 
t>a^  ^ier  ter  aüe«  be^errfc^enbc  ®ott 
tt)ot)ne,  bem  aKeö  anbere  untcrtbänig  unb 
bicnftbar  fei.  2)ieö  »irb  au^  beglaubigt 
bur^  bie  günjligen  äußern  SBerbältnijTe 
ber  ©emnonen;  t)unbert  (Saue  beniot)nen 
fte  nämlid)  unb  t^eftü^t  auf  ibrc  gcroal= 
tigc  ©efamtbeit,  betracf)tcn  fie  fic^  aU  baö 
■^aupt  bes  SuebenDolfeö. 

40.  25erSRu^m  ber  ßangobarbcn  ^a^ 
gegen  beruf)t  gerabe  in  ihrer  geringen 
»Änja^l;  umringt  »on  mäAtigcn  Sölfern, 
»ijfen  fte  ibre  ®ic^erf)eit  ni^t  burd)  Un= 
tcrrcürftgfcit ,  fonbern  bur^  Äampf  unb 
©efaj^r  ju  magren. 

S)ieSReubigner  fobann,  bie 51  o i o n en , 
ringeln,  Mariner,  ®ub  ofen,  @uar  = 
bonen  unb  Jiuitbonen  finb  üon  bluffen 
unb  2Bälbern,  wie'  mit  S^u^mätlen  um= 
grcnjt.  Son  biefen  Stämmen  ifl  im  ein= 
»einen  ni^tö  SOJerfmürbige«  ju  berieten; 
oeaAtenöroctt  ifi  inbcffcn  i^r  gemeiniamer 
Äuitu«    ber     ®öttin    3lertl)uö,     ber 


2)?uttererbe,  rDcld)e  ficf)  nad)  ibrem  ©lau* 
ben  bei  ben  SOfienf^en  einfinbet  unb  t>on 
ißolf  JU  35olf  ibren  Umjug  bält.  3luf 
einer  3nffl  int  Dcean  liegt  ein  beiliger 
^ain  unb  barin,  bebecft  mit  einem  2eppi(^, 
Pebt  ein  gewei^iter  Söagen.  ^er  *|3rieiler, 
ber  ibn  aUcin  betül)ren  barf,  erfennt,  wenn 
bie  ®i3ttin  im  .^»eiligtum  ifl,  unb  an« 
badjt^üoQ  geleitet  er  ben  oon  Äül)en  ge^ 
jogenen  SBagen.  SWit  frot)er  geier,  fej^« 
lid)  gefd)müdt,  empfängt  jeber  Drt  bie 
©öttin,  bie  i^n  il)rc«  Äommcns  unb  93er« 
weilenei  würbigt.  ^ern  i|i  hai  ©ctümmel 
beö  Ärieaes ,  bie  Sßaffen  ruben ,  t)C[i 
©Äwcrt  liegt  wo^l  oerwabrt.  9iur  bann 
tennt  man  ("vrieben  unb  SRube;  nur  bann 
liebt  man  fte ,  bi«  berfelbe  ^ricfier  bie 
©öttin,  bie  beö  SSerfetjr^  mit  ben  TJcn* 
fdjen  fatt  geworben,  it)rem  |)ciligtum  wie* 
ber  juiüdgiebt.  S)ann  werben  2Bagen 
unb  2cppid)c  unb  —  wer  eä  glauben 
Win  —  aurf)  bie  ©öttin  felbji  in  einem 
einfamen  See  gebabet.  I)ie  Sflaoen, 
weld)e  bnbei  bel)tlflid)  ftnb,  werben  fo« 
gleid)  in  bie  2,iefc  be^  Scee  tcrfentt. 
©ebeimer  Stauer  unb  l)eiligcö  ®ebeimniö- 
waltet  bat)er  über  einem  SBefen,  i>ai  nur 
bem  Sob  ®eweibte  fd)auen. 

41.  ©iefer  Seil  bee  Suebenlanbe^  reid)t 
aber  fc^on  in  ben  unbefannteren  leil  ®er* 
maniens;  une  näher  wohnen  —  um  wie 
frütjer  bem  SRhein,  fo  jeht  ber  2)onau  ju 
folgen  —  bie  ^ermun  buren,  bieben 
SRömern  treu  geftnnt  unb  bcöbolb  unter 
ben  ©ermanen  hai  ein.^igc  93olE  ftnb,  baft 
nicl)t  itur  am  ©renjfluffe  mit  un^  .^anicl 
treiben  fann,  fonbern  mitten  in  unferm 
ßanbe,  in  ber  glänjenbften  ^JJflanjftabt  ber 
rätifchen  *prot>inj.  Überall  überfd^reiten 
fte  unbeaufft^tigt  bie  ©renjc,  unb  wä^« 
renb  wir  anbere  Stämme  nur  unfere 
äßaffen  unb  ßager  flauen  laffcn,  ^aben 
wir  ihnen  qjalä|le  unb  93illen  geöffnet, 
ot)ne  baB  fic  ee  beget)rten.  3"  ibreni  ®c= 
biet  entipringt  bie  ®lbe,  vormals  ein 
berühmter  unb  wobibcfannter  gluß ;  fe^t 
fennt  man  i^n  nur  nocf)  oom  ^örcns 
fagen. 

42.  'Itn  bie  ^ermunburcn  reiben  fi(^ 
bie  SSarijler,  bann  bie  2)tarcomancn 
unb  Du a ben.  Qllle  überfirahlt  bec  ÜDlar* 
comanen  ÜHac^t  unb  Äriegäruhm,  unb 
felbjl  it)ren  ffiohnft^,  auö  bem  fte  einfi 
bie  33ojer  oertrieben ,  ^at  i^rc  lapferfeit 
errungen.  'Aber  auc^  bie  93arijler  unb 
auabcn  l)aben  nidbt  auö  berllrt  gefdjlagen, 
unb  fo  bilben  biefe  iBölferfc^aften,  fo  weit 
fte  längö  ber  I>onau  wohnen,    glei(^fam 


188 


©crmania  iei  lacitue. 


bic  @tirn  (Germanien«  gegen  Den  iJemD. 
3)ie  SWarcomancn  unb  Duabcn  maren 
no(6  bi«  in  unfcre  3^1*  ^on  ÄÖnigcn  au« 
i^rem  eigenen  ©tamme  beberrfdit,  t>on 
ben  9'Ja(^fommen  beä  "äJ^arobob  unb  Subcr; 
nunmeljr  müfyen  aucfi  fie  frembe  |)etrfcbct 
bulben,  beten  SWacbt  unb  ®en?alt  i\ä)  aber 
auf  römifcfce  ^ilfe  gtünbet.  ©elten  finb 
unfere  SBaffen,  öfter  unfer  ®cI^beuteI  \i)xt 
©tü^e;  i^r  ^lnfef)en  if!  barum  nid)t  gcs 
ringer. 

43.  ?m  iRücfcn  ber  SWarcomanen  unb 
Duaben  bilben  bic  ü)? arfigner,  Soti« 
ner,  Ofen  unb  Suren  bie  Orenje,  non 
benen  bie  'JJJarftaner  unb  Suren  fid)  burcö 
©prad)c  unb  Sitten  qI«  «Sueüen  fenn^ 
jeic^nen.  S)ie  Sotiner  oerrdt  nic^t  nur 
ibre  gaüifdjc,  bie  D[en  ibre  pannonifc^e 
@prad)C  alö  au^crbeutfcben  Stamme«,  fon« 
bern  aucb,  ta^  f\t  bie  Scfemad)  ber  Sribute 
gebulbig  ertragen,  »elcfce  ibnen  jum  2;eil 
bie  (garmaten,  jum  Seil  bie  Quabcn  als 
Solfern  frcmbcr  *3lbfunft  auferlegen;  unb 
boc^,  Scbanbe  über  Sd)anbe,  liefert  ben 
(Sottnern  iljr  eigener  Soben  Gifcn  genug. 
Ollle  biefe  9Sölferfd)aftcn  bemobnen  nur 
ein  f leine«  Stücf  Sbene;  if  albige  •5>ügel/ 
Serggipfel  unb  ^öl)enjügc  bilben  ben 
übrigen  Xeil  ibrc«  ©ebiete«.  (Sin  fort« 
laufenber  ®ebirg«famm  burcbf($ncibet  unb 
jcrtrennt  bas  Suebcnlanb.  Senfeit«  beä« 
felben  häufen  nod)  fiele  iBölfer,  Don  bes 
nen  ber  D'lame  ber  öpgier  ba^  gröfte 
®ebiet  für  ftd)  bat,  ba«  »ieber  in  meljrerc 
Staaten  jerfdüt  (S«  roirb  genügen,  bie 
mdi^tigfien  bai>on  angeführt  nU  ^aben : 
2>ie  parier,  ^eloäonen,  OTanimer, 
^elifier,  9?abanart>aler.  93ei  ben 
legieren  ttiirb  ein  non  "JUters  t)cr  ferebrter 
i^ain  gezeigt,  wo  ein  $ricfler  in  reeib« 
liebem  ®ett>anbe  bcm  Sicnfte  forgefe^t 
iji;  al«  ®ötter  «erben,  mit  Übertragung 
auf  römifc^en  Äultu«,  (Saftor  unb  fpoQuf 
genannt.  S)aburd)  ift  ha^i  Sei'en  ber 
®ott§eit  bejeicftnct,  mit  il)rem  mirflicben 
fRamen  aber  bci§en  fte  Alicen.  Äeine 
©ötterbilber,  feine  Spur  ron  auöldnbi« 
fd^em  Äultu^  fmb  »orbanbcn,  unb  toi) 
Werben  fie  aud)  at«  Srüber,  alö  Jüng^ 
linge  Dcrebrt.  Die  parier,  an  Stdrfe  bie 
eben  genannten  Stdmme  überragcnb ,  finb 
um  fo  furd)tbarcr  im  streite,  al«  fie  bie 
angeborene  SOBilbbeit  burc^  raffinierte  93e» 
rcdpnung  in  ber  Qluerüfiung  unb  in  ber 
2Bat)l  ber  3cit  fünfilicb  erf)öt)en;  fc^warj 
finb  ibre  ©dbilbe,  ber  ßeib  bemalt,  bie 
^injierni«  ber  9?ad)t  «d^len  fre  jum 
Äampfc.    5Daö   Unt)eimli(^e  unb    ®eificr* 


bafte  bxefcö  gcfpenfiifdbcn  ^ecr^aufcn^  er* 
füllt  aüeö  mit  (Sntfe^cn;  fein  g^einb  ifi, 
ben  bei  biefer  übermdttigenben,  glci^fam 
ber  Unterroelt  cntftieoenen  (Srfdbeinung 
nidbt  ein  f alter  Sc^auber  überliefe;  benn 
in  jebcm  Äampf  ifl  e^  t>a^  ^uge,  iai  ju« 
erfl  unterliegt.  iWebr  nörblicfe  oon  ben 
Stjgiern  Raufen  bie  ®o tonen,  welche 
id)on  mit  firafferen  3ügcln  regiert  «erben, 
als  bie  übrigen  Sölfer  ©ermanicnö,  aber 
bo4  obne  ii)re  ^^«iheit  ganj  cinjubüfen. 
ffieiterl)in  bem  Dcean  ju  gelegen  erfdbeinen 
bie  (Rugier  unb  ßcmonter  5lQe  biefe 
l'ölfer  fübren  al«  gemeinfame«  Jlcnnjci« 
d)en  runbe  Scbilbe  unb  furje  Scbreerter, 
cbarafterijlifcb  i^  aud)  H)x  unterwürfiger 
®eborfam  gegenüber  bem  Äönig. 

44.  Sie  Sölferfdbaften  ber  Suioncn 
fobann,  beren  ffiobnfi^  ringsum  ber  Dcean 
befpült,  ftü|,en  ibre  ÜJJad)t  ni(^t  nur  ouf 
eine  «oblbemaffnete  iüJdnnerfcbar,  fonbern 
audb  auf  eine  ^''''tte.  2)ie  ©eftalt  ibrer 
Skiffe  ift  barin  etgentümlicb,  ta^  iBoT= 
ber«  unb  ^intettcil  gleid)  gebaut  finb;  baö 
5(^iff  bietet  alfo  jletö  jum  öanben  be« 
reit  ben  >ä^nabel  bcm  Ufer  entgegen. 
5)00  Schiff  burcb  Segel  ju  regieren,  xnx' 
fteben  fie  nicbt;  fo  bringen  fie  au^  bie 
SRuber  ni(l)t  in  fefier  SHeibe  an  ben  Seiten 
an,  fonbetn  biefe  ftnb  frei  unb  unbefepigt, 
wie  man  fie  mancf)erortö  jur  5lu§fd)iffs 
fabrt  gebraust;  je  nad)  ©ebürfnio  fönncn 
fie  balb  auf  biefer,  balb  auf  jener  Seite 
gebraucbt  «erben.  Sei  ibnen  geniest  auc^ 
ber  SRcicbtum  ein  befonbeteö  5lnfcbcn,  ba^ 
her  berrf^t  nur  einer  unb  j«ar  unein« 
gef^rdnft,  unbebingten  ©e^orfam  forbernb. 
I)ie  fflaffen  ftnb  nicbt,  «ie  bei  ben  übri« 
gen  ©crmanen  in  ber  J^anb  einc^  jeben, 
fonbern  fie  liegen  «oblt>er«abrt  in  bet 
$ut  eineä  SBdcbter«  unb,  5«ar  eineö 
Sflaten.  93or  plö^lidben  Überfällen  ber 
J^einbe  fcfcü^t  ber  Dcean  genugfam;  2Bafs 
fen  in  müßigen  ^dnben  fütjren  aber  gar 
lei^t  ju  Qluefcbreitungen.  Segreiflicbcr« 
«eife  liegt  eö  im  3nt«f£|[f  ^«^  Äönig«, 
«ebcr  einen  Qlbligen,  no*  einen  J^icK, 
felbß  feinen  ^reigelaffenen  jum  ^üter  be 
iZöaffen  ju  bereuen. 

45.  Den  S)?orben  ber  Suionen  begrcnjt 
nocb  ein  anbere«,  fiarre«  unb  fafi  unbe« 
«egte«  ü)Jeer.  3?a§  e«  ben  Srbfrci«  um« 
fdumt  unb  abfcblieft,  if!  barum  »o^l 
glaublicb,  «eil  ber  Ic^te  Strahl  ber  nie« 
berge^enbcn  Sonne  bie  ju  ibrem  51ufgang 
in  fol(!^cm  ©lanje  fortleudbtet,  ia^  bie 
Sterne  baoor  etbleidbcn.  S)er  gute 
®laube   «ill   baju   nod)  einen  Älang  bei 


©ermania  be«  Jacitu^. 


189 


i^rcm  5lufPeigcn  t»ernc^men,  ^ferbcgcfid« 
tcn  unb  ein  prabUnumglänjtcä  ^aupt  cr= 
blicfcn.  Siö  bat)in  reicht  bic  Schöpfung; 
Ijier  —  unb  barin  i)at  bie  ©agc  SRecfit  — 
fic^t  \\)x  ©rcnjflcin. 

2öir  folgen  alfo  «ieber  in  öfllic^er 
iRichtung  bcm  ©ucbifc^en  ÜWecre,  «cle^ee 
bic  üon  bcn  iifiifcben  Stämmen  be= 
Wohnte  Äüflc  bclccft.  ^bxt  Sitten  unb 
©ebrauc^c  fmb  bie  ber  Sueben;  it)re 
Sprache  fiebt  aber  ber  britannifd)en  nii^cr. 
Sie  »erebren  bie  ©öttermutter;  aU  '}[m\\' 
lettc  tragen  fie  fleinc  ©bcrbilber,  rccic^c 
ben  ber  iißaffen  unb  euer  Sd^u^mittel 
entblößten  *Berebrcr  ber  ©öttin  mitten  im 
J^cinbeäbecr  ftd)  fic^cr  füllen  laffen. 
Sci)tt)ertcr  finb  feiten,  gen3ö|)nlid)  fd)tt)ingt 
i^r  5lrm  bie  Jleulc.  Sie  arbeiten  mit 
mcf)r  33et)arrlid)teit  unb  ^nfivcngung  an 
ber  ©cttjinnung  üon  (betreibe  unb  anbern 
^elbfrücbten,  aU  bie  gett)o£)nte  germanifcfee 
Sequcmlid)feit  eermuten  ließe.  Qlbcr  aucf) 
baö  SWeer  burd)fucf)t  il)r  gleiß,  unb  fic 
ftnb  ee  ganj  aüein,  bie  ben  93ernfiein, 
ben  fic  fclbfl  ®läö  nennen,  in  ben  Un= 
tiefen  unb  am  Stranbe  jufammenfu^en. 
Sfficl^e  Umfiänbc  ^u  feiner  öntficbung 
nötig  fmb  unb  burcf)  tt)elcf)en  '^rojeß  er 
fid)  "bilbet,  barnac^  ^aben  fte  aU  iöarba« 
rcn  tt»eber  geforfcf)t,  nod)  njurbe  eäi  ibnen 
fonfi  befannt.  Sr  lag  auc^  lange  ^iit  mit 
anbern  ^Muätüürfen  bee  JJJeereö  amStranbc, 
biö  unfer  ßuyuö  ibm  einen  (Ruf  »erfdjaffte. 
Sic  felbft  tt)iffen  nid)tö  bamit  anjufangen ; 
in  ro^cm  3uPanb  fammcln  fxi  ibn,  brin^ 
gen  i^n  no^  formlos  ju  un^  unb  njun= 
bern  fid),  nste  man  nur  bafür  etma^  bc« 
jQ^len  mag.  5D?an  barf  aber  tt)ot)l  fi^ließcn, 
büß  eö  93aum^arj  fei,  benn  gar  oft  fmb 
gcnjiffc  ßanbtierdjen,  aud)  geflügelte,  in 
ber  bur(ftftd)tigen,  glänjcnbcn  SOJaffe  wa^r» 
nelimbar,  n)cl(ä)e  in  bcm  nodt)  flüfftgen 
^arje  flcben  blieben  unb  bann  in  bcm 
aümäblict)  »erbarteten  Scrnfiein  eingc* 
fd^loffcn  fmb.  3d)  neige  mic^  babcr  ju 
bicfer  5lnftd)t:  ÜBic  in  cinfamen  ©egen? 
ben  be^  3Worgenlanbeö  9[Bcif)rau^  unb 
SBalfam  if)rcn  Saft  auäfd^mi^cn ,  fo  »er« 
bcn  aud)  im  ilbenblanbc  in  fruchtbareren 
Sßälbern  unb  Rainen  Saumfäftc  crjcugt, 
tt)cld)e,  burd)  bie  Stral)len  ber  nat)cn 
Sonne  aU'^9efod)t,  langfam  fticßcnb  jum 
näc^fien  iUJeere  l)inuntergleitcn,  ba^  bic 
fclben  bann  burd)  bie  ®ett)alt  ber  Stürme 
an  tai  gcgcnüberliegenbe  Ufer  fcfewemmt. 
$rüft  man  bcn  ißernfiein  am  geuer,  fo 
cntjünbct  er  üc^,  tüic  Äienbolj,  unb  er= 
jcugt  eine  fettige,  fiarf  riec^enbc  JJIamme; 


bann  crfiarrt  er  roieber  ju  einer  pcc^= 
ober  ^aTjät)n liefen  ÜJlafjc. 

51  n  bie  Suionen  fcf)licßen  fi^  bie 
Stämme  ber  Sitonen,  tt)elcf)e  nur  in 
bem  einen  *ßunfte  t>on  ben  übrigen  3301= 
ferfchaften  abtt)eid)en,  ta^  fic  Don  einem 
äBeibe  be^errfd)t  merben.  So  tief  finb  fte 
nict)t  nur  unter  freie  Sölfcr,  fonbern  fclbfi 
unter  gefnecf)tetc  gefunfen. 

46.  2)amit  ijl  Suebien  ju  ®nbe.  Ob 
id)  bic  ^euciner,  iöeneber  unb  ^ixi» 
nen  mit  bcn  germanifi^en  ober  bcn  far« 
matifd)en  iBölfern  jufammenßellcn  foü,  ift 
mir  unflar,  obwof)!  bic  *Peuciner,  üon 
mand)cn  aud)  93aftarner  genannt,  in 
Spraye,  ßebcnämeifc  unb  ©etiaufung  ganj 
bcn  ®ermanen  gleichen.  Sd)mu^ig  fmb 
fie  alle ,  bic  ^äuptlinae  uor  Faulheit 
fiumpffmnig;  burc^  il)rc  9Wifd)beiraten 
baben  fte  oicl  "oon  bem  l)äßlid)en  äußern 
ber  Sarmaten  angenommen,  ^ic  33enes 
ber  f)aben  ftd)  bie  farmatifd^cn  Sitten 
größtenteils  ^u  eigen  gemacht;  benn  mo 
jmifd)en  ben  fpeucincrn  unb  jjf""^"  ein 
fflalb  ober  ©erg  fid)  crl)ebt,  ta  fireifen  fic 
ficl)lenb  unb  raubenb  umber.  *J[)?an  jäl)lt 
fic  aber  nod)  et)cr  bcn  ®ermanen  ju,  benn 
fic  bauen  fefie  2Bol)njiätten,  führen  Sc^ilbc, 
fmb  tüd^tige  Säufer  unb  jeigen  il)re  Se« 
benbigfeit  gern;  i>aii  atleö  ift  ganj  anber« 
bei  tm  Sarmaten,  bie  i\)x  ßeben  im  2Bagen 
unb  auf  bcm  ^ferbc  anbringen,  ^ür  ben 
Rennen  fmb  eine  erftaunlidbe  Sffiilb^eit 
unb  n)iberli(^  armfclige  *öerl)ältniffc  (i)axaU 
terijlif*;  feine  iZBaffen,  fein  qjfero ,  fem 
|>eim  nennt  er  fein  eigen;  Äräuter  finb 
feine  9'lal)rung,  ein  ^etl  feine  Äleibung, 
feine  Sagerfiatt  ber  nacfte  33oben.  Sein 
einziger  Sd)a|  ftnb  feine  ^feile,  bic  er  in 
Ermangelung  be«6ifen0  mit  einer  Änorfeen» 
fpi^e  Dctfiebt.  3)crfelbe  Sagbjug  muß 
'JJtann  unb  2Beib  bie  9?at)rung  liefern, 
benn  überallhin  folgt  i>a^  'Miib  nad)  unb 
mad)t  *llnfprud)  ouf  einen  Seil  ber  ©eute, 
%üx  bie  itinber  l^abin  fie  feinen  anbern 
Sd^u^ort  gegen  milbe  iiere  unb  jRegen* 
güfl^c,  als  ein  ®cfted)t  con  '■Baumämeigen. 
2)af)in  fet)rt  ber  Srn)ad)fenc  jurücf,  unb 
baö  ifi  üu^  ber  3"fli"^tsort  ber  ©reife. 
Qlber  Ciiefeä  ßebcn  f^eint  il)ncn  glüdlidjcr, 
aU  bei  barter  JJelbarbeit  ju  fiöl)nen,  fid) 
mit  bem  33au  con  Käufern  ju  plagen 
unb  mit  eigenem  ober  frcmbem  @ut  aufS 
Ungewiffe  i)in  ^anbel  jU  treiben.  Unbe« 
fümmert  um  bie  iöJcnf(|cn,  unbefümmert 
um  bie  ®ötter,  ^aben  fie  tai  Sd)tt)cr|le 
errci^t,  ta^  fie  feincö  aBunfd)cö  met)r  jut 
3ufriebcnbeit  bebürfen. 


190 


©ctmania  bc^  Sacttuö. 


93on  bem,  voai  tttcilct  ^inau«  licflt,  er« 
jäftUn  nur  märc^enfjaftc  S3cri*tc;  fo 
foKcn  bie  ^elluficr  unb  Dfioncn 
ein  2JJen[^cnantli^  mit  mcnfd)Ud)cn  Oc^ 
fid)t^jügen,  aber  ßciber  unb  ®Ucbma§cn 
»tlbcr  äiere  btft&en.  '2)q^  roiQ  i(J^  al^  un* 
»erbürgt  aufjid)  beruljcn  lajfcn. 

Überfe^t  toon  9i.  ©piller. 

©rgänjung    bcr  D'Jad^riAten  bc^ 

Sacitu^   auö    Safari   gallifc^cm 

Ä  r  i  c  9  e. 

Gäfar  [prid)t  an  jnjci  ©tcdcn  fcineö  gaüü 

fcben  Äriegeö,  im  »iertcn  unb  fed)fien  93u(i)e, 

im3ufamment)ange  über  bietScrmanen,  unb 

trgänjt  bamit  auf  tt)iDfommenc  2Bcife  bcn 

23erid)t  be^  fpäteren  Xacitu^;  fo  ^mar,  ba| 

in  manchen  SinjiCltjcitcn,  j.  iß.  beim  Qicfer« 

bau,   ber  ißeric^t   (Söfarö    offenbar   einen 

altern,    bei  Jacitu^    fcfcon   übermunbencn 

3uftanb    befcbreibt.     Die   beiben    ©tcQcn 

lauten  nacf)  ber  Übctfc^ung  »on  Äö(f)lt) 

unb  SRüfiott»,  ©tuttg.  1S56: 

9Siertc^  93uc^:  1.  S)ie  ©ucoen  fmb 
weitaus  bic  größte  unb  friegerifc^ePeSSölfer« 
fdjaft  (^''ermanienä.  ©ie  foQen  100  @auc 
bilben,  jeber  »on  biefen  fenbet  jdttrlii^ 
1000  bewaffnete  ju  Äriegsjügcn  über  bie 
©renjen.  2)ic  5lnbern  bleiben  ju  ^aufe 
unb  fcbaffen  ben  nötigen  Unterhalt  für 
ftd^  unb  ben  2lu^äug.  3)ie  3"i^ücfgeblic= 
benen  jie^en  bafür  iai  nä(^fle  3abr  in 
ben  Ärieg,  tt)äf)renb  bie  iMnbern  ju  ^aufe 
bleiben.  €o  Dcvlerncn  fte  föcber  ben 
9l(feibau  nod)  Äenntni«  unb  Übung  beö 
.Krieget.  93efonberen  $rit)atgrunbbeft^ 
giebt  cö  bei  i\)ntn  nicftt;  auci^  barf  nie^ 
manb  benfelben  glecf  länger  alö  ein  5al)r 
bebauen.  ®ic  leben  and)  nic^t  fowo^l 
tton  (Setreibe,  aU  »on  SOJilc^  unb  ^l^'f^/ 
unb  fmb  au§erbem  eifrige  S^gcr.  i)ie 
3agb  ftärft  i^re  i?örper  unb  gicbt  i^nen 
biefen  riefenmäfii^cn  SBu^«;  bie  *2lrt  ber 
3lai}xur\%,  bie  tdglidjc  Ü^ung  unb  ^ie  un* 
gcbunbene  ^i^eibeit  »irfen  glci^mä^ig  ju» 
fammen;  bcnn  üon  Suctenb  auf  an  feine 
3ud)t  unb  Drbnung  gei^unben,  tbun  fte 
nichts,  aU  wai  ibncn  gefüllt,  ©ie  ftnb 
bergejlalt  abgebärtet,  hatj  fte  fetbjl  in  ben 
!ältciien  (Se^cnben  ihre  Säber  in  ben 
glüffen  net)men  unb  feine  anbcrc  ^leibung 
al«  einen  furjcn  $elj  tragen,  ber  öen 
grö§ten  Jeit  bei  .Rörperö  blo§  lä|t. 

2.  .^anbelöleutc  laffen  fte  mc^r  beöbalb 
baju,  um  it)re  J^riegabeutc  ju  ®elbe  ju 
mad)en,  al^  um  irgenbmel^c  ®intubr= 
artifel  ju  erl)altcn.  ©clbfi  frcmbe  ^fcrbe 
laffen    bie     ©ermanen    nic^t    einführen, 


luätjiunb  bie  ©aUier  mit  befonbercr  8icb» 
baberei  unb  großen  Äofien  jtc^  bergteic^en 
anfd)affcn;  fonbern  fte  begnügen  [xdi  mit 
ihrer  einbeimifcfecn  SRaffe,  mclf^e  flein  unb 
iinanfebnlid)  ift ,  aber  burd^  tägliche 
Übung  jur  äu§crficn  5lu«(Ciauer  erjogcn 
«irö.  ^ci  bcn  iReitcrgefed^ten  fpringen 
fte  oft  üon  ben  *Pferben,  um  ju  %\i^  ju 
fämpfcn ,  möbrenb  bie  (Pferbe  tjortrefflic^ 
brefftert,  auf  berfelben  ©tcUe  fiet)cn  biei» 
ben,  ttjobin  fi^  bann  bie  SReitcr  nötigen^ 
faüö  njiebcr  rafd)  jurü(fjiet)en.  3?idbtö 
gilt  bei  ibncn  für  f^impflic^cr  ober  me^r 
für  ein  Sei"^«"  ^on  Sßei^li^fcit,  aU 
ber  ©cbraud^  bc^  ©attelö.  @ie  mögen 
bat)er  no^  fo  fctjmad)  fein,  boc^  tragen 
fte  nie  iöcbenfen,  felbfi  bie  größte  2ai)l 
t>on  SReitern  auf  gefältelten  $ferbcn  an* 
jugreifcn.  S)ie  (Sinfubr  »on  Sffiein  ifi  bei 
i^nen  gerabeju  oerbotcn;  fte  meinen,  bcr 
ÜÄcnfd)  tt»erbe  baburd^  Derttiei(^lict)t  unb 
unfäi)ig,  Strapazen  ju  ertragen. 

3.  ©ie  betrachten  e^  ale  ®t)renfact)c  für 
ein  95olf,  an  feinen  ©renken  fo  »eil  l)in 
aU  möglid^  Sinöben  ju  t)abcn;  fie  feöen 
bieß  al^  einen  Semei^  an,  ta^  tjicic  SßöU 
fcr  if)(er  Tla<i)t  nic^t  f)abcn  miberfielien 
tonnen,  ©o  fotl  bcnn  auf  ber  einen 
©rcnje  ber  ©ucöcn  tai  fianb  auf  600 
SWeilen  tt)üfi  liegen.  5luf  bcr  anbern 
©eile  gren^^en  mit  ibnen  bie  Ubier,  bercn 
©taat  nac^  germanifci)cn  ©cgriffcn  cinfi 
gro§  unb  blü^cnb  mar;  fie  ftnb  auä) 
etma«  fultioierter,  alö  ibre  anbern  ©tamm* 
genoffen,  mcil  fte  unmittelbar  am  SRl)einc 
motmen,  cid  Jg)ant)el^t)ertel)r  bei  i^nen  iji 
unb  fte  felbfi  mand)e^  üon  ben  Sitten 
it)rer  gaüifc^en  *)'la(^barn  angenommen 
baben.  iJluc^  mit  biefen  l)aben  bie  ©ueoen 
oft  gcfriegt  unb  haben  fte  jttjar  wegen 
ber  *Jll{ad)t  unb  2luäbehnung  ibreö  tliiid)i 
nicht  au0  bem  ßanbe  treiben  fönnen,  je« 
bod)  menigflcn^  •  jin«tbar  gemacht  unb  be» 
beutenb  gefchwäc^t. 

©e elftes  Such,  21.  2)ic  ©ermanen 
haben  meber  S)rutben  für  bie  Öeitung  beä 
©ottcebicnPe«*,  noc^  i)altin  jie  oiel  auf 
Opfer,  ©ie  glauben  nur  an  folche  ®ötter, 
meiere  fte  mit  5lugen  fehen  unb  beren 
fegenäreiche  Sffiirtfümfeit  jie  honbgreifli^ 
erfahren,  wie  an  bie  ©onnc,  ben  'DJonb, 
ben  Jeuergott;  oon  ben  übrigen  h^i''«" 
fte  feine  'Ahnung.  ^\)x  gauje^  ßeben 
bret)t  ftd)  um  3agb  unb  Ärieg.  SBon 
Älein  auf  fudhen  fte  ftd)  burd)  ©trapajen 
abjuhärten.  ®er  fpätc  Eintritt  ber 
SDJaimbarfeit  gilt  für  einen  befonberen 
ißorjug;   baburd),   meinen  fte,  werbe  bcr 


©crmania  beÄ  Sacituä. 


191 


SEBuc^ö  beförbcrt  unb  Die  ♦jütuäfclfraft  gc» 
^äi)lt.  ©crabcju  für  eine  @c^anbe  gilt 
c«i,  it)enn  einet  »or  bem  jttianjigfien  ^abxi 
([voai  von  einem  SQSeibc  weif.  Unb  boä) 
nnrö  tai^  Ding  gar  nic^t  ge{)cim  ge^al* 
ten.  Denn  bie  ®efd)led)ter  baben  gemein^ 
fc^aftlic^  in  ben  S'i'iTf"  ""^  ^if  !8eflei= 
bung  befielet  in  SierfeHen  ober  furjen 
fieibpeljen,  meldte  ben  j^örper  nur  mangel* 
^aft  bebeJen. 

22.  *2ldEcrbau  ifi  nic^t  ibre  ^aupU 
beWaftigung;  ibre  S^abrung  begebt 
gtö§tenteilö  in  SDtilcfe,  Ääfe  unb  ^'f'f"*)- 
^ud)  \)at  9'licnianb  einen  fenfteben» 
ben  ober  bejlimmt  abgegrenzten  ®runb* 
beft^;  »ielmebr  »erteilen  bie  33ebör= 
ben  unb  dürften  tai  Sanb  an  bie  ®e« 
fdjlec^ter  unb  gcfc^IcjTenen  ©ippfdbaften 
nadb  ©utbefinben  auf  je  ein  ^aht  unb 
laffen  bann  i>ai  3abr  barauf  einen  2öe(^fel 
beü  ©eft^eö  eintreten,  ©ie  begrünben 
biefe  (5tnricfttung  auf  mancberlei  tffieife : 
bie  33ett)irtfcbaftung  oon  ©runbeigentum 
fönnte  ju  ©unficn  beö  *Ilcferbaue^  bem 
ftiegerifc^en  ©cifle  Sintrag  tbun;  man 
Yoüht  auf  ßrmeiterung  be«i  ®runbeigen« 
tumg  fmnen  unb  bie  Sieicbcn  würben 
bann  ben  Firmen  it)re  SeftBungcn  ab* 
nelimen;  man  mürbe  bei  ber  (Sinridbtung 
ber  ^dufer  ju  »iel  SRüdjti^t  auf  ^i^e  unb 
Äälte  ne()men;  mau  müröe  ftd)  ein  SBer* 
mögen  ma(f)etj  moQen,  unb  t>ai  fei  eine 
uncerfiegbare  Dueüe  »on  *|8arteiungcn  unb 
©treitigfeiten ,  enbUc^  fei  e«  tni  bcjtc 
SD'littel  ben*  gemeinen  Mann  bei  guter 
Saune  ju  ermatten,  wenn  er  fäbe,  ba§ 
3«bermann  ebcnfo»iel  {)abc  aU  ber  Wt'ddi^ 
tiflfic. 

23.  Der  größte  @tolj  ber  einjeU 
nen  iBölfcrfcbaften  iji  e§,  ringsum  ibte 
©ebiete  möglicbp  weite  Süften  ju 
baben.  (So  gilt  ibnen  alö  ein  Seweiö 
i^rer  eigenen  Sapferfeit,  ta^  bie  Dtacbbarn 
t)on  ibren  gelbern  üertrieben  werben  ober 
wei(f)en,  unb  feiner  e^  wagt,  in  ibret 
IWa^c  ftd)  nieberjulaffen;  juglei^  füllen 
fic  ftd)  babei  ftcberer,  ta  fie  fo  einen 
plö^Ii^cn  Eingriff  nidbt  leicbt  ju  befürcfe* 
ten  ^aben.  3Btnn  eine  SSöI!erfd)aft  einen 
Qlngriff^s  unb  iBerteibigungsEricg  ju  fübren 
^at,  wäblt  fie  für  biefen  Ärieg  eine  Ober« 
bet)örbc  mit  ®ewalt  über  geben  unb  lob. 
3m  ^Jrieben  eyiftiereu  folcbe  ßanbcöbebör« 
ben  nid)t,  fonbern  bie  güiflen  ber  ßanb« 
f^aften  unb  ®aue  verwalten  bie  ©erecb» 
tigfeit  unb  «Polizei  für  ibre  Untertbonen. 
aHäuberei  aufer^alb  ber  ®taat«igrenje  gilt 
bti   i^nen    nid^t   für  ©cbanbc   unb   wiib 


nad)  ibren  ©runbfä^en  nur  betrieben,  um 
^ie  junge  SD?annf^uft  ju  üben  unb  bem 
'JWüiigciang  ju  ileuern.  iZBo  immer  einer 
ber  dürften  in  ber  iBolfäiierfammlung  al^ 
güljrer  ftd)  anbietet  unb  biejenigen,  weld)e 
ibm  folgen  woüen,  aufruft,  erbeben  fid) 
aüe,  benen  bie  ®adbe  unb  ber  DJann  ges 
fäüt,  unb  fagen  unter  bem  ScifaUerufe 
ber  *Bfaffe  ibre  Seilnabme  ju.  SBer  oon 
biefen  bann  nid)t  wirtlii^  mitjiebt,  wirb 
für  einen  Jiusreipcr  unb  SSerrdter  geartet 
unb  ftnbet  in  nidbt«  mef)r  ©lauben.  (Sinen 
®aPfreunb  ju  fdidbigen,  balten  fte  für 
>Sünbe;  wer  au«  welkem  ®runbe  immer 
i^u  ibnen  fommt,  wirb  cor  Unbiü  ge* 
fd)ü^t,  für  unücrle^lid)  gead)tet  unb  finbet 
aüe  %i)ixim  unb  Äüd)e  unb  ÄeQer  offen. 
24.  6ä  gab  eine  3fit ,  ba  bie 
®allier  ben  ©ermanen  an  JapferEcit 
überlegen  waren,  ja  biefc  angriffen 
unb  wegen  Überoölferung  unb  SOfangel 
an  ^JldEcr'lanb  Äolonien  über  ben  [R^ein 
fAicften.  ©0  nabmen  bie  üoIEifcbcn  %tt' 
tofagen  bie  frud)tbarften  Stridje  ©erma« 
nien^  um  ben  bcvctjnifdien  2Balb  ein  unb 
liefen  ftd)  bafelbfi  nieber.  23on  bicfem 
iZßalD  l)atten,  wie  id)  finbe,  auc^  (Srato* 
ftbene«  unb  einige  anbere  ©riedien,  wel^e 
\\)n  ben  Otcpnifdjen  nennen,  reben  boren. 
3ene  leftofogen  wobnen  bi^  auf  ben 
öeutigen  Sog  bort  unb  i^re  ®erecbtigfeit 
unb  iapferteit  wirb  t)0(^  gerühmt.  Die 
®ermanen  ftnb  nun  jwar  bei  ber  alten 
ÜKittelloftgfeit,  Dürftigfeit  unb  Sntbeb- 
rung,  bei  ber  alten  öeben^art  unb  *flbbdr* 
tung  geblieben.  Qluf  bie  ®aüicr  aber  i(l  bie 
9Jdbe  ber  römifd)en*Proi)injen,  bie  ÄenntniÄ 
ber  überfeeifd)en  ßwilifation,  beren  33or= 
teile  fte  ftcb  größtenteils  angeeignet,  nicbt 
o^ne  (Sinflul  geblieben  <mimd^lid)  [)aben 
fte  ftdb  baran  gewöhnt  m  unterliegen, 
unb  in  üielen  Jreffen  beftegt  (küen  jtc 
je^t  nic^bt  einmal  felbft  mebr  bie  Über- 
legent)eit  ber  ®ermanen  in  Qlbrebe. 

25.  Durd)  ben  erwdbnten  ^ercpnifcben 
2Ö  a  l  b  b>tt  feiner  ißreite  nad)  ein  guter 
Fußgänger  9  Jage  ju  marfd)ieren;  eine 
anbere  Eingabe  war  nid)t  ju  erlangen, 
weil  bie  ®ermanen  nid)tS  oon  ^.'ängen* 
maßen  wiffen  Der  ffialb  beginnt  an 
ben  ®ren(en  ber  ^cloetier,  iJiemetet  unb 
Otaurafcr  unb  jiebt  paraücl  bet  Donau 
bi«  jum  ßanbe  ber  Dafier  unb  Quartier; 
Don  i)m  ab  biegt  er  com  ijtuijc  linf«  in 
mebreren  3™fi9f'^  ^^^  ""b  berübrt  feiner 
^lu«bebnun^  gemd§  bie  ®ebiete  oieler 
ißölferfdbaften-  Jn  bem  unö  befannten 
©ermanien   ijl  fein  ÜJienf(^,    ber  bebaup* 


192 


©crniania  naä^  ®cb.  grancf. 


tete,  btö  an  jcneö  Snbe  gefommen  ^u 
fein,  fclbji  hienn  er  60  ^lagcreifen  weit 
fottqcbrungen  ttjdre ,  ober  »ernommen 
^ätte,  »0  jencö  ®nbc  ftc&  pnbet.  ©ic^cr 
efijiicren  in  bicfem  iffialbe  »ielc  lierartcn, 
hjelci)c  anberwärtö  niä)t  »orfommcn.  3)ie^ 
lenigen  unter  ibnen,  meiere  bcfonbcrö  auf* 
fdOig  unb  erttjäbnenäwert  fd^einen  bürf« 
ten,  ftnb  folgenbe. 

26.  ^mx^  giebt  eö  eine  9lrt  Stier, 
ber  wie  ein  ^irfd^  auäfiebt  unb  auf  ber 
©tirn  mitten  ämifdben  ben  D^ren  ein  ein« 
jige^  ^orn  b^it,  »elc^e^  länger  unb  »e? 
niger  gebogen  ift,  aU  bei  anbern  geljörn^ 
ten  Vieren,  bic  mir  fcnnen.  5ln  bev 
®pi|e  oerjttjeigt  jid)  bog  ^orn  in  fcf)au= 
fclförmigen  ^u^n^ücfcfen  ttieit  in  bie  Sreite. 
2)aö  SBeibd^en  ifi  mie  tai  SpfJänndben  be» 
fd)affen;  aucfe  fein  ^orn  t)«t  bicfclbe  ©e* 
jialt  unb  ®rö§e. 

27.  Sann  finben  ftc^  bie  fogenanntcn 
5llfe.  ®ie  fe^cn  auä  »ie  bie  B'^Qe"» 
fommcn  aud^  mit  ebenfo  »erfd)iebenen 
g^arbcn  üor,  ftnb  inbeffen  etwaö  gröfcr 
al^  biefe,  baben  abgeftumpfte  ^örner  unfi 
feine  ©elenfe  an  ben  Seinen.  3tuc^  legen 
fte  ftd^  barum  n^eber  i\ur  IRube  nieöer, 
noc^  fönnen  fte,  menn  fie  einmal  fallen, 
ftd)  h)ieber  aufridjtcn  unb  erbeben,  ©ic 
Säume  pnb  ibre  Säger ,  an  biefe  lebnen 
fie  ft(i)  an  unb  ru^en  fo,  nur  ein  menig 
jurücfgelebnt,  au^.  2Bcnn  nun  bie  Sägev 
au^  ibrcn  ©puren  ibre  gen?öbnlicl)en 
©cblupfminfel  bcrauögefunben  b^bcn,  un* 
tergraben  fte  bort  entmebcr  aUe  93äume 
an  ben  SQöurjeln  ober  fdbneiben  fte  an, 
boc^  nur  fomeit,  ta^  biefelben  »öQig  fefi 
ju  fjle^en  fd)cinen.  öebnen  ftcb  nun  bie 
lllfe  mie  gemöbnlicb  an  biefe  madligen 
93äume  an ,  fo  rocrfen  pc  biefelben  um 
unb  fallen  felbjl  mit  ibnen. 

28.  ®ie  britte  5lrt  finb  bie  fogcnannten 
Ure,  menig  Heiner  ale  ©lepbanten  unb 
an  ?luefeben,  J^arbe  unb  (Seftalt  ben 
©ticren  gleicbenb.  ©ie  jinb  üou  großer 
Äraft  unb  Semeglicbfeit  unb  f(^onen  mc= 
ber  ü)^enfci)en  noi)  liere,  bie  ibnen  unter 
5lugen  fommen.  35ic  ©ermanen  »erlegen 
fic^  eilig  barauf,  biefe  Siere  in  ®ruben 
JU  fangen,  unb  töten  fte  bann.  Sei  bic= 
fer  mübfamen  2lrt  eon  Saflb  borten  frd) 
bic  jungen  Seute  ab  unb  üben  \i)Xt  Gräfte. 
2Bcr  bie  meifien  Ure  getötet  ^at  unb  jum 
©etioeife  beffen  bie  ^örner  öffentlicb  »orjeigt 
erntet  bcii  größte  fiob.  5lber  fclbji  menn 
bie  Ure  ganj  flein  eingefangen  merben, 
gemö^nen  fte  ftd)  bod)  nie  on  bie  ÜKcn^ 


fcben  unb  werben  nie  ja^m.  ^l)n  ^öf 
ner  ftnb  in  Umfang,  ©efialt  unb  "Jlnfeljen 
febr  gcfucbt;  man  befdblägt  fxe  am  5Ranbc 
mit  ©ilber  unb  gebraust  fie  bann  bei 
(Safimäblcrn ,  mo  e^  bod)  bcrg^b^n  fotl, 
alö  Sri nfgefc^ irre. 

©crmonto  na*  ©ebajtian  5?iait*- 
©ebaftian  J^^""*'  9«^-  ^'^^^  i^  2)onau« 
mörtt),  gefi.  in  Safcl  1542,  gibt  in  feinem 
1534  JU  Tübingen  erfd^ienenen  „Sßelt« 
bud),  fpiegcl  unb  bilbtni^  beä  ganzen 
©rbbobcnö"  eine  fürjerc  Sefd)reibung 
2)eutfc^lanb^ ,  meld)e  ein  ©egenbilb  ju 
Sacituö'  SBer!lein  genannt  merben  fann 
unb  t)icr  im  *llu^juge  folgt. 

ÜJJanc^e^  barauä  iji  ber  ©ermania  be^ 
Sacituö  entnommen,  tai  3D?ei|le  bejie^t 
ftd)  auf  bic  ©egenmart.  ®«  ijl  für  bic 
iUuffaffung  grandö  d^arafteriftifd) ,  ia^ 
ibm  bie  3uftänbc  bcö  Kulturleben^  jiet* 
al^  in  ber  ©ntmidlung  begriffene,  üoriibcr« 
gc^enbc  erfd)einen,  morauö  ftcft  an<i)  er- 
flärt,  marum  er  meniger  an  ben  äußeren 
formen  beö  Kulturleben^  bangen  bleibt 
unb  mebr  ibrcm  inneren  ßufammenbang 
na($ge^t.  9JJan  barf  ibn  in  bobem 
5Jia|e,  mebr  a\i  eö  bei  ben  meifien  feiner 
3citgenoffen  ber  gaü  ifi,  einen  Vertreter 
moberner  ®efd)ic^töauffaffung  nennen,  mie 
er  aud)  in  religiöfen  SDingen  ftdb  nie  ent* 
fd)lic§en  fonnte,  cinfeitig  mit  ber  beutfdben 
ober  mit  ber  fcbanijcrifc^cn  (Reformation 
ober  mit  ben  aBibertäufern,  ju  geben,  ©ein 
Urteil  ifi  oft  bart,  aber  g^^tragen  oon 
einer  tiefreligiöfen  unb  patriotif^en  ©e» 
ftnnung  ?lud)  fein  ©til  ifi  oft  bart.  2)er 
3ol)anncö  .  Soemuö  ?lubanuö,  ben 
er  im  Sitcl  jitirt,  ifi  ber  fßcrfaffet 
i)ti  im  Sabre  1520  ju  Qlugeburg  erfdbie» 
nen  Sud)e^:  Omnium  gentium  mores, 
leges  etc.,  mclcbcö  ein  Siebling^buc^  be* 
gonjen  16.  ^a^x\).  trurbc. 

aSon  ©ermania,  irer  bilbtnig, 
gclegenl)eit,  oölferen,  poUicei, 
glauben,  begriff  unb  gerco^n» 
betten,  au|  Sornelio  Jacito, 
Joanne  Soemo  5lubano  unb 
anberen,  etma«*  funberö. 

(Seutfcblanb  unb  fein  umbfang.> 
©ermania  etn  ganj  meit  mitterna^tifc^c 
gegne  (Surope,  pon  ben  gianjof«"  ^^^ 
bem  iRbein»  »'on  Dfierreidb  mit  ber  Ibonam 
aulgejeidbnet.  9^un  aber  fd)ier  nod)  fooil 
länber  in  ficb  gcfaffet  unb  begriffen,  je^t 
äBinbifd)  lanb,  bie  oölfer  Sulgaro«  ober 
Sulgariam,  SRb«tam,  «Binbeliciam,  D^orfem, 
(SRoricam)  ben  Si^cinfirom,  bei  ctman  ©aüift^ 


©crmanta  nad)  ©et».  'J^röntf, 


193 


ober  Jranjöjtfd^  fleitjcfen  ifi,  unb  jc^t  nit 
me^t  ^ören  »in.  ^Um  bie  Sc^weijer  feinb 
auä)  mit  ber  3^^^  in  biefe  fprac^  unb 
nammcn  2;cutfd)cr  lanb  fummcn,  Stem  ein 
großer  teil  2öclfct)Ianbg,  (Eiäalpine  ®allie 
genant.  SBei  brcit)unbett  jaren  t)abeni  bie 
teutfd^en  Herten  *preuf[en  lanb  mit  feinem 
abgöttifd^en  volt  mit  gcwalt  an  ®crma« 
nien  bracht,  berglcic^cn  juo  ber  5Römifd)en 
fird^en  glauben.  (6in  anbete  au^s 
tcilung  ©crmanie.)  D'iun  ganj  Ger- 
mania Wirt  in  jWen  teil  geteilt:  ba^  jum 
gebürg  ^in  juo  gegen  mittag  mirt  \}ai 
ober  Mc^  Jeutfc^lanb,  iati  anber 
gegen  mitternac^t  tai  nibcr  ©ermania 
ober  iaii  niber  £eu tfd) lanb  geljeiffen, 
t)elt  in  ftc^  5'^anfenlanb,  weld^eö  ein  groffer 
teil  gegen  mittag  in  ^oc^  Jeutfcfelanb  ftd) 
erfiredEet,  barnac^  ^afftam,  ßott)ringiam, 
Srabanciam,  (Selriam,  Selanbiam,  ^olan= 
biam,  ^f)rifiam,  gliinbriam,  SBefip^aliam, 
^Sayoniam,  3)aciam,  *tJennin[ulam,  *Pome-- 
raniam,  ßiuoniam,  ßieflanb  ober  (Siflanb, 
StRcrrbcn,  33öl)emerlanb,  SWeiffen,  bie  Ttaxd), 
2l)üringevlanb,  Ütiberlanb.  ^o  c^  Jeutfd^s 
lonb  \)at  aüii  in  ftd),  roaä  jcnfeitljalb 
ber  Jt^onam  unb  SRliein  ligt,  t>on  bem 
glug  'JJJagano,  al«  i5f^i"f«nl>i"'^/®^tt:'ii'^cn» 
Seiern,  Dfierreidb,  6teirmarf,  5ltl)eftm, 
IR^eciam  ober  9tie6,  ®d)tt)ei,^,  Slfa|,  ben 
SR^einftrom  bi^  gen  9[)ien^,  unb  t>ai, 
yioxdm,  ßec^felb  :c. 

(©elegen^eit  unb  eigenfd^aft 
®ermanic.)  Germania  ifi  ctwan  ge« 
»üefen  ein  raul)  unbeumig  fiud)ilo§  lanb, 
alö  6.otneliuö  Sacitu«  [c^reii't,  mit  grobem 
üolt  bfc^t,  roel($e  fid)  einfältig  nom  üil;e 
alfo  nörten,  brauchten  lücber  golb,  fünft 
noc^  filber,  bevl)alb  oon  bifem  finftetn 
beurifdjen  lanb  lüenig  gfd;ic^tfd)reiber 
jufagen  unffen.  9Jun  ifi«  aber  alfo  suoge^ 
riefet  mit  notfeften  liätten,  fd)10ffern, 
fiarfem  fireitbarm  oolf,  barjuo  in  allerlei 
fprad)  unb  tünficn  fo  finiuci^  unb  fiir* 
treffli^  njorben,  hü^  ft)  weber  ben  gran= 
jofen ,  SBalfeen  ober  i>ifpaniern  weichen; 
miemol  !l3ircfeimcruö  (auö  iRürnberg, 
1470  bis  1.530)  ad)t,  (äcrmaniam  almeg 
ein  namljaft  oolt  unb  laut»  gemefen 
fein,  t)ab  aber  nit  fd^reiber  gel)abi,  bie  it 
tat  aufjeicfeneten.  ©^  Ijat  bife  gegne,  ma 
nit  ben  überfluf,  aüer  bmg  ein  notturft, 
guoten  feimmel,  luft,  erbboben,  fliiß,  bcrg, 
h)ifen,'  tal,  acf ergebe«,  oil  namhafte 
fiätt,  lanb,  fleden,  leut;  item  oon  füeffen, 
fauren,  marmen  brunnen,  oon  allerlei 
metüH  fo  reid),  ta^  alle  crfignannte  brei 
länbet   ir  golb    unb    allerlei  metaü  Durcfe 


faufmannfdfea^  alba  fuodjen;  item  üon 
oilen  feltjamen  früd)ten,  frud)tbarn  beu« 
men  ein  gnuogfam  mol  luftig  lanb,  mit 
einem  freifamcn,  bluotgirigen,  bodfe  gegen 
freunben  ein  gafifrei,  frölid),  guotnjillig, 
freunblicfe  unb  juo  allen  fünfien,  fa^cn, 
l)anbtierungen  fo  ein  lijiig,  gefc^minb  oolf, 
ba^  fl)  niemant  nacfegeljn  njötlen;  in  htn 
t'riegen  gleict)  ein  unübermintlidl)  unb  ftgfeaft 
oolt,  ba^  allen  »ölfern  ein  f^recten  ift, 
bem  aucfe  fein  abenteur  unb  muotmill  ju* 
oil  ifi,  ia^  aüt  fpil  Wagt,  ha«  niemant 
magen  miü,  unb  oaö  mcr  au§  fürmi^ 
bann  au§  not  alle  länber  bur^fd)n.ieift, 
alle  mör,  infein  unb  oölfer,  big  juenb  ber 
melt,  erguden  unb  erfaren  miH,  unb  fogot 
ein  »ermegen  füen  oolf,  iai  nicfet^  flt)et 
ba^  e^  nit  nadfetuon  mitl,  unb  mie  ein 
51  ff  allerlei  fleibung,  fpra(^,  cffen  —  — 
trcgt,  rebt  unb  iffet,  alfo  ba§  ein  fprüd^« 
mort  bei  oilen  motben  ifi. 

3r  glaub,  geifilid)f eit  unb  Steli» 
gion  bur^au§  ifi  SRömifcfe ,  bi§  auf  bife 
unfere  jeit  feaben  brei  glauben  fampt  bem 
iHömifd)en  in  ®ermaniam  gcnift  unb  »il 
anl)angö,  nemlid)  ber  Öuterifd)  ober 
eoangelifd)  (mie  fp  fid)  nennen),  3^^in9' 
lif(^  ober  ^arlftabifd) ,  unb  teuferif^, 
alfo  i>üi^  faum  Ijalb  jeutfc^lanb  ben  8a= 
tiner  glauben  mer  befcnnt  unb  ber  9tös 
mif'dfeen  tird)en  ein  groger  abfaü  gefd)et)en 
ifi,  aud)  beimlicfe  bei  bencn,  fo  fid}  t»or 
irer  Obrigfeit  nit  börfen  merfen  laffen. 

2>iei?leibung  ®ermanie  ifi  mandberlei, 
barjuo  bei  bifem  fürmi^igen  oolf  fid)  oft 
iinbett,  ha^  niemant  idits  gmig  baroon 
fdjreiben  fann;  bod)  ifi  baä  gmein  burdfe* 
aug,  ta^  fafi  aU  ir  fleifung"  jerbacft  unb 
jerftüdtlet  iii,  barjuo  etroan  oon  mancherlei 
färben  geteilt;  tragen  ganje  unb  abge= 
fdjnittcn  bofen  breite  paret  unb  fd)lappen 
xÜ  ber  burger  tracfet;  ber  paurcn  filsbuot 
unb  fitfei,  unb  alleä  auf  mand)erlei  mei§, 
na^  lanbebraucfe,  unb  i)at  fd^ier  ein  jebe 
prooinj  ire  eigne  ftiten,  naä)  bem  fprüdfe^ 
loort:  länblicfe,  fittlii^. 

2Dod)  fafi  burd)aug  ifi  big  oolf  gleid^ 
mol  ein  t)ofli4),  bod)  bod)trogon  oolf  gegen 
anbern  nationen,  t>a^  niemant  n)ei(^en 
m  ,  oil  t)on  im  fclbö  belt  unb  niemant 
bei  im  etmaö  fein  laffen  miß.  (5ö  t)at 
aud)  big  lanb  ein  firengen  abel,  ber  in 
groffem  überflug  lebt  unb  oil  auf  fein 
rüftung,  reutteret,  gcbem,  finber  jc.  legt, 
al^  möüen  \\)  emig  leben.  (So  bat  auct) 
»il  beitige  be"fd)aften,  ab  h)eld)en  bie 
unbertonen  feet  flogen  unb  benen  t<xi 
milb  (melc^ee  fp  aucfe  auf  bem  itea  nit 
13 


194 


®etmania  naä)  ©eb.  ^rancf. 


beicibigen  borfen)  an  »il  ottcn  großen 
fc^abcn  tuot;  barjuo  mit  gült,  iin§  unb 
täglid^er  jlcucr  überlegt  fcinb,  flagenbe; 
barumb  fp  nädbjloerfcfeinener  jeit  onno 
1525  auffiuonbcn  unb  ber  fac^  törlic^  mit 
aufruor  l)elfen  reolten;  beä  jur  jiraf  ber 
fünb  groffcn  fc^aben  cntpficnflcn. 

SBeiter  ifi  iai  Jcutfc^  oolf  ©ermanie 
ein  jörlid)  (b.  ^.  je^rlic^,  je^rbaft)  rat« 
lid)  Dolf,  ba^  io^lid),  l)erri[d^  lebt, 
bairet  unb  bcfleit  fein  tüiH,  im  fecr  uil 
barlegt  unb  aQjeit  mer,  bann  e^  l)at,  »er« 
tuon  tt)iü;  betbatb  e«  gmeinflid)  on  gelt 
unb  golb  nit  ein  bab^aft  jiattli^  »olf  ijt, 
wie  ÜBalbcn,  Slürfen  ctj.  S)arjuo  fauft  e^ 
und^riftlidi  juo ,  wein,  bier  unb  mai  eö 
bat,  fpilt,  pra§t,  unb  wann  eö  t)at,  fo 
tuot  eä,  (Dert^ut  ti)  bocb  an  einem  ort  mer 
bann  an  bem  anbern.  ®ann  tt)ie®ermania 
mancberlei  ^ßroüinj  in  ftcb  i)at,  alfo  auc^ 
mancherlei  üolfö,  fttten,  glauben,  breud), 
fleibung.  (£ö  iji  and)  cm  fo  ra^girig 
an^ebig  unlcibli(^  üolf  gegen  feinen 
feinben  (bod^  langfam  juerjürnen),  ia^ 
im  fein  greulic^feit  ju  »il  ifi,  funberli^ 
in  fricgen,  bap  fp  mol  neben  bem  lürfen 
bleiben.  (S«i  ifi  aucb  fein  »olf,  barbei  bie 
gotslcfterung  ireö  ®ot^  fo  gmein  ifi,  oon 
bem  finb  an  bi^  auf  ben  alten,  al^  bei 
ben  leutfcben.  (Sd  bei^t  aber  ©ermania, 
t>a^  biefe^  Dolf  an  färb,  gefa^en,  glauben, 
giialt  etj.  gleicbfam  brüeber  leinb,  meiere 
®ermani  genannt  werben  auf  Sffielfc^ 
unb  ßatinif^;  »otmalö  ifi  e^  Seutonia 
ober lllemannia  genannt worben;  anbere 
jeigen  anbere  urfac^en  an ,  warumb  cö 
(Scrmania  genant  merb.  ötwan  fo  bie 
Jeutfc^en  friegen  wollen,  ruoften  fi)  ^er« 
culem  an ,  wie  je^t  'B.  ®eorgen  ben  bei* 
ligen  JRitter.  2)1^  etwan  graufam  für- 
fdjret  (oierf^rötig?)  üolf,  ber  arbeit  (wie 
no^  l)eut)  ungebulbig,  iai  Weber  tjun^er 
no^  burfi  (wie  bie  Surfen  unb  ^ranjofen) 
no^  falte  leiben  fan,  funber  bi|  fd)ier 
über  al  anbere  oölfcr  fräffig  oolf  muo§ 
aljeit  jufaufen  t)aben,  funfi  ifi  ce  ^icüig 
(mube)  unb  nic^tö  wert;  ooU  feinb  fp 
aber  guote  friegeleut. 

Einfalt  ber  erfien  alten  Seut* 
fd)en.  *yorjeiten  baben  \t)  Weber  oon 
golb,  filber  noc^  eblem  geficin  ein  wiffen 
tragen;  ir  filber  gefd)irr  bwlten  \t)  nit  Dil 
mer  in  a(i)t,  bann  bie  irrbin,  bra(f)tcn 
ta^  filber  tuxd)  t)anbtbierung  (^anbel)  an 
fi(^,  unb  Witten  nit,  ta^  ir  erbrid)  auc^ 
foüid)  metatl  ^)ett.  @p  wiften  auc^  ^ie 
eifenberg  nit  jufuodien;  berl)alb  auf 
mangel    beö    eifen«   fp    wenig    fc^werter. 


funber  Dil  fpic§  mit  fleinen  eiftn  fdbiften 
betten,  weld^c  fp  in  friegen  braud^ten,  bie 
fp  audb  gur  not  Warfen,  fcfeier  wie  j;e^t 
bie  fd^eftleinlin  (fc^eftbeinlin?).  3t 
reuterei  Wor  fdbilt  unb  fpieg  ;  bie  fuo§* 
fnecftt  brausten  wurffpiep;  bie  feinbt 
griffen  ft)  blo§  an  on  einicb  ^arnaf(^; 
etli^  wenig  truogen  banjer,  Dil  weniger 
fc^ilt  unb  eifenljuot,  ^xt  pferbt  Waren 
auf'ä  einfeltigfi,  Weber  an  form  nod) 
f(l)nelle  fürbünbig,  funber  wie  bie  bawren* 
ro§  giengcn  fp  fdjle^t  ben  eben  weg 
bin.  @o  jemant  feinen  f(^ilt  im  frieg 
^inber  im  lie§,  ber  war  in  bann  unb 
act)t,  Dom  ©olte^bienfi  unb  ber  gemein 
auf gef^loffen ,  alfo  ta^  auf  bifcr  fcfeanb 
inen  Dil  ben  tob  antetten.  jDie  Äünig 
würben  auf  ben  eblen  erwölet,  unb  bife 
betten  nit  atleä  mad)t;  tai  i)öx  füeret 
bifer,  ber  an  tugcnt  unb  mer  am  eyempel 
bie  anbern  fürtraf,  bann  an  abel  ober 
gewalt.  ©ingen,  tobten,  auf  bie  lafier 
act)t  f)aben,  gebürt  aüein  ben  priefievn, 
auf  baf  nit  ber  gwalt,  funber  ®ott  burc^ 
bie  priefier  bie  lafier  unb  Übeltat  firafen 
geglaubt  würbe. 

3rer  ®ötter  bilb  fücrten  fp  für  ein  jci^en 
bod)  herein  im  Ärieg,  bie  angreifenben 
juerl)i^igen  unb  mannlid^  jumaä)en.  Q,i 
jot)e  alleä  in  frieg,  Weib,  finb,  mann,  unb 
war  all  ir  fa^  babin  gerid^t,  baf  ft)  eint« 
weber^  ritterlich  figten  ober  eljrlid)  fielen 
unb  barniber  lägen;  beö  fp  weib  unb 
finb  juo  jeugen  unb  juofe^ern  mit  inen 
füerten.  S)ie  Derwunbeten  truogen  fp  jut 
muoter,  weib,  finb  jc.  5Dife  waren  fo 
mannlidb,  ha^  fp  inen  bie  wunben  jälten, 
fpeif  gaben  unb  bie  anbern  jupreiten 
üermaneteii. 

@inö  malö  (wie  bie  ^ifiori  jeugen)  foüen 
bie  jerbrod)nen  fpi^  auf  ber  Weiber  juo« 
fd)reicn  wiber  gan,;  worben  fein,  ©p 
balten  aud),  eö  fei  etwaö  funber^  Weif« 
^eit  unb  gf(^idli;\feit  in  ben  weibetn,  bercn 
lat  unb  anfag  man  mit  nickten  Dera^ten 
foQ.  iUJercurio  opferten  fp  juo  feiner  jeit 
uienfd)enfleifc^ ,  ^erculi  aber  unb  üJlarti 
fünft  wilber  tier  fleifi^. 

9Bciter  auf  ia^  lof  unb  Dogelgef(^rei 
bielten  fp  Dil.  !ßon  fleinen  fadben  banblet 
ber  Jü'^fi  ber  ftatt,  üon  grofen  aber  bie 
ganj  fiatt.  2>ie  anfdng  irer  fad^  namen 
fp  auf  beö  9Wonö  juonemen  unb  abnemen 
ab. 

I)if  üolf  reebnet  ir  jeit  nad^  ber  nid^t, 
nit  nadp  bem  tag  3n  ir  gmein  famen  fp 
bewaffnet,  ©o  fp  inen  im  felb  ein  mei« 
nung  gefallen  tiefen,  fo  fdbüttelten  fp  ben 


©ermania  tiac^  ©eb.  ^ranrf. 


195 


fpie§,  bi§  War  ein  jeid^en  cinö  tuotgcfal* 
icnö;  fo  [p  aber  fartcn  ober  farrctcn,  xvax 
c«  einä  mi^cjunflö  jcic^en.  1)ic  fetbflüc^tigcn 
unb  üerräicr  bcnften  fp  an  bie  beum, 
aber  bic  ebrlofen,  9ef(t)rt)ä(^ten  ober  bc= 
TÜd^tigtcn  inarfen  fp  in  ein  Waffcr  ober 
mo^,  mit  tat  juoacbecft,  tia^  man  offent= 
Iic^e  lafter  folt  offentlicbcn  flrafen,  bie 
l)eimUcl)cn  beimlid).  Dtid^tö  faben  fp  an, 
bann  gmapnet;  aud^  ift  ir  magiflrat  al« 
jeit  gcrüft,  voa  fp  bingicngen,  mit  maffen 
eint)cr  treten.  6^  mar  gar  fcbänblid)  bei 
inen,  fo  ein  trieg^mann  fein  gürjlen, 
«Hauptmann  ober  börfüerer  überlebt,  eö 
were  bann  tai  er  figbaft  t>on  ber  fpi^ 
baoon  fummen  mere.  Kriegen  mar  ir  lujl, 
unb  bicitenö  für  ein  bfilloft  narung,  mit 
fd)roei§  unb  arbeit  etma^  erobern,  ta^ 
man  mit  bluot  überfummen  mag.  »^rib 
War  ein  bö§  ®fd)rei  bei  inen.  ®o  fp  nit 
triegten ,  ergaben  fp  fid)  bem  fd)Iaf, 
müefftggang,  effen  unb  trinfen.  Die  bciu§= 
forg,  acfergebe»  licffen  fp  ben  meibern 
unb  alten  befolgen  fem,  ha^  glcid)  jmci 
mibermätttge  I>ing  in  bifem  uolf  juos 
famen  famen,  namlict)  liebe  be«  mücffig* 
gangä  unb  \)a^  beö  fvibenä  unb  ruom. 

3r  mat  (Äleibung)  mar  aQentbalben 
fo  eng  unb  an  ben  leib  gemoblet,  ha^ 
inen  alle  glibmaf  au^jejeicpnet  unb  über 
bie  arm  fpannet,  aucp  b^^ttcn  bebe,  mann 
unb  framen,  faft  ein  Älcibung.  Unb 
l)aben  bie  ©ermani  anfanfUd)  bisher 
an  eim  Segcmabel  ficb  »ernüegen  laffen, 
miemol  aucp  etlid)  mit  eilen  ein  (Sebunb 
gehabt  ifcibtn  S)ic  fram  bracht  bem  mann 
fein  i)iixat  guot  juo,  funber  ber  mann 
gab  ber  framen  bie  morgengab.  Di§ 
»olf  fuocpt  nit  fun^erltcl)  gef^mucf, 
moüufi  3c.  (Sin  munberbarlicl)e  teufcbeit 
erfanb  ftd)  bei  iren  meibern;  fein  un« 
jucl)t  ober  geil^eit  modit  man  meber  in 
roortcn,  äugen,  fleibung  ober  manbel 
fpucren.  ÜJlan  fuo^t  ntt  oil  mirtutaft 
ober  gafiung.  €eUen  marb  ein  (Sebrud) 
erbört;  fo  eine  barin  ergriffen  marb, 
fcbneib  ir  ber  mann  ba^  baar  ab  unb  ent^ 
plöffet  fp  por  allen  iren  na(^paurcn  unb 
freunben,  fc^luog  fp  bie  ganj  ga§  für  unb 
für;  niemant,  meber  gfialt,  reid)tumb, 
freunb,  alter,  gnab,  mocpt  fp  mer  ein* 
täoingen ,  niemant  burft  ftd)  aud)  barein 
legen  unb  bie  lafter  terlacfeen;  bann  fp 
bulten  fp  für  ein  jeijtötuni)  guoter 
litten.  Unb  mar  ia^  ir  meinung,  ein 
fram  folt  barumb  ein  mann  nemen,  ha% 
fp  mit  im  ein  leib,  ein  leben,  unb  feine 
anbere  (äebanfen,    aucf)  fein  anbcr  begirb 


weiter  l)abin  folt,  al^  bie,  fo  ebv  liebt, 
nit  ben  mann,  unb  galten  guote  fttten 
bei  inen  mer,  bann  anber^roa  guote 
gefa^.  SJJan  fam  fpat  in  @tlicf)e  Pflicht 
bei  inen  jubauf;  biht,  Jüngling  unb  junf« 
framen,  muoften  ^upor  mol  crmad)fen. 
jDen  tobfcblag  büe§t  man  mit  einer  an« 
,^al  Picfeg.  (ki  maren  f oftfrei  leut,  bie  ii 
für  ein  großen  übelftanb  bielten ,  folten 
fp  jcmant  non  irem  tifcp  jagen.  Jag  unb 
nad^t  Poljogen  fp  mit  ftdtem  tcinfen; 
bie  trunfenljeit  marb  feim  oerargt,  naä)t 
teilig  nocp  ein  aufrupfung.  ©meinfUd^ 
folget  barauf  ein  ^anf  unb  jergieng  nit 
on  ein  b^bcr,  ja  nit  feiten  folgten  aud) 
Preid^  unb  tobtfcplög.  35on  frieg  unb  frib 
tractierien  fp  nit  mer,  bann  beim  mein, 
glcid)  aU  ob  fein  jeit  barjuo  bequemer 
mere.  G^  mar  nit  ein  t)inberliftig  oolf, 
entbedt  fein  gcl)eimniö  einfältig  einem 
iei5en.  ^x.  tranf  mar  au§  gerften  gemacht, 
mie  ein  gebrocbner  mein.  2)ie  an  flüffen 
fa^en,  pi^'ten  im  bxauiS)  etma^  frembbc, 
juogefüette  mein,  ^joljöpfel,  gefianbne  ober 
gevennte  mild),  fcplcd)te  fpei§  brauchten 
fp  j^ur  fpei^  unb  tranf. 

3)eä  fpilbretö  maren  fp  alfo  ge« 
fliffen,  ta^  fp  oft,  fo  fp  aüe  bing  ücr« 
loren  Ijatteii.  juletil  umb  bie  frei^eit  mit« 
einanber  fpilten;  ber  übermunbcn  gab  p<^ 
in  mitlige  bienflbarfeit,  unb  ob  er  mol 
jung  unb  ftarf  mar,  fo  litt  er  bod),  ba^ 
er  gebunben,  gefangen  unb  oerfauft  mürbe. 

3n  ber  f  l  a  g  ober  t  o  b  t  e  n  l  e  u  (^ 
marfen^  bic  flag  balb  oon  ftd);  in 
fd^mer^en  unb  trauren  bliben  fp  länger, 
aber  flagen  mar  allein  ben  meibern  juo« 
gelaffen,  bie  mdnner  follten  aüein  bic 
flag  gebenfen  on  alle  flagfleiber  ober 
fappen 

2)i§  feinb  ctma  gerccfen  ber 
Jeu  tf  eben  fitten;  maö  aber  für 
ein  Dcränberunn  mit  ber  jcit,  mte  aud^ 
in  antern  *Jiaiionen  gefd)e^en  fei,  mag 
au§  bem  gcgcnmertigen  mefen  unb  jlanb 
ber  Jeutfdjen  abgenommen  merben. 

SÖom  jegigcn  ^anb  bcr3;eutfd)cn, 
ben  mir  t>or  äugen  feben,  barf  id)  unÄ 
2;eutfd)en  nit  oil  fd)reibcn,  bann  bie  erfarung 
Urt  e« ;  barjuo  mad)t  Die  tüglid)  oeränberung 
i^er  fittcn,  9iei(^,  glauben,  teligioncn, 
potliceien  K,  baei  man  nid)t^  9ttii§,  ob 
man  gleid^  gern  lüolt,  baroon  fcpreiben 
mag. 

(Sermania  \)at  je^  üiererlei 
Dölfer  unb  fürndme  ftdnb. 

3uerll  gei^licp  Pfaffen  unb 
müncp.    2)ie  pfaffen  tragen  lange  meite 


196 


Ocrmania  nacb  ©cb.  ^ranct. 


rö(f  an,  jitfel  runbc  paret  auf,  tragen 
auc^  fappenjipfet  »on  feiben  unb  »uHinera 
tuoc^ ,  t^c^n  gmeintlid)  auf  pantofeln, 
mücffig,  ccIo§,  niemant  nü^c  leut,  bic 
wenig  fiubicven,  bie  tr  jeit  fajf  mit  fpilen, 
effen,  trinfen  unb  fc^önen  frattten  bin« 
bringen.  2)i[e  tjaben  gro§e  frei^eit  »on 
Mpfien,  in  geiflli^en  rechten  eingeteibt, 
alfo  ba§  ft)  niemant  öon  einic^er  facfecn 
njcgen  meber  jlrafcn  nod^  für  recl)t  jie^en 
ober  antai^n  barf,  bann  allein  ir  ober^ 
feit,  ber  i8ifd)of  unb  Sapji.  'Jim  «er  uil 
jufagen  Don  iren  mer  bann  ^eibnifdicn 
prioilegien,  «ejen,  leben,  rechten,  religion, 
tt)ic  unb  mit  tvai  geftalt,  gwalt  ober 
lifien  fp  afle  n>elt  unber  ftd)  gworfen, 
[o  gar,  t)a^  aucft  ber  Äeifer  irem  obern 
unb  ©Ott,  bem  33ap|i,  ju  fuo§  faCten,  bie 
füffen,  t>on  im  bie  fron  unb  ini  öefien 
beä  Äeifertumbö  unb  SRömiici^en  iReid)ä 
entpfaljen  muo§;  »on  rt)elct)er  buoberei  ^a^ 
geifilid)  iHec^t,  ad  ire  büect)er,  unb  auc^ 
mein  fotig  au§gangen  6.l)ronif  x>oü  ift, 
unb  h)ol  ein  funbere  liberei  ton  nöten 
mer,  all  ir  bing  unb  finanj  jubfd)rciben  . . . 
((Sine  längere  polcmifcöe  ^luöeinanber« 
fe^ung  ip  l)icr  übergangen). 

9hin  aber  ^er  gemein  mann  in  (Serma= 
nia'  ip  faft  aüen,  rec^t  unb  falfd)  gei|i= 
Iid)cn,  feinb:  ben  rechten,  ia^  ft)  ein 
ruot  unö  falj  beö  üolEö  feinb  unb  nit 
au§  irem  farf  oCcr  au§  irer  pfeif  pfeifen, 
mie  (Sbvifto  k. ;  ben  u ermeinten  gcift* 
liefen,  ob  fpe  n>oI  äu^etUd)  bencbeien  unb 
meil  fp  ir  lieb  ftuiien,  auf  ben  t)änben 
tragen,  feinb  fp  boc^  innerlid)  batumb 
giam,  ha^  \\)  täglicf)  burd)tribne  bö|e 
fd)alfl)eit,  gcij,  boöl;eit,  unb  aücilci  oer; 
«egne  böfe  finauj,  lafier,  untreu,  betrug 
unb  buobenilucf  bei  ben  treulofcn  mit  irem 
fdjaben  erfnren,  alfo  iia%  mie  in  allen 
lanben,  bie  geifilicl}en  übel  ron  ben  anbern 
t)ören,  inen  menig  getramet  ober  pertramt 
mirb,  fogar,  ba§  auc^  oil  böfcr  fprüd)^ 
njörter  baiDon  beim  gemeinen  mann  ent= 
ftanben  feinb,  nämlid):  ©5  fumpt  niemant 
r>on  etm  Pfaffen  unbefcl)iffen.  (äö  fumpt 
feiner  el)e  fon  eim  Pfaffen,  fo  er  in  bes 
leibigt,  er  fd}lag  in  bann  gar  jutobt. 
Pfaffen  madjen  äffen.  I)ic  gelerten  bie 
»erferten.  2Ba«  ein  münd)  gebenfen  barf, 
i)a^  barf  er  aud)  tuon.  (5«  ift  fein  pfaff 
frumb,  er  l)ab  bann  Ijaar  auf  ber  jungen. 
2Ber  eim  pfaffen  ocrtramet,  ber  i\i  felbä 
nit  faft  frumb.  (gö  tuot  fein  guot,  mir 
fct)Iagen  bann  bie  pfaffen  all  jutobt.  2ßer 
fein  l)au§  miH  Ijaben  fauber,  ber  f)üet  fic^ 
für  vffifff"  "i'b  tauben 


2)er  anber  panb  (Sermantc,  ber 
31  bei.  SDer  anber  fianb  ©ermanie  ift 
ber  5lbel,  bie  au§  (Sottet  orbnung  re^t 
ebel,  ta^  ifi  oäter  be^  oaterlanbö,  ein 
for(^t  unb  ruot  ber  böfen  unb  ein  fc^ilt, 
bürg ,  aufentbalt  ber  frummen  fein 
folten,  mitmen  unb  meifen  l)anb^aben; 
bie  fct)inben  unb  fc^aben  fp  felbö,  unb 
bie  bie  ^unb  tot  bem  pferrid)  fein  folten, 
feinb  oilmal^  felbö  mölf  unb  reifen  aüei 
mit  gmalt  juo  inen,  ma«  fp  oermögen, 
unb  mer  not,  ha^  man  oor  htn  tiüetern  unb 
mäd)tern  büetet  unb  tt)ad)et.  2)ercn  2lbel 
ganj  Don  feinem  alten  glanj  fummen  ijt, 
unb  etman  an  tugenb  fiuonb,  je^un^  aber 
allein  mit  jtoljl)cit,  pra^t,  reic^tumb,  ge* 
burt,  tprannei  iren  aöel  bemeifen,  unb  mic 
\\)  jebermann  föri^t  unb  f)affet,  alfo  müeffen 
\t)  aud)  fordeten  unb  toon  feberman  »ers 
baffet  fein,  unb  ni^tö  bann  ol)renfta»er 
unb  ^eud)ler  für  mare  freunb,  \a  in  ber 
ma^r^eit  foniel  feinb,  mieoil  fned^t  unb 
unbertanen  fp  t)aben. 

Stun  jeuget  jWar  bie  näd)ft  beurifc^e 
aufruor  gnuogfam,  maö  für  lujl  unb 
freunbfi^aft  bie  unbertonen  juo  iren  |)erren 
i)aben,  bie  alfo  mit  gemalt  faven-  S)ic 
alten  ©bleu  motlten  mit  moltat  inen  bie 
unbertonen  bewegen  unb  mitlig  machen, 
unb  bi§  mar  aud)  ir  maur  unb  feut,  bar^ 
^inber  unb  barauf  ir  ditid)  fiuonb 

6t)  aber  ad)teten  ft^  aud)  reid),  fo  fp 
reich  unb  moll)abenbe  unbertonen  f)etten, 
bie  fp  in  almeg  mit  guoter  orbnung,  for^ 
ge^ung  unb  gefa^cn  fürbevten,  auf  i>a^ 
fp  immer  je  mer  jugeben  tietten.  3c^ 
miH  man  eö  aüeö  mit  gemalt  au§ropfen, 
ja  auf  einmal  nemen,  unb  julieben,  ftiegen 
unb  geben  nöten,  unb  in  f'umma  törlich 
unmiütge  l)unb  jujagen  füeren,  fo  bo^ 
nie  nic^tä  in  bie  lange  beftan^en  ift,  t)a^ 
furd)t  ober  notjmang  au^getrofd)en  unb 
abgenöt  bat.  S)ic  natur  entfiel  ab  bem 
notjmang,  bie  liebe  mitl  frei  fein,  unb 
hi'iii  ber  miH  unb  bai  {)erj  ungcjmungen. 

3n  fumma,  e«  ifi  jeberman  eingepfianjt 
ein  liebe  ber  freit)eit  uon  bem  freien  ®ot, 
ba§  mir  lieber  gefüert,  bann  gebogen  mec= 
ben  motten.  SDarauf  haben  oil  unebel  unb 
ebel  menig  ad)t,  funber  forberen  i)iüt  bif, 
morgen  i>a^ ;  mit  maö  fuog,  tM  fragen 
ft)  nit  umb. 

®p  treiben  fein  anbere  ^anbticrung, 
bann  fagen,  beiffen  (beijen),  faufen,  praffen, 
fpilen;  leben  t)on  rent,  jin§  unb  gülten 
im  Überfluß  foftlid).  SBarumb  fp^  aber 
nemmen  unb  ma^  fp  barfür  fcfeulbig  feinb 
jutuon,  gebenft  faum  einer  feinet  ampt^. 


©etmonia  iio(i^  ©et),  ^tand. 


197 


fo  in  iod)  bifc  mac^t,  tmai  auf  bcr  bürget 
palä  julcgen  unb  ein  einigen  Pfennig  ju 
forbcrn,  nit  on  utfa^  unb  afi'infl,  jut  bcf» 
fcrung  unb  nic^t  jum  nacf)teil  ber  unber^ 
tonen  geben  ifi;  foftol  aU  bem  tngloner 
fein  taglon,  iai  er  barumb  bcn  tag  f^affe; 
alfo  and)  bifen,  nämlid^  barumb,  ba§  fp 
tüittrcen  unb  roeifen  rot  groalt  entfc^ütten, 
ben  atmen  iior  gttialt  SRe^tg  »etbelfen  unb 
fid)  umb  aüet  mcnf^en  not  aU  itet  eig= 
neu  annemen,  wie  »ater  tti  öaterlanbö. 
jDatumb  feilen  fp  it  tent,  gült,  jtn^  unb 
oufentt)alt  \)abm,  n)ie  einet  bet  bem  altat 
bienet,  »om  altat,  bamit  ein  jebet  taglöner 
feind  tiiglon^  befummc;  tuonb  fi)  bajifelbig 
nit,  fo  iftei  eitel  tptannei  unb  ein  gmaltii^ö 
abnemmen,  tai  ftj  ben  unfcf)utbig  anfot« 
betn  unb  mit  gwalt  abnemmen  ,  nit  an; 
betö  bann  aU  mann  ein  tagtt)etfct  fein 
taglon  an  mid)  fotbctt,  ja  mit  gttialt 
abnöttigt,  unb  I)ett  bod^  fein  arbe't  je  an= 
gefangen  no*  angerüett.  'T)od)  foü  man 
in  aüweg  gtt)alt  on  auftuet  unb  rt)ibet= 
ttiertigtcit  leiben  unb  ®ott  f lagen,  ia^ 
tri  ted)e  unb  ablege.  SBann  ein  jebet 
feineä  ampt^  gebockt,  fo  würben  ftc^  nit 
alfo  oil  unbetüeft  einttingcn  unb  umb  bie 
*Ptcbicatut  ämptet,  Dbetfeit  unb  natten* 
fappen  alfo  teiffen.  31uf  bie  vootl  unb 
mild^  fi^et  man  gat,  mit  gto^em  flei§, 
abet  auf  bie  njolfatt  unb  Iiuot  bet  fd^aaf 
l^at  niemant  fein  adit. 

S)atumb  iß  ber  %bel  faß  aller,  roie 
et  je^  im  fc^toanf  ge^t,  ein  übetbliben 
jiucf  bet  $cibcnfcf)aft,  uon  unfetn  ältetn 
auf  una  geeibt,  ba  nic^tö  ift,  bann  ein 
tennenö,  jtedbenö,  turnierenö,  feinen  fd)ilt, 
flamm  unb  nammcn  l)ocb  aufwerfen«!,  fpi= 
ienö,  friegenö,  ^e^enö,  t)crrfc^enö,  müeffig« 
^ebnei,  übcrmuot  treibend  etc.;  tücld^er 
abel  bi§  fleif*e^  für  ®ott  ftinft,  cer= 
»orfen,  auBgetilft  unb  qu^  feinem  SReicfe 
au§gemußett  ift.  1.  ßorintb.  1.  «Jlcto.  16. 
2ßeii  im  6t)ti(tentumb  alle?  ein^  in  61)rißo 
iß,  unb  alle  gteid)  eble  btüebet  feinb,  ivie 
f9  aüe  einen  üatct  in  bem  Ijimmel  an- 
beten, ob  fp  njol  in  ben  ämptctn  unbet= 
fd)eii""en  feinb,  wie  i>ai  aug  t>on  bet  l)anb, 
fo  gehören  fp  boc^  all  an  einen  leib.  9llfo 
i|t  ein  Oberfeit  ober  *}3rebiger  nit  ein 
funbete,  füt  ®ott  eblete  ßteatut,  bann 
ein  frummer  bawr,  auc^  nit  oon  bcn  an* 
bem  unbcrfd)eiben,  bann  amptö  t)alben, 
Wie  ein  ^afner  unb  Sßagner.  ®ott  fibet 
auc^  nit  auf  bie  perfon,  Por  bem  wcber 
Äünig,  ^ürß  nod)  bamr  iß. 

3)ie  Welt  aber  f)at  iren  'Jlbel;  ben  la^t 
(tj  ir  nit  juden  noc^  bauten,  ber  ße^t  in 


obetjälten  ßuden;  abct  ein  ftemba  bing 
im  5f)tiflentumb ;  bann  unö  (Sott  ju^auf 
in  einen  leib  fd)mibet  unb  aQjumal  btüebet 
nennet;  t<x  iß  webet  ^ett  nod)  Änec^t, 
funbct  aUe^  ein« 

SBeitet  gebunft  fi^  bet  5lbel  teutf(^et 
nation  beö  guot  fein,  ta$  fp  jagen,  müef= 
ßggef)n  obet  teubetei  unb  febetfpil  treiben; 
fd)ämcn  fid)  aüä}  feer  gemeinfli*  burger 
^u  fein  unb  gmeine  ßattred)t  juleiben,  ober 
nur  einid&e  faufmannf(^a|  unb  banbwetf 
jutteiben,  ober  juo  einer  burgerin  jubeira* 
ten;  fp  flieljcn  aud)  ber  burger  gefellf^aft 
unb  l)anbtierung,  t)alten  fii)  juofamen, 
mit  gefelfd^aft,  l)eiraten  et^. 

dlün  Weiter  ir  wonungen  feinb  not« 
fcße  ©c^löffer,  an  Sergen,  wälben  etj. 
.palten  foftlic^  ()aug,  mit  oilerlei  gßnb,  pfer* 
ben,  t)unben,  gefc^mud,  ^aben  ein  bfunbern 
brangenben  gang  unb  ein  nad)trab  ber 
uerwanten,  i>a^  man  fp  alöbalb  am  gang 
unb  ber  gebärb  erfennet.  Tlan  nennet  fp 
(Sbcl  unb  Stirenoefi,  ir  wappen  fienfen  fp 
in  fird)en  an  bie  wänb,  altar,  t)in  unb 
wiber  in  bcn  ßätten  an  bie  wür^beufer 
entpor,  barbei  man  einen  jeben  51bcl  et^ 
fenne;  l^aben  aud)  ein  jebet  fein  eigen  an« 
gebotnen  infigel,  unb  fumpt  ben  metetn 
teil  nit  wie  ben  alten  bet  abcl  oon  tugcnt 
obet  bapfetn  tcbli($en  taten,  funbet  »on 
gebutt  ^et,  ia^  \>ox  ben  weifen  gnuogiam 
läd)etli(^  iß  unb  batoon  ein  ®ptüd)Wott 
etbadbt  l)aben:  Aut  regum  aut  fatnum 
nasci  oportet.  *}ltmuot  iß  bifem  ßanb  gat 
fd)änblid),  begeben  fic^  ebt  in  aüetlei  ge« 
fat,  bamit  fl)  el)r  unb  guot  item  jtanb 
nad)  übetfummen. 

23il  äie^en  fliegen,  ^'"^Pf"  ""''  fetten 
nac^ ;  getat  inen  bann  ein  beut,  ba§  fp  teid? 
wicbet  ^)eim  fummen,  fo  feinb  l'p  erß  rec^t 
ebel ;  bann  rcid^tumb  aud^  oil  burger  unb 
bawren  ebel  unb  wapenögno^  gemad)t 
bat,  quia  pecuniae  obediant  omnia,  ®elt 
regiert  bie  SBelt,  wie  ©nlomon  fagt.  ©p 
get)n  feiten  jufuo^  überfelb,  iß  au^  irem 
ßanb  fd)cnblic^.  QSerlc^t  ober  angetaß 
red)en  fp  ßc^  feiten  mit  5Red)t,  funber  t>il 
bred)en  inen  etwan  ein  ttäl;e  (5fl)be,  geinb« 
fd)aft)  ab  einem  joun,  fagcn  ab'mit  feinbä= 
briefen,  friegen  unb  ted)enö  mit  feur, 
raub  3c ,  barmit  fp  bie  oerle|et  jum  oct^ 
ttag  gleid)  oft  nötigen.  3)ie  *Ptießet 
teutfd)et  nation  t>etmögen  ftd^  nit  wol 
mit  inen;  jc^od)  bamit  fp  juftiben  mit 
inen  feien,  t)eud)len  fp  inen  tebticft  unb 
etjeigen  gto^e  fteunbfd^aft.  ©p  achten« 
abet  ^eimlic^  füt  ein  taa^gitigö,  l)od)j 
ttagenö,   jtolj,   untüewigö  polf,   tai  be 


198 


©etmania  nai)  Scb.  ^xcinä 


fiteren  güetcr  gfor  ifi,  aucfe  bie  gciftlic^cn 
oft  annjenbct;  tt)ünfd)en  bert)albcn  oft,  bQ§ 
fp  unter  ba^  Surgetlic^  joc^,  h)ic  in 
£(^tDcij,  gebogen,  bamit  ir  tprannci  ge- 
fiürjt  unb  ir  gett>alt  geminbert  »urbc; 
njietrol  iä)  ir  tprannti  Ieiblict)er  ad)t, 
bann  jener  beud)lerei,  atö  bamit  fp  un^ 
allein  umb  leib  unb  guot  bringen,  jene 
aber  umb  tai  aflcrtcurcft  pfanb,  bie  fecl. 
£)arumb  hjcrben  »ir  bifen  gematt  juleiben, 
jenen  aber  nit  juobören,  in  alle  meg 
iumiber|!cl)n  ge^ei|en.  'JDfat^.  5. 

JJun  ber  5lbel  teutf($er  nation  ^at  faji 
iit  üüen  2)ingen  etma^  funbcrö:  ficib, 
l^erberg,  gang,  rcb,  fi^  im  tempel,  begrub; 
ni*  3C.  ^er  gang  ift  ^ol,^,  bie  reb  tru^ig, 
baö  fleib  milb  unb  meltlid^,  iai  ange^c^t 
coCl  trawens,  ir  gemüet,  menig  au§ge= 
nommen,  unverträglich,  frieggirig  unb 
öoQ  raac^ä  k. 

SBeil  nun  biefer  ^eibnifd^  %bel  beä 
fleifd^^  öor  ®ot  ein  greumel  iji  unb  ber 
teufel  beöielbigen  %nx^,  unb  bifen  melt^ 
lid^en  Qibel  berf^et,  fo  müeffcn  »on  not 
mcgen  bifen  2t&el  oerleugnen,  üu§jiebcn 
unb  geiftli^  non  ftc^  merfen  aüi,  bie  für 
(Sot  red^t  ebel  fein  möQen,  biemeil  ber 
S03clt  ^bel,  mei^^eit,  leben  unb  mcfen  fid) 
gar  nit  reimt  juo  bem,  tai  ®otteö  miü 
iji.  23on  be^  5lbel^  anfunft  li§  mein 
»orige  (S.I)ronif. 

S)er  brit  jianb  ©ermanie,  bie 
burger fcbaft.  2)er  brit  ftanb  ift  bie 
burgerfdbaft  ober  fiatticut,  beten  feinb 
ctlic^  bem  Äaifer,  alö  in  ben  9Reic!)Bfiätten, 
etli(^  ben  JJ^vj^cn  oapf(id)t,  etlicf)  für 
fid)  felbü,  ale  in  Scf)meij  unb  gteifiätten. 
5Die  form  einö  Sfiat^,  SRediteö,  mal  unb 
9flegiment,  ifi   uns  Seutfcben  molbefannt. 

3r  gcmerb  iji  mand)erlei,  fünfltic^,  ale 
ienbcrt  ein  iBolt  auf  erbrid):  micmol  oorjci: 
ten  barbati  unb  ein  ungefAidtö,  funftlofee, 
milbe^,  ungejämpt^,  trieggirigä  33olf, 
jeboc^  je|  ein  fubtil,  meltmeif,  {unjlreic^ 
üolf,  barjuo  juo  allen  l)änbeln  füen, 
freibig  unb  gcfc^icft.  yian  icf)  ad)t  aber, 
mie  x\\<i)ti  bcftänbigö  auf  bifer  erben  ifi 
unb  bie  JReid)  umbgonb  unb  »on  einer 
banb  in  bie  anbre  faüen,  alfo  aud)  ta^ 
^crj,  fünft  unb  alle  anbere  gaben  ©ottee 
—  je^unb  ^Qt  bi§  »olf  iai  ^erj,  muot, 
freub  unb  fter!e,  bife^  bie  fünji  unb  aud) 
mei^ticit,  jcneö  bie  ^errfd)ung  unb  SRegi> 
ment  ber  melt;  aber  alle«  ein  meil,  big 
eö  jioljieret,  ftc^  be^  überlebt  unb  bamit 
fid)  eben  boffertig,  übcrmüetig  unb  un= 
mürbig  mac^t,  ba§  ed  miber  »on  bem 
fiuol   ^oc^müctig  geprjt  »irt   unb   ba^ 


iReic^,  ^erj,  fünfi  unb  atleä  miber  oon 
inen  genummen  unb  eim  anberen  geben, 
ba^  bejcugen  alle  f)ifiori  unb  erfarung. 
aSeiter  ifi  aucfe  in  mäd)tigen  gveifiätteti 
unb  rcid)§fiätten  i^meierlei  »oltä,  gemeine 
burger  unb  gefc^lec^ter,  bie  etma^  (Jbet 
fein  roötlen  unb  auf  abelif^  munier  »on 
ircn  renten  unb  jinfcn  geleben.  ®9 
leiben  fein  gmeinen  burger  in  irer  gfeü* 
fcbaft,  ob  er  inen  gleidb  an  reid)tumb 
gleid^et,  heiraten  auc^  eben  fo  menig  oU 
ber  ?lbel  unber  ft),  funber  glei^  ,iuo  gleid^, 
mer  nit  cerfdjmddjt  unb  ein  au^rourf 
fein  mill;  bod)  baben  fp  ein  SRcc^t  unb 
ifi  fein  teil  bem  anbern  unbermorfen. 
2)i§  gruo§bar  frcunblic^  oolf  lebt  unber» 
einanber  freunblic^ ;  auf  gmeinen  unb 
funberen  planen  fummen  fl)  jubauf,  rcben, 
banbtieren,  laben  einanber.  jDie  flei* 
bung  ifi,  mic  gefagt,  alltag  neum,  nit 
lang.  9^oc^  bei  menfd)en  gebäd)tniö  truog 
man  fpi^ige  fd)Uocö  mit  langen  fc^näbcln, 
flcine  enge  furje  fleiber,  fappcn  mit  jotcen; 
jc^  ifiö  alleö  anber^  unb  umbfert,  mcit, 
grog,  bie  fc^uod)  breit  unb  maulec^t.  5)er 
meiber  fleibung  iü  je^  foflli(^,  aber  erber 
gemad)t  unb  menig  (auggenummen  ben 
fürmi^igen  Überfluß)  ju  taMen.  3fbod^ 
l)at  ©ermania  fr  ei  f  am  e,  heftig,  ben 
männern  ungel)orfamc  meibcr,  alg 
ienbcrt  ein  »olf,  beren  meijierfd)aft  nit 
lieberlic^  5U  mören  ifi;  ba§  i^  anbcrer 
untugent  unb  unäU(^t  gfdbmeig.  3"  meg* 
boren  unb  Icfen  laffcn  iji  e^  ein  an« 
bäd)tig,  aber  abergleubig  oolf,  tai  oil 
auf  mc§  lefen  i)dt  unb  audb  tior  tagö  oft 
fne^t  unb  mögt  jur  früeme§  nötigt.  3" 
almuofen  geben  ifi«  milt,  ernört  üil 
bettet  mönc^  unb  anbere  geifilic^en,  beren 
fl)  ben  l;aufcn  baben,  al^  faum  ein  tolf. 
3tem  t»il  fiiftfircfeen  ooüer  (S^orI)erren, 
Jumberren,  93iid)öf,  'isrataten,  äpt,  fl^röbfi, 
Tief  an  jc.  35cr  fpitat  ^at  bi§  totf  nit 
menig.  3tcm  in.  fiätten  bin  unb  t)et  oil 
arme  fd)Uoler  unb  f)albpfaffen,  bie  fp 
juo  Pfaffen  aufhieben,  unb  mieivol  ft)  inen 
nit  feer  t)olb  feinb,  fo  l)elt  boc^  ein  jei'^er 
gern  ein  pfaffen  unb  ber^atb  fein  ganj 
gef^ted^t  feiig  ad^t.  ©ermania  gibt  feei 
Dil  arm  ootf^  unb  bettcr,  i^i  met 
aug  unmäffigfeit  bann  »on  natur  in  ar« 
muot  unb  franf^eit  gfatlen  ifi,  unb  fo 
ein  nerton  »otf,  ta^  eö  meer  au§  feim 
müeffiggang  unb  fiatem  jöten  unb  vooU 
leben  an  bettetflab  fummen  ifi,  bann  au§ 
übetjianb  be^  lanbö  unb  teurung  ber 
narung ;  bann  ^at  bi§  üotf,  fo  tuot  («er* 
t^ut)   c«   unb    lobt  ®.  ilWartin,  lebt  alfo 


©ermania  nc\^  ©eb.  $Vrancf. 


199 


in  tag  auf  gerat  tttol,  on  aOe  fürforg 
bcr  mcrtcil,  unb  ifi  it  narung  burc^  gmcin 
^inburd^  (o  abgenjejcn,  ta^  \\)  altag  aufs 
get)t  unb  faum  ein  böfc  »od)  einbücffcn 
fünben,  ic^  gfc^weig  ba§  [p  ein  bö§  jar 
mit  ftätem  übcrttang  bulben  folten.  2)iir' 
juo  i)at  bi§  »olf  oil  anfiö§  unb  abnemen, 
bebe  öon  irer  ^eirfd)aft,  aÖerlei  gcifilic^en, 
unb  fot)iI  arme  nötige  Icut,  ta^  bu  liä) 
»ermunbern  mö(^te|i,  tt)ie  fpö  ernören 
möd)tcn,  bann  taum  ber  t)albteil,  ja  nit 
bei  btitteil  arbeitet,  fo  bu  ire  Ferren, 
müeffigen,  burger,  fnuf  leut,  abel,  JJütjlen, 
fd^uoler,  pfaffen,  aQerIci  münc^,  finbcr, 
franfen,  betler,  f(i)njangere  frawen,  ja 
alle  tt)eiber  rcdincft.  ffiic  bie  tempei, 
fd^uolen  unb  ftätt  gebarocn  feinb,  fei;cn 
tt»ir  täglich  für  äugen. 

5Dcr  »icrt  fianb  biebairrcn.  S)iB 
mücfelig  Dolf  ber  bauren,  fübler,  Wirten  jc. 
ift  ber  üiert  jtanb.  2)eren  bc^aufung, 
leben,  fleibung,  fpei§,  n.iei§  sc.  rt)ei§t  man 
mol,  ein  fecr  arbeitfam  DolE,  iai  jcber= 
man^  fuo§^aber  ift,  unb  mit  fronen, 
fc^armerfen,  jinfcn,  gülten,  (teuren,  jöQen 
f)ürt  befd)rt)ert  unb  übcrlaben  ift,  boc^  ni(^tö 
bef!  frümmcr,  au*  nit  mie  etman  ein 
einfältig,  fun&cr  ein  mtlb  ^inberliftig  un= 
jämt  tiolf.  ^x  fianbtierung,  fitten,  &ot§^ 
bienfi,  bauen  ifi  jebermaa  befant,  bod) 
nid)t  aflenttjalben  gleid),  funbcr  tote  an 
aüen  orten  Sänblid),  fitii^. 

9Son  ©ermania,  unb  ber2;eutfd)en 
leben  unb  fitten  oorjeiten,  etmas 
in  gemein,  au§  ßornelio  Sacito 
unb  anbern. 
jDie  alten  Sf)ronitfcJ)reiber  baben  gar 
wenig  »on  teutfcben  ßanben,  al^  ob  bie 
felbig  nation  auffertl^alb  be«  umfrei§  ber 
erben  läge,  gefd)ribcn,  unb  atleä  troum= 
meig  Don  teutf(f)en  fachen  melbung  gc= 
tan:  benn  fo  rtiir  »on  alten  jeiten  lefea 
(rt)ie  mir  gel)öit  t)aben  unb  id^  etma«  miber^ 
^ole),  fo  finben  mir,  ta^  bie  Seutfdjen 
ctifan  in  groben  barbarifdben  fttten  gelebt, 
fid)  jerri§ner  fd)nöber  fleibung  gebraucht, 
beö  milbfangö  unb  oelbgebam^  genärt  Ijabcn, 
©raufam  unb  friegäbegierige  menfd^en, 
aber  golb^  mangel^iaftig  unb  feinä  meinö 
gebreud)ig,  ein  arbeitfam,  malbfd)eul)eö 
malbDolf  etroa  gemefen,  innertljalb  bem  möbr 
unb  ber  S^onaw,  miberumb  innertbalb 
fcem  SRbein  unb  bem  glu^  'illbiö  ober  Slb 
etma  befc^loffen.  JBie  ferr  aber  bie  leutfd^en 
nun  juauil  ir  gvmj  übertreten  feaben,  hüi 
ifi  unferborgen  unb  oben  angejeigt;  mann 
be«  ifi  fehler  mer,   t>ai  fp   in  Oallia,   im 


obern  iRie9,  im  JRorcfäm,  im  ßecf)felb,  unb 
*13olnifc^cr  art  erobert,  bann  hai  \\)  Dor= 
mal^  inget)abt  tjaben,  fagar  meit  l)aben 
ft)  ir  gren,^  ermeitert.  iJJun  ift  aber  ba^ 
grob  beurifd)  93arbarifcfe  oolf  in  ein  folc^c 
jicr  unb  ^oUijei  gcma^fen,  tü^  fp«  fd)ier 
ollen  lanben  oortuonb;  alfo  mann  einer  au§ 
ben  teLitfd)en,  ber  jur  jeit  3ulii  be^  ^cifer^ 
gelebt  l)ett,  erftüenb  unb  leutfdjlanb 
(mic  ^riooifiuö)  burc^manbert,  fo  fennet  er 
fein  eigen  uaterlanb  nit  unb  fpre(^,  i>a^ 
ti  nit  bie  erben  mer,  bie  er  etman  gfel)en 
bett,  fürnämlic^  fo  er  alle  befc^ung, 
Weinberg,  pfianjung,  fleibung,  l)öflid)feit 
ber  fttten,  fci^einbarfeit  ber  ftätt,  ^oQijei 
unb  regimenteu  marnäme  unb  bei  ben 
Jeutfdien  ft^omet;  alfo  ha^  fp  je^  cor 
allen  d^ronilmürbige  leut  feiitö,  in  melt* 
lii^cr  fünften,  reblidifcit,  gered)tigfeit  ic, 
bie  etauin  fo  nicmant  nü^  t)eillo§  leut 
geac^t  maren,  ba'$  man  fp  faum  beö  namens 
mürbig  ad)tet  unb  glci*  für  milbe  un^ 
jäme  tier  l)iclt,  bie  jebermann  alä  ber 
büec^er  unmürbig  für  gan,  unbeacbtct  lie|. 
Sßiemol  man  fagt,  *piiniu^  unb  ©amoni« 
cuä  ^aben  etma^  von  ben  leutfc^cn  in 
fd)rift  binbcr  inen  gclaffcn,  aber  c^  ifi 
au§  Unfall  ber  Qcit  nit  an  tag  fummen. 
9iaein  Someliu^  Sacituö  l)at  ctmaö  oon 
ben  Seutfdien  unb  oon  ©elegen^eit 
irer  gegne  befdjriben ;  ber  bebt  an  mit 
bem  lob  beö  ftnftern  'ßolU  t)erfür  ,^ubrcd)en, 
unb  l)at  ftd)  mit  ber  ^t\t  bi§  ißolE^  »er« 
änbert,  ba§  je^tbiliic^  bie  ®ried)ifc^en  grob, 
<Jibgötterifd),  baget\en  bie  Jeutfd)en  biüic^ 
ßatinifd)  unb  ßl)rifilid)  genannt  merben. 
SJiad)  oiler  Urteil,  funberlid)  in  meltlii^en 
fad)en,  ifi  e^  jufdiimpf  unb  ernfi  ein  mol= 
gefd)i(ft  unb  fo«  bie  not  erforbert,  |)i^ig, 
ernfit)aft,  friegäleuffig  ,  rceitgemanbert,  er* 
faren  t»olf.  3""  ^^^  i"  ^iö^"  Singen, 
fo  man  juo  menfd)lid)er  notturft  crbenfen 
mag,  bife  nation  gnuogfam  oerfeöen,  oolf* 
reidö  für  anbern  oölfern,  glaubroürbig,  trero, 
Ootcförc^tig  unb  fo  ein  fircitbar  »olf,  ba^ 
ft)  allein  bem  meltjämer  3uliö  miberfianb 
getott  l)aben;  miemol  er  toä)  bie  ^ranjofen 
unb  ©aUier  betrudt  unb  mermalen  über 
iRt)ein  gto§c  2)ing  geton  ^at,  jeboc^  ^at 
er  bi§  ©c^rcäbifc^  niemant  meid)enb,  jianb= 
^aft  rolf,  ungeäämt  unb  unoermältigt  laffen 
müeffen.  2lugufiuö  =  Dctapianu«  (unter 
allen  Äeifern  ber  lanbreic^efi,  bem  aud)  bie 
5nbier  unb  *)3avt^ier  gefc^enf  fenbeten  unb 
;^rib  mit  ergebung  oon  im  fauften,  ifi  in 
feim  fireit  barniber  gelegen,  bann  allein 
gegen  ben  'Xeutfd^en.  So  ifi  munber,  ma^ 
je  unb  jc  unfuogö,  bf4)merb ,  öerbrie§  :c. 


200 


©ermania  naä)  <Btb.  ^xani. 


bic  tcutfc^cn  ben  iRömern  juogefüeat  haben, 
unb  ob  fi)  gleich  tt)ol  je  bciftcilcn  übcröenfd)ct 
aU  »cife  teut  bcm  SRömifd^cn  glürf  tüid^en, 
fo  ^aben  fp  bodf)  balb  aüwcg  barnad^  bie 
9lömer,  ©aUicr,  ^ifpanict,  93ritannicr, 
jungem  bePritten  unb  roiebcr  ettcgt.  I)ic 
hörnet  ^abcn  naä)  crobetung  ire«  gcmoltö 
groge  bing  geücbt  unb  nodb,  aber  nit  on 
beijianb  ber  unübemintli^en  2;eutfd)en,  in 
Äricgf  fachen  xtox  allen  tauglich,  in  f)cimlid^en 
fa^cn  atfo  glaubf)Qftig  unb  tre»  erfc^inen, 
ia^  fp  oft  für  Äamerer  unb  ^üetcr  beö 
Äaifcr^  leib  »ov  meniglid^  au^erforen 
worben.  (So  ifi  aud^  wiffentli^,  ta^  ^örjog 
©otftib  »on  Öott)nngcn  allein  mit  ben 
IRömifd^en  Jcutfdjcn,  etlid)  ©aüiern  unb 
unb  wenig  SBatfien  i>a^  ^ungerifc^  lanb 
erö§t  (teer  gemalt,  »cr^eert),  ©rie^ifc^ 
lanb  burc^trungcn,  ^etlefpontum,  iMjtam 
burd)reifct,  ^irufalem  au§  bcr  ungläubigen 
gettjalt  erobert  unb  aüe^  unbcrwegen  er* 
legt  l^at,  obleic^  tt)ot  ber  Züxt  fid)  mit 
jtt)cimal  bunberttaufcnb  ftreitbarer  mann 
ttjiberfp^tc,  unb  fiabcn  alle  üölfer  je  unb 
je  befcnnen  müeffen ,  ia^  fp  meinen,  bie 
3;eutfd)en  (^ic  man  je^unb  San^Enec^t 
nennet)  feien  Seufel  ober  aber  ftäbelin. 
Unb  njiemol  inen  »il  oölfer  nacheifern,  fo 
mögen  fi;  bodf)  t>a§  jit  irer  mannlid^feit 
nien^ert  crrcidicn.  ^MKe  gütfien  unb  Äünig, 
oud)  türfifd)  unb  au§länbifd),  baben  bte 
Jeiitfd^en  gern,  meinen  bie  fd^lad)t  fei  mol 
f)alb  gemunnen,  mo  in  berDrbnung  ber 
m erteil  teutfcf)e  jireiten.  S^  ifl  for  Stnbern 
ein  gtaubmürbig,  gelübbl^altcnb,  tru^Iid), 
beflänbig,  nur  juoil  freibig,  mannlict)  oolf, 
jei  gro§tätig,  milt,  gäbi'g,  fojifrci,  uner; 
f^rocfen,  ar))eitfam,  ^art,  e^renreiii,  Iob= 
girig,  ruomfüdbtig,  tai  in  cUen  ritterlid^en 
S)ingen  bie  fpih  füeren  tt^iü  unb  Pornen 
bran  fein.  ®p  geben  anä)  jc^t  feim  lanb 
id)tö  be»or  in  aÜen  t'ünjien,  jungen,  nemen 
fünben;oon  inen  (^atmonba^bnod^trucfen, 
bücfcfen  jc.  unb  nil  anbere  Äünjl.  «Strabo 
fprid)t,  bie  3;eutfd}en,  bcr  ©aüifcbcn  nation 
nad)foIgenbe,  feinb  grabs  Icibö,  mciffer 
unb  röf  lec^ter  färb,  unb  in  anbern  S)ingen 
an  gcjlalt,  gepärb  unb  fittcn  ben  ®aflifd)cn 
gltid).  S)arumb  t)aben  inen  bie  JRömer 
bifen  namen  biüicb  geben,  ia  fpö  brüeber 
ber  ©allier  nennen  mollten,  unb  t)ci§en 
barumb  ®crmani,  tai  ift  brüeber,  Pon 
irer  trem  megen ;  etlicf)  meinen ,  uon  ber 
änlid)feit  megen  in  »it  Dingen,  bie  ft) 
mit  ben  ©atliö  t)aben. 

9'lun  ©ermania,  mie  gefcigt,  ifi  »on 
ben  gfd)id^tf(^reibcrn  »il  »erfaumpt;  bann 
ire  juogäng  maren  mit  mafferflüffen  »er« 


pinbert,  bcr  mälb  unb  fee  i)a.lb  unwegfam» 
grober  f)irtifd)cr  fttten.  9lber  nadb  an* 
nemung  be^  Sl)rifilid)en  gtoubenö  ifi  ®et» 
mania  jü^tiger  »orben  unb  in  großen 
aufgang  fummen;  bann  ©ermania  fioft 
»on  aufgang  bi|  an  *PoIn  unb  nibct 
^ungerifä)  lanb,  »on  mittag  enbet  fid^« 
mit  bem  iRcin,  mit  bem  5lügem  ober  ge« 
bürg ,  »on  nibergang  unb  mitternac^t 
firedt*  fein  fuof  bi§  anö  mör,  mit  bcm 
eö  bfc^loffen  mirt  unb  bi§  an  bie  ©aUict 
flo§enb;  allein  bie  Sö^em  ft|en  alö  bie 
frembbcn,  mit  jungen  unb  glauben  »on 
Icutfc^en  unbcrfd)iben,  im  Seutfc^en  erb« 
ricö,  bo(^  unbcr  einet  unb  gmeinet  ^ctr« 
fd^aft;  bann  auc^  ber  böbemifdl)  tünig 
unbern  (Sburfürfien  bie  »orma^I  f)at  unb 
ben  erfien  fr^ 

5Die  namf)aftigficn  flü§  ©ermanit 
feinb  ber  (Rein,  ber  fein  urfprung  im 
mittagifc^en  gebürg  ouf  eim  l)ot)cn  gipfel 
liat,  mit  girigem  lauf  gegen  mittctnac^t 
laufenbe,  boc^  erfilid)  gegem  nibergang 
fleugt,  burd^  täler  unb  gälje  berg,  unb  fo 
er  burd)  bie  föurienfifd)  lanbfc^aft  fumpt, 
mirb  er  fd)iffreid^;  alöbalb  barna^  teilt 
er  ftd^,  mad)t  j^men  ©ee  (bie  man  ©oben« 
fee  ober  BcQftffß  nennet,  bie  fiatt  (Softni^ 
in  bcm  mittel  laffenbe,  unb  fürtan  läuft 
er  janfd^en  bem  berg  gfdfiwenget,  er« 
fd)rodEenlid)  faufenbe,  butd^  iöafel  für 
Strasburg,  -stpeier ,  Sffiormb^,  SDien^, 
(Sobolen^,  (Söln,  mit  aufnemung  in  fx^ 
»il  f(^iffreid)er  flü§,  als  be^  SDföng, 
iUedferä,  ßimag,  SDlufel,  ÜJiofa;  unb  geupt 
ftd)  bann,  ein  ^n\d  madt)cnbe,  au§  in 
i)aQ  5leutf(^  mör,  beren  etlid)  »on  ben 
@ellerifd)cn,  etli^  »on  ben  ^riefen,  etlid> 
»on  ^tn  |)olänbern  bemonet  «erben. 

3um  anbern  ercuget  fid)  bie  2 1)  o  n  a  m, 
bcr  berüemptfi  flu§  ©urope,  entfpringenb 
au§  bem  5lrnobifd)en  berg  bei  bem  anfang 
bcö  ©d^marjmnlbö,  in  einem  35orf  2)on« 
efd^ingen  genant,  unb  fleugt  »on  9?iber« 
gang  gen  Orient,  erftlic^  auf  jtt)o  tag« 
reifen  bi^  flcn  Ulm  langfam.  ^Jlßba  mit 
ber  $lam,  ^Ux  unb  anbern  flüffcn  gc« 
flcrft,  mirt  fi;  fcf)iffrcid)  unb  rinnet  »on 
bannen  ^in  für  öauging,  2Börb,  unb 
faffet  ben  Scdt)  unb  Sßerni^  in  fid),  unb 
rinnet  fürtet  auf  iRegenfpurg,  Saffam.  i>a 
nimpt  fp  in  fxd)  bie  3fcr,  bie  für  SRün« 
c^cn  fleugt,  unb  rinnet  l)in  auf  2ßicn, 
Ofen,  julctfi  auf  60  ber  mcrteil  fd^iffreid^e 
iffiaffcr  in  fic^  nemenb,  alö  bife  befanten, 
bie  etfdf),  9lber  unb  ©am  etc.,  fleußt  fp 
an  fedf)^  orten  in  t)ai  Sujinifc^  mör. 


®efd)icfetfdbrcibunfl. 


3um  titittett  begegnet  bic  (Slb,  cnt= 
fpringcnbc  in  ben  Sergen  bcr  ®(f)Iefier, 
bife  öon  ben  53öf)em  teilenbe;  bie  fleugt 
mit  bct  ÜJJuIta  burc^  5Jö^emer  lanb,  t>on 
bannen  butc^  ben  93ö^emifci)en  njatb  für 
SOfieifTen,  SlJJabenburg  unb  anbeve  ftätt  ber 
2J?arf  unb  ®d(^rifd)en  lanb,  bi§  ^inab  bei 
Hamburg  in  baö  2;cutfcf)  mör. 

3um  inerten  crfdjeinet  in  ®ermania 
ein  2Batb,  .f>ercinia  genant,  ben  bie 
umbfäffen  ber  Kjona»  ben  ©(^tt)arj  = 
h)alb  nennen;  ber  ifi  atä  ^omponiuö 
SO^clanu^  fe^t,  60  tagreifen  lang,  ober 
tüie  Scfar  im  fe(iöten  buod)  feiner  ßom« 
mcntaren  fe^et,  49  tcigreifen  breit;  er  i)at 
Dil  börner  unb  äft,  »eichen  bie  einüoner 
anbere  unb  anbere  nammen  geben;  bann 
Don  anfang  feines  urfprungS  bi§  ^um 
S^ärfer  bebalt  er  er  feinen  nammen 
©c^warjroalb,  unb  »om  D^dder  bi§  an 
ben  Wön  bei§t  er  Dttenmalb,  aber 
Dom  Tlön  bi§  an  ben  flu^  öonam  bei 
Soblenj  SBe^ertttalb;  barnaci)  wcnbet 
er  ftd)  gegen  Orient  unb  teilet  ^ranfen^ 
lanb  Don  Iljüringen  unb  .^»effen ,  unb 
barnac^)  tuot  er  firf)  in  ber  mitte  »iber 
auf  unb  umringet  jirfelömeig  tai  QSöbcmer 
lanb,  ba  l)ei§t  er  ber  33 ob em er  malb, 
unb  firecfet  fid)  fürtan  in  baö  Werrbifd) 
gebürg,  Ungarn  auf  ber  rechten,  'Jßoln  auf 
ber  linfen  laffenbe,  fürfliegenbc  big  jum 
S)anif^en  ober  (5ktifd)en  DotE,  Dilcrlci 
namcn  entpfabenbe. 

3tIfo  \\i  ©ermania  ein  feiige  gegen, 
barin  gemäffigter  luft,  fruditbare  felbung, 
Don  allerlei  getreib  überflüfftg,  bicfe  mcilb, 
maffcrreid)  mit  guoten  quellenben  brunnen 
aücntbalb  gelieret,  gnuogfamfcit  allerlei 
tücin,  metaÜ,  treib,  biinbtierungen,  ben 
gäften  guot,  ben  bittenben  fänftmuotig, 
Doraug  in  frieg^fac^en  jurog  unb  fuog 
feiner  DiJation  tt)eid;enbe,  aud)  an  rcic^* 
tumb  ber  metaÜ;  bann  oüe  2BcIfd)e, 
^ifpanifd)e,  ®allifd)e  unb  Dil  anbere  na= 
tionen  baben  fd)ier  aüeö  filber  aug  ben 
tcutf^en  faufleuten.  Unb  bife  nation 
»ermag  on  eufferlic^e  bilf  Jui^oB  ""b  fuog, 
tt)a  funP  glücf  barbei  fein  foQ,  t)a^  ft)  fid) 
aüer  irer  feinb  lcid)tlid)  ermören  mag  unb 
ben  euffcrlid^en   lenbcrn  rciberflanb  tuon. 

@cfcötc^tf(^rcibung.  S)ic  ®efd)i^t= 
fd)reibung  rcurjelt  in  bem  b'fiorifc^en 
3nbalte  ber  iBolEöfage  unb  beren  fprai^* 
Iid)em  «uäbrutfe,  bem  epifc^en  SolEöliebe, 
baö  jugleid)  ®efd)id)te  unb  ©icbtung  ifi. 
SDaß  ßbrifientum  iji   Urfad^e,  U^   biefer 


201 


natürlicbc  Übergang  au«  bem  (Spoö  m  bie 
®cfcbid)te  bei  ben  Deutfd)en  nid)t  fiatt« 
fanb  ober  ftd)  wefenilid)  anberä  geftaltcte, 
iia  bie  neue  Sebie  bie  anfange  ibrer  ®es 
fc^i^tenid)taufbeibnifd)'germanif^em,fDn* 
bem  auf  d)ri|ilic^;römifd)cm  ©oben  fuc^tc 
unb  fanb;  womit  jufammenbängt,  bag  bie 
5tnfange  beutfcb«  ®efcbid}tfd)reibung  ni(^t 
in  beutfd)er,  fonbcrn  latcinifdicr  (5prad)c 
auftreten.  Sie  fmb  aber  bennod)  eine  Sr^ 
fc^einung  beutfd)en  ?ebenö,  £)aben  bcutfd)e 
ißerfaijcr,  jeigen  beutfc^ie  2)enf=  unb  (Sm* 
pftnbungömeife  unb  fämpfen  fid)  mit  ber 
3cit  ju  einer  aud)  fprad)Iid)  nationalen 
(5rfd)einung  burd). 

I.  ®ic  Übergangäjeit  bi^  ju  Äarl 
bem   ®rogen. 

%üä)  ijl  ber  innere  3"faniiu«nl)ang,  ber 
jmifcben  Sage  unb  ®efcbid)te  fowobl  aU 
ärciifd)en  SDic^tung  unb  ®efd)id)te  befiebt, 
nod)  3abrbunberie  binburd)  ftd)tbar;  bie 
erjlcn  beutfcben  ^iftorifcr  beridbten  Sagen, 
CiU  ob  biefelben  ®cfd)id)tc  mären;  bie 
®cfd)i(^tc  ber  d)rijllicben  Stiftungen  be* 
ginnt  mit  Segenben  ober  Vitae,  glei(^= 
[am  ben  ^elbenbüd^ern  ibre«  S)afeind, 
in  benen  fo  gut  mie  an  ben  gelben  ber 
ältcficn  33olE3gefd)icbtc  bau  SBunbcr  eine 
in  ber  finblid)en  QUiffaffung  ber  ßeit  be= 
rut)enbe  ttJefentlicbeOfiolIe  fptelt;  nod)  lange,, 
biö  gegen  baö(Snbe  bc^iWittelalter^,  bcTrfd)t 
ber  Srieb,  bie  ®efcbid)te  alö  2)id)tung  ju 
bet)anbeln,  poetifd)e  ®efd)id)te  ju  fd)reiben. 

sei«  bie  beutfd)e  ®efd)icbtfd)reibung  auf 
bem  *|3unfte  angelangt  mar,  l)af;  fie  au^ 
bem  üanbe  felbft  beiauämad)fen  unb  Don 
.ftinbern  be^  8anbe«  ausgeben  tonnte, 
brauste  e^  einer  längeren  UbergangS  = 
jeit,  in  melcber  fid)  bic  d)rijllid)germa= 
nifd)c  53ilbung  aömäblid)  an  bas  23obürfä 
ni«  unb  bie  5Uiffaffung  einer  in  ben  ^n* 
fangen  ^rifilii^er  33ilbung  murjelnben  ®e' 
fc^ic^te  gemöbnte  unb  bineinlcbtc. 

3tv>eierlei  2BerEe  ftnb  eS  Dornebmiid), 
melcbe  ben  (^rifllid)=römifd)en  ®efd)icbtä« 
fioff  bem  'JDtittelalter  oermittelten  unb  ju« 
gleich  ©htfieru  ^üorbilberfürbie  mittelalter= 
lid)e  ®efd)icbtfcbrcibung  würben:  2)ie  Sffierfc 
beS  (Sufebiuö  unb  bcr  römifdb«  Staats* 
falenber.  SBoneufebiuö  (264—340)  bat 
man  jmei  23ücber  *Jnigemeiner  ®es 
fd)id)te,  Don  ^ieronpmuS  fortgefe^t  unb 
bearbeitet,  unb  eine  Don  Üflufinus  fortge= 
fe^te  J?ird)engef(^id)  tc.  2)oS  erftere 
2BcrE   entf)ält  neben  einer   Sbronograpbic 


2Ö2 


®cf*ic^tfc&reibung. 


in  öarj^eüenDcr  ^TWi  bcn  tabeflarifi^  auf* 
gcficQten  ft)nd)ronifli[4en  Äanon  unB  ftef)t 
»oüfiänbig  ober  im  ^luäjug  an  ber  ©pifee 
afler  umfQf]'en^en  Gl)ronifcn  bcö  SDJiitel- 
alterö.  SJer  römifcfcc  Staatöfalenbct 
entbleit  folgenbe  Stüdc:  1)  ben  eigcntlidben 
Äalcn^er  mit  Silbern;  2)  jlonfularfaßcn 
bie  jum  ^atre  354;  3)  Dfiertafeln  auf 
100  ^abxt,  »on  312  an;  4)  ein  iBer^eic^? 
nie  ber  Stab tpräfeften;  5)  bie  Jobcö« 
tage  ber  römifcfecn  ©ifc^öfe  unb  ber 
SDtärtprer;  6)  einen 'JJapfifatalog  unb 
7)  eine  bürftige  Söcltdir onif  bi3  334, 
Derbunben  mit  einer  @t ab tiSronif  non 
JRom  unb  ber  9ieg  ionenbefcbreibung. 
S)ie  Äonfutarfüftcn  unb  Dflertafeln 
gaben  25eranlaf[ung,  fur^e  anna  liftifc^e 
5lufjeic^nungen  ät)nlicf)er  5irt  aufjufctrei« 
ben;  baä  !ö  er,5  ei* nie  ber  lobe^tage 
ber  2JJdrtr)rer  unb  ^dpfie  mürbe  iai  SWufler 
für  bie  *3JJartt)roIogien,  melcbe  batb  ju 
ben  bIo§en  Jiamen  *J?ad)ri(iten  über  Seiben 
unb  Scben  ber  ÜHartprer  {jin^ufügen  unb  aQs 
mäblid)  ;u  einer  mid^tigen  (Äefcbicbtequellc 
beranmad)fen ;  au<^  bie  Sfiefrologien 
f)aben  fi*  an  biefes  i^erjeic^niä  ber  lobe«« 
tage  angefc^Ioffen- 

2)ie  erflen,  beutfc^en  Stämmen  an- 
gel)örigen  ®efcbicf)tfcl)reiber  »or  Äarl  bem 
©ro^en  fteben  nod)  burc^auä  auf  bem  So? 
bcn  ber  antiEen  2BeIt,  beren  Untergang  fie 
beflagen,  beren  bergebrad)tcn,  ber  Scf)ulc 
ber  legten  Dtbetoien  entnommenen  ®iil  fie 
nacfeabmen;  gemeinfam  iji  ibnen  neben  ber 
SSorliebe  für  bie  antife  abfierbenbe  ÜBelt 
tai  d)riftlic^e  ^ntcreffe,  ba«  fid)  in  fircften« 
gefd)id)tlid)en  '2lrbeiten  ober  in  ber  Scs 
(cbreibung  Don  Heiligenleben  funbgiebt, 
gemeinfam  ani)  bie  Vorliebe  für  bie  ein« 
|eimifd)e  ©agenroelt,  ein  Q\ic[,  ter  freiliefe 
mit  il)rem  antifen  Söcfen  in  naioem  JBiber* 
fprucfe  ju  ftel)en  fcfeeint. 

(Jö  get)ören  baju  bei  ben  Opgoten: 
ajJagnue  >yurctiu«t5.aff  io  boriuö(Gaffio= 
boru«)  Senator,  gejl.  um  5T0;fein  ^auptmcrf, 
jmölf  '-Bücfeer  gotifcfeer  ®efd)icfatcn,  i)l  bIo§ 
im  "Jlue5ug  beä  jmeiten  oilgotifcfcen  ®efcfeicf)t= 
fcfereiber«  3orbani^  ober  Jornanbcö 
crbalten;  beffen  au«  brei  älteren  Sd)rififiel= 
lern  fompihene  Ä  ircfeengefcbid? tc  ober 
historia  tripartita  rourbc  neben 
ßufebiue  hai  fird)engefd)icfetlid)e  ^anbbucfe 
be«  "JÜUttelalter?;  Saffiobor  ifi  ee  aucfe  ge* 
tt)efcn,  ber  bie  roiffenfcfeaftlidbe  'Mrbeit  ju= 
€rft  grunbfd^licfe    in  bie  Ätö|ler  einführte. 

Unter  ben  Sffiepgoten  mirfte  norne^ms 
lid^   3fibor   üon   Seoitla,   geft.  (336, 


beffen  20  Sücfeer  Originum  sive  Etymolo- 
giarnm  bie  (Summe  aQer  öorbanbcnen  au^ 
ber  antifen  2BeIt  hinübergeretteten  .^ennt« 
niffe  in  ficfe  auf^unebmen  trachtete  unb  im 
üJJittelalter  eine  auperorbentticbe  iBerbrei* 
tung  erlangte.  jDarin  ftnbct  fid)  auch  eine 
Gbronif,  meiere,  ben  fed)^  8d)öpfungötagcn 
entfpred)enb,  in  fed)ö  Sffieltalter  eingeteilt 
ift,  eine  ©rfinbung,  bie  im  2)?ittelaiter  aH* 
gemein  nad)geat)mt  mürbe,  ^ucfe  3fibot 
mar  burd)  fein  'i^ud)  De  scriptoribus  ec- 
clesiasticis  auf  fircfeengefd)id)tlid)em  ®e* 
biete  tbätig.  —  2)cm  fr  änfifcfeen  ©tamme 
gehört  »or  allem  ®regor  oon  Jour^ 
an,  gefl.  594,  au«  einer  alten  gaUifcfe* 
römifdien  gam'lie  flammenb;  er  fleht  fcfeon 
ber  antifen  'SilDung  ferner  urb  mirf  t  mehr  in 
einfeitig  römifd)sfatl)olifd)em  Sinne;  fein 
^auptroerf  ifi  bie  Historia  ecclesias- 
tica  Francornm,  beffer  jel)n33üd)et 
fränfifdier  ®cfd)id)te  genannt,  morin 
ältere  heilige  unb  profane  ®efd)id5te,  fränfi* 
fd)C  ®agengcid)id)te  unb  memoirenaitige 
Srjdhlung  pon  ibm  erlebter  Jahre  in  mun« 
cerlidjem  ©emifd)  beifammenfle^en.  2>ur^ 
feine  libri  septem  miraculorum 
fd)lie6t  er  [xd)  jualeid)  an  bie  au§eror^ent^ 
Mi)  große  ^atil  ber  Heiligenleben,  welche 
in  ber  ßeit  ber  5Werominger  auf  fränfif  tcm 
Soben  entftanbcn  ftnb.  5luf  angelfäcfe« 
fifcfeem  53oben  fleht  ben  genannten  9D?än- 
nern  enblicfe  ©cba  Sencrabiliö  jur 
Seite  (672 — 735),  au^  er  auf  bem  StanD« 
punfte  met)r  be«  Altertum«  unb  be«  Shrificn? 
tumö  al«  ber  SJiationalitdt  feine«  25olfeg 
llehenb;  feine  fflerfe  finb  tai  Such  oon 
ben  fed)ö  2Beltaltern,  bie  ®runbliigc 
ber  meiften  Uniperfald)ronifen  be«  'Drittel« 
altera,  bie  anglifdje  Äirctengef d)id)tc, 
ein  *J[JJ  a  r  t  9  r  0  l  0  g  i  um  unb  O  fi  c  r  * 
tafeln;  er  ifi  ber  Hiiwpt^srtreter  bct 
angelfächfif'dien  Silbung,  meldje  beftimmt 
mar,  bie  altere. au«  3  i^  I  a  "  b  fiammcnbc 
'öilDung  abjulöfen  unb  ju  »ertiefen. 

n.  !BonÄarl  bem  ®ro§en  big 
inbieÜJlittc  bcöl3.  5ahrf)unbert«. 

ÜJJit  bem  IlufiretenÄarlö  bc^®ro§en 
unb  feiner  'Bemühungen  umeine  Ijöhcre,  bem 
®eifte  unb  ber  Jorm  be^  "Jlltertumö  mür« 
big  jur  Seite  fiehcnbe  Silfung  fe^t  eine  im 
engern  (Sinn  beutfcfee  ®efchid)ifcfereibun9 
ein,  bie  nun  and)  fachlich  oon  bem 
®lanje  ber  Il)atcn  Äarlö  unb  feinet  '^aü» 
feö  getrugen  mirb.  Unter  ben  Ü/Janncrn, 
bie  ^ail  an  feinen  Hof  berief,  fmb  ber 
"Jlngelfad^fc  ^Ifuin  unb  ber  fiangobatbe 


®cfd^id)tfcöreibung. 


203 


*PauluÄ  Diafonu«,  ÜBarnefribd  ©o^n, 
fclber  auf  bcm  %i\tt  ber  ®cfc^id)tfd)rei= 
bung  tbätig  gewcfcn,  Qllfuin  mit  ©iogra? 
pbicn  foI(l)ct  -inänner,  bie  fic^  in  bem 
5Dicnfi  ber  ^ixcbt  auögcjeicbtict  l)Qtten, 
^auluö  mit  ^cr  ®ef(i)icfttc  ber  33ifd)öfe  üon 
ajlc^  unb  ber  ®efd)i(^te  ber  ßangobarben, 
tüeld^c  jVüar  nod)  tef)r  an  bie  Dorfarolins 
gifcben  93oIEägefd)icbten  erinnert.  Die  93c« 
beutung  ber  nun  ^eröortretcnbcn  jablreid)en 
®ef*i(^tf(^reiber  liegt  in  erjler  öinie  in 
ber  5öcberrf(^ung  ber  ^otm,  ber  €pradbe 
unb  2)atftetlung,  bie  unter  ben  ÜJJeroroin« 
gern  ber  fcftrecfiicfcfien  Jlofjeit  ant)eimge* 
fallen  maren.  2)icfe  SOiänncr  [(^reiben  mit 
bemühter  D'Jarfjaljmung  ber  ibnen  befannten 
latcinifcfeen  93orbilber,  tai  6ucton,  Saciiuö 
u.  ?l.  üJJan  unter[(^cibet  aber  jrcei  ®rup5 
Pen.  ^m  älteren  gef)ören  bie  am  ^ofe 
kaxU  felber  Icbenben  ßebrer  unb  beren 
unmittelbare,  ebenfalls  bem  JP>ofe  ange^ö« 
tenbc  ®cl)üler,  namentlidb  5lngclbert, 
ber  ^omer  ber  tarolingifd^on  ^Ifabemie, 
ber  ein  (Spoö  auf  Äarl  Derfii§t  f)at;  bann 
<Sinf)arb,  t»on  bem  21nnalen,  bae  ßeben 
Äarl^  unb  ber  93cri*t  t>on  ber  Übertra- 
gung beö  {)eiligen  SKärtprer  ^Petruö  unb 
2>?arcellinuö  erhalten  nni»/  wni»  i^Jit^arb, 
ein  eifriger  Qlnbänger  Äarl^  bc«  Labien. 
<Sine  jüngere  ®ruppe  bilben  ÜJJänner,  bie 
»on  ben  S^itgenoffenÄarl^  angeregt  rour* 
ben  unb  burc^  rt>el(f)e  erft  bie  neue  33il= 
bung  in  Weitere  Ärcife  getragen  murbc. 
Der  SOf^ittelpunft  biefer  unter  ifubmig  bem 
S5eutf«^en  jur  ^öf)e  gefommenen  miffen« 
f^üftlicben  Silbung,  moju  eben  au^  bie 
©ef^iditfc^reibung  je^t  jä^lt,  iti  gulba 
unter  JRtiabanu^  iDiaurud,  bejjen  6(^ülcr 
u.  ^.  bie  ;^i(iori?er  SRubolf ».  gutba  unb 
SBalafrib  ®trabo,  *}lbt  üon  SReidjenau, 
ftnb.  Unter  biefen  ®clef)rtcn  bilben  ^xä) 
nun  bie  formen  ber  |)iftoriograpbie  au^, 
toelcbe  im  *Dlittelalter  bie  l)errfcf)enben  ge« 
blieben  ftnb.  3)aju  gel)ören  in  erfter  ßinie 
bie  *Hnnalen.  ®ie  cntjletjen  auä  für« 
jen  l)iftorifd)en  D^Joti^en,  bie  anfänglid^  auf 
ben  SRanb  ber  Ojlertafcin  gefc^iitben  unb 
öQmäblic!^  burd)  gcgcnfeitigen  *llu«itaut"c^ 
ocrmebrt,  jufammengeorbnet,  nacb  Umfang 
unb  3n^alt  erweitert  mürben.  &k  ge^en 
»on  Derf^iebenen  *Punften  auö,  befonberi( 
unterfcbeibet  man  aber  bie  SReic^ö« 
ober  Äönigäannalen,  an  benen  (Sin* 
i^arb  beteiligt  gemefen  fein  foü,  unb  jabl= 
reiche  Älofterannalen.  ^uU^t  f onnte  e« 
gefct)et)eti,  ta^  ein  gefcf)icfter  'Wann  ben 
gegebenen  rot)cn  ©toff  überarbeitete  unb 
«in    n)irtltd)C(^     äufammen^ängcnbeö    ®es 


fd^id)t«tt)erE  barauö  t)erfietlte;  gegenüber 
ben  älteren  ober  fleineren  Qlnnalcn, 
bie  fxd)  übrigen«  fortmäbrenb  mieberbolten 
unb  neu  entfianben,  nennt  man  bie  barauö 
bergeftetlten  größeren  ®efcfti(^tänjerfc  grö» 
^ere  Qlnnalen;  jtc  fmb  im  9.  unb 
11.  3abrl)unbert  jur  ^öd)(ien  Qluöbilbung 
gelangt. 

9?eben  ben  ^nnalen  bat  bie  3cit  felb« 
fiänbige  ®efc^i(^tgwcrf  e  biogra« 
pbtfdber  9?atur  unb  eigentliche  3«*^- 
gefdbid^ten  ^eroorgebrad^t,  bie  frc^  an 
bie  ©cgenmart  anfcf)lie§en  unb  ben  mebr 
fad)lic^  gebaltenen  21nnalen  gegenüber  eine 
freiere,  für  i^ren  ®egenftanb  eingenommene 
Sebanblung  aufrreifen.  Solche  2öcrfc, 
}u  bencn  ßin^arb^  ficben  Äarl^,  tii  Stierer 
Sbor  93ifd)of«i  2)egan,  T  heg  an  ober 
Theganus  ßeben  ?ubmig  beä  frommen 
jäblcn,  ftnb  ftarf  politit'cfeer  9tatur. 

33on  einer  brüten  ©attung  öer  ®efcf)id^t= 
fcbreibung,  melcbe  fid)  neben  ber  ©egenmart 
^ugleicf)  ber  "ö  ergangen^  eit  ^umenbet, 
giebt  eä  wieder  ^mei  tierfct)iebene  ^rten. 
i)ie  allg  emeine  ©efc^icl)te  ber  älteren 
Seit,  bie  Unioerfalt)iftorie,  bilbet  fid?  in 
ber  6t)ronif  au^.  Dbne  üiel  Äiitif  unb 
Urteil  werben  für  biefe  ©attung  beibnifcftc 
unb  d)riftlid)e,  ^ifJorifdbe  unb  anbere  SBerfe, 
xx)a^  bem  öerfaffer  ju  ©ebote  fiet)t,  beuü^t 
unb  jufammengetragen.  <}1U  äußere  yiai)' 
mcn  benüßen  fie  bie  fec^ö  aetates  beö 
3ftbor  unb  'Btia,  geben  römifi^e  unb 
beutfd)c  ®ef(i)i(^te  unoermittelt  nebenein* 
anber  unb  werben  erft  bann  auöfü^rlic^er, 
wenn  fie  mit  iljrem  Stoffe  in  bie  ©egen* 
wart  gerücft  finb;  auö  farolingifcf)er  3eit 
finb  fold)e  ßbronifen  üom  ©rjbif^of 
"Jlbo  oon  *Bienne,  oom  'öifcbof  5red)ulf 
00 n  iCifieuf,  einem  ©d^üler  'fi^abanö, 
unb  »om  2lbt  SRcgino  oon  *Prüm  er* 
ballen. 

2)ic  anbere  5Irt  rüdwärt«  fc^auenber 
©efcf)id)t'8büc^er  befc^vänft  ^x<i)  auf  ein 
ßanb,  ein  93olE  ober  nod)  mebr  auf 
eine  befummle  ßoEalität.  ^voax  Solfä* 
gefc^ic^ten  wie  fte  SaiTiobioruö,  ©regor 
oon  iourö  unb  '}5aulu«  Diaconuä  oerfa^t 
Ratten,  fommen  in  größerem  Umfange  nid)t 
mebr  oor,  nur  fompenöienartige  ^ufjeid)* 
nungen  giebt  eö  auf  ciefem  ©cbiet;  bagegen 
ftnb  bie  ®efd3id)ten  ber  ein j einen 
Siötümer  unb  Älöfier  je^t  bäufiget 
unb  bebeutenber.  Sie  fd)lie§en  fic^  an  bie 
Drte  an.  wo  bie  bebeutenbften  ßebrcr  ber 
3eit  wirftcn,  unb  erblübcn  balb  ^ier  balb 
ba  ju  reifer  (Entfaltung.  2Battenba^ 
f)at  feine  Betrachtung  ber  mittelalterlichen 


204 


®ef(^ic^tfc^rei6unfl. 


^ijiorio  grapMe  nad)  biefcn  lofalen  ÜJlittel* 
punftcn  geotbnet  unb  für  bie  Äarolingifc^e 
3cit  jumal  ben  Älöjictn  unb  ißifcftoföfi^cn 
gulba,^et^felb,  aJiünfier,  Sternen, 
Hamburg,  ßoiDcp,  ©ianber^^eim, 
Jticr,  ^rüm,  ®t.  ©allen,  iReicftcs 
nau  befonbere  2)arfte[Iun9cn  gcrctbmct. 

S)er  6.1)arafter  bcr  ^ijioriograp^ic,  ben 
bie  farolin9ii'cf)e  3^'^  au^gebilbet  ftatte, 
erhielt  f\d)  im  ganjen    big  in  bie  üJiitte 

t>ti    13.    3Qf)T^. 

3ttjat  trat  gegen  ia^  ©nbe  beö  9.  ^ai)xk- 
in  bet  ©Übung  ©eutfcfclanb«  überf)aupt 
eine  etwa  fünfjigjdfjrige  *Paufe  ein,  burc^ 
innere  unb  dufere  2ßirrcn  {jeroorgebradit; 
nacfjbem  jcboc^  Dtto  I.  bie  ÜJJadjt  beei  SReic^eä 
neu  begrünbet  t)atte,  traten  auc^  bie  alten 
gcijligen  Äräfte  njieDer  auf  ben  @d)aui>Ia^. 
hoä)  bilben  bie  ©efcfeidjtäfcfcreibet  biefer 
3eit  feine  befiimmte  <Sd)ule  mc^r, 
treten  »ielme^r  an  t>crfd)iebenen  Drten 
unter  ganj  Pcrfcfjiebencn  S!3ert)dltniffen  auf. 
S)ie  gröpten  unter  ibncn  jtnb  Sffiibutinb, 
S^ictmar  unb  Ciubpranb.  2Bibufinb, 
SWöncfe  Don  ßortep,  fct)rieb  brci  Süd? er 
fäd)fi[d)cr  ® efd)i(i)ten  ,  bie  mit  ^er 
Urgefc^idjte  beä  ©ac^fentoolfeä  beginnen. 
(Bein  ÜJJufier  ifi  ©aüufi,  nnb  er  üerroeilt 
in  epifd)er  SBeife  öorjüglict)  bei  ber 
gc^ilberung  ber  6(i)lad)ten  unb  anberer 
33egcbenl)ctten;  er  ift  einer  bcr  »orjüg- 
Uapcn  ©d^riftjieaer  :be«  •mittelait.-r«. 
j;t)ietmar  »on  OTerfeburg,  Sifd^of, 
976  — lOls,  »ertt>anbt  mit  ben  Ottonen, 
gebac^te  in  feiner  ßbronif  cor  allem  bie 
@(i)i(ffale  bes  Siötume  Ü)krfeburg  barju= 
jtetlen,  rt>o;u  freilid)  mit  i)Jottt)enbigfeit 
bie  (Sefdjic^te  beö  Dttonifd)en  ^aufcä  ge= 
borte,  unb  ta  er  überhaupt  ein  33udi 
fd)rieb,  fo  legte  er  nebenbei  barin  aud) 
5lüeö  fonft  nieber,  mas  ibm  benfmürbig 
fehlen,  alle  tleincn  unb  großen  (Srkbniffe 
unb  «300  er  in  anbern  !Büd)ern  fanb 
fiiubpranb  d  on  ßremon  a,  gell.  972, 
ifl  jmar  ein  ^t'^'i^ner,  bod)  lebte  er  am 
.^ofe  Dttoö  beö  @ro§en,  fd)rieb  einen 
Seil  feiner  Sücf)er  in  S)eutfd)laut)  unb 
befd)äftigtc  ftc^  grö§tentcil0  mit  bcutfd)en 
Segebenbeiten.  Sein  ^auptmerf  l)ei§t 
^ntapobofis,  b.  i.  Sßieberoergcitung, 
meil  er  ftd)  mit  bcmfelbcn  an  Äönig 
Screngar  üon  3tili"i  P  rächen  gebcnft. 
©g  ift  ah'o  eine  ?Jartcii"d)rift,  leibenfd?aft= 
lid),  auffatlenb,  buntfcbecf ig .  bie  erjdt); 
lenbe  'Xhofa  »iel  burd)  ißerfe  unterbrochen. 
5La0  Suc^  ift  3titgefct)id)te  im  umfaffenb^ 
flcm  »Sinn,  ba  ber  Serfaffer  mit  großer 
i)ifiorifc^er    Äunfi    'Jlllcß,    maß    in    ganj 


(Juropa  gef(I)ie^t,  in  ben  Ärciö  feiner  (Jr* 
jd^Iung  bineinjiel^t. 

Übertiaupt  fci()icn  unter  ben  Dttonen  bie 
93Iüte  ber  Stubien  berjenigen  aui  ÄorlÄ 
beö  ®ro§en3eit  ni(fttönad)geben  ju  wollen; 
roieber  trat  eine  einflu§reid)e  |>offd)uIc  in^ 
Hieben,  unb  jumal  Dtto«  be^  ®rogen 
jüngfier  33ruber,  Sruno,  (Srjbifc^of  oon 
Äöln  unb  ^erjog  oon  ßotliringen,  »ar 
ber  eifrigjie  Seförbrer  ber  Äünjie  unb 
SBiffenfc^aften.  35on  SKeuem  mürbe  mit 
®lücf  an  ber  ®efd)i($te  ber  einzelnen  33ids 
tümer  unb  Älöfier  gearbeitet,  (barju  ge« 
^ören  j.  33.  bie  Casus  sancti  galiis 
»on  Sffebarb  IV),  roomit  fii^  eine 
befonbere  SDorliebe  für  b  iograpbifcbe 
Qlrbeiten  oerbanb,  bie  befonbcrä  im 
11.  ^'iabi^.  reichen  Srfolg  ^atte.  6^  galt 
alö  ©brenfac^c ,  'ixi^  ein  bebeutenber 
iJJiann,  befonberö  wenn  er  bem  geijilid)en 
€tanbc  angebörte,  feinen  Siograp^en  fin^c. 
2)aju  gebort  ta^  Öeben  93runoe  Don 
feinem  ®d^üler  SRuotgcr,  beö  Äaifer* 
öeinrid)  ü.  üon  i8ifd)of  'Jlbalbol* 
bue  t)on  Utred^t,  ia^  ßeben  93 cm* 
marbö,  Sifc^ofö  oon  4>ilbe«' 
l)eim  Don  beffen  altem  ßc^rer  Slangs 
mar  unb  mand)c  anbere  "arbeiten,  bie 
ficb  burd)  bie  beffere  *}luffaffung  unb  bie 
fajt  burcbgängige  9iücffi(^t  auf  politifd^c 
Ser^dltniffe  vorteilbaft  augjeict)nen.  2)ie 
brei  bebeutenbftcn  Qöerfc  bes  11.  jabrl). 
aber  ftnb  folgenbe:  S)aö  ßeben  Äon* 
rab  II.  Don  feinem  Äaplan  2öipo, 
einfach  unb  getreu,  anfc^aulid)  unb  leben« 
^ig  gef(^rieben  ;  fobann  "it  b  a  m  ä  »  o  n 
93  r  e  m  e  n  (als  ©om^err  in  Sremeu  um 
1076  gcftorben)  Gesta  Hammenbur- 
gensis  ecclesiae  pontificum,  ba^ 
Jeben  unb  bie  Saaten  ber  (Srjbifd)öfe  »on 
Hamburg  unb  Sremen,  bag  trefflid)fte 
®ei<^id)t0merf  beö  nörbli^en  55eutfd)lanbe, 
unb  bie91nnalen?ambertg  pon^erä* 
felb,  eines  2)lönd)e«  ,  ber  bie  ®cfc^id^tc 
feiner  3^^^  -  ^f®  beginnenben  Äampfcg 
jWifcben  Königtum  unb  5ürftenmad)t, 
jmiic^en  Äaifertum  unb  ^ierarc^ie  in 
mürbiger  9f{ube  unb  einfach  fd)önem  Stile 
aufgejeid)net  l)at.  ßambcrt^  3*^1  «J«.  bie 
®cfd)id)te  feiner  3cit  äu  fc^reiben;  er  fängt 
aber  nad)  bem  l)errfd)enb3n  @ebraud)e  mit 
ter  Sd)öpfung  au  unb  fiellt  bann  einen 
ganj  furjen  cbronologifd)en  'ilbri^  bet  SBelt- 
gefd)id)te  feinem  eigentlichen  'Berte  coraug; 
bie  ®efd)id3te  feiner  eigenen  S^it,  bie  nad> 
unb  nad)  immer  umfatfenber  mirö,  orbnet 
er  ebenfatles  nac^  Sauren,  o^ne  fic^  ßreuge 
baran  ju  binben  unb    ol)ne  i>a^  fic^  biefe 


®efd^tcf)tfc^rcibung. 


205 


engere  ^o^m  ^ei  i*ft  5üüe  i>(X  ©reigniffe 
unb  bev  'Jluefüfivlicfcfeit  bcr  SJarfiellung 
fiötcnb  benicrfbar  maä)t.  ©ans  in  ät)nUcf)er 
^rt  rtjie  ßambertö  5(nnaten  finb  naä)  ber 
OJtitte  bc«  11.  3abrb.  einc*Mnjal)l  d^xomtm. 
bic  mit  einet  auöfübrlidjen,  nact)  Söt'i^cn 
georbneten  3eitgefd)i(f)te  cnbigcn,  t>on  be- 
beutenben  ^iilorifern  ferfa§t  niorfen.  2)a= 
5U  jciblcn  |) ermann  con  SRei^cnau 
ober  Hermannus  Aagiensis,  vulgo 
Contractus,  b.  i.  ber  ®id)tbtüd^ige,  mit 
feinem  ^ortfe^cr  93ert[)olb  uon  Äon« 
ftann,  bann  Sern^olb  oonSäjaff* 
baufen  ©igcbert  Don  ©emblourö 
unb  ®fEe[)arb  t>on  Qlurad),  baruntcr 
Sertbolb  unb  i8ern[;oIb  eifrige  *Jln^änger 
be§  $apfte^.  ©inb  nun  fcf)on"biefe  d^ro- 
nifen  voü  lebenbigen  Jntereffcö  an  ben 
Gegebenheiten  bcr  3eit,  fo  giebt  e^  i>a= 
neben  etflentlid)  bi!^otifd)e  ^artei  = 
f  c^  r  i  f  t  e  n  ,  urhtnblid)  belegte  *)lrbeiten, 
bie  blo§  jum  ßft'ccfe  ber  SBerteibigung  ober 
5lnflage  oerfa^t  würben.  Iiaju  gel)ört  beö 
berübmten  Herbert,  ®efd)tct)tc  beö 
SR^eimfcr  .^onjilö,  bem  ber 
SSerfaffer  feine  Srbcbung  jum  (ärjbifc^of 
uerbanfte,  bie  @efd)id)te  beö  fäc^ftfd^en 
Äricgcö  unter  |>einrid)  IV.  non  bem 
gjJagbeburgcr  ü-Ierifer  ^öruno, 
eine  bcftigc  ©treitfdirift  gegen  ben  Äaifer, 
beö  Äarbinatö  Benno,  Vita  et 
Gesta  Hildebrand  i  seu  G  r  e  - 
gorii  Vn.  papae,  cincü  rt)ütenben 
(Segnerö  bcä  $apfteö,  baö  Sebcn  ^  e  i  n  = 
xxd)i  IV,  ein  fteineö  Äunfttticrf,  hai 
man  mit  bem  Agricola  beö  Tacitns  üct= 
glid)cn  bat. 

@  e  f  d)  i  d)  t  f  d)  r  c  i  b  e  r  b  e  r  Ä  r  e  u  3  j 
jüge  giebt  eö  mebr  fran^öftfd)e  aU 
beutfd^c ;  unter  bie  Ic^tcrn  gebort  ber  fc^on 
genannte  Sffc^arb  »on  5turac^ 
burc^  feinen  Libellas  de  expu- 
gnatione  Hierosolymitana. 

Sßom  12.  3nbrb.  an  treten  bie  Qlnnalen 
ober  gemöbnli^enßbronitcn  fowobl  aU  bie 
einjclnen  Sistum^^  unb  jlloilergefdiicbten 
jmürf ;  wo  bie  leßtern  fid)  nod)  forfmben, 
rubren  fie  meifi  pon  unbebcutenbcn,  namen= 
lofen,  oft  rerfd)iebcnen  fii)  nad)foIgenben 
SBcrfaffern  {)er;  ben  ncuentftebenben  Qln« 
naien  bagegen  liegen  nun  burd)gcbenb 
frühere  2Berfe  ju  ©runbe  unb  ^War  in 
gcwiffen  ©egenben  immer  biefelben,  in 
Sotbringen  unb  9^orbfranfreicb  Sigbert, 
in  'Sübteutfd)lanb,  Sdimabenunb  Cjierreid) 
^erman  t)on  SReid)enau,  unb  im 
mittleren  unb  nörblicben  ©eutfcblanb 
<S  f  E  c  l)  a  r  b  üon  51  u  r  a  d).    2)ic  hi'^m' 


I  tenben  Scbriftfieaer  jielien  me^r  freie  aü* 
gemeine  ©arftetlungen  nor,  jum  %t\l 
untcrflü^t  burd)  bie  namcntltd)  in  qJari^ 
auffommenbcn  wiffenfd)aftlid)cn  <Stubten. 
®er  bebeutenbfie  |)iftorifer  ber  -f^obens 
ftaufifd)en  3eit  ifi  D  1 1  o  non  %xti> 
fing,  ©tiefbruber  Äönig  Äonrab  III., 
in  qgariä  gebilbet,  bann  in  ben  (Iifier= 
cienfer  Drben  eingetreten,  fpöter  33ifd)of 
Don  ^reirtng,  ber  mit  Sarbaroffa  in 
t>ertraulid)en  ißer^ältniffen  jtanb.  ©eine 
ß  ^  r  0  n  i  f ,  iia^  erpe  SBerf,  ^a^  er  fd)rieb, 
untcrfc^eibetfic^  non  allen  ftül)ern  ®efd)td)tö* 
werfen  'I)eutfd)[anbi3  burd)  bie  foündnbige 
93el)crrfd)ung  bec*  Stoffes  unb  bic  Sßerarbeis 
tung  beöfelben  nacb  gewiffen^eftd^töpunftcn; 
feine  Dtid)tung  ifi  me^r  pbilofop^ifd)  aU 
biflorifc^,  befonbere  fd)He§t  er  fi($  an 
5tugufiin  an.  ©eine  5lbfid)t  iji,  ha^  glenD 
biefer  iffielt  unb  bie  |>errlidf)fcit  bcö  *Reid)eö 
©ottcö  äu  fdjilbcrn,  bie  er  in  ibrer  irbifc^en 
iöermifd)ung  barflcüen  will.  Söcbeutenber 
aU  eigentlid)e§  ©efd)ic^täwcrf  fmb  bie 
Gesta  Friderici  I.,  bie  ©efdbic^te  ber 
3lnfänge  bc^  |)obenfiaufifd&cn  ®efd)Ied)teä 
unb  ber  erfien  3af)re  5yriebrid)ä.  QSorauö 
gcl)t  ein  33erid)t,  ben  ber  ^ontg  fclbcr 
feinem  O^cim  auf  feinen  SBunfd)  über  bie 
5lnfänge  feiner  IHcgicrung  jugefanbt  bat. 
5U?it  offenem,  Wabrfjcitäliebcnbcm  «liefe 
ficüt  ber  ®cf($i(^tfd)reiber  jebeö  (Sinjelne 
bar,  obne  ben  Slicf  auf  ba^  ©anje  jemals 
5u  üerlieren.  Jmmer  ifi  i^m  babet  iit 
55orm,  ber  (£d)mud  ber  I)ar)leüung  fafi 
ebenfo  wicbtig  alö  ber  ^nbalt,  unb  nimmt 
im  l)öd)ften  ©rabe  feine  51ufmerffamfeit  in 
5lnfprucb.  Ottoä  oortreffIid)er  gortfe^jer 
ber  Gesta  Friderici  I.  ift  i){abewin  ober 
SRajewin;  nid)t  minber  würbig  erfd)eint 
ber  J^ortfehcr  oon  Dttoä  Cüironif,  Otto 
üon  et.  Slaficn. 

Sen  ®efd)icbtfd)reibern  bcr  ^obenjiaufen 
ftcüen  iid)  nid)t  unwürbig  bie  ©cfdiic^ts 
fc^reiber  ber  2öelfen,  namentlid)  ^einricös 
beö  Ööwen,  jur  (Seite:  ber  ^Probjt  ©er^ 
Ijarb  iion  Stcbcrburg,  |)eImoIb 
»on  Sofau  unb  beffcn  ^ortfe^cr  3(r  noib 
00 n  Sübcd. 

III.  iBon  ber  «Kitte  beö  13,  3a|)r* 
l)unbertö  b  iä  ine  15.  Sa^r^unbctt. 

33on  ben  Karolingern  an  bis  in  bie 
iDJitte  beö  13.  Jabrbunbcrtä  war  hk 
bcutfd)e  ®efcbid)tfd)reibung  me(}r  unb  mef)r 
fom  ©elfte  unb  ber  Sebcutung  be^  beutfdien 
»Reid^eö  unb  feiner  oberfien  ^ürjien  getrau 
gen  werben;  obwohl  fie  fxi)  »on  jabtreis 
14 


206 


®cf^icE)tf(f)teibung. 


c^cn  ÜRittelpunften  geiftUc^er  Silbung  ani 
immer  oon  neuem  lofal  bilben  mu^te, 
gingen  »on  biefen  einjetncn  (fünften 
t)k  [euc^tenbften  Strahlen  jietö  bem  MiU 
telpunftc  ju;  man  barf  oon  bicfem  ®e= 
ft^t^punfte  auä  bie  ®e[ct)i(i)t[^teibung  beö 
9.  big  13.  3a§r^unbert«  eine  ^tiä)^' 
!^i|ioriograpI)ic  nennen;  eö  Ieuci)tet 
ein,  ia^  [\ä)  biefelbe  eben  infolge  bct 
jiarfen  3Iu6prägung  i^reö  innern  (J^araE= 
tere  befio  reiner  t»on  anbern  ber  ®ef(i)ic£)t= 
fc^reibung  an^ängcnben  S^gen  ju  galten 
üermoc^tc.  SOtit  bem  3«i^f<itt  ber  faifer* 
Iict)en  ^aiit  in  ber  ü«itte  beö  13.  3a^r== 
^unbeitö  ^örte  biefe  gro§e  am  iReic^e  t)af= 
tenbe  'itrbeit  [(^ned  auf,  unb  tai  ^ijio= 
rifct)e  S^tercffe  manbte  [xä)  ben  neu  inä 
Seben  tretenben  gefeüfciafttic^en ,  rclis 
giöfen  unb  poIiti[(i)en  ®eftaltungen  unb 
@;rf(i)einungen  ju.  2)a^  cerlei^t  »on  je|t 
an  ber  ^ifioriograp^ie  einen  überaus  man* 
nigfattigen,  ja  buntf(i)ecEigen  S^araftcr,  ber 
nod)  babur(i  riermel)rt  mirb,ba§  baneben  auc^ 
bie  alten  Q^ormen  immer  no($  beibeßalten 
rcerbcn  unb  [elbft  in  ber  fpateficn3eit  Söerfe 
entftelien,  bie  benen  beö  frühem  TlithU 
altera  na^geabmt  ftnb.  SDie  S<^i)l  ber 
I)ijiorifci)en  (Srf(^cinungen  mirb  überauö 
gro§  unb  für  einen  ÜJtann  faum  mc£)r 
überfebbar,  unb  an  nielen  fünften  burd()= 
mift  bie  ®cf^icbtfcf)reibung  t>on  neuem 
ben  *Proje§,  ben  fte  für  bie  ®efamtbeit 
in  ben  »ergangenen  3i'<f)i^^iiiiberten  burc^* 
gemacht  f)attc:  auä  annaliftifd)en,  cinjelnen 
Slufjeicfjnungen  ermäc^ft  aümäi^lid)  eine 
jufammen{)ängenbe  SDarfieüung,  bie  erj^, 
wenn  tai  @lücf  ii)r  günfiig  ijt,  nacf)  länge« 
rer  Qnt  ^u  eigentümlichen,  felbjiänbigen 
SBerfen  t)ö^erer  @cfc^i(J)töbarjietlung  fxc^ 
auffd^mingt. 

@o  ij!  nun  aud)  für  bie  3cit  beö  12. 
unb  13.  3ö^tf)unbertei  eigentümlich,  ta^ 
bie  ®efc^icl)te  con  neuem  3üge  ber  (Sage 
in  ftcf)  aufnimmt,  »on  ber  fte  ft($  in  lan= 
gem  .Kampfe  loögeriffen  l^atte,  freilid^  jum 
Seil  baburd^  bcfiimmt  unb  betrogen,  haf, 
f\t  in  gelelirter,  t>ornel)mer  Dppofition  gegen 
bie  im  Solfe  lebenben  fagenbaften  (5;rjäl;= 
lungen  falt  geblieben  mar.  5lm  früfjcfien 
ftatte  ftc^  bie  ®efd)ic^te  in  gorm  »on 
beutfd)en  erjä^lenben  ©ebic^ten 
an  bie  Sage  angcf^loffen;  biefe  gingen 
aber  »on  einem  greife  ber  93ilbung  au«, 
tt)el(^e  bem  l)öfifcf)en  Seben  nac^  feiner 
bic^tcrifc^en  Seite  ^in  jugemanbt  mar. 
S)ic  Äaifer  =  e^ronif  geprt  baf)in, 
»Deiche  in  l)öd)fi  p^antaftifct)cr  SBcife  unb 
mit  ßegcnben  untermif(f)t  bie  ®cfcl^ici)tc  ber 


römifcf)en  Äönige  unb  Äaifer  »on  3uliug 
(Saefar  an  bi^  auf  Äonrab  III.  erjö^lt, 
eine  Kompilation  »erfd^iebcner  ®tüctc;  »on 
mel)reren  SßeltÄronifcn,  j.  S.  »on 
iRubolf  »on  @mö,  ijl  blo§  ein  biblt» 
fc^er  5lnfang  fe^^tig  gebieten;  3anö  bct 
Snenfel  f^rieb  eine  folc^e  als  SBorflücf 
feineö  öfierreid)ifc^cn  ^Jürfienbudteä. 
5tber  in  bie  bifiorifcf)en  Söerfe  felbfi  gc« 
minnt  feit  ber  a«itte  beö  12.  ^a^r^unbert« 
bie  fagen^afte  Überlieferung  immer  melit 
Qlufnabme,  bebingt  unb  f)crüorgerufen  burdö 
bie  immer  breiter  merbenbe  einfeitig  fird^» 
lic^;pl)antafiifc^e,  ben  SBunbern  jugencigte 
^luffaffuug  bes  Äleruö.  (gine  mud)ernbc 
J^üüe  trabitioneüer  Überlieferungen  fe^t 
[xi)  an  bie  ®efcf)i(I)te  an  unb  »erfüllt  unb 
»erbecEt  bie  SBa^r^eit.  Tlan  fte^t  hai  be» 
fonberö  an  ben  ^trbeiten  be«  ©otfricb 
»  0  n  93  i  t  e  r  b  0 ,  mafjrfdjeinlic^  einem  ©a$» 
fen,  ber  aber  lange  in  3talien  lebte.  (Sr 
»erfaßte  für  ben  jungen  Äönig  ^cinri(f)VI, 
ein  pt)antafiif(^eö  öc^rbuc^  Speculum  Re- 
gum,  fobann  eine  poetifcf)e  Sßebanblung 
ber  Ibaten  griebric^  I.;  biefe  (Poefxe  na^m 
er  in  fein  wieberum  ^cinrid)  VI.  gemibmcteö 
2Berf  Memoria  saeculoram  auf,  hai  aui 
$cofaunb23erfengcmifcbt  bie  ganjc  Sfficltge» 
fcf)i^te  umfaßt,  unb  alö  i^m  Otto«  »on 
g^reiftng  Gl)roniE  befannt  mürbe,  über* 
arbeitete  er  barnai^  feine  aBeltgefcbidE)tc 
noc^malö  unter  bem  fRamen  Pantheon, 
$ier  juerft  firömt  bie  ganje  gütle  ber 
J^abeln  au^  in  bie  gelehrte  ®efd)icbt5 
fd)reibung,  über  ben  Äreuäjug  Äarlö  be^ 
®ro§en,  über  bie  Dttonen,  über  ^einrid^  III. 
*Hbf'unft  unb  ®eburt.  ©aä  *Pant^eon  l)at 
ben  größten  (Sinflu^  auf  bie  fpdtern  Qtuto« 
ren  ^eutfd)lanb'ä  unb  3lalien^  ausgeübt. 
Sefonbtr«  grof  t»ar  ber  6inf[u§,  ben 
in  biefer  $inftd)t  bie  Settelorben  auf 
bie  5lrt  ber  ®efcf)id^tfcf)reibung  übten,  ^üx 
Sofa[gefdbid)te  t)atten  biefe  anfangli^  me* 
nigjienäi  fein  3ntereffe,ba  fte  fatjrenbeDWöui^e 
ol)ne  ®runbbeft0  waren.  @ic  fcf)rieben 
®cfcbirf)te,  um  |)anbbüd^cr  für  i^re  2)iö* 
putationen  unb  (pvebigten  ju  babcn,  mobci 
es  il)nen  nid)t  auf  ben  politifcf)en  Sn^^It 
ber®efd)icl)teanfam,fonbernauf®efd)id^ten, 
bie  ftc^  gut  anmenben  liefen,  entmeber  in 
ber  goTm  »on  Äompenbien  jum  ^anb« 
gebraud),  ober  »on  ®nct)f lopäbien,  in 
benen  fte  aücö  nod£)fcf)lagen  fonnten,  maö  fic 
beburften.  *2lnfängUdt)  mar  es  blo§  2Belt* 
gcf(^id)tc,  mofür  fte  3;eilnat)mc  l)attcn; 
fpäter,  al^  fte  in  größerer  *llbt)ängigfeit  ju 
i^ren  2Bol)norten  ftanben,  befd^ciftigten  pe 
ftc^  aud)  mit  ber  2lbfaffung  »on  ©täbte« 


®c[cf)i^t[cf)rcibung. 


207 


ober  ßanbcö9cfd)i(i)tcn.  35ic  t)erüf)mtePe 
{Sncpftopäbie,  bie  auö  bem  S)omttttfa  = 
nerorbcn  ^cniovgincj,  i^  ta^  Specalum 
quadrnplex  beä  Sinccnj  Don  23cau' 
»ai^,  I24i  cjefc^rieben,  tai  in  Speca- 
lam  naturale,  doctrinale,  morale  unb 
historiale  jerfäüt;  ein  üon  SBincenj  felbfi 
bearbeiteter  ^tueijug  beä  Specalum  histo- 
riale f)ei§t  Memoriale  Temporum.  iRocf) 
größeren  (Sinflu^  Ijattc  baö  Sßeri:  be^  2)  o- 
rainifanetä  SlJhutin  nonüroppau, 
auc^  SOhartinuö 'i*  otanuö  genannt,  ber 
balb  fcift  ber  au0fd}Uc§Iic^c  ®cf^ic^tälef)rcr 
für  bie  fat[)oIi[d)e  2Bclt  würbe.  (Sr  voax 
auö  Sroppau  im  jlonigreid)  ®öbmcn  gc^ 
bürtig  unb  lebte  lange  in  91om  ciU  piipjt^ 
lid)cr  Kaplan  unb  *Pönitentiar.  Seine 
2BeItgefd)id)te  »urbc  alö  ein  Äompenbium 
für  2l)cologen  unb  5?anoniften  gefi^rieben. 
(äö  ift  eine  ganj  oberf[äc^lid)e,  tnerar($i[d)e 
3tt)e(fe  iierfolgcnbe  Kompilation ,  burd) 
weli^e  bie  ja[;lreicften  ®efd)id)t^fabeln  crft 
re^t  feften  ^u^  gefaxt  unb  |)crv[d)aft  ge» 
tüonnen  baten.  25er  äu§evUd)en  @inricö= 
tung  na^  ftanben  fid)  auf  je  jwei  Seiten 
bie  ^äpfie  unb  Äaifer  gegenüber,  jebe  Seite 
^atte  50  3filcn,  jebe  3^'^^  ^'^'^  füi^  ei" 
3a()r  be|limmt;  Dom  ^a{)Xi  1276  an,  wo 
brci  $äpf!c  jufammen  t)atten  ocrjeii^net 
werben  muffen,  ijbrt  bicfe  (Sinridjtung  auf 
iinb  beginnt  eine  mef)r  äufammenl)ängenbe 
liberfid)t  ber  föreigniffe.  2)urcf)  33ruber 
SDiartin  fam  bie  ^abel  oon  ber  $äpfiin 
3of)anna,  oon  ber  (Sinfe^ung  ber  fteben 
.$?urfürflen  unb  überhaupt  bie  ganje  grunb= 
falfd)e  <}luffaffung  ber  (Sefd)id)te  in  <3luf= 
na^me;  benn  bie  (It)ronif  ücrbreitete  fxd) 
in  alle  ßänber  unb  ®prad)en.  Sie  forg« 
faltige,  grünbUd)e  unb  tritifc^e  6rforfd)ung 
ber  ®efd)i(^te  be§  frühem  SDlittelaltevS 
würbe  burd)  biefeö  SKa^werE  fap  ooüftdn= 
big  erfiicft. 

(5ine  ä^nlic^e  Stellung  wie  bie  ß^ronif 
beö  SWartin  Don  Xroppau  nimmt  baö  um* 
fangreid)e  Sßerf  Flores  temporum  ein, 
iai  einen  SQlinoriten  jum  iBerfaffer  bat; 
alte  9'iad)ric^ten  nennen  il)n  bcn  ÜJiino» 
riten  9JJartin,  ober  |)ermann  ober 
^ermann  ©pgaö;  eä  fd)eint  eine  Äon= 
furrenjarbeit  gegenüber  bem  'iöerte  bce 
S)ominifaner^  ÜJkrtin  ju  fein. 

Cit)arafterifiifd)  für  bie  ®efd)i^tälitera« 
tur  beö  fpdtern  ÜJJittelalterö  ifi  im  ferneren 
ber  5unet)mcnbe®ebraui^berbeuts 
fd)cn  Sprad)e.  !öon  bcn  mel;r  fagen* 
t)aften  bcutfd)en  SReimgcbid)ten  war  fd)on 
bie  3ftebe;  an  fie  fnüpfen  ftd^  je^t  eigent^ 
Iid)e  SRcimd^ronifen,    Derfd)teben   nad} 


bem  Sn^alt  unb  ber  3nbiDibuaUtdt  be^ 
23erfaffcrö,  mitunter  Bearbeitung  lateini» 
fd)er  Quellen,  ober  eigene  treuere  ober 
freiere  2)arfieüung  ber  J^atfai^en.  Sie  fmb 
am  wid)tigPen,  wenn  gicidjjeitige  Begeben- 
t)eiten  ben  ®egenftanb  ber  2>arfiellung  auö» 
machen.  Jiem  SJiorben  2)eutf(^Ianbö  ge= 
^ovt  ©otfrieb  ^agenö  9teimd)ronif 
Don  ©öln,  Dom  ^aljxt  1270,  bie  ßicf» 
Iänblifd)e  ß^ronif  eine^  Ungenann« 
ten;  bem  Süben  bie  Dftcrrei^ifd)e 
(Jt)ronif  beö  Dttofar  Don  ^orued 
auä  Steiermark,  auö  bem  (Snbc  beö  14. 
^a^rfiunbertö,  ein  SBerE  Don  fel)r  leben* 
biger  Qluffaffung  unb  poetifd^cr  Sebanb« 
lung.  23on  -Wicolquö  3ei^ofd)in  ^at 
man  eine  reimenbe  Überfe^ung  ber  latei« 
nifc^en  ßbronif  beö  bcutfd)en  Orbenö  in 
$reu§cn,  welche  '4Jeter  Don  ©uiöburg 
Derfa§t  ^attc. 

li3on  gereimten  ß^ronifen  fd)reitet  man 
fd)lie§lid^  ju  bcutfd)en '^^rofadjronif  en 
Dor;  beren  crfie  bie  Säd)fifc^e  Söelt* 
c^roni.f  ifi,  bie  man  bem  (Sife  Don  Mep? 
gawjujufd)rcibenpf[egt,  auöbereriien|>älfte 
beö  13.  3a()rt;.  2)iefe  beutf(^en  (5.()roni!en 
fmb  nun  feiten  met^r  Don  ®eiftlic^en, 
fonbern  Don  5Did)tern ,  Oted^tögctcörten, 
Staatsmännern,  bcfonberö  Stabtfd)reibern, 
Don  Sliitgliebern  beö  Bürgerftanbeö  Der« 
fa§t;  baneben  erfd)cinen  immer  nod)  la« 
teinifi^  oetfa^te  ®ef(^id)töwerfe,  wie  iai- 
jenige  beö  *DJ  in  o  riten  3ol)anneö  Don 
*Ißintertl)ur;  beö  DJiatt^iaö  Don 
S'tcuburq,  ber  o^ne  St^fifcl  $roEurator 
beö  geifilid)en  ©erii^teö  in  ^ätraBburg 
war,  unb  beö  Johann  Don  Siftring, 
5lbt  beö  Älojierö  «Biftring  in  Mrntf)en. 
S)eutfc^c  ßbronifen  fmb  j.  33.  nod^  bie 
5J^agbeburger  auö  bem  13.  3at)r{).,  bie 
Nüwe  Casus  Monasterii  Sancti 
Galli  beö  S^riflian  i?,ud)imeiPer, 
bie  Strasburg  er  (£f)ronifen  beö 
©Ijorbcrrn  §riebrid)  ßlofener  unb  beö 
Jüngern  3«cob  Swing  er  Don  Äonigö* 
f)ofen,  bie  ß  im  bürg  er  (Elironif  beö 
Staötfd)reiberö  ^obanncö,  (5.t;roniEen 
Don  Bremen,  Öübed,  Äöln,  dlüxu' 
bcrg,  5tugöburg,  SDJ  ag  beburg  , 
©raunfd)wcig,  Hamburg  unb  Dielen 
anberen  größeren  unb  Heineren  Stdbten. 
SReid)  mit  fol(^en  SBerfen  fmb  namentli^ 
aud)  bie  Stdbte  unb  ßdnber  ber  fd)Weis 
ä  e  r  i  f  d)  e  n  S  i  b  g  e  n  o  f  f_e  n  f  d)  a  f  t 
auögcftattet.  Wo  bürgerliche  ^öelbftdnbig« 
feit  befonberö  ftül;e  fiarf  ftc^  entfaltete: 
eö  gibt  ß^ronifcn  Don  3ürii^,  Bafel, 
Bern,  Sujcrn  unb  bcn  Urfantonen.  5iae 
14* 


208 


®ef(i^icf)tf(^rcibung. 


btefc  aSerfe  pflegen  mit  fagen^after,  jum 
Jcil  Idct)erli(^et ,  gcrabeju  fabrijiertcr  Ur« 
gcf^id)te  anju^ieben,  «äf)rcnb  i^re  3)ar= 
fletlung  fpdterer  Sertjältniffe  burcf)  ge- 
funbe  5Iuffaffung  bcr  33er{)äItnifTe,  burd^ 
bie  frifd^e,  naioe,  Icbenöh)a{)rc  ©rjä^Iung 
ftd)  auöjcicftnct.  ®tji  [pätet  gcf(|rieben, 
aber  in  i^rer  (Snt|!cf)ung  fd^on  bcr  Dor^ 
refotmatotifc^en  S^xt  ange^ötig  ifi  bie  an 
fagcn^aftcm  ©toff  feiten  teicE)e  (^^xonit 
beö  fct)h)cibifd)en  ®ef(i)lec^teg 
bcrer  von  3ini"i'^^"- 

9ieben  folgen  SRid)tungen  gibt  cö  auä) 
immer  noä)  Sifcf)ofö=  unb  Älojierd^ronifen, 
j.a3.  bieD^ei^enauer  (i^xonit  beö  ®  a  1 1  u  ä 
Dc^em,  fieben^bcfd^reibungen 
angefe^ener  Ocifilid^er,  2Beltcf)roni?en, 
bie  tc^tcren  balb  rein  annaliftifi^ ,  balb 
na(^  Äaifern  unb  Königen  georbnet,  unb 
mit  tt)eitf(^icf)tigcr  Oele^rfamfeit  aufge« 
paufd^t;  bie  Dramen  bcrfelben  ftnb  Spe- 
culum  historiae,  Flores  hi- 
storiarum,  Imago  mundi.Cos- 
modromium,  F  as  ci  culu  s  tem - 
p  orum  unb  Qtijnlii^e. 

IV.  |»umani^muä  unb  SRefor* 
m  a  t  i  0  n.  Tlit  ber  SBtrfung  be^  ^uma= 
niömuä  auf  bie  ®cfc^ic^tfct)rcibung  macf)en 
nac^  langer  3crfplitterung  tt)iebcrum  cen= 
tripetale  Senbenjen  ben  bieder  f)errfd)enben 
ccntrifugalen  SRi^tungen  <pia^.  2)ie  33e» 
megung  fommt  natiulid)  auä  Stalten,  Yoo 
bie  |)ifioriograpI)ie  fottJo^I  in  ber  ^lational» 
fprac^e  nod)  bem  OJhiper  ber  großen  bitten, 
aU  in  nod)  engerer  *llnlc^nung  an  bie 
5ltten  inlateinifd)er®pracf)e  gepflegt  nnirbe; 
bie  |>auptnamen  jener  erj^en  9flici)tung 
ftnb  9Jiacd)ia  nein  (1469-1527)  unb 
©uicciarbini  (1482—1540).  ^aupt= 
Vertreter  ber  lateinifd)  fcf)reibenben  $ifio= 
rifer  finb  Flavius  Blondns,  gefi- 
1461,  Aeneas  Sylvias  Picco- 
lomini(Piasn.),  1405  — 1464,  B  a  r- 
tholomaeus  Piatina,  93ibliott)e= 
far  am  Satifan,  gefi.  1461,  beffcn  über 
de  vita  Christi  ac  de  vitis  snmmoram 
pontificum  Romanornm  faj!  in  alle  @pras 
d)en,  aud)  in  bie  beutfc^e,  übcrfe^t  njurbe; 
Julins  PomponiusLaetus,  gcfi. 
1497:  de  Caesaribus  unb  de  Romanae 
urbis  vetustate ;  RaphaelVolater- 
ranus,  geft.  1521:  Commentarioram 
nrbanoram  libri  38.  2Banbten  bie  ge» 
nannten  Staticner  i^r  ^ntereffc  mef)r  bem 
römifcf)cn  5lltertum  ju  (boc^  ^at  Aeneas 
Sylvias  ben  Otto  von  Freising  unb  ben 
Jordanis  benu^t),  fo  rid)tetcn  bie  beut* 
fc^en,     r»on    ben    3talienern    angeregten. 


^umanifien  i^r  5lugenmerf  auf  bie  Quellen 
einbeimifc^er  ®efc^i(^te ,  unb  befonberg  in 
2Ö  i  e  n  beförbertc  Äaifer  SD^ap  t>nterlän= 
bifc^e  ®efd)ic^töbefirebungcn,  er  lic^  nad^ 
alten  Urfunben  unb  Sf)ronifen  fuc^en  unb 
betof)nte  jebcn  ^^unb;  rüftige  SBud^^änbler 
üeranjialtcten  31ut^gaben  ber  mittelalter« 
lid^en  aucdenfd^riftftcQer,  beö  3orbani^, 
'Jßauluö  jDiaconuö ,  ©regor  con  lourö, 
©igbcrt,  ßuibpranb,  Dtto  ron  5'^<^if^n9- 
©Efarb  u.  a.  Qvoai  »irfte  bie  Vorliebe 
für  ©rbic^tungen,  Sagen  unb  ilfiärdf)en 
noc^  lange  nacf),  njie  5.  S.  3 "!)«"" 
»onJritten^eim,  Trithemins, 
1462 — 1516  namentlidö  in  feinem  Chro- 
nicon  Hirsangiense  PoK  Don  fold^em 
(Stoffe  iil.  SBaö  bie  ©pracbe  ber  beutfc^en 
bem  ^umani^mu^  jugejä^Iten  ®ef(^id^t« 
fd)reiber  betrifft,  [0  ifi  biefelbc  t>orläufig 
nod^  bie  Iateinifd)e.  S)ie  |)ervorra= 
genbften  9'Jamen  ftnb  ^artmann@ct)C5 
bei,  1440  —  1515,  mit  einer  SB  e  1 1  * 
d^ronif,  S^cob  SBimpfeling, 
1450 — 1528,  3of)an"2;urmair  ober 
Qt  t)  e  n  t  i  n  u  ö  mit  feiner  b  a  i  r  i  f  d^  e  n 
(£  f)  r  0  n  t  E,  bie  er  felber  aud^  beutfd)  über= 
fe|te,  Gilbert  Äranti,  geft.  1527  mit 
ber  Saxonia,  ©pic^^ammer  ober 
3o^anneö  (Euöpinian,  gefi.  1529,  ein 
5trjt  auöSßien:  de  Caesaribus  atque 
imp  eratoribns  Romanis;  Beatus 
Rhenanus,  gefi.  1547  mit Rernm  Ger- 
manicarnm  libri  III.  SKelirere  biefcr 
SDJänncr  rcidtjen  fcf)on  in  bie  1Reformation^= 
jeit  hinein  unb  I)aben  mcfentlid^  jum  Qtuf= 
■fdf)tt)unge  beö  geifiigen  ßebenö  in  meiteren 
al^  bloßen  ©eleljrtenheifen  beigetragen, 
jumal  baöurdf),  \>a^  i^re  Sucher  früt)  in 
beutfd)en  Itberfe^ungen  erfd^ienen.  ©anj 
beutfd^,  nad^  "^luffaffung  unb  (Spradt)e,  unb 
in  t)ot)em  S)Ja§e  Polfötümlid^,  jugleiii  ge= 
tragen  r>on  ber  religio fen  unb  politifd^en 
3bee  bcr  bcutfd)cn  Oteformation,  geübt  an 
ben  bcfien  S[Hujiern  beä  3ntcrtumö,  bie, 
mic  ßaefar,  ©alufi,  Jacituä,  ©ueton,  ^txo' 
bot,  2:t)ufi)bibeö,  3£cnopf;on  unb  ^lutarcfe 
bem  Solfe  je^t  felber  burdt)  libcrfc^ungen 
nabc  gebraut  würben,  treten  je^t  eine  ^n» 
ja^l  beutfd^er  ©efc^id^tfd^reibcr  auf,  bercn 
SEßetfc  jum  ©d)ön^en  gcf)ören,  maö  bie 
SReformation  t)ert>orgcbradf)t  ^at.  ÜBicber 
ifi  bie  ©c^meij  befonberä  reidf)  in  biefcr 
Scjic^ung;  i^rc  üBertreter  ftnb  Soad^im 
t>on2öatt,  ©efd^id^te  ber5tbte  beö 
Ätoficrö  ©t.  ©allen,  Johanne« 
©tumpf,  93efcbreibung  ber  ©ibge» 
noffcnfd)aft,  SuIIinger,  iReforma» 
tionögefdf)i^tc      unb      2(cgibiu^ 


®cfcncnf(i^ic§cn  —  Gesta. 


209 


Sfd^ubi,  €c^tt3cijei-  (S^ronif,  bcr  le^tgc» 
nannte  feiner  religiöfen  unb  politif^cn 
SteQung  gemä§  mef)r  ein  ÜSertreter  bet 
älteren  (Rid)tung  unb  bat)er  befonbcr'Ä  für 
bie  fagcnt)afte  Überlieferung  be^ 
mü^t.  2)cutfd)lanb  gct)ören  an  bieÄoö* 
mograpl)ie©ebaftian  iDtünjlerö  unb 
ber  vortreffliche  ©cbafiian  ^ran  cE,  'Ber* 
faffer  eine«  Seitbudje«  (a[öcltgefci)ic^te), 
eineö  2B c  1 1  b  u  (^  c ä  (Sefcftreibung  ber  Jöelt) 
unb  ber  (Sermania.  ^vom  reichen  ät)n* 
lic^e  2(rbeiten  biä  über  ben  Schlug  beö 
16.  3a^rl)unbevtö  ^inauä,  fie  ftnb  jeboc^ 
meiji  lofaler  3iatur,  barunter  5Jfattl;iaö 
Du  ab,  teutfd)er  iRation=^erligfeit,  1669, 
bie  ^ßommeiifd^e  (i^ronif  von  3:[)oma§ 
Äanl^ottt,  bie  ©peirifcbe  von  Sljriftop^ 
ß ermann,  bie Saätetifdic  vondbriflian 
2Bürftifen,  bie  ®d)aff[}aufcrifd)e  von 
3ot)anneä  iRüger.  !2Dic  cigentlid)  ge* 
lef)rte  ®efd)id)tfc^rcibung  ge^t  fc^on  mit 
ber  aJlitte  bee  16.  S^^^i^^u^bertä  in  hai 
(^^eleifc  ber  lateinifc^cn  Sprache  ju* 
rüd;  \i}x  l;ervorragenbfteö  2Berf  ift  beö 
3ol)ann  ©leibanuö  (1506— 1566)  Suc^ 
de  Statu  religionis  et  reipublicae  CaroloV. 
imperatore.  iBon  ba  an  bleibt  lange  S^it  bie 
tt)iffenfd)aftlid)c  ^Betreibung  ber  @efd)td)te, 
n)clc^e  je^t  ®efd)id)tönnffenfd)aft  nnrb,  in 
ben  ^dnben  ber  äunftmii§igen,  meijt  latei^ 
nifc^  fc^rcibenben  ®elc^rten,  mäbrenb  bie 
Stironiflif  im  engeren  Sinne  beutfd)  bleibt, 
immerf)in  fo,  boB  gclegentli(^  bie  eine  iRid)« 
tung  in  bie  anbere  l)inübcrgreift. 

Dteben  be«  !öiograpl;i  en,  bie  immer 
noc^  bearbeitet  lüurbcii,  obgleich  n^enig 
vortreffliche  IBerfc  biefer  5lrt  ju  nennen 
Wären  CäJJattljefius,  ßebcn  ßutberö; 
Qlbam  Otei^ner,  ßcben  be«®eorg  unb 
€.aöpar  von  ^'^^n^'^^^i^fl  >  fiat  biefc 
3eit,  meld}e  fo  fel)r  baö  fubjeEtive  ®efü^lö= 
leben  beö  (Sinäelnen  fieigerte,  bie  Qluto« 
biograpljic  aU  neue  ®attnng  ber  ®e- 
f^id)tfd)reibung  eingcfüf^rt.  2)af)in  gel)ören 
bie  ^ufjeic^nungen  beö  ®ö^  von  Scr* 
lid)ingen,  beö  ^ani  von  Sd)wei« 
nicken,  be«  S^oma^  unb  ^eliy  ^la« 
ter  unb  bie  lieblid^fte  unter  if)nen,  bie 
ganj  unter  bem  (Sinbrude  bee  ,,nufblül)en« 
ben  ©vangcliumö",  im  5tngefid)tc  gleich« 
fam  ßutl)er(^,  5}Jeland)tbonö,  3n.nngliö,  (äraä= 
muö  gefd)ricben  ift,  bie  ©  a  b  b  a  t  a  beä 
@t.  ©aüerö  3ol)anncö  Kepler,  beö> 
fclben  SOknneä,  ber  alö  Jüngling  bem 
Dr.  ßut^cr  im  fd)tt)arjen  *i5ären  ju  '^ma 
begegnete,  al^  ber  nod)  alä  SRciterämann 
geflcibete  ^Reformator  von  ber  Söartburg 
nad)  aßittenberg  jurüdeilte. 


©efcttcnf^ießcn,  ftel)e  «Sc^ü^enfejie. 

©efettfc^aft^ieöcr  nennt  man  biejcnige 
©ruppe  von  93olt«liebern  beä  16.  unb  beö 
beginnenben  17.  ^a))xl).,  meld)e  für  bie  öuji 
unb  Hebung  l)eiterer  ®efellfd}aft  awi  ben 
altern  cinftimmigen  SBeifen  jtttei«  unb  me^r= 
ftimmig  umgefe^t  würben ;  in  eigenen  ® amm= 
hingen  ober  gieberbüd)ern  vereinigt 
ftnb  jte  bie  9'iac^folgcr  bcr  flieg enben 
Slätter  geworben.  Sie  ®cfeUf^aftölieber 
ftnb  ^in  unb  wiebet  nod)  äc^tc  23ol!öliebcr, 
entfernen  fic^  aber  immer  mef)r  von  it)nen  unb 
werben  Äunil=ober®ele{)rtenlieber,inbem  bie 
ÜRufiferbie  älteren  Jeyte  vevänbern  ober  mit 
neuen  von  ipnen  felbfi  ober  von  gelel)rten 
ßeuten  verfaßten  Seyten  vertaufc^en.  jDie 
erften  Sammlungen  biefer  *Jlrt  ftnb  bie  Wert» 
voüften,  fpäter  finben  ftc^  in  if)nen  viel  fabc 
^Reimereien  unb  namcntlid^  SlfJai^a^mungen 
welfc^er  Seytc  mit  Welfcben  SO^elobien.  üRit 
italienifdjen  unb  franjöftfc^en  {formen, 
'DJiabrigalien,  (Janjonetten,  ÜlRotetten,  3:ri* 
cinien,  3ntr«i'en.  SSiUancHen,  ®aüiarben, 
Souranten,  ^ßabnanen,  D^capolitanen,  Sal« 
tareOen,  33olten,  ißaüetten,  QJarobicn,  ^affa= 
mejäen,  unb  juglcic^  mit  QlQegorien,  mpt^o* 
logifd)en  SRamen  unb  Sejeid^nungen,  frem= 
hin  ÜBorten  unb  JRebenöarten  füllen  fxä^  ii^t 
bie  beutfd)en  ßieberbüc^er.  Slnfangä  würben 
bie  leiteten  in  tlcinem,  länglichem  Q-uart« 
formal  gcbrudt,  mit  gutem  Rapier  unb 
jum  Seil  vortreftlid)em  iRotenfa^,  fpäter 
feit  1600  in  gewö^nlid^cm  Duart  auf 
fc^ledbtem  Rapier  unb  mit  immer  elenber  Wer» 
benbem  Scferifts^Jotenbrud.  2)ie  wic^tigjien 
S)rudortc  ftnb  fRürnbcrg,  gran!furt  unb 
löJünc^en.  Die  ®täuel  be^  brei^igiä^rigen 
Äriegeä  unb  bie  mit  Dpi^  auftretenbcn 
©ebic^tfammlungen  einjelner  S)ic^ter  laffen 
um  1620  bie  @cfcllfcf)aftdlieber  auäfterben. 
®iet)c  bie  beutfd)en  ® cfellfc^aft«» 
lieber  beö  16.  unb  17.  Jabrl).,  au« 
gleic^jeitigen  Duellen  gefammelt  von  •$>  o  f  f  = 
mann  von  ^alleraleben.  2  Zl)tiU. 
ßeipjig.  1860. 

Gesta,  Geste,  Chanson  de  Geste 
®d)on  bie  lateinifc^e  Sprai^e  entwidelte 
auö  bem  fonfreten  51u«brude  res  gestae. 
eine  in  ber  altd)rifilic^en  ßittcratur  f)äufig 
gebraucl)te  neutrale  '^luralform  gesta, 
baä  nid)t  mef)r  blo«  Saaten,  ^anblungen, 
3Sert)anbluugen,  fonbern  aud)  "Jlnfäeic^* 
nungen  bebeutet,  paraüel  bem  2Borte  acta, 
bem  nun  vorwiegenb  bie  geiftlicf)e  Sphäre 
in  Acta  apostolorum ,  Martyrum ,  Sanc- 
toram,  Conciliornm  u.  bgl.  überlaffcn  Wirb, 
wäbrenb  gesta  überwiegenb  bie  weltlid^e 
unb  im  engern  Sinne  bie  ^croift^c  Spt)ärc 


210 


Gesta  Romanomm. 


behauptet.  3"^^^^  »ranbelt  eö  ftc^  mittels 
lateirtif^  in  ein  tt)eibIicf)C0  ftngularcä  ©üb* 
fiantit»,  aU  n)cld)cö  eö  in  bie  romanifc^en 
©prad^en  übertritt:  ital.,  profenj-,  fpan. 
gesta,  altfranj.  geste,  balb  fingularifd^, 
balb  pluralifcf)  gebraud)t,  mitben  Sebeutun- 
gen  1)  ber  2;f)aten  eine^  norne^men  ®efcf)Ie^ä 
teö,  2)  einer  ß^ronif,  3)  ber  ®efcE)Icd)töfoIge 
beö  ©tammcö.  3"  '^^'^  altiranjöftfcf)en 
^oeftcijl  Chanson  degestebcr  fle^enbe 
Sluöbrucf  für  hk  in  cinreimigen  jiraben 
abgefaßten,  fott)of)I  jum  Qlbftngen  alä  jum 
^erfagen  ober  SBorlefen  bejlimmten  (Spen, 
junäct)ft  auö  ben  einbeimifcf)en  ©agenfreifen, 
bann  für  ^elbengebic^tc  biefer  ^orm  über- 
:^aupt,  im  ©egenfa^e  ju  ben  ritterlid^* 
pfifc^cn  Romans  unb  Contes,  beren  ©toff 
anberen  Ductien  angcprt  unb  beren  gorm, 
firop^enlofe  (Reimpaare,  nur  für  hau  $er= 
fagen  ober  SBorlefen  bcjiimmt  ifi.  S)ic 
Chansons  de  geste  fiammen  auö  ben,  im 
einzelnen  nicfet  mefjr  erfennbaren  .^ȧl^^ti' 
unb  ©cfc^led^töfagen  ber  germanif(i)en 
(Eroberer  unb  it)rer  SiJaäifommen.  Sie  äl- 
teften  iiorbanbenen  Sienfmäler  äeigcn  einen 
j^e^nfilbigen ,  burd)  eine  ßafur  untcrbro^ 
cf)enen  23erö,  mit  männlidiem  JReimc  ober 
Qlffonanj  unb  jirengem  5(bfc^luffc  beö 
©inneö  am  (Snbc  beä  SBerfeö;  erji  auö 
fpäterer  3^**'  ^2.  3a^r^.,  flammt  ber 
jn?ölfftlbigc  i5er§  ober  *Mleyanbrincr, 
ftelje  bicfen  Qtrtifel.  Seibe  SBerfe,  ben  jel^n» 
mic  ben  jmölffilbigen  »crfnüpft  ein  unb 
biefelbe  Slffonanj  ober  ein  unb  bcrfelbe 
[Reim  eine  unbeftimmte  SReifje  »on  ßciUn 
f)inburci)  ofine  Unterbrechung,  biö  ber  Sid)-- 
ter  ju  einer  anbern  Olffonanj  ober  einem 
anbern  iReim  übergebt;  man  nennt  bie 
Qlbfä^e  tirades  monorimes.  2^  if)vem 
Sntmicftung«gange  laffen  ftd)  brei  §aupt* 
ftufen  ber  Chansons  de  Geste  unterfd)ei5 
ben.  2)ie  erjle  fl3criobe  d)arafteriftert  fid) 
hmä)  ein  trotjigeö  Safaüentum,  bie  (Roheit 
unb  €elbjifud)t  beö  fränfifd)en  ^clbentuni^, 
ben  ^aber  ber  ©tdmme  unb  ber  ^«milicn- 
5IRit  $l)ilipp  Slugujl  unb  ben  Äreujjügen 
tt)anbeln  fic^  bie  Chansons  de  geste  ju 
d)rifitid)5ritterlid)en  6pen  um,  ein  opfere 
mitligeö,  ibcoleä  (Rittertum  fämpft  für  ben 
©lauben.  .^arl  unb  feine  $alabine,  ba= 
runter  befonber^  (Rolanb,  fmb  fromme 
®Iaubene()clben,  alle  5ei"be  Reiben,  b.  \). 
2Rut)amebQner.  Seit  ber  SÜRittc  beä  13. 
3at)r().  beginnt  bie  britte  *|3eriobe.  5luö 
ben  2lrtu«romanen  bringen  (Riefen,  3it»erge, 
%itn,  SRinne  unb  ©alanterie,  eine  fub» 
jcftioe  unb  mitlfürlic^e  Sefjanblung  in 
biefe  bi^   ba|)in   ftrcng   epifd^   gef)altcncn 


.^clbengebicbte.  SBaö  t>on  biefen  SDi(^tungcn 
am  ßnbc  beä  SD^ittelalterg  nid)t  gänsiic^ 
in  (ßergcffen^cit  gerät,  löfl  ftd)  in  pro* 
faifc^e  ^oi^ni  «uf  unb  ge^t  in  (Bolfebüdjer 
über.  üla<i)  3 ad) er  in  (Srfc^  unb  ©ruber, 
Qlrt.  Gesta. 

Gesta  Romanorum  hei^t  eine  im  fpä^ 
teren  (Dtittetalter  meit  i^erbreitetc  ©amm< 
lung  ton  moralifierten  Parabeln,  5''^^!^" 
unb  6r5äf)hingen,  bie  um  hai  Jahr  1472 
juerfi  in  Iateinifd)er  ©prac^e,  1489  in 
beutfcfeer  unb  oft  in  englif^er  Sprache 
gebrudt  erfd)ien.  Ulaä)  ben  llnterfud)ungcn 
Defterlep'ö  liegt  bie  (Sntfiet)ung  ber  Gesta 
Romanorum  barin,  ha^  ju  einer  3^^^,  ^u 
ber  hai  grembartigfte  unb  SBibermitligfic 
moralifurt,  b.  l).  in  einem  geifilidjen  ober 
d)rißlid)en  ©inn  gebeutet  ju  werben  pflegte, 
mitflic^  @rä(if)Iungen  auö  ber  römifc|en 
®cfd)id^te,  ober  »ielme^r  ©tüde  auö  rö* 
mifd)en  ©^riftfteüern,  mie  fie  fd)on  feit 
langer  3^^^  5"  ^^rebigtjweden  gefammclt 
maren,  au^  lebiglid)  jum  3^^^^^  ^^^ 
S[RoraIir|erung  jufammengelteüt  unb  früher 
ober  fpätcr  mit  ber  (Bejei<$nung  Historia 
ober  Gesta  Romanornm  moralizata  ober 
äbnlid)em  Perfetien  mürben.  3"  «in  folcfeeä 
©runbmerf  mürben  nun  jucrft  Parabeln  ein* 
gefügt  ober  anget)ängt,meld}e  einer  geifilid)cn 
ijlu^iegung  ftd)  Ieid)t  anfd^miegten ;  bann 
nahm  mcn  nacft  (Reigung  ober  ©clegen* 
{)eit  ©tüde  auf,  weld}e  jum  93efien  ber 
ilRoralifation  umgefialtet  mürben,  unb  enb« 
lic^  evfanb  man,  oft  ungcfd)idt  genug, 
©rjdbUmgen  Iebigli(^  jum  Qvotät  it)rcr 
gcijlUd)en  2)eutung.  ©d)Iie§lid)  fanbcn 
auä)  blofe  (DJönd^ö=  unb  |>eiligtngcfc^ic^ten 
ohne  (IRoralifation  einen  *lUa^,  unb  enbtic^ 
f ehrte  fid)  ha^  ganje  (Bcrl)ältniö  um,  fo 
ta^  bie  (Srjäl)tungcn  in  ben  (Borbcrgrunb 
traten  unb  bie  (IRoralifationen  9^ebenfad)c 
mürben.  ®ö  iji  mal)rf(^einlid),  aber  md)t 
unmiberleglid»  bemeiöbar,  ba§  bie  Gesta 
Romanornm  in  ©Jigtanb  entftanben  finb ; 
bod)  tonnte  baö  2Berf  auc^  bloß  in  Sng* 
lanb,  unb  jmar  auö  S)eutfd)lanb,  eingc* 
fü^rt  unb  ermeitert  morben  fein.  2)cr 
(Rame  bcö  erften  (Berfafferö  ober  ©amm« 
lerö  ift  nid)t  mel;r  nad)jumeifen ,  bie  Qtxt 
ber  2lbfaffiing  ift  gegen  (Snbe  be«  1 3. 3a^r^.; 
oI)ne  3tt'«ifcl  l)abcn  *Preöigcrmönc^e,  menn 
nid)t  an  ber  5lbfaffung.  fo  boc^  an  ber 
gortbilbung  unb  Verbreitung  ber  iBüd)er 
21ntcil.  Snbaltlic^  ftnb  bie  einjelnen  ®r= 
jät)Iungen  fi^li($e  (Re(^t^fäQe ,  gemanbte 
(Mntmorten,  liftige  unb  fd)alfl)afte  ©treidle, 
6f)cgcf^ic^ten  unb  anbere  (Borfdüe  it^ 
täglichen  iöebenä,  aud)  Icgenbarifc^e  ©toffe, 


©übe  —  ©lagmalcrei. 


211 


unb  halt)  treu  erhaltene,  balb  wunberlicf) 
cntjicttte  ^Inefbotcn  unb  erj<if)lunacn  aiik 
ber  alten  ®ef(^i(^te  unb  ÜJJ^tboIogic,  fotrie 
ani  ber  flaffifcf)en  ®efd)id^tc,  ^errüt)rcnb 
auö  flaffif($en,  orientalifcEjen  unb  abenb^ 
iänbifc^en  Duellen.  Dag  Sud)  tfi  »or 
ber  SRcformation  aufev  in  ben  genannten 
in  franjöfifc^er  unb  nieberlänbi[d)er®prac[)e 
gebrudt  tttorben;  infolge  ber  Sffefotmation 
unb  ber  Verbreitung  flaffifd^er  ©tubien 
geriet  eö  allmäf^Iid)  in  QSergeffen^eit. 
Äritifcfie  5luägabe  üon  |)ermann  Defter* 
let),  Serlin,  1872;  bcut[d)e  Ucberfe^ung 
^on  ©raffe,  1847. 

©ilöc,  ftebe  ß^nfttfefcn- 

maSmaUxtl  —  S)ie  Äunfi  ber  ©Iaö= 
bereitung  nnirbc  im  Rittertum  fd)on  in 
umfaffenber  SBeife  betrieben,  junäc^p  jur 
Verfertigung  t>on  fleinen  ©egenftcinben, 
©efäffen,  ©cf)mucffad)cn  u.  bgl.  3)od^  ner? 
fianben  fic^  fd)on  bie  O^ömcr  aui^  auf  bic 
Fertigung  non  Safelglaö ,  'bdi  fie  neben 
bcforatifen  3weden  aud^  jum  iBerfd)Iuffe 
ber  556nfi<!i-"  braud)tcn.  3"  ben  Ȋrmeren 
füblic^en  ©egenben  mar  aber  'ba^  *J3ebürf» 
niß  nadi  einer  müglid)ft  lid)trcid}en  33c= 
fenfierung  geringer  alö  in  ben  nörblid)en 
fiänbern.  |)ier  fam  baf)er  bie  Sitte,  bic 
^enflcr  mit  ©laö  ju  »erfc^Iie§en,  o^nc 
3h)cifel  zeitiger  auf.  '^m  5.  3af)vbunbert 
erhalt  eine  ;^u  Si;on  erbaute  Äirdje  ©laö* 
fenjler;  in  €t.  ©aüen  maren  im  9.  '^a\)X' 
tiunbert  bie  jllüftcrfirc^e  unb  bie  ©direib* 
jiube  mit  burc^fid)tigcn  ©laßfenftern  t>cr= 
feilen  unb  mirb  ein  ©laömadjer  ®trad}oIfuö 
ermäbnt.  2)a  man  in  biefer  3cit  '^(^^  ©In«' 
nur  in  fleinen  ©tücfen  ;(u  bereiten  uerfianb, 
fp  fonnte  ber  25erf<$Iu^  einer  größeren 
Öffnung  nur  auei  einjcinen  ^artifeln  ju= 
fammengcfe^t  h)erben;  farblofeä  ©lag  mar 
feltencr  unb  fd)merer  ju  befd}affcn  alg  baö 
farbige,  unb  man  muf  fic^  barum  ben 
gläfernen  i5fJiflwoerf(^Iu§  ber  älteren 
ilird)cn  non  tiornberein  buntfarbig  »or« 
fleüen.  2)iefc  Umfiänbe  fübrten  non  felbft 
barauf,  Xia'^  man  bie  unglcid)cn  bunten 
©laöteile  nic^t  regelloä  nebeneinanbcr 
fügte,  fonbern  biefelben  nad)  il^ren  iiers 
fdiiebencn  färben  unb  g^ormcn  jum  ^r= 
monifd)cn  Spiele  ju  tiereinigen  tradjtete, 
SU  SÜJuftern  äf;nlic^  benen,  meiere  bie  9Wo* 
faifen  an  SBänben  unb  ^^upöben  jeigten. 

3ur  eigentlid)en  ©laämalcrei  beburftc 
cä  aber  ber  Vereinigung  gmeier  färben  auf 
einem  unb  bemfelbcn  «Stüde,  ber  (Srfinbung 
einer  @d)meljfarbe,  bic  ftd^  im  ^eucr  burd) 
einen  d)emifd)en  *Proje§  mit  bem  ßofalton 
»ctbanb.     ©efiü^t  auf  ein  (Sd)reiben  beä 


Qlbteä  ©ojbcrt  Won  Segernfec  (982-1001), 
in  melc^em  biefer  bem  ©rafen  lltnolb  für 
bie  ^^njier  bantt,  mit  benen  burd)  fein 
3utl)un  bie  Äloftcrfird)e  gefd)müdt  morbcn 
fei,  foba§  fe^t  bie  ©onnc  burd)  ba«  bunte 
©lag  Bon  ©cmälben  fd)cine,  pflegte  man 
früt)cr  ben  Jiubm  biefer  erfinbung  35cutfd)= 
lanb  jujufd)reiben,  um  fo  mebr,  alg  balb 
nad)l)er  in  Segcrnfcc  einer  ©laöfjütte  gc= 
bad)t  mirb,  bie  für  auömärtige  23eftellcr 
5lrbeitcn  lieferte.  Ob  'itai  nun  aber  mirf= 
lid)e  ©laggemälbe  maren  ober  blo§  nad) 
5Irt  ber  SD^ofait'en  aug  einfarbigen  Stüden 
jufammengcfe^te  5Dlufter,  la^t  fid)  nad)  bem 
allgemeinen  ?lugbrude  beg  SrieffieOerg, 
per  discolaria  pictararum  vitra,  nic^t 
me^r  bejlimmen.  Dagegen  fprid^t  eine 
anbere  9^ad)rid)t  aug  berfelbcn  ^i\i  un? 
jmeibeutig  imn  ©laggemälben,  'iia'^  nämlic^ 
ber  neugemäblte  (Jräbifd)of  '■Jlbatbcrt  »on 
SRl)eimg  (gefi.  989)  feine  Äatljcbrale  mit 
t^enilern  Ijabe  fd)müden  laffen,  auf  benen 
cerfdjiebene  ®cfd)id)ten  gemalt  maren.  2)a 
nun  au^erbcm  etmag  fpäter  alg  gcfd)idter 
©laomaler  Diogerug  »on  9tf)einig  ermät)nt 
mirb,  in  ^ranfreic^  bic  iiltcpen  2BerEe  biefer 
£ed)nif  erhalten  ftnb  unb  ber  $regbt)ter 
3;t)eopbilug  aug  bem  12.  3*i|)i^^.)ii>''tiert,  ein 
SDcutfdjer,  in  feinem  Sßerfe  Schedula 
diversaram  artiam,(morin  ber®lagmalerei 
ein  befonbereg  Sud)  gemibmet  ifi,  bie  be* 
fonberc  ^ertigfeit  beg  i^i'-iti^pf^"  ii^  ber 
©lagmalerei  berüorliebt,  fo  ijl  fcf)r  \oa^X' 
fd)einlid),  td^  bie  ©lagmalerei  in  ^xanh 
reid)  unb  nicbt  in  ©eutfd}lanb  erfunben 
unb  juerfi  auggebilbet  morben  ift.  3^i 
^auptfi^  mar  bie  9]ormanbie  unb  bie  Um* 
gegenb  von  $arig.  2)ie  alteficn  bcEannten 
^cnfier  beg  12.  Jabrlmubertg  maren  bie, 
meldje  ©raf  goulqueg  V.  oon  'Jlnjou  unb 
feine  ©emal)lin  für  bie  üon  it)nen  1121 
erbaute  Qlbtei  Sorouy  bei  Vernanteg  malen 
lic§;  fte  entbielten  bie  33ilbniiTe  ber  (ssttfter 
ju  ben  ^i'^c"  ber  beitigen  3un9frnu  unb 
finb  erft  in  bicfem  3al;r^unbert  ju  ©runbc 
get^angen.  Die  ^a\)\  ber  in  ^rantreid)  aug 
bem  13.  3«bvl)unbert  ert)altenen  ©laggc* 
miilbe  ift  fet)r  groß-  Die  Äatbebrale  oon 
SBourgeg  bat  allein  183  gemalte  '^tn'^ti. 
Von  granfreid)  brang  bie  Äunft  jucr|i 
nad)  ©nglanb,  bann  nac^  Deutfdjlanb, 
mo  jmar  nur  bie  ©laggemälbe  im  Dom 
ju  51uggburg  noc&  aug  bem  12.  ^<x^xt 
i)unbert  ju  ftammen  id)einen;  bem  13.  3a^t' 
l;unbert  gehören  bie  fö^orfenfier  ber  im 
3al)rc  12Ö8  eingemei^ten  Äunibertgfird)e  in 
Äöln  an.  Von  Deutfd)lanb  aug  fd)eint 
gegen  bie  iüJitte  beg  13.  3abrl)unbertg  bie 


212 


©la^malcrei. 


©la^matetei  nai)  Stallen  »erpflanjt  Wof 
bcn  ju  [ein;  bie  älteften  in  Statten  ge« 
malten  ^enfier  ftnb  biejenigcn  ber  Äird)e 
@.  ^ranjcefo  ju  3lfftft,  »on  einem  beut[(^en 
ÜJieijler  Jacob  »erfertigt. 

SDie  Sedbnif  ber  (Slaämalerei  tt)ar  btä 
jum  11.  3at)r6unbert  nod)  fcf)r  cinfad). 
S)aö  Jyenfier  ttjurbc  auö  fleinen,  farbigen 
(SIa«fiü(fen  jufammengefe^t,  bie  man  nad^ 
ber  Sorjeicfenung  jufcfenitt,  fo  ia^  bie 
Umriffe  burcf)  SBleifiveifen  gebilbet  maren; 
bie  SDJalerei  befc^ranftc  fic^  auf  Umriffe 
unb  @d)attierungcn  mit  einer  fd&marjen 
^lyarbe,  bie  man  auä  Äupfcraf(i)e  mit  einem 
3ufa6e  t)on  grünem  unb  blauem  @Iafc 
bereitete.  2)a0  Ginbrennen  biefer  <Sd)mc(5= 
färbe  erfolgte  in  einem  feljr  unooüfommnen 
Ofen;  3eict)nen,  ®Ia3f($neiben,  iSfalen, 
Srcnnen  unb  3"fa"inienfe^en  ber  ^enper 
mar  gemöt)nlic^  in  ber  ^anb  eincei 
Mnfitcrö  nereinigt. 

SDer  @til  ber  ©laögcmälbe  entmicfelte  fid) 
in  biefer  $eriobc  teile  burc^  bie  SScruoE« 
fommnung  ber  ©laöte^ni?,  teilä  burd)  bie 
Öejie^ung  5um  Saußile.  2)ie  23erbefferung 
in  ber  äed^nif  befianb  barin,  ta^  bie 
einjelncn  ©laöflüdfe  at(mii{)Iic^  grö§ere, 
gtcid)farbige  5läd)en,  ba^er  feltcner  burd) 
Öleiilreifen  unterbrochen  mürben  unb  ta^ 
bie  dombination  ber  J^arbcn  ftd)  aus* 
bilbete.  3n  ber  iiltefien  3eit  I^crrf^te  ein 
bunfleä,  blaues  @Iaä  uor,  ©ap^ir  genannt, 
mit  bem  man,  gcmö^nlic^  fe^r  un^ar* 
monifc^,  grün  unb  gelb  ^ufammcnf^eUte; 
feit  bem  13.  3a^rt)unbert  mirb  ein  fcf)öncö 
roteö  ®Iaö  vormiegenb.  5iud)  hai  färb» 
lofe  ®Ia0  mürbe  je^t  bäupgcr  unb  billiger 
als  tai  gefärbte,  unb  man  üerbanb  jegit 
nid)t  allein  groge  rote  unb  mei^e  gtäd)^", 
fonbern  man  erfanb  bieörifaille,  b.  \). 
bie  graumeiBe  SÖtalerei  mit  einer  grauen 
ober  f<^mar^cn  ^axht  auf  roafferl)cllem 
©lafe;  biefelbc  murbc  meifi  ju  arabeäfen^ 
artigen  üliuflern  pcrmenbct  unb  bebedte 
oft  ganje  ^^nP^^;  ^'^^  bebiente  man  ftc^ 
i^rer  ctma  jum  .^intergrunbc  für  farbige 
Sßilber  unb  giguren.  23efonberäi  bie  ßiflcrs 
Sienfer,  beren  [Hegel  gemalte  genfier  ucrbot, 
bebienten  ftd;  ber  ©rifaitle.  3ii  ber  '}[n' 
orbnung  ber  ©laögemälbc  unterfcl)eibet 
man  ben  romanifd)en,  unb  bcn  gotifdjen 
©til. 

S)ie  ^cnficr  romanifcfcen  ©tilcö 
enthielten  2)iufler,  bie  ftc^  in  ber  iRegcl 
in  ben  bur(^  bie  eifernen  Duerriegcl  beä 
J^enjlerö  gebilbetcn  2lbteilungen  mieber= 
holten.  Oft  batte  ein  5|elb  in  ber  Ol^itte 
entmcber  eine  Siofcttc,  läufig  mit  fragen* 


^ften  Siergefialtcn ,  ober  ein  ©c^ilb  mit 
einer  t)iporifd)en  ober  fpmbolifct)en  ©ar« 
fictlung.  2>iele  ®d)ilber  waren  meij!  tunb, 
awi)  pieredig  mit  frei^förmigen  Qluö* 
bauc^ungen,  feltcner  üon  ber  owalcn  ober 
oben  jugefpi^ten  ÜJJanbels  ober  5ifd)6Iafcns 
form.  S)üö  gan^e  umgab  eine  Äante  mit 
'ilrabeefen  oon  93lumen,  2}erfc^lingungen, 
SBappen  u.  bgl.  gebilbet.  ©in  fold)eö 
^enjier  erinnerte  an  bie  Seppic^e,  mit 
bencn  frül)er  bie  genfter  üerpngt  mürben. 
S5er  3nt)alt  ber  @d)ilber  mar  eine  Srläu* 
terung  ber  ^rebigt  ober  bejiimmt,  ber  reli« 
giöfen  Setradjtung  p  $ülfe  ju  fommen; 
eine  bebeutenbe  fünftlcrifc^c  SffiitEung  ging 
oon  biefen  Q^enfiern  nod)  nid^t  au«.  3n 
mand)en  Älofierfircften  mar  t>a^  ganjc  ®e= 
biet  ber  fc^olaflifd^cn  ?e^re:  ®ef(^i(f)tc, 
S^eologie,  «llftronomie,  *pi)9rif,  SKuftf  unb 
*13f)ilofopl)ie  in  ben  ®d)ilbern  oerfinnlid)t. 
9lud)  in  fpätern  gotifd^en  SaumerEen  finbcn 
ftdb  fold)e  altertümlid)e  ©laäfenjler,  tcil^ 
neben  genficrn  gotifd)en  ©tiles,  tnli  ab' 
fiditlid)  ali  Umgebung  berfelben,  um  ta^ 
TOittelfenfter  um  fo  glänjenber  |cr»or* 
treten  ju  laffen. 

2)ie  ©otif  forberte  tnnoc^  meit  l)ö|erm 
Tla^t  äur  2lnmenbung  ber  ©laämalerci  auf. 
5n  ben  altern  romanifdjen  Äird)en  t)atte 
man  SBänbe  unb  2)eden  bemalt  mit  großen, 
jufammenljängenben  iiilberfcrien,  bie  oft 
bcn  ganzen  ^ni)a\t  ber  biblifd^en  ©efd^i^ten 
erf(^öpften.  'JIU  ber  gotifd)e  Stil  bie 
Sßänbe  fo  niel  mic  möglief)  burc^brac^, 
ben  ganjcn  Q3au  in  ein  ©crüfle  oon 
fd)lanfen  Stuften  mit  meiten  Sögen  unb 
fül)n  gcfpanntcn  SBölbungen  auflöse,  ging 
ber  malerifd)e  ®d)mud  oon  ben  2Bänbcn 
unb  2)edcn  auf  bie  jatjlreid^cn  unb  gvoBcn 
JJenfier  über,  mcld)eä  um  fo  crmünfd)tcr 
mar,  aU  bie  ^üClc  beö  t>on  überall  i)ti' 
jujlrömenbcn  2id)tcä  notrcenbigermeifc  einer 
fanftcn  *JJJilberung  beburfte.  iluc^  bie  '2lrt 
ber  gotifd)cn  ^cnficrglie&crung  mar  für 
bie  Einbringung  unb  ftilijlifd^c  'Jluäbilbung 
ber  ®laögemälbe  eine  befonberö  günflige- 
©er  SHaum  ätt.nfd)cn  btn  fenfrec^tcn  Stäben, 
bcn  (Pfoflcn  ober  Sproffen  gab  bie  J^läc^cn 
für  bie  grö§ern  figürlid)cn  ©arftellungen, 
mät;icnb  bie  iWaBmerfc  ebcnfofc^r  jur 
ornamentalen  Eluäilattung  ober  ä^r  5tnä 
bringung  erläuternbcn  Söeimcrtc^  geeignet 
marcn. 

3)cr  Ucbergang  jum  gotifd)en  Stile  mirb 
burd)  i>ai  23crbrängen  ber  blauen  ®rünbc 
burc^  iRot  unb  burcf)  bie  vcic^cre  Sntmicfs 
lung  ber  einzelnen  (soc^ilbcc  oorbercitet. 
2)aö  Seppidjmupcr  murbc  blo§  noc^  aU 


©laämalerei. 


213 


.^intcrgrunb,  bann  aU  Sorbürc  beibehalten. 
"an  ©teile  bcr  ©c^ilbct  treten  einjelnc 
größere,  fogar  folojyalc  g'S"'^«"-  ®iff' 
erfc^etncn  juerft  in  cinjelncn  gtofcrn  ^tU 
bern  bet  Seppic^c,  bann  fclbfliinbigcv,  jus 
»eilen  nur  in  bem  untern  Seile  bcr  JenRcr, 
balb  Pet)enb,  balb  auf  J^ronen  ft^cnb, 
unter  Salbad)incn  ober  in  Stübten,  oor 
einem  .^intergvunbc,  ber  oft  einfarbitj  ifi, 
ober  bcn  ©tcvnenbimmel  barftcüt  ober  iai 
OJluPer  cineö  leppic^ö  entbält,  ber  bie 
SRüdmanb  ju  bebängen  fcbeint.  ^ilHmab* 
lief)  (jeben  bic  Salbad)ine  in  bie  ^'"^•^ 
bcr  gotifi^en  Jabernafelfrönungen  mit 
einem  fpi^en  ©iebel  unb  ^lüei  i'd)lanEcn 
ijiliolen  über,  foba§  ber  ©til  bev  ®taß- 
fenjler  ftcb  je^t  in  ber  DoOfornmenfien  ^ar* 
monic  mit  bem  bcö  t3oti[d)cn  .^ircbenbaueö 
bcfinbct.  Unter  ben  turmartigen  '8albad)inen 
prangten  bic  foloffalen  ©ejtalten  bcr  !Pro= 
pbeten,  Qlpoj^cl,  ©nangeliftcn,  ^eiligen  unb 
©onatorcn,  befonber«  ^"i^Pf"  ""''  ^i= 
fd^öfcn;  jumcilen  baute  man  in  einem  J^enficr 
mebrere  ®tocfrt>erfe  uou  ilabernafcln  über-- 
cinanber  auf  ober  ocrcinigte  in  anberer 
Seife  igpftcme  oon  *i3albad)in  n,  türmen 
unb  g^ilialcn,  bie  fid)  nad)  oben  in  baö 
lleinernc  iöJapmerf  oerliefen.  2)ic  figuren^ 
rcid)en  biblifcbcn  ®efcbid)teu  unb  ^eiligen' 
Icgenben  oermicö  man  in  htn  unterfien 
2;cit  bcr  lyenftcr.  2)ie  ßwü^Hini^nficüung 
ber  garben  murbc  immer  gUinjcnbcr  unb 
im  befonbcrn  bic  frül;er  unbcfanntc  rofen* 
rote  ^IfM'^f»i'^''f  gcinöbnlid)  burd)  farb^ 
lofcö  ®la^  crfctit.  .,2)ie  DOTalerei  mar  in 
ben  gotifd)en  Äird)cu  oon  bcii  immer  mcbr 
eingefd) rauften  SDJaucrmiinben  unb  oon  bcn 
mit  fogenannten  alten  unb  jungen  2)icnftcn 
umgebenen  Pfeilern  gcmid)en  unb  fafi  auf 
bie  i^enficr  eingefd)ranft,  b'cr  aber  erfd)ien 
fie  in  einem  neuen  unb  munberooüen,  faft 
überirbifc^en  3i'i"''cr  unb  entfprad)  allen 
äji^etifdjen  Qlnforbcrungen  auf  eine  mu 
äbertrcfflid)c  SBeifc.  ^n  bem  neuen  ©tile 
bet  gemalten  ^y^nf^^n  mar  ganj  unb  gar 
ber  geiilige  ®ebanfc,  bie  3bee  auöge« 
fprod)cn,  auf  mclcbf'^  ^ic  (Sntmidelung  bcs 
Äiri^cnbaueä  jur  gotifd)en  gorm  berubte. 
Sic  bcr  ganje  gotifd)e  SJau  mit  feinen 
bimmclanfircbcnben  Sölbungcn,  fo  erboben 
biefc  genjier  bcn  93lict  unb  bic  (Sebanfeu 
über  baä  S^bifcic,  inbem  fic  baä  ^simm» 
lif(^c  in  feinem  ooüpcn  (SJlanjc  \)txän' 
llrömen  liefen,  obne  ha'^  fu  iaü  "Jlugc 
oerlodtcn,  von  bem,  maö  ha  brinnen  oor« 
ging,  ft(^  abjumcnben,  um  ber  5lu§enmelt 
ju  gebenfen.  2)cr  Äünjilcr  ba^te  mc^t 
met)r  baran,  burd)  bcn  ^n\)aU  feiner  S^at^ 


fiellungcn  hai  25olf  ju  betebren,  er  wollte 
bcn  Slnbä^btigen  bie  ^Infc^auung  bcö  |>im« 
melreic^ö  unb  ber  .^eiligen  entgegenbringen, 
unb  fie  in  bie  Stimmung  oerfe^en ,  ha^ 
fic  ben  ©cböpfer  in  feinen  Serten  preifcn 
mußten.  Qlber  nocb  in  einer  anbern  ^in» 
ft(^t  maren  bic  ©laögcmälbe  eine  notmen? 
bige  (Srgänjung  beö  gotifd)en  Sauflil^. 
2)ic  reid)en  J^ormen  beö  Ic^tern  mit  il)ren 
jabllofen  ®inbud)tcn  unb  Qluöfeblungen 
»ertragen  feine  SBelcu^tung  burd)  unge= 
bämpfieö  Sonnenlicht,  unb  erfi  bic  far« 
bigen  (älaötafeln  gemübrten  bem  3""«" 
bicfcr  .Kird)en  jene  gemäßigte,  gleid)förmige 
(Srleudjtung ,  bic  allein  biefcm  oielglie» 
bcrigcn  Stile  angcmeffcn  ifl.  3)a^u  fam 
nod),  M'^  fclbft  bic  UnPollfommenl)cit  bcr 
2;cd)nif  eine  ber  ®ro§attigfeit  bcö  ©au* 
IWcö  cntfprcd)enbe  Scbanblung  ber  ©laä» 
färben  mit  fid)  brad)te  ©ä  mar  eben  fo 
unmöglid),  bic  Slcilinicn  mit  ber  J^einbeit 
unb  Seid^beit  äaitcr  unb  gefälliger  Um* 
riffc  ju  fübrcn,  als  ben  i^arben  eine  ooH« 
enbetc  malerifd)c  *}lu3fübrung  ju  geben. 
3)aburd)  aber  mar  man  ju  einer  Sebanb« 
lungöweife  genötigt,  meld)e  bei  bcr  ®rögc 
unb  .^öbe  ber  'i^tnitii  unb  bem  ernjlcn  3"-' 
baltc  bc^  fird^licbcn  Silbmcrfeö  biefcm 
einen  mürbigen  monumentalen  unb  roabt« 
t)aft  religiöfen  d^axattn  fidbcrte."  Unger. 

©cit  bem  16.  5abrb.  fanb  ein  i  beben« 
tenbct  Umfcbraung  in  ber  Olaömalcrci  )latt. 
Unb  jmar  furb  eö  in  erftcr  8iuie  bic  tc<^s 
nifd)cn  gortfd)rittc,  bic  eine  Qjnberung  be^ 
biöberigcn  ©t^flem^  bebingten.  fl'iocb  in 
ber  erften  |)dlfte  beö  14.  3abrb.  begnügte 
fid)  ber  ®la«maler  mit  einem  mofaifartigen 
®efügc  cinjelner  »Stücfe,  bereu  jcbcä  in  ber 
SRegei  nid)t  mcbr  alö  jmei  färben,  bcn 
öofalton  unb  baä  aufgebrannte  ©cbttJarä* 
lot  ocrcinigte;  nur  feiten  fam  baju  eine 
ämeitc  '^luftragfarbe,  baö  fogenannte  .^unft« 
gelb.  S)ie  Ic^terc  garbe  pflegte  man  erp 
nad)  bcr  ÜJIitte  be^  14.  ^al)x\).  in  umfang= 
reid)ercm  Tla^i.  ju  ocrmcnbcn.  ®a^u  fommt 
bie  (Jrfinbung  beö  Überfangglafcö,  'i>a^, 
erft  nur  rot,  in  ber  Seife  bereitet  mürbe. 
baf  man  biefc  ^arbe  auf  bie  roci§e  ©Iqös 
platte  auffd)molj.  Sic  bilbcte  fo  eine 
jmeite  Sage,  bie  beliebig  butd)  Qluöfd)lcifen 
entfernt  werben  fonntc.  ilam  bann  mieber ber 
farblofe®runb5um23orfd)ein,  fo  fonnte  man 
mit  i^ülfe  Don  @d)marjlot  unbÄunjigelb,  oier 
färben  auf  einer  unb  berfelben  platte  oer« 
einigen.  !13ermittelft  bcö  Äunftgclbcö  er* 
äicltc  man  auf  blauem  ®lad  ®rün,  hai 
frübcr  in  befonbcrn  'JJfittifeln  gefaßt  mcr* 
bcn  muftc.    So  murte  bem  ÄünjlUr  er« 


214 


Olaömalcrei. 


möglic^t,  ganjc  ^Partien  oijm  bie  iJtnrocns 
bung  ber  bleiernen  aJiittelfiücfe  ju  foIo= 
rieten ,  unb  bie  Schattierung  mit  aller 
5lue!fü^rlict)feit  ^u  be^anbeln. 

3n  jftjeiter  ßinie  roor  eä  bie  im  14. 
Sabr^.  auf  allen  ©ebicten  ber  Äunft  jur 
^err[d)aft  gelangte  Hinneigung  jum  SRealiö« 
mu^  ber  ^Jatur,  ivaä  ben  ®ang  ber 
Olalmalcrei  beeinflußte.  SZÖö^rcnb  aber 
bei  ber  altern  5luffaffung  ber  Äünftler, 
burcf)  bie  «Scfiranfen  ber  Secbnif  feiner 
Äunft  baju  betrogen,  feine  ®efla(ten  unb 
©cenerien  in  beforatitoer  Unterorbnung  mit 
teppid)artiger  Umgebung  bargefieÜt  bitte, 
trieben  bie  beibcn  genannten  5ortfd)ritte 
ber  Ztä)mt  unb  ber  fünftlerifd)cn  5luf* 
faffung  ben  ©laömaler  in  ©ebiete,  bie 
auf^er  ber  9tatur  feincä  Stoffeö  unb  feiner 
färben  lagen.  3"fff9c  beffen  fermilberte 
einmal  bie  ilompofttion,  inbcm  ficfe  ber 
Äünfiler  geätrungen  ]ai} ,  auäfü^rlicbere 
©cenen  entrticber  in  einem  unoerbältniäs 
möBig  tieinen  9Jia§ftabe  berjufteüen  ober 
biefelben  in  ber  SBeife  aueisubeljnen,  ba§ 
fie  of)ne  (RücffK^t  auf  Bnfiolt  unb  formen 
burd)  bie  fleinernen  'i^fojlen  geteilt  unb 
jerriffen  nturben.  ©obann  litt  unter  bie* 
fem  einfeitigen  SRealismu«  bie  früber  be- 
|!anbcne  bobe  tjarbenfjarmonie,  ba  bie 
färben  jc^t  nid)t  mebr  roie  frül;er,  mit 
rorberrfcbenber  JRücEftcbt  auf  ba^  ®anje 
geroablt  trerben  fonnten,  fonbern  einfeitig 
von  ber  9?atur  beö  gett)ä()Iten  ©egenftanbe^ 
ab[)ingen. 

3n  3uffli^"if"f'0!i9  bamit  j^ef)t  bie  fer* 
änberte  «Stcüung  ber  Äünftler  unb  ber 
gefeüf(i)aftlid)en  3iij^änbe  übcrbaupt.  Uloä) 
im  13.  Jabrb.  batte  eö  SKeifter  gegeben, 
n3eld)e  bie  unioerfeüftcn  .Renntniffe  befaßen 
unb  in  aUen  SKid)tungen  ber  Äunft  be= 
tranbert  niaren;  baä  fpätere  SKittelalter 
fpaltete  infolge  ber  erböf)ten  Qtnforbe^ 
rungen  ber  inelfeitigen  Sccbni!  bie  6inf)eit 
bes  Äunflbettiebö  unb  njieä  htm  einzelnen 
bloß  noc^  einen  bef(i)iänften  Sßirfunggs 
freiö  an;  ber  einzelne  aber  »anbte  ftcb 
nunmef)r  fleinern  felbjlänbigcn  'Jlrbeiten 
JU,  hk  fxd)  gleicf)  ben  Jafelgemälben  rafd) 
unb  of)ne  ben  5lufwanb  allgemeiner  Stu« 
bien  uoüenben  ließen.  ')tu(^  bie  i)iad)frage 
fam  folcben  üeinern  2lrbntcn  entgegen, 
unb  ttiäbrenb  bie  ®la«malerei  bis  jum 
14.  ^ai)xi}.  fafl  auefd)ließlicb  im  ftrcblicben 
2)ienjlc  gcfianben  b«tte,  läßt  fie  ftcf)  je^t 
ebenfogern  ju  meltlid)en  3»eden  braueben, 
jum  Sdimucfe  ber  Sffiobnbäufer  unb  ipro» 
fanbauten  übertiaupt.  2)aber  erftärt  ftc^ 
au(f),   ha^  mon   feit  bcm  15.  ^a^x^.  »icl 


bäufiger  aU  früf)er  ben  D^lamen  Bon  ®Ia8= 
malern  begegnet,  ©efonbere  bie  iBorliebe 
für  beralbif(i)e  Si^ic^s"  %<^^  5«  profanen 
(gc^ilbctcien  einfloß.  Ratten  f<^on  früher 
einzelne  ©onatoren  ibre  SBappen  in  bie 
©laöfenjicr  anbringen  laffen,  fo  njoütcn 
je^t  immer  f)äufiger  einjelne  .Korporationen, 
3ünfte,iSruberfd)aften,  I^eröorragenbe^^ami» 
lien  ibre  Jeilnabme  an  ben  großen  firdE)« 
Iid)en  Sauten  burdp  bie  Stiftung  eigener 
Äapeüen  bezeugen,  an  benen  man,  jum 
Qirger  ber  ®eiftlid)feit,  ^eralbifdbe  3^^^^^" 
anbracbte.  (Snblicb  »erlangte  feit  bem 
15.  3al)i^Ö'  ou($  bai  bürgerlicf)e  S!öoI)n: 
^auö  fein  gemalte«  ^^nftfi^.  fobaß  biefcä 
balb  in  SRatbäufern,  3unftf<iten,  ©c^üfecn* 
t)aufern,  @d)löffern  unb  bürgerlid)en  SBo!^« 
nungen  ein  allgemein  üblid)er  ®d)mucf 
»urbe.  9^ur  auenabmsmeife  mürben  me^? 
rere  foldie  i®la0fenfter  ju  dijflcn  auögc» 
arbeitet;  bod)  rt>ar  üon  einem  einf)eitlid)en 
ß^arafter  berfelben  faum  ju  fpred)en.  ©er 
gcmö^nlicbe  Sn^x^It  ber  gemalten  SBappcns 
f(^eiben  beftet)t  auö  einer  einfachen  3"* 
fammenpetlung  fon  SBappen  unb  ©inäel» 
figuten,  meld)'  Ic^tere  entmeber  mit  per? 
fönlicber  39e;iebung  auf  bie  $erfon  beö 
©tiftere  beffen  ©(^u^beiligen,  ober,  neben 
ben  SBappen  fon  ©tobten  unb  ©täuben, 
beren  .f'crolbe  unb  ^tibnenträger  barftetlen. 
Qlucfe  Sßappentiere ,  milbe  üJtänncr  unb 
SBalbfräulein  oertraten  jumeilen  bie  ©teile 
ber  ©cbilbbalter,  ober  eine  2)ame,  bie  in 
grajiöfcr  ©tellung  unb  pompf)aft  gcfleibet 
bai  J^tcinob  ober  bie  .^elmjierbe  umfaßt. 
5llle  biefe  ©arfiellungen  ijtbm  ft^  t>on 
einem  bunten,  grau  ober  fd)tt)ar5  geflammt 
ten  2)amaftc  ab.  2)aö  ©an^e  umrahmt, 
balb  meiß,  balb  violett  ober  gelb,  eine 
ftidibogige  Qlrd)itcftur,  fon  Pfeilern,  ©äu« 
len  ober  fnorrigen  ©tämmen  getragen, 
umranft  von  S3lattornamenten,  treli^e  bie 
oberen  3>'Pi<feI  fällen,  ober  eä  tritt  an  bie 
©teile  biefer  Ornamente  eine  3ogt>»  ober 
Äampffcene,  bie  grau  in  grau  mit  gelber 
Sluftragfarbe  gemalt  ijl. 

3n  biefer  Qdt  tarn  c^  nur  nod^  auö= 
na^mömeife  vor,  baß  ber  ©laömaler  feine 
©ntniürfe  felbcr  jei^ncte  ober  „vifierte"; 
bie  SReget  mürbe,  ba^  ber  eine  bie  ^ifu- 
rung  machte,  ber  anbere  fte  in  ©las  auä- 
fübrte.  Q(ud)  Oelgcmälbe  unb  ^oljfdjnitte 
mürben  auf  ©las  fopiert,  mobei  eö  aU 
©Iücfe;fall  5U  betrad)ten  ifi,  menn  bie  2ßat)I 
auf  Silber  fiel,  bie  ftcb  vermöge  i^rer3u== 
fammcnfefeung  auö  mcntgen  gisu'^f"  füt 
foId)e  Uebertragung  eigneten,  mie  5.  95. 
bie  Holjfd)nitte  ber  Biblia  Panperum. 


®Ic»  —  (Sloctc. 


215 


SDa^  Übcr[}anbne|mcn  ber  iRenaiffancc 
unb  beö  ^rotePantiämuö  förberten  ben  2?«« 
faü  ber  Olaemalerci,  nadjbcm  bicfclbc 
fd^on  burd)  5lu^eracl)tlaffen  if)rcr  natura 
liefen  Scbingungen  unb  ©renjen  »on  iljrer 
cinjiigen  ^öbe  I^erabgefunfen  War.  3n 
ben  SJiieberlanben,  Yoo  bie  ®la«malerei  un« 
tcr  bem  (SinfluJTe  ber  JRubcnö'fdbcn  TlaUx' 
fcf)ule  nod)  einmal  ju  einer  Qlrt  23lüte 
fam,  galt  bicfe  Äunft  in  ber  SOUtte  beä 
17.  5at)r^.  al^  crIofcf)en.  3"  SBöf^men 
tt)ar  fd)on  1617  fein  Olaömater  mel)r. 
33efcf)äbigte  genfter  fiicfte  man  mit  meinem 
®Iafe  ober  rebujierte  bie  ©emälbe.  3)a= 
gegen  fam  im  17.  '^ai)x^.  eine  SKalerei 
hinter  ®Iaö  auf,  bie  aU  iHJöbel-  ober 
SBanbbeforation  r>errt)anbt  nnirbe.  Dla()n, 
SSilbenbc  Äünjle  in  ber  ©d)n)eij.  —  Unger 
in  Srfd)  unb  ©ruber,  5lrtifel  ©laömalerei. 

—  93ud)er,  ®e[d)id)te  ber  ted)nifd)en  ÄünPe. 

—  SBadernagel,    SDie   beutfd)c   ®Iaä* 
maierei. 

@kö,  fiebe  2  an  je. 

@Ioäc,mf)b.  glocke,  glogge,  al)b.klocca, 
glogga,  auö  mitteltat.  (8.  3at)rf).)  bie 
clocca,  cloca  =  Äivd)engIocfc,  meld^eä  ju 
af)b.  clocchon  =  flopfen,  anfd)Iagen  ju 
gehören  f(^eint.  SBetganb.  S)ie  Über= 
lieferung  mad)t  ben  23ifd)of  *Paulinuö  in 
D^iota  (tat.  nola  =  @d)ene)  in  Gampanien 
(campana=:  ©locfe)  um  400  jum  (Srfinber 
ber  ®Ioden ,  iraö  eine  ctpmologifdje 
Spielerei  ift.  ©rmäbntmirb  ba^Si^P^""^^"* 
juerft  unter  ber  23ejeic^nung  signum  im 
6. 3cibrt)unbert  in  ben  ®d)riften  beö  ®regor 
toon  Sourß,  unb  man  nimmt  an,  bn^  eö 
äuerft  burd)  irifd)c  unb  britifdic  9D?iffiDnen 
in  3)eutfd)lünb  befannt  gettDorben  fei;  ival;r= 
fdieinlid)  batte  fxd)  ber  ®ebraud)  fon 
Älingeln,  meld)er  [xä)  bie  alten  iRömer  alö 
bäueilid)e  SBed-,  mobi  aud)  al^  öffentlid)e 
93erfammlung'gi;eid)en  bebientcn,  obne  Unters 
bredjung  inö  OJJittelalter  fortgepftanjt  unb 
mar  ?uerfi  iion  einjelnen  Älöftern  aufge» 
nommen  unb  aUmä^lid)  Sitte  geroorben. 
3tlö  3^^^  ^^'^  allgemeinen  Verbreitung 
ber  Äird)engIocfen  in  2)eutf^Ianb  mirb 
bie  ÜJtitte  beö  9.  3af)rl)unbcrti^  bejeic^net. 
I)ie  ©locfcn  ber  ^xm  waren  au^ 
gcfc^miebeten  93Ie(^en  äufammengefe^t; 
in  I)eutfd)Ianb  untcrfd)ieb  man  im  9. 
3al)r^unbert  vasa  fasilia,  gegoffene,  unb 
vasa  productüia ,  gefdimiebete  ©locfen. 
(Sine  genietete  ®lode  ber  le^tern  Qht, 
Saufang  genannt,  auä  ber  6,äcilienfird)e 
jU  Äöln  f)erftammenb,unb  berÜberliefcrung 
iufolge  bem  7.  3at)r{)unbert  angeprenb, 
Wirb  im  |läbtifd)en  SOJufeum  ju  Äöln  auf= 


bewahrt;  fie  ifi  fon  ber  g^orm  ber  fog.  Äul)^ 
fc^eüen  unb  befiel)t  am  brei  mit  fupfernen 
Sfiägcln  äufammcngenieteten  Sifenptatten; 
i^rc  2Beite  beträgt  am  oinilen  Oianbc  13^/^ 
unb  &3/4  3oa,  if)re^öt)e  lö'/j  3oü.  *Hl« 
iBerfertiger  ber  norjügli^fien  ®Iode  für 
ben  5lad)ener  2)om  wirb  ber  St.  ®aüifc^e 
Tlönä)  ianc^o  gerül^mt.  Später  würben 
bie  ®locfen  umfangreid)er  unb  fafi  nur 
nod)  t>on  93ronje  gegoffen.  Sine  ®tocfe 
ju  |)ilbee{)eira,  um  bie  Tlitk  beö  11.  ^a\)x=' 
l)unbertö  'oon  Sifd)of  ^jelin  befd)afft,  fott 
fc^on  100  3cntner  gewogen  traben.  5llö 
bie  größte  ®Iode  in  35eutfd)Ianb  gilt  bie« 
jenige  auf  bem  mittleren  ©omturme  in 
Dlmü^,  Maria  gloriosa,  iion  1497 ;  jle 
wiegt  275  3tr.  9^a^rid)ten  »on  ®loden« 
namen  f)at  man  feit  bem  10.  3tif)r[;unbert; 
fte  lel)nen  fic^  an  Stifter,  *l^atronen,  an 
Sigenfd)aften  ober  Seftimmungen  ber  ®  lode, 
Sd)on  früb  fam  bie  Sitte  auf,  ben  ®Ioden 
Por  bem  5tufbängcn  eine  firdilid)e  2Beit)e 
JU  geben.  3^^  ®regorö  bce  ®ro§en  3«it 
war  bafür  fd)on  ein  (SeremonieU  auöge* 
bitbet,  unb  bie  ®(odenweif)e  würbe  balb 
auf  ä[)nlid}e  2Beife  foUjogcn  wie  bie  Äinbö* 
taufe.  Äarl  ber  ®ro^c  nerbot  wegen  ber 
baran  gefnüpften  abergläubifd)en  Soor* 
ficüungen  789  bie  ®lodentaufc,  o^ne  ta» 
mit  burd^jubringen.  Später  würben  gegen 
mand)erlei3[)JiBbräud)e,  wie  ^atengefc^enfe, 
obrigfeitIid)e  Seiträge,  ©a^mäler  u.  bgl. 
aSerorbnungen  erlaffen;  aud)  entftanb  nac^ 
ber  ^Reformation  unter  ben  fatboUfd)en 
unb  proteftantifd^en  Sbeologcn  Streit  über 
bie  3uläffigfcit  ber  ®Iodentaufe,  ber  biä 
tn§  18.  3(i^i^f)unbcrt  fortbauerte  unb  erjl 
mit  ber  allgemeinen  ©infübrung  ber 
®Iodenprebigt  bei  ben  ^protejianten 
ein  (änbe  erreid)te.  Sei  ben  ÄatboUfen 
bauett  bie  (Sinfegnung  nod)  fort. 

S)ie  ältefte  befannte  batierte  ®tode  i^ 
Bom  3at)r  1249  unb  l)ängt  in  ber  Sur* 
d)arbifir(^e  in  SBürjburg. 

Sßaci  ben  ®e brauch  ober  bie  8  es 
fl  immun  gen  ber  ®todcn  betrifft,  fo 
bicnten  biefetben  urfprünglid)  offenbar 
jum  3^i'^f"  ^'^^  beginnenben  ®otteä* 
bienfte^.  Später  famen  für  befonbcre 
93eflimmungenauf:  1)23  et  gl  öden,  fd)on, 
wie  bef)auptet  wirb,  im  7.  ^abrl^unbert 
jur  SBcjeid)nung  ber  ftebcn  fanonif(^en 
Stunben  eingefüf)rt;  nod)  l;eute  bcjeic^net 
«öetglode  t^ai  9Worgen=,  3Kittag»  unb 
2lbenbläutcn;  am  früljeften  würbe  iwn  ben 
le^tgenannten  brei  3^^'^)^"  ^^^  2lbcnb= 
lauten  eingeführt,  inbem  !Papfl  3of">"n 
XXII.    jur    3eit   ber    2lbenbglodc     aüen 


216 


®(oric  —  ©loffcn. 


d^rifien  brei  'Hüc  ÜJtatta  ju  beten  befaßt, 
taä  aWoraenläuten  rcurbc  in  @täbten  crfi 
im  15.  2^f)r^urtl>fi^t  aügemein  übli(^.  2) 
2)ie  Sotenglocf e,  tt3eld)e  jur  ^ürbitte 
bcr  ©laubigen  für  einen  frommen  ®ter« 
benben  aufruft,  wirb  fc^on  im  8.  ^abx- 
^unbert  ernjdfint.  3)  Die^rebig tglocf  c 
njtrb  mei|l  breimal  geläutet,  ad  invocandum, 
congregandum  et  inchoandum,  jum  ßins 
berufen,  25erfamme(n  unb  ^Beginnen  4) 
2)ie  SBetterglocfc  ift  fd)on  fe^r  frü^  in 
©ebraud^  gemefen,  fomof)!  gegen  »irflic^en 
Söafferfcfcaben ,  93Ii^,  „•^lagel ,  2Bolfen» 
bxüä),  ali  gegen  anbere  Übel  unb  bie  $eü. 
5llä  friiftig  a.tg,tn  bie  2)ämonen  galten  in 
ber  fat^olifc^en  ^dt  bie  Sibelfprücfce  3ol)- 
1,  1  u.  14:  „3m  Qlnfang  n.tar  baä  2Bort," 
unb  „S)aö  SBort  würbe  ^yleifcb  unb  njo^nte 
unter  unö",  bann  bieiJiamen  beeCSefreu^ig^ 
ten,  ber  ©Dangelifien,  ber  f)I.  brei  Äönige, 
beö  @t.  3of)ann  unb  (Paulu^  a\i  fogen. 
SBettert)errn.  5)  (S  tu  üben-  ober  3fit  = 
glocf  e. 

Heber  ben  urfprüngtic^en  3u['^rnnienä 
bang  ber  lürme  mit  ben  ©loden  ifi  man 
nid^t  genou  unterriditet;  boc^  ifi  felbfi^ 
öerftdnblic^,  boB  man  bie  ©tocfen,  wo  fte 
eingeführt  waren,  gern  in  üorbanbene 
Sürme  biingtc.  ^m  ®t.  ®a[lifcf)en  Älofier« 
plane  finb  wefili^  t>ou  ber  Äir($c,  in 
einiger  Entfernung  oon  bem  balbfreiä» 
förmigen  8äulcnoorf}ofe  besfelben,  ju 
beiben  Seiten  beö  pon  au§en  in  baä  ÄIo= 
fiet  fübrenben  üBegeä  ^wei  fpmmetrifcf)  ge= 
ficUtc  mit  2Benteltreppcn  gefüütc  Otunb» 
türme  angegeben,  feren  einer  bie  S^Wi^ift 
ascensas  per  cochleam  ad  universa  super- 
inspicienda,  ber  anbere  alter  similis 
trägt.    €iebe  ben  %ü.  lurm. 

25ic  0  lo  cfeninfc^riften  fmb  ent^ 
Weber  Sprüche,  bie  frcf)  auf  bie  Sefiim» 
mung  ber  ®Iocfcn  bejicben,  meift  in  Serfen 
ober  33ibelfteücn  unb  ©ebeteformen,  ober 
DfJotijen  über  rjntfietjungsjeit,  ©ießer,  2)05 
natoren  2C.  €prüd)e,  bie  fid)  auf  bie 
33eftimmung  ber®Iocten  bejiel)en, 
finb  j.  33.  Vivos  voco ,  mortuos  plango, 
fulgnra  frango  iD^ünjler  ju  Sc^affbaufen). 
—  Defanctos  plango ,  vivos  voco ,  fal- 
gura  frango.  —  Sabbata  pango ,  funera 
plango,  noxia  frango.  —  Excito  lentos, 
paco  crnentos,  dissipo  ventos.  —  Laude 
deum  verum,  plebem  voco,  congrego  cle- 
rnm.  —  Sit  tempestattun  per  me  genus 
omne  fngatum.  —  Consona  campana  de- 
pellat  singula  vana.  —  Vox  mea,  vox 
vitae,  voco  vos  ad  sacra,  venite.  — 
Gloriosa  heiz  ich,  die  hochzeitlichen  fest 


die  belent  ich,  die  schedlichen  wetter 
vertreib  ich  und  die  toten  bewein  ich. 
Sibclftcüen  finb  :  Procul  est  dominus  im- 
piis  et  preces  pastorum  exaudit,  Proverb. 
15,  29.  —  Clama,  ne  cesses,  exalta  vo- 
cem  tuam  sicut  tuba,  Jes.  58,  1.  —  Lau- 
date  dominum  in  cymbalis  bene  sonan- 
tibus,  Ps.  150,  5.  —  In  principio  erat 
verbum  et  verbum  erat  apud  Deum,  Joh. 
1,  1-  —  Gloria  in  excelsis  Deo  etc., 
Luc.  2,  14.  —  Ave  Maria,  gracia  plena, 
dominus  tecum ,  Luc.  1 ,  48.  SBeitauä 
bie  beliebtefle  ©ebetäformel  ift:  Orex  glorie 
christe,  veni  cum  pace,  eine  Jnfc^rift,  bie 
feit  bem  13.  ^a^rbunbert  crf($eint  unb  im 
15.  3'^^'^f)unbert  ganj  allgemein  würbe; 
man  legte  offenbar  biefer  formet  eine  ma^ 
gifd)c  SBirffamfcit  gegen  Ginflüffc  ber  35äs 
monen  ju.  2)eutfc^e  ©ebetäformeln  auö 
älterer  ^ixt  finb  feiten:  0  Maria,  kum 
zuo  tröste  unde  zuo  gnaden  allen  den 
die  da  han  Christi  nam.  (Sinjelne  jauber* 
frdftige  Joimefn  unb  SRamcn  fmb  Jesus 
Nazarenus  rex  Judaeorum  ;  Jesus,  Maria, 
Johannes,  gloria  patri;  Osanna  in  excel- 
sis; Benedictus,  qui  venit  in  nomine 
Domini,  Jesus  Nazarenus;  Gloria  spiri- 
tui  sancto;  Gloria  patri,  filio  et  spiritui 
sancto;  »DJaria,  @otte3  3«Q;  5^aria,  reine 
muöter;  "^Ine  ÜJJaria ;  üJfaria,  3*^1"'^;  So- 
nuit  sonus  apostolorum;  Lucas,  Marcus, 
Mateus',  S.  Johannes  defendite  nos;  ich 
lüt  in  sant  Franciscus  ere;  ich  lüt  in 
sant  Jergen  ere.  —  ^ifiorifc^e  Jioti^cn 
über  Serfertiger,  S)onator  unb  Sntfte^ung«» 
jeit  ber  ©(ocfen  fmb  Por  bem  11.  ^at)X' 
tiunbert  feiten.  Sie  gormel  fecit  in  latei- 
nifct)en  ®locfeninf(J)riften  fann  ben  ©ießer 
ober  ben  2)onator  be^eicfenen;  bie  bcutf(^e 
formet  für  ®ie§er  ifi  N.  N.  goss  mich 
ober  hat  mich  gössen.  Siefie  Dttc, 
fir($lid)e  .Runfi=*Mrd)äoIogic  unb  beäfelbcn 
iBerFaiJerä  ® locf enf unbe,   Seipj.   1858. 

©lorie,  fiebe  9iimbug. 

©loffcn,  altf)od)bcutfci^c,  auö  gricc^ifd^ 
y>lc(5iTaa=3'Jnge,  Sprache,  barnac^  latei« 
nifd)  glossa,  m^b.  feit  bem  12.  ^ai)x-' 
bunbcrt  glöse  =  'Jluelegung,  glosär  = 
Sammlung  üon  glosen,  baju  glösen 
unb  'glosieren  =  auflegen,  beuten,  bit= 
ben  einen  wertooüen  iöejianbteit  ber  alt= 
beuifcben  Literatur.  Sie  beginnen  mit  ben 
frül}e)len  attt)oc^Deutfcf)en  '■Uufjeic^nungcn 
im  7.  ober  8.  3at)rt;unbert  unb  erftreden 
ficf)  biö  tief  in«  JOJittelalter,  an  beffen 
Snbe  fie  in  umfaffenbere,  alpbabetifcf)  ge« 
orbnete  ©loffaren  übergetjen,  auä  bcncn  ftc^ 
jule^t  bie  23örtcrbüd)er  entwicfeln.    S)ic 


Otücförab. 


217 


altbeutfdfien  ©loffen  fmb  »cn  9Wiincf)en 
unb  ©eifilidjcn  nicbcrgefc^rieben  inorben, 
,;^um  3»tic(fe  fird^Ud)er  unb  tt»iffcnfct)Qft= 
Iid)er  Stuöbilbung.  Sei  ben  meinen  ifi 
ba()er  ba«  öatein  bie  ^auptfacfee,  unb  bie 
neben  bie  frembcn  SBörter  c^efe^ten  Ser^ 
beutfrf)un9cn  foUen  nur  bie  ftviernung  ibcö 
ßatein  unb  ta^  SSctflänbniö  ber  gloffierten 
latcinifc()cn  @cf)tiften  erleid)tern.  3t)rer 
©rf^cinung  nad)  ftnb  bie  (Stoffen  ent; 
ttiebcr  3"terlineargIofyen  ot>ix  QJocabuIarien. 
3 n t c r I i n e a r -  ober  ÜJJarginaIs®lof= 
f  en  ftnb  Sßerbeutfdjungen  einzelner  2Börter, 
bie  ftcb  5ttiifd)cn  bcn  Seiten  ober  an  ben 
Slattriinbern  latcinifcfjer  ©Triften  wor» 
finben,  foirobt  profaner  al«  t[^'oIogi[d)er 
2trt.  (Srfdbeint  bei  bcr  ©toffierung  jebcm 
einjelnen  SBorte  beö  Iatcinif(f)en  Seyteö  tai 
entlpred)onbe  bcut[cf)e  beigefcE)rieben,  fo  ^at 
man  eine  3"t'^i^ti"£fii^^^^'^fi''n'  ®'^ 
93  ocabularien  ftnb  enttt)eber  alptia* 
betif(^  ober  fad)Iicf)  georbnet,  j.  i8. 
5Ui6brücfe  auf  ©ott  unb  götttidK  S)inge 
bejüglid),  auf  Äirdientvcfen,  auf  ben  Tltn- 
fd)en,  ©ebaube,  ©crätc,  kliere,  ^l^flanjen, 
Steine  u.  f.  \x>.  5Dtanc^e  ©loffenfamm» 
lunacn  bcftef)en  auö  wenigen  üßorten  ober 
3eilcn,  anbere  ftnb  umfangreid)e  QUbeiten; 
ältere  Vorlagen  »erben  i^ou  fpäteren 
®d)reibern  immer  wieber  benuUt  unb  um« 
gemobett.  9lm  fruä)tbarjtcn  an  ©loffen 
mar  bie  <St.  (Sauer  Ä[ofterfd}ule.  Unter 
ben  gloffierten  SBerfen  flcljt  bie  Sibel 
obenan,  t>on  ber  man  100  gtoffterte^anb« 
fd)nften  fcnnt,  namentlich  \üx  bie  ©enefiö, 
bie  (Soangelien  unb  bie  *perifopen;  aud^ 
alte  93ibe[tommentare  üon  Qlmbroftuei, 
^ieronpmuö,  58eba,  ^rabanuö  finben  fid) 
glofftert;  fobann  bie  (Sebic^te  bcä  $ru  = 
bentiuö,  eineö  ä)rift liefen  S)i(^terö  beö 
4.  3abrf)unbcrte  mit  21,  bie  Canones 
apostolorum  et  conciliorum  mit 
16  unb  hai  Liber  pastoralis  mit  17 
beutfd)=g!ofrterten  ^anbfc^riften.  95on  3ns 
terlincarterftonen  ftnb  jmei  >Denfmälcr  ers 
I)alten,  bie  SenebiftinersSRegel  auö 
@t.  ®aüen,  bie  einem  apohppl)ifd)en 
SWönd&eÄ  er  0  jugefd)rieben  tt)urbe,  unb  eine 
^Injabl  ^i)mnen  beö  Qlmbrofiuö.  93on 
alp^abctifd)  georbneten  ©loffaren  ftnb  bc« 
fonberö  mertfott  bie  fog.  Reronifd)en 
unb  bie  (Salomonifdien  (Stoffen, 
beibe  auö  ®t.  ©atlen  ftammenb.  25a^ 
jüngfte  (Sloffar  biefer  (Sattung  iji  ber 
Vocabnlarius  optimns.  3<^<^^i^  ^'^ 
erf(^  unb  ©ruber,  Strtifel  ©loffen,  att« 
^d^beutfc^e. 

©lüöörab  unb  Sugcl  be§  ®ms,  5luS 


ber  antifen  Q3oefte  unb  Äunfi,  »etc^c  ben 
@ottt)eitenbeö®cfd)ideö,  bcrIpc^e,ber5or* 
tuna,  ber9(emeft£>,  atö®i)mbot  eiuDtabobet 
eine  Äuget  beigeben,  Ptlanjte  [\ä)  bie  iBor» 
ftetlung  t>on  einem  SRabe  ober  einer  Äuget 
beä  ©lüdeö  in  bie  mittclalterlidie  2ßelt 
fort.  Sie  beutfc^en  2)ic^ter  brauchen  bes« 
l)a\b  für  biefe  enttebnte  93ilbung  fetten 
bcn  ^eimifd^en  9'Jamcn  be^  ©tüdes,  saelde, 
fonbern  gett)ö^nlid)er  ta^  abftrafte  2Bort 
glück  ober  ha^  tateinifd)e  Fortuna;  au^ 
ifl  md)t  immer  ftar,  ob  fte  ftd)  hai  ^at) 
i?on  ber  ©öttin  rottenb  umgetrieben  ober 
ba«  ©lud  felber  ftd)  in  «Rabform  benfen 
fotlen.  ©inntt(^er  no^  mürbe  IJiefc  iDor« 
ftetlung,  menn  man  ftd)  baß  ©tüdörab 
mit  2»cnfd)en  befc^t  bad)te,  bie  mit  t^ 
auf  unb  ab  geführt  merben.  ©as  33itb 
mürbe  fo  beliebt,  ba^  c«  in  bie  lebenbige 
®age  überging,  j.  33.  in  bie  (Srjät)tung 
von  ben  jmötf  8anböfncd)ten,  meld}e  ber 
Jcufel  unter  bcr  Sßorfpicgetung,  fte  mür* 
ben  bann  mciöfagcn  unb  ©d)ä^e  graben 
lernen,  auf  ha^  ©tüdx^rab  lodt  unb  fte 
bamit  umbrct)t  jmölf  ©tunben  lang  jmi« 
fd)cn  SKoffer  unb  ^cuer,  biö  er  einen  ber 
3al)l  burd)  bie  flammen  mit  ftd)  füt)rt. 
©rimm^  Sagen,  1,286;  aud)  im  brama- 
tifd)en  Spiel  unb  ganj  befonberö  in  bcr 
bilbcnbcn  Äunfi  ftnbct  ftd)  Mi  ©tüd^rab 
öftere,  in  93ilbert)anbfd}vtften  unb  ^olj* 
fd)nittcn,  mo  bie  berumgematjten  Sterb= 
tid)en  batb  Könige,  balb'bie  fed)0  l'cbcn«» 
alter,  batb  «Rarren  mit  (SfcI^Eöpfcn  ftnb. 
3n  Äird)cnbautcn  mürbe  bac!  ©lüdörab 
oft  aU  (Sinfaffung  cer  runben  ©icbct= 
fcnficr  über  ben  ^portalen  angcmanbt,  j.  93. 
am  SOIünjlcr  ju  93afet.  Qluä  ber  bitben» 
bcn  Äunfi  f)aben  ftd)  bann  micberum  bie 
2)id)tcr  'a\)nl\ä)  auögcfül;rte  ©lüdöräber 
get)oIt,  mie  eö  5.  SB.  im  SRenner  be^ 
|)ugo  »on  93amberg  ^ci§t: 

Gelücke  daz  ist  sinewel 

und  blibet  niht  an  einer  stat: 

des  triuget  manchen  man  sin  rat. 

Eins  stigt:  den  will  es  machen  riehen; 

der  nider  sigt,  dem  wilz  entwichen; 

jener  sitzet:  wer  könd  im  geliehen? 

diss  mnoz  in  d'aschen  jaemerlichen. 

Ditz  rat  betringet  uns  alsns: 

wan  ez  ist  wilder  danne  ein  fus  (»Juif^^) 

Wart  ich  sin  hie,  so  ist  ez  dort; 

hiur  vinde  ich  niht,  da  vert  lac  hört, 
(t)eucr  finbc  id)  ben  J^ort  ni^t 
met)r,  ber  im  Porigen  3a^i 
ba  tag.) 

Er  goukelt  mit  uns  allen: 

die  nn  vil  ho  hie  schallen, 


218 


(Solbene  SButtc  —  ©olbcneä  SÖIiep. 


swenn  ez  beginnet  vallen, 
der  honic  wirt  ze  gallen. 

aöeitcr  hxaä)U  man  b.aä  9lab  bei  ©lüdeö, 
ba  |a  biefeä  leitete  bie  Sffielt  regierte, 
nocfe  in  Sejug  auf  ben  Äreislauf  unb  bie 
2Be(^fcI  in  bem  großen  überirbi[(ä)en 
SZBeltatl,  unb  trie  man  [onjl  [(f)on  'ge» 
ttjoljnt  tnar,  bie  Sßanbelbarfeit  beä  ®lücfä 
mit  ben  SOJonbp^afen  ju  Dergleichen,  ja 
aU  abhängig  bacon  gU  betrachten,  fo 
öerglid^  man  nun  baö  ®Iücf«rab  bem 
diatt  beä  SUJonbeö: 

So  sprichet  ein  meister  denne, 

den  ich  wol  erkenne: 

„est  rota  fortunae 

variabilis  ut  rota  lunae: 

crescit,  decrescit, 

in  eodem  sistere  nescit." 

Diz  sprichet:  ,, glücke  ist  sinewel, 

ez  ist  ze  wenkenne  snel: 

ist  ez  ieze  in  der  hant, 

ez  ist  balde  in  ein  ander  lant. 

S)er  OJJinne  ßef)re,    1989  ff. 

2)al)er  fommt  el,  ta^  hai  2Bort  lüne, 
ha^  juerfl  ben  SDJonb,  bann  bie  2Jionb« 
p^afen,  bann  ieglic{)e  J^onjleHation  bc- 
bcutete,  nun  gerabe^u  ben  ©inn  iion  ®Iücf 
erhielt,  ©en  öier  ^Ijafen  bei  SDionbeö 
war  auc^  bie  gevoö^nlic^  »orfommenbe 
aSierjat)!  ber  (ßerfonen  entnommen,  tt»elcbe 
einen  unb  benfetben  5IHenfcf)en  im  fort« 
f(f)reitenben  2ßei)fel  t)erfd)iebener  3uPänbe 
bejeic^nen  follten. 

üßeniger  cerbreitct  irar  bie  iBor* 
ficllung  beö  ©lücfel  unter  bem  Silbe  einer 
Äuget,  fci)on  bcs^alb,  weil  bie  Äenntniö 
öon  ber  Äugelgeftatt  ber  Srbe  erft  im 
fpdtern  SDIittetalter  langfam  23oben  fa§t; 
ber  bilbenben  Äunfi  war  biefe  Sergtei* 
c^ung  ganj  fremb.  2)ie  Siebter  nennen 
bie  j^ugel  beö  ©lücfeä  entweber  einen 
©all: 

gelücke  ist  rehte  als  ein  bal: 
swer  stiget,  der  sol  vürhten  val, 

greibanf. 
ober  eine  ©c^cibc: 

Fortuna  die  ist  so  getan: 
ir  schibe  läzet  si  umbe  gän. 

ßampr.  51Iey. 

hjobei  ®cE)eibe  meifi  fooicl  aU  Äugel  be« 
jeid)nct.  dla^  2Badcrnaget,  3)aö 
©lücfsrob  unb  bie  Äuget  beö  ®lüdä, 
fl.  (Sd)riften,  I.    241. 

©olbcne  Sutte  ^ei^t  baö  »on  Äaifer 
Äarl  IV.   im   Saljr  1356   crlaffene   SBer* 


faffunglgcfc^.  ßux  Beratung  beäfel* 
ben  Waren  bie  ©tänbc  1355  auf  einen 
!Reicf)0tag  nad^  SRürnberg  entboten  wor« 
ben;  am  10.  Januar  1356  publizierte  ber 
Äaifer  in  öffentli(f)er  9ieid)öDerfammIung 
bie  in  23  Äaüiteln  jufammengefa§ten  93e= 
fd^Iüffe  über  bie  Äaiferwat)!,  bie  üßorrei^tc 
ber  iiurfürften  im  JReic^e  unb  einige  iBer« 
l)ältnif[e  bei  öanbfriebcn«.  3)a  fxä)  balb 
nad)  ber  ^ublifation  Sßiberfprud)  unb 
llnjufrieben^eit  gegen  einige  Seflimmungen 
erf)ob ,  würbe  in  bemfelben  Ja^re  auf 
einem  SReicE)ätag  ^u  Th^  ein  9'iad)trag  in 
7  Äapiteln  fePgefieHt.  S)aö  ®efe^  würbe 
in  mehreren  (Syemplaren  für  bie  Äurfür* 
fien  unb  bie  ©tänbe  ausgefertigt  unb  mit 
bem  gotbenen  ©iegel  uerfe^en,  ba^er 
ber  Jtame  golbene  Sulle;  eö  ^cift 
aud)  Carolina. 

(Solbcncö  Sölie^,  Orben  bc«  g.  SB., 
Ordre  de  la  toison  d'or,  el  Toyson  de 
oro,  el  Tusan,  in  früt)eji:en  3^1*«"  "ud) 
ber  Dtitterorben  beö  gülbenen  Sämbleinö 
üon  58urgunb  ober  beö  belgifc&en  <Sd)(iperl, 
würbe  uon  (Philipp  HI.  (bem  ®uten), 
^erjog  Don  ißurgunb,  bei  ®elegen^eit  fei- 
ner mit  ber  ^rinjefftn  3fat*fßa  »on  $ors 
tugal,  feiner  brüten  ©emablin,  gefeierten 
aSermä^lung  am  10.  ^an.  1430  ju  S3rügge 
gefliftet.  ®ro§meijler  beöDrbenö  foüte  ber 
|)erjog  oon  Surgunb  fein;  nad)  äaxU  bei 
ÄütjnenSojse  fam  biefe SBürbe  auf  SWafimi« 
lian  Don  Dfterreic^.  25er  ^auptjwcd  bei 
Drbcns  war  93efd)ü^ung  ber  Äirc^e  burc^ 
©r^altung  bei  tat^olifctien  ®Iaubenl  unb 
2Ba£)rung  unbeflecfter  ®t)re  be«  Otittertuml. 
(gr  war  ber  Jungfrau  SDlaria  gcwibmet 
unb  ^atte  ben  ^pojlet  unb  SKärtprer 
2lnbreai  jum  @d)ufepatron.  S)ie  Qaitl 
ber  SRitter  war  urfprünglid)  auf  31  fejl» 
gefegt ,  würbe  aber  fpater  erweitert. 
Statutengemäß  burfte  neben  bem  golbenen 
SBIieße  fein  anberer  Drben  getragen  wer» 
ben,  fpciter  würbe  »on  biefer  Älaufel  fafi 
immer  bi«penftert.  3)ie  SRittcr  burftcn 
leinen  anbern  ®cricf)töpanb  ancrfennen, 
aU  eine  ißerfammlung  ber  Drbeniritter 
unter  SBorft^  bei  ®ropmeifierl  ober  einci 
»on  biefcm  beDoümäc^tigten  SRitterö.  3)tc 
Otittcr  ftnb  frei  Don  allen  51bgaben,  wcl* 
d)en  9'Jamen  biefe  aud)  I)aben  mögen,  unb 
^aben  überall,  namentlich  bei  ^offeierlid^* 
feiten,  SBorrang  unb  Sßorttitt  Dor  allen, 
außer  gefrönten  Häuptern.  2)en  fpani* 
\ä)m  Drbenirittern  erteilte  $|)ilipp  iai 
5led)t,  gleich  ben  ®ranben  bei  iReiii^el  in 
®egenwart  bei  Äönigl  ha^  ^anpt  be» 
becfen  unb  in   bie    föniglic^en  ®emäd^er 


(Solbmünjcn  —  ©otifc^c  ißaufunft. 


219 


unangcmelbct  eintreten  ju  bürfen.  >Daä 
Drbenö5 eichen  ifl  baö  33tlb  eineä  SBibberö, 
barüber  ein  golbener ,  btauemaiüierter 
geuerfiein  unb  bie  einem  ^emifiic^on  be^ 
Slaubian  cntIcf)ntcnaBorte:  Prelium  non 
vile  laboram.  2)iefe  3)eEoration  joüte 
urfprünglid)  an  einer  |>alöfette  getragen 
Werben,  au§  ^euerjläljlen  unb  ^^cucrfleinen 
jufammengefe^t,  wornusglammen  fpüngen, 
bem  atten  ©innbitbe  beö  Kaufes!  ©urgunb. 
SBon  ber  fonfiigen  ur(prünglicf)cn  Drbenö= 
fleibung  bilbete  naci)  Der  *2tbfic^t  beö 
©tifter«  2Bo[(e  bcn  .giauptbefianbteil.  2)er 
Drben  teilte  ftd)  nad^  bem  2obc  Äarl«  V. 
in  eine  [panifd)e  unb  eine  öjlcrrei(ä)ifct)e 
graftion,  bie  cinanbcr  gegcnfeitig  md)t 
anerfennen. 

©olbmünscn,  ©olbplben,  f.  SDtünjen. 

mtmt  Saufunft, 

&l)arafteriliiE  ber  gotifrfien 
Seit.  2)ie  SBerfe  be«  gotif(ä)en  Saupilö 
ftnb ,  tt)ie  bie  cineö  jeben  anbern  ®tilö, 
bie  großen  ©ebenftafcln,  bie  in  ©tcin  über^ 
festen  ®efc£)id)töblatter  ber  2?ölfer,  n^el^e 
biefelben  erjeugten,  gro§jogen,  jur  pc^^ 
fien  Slüte  entfalteten  unb  bann,  alö  bem 
neu  einbrect)enben  (Sebanfenfreife  alö  Qtuö^ 
brucfsmittel  nid)t  me£)r  genügenb,  fümmer* 
lid)  in  fi($  felbft  üermilbern  unb  jufammen« 
ftnfen  liefen.  S)er  gotifcfee  Saufiil  »ar 
feine  Saune  be«  3'itge[d)ma(feä,  er  nsar 
tai  notmenbige  Srgebni^  beä  geifiigen 
Sebenä  unb  ©trebenä  feiner  3^^*,  baö 
©picgelbilb  beä  mittelaltcrlidjen  „ifflevs 
benö".  2Bät)renb  bie  antue  Sßelt  ben  5tn- 
blicf  eineö  ruhigen,  in  ficfe  felbfi  jufricbcnen 
®anjen  bietet  unb  abgefcE)Ioffene  ®ruppen, 
entjlanben  burc^  ben  oöüigen  SinHang  ber 
gefamten  Syiftenj  mit  bem  geifiigen  3n= 
nern,  im  I)armonifd^en  2Bec£)feI  nebenein= 
anber  befielen,  bie  Oteligion  tai  ©täeug- 
niö  be«  eigenen  Sobenö,  eine  33Iumc  ber 
einl)eimifc^en  *^3f)antafic  ifi  unb  unö  beö^ 
l;alb  bort  jene  flare  ©efdjloffen^eit,  jene 
mafefiätifd^e  ruhige  SBürbe  entgegentritt: 
bietet  hai  Süiittctalter  ein  im  (5ntftel)cn 
begriffene^,  burc^  innern  Äampf  unb  in* 
nere  ©iitirung,  üon  frembartigen  (Slemen* 
tcn  bur(^tt)irtte6  93ilb  einer  unrut)igen, 
»erbcnben  Semegung.  —  ilU  ein  5remb= 
Ung  fommt  bie  jReligion  über  bie  5(Ipcn, 
aU  ein  ^^rembling  bie  ©runbform,  aU 
ein  grembling  ber  Äultuö.  2)ie  einljei» 
mifc^cn,  ber  ftnnlid)en  ^^antafte  enifprun* 
genen  (Sötter  nserben  ge|lürät  unb  an  it)re 
®tcüe  tritt  ein  geijitge^  ober<ieä  Söefcn, 
unbcgreipid),  unergrünbtic^.  2)ie  SReligion 
iji  feine  SReligion  beö  9iaturgefüf;lö  me^r, 


fte  ift  eine  SReligion  ber  3bcc,  bcö  ®eifteö. 
2)a^  Sbriftentum  tritt  ben  natürlichen 
3'ieigungen  entgegen,  eö  erflärt  ben  ßciben« 
fc^aftcn  ben  Äampf  unb  forbert  ein  ioi< 
reiben  t>on  ber  SDtatetie  unb  ein  (Smpor? 
fc^mcben  ju  ben  reinen  $öf)cn  eine^  oer* 
geipigten  ®nni.  S)ie  urfprünglicf)e  S^ai* 
oität  beö  S!J?enf<$en  mirb  baburcf),  voit  Öübfc 
fagt,  jerjiört  unb  an  beren  Steüe  erfüüt 
ftc^  bie  @eete  mit  S^iffP^^t  "»b  SBibcr* 
fireit.  SÖiitten  über  att  biefem  ©treit  aber, 
ber  tai  3tt"fre  be§  Jnbiinbuumei  erfüüt, 
ergebt  fidf)  tM  d}ü\tl\d)t  2)ogma,  iafi  bie 
aümä|)Ii^  erfolgenben  SRefuItate  in  ein 
gro§eö  (Sanjeä  jufammenfügt  unb  Sin* 
^eit  unb  Übcrftd;t  anjlrebt.  3)ie  ^ixä^t 
wirb  baburd)  jur  SBcIt  gebietenben  SWai^t. 
3t)r  ©inftuB  n»ä(^jl ,  aber  bamit  jugteic^ 
auc^  bai  ißebürfniä  einer  wirfungöooUern, 
bMjiifd)eren  Ofepräfentation.  S)aö  5lbge« 
fc^Ioffenc  beö  früheren  Äultu^  genügt  nic^t 
met)r ,  bie  Seele  will  innigere  35evgegen' 
märtigung  beä  ^eiligen  unb  Überirbifd)en; 
fie  fe^nt  fid^  nad)  unmittelbarer  9?äi)c  beö 
unerforfd)lid)en  ®el)e{mniffeö.  ®ine  lic^t« 
»olle  ®r^abenf)eit  unb  eine  einheitliche 
©licberung  beö  SRaumeö  ifi  bie  ^oli^i. 
tMon.  ^aö  ®unfel  ber  romanif^en  5ln= 
lagen  »erfc^Voinbet.  S5cr  ^rüdenbe  ^alb« 
freiö  fpi^t  ftd)  ju,  bie  SWaffen  ber  OJiauern 
fonjentrieren  ftc^  auf  wenige  *Pfeiler,  welche 
eine  lichte,  im  tioflfien  5'^tfee"9i'inje  fpie» 
Icnbe  ®laäfläcf)e  jwifc^en  fici^  einfpannen. 
S)ie  ®eden  erl^eben  ftc^,  fi^eincn  ju  fi^we« 
ben  unb  ben  ganjen  Diaum  erfüüt  ber 
fc^würmerifc^e  Sraum  bcö  anbern  ^enfcit^. 
©in  5lufiireben  nad)  oben  in  aüen  ®lie* 
bem,  eine  23erfpottung  be^  |»orijontalen, 
eine  9[Jii§ad)tung  beö  3tul}igen,  ein  ©ieg 
be^  ©eifie^  über  bie  SOJaterie. 

®ro§e  Umwäljungen  ge^en  im  fiaat* 
lid)en  öeben  »or  fi^.  2)ie  fd)Wdrmeä 
rifc^e  3bee  ber  (Srrid)tung  be^  SReic^cö 
(Sottet  auf  ©rben,  ber  gegenfeitige  Äampf 
ber  fiaatlic^en  ©Icmente,  ber  frifc^  jtd^ 
emporarbeitenbe  fiarfe  5lrm  beö  jiäbtifd^cn 
©emeinbewefenö,  ba^  (Smporwadöfen  einc^ 
öon  flöfierlic^er  ^bpngigfeit  fid)  abtren« 
nenben  freien  93ürgertumö,  tai  aügcmeine 
Streben  nac^  Qlutonomie  unb  ^reitjeit,  aü 
tai  bringt  (Reibung,  Semegung,  Äampf 
unb  fieben.  —  ©aju  fommen  nod^  bie 
ungeheuren  SBirfungen,  wclcf)e  bicÄreuj« 
jügc  auf  bie  ©emüter  ber  germanif^en 
23ölfer  ausübten,  jeneö  2luftt)ad)en  ber 
fd)lafenben  *p^antafie,  gcWecft  burd)  bie 
SBunber  beö  Dricntö,  ber  märd)ent)aftc 
Sraum,   welcher   ben    $ilger    unter    ben 


220 


®otifcf)c  »aufunfi. 


fd)Ianfen,  ju  einem  «olfenlofcu  ^immel 
jid^  emporretfcnben  (Sebern  beä  Libanon 
umfing  unb  ber  n)ieberfcf)rte  unter  ben 
t>on  breiter  Saftö  jum  ®ipfcl  fic^  ju^ 
fpi^enben ,  in  grüner  Jßalbeöanbadit  »er* 
funfenen  Sannen  ber  ^eimat,  oüe^  ia^ 
bewirfte  eine  gewaltfamc  Umwätjung  im 
inncrn  ©ein  beö  ÜJJenfc^en,  »cli^e  fid) 
naturgemäß  ber  5lu§entt3elt  tttieber  mit« 
teilen  mußte.  I;ie  übcrfprubeinbe  DueUc 
ber  ftnnlid)en  $^antafte  beö  Oriente  er^ 
tt)ucf)g  5um  bunbertfira^lig  eraporraufc^ens 
ben  ©pringbrunn  beä  fpiritualipifc^en 
ytoxhmS. 

I)en  iricfentU(ä)fien  (Sinfluß  aber  übte 
ber  erttJacfcenbc  Äorperati  onögeift  axxi. 
5J)a^  Clittertum  mit  feiner  roeitfd^iiiitigen 
Entfaltung,  bie  ©täbtebün&niffc  mit  il)rer 
bett  äußern  SinwirEungen  tro^enben  9!Jlad)t, 
nor  aÖcm  aber  baä  3""ft^f[<!tt,  n:ield)eö 
bie  einmal  erworbenen  Äenntniffc  beö  ^anb^ 
»erfö  hütete  unb  baöfclbc  for  bem  jcrftörcn^ 
ben  (Sinfluffe  eineö  frei  ftd)  bewegenben 
*Pfuf($ertum§  ju  magren  fud)te,  iai  voax^n 
bie  Iriebfebern,  bie  großen  ®eh)icf)tfieinc, 
h)elcf)e  baö  SRäberirerf  beö  ÜJJittelalterö  in 
53ett)egung  festen,  tnä^rcnb  'i^a^  gemattige 
^enbel  beö  i^rifllid)cn  Sogmaö  ben  ma< 
jeftätifd^en  Saft  baju  fcfclug  unb  bie  über« 
fprubeinbc  93enicgung  erbarmungäloä  bur^ 
unantaflbare  ©laubenöfä^e  regulierte  unb 
einfpanntc. 

S)er  «eii^e  3ug  beö  germanifctjen  ©e= 
mute*  unb  beä  ß^rifientumö ,  ber  fici)  in 
bem  Jrauenbienfle  fo  poetifdö  ausprägte 
unb  feinen  ibealficn  ©ipfelpunft  in  ber 
gefleigerten  23crel)rung  ber  „gebencbeiten 
unter  ben  SSeibern"  erreichte,  burd)brad} 
oII  biefeö  tro^ige  SRingen  unb  Streben  unb 
übertt»ob  ben  mittelaltcrlid)cn  9^a(itf;immel 
mit  feinen  ben  Snbioibualiemug  fennjeid)^ 
nenben  laufcnben  oon  cinäclncn  ?id)tpunf- 
ten,  mie  ber  leiste  ©d)leier  ber  9J}iId)flraßc 
ben  ajironomifc^en  |)immel  übcrtDcbt. 

S)aö  3ufammentt)irfen  aller  biefer  (Sie* 
mente,  aüer  biefer  ^^aftoren,  ber  Oieiigion, 
beö  ©taatcä,  ber  einzelnen  3»birnbuen, 
tonnte  nid)t  oi)nt  Sinfiuß  bleiben  auf 
hai,  maö  ber  ü}^enfd)  fc^uf,  auf  ha^,  xvai 
Äunft  iji.  6e!  f(oß  I)inüber,  unb  ber  mitteU 
altcrlid)c  Äünjller  fc^uf  unbewußt  fein 
eigene^  3d).  S5a«!  ganje  milbe  tro^ige 
©trebcn,  ba^  O'tingcn  nac^  ^rei^eit  unb 
tai  ©erwärmen  in  ibealcn  ©ebieten ,  iai 
Seinen  nac^  einem  forperlofen,  oergcifiigten 
©ein,  ali  iai  brüctte  fi<^  in  ben  SSauten 
axii.  ©0  entwidelte  fid)  iion  römifc^er 
Jrabition    auäge^enb    burc^    mannigf^ac^e 


Umgcftaltung  ber  romanifd)c  ©til,  teilö 
iRedjnung  tragenb  ben  f)eimatlid)en  Scbürf* 
niffen  unb  bem  Sinfiuffe  be«  norbifc^en 
Älimaö,  teil^  aU  unmittelbarer  *Uuöbru(f 
feiner  Qät,  aU  ©enffiein  ber  enggefd)Ioffe' 
nen  .^ierard)ie.  I)ie  oben  angeführten 
®rünbc  Wälzten  bieie  eingcfd)Iagene  SRicft' 
tung  um.  ©ic  genügte  nidjt  mef)r.  3tbcr 
biefc  Umraäljung  gcfd)ab  nid)t  r>on  beute 
auf  morgen.  S)aß  rafcbere  lempo,  baö 
bie  gotifd^e  3^^^  anfd)lägt,  ift  fein  alla 
breve,  eö  ifl  ein  aümäblicft  fd)neüer  »ers 
benber  SR{)t)tbmuö,  gefc^affen  burd)  auf:= 
einanberfotgcnbe  3evfleinerung  ber  fd)»eren 
^funbnoten  in  immer  fleinere  unb  bemeg= 
tere  ^^iguven.  Dbne  eine  än)ifd)engc(egtc 
*Paufe  üoUjie^t  frd)  biefe  Umwäläung,  o^ne 
t)a^  mir  eine  gered)tfertiate  Gäfur  an  ber 
einen  ober  anbern  ©teile  ma(^en  fönntcu. 
©injig  in  S)eutfd)Ianb  ifi  eä  möglich, 
eine  annäfiernbc  ©renje  5U  jicbcn,  benn 
bie  2)cutfd)en  bielten  feft  an  ben  gemof)nten 
formen  beö  iRomani^muei ,  nnibrenb  in 
^ranfreid)  ber  ®pi|bogen  fd)on  feinen 
iriumpbjug  burdis  ganje  ?anb  foüenbet 
f)atte,  bi^  enblid)  ber  neue  ©til,  tai 
opus  franzigenum,  fc^on  fertig  gebilbet, 
in  2)eutfd)Ianb  einbra^  unb  bort  5U 
feinen  Ict3ten  Äonfcquenjen  gelangte,  aber 
leiber  aud)  balb  barauf,  eingcfc^nürt  burd> 
fiarre  ipanbmerfo^regcln,  ^lun  ^anbroer! 
^erunterfanf;  ju  einem  ^anbmerf,  ta^  in 
feiner  Soüenbung  unb  gettigt'eit  atlcrbing« 
in  aller  S^re  boftebt,  aber  beö  bilbenbcn 
Äunjlgeifieö  entbcbrt,  an  beffcn  Stelle  eine 
abgefd)madte  Spmbolif  al3  Öüdenbüner 
eingefüf)rt  mirb.  2Baö  früf)er  ber  jlünftler 
in  freiem  iißaltenlaffen  ber  ^bantafic  ge= 
fd;affen,  ba«  nnirbe  je^t  fonfituiert  aue 
gegebenen  Elementen,  unb  menn  aud)  biefe 
Elemente  urfprünglid^  ber  fünrilcrifd)en 
J^anb  enlfprunjen  »aren,  febtte  bod)  tem 
©anjen  ber  einl)eillid)e  frifi^e  3^'fl'  ^^^ 
Dolle  rbi}tf)mifd)e  @ang;  cö  maren  .Rnittel= 
terfc,  allerbingö  oft  pon  Ijerjgeminnenber 
Mi)nl)eit  unb  v'lnmut. 

A.  Sie  fird)lid)c  <Krd)iteftur. 

1)  ®ad  ©i)fiem.  2Bie  mir  fdbon  oben 
betont  haben,  ifl  ber  gotifd)eSau|iil  fcinee^ 
megö  baä  Äinb  beö  ?tugenblidä,  fein  mo- 
mcntaneö,  burd)  ha^  SBebürfniß  xxai)  etmae 
^Jrembartigem  cntftanbeneö  ©ebilbe.  35er 
gotif(^e  Saujlil  fnüpft  eng  an  ben  roma= 
nifc^en  an  unb  entmidelt  ftcb  auf  ber  cin= 
mal  gegebenen,  oon  ben  ©ermanen  ac' 
ceptierten  ©runbform  ber  antuen  Saftlifa. 
5Die  Scbürfniffe  beö  Äultus  maren  ja  im 


®olifd)e  ©aufunß. 


221 


allgemeinen  biefclbcn  geblieben.  S)cr  berr« 
[cbenbe  3f't9^^<^"ff  forberte  porber^anb 
feine  örjlebung  auö  alten  ©laubenäfä^en. 
3)er  ©piritualiömuö  trat  im  aügemeinen 
nidit  in  Äampf  mit  bem  berrfd)cnben  SRiefen 
bc0  cf)riftli(f)en  S)ogma^.  ^m  ©egenteil, 
im  Settiefen,  im  53ettac^ten  ber  einmal 
gegebenen  i5<^Woren,  in  einer  QUiöbibung 
bcrfelben  jur  fcfeönflcn  ibealcn  ^^orm,  tai 
xvax  ee,  vorauf  ftc6  iiorläuftg  baö  Streben 
ber  anbre(^enben3a{)tf)unbette  fonjentricrte. 
—  2)iefeö  Streben,  biefe^  6rtt)a^en  jur 
©elbfttl)ätigfeit,  l)ai  bebinqte  bie  großen 
©rfolge,  n)elci)e  bie  gotifi^e  Sßaufunft  in 
jene  ätl)erifd)e  ßidit^bbc  erl)ebt,  in  ber  tt)ir 
unö  in  2lugenblicfen  beö  bewegten  ^crjenö 
unb  beö  aufgeregten  (Semüteö  fo  I)eimifc^ 
unb  fo  tt)ot)Iig  fiit)Ien. 

S)ie  du^ern  ÜJtittel  jur  (Sntnjidflung 
biefeö  lic^tpoücn  ©pftemö  tt)aren  aüe  fc^on 
gegeben.  Sie  fc^Iummerten  in  bem  roma* 
nif^cn  93aun.terf,  fie  lagen  »erborgen 
in  ben  gett)attigen  SDJauermaffen,  mit  bcnen 
ftc^  bie  romanifd)c  SBaftUfa  umbiiUte.  2)ie 
Strebepfeiler,  bie  Strebebogen,  bie  Qlrt  ber 
®en)ölbe,  bie  ©runbform  beö  Sempelö, 
aüi^  lag  üor;  ja  fetbji  jene^  (il;araf« 
terifiifum  beä  gotif^en  Sauftil«,  ber 
Spi^bogen,  mar  feine  ©rfinbung  beö 
9J{itteIalterö.  Sd)on  langft  ^atte  ftd)  ber= 
fclbe  im  mQurifd)en  Stile  eingebürgert 
unb  im  fogenannten  Übcrgangöftil  aud)  auf 
beutfcf)em  ©oben  bereite  fd)on  mannigfache 
5lnroenbung  gefunben.  2)tefe  gegebenen 
^aftoren  aber  ju  einem  Softem  vereinigt 
äu  ^aben,  bai  war  hai  *8erbienfi  beö  üJtitteU 
altera,  unb  biefeö  Sijftem  au«  ber  f^mcr- 
fdüigen  Äörpermaffe  beö  iHomaniömuä  ber= 
ausgcfdjält  ju  I)aben,  ha^  ift  hai  2Weifter* 
merf  ber  gotifd)en  Saufunft. 

2)  ©runbriganlage.  3^ie  antife 
Saftlifa  batte  ftcf)  fd)on  im  romanifd)en  Stil 
mannigfad^oeränbertunbmarreif  gettiorben, 
um  an  ftd)  bie  legten  Umgefialtungen  ju 
einer  »oüenbeten  go^m  »ornel^mcn  ju 
laffen.  ®ie  entfd)iebenfte  Umroanblung 
crfubr  »orerft  ber  ^yitarraum  ober  ber  fog. 
<S.t)or.  2)ie  romanifd^c  *Jtrd^iteFtur  öatte,  lüie 
Angler  fagt,  bem  ®ef)eimniö  bort  eine  ab' 
gefd)Ioffene  Stätte  fd)auerlid)en  ©unfeU 
bereitet,  ben  Ärt)ptenraum,  ber  fafi  burc^? 
gängig  unter  einem  Seile  beö  fir^ttdjen 
©ebäubeö  angelegt  mar.  ©ic  gotifi^e 
9trc^iteftur  manbte  ftd)  ^ieroon  ah.  Sie 
butbete  bie  baburd)  bebingte  unnatürliche 
Grt)öf)ung  beö  (E^oree  nid)t  mebr.  S)ie 
Ärt)pte  tierfd)minbet  unb  nur  in  ganj 
ttienigen  ©cifpielen   erhält   fte   frc^    no^. 


Sine  geringe  5tnjat)l  Stufen  fül)rt  ju  bem 
menig  ert)öt)tcn  *Preäbt)terium  unb  nähert 
fo   ba«  ®ebeimniäi   tcm  gläubigen  25oIfc, 
i>ai  [xi)   feinem  ®otte  nä()er  füllen  miü. 
Tlit  biefem  Ummanblungsproje^  gef)t  ein 
anbrer   J^anb    in   |)anb,  bie  Sffiegtaffung 
bcö  fog.  ßettnerö,  ber  iBolf  unb  ®eifiUc^= 
feit    fo     fireng     öoneinanber    gefd)ieben. 
2)aburc^  rourbc  ber  9fiaum  frei  unb  lidjt, 
unb    nur  Ieid)te  niebrige  Sc^ranfen,  über 
bie  tas  *Jluge  leid)t  Ijinmcgfdimcifen  f onnte, 
bielten  bie  anbad)tige  'OWenge  in  refpeftnoüer 
(Entfernung  »or  bem  ©otte  in  Srote^gefialt. 
Üiingö   um    biefen  3entralpunft   beö   ben 
lempel    burd)f[utenben    Seben«    jiel)t  fid) 
Wie    ein    ^eiligcnfd^ein    ein    ^ranj    oon 
Äapeüen,  »on  benen  bie  in  ber  Sängöaci^fc 
beö  Sd)iffeö    liegcnbc   gonöbnlii^    größer 
unb  meiter  auögebilbet  ift,  ein  funfetnbct 
Stern,  in  bem  baö  ganje  Sßunbcrmcrf  auö* 
flingt  —   ber  Stella  maris,    ber  lIHutter 
(Sottet    gemibmcr.     greilic^    fam    biefeä 
rcidie  Spflem  nur  bei  großen  Äat^ebralen 
juv  roden  'iluöbilbung.    kleinere  Sauten 
liefen   Umgang    unb   .ftapeüenfrans,   roeg 
unb  fi^Ioffen  tDJittel-  unb  Seitenfd)iff  hnxi) 
einfad)e   *J(bfibcn,    bie   in   mannigfaltiger 
®eftaltung    auftreten,    befonberö    ia    bie 
burd)    hai    Strebcpfeilerfpitem    bebingte 
^orm  ber  ecfigen  ^olpgone  gegenüber  öen 
früt)ern   romanifd)en  balbrunben  9iif(^en, 
ein  untiergleid}Iid)  bemeglid)ereö  (Stement 
mar.     3"   ber   SRegel   würben    ^u    biefen 
e^orfd)lüffen    £)albe   8s,  10^  unb  I2.(5de 
»ermenbet  unb  ^iefelben  fo   geftellt,   ia^ 
auf  bie  ßängenad)fe  eine  Seite  ju   fielen 
fam,  ol)ne  £»a§  eä  inbes  an  gegenteiligen 
Seifpielen  fetalen  mürbe.     Qlud)   bie  ein* 
fad)fte  'Jlrt  beä  (I()orfd)luffe0  feljtte  nid)t, 
bie  gerabe  ßinie,  wobei  bie  fidb  ergebenbc 
breite    .^»intermanb    jur   glanjoollen   Snt^ 
midlung    »on    ^enfterardjitefturcn    rnid' 
fommenen  ''^Inlaf  bot.    51[Iein  ift  unb  bleibt 
biefer  (5,^orfc^lu§  immer   eine  frembartigc 
6rfd)cinung,   bie   bem   SBefen    ber    ®otif 
nic^t  entfpri(^t.    5Dort   wo  ber  Si^  bcö 
^öd}jien   i(i,    foU   e«  ni(^t  aufboren  mit 
ber    t»crj!anbeänüc6ternen    geraben    ßinic, 
mäl)renb  im  übrigen  Sauroerf  Seben  unb 
JRcgung   ^errfd^t;  bort  foü  nid)t  ber  'M' 
f(^lu§  üon  *Bernunftfd)lüffen  fein,  bie  ju 
einem  oberfien  2Befen  fübren;  I;inter  jenem 
eine  9Wauer  auffüljren,  über  bie  t)intt»eg 
ju  febcn,  bem  menfd)lic^en  2Burmc  nid)t 
anl)cimgegeben    ifi,    tai    entfpric^t    bem 
Sinne  beö  SD'tittelalterä  nid)t.   m  Witt  ftc^ 
in  feinen  ®ott  vertiefen,  unb  eine  unenb« 
Ud^e,   ftd^  weit  ijffnenbe  «Perfpeftioe  fott 
15 


222 


©otifd^e  Saufunfi. 


bet  ©ecle  erlauben,  in  jenen  ^ö^cn  weiter 
ju  fd^mätmen,  hjoi^in  un^  ein  ibeolcr 
Olaube  einfienö  führen  mirb.  2Bte  fd^ön 
iji  baö  getöfi  in  bem  ftc^  polpcion  ju» 
fpi^enben  ?tBf(i)tuf,  mic  »oü  unb  lebenbig 
aber  erji  in  bem  Umgang  mit  ÄapcHen« 
franj. 

(Sntfprec^cnb  bicfcr  (Snttt>ictlung  beö 
S^ori^aupteö  ifi  bie  bcö  ßang^^aufcö. 
SEßä^renb  man  im  romanif<ä)en  burc^  bie 
%oxm  hii  J^albfreifeä  gejttjungen  Voax,  jiet« 
2  Oewölbefclber  beö  ^atb  fo  breiten  ©eiten* 
fd)iffeg  auf  eineö  beö  2)^ittelf^iffeö  faQen 
ju  lafen,  gefiattete  ber  eingefül)rte  ®pi|j 
bogen  bie  mannigfaltigfte  ßöfung,  ba  burd^ 
beliebige  ißetrücfung  ber  9JJitteIpunfte  bei 
gegebener  Sprengnseite  eine  beliebige  (Sr= 
bö|iung  be^  ©c^eitclpunfteä  erlangt  »erben 
fonnte,  Wdfjrenb  ber  iRunbbogen,  ber^alb= 
frei«,  ben  ©c^eitelpunft  biftierte.  —  93orerfi 
hJurben  bie  ©evrölbefelbcr  ber  ®eitenfd)iffe 
unb  be^  SKittelfcfeiffeö  nac^  ber  ßängöa(J)ie 
be^  ©ebaubeö  gleid)  breit  gemacht,  rtjoburc^ 
ber  Unterfd^ieb  jmifd^en  ®ett)ölbepfeilcrn 
unb  QIrfabenpfeilern  üerfc^tt>anb,  unb  ein 
tt)cit  ein^eitlid^erer  (SinbrudE  erjielt  würbe. 
S)ie  Ieicf)tere  (jinmölbung  mit  bem  ®pi^= 
bogen  ermutigte  aber  bie  Saumcifier  iw 
gleid^  ju  gröferen  Einlagen,  unb  fo  ent« 
fianben  neben  Sfd^ifjigcn  5=  unb  Tfd^ifftgc 
Einlagen  berart,  ta'^  man  an  bai  ftct^ 
p^ere  9D'JitteIfcf)iff  juerfi  2,  bann  4  unb 
fd^Iieflic^  6  «Seitenfc^iffe  anlehnte. 

©Icid^jeitig  mit  bem  ßangbauö  erfufir 
oud^  baö  Duerf)auä,  baö  cor  bem  si)ore 
eingelegt  iji,  feine  Umänberungen,  menn  e^ 
au(|  nie  fo  Iiebe»oII  be^anbclt  mürbe  mie 
in  ber  romanifdE)en  !8auEunfi,  inäbefonbere 
im  Übergangejiit.  ^m  ©egenteil  mirb 
baöfelbe  oft  t>erna^Iäfftgt,  oft  fogar  ganj 
meggelaffen,  mcnn.eö  aud^  hti  reiben  Ein- 
lagen bem  SR^pt^muö  beö  ©anjen  folgt 
unb  in  ber  SHegel  eine  Sfd^iffige  Einlage 
erhält.  33cüor  mir  bie  Setraci&tung  über 
ben  ©runbri^  fc^Iie§en,  bürfen  mir  ber 
Einlage  ber  jürme  nidf)t  Pergeffen, 
jeneö  ®toIäeö  unb  2[Ba^rjeid)enä  ber  mittel^ 
alterlid)en  ©tdbte.  I>ie  romanifc^e  3^'^ 
mar  in  ber  Einlage  ber  2.ürme  gerabeju 
übermütig  gcmefen.  33i^  ju  9  Jürmen 
erhoben  jtdf)  oft  auf  bcmfelben  ©enfmal, 
aber  feiner  non  alten  »ermo(ä)te  ftc^  mit 
jener  Äü^nf)eit  ju  ben  EBoIfen  emporju* 
recfen,  mie  ba^  in  ber  ©otif  ber  JaH  iji. 
5n  ber  JRegel  ergeben  jid^  ^ier  nur  2  ge= 
maltige  ©teinriefen  an  ber  mejilidf)en 
55ront  unb  fdt)Ue^en  jmifdf)cn  f\ä)  bie 
reidien  ^Portale   ein.    3"   anbern    ^^JQ^n 


legt  fid^  nur  ein  2urm  cor  bie  ganje 
Einlage.  2)er  gewaltige  SBierungäturm 
über  ber  Äreujung  bes  ßang«  unb  Quer* 
^aufeö  aber  fd^rumpft  sufammen  in  einen 
neinen,niebIicf)cn,^od^auff(6ie§enbcn2)ad^* 
reiter.  35a«  SBejienbe  be«  Saueö  erhält 
baburd^  feinen  bejtimmten  fröftigen  Etb^ 
fi^tuf ,  md^renb  er  am  Djienbe  allmö^Ud^ 
auöflingt  unb  ftdt)  in  bem  unbejiimmten 
Eluöbrud  bcö  <Strebcnä  nac^  bem  emigen 
ßic^te  I)in  »erttert. 

>Die  antife  SBelt  f)attc  i^re  Sempel  fo 
gejiellt,  ba^  bie  auffiammenbe  SWorgenfonne 
JU  ben  weiten  (portalen  einjirömen  unb  ia^ 
geliebte  ©ötterbilb  mit  it)ren  ©trauten  oer» 
golben  fonnte,  bie  mittelaltcrlidt)e  Etnfd^au« 
ung  wanbte  bie  Einlage  um.  ®ie  wiQ  fein 
©ötterbilb,  ba«  im  golbncn  Df^ejTeye  bem 
©icnfd^en  entgegenjira^It.  S)ie  mittelaltcr* 
Iid)e  Seele  wiü  bem  ©traute  felbji  ent- 
gegeneilen, fte  fü^It  jäd^  äu  ibm  bingejogen, 
unb  fc^wdrmt  i^m  entgegen  auf  ben  klü- 
geln eine«  erbefreien  ©piritualt«mu«. 

3.  innerer  Elufbau.  2:reten  wir  in  ba« 
innere  eine«  oollenbeten  gotifdE)en  25ome« 
ein,    fo    wirb  un«   fofort  bie  ben  ganzen 
iRaum   be^errfdfienbe    (£infadf)^eit    in    eine 
Stimmung  oerfc^cn,  bie  un«  eine  unge- 
ahnte   @^rfurdt)t    »or    einem    au^er    un« 
jie^enben    SIßefen   abjwingt.    ®«  iji,   al« 
ob  wir  in  einen  Sßalb  eintreten,  e«  iji  al« 
ob  2öalbe«anba^t  un«  umfinge  unb  leife, 
nad^  feiner  2öeife  ber  liebe  Herrgott  fpa- 
jiercn  ginge  äWifc^en  ben  frdftigen  ©tdms 
men  ber  ©dulenbünbel ,  bie  ftdf)  oben  im 
©ewölbe  oerjWeigen  unb  ben  9taum  über* 
fdf)atten  wie  ein  Sldtterbad^.    S)urd[)   bie 
ÜHaffe,  bie  me^anifdb  bem  (Srbjentrum  ju* 
brüdft,  fcf)eint  ber  «Strom  be«  ßebcn«,  fd^ei« 
neu  bie  Sdfte   eine«  lebenäooHen  Saume« 
aufjujieigen.      S)aju    fommt    nod^    jene 
rt)pt^mif^e  33eWegung,  Weld^e  burd^  t>a^ 
(Smporjieigen  oon  ben  niebern  Seitenfd^iffen 
jum  f)of)cn  SD?itteIfd^iff  l^ernorgerufen  wirb, 
unb  jene«  ESermeiben  oon  allem  ESeengen* 
ben,  tai  53erlegen  ber  Äonjiruftion  nad^ 
äugen.    EBir  füf)ten  ^ier  innen  ni($t«  oon 
ben  mafftgcn  Strebepfeilern,  bie  im  Etufern 
bie  ®cdfe  tragen  unb  jiü|en,   ni(i)t«   ton 
ber  fpannenben  J^dtigfeit  ber  Strebebogen, 
nidf)t«   »on    au   jenen   notWcnbigen  Äon* 
jiruftion«mitteIn ,  welche  ber  Elttraftion«» 
fraft  ber  @rbe  cntgegenäuwirfen  ^aben.  33on 
ber  Eiugenwelt  abgefd^ieben  bur(^  fattgemalte 
^enfier,  bie  ein  gebdmpfte«  gebrod^ene«  8idf)t 
in  bie  ^atle  fenben    unb,   burd^   bie   cor« 
^errfd^enben    ^ol)tfet)Ien    unb    SRunbjidbe 
unterjiü|t,  tiefe,  weic^au«Iaufenbe  Sdt)atten 


©otifd^e  Saufunfi. 


223 


eri(eugen,  eröffnet  ftd)  ein  S^iaum,  in  bem 
fxd)  Me  Seele  mit  ftidem  33erlangen  erfüllt. 

«Pfeilcrcntwicflung.  2)ie  romani= 
fcfien  oierecfigen  Pfeiler  ftnb  fräftigen 
Säulen  gen)id)en,  breit  unb  tt)U($tig 
genug,  um  bie  über  if)nen  lagcrnbe  ßafi 
5U  tragen.  ®ie  erinnern  nocf)  leifc  an  ihre 
Uraöncn  in  ben  griec^ifcf)en  Sempein,  ftnb 
aber  umgemanbelt  unb  umgejlaltet,  nac^  ber 
»eränberten  g^unftion,  bie  fie  ju  »errichten 
^abcn.  I>ie  attifc^e  93  a  f  i  ^ ,  bie  in  ber  IRegel 
torfommt,  ifi  meit  au?gefef)lt,  ber  untere 
2BuIfi  l)erauögebrücft,  fo  ha^  er  oft  ttieit 
über  bie  *piinte  r>orragt  unb  burd)  Sonfolen 
gefiü^t  trcrben  mu^.  2)er  Schaft  ifi  mafftg, 
obnc  5lnjug,  ctjUnbrifcft  unb  fif.t  ol)ne 
irgcnb  tttel^c  Vermittlung  auf  ber  93aftö 
auf,  bie  im  Übergang  t>om  SRunben  inö 
Ql(itecf  unb  in  mannigfaltiger  Qluflöfung  ju 
einer  einfachen  ©runbform  ft^  bem  ©oben 
anfcf)Ue^t. 

I)ie  .Kapitale  laben  weit  auö  unb 
nebmen  auf  itjrer  Oberfliicbe  teilö  bie 
©emötberippen ,  teit«i  bie  ©iiulc^en  auf, 
melcbe  böber  liegenbc  Oettiölbe  fiü^en, 
SBucbtige  ftarfe  Sölätter  mit  Änoüen  fluten 
bie  uier  *Punf'te  ber  tragenben  ^platte,  bcg 
Äampferö,  welken  bie  romanifd^e  5lrcbi= 
teftur  auö  bem  antifen  ©ebdlf  gebilbet 
batte.  Die  Ju^punfte  ber  Sogen  balten 
ficb  ni(J)t  mehr  an  bie  gortfc^ungätinien 
be^  untern  6äulenfd)afte^.  @ie  fe^en  fo 
ireit  au§en  alö  möglicb  an,  foba§  hai 
JBlätterttierf  beö  Äapitäl«  suglei*  aU 
tragenbe^  SIement,  als  ^onfole  ju  bitncn 
bat.  S)ic  ®ntrt)icfelung  beä  gotifd)en 
©tileö  änbertc  biefc  urfprünglicbe  ©dule 
gum  SRunbpfeilcr  um,  inbem  ftc  bie  ^ort« 
fe^ung  ber  Oeinölbcrippen  burd)  fleine 
<Säul(|en,  bie  fogenanten  ©ienfte  rers 
mitteltc,  mel(f)e  fid)  anfangö  frei  um 
ben  runben  ^crn  lagerten  unb  nur  leicbt 
mit  ber  urfprünglicben  Säule  an  .Kapital 
unb  93aftö  »erbunben  würben.  üfJatürliä) 
fiel  baburd)  bie  SJJotwenbigfeit  ber  meitcn 
Äapitätauölabung  weg  unb  an  bereu  Stelle 
trat  ein  leicbter  931atthanj  oon  einbeimifcf)en 
(Sieben  unb  2Beinfiocf blättern ,  biö  fd)Iie§5 
lieb  bie  Spätseit,  wo  biefe  letite  iHemini^jenj 
an  ben  ^lorijontatii^mu^  bem  milben  Ser= 
tüaliömuä  binbernb  im  SBege  fianb,  aucb 
no^  bie  Kapitale  befeitigte  unb  bie  ®e= 
»ölberippen  in  einem  Scbwung  pom 
Soben  biö  jum  Sd)eitel  aufjagte.  3n 
t>ielfad)en  Variationen  mieberbolt  ficb  tai' 
felbe  Schema  unb  fudjt  bie  g^ormen  immer 
flüffiger,  immer  fcblanfer  gu  macf)en.  2)cr 
mittelalterlid)e  SSünbelpfeiler   war  fo  für 


bie  @otit  tai  geworben,  waö  bie  «Säule 
bem  antifen  Scmpel  war. 

Gewölberippen.  ?luf  bie  fo  gcbil* 
beten  Stü^punfte  baute  ftcf)  nun  bie  ©ecfe 
mit  ibren  *J?ippen  unb  ©ewölbcn  auf. 
2)ie  t>icr  *Punfte  fon  je  rier  (Pfeilern 
würben  burcE)  6  Sogen  »crbunben,  fobap 
Dier  ®urt»  unb  jWei  £)iagonaIbogcn  ents 
fianben,  welcf)e  »ier  fpbärif(i)e  breiecfige 
gelber  in  ftd)  einfd)loffen.  25abur(^  fon« 
jentrierte  fid^  ber  S)ru(f  bes  gonsen  ®e* 
wölbeiod)e0  auf  bie  (Jcfpfeiler,  eineöteiB 
bortbin  geleitet  burcf)  bie  ©urtbogen, 
namentli(^  aber  burd)  bie  Siagonalbogen, 
Welcbe  nun  burd)  fiarfe  ficinerne  SHippen 
üerförpert  würben,  hiermit  War  eigentlid) 
ber  ©ewölbebau  fertig  unb  b<inbelte  eö 
ftd)  nur  barum,  leid)te  Äappen  in  bie  oier 
fpbärifd)en  gelber  einjufpannen,  welcbe  ibre 
Stü^punfte  Wieberum  an  ben  SRippen 
fanben. 

2)ic  *|3rofilierung  ber  SRippen  lebnte  fid) 
anfange*  bem  SRomaniömu^  an,  fonnte 
aber  bei  ben  edigen  JJormen  mit  ben  t>or? 
gelegten  SRunbfiäben  nid)t  fteben  bleiben. 
I)er  5luäbrud  ibrer  äfibetifcben  ^u^f^ion, 
ber  Verbinbung  be«  3luffd)iffenö,  beä 
Spannend,  beä  ft^  felber  Sragenö,  mupte 
flargelegt  Werben.  So  lie§  bie  ®otiE  bie 
©runbform  beö  SBieredä  fallen  unb  fc^te 
an  beffcn  SteEe  ein  2)reied  mit  nacb 
unten  gcrid)teter  @pi|c.  Jiefe  |)oblfeblen 
in  Qlbwecbfelung  mit  fräftig  ftcb  löfenben 
9iunbfiäben  unb  namentlid)  ben  wirfungö* 
»ollen  Sirnftäben  fieigerten  ben  (Sffeft 
unb  ben  Sinbrud.  ®ie  Spät^eit  ging 
aud)  bierin  immer  weiter.  2)ie  ^oblfeble 
mit  ibrem  tiefen  weid)en  Sd)atten  gewann 
bie  Dberbanb  unb  überfiimmte  atleö  anbere. 
©in  Mafien  unb  Sagen  nad)  Sffeftcn  trat  ein, 
baburcbaber  gerabejene  nüd)tcrne(£intönig« 
feit  in  ben  ^rofilierungen  fpäterer  Sauten, 
weld)c  in  ber  ununterbrod^cnen  Qlnwen* 
bung  beö  gcfteigertfien  QluäbrudsmitteU 
ibre  le^tc  ^raft  oergeubet.  Qlud)  bie  ein« 
facbe  flare  J"'^"!  ^^^  .^reujqewölbeö  ge* 
nügte  nicf)t  mebr.  Tlan  fpannte  ein  f^ieö 
von  mannigfaltigen  ©runbripformen  über 
bie  [Räume,  inbem  man  jwifd)en  bieSRip« 
Pen  wieber  SRippen  fpannte  unb  fo  bie 
jwifd)cnliegenben  ©ewölbefelbcr  nicbtä 
mebr  bilbeten,  aii  gro^e  Steinplatten, 
©elbfi  auf  biefe  bebnte  ftcb  iUle^t  bie 
Dcforation^wut  au^  unb  überfäete  bie* 
felben  mit  ben  beliebten  ÜRa§werföformen, 
2)er  "Hnblid  einer  foldicn  ilie^bede  ifi  ein 
unenblid)  reidier  unb  lebenbiger,  fann  aber 
ben  Qluöbrud  non  etwaä  ®efud)tem,  nac^ 
15' 


224 


©ottf^e  ißaufunfi. 


fonfiruftiüen  ©pi^finbigfeitcn  ®c6enbcm 
feineöfaüö  »crleugnen,  roenigflcnö  in  fei* 
ner  legten  5tuöbilbung  nid)t. 

^iermit  ijl  iai  innere  ©ctippe  ber 
gotifd^en  Äirc^e  gegeben.  2)0«  übrige  ifi 
alleö  ^üHtticrf.  2Bir  Reiben  fdf)on  betont, 
ta^  bic  ÜJlauermaffen  beö  romanifi^en 
©tileö,  ber  biefelben  nur  mit  fleinen  un* 
bebeutenben  ^^enftern  burcbbrac^,  na(^  unb 
nai)  »erfc^ttjanben  unb  fii)  auf  bie  *Cfci' 
ler  fonjentrierten ,  fobaf  bie  legieren 
jtt)if(i)en  fi($  ein  frcieö  burj^  feinen  ©e» 
ttjölbebrucf  belajlete^  %dh  einfd)Iofyen,  in 
bem  fxij  bie  ©eforation  nun  in  i^ren 
lublidbften  ^^ormen  tummeln  !onnte. 
Über  bcn  Sögen  ber  (Seitenfct)iffe  öffneten 
fic^  in  ben  erpen  ^äkn  bie  jicrlic^en 
5trEaben  ber  über  ben  (Seitenf($iffen  an» 
gebrachten  (Emporen  2)ie  folgenben 
3citen  brüdften  bicfe  (Smporen  immer  mel)r 
jufammen,  bi^  fd^tiepid)  nur  no^  ein 
fcbmaler  Umgang  blieb  unb  jule^t  aud) 
bieicr  megfiel.  5llä  beforatioeö  (flement 
aber  mürben  biefe  5lrfaben,  bie  fogenanns 
ten  2;riforien  ober  2)reiöffnungen 
bcibe^^alten.  «Sie  mußten  jur  QKaöfierung 
beö  an  bie  ÜJJauer  fid)  anle£)nenben  *Pult= 
bac^eö  ber  (Seiten[(^iffe  bicncn. 

^Darüber  entmicfelte  fi(^  eine  grofe 
©lasmanb,  bie  g^cnjier,  üon  ber  fiarf 
abgefc^rägten  5<;nfierbanf  aufi^eigenb  unb 
in  bem,  bem  ©cwölbe  ftd)  anfc()miegenben 
©pipogen  enbigenb.  ^bxtx  ©röfe  megen 
mar  e^  notmenbig,  fte  burd)  mehrere  ©tein- 
pfojien  5  u  teilen,  bie  fxä)  oben  in  bcn  ta^ 
ganjc  ^cnfter  überfpannenben  ©pi^bogen 
in  ben  geometrifc^cn  ?^ormen  beö  foge= 
nannten  Wa^merfö  nerfi^tangen  unb  auf= 
löjten.  ^oä)  beutlid)er  tritt  unö  bic  fer* 
tige  ^orm  ber  $5^"^^^'^  entgegen,  mcnn 
tt>ir  fte  in  i^rcr  ©ntmidelung  betradjten. 
®a^  erfie  ÜWotiü  mar  in  bem  gruppcn^ 
mäßigen  3ufammenjleIIen  einjciner  fleincr 
gcnjier  gegeben.  2Dur(h  3iif«"i"if"'^üden 
berfetbcn  entftanben  Ieid)tc  burd)  6äuld)en 
getrennte  3trfaben,  unb  ben  aüe  umfaffen= 
bcn  ©pi^bogcn  füHte  eine  einfache  SRofette 
auö.  üBie  aber  nad)  unb  na^  ber  3nnen= 
Bau  pffigcreö  Sebcn  unb  ^ovm  annabm, 
tauchte  aud)  in  ber  gcnftcrardiiteftur 
flüffigereö  geben  auf.  S)ic  fc^rdgen  ©elaufc 
tüurben  belebt  burd)  ©äutd)8n  unb  ^ot)i= 
fehlen,  baö  iRofettcnmotio  fanb  I)unbert= 
fältige  Variation  mit  ftc^  fc^neibcnben  ^reiö« 
linien  in  bcn  fogenannten  3,4  unb  5  *Paffen; 
in  ber  Slütcäcit  nod^  in  ma^tioKen 
©d^ranfen,  fpäter  in  oft  überfprubeinbcm 
Formenreichtum,   oft   aber   auc^   in   ben 


abgcfd)madten  ^^ormcn  uncrmüblid^cr  3In* 
menbung  ber  fogenannten  ^ifi^blafe,  cinc3 
flammenartigcn,  runblid^  gefc^mungcnen 
«Paffcö,  ber  bcreitö  bic  ©efe^c  geomctri* 
fd)er  Silbung  auft^elöfi  jeigt.  2n  fpätcret 
3eit,  alg  man  barauf  bcbac^t  mar,  bic 
^?auermaf[cn  möglid^j^  ju  rcbujieren  unb 
allcö  in  8id)t  aufjulöfen,  jog  man  fogar 
bic  2;riforien  in  baö  barüber  liegenbc 
gcnfter  ijinein.  ^a^  ßid)t  mürbe  baburc^ 
erhalten,  ta^  man  bie  @eitcnfd)iffbäd)cr 
abmalmte,  aöerbingö  ein  gefät)rlid)e^  Qluö* 
f unftämittel ,  bcnn  man  bilbetc  baburd^ 
3uflud^t'eiminfcl    für   D^cgen  unb  @d)nec. 

®inc  munbcroolle  ©eftaltung  erlangte  bie 
OJta^mcrföardiiteEtur  in  ben  fogenannten 
SRofen,  mic  fte  an  ben  Uöänbcn  be^ 
Duerfd)iffeä  unb  ber  ^auptfront  auftreten; 
gro^c  meitgefpannte  DJäber,  anfangt  mit 
rabiaten  ©pcid^cn  ncrfe^en,  fpater  über* 
flutet  »on  gcometrifd()en  formen  aller 
5lTt.  Dtamentlid^  bic  franjöftfd)c  ©oti! 
brad^te  bie  SRofen  jur  boüficn  Slütc, 
mabrcnb  5Deutfdf)Ianb  biefelben,  aU  bem 
ücrtifalcn  ^rinjip  mibcrfprecbenb ,  fallen 
Iie§  unb  burd)  gro^e  ©pigbogenfcnßer 
erfe^tc.  —  2)iefer  fieinerne  ©ittcrbau  bot 
nun  ber  SBcrglafung  i^ren  ^a\t,  bic  bann 
aud^  in  bcn  leb^aftcüen  buntejien  -Dhifiern 
jufammengffe^t  mürbe  unb  bem  falten, 
norbifd)en,  fdarfen  lagcslic^tc  ben  Sin^ 
tritt  in^  3"ncre  termeftrtc. 

@o  mar  ber  innere  Aufbau  BoKenbct. 
!Bon  pulfterenbem  ßeben  erfüllt,  mic  ja^l« 
reid)e  ,^ontänen  fictgen  bie  Pfeiler  auf, 
jira{)len  oben  au^etnanber,  fliegen  inein* 
anber  über,  ein  emigeö  ftüffige«  ©Icment. 
2)ic  longe  jid^  öffnenbe  ^4?erfpeftii?c  flutet 
bem  ßid^te  entgegen,  baei  in  glutfarbcncr 
fPradE)t  burd)  gemalte  ©d^eiben  bti^t  unb 
bie  leblofen  SD'iaffen  ücrflärt  unb  ibealiftert, 
ha^  man  oergeffcn  möd)te,  mit  meldten 
funfltioöen  9Jiitteln  bic  i>unbcrte  »on 
«Steinen  ju  i^ren  bcfiimmten  ^unftionen 
gcjmungcn  merben,  in  äßa^ir^eit  ber 
Offenbarung  eines  SQ?t)fteriumö  gleidf),  mic 
Äugler  fagt,  meld)e3  bie  Sinne  befängt, 
bie  ©eifler  mit  ftdi  rei§t  unb  bie  funfi* 
t>otlen  iKittel  jur  ©rjielung  feiner  9[Bünfd)C 
üergeffen  mad^t. 

4.  ©anj  anberö  tritt  unä  iai  5tu^crc 
entgegen.  S)a  begegnen  mir  bcn  gemal* 
tigen  ®tü^en,  ha  finbcn  mir  bic  mannig* 
faltigften  Äonjlruftionömittcl  offen  uiib 
cl)rlid^  unb  aüti,  maö  unö  im  Snnetn 
bic  Söunber  cincö  mit  unumfd^ränfter  ©c* 
malt  berrfd)enbcn  S^eoli^ni"^  «ä<i^lt/ 
finbet  bier   au§en   feinen   Hortleiter    jut 


©otif^c  »auEunll. 


225 


realen  SBelt.  äunä^jt  fallen  bie  ©tre* 
bcpfeiler,  »ucfetige  fon  breiter  Saftö 
auffieigenbc  ©teinfoloffe,  in  bie  Qlugen. 
2Bir  ^aben  oben  gcjeigt ,  njic  ftd)  ber 
SDrucf  ber  ©etttötbe  auf  einzelne  fünfte 
fonjcntrierte.  2)ie[c  ^^unfte  galt  eö  t»or 
allem  ju  ft(^ern.  S5em  Sd)ub  ber  ®eiten= 
fcf)iffgettiölbe  fonnte  tmä)  bie  ®trebcpfei= 
ier  bircft  begegnet  Serben,  iräljrcnb  ber 
@(ftub  beö  SDJittelfc^iffgenjölbeä  über  baö 
(Seitenfc^iff  ^intt)cg  auf  ben  Strebepfeiler  ge^ 
leitet  ttierben  mu§te.  2)ie«  gef(f)a^  nütteljl 
frei  gefpannter  Sögen,  ben  fogcnannten 
Strebebogen,  bie  einerfeita  gegen  ia^ 
SOfJittelfc^iff,  anbererfeitö  gegen  ben  @trebc= 
Pfeiler  brüdten  unb  fo  ben  ®en>ölbefd)ub 
auf  bie  ©teinmaffe  be^  le^tern  übertrugen. 
SBaren  meljr  aU  jniei  ©eitenfcl)iffe  t>or= 
Rauben,  fo  fprengte  man  bie  Strebebogen 
entttieber  in  f'üt)ner  Spannung  über  beibe 
Schiffe  t)inroeg,  ober  aber  mau  führte  auf 
ben  bie  Seitenfcftiffe  trennenben  lifeilern 
Sürmd^en  auf,  tt3eld)e  ben  meitgefpann« 
tcn  Strebebogen  bUTd)fcI)nitten  unb  ben= 
fclben  fo  in  jttiei  felbftcinbige  Seile  jer^ 
legten.  So  ftnb  bie  Strebepfeiler  bie 
tral)ren  Mitlauten  beö  23aueä  unb  tragen 
auf  ibren  S(ä)ultcrn  bie  8a|i  ber  gefamten 
Äonfiruftion,  bienen  aber  jugleid)  aud) 
ale  fefte3  fcnfred)teä  SRal^nmerf  für  bie 
mit  luftigen  genftern  burdibtodienen 
SGßanbe.  ?tnfangö  finb  fie  fa^l  unb  nadi 
oben  burc^  einfädle  f(iräg  abfaüenbc 
5lbj!ufungen  fi^  »erjüngenb.  2)ie  f($affenbc 
$bantafte  oertiefte  ftd)  oorerft  auf  ha^ 
innere,  unb  erft  als  basfelbe  mit  feinem 
3auber  bie  pc^fie  fünftltc^e  ©eftaltung 
erreid)t,  bcfc^äftigte  fie  fid)  mit  ber  äluö= 
bilbung  ber  äußeren  5'-'"^"i'^"-  ®ß^ 
fdb^^cicfälliöe  Strebepfeiler  erroud)ö  balb 
unter  ber  [cbaffenben  ©eftaltungöfraft  ju 
einem  eigenen  fleinen  S3aumevte.  Dlatur^ 
gemii^  mürbe  ber  Pfeiler  bctrad)tlid)  über 
ben  3lngrippunft  ber  ©cmölbe  ert)öt;t. 
S)aö  gab  ben  erften  5lnla^  jur  2)cforation. 
5Die  merftbätige  $anb  fäumte  ni($t,  biefen 
5luffa^  JU  einem  eigenen  fleinen  Sürm- 
d^en  mit  fteiler  t)of)er  Spi^e  auöjubilben. 
®iefe  ^feilertürmc^en ,  ober  mie  fie  bie 
bamalige  ^anbmerföfpracbe  nannte,  bie 
ijialen,  beftanbcn  auö  bem  fogenannten 
ßcib  unb  bem  fd^lanfen  Spigba^e,  bem 
(Riefen,  au^  beffen  Spi^e  eine  freujförmig 
auölabenbe  23lume  ^eroorblüt)te  unb  an 
beffen  .Tanten  f leine  Stcinblumen,  bie 
Ärabben  ober  Änollen,  cmporfrod)en,  aud) 
il^rerfeitß  bie  aufmärtätreibenbe  SeWegung 
pd)ft  lebenbig  auäfprec^enb. 


Sie  fc&on  ermiibnten  5lbfä^c  aber  boten 
miüfommenen  5lnla§  jur  "Mufjletlung  »on 
fleinen  Sabernafeln,  Statuen  mit  Salbas 
c^inen  jc,  foba§  ftd)  ber  ebemalö  fo 
plumpe  Steinpfeiler  fd)lie§lid)  in  einen 
SIßalb  üon  auöeinanber  l)erau«smad)fenben 
lürmc^en  unb  9'Jifd)en  auflöfie  unb  un= 
ter  biefer  jum  ^immel  cmporfirebcnben 
fpielenben  93cmegung  bie  entgcgenftemmcnbc 
2öud)t  faum  metjr  apen  lie^.  £>er 
Strebebogen,  oberhalb  mit  einer  Sd)räge 
äum  *ilblauf  beö  Söaffcrä  oerfcl)en,  au^ 
ber  bie  fd)on  ermäbnten  Ärabben  cmpor= 
muc^fen,  erfuljr  ebenfalls  ben  ©influf  ber 
*P^antafie,  bie  feine  fd)rcere  Jyliidie  mebr 
bulben ,  fonbern  alles  aufgclöfl  l)aben 
nioUte  äu  einem  Icidjtcn ,  fc^mebenben, 
ben  Sd)mcrpunft  in  ftd)  felber  tragenben 
©ebeimniö. 

2)ie  Strebebogen  bleuten  nebenbei  aber 
jugleid)  al^  fleine  ?lquabufte,  meiere  baö 
'übtüaffcr  bes  ^od)nierfö  über  bie  Seiten^ 
fc^iffe  megiül)vten.  llngcl)euerlid)e  ®t' 
Italien,  meiftens  Zierformen  ober  D!J?en^ 
fd)enföpfe,  bie  fogenannten  äffiaffer* 
fp  eier,  fpieen  bas  ftd)  fammelnbe  Söaffer 
auä  unb  fc^leubertcn  e^  meit  oom  Sau 
meg. 

3n  tt>ed)felt)oller  Söeife  fpannte  fidö 
jmifdien  biefeö  r>ortretenbe  fonflruftioe 
®erü|t  hinein  ber  präd)tigc  Jeppic^  ber 
^cnfier,  beren  umfaffenbcr  topi^bogen 
überbackt  mürbe  oon  ben  fogenannten 
SBimpergcn,  giebeläbnlid)en  Öluffä^en, 
in  beren  2)reic(f  bie  *pi)antafte  in  5lnmen= 
bung  ber  ßieblingsbcforation  beä  SlRitteU 
alters,  beö  ÜJJa^merfö,  ein  unbefc^rdnfteä 
5^elb  fanb.  —  2cid)te  burd)  i^re  tiefen 
Statten  aber  ungemein  mirfcnbe  |)ori  = 
jontalgefimfc  oerbinben  bie  einzelnen 
Strebepfeiler  unb  umäiel)en,  ba  ftd)  in 
ben  ^ot)lfe|)Ien  gcmöl)ulid)  ein  reidicö 
©lättermcrf  entfaltet ,  ben  ganjen  Sau 
mit  einem  fieinernen  Äranje. 

2)en  größten  Sriumpl)  aber  feierte  bie 
©otif  in  ber  (Sntmidelung  ber  SBeflfa^abe, 
im  Turmbau.  2Bte  mir  fd)on  bei  ber 
Setrad)tung  beö  ©runbriffcs  belcbrt  »ur= 
ben,  ergeben  ftcb  in  ber  SRegel  jmei  maffige 
Sürme.  2Benn  aud)  bie  ^(nmcnbung  ber 
Strebepfeiler  beim  Surmbau  burd)  feine 
inneren  Strufturüerl)ältniffc  fcineäweg^ 
geboten  mar,  fo  überzeugte  man  ftd)  boc^ 
balb,  ta^  bie  Symmetrie  ber  gansen  Qtn* 
läge  »orfpringenbe  ÜJIauermaffen  erforbere 
unb  t)a^  auf  biefe  2öeifc  mit  leid)tcrcr 
Äü^nbeit  bem  ®anjen  ber  ß^arafter  be^ 
emporjlrebenben   gegeben   werben  fönne.. 


226 


©otifd^e  93aufunfi. 


<So  fe^en  benn  Pier  gemaltige  Pfeiler  am 
gu^oben  an,  ficigen  auf,  fd)Ianfe  l)o\)t 
^enfiet  ein[cf)tie^enb,  biö  eine  jSaüerie, 
tai  Untergefdjof  trennenb,  ben  Übergang 
üom  a3ier=  in^  3l^ted  marfiert,  in  tvtU 
<f)em  ber  Äein  feinem  (Sipfclpunfte  äujagt. 
S)ie  üier  (Scfpfeiler,  jerflüftet  üon  9iifd)cn 
unb  fid)  ab^ufenb  in  5Du^enben  pon 
gialen,  aU  felb|iänbige.,3;ürme  fid)  aufs 
bauenb,  vermitteln  ben  Übergang  auf  bie 
ieiüegtefte  5trt,  inbem  fte,  mie  ßüb  tt  fagt, 
alä  emporjagenbe  Senblinge  ber  axi)itdtO' 
nifc^enÄraft,  bie  in  ben  gewaltigen  Pfeilern 
tubt,  Den  mittleren  Äern  ju  feiner  luftigen 
^öl)t  begleiten,  er  fxd)  bort  mit  einem  gen)al= 
tigen  ®teint)elm  überbacf)t.  SDie  jlrenge 
Äonfequenj,  bie  im  gotifd)en  ©pjlem  liegt, 
ftotlte  aber  auc^  bier  oben  auöflingen. 
Stuf  bem  lebenbigcn,  mit  iÖeicf)tigfeit  auf= 
queßenben  ©tjfiem  beä  Unterbauet  fonnte 
feine  »olle  >Steinmaffe  al«  5lbf(i)IuBbeIm 
laficn.  Unbefümmert  gegen  bie  Unbilben 
ber  SBitterung,  mit  fünillerifdber  ©leid)* 
gültigfeit  bie  praftifd)en  löebürfniffe  ^int» 
anfe^enb,  crftanb  ein  luftigeö  burd)brod)e« 
neö  ®erüft,  beffen  fräftigc  UJippen,  unter* 
einanber  üerfpannt,  burc^  S)Ja§tt)erf  aüer 
5lrt,  an  if)rem  Söcreinigungspunft  alä  Ie|te 
Slüte  eine  gewaltige  Äreu^rofe  auffnofpen 
liefen.  Unten  am  %n^t  aber  öffneten 
ftd)  brei  Wette  *]3ortaIe.  2)ort,  wo  ber 
SÖJenfd)  ftd)  anfd)idtc ,  cinjutreten  jur 
2ßof)n|latte  bes  ®ef)eimniffeö,  bort,  wo 
tai  Heiligtum  t^n  empfing  unb  ibm  eine 
3uf[uc^t0fiätte  por  ben  2Bed)  fei  fallen  bcä 
ßeben«  bot,  bort  berrfd)te  ber  btlbnerifd)e 
©cfemud  mit  gewinnenber  Qtnmut.  3n 
tiefüegenben  ^of)Ifet)Ien,  fecf  untcrbrod)en 
Don  fd)Ianfen  @äuld)en,  empfingen  ibn 
bie  Sparen  ber  ^eiligen ,  beren  ©tatuen 
unter  Salbad)inen,  auf  Äonfolen  ruf)enb, 
berniebergrü§ten ,  wdbrenb  tai  t>on  bem 
33ogen  eingefpannte  gelb,  ta^  fogenannte 
Stjmpanon,  ©jenen  ani  ber  33ibel  erjd[;lte 
unb  ber  baö  breite  Q3ortal  trcnnenbc 
fJJfeiler  bie  ©tafue  eine^  beforjugten  ^ci* 
ligen,  in  ber  [Hegel  biejcnige  ber  aJiabonna 
präfentierte. 

Über  ber  reid)gefd)müdten  5lrd)ipolte  er* 
^ob  fid)  ein  großer  fteiler  ©iebel,  bem  wir 
fd)on  bei  ben  i^enftern  unter  bem  3Jamcn 
Söimpcrg  begegnet  finb,  nur  ta^  ^ier  bie 
weit  größere  ^Iad)e  oft  auc^  nod)  in  ben 
9tat)men  bcä  bilbnerifd)en  ©^mudeö  hin- 
eingezogen würbe,  ftatt  mit  ÜJJaBwerE  auö* 
gefüllt  ju  Werben.  Unbefümmert  ragten 
biefe  ®iebel  in  has  barüberliegenbe  genjler 
ober  bie  9iofe  l)inein  unb  fcnujeid^nen  fo 


Ted)t  bie  SRücfftcbtsIojigfeit  ber  mittelaltct* 
li^cn  Saumeifier,  wenn  eö  galt  ein  be« 
jiimmteö  5lrd)itcfturfiücf  fonfequent  au^* 
jubilben. 

hiermit  fte^t  ber  gotifc^e  .Rircbcnbau 
»oöenbet  »or  un^;  gro§  in  feinem  ®runbs 
gebanfen,  gro^  in  ber  fonflruftinen  unb 
beforatioen  Sefianblung  beöfelben.  Stile 
Äräfte  beö  ©eijteö  l)atten  fxc^  angefpannt, 
t&i  2Berf  jur  oollficn  23olIcnbung  ä" 
bringen.  Sin  märd)en^afteä  £raumge= 
bilbe  gautelt  unö  cor,  bem  wir  folgen 
muffen,  of)ne  unö  flat  ju  fein,  wie  unb 
Warum,  biö  wir  jule^t  auf  ben  ©ipfel 
ber  23erwunberung  angefommen,  erwachen, 
unb  iai,  tvai  con  bem  unentfd^iebenen, 
bie  goi^mft^  ibealinerenben  ßid)te  beö 
mittelaltetlid)en  ®ternenf)immcfö,  beleuc^* 
tet,  un^  über  baä  SBefen  ber  ÜJiaterie 
binwegtäufc^te,  im  2id)te  ber  aufge^enbcn 
ÜJJorgenfonne  bem  nüchternen  33erjianbc 
aüc  feine  ÜWcingel  offenbart.  2)ie  taufenb 
unb  aber  taufenb  feinen  ©pi^en,  weld)c 
ber  Vernichtung  if)ren  5lrm  entgegenjlreden 
unb  im  wilben  S^aoä,  befonberö  am 
(S.l)orbaupte  webcr  ein  flareö  Silb,  noc^ 
eine  formenfd)öne®iU;ouette  juftanbc  brin* 
gen,  t>ai  Überfc^neiben  ber  ja^Irei(^cn 
^ögen  im  3nnern  in  oft  nic^tö  weniger 
alä  fc^önen  j^'^i'^i^"'  ^^^  unöermittelte 
51uffa^  ber  ©ewötberippen  auf  ben  5Diens 
fien,  bie  bilbnerifd)e  Überlabung  ber  $or» 
tale  mit  ber  wiberftnnigen  ©teüung  ber 
©tatuen  gegen  ben  ©dicitclpunft  bc!^ 
Sogen«  tjin,  bie  gWedtofcn,  rein  bcfora* 
tioen  SBimperge,  bie  2;urmf)elme,  beren 
burc^brodjene  2)ia§werfeformen  nicbt  nur 
bem  praftif^en  Sebütfniffe  nid)t  im  gc= 
ringften  cntfprec^en,  fonbern  fap  für  jeben 
©tanbpunft  beö  !Befd)auerä  fic^  übers 
fc^neiben  unb  fic^  in  unrt)t)t^mifd)er  SBeife 
beden,  oor  aClem  aber  bie  burd)  gänjlic^e 
Unterbrüdung  ber  horizontale  beroorgc= 
rufene  Unrul)e,  erinnern  nur  ju  fet)r  baran, 
ha^  nic^r  2öaf)r^eit,  9?atur  unbS^i'trfiTi'i^ig- 
fcit  bie  ftiirfjten  ©eiten  ber  gotifc^en  Strebt* 
teftur  Waren  unb  ha^  biefelbe  beftrebt 
War  tai  Jbeale  ju  realifieren,  fiatt  iai 
SRcale  ju  ibealifteren. 

©(^lie^Iid)  bätten  wir  nod)  ber  a'b=^ 
Wei($enben  ^^ormcn  ju  gebcnfen  unb 
benfelben  einen  5tugenblid  ber  i8etrad)tung 
ju  wibmen.  33ei  ber  umfaffenben  !8er= 
breitung  beä  gotifd)en  ©tiieö  war  e^ 
fclbftoetfiänblid),  ta^  mannigfache  *Jtbanbc= 
rungen  fowol;!  in  ber  ®runbri§form  ali 
im  Stuf  bau  jur  ©eltung  famen,  teilä 
bcbingt  burc^  nationale   (5;igentümlid)fci= 


®otif(|)c  Söaufunji. 


227 


tcn,  tcilö  t>mä)  ben  eeränbertcn  36it9«ifi. 
teil^  aber  namentlich  burd)  iai  ^a\x> 
matcrial. 

SSoretji  ^atte  jeneö  eycenttifcf)e   Stre- 
ben nac^  aSertifali^muä  ni(^t  überall  bie 
Dbcr^anb    gewonnen.      Tlan   i>\üt    jum 
Seil  noc^  fcft  an  einer  ru{)igen,  bem  SHo« 
manifc^en  fiä)  mel)r  anle^nenben  (Sntiüicfs 
lung.     (Statt   ha^   3D'JitteI[d)iff  ju    jener 
engbrüjiigen   ^ö^e     emporjufüfjren,    jog 
man  eö  cor,  bie  ©eitenfc^ijfe  ju  erweitern. 
iD?an  machte  biefelben  breiter,  jule^t  [ogar 
^leid)   breit,   wie  iai  SOJittelfc^iff.    Sine 
natürticf)e    \^o\%t    bax>on    war    bie    Sr« 
pt)ung  bcsfelben,  unb  hai  Siefultat  biefer 
Umwanblung   war   eine   ^aße    mit    brei 
glei(i)bebeutenben  ©c^ijfen.   ^iefeö  ®t)jicm 
ber  ^allenfird)en  beeinfin^te  bie  ^orm 
ber   äußeren   Qlnlage     beträcf)tli(^.      2)aö 
Duerfd)iff  fiel  Vota,  unb  ber  S[ßccf)fel  beö 
I)öl)cr  emporragcnben  ÜJJittelbaueä  ju  bem 
niebrigen    Seitenf^iffe    erftarb    ju    einer 
glatten  ÜJJauer,  bie  tro^  ber  langen  großen 
^enjler   unb   allen   möglid)en   fonoentio* 
nellen  3i"itf"  f^^   nif  5"   jenem  leben= 
bigen  iR^t)tl)muö  ber  Safilifenanlage  em^ 
porjufd)Wingcn    fermoc^te.      2)ie    gro§e 
butc^  brei  gleidl)  i)oi)i  ©c^iffe  entjlanbene 
glä(4e  be«  ju  überbacf)enben  (Raumes  be= 
bingte    aber     jugleid)     jene    gewaltigen 
2)a5)er,  bie  tro^  aüen  angewanbten  S)efoä 
rationömitteln,    tro^    beö    ^luflöfen^    in 
farbigem  ®cf)mucf  bem  ©au  ein  für  alles 
mal  ein  fd)Werfälligeö  ©epräge  aufbrücften. 
^iU  SDtateriat   würbe   bei    ben   mcifien 
Sauten  ein  fügfamer  33aufiein  cerwenbet. 
3n  ben  nörblic^en  ®egenben  inbeffen,  wo 
berfelbe  fi^wer  ju  erhalten  War,  faf)  man 
fic^  auf  ein  ©urrogat   Perwiefen,  auf  bie 
Riegel.  (Sacffieinbau.)  ©aburcf)  entflanb 
bort    eine   eigentümliche   Dtic^tung.     51tle 
ftärfer    auälabenben   2)etaiB    fielen    weg 
unb   machten    einem  beforatiüen   farbigen 
5lacl)ornament   ^la^.      3nt»eö   üermoc^te 
biefe   iRicf)tung   in   ber   Äirc^enard^iteftur 
ftd)  ni(ä)t  ju  einer  wirflic^  tünfilerifc^en 
Sntwidelung  emporjufc^wingen.  ®ie  blieb 
«ine  loEale. 

2)ic3citwar  nid)t  me^r  baju  angetfjan, 
neueö  ju  f(f)affen.  2luf  bie  Spod^e  beö 
fc^wärmerifc^  überfpannten  3beali^muö 
folgte  eine  allgemeine  ®ntnüd)terung. 
DWan  lie§  ben  ©efamtgebanfen  auö  bem 
%ige  unb  Wanbte  ßiit  unb  ®efd)macE 
«iner  beforatioen  5lu^bilbung  ber  SDetailö 
ju,  bie  nur  ju  balb  in  eine  balb  an* 
mutige,  balb  nücl)ternc  Spielerei  auö* 
artete. 


S5aö  Äennjeid)en  jebeö  S^Pfe^ ,  ba^ 
^afc^en  nac^  gef^wungencn  Sinien  brac^ 
aud)  ba  ein.  S)ie  Sffiimperge  würben  ge= 
frümmt  unb  nahmen  bie  ©ejlalt  bcö  fo* 
genannten  Sfelärücfen^  an,  hai  jjenfler« 
ma§werE  oerwilberte  in  ben  5if'ä)^l<ifen' 
formen,  bie  gialen  würben  fpiralförmig 
gcbrct)t  unb  bie  ©pi^e  oft  fadenförmig 
umgebogen,  bie  ^Profile  befianben  fd)lie§* 
lid)  auä  ni^tä  mel)r  alä  tiefeingefi^nitte* 
neu  ^ol)lEe^len.  @o  würbe  bie  gotifd)c 
Qlr^itcftur  reif,  ber  cinbrec^enben  iRes 
naiffance  ju  weichen,  unb  wi^  aucf)  faji 
o^ne  Äampf.  2)ie  Übergänge  fmb  gering. 
®ie  SRcnaiffance  tritt  unnermittelt  ein  unb 
»erfünbet  hin  Anfang  einer  neuen  3fitf 
eine«  anbern  ©ebanfengangeö. 

|)ifiorif^er  5lbri§.  ^yranfreid^. 
®c^on  in  ber  SRitte  beä  12.  3af)rl)unbertä, 
wäörenb  ©eutfc^lanb  noc^   flreng  roma« 
nifd^  bad)te  unb  baute,  erjlanb  unter  5t6t 
©uger  an  ber  ^Ibteifirt^e  ju  ®t.  2)eni^ 
ein    neuer    (S^orbau,    an    Welchem    jum 
erjienmale  ber  foHenbete  ©trebepfeiler  aufs 
fam,  tierbunben  mit  ber  reid^  auägcbilbe« 
ten  G^oranlage;  ^ier  na^m  and)  bie  fon= 
jiruftioc    SSerwenbung    beö    ©pi^bogen^ 
i^ren  Anfang,  nac^bem  fci^on  lange  Dort)er 
ein   ©rübeln    unb    @uc£)en   nad)    biefem 
©pfiem   in    ber    romanif(^en    2lrci^iteftur 
oorbereitenb  ben  ®runb  ju  biefem,  wenn 
man  fo  fagen  wiü,  neuen  ©ebanfen    ge* 
legt  batte.    2)erfelbe  fanb  rafc^  Stnflang, 
unb  in  furjer  3eit  folgten  biefem  (Srjllingäs 
Werf  bie  Äatljebrale  oon  ®t.  (Remp  ju 
SR^eimö,    fowie    bie    ^at^ebralen   t)on 
8aon   unb   $ariö.     5lm    glanjoolljien 
entwidelte  ftd)   bie  franäörifd)e  ®otif  im 
13,  Ja^r^unbcrt  an  ben  ^at^ebralen  oon 
e^artreö  (1195-1260)   unb  SR^eimä 
(1212)  unb  erreic[)te  ben  ©lanäpunft  i^rer 
93lütc  in    ber  Äatt)ebrale  fon  Qlmien^ 
(1220— SS).       2)aö   gleite   3af)rl;unbert 
lie§    bie    Äat^ebrale   oon   Öeauoaiö,    bie 
@t.  Stapelte  in  ^axü,  bie  Äat^ebralen 
r»on    irope^,    9iouen,    Sour^,    'Jtuferre, 
fipon  :c.   erflehen,  wii^rcnb  i>ai  14.  ^a\)i> 
^unbert  jxc^  grö§tenteilä  mit  iöoHenbung 
ber  begonnenen  Sauten  befc^äftigte.    '^m 
15.  3a^r^unbert    jerfiel    bie    franjöpfc^e 
®otif  bereite,  inbem  ber  fogenannte  %lam' 
botjantjlil  ober  wie  man  auf  S)eutfd)  fagen 
würbe,  ber  $5if^t)lafenfiil  einbrad). 

S)cutfd)lanb  firdubte  fic^  biö  tief  xni 
13.  3at)rf)unbert  l)inein,  ben  jtc^  ba^n* 
bred)enben  neuen  ^otnren  fein  ®ebiet  ju 
öffnen.  So  ^ielt  fefi  an  ber  3luöbilbung 
bc^  romanifd)en  ®tilö,  ber  atlerbingö  tro^ 


228 


©otifAe  «aufunfl. 


aUebem  in  feiner  Slütcjeit  in  bem  r^cini» 
fd^en  liberqanqöjlit  ben  ®influ§  bcr  btX' 
anrücfenben  ®otif,  namentlid)  in  bcr 
©runbripilbung,  feincötreg  ju  verleugnen 
»ctmag.  S)qö  erflc  bebeutenbe  Seifpiel 
bcr  Qtufnal)me  gotifcfier  formen  jcigt  ber 
&\)0X  be«  S)oniö  ju  9)1  agbe bürg,  ber  iai 
ftanäöftfc^e  23orbilb  beä  ÄapeÜenfranjeö 
Qcceptiert.  ßin  liebliche«  iöcifpiet  ber 
Übertragung  biefeä  franjöfifc^en  ©ebanfenä 
auf  ben  3fntralbau  ifl  bie  ßiebfrauentirc^e 
in  Sricr  (1227—44),  mdbrenb  bie  (Slifa= 
tet^cnfircfce  in  iDlarburg  alö  tai  erfic 
frühe  »eifpiel  (1235-83)  einer  fallen» 
fir^c  erfcfceint.  35aö  Ducrfcfciff  [^  naä) 
93orIage  be^  rheinifcften  Übergangöfiileä 
im  fPoIpgon  abgef^Ioffen.  S)ie  garje 
Einlage  ift  no^  äu§erji  ruf)ig ,  einfad) 
unb  fc^licfct,  jeugt  aber  oon  großem  Qlbcl 
bet  5luffa|'fung. 

3n  bem  fd)on  1248  begonnenen  Äölner 
2)om  entfaltet  ta^  gotifd)e  <5r)ftem  fic^ 
i(U  ebelfier  Harmonie  unb  gro§arttgjtcr 
S)urcf)iu[;rung ,  bie  inbeö  nicht  frei  ift 
öon  f($ulmä§iger  [Regelricbtigfeit.  5Dcr 
6inf(u§  ber  franjöfifd)en  ©otiE  ift  untier= 
fennbar  unb  ber  Kölner  I)om  fojufagen 
eine  getreue  Äopie  ber  Äat^ebrale  t)on 
Slmienö,  aüerbing^  eine  >Äopie,  »elcfce  t>ai 
Original  burd)  Sauterfeit,  5oIgericf)tigfeit 
unb  Älarl)eit  ber  3)iöpofition  überholt, 
ein  93aumerf,  beffen  gemaltige  ADimenfio^ 
nen  an  tai  menfd)Iicf)e  Äönnen  unb 
bie  menfd)Ud)c  Äraft  berartige  51n* 
forberungen  fleüte ,  ia^  eö  unferem 
5a^rbunbert  vorbehalten  mar,  mit  ber 
^rcujblume  bie  ©teinriefen  su  frönen, 
iai  gemaltige  SBerf  ju  feiner  Soöenbung 
alfo  nid)t  meniger  alä  fe^äunbeinfialbeä 
3at)r^unbert  beburfte.  Ungleicf)  origineller 
in  ber  Qluffaffung  ift  bie  ^atbarinenfirc^e 
ju  Dppenbeim  (1262—1317),  mo  bie 
üJla^merföentmidelung  in  ben  ^enftern  in 
fprubelnbem  ßeben  jur  ©eltung  fommt. 
2)a^  im  gleid)en  3i^i^^""i'stt  errichtete 
SDlünfier  ju  gteiburg  imponiert  nament= 
l\ä)  t)uxd)  feine  eble  Jurmbaute  mit 
bur(^brod)encm  |)elm.®aä  Stra^burgcr 
SWünjler  (1275-1439)  jcigt  faft  aüe 
*l}t)afen  ber  mittelalterlichen  Saufunfl. 
5baö  ßangbauä  ifl  ftreng  frü^gotifd),  bie 
@eitenfa(;aben  bee  Querfcfiiffeö  unb  ber 
(S^or  mahnen  an  romanifc^c  formen, 
mäbrcnb  bie  oorbere  mcftlicbe  5«9i^f  "i^* 
it)rem  gercaltigen  SRabfenfler  beutlicfee  5ln= 
f länge  an  bie  franjöfifcf)e  ®otif  in  i^rer 
93tüte5eit  jeigt,  unb  ber  Turmbau  enblic^ 
(1439  Boüenbet)  jeneä  2luflöfen  ber  »Jtrd;i* 


tefturformen,  jenes  5^9^"  nac^  fonftruE« 
tiöen  hanbmertöma§igen  par  forces?eiflun» 
gen  offenbart,  bie  man  böc^ftenö  megen 
ihrer  Äü^nheit  bemunbern,  nie  aber 
fchön  finben  fann.  3m  füblichen  S)eutfcf)« 
Innb  ftcHt  ber  1275  eritanbene  JRegcn^s 
burger  3)om  tai  öorbilb  für  bie  beutfi^c 
Sl)orbilbung  auf,  meiere  ber  rcid)en  fran= 
jöfifchen  *llnlage  entfagt  unb  biefclbe  burc^ 
einfad)e  *J3olt)gone  erfe^t ,  mährenb  im 
'Cragcr  2)om(l343  — 85)  eine  nod^malige 
Qlufnal)me  beö  ÄopellenEranjeä  jum  2)ur^* 
bruch  gelangt.  3m  14.  3a^r{)unbert  ift 
bie  (Sotif  in  2)eutfcl)lanb  in  %Ui\ä:)  unb 
SBlut  übergegangen  unb  feiert  nod^maB 
itireSlütejeit,  fo  im3)om  ju  .falber fi ab t, 
namentlich  f^ci^  in  ber  meitern  Qluäbil« 
bung  be^  ^allentirchenfppems.  3i'9l6i<^ 
bridht  aber  mit  bcr  Übcrbanbna^mc  ber 
gegenüber  berSaftlifa  ungleicf)  nüchternem 
^orm  ber  ^aüenfirdie  eine  gemiffe  i)ani» 
merfömä§ige  gertigfeit  an  @teEe„  ber 
fünftlerifd)cn  ©eftaltungsfraft;  ein  Übers 
l)anbnel)men  von  tonftruftioen  Spi^finbigs 
feiten,  mie  9'Je^s  unb  (Sterngemölbe;  ein 
(Sinhüüen  ber  goi^men  in  ein  ma^reö  9^e^ 
üon  frei  baf orgefteütem  Stabmerf,  bie 
unumfd)ränftc  |)errfd)aft  Der  gifc^blafe 
unb  beö  (Sfelörürfenä.  Sie  93eifpiele  bie« 
fer  (5p0($e  entbehren  jmar  feineämeg^ 
einer  gemifj'en  5tnmut  unb  ßeic^tigfeit, 
befonberä  in  ber  ^luöbilbung  oon  (Sinjcl« 
ard)itefturen;  mir  erinnern  nur  an  bie 
2Biefenfird)e  in  Soefl  mit  bem  munber* 
hübfchcn  (5,l)orfc^lu§,  an  bie  5)krientirchc 
ju  2Rühlhaufen,  bie  ©ome  ju  SDtin  = 
ben  unb  *Dlei§en,  in  ©übbeutfc^lanb 
namentlid)  an  bie  ßiebfrauenfirche  in  ®§  = 
lingen  mit  bem  t)ö(hfi  anmutigen  Surm, 
an  bie  Jiürnberger  Äirdhen  ®t.  Scbalb 
unb  (&t.  öorenj  (1439). 

2)aö  gemaltigfte  jDenfmal  bcä  14.  3tt^r» 
hunbert^  aber  repriii'entiert  *St.  Stephan 
in  2Bten,  eine  mcite  ^aüenfirche  mit  menig 
erhöhtem  SFJittelfchiff-  3"i  5tu§ern  faden 
namentlich  bie  mit  größtem  fünfilerif(hen 
^lei^e  crftcUten  SBimperge  in^  *}>uge,  voo-- 
burch  bie  ©dimerc  be«  gemaltigcn  S)arhe§ 
etmaö  gemilbert  mirb.  SBefonbcrö  aber  Ijat 
ftd)  bie  ®otif  in  bem  gemaltigen  Otiefen« 
rcerfe  bc^  Surmbaue^  (1433  ooQenbet) 
ein  Ic^te^,  aber  burch  alle  3fif)i^f)unberte 
5ld^tung  gebietcnbeö  2)enfmal  gefegt. 

S3on  ba  an  jcrfätlt  ftc  rai'ch-  sSaö  15. 
5ahrl)unbert  vermag  ftc  nic^t  mehr  ju 
platten.  S)ic  Sinjcfglteberungcn  merbcn 
nüchtern  ober  p^antaftifd),  fic  fangen  an, 
ftd)   ju   bäumen   unb   ju   biegen  unb  ju 


©otifcfie  ißaufunfi. 


229 


t)er[cf)nörfe(n.  S>ie  geometrifcfcen  Jvormen 
werben  ju  3ffi^foTmen  ber  SJfatur  unb  arten 
julc^t  in  unuerfianbene  plumpe  ®efialtun= 
gen  auö.  ©ine  [oId)e  Slüte  gotifcben  S^Pff« 
bietet  baö  *Portal  beä  SÖierfeburger 
2)onie^  unb  berÄlofterfirtfie  ju  6^  em  ni^K. 
2)er  SBadfieinbau  finbet  [eine  «fiauptüettretcr 
in  bcn  nörblid)en  ßiegenben,  namentlid) 
in  ber  ilJJarienfird&c  ju  8ü  bed  (1276  be= 
gönnen),  n>o  bie  ganje  tt»eiti'(i)id)tige  ^In^ 
läge  beö  franjöfi[d)en  (Stjors  in  ißacffiein 
jur  5lu0fül)rung  gelangte,  ferner  in  ber 
ßifiernenferfircbe  juS)oberan,  bem  2)om 
äu  (Schwerin  unb  ber  *Dfarienfircbe  511 
iRofiotf  nnbüßi^mar,  ber  Äatbarinen« 
fir(f)e  5u  *J3  rauben  bürg,  bem  2)om  ju 
Äönig^berg  unb  fielen  anfccrn  raebr. 

3n  ©nglanb  fc()lug  ber  gotifcfie  Stil 
feinen  eigenen  (Sntwidelungegang  ein. 
S)aö  öangl^au«  Würbe  fiet'g  nur  bretfcf)iffig 
angelegt  unb  ungewöf)nlicl)  in  bie  Öirnge 
gejogen.  ^er  6^or  erbielt  ben  nüc^ter^ 
nen  gcraMinigen  *llbf(^lu^.  9?eben  ben 
äWei  SBefitürmen  tjielt  fid)  ber  Duer^ 
fd)ipturm.  2)er  beutfc^e  ^elm  madite 
beinal;e  immer  einem  einfad)en  Sinnen* 
franjc  ^lafj. 

5Die  bauptfäd&Iid)fien  Seifpiele  ftnb  bie 
Äatt)ebrale  üonSanterburp,  bieffiejlmin|ler* 
fircbe  in  gonbon  (1245— 69),  bie  ^at^e* 
brale  non  Saüsburt)  (1220  —  1259),  Don 
SBorccficr  unb  anbere  me{)r. 

3n  Jtalien  tarn  ber  gotifi^c  93aujlil 
nie  ju  feiner  (Seltung,  ober  er  erbielt. 
Wo  er  jur  5tuäfü^rung  fam,  ein  ben 
nationalen  5lnfc^auungen  unb  53ebürfs 
niffen  entfprecbcnbeö,  bem  gotifc&en  fprin« 
jipe  aber  frembe^  ®eprdge.  Stalten  lebte 
ju  fe^r  in  ben  antifen  (formen  unb  folgte 
nur  wiberftrebenb  bem  3ugc  ber  3cit, 
wä^renb  iai  fom  bena^barten  J^ranfrcirf) 
beeinflu§te  Spanien  ben  gotifcfcen  ®til 
freubig  auffaßte  unb  benfelben  mit  mau? 
ri[(hen  ^^ormen  ju  einem  eigentümlichen 
Silbe  üerquicfte. 

dlaä)  biefem  Jlunbgange  burd)  bie  eer> 
fcl)iebenen  Öanber  unb  Sabrijunberte  Un= 
nen  wir  ungefähr  folgenbe  (Spoc^en  beö 
gotifcE)en  Saufiils  ouffieöen: 

(Srfie  (Spocbe:  Übergangcftil  tiom  (Snbe 

beö    12.    btö    jur    SÜUtte    beö    13. 

3abrt)unbertö. 
Swcite  (5pocf)e:  grü^gotif  (änbe  beö  13. 

unb  Qlnfang  beö  14.  3al)rl)unbertö, 

jugleid)  bie  ©lütcjett. 
25ritte  (gpocE)e:  ißerfaü  unb  Qluöartung, 

®nbe  beö  14.  unb  15  3at)rbunöert«. 


B.  I)ie  ^rofanbauten. 
S)er  Sßobljianb  ber  mitte(alterlid)en 
Stiibtcbewobner,  genä(;rt  burd)  ben  em= 
porblitf)enben  |>anbel  unb  geilärft  burd) 
jene  ^»anbwerföüerbinbungen,  bie  ßünf^«' 
mit  ihren  ftreng  organifierenben  ®efe^en 
unb  S.^orfd)riften,  rief  r>on  felbfi  eine  gc(!et= 
gerte  Q3aulufi  aud)  im  *Profanbau  bernor; 
fei  berfelbe  nun  für  bie  Dffentlid)Eeit  bi- 
red)net  ciewefen,  ober  biene  berfelbe 
al^  äBohnbaues  ober  Äaufhau«.  @o  ent* 
f!anben  SRatbäufer,  (Silbenballen,  3""f^* 
baufer  unb  *)3ritiatgebiiubc  aller  5trt. 
®elbp  bie  baö  2Beid)bilb  ber  ®tabt  be» 
grenjenben  Umfaffungäimauern  geben  burd) 
ibre  prä(^tigen  iürme  unb  Sbüren  3^"^' 
nie  ber  lebenefrob  erwad)ten  SSaulujl. 
®ie  i^acaben  ber  Söobnbäufer  bauen 
fleh  meiji  mit  ben  burd)  bie  Äird)enarchi= 
tet'tur  gegebenen  (Elementen  auf,  nur  ha^ 
hier  bie  irtaffen  ber  Strebepfeiler  leid)tcn 
Sifcnen  Weichen  unb  bae  fpi^ibogigc  »^en^ 
iter  einer  gefuppelten  (^enftetanlage  ^U^ 
macht,  bie  überbedt  unb  geteilt  ifi  bur(^ 
jWei  l)orijontale  Steinbalten.  ®egen  bie 
Strafe  ^u  baut  ftd)  meiil  ein  fieiler  ®iebel 
auf,  ber  ^nla§  ju  mannigfaltigen  2)efo= 
rationen  bietet.  I)er  Symmetrie  wirb  ge« 
wöhnlid)  feine  SRcd)nung  getragen  unb 
gerabe  in  einer  gewiffen  (Regellofigfeit 
liegt  ein  hoher  maUrifd)er  iReij  biefer  ®e= 
bäube,  erhöht  burd)  fed  üorfprtngenbe,  mit 
reicher  Sfulpturarbeit  überbedte  (Srfer. 
Unten  an  ber  Strafe  aber  öffnet  fxch  eine 
fd)attige  Qlrfabe  iwn  Erciftigen  Sögen  unb 
Pfeilern.  ^i)iefe  fe^t  fid)  gewöhnlich  unter 
ben  9'Jad)barhaufern  fort  unb  bilbet  fo  jene 
Sogengdnge,  bie  unter  bem  SJJamen  ßauben 
befannt  ftnb  unb  ben  mittelalterlichen 
Stäbteanlagen  tai  (äeprdge  eineö  i)cm\t= 
ligen  Seifammenfeinö  aufbrüden.  ^m 
3'inern  Waren  bie  fiäufcr  meiji  eng  unb 
entbehrten  beö  ßi($te^  unb  ber  öuft.  iBon 
ber  erwähnten  ßaubc  trat  man  rorerjt  in 
einen  großen  glur.  ^ier  pulfterte  hai 
gefd)äftlid)e  Seben  bce  öaufeö  unb  würbe 
überwad)t  »on  ber  im  ^intergrunbe  ange« 
brauten  Schreibfiube  beö  Äaufhertn.  öine 
meip  enge,  fteile  Slreppe  führte  tjon  ber 
|)alle  jum  Söller,  ber  bie  Serbinbung 
mit  ben  2Bobn=  unb  S($lafräumen  bei 
obern  ®efd)offe0  »ermittelte  imb  oon  beffen 
aSrüftung  man  ben  unten  oor  ft^  geben« 
ben  ißerfehr  beobad)tcn  !onnte.  3n  ben 
weiten  hohen  ^ad)crn  aber  bargen  groie 
Speid)er  bie  (tod)ä|e  beö  .ffaufherrn  unb 
bie  Vorräte  ber  ^auöfrau.  2)ie  Strafen 


230 


©otifc^e  SBilbnerei. 


rvaxm  metji  eng,  mitten  burc^jogcn  Don 
bcm  fogenannten  StabtbacE),  unb  etrDciter'= 
tcn  ftd)  feiten  ju  freien  offenen  ^lä|en, 
\Di\ä)i  bann  gewö^jnlid^  mit  oielröferigcn 
Srunnen  gefdbmücft  mürben,  ©en  (Slanj^ 
^junft  aber  feierte  bic  $rofanarcE)iteftur, 
namentlich  in  ben  Dlieberlanben,  in  bcn 
impofantcn  SRatbäufern,  meldte  ge* 
mö^nlid)  burc^  einen  gemaltigcn  lurm 
mit  fi^Ian?  emporfirebenber  ®pi^e  bie 
JBebeutung  bc^  ©ebdubeä  aU  foorbiniers 
teö  (Slieb  ber  Äirc^c  frdftig  auöfprac^en. 
5D^it  gleicher  Sebenöfrö^Iicf)feit  entfianben 
aber  anä)  jene  meitt)afligcn  Älojieran* 
lagen  mit  i^ren  romanttfi^en  Äreujs 
gangen,  bic  tro^igcn  93urgen  mit  if)rem 
bie  ganje  ©egenb  be^errf(|enben  Sßertci* 
bigungöturm,  bem  SBerffrit. 

2)ie  ^öcf)fic  5lu3bilbung  erfuhr  ber  $ro= 
fanbau  in  ben  ffanbrifd^en  ßanben,  allein 
auc^  in  2)eutfd^Ianb  fet)It  eö  nic^t  an 
einer  mannigfaltigen,  oft  eblcn  ®e|ialtung. 
3unä($P  fei  ber  oiat^äufer  in  93raun« 
f<^meig  unb  ÜKünfier  gebadet,  bie  jmar 
bcö  Surmcä  entbef)ren,  aber  burd^  eigem 
lümlic^e  Qlnlagc  ber  übereinanberlicgenben 
©efd^offe  unb  anmutigen  Sogen^aüen  an« 
fprec^en.  *|3riüatf)tiufer  pnbet  man  ju 
SRünfier  unb  Äuttcnberg,  namentlid)  aber 
ju  Sfiiirnberg  (^aus  i'iaJTau).  Unter  ben 
®^Iöffern  ftnb  bie  i^on  Äarl  IV.  gebaute 
93urg  Äarlöfiein  unb  bic  großartig  ange» 
legte  Stlbredjtsburg  ju  S!}Jei§en  t)ert)orjU5 
^ebcn.  ^öcbfi  bcbeutenb  ifi  bic  (5ntfal= 
tung,  bie  ber  $rofanbau  in  Pänbern  beö 
Sacffieinbaueö  gefunben  ^at,  fo  im 
{Rat^auö  juSangermünbe,  bemStabtt^orju 
©tenbal  :c.  T)en  Stotj  beägotif(ä)cn*Profan« 
baueö  in  ©eutfcftlanb  aber  bilbet  tai  ^aupU 
fc^Io§  be^  beutfd)en  Drbenö,  biefogenaunte 
Sparten  bürg  mit  i^rem  mun&erooHen 
JRempter. 

3n  3trtlien  fanb  ber  gotifc^c 
$rofanbau  eine  meit  prunfüollerc  ©eftal* 
tung  unb  3luöbef)nung ,  mie  aud)  in 
Q^ranfreicf)  unb  (Snglanb,  mo  ber  ^ac^s 
merfäbau  feine  *JluferilcI;ung  in  bcn  jier= 
Ud)fien  unb  mannigfaltigjien  (formen  offen« 
barte. 

©ottft^e  Stlbncrci. 

1.  5ingemetne3.  Somcnig  alö  eä  bei 
ber  got.  Qlrd^iteftur  möglicf)  ijt,  eine  fd)arfe 
©venjc  jmifcfeen  romanifi^cm  ©til  unb 
gotifi^em  «Stil  ju  jicljen,  um  fofiel  me- 
niger  ip  c^  benfbar,  in  ber  gotifd)cn 
SBilbnerei  einen  DOJarfftcin  aufjuRnben, 
ber  im  aUmcibli^cn  (äntmicflungögang 
ben    93eginn   einer    plo^lic^    ciutrctcnben 


neuen  5tra  be^cidjncn  mürbe.  Die  SBilb« 
nerei  machte  einen  langen  Älärung^projci 
burd^  unb  ootlenbete  biefen  erfi  in  ber 
ÜJlitte  be^  13.  S^^i^^unbcrtö  unb  jmat 
»orerfi  aud^  miebcr  in  ^ranfrcic^.  ^m 
allgemeinen  inbeffen  i|i  t>a%,  maä  man 
mirflidf)  gotifd^c  Silbnerei  nennen  foH, 
fel)r  unflar.  S)ic  Silbnerei  mirb  aÜer« 
bingö  >?on  bemfelben  3«tseiPc  beeinfluft 
roorben  fein,  »eldf)er  ber  *arc[)itcftur  i^r 
eigenartige^  ©eprägc  »erlief ;  allein,  ha 
bort  bie  ®ejialtung  ber  ^^orm  felbji  in 
mannigfad^cn  5lbjlufungen  unb  Ummanb* 
lungcn  ber  fc^affenben  !P§antafte  in  bie 
.^anb  gegeben  mar,  in  ber  Silbnerei  bie 
gorm  aber  bereite  gegeben  iji,  unb  fo 
bic  3luffaffung  unb  3luäfü^rung ,  bie 
Silbung  berfelben  allein  fd^on  eine  neue 
©tilrid^tung  l)crDorjubringen  oermag,  fo 
muB  Jene  SSanblung  ber  SauEunfi,  meldte 
in  ber  ftete  fxi)  dubernbcn,  burdl)  bic  fort« 
fdl)reitcnbc  33emegung  bebingten  5luf* 
faffung  il)ren  gufpunft  bat,  eine  SRei^c 
Don  oerfd^iebenen  ^Stilen  in  ber  iSilbncrei 
bewirft  l)abcn,  beren  cinjclne  S^itiäumc 
im  aKgemeinen  ftd^  bcn  brei  gro§en  Snt« 
micEelungöepocöen  beö  gotif^cn  (Stilen 
anfdf)lie^en  mcrben.  SSetrac^tcn  mir  j.  S. 
eine  Statue  ber  frül)gotif(^cn  Äat^ebralc 
oon  *ßari^  unb  eine  anbere  non  35cit 
@to§  üerfertigte,  fo  mcrben  mir  taum 
fagen  fönnen,  biefe  gel)ören  bem  gleid^en 
Stil  an.  S)ic  einmal  gegebene  _5orm 
bc3  menfdl)lid)en  Äörpcr^  murbc  ^ter  fo 
anbcrö  aufgcfa§t,  ta^  cigcntlidf)  nur  bie 
Umrahmung  mit  5lrdf)itcftur  crfennen 
Id^t ,  ta^  '  mir  eö  mit  ?ßrobu!ten  bc^« 
felben  großen  3eitabfd^nitte3  ju  tbun 
l)aben.  2)ie  Silbnerci  oermoc^te  ftd^  in« 
beffen  nod)  meit  länger  ju  l)aUen,  aU  eä 
ber  "Jtrd^iteftur  üergönnt  mar.  SBa^rcnb 
biefelbc  fd^on  im  15.  3öf"^^"n^fi^t  ^«^ 
©oben  unter  i^rcn  ^ü^en  ücrloren,  bc« 
ftanb  bie  Silbnerei  nod^  rüfiig  biö  inö  16. 
Sa^r^unbcrt  fort,  mo  bann  aUcrbing« 
auc^  l)ier  iai  aüeö  fünfilerifcl)e  Schaffen 
jerftörcnbe  ®ift  cincö  :^anbmcrfömä§igen 
^onoentionaliömuö  unb  einer  au§crltdt)cn 
SDtaniriertbcit  eine  SBerflad^ung  ber  ^or« 
men  unb  ben  Döüigcn  S^x^*^^  beö  gotif(^cn 
©cbanfcnä  berbeifül)rte. 

qßlajiif.  iBiel  9tcucö  ^atte  bic  im 
13.  3al;rbunbcrt  an^ebenbc  Semegung 
nid^t  iu.  fagen.  S)er  ßpfluö  ber  |>eiligcn« 
geftalten,  bie  ®cfdl)idbten  ber  23ibel,  bie 
figürlid^e  2)arftetlung  ber  firdE)lidf)en  S)ogs 
men,  hai  maren  bic  alten  ÖbfeEte,  auä 
bencn  bie  Silbnerei  i^re  SBcrfe  jufammen* 


®otifcf)c  Silbncrei. 


231 


fe^te  unb  in  unenblid^er  Siclgepattung 
immct  tt)icber|)oIte. 

(MUein,  tvai  ber  romam[d)e  ®tü  ge^ 
boten,  o^nc  eine  Qtnfirengung  nad)  cblerer 
©ejialtung,  meifi  to^  unb  plumü, 
tai  gejialtete  »otab  baä  13.  3af)r= 
:^unbcrt  iu  [^önen  rcid)en  formen.  2ßiit)= 
renb  bie  2lr(i)iteEtur  mit  i^ren  tro^igen 
fecfen  formen  prunfte,  unb  fo  bcn  mitteU 
alterlid^en  3'J'tgcifi  tteffenb  cf)ara!teris 
fierte,  fommt  f)ier  in  ber  Silbnerei  jener 
weiche  äartc  3^9/  ^"  ft<^  neben  aüem 
gerben  unb  ©cfigen  burc^ö  S!JJittelatter  be= 
metflid)  mn^t,  jum  lebenbigen  ^luäbrucE; 
jencö  SBeiblic^e,  «Sentimentale;  jene  innige 
®ebnfud)t  unb  fd)n)atmerifc^e  |)ingebung, 
bie  ftc^  in  ber  über[d)raängUci)eu  ißerebrung 
ber  i^rauen,  in  bem  SDJinnebienfic  QU«prägt. 
Sie  J^iguren  ^abcn  ni^t  bie  jtolje  SIDürbe 
ber  antifcn  Sffielt ,  bie  hai  Scwuitfein 
ibre^  eigenen  fclb^änbigcn  SBefenö  unb 
®einö  in  fxcf)  felbfi  ju  tragen  fct)einen. 
©ie  hja^fcn  fd^Ianf  auf  unb  eine  eigens 
tümlic^e  QBercegung  jiei;t  fii^  burc^  ben 
ganjen  Körper,  ale  moüte  berfclbe  hm 
©d^ttiingungen  ber  (Smpfinbung  folgen. 
S)ie  ©ewanbung  fliegt  i^oü  unb  falten^ 
reic^  ab  unb  nabert  ficb  immermebr  ber 
mittelalterlid)en  Eteibfamen  Srac^t,  h)elcf)e 
bie  iöemegungen  beö  Äörperö  ma§t>oII 
burc^blidcn  lägt.  S)ie  liebepoüjie  a3e= 
banblung  aber  erfubr  ber  Äopf,  ta^  ©e^ 
ficf)t;  er  War  ja  ber  €i^  ber  ©ebanfen, 
tai  ©piegclbilb  ber  gemütlicben  (Erregun- 
gen beö  Snnern.  (Sd)n)armerifcbe  8ocfen= 
föpfe  leicht  jur  €eitc  geneigt,  mit  länglich 
oöatem  ©eftc^t  unb  feiner  langer  3^afe, 
unter  ber  ficb.ein  fleiner,  con  einem  über* 
fcligen  nerflärten  Säckeln  umjogener 
SWunb  Ieid)t  öffnete,  tai  »naren  fajl  obne 
2tuönabme  bie  jppen,  unb  »Denn  aucf)  bie 
übrige  Äörperform  oft  oerfümmertc  unb 
in  rerfd^robencn  Stellungen  ju  feinem 
»Darren  ^usbrucE  gelangen  fonnte,  »ar 
e^  bocf)  immer  hai  ©efic^t,  ha^  mit  ber 
größten  ©orgfalt  unb  mit  Eünpierif(i)em 
©efc^icfe  auögefüljrt  »urbe. 

2)ie  ©efialten  finb  meifi  jugenblid) 
unb  »erraten  beinabc  immer  ben  weib- 
licben  3"Ö'  ^^^  ilinen  hai  ©epräge 
fon  ettoaö  (Sentimentalem  unb  Überirbi* 
feiern  giebt,  im  »robltbuenben  ©egenfa^ 
ju  jenen  grieegränügen,  Eto^augigen  gt* 
guren,  meiere  ber  23t)jantiniömuö  in  bie 
romanifd)c  Qlri^iteEtur  binübergefd)muggelt 
t)atte.  3u  einer  wirflieb  felbjiänbigen 
Sebeutung  Eommt  inbeffen  bie  33ilbnerei 
be«  ajjittelalterö    eigentlich    erfi    in    ben 


3eiten  be«  16.  ^abrbunbcrtä,  Xüo  [\i)  be» 
reitö  frembe  ©inflüffe  geltenb  macf)en. 
3n  bcn  früheren  S'^brbunberten  ift  ftc 
ganj  im  2)ienjie  ber  5trct)iteEtur  unb  otb* 
net  ibre  *tJrobufte  immer  bem  ari^iteEto* 
nif^cn  ©runbgebanEen  unter,  ber  biefel« 
ben  mit  einem  umfaffenben  Otabmen  um= 
gicbt.  iBir  erinnern  nur  an  ben  plafii* 
fct)en  S(^mucf  ber  portale,  ber  XabernaEet, 
ber  Elitäre,  Saframentbäuäcben,  Äanjeln, 
©rabmäler  k. 

3)aö  im  ßaufe  be^  14.  unb  15.  3abr« 
bunbertö  auftretenbe  Sefireben  ber  gotifdjen 
^IrcbiteEtur,  bie  2Banbp[äd)en  möglid)ii  ju 
rebujicren,  übte  einen  bebeutenben  Sinflu^ 
auö  auf  bie  (Sntwicflung  ber  Silbncrei, 
üorab  ber  SKalerei.  3n  ber  romamf(^en 
ülrcbiteEtur  b^tte  biefelbe  an  bcn  fablen 
glatten  SBiinben  ein  meiteä  gelb  für  \f)it 
SbätigEeit  gcfunben. 

«Jllä  biefe  2Banbflä(i)cn  immer  me^r  ju= 
fammenfcbrumpften  unb  fcbliefeüc^  crfe^t 
würben  burc^  grope  ©laöraänbc,  würbe 
aucf)  bie  SOJalcrei  oerbrängt  unb  flüchtete 
ficö  ju  fleinen  ©egcnjliinben ,  wie  ju 
5lltartafeln  u.  bgl.  51üerbingf^  erpanbcn 
in  ben  weiten  §eniiern  bie  prunEootten 
©laögemiilbc  mit  ibrer  glutfarbencn  $rad)t, 
bie  jur  Sarjlctlung  »on  ^^iguren  reicben 
5lnlaB  boten.  Qltlcin  bei  ber  auBcrorbent= 
lic^  befcbränEtcu  Ic(i)niE  ber  ©laömalcrei 
t)ermod)ten  ftd)  biefe  ©emiilbe  wo^l  ju 
einer  großen  ^^arbcnpra^t,  aber  nid)t  ju 
einer  freien  Eünfilerifd)en  ©cjialtung  cm« 
porjufcbwingen.  Sie  blieben  eben  nur 
©eforationäftücfc,  bie  einjig  in  Serbin« 
bung  mit  bem  ganzen  Sau  ju  ibrer  ®cl= 
tung  Eommen  mo(ä)ten.  2)er  fünftlerifc^e 
©cbanfe  erfiarrte  unter  ben  §änbcn  cine^ 
unootlcnbeten  mangelbaften  |)anbwerE(S. 

2.  ©efcbi^tlicber  1{bxx%  «piafiif 
in  granErei^.  SBcnbeu  wir  junäcbP  bcn 
SIBerEen  beö  13.  Jabrbunbertä  unfere  3luf« 
merffamEeit  ju,  fo  werben  wir  enlfprec^enb 
bem  Urfptung  ber  gotifcben  ^Ir^itcEtur, 
mit  ber  bie  gotifc^e  '^ilbnerei  fo  eng  »er« 
bunben  iji,  bie  crjlen  Äeimc  auf  franjö« 
fifcf)etn  Soben  fucben  muffen.  33or  allem 
ücrlangten  bie  großen  neuerftanbenen 
Äatbebralen  einen  bilDncrifci)cn  Sdt)mucf, 
welchen  Eein  früherer  ©til  in  biefem  Um« 
fange  fanntc.  2ln  ben  ^Portalen  ftebcltcn 
ftd)  ganje  ©emeinben  iwn  ^eiligen  an. 
2)aö  Spmpanon  beoolEerte  fi<^  mit  bibli« 
f(i)en  ©efialten,  unb  weit  über  iai  Sau« 
werE  jerfireut,  in  bnnberten  non  £aber« 
naEeln,  prebigt  bie  ben  Sempel  umfpan« 
nenbe  ctjElifc^e  S)arfiellung  bcö  Sünbcn« 


232 


©otifc^c  Silbnerei. 


faüö,  bcä  ©rlöfungätücrfeö,  ber  9lufer= 
jie^ung  unb  bcö  jüngften  ®cticf)te0,  bcm 
SBoIEc  bic  in  <£tein  gehauene  divina 
comedia.  ^äufig  finbcn  rtiir  eine  ^ülle 
t)on  @cf)ön^eit,  weld)e  ben  Scrgleicf)  mit 
ben  ©eifen  beö  QlUertum«  nii^t  ju  freuen 
braucht,  fo  an  ber  Äatfiebrale  üon  ^aris, 
9tmicnä  unb  Söartres.  3^  fafi  coücnbe^ 
ter  Qtnmut  unb  €d)ön^eit  et[)ebt  ftcf)  tai 
ptafiifc£)e  SBermögen  ber  ^ät  an  ber  ^aupt= 
facabe  ber  Äatt)ebrale  uon  SRlieim?. 

3n  S)eut[^Ianb  ertt)ad)t  jur  32^* 
be«  14.  3''if)rljunbertä  ein  neues  fünflle= 
rifc^e«  Seben.  iSd)on  baä  13.  3af)rf)unbert 
f)atte  ein5elne  5infUinge  an  eine  neu  er= 
wachte  'Jlurfaffung  gejcigt.  ®o  ftatte  bie 
fäc^ftfcfce  Scf)ule  in  ber  Äir(^e  jU  2öed)fel= 
Burg,  Dorab  an  ber  Äanjel  unb  am  5lltare, 
bcfonbers  aber  an  ber  golbenen  (Pforte  ju 
greiberg  bie  erften  23er[ud)e  einer  »on  ben 
plumpen  formen  beö  SHonuiniemue  fic^ 
löfenben  neuen  9iid)tung  gemagt.  SBenn 
ftrf)  aud)  ik  i^iftui^fti  >^on  ber  bl)äantiiü= 
fd)en  Steifheit  nod)  nid)t  gauj  ju  löfen 
»ermögen,  fo  ^eid^ncn  ficfe  bod)  ganj  be= 
fonberö  bie  Äöpfe  burc!^  einen  gemifj'en 
®rab  fon  ©diöntieit  unb  Qlbel  au«.  5luf 
bie  Sauten  am  SRbein  »ermodite  ber 
franjönfd)e  (Sinflu^  fühlbar  einjuwir^ 
fen,  fo  namentlid)  auf  bie  figürli(^e 
Stuefiattung  ber  Siebfrauenfird)e  in 
Srier,  bie  SSorballe  bes  5'^^i'^W'^l^«'^  "nt> 
bie  ^atabe  bes  Strapurger  SDiünfiere. 
SDaö  14.  3abr^unbert  fübrt  un«  in  ben 
(Sfulpturcn  bes  Äötncr  S)ome0  mürbige 
iRcprdfentanten  feiner  ®tilrid-4ung  ent= 
gegen,  befonbcrs  in  ben  Statuen  Gfjrijli, 
feiner  SDJutter  unb  ber  ''ilpoflel  an  i)in 
(Sf)orpfeilern,  jugleid)  burcb  tref[Hd)e 
5PoU)d)romie  fon  befonberem  Jntereffe. 

(Sin  regeö  ßebcn  entmidelte  ftd)  in 
S'lürnberg,  mo  nod)  auf  ber  ©renje  bcß 
13.  unb  14.  Ji-i^i^fiun^fi^tä  bie  reid)en 
©fulpturcn  in  ber  prächtigen  ^o*?'-''^«  t)on 
©t.  2orenj  entjianben  unb  um  ©ilbbauer 
©diönfiofer  in  bem  „fd)öncn  Srunnen" 
ein  rci;enbe0  Seifpiel  ber  Qlnirenbung  ber 
©fulptur  ouf  $rofanbau  oorrceift.  2tuö 
bem  *3tnfang  bes  15.  3al)rt)uiibertö  jiam-- 
men  bie  ^auptportale  ber  grauenfiK^e, 
fott)ie  bic  fogenannte  Srautt^üre  ber  ®e« 
balbu?fird)c  bafelbjl.  ^m  Qluegang  ber 
gotifd)en  ßpoc^e  brad)te  bie  fränfifd)e 
»Sd)ule  in  2ibam  Ärafft  ihren  bebcutcnb* 
jicn  ÜJJeijlcr  ^eroor.  (äine  geroiffe  berbe 
©ebrungenbcit  ber  ©efialten  fenn}eid)net 
feine  Sfficrte,  unter  benen  bie  7  Stationen 
unb  bie  *Paffion09efd)id)tc  am  Sc^reperfc^cn 


©rabmal,  befonbcrö  aber  baö  ficinerne 
@aframentbciu«d)en  in  bct  St.  öaurenj« 
fird)e  in  9iürnberg  betr>orju{)eben  ftnb. 
3n  Sd)maben  fi^wingt  ft(^  ber  bilbne« 
rifdie  Sdiniucf  namentlid)  an  ber  Siebs 
frauenfirc^e  in  (Ehingen  ju  lieblicher 
Entfaltung  auf ,  mie  aud)  im  Ulmet 
ilRünller.  ©in  weite«  %di>  fanb  bie 
gotifd)e  $Iajlif  an  ben  (Srabbenfmälern. 
ßö  finb  bie«  in  ber  (Regel  ^orijontale 
*131atten,  mit  SRelief  bebanbctt,  bie  ©efialt 
be«  Serfiorbenen  auf  einem  Sette  rubcnb 
barfteüenb,  ju  beffen  ^üßen  pbantafüfc^c 
Siorgeftaltcn,  gertöbnlid)  bie  Wappentiere, 
für  bie  SRube  ber  iBerficrbenen  tt)ad)en. 
$Iafiifd)er  entmidelten  ftd)  biefe  ©rab» 
benfmaler,  al«  fie  aufgepeüt  n^urben  unb 
üiel  tiefere  Unterf(^eibungen  unb  baburd^ 
erf)öl)te  Sdiattenttjirfungen  erbielten.  Qu 
ben  beroorragenbften  ^eifpielen  geboren 
bic  ©rabbenfmälcr  ^einrid)«  be«  Söiren 
unb  feiner  (SemabUn  im  2)om  ju  iBraun* 
fd)tt)eig,  bes  Öanbgrafen  ßonrabin  non 
Sbüringen  in  ber  6UfabctbenUrd)c  ju 
ÜJ^arburg  u.  a.  m. 

®an^  bebeutenbe  ^unpn^crfe  brachte  bie 
^  oljfd)ni^er  ei  bcrpor,  »el^c  fid^ 
namentlid)  im  51ltarbau  «erfuä)te  unb 
ibre  ©lütejeit  bi«  in^  16.  3af)i^hunbert 
binein  verlängerte,  ©er  arcbiteftonifc^c 
JRabmen  tft  bei  biefen  SBcrfen  aücrbingg 
fd)on  in  n)iflfürlid)e  goi^^i^n  aufs 
gelöft,  unb  pljantafiifd)  gefd)n3eiftc  35e!o« 
rationöformen  unb  fraufe«  Sd)nörfeln)erE 
erinnern  nur  5U  fe^r  an  bic  ard^itefto* 
nifd)e  Sßermilberung  biefer  Spätjeit. 
■■llber  ber  reid)e  figürlid)e  i&cbmud  mit 
bellen  färben  bemalt,  Don  golbenem  $in* 
tergrunb  fidi  förperlid)  abf)ebenb  unb  »on 
jierlid)  ornamentalem  JRabmen  umfc^loffen, 
pcrlci^t  biefen  SBcrfen  boc^  einen  großen 
Otcij  unb  eine  mit  bem  einjirömenben 
farbenooUen  8id)te  nDetteifcrnbe  ^racfct. 
S)ie  Seifpiele,  .bic  biet  anjufü^ren  wären, 
ftnb  beinahe  unjäblig,  ta  fafi  jebe  reid)erc 
©emcinbe  i^ren  Stolj  barauf  fc^te,  einen 
fo  gefd)ni^tcn  5lltar  il)r  ©igen  nennen  ju 
bürfen.  iJurd^  biefc  gro^c  9tad)frage 
blühte  bas  |)ol5fd)neibc^anbmerf  ungemein 
auf,  unb  reieber  ifi  e^  ein  Sfilirnberger 
Äünfiler,  ber  an  ber  Spi^c  fie^t:  Seit 
Stog  (143S— 1533),  beffen  ^auptwerf 
hjobl  ber  gcf(^ni|te  Sflofenfranj  in  ber 
8orenifird)e,  ein  fmntiolle«,  ansieljenbeö 
aSerf,  ift.  Senor  wir  tae  Äapitel  übet 
^oläfi^ni^erei  f(^licBcn,  bürfen  wir  jWeier 
fd>wäbifd)er  Äünjiler  nid)t  Dcrgeffcn,  ber 
beiben  ^bx%  Sirlin,  Don  benen  bct  altere 


@otifd)c  iSilbncrci. 


233 


in  ben  S^orjlü^Ien  beö  Ulmcr  SD^ünjier, 
ber  jüngere  in  ber  Äanjet  bafelbft  unb 
bem  (£^orgcf5ü^l  ber  ÄloPerfird)c  su  ©lau« 
teuren  fi^  für  aUc  32*^^"  »erettiigtc. 

2)er  (STjgu§  fommt  meiji  nn  üxä)' 
Iid)en  (Seratfd^aften  jur  *}intt)enbung,  finbct 
tnbeffen  befonber'^  in  (Snglonb  eine  weit« 
auögebebnte  SBernienbung  für  ©rabmüler. 
3n  2>cutfc^Ianb  iji  eö  l;auptfiid)Ud^ 
qSeter  QSifd)er  (geft.  1529),  ber  im  ©ebal= 
buögrabe  in  9Jürnbcrg  ben  ®rjgu§  ju 
einem  monumentalen  2BerEe  »ermenbete. 

Sßenben  n^ir  ber  mittelalterli(ä)en 
SDtalerci  nur  nor^  furj  unferc  '■JlufmerE* 
famteit  ju.  2)iefclbc  wirb,  mie  fd)on  hf 
nterft,  in  ber  gotifc^en  (5poc[)c  pon  ber 
^piajlif  in  ben  ^intergrunb  gebrangt  unb 
fann  fid?  nur  in  fleincren  ^lufgaben  Per* 
fu($eii.  ©ie  ift  auf  neben[äcI)Ud)e  (Segens 
jiänbe  angemicfcn  unb  bient  felbfi  i)ux 
oft  nur  als  ^ülf^mittel  ber  *iUajiif,  fo 
an  ben  Qlltaren,  iwo  bie  bereite  ertt)äl)n5 
ten  ®^ni^ereien  iljr  ba«  Jcrrain  für  ®e= 
mälbe  inelfad)  bcfc^ränften. 

£)ie  <^rül)jeit  bietet  nod)  n-»enige  ißci« 
fpicle  Don  Sffianbmal ereicn,  fo  bie 
Äirdie  ju  Sraun»ciler,  ber  Sf)or  beö  Kölner 
5Domö,  bie  Stiomaöfiri^e  ju  «Sooft  u.  a.  m. 
3m  allgemeinen  aber  flüchtet  fid)  bie  »er« 
brdngtc  SBanbmalerei  auf  bie  ^cnfter  unb 
übermebt  biefelben  mit  Sepptchm-uficrn 
unb  figürlicften  ©c^mucf  aller  *ilrt. 

3n   ber    fogenannten    Tafelmalerei 

—  fo  nannte  man  bie  Lanier,  »elAe 
bei  ben   5lltarbilbern    ^Inwenbung    fanb 

—  übertrifft  2)eutf^lanb  afle  übrigen 
Sönber.  2)iefe  jafelgemiilbc  mürben 
auf  einem  jiarfen,  aber  feinen  Äreibeübcr* 
jug,  ber  bie  Ungleid^l)eiten  bee  ju  be= 
malenben  Dbjefteö  ausglid),  in  Sempera, 
b.  {).  mit  einem  jälien  Sinbemittel,  (Simei^ 
unb  bergleidien,  auögefüf)rt.  S)urd)  biefe 
Sec^nif  erbielten  bie  ®emdlbe  ctmaei  un* 
gemein  SBciieö  unb  Sneiir^nberflie^enbeä 
ber  JJarben.  DÖJe^rerc  felbfiünbige  @ct)ulen 
entjianben,  oon  benen  bie  frühere  mo^l 
bie  bö^mifc^e  unter  bem  hmftliebenben 
Äaifer  Äarl  IV.  ift.  SBictitiger  ift  bie 
9'Jürnberger  ©cfeule,  bie  eine  ftrenge  3"ct)' 
nung ,  entfc^iebene  ^^ormengcbung  unb 
SWobeüierung  »erlangt  unb  an  einem 
kräftigen  Kolorit  fefiplt.  Qllö  «eifpicl 
bicfcr  (Scf)ule  fei  ber  3m^offfct)e  Qlltar  in 
ber  ®t.  l'aurenjfirci^e  in  SRürnberg  ange« 
fül)rt,  bem  ftc^  ber  23oIt:marfct)e  ebenba* 
felbft  unb  ber  ^aücrfdie  in  6t.  6ebalb 
onfc^liegen.  ^öl)er  unb  reiner  entfaltet 
ft£^  bie   ctmaö  fpatere  Schule  »on  Äöln, 


bie  rcinfte  Vertreterin  iene^  meieren,  gemüt« 
Collen  ibealifterten  ©tileö,  mie  er  fid)  fct)on  in 
ben  plaftif^cn  5[Ronumenten  biefer  ®egenb 
ausprägte.  2öir  begegnen  njieber  jenen 
fdjmärmerif^en ,  n^eiblicijen,  jugenblic^en 
Socfenföpfen,  jener  I)emut  unb  Eingebung, 
bie  meit  entfernt  ift  »on  aller  8eibenfcf)aft 
unb  bie  fd)lie§Iicl)  in  eine  fonoentioneüe, 
gemachte  «Sentimentalität  ausartet. 

(Sin  frifcbcr  lebenbiger  ^aud)  jicljt  burc^ 
bie  ÜRiniaturmalerei.  3"  anfprud)ös 
lofer  naiuer  SBeife,  in  ber  Qlrt  ber  ^^eber« 
5cid)nungcn  mit  leiclitcr  Schattierung  ^er« 
geftetlt,  gereift  biefelbe  ben  ^anbfdjriften 
jur  3icrbe  unb  jum  anmutigen  Sd)mu(fe. 
23efonberä  merben  bie  SOJinnelieber  tion 
bicfen  SRanbäeic^nungcn,  meld)c  oft  einen 
mi^igen  fünftlerifd)en  ^umor  verraten, 
begleitet,  fo  bie  SBcingartner  |)anbfc^rift 
in  ber  föniglid)cn  53ibliot^ef  in  <Stutt= 
gart.  3'i^Ii^'^''^c  Silber  fi^müdcn  '  bie 
SI}Janefftfd)e  ^anbfd)rift  in  ber  Sibliotbef 
ju  *Pariö.  |)ö(^ft  geiftreic^e  3cid)nungen 
finben  ftd)  in  einem  ÜDianuffript  auf  bem 
SOiufeum  in  Serlin,  anbcre  nic^t  minber 
originelle  in  einer  Sibel  be^  14.  ^a^X' 
l)unbert<?  in  Stuttgart. 

3n  3talien  erbielt  bie  23ilbnerei  ein 
gänjlii^  anbereö  ©eprägc  alö  im  Dtorben. 
Sie  (Sotif  maltet  l)ier  femesfttegö  mit 
ibrem  ftrengen  ®t)ftem.  S)ie  Sfutptur* 
mcrfe  cntmideln  ftd)  in  uncnblid)etn  SRetc^s 
tum,  mebr  aber  nod)  alö  bie  ^piaftif  »at 
cö  bie  *l)ialerei,  ber  f\ä)  bie  bebeutenbften 
fd)öpferifd)en  ©rö^en  jumanbten  unb  bie 
in  ben  gcnialtigen  2BetJen  ber  Florentiner 
unb  ^ifaner  iDJeifier  neu  erftanb,  foba^  in 
3talien  bie  SUJalerei  fd)lic§li(^  bie  qßlajiif 
unb  5lrdiiteEtur  überflimmte,  im  ©cgcn« 
fa|  jum  Dtorben,  mo  biefelbe  in  ber  un« 
umfdbränt'ten  $errfd)aft  ber  *Jlrc^iteEtut 
beinat)e  unterging. 

3m  15.  unb  16.  '^ai)xl).  inbeö  ermad)tc 
and}  in  S)cutfc&lanb  bie  f^i^u^'ß  ^^"  ^^"^ 
5[Ralcrei  mieber  unb  mürbe  biefelbe  jut 
eigentli^en  Sieblingö£unft.  ®ie  an* 
brec^enben  3i^i^l'unberte  l)atten  jmat  ber 
gotifd)en  Saufunft  bereite  ben  3tüden  ge* 
U\)xt  unb  fuc^ten  neue  5tuöbrudömittel 
auf,  bie  bem  3f'tgeifie«ibeffer  cntfprac^cn, 
allein  gerabe  auf  bie  emporblü^cnbc 
SJlalerei  fällt  nod)  ein  2Bieberfc^ein  ber 
ocrgangenen  (Spod^en,  ba^  5lbenbrot  ber 
untergegangenen  mittelalterlid^en  ßebenä* 
anfdiauung.  ^aä)  ben  funfi9efc^i(^tlid)en 
SBerEen  »on  Sübfc,  .kugler  unb 
S^naafc.  5t.  ^. 


234 


©Ott  Sßater  —  Oötter  bcr  Oermanen. 


©Ott  Satcr,  ali  Silbwcrf,  würbe  in 
ber  altcjicn  (^rijilicficn  Äunfl  mtircber 
Blof  ft)mboIi[d^  bur^i  bie  fegncnbe  ^anb 
unb  burc^  bcn  aui  ben  SBoIfen  xixäftn- 
ben  5lrm  bargefieüt,  ober  burc^  S^rifiuö, 
bcn  ®oi^n  (Sottcö.  ©cit  bem  12.  ^a^x)). 
übertrugen  inbcö  bie  ^ünftler  bie  ®es 
jialt  beä  ®of)neö  au^  auf  ben  93ater,  fo 
ia^  bie  Sntfd^eibung ,  tt)er  von  bciben 
gemeint  fei,  oft  f(i)rtter  fäüt.  ©in  eigner 
Jtjpuö  für  ©Ott  ben  93ater  bil&ete  ftc^  erfi 
feit  bem  ©nbe  beö  14.  3af)r§unbertö  au§, 
unb  jtt)ar  aU  @reiö  Pon  60  —  80  Sifti^^rt, 
mit  !angem,  n>ci§em,  ungeteiltem  93art, 
eine  abgelebte  ©ejfalt,  mit  ben  3"fi9nien 
bet  SWajepät  beEIeibet,  im  ^ojlüme  beö 
qSapfieö,  Äaiferö,  Äönigö,  ben  JReic^öapfel 
5um  S^\i)in  ber  SBeltrcgierung  ^altenb. 
Otte,   $anbb.  b.   5lrd)äot.  Srbfcf)n.    158. 

©Otter  kr  ©ermanen»  35ie  germa= 
nifd^e  (Religion  entiricfclt  fid)  aüi  ber 
9?aturreIigion  ber  aTifd)en  ober  inboger= 
manifcfeen  SSöIfer;  fie  fiimmt  ba^er  in 
i^ren  ©runb^ügen  mit  ben  SReligionen  ber 
3nbier,  (ßerfer,  ©rieben,  ^talihx,  ©laoen 
unb  Gelten,  unb  eö  iji  5tufgabe  ber  ocr^ 
gleicf)cnben  SD^tjtßoIogie  geworben,  nac^ju= 
meifen,  auf  »etd)e  SBeife  fte  fi^  a[Imäf)Iict) 
ju  if)ren  bcfonberen  formen  ^erangebilbet 
iat  9Kit  bcr  ältefien  inbogermanifc^en 
ü)]t)t^oIogie  teilt  bie  germanifc^e  noc^  beut* 
lid^  ben  ß^arafter  eineö  non  einem  ^ir* 
tentoolfe  geübten  ßid^tful tu ö.  Qtn  ber 
@pi^e  ber  gcrmanifc^en  ©ötter  fianben  in 
ben  legten  3a^i^6unberten  oor  G^riüi  ©e- 
burt  bie  lichten  Wädjtt  beö  ^immel^,  bie 
tivas,  altnorbifdf)  tivar,  b.  f)  bie  ^imm* 
Iifcf)en,  unb  bie  vaneis,  norbif(^  vanir, 
bie  ©länjenben.  „®er  ©ott  bcö  Icuc^tenben 
|)immcfögert>ölbeö  Tius  wirb  »orjüglii^e 
25ere^rung  genoffen  f)abcn."  5ln  feiner 
(Seite  fc^eint  eine  (Srbgöttin  Fulda  ge* 
fianben  ju  ^aben.  Dieben  il)nen  würbe 
ein  leuc^tenbcr  Sonnengott  unb  ein  firaf)* 
lenber  SIi|.gott,  Tliunar,  Deref)rt.  Diefc 
!ämpfen  mit  bcn  finjiern  ©ämoncn  bcö 
SBoIfenbunfetä,  ber  ^ai)t  unb  bcä  Slßinter^, 
Welche  bie  grauen,  tai  ©olb  unb  bie 
Äü^c  rauben;  bie  35ämonen  werben  balb 
atö  ^tiefen,  balb  aU  B^^^S^  ^<^^^  "^^ 
25ra^en  aufgefaßt.  5luö  ber  <B^ax  ber 
I)immtifcf)en  SBafferfraucn  unb  ber  3u"S' 
fraucn  ber  SIRorgenröte,  welcf)e  bie  arifc^e 
aKt)tt)ologic  fannte,  trat  alö  ©efamtoer* 
förperung  eine  bof)e  ©öttin  f)ert)or,  welche 
in  ber  2öoIfe  t^ronenb  mit  bem  Sturme 
ba{)erfät)rt,  aber  auc^  ba8  ßicf)t  ber  Sonne 
unb  SWotgenröte  fpenbet.    Sie  fpaltete  fic^ 


fpäter  in  bie  perfc^iebencn  ©öttergefialten 
berFria,  Frigg,  Hulda  u.  a.  2)ie 
im  Sli^c,  ben  Sonnenfirafilen,  wie  in  aüen 
üeben  ber  SJiatur  waltcnben  Seelen  bc^ 
arifd^en  Urtiolfeö  waren  bei  ben  ©ermanen 
ju  gilben,  ©Iben,  ©Ifen  geworben; 
aui  ben  ©eifiern  bcr  SBinbe,  ben  ÜJlarut^ 
ber  51ricr,  bie  jum  Seil  auö  ben  Seelen 
ba^ingefc^iebcner  SlJJenfc^en  bej^anben,  wur* 
ben  bei  bcn  ©ermanen  bie  Märten  unter 
ber  ^Benennung  beö  wütcnben  ^eereö.  I)ie 
ÜJJptfioIogie  biefer  ^eriobe  jianb  jebocö  noci) 
ganj  auf  bem  Sobcn  bcr  SJiaturanfc^auung, 
unb  bie  D^atur  j  Gräfte  unb  (Srf^einungen 
Ratten  fic^  nod)  feineöwegä  ju  abgefc^Ioffe« 
nen,  inbioibuctien,  bem  ÜJJenf(^enb afein 
angelernten  ©öttergcPalten  f)erau«gcbilbet; 
baf)er  beri(f)tet  nod)  Sdfar:  „2)ie  ©ermanen 
rcci)nen  jur  Qa\)i  ber  ©ötter  nur  bie,  weld^e 
fte  feben  unb  burd)  beren  Segnungen  fte 
offenbar  geförbcrt  werben,  Sonne,  9J^  o  n b 
unb  ben  ^euergott  (Vulcanus,  Thanar). 
öon  ben  übrigen  baben  fte  nic£)t  einmal 
burcö  ^örenfagen  oernommcn." 

3m  Äampfe  mit  ben  9*{ömern  würben 
bie  germanif^en  Stämme  fdjneü  au«  bem 
^irtenlebcn  ju  einem  bewegten  3^9«=, 
Ärieger*  unb  "Jlcf erbauleben  binübergefübrt; 
auc^  bie  mpt^ologifcben  5(nf(^auungen  wur= 
bcn  baburcE)  wefentlid)  ocränbert.  „(Sin 
rafd)ereö  S)enfen,  erregtere^  ^nifUn,  fri? 
fd)erc«  ^anbeln  fübrte  ba^in,  in  bie  alten 
©ötter  immer  mcfjr  gcifiige  unb  ftttUd^c 
©cbanfen  bineinjutragen  unb  baburc^  i^r 
SBcfen  immer  mcnfcf)tid)cr,  pcrfönlicbcr,  in* 
biüibuetler  unb  mannigfaltiger  ju  gej^alten. 
2)cr  urfprüngli($c  Sinn  otelcr  mptbolo* 
gifd)er  Silber  ging  oerloren,  unb  bieö 
gab  gur  Übertragung  bimmtifcber  QSor? 
gänge  auf  irbifcbe,  ju  ßofalifterungen  aller 
5lrt  93eranlaffung.  Qiuö  ben  SBolfcnfü^en 
unb  SBoIfenbcrgen  würben  teilweife  irbifd)e 
Äü^e,  irbifcf)e  ^öerge;  bcr  Sßobnft^  ber 
(Stbe  würbe  jum  Zäi  auf  bie  Srbe  »er« 
legt,  unb  fo  rücftc  bie  ÜJJ^tboIogie  im  ganjen 
unb  großen  bem  üJIenfd)cn  in  ocrtraulic^e 
^äi}t  {)erab.  Sacituö  nennt  unö  bereite 
eine  ganjc  Slnja^l  inbioibueller  ©ötter  unb 
banebcn  ^eilige  .^aine,  wel($e  ben  religiös 
fen  5WittcIpunfte  einjelner  größerer  Stämme 
bilöctcn.  ©(eic^woM  war  bcr  ant^ropo= 
morpf)ifcf)e  ©ötterbegriff  nocf»  feinegweg«  fo 
fiarf,  ta^  man  plaftitd^c  ©cfialten  ju  benfen 
unb  barjufteKcn  gewußt  i^ättc.  So  ijt  ber 
31u0fprucf)  beö  Sacitue  ju  oerftcben:"  SDie 
©ötter  in  lempclwänbe  cinjufcblieBcn  ober 
bcr!Dlenf^cngefiaIt  itgenb  äftnlii^  ju  bitben, 
t>ai  meinen  fte,  fei  unoerträglicf)  mit  ber 


©Otter  ber  ©ermoncn. 


235 


®rö§e  ber  ^immtifd)en.  SBdlbct  unb  ^oinc 

weisen   fte  ifjnen,   unb   mit  bem  [Ramen 

bei  ©ott^cit  bcjeid)nen  jtc  jcne^  ©e^cimniö, 

baö  fte  nur  im  Olauben  [trauen. "  S)a  bie 

Pürmif($cn  3eitcn  beö  Kampfe«  fo  jicmlid^ 

jcbe«!  anbere  Snterefj'e  ticrfdblangcn,  traten 

je^t  biejenigen  ©ottl^eiten  in  ben  iBorber= 

grunb,   tt)elci)e   einen  Sejug  auf  bie  neue 

friegerifc^e    [Richtung     be^    germani[cf)en 

©cijieö  Ratten    ober    julie^en."    5luö  ber 

®cf)ar  ber  im  ©turrn  umfabrenbcn  ©eelen 

i)oi   ftc^    ber  (gturmgott   SB  ob  an  Ijernor 

aU  ein  t)orjugött)eife  friegerifc^er  ®ott.  3^nt 

»urbcn  pon'ben  anbern  ©ottern  Opfer  unb 

©ebete    bargebrad^t.     Sacituö    fennt    i{)n 

unter   ben    Otamen   90t  er  für.     SBon    ben 

©ac^fen  unb  ^ranfen  t)erbreitcte  ftd)   ber 

Äult  be^  2Boban   al«  Dbergott   ju  ben 

übrigen  germanifc^en  Stämmen,    feltifc^e 

unb  römifdje   QInfct)auungen  würben  auf 

il)n   übertragen  unö  gaben  35cranlaffung 

jur  (Sntfte^ung  germanif (i)er  SDttjt^en« 

fl)jieme.    So   bilbcte   jtc^    ben   irbifcf)en 

!BeTt)ättniffcn   analog  ein  ©öttcrfiaat,  an 

beffen  (Spi^e  SBoban  al^  friegcrifc^er  Ober? 

^err  j^anb.   5lud^  bie  übrigen  ©ötter  traten 

in  Sej^ie^ung  ju  Äampf  unb  Ärieg,   unb 

ttjaö   ftc^    t)on    alteren  3lnf(^auungen   in 

biefe  neuen  iBer^ältniffe  nic^t  fügen  fonnte, 

rt)urbe  jurücfgebrängt  ober  »ergcffen.  *yn  bie 

©teüe  ber  älteren  Öic^tgötter,  ber  SBanen, 

traten  bie  2tfen.    QIIö  fic^  bann,  ebenfaQg 

im  ©efolge  ber  Kriege  mit  ben  SRömern, 

aümäliUd)  ein  Staub  beute^unb  eroberungö* 

füd)tiger  Sbler  »on   ben   auf  ber  (Scftoüe 

ft^enben  -porigen  ober  93auern  im  engern 

®innc  abtrennte,  fpaltcte  fid^  anolog  auc^ 

bie  99'Jt)t^oIogie  in  eine  ^öftere  unb  nie« 

bere  9!}tt)tf)oIo  gie;   jene  baute  jid)  auf 

äu  einem  geijiiger  unb  plajtifd)er  gebadjten 

©ötterjlaat  mit  einem  großen  unb  unifer* 

feilen  |)intergrunb,  biefe  blieb  im  ©ebiete  beä 

ro^en  -SRaturlebenö  ftebcn  unb  bett>a^rte  aU 

©cenerie  burc^geljenb  bäuerlii^e  2?etf)ältniffe. 

®cbon   fing   bie    germanif(i)e   9}Jt)t^ologic 

ber   pf)eren  Äreife  an,   im  2lnf(^Iu§  an 

bie  ©öttertforfteüungcn  ber  antifen  93ölfer, 

aucf)  i^re  ©ötter  bilbtic^  barjufietlen  unb 

i^nen   lempel  unb  ©tatuen  ju  errichten, 

namentlicf)  ba,  mo,  befonberö  in  Staiicn, 

©ermanen   in   römifc^en   aSo^nft^cn    fic^ 

angejtebelt   Ratten,    aU   baö    (S^rifientum 

ber  ^ortbilbung  ber  germanifd)en  SReligion 

<xU  einer  f)eibnifc£)en  |)alt   gebot   unb  fie 

im  ganjen  unb  großen  unterbrücfte;  baf)er 

finb  t)on  ben  auö  ben  ebteren  Greifen  beä 

33oIfeg  hervorgegangenen  mt)t|)ifc^en  Siebern 

fo  n^enig  SSruc^jiürfe  erhalten,  fte  würben 


einfad)  burd^  bie  Dcnfmäler  beö  c^rifilid^en 
©laubenö  erfe^t. 

?(nber^  jlanb  eö  mit  bem  nicbcrn  33oIfe. 
iöon  i^m  verlangten  bie  d)rijllic^cn  SWif« 
ftonare  vorläufig  menig  me^r,  a\i  äußer« 
Iid)e  Seobadfetung  ber  tir(^licf)en  Sere= 
monien.  Tlan  leugnete  bie  Sjiftenj  ber 
beibnifc^en  ©ötter  nicf)t,  man  erflärte  fte 
für  leufel  ober  für  5JJenfcf)en,  welche 
Vergötterung  erlangt  Ratten,  ^u^  verfuhr 
bie  Äircl)e  mit  manchen  {)eibnifct)en  Sitten 
fe^r  fcf)onenb.  ©regor  ber  ©roße  empfiel;lt 
bem  angeIfäcE)ftfd)en  ?lbt  üJteüituß,  bie 
Jempet  ber  |)eibcn  nic^t  ju  jcrf^ören,  fon« 
bem  mit  2ßeit)tt)affer  jU  befprengen  unb  in 
cf)rifilic&c  Äir(i)en  ju  veriranbeln,  bamit 
tai  aSoIf  an  ben  burd)  lange  ©emot)nI)eit 
geheiligten  Orten  befio  lieber  unb  et)er 
an  ben  I)ienfi  beö  magren  ©otteä  '\\ä) 
gen)öl)ne.  5Die  Opferma^Ijciten  oon  Stieren 
im  ©ienfie  ber  ©ötter  foüten"  in  TlaliU 
jeiten  ju  ei)ren  ber  ^eiligen  SDJärtprer  vcr« 
wanbelt  werben.  5ln  ben  g^Pti^S^n  ^" 
^eiligen  möge  ba^  33oIf  runb  um  bie 
Äirct)en,  bie  einjl  ^eibnifcf)e  Stempel  waren, 
in  3ttten  auö  SSaumsweigen  ftcb  tagern, 
in  gcwof)ntcr  SBcife  Sicrc  f(i)Iacf)ten  unb 
verje^ren,  aber  unter  ^Inrufung  ©otteei, 
nur  nid)t  me^r  ber  Seufel  So  fam  eö, 
t>a^  viele  l)eibnifcf)c  iBorftcüungen  ftd)  nur 
unter  ben  f($ü^enbcn  SRamcn  ©otteö,  ber 
^eiligen  ober  teuftifc^er  SDKtc^te  iu  flüchten 
braud)ten,  um  unangefod^ten  fortbeftet)cn 
JU  bürfen  unb  ta^  neben  ber  ct)rijlltci)en 
^Religion  bie  mit  ben  ©öttergejialtcn  beö 
^eibentumö  unb  mit  mannigfa(i)en  ©e* 
brauchen  beö  täglichen  ßebcnö  eng  verbun« 
bene  bilblic^e  SRaturanfd)  auung  be§ 
ßanbmanneö  aU  ein  inbiffcrenteö,  abge« 
fonbcTteö  ©ebiet  fortleben  fonnte. 

2öäl)rcnb  auf  bem  germanifc^en  ^cft« 
lanbe  bie  felbfiänbige  SDJptbologie  früf) 
bem  (5f)riftentume  wtd^,  vermod^te  fte  ftd; 
in  SEanbinavicn  nocb  fünf  weitere  3^^^= 
^unberte  5U  erhalten  unb  weiter  ju  cnt« 
wicfeln.  3m  je^nten  3abrt)unbert  würben 
bie  S)änen  S^rijien,  im  llnfang  beß  elften 
bie  SJJorWeger  unb  JeUinber,  in  ber  jweiten 
|>älfte  beö  elften  2al;r^unbertä  erjl  gänj* 
lief)  bie  ®d)Weben.  SDer  ftiegerifcE)e  5tufs 
fc^wung  ber  Sfanbinavier  unter  fd)Wc* 
bifcf)en,  norwegifd^en  unb  bänifc^en  ^cer« 
fönigen,  bie  2Bifingers  ober  9tormannen= 
fat)rten  im  adbten  unb  neunten  3a^r^u".^^'^t 
riefen  auc^  in  ber  gei|iigcn  Silbung  biefer 
asölfer  nachhaltige  Bewegungen  ^ervor. 
2llö  im  Qtuögang  be^  neunten  3'^^'^^""* 
bertö    ^aralb    ^arfagr    (^aarfdt)Ön)     bie 


236 


©Otter  ber  ©crmanen. 


»iclen  ficincn  üiää)t  ^Jotwegene  unter 
feine  ^MÜcinberrfdjaft  oereinigte,  flogen 
»tele  (Sble  unb  23aucrn,  ben  23erluft  ber 
?5rcit)eit  nid)!  erttagenb,  nadt)  ^ölanb,  ben 
garöers  unb  btn  Drfnet)ö=3ii[eln.  S)ur^ 
bte  ^rmut  ber  ^eimat  gejUiungen,  bur^= 
j^reiftcn  biefc  tt)atenburj!igcn  ÜJJänner  auf 
Äriegö*  unb  ^anbetäflotten  ben  Djcan. 
3l;rc  Sffiifingevjügc  «ccftcn  in  i^nen  fo 
Diele  neue  3lnfd)nuungen,  ha^  ilire  TlV)tl)C: 
logie,  einfi  i^r  unb  ber  Sübgermanen  ge^ 
meinfameö  (Sigentum,  fxä:)  jc^t  ooKenbä 
}ur  legten  fricgeri[ct)=menfd^li^cn  (Sejlals 
tung  außbilbete  unb  juglcic^  einen  auö« 
gebilbeten  Sempelbienft  t)ert)orbrad)te. 
Iräger  unb  Silbner  biefer  SWtjtboIogie 
ftnb  t)ovncI)mIid;  bie  ^ofbiditer  ber  ®fal  = 
ben.  33on  i(}nen  angeregt,  ttiurbe  an  ben 
toielen  fleinen  gürftcnljöfen  be«  D^orbenö 
unb  überhaupt  im  Greife  ber  hööern 
©tänbe  eine  eble  SDtditfunfi  gepflegt,  bereu 
Übung  in  altern  Seiten  allgemein 
tt>ar  unb  ben  (Sliarafter  ber  93oIEöpoefte 
trug.  3"  it;rem  Greife  erft  ujurben  bie 
2;t)aten  ber  ®öttcr,  bie  (Seöanfen  über 
Uriprung,  2)auer  unb  Snbfc^icffate  ber 
2ßett  in  ein  einl)eitlict)eö  ©t)ficm  gebracht, 
hjie  eö  biefübgermanifd)eSÖ?t)tf;oIogie  nod) 
nid)t  auögebilbct  ^attc.  ßwax  jog  fii)  im 
neunten  unb  jefintcn  3at)r^unbert  bie 
Äenntniö  jencö  altern  in  ebeln  Greifen 
gebicf)teten  23olfö(iebeä  faft  ganj  auf  bie 
3nfel  Selanb  jurücf,  unb  bie  äaf)Ireict)en 
an  ben  norbif(i)en  Äönigöf)öfen  con  3«« 
lanb  berufenen  ©falben  fangen  bem  ©eifle 
ber  3^'t  folgenb  nid)t  me^r  bie  alten 
mt)t^ologif(^en ,  fonbern  neue  ber  ®cgen= 
wart  unb  ber  ®efd;id)tc  angct)örigc  Sieber. 
2)0  jeboc^  aud)  biefe  neuen  mit  gelet)rter 
ÄunP  gebi^teten  ßicber  itjte  33ilbcr  unb 
auöfd)mücfenben  Umfd)reibungen  immer 
nod)  ber  SDJi)tl;oIogie  entnatjmcn,  war  man 
tro^  ber  um  haii  Sa^i  1^00  in  3^lanb 
burct)  S8efd)tu§  ber  SBoIföüerfammlung  ein= 
gcfü|)rten  2lnna^me  bc^  ß^riftentumö  ge:= 
jmungen,  bie  alten  Solfölieber  unb  Sagen 
ju  Pflegen.  3)iefeö  traten  fpäter  befon^ 
ber^  bie  ein^eimifd)en  ©eifili^en,  tt>eld)e 
jiatt  beö  ßatein^  bie  ü)lutterfprad)e  unb 
bie  einl)eimifd)e  *)3ocfie  pflegten  unb  be= 
h)at)rten.  ©o  entftanb  am  Snbe  be^  13. 
3al)r^unbcrt«  bie  (Sammlung  ber  alten,  im 
7.,  8.  unb  9.  3a:^rl;unbert  gebic^teten 
SBoltelieber  »on  ben  Staaten  ber  (Sötter 
unb  gelben,  bie  man  bie  ältere  ober 
poetifc^c  ©bba  nennt,  ftel)e  biefen  5trti!ct. 
Über  bie  befonbern  ©ötter  ber  ©er* 
manen    Ijanbeln    bie    Qlrtifel    2ßoban, 


S)onar,  3^"/  Salbcr,  ^i^^i^i/  %^o 
u.  a.  |>icr  mögen  im  ilnfc^luf  an  SWann* 
liarbt,  bie  ©öttcr  ber  beutfd)en  unb  nor* 
bifd)en  ä3ölfer,  bem  mir  überhaupt  in  bie* 
fem  *Jlrtifel  gefolgt  ftnb,  einige  5lnmerfungen 
über  bie  crjten  ?iaturelemcnte  ber  ger« 
manifdien  ü)it)tt)en  angefüat  merben,  fofern 
biefe  nic^t  ant^ropomorpl)ifc^  ben  einzelnen 
©öttergeftalten  5ugefd)rieben  morben  finb, 

2Bolten  unb  Giebel.  55ie  2ltmo= 
fpbäre  erfc^ien  bem  unbefangenen  5luge 
beö  *iUtertumö  alö  ein  grofee,  jufammcn» 
l}ängenbc^  SBaffer,  ein  ÖUer  ober  ein 
Srunnen.  2luö  bem  Suftmcere  ^eben 
fxd)  SJfcbel  unb  2Bolfcn  ah,  bereu  mannig« 
faltig  mec^felnbc  ©cftalt  ju  ben  »erfd^ie» 
benften  5tuffaffungen  5lnla§  gab.  S)ie 
geballten  ^aufmolfen,  auö  benen  ber  SRegen 
nicberrinnt,  r>ergli(^en  ftc^  bem  fegnenben 
ßuter  ber  Äübe,  ben  3D?utterbrüpen  ber 
grauen ,  unb  ^icrauö  erzeugte  ftc^  bie 
Sorj^eüung  non  ben  QBolten  alö  fjtauen 
oberÄüljcn  bcö^immelö,  bereu  5Diild)  ber 
SRcgen  ift.  3"^  S)onner  r>ermeinte  man 
bas  ©ebrüll  ber  SBolfenful)  ju  boren.  5tuf 
ber  namlid)en  Qlnfc^auung  berubte  bie 
SBorfieüung  non  ben  2Bolfen  aU  33 öden 
ober  3icgcn,  bereu  guter  beim  Ütegen 
gemolfen  werben,  bal)er  je^t  nod)  bie 
licbtmei^en  ober  rötli(^gelbcn  geber^auf« 
Wolfen  ©  d)  iif  c^  en  genannt  werben.  'Hud^ 
aU  Äa^cn  ober  ßucbfe  würben  bie 
2Bolfen  gebad)t,  feltener  aU  !Ro§,  ffiagcn, 
©cbiff  ober  ^lo§  beä  SBinbeö,  ©ewanb, 
©ebirge,  Surm,  Saum.  3"^  9?ebel  ba« 
gegen  fuiit  bie  *$bantafte  beö  23olfc^  balb 
getfterbafte  ijrauen,  balb  ein  ©  e» 
fpinP,  ha^  um  bie  ©ipfel  ber  Serge  ait 
gefponnen  wirb.  SJiac^  anberer  2lnfd)auung 
ift  ber  Diebel  tai  Srauen  ober  Äod^en 
beä  t)immlifd)en  JRcgenwafferö,  ba^er  er 
altnorbifd)  J^eycnbräu  genannt  wirb. 
5luc^  aU  ÜJlantel,  ^ut  ober  Äappe 
wirb  ber  fRebel  angefd)aut.  ^erfonifijicrt 
wirb  ber  Diebel  jum  Diebelmännlein, 
ober,  Wenn  er,  in  ben  ÜJiantel  gel)ütlt,  auf 
weitem  SRoffe  auf  unb  ab  jagenb,  bk  i^m 
Segegnenben  oerwirrt  unb  in  bie  ^nt 
treibt,  jum  Sacbreitcr  ober  ©d^immcl* 
reiter.  —  ©c^nccfloden  f)t\^tn  ^txdb' 
faüenbe  fjtbern  eincö  SSogelö,  ober  fein« 
gemat)lenc^  SOie^l. 

Der  2öinb  würbe  mit  bem  i^eulcnben 
^unb  ober  JBolf  oerglic^en,  weldb« 
hungrig  ben  ©taub  aufwühlt  unb  atle^ 
auf  feinem  SBege  jerrei§t  unb  oerjc^rt. 
5tu^  bem  ©ber  »ergleicbt  er  ft(^,  jumal 
aU  SBirbelwinb.  SBiöweilen  würbe  ber  im 


©öttcrbämmcrung. 


237 


Sßinbe  t^ätige  ®eifi  als  ein  tt)eiblirf)cö 
Sßefen,  eine  ißinbin,  gebucht;  bei"  bem 
größeren  Sturm  üorauffa^rcnbe  SBirbcU 
niinb  ^ei§t  fcE)on  im  9.  3a^rt)unbert 
windisprüt,  Sßinböbraut,  b.  I).  bie 
©emablin  beä  SBinbe^.  SSom  SBinbe,  bcr 
alö  @c^tt>ein  ober  ^unb,  gi^i^'^^^'ii^^^it 
wirfenb,  burd)  i>ai  ©etreibe  ge^t,  glaubte 
man,  ta^  er  leibhaftig  im  Jnnern  bcr 
©aatfelber  bleibe  unb  in  ber  legten  ®arbe, 
bie  auf  bem  tiefer  gefd^nittcn  trerbc,  gegen= 
märtig  fei.  ^ier  erfaßte  man  it)n  unb 
füf)rtc  itin  jubctnb  in^  5Dorf. 

^ür  ha^  ©ettjitter  unb  feine  raec^feln* 
bcn  ®rfci)einungen  erfd)uf  bie  finblic^e 
$t)antafte  üerfd)iefcene  S'Jaturbilber.  2)er 
93 li^  tnirb  al«  ®tab  ober  @peer,  aU 
Äcil,  Äeule  ober  J^ammer,  als  feucr= 
roter  ©ort  gebaut.  S)ie  Qaäin  beö 
6immUfcf)en  ©trableö  fmb  ^auer  eine'^ 
Stieret  ober  3^^"«  einer  ®ottI)eit.  liuc^ 
aU  ©erlange  ober  I)rad)e  tnirb  ber 
95Ii^  gebad)t.'  SDa§  bie  93h^e,  inbem  fte 
bie  ©eroittermolfc  fpalten,  bie  oon  xt)x 
um^üdtc  golbene  Sonne  »ieber  auf^ 
Ieu(i)ten  laffen,  gab  ju  ber  (s^age  iBeran^ 
laffung,  ifi^^  bie  f)immlifcf)cn  Si^Iangcn 
einen  rounberbareu  ©belftein  verfertigen. 
3)erfelbcn  5(nfd)auung  cntfpringt  bie  23or= 
fieflung  i^on  Sdilangen  ober  ©ractjen,  bie 
über  einem  reichen  ®oIbl)ort  lagern  unb 
i^n  beir>ad)en. 

©cftirne.  I)ie  Sonne  »urbe  als 
Ieud}tenbe0  ®olb  ober  alö  I)immlifc^er 
©belft ein  aufgefaßt;  aU  iRab,  Sc^ilb 
ober  Qluge.  ©einiger  mirb  bie  5lufs 
faffung  von  ber  Sonne,  menn  fte  eine 
göttlid)e3früu,  ber  ü)tonb  bagegen  ein  SDfann 
fei§t.  SBeibe  waren  ®attcn,  ber  DUJonb 
aber  ein  fü{)Ier  fiicbt)aber,  fo  ia^  er  bie 
Sonne  nerlief.  Sie  fd)Iug  bem  ®atten 
eine  Söette  üor:  voer  juerfi  auftv)act)en 
Würbe,  foüc  hai  SRe(ä)t  ^aben,  bei  jage  ^u 
fc^einen,  bem  Jrägen  gebore  bie  iRacbt. 
5rüf)e  am  SRorgen  jünbctc  bie  Sonne  ber 
23elt  t)aii  8icf)t  an  unb  Wedte  ben  frojligen 
©atten.  Seitbem  Icucbten  beibe  getrennt. 
SBeibe  reut  jcbo^  bie  Trennung  unb  beö= 
^alb  fu(i)en  fte  fid)  einanber  ju  näf)ern. 
S)a^  ifi  bie  Qstit  ber  Sonnenfinfterniffc. 
3)ann  machen  fte  fxäi  gegenfcitig  93or= 
Würfe,  aber  feiner  behält  xtä)t,  unb  fo 
trennen  fte  ftc^  wieber.  SBoU  Sc^merj 
nimmt  ber  SDJonb  bann  ab  unb  fii)Winbet, 
iii  bie  |)offnung  ihn  wieber  belebt  unb 
t)oümacf)t.  2)ie9Jlonbfleden  Derurfac^ten 
bie  Sage  »om  ÜJlann  im  SJ^onbe. 

©öttcriiämmening.  3n^«Äoömogonie 


bee  D^orbenä  tjabcn  bie  ©ötter  fein  »or* 
weltlid)cö  jDafein,  fonbern  fte  jtnb  crfi  mit 
ber  2ßett  entfianben  unb  ^war  crft  nac^ 
ber  (Sntjitef)ung  bes  Urriefen  2)rnii^  ober 
Qlurgelmir,  beä  33atcr3  ber  iReifriefen 
(|>rimt{)urfen),  ber  auö  ben  Iropfen  be« 
giftigen  iRcifeä  geboren  würbe,  welcher 
auö  ber  nörblic^en  SRebcIwelt  fommcnb 
burd)  Sßcrü^rung  mit  ben  oon  bcr  füb= 
Itd)en  glammcnwelt  SWufpet^eim  auös 
firömenbcn  warmen  Süften  unb  ^unfen 
fc^motj;  bie®öttcr  aber  jlammcn  au«  bem 
burd)  bie  Auf)  ''üubtiumfa  auä  bem  Urcife 
pcroorgelodten  llrmenfcften  iBuri.  .Kaum 
iji  aber  tai  ©bttcrgefc^Icc^t  neben  ba« 
®cfd)lec^t  ber  JReifriefen  getreten,  fo  fommt 
eö  jwifd)en  beiben  jum  Äampfe.  Suriö 
(Snfet,  Dbin,  Sili  unb  SBe,  crfd)Iagen  2)i«ii 
mit  feinem  ganjen  ®efc^Ied)te,  mit  *ilu^= 
nat)me  beö  i^ergalmir,  bcr  auf  einem  Sootc 
entfommt  unb  »on  bem  bie  ®efd)Icd)ter 
ber  neuen  Ofteifriefen  jlammen.  3tt'if'^t'^ 
®öttern  unb  IRiefcn  t)crrfd)t  unoerfö^nlic^e 
55einbfd)aft,  bie  ftc^  burd^  bie  ganjc  gcr* 
manifd)c  SRptljologie  t)injict)t  unb  in  bcr 
furd)ibarcn  Äataftropl&e  enbigt,burc^  wctd)e 
Oticfcn,  ®ötier  unb  Jßelt  it)rcn  Untergang 
finben.  £)icfer  ©öttcruntcrgang  tiei^t  in 
bcr  norbifä)cn  Sprad)e  ragnarökr,  ®öttcr* 
bunfelbeit,  ©öttenicrfinjicrung;  bie^aupt* 
queüe  für  biefen  9J?t)töuä  ifi  baö  crf  c  unb 
ältefic  Sieb  ber  Sbba,  bie  Völuspä. 

S)ie  Urfacbc  ju  bem  attgemeincn  Unter* 
gange  ift  iai  in  bie  ®öttcr=  unb  9Kenfd)en» 
weit  cinbringenbc  unb  um  ftd)  greifenbc 
Söfc;  baburd)  ta^  ta^  ftttlid)c  Jßcfcn  unb 
SBaltcn  bcr®ötter  ftdi  oerfinfiert,  werben  bie 
iion  ibnen  gebänbigten,  fd^on  »or  it)nen 
eyifiicrcnbcnS'iaturmäc^te,  bie  Siiefen,  wieber 
frei,  unb  c«  gelingt  itjnen  mit  .^ülfc  bcr 
»on  if)ncn  erjeugten  Ungetüme  i^r  SBer« 
nid)tung«werE  ausjufübren. 

yiaä)  g)mirö  (Srmorbung  gehalten  bie 
®öttcr  au^  feinem  ßeic^nam  fofott  unferc 
SJßelt  unb  befd)ränfen  bai  cntftobeneSRicfcn« 
gcf^Icd)t  burd)  Qlnweifung  if)rer  aBobnfi^e 
längs  bcr  «seefüfic,  fte  felbfi  aber  nc£)men 
it)re  2Bot)nft^e  im  ÜRittclpunftc  ber  2öclt, 
richten  ftc^  bafelbji  ein,  laffen  üon  it)rcr 
Weltfd)öpferifd)en2:bätigfcitabunb  genießen 
in  barmlofer  Unfd)ulb  tM  golDenc  3^^^' 
alter.  2)a  na^cn  brei  Jungfrauen  auö  bem 
JRicfcnlanbc,  bie  übermäd)tigen  Storncn, 
bie  alö  ®öttinnen  t>ti  unabwenbbaren 
Sd)idfalö  ibnen  jcigcn,  ba^  fte  nic^t  bie 
abfoluten  Öebcrrfc^er  bcr  2öclt  finb; 
mit  ibrem  (Srf^einen  finbct  ba^  golbene 
3citalter  bcr  ®öticr  ein  (Snbe. 
16 


238 


(Sötterbämmerung. 


©ie  beginnen  jcbod^  auf«  neue  i^rc  »elt* 
f(i^öpferifd^e2;()ätiflfeit,inbemfte  bie  3*^«Sf 
«nb  iKenfd^en  fdjäffen,  boc^  bef(I)mören  ^e 
ftcfc  je^t  felbft  i^r  eigene«  5Betbetben  unb 
ba^jenige  ber  burd)  fic  gefd)affenen  SBelt 
j^erauf.  2Iuf  [clbpfüd)tigc  2.^tenIoftgfcit 
unb  ©enuffuc^t,  in  weld)c  ftc  vox^n  oet» 
funfcn  rvann,  folgt  je^t  unexfattlid)e  ©olb* 
gier,  tt»etd)e  nun  au^  bie  ÜJienfc^en  ergreift, 
feä^renb  bie  ©ötter  aber  noc^  beraten, 
ob  fic  t>a§i  in  ber  SWenf^ennjelt  auöge« 
bro^enc  Söfe  betrafen  ober  ©üI)nopfcr 
bafür  nc£)mcn  foüen,  »erben  fie  oon  ben 
SBonengöttern  mit  Ärieg  überäogen.  3»ar 
fommt  jwifcben  5Ifen  unb  SBanen  ein 
griebe  äujianbe,  bem  jufolge  ber  aBanen» 
gott  D^iörber  nebji  feinen  beiben  Äinbcrn 
§iei)r  unb  ^repa  ju  ben  31fen  fommen 
unb  fo  an  ber  ^errfcf)aft  ber  SBelt  teil« 
nehmen;  aber  baburct),  ta^  Dbin  in  biefem 
Äriege  feinen  Sobeäfpie^  unter  bai  23oIf 
gef(i)teubert  f)at,  t)at  frc^  t>ai  Söfe  fc^on 
jum  ÜJJenfc^enmorb  gejieigert,  unb  e^  ifi 
bem  33erberben  nicf)t  mef)r  p  tt)el)ren,  ob« 
gleicf)  bie  SBanen  »OTäug«tt)eife  bemüht 
^nb,  ein  ßeben  in  güüe  unb  ^rieben, 
iKilbc  unb  ^reunblic^feit  ju  jliften  unb 
fomit  unter  ben  aJJenfd)en  Olüd  unb 
^rieben  reieber  ^erjufieücn  unb  baucrnb 
ju  bcgrünben.  25crgeblic^  ge{)en  bie  3Banen= 
götter  teils  gejwungene,  teilö  freiroiHige 
c^etict)e  SJerbinbungen  mit  ben  SRiefcn  ein ; 
aud^  ha^  Dbin  bcfiänbig  auf  Der  ga^rt 
ifi,  SRicfen  ju  »ertilgen,  bringt  feinen 
SRu^en;  bcnn  ber  ^^"^"^^f^  ^°^^'  ^^^  ^'^ 
©Otter  in  if)re  üteid^c  aufgenommen  fiabcn, 
arbeitet  im  gef)eimen  an  i^rem  Untergange, 
fiürjt  fie  burc^  feinen  fatanifd^cn  föinfiuB 
»oüenbä  in  @ünbe  unb  Unglücf  unb  crjeugt 
mit  bem  Otiefenmeibe  ülngrboba  bie  uu 
berbli^cn  Ungcf)euer:  ben  genrirwolf,  bie 
aJlibgarbäfc^Iange  unb  bie  ^el,  bie  in 
SRtefenf)eim  erjogen  »erben.  Unauft)altfam 
fd^reitet  tau  iöerberben  »or,  unb  baei  53öfe 
greift  unter  ber  ©ötterrcelt  fo  mcit  um 
^ä),  ta^  bie  ©ötter  i^rer  ®d)n)üre  unb 
(Sibc  ni^t  mel)r  acf)ten,  unb  ber  *8ruber:= 
morb  aucf)  unter  ibnen  jum  *JIuöbrud) 
fommt,  inbem  fie  auf  ßofiö  5lnfiiften  ben 
gütigen  Salbur  töten. 

„iJiun  erfenncn  bie  ©ötter  i^ren  iBer« 
berber  unb  treffen  fofort  bie  ernftefien 
33orfef)rungcn,  il)n  für  immer  unfcbäblic^ 
JU  mad^cn.  *Mt«  aber  Soft  fat),  i>a^  bie 
5lfen  gegen  if)n  aufgebrad)t  waren,  meil 
et  juerjl  Salbur«  Slob  »erurfac[)t,  unb 
baran  (5cf)ulb  voax,  ta^  er  a\xi  ^tU  @e* 
»alt  md)t  erlöji  »arb,  entflog  er  unb  ^ielt 


ftd^  »erborgen.  Dbin  lief  nun  bcffen 
Äinber  ergreifen,  »on  benen  SBciöfagungcn 
eerfünbet  Ratten,  ta^  ben  ©Ottern  »on 
i^nen  nod)  größere«  Unheil  be»orfie|e,  unb 
mirft  bie  @d)Iange  inö  ÜJieer,  bie  aber  gu 
bem  »eltumgürtenben  SDJibgarb^wurmc 
^eran»dcE)(l,  unb  fo  oft  auc^  Jf)or  ben 
Äampf  mit  il)r  aufnimmt  unb  fo  §art  et 
fte  aud^  bebrängt,  fo  fann  er  fte  bod)  nid^t 
erlegen;  bie  |)el  mirft  et  in  bie  Unterwelt 
l)inab  unb  gicbt  i^r  bie  ®e»alt  über  bie 
neunte  SBelt  (baö  Sotenreidb);  ben  genrit= 
»olf  aber  gießen  bie  ©ötter  anfangt  bei 
ftdt)  felbji  auf;  al^  jebod^  aud^  er  jum 
furd)tbaren  Ungeheuer  ^eranmä^fi,  unb 
bie  SBeiöfagungcn  oerfünben,  ia^  er  ju 
i^rem  Q3erberben  beftimmt  fei,  unb  fte  ni(|t 
»agen  i^n  ju  töten,  um  ben  ^eiligen 
^rieben  ibrer  Sffio^nungen  nid)t  ju  »er« 
le^en,  fcf)lngen  ftc  ibn  in  geffeln.  Sin 
®leid)eö  gefcf)ie^t  enblic^  aud)  ßofi  felbji, 
nad)bem  er  üoü  giftigen  ^o^neä  unb 
fatanifdE)er  Sos^eit  bie  ®ötter  unb  ®öts 
tinnen  mit  ben  bitterften  SBorwütfen  unb 
©dbmä^ungen  übet^äuft  i)at. 

3ltlein  tro^  aller  bicfer  aSorfe^rungen 
ifi  ber  gcabnte  Untergang  bennod)  unocr« 
meiblid).  2>er  oon  Soft  auägefireute  @ame 
beö  33erberbenö  reud^ert  fort,  obglei(^  er 
felbfi  in  ^fffe^n  liegt,  unb  biefc  feine 
j^effeln,  fowie  bie  be^  ,]fenrirtt)olfeö,  bro^t 
bie  3eit  enblid)  ju  löfen,  unb  ^el  »er* 
fiärft  pon  Sag  jU  Za%  xf)x  traurigeö  SReic^. 
3»ar  iji  bie  3eit  ber  furdbtbaren  ®ötter« 
bämmcrung  nod^  in  unget)eure  g^erne  ge= 
rücft,  »a«  baburdl)  angebeutet  »irb,  ha^ 
bie  feinblic^en  iRiefen  jum  ©elingen 
i^reö  9ladl)cplancä  eineö  Si^iffe^  bcbürfen, 
ta^  aus  ben  9'iageln  toter  SUiänner  ge* 
fertigt  fein  mu§  unb  ben  ?iamen  iJiagls 
far  fü^rt.  23iö  aber  ein  folc^cö  iSd)iff 
auü  fd^malen  9tägelfc^li|cn  ber  Seid^en 
jufammengefe^t  »irb,  oerfireid^t  lange  ^üt, 
unb  ftc  leibet"  nodt)  burd^  Mc  marnenbe 
93otfd)rift  5luffdE)ub,  allen  Joten  bie  3iägel 
üor  ber  SSefiattung  ober  iBcrbrcnnung  jU 
fd^neiben.  S)ic  ^tiefen  aber  bringen  fcne^ 
©d^iff  bennodf)  juftanbe,  unb  grauen« 
üoKe  äBalnjeid^en  bejcit^ncn  ben  Scginn 
ber  Äatafiropl;e.  ßaut  frä^t  ber  lic^trotc 
^a^n  bei  ben  iRiefen,  ber  fd^marjrote  unter 
ber  Srbe  bei  ben  ®alen  ber  ^el,  unb  ber 
golbfammige  bei  ben  5lfen,  unb  „»edt  bie 
9D?änner  beim  ^eert>ater  (Dbin)".  2)ic 
©Otter,  aU  bie  „Soften  unb  93anben"  bct 
fittlid)en  unb  pl;i)ftfd)en  aBeltorbnung,  ^aben 
aber  alle  SO^ad)t  oerlorcn,  foba§  8""äd)ji 
alle  ftttlidt)en  Sanben  ftc^  löfen  unb  iai 


(Söttcrbammerunin. 


239 


Söfe  auf  @röcn  in  »öQige,  aücö  jctfiö- 
Tcnbc   93crtt)ilberung    au^bricfit:     „53rüber 
werben  fämpfen  unb  ju  Sotf^Iagern  rrer« 
ben,  ®d)roefierföbne  »rcrbcn  bie  ®ippc  Dcr= 
le^en:   bie   ©rünbc  geden,    bie  ©tteitajt 
fliegt,  fein  SRonn  nnrb  beö  anbcrn  [(^onen. 
^art  gebt  eö  in  ber  2ßelt,  gro§c  ^urerei, 
Zeitalter,    ei(^uiertaltev;    ®(i)ilbe   »erben 
gcfpalten;  2ßinbalter,  SBoIföalter,   ef)e  bie 
Slöelt   jlürjt.     3)iefer   futli^en  23ermilbe= 
rung  entfprid)t  bie  (Sntfeffclung  aücr  oer» 
berbli(f)en  i)hiturmäd)te,  als  bercn  $cr[oni= 
fifationen  bie  Dtiefcn  galten.    (Sin  entfc^- 
iid)er  „äBinter  tritt  ein;    ta  fäüt  ©d^nee 
oon  aüen  ©eitcn,  ta  i[t  ber  %xo^  gro^ 
unb  fmb  bie  Sßinbe  fd^arf;  bie  ©onnc  ift 
o£)ne  Äraft;  brei  folc^e  SBintcr  folgen  auf 
cinanber,  of)ne  ha'^  ein  «Sommer  bajwifcben 
iriire."    3([lc  ffietter  geraten  in  'Jlufrubr; 
Soft  nnil^t  ftcf)  Ijerum,  t>a^  bie  Srbe  bebt 
unb  atle  (Sebirge,  bie  Jßiitber   entwurjelt 
roerben    unb    bie  Serge    jufammenftürjen, 
felbft   bie  Sßcitcfcbe  „glggbrafil  ;;ittert,   e? 
xauiä^t  ber  alte  !8aum,  ba  ber  iRicfe  (?oEi) 
loa  t'ommt" :  aüe  j^cffeln  unb  Sanben  brc= 
(t)en  unb  reiben.    S)a  wirb  ber  ^enrirmolf 
loö;   hai  '■Shii  fiürmt  auf  hai  Öanb  ein, 
tt)eil  bie  SDJibgarböfdilange  im  SRiefenmute 
ftd)  mdijt  unb  anei  Qanb  miü.     ®a  ge= 
fd)iel)t  es,  ia^_  iJiagIfar  flott  mirb,  ^x\)mx 
i)ei§t  ber  DfJiefe,  ber  9?aglfar  fleuert;  auf 
it)m  fmb  aüe  Dieifriefen,  aber  mit  2ofi  tfi 
^di    ganjeä    ©efolgc     „I)er  genriritiolf 
feiert  mit  Haffenbem  SRacben  umt)er,   'i>a^ 
fein   Dberfiefer   ben  .yimmel,   ber  Untere 
fiefer  bie  (Srbe   berübrt,   unb  märe  SRaum 
baju,  er  mürbe  it)n  noc^  weiter  auffperrcn: 
geuer  glütjt    i^m   auö  2lugen   unb  9?afe. 
S)i_e  «DJibgarböfc^Iange  fpcit  fo  ®ift  am, 
t>a^   fie  aüe  ^limmel   unb   ÜJieerc  bene^t, 
unb  fre  ifl  gar  fc^irecflic^  unb  ge^t  bem 
2ßoIfe  jur  Seite.    25a   fommen    ä)hifpelö 
®öt)ne  bcrangeritten,  Surtur  fäf;rt  an  il)rcr 
©pi^e,  unb  nor  ibm  unb  hinter  if)m  bren= 
nenbeö  ^euer;   fein  ©cfimcrt   ift  überaus 
trefflid)  unb  firal)lt  bcücrn  ®lanj  aui  aU 
bie  Sonne;  aber  in  bem  ftc  über  bie  .^im^ 
metöbrüde   ^Bifröfl    reiten,    jerbrid)t    fic. 
Steinberge    flogen    jufammen,    SRiefmncn 
fiürjeu;  Die  loten  betreten  ben  .^oInu\^  unb 
ber  ^immcl  fpaltet  Ttd)."     ®a  ergebt  [li) 
^eimbaür,  ber  SIßäd)ter   ber  ©ötter,   unb 
f^ö^t  mit  aüer  .^raft  inä  ©iaflarborn  unb 
Widt  aüe  ® Otter,  bie  bann  iRat  hatten. 
„S)Umir0    @öbne    (bie  flammen)    fpieten 
""^  Ssgbrafxl  cnt5ünbet  ftcft  bei  bem  *Jlufe 
beö  alten  ©iaüarborns."    2)a  reitet  Dbin 
jU  üJJimirä   Srunnen   unb   [;olt  9^at   c>on 


!Kimit  für  [\i)  unb  fein  Ocfolge.  „SBa« 
ift  mit  ben  «Jlfen?  2Ba«  iü  mit  ben  ilttfcn? 
Qlcbjenb  gittert  bie  ganje  9liefenmelt;  bie 
5Ifen  ftnb  am  I»inge.  2)ie  B^^^^S^  ftöt)nen 
Dor  ben  >Steint[)üren,  ber  33crgfcPe  .^erren: 
2Bifet  it)r  eä  nun?  ober  maä?"  ÜRufpel^ 
Söl)nc  jieben  nad)  ber  (Sbene,  bie  SBiprib 
{)ci§t  unb  [junbert  SRaflen  breit  ift  nad^ 
aüen  Seiten,  ba£)in  fommt  auct)  ber  J^i^'^i'^' 
molf  unb  bie  i0?ibgarböfcf)tange,  unb  auc^ 
Soft  ij!  i>a  mit  ^tU  ganzem  befolge  unb 
i^rpmr  mit  aüen  iReifncfcn;  aber  9DiufpeI^ 
©ö^nc  i)ab<:n  il^re  eigene  Scblac{)torbnung, 
bie  fef)r  gldnjenb  ift. 

3e^t  wappnen  ftc^   bie  ^fen  unb  @in* 
t)ericr:    „(^ünft)unbert  Sbore   unb   cierjig 
meine  xäj,  ha^  in  SBattiaüa  fmb,  ad)t()un= 
berte  ©inberier  geben  Äuglci(i)   au«  einem 
Jborc,  mit  bem  Sßolfe  ju  fämpfcn."    3^= 
pörberft   reitet  Dbin  mit  bem  (Solbbelm, 
bem  f(^önen  ^arnif^b^  u'i^  feinem  Spiele, 
ber  ©ungnir   b^i^t;   er   gebt  bem    ^^cnrtr« 
Wolfe  entgegen  unb  Sb"!^  fcbreitet  an  feiner 
Seite,   aber    er   fann  ibm  nicbtö    be^f^"/ 
benn  er  Ijat  üoüauf  ju  tbun,  mit  ber  5[)iibs 
garbßfd) lange  ju   fämpfen.     %xtX}x  fämpft 
gegen   Surtur,   unb   cß   wirb   ein   i)axm 
jlampf,   ebe  ^^^^epr   fäüt,    unb  wirb   ta^ 
fein   iob,    ha^    er    fein    guteö   Schwert 
miffet,  tiai  er  Sfirnir  gab.    üDa  ijt  aud) 
Oarmr,  ber  $unb,  loa  geworben,  Der  üor 
ber  ©nipabbble   gcbunbcn  lag:   hai   giebt 
hai  größte  Unbeil,  ba  er  mit  %\)x  fämpft 
unb  einer  bem  anbern  jum  'JOJörbcr  wirb. 
Jbor  trägt  ben  Sieg  über  bie  2)libgarbö  = 
f(f)lange  bation;  aber  wie  er  neun  Scbritte 
banongcgangen  i|l,  ba  fäüt  er  tot  jur  (Srbe 
Don  bem  ®tft,  baö   ber  Jßurm   auf  ibn 
fpeit.     2)er   2BoIf   »erfcbüngt  Dbin   unb 
wir^   tiai  fein  Job;   aber  alßbalb  wenbct 
fiii)  SBibar,  Dbin^  Sobn  non  ber  JHiefin 
Oribbr,  gegen  ben  2Bolf  unb  fe^t  ibm  ben 
5u§   in    ben   Unterfiefer,   mit   ber   |)anb 
ergreift  er  beffen  Dberfiefer  unb  rei§t  ibm 
bell  iRacben   auöeinanber,    unb  Das   wirb 
beö  aßolfe«  lob.    Öofi  fämpft  mit  |>eim* 
baür  unb  wirb  einer  beö  anBern  'DJörber. 
2e^t  ift  ber   Untergang  biefcr   äBelt   ent* 
f^ieben:  „5lüe  9Diänner_werben  bie  fieim« 
ftabt    üerlaffen.     2)ie   ^aonne    beginnt  ju 
bunfeln,  bie  Srbe  fmft  inö  9?Jeer,   iwm 
f)immet  fd)winbcn  bie  bcitern  toternc,  hai 
I  geucr  wütet  gegen  hai   ^euer,  eä  fpielt 
j  Die  i)oi)t  |)i|c  gegen  ben  |»immel  felber. " 
Unmittelbar   auf  bie  ©ötterbämme« 
rung  folgt  in  ber  (Sbba  bie  (Erneuerung 
ber  SBelt   unb    bie  üßiebererficbung 
i  ber  (Sott er.   Unb  ätt>av  bebt  ftcb  nad)  ber 
16* 


240 


©öttcttcmpel  unb  ©öttcrbilbct. 


Völuspä  bie  ttiaf)renb  bet  ©ötterbdmmcrung 
in^  ÜJlcct  gefunfcne  Stbe  ^crriid)  gtüncnb 
«lieber  empor,  tai  SCßaffcr  firömt  ab,  unb 
bcr  im  ©ebirge  naä)  ^i\<i)in  jagcnbe  ^blcr 
fliegt  über  baöfetbe  bin-  2ßo  oorbem 
Mggarb  mit  [einen  (Sötterburgen  fxd)  erbob, 
breitet  ficb  je^t  taS  Sbafelb  ber  Urjeit 
micber  aue,  bie  5l[cn  hi)xtn  nsieber,  aucb 
©albur  unb  |>öbur  fommen  jurücf  qu^ 
bcr  .^el,  fowie  ber  ttn  Sßanen  oergeifelte 
|)önir;  fte  finbcn  ftcb  auf  bem  S^i^Hbe 
jufammen,  fprec^en  »on  ber  mad)tigen  iWib* 
garb^fcf)Iangc  unb  erinnern  ftd)  an  bie  ge= 
maltigen  iBorgänge  unb  an  Dbinä  alte 
JRunen.  Dort  finben  ft(^  bie  njunberbaren 
Sßürfel  am  ®rafe,  tweli^e  in  bcr  Urjeit 
Dbin  unb  fein  Oefcbjecbt  gehabt  l;atten. 
Unbefäet  tragen  bie  *M(fer  unb  atleö  Söfe 
wirb  mieber  gut  gemad&t.  ^üucE)  bie  Tltw 
fc^cn  leben  mieber  auf  unö  empfangen  in 
ber  neuen  SBelt  je  uac^  iBerbienjt  ßotjn 
unb  Strafe,  ben  Outen  mirb  ein  ©aal 
auf  ®imli  (b.  i.  ber  ®Uinjenbe)  jur  2ßob-' 
nung  angemiefen,  joo  fre  ewig  SBonne  ge= 
niesen,  ben  ©c^Ie^ten  bagegen  ein  anbrer 
©aal  in  SJlafirönb  (b.  i.  bem  Sotenjlranbe), 
tt)o  bie  furcbtbarjien  Dualen  jur  ©träfe 
ibrer  ©ünben  ibrer  barren,  mäf)renb  früber 
aßatbaüa  nur  bie  in  ber  ©d)Iacbt  (Gefallenen 
aufnahm,  bie  übrigen,  ©ötter  mie  SDicn* 
f(f)en,  pr  $el  fal^ren,  obnc  ia^  beren 
SBobnung  immer  aU  ein  ©trafort  gegolten 
f)attte.  SDöie  bie  DOlenfcben,  fo  leben  aud) 
bie  Smerge  unb  [Riefen  mieber  auf;  jene 
bemobnen  im  3torben  auf  ben  SJiibabergen 
einen  ©aal  aus  (Solb,  biefe  auf  bem  Dfolnir 
(b.  b.  Unfaltcn)  ben  ^Bierfal  33rimir. 

„2)oct)  obgleid)  bie  3ifen  h)iebergel)oren 
unb  cntföbnt  finb  unb  »t>ieber  in  barm- 
lüfer  llnfdl)ulb  leben,  wie  in  ben  Jagen 
ibreö  goibenen  S^italterö,  fo  fmb  bocb 
Weber  fxe  nod)  bie  weifen  Jßanen  fe^t  bie 
33ef)errfcber  ber  neuen  SBelt,  fonbern  ein 
mä(i)tigerer  ®ott.  S)a  fommt  ber  SOtäcb* 
tige  jum  (äericftt  ber  ©ötter,  ber  (Gewaltige 
Don  Oben,  ber  über  aüeä  waltet;  er  fällt 
Urteile  unb  entf(^eibet  bie  Saiden,  fe^t 
beilige  Drbnungen,  bie  gelten  foüen!  5lIfo 
ein  böberer,  mäcbtigerer  (Sott  alö  bie  *Mfen 
übernimmt  nun  in  ber  neuen,  jum  para= 
biefifcben  Urjufianbe  jurücfgefcbrten  2ßelt 
bie  oiegicrung,  begrünbet  neue  ^eilige  Drbs 
nungen,  b^It  (Sericbt  unb  teilt  \t  nacf) 
IBerbien)^  ben  üHenfcben  ßobn  in  (Simli 
ober  ©träfe  an  bem  fRaftrönb  ju.  Unb 
fo  febrt  mit  ber  erneuten  Sßelt,  worin  nur 
eine  ÜJ^acbt,  baä  reinfie  unb  b^ilißfic  ®ute, 
ewig   b«tfcf)fn  foü,  wenn  au(|  hai  93öfc 


wenigfien^  unter  ben  ilJlenfd^en  wieber  aug« 
brecben  fann,  folgeri($tig  »om  (ßolptbciös 
muä  jum  iüJonotbeiömuä  jurüdf;  bie  alten 
©Otter  befte^en  jwar  neben  ibm  fort,  aber 
fie  leben  in  jtitler  Unfcbulb  unb  ©etigfeit 
in  ibrem  ©Ipftuw  babin,  o^nc  an  ber 
SBeltregierung  *Mnteil  ju  b<«ben." 

(So  iji  bie  SBermutung  aufgeftetlt  wor= 
ben,  ha^  unter  biefcm  einen  mä^tigeren 
®ott  —  ber  öon  Jacituö  ©ermania  — 
Aap.  2  genannte  Jui^fo  gemeint  fei: 
fte  feiern  in  alten  ßiebern  ben  ber  (Srbc 
entfproffencn  Suisfo  unb  feinen  ©obn 
iöJannuö,  alä  Urfprung  unb  ©rünber 
ibre§  ©tammeeS.  ^aä)  'ä.  iRa§mann  in 
(5rf4  unb  ©ruber,  3lrt.  ©ötterbämmerung. 
©öttcrtcnHJcI  u.  ©öttcrMIber»  lacitu* 
fagt  in  ber  ©ermania,  Aap.  9:  5Die  ©öttcr 
in  iöJauern  einjufcblie^en  unb  il)ncn  ein 
3!)Jenfd)enantli^  ju  geben,  balten  bie  ©er* 
manen  für  unoereinbar  mit  ber  ®rbaben= 
{)cit  ber  ^immlif^en;  fte  weiben  ibnen 
|»aine  unb  SBalbtriften,  unb  benennen  mit 
bem  Siiamen  ber  ©ottbeit  jenes  gebeimniä- 
»otle  (gtwaö,  ba«  ftcb  nur  ber  ebrfurcbtö* 
t)olIen2tnbaci)t  offenbart."  3m  ajßiberfprucbe 
mit  biefer  ©teEe  fd)eint  eä  ju  fieben,  wenn 
berfelbe  ©ef(i)icbttcbreiber  in  Aap.  40  bei 
ber  33efcf)reibung  be^  beütgen  .^aine^  unb 
hti  feierlicben  Umzuges  ber  9Zertbuö  er^ 
jci^lt:  ber  $riefier  merfe  eö,  wenn  bie 
©öttin  in  ibrem  .gieiltgtume  gegenwärtig 
fei,  unb  gebe  biefelbe,  jtatt  beö  Umgangs 
mit  ben  ©terbli($en,  bem  Sempel  jurüd; 
barnad)  werbe  ber  SBagen,  auf  bem  bie 
©öttin,  »om  qjriefter  geleitet,  ibren  Umjug 
bielt;  bie  Züä)n,  mit  benen  er  überbecft 
War,  unb  —  wer  eö  glauben  will  —  bie 
©ottbeit  felber  in  einem  gebeimen  ©ee 
abgewaf(^en.  ©e^t  fcbon  bier  ber  Um^ug 
auf  bem  SBagen  unb  ba^  33aben  ber  ©Ott* 
beit  unjweifelbaft  ein  93ilb  t?orauö,  fo 
fpricbt  eine  anbere  ©teile  beö  S^acituö, 
5lnnalen  I,  15,  nod^  beutlicber;  i)\a  wirb 
bei  ©elegenbeit  einer  3iacbri(St  über  ben 
3ug  bes  ©ermanicu^  gegen  bie  SDiarfen 
im  3abre  14  n.  (S^r.  berietet,  es  feien 
bie  geweil)ten  fowobl  alä  bie  ungewei^ten 
©ebäube  unb  namentlicb  ber  jenen  ©tämmen 
überaus  berübmte  Scmpel,  ben  fte  ttn 
lempel  ber  Tanfana  nannten,  bem  (Srb* 
boben  gleicbgemacbt  worben.  Offenbar 
Waren  (Söttertempel  unb  ©ötterbilber  ber 
©ermanen  ju  Sacituö'  3«it  nocb  f)öcbjt 
feiten  unb  blieben  eö  aui^  biä  in  tai  4, 
unb  5.  Sabrbunbert,  ba  bi«  babin  aüe 
übrigen  ©cbriftfteüer  baton  fcbweigen. 
erfi  aamä|)U^  entftanb  ber  ©ebanfe,  auc^ 


©öttcttcmpel  unb  ©öttctbilber. 


241 


i>en  ©Ottern  bleibende  Sffiobnfiättcn  ju  er» 
richten.  Seit  bcm  5.  ^abrbunbcrt  mcbren 
fid)  bic  3euS"iff6  über  beutfdje  ®ötter= 
tempcl,  in  föniglicfjen  unb  päpftlid)en 
^biften,  in  Sffiettc^ronifcn  unb  namcntlid) 
in  ben  fiebenöbefdhreibungen  ber  ^eibfn= 
apojlel,  unb  jtttar  bei  ben  ^ranfen,  5ila« 
mannen,  2BeP(3oten,  ?ongobarbcn,  Ringel* 
facf)fen  unb  ^riefen.  2)ic  bcuJ[d|en 
Benennungen  beö  Sempel«!  fmb:  got  alhs, 
a^t).  alah;  a\)i>.  wih,  agf.  vih,  veoh  = 
Söaibtempel;  ai^'ii.  harne,  ctgf.  hearg, 
cbenfaKö  SZBalbtempel.  ®aö  entfprec^cnbe 
oltn.  2ßott  hörgr  bebeutet  urfprünglid) 
ben  ©tcinciltar  im  2Batbe;  —  c\l)h.  paro, 
agf.  bearo,  ebenfalls  =  SBalbtempel; 
altn.  harr  ifl  53aum  unb  barri  ifi  J^ain; 
aiit.,  agf.,  attf.  hof  boi^t  blo^  ber  ge  = 
baute  iempel;  al}t>.  ha  IIa,  agf.  heal, 
^aüe;  —  agf.  reced,  altfäcfif.  rakud; 
—  abb.  plaostarhüs,  Opfcrbauö;  — 
at)b.  petapür,  oucf)  petahüs,  abb. 
betehüs;  aucb  a^t.  chirihhä  fommt 
aU  i8eäeid)nung  bcibnifcfeer  Sempel  i^or, 
unb  altn.  godhahüs  —  ©ötterbauö. 

S)a  bic  lempel  auö  j^oIj  erricbtet  waren, 
ftnb  fte  giinälid)  uerfd^munben;  cntmeber 
würben  fte  bem  Soben  gleic^gcmad)t,  um 
auf  bemfelben  bic  d)ri|ilicf)e  ^irc^c  ju  er* 
bauen,  ober  ibre  ^aUtn  würben  ,;ium 
■cbrijllicben  (Sottcöbicnfie  t>ertt)enbet.  S)enn 
ba  biefe  .Sultuöjlätten  feit  graucficr  *Döruit 
ber  für  teure  ^Heiligtümer  ber  ©tammc 
ober  ibrer  (äefdilec^ter  betracbtct  unb  ner« 
cbrt  mürben,  fi^ien  e^  burcbauä  nötig, 
ibre  ^eiligfeit  unb  Unoerle^lidifcit  auf  ben 
d)rifitid)en  9?ad)foIger  be^  ©otteö,  in  ben 
meifien  ^äUtn  einen  d)rijllid)en  ^eiligen, 
überjutragen. 

S)ie  lempel  erhoben  [\6)  nid)t  nur  auf 
ben  ^öben  ber  33erge,  fonbern  aud)  in 
-Rainen  unb  auf  SBiefcn  unb  *Muen  unb  ftan* 
ben  namentlid)  in  enaer  93erbinbung  mit  ben 
•ÜJlalftätten.  Obne  3tt>cifcl  beftanben  neben 
ben  Sempein  bie  eingefricbigtcn  freien 
beiligen  JRaume  in  großer  Qaljl  fort. 

S)ic  3"^U9ii'ff^  füi^  bic  ®  Ott  erb  über 
beginnen  mit  ®id)erbeit  im  4.  ^abrbunbert, 
fte  finbcn  ftd)  mei)^  in  ben  lüebcnäbe* 
fcbrcibungen  ber  .^eibenapoftcl,  u.  a.  in 
berjenigcn  beö  beüigcn  ®aQuö,  meldier  bei 
Suggcn  am  3üt*erfcc  fomobi  atä  in 
SSregen,  beibnifd)c  ©ottcrbitbcr  antraf.  S)ic 
beutfd)cn  Sluöbrüdc  für  ©ötterbilbcr  beiden 
got.  manleika,  abli.  manalihho,  altn. 
likneski  =  baö  nad)  menfd)licber  ©ejlalt 
geformte  33ilb  unb  abb.  avarä.  (Sinäelne 
berartige  Silber  auö  Sifen,  Stein,  Scber, 


@rj,  ^olj  ftnb  erbalten,  fte  ftetten  2Boban 
mit  feinem  Stoffe  unb  feinen  beibcn  ^un« 
ben  ober  SBölfen,  ^ro,  ^ria  u.  a.  bar. 

Ungleid)  beffer  aU  über  bie  fübgcrma« 
nifcben  ©öttertempel  unb  ©ötterbitber  ftnb 
mir  über  bicienigen  ber  ©fanbinaeier 
unterrii^tet.  |>ier  bej^anb  tai  Sempclge- 
bäube  a\xi  jmei  rierfd)iebenen  llbteilungcn, 
auö  einem  ßangbaufe  unb  einem  runben, 
au*  mobl  gewölbten  SiJebenbaufe,  ha^  bem 
Sf^ore  an  ben  d)rijllicben  Äird)en  dbnlid) 
war.  S)aä  le^tcrc  bilbetc  tai  eigcntlidbc 
Heiligtum;  in  ibm  fianben  in  einem  ^alb* 
freife  auf  ©eficaen  bic  ©öttcrbilbcr;  t>or 
bemfelben,  alfo  in  ber  SWitte  bcö  ^alb* 
frcifeci,  erbob  ftd)  ber  funjlrcid)  gefertigte 
unb  mit  (Sifen  getäfelte  *}lttar,  auf  bem- 
felben brannte  tai  geweibtc  ^^uer,  tiai 
nie  erlöfd)en  burftc,  banebcn  jianb  ber 
fupferne  ©lutfcffcl,  in  wcldiem  man  tai 
*81ut  ber  gcfd)lad)tcten  Dpferticrc  ober 
2)?enfd)cn  fammelte,  unb  in  bem  ber  931uts 
jweig  lag,  mit  wcld^cm  man  bie  ©efteüe 
ber  (Sötterbilber  unb  ben  <3ntar,  bie  SBanbc 
bcö  lempdö  au^cn  unb  innen,  fowic  bie 
ßeutc  unb  i>a^  ®ut  befprengte;  ferner  bi' 
fanb  ftd)  bafclbfi  ber  heilige  SRing,  auf  bem 
alle  (5ibe  abgelegt  würben  unb  ben  ber 
•Häuptling  bei  aüen  l^otföucrfammlungen 
tragen  foüte.  3n  bem  gangbaufe,  weldieö 
oft  oon  fctjr  beträd)tli(^er  ßänge  war,  jlanb 
in  ber  SWitte  jcbcr  ßangwanb  ein  $od)ft|, 
beffen  jwei  fpi^julaufenbc  ©dulen  über 
i>ai  jDad)  emporragten  unb  gewöbnlid^  mit 
einem  Sborfopfe  gejicrt  waren;  in  biefc 
©äulen  Waren  ©ötternägel  eingefd)lagen, 
bercn  *.8ebeutung  unbefannt  ifi.  Qluf  ben 
|)od)ft|en  nabmen  berJempelbäuptling  unb 
wie  in  bem  ^prioatbaufe,  je  bie  »ornebmjtcn, 
beim  Dpfermat)lc  anwefcnben  ÜJJänncr 
«pia^.  3"  beibcn  ©eiten  ber  ^oc^jt^e, 
alfo  ben  ®eitenwänben  entlang,  waren 
gcwöbnlid)c  Sänfc  angebrad)t.  3^ifcbcn 
ben  beibcn  @i|.reiben  brannten  auf  bcm 
33obcn  wäbrcnb  bc«  Dpferfefteö  ^euer, 
über  benen  bie  .Steffel  bingen,  in  wcld)cn 
t>ai  Dpferfleifd)  gefottcn  würbe;  über  biefc 
^cuer  pflegte  man  ftd)  gcgenfeitig  ben  23otI= 
bcd)er  ju  bringen,  ber,  wie  alle  Dpfcrfpeifc, 
oon  bem  .Häuptlinge  geweiht  war.  S)er 
ganje  lempel  war  burd)  ©laöfenjler  erbeut, 
mit  Sapeten  behängt ,  juWeilen  aud)  mit 
@d)ni^wcrE,  ®olb  unb  ©ilber  unb 
fonfiigem  ©d)mucEe  gcjiert.  3n  tin  Seiten« 
wänben,  quer  bem  9^ebcnbaufe  gegenüber, 
bcfanben  ftc^  bic  Schüren,  bic  oerf^liePar 
Waren  unb  an  bencn  juwcilen  ein  metallener 
iSing  hing,  beffen  "Beftimmung  unbefannt 


242 


©ottcöftiebe. 


iji.  aSor  bet  %f)üx  befanb  f\ä)  ber  Opfer« 
fiein  unb  ber  Dpfetfumpf;  in  »elc^cm 
ic^terert  bie  jum  Dpfertobc  »erurteilten 
SÜHenfd^en ,  naäbem  if)ncn  am  Dpferjleine 
bcr  (Rüden  jcrbro^en  it»ar,  cerfenft  »ur« 
ben.  Iieilige  Sßäumc,  an  benen  gewiffc 
Seile  bcr  geopferten  5j;iere,  aud)  nio^l  bie 
geopferten  SO'Jen[d)en  aufgepngt  rourben, 
umgaben  ben  Icmpel.  5bie  gonje  {)eilige 
6tätte  fd)Io§  eine  @infa[fung  rion  |)olj= 
pfäl)ten  ein,  bie  i^rerfeiti?  ebenfaüe  rter= 
fd^loffen  werben  fonnte  unb  innerhalb 
beren  bie  f)eiligen  Siere  meibeten.  2)ic 
Sempel  erI)obcn  fic^  in  ber  SRegel  in  bcr 
iRafec  ber  ©ingfiätten,  juttieilen  aud)  in 
^eiligen  Rainen." 

2lucb  bie  norbifdien  Tempel  it>aren  obnc 
3ttieifel  auö  ^olj  aufgefüt)rt.  ^ai)  ben 
©agcn  finben  fic^  in  i|nen  meift  mehrere 
©ötterbilbcr  ^ufanimen  aufgeficüt,  beren 
eineö,  %i)ox  ober  g^el^r  ober  Salber  ober 
Dbf)in  bie  ^auptflefle  einnal)m.  ü)?eifl 
hjaren  bie  Sßilber  auö  ^olj  gefd)ni|t.  Sie 
fieütcn  bie  ®ottt)cit  in  ?ebcnägiö^e  ober 
barüber  »or,  gefd)müdt  mit  n.nrflid)en 
©emänbern,  ®oIb,  Silber,  ^leinobien  unb 
i^ren  5Utributen,  bie  nadten  Seile  bemalt. 
5lufer  ben  Stcmpelgötterbilbern  gab  e« 
au*  ^au^gö^en,  bie  mcijl  fff)r  Hein  ge- 
tticfen  ju  fein  [(feinen;  man  trug  fie  au* 
im  Seutel.  5tud)  ©ötterbilber  auö  Scig  unb 
SI)on  h)crben  crhjübnt;  Sborö  93ilb  finbet 
itd)  an  ber  |»od)fi^fiiule  unb  an  bem 
SBorberfiecen  eines  |)eerfd)iffeg  aus  ^otj 
gefdjni^t. 

3)ic  2BoI)nungcn  ber  (Sötter,  fowie  fie 
felbfl  unb  i^re  Sefi^tümer  unb  tiefte 
j^anben  unter  einer  l)of)cn  ^eiligfeit  unb 
einem  tiefen  ^rieben,  beren  93erlc|ung  unb 
Störung  bem  ^eibentum  für  baä  fdjWerpc 
23erbred)en  galt,  >t)cld)eö,  mie  man  glaubte, 
bie  ®ötter  felbji  aljnbeten.  Zac  ©ermania. 
39.  2)ie  ^eiligfeit  ber  ©öttermobnungen 
ging  fpöter  auf  bie  c^riftlid)en  Äird)en  unb 
Älöftcr  über. 

99ci  feiner  ©rünbung  »rurbc  ber  gemein« 
famc  öffentliche  Sempel  mit  einem  gemiffen 
©runbeigentum  botiert,  auf  n5cld)e«  fid) 
bie  ^ciligfeit  beß  Scmpclö  miterfiredte. 
Qluf  porige,  mcld)c  Scmpeln  angebörten, 
beuten  bie  (Sigcnnamen  Alahdeo  =  Wiener 
bes  IcmpelJi,  Cotadeo.Gotadeo,  Cotascalh, 
Gotascalc,  Gotmau,  Wihman,  "Wihdin. 
^ad)  51.  iRa^mann  in  (ärf(^.  unb 
©ruber,  *Mrt.  ©öttcrtcmpel  unb  ©ötter« 
bilber.  ißgl.  ©rimmß  SDJljtboIogic. 

©OttelftteliC ,    treuga  Dei,    pax  Dei, 
iji  ein   mittelaltcrlid)    tird)lid)e0  ^nflitut. 


bcfiimmt,  bem  ungeregelten  ^^bbemefcn  jU' 
fieuern.  Qlnfangö  maren  e«  bie  93ifd^öfc 
üon  5lquitanien,  tt)eld)e  feit  bem  10.  3a^r« 
^unbert  it)re  ©üter  gegen  Eingriffe  bur*- 
Qlnbro^ung  beä  5lnat{)cmö  ju  frd)ern 
fuc^ten,  unb  ju  bem  (Snbe  mit  mcltlicfeen 
®ro§en  in  freiwillige  Bereinigung  traten. 
Srfl:  alei  burc^  biefe  iBerfu*e  eine  btab' 
ftd)tigte  unb  burdigreifenbe  ^erlieüung  unb 
©id)erung  be«  allgemeinen  ^riebenä  nidit 
errcid)t  mürbe,  befd^lo^  man,  ftc^  gunäd)fi 
mit  befc^ränfenben  SDk§regeln  gegen  Qluä« 
Übung  beä  5^^^^^^^)^^^  h^  begnügen,  voo' 
burd)  bie  ©cmüter  atlmä^li($  Dom  2Begc 
ber  ©emalt  auf  ben  bes  9led)teö  ge« 
leitet  Werben  fofltcn.  I)iefc  le^tern  9Ha§« 
regeln  beiden  erfi  ©ottesfrieben,  im  engern 
Sinne  treuga  Dei;  benn  bie  pax  Dei,. 
unter  Weld)em  man  ben  immerwabrenben, 
grunbfä^lid^en  gerieben  Perftanb,  meld)en 
bie  Äirc^cn,  bie  ®eiftlid)feit,  bie  93egräb« 
niepUi^e,  bie  Älöfier,  bie  Äinber,  bie 
(pilger,  bie  J^'rauen,  bie  ^Iderbauer  nebfV 
il)ren  ©erätcn  genoffen,  mar  »icl  älter; 
erft  bie  treuga  Dei  bef(^ränfte  ba^  ge« 
fe^lic^  bcfie{)enDe  Jebbere^t  für  bejlimmte 
3citen  unb  banb  eö  an  fird)lid)  beftimmte 
(Regeln.  2>aä  gefd)a^  jucrfi  auf  einer 
Sljnobe  ber  S)iöcefc  son  (Sine  im  '^<xi)xt 
lü27;  t)icr  mürbe  für  bie  ©raffc^aft 
(Rouffiüon  fcpgcfe^t,  ta^  ber  Sonntag, 
baburcfe  geheiligt  werben  muffe,  ta^  iton 
ber  ?Jone  beö  Sonnabenbä  biß  jur  *]ßrime 
beöSDJontagö  jeber  Eingriff  auf  einen  9[Rcnd) 
ober  anbeten  ©ciftlid)en,  auf  einen  Äirc^« 
ganger  ober  einen  (Begleiter  con  gi^auen 
unterbleiben  folle,  fowic  ba§  aud)  .^ird)cn 
nebfi  einem  Umfreife  oon  50  Schritten 
nac^  allen  Seiten  gegen  jebcn  Eingriff 
fi*er  fein  foüten.  5>er  5'^ifbcnßbred)cr 
üerfiel  ber  (Syfommunifation.  93alb  famen 
ä^nlid)e  ^efd)lüffe  in  anbcrn  Seilen 
^ranfreic^ä  jufianbc  unb  nic^t  bto§  wur« 
ben  bie  befrieb'cten  3^i*'^'ii*"^^  oeroiclfät« 
tigt,  fonbern  au*  rein  weltlichen  5lngc^ 
legen^eiten  bcr  gleiche  Sc^u^  jugewenbet, 
ä.  S.  bem  OWarftc.  3)ie  ®ro"|en,  bie 
(Bürger  unb  bie  nicbere  (Botf^flaffc  erftiir« 
ten  mit  ßifer,  ben  5Sorfc^riftcn  ber  .Rirdie^ 
golgc  leijien  ju  wollen  ,  foba^  balb  in 
ganj  granfreid)  biefelbeu  ©runbfä^e  jur 
^nnat)me  famen.  2)ic  jDauer  ber  bcfric« 
beten  ^ät  ftatte  fid)  auf  bie  Qät  oon 
Sonnenuntergang  beö  3)onnerötagö  bi^ 
Sonnenaufgang  bee  ODiontagö  oerlängert 
unb  als  weitere  griebenöi^eitcn  waren  ia' 
JU  gcfommcn  bie  3^'^  ^om  erfien  Sage 
beö    (JlbPcnt   biö   jum    13.  ^a^uar,   oom 


©otte'^urtcile. 


243 


SfWontagc  t>or  bet  ^Jajienjeit  Bio  jum  ÜJton? 
tag  na^  ber  Dftettt)od)e  unb  an  einjelnen 
iejlimmten  ^^cjitagcn.  >Die  DoUcnbcte  (Sin* 
fü^rung  beö  ©otteöfriebcnö  in  granfreid) 
ttjirb  in  iai  3at)r  1041  gefegt. 

3n  2)cutf(^Ianb  gelang  cö  ijuerP 
bcm  ®rjbi[cf)of  oon  Äöln  im  ^ahx  1083, 
einen  ©ottesfticben  für  feine  SDiöcefc  ju» 
jianbe  ju  bringen,  ^einricf)  IV.  nat)m 
bic  biä  baf)in  partieHe  SJiagregel  auf  einem 
Äonji!  ju  SWainj  1085  in  bic  DteiAege* 
fe^gebung  auf;  beibe  Urfunben  f)ie§en 
noc^  pax  Dei.  %üx  befricbete  Jage  »ur« 
ben  erflärt  bie  3eiten  öom  erften  2ibbent 
biö  epipfiania  unb  oom  Sonntag  ©ep» 
tuagefima  biö  ^fingfien,  foniie  an  jeber 
3Bod)c  bie  Sage  tiom  2)onncrötag  biä 
jum  ©onntag,  mit  (Sinfct)lu§  ber  barauf 
fotgenben  Diait  biö  Sonnenaufgang,  fer« 
ner  bie  »ier  Duatembettage  unb  bie  3Sigi* 
lien  ber  D^amenstage  ber  *Mpoftel  nebfi 
ben  barauf  folgenben  Jagen,  cnblid)  aCIe 
fircf)Ii(i)en  ^ap  unb  ^^iertage.  2)en 
<S(i)u^  beö  ©otteöfricbenö  genoffen  bic 
SReifenben  unb  .^cimbteibenben,  felbjt  tt>enn 
fie  ©cmaltt^aten  begangen  f)atten,  au«« 
genommen  bic  gemeinen  ÜDiebe  unb  SRäu* 
ber.  5Uö  befonberö  gefct)ütit  werben  ge« 
nannt  bie  Äaufleute  auf  it)ren  .^anbelö« 
reifen,  bic  5idfcrbauer  bei  i{)ren  Qirbeiten, 
bie  grauen ,  bie  S!}JitgIiebcr  geijtlicfter 
Drbcn. 

*Papfi  Urbau  machte  enblic^  auf  ber 
Äirct)enüerfammlung  ju  (Slermont  ben 
©otteöfrieben  jur  2lngc!egent)eit  ber  gc= 
famten  6^rijtcnl)eit;  feine  befinitiüc  ^lu^' 
bilbung  crfiielt  haQ  ^nftitut  aber  im 
3a^r  1131  auf  einer  .^ircbennerfammlung 
ju  Oflbeim^,  meiere  auö  ben  ocrfc^iebenjten 
Sänbcrn  6uropa2i  befucbt  mar;  bic  33e= 
fc^Iüffe  fon  SHbeim^  mürben  fpdter  öftcrö 
burcf)  bie  $äpfic  beftätigt  unb  enblic^  in 
hai  Äircf)enreci)t  aufgenommen.  Wit  ber 
3eit  machte  ber  ©ottcöfrieben  mit  feinem 
ürc^tidjcn  ß&araftcr  ben  Sanbfricbcns- 
geboten  »on  meltlid)er  6eitc  ^la^,  unb 
je  me{)r  bas  Königtum  erfiarftc,'^  bcfto 
feltencr  fanb  ftc^  noc^  in  ©efe^en,  Ur* 
funben  unb  gcfd)id)tlic^en  Seric^tcn  eine 
»ereinjelte  (Srmäbnung  be^  veralteten 
©otte^fricben^.  93ranbeö  in  (Srfcf)  unb 
©ruber,  5irt.  ©otteäfticben.  ÄlucffoI)n, 
©efcfti^te  beß  ©ottcöfriebcnö,  fieipjig, 
1857.  SBgl.  bie  5lrtifel  gc^bercd)t  unb 
triebe. 

©Ottegltrteilc,  Orbalien,  ordalia, 
tai  latcinifc^e  Sßort  jufällig  nad)  ber 
angclfdd)fifd)cn  ^orm  ordale  be^  beutfd)cn 


SBorteä  urteil  gcbitbet.  SRan  »erficht 
barunter  groben,  an  bereu  Ausgang  man 
einen  ^uöfpru^  ber  ®ottt)cit  über  <S(^uIb 
ober  Unfdiulb,  (Red)!  ober  Unrcd)t  ju  er* 
fenncn  glaubte.  ®ie  famen  auc^  bei 
anbcrn  Sölfern  »or,  bei  ben  ®ried)en, 
namentlid)  aber  ben  3nbiern. 

5Dic   Wirten   ber   ®otteöurtciIc   bei 
ben  (Sermanen  jtnb  fotgenbe: 

1)  S)a^  Äampfurteit  ober  ber 
ßmeifampf,  judicinm  pngnae  sive 
campi,  pngDa  dnoram,  duellnm,  mono- 
machia,  singulare  certamen,  a^b.  einwic, 
chamfwic,  wehadinc,  altn.  holmgangr, 
mar  iai  oornef)mfte  ©otteöurteit,  unb  ur* 
fprüngii^  feinem  germanifdien  SBolfe 
fremb.  3n  ber  SRegel  fonnte  nur  ber  freie 
ÜRann  einen  anbern  j^um  ßweifampfe 
forbern,  ber  fc^Ied)tere  2)tann  aber  !onnte, 
menn  er  angcfprod)en  mürbe,  htn  Äampf 
nid)t  meigern.  ^erfonen.  bie  nic^t  fclbjt 
JU  fämpfen  imfianbc  maren,  tonnten 
ober  mußten,  je  nac^bem  fte  Ätiiger  ober 
Seflagte  maren,  einen  anbern  für  fid) 
ftellen,  unb  jmar  fonnte  bie^  entmcber  ber 
ißogt  ober  SBormunb  ber  *Perfon  fein,  bie 
ii)riRcd)t  butd)Äampf  geltcnb  mad)entt)oate, 
ober  fonft  jemanb,  ber  ftd)  freimiüig  ober 
für  ®elb  baju  f)ergab.  ©aa  9fied)t  aber, 
einen  anbern  alöÄampfer  für  [\d)  ju  ftcUcn, 
ftanb  aügemein  ju:  1)  benienigen,  bie 
burd)  förpetlid)c  SÖtängel,  burd)  «altera* 
fd)mad)c  ober  3ugenb  t>er^inbert  maren, 
felbft  ju  fämpfen;  2)  ben  2öeibern.  3)en 
le^tcrn  mar,  menn  ftd)  niemanb  fanb,  ber 
für  fte  einfieben  mod)te,  in  fpäteter  3eit 
gefiattet,  ftd)  felbfi  ju  pcrteibigen,  mofür, 
um  bie  Äriifte  au«jugleid)en,  eigentümlid)e 
*ltrten  beä  2ßeiberfampfcö  erfonnen  mürben, 
monad)  ber  'Iflann  biä  an  ben  ©ürtet  in 
einer  runben,  etma^  meiten  ®rubc  jU  fte^en 
unb  iion  ha  am  rermittelii  beäi  .^olbeng 
mit  ber  au§erbalb  ber  ®rubc  fiebenben 
^rau  fämpfen  mu§tc;  3)  ben  ©eiflli^en; 
4)  ^erfonen  Porne^men  ©tanbeä.  93ci 
ben  Öongobarbcn  mar  e«  ©itte,  bic  ilampf* 
orbale  burd)  gemeine,  beja^Ite  .Kämpfer 
ausfegten  ju  laffen.  <E)a  ber  gerid)tUd)e 
3mcifampf  im  fpätern  *Kittetalter  ef)cr  ju= 
\\ai)m,  fo  bitbctc  fti^  in  rerfi^iebenen 
ßänbern  ein  eigener  Äampfproäcg.  S)urd^ 
Privilegium  maren  gemiffe  Orte  ju  Äampf^ 
geiid)ten  erhoben,  ober  gemiffen  mit  ®e« 
rid)tebarfeit  beficibeten  «perfonen  baä  SRed)t 
erteilt,  bai  aüe  3»eifämpfe  innerhalb  eine^ 
gemiffen  S)i(triftö  unter  ibrer  '3luffid)t  unb 
!i}eitung  auögefo^ten  merben  mußten.  Sc- 
fonberä  befannt  maren  im   14.  unb   15. 


244 


Oottcäurtctic. 


5a^rftunbcrt  bie  Äampfgertcfete  bcr  ©tabte 
^aü  in  sr^ioabcn,  iJlnfpacf),  SBürjburc;, 
beö  Surggrafentumö  DiJürnbcTg,  be^  öanbä 
gericE)ts  ju  granfen.  2)er  Äampfpla^ 
ttjutbe  »Ott  bem  SHidjtcr  nnciewiefcn ,  boc^ 
^attc  man  aud)  befiimmte  umjäunte  Q3la^e 
bafür;  Pon  ber  Snfel-  auf  »eldjer  im 
SJiorbcn  meifi  ber  Äampf  Dor  fic^  ging, 
\)k^  bin  bcr  ßtt'cifampf  -^»Plmflnng.  ;'^um 
^olmgang  würbe  eine  fünf  Stten  lange 
|)aut  ober  ein  Seppid^  f)ingclegt  unb  an 
»ier  *}}fä6Icn  befcfligt,  beren  einer  ber 
^auptpfa^I,  Tiosnar,  fjieB-  S)er,  welker 
ben  ^ec^tpla^  juricfctete,  mupte  gu  biefen 
^fä^Ien  rücfmärt«  geben,  gebücft  unb  feine 
Obriäppiten  t)altenb,  fo  ta^  er  ben  |)imniel 
äwifcfien  feinen  Seinen  bur(i)fe[;en  fonntc, 
unb  eine  Sßefcbiüärungäformel  f)erfagen. 
Um  ben  Seppicf)  I)erum  foQtcn  brei  SRäume, 
jcgti^cr  einen  gu^  breit,  unb  biefe  burd) 
oier  ©taugen  begrcujt  fein.  2)er  fo  ein* 
gericbtete  ged)tpla^  biep  eine  bcfriebete  2)krf. 
3eber  foüte  brei  ®ct)ilbe  baben;  wenn  biefe 
jcrfcblagen  frnb,  mu§  man  wieber,  menn 
man  auä)  früficr  jurüdgerpi^cn  war,  auf 
ben  Jeppid)  treten  unb  bie  ^icbc  mit  ben 
2öaffen  auffangen.  2Bar  einer  fo  Per^ 
Wunbet,  ha%  Slut  auf  bic  (ärbe  fiel,  fo 
tonnte  man  ben  .ffampf  ali  beenbet  an= 
feben.  Sßer  fo  weit  gewieben  war,  i>a^  er 
mit  beiben  güBen  auperbalb  bcr  ©renj« 
fiangen  flanb,  war  in  bie  glucf)t  gcfcblagcn. 
3cber  Streiter  foüte  einen  Tlann  aU  Scfcilb* 
balter  bei  fic^  baben.  2)er,  Weldber  über* 
Wunben  War,  wu^te  brei  9}Javf  alä  ^öfegelb 
für  fein  ßcben  erlegen. 

5tud)  in  S)eutfd)Ianb  war  eine  5irt  Sc 
funbantcn  üblid) ,  bic  ©rijs  ober 
©rieswärtel.  @ie  waren  mit  langen 
Stangen  ober  ißäumcn  bewaffnet,  wcldic 
fie  mit  örlaubnie  beö  'Jiic^tere  bem  Sinfen* 
ben,  SSerWunbeten  ober  Ermatteten  jur 
Stüfee  barreid)ten.  'ilucb  bitten  fte  über» 
f)aupt  bafür  ^u  forgen,  ta^  bei  bem  .Kampfe 
aQeö  o^nc  Irug,  Üift  unb  ®efät)rbe  juging, 
ftc  mußten  Sonne  unb  2Binb,  Sid)t  unb 
Scbatten  beiben  Kämpfern  glei(^  teilen. 

i)ic  aBaffen  waren  urfprünglid)  bic  bei 
jcbem  Stamm  gcbräudilicben:  bei  ben 
^^ranfcn  unb  ßongobarben  bic  Äeule,  bei 
ben  5(Iemanncn,  Sad)fcn,  S^riefen  unb 
9iormannen  i>ai'  Sd)wert.  iRitter  crfdiienen 
fpäter  in  roüer  SRüflung  auf  bem  Äampf« 
pla^e,  ben  übrigen  ^^^xäm  war  eine 
eigene  Jlüftung  Dorgcfd)rieben.  3nmand)cn 
©egenben  blieb  bie  Acute  aU  äöaffc  beä 
geringen  i^olfs  unb  ber  ÜJo^ntdmpfcr 
üblid).     3utn  Siege   genügte  cö,  hn^  tai 


93Iut  beö  93cftegtctt  ben  ßrbbobcn  fdtfetc, 
ober  bcr  Seftcgte  burd)  Sntfräftung  ober 
Söerluj^  ber  Sffiaffen  ntd)t  me^r  ju  fämpfen 
imjlanbe  war;  wer  aber  biö  jum  Sonnen* 
Untergang  ficb  pcrtcibigtc,  würbe  Pon  bcr 
gegen  if)n  ert)obenen  Äfagc  freigcfprod^en. 
2)  S)aö  Soö;  feiner  bebienten  ftc^  nacb 
Sacituö  Oermania,  ^ap.  10  fd)on  bic 
Oermanen,  um  ben  SBiüen  ber  ®ötter  ju 
crforf^en.  ®ö  Wirb  in  ben  Serorbnungen 
fränfifc^cr  Könige  unb  in  ben  ißoIfögefe|icn 
crwäljnt  unb  würbe  befonber^  bei  S)ieb» 
ftaf)lbcf(^ulbigungcn  angcwcnbct.  Später 
Pcrfd)Winbct  eä. 

3)  Feuerprobe,  Judicium  ignis, 
probatio  per  ignem.  3u  unterfd)eiben  ftnb 
brei  5irtcn:  a)  ber  93efc^ulbigte  mu§tc  feine 
$anb  eine,  wa^rfcbeinlic^  genau  bcflimmte 
3cit  in  baö  r^cntx  baltcn  unb  galt  aU 
unf^ulbig,  wenn  er  fte  unocrlcgt  jurüdjog. 

b)  2)er  ©eflagte  mu^tc  feine  Unfc^ulb  ba- 
burd)  beWeifen,  ha^  er  im  bloßen  ^cmbc, 
ober  in  einem  2ßad)^^embe  unPcrfe^rt  burc^ 
einen  brennenben  ^oljjiot  ging;  mit  bicfer 
*Probe  foü  3lid)arbiö,  bie  ©cmablin  Äarl^ 
beö,2)iden,  it)re  Unfd)ulb  bcwäfirt  l^abcn. 

c)  Üblidjcr  unb  pcrbrciteter  als  bic  beiben 
genannten  ^fU^Pi^oben  war  bie  *Probc 
hi^  I)ci§cn  öifenö.  'änä)  bicr  ftnb 
JU  unterfd)eiben:  aa)  bic  *)3robe  bc^ 
Sifentr agenö,  wonacb  ein  Sifcn  t>on 
bcjlimmter  Schwere  eine  Stiede  (gewöhn« 
lid)  9  Sdiritte)  weit  mit  bloßen  |)änbcn 
getragen  werben  mu§te,  unb  bb)  bic 
$robcbcrgIüf)cnben*J)flugfd)aren, 
beren  in  bcr  Siegel  9,  oft  aber  auä)  6 
ober  12  in  einer  befiimmten  (Sntfernung 
fon  cinanber  gelegt  würben,  über  bic  bcr 
51n_geflagte  barfug  gct)en  mugte.  Qlud^ 
biefe  'Probe  fott  nac^  alten  ßtironijlen  bie 
(Scma^Iin  Äarl^  bcä  S)icfcn,  au§erbcm 
Äunigunbe,  .^»cinrid)  II.  ©ema^Iin,  unb 
(Smma,  bie  SDtutter  ©buarb  besi  Sßcfcnncr^, 
rül)mlic^  bcftanben  I;abcn. 

4)  2Baff erprobe,  a)  «Probe  mit 
beigem  ißaffer,  Judicium  aquae  fer- 
ventis,  bei  ttn  %xii^in  Äctelfaug, 
Äeffelfang,  gel)eigen ,  gebort  nebfi 
bem  fragen  beö  glül)cnben  ©ifcnß  unb  bem 
.Rumpf  ju  ben  am  weitefien  »erbreiteten 
unb  am  ^äufigpen  crwä()nten  Drbalicn. 
S)iefe  QJrobe  ging  baf)in,  ha^  ber  'Bcüagtc 
au«  einem  Äcffcl,  in  weld)cm  iffiaffer  ftebcnb 
gemad)t  worben,  einen  SRing  ober  Stein, 
bcr  bincingcroorfen  war,  mit  blogem  2lrm 
uuPcrlc^t  berporbolen  mugte. 

b)  qSrobe  mit  Ealtcm  Sßaffcr.  5)cr 
i8cfd)ulbigte  würbe  cntflcibct,  mit  einem 


©ottcöutteile. 


245 


«StiicE  um  ben  ficib  (um  x\)n  miebcr  ^erauö» 
jieJien  ju  fönnen)  ein  ober  aud)  wetirere 
aJtale  in  baö  ÜBaffer  c^emorfen;  baö  Unter« 
ftnfen  würbe  für  ein  3<!icbcn  ber  Unfci)ulb, 
bog  ®cf)h)immen  für  einen  93emeiö  ber 
©d)ulb  ftct)alten.  3utt)eilcn  warf  man  ben 
93cfd)ulbigten  in  ein  gro^e'ä,  breifubrigeö 
®cfä§  ftatt  in  cincigentUd)e^  (Semäffcr.  I)aö 
ältejte  l)iflovifc^e  3«"9"i^  fi"^  ^f"  (Sebrauc^ 
biefer  $robe  ifi  ein  iBerbot  bcöfelben  burd^ 
Öubmig  ben  gi^t'iiii^'!"  ''om  ^al)x  829; 
man  finbet  fie  wenigflcnö  oom  12.  3al)r* 
^unbert  an  über  2)eutfd)lanb,  ^ranfreid), 
©ponien,  Stalien,  (Snglanb  unb  ®d)ott5 
lanb  tierbreitet.  <5ie  crf)ielt  fid;  bcfonberö 
in  ben  ^^»eyenprojcffen. 

5)  Äreujurteil.  33eibe  fiteitenben 
Seile  mußten  mit  aufgct)obencn  ^änbcn 
on  einem  .ßreuje  ftet)en;  mcr  »on  üjmn 
jucrft  bie  ^änbc  finfcn  ließ  ober  bewegte, 
galt  für  befiegt.  3"^filcn  würbe  geforbert, 
ha^  beibc  3;eilc  fo  lange  for  bem  j?reujc 
fielen  mußten ,  bis  einer  t>on  iljnen  oor 
(Srmattung  I)inficl.  2)tefe  $robe  wirb 
juetfi  in  einem  Äapitularc  $ipin^  rom 
^a\)Xt  782  ermä{)nt;  in  mefjrcren  %äüm 
t)at  fie  .$?arl  ber  @ro§e  iiorge[d)rieben,  ber 
auc^  üerorbnete,  ta^  bie  Äreuje^probe  unb 
nic^t  ber  Äampf,  ent[d)eibcn  follte,  wenn 
unter  feinen  ©öf)nen  Streit  über  ©renken 
unb  Umfang  ii)Xii  (Sebieteä  entfiet)en 
würbe.  Subwig  ber  fromme  oerbot  biefc^ 
©ottcßurteil  im  3al)re  826. 

6)  fprobe  beß  geweiteten  Siffen^. 
S)cm  58efd)ulbigten  würbe  ein  »or^er 
bencbicirter  *-8if[en  Srot  unb  Äafe  gegeben, 
unb  er  galt  für  überwiefen,  wenn  er  ben* 
fclben  nic^t  leicht  [)inunterbringen  fonnte, 
er  i^m  im  .^alfc  fiedcn  blieb  ober  wieber 
^erauägenommen  werben  mußte.  2)ie  die- 
bcnöart  „ta^  mir  ba«  Srot  im  ^alfe  fieden 
fcicibe"  fott  t>on  biefem  Oottcöurteile  ber» 
rubren. 

7)  aibcnbmaf)läprobe.  ®er33efd)ul= 
bigte  mußte  mit  ben  SBorten:  corpus 
Domini  sit  mihi  ad  probationem  hodie, 
tai  5lbenbmaf)I  nel;men.  2)iefe  *probe  war 
toorjüglid)  bei  ber  ®eifiUc&Ecit  in  ®ebrauc^, 
boc^  würben  aud)  8aien  oft  jur  [Reinigung 
burd)  biefelbe  jugelaffen. 

8)  ®aö33al)rrcd)  t,  jus  feretri,  würbe 
angewcnbet,  um  ben  5tf)ätct  bei  einer  rter= 
übten  9Jlorbt£)at  ju  ermitteln.  2)er  (är* 
morbete  würbe  auf  eine  33abre  gelegt  unb 
biejcnii^en  fperfonen,  auf  welchen  ber  *Ber= 
bac^t  rubte,  mußten  Ijinsutretcn  unb  unter 
5luöfpred)en  gewiffer  gormein  mit  ber 
•^anb  ben  8eid)nam  be3  (Srmorbetcn,  ge* 


wöf)nlid)  bie  SBunben  unb  ben  SJiabct  be« 
rü£)ren.  ÜJ^an  glaubte,  baß,  wenn  ber 
@d)utbige  ftc^  auf  biefe  2Beife  bem  Sr* 
morbeten  nähere,  ein  3«*^^^"  gefc^c^en 
unb  bie  SBunbcn  ju  bluten  oöer  ju  jittcrn 
anfangen,  ber  lote  feine  (Sefi^töfarbe 
änbern  würbe.  ®efd)ab  »on  bem  allen 
nid)tä  unb  bekannte  ber  a3erbäd)tige  nic^t 
freiwillig,  fo  mußte  feine  Unfd)ulb  aU 
crwiefen  angenommen  werbe.  ®iet)c 
SRibclungenlieb,  984— 9S6,  ^artmannö 
3wein,  1355-1364. 

*llbgefel}en  uom  3weifampfe,  ftanbcn 
bie  Drbalien  unter  ber  Leitung  ber  ©eifi» 
lid)feit  unb  würben  bid  auf  tai  taltc 
•ffiaffcrorbal  in  ber  Äird)c  ooUjogen,  mit 
Einwilligung  ber  *13riejler.  m  fonnte  gc* 
fd)eben,  ha^  «Reinigungen  burd)  ®otte^= 
probe  nic^t  nor  fid)  gingen,  weil  bie 
*i3riefier  il)ren  ©ien^  oerwcigerten.  !Jiamcnt= 
lid)  burd)  gaften  bereitete  man  ftc^  pm 
®otteeurteil  oor.  Bur  q3robe  felbji  war 
bie  mxii)t  für  M^  Solf  verfc^Ioffen  unb 
nur  gcwiffen  3'"9fii  geöffnet.  i)a^  jum 
Urteil  (Sr|^orberlid)e  würbe  »orbereitet,  ber 
Äeffel  aufgefegt,  tai  ©ifen  in  iia^  geuer 
gelegt.  S)er  *2(ngcElagte  fnicte  nieber,  ber 
fßviejier  erflel)tc  'im  ®ebetc  ®ottcg  53ei* 
fianb.  dU<i)  bcenbigter  »Jeffe  befd)Wor 
ber  (ßriefier  ben  öeflagten  nod)  einmal, 
®ott  nid)t  äu  pcrfud)en;  fdiwieg  berfeibe, 
fo  reichte  il)m  ber  *l}tiefter  baö  *ilbenbmat)l 
mit  ben  2Bortcn :  Corpus  hoc  et  sangais 
Domini  nostri  Jesu  Christi  sit  tibi  ad 
probationem  hodie.  ''JlEc  ©egenwdrtigen 
würben  mit  5ßeit)Waffer  befprengt  unb 
mußten  oor  bcmfelben  beten,  ©iiangelium 
unb  Ärcuj  würben  iljm  jum  Äüpn  ge= 
reid)t.  J)em  5lngeflagten  würben  anberc 
Älciber  angelegt.  2Bäb«nbbem  fingt  ber 
$riefler  eine  furje  Litanei  unb  fprid)t  bann 
über  ba§  ÜBaffer,  geuer  :c,  einen  ©forciä* 
muei  unb  eine  Senebiftion.  2)nnn  fprengte 
er  ta^  Sifen,  baö  auf  bem  gcuer  lag,  mit 
2öeit)Waffcr  unb  reid)te  c«  bem  "ilngetlag* 
ten,  ober  ber  Äeffel  würbe  »om  geucr  ge= 
nommcn,  ber  @tein  ober  SRtng  l)inabge« 
laffen.  iBei  einigen  Drbalien  würbe  fo- 
gleid)  über  ben  glüdtid)en  oöer  unglüd« 
lid)cn  ^lluögang  entfd)ieben,  beim  3"^^^* 
fampf  würbe  ta^  Urteil  fon  bem  Äampf- 
rid)tern  auögefprodicn.  Sei  ber  *Probe 
beä  f)eißen  Sifenä  unb  ÜBafferö  würbe 
nad)  ber  f|3robe  bie  |)anb  fofort  einge= 
widelt,  tierfiegelt  unb  erfi  am  brüten 
läge  geöffnet.  S)ie  ©eifilid^en  ließen  fi^ 
für  ibre  «DUibewaltungcn  bei  ben  Drbalien 
bejablcn. 


246 


®raf>  —  Oraf. 


Tlan  betraä)tetc  bie  ©ottcöurteile  aU 
ein  ctfc^Werteö  unb  äufcrf^eä  Selreiömittcl, 
qIö  bie  Ic^te  3uftu^t  ju  (Srmittelung  bcr 
SBafir^cit.  Srfi  tt)cnn  bct  (Sib  unb  bie 
©teüung  Don  (£ibeö{)elfern  nid)t  mebr  gc* 
nügtc,  griff  man  jum  S^'eifampf  unb  erfi 
naä)  biefem  ju  ben  übrigen  Drbalicn.  ®ie 
SRed^töfammlungen  cntf)alten  bes^alb  überall 
iai  Streben,  baö  ©otteöurtcit  auf  befon» 
berS  qualifizierte  (Streitigfeiten  su  befd)rän* 
fen.  Oft  ^ing  es  »on  ber  Slßiüfür  beö 
Magert  ah,  bie  gett>ö^nlicf)e  gefe^Iic^e  Se^ 
jreiöfü^rung  ju  permerfen,  inbem  er  bei 
Srftebung  ber  Älage  erflärte,  bie  ©ac6e 
auf  bie  ©ntfÄeibung  ©otteö  anfommcn 
laffen  ju  ntoüen.  Unter  Umjiänben  ftanb 
aui)  bem  Ätdger  eine  Slöa^I  jtt)ifc^en  t>cr= 
fä)iebenen  "^iroben  offen. 

3m  13.  unb  14.  3(if)rbunbert  noä)  Voa^ 
len  Äampf  unb  anbere  Proben  in  ben 
mcificn  europäifdien  ßänbern  ein  fe^r  übs 
licfteö  93eniciömittel.  5n  ^ranfrei^  {)ob 
ßubroig  IX.  ben  gerid)tlicf)en  3tt^fifif"Pf 
im  S^^re  1260  auf.  3"  Snglanb  maren 
feit  bem  12.  ^^firbunbert  bie  Ärone  unb 
cinfK^töoclIe  SRönner  bemüht,  bie  Drbalicn 
aufer  ®ebrauc^  ju  bringen.  3"  ^f"  ffau; 
binai)if($en  ßänbern  mürbe  bie  2lbfct)affung 
ber  Drbalien  befonber«  burcf)  bie  Sßemüs 
l^ungen  ber  rbmificnÄurie  unb  ber  Ijö^eren 
®ciiiliä)feit  bemirft.  3n  S)eutfc^Ianb,  mo 
tai  ^ampfredit  aU  geri^tlid:)e0  Semeiä^ 
mittel  nie  bie  5lu0bef)nung  erf)alten  ju 
i^abcn  fd)cint  mie  in  ^^i^anfreic^  unb  (Sng< 
lanb ,  t>erf(^manb  in  ben  ®täbten  baä 
Äampfrccf)t  mit  ber  Sntmicfelung  eines 
eigenen  @tabtred)teö  bercitö  feit  bem  13. 
3aör^unbert,  bod)  fommen  einjelnt  %'äüt 
noci)  im  15.  3abrf)unbert  oor.  3"  ben 
mciften  europäifcfeen  ßänbern  trat  an  bie 
©teile  ber  ®otte«gerid)te  bie  lortur,  nur 
in  (Snglanb  nicf)t.  3"  neuerem  ßeben 
mürben  bie  auö  ben  ®ericf)ten  fafl  ganj 
Berfi^munbenen  ©otteöurteile  burcf)  bie 
^ejrenprojeffe  ermecft,  Ijefonberö  bie  falte 
SBafferprobe  unb  tai  20  ägen  ber  ^ejren. 
'^an  glaubte  nämlic^,  ta'^  bie  von  bem 
Seufel  befeffenen  ^cjen  il)re  natürli^e 
Schwere  »erlicren,  moburd)  fie  teilä  im 
SBaffer  oben  auf  fi^mammen,  teilö  bei  bem 
SIBiegcn  ungewöhnlich  Ieid)t  befunben  mur« 
ben.  Qlud)  hai  Sabrred[)t  t)at  jic^  alä 
le^ter  SKefi  ber  ©otteöurteilc  in  einjelnen 
trauen  biö  inö  18.  3al)r{)unbert  erbalten. 
2ßilba  in  (Srfd)  unb  ©ruber,  21rtifel 
Orbalien. 

(Btah,  [n\)t  Sotenbejlattung. 

©rflf ,      at)b.      krävio,      gräveo  , 


grävo,  m^b.  gräve,  ctpmologifc^  nodfy 
nic^tgcnügcnberflört,  f.  Sffiai^,  iBerf.  ®ef$, 
13,  265,  tji  ber  regelmä§ige  23ertreter  bc^ 
Äönigö  bei  ben  igranfen;  er  nimmt 
^ier  bie  Stelle  ber  alten  Solföfürficn 
ein  unb  j!ebt  über  ben  33orf!e^ern  ber^un* 
berten,  an  bercn  Ernennung  fortmd^renb 
baö  SBolf  einen  5lnteil  ^at.  ©ietje  (S>au 
unb  ^unbertfc^aft,  ©eine  ®emalt  be* 
Sief)t  ftd)  überall  auf  ben  ®  au,  of)ne9tücE« 
ftd^t  auf  fläbtif^e  ober  länblic^e  Seüöls 
fcrung;  er  bei§t  in  ber  altfranfifcf)cn 
*}Jeriobe  aud)  judex,  praesesu.  prae- 
fectus.  2)ie  Q^flic^ten  beö  ©rafen  ftnb: 
Sorge  für  SRec^t  unb  ®erec^tigfeit,  für 
iJrieben  unb  SRu^e,  ©cf)u^  ber  ®(f)mad^cn 
unb  .^ilf^bebürftigen,  Unterbrüdfung  ber 
SlRiffetbäter,  (Srl)ebung  ber  föniglic^en  (Sin^ 
fünfte,  bie  militärifd)e  ®emalt,  bie  *^oIijei, 
ber  SBorfi^  am  ©ericf)t,  bie  Sabung  unb 
(Syefution,  überf)aupt  ber  Sann.  S)er  ®raf 
empfangt  feine  Scfugniffe  unmittelbar  nom 
Äönig,  für  ben  er  auc^  ben  6ib  ber  3:rcue 
unb  bie  ^ulbigung  entgegennimmt ;  er  jie^t 
an  ber  ©pi^e  feineö  ®aueä  ju  ^^elbe.  31Iä 
93elof)nungfürbcn  2)ienft  empfing  er  fönig= 
lid^eä  ®ut.  35ie  mic^tigfie  Qlu05eid)nung 
für  it)n  ifl  ba^  breifacfce  üöergelb.  Son^ 
ifi  fein  SHed}t  ben  Untergebenen  gegenüber 
burcfe  fein  ®efefe  befiimmt,  «Red)t  imb  Slßill* 
für  fliegen  ineinanber.  ©eine  2Baf)I  fianb 
in  ber  Sßitifür  beö  Äönigä  unb  mar  on* 
fangä  burdjauö  an  fein  ®efd)lec^t  gebun? 
ben.  S)ie  ®raffc^aft,  comitatus,  co- 
mitia,  behielt  einen  übermiegenb  öffent* 
lici^en  ß^araftcr.  3nnf'^f"itf'  beö  ®aue8 
fonntc  ber  ®raf  einselne  ®efc^afte  burdfy 
©teÜDertreter  Dornebmen  laffen,  eigentliche 
Unterbeamte  beiden  vicarii. 

.!^arl  ber  ®ro^e  änberte  an  biefem  alten 
©tjftem  ni^ts,  abgefeben  baöon,  ta^  et 
in  bie  neueroberten  ßänber  ^auptfäcfilicfy 
^ranfen  al§  ®rafen  einfette.  2Me  SRegcl 
mar  Seftaüung  "auf  öebenöäeit.  Unter  ben 
Karolingern  mebrte  fid)  ber  Umf!anb,  ha^ 
fic^  angefel)ene  unb  mdcbtige  ^^amilicn  in 
ber  SBermaltung  befiimmter  ®raff($aften 
erl)ielten,  in  ber  fte  angefeffen  unb  begütert 
maren. 

2ßar  bie  ®raffcbaft  früher  ein  5tmt,  fo 
iinbcrte  ft^  allmd^lii^  i^r  S^arafter  baljin, 
ia^  biefeö  ein  Seneficium  mürbe  unb  bie 
bamit  »erbunbenen  Vorteile  in  ben  IBorber« 
grunb  traten,  ©er  ®raf  mar  95afatl  bc« 
Äönigä.  I)ic  ©rafen  gehörten  fletö 
ju  ben  oorncbmfien  ÜJJdnnern,  unb  Sinjel« 
erfjebungen  oon  DiJUinnern  niebriger  |)ers 
fünft    ju    ®rafendmtern  erregt   5luffe|en. 


Oral  ober  ®raat. 


247 


Wann  [c!&on  früf)cr  bic  ©roffd^aftcn  oft 
in  bet  ^anb  angcfcbcncr  Familien  j^ewefcn, 
fo  rt)urbe  jc^t  bie  ®taf[d)aft  erblid). 

5E)aburd[)  tt)urbe  nun  anä)  ber  ftüöere 
enge  3ufnnimcnÖQn9  jwifcften  Oraff^aft 
unb  @an  gelocfert,  bie  ©vaffc^aft  btängt 
ben  ®au  jutüd  unb  baä  Sfieid)  jerfäüt  in 
®raff($aften  rtiie  einft  in  ®aue;  ein  ®au 
fannmel)rere  ©rafcn  baben  unb  oerfd^icbcnc 
©aucfönnen  unter  einen  ©rafengefteüt  [ein, 
ober  ein  ®raf  I)at  in  einer  *JDiei)rjal)l  non 
®auen,  meip  nur  in  einjelnen  leiten  eineö 
®aue^  ober  an  ein^elnenDrten  bie  ®ra[fcf)aft. 
3eber  unter  einem  ®rafen  jleljenbe  Se^irE 
ober  ßanbfompley  fann  ®raf[d)oft  l)ei§en. 
hervorgerufen  >v»urbe  biefe  5luf(öfung  ber 
alten  ®auiierfaffung  am  meijlen  burd)  bic 
Sycmtionen  ber  geiflUctien  Stifter  oon  ben 
®raffd)aften,  iuxä)  bie  fclbftänbige  ßnts 
it>ideiung  ber  ©tdbte.  S)er  alte  ®au  oer* 
lor  überhaupt  al«!  ®ericf)te-'  unb  politifd)er 
SejirE  feine  Sebcutung.  5lu(^  bic  alten 
©aunamen  verlieren  ihre  !8ebeutung  unb 
ttjie  frül)er  foni  ®au,  fo  »erben  bie  ®rafen 
jc^t  nacft  bem  Ort  bejcic()net,  it)o  fte  regel* 
niä§ig  ibren  Si^  hatten,  unb  gewinnen 
ba burift  Familiennamen ;  aud)  nac^  ber 
$rouinj  finbet  man  fte  benannt,  ber  fte 
anget)örten,  ®rafen  ton  "Sadifen,  Söeils 
falen,  3;f)üringen,  Sapern,  .ftärutben,  ^la= 
mannicn,  ©cfcroaben,  6lfa§. 

9!)?it  bem  Qlufbiireu  ber  ße^nö»erfaffung 
gef)en  bie  ®raffd)aften  in  lerritorialberrs 
f(f)aften  über  unb  bie  ®rafcn  jdl)lcn  ftd) 
jetit  jum  bo&en^ibel;  eine  gro§c3i't)t  nod) 
übrig  gebliebener  freier  Ferren  nimmt  im 
15.  3af)rl).  ebenfaü^  ben  ®rafentitcl  an, 
unb  julc^t  wirb  bic  grdflid)e  Jßürbe  öom 
^aifer,  befonbersi  feit  Äarl  V.  fäufUd)  burcb 
S5ibIom  an  rittcrbürtigc  gtimiUen  t>erliel)en. 
®iet)e  auc^  33  u  r  g  g  r  a  f ,  ß  a  n  b  g  r  a  f,  üJf  a  r  f ^ 
grafunb  fpfaljgraf.  ^auptqueüe:  2öat0, 
SSerfaffun9ö-®efd)id)te. 

@ral  ober  ©raal.  2)er  beilige  ®val 
njor  ber  SD^ittelpunft  cineö  auögebe{)ntcn 
2)i(f)tungöErcife6  ber  mittelalterlichen  iRo^ 
mantif,  woran  bie  iRittcrmclt  ftd)  erbaute 
unb  burd)  beffen  '-Bearbeitung  bie  S)ic^ter 
|i($  bie  ©eligfcit  ju  t>crbienen  glaubten. 
3n  ber  ®ralfage  meinte  man  bie  uner= 
forfd^lic^en  ©eVimniffe  beö  ©laubenö, 
bic  SBunber  beö  fö^riftentumö  unb  bie 
fcgenörcidien  l'ebren  bcö  neuen  *-8unbe^ 
ju  ergrünben,  in  @t)mbolen  anfc^aulic^ 
äu  mad)en  unb  an  bic  poetifd)en  unb 
^ifiorifd)en  Jrabitionen  im  ®eifie  bcö 
^rifilid)en  Sfüttertume  anjufnüpfen.  2)er 
Sej^anb  ber  urfprünglic^cn,  watjrfc^einlic^ 


auö  |@panien  burc^  maurifd)e  Sermitte« 
lung  nad)  ^ranfreid)  gekommenen  Sage 
ifi  bi(8  je^t  nid)t  flar  gelegt  morben;  mir 
fcnnen  fie  blo^  in  bcrjenigcn  ®efialt,  in 
mcld)cr  fte  in  Scrbinbung  mit  ber  ©c« 
fd)id)te  *i3aräioalö  unb  ber  gefamten  'üx- 
tuofage  aU  ßieblingöftoff  ber  franjöfif^cn, 
fpätcr  ber  bcutfd)cn  (Spifer  auftritt.  Ttan 
befi^t  jmar  ein  altfranjöjtf(%e(8  ®cbic^t  beä 
Chrestien  de  Troyes,  Contes  del  Graal ; 
biefcö  ifl  iebo(^  nic^t  bie  Duelle  ber  bei» 
ben®raalbid)tungen9[ßolframö  oon  ©fc^en« 
bac^,  be«  *ßarjiiial  unb  beö  Xiturel;  Diel= 
met)r  nennt  Sißolfram  felber  aU  feine 
DueUe  einen  franjöftfc^cn  I)id)ter  ilpot 
oon  ^roocncc,  roeld)er  fid^,  nad)  SÖolf* 
ramö  Angabe,  fcinerfeitö  mieber  auf  eine 
©dirift  beö  glegctani^  in  l)eibnifc^cr 
©prad)e  beruft,  ber  ein  ^eibc  oon  ißaters 
feiten,  oon  SWuttcrfciten  ^nht  aui  ®alo« 
mono  ®cfd)le^t,  in  ber  ©ternfunbe  er« 
fat)ren,  ein  Äalb  anbetete  unb  in  im  ®ter« 
nen  oom  ®ralc  laei;  biefe  ©'trift  lüitl 
Ät)ot  JU  Solebo  gefunbcn  baben;  ia  fte 
inbeffen  nur  allgemeine  eingaben  über 
ben  ®ral  entl)ielt,  forfd)te  er  meiter  nad) 
in  ben  (Sl)ronifen  t>on  SStitannicn,  ^xanU 
rcid)  unb  ^xlanh  unb  fanb  enblicf)  ju 
•Jlnjou  bie  red)tc  Waxi.  SBon  biefen 
Duellen,  bie  etmaä  jmeifelljafter  Statur 
ftnb,  ifi  nid)tö  tücitercö  befannt. 

S)aö  Sßort  ®ral  mirb  bei  ben  alten 
Sd^riftpellern  in  ber  QSebcutung  ®efä§ 
nadbgemicfen;  jablreic^e  anbere  ''Jlbleitun' 
gen,  wie  Sang  real  ober  royal,  ober  com 
^ebrdifd)en  garalah  =:  ■  25orl;aut,  ftnb 
falfc^. 

«Seinem  2Bcfcn  nad)  ifi  ber  ®ral  ta^ 
ljöd)fie,  maä  auf  (Srben  nur  gettiünfd)t 
werben  Eann,  ja  hai  über  aüen  wünsch 
nod)  weit  binauörei(^t,  baö  bem  ^immcl« 
rcid)c  felbft  gleid)fommt,  ein  ®efd§  fo 
fc^mcr,  ba^  btc  ganje  fünbige  9!}tenfc^beit 
cö  nicit  oon  ber  Stelle  ju  bewegen  oer 
möd)te,  unb  glei($wol)l  bod)  aud)  fo  leicht, 
ba^  eö  mü^eloä  oon  ber  jartcn  ■5>anb 
Urrepanfenö  ftd)  tragen  ld§t,  beren  ^o^c 
9ieinl)cit  fte  ju  ibrem  51mte  al«  ©ral* 
trdgerin  |)eiligt.  SDlit  bem  Stein,  auö 
weldicm  ber  ®ral  gefd)flffen  ijl,  oerbrennt 
ficft  ber  Sogel  ^böniy,  um  fd)öncr  ju 
einem  neuen  ßeben  wiebergeboren  ju  wer« 
ben ;  ber  Stein  bewirft  alfo  3^tfiörung, 
2Bicbergrburt  unb  'Jluferjicljung.  ^m 
Karfreitage  fcbwingt  ft(^  eine  Wci§e 
Sa  übe  oom  ^immel  l)erab,  legt  eine 
fleine  wei§e  Dblatc  auf  hai  ®efd^  unb 
fliegt   bann    wieber   empor  jum  ^imniel, 


248 


®ral  ober  ®raat. 


®urc^  biefeö  9DJi)flenum  erhält  ber  ®ral 
aöe  bie  göttlicben  SBunberc^abcn,  bic  weit 
über  aQe  menfc^Iic^c  Äraft  unb  irbifcf)e 
^crrlid^feit  ^inauöget)en  unb  unenblic^e 
SBonnc  unb  unauöfptecf)li(^e§  ^eil  wirfen. 
Urfprünglidf)  toax  ber  ®ral  im  |)immel 
bei  ©Ott  unb  t>on  ©ngcin  bebient;  nad) 
bcm  «Sünbenfaüe  ber  (Sngcl  unb  ßuäifcrs 
©mpörung  mürben  bie  teilnabmloö  ge* 
hliebenen  Sngel  auä  bcm  ^immel  t»er* 
flogen  unb  verurteilt,  bem  ®ral  auf  (Sr< 
ben  ju  biencn,  biö  ®ott  fte  in  bic  emigc 
Sßcrbammniö  Berfiie§,  unb  nun  ta^  ^eilig* 
tum  ben  burc^  kiusche  unb  triuwe,  biefe 
^arbinaltugenben,  auögcjei^neten  ^uöer« 
roäblten  ber  SWcnfdfjcn  anvertraute.  S)iefc 
muften  aber  ®etaufte  fein;  ®ott  er« 
nannte  fte  felbfl  unb  berief  fic  bur(^  feinen 
(5ngel  ju  bem  erbabenen  25ienfic,  unb 
2;iturcl  mar  ber  crfte,  bem  tai  f)obe 
©c^irmeramt  alä  ©ralefönig  anvertraut 
mürbe.  ÜDer  ®ral  ifi  aud)  nur  ben  ®e= 
tauften  fi(f)tbar.  S)ic  vom  ®ral  be= 
rufenen  Wiener  ftnb  von  allen  lobfünben 
befreit,  ber  SBeg  jum  §immcl  ift  ibnen 
eröffnet  unb  bie  l)öi)^i  ©cligfeit  iji  i^r 
ßobn  im  jenfeitigcn  Seben.  >Dcr  ®ral 
crmäblt  bie  Seinigen  obne  5lnfebn 
be^  ©tanbeä  o^cr  @efc^Ic(i)tcä;  bie  jum 
®rat  berufenen  muffen  aber  bur^  i^r 
9eben  fid)  ber  ibnen  fonber  Scrbienj^ 
jugeteilten  ®nabe  rvürbig  mact)en,  baber 
ber  hochvart,  ungennht,  des  valsches 
fid)  entfAIagen,  diemüet  üben,  in  kiusche 
leben  unb  bamit  ibre  trinwe  bcmabren. 
Snöbefonbcrc  muffen  bic  ®ralrittcr  mett* 
lieber  lOTinne  entfagen;  nur  ber  .^önig 
barf  vcrmdblt  fein;  mer  aber  vom 
®ral  in  ein  frembcö  ßanb  aU  bcffen 
$errf($er  gcfanbt  wirb,  barf  bort  ftii  vcr« 
mäbien,  bamit  fein  ®cfcblcci)t  mieber  bem 
®ral  bienc.  Scfonbers  aber  mu§  ber 
SRitter  ^ur  Gbfc  unb  33crteit>igung  beö 
®ral^  taß  ©ctirvcrt  füfiren  unb  fiet«  jum 
Äampfe  bafür  gerüPet  fein.  (Jr  barf  me= 
ber  ^arbon  geben  nocb  nebmen,  unb  fo 
bcm  ®rat  in  Seben  unb  lob  geiveibt, 
bü^t  er  bie  eigene  £ünbenfcf)ulb  ^u  feiner 
Heiligung,  füt^nt  bamit  aber  anii)  juglcidb 
bie  (günbenfdiulb  ber  SD]enfd)beit  unb  be- 
reitet ficb  feine  ©eligfcit.  2)er  ®ral 
f^ebt  aber  audb  feinen  2)iencrn  in  Sobeä« 
gefabr  bei.  (£ämtlid)e  ®ralbiener  mcrben 
eine  53rüberfd)aft  genannt;  ber  ®rat 
fpenbet  ibncn  alle  Sebürfniffe,  Äicibung 
unb  fflaffen,  ©pcifc  unb  Iran!,  unb  jmar 
ber  föjtlid)Pen  Qlrt.  ^tx  ®ral  gemäbrt 
feinen  getreuen  "Sienern  aber  nod)  i)öi)nt 


®abcn:  «er  ibn  crblicft,  fann  in  einet 
SBocbe  barnacb  nid)t  Herben,  er  credit 
ibn  in  voücr  3ugcnbblüte,  unb  mürbe  er 
aud)  ämcibunbert  ^ai)Xi  alt.  5Der  ^önig 
ifi  ®d)irmcr  über  beä  ®ralö  ©cbeimniö, 
fein  SReid)  erftredt  ft^  über  bie  ganje 
@rbc  unb  meiter  biö  in  bic  ©tcrncngeplbe; 
benn  eä  ift  bie  ganjc  ©cböpfung  in  roih 
cber  ber  ®ral  maltet;  aber  er  ift  nidbt 
^txx  über  ben  ®ral  felbft,  fonbern  nur 
hai  ^aupt  ber  ©ralgemcinbc,  ber  2Bäd)ter 
über  bie  (grfüttung  feiner  ®efe|c.  S)er 
.^öntg  beö  ®ralö  fübrt  ein  2Bappen,  bie 
5lurtcltaube ,  tai  ©innbilb  ber  SRcinbcit 
unb  treuen  Siebe.  Unter  bicfem  S^^i^«" 
bat  bic  9flittcrfc6aft  jur  Scrbcrrlidiung 
beä  ®ra[g  ju  fämpfen  unb  ber  Äönig 
vom  beiligcn  ®eiji  erfüllt  ju  regieren. 

Daö  Heiligtum  beä  ®ratö  mirb  in 
einem  Sempel  aufbemabrt,  ber  ftc^  ju 
üJiunfalüäfdjc  bcfinbct,  im  mons 
salvationis,  ber  ®ratburg  unb  JRefibenj 
beä  Äönigä.  Son  i)\n  au^  mirb  ber 
^eilige  ©amen  in  bie  SBelt  au^geftreut. 
2)aä  baju  gebörige  öanb,  30  üRcilen 
ringsum  bei§t  Terre  de  Salvätsche; 
bann  entfpringt  bic  Fontäne  la  salvätsche, 
an  metdier  bie  Älaufc  Irevrijentä  (treve 
recent,  ber  neue  ^riebc)  liegt,  mo  ^ax^U 
val  feine  .^eilsbelebrung  empfängt.  2)ag 
©ralgcbiet  ift  ein  93annforfi,  ben  niemanb 
ungefiraft  betreten  barf,  unb  mit  5[Bad)cn 
unb  aßarten  umfteüt.  S)ic  Surg  liegt 
unüberminblid)  auf  fteilem  33erge,  aber 
gro§eö  ®ebeimni«  umgiebt  fie.  üßer  fte 
fud)t,  mirb  fte  nid)t  finben;  benn  nur, 
men  ber  ®ral  felbft  ju  ftd)  beruft,  fann 
JU  ibm  gelangen,  er  ift  mit  Söaffcn  nic^t 
JU  crjtrciten.  ßmcimal  im  ^cil)x,  bei 
boben  tieften,  mirb  mit  ungemeinem  21uf« 
manbc  von  (Pomp  unb  '.ßcrfonen  bai 
beilige  ®efä§  mit  ber  blutenben  ßanjc 
im  gro§en  ©aale  vor  ben  Äönig  unb  feine 
!Ritterfd)aft  getragen.  6in  ntterli^eö 
^eft  mirb  auf  ber  33urg  nid)t  begangen, 
aüeö  ifi  in  tiefer  Iraner;  benn  bie  ®ral« 
gemeinbe  befinbet  fic^  in  ber  33u§e,  unb 
jmar  megcn  ber  ©cbulb  beä  ''Jim fortab; 
bicfcr  Jlönig  t^rale  batte  ficb  namlid)  ge» 
gen  hai  ®ebot  burc^  unfeufd)e  ilHinne 
3ur  .g»cibenfönic\in  ©ccunbitla  unb  bem» 
näd)ft  jur  vcrfübrerif(^en  Orgclufe  vci* 
gangen,  unb  im  Dienfie  ber  le^tern  er« 
bielt  er  beim  Äampfe  mit  einem  Reiben, 
ber  ben  @ral  crjtreiten  moütc,  burdb  bcffen 
vergifteten  ©pcer  eine  unbcilbarc,  unfäg« 
lid)c  ©djmcr^cn  bereitenbc  SBunbc.  3)ic 
treuen  ®ralrittcr  manbten  vergebend   aüc 


®xal  ober  ®raal. 


249 


natürlichen  unb  übernatürlichen  Heilmittel 
an,  bi^  fie  bu^fäHig  jum  ®ral  beteten; 
biefeö  (Sebet  würbe  jtnar  bem  Äranfen 
nic()t  jur  ©enefung,  boc^  feinen  JRettern 
jur  Hoffnung;  eö  erfd)eint  nämlid)  eine 
Sdjrift  am  ®rat,  ba§  Qtmfortaä  genefen 
rcerbe,  ivenn  ein  SRitter  fommen  tnürbe, 
ber  unaufgcforbert  fragte.  %li  biefec 
[Ritter ,  $arjii)al  nämlicf) ,  beim  Orale 
erfc^ien,  t^at  er  bie  oerljängniäüoüej^rage 
nicf)t;  ?lmfortaö  aber  nimmt  biefe^  für 
eine  göttlii^e  Prüfung  an,  unb  aU  *Par= 
jioal,  ber  fc^on  ernannte  ©ralfönig,  jum 
streiten  Male  erfcbeint,  roibmet  er  [xd)  be« 
mutig  bem  |)eiligenben  ®ralbienft ,  inbem 
bieÄrone  beä  ®ralö  auf  ^arjifal  überget)t. 

2ßäl)renb  5lmfortaö  fict)  butcf)  offen  be* 
mu§te  Serle^ung  be«  ®raU  ober  ®otte6= 
geboteä  iierfünbtgt,  labet  ^Jarjiüal  bie 
©ct)ulb  auf  ftd)  burd)  feine  ®erec£)tigs 
feit,  ^arjioalä  einfame  (Srjiebung  im 
2ßalbe  öffnete  nic^t  fein  Hcrj  bem  ßii^t« 
blicfe  beö  ©laubenö;  mit  eblen,  l)ot)cn 
Einlagen,  »on  angebornem  Iljatenbrange 
getrieben,  mit  trot3igem  6elbftgefüble  ftc^ 
»on  ber  SlRutter  loörei§cnb  ftürmt  er  m 
bie  Sffielt,  erjmingt  ft^  bie  SRitterfcfcaft, 
geminnt  ein  berrlic^eö  SBeib,  üotlbringt 
bie  größten  H^I^ent^aten,  erringt  überall 
@ieg  unb  SHu^m  unb  bie  iiöi)^t  ®^re 
om  <piimijol,  wo  2lrtuö  i^n  in  bie  3al)l 
ber  Jafelrunbritter  aufnimmt.  £)ennod) 
^at  er  mit  fafi  jeber  feiner  Wohlgemeint 
tcn,  iai  ibm  gegebene  ®efe^  nur  befol* 
genbenHcinblungen  Unl)eil  binter  ^\d)  gc^ 
kffen,  ol)ne  ta'e  er  es  weiB;  ober  begreift, 
tDCöbalb  e^  fo  fommen  mußte.  I)a  reißt 
Äunbrienö  S)onncrmort  ibn  auö  bem 
Saumel  beä  (SlücEä,  unb  fiatt  Sbre  giebt 
jtc  il)m  ben  %hxd)  aller  ®uten.  5n  bem 
Sewußtfein  gewiffen^aftefter  (Erfüllung 
aller  ibm  funbgegebenen  $flic^ten,  un^ 
fäf)ig,  bie  ®cf)anbe,  bie  il)n  getroffen,  ju 
tragen,  wenbet  ftd^  empört  fein  (Semüt 
gegen  (Sott,  unb  er  fallt  bem  S^^eifet 
unb  ber  35  eräWeiflung  anbeim.  2)a 
belehrt  i^n  SrcPrecent  jum  erjlen  2Ral 
über  bie  unenblic£)e  Siebe  ©otteiJ  unb  bc* 
äei(f)net  ibm  SReue,  93uße  unb  ©emut  a\i 
ben  2Beg  jum  Heile.  3llä  ein  neuer 
aRenfd)  fe|i  er  fein  ^orfc^en  na^  bem 
©ral  fort,  ben  er  um  feineö  eigenen  Heüeö 
WiHen  unb  im  ©lauben  an  bie  j^raft  beö 
®xaU  auffudit  unb  finbet. 

iRac^  biefer,  bem  »erbienten  (parjioal« 
J5orf(f)er  ©an  *JRartc  entlel)nten  (5rläute» 
rung  be«  ©ralö  fietlt  fict)  nun  alö  3bee 
bee  ©ral«  im  ©eijle  ilöolfram«  eine  *rifi- 


li^c  ®enof[enf(i)aft  entgegen,  ein  9teic^ 
ber  ©laubigen  unb  *Uuöcrmdblten  be^ 
Herrn,  eine  d)ritlli(f)e  ©emeinfcfcaft  o  l)  n  e 
römifc^e  Hi^i^>if"*i<^'  of)"^  $api^  unb  be= 
üorrect)tete  *Priefterf(f)aft,  ot)ne  Sann,  Jn» 
terbift  unb  Äe^ergerid)tc,  worin  ©ott  felbfi 
burd)  ben  ©ral  im  ©elfte  beä  reinen 
(Süangeliume  H^'^'^f'^er  unb  iRid)ter  feiner 
©emeinbe  ift;  nom  lempelberrenorben 
aber  entliel)  ber  2)id)ter  bie  Hülle  ju  fei= 
ner  ibealcn  ©efialtung  biefer  ©enoffcus 
fd)aft.  ©einer  ^hti  gemäß  ftel)t  ^ai 
©ralrei^  im  ©egenfa^  fowol)l  jum  ort^os 
bofen  (£t)nftentum  alä  jum  Heibentum, 
obgleid)  er  fid^  ber  ^olemif  enthält.  9^ac^ 
©an  SIRarte  ijt  ber  ©ral  unb  hai 
Sempelrittertum,  Wie  eä  »on  Jßolfram  ge- 
fd)ilbet  wirb,  ein  ber  freien  Dicf)tung  an* 
gebörigeä  !Pbantaftegefd)öpf,  bem  ber  iöos 
ben  wirflic^en  ißolföglaubenä  fcl)lt,  ju 
bem  jeDod)  bie  Färbung  »on  fet)r  mannig« 
faltigen  ©citen  l;er  entlehnt  ift.  3"  in* 
bifc^en  ÜRptben  wurjelt  bie  ©age  »on 
einer  ©tätte  auf  Srben,  bie  it)rem  S8e= 
wol;ner  mül)elofen  ©enuß  unb  ungetrübte 
t^rcube  gewäbrt,  ein  irbif(^eö  '^iarcibieö; 
ät)nlicf)er  *Jluffaffung  entflammt  bie  3«it  beä 
©aturn.  baö  golbene  ß^italter  ber  ®rie> 
d)in;  ber  ^Ünm  befigt  fein  mit  ben 
glül)enbfien  g'^'^'^^"  auegefiatteteö  *^ara« 
bice,  unb  nidjt  minber  bie  üieligion  ber 
Äelten  in  ber  3nfel  QUnilon,  bem  glücf« 
feiigen  Sanbe ,  wo^in  2tvtuä  nad)  ber 
©djla^t  üon  (Sambula  entrüdt  warb. 
S)en  ©tein,  auö  bem  ber  ©ral  bejlel)t, 
Ijat  man  geglaubt  in  iBe5iet)ung  bringen 
JU  bürfen  mit  bem  fcf)Warjen  Steine  ber 
Äaaba;  er  foU  einer  con  ben  (Sbelfteinen 
be^  *Carabiefeö  unb  mit  "ilbam  \)ixab'  auf 
bie  (Srbe  gefallen  fein.  S)er  Tempel  jU 
ilReffa  l)eißt  aud)  ber  unoerle^lidic,  unna|« 
bare,  wie  Muntsalvatsche  im  Üiturel  ber 
behalten  berc  beißt.  ©o  benft  man 
aud)  an  ben  altägpptifc^en  Hermeäbc<^er, 
ben  Sedier  beö  2)fd)emfd}ib,  beö  H^i^^^^^^ 
unb  Sac^uä,  ber  juglcici)  aSeltfpiegel, 
ßauberfpiegel  unb  ©efäß  bes  ^dhi  ifi. 
erfi  fpdtere  franjöftfdje  ^rofaromane, 
beren  nod)  mehrere  biö  inö  16.  ^attr^un* 
bert  oerfaßt  würben,  fe|en  ben  ®rat  mit 
3ofep^  oon  2lrimatbia  in  SBerbinbung 
unb  nannten  il;n  bie  ©(Rüffel,  auö  ber  ber 
Herr  mit  ben  Jüngern  gefpeifi  unb  in 
ber  ^oiipf)  iai  23lut  aufgefangen  i)<^bt, 
baö  ben  SBunben  beei  Herrn  bei  feiner 
aSeerbigung  entftrömte.  5tu($  bie  5lbleis 
tung  ber  blutenben  ßanje  pon  berjenigen, 
womit  Songinuö  bem  Heiinnb  am  Äreuje 


250 


©ranbmontanet  DJJöndjsorbcn  —  ©regor  com  Steine. 


in  bie  €eite  flad^,  mee^alb  fte  fletö  unb 
biö  jum  Sage  bes  SBeltgeticf)!^  bluten 
wirb,  ifi  fpatern  2)atum«.  SRac^  6 an 
ÜRattc  in  ©rfc^  unb  ©ruber,  <3Utifet 
©raal,  »gl.  aucf)  beäfelben  ^Jorfd)ers 
iParjtPai'Stubien. 

©ranbmontancr  aJiiin^öorkn,  Ordo 
Grandimontensis,  ein  reformierter  iöenebif« 
tincr=Drben  bcö  11.  3at)r('unbertö.  Stifter 
berfelben  ijl  (Stept)anu^  fon  Jigerno,  geb. 
1046  auf  bem  ®d)Ioffe  2;t)ierß  in  5iut)ergne. 
®regor  VII.  gefiattete  ibnt  bie  ßrrid)- 
tung  eine«  geifilid)en  Drbenö,  berj  nad) 
ben  ®ebraucf)cn  ber  calabrifd)en  5!}Jön(f)e 
eingerichtet  itiare,  worauf  Stepbanu«  un^ 
Weit  Simogeä  in  einer  (Sinöbe  ber  Qtu= 
bergne,  ÜHüret  genannt,  eine  glitte  erbaute 
unb  bier  alä  (Sinftebter  lebte.  Qllö  ftc^, 
burcft  ben  SRuf  feine«  beiligen  ßeben«  an* 
gebogen,  anbere  ibm  beigefeüten,  lieB  er 
ftd^  »on  i^nen  bloß  Äorreftor  nennen;  er 
jlarb,  f)oc^betagt,  1124.  Ulaä)  feinem  lobe 
fprai^en  bie  iMuguflincr  »onQlmbajocSDJüret 
aU  it)r  (Sigentum  an  unb  nannten  ftd) 
»on  ba  an  ®  ran  bmontenfer.  93alb  rier=^ 
breitete  [xä)  ber  Drben  inQlquitanicn,  21njou 
unb  in  ber  Dtormanbie.  I)a6  etfte  eigent= 
lic^e  .R'Iofier  be^  Drbene  fiiftete  Äönig 
ßubwig  VII.  1164  ju  33incenne8  bei  *Pariö. 
jDie  Älöfier  biegen  ^tüm  unb  bie  ?luf» 
na^me  erfolgte  bIo§  burcft  ia^  ju  ©ranb? 
mont  tt)ol)nenbe  Drbensbaupt.  *ßon  51n= 
fang  an  ^atte  ber  Drben  mehr  öaienbrüber 
al«  ®eifHid)e.  ©er  Drben  blieb  fletö  auf 
iJranfreid)  befd^ränft  unb  jaulte  fein  ein= 
jigc«  SKitglieb    t>on   größerer  33ebeutung. 

®rcgor  bom  ©teilte,  bei^t  eine  pou 
|) artmann  Don  b  er  3t uc  in  böfifc^em  ©e* 
fd)mact  bel)anbelte  ßegenbe;  il}re  Dueüe  ift 
Wabrfc^einlid)  ein  altfranjöftfdie«  ®ebid)t 
beö  12.  3i^i^t)unbert6,  Vie  du  Pape  Gre- 
goire  le  Grand,  bem  ftd)  ^artmann  genau 
anfcblie^t.  5)er  3"l)fllt  ift  folgenber:  ©in 
i^ütft  Don  51quiianien  t)interlä§t  jwei 
Äinber,  einen  8of)n  unb  eine  Socfcter,  bie 
fid)  auf  ha^  järtlic^fle  lieben.  S)urd)  bie 
fiodungen  bee  Söfen  wirb  aber  ber  aUju* 
Dertraute  ©ruber  Dericitet,  feiner  ®d)Wefter 
in  unerlaubter  SBeife  ju  naf)en.  25et  un^ 
9tücflid)e  ©ruber  wanbcrt  barauf  au|er 
?anbe«  unb  ftirbt,  bie  Sc^wefler  aber  wirb 
^eimlid)  eine«  Änaben  entbunben.  2)iefe^ 
Äinb  wirb  in  eine  Äifie  getrau  unb  i^m 
eine  Üafet  beigegeben,  auf  weld)cr  Der= 
werft  ijl,  bafe  eä  Don  iio^er  ©eburt,  fowie 
baf  fein  ißater  fein  Dfieim,  feine  SWuttcr 
feine  93afe  fei;  fo  wirb  tai  Äinb  in  eine 
93arfe  gefegt  unb  bem  iDlcerc  preisgegeben, 


bie  ÜKuttet  aber  lebt  gottergeben  unb  ju« 
rüffgejogen  wie  eine  Sü§enbe  unb  oerfagt 
allen  2Berbern  bie  ^anb ;  Don  einem  ber* 
felbcn,  einem  mächtigen  ^erjog  in  bct 
S'Jadjbarfc^aft  wirb  fte  beö^alb  fogar  in 
if)rer  ^auptftabt  belagert. 

Unterbeffen  Wirb  bie  ©arfc  mit  bem 
Äinb  an  einem  fremben  ©ejiabe  unweit 
eines  ÄtofierS  Don  ^'fc^etn  entbecEt,  unb 
ber  baDon  benad)ri(i)tigte  5lbt  oertraut  hai 
nad)  beS  *3lbte6  SJJamen  ©regoriu«  getaufte 
^inb  einem  ber  gifd)er  jur  Sr.^iel^ung  an. 
^Später  wirb  es  in  bie  Äloflerfcbule  felbji 
aufgenommen,  wo  eä  gro^e  g-ortfdiritte 
mad)t;  t>a  feboA  feine  Pflegemutter  i^n 
im  3"^"^  bafür,  i'O^  er  ibrem  eigenen 
©of)ne  beim  «Spiel  unDerfel)enS  Weöc  ge« 
tf)an,  einen  ^inbling  gefc^olten  l)at,  er* 
bittet  unb  erl)ält  er  Dom  Qtbt  QtuSfunft 
über  feine  ©eburt  unb  jiet)t  in  bie  Weite 
2Bett,  um,  mit  jener  Safel  Derfeben,  iai 
ßanb  feiner  ©eburt  ju  fud)cn.  ®r  fommt 
jufäüig  in  \}ai  Sanb  feiner  ÜJiutter,  bie 
eben  Don  jenem  ^erjog  belagert  wirb, 
finbet  ©inla§,  befugt  ben  ^erjog  unb  Der* 
mä^lt  ftd)  mit  ber  ^errin  beä  öanbeS. 
Salb  erregt  bei  biefer  taii  Scfen  ber  lafcl, 
bem  ber  ©o^n  [\ä)  täglid)  unterjie^t,  9trg» 
wot)n,  fte  bemad)tigt  ftd)  ^etmlid)  berfelben 
unb  finbet,  hafi  i[)r®ema^l  i^r  @ot)n  fei. 
iBeiber  bemdd)tigt  ftd)  namenlofeö  2öe^. 
©regor  ermal)nt  bie  SÖJutter  jur  ©u^e  unb 
5U  guten  SBerfen  unb  jiebt  im  33ü^er* 
gewanbe  fort.  (5in  ®d)iffer  bringt  i^n 
feinem  2Bunfcf)e  gemäß  auf  einen  einfamen 
Jyelfen  im  SOteer,  fd)lie§t  ihn  in  eine  eiferne 
^effel  unb  wirft  ben  @d)tüffel  baju  inS 
Slieer,  inbem  er  fxi}  l)öbncnb  du§ert:  wenn 
ber  Sdilüffel  wiebergefunbcn  werbe,  woHe 
er  ibn  für  einen  ^eiligen  iDJann  t)alten. 
Qluf  biefem  Stein  Deriebt  ©regor  unter 
freiem  |)immel,  faj^  oline  Dialjrung,  fafi 
ftebjel;n  3«l"^£-.  3^1*  ^i«fcr  S^it  fott  in 
Ütom  ein  neuer  $apft  gewäljlt  werben; 
bur^  ©otteö  Stimme  werben  bie  fireiten* 
ben  SRömcr  auf  ®regor  nac^  5lquitanicn 
gelenft.  Q\vi\  iJlbgeorbnete,  bie  i^n  auf* 
fud)en,  fommen  in  bie  Apütte  jeneS  g^ifi^erS, 
ber  foeben  ju  feinem  Sd)reden  ben  Sc^lüffel 
in  eine«  )5ifd)eö  33audb  wieber  gefunben  f)atte. 
S^arauf  f)in  laffcn  bie  23oten  ftd)  l)inüber 
auf  ben  Strom  fahren  unb  ©regor,  ber 
in  bem  SBicberfinben  beS  Sc^lüffelä  eben* 
falls  ©ottc«  (^ügung  erfennt,  giebt  enblii^ 
bem  2ßunfd)e  ber  Sotcn  nad),  bricht  mit 
it)nen  nad)  JRom  auf  unb  Wirb  *Papfi.  5luc^ 
feine  nod)  lebenbe  üHutter  pilgert  mit 
anberen  ju  bem  wunbcrausübenbcn  So^inc 


oriusfefi  —  ®renabierc. 


251 


unb  etroitft  5tei[ptect)ung  üon  it)rcn  ®ün-- 
bcn.  Sfieucfie  <Hu8gabc  in  ^artmann^  oon 
ber  Qlue  SJcrfcn  Don  gebor  23cd). 

©tegoriuöfcft  f)ei§t  ein  im  SWittelaltct 
öcrbrciieteä,  am  12.  SDJärj  gefeicvtcö  ®c^ul= 
feji,  beffen  (£ntftef)ung  irot)!  mit  ber  t^rü^? 
ling^feier  ber  ®ermanen  jufammenbängt. 
2)ie  Schüler  tt>äf)Iten  für  biefcö  3^efi  einen 
ber  itjrigen  jum  93i[c^of  unb  jntei  anbere 
njurbcn  iljm  als  Älerifer  jugcfeüt.  Slüe 
brei  würben  in  geiftlid^er  irad)t  fon  bcm 
gefamten  €:ä)üUX'  unb  !öet)rerperfonal  unter 
bem  ®e(autc  üöcr  ®loden  jur  Äirc£)e  ge* 
[ü^rt,  n.10  ftd)  ber  Änabenbiic^of  unb  (eine 
jrcei  2tffrjienten  in  poffen[)after  'i^imlii)' 
Icit  an  ben  ©tufen  beö  *UItarei  auf  ©effel 
nieberlie§en.  Sin  wirflic^er  (Seiflli(i)cr 
^ielt  eine  iRebe,  »orauf  man  einen  ®re= 
goriu^gcfang  anftimmte,  bat)cr  ber  IRame 
(Sregoriuefingen.  9^ad)  einer  ®d)lugj 
rebe,  meiere  ber  ,Jtnabcnbif(f)of  bielt,  trat 
man  ben  üiüdmeg  an,  auf  wetct)em  bie 
Knaben  mit  Srejeln  befc^enft  würben,  \vo= 
für  einesteils  "PriDatleute,  anbernteilä  öffent^ 
li^e  Stiftungen  baS  @elb  ftetgaben;  jum 
Steil  maren  ^^-ifitmärfte  mit  biefer  geier 
iierbunben.  S)er  äWeite  'ütl  beßanb  batin, 
ta^  bie  in  bie  Schule  neu  eintretenßen 
Änaben  in  ii^ren  Käufern  ber  tReitje  nadb 
aufgefud):,  alö  ®regoriancr  in  eine  *Mrt 
€t)ort)emb  gefleibet  unb  in  '^Projeffton  jur 
©c^ule  geführt  mürben.  *iln  anberen  Drten 
bejlanb  hai  ^eft  bIo§  au«!  einer  t)tfenttid)en 
Speifung  ber  Änabenfci)aft;  fo  wirb  aus 
©t.  ©allen  gemelbet:  anno  1509  am  zins- 
tag nach  der  alten  fastnacht  band  meine 
lierren  ain  hirs  im  spital  lassen  machen 
und  mit  breteren  tischet  vom  rathus  bis 
zuo  den  brotlobeu,  und  alle  knaben  in 
der  stat  dazuo  gefüert  und  trait,  was 
nnder  14  jaren  ist  gesin,  und  hiess  man 
essen  die  schwangeren  frowen,  so  gelnst 
band,  und  sind  an  der  zal  gesin  1000 
junger  Knaben,  die  man  verschriben  hat. 
'S)in  ytamm  fott  tai  ^t^  nad)  qSapft  ®re= 
gor  I.  erf)aUen  l)aben,  ofine  i>a^  eö  biä 
ie^t  gelungen  märe,  ben  (Srunb  biefer 
3^amengcbung  ju  entäiffern. 

©renabicrc  fmb  juerji  im  brei^igid^s 
rigen  Äriege  aufgefommen ;  fie  foüten  bie 
fonfi  aus  bem  (Sefc^ü^  gefci)leuberten  (Sra= 
naten  ober  ©renaten  mit  ber  ipanb  merfen 
unb  baburdf)  hai  geuer  ber  Snfanterie  ju« 
inal  gegen  Äaoaüerie  bei  bem  Kampfe  um 
DrtUc^Eeiten  unb  üorjüglid)  im  gcftungä^ 
fliege  unterftü^en.  25a^  Sffierfen  ber  eifernen 
©tanaten  erforberte  bebeutenbe  .Rörperfrdfte 
unb  bie  baju    befiimmten   ßeute    mürben 


be0f)alb  aug  ben  größten  unb  fräftigjicn 
9)iannf(f)aften  auögemäfilt.  2)a  il)re  Sc« 
maffnung  eS  au^erbem  mit  fi^  brat^te,  ia^ 
fte  ben  ^änh  nabe  ^eran  fommen  laffen, 
[\ä)  cyponieren,  in  näd)fier  9iäl)e  ber  ®c« 
fa^r  ins  5tuge  fel)en  mußten,  fo  mürben 
bie  ©renabicre  oon  felbjl  eine  @Ute=3n* 
fanterie.  Später,  aU  bie  ©renabiere  alS 
fold)e  »erfdjroanben,  befjielt  man  ben  Dta^ 
men  für  eine  auöerlefene  3i^fi"terie  bei, 
mcld)er  man  aU  befonbereö  Qlbjcic^en  eine 
fpringenbe  ©Monate,  an  ber  Äopfbebectung 
ober  bem  Seberjeuge  getragen,  Perliet).  5ln« 
fangä  befanben  ft^  bie  ©renabiere  oon  ber 
übrigen  SWannfd^aft  in  öemaffnung.  51us* 
rüfiung  unb  33efleibung  nid)t  unterfc^ieben, 
untermifc^t  unter  ben  $ifenieren  u.  üHuös 
fetteren;  aläbefonbereSßaffengattung  mur^ 
ben  fte  non  Öubmig  XIV.  juerft  im  ^a^xt 
1667  eingefüf)rt.  '^Icmming  fc^ilbert  in 
bem  „33oilfommenen  beutfdjen  Solbatcn", 
ßeipjig  1726,  ben  ©rcnabier  folgenber« 
ma§en:  „Sin  Grenadier  ift  gleicftfallS 
(mic  ber  9}Juöfetier)  ein  gemeiner  ©olbat, 
bod)  l)at  er  »or  einem  Mousquetirer  barin* 
nen  ben  Sorjug,  iia^  man  il)n  bei  ©türm«, 
laufen  unb  bei  benen  gefä^rlic^ften  Actio- 
nen  gebraucht,  um  ©ranaten  ju  merfen 
unb  mu^  babei  Ober*  unb  Untergemel)r 
tragen.  STfan  ermet)lt  f)ierju  bie  anfe^n* 
Iid))^en,  ftärffien,  bauer^aftcfien  unb  ra- 
massirten  ßeutc  unb  fuc^t  gemeiniglich  aug 
jeöer  ©ompagnie  ein  8 — 10  'JJJann  auö, 
nad)bem  bie  Kompagnie  ftarf  ifi.  51nfiatt 
bcö  >^uts  tragen  fie  eine  grohe  Grenadier- 
SOlü^e,  in  ber  großen  '^atrontaf^e  führen 
fte  brei  eiferne,  gefüllte,  fertige,  mit  ©lafen 
Derbunbene  ©ranaten.  Sei  bem  ©yercicren 
merben  nur  Ijöljetne  ober  gepappte  ®ra« 
naten  gebraud)t,  bie  eifernen  aber  in  ber 
f(^arfcn  *Jtction  t>or  bem  geinbc  unb  in« 
5mifd)en  bei  bem  ©tabe  t)ermat)rt  unb  auf- 
gcf)oben.  gorne  auf  bem  [Riemen  an  ber 
Sruji  ip  ein  blecherner  ßunteuDerberger 
befeftigt,  um  bie  glimmenbc  Sunte  oor  iRegen, 
fRebel  unb  geud^tigteit  mol)l  ju  uermafjren, 
„aSirb  ein  [Regiment  jur  SDJuperung, 
Campirung,  jum  Exerciren  unb  bergleidien 
jufanimengefteüt,  fo  merben  bie  ©renabiere 
üon  allen  Kompagnien  auf  ben  rechten 
^^lügel  ftii^  ju  ft eilen  commandiret  unb 
nad)  ber  ©nbigung  ge^et  ein  jeber  ju  feiner 
Kompagnie.  iJiefes  gefc^ie^t  bei  einem 
regulairen  gelbregimente.  2Ran  I)at  auc^ 
ganje  [Regimenter  unb  Bataillon's  formirter 
Corps  fon  Granadirern,  als  gleid)fam 
Gardes  con  l)oben  [ßotentaten,  bie  oon 
fonberbarer  ©rö^e  unb  5lnfel)en  ftnb,  ju« 


252 


Orifelba  —  ©robianug. 


fammcngcff^afft.  2>0($  foIdf)c  fmb  gröiten» 
tcil^  blo^  jur  *Parabe  unb  iretben  in  bie 
SRcftbcn^en  »erlegt.  S)ie  ^elbtegimenter 
aber  ftnb  Dcrbunben  2)ienjlc  ju  t^un. 

„(jin  Granadier  mu§  nict)t  weibifd) 
auöfcbcn,  [onbern  furchtbar,  Bon  [cf)tt3ar^= 
braunem  Qlngeftc^t,  fd)»ar^en  paaren  mit 
einem  jlarfen  Änebclbartl),  ni(ä)t  Icic£)t 
lad^en  ober  freunblic^  tbun.  Sor  alten 
3eiten  bit  "lan  »^"n  benen  ©renabierö 
nicf)t  oiel  gemußt.  3n  S)eutf^Ianb  unb 
fonberlid)  in  ©ai^fcn  fmb  fte  erß  anno 
1683  aufgefommen,  bei  bcm  glücflicf)en 
(Sntfa^  bcr  Äai}[erlid)en  Sfteftben^  =  Stabt 
«ffiien,  al3  ^i)xo  ©I)urfürfiti(^c  S)urcf)kucft- 
tigfeit  »on  Sac^fen  Jobann  ®eorg  HI. 
|)Oct)fifetigen  «Jtngebenfenä  frc^  ibrer  jum 
erfien  ÜJJate  mit  großem  D^tu^en  unb  mit 
Berluft  ber  Surfen  bebiente."  Srepbing, 
Prüfet  (iJrenabier  in  ©vfd)  u.  ©ruber. 

©rifdba,  @rtfdt>i§,  beifet  Die  |»etbin 
ber  legten  SRooetle  in  Soccaccioö  3)eca= 
meron,  bcren  pnbi^It  folgenbcr  ift:  SÖIarf» 
graf  ©ualtieri  üon  Saiujjo,  Don  feinen 
Safatlen  gebrängt  fxcb  }u  iierbeiraten,  nimmt 
©rifelba,  bie  Soc^ter  eincä  armen  ßanbs 
mannö,  juv  (Semablin.  *JlIö  fie  ibm  eine 
Soc^ter  geboren,  Id^t  er  ibr,  um  ibre  ®e= 
bulb  unb  ibren  ©eborfam  ^u  prüfen,  ba^g 
Äinb  megnebmen  unb  mad)t  fte  glauben, 
er  babe  eö  töten  laffen,  wäbrcnb  er  e^  inä^ 
gebeim  ju  feiner  @c^»efter  nacb  a3oIogna 
gefd)icft  bat.  (Jbenfo  nerfa^rt  er  mit  bem 
jweiten  Äinb,  einem  @of;ne,  unb  beiöemal 
fügt  frrf)  ©rifelba  obne  Slßibeijlrcben  unb 
SDlurren.  ^ad)  breijebnjäbriger  (Sbe  giebt 
ber  iKarfgraf  cor,  er  i)aht  r>om  fßapil 
SJispenö  erbalten,  ftd)  fon  ©rifelba  ^^u 
fdöeiben  unb  eine  anbere  ebenbürtige  ®e=: 
mablin  ju  nebmen,  unb  fd)icft  ©rifelba 
im  bloßen  ^embe  ju  ibrem  iBatcr  jurücE. 
ißalb  aber  laft  i^r  ber  SDIarfgraf  nnffen, 
fie  möge  an  ben  |)of  fommen,  um  für  bie 
beüor^ebenbc  |)odbjeit  atte«  bcrjuriAten 
unb  bie  eingelabenen  2)amen  ju  empfangen, 
©rifclba  tbut'ö  unb  empfangt  am  |)0(i)= 
jeitätage  bie  junge  Sraut.  9^ad)bem  man 
i\d)  äu  Sif^e  gefegt,  lägt  ©ualtieri  ®ri= 
felba  jU  ftd)  rufen  unb  fragt  fte:  „Stun 
njaöbünftbir  ponUnfererneuen®emablin?" 
„9[Rein  ©ebicter,  mir  bünft  Diel  ©utcä  »on 
ibr,  unb  ifi  fte  fo  cerfiänbig,  al«  fte  fdiön 
iji,  unb  hai  glaube  icb,  fo  äweifie  idb  nid)t, 
ba^  5bt  alö  ber  äufriebenjlc  ^err  mit  ibr 
leben  mcrbet.  S)ocf),  fofiet  icb  fann,  bc* 
fcbtnöre  icb  (Sud),  erfpart  ibrem  |)erjen  bie 
©tid)c,  welche  bie  anbere,  bie  einfi  (Sure 
»Dar,  »on  (Suc^  erhielt;  benn   icf)   glaube 


faum,  iaf  fte  biefclben  ju  ertragen  Bcr= 
mö^te,  teitö,  ft)eil  fie  jünger  ift,  tcilä,  »eil 
fte  in  2Seicblid)feit  crjogcn  roarb,  mäbrcnb 
jene  oon  flein  auf  in  beftänbigen  ÜJJü^en 
gelebt  bat."  S)a  entbcdte  ibr  ®ualtieri, 
i>a$  bie  angeblicbe  junge  Sraut  unb  ibr 
mit  anwefenber  Sruber  feine  unb  ibre 
Äinbcr  feien  unb  bcr  ÜJJarfgraf  lebte  nocb 
lange  mit  ®rifetba  glücfli^  unb  f)ieU  fte 
in  bo^cn  (Sbten- 

®iefe  IRoPeüe  Soccaccioö  bat  Petrarca 
frei  in  Iateimfd)er  @pracbe  nad)erjäblt, 
unb  biefe  Bearbeitung  ijl  foreobl  33oIBbucb 
alö  bie  Qucüe  jablrei^cr  epifcber  unb  bra« 
matifcber  ©icbtungen  in  »erfdiiebenen  eu= 
ropäif($ien  ßittcraturcn  geworben. 

3n  S)eutfd)Ianb  blieb  bie  Überfe^ung 
bcr®rtfetbiö  beä  ^Petrarca  burd)^ctn* 
rid)  ©teinföffel  für  bie  legten  3a^r* 
jebnte  be§  15.  3af)rbunbertä  biö  in  bie 
erjle  ^älfte  beö  17.  3abr^unbertö  23oIfäs 
bucb,  jucrji  gebrucft  ju  ?lugöburg  1471  in 
^ol.  burd)  ©üntbcr  3ainer  unb  fpäter  öfterä. 
SReuere,  ebenfaüö  juiBoIEäbücbcrn geworbene 
Überfe^ungcn  ftnb:  aJiarfgraf  SBattber, 
pon  3obann  Siebtem,  Dreöben  1653,  unb 
bie  Überfe^ung  beä  Äapuäinerä  ÜJi  a  r  t i  n  u  « 
üon  (Sod)em  in  „^Uiäcrlcfcne^  ^lifiorp* 
bud)"  2)itlingen,  1687,  aucb  cinjeln  unter 
bem  Sitcl:  2öun^crbarcr  2)emut=  unb 
©cbulbfpiegcl ,  Dorgcfteüt  in  ber  ©räfin 
©riefelbiö.  Qlnbere  Überfe^ungen  bat  man 
in  nieberbeutfd)er,  fransöftfdier ,  nieber= 
länbifd)cr,  englifd)er,  bämfd)cr,  fd)tt5ebifcbcr, 
böbmtfd)er  ©pracbe.  ^octifcbe  !8e= 
arbeitungen  biefcä  O^ofleüenfioffeö  fennt 
man  ebenfalls  auä  5ablrcid)en  europäifd)cn 
ßittcraturen,  5.  «,  auä  ©baucerg  (Santcr» 
burt)  %aM;  in  ©eutfcbtanb  ift  e§  im 
16.  3abrt)unbcrt  breimal  alö  Äomöbic  be« 
banbelt  morben,  barunter  ton  ^ani  €:a^i. 
33occaccioä  aueDc  ifi  biöber  unbefannt  ge= 
blieben.  $R.  Äö^Ier  in  (Srfdj  u.  ©ruber, 
*Mrti!et  ©rifelba. 

©robifliiug.  3tm  ©dbluffc  beä  15. 
3abrbunöertö  febrte  ein  Stürnberger  Siebter 
bie  feit  bem  13.  Sabrbunbert  norbanbenen 
51nfianb0regeln  in  poetifd)cr  ^orm 
um  unb  gab  JRegeln  für  Sßernadbläfftgung 
beä  5lnftaitbeä.  ©ebaßian  93rant  erfanb 
aU  ©d)Iagtt3ort  für  biefe  ©attung  ben 
beiligen  ©robianu«,  ein  iRamc,  ber  ftcb 
rafd)  ausbreitete  unb  baften  blieb.  gr.3)ebc= 
finb  au0  ««euftabt  an  ber  Seine  fcbrieb 
ein  lateinifdbeü  ©ebicbt  übet  bie  ©robianer, 
tai  Äüfpar  @^eibt  in  SBormö  überfe^te 
unb  erweiterte.    S)aneben  lief  eine  *45tofa« 


®rof(^en  —  Oubrun. 


253 


bearbeitung.  35iefc  ganje  Dlid^tung  bcr 
«Poeftc  war  buv(J)auä  Dolfötümlid^. 

©rofdpcii,  früf)cr  awä)  ber  ®rof,  üon 
mittellateinifcf)  denarias  grossus,  grof* 
Pfenning,  bidfpfenning.  2)ic  crficn  ®tofd)cn 
foüen  entnjeber  im  ^al)xt  1104  ju  iricr 
ober  um  1300  unter  Äönig  SBcnjel  oon 
Söt;mcn  gef(^Iagen  morben  fein.  Sie  be» 
flanben  aui  lölötigcm  Silber  unb  wogen 
10  6ent.  Qtuf  eine  9)iarf  gingen  60. 
3uerP  in  9JJei^en,  bann  in  Dielen  anberen 
beutf^en  ©tobten  unb  fiänbcrn  nQ(f)gc* 
fd^lagen,  gab  e^  balb  eine  ÜJJenge  ©rofd^en 
unter  üerfc^iebenen  ^amm.  ©eit  bem 
17.  Sabrf).  mar  ber  ©rofci^en  ber  24.  Jeil 
bcä  SReid^^t^alerä  unb  mürbe  in  12  ^Pfennige 
geteilt. 

©ubrun,  jireng  oberbeutfc^  Äubrun, 
ein  mittelt)oct)beutfcf)c«  (Spoö  mit  voIfö= 
tümli(i)em  «Stoffe,  mürbe  fe^r  mal)t« 
fd)eintid)  in  ber  crften  ^älftc  beä  13. 
3a^rf)unbertö  gebid)tet  unb  l^at  in  feinen 
^auptjügen  folgenben  Jn^alt: 

1.  .^agen,  ber  Sobn  bcö  Äönigö  t>on 
3rlanb  (nic^t  ju  üermec^feln  mit  bem 
^agcn  beö  9?ibclungenlieböj,  mirb  feinen 
©Item  alö  ftcbenjäbrigeö  Äinb  burcb  einen 
©reifen  entführt.  S)urc^  einen  3i'f<iö  ani 
ber  ®emalt  ber  jungen  ®reifen  gerettet, 
finbet  er  brei  ebenfaHä  geraubte  Äönigö= 
töd^ter,  meiere  xi)n  aufjie^en.  ©in  ge* 
jiranbeteö  gabr^eug  »erf^afft  i^m  ÜBaffen, 
unb  je^t  erf($t(igt  er  bie  ®reifen.  3)ie 
Bemannung  eine^  anfernben  ©c^iffc^  mirb 
Bon  i^m  bejmungen  unb  fü^rt  i^n  mit 
ben  brei  Sungfi'^ucn  ia  feine  ^eimat,  mo 
eine  berfelben,  bie  fci^öne  ^ilbe  »on  3"^^««^ 
feine  ®attin  mirb  unb  eine  2;od^ter  gebiert, 
meiere  ebenfalls  ben  9?amen  ^ilbc  erpit. 

2.  |)agen  Id^t  alle  93oten  ber  freier 
töten,  ta  nur  ein  gleich  mäd)tiger  Äönig 
feine  Sod^ter  ^eimfüf)rcn  foü.  2)er  Äönig 
^etel  oon  ^egelingen  fenbet  brei  feiner 
tü(i)tigfien  JRecfen  aU  jßerber,  ben  frei= 
gebigen  ^^ruote,  ben  Ueberreic^cn  |>oranb 
unb  ben  fampfberüt)mtcn  2ßate.  Qln  ^agen^ 
$of  geben  fte  jid)  für  Äaufleute  auä; 
2Bate  fe^t  burc^  feine  j^ed^tfunji  oüe  in 
Staunen,  g^wte  bur^  feine  $rad)t,  ^o; 
ranb  buri^  feinen  füfen  ®cfang,  ber  bie 
liere  ton  i^rcr  SBeibe  lodft,  bie  ^ifd^c 
unb  SIBürmer  \i>xn  gd^rte  »ergeffcn  mad^t 
unb  bie  SKenfct)en  entjüdt.  ^ilbe  Ia§t 
ben  Sänger  ^eimlid)  ju  jtc^  fommen,  unb 
fo  fann  ^iUÜ  Werbung  angebrad)t  merben, 
meiere  bei  ber  jungen  Äönigin  günfiige 
5lufnabme  finbet.  (Sine  ßift  mirb  »erabs 
tebet;  bie  brei  SRecfcn  bitten  ^agen  unb 


bie  Seinen,  i^re  Sd^iffc  gu  befud^en  unb 
i^re  fReidbtümer  ju  bemunbern.  Äaum 
bat  aber  bie  Jungfrau  i^rcn  %\i^  auf  ba« 
J&auptfc^iff  gefegt,  fo  fd^rt  ti  »or  ben 
5tugen  it)rcr  ©Item  ai  unb  lanbet  gtüdE= 
lief)  im  ^egclingenlanbe.  ^agen  folgt 
if)nen,  unb  eö  fommt  ju  einem  l^i^igen 
Äampfe,  ben  ^ilbe  f(i)eibet,  gu  beren  93er; 
md^Iung  |>agen  enblid^  feine  SinmiKi^ 
gung  giebt. 

3.  |)itbe  gebiert  ben  Drtmin  unb  eine 
munberfct)öne  Jocfiter,  bie  ®ubrun.  Sieg= 
frieb  »on  üJJorlanb  mirbt  nergeblirf)  um 
fie,  ebenfo  mirb  ^artmuot  öon  Ormanic 
abgemiefen.  5lud^  bem  ^ermig  üon  See» 
lanb  mirb  i^re  ^anb  »erfagt;  er  aber 
bringt  mit  bemaffncter  Tlaä)t  in  ^eteU 
öanb  ein,  unb  ®ubrun  mac^t  bem  Äampfe 
ein  6nbe,  inbem  fte  |t^  ben  gelben  jum 
SSrdutigam  md^tt. 

Siegfrieb  non  ÜJJorlanb  maü)t  unter- 
beffen  einen  fer^eerenben  (Sinfaü  in  bie 
ßanbe  ^ermig^,  metd^em  ^etel  ju  |)ülfe 
eilt,  ^artmuot  benu^t  biefen  Qlugenblidf, 
um  im  ^egelingenlanbe  einjubringen.  ©r 
melbct  ®ubrun  feine  Slnfunft,  fie  ant* 
mortet  mit  ber  Ula^x\ä)t  i^rer  Serlobung 
mit  ^ermig,  ^artmuot  entführt  fte  aber 
mit  ®emaU  nebfi  if)rer  J^reunbin  ^ilbe- 
burg.  Siegfrieb,  mit  bem  unterbeffen 
ein  ehrenvoller  i^xkit  gefdf)Ioffen  morben 
ifi,  erfldrt  fid^  bereit,  ^ctel  unb  ^ermig 
in  ber  SBieberertangung  ber  geraubten 
Jungfrau  ju  unterftü^en.  Sie  treffen  bie 
Räuber  auf  einer  Jnfel,  bem  Sßülpenfanlie; 
üom  ÜJiorgen  biö  jum  Qlbenb  bauert  bev 
^ei§e  Äampf,  morin  ^etel  fdtlt.  ^artmuoi 
mit  feinen  Sf^ormannen  benu^t  hu  9?acbt 
jur  ^lud^t.  ^ermig«  öeute  ftnb  jum 
größten  Seil  gefallen;  er  mu§  oon  ber 
Verfolgung  abftebcn,  biö  bie  junge  SD'Jann' 
fd^aft  ju  einem  friegätücf)tigen  ^eere  ^er= 
anmdd^fi. 

3n  feinem  9leicbe  anlangenb,  fud^t  ßub« 
mig  bie  Jungfrau  jur  SBerbinbung  mit 
feinem  Sol)ne  ^artmuot  miüfdbrig  ju 
madt)en;  fte  mcigert  ftd)  aber  entfdf)icben. 
SBütenb  erfaßt  er  fte  bei  ben  paaren  unb 
fd)leubertl  fte  in«  SOSaffer,  auö  bem  jte  in- 
beffen  con  ^artmuot  gerettet  mirb.  Um 
jie  ju  jmingen,  ber  SBerbung  beöfelben 
®el)ör  JU  fdl)cnfen,  merben  it)r  Oon  feiner 
9D?utter,  ber  ®erlinbe,  bie  niebrigften  ^Ir^ 
beiten  auferlegt,  obtno^l  ^artmuot  bie« 
mißbilligt;  allein  ni^tö  fann  fte  beflimmen, 
t>on  il)rer  Sreue  ju  meicl)cn,  meber  ^drte, 
nod)  gütigeä  Sn^^^^^n.  Idglid^  mu§  fie 
am  Stranbe  mit  i^rer  greunbin  ^ilbeburg 
17 


254 


®ubrun. 


Äicibet  »rafc^en,  unb  fo  »crgel^en  13  Ja^re 
in  0?ot  unb  ßlenb. 

Unterbcffen  ifi  im  ^egelingenlanbe  ge« 
Tüjiet  tttotben,  unb  ein  (Sngcl  tttfünbet 
®ubrun  bie  na^enbe  ^ülfc.  ^crmig  unb 
Ortnjin  ge^en  gegen  Qlbcnb  aU  Äunb» 
fc^after  bcnt  antüdenben  ^eere  »oran  unb 
treffen  btc  beibcn  3unsfrau«n,  i>ic  tro^ 
beä  tiefen  ©d^neeö  auf  Sefei^I  ber  ©erlinbe 
in  blof  en  güf  en  if)TC  5lrbeit  t^un.  Salb 
erfenncn  jtc  [xä),  Drtwin  mibcrfc^t  fic^ 
aber  einer  i^rer  unhjürbigen  ©ntfüfrung-, 
mit  ben  SBaffen  in  ber  ^anb  ttiitt  er  feine 
©c^wejier  jurüd^olcn.  5n  i^rcr  J^rcube 
unb  im  neu  erma(^ten  ©toläe  i^reö  fönig» 
lid^cn  93Iuteö  n)itft  ftc  bic  Äleiber,  bie 
fie  mafc^en  foKtc,  in«  Tim.  SBütcnb 
barüber  läft  ©erlinbe  bie  lieimgefe^rte 
an  eine  Scttfieße  binben,  um  i^r  bic 
^aut  toom  öeibc  ju  f(|Iagen,  unb  ©ubrun 
rettet  f\ä)  »on  biefer  fd)mad)üoIIen  Qüä)' 
tigung  nur  burc^  i>ai  üfiigc  95crfprc(^cn, 
^artmuot  minnen  ju  ttioHen.  @ie  Iä§t 
i^n  alle«  jur  |>oc^5eit  bereit  ma(^en  unb, 
um  baburd^  bie  SBefa^ung  ber  S3urg  ju 
f(f)n?äd^en,  veranlagt  fie  ifn,  93oten  nad^ 
feinen  Dienjimannen  ju  fenbcn. 

3m  J^eerc  ^at  man  »et)flagenb  ben 
!8ericf)t  ber  beiben  Äunbfd^after  »ernom^ 
men;  jornig  ruft  ber  alte  SBate  auö: 
„kälten  Söeibcrn  jiemt  iai  ^ammixn; 
wir  tt)oUen  mit  93Iut  bie  Äleiber  färben, 
bie  i^re  meinen  ^änbc  gemaf(i)en  ^aben." 
2)ie  iülorgenrötc  jeigt  ben  SBurgbewo^nern 
bie  J^eertiaufen  cor  ben  Sporen ,  unb  bie 
SCßappen  »erraten  balb  bie  nal^cnben 
atäd^cr.  ©in  luöfaH  wirb  gewagt,  ^art« 
muot  perwunbct  Ortwin  unb  ^oranb, 
^erwig  erfc^Iögt  aber  Subwig,  unb  2Bate 
vertritt  bcm  weid)cnben  .^artmuot  ben 
9(tü(fjug.  3c^t  giebt  ©erlinbe  aüe«  vn- 
loren  unb  will  ©ubrun  in  i^rer  2But 
töten  laffen;  allein  ^avtmuot  fte^t  e« 
unb  oer^inbcrt  ben  SÖiörbcr  burc^  feine 
Drohungen,  fiartmuot  mu^  ftc^  bem 
alten  SBate  gefangen  geben,  ber  nun  in 
ber  35urg  t)erumtobt  unb  fclbp  bie  Äin= 
ber  in  ben  2Biegen  niÄ)t  verfc^ont.  ®er= 
linbe  finbet  bei  ©ubrun  ®($u^,  allein  ftc 
wirb  SIBate  »erraten  unb  famt  i^ren 
^Dienerinnen  nieberge^aucn.  ,^rof)  fc^rcn 
bic  ^Sieger  ^cim,  unb  »ier  33crmät)lungcn 
fct)lie^cn  bic  (Srjä^lung:  Drtwin  erwät)lt 
jtäE)  auf  ben  9flat  ©ubrunö  bie  Ortrun, 
bic  ©(^wefter  ^artmuot«,  Weld)er  bic 
^anb  bor  ^ilbeburg  gewinnt;  ©iegfrieb 
ert)ält  bic  @d)Wcfier|icrwig«,  unb  ©ubrun« 
au«barrcnbc  Svcuc   wirb  burcft  ibre  5Ser= 


binbung  mit  bcm  geliebten   Herwig    gc« 
frönt. 

2)er  Stoff  bc«  ®poö  lagt  bcutlic^ 
brci  Jcilc  unterf(^ciben :  1.  ben  SRaub 
|>agen«  burd^  einen  ©reifen;  2.  bic  (Snts 
fü^rung  feiner  Soc^ter  ^ilbc  mit  i^rcr 
3ujiimmung;  3,  bic  ©ntfübrung  ber 
Sod^ter  berfelbcn  wiber  i^rcn  Seilten  unb 
bic  enblic^c  Selo^nung  i^re«  treuen  ?lu«« 
Darren«. 

3m  etftcn  Jcilc  ^aben  wir  feine  be* 
fonberc  ©age  ju  fu(i)cn;  c«  ijt  eine  ^in? 
jufügung  be«  S>id^ter«  unb  »errät  ganj 
ben  ©cfd)ma(f  feiner  S^it. 

S)er  jweite  Icil  beruht  auf  ber  uralten 
|)ilbcnfagc,  beren  |)cimat  »icHcic^t  bic 
norbif(i)en  3nf«In»  ^i«  ©c^ctlanb«*  unb 
Drfnepäinfcln  ftnb,  »on  wo  ftc  bann  nac^ 
»Norwegen  unb  an  bie  SRorbfeefüjic  ge« 
langte.  2Bir  ^aben  fie  im  SRorbifd^cn 
überliefert  in  ber  jüngeren  (i.tba  (Skäld- 
skaparmal,  c.  50)  unb  »on  Saxo  Gram- 
maticus  (ed.  Okulier  I,  1,  238),  wobei 
bic  crjtcre  ijaffung  jweifello«  bic  ältere 
ifi:  Sffiä^renb  Äönig  ^lögni  jur  Äönig«« 
»crfammlung  gcjogcn  ifi.  Wirb  i^m  »on 
Jpcbin,  ^jarranb«  ©o^n,  feine  lociiter 
|»ilbe  entführt.  ®r  »erfolgt  bic  ^lic^en? 
ben  bi«  ju  ben  Orfnep«,  wo  c«  jum 
Äampfe  fommt,  ia  ^ögni  feine  93u§c 
annehmen  Wiü.  Den  ganjcn  lag  fämpfen 
fie,  aber  Qlbcnb«  crwedt  ^ilbc  mit  ^(^ubiX' 
liebern  bie  ©cfaKencn  wieber,  am  üJlorgcn 
beginnt  bic  ®d)lad^t  »on  neuem,  unb  fo 
wirb  e«  fortgeben  bi«  jur  ©öttcrbämme* 
rung. 

3cugniffe  für  iiai  93cfanntfein  biefer 
@age  liabcn  Wir  in  einem  angelfäc^fifd^ctt 
©cbic^tc  be«  8.  3a^r^unbert«.  Scmcts 
fen«wcrt  ifi  ferner  eine  umgcfialtctc^^affung 
ber  ©age  in  einer  auf  ber  ©cf)etlanb«s 
infcl  %vda  gefungenen  SaHabe  (»gl.  S. 
^ofmann,  93eri(|te  ber  SRünd^ner  Qlf ab. 
1867,  n,  205).  Ob  unb  Wie  au^  anberc 
©agen,  in  benen  (Sntfül;rungcn  »on  5u"9* 
frauen  »orfommen,  mit  ber  |>ilbcnfagc 
äufamntenf)ängen,  lägt  ftc^  ni(^t  mit  ge= 
nügcnber  ©icf)cr^cit  befiimmcn. 

2)er  Urfprung  ber  ^ilbenfage  ifi  wa^r^ 
fci^cinlic^  in  ber  3[JJptf)ologie  ju  fu(i)cn. 
SDic  fic^  fiel«  crncucrnbc  ©^lac^t  erinnert 
an  bie  ftd^  immer  wieber^olenben  Äämpfc 
ber  Einherjar,  ber  ^elbcn[d^ar  Obin«, 
welche  ftc^  alle  Sage  in  f)ei§cm  Kampfe 
gcgeneinanber  üben  unb  jcben  3lbcnb,  »on 
allen  Sßunben  gel;eilt,  ju  neuer  iZBaffen« 
Übung  au«rn^cn.  SBcnn  bic  ©ötter* 
bämmcrung   anbrid^t,   bann    werben    ftc 


®ubrun. 


255 


unter  Dbinä  gü^tung  bcn  Äampf  gegen 
bic  böfen  ilKä(f)tc  ber  i^infierniö  aufnel;» 
mcn.  3{)re  ftc^  fietö  wieber^olenben 
SBaffenübungen  berufen  auf  bem  2Bcc^feI 
üon  ZaQ  unb  ütad)t  2>er  iHaub  ber 
fd)öncn  Sunflfto"  ^"^  '^^^  ©ewalt  beö 
l)arten  SSaterö  beutet  auf  bie  ©rlöfung  ber 
frül)ling(Sfrifd)cn  SRatur  auö  ben  iöanben 
ber  SBinterriefen. 

Die  (Subrunfage,  treidle  bem  brit» 
ten  Seile  ju  ©tunbe  liegt,  flammt  auö  ber 
©cgenb  ber  Ölt)ein*  unb  ©c^elbemünbung. 
ÜJlan  l)at  fn  gemö^nlid)  für  eine  t>eran= 
bernbe  2Beiterbi(bung  ber  ^ilbenfage  an= 
gefeben,  inbeffen  fmb  bie  inneren  23erfc^ie= 
bcnpeiten  bod)  ju  gro§  unb  bic  Äonfe^ 
quenjen  biefer  5tnnat)me  ju  bebenftid). 
ajJan  tl)ut  am  bejien  bie  ©ubrunfagc  als 
felbj^cinbig  ^u  betrachten,  mobei  immerbin 
(Sinjelnljeiten  fon  einer  ©age  in  bie  an= 
beve  gebrungen  fein  fönnen. 

3)i"e  3^"9niff«  ^^"^^^  Scfanntfcinö  fmb 
feljr  bürftig.  (Subrun  fommt  alö  lauf^ 
namc  in  Dberbeutfi^lanb  feit  bem  ©übe 
be«  11.  2al)i^l)u^i^2Vt«!  einigemal  t>or; 
ferner  beäiet)en  fxä)  auf  biefen  ©agenjtoff 
brei  Saüaben,  tt)eld)e  in  (Sottfd^ee  an  ber 
Saoc  gcfungen  merben,  unb  meiere  »on 
ben  beutfc{)en  Sinmanberern  im  12.  ^a^r; 
l)mibert  aus  i^rer  ^eimat  am  9'Jiebcrrbein 
mitgebracht  »rurben.  2)aä  Slleyanberlieb 
beö  qSfaffen  ßampred)t,  58erö  1830— 183S 
fpielt  auf  ein  fd)mungtioIleä  ©ubrungebidjt 
an,  melrf)eä  fi^  offenbar  einigermaßen  an 
bie  |)ilbenfage  angelehnt  ^atk. 

S)en  Urfprung  ber  «Sage  in  ber  Tit)il)o= 
logie  ju  fu^en,  bcred)tigt  unö  nic^tö; 
a«ünent)off  (^aupt^  Seitfc^r.  VI,  67) 
jeigt,  i)ü^  ber  riefifcbc  2Bate  ber  ©age 
urfprünglid)  fremb  iji,  ßß  ij!  alfo  eine 
biftorifc^e  ©runblage  anäune^men.  Sffiib« 
mann  mad^te  auf  bie  Scf)i(ffale  ber  jmcis 
ten  ®emat)lin  Äaifer  Dttoö  I.,  Qlbclbeib, 
aufmerffam. 

5Die  ©ntfie^ung  beö  ®ebid)te§ 
t)at  man  ftd^  alfo  etma  fo  ju  benfen.  Qluf 
ben  norbifd)en  3nfeln  it)ren  Urfprung 
nel^menb ,  »anberte  bic  |)ilbenfage  na^ 
9iormcgen  (nid)t  t>or  bem  10.  ^a^rljuns 
bett)  unb  üiel  früher  fd^on  an  bic  niebcr- 
beutfd)c  Jlüjie,  r>on  roo  ^e  fid)  in  baüa* 
benartigen  Siebern  ben  JR^ein  hinauf  biö 
nad)  Dberbeutfc^lanb  verbreitete;  freilid) 
ifi  fie  bafelbp  crfi  um  1100  bejeugt.  S)ie 
©ubrunfage ,  an  ben  ÜJiünbungen  non 
'Jibein  unb  Scheibe  entjianben,  brang 
Von  ba  nad;  Obcrbcutfc^Ianb,  wo  fie  gegen 
baö  ßnbc   be«    11.   Sa^r^unbertö   tJolEä* 


tümlidb  gemefen  fein  mu§.  (Stwa  in  ber 
crfien  ^älfte  beä  13.  3a{)rbunbcrt0  bid)tete 
bann  ein  nid)t  nadjgemiefencr  2)id)ter  Der* 
mutlicb  in  ©teiermarf  bie  ®ubrun,  inbem 
er  beibe  «Sagen  »erbanb  unb  eine  Sor« 
gefd)id)te  im  ©efc^mad  ber  bamaligen 
3cit  binäufügte.  ©r  nal)m  fic^  offenbar 
baö  SRibelungenlicb  jum  5Sorbilb.  2)ic 
55ragc,  ob  mir  eä ,  mie  eä  8ad)mann«s 
51nftd)t  in  betreff  beä  DJibelungenliebö 
mar,  bloß  mit  einem  Konglomerat  von 
einäelnen  ßiebern  ober  mit  einer  einl)eit= 
lid)en  2)id)tung  ju  t^un  baben,  ifi  ent= 
fd)ieben  ia^n  bcantroortet  morben,  ia^ 
ein  einziger  liai  flnujc  Jßerf  bid)tcte, 
mel^cö  fpäter  namentli^  jum  ßwtd  ber 
(Srjeugung  Don  Binnenreimen  rot;  über* 
arbeitet  unb  interpoliert  mürbe.  (Jtt* 
m  Uli  er,  barauf  mit  forgfaltigcr  Äritif 
30]üllenl)off,  rterfud)ten  bie  ju  Orunbe 
liegenben  ßieber  auö  ber  überlieferten  ©c 
fialt  bcrauäjufcbülen;  bie  3">-''«Iäffigfeit 
beö  SRcfultateö  mürbe  aber  oon  93artfcb 
(©ermania  IX,  41  unb  148)  unb  SZÖtU 
mannö  (2)ie  (Sntmidlung  ber  ©ubrun* 
bid)tung,  ^atlc  1873)  befiritten, 

S)ie  ^orm  ber  ©tropfe  tp  ber  D^übe* 
lungcnftropbe  nad)gebilbet,  unb  bic  iöer« 
dnberungen  begeben  barin,  ia^  bie  brittc 
ßangjeilc  einen  tlingenben  ©^luß  crbal* 
ten  bot,  mäbrcnb  bic  üierte  bur^  eine 
Hebung  fermebrt  mürbe  unb  ebenfalls 
flingenb  fd)lie§t.  ©iefe  ©ubrunfiropbc 
mürbe  oon  SBolfram  non  (Efi^enbadb 
im  Siturel  etmaä  umgecinbert  oermenbet. 
3umeilen  crfd)cinen  in  ber  Oubrun 
audb  fold)e  ©tropben ,  bcren  Ic^te 
3eile  ju  huj  ifi,  außerbem  aber  aud)  98 
JRibelungenfiropben.  2)ie  erfteren  erfldren 
ftd)  bur(^  bic  Ungcnauigfeit  ber  @d)reibcr; 
bie  le^teren  mitl  SJiartin  entfernen,  mdb' 
renb  Sartfd)  fte  bem  feiner  neuen  ^orm 
noc^  ungcmobnten  ©id)ter  jufcbreibt. 

9iur  eine  cinjige  ^anbfcbrift  \)at 
un«  haii  ®ebi^t  erbalten.  Sä  ifi  eine 
$anbfd)rift  aud  bem  ©d)loffe  2lmbraö 
unb  entbält  bad  fogenannte  liclbenbucft 
an  ber  (Stfd),  wcld)eä  $anä  JRieb,  3011* 
einnebmer  am  ©ifad  in  93o^en,  auf  Sßc* 
fcbl  beä  Äaifcrä  SOkfimilign  I.  Don  1502 
biö  1515  fd)ricb.  2)ie  Überlieferung  ifi 
febr  feblerbaft. 

S)er  Umftanb,  ta^  i>a^  ®ebid)t  nur  in 
einer  ^anbfcbrift  erl)alten  ifi,  mäbrcnb 
eine  fo  oictfältige  Überlieferung  ia^  S^Jibc* 
lungenlieb  bemabrt  bat,  jcigt,  ta^  bie 
©ubrun  nicbt  Diel  gelefcn  unb  abgefc^rie« 
ben  murbc.  Unb  bod)  ifi  cö  einer  ber 
17* 


256 


|)aat  —  ^agefiolj. 


fofibarPen  Übcrrejlc  unfcrcd  poetifd&cn 
Qlltcrtumö,  ein  ebenbürtige^  ©eitenftüd 
jum  9libelungenliebe.  ü)ian  f)at  biefe 
bciben  (Spcn  in  »ieten  Scjie^ungcn  [c£)r 
trcffcnb  mit  ^\iai  unb  Dbt)[fee  öerglid^cn; 
toie  bic  leitete  ijl  aud^  bie  ©ubrun  ein 
me^t  :^äuälic^eä  Gpo^,  unb  wie  ber  ®runb« 
ton  beö  SJiibelungenUcbc^  ein  tief  tragi= 
f(^er  ijt  (als  ie  diu  liebe  leide  an  dem 
ende  gerne  git),  fo  baut  ft^  bie  (Subrun 
auf  ben  ©ebanfen  auf,  ia^  bic  leide  jule^t 


mit  liebe  lo^nt,  ba§  trcucä  5Iu«^arrcn 
in  (SIenb  unb  (Stniebrigung  am  (5nbc 
gefrönt  wirb,  auf  benfelben  ©cbanfen, 
ber  a\xü)  ber  Dbpffee  ju  ®runbc  liegt. 

2)ic  Sittcratur  ber  ©ubrunforf^ung 
finbct  ftdö  am  »oßjiänbigfien  »crjeic^net 
in  erf^  u.  ©ruber,  iöanb  96,  142. 
Qluägaben  »on  Sartfc^,  ©ubrun,  ßcipjig, 
3.  5tuf[age  1874,  unb  »on  OJiattin, 
©ubrun,  ^aUi  1872. 


^aar.  Seit  bcn  ältefien  ^dkn  tvax 
langet,  tocfigeö  $aar  bei  ben  ©ermanen 
3eid)en  ber  ^teilieit  unb  SDlünbigfeit,  tai 
51bfc^neiben  beä  ^aareö  ©pmbol  ber  Un« 
freifieit;  cö  n)irb  bes^alb  bem  Knaben  unb 
bcm  Äned^te  »erfd^nitten ,  eine  2Iuänabme 
maä)t  bie  freie  3ungfrau;  ebenfo  ifi  Stb^ 
feieren  be^  ^aupttiaareä  entel)renbe  Strafe, 
aud^  bei  gefallenen  SBeibern.  ©olbaten 
im  Äricge  fcfenttten  mitgelaufenen  S)irnen, 
bercn  fte  mübe  waren,  baö  ^aar  ab  unb 
jagten  fte  fort;  aud)  ber  DIarr  ifi  befdjoren. 
SOtönd^e  unb  Jionnen  geben  ftct)  mit  bem 
Serlufte  \l)xt%  langen  ^aareö  ©ott  ju  eigen. 
S)ie  meifien  germanifd^en  Sölfer  trugen 
ta^  ^aax  frei  auf  Sd)ultern  unb  [Rüden, 
nur  bic  ©ucncn  fäm.mten  eä  feitwärtö 
jurüd  unb  banben  cö  in  einen  knoten. 
yioä)  tnxi)  längere^  unb  mc^r  gepflegte^ 
^aar  jcic^nctcn  fi^  bie  ©bleu  unb  Könige, 
namentlid)  bic  Sierominger,  aui.  ©citbem 
cinjelne  Karolinger  »on  ber  Sitte  i^rcö 
93oIfc«  abnnd)en  unb  fid)  bai  .^auptt)aar 
furj  fd)nitten,  legten  bie  ^^ranfen  überhaupt 
bic  langen  Coden  ah.  2)ic  Sangobarben 
unb  Sapern  trugen  tai  ^aax  im  Dladcn 
furj ,  Dorn  ^ing  cö  gefcbeitelt  unb  lang 
l)erab.  Die  ©ad)fcn  bewabrtcn  ibr  langeö 
^aar  wie  ibre  langen  SRöde. 

<Sc^on  bic  alten  ©ermanen  befiric^en 
it)r  ^aar  mit  beijcnbcn  Salben  auö  S^t%ixi' 
talg  unb  Suc^cnafdje,  eine  Sitte,  meldjc 
bic9tümer  r>onit)ncnannal)men,  wie  fic  aud) 
auf  falfd^c  gleiten  uon  beutfdicn  |)aaren 
begierig  waren.  2)ie  böfifcbe  Sitte  bradjtc 
iai  lange  unb  lodigc  S^aax  wicbcr  ju 
(^i)xm,  ber  (Söeling  trug  cö  biä  ju  ben 
Sdbultern,  iod)  fo,  ta'^  c«  biefe  faum  be« 


rührte;  über  ber  Stirn  unb  unterhalb 
ringöbcrum  war  eö  glatt  abgef^nitten ;  cö 
würbe  cugcrbcm  gelodt,  gefräufelt,  gc* 
fcf)eitelt  unb  fogar  gebrannt;  aud)  bic  ©cift* 
liefen  woüten  fid)  tro^  bäufigcr  fird^Uc^er 
SScrbote  ibr  jicrlidbeö  ^aax  nic^t  nehmen 
laffcn.  2)ie  gi^au?"  ber  böfifd)cn  ©cfcHs 
fcf)aft  trugen  ibr  $aar  in  ber  9J?ittc  gc^ 
fcbeitclt  unb  hielten  cö  burdf)  ein  Sanb 
ober  einen  iReifen  in  Drbnung;  bic  längö 
ben  2öangen  bcrabbängenben  ^aarc  würben 
fürjer  gebalten  unb  ju  Coden  gebrebt,  bic 
ftcf)  jierlic^  um  tai  Dbr  b^i^um  ringelten. 
S)ic  übrigen  $aare  fielen  entweber  frei 
über  ben  9iMa\  ^erab  ober  würben  in 
3öpfe  geflodbten,  wcli^c  le^tere  meijl  über 
bie  Sd)ultern  nacb  »orn  gelegt  unb  mit 
©olbfiibcn,  ^crtenfcbnüren  unb  Sorten 
burdbftoiftten  würben.  Spater  baute  man 
auö  ben  3öpfcn  allerlei  SBerjierungen  auf. 
3n  ber  legten  3ett  beö  üRittelalterö  war 
bic  ^aartrad)t  beiber  ©cfdblcd)ter  gropcm 
Slßei^fel  unterworfen,  balb  lang  berabfatlenb, 
JU  Coden  gelegt,  balb  furj  gefd^nitten. 
Seit  bem  (Snbc  beö  15.  Jabr^unbert«  war 
totale  Äürjung  bcö  ^aarcö  ü)Jobc  geworben, 
aud)  bic  ßanb<5fnecbtc  fd)orcn  hai  ipaax  turj. 
§agcftol3,abb.liagastalt  unb  hagastalt,feit 
bem  13.  3abvbunbert  fommt  hagestolz  auf 
mit  Qlnlcbnung  an  stolz.  51bb.:  hagastalt 
war  junädbft  Slbjeftio  unb  bebeutete  ben 
cineö  ^ageö  waltenben,  ibm  norficbcnben 
ober  ibn  befi^enbcn ;  ^ag  aber  ifi  l)kx  ein 
tleinereö  ©runbfiüd,  ein  Sflcbengrunbllüd. 
3e  nad)bem  fic  baä  le^tcre  Don  einem 
^ofbcrrn  erbaltcn  batten  ober  nicbt,  waren 
fic  börige  Colonen  ober  freie  Ccute ,  unb 
fonnten  aiii),  ba  fic  icbcnfaKö  fricgöbienft« 


^aimondfinber  —  |>ammer. 


257 


pfli^tig  tüarcn,  JRittcr  [ein.  ^aii  unb 
nad)  »utbe  bie  urfptün9ticf)e  Sebeutung 
auf  bcfit3lofc,  unf  ctfjei ratet eunbba= 
i)tt  bienenbe  ?eute  befcftränft.  (Etil  [eitbem 
l(i.  unb  17.  3af)r&unbert  i)k^  Isagefiotj 
jebe  lebige  $erfon,  n.iel^e  »cber  (Scfdiwifiet 
noc^  anbere  (Srben  in  aufjleigenber  fiinie 
I)intetlie§.  5Uö  Einfang  bcö  bcfonberen 
SRec^tcö,  unter  bem  bie  -pageftoljen  fianben, 
würbe  ein  bejümmted  *JlIter  fcjlgcfe^t,  meift 
50  ^af)Xt  ober  50  ^ai)xt  3  Spiionate  unb 
3  Jage. 

Iioimonöfinlicr.  ^ie  franjöftfdje  Sage 
oon  bcn  Dier  ©öfjnen  -^serjogö  |)aimon 
ober  *}lpmon,  iRanienet  5ifcelt)art,  Jtitfart, 
ißJritbart  unb  JReinalb  non  üJJontalban 
gehört  bcm  .Rarolingifc^en  ®agenfreife  an 
unb  ^at  bie  Ädmpfe  biefer  .pelbcn  mit 
i^rem  8el)n«l)errn  Äarl  bem  ©ro^en  jum 
3nf)altc.  SBon  bcr  franjöfifcfeen  ^rofa* 
auflöfung  eineö  iiltern  6poö  erfdtien  1535 
äuerfi  eine  bcutfcftc  Übetfefeung :  (Sin 
fc^ön  lujlig  (Sefc{)ic^t,  mic  Äaifer  6arle 
ber  (Sro§,  t>ier  Oebrüber,  -^jer^og  ^Jl^mont 
üon  Dorbonä  8öne,  fed)5ec^cn  jarlangt) 
bcErieget,  für^Iid^  au§  Jran^.  [prad^  in 
tcutfd)  transferiert.  SDod)  ijl  biefe  Über= 
fc^iung  nic^t  tai  gangbare  bcutf^c  Ißolfö^ 
inid);  biefeö  le^tere  ift  nielme^r  auö  bem 
!)JieberIänbifdf)en  bearbeitet  unb  ^at  meit 
geringem  2Bcrt  aU  jencö. 

bufierer),  harkebuse,  aud)  furjmeg  nur 
|»afen  genannt,  fommt  in  bcr  jmeiten 
Hälfte  be«  15.  Sabr^unbertg  nor  unb  ifi 
bie  erjlc  Feuerwaffe,  bie  ein  otbentlic^eS 
3iclen  ermöglid)te.  3^ren  IRamen  erf)ält 
fte  fon  bem  J^afen,  ber  auf  ber  Unterfeite 
beö  fiaufeö  na^e  ber  9DJünbung  angebracf)t 
ifl,  um  bcn  6top  auf  eine  fefte  Unterlage 
ju  übertragen.  S)ie  Sücfjfe  war  l^/j  m 
lang,  bie  Äugeln  60—70  g  fd)wcr. 

2>ie  ^oppet^afcnbü^fe  mit  einem  oor? 
unb  einem  rüdwärtägerid^teten  ^afcn,  bie 
»on  fiarfcn  ^ebern  niebergef)alten  würben, 
war  oft  2  m  lang  unb  entfenbete  ®e- 
f^offe  uon  150  (Siamm.  (Sic  bientc  ge» 
wöbnli*  jur  Serteibigung  bcr  Söaüc  unb 
^ei§t  barum  iffiallbü^fe. 

§alm  iji  ein  alte^  bei  gtanfen,  33apern 
unb  51Iamannen  im  €ci)Wanöe  gewefcncö 
üledjtäfpmbol;  er  Wirb  jum  3ei^cn  fcicr^ 
lieber  <lluflaffung,  (Entfagung  ober  Miw 
bigung  mit  ber  |)anb  geworfen,  gcreid)t, 
gegriffen,'balb  üon  bcn  beteiligten,  batb  f  on 
bcm  9iid)ter;  feine  |)auptanwcnbung  ftnbet 
jebod)  ber  ^alm  bei  Qluflaffung  von 
(Srunbftücfen  bur^  (Sefd)enf,  Scrfauf  unb 


ißerpfänbung,  wobei  bie  bcutfd)cn  %ox' 
mein  lauten :  mit  halm  und  munde,  b.  b. 
mit  bem  ©pmbol  unb  ber  ba^u  gct^örigen 
(Rebe,  mit  band  und  balm ,  mit  halmen. 
®rimm,  SRcc^töaltertümer,  121—130. 

I)er  J^alm  wirb  in  ücrfd)iebcner  SBcifc 
aud)  jur  Sefiimmung  burd)  tai  SoS  r»et« 
wenbet,  in  bem  man  feine  Änoten  ober 
(Slieber  jäfilt  unb  bcn  legten  Änotcn  eine 
bejaticnbc  ober  oerncinenbe  (Sntfd)eibung 
faüen  Iä§t;  fo  bei  3Balt{)cr  oon  ber 
Sogelweibe: 

mich  hat  ein  halm  gemachet  frö: 

es  gibt,  ich  sül  genäde  vinden. 

ich  maz  daz  selbe  kleine  strö, 

als  ich  bie  vor  gesach  von  kinden. 

nii  beeret  nnde  merket,  ob  siz  denne 
tue: 

,,si  tuet,  si  entuot,  si  tuet,  si  entuot, 
si  tuet." 

swie  dicke  ichz  tete,  so  was  ie  daz 
ende  guot, 

daz  troestet  mich,  da  hoeret  euch 
geloube  zno. 
Ober  cS  Werben  unter  mefjrcren  |)alme 
üon  ungleid)er  ßänge  gcjogen;  wer  ben 
längeren  jieljt,  bat  gewonnen,  m^b.  gräse- 
lin  ziehen.     (5)rimm,  SBörterbud). 

§aIÖ6erge ,  halsberc ,  angelf.  heals- 
beorg,  altfranj.  hauber,  habere,  haber- 
gon,  ^ei§t  ein  Üeil  bcr  5luärüjiung  einest 
ÄricgcrS  unb  jwar  in  erfier  2inie  bcr« 
jcnige,  ber  ^alö  unb  fRaden  ju  beden 
battc,  Ijöc^jicnö  nod)  ben  Oberteil  ber 
33rujt.  ^m  weiteren  «Sinne  i)erfiel)t  man 
barunter  auc^  iai  „aüti  bcrgenbe"  al-berc, 
alfo  baS  *}}anjer^cmb,  tai  vom  |)elmranb 
big  ju  itn  Änieen  ^inabreid)te.  Sie^e 
^arnifc^. 

Jammer,  ifi  urfprünglid)  fowot)r^anb= 
werfSjcug  di  2ßaffe,  unb  jwar  ani  5^'"^= 
ober  ^fWftP''"  »erfertigt.  (Sr  ift  baö 
5lttribut  beö  ©ewittergotteö  Donar  unb 
{)ciBt  ali  foId)er  2;onner§ammer,  i8lip= 
bammer  unb  I)onncrajt.  9?oc^  wirb  in 
glüd)en  für  „2)er  Donner  fc^lagc  Didi" 
ber  Qluäbrud  gebraud)t:  Der  Jammer 
fd)Iage  Dic^!  ober  beim  Apammer!  po^ 
Donnerbammer!  yto(b  Äarl  IWartett  batte 
feinen  ??amcn  vorn  (sstreitbammer,  Äarl 
ber  (Sro^e  fanntc  i^n  nid)t  mebr.  Da 
Donar  jugleid)  ber  t>ai  Öanb  fegnenbe 
unb  bewabrenbe  (Sott  unb  ber  Sd)ü|cr 
bcr  JRecbtegefdiäftc  war,  fo  bientc  in  foU 
d)en  5^üen  ber  Jammer  alä  Symbol. 
Tlit  bem  Jammer  würben  bei  ben  Sfan« 
binaoiern  '-Scc^cr  geweif)t,  burd)  ifjn  gc 
\ä)ai)  bie  Sraufwci^e.    (Sr  war  ein  ^cili= 


258 


^anb  —  ^anbarteiten. 


gcö  ©erat,  burc^  beffen  SBurf  i>ai  ^tijt 
auf  ®runb  unb  Soben,  auf  Söaffcr  unb 
J^Iüffe  ober  anbere  Sefugniffe  befiimntt 
tt)crbcn  fonnten;  wo  ber  geworfene  ^am= 
mer  einfiel,  mar  ber  Orenjpunft.  3m 
9iorben  berief  neben  bem  @to(f  ober  *Pfeit 
ber  Jammer  bie  aSoIfögemeinbc.  3n  Dber- 
fad)fen  tt>urbe  burc^  einen  f)erumgetragc= 
nen  Jammer  ©erid^t  angefagt.  ©o  iji 
ber  Jammer  für  ben  Seilbaber  an  einem 
©emeinbertialbe  3cic^en  beä  S5titbe|r^ee 
unb  mit  bem  Qlnfangöbucf)fiaben  beä  SWa» 
menä  feinet  (Sigentümere  ferfefien.  S)aö 
Oiecbt,  einen  folc^en  Jammer  ju  »erleiden, 
gcbübrt  .nur  bem  oberfien  öorfte^er  ber 
Tlaxt  Öffentliche^  5(uögcbot  oon  ©egen« 
j^anben  gefctjie^t  unter  bem  3fi*cn  iii 
|>ammer^',  ber  burd^  QluffcE)Iaqen  ben 
SReiftbietenben  in  ben  93eft^  ber  ©ad)c 
fpmbolif^  einmeift. 

^awb  aU  JRec^töfi)mbot  ifl  baö  ein- 
fadipe  unb  natürlid)fie  Sei'ä)^"  ^^i  ®«  = 
tt)att.  2)er  ^anb  fc^Iag  War  feit  alter« 
bie  attgemeine  ißefrciftigung  aüer  ©elübbe 
unb  ©ertrage,  benen  bie  €itte  fein  feier= 
li^eree  ©pmbol  corfdnieb;  burd)  ben 
^anbfc^Iag  terbanben  beibe  Seile  il^re  ®e* 
h)alt  gegenfeitig ;  baber  bie  mittel^ocft» 
beutfc^en  5lu0brü(fe  hantslac,  hant  in 
hant  geloben.  5luc6  bie  Stuflaffung 
eines  ©runbflüdes  gefd^a^  jumeilcn 
mit  bloßer  ^anb,  oI;nc  2)arreid)ung  bcö 
5tfieö  ober  SBerfen  beä  |)almeö.  93ei 
^ulbigungen  nadfi  ßebnrec^t  legte 
ber  SDtann  beibe  ^anbc  jufammen;  ber 
^err  nabm  fte  jwifd^en  bie  feinigen;  ju^ 
weilen  fniete  jener ,  feine  ^änbe  bem 
fi|enben  ^errn  auf  bie  ^^üfe  bietenb; 
mbb.  die  band  strecken,  einem  die  bände 
valten,  tt)eld)eö  €pmbol  bie  SDiinnefänger 
auf  ben  ^rauenbienfl  anmenben:  min 
hende  ich  valde  uf  ir  vüeze ;  min  hende 
valde  ia,  vrowe  min,  ich  armer  pilgerin ; 
ein  wiplich  wip  im  billich  ir  hende 
valdet.  S5ie  ^anb  fd)Wört  ben  Q^ib , 
fte  totibringt  unb  ^dlt  iljn.  3)ic  ©itte 
roar,  i>a^  ber  ©d^mörenbe  mit  ber  rechten 
|)anb  etmaö  l)ielt  ober  berübrtc,  ü)?änner 
im  ^eibentum  ben  ©djWertgriff ,  im 
(Sbripentum  bie  SHeliquien;  grauen  bie 
linfe  23rufi  unb  ben  ^aarjopf;  ©eifilid^e 
unb  fpätcrl;in  prften  Srufi  unb  ^erj. 
©iebe  ben  Qlrtifel  ©ib.  Iraf  jemanb 
fein  Sieb  in  frembem  Serih  unb  inoütc 
eö  mieber  erlangen,  fo  mar  ^anb  aufläge 
nötig;  er  berübrte  for  ©eridit  mit  ber 
SHed)ten  bie  SHeliquien ,  mit  ber  linfen 
fa§te  er  iai  lintc  Ot)r  bee  Siebä.    3m 


5  em  gerieft  iüurbe  ber  ^eimlid^e 
®d)öffengru^  baburd)  auögefprod^en,  ba§ 
ber  eintretenbe  Schöffe  bie  rechte  J^anb  erfi 
auf  feine  linfe  6c^ulter,  bann  auf  bie  be« 
anbern  ©Söffen  legte.  3n  fielen  %aUtn 
mirb  bie  b  er  $anb  beigelegte  fi)mboIifd)c  SUer- 
ricbtung  genauer  burd)  Ringer  bejeid)net. 
6ibc  würben  mit  5Uif[egung  beiber  iBox' 
berfinger  ber  rechten  ^anb  geleifiet,  eins 
fad)ereä  ©elöbniö  erging  mit  üluffiredung 
eineö  i^'^ger«.  5t brauen  ber  .^anb  mar 
eine  ßeibe^ftrafe.  ©rimm,  9leä)töalter» 
tümer,  137  ff. 

Landarbeiten  ber  ^^rauen  finb  feit 
ältciter3eit  ©Pinnen,  Soeben,  ©tiefen 
unb  SJä^en.  35aö  ©innbilb  ber  grau 
ifi  bie  Äunfel;  ©pinbelmagcn  ^ei§en  bie 
Sßcrmanbten  ber  SWutter,  wie  ©c^wcrt* 
magen  biejenigen  beö  SDatcrö.  g^'^«^?^'»" 
unb  ©Pinnen  fielen  unter  ber  Ob^ut 
ber  germanif^en  ©öttermutter,  unb  SRorncn 
wie  ©d^wanjungfrauen  unb  IRiefrnncn 
bre^en  feine  Reiben  auö  j^I'ic^^-  ßeinene 
Äleiber  f)ielten  in  ältefter  ßdt  bie  beut* 
f(^cn  $yrauen  für  bie  fc^önften.  2)ie  Bit* 
bereitung  beä  gl'i^ff^/  ^"^  blauen,  m^b. 
bliawen,  fc^wingen,  m^b.  dehsen,  becf)eln, 
bürfien  beforgten  bei  ben  3ieicE)en  nur  bie 
ÜJJägbe;  gefponnen  würbe  audf)  »on  ber 
gürflm  unb  jwar  am  SRodfen  mitteljl  ber 
©pinbel;  ta^  ©pinnrab  ift  crfl  im  15. 
3a^r^unöert  erfunben  worben.  5luf  alten 
Silbern  fte^t  man  ftetä  ben  5Rocfen  jwi« 
fc^en  ben  Äniccn  geljalten  ober  in  einem 
gufgefteüe  f^eden,  bie  ©pinbel  wirb  in 
ber  ^anb  gelialten.  ©o  arbeiten  bie 
grauen  aud)  am  aBebfiuljle,  bocf)  mebr 
für  feinere  5trbeiten,  wie  Sorten ,  ©ürtel, 
|>auben,  Saferen  u.  bgl.,  unb  für  ge« 
wö£)nlic^e  ßeinwanb.  2)a«  iffieben  ber 
SBoüe  War  blo^^trbeit unfreier  SJläbcfien;  ba« 
^auö,  in  Welchem  fte  gemeinfam  ber  3lr« 
beit  oblagen,  bie§  baber  auc^  webehüs. 
©d^on  frü^  fud)tcn  jtc^  arme  grauen 
burd^  SBeben  unb  ©pinnen  aud^  gu  er* 
näbren,  metfi  gegen  färglicf)en  ßo^n,  wä^s 
renb  bie  gro§en  Sßeber  in  glanbern  unb 
am  9iieberrl)cin  Wie  in  ©übbeutfd^lanb  ju 
großem  SReidt)tum  gelangten.  Qluc^  in 
ben  grauenflöpern  würbe  ta^  Soeben  balb 
jum  Vergnügen,  balb  jum  Srwerbc  betrie» 
ben;  ©pinnen  unb  2Bcben  würbe  ben 
3ionnen  auf  bem  Qlai^ener  Äonjil  üon 
816  empfot)len.  93iS  jum  14.  3a^rl)un' 
bert  Waren  cö  bie  grauen,  benen  legcl« 
mä§ig  tai  ©efd^äft  bee  3ufd)neiben« 
unb  9täbenö  ber  SfRanners  wie  ber 
grauenflciber  jufam.     Qlud)  baran  betei- 


^änbetoafc^en  —  ^anbfcueiiüaffcn. 


259 


ligtcn  ft^  gürjiinnen,  namentlidf)  mit  bcm 
3ufcf)nciben.  S)cr  ^luäbilbung  beö  \)b^' 
fc^en  ßebcnö  »exbanftc  man  aber  aud)  be^ 
fonbcrc  <S(f)neibermeifter ,  snidaere,  bie 
fi($  auf  bie  frcmbe  SOlobe  »crjianbcn.  !߀= 
fonbcre  Sorgfalt  tnurbc  auf  bie  Uial^t  t>er* 
tucnbet,  bie  gerabeju  93c»r>eiö  l^öfifc^cn 
5lnjianbcö  ifl.  2)ic  8iebliHgäbefd)ciftigung 
Dorne^mer  SJi^oucn  )x>ax  2Birfen  unb 
©tiefen,  wirken  an  der  ram.  5Die 
(Segenjlanbe  njaren  feibcne  Sänbct,  93or= 
ten,  h)el(i)c  mit  ®oIb  unb  (Sbeljieinen  be= 
fe^t  auf  bie  Äleiber,  bie  $Dccfen  unb  ben 
iRopffdt)mucf  genäht  mürben,  ober  eö  tt)ur= 
ben  auf  bie  ©toffe  Sßud^fiaben  unb  93ilber 
mannigfaltigPev  9lrt  gcfiictt,  au«  ber 
l^eiligen  »wie  ber  profanen  ®efd^id)te; 
namentlicf)  tüaren  bie  (Scfcn  unb  ^nben 
bev  Äiciber  unb  iRo§bedcn  berart  gejiert. 
2luf  ber  ^aubc  bcö  ÜJ^!eierfoI;ne«  ^elmbrcc^t 
ftiar  auf  ber  rcd)tcn  ©elte  bie  SBelagerung 
unb  3ei'Pörun9  Sroja«  famt  ©neaö  glu(f)t 
ju  feben,  auf  ber  linfen  bie  Staaten  Äönig 
Äariß  unb  feiner  ©efeüen  SRoIanb,  Zux' 
pin  unb  Dlioier;  i(tt)ifcE)cn  ben  D^ren 
fianb  bie  SRabenfd^lad^t,  nnc  2ßitege  ^el^ 
d)ti  bcibc  @öl;ne  erfd)Iägt;  baju  tnar 
f>on  einem  D^r  jum  anbern  mit  glänjen= 
ber  ©eibe  ein  Sanj  genät;t,  jn.nfd)en  je 
jniei  grauen  ein  SRittcr,  unb  bie  JJiebler 
babcl.  ©enä^t  f)attc  ha^  ^Prac^tfiücf  eine 
entfprungene  ^ionne.  a!öcinl)oIb,  2)ie 
bcutfcbcn  giiutn.  IV,  unb  ©cf)ul^, 
^öfifd)eö  fiebcn,  iMbfc^n.  II. 

^änbcttjafd^eu  bei  Jifc^e  ift  eine  atlge* 
mein  ncrbreitetc  I)öfifd)e  ©itte  gen^efen, 
9tad)bem  ber  Sruc^feg  ober  ©enefd^al 
fnieenb  bem  ^crrn  beS  ^aufeö  gcmelbet, 
ta^  bie  SDJabljeit  bereit  fei,  beftcblt  bicfer 
bem  Sruc^feg,  iai  ©ignal  jum  ^änbc= 
n^afdben  ju  geben.  I>urd)  ^orn,  SJ;rom= 
Pete  ober  3nr"f  «»erben  bie  ©äfie  aufge* 
forbert,  ftd^  auf  i^ren  <pia^  ju  verfügen. 
Unter  ber  ßettung  beö  Äämmererö  boten 
(Sbelfnaben  eine  ©d^üffet  fnieenb  bar  unb 
goffcn  aue  einem  ©ie^affe  Sßaffer  über 
bie  ^iinbe.  Um  ben  ^alö  f)atten  fte  eine 
©troiette,  m^b.  twehele,  dwehele,  zwehele, 
f)ängen,  an  meld)er  fid)  bie  ^errfd;aften 
bie  ^änbe  abtrodncten.  Damen  mürbe 
tai  Söaffer  juerjl  prafentiert,  unb  Ulrid^ 
üon  Sicd)tcnficin  tranf  jum  3eid)cn  feiner 
2)ienfibefliffcn[;eit  ba«  2Baffer  aui,  in  bem 
feine  ©elicbte  ftd)  bie  ^änbc  gettiafd^en 
^atte.  ©c^uU,  ^öfif^eö"  Scben, 
5lbfc^n.  IV. 

^anbfcucmaffciu  5llö  ältefic  curopäif^e 
"^aubfeuermaffe   fann   man    bie   JRafeten- 


boljen  betrachten,  meld)e  mit  ber  ?lrmbru|i 
gefäjoffen  mürben  unb  j.93.  in  ber  jmeiten 
|»älfte  be«  14. 3a^t()unbert«  ju  ben  3f"9' 
^auäbeftänbcn  iöologna«  gehörten.  iJBa^r* 
fd)einlid^  auf  Qlrmbrüfie,  meldte  mit  ber* 
artigen  SRafetenbü(|fen  »erfe^en  maren, 
bejie^t  fxä)  urfprünglid^  ber  5luöbrudt 
Qlrfebufe,  ital.  archibnso,  franj.  arque- 
buse,  »om  lat.  arcus  =  ißogcn,  unb  bem 
nicberbeutfd^en  busse  =  S3üd&fe  (fte^e  eine 
anbete  (St^mologie,  nad^  SBeiganb,  unter 
bcm  Qtrtifel  2(rf ebufierer). 

S)ie  erjie  mirflic^e  J^eucrmaffc  fam  be» 
fonberö  in  glanbern  auf;  e«  ftnb  bie  in 
ßüttid)  I;ergcftentenÄ  n  a  11  b  ü  c^  f  e  n ,  canons 
ä  main,  b.  ^.  tragbare,  gefiielte  ^anb^ 
fanonen.  ©ie  beflanbcn  auö  einem 
furjen ,  engen  eifernen  ßplinber ,  mcld^er 
l)inten  in  einen  fd)mad^en,  biö  auf  gcmiffe 
ßänge  ebenfalls  I)o!^Ien ,  eifernen  ©tab 
enbigte,  beffen  Sßo^rung  a(«  Kammer  jur 
Qlufnat)me  beä  ^Juloerä  biente.  2)a«  3""^= 
lod)  befanb  fid^  am  (Snbe  biefer  So^rung 
auf  ber  oberen  glä^e  beö  ©tabeö  unb 
mar  mit  einer  fleinen  pfannenartigen 
93erticfung  »erfe^en,  in  mclcbe  iai  Sixaüt 
aufgefc^üttet  unb  mittel«  ber  ßunte  ent= 
jünbct  mürbe.  5Der  iReiter  befejligte  bie 
Sü^fe  mittel«  eine«  am  I;interen  ®nbe 
beß  ©tabe«  befinblid^en  Slinge«  an  feinem 
Söruflfjarnifc^e  unb  legte  fie  beim  ®cbraud)c 
auf  eine  com  am  ©attel  befinblid)c,  be= 
mcglid)e  ®abet  auf.  2)er  *Jiame  bicfer 
O?eitermoffe  ift  mcifi  Petrin al,  b.i.  93ruft= 
büd)fe.  SBon  glanbcrn  fommt  biefe  2Baffe 
nad)  Stallen,  mo  ftc  1364  ju  5ßerugia, 
1386  ju  qSabua,  1399  ju  »ologna  ju 
^aufe  ift.  Sie  Süc^fen  maren  in  plumpem 
©ifenguffc  Iiergeftetlt  unb  mürben  gclegents 
lid)  pgleid^  al«  ÜJJorgcnjiern  oermenbct; 
fold^e  ©oppelmaffen  pflegt  man  ©c^ie§  = 
prügel  ju  nennen.  (Sine  anbcre  Qlrt 
^anbfcucrmaffen  ftnb  fold^c,  meiere 
eine  ober  mel^rere  bemeglid^e 
ßabefammern  neben  bem  iRot)re 
Ratten,  bie  Äammerbüdf)fcn.  2)ie 
Sabcfammer,  bie  eigentliche  „!ßüd)fe",  mar 
meiji  au«  (Sifen  gefd)miebet,  ba«  Otobr 
bejlanb  au«  kupfer  ober  e«  mar  au« 
fcbmiebeeifernen  Stäben  jufammenge- 
fd^mei§t  unb  oon  au§en  mit  eifernen  (Keifen 
ummunben.  ÜJian  lub  bie  Äammer  mit 
«Pubcr,  fd^lug  einen  ©töpfel  ober  „53or? 
fd)Iag"  barauf,  bie  fo  gelabene  Kammer 
mürbe  in  ba«  9to()r  eingeführt  unb  burd) 
einen  eingcfc^obenen  Äeil  ober  iRiegel  fcfi= 
gclialten,  bann  tf)at  man  ben  ißoljen  ober 
bie  Äugel  in   ben  Sauf,    fd^üttete  ^raut 


260 


^anbfeucmafttn. 


auf  tai  fBaxbloä)  (ßünbloc^) ,  JDcId^eö 
oben  lag,  unb  cntjünbcte  ba^  Äraut  mit 
einer  glü^enbcn  Äo^Ic  ober  Suntc.  ©e« 
»ö^nlid^  gehörten  ju  einem  ^^ufii^o^i^c 
brei  big  üier  Kammern.  Iiie  crfien  in 
Itugöburg  unb  0legenöburg  1376  terfertig* 
ten  i8üd)fen  »aren  öermutlic^  Kammer« 
büd)fen. 

aWit  ben  ^naU'  unb  ben  Äammerbü(f)fen 
»or  ein  3ielfd^u§  unuereinbar;  man  »arf 
bIo§  bic  Äugeln  ober  93oIjen  in  ^obcm 
Sogen  gegen  ben  geinb.  Um  bie  SWitte 
beö  15.  Sab^^uni'fttö  fommen  bie  erjien 
rof)  gearbeiten  ^oljfaffungen  auf;  an« 
fangg  nic^tä  anbereö  al^  b'er  (5rfa^  beö 
©ifenfiieleg  burc^  einen  bic  33ü4fe  mebr 
ober  minber  umfd^Iiefenben  ^oljftab,  ge* 
fialtet  ftcf)  gegen  ©nbe  beö  1 5. 5at)rt)unbcrtö 
barauä  ein  jnjar  plumper,  aber  »ollfiäns 
biger  6dE)aft,  beffen  Hinterer  Seil  jt^ 
fcnfte  unb  ben  man  unter  ben  rect)ten  3trm 
fd^ob,  Ȋ^renb  man  iai  93orbertciI  bcr 
©äffe  auf  eine  ©abel  fiü^te.  Um  bo5 
•JUiflager  auf  ber  ®abel  ju  fiebern  unb 
ben  iRücf|io|  aufjufangen,  erf)ielten  bie 
©eh^e^re  frü^jeitig  na^c  ber  ÜJlünbung 
einen  ^afen,  nac^  melc^em  man  bieSBaffc, 
fie  mod^te  im  übrigen  fo  ober  fo  fonjiruicrt 
fein,  ^afenbüdfjfe  ober  furpeg  ^afcn 
nannte.  2)ie  ^l)nV\ä)h\t  ber  SZÖörter^af  en « 
büc^fc,  nieberlänbifc^  haakbuse,  mit 
franj.  arquebuse,  führte  baju,  i>a^  fd^licf« 
lic^  Qlrfcbufe  unb  ^afenbüd)fe  noQjlänbig 
ibentifijiert  würben,  ©nblic^  fonfiruterte 
man  ben  ©c^aft  bcrart ,  ia^  man  bie 
iBücbfe  an  bie  (S(f)ulter  anlegen  fonnte. 

«Seit  Qlnfang  bc^  15.  3<J^i^^unbertö 
njarcn  nur  noc^  |)anbfeuertt)affcn  gebräucb« 
lid),  bei  bencn  Äammer  unb  SRo^r  awi 
einem  ©tüdegegoffen  maren;  man  lernte 
ii,  aucf)  längere  Sßaffen  »on  ber  SDJünbung 
aug  ju  laben,  urb93orberIaber  machten 
ben  älteren  ^interlabern  *]8Ia^. 

®ie  näcf)Pe  95erbefferung,  ttiel(^c  furj 
naä)  ber  ©infüf)rung  beö  ©c^afteö  eintrat, 
beraub  in  ber  Verlegung  beö  3""^' 
lodbeg  auf  bie  rc(f)te  Seite  be^  ßaufea, 
fomie  im  einbringen  einer  51rt  »on  Pfanne 
bart  unter  bem  3ünblod^e,  fowie  in  einem 
üedel  ber  Pfanne,  njelc^er  iai  ^ubcr 
t>or  Sf^äffc  bemabrte  unb  bcffcn  uncor^er« 
gefebened  ^erabfaüen  nerbinberte.  2»aö 
(Sntjünben  beö  auf  ber  !]ßfanne  befinbliAen 
*?ult>er«  gefc^ab  immer  nod)  mit  ber  ßunte 
au«  freier  >^anb.  —  ?Jad)bem  infolge  ber 
genannten  QSerbefferungcn  bic  ^anbfcucr« 
Waffen  wcfenlli^  oerbrcitct  »orbcn  Waren, 
ba(i)te  man  barauf.   Die  (Sntjünbung  bee 


^ultter«  burdb  bic  lofe  ßunte  burd)  ein^ 
mcc^anifcbe  93orridbtung  ju  erfc^en.  SWan 
brad^te  ju  bem  (5nbe  am  «Schafte  cor  ober 
binter  ber  Pfanne  ein  gcfrümmtcö,  beweg« 
liebe«  (Sifenfiäbc^en  an,  bejfen  obere«  ®nbc 
jur  3tufna^mc  ber  öuntc  gefpalten  war. 
I)amit  f)atte  man  ben  |>a^n  (2)rad)c, 
(Sd^Iangcn^a^n  —  ?untenträger,  Serpentine) 
erfunben;  berfelbe  würbe  anfang«  jur 
Sntjünbung  be«  *)8ulocr«  mit  ber  |)anb 
auf  bie  (Pfanne  gebrücft,  fpäter  mit  ^ilfc 
einer  %iiti. 

2)a  bie  unmittelbar  am  ©cbafte  be« 
fejiigten Seile  be«  £ (^ w am m e n g el ä f f e « , 
b.  i).  bee  J^abnc«  unb  feine«  3"^f^ör«, 
feine  genügenb  fiebere  SBefejiigung  am 
^olje  fanben  unb  bem  (Sin^uffc  ber 
SBitterung  ju  febr  au«gefe^t  waren,  fo 
brad)te  man  unterhalb  ber  ^Pfanne  eine 
eiferne  platte  an,  auf  ber  au§en  ber 
^a^n  folibe  Sefeftigung  fanb,  wäbrenb 
bie  anberen  Seile  be«  nacf)  unb  nad)  Per« 
befferten  SDtcd^aniömu«  unter  bie  *piatte 
Dcrlegt  würben,  ©o  entjianb  tai  juctft 
1378  auffommenbc  8untenfcblo§.  Qludb 
ba«  ßuntenfcblo^gewebr  ^ie§  |»afbücf)fe, 
^af  enbüdE)fe,  ^afcn,  ^arfebufe; 
fein  SRo^r  war  etwa  l  m  lang;  ba«  ®c« 
wi^t  betrug  5  kg  unb  bie  kugeln  waren 
pierlötigc  Slcifugeln. 

daneben  gab  e«  ^albc  ^afen,  and) 
^anbrobrc  genannt,  welcf)e2— 2'/2lötigc 
©leifugeln  f(f)offen  unb  tJorjug«weifc  im 
freien  ^ilt>t  gefüt)rt  würben,  wobei  man 
ftd^  ber  ©abeln  bebiente;  bie  lej^teren 
würben  wäbrenb  bc«  51uf[egen«  mit  ber 
linfen  ^anb  gehalten  unb  wäbrenb  be« 
SOiarfd^e«  auf  ber  linfen  Schulter  geführt, 
wobei  ftc  bann  jugleicf)  jur  Unterjiü^ung 
ber  auf  ber  red[)ten  Schulter  getragenen 
J^euerwaffe  bienten. 

SDer  S)oppe Isafen  ober  „Scbarfe« 
bünbel"  bebiente  man  ftdb  au«fdblie§lic^ 
bei  93erteibigung-  unb  iBelagerung  fejtcr 
*piä^e  gegen  fleine  IJatrouiüen  unb  gegen 
bie  in  ben  Sran^een  unb  Sattcrieen 
arbeitenbe  9[>knnfci)aft.  2)ie  ÜDoppelbafen 
waren  mit  ©cbeüjopfen  (©cbilbjapfen) 
ferfeben  unb  lagen  auf  einem  breifüfigen 
Sode,  ber  e«  gemattete,  tai  SRofjr  nad) 
jeber  beliebigen  Stiftung  ju  breben.  ©ie 
bauen  4  bi«  6'  lange  eiferne  SRobre,  au« 
benen  6«  bi«  12  lötige  Slcitugeln  gefd)offcn 
würben.  S«  gab  auc^  b  o  p  p  e  1 1  e 
2)  0  p  p  e  1  b  a  f  c  n. 

S)ie  Sinfü^rung  ber  orbentli(^cn 
©(^äftung  unb  bic  (Sinvicbtung  be«  Sunten* 
fdbloffe«    würben   Seranlaffung   jur    f£r» 


^anbfc{)ube. 


261 


pnbung  bcr  SBifictHng;  bicfc  würbe 
anfangt  butc^  einen  auf  ber  f)interen  oberen 
%l'ää)i  be^  3f{ot)reö  angebra^ten,  hoblen 
unb  äiemlid)  »reiten  ©plinbcr  bcreerffieüigt, 
ber  fpäter  biä  ju  einet  formalen  offenen 
«Spalte  »erfc^Ioffen  nsurbe;  fpäter  erfc^tc 
man  biefe  Sificrart  burc^  fürjere  unb 
offene  «Stanbüifierc,  nselc^e  auf  if)ter 
Dberf(äcf)e  mit  einem  6infcf)nittc  nerfe^en 
waren,  unb  noc^  fpäter  fam  baö  Äorn 
in  5tnrt)enbung. 

Der  iSd)aft  murbc  baburdf)  »crBoüs 
fommnet,  ta^  man  i^m  einen  burc^  eine 
Dünnung  abgetrennten  Äolbcn  gab.  gut 
ben  8  a  b  |}  0  cf ,  welcher  guerfi  von  ber 
2Baffe  getrennt  geführt  würbe,  brad^te  man 
eine  SRinnc,  SRute,  an  ber  linfen  Seite  ici 
@(^afte^  an,  bie  man  fpatet  an  bie  untere 
^tcii^e  »erlegte.  @t  befianb  auö  ^olj  unb 
mar  an  ber  ©to§fIäcf)c  meifi  mit  einem 
^orns  ober  ÜJJeffxngfnopfc  nerfel;en. 

3m  ^ai)X(.  1515  mürbe  ju  SJiürnberg 
t>ai  9fl ab fcf)lo§  erfunben.  ©ein  üJicc^a^ 
niömuä  befianb  barin,  ta^  ein  fiäblerneö 
brePare«  3flab  mit  gejafinter  *Petipt)etie 
in  bie  Pfanne  griff  unb  im  3""^!^"  ^«^ 
©cfeloffe^  burc§  eineÄetk  mit  einer  jtarfen 
©cfelagfeber  in  23etbinbung  fianb,  meiere 
burd)  ülufjie^cn  iti  SRabe^  mittele  eincä 
Sd^Iüffel^  gefpannt  mürbe.  QSormärtö  ber 
Pfanne  mar  ein  ^a^n  mit  einem  ©c^mefel» 
fiefc  angebracht,  ber  fiä)  auf  jiarfer  gebet 
bewegte.  Süaö  burd)  bie  auöfc^ncüenbe 
gebcr  fräftig  um  bie  3lc^fc  gebretitc  ^at> 
rieb  ficf)  am  Sc^wefcUiefe  unb  ctjeugte 
babur^  gunfen,  bie  ixxi  (pultier  auf  bei 
*Pfanne  entjünbeten.  Daö  SRabfc^Iol 
fungierte  aucf)  bei  SHegenwettet  unb  ge« 
wäl)rte  eine  rubigere  (Snt^ünbung  aU  tai 
ßuntenfd)Iop;  ba  ft*  tai  ^at  jcboc^ 
infolge  feiner  Scrübrung  mit  bcm  $uIoer 
naä)  einigen  €d^üffen  balb  bcrfd^mu^te 
unb  bann  benDrucf  ücrfagte,  oerfa^  man 
baö  ®ewe^r  oft  mit  einem  ^att  unb 
einem  ?untenfd)lo^.  ^tügemeine  3lnwen* 
bung  fanb  boö  0tabfd)lo§  nie;  c3  würbe 
fafi  bIo§  in  Deutfc^Ianb  unb  I)ier  »or« 
jugöwetfc  ju  ben  Feuerwaffen  ber  SReiterei, 
5lrfebufen=ipi Polen,  wie  für  €(ä)ciben*, 
3agb=  unb  ^uyuöwaffen  benu^t. 

föinc  Weitere  Sßerbcfferung  befianb  in 
bet  ßtfinbung  beö  @(J)napp^a^n* 
fcf)Ioffeö,  weld)cö  burc^  Serü^rung 
von  <g(f)WefelfieÄ  ober  geuerfiein  (bat)er 
glinte)  mit  einer  fogenannten  Batterie 
ben  jünbenben  gunfen  t)ertiorbra(f)te.  'ülud) 
biefe^  namentlici)  in  Spanien  unb  ben 
Jiicberlanben  gebraudjte  '£d)Iof  ifi  nie  für 


eine  allgemeine  OrbonranjWaffe  bcrwcnbct 
werben. 

©ejogcnc  ßäufe  ftnb  gegen  Snbe 
beö  16.  3a^r^unbertä  juerfi  bepimmt  nac^* 
weiälid);  man  nannte  foId)e  gezogene 
®ewet)re  fpäter  üorjug^Weife  93ü(^fc  ober 
franj.  carabine.  (Sine  golgc  ber  ge* 
jogenen  (Sewe^re  War  bie  ©ifinbung  bcö 
©tecf)erfc^Ioffeö.  Doc^  blieb  für  bie 
geuertaftif  beä  gu^oolfe^  t>a%  8 unten* 
gewet)r  ma§gebenb;  inbem  man  ftd)  nun 
onfircngtc,  biefe^  teilö  I  e  i  d)  t  c  r ,  teilö 
Wirf  famer  ju  machen,  fam  man  auf  bie 
alte  Doppelwaffe  jurücf;  ben  .^»auptteil 
ber  S^iftitttcrie  rüjiete  man  mit  bcm  ot)ne 
©abel  terwenbbaren  ^anbro^t,  ÜJiug* 
fetc,  iRol)r  auö,  eine  Slite  aber  mit  ber 
fd^weren  unb  unbeholfenen  ^afenbüc^fe, 
wel($c  jum  *Uuf[egen  ben  ©tanb*  ober 
®  a  b  e  1  fi  0  cf  f orberte.  Diefe  fi^wcte  J^anb* 
feuerwaffe  wi(^  fobann  bet  leichteren  im 
Seitaltet  bcg  btei§igiaf)rigen  Äriege^  für 
immer.  3*^^"^'  ®efc^i(^te  beö  Äriegö» 
wcfenä. 

^anbft^u^e,  ap.  hantscuoli,  ml)b. 
hantschuoch,  hentschnoch,  ijl  ein  feit 
ben  ältefien  Briten  al^  @cf)mucf  unb  5luäs 
jeid)nung,  wie  jum  @c^u^  getragene^  Älei» 
bungöfiucf;  namentlich  gehörten  fic  jur 
©cfleibung  unb  jum  Ornat  weltlic^et  unb 
geifilid)et  ©ro^cn.  Die  *ßcljf)anbfc^u^e 
wie  überhaupt  bie  gröberen  waren  Äloi* 
^anbfc^u^e,  b.  \).  bio§  mit  einem  Daum« 
ling  fcrfe^en.  Die  i^öfifd)c  ©itte  erwei* 
tertc  ben  ©ebrauc^  biefeö  Äleibungöfiücte«, 
unb  fd)on  im  11.  3<if)r^unbert  würben 
buntgefiicftc  gTauenl)anbfd)U^e  getragen. 
ÜKitten  auf  bem  ^anbrücfen  war  ein 
größerer  (Sbeljiein  angebtac^t,  fleincte 
Steine  unb  l^etlcn  fonji  baju  »erwenbet. 
Die  anfiänbigjie  garbe  war  bamalä  fd^on 
bie  Weife,  bet  Stoff  balb  Seibe,  balb 
feineö  ßeber.  Sie  teid)ten  balb  blof  bi^ 
jum  ^anbgelenf,  balb  bi^  jum  GQenbogen. 
Die  5linge  würben  über  bem  ^onbf(|u^ 
getragen. 

^anbfd)u^  aU  !Red)töfpmbol.  2Wit 
batgerei^tem  ober  bingeworfenem  ^anb« 
fcf)u^  würben  bei  granfen,  5Uamannen, 
Sangobarben  unb  Sac^fen  ®ütet  übet* 
geben,  glei^fam  auögcjogen  unb  abgelegt. 
3um  3fid)en  anögefprod)enen  SÖanne^ 
warf  bet  Äönig  obet  Diid^tet  ben  Jg)anb* 
fc&u^  I)in  unb  erflärtc  bamit  ben  23er« 
bred)cr  afleö  feinet  ®uteö  für  »erlufiig. 
ißerbreiteter  al^  bie  beiben  genannten  5ln» 
wenbungen  bcö  ^anbfc^u^e^  iji  ber  im 
gnnjen  ^Mittelalter  gebraud)lic^e  SBurf  be^ 


262 


^anbwerf  —  ^atnifd^. 


|>anbfciu^e^  aU  Slufforbcrung  jum 
Äampf.  (Snbli^  bcjeic&nete  bcr  ^anb= 
f<^ut)  93erlei^unq  einer  ®cn)alt  tjon  feiten 
bcr  |>ö^eren  auf  einen  ©cringercn;  93oten 
würben  bur^  Überreicbung  beö  ^anb« 
fd)u^eö  unb  ©tabe^  uon  Königen  ent» 
fenbet.  ©tobten,  meieren  ber  Äaifer 
IDiarftrcc&t  giebt ,  fenbet  er  feinen 
^anbfc^uf). 

^anbtticrf,  ftc^e  ©tabtenjefcn  unb 
3unftn)efen. 

^aiiötourft;  ta^  SBort  erfd^eint  äu«fi 
in  ber  1519  crfd^icnenen  nieberbeutfd^en 
ißearbcitungbeö  9Jarrenf(ä)iffe^,  wo  eä  einen 
groben  ÜJicnfc^en  t>on  unbeholfener  »Jigur 
malen  foll,  beffen  löeibcögefialt  an  eine 
SJßurfi  erinnert.  Sllö  ©aueramann  crfc^eint 
-^ansmurft  juerfi  in  einem  |^aPnad)tfpieI 
1553,  unb  bie  Sebeutung  beö  9?arrenö  in 
ber  Äomöbie  gef)t  enblid)  auf  ein  ©c^au* 
fpiel  beö  3iiti^fä  1573  jurücf,  mirb  aber 
erft  gegen  Snbe  bee  17  3at)r^unbert  rcc^t 
gemein,  ©eine  5lracf)t  ift  eine  bunte,  ge(fen= 
^afte  .Ktcibung.     (Sri mm,  SBörterb. 

§arfc,  ftel;e  mufiL  Snjirumente. 

^arnifc^»  S)aö  Söort  ^arnifd),  m:^b. 
ber  unb  iaQ  harnas,  harnasch,  hämisch, 
hernisch,  fiammt  r»om  fpmrifc^en  „haearn", 
tt>et(ä)eö  foüiel  wie  ©ifen  bebeutete;  hemez, 
harnez  =  ©ifenjcug.  3m  »eiteflen 
©inne  njirb  barunter  bie  gefamte  Qluö« 
lüfiung  eineö  Äriegerö  »erftanben ,  im 
fingeren  ©inne  bie  Sefleibung  beö  JRumpfeö 
unD  ber  ©lieber,  alfo  mit  Qtu^fc^Iu§  t>ii 
©cf)tt»erte^,  ©d)ilbe^  unb  ^etmö;  im 
engften  ©inne  bebeutet  |)arnifd^  hai  aus 
SRingen  befiebenbe  ^anjerl^emb,  alfo  t>ai 
Sörujlflcib,  tai  burc^  bie  S^i^r^wn^c'^te 
«ine  merfretürbige  SBanblung  ju  befiel)en 
hatte  unb  enblic^  burci^  bie  ^anbfeuer« 
inaffc  unb  burd^  hk  neuere  Slaftif  »er* 
brängt  rourbe. 

®ie  erften  fogenannten  ©(i}u^n?affen 
roarcn  ©d^ilbe  auö  93aumrinbe,  gled^t* 
rocrf  unb  |)oIj,  baneben  SlierfcEe,  ^Ji^J' 
beden  unb  5itjtücf)er,  unb  enblii^  »erben, 
allerbingü  ni^t  me^r  in  ber  Urjeit, 
©teppnjämfer  üon  Seinen  crrt)ä^nt.  Unb 
tDat)renb  ferfdjiebene  feltifd[)e  ©tämmc  in 
barbari[c{)em  Tlut  unb  ©elbfigefübl  U)Xin 
gcinben  bie  nacften  ßeiber  entgegenjlcüten, 
trugen  nad)  2;acituö  anbere  fcfeon  golb- 
gcfdimücftc  ^anjer^emben,  ja  pllten  ftc^ 
ganj  in  (Srj.  Q.i  mirb  hai  aber  un^n^ei« 
felt)aft  nic^t  auf  ganjc  ©tämme  Scjug 
baben,  fonbern  nur  auf  bercn  Häuptlinge, 
bcnn  nac:^  äuücriäffigeu  S3eric^tcn  unb 
nad^    bcn   aufgcfunbcnen  9!}?oprleic^en    ju 


fd^liefen,  gingen  bie  alten  ©ermancn  hü 
jur  erfolgten  ÜJlannbarfeit  »öttig  nadEt 
unb  trugen  aU  SOidnner  'ein  mantelartige« 
©cwanb  (sagam)  o^ne  9iabt  unb  ol)ne 
ÄnÖpfe,  non  gewalEtem  ©toffe  mit  ^aU^ 
unb  5trmellöc^crn.  Qluf  beßmögUcfjen 
@d)u^  gegen  feinblidE)e  Pfeile ,  ©peere 
unb  ©d^njerter  mu^te  aber  felbfit)erflänbs 
lid)  gehalten  inerben,  unb  fo  fam  benn 
neben  ©c^ilb  unb  ^elm  balb  aud^  bie 
^anbberge  (handberc)  auf,  aU  »oll« 
gegoffener  ^anbring  jum  ©d^u^e  be« 
|>anbgelenh^,  ober  alö  iRüfiärmcl,  ber 
entweber  au«  einer  gebogenen  Srjfd^ienc 
ober  au^  einer  febernen  ©pirale  bejianb. 
Söom  (Jrfolg  biefcr  erften  ©cf)u|mittel  ju 
njcitcren  33erfuc^en  angefpornt,  fud)te  man 
nun  namentlich  bie  93ruji  bejfer  ju  bccfen 
unb  erreidbte  bieö  babur^,  ba§  man  fiatt 
be^  gemö^nlid^en  ©ewanbe^  ober  unter 
baöfelbe  eine  leberne  „lorica"  anjog.  ©ie 
93ornel;mPen  begannen  biefclbe  ^in  unb 
ttiieber  mit  ©d^uppcn  pon  (5rj  ober  mit 
JRingcn  ju  befe|en  unb  enblid^  ücrbanb 
man  bie  Otinge  ju  fclbfiänbigem  ©efled^te 
unb  fdl)uf  fo  bie  ©rünne  (got.  branjö, 
al)i.  praniä,  angelf.  bryne,  altnorb. 
brynja,  altflaf.  br"nlja.)  Jür  biefelbc 
©c^ugttjaffc  wirb  auc^  ber  *Muöbrudf  [Ringe 
(bring)  gebraui^t,  ireftgot.  zaba  ober 
zava,  unb  cnblic^  ift  ber  ißejeid^nung  sar, 
sarwerc,  al)b.  saro,  sarawi,  gasarwi, 
gasarwa  ju  gcbenfen ,  toai  eigcntlid) 
Siü^ung  ^ei^t,  aber  ber  ißrünne  gleid^« 
fommen  mag.  |)ilbebranbälieb :  „iro  saro 
rihtun"  r=  fte  marfen  i^re  ^anjer^emben 
über;  „sarkes  bar"  =  o^nc  iJ3anjer.  Ur» 
fprünglid^  fdjeint  bie  93rünnc  auö  tjörner» 
neu  ©d&uppen  l^ergefteHt  werben  ju  fein. 
5Die  Erinnerung  baran  t;at  ftd^  bei  bcn 
alteren  S)icl)tcrn  infofern  erhalten,  alä  bie 
abfonberlid)en  Oiüfiungen  i^rer  SRiefen  unb 
Reiben  fct;r  oft  ale  hurnin  gcfd^ilöcrt 
Werben.  S)eä  Reiben  Jlmarä  ßeute  j.  93. 
waren  mit  ,, hörne  beslozzen",  bie  Söölfer 
beö  Äönigä  Don  Tarmarche  faorten  hur- 
nine  gar,  gleich  Wie  bie  6,t;rifien  isen 
und  gewant.  ©c^on  im  Söcoftiulfliebe 
fommt  jebod^  93rünne  burdt)gängig  al^ 
JRingpanjer  unb  Äettengef(e(i)t  »or  unb 
bieä  bcjcugt  fet)r  beutUd),  ia^  auä)  bei 
ben  norbifcfjeu  ©tiimmen,  welche  in  feiner 
unmittelbaren  33ejiel)ung  ju  ben  Qlfxaten 
fianben,  ber  ©ebraudf)  biefer  SBaffentrad^t 
uralt  ift.  Qlud^  ^ilbebranbö«  unb 
2Baltl)arilieb  fennen  bie  Srünnc.  S)a^ 
bicfe  in  bec  DIegct  am  Düngen  gc« 
fd^miebet  war,  foba§  53lut  unb  ©c^wei^ 


^atnifd). 


263 


burd^  jte  ju  bringen  ücrmoc^tcn,  jciflen 
toielc  ©teilen  hn  ben  S)id^tcrn.  ßanj,  1996, 
daz  bluot  im  durch  die  ringe  ran  üz  der 
tiefen  wunden.  2tu(^  I»a9en  ftnb  bic 
ülingc  »on  bluote  naz.  S)ie  Otingpanjer 
ftarcn  üerl^äUmömä^ig  Icicf)t,  liefen  bie 
?uft  burd^  imb  fcE)Ioffen  ftd)  fügfam  bem 
Körper  an,  gematteten  ballet  unget)cmmte 
Bewegung  unb  tonnten  jubcm  mit  ge« 
linger  ÜJJü^e  an  unb  uneber  abgelegt 
rocrben.  3m  ©egenfa^  ju  bem  *piatten= 
panjcr,  bet  angefd)naEt  »Derben  mu§te 
unb  jmar  mit  ^ilfe  anberer,  jog  man  bie 
JRingpanjer  an  tine  ein  i^leibungöftütf, 
baber  ber  ^(uöbrutf:  si  sehnten  sich  üz 
dem  gewaffen  nach  grözer  müede,  ober 
si  sluffen  in  wiges  gewäte  unb  abe 
schuotte  er  sin  isengewant.  S)ie  IRinge 
liefen  frd^  jubem  ineinanberfd^ieben,  fo« 
ba|  bie  abgelegte  93rünne  bequem  in 
einem  Söaffcnfacf  (särbalc)  ober  in  einem 
©(f)ilbe  nachgetragen  »erben  fonnte. 
Brünnen,  bie  »nie  ein  $emb  übergeworfen 
mcrben  f'onnten  unb  bann  big  an  bie 
(Sc^enfet  Ijcrabreidbten ,  bcjeic^net  bereite 
tAi  Ruolandes  liet  (um  1180)  aU  SHöd'e: 
di  von  Clamerse  mit  ir  guoten  isern 
ronchen.  Kün.  Ruoth.  do  schlaffen  die 
recken  in  staline  reche.  SDiefem  ent« 
fprid^t  ber  lateinifctje  Qluäbrucf  für  Qtal)U 
xod:  tnnica  ahena,  Söaltljer  trug  eine 
breibrä^tigc  tanica;  übrigen^  jog  ein 
tRecfe  je  nad;  93ebürfniä  aud)  mel^rere 
58rünncn  —  tnenigftenö  jmei  —  über= 
cinanber  an. 

SBic  feft  aber  biefe  iRinge  aud)  fein 
mod)ten,  bie  ©änger  njiffcn  üiel  ju  be= 
tickten  »on  tortreffUd^  gejielten  ®peer= 
nnirfcn  unb  ritterlii^en  ®^mertfcf)lägen 
unb  ®tid)en:  do  schniet  im  durch  die 
ringe  der  küene  Wolfhart.  (®.  SRofen« 
garten.)    Unb  roeiter: 

Die  ringe  begunden  risen  in  der 
rosen  schin, 

Sie  lagent   do  geströwet,    als  sie 
werint  geset  dar  in. 

DJJan  l^at  beöf)alb  bereite  febr  i;rül)e 
begonnen,  Stellen,  bie  bem  feinblic^en 
Eingriff  befonber«  auögefetjt  finb,  noc^ 
mit  einem  »weiteren  ©(i)u^e,  ndmlic^  mit 
aufgenieteten  platten  ju  oe'rfe^en,  mit  fog. 
©udeln,  bie  oft  in  fdf)önen  Ornamenten 
bie  ^Panjer  fcftmütfcn,  »nie  bie  in  Kegel- 
gräbern unb  Torfmooren  aufgefunbencn, 
mcifl  gut  erhaltenen  ©jremplare  eö  Ijeutc 
nodt)  meifen.  5a,  fogar  eigentlid^e  ^piatten^ 
Ijarnifd^e  treten  —  »venu  aud)  in  rot)en 
formen  —  bereite  im  4.  ^abr^unbert  auf 


unb  j»t)ar  aU  ein  beutf(^cö  ^robuft.  SJa« 
altefie  berartige  @tücE  »nirb  im  3ürtc^er 
<Mntifenfabinette  aufbema^rt.  ®«  befte^t 
aüi  langlid)en ,  aufeinanber  genieteten 
*CIatten.  ©egreiftict)  ifi,  ba§  bom  'Bd)[ä' 
fal  befonbcrö  begünftigte  JRitter  batb  in 
ben  iRuf  famen ,  al^  trügen  fie  gefeite 
Srünnen,  auf  bencn  fein  (Sifen  ju  ^aften 
imftanbc  [ei.  ^a.  norbifd)e  ©agen  fd)rei= 
ben  bie  gleid)e  ®igenfd)aft  fd)on  bIo§cn 
©ciben^)emben  ju,  bic  in  befonberer,  jau= 
ber^after  SBeife  ge»i3ebt  trorbcn.  9licf)t 
nur  ift  ber  Sräger  eincö  foI(^en  für  jebe 
Klinge  unöermunbbar;  auc^  ^euer  bc- 
fd^dbigt  if)n  nid^t;  »?on  Kälte  leibet  cv 
mebcr  ju  ßanbe,  nod)  jur  See;  fein 
©djmimmen  ermattet,  fein  junger  quält 
it)n.  6ö  Pub  bieö  bie  „Jlot^emben"  beö 
beutfd)en  SWittelalterö. 

2)ic  alte  iRingbrünne  »rar  nodt)  in  ber 
J^ranfenjeit  offenbar  nur  im  93eft^e  tieroor» 
ragenber  unb  »t>ol;U;abenber  .Krieger.  5Die  ge- 
ringeren Öcutc,  auc^  fold^c  ber  9leiterei,  be- 
gnügten fid)  mit  minber  fofibaren  ®urro= 
gaten  unb  jinar  nod^  auf  lange  3£it  f)inau0, 
bauptfäd^lid^  mit  bem  ©d^uppcniuom'? 
oon  ßcber  mit  aufgenähten,  übereinanber 
faüenben ,  metallenen  ©d^uppen.  *itu* 
treten  fd^on  !ö-einfd^iencn  (beinbergae) 
vereinäclt  ouf,  oornel;mlid^  bei  Üiittern; 
boc^  befd^ü^ten  fte  met)r  nur  baä  red)te 
Sein,  meil  biefeä  beim  Qluöfaü  nid^t  fo 
unmittelbar  bom  ©dl)ilöe  gebedtt  tt>ar. 
Kaifer  Karl  ^ielt  befanntli^  fef)r  auf 
berbe,  fdt)ü^enbe  Kleibung  bei  feinen 
Kriegöleuten;  feiner  teurer  ^litter  »rar 
it)m  ju»t)ibcr.  ©epanjerte  ^ferbe 
»Derben  ebenfalls  fd^on  im  9.  Ja^r^unbert 
genannt,  unb  eä  ftet)t  au^er  ßweifel,  baB 
aud)  ijin  bie  ©d)uppenpanjer  gemeint  ftnb. 

S)ie  S^ormannen  SSil^elm  beä  (Srobcreri? 
»t»aren,  nadf)  ber  berüf)mtcn  Zaptk  »on 
Sai;euj:  ju  fd^lie^en,  in  einen  biä  über 
bie  Kniec  rcii^enben,  bequemen  2öaffcnrodf 
t>on  Seber  ober  ©teppleinmanb  getlcibet, 
ber  burd^»tieg  mit  eifcrnen  SRingcn  bcfe^r 
»Dar.  S)ie  alte  58rünne  bebetfte  nur 
SKumpf  unb  Oberarm,  lie§  aber  namentlid) 
ben  ^alö  unb  9tacfcn  frei,  »cämegen  bie 
näd)fie  golgcjcit  befircbt  mar,  fre  in  biefer 
(Rid^tung  ju  tjerbe^ern.  ©o  cntftanb  bie 
Kutte  ober  ^alöberge  (halsberc),  aglf. 
healsberg,  altfrj.  hauber,  habere,  hauberc. 
»Delcf)e  namentlid}  bei  ben  fvanjöfifdtien 
SRittern  beö  10.  unb  11.  3al)rl)unbertö 
allgemein  in  ©ebraud)  fam.  5lnfänglid) 
nur  hü  an  bie  |iüfte  retd)cnb,  iierlängerte 
fie  fid}  5ufebenbö,  bie  fie  ju  ben  9)littel= 


264 


^arntfc^. 


(\elenfcn  bcr  5Irnic  unb  93eine  reichte.  3tm 
iBoiDerorm  fommt  baö  geficpptc  5irmel« 
»amg  äum  iDotfcfccin,  an  bcm  Untetf^cnfel 
iai  Äteujgeflecf)t  bei  Scberriemcn  beö 
i8unbfc^uf)eä,  berm  iBcrf(i)tin9ung  ®d)icns 
bein  unb  SBobe  fc^ü^cn.  iJJur  bie  ^ü^tcr, 
j.  ».  2BiIt)cIm  fclbji,  t)abcn  aiid)  bic 
SBcinc  mit  (Panjcrfjofen  bcfleibet.  5Die 
Cffnung  jum  ^Insie^en  iii  „beringten" 
Äampfgetranbeö  befinbet  fic^  auf  ber  ©ruft 
unb  ift  l)ier  mit  einem  ebenfalls  beringten, 
tiererfigen,  bert>eglic^en  93rujila^e  jugebedt. 
5Die  fRormannenreiter  trugen  bic  ^alöbergc 
nur  über  bem  SBomfe;  in  ber  ^^olgeseit 
aber,  alö  bie  SBetraffnung  immer  fcf)rt)crer 
würbe,  fam  eä  aud^  for,  ha's  bie  |>alös 
berge  über  ber  93rünne  getragen  ttiurben. 
5lnberc  gorfc^cr  nehmen  hai  UmgcEebrtc 
an  unb  rcrfie^en  bann  unter  ber  ^alö= 
berge  nur  eine  metallene  2öef)r  für  ^al«, 
*Jtacfen  unb  ©ruft.  Über  Srünne  unb 
^alebtrge  trug  ber  SRitter  mo^I  audb  ben 
SBan'enrocf  auö  ©eibe  ober  anberen  föftlid)en 
Stoffen. 

Sie  begnnden  sniden 
Den  wäpenroc  von  siden 
Und  den  halsberc  darnnde. 
Soüte  ber  2Rann  in  ber  ^'alöbergc  ficf) 
bequem  bercegen  fönncn,  fo  mu^te  fte  jid) 
in  ber  SJJä^e  ber  J^üftcn  crivcitcrn,  um 
ben  (gc^enfeln  ben  beim  S^eiten  nötigen 
3?aum  äu  gemät)ren.  2)ieö  niurbe  babuid) 
crjielt,  ba§  fid)  entweber  im  unteren  Seile 
slitze  befanben,  foba^  bie  ^utte  in  mef)« 
rere  @d)ö§e  terlief,  ober  ta"^  fte  unten 
mit  teilförmigen  3>ü'cfeln,  b.  ^.  mit  geren 
ncrfefjen  »aren,  n?ic  beren  aucf)  an  SBoppen= 
röcfen  unb  ber  ©ifiltleibung  oorfommen. 
Hlric^  üon  Siec^tenjlcin  451,  2:  in  feinem 
üöoppcnrod  tt^aren  zwelf  geren  gesniten 
dnrch  sine  wite. 

(Sin  weiterer  ©c^ritt  war  bann  bie 
Qtuebe^nung  ber  gegitterten  ober  SlJJafc^ens 
rüjiung  au^  über  bic  5lrmc  unb  Seine, 
unb  jWar  fc^eint  biefe  Srac^t  juerfi  in 
2)cutfd)Ianb  gebräuct)Iic^  geworben  ju  fein. 
Sine  ber  frü^ej^en  SDarjleQungen  biefer 
Bewaffnung  finbet  ft^  in  Äaifcr  |>einric^  II. 
Evangeliarinm,  wo  ber  alfo  gewappnete 
JRitter  über  ber  Schulter  einen  norman» 
nifchen  ®(l)ilb  unb  auf  bem  Äopfe  einen 
niebrigen  ©loden^elm  mit  JRafenbecfel 
trägt.  5Dic  3led)te  fü^rt  einen  Änebelfpie§, 
bic  ßinfc  ift  befcf)äftigt,  eine  Äurjwaffc 
(»iefleic^t  ein  skramasax)  auö  ber  @cf)eibe 
ju  sieben;  barurter  bangt  iiai  eigentlic^ic 
©diwert.  S^bitft  äf)nlid}e  SKüftungen  bc» 
gegnen  un«  auf  nicf)t  wenigen,  namentlid^ 


bcutfc^en  ©enfmälern,  aud)  beö  12.3(»^r= 
^unbertä.  3"9^f''ft  i}^%^  Ü*  <^'"^  SBcittr^ 
cntwidelung,  inbem  bic  ®(^ö^e  be^  3Baffen= 
rodeä  meifi  ^u  enganlicgenben  i£d)enfcU 
f)ofen  ausgebilbet  werben,  wcld)e  biä  jum 
^nie  reid)en.  5lm  oonEommenfien  ge- 
haltet fic^  biefe  iRüj^ungöweife  am  5{f)eine. 
$ier  erf^einen  ju  (Snbc  beö  12.  ^a\)X' 
bunbcrt^  bie  JRitter  feß  eingeficibet  in  bie 
iKinge,  bie  alfo  nic^t  nur  ju  einem  blofen 
Überwürfe,  fonbcrn  ju  enganlicgenben 
ÜBämfern  mit  Dberfc^enfel^ofen  auögc= 
fialtet  ftnb.  2)aran  fc^Iic§t  ftd^  fnic* 
abwärts  ein  ebenfalls  auö  SKingen  gebil^ 
bcter  (£d)icnbcinf(^u|.  ©ic  ^ofen  waren 
gleich  unfern  mobernen  entweber  gc= 
fd)loffen,  foba§  ber  %ü$  oon  oben  {)incin* 
fu{)r,  b.  l}.  fte  würben  „angefcbubt'  ober 
„angefcftüttet",  ober  fte  waren  offen  unb 
würben  bann  an  ber  f)interen  «Seite  bcd 
93cineö  mit  iRiemen  jufammengebunben. 
Söigal.  6136: 

Die  frouwen  im  do  bnnden 
Die  isenhosen  an  diu  bein. 
Ober  «p.  157,  7: 

Zavuo  liebte  hosen  iserin 
Schuohterm  über  diu  ribbalin, 
Qlnber^  in  ^yranfreid)  unb  in  Spanien, 
^ier  ifi  bie  iöepanjerung  ber  Seine  offenbar 
fpäter  üblid)  geworben,  als  auf  beutfc^em 
33oben.  S^'^^  einige  Siegelabbrüdc  cor* 
ne^mer  J^rieger  äcigen  ben  Seinpanjer, 
wenn  gleid)  nur  alö  Schuppen*,  nid^t  aH 
Äcttengewanb;  aber  auf  ben  mcijlcn  ^ar« 
fteüungen  fet)lt  er;  ja  fogar  bic  in  I)eutfd)= 
lanb  üblid^e  Scpanjcrung  oon  Unterarm 
unb  r^au^  mangelt  nod).  Unter  bem 
ßflenbogen  tritt  tai  oom  12.  bif  14.  ^ai)X' 
Ijunbcrt  allgemein  getragene  5i[rmelwam* 
(franj.  wambison,  gambison)  beutUc^ 
^ernoV  Dicfe^  SHJam«  befianb  auö  Sebcc 
ober  Jud),  War  mit  SÖattc  ober  2Bcrg  ge« 
füttert  unb  meifi  mit  Seibe  gefteppt. 

(Segen  (Pfeire,  Solsen,  Sd)Wert^iebc, 
meifi  aud)  gegen  Canjemlö^c  gewäf)rten 
bie  ÜJIalc^enpanjer  ^inlanglid)  Sc|u^,  nic^t 
aber  gegen  bic  Sd)Iagwaffen,  Äeule,  5lj:t, 
®d)laggeifel,  SWorgenftern,  Streitayt, 
weswegen  le^terc  jlarf  in  *llufnabme  famen 
unb  ber  Sd^Werpuntt  ber  fricgcrifd^en 
5Ution  mel)r  in  baö  gu^üolf  oerlegt  würbe, 
wä^renb  er  big  an^in  in  ber  SReiterei  ju 
fuc^cn  War.  2Bag  War  natürlicher,  aU 
t>a^  man  bejirebt  war,  auc^  bie  ©(^ufes 
Waffen  in  entfpred)enber  ffieife  ju  rieroofl« 
fommnen.  5E)ic  nac^  bem  belmbebedtcn 
Äopf  gefüfjrten  Strcid)e  fieten  nämlid) 
meifi  abpraOenb  auf  bie  Sd)ultet  unb  »er= 


i^atnifc^. 


265 


urfac^ten  burcf)  bercn  99ruc^  Äampf« 
«nfd^igfcit.  ©eöwegcn  brachte  man  an 
befagter  ©teile  bie  f ogenannten  8  d)  u  1 1  e  t ' 
flügel  an,  eiferne  *}31atten,  \vtl<i)t  baä 
fötfen  beö  ^clmce  gcmifferma^en  terläns 
gcrten  unb  jeltartig  nac^  au^en  abf^rügten. 
S)iefe  Ailettes  ftnb  in  bet  ®efd)i(^te  ber 
99ctt)affnung  fon  großer  SBi^ttgfeit,  n?eit 
ftc  bic  crficn  (Sifenplattcn  jtnb,  ivclcbe  auf 
bem  Äettenpanjcr  crfc^einen. 

Süßte  bie  ©djultern,  [o  fu^te  man  aud) 
^aU,  5trme,  Cd^cnfel  unb  namentlich  bie 
Äniee  beffer  ju  bcden,  inbem  man  platten 
unb  ®d}icnen  auf  bie  betreffenbcn  ©tcüen 
bcs  SRingpanjcre  befefiigte  unb  jtrar  burd) 
'2lufnicten  ober  S'Jageln.  5lnfänglic^  Der= 
»enbetc  man  hierfür  öeber,  tai  buti^ 
©iebcn  eigen*  jubereitet  unb  burd) metallene 
IBudel  unö  Sänber  ferfiätft  mürbe.  I)iefe 
Seränberungen  beginnen  bereits  gegen  6nbe 
bee  12.  5atjrf)unbcrte  unb  ncl)men  in  ber 
^olgejeit  immer  ju.  2Bo  bie  iRinge  ge^ 
nagelt  erf(^eincn,  ia  gepren  fte  minbeflenö 
fc^on  bcm  6nbc  bcö  12  S^i^i^^unbertö  an. 

2)ie  23er)ldrfung  ber  iHüilung  burd) 
^platten  fommt  junäd)fi  auf  beutfdicm 
©oben  jur  ©eltung.  2>aä  bcutfc^e 
tDJanuffript  imn  Jriftan  unb  3folbe, 
meld)eä  ju  93erlin  aufbemabrt  mirb  unb 
ber  jmeiten  Hälfte  beö  13.  3al)rt)unbert^ 
angcl)ört,  jcigt  bereite  JRitter  in  üoUfidns 
bigen  $lattcnrüfiungen  mit  gefd^ientem 
Qlrm=  unb  23einjeug ,  nebfl  gefc^ienten 
(Eifenf(i^ut)en.  3n  ^ranfreid)  mar  ber 
g-ortfdjritt  ber  Bewaffnung  langfamer. 
^ie  IRingbrünne  fommt  erft  fe^t  ju  i^rer 
böc^jten  93oücnbung,  immerhin  mit  Qln= 
fangen  ber  @d)ienenrüfiung.  93emerfenö» 
mert  ift,  ha^  ha,  mo  bie  Serfiärfung  ber 
Oiüjlung  burc^  ®d)ienen  eintritt,  im  übrigen 
oft  iion  einer  3lueftattung  mit  bem  eigent» 
li(^en  SWafdienpanjcr  abgefebcn,  inelmebr 
SU  bem  älteren,  billigeren  ®d)uhgemanbe 
fee«  befetteten  ober  befd^ilbeten'  .^ampf; 
gercanbeö  jurüdgcgriffen  wirb. 

2)er  .^lanbf^ub  »ar  urfprünglid^ 
mit  bem  ^ßanjer  »crbunbcn ;  mer  il)n  auss 
äiel)en  mollte,  ber  mu§te  sugtei^  bm  ganjen 
*13anäer  ablegen,  ©aä  mar  um  fo  unbe^ 
quemcr,  als  mit  5lusnal)me  bes  i)aumens 
bie  tjinger  gar  ni^t  gefonbert  maren; 
bat)cr  machte  man  fpäter  einen  (Sinfd)nitt 
in  iai  ü)tafc^engeirebe,  um  mit  ber  ^anb 
burc^langen  ju  fönnen,  unb  lie^  ben  t>or= 
bcren  Seil  ber  SDtafc^en  bis  jum  Olugcn« 
blide  beö  (Sebrauc^ö  f)inter  ber  |)anb  bcrab^ 
bangen.  3ni"icr^in  aber  blieb,  au^ 
menn  bas  .^'ettenl)emb  über  bie  ^^cmft  ge= 


jogen  morben,  ber  ^anbfcbu|  ungenügenb, 
unb  babcr  verfertigte  man  feit  ber  jrcciten 
.^»alfte  beö  13.  3at)rl)unbert3  ^anbfcbut)e 
öou  ftarfem  ^irfd)leber  mit  gcbammcrten 
©ifenplatten  auf  bcm  ^anbrüden  unb  auf 
bem  unteren  ^Jingergelenfe  bes  I>aumens. 
3n  glcid^er  Sffieife  gehörte  jur  SRüftung  ber 
Sporn,  ber  unmittelbar  mit  ber  S!)Jafcben= 
bcpanjerung  beö  %a^ti  jufammenf)ing. 
(Siel)e  Sporn.) 

Einfangs  bes  14.  3a^r^unbcrts  befianb 
bie  ritterliche  SRüftung  aus  ilöamö,  SRing= 
brünne  unb  (Sifcnl)ofcn,  mel(^  le^tere  in 
oben  angefül)rter  2Beife  burd)  'i^tatten  »crs 
ftärft  maren, bem  a[öaffenl)embe  ober  SBaffen« 
rod  von  Sucf)  unb  ber  ^alsbcrge,  aucb 
®d)ulterfra9en  ober  DWafc^enfapuje  ge= 
nannt,  meld)e  meifl  mit  ber  fleinen  23eden!= 
l)aube  verbunben  mar.  2)aö  SBams  (Gam- 
bison)  mar  eine  enganliegenbe  ^irmeljade 
mit  baran  befeftigten  .^'ofen  unb  Strüm« 
pfen.  6ö  beftanb  auö  ßeinmanb  ober  ßeber. 
23or  ber  93ruft,  vor  bcm  ©emäc^te  unb  ben 
Äniefc^eiben  mar  eö  beringt.  S)ie  in» 
jmifd^en  erfunbcne  Äunft  beä  2)ral)tjic^enö 
evmögli^te  es  jcbem  Ärieger,  ftd)  eine 
SHingbrünne  ($an5crt)emb)  ju  »erfcl)affen. 
@d)ultcrplatten  (epolieres)  unb  3lrm= 
fd)iencn  (armisen,  bräzel  ober,  menn  fie 
nur  bie  Qlu§enfeite  bes  Qlrmcs  beden, 
demibrassards  genannt),  fomicStlenbogen= 
!ad)eln  unb  Äniebudel  fet)len  nirgenbs 
met)r,  njcrben  gegcnteilö  immer  grö§er  unb 
ndt)ern  ftd)  burci)  meitcre  DJlittelglieber 
mci)r  unb  mel)r,  bis  bie  fortf^reitcnbc 
^unfi  ber  ©cbmiebe  einen  *piattcn  = 
panjer  baraus  entftef)en  lä§t,  ber  [Rüden* 
unb  Srufiplattc  (Äüra§),  Saucbplatte 
(Saud)panjer),  .^alsberge  unbApdngcplatten 
für  bie  Dberf^enfel  in  f\ä)  faft.  *Uuc^  ber 
Untcrfdbenfcl  erl;ält  feine  Sffiabenptattc  unb 
juglcid)  »erldngert  man  bie  üorberen  Unter» 
fd)enEclf(^ienen  bur^  mebrercaneinanberge-' 
fügte  Q3lättd)en  unb  entmidelt  fo  jufammen-- 
l)ängenbe  ©d)ienenfd)ul)c  (iserkolzen,  col- 
zenschab,  bie  biö  ju  (Snbe  beö  1 5. 3abrb.  bie 
gorm  langer  unb  fpi^er  ©cbnabclfcbul)e 
l)aben.  2)er  SRitter  fa§  ofine  (5;ifenfcf)nabcl 
auf'ö  $ferb;  ber  Änappe  „^adte  ibm  bann 
ben  Stachel  an",  ber  gemöbnli^  ^2^  I'fi 
©rafen  oft  1',  bei  dürften  fogar  2'  lang 
mar.  Denft  man  ftcf)  nocö  bie  mit  be= 
rceglic^em  (Seftcbtsfdiiule  tcrfe^cne  Äeffel= 
^aube,  einen  ®ted)^elm  ober  (Sifen^ut  bin= 
ju  (ftc^c  ^elm),  fo  mar  t>ai  liebe  ßeben 
eineö  folc^en  9ftitterö  unbejtritten  treffli^ 
gefcf)ü^t.  Unb  menn  ber  Doüfiänbii^» 
platten-'  ober  <Sc^icnenf)arnifd^  aud)  feinc.3= 


266 


^atfc^ier  —  ^eerwefcn. 


voegö  eine  bequeme  Äleibung  gettjefeit  fein 
mag,  fo  hemmte  er  t>oä)  ben  ©ebraud) 
bei  ©liebet  meniget,  feit  funflfertige  SWeijter 
bemüht  waren,  ben  treibenben  Jammer 
fo  gefc^icft  ju  führen,  'ba'^  bie  formen  ber 
einjelncn  *PanäerteiIc  bem  anatomifc^en 
'-Bau  ber  ©liebmafen  möglic^fi  entfprai^en. 
SDic  berühmteren  2öaffenfd)miebe  '^ta-- 
lien^  bejlanben  ju  SDiailanb.  SBar  bocf) 
bicfeeineStabtnac^  berSd^Iac^tbeiüJJacalo 
(1427)  im  €tanbe,  binnen  tt)enigen  Jagen 
SBöffen  unb  JRüfiungen  für  4000  iHeiter 
unb  2000  ^u^fnei^te  ju  liefern.  2)ie  sar- 
würker  ober  sarwetter  (Sffiirfer  unb  SBeber 
»on  Äettenpanjern)  foh)ie  bie  platenaere, 
thorifex,  ^elmf^miebc,  ^arnif^macf)ev, 
Sporer  unb  ©d()Ioffer  genoffen  grofe  $ri= 
üilegicn;  fo  waren  fie  in  @panbau  »on 
aüen  Qtbgaben  frei,  jiie  beutfcf)en  a[ßaffen= 
fcf)miebe  (Qlugäburg,  SJJürnbcrg)  genoffen 
einen  SBeltruf.  ©an  SUJarte,  SBaffen^ 
funbe  u,  3ä^n^,  ®ef(^id)te  be«  Äriegö* 
»efenö. 

^atfi^icr,  |»atf^tcrer,  §artf^icr,  feit 
bem  15.  3a^r$unbert  au«  bem  juerfi  feit 
bem  12. 3a^r^unbert  bezeugten  franäöjrf^en 
archer,  ital.  arciero  =  SBogenfcf)ü^e  ent= 
Icl^nt,  ^ic§  ein  Trabant,  ßeibtrabant,  ber 
in  fleineren  (Semeinben  auc^  Süttelbienfie 
oerric^tete. 

tank,  fie^^e  ÄopfbcbecEung. 
aittii^e,  ein  grobem  ©efc^ü^  jum  @c^ie= 
Ben  Don  ©ranatcn  unb  Äartätfc^cn,  feit 
ben  |>uffttenEriegen  bem  bö|mif^en  harif= 
nice  =  ©teinfd^Ieuber ,  entnommen,  tu' 
ber  iai  2Port  beutfc^  aud)  juerji  hauf^ 
nitz  lautet. 

^auömarfc  beift  tai  befonbere  B^i^f"» 
mit  «eld)em  nad)  altem  ©ebrau^e  bie 
2Bo^)n[;äufer  unb  bie  Stammfi^e  bejeic^net 
mürben.  3)a  fi^  ber  ^auöbeft^er  biefee 
3ei(^en»  auc^  bei  Unterfd)riftcn  alä  ^anb= 
^cid)en  bcbientc,  erbiett  eä  ben  SRamcn 
hantgemäl,  rocldie^  2Dort  nun  auf  iai 
©runbfiüd,  ben  ©tammft^  felbcr  über= 
tragen  mürbe.  S)urc^  ia^  ^antgemal 
mürbe  ber  Ort  für  ben  gcric^tlid)en  3wct= 
fampf  beö  ©Äöffenbarfreien  bcßimmt  unb, 
mo  es  auf  (Sbenbürtigt'eit  anfam,  ber  23e« 
mei«  be^  fc^öffcnbaren  ©tanbeö  gefüllt. 
Später  mid)  bie  liausmarfc  über  bem 
i^or  bem  SQSappen,  unb  ber  ®erid)t0flanb 
richtete  ftd)  nid)t  met)r  nad)  bem  ®tamm= 
ftfe,  ber  bie  ^au^mart'e  trug,  fonbern  nad) 
bem  2)omiäiI.  ^ome^er,  Qlb^anblungen 
über  tai  ^lantgemal. 

^oitöntEier,  Majordomus,  mar  ber  Stame 
eine«  Beamten,  ber  in  ber  SOJeromingerjcit 


frü^,  namentlid)  bei  ©eijllidben  unb  an 
ben  |5»Öfen  ber  .Könige  ocrf^iebener  ger= 
manifd)er  Stämme  »orfommt.  Sei  tm 
granfen  ijl  ber  QJiajorbomue  ma^rfdiein* 
\xä)  urfprünglid)  nid)t^  anbere^  alä  ber 
alte  ©enefc^all;  if)m  ftanb  bie  Dberauf- 
ftc^t  über  ba^  |»auömefen  im  ganjen  ju. 
ö^  gab  iprer  mehrere,  ta  jebe  ^ofbaltung, 
au(^"  bicjenige  ber  .Königin,  ber  ißrinjen, 
i^re^  eigenen  J^auömeierä  beburfte.  3"l«&t» 
aU  bie  Wlaä)t  beä  ÜHajorbomu^  eine  fol^e 
Sebeutung  erlangt  f)atte,  ta^  eine  Teilung 
berfelben  unter  mehrere  unjlatt^aft  ge* 
morben  mar,  gab  eö  bIo§  noc^  einen  S8c= 
amten  biefeö  SJJamenä,  ber  aud)  major  do- 
mus  regiae,  major  domus  palatii,  prin- 
ceps  palatii,  palatii  praepositus,  prae- 
fectus  palatii,  rector  palatii  ^ie|.  21  lä 
53orfie^er  be^  ^JJalafieä  unb  ^^ofeö  erhielt 
er  einen  ßinffu^  auf  atle  'i>er^ältniffe  beö* 
felben;  bie  (Srjie^ung  ber  jungen  an  ben 
^of  gebrad)tcn  Scute  j^anb  jum  Seil  unter 
feiner  Ii3eitung;  er  batte  für  bie  Sßa^rung 
üon  3"^t  unb  3Re^t  unter  ben  ©rofen, 
für  itn  gerieben  im  ßanbe  ju  forgen;  in 
ber  SRatöoerfammlung  fa§  er  bem  Äönigc 
juncic^jl,  ober  führte,  menn  biefer  abmefenb 
mar,  ben  2)orjt^  felbfi;  unter  minbcr« 
jäbrigcn  .Königen  fianb  i^m  bie  ©rsie^ung 
unb  9ieicböoermefung  ^u.  Sßa^rfc^einlid) 
oerbanb  fic^  bamit  ein  5lnteil  an  ber  23er= 
maltung  beö  föniglic^cn  |)aufeö,  ber  ßr* 
bebung  unb  iBetmenbung  ber  föniglid)cn 
(Sinfünfte.  lUfprüngli^  mürbe  ber  S^ani- 
meier  mie  jcber  anbcrc  Scamte  von  bem 
.Könige  ernannt,  fpüter  unter  SHitmirfung 
ber  ©ro^en  gemiitjlt.  3"^^^*  gefien  alle 
wichtigen  ©ej'c^äfte  burd)  feine  ^anb,  üon 
ibm  bangen  bie  Seamten  nb,  er  erteilt 
©naben  unb  (J^ren,  er  tcrtritt  ben  .König 
gegen  feine  Untert[;anen.  6r  ^ält  an  be^ 
Äönig«  q3Ia^  ia^  ©eric^t  in  ber  qsfalj, 
fein  ?tame  mirb  auf  ÜJJünjen  Qcfe|t,  er 
erfc^eint  aU  ber  eigentlid)e  SRegent  i>ti 
SReid)e^,  er  f;cigt  ^ürjl  ber  gronfen  ober 
Unterfönig,  subregnlus.  SJiad)bem  (pipin 
bie  föniglii^c  ©emalt  lange  3^^^  unter 
biefem  Sitel  gefül;rt  unb  tai  Königtum 
fetbfl  an  fein  Apauö  gebrad)t  mar,  murbc 
fein  QJJajorbomu^  mef;r  ernannt.  SBai^, 
25erf.=©efd).  Q3b.  2  u.  3. 

§cetö)efcii,  3"  ältej!cr3£it  ifi  tai 
.^ecr  ber  ©ermanen  ni(^tö  anbereö  ali 
ta^  33olf  in  Sßaffcn.  ©lieb  iti  Staate* 
mar  na^  Sacituö,  13,  mer  bie  Söaffen 
Eannte.  Qn  friegerifd)en  Unternehmungen 
öereinigte  fic^  entmcber  ein  ganjeö  35olf 
ober  ein  Stamm,  mit  3Beib  unb  Äinb,  ^ab 


^eeririjfcn. 


267 


unb  ®ut,  Wenn  c^  galt,  neue  ®i^c  ein« 
junef)men,  ober  für  bcfonbcre  Unternef)* 
munflen  junge  ßeute  im  ©efolgc  eines 
^ürfien-,  wenn  bicfe  bcfonbercn  ßüg« 
größeren  Umfang  hatten,  niu'^tcn  fte,  ttja^ 
mä)  bei  SRaubs  unb  Seutejügen  gefe^al;, 
üon  ber  SSoIfätierfammlung  gebilligt  tticr» 
ben.  2>ie  5lbteilungen  be«(  iöolfe«,  ®aue, 
^unbertf(i)aften  unb  ©emeinben,  bilbeten 
auc^  bie  Qlbteilungen  beö  |»eeteä,  mobei 
auf  93crmanbtfc^aft  unb  ®ef(^IedE)ter\Jcrs 
binbung  bie  niögti(ä)fie  SRücffic^t  genom= 
men  mürbe.  Tlan  biente  ju  9fio§  unb  ju 
?^u§,  o^ne  ba^  ber  3io§bienft  einen  be« 
fonbcren  ®tanb  »eranlaft  t;dtte;  ben  !Hei» 
tern  maren  befonber^  gcmanbte  unb  Ieicf)t 
bemeglic^e  ^u^gänger  jur  Unterjiü^ung 
beigegeben.  5Dic  ©d^tac^torbnung  mar 
biejenige  bc^  Äeileä,  bie  urfprüngli^  aßen 
arifei^en  Sölfern  eigen  mar,  unb  jmar 
bilbete  i>a^  germanif^c  ^eer  regelmäßig 
brei  Äeile  nebeneinanber,  beren  iRei^en 
hinten  äufammenfiie§en ,  morauf  erfi  bie 
eigentli(|e  Waffe  beä  |)cereä  folgte;  mit 
biefer  einen  ©d^tac^torbnung  ging  man 
jum  gemeinfamen  Eingriff.  ^ü\)xn  beä 
j^cere«  marcn  bie  Jütpcn,  für  bie  ßeitung 
beä  ©anjen  mürbe  ein  |)crjog  gemäfilt. 
SJiad^  Sacitug  übten  bie  ^riefier  im  ^cer 
bie  obeifie  ©trafgemolt  unb  t)er|)ängten 
mic  auf  ®ebot  ber  ©ötter  2ob,  geffcin 
unb  @(^Idge,  mie  benn  bie  beiben  legieren 
©trafen  überhaupt  cu^  ber  prengeren  Drb« 
nung  be^  ^eermefenö  ju  flammen  fcf)ei= 
nen.  SDer  ^»eerbienjl  »erlief  bem  Äämpfer 
einen  befonberen  ®cf)u^  ober  befonbere 
2tuöjei(!)nung ;  unter  bem  ©c^u^  ber 
®ötter  unb  unter  göttlichen  5^elbäei(ä)en 
jog  man  au§;  ben  QJuögang  einer  ©c^Iad)t 
fu^tc  man  im  »orau^  ju  erfennen,  burc^ 
3»eifampf  jmcier  üorragenber  ^leerge* 
noffcn  ober  burc^  meiäfagenbe  ^^rauen. 
a)lit  ©efang  unb  ©efdirei  ging  man  jum 
Äampf.  2)er  ©ermane  pflegte  nic^t  ju 
fliegen,  aud^  ben  ©d^ilb  nid)t  megjumcr* 
fcn;  er  ftegte  ober  ftarb.  ^efie  qsiä^e 
Ratten  bie  ©crmanen  menige;  aU  3u- 
fluc^tfiätten  bienten  SRingmaüc  auf  5tn= 
^ö^en;  ©triebe  ßanbeö,  bie  man  müfic 
liegen  ließ,  famen  l)äufig  por.  ©ct)on 
Bon  5lnfang  an  marcn  bie  germanifd)en 
Äüjlenbemo^ner  auc^  jur  ©ee  jireitbar. 
S)er  befiegtc  unb  gefangene  geinb  biente 
fortan,  menn  er  nid)t  ben  ©öttern  aU 
Opfer  fiel,  aU  Äne^t ;  untermorfene  iBöI= 
fer  verfielen  in  ^örigfeit  ober  mußten 
Tribut  jablen. 

3ur  3fit  ber  ÜJicrominger  unb 


Äarolinger  mar  ber  ^eerbienji  auf 
biejenigen  J^rcicn  eingcfdjränft ,  melcf)c 
©runbbefi^  befaßen;  baö  mar  fc^on 
be^f)alb  nötig,  rceil  ber  ^rcie  mit  eigner 
SRü^ung  unb  iBcrpflidbtung  ^um  eigenen 
Unterhalt  feinen  S)ien|i  ju  Icifien  batte; 
bo^  brauchte  ber  ©runbbeft^  nic^t  (Eigen* 
gut  äu  fein ;  auc^  ber  33eft^  »on  abt)ängigem 
ßanb  »erppidjtete  ben  perfönlidt)  Jv^eien  jum 
.^eerbann;  Äne(J)te  aber  maren  nic^t  bicnfi* 
pf(icf)tig  unb  mürben  nur  auänabmämeifc 
bei  feinblidbem  ©infaU  aufgerufen,  ißon 
einer  6ntf(f)dbigung ,  einem  ©olb  be^ 
Ärieg^bicnfte  Seiftenben  mar  nic^t  bie 
[Rebe;  nad^  alter  ®emo^nI)eit  fotlten 
SJBaffen  unb  Äleiber  auf  ein  f)albcö  ^a\)x, 
ßebenämittel  für  einen  S[RaTfd^  non  brei 
SWonaten  jenfeitä  ber  ®renje  ober  ton 
ber  ^eeroerfammlung  auö  mitgefüf)rt  mer* 
ben;  bod^  bauerten  man^c  3ügc  natürlich 
meit  länger.  3"^  SRüfiung  »erlangt  ein 
©efe^  Äarlä  be^  ©roßen  allgemein  ?anje 
unb  ©(^ilb  ober  einen  33ogen  mit  jmei 
©ef)nen  unb  jmölf  *PfeiIen.  QlB  SBaffen, 
bie  ber  SReiter  füf)rte,  merbcn  ßanäc,  ©d)ilb, 
©^mcrt  unb  ^albfdt)mert  ober  ©olcf), 
Sogen  unb  ^Pfeile  angegeben;  ^elme  unb 
^anjer  mürben  nur  von  ben  *}lngefc^enes 
ren,  ein  Sruft^arnifd^  pon  bem  Sefi^er 
»on  12  |iufen  »erlangt.  3m  ^ccre  Äarl^ 
beö  ©roßen  bilbete  bie  SR  eiteret  feben* 
fatlä  fd^on  einen  fet)r  mcfentlidf)en  93e« 
ftanbteil,  ja  bie  SReget,  mie  e^  bei  ben 
ßangobarben  fcf)on  um  bie  31Ritte  beä  8. 
Sa^r^unbertö  ber  gaü  mar.  '}\ui  bem 
6nbe  beö  9.  3'i^i^l)unbcrt^  mirb  beri(f)tet, 
baß  eö  ben  ^raufen  ungemöfjnlicft  gerne* 
fenfei,  ju  ^ußju  fämpfen  ;  einjelne  ©tämme, 
mie  bie  ©adt)fcn,  fämpften  nod^  meit  fpä= 
ter  ju  ^uß,  unb  jcbenfallö  mar  ein  jat)!* 
reid^er  Sroß  jur  Segleitung  be^  ©epäcfg 
unb  ber  Öebenömittel  t)ort)anben. 

SDurd)  ben  93efet)I  ober  Sonn  bed 
Äönigg  mürbe  jum  ^cerbicnfi  einberufen, 
bei  ber  ©träfe,  mel(^e  übert)aupt  auf  33cr* 
le^ung  bc^  föniglidien  Sännet  jlanb  unb 
meldf)e  ba^er  Heerbann  I)eißt;  fie  be« 
trug  nid^t  meniger  aU  60  solidi.  3)ag 
|)eer  felbjl:  bicß  ein  gebannteö  unb 
feineömcgö  Heerbann.  i>ai  5lufgebot  er« 
folgte  jur  allgemeinen  iöerfammlung  beg 
Sa^rcji,  ber  ^eerserfammlung ;  ber  ©raf 
oerfünbigtc  ben  Sann  in  feinem  ©au  unb 
^atte  bie  5lufjtd^t  über  bie  SRüfiung  ber 
Sinjelnen ;  ber  Sann  bauertc  aber  nod^ 
40  Sage  nadt)  ber  SRüdEfe^r,  morauf  erfi 
bie  Sßäffenlcgung  ober  scaftlegi  erfolgte. 
Scfonbere  Sorre^te,  mie  ^öbereö  SBe^r* 


■268 


^cemefcn. 


gelb,  gcno§  in  bicfcr  (Periobc  b«  Ärictut 
ntd&t  mef)r,  bod)  foÜtc  ttdbrenb  bcä  Ävicgä* 
gugeö  ein  t)öf)ercr  ^rieben  i^crrfc^en. 

3m  Oanjen  ttjar  ber  Äriegöbicnfi  in= 
folge  ber  lange  anbauernben,  rt)eit  ent^ 
fetntcn  Äriege  unb  ber  1111^^)6:1)611  beä 
l^eimatUc^en  ®utc^  rt)ät)renb  ber  iUbwefen- 
bcit  beö  SSeftlerä  immer  me^r  eine  ßafi 
geworben,  bic  fct)tt)er  cmpfimben  tt^urbe 
ünb  äu  einer  ncit)eren  iRegelung  beä  ^eer^ 
tt^efcnö  nötigte,  bic  jebocf)  ju  feinem  ge« 
nügenben  5lbf(i)Iu|'fe  tarn;  e^  trat  in  53e- 
jie^ung  auf  bic  urfprünglid)  allen  gleid^e 
©träfe  eine  milbernbe  Ülbjiufung  ein;  man 
regelte  bic  5Dicnfipf[ic^t  nad)  ber  ®rö§c 
beö  Söefileö  unb  nai^  ber  (Segenb ,  wo 
ber  Ärieg  gcfüt)rt  würbe;  man  fe^te  feft, 
ta^  ein  leil  ber  Sluöjie^enben  üon  ben 
jut)aufe  ©leibcnbcn  eine  $eil)ülfc  empfing, 
welche  bic  ©teile  beS  ©olbeä  »ertrat.  S)a^ 
SSerlaffen  beö  ^eere«(,  ber  herisliz,  galt 
aU  ühajefiatäüerbrec^en  unb  mürbe  mit 
bem  Zot>i  bebro{)t,  ein  3ufP'itfommen  bei 
ben  ®ro§en  beö  Sfleic^ö  nur  mit  %a^in 
belegt;  fornel  Sage  Serjögerung,  foüiel 
^aftcn  an  ^^leifd)  unb  SBein.  35en  ^od)' 
betagten  oertrat  ber  ©o^n,  ben  Unmün« 
bigen  ber  SSormunb.  Dffentlid)e  Sffiolfö« 
jager  waren  fc^on  »on  Äarl  bem  ®rofen 
vom  Äriegäbienft  biepenfiert. 

5Dic  ßajl  tti  ^ecrbienjlcö  Tratte  f(J)on 
uor  Äarl  »leie  ^^xtk  t>cranla§t,  il)r  freiet 
^igen  an  Äirc^cn  unb  mcltlidjc  ®ro§e 
ju  übertragen  unb  SafallentierMltmffe 
einjugel)en,  um  ft(^  ber  <Pf(id)t  bc^  |»eer- 
bicnficö  ju  entjie^en.  Äarl  trat  einem 
[old)en  SSerfabren  mit  (Jntfd)icbenl)cit  ent= 
gegen  unb  fieüte  mit  Otüdftd^t  auf  bie 
ä>ienfipflid)t  tai  Seöcngut  bem  (Sigengut 
gleid^;  nur  jur  Sefriebigung  berechtigter 
3ntcref[en  jtente  er  jugleid)  feft,  baf  bic 
©rafen  ton  i|)rcn  al)l)ängigen  Öeuten  jmei 
jum  <Bä)n^  ber  gamilie  unb  jmci  jur 
2Bat)rnel)mung  amtlid)cr  ®cfc^äfte,  QSifd^öfe 
unb  5i[btc  übcrl)aupt  nur  äwei  bispenftcren 
bürften;  ben  ®eijilic^en  war  eö  nad)  firc^s 
li(^cn  ®efe^en  »erboten,  2öaffen  ju  tra« 
gen,  weö^alb  fte  aud)  nid)t  in  ben  Ärieg 
jic^cn  foüten;  bod)  ^at  bicfer  ©runbfa^ 
nur  beiüJJönd)en  unb  ^ricftern  unbebingte 
5lnwenbung  gefunben ;  aud)  machten  bie 
Sibte  baüon  Wiebcr  eine  5luänat)me;  fte 
fowol)l  aU  bie  Sifc^öfe  äogen  pcrfönlid^ 
in  ben  Äampf  unb  waren  mit  i()ren  ab' 
pngigen  öeutcn  regelmäßig  im  ^cere  an* 
wefcnb.  'S>o<i)  ftrcbten  bie  geifilid)en  ©tif» 
ter  banad),  ftd)  wie  t>on  anbern  offcnts 
lidten  Seifiungen,  fo  aud)  t>on  ber  ^eerc^* 


pflid)t  burci^  5luäbc^nung  ber  Smmunitdt 
ju  löfen.  2Ö0  biefe^  nid)t  gcfd^af),  trat  an 
©teile  be«  ®rafen ,  ber  bic  2)icniipflid)tcn 
feineä  ®aueö  bem  ^ertn  jujufü^rcn  ^atte, 
ber  ^err. 

®aö  |)cer  glicbcrtc  fid^  nad)  ben  Der* 
fdiicbenen  ©tammcn  unb  ®auen.  2)ic 
SDiannfd^aft  feincä  ®aucö  führte  ber  ®raf; 
ben  Dberbefebl  führte  ber  Äöuig  ober 
einer  feiner  ©ö()ne,  iai  föniglid)e  Sanner 
War  »on  einem  angcfel^enen  SlJJann,  etwa 
einem  ® rafen,  getragen.  S)em  Äriegö* 
beer  folgte  ein  bebeutcnbeä  SRüjiwerf: 
aSurfmafc^inen ,  ®cvät,  S^^te,  *13fal)Ie, 
ßagcrwerfjcug,  öebenömittcl  unb  waä  ju 
beren  ^errid)tung  erforberli(|  War,  SDtüt)* 
Icn,  Äo^gefc^irr.  S)aäu  würben  ©aum» 
tiere  unb  Sßagcn  in  bcbcutcnbet  5lnja|I 
erforbert,  bie  le^tcren  »on  Dc^fen  gcjogcn. 
Seber  ^rooiantwagen  ^atte  12  ©d^cffcl 
a«c^l  ober  12  Tla^  Sffiein  ju  enthalten 
unb  bei  jcbcm  foüten  fic^  bie  nötigen 
Sßaffcn,  ©d)ilb,  ßanje,  Sogen  unb  Äöd)cr 
befinben.  ^m  Lieferung  folc^en  Ärieg^* 
bebarfö  waren  bie  abl^ängigcn  ßanbbcft^cr, 
bie  nidit  fclbft  ^cerfolgc  leiftetcn,  au«» 
brüdlid)  »crpflid^tct,  fei  eö  in  Olatural« 
Icijiung ,  fei  eö  in  ®elbja^lung.  gür 
Srüdengerät ,  @d)iffe  unb  Ää^nc,  beren 
man  bcburfte,  !^attc  ber  ®raf  für  feinen 
5tmtäbeäirf  ju  forgcn.  9Zur  auöna^mss 
Weife  überwinterte  iai  ^cer.  ^^fic  <]3lä^c 
würben  »on  ^arl  in  ben  neuunterworfenen 
^rofinjen,  fpäter  l^auptfdd^Iid)  nur  an 
ben  ©rcnjcn  angelegt,  .^arlg  9Jad)foIger 
nahmen  tai  SRc^t  in  5lnfpruc^,  baf  neue 
fflefeftigungen  of)nc  i^re  3uPimmung  nici^t 
angelegt  werben  foüten.  ©ei  ber  93e* 
lagerung  fcjler  ^lä^c  benu|itc  man  bic 
f(^on  im  5tltertum  gewöhnlichen  ÜKittcI 
ber  3erfiörung  ober  Srjleigung  ber  !Wauern, 
@ä)ilbbäd^cr ,  Sffiibber ,  a[Burfmafd)inen, 
Scitern,  für  beren  Sranöport  ber  iDtarfc^alf 
JU  forgcn  t)atte.  5m  ©cefrieg,  fowo^l 
gegen  ®ricc^en  unb  Qlraber  im  SDlittcl* 
alter  alö  gegen  bie  S)änen  Waren  bic 
fränfifc^cn  flotten  nid^t  glüdlid). 

üloi)  im  10.— 12.  3a^tl)unbcrt  beriet 
ber  Sönig  in  aügemeiner  Serfammlung 
einen  Äricg^jug  unb  ließ  Sefd^luß  barü« 
über  faffen;  bie  feierlid^e  3uftc^erung  würbe 
fpäter  burd)  einen  (5ib  gcfräftigt,  ia^ 
ber  ®ienjipflid)tige  wirflic^  bie  Äriegö« 
bilfc  leifien  woUe,  ju  ber  er  »crpfli^tet 
war.  2)anebcn  aber  bcftanb  wie  frül)cr 
tai  föniglid)e  Qlufgcbot  ober  ber  ^cer« 
bann.  5Dic  regelmäßige  3al;reöt)ecrfal)rt 
ber  frül^eren  (Periobc,  bie  frc^  an  bie  ^cer« 


^eerhjcfen. 


269 


oerfammlung  im  Wdx-^  ober  3Wai  (ÜJlärjs 
unb  aWaifelb)  an9e|"d)loffcn  t)attc,  fommt 
nic^t  mei)r  v>or;  enttt)cbet  ifl  ein  Unters 
nehmen,  n3ic  namentlich  bie  ^ü%i  naä) 
Stalten,  längere  3^'*  »or^er  inä  üluge 
gefoft,  fo  fiXoat,  ta^  no^  in  bemfelben 
Safere  i8e[c()tu§  unb  2tu^füferung  fiatt» 
fanben,  ober  cö  wirb  plö^lid)  inö  Sffierf 
geridbtet.  I>aä  'ilufgebot  ging  ni(f)t  an 
bie  einjcinen,  »elcbe  ^eerfoti^e  leificten, 
fonbern  an  bie  f)öl)eren  ©ertjalten,  meiere 
ÜJlannfcbaften  führten  unb  fielltcn,  aüge« 
meine  ßanbeönot  aufgenommen,  welche 
alleö  in  ben  ©äffen  rief  2)er  3)ienft 
ift  je^t  gänj^ti^  ein  üieitcrbienfi  ge* 
trorben;  man  unterfc^eibet  babci  Icicifetbes 
tt)affnetc  unb  foldbc  fd^merer  9lü|iung;  bie 
leiteten  (jicfcn  bie  ©epanjerten,  lori- 
cati,  ober  bie  33 efcfeil beten,  clipeati, 
bafier  feei§t  bie  friegcrifcfec  unb  befonberö 
bie  fcimergcrüftcte  SÖJannfd^aft  cincö  2an= 
beö,  ^ürjien  ober  ©tifteä  fein  ^eerfcfeilb. 
3eber  fdfewergerüjiete  iRitter  pflegte  feit 
bem  11.  Saferfeunbert  einen  ober  mehrere 
berittene  ^Begleiter  ju  feaben ,  bie  mit 
©cfeilb  unb  ©cferoert  beiv>affnct  maren  unb 
au§crbem  ein  fleinc^  Seil  am  ©attel 
trugen;  ber  ©(^mergcriijietc  aber  jog  mit 
^elm,  *ßanjer  unb  Seinfcbienen,  mit  Speer 
ober  ßangc  neben  bem  @^»ert  unb  mit 
großem  @cf)ilbe  in  ben  Äampf;  ju  bem 
©treitroffe,  beffen  er  ftc^  im  Äampfe  bc« 
bientc,  fam  ein  befonbereö  für  ben  SDtarfd) ; 
bod^  feinberte  bie  fdfemere  9lüjiung  nicfet, 
tai  SRo§  JU  üerlaffen,  um  SDlauern  ju 
flürmen  ober  fon^  ben  Äampf  ju  ^\x^ 
oufjunefemen. 

S>ie  ßeiftung  beg  fdfettJergcrüfietenSRoffc* 
bienfieä  fe^tc  größeren  Sefi^  Hnb  friege« 
tifd)e  ßcbenömeife  norauä.  2"  biefer  2age 
befanben  [xä)  Safaüen  ober  2JJinifierialen, 
beren  iBerwenbung  im  Äriegöbienji  ben 
]feauptfcict)lic^en  ®runb  ju  iferer  fpdteren  Xid)U 
lid^en  unb  polittf^en  Stellung  legte;  ifere 
3a|)l  mar  jmar  bebeutenb  geringer  aU 
tai  alte  ütufgebot;  bafür  gaben  aber  bie 
befferc  iRüilmig  unb  Übung  einen  ®rfa^. 
9iuf  ben  grofcn  ©emalten,  mel^e  bie  er= 
forberIi(^e  SDiannfc^aft  ju  fieflen  featten, 
tufete  bie  ^eereöorbnung  beö  Oteidfeö,  ben 
^crjögen,  ®rafen,  Sifc^öfen,  5tbten;  auc^ 
bie  legieren  jogen  in  eigener  ißerfon  ju 
JJelbe,  fei  eö  in  priefierli(ä)em  ©emanbe 
unb  ^reuj  ober  bie  fecilige  ßanje  üor» 
tragenb,  fei  e^  friegerifdfe  gerüjlet,  wenn» 
gleich  bie  Äirdfee  tai  le^terc  oerbot  unb 
bagegen  eiferte.  Sei  einem  Qlufgebotc 
würbe  nic^t,  »ie  früher,  unbepimmt  bie 


Doxfeanbcne  friegerifc^c  äJlannfc^aft  in  5tn* 
fprud^  genommen,  fonbern  eä  war  ein 
Kontingent  fejigefe^t,  roel^c^  bei  %h- 
wefenfeeit  be^  dürften  grö§er  mürbe,  al« 
wenn  er  felber  mitjog;  bie  Kontingente 
ber  geifiticfecn  gürjlen  übertrafen  biejeni: 
gen  ber  Weltlid)en  um  ein  Sebeutenbeö ; 
ti  featten  j.  33.  für  einen  3"«  Dttoä  n. 
nadfe  3t<*Ii«n  J"  ftcüen:  ÜJlainj,  Köln, 
Strasburg,  5lugöburg  je  100  ^anjer^ 
reitcr;  Srier,  «äaljburg,  Slegenäburg  je 
70;  93erbun,  Öüttidfe,  JBürjburg  unb  bie 
5lbteien  {^ulba  unb  iReic^enau  je  60; 
eid^jläbt,  öorfct)  unb  SBeilenburg  50; 
Äonfianj,  ßbut,  Sffiorm*?,  grcifmg,  $iüra, 
^eräfelb,  ©Uwangen  40;  Kempten  30; 
©peier,  Slout,  Seben,  <B>t.  ©aßen  unb 
ÜWurbadfe  20;  d-ambrai  12;  oon  iHug^^ 
bürg,  irier,  Serbun,  (5i(^ftabt,  ©feur, 
2Borm^,  Stei^cnau,  ßorfcfe,  $rüm,  Sil* 
Wangen,  Kempten  unb  üJlurba^  würbe 
bie  "Jtnwcfenfeeit  ber  Kirc^enfeaupter  »er^ 
langt.  2)aö  ^erjogtum  eifa§  bagegcn 
fd)icfte  70 ,  9äcbcrtotbringen  20 ;  je  40 
fleüen  ein  ^erjog  Dtto  unb  Gono,  wäfe= 
renb  anbere  @rafcn  30,  20,  12  unb  10 
ju  fietten  feaben;  10  iji  bie  geringjic 
ßeifiung,  bie  überhaupt  ferlangt  wirb. 
5tlö  3)urd^fcf)nitt  eine*  föniglidfeen  ^eerc* 
werben  für  ben  5lnfang  bcö  12.  3afer= 
feunbertö  30  000  iRitter  angegeben,  mit 
©ci^ilbfnappen  unb  Srof  ungefähr  100000 
ajiann,  ein  ^eer,  bai  nur  in  feltenen 
fällen  jtd)  ooüfidnbig  »erfammelte.  3)en 
§ür|!en  fianb  eö  ju,  bicjenigen  unter  ifercn 
Safaüen  auszuwallen,  welche  ben  einzel- 
nen ■^»eerjug  mitmacbcn  fotltcn;  für  ©e= 
freiung  com  SDienfi,  fei  e*  ganj,  fei  ea 
»on  einem  S^Q^>  würbe  unter  Umfidnben 
®elb  bejafelt.  SBcr  ber  5lufforberung  beä 
ßebnfeerrn,  2)ienP  ju  leifien  ni^t  nac^fam, 
featte  bad  Öefeen  oerwirft;  bie  alte  gefe^« 
lidfee  Su^e ,  ber  Heerbann ,  roat  au§er 
Übung  gekommen. 

3ur  Sntfd^äbigung  an  bie  ^eerfolge 
Ceifienben  erfeob  nunmcfer  ber^err,  unb 
nicfet  wie  früher  ber  König,  eine  3lbgabc 
ober  ^cerfieucr  oon  feinen  Untergebenen, 
bie  ftd)  nad)  ber  ®rö§e  beö  @runbbefi|e* 
abjujiufen  pflegte  unb  Don  ber  iebet^arnifcfe 
eine  gewiffe  Summe  (Selbe*,  ein  Dberme^= 
rere  $ferbe  u.  bgl.  erbielt.  2)arau*  entfianb 
ber  35ienfi  gegen  Solb,  bei  jucrft  in 
Stalien  aufgenommen  iji  unb  ju  einer 
förmlichen  Erwerbsquelle  für  bie  SRitter 
würbe.  3"nft^iil^  ber  beutfcfeen  ©renje 
^at  ber  ©olbbienfi  juerfi  in  ßotbringen 
Weitere  Verbreitung  erhalten,  wo  bie 
18 


270 


^eilige  SBäumc. 


®io§en  Ui  Sanbeö  in  i^ten  Äämpfen 
mit  geworbenen,  für  ®elb  gebungencn 
Ituppen,  6ölbnein,  solidarii,  ein« 
anber  entgegentreten.  SJiefe  ©itte  griff 
balb  um  |tc^,  unb  ^einrid^  IV.  »er» 
f(]^mä^tc  e«  nic^t,  in  Stauen  unb  S)eutf(^* 
lanb  mit  geworbenen  ©ölbnerfc^aren 
gegen  feine  geinbe  aufzutreten. 

(Sine  befiimmtc  3eit  für  ben  Dienfi 
war  nur  auöna^mäweife  fefigefe^t.  3flegel* 
mä§ig  ifi  auc^  ic^t  noc^  ber  Äömg  p^rer 
be«  ^eereö.  2)ie  einzelnen  Qlbteilungen 
be^  ^eere^  entfprac^en  ben  großen  ©tamm« 
»erbänbcn  unb  jianben  unter  ben  ^er* 
{(ögen;  unter  i^nen  bilben  bie  ©c^aren  ber 
QSifd^öfe,  5tbte  unb  ©rafen  bcfonbere 
illbteilungen  »on  größerem  ober  geringerem 
Umfang,  ^elbjei^en  waren  bie  ^eilige 
öanse,  ba«i  93ilb  eine«  Sngel«,  fpäter  ber 
3tbler.  2)ie  Oegner  |>einric^  IV.  führten 
ein  grofe«  Äreuj  auf  einem  SBagen  mit 
roter  ^a^ne.  ÜWand^mal  fül^rte  ber  ^önig 
felbfi  tai  S^i"^««/  f^nfi  ein  angefe^ener 
«Wann.  Jeber  ^eer^oufen  l)atte  ein  be* 
fonbere«  Sanner. 

5tuöwärtigen  ^einben  würbe  ber 
Ärieg  förmlich  angefünbigt,  plö^lic^er 
Überfall  galt  al«  unehrenhaft.  2Benn 
tai  |»eer  oerfammelt  war,  bei  ben  Slömet* 
jügen  auf  ben  JRonfalifd^en  gelbem, 
fonb  t)or  ber  ©c^Iac^t  eine  ^eerfd^au 
jiatt.  ÜJlanc^mal  würben  Drt  unb  3«it 
ium  offenen  Äampf  im  »orau«  gegcnfeitig 
fejigefeit;  benn  bie  @cf)Ia(I)t  würbe  wie 
ein  ©öttergcric^t  angcfc^en,  iai  über 
iRt(i)t  unb  Unrecf)t  ju  cntfc^eiben  ^atte, 
unb  nic^t  aU  @acf)e  be«  Bufaflö.  35or 
bem  QIngriff  fprac^  ber  Äönig  ermutigenbe 
JBorte  jum  |)eer;  bie  Ärieger  aber  t>er» 
pfIidE)teten  ftc^  eiblid^  jur  Jreuc.  5ln  ber 
gemeinfamen  ßofung  erfannte  man  fxä). 
ÜKit  lautem  Schlachtruf,  baä  Kyrie  elei- 
son jtngcnb,  rücEten  bie  ©d)aren  in«  ®e« 
fec^t.  ÜJlit  iubeinbem  3"r"f  ""^  e^rcn» 
bem  iWamen  würbe  na^  gtücttid^em  (5r* 
folge  ber  gü^rer  begrübt,  geinbc  ^eib« 
nif^en  ©lauben«  würben  meip  mit 
fcf)impf[icf)em  Sobe  belegt,  ebenfo  bie  33e* 
wo^ncr  eroberter  «Stäbte. 

5Der  anmä^Ii(f)e  Übergang  ber  faifer» 
Uä)en  ©taaögewalt,  baä  *Huffommen  ber 
©table,  ber  BerfaU  be«  »teic^e«  in  einjelnc 
SReic^öpanbe,  bie  QlnWenbung  ber  geuer* 
woffen  löjie  im  13.  unb  14.  3a^r{)unbert 
bie  alte  ^eert>erfapng  auf.  3)er  Äaifer 
als  folcf)cr  unterf)ielt  feine  Gruppen ;  ba« 
^eer  beftanb  au«  ben  Kontingenten  ber 
[Reicf)«ftänbe.    3nini«  me^t  fam  bie  Sitte 


auf,  für  ben  ÄriegäfaQ  ©ölbnertruppen 
anjuwerben;  ongeworbene  guf  Gruppen 
nannte  man  Öanb«fne^te,  flebe  biefett 
Slrtifel;  bie  JReiterei  Warb  man  au« 
atitterSleuten.  3«  «in^m  0leid^«frieg  gc« 
borte  ein  Sefc^lu^  be«  9fleic^«tage« ,  bie 
Ärieg«erflärung  gefd^a^  bIo§  »om  Äaifer 
in  feinem  9'iamen.  ^m  15.  Safe^^bunbert 
famen  bie  fte^enben|>eere  auf,  feitbem 
Äarl  vn.  üon  5tanfi^fi<^  fünf  Drbonanj« 
fompanien  errict)tete,  bie  auc^  im  ^rieben 
befolbet  würben.  tBon  grantrei^  au« 
»erbreitete  ftc^  biefe«  ^eerfpfiem  in  bie 
übrigen  europäifd^en  «Staaten,  wobei  bie 
Sruppcn  anfang«  burd^  freie  üßerbung, 
fpixter  burd^  Äonffription  »oHpänbig 
erbaltcn  würben.  Sie^e  Sffiai^,  33er« 
faffung«gefc^. ;  für  bie  ältejle  (Periobc 
5trnoIb,  beutfd^e  Urjeit.  SSergleic^e  ben 
iMrtifel  Ärieg«wefen. 

^eilige  SJöurac,  fogar  ^eilige  üßälbet 
waren  mit  bem  Äultu«  ber  alten  ©eutfd^en 
enge  »ertnüpft.  ©rfiere  waren  bie  Stempel, 
ber  Drt  ber  regelmäßigen  Opfer,  Solf«« 
unb  ®eric^t«»erfammlungcn,  wie  noc^ 
i^eute  mand^erort«  unter  it)nen  ÜJleffe  gelefen 
wirb  unb  altbemoo«ten  Stämmen  ^eilige 
Silber  in  $ut  gegeben  werben.  2öie  tai 
ßeben  ber  grie^ifdben  2>ri)aben  unb 
^amabrpaben  auf«  engjie  mit  bem  ßeben 
be«  Saume«,  ben  fte  bewohnen,  »erfnüpft 
ifi,  wie  |te  mit  bemfelben  leben  unb 
jierben,  ja  jebe  Serle^ung  mitempfinben 
unb  barum  mit  we^»onem  SRuf  ba«  fre« 
»elnbe  Seil  »on  il^m  abgalten,  fo  »er» 
förperten  ftc^  bei  ben  S)eutfc^en  befonber« 
einjelnfie^enbe  mäcl;tige  Säume  in  ÜJlen« 
fd^en  unb  ®ötter.  Sold^e  Säume  burften 
Weber  i^rer  B^^cige  no^  be«  fiaube«  be» 
raubt,  nodf)  »iel  weniger  umgehauen 
Werben,  unb  fein  ^profaner  wagte  c«,  ben 
beiligen  ^ain  ju  betreten,  in  welchem  be« 
graben  ju  werben  jebe«  Sterbenben  le^ter 
SBunfd^  War.  -Stod^  im  8.  3a^rl)unbert 
ließ  fic^  ein  fd^wer»erwunbeter  Sad^fe  in 
einen  ^eiligen  2Balb  tragen,  um  ba  jii 
jierben. 

Sei  ben  ßangobarben  fommt  bie  Ser* 
e^rung  be«  fogenannten  Slutbaum«  »or. 

Unter  ben  l^eiligen  Säumen  (im  fpä« 
tercn  «Kittelalter  ftnb  fie  gewö^nli^  mit 
„grau"  angercbet)  fie§t  obenan  bie  6id^c. 
Sie  al«  ber  mäd^tigjie  Spro§  be«  beutfd^en 
SSalbe«  unb  befannt  burdb  bie  Qlnjie^ung, 
bie  fie  auf  ben  Sli^  au«übt,  ifi  in  erfier 
ßinie  bem  roben,  berben,  titanenbaften 
S)onar,  aud^  S^unar,  norbifd^  St^or  ge» 
nannt,  geweift.    Sie  ^at  mä)  ^eute  auf 


^ciligcnBere^rung. 


271 


bem  ©cbicte  bcö  2lberglaubenö  i^rc  SRotle 
nod^  nicbt  auögefpiclt.  SWäd^ji  bcr  6i^e 
h)or  bie  ®  f  cf)  e  l)cilig,  tt)ie  fc^on  bcr 
Sülpt^u^  eon  ber  ©rfc^affung  bcö  ÜJlenfcJjen 
leiert,  bann  bic  ßinbc,  noc^  je|t  in  »iclen 
2)örfcrn  am  ©ingange  bc^  Äirc^^of«  in 
gemütooKcr  ©innigfeit  ber  einigcnbe 
ä^ittelpunft ,  ferner  „^rau  ^  a  f  e  I" ,  bie 
»ielbcfungcne,  bie  einfi  bie  alten  ®erict)te 
wie  noc^  ^cute  bie  ©aatfelber  ju  ^cgen 
bat.  ^aä)  DItgötatag  foü  in  gemeinem 
Sißalb  jeber  ^aucn  bürfen,  obne  93u^c, 
au§er  (Sidien  unb  ^afeln,  bie  ^aben  ^^i^icbe, 
b.  b-  fie  fönncn  nid^t  gefaßt  merben. 
9Iud)  ber  |)oIunberbaum,  ber  ,.|>oner" 
—  »iefleid^t  ber  ^oUe,  ber  ®öttin  beä 
^aufeö  gcmibmet  —  gcno§  auögejcidt)neter 
Screl)rung,  wie  er  no^  je^t  allgemein  ber 
Saum  bc^  ^aufeä  ijt.  3"  S'lieberfai^fen 
^ei^t  er  ©fiorn  ober  Sül)orn,  unb  ein 
ß^ronifl  erjäl)It  unDerbäcbtig:  5ltfo  ^laben 
unfere  93orfaI)ren  bcn  en^orn  auc^  leilig 
gettaltcn,  wo  ftc  aber  benfelben  untert)auen 
(bie  2i[fte  finden)  mußten,  ^aben  fte  üor^er 
pflegen  bieö  ®ebet  ju  t^un:  „^rau  (Süs 
born,  gieb  mir  n>ai  »on  beinern  ^olj, 
bann  will  iä)  bir  »on  meinem  auc^  \va^ 
geben ,  wann  c^  wäc^fi  im  SBalbc", 
welc^eö  teil«  mit  gebeugten  Änieen,  ent^ 
blö^tem  Raupte  unb  gefaltenen  ^änben 
ju  t^un  gewohnt,  fo  ic^  in  meinen  jungen 
3a^ren  i^um  öftern  beibeä  gehört  unb  ges 
fe^en.  —  S)er  Söarfjotber  (SD'Jad)anbet= 
boom),  in  Dem  Stben  unb  anbere  ®eijier 
baujten,  burfte  ebenfomenig  abgehauen 
werben.  |>aut  man  bic  Srle,  fo  blutet 
unb  weint  fte  unb  ^ebt  ju  reben  an.  (Sin 
öjicrreicf)if(^eä  ü«ärcf)en  (3iöfa  38-42) 
erjäl;It  üon  ber  fioljen  ^  ^  ^  ^  e ,  worin 
eine  %it  ft^t,  wel(^er  B^^'^S^  biencn,  bic 
Unfd)ulbigc  bcfd^enft,  (gdbulbige  nedt,  unb 
ein  ferbif(^eö  Sieb  r»om  SD?äbcöen  in  ber 
%\ä)U,  beren  SKinbe  ber  5?nabe  mit  goI= 
benem  unb  jilbernem  ^orn  fpaltct.  ^aw 
bcrfprüd)e  bannen  in  ^xan  5'^*^  i"iö 
falte  (lieber.  Orimm,  2Ri)t^ologie. 
©imrod,  a«t)tljoIogie.  2öuttfe,  33ol!«= 
abcrglaube. 

^eüigcnticrc^rung.  @ä)on  in  ben  apo= 
jtolifc^en  ßf)riftcngemeinben  pflegte  man 
bic  ®emeinbegenof[en  alö  ©lieber  an  bcm 
ßcibe  be^  .§)crrn  nac^  alttcjiamcntlidjem 
iBorgange^cilige  ju  nennen,  Dtöm.  1,7; 
(Spb-  1,1;  fpätcr  würbe  berfctbe  QluöbrucE 
S^renname  für  biejenigen  Gbrifien,  weld^e 
imä)  lebenbigcn  ©lauben,  mujier^aften 
SZBanbel  unb  j^anbbafteö  Sef enntniö  imSeben 
unb  Sterben  fxä)  alö  ®e|)eiligte  bc^  .§)errn 


^eröorgetfjan  Ratten,  unb  fci)on  in  ber 
^weiten  ^alfte  beö  2.  3a^rt)unbert«  feierten 
ganjc  ©emeinben  baö  51nbenfen  i^rer  ißlut« 
jeugen  an  bcren  Sobeötagen,  wel^e  mon 
im  ^oberen  @inn  i^re  ©eburtötagc  nannte. 
3)cr  Drt,  wo  bic  2JJärtiprcr  beftattet  waren, 
galt  bemnad)  al^  geweifte  ©tdtte,  wo  man 
an  ben  dies  natalis  bie  ®cfc£)ic^ten  i^re^ 
ißcfenntniffeö  unb  öcibenö  nortrug  unb 
gemeinfam  bie  Kommunion  beging,  ©d^on 
im  4.  3a^r:^unbert  entfianb  neben  ben 
©cbäcbtniötagcn  cinjelner  ü)iärti;rerinit)ren 
©emeinben  unb  ©prcngeln  ein  aügemeineg 
5cjl  aller  ^eiligen  unb  SlJidrttjrcr  in  bcr 
$fingjtoftaüc ;  ta^  5tbcnblanb,  welc^cg 
biefeä  ^efi  erfi  im  7.  ^a^r^unbert  ein* 
führte,  ocricgte  e^  auf  ben  1.  0?ooember. 
jDie  *8eret)rung  ber  ^eiligen  gewann  ^la^^ 
rimg  bur<^  bie  größere  Betonung  be^  2öcr* 
M  ber  «Möfefe,  unb  feit  bem  3.  ^df)X' 
^unbcrt  i>uxd)  t>a^  ©infieblerlebcn  unb 
3Wön($ötum,  woburc^  cinäclnc  in  ben  ®e* 
rud)  bötjerer  Segnabigung  unb  »odenbeter 
®Iaubenöfraft  famen.  SÖian  erjä^Itc  oon 
ben  aSunbern,  welcbe  bcrgleic^en  ^eilige 
ÜJlenfc^en  wiit^renb  ibreä  ßeben^  unb  nac^ 
ibrem  lobe  an  i^ren  ©räbcrn  unb  bur^ 
ibre  ^Reliquien  gewirft  f)ätten;  nad)  bet 
a3erfict)erung  bcr  größten  ^irdicnle^rcr, 
®regor,  5lugufiin,  2lmbroftuö,  fö^rtjfo^ 
jiomuä.  War  man  überseugt,  t>a^  jene 
üJlänncr  unb  grauen  ber  |öd)jlen  ©eligs 
feit  im  5lnf(^auen  ©otteä  genießen  unb 
am  ®cric^tc  6,^rifti  tcilnel;men,  aud)  burd^ 
if;re  9!Jiit=  unb  gürbitte  möc^tigc  a3efd)ü|er 
unb  trofircid)e  Vermittler  bcr  ®Iaubigcn, 
unb  bcä^alb  anzurufen  unb  ju  e^ren  feien. 
D^amentli^  lehrte  man,  ta^  bie  ^eiligen 
nid)t  bIo§  um  Vergebung  ber  ©ünben, 
fonbern  aucb  in  leiblichen  93ebrängniffen 
mit  (grfolg  prbitte  tfjun.  3Wan  erbaute 
baber  ÄapeKen  unb  .ßird)en  über  ii^rcn 
®räbcrn,  legte  bie  Äranfen  barin  nicbcr, 
Wie  früher  im  Heiligtum  bc«  Qiäfulap,  ^ing, 
wie  frül)er,  in  ben  ®öttcrtcmpeln,  golbcne, 
ftlbernc  unb  anbere  ?lbbilbungcn  ber  ge* 
nefenen  ©lieber  al^  aBci^gefd)enfe  auf 
feierte  ju  (Sljren  ber  al^  ®dfic  gelabenen' 
^eiligen  c^riftlidie  ®afimä§Ier,  trug  SRc« 
liquien  aU  Qlmulettc  unb  anbere  (Srinne* 
rungöjeic^en,  flehte  um  i^ren  Scijianb  ju 
einer  beabftd)tigtcn  SReife,  ftcHte  ta^  ©d^iff 
unter  il)re  Obljut.  Bo  entjianben  tit  be* 
fonbercn  ©dbu^^eiligen  für  einjcine  Stäube, 
©täbtc,  ßänbcr,  Äird^en,  ®Io(fen,  Sfiatur* 
crfd^einungcn:  *Pcter  unb  *PauI  bie*Patrone 
SRomö,  Satobuö  ©panicnä,  91nbreaö  ®rie* 
dbcnlanbö,  *P^ofa«  für  bic  Seefahrer,  8ufa« 


272 


^ciligen»ere^tung. 


für  bie  ÜJlalcr,  3o6anneö  (SoangcUjia  unb 
««ugufiinuä  für  bie  S^eologcn,  3üo  für 
bic  gürjicn,  ©rcgoriug  für  bie  ©c^üIer 
unb  Surijien,  ^rumentiuö  für  bie  Äauf= 
leute.  ©egen  bic  ^efl  würben  ber  ^l.  Qlnto« 
niuö,  iRo^uö  unb  Sebajiian,  gegen  ©tein^ 
fc^mer^en  ßiboriuö,  gegen  Sa^nfdbmerjen 
bie  ^l.  <apotIonia  angerufen  ;  fo  ifi  ^fra 
bie  'Patronin  reuiger  ©irncn,  ?lgat^a  ber 
SBrüjie  unb  gegen  ^eueränot,  bie  (Sänfe 
f(ä)ü^t  ütmbroftu«,  bie  ©djireine  5lntoniuä, 
sBencbift  üon  D^urfta  Wirb  gegen  Oift, 
(J.ntjünbung  unb  D^lofe  angerufen,  Sricciu« 
gegen  ßcibwe^;  Gücilia  ifi  «Patronin  ber 
üJlufif,  ßoömu«  unb  S)amianuö  ber  Oirjte, 
Griöpin  unb  ßriäpinian  ber  ©c^ufier  unb 
SBcber,  (Eraömu^  ^iiit  gegen  ©d^juterjen 
beS  Unterleib«,  (Suftad^iuÖ  flebt  ben  Jägern 
bei,  iJIorian  fcbü^t  gegen  ^^cuer^brünfic 
unb  Unfru(^tbarfeit,  bic  oicr  ©efrönten 
frnb  Patrone  ber  Sau^ütten,  @t.  ®eorg 
ber  iRitter  unb  Cfteifenben,  ^ubcrtuö  ij! 
«Patron  ber  Jäger  unb  f^ü^t  gegen  ^unbö? 
Wut,  3obanncö®f)ri;fojlomuögegen  faßenbe 
@u^t,  Jobanne«  ber  Käufer  ijl  «Patron 
ber  ßämmer  unb  ©c^neiber,  ÜHagbalena 
ber  SüBcrinnen,  üJJauritiu«  bilft  gegen 
«Pobagra,  Dttilia  gegen  Qlugenfranfbeitcn, 
^cinbolb  ifi  «Patron  ber  ©teinme^cn,  Sc* 
bajiian  ber  Sc^ü^en;  für  gute«  ©elingen 
wirb  ©eroatiuä  angerufen,  gegen  gieber 
©igiämunb;  «Patron  ber  «Pferbe  ifi  (Ste* 
pbanu«,  be«  SBeinbauö  Urban. 

3war  wirften  f(i)on  früb  ^uguftin, 
(£^ri)[ojiomu«  u.  a.  ber  übertriebenen  25er= 
et)rung  ber  ^eiligen  entgegen,  boc^  obne 
nad)f)altenbcn  ©rfolg.  55iclmebr  oer» 
grö^erte  fid^  bie  3abl  ber  |)eiligen  ju= 
fc^cnb«;  au§er  ber  ^eiligen  Jungfrau 
traten  feit  bem  4.  Ja^r^unbert  aüc  in  ben 
I)eiligen  Scbriften  erroäbuten  ^erfonen, 
welche  irgenbwie  für  bie  «ffiabrfjcit  ge« 
litten  \)C[tkn,  in  bie  t)eiUgc  Sc^ar  ein: 
bie  Stpojtel,  bie  ©oangclificn,  ©tepbanu«, 
Jo^anneä  ber  Säufer,  bie  brei  «ÖJagier, 
bie  ÜJlaffabäer;  bann  «Wänner  beä  geifis 
li^cn  Stanbe«  ber  folgenben  Ja^rfjuns 
bertc,  wcld)e  für  (Jrbaltung  ber  !Re(i)t= 
gläubigfeit  gefämpft  unb  gcfiritten  batten, 
«Mtbanafiu«,  «Umbroftu«,  «Hugufiin,  «ÖJartin 
»on  Sourd.  2öaä  fo  nad^  unb  naä)  aü- 
gemein  ©Ute  unb  (glaube  geworben  war, 
baö  fud)ten  nun  im  12.  unb  ben  folgenben 
Ja^r^unberten  bie  f(^ola|lifc^en  Ideologen 
fpjiematifc^  fcftjujieüen. 

«Dlan  unterfdbeibet  nunmehr  ^eilige 
ober  Sanctl  b.  b-  folcbe,  bie  o^nc  ber 
ßäuterung  bur($  baö  %i%\tmx  ju  bebürfen. 


unmittelbar  mit  bem  lobe  in  ben  ^immel 
fommen;  @  elige  ober  Beati,  b.  ^,  foU 
cbe,  bie  erji,  nacbbem  jtc  einige  3eit  im 
qjurgatorium  jugebrac^t  t)aben,  jur  ewigen 
^errli^feit  eingeben.  SDtärt^rcr  finb 
bicjenigen,  welche  um  ber  göttUcben  äöa^r* 
bcit  Witten  gcwaltfamen  lob  leiben;  Se  = 
fenner  ober  Confessores,  93eid)* 
tiger,  welche  ein  Sefenntniö  berSBa^rbeit 
ablegten,  o^ne  bcöbalb  ben  Job  ju  leiben. 
Sine  befonbere  ^eiligfpre(^ung  f  ennt 
bie  ältere  3eit  nic^t;  ^atte  tai  «Bolf  ober 
ber  Äleruö  einen  «DJärtt)rer  ober  «Dlöncb, 
Wegen  bes  l)eiligen  öeben«,  tai  er  gcfübrt, 
wegen  ber  SGBunber,  bie  er  ober  feine  Cte* 
liquien  getban  b^ben  fofltcn,  für  würbig 
erfannt,  um  ibn  aU  einen  ^Jürbitter  bei 
©Ott,  aU  einen  |> eiligen  anäurufcn,  jtc^ 
feinem  ®dbu|e  anjutertrauen  unb  i^m  jU 
obren  einen  ijejitag  ju  feiern,  fo  würbe 
üon  bem  Sifdbofe  ein  %i\itix%  wirtlid)  fefi« 
gefegt,  baju  eine  neue  ßiturgie  »erorbnet 
ober  ber  9iame  beä  ^eiligen  in  bie  früberc 
ßiturgie  unb  juglei^  in  t}ai  Äalenbarium 
ober  ajJartprologium  eingetragen.  S)ießi* 
turgien  ober  ßitaneien  ber  ^eiligen  waren 
beäbalb  in  ben  nerfcftiebenen  S5iö;(efen  febr 
üerfcbieben  UmbemUmfuge  berßrbcbung 
unwürbiger  «Scanner  ju  |)eiligen  ju  fieuern, 
oerorbnete  .Rarl  ber  ®ro§e,  ba§  obne  ©c* 
nebmigungbeö93if($of«  feine  neuen  ^eiligen 
oerebrt  werben  foflten.  «Kebrere  Ja^r« 
bunbcrtc  jianb  beebalb  tai  SHecbt  ber 
|)eiligenernenn.ing  auöfc^lic§licb  ben  93i* 
fcböfen  ju,  bie  entWeber  felbft  3enge  iti 
2Bunber«  unb  beä  ßebenö  beä  ^»eiligen 
gcwefen  waren  unb  Don  anberen  glaube 
wüibigen  Öeuten  fic^  ißeiicbt  geben  liefen, 
mancbmal  unter  '-Beratung  uon  ^Jattifulats 
fpnoben  ober  benachbarter  Sifcböfe  unb 
(Stjbifcböfe.  Snl  mit  ber  3eit  würbe  bie 
©ene^migung  beö  «Papftcö  in  biefer  51n* 
gelegenbeiteingcbolt,  befonDer^oomSilcbof 
ßuitolf  t>on  ^lußäburg,  ber  im  Jalire  993 
bem  «Pappe  Jobann  XV.  unb  ber  bei  ibm 
üerfammelten  ®t)nobe  bie  ^eiligfprecbung 
bee  ebemaligcn  'i3ifcbof0  Ulridb  oon  2lug«' 
bürg  f(^riftli(i)  befürwortete,  ^iacb  unb 
nacb  würbe  bie  ^eiligfpredbung  ein  auö= 
fd)lie§licbe^2}orre^tber«päpfic;  gewöbnlidb 
wirb  «MIcyanber  ni.,  1159-1181,  für  ben 
crften  gcbatten,  ber  biefe  ©ewobn^cit  gefe^= 
lid)  fifierte;  er  ifi  eä  aucb,  ber  öernbarb  »on 
Slairoauy  bcitig  fprad^.  2lud)  fürfilidbe 
«Perfonen  würben  nun  beiliggefprodbeu, 
Äönig  @^uarb  oon  Snglanb  unb  ^nut 
ber  Jüngere  uon  I)änemarf  bur^  bcnfelben 
«Uleyanber  III;  Äarl  ber  ©rofe  oon  5lle» 


^eilige  Sicte. 


273 


yonbetä  ©cgenpapfic  Q3.if^ali0  III.  auf 
9lnfucf)cn  bc«  Äaifcrs  ^i^'f^"'^^  I- ;  Äaifer 
^einrtd)  n.  oon  ©ugcn  IJI.;  beften  ®c= 
ma^lin  Äunigunbc  »on  Jnnocenj  ni. ;  bic 
ßanbgröfän  ©lifabctö  i^on  Slbüringcn  Dort 
©regorIX.,  Äönig  CubiriglX.  »on  i^xant-- 
xtxä)  üon  93onifas  VIII.  auf  ?lnfuc^en 
Äönigö  $f)ilipp  III.  ißcfonberä  finb  eö 
aud)  bic  Stifter  t>on  ÜJIiJndfeöorben,  trctcfie 
je^t  in  bic  S<^1)\  bcr  |>ciligen  aufgenommen 
»ctbcn,  SDominifue,  ^xan^  t»on  ^ffift, 
Qlntoniue(  »on  ^abua,  (Slara,  Äatftarina 
tton  v?iena;bann  ange[ct)enc  Äircbenlct)ter, 
njic  Stiomn^  üon  'Mquino,  Sonafcntura, 
3t>o  ton  ß^artrcö.  Übrigcnö  unterf(I)ieb 
man  jttiei  ®rabe  ber  ^ciligfprcdiung,  bic 
beatificatiounb  bic  canonisatio;  bie  erPcrc, 
€cligfprcd)ung,  begritnbct  nur  eine  Q^cr^ 
ctirung,  bican  gettjijfen  Crten,  in  cinjclnen 
*Prot)in5cn  ober  I)iöjcfcn  ober  unter  ein« 
jelncn  ünönd)^orbcn  fiattfinbct,  bie  canos 
nisatio  gilt  bcr  ganjen  römifc^en  (S^rificn; 
^cit;  beatus  l)ei§t,  mer  bcatifijicrt,  san- 
ctns  ,  voer  fanonifiert  morben  ifi. 

2)ie  (^ripiid)e  Äunfi  beö  SÖiittcIaltetä 
\)at  ben  ^eiligen  it)rc  bcfonbcrcn  *Jlttributc 
jugctcilt,  meiere  teilö  ani  ber  f)I.  (gd)Tift 
cnticljnt  ftnb,  wie  *Petruö  mit  ben  €cfeliif= 
fctn,  ber  Sdufer  3o^anneä  mit  bem  Agnus 
Del  auf  bem  Qlrm,  tcilö  au«  ber  Irabition, 
mie  3of)fln"«^  ^^^  ßfangelift  mit  bem 
©iftfcld),  51nna  mit  bem  ÜJ?aria=  unb 
3cfu0finb  auf  bem  iJtrmc,  (Scorg  mit  bem 
l'inbmurm,  (£t)rifiopb  mit  bemSffuäfnaben, 
Florian  mit  bem  ßöfc^fübel;  tcilö  auö  bem 
SlJarttjrologium ,  mic  iJJautuö  mit  bem 
©c^mcrt,  Äat^arina  mit  bem  ^ai,  ©allu^ 
mit  bem  iPür.  Dttc,  ^anbb.  b.  ^Mrc^ciol. 
§  159.  Über  bie  Sammlungen  üon  ^ei= 
ligenlcben  fic{)c  ben  ^Irtifcl  ?c  gen  ben. 
ßangc  in  (Srfcf)  u.  ©ruber,  unb 
©rüncifen  in  ^crjog^  SReal-ßncpcI. 

^cUtgc  Xtere.  SJlo*  fjäufigcr  aU  oon 
l^ciligcn  Säumen  ifi  fon  ^eiligen  Stieren 
bic  JRebe;  fd)Iic§en  fte  jic^  boc^  enger  an 
bic  mcnfd)Iid^cn  ißerl)ältniffc  an  aU  bie 
fiummc  iJlatur.  Tiaö  lier  ftanb  entmeber 
in  Sejug  ju  einjcinen  ©öttcrn,  gcmiffen* 
ma|cn  in  bcren  S)icnft  (fo  geborte  ber 
eber  ju  %xo,  ber  Sffiolf  unb  üiabc  ■  ju 
SGßuotan);  ober  eö  liegen  33ertt>anblungen 
göttlictier  SBcfen  in  liergePalt  bem  .Ruituä 
ju  ©runbc,  bercntmegen  nun  bic  ganje 
©attung  in  ^öt)crer  6l)rc  bleibt;  ober  ii 
n)irb  ein  OJJenfcf)  jur  Strafe  für  irgenb 
ein  ißcrgct)cn  in  licrgefialt  »ermanbelt 
unb  fo  ber  morgcnlÖnbifdbc  ©lauben  an 
eine  Seclenftianbcrung  nienigfienö  geftrcifl. 
5Di£  ajlptfic  fom  Äucfud,  «gpe^t  unb  bcr 


inacf)tigall  5.  S9.  gcmöl)rcn  eine  güflc  Pon 
fcf)önen  Sagen,  bic  oft  in  ben  ^elbenfultu« 
eingreift. 

Obenan  Pct)t  bai  fPfctb.  SGßic  noc^ 
beute  bei  ben  Söhnen  bcr  Steppen  unb 
iffiüftcn ,  fo  gehörte  eö  bei  ben  alten 
I)eutfc^cn  red^t  eigcntlicf)  jur  ^amilie, 
mar  SZBobanä  bciligcö  Slier,  ja  Dpfertier, 
bei  »eI(J)cr  ©elegcnf)eit  fein  %Ui\ä)  ani) 
genoffen  murbc  3^ancben  mar  e^  bem 
§re^r  gezeitigt  unb  murbc  in  bem  gc= 
meisten  Umfreiö  feiner  Icmpel  unterhalten. 
2öic  gelben  nad)  ifircm  (Pferbc  .^engcfi, 
^orö,  Ijcifen,  fo  erhält  eö  einen  Sigcn* 
namcn  gleicfc  bem  9Wenfcf)en.  3"  ^^^ 
norbifcften  SWpt^ologie  ijl  beinahe  jebcm 
©Ott  fein  befonbcrce,  mit  SBunbcrfräftcn 
au^gefiatteteö  $fcrb  jugcmicfen.  Obind 
3flo§  biefe  Sleipnit;  es  mar  gleicf)  SRiefen 
unb  gelben  a^tfü§ig.  I'ic  2nd)t  reiner 
unb  gemeinter  SRoffc  bieiite  ju  heiligen 
©cbräudien,  namenttid)  ju  Opfern,  SBci^* 
fagungen  unb  für  ben  Umjug  ber  ©ötter* 
wagen.  ^i)Xi  9}?ät)ncn  mürben  forgfam 
genäbrt,  gepflegt  unb  gcfc^mücft,  mie  bie 
2?euennung  ^ayi  (jubatus,  comatns,  alib. 
vahso)  anjcigt;  t>ermutlid)  manb  ober 
flocbt  man  ©otb,  Silber  unb  Siinber  in 
bie  ?ocfcn  (Gnllfaxi,  Skinfaxi).  Unter 
allen  ^^oil'fn  galt  bie  mei§e  für  bic  cbcl^c; 
aucb  Äönigc  jogen  auf  meinen  iSoffen  ein 
unb  bclcbntcn  auf  meifcn  O^offen  ft^enb. 
De*  meinen  SRoffeö  gebenfen  bic  SBeiä» 
tümer  aucf):  2Benn  eine  ©rbfc^aft  lebig 
liegt,  fo  foü  ber  iBogt  auf  einem  meifen 
goblcn  fi^enb,  einen  SD^ann  Dor,  ben  anbern 
bintcr  frd)  fe|en  unb  einen  ba»on  auf 
iai  ®rbc  fjcrüblaffcn.  I)aö  gol)len  galt 
für  nocb  eblcr  unb  reiner  al*  ein  9to|. 
Kriegern  galt  baö  2Biebcrn  (a{)b.  hueion, 
mbb.  weien,  mnl.  neien,  altn.  hneggja, 
fcbmcb.  gnägga)  alö  ein  SSorjeicben  tti 
Siegeö;  entbielten  fic^  aber  bie  *ßferb£ 
bee  lufiigcn  SBiebernö,  fo  beutete  t>ai  eine 
fiebere  SRieberlage  an.  Unb  mie  in  iDJimirg 
abgehauenem  Raupte  feine  Älugbeit  fort« 
baucrtc,  fc^eint  tai  ^eibentum  mit  abge« 
fcbnittcncn,  aufgeri^teten  'Cferbebäuptern 
»ielfacben  3""^"  getrieben  ju  l)abtn. 
Sic  würben  jur  Qlbmebr  alle*  Söfcn  auf 
bic  ^auögiebel  befejligt,  oft  mit  meitgc« 
öffnetem  JRacbcn  nacb  bcr  Seite  binf(^aucnb, 
oon  bcr  bic  ©efabr  ju  erwarten  jianb. 
Sefannt  ift  ba«  rebenbc  ^aupt  ber  treuen 
galanba  im  ÜJJärdben.  2)cr  <Pfcrbcfultug 
war  ben  Geltm,  25eutfd)en  unb  Slauen 
m  glcicber  SBcifc  eigen  unb  bat  ftd)  aii 
^ofugpofu*  in  mam^crlci  ©ejialt  biö  ou|: 
ben  heutigen  lag  erhalten. 


274 


^eilige  Zxtxt. 


^ud)  SR  i  n  b  e  r  würben  nid^t  feiten 
geopfert ,  galten  atfo  unjireifet^aft  aU 
beilii^e  3:iere.  «Si^  jogen  noc^  im  fpäteren 
ÜJiittcIalter  bie  Äriegewagcn.  5Der  fran= 
fif(i)c  Äriegätt)agcn  tnurbe  mit  ©ticren  be« 
fpannt.  S5ie  Äu^  fdjeint  fafi  allerorten 
bem  6tiere  smar  oorgejogen  hjorben  ^u 
fein.  Dpfetrinbcr  würben  ebenfalls  mit 
@oIb  gefci^müdt  unb  jmar  an  bem  Oc^örn. 
ober  unb  Öocf  Waren  ebenfaüö  ^eilige 
Dpferticre,  bcr  ßber  bem  %Xi))x ,  S3öcfe 
unb  S'^S^"  ^^^  Z^on  gcmibmet,  wie  jie 
nod^  jc^t  für  S^eufelögetier  gelten.  2)em 
göttliä)en  ober  aber  gilt  wo^l  9'iotEerö 
8ieb: 

imo  sint  faoze  fuodermäze, 
imo  sint  bürste  ebenho  forste, 
unde  zene  sine  zuelifelnige. 
(Seine  ißorficn  ragen  ^o(^  wie  ber  SBalb, 
feine  ^auer  ftnb  jwölf  Sllcn  lang.)  ©inen 
®runb  ber  ^eilig^altung  beö  Sbet«  will 
man  barin  finben,  bo§  er  bie  ®rbe  auf= 
wü^lt  unb  bie  ÜJlcn[d)en  oon  if)m  tai 
qjpgcn  gelernt  t)aben.  —  Opferbar  waren 
nur  bie  ^auötierc,  bod^  auc^  unter  biefen 
j.  S.  ber  ^unb  nic^t.  ®r  iji  wo^l  ein 
treueä  unb  flugeö  Jier,  er  ifi  aud^  geifier« 
ftd^tig,  b.  l).  er  erfennt  bie  ©ötter  unb 
©eifier,  beoor  fie  bem  menfd^Ii^en  5tuge 
fti^tbar  Werben,  unb  fünbct  bieje  burd) 
feine  Stimme  an,  aber  er  ifi  bod;  ein 
uncblee,  unreine^  Sier,  weswegen  bie99e= 
nennung  „|>unb"  für  ben  SWenfcfeen  ein 
arger  ©d^impf  ifi  unb  bie  libcrfd£)i(fung 
beö  raubigen  .^unbe^  eine  unjweibeutige 
^erauöforbcrung. 

©igentlic^  f)eiligc  liere  waren  bie 
2Balbtierc  nic^t,  bo^  würben  niele  unter 
ibnen  mit  ®d)eu  oere^rt,  »or  allen  Öar, 
2Ö  0  t  f  unb  5  u  ^  «■  2)er  erfigenannte 
galt  alö  bcr  Äönig  ber  Jiere.  QJiörn  war 
ein  Seinamc  bcö  Z^öix.  unb  nad)  ber 
welfcfjen  ©age  würbe  Äönig  5tttur  al^ 
Sßär  unb  ©Ott  bargepeUt.  2)er  Sdr  am 
^immel  Wirb  ^üufig  genannt.  6«  ifi 
nic^t  ju  überfcf)en,  ia^  einjelne  Jtierfabeln 
in  mcnfd)lidt)e  3W9tl)en  oerwanbelt  würben 
ober  umgefct)rt  5.  S.  bie  SRoüe  be«  !öarcn 
ober  5^ud)fe0  auf  einen  [Riefen  ober  Scufel 
übergel)t.  So  finbet  fidt)  bie  et)Pnifd)e 
(£räät)lung  Pon  bem  TOann,  ber  mit  bem 
©aren  SRübcn  unb  |)aber  auf  bem  5lder 
baut,  anberwärtä  üon  bem  2:eufcl.  S^^i 
SÖJölfe,  ®eri  unb  grefi,  waren  bem  Dbin 
^eilic^,  ibnen  gab  er  ju  freffen,  waö  i^m 
an  ©peifc  Porgefe^t  würbe,  fte  waren 
gleict)fam  beö  ®otteö  ^unbe.  (Sin  ©obn 
beö  Soft,    ber  t^enrifülfr,    tritt  in  SBolf» 


gejialt  unter  ben  ©öttern  auf;  überhaupt 
fennt  unfer  'Altertum  feine  häufigere  Scr« 
wanblung,  aU  bie  ber  ÜJienfd^en  in  2BöIfe 
(SBcrwölfe).  93ar  unb  SlBolf  ftnb  böufig 
in  Söappen  aufgenommen,  leben  aber  nod^ 
weit  {läufiger  fort  in  unfcren  ©efd^Ie^tö- 
namen,  wät)renb  ber  %ü<i)i  faft  auöfdf)Iie6* 
It^  auf  bie  DtoHen  tti  ©d^laufopfe^  in 
lsabel  unb  ü}Järc^en  angewiefen  ifi. 

S)er  SBagen  ber  %xiX}{a  war  nac^  bcr 
Sage  mit  jwei  Äa^en  befpannt;  ba  aber 
altn.  fres  nic^t  bIo§  Äater,  fonbern  auc^ 
93är  bebeutet,  ^at  man  neulid)  gar  nid^t 
uneben  bet)auptet,  köttam  fönnc  au^ 
fressum  entfprungen  fein  unb  bct  ©öttin 
ftatt  beö  Äaiengefpann^  ein  JBärgefpann 
jugc^örcn,  wie  Spbeleä  2öagen  8öwcn 
jogcn.  .^a^en  unb  SBiefct  gelten  übrigen^ 
für  Huge,  j^auberfunbige  Siere,  bie  man 
fc^ü^en  mu^. 

^0^  üertrauter  lebte  ba^  Qlltcrtum 
mit  ben  33  ö  g  e  I  n  ,  bie  oermöge  i^rer 
grofen  iSeweglicl)feit  leidet  gci^er^after 
erfdjeinen  fonnten  al<^  bie  ©äugcticte. 
Tlit  Äornfpenben  würben  bie  Heineren 
unter  it)nen  geneigt  gemad^t,  ia^  fte  ben 
55luren  nid)t  fd^abcn  fodten.  ©öttcr  unb 
©öttinen  pflegten  ftd^  nadf)  iöelieben  in 
Ü3ögel  ju  »erwanbeln,  aber  aui^  ben  iRiefcn 
war  biefe  ®abt  eigen.  Saropita ,  bet 
c^iinifdl)e  ©ott,  fliegt  »on  einer  «Statte 
jur  anbern.  SDie  gried^ifd^en  ©ötter  finb 
geflügelt,  wie  bie  jübif^cn  ©ngel  unb 
bie  altbeutfd^en  Jungfrauen  (Sdf)WanfIügeI). 
S^iorbifcfee  ©ötter  unb  [Riefen  tragen  ein 
2lblerEleib  (arnarliam),  ©öttinnen  ein 
galfenflcib  (valsham).  Der  2öinb  wirb 
a\i  Dtiefe  unb  Qloler  barge^ellt. 

S)ag  ^auäoögel  aU  Opfer  gebient 
bättcn,  ifi  wenig  befannt.  Dagegen 
würben  mit  iüorliebe  ^dtinc  auf  ^eilige 
Säume  gefegt,  unb  möglich  ifi,  M^  bie 
d)rifilid)en  ©laubcnäbotcn  auä  ®d)onung 
für  biefen  ^eibnif^en  SBrauc^  auc^  bem 
ücrgolbeten  >^a^ne,  bem  Sinnbilb  ber 
2Bad)famfeit,  ein  ^lä^d^en  auf  unfercn 
Äitd^türmen  eingeräumt.  effel)arb  erjdblt, 
wie  bie  ^unnen  ben  ^af)n  auf  bem  Älofier 
St.  ©allen  gefürchtet  al«  bie  ©ottfiett  be^ 
Orteä. 

Der  ^blcr  ifi  ber  Äönig  ber  95ögel, 
Sotc  bc»  3cuö;  bcr  SRabc  ifi  fflolf  unb 
gud)ä  unter  ben  befieberten  ©cfd^öpfen, 
er  beft^t  bie  f^-rc^gicr  bcä  einen  unb  ju^ 
glcid)  bie  .Klugheit  beö  anbern.  3*^^^ 
JRabcn  (wie  jwei  ÜBöIfc)  ftnb  Dbin«  Öc* 
gleitcr;  fte  bringen  i^m  Äunbfdjaft  »on 
allen  ©reigniffen.     [Raben  ftnb  auc^   bie 


^eilige  liere. 


275 


Se^tfitcr  be«  {^eiligen  ©rcgor,  h)ie  beä 
i^eiliften  SDJeintab,  beffcn  ÜJlörber  ftc  ald 
Slntläger  Dcrfolgen.  ®ic  ftnb  ^auptfdd^Iie^ 
tebcnbe  Sögcl,  rate  bcnn  bit  ißögel  über* 
l)aupt  it)re  eigene  Sprache  Ratten,  bie  ber 
SD^nfc^  baburd^  üerftc^cn  lernt,  ia'^  er 
eine  raci§e  @(^tange  i§t.  ©d^raalbenju 
töten  bringt  Unheil;  i^re  iWeficr  barf 
man  nid^t  berüt)ren.  2)ie  m^tt^if^c  ®igcn= 
l)eit  beö  @  (^  ra  a  n  ^  befunbet  bie  ©age 
»on  ben  Sc^raanfrauen  unb  bcö  jierbenben 
3;icreö  ®c[ang.  2)er  «S  t  o  r  c^  raurbe 
ebeufallö  »ereljrt,  raie  er  nod)  ^eute,  tro^ 
beö  abfct)ä^enben  Urteilä  ber  IRaturforfc&cr, 
bem  öolfc  me^r  gilt,  aU  er  oerbienen 
mag.  dlad)  friefifc^em  Solfäglaubcn  treten 
SBanblungen  be«s  ©torc^ö  in  SWenfc^  unb 
hii  iIJlenf(|en  in  @torc^  ein.  2)er  Specht 
Würbe  befonberä  »on  ben  iRömern  geebrt, 
J)od)  aüi)  bie  2)eutfc^en  Üannten  ben 
93eoiiulf  (Sienenraolf  b.  i.  @pecf)t)  raol)I 
unb  in  ?iorraegen  f)ei|t  ber  rot[)aubige 
©cftraarjfpedjt  (äertruböoogel,  ta  er  bie 
»enüünf(i)to  SacEcrin  ®ertrub  i|i,  bie  ben 
l^ungrigcn  ^errn  tro^  be^  @egenö,  ber  in 
i{)rem  Äud^cnberg  ftc^  jcigte,  mit  leerer 
^anb  Don  ber  2()üre  raie^.  (Sine  ®pur 
beö  ©Ifierfultu^  bauert  nod)  in 
53oitou  fort,  reo  man  il;r  ju  ß^rcn  auf 
ben  ®ipfel  eine^  t)o^en  Saumeä  einen 
Strauß  üon  ^eibe  unb  Sorbecr  binbet, 
raeil  fte  burcfe  itir  Ocfc^rei  ben  ßeuten  tai 
Sia^cn  bcä  SBoIfeä  üerfünbet.  3n  att= 
bötimifcfecn  ßiebern  ifi  ber  «Sperber  ein 
I)eiltger  Sogel  unb  rairb  im  ©ötter^ain 
gehegt.  <äuf  ben  Qijlen  ber  @id)e,  bie  au^ 
bem  ®rabc  be^  (ärf^Iageneu  fprie§t,  ft^cn 
beilige  Sperber  unb  öcrfünben  gcfd)c^encn 
SWorb. 

211«  fonberbarfier  unter  ben  iSügeln 
gilt  ber  Äudfud.  ©r  ifi  ein  *prop:^et,  ber 
ni^t  nur  tieiratslufiigen  ßeuten  angicbt, 
toit  lange  fic  noc^  lebig  bleiben  miiffen, 
er  raci§  aud),  raie  lange  ein  jebe^  nod) 
leben  barf  unb  jeigt  bur^  feinen  SHuf  bie 
guten  unb  böfen  3"tläufe  an.  93alb  ijl 
er  ein  uerraünfc^ter  93äderEnc(^t,  ber  jur 
©träfe  für  feinen  ®eij  bie  2ßelt  burdjirrt 
unb  raeiefagt,  babei  aber  bie  ßeute  oft 
narrt;  balb  ifi  er  ein  ®^ebrcci)er,  ber  Uns 
frieben  ju  fäen  bcmül)t  ifi;  balb  ifi  er 
gar  ber  Seufel  felbfi;  in  *j8olen  aber  ifi 
er  ein  f erraanbcltcr  ®ott ,  raie  er  in 
®ac^fen„Äududt)am^äoen"(r>om^immcl?) 
bciit.  ®au(^  ifi  aud)  gleid)bebeutcnb  mit 
ytaix,  babcr  bie  SRebensarten:  3d)  tumber 
®auc^,  tumber  benn  ein  ®aud),  ber  trcitc 
®au(^e8  ^oubet.    2>af  aber  bem  Äucfud 


aüertei  6puf  jugetraut  wirb,  beraeifi  hai 
»ielfad)e  ajorfommen  feinet  SJiamenä  cdi: 
©auc^^berg ,  ®uggiöberg  ,  ©ödtcrliberg, 
Äudfudeifpeid^cl,  Äududöbrot,  ®au^lau(|, 
Äurfucföblume,  ©aud^^eil  K 

Sßon  ben  flcinen  Singüögeln  ifi  bie 
ÜTl  a  c^  t  i  g  a  1 1  nod^  befonberd  ju  nennen, 
bie  im  ÜJtinnefang  gro§e  93erf)errlid)ung 
pnbet.  2)er  Tl\)t\)v.i,  t>a^  fte  i^re  tot* 
geborenen  Äinber  lebenbigftnge ,  f^cint 
nid)t  beutfd^en  Urfprungö  ju  fein.  S)er 
Saunfönig  lebt  ebenfalls  im  ÜJlärd&en 
fort,  boc^  in  größerem  2lnfel)en  ber  ^eilig* 
feit  fc^einen  befonberö  nod)  iRotfe^ld)en 
unb  TOeife  gefianben  ju  liaben.  (jrfiereö 
gcraä^rt  bem  ^aufe  jeglidien  <Sd)U^  unb 
jicfjt  im  iRufe,  ia^  ti  Slurnen  unb  ^Blattet 
auf  tai  ®eft($t  ber  (5rfd)lagenen  trage, 
bie  auf  freiem  ^elbe  ober  im  SOBalbe  liegen. 
Die  üijcife  aber,  alji.  meisä,  agä.  mäse, 
nnl.  meze,  geno§  in  ben  SBeiätümcrn 
cineö  ©c^u^e^,  ber  offenbar  oon  einer 
botien  ^ciligt)altung  be«  SSogclä  jeugt: 
9Ber  t>a  fet)et  ein  Sermeifen,  ber  fal  geben 
ein  topped)te  Rennen  unb  jraclf  ^unfein 
unb  fcc^jig  ©^iüing  Pfennig  unb  einen 
|)elbeling.  SBer  eine  Äo^lmeife  penge 
mit  ßimen  aber  mit  ©lagegarn,  ber  fal 
unfermc  ^errn  geben  eine  falbe  ^enne 
mit  fteben  ^unfein.  SBer  ein  ©terjmcifc 
fa^et,  ber  ifi  umb  Öeib  unb  ®uet  unb 
in  unfern  $errn  Ungnab. 

2)ie@d)lange  erfdbeint  alä  ein  ^cil-- 
bringenbcä,  unnerle^li^eö  Sier  unb  üotl- 
fommen  für  ben  l^eibnifc^en  .^uttuä  gc= 
eignet.  2tn  ben  ^eilbrunncn  lagen 
©d^langen,  unb  ben  6tab  tii  ?I^flepiod 
umraanb  eine  folc^e.  '^üx  ^otrimpo^ 
unterhielten  bie  alten  (Preußen  eine  gro§c 
©d^lange,  unb  bie  *Priefier  Ijütcten  fie 
forgfam,  betteten  fie  in  Äorniit^rni  unb 
näbrten  fie  mit  iWild^.  Sei  ben  öetten 
f)ei§en  bie  ©erlangen  OTilc^mütter  (peene 
mahtes),  fielen  unter  bem  ©d)u^  einer 
^ö^eren  ®öttin,  ber  Srelifia,  raclci^e  ben 
Gintretenben  jufc^rie,  man  fotl  i^re  peene 
mahtes  ungefiört  im  |>aufe  laffcn.  5lud^ 
bie  ßittt)auer  perebrtcn  ©(^langen,  hegten 
fre  im  ^auö  unCi  brad^ten  ibnen  Dpfer. 
©er  ägpptifc^e  ©d^langenbienfi  ifi  aue 
ber  ©ef^i^te  beä  iöraelitifd^en  iBolfe* 
befannt.  %a^  bie  ganjC  J^eibenroelt  fc^eint 
ben  ©d)langenfultuö  ju  Fennen,  raiibrenb 
in  ber  S^rifienbeit  ber  begriff  böfer, 
tcufiifc^er  ©d)langen  forraaltct;  raäbrenb 
bort  bie  ©ct)lange  ein  x^erraanbelter  SDienfc^ 
ifi,  fprid)t  l)ier  au^  ibr  ber  tü(fifd)e  23er= 
fübrer.    Die  longobarbil'(^c  ©age  erjä^li 


276 


^eilige  lictc. 


pom  Äampf  eincö  fcuerfpcienben  Itetlein« 
mit  einem  ööwcn  unb  Sßolfbiettidb : 

iWun  ^öret  burdf)  ein  Sunber,  tt)ie  ba« 
licrlein  ifi  genannt, 

e«  ^cift  ju  »elfd^  ein  3"nfcet,  ju  teutfd^ 
ein  saribant, 

3n  ©ittenlanb  nocf)  (S^ren  ijl  eö  ein 
vipper  genannt. 
(Unter  ©ittenlanb  njirb  tt)a^rf(f)cinlicf)  bet 
Äanton  SffioKiö  gemeint  fein.)  3m  votU 
teten  SSerkuf  be«  l'iebeö  erfährt  man,  t)a^ 
immer  nur  jmei  folc^er  Pipern  lebten, 
inbem  bie  jungen  balb  nac^  ber  ©eburt 
i^re  Altern  auffrafen.  3m  3ura  t)ei|t 
eine  geflügelte  unjierblic^c  €d)lange  mit 
biamontenem  Qluge  vonivre  (vipera).  33on 
^auöf($)Iangen  unb  Unfen  gel)en  nod^  je^t 
Piele  Überlieferungen.  iMuf  SSJiefen  unb 
SQßeiben,  fogar  in  bie  Käufer  fommen 
@d)Iangen  ju  (infamen  Äinbern,  trinfen 
3WiId)  auö  ber  ©d^üffel,  mobei  fie,  wie 
beim  33aben,  bie  ©olbfrcnen  auf  bie  ®rbc 
nieberlegcn.  2)ie  Äroncn  bürfen  aber 
niemals  entmenbet  nietben,  benn  baö 
bxdä)k  bem  .^aufe  gro^cö  Unglürf;  aucfe 
barf  man  tk  €d^Iangen  nid^t  tören,  fonfi 
fiirbt  i^r  @c^ii|Itng,  tai  Äinb  unb 
f(f)minbet  unmieberbrtnglic^  ber  0teid)tum 
in  ^auä  unb  €taU.  |)of  unb  jjelb.  2Ber 
ober  ein  Dtternfrönicin  finbct  unb  bei  jic^ 
trögt,  ber  mirb  baburd)  unfi(f)tbar  unb  in 
ber  tjolge  jieinreic^. 

^er  3)  r  a  d)  e ,  lat.  draco  ,  al)b. 
traccho,  agf.  draca,  altn.  dreki,  in  ber 
Edda  ormr,  angelföc^f.  vyrm,  a^b. 
wurm,  got.  vaürms,  ifi  eine  flcfliigelle 
©d^Iange.  Der  ^rac^e,  melier  Ärimt)ilb 
gefongen  pit  auf  bem  I)ra(f)enftein,  fommt 
burd)  bie  8uft  gefahren,  ber  anbere,  ben 
Siegfrieb,  t>om  (Scf)mieb  auögefanbt,  früher 
tötete,  liegt  unfüegenb  an  einer  ßinbe. 
Iiiec  war  ber  ebbifct)e  i^^fniif'  ein  SWenfd), 
ber  SCßurmgejittlt  ongenommen  ^atte,  im 
©iegfriebÄlieb  lintwnrm,  fonft  aui)  lint- 
drache  unb  heidewnrm  genannt.  SWit 
lint  finb  Diele  ^rauennamen  gebilbet,  j.  93. 
©igilint,  unb  ed  fönnte  ma^rfc^einli^ 
biefe  Benennung  aud)  für  ben  i>ra(J)en 
ben  93egriff  ron  ®Ianj  unb  ®cf)önbeit 
tntf)altcn.  1)ai  Altertum  ^atte  aD* 
gemein  bie  iSorfiellung,  ta^  Drad^en  auf 
reeid^em  (Solbe  liegen  unb  baDon  Ieu(J)ten 
I)iefc  <Bd)'a^t  bewachen  fte  unb  tragen 
fte  naditö  burd)  bie  ßüfte.  2)aä  ®oIb 
bei|t  wnrmbett.  I)radf)en  finb  geiji^, 
ncibifd),  giftig  unb  flammenfpeienb,  iie 
baben  if)rc  heimwist  in  einem  l^ah, 
metfen  3taud),   flammen  unb  2ßinb  unb 


fpeien  geuer  unb  ©iter.  2lmt  ber  gelben 
mar  c^  nun,  mie  bie  (Riefen,  fo  bie  ge* 
»ifferma^en  bomit  ibentifc^en  Dramen 
auf  ber  2BeIt  auszutilgen.  Jbörr  felbjl 
bctämpfte  ben  ungeheuren  midgardsorm, 
unb  6iegmunb,  Siegfrieb,  93coDuIf  jief)en 
alö  tapferfie  Drac^enüberminber  ba.  5^"«" 
gefeilt  ftcf)  eine  2)'? enge  anbercr,  mie  fte 
nai)  Qixt  unb  Ort  aflentt)alben  a\xi  bem 
8d^ofe  lebcnönoüer  ©agen  erftel)en.  2)er 
fc^önen  J^ora  ©orgartiiijrtr  mürbe  ein 
fleiner  lyngormr  gefdientt,  ben  fie  in  ein 
Ädjic^en  auf  @oIb  bettete,  ©ie  er  mud^g, 
mudbö  awä)  iai  ®oIb,  foba§  bie  Äijlc  ju 
eng  rourbe  unb  ber  2Burm  fid)  im  ÄreiS 
um  bie  Äijte  legte;  balb  mar  fein  SHaum 
me^r  in  bem  ß'^tiier,  er  legte  ftc^  um 
iiai  3'"i'"ei  ""^  nal)m  ben  @df)tt)an^  in 
ben  SD^unb.  SRiemanb  liefe  er  in  baö 
®emadf)  alä  ben  Slßärtcr,  ber  i^m  ju  jebcr 
SWa^ljeit  einen  Dc^fen  brad)te.  Sf^un 
würbe  bcfannt  gemacht,  mer  it)n  erlege, 
foUe  bie  Suifl^'»"  W  Sri"*  unb  fopicl 
®oIb,  al^  unter  bem  2)rad)cn  lag,  jur 
Stu^lieucr  empfangen.  2)iefen  S)ra(^en 
übermanb  ütagnar  Sobbrof. 

Qlufeer  bem  ©olbee^ort  aber,  ben  bie 
gelben  alä  Seute  baoontragen,  entfpringen 
nod^  anbere  Vorteile  auS  bem  ®ieg;  ber 
®enufe  beS  ®rad)enf)erjenö  bringt  Äunbc 
ber  Jierfprad&e  unb  tai  i8ejirei(^en  mit 
bem  SBlut  gärtet  bie  ^aut  gegen  aüe  iBer« 
le^ung. 

©ogar  einige  ©puren  Don  Ääfer* 
f  u  1 1  u  ö  fmb  ßorlianben.  2Bir  nennen 
ben  iJonnergugi  in  unperfennbarcm 
93ejug  auf  I)onar,  bann  ben  ®oIb5  unb 
SRopfdfer,  bie  mie  bie  2!)rad)en  aU 
^eilige  unb  felbjt  golbcne  liere  ©df)ä^c 
bcmac^en,  nor  aüen  ober  baS  ÜJIariens 
f  ä  f  e  r  cf)  e  n ,  auc^  ®  otteäf  ül)lcin,  ®  otteäfalb, 
^errgottöfalb ,  SWarienfälblein  genannt. 
2llt  mufe  tai  Ätnberliebd^en  fein: 

2Rarienfnferd)en,  flieg'  auäl 

I)ein  ^äu0d)en  brennt, 

I)ein  ä>Jütterd)en  flennt, 

I)ein  95äterd)en  fi^t  auf  ber  ©d^meKe. 

tJlieg'  im  ^immel  aui  ber  ^oQe. 
2(uö  ber  Äfaffe  ber  mirbellofen  liere 
finb  ferner  einjig  nod^  bie  93  i  e  n  e  n  ju 
nennen,  bie  no^  aui  bem  golbenen  QiiU 
alter,  anü  bem  oerloren  gegangenen 
^arabieö  übrig  geblieben  ftnb.  S)er  lau- 
tere, fü§e  |)onig,  ben  bie  93ienen  au§  allen 
931üten  fangen,  ifi  ^auptbefianbteil  bee 
©öttertrantö,  t)eiliger  ^onig  bie  erfie 
©peife,  bie  bcö  eingeborenen  Äinbeä  Sippe 
berührt.    ®rimm,  Tlt)t\)o\oQii. 


|)einri(i),  atmet  —  ^eiiatcn. 


277 


^ctnrit^,  armer,  feei^t  bot  ^elb  einet 
Don  ^artmann  pon  3lue  poctifc^  beat* 
beiteten  ßegcnbc,  beten  lateinifc^c  Quelle 
noä)  nic£)t  gefunben  »otbcn  ifi.  ^eintid) 
»on  5lue,  ein  SRittet  beejenigen  (Sefc^Iec^tc«, 
bem  bet  2)icbtet  felbet  aU  Tiienfimann 
angeptte,  lebte  im  iPoügenuffe  ^öd)ften 
(Jtbcnglüd e^ ,  aU  et  »on  einem  'Jluöfa^ 
befallen  roitb.  ^Hc  JRettung  fc^eint  t>etÄ 
gcblid),  aud)  baö  SDJittel,  mitbemi|)m  ein 
2(tjt  ju  @aIetno  befannt  mad)t,  namli^ 
tai  fteittiüig  füt  i^n  oetgoffene  ^etjblut 
einet  teinen  Sungfioi^  fd)eint  ibm  unct= 
tei(t)bat,  unb  et  oetf^enft  beeftalb  feine 
(Sütetan  SBernianbte,  *Mtmeunb®Dttcöbäus 
fei  unb  bcbiilt  füt  fi^  nut  einen  SDteietbof, 
wo  et  oom  3!)Jciet  unbbeffen  ^^tau  un»)  einet 
8  jäbtigcn  Socbtet  Atifllicf)  oetpflegt  »itb. 
3iacb  »iet  S^bi^«"  c'P  ^f''^  ^^^  atme  ^leinticfe 
feinem  SlWeiet  mit,  wai  bet  ©aictnitanifcfce 
Sltjt  ibm  gcfagt,  unb  bicfe  SRQcbtid)t  maä^i 
auf  bie  Sungf'^nu  einen  fold)en  SinbtudP, 
ta^  ftc  fid)  entfchlicft,  fxä)  füt  ibten  |)etrn 
ju  opfctn.  SDlit  *JJJübc  btingt  ftc  bie 
(ättetn  äui  Sinmittigung  in  ibt  SSotbaben 
unb  jicbt  batauf  mit  bem  Ätanfen  nacb 
©aletno.  @(i)on  ijl  bet  Qltjt  beteit,  bem 
3!J?äbcben  tai  ^etj  auöjufdjneiben ,  alö 
iHeue  unb  ÜJJttleib  ben  ^ettn  etgteift,  ia^ 
et  ftd)  untet  bem  fdbmetcn  JoAe  bet  Ätant« 
beit  ju  bleiben  entfcblieft.  ®ott  abet  bc« 
lobnt  bie  Dpfctfteubigteit  iti  Watä^mi 
unb  bie  c^iiftlid)e  Untetgebung  ibteö  |>ettn 
in  fein  25etbäni^niö  babuti^,  t)a^  et  ^ein^ 
ttd)  auf  bem  SRürfmcgc  b«ilt.  £)ie  Öegcnbe 
fdblieft  bamit,  ta^  ^äm\ä),  micbet  ju 
®ut  unb  6f)ten  gelangt,  bie  Jungftau  ju 
feinet  ©cmablin  annimmt. 

betraten  unb  ^o^jciten»  (S^  ifi  jwat 
fd)on  im  Qlttifel  ©b«  »""  ^ocbjeiten  bie 
JRebe  gcmefen;  l)'m  mögen  nacb  .^tiegb^ 
33ütgettum  II,  Qlbfcbnitt  XI  einige  be^ 
fonbete  biebergebötenbe  3"Öf  ^^^  ^^^ 
fiäbtif^en  ßcben  be^  fpäteten  SWittclalter« 
jufammengeftetlt  metben.  Dffenbat  galt 
bie  geiet  bei  •^»ocbjeit  füt  ben  jiäbtifä)en 
Sütgct  alä  ein  eingteifenbeteö  unb  mefent* 
lidbete^  Seben^moment,  aU  eö  füt  bie 
böfif(^e  ©efeüfcbaft  gewefcn  wat;  nidbt 
bIo§  bemegte  ficb  bet  tittetlicbe  giauen« 
bienft  abfcitö  oon  bet  Sfie,  fonbern  bet 
®eijt  beö  SRittettum^  beootjugte  übctt)aupt 
mel)t  folcbe  gePe,  meiere  mit  bet  Stellung 
beö  iRittetö  aU  foldbem  jufammcnbingcn, 
gonj  befonbetö  bie  ©diwettleite,  ben  |)of5 
tag,  baö  Sutniet  u.  bgl.,  gejie,  tt)eld)e  eben 
bie  böfifcbe  3^^*  untet  bem  ®efamtnamen 
höchzit,    höchgezit    jufammenfa^te. 


Stfi  in  ben  ©tabtcn  bing  bieö  ^efl  bet 
(S,i)mn%ii)ünQ  enge  mit  bem  ßebenäbeiufe 
beä  iBütget^  jufammen  unb  blieb  füt  bie 
Sejeicbnung  ^odbjeit  an  biefet  Jeiet  baften. 
j^eitaten  waten  in  ben  ®tabten  bäufiget 
al^  fe^t,  wie  benn  offenbat  biet  iai  sijott 
j^agej^olj,  bo^  utfptüngli^  ben  99e* 
ft^iet  eineö  iJJcbengutcö  bebeutctc,  bie  SBe* 
jeid)nung  füt  einen  3unggefeflen  gewotben 
ift.  6^  gab  ©table,  wo  ^agejlolje  webet 
Statöb^^t  wetben,  nod)  in  bet  3u"ft  "1^ 
ilfJciPet  aufgenommen  wetben  butften 
SBitwet  unb  SBitwen  fetbeitateten  ftd) 
fd)neQ  wiebet,  oft  befot  iai  „5abt  bet 
^lagc  unb  beö  Öeibc^"  abgelaufen  wat; 
ja  jweite  unb  btitte  23etf)eitatungcn  fAeinen 
in  I)eutfcbtanb  fogat  bie  SRegel  gewefen 
ju  fein.  93iö  inö  fpätc  SO^ittelaltet  wutbc 
nicfet  bie  titd)licbe  Itauung,  fonbetn  bie 
Setlobung  aU  ^auptaft  bet  (Sbefcblief  ung 
angefcben.  3iimet  nnd)  bcjlnnb  bie  iöet? 
lobung  ob«  53etttauung  auö  ben 
btei  ^ften,  1.  au^  bet  Sctabtebung  übet 
Stautfcba^  unb  SKitgift,  2.  au6  bet  Äcn* 
fenöctflatung  beö  Satetö  unb  bcö  (Sbe« 
fetfptecbenä  »on  ©eile  beö  ^tciet^,  unb 
3.  au^  bet  ^anbiei  cbung,  beö  ^  anbs 
f(blag^,^anbfiiei(^ö  obet  be^  9Bein* 
fauf«,  wcld)ci  alleg  Dramen  füt  bie 
eigentliche  SBetlobungö^Ietmine  ftnb;  fie 
fanb  inmitten  bei  beibctfeitigen  25ct5 
wanbten  ftatt  unb  befianb  in  betOSejabung 
bet  an  Staut  unb  Stäutigam  getidbteten 
^tagc,  ob  ftc  einanbet  bfitaten  wollen, 
aüi  Umfa^ung  unb  93tautfuf;  t>on  je^t 
an  biffftt  bie  95etlobtcn  ©emable, 
fpätct  biö  jut  J^^ff^Jf't  immet  nocb  ©taut 
unb  Stäutigam.  £>ie  beiben  etjien  Qlfte 
Waten  bäufig  mit  bet  'Jlbfaffung  einet 
fcbtiftli^en  Ut?unbe  übet  bie  Qluöftattung 
unb  ben  ©tautfcba^,  mit  bet  Qtudf!etlung 
eineö  ©be^ticff^  u"b  mit  bet  Setemonic 
»etbunben,  i>a^  ein  Sßetwanbtet  obet  i^teunb 
bie  33tautleute  fötmlidb  jufammengab.  ^ai 
leitete  gef^ab  balb  tuxd)  einen  Saien, 
balb  but^  einen  ©eijllicben.  ©efeüige 
^efilicbfeiten  fanben  nacb  bet  33ctlobung 
im  J^aufe  bet  Staut,  im  iRatbauö  obet  in 
einem  Älofiet  jiatt  unb  befianben  in  länjen, 
©dbmaufeteien  unb  Itinfgelagen ;  iWamen 
füt  biefeö  i^efi  fmb  ßautmetung,  b.  b- 
öffentlicbc  Sefanntmad)ung,  weil  aud^ 
Uneingelabenc  beiwobnten,  Üffenbatung 
unb  QJotgift,  Sotgabe. 

2)ie  Äopulation,  ®infegnung, 
Senebiftion  in  bet  Äitd)e,  Äitd)* 
gang,®olemnifietungbet  Q.\)t  obet 
3ntbtonifation  fanb  fietä  in  bet  Äitcf)e 


278 


heiraten  unb  ^od^jeiten. 


jiatt;  taii  Dorauäge^tnbe  breimaUge  firc^* 
licfce  51  uf gebot,  fc^on  jur  römifc^m 
ÄatferjcitDor^anben,  war  feit  bcm  13.  3«^!' 
hunbert  ein  Äird^engefe^.  2)ic  Äopulation 
tourbe  an  einem  beliebigen  läge  in  ber 
2Boc!)e  gehalten  unb  ^»ar  SBormittagö  nad^ 
ber  SDteflte.  iJJJcfircre  Sage  frütjer  fanb  baö 
Saben  in  einer  iöabfiube  fiatt,  n)orauf 
eingelabene  Scrwanbte  unb  ^reunbe,  au(J) 
S)ienflboten  bii  ^aufc«  im  ^aufe  ber 
SBiüut  ober  tii  Sräutigam^  bertiirtet  njur» 
bcn.  2)cr  Srautfranj  toax  nicfet  aü« 
gemein  gebräuchlich;  bagegen  ba^  Verteilen 
üon  Äränjen  feiten«  ber  Sraut  an  ben 
Sördutigam,  bie  iBrautfü^rer,  bie  Sanjlaber 
unb  bie  ©picüeute,  ni^t  aber  an  bie  »irE* 
liefen  ©äfie. 

iöraut  unb  Sßräutigam  gingen  bei  ber 
Jrauung  nic^t  gufammen  jur  Äir(^c,  fon* 
bern  \it)iQ  Bon  i&nen  n)urbe  burc^  jwci 
S3rautfül)rer  ba^in  begleitet,  wobei  aud) 
bie  93raut  mand^mal  männliche  ^Jübr« 
ibatte.  ©cim  ßn%i  in  bie  Äirc^e  mürbe 
mit  ©locten  geläutet  ober  tom  Jurme 
i^etabgcblafen,  mae  man  tai  3lnblafen 
ber  iöraut  nannte,  ©eiger,  ßautcnifien, 
Pfeifer,  Trompeter  ober  Trommler  gingen 
bera  3"9f  Boran,  an  melci)em  nid^t  blog 
bie  Scrmanbten  unb  ^teunbe,  fonbern  auc^ 
bie  männlichen  unb  n)eibli(^cn  SDienjlboten 
teilnat)mcn.  3"  9^ürnberg  gaben  bie 
Verlobten  einanber  cor  bem  Eintritt  in 
bie  Äir*e  bcn  9Jla^ dring,  melier  an 
anbern  Drten  fd)on  bei  ber  Verlobung 
übergeben  mürbe. 

2)a«  erfie  Seilager  fanb  fietö  im 
^aufc  ber  Sraut  jiatt,  meip  in  ber  auf 
bie  Jrauung  folgenben  9iacftt,  manchmal 
aber  erjl  mehrere  Sage  fpäter.  "Sn  ^xanh 
fürt  fü{)ite  babei  einer  ber  Srautfüiirer 
Die  junge  »^rau,  auf  bercn  ®ammetfci)uf)cn 
SBappen,  SRamen  u.  bgt.  mit  ®otb  unb 
<)3crlen  eini<efiicft  maren,  in  t>a9  ^xauU 
gemad^  unb  jog  if)r  bafelbft  bcn  linfen 
^äcfeu^  aui,  meld)en  er  einen  ober  mehreren 
bei  ;5ur  ^oc^^cit  gclabenen  SunSS^f^öf" 
fc^enfte.  5tm  *Diorgen  na^  bcm  Scilager 
überreichte  ber  ö^c^ierr  feiner  ©attin  bie 
ü)lorgengabe,  beflebcnb  au^  einem  ober 
gmci  ftibernen  Sec^ern  ober  einem  anbern 
Älemob ;  alä  ©egcngcfc^cn!  fommt  an 
manchen  Orten  ein  ÜFlanuä*  ober  93übe- 
bcmb  Dor.  ©emö^nlii^  an  bemfelben 
SJJorgen  mürbe  bie  junge  %xan  burd)  bie 
^o^jeitägajle  fcierlid)  jur  'Beffe  unb  in 
iai  ^am  ibrcB  ©attcn  geleitet,  menn 
nic^t,  ma«  oft  gefc^iab,  iaii  junge  $aar 
nod)  eine  fiivjcre  o^cr  längere  3«it  ^i"' 


but^  im  ^aufe  ber  ©attin  wohnen  blieb' 
mo  i^m  mit  ber  SBo^nung  auc^  bie  Äojl 
frei  mar. 

2)ie  ^odf)  jeitägefc^enfc  ber  23er* 
manbten  unb  gi^eunbe  an  baä  ^Brautpaar 
begannen  f($on  bei  ber  93erlobung,  unb 
jmar  mar  biefc^  meiji  ein  @^mu(f, 
Sringat  genannt,  »om  feierlid^en 
Überbringen.  Qtuf  ber  ^oc^jcit 
pflegte  jebcr  (Jingelabene  bcm  neuen  ®f)e= 
paar  fomol)l  aU  beiben  Sltern,  in  beten 
^aufe  bie  ^oc^jcit  gefeiert  mürbe,  ein 
©efc^cnf  ä"  malten,  alö  Scitrag  ju  ben 
Äojien  beö  5^M-  an  man(i)en  Orten  mar 
bagegen  ein  offene^  Tlai)i  unb  ein  ^xtU 
tanj  gebräuchlich.  Jene  5lrt  oon  $oc^« 
jciten  fielen  ® ^enf  ^  od) jeiten;  bei 
5reit)od^jeiten ,  bie  erp  fpäter  auf* 
fommen,  gaben  bie  ©äjie  blo§  einen  münb» 
lidjen  3)anf.  ©cgen  bie  foftbaren  ©e* 
fc^enfc  ober  ©^enfinen  mürben  la^U 
rcid)e  Serorbnungen  erlaffen;  bie  ©ef^enfe 
felbcr  befianben  in  »Samuel,  ^auägeräte, 
filbcrgefiidten  Kleibern,  ftibernen  Jrinf» 
geraten  unb  barem  ©elbe.  'S)ai  S8raut= 
paar  ^atte  für  bie  i^m  gereichten  93raut* 
gefc^enfe  Jtinfgclber  ju  geben,  moju  an 
mand)en  Orten  no^  anbere  ®efd)enfc 
famen,  befonberö  @peife  unb  Sronf  für 
bie  ^Ungehörigen  ber  beim  %t\it  beteiligten 
ßeute.  ÜbeHaupt  mar  ber  iJlufroanb,  ben 
man  beim  ^oc^jeitöfefi  entfaltete,  meifi  fef)r 
üppig;  eö  gab  bürgerlid)e  ^odijciten,  bie 
neun  läge  bauerten,  üon  abeligcn  unb 
fürfilid)cn  ju  gefc^meigen,  unb  überall 
fallen  ftd)  bie  Obrigfciten  genötigt,  miebers 
i)olt  cinfcbränfenbe  aScrorbnungcn  jU  er« 
laffen.  2)ie  ^o^jeitefeier  mürbe  im  ^aufc 
ber  93raut  ober  in  ber  Jrinffiubc,  bie  ber 
©räutigam  ju  befuc^en  pflegte,  im  iRat' 
t)aufe  ober  in  einem  anbern  fiäbtifd)en 
©ebäubc,  »on  ^anbmerfern  auf  i^rcr 
3unft  get;alten.  ©egen  bie  Scnü^ung  beä 
Ütatbaufeä  ftnb  -  aber  ebenfalls  Verbote 
erlaffen  morben.  S)ie  Sinlabung  ber  ©äfie 
gefdjal;bur^j^  ocbjcit^laber  ober  Sanj* 
lab  er  unb  mar  oft  beritten  unb  »on 
einem  lleinen  ©efotge  begleitet,  ©in  oon 
Stabt  megen  angejleßtcr  @precf)er,  bei 
^ängelein  ober  ^egelein  ober  93ors 
bang  dein,  »om  Dorge^ängten  51mtö* 
fd)ilb,  aucb  ©benfpred^er,  ©dblcn« 
f  er  lein,  trug  feine  5lnrcbe  reimmei«  cor. 
^tbnli^er  DJatur  maren  bie  ßotter  ober 
Sottcrer,  b.  b-  8ufiigmadl)er.  i^äx  bie 
3abl  ber  ©äfie  mar  meifi  ein  obrigEeits 
li^c^  SÜiayimum  aufgefiellt.  ©in  ^aupt« 
teil  ber  bod)^eitlid)cn  Vergnügungen  mar 


^el  —  .^elbenfagc. 


279 


in  ben  nadbfien  ÜWonaten  nac^  bcr  ^oi^jeit 
ju  ©bren  ber  9teuoermät)ltcn  abgehalten 
»erben.  Sie  etfie  %t\ix  einer  golbenen 
^od^jeit  wirb  im  3a£)re  1661  er« 
Wd^nt. 

^cl,  Dorn  attb.  helan ,  n£)b.  fee^Ien, 
»erlebten,  ifi  bie  germanifcf)e  ©öttin  bee 
3;obeö  unb  ber  Unterwelt;  erft  fpdter,  aber 
nod^  in  bcibnifdjer  ^tit,  a\i  man  eine 
Unterfi^eibung  jwifc^en  ben  iotcn  mad)te 
unb  befonbere  SBo^nft^e  für  bie  ®uten 
unb  bie  Söfen  annahm,  würbe  bie  (Sottin 
|)el  jur  iBorfteljerin  bcrjcnigen  ©eiPer  ge= 
maäit,  bie  nac^  untbätigem,  ru^mlofem 
ßeben  ba^ingegangen  ftnb,  unb  i^r  9lame 
erweiterte  jtd^  ju  .^»ellia,  ^etla,  n^b. 
^elle,  ^öllc,  wot)er  ber  (^rij!lic^e 
9lufent^altöort  ber  23erbammten  fpüter  ben 
Slamen  ^etlc,  ipölle  empfing.  9Jkn  baci)tc 
ftc^  bie  (Söttin  ^el  in  Sümpfen  ober 
Ißrunnen  tebenb,  ober  im  53erge,  ^eüebcrg, 
bie  @ec(en  ^ütenb.  3"  ibrem  unter? 
irbifc^en  ©i^e  foQte  bie  Ü}Ji((^j!ra§e  führen, 
bie  babcr  in  3Jorbbeutf(^Iaub  ber  ."pelwcg 
genannt  wirb.  Die  norbifcfee  ^el  i(! 
^atb  fi^war^,  ^alb  mcnfdbenfarbig  unb 
I)at  ein  grimmige'^,  furd^tbare^  iluöfeben. 
3l)r  gehört  bie  ^crrfcbaft  in  fRifelbcimr , 
wo  f\t  unter  einer  SBurjel  bcr  (Sf($c 
2)gpbrarttt  in  i^rer  Surg  ^elOeimr  wo^nt. 
S)en  langen  unb  traurigen  2Beg  babin, 
ben  |>elweg,  reitet  man  neun  Sage  unb 
ül'ai)U  nad)  9Jorben  ju  t>üxd)  bunfle  tiefe 
5lbäler  ben  *Ilbgrunb  binab.  Über  2)ornen= 
l)eiben  unb  ©ümpfe  fommt  ber  SBanberer 
5u  einem  reiBen&en  Strome,  ben  bie®jaC(ar^ 
brürfe  überwölbt,  bie  mit  glänjenbem®olbe 
belegt  ift.  Sic  Ijiingt  bod)fim  2Binbc  unter 
bem  (Sewblf,  bie  9JMI  d)ft  r  a§e.  3"  einem 
l)oblett  unb  mit  mäcbtigen  ®ittcrn  oer= 
ttJabrtcn  ®ebege  bewacbt  ein  ^unb  mit 
blutgeflecfter  33rufi  unb  flaffenbem  SHadben 
ben  Singang  ju  ^tU  SBobnungen.  3bt 
Saal  bei§t  Slenb,  ibrc  Scbüffel  -junger, 
ibr  OJUffer  ®ier,  ibr  Äned)t  Sräg,  ibre 
SWagb  Sangfam,  i^re  Sd:)Weüe  ©infiurj, 
ibr  ßager  Äranfenbett,  ibr  SSorbaug  bau? 
ernbeö  Übel.  S)amit  bie  Seele  jene  S)ornen= 
Ijeibe  nid)t  barfuß  überfdireiten  muffe,  gab 
man  ben  Joten  inö  ®rab  ein  ^aax  S(^ube 
mit.  Sffier  ben  *}lrmen  auf  ©rbcn  eine 
^ub  gefdbcnft  bat,  wirb  nic^t  ftraud)eln 
unb  f^winbeln,  wenn  er  bie  ©faüarbrücfe 
übetfd^reiten  mu§;  bean  bort  finbet  er 
eine  Äub ,  Welcbe  feine  Seele  über  bie 
lotenbrüde  geleitet;  baber  man  in  tielen 
germanifc^cn  gänbern  eine  Äub  binter  bem 


Sarge  i)a  biö  auf  ben  Äircf)bof  mitgeben 
lie§.    ÜJlonnbarbt,  ©öttetwelt. 

^clWing,  alttxti  SWünjßücf  im  balben 
iffierte  bee  jeweiligen  Pfennig«;  größere 
Summen  Würben  ju  Sd)iüingcnunb  *Pfun? 
ben  ^elblinge  bered)nct. 

%>tlbtnbtt{if,  der  beiden  buoch,  nennt 
fid)  eine  im  15.  3al)i^bwnbert  me^rfac^  ge? 
brudte  Sammlung  ber  unter  bem  Flamen 
aSolfbietrid)  jufammengcfa§ten  ®ebid)te 
iion  Drtnit,  ^ugbietrid)  unb  SBolfbietrid^ ; 
ben  gleid)en  Dtamen  pflegt  man  aud)  feit 
23on  ber^agenö  ®runbrt§  jur  ®cfc6id)te  bcr 
bcutfd)en  (ßoeftc,  1812,  Sammlungen  »on 
®ebidbten  auö  ber  beutfcben  ^elbenfage, 
mit  (Sin=  ober  Qluäfcblu§  beö  91ibelungen= 
liebet  ju  geben;  fo  i)i[^tn  audb  bie  ueuejie 
5luögabe  ber  bem  3lmelungenfreiö  onge« 
börigen  mittell)od)beutfdbcn  2)id^tungen, 
berau(Sgegeben  üon  *}lmelung ,  3änide, 
SDiortin  unb  3upi^'i'  ^  Sänbc,  ©erlin, 
1866 — 73,  unb  bie  erneuerte  Sammlung 
uon  Simrod  in  fedb^  Sanben,  welche  in 
bie  ®ubrun ,  ta^  S^ibelungenlieb ,  t)ai 
fleine  ^elbenbucb  (Sßaltbcr  unb  ^ilbe? 
gunbe,  'illpbart,  börnerner  Siegfrieb, 
Ö^ofengarten,  |)ilbcbranbölieb)  unb  "Daii 
^melungenlieb  jerfdllt,  wonon  bad  le^tere 
jerfäHt  in:  SBielanb  bcr  Sdbmieb,  SBitticb 
äBielanb^  Sobn,  (Sden  5tuöfabrt,  2)ietleib, 
Sibid)^  35errat,  bie  beiben  2)ietrid)e,  bie 
9labenfd)ta(^t,  bie  |^eimfe^t. 

^clbcnfagc.  2)ie  gcrmanifcbe  gelben? 
fage  teilt  mit  ben  ^clbenfagen  aller  übri? 
gen  arif^en  Sölfer  ben  boppelten  Ur« 
fprung  aui  bem  SÖtpt^u^  unb  ber  fSolti' 
gefcbid)te.  35a^  mptbifcftc  Slement  ber 
^elDenfagc  entjiebt  baburdb,  ta'^  einjclne 
®ötter  mit  ber  3<^it  '^^^  Sterbliche  auf? 
gefaßt  werben,  ©aburdb  entpel)cn  juerft 
bie  |)eroen;  man  »erga^  non  einzelnen 
®öttcrgeftalten,  jum  Seil  baburcfe,  ta^ 
burdj  bifiorifcbc  ©reigniffe  ibr  Äult  au^er 
Übung  fam,  ta^  fie  ®ott^eitcn  feien  unb 
fa§te  fie  nur  nodb  il^  gewaltige  unb  Dor? 
jug'äweife  mädbtige  Stcrblicbe  auf,  aU 
J^elben  iwn  göttlicJber  Qlbjtammung,  bereu 
l'eben  man  in  bie  Qlnfiinge  bcr  33olfäs 
gefd)id)tc  iierfe^te.  ^si)xt  Sbatcn  würben 
je^t  größtenteils  nid)t  mebr  ibrer  inneren 
göttlid)en  Siatur,  fonbern  äu§ercr  ^ilfe 
unb  linderen  *DJitteln  jugef^rieben,  Wcld)e 
ibnen  bie  ®ölter  an  bie  ^anb  gegeben 
bdttcn;  fold)en  ^eroen  ftnb  in  ber  beut? 
fd)en  ^elbenfagc  Siegfrieb,  ®untber, 
^agen,  fettet,  Lorant,  üBatc,  Sffiielanb, 
Drenbel,  .Ü^rimbilb,  ^ilbe.  2)icfe  ^eroen 
pflegen  nun  mit  ber  3eit  eine  23erbinbung 


280 


^elbcnfagc. 


mit  9c[rfiic6tli(f)en  Erinnerungen  einju= 
ge^en,  ber  5D?ijtt)u^  wirb  lofalifiert  unb 
®öttlid)c«  unb  Wenfc^lid^eö  flie§t  in  ein 
93ilb  jui'amnicn.  SBa^fcn  fo  gröfcre  unb 
lebcnbige  Tlt}if)m  mit  (Srinnerungen  auö 
bcm  glänjcnbcn  ^elbenalter,  n?eld)eö  gc 
tt)öt)nUcl)  bcm  (äintritt  ^oc^  organiftertcr 
Sölfer  in  tai  f)clle  Sic^t  ber  ©efdfiictjte 
üorauöjugeben  pflegt,  jufammen,  fo  ent* 
t^c^t  bie  |)elbcnfage.  2)qö  iDJptbif(J)e 
an  il)nen  ifi  ber  fcfle  Äern,  um  ben  ficfe 
tai  ^ifiotifc^e  fierumlegt.  Wannljarbt, 
©Otter ,  3lbfd)n.  n.  Tit  mt)tl)ifd)en 
Elemente  ber  |)elbenfagc  finb  if)rer  yiaim 
nac^  mecfefelnb;  manche  Qüqt  mögen  in 
bie  gcmeinfame  Urjeit  ber  arifd)en  SSoÜer 
hinaufreichen,  nnberc  finb  iRefuUate  ber 
tierfd)iebenen93ilbungeperiobenberSDit)tl)cn= 
bilbung;  oft  finb  ee  blof  einzelne  ^üq,t, 
meldte  an  bicfem  unb  jenem  gelben  ober 
on  biefer  unb  jener  Sage  mptbologifcber 
yiahn  finb,  mä^renb  anbcreö  bifiorifc^  ift. 
Sbenfomenig  aU  tai  mi)ti)ifcf)e  ©Tement 
ber  ^elbenfage  lä^t  fic^  iai  I)ijiorifd)e 
Element  auf  eine  (Jintieit  jurüctfü^ten. 
D^ne  3*^'f'fft  fmb  fd)on  lange  oor  ber 
Sölferftianberung  {)iflorif(f)c  3:f)atfad)cn  oon 
ber  Sage  aufgefaft  unb  gePaUetmorben;bie= 
felben  fielen  abcrmeiftenteilsberiöergeffenbeit 
ant)eim,  alö  bie  großen  tiefeinfdineibenben 
(Sefd^icfe  ber  iBölfermanberung  famen,  an 
meli^c  fid)  bie  Erricfetung  beei  fränfifd)cn 
9tci(i)e^  unb  bamit  ber  Eintritt  ber  ®er^ 
moncn  in  bie  curopäifd)e  (Staatenentwicf« 
lung  fnüpftc.  I)iefe  Ereigniffe  gaben 
fortan  bie  I)ijtorifd)c  Unterlage,  bie  Ula^ 
men  ber  93ölfer  unb  gürRen ,  ber  «Stäbte, 
ßänbcr,  ^lüffe,  Serge  unb  ffiälber,  roelcfce 
ben  SRabmen  ber  ^^elbenfagc  bilben,  obne 
bo§  man  ben  ®rab  ber  Ürfprüngiid)feit 
biefe^  l)iPoiifcf)en  Element«  im  eiuiielnen 
jcbcemal  anjugeben  permöAtc.  SBilbclm 
®rimm  fagt  in  ber  (Sc^Iupbettod)tung 
jur  ©cutfd^cn  .^»«Ibcnfage:  „SRubenb  m\h 
in  eine  fefie  go^ni  gebunben,  bitrfcn  mir 
unö  tai  Epoö  ju  feiner  ^t\t  beuten. 
35ielmebt  |errfd)t  in  it)m  ber  Srieb  jur 
Semegung  unb  Umgefialtung,  ja,  obne 
it)n  mürbe  e^  abwerben,  »enigftene  bie 
Äraft  lebenbigcr  Einmirfung  verlieren, 
^ier  erprobt  fid)  bie  ^dtjigfeit  jur  (jBoefte, 
unb  ein  unfreieei,  »erarmte^  ©cfü^l  mirb 
jebeämal  eine  iBerfd}led)terung  beö  Epo« 
bemirfen.  Ed)te  gortbilbung  gebt  nie- 
mal* au*  Saune  unb  üöillfür,  immer  auö 
innerer  D^otmenbigfeit  beroor.  Ein*  ber  be« 
beutenbjlen  SWütel  if^  babei  obne  3tt3eifel 
bie    !in   nerfdiebcnen   Erfd)einungcn    be» 


obad)tctc  ißerf  niipfung  cinjelner  Sagen* 
©er  3?orben  bat  bie  ^5>clge=  unb  Ärafa= 
fage  ber  €igurböfage  beigcmifd)!,  I;cutfd)« 
ianb  bie  ©ietrid^«fage  mit  nocb  größerem 
Erfolg.  Qlber  iai  glönjenbfie  93eifpiel  ifi 
unfer  DfJibelungcnlieb.  ©erabe  ber  au*« 
gejeiAnetfie  leil,  ber  Siftieite  nämlid),  ifi 
lebiglid)  au*  einer  foId)en  iBerfnüpfung 
berporgegangen.  S^äbme  man  [Rübiger 
unb  ^ietri^i  ^erau*,  bie  bebeutenbfien 
«Dermicfeluagen  unb  ergrcifenbften  ©teilen 
mürben  fehlen  unb  ber  ganje  grofc  Äampf 
in  bie  Erjü^Iung  »on  ©untber*  ..unb 
^agen*  tapferer  ©egenme^r  oor  i^rer  Über« 
mältigung  fi<^  ^ufammenjief)en.  So  aber 
treibt  bie  i>i^tung,  fxiii)  getränft,  neue 
Sproffen  unb  überall  oerfünbigt  ficb  ein 
böberer  S^mung  unb  eine  reicbere,  gleiA* 
förmigere  ^^üüe  be*  5lu*brucf*.  Sffiabr  ifi 
e*  auf  ber  anberen  Seite,  tai  3ieue  mirb 
niemal*  obne  Einbuße  an  bem  lllten  ge= 
monnen,  unb  Einfa^beit  unb  Sßerfianb 
ber  ©runblagc  leiben  bei  foldben  Umbil« 
bungen  fafi  immer;  aber  mir  baben  an 
bcm  erfien  2;eilc  be*  j)}ibelungenlicbe*  ein 
iBeifpicl,  mie  obne  eine  foUte  Srfrife^ung 
bie  Sage  lücfcnbaft  mirb,  in  ficfe  serfäUt 
unb  aümii^lid)  crlifdit.  Siegfrieb*  Suflcnb* 
leben,  nur  unfotlftänbig  angebeutet,  jum 
Seil  oergeffen,  Srunljtlbens  bamit  ter* 
tnüpfte*  ©efdjid,  e*  mürbe  fid)  beffer, 
freilid)  aud)  in  anbercr  ©efiolt  bemal)rt 
i)aben,  menn  ein  neuer  Strom  ber  Sage 
märe  binjugeleitet  morben"  .... 

„3d)  barf  al*  au*gemad)t  betrachten, 
ta^  bie  gefd)id)tlid)en  39ejie^ungen,  mcldic 
bie  Sage  je^t  seigt,  erfi  fpdter  eingetreten 
fmb,  mitbin  bie  Sebauptung,  ba§  jene 
Ereigniffe  bie  ©runblage  geliefert,  aller 
Stufen  beraubt  ifi.  SRoc^  eine  anbere, 
nid)t  gcringtre  Sdbmierigfeit,  mad)t  bie 
bamit  rcrtnüpfte  iBorfieflung  fon  ab' 
fid)tlic^eT,  poetifd)er  *au*bilbung  be* 
biftorifdien  j^aftnm*.  I)er  I)id)ter  ber 
9iibelunge  9'Jot  mufte  banac^  tiorfä|lic^ 
dironologifc^e  SÖcrfiö^e  begeben  unb  fe^r 
genau  miffen,  ta^  bie  ©efialten,  bie  er 
auftreten  lie^ ,  bi*  auf  einige  Dtamen, 
©efdböpfe  feiner  eigenen  Einbilbung*fraft 
maren;  gleid)er  ÜBeife  fonntc  er  ftd)  über 
bie  Unmat)rbeit  ber  Ibaten,  bie  er  '  fre 
pollbringen  lief,  unmöglid)  töufd^en.  SZBic 
fiebt  tae  in  SBiberfpruc^  mit  ber  nid)t 
blo§  in  ber  frü^efien  ßcit»  fonbern  nod^ 
bei  ben  gebilbetfien  ..©id)tern  be*  9DtitteI= 
alter*  berrfc^enben  Überjeugung  oon  ber 
pontommcnen  Sßaljrlieit  ber  Überlieferung  ^ 
Äann  man  glauben,  ta^  gerabe  bie,  meldte 


^clbenfagc. 


281 


man  fic^  ali  SSerfaffet  jener  ffierfe  bcnft, 
eine  anbete,  ber  ^lug^eit  unfcter  3^1* 
entfprorf)cnbf  2lnftcf)t  iuct)t  allein  Regten, 
fonfern  au*  mit  un9ett)ö{)nUc^er  ©d^Iau» 
^eit  oerbarc^cn  ?  Übcratl  bxid)t  ein  e^r^ 
lieber  ©lau bc  an  bie  HBabr^eit  burd^,  jebe 
ßutbot  unb  weitere  Qluöbilbung  galt  für 
eine  blof'c  Srgiin^ung  berfelben.  SJicfer 
©laube  tft  freilieb  naio,  aber  nicbt  unt)er= 
fiünfig  benn  er  roiQ  in  bem  ©emüte  Pon 
Wenfdben ,  bie  ^iflorie  unb  $oefic  ju 
trennen  nod)  nicbt  gelernt  i)ahm.  ntd)t 
mehr  fachen,  atö  bug  bier  nicbtä  ani  ber 
Suft  (i)ei(riffcneö ,  fonbern  feiner  legten 
Duette  nad)  im  n3irfli(f)en  ?ebcn  33egrün« 
betea  aufgenommen  fei.  ®c^t  man  nodb 
Ibinju,  bal  auf  eine  Jßabrbeit  biefct  Qlrt 
iai  (Sanje,  mie  jeber  einjclne  leil,  »oü^ 
fommen  bcnfelben  QInfprucb  macbcn  fönne 
unb  nacb  einer  bifiorifcben  S^iitfacbc  ju 
fragen  ncrgeblid),  ja  finnloö  fein  würbe, 
ba  in  biefer  poetif^en  ßduterung  unb 
^erübcrnabme  in  tai  ®cbiet  beö  freien 
(Sebanfenö  jebee  äu§erc  'JJJerfmal  beö 
(Scfdbic^tlicben  teid)t  eerfcbminben  mü§te, 
fo  ^at  man,  wie  eö  mir  fc^eint,  ta^ 
SRi(^ttgc." 

5Dae  @po^,  raelcbeö  tai  ganje 

Seben  ju  crfaffen  ftrebt,  fann  ben  ©lau« 
ben  an  überirbtfdbe  2)inge  nicfct  bintan» 
fe^en,  nod)  bie  SOßeife,  wie  er  ftd)  äu§ert, 
ibr  unbefannt  bleiben.  6^  wirb  bort 
immer  ein  wefentlicbe«  SIement  feinet 
Snbatteö  pnben,  ja,  eä  fcbeint  mir  obne 
eine  fol<^e  ü)Jif(^ung  beö  ßeibticben  unb 
©eifiigen  gar  ni($t  befieben  ju  fönncn, 
etwa  wie  ©efang  bcibeö,  2Borte  unb  Jone, 
»erlangt.  Äcinem  ©ebicbte,  wenn  e^ 
wabrbaft  bcfeelt  ift,  fcblt  innere  Sebeu« 
tung  ober  eine  fittlicbc  Grfenntniö;  aber 
nicbtg  bcred)tigt  un^  biö  je^t  ju  ber  iBer« 
mutung,  ta^  bie  beutfd)e  ^elbenfagc  auö 
Grforfc^ung  göttlicber  2)inge  ober  au^ 
einer  pbitofopbifi^ben  Sctracbtung  über  bie 
©ebeimniffe  ber  SWatur  bß^^Dorgcgangcn  fei 
unb  in  einem  ftnnbilblicben  'ilusbrude 
berfelben  ibren  erflen  5tnlaf  gefunben 
t)abe.  ®ie  felbfl  bat,  fo  weit  wir  jurü(f= 
blitfcn  tonnen,  fldb  aUejeit  neben  ber  ®e= 
fdbidbte  ibren  $ta^  angewiefen.  S)ie  ßie= 
ber,  weldbe  bie  ©age  oon  bem  auä  ber 
6rbe  geborenen  ©Ott  IbuiPo  unb  feinem 
©efcbicdbt  entbielten,  bie  Sacitu^,  ©erm.  2, 
alte  nennt,  ftnb  untergegangen;  meiner 
5tnft^t  na^  bcfianben  fxt  neben  ben  ^iU 
bcnliebern,  bergleic^en  jene  waren,  wcldbe 
bie  Sbaten  beö  Qtrminiuä  feierten." 

SDian  pflegt  bie  ©cnfmdlet  ber  gelben» 


fage  auf  üerfcbiebene  iffieife  ju  gliebcrn; 
entWeber  na^  ben  ^auptbelben  ©icgfrieb, 
2)ietri^  oon  Sern  unb  ©ubrun,  ober 
nac^  ben  beibcn  großen  Spopöen  iJiibe« 
lungenlicb  unb  ©ubrun  ,  benen  man  t>u 
jablrciciben  flcineren  ^elbengebidbte  nai^ 
älterem  Vorgänge  unter  bem  Siamen 
^elbcnbucb  gegenüberfteüt;  ober  man 
fieüt  eine  Qlnjabl  ©agenfreife  auf,  meifl 
nicr:  1.  ben  niebcrrbcinifdben  ober  frdnfis 
f^en,  bcffen  ^elb  ©iegfrieb  b^i^t; 
2.  ben  burgunbif^cn,  mit  ©untber, 
©ernot  unb  ©ifelber,  Ute,  Ärimbilb  unb 
SSrunbilb ,  ^agen  unb  33olfer;  3.  ben 
ofigotifiien  ©agenErciö,  bcffen  ^cl« 
ben  au^er  S)ietridb  oon  Sern,  ^ilbe« 
branb,  Solfbart,  iJBolfbrant,  SZßolfwin, 
©igefiab  unb  Jg)clfricb  bcifcn;  4.  »on 
5lttila,  woju  bie  |)ctben  SRübiger,  ^a' 
Wart,  '^unQ  unb  Srnfrit  fommen.  (So  fallt 
in  bie  5lugen,  t)a^  biefe  ©lieberung,  weil 
rein  örtlicfc,  ni^t  im  urfprünglidben  2Befen 
ber  ©age  begrünbet  fein  fann.  Ublanb 
nnterf(^eibet  bie  ©agen  »on  tm  '}tmc= 
hingen  (2)ietricb  oon  Sern) ,  ben  9tibe= 
lungen  unb  ben  ^egelingen  (©ubrun). 

2)ie  auä  bem  Äreiö  ber  bcutfcben'^el^ 
benfage  crbaltcnen  ©ebicbte  ftnb  folgenbe; 

A.  5tmclungenfreiä. 

1.  ^ilbebranbälieb,  frebe  biefcn 
5lrtifel. 

2.  ©igenot;  I)ietricb  ßon  Sern  wirb 
oom  SRicfen  ©igenot  überwunben,  in  eine 
|)Dblc  geworfen  unb  jule^t  non  feinem 
Sleijier  ^ilbebranb,  gegen  beffen  9flat  er 
auägeritten  unb  ber  ben  9tiefen  crfi^Idgt, 
auö  ber  ^aft  erlöft. 

3.  ©den  *}luäf ab rt.  S)ic  ÄiJnigin 
©eburg  üon  3o^9'^it"  i"  2irol  wünfdbt 
2)ietrid)  lebenb  gefangen  ju  feben.  Sdc 
jiebt  Don  ©ripiar  (Äöln?)  aud,  um  ben 
Serncr  ju  bringen,  »erliert  aber  im  Äampf 
baö  Seben.    S)ictrid)   beflagt  feinen  Job. 

4.  ß aurin.  2)ie  |»elben  ju  Sern 
unterreben  ficb  über  25ietrid)  unb  prcifen 
feine  tapferen  2;b«ten.  '^ux  ^ilbebranb 
Witt  nidbt  ganj  jujiimmen,  ia  ber  ^clb 
nod)  nid)t  mit  S^'f^SC"  gefämpft  ba^c. 
S)arauf  5luöjug  nad)  bem  9tofengatten 
bcö  3wergtömg^  ßaurin ,  bem  ©ietri^ 
ben  3t>il'crgürtel  nimmt,  ßaurin  gewinnt 
feinen  ©dbwager  SDietricb,  beffen  ©cbwcfier 
©imilte  er  geraubt,  für  ftdb  unb  rettet 
babur^  fein  ßebcn. 

5.  2)er  iR ofengarten.  Ärim|)ilb 
bält  |>of  ju  gSormä  nnb  ^at  bafelbß 
einen    fcbiJnen    iRofcngarten ,    aU    beffen 


282 


^clbcnfagc. 


^ütcr  ©iegfrieb  unb  eine  SJnja^l  feinet 
gelben  bcfiimmt  ftnb;  «er  btefc  i)üter 
beilegt,  tion  bem  entbietet  ftc^  Ätim^ilbö 
93ater  fein  ßanb  ju  ßct)en  gu  ncbmen; 
aufeerbem  fotlen  bie  ©icger  einen  dofen* 
franj  unb  einen  Äu§  öon  Ärim^ilb  jum 
So^n  erltalten.  5luf  ^jübebranb^  eintrieb 
mad)t  fi*  ÜDietric^  üon  Sern  auf,  um 
ben  Äampf  ju  befielen,  tüttfli^  hjcrbcn 
©iegftieb  unb  bie  Sutgunben^elben  über* 
»unben.  5llä  eigentümlid^pe  i^iflur  tritt 
in  bem  ©ebicfttc  ber  Tlön^  S^fin  ""f» 
^ilbebranbä  ©ruber,  ber  3a()r^unberte 
lang  eine  Sieblingöfigur  beö  beutfdien 
SBolfeei  blieb. 

6.  2)ietrid)«  glud)t.  Sietric^  öon 
Sern  n)t\ä)t,  um  feine  fxcben  gefangenen 
(Redten,  n?eld)e  Srmenrid)  aufju^ängen 
brot)t,  t)om  3;obe  ju  retten,  »on  feinem 
@rbc  ju  ben  ^unnen. 

7.  9t ab enfc^Iad^t.  S)ietrid)  flagt 
an  ®|el^  ^ofe  um  ben  33crlufi  feiner 
ßanbc  burd)  ben  aüeö  »ermüftenben  ©rmen^ 
xxdt)  unb  erhält  »on  (5|el  ein  ^fjeer,  feine 
ßanbe  mieber  ju  erobern;  auc^  giebt  ®|et 
bem  Sietrid)  feine  bciben  6ö^ne  mit,  für 
bereu  fieben  ficf)  2)ietricö  bei  ber  SPfJutter 
oerbürgt  ^at.  Sor  SRaoenna  lä§t  S)ictri^ 
fte  nebji  feinem  eigenen  93ruber  S)iet^ar 
unter  ^Ifanä  Obt)ut  jutüd;  aber  »oH 
Äampfceife^nfuä)t  bitten  fte,  man  möge 
if)nen  geftatten,  cor  bie  @tabt  ju  reiten 
unb  fi^  umjufef)en.  SDa  geraten  fie  in 
bae  feinblic^e  |)ccr  unb  fiofen  auf  ben 
furd)tbaren  gelben  Slöittic^,  ber  mit  feinem 
©dinierte  Sülimung  auf  fie  loäfiürjt  unb 
beibe  nad)  langem  rü^mlid)cn  .Kampfe 
erfdilägt.  3)ietri^,  fobalb  er  oon  ber 
(Söf)ne  lob  prt,  »erfolgt  jmar  ÜBittic^ 
jornig;  boc^  fpringt  biefer  inö  üJ^eer  unb 
mirb  üon  einer  2Jteerfrau  aufgenommen. 
S)arauf  folgt  eine  fd^merjlid)  rü^renbe 
Älage  ber  ^eld^e  um  i:^re  Sö^ne;  fte 
fludjt  I)ietrid)en,  eergiebt  i^m  aber,  ba 
jtc  feinen  tiefen  ©c^merj  jte^t  unb  feine 
laute  Älage  um  bie  gefallenen  jungen 
gelben  »ernimmt. 

8.  *Jllp^art^  lob.  I)ictrid^  wirb 
oon  feinem  D^eim  (Srmenrid)  auf  tgibic^^ 
»erbd^tigenbe  5lnfiiftung  befricgt.  2)em 
l)eranäiet)enben  $eere  reitet  ber  junge 
5llp^art  entgegen  auf  bie  SZÖarte.  SJort 
wirb  er  oon  ben  ju  (Srmenric^  überge- 
gangenen beiben  treulofcn  gelben  |)eimc 
unb  üßittid^,  jtt)ei  gegen  einen,  befianben 
unb  »on  2ßittid)  getötet.  SDen  ©efaüenen 
gu  räd}cn  bringen  bie  Serncr  fteran  unb 
treiben    (5rmenrid)   in    bie   gluckt.     S)ie 


©ic^tung   jät)lt   ju   ben   fd)önfien  ^cnf» 
mdlern  ber  .^clbenfage. 

9.  «Btterolf  unb  25ietleib.  äßite-» 
rolf ,  Äönig  ju  lolct ,  t»crld§t  ^eimlid^ 
SBeib  unb  Äinb,  um  bie  gepriefene  iDlad^t 
beö  ^unnenfönigä  (S|cl  felbfi  fenncn  ju 
lernen ,  unb  begiebt  ftd)  unerfannt  in 
beffen  I)ien|i.  2ilö  fein  ©obn  ©ietleib 
faum  ^erangcmac^fen,  befd^lie§t  er,  feinen 
93ater  ju  fud)en,  jiebt  audb  gu  (56et  unb 
finbet  ben  33ater  mitten  in  ber  6(^lac^t. 
Sine  Scleibigung,  ftielc^e  ber  junge  Diets 
leib  auf  feiner  ^afirt  »on  ben  r^einifc^en 
Äönigen  bei  Sffiorm^  erfahren ,  »eranlaft 
einen  großen  ^»ecrjug  baj^in,  »oju  (5^et 
feine  ^ilfe  giebt,  au^  25ietric^  mit  feinen 
0teden,  fomie  6rmcnri(^ö  ^selben  mit  auö« 
reiten.  9?a^  ftegreid^em  Äampfe  fe^ren 
Sitcrolf  unb  I)ietleib  gu  6|eln  jurücE 
unb  mcrben  »on  itim  mit  ber  Steiermarf 
begabt,  wo  fie  frd)  mit  ben  5f)rigen  nie« 
bcrlaffen. 

10.  S)ietricf)ä  3)ra^cnf ämpf e. 
liietrid)  unb  feine  ©efetJen  fämpfen  mit 
(Riefen  unb  3)rad)en;  echter  Mageninhalt 
mirb  ^ier  gänjli(^  »ermißt. 

11.  ®|ielö  .^of^altung,  eine  alle« 
gorif^e  S)id^tung  be«  13.  3ai)rf)unbertä : 
^rau  ©aelbe  mirb  »on  bem  2Sunbercr 
gejagt  unb  »on  ©ietric^,  ber  ben  ^aqtu' 

ben  tötet,  errettet.  ■ 

12.  Äönig  Ortnit  »on  ßamparten  1 
entführt  mit  |)ilfe  feine«  Saterö ,  be« 
3n)erge«  Qllbcrid),  bie  Jo^ter  be«  Äönigö 
ORardjorel  »on  ÜJJontebur,  bie  in  ber 
laufe  ben  iJiamen  <5i)brat  empfängt. 
Über  ben  Sßerlufi  jürnenb,  fenbet  bei 
^önig  unter  bem  ©d)ein  »on  ®cf($enfen 
bur^  ben  Säger  Sßelle  bem  Äönige  Drtnit 
S)rad)en  in«  ßanb,  bie  ^erangewadjfen 
aüeä  »erwüjlen.  Drtnit  felbfi  ^nbet  im 
Äampfe  gegen  biefelben  ben  Job. 

13.  .^ugbietrid)  »on  .Ronfiantinopcl 
gewinnt,  aU  SIRäbd)en  (^ilbegunt)  »er« 
fteibet,  bcä  Äönig«  2öalgunt  »on  ©alnede 
fd^öne  2;od)ter  |>ilbburg,  mit  ber  er  einen 
@ot)n  erjeugt.  2)iefer  wirb  ^eimlic^  auö« 
gefegt  unb  »on  Sffiölfen  »erfd)leppt;  »on 
einem  Jäger  gefunben ,  gelangt  et  an  bie 
(üiutter  unb  wirb  aSolfbietric^  genannt. 
Sßalgunt  willigt  jule^t  in  bie  Q,l)t  feinet 
2od)ter  mit  |ugbietrid^,  ber  2öeib  unb 
Äinb  {)eimplt. 

14.  SBolfbietric^,  bem  feine  Srüber, 
aU  einem  unechten  So^ne,  fein  Srbreic^ 
jireitig  mad)cn,  fud)t  baäfelbe  mit  ^ilfc 
feine«  getreuen  ÜWeijier«  33red)tung  unb 
ber  ®öt)ne  be«  tc^teren  ju  erfämpfen.  ^Sr 


^clianb  —  ^elm. 


283. 


mirb  buref)  3<i"^"  cnttücft  unb  feine 
getreuen  5Dienfimannen  muffen,  ju  Äonftan^ 
tinopel  auf  ber  Waucr  anaef^miebct, 
3üaä)t  ^aütn.  iBom  ßaut"«  befreit,  fucf)t 
er  auf  langen  3rrfaf)rten  ©eifianb  ju 
i^rer  (Sriöfung  unb  jur  (Erlangung  feinet 
©rbe«,  xoai  i^m  erfi  gelingt,  nad^bem  er 
alä  iRdd^er  beö  üon  ben  ßinbtt)ürmern  ge« 
töteten  Drtnit  bie  ^anb  feiner  SZBittre  unb 
mit  ibr  txii  ytäd)  ju  ßampartcn  gcwon« 
nen  ^a\. 

B.  Dtibelungenfrci^. 

Da^in  geboren  ber  bömcne  Siegfrieb, 
iai  Sßalt^avilieb,  baö  9'iibelungenlieb  unb 
bie  Älage,  worüber  man  bie  einjelnen 
«rtifel  fe^e. 

C.  |)egclingenf rei^. 

©iefer  ijl  einjig  burd)  ba^  ©ebic^t 
®ubrun  »ertreten. 

2BtIf)etm  ®rimm,  2>eutfc^e  gelben* 
fage;  Ubianb«  ©cbriften,  Sb.  t;®räie, 
I)ic  grofen  Sagenfreife  beä  SRittelatter^ ; 
SRa^mann,  S)ic  beutfc^c  ^ctbenfagc  unb 
i^rc  Heimat. 

§cHanb  §ei§t  bie  non  einem  unbefannten 
5Dicf)ter  in  altfddbftfc^er  ©pracbe  unb  jroar 
im  25erisma|  bc^  altgcrmanifc^en  gelben« 
liebet,  bem  aUiterierenben,  oerfafte  epöpöe 
»on  ®f)rij!u^,  bem  ^eilanb.  @ie  mürbe 
um  tai  ^ai)t  830,  nacb  einer  alten 
JRacbricbt  auf  ißcranlaffung  Äaifer  ßubmig 
bc^  frommen  gcbi(f)tet.  2)ie  jtarjiellung 
nähert  ftdb  berjenigen  ber  alten  $elben= 
gebicbtc;  ba^  93erbältni^  beö  ^eilanbe^  ju 
feinen  Sängern  ift  ha^  beö  ^Jürj^en  ju 
feinen  ©efolgöleuten,  unb  aucf)  fonji  madbt 
fid)  ber  2)ic^ter  feine  ©frupel  barauä, 
einjelne  üJiotioe  unb  ©egenjiänbe,  meiere 
ben  ©ac^fen  im  bibltfcf)en  ^luäbrudf  un* 
»erftänblidb  gewcfen  mären,  in  t>ai  ßic^t 
ber  gegenwärtigen  3upänbe  unb  93erf)ält* 
niffc  ju  eerfc^en. 

^cHetiartc.  ^taä)  SBatfemagel  ifi  bie 
hefinbarte,  helnbarte,  helbarte  „bie  |)elme 
jcrbauenbc  ©arte".  IRicbtiger  bemerft 
Wobt  ®rimm,  \}a^  ^clm  ober  ^alm  fo* 
t>iel  wie  Stiel  unb  helmbarte  fooiel  Wie 
©tielayt  bebeute.  S5ie  Jg)etlebartc  ijt  eine 
©treitajt,  bie  üon  SReitern  unb  ^u^üolf 
gebraudE)t  murbc.  6ie  ifi  jWar  eine  nicbt 
ritterliche  SBaffe,  bicnte  aber  üortrefflidb 
ju  ^ieb  unb  ©to§.  (SntmicEelt  bat  fie  ficb 
unftrcitig  auö  ber  alten  @treitayt  unb 
jWar  baburc^,  ba§  ber  Stiel  bebeutenb 
»erlängert,  bie  9ljt  (bie  99arte)  »erbreitert 


unb  fiatt  be^  abgefiumpften  ^aubel  eine 
Canäcnfpi^e  angefügt  murbc.  2)er  ®arte 
gegenüber  jic^t  ein  ^afen,  ber  jum  SReipen 
bient. 

2)ie  ^ellebarte  biefer  gorm  tritt  nac^s 
meiöbar  erfi  um  taii  3af)r  1300  auf  unb 
jwar  in  bem  ©ebic^te  Don  ßubmigä  ^reuj« 
fobrt,  mo  »on  ben  ^^^iefen  gcfagt  ifi: 
Sie  trugen  engestliche  wer,  Hellenbarten 
an  Stilen  langen  Beslagen,  daz  selbe  ir 
Stangen,  Vorne  scharf,  danoch  dar  in 
En  vir  ende  lange  nagele  sin ,  Gespitz 
alsam  crapen,  die  Heiden  tzur  erden 
rizzen;  sie  stalten  an  ir  grozen  mort, 
Die  Frisen  hie,  gräve  Burchart  dort. 
Qtuö  ber  auöfü^rlicben  Sefdbreibung  ber 
SBaffe  will  man  auf  bie  Dfieu^cit  be* 
®ebraudE)e^  betfelbcn  f^lie^en.  Die 
^eOebarte  f(i)eint  rafc^e  unb  allfeitigc 
Verbreitung  gefunbcn  ju  ^aben,  nac^bem 
bie  ©cbweijer  mit  berfelben  i^re  ^Jreibeit 
gegen  Dfierreid^  unb  9?urgunb  fo  tapfer 
ju  »erteibigen  ge»u§t.  2ßte  gcfürcbtet  fte 
einfi  mar,  fagt  beute  noc^  ein  franjöfifcf)c« 
©pricbwort:  Cela  rime  comme  hallebarde 
et  misericorde. 

§CÜcr,  mbb.  ber  hallaere,  haller,  häller« 
heller,  ifi,  mit  "Hnölaffung  beö  2öorte« 
Pfennig  fiatt  haier  pfening,  mittellat. 
denarins  Hallensis,  ein  ju  ©dbreäbif^* 
^atl  geprägter  Pfennig.  Die  ÜRünje  er* 
fc^cint  juerft  1228.  Jm  14.  unb  IS.Jabr* 
i)unbert  finbet  man  bäufig  bie  grö§tcn 
Summen  in  Maliern,  Scbitlingen  (furjcn 
ju  12,  ober  langen  ju  30  ©tücfen)  unb 
(Pfunben  ju  240  Stücfen  Roller  angefe^t. 
5Der  SSert  biefer  OJJünjc  mar  nacf)  ißcr* 
fcbiebenbcit  ber  ßnUn  unb  ber  SlJJünj« 
fiätten  t>erfd)ieben,  bo(i  gingen  meift  auf 
ben  «Pfennig  jcbeä  Drtcö  jmei  ^aüer,  ba* 
^cr  benn  aucb  ^atlcr  oft  mit  bem  ^elbling 
oermec^felt  mürbe. 

§elra.  3u  Sacitug'  3tit  tonnten  bie 
©ermanen  nocb  feine  Äopfbebedung.  Sar« 
baupt  fiürjtcn  fie  ftcf)  in  ben  Äampf, 
firäubtcn  babei  bie  ^aare  empor,  um  bem 
^einbe  recbt  fürcbterlid)  ju  erf(i)einen.  Den 
®ebraucf)  bcä  ^elmeö  lernten  fte  alfo  mof)l 
t»on  ben  SRömcrn.  Scbon  Diobor  fagt  oon 
ben  ©atlicrn,  ta^  fie  ebcrne  .^elme  trügen, 
mit  Römern  unb  ScbäbelEnocben  gefc^mücft. 
@ine  beliebte  J^clmjicrbe  ber  alten  Deut* 
f(^en  waren  bie  (Sberbilber,  ber  Jaliöman 
ber  Äämpfenben;  aucb  bie  Äopfbaut  ber 
5lucrocbfen,  bc^  ^irfcbeö  unb  ®Id)8  würben 
in  gleid^em  Sinne  benu^t.  Der  ^elm 
batte  oft  felbft  bie  ®efialt  eineö  (fber* 
fopfe^  unb  war  au«  Srj  gefertigt;  ^banebcn 


284 


^elrn. 


toai  aud)  bic  gcllfappe  nod)  uielfad^  in 
Oebraud^. 

3ene  ^eibnifd)cn  ©ber^elme  »urben 
aud)  Don  bcn  jum  ßfitificntum  bcfet)tten 
(Sad^fen  ün  Snglonb  fortgeführt ,  aller* 
bingd  nur  t>on  bcn  l)öt)eren  gül)rern  unb 
eornc^mcn  Äricgern.  3n'fi  ßycmplare  finb 
unferer  3«it  erhalten  geblieben.  2)aö  eine 
befielt  aui  Sifenrippen,  »eldic  firablcn* 
förmig  äum  ^opfwirbcl  emporjieigcn  unb 
bercn  ß^ifc^cnräumc  mit  fAmalen  (platten 
Don  .f>orn  ausgefüllt  njaren.  2)cr  anbere 
befielt  au«  treujWeiö  übereinanber  ge* 
bogcnen  Spangen,  meiere  bur«^  einen  um 
ben  Äopf  laufenben  iReif  jufammengcl)altcn 
würben.  iMuf  beiben  ©eiten  finben  fii) 
iJortfä^e  jum  "itnbcften  ber  SBangenbanber. 
2>iefer  ättjcite  .^clm  ijl  auä  (Srj  gemacht. 
^aä)  bem  a!Baltl)ariltcb  war  ein  foli^er 
^etm  auc^  mit  ^elmbüfc^en  ober  9lof« 
fdjrceifen  gejiert. 

S)ie  erfie  ^iftorifc^  jtc^er  nac^mciöbare 
gorm  credit  ber  $elm  (abb.  agif.  heim, 
oltn.  heim,  hialm,  got.  hilms)  erfi  in  ber 
jmeitcn  ^älfte  beä  IL  Jabr^unbertä.  2)a^ 
fpröbc  (Srj  i)at  bem  fd)miegfamcren  ©ifen« 
blec^  *pia^  gemacht,  iaü  anfänglich  in 
niebriger  dlocfenform  ©c^äbcl,  Stirn  unb 
Schläfen  bccft,  mdbrenb  unter  bemfelbcn 
bie  auä  SDtafcfcen  geftricfte  Äapuje  unb 
^aläbcrge  bie  SSerbinbung  mit  ber  Brünne 
^erfteüen.  2)aö  ®eficf)t  i(!  einjig  no(^  frei, 
wenn  aud)  eng  begrenzt;  ciii  ftarteö  ©tirn* 
banb  giebt  bem  ^utc  bic  nötige  iJeftigfeit, 
unb  ein  com  in  ber  iJJittc  fejlgenieteter 
SD^etaUpreifen  (Üiafcnfd^irm ,  9Jafcnbanb, 
nasale,  nasile)  gewahrte  ber  9?afc  ctmeld)en 
©c^u^.  S)iefcr  isenhuot  erfd)cint  balb 
aud^  met)r  fegeiförmig,  um  bie  2Buc^t  ber 
©treidle  ju  milbern,  bie  auf  bem  nä^er 
anliegenben  topfartigen  SBorgänger  immer 
no(^  empfinblicfee  ©ifd^ütterungen  Hi  ®e» 
l^irn^  t)erDorrufen  fonnten.  S^id^t  feiten 
ift  bie  6pi^€  beä  .Regelt  leicht  nac^  Dorn 
geneigt  unb  e«  tritt  neben  bem  Jlafcn= 
banb  aud)  ber  9iadenfc^irm  al«  ein  tt)ei= 
terer  Sejlanbteil  t>ti  ^elmc^  ^inju.  2)ie 
berühmte  Sapete  oon  Öaijeujr  (1066)  (leüt 
bie  meijlcn  Ärieger  in  bem  fonifdben  .^elm 
mit  ^iafenblatt,  aber  o^ne  SRacfcnfd^irm 
bar  unb  jeigt  beutlid^,  ta^  biefe  unbc* 
queme  Äopfbebcdung  erfi  im  3tugenblide 
beö  Äampfbeginncn«  aufgefegt  mürbe.  2)ic 
^lafcnplatte  De^  ®locfenl;elme^  erweitert 
ftc^  in  ber  golgejeit  in  ben  üöcrffiätten 
ber  rbeinifc^en  ÜBaffenfc^miebe  ju  üoll= 
fiänbigen  ©efic^töfd^irmen,  bie  nur  für  bie 
5ltmungd'  unb  @eftd)täorgane  bie  nötigen 


ventaille  (vintalha,  venteilen)  offen  Iic§en, 
wäl)rcnb  anbere  tai  Äettcngefled)t  unter 
bem  Äinn  berart  »erlängerten,  ia's  eä  über 
bic  ©tirnc  am  ^elm  fejigclnöpfi  Werben 
fonnte.  Sine  fol^c  SBoni^tung  bic§  bar- 
bier, barbel,  D'iocfe  anbere  oerlängertcn 
bcn  ©tirnteil  ber  .^apujc,  foba§  biefcr 
beliebig  ^inaufgcfcfelagen  unb  ^erabgelaffcn 
Werben  fonnte.  ®o  entfianb  ba^  härsenier. 
(Man  stroufte  im  ab  sin  härsenier."  ,,Sin 
härsenier  von  im  er  zoch,  des  twanc  in 
starkia  hitze.")  Unmittelbar  auf  bem 
,Ropfe  liegt  bie  lebcrne,  au^enberingtc 
|)irn^aube  (gupfe,  hübe,  hüetelin,  pat- 
wal)  alä  fd)ü^enbe  Unterlage,  fobag  ber 
Äopf  breifad)  gefd^ü|t  war,  burd^  biefe, 
burdi)  bie  Äapujc  bcä  hauberts  unb  enb» 
lidf)  burd^  ben  ^elm.  3"i-  Seit  ber  Äreuj* 
jüge  tritt  no^  eine  fd^Ieierartige  ^clm* 
becfe  l)inju,  wcld^e  bic  fprifd^cn  ©onnen- 
fira^len  abjut)alten  bejiimmt  war.  2)cnft 
man  ftd^  no^  bie  fd^wcrc  9trbeit  eincÄ 
fold)en  Äriegcr«  btnsu»  fo  ifi  wol  bic 
^i^c  be^  Äampfeä,  »on  ber  bic  Sänger 
fooicl  ju  melbcn  wiffcn,  genügfam  iUu» 
jiriert,  unb  begreift  man  wo^I,  ia^  ber 
^elm  nur  wät)renb  be^  Äampfc^  getragen 
würbe,  fonfiaber  am  Sattel  bing,  ja,  ba§ 
er  au^  in  ben  (Raufen  beö  ©efcd^tc^  ab? 
gelegt  würbe,  bamit  ber  Slräger  ber  ©c« 
fa^r  be^  ßrfiicfcn^  entgebe.  3)ic  Qucr= 
f(^ranjc,  ber  wagred^tc  i)urc^fd)nitt  für 
bie  Qlugen,  wirb  oft  burd)  eine  fenf redete, 
nafenartige  93crftärfung  gefrcujt. 

SJlebcnbcm  Jopf*  unb  ©lodcnfeclm 
fommt  bie  lei(^tere  unb  bequemere  fo« 
genannte  flcine  Äeffelfiaubc  in  ®cs 
braud),  welche  man  aU  eine  Erweiterung 
ber  ^irn^aube  ober  wenn  man  miß  alö 
eine  SScrfleincrung  bc^  alten  ®Iödfen!^clm^ 
bctract)tcn  fann.  Sie  mürbe  über  ber 
Äcttenfapujc  getragen  unb  war  mit  ber« 
felbcn  fogar  juweilen  unmittelbar  Der« 
bunben,  benn  fie  bilbetc  im  ®runbe  nur 
einen  ®rfa^  ber  ^irnliaube  unb  würbe 
aud^  nidt)t  abgenommen,  wenn  man  ben 
3;opfbcIm  auffegte,  oiclmc^r  fiülptc  man 
biefen  über  bic  Äeffcl^aube.  Q.i  bürftc 
um  bie  ÜJiittc  beö  13.  5fl6t^"tt^ci^t^  9^' 
wefen  fein,  ta^  man  barauf  fam,  an  biefcr 
Äeffel^aube  ein  SSificr  ju  befefiigcn,  wcl« 
dl)eö  bei  plö^lid^cu  gäUcn  ber  StotWc^r 
^crabgefd&lagen  werben  fonnte,  faBd  ber 
grof  e  2;opfl)ctm  nidf)t  jur  ^anb  war.  J)ie 
flcine  Äcffcl^aube  biefcr  ^orm  fanb  fe^r 
Diel  ©eifatl,  benn  fre  erlaubte  cö,  fxd^ 
in  jebem  Qlugenblidc  burdb  5luffd^lagcn 
beö  SBificr«  ßuft  unb  freie  Umftd^t  gu  gc* 


>5>ctmbrünnc. 


285 


jiatten  unb  fid)crtc  ben  Äriegcr  9tci(f)h)of)I 
auötücic^enb  gegen  ©daläge,  bie  naä)  ^aU 
unb  ©efic^t  geführt  würben,  ^^x  gröltet 
üla<^k{l  War  ber,  ta^  tai  Ijetniebcr^ 
gclaffenc  iBijter  aU  ein  rüffclartiger  iöors 
fprung  ben  feinbli^cn  ©c^Iag  Ieid)ter  auf= 
fing  aU  bie  Duale  unb  ^lä^en,  unb  fo^ 
mit,  wenn  au^  feine  93erwunbungen ,  fo 
bod)  l^eftige  ^irner[d)ütterungen  julic^. 
S)arum  fommt  mit  unb  neben  i^r  aud^ 
ber  cinfacf)e  (5ifenl)ut  auf,  gerunbct  unb 
fpi^,  o^ne  Sifter,  aber  mit  breitem  Sianb. 
35er  (gifen^ut  fd^ii^t  nur5lopf  unb  ©tirne, 
wäl)renb  bie  (S  i  f  e  n  f  a  p  p  e  cud)  mit  2ßan= 
genflappen  ober  bod)  öfter  mit  Dfirfierncn, 
©c^örrofen  »erfeben  war. 

3m  fpiitercn  SKittelalter  tritt  mit  bem 
QJIattenpanjer  bie  grofe  ober  ,f)od)gefegelte 
Äcffeitjaube,  beggelhftben  (!8ecfcn= 
^aubc)  auf,  bie  mit  ibrem  ißiftcr  iaü'  *}tnt= 
li^  »öüig  bedt,  aber  bie  i)Jad)tciIe  ber 
tieinen  teilte.  S)aneben  ifl  cö  ber  oben 
genannte  einfädle  ©ifenbut  unb  wieber 
ber  Jtopfljelm  in  r>erf^iebener  ©eftalt  unb 
unter  ben  S^iamen  ©tulpl;elm,  i)elmfa§, 
J?übeU;eIm,  ber  üorjügli^  im  ritterlid^en 
ßanjenfampfe  biente  unb  nod)  immer  über 
ber  einfachen  Äeffel^aube  getragen  würbe. 
Sr  befict)t  meifi  au«  brci  big  fünf  ju= 
fammengenieteten  8eberf[äd)en  ober  Sifen^ 
platten,  bereu  eine  bie  @d)eitelfc^ale  bilbet, 
bie  fic6  im  14.  3flf)i^^i'nbert  mef)r  nac^ 
ber  ^ö^e  Wölbte,  weil  fte  in  biefer  ^^orm 
ben  wud)tigen  ©d)lag  ber  ©treitfolben 
Weniger  empfinben  Ui§t,  aU  mit  ber 
ebenen  platte.  ®er  „grand  heaume", 
weld)er  anfangt  beö  14.  3al)rl;unbertö  in 
j^ranfreid)  unb  ©ngtanb  üblid)  war,  ijl 
fogar  na^eju  eiförmig  unb  überragt  ben 
@d)äbel  füfi  um  Äopfeöp^e.  @r  würbe 
meijl  in  Serbinbung  mit  ben  Qlc^felfd^ilben 
(ailettes)  getragen.  3n  S)eutfd)Ianb 
rcid)en  wä^renb  ber  erfien  ^dlftc  be^  14. 
Sa^r^unbertf^  bie  .5>clmfäfi'er  no^  nic^t 
auf  bie  ®d)ultern  f)erab;  balb  aber  »er* 
längern  ftc^  bie  ©eitenwdnbe  unb  jwar 
meifi  berart,  ta'^  ber  ^elm  auf  ben  5tc^feln 
aufft^t.  Qluf  Srufi  unb  «Rüden  wirb  er 
fcftgefd)nant.  SDie  Öffnung  für  bie  «Mugen 
beftc^t  entWeber  aus  jwei  6d)Ii^en,  bie  bi0= 
weilen  mitüHcffmg  eingefaßt  ftnb,  ober  auö 
einem  offenen  ©palt  (©et)fd)nitt)  swifd)en 
Äappe  unb  Äübel  (Dber=  unb  Unterteil). 
5ln  ber  ©eite  befinben  fi^  einige  fleine 
?uftlöd)er  unb  ein  freuäförmigere:infd)nitt 
äur  ©efefiigung  an  bie  ^al^fe^e.  25ie 
Sopfficlme  würben  balb  blanf,  balb  ticr= 
golbet,  balb  ^eralbifd)  bemalt  getragen. 


(Segen  (Sube  be«  14.  3iif"^^un^«it^ 
wirb  ber  2;opfl;clm  wieber  niebriger,  erhalt 
aber  ein  95ifier,  älmlicfe  ber  Ä'effcll)aube, 
weld)e«!  entweber  ÜJJunb  unb  Äinn  aücin 
ober  anä)  bie  5lugen  mit  bebedte.  6r 
bürgerte  ftd)  jcbod)  nie  vööig  ein,  't>a  er 
nic^t  mit  ber  TOafd)enfapuje  in  3u[iiwmen* 
^ang  gebrad)t  war,  unb  fo  würbe  er  benn 
balb  wieber  »erbrängt  burc^  ben  gefd)lof; 
fenen  Äübel,  ber  nun  enblid)  burc^  «Mb» 
plattung  beö  |)irnftüdeö  fowie  bur^  «Mue» 
fd)Weifung  bcö  ®eft(^töfd)u^c6  biejenige 
©efialt  erhält,  wcld)e  er  al^  ©tedj^elm 
biä  in^  16.  3al)r{)unbert  hinein  bewaf)rt. 
SDiefe  Ärötentopft)elme  entfprad)en  il^rem 
3wede  »ortrcfflic^.  ®cr  obere  Seil  folgt 
ber  natürlidjcn  SRunbung  bcö  Äopfeä,  ber 
untere  fd)liegt  frd)  bequem  bem  i>alfe  an 
unb  fteigt  über  Äel)lfopf,  Äinn  unb  «Jlafc, 
mit  einem  jlarf  üorfpringenben  ©rate  cm* 
por,  foba§  er  über  ber  ?iafe  weit  auä= 
labet.  25ie  ©e^fpaltc,  weld)e  ^orijontal 
über  biefem  iBorfprunge  liegt,  bietet  ber 
©pi^e  beö  feinblid)en  ©d)Werteö  ober  ber 
8anje  feinen  *)(nbalt;  bie  jurüdweid^cnben 
5lu§cnfeiten  laffen  ben  $icb  abgleiten; 
foUbe  platten  reid)en  auf  93ruft  unb 
JRüden  jum  Äürra§  l)erab  unb  gefiatten 
eö,  ben  |)elm  l)ier  feiijufd)naücn.  2lber 
biefe  ©d)u|waffe  war  fet)r  fc^wer  (18  bi^ 
20  ^funb)  unb  foftbar,  unb  fo  fommt 
e^,  i)a%  fie  al^  «grand  heaume  de  jonte" 
ober  „tilting  pot-helm"  mefjr  unb  mcbr 
bem  iurniere  anheimfällt,  wä^renb  fic  im 
gelbe  r>on  ber  gropen  J?effell)aube  unb 
bem  ©ifen^utc  nerbrängt  wirb. 

Sei  ber  Steiterei  fommt  an  ber  ©teile 
ber  erftcrcn  bie  fogenannte  ©c^ale 
(©(^aüer)  auf,  oben  naä)  bem  ©c^äbel 
geformt,  ^erabreid)enb  über  9'Jafe  unb 
ÜJiunb,  f)inten  mit  einem  großen  ytadm' 
fc^irme  ober  ©c^weif.  Die  unteren  ^ax- 
tieen  bc^  Äopfeö  würben  bur^  bie  Äinn» 
fappe  ober  Sartljaube  gefd)ü^t,  bie 
jugleid^  alö  ^lalöberge  biente  unb  om 
^arnifd)  fefigefd)raubt  werben  fonnte. 

25er  SBurgunber^elm  brachte  in 
feinen  35ariationen  tai  Sifter  ju  bcfon* 
berer  ©ntwidlung  unb  jicrte  ft*  mit 
aKern  möglichen  unb  unmöglidjen  ^^txat. 
©r  ifi  jcbod)  nic^t  beutfd)en  Urfprungs,  wcö* 
Wegen  wir  hier  ni(^t  nä{)er  auf  benfelben 
eintreten.  $auptfäd)lid)  nac^  3ät)n0,  ©e* 
fd)ic^te  be«t  5lricgäwefenS. 

.^elmfirünne    ober    ^elmf)aubc ,     auc^ 

SRingl;aubc   bie^  man  bie  SDkfdjcnfapuje, 

weld)e  teilö  ju  bcfferem  ©d)u|i,  teilä  jur 

Sßerminberung    bes    S)rude^    unter    bem 

19 


286 


^elmsietbc  —  ^cvr. 


^etm   getragen    itutbe.     ®ie   tvat  mciji 
mit  ßetniüanb  ober  ßcber  gefüttert. 

^Clmjicrbc,  zimier,  zimierde,  nannte 
man  ben  $eImfc[)mucE,  ber  befonber^  bem 
lurnier^elm  nid^t  festen  burftc  ©r  be* 
ftanb  entroeber  in  beliebig  geinä^Iten 
Figuren  unb  Emblemen,  ober  er  entfprad^ 
bem  aSappcnbitbe,  ba^  in  glei(^er  aBeife 
aud)  auf  bem  ©dbilbe,  bem  fflaffenrocf, 
ben  <PferbebecEen  unb  bem  ißanner  angc= 
bracht  Yoax.  ©olc^er  ©c^mucf  mad^t  ben 
Präger  beäfelben  fd)on  »on  ferne  fenntlic^. 
Sriftanä  ßimierbe  ijl  ein  *Pfeit,  Sffiigaloiä' 
ein  ^at,  ®a|muretä  ein  Qtnfer  ic.  ©a« 
neben  fommen  ^elmbuf*,  ^«^«f'uf«^  "nb 
^elmbecfe  üor,  n)cl(^  le^tere  auö  Suc^ 
bejlanb  unb  ftiie  ein  ÜJIäntelc^en  ^erabl)ing, 
balb  cinfad^,  balb  gefaltet,  batb  in  h)unber= 
liefen  formen  auögefc^nitten.  Sieben  ben 
2ßappcn  fommen  auc^  belaubte  S^^fiö^' 
*BogelfIügeI,  ^örncr,  5lier»  unb  ÜJienf(^en* 
föpfc  cor. 

^erolb  ijl  feit  bem  12.  Ja^rljunbert 
aus  bem  ebenfalls  erji  in  biefer  3£it  er= 
fc^einenben  franjöfifct)en  2Bort  heraut, 
herault,  in  ber  beutfcfjen  gorm  heralt 
ober  umgebeutet  aH  erhalt  überfe^t  njor* 
ben;  bas  franjöftfc^e  SBort  ge^t  aber  auf 
ein  altt)oct)beutfd^eö,  alä  QlppeUatit)  nicf)t 
me^r  nad)jutt)eifenbeö  a\)t.  hariowalt, 
^eerroalt,  ^eerbeamter  jurücE,  tai  nocf) 
im  (Eigennamen  Chariowaldus  erfd^eint; 
bic  fpateren  ©efialten  bcä  beutfc^en  SBortcö 
fmb  infolge  meiterer  Umbeutungötterfu(f)e 
©^rcn^olt,  (51)ren{)alt,  ^erolt,  ^eerliolt, 
alle  ju  ©unften  »om  |»erolb  eingegangen; 
boc^  flingt  herald  noc^  nac^b  in  ^eralbif, 
SBappcnfunbe,  unb  in  bcralbifd^.  aSelc^eö 
I)öl)cre  51mt  in  S3ejie^ung  auf  ba^  ^eer« 
wefen  ba^  beutfcbe  ®runbmort  urfprüng» 
lid^  beäeic^nct,  ifi  nic£)t  befannt;  bag  5lmt 
fclber  ober  unb  fein  9iame  mu|te  in  ben 
romanifc^en  ßdnbern  noc^  unnergeffen  fein, 
aU  man  feit  ber  5tuöbilbung  ber  ^Ritters 
fpiele  ben  Dtamen  auf  einen  Beamten  an^ 
wanbte,  ber  über  ben  regelreä;ten  J^crgang 
bei  jturnieren  unb  bie  9litterma^igfeit  ber 
baran  Jeilnelmenben  tk  51ufjiä)t  führte, 
unb  jtt)ar  nicf)t  früher,  at^  bi«  bei  ben 
furnieren  bie  ?ll)nenprobc  ber  Siit^er  unb 
bie  Sffiappenprobe  it)reö  ^lelmeö  unb  &)cf)ilbeö 
jur  ^auptfac^c  beö  ©pieleö  geworben 
tnar.  Ula6)  bem  14.  3f<^i-^U"^crt  er« 
f(i)eint  tai  51mt  cincä  ^erolb^  alö  bcrr=^ 
f^aftlic^eö  unb  faiferli^e«  naä)  f^unftion, 
Äteibung,  Qtttributen,  ßel)rjeit  auögebilbet, 
unb  ber  .^erolb  »virb  naä)  unb  nad^ 
Äenner    unb    SRic^ter    be^    SHittermä^igcn 


aud)  au§er[)alb  beö  Jurnierö;  jugleid^  ift 
er  al^  fürjitidier  Sote,  ißerfünbiger  unb 
*Huärufer,  namentlid)  bei  51ufäügen  unb 
im  Kriege  gegen  ben  fjeini)  Dertuenbet. 
S)er  ©taub  ber  ^§>erolbe  ift  ber  bürgerliche ; 
bod)  gereid^t  i^m  bie  Serü^rung  mit  bem 
fabrenben  Sängertum,  iai  jum  J^erolbe* 
amte  beigelaffcn  voirb,  ntd)t  ju  p^erem 
*2tnfc^en.  2)ie  93ermenbung  beä  ^erolb^ 
alg  Qluöfd)reier,  ßröffner  unb  93efd)liefer 
be§  alten  jDramaä  rül;rt  üon  SRofenblüt 
ber ,  ber  in  bes  dürfen  ^afinad^tfpiel  be« 
Surfen  SIBappentrager  unb  ^erolb  baju 
oertnenbete. 

93on  ben  i^erolben  ober  SBappenfun^ 
bigen  ge^t  eine  befonberc  Qlrt  poetifc^ec 
3eitgef(^id)tc  auö ,  bie  SBadcrnagel 
.'perolbäbic^tung  genannt  l)at;  fte 
entfielt  baburc^,  ia^  bie  üouiJürfien,  Ferren 
unb  ©tobten  angefieHten  ^erolbe  bie  Äunji 
beö  Surnieren^  unb  bic  93ilber  unb  färben 
ber  2ßappenfunfi  poetifdl)  betrieben;  mand)e 
biefer  S)id)tungen  I)aben  bie  ijorm  ber 
^cier  ober  Älagc  gleichzeitiger  «Perfonen 
cvlaud^ten  ©tanbcö.  ®  r  i  m  m  ,  ffiör« 
terbudE). 

fterr  ifi  bie  im  9.  3a^r^unbcrt  in 
fubfiantioifdbe  iBerttienbung  gefommene, 
f ontrai^ierte  Äomparatiuform  beä  Slbjef tiU'^ 
her,  nl)b.  l)ebr,  unb  lautet  a^b.  herero, 
heriro,  herro,  hero,  af)b.  herre,  herre, 
befonbcrji  in  ber  ?lnrcbe  her  unb  her  ge- 
fürjt.  2)iefeö  SBort  trat  an  bie  ©teile 
cinerfeit^  bc^  älteren  vro,  fro,  urfprünglidb 
üon  (Sott  unb  »üeltlii^en  Ferren  gebraucht 
unb  in  ber  mciblidf)en  ^orm  i^^^i^i-  '^^^■ 
frouwa  erl;altcn,  anbercrfeitö  beä  ai}i>. 
traktin,  ttjeldjeö  urfprünglic^  ben  $ö(^fi' 
gcfieüten,  ben  eigentlidl)en  ^errf($er  fenn= 
jeid)nete.  Qlnfänglid)  bebeutet  baä  alte 
heriro,  herro  junädl))^  nur  ben  f)ö^er  ®t' 
ftcütcn,  ben  iSefel)lcnben  gegenüber  bem 
Änedt)te.  3n  ber  ^öfifc^en  $eriobe  wirb 
herr  ber  ©tanbeäname  für  ben  5tbeligen, 
herr  Walther  von  der  Vogelweide,  herr 
Wolfram  von  Eschenbach,  herr  keiser, 
herr  künec,  her  Iweln,  her  Wirnt  von 
Grävernberc;  ber  unerwad^fene  ©obn 
l^ei^t  jnncherre,  3unfer.  S)er  perfönlid)en 
Unterorbnung  ber  SBafatten  unb  'JJlinijlc* 
rialen  gcmä§  unter  einen  Sebnö^errn 
wirb  bie  f^ovmel  herre  min  ober  min 
herre,  franj.  monsienr,  fe^r  t)äupg,  otme 
fidl),  wie  eä  in  ben  romanifd)cn  ßänbern 
unb  im  *Rieberlänbifdt)en  gefc^af),  bi«  in 
bie  (Segenwart  ju  behaupten.  3n  ben 
©täbten  ge^t  ber  ^amt  ^err  auf  bic 
jidbtifcl)e  Dbrtgfcit  über,  bie  regelmäßig 


^erjog  —  J^eyen  unb  ^eyenprojcffe. 


287 


mine  herren,  meine  herren  ^ci§t.  9Wit 
ber  ßdt  eerwifdjt  fic^  bicfc  ©tanbes« 
bcjeidbnung  unb  ber  9'iame  $err  fmft  ttwa 
feit  bcm  QSeginn  beö  17.  ^a^r^unbertö  ju 
einem  bloßen  ^öflid)fettäjeid&en  I)erab. 

^crjog,  a^b.  herizogo,  herzogo,  m^b. 
herzöge,  aui  aftb.  heri  ^eer  unb  einem 
»om  Slierb  jie{)en  abgeleiteten,  nur  in 
3ufammenfe^ungen  »orEommenben,  al)t). 
ber  zoho,  zogo;  alfo  urfprünglid)  „ber 
mit  bem  ^eer  auöjiel)t".  5Der  Urfprung 
ber  l^etjoglic^cn  SBürbe  i^ängt  mit  ber 
alten  Sitte  ber  3)eut[c^en  jufammen,  für 
bie  3fit  "^«^  Äriege^  einen  gcmeinfcf)aft= 
Iicf)en  ^eerfü:^rer  für  mehrere  öanbfd^aften 
ju  n)äl)ten.  ^m  fränfifd)en  SRcic^  ift  ber 
^erjog  ein  föniglid)er  Seamter  über 
met)rere  unter  itjm  üereinigte  ®aue,  bolb 
blo§  für  eine  gett>iffe  3eit,  balb  regelmäßig 
cor^anben,  bem  außer  feiner  militärifd^en 
©tetlung  aud^  anbete  ^unftionen  ber 
fiaatlid)en  ®cmalt  jufommen.  Unter  bem 
^etjoge  blieb  bie  gräffidje  ®ett)alt  ju 
9le(|t  bejlebenb,  bie  fid)  namentlid)  in  ber 
fieitung  bev  ®ericf)te  f,tia,U.  2)er  Umfang 
ber  Herzogtümer  umfaßte  einen  Äreiö  t>on 
brei  biö  jreölf  ®auen.  ^rü^  njurbc  bie 
äßebcutung  ber  -^erjoge  im  frdnfifdben 
9ieic^e  eine  felbfidnbige,  ftc  »nurben  bie 
Häupter  ber  (Stämme.  Urfprünglid)  öon 
ben  Königen  eingefe^t,  mürbe  it)re  ®emalt 
frü^  eine  in  bejlimmtcn  ®efci)Icditcrn  erb« 
iid^e,  mel^e  bie  Könige  anerfennen  mußten. 
2)aö  ®efe^  gemäl)rte  bem  Herjog  tiöbcre 
9led)te,  namentlich  ein  met)rfac^  gcPeigerteö 
2BergeIb.  ©r  ruft  tai  35oIf  ber  qSropinj 
ju  aögemeinen  35erfammlungen  jufammen. 
Unter  2}Jittt>irfung  be«  23olfeö  befieüt  er 
bie  3tid)tcr ,  »ielteid)t  ^at  er  felbfi  bie 
®rafen  ernannt,  ißefonber^  in5llamannien, 
S^üringen  unb  ©apern  mürbe  bie  ®emalt 
be^  H6tJ''S^  inner[)alb  feinet  Serritoriumö 
eine  faji  felbj^änbigc  Aar!  ber  ®roße 
brad)  bie  ®emalt  biefer  bem  ©cfamtreic^e 
t)erberblid)en  ©emaltcn,  unb  ließ  feine 
neuen  H^^jöge  auffommen.  Seim  QnfaU 
ber  farolingifd^en  SÖionard^ie  famen  aber 
infolge  ber  mieber  junc^menben  Sßcbeutung 
ber  eingelnen  ©tämme  oon  neuem  H^i^jöge 
auf,  juerjl  bei  ben  @ad)fen,  bann  in 
Sarjern,  91lamannien,  %xanhn  unb  öot^rin« 
gen.  2)ic  mit  ber  tierjoglic^en  SBürbe 
üetliebene  ©emalt  mar  fel)r  umfaf^enb. 
I)er  H^Tjog  fianb  bem  Äriegöroefen  in 
feiner  ^rotinj  cor,  ctUeß  tati  Qlufgebot 
unb  rüdte  an  ber  ®pi^c  feineö  ^tmi  in^ 
Selb;  JU  feinem  ^mt  gehörten  bie  ©tärfung 
bee   iRed)teö   unb   beö    öanbfriebcnei,   t)ie 


©orgfalt  für  bie  gemeine  ©i^er^eit  unb 
bie  §örberung  ber  ßanbeämol)tfa^rt.  (Er 
übte  bie  ^o^^it  über  bie  it)m  untergebenen 
93ifd^öfe,  iDJatfgrafcn,  ®rafen  unb  H^i^i^^"' 
entbot  fte  ju  feinen  Hoftafl^n»  li^lt  mit 
i^nen  ®eri4)te.  Sui"  H^^jogtum  gel;ötten 
jat)lreid^e  Safatten,  aug  beö  H^i^jogg  ^""b 
mit  SReic^^gütern  beletint  unb  i^m  burd& 
bie  Sanbc  ber  ßebenstreue  iievbunbcn.  @o 
traten  bie  Herjöge  fajl  mit  einem  föntg« 
Ud^en  iMnfe^en  auf  unb  nannten  fi(^  früb 
Herjöge  pon  ®otteö  ®naben.  2tuc^  bai 
Qimt  biefer  nad)farolingifd)en  ^tx^ö^t, 
urfprüngticfe  oom  Äaifer  eingefe^t,  mürbe 
mit  ber  3^*^  ein  erblid)eö.  93ei  ben 
@ad)fen  mar  bie  Sßererbung  Don  5lnfang 
an  ®emobnt)eit;  unrubige  3>!iten  braci^ten 
jeboc^  nod)  man<^crlei  a[öed)fel  unb  e» 
gelang  ben  Äaifern  nod)  fpät,  wegen  ber 
25erle|ung  ber  QJflic^ten  gegen  iai  SRcid^ 
ein  H«Jogtum  ju  entjieften.  Die  fernere 
(Sntmidlung  ber  f)erjogIic^en  ©emalt  wirb 
baburc^  befiimmt,  ta^  üon  unten  herauf, 
»on  ben  Sifc^öfen,  <PfaIjgrafen,  TlaxU 
grafen,  ®vafen  unb  H«tcn,  eine  9leaftton 
gegen  bie  bcrjoglic^c  ®emalt  auffommt, 
inbcm  biefe  fleinen  ®emalten  bie  berjog« 
liefen  dit<i)k  felber  ju  ermerben  jtd^  be« 
mü^cn.  2>iefeö  gelang  in  mannigfad^et 
aßeife,  unb  feit  bem  ®nbe  beö  12.  ^abn 
^unbertö  teilten  ftd^  infolge  ba»on  bie 
meltlic^en  unb  geijilid^cn  ®roßen  in  jmci 
Hauptflaffen,  in  biejenigen,  meldte  bie 
^e($tc  bcö  Hct^äos^u"^^  /  "^it  ober  o^ne 
biefen  DIamcn,  befaßen  unb  baburc^  bem 
SReid^e  unmittelbar  »erbunben  maren,  unb 
in  biejenigen,  mobei  jeneö  nid)t  ber  ^att 
mar.  3m  13.  3a|rf)unbert  bießen  jene 
j^ürjien,  biefe  H«itfn- 

§cfcn  unb  ^efcttprojcffc.  S)a^  2Bort 
Heye  ifi  al;b.  hagazussa,  üerfürjt  häzns. 
häzis,  häzes,  häzissa,  m^b.  hecse,  hexse, 
hesse;  eä  ifi  jebenfaü^  ein  Äompofitum, 
beffen  erfter  leil  hag  i|i  in  ber  Sebeutung 
ßanbgut,  ^elb  unb  glur;  ber  jmeite  Jeil, 
nodt)  nid)t  genau  nac^gemiefen,  mirb  im 
®rimmf^en  3Börtcrbud^e  mit  bie  ©  *  ä  = 
bigenbe  erflärt,  Heye  alfo  alä  bie  ben 
Hag  fdt)äbigenbe. 

S5er  Urfprung  ber  ^tfm  liegt  in  ben 
«Prieflerinnen  unb  ben  weifen  2Beibern 
ber  alten  ®ermanen,  grauen,  bie,  obgleidö 
feine  eigentli^en  »Priefterinnen,  jtd^  ror- 
jugöweife  ber  Söeiöfagung  mibmeten,  unb 
im  l)?orben  al^  völur,  späkonur,  spädisir 
bcfannt  jtnb.  @ie  baben  i^ren  göttUdben 
Hintergrunb  an  ben  SR  o  r  n  e  n ,  meldte 
biiT*  bie  Sermebrung  ibrer  3i6l  aUgemad^ 
19* 


288 


^eyjn  unb  ^cycnprojcife. 


ii)xt  SBebcutung  cinbü§tcn  unb  fxä)  ber 
©tcllung  wei^fagenber  SDlenfc^enfrauen 
näherten;  ni(^t  minbcr  betü^ren  jtc  jtc^ 
mit  bcn  2öalfürcn.  35ag  crfie  unb  ättcjle 
(Ebbalicb,  Völuspä,  b.  i).  ber  SBala 
SBciöfagung,  legt  einer  «Seherin  bie  a3cr= 
fünbigung  beä  2Bettgefd^icEeö  in  ben  2JJunb; 
^c  jie^t  im  ßanbe  I)erum,  meiöfagenb,  mit 
3auberfprü(^en  certraut  unb  auf  ßawbtx' 
Wixi  geübt.  3n  anberen  Duellen  »erben 
bie  2BaIen  »on  ben  ©laubigen  eingelaben, 
i^nen  über  hai  ßeben,  über  t>a%  ©ebei^en 
ber  ^Jelbfrüc^tc  im  nä(i^jien  ^ai)xt  unb 
über  anbercö  ju  »eisfagen.  SReifi  »on 
einem  ©efolge  umgeben,  im  ßanbc  bcrum 
wanbernb,  iji  bie  weife  ^^rau  bei  ben 
^erbjigajiercien  ein  »iHfommener  ®aji, 
ber  in  ber  dlaijt  ben  S^iu^fi^  f'ti'^t  unb 
»om  öierbeinigen  @d)emel  ^erab  i^re 
äßei^fagungen  »erfünbet.  2)er  ©  e  i  b  b , 
ber  jur  5luöübung  ber  ©e^erfunji  uner* 
lä^lid)  fcbeint,  muf  ein  ®  o  b  au^  allerlei 
jauberfräftigen  I)ingen  gemcfcn  fein,  ber 
unter  |)erfagen  »on  ©pruc^  unb  Sieb  be* 
reitet  würbe.  9Iu8  bem  SBaüen  beö 
gßafferö,  bem  Äräufeln  ber  Sut^'Jten  in 
ber  ^i|e,  »ieKcic^t  au^  bem  Sßobenfa^e 
lai  bie  grau  bie  3ufunft.  2)cr  ©eib|, 
ben  au(^  ÜJiänncr  trieben,  gab  SDlad)t 
über  9D'?enf(^en,  Siere  unb  ÜBetter.  ©eine 
Sßirfung  war  nad^  ber  3Waffe,  bie  in  ben 
Äeffel  fam,  »erfcbieben.  S5ic  ©inne^art 
ber  SWenfc^en  fonntc  »erünbert,  ^a^  ober 
Siebe  i^m  eingeflößt  werben;  langfame^ 
^inftcc^en,  SBerfe^ung  au^  ber  iJerne  in 
bie  ytä^t,  jum  Seil  urplö^lic^,  jum  Icil 
burd)  unenblic^e  ©ebnfud^t,  welche  bcn 
fernen  trieb;  aSerjauberung  auf  bo^e, 
unäugcingUcf)e  Orte,  (Srjeugung  uon©turm, 
Unwetter  unb  ÜRifwacf)ä  fcf)rieb  man  bem 
©eibb  ju.  ?luc^  Teilung  ber  Äranfbeiten 
lag  in  ber  ^anb  ber  *priejierinnen  unb 
weifen  grauen ;  benn  bie  Teilung  war  ein 
Opferbienjl,  ber  je  nad)  bem  ßeiben  biefer 
ober  fener  ©ott^eit  gewibmet  war;  bie 
grauenfranf  leiten,  namentU^  bie®eburten, 
ftanbcn  unter  grepa^  Tlaä)t,  iffiunben 
würben  ben  ©c^Ia^tcngöttern  anempfohlen. 
2)ie  beliebteren  |>eilmittct  ftnb  ©prüd)e, 
©egen,  ©tabe  mit  SRunen  beriet,  STränfe 
auä  Kräutern,  ©alben  unb  ^ppaficr. 

5)cm  Sbnfientum  crwuc^ö  in  bem 
©tanbc  ber  ißriefterinnen  unb  ber  weifen 
grauen  eine  unerbittlid)e  ©cgnerfd^aft, 
jumal  i>a  ber  neue  ©laube  unb  Äutt  be= 
fonbers  au«  bem  Orient  93ejiimmungen 
cntbielt,  welcf)e  bie  ^eiligfeit  ber  grau 
seriellen;  namentlid)  war  fefigefe^t,  ha^ 


fxä)  feine  grau  bem  5tltare  nähern  unb 
feinen  nocb  fo  auf eren  ©ienft  an  il^m  unb 
für  if)n  befolgen  burftc;  beim  5tbenbmate 
burften  bie  2öeiber  aU  unreine  2Befen  bie 
^ofiie  nur  mit  bem  ©cf)Ieier  anfaffen,  um 
jte  in  ben  äWunb  ju  jiedcn.  @o  Idf  t  fäd^ 
begreifen,  bat  i»i£  bcutfcbcn  grauen  ftd^ 
jc^t  gern  ben  fe^erifdben  ©eften  anf(^Ioffen 
unb  |ier  für  i^re  Steigung  jur  3nnerlid^s 
feit,  jum  ©e^eimniöooHen  unb  ©otteö* 
bienjilic^cn  me^r  SBefriebigung  fanben  aU 
in  ber  {)errfd^enben  Äir^e,  welche  nun 
gegen  bai  ^lefenwefcn  einen  mcl« 
^unbcrtjäbrigen  ^ampf  führen  ju  muffen 
meinte. 

2)cr  aSewei^  bafür,  ia^  bie  ©runb* 
lagen  beö  ^eyenwefenö  wirflic^  au«  bem 
germanifc^en  Qlltertum  jiammen,  liegt  in 
folgenben  3Ü9«n-  2öaö  bei  bcn  -^eyen 
bie  S^u^fi^^i  ^Pf  ^P  ni(J)t^  anbereö  ali 
iai  einfi  eblerc  unb  reinere  Qlmt  bet 
Sßei^fagung;  namentlich  ifi  ba^33efd^wörcn, 
SBejtngcn,  SBcfpred^en,  ©erufen  unb  ©egnen 
ber  ^cyen  fd)on  ben  weifen  grauen  eigen 
gcwefen.  ©o  erfc^eint  in  ben  Sßcrfäcugen 
ber  |)cyen  hai  alte  Dpfcrgerät:  ber  Äeffcl, 
in  bem  fie  ben  Sou^fi  fteben,  iji  ber 
Opfers  unb  ©eibbfeffcl;  ber  Zan^  ber  .^lefett 
bei  t^ren  ücrmeintlic^en  95erfammlungen 
ma^nt  fowobi  an  bie  Sänjc  ber  ©Ibinnen 
auf  ^ügeln  unb  SBiefcn,  Wie  an  ben  Zani 
ber  ^riePerinncn ;  bie  Söerbinbung  ber 
©Otter  mit  i^rcn  Wienerinnen  würbe  jum 
Sunbe  ber  ^cfcn  mit  ben  Seufeln.  2)et 
SGßetter=  unb  ßiebeöjauber  ber  |)Cfcn  er* 
innert  an  ^xi\)a;  ebenfo  bie  SBerwanblung 
ber  liefen  in  Äa^en,  wet(^e  berfelben 
©öttin  geheiligt  waren ;  bie  iBerwanblung 
in  ©änfe  bringt  bie  ^eyen  ben  ©c^wan* 
Jungfrauen  nabe,  ben  SBatfüren,  benen  auä) 
tai  gliegen  burd^  bie  fiuft  angehört;  bie 
fpäter  erwähnten  SOiittel,  iai  gliegcn  ju 
ermöglichen,  ©alben  unb  anbereö,  finb 
jüngeren  3)atumg,  alt  bagegen  bie  fRaä)' 
rid^t,  bap  bie  ^cyen  auf  Stoffen  burd^  bie 
ßuft  reiten  unb  ia^  fte  ber  leufel, 
SIßuotan  iji  gemeint,  in  feinem  üßantet 
burc^  bie  ßuft  fü^re.  5Dcr  Sefen  ^e^t 
JU  2)onar  unb  ffiuotan  in  «öejieiung;  er 
iji  junäcf)ji  ein  Sßilb  be8  auöeinanbers 
faf;renbcn,  bie  ßuft  ober  bcn  i^immel  »er« 
einigcnbcn  Sli^eö,  in  SSerbinbung  mit 
bcn  oft  befenartig  erfd^eincnbcn  ©türm* 
Wolfen,  bie  ben  |iimmel  fegen.  5Die  am 
aCßalpurgiötagc  aufgeri(^teten  ÜJlaibäume 
Waren  urfprünglic^  grüne,  nac^  oben  ge* 
rii^tete  Sefen,  unb  eö  iji  wabrfd^einlic^, 
ta^    bie    im    2)icnjie   ®onarö    jicbenben 


^cyen  unb  ^ejenpiojeffe. 


289 


«Ptteficrinncn  meiji  Q3efcn  getragen  ^aben. 
2)ie  SScrwanbtung  bcr  ^»cyen  in  S^mctteti 
linge  unb  5Ii«(<fn  erinnert  an  i^re  ©Iben« 
fRatur,  tai  SBerbergen  in  ©tro^^alme  unb 
J^cbern  an  ben  ©d^ttian  unb  an  eine 
gelbgottf)eit;  bie  [c^Iimme  ©innjirfung  ber 
^eycn  auf  bic  Äüt)c  jicf)t  im  Sufiniitt^n« 
l^ange  mit  bcr  Auf;  al^  bem  ®t)mboI  ber 
^rud^tbarfeit  unb  it)rem  SSejuge  mit  ben 
clbifc^en  ©cifiern.  5tuc^  im  ©efolge  be^ 
milben  3«öei^ö  fintd  man  fte.  ^U  3eiten 
finb  ben  ..^^cyen  bic  beiligcn  unb  ©eridbtäs 
jeiten  eingeräumt,  Djlern  ober  9Dtai,  9Wit= 
fommer  unb  ^-»crbp:.  5Der  93orraurf,  'i^a^ 
fu  $ferbefIeifA  genie§en,  erinnert  an  bie 
alten  DpferfdE)maufc. 

©($on  frül;  mürben  bei  ben  d^rijiiani« 
fierten  beutfcfjen  Stammen  93efiimmungen 
gegen  Sceintriidbtigung  beö  Sebenä  burc^ 
&ift  ober  ge{)cime  Äünfie  getroffen;  au^ 
mirb  fd^on  einer  ^eycnoerfolgung  im 
großen  unter  ben  ü)?erott)ingern  ermähnt. 
3)er  Iongobarbif(i)e  Äönig  Diottjar  unb 
Äarl  ber  ®ro§e  eiferten  gegen  ben  §eyens 
aberglaubcn  unb  bebrobtcn  bicjenigen  mit 
f(ä)tt)eren  ©trafen,  mcld)e  ft^  gegen  einen 
foldjen  »ermeintlicEjen  23erbred)er  oergeben; 
bocf)  liegen  namentlid)  bie  ©cifilic^en  üon 
ibrer  ^efenoerfolgung^fucbt  nic^t  ah. 
3um  2;eil  uned&te  Äonjilienbefc^Iüffe  be§ 
4.  Sab^bun^ett^  fomie  bie  bem  Qlugufiin 
gugcfcbriebene  ©(fbrift  de  spiritu  et  anima 
gaben  bie  (Srunblage  für  neue  tir^Ii^e 
^epimmungcn,  meldte,  uon  ber  meItUct)en 
Tlaä)t  bcfiätigt  unb  angenommen,  jur 
Verfolgung  ader  QIrten  fogcnannten 
Sauber^  bleuten.  Diodb  ip  aber  bcr  Scufcl 
nicbt  bcrbeigerufen;  crjl  bie  5nquifttoren 
beö  13.  3abr[;unbcrtö  mußten  ibn  hm 
armen  .^efen  ju  »crmablen  unb  erbauten 
auä  ben  fe^erifcben  SDJcinungcn  früberer 
unb  ber  eigenen  3fit  eine  nötlige  Seufclö« 
lebrc.  ©abei  mar  ber  oolEötümlic^e 
(Slaube,  ber  fid)  an  bie  fingen  grauen 
fnüpftc,  cigentlidb  Diebenfacbe.  3)ie  ©uüc 
Summis  desiderantes  bcö  ^apfie^ 
Snnojcnä  Vni.  ijom  5.  ©cjcmber  1484 
gab  fd)Iie^Iid)  bie  ßofung,  bie  feit  etma 
1450  in  ^yranfreid)  begonnenen  ^leycn- 
projeffe  atigemein  ju  öerbreiten.  3n  biefer 
SButlc  mürben  bie  für  2)cutfd)Ianb  befteHten 
Äe^erridbter,  bie  ©ominifaner  ^cinrid) 
5  n  jt  i  t  0  r  (Äramer)  unb  3  a  f  o  b 
®  p  r  e  n  g  e  r ,  *profefforcn  bcr  Sbcologi«. 
beauftragt,  mit  aüem  (gifcr  aud)  jene 
Sauberer  ju  »erfolgen.  93eibe  unterzogen 
ftdb  il)reä  ^luftragce  auf^  eifrigfte,  fcbricbcn 
auc^   mit  Qtpprobation   bcr   tbeoIogtfd)en 


JJaf ultat  ju Äötn  ben  berücb tigten M a II e u s 
maleficarum  ober  ^eycnbammer, 
1489  erfdbienen,  in  meld^em  bie  Sebrc  oom 
3auberbunbe  mit  bem  leufel  meitläuftg 
auöeinanbergcfe|t,  ibre  iRealitdt  bemiefen, 
mit  einer  DWaffe  iSeifpiele  belegt  unb  um= 
ftänblidb  gejeigt  mirb,  mie  meltlid)e  unb 
geijili^e  9{iä)ter  gegen  bie  ^eyen  oer^ 
fahren  muffen. 

S!J?an  »ermutet,  ta^  ti  nic^t  bto§  ber 
95erfoIgung«mat)n  unb  bie  Jeufelöbogmati! 
ber  Äir^e,  »erbunben  mit  ber  mei^ 
fd)Ie(^ten  fittlic^en  Sebenäfübrung  ber  ciU 
lieyen  angesagten  SBeiber,  unb  ber  SRetbobe 
beö  ^rojeffuiereng  gemefen  feien,  maä  bie 
ja^llofcn  ^eyengefiänbniffe  ermögtidbt, 
fonbern  jugleid)  ber  @influ§  einee  nat* 
fotifd)en  Wittel^.  Sei  allen  $eyengefcbid)ten 
ging  ber  ^ejenfabrt  eine  Einreibung  mit 
einer  ^eyenfalbe  »orauä  unb  oft  ifi  »on 
einem  ^eyentranf  bie  9tebe.  S)ie  3"' 
fammenfe^ung  ber  ®albe  i)l  nic^t  genau 
befannt;  SBilfenfraut  mirb  babei  genannt, 
unb  mabrfd)einlid)  mar  auc^  ÜJtanbragora 
unb  ©te^apfel  babei;  ber  le^tere  foH  crji 
bur(^  bie  SiSfU"^"^  ^^  Einfang  ixi 
15. 3a:^rl)unbert^  nac^  2)eutfd^Ianb  gelangt 
unb  fd)nett  »erbreitet  morben  fein,  ber 
®enu^  biefer  ^flanäc  erjcugt  aber  t>a^ 
®efübl  bc«  gliegenö  unb,  äbniid)  bem 
Dpium  unb  bem  ^afd)ifdb,  abenteuerlidbe 
(Sinbilbungen  mie  »on  fleinen  fc^marjcn 
Sicren. 

gaft  überall  lautete  ia^  ©ej^änbniä 
ber  ali  |>eyen  angcflagten  SJBeibcr  gleich; 
ber  Seufel,  i}k^  eö,  fei  unter  ber  ®efialt 
eineä  anjiänbigen  SWanneö,  eines  3"^iEer«, 
Dieiter^,  Jägern,  93ürgcr^,  unb  unter  »er= 
fd^iebcnen  9'lamen:  SoUanb ,  geberlin, 
geberbann^,  fölauö,  ^ölbcrlein,  $eterlein, 
Q)appcrlen,  3"*cr,  Äafperle,  ©raBle, 
Kämmerlein,  Äreutle  u.  f.  m.  ju  ibnen 
gefommen;  am  6nbe  I)(itten  fte  it)n  aber 
immer  an  feinen  Sod^füfen  erfannt.  Sr 
babe  oerfprod)en,  ibnen  in  ibren  Sebräng* 
niffcn  beijuficben,  ibnen  aucb  ®elb  gegeben 
(tai  frd)  aber  meiftenä  in  ©gerben  ober 
S5ung  »ermanbclt)  unb  fte  mit  glatten 
Söovtcn  JU  einem  Sünbniffe  mit  ibm  »er* 
fübrt.  ©ie  bätten  ftd)  ibm  ganj  ^inge* 
geben,  ®ott  gelagert  unb  i^m  abgefagt, 
bem  ieufcl  gcbient  unb  ibm  »crfprod)en, 
SOienf(^cn  unb  üeren  möglid))i  ©dbaben 
jujufügcn.  ©ic  babcu  3"^w^nifnfünfte 
mit  bem  2eufcl  unD  anbeten  -^cren  unb 
3aubercrn  bei  9lad»t  auf  bena(^barten 
iöergen  ober  in  ©ditöffcrn,  auf  Reiben, 
im.  atatbauä   unb  im  SRatöfetler  gefeiert' 


290 


^ieronpmiten  —  ^ilbebranbalitb. 


bort  gcfd^maufi  (in  ttx  SRegcI  o^ne  ®qIj 
imb  Sßrot),  gctanjt  unb  aüctici  Unfug  ge» 
trieben ,  ju  biefen  gefien  [cien  fte  auf 
Dfcngabeln  ober  ißefcnflielcn  ober  auf 
einem  fc^marjen  Sode  ober  auf  (Pferben 
burcE)  bie  Öuft  geritten  mit'  ^ilfc  einer 
|»eyenfatbe,  mit  ber  fte  ft^  ober  bie  ®abel 
bepric^en.  Der  Seufel  ()abc  ibnen  auc^ 
gelehrt,  !DJenfc£)cn  unb  iBie^  bur^  SSe- 
rü^rung  ^ranff)eiten  anjupngen,  ©ettjitter 
unb  Sffiinb  ju  mad)en  unb  i^nen  ein  ^uU 
fer  gegeben,  mit  bem  jie  frcmbe  gelber 
rerberben  fönnten. 

35en  Umj^anb,  ta^  erfi  gegen  6nbe  be« 
15.  2<if"^^unbertö  bie  |)efcnprojejfe  in 
(Bang  famcn ,  tuäbrenb  bo^  ber  bem 
.«Öerenn.iefcn  ju  ©runbc  liegenbe  Qtberglaubc 
uralt  iji  unb  nie  aufgeprt  tjatte,  erflärt 
2B achter  Dorne§mIi(|  barquä,  ia^  in 
biefcr  ^dt  eine  tt)efentli{^e  Ünberung  im 
Vroäeffuatifc^cn  ©erfahren  unb  Semeiä-- 
fpftem  eintrat.  2)amalä  fingen  bie  ®e= 
ri(f)te  an,  jum  Seil  auf  faiferlii^e  ^riwis 
Icgien  gefiü^t  unb  nai^  bem  *Borgange 
ber  geifilicSen  ©eric^te,  ta^  alte,  rein 
formelle,  auf  bem  ©ib  unb  ben  6ibeöbel= 
fern  berut)enbe  SenjeisfpPem  ju  uerlaffen 
unb  aüeö  oom  Oeftänbniffe  ber  Qtnge^ 
fd^utbigten  abhängig  i\u  ma(^en  unb  bie* 
feö  auf  alle  2Beife  t)erbeiäufü^ren  fuc^en. 
'lllö  2JJittet  ^icrju  »urbe,  »ieber  nad^  bem 
Vorgänge  ber  geifttid)en  ®erid)te  unb  ber 
italienifc^en  $raji^  unb  ^oftrin,  fon  ber 
beutfd)en  2Biffenfc|aft  unb  *Prafi3  jur 
Wolter  gegriffen.  I)a^  SöcmciöDerfaijren 
im  Äriminalprojeffc  mar  nun  lebiglicb 
auf  BfUflf»  un^  auf  ©efiänbni^  bes 
'llngefcfiulbigten  gebaut  unb  t>ai  ÜJJittel, 
i'ai  le^tere  ^lerbeijufü^ren,  mar  bie  goltcr. 
®ie  SDBirfung  ber  5''ltf'^  mürbe  baburcf) 
uerfiärft,  ta^  man  bei  ben  ^eyenprojeffen 
uon  ben  bejiclienben  ©runbfä^en  aus« 
brüdlic^  abfiraf)ierte ,  nad)  melcf)en  ber 
'Itngefdiulbigte  freigefprocf)en  merben  foUtc, 
menn  er  bie  einmal  angemanbte  J^oltcr 
überPanb  unb  nicJ)t  nad^^er  neue  felbf}än= 
bige  fc^mere  2}erbacf)tögrünbe  an  ben 
lag  famcn;  bem  entgegen  erfanb  man 
bie  (Gattung  beö  deÜcta  excepta,  bei 
meieren  ber  !Rid)ter  bie  bcfd)Tänfenben 
•ßorfdjriften  ber  ®efe|c  übertreten 
bürfe  unb  unter  tt)el<^en  namentlid)  bie 
ber  ^eyerei  5lngefc^ulbigten  famen.  Die 
ecf)merjen,  meldte  bie  Wolter  t^erPorricf, 
waren  aber  fo  entfe^lic^,  t)a^  ber  ®efol= 
tertc  atlcö  auäfagte  unb  auf  ftd)  nai)m, 
rcaö  ber  iKic^ter  nur  münfd^te.  Tlan  be* 
gann  bie  Jolter  ober  bie  peinlid^c  %xa%i 


meifi  mit  bem  Daum enji od;  ^alf  biefer 
nidf)t,  fo  nabm  man  bie  Seinfd^rau* 
ben  ober  ben  fpanifd^cn  Stiefel; 
ber  näd)fie  ®rab  mar  ber  3 "9'  ^""^ 
Gypcnfion  ober  ©leoation  genannt;  enb« 
lid^  nabm  man  brennenben  'Sc^mefel  ober 
brennenbe«  fPed)  ju  ^ilfe,  baä  man  auf 
ben  nadten  Körper  träufelte,  ober  man 
t)ielt  ben  5lngefd^ulbigten  brcnnenbe  8i^* 
ter  unter  bie  5lrme  ober  unter  bie  guß* 
fol)len.  511^  bäufiger  ißerbad^tögrunb 
galt:  im  ©erudbc  ber  |)eyevei  fielen,  moju 
e^  oft  blo§  äu^erlid&er  ßeibeägcbredben  be* 
burfte;  meitere  Sn^isi^"  maren  %^\ii)t, 
anberen  beigebra(^ter  Schaben,  audf)  menn 
blo§  ein  Qlnmünf^cn  be<^  Söfen,  ober 
eine  Serü^rung  oorfierging,  menn  hk  iperfon 
anberen  nid)t  offen  in  bie  5lugen  fc^en 
fann,  menn  fie  lange  in  ben  Za%  hinein 
f^ldft,  mitterna^tö  com  ^^a\i\i  abmefenb 
ijl,  SBunben  ober  «Striemen  am  ßeibe  i)ax, 
moDon  man  bie  Urfad)e  nidbt  fennt,  menn 
jentanb  auö  freien  ©lüden  ^eyen  ners 
teibigt  unb  bebauptet,  maü  man  oon 
ibnen  fage,  fei  2;bor^eit.  2)aö  gefäf)rli^ft« 
3nbicium  mar  aber  bie  5lngabe  t>on  ®e* 
noffinnen  »on  feiten  gefolterter  ^eyen. 

Unter  biejenigen,  meiere  gegen  ben 
.^eyenglauben  unb  bie  ^rojejfe  auftreten, 
ä(il)len  namentlid^  ber  S^fuit  unb  2)idt)ter 
griebrid)  oon  Spce,  beffen  Cautio 
criminalis  im  ^ai)Xi  1631  erf(^icn,  bann 
ber  reformierte  $rebiger  ;;u  Qlmjicrbam 
Salti;.  Keffer  unb  Slirijiian  Zi)o* 
mafiuö  bur^  feine  „5ebrfä^e  fon  bem 
ßafler  ber  3t>u6f'^fi"-  ®'f  ®efe|gebung 
^at  hin  ^crenpro^eg  juerfi  in  (ßreu^en, 
bann  in  Dfierreid)  unter  ÜJ^aria  S^erefta 
unterbrüdt;  ^u  ®laruö  »urbe  nod)  1782 
eine  |)eye  oerbrannt. 

SB  c  i  n  ^  0 1  b,  5Deutfd)e  Jrauen ;  233  u  1 1  f  c , 
5lberglauben;  Solbau,  ^eyenprojeffe, 
unb  3Bäd)ter  in  ben  Beiträgen  jur  ®c* 
fdbidbte  beö  beutfcf)en  Strafre^t^. 

^ierontjmtten,  ^ieronpmitaner.  Sin* 
fiebler,  Sremiten  beö  beiligen  ^ierontjmu^, 
i)eifen  oerfd^iebene  S^^ifi^  'in^^  Drbenö, 
ber  al^  Sc^u^patron  ben  l)eiligen  ^iero« 
nt)muö  t)erel)rte  unb  na^  ber  (Regel  be^ 
Ijeiligen  ^luguftin  lebte.  SDer  Drben  ent« 
jlanb  juerji  um  1370  im  Äird^fpielc  non 
lolebo  unb  breitete  ]xä)  halb  ani;  St. 
3uji  unb  ber  gefurial  gel)örtcn  i^m  an. 
Drbensfleibung  mar  ein  meiner  iRod  r»on 
grobem  Stoffe,  eine  fleine  fd)marje  Äapuje 
unb  ein  fdinmr^es  Sfapulier. 

|)iIiic6ranööHcJ). 
1.  Da«    ältere   ^ilbcbranbelieb 


|>ilbcbranbölieb. 


291 


ifi  tai  einjigc  unb  jföat  bIo§  ftagmens 
tarifc^  erhaltene  alt9crniani[d}c  ^elbcnlieb; 
e«  ifi  in  einer  ^anbfc^rift  beö  8.  ober  9. 
3al)t^unbert(^  auf  unö  (^efommen  unb  in 
fte[ftfd)er ,  fiatf  nieberbeutfdf)  gefärbter 
iDiunbart  Wa[;rfcf)einltcf)  ju  J^ulba  nicber= 
gefd^tiebcn.  2)ie  gorm  ij^  ber  atliterierenbe 
^crg.  ^itbebranb ,  ber  SBaffenmeiPer 
©ietrid^ö  »on  Sern,  ifi  mit  feinem  $errn, 
v>or  Dboofer  flief)enb,  ju  ben  ^unnen  ins 
©fil  gejogen.  Ulaä}  Sauren  an  ber  ®pi^e 
eineö  t)unnif($en  |>eereö  jurüdfef)renb,  tritt 
\\)m  fein  <SoIjn  ^abubranb  mit  einem 
^eere  entgegen.  |)ilbebranb  unb  ^abu^ 
branb  rüfien  fic^  jum  3tt»cifampf;  man 
barf  öermuten ,  ia^  ber  *Uuögang  beäfel- 
ben  bciben  Parteien  aU  ©ottcöurteil  gel* 
ten  foü.  Söereit  jum  Äampfe,  fragt  |)ilbc* 
branb  ben  jüngeren  Oegncr  um  feinen 
9tamen:  5Du  brauc^fi  mir  ni(f)t  S)ein 
ganjeö  ©ef^Iec^t  ju  nennen,  nenne  mir 
nur  einen,  id)  fcnne  fte  aüe.  J^xi^iif"^''"'^ 
antwortete :  S)a^  fagten  mir  unfere  Seute, 
alte  unb  n^eife,  ba§  ^ilbebranb  mein  Sa- 
ter ftci^e:  ic^  f)ei§e  ^abubranb.  ©r  jog 
ojlmärtö,  flo^  Cboaferö  $a§,  t)in  mit  fei- 
ner 2)egen  inel;  er  lie^  im  ßanbe  jurücf 
etenb  fi^en  eine  ®attin  im  ^aufe,  ben 
unertt>ad)fenen  ©oljn.  3mt^^t  f^''"^  «>^ 
an  ber  ©pi^c  ber  33ölfer,  fict^  rvax  ber 
Äampf  it)m  aüjulieb;  nic^t  meine  xä),  ta'^ 
nod)  im  geben  er  fei.  5tuf  biefc  SBorte 
giebt  fid)  ber  5llte  ju  ernennen,  unb  jur 
SePätigung  ber  2Baf)rt)eit  bietet  er  bem 
(SoI;nc  an  ber  ®pi^c  beö  Speere^  golbene 
Ülrmringe.  ^abubranb  üerfd)md^t  jebocb 
biefc,  t)ält  ben  ®rei^  für  einen  argliflis 
gen  93etrüger,  ber  wenn  er  fidj  nähere  bie 
fftingc  abju|oIen,  ben  Speer  nad)  it)m 
fc^Ieubcrn  mürbe:  „SDJit  bemSpccr  foü  ber 
IWann  ®abc  empfangen,  €pi^e  miber 
@pi|e;  bu  bifi  bir,  aller  ^unne,  unmäßig 
Hug,  oerlodfi  mi<^  mit  beinen  Sßorten, 
wiUfi  mic^  mit  beinem  Speer  werfen ;  biji 
ein  fo  alter  SDJann  unb  fü^rji  bod)  fietö 
nod)  diänh  bei  bir!  2)a§  fagten  mir 
©eefabrcnbc,  wefimart^  über  ba^  SBcnbel» 
mcer  (Djean),  bü§  Äampf  i^n  baDonnal)m: 
tot  ifi  ^ilbebranb,  ^eribranbö  ©of)n!" 
Überaus  fc^ön  unb  watjr  flingt  nun  auö 
bem  5inunbe  beö  SSater^  bie  Älage  über 
ia^  fd)merälic^e  ©efd^id,  iai  \\)n  betroffen, 
„2Be^  nun,  waltenber  (Sott!  SBet)fd)idfaI 
gcfd)ief)t!  3^)  tüanberte  ber  ©ommer  unb 
Söinter  fed)jig,  ba  man  mic^  fietö  fd^arte 
iiiä  3Solf  ber  @d)ü|en,  ha  man  mir  for 
feiner  93urg  ben  lob  brachte:  nun  foll 
mid)  mein  eigene«  Äinb  mit  bem  Sd)merte 


^auen,  erf^lagen  mit  feinem  Seile,  ober 
iä)  if)m  jum  !l}lörber  werben!  ®od),  cö 
fei !  2)er  wäre  ein  übler  geigling,  ber 
ben  Äampf  fe^t  weigerte,  naä)  bem  ben 
®egner  fo  fe^r  gelüfiet!  2)aö  (Snbe  er« 
weife,  auf  weld^er  Seite  i)ai  S^e^t  war!" 
hierauf  beginnt  ber  Äampf,  fte  eilen  mit 
ben  Speeren  auf  einanber  loö,  biefe  prallen 
»on  ben  Sd)ilben  ab,  fie  oerloffen  bie 
$ferbe  unb  jerbauen  bie  Schübe  mit  ben 
S^wertern.  J^ier  bricht  leiber  bie  ^anbs 
fd^rift  ah.  Dbgleid)  fid)  bie  ^anblung 
burc^  bie  ®rwä£)nung  2)ietrtc^ö  unb  Oboa= 
ferä  aU  ein  Seil  ber  an  Ibeoboric^  ben 
®ro§en  ficb  anle^nenben  Dietric^fage  giebt, 
ifi  eö  gcrabe  t)ier  feijr  wabrf($ einlief,  ia^ 
erft  fpätere  3eit  biefcn  Kampf  äwifdjcn 
25ater  unb  So^n  in  ben  ^reiä  ^ifiorif(^er 
Segeben[)eiten  eingereiht  f;at,  bie  ^anb« 
lung  felbfi  aber  einer  weit  älteren  Sagen* 
fiufe  angel;ört;  ganj  ä^nlid)c  Sagen  flnbet 
man  bei  ben  $erfern  in  ber  ©pifobe  »on 
iRofiem  unb  Su^rab  be^  girbujtfd)en 
^önigäbu*eö  unb  in  ber  ferbif(^en  ^r* 
jät)Iung  üon  (^rebrag  unb  S^emab;  ber 
Qtusgang  biefer  beiben  genannten  Sagen, 
wonad)  ber  SSatcr  ben  Sof)n  erfd)lägt, 
Ui§t  einen  äl)nlid)en  Stuögang  be^  beut* 
fd)en  ®ebtd)teä  »ermutcn. 

2,  ®aö  jüngere  |»ilbebranbälieb. 
©in  feltfameö  ®efd)id  ^at  bcnfelbcn  Stoff, 
ber  unsi  in  bem  ältefien  erhaltenen  bcut- 
f4en  ^clbenliebc  entgegentritt,  im  15. 
3a^r^unbert  nod)maI^  aU  legten  3f"9ß" 
ber  abfterbenben  ^elbenfagc  erl)alten;  bi^ 
ing  17.  3abrbunbert  war  ba^  Sieb  oom 
iBater  mit  bem  So^ne  in  ber  ^ibi' 
lungenfiropf)e,  bie  ton  biefem  beliebten 
©efang  lange  ben  9tamen  ^ilbebranb^* 
ton  trug,  weit  verbreitet.  2)ic  SOtanier 
ifi,  ber  3"^  angemeffen,  ^oljfd)nittartig, 
marficrt,  mit  oiel  fräftigem  ^umor  unb 
jule|t  in  ein  Jöiebeömotio  auöflingenb. 
^erjog  <Hmelung  (eö  ifi  Dietrid)  gemeint) 
wirb  Don  Söiciftcr  ^ilbebranb  berietet,  er 
fei  gefonnen,  einen  Söefuc^  in  feiner  ^ei« 
mat  Sern  bei  feiner  J^rau  Uten  ju  machen, 
wo  er  32  3a^re  nimmer  gcwefcn  fei.  iffienn 
tai  fei,  fprad)  ^erjog  *Mmelung,  fo  möge 
er  ben  jungen  ^errn  Qllebrant,  ber  bie  ©renjc 
bewad)e,  unb  aüe  iJremben  anrenne,  üon 
it)m  grüben  unb  i^m  fagen,  er,  QUebrant, 
möge  iljn,  |)ilbebranb,  freunblid)  reiten 
laffen.  ^ilbebranb  freut  fic^  aber  fc^on 
auf  ben  il)m  erwünfd^ten  Strauß  unb  ba 
auf  ber  ÜJJarfe  Qllebrant  il)m  entgegen* 
tritt,  giebt  eg  fofort  beiberfcitö  fd)nöbe 
unb  lanbßfnec^tmä^ige  Späge  unb  Stiche- 


292 


^od^jcitcn  —  .^ofämter. 


leien.  2Bie  nun  gar  bcr  Junge  bcm  Otiten 
einen  fräfticjen  ^ieb  werfest,  ia.  brennt 
^ilbebranb  auf,  entreißt  burd^  eine  ßifl 
bcm  ©eflner  tai  ©d^Wert ,  crn)ifd)t  i{)n 
bei  ber  ikitte  unb  fd)tt)ingt  i^n  hinter* 
xüdi  ins  grüne  ®raä.  2Bie  jebod^  nun 
ber  beftegtc  QUebrant  melbct,  wer  er  fei, 
ta  giebt  ficf)  Jfiilbebranb  ebenfo  freunblid^, 
aU  er  »orber  fampflufiig  gewefen,  ju  er« 
fennen,  fü§t  ben  @obn  an  ben  93lunb, 
unb  beibc  jielien  »erföfint  in  5llebrantö 
93urg  ein.  ^ier  fe^t  Ollebrant  ben  Otiten 
oben  an  ben  %i^ä) ,  unb  ha  bie  iWutter, 
bie  i^ren  ©atten  auc^  nic^t  erfennt,  bor« 
über  5Ürnt,  ta^  ber  (So^n  einem  gefangen 
nen  SlJlann  fooiel  (äf)rc  erweife,  ia  nennt 
jener  beö  *Bater^  SJianten: 

m  Ttntkx,  Itebfle  SDJutter, 
IRun  beut  i^m  3"^^^  unb  (£r! 
S)a  fjub  fie  auf  unb  fc^enfet 
Unb  trug^  im'^  fetber  ber. 
SBaä  bet  er  in  feinem  SDluitbe.^ 
S3on  ®oIb  ein  ^ingerlein: 
®a^  Iie§  er  in  ©ec^cr  fmfen 
©er  liebften  ^'^^^^n  f^*"- 
§oc^ScUen,  geiftlit^c,  Reifen  bie  ^efte, 
tteld)c   am  Sage   ber  Otufna^me   in    ein 
Älofier  fonjie  an  bem  2;age  gefeiert  »er* 
ben,  an  toelc^cm  ein  junger  ^ricjier  jum 
ctjlen  Sötale  eine  üJlcffe  unb  iöigilie  pit; 
ba«  le^terc  geft  beißt  aiict)  erjie  ÜJJeffe. 
%xü^  arteten  beibc  %i^t.  in  iprunfen  unb 
Sc^njelgcn  auä  unb  njurben  beö^atb  ein 
©egenftanb    potiäeilid)cr    ißerorbnungen; 
au^  33ifd)öfe,  njie  ber  non  Samberg  1490, 
erlief  ein  Statut  bagec^en.    3"  9iürnberg 
njar   im    14.  3af)rbunbcrt   nur  ein  lökbl 
für  bie  eitern  unb  ®efd)n)ijier  erlaubt; 
an  anbercn  Orten  roai  bie  3<if)t  i>«t  ©in* 
gelabenen  auf  jebn  befd)rcin!t;  mieber  an 
anbercn  Orten  roanbtc  man  auf  bie  geifi= 
Iicl)en    |>od)jciten    einfad)    bicfctben    ein« 
fc^rdnfenben    23cf}immungen    an,    it»etd)e 
für  bie  melttic^en  ^oc^jeiten  galten,  fflie 
bei  bicfen  le^tercn,  fo  ttturben  au^  bei  ben 
geifilic^cn    ^Jocbjeiten    ®efd)enfe    erteilt, 
eine  ^auöfrau  vertrat  bei  biefem  gefie  bie 
©teile  ber  leiblichen  9J?utter,  fie  übernabm 
bie  lUJutterfd) aft ,   wobei    an  mandben 
Orten  bie  2;etlnal;me  bet  nnrfUdien  iDiutter 
gänjlid^    »erboten   war;    jene  gciftlid)e 
SRutter   faß   bann  mit  anberen  jur  Seil« 
nabme    erbetenen    grauen    md^renb    ber 
fird)Ii(^en    ^anMung    am    Qlltare,    eine 
©itte,  gegen  bie  ebcnfatlä  ju  3eiten  obrig« 
feitlicb  eingefcbritten   nunbcn    ifi.    ©iebe 
Äriegf,  Sürgertum,  n,  Qlbfd)n.  10. 
^Ofämtcr   erfc^einen   juerft  am  fränfi« 


fc^en  ^ofc,  tüo  ftc^  feit  (Srünbung  be« 
fränfifd)cn  iReicfieä  tai  offcntlid^e  ßeben 
fonjentrierte  unb  bem  Könige  Jülänner 
jur  ©eite  fianben,  welche  ben  ^ofbienfi 
um  bie  ?Perfon  tti  Äönigä  unb  ben  eigent« 
Iid)en  ©taatäbienji  ju  beforgen  f)atten. 
2)iefctben  fcbeinen  urfprünglic^  au^  ber 
3al)l  ber  Unfreien  genommen  tt)orben  ju 
fein,  gingen  aber  frü^  auf  ^ö^er  gefieUte 
unb  freigeborene  ßeute  über,  n)eld)e  ju« 
nad)fi  ben  3)ienfi  bei  ber  iperfon  be^  ^errn 
felbfi  JU  beforgen  Ratten,  bamit  aber  ju= 
gleid)  bie  5luf^c^t  über  bie  untergebenen, 
unfreien  Äned)te  »erbanben.  3)ie  ältefieu 
ftamen  ftnb  seniscalcus,  mariscalcus, 
cocus  unb  pistor,  ober  major,  infestor 
für  (infertor),  scantio  unb  marescalcus, 
2)er  ©enifd)alf,  b.  b.  ber  dltcfte 
Änec^t,  I)at  alö  folc^er  bie  Oluffic^t  über 
tai  ©eftnbc;  ber  iRamc  major  domus 
fd)eint  urfprünglic^  eine  anbere  Scäeid)? 
nung  für  benfelben  Seamten  gemefen  ju 
fein,  er  löjie  ft^  aber  nom  Qlmte  hti 
©enefd)aIE  unb  mürbe  ein  fo  einflu§reid)eö 
ülmt,  ha^  feine  Jri^fl^fic  gule^t  ben  alten 
Äönigßftamm  qan^  »erbrängten,  fie^e  ben 
befonbercn  Olrtifel.  ÜJiarfc^alf  ober 
iRoßEncd)t,  lat.  comes  stabtili,  ©tall- 
graf,  mirb  außer  feiner  gemöl)nlid)en 
Sbotigfeit  auc^  aU  ®efanbter  unb  Oln* 
fü^rer  im  ^eer  gebraud)t.  S)ic  Oluffxc^t 
über  ha^  bemegtic^e  ®ut  führte  in  ber 
merott)ingifd)en  $eriobe  ber  thesaura- 
rius;  il)m  mar  ber  föniglicbe  ©^a^  »er* 
traut,  momit  [xä)  bie  5lufftd)t  über  tai 
ferbanb,  maö  an  ©erat  unb  ®ett)anb 
am  |)ofe  »or^anben  mar;  er  mar  junäcbfi 
an  bie  Königin  gemiefen,  bie  aU  otbnenbe 
^auöfrau  bie  Qlufftd^t  über  biefe  ©efc^äfte 
fü^rt.  il^iebriger  mar  hai  *Mmt  be^  came- 
rarias  ober  dümmerer,  unb  no^  tiefer 
fianb  baöjcnige  beö  pince'rna  olier 
©d)enfen,  baö  jmar  üornc^mcn,  aber 
meifi  jüngeren  ßeuten  übertragen  mürbe; 
eä  galt  ah  ber  QInfang  auf  ber  ßaufbabn 
beö  ^ofbienfleö.  üJ?ef)r  untergeorbnete 
2>icner  ber  OIrt  maren  ber  coquns  ober 
Äü(j^enmeifier;  ber  mapparius,  ber 
bem  Äönig  ta^  .^anbtud^  reicbte;  ber 
spatarius,  ber  i^m  baö  ©d)mert  reicbte; 
baju  fommen  Otrjte,  ©änger,  2;^ürfiet)er, 
ßaufer  unb  bgl.  ÜJlit  ber  ©tetlung  be^ 
.Rönigö  alö  ^errfd)cr  unb  baburc^  mit 
ben  j?aatlid)cn  ®efd)aften  üerbunben  ma^ 
ren  *!pfalägraf  unb  ber  (Referenbar.  ©er 
«Pfaljgraf,  comes  palatii,  ifi  bem 
Könige  bei  ber  ^itiäübung  feiner  Ijö^ercn 
®eric|t«barfeit  jugeorbnet,    fiebc  ben  bc« 


J^ofämtcr. 


293 


fonbercn  2trtitcl;  bcr  referendarius 
ift  naä)  5lmt  unö  9iamcn  auä  römifd^en 
23crl)ältniffen  entlehnt.  (Sr  fertigt  bie 
Urtunben  be«  Äönigö  auä,  untcrfc^rcibt 
imb  ftcgelt  fte,  ju  tt)eld)cm  ©ct)ufc  er  bcn 
föniglid^en  Siegelring  ju  bemal^rcn  \)at. 
<Sg  ijl  ein  Söeltlidbcr,  ber  mit  bicfcm  ?lmte 
»ertraut  ifi;  bie  Königin  ^at  einen  befon= 
bcrcn  SRcferenbar  für  fid^. 

3n  bcr  ÄaroIingi[($en  Qät  tritt  nac^ 
bem  Qlufbören  bcö  SDtajorbomuä  bcr 
®cnc[d)alf  ttjiebcr  befonberä  I)ert>or;  er 
I)at  bie  ©orge  über  iai  ^auäroefen,  bc= 
fonberä  über  ben  Unterhalt  beä  |)ofeä  unb 
namentlid)  über  tae  SUJa^I;  er  f)ei|t  ba= 
ber  and}  23orfieber  bed  föniglic^en  3;ifd)cä, 
9)ieifiev  bcr  Äo^e,  Sräger  ber  ©peifen, 
infestor,  dapifer.  ^Ön^  Si"^  ©eite 
ftel)t  ber  Dberfcf)enf  ober  QJicijlcr  bcr 
©(^enfc,  magister  pinceruarnm,  ber  jc^t 
äu  ^öf)ercm  5lnfel)cn  gelangt  ift;  al« 
Scbenfen  fungierten  au^erbcm  jüngere 
DJlanncr,  bie  am  ^ofc  lebten.  2)cr  ©talU 
graf  ^at  fein  altcei  5tnit  bcibcbalten; 
voai  früher  thesaurarius  l)ie§ ,  bei§t  je^t 
Kämmerer;  unter  Dberaufftc^t  bcr 
Königin  bat  er  bie  Äofibarfcitcn,  ben 
6d)mu(f,  mae  gu  ®efd)cntcn  bient,  ju  be=: 
maf)ren  unb  ju  nenücnben.  Ü)?eifi  mur= 
ben  biefe  ©teilen  mebr  aii  einmal  befef3t ; 
bie  ajütglieber  bea  föniglict)en  |)aufeö 
I)aben  jum  Jeil  il;rcn  eigenen  |)oft)alt. 
Qlnbcre  aU  bie  genannten  vier  .^ofämtcr 
ftnb  ber  IKeifier  ber  2;bürl)ütcr  ober 
Dbcrtfiürwart,  magister  ostiariorum, 
ber  Ciuartiermeijier,  mansionarius, 
Säger»  unb  ^alfenmcificr,  ©djmertträger, 
Sädermeifter.  2öie  früf;cr  fief)t  bcr 
Q}faljgraf  bem  ^ofgeric^te  bor;  ta' 
gegen  ^ei§t  jc^t  ber  ehemalige  referen- 
darius Äaujlcr,  cancelarius,  ober 
notarius;  e«  finb  i^rcr  jletä  mc{)rere, 
unter  benen  fic^  jebod)  feit  ßubmig  bem 
frommen  ein  befonbevcr  93orflct)er  ^erau«» 
bebt,  bcr  protonaias,  archlnota- 
rius  beö  taiferlic^en  ^alafieä.  ßr  mar 
fafi  immer  ein  ©eiftlic^er.  ßrfi  fpcitcr 
fiel  biefeä  5lmt  mit  bem  Sorftcbcr  ber 
föniglidicn  ÄapcIIc,  bem  arcliicapel- 
lanus,  bem  Srjfapellan,  jufammen, 
mat^rfc^eintid)  infolge  beö  Urnftanbee,  ta^ 
tM  Qtrc^io  in  ber  töniglid^cn  Äapeüe  auf- 
bcma^rt  mürbe. 

Die  Sebcutung  ber  ^ofämter  am 
!önigli(^en  ^ofe  nimmt  fpiitcr  el)cr  ab  : 
oon  einem  crblid)cn  Übergang  in  einjcts 
neu  55aiuilien  mei^  erft  bie  ^oben(laufen= 
3eit  ©eifpiele   auf.    2)er    dapifer  ober 


Irud^fcö  trug  bie  ©peifen  auf,  biente 
am  Sifcbe  unb  batte  ma^rfdieinlicib  a\xi) 
für  bie  93efcbaffung  beä  Unter^altd  an 
ben  vierfd^iebenen  Orten  ju  forgen,  »o 
ber  Äönig  ftc^  auffielt.  Sruc^fcf  fomolil 
aU  ©c^en! ,  üJlarfc^alf  unb  Äämmerer 
mürben  feit  ben  Königen  bcö  franfifcben 
.^»aufcä  regelmäßig  nur  SRinifierialcn, 
mäljrenb  bei  bcfonberä  feierlicf)en  ©etegen« 
beiten  bie  ^crjögc  fungierten  unb  fo  im 
Saufe  ber  3eit  alö  bie  oberfien  3nt)aber 
biefer  ^Imter  crfd)ienen.  (Sä  mar  juerfi 
Otto  bcr®roße,  ber  fid)  bei  bemÄrönunge» 
mabt  in  Qlacben  üon  ben  Hier  4»crjögen 
be0  Üieic^eg  bie  2)icnftc  Icifteu  licB:  ber 
^erjog  »on  ßotfiringen,  in  bcffen  -^crjog» 
tum  5lad)en  lag,  mar  aU  Äämmcrer 
tt)ätig;  ber  non  5^*^"^«"  ^^^  Iruc^fcß, 
ber  üon  ©d)maben  aU  ©d}cnE  unb  ber 
uoni8ai)ern  atäSWarfc^alf ;  cä  foQte  biefcä 
ein  S^ii^f"  baöon  fein,  ba§  ber  .König 
gemiüt  fei,  fünftig  t>a^  ^erjogtum  in 
fircngcr  9lb^ängigf'eit  üom  ^önig  ju  f)ah 
ton.  5Die  bier  begrünbete  Übung  crt)ielt 
fid)  ton  ia  an,  obnc  ia%  bie  gunftionen 
fcft  mit  einjclnen  vierjiogtümern  »erbunbcn 
gemcfcn  mären.  C^rfi  feit  Otto  III,  t;at 
©ad)fen  ftetä  tai  9JJarfd)aIfamt,  Sapern 
baä  ©c^enfenamt  für  fid)  in  "Hnfprud^  ge« 
nommen,  melc^'  letUereö  iwax  fpätcr  an 
!Böl)mcn  fam;  baä  ^Imt  bcä  Jrud^feffen 
fam  äutc^t  an  ben  '^ßfaljgrafcn  fom  JR^ein, 
iai  beä  Äämmererä  an  Sranbcnburg. 

©ic  genannten ^tmter  beißen  ©rsämtcr; 
ber  ©uboffiäiat  aber,  ber  bem  3n^a^« 
bcä  (Srjamtcä  gegen  getüiffc  ®f)rengcfd)cnfe 
in  feiner  23erri(|tung  befielet,  befr^t  ein 
förbamt,  t>a^  mieberum  bei  gemiffen 
.^Säufern  erblich  gemorbcn  ifi;  Srbmarfc^aöc 
maren  bie  ®rafen  ton  *tJappcnI)cim,  Srb-- 
fämmerer  nac^cinanber  bie  »on  ^alhn-- 
fiein,  SBcinäberg,  ©einäbeim,  ^ot)enäonern, 
erbf^enfen  bie  ton  ßimburg  in  granfen 
unb  bie  ©rafen  ton  5lltbann,  (Srbtrud)« 
feffcn  bie  ton  9tortcnbcrg,  bie  ton  ©et» 
benc(f  unb  jule^t  bie  ©rafen  ton  SZÖalb» 
bürg. 

©(^on  fvüb  fuib  bie  ^-»ofämtcr  aud& 
auf  bie  ^^'öfe  bcr  kleineren  ^^ürften  übet« 
tragen  morben,  unter  benfclben  9'Jamen 
alä  Äämmercr,  Srui^fef,  @d)enf  unb 
ÜJtarff^aa.  Uvfprüngti^  nad)  bem  Se» 
lieben  beä  $>erru  tergeben,  auf  Qtit  ober 
obne  befiimmte  2)auer ,  oft  unter  regel* 
mäßigem  2Bed)feI,  fmb  biefe  iÜmter  fpätcr 
bod)  aud)  in  SlJJinifterial^gamilicn  erblid^ 
gemorbcn;  and)  f)ö^er  geftente  %xm  tcr* 
fd)mä[)tcn  cä  nid^t,  in  ben  Dienft  reicher 


294 


|)öfi)'d)e  2>ic^iung. 


Stifter  ju  treten  unb  aU  Sßorilef)er  ber 
oberen  ^pfdmter  ju  fungieren.  iBergIeid)e 
aSai^,  iBetfaff.iSefd).,  unb  SWaurer, 
üTonböfe. 

^Öfifd^e  Si^titng  ifi  tai  bleibentfie 
unb  [(tönfic  Sienfmal  ber  mittelalterlidb= 
ritterlidien  Silbung  unb  jugleic^  eine 
rcefentlidie  ^etie  in  ber  (Sntttiicflung  ber 
beutfd)en  Sitteraiur  überhaupt.  Qvoai  gebt 
ber  I)id)tung  bcs  bcfifd)en  Stanbeö  eine 
I)i(i)tung  ber  unteren  luci-tböfifcfcen  gtänbc 
paraüel;  biefe  ijl  ober  nue  erbaltencn 
©enEmälern  faum,  alfo  fajl  blop  aui 
Scugniffen  abgeleiteter  *J(rt  befannt  unb 
\i)X  Ö,\)axattn  bejlanb  überhaupt  mefir  in 
berßr^altungber  t)or[)ergeI)enbeni8iIbunge= 
periobe,  als  in  einem  gortfcf)ritte  ber 
nationalen  Silbung;  ber  eigentlid)e  Iräger 
beö  mitlelalterli(i)en  (Seij^eä  iji  bie  l)öfifc6e 
iPoefte.  (Sie  ift  ber  litterarifi^c  Sluebrucf 
jener  SSilbung,  bie  ftc^  feit  ber  Q(ufna£)me 
be^  6t)ri|ientuinö  unb  feit  ber  ©rünbung 
be«  fränfifcf)en  Seltreicbes  febr  langfam 
unb  bur^  mannigfai)c  Übergänge  ^inburc^ 
erji  im  11.  unb  12.  3af)rf)unbert  ju  einer 
nacf)  ^orm  unb  ^nfj^lt  eigenartigen,  in 
fid)  fclber  abgerunbeten  93ilbung  DoUenbete. 
2Ba8  i^r  üorausgc^t,  finb  in  erfler  Öinie 
bie  39emüf)ungcn  ber  t^riülicfcen  ^Ipofiel, 
'HJifftonäre,  Äletifer  unb  SD^öndie  um  eine 
bIo§  auf  bem  Umfang  ber  c^rifllicf)en  [Re- 
ligion fic^enbeSitteratur,  beren  bebcutenbfle 
Dcnfmäler  bie  cftrifili^cn  ßpen  .^»elianb 
unb  bcä  Otfrieb  ftnb;  fobann  bie  Semüt)- 
ungen  Äarlä  beä  ®ro^en  unb  feiner 
greunbe  um  fofortige  SBiebcrernjccfung 
be«  Oeiftes  unb  3nf)alte«  bee  flafrifd)en 
Qlltertum«,  eine  grope,  aber  voreilige 
Dicnaiffance ,  an  rcelc^er  bie  beutfiie 
Jittcratur,  wenige  gpuren  {)interlaffenb, 
vorübergegangen  ift,  rcäbrenb  ^ie  OJefc^icbt« 
fcfircibung  it)r  iJenfmäler  Don  l)o^er  ©e» 
beutung  perbanft;  enblic^  i>ai  ääf)e  löeben 
ber  nationalen  ^elbenfage,  bie,  nur  oer» 
einjelt,  wie  im  S[ßaltl)ariliebe,  in  bie 
Sitteratur  eintritt,  bagegen  im  iBolEe  ficf) 
baucrnb  er{)alt  unb  auf  bie  3^it  wartet, 
n?o  günjiigere  Ser^ältniffe  fre  oon  neuem 
in  ben  ^reiä  nationaler  Silbung  ein= 
füpren  werben. 

S)iefe  iBer^ältniffe  erfcbcincn  in  ber 
geizigen  QUtebilbung  beö  f)öfifc^en  SRittcr- 
lumä,  reelcf)cr  natürli(^  bie  fiaatlid)c 
33Ubung  bc«  Öe^n^fiaateö.  »orauögegangen 
fein  mu^te,  bet>or  eine  Slüte  beä  geifiigen 
unb  litterarifd)cn  Gebens  barauä  {)erttor* 
gef)cn  fonnte.  Unb  wirflic^  fnüpft  ftd) 
bie  f)cififcf)e  3)i(f)tung  nur  mit   fcf)Wad)en 


gäben  an  bie  »orberge^enben  93ilbungcn 
an;  fie  erfd£)eint  fc^netl  unb  aU  cmai 
iReue^,  als  eine  Qluejlrablung  beä  ^öfifc^s 
fonoentioneücn  Sebene,  burcfcau^  ein 
*45robuft  ber  ßeitbilbung,  mit  i^r  fomraenb 
unb  ücrft^winbenb,  3^^  unmittelbar  Dor= 
auei  unb  iai  11.  Ja^i^^unbcrt  füEenb, 
ge^en  aSerfucfce  gcijllicber  3)icftttr,  ben 
nabentcn  weltlichen  ®eiji  beä  SRittertumä 
neuerbings  in  i>ai  je^t  ftcE)  ebenfalls  er* 
neuernbc  geiftlic^^fird^licfjeSebcn  ju  bannen. 

Tiie  I)öfifcf)e  Stiftung  ifi  wie  bet 
Stanb  unb  bie  ©efetlfc^aft,  r>on  welcher 
fie  getragen  wirb,  eine  allgemein  europd= 
ifd)e  ©rfcbeinung;  5lnteil  an  ibr  nel)men 
nur  biejenigen  SBölferunb  Sprachen,  welche 
auö  bem  (Scf)OBe  bee  franfifc^en  SReicbe« 
berporwacf)fen;  bie  ffanbinainfc^en  SBölter 
bejilen  batjer  feine  l)öfifd)e  Sitteratur. 
2)ie  {)öfifcben  SBeltlitteraturen  ftnb  bie 
fübfranjöfifcfee  ober  prooen  äalifd)e, 
beren  Söercii  ]\ii)  nacf)  iJJorbfpanien  unb 
über  ganj  Stiiü^"  enlrccft,  bie  norb* 
franäöfifc^e,  befonberä  »on  ben  Jior« 
mannen  getragen  unb  burcf)  fie  aud)  in 
(Sngtanb  ^ur  ^ern'c^aft  erhoben,  unb  bie 
beutfd)e,  beren  Sprache  man  bie  mittel« 
t)o4)beutfcf)e  nennt;  in  Sübfranfreic^ 
etwäd))!  bie  böi}fd)e  Silbung  unb2)i(^tung; 
etwa  ein  DJtenfcfienalter  fpäter  tritt  fte  in 
iRorbfranfreicf)  unb  wieber  nad)  einem 
2)?enfc^enalter  in  2)cutfd)lanb  auf.  Äcnnt«  , 
nie  ber  franjcftfd)en  (Sprache  gehörte  bei  1 
bem  fonfiigen  ÜJ^angel  an  jeglicher  wiffen«  1 
fcbaftlic^er  Silbung  jur  guten  ®rjiet)ung 
beä  beutfd)en  SRitterä.  5Die  ^reujjüge 
finb  Unternehmungen  beä  europäii'cften  J 
©efamtrittertum«,  unb  im  allgemeinen  \ 
weifen  fämtlic^e  brei  Sitteraturen  nac^ 
3nbült  unb  gorm  biefelben  Srfc^einungen 
auf. 

daneben  aber  wirft  jcbe  biefer  ßittcra« 
turen  auc^  national,  jumal  bie  bcutfc^c, 
beren  ©ebiet  juglcid)  ftaatlic^  geeint  War. 
Ratten  einji  alle  %nim  jufammen  bie 
^eid)0pfli(^ten,  bie  !Reic^äred)te  unb  bie 
9fJeid)0intereffen  vertreten,  fo  War  je^t  ber 
weitauä  gröpere  2eil  ber  Ovation,  alle 
biejenigen,  bie  im  €d)Weiie  it)reä  5tnge* 
fi(^teä  auf  3l(fer  unb  SBeibe  if)r  unb  il)rer 
^erren  33rot  cerbienten,  von  ben  (Reid^ä« 
intereffen  abgelöfi.  ®er  tf)üringifc^e,  frön« 
fifd)e,  fd)Wäbifcf)e  93aucr  fül)lte  jldb  in 
erjier  Sinie  nic^t  mel)r  alä  2)cutfd)er, 
fonbern  alä  Jfjüringer,  gi^anfe,  Schwabe, 
©einen  3lnteil  wedte  wobl,  xoai  in  feinem 
engeren  Umfreife  gefd)ah ;  an  ber  Sentral* 
gewalt   beä  iReid)eä   unb  an   bem,    nai 


^öjäf^c  SJidjtung. 


295 


I)at>on  aiiöging,  fjing  er  blo^  burc^  aScr* 
mittlung  beä  ^crrn.  Sic  ©efamt^eit  ber 
Ferren,  ber  iRittcrftanb,  certrat  üon  Ofle^tö 
wegen  bic  D^ation:  feine  SDid^tung  ifi  bie 
nationale,  feine  Sprache  bie  nationale. 
Söei  i^m  get)t  ha^  lanbfc^aftlicbe  Sebcn 
im  großen  ©efamtleben  auf,  feine  S5ic^« 
tungen  gefjören  ber  ganjen  JJation  an, 
tticrben  in  biefem  Sinne  gef(^affen  unb 
aufgenommen.  5lu(f)  bie  IJJerfon  beö 
I)i(^terö  ifi  national,  unb  bie  93ejüge  gu 
bcrjenigen  l'anbf(J)aft,  bie  i^n  geboren  unb 
erjogcn  ^at,  ftnb  ftetä  fef)r  untergeorbncter 
J^atur.  Sie  felber  unb  i^re  S^itgenoffen 
^aben  eä  nicf)t  für  nötig  era(i)tet,  i^re 
engere  |>eimat  aufjujeic^nen. 

5lU(ft  barin  fmb  bie  pfiffen  2)i^ter 
national,  tci^  fie  mit  oerfc^minbcnben 
5luönat)men  faiferli^  unb  nid)t  päpfilic^ 
geftnnt  finb;  i^r  5luge  fcf)aut  nad)  bem 
Äönigä^ofe,  in  bem  aucf)  i^r  gefellfc^afts 
li^eö  ßeben  feine  t)öc^)le  ?tu^bilbung  er* 
holten  ^at.  3^»  ^n«^"  finbet  bei  il)nen 
f(f)on  bie  Äeime  einer  patriotifc^en  $ocfie 
im  engeren  «Sinne,  mie  fie  ber  altepifc^en 
*Poefte  burc^auö  unbefannt  mar  unb  beren 
«eitere  3lu«bilbung  nod)  3ii^i^('uni'"tc 
auf  fic^  märten  läft.  I)al)in  ge^ijrt  tai 
2BaIt^erfcf)e  Sieb: 

Ich  hän  lande  vil  gesehen 

nnde  nam  der  besten  gerne  war; 

übel  müeze  mir  geschehen, 

künde  ich  ie  min  herze  bringen  dar, 

daz  im  wol  gefallen 

"wolde  fremeder  sitte. 

nü  war  hülfe  mich,   ob  ich  nnrehte 
strite? 

tiaschen  zuht  gät  vor  in  allen! 
Tiusche  man  sint  wol  gezogen, 

rehte  als  engel  sint  diu  wip  getan. 

Swer  si  schildet,  derst  betrogen, 

ich  enkan  sin  anders  niht  verstän. 

Tugent  und  reine  minne, 

swer  die  suochen  wil, 

der  sol  komen  in  unser  lant:   da  ist 
wünne  vil: 

lange  müeze  ich  leben  dar  inne! 
ÜJlit  ber  eigcnf^aft  ber  ^öfifcf)en 
I>id)tung  aU  fRationallitteratur  ^dngt  tk 
bebeutenbe  3ai)l  matjr^aft  gro§er  S)id)ter 
au^  biefer3eit  jufammen;  bie  Sßereinäelung 
ber  Sitteratur  nad)  lanbfc^aftlidjen  ©tdm* 
men,  meiere  bie  folgenben  3a^r^unberte 
eintritt,  läft  groge  |)Ctrfc^aft  befi^enbe 
Salcnte  faum  auffommen.  ®ie  epif 
nennt  bie  brei  gro§en  JJamen  ^artmann 
von  <Uue,  SBoIfram  pon  efc£)enbac^ 
unb  (Sottfrieb  oon  (gtrapurg,  bie 


Qx)xit  2ßaltt)er  fon  ber  IBogelmeibc 
unb  iJlitbart  oon  iRümentt)aI. 

I)ie  l)öfifcE)e  $eriobe  bereichert  jum 
erfien  TlaU  bie  bcutfdie  Did)tung  mit  ber 
ß^rif.  Überall  auf  inbogermanifc^em 
SBoben  tritt  bie  St)rit,  bie  i)icf)tung  be« 
fubjeftioen  ©efü^Ieö,  crji  auf,  menn  ba« 
epod  fid)  ooüenCet  i)at.  Öprif  mdre  ber 
beutfc^en  2)ic^tung  aud)  oi)nt  i>ai 
S^rifientum  jugefommen;  boc^  iat  biefc^ 
ber  3eitigung  ber  Sprif  o{)ne  Btt'eifel 
25orf(^ub  geleifiet.  3ur  3eit  ber  Sbrijüani* 
fterung  5Deutfc^Ianb«  gab  eä  fd)on  eine 
reid)e  grie^ifc^e  unb  lateinifc^e  (^rifilid)e 
öprif;  bie  Äird^e  brad)tc  bicfelbe  mit,  mo 
fte  ^infam,  ju  ben  erjien  altbeutfc^en 
Iienfmdlern  jd^It  eine  gntertinearoerfton 
ber  $lmbrojtanif(^en  ^pmnen.  Dtfrieb  foU 
feine  oierjeilige  SReimPropt)c  ber  lateinifc^en 
.5ii)mnenpoefte  entnommen  f)aben,  unb  bic 
®efc^ic^tc  ber  ^pmnologic  jdi)U  au^  bem 
farolingi}d)cn  3eitalter  eine  ganje  5lngabl 
beutfc^er  2)i^ter  auf:  iRoÜer  Söalbuluä, 
2utiIo  unb  SRatpert  auö  @t.  (Sauen, 
SSalafriebStrabo  unb^ermann  Contractu« 
auö  ber  SReic^cnau,  Jtabanuö  'JJiauruö; 
fogar  .^arl  ber  Orope  mirb  aU  Serfaffer 
beö  Veni  creator  spiritns  genannt,  ülud) 
religiöfcr  SßoIEögefang  in  beutfd)cr  ®prad)c 
muf  fc^on  frü^  aufgefommen  fein,  t)at 
ftc^aber  ber  Iateinifd)en.ffirt^enpocjtc  gegcm 
über  immer  nur  müt)fam  betjauptet. 
Über  bie  (Sntfte^ung  meltlid)cr  ßt)rif  ftnb 
mir  nur  mcnig  unterrid)tet;  gemi^  mar 
eine  fold^c  Dor|anben,  beoor  bie  St)rif  ber 
^öfe  in«  ßeben  trat;  iai  ßubmigölicb 
unb  anbereö  gemd^rt  fpdrli(^en  Sinblirf. 
Steben  einer  diteren  oolfämd^igen  ßtjrif 
mar  es  bann  bie  pronenjalif^e  ^oflprif 
ber  Iroubabourä,  meiere  ben  nac^baltigen 
ülnfioB  iur  (Sntfiefiung  unb  21uöbilbung 
ber  f)öfifd?sbeuti"d)en  ßlptif  gab;  bie  pro= 
»enjalif^e  ßljrif  ifi  bie  OTutter  ber  beutfdben. 

S)ic  f)öfifd)e  ßprif  fte^t  in  engfier 
Sejie^ung  jur  9Ji  i  n  n  e  unb  jum 
^raucnbicnji,  i^re  2luöübung  mar  ein 
leil,  eine  Seite  bc«  ly^^u^ri^'f"!^^^;  i^^^ 
fennt  aud)  bie  Spif  ilJJinne  unb  grauen« 
bienji,  aber  aU  bid)terifd)c«  frembcä  Obs 
jeft;  mit  feinem  ßiebe  jiebt  ber  SDtinne* 
fdnger  t^atfdc^Iic^  im  ©ienfie  feiner  S)amc. 
2)abei  Id§t  fi^  crmarten,  ia^  bic  fonocn* 
tioneüc  |)altung  be«  ^ijfifc^en  SBcfen« 
überhaupt  unb,  bc«  grouenbienPe«  tnö* 
befonbere  aud)  in  ber  ßprif  mitfpielt  unb 
biefc  eintönig,  nac^  einer  gemiffen6d)abIone 
lierauä  gearbeitet  mad)t;  tai  (Stanbeä= 
bemuptfein  mar  eine  Sd)ranEe  bee  ®emüt^« 


296 


^öftfd^e  2>i(i^tun9. 


leben«  geirotben,  ba^et  aud)  tüo^l  bet 
Umjianb,  ba§  cd  fo  »Dcntg  wa^t^aft  gro^e 
Slamcit  unter  ben  fiijrifern  bicfer  Qixt  giebt, 
aufer  bcm  unbejitittcncn  SBalt^er  nur 
iJJit^art. 

Die  6öfifcf)e  Sichtung  tji  ferner  mefent* 
üi)  Äunfibic^tung.  SDad  jeigt  ftc^ 
barin,  ba§  ftc,  tüenigc  2)tc^tungcn  auögc^ 
nommen,  an  befiimmten  einjetnen  5Di^tern 
^dngt,  njeld^c  if)re  be»tiu§te  Äunfi  jwar 
nid^t  in  eigentlichen  ©angcrfc^ulcn  lernten, 
aber  boc^,  wenn  ni^t  in  perfönlic^em 
Umgänge  mit  üJieijiern,  an  ben  lebenben 
Sorbilbcrn  älterer  unb  erfahrener  2)ic^ter ; 
in  Dficrreid^  ^at  SJßalt^er  fingen  unb  fagcn 
gelernt;  barin  ferner,  ha^  neben  bicjenige 
9lrt  ber  ©id^tung,  meiere  nac^  alter  Übung 
gefungen  tt)irb,  je^t  eine  bIo§  gefagte 
tritt;  tcL^  iai  (jpoä  meiji  in  ber  gorm 
ber  (Spopöe  erfd^eint,  in  audgefül)rten, 
umfangreichen  epifdjen  ©ebilben,  bie 
t)on  üorn^erein  i^rer  ganjen  5tnlage  nad^ 
nid^t  me^r  »on  üJJunb  ju  SJiunb  get)en 
fönncn  unb  beren  ©d^öpfung  o^ne  ein 
bebeutenbeö  ÜJiaf  ar^iteftonifd^er  25urd^= 
arbeitung  nidf)t  tnöglidf)  iji;  ba§  in  ber 
(5pif  wie  nod^  metir  in  ber  ßprif  eine  fct)r 
fomplijierte,  ja  fdf)on  früt)  anä  ©efünfielte 
grenjenbe  ted)nifci)e  Äunfit^^ätigfcit  unb 
Äunfifertigfeit  ju  Jage  tritt;  ba|  je^t  bie 
(Einfügung  einer  leitenben  ftttIidE)en  3bee 
in  bie  ®i(^tung,  wie  bei  ben  SiJibelungcn 
unb  im  «Parjifal,  möglid^  unb  tl)atfdd^lid^ 
Wirb;  ta'ß  überf)aupt  je^t  bie  altepifc^e 
objeftioc  *13ocfte  einer  bur^  unb  burc^ 
vom  ©ubjcft  getragenen  S)i(fttung  $Ia| 
mad^t.  ©ä  »ttirb  faum  je  auöjumad^en 
fein,  wie  biefc  Äunfttbätigfeit  eigentUd^ 
juftanbe  fam;  jebenfallö  t)ängt  fie  ju= 
fammen  mit  bem  im  ganjen  ßeben  unb 
Soeben  bcd  böfifd^en  ©tanbcö  frd^  offen* 
barenbcn  ^triebe  ju  t)öf)er  gejleigerter 
ßebenstbätigfeit,  2>er  SRitter  mar  unb  füblte 
fid)  aU  ber  ^err  ber  3eit,  berSßelt;  feine 
Scbenäjicüung,  fein  9tcicf)tum,  feine  feinere 
©itte,  feine  SIBeltbilbung,  fein  meiter  Slicf, 
feine  5tbmenbung  won  allem  (Srwerb  burdt) 
ber  ^dnbe  Slrbeit  riefen  eine  gejieigerte 
Äraftäu§crung  beroor,  bie  in  aüen  93e= 
jiebungen  fic^  nidf)t  jufrieben  gab,  bii  fic 
tai  $"ödf)ftc  gelcifiet  i)attt.  S)amit  f)dngt 
jufammcn,  ta%  biefe  S)ic^tung  ftdf)  nict)t 
über  ein  balbeä  3at)rbunbert  auf  it)rer 
|>öbc  crl)dlt,  ibre  931üte  bauert  für 
35eutfdl)lanb  ctma  »on  1190  biä  1240. 
2iae  großen  böfifd^en  S)i(^ter  ftnb  S^iU 
genoffen  gemcfen. 

SBaö   bie    befonbercn   ©iditungsartcn 


ber  ^öfifd&en  *Pcriobe  betrifft,  fo  begegnet 
man  juerfi  bem  nationalen  95  olf  depo«. 
©0  jerfiörenb  ^batte  ber  Sifer  ber  ®eijt= 
lidbfeit  bod^  nidbt  gemirft,  ta^  jc^t  fdbon 
aüe  epifdben  SBolföerinnerungen  üernidbtet 
gemefcn  mären.  Utoä)  in  ber  erjien  ^dlfte 
beö  10,  3abtl)unbertä  ^atte  ber  ©t.  (Sauer 
iWönc^  (Sf  f  cbar bbaä  Sieb  »onSZÖ  alt  ber 
unb  ^iltgunt  gebi(ä)tet,  lateinifd^  unb 
nad^  93ergild  iBorbilbe,  aber  nid^t  allein 
au«  einem  ber  ^elbenfage  entnommenen 
©toff,  fonbern  jugleidb  in  ber  ^rifdbc  ber 
51uffaffung,  ber  mdnnlid^en  ©tdrfc  unb 
ber  jarten  Snnigfeit  burd^auö  beutfd^. 
2Ö0  freilidf)  ber  ©t.  (Sauer  ^tönä)  bie 
©age  ^er  t)atte,  miffen  mir  fo  menig,  aU 
mir  bie  Duetten  bed  SRibelungenliebcö  mit 
irgenb  meldl)er  ©id)er:^eit  nad^meifen 
fönnen;  man  »ermutet,  ia^  ein  »erlorened 
Iateinifd)eö  (Sebidbt  cincö  gemiffen  Äonrab, 
©(^reiberd  beö  93if(ä)of«  *)3ilgerim  »on 
$affau,  unb  Icbenbe  beutfdbe  ^elbenlieber 
bem  böfifdben  ®poä  Don  ben  9'iibelungen 
ju  ©runbe  gelegen  baben.  SDcnn  bcm 
löfifd^en  ©tanbe  ^at  ber  2)id)ter  bed 
9?ibelungenliebcd  angehört;  er  ift  mit  ber 
Silbung  iei  pfifdben  ©tanbcS  mie  mit 
ber  poetifd^en  Icd^nif  beöfelben  enge  r>er= 
traut,  menngleidf)  feine  Siebe  unb  2:eils 
na^me  mebr  bem  frdftigcren  ^clbentume 
ber  93orfabren  gilt.  S)aö  3iibelungenlieb 
fomobl  alö  bie  übrigen  ©idbtungen  ber 
nationalen  J^clbenfage,  ©ubrun,  SHofen= 
gärten,  ^ugbietric^,  SBolfbietridb  unb  an» 
bere,  ftnb  blo§  (Eigentum  ber  beutfdben 
iöilbung;  bie  ^^ransofen,  Stormannen  nidf)t 
aufgenommen,  bitten  mit  bem  SBerlufte 
i^rer  germanifdjen  Solfäfpradben  Idngji 
audE)  iljr  germanifd^ed  (Spo«  eingebüßt. 

Siefer  aber  aU  bie  genannten  ©ic^* 
tungen  muräelte  in  ber  Siebe  unb  ®unfl 
Der  beutfdf)en  ^öfe  unb  ibrer  (Sefeüfd^aft 
baö  neue  tiöfifcfte  Äunfiepoä.  5n 
ibm  fmb  bie  reic^fien  ©d^d^e  beS  gei|iigen 
Sebend  jener  3«^!  niebergclcgt,  in  i^m 
gipfelt  bie  romantif^sböfif^e  *Poefte.  6ö 
ift  ta^  (Spoö  bed  «Rittertum«  überhaupt; 
in  if)m  ftnb  bie  3bcale,  bie  S^re,  3"**/ 
ber  ^rauenbienft ,  aber  auc^  bie  SSer« 
irrungcn  beö  {Rittertum«  mie  nirgenb« 
onberö  ju  pnbcn.  ©ein  Urfprung  ift 
franjöftf^. 

2)ie  93emol)ner  ^ranfrcidt)«  befa^en  feit 
Sabr^unbcrten  fein  eigene«  SRationalepo« 
mebr.  iBon  ber  römifc^en  Äultur  war 
taQ  ganifd)e  JJationalepoei,  iai  fo  gut 
alä  ba«  gcrmanifd)c  einfi  eyifitert  baben 
mup,   iierördngt   morben,    unb  audf)  ben 


^öfifc^c  ©ic^tung. 


297 


germanif^cn  Sinwanbctctn,  ben  granfcn, 

®oten ,   Surgunbcrn    war   e«   n\ä)t   ge* 

lungcti,  i^re@tammfagen  ouf  biefcmSobcn 

fefiju^alten.    ©o  war  alfo  ben  ^Jtanjofcn 

fein  anbereö  @poö  me^r   cor^anbcn  aU 

tai,  tt)cld)c§  ifincn  bie  gelehrte  ßittcratur 

bcr  9tltcn   bot.      2)ie  troianifc^e   @age, 

befonbcr^  wai  bie  5tneibc  95ergxlö 

baraug   gemalt,    unb   ein   gefd^ic^tU^er 

|)elb,   bcffen  ©efialt  fd)on  fafi  ju  feinen 

Sebjeitcn  bie  ©age  ju  umfpinnen  begonnen 

^atte,  ^lleyanber.    2)aö  fonnte  eine 

Duelle  werben  für  'bai  romantifc^e  ®poö 

ber  ^ranjofen,  aber  eine  ff^neü  au^ju^ 

beutenbc.    Unb  bie  g^reube  an  abenteuere 

Iicf)cn  erää^Ienben  ©ebicbten,   an  ^loen^ 

türen,  war  mäcf)tig  erjiarft,  feitbem  fic^ 

bie  Diiormannen  auf  franjöfifd^em  ©ebicte 

niebergelaffen ,   bafelbjt  it;re  <Spracf)e  unb 

bamit  i^re  ^eimatlicJ)  germanifcf)e  Sage, 

aber   feineäweg^   i^re   ßujl    am    epifc^en 

©efange  »erloren  Ratten,    ^an  i)aüt  e^ 

ft(^  getroffen,  ta^  gerabe  ju  ber  3eit,  Wo 

bie    SJiormanncn    ^ä)    bem    franjöftfd^en 

Soben    cinücrieibten,    in   iJ'^anfreicb    bie 

$erfon  beö   großen  ^ranfenfönigä  Äarl 

mc^r  unb  mef)r   fagenl)afte  3üge  erhielt 

unb  baburd^  ben   fangeölufiigen  norman* 

nif(i^en  ^ranjofen  aU  cortrefflic^er  ^elb 

i^rer  2)i(|tung  fic^  anbot.    SSalb  fammette 

ftd)    um    if)n    ein    reid&er    Äranj    non 

Qlttentüren;    er    erhielt    eine    Safelrunbe 

mit  ^alabincn,  SRoIanb  cor  allem,  bann 

ÜKilon,  ^aimon,  Dliüier,  anä)  ben  S'ior* 

mannen^erjog  9fti(i)arb  finbet  man  jule^t 

in    biefer  ®efcEfcf)aft.    3m   Ja^re    1066 

erobern  bie  9?ormannen  (Snglanb,  rict)ten 

ftc^  bort  ein,  unb  franjöftfc^e  6pif  ift  »on 

ia  an  in  Snglanb  ^eimifc^.    5lber  nocf) 

iji  ber  junger  biefer  ©dnger  nac^  neuen 

Stoffen   nic^t   gejiillt;   ein   Wönä)   weiji 

ben  Sängern  burd)  eine  »on  if)m  gufams 

mengefioppette    (ä.^ronif    ber    altbritifd)cn 

Äönige  ben  SBeg   ju   einem   längft   »er= 

fd^oüenen  ^önig  Qtrtuö;  fte  greifen  i^n 

auf,   unb   balb   winbet   ftc^  um  i^n  ein 

ganjer   Knäuel   romantifct)en   5lDentürcn= 

jloffeö.    SBä^renb  ?Irtu^  felber  me^r  ju= 

rüdtritt,  treten  feine  ^alabine  in^  feuere 

gic^t:  $arjifal,   3wcin,    ©awein,   ©ref, 

Srifian,  ßanjelot;  mit  ber  3trtuöfage  t>er« 

fnüpft   ein  crfinbungäreid)cr  Äopf  enbtict) 

bie  au^  bem  Orient  pammenbe  ©ralfage. 

Olüc  genannten  franjöfifc^snormannis 

fd^en  ©agenjioffe,  bie  antifen,  faroHngi= 

fd)en  unb  artufifc^en,  in  nielen  franäöftfd)en 

9iöentüren  bargefteüt  unb  ju  ben  ibealen 

Prägern  ber  ^ö^fc{)en  Utomantif  geworben. 


werben  nun  oon  ber  bcutfc^en  pfif(^en 
Äunfibi(fttung  aufgenommen,  fo  jwar,  ba§ 
ber  beutfdt)e  SJid^ter  meifl  feine  münblic^e 
ober  fc^riftlic^e  Quelle  nennt,  babei  jebod^ 
ben  «Stoff  frei  nac^  Steigung  unb  perfön* 
licf)er  Stimmung  bur^«  unb  aufarbeitet. 
2>ie  brei  Ätafjtfer  be^  Äunfiepoö,  §art  = 
mann,  SBotfram  unb  ®ottfrieb, 
t)aben  alte  gelben  au«  ber  5lrtuöfage  jum 
ÜJlittcIpunfte  i^rer  ^auptbidf)tungen  ge« 
macf)t.  3eber  ber  brei  ^at  feine  felb« 
fiänbigc,  cf)araftcrijiifc^e  ©teile  in  bcr 
ßitteraturgefdE)id^te  ibrcr  3eit,  unb  bie  fpa* 
teren  get)en  meift  einfeitig  auf  ben  »on 
ben  brei  SDteipern  gebat)ntcn  ffiegcn.  3m 
©inne  ber  ß^it,  aber  in  unferer  ©pra^c, 
^ätte  man  jene  franjöftfc^en  ©toffe  bie 
mobernen  nennen  bürfen ,  im  ®egcnfa|c 
ju  ben  einf)eimif(^en ,  aU  ocraltet  ange* 
fe^enen  ©agenjioffen. 

©e^örte  bie  gro^e  9Ket)rja^t  ber  flafft* 
fcf)en  Dichtungen  biefer  3eit,  foweit  fic 
Äunfiepen  finb,  ben  genannten  brei  ©toffen 
an,  fo  ^at  bod^  bie  frucf)tbare,  uner* 
fd)öpflic^e  <pt)antarte  noc^  fe^r  oiel  ge* 
liefert,  roai  anberen  Greifen  entnommen 
ifi:  Drientalifcf)e  ®ef(^icf)ten  r»on  ber 
reic^Pen  ip^antajte,  ^eroorgerufen  burc^ 
ben  infolge  ber  Äreujäügc  üorneI)mli(^  er* 
wac^fenen  93crfef)r  be«  Orient«  mit  bem 
Occibent;  fobann  religiöfe  ©toffe,  befon= 
berä  Segenben  in  großer  3^1)1,  unter  be* 
neu  ftd)  oft  uralte  Überbleibfei  germani» 
fc^en  Söolfäglaubenä  Ber|iecfen;  enblid) 
Bcreinjelte  e^te  ©agenbilbungen  fpäteren 
SJatumä,  bie  [xä)  an  Otto  ben  ©ro^en, 
^einrid^  ben  ööwen,  ^erjog  ßrnji  »on 
©d^Waben  anfc^liefen.  fRur  »ereinjclt  iji 
in  bcr  pfifd)cn  (Spif  iai  ^umorijtif(J)C 
(Slement  »crtreten. 

2)ie  Sprif  ifi  gegenüber  ber  antifen 
wie  ber  mobernen  bcutfcf)cn  ßijrif  no^ 
fe^r  einfach.  SDeitau«  bie  meiftcn  S)icf)* 
tungen  biefer  ®attung  gehören  bem^tauen* 
bienji  an,  ftnb  DD^inneliebcr,  wobei  bie 
©mpfinbung  ft*  fe^r  oft  an  ^rü^ling 
unb  aßinter  fnüpft,  ber  üKinne  ßeibcn  an 
ben  aSinter,  ber  SD^inne  8ufi  an  ben  ßenj. 
Sieben  bem  ^rauenbienfi  iji  aber  bie  ßprif 
auc^  in  ben  5Dicnji  bcr  SReligion  getreten, 
mit  ®cfängen  auf  SOtaria,  welche  jugleic^ 
bcr  aJJinne  l)öd)jie  Scrflärung  barjietlt, 
auf  hai  gelobte  ßanb,  auf  bie  SDreicinig* 
feit.  Unb  bcr  bcbcutcnbjie  3)id)ter  unter 
biefcn  g^ac^tigaüen,  2öaltt)cr,  ^at  bie 
rcid)jie  %Mt  feine«  ®emüte«  in  benicnigcn 
Sichtungen  an«gegoffen,  bie  bem  Ferren« 
bienjic,  ber  e§re  unb  3u^t  bcr  gürften 


298 


^öfifcfee  ©ic^tung  —  Hofnarren. 


unb  bcö  SBatcrIanbes  bicntcn.  6d)on  ixt 
ßririf  ber  Iroubabourä  bat  bic  brcifad^c 
Qlrt  beä  grauen*,  ©ottc^*  unb  Nerven* 
bienj^cö  gcfannt,  aber  bie  bcutfdic  2)ic^= 
tung  ijl  tiefer,  crnficr,  geljaltpoßcr.  3"' 
mal  aber  beft^t  fie  eine  2lrt  ber  OKinne^ 
Iprif,  Bon  ber  bie  granjofen  nic^tä  it)U§ten. 
SBie  oben  fc^on  bcmcrft,  n^ar  baö  foncentio« 
neue  ®ebal)ren  beö  liüfifc^en  ©tanbeä  bcm 
2)ienjic  ed)tcr  l?t)ri!  nidit  gerabe  günjiig; 
fd)tdtc  fid)  aucf)  fiel  in  ben  5tugcn  beä 
JRitterö,  barunter  mancfteö,  »aö  fic^  beffer 
ni<f)t  gcfdiicft  liätte,  fo  fct)i(fte  ftd^  bod) 
nid^t  atleä,  waä  gerabe  baä  ßiebesleben 
ber  S)idE)tung  bieten  fann.  ^ii^t  oer= 
geben«  ift  unä  au^i  bcm  böfifdjen  ÜHinne- 
bienjl  ber  *}luöbrucf  überfommen:  ben 
^ofmad)cn,  bie  6,0 ur  mad)en,  mos 
ju  eben  feine  ßeibenfc^aft  gehört.  ®af)er 
iji  c^  nidit  ju  üerwunbern,  wie  ftc^  jur 
3eit  ber  pd^fien  Stute  be^  SDiinnegcfangeö 
eine  me^r  bas  natürliche  öeben  anpacEenbe 
SRid^tung  funbtl)ut,  bie  ftd)  mit  (änt* 
fcfeicben^eit  fon  bem  3tt>anse  ber  ^öflfc^en 
formen  loslöji,  „bie  nic^t  me^r  fonttcntio» 
nette,  tt)ei^c,  jarte  ©mpfinbungen  unb 
tt)eid)e  klagen  auäfpri^t,  [onbern  mit 
frifd)em  |)umor  unb  nait>er  @innlid)feit 
fxd)  bem  Sebcn  unb  ber  ßiebc  ergtebt  unb 
in  il)rer  fecfen  unb  toleranten  ßebenä- 
anfc^auung  bie  natürlic^fien  S)inge  alä 
etwas  burd^aus  nic^t  Qlnfiö§igeö  betian» 
belt."  ÜJJan  Ijat  bicfe  Oii^tung  ber 
ÜJJinncl^rif  alö  l)ö|if^c  S)orfpoefie 
bejeid^net,  im  ®egenfa|  ju  ber  jirengeren 
I)öfifd)cn  |)ofpoefie.  ^\)i  genialer 
.^auptoertreter  ifi  9titt)art  »on  9tü* 
tt)cntal,  ein  SBatjer,  bei  bem  aud^  fofort 
ein  lanbfd)aftlic^eö  Stement  fiärfer  ^crttor* 
tritt,  ©eine  ßieber  ^bcn  am  Idngfien 
üon  allen  Sicbcrn  ber  DWinnefänget  au^* 
gebauert. 

3um  leil  im  3"f'"^"ifn5'i"8f  "i** 
ben  Stoffen  ber  ßt)rif  fie^t  il)re  gorm. 
2ludt)  fie  ifi  breierlei  Qlrt:  8eic^,  Sieb  ober 
©prud^.  ©er  Seid)  mirb  gefungen,  ifi 
unjiropl)if(^  gebaut  unb  bcbatf  baljer  einer 
burc^ge^enben  mufifalifc£)en  Äompofttion; 
et  mürbe  am  liebften  jum  3tu^brudEe 
rcligiöfcr  (Smpflnbung  angemenbct,  er« 
fdbeint  übrigen^  jiemlict)  feiten.  5Da^ 
Sieb  ifi  eine  ober  mct)rerc  gleid^gebaute 
breiteitige  @tropl)en ;  bie  ©tropfe  ifi  nad^ 
einem  audt)  auö  granfreicf)  fterübergenom» 
menen  Qrd)iteftonif^en  ©efe^e  ficti^  brei* 
teilig,  b.  i).  fte  befielt  auä  jmei  t^^t^s 
mif(|  fongruenten  Seilen ,  ben  beiben 
©tollen,  unb   bem  ba^u    auf  irgenb  eine 


5lrt  in  rljpt^mifc^em  ®cgenfa|c  jiel^enben 
Slbgefange.  S)ie  ©tropbc  mirb  gefungen 
unb  bient  »ornef)mlict)  jum  Sluöbrude  ber 
StTiinne.  iDer  ©prudö  enblid),  breiteilig 
Vüie  bie  ©tropben,  mirb  blo§  gefproc^en 
unb  ifi  fietg  einfirop^ifdt).  Sr  tjat  ju= 
mcifi  politif(^en  ober  fonfi  bibaftifdtien 
3n^alt.  2^  mciter  bic  2)idt)tung  ftdf)  bon 
i^rem  $iit)epunttc  entfernt,  befio  mc^r 
nimmt  ber  ©prud)  an  5lu^bebnung  feine? 
©cbraud^eä  ju. 

S)af  eine  poctifd^  fo  bcmcgtc  S^^K  tt'if 
bie  ber  l)öftfc^en  2)idötung  cö  mar,  aud) 
ber  bibaftifd^en  ©id^tung  gepflegt  l^at, 
mer  follte  ha^  nid^t  crmarten?  3cbe 
Sölütcjeit  ber  2)idt)tung  mirb  eine  foldie 
gültc  üon  3been,  (Smpfinbungcn  Oln« 
fd^auungen,  (Erfahrungen  neben  bcm  in 
ber  eigcntlid^cn  S)idt)tung  nicbcrgclcgten 
©toffe  eorrätig  befificn,  ta^  ftc,  einmal 
cingemö^nt  in  bie  Äunfi  ber  SRcbc  unb 
beö  SSeifattg  ber  ÜJ^enge  nerftd^crt,  gern 
itiren  (Sinftu^  benu^t,  um  iai  ftttlid)c 
S^cfultat  it)rer  9trbcit  in  fd)önem  ®emanbe 
porjufübren.  Unter  ben  $robu!ten  biefcr 
9lrt  fic^t  greibanf«  Scfd^cibcn^cit 
obenan. 

©dbnett,  mie  ftc  gcfommen  mar,  l^ört 
audö  bie  f)öfifdbc  Sitteratur  mit  ber  ^öfi» 
fd^en  ®^re,  3udE)t  unb  lugcnb  auf;  mo^l 
»erfud)en  fid^  big  inö  14.  Ja^rl^unbcrt 
nod^  mand^e  ßicbbober  ber  S)id^tfunfi,  ber 
Söat)n  ^öfifd)er  *Pocfte  getreu  ju  bleiben; 
aber  ber  Icbenbige  ©eifi  ifi  crlofd^en  unb 
madf)t  f(^nell  anbcrcn  iRid^tungen  ber 
SBilbung  5ßla^,  bic  man  unter  bem  fRamen 
Dolfätümlidbsbürgerlidt)e  Sitteratur  jufam« 
mcn  ju  faffen  pflegt.  ®ö  Ringer, 
3)eutfdt)c  S)idt)tcr.  (Einleitung  jur  fünften 
9luflage,  aSacfcrnag  cl,  Sittcraturgcfdt). 
■Hofnarren  ftnb  feit  bem  15.  Sa^rtiun« 
bert  mit  ben  ^ofpoeten  unb  ^of« 
jmcrgen  an  ©tcUe  ber  früheren  fiänbi* 
gen  ©ängcr,  *Pocten  unb  ©pielleutc  ge« 
treten.  2)ic  ^of=  ober  ©d^alf  snarrcn 
maren  in  granfrcid^  unb  SJcutfd^lanb  an 
ben  ^öfen  ber  SRei^öfürfien  unb  ber 
größeren  (Srunb^crrcn  cigentlid^c  SScamtc; 
^ürfiinnen  biclten  i^rc  |iofnärrinnen;  ftc 
erhielten  au|cr  ßofi  unb  SBoi^nung  nod^ 
J^offteiber.  3^rc  Srad^t  ifi  bie  ©^cücn« 
tradt)t,  bic  urfprünglid^  oon  d^rifilidljcn 
(Prieficrn  fomo^l  aU  »on  mcltlid^en 
(Sroicn ,  fürfilid^cn  ©cfanbtcn  u.  bgl. 
biä  in^  15.  ^a^r^unbert  jur  5luäjcid^nung 
getragen  morben  mar.  2)aju  fam  ber  bc* 
fc^orene  Äopf,  bie  fRatrenfappe  mit  @fel«» 
obren  ober  bcm  ^abncnfamm,  ber  breite 


^oljatc^iteftur. 


299 


^»alöfragen  unt>  bcr  D^arrmfolben.  2)em 
3ugc  bcr  ßtit  gcmä§  traten  bicfc  ßeutc 
ju  ^eden=  unb  JJarrengefeüfd^aften  ju= 
fammen,  bic  alö  ^cdengcrt(i)tc,  j.  93.  ju 
Jionaucfc^ingen,  biö  in  bic  neuere  3^it 
fortbaucrtcn.  2>ic  berütimtePcn  ^of^ 
narren  fmb :  Äunj  ton  bcr  SRofcn, 
luftiger  SRat  ÜJiayimitianö  I.  unb  Älauö 
9?arr  ober  ^lauä  »onSRanftat,  Jp)of* 
narr  Äurfürfi  ^riebric^«  bc^  3Bci[en,  bcffen 
luftige  (Sinfäüc  unb  ©($n>än?e  ficbcnmal 
(1551-1600)  aufgelegt  würben,  flöget, 
@ef*ic^te  ber  Hofnarren,  1784, 

i»ol5ttr^iteftitr.  S5ic  alten  ©cutfAen 
irohnten  nic^it  in  ©tobten  ober  aucf)  nur 
in  Drt[(i)aftcn  bei  cinanbcr.  S5aö  3"' 
fammenicbcn  war  ber  perfönlid^cn  Unab« 
pngigfeit  bcr  gcrmanifdicn  93ölfcrf(f)aftcn 
in  l)o^em  ®rabe  juwiber;  ein  jcbcr  baute 
fein  ^ani,  wo  er  wollte.  Qln  eine  cigent* 
iiiSe  Saufunfi  unter  bcn  ®ermanen  i|l 
be^^^alb  aud)  faum  ju  benfen.  Sic  fann= 
ten  Weber  ^auftein  noc^  S'^ö'^^;  ^<i^ 
aiJaterial,  womit  fic  il)re  Sßobnungen  cr= 
richteten,  beftanb  auö  ^olj  unb  wie  fc|)r 
gcrabc  ber  ^oljbau  »on  ^aufe  auö  beutfd), 
ber  ©tcinbau  aber  römifd^  ijt,  bejeugt 
f^on  bic  ©prad^c,  weldic  für  „Sauen" 
urfprünglid)  nur  „3inimcrn"  fcnnt  unb 
bie  einfad)jicn  Benennungen  für  bcn 
Stcinbau  (wie  SDJaucr  tion  murus,  Äalf 
oon  calx,  QiiQtl  iwn  tegula)  auö  bem 
Sateinifd^en  t;crübergcnomnien  l^at,  wd^« 
renb  aQc  bcn  ^oljbau  bctrcffcnben  5tui= 
brüdc  urbeutf^  finb.  ®ic  altejie  SRad)* 
ric^t  über  bie  Sauweifc  ber  ©ermancn  liefert 
un^  Sacitu^,  ®erm.  16.  yiaä)  bemfclbcn 
genügten  il)ncn  2Bo^nungcn  auä  rollen, 
faum  bel)aucncn  Saumjiämmen.  2)ic 
gugen  würben  mit  f^immernbcm  Seiten 
aufgefüllt  unb  hai  fo  cntftet)enbc  bunte 
«Spiel  ber  Sinicn  bientc  if)rcn  mit  t)o^cn 
9io^rbäcf)ern  üerfcbcnen  $ütten  al§  cinji« 
gcr  barbarifd^er  (Sc^mucf.  S)ie  Sec^nif 
biefer  ^ol^bautcn  fann  jweierici  gcwcfcn 
fein;  entwebcr  mit  Ijorijontalcr  öagcrung 
bcr  Saifcn  im  93Iocfiierbanbc  ober  no(^ 
rot)cr,  auö  fenEre(i)t  nebencinonbcr  aufgc« 
richteten  ©tämmen. 

S5erart  ift  eine  auä  angelfäd^ftfd^cr 
3cit  in  ©ngtanb  (Greenstead)  biä  {)eutc 
€rf)altene  ^ird)e  t;ergeficllt.  ©onfl  i^  natür« 
lid)  auö  jener  frühen  ^ät  nidjtö  met)r 
auf  un^  gefommcn  unb  iji  unb  bleibt  bie 
gragc  nad)  ber  inncrn  räumUd)en  S)tö« 
pofttion  bcr  altcflcn  beutfd)cn  |)aufer 
eben  ungelöft.  Dtte  glaubt  jwar,  in  Qln* 
betratet    bcr    ancrfanntcn    S^^igfcit    bcr 


bäuerlid)en  ©itten  unb  bei  bcr  im  5lllgc= 
meinen  ftcreotppen  ^orm  bcr  bcut[d)cn 
Saucrn^öfe  ^u  einem  3iü(ffd)Iu§  üon  bcr 
©cgcnwart  auf  bie  ferne  Vergangenheit 
bered)tigt  ju  fein  unb  erblicft  in  ben  wcfi= 
fälifd)en  unb  frän!if($en  Sauernt^öfcn  bie 
Slac^bilber  biefer  altgermanifc^cn  Söo^j 
nungen. 

Wit  bcr  3^**  wirb  aucft  auf  biefe 
primitit>cn  (Einrichtungen  römif^er  Gin= 
fluf  fxd)  geltenb  gemad)t  f)aben  unb  inet= 
Ieid)t  fd)on  unter  Äaifer  Juliin  tier 
römii"d)e  5ad}Werföbau  ftatt  beä  g3Ioc!= 
baueö  cingefü{)rt  worbcn  fein,  wenigften« 
nac^  bem  Serid}te  eineö  faft  gleichzeitigen 
®e[c^id)t6fd)rcibcr«  ju  fd)IieBcn.  ®te 
iffiofjnungcn  werben  fid)  aber  nic^t  nur 
in  ber  bcn  ro^jcn  Sloctoerbanb  übertreffen^ 
ben  .^onjlruftion  auö  Sinbwerf  mit  bcr 
3eit  öcrbcffcrt  l)aben,  fonbern  fctbjt  in 
gefd)ni^tcn  Serjierungen  ber  iBau^öIjer 
wirb  f\ä)  ein  ^^ortfdjritt  befunbet  fjaben, 
bcnn  für  bie  ®cfd)idlid)Ecit  bcr  alamannis 
fd)en  23ötEerfd)aften  in  ben  üerfd)icbcnften 
.^oljarbeitcn  fprcd)en  bic  ®räberfunbc  im 
2!Bürttcmbcrgifd)en.  ^m  SBerlaufc  beö  7. 
unb  8.  3a{)r^unbertä  ftreuten  irifd^c3Dtönd)c 
ben  ©amen  beö  Gbrificntumö  auä.  3n 
Heineren  unb  größeren  ©d)aren  pflegten 
ftc  ju  wanbern,  listeten  mit  iljrer  Styt 
bie  SBiitber  unb  bauten  ^ütten  unb  ^n-- 
d)cn  na*  I)eimifc^cr  Qlrt. 

SRegel  war  aucft  t)ier  natürtid)  ber 
^oljbau  unb  wal)rfd^cinlid^  in  einer  ben 
irifi^en  Tlönä)in  eigcntümlid^cn  SBcifc 
(nad^  ber  93e^cic^nung  bcö  gleidtijcitigen 
Beda  venerabilis:  more  Scotoram  ober 
opus  Scoticum)  ganj  auä  (£id)enbatfen 
(de  robore  secto). 

Überfjaupt  werben  big  in  fpate  3«it6ri 
hinein  bie  crj^cn  eiligen  93auten  bei  bcr 
®rünbung  »on  Älöftcrn  unb  .Rirdbcn 
immer  auö  ^olj  erridf)tct  worbcn  fein  unb 
felbfi  unter  Äarl  bem  ®ro^cn,  ber  wenig« 
ficnä  für  bie  Äirdien  bcn  rcmifd)en  ©tein= 
bau  etuäufü^ren  tra(^tcte,  werben  beinahe 
aUc  im  ©ac^fentanbe  crrid)tcten  Äirc^cn 
faum  über  ben  bejc^eibenjlcn  Sebürfnis- 
bau  !^inau^gereicbt  l)abcn  unb  eben  aud) 
au^  ^olj  crrid)tet  gcwcfcn  fein.  9Wit  bem 
10.  3a^rt)unbcrt  brad^  über  S5cutfcf)Ianb 
eine  unfägli(^  traurige  3cit  herein.  S)aä 
Cflcic^  Äarlö  lag  jertrümmert.  3m  Jnncrn 
bcö  SRcid^e^  I)crrfc^tc  93ürgcrfricg  unb  oon 
fingen  war  eä  bebro^t  r»on  ben  91ormanen 
unb  Ungarn.  Tlan  tradbtetc  ba^er  auf 
Sffiibcrjianböfäljigfcit  unb  aSe^r^aftigfcit 
unb    äog    wenigfien«    auf  cinäctfic^cnbcn 


300 


.^oljaV(f)itcftur. 


©cbäubcn  bcn  ©tcinbau  bcm  |>oIjbau 
cor.  2c|tcrct  aber  flüd^tetc  jtc^  üon  ta 
ab  I;auptfdc^lic^  in  bie  ©täbtc,  xodä)t  fxä) 
gemcinfam  burc^  fiarfe  Stingmaucrn  ju 
f(f)ü^en  fu4)tcn. 

ffiir  «iffcn  übet  bic  9trt  unb  SSeifß 
h(i  fßrofanbaueö  biefer  Seiten  übrigenä 
äu^etjl  Wenig.  ÜRan  wirb  ficf)  aber  bie 
grofe  ÜJlc^rja^I  ber  SBobn^äufer  faum 
bürftig  genug  »orfieQen  fönnen  unb  bie 
oielen  ücrbeercnben  Sränbc  bereifen  jur 
©enüge,  ta^  biefclbcn  regelmäßig  auö 
^olj,  mobl  in  j^iid^^^erf  erbaut  unb  wenn 
nicf)t  mit  9tol;r  ober  6tro^,  fo  bo<^  t)öc^= 
fien^  mit  ^oljfc^inbeln  gebedt  roarcn. 
S)afür  fpridfjt  aud)  bic  fabelt)afte  ©cfinefligä 
teit  ber  Sauten,  «too  wirb  öon  ber  ®tabt 
Sebufa  erjäf)lt,  fte  [ei  in  14  Jagen  »oücnbet 
worben.  ®anj  äbnlid^  lautet  ber  Serid)!  i>ii 
Sif(i)ofö  Dietmar  Don  SDterfcburg  über 
bie  a[BieberI;erfteIIung  ber  abgebrannten 
©tabt  ü)iei|en.  2ßo  ia^  {xä)  barbietenbe 
SOkterial  e«  erlaubte,  begegnen  wir  feit 
5(nfang  beö  12.  S'i^ic^unbertf^  bem  fid) 
immer  mef)r  auäbreitenben  Duabcr-  ober 
3icgelbau,  aüein  in  »ielen  (Segenben,  wie 
in  *J!Hä^ren,  Dberfd^Iejten,  (ßommern  unb 
^Jreu^en  blieb  man  bei  bem  urtümlid)en 
^oljbau  fiet)en.  @o  befinben  ftc^  unter 
ben  obcrfc^lefifd)cn  Äird)en  einige,  wie  bic 
ju  @t)rin  unb  Subom  bei  SRatibor,  an 
benen  fpdtromanifc^e  2)etail^  »orfommen. 
%üx  bie  (Erbauung  ber  bciben  genannten 
Äirc^en  werben  bie  ^ob'^^^ä^b^f"  1304 
unb  1305  angegeben.  QlCle  biefe  Äirc()en 
»on  einfad)  rcd)tedigcm  ®runbri§  mit 
fd)mälerem  üUtarraum  unb  mit  3Sorbau« 
ten  an  bcn  Sbüren,  finb  im  S8Iodr»er= 
banbe  au^  aufcinanbetgefd)id)tcten,  grob= 
bet)aucnen  SSalfen  erridbtct.  'ÜU  bc= 
fonbcre ,  auc^  bei  bcn  glcic^jeitigcn 
norwegif^cn  ^oljfircben  (wie  bie  ju 
^itlubaI,53orgunb,  Urue^)  ftcb  Dorfinbcnbe 
(SigentümU(^teit  bcrfelbcn  erf(^eint  ein 
iai  ganjc  (Sebäubc  umgcbcnbcö  weit  tior^ 
fpringenbe^  SRcgenbad),  woblgceignet,  um 
bie  Sad)traufc  »on  bcn  ©ruubfdbweüen 
abzuleiten.  2Dcr  Surm,  nid)t  feiten  ge* 
trennt  oon  ber  Äird)c  ftebcnb,  pflegt  in 
fc^rdgen  2ödnben  aufjuficigen  unb  ifi  an 
ber  SÖrcttcroerfd)alung  beö  oberen  Zcüti 
juwcilen  mit  ©d)ni^ereicn  Dcrjicrt.  3" 
33öl)men  finb  ^otjtürme  bcfonbcrö  büwp9' 
aud)  neben  fteinernen  Äirdicn  ja  felbft  in 
Iiörfcrn,  bic  gar  feine  Äiri^cn  babcn.  @o 
finbct  fid)  neben  bem  im  14.  3«bt^unbert 
errichteten  ©teinbau  ber  (Seorgäfird)c  in 
*13r^aölawic  bei  Jurnau  ein  ^oljtnrm  über 


einem  fieincrnen  ©runbbau;  no^  \iatu 
lid^er  erfd)cint  ber  grofc  ©locfenturm  ju 
<Parbubi^. 

©in  ©tdbtebilb  biefer  6po(S^c  bietet 
unä  enge  (Soffen  unb  JRdume.  (Jine 
cigentümlidbe  Sluönu^ungöfucbt  bcö  JRau* 
meö  riß  in  ber  Sürgerfd^aft  ein.  S)ie 
©tdbte ,  bic  an  föinwobncrn  junabmcn, 
mußten  in  bic  alten  Ofiingmauern  cingc* 
pfercht  werben.  SD^an  begnügte  ftd^  be^* 
balb  nid)t  mebr  mit  me^rfiödigen  ^dufcrn, 
fonbern  man  fud)te  ta^  pa\x^  nod^  naä) 
oben,  allem  ftatifd)en  ©efüble  juwiber,  ju 
Dcrbreitcrn.  5Diefe  „Surgsäimpere"  ober 
„2tuäfdnge",  bei  benen  jcbcg  ©todwerf 
über  tai  anbcre  »orragtc,  erweiterte  allere 
bingg  bic  obcrn  SRdume  unb  bot  juglcicb, 
weil  Unterjiü^ungö-  unb  iBcIajiungöpunft 
auf  üerfc^iebene  Stctlcn  fielen,  ein  ©egen* 
gewicht  gegen  i)a^  (Sinfd^lagen  ber  i8alfcn. 
*llnbrerfcitö  aber  würbe  bcn  of)ncbin  engen 
©äffen  burc^  biefe  iBauart  ßuft  unb  Sic^t 
nod)  mebr  entjogen.  ©elbfioerfidnblid^ 
fonnte  biefe  Sauart  bauptfdd)Iid)  nut  bei 
gac^wcrföbautcn  üor!ommcn.  5Der  ©tcin^ 
bau  bef^rdnfte  fic^  bei  *Profanbautcn  in 
ber  3ficgcl  auf  Äefler  unb  (Erbgefc^oß. 
Überbaupt  waren  ficinerne  ^dufer  no(^ 
eine  große  Seltenheit.  3n  ben  alten  ©runb* 
regipern,  ben  fogenanntcn@dbreinöbüd)evn, 
ftnb  5.  33.  üon  ber  ®tabt  Äöln,  bie  fi^on 
im  13.  3abr^unbcrt  an  bic  6000  j£)dufer 
befaß ,  nur  ungefähr  jcbn  al^  domus 
lapideae  bcjcic^net.  S)ie  Sitte,  bie  ©tod* 
werfe  übertragen  ju  laffen,  fübrte  inbc^ 
balb  unb  bcfonbcr^  in  ber  gotifd)cn  3^it 
JU  mand^erlei  2)cforationäformcn.  Die 
Dorj!c^cnben  Salfcnföpfe  werben  mit 
6d)ni^werf  in  »egetabilifcber  gorm,  Sicr- 
unb  ÜJienfd^enbilbungcn  gefc^müdt,  auc^ 
oft  (Srfer  unb  «ausbauten  angebrad)t,  fo= 
haVi  ein  ©anjc^  oon  ungemein  malerifd)cr 
aSirfung  ftd)  crgiebt. 

Seifpielc  auö  bcn  frühen  Seiten  bed 
13.  unb  14.  3abr^unbcrt«  finb  aüerbingö 
faum  me^r  erbaltcn,  teilö  erlagen  biefel« 
ben  bem  3abn  ber  3cit,  teil«  würben  ftc 
bur^  fpdtcrc  ©teinbauten  ocrbrdngt.  5Die 
^errfc^aft  be«  gotifdjcn  ©tilcä  ging  in» 
beffen  an  biefen  ©d)öpfungen  iti  SJoIfö» 
geij^eä  nid)t  unbemerft  vorüber  unb  nod^ 
in  ber  fpdtercn  3cit  bcä  15.,  ja  fclbji  im 
16.  3abrf)unbcrt  finbet  man,  wie  wir 
feben  werben,  an  ben  gad)Wcrfgbauten 
noc^  lebbaftc  Stnfldngc  an  gotifc^e  gor* 
men.  ©ebr  fd)önc  Scifpiele  in  biefer 
|)inftcbt  bietet  namcntlid^  a3raunfd)Weig, 
wo  burd)  bcn  ^oljbau  bie  mittclaltcrlid)e 


^oIjarcf)itcftur. 


301 


Irabition  noc^  lanijc  in  Ävaft  blieb. 
SJicfe  frühen  Sauten  jeigen  ein  ftrcngcö 
iltnfd^Iieüen  bev  S)cforation  an  bie  Äon« 
firuftion. 

2>ic  ©c^njeHbalfen  unb  »yüQÖöljer  ev= 
I;altcn  fräftige  ^luöte^Iung  unb  ^Ibfafung, 
»oburd^  bie  t)ovijontaIe  Sinie  ber  über= 
cinanbcr  Dorhagcnben  ©tocfn.ierEe  raitffam 
betont  roilb.  Überaus  beliebt  iji  bie 
SDeforation  mit  rcd^treinflig  gebrod^encn 
ßinien,  bie  man  alö  mäanberartig  bejcid)= 
nen  tann.  SDaniit  tt)ec^[clt  ein  anbcrcö 
Ornament,  ba^  feine  SDlotioe  bem  $flan= 
jcngebiet  entlel;nt  unb  au^  einer  ßaub= 
ranfe  befief)t,  luelc^e  ftcf)  um  einen 
^orijontalen  @tab  winbet  unb  bie  cbavaf= 
terijiifcf)e  gorm  bcä  fpdtgotifd^en  SBIatt-- 
WixH  jcigt.  dliiit  minber  reid^  trerbcn 
bie  Salfenföpfe  beljanbelt.  ®ie  erhalten 
nic^t  bloö  friiftig  ausgefeblte  *^3rofiIe, 
fonbern  biöiueilen  in  ^oc^relief  bur^ge- 
fü^rte  figürlid)e  2)arf}cnungen ,  5lpofieI 
unb  anbere  -fieiligc,  aber  auc^  ®cnre= 
lafteö  unb  Surlcefes.  ÜLiie  5tnja^l  ber= 
artiger  iSauten  ber  legten  S)ejennien  beö 
15.  unb  ber  erj!cn  beJS  16.  3af)rt)unbertei 
iji  überaus  gro^.  dU&i  ganj  in  mittel* 
alterlic^en  formen  erbaut,  iji  namentlich) 
ber  gro§c  Sau  ber  „9lltcn  SBaage"  (1534) 
in  23raunfd)meig. 

3)ie  SRenaijJance  bringt  in  bicfc  Se* 
Imnblung  ber  g-a(^aben  junadjji  nur 
einige  33ereid)erung  be«  Ornamentei. 

®ine^  ber  früljcjlen  93eifpiele  beö  Qluf« 
treten«  ber  neuen  jormen  finb  bie  treffe 
Iid)en  SRejle  Don  einem  abgebrochenen 
SRat0fücf)engcbäubc  üon  1530.  £)a  fxnb 
bie  ©lemente  ber  Oicnaiffance,  wie  S)€lpl)ine, 
Äanbetaber,  ®ott^eiten  unb  gelben  beS 
Sdtertume  nod)  ganj  unbefangen  mit 
aüertei  mittelaltcrlid)en  ©enrcfcenen  unb 
^Poi'fenfiaftem  gemifcf)t,  ein  tt>at)rer  gafc^ing 
ber  f^bantafic,  meint  Siibfe.  Q\x  gleid^er 
3eit  inbeffen  taud)t  ein  neuc^  SOtotiti  für  bie 
S)cforation  ber  ©c^nieüljöljer  auf  unb  eine 
23crfd)Iingung  oon  3^)610«"/  bie  faft  vok 
Sänbcv  a«sfel;en  unb  ftd;  frieeartig  auö= 
breiten,  söeinabe  fein  ^au«  entbetjrt  ber 
<gprüd)e,  nielc^e  basfclbc  in  ©otte«  ^anb 
legen,  ober  fonjl  fieitcrn  ober  evnften  3"= 
baltee  finb.  Um  ben  ©d)Iu§  be«  16.  3at)r* 
bunbertö  erfährt  ber  ^oljbau  feine  Ic^te 
Umtvanblung.  ®er  ©teinbau  wirft  auf 
it)n  merflid^  ein.  i3isf)cr  waren  bie  93alfcn 
burd)  "Jlbfafen  unb  (Sinferbcn  rcc^t  im 
©innc  ber  ^oljfonjiruftion  auögebilbet 
lüorbcn.  2e^t  aber  werben  bie  Salfenföpfe 
mit  aSorliebe  alö  .Konfolcn  bel;anbelt,  bie 


©c^weaenbalfcn  cibalten  3ct)nf(^nittc, 
eierjtäbe  unb  $erlfd)nüre  nad)  antifer 
^rt.  Die  legten  Slüten  biefer  (SntwicEIung 
treffen  wir  namentlid)  in  ^ilbeö^cim. 
^ier  iji  es  ber  alte  fäc^fifd)e  ^oljbau, 
ber  jajl  ausfd)Iiefii4)  ben  iPrioatbau  be- 
berrfd)t.  2)ie  Scifpiele  auö  bem  frühen 
9JJittelalter  ftnb  inbejfen  ^icr  feiten.  ^a= 
gegen  treten  bie  SRcnaiffanceformen  fd)oa 
fel)r  frül;  auf,  fo  fd)on  1529  an  einem 
ber  gro^artigjien  ^oIjf;aufer  S)eutfd)lanbs, 
an  bem  fogenannten  .^noc^en[)aueramts= 
t)auö. 

Uncrfc^öpflid)  reid)  iji  ber  plajiifc^c 
©c^mud  an  biefer  5a<;irbc.  ÜDic  Äonfolcn 
ftnb  jwar  nod)  mittelalterlid)  geformt, 
in  berber  ^umoriftifc^er  Qtuffaffung.  5n 
ben  ^i^iefen  bagegen  fmb  bie  *Wotioe  ber 
^Jrü^renaiffance  m  Slumen,  5rud)tfd)nürcn, 
Äanbelabern  :c.  überwiegenb.  (Segen  ßttbe 
beß  lö.  3ii^rf)unbert2i  tritt  ber  ausgebilbcte 
«Stil  ber  ©pcitrenaiffancc  auf.  21uf  bie 
®Iiebcrung  unb  51u3fci)müdung  ber  5a<;abcn 
wirft  ber  (Steinbau  gewaltig  ein.  S)ic 
ganjen  5'it'i^f"  werben  mit  .poljbrettern 
»erf leibet,  fo  ha^  aöe  Seile  ber  Äonjiruf« 
tion  bis  auf  bie  al^  fräftig  uortretenbc 
Äonfolcn  entwidelten  Salfenföpfe  mit 
ibren  (Stufen  Dert)üUt  werben.  5Die 
©d)Weübalfen  aber  bilben  einen  burd)« 
laufenben  %xki,  mit  Ornamenten  reid^ 
bebedt.  Sine  fonfequente  üertifale  Teilung 
wirb  burd)  f(ad)gefct)ni6tc  «Säulen,  !^ilaftcr 
ober  ^ermen  bewirft."  "Jluf  ben  J'nf^fi^' 
brüjiungen  aber  entfaltet  fid)  in  figürlidicn 
fflelicfs  ein  unerfd)öpfli(^er  JReic^tum,  unö 
um  bie  jierlic^c  91nmut  bes  ©anjen  ju 
üoQenben,  jlnb  alle  |)auptlinien  bur'c^ 
feine  ©lieberungen  antifer  Äunjl  belebt. 
3)as  S[RuftcrbeifpieI  bicj'esi  ©tilö  iji  t>a^ 
2ßebefinbfd)e  ^aus  t>om  3al)r  1598. 

2)er  alte  Sifd)ofrt^  ^albcrjiabt  bieter 
ebenfalls  eine  reid)e  'Jlusbeutc  an  ^ol,« 
bauten,  ju  beren  bebeutenbjten  ber  im 
3at)rc„1461  erbaute  SRatöfeüer  gef)ört. 
2)en  Übergang  in  bie  SRenaiffance  be* 
jeid}net  namentlich  ber  ^oljbau  be'o 
©c^uPofeö,  an  welcf)em  baö  'JOJotio  ber 
931enbarfaben  an  ben  ^^cnjicrbrüjiungen 
präd)tige  5lnwenbung  erlebt.  Dieidie  unb 
i)übfd}e  Seifpielc,  namentlid)  ber  33er= 
binbung  bes  Apoläbaueö  mit  bem  ©teinbau 
bietet  >pannooer,  no  fid)  jugleid^  aud) 
ein  reicber  Srfcrbau  entwitfelt,  im  ©egen* 
fa^  ju  bem  benad)barten  58raunfd)Weig. 
3n  ben  mittleren  SBefergegenben,  befonbefs 
gegen  ©üben  ju,  berrf^te  ber  .poljbau  in 
befonbers  eleganter  SBeife,  wie  in  Wörter 
20 


302 


^ot^ardjiteftui. 


unb  Wünbcrt.  3"  ftaftPoQer  S^ur^bilbung 
tcr  Sc^iDellfiöIjer,  bcr  Äopfbänbet  unb 
Äonfolcn,  foroic  bcr  gcnf^erbrüfiungcn 
mit  ßielfad)  nariirten  üJiufdjcI^  unb  gäc^er^ 
formen  gehören  biefe  Sauten  ju  ben 
f«i)önjien  ©c^öpfungen  biefeö  ©tild. 
*J!}lurterl)aft  ift  berfelbc  namentlid)  in  bcr 
2)e^anci  in^öytcr(l561j  cntroicfelt,  Ä>el(i)e 
fi^  burc^  einen  Pattli(*en  polpgoncn  (Srfer 
auÄjeid)net.  5lud)  in  92ieber^cf|en  ^at 
ber  ^oljbau  in  ^eräfelb,  StQenborf,  g^^i^Iar 
äablreiAe  35ertrcter,  ttiie  auc^  in  aBcfl= 
fatcn  in  ^eröforb,  SSicIefelb  :c.  3" 
©c^rcabcn  war  bcr  ©teinbau,  geförbcrt 
bur(S  ben  präitigcn  ©anbj^cin,  for^ 
f)crrfc^cnb,  inbeffen  tjieltcn  bie  bürgerlichen 
Äreife  noäi  lange  an  bem  |)oljbau  mit 
(Riegclttjänben  fej?.  2llö  93eifpiele  mögen 
©^tndbif^  $aE  unb  t>M  SRat^aU'S  in 
Tübingen  (1508)  angefüf)rt  fein,  granfcn 
bettiat)rt  in  bem  ©aljbaufe  ju  ^^'^'^"ffu'^t 
ein  ^ra^tfiücf.  SDie  fctjmalc  ©iebctfcite 
ift  reid)  in  ^olj  gefc^ni^t  unb  ^war  in 
tiöUiger  Jiadjabmung  bcr  Stcinard^itcEtur, 
glei^fam  eine  Sift^^tf^oti""  ^on  ^olj« 
platten  bilbcnb,  unter  »eld)er  ftd)  iai 
fonjiruftirc  @erüfic  oerbirgt.  9]amentli(^ 
cntmicfelte  ftd)  ber  Ijoljbau  in  ben  großen 
^ofanlagen  ber  mittelalterti(^cn  unö  fpä= 
tcren  SBo^n^äufer,  nso  oft  mcbrcre  ©alerien 
»on  ^olj  übercinanbcr  gelagert  finb,  fo 
im  ©ebad)f(^en  |)aufe  in  2Bürjburg,  im 
^affncrfc^en  in  SRottjcnburg,  im  granfc^ 
fd)en  unb  ICaClcrfc^en  in  SJiürnbcrg  :c. 

©ebr  anjiefienb  unb  bcbeutenb  i(l  ber 
|>oIjbau  in  ben  9if)cinlanben.  SEßä^renb 
in  ben  nieberfdcf)ftfc^cn  öanben  bie  einjcU 
nen  ©tocfroerfe  fo  roeit  als  mögtidb  üor* 
gefragt  mürben  unb  baburc^  jenes  reiche 
malerif^e  ßeben,  jene  encrgifct)e  (Slicbcrung 
crbielten,  fmb  bie  rl^cinifc^en  ©auten  bei 
möglid)jt  geringem  SSorfprung  ber  ©tocf^ 
tt»erEe  minbcr  fräftig  entmidelt  unb  fud^cn, 
mai  i^nen  an  ßebenbigfeit  abgebt,  burc^ 
eine  mc^r  malcrif^e  Drnamentierung  ber 
glasen  ju  erfe^en,  obne  inbeffen  bie 
fonjlruftiricn  eiementc  ju  oerbüüen  unb 
gu  verleugnen.  3t"  ®cgenteil  werben 
biefelben  jum  iMuegangöpunft  bcr  ©efora^ 
tion  gemacht.  2)abcr  meröen  bie  (Pfoftcn 
befonbers  fräftig  betont  unb  namentlid^ 
bie  ©dpfoften  in  ©äul^cnform  auegebilbet. 
25ic  ^orijontalen  aber  mcrbcn  burc^ 
müßige«  33ortreten  bcr  ©(^»eübalfen  nur 
bcfd)ciben  angebeutet,  fo  ia^  einige  au0= 
gefcbltc  unb  abgefaflc  ©lieber,  bismeilen 
roo^l  als  ein  gcmunbcneö  djaraftcriftcrt, 
genügen.    ?JamentIic£!  aber  fallen  bie  ror= 


tretenbcn  53alfcnföpfc  ii^  meberfä(^jtf(^en 
^oljbaueä  fort.  35ic  S)cforation  aber 
meift  fletä  eine  feine  Qlnmut  auf.  2Rit 
iBorlicbe  fügt  man  ben  ^apaben  fräftig 
uorfpringcnbc  (Srfcr  ju.  <Hlö  Seifpicle 
mögen  bicr  bie  ^oljbautcn  ju  JR^enfe, 
Dberlal^nficin,  Sopparb,  ^a^ttaä)  unb 
Sremen  angeführt  fein. 

aBäf)rcnb  bcinai)e  überall  in  beutfc^en 
ßanbcn  bcr  Of^iegelbau,  wenigfienä  roo  es 
ft(i)  um  fünfilerif^e  5luöbilbung  bcr 
J^a^aben  l)anbclte,  ben  reinen  ^oljbau 
ucrbrängt  battc,  battc  ftd^  berfelbc  in  ben 
(Sebirgegcgenbcn,  namcntli^inberSc^wcij, 
nod)  gcfunb  unb  fräftig  fortcrbaltcn.  3" 
ben  fladben  Kantonen  mar  jWar  ber  Slocf» 
bau  aud^  ücriaffen  morben  unb  bie  bort 
acbrauc^lic^e  ^rt  beä  abgcfprcijtcn  unb 
üerftrcbtcn  ©tänbermcrfö  mit  cingcfc^obe* 
nen  Soblcnmänben  let)nte  ftc^  bem  beut= 
fc^cn  3flicgelmcrfäbau  an.  ©Ici^jcitig 
finben  mir  aber  aud^  in  ber  ©djtpcij  t>a9 
mit  ©tein  ausgemauerte  5acf)merf  iM- 
rcid)  »ertreten.  3"!  5iu§cren  fmb  bie 
fc^mcijerifd^en  ©täbte^dufer  meiji  fc^r  eins 
fnc^.  S)ie  einjigc  ^itxtt  fmb  ja^lrci(f)e 
^oljerfcr,  beren  ©(^ni^crei  aber  f^on  ben 
fi^mülfiigcn  üppigen  ©arocco  be^  17.  ^a^X' 
bunberts  jeigen,  fo  biefenigen  in  ©c^aff= 
häufen  unb  ©t.  ©alten. 

üßo  aber  bie  ©dEimeijcrbautcn  als 
93Iocf^äufcr  auftreten,  tragen  fte  überall 
ben  ftrcng  ausgeprägen  Itfpu^  fce^  ®locf= 
fcrbanbe«  an  fiä).  S)ie  mögli(ä)fi  burd^= 
laufenben  liegcnbcn  SBanbbalfcn  über= 
fcbneibcn  fidb  an  aüen  Äreujung^punften 
mit  ber  Qlbgabe  ibrer  balben  ^oljfiärfc 
unb  treten  au§en  als  fogenanntc  33orPö§c 
an  ben  SBönbcn  um  eine  ^oljftörfe  oor. 
2)abei  tjaben  bie  2)äc^er  eine  flaAc,  bem 
benachbarten  ©üben  entfpred)enbe  Steigung, 
um  bie  ©diinbelbedung  mit  fdjmcren 
©teinen  bclaftet,  tragen  ju  fönnen.  Qlus 
ber  ganjcn  Einlage  biefcr  ^oljbauten,  mic 
fie  namentlich  in  ben  Urfantonen ,  bem 
Öcrncr  Dberlanb,  unb  bem  ^Ippenjcücr 
ßanb  auftreten,  fpridbt  iai  naiüe  ©d)ön' 
bcit^gefübl  eines  fmnigcn  ßanboolfc^. 
yt\i)t  nur  haben  biefe  33auten  burc^  frhftige 
5)JaIcrci,  prächtige  ©(^ni|erei  unb  fern« 
bafte  ©prücfte  einen  unauöfprccfjliAcn 
iReij,  fonbcrn  bie  (Sefamtanlagc  mit  ben  offc 
nen  t'aubcn,  meit  »orfpringcnbcn  3)äd}crn 
unb  jablretrf)en  gefuppeltcn  ^enjlern  ge= 
mäbren  eine  ruhige  arc^iteftonifd^e  2Bir= 
fung,  meld)C  in  Harmonie  mit  ber  ndc^flcn 
Umgebung  unb  in  einem  gemiffcn  Oegen« 
fa^e  ju    Der   ferneren    großartigen  ßanb« 


^oIjf(^neibeEunfi. 


303 


f*aft  fiefit.  )Radi  Otte,  ®c[aic^te  in 
bcutf^cn  SöauEunfl.  öübfe,  ®efd)id)tc 
bct  beutfc^cn  SRenaiffance.     ©labbad), 

.^oljf^nctbclunft.  Der  fogenaimte  $olj= 
f(^nitt  in  SBerbinbung  mit  bcm  Äupfer^ 
^i(|  voax  jur  3eit  ^c^  15.  unb  16.  ^a^r^ 
bunbcrtö  baö  ßieblingöauöbrudömittcl  bcr 
Äünfilcr  [otnobl  alö  au^  bcö  93oIfcä  ge« 
roorben.  2Benn  bctfelbe  aucft  fc^on  5ö^i^' 
[junbcrte  frübcr  gcfannt  war,  trat  er  boct) 
eben  crft  bann  trirfUd)  an  bic  Dffcntlid)' 
feit,  ali  bic  3^1*  feiner  beburfte,  aU  er 
notmenbig  al^  *}luäbrucfömittel  gctt)orben 
mar. 

2>ic  beutfd^e  SBlalerei  ir»ar  in  bcr 
gottfd)cn  <Periobc  toon  ber  Qlr^itcftur  bei* 
na^e  erbrüdt  trorben.  3m  Saufe  beö 
14.  3abrf)unbertö  i)atk  fte  äwar  bic  Um= 
armung  ber  5lrct)iteftur  abgcfd)üttclt,  o^nc 
inbcffcn  bcr  Ulad^Wirfungcn  feiner  mäc6= 
tigcn  ^itin,  njcld^e  bic  SJiationcn  bcä 
ganjen  SWittelaltcrs  btnbitrct)  be^errfd)t 
battcn,  ööQig  ^err  ju  »werben.  3"^  ®egcn« 
teil  führten  bie  bamoligen  S[Raterfd)ulen 
nod^  beutUd)e  ©puren  i^rer  ^erfunft  mit 
fi^.  3n  Äöln  ^atte  iai  geifili^c  9D?ittcI= 
alter  feine  mciflen  53crtreter  gefunben, 
»ä^renb  im  Dfien  beä  beutf^cn  iRcidjc^ 
bic  ^ragerfdbulc  unter  faiferlic^cr  wclts 
lieber  ^errfd^aft  cmporbIüt)tc.  Olüein  bie 
erjierc  oermodjte  bem  einbre^enben  reali« 
flifd^en  ßuge  nic^t  ju  mibcrfie^en  unb 
bie  Ic^tcre  erbleichte,  fobalb  bic  ©onne 
bcr  faifcrlid)cn  ^ulb  aufgcf)ört  fiattc  jU 
leuchten.  3*i'if<^fn  tk^nx  beiben  (^olcn 
bcutfcf)cr  Äunfientmicflung  im  Djicn  unb 
SBcjlcn  aber  erjianb  eine  britte  ©c^ule  in 
Slürnbcrg.  3{)rer  ^atrte  ein  anbereö  Schief» 
fal.  ®i(i)ercr  at«  in  ber  «Stabt  bcr 
^ricjlcr  unb  in  ber  ^önigäfiabt  »urjelt 
bier  bic  Äunjl  in  bcm  53ctt3u§tfcin  eineö 
gefunben,  fraftootlcn,  auf  ftd)  gefieütcn 
33ürgertumö.  aBcit  entfernt  oor  bem 
^aüä)t  bcr  neuen  3eit,  mclc^er,  burc^  bic 
fan  (St)f  in  ben  Jlieberlanben  gcrcecft  unb 
ber  großen  ^anbeläftra^e  ber  ^anfa  fol* 
gcnb,  rafd^  gegen  Dberbeutfc^Ianb  ftd^ 
verbreitete,  ba^injufc^winben,  nafjm  yiüxn' 
berg  toictmebr  aüe  Strömungen  berfelben 
auf,  um  fie  feiner  eigenen  SRid)tung  bienfi= 
bar  ju  machen,  ©ctvagen  mmbc  biefe 
neue  aiid^tung  bauptfäc^Ud)  bur^  eine 
neue  3eicf)entc^nif,  eine  Sec^nif,  meld)e 
nic^t  nur  bie  Umriffe,  fonbcrn  auc^  bie 
^örpcrlic^fcit  mittclfi  blogcr  ßinien  bar* 
juilcflen  Dcrfud^tc.  3ur  (Srfinbung  biefer 
3«i4)enfun|i  mar  bie  bcutfd)e  5WaIcrei  burd) 


bie  gtä(^cnfc^eu  ber  gotifc^cn  Saufunp 
gebrängt  morben.  Die  SWalcrei  mürbe 
baburd)  jmar  be«  iRcijc«  bcr  färben  bc= 
raubt,  adcin  fte  jmang  bafür  bic  Äünfller, 
bcr  mabren  ©efialtung  bcr  {formen  mebr 
^ufmerEfamfcit  ju^umcnbcn.  Daburd^ 
üerftüd^ttgtc  jtc^  atlerbing^  bie  rein  fpiri- 
tueöc  Qluffaffung  be«  SWittelalterä  unb  in 
gicicbcm  ÜJiafe,  mie  bicä  gefc^ab,  fliegen 
Äunfi  unb  Sitteratur  in  bie  bürgerlichen 
unb  bäuer(id)en  Äreife  ^crab,  maö  jugleido 
bebingte,  t>a'^  ton  nun  an  iai  58ilb  in 
bcn  i8üd)ern  bie  |)auptfac^c  mürbe.  Da^u 
gefreute  fid)  aber  noc^  bcr  Drang  nadi 
SJiitteilung,  unb  bieg  aüe^  führte,  menn 
aud)  nid)t  jur  ©rfinbung,  fo  boc^  juv 
praftif'c^cn  5luöbeutung  unb  Eünftlerif(^cn 
©cfialtung  beö  .^oI}f(^nittc«.  (S^  galt 
jc0t  für  bie  ^tügemcinbeit  ju  arbeiten. 
5)a^  53olE  mar  ber  ÜJtäcen  bcr  Äunfi  ge» 
morben.  Die  Jcc^nif  ber  |)oIjf(^neibc' 
funfl  tfi  ibrcm  ^rinjip  nad^  äugerfl  ein* 
fa($ ,  menn  fte  aud^  gro§e  ©orgfalt  unb 
Diel  ®efd)icf  erforbert.  SlIö  Dbjcft,  auf 
melc^cö  bie  3eid)nung  aufgetragen,  refp. 
auä  melc^cm  bic  3eid)nung  auägcfc^nitteu 
mirb,  bienen  Jafcln  öon  trodencm  33u($«* 
ober  Sirnbaumbolj,  auf  meldte,  nad^bem 
fje  gehörig  geglättet  unb  mit  einem  bünnen 
Überjuge  »on  Äremni^cr  2öei§  ücrfcbcn 
ftnb,  bie  3«icf)nung  fd^arf  unb  rein,  natür* 
lid^  ücrfc^rt,  aufgetragen  mirb.  3P  bic« 
t>oncnbct,  fo  ifl  ii  bie  5lrbeit  bed  ^orm* 
fd)nciberö,  fämtlid&e  Stellen,  meldte  auf 
bem  'JlbbrucE  meip  crfd)cincn  foUen,  l)iX' 
auöjufd)neiben.  Dieä  gcfdfiicbt  mittelfl 
äufcrfi  feinen  SIReffer^en.  33erinben  fid^ 
©cgenilänbc  auf  bem  Silbe,  meldte  bintcr 
anbere  jurüdtrcten  foüen,  fo  mirb  bie 
ganjc  %lö.6)t,  um  bic  c?  ftdb  ^anbelt, 
ctmaö  oertieft,  moburdl)  bic  @tri($e  beim 
5lbbrud  in  ücrminberter  «Stärfc  erfd^einen. 
Den  ?lbbrud  bcr  ^oljplatten  nabm  man 
in  bcn  frü^efien  Qäkn  mit  |)ilfe  öce 
SRciberä  Dor.  Das  gcfeud^tete  Rapier 
murbc  auf  bie  mit  färben  beflridiene 
^oljplatte  gelegt  unb  nun  bie  iHücffcite 
bcö  *Papicr^  fo  lange  gerieben,  bi^  bie 
ßinien  be^  ®df)nitteö  ft»^  attmäblid)  in 
iai  Rapier  eingepreßt  bitten.  Olle  bic 
treffe  erfunben  mar,  ooüjog  man  ben 
5Kbbrucf  natürlidb  burd)  glcid)mä§ig  mir* 
fenben  ocrtifalcn  Drud. 

Sßann,  mie  unb  üon  mem  bic  ^olj« 
fdbncibefunfl  erfunben  morben,  mcig  man 
ni^t.  ilßa^rfdf)einlid^  marcn  bie  crftcn 
23orbilber  in  ben  Stempeln  gegeben,  mo* 
mit  Urfunben  unb  bcrgl.  fiatt  bcr  Unter* 
20' 


304 


^otjf^neibcfunji. 


fc^rift  bcbtutft  tt)uiben.  ^tnberc  »oEen 
in  ben  ©piclf arten,  beren  ^crfunft  unb 
©eburt  ebenfo  bunfel  jtnb,  bie  iöorldufct 
ber  ^ol5[dE)ncibcfunfi  ctblicfen,  inbcffcn 
p^t  man  fc^on  in  fc^t  alten  ^anb= 
fcf)rtftcn  auf  Snitialen,  tt)el(i)e  fic$  mit 
übeirafi^enber  iibcrcinji:immung  micbev» 
|)oIcn  unb  beä^alb  auf  *Mbbrucf  fcf)Uc§en 
laffen,  rcä^renb  gebrudte  ©picifarten  erfi 
feit  bem  15,  ^a^r^unbcrt  na^meiöbar 
finb.  ©icicnigen  au^  früherer  ^tit  UX' 
raten  i^re  SBerüiclfaltigung  burc^  ©d)abs 
Ionen,  ©elbfi  einige  Silber,  mie  ein 
S^rijiu^  am  Äreuj,  laffen  bem  ©til  ber 
3ei(^_nun9  nac^  auf  eihe  frü^c  (5mfie|)ung^= 
jeit  fd)lie|en,   etwa  auf  ben  51nfang  t)ti 

13.  3a^r^unbert^.  S)er  erfie  batirte  ^olj* 
fd)nitt,  ben  man  fennt,  flammt  t)om  ^a\)u 
1423.  2luf  bemfelben  ifi  ber  ^eilige 
e{)rifioferuö  abgebilbet,  wie  er  iai 
©t)rijiuöfinb  über  ben  glu§  trägt.  2)er 
|»oljf^nitt  ijt  in  ©cöwars  mit  breiten 
Sinien  gebrucft  unb  foloriert  unb  trägt 
bie  3nf<l^ift: 

Christofori   faciem  die   quacumque 

tueris 
lUa    nempe    die   morte    mala    non 

morieris 
Millesimo  cccc"  xx«  tercio 

3nbcffcn  eyifticrt  eine  t)inlän9lic^e  S<^\>^ 
t>on  blättern  o|ine  S)atum,  wel^e  bem 
(i\)axatta  ber  3eit  nad^  in  bie  36it  »or 
ber  ^errfd)aft  be^  Van  Eykfd)cn  @tile^ 
gewicfcn  werben  muffen.  Äennjeicben  finb, 
abgefel^en  t)on  ®tileigentümlid)fciten  ber 
3eit,  ben  gcfd^wungenen  (nicf)t  gebrochenen) 
galten  ber  ©ewänber:  bicfe  Umriffe,  fowie 
9Dtangel  an  €d)raffirung ,  bafür  aber  in 
ber  JRcgel  eine  naditräglic^e  Äoloricrung. 
©aö  jweitältejlc  baticrte  SDenfmal  be^ 
fi^t  bie  ^ofbibliotl)ef  in  SBien  in  bem 
iSlartprium  beä  I)ciligen  ©ebafiian  mit 
ber  3at)rjal)I  1437.  Qlua  berfelben  3eit 
flammen  noc^  eine  ®ro§jaI)I  »on  (Schnitten, 
unter  welchen  namentltd^)  idufiriertc  ^Ublafs 
jettel  unb  Dfieujaliröfarten  eine  gro^e  fRoÜe 
fpielen.  Sei  legieren  erfd^eint  in  ber  iRegel 
M^  (St)ri|lueifinb  mit  einem  Sanb  in  ben 
^änben,  worauf  ju  tefen  ift:  Ein  gut  sälig 
ior  oder  fil  gad  jar  und  dage  leben  etc. 
2)ic    atamen     ber    Äünftler    fel)Ien    im 

14.  3at)rl;unbert  ganj  unb  fommen  auc^ 
in  ber  erflen  |>älftc  beö  15.  3at)r^unbertö 
äuBcrft  feiten  t>or.  dagegen  berichten  bie 
3unftbüd)ev  uon  iJUirnberg  unb  Slugöburg 
uon  Sricfmalcrn,  3üumini|lcn  unb  gotm^ 
fd^ncibcvn    unb    führen    bie   iJJamen   auf. 


2)ie  Silber ,  wel(^c  bie  3wnftg£noffcn 
t)interlaffcn,  ftnb  mcifi  ro^  unb  ungefüge 
unb  laffen  nur  ju  beutlid)  burd^blicfen, 
ba§  ber  ^anbwerfer  oorbert)anb  eben  auc^ 
ben  jeic^nenben  Äünftler  erfe^en  mu§te. 
Die  ro§e  unb  grelle  Semalung  befiätigt 
biefe  Slnftc^t  üoUauf. 

S)ie  jal)lrei(^fie  Serwenbung  fanb  ber 
^ol5fd)nitt  in  biefer  Qtit  jur  lierfiellung 
einzelner  Silber,  wie  fie  an  2öaD[fat)rt^» 
orten  ben  ©laubigen  jum  Äauf  angeboten 
würben.  5ltlein  biefe  einjelncn  Slättet 
reiften  ftd)  oft  jufammcn  ju  ganjen 
Suchern,  wo  für  jebe  einjelnc  @eite  eine 
Jafcl  gefc^nitten  würbe.  S)aö  finb  bie 
fogenannten  Slo(fbücf)er,  bie  Sorldufer 
ber  Suc^brucferfunft.  S)a^  ältefie  ber« 
fclben  batirt  auö  ber  erjlen  ^älfte  be^ 
15.  3a^r^unbertg,  e^  ij^:  „Das  Buch  der 
haymliclie  offenbaronge  Johans",  weldie^ 
fogar  mehrere  5tuflagen  erlebte.  Daneben 
fpielt  bie  „Ars  memorandi" ,  worin  ta^ 
düangclium  burc^  tai  Symbol  ber  ©nan* 
gelifien  bejeic^net  ift  unb  Siffern  bie 
©teilen  ber  ©d^rift  anbeuten,  eine  bebeu* 
tenbe  SRoIte.  6e^r  fd^öne  3nitialcn  weift 
tai  aJlainjer  ^falterium  non  guP  ""^ 
@(f)öffer  1457  gebrucft  auf.  S'ieben  folc^* 
firc()Ud)en  Suchern,  bie  wir  un^  jum 
fleinflen  leil  auö  Sejt,  jum  weitau* 
großen  auö  Silbern  befic^enb  »orjufieüen 
l;aben,  erging  fic^  bie  |)oljfc6ncibefuufi 
in  DarficUung  »on  naturgef(ä)id)tlicf)en 
unb  anberen  Serfen  aller  2lrt. 

3n  ber  ^weiten  ^älfte  beö  15.  3a^r=^ 
l)unbcrtö  werben  bie  i)kmen  ber  gotni» 
fc^neibcr  fd^on  häufiger.  2Bir  begegnen 
einem  SDJeifler  öubwig  ju  Ulm,  einem 
Qllbert  ^fiflcr  ju  ÜRürnberg,  ber  un^  eine 
ülrmenbibel  l;interlaffen  bat,  einem  Ulrid^ 
^an,  einem  griebrid^  2ßalt|)cr,  einem  ^an^ 
©euerer  2C.  3"  ^e"  fogenannten  Firmen* 
bibclu  beftanb  jcbeö  Slatt  aui  mehreren 
gelbern.  3m  SDiittelfelb  erfcf)eint  bie  fort* 
laufenbe  ®cfd)id}tc  beö  |>eilanbes,  wäbrenb 
bie  D'Jebenfclber  baöfenige  auä  bem  alten 
Scflamente  Pcranfc^aulid^en ,  WM  man 
alö  ©pmbol  unb  Serfünbigung  be^  neuen 
anjufelicn  pflegte.  3a  fogar  ßanbfatten 
ftnb  au^  ber  3eit  be^  15.  5al;r^unbert« 
auf  unö  gefommen.  ©ie  tragen  ben 
Stamcn  eineä  3o|ann  ©c^ni^er  oon 
5lrnö^l)eim.  3"  ben:  „heyligen  reyssen 
gen  Jhernsalem",  illupricrt  üon  ©r^arb 
ütewic^,  liegt  fdt)on  ber  Sorbote  Hi 
fommcnben  3ii§ti)unbertö,  inbem  bort  bie 
©chatten  nidf^t  bloö  burdl)  parallele  ©trid^e 
t)crf  orgebrad;t  finb,  fonbern  bereite  Äreuj« 


|»oIjfc^neibefuttfl. 


305 


lagen  in  fe^t  gefd)icEtct  93et)anblung  auf» 
treten. 

Üt>crf)aupt  roax  mit  ber  ©cf)cibe  beä 
15.  unb  16. 3aftrt)unbertö  ber  cntfd^eibcnbc 
iWomcnt  getommen,  ttjo  bic  ^oljfc^ncibe^ 
funfi  in  ber  ©ntmicthtng  ber  SWaterei  ein 
€ntfcf)eibenbeö  SBort  mitjufprec^en  t;attc 
unb  tt)o  ftc  aU  eine  n)ai)re  Äunjt  bie 
grö§ten  ^ünfilcr  befc^äftigen  foüte.  <B^on 
geilen  (5nbe  beö  15.  3at)rt)unbertä  üoüjog 
fid)  eine  folgenreiche  Trennung  üon  Äunfl 
unb  Äunftt}anbwerE.  SBefentlid)  günftig 
wirft  aber  bie  ©c^mefterfunft,  bie  93u($)5 
brutferei,  unb  befonber^  ber  burd^  biefelbe 
im  2lufbtül)en  begriffene  S8u(fit)anbel  ein. 
9Uä  funfiftnnige  5Rdnner  legten  bie  gto§en 
S3uc^!^änbler  in  *Jlugöburg,  S'fürnbcrg, 
Safel  3C.  SBcrt  auf  gebicgcnc  <2luöfiattung 
ibrer  aScrlagöartifel ,  meld)e  in  ber  SReget 
cined  fünfilerifcfien  ®cf)mu(feö  nicf)t  ent^ 
beeren  burften.  Unb  jmar  bef^rirnfte  ftd) 
bicfer  nicbt  auf  bie  bitblid^en  3öuj^>^«= 
tioncn,  fonbcrn  erfiretfte  ftd^  auc^  auf 
Sitelumrabmungen,  Dtanbferjicrungen, 
3nitiaten  k.  ^iinjller  erfien  Otangeänjcuä 
beten  f\ä)  folc^en  ?lufgaben  ju  unb  eö  ift 
Vfot)I  anjunct)men,  ia^  bie  .^ünfiler  i^re 
3cic^nungen  jumeitcn  aucf)  felbfi  in  ^olj 
fc{)nitten ,  allein  ju  tnelen  ©ad^en  merben 
ftc  eben  nur  bie  3eid)nung  geliefert  baben. 
Über  bie  „©igenbänbigfeit"  ift  ein  großer 
©etebrtenjireit  entbrannt,  ber  i^cute  nocf) 
ni^t  ju  ®nbe  ifi  unb  bcn  njir  beö^alb 
umgeben  motten. 

2Bir  baben  anfangt  betont,  ia^ 
Diürnberg  es  fei,  melcf)e^  für  bie  beutfcbe 
SWalerei  auf  3if"^l)iinbcrte  bin  bie  S^iQd 
in  bic  |)dnbc  genommen,  ©ort  merben 
mir  alfo  auc^  bic  Äünfilcr  fud}en  muffen, 
meld)e  für  bie  .f>oIäfd)neibefunii  gearbeitet. 
5ln  ber  ©pi^e  berfelben  fte^t  »orerfi 
SWicf)aet  aSo^tgemutb  unb  fein  ®tieffot)n 
^lepbenmurff,  melcbc  in  ber  SJürnberger 
großen  ßfironif  bcm  ^oljfdinittc  ihre  Qtufs 
mertfamfeit  jumanbten.  51flein  ben  grü§e= 
Ten  ikubm,  bcn  Slßoblgemutb  beanfprud£)en 
fann,  ift  mof)I  ber ,  ber  ßefjrmeijier  eineö 
©eniu^  gemefen  ju  fein,  ber  an  Jiefe  ber 
Segabung ,  an  f<$öpferifc^er  ^^Mi  ber 
$^ntafte,  an  aüumfaffenber  Äraft  be^S 
©ebanfen^,  an  fittlid)cr  dnergic  cincä 
grunbcrnflcn  ©trebcnö  ber  erjie  unter 
allen  beutfc^cn  DJieifiern  genannt  mcrbcn 
mu§:  QUbred)t  S)ürer.  ®r  ift  mit  iRedit 
ber  <Stol5  unb  bie  Siebe  beö  beutfd)cn 
SSolfeö,  menn  er  aud)  in  bcn  berben 
fcbroffen  ^i[uBerlid)fcitcn  feine«  ©tue'S 
feine  ©dimädien   jeigt.      SDürer   bat   mic 


menig  anbere  SÜJlcifier  bie  aBirftidf)feit  in 
aüen  if)rcn  ^(ugcrungen  auf^  liefjle  er^ 
grünbct.  ©eine  ^eüigengefialtcn  f)olt  er 
fxi)  auä  feinen  D^ürnberger  ÜJJitbürgern 
^erau«  unb  bemüt)t  [xä)  nic^t  im  gering- 
jlen,  bicö  3ufänige  be^  gcmö^nlic^en  aU-- 
täglid)en  ßebcnö  abjujireifen.  ©eine 
Figuren  moücn  nirgenb«  mebr  fdjcincn, 
aU  ma«  fte  ftnb.  '«ttllerbing«  üermod)te 
Dürer  bie  (Sinflüffe  ber  pfiantafliifi^en 
SRic^tung  feiner  3^^  ^^^^  ^o"  f^'^)  fem 
ju  t)alten.  ©omofit  in  ber  3cid)nung  ber 
Äöpfe  unb  ^änbe,  aU  au^  anberer  Seile 
jeigt  ftd)  oft  eine  fnorrige  millEürlic^c 
SO^ianier  unb  in  jenem  fnitterigcn  un= 
ruhigen  galtenmurf  erlag  er  bcm  ®inf(u§ 
ber  i)oljfd)ni^erei  feiner  3eit.  Mein  fo 
l)erb  unb  abjio^enb  auf  ben  erftcn  Slicf 
mand^eö  erfc^cint,  fo  bemunbernämürbig 
ift  gcrabe  bic  Äraft,  bic  fd^Iid^te  ©infac^« 
beit  ber  ßinien,  meldte  bcfonberä  feinen 
^ol5fd)nitten  innemof)nt.  ©erabe  ta  mar 
er  ber  erfte,  mcld)cr  mit  r>olIer  fünjileti^ 
fd)er  9!Reificrfd)aft  benfelben  auf  bie  ^ö^c 
^cbt  unb  it)n  jum  magren  Sinbilbungäs 
mittel  für  iai  23olf  gcfialtct.  ©(^on 
1498  gab  er  bie  Apocalipsis  figuris 
I)crauö.  1511  bic  grofc  ^affion  unb 
baei  ßebcn  ber  Jungfrau,  ©aämifc^en 
unb  nac^^er  eine  SJienge  einzelner  iBldtter. 
1502  voücnbete  er  bie  au«  92  «platten 
iufammengefc^te  (Sf)renpfortc  ÜJiajimilian«, 
alä  bereu  |)auptmitarbeiter  ein  Jeron^mu« 
Slnbrc  erfc^cint.  S3on  ben  ©c^ülctn 
IJJürer«  ip  i^or  allem  $«anö  ©djäuffclin 
bert>oräu{)eben,  wn  bcm  eine  ÜRenge  Sil' 
ber  mit  bem  SJRonogram  H  unb  S  vox' 
banben  ftnb.  5Beiter  ftnb  ju  nennen: 
^anö  ©pringinflce,  ©olbenmunb,  Sauten« 
fad  u.  f,  m. 

Dieben  fRürnberg  mar  eö  ha^  reicbc 
Qlugöburg ,  eine  ©d^mcjierjiabt  in  ber 
großen  |»anfa,  mo  bie  Äunj!  frdftig 
empormu^ö.  platten  fc^on  bie  beiben 
älteren  |>oIbcin  ber  realifiifd^cn  Äunfi  ben 
93obcn  geebnet,  fo  bemegtc  fxci)  namentlicb 
^cini  Surgfmair  in  biefer  9lid)tung  aU 
ein  tüditigc'^r  banbfcrtiger  üReijter,  üon  bem 
eine  überauä  gro^e  3*161  fon  ^oljfc^nitt= 
merfen  berrül;rt,  unter  meldben  befonber« 
biejenigen  jum  „Sriump^jug  ÜRafimilian^ 
unb  jum  Söcipfunnig  berDorgei)oben  fein 
mögen.  5lücin  aud^  ?lugöburg  erhielt 
einen  ®cniu«  auf  bem  ©cbietc  ber  ^Walerci 
in  bcm  jüngeren  ^an«  ^lolbein,  al^j  beffen 
recf)te  ^Janb  im  ©cbiete  ber  fioljfc^ncibe* 
fünft  S^^ani  ?üb.elberger  erfd^cint.  SSefon« 
I  ber'S    5cidinet  fi*   ber  Sotentan;,    aU  in 


306 


|)oIj[d^ncibefimfi. 


allem  »orjüglic^,  vaai  in  ^oIjfdE)nitt  ju 
Icifien  ifi,  aui. 

3n  (Regen^burg  begegnet  unS  bcr  TtaUi 
%{bxtä)t  «lltorfct  (1480-1538)  unb  beffcn 
Sd)üler  Dftenborfcr.  5tlö  5tuägängcr  bcr 
fcf)iti(ibif(ä)en  ®(I)uIe  [inb  ju  nennen:  $anö 
•■Salburg  ©rien,  tt)eldf)cv  »ov  allen  anbern 
ein  meifier^afteö  @piel  beö  2ici)teä,  in  bcr 
2tuöbilbung  be«  fogenannten  ^eUbunfel^, 
jufianbe  brachte.  Tiiefeö  ^eUbunfel  ober 
Chiaroscuro,  njel^c^  t)on  beutfd^en  Äünji* 
lern  f(i)on  fe^r  früf)  ausgeführt  irorben 
war,  giebt  bem  ^oläfc^nitt  eine  ^^arbe  in 
r'erf(i)iebcncn  5lbtönungen,  beren  jebe  burd) 
ben  2)rud  »on  einer  anbern  *)3Iatte  bemerk 
fteüigt  «irb.  9?ur  bie  I)öd^|len  Öiiiter 
werben  »ci^  auögefperrt.  ©in  ungemein 
frud)tbarcr  Mnfiler  be«  16.  3n^rl)unbertö 
war  3ofi  5lmmann,  ber  1539  in  QüxxAi 
geboren  »urbe  unb  1591  in  0iürnberg  jiarb. 

©nblid)  pent  ftc^  aU  91uSläufer  bei 
friinfif^en  Schule  ein  iDkifter  bar,  ber 
bie  (Sinftüfife  berfclben  nac^  Sadifen  über^ 
trägt  unb  bort  an  ber  ©pi^e  einer  über» 
aue  banbfertigen  Schule  tf)ätig  war: 
Suca«  ßrana^.  3luö  feiner  €(iule  gingen 
;,a^Irei(i^e  SDieifter  ber  ^oljf^neibetunft 
berüor,  nne  Sd^Warjenberg,  Suciuä,  Seigel, 
©ottlanb,  Sßrofamer  unb  anberc.  ßranad) 
war  eifriger  5ln{)ängcr  bcr  D^eformation. 
I>ie  erhabenen  51nf^auungen  2)ürerS 
gingen  i^m  äWar  i\h,  bafür  ifi  H)m  ein  be« 
fonberS  gemütlicher,  ^armlofer  3ug  eigen, 
ber  feinen  Silbern  eine  »olf^tümlic^e  93c= 
licbtbeit  nerfd)afft  Ijat. 

So  War  bcr  ^oljfd^nitt  im  16.  ^ai)\= 
liunbert  ju  I;öc^jier  93lüte  gelangt,  ültlcin 
mancherlei  Umjlanbe,  welche  wc^felßwcife 
;u  cinanber  im  SBcrljältniä  »on  llrfad)e  unb 
iBirfung  j^anben,  üereinigten  fic^,  um  bcn 
£turj  ber  $oljfd)neibefunft  ju  bereiten 
unb  ju  bef^Ieunigen.  S)ic  großen  Wcifier 
üarben  unb  I)interliefen  feine  örben,  bie 
Äunfifertigfeit  fanf  wieber  jum  J^anbwcrf 
herunter  unb  tai  ^ublifum  gewöhnte  ftd» 
nad)  unb  nad)  an  bie  SBorftellung ,  ha^ 
ber  ^oljfc^nitt  ein  ro^eS,  »crfc^mierteö 
Silb  fein  muffe.  SDer  30  jährige  ^rieg 
war  ber  ^oljfc^neibefunp  aud)  nid)t  gcrabc 
förberlid).  5Der  ^auptfeinb  aber  erftanb 
berfclben  in  bem  emporblü^cnben  Äupfer» 
üi^c.  2)ae  aSefferc  war  beS  ®utcn  gcinb. 
I)ie  bösere  iBoDenbung,  welche  man  burd) 
»Srabjlic^cl  unb  [Rabiernabel  bamalö  ben 
Äupfcrblättern  ju  Pcrlci^en  glaubte  unb 
ber  Umfianb,  ta^  bie  iKaler  il)re  @mpfin= 
bungcn  fd)nctler  burd)  einige  3üge  ber 
iJJabel  felbj!  fdiaffen  unb  ber  2Belt  mit= 


teilen  tonnten,  fcranla^te  junöd^fi  bie 
a5crna(^läfftgung  beö  |)oljfd)nittce'.  (Sv 
frijiete  äWar  fein  Seben  nod^  biö  ing  17. 
Sa^r^unbert  hinein,  wo  unö  namentlid^ 
in  *paul  ^reujberger  »on  9?ürnberg  ein 
ad)tbarcr  Äünpicr  entgegentritt,  allein  im 
allgemeinen  würben  bie  .f)oläfd)nitte  nur 
me^r  jum  Sebruden  untergeorbneter  Stoffe 
benu^t.  2)ie  Qluferwcdung  ber  ^olj« 
fd)neibefunft  war  unferem  3fl^tl)uni'fi^t 
t>orbel)alten. 

3n  ben  Dt icb erlauben  brang  ber 
.5>oljfd)nitt  juerfi  r>on  5Deutfd)lanb  auü 
oor.  2)ie  SJlieberlänbcr  woücn  jwar  aller« 
bingS  bie  (Srpnber  bcS  |>ol3fd)nitteö  fein. 
So  foUcn  fd)on  im  13.  3al)rbunbcrt  in 
Aparlem  SBcclbcfnibcrö  eji^iert  l)abcn,  unb 
ber  Streit  bejüglid)  ßrfinbung  ber  93u^s 
bruderfunji  burc^  Sorenj  Softer,  1370 
geboren,  ift  befannt. 

%\ix  bie  ©ntwidelung  ber  grap^ifd^en 
fünfte  in  ben  SRiebcrlanbeu  l)at  ÖucaS  üon 
ßcpbcn  (1494biö  1533)  eine  äbnlid)e53ebcu= 
tung,  wie  ©ürer  für  3)cutfd^lanb.  ®egcn 
©nbc  beS  16.  3cil)r^unbcrtS  wenben  fic^  bie 
uieberlänbifd)en  ^ünfilcr  mit  Vorliebe  bem 
^eübunfel  ju  unb  jwar  fcrbinben  fte 
tjciufig  babei  Äupferjiid)  unb  ^oläfc^nitt. 

2Rit  großem  Srfolg  arbeitete  in  biefer 
aOBeife  ^enbrif  .^oliiue:  in  ^arlem.  3"^ 
17.  3o^i^^u"^cil  ging  ül»«!  i^ie  Sticber« 
lanbc  in  SRubenö  ein  gewaltiger  Stern 
auf.  %üx  benfelben  arbeitete  namentlidb 
ein  bcutfdjer  ^oljfc^ncibcr:  d^riflop^ 
3egt)er.  9Jod)  wäre  cineö  ^opfeö,  bed 
fogen.  ^l)ilofopln  mit  bcr  Sanbu^r  Sr« 
wäl)nung  ju  t^uu ,  wcld)en  SRembranbt, 
bcr  ^auptmcifler  bcr  Ijoüänbifd^en  Schule, 
felbft  gcfcfcnittcn  babcn  foß.  6in  Sd)üler 
JRembranbtä  ifi  3an  2ir>en«  (1607--1663), 
weld)cr  ben  ^oläfc^nitt  in  einer  SBcife  be« 
banbelte,  i>a^  bcrfclbe  Einblättern  äl;nli(^ 
unb  jU  ganj.  folorifiifd)er  2Birfung  gc« 
brad)t  wirb.  3"^  !'='•  3flt)i^^u"bert  ^ört 
aud)  in  bcn  JJicbcrlanbcn  ber  fünfilerifcbe 
^ol5f(^nitt  fafi  ganj  auf. 

haä)  3talien  würbe  bie ^oläf(^neibe= 
funji  ebenfalls  burd)  bcutfd)e  33ud)brucfer 
gebrad)t.  2Bir  begegnen  bort  anfange 
iauter  beutfd)cn  SRamen,  wie:  Oflalbolt, 
3ol)anncS  bc  gruncfotbia ,  ^atoit  non 
Strasburg  :c.    Unmittelbar  »or  (änbe  beS 

15.  3al)rl)unberti(  erfc^icn  in  33encbig  baS 
bcrübmte  93ud):  HypnerotomacMa  Poli- 
phili,  ein  topograpl)ifd)cS  SDJeifierwcrf  bee 
3llbo  *}3io  2)ianutio.  *}lu§crorbentlid)e 
Sljätigfcit  cntwirfclte  fid)  ju  SInfang  beS 

16.  3a^r^unberte.    3"  II90  ba  Sarpi  er» 


^öiigfeit  —  hörnerner  (Sicgfrieb. 


307 


blidcn  bie  Stfl^i^n"  ^f"  (Sifinbcr  beS 
(J^iatoäcurod.  ©eine  Hauptarbeiten  ftnb 
Serüielfältigung  9(lafael[cf)cr  ®nthJÜtfe. 
5n  feiner  2Beifc  arbeiteten  u.  5t.  Slntonio 
JJaulurri,  ©olbrini,  5(nbreani,  ß^ariolano, 
bcr  Ic^te  gute  j^ünjllcr  im  ß^iaroöcuro. 
3n  ber  jroeitcn  ^iilfte  bc«f  16.  3al)rf)un= 
bcrtö  fommen  in  23cnebig  beutfc^e  gorm- 
fd)neiber  t>or. 

3n  granfreid)  flogen  njir  etfi  im 
legten  ^Drittel  bcö  15.  ^af^r^unberts,  mit 
geringen  früheren  2luönat)men,  auf  bie 
|)oIjf(ä)neibefuuf^.  Qlud)  ^ier  ttjaren  eä 
2)eutf(i)e,  meiere  1470  bie  erjlc  S)rucferei 
in  fjBariä  anlegten.  5Uö  ba«  ältejie  33ei= 
fpiel  franjöfifd)en  ijormenfd^nittö  gilt  ge^ 
tt)öt)nlic^:  le  proces  de  Belial,  proc- 
meno  d'enfer  al'encontre  de  Jhesus 
uon  1481.  3"  ^f"  ältefien  ®c^nit= 
icn  gef)ören  ferner  bie  Jotentduiiie  con 
93evara  unb  SBernier.  9]amentli(i  aber 
r>crfud^en  fic^  bie  franjöfif^en  $oljfc^nei= 
ber  in  Sitclumra^mungen,  Jnitialeu  unb 
bergleic^en  befonber^  im  16.  3a^rt)unbert, 
fo:  eine  SfatxiQe  Quatrepomme  in  Oiouen, 
93ernarb@aIomon,  namentlich)  abcrjacqucß 
5ßcriffin  unb  Jean  Sortoret.  3m  17. 
3a^r|)unbert  maren  eö  norne^mlid)  bie 
^amilien  ^apißon  unb  Sucur,  rt)elcf)e  ben 
gormfd^nitt  pflegten  unb  bie  Slüte  beö= 
fclben,  namentlici)  beß  &l)iai:üöcurog  biö 
inäi  18.  3<if)i^{)unbert  nerlängerten. 

3n  ®nglanb  erfd)ien  ta^  erjle  mit 
^oljf^nittcn  üerjierte  23ud^  1483  unter 
bem  9'lamen;  Aurea  legenda.  3"  Anfang 
be«S  16.  Jaljr^unbertö  l)atte  ber  gorm^ 
fd^nitt  in  ©nglanb  feine  93(üte  erreidjt. 
S)ann  aber  geriet  er  gänjlic^  in  95erfaü, 
bi^  jum  Seginn  beä  18.  3al)rl)unbert0, 
tt)o  jld)  bie  englifc^jen  ^oljfc^ni^er  bamit 
abmühten,  eö  bem  ©tabifiid)  gleic^jutbun 
unt)  eö  aud)  ju  einer  bemunbernämerten 
Sec^nif  brad)ten.  'Jlai)  söud)cr,  ®ef^. 
ber  ted)n.  .ßünfic,  I^aufing,  Dürer, 
Sübfe,  Äunpgcfd)id^tc.  51.  ^. 

^»örtgfcit»  S)a«  Sffiort  ^  ö  r  i  g ,  m^b. 
hoerec  =  untert^änig,  eigen,  fann  nid)t 
über  baö  14.  3at)rt)unbert  nac^gemiefcn 
Werben,  iji  aber  »on  Dieneren  allgemein 
für  baö  Sßerfjältniö  ber  lofcren,  ftd)  bem 
©tanbe  ber  gJ^ci^eit  näbcrnben  Äned)tfd)afi 
im  alten  2)eutfc^Ianb  cermcnbet,  fKf)e 
Siten  unb  ^ned)t. 

«^orn,  biente  bei  ben  alten  25eutfd)en, 
uermutlic^  fd)on  in  früt)cftcr  3^**-  ^^^ 
i5clb=  unb  3a9bseid}cn  unb  als  Irinf^ 
gcfd)irr;  meift  benu^tc  man  baju  Süffel- 
ober ©tierljörncr,  bie  t)äufig  mit  DJtctatl, 


93ronje  ober  Silber  befd^lagen  waren. 
I)aneben  fommen  auö  bem  Orient  fiam= 
menbc  ^örner  auf,  bie  bort  feit  altera 
gebräu(^li(^,  auS  ©Ifenbein  gcf^ni^t  roaren. 
'i)ai  Heerl)orn  finbet  man  ^äufig  in  ben 
älteren  ©i^tungen  unb  bcnen  ber  beut* 
fd)en  ^elbenfage  genannt  unb  fomobl  ben 
c^rijilid)en  al«  ben  {)cibnifd)en  beeren  bei- 
gelegt. Äaifcr  Siaxl  Idfet  60000  Apörner 
blafen ,  um  feine  2lnfunft  anjujeigen. 
iRoianbö  $iorn  Dlifant  if!  berüljmt  in  ber 
(Sage;  ber  iJtamc  bebeutet  (Elfenbein.  S)a^ 
^orn,  mit  bem  bie  Signale  im  Jlricge 
gegeben  werben ,  bei^t  herhorn,  wichorn. 
'i»(jnierncr  ©tegfricb  ^ei§t  ber  ^clb  einer 
nur  in  Druden  bcö  16.  3abrl;unbert«  er* 
baltenen  unb  im  ^ilbcbranbäton,  b.  ^. 
in  ber  fpäteren  9'iibelungenilropl)c  uerfaftcn 
2)id)tung,  liet  vom  hürninen  Sifrit, 
meld)eä  bie  5lbenteuer  be^  gelben,  feine 
Drallen»  unb  SRiefentämpfe,  bi^  ju  feiner 
:Cermäl)lung  mit  Äriem^ilb  unb  ju  bem 
morblid)en  ^Infc^lag  feiner  ®d)mäger  fül)rt; 
bicfeö  unb  ein  ncrlorene^  ßieb  oon 
©iegfriebö  ^odiseit  jtnb  bie  Quellen 
beß  profaifd)en  Solfäbuc^eö  »om  ge  = 
f)örnten  ©iegfrieb,  meld)e^  ben  Jitel 
füt)rt:  „eine  munberfd)öne  ^ifiorie  eon 
bem  gehörnten  Sigfrieb,  »aä  munberlidje 
©benttjeuer  biefer  tt)cure  3f{itter  au^gge« 
fianbcn,  fel)r  benfmürbig  unb  mit  ?u|i  ju 
lefen",  Äöln  unb  Siürnberg,  gebrudt  in 
biefem  3al)r.  Der  unbekannte  'Berfaffer 
be^  big  je^t  ni^t  batierten  93uc^e«  giebt 
üWar  ale!  Duelle  eine  franjöftfdje  llrfd)rift 
an,  aber  ot)ne  S^i^eifcl  ^^^^  ^^  fein  33ud) 
baburd)  aU  empfehlen.  Der  ^niialt  ber 
€age  ijl  folgenber:  (S^riembüb,  bie2;od)ter 
beäi  Äönigä  ®ibic^,  ijl  üon  einem  Drad)en 
geraubt  unb  wirb  auf  einem  %tl\in  ge= 
fangen  gclialtcn;  in  fünf  3«l?'^fn  ^^"^^ 
biefer  mieber  äJtenfc^  werben,  feine  fdböne 
©efangene  heiraten  unb  fte  bann  i^ur  .^öüc 
fahren  laffen.  @iegfrieb,  ber  ^^dii  aui 
ben  DJieberlanbcn,  ber  burd)  tai  gett 
eineg  getöteten  Drad)cn  unt>erwunbbar 
geworben  iji,  einen  %lcd  äWifd)en  ben 
5ld)feln  aufgenommen,  b^Jt  ftd)  nun  auf 
ber  3agb  oerirrt  unb  trifft  auf  ben  S^^^^ 
Äuglein,  ?Jibelung0©ol)n,  ber  if)m  6^riem= 
ftilbeng  ®d)ldfal  erjäblt.  ©iegfrieb  la§t 
fxd)  üon  if)m  nad)  bem  Drad)enftein  führen, 
befiegt  ben  Dtiefen  .Rupcran  unb  äwingt 
il)n  jum  Dienjie,  wirb  aber  beim  iBe= 
fieigen  beö  ^^^H"^  >^''"  ^f'^i  SRiefen 
meud)ling6  ju  Soben  gefd^lagcn  unb  nur 
burc^  ©ugleinä  Sarnfappe  gerettet.  95on 
neuem  befugt,  muf  .^upcran  bem  @iegfrieb 


SOS 


Hortalas  deliciarum  —  ^umaniemu«. 


bic  Surg  auffc^UeBcn  unb  ibm  i>ai  ©^rocrt 
geben  ,  hjomit  ber  3)ra^e  aücin  getötet 
trerbcn  fann;  mit  bcffen  ^ilfe  erlegt  (3teg= 
fricb  ben  2)racf)en  unb  befreit  bic  ^uncj^ 
frau.  3)ann  ^olt  er  ben  9iibeIungent)ort, 
rerfenft  il)n  in  ben  iH^etn,  feiert  ju  SBormö 
mit  (S^riemljilben  ^odbjcit  unb  wirb  enb= 
lid}  an  ber  Duedc  vom  grimmen  $agen- 
fttalb  crfd) lagen. 

Hortulus  deliciarum,  ifi  ber  9iame 
eine«  Söerfeig,  beffcn  Sßerfafferin  bic  aui 
bem  Obilicnflofter  ^o^enburg  im  (SIfa§ 
cntfprungene  3i[btiffin  ^errab  uon 
fianböperg  ifi,  geftorben  1195.  (5ä 
ijl  eine  Qlrt  (Snci)fIopdbie,  beftcbenb  au^ 
biblifc^en,  tbeoIogifci)en  unb  rein  miffen^ 
fd)aftliii)cn  5(u^äügen,  Iateinif(|en  ®c= 
biegten  unb  baju  gehöriger  9JiuftfbegIeitung 
unb  SDJalerei,  mobei  auc^  IRac^ri^ten  über 
Jrad)ten,  «IBaffen,  ©erätfdiGften,  Qlrdfjiteftur 
unb  ^äuötic[)c  ßebenönjeife  oermerft  fmb. 
herausgegeben  oon  Gngel^arbt,  Stuttgart 
1818,  mit  12  .Tupfern. 

|)Of|iitaIitcr  ober  $of^jttaI6rüi)cr  ^ei§en 
aDe  biejenigen  firct)Iic^  georbneten  25cr= 
cinigungcn,  roelct)e  fic^,  meiji  nac^  ber 
5lugufiinif(j^en  iRegel,  ber  "Pflege  ber  in 
bie  ^ofpitälcr  aufgenommenen  Äranfcn 
itnb  Firmen  mibmetcn.  SD^eifi  mit  cigent» 
tieften  .^loflerorben  Perbunben,  fielen  fie 
unter  ber  ^lufpcfjt  beS  Sifdjofö,  fpejiell 
bei  größeren  33erbrüberungcn  unter 
einem  ©eneral;  jitii.  einjcine  Sertrübes 
rung  bat  einen  Sorfie^er,  Superior 
ober  9!}^aior.  ^^i^^"''*^  ^tlofiergelübbe 
^aben  nur  fefir  wenige  Drben  ber  ^ofpi^ 
taliter,  bagegen  perpfticbten  ftd)  pielc  au§cr 
jur  Qlrmens  unb  J?ranfenpf(egc  noc^  jur 
2(rmut  unb  ©afifrei^eit.  g^^'^'^f^  f"t= 
flanben  bie  Apofpitaliter  in  3ti-itien  feit 
bem  9.  2af)r^unbert  in  bem  Drben  Unfer 
Sieben  grau  della  Scala  ober  Pon  ber 
Stufe  ber  Siena.  SDiit  ben  .Rreuj^ügen 
wuci)ö  it)re  S^i^'I  au^erorbentli^  unb  fie 
Perbreiteten  f\d)  bur(S  ganj  (guropa.  *3lu§er 
ben  .giofpitalitern  beö  beiligen  '■Jlnton  gab 
e^  .^'ofpitatbrüber  jum  beiligen  3o^anne«, 
ben  Drben  ber  beuti'd)cn  SRitter,  bic$ofpital= 
brüber  pom  Drben  beä  beiligen  ©eijle'ä 
unb  piele  anberc. 

^of^italiter  ht§  öciligcn  Slntouiuö. 
®egen  (Snbe  beö  11.  Saf)^""^«^^  miitetc 
in  (^ranfreii)  eine  Äronf^eit,  bie  man  i)ci^ 
gcuer  beä  f;eiligen  5(ntontug  nannte, 
»eil  man  Pon  biefem  ^eiligen  SHettung 
hoffte.  QltS  ber  einjige  «Softn  eincS  6beU 
manu'g  in  ber  3)aupbine,  ©afton,  Pon 
biefer  .^ranfbeit  befallen  würbe,  tbat  ber 


Sater  über  ben  ^Reliquien  beS  ^eiligen 
ein  ©elübbe,  t)(i^  er,  wenn  ber  @o^n  ge= 
nefc,  fein  ganjed  Vermögen  jum  Sejien 
ber  an  biefer  ÄranE^eit  ßeibenben  pcrwen= 
ben  Würbe.  Seibcö  gefc^af),  unb  ber 
23atcr  ©ajionö  würbe  mit  ac^t  ®efäf)rten 
felbfi  Äranfenwärtcr.  5lnfangö  waren  c? 
blo§  ßaien;  Jnnoccnj  HI.  gab  i^nen  120S 
bie  (Srtaubniä  eine  Äir^e  ju  bauen,  unb 
^onoriuö  III.  gejiattete  1228  ben  a«it= 
gliebcrn  bic  ^IBlegung  beö  HJJönc^ägelübbeö. 
Sonifaj  III.  machte  fie  ju  regulierten 
.^anonifern  unb  gab  ibnen  bie  iReget  bcö 
l;eiligen  *)lugufiin.  ®ewö^nlic&  nannte 
man  \\t  Ülntoniuäberren;  aU  Drbenö= 
tra(ä)t  trugen  fie  ein  f^warjcä  ©ewanb 
mit  einem  baraufge^cfteten  himmelblauen 
cmaitlirten  T,  nad)  ®jed&.  9,  4.  iBcim 
Sllmofenfammeln  trugen  ftc  ein  ©loderen 
an  ibrem  ^alfc.  3)aä  iBotf  pflegte  ibnen 
jä^rlid)  ein  ©d^wein  ju  Pcrefiren,  weld)e« 
lier  bem  fieiligen  Qlntoniuö  geweifit  ift. 
©er  Drben  breitete  ftd)  fd)ncE  aud;  bie 
frieren  nannten  ftd)  Äomture  unb  ber 
5lbt  Pon  @t.  9lnton  ju  Sienne  war 
©rogmcitler.  ^ogenbai^  in  ^etjog« 
iReaMäncDfl. 

^iimanigmug  beift  bic  literarifdic  i8e= 
wegung,  weldjc,  aui  ber  95efd)äftigung 
mit  ber  antifen  Äunji  unb  ßitteratur  ^cr? 
norge^enb,  jucrfi  in  Stalten  unb  fpäter  aud> 
in  ben  übrigen  ßänbern  beö  romanifd)- 
germanifd)cn  (Suropa ,  bai  ÜRittelalter 
perbrüngt  unb  bie  Saftä  ber  mobernen 
Silbung,  8ebcnßanfd)auung ,  Äunfi  unb 
Sffiiffenfd)aft  wirb;  unter  ben  mannigfaltig 
gen  (Srfdbeinung'Sformen  ber  Stenaiffancc, 
an  wetd)cn  tak  ©taatislcben,  ta^  ßebcn 
beö  SnbifibuumS,  baö  Qi\)tn  ber  ©efeU- 
fd)aft,  bie  Perfd)iebenen  Äünfte  teilnc|)men, 
fallt  atfo  bem  ^umaniömuä  bic  51u«bil' 
bung  beä  litterarifd)cn  ßebenS  ju,  unb 
in  biefem  namentlich  bem  barin  walten« 
ben  Sebenöprinjipc  beö  ^umaniSmuS, 
ber  fcftönen,  bem  flafrifd)en  'JUtertum  ent* 
nommenen  3[Renfd^Iid)Eeit,  welche  ber 
^umaniömuä  in  bewu§ter  @elbperfennt= 
niS  bem  (f)rifili^=Eird)lic^en  ScbcnSprinjipc 
beö  SKittelalter«  gcgenüberfiettt.  2)er 
^umaniSmuö  bilbet  beübatb  eine  ÜRittcI» 
jiufe  jwifd)en  bem  antifcn  ßebcnöprinäipc 
ber  hamanitas  unb  bem  .^»umanitätöibealc 
beö  18.  3al)rl)unbertä.  S)cr  ©ntilc^ung 
beö  ^umaniömuö  porauö  ge^t  bie  Silbung 
bcd  mobernen  Staate^  auf  italienifd)em 
53o&en,  namentlid)  beö  jiäbtifi^en  2cbcnö, 
bic  33ilbung  einer  allgemeinen  ®cfell|c^aft, 
welche  fid)  bilbungöbcbürftig  fübltc,  unb 


^umaniemu^. 


309 


ba§  Stft)acf)cn  bei"  ^erfönlic^Eeit  au«  bem 
gebunbenen  Sffiefen  ber  mittelalterli^cn 
sffictt;  erft  im  14.  Jaljibunbcrt  tritt  aU 
neue  (Srfcftcinung  bic  *Partcina|mc  ber 
3taliener  für  tai  Altertum  fiinju,  ttietd)e« 
fic6  nun  ber  neu  fid)  cntroicfelnben  realen 
Öilbung  in  allen  ©ebieten  be^  Oeiftc« 
alä  fidjerer  Jvübrer  anbot.  Unterjlüt^t 
irurbe  biefe  Strömung  baburd),  ta^  ha^ 
mittelalterlid)c  Äaifcrtum  feit  bem  Unter= 
gang  ber  ^o^enftaufen  im  ganjen  auf 
Italien  vierjid^tet  l^ittc  unb  hai  !J}apfitum 
nad)  5Ungnon  übergeficbclt  war. 

*3llö  ein  erfter  bebcutenbcr  3"8  i" 
biefer  neuen  ®eijleärid)tung  wirb  bie 
Scitnatime  ern3ät)nt,  bie  fid)  feit  etnia 
1300  für  bie  iRuinenfiabtiRom  funb^ 
giebt;  ißoggio  ifi  bier  ber  erftc,  ber  in 
feiner  Ruinaram  nrbis  Romae  descriptio 
um  1430  tai  "gtubium  ber  iKcfic  felbft 
mit  bem  ber  alten  'JUitoren  unb  mit  ben 
Snfc^riftcn  inniger  oerbanb;  an  feine 
furjen  *Jlufjeic^nungen  fd)tie§t  [xä)  baä 
SöerE  be^  33lonbuö  non  ^orli,  ge= 
porben  1447,  Roma  instanrata,  beffen 
_3tt>ed  fd)on  über  bic  Sc^ilberung  beö 
'Borbanbenen  ^inauö  auf  bie  *3luömittelung 
beö  Untergegangenen  fid)  eijlredt.  *piuä  II. 
iji  ganj  üon  antiguarifd)cm  3ntereffe  erfüllt 
unb  bat  bic  ^JUtertümcr  ber  Umgebung 
ülomä  juerp  genau  gcfannt  unb  bcfd)rie= 
ben.  d«  entftanbcn  je^t  bie  erften  Samm= 
tungcn  uon  'iUtertümern  jcber  ©attung; 
man  begann  ^Utägrabungen  nad)  ^^nter« 
tümern,  "fanb  ben  5tpon  oon  93ctr>ebere, 
ben  ßaofoon,  bie  oatifanifdje  iBenuä,  bie 
Cleopatra;  unb  fe^te  fi^on  frül)  bic 
©runbfälje  feft,  nacb  ireld)en  5lufna^men 
cntifer  *}Uteitümer  gefc^cbcn  foHtcn,  niim* 
lid)  für  jebcn  Übcrrefl  ^lan,  *}Uifri§  unb 
2)urd)fd)nitt  gefonbcrt.  Tlit  bem  ar^iio« 
logifc^en  ^"^«iffff  •&ani>  i»  ^anb  gebt 
ein  patriotifd)eä ,  unb  ba(b  vcrfnüpft  fid) 
au^  bamit  eine  gemiffe  SRuincnfentimcn« 
taUtät,  bei  man  bic  erjlen  ibealcn  SRuinen= 
anfid^ten  uerbanft. 

Sffiid^tiger  aU  bic  baulid)cn  unb  fünfte 
Icrifd)en  !Reftc  bcö  Stltcrtumö  nnirbcn  bie 
alten  ^tutoren,  auö  benen  man  vor= 
ncbmlid)  ben  ©eifi  ber  fd)önen  SSilbung 
f^öpfte;  non  it^ncn  fennt  ba^  14.  ^a^X' 
bunbert  erft  bic  gangbarficn  lateinifd)cn 
2)id)tcr,  ^ij!orifcr,  9{cbncr  unb  (Spijio* 
lpgrapt)en  nebfl  einer  Qtnjal;l  latcinifc^cr 
Uberfc^ungen  nad)  einigen  «Sd^riften  beä 
5lrijloteleö  unb  *piutar^;  crfl  mit  bem 
15.  3«l)tbunbcrt  beginnen  bic  großen  unb 
ja^Ircid)en  (Sntbcdungcn  verlorener  Qluto- 


ren,  bic  fl)fiemati)'d)c  *}lnlage  von  iBibUo= 
tbefcn  burd)  Äopicren  unb  ber  eifrige  53c= 
trieb  beö  Überfc^enä  auö  bem  ©rie^ifc^en. 
ÜJlit  ma£)rcr  Scgeiftcrung  unb  mit  größtem 
*Muftt)anb  ö?ononiifc6er  Mittel  trurben 
feltcne  Sü^er  gcEauft  unb  abgef^ricbcn; 
?iifoIaug  V.  I)intcrlic^  bicfcnigc  Sibtio^ 
t^ef,  bic  ber  ©runbjlod  beä  Satifana  ge^ 
morben  ift;  in  ^^orenj  »crmad)tc  iJliccolo 
SfJiccoli  feine  wcrtüotlc  Süd)crfammlung 
bem.Älojlcr  St.  ÜJJarco  mit  iSebingung 
ber  Dffcntlid;fcit.  QU«  bic  beiben  größten 
i8üd)crfinber  merben  ©uarino  unb  iCoggio 
genannt;  auä  antifem  «Patriotiömuö  fam= 
meltc  ber  ©riei^c,  Äarbinal  Seffarion, 
600  §)anbfc^riften,  für  bie  er  einen  filteren 
Ort  fud)te,  wobin  er  fie  ftiften  fönntc, 
bamit  feine  unglüdUd^c  .^eimat,  menn  fie 
je  micbcr  frei  mürbe,  i^re  ücrlorcne  Sittc= 
rntur  mieberftnben  möd^tc;  er  fanb  ben 
Ort  in  Senebig.  93efonberö  in  glorcnj 
blüf)tc  baö  ©tubium  ber  gric^ifd)cn 
6prad)c  unb  ßittcratur ,  getragen  i^on 
einer  .Kolonie  gried)ifc^cr  ^lücbtlinge,  be* 
ren  erficr  tOJanuel  Sbnjfolaraö  war;  ber 
Umgang  ber  italienifdien  ©elcbrtcn  mit 
geborenen  ©ricd)en  brachte  eö  aud)  mit  fic&, 
hafi  griecf)ifd)  Ofieben  eine  3icrbc  ber  l)uma« 
nifitfd)cn®cle^rten mürbe.  511^  bie gricd^if(Sc 
.5?olonic  auöj^arb,  lic§  bie  Scilnabnic  für 
bas  ®ried)ifd)c  in  Italien  fc^ncü  nad^. 
'Jluc^  baö  ©tubium  ber  t)cbräifd)cn  unb 
arabifd)cn  ©prad)en  gewann  in  Stalicn 
einen  jiemlidb  bebeutenben  Umfang. 

S)er  ^umaniämuö  fielet  in  Stallen 
in  enger  *ßerbinbung  mit  bem  ©rwac^en 
einer  italienifd)en  D^ationalpocfic 
unb  ber  italienifd)cn  ©prai^e  überhaupt: 
bic  Elaffifd)cn  S)id)tcr  fmb  in  bicfem  ßanbe 
juglci(i  ^unianijien.  ©o  fifton  ©ante, 
ber  Sergil,  ben  größten  antifcn  ®id)ter 
in  ben  üUtgen  feiner  3eit,  jum  gü^rcr  in 
ber  -^öüt  unb  im  ^urgatorium  gcwäf)lt 
unb  juerfi  eine  %ü{lt  antifer  8cbcnäbci= 
fpiclc  in  feiner  3)id)tung  gepuft  l)at. 
«Petrarca  ift  für  feine  3«it  weit  mcbt 
ber  begeiflertc  ??rop^ct  ber  antifcn  Sil* 
bung  al^  angcfcbener  S)id)tcr  gcwcfcn; 
er  abmte  alle  ©attungen  ber  latcinifd)cn 
^oepc  nacft  unb  war  ber  eigentlid)c  iRe= 
präfentant  ber  antifcn  93ilbung.  @o  War 
aud)  ^Boccaccio  als  ^umanifl  unb  S3et« 
faffer  mi)tbograpl;)ifd)er ,  geograp^ifc^cr 
unb  biograpbifd)cr  Sammelwerfc  in  latci* 
nifc^cr  ©prac^c  inncrl^ilb  unb  au^crbalb 
Jtalienö  weit  bcrübmtcr  benn  aU  23crs 
faffer  bcd  S)cfameronc. 

311^  fpmbolifi^c   ßeremonic   ifi    ben 


310 


^umaniämu«. 


.f>umanifien  bie  $oetcn  frönung  mit 
bem  Sorbeerfranj  eigen,  eine  öffentticbc 
2)emonfiration ,  ein  ft(i)tbareT  5luöbrucf 
bc«i  ItttcrQvifd)en  iRuI;meö ;  if)re  91nfänge 
im  ü}Httclatler  ftnb  bunfel;  bocf)  fielet  fie 
ohne  3"-'fif£l  ii"  Sufi'nu'^^nf'inQ  "^it  ben 
nai)  gvied^ifc^cm  ißorbilb  ijon  2)omitiQn 
gcflifteten  fapitolinifc^en  SBcttfämpfen. 
iUnfängli^  na^imen  ißifd&öfe,  Diieftoren  ber 
Unit>etfität ,  bie  ©tattbe^örbe  »on  fRom 
bic  ßeremonie  »ot;  feit  Äavl  IV.  in 
Italien  einen  *Poeten  gefrönt,  tt)aten 
reifenbe  Äaifer  balb  i)a,  balb  bort  eben* 
baöfelbc;  im  15.  TNofirbunbert  ging  bie 
Zeremonie  rom  *13apfie  unb  anbcrn 
$5ürjien  au«. 

jDer  ^umaniömuä  l)aik  eine  bcbeutenbc 
SBirfung  auf  bie  Uninerfitiiten;  v?on 
ben  ^rofeffuren  beä  geij^UAen  unb  melt- 
lic^en  SRecf)teö,  ber  SDiebijin,  ber  iRljetorif, 
ber  *pt)iIo[opf)ie  unb  ber  5lftronomie  mar 
bicjenige  ber  JRbetorif  befon&er^  ta^ 
3iel  ber  ^umanifien,  abgefeljen  i^on  be- 
folbetcn  Sef)rern  ber  grie3)i[d)en  Sprad^e. 
^oä)  gab  es  baneben  noc^  ja^Ireid)e  an= 
bete  geleierte  3njtitute  längerer  ober 
fürjerer  S5auev,  namentlid)  üud)  freie 
5lfabenüen ,  an  meieren  ^umanijiifite 
x.'et)cer  beteiligt  maren;  im  ganjen  liebte 
man  bie  iMbme(l)öIung,  unb  eß  mar  übevs 
t)aupt  meniger  auf  eine  grünblicfee  pI)ilo= 
Iogifd)e  unb  reale  93ilbung  abgefe|^cn, 
als  auf  eine  Öebenöjül)rung  im  ©inne 
bcö  ^umaniemuö,  beffen  mefentlicbe  (Sie» 
mentc  perfönli(J)er  Umgang,  SDiöputationen, 
bejlänbiger  ©ebraud)  bcö  !?ateinifd)en  unb 
jum  Jeil  beö  ®ricd)ifc^en  maren. 

Unter  bcm  (Sinfluffe  beö  ^umanifgmus 
ftnb  in  Stcilien  axxä)  bie  crfien.iion  ber 
Äirc^c  unabfjängigen  ©cbulen  cntfian= 
ben,  bie  teil^  ftäbtifcf)er,  teil^  prircter 
iyjatur  maren.  6rft  t)ier  mürbe  baö 
€cf)ulmcfen  unter  bem  ®efid)täpunfte 
tiö^erer  ©räiebung  betrieben;  am  mirf= 
famfien  maren  in  biefer  93ejicl)ung  93ittos 
rino  ta  ^^eltre  ju  SUJantua,  ber  ju^ 
crft  Mi  lurnen  unb  jcbe  eblerc  ßeibeö* 
Übung  mit  bem  miffenfct)aftlid)en  Unter* 
rid)te  »erbanb,  unb  ©uarino  von 
23erona;  befonber^  unternommen  je^t 
^umaniften  bie  früber  non  2;t)eoIogen 
geleitete  (Srjie^ung  oon  ^^"'■'Pfnfi"^^'^"- 

®anj  bcfonberö  bientcn  in  Sf'tien 
bie  .§)umanijlen  ben  OiepubUfen  mie  ben 
gürftcn  unb  $äp(leu  jur  Qlbfaffung  ber 
Briefe  unb  jur  öffentlichen,  feicrlid^cn 
iRcbe.  gaft  aüe  großen  SÖJänner  ber 
SBiffenfc^aft   in   Jtalien    bienten    im   15. 


3af)rf)unbcrt  einen  %ti\  if)re3  ßebenä  aU 
©efretäre  unb  ®ef)eimfc^rcibcr.  S)ie 
2BrieffammIungen  beö  dicero  unb  ^liniuÄ 
mürben  ju  bcm  6nbe  aufi«  genauefte 
jiubiert  unb  mit  groger  33irtuofität  naä)> 
geat)mt.  ^oä)  mid)liger  aber  mirb  bie 
©loquenj,  bic  [xä)  je|t  »ötlig  Don  ber 
^ixä)e  emanjipierte  unb  ein  notmenbige^ 
(Element  ber  Rotieren  ®efenfd)aft  jeber  5trt 
würbe.  2)er  9^amc  ber  ®cfanbtcn  »on 
Staat  an  @taat  ij^  Dratoren;  gütfien 
mürben  bei  jebem  feicrlid)cn  ©mpfang  oft 
ftunbenlang  angcrebet;  bei  Seamtener* 
neucrungen  ,  .(Sinfübrung  neuernannter 
33if(^öfe,  bei  Überreid^ung  bcö  gclbl)crrn= 
ftabcö  fet)It  nie  bie  folenne  9^ebc;  bie 
lobeätage  ber  ^ürften  mcrben  burt^  ©c« 
bäc^tniäreben  gefeiert,  unb  namentlid^  fällt 
bic  Scicbenrcbe  bem  ^umaniftcn  anl)eim; 
neben  ben  afabemifd)en  SReben  flel)t  bie 
aniiquarifd)«pl)iloIogifd)  auögcftattctc  iRcbe 
be«  *Jlbriofatcn  unb  be§  $eerfüf)rerä  nor 
unö  nad)  bem  Äampf.  Grnjierer  fRatur 
finb  bie  '-Bemühungen  ber  |)umanißen  um 
bie  Qlbbanblung  in  unmittelbarer  ober 
bialogifd)er  gorm,  um  bic  latcinif^c 
@efd?ic^tfd)rcibung,  um  bicSDlono* 
grapbic  unb  93iograpl)ic,  um  bic 
6rforfd)ung  beö  iPJittelalters,  beffen  (Sr* 
tennung  aU  eine  übcrmunbenc  i3ilbung 
juerfi  in  biefen  Greifen  auftritt,  überhaupt 
um  bie  DJcubilbung  unb  Söcarbcitung 
fämt(id)er  gai^miffenfd^aftcn. 

(S{)araftetifiifd)  für  ben  ^umani^mu^ 
iji  bie  5tntififierung  ber  9iamcn; 
biefelben  merken  tcil^  einfad)  au^  ben 
SBornamen  be^  QUtertumei  genommen, 
3lgamemnon,  Striftibee ,  'JlpeUe«;  ober  fie 
erfc^en  33or=  unb  ®efd)led)t0namen  ju« 
gicidb,  mie  fid)  j.  33.  Sanfecerino,  ber  ®e« 
fd)i^tf($reibcr,  3uliuö  $omponius  Sactu« 
umtaufte;  ober  eö  finb  gried)ifd)e  ober 
latcinifc^c  Übcrfc^ungen  ber  nor^anbenen, 
fomot)!  Sauf*'  alä  3unamcn,  monac^ 
j.  93.  aua  ©iooanni  Sooianuö  ober  Sanuö, 
auö  ©annajaro  ©pnceru«  murbc;  bie 
le^tcrc  Qtrt  ifi  bei  ben  beutfd)en  ^uma» 
nipcn  fafi  auöfd)lieglid)  93raucb  gemorbcn. 

S)er  |)umaniömuö  ifi  e«  gemefcn,  ber 
juerji  mieber  t>on  ber  lateinifdben  2Rönd)äs 
fpradje  ober  über|)aupt  ber  latcinifc^en 
Sulgärfprac^e  be^  IDlittelalterö  auf  ba* 
flafpfc^e  Satein  jurücfgegriffen  ^at,  mobci 
feit  bem  14.  3abr|)unbert  Siccro  unbc« 
ftritten  al^  ba«  reinjtc  iötufier  ber  *Profa 
galt;  ber  (£iceroniaui«niuö  jeboc^,  ber  fic^ 
feben  Qluebrucf  uerfagte,  menn  berfelbe 
nid;t  au0  Sicero  ju  belegen  mar,  begann 


^umaniömue. 


311 


cvft  am  önbe  bcö  15.  3a^i^unl>crtö  uni> 
l)attc  immer  ©egner,  tt)eld)c  einer  eigenen, 
inbiDtbueKen  gatinität  t>ai  SGBort  rcbetcn; 
für  bie  Äonoerfation  ging  man  auf  ^ptautu^ 
unb  Serenj  gurüdf,  bcren  Äomöbieu  pufig 
aufgeführt  würben. 

2)er  ^öd)fte  ©toi,  ber  |)umanijien  iji 
aber  bie  n  eulateinifd^e  S)ic^tung.  5luf 
bicfcm  ®ebiete  ^at  bie  33ert)unberung  für 
baö  Altertum  ein  teiinjeifeö  2öieberertt)ad^en 
be«  antifen  italienifd)en  ©eijie^  in  ben 
2)icf)tern  fetbj!  möglich  gcmad)t.  Unter 
ben  ßpen  fief)t  *^etrarcaö  5lftifa,  bercn 
^clb  ber  ältere  ®cipio  Qlfrifanuä  iji,  oben» 
an;  ja^treid^  ftnb  bie  2)icbtungen  mi)t^o= 
logif^er  unb  bufolifc^er  *Krt,  tt)orin  eine 
ganj  neue,  fclbfiänbige  ©ötler*  unb  ^irten» 
melt  ju  Sage  tritt;  i^on  d)riftlicf)en  Spen 
I)at  ber  italienifc^c  .^»unianiömuö  namcnt= 
lid^  bie  (S.l)ripias  bcei  33iba  unb  de  partu 
Virginis  bcö  ©annajaro  tjcrüorgebrac^t, 
weld)  Ic^tcrcr  unbebenHic^  alte  IWipt^ologic 
mit  bem  d)vifilid'en  Stoffe  mifc^t;  oud) 
bie  3'^it9ff<i)i<^tf  reurbc  in  J^ejamctern 
über  Diftid^en  bcf)anbelt,  meifi  ju  (Sijreu 
eines  dürften  ober  gürpen^aufe^ ,  wovon 
bie  Sphorcias,  Borseis,  Borgias  3fU9cn 
finb.  3)ie  bibaftifd^e  2)ic^tung  t)at  befon« 
ber«  im  16.  3öf)i^5un^«t  einen  großen 
5luffd)mung  genommen  unb  j.  93.  tai 
©olbmad^en,  tai  6c^ad)fpiel,  bie  ©eibcn* 
5ud)t,  bie  ^Ipronomie  bel)anbelt.  51uf 
bem  ©ebictc  ber  l9rifd)cn  ^ocfic  »Durbe 
befonbcrö  (Satuü  nac^gea^mt;  weniger 
antit  crfd^einen  bie  Oben  in  ben  alten 
Dbenüerömafen,  taufc^cnb  antif  bagegen 
eine  %nia\)l  ©ebidjte  im  elegifc^^eu  $er^; 
ma^  ober  bIo§  in  J^'^y'^iictti^"  >  tmn 
Sn^alt  uon  ber  eigentlid)en  ölegie  bi^ 
jum  Ieid)teren  Epigramm  l)erabreicftt;  mä) 
i)kx  ifi  ©annajaro  ber  erpe  ü}?eifier. 

SfJan  fannim  italienifd)en^umaniömu^ 
einen  bleibenben  Äern  unb  eine  üorüber« 
gcbenbe  ^orm  unterfd)ciben;  biefe  le^tere 
\\t  bie  bcfonberc  ©ejialt,  wel^e  bie  ©efetl- 
f(^aft  ober  ber  @tanb  ber  Jp)umanitlen  \)kx 
angenommen  f)atte;  berufsmäßige  93ertrctcr 
ber  antifen  Silbung,  bie  ni^t  blo§  in 
ber  Se^re  unb  ®c[)rifi{ieüerei,  fonbern 
nod)  mel)r  im  Umgang  unb  ©tonb  ein 
in  fid)  abgefd^toffeneö  (Element  ber  ita= 
licnifd}en  (Sefeüfd^aft  bilbeten;  ber  blei« 
bcnbc  .^ern  liegt  in  ber  Söfung  oon  ber 
®d)olaflif  unb  in  ber  2Biebergeburt  ber 
antifen  äßeltanfc^auung ;  er  wirft  unr)cr= 
äu§erlid)  biö  ^eute,  wäl)renb  jene  bunuv 
uiiiifc^e  ©efeüfc^aft  Staliene  fAen  in  ben 
erpcn   Sejcnnien    be«    16.   3ai)rt)unbertä 


f(^nell  abjiarb;  aU  Urfad^en  be*  9'iiebers 
gang«  werben  angegeben  bie  (Srftnbung 
beö  Söu^brucfö,  welche  ben  pcrfönlidben 
Umgang  mit  ben  ®elet)rten  teilweife  ent-- 
bebrlid^  machte,  baß  geringe  ÜJiaß  ibrer 
fittlid^en  2;üd)tigfeit ,  ibre  SRubmfucfci, 
föitelfeit,  ©d;mät)fuct)t,  Dbcrfläd)lic^feit, 
unb  fc^on  in  Italien  eine  SReaftion  be« 
gläubigen  Äirc^entumS  gegen  ben  wenig 
firct)lid)en  (Scifi  ber  .^umanijten.  2)agegcn 
erneuerte  unb  vertiefte  ftd^  ber  ^umani8= 
muS  in  ben  ßänbcrn  bieöfcitö  ber  Qllpen, 
in  weldf)e  er  in  ber  jweiten  ^älfie  bea 
15.  3al)vbunbertö  langfam  ©ingang  fanb. 
3n  I)eutfd)lanb  finbet  man  juerjt 
an  ben  Äonjilien  von  Äonftanj  unb 
Safel  italienifd^e  .^umaniflen  teils  für 
ftd)  auf  ^anbfd)riften  auögc^enb,  nament* 
lic^  $oggiuö,  teils  f(^on  unter  I)eutfd)en 
*)3ropaganba  mad)enbfür  i^reSeftrebungen; 
tai  le^tcre  ifi  befonberä  bei  2inca«  ©^loius 
ber  ^aü.  'Sioi)  lagen  con  t>ornl)erein  bie 
Serljältniffe  Wefentlicl)  anberS  alö  in  3ti>* 
licn;  bie  lateinifd^e  ©pradje  war  fel)r  »iel 
frcmber  für  bie  beutfd^e  3^ation;  eine 
SRationalfpradfje  unb  eine  DiJationalbid)« 
tung,  bie  mit  ber  2)id)tung  ber  ®e« 
lebrtcn  ^anb  in  J^anb  gegangen  wäre, 
gab  eS  nic^t;  bie  beutfd)en  j^ürfieuä 
gefd^lec^ter  jelirten  nod)  an  ber  roberen 
ißilbung  ber  oorljcrgegangenen  3al)r{)un= 
berte,  unb  nur  wenige,  wie  SWajimilian, 
modbten  ftct)  für  eine  fd)önere  Silbung 
begciftern  laffen;  bie  italicnifd)e  ©täbte« 
Üpranniö  war  2)eutfd)lanb  ganj  fremb, 
unb  in  ben  «Rcii^ejläbten  bominierte  eine 
ben  ©ewerbö*  unb  ^anbelsintereffeu  er« 
gebene  93ürgerfdf)aft.  ©tanb  ber  Äleru3 
jwor  anä)  i)m  tief  genug,  fo  arbeitete 
ftdt)  bod^  feit  bem  Seginnc  beS  15.  3abr= 
t)unbertö  felbflänbig  ein  ernfterer  33ilbungä= 
trieb  butd),  weither  ftd^  mit  Eingabe  bem 
Sugenbunterri^tc  wibmete.  2)ie  ©ruber 
bei  gemein f amen  CebenS  (oergl. 
biefen  5lrtifel)  würben  Die  Segrünber  cineS 
fird^lid)en  unb  bocf)  ber  freieren  Sßilbung 
offenen  Unterri^teS,  unb  au«  ü)m\  ©dl)ulen 
gingen  balb  ®elet}rte  t)eriior,  bie  jwar 
meiji  i^re  93ilbung  in  ^ttilicn  polten,  fict) 
a\xi)  in  biefem  Sanbe  bie  fonpcntionelle 
fiebcnöfü^rung  ber  ^umanifien  aneigneten, 
in  i^rer  eigenen  ^cimat  bogcgen  ernfter 
unb  würbiger  alö  i^re  Sorbilber  ju  wirfen 
pflegten,  bcfonbciß  in  Scjug  auf  it)re 
t^eologifd^en  93ibel '  ©tubien  unb  auf 
bie  3"3tnbbilbung;  ber  ©t|  biefer 
^umaniftenfc^ule  iji  am  SRbein',  oon 
ben    iJJiebcrlanben    aufwärts    in    iffiefel. 


312 


^umiliatenorben. 


jpeibelbcrg,  ©c^tcttfiabt,  SBafcI,  njoju  be* 
fonbcr«  nod^  Slübingen  unb  Erfurt  !ommcn. 
3>ie  cinfluircic^lien  Dtamcn  ftnb  ^obcinn 
Sfficfcl,  SRuboIf3l9tifola,^Iej:anbcr 
^egiu^,  0lubolf  üon  ßange,  ^cr* 
mann  t>on  bem  Sufä),  3afob 
SBtmp^cIing,  Scatug  Ot^enanu^. 
<Sie  »erben  aüe  übertroffen  üon  bcn 
gürjlen  be«  beut[(i)cn  |)umaniömu'g, 
tJteudblin  unb  (Sraämu«,  jener  befon- 
ber«  für  tai  $ebräifd)e  t^ätig,  biefer 
überhaupt  ber  größte  ®elel)rtc  feiner  3eit, 
ton  bem  ein  Seitgenoffe,  3o6.  ÄcBler  in 
feiner  ©abbata,  folgenbe«  f(f)reibt:  Wie 
hocliverrüembt  der  name  Erasmi  bi  allen, 
fürnemlicli  aber  bi  den  gelerten  ge- 
halten werd,  ist  mengklichen  und  be- 
snnder  die  der  latiniscben  sprach  wissen 
tragend,  onverborgen,  dann  er  alle  sine 
büecher  in  diser  genanten  znngen  be- 
schriben  (Sunst  ist  er  ain  borner 
Holander  von  Roterdam);  welche  ge- 
lerten sich  nit  gnnogsam  verwunderen 
können  der  kunst,  wishait  ordenlicher 
schribung,  damit  er  sine  ussgangne 
büecher  geziert  hat,  also  dass  zuoglich 
sin  nam  in  ain  spruchwort  verwendt 
ist,  solichermassen:  was  kunstrich,  fur- 
sichtig,  gelert  und  wiss  geschriben  ist, 
spricht  man,  das  ist  Erasmisch,  das  ist 
onfelbar  und  volkommen.  Disem  Erasmo 
ist  die  latinisch  sprach  vil  eeren  schuldig, 
dann  er  si  durch  die  Sophisten  verwiiest 
uss  dem  kat  und  unflat  gezogen,  ussge- 
suberet  und  poliert  hat.  Zuo  dem  hat 
er  die  studierenden  jugent  uf  recht  ban 
zuo  lernen  gefüert;  die  älteren  aber  hat 
er  mit  teglichem  ussgeben  nuwer  nutz- 
baren büecher,  och  mit  Verbesserung  vil 
der  uralten  büecher,  erfröwt  und  be- 
lustiget, also  diiss  menigklich,  jung  und 
alt.  zuo  flissigem  studieren  baider  haiiger 
und  weltlicher  geschriften  durch  Erasmi 
anlaitnng  entzundt  ist :  zuo  dem  das 
nuw  testament  nach  kriecheschem  text 
warhaft  in  latin  verdolmetst,  daruss  vil 
nutzes  und  besser  verstand  erwachsen  ist. 
(Sin  anberer,  bem  beutfd^en  ^umaniö* 
muä  eigener  3ug  i|l  ber  nationale;  er 
?eigt  ft^  tcilä  aU  <PoIemif  gegen  ben 
9iomaniämuö,  namentlich  gegen  bie  elcnbe 
fc^oIajlifd)e  Silbung  ber  S[Rönd)e,  unb  feiert 
feinen  ^öf)epunft  in  ^uttcn  unb  in 
SReuc^Iin,  in  SSejug  auf  lefiteren  nament^ 
lid)  in  ber  Qtrt,  vok  ber  ^umaniömuä 
folibarifcf)  für  ihn  im  Äampf  gegen  bie 
Äöincr  eingebt,  fte^e  ben  Qtrtifel  epistolae 
obscurorum  virorum;  teil^  crweifl  er  ft(i) 


in  ber  liebeooUen  unb  ausgiebigen  SBe^ 
f^äftigung  mit  ben  ducHen  ber  beutfc^en 
®efd)id)te  unb  Sßilbung ;  DJlittelpunft  bicfeö 
3:retben«  ijl  SBien,  wo  Äaifcr  SUJayimilian 
bie  (Srforfd^ung  ber  beutfd^en  ®efd^i(f)tc 
auf  aüe  SBeife  beförberte;  bie  bert>or= 
ragenbjlen  Dornen  biefe«  Greife«  fmb 
ßu^pinian  (<Spie§f)ammer) ,  ^onr ab 
ßelteö,  Äonrab  *Pcutinger, 
SB  ab  i an. 

'üuä)  bie  beutfc^en  |>umanificn  reprüfen^ 
tierten,  mcnngleid^  ,nic^t  in  bem  ®rabe 
mic  bie  italienif^en ,  eine  in  [\ä)  ah- 
gef(f)Ioffcne  fc^öne  SSilbung,  bie  ä^ar  bem 
S^rijlentum  ni(^t  fern  jianb,  bod^  be^ 
tra(i)tetcn  fie  aU  ben  fc^önflen  ©rfolg  i^rer 
5trbeit  bie  ^t^ibeit  ber  53ilbung,  »eictie 
am  menigjien  unter  bem  S)rucE  eineä 
bogmatifd)  gcbunbenen  ^trä)engtaubenö 
gebeizt,  unb  niarcn  jeberäcit  bereit,  ibr 
^)rinjip  gegen  fird)Ii(J)e  Ssnoranj  unb 
3ntoIeranä  ju  ucrteibigen,  inbem  fie  ju* 
gleid^  einen  lebhaften,  eleganten,  litterari« 
fcf)en  unb  briepidben  35erfe^r  unter  ftdb 
untcrbielten.  ÜJtit  ber  ficgenben  JRefor^ 
mation  \)'öxt  ber  ^umaniemu^  auf;  bie 
Srägcr  beöfelben  geben  entweber  in  bie 
[Reiben  be^  Sßroteflantiömuö  binüber,  wie 
aJlclanc^t^on,  Sßabian  unb  Piele  anbere, 
ober,  «jowon  e^  noc^  mebr  ©eifpiele  giebt, 
fte  bleiben  ber  alten  Äirdbc  getreu,  jieben 
ftcb  aber  in  biefem  ^c(ü.t  mei^  Pom 
litterarifcben  %dU  jurücE,  hai  nun  »or« 
läufig  ben  alten  unb  neuen  Jfieologen 
für  i^re  Senbenjen  überlaffen  bleibt, 
©cbon  in  ber  ÜJJitte  ber  breipiger  ^a^xi 
t>erpummt  fajl  plö^lidb  bie  im  engeren 
©innc  bumanijlifc^e  Silbung.  SBaö  bleibt, 
ifi,  unb  jwar  je^t  in  crböbtem  Tla^i,  bie 
Seitnaijme  für  bie  Duellen  be«  Sbriften^ 
tum^,  für  ben  3ugenbunterri(i)t,  für  bie 
Dueüen  r>atcrlänbifcber  ®ef(Jbid)te.  2)ic 
Tateinif^e  2)ic^tung,  weldbe  ebenfall'o 
tton  ben  beutf^cn  J^umanifien,  namentli(f) 
eon  6rban  ^effe,  gepflegt  »orben  war, 
jlirbt  jwar  aucb  ni<f)t  au^,  oerliert  jcbocb 
ibr  cigentümlicb  freieö  bu^finil^if*^^  ®f' 
präge  unb  fällt  bcn  fogenannten  9ieu5 
lateinern  nnf)eim,  mäf)renb  bie  Äritif 
unb  Bearbeitung  ber  flafftfcben  Qlutoren 
bcn  jünftigcn  *PbiIoIogen  überlaffen  wirb. 
Surdbarbt,  Dienaiffancc;  So  igt,  bie 
erften  .^»umanifien.  ®  e  i  g  c  r ,  ®efdbiditc 
bcö  .^umani^muö. 

|>ittniIiatenor&cn  ober  Orbcn  ber  S)cmut. 
entllanö  im  12.  3abrbunbcrt  unb  foQ 
burd)  *Hbelige,  bie  meift  au^  ber  ßombarbei 
gebürtig  unb  al^j  ®cfangcnc  nacb  ©eutfc^* 


Hünengrab  —  $t)mnen. 


315 


lanb  gebraut  uuiibcn  roaren,  nad^  ibrct 
iHücffc^r  baburc^  gegrünbct  «orben  fein, 
ha^  fie  jxc^  alö  Sü^cnbe,  ©ebcmütigtc, 
humiliati  j^u  einer  Älojiergefeüfc^aft  »er= 
bunben  Ratten.  2)ie  Dlegel  war  bieicnige 
beö  beüigen  93enebiEt;  ^iuä  V.  löjie  ben 
Orben  1571  auf. 

Hünengrab,  §ünc'nbctt,  «Seit  bem  13. 
3a|r£)unbcrt  war  ta^  m^b.  Hiune  pon 
bem  Segriff  beö  ^unnen  and)  auf  ben 
cine^  SRicfen  übertragen  worben  unb  f)ieU 
fid)  in  biefer  Scbeutung  biö  inö  16.  ^aijx- 
bunbert,  ober=  unb  fd^riftbeutf^  aU 
^eune,  mittel*  unb  nieberbeutfd)  Hüne. 
2Bäf)renb  nun  um  biefe  S^^t  bic  ober* 
beutfc^en  ©egenben  tüü  9Bort  auöjlerben 
laffen,  bewahren  bagegen  bie  nieberbeutfd)en 
(Segenben  mit  ber  ^orm  Hüne  einen 
vei(|cn,  um  biefen  93egriff  angefdjloffcnen 
@agenfcf)a^ ,  unb  norbbeutf^e  ©elebrte 
baben  taä  SBort  fpäter  für  arc^ciologifcbc 
JJunbe  Berwenbet.  Hünengräber  ober 
|iünenbetten  ^ä^tn  nun  bie  auö  f;eibnifd)er 
Sorjeit  pammenben  ©rabmälcr,  bie  ft(| 
teilö  einzeln  auf*}lnbö^en  ober  inSBälbern, 
teilö  in  [Reihen  georbnet  rorfinben.  $üncn= 
bctt  im  engeren  ©inne  i)i\^t  ein  folc^e^ 
(Srab,  ta^  ein  au«  großen  iJcIöjiücEen  er= 
bautet  länglid^cä  iBiered  alö  Äern  birgt, 
mit  mächtigen  platten  getöfiücfcn  bebectt, 
über  melcben  meifi  ein  ©rab^ügel  aufge= 
fdbüttet  \%  SOtancbmal  fü^rt  ein  Stein* 
gang  jur  ©rabfammer;  au^erbcm  umgiebt 
itaii  ®rab  oft  ein  Steinfreiä.  S)ae  ^nmu 
birgt  Sfelette,  ©efä^c,  2öaffen. 

^ufar,  Benennung  einer  nac^  ungatifd)er 
airt  befleibcten,  berittenen  unb  bewaffneten 
©attung  Iei(i)ter  Oieiterei,  entftanben  aus 
bem  berittenen  Qlufgebote  ber  ungarifd)cn 
ebclleutc  im  5a^re  1428,  abgeleitet  oon 
husz  =  jwanjig,  weil  con  äWanjig  5luö* 
gehobenen  einer  ein  iRciter  werben  mu§te. 
„  §ut  M  SRecbt^fpmboI  ifi  Sijmbol  bcc 
Übertragung  Don  ®ut  unb  ßebcn;  ber 
Übertrageube  ober  an  feiner  ©tatt  bev 
SRic^ter  pftegt  ben  ^ut  ju  f)alten,  ber  ®r* 
werbenbe  tjinein  ju  greifen  ober  einen 
Halm  barein  ju  werfen.  S)er  Hut  war, 
g(eid)  ber  x^al)m,  gelbjeidjen;  wer  ibn 
aufftedte,  forberte  t>a^  33olf  jur  H««*  unb 
®erid)töfoIgc  auf  unb  b^^tte  bic  ®ewalt 
baju.  ®e^lcrö  aufgefiedter  Hut  ijl  Symbol 
ber  Obergewalt  ju  Oericbt  unb  gelb.  2)er 
Hut  war  au^  ein  Qädgm  ber  greibeit 
unb  be«  *Jlbcl0 ;  bei  ben  ®oten  trugen  bie 
ebeln  aU  $rieper  Hüte.  Hut  aU  Äopf* 
bebedung  fxe^c  ben  le^teren  5trtifel. 

§t)mnen»    ©d)on  t>ai  apoftolifcbe  3eit« 


alter  befa^  neben  ben  *)3falmen  böcbfi 
wa^rfd)einlid)  eigene  d>riftU^e  Oefänge. 
bie  aber  bloß  rf)ptbmifd)  ober  blo§  in 
feierlicber  ^rofa  abgefaßt  unb  meijien* 
teil^  biblifd)en  Jn^'iit«'  waren,  wie  ber 
©efang  Gloria  in  excelsis  Deo.  Qlbet 
erji  com  nierten  Ja^rbunbert  an  erbicUcn 
fowobi  bie  morgenldnbifcf)e  Äirc^c  in 
griecbiWer  unb  bic  abenblanbifd)c  Äiri^e 
in  latcinifc^cr  Spradjc  cigentUd)C  Hpiunen 
in  metrifd()*ftropbifcbev  .'^onfiruftion,  wcld)e 
in  engjicr  93cjiet)ung  jur  aJiufif  biefer 
qjcriobc  jianben.  3war  bat  bic  fird)Iid)e 
Srabition  fd)on  früb  für  bie  ältefien 
bcrfclbcn  beftimmte  Söcrfaffer  genannt; 
bo(i  ip  ein  ficbercr  93eWeiö  ber  5lutor* 
fd)aft  meift  nid)t  bcijubringen.  Ülaä)  ber 
gewö^nlid)en  *llnnabme  war  H^lariu«, 
»ifcbof  ju  ^oitierö,  gefiorben  368,  ber 
erile,  ber  bie  iRei^c  biefer  latei* 
nifd)en  HP^unologcn  eröffnete;  i^m  wirb 
por  allem  ber  Hpuwuö  Lucis  largitor 
splendide  äugefcbriebcn ;  aU  ben  gefeiert* 
j^eu  Hputnenbicbtcr  nennt  fcbod)  bie  Sra» 
bition  ben  b^itigen  Qlmbrofiuä,  374 
biß  397  Sifcbof  pon  SDlailanb,  »on  bem 
ber  9Jame  ambrofianifcbe  Hpu^uen 
fogar  al«  ®attungöname  biefer  ^rt  geifi* 
lieber  'läoefie  uerwenbet  würbe.  ÜDicfem 
Äir(^enlebrer  würbe  auc^  ber  fogenanntc 
ambrofianifd^c  öobgefang  Te  Deum 
laudamus  jugcfd^rieben ,  ibm  allein  ober 
U)m  unb  bem  ^t\l\%m  illugufiin  gemein* 
fam;  foWol;l  feine  freie  rb9tbmifd)c  gorm 
alö  fein  3nbalt  beuten  aber  auf  böb"c« 
5llter;  im  fird)li^cn  ®ebraucbe  beä  5lbenb= 
lanbe«  fianb  ber  Öobgefang  fd)on  im  Se* 
ginn  beö  6.  Jabrbunbertö,  anfangs  wabr* 
fd)einlid)  aU  SOtorgengefang  beftimmt;  im 
8.  unb  9.  3abrl)unbert  finbct  man  i^n  in 
S)cutfcblanb  fd)on  bei  Ärönungefcierlic^* 
feiten  unbÄird^cnoerfammluugen  gefunden; 
man  vermutet  als  Duelle  ein  altgriecbift^e» 
2Rufier.  Dieben  ülmbrofiuö  werben  aU 
Siebter  be«  4.  bis  6.  3al)rl;unbert^  be* 
fonber«  nod)  5lugufiin,  ^rubentiuß 
unb  gortunatus  genannt;  in  ba^ 
7.  3abrbunbert  fäüt  ®rcgorber®ro§e, 
fceffen  Semübungen  um  t>ie  Äircbenmuftf 
febod}  weit  bebcutcnber  als  feine  bid)te* 
rifd)en  5lrbcitcn  gewertet  werben.  _  ©ine 
neue  ^eriobe  bes  Hptunus  f^licßt  ftc^ 
an  bie  burdj  bie  Karolinger  neu  bt- 
ginnenbe  ^\iiii  ber  aBiffenfd)aftcn;  babin 
gebort  als  iBorläufer  ^ttxi  ber  (Sb^- 
würbigc,  bann  ^aulu32)iafonu6  unb 
QUfuin,  SRabanus  ÜJiaurus,  bie  ©t. 
©aller  SJlotferbcr  Stammler,  Sutilc 


314 


Sagt». 


unb  SRatpctt,  SBalafrib  ©ttabo 
aui  bct  SRcidbcnau,  ber  Sifd^of  I^eobul  f 
ton  Orlcanä;  boc^  fic^t  aucf)  ^iet  bie 
Qlutorfd^aft  feiten  fcfl;  ȟb  bod)  fogat 
Äarl  bcm  ©ro^en  ber  ^t)mnu^  Veni 
Creator  Spiritus  jugefc^rieben,  a\i  beffcn 
SSetfaffer  aud)  JRabanuä  SDtauru^  ge^ 
rtannt  wirb.  2)aö  Jntereffe  biefcr  3^** 
an  bptnnologifd^en  I>i(f)tungen  erbeut  anä) 
aui  ber  altbo^bcutfcfccn,  bem  9.  ^ai)X' 
bunbert  angc'^örigen  itbetfe^ung  ambtos 
jianifc^cr  |it)mnen.  ©ie  J^pmnologie 
nimmt  bann  *Hntcil  an  ber  befonber^ 
burd)  bie  ßiflerjienfer  unb  (Sluniagenfer 
bewerffieüigtcn  JReform  beö  firc^Ud)en  unb 
religiöfen  ßcben^  im  Sinne  einer  fubjcf« 
tiüeren,  »cltfeinblidicn,  in  ftd)  abgcfd^loffc 
nen,  religiöfen  SBeltanfdiauung,  au^  roiU 


i)ix  fpdtcr  bie  Sc^olajiif  ^erauöhjdc^fi; 
bie  ^ietl)er  gehörigen  Spanien  ftnb  Obc 
öon  (Slügni),  ^ßctru«  2)amtani, 
JJuIbert  üon  ©bartrcs,  Sctnl^arb 
ton  Slairncauj:,  ^bam  t?on  @t, 
23iftor,  Sbomaö  üon  Qlquino, 
Sonaocntuta.SfiomaäöonSelano; 
pon  bem  ^ranji^fan^r  3acobu§  bc 
öencbiftu^  foll  ba^  Stabat  mater  !^er* 
rütiren.  5öom  14,  3fl^'^bu"^6^t  an  pnb 
nur  nod)  wenige  bebeutenbe  ^pmnen  ge^ 
biegtet  tt)orben.  S)ie  bejien  Sammlungen 
ber  ^pmnen  finb  oon  ÜJtonc,  Daniel 
unb  ^b-  SDSadfernagel;  tom  ®.  ?(. 
Äönig^fetb  ^at  man  jwei  flcinerc 
Sammlungen  lateinifcber  |)9mnen  mit 
bcigefc^ter  bcutfcf)er  Überfe^ung,  93onn 
1847  unb  1865. 


J. 


Sagb.  Urfprünglic^  fAeint  bie  '^aq,t) 
bei  ben  S)cutf(ften  überaÜ  frei  gereefen  ju 
fein;  e^  bejianb  freieö  S^igbrecbt  ober  bie 
freie  'JSirfcb.  ^laä)  ber  ^ölfermanbe- 
rung  würbe  bie  3agb  unb  bie  meifi  gleidb« 
geficüte  unb  jufammcn  genannte  gifdbcrei 
ein  3ubebör  hii  ®runb  unb  Q3obeng;  ein 
2lu«flu§  bee  ©igentumö,  t>ai  ber  einjelne 
hatte.  'Seit  .Karl  bem  ®rofen  mürben 
»ieU  fönigli^e  Sannforpen ,  silvae  de- 
fensatae,  errii^tct,  äßalbungen  unb  SBalb* 
bcjirfe,  in  meldten  bie  3agb  bem  Äönige 
unb  feinen  ©teÜDertretern  Dorbebatten  unb 
anbercn  gegenüber  bei  Strafe  beö  Äönig^» 
banneä  »erboten  mar;  bodb  befianben  ta' 
neben  bie  S^^S^«"  ^^^  freien  ©runbeigen- 
tümcr  ungefiört  fort,  unb  bie  S^gbüerbote 
bicfer  3^*^  bejogen  ftd)  bIo§  auf  bie 
(Seifilic^cn,  auf  ben  Sonntag  unb  auf  bie 
©rafen  an  ®erid)tötagen.  S)aneben  be^ 
mirtte  freilieb  bie  junebmenbe  SBerminbe- 
rung  ber  3ii('I  ber  freien  aud^  eine  95cr* 
minberung  ber  Jagbbeft^er  unb  eine  Äon* 
jeiitrierung  ber  Sagbbefugniffein  bie^anbe 
ber  angefeben^en  unb  mäd)tigflen  ®runb* 
etgentümcr.  »Jlnfanga  batten  bto§  bie 
Äönige  ibre  SBalbungen  unb  3«9^en  ge» 
fd)loffen,  unb  nur  einjelne  .Königäforjten 
ibren  Beamten  unD  anberen  ©rofen  balb 
fd)enfmetfe  überlaffen,  balb  benfelbcn  auä- 


na^mdweife  gemattet,  eigene  ober  »on 
anbercn  auf  |te  übertragene  SBalbungen 
ju  93annforfl:en  ju  ertlären.  Ttit  ber  3"t 
famen  fo  bie  mciPcn  SflSbgebiete  in  bie 
^anb  geipiid)cr  unb  weltlicher  3!)pnafiien, 
unb  im  13.  pa^rb.  fmb  bicfc  nid^t  blo§ 
im  33ejt|e  fämtli^er  ebemaligen  Sann« 
forficn,  fonbcrn  im  93efi^e  be^  Äönigd« 
banneö  felbft.  5lber  erp  feit  ber  3luöbil= 
bung  ber  eigcntlicben  ßanbe^^o^eit  im 
15.  '^a\)xl).  erweiterte  fidb  bie  Sefugni* 
biefcr  Scrritorialbcrren  jum  ^agbrcgal; 
bie  S^gbbefugni^  crfcbicn  nunmebr  bIo§ 
ein  5lu«flu§  ber  obrigfcitlid)cn  *Polijci« 
gcwalt,  welcbe  bem  gemeinen  SDtann, 
namentli^  ben  iöaucrn,  bie  3«9b  fcbledbt« 
bin  unterfagtc.  Seitbem  geborte  bie  ^a%i> 
wie  bie  gifc^erei  unb  ber  'Bogelfang  nid|t 
allein  in  ben  2ßilbbanncn,  fonbcrn  aud) 
in  ben  übrigen  SBalbungcn,  unb  grofcn« 
teil^  au^  bie  ^elbjagb  bem  ©runbbcrrn. 
Dbne  feine  (Srlaubniö  burftc  bei  bober 
Strafe  niemanb  jagen.  9?ur  auf  SRaubs 
tiere  war  ju  aüen  S^ikn  bie  3agb  frei, 
unb  eö  würben  ju  biefen  feit  alten  3eitcn 
auf  er  ben  Saren,  Sßölfen  unb  ^üdbfen 
bäuftg  aud)  bie  wilben  Sd)weine  gerecbnct. 
Übrigen^  gab  e^  aucb  ©cgcnbcn,  wo  ftdb 
feit  uralter  Qiit  Spuren  ber  freien  'JJirfdb 
crbieltcn,  mancbmal  fo,  M^  ftdb  ber  $of« 


Sag^- 


315 


ficrr  bie  bof)c  S'^gb  »orbe^ielt,  tüätivenb 
bie  Sigcnleute  bie  nicberc  S'Jflb  bcfa§en; 
befonberö  in  bcn  leicftsunmittelbaren  |)cir= 
fi^aften,  in  ber  fianbirngtei  S^moben,  im 
@d)ttiarjtt)alb  unb  am  9?cdfar  mar  bicfc 
^(i^i)  frei  geblieben. 

2Baä  bie  materieücn  3agbjufiänbe  belangt, 
[o  mar  bie  ältefie  St^Sbart  bie  ber  (Sinjel= 
jagb:  Oiotmilb  fuc^te  man  mit  jat)men 
abgerichteten  Socfticren  in  eingejdumte 
iRäume  ju  loden  ober  baöfelbe  burd) 
Äirrungcn  bineinjujieben;  ober  man  fing 
€6  in  ©ruben,  Schlingen  ober  Sieben, 
mclcfce  man  über  ben  2Bed)[et  fpannte. 
«Sauen  mürben  auf  glci(f)c  Qlrt  erlegt  ober 
mit  ^unben  gef)e^t  unb  mit  bem  3^8^= 
fpic^  abgefangen,  eine  5agb,  mcldie  aucfe 
i)äufig  auf  93dren  angemanbt  mutbc. 
©lenrcilb,  meiere«  ftc^  üoräüglid)  in  ben 
S3rud)gegenben  aufbiclt,  mürbe  im  SBinter 
auf  bem  (Sife  gebebt,  mo  man  eö  lei^t 
erlegen  fonnte.  .^afcn  mürben  mcnig  ge= 
aditet  unb  bcn  Unfreien  jur  3"9b  über^ 
laffen;  aud)  mar  biefcö  Sßilb  ben  (Sbriften 
anfangt  aU  Spcife  uerboten,  ia  cei  frütiev 
aU  Dpfcrmat)Ijeit  genoffen  morben  mar. 
3ur  3agb  ber  geringen  ticre,  93iber,  Dtter, 
♦JUtarber,  mürben  ücrfd)iebenartige  ^unbe 
abgerid)tet,  bie  fe^r  t)oben  SDBert  batten. 
©eflügel  fing  man  größtenteils  in  9^e^en 
unb  ©klingen,  bod)  mar  bie  iBogelbeije 
ebenfaQä  feit  früh  begannt.  Äarl  b.  ®ro^c 
mcnbete  ber  3agb  große  ?Iufmerffamfcit 
ju,  fo  ta^  bie  Jagb  Pon  je|jt  an  mebr 
funf^gemäß  betrieben  mürbe;  eä  mürben 
3agbgel)ege  angelcat,  »oräüglid)  in  bcn 
©ümpfcn  unb  Dfliebcrungcn  unb  mit 
93obIen  eingcjäunt;  eine  ®d)onjeit  mürbe 
feftgefe^t  unb  bie  3agb  auf  bie  ÜKonate 
3uU,  "Jluguft  unb  September,  in  ben 
äßintermonaten  auf  Sdren,  ©aucn  unb 
SBölfe  befd)ränft;  befonbere  3agbmagen 
maren  oor{)anben,  eine  jat)Ireic^c  9)ieutc, 
^angapparate;  ju  feinem  ^offiaatc  geborten 
^irfd^meifier,  *Muffel)er  über  bie  9Binb=  unb 
anbere  3agbt)unbc,  Siber^  gu^ö=  unb 
2)ad)öjäger.  igeitbcmtciltc  fidb  bie  Sagbin  bie 
ftanäöpfd)e  ober  bie  eigentliche  $arforccjagb 
unb  in  bie  beutfd)c  3agb,  meiere  oor* 
jüglid)  auf  *}lbrid)tung  beö  ficit^unbcö 
unb  tai  (Stellen  mit  9?c^en  unb  Suchern 
gerichtet  mar,  roaä  bie  granjofen  unb  (Sng- 
länber  als  eine  nid)t  ritterlid)e  3agb  Per= 
ad)teten.  (Senauerc  SRa^ricbtcn  ^at  man 
crft  aus  ben  Sc^riftfteacrn  unb  ©intern 
ber  böfifc^en  3eit  erbalten.  9^od)  immer 
ifl  in  ber  ^öfifdben  ©efellfdbaft  bie  3agb 
ni*t   bloß    eine   Äur^mcil,    fonbcrn  lein 


notmcnbiger  Äricg  gegen  reißenbe  Siere, 
mie  ffiölfe,  93ären,  i?ucbfc,  unb  eine  not-= 
menbigc  Qlnflalt,  i^leifd^  in  bie  Äücöc  ju 
liefern;  benn  im  3U?ittclalter  mar  baS 
^Icifd)  ber  ^auStierc  noc^  menig  beliebt. 
^IH  ^aOitl^unti  merben  genannt  ber 
Srade,  aU  Seitbunb,  unb  ber  SBint 
aU  ^e&bunb.  ©aä  gcfamte  jur  S^gb  er= 
forbcrlic^c  *Pctfonal  i'omic  bie  ÜJJeute  ftebt 
unter  bem  S^igf^meificr.  Der  5lnjug  ber 
3äger  ift  grün;  um  ben  furjen  SRocf  mirb 
ein  tü^tiger,  fefler  ßebcrgürtel  gcf^naUt, 
in  bem  IFfeffcr,  ®tal)l,  Sc^mamm  unb 
^euerftcin  jlcdt.  Die  -5>ofen  frnb  auS  feften 
Stoffen  gefertigt  unb  burdb  (Samafdien 
gefd)ü^t.  «Jlußerbem  trägt  ber  ^ä%ti  baä 
3agb^orn;  ein  grüner,  mit  ©raumerf  ge« 
füttertcr  OTantel  PoUcnbet  ben  ^Jlnjug. 
Die  gcmöbnli^en  Sflgbmaffcn  ftnb  Spieße, 
2Burffpeer,  ml)b.  gabelöt,  <}lrmbrufi  unb 
'.bogen;  mit  bem  Spieß  erlegte  man  Särcn, 
'IBilbfcbmeinc  unb  ffiifento^fen,  mit  bem 
2Burffpeer  |)irfd3c.  Die  gemöbnli($en  3'^g'^' 
tiere  ftnb  ©ären,  2ßölfe,  Cucbfe,  ^lucr= 
od)fcn,  Söifcnte,  9fliefenbirfd)c  (schelch), 
Glentiere,  2öilbfd)meine,  .^irfcbe,  SRcbe, 
^afen  unb  ^üc^fe.  5}?an  nnterfd)eibet  bie 
qSirfd^iagb,  bie  ^e^fagb  unb  bie  i^alhw 
fagb;  bei  ber  fpirfd)iagb  ging  ber  '^'a%n 
entmeber  auf  ben  Qlnftanb  unb  locfte  ben 
9iebbo(f,  inbem  er,  auf  einem  Blatte 
pfeifcnb,  bie  Stimme  ber  Oiicte  nac^atimtc 
unb  ihn  bann  ze  dem  blate  erlegte,  ober 
er  jog  mit  anfe^nlicbcm  Slroß  Pon  ^unben 
unb  3dgern  aui.  DaS  2ßilb  mürbe  Don  bem 
Seitbunbe  aufgefpürt,  bie  gefunbene  ^äbrte 
mit  einem  frifcf)en  JReife  geseid^net  unb 
bie  ißeute  bem  perftedtcn  Sd)ü^eu  äuge- 
tiicben;  (obalb  ber  ^ix^<i)  Pcrmunbct  mar, 
mürbe  er  Pon  ber  loSgefoppetten  SRcutc 
gelje^t,  bis  er  äufammenbrad).  SJiit  einer 
lauten  ^ornfanfarc  mürbe  bie  (Srle^ung 
gefeiert.  2öer  ben  f>irfd)  erlegte,  bitte 
'i)ai  SRc^t,  Pon  einer  ber  anmefenbcn 
Damen  einen  Äuß  ju  Perlangcn.  (£S  ge= 
borte  jur  Äunft  eineS  im  '^a%in  bemäfirten 
SiJJanneS,  bie  curie  ju  mad)en,  b.  i).  baS 
Sier  jagbgere^t  ju  erlegen,  mie  in  ®ott= 
ftiebS  irijian  anfdiaulid)  gefd)ilbert  mirb, 
S.  71,  28  —  S.  83,  12.  Da«  5agb= 
jercmonieH  mar,  mie  bie  ja^lreicben  fran= 
jöfifdjen  QtuSbrücfe  äeigcn,  franjörrfcfecn 
Utfprung«.  Sie^e  Scftult^,  ^öfifd(ieS 
geben,  *abfd)n.  V. 

SDlebrfact)  mürbe  bie  309b  ju  alle< 
gorifd)en  DarfleEungen  benu|t,  fo  burd) 
ben  bai)rifcben  Did)ter  "^aDamar  üon  Sabcr, 
ber   in  ber  „3agb"   bai  ritterlidje  Siebe* 


316 


Sa^teäanfang. 


leben  unter  bei"  ütüeftovic  einet  3*^9^  bar* 
^eiieüt  f)at;  anbcvc  ®ebict)tc  bcr  2lrt  Reifen: 
„i)er  iDlinnc  tjalfner"  unb  ..^aQ,t  ber 
iKinnc".  5i[^nli^eö  ifi  ber  Jyaü  bei  Äaifer 
'JOtaftmilianö  Seucrbanf,  wo  |)irfd)s, 
©cmfen*  unb  öüreniagben  eine  gro§e 
3f{oIIe  fpielen. 

enger  mit  ber  ^ag^h  felbp  »erfnüpft 
fmb  aber  bie  alten  üßeibfprüc^e  unb 
3äger[c^reie,  beten  »iele  aus  |»anbs 
fd)riftcn  beä  16.  unb  17.  ^al)x^.  erhalten 
nnb,  bie  aber  offenbar  auf  ein  weiteres 
'Jtiter  ftinaufrei^en. 

eö  finD  JHätfelfragen,  welche  bie  SBeib« 
leute  r>or  unb  nad)  ber  ^aa,t  jU  gegers 
feitiger  ßrfieiterung  unb  Q3rüfung  einanber 
aufzugeben  pflegten  unb  rcorin  ein  reicher 
S(^a|  üon  ^enntniffen,  .llünjien,  ©itten, 
ilßörtern,  bie  auf  bie  ^ao^h  93ejug  ^aben, 
aufgefpeic^iett  ift.  <£ic  fangen  meift  an  mit: 
Siebet  ffieibmann,  fag  mit  an?  obet:  Sag' 
an,  mein  liebet  äBcibmann,  u.  bgl.  ^oU 
genbeä  mag  als  Seifpiel  bienen: 

^0  ^0,   mein   liebet  SBeibmann,   ^afiu 

nic^t  »etnommen , 
voo  meine  ^oc^lautenbe  5fi9bt)unbe  ftnb 

t)inf  ommen  ? 
^0  1)0  ^0,  mein  liebet  SBcibmann, 
id)  ^öte  je^t  ju  bicfet  ©tunb 
mebct  3äget   nocf)  f)oct)lautenben  Sogb* 

^unb. 
^0  1)0,  mein  liebet  ffieibmann,  fannjl 

bu  mit  ni(^t  fagen , 
ob   bu  meine   ^od)lautenbc  3<i9b^unbe 

f)aft  fel)n  ober  Ijören  jagen '^ 
3o  ^0  ^0,  mein  liebet  2Beibmann, 
roeit  Ci)  gut  in  jenem  Sfeal, 
fte  ^aben  ben  ted)tcn  Einfall; 
I)aö  fag  icf)  bit  ftei, 
ee  toaren  ber  ^unbc  brei; 
ber  eine  bcr  war  weife,  weife,  weife, 
2)cr  jagte  ben   ebeln  ^irfd)  mit  allem 

gieife; 
ber  anbre  ber  war  fa^l,  fa^l,  fa^I, 
ber  jagte   ben    cbcln  ^itfct)  übet  53ctg 

unb  2;l;al; 
bet  btitte  bet  wat  tot,  rot,  tot, 
bei  jagte  ben  ebeln  $itfc^    bis  auf  ben 

Job. 

3)icfe  äBcibfptüd^e  ftnb  gefammclt  in 
®rimm^  Wtbeutfc^cn  Sffiälbern,  S3b.  3. 

Saljrcganfaiig.  Gs  jtnbcn  fic^  im 
iDlittclalter  fed)S  Derfc^iebcne  ^(xl)xci' 
anfange: 

1.  '2lm  1.  5cinuar,  ber  5af)rc«anfang 
bes  römif(^;julianifcf)en  Äalcnbcrs.  ®(i)on 
früt)   im   üDJittelaltcr    eiferte   man    gegen 


biefcn  Slnfang  unb  bie  mit  j[^m  rcrbun« 
benen  5tusfc^wcifungen,  bie  Überrejic  ber 
römifc^en  ©aturnalien,  alö  gegen  eine 
^eibnifcf)e  3nPitutip"-  35a  aber  bcr  ®cs 
brauch,  ba«S  ^abx  mit  ben  Äalenbcn  iti 
3anuar  ju  beginne..,  im  bürgerlichen 
ßeben  anbauerte,  legte  man,  um  einen 
Sorwanb  für  bie  fir(^Ii(Se  ^^eier  bicfet 
5a^re^epoc6c  ju  f)aben ,  bie  circumcisio 
Domini,  bie  93cfd)neibung  ß^tifii,  barauf. 
(£s  ifi  nidfit  ausgcmad)t,  ob  nun  iai 
bürgerliche  Scben  bas  ganje  9)?ittclalter 
binburc^  an  biefcm  ©ebtauc^c  fepgc{)altcn 
bat;  auf  fitc^lic^em  ©ebietc  unb  in  ben 
öffentlicl)en  Urfunben  aber  wutbc  bet 
1.  3onuat  fc^on  frü^  burd)  ben  25.  DJtär; 
unb  SBei^nadjtcn  ocrbrdngt,  unb  crfl  in 
ber  erfien  .^alfte  be§  16.  3>i^i^^"ni>ci^t3 
gelang  es  ibm  wieber  ju  allgemeiner 
©eltung  5U  fommen. 

2.  S)cr  1.  nJldrj,  ber  »or  =  cäfarifd^c 
3abreöanfang,  würbe  üonbcnd^riftcnfcfjon 
im  5. 3al)rt)unbcrt  angenommen,  oermutli^ 
weil  ber  jübifc^c  SKonat  Dtifan,  in  weld^cn. 
bas  ^affa^fefi  fiel,  bcr  crfte  im  ^ai)Xi 
war.  3"  granftci^  l)ielt  et  fid)  big 
ins  8.  3al;tbunbett;  bie  SRepublif  SSenebig 
tcÄncte  fo  big  ju  ibtcni  Untetgangc. 

3.  «Jim  25.  Tl'dxi,  bcm  Sage  bet 
annnuciatio  Mariae,  ÜJlatiä  Setfünbigung. 
3Wan  liefe  mit  bet  93ettünbigung  glei^fam 
bas  itbifcf)c  S)afcin  61;tifii  beginnen,  eine 
51nf(i)auung ,  wclcf)ct  bet  f($on  ftü§  et« 
wad^enbe  iTJaricnfultus  gtofeen  23otfd)ub 
Icifiete.  3"  3talicn  befafeen  namentlid^ 
glotenj  unb  (|3ifa,  jum  Seil  aud)  bie 
päpftlid^e  Äanjlci,  biefcn  3iif)iicganfang, 
womit  bas  fogenannte  SDJatien  ja^t  be= 
gann;  in  3)eutfd)Ianb  fommt  et  nui  »er« 
einjclt  00t,  in  ben  5Diöcefcn  Jtiet,  Äöln 
unb  öaufannc. 

4.  Djietn,  unb  jwat  entwebet  00m 
Äatfteitag  an  gercci^net,  obet  fom  Dfict« 
fonntage  an,  bet  jebod)  nai^  bet  mittel« 
altcrlid)cn  Tageseinteilung  mit  bet  iBefpcr 
bes  Äarfonnabcnb,  in  weld)cr  bie  Dftctfcräe 
geweift  wirb,  beginnt,  ©iefer  ^ai)xci' 
anfang  War  in  ^^itinfi^ei«^  feit  bem  13. 
3a^t^unbcrt  beliebt  unb  oerbrcitete  fid) 
t)on  t>a  nad)  3)cutfc^lanb. 

5.  %m  1.  September.  Qlus  Spjanj, 
Wo  biefer  3«^ie^'i"ffln9  lange  Qdt  f)txx' 
fd^enb  war,  wanbctte  er  xiaij  3tiiiie"- 

G.  <3lm  25.  S5e5,embcr,  mit  wcld^cm 
I)atum,  bcr  ifi>intcrfonncnWcnbnad)t,  auc^ 
bie  alten  ®crmanen  il)r  ^aln  begannen. 
3n  gtanfrcid)  war  biefer  3iif)if^i'"ffl"a 
unter    ben   Jilatolingcrn   ber   l;crrfd)enbc; 


3dbTc»bc5cic^nun9  —  jafJie^^'nJeilunfl. 


317 


btr  eigcntlidjc  @i^  bicfce  Sf^^i^^anfanfl^ 
ifi  jCeutfc^Ianb ,  wo  et  ^errfc^cnb  blieb, 
bi»  im  15.  3a^i^f)un^6rt  bet  l.  Januar 
fic^  me^r  unb  mcl)r  ©cltung  cerfc^affte. 
Orotefenb,  ^anbb.  b.  d^ronol.  §.  12. 
,,  3>a^rcg6cjei(^nun9  nac^  (Spoc^en  unb 
'jtten  im  *DfittelaUer.  2)ie  urfprünglic^c 
römifdjc  Sa^reäbejeic^nung  na^  ben  bei= 
ben  ^onfuln  ragt  nod)  in  bie  erfie  3«it 
be«  bcutfc^en  iOUttelaltcr«  t)inein.  2)enn 
M  baä  Äonfulat  im  3al)ic  541  mit  ^em 
ÄonfuI  glaoiu^  Safiliuäi  junior  auft)ürte, 
bejeid^nete  man,  oon  ben  Stören  feine« 
Äonfulatä  tuciter  jät)Ienb,  eine  Steige  Don 
Sagten  mit  post  consulatum  Basilii. 
SBon  ben  ojirömi[(i)en  Äaifetn,  bie  ftd) 
feit  567  cbenfaüe  tai  ^onfulat  beigelegt 
batten,  ging  ber  ©ebrau^  auf  bie  beut= 
fd)en  Äönige  übet ,  befonbet«  auf  bie 
Äatolinget,  hoä)  i)l  tae  \)in  blo^  übet= 
flüffiget  Sc^mucf,  ba  bie  .Konfulatejabre 
ftetd  mit  ben  Äaifetjabten  übcteinjiimmen. 

aSon  ben  ftübefien  St)roni^en  bea 
ÜJJittelaltetö  rourbe  aud)  nac^  3i^i^ß" 
bet  Stabt,  ab  Urbe  condita,  batiett, 
wae  fpätete  ®d)tiftj!eüet  con  flaffifcf)er 
iBilbung  nac^a^mten. 

Sotjügliii)  beliebt  mar  im  SDtittelaltet, 
namentlid^  in  Utfunben,  bie  2)atietung 
nac^  ben  iR  egie  tun  gs  jagten  ber 
Äaifer,  Äönige',  ^äpjle,  ©rjbifc^öfe, 
Sifi^öfe  :c.  SDie  iRegietungäia^te  »etbcn 
utfprüngti(^  »om  Jage  bet  Ätönung, 
fpdtet  auc^  »om  Jage  ber  2DßaI)l  an  g,(.= 
tect)net. 

®onfi  tcc^net  hai  DÖJittelalter  nac^ 
ber  (^riji liefen  ßfiti^^'fenuttö»  *^ 
incarnatione  Domini.  2)er  Urt)eber  biefer 
3eitred)nung  mar  ber  'Übt  Dionysius 
exigQus,  geworben  ju  SRom  um  556,  ber 
fie  in  feiner  mit  bem  5a^te  532  beginnen^ 
ben  Cfiertafel  juerjl  jur  *Mnmenbung 
brachte.  93eba0  Djlertafelu ,  bie  gort= 
fe^ung  ber  bionpfif^en,  er^öt)ten  bie  SSer^ 
breitung  ber  neuen  iRecf)nung  im  *2lbenb5 
lanbe  fef)r,  fo  ta^  fie  im  8.  3at)rl)unbett 
in  t\xi)[id)m  Utfunben  granfteidjs  fcf)on 
jafjltei^  uettieten  mat ,  md^tenb  bie 
Äütolinget  fi(^  it)ter  crfi  feit  840  in  Ur= 
funben  bebienten.  3"  päpftlid)en  Urfun= 
ben  !ommt  bie  Arifilic^e  S^iti^^önuns 
erf!  unter  3ot)annee  Xin.,  965—972, 
üor.  2)ic  bei  ben  I)atierungen  ange= 
manbten  gormein  t)ei§en:  anno  ab  incar- 
natione Domini,  anno  ab  nativitate  Do- 
mini, anno  Christi  gratie,  anno  salutis, 
anno  verbi  incarnati,  anno  orbis  re- 
dempti,    ober    in    beutfct)en    Urfunben: 


nach  Christi  Gebart,  nach  der  Geburt 
Christi  unsers  Heilands  und  Selig- 
machers, nach  Gottes  Geburt.  ®rote  = 
fenb,  .^anbb.  b.  (£t)ronoIogie,  §  10. 

Sa^re^cintcilung«  Sieben  ber  Einteilung 
be0  3abre«  in  12  SOJonate  ifiebe  ben  ^rtifel 
iDJonatänamenj  läuft  eine  anbere,  mobl 
urfprünglicfeere  3a^reeieinteilung  in  2,  ;i 
ober  4  größere  Äompleyc.  Die  ^neu 
teilung  teilt  taii  ^ai)x  in  Sommet  unb 
iffiintet,  wobei  al«  giypunfte  SE3inter= 
anfang  (SDtic^aeli^  =  29.  September, 
bann  auc^  auf  iDlattini  =  11.  S'ioDember 
Derf^oben)  unb  Sommeranfang  (Dfiern, 
wegen  bet  Semcglic^feit  biefeö  gejicd  getn 
auf  ®eorg  —  23./24.  «ptil,  üßalpurgiö 
=  1.  ^ax,  bann  auc^  auf  ben  f)atbeii 
iDlai  tctfc^oben  '2lucf)  finben  jt^  bie 
Termine  ÜJtitminter  (Seit)nacf)ten  = 
25.  Dejcmber)  unb  ÜDtitfommer  (3o^anni« 
:=  24.  3uni)  >il^  iRepriifentünten  biefer 
3rceiteilung.  fflinter  unb  Sommer  ober 
Umfc^reibungen  bafür  mie  im  rise  und 
im  lobe,  bi  strö  und  bi  grase  finben  ftcf) 
oft  in  beutfd)en  iRedjtöqueüen  cinanber 
gegenübergcileüt  unb  fpielen  im  Sptid); 
mort,  in  3iebenäarten ,  im  Solfslieb  unb 
in  bem  meitoerbreiteten  Spiele  oon  Som= 
met  unb  fflintet  eine  große  IKoUe. 

S^on  lacitue  etmdl)nt,  ®etm.  26, 
eine  2)teiteilung  bee  ^ai)n^  in  SDßinter, 
ßenj  unb  Sommer.  2>ie  Jetmine  fiiic» 
t>eifcf)icben,  bo(i)  ^eitfc^ten  SJiitmintet  ober 
SBinteianfang,  Djietn  unb  iKitfommet  üov. 

iJieSietteilung  be^S^it)!:«^  ifi  «in«  äwei^ 
fa(^e,  je  nac^bem  man  ben  (Sinttitt  ber 
bie  3ti^icßstiten  cf)arafteri{terenben  SBitte; 
rung  ober  bie  biefe  SBitterung  begrün^ 
benbe  ^immeläerfcfeeinung,  aequinoctium 
ober  solstitinm,  alö  Öeginn  ber  ^al)xt9' 
jeit  betrad)tete.  I)er  erfien  iUuffaffung 
entfptcd)en  bie  Jetmine  2id)tmeB  (2.  gebt.) 
obet  Äatl)ebta,  (Stu^lfeier)<)3etri(22.5ebr.> 
bie  Sateiner  (2)kmertuß,  *Pantratiuö  unb 
Setoatiuß  am  11.,  12.,  13.  ÜKai)  ober 
Urban  am  25.  iDlai;  ÜJiatid  .^immelfalirt, 
15.  51ug.  ober  Sart^olomdue,  25.  Slugufi; 
üDJartini,  11.9100.,  eiifabct^,  l9.i»ot).,  obet 
Cilemene,  22.  3toD.  5Die  le^tere  ')luffaffung 
macf)tc  bie  Jermine  Ojicrn,  3o^anniö, 
iD^iic^aelie  unb  aBeibnad^ten  ju  Vertretern 
ber  aftronomifc^en  3i<^ipunft£»  inbem  ber 
©ebtaucf)  beä  bütgetlidjen  Sebene  gtü^= 
ling0=  unb  .»perbjianfang  oon  ben  ajiro- 
nomifct)en  gifpunften ,  25.  9Jidrj  unb 
24.  September ,  auf  bie  nat)eliegenben 
größeren  %t^i  Derfc^ob. 

(Sine    anbere   3o^t«ö«intMlung    gaben 
21 


318 


Sabrjcitbucb  —  3ambii'd)eä  ^DerämaB. 


bic  Diertelja^rigen  gebotenen  gafitaftc, 
bic  angaria  ober  quatuortempora,  Qua« 
tember,  bie  wegen  i^ret  ftrengcn  ^afien^ 
otbnung  tief  in  tai  bürgerliche  ßeben 
eingriffen.  25ic  Termine  für  tai  ©in- 
treten biefer  gaßen  ftnb  bie  9Wittrcod)c 
Dor  iReminiecere  unb  vox  Srinitatiä,  nacfe 
Ärcujert)ö|iung  (14.  September)  unb  nacfe 
ßucia  (13.  SDejember).  3f)re  Dauer  ift 
cinfc6Iie|lid^  tti  ^reitagö,  ber  ja  fiet^ 
ein  ^afitag  ifi,  Don  ÜJJittrooc^  bi«  jum 
Äonnabenö  influfiD.  ^i)xt  Seäcicbnung  i|l 
quataor  tempora,  quatertemper,  quatem- 
ber.  qnartal,  vierzeiten,  angaria,  fron- 
fasten, goldfasten,  weichfasten.  ©rote« 
fenb,  ^anbb.  ber  G^ronologie,  §  13. 

SiO^rjcitfiut^,  anniversarium,  Ijei^t  bas 
Sßerjcicfeniö  ber  @eelenmeffcn ,  »eldbe  in 
einer  .tircbe  jäbtUc^  an  beftimmten  Sagen 
i^ermöge  oorbanbcncr  Stiftungen  gelefen 
werben  muffen.  (Somobl  bie  Seelenmeffen 
felbfi  als  bic  bafür  gemachten  Stiftungen 
an  (Setreibe,  2öcin,  ®clb,  beiden  ^a\)X' 
jeitcn.  Sei  jebem  ÜJJonatätage  ifi  in  bcn 
3abr5eitbüd^evn  ber  9tame  bcsjenigen  ein« 
gefd^rieben,  ber  entrceber  felbft  noc^  bei 
Sebjeiten  ober  beffen  Ji-funbc  unb  SSer« 
manbte  naAber  burci)  eine  Scfcenfung 
an  bie  Ätrd)c  bie  Haltung  einer  jdbrlid)cn 
©eclenmeffe  erfauft  baben;  bicfelbc  fällt 
immer  auf  ben  Sobeetag  beffen,  für  bcn 
ftc  gefiiftct  morben  ifi.  3"  ben  älteren 
Sa^räeitbücbern  febtt  leibcr  meift  bie  Safjr* 
jabi  ber  Stiftung  ober  biefelbc  iji  erji 
fpäter  beigefügt  morben. 

3^aIo6öbrüber  biegen  bie  SBallfatiret 
nad^  St.  ^acch  bi  Sompeftctla,  bem 
^aupt^icl  ber  9!BaUfaf)rcr,  feitbem  ber  3"- 
gang  jum  ftfilifl^n  ®i^a&  immer  metir  er« 
fc^mcrt  morben  mar.  Unter  ben  erhalte« 
nen  unb  meit  üctbreiteten  2BaUfa^rtä= 
liebern  ber  3'if''^^'"^über  beginnt  tai 
bcEanntejic: 

2Ber  baä  elent  bäumen  roel, 
ber  ^cb  fic^  auf  unb  fei  mein  gefcl 
mol  auf  fant  jacobö  firagen! 
jroai  par  fcbuoc^  ber  barf  er  wol, 
ein  fcbüffei  bei  ber  flafc^en. 

©in  braiten  buot  ben  fol  er  ^an 
unb  an  mantel  fol  er  nit  gan, 
mit  lebcr  molbefe^et, 
CS  fc^nei  ober  regn  ober  w'ai)t  ber 

mint, 
ba§  in  bie  luft  nic^t  nc^et. 

Sad  unb  jiab  ifi  audj  taxbii, 
er  luog,  ta^  er  gebeicbtet  fei, 
gebeichtet  unb  gebüe|et! 


fumpt  er  in  bie  melfcben  laut, 
er  finbt  fein  teutfc^en  priefter. 
So  jic^cn  mir  burcft  S^meiäftlant 

ein, 
fie  ^eiBcn  une  got  melfum  fein 
unb  geben  un«  irc  fpeife, 
ftc  legen  un^  mol  unb  bcden  unä 

Warm, 
bie  firagcn  tuout  ftc  un«  weifen. 

®o^  ßieb  weifi  bann  ben  ffieg  weiter 
burc^  bie  wclfc^en  lant,  tuxä)  ber  atmen 
Jecfen  (5lrmagnafcn)  lant,  burd)  Soffcien, 
ßangebecfcn ,  J^ifpanierlant ,  ben  9erg 
gtunäCDaüc  (ipprenacn),  erjä^lt  bann  »on 
bem  abfd^eulicbcn  Spitalmeificr  ;u  9?urgoä, 
ber  350  beutfd)e  ^ilger  üergiftetc  unb 
bafür  ju  93urgo(S  an§  Ärcuj  geheftet 
würbe;  bie  Ie|te  Stropbc  lautet: 

Sei  fant  ^acob  »ergibt  man  pcin 

unb  fdjult, 
ber  liebe  got  fei  unö  aücn  bolt 
in  feinem  pd)fien  trone". 
ber  fant  ^acob  bicnen  tuot, 
ber  lieb  got  fol  im  Ionen'. 

(Sä  war  für  bic  «Pilger  im  11.  ^aftr« 
bunbcrt  ein  bequemer  2ßcg  nact)  St.  3ago 
angelegt  worben,  unb  auf  beiben  Seiten 
ber  (pprenäen  unb  tief  nacb  ^ranfrcicfe  unb 
nad)  S)eutfd)lanb  binein  waren  ^ofpitien 
für  bie  <pilger  errid)tet;  aud)  bilbetc'fic^  in 
Spanien  ein  eigener  SRittcrorben  jum  S<$u^e 
ber  3^fo&öpil9et- 

S^ambif^eö  SJcrömaR,  befiebenb  auä 
regelmdpig  abwcd^felnbcn  Senkungen  unb 
.^ebungen,  erfdjcint  ^uerft  bei  ben  bbfifcibc" 
ßprifern  bc«  12.  unb  13.  3abrbunbert0, 
hod)  fo,  baB  bicfc«  wie  Mii  entfprcc^enbe 
trod)äifd)e  ißerämag  noc^  in  bie  fflißtür 
bce  einzelnen  2)td)tere  gefteUt  war.  (Srft 
OpiB  bat  bas  23eremaB  unb  ben  iJlamcn 
beä  Sim^uö  aU  allgemeingültig  in  bie 
beutfdie  £)id)tung  eingeführt,  na^bem  in 
ben  oorau«get)cnben  3<ibt^unbertcn  eine 
auf  iBcrä^ä^Iung  beru^enbe  Sedjnif  bie 
Sebeutung  beä  beftimmten  JRbt)tt)mu(^  fafi 
ganj  unterbrüdt  ^atte.  51nbere  IRamcn 
tiß  jambifd)en  unb  tro^difc^cn  Scr^* 
ma§c0,  welche  bai  17.  3abrbunbett  auf« 
brachte ,  fmb  turslangc  unb  langfurjc 
Söcrfe  ober  9tad)tritt«  unb  SBortrittjcilcn. 
2)en  Unterfcbieb  ber  beiben  jweifilbigen 
*Beräma§e  erfannte  Opi^  im  93orf)anbcn* 
fein  ober  im  Jcblcn  einer  5luftattftlbc, 
eine  ^Infidbt,  bie  noc^  (Soetbc  unb  Sdtiitter 
mit  Dpi0  geteilt  l)abcn.  2)er  jambifd^e 
günffüf  ler,  welchen  bie  (Jngldnbcr  ben 


3bf)unn  —  3efuitcnorben. 


319 


Italienern  cntlefjnten,  finbet  fxd)  in  beut= 
[djer  SJic^tung  juctfi  in  bcr  älteften  Über= 
fe^ung  üon  SÖliltone  oetlorcnem  ißarabied, 
«eli^e  Don  Ibeobot  ^aarfe  in  Äönige^ 
berci  unb  beffen  Jortfe^et  6-  ®-  Dom 
gSefge  fiammt  unb  1682  ju  3erbfi  crfd^icn. 
©pdter  &emül)tcn  ftd^  namentli^  93obmer 
in  Überfe^ungen  2;t)omfonfd)cr  etjd^lun« 
gen,  3o^ann  ^\\ai  ©erleget,,  (Sronegf, 
SQBielanb  in  feiner  ®t)QEe[pearejÜberfe^uiig 
unb  Berber  um  bic  5lufna^)me  biefcö  Serfee 
in  \)M  feutfd^e  I^eater,  bi«  jule|t  Scffing 
im  9tatl)an  benfelben  cnbgültig  einbürgerte. 

3i&Öunn  ijt  in  ber  norbifdjen  9Wptf)olügie 
bie  ^erfonififation  bee  jg)immcl«tt)af[cr« 
ober  ber  2Baffer  übcrt)aupt  in  ii)rer 
^eilfräftigen  Sebeutung;  fie  ifl  bie 
©emablin  Sragiö  unb  tt)o()nt  in  Örunn« 
atr,  5)runnenfelb.  8ie  oerttja^rt  @oIbs 
äpfel,  beien  ®cnu^  bcn  ©ottern  ewige 
3ugenb  unb  UnfterbU(f)feit  t)crlei{)t. 

^fititenorbcH.  3>er  Stifter  be«  Orben«, 
I)on  3nnigo  Sopej  be  SRecatbe, 
njcir  als  ber  jüngfie  So()n  beä  SRitter^ 
Öeltran  Don  ßopola  au«  aUabelig=fpani= 
fdjem  ®ef(tlect)te  1491  in  ber  iproDinj 
©uipujcoa  auf  bem  üäterlid^en  S^loffe 
geboren.  —  «Seine  3"92ni'  »erbrachte  er 
am  ^ofe  Jerbinanbä  be«  Äatf)olifcf)en ; 
ritterlicher  Sinn  unb  J^atcnbrung,  eine 
beoote  S^rfurd)t  üor  ben  ^eiligen  maren 
frülie  ^ercorfte^enbe  3üge  feine«  Q,i)ax(xU 
ter«.  Sei  einer  93erteibigung  ^amplona« 
gegen  bie  ^ii^iofen  jerfc^metterte  i^m 
eint  Äugel  ben  einen  5"§'  woDon  er  fein 
ßeben  lang  {)infenb  blieb.  'Jluf  bem 
fdjnjeren  Äranfenlager  lae  er  in  Ermange- 
lung Don  SHitterromanen,  feiner  8iebling^= 
leftiire,  tai  ßebeu  3efu  unb  bcr  ^eiligen, 
be«  25omini!uä  unb  5i^«J"äi^fu^,  rooburcf) 
fein  ©emüt  lebf)aft  aufgeregt  mürbe. 
Sßieberbergefieüt,  ging  er  nacfe  bem  Älofter 
JDlontferrat ,  legte  ein  Öettelgemanb  an, 
l)ing  feine  *jiüpung  üor  bem  iDtarienbilbe 
auf  unb  ^ielt  mit  bem  *pilgerjiab  in  ber 
.^anb  üor  feiner  neuen  .^errin  nac^  alter 
JRiiterfitte  2Baffentt)ac£)t.  JÖalb  nad^^cr 
liegt  er  in  ÜJlanrefa,  in  einer  einfamen 
^öble  ober  im  S)omimfanerflofier ,  ftren^ 
gen  ©Übungen,  ®ei§elungen  unb  gajien 
ob.  ^iet  merben  i^m  munberbare  SÖer* 
jüdungen  unb  Siftonen  jutetl,  ber 
SDreieinigfeit,  bed®ottmenfc^en,  ber  siWaria, 
be^  Scufel*.  ®a  er  in  5«ufalem  unb 
in  ber  Sefe^rung  ber  Ungläubigen  bic 
Statte  unb  ben  3Birfung«Erei^  feiner  3"= 
fünft  fat),  begab  er  \\ä)  na*  5Daläjiina, 
»0  bcr  jjtanji^tcinerprouinjial    ibm  jroar 


einen  längeren  2tufentbalt  ni^t  ge« 
fiattetc.  ^cimgefcbrt,  erfannte  er,  tia^ 
jur  gctj^lic^en  SBirffamteit  eine  geleljrte 
iöilbung  unerlä^lid)  fei,  unb  er  fiubierte 
nuij  in  33arceflona,  *2tlcala  unb  Sala- 
manca  (SrammatiE  unb  ${)ilofop^ie,  lebte 
t>on  *lllmofcn  unb  mibmete  fid^  bcr  .ftran« 
tenpflegc,  mad)tt  [xdt)  aber  jugleid)  ber 
3nquijttion  oerbä^tig  unb  fa^  ft*  ge« 
nötigt,  l)a  er  bem  Sefet)le,  feine  Unter« 
rebungen  über  gciftlid)e  S)ingc  oicr  ^alnt 
lang  einjuftcüen  nic&t  nac^tommen  ^u 
fönnen  meinte,  na*  ^ari«  übcr^uftcbeln. 
.^icT,  ttjic  voxi)ix  auf  ben  fpanif*en  S*u= 
Icn,  gelang  e«  ibm,  junge  ßeutc,  bic  fi* 
feiner  ^ü^rung  anvertrauten,  in  feine 
Syercitien  cinjumeifen  unb  fo  atlmäbli* 
einen  Ärei«  üon  ©enoffen  um  ft*  ^u 
fammeln;  bie  crftcn  moren  fein  Stuben- 
burf*e  in  *Pari«,  ber  Sapoparbc  ^eter 
i^aber  (8cüc»re),  ber  Spanier  %x<yni 
Xaoier;  bann  5llfon«  Salmcron,  "^atoh 
öainej ,  IWitolau^  SobabiUa ,  fämtli* 
Spanier,  unb  ber  ißortugiefe  Simon 
SRobriguej.  'Um  15.  ^uguft  1534  legten 
fte  in  ber  ilir*c  i>on  ÜJtontmortre  ba« 
iäclübbe  ber  Äeuf*^eit  unb  5lrmut  ab 
unb  gelobten,  naci)  SoUcnbung  i^rer 
Stubien  cntmcber  in  36i^wf'>'fni  ber 
Äranfenpflege  unb  ber  äußeren  ÜJtiffion 
fi*  ju  mibmen  ,  ober,  faü^  biefer  5|Jlan 
auf  .^tnbcrniffe  fto^c,  ji*  jeber  SJliffion 
be^  ^apfie«  ju  unterjie^en. 

9iad)bem  Sfl^i^tiu^  i"  Spanien  bic 
2lngelegenl)citen  feiner  ^rtunbe  georbnet, 
trafen  fämtli*c  ©cnoffen,  bur*  brei  neue 
oerfiärft,  1537  in  Scncbig  jufammcn,  um 
Don  l)ier  au^  nad)  3«fufalem  ju  reifen, 
(äin  .Srieg  jtt)if*cn  25cncbig  unb  ben 
Surfen  ocr^inberte  i>ii.  'Übteifc  unb  gab 
ben  3üngern  Scranlaffung ,  in  ben 
^ofpitälern  ©cfc^äftigung  ju  fu*cn.  ^ier 
lernte  39iititiu0  oon  ©araffa,  bem  gcifi= 
li*cn  ßeiter  biefer  Qlnftalten,  ben  oon 
biefem  furj  oor^er  gefiiftcten  I^eatiners 
orbcn  fenncn,  ein  3n11itut,  rocldbe«  bie 
tlcrifalen  mit  ben  flöjlerli*en  ^^picbien 
innig  oereinte  unb  t>ai  auf  SRcgencration  bcd 
fir*li*cn  ßcben«  unb  auf  .^»cranbilbung 
cine^  tüchtigen  <Pric|lerftanbe^  angelegt 
»ar.  i)lacl)bem  fämtti*e  ©enoffen  in 
ißencbtg  bie  iprieftermci^t  empfangen 
Ratten,  mirftcn  ixt  al«  95olfäprebiger  in 
ben  Stäbten  iöeneticnä,  firaften  bic  ßaflcr, 
empfablen  bic  Sugenb  unb  prebigten 
ÜBcltocradbtung.  So  traten  fic  auf  Dcr= 
f*iebencn  SBcgcn  bie  ffianberung  na* 
\Rom  an.  SofofS«  ei"«t  uifionären  (St« 
21* 


320 


3efuitenotbcn. 


f(f)tinun9  6.^rifii,  bie  bem  Ssn^ti"»  i" 
einer  alten  »erlaffenen  Äitd^c  üor  Sflom 
begegnet  [ein  [oüte,  nannte  et  fpäter  bic 
Oefellf^aft  societas  Jesu.  2)ur(^  i^ren 
feltenen  Sifet  in  bct  ^lusübung  ^3rie|ietli^cr 
«Pflichten  erwarben  ft^  bie  ®enof[en  in 
SRom  balb  bie  ®unjt  beö  *Papjie«  unb 
tt)eltlid)er  ®ro§en ;  ber  Äönig  Jotjann  III. 
pon  ^Portugal  lie§  granj  Xaoicr  unb 
Simon  Dflobriguej  in  fein  yanb  fommen, 
um  fte  bort  für  bie  inbif^e  SKiffton  ju 
»erroenben ;  toä)  blieb  nur  ber  Untere  im 
Sanbe,  Xaoier  eilte  unter  bie  Reiben.  5lm 
27.  Sept.  1540  befiätigte  ^aul  in.  burd^ 
bie  '-öutle  Regimini  militantis  bie  ©e« 
fcll[(^aft  3«fU'  anfange  mit  ber  93 e  = 
fc^rdntung  auf  60  ÜJlitglieber. 
£)ie  2öa^l  bee  ©eneralä  fiel  einfiimmig 
auf  3gnatiu«.  *Mlö  biefer  am  31.  Suli 
1556  jiarb,  idl)lte  ber  Orben  f^on  13 
*ProDinjen,  üon  benen  fteben  auf  bie 
Vprenäifc^e  ^albinfel  unb  i^re  Kolonien 
famen,  brei  auf  Stylit"»  «int  luf  ^"^cmU 
xtiit);  bie  beiben  beutfdben  ^PtoDinjen 
waren  im  entjiel)en  begriffen.  3m  3a6« 
1623  mürben  3gn<itiu«  unb  Xaoier  feiig 
gefpro(^en. 

3)ie  innere  öinricfetung  bee  S^fuiten« 
orbene  ip  teile  in  ben  (Sjercitien  be* 
3gnatiue,  teile  in  ber  ©efej^gebung  aue^ 
gefprod)en.  ®ic  üon  3gnatiue  felber  I)er» 
rüi^renben  ©jercitien  enthalten  eine 
mctl)obif(^e  5lnmei[ung  jur  eii^enen  SWebi* 
tation  unb  beäWecten,  ben  SD^ebitierenbcn 
burc^  93ctra(l)tung  unb  ©ebete  in  eine 
foId)e  Stimmung  ju  cerfe^en,  tü^  er 
fraftDoücn,  unwiberruflic^en  (Sntfd)lu^ 
faffe  unb  burd)  bcnfclben  feinem  ganjen 
Heben  eine  cntfcl)icbene  9flid)tung  gebe. 
i)ae  ®anjc  ifi  in  vier  2öoct)en  geteilt 
unb  batin  jebcm  Sage  fein  ^enfum  ju^ 
gemeffen.  2)ie  erjte  SBoc^c  iji  bem  ^ad^' 
benfen  über  bie  <Sünbe  gemibmet,  bie 
jmeite  über  Die  ® ebutt  unb  bae  Scbcn  d^rifti, 
bie  btitte  über  fein  Seiben  unb  Sterben,  bie 
inerte  über  feine  93er^errli(l)ung.  2)iefe 
*fietract)tungen  werben  ju  fünf  »erf(i)iebe= 
nen  lageejeiten  meift  eine  Stunbe  lang 
angejteüt,  wobei  es  barauf  abgefe|)en  ifi, 
ben  3n^alt  ber  biblifc^en  unb  auperbibli= 
f(l)en  iBilbet  möglid^p  jinnlid)  mit  ^uge, 
Di)i.  ®efc^macf,  ®eru^,  ®efüt)l  in  fxä) 
lebenbig  ju  machen  unb  jld)  innerlid^  ta' 
ju  ju  bieponieren,  ba§  \i)m  tai  tünftige 
Üebcn  unb  Sßirfen  in  ber  ®efeUfd)aft  ale 
eine  freie  2.l)at  unter  ber  (Sinwirtung  ber 
®nabe  erfc^eint,  unb  fein  Urteil  »öüig 
unter  bie  öntfcheibung  ber  ■ftircf)e  gefangen 


gegeben  iji.  I)ut^  bie  Syercitien  l)at 
3gnatiue  bie  aecetifc^e  Ofli^tung  feinet 
Drbene  befiimmt. 

3laä)  ben  Äonjiitutionen  unb  ®runb= 
gcfe|en  bejlet)t  ber  Drben  aui  oicr  Älaffen, 
ben  Sflopijen,  ben  Sd)olajiifern,  ben 
Äoabjutoren  unb  ben  iprofeffen.  5Der 
3ulaflfung  jum  9iot)ijiat  get)t  eine  genaue 
'Prüfung  ber  Sßer^ältnijfe  unb  3nt«ntionen 
ber  ?lufnal)mefuc^enben  fowie  bie  ©fercitien 
Botauö.  2)a6  SJJoüijiat  bauert  jwei  ^a^xe 
unb  bie  Jageeorbnung  f(^rcibt  für  jebe 
Stunbe  bie  93ef(i)äftigung  firenge  t>or: 
Äir^enbefu^,  fromme  ßeftüre,  Setracf)« 
tung,  ®ebet,  ©ewiffeneprüfung  unb  (Sr= 
l)olung.  I>ae  SJiooijiat  wirb  im  SWoDijen« 
^aufe  jugebracf)t.  ytaä)f)tx  tritt  ber  0iopije 
ale  ©d^olafiifer  in  ein  ÄoHegium  ber 
©efeüfc^aft  unb  t)at  ^ier  jwei  ^a\)xt  bem 
Stubium  berüt^etorif  unb  ßitteratur,  brei 
3al)re  bemjenigen  ber  ^^ilofopl)ie,  ^tivfxf 
unb  SOiatl)cmatif  objuliegen.  (5rfi  nad)* 
bem  er  Ijierauf  5  bi^  6  ^af)xt  lang  oon 
ber  ®ramraatit  an  burc^  alle  Älaffen  bie 
^a^er  biefee  Sebrgange  alö  it^xex  vox- 
getragen  unb  praEtifd^  eingeübt  ^at,  tritt 
er  baö  gtubium  ber  Jbeologie  an,  hai 
wieberum  4  bie  6  ^ai)Xi  umfaft;  ber 
dltefie  ©tubiengang,  ratio  studiorum, 
jiammt  aue  bem  ^a^xi  1586.  ®tft  nad> 
einem  weiteren  $robejal)re  empfängt  ber 
Sd^olaftifer  bie  *18riejierwei^e  unb  legt 
bae  ®elübbe  entweber  ale  Coadjutor 
spiritualis  ober  ale  $rofeffe  ab.  5luBet 
ben  brei  SOJönc^egelübben,  welche  ber 
Sd^olajtifer  abzulegen  ^at,  oerfprid)t  ber 
Coadjutor  spiritualis  rücffid)tlici)  be*  ®c* 
liorfam.e  noc^  fpejieüe  eifrige  Eingebung 
an  ben  3"g«nbunterric^t  unb  ber  ^rofeffe 
befc^wört  augerbem  in  feierlicher  Sßeife, 
f\d)  jeber  ÜJtifjion  bee  ^apfiee  unbcbingt 
ju  unterhielten  (professi  quatuor  votorum). 
Die  societas  professa,  ber  31^^^  ^^^  ^^^ 
tleinjle  Seil  ber- ©efeüfc^aft,  fmb  bie  be» 
rec^tigten  ©lieber  ber  ©eneralfongregation. 
*ltn  ber  ©pi^e  bee  ©anjen  jtel)t  ein  ®e« 
ncral ,  praepositus  generalis.  Seine 
Stelle  Dertritt  in  ieber  *proDinj  ber  *Pro« 
innjial ,  praepositus  provincialis.  S)ad 
Qtmt  bee  ©enerale  ift  ein  lebenölänglid)e«. 
*Ullc  ©lieber  fmb  i^m  jum  ®e^orfom 
oerpflidt)tet ,  er  ernennt  bie  ^ropinjiale 
unb  bie  übrigen  Beamten  meijl  auf  brei 
3al)re,  er  entf^eibet  über  alle  5lufna^men 
unb  fann  aue  bem  Drben  entlaffen  unb 
toerftopen,  er  t)at  ha^  9led)t  oon  ben 
3njiitutionen  unb  SRegeln  ju  bi«« 
penfieren;    in    feiner 2-lpanb    liegt   bie 


3mmunität  —  Index  librorum  prohibitorum. 


321 


gartjc  Semaltung,  iRegierung  unb  ^nxiii 
öiftion.  2)ie  ©eneralfongrcgation  tritt 
jufammcn  1,  ,^ut  SBaftI  bc^  ©eneral*, 
2.  wenn  e^  ftd)  um  bic  ^bfejung 
bc^fclbcn  I)anbclt,  3.  lüenn  bie  ?t[jtfien« 
ten,  ^roinnjialcn  unb  Sofaloberen  burc^ 
©timmenmcbrt)eit  bie  SRotmenbigEcit 
ibrer  iöctufung  crfenncn ,  4.  wenn  bie 
alle  brei  ^ahxt  unter  bem  33orft^e  bcä 
©eneral^  ju  ^iom  tagenbc  Qlbgcorbneten' 
»erfammlung  auä  bcn  ^rooinjen  fid)  tia' 
für  au0fpri(i)t.  SWeift  [ucfete  man  bcr 
Berufung  ber  Oeneralfongrc^ation  audju« 
tt)ei(^en.  9Jadb  €tei^  in  ^erjogö  JReal« 
(Sncpfl.  I)ie  nortrefflic^fie  ©arPeüung  gab 
IRanfc  in  ber  Oefd^ic^te  ber  ^dpfle. 

3n  ber  ®e[cf)i(i)te  ber  beutfd^cn  Sitteratur 
unb  93ilbung  ift  ber  3«fu'tenorben  metjr^ 
fad^  mirffam  geiuefen.  ßr  ^at  ttiefcnttidf) 
Qlntcil  an  ber  feit  bem  Äonsil  ju  Jrient 
eröffneten  rücfftditölofen  polemif^en  Sitte« 
rctur,  an  meld)er  beibe  Äonfefftonen  teil« 
nahmen,  auf  protejlantifd^er  Seite  nament; 
lic^  Jiftfcart  mit  bem  Jefuiten^üt» 
lein  unb  mehreren  anberen  «Schriften. 
5Der  3f[iiitf"orben  t)at  burcib  feine  ftreng 
formale  SRetbobe  beä  f;öt)eren  Unterricf)tö 
jur  5luöbilbung  ber  ©pmnaften  über» 
laupt  beigetragen,  in  feinen  ©rjie^ungö« 
anftalten  ftnb  namentlid)  auä)  bie  @($ul« 
tomöbien,  anfangs  lateinif^,  fpäter  ju= 
gleid^  beutfd^,  gepflegt  unb  ber  ©efdjmad 
baran  in  meitercn  Greifen  ferbveitet  mors 
ben.  %n  ber  neulateinifc^en  *13oefrc  I)aben 
fic  u.  51.  burc^  3ii' ob  Salbe  rü^mtic&en 
^Intcil  genommen  unb  nici)t  minber  rü^m^ 
lic^  ift  ber  9iame  5riebrii$^üon©pee, 
eineö  nicf)t  unbegabten  Di(i)terä  ber  erften 
fc^Iefrfc^en  2)i<i)tcrfd)ule,  ber  ftd)  jugleid) 
um  bie  23cfämpfung  ber  .^»erenprojeffe 
grofcö  iBerbienft  erworben  f)at. 

3fnttnunität  bei^t  baä  pon  bcn  SOJero« 
mingern  unb  namentlich  oon  ben  Äaro« 
Ungern  ben  Stiftern  unb  Älöfiern  erteilte 
tJlecht  ber  Befreiung  »on  öffentlicften  Saften, 
ber  6rf)ebung  ber  föniglidben  Sinfünfte  für 
eigene  5Rec^nung  unb  ber  Qtufna^me  it)rer 
•porigen  in  bcn  befonberen  f  öniglicfecn  Qä^nP, 
mit  ben  ftcb  baran  fnüpfenben  2öir!ungen. 
SBeitcre  «^o^^  bcv  3tnf"iinitat  mar  eö, 
ia^  bie  Äönige  jenen  'Jtnftalten  burd)  be« 
fonbere  ^rioilegien  für  if)re  ©ert^ungen 
au<^  bic  Befreiung  pom  3wtritt  ber  öffent- 
lichen Beamten  verlieben,  oon  mclcber  ßtit 
an  ®eri(6te  unb  «Strafgea-'alt  r>on  "Beamten 
beä  Stifte«  gebanb^abt  unb  juglcid)  bie 
entfprcd)enben  i8u§en  unb  Strafgelber  bc- 
jogcn    mürben,     ^nx    Apanbbabung    be^J 


föniglic^en  Scf)u|>eS  mied  ber  .König  ge« 
möt)nlid^  einen  mächtigen  Jp»errn  an;  fpäter 
mürbe  burcf)  ^ripilegien  bem  Sifd^ofe  ober 
5lbte  bie  fflaf)l  beö  Sc^irmoogte«  über« 
laffen  unb  bicfcm  fobann  für  fein  llmt  ge» 
miffc  jä^rlic^e  (St)rengefcf)enfe  übermiefen. 
I)er  Jsefcnfor  ber  5lboofatur,  ber  fc^on 
nac^  ben  alten  Äird^engefe^en  jum  S(i^u^c 
unb  jur  Vertretung  ber  j^ird^e  na^  aufen 
bcjiimmt  mar,  mürbe  je^t  infolge  ber 
3mmunität  ber  eigentliche  ©erid^tä«  ober 
2)ingoogt.  5i[bnli^  ben  Gentcnaricn  foUte 
er  unter  ber  SDiitmirfung  beä  ®rafen  unb 
be«  SBolfeä  auögemäblt  merbcn  unb  jmar 
ani  ben  in  ber  ©raff^aft  Següterten, 
nur  nic^t  ber  (Scntenariuä  bed  ©rafen 
ober  ber  ®raf  felbfi.  Sie  l)atten  ju  i^rem 
?lmtc  bcn  ®cnu§  beftimmter  ^öfe  unb 
nac^  5lrt  ber  ®rafen  ein  Sritteil  ber 
StrafgcfdUe.  ©en  Slutbann  mu§te  ber 
33ogt,  ba  bie  Äirc^c  nac^  bcn  fanonifdbcn 
Sa^ungen  feine  93lutgemalt  ^aben  burfte, 
pom  Äönige  fclbfi  empfangen,  kluger  ben 
Stiftern  unb  Älöftern  maren  aui)  bie 
.Krongüter  unb  iReic^öliöfc,  bic  gro§cn 
Sejt^ungen  bcr  meltli^cn  93Jagnaten  unb 
mit  ber  Qt\t  Stäbte,  Rieden  unb  2)örfer 
burd)  3ni"iw*t«t« « ^Jrioilegicn  oon  bcr 
gemeinen  ©ericbtebarfcit  befreit  unb  ^anb» 
babten  i^r  Oied^t  burd^  befonbcrc  ®eri^te. 
S)ie  3inniunität  gab  ben  mit  i^r  au«ge- 
ftatteten  Sejt^ungen  bcn  ß^arafter  bc= 
fonberer  oon  bem  übrigen  Äörper  beet 
Dleicfcö  abgcfonbcrten  ®ebietc  ober  $crr- 
fd)aftcn.    «ergl.  Sogt. 

Index  librorum  prohibitorum.  tBer« 
jeid^niä  ber  eerbotenen  i8üd)er.  Dae  SBcr^ 
bot  ber  Äird&e,  fe^erif^e  ober  ber  Äe^erei 
oerbäd^tige  33üdf)cr  ^u  lefen,  jtammt  fd^on 
aui  bem  5,  3'>^i^^unbcrt,  unb  bie  Übcr= 
tretung  beöfelben  murbc  mit  bem  SBanne 
betraft ;  namentlid^  mar  ti  babci  auf  un= 
ed)te,  untcrgcfd^obenc  Schriften  abgcfcl)en, 
bic  man  auä  bem  öffcntli^en  firdblidben 
©ebraud^c  bringen  moütc.  I)ie  Spnobe 
JU  (Sbira  813  bebro^te  biejenigen  mit  bem 
*Mnatt)cm ,  meldte  libellos  famoses  in  oie 
Äird^c  bringen.  SDJit.bcr  Serbreitung  ber 
3nquifttion  ging  bic  Übcrmad)ung  ber  Der= 
botenen  Sü^er  in  bic  ^änbc  ber  3nc(uifi= 
toren  über.  3)ie  ©rftnbung  bcr  Sudf)brudcr= 
fünft  unb  bcr  bcginnenbc  iReformationägeill 
leiftctc  fe|crifd^cn  'Jlnfid^tcn  unb  Sudlern 
großen  3}orfdf)ub,  unb  "Papfi  2tlcranber  VI. 
beftente  beömcgen  eine  eigene  Sc^örbe,  iit 
fomobi  bie  bereite  gebrudten  2öerfe  ale  bie 
Apanbfiftriftcn  oor  bem  2>rudc  unterfud)en 
unb  fofort  cntfdbciben  foflte,  ob  ber  2)rud 


322 


Jnbiftion  —  Jnfunabeln. 


unb  (Berfauf  tti  a3iid)e«  ju  gcpatten  fei; 
qpapji  ßco  X.  erlief  u.  51.  im  5al)rc  1525 
bie  IBerorbnung,  bni  ebne  Qlpprobation 
bc^  33if4)of^  ober  bcs  Legaten  ober  ber 
3n<1uifition  fein  i8u(f)  gebrudt  »erben 
bürfe  bei  ©träfe  ber  (gxfommunifation; 
tai  93ücf)  fei  ber  foHtc  fonftöjiert  unb  ner-- 
brannt  werben.  I)aö  erfle  iBerjeid)niöi, 
index,  »on  »erbetenen  93üct)ern  aber  roar 
baöjenigc,  i>a^  bie  Uniferfxtät  t>on  ööwcn 
auf  3?efef)I  Äarlö  v.  1546  befannt  maäim 
lief;  im  ^al)xt  1550  gab  ber  päpi^licbe 
iJegat  in  Sencbig,  ^o\)ann  SDctla  6afa 
ein  äbnlicfieä  S3erjeicf)nig  ^erauö,  unb 
l^apft  *PauI  IV.  Iie§  enblic^  im  3<i^re  1 557 
n^dbrenb  ber  ©ufpenfion  be^  SribentinifAcn 
.Eonjilö  burc^  eine  befonberc  Kongregation 
bcn  offijieflen  Index  librornm  prohibitornm 
veröffentlid)en;  er  jerlegte  bie  Q3erfoffer 
rerbotcner  ©dbriftcn  in  brei  Klaffen :  1. 
fold)e,  beren  Schriften  fd)lec^tl)in  iierboten 
mürben,  2.  fold^e,  üon  benen  nur  einjelne 
Sä)riften  bem  Sßerbote  unterlagen,  unb 
3.  bie  SJerfaffer  anonymer,  namentlicb 
aller  feit  1519  erf^icnener  ©diriftcn.  ^en 
£(J)luf  bilbctc  ein  SSerjcic^nis  x<on  62 
2)rutfern  fe^etifd)er  Sücfeer  5ll3  ©trafen 
auf  ta^  öcfen  ber  ^ier  ferbotenen  33üdbcr 
M?urbc  bie  Excommnnicato  latae  senten- 
tiae,  (Sntfe^ung  i^on  allen  iümtern,  immer^ 
njdbrenbe  Infamie  fefigefe^it.  Unter  ben 
rerbotcncn  53üd)crn  ftnb  bie  meijlen  fold^e, 
b'.e  ta^  5lnfcben  ber  meltlithen  Obrigteit 
gegen  bie  (Singriffc  ber  Älerifei  retten,  bie 
5ied)te  ber  Konsilien  unb  93if(i)öfe  gegen 
bie  93ceintrd(^tigung  bcö  römif(f)en  ©tuljlcö 
bcbaupten  unb  bie  ^euc^elei,  Itjrannei  unb 
3icligion«betrügerci  ber  Pfaffen  unbü)Jönd)c 
an  ba^  Si^t  bringen.  SBegen  ber  in  biefem 
^nbej  »orberrfdjcnben  großen  ^axU  mürbe 
ba^  33erjeict)nic  jebod)  nod^male  in  iBers 
binbung  mit  ber  tribentinif(^en  Äirdben= 
rerfammlung  umgearbeitet  unb  enblid)  im 
3at)re  1564  üon  (pius  IV.  cnbgültig  ge« 
billigt.  ©0  ift  bie  ©runblagc  aüer  anbern 
ri^mifdben  S3er5ci(f)niffe  biefer  ?lrt  gemorbcn. 
^nbiftion,  indictio,  3n^'flic  römif(^en 
©eboteö,  Äaiferlid^e  ^a^^l,  SRömerjin^äaljl, 
ift  eine  ber  t)äufignen  Sa^if^l'^s^iiitiungen 
be«  SDMttelalterä  unb  f4on  frül)  in  bie 
Dftertafeln  unb  in  bie  ^Datierung  ber  Ur= 
funbcn  aufgenommen  worbcn.  Sie  ift  bie= 
jenige  S<^i\,  meiere  angiebt,  bie  micüielte 
8tefle  ein  ^a^x  in  einem  (Sptluö  eon 
15  5al)ren  einnimmt.  5Dic  15iäl)rigen 
6t}flen  laufen  burd)  unfere  gefamte  S^iU 
icd)nung.  Über  bie  (Sntjiet)ung  biefer  3"= 
biftion^redinung  fmb  bie  ^Infi^ten  geteilt: 


bie  einen  fnüpfen  fie  an  eine,  jeboti^  blo§ 
»orau^gefe^te  ©runbficuerpcriobe  be» 
römifc^en  9fleid)e^;  anberc  madben  ben 
ögt)ptifcben  Urfprung  ber  3"^'ftionen 
mal)rfd)einlid).  Tlan  untcrfc^eibet  il)rem 
jät)rli^en  ^Infangc  nod)  brei  5lrtcn  ber 
Snbiftion^red^nung: 

1.  Indictio  graeca  ober  constinopoli- 
tana,  beginnt  mit  bem  1.  September;  ftc 
mar  im  9!}?orgenlanbe  au^fcftlief lid) ,  im 
5lbenblanbe  forne^mlid)  in  ber  päpjilid^en 
Äanjlei  in  ®ebrau(^. 

2.  Indictio  Bedana,  mit  bem  24,  ©cp* 
tember  beginnenb.  perbnnft  ibre  Sntjictjung 
bem  ^lnfcl)en  bec  Beda  Venerabilis;  fie 
mar  in  ^i^anfrei(f)  unter  bcn  Karolingern 
nad)  ßubmig  bem  5rc"ii"fn  üorjugämeifc 
gebräucblid) ,  in  ber  faiferlicben  Kanälei 
©eutfd)lanb^  feit  ber  DHtte  be«  9.  Jabrb. 
unb  in  ber  päpfilidl)en  Kanzlei  feit   1088. 

3.  Indictio  romana  ober  pontificalis, 
beginnt  am  25.  I)ejember  ober  1.  ^a' 
nuar;  anfangt  neben  ben  bciben  anberen 
3nbittionen  gcbräucblid),  ifi  fte  im  fpäteren 
iDJittelalter  bie  gebräucf)lid)jte  5lrt. 

2)aö  crjie  ^ci\}X  eine«  5"^iftionöcyflu9 
fällt  auf  Mi  5al)r  3  tor  ßl)rijiu0. 
©rotcfcnb,  ^anbbud)  ber  (S^ronclogic. 
§.  8. 

^nfunakln,  Süöiegenbrucfe,  nom  lat. 
incnnabula  =  ÜBiege,  nennt  man  tit  ©r« 
jeugniffe  ber  Sud)brucfeTfunfi  in  ber  crjtcn 
3eit  i^rer  (Srfinbung;  bie  ®renje  ber  5"- 
funabeln  fe|t  man  mcift  inä  ^a\)x  1500; 
boc^  ftnb  aud)  anbere  ©renken,  mie  1520 
unb  1 536  in  ^Inmcnbung  getommen.  S)ie 
3al)l  ber  Drude  bce  15.  ^a^xl).  mirb  auf 
ctma  1500  bcrcd)net;  ibie  Seltenbeit  mirb, 
abgefel)en  Dom  5Utcr,  burd)  bie  flcineren 
'Mutagen  ber  erften  !8ud)bruder  bebingt. 
'Jlnfangei  brudte  man  meiji  auf  !Perga* 
ment,  fpäter  faP  auefd)lie^cnb  auf  ^Papier. 
Seim  (Pergament  untetfd)eibet  man  Kälber» 
Pergament,  in  S)'eutfd)lanb,  granfreic^  unb 
ben  9?icberLinbcn  gemöt)nlid^,  namentli(^ 
für  goliobänbc  gebraucht:  Pergament 
Don  totgeborenen  Sämmern,  »on  Sämmern, 
meld)e  gelebt  ^abcn,  unb  ©d^afpergament. 
2)a^  ^ormat  mar  anfange  5'*^'";  ""^  ^'^^ 
3al)r  1470  gab  es  aber  f^on  33änbc  in 
DftaD  unb  ^uobe^.  Die  Settern  fxnb  in 
ben  ältcjlen  Druden  bie  gotifd)en;  fpäter 
mcrben  biefe,  äuerfi  in  3talien,  burd)  bie 
runbe  antifc  ©d)rift  erfe^t.  ®ried)ifd^e 
?cttern  finbcn  fid)  ;uer(l  in  einjelnen 
2ßörtern  unb  jmar  in  ^olj  gefc^nitten; 
bae  cvfie  mit  -.^cgoffenen  Settern  gebrudte 
gricd)ifd>e  23uct)  ift  Lascaris  Grammatica 


Snnung  —  Snquiiuion. 


323 


graeca,  Mediol.  1476.  4.  I)ie  gro^e 
@d)rift,  bic  man  bei  2)?e§Micf)ern  unb 
•Pfaltcrn  flnnjanbtc,  I)eitt  ÜKiffaltppen. 
Iiie  3ii^t^ölfn  »uxben  gch)öt)nlid)  ni(^t 
cingcbrucft,  fonbctn  in  anbeten  ^''i^^'ii' 
meifl  rot,  eingefd^rieben;  ta  biefe  Qlrbeit 
ber  IRubrifatorcn  oft  längere  3^'^  ""'ä) 
bem  5Dru(Je  gefcfiab,  finbet  man  t)äufig 
Jnfunabeln  o{)ne  Snitiil«"-  Oft  ftnb 
bie  lefiteren  in  ®oIb  unb  fojibar  »erjiert. 
<Mu^  ^m  Äonteyte  ftnben  ftd)  »icle  mit 
roter  unb  blauer  ^axbi  eingetragene  ^n^ 
fangöbuc^ftaben ,  bie  gebrudten  ftnb  ju< 
meilen  mit  roter  unb  blauer  %axbi  blo^ 
burcf)ftri(i)en.  Signatur  l)eift ba33fi^)f"' 
tt)eld)e2i  bie  33ud)bru(fer  unten  auf  bie 
SBorberfeitc  beö  93Iatteß  fe|en,  um  bei  bem 
(Sinbinben  SSertuirrung  ju  »ermeiben;  in 
bcn  alten  SDrurfen  brauchte  man  baju  ge» 
wöl)nlid)  bie  93ud)jlaben  beö  ^Ip^abetcö, 
unter  Umfiänben  fo  lange  Per»ielfac^t,  alä 
e«  nötig  ift.  Äufioben  nennt  man  baä 
unter  ber  legten  ßinie  jcber  «Seite  jtel)enbe 
2Bort,  »elct)e«  auf  bie  näd)jifoIgenbe  ©cite 
i^inmeift  unb  auf  biefer  iai  crfte  SBort 
ifi.  kaufen  bie  ßtiUn  ununterbroc^jen 
burct)  Ht  33reite  ber  €ettc  burcf),  fo  t)ei^t 
t^e  ein  ^rucf  mit  auelaufenbcn  3^'^^"'. 
finb  bie  Seiten  in  ber  SDJitte  geteilt,  fo 
l)at  man  Äolumnenbrucf ,  in  $]folio= 
bänben  ber  riorberrf(f)enbe.  3"  ben 
frübejien  I)rucfen  finbet  man  feine  fort^ 
iaufenbe  3''^'""3  ^^i  Slätter,  unb  al^ 
biefe  eingeführt  ttiurbe,  jäljUe  man  ftcte( 
bloB  bie  «lätter.  Die  »lattja^len  ftnb 
anfangs  mit  römifchen  3ablen  auägcbrucft, 
erft  fpäter  mit  arabifc^en  3'fffif"-  S^iteU 
blätter  befi^en  bie  ättefien  ^ifuntJ^fl" 
nid)t,  fonbern  am  (£nbe  eine  6d)lu^fcbtift, 
date,  Colophon,  in  toelc^er  geuiöbnlicf) 
ber  iWame  beö  ©rudere,  foroic  Ort  unb 
3nl)r  bed  Trucferä  angegeben  ftnb;  oft 
fet)lt  aber  eine  biefev  33ejei($nung  ober 
alle.  Jitelbliitter  mit  genauer  Eingabe  be^ 
ginnen  J485.  3)a8  erjie  93ud),  tnotin  fid) 
JRupferfii^e  finben,  ifi  in  gloren;  1477 
erfd)ienen  :  *il  ntoniuä  ba  Sie  na,  Monte 
Santo  di  Dio;  ^oljfcf)nittc  fommen  früher 
t>or.    Äülb  in  Srfd)  unb  ©ruber. 

Innung,  ftef)e  3unft. 

Snqufinom  S(i)on  bei  ben  {Römern  be- 
jeidinetc  inqaisitio  biejenige  Unterfudbung 
unb  richterliche  3Birffamfeit,  welche  mittcU 
3eugcn  unb  anberer  ^ülfämittel  über  ben 
l'ebenöwanbel  ber  Setlagten  ücr^ängt 
tt>urben,  unb  tt)er  biefeö  (äefcfeäft  leitete, 
l)ie§  inqnisitor.  ^m  SDJittelalter  nannte 
man   inquisitores  u.  a.   gcmiffe  Scnbbot« 


fcbaften,  meiere  bic  Äönige  in  it)re  *Pro; 
»injen  f(f)i(ften,  um  tai  33ctfal)ren  unb 
SSetragen  ber  Scamten  obet  a\xä)  gcwiffe 
iBotfäüe  äu  untetfu^cn  unb  nötigenfafläi 
ju  befirafcn;  in  J^anfreicfc  «ä^lte  man 
bierju  nid)t  bIo^tt)eltli(f)e$erfonen,  fonbern 
auc^  ©eiftlic^c.  SWit^in  voax  ber  <Muäbrucf 
längft  befannt  unb  üblicf),  alö  bie  Äir^e 
ibn  auf  biejcnigen  Senbbotf(i)aften  ber 
$äpfie  übertrug,  bie  jum  SRict)ten  unb 
Seftrafen  ber  ©laubenöoerbrec^er  beDoli« 
mädbtigt  mürben. 

©ac^lid)  ijl  bie  pnquifttion  eine  unter 
Spflitmitfung  ber  3citö«t)ältniffe  f)erbcigcs 
fül)rte  (Sntmicflung  unb  ^luäartung  ber 
alten  Äirc^enjuc^t,  ber  ;(ufolge  bie  Sanb; 
bif(J)öfe  fc^on  ftül)  bie  (Pflicbt  batten, 
3rrletjren  ju  fteuern  unb  bie  33ifttationcn 
ber  Äir^cn  i^rer  Sprengel  au^  jur  Qlu0= 
fpäl)ung  etma  auftauc^enber  Äe^ereien  ju 
benu^en.  Die  l)ö(J)jle  firdjli^e  ©träfe 
gegen  entbecfte  Äe^er  mar  bie  (SyEommuni* 
fation,  mit  ber  aU  bürgerli(^e  ©träfe  bie 
lyerbannung  unb  ber  Sob  »etbunben  fein 
fonnten.  S)od)  etflärten  fid)  angefet)ene 
Äirdienle^rer,  mie  ©t)ii)fcfiomu^  unb  5lu= 
guftin,  gegen  bie  lobeäftrafc  ber  Äe^er, 
rcäbrenb  fie  ^ieronpmu^  unb  Seo  ber  ©ro^e 
befütmotteten,  bod)  fo,  ta^  bie  Äir^c  bie 
Jobcöurteile  »on  ber  meltlic^en  ÜJtae^t  voü- 
jiet)en  lic§.  3)a  bie  33if^öfc  für  bie  5tuf= 
rccbtl)altung  ber  ®Iauben^rein^eit  m<i)t  ju 
genügen  fd^ienen,  mürben  im  6.  5'J^'t^- 
©cn^gerid)te  angeorbnet  bie  fic^  feit 
bem  9.  3abrt)unbert  mebr  unb  mct)r  au«' 
bilbeten  unb  fic^  in  bifd)öflid)e,  ^r(^ibia= 
fonatä=  unb  erjpriefierlic^e  ©enbe  teilten. 
?J1«  bie  Äird)e  burd)  bie  Äat{)arcr  (?llbi= 
genfer)  unb  SBalbenfer  beunrubigt  mürbe, 
mar  e^  ba«  ^nfiifut  ber  fiegaten,  burd) 
meld)e  bertömifd)c  Stuf)I  gegen  bie  Äe^et 
einfd)titt.  (äift  '^apfi  Jnnocenj  in.  ttaf 
bie  5(notbnung,  bic  biäljctige  SBirffamfeit 
für  bie  *31u0fpürung  unb  33cfirafung  ber 
Äe^cr  ju  einer  bleibenben  (Sinrid)tung  ju 
gehalten;  er  liep  bur^  baö  oiertc  öateran= 
fonjil  tai  iBerfabren  gegen  bie  Äe^er  jum 
^auptgefi^äft  ber  bifc^öflid)en  ©enbe_ 
mad)en,  in  bem  Sinne,  i>a^  ber  ©rjbifc^of 
ober  Sifdiof  biejenige  'TJaro(f)ie,  in  ber 
fid)  bem  ®etüd)t  nad)  Äc^er  befinbcn 
foüten,  felbft  ober  bur^  @teüticrtre= 
ter  befuc^cn  unb  burd)  geeignete  *Per= 
fönen  ciblid)  ftci)  beö  iJiamenß  ber 
.Re^er  t>erficf)ern  laffen  foüte.  Die  Qtuf* 
ftd)t  über  bie  33ifct)öfe  füt)rten  aber  bei 
bicfem  ©efcftäfte  bie  ßegaten.  ®enauere 
Sejiimmungen  über  bic  ^rt  ber  Äe^erauf- 


324 


3nquifition. 


fpürung  lieg  berfclbe  «Papfi  1229  buvd) 
iai  Äonjü  Pon  Souloufe  ergeben  unb  ba* 
burd^  bic  SniTuifttion  äunäd)|l  in  Souloufe 
unb  im  übrigen  füblicfecn  ^ranttcicf)  fon* 
ftituircn.  %li  aber  bie  33if(f)öfe  immer 
voi)  nid^t  genügten,  ernannte  (Srcgor  IX. 
1,232  in  ©eutfc^Ianb,  iMragonien  unb 
DßcTreid),  123;<  in  ber  ßombarbei  unb  in 
granfreid)  bic  S)omintfancr  ju  befiäm 
bigen  päppiid)cn  3niuifttorcn ,  bie  nun 
eine  reiche  fe^ercerfolgcnbc  S^dtigfeit  cnts 
falteten,  »clcf)e  burc^  immer  neue  ßrfin- 
bungen  ber  fird)Iicf)en  Äe^erproje^orbnung 
unterflü^t  mürbe.  ®o  burftc  feinem  Qln? 
geflagten  ein  Selajlungäjeuge  namftaft 
gemacfet  merben;  SWitf(i)ulbige  unb  33eri 
brec^er  mürben  alö  S^^S«"  s"9etaffen;  bie 
n)eltlict)en  Dbrigfciten  "mürben  angemiefen, 
bei  Serbafteten  ni(f)t  bIo§  jum  ®e« 
jiänbniffe,  fonbern  aud)  ^ur  ^tnflage  anbercr 
ibnen  befannter  Äe^er  bie  Jortur  anju« 
hienben;  fpdter  nahmen,  um  bie  2luö[agen 
beä  ©efolterten  geheim  ju  halten,  bie 
geiftlicfeen  Sit^uiptoren  bie  *ilnmenbung 
ber  Tortur  felbfi  in  bic  ^anb.  3)em  be- 
griffe ber  Ackeret  mürbe  eine  mafloe  meite 
Scbfutung  beigelegt,  [o  ba§  auger  fef* 
ticreri[d)er  3[>?einung  3in^rt)ucf)er,  aßaf)rs 
fagcrei,  Sefcfcimpfung  ti^  .Rrcujeä,  ißer= 
acbtung  be^  Älcrue,  S^crbinbung  mit  iMnö« 
fähigen,  3"^«"/  iiamonen,  bem  Icufcl, 
ben  ^cfcn  jum  ^rojefTc  führen  fonnten. 
2)ic  ©trafen  lauteten  auf  2>erluft  ber  ßbrc, 
ber  bürgerlichen  unb  fird^lid&en  Med^te, 
I)nrte  ®cfangenfd)aft  im  Äerfer  ober  auf 
ber  ©alecre,  Job  burd)  ^inrt(i)tung,  burdj 
einmauern,  burdb  geucr.  93alb  galt  ber 
Sag  einer  .$?c^erhinrid)tung  at«  Feiertag. 
5lppetlationgab  eöni(i)t.  ^apP5"n»cenä  IV. 
mie«  1252  ein  Drittel  bcö  eingebogenen 
23ermt)gend  ber  Sniuifiti""  S"  unb  befahl 
ein  jmeiteö  jDriitel  für  fünftige  3ni"i' 
ptionö^medc  ju  beponiercn.  ©piitcr  crtiiclt 
bic  3nquifition  iai  ganjc  ißeimögen  ber 
9lngeflagten.  -heftige  3?olföbcmegungen 
unb  blutige  5iuff!dnbe  gegen  bie  tier* 
f)a§tcn  Tribunale  frud)tcten  auf  bie  S)auer 
nid^te.  2)agegen  Idbmtcn  cnblich  ia^ 
pdppiid)e  ®d)i6ma  unb  bic  .Äon.^ilicn  beö 
15.  Si^ihiinbcrtö  mit  ber  Äraft  ber 
■^icrard)ie  audi  biejonige  ber  3nq"ifition, 
fo  bag  bie  franjöftfd)e  Sn^iuifition  meijt 
nur  nod)  mit  Qlntlagc  ber  3aubcrei  unb 
Icufcl^ocrbinbung  gegen  heimliche  ober 
t>erbdd)ti9c  .Ke|,cr  cin|'d)ritt.  3n  ber  Witte 
bcö  16.  Sahi^hunbcrtö  erlofd;  fic  in  %xant' 
reic^  gdnjlid). 
3n  I)cutfdhlanb   t>erbreitete  fldi  bic 


3nqutjition  balb  nad)  bem  Äonjil  »on 
louloufc  burch  bic  Iiominifancr  Äontab 
Drofo  ober  lorfo  unb  namentlid)Äonr ab 
t)ona«arburg,  1231-1233;  bo$  fielen 
nic^t  blog  biefe  beibcn  Äe^crtid^tcr  al« 
Opfer  ber  23olfsmut,  fonbern  ber  UnmiDc 
unb  SBibcrfianb  beä  Solfcö  unb  ber  ©rogen 
War  überhaupt  l)[tx  fo  allgemein  gegen 
bic  3nqwifitton  geri(f)tet,  hci^  DeutfdhIanD 
über  f)unbert  3ibrc  lang  nur  oercinjelte 
Äe^erprojsejfe  erlebte,  ^m  14.  5a^rl)unbcrt 
gab  iai  auftreten  ber  Segharben  nod^male 
Seranlaffung ,  ber  Snquif^tion  roicbcr  ein 
grögcrcä  ^dt  ju  eröffnen;  bod)  blieb  wie 
in  iJianfrcii^  bic  Äe|crtietfolgung  meift 
auf  fog.  ^eyen  befchrdnft;  ftche  bcn  'Hrt. 
liefen. 

3n  ben  9torbjlaatcn  Suropaö,  in  (ing* 
lanb,  3)dnemarf  unb  ©fanbinaoicn,  jeigt 
jtdh  bie  3nguifttion  nur  al^  eine  Dorüber= 
gehcnbe  Srf^cinung.  2)efto  mirffamcr  trat 
fie  in  «Spanien  auf,  mo^tn  fie  im 
13.  3abrhunbeTt  au^  ^ranfrcidh  bcn  SBcg 
fanb.  ^ier  mar  fic  befonberö  gegen  bic 
SWauern  unb  3uben  eingeführt  unb  babuvd^ 
gcfrdftigt  morben ,  ta^  ©iytuä  IV.  147s 
bem  Äönigöpaare  bag  iRcd)t  gab,  3n<iui* 
fitoren  ein«  unb  abjufc^cn  unb  bic  ®ütcr 
ber  Verurteilten  einjuäichcn,  moburi^  bic 
Snquijttion  ein  töni^liijti  ®crid)t  mutbc. 
Sic  entmidcltc  aläbalb  eine  furd^tbarc 
ShdtigEeit,  namentlich  feit  ber  ^rior  ber 
2)ominifancr  ju  SegoDia,  SEhoma^  be 
Sorquemaba,  jum  ©eneralinquifuor  öon 
Spanien  ernannt  morben  mar.  ÜDic  51n* 
gcbcrci  gemährte  bürgerliche  Vorteile  unb 
Qlblaf  unb  fdctc  9lngfi  unb  Sd^recfen 
unter  bic  ^amilie.  5luf  Sorquemabaö  SRat 
mußten  1492  alle  3"^^"^  i>ic  nicht  ©hnjitn 
merben  motttcn,  auämanbern;  1501  traf 
bie  üfJauern  ba?fclbe  Sdhidfal.  SEorquc* 
maba  ^atk  »on  1483  bii  1498,  mo  er 
fein  9lmt  nicberlegtc,  8800  93?cnfd)cn 
lebcnbig ,  6500  in  effigie  »erbrennen, 
ÖOOOO  mit  Dcrfchicbenen  Strafen  belegen 
laffcn.  Sein  9'?ad)folger  ÜDoja  fanbtc  1664 
2)Jcnfd)cn  auf  bcn  Scheiterhaufen,  unb 
ber  brittc  ©encralinquifttor,  ^xani^  3'' 
mene«  be  Siöncroä,  1507—1517,  ihrer 
2536;  1368  mürben  unter  ihm  in  effigie 
pcrbrannt,  47263  in  anbercr  2Beife  gej^raft 

3cbc^  Snquifttionötribunal  jdhltc  brci 
Snquifitorcn,  aufcrbcm  ^ffefforen,  Sefre« 
tdrc,  (Einnehmer,  f^amiliarcn,  Äcrfcrmcificr 
unb  anbere  sBcamtc.  gür  jcbeö  iWitglicb 
mar  Serfdhmiegenheit  jlrcngjic  *Pfli^t. 
S)aä  ^auä  ber  Snquifition  l)it^  Casa 
Santa.  I)er  ^rojcg  begann  mit  einer  brci« 


Snterbift  —  3rmin. 


325 


maligen  ©biftaflabung  bc«  ^IngeHagten ; 
crfd)icn  er,  fo  würbe  er  nad)  einer  [org^ 
fältigen  Untcrfud)ung  in  ein  bunficö  ®e= 
föngni^  gefperrt,  ixiH  ^aar  pom  |)aupte 
()efd)orcn,  feine  Sücfcer  unb  ©c^riften 
forgfältig  üetjeic^net,  fein  Vermögen  gc= 
wö^nlid)  fofort  fonfi^jicrt;  er  fclbfi  galt 
ald  ein  ®eäcf)teter.  @d)ueüc^  (Singefiänbni« 
«rettete  jioar  nom  2;obe,  jog  aber  mcift 
ben  Sertuft  bürgerlid)cr  iRcdjtc  unb  bee 
Scrmögcne  wie  bie  iibernat)me  ftrcnger 
Sitzungen  nac^  ftd^.  ßeugncn  ^attc  meifi 
eine  ftrengcvc  |)Qft  jur  S^olge.  ©cfianb 
ber  ^ingcflagtc  ni(it,  fo  wutbc  er  gefoltert, 
mit  ben  ®raben  ber  ©trief*,  aCßaffer*  unb 
g^euertortur.  |)alfen  biefe  Wittd  nic^t,  fo 
erfolgte  bie  iBcrurtcilung  unb  langfame^ 
^infted)en  im  5?erEer.  Da^  lobeäurteil 
befianb  im  23erbrennen.  3n  ber  9fiefor= 
mation  manbte  [xd)  bie  fpanifdjc  ^n^^wi^ 
fition  mit  erneutem  ©ifer  gegen  bie  *Mn= 
banger  be^  $rotefianti^muä. 

3n  3tali«n  ttjurbe  bie  Sniiuifition  1233 
gegen  bie  SBalbenfer  eingefül;rt ;  boc^  war 
it)re  ÜJJac^t  l)ier  ni^t  fo  gro^,  biä  fie  in 
ber  ÜJlitte  be«  16.  3aÖi^f)»"t'frtö  ebenfalls 
gegen  ben  'JJrotefianti^muö  neu  eingeführt 
würbe.  Dteubeder  in  -^erjoge  3f{eal= 
enc^)fl. 

Sntetbift,  ftet)e  Sann. 

^ntetlincaröcrfion,  ftet)e  ©loffcn. 

3nöeftihtr  l)ci§t  bie  fpmbolifc^e  ^anb= 
lung,  burd^  we^e  ber  33orfie^er  einer 
Äird)e,  ein  Sifc^of,  bie  ©eelforge  über 
eine  d^rtfilid^c  ©cmeinbc  erhielt  unb  ba- 
bur<i  jugleic^  oon  aEen  übrigen  ©liebem 
berfelben  untcrfd^ieben  Würbe.  ®($on  in 
ber  cilteftcn  fräntifd)en  Äird^e  erfolgte  bie 
Sefiätigun^^  beä  Sifc^ofö  für  iia^  it)m 
übertragene  *ilmt  unb  bie  Sßerlei^ung  mit 
ben  ju  bcmfelben  gehörigen  ^frünbcn 
burc^  ben  Äönig,  unb  jwar  in  feierlicf)er 
SBeife  burc^  Überreichung  eincö  iRinge^ 
über  eine«  <Stabeä,  bee  Stingeö  aU  Spm* 
bol  ber  engen  SSerbinbung  bcö  Sifc^of^ 
mit  ber  ©emeinbc,  bcö  ©tabeö  als  ©pm* 
bol  feiner  SBürbe  unb  Sorgfalt  in  ber 
fieitung  ber  ©cmeinbe.  2öäl)renb  frül;er 
balb  ber  iRing,  balb  ber  Stab  allein  über« 
rcid)t  worben  war,  würbe  ed  nad)  Äon= 
rab  n.  gebräud)lic^ ,  bie  Snt'fPitur  mit 
"bciben  Symbolen  ju  vottjieben.  3n  23er= 
binbung  mit  ber  Snoejiitur  jlanb  ber 
Seben^eib.  Sfiadjbcm  ®regor  vn.  bie 
Snnefiitur  burd^  ben  Äaifer  verboten 
^atte,  würbe  ber  lange  fog.  SnPcfiiturjireit 
burd)  baö  Äonforbat  »on  SBorms  im 
3at)re  1122    baburc^    au«geglid)en ,    'öa^ 


fünftig  bei  53ifd)of  inncrl)alb  6  üJionate 
nad)  feiner  SBa^l  bie  iRcid^älc^en  oom 
^aifer  burc^  tai  ®cepter  ert)alten  folltc, 
wä{)renb  bie  3nt)eftitur  mit  SRing  unb 
Stab  bem  *)8apfie  überlaffen  blieb. 

^oöannc^mimic  ober  ^foftanncöfcfleu 
I)ei§t  ein  »om  ^riefier  im  fat^olifd^cn 
Seutfc^lanb  geweifter  2öein,  ben  jener 
am  Jage  ®t.  3ol)anniö  (joangeliflae, 
27.  ©ejember,  am  Elitäre  ber  ®emeinbe 
mit  ben  ©orten  rei^t:  bibe  amorem 
Sancti  Johannis  in  nomine  patris  etc. ; 
oft  wirb  ber  üom  ^auönater  in  bie  Äird)e 
gebrad)te,  fletei  rote  ffiein  blü§  »om 
iiuiefter  geweift  unb  erft  ju  ^aufe  fcicr= 
lid)  getrunfen,  oon  ber  ganjen  göi^i^'* 
ber  SRei^e  nad^  auö  bemfelben  93ec^er, 
felbfi  »on  bem  .Kinbe  in  ber  SJBicge,  jum 
Seil  aber  aufbewahrt  ober  in  bie  SBein= 
fiiffer  gegoffen.  ^IRiBüerfiänblic^  wirb  Dom 
*Bolfe  bie  3o^anncöminnc  biöweilen  al^ 
eine  ?lrt  *Hbenbmaf)l  betrachtet.  2)iefer 
4Bcin  bewat)rt  ben  übrigen  3Bein  oov 
*Berberbniö  unb  l)alt  oon  it)m  böfcn 
3auber  ab;  al^  Heilmittel  wirb  ber  5Refi 
t>on  Srfranften  getrunfen,  cor  einer  iReife 
al«  ©c^u^  unb  «Starfung;  ba«  Sraut« 
paar  tiintt  i^n  bei  ber  Irauung,  wo  er 
i^m  oom  *}3riefier  nad)  oorangegangener 
Segnung  gereicht  wirb,  iübnlic^,  ober 
obne  bie  fiVd)Iid)e  i^tin,  ip  ein  jum  Ziil 
ani)  im  eoangelifd)en  Sübbeutfc^lanb  am 
3ol)anni0tage ,  24.  3iini  /  getrunfcner 
So^anniöfegcn.  SDtan  beutet  benfei« 
ben  auf  ben  üon  bem  5lpo(iel  getrunfenen 
©iftbed^er,  mand)mal  auf  bie  Ho<^äcit  ju 
Äana;  er  ift  aber  unjweifelliaft  eine  »on 
bcutfc^en  ^cibnifd^en  Sranfopfern  abfiam^ 
menbe  uralte  Sitte,  bie  nur  c^rifllii^  um= 
geflaltet  würbe.  3o^cinneä,  ber  jugcnb« 
lid)  norgefietlte  3lpoflel  be«  ^ticbenö  unb 
ber  Siebe,  f^eint  an  bie  Stelle  ^i^epr«, 
bcö  freunblic^en  ®otteö  beä  grieben^  unb 
ber  5i^ud)tbarfeit  getreten  ju  fein,  beffen 
^ejie  fowol)l  in  bie  2ßinter-  aU  in  bie 
«icommerfonnenwenbe  fielen.  23ei  ^oc^s 
jeiten  opferte  man  bem  ^i^epr,  trinft  man 
ben  3o^anniöfegen.  SButtfe,  25olfö* 
aberglaube,  §  194. 

3[b^anmterorbcu ,  rxel;e  SRitterorben. 

^cnitn  war  ein  germanif^er,  friegcrifcfe 
bargcfieüter  ®ott,  boc^  ton  2ßud^ä  unb 
auf  jcbcn  ^all  ein  lii^teö  ^immeläwcfen, 
ber  fid)  wabrfc^cinlicfe  mit  Sburnarr  unb 
3iu  berüt)rte.  ©arficüungen  oon  \\)m  waren 
bie  bem®ottcA^irmin  geweiften ©äulengU 
©(Reibungen  in  £f)üringcn,  ju  Sreöburg 
in  Sad)fen  unb  bie  Irminsül,  Hirminsül 


326 


Subclja^i:  —  3"^^"- 


ober  Ermensül  im  2öalbcjcbirc<c  Döning  bei 
S)ctmolb.  ©in  Ijeiligcr  .5>f''n  unb  ein 
beilic^e?  @el;egc  umgab  biefcö  „bevübnite 
^vbol",  iinb  reid)c  ®olb>  unb  ©ilberfcf)ä^c 
»vürcn  babci  niebergelegt.  @ö  mar  ein 
bobev  üBaumfiumpf,  unter  freiem  |)immel 
CTri(i^tel.  Äarl  ber  ®ro§e  begab  fxd)  naä) 
ber  Eroberung  pon  (Sre^burg  ju  biefcm 
jpeiligtum  unb  ;erPörtc  e§.  1>er  3iamc 
3rm ,  3i^i"itt  >^^ii^f'  'i>üxd)  got.  airman, 
abb.  irmin,  agf  eormen,  irmen  erflärt, 
»el^e«  aU  »erpärfcnber  2?orfo^  in  ber 
Sebeutung  allgemein  fermanbt  rtiirb; 
Irmingod  ifi  ber  allgemeine  ®ott,  ber 
©Ott  beö  ganjen  5?oIfeei.  DJlann^arbt, 
@ötter. 

3nl)£lja^r.  ÜDiefes,  bem  Jubeljabr  ber 
i>ebräer  nadigeabnite  S^i^itut  ber  tatifc- 
lifdben  ^irdje  nimmt  feinen  Einfang  im 
3a^rc  1300.  ©0  mirb  erja^lt,  am  5lbenb 
be^  eben  beDorjtetjenben  Sohi^«^  ^^00 
i)aii  [xä)  in  iHom  ia^  ®crüd)t  oerbreitet, 
ia^  benen,  bie  in  bie  Äird^e  be^  fieiligen 
ipetruö  fommen  mürben,  ein  Poüer  'Jlblaf 
juteil  merben  foütc.  6ine  9)?cngc  Tlm= 
fc{)en  perfammelte  unb  tiermel;rte  ftcf)  in 
ber  ^ird)c  burc^  ^erbeifirömenbe  Pilger; 
oudb  fin  ®reiö  üon  107  S^bren  fanb  fid) 
ein  unb  rerftdjertc  bem  ^opfic,  ia'^  er 
fid)  erinnere,  mie  man  fc^on  vox  100 
3af)rcn  einen  l)unbertiä^rigcn  5lbla^  l)abc 
gewinnen  fönnen.  infolge  biefer  Slu^fage 
erUe_§  ber  *i<apft  Söonifas  vm.  bie  93uüe 
Antiquorum  habet,  berief  fiel)  auf  jene 
Eingabe  aU  auf  eine  glaub{)aftc  9'?ad)rid)t 
unb  erflärte,  ha^  jur  (Sl)re  ber  5lpoftel 
*Petru^  unb  $aulu6  nid)t  nur  bei  bem 
bcuorficbcnben  3a^re  1300,  fonbern  aud) 
in  jebem  folgenben  bunbertjlen  ^Q\)Xi  ein 
rei(f)cr  unb  »oflfommener  Qlbla^,  ja  ber 
iioflfommenjic  51blaB  aller  ©ünben  benen 
jutcil  Werben  foHe ,  rDeId)e  unter  molarer 
3ieue  unb  bußfertigem  Sefenntniffe  it)rer 
Sünben  bie  ^ir(J)en  ber  51pojtel  bcfud^en 
mürben;  bod)  müßten  bie,  meiere  SRömcr 
feien ,  bcn  Scfu(^  wenigften^  auf  30, 
^vcmbc  auf  15  Sage  auebeljnen.  (Sire 
ungc{)cure  SWenfdjenmcnge  fanb  fid)  bei 
ber  ^cier  ein,  unb  ber  große  ®eminn  »er« 
anlaßte  bie  $ävjic,  bie  3^'^  ber  i^em 
eine«  Subelja^ire«!  ju  Perfürjen.  6Ie= 
men«  VI.  fefite  ba^er  im  ^al)X  1349  burd) 
bie  Suüe  Unigenitn.s  Dei  filius  bie  3^'* 
auf  i>a^  50.  3a^r  ^erab;  Urban  VI.  »er= 
legte  bie  gcier  im  3a^r  1389  auf  jcbeö 
33.  3a()r,  mit  Sc^icliung  auf  ben  9lufent= 
balt  3efu  auf  ber  (Srbe;  jc|t  würben 
aud)  JRodiiubeljabre  ueranfialtet,  unb  93oni= 


faj  IX.  fanbte  ?lblaßperfäufer  um^cr,  bie- 
für  bie  ©umme,  weld)e  bie  !Rcife  jur 
^eier  beö  3nfeclj<i^'^f^  "''*  ^""^  gefojlet 
bätte,  ooüfommenen  'Mblaß  erteilen  fonn« 
ten.  ^aul  n.  rebujierte  cnbli($  bie  %t\n 
auf  jebeö  25.  ^ai)X,  weld)e  23eftimmung 
big  je^t  in  ber  fat^olifc^en  Rixä)t  i)txx' 
fd)enb  geblieben  ifi.  SReubecfer  in 
^erjogö  $Real=(5nct)fI.,  unb  I)onj  in  6tf^ 
unb  ®rubcr. 

3iUben.  2)er  JRed)t0jujtanb  ber  3"^«" 
im  römifc^en  Sfieid),  nad)bem  biefc^  ba^ 
ß^rijlentum  aU  ©taatöreligion  ertlärt 
batte,  war  fo  befdiaffen,  ia^  fie  jwar  in 
ber  *)luöübung  i^rer  SReligion  gefd^ü^t, 
jcbod)  befd)ränft  in  ber  *}lugbreitung  ber- 
felben,  baju  auögefdjloffen  t>on  allen 
^imtern,  »erbinbcvt  cbriflli*e  Qtrbeiter  unb 
©flanen  ju  befi^en,  unb  be«  ßonnubiums 
mit  bcn  (S^riften  beraubt  waren.  ®o 
blieb  eö  iiorlaufig  aucb  in  ben  germanifcben 
Staaten;  benn  wenn  auc^  fd)on  unter 
bcn  ÜJJerüWingern  einjelncr  3"i>e">'erfol5 
gungen  (Srwäbnung  gefd)ie^t,  fo  fd)einen 
im  ganjen  bie  ^ürPen  fowoljl  alä  tai^ 
Solf  bie  3uben  unbehelligt  gelaffen  ju 
l)aben  Unter  ben  .Karolingern  namentlich 
gen  offen  fic  einer  großen  5reil)eit  in  ber 
Qlrt  ihre?  Srwerbeö,  unb  biejenigen  3"ben, 
wcld)e  für  bie  Sebürfniffc  bec  föniglid)en 
.^ofbalteö  forgten,  waren  in  ben  befonberen 
(£d)u^  beö  5tönigg  aufgenommen  unb  mit 
befonberen  *I?rit)ilegien  auögefiattct.  @ie 
waren  »on  aßen  5lbgabcn,  3öncn  unb 
Staatcilaften  befreit,  befaßen  ®tunbjiüde 
unb  burften  a\x<i)  (Sl^rijten  in  i^ren  2)ienft 
unb  ßo^n  nel)men;  ber  ©flaeenbanbel  ifl 
il)nen  gemattet  unb  ber  Äönig  bet)ält  ftdE) 
in  allen  wid^tigen  5lngelegenbeiten  bie 
®erid)töbarfeit  über  feine  Sdjufejubcn  »or. 
3u  biefer  3fit  befanb  fid)  ber  ^anbcl 
bauptfäd)li(i  in  iübifd)en  .Rauben;  3"^^" 
betrieben  auögebel)nten  ^anbel  jur  See 
unb  pcrmittelten  ben  2ßarcnt)erfebr  mit 
bem  Orient;  Äarl  ber  ®roße  unb  Subwig 
ber  gromme  erließen  einige  ®efe^e  für  bie 
3ubcn;  aud)  eine  eibeöformel  Würbe  für 
fte  aufgearbeitet.  3w  ^ahxi  817  würbe 
beftimmt,  baß  fte  ben  je^nten  Seil  i^re^ 
^anbel^gewinneö  an  ben  Äönig  abgeben 
foUten,  mäl;renb  c^rifilic^en  Äaufleuten  bie 
<Mbgabe  bcö  elften  Icileö  aufgcbürbet  war. 

*D?it  ber  5lufna^me  ber  ©täbte  finbct 
man  3"^^"  in  größerer  ?lnja^l  nur  in 
ber  füblicl)en  >§)alfte  con  S)eutfd)lanb  unb 
im  2öefien;  in  bcn  ©tobten  an  ber  Dji« 
unb  iJJorbfee  unb  in  ben  nörblict)en  ÜJJarfen 
fommen    fte    erft    gegen    i>a^    @nbe    bcö 


3ubcn. 


327 


13,  3a^r^unbert«  ober  no^  fpätcr  t>or; 
am  jafiltcic^ficn  waten  fte  am  iSbcin,  nn 
ber  ©onau,  Dom  ®I[a§  Inö  nad)  93öt)men, 
Waf)xtn,  Dficrreid)  unb  ©d^Iefien;  rt)enigcr 
jalilreid^  im  mittleren  SJeutfdöIanb;  man 
nimmt  ba^er  an,  ta^  fie  großenteils  »on 
Jtalien  unb  ^ranfrcic^  in  2)eutfc^Ianb 
eingcttianbcrt  feien.  5JuäbrücfIic^  erwäl^nt 
«erben  ^uhtn  in  ÜJJc^,  .Köln,  üJJainj, 
2Borm^,  €peier,  Siegenöburg,  Sßamberg, 
lÖJerfeburg,  ÜJlagbeburg  unb  ^tag. 

3a{)r^unbertc  lang  [deinen  bic  3"^<!" 
frieblic^  unb  oljne  foni&erIicf)e  5lnfed)tung 
unter  ben  I)eutf(^en  gelebt  ju  fiaben.  QÜä 
aber  burdf)  bie  .Rrcujprebigt  am  5lu«gang 
beS  11.  3<if)if'""'^f'^t^  'in*  ^*f  nieberen 
SBoIfeflafi'en  in  33ertiegung  gefefjt  würben 
unb  ungecrbnere  ®c{)aren  burc^  bic 
(Segenben  beö  SRtjein^^ ,  be«  OJJain^  unb 
ber  I)onau  jogen,  oer^ängten  biefe  in 
religiöfcm  (^anatiömuö,  n.iol)I  auci)  burd) 
bie  9leid)tümcr  ber  3"^^"  S^reijt,  eine 
blutige  SSerfolgung  über  fte:  roer  tai 
l'ebcn  wahren  »oüte,  mußte  fid)  taufen 
laffen;  boc^  fel)rten  fie  balb  micbcr  jum 
alten  ©lauben  jurücf,  obne  t>a^  ber  ^atfcr 
unb  bie  beutfc^e  ©eiftlid^feit  ein  .§)inberniö 
in  ben  2Beg  legten;  nur  ber  *Püpfi  fprad) 
fid)  entfc^iebcn  bagcgen  quo. 

Seit  bem  13.  3af)i^f'unbert  beft^t  man 
3eugniffe  bafür,  ia^  bie  3ubcn  bfä 
ÄaiferS  ^ammerfnec^te  genannt 
»urben;  man  bezeichnete  bamit  bie  be= 
fonbere  «Sdiu^gemalt  beS  .Rönigö,  unter 
ber  fie  fianben  unb  wofür  fte  bem  Äönig 
ein  @d)u^9elb  jül}lten,  beffcn  (Erhebung 
aber  auä)  auf  anbcre,  namentlid)  bie 
Sif(^öfe  alö  i^erren  ber  ©täbte,  in  rt»el(^en 
fte  woljnten,  übertragen  ifi.  ©ie  «Sage 
füf)rte  biefen  Sd^u^  auf  bie  ä^^^Pörung 
3crufalem«  ^urüd,  wo  3ofep()uö  bie  übet* 
gebliebenen  jübifdien  ©cfanaenen  ibrer 
brcißig  um  einen  fi^k^ten  «Pfennig  üet= 
faufte;  Äaifet  Situs  biefelben  aber  ju 
eigen  in  be«  SRcic^ee  Äammer  gefütjrt 
Ijaben  foüte.  SBai^  füf)rt  biefeS  befcnbere 
©(^u^tjerbältniö  auf  bie  farolinigifc^e 
Seit  jurücf,  wä^renb  ©tobbe  baöfelbe 
ctfi  in  ber  Seit  ^riebricE)  n.  entpel)en  läßt. 

2)ie  Äammerfned)tfc^aft  ber  3uben  war 
jebod)  Don  geringem  ©rfolg;  feit  ben 
Äreujjügcn  wucf)S  t>k  Unfti^erf)eit  i^rer 
Stellung,  unb  bie  Äaifer  felbft  beuteten 
il)r  iRec^t  ^abfüdjtig  auä;  man  entwicfelte 
ie|t  bie  Jfjeorie,  ia^^  ben  ^nitn  x\)x  33cr= 
mögen  nur  precario  gcpre  unb  com 
Äaifer  jeber  3eit  wieber  genommen  werben 
fiJnnc.     ^an   jwang    nc    jujeiten,   ibte 


$tiinlcgien  frciwiHift  {jerausjugebcn ,  ober 
man  raubte  fte  il)nen  mit  Oewalt,  um 
i{)nen  für  neue  «Prioilegicn  große  Summen 
ju  erpreJTen  ober  fte  fortzujagen;  namentlid) 
waren  bie  3"^«"  »erpflicbtet,  icwcilS  bei 
einem  ncugewat)tten  Äaifcr  um  Sßcfiätigung 
iljrer  «Prioilegien  einjiitf ommen ,  unb  ber 
Äaifer  ^attc  eö  in  feiner  $anb,  ob  et  fte 
überhaupt  leben  laffen  woüe;  t\}at  et 
biefeö,  voai>  natürlid)  immer  gefd)a^,  fo 
{)attc  bie  Subenfc^aft  bafür,  abgefe^en  »on 
ben  regelmäßigen  (Steuern,  eine  befonbere 
außcrorbentli(!^e  "Jlbgabe  }u  entrichten, 
Weld)e  ben  brüten  2eil  il)re«  23ermögen6 
auömacitc;  SigiSmunb  war  ber  crfie,  ber 
biefe  „(Sprung'  innerbalb  ganj  2)eutf*= 
lanbs  »erlangte  unb  bejog. 

I)er  5ubenfd)u|  fonnte  al?  föniglidjee 
0legal  an  anberc  J^errfd)aften  übertragen 
wet^en,  bergeftalt,  baß  bie  3"^enWoft 
an  einem  befiimmten  Orte  übertragen  ober 
einer  Dbrigfeit  gemattet  würbe,  eine  3ubcn= 
gemeinbc  neu  aufzunehmen.  3"  ^«n  SKeid^e- 
jiäbten  blieben  bie  ^ntm  am  längfien 
unter  bem  bircften  ®d)u^e  bca  ^aifcre  ; 
in  ben  bifci)öf[ic^en  unb  lanbesberrlidien 
Stäbten  War  es  anfange  meift  ber  33ifd)of 
ober  Sanbeef)err,  auf  ben  hai  iRegal  über= 
tragen  war,  unb  ber  e«  fpätet  an  bie 
f^äbtifd)e  Dbrigfeit  abjugebcn  pflegte;  oft 
wed^felte  aud)  ber  3"!)«''^'^  ^^^  3"^^"- 
fd)u^eS.  Äaiferlid)e  *Priüilegicn  jur  ®c= 
flattung  einer  neuen  3ubengemeinbe  werben 
feit  ^tiebrid)  II.  befonberö  an  fleinerc 
fetten  ober  an  fleinere,  neu  auffommenbe 
€täbte  erteilt,  wobei  bie  ßai)\  ber  aufju= 
nel)menben  ^ütm  unb  bie  ®auer  be« 
fBriPiieg«  oft  nä^er  beäeid)net  if^.  ©q« 
füfotiü  ber  3wt'en''"f""^"ie'  ''f*  f*"^  ^^ 
bloß  il)rer  jwei,  ifi  entwebcr  bie  ^erbei» 
fd)Qffung  oon  ^erfonen  mit  großen  ®elb= 
fummen,  ober  bie  Erwerbung  jieuetfräftiger 
iSürger.  Tlit  ber  3«'!  hatten  Ifafi  alle 
ßanbes^erren  unb  «Stäbte  t>ai  SRed)t  et* 
l)alten,  3"*"«"  ^ei  fi<^  aufjunelimen;  bic 
Suben  Waren  lanbeöf)errli($c  ober  fiäbtifcbe 
Äammerfnec^te  geworben.  3^^  2)omiäiI 
o^ne  ®enel)migung  il;reö  ^ixxn  ju  Der= 
lafien,    war    ben   3uben    nic^t    gefiattet. 

fflaren  bie  3ui>f"  in  ^f"  ^^i^f^en  3«^*«" 
beö  ÜJJittelaltcrö  bie  cigentlid)en  *Bertreter 
beS  ^anbclS,  fo  änberte  ftcfe  bie«  feit  ben 
Ärcujäügen  unb  bem  «Jluffommen  bcrStäbte 
ebenfalls.  Sie  burftcn  oon  ie|t  an  nicf)t 
me^r  ben  ©roß^anbel  betreiben  unb  auf 
SD'lcjfen  unb  IRärften  erfcf)eincn,  fonbcrn 
blieben  auf  ben  6d^ad)er  unb  SBui^tr  be« 
fd)ränft,    auf  f leine  unb  große  2)arleben 


328 


3ubcn, 


gegen  3inf«n  mit  unb  o^ne  iPfänbcr,  auf  ben 
<Sins  unb  SBertauf  »on  gebrauchten  ©ad^en. 
(S^  ^ängt  bieä  bamit  jufammen,  ba|  bie 
cftrifilidbe  Äit^e  ben  ©litijlen  »etbot,  ®elb 
gegen  ^m\m  auf  ffiuc^er  au^julei^en; 
bem  3uben  War  bei  2öu(^er  geflattet  unb 
er  roax  ti,  ber  i^m  tro^  bcr  reltgiöfen 
Unbulbfamfeit  überall  bie  I^orc  bcr  ©tobte 
unb  Surgen  öffnete.  2)oc^  »urbcn  oft 
Sefiimmungen  ertaffen,  njobutd)  nament» 
lic^  ber  3i"^fuB  füi^  fleinere  25arle^en 
geregelt  werben  follte;  ber  3i"öf"§ 
fc^Wanftc  aber  im  14.  unb  15.  ^a^x^. 
jwifd)en  212/3  unb  86^/3  «ßrojent  unb  War 
bem  ^tctnben  gegenüber  ganj  unbefd^rdnft. 
Qlud)  3inf«öiinfen  waren  in  manchen  ^äücn 
gefe^lid^  gefiattet.  $(n  einzelnen  Orten 
^iclt  man  bie  3ubcn  für  »erpflici^tet,  S)ar» 
le^en  ju  gewähren,  Wenn  fic  genügenbe 
Sid^er^eit  empfingen.  5Dtc  ipfänbcr,  gegen 
weld)e  5DarIe^en  gegeben  würben,  waren 
(Sinfünfte,  namentlich  3öÖ£,  ©eric^tö« 
einfünfte,  Stl)ntin,  fogar  ©täbte,  b.  fe. 
bie  iidbtifc^cn  iMbgaben,  ©runbftücfc 
unb  bewegliche  ©ac^cn,  wie  2Wobilien 
unb  Äojlbarfeitcn.  %nx  ben  ©rwerb  be* 
weglicfeer  ©a(^en  bepanb  ein  befonbcreö 
3ubcnred^t  in  weit  cerbrciteter  ©eltung. 
3ur  5tuff)cbung  ober  SRebuEtion  ber 
$5orberungen  jübifc^er  ©löubiger  bcbiente 
fxi)  iai  OJlittelalter  t>erf(^iebener  SOJittel. 
Iiaä  cinfad)jie  war,  bie  3uben  totju* 
fc^lagen,  toai  burd)  bie  (ßrayi*  fowo^l 
al^  burd^  bie  2t)corie  gefc^ü^t  würbe, 
ia^  Äaifer  unb  ßanbeö^crrcn  nad)  ©efatlen 
über  i^r  ®ut  unb  33lut  ocr|ügcn  burften. 
(Sin  anbereei  SWittel  war,  bie  §orberungen 
bcr  5"ben  für  null  unb  nid)tig  ju  cr- 
flaren,  ftc  auf  eine  bejlimmte  Quote  ju 
rebujieren,  bie  3iii^i'rf^f3ablung  auf  tai 
Kapital  mit  ^Ib^ug  bcr  3'"fw  ju  be* 
fd)ränfen.  QJäpPc,  Äaifer  unb  ßanbc^^crrcn 
wenbeten  bicfee  SDJittel  an.  ©0  erlief 
wä'^rcnb  bc«  ^Weiten  Äreujjugeö  ^app 
(Sugcn  eine  93utle,  Wonad)  afie  Äreuj= 
fairer  an  bie  3"ben  feine  3i"ff"  h^  ^^' 
jaulen  brauchten;  iai  gleite  t^at  3"= 
nocenj  in.  im  '^af)x  1213,  wobei  ben 
Dbrigfeitcn  bcfot)lcn  würbe,  ba§  jtc  ben 
3uben  jebe  ®emcinfcf)aft  mit  ben  &t)ripen 
in  25erfel)r  unb  ^anbel  fo  lange  i^crfagen 
foütcn,  biä  jene  üon  i^ren  3inöforberungeii 
abfiel)en  würben.  93on  weltli(^en  bcutfc^cn 
gürften  werben  folc^e  3inä  =  3Jieber5 
f<^lagungcn  feit  bem  Seginn  bcö  14.  3at)r^. 
erwähnt,  unb  ßubwig  ber  93at)cr  unb 
^arl  IV.  gingen  in  bicfer  5trt  gegen 
einjelnc  ©laubiger  por.     .^önig   aSenjcl 


führte  bann  biefe  3"benberaubung  in 
fpjiematifc^er  unb  grogartiger  iZBeife  awi 
unb  »erfc^afftc  ni(f)t  blo§  ben  ©cöulbnern 
Srleid^terung  baburd^,  fonbern  er  bereicherte 
cittäclne  ©täbte  bamit  unb  namentlich  fid) 
felbfi.  ©0  lie§  er  fiä)  1385  oon  einer 
grogen  5lnja^l  fc^wdbifd^er  ©täbtc  40000 
(Sulben  für  ein  ^ricilcg  jaulen,  Wonai^ 
für  länger  aU  ein  3^^^  auöftclienbe 
©d^ulbcn  bcr  »ierte  Seil  bcr  auä  Kapital 
famt  3infen  jufammen  gcrecbncten  ©umme 
erlaffen  würben,  bie  anbercn  brei  Viertel 
aber  auf  bie  ©täbte  aU  bie  neuen 
©laubiger  übergingen  ober  cö  wenigficnö 
poüpänbig  im  Scliebcn  bcr  ©täbtc  ftanb, 
wicoicl  jie  «on  ben  gorberungen  fic^  axi' 
jueignen  für  gut  fanben.  SDiefer  ©d^ulben* 
fRad^la§  bejog  fic^  auf  bie  in  ben  be« 
treffcnbcn  ©täbten  angcfcffcncn  3"^«"; 
ein  paar  ^sal)Xi.  fpätcr  (1390)  würben 
ebenfalls  burd)  SBenjcl  bie  ©c^ulbncr  in 
einer  Qlnja^l  oon  Territorien  unb  ©täbten 
i^ren  iübifcl)en  ©laubigem  gegenüber  bc» 
freit,  glcid)Oiel  ob  biefelben  an  biefen 
Orten  ober  fon(iwo  im  SRcic^  anfä§ig 
waren;  bod)  fehlte  ti  gegen  folc^e  Un« 
gercd)tigfeiten  nic^t  an  SBibcrfprud^ 
man^er  ©täbteobrigfeiten,  unb  e«  fam 
oor,  ba§  gcwiffc  3"benfc&aften  fclbft  ein 
*Prioileg  erhielten,  ta^  ibre  gorberungen 
auf  eine  gcwiffc  SRcit^c  oon  3«^Tcn  l;in 
nid)t  burd)  6rla§  getilgt  werben  fotltcn. 

I>ie  3u^€"  ^in^"^  ©tabt  bilbctcn  in 
rcligiöfcr,  mcifl  auc^  in  fommunnaler  unb 
rec^tli^er  93c5iebung  eine  eigene  ©emeinbc 
unb  bewohnten  ein  befonbereö  ©tabt- 
»iertel.  S>iefclbe  fianb  unter  eigener  Obrig- 
feit,  bcren  iRcd)tc  unb  99efugniffc  jebod) 
fct)r  werfd^icben  woren.  ©oweit  bie  Äom* 
pctcnj  bc^  jübifc^cn  SRid^ter*  rcid)tc,  fo« 
weit  reid&tc  auc^  bie  ^crrf^aft  be^  \ü'- 
bifd^en  [Re^ted,  unb  ^war  crjiredte  ftd) 
bie  iübifd)c  ©cridtjt^barfcit  nid^t  blo§  auf 
(Jioilitrcitigfcitc'n ,  fonbern  aud^  auf  Äri« 
minalfad^cn  in  weiterem  ober  geringerem 
Umfange,  ^ür  ©treitigfeiten  jwifcftcn 
5uben  unb  ß^riftcn  gab  cö  an  mandt)cn 
Orten  aui^  gcmifd^tc  ©erid^te.  3"  luancftcn 
©täbten  waren  bie  5uben  unter  bie  ^crr- 
fd^aft  beä  SRatä  gcfommcn,  in  anbcrn  einem 
befonberen  faiferlid)cn  ober  lanbcä^errlid^cn 
Seamten,  mcijl  bem  Äämmerer,  ber  ber 
Äammer,  b.  li.  ben  ^tnanjcn  oorfianb, 
unterworfen. 

(Sine  ©efamtocrfaffung  ber  bcutfd^en 
3ubcn  gab  iü  n\6)t ;  rabbinif($e  ©pnobcn, 
bie  in  ^rcinfrci*  feit  bem  12.,  in  ^cutfc^* 


3ubcn. 


329 


lanb  feit  bcm  13.  3i«t)tN"t»crt  öorfommen, 
roaten  «priwatuntcrnclmungcn. 

3m    ©eric^t^Derfa^rcn   war   bcr   ^ntt, 
\ovot\t   ii  bcn  3fWÖftt^f"'fi^   anbelangt, 
jcbem  anbern  ^temben  glcic^gejicUt ;  ba- 
gegen  »anbtc  man  gegen  i^n  anbere  ©e- 
raeiÄmittcl  an,  bencn  fonfi  nur  ßcibeigene 
unterlagen :  man  unterwarf  jte  ben  ®otte^= 
urteilen  unb  ber  Tortur,  freiließ  erjl  im 
fpäteren   iWittelalter;    noc^    ^einric^   IV. 
^attc  eö  »erboten,    [n  jum  ©ottc^urtcil, 
beigem  ©ifen,  t)ei^em  ober  faltcm  SBaffcr 
ju  smingen,   fre  ju   geißeln  ober   einju:= 
fperrcn.     Qluc^   würbe    ber  ^ütc   fpäter, 
obglcid)  iai  jragen  ber  SBaffen  i^m  üer= 
boten    mar,    jum   ß^fiffl^ipfc   genötigt. 
35er  3"^fii'i^    mürbe    mit   ^ä§licf)em 
^Raffinement  auögebilbet,  fomo^l  maa  bie 
2Borte  betrifft,   bie   ber  ^ntt  ju  fpre(ä)en 
^atte,  alö  in  SRücffic^t  auf  feine  Äleibung 
unb  fein  fonfiigeö  SBcr^altcn  n)äl)renb  be^ 
vä(^mure^.       @d^on     in     farolingifd^eu 
3ubengefe^en    ^ie§  eä:    „©treue  ®auer= 
ampfcr  jmeimal   Dom  Äopf  au^  im  Um^ 
frei^  feiner  5ü§e;  menn  er  fc^mört,   fotl 
er  ba  fielen  unb  in  feiner  |>anb  bie  fünf 
SBüd^er  SD^Joftö  galten,  gemd^  feinem  ®e= 
fe^,  unb  menn  man  fte  nic^t  in  ^ebräifd)cr 
Sprache  ^bcn  fann,  fo  foü  er  fie  latci* 
nifd^  ^aben."    2>cr  @d()mabenfpicgel  aber 
bejlimmt:     Er   sol    uf  einer   sawe   hüte 
stan  unde  suln  diu  fianf  buchern  Moysy 
vor    im    ligen,   unde  sol  im    diu  rehte 
haut  in  dem  buoche  ligen  unz  an  daz 
riste,  b.  ^.  bi^  ani  ©elenf;  nacb  anbcren 
23orf<^riften  fottte  ber  3iibc   auf  nadtem 
Äörper  einen  grauen  SRocf  unb  ^ofen  of)nc 
SJorfü^e  angaben,    einen  fpi|en  ^ut  auf 
bem  JRocf  tragen  unb  auf  einer  in  ßamm= 
blut  getaud)ten  ^aut  fielen.    Die  ältcfie 
55ormeI  be«  üon  ben  frdnfifci^en  Königen 
aufgcficüten  3ubeneibc^  lautete:  „6o  mabr 
mir  Oott  ^elfe,  ber  ®btt,  melier  ÜJiofeä 
hai   ®efe^   auf  bem   33crge  ©inai   gab; 
möge   mil)    ber  5lugfa|^   »erfc^onen,   ber 
über  S^aeman  unb  ©iri  fam;   möge  mid) 
bie  Srbe  oerfcftlingen,  mie  fte  Dat^an  unb 
5lbiron    öerfd)Iang;    id)    \)abi   in   biefer 
6ad^e  nid)tö  ©öfe«  gegen  bid)  cerfc^ulbet. 
3n   beutfdber  ©prac^c   iji   eine    erweiterte 
^ormel  erhalten,  bie  »om  ®rjbifc^of  Äon* 
rab   öon  ajlainj,    1160—1200,  au^gear* 
beitet  mürbe;  fte  ^ei^t  ©rfurter  3uben' 
eib,   u.  a.  abgebrucft  bei   Sölüllen^off 
unb  ©euerer,  ©enfmale  beutfcber  $rofa. 
Obgleid)  im  ganjen  al«  ^rinjip  galt, 
ba§  ein  '^utt  nid)t  anber«  aU  ein  c^rifi» 

li(t^er  35erbrec^er  bü§en  foütc,  mürben  boc^ 


an  Dielen  Orten  bie  ©trafgelber  für  3ut»en 
t)ö^er  angefc^t  unb  S«eibcö=  unb  ßebene^ 
firafen  an  il)nen  fcf)impflid)er  »olljogen. 
©0  fe^te  man  bem  3ul>6n.  ^^^  i^^  ©träfe 
be^  ®algcn^  oerurteilt  mar,  an  manchen 
Dtten  einen  3"^^"^^^  mit  brcnnenbem 
*^ed&  auf«  ^aupt,  ^ing  iftn  au§ert)alb  be* 
®algen«  an  einem  Salfen,  ober  smifc^en 
jmei  mütenben  ^unben,  oft  mit  bem  Äopf 
na^  unten ,  auf.  3«  ^^"  meltlicf)cn 
©trafen  fonnten  befonbcre  iübif(^e  ©tra- 
fen ftinjutreten,  namentlid^  ber  Sann,  t>tn 
ber  3ubcnbif^of  ober  iRabbiner  auöfprac^ ; 
aud)  ber  faifcrlic^e  unb  ber  tirc^lid)c 
93nnn  mürbe  jumeiten  über  3"^^"  ''>^^' 
l)ängt. 

3)ie  fojiale  Sage  ber  3"^t"  "'«^" 
im  ÜRittelalter  überhaupt  eine  fe^r  niebrigc. 
Äirc^e  unb  ©taat  erflärten  ben  Übertritt 
Dom  d^riftcntum  in«  3ubentum  für  ein 
meltlic^e«  S5crbrcc^en,  »ä^renb  man  burc^ 
J)rol)ungen  unb  ®emalt  ben  Übertritt 
ber  3u^cn  i^^  E^rifientum  erjmang,  tai 
le^tere  jmar  jiet«  gegen  Mi  öffentliche 
SRc^t ;  die  Juden  sol  nieman  twingen  zer 
cristenheit  unde  ze  cristenem  gelouben, 
Ijei^t  e«  im  ©c^mabenfpiegel.  SBefonber« 
^tte  ee  bie  ®eijilid)fpit  barauf  abgefc^en, 
3ubenfinber  otjne  ffiiffen  unb  SBitlen  i^ret 
Altern  ju  taufen.  2Riffton«prebigten  für 
3uben,  ju  benen  man  bicfe  jmang,  tamen 
namentlid)  feit  bem  ©afeler  Äonjil  auf. 

SRegelmäfig  bcfa^en  bie  3ubengemein5 
bcn  i^re  ©pnagogc,  beren  Unterle^li^teit 
oft  bur^  geift'li(^c  unb  meltUd^c  ,$riDi* 
legten  gef(ftü^t  mar.  3!Rand)e  ©pnagogen 
ftnb  nac^  bcn  IBerfolgungen  in  c^riftlid)e 
Äirc^en  oermanbelt,  üerfauft  ober  gefc^Uf* 
fen  morbcn.  Sinen  ^ird)^of  befa^  ntd)t 
jebe  3"^^"9f^f'"^f ;  mand^e  ©emcinben 
faften  ji^  genötigt,  i^re  Set(^en  auömärt« 
auf  einem  fremben  3ubenfirc^^ofe  ju  be» 
fiatten.  ©d()on  im  frühen  aRittelalter  mar 
bcn  3ubcn  Dcrbotcn,  ftc^  »om  grünen 
Donnerstage  bie  ju  Ofiern  auf  ben 
©trafen  unb  üJiärften  fef)en  ju  '.laffcn. 
3^ren  eigenen  ®otte«bienfi  foüten  fte  on 
il)rcn  5|eptagcn  md)t  öffentlid)  begeben, 
am  ^it^itage  ben  ganjen  Sag  über  Jpren 
unb  genjier  gefd^loffen  l)alten.  ©o  ^attc 
feit  ältefier  Seit  bie  ^irc^e  it)ren  ^nge* 
porigen  üerbotcn,  mit  ben  3u^2"  äufam* 
men  m  fpeifen.  5tn  Dielen  Orten  erziel« 
ten  fte  befonbcre  glcifd)banfen  unb  mar 
e«  ben  (5.£)rifien  Dcrbotcn,  Don  ben  ^u\)m 
gef(^lad)tctc«)  glcifd^  jU  faufen.  ©o  muß* 
ten  bie  ^uttn  eigene  Srot^dufcr  unter« 
galten.    Sbrijilic^e  ©flauen  unb  Dienfi* 


330 


Suben. 


boten  ju  £)alten,  octbot  5n5ar  Me  Äiti^e 
icn  3"fcfn,  bociö  tarn  es  i;äuftg  üor.  S)ie 
btücfenbfic  iöorfc^rift  für  bie  3uben  »ar 
eine  befonbcrc  3ui'«ntra(ä)t,  bcicn  eine 
fd)on  bic  5ltaber  für  i^re  ^utm  eingc^ 
fü^vt  Ijatten.  3"noten8  M-  ö^^ot  1215, 
ia^  aUi  3uben  unb  ^übinnen  in  ber 
gnnjcn  (5.l)rifien^eit  ftcf)  burc^  i^rc  Älei* 
bung  üon  anbern  Stationen  unterf(f)eiben 
foüten;  boc^  »erging  längere  ^tit,  biö  in 
SDeutfc^Ianb  ba^  ©ebot  burc^gefübrt  njar. 
3m  14.  unb  15.  Jiibrbunbert  trugen  bic 
bcutfd)cn  ^uttn  einen  gehörnten,  fpi^en 
^ut  üon  gelber,  blauer  ober  roter  i^axbi. 
I)ie  gelben  unb  roten  SRingc,  bie  rabför* 
migen  Qibjeic^en  auf  i^iren  Äleibern,  Srufi 
ober  SRüdten,  bei  Ji^auen  auf  i^ren 
Schleiern,  wie  fie  anberortä  feit  bem  13. 
3a^röunbert  getragen  tt)urbcn,  famen  in 
S>eutf(^Ianb  erfi  feit  bem  15.  3a^r&nnb€rt 
in  ©cbraucf;. 

2)ie  3ui'ett>^i«tel  ber  ©täbte  maren 
raand)mal,  j.  33.  in  .Köln,  9Regcndburg 
unb  ^ranffurt  a.  Tl.  üon  ber  übrigen 
Stobt  bur(^  dauern  unb  J^ore  getrennt. 
2)ie  Käufer  felbfi  fianben  im  Sigentum 
ber  ^\xim  unb  aucft  Öanbgütcr  ^aben  fxi 
im  SDUttelalter  in  inclen  ®egenben  befeffen; 
erfi  feit  bem  14.  3«Jf)t&unbert  mürbe  it)nen 
ber  5tnfauf  meitercn  ©runbbefi^eö  meift 
unterfagt. 

2Bar  e«  jwar  uon  Äirdöe  unb  Staat 
[)äufig  unterfagt  morben,  ba^  man  3uben 
öffentiidic  ^Imfer  über  ß^rijien  einräume, 
fo  mürben  fie  nicf)t0bejioroeniger  oft  a\i 
^Jinan^öermalter  berufen;  fo  felbfi oon$app 
^teyanber  in.;  |»erjog  |>einrid^  IV.  »on 
©d)lertcn  (1296-  1335)  t)atte  einen  Suben 
i^alomon  feinem  ^oftjalt  unb  feiner  Äüc^e 
üorgefe^t.  ^oä)  t;äufigcr  merben  "ijüttn 
aUiÜrjte,  namentlich  aud^  al«  ßeibärjte 
geifilid^er  unb  weltlicher  ^ütöen  cermen* 
bet;  fc^on  mero»ingifcf)e  ©cfcriftfieKer  er« 
mahnen  ifirer;  Äaifer  Äonrab  n.  t)attc 
einen  jübifcJ^en  ßeibarjt,  unb  ein  JBur^« 
burger  93ifdf)of  erteilte  1419  ber  3übin 
©ara  bie  (ärlaubniö,  in  feinem  ••öi^tum 
überall  bie  5lrjneifunbc  auöjuüben. 

ÜDie  erfie,  aber  nur  lofale  ^\xbtn' 
Verfolgung  in  2)eutfc^lanb  fanb 
1012,  olfo  nod)  cor  ben  .Kreujjügen  fiatt, 
jtc  tjängt  o^ne  B^^'fifft  "lit  bn  burcfe  bie 
ßluniacenfer  unb  Sifierjienfer  i^erbreiteten 
^Reform  be«  fir^lidi^religiöfen  Öcben^  ju:= 
fammen;  Äönig  ^einric^  II.  nertrieb  ba^ 
mala  auä  religiöfen  !Dioiiuen  bie  3uben 
au3  aWainj.  Sine  allgemeine  blutige  35er« 
folgung  ber  3uben   bra&te  erfi    ber  erfie 


Äreujjug  mit  jtcfe ,  unb  jmar  in  ben 
Stäbten  läng«  ber  2)oiiau  unb  bee 
SHl)einö,  ju  Irier,  ©peier,  2Bormö,  SDtainj, 
Äöln,  Dtegeneburg,  ^rag.  Sine  2Bieber= 
bolung  brachte  ber  jmeite  Äreujjug,  al« 
ber  •papfi  bie  Äreujfal)rer  oon  aüen 
3ubenfc^ulben  befreit  erfldrte  unb  *Peter 
pon  Slugnp  in  ^^i^^nfreic^ ,  um  meöv 
50Jittcl  für  ben  Äreujjug  ju  geminnen, 
bie  ^übin  menn  auä)  nid^t  ju  töten,  fo 
bod)  it)re^  in  fc^ma()lid)er  SBeife  ermovs 
bencn  5}crmögen§  ju  berauben  riet. 
Ratten  [xd)  bei  ber  SSerfolgung  mä^renb 
beö  eifien  .Kreujjuge«  Söürger  unb  ^ütjien 
nod)  meifi  bem  *pöbel  gegenüber  auf 
Seite  ber  ^ubm  geficQt,  fo  machten  bie 
33ürger  je^t  mit  ben  SSerfolgcrn  gemein« 
fanie  ©acf)e,  nur  einjelne  JJürfien  »aren 
bereit,  bie  ^übm  in  il)ren  Surgen  jU 
fcf)ü0en. 

3m  12.  unb  13.  3a^r^unbert  famen 
5at)lreid)e  loEale  93erfolgungen  »or,  bti 
benen  e^  me^r  auf  bie  ^Beraubung  alä 
Sefel)rung  ber  Swi'tn  abgefe^en  mar. 
SOtan  gab  ben  3uben  fc^ulb,  fte  töteten 
S^riftenfinber  unb  oermenbeten  i^r  93lut 
beim  ^affa^feji,  ein  Sßorwurf,  ber  in 
^ranfreid)  fd^on  1171  eine  graufame  93e= 
fe^rung  ^eruorgerufen  ^atte.  Äaifer 
^riebridi  U.  berief  oiele  gelehrte  iDlänncr 
unb  legte  il)nen  bie  %xaQi  »or,  ob,  mie 
baö  ®erüd)t  ginge,  bie  3"l>«t^  wirtli^ 
bei  i^ren  religiöfen  ®ebräud)en  fö^riften» 
blut  nötig  Rotten;  märe  ba«  ber  goß,  fo 
moüe  er  aüe  ^ubin  in  feinem  iRei(^e  »er« 
berben;  bie  *Jlntmort  lautete,  man  fönne 
nid)tö  barüber  erfahren,  ©eitbem  muc^erte 
jener  iUberglaube  meiter,  unb  e^  nu^te 
nid)t^,  ba'^  3nnot«"5  IV.  in  einer  iöuüe 
üon  1247  bie  3uben  in  ©d)U^  nal)m  unb 
aüe  ferneren  SSerfolgungcn  »erbot.  9iad)« 
bem  üereinjelte  SSerfolgungen  faji  jebeö 
3aör  aufgetreten  marcn,  mäljtc  fid^  1298 
ein  neuer  ©türm  unter  ^nfübrung  bed 
fränfifc^en  ©belmanneö  iRinbfleifd)  »on 
Ort  ^n  Ort;  bic  93cranlaffung  mar  eine 
angeblid)e  ^ofiienfc^änbung.  5lnbere 
fc^mere  unb  blutige  Verfolgungen  muteten 
im  @lfa§,  iJranfen,  ©cfemaben,  Sapern  unb 
Djierreid)  »on  1336  biö  1338;  nod)  aß« 
gemeiner  maren  bie  Verfolgungen  »on 
1348  unb  1349  bei  <Mnla§  beö  fd^marjen 
Sobe^,  ali  eä  allgemein  ^ie§,  bie  ^\xbm 
Ratten  bie  Srunnen  »ergiftet,  unb  aud^ 
jc^t  fruchteten  bie  2öorte  be^  ^apjie^  unb 
be«  j^aiferö  ju  ®unfien  ber  3ubett  nic^tö; 
Dbrigfeiten,  bie  fi^  iljrer  annal)men,  mur« 
ben  abgefegt,  bie  ©d^ulben  »ernid^tet,  bie 


3ulfeji  —  ^wtin. 


•631 


'JBfänbcr  unb  ©c^utbbriefe  abgenommen, 
i^r  barcd  ®ut  unter  bic  ^anbwetfer 
»erteilt ,  oielc  3"^^"  getötet.  SBenige 
3a^re  mi^pn  bemühten  fid)  bie  Äurfür= 
Pen  bocf)  wieber  um  ta^  ütii)t  bcr  Jut'c»' 
aufnähme  unb  erhielten  eö  in  ber  golbe= 
nen  Suüe;  bie  ^nitn  ert)olten  fid)  unö 
fammeltcn  neue  Sc^ä^e,  bi«!  in  bcn 
ad^tjiger  2at)ren  neue  SubensÄrawaQc  bcs 
gannen. 

Seit  bcm  Seginn  be^  15.  ^abi' 
^unbertö  begannen  bann  bie  SSertrei^ 
bungen  ber  3"^^"  luf  ^en  93ef(J)Iug 
ber  Obvigfeiten;  fo  hjurbcn  fie  1420  auä 
SWainj  unb  ÖPerrei^,  1424  au«  greiburg 
im  Srei«igau  unb  Sü'^i'^/  1426  au^  Äöln, 
1432  au«  ©ac^fen,  1435  au«  >gpeier 
unb  ttjicbcr  au«  3üifict><  ^438  n)iebcr  ani 
SWainj,  1439  au«  *Hugsburg,  1450  auö 
33at)ern  uerttiebcn.  Seitbcm  Ratten  fie  in 
«inem  großen  Jeile  2)eut[d)lanbö  gar 
feine  fcfie  ^lieberlaffung  metir  unb  burfs 
tcn  nur  gegen  ein  bejlimmte^  ©elcitgelb 
l)inburc^jiet)en  ober  i[)re«  |)anbel0  roegen 
ein  paar  Stunben  ober  Sage  [\i)  auf= 
Ratten;  fo  blieb  e^  bi§  in  bie  ßtit  ber 
ijlufflärung  unb  ber  franjöftfct)cn  deDos 
lution.  Sladb  ©tobbe,  2)ie  ^ubin  in 
2)eutfdölanb  »ä^renb  beä  SD'Jittelalterö, 
töraunfcf)n)eig  1866.  2)aä  |)auptn)erf 
über  bie  ©cfd^ic^te  ber  Suticn  ifi  ®rä^, 
©efd^ic^te  ber  ^uim. 

äuifcft,  fie^e  5efie,  Weltlidfie. 

Fünfer,  m^b.  junc-herre,  junc-herre, 
bann  junkher,  im  16.  3a^tt)unbert  ge- 
tt)ijl)nlic^  3unfer,  bejeic^net  al^  ®egen= 
fa|  ju  altherre  junäc^jl  ben  ®o()n  au^ 
abUgem  ®efd;lecl)t,  gegenüber  bem  al« 
©enior  fungierenben  ißater  unb  we^felt 
mit  Änabe  unb  Äned^t.  Später  ge^t  bie 
Sejcic^nung  al^  litel  aucft  auf  unabligc 
Greife  über,  junä(^P  auf  ^eioorragenbc 
flabtifc^e,  alö  @ot)n  beö  gewctbtreibenbcn 
Sürgcr«  unb  Äaufmann^;  in  Hamburg 
beißt  fo  ber  jüngjie  Säcferfne^t.  35a 
ber  2eufel  gern  in  ebelmännif^er  Älei« 
bung  bef^rieben  «irb,  t)ei§t  er  oft  eben^ 
fad«  3unfer. 

3ö)ein  ifi  bcr  iJJame  eine^  gelben  au« 
bem  ©agenfreife  beS  5lrtuö  unb  jugleid^ 
be«  »oHenbetpen  epifcf)en  ©ebic^teä  t»on 
^artmann  oon  3luc,  i>a^  naä)  einem 
altfranjöftfdien  ©ebid^te  be«  Chretien  de 


Troyes  gebic^tet  «urbe.  Unter  ben  !Rit> 
tern  am  .^ofe  be«  Äönig«  2lrtu0  ermähnt 
einer  be^  3'*"^«'^^'^"""^"^'  ^o  ^"  Äönig 
beä  Sßalbe«  f)errf(i)c.  3mein  fü^lt  F^* 
aufgelegt,  mit  biefem  ein  *llbenteuer  ju 
befielen,  unb  eö.  gelingt  it)m,  i^n  ju  be- 
ilegen unb  bi«!  in  feine  53urg  i^u  »erfolgen, 
^ier  jeboc^  biitten  if)n  beä  Äönigö  Wiener 
umgcbradbt ,  lücun  nid)t  ßunele ,  eine 
3ungfrau  bcr  Königin  l'aubine,  ihn  burd) 
einen  3i^uberring  unft^tbar  gemai^t  t)atte. 
öntjücft  »on  ßaubinenö  @ct)önbeit,  beren 
®emal)l  unterbeffcn  geworben  roar,  wirbt 
3mein  um  i^rc  öiebe  unb  wirb  ert)ört, 
'IM  aber  Äönig  'Jlrtu^  mit  anberen  9tit= 
tern  gleic^faü«  jum  3ciuberbrunnen  fommt, 
terlä^t  3tt>fitt  ffi"^  ßauDine  mit  bem 
Sßerfprcci)en,  in  3«^re«ifrifi  mieber  jurücf- 
juEe^ren.  S)a  biefe^  nidit  gefd^ie^t, 
Derroanbelt  fic^  öaubinen^  ßiebe  in  3"^. 
unb  ^Xütin  wirb  bei  feiner  fpateren  Qln« 
fünft  ^art  oon  i^r  abgcwiefen.  $on  bem 
ißa^nftnn,  in  bcn  er  barübcr  »crfäüt,  wirb 
er  burc^  brei  (grauen,  bie  il)n  im  ffialbe 
Uegenb  finöen,  burd)  eine  3au&c'^f'^»ll'£  9«' 
t)cilt.  93on  neuem  jum  öeben  gerufen, 
üotlfül;rt  er  Ijerrlic^c  iRittert^aten,  über= 
winbet  einen  3)ra(^cn ,  ber  mit  einem 
ööwen  fämpft  unb  »oflfül;rt  mit  bed 
ic^tern  |»ilfc  neue  ^elbentl)aten.  3"  ^'f 
©egenb  be«  3'>uJ'c'f^'^"nnenä  burcfe  feine 
5lbcnteuer  jurücfgefü^rt,  befällt  i^n  bie 
Erinnerung  an  fein  »crloreneö  ®lücf  mit 
fold)er  Tlaä)t,  ha^  er  beftnnungölo«  »om 
iPferbe  fiür^t.  3n  ber  nat)en  Kapelle  l)ört 
eine  gefangene  3un8f'f'»"  ^f"  flagenben 
iRitter;  eä  ifi  öunele,  bie  bafür,  ba^  fie 
i^ren  ^errn  ju  nct)mcn  getatljen,  aber  fie 
böölit^  »erlaffen  t)atte,  am  näc^fien  bor- 
gen oerbrannt  werben  foH,  eä  wäre  benn, 
t>a^  fid^  ein  (Ritter  fänbe,  ber  für  pe 
fämpfcn  woHte.  3wcin  t^ut  biefeö,  wo- 
bei  il)m  ber  ßöwe  ^ilfrcic^  beijie^t.  Stbcr 
nod^  wagt  er  nid)t,  um  bie  Siebe  feiner 
®emal)lin  ju  werben,  unb  erfi  nac^bem 
er  im  ritterlid)en  Äampf  für  bie  bebrängte 
Unfd^ulb  über  jwei  Dtiefen,  bic  jwcit)un= 
bert  3u"9f>^ii"fn  gefangen  l)ieltcn,  über 
(Sawein,  ber  einer  ungerechten  ©ac^e  fein 
®d)Wert  geliel)cn,  gefxegt  i)at,  feljrte  er 
jum  3i>"''trbrunnen  jurücf,  wo  i^m  ßu« 
nelc  feiner  ©attin  ^ulb  wieberjugewinnen 
^ilft. 


332 


Äaifcr  —  Äiuferi'age. 


1. 


ftaifcr,  fie^e  Äönig  unb  Äaifer. 

J^aifert^ronif  beiBt  eine  in  bcr  iUlitte 
beä  12.  3al)'^t'unt'«»^fö  »crfaite  ©efc^ic^tc 
bcr  tömifcfjcn  Äaifer  üon  Juliuö  ßäfav 
big  Äonrab  IIL  ©er  unbe!annte  93er« 
faf[er,  feinet  ©tanbcö  ein  abeliger  Älcrifer, 
bat  ti  babei  meniger  auf  ®efc^id)te  aU 
auf  bie  (Srjablung  ber  Sbaten  rü^mlid}er 
gelben  in  Äircl)e  unb  ©taat  abgefel)en 
unb  in  unglaublicfc  oerwirrter  2Beife  i)[^0' 
rifd)e  SJlad^ridbten  mit  ßegenben  unb  %a' 
bcin  bunt  5ufammengemifcf)t,  ^um  Seil 
ceranla^t  burcf)  bie  einjelnen  Duellen,  aue 
benen  er  fd^öpfte;  ber  5lbfd)nitt  »on  Juliuei 
ßäfar  unb  ben  2)eutf^en  ifi  faft  rcörtlid) 
auä  bem  51nnoliebe  genommen;  einzelne 
Segenben,  mie  bie  üon  ber  ^eiligen  (lrc«= 
jentia,  laffen  ftd)  obne  meitereä  fon  bem 
übrigen  jcyte  löfen.  2)a6  2öerf  muvbc 
biß  inß  fpäte  iüiittelalter  einer  SDJenge  »on 
*Profand)roniEen  ju  (Srunbe  gelegt  unb 
crf)ielt  gottfe^ungen  bis  ju  iRubolf  uon 
^ab^burg.  ^lusgaben  oon  Ziemer  unb 
»on  2){afmann. 

ÄOttcrfttgc.  2)ic  in  >Deutfc^Ianb  meit 
verbreitete  Sage  non  in  93ergen  fd^lafcn= 
ben  Äaifern  ifi  mi)t^if^en  Urjprungö. 
6ß  ifi  SBoban,  ber  milbe,  fegnenbe  ®ott, 
ber  bie  grucl)!  beß  'ilcfer«  fpenbete  unb 
nun  im  2Binter,  menn  fein  mot)ltf)uenbeo 
2Balten  ftd)  nic^t  bemäbren  tann,  tot 
ober  Derjaubert  einfd)läft.  3"^  2BoU'cn= 
berge,  in  ber  SBoIfenburg,  rocldbe  bann 
flcfd)loffen  iji  unb  nid)t  bcfru^teiibcn 
iRegen  fonbern  nur  eiftgen  ©d)nee  jur 
Srbe  fenbet,  träumt  er  mit  feinem  ganjen 
lotenijeerc  bem  f^fü^tinge  entgegen.  2)ie- 
fcr  Sölpt^ue  lofalifterte  ftd)  unb  ging  in 
bie  ®ejialtcn  ber  ßieblings^elben  be« 
iBoireö  über.  *iln  üiclcn  Drtcn  t)cutfd^s 
lanbe  erjdl)It  man  f\ä).  im  93erge  ft^e  ein 
»crjaubertce  Äriegatjecr  unb  f^lafe,  an 
icincv  Spi^e  ein  'gürfi  ober  .^aifcr.  6o 
ld)Iaft  Äaifer  Äarl  ber  ©rope  im  SDefen^ 


berge  bei  SOiarburg,  in  ber  93urg  ^erjiatta 
an  ber  Sßefer,  in  ber  Äarleburg  bii  i'6i}x 
am  ©peffart,  im  Irautberge  unb  2)onner«= 
berge  in  ber  ^Pfolj.  5m  ©ubemerberge 
bei  Ooälar  rubt  Äaifer  ^einri(^  ber  93ogIer 
iiertt)ünfd)t.  Otto  ber  ®ro^e  jt^t  »crs 
jaubert  im  .Ki)fff)dufer  bei  Sittcba,  bcr 
alten  (Pfalj  beä  fä(^ftfd)en  .Kaifer^aufeÄ ; 
fpdtcr  Ijat  bie  SSoItöfage  Otto  ben  Oro^en 
mit  ^riebric^  93arbaroffa  »crtaufd^t,  ber 
aber  fälfdilid^  für  ^i^it^ii^  I^-  S^ff^* 
mar;  benn  oon  lehteren  glaubte  bas  95oIf, 
er  fei  nic^t  tot,  er  werbe  mieberfommen, 
um  ben  unfertigen  Äampf  mit  ben  Pfaffen 
auöjufämpfen.  Über  biefe«  f)iftorifd)e 
SRoment  ber  .Kaiferfage  fic^c  93oigt  in 
®pbcl0  :^ifiorifd)er  Seitfd^r.,  93b.  26,  unb 
aticäler  in  93b.  22.  3m  ^ppäufer, 
etjäblt  nun  bie  Sage,  ft^t  ber  Äaifer  in 
einer  unterirbifd^en  |ö^le  mit  allen  feinen 
Ü^ittcrn  unb  knappen  um  einen  großen 
Sifd),  burd)  ben  fein  93art  gemac^fen  ifi. 
9tunb  uml)er  fiet)en  j^^^^ofe  qgferbe  unb 
raffeln  mit  bcu  Äetten,  fobaß  e«  einen 
gercaltigen  ßärm  giebt;  in  ben  Grippen 
aber  liegt  fein  ^eu,  fonbern  grofe  2)orn= 
mafen.  '9(n  ben  SBänben  iji  bcr  tojibarfic 
9Bein  in  großen  uralten  gdffern  aufge= 
fpeic^ert,  unb  obgleich  eö  eine  unterirbifd)e 
(Srotte  im  93ergc  ifi,  fann  man  bafclbjl 
bod)  bie  größte  A^errlid)feit  fd)auen. 
Sbcnfo  berühmt  iji  ber  Unter^berg 
bei  ©aljburg  als  Bi^  bee  fd^lafcnbcn 
Äarlö  bee  ©rogen  ober  griebrid^  93ar* 
baroffa«. 

5Dtit  ben  ©agen  üom  fc^kfenben 
.^aifer=  unb  ©eifier^eer  ^at  fiä)  eine  feit 
bem  14.  3a^r^unbert  bel)auptctc  oricnta^ 
lifc^c  Irabition  oerbunben ,  monad)  ein 
^eerfürji  ^err  ber  ilBclt  merbe ,  bem  c^ 
gelinge,  an  einen  gemiffen  bürrcn 
93aum  feinen  «S^ilb  aufju^dngen.  S)en 
Sattaren  ftanb  biefer  93aunt  in  Sauri«, 
vor  filtere  in  ©ufa,    anbern  Orientalen 


Äalanbe  —  Äalcnber. 


333 


im  ^ain  lOJamrc.  3"  alteret  3<^it  W^ 
ti ,  bei  ber  Sßelt  Snbe  »erbe  Äaifer 
Jtiebric^,  »on  bem  man  ni(f)t  ttiffc,  ob 
er  noc^  lebe  ober  gcfiorbcn  fei,  »ieber 
üuferjie^en.  (Sr  bangt  feinen  @cf)ilb  an 
einen  bürren  93aum,  ber  grünt  auf^  neue 
unb  ber  Äaifcr  gewinnt  tai  ^eilige  ®rab 
miebcr  auö  ben  |>änben  ber  Surfen.  5tm 
Unterberge  erjäl^Ite  man:  $at  Äaifer 
griebrid^ö  23art  bie  btitte  2;ifd)cde  erreid)t, 
fo  tritt  iai  SBeltcnbc  ein,  ber  ^ntic^rifi 
etfcbeint,  bie  Sngelöpofaunen  ertönen  unb 
auf  bem  Jßalferfclbe  toixt  eine  blutige 
@(f)Iad)t  gefc^Iagcn.  5Da  fief)t  ein  bürrer 
93irnbaum,  ber  fc^on  breimal  umgehauen 
hjurbe,  feine  SBurjet  fcfelug  immer  »ieber 
auö.  ^iet  ^ängt  Oflotbart  feinen  «Sc^ilb 
auf,  aUt^  wirb  binjulaufen  unb  ein  fol* 
ä)ti  ißlutbab  fein,  ta'B^  ben  Äriegcrn  baä 
93Iut  in  bie  ®ct)u^e  rinnt.  2)a  »erben 
bie  böfen  oon  ben  guten  ÜJicnfcben  er= 
fd)Iagen  »erben.  Über  aüe  beutfc^en  ®aue 
^at  jtd)  biefe  Sage  »erbreitet.  S'lac^  SD^i  a  n  n  ^ 
latbt,  ®öttermt)t[)en.    ©.  135  ff. 

Manbe,  MaubSfirülicr,  l)ie§  eine  im 
13.  ^atitbunbert  entftanbene,  über  SRorb^ 
unb  ©übbeutfc^Ianb  cerbreitete  Srüber^ 
f(^aft,  auc^  Äalenbcr^erren,  fratres 
Calendarii  genannt,  »eil  fte  unter  prieficr= 
lieber  ßeitung  fii^  regelmäßig  am  erften 
Sag  eineö  ÜJicnatä,  Calendis,  »erfammelte. 
3f)r  S^id  »ar  SSeranfialtung  gemein» 
f(J)aftlic^er  91nbad)töübungen  unb  gefie, 
gegenfeitige  Unterpü^ung  unb  25erri(i)tung 
guter  2Berfe,  namentli^  ^a^en  unb  5tU 
mofenfpenbung,  feierliche  Seerbigung  i^rcr 
SKitglieber  unb  5lb^alten  ber  für  bie  lefe« 
teren  befiimmten  Scelenmeffen.  S)ie  ©efeU- 
fc^aft  tonnte  auä  geijilic^en  unb  »elt= 
Iid)cn  ^erfonen ,  au^  üJiännern  unb 
grauen  befielen;  ber  SSorjianb  ^ieß 
S)cc^ant,  unter  »elc^em  ber  .Kämmerer 
ober  Äaffen\}er»alter  fianb.  S)ie  Dbcr= 
aufjt^t  führte  ber  a3ifd)of  be«  ©prengel«, 
ber  fie  auä)  betätigte.  2«it  ber  Seit 
»urbe  bie  5lb^altung  monatlicf)cr  gejicffen 
bie  ^ttuptangelegen^cit  biefcr  ©cfcEfc^af- 
ten.    SOJerj  in  ^erjogö  9(ieal=enci)fl. 

^aleitbcr,  m^b.  kalender,  kolender, 
ou^  bem  mittenateinifcf)en  ber  calendarius 
ober  tai  calendarium,  51bleitung  üon  bem 
lateinifc^en  ^lural  calendae  ^=  erjier 
SDtonat^tag,  oom  tat.  calare  =  aufrufen, 
»eil  bei  ben  SRömern  ber  erpe  Sag  bcö 
5Wonatä  aufgerufen  »urbe.  S)ie  gorm 
beö  (!)rifilid)  =  mittelalterli(f)en  Äalenbetö 
fiammt  aul  bem  flaffifd^en  *Mltertum,  na= 
raentlic^    con   Den   Oiiömern.     ©r    »urbe 


urfprünglic^  nicf)t  für  jebcö  3af)r  befon* 
berö,  fonbern  in  feiner  allgemeinen  JJaffung, 
für  aUc  3a^re  gültig,  aufgeftcüt.  @d}on 
bie  römifcf)cn  Äalenber  entljalten  äuget 
einigen  afironomif(f)en  eingaben  ben  5tn= 
fa^  religiöfcr  5?efie  unb  bürgcrlici)ct  gcjis 
li(J)feiten.  S)er  d^rifilic^e  Äalenber  erfe^te 
bie  altrömifc{)en  ^Jefic  burd)  d)tifili^e 
^ejle  unb  geiertage;  ha  aber  urfprünglid) 
baö  ®ebäc|)tniö  ber  S!J?drti)rer  t)ornct)mUc^ 
nur  an  bem  Drte,  »o  fte  gelitten  f)atten, 
gefeiert  »urbe,  fo  l)atte  jcbe  (Semeinbc 
il)r  befonbereö  gefit)er^eid)niö  unb  i^un 
eigenen  Äalenber;  eö  finb  i[;rer  fe^r  fiele 
erhalten,  ta  fet)r  häufig  ben  ^anbfd)riften 
liturgifc^er  Sucher,  aud^  ber  93ibel  unb 
beö  ^faltetö,  ein  Äalenbcr  üorgefe|t 
»urbe;  fte  pflegten  aber  mit  bem  ;|>ilfö' 
mittel  cerfef)en  ju  fein,  um  für  jcbe^  ^ai)x: 
bie  be»eglid^en  ^Jefle,  junäc^fi  baö  Djler* 
batum,  abjuleiten.  Unb  j»at  enthalten 
fie  ntd)t  allein  bie  93ud)P:aben  A— G  jlet§ 
»iebeife^renb  mit  bem  Stnfang  üom  1. 
3anuar  für  bie  Serecftnung  ber  a[Bod)en= 
tage,  fonbern  aixä)  bie  S'i^If"  I— XIX 
jur  ©ejeic^nung  aller  9teumonbe,  bie  jebe^s 
mal  in  bem  foDieltcn  ^a\)Xi  beä  igjä^ri* 
gen  Gijflu^  an  bemjenigen  SDionatötage 
eintreffen,  »clc^em  biefe  3at)I  beigefe^t  i^. 
(Sin  JRonatöfalcnber  mit  einem  fol(J)cn 
Suc^fiabens  unb  3a^l«n''«'^äet^"i^  ^eigt 
ein  immer»al)renbcr  (julianifc^er) 
Äalenber;  »ermittclfi  beäfelben  finbct  man 
für  jebeö  beliebige 3a^r,  fobalb  man  beffen 
(Sonntagöbud)fiaben  nebfi  bet  3tff^i^  '^^^ 
Utjä^iigen  ßpflu^  fennt,  ben  !![ßo(f)enta3 
iebcö  Datumö  unb  alle  Sfieumonbe  tai 
3a^r  ^inburd^.  5lug  ben  legieren  folgt 
juglcid)  ia^  S)atum  beö  JJrütjlingätoü« 
monbeö  unb  baraug,  nac^  Sejiimmung 
feinet  Sffiod)cntag^  mittele  bcö  ©onntagö« 
bud)fiabenö,  bo^  S)atum  bc§  Dfierfefle«. 
Einleitung  ju  biefer  Sered)nung  giebt  tai 
c^ronologif^e  ^aupt»erf  be^  früheren 
SWittclalter^  Don  Seba,  de  ratione  tem- 
porum. 

©rfi  gegen  Eluögang  bc«  SlJlittelolterg 
»urben  bie  lateinifd)  abgefaßten  Äalenbet 
in  bie  Sanbeöfptac^en  übertragen;  boc^ 
giebt  e^  einige  5luänal)men  baoon,  na« 
mentlid^  iia^  33rud^)lücf  eincä  gotif(^en 
Äalenbetö  auö  bem  4,  3a^tl)unbcrt,  ein 
angclfäd)fifd)eö  Äalenbarium  auö  bem  10. 
3a^rt)unbert ,  ein  franjöftf^eö  auä  bem 
13.  3al)r^unbert.  ©cutfclie  Äalenbet  fom* 
men  nid^t  »or  bem  14.  3al)rt)unbert  cor. 
2)ie  erficn  gebrucften  Äalenber  l)aben  ganj 
bie  (Einrichtung  ber  ftanbfc^riftlic^en  unb 
22 


334 


Äolenbcr. 


jxnb  allgemein,  für  jebeö  3a^t  paffenb, 
auögefiattet.  i)ie  frü^eften  ftnb  in  ^olj 
gefct)nitten  unb  in  Tupfer  geflodjcn.  2)er 
etjie  Drucf  eine«  Äalenber^  für  beftimmte 
3a^re  jiammt  nad)  ber  ißearbeitung  beö 
So^anneö  (Regtomontanuö  aus  fRürnOerg 
im  Sa^re  1475;  bcrfelbe  i|i  für  bie  3abre 
1475,  1493  unb  1513,  aU  bie  etflen 
^at)):z  einer  breimaligen  19jä^rigcn$eriobe, 
geficHt,  bod>  fo,  ta^  barauä  bie  S)ata 
für  bie  übrigen  ^a\)xt  berfelben  abgeleitet 
Werben  fönnen.  ©oc^  bejie^t  [xä)  biefc 
©pejialifterung  nur  auf  ben  afironomiä 
fc^en  iöefianbteil;  ber  Äirc^enfalenber  ijl 
noc^  in  feiner  5lügemein^eit  ücrblieben; 
er  ent[;ält  nur  bie  ^eiligennamen  unb 
jWar  na^  älterer  SBeife  an  einer  be= 
fd^ränften  5tnjat)I  oon  jagen,  nici)t  aber 
hk  (Sintcilung  in  2[Bo(f)en  unb  bie  beweg« 
liefen  ^efie.  S5ie  erpen  eigentlicf)cn  SBolfö* 
falcnber  ftnb  bann  faft  an  aßen  Sagen 
mit  ^eiligen  befe^t,  Wie  bie  Äalenber 
»on  2lug0burg  1481  u.  f.  w. ,  (Erfurt 
1505,  3ürid^  1508.  3u  allgemeinerem 
®ebrau^  fommen  Äalenbcr  für  ein  be« 
fiimmteö  '^(x\)x,  mit  ber  bemfelben  ange» 
paften  SBod^ens  unb  gcftorbnung,  erfi 
nad)  ber  3[>litte  be«  16.  ^a^rbunbcrte. 
®cgen  Snbe  bcö  15.  3a^t^"n^"tö  füftr« 
ten  bie  5lfir otogen  bie  fogenanntcn 
*13raftifen  in  bie  Äalenber  ein,  51n= 
Weifungen ,  an  welchen  lagen  gewiffe 
2lrjnci»  unb  Heilmittel  ^eilbringenb  feien 
ober  nic^t,  befonberö  aber  2tn weifungen 
jum  5lbetlag.  (5in  ju  Oppenheim  1522 
erfc^ienener 'Äalcnber  führte  juctji  tai 
5lbcrlaBmännc^cn  ein.  (So  folgten  5ln« 
weifungen  jum  Schröpfen ,  (Purgieren, 
93aben,  ^aarabfc^neiben,  ^flanjcn,  ^olj« 
fällen,  Ernten,  ©äen  u.  bgl.,  ferner  toai 
gewiffe  Vorgänge  am  ^immel  anbcutcn, 
j.  93.  ber  @onnenf(J)ein  an  jebem  ber 
fog.  3tt'ölfnäcf)te  Dom  25.  iJe^cmber  biö 
6.  3anuar,  wet^e  einfiüffe  ber  SDJonat, 
in  bem  bie  ©eburt  eine«  Äinbeö  erfolgt, 
auf  beffen  ßeben  ^abe.  ?lu(^  biefe  Äalen« 
beräPracticae  Waren  urfprünglid)  r>on  ben 
Qiprologen  auf  tnet)rere  ^<x):)Xt  oorauö  al^ 
*Propbejeiungcn  befannt  gema(f)t  unb  ftnb 
ctfi  fpäter  mit  ben  gemeinen  Äalenbern 
»erbunben  worbcn. 

©regorianifd^c  Äalcnberreform, 
gür  bie  Beobachtung  beö  OflerfePe«  war 
in  ber  aleyanbrinifdjen  Äird^e  feit  ber 
jWciten  ^älfte  be^  3.  Ja^r^unbertö  bie 
SRegel  angenommen,  ba§  basfelbe  anju- 
fc^cn  fei  am  ©onntag  nad)  bem  grü^* 
tingsüoümonb,  i<xi  l)ei§t  bemjenigen,  ber 


am  'läge  Ber  ^i^ü^Iingänaci^tgleic^e  felbft 
ober  äunädbfi  nac^  berfelben  eintrifft,  unb 
ba§  als  2)atum  biefcr  9'Ja4tglei(^e  ber 
21.  SKärj  feftjubalten,  ber  IBoQmonb  aber 
na^  einem  lOjäbrigen  (Jpflud  ju  berccfe; 
ncn  fei.  I)iefc  alej:anbrinif(^e  ÜJJetfiobe 
litt  an  äwei  "^tifXtxn.  (irfienö,  inbem  fte 
bie  5i^i'^Ii"9^n'i*t9l«i^f  ^"^  21.  SOlärj 
annafim,  fd)lo§  fte  ft(^  an  bie  Julia« 
nifc^e  ^tJ^i^form  unb  Sd^altorbnung  an, 
wonach  bie  Sänge  beö  3i^^«^  ju  365^4 
Sagen  angenommen,  bemnad)  alle  4  3a^re 
ein  Sag  eingef(^aUet  würbe.  S)aö  3aÖr 
ifi  aber  in  ber  Sßirflic^Eeit  um  me^r  aU 
11  ÜRinuten  fleincr,  mag  alle  128  Ja^re 
einen  Sag  auömac^t,  ber  alfo  juoiel  ein» 
gef^altet  würbe.  3*^eitenä ,  inbem  fte 
ben  ^lü^lins^^'otlmonb  nad)  bem  19iäöris 
gen  Gpflu«  »on  235  ÜHonaten  bered^nete, 
nabm  fte  biefe  ju  19x36574  =  69393/^ 
Sagen.  5lber  biefer  (Spflu«  oon  OJlonaten 
ifi  in  ber  aiBirflid)Eeit  um  mc^r  al^  eine 
©tunbc  fürjer,  wa^  etwa  alle  310  3a^te 
einen  Sag  auömac^t,  um  ben  alfo  ber 
aSoClmonb  ju  fpät  angefe^t  würbe. 

(So  bauertc  lange,  e^e  man  auf  biefc 
^c^ler  aufmcrffam  würbe,  ^xoax  mac^= 
ten  f^on  im  12.  3il)t^unbert  einzelne 
geteerte  5lfironomen  auf  ticii  '^oxixMtn 
ber  SJladitgleic^cn  unb  im  13.  ^i^rbunbert 
aud^  auf  Xxxi  %oxix\xdtn  ber  ÜJtonbpbafcn 
aufmerffam;  ba  jebod^  ein  Äonjilebcf^lug 
jebe  93eränberung  beö  Äalenberwefenö  oer« 
bot,  jog  man  erfi  im  15.  S^^tbun^ßi^t 
nad^bem  man  burd^  genauere  afironomtfd^e 
6tubien  fic^  oon  ber  SRi^tigfeit  ber  St)at» 
fad)en  genügenb  übcrjeugt  tjatte,  bie  .2Jer« 
bcffcrung  ber  burd^  fte  entjianbenen  Übel« 
ftänbc  ernfilic^  in  ©rwägung.  @d^on  bie 
iiarbinale  ^etruö  be  ^fliaco  unb  SliEolauÄ 
be  (Sufa  l)atten  auf  bem  Äonfian^er  unb 
Safeler  Äonjil  bie  Äalenberreform  ^erbei« 
jufübren  unb  burd^  eigene  <S(^riften  ju 
bcgrünbcn  »erfud^t.  2)oc^  gelang  e^  erfl 
(Sregot  Xin.  (1572-1585),  unter  SDUt« 
bilfe  ber  gelebrtcfien  Qlftronomen  feiner 
3eit,  bie  wichtige  (Reform  jujtanbc 
JU  bringen.  Um  bie  um  10  Sage  »er« 
fd^obcncn  Dladbtgleic^en  wieber  auf  i^re 
eigentlict)en  6i^e  jurücfjufübrcn,  befiimmtc 
®regor,  ta^  im  Dftobcr  1582  je^n  Sage 
auö  bem  Äalenber  wegfaüen  foüten,  foba§ 
nac^  bem  4.  fogleid^  ber  15.  gejault  wer« 
ben  foUte.  Um  aber  bie  grüblingöna^t« 
gleict)e  auf  bem  21.  ÜJiärj  für  alle  ^z\i 
ju  erl)alten,  foüten  in  einem  3eitraum 
oon  400  3a^i^e"  3  ©^alttage  auäfaüen, 
unb  jWar  auö  ben  ©äfularja^ren,  beren 


Äamalbulcnfet  —  Äomm. 


335 


3a^r^unberte  nic^t  öurc^   4  teilbar  fmb, 
rtic  1700,  1800,  1900. 

Die  fofortige  ©infü^rung  bcd  ©rcgo- 
rianifctien  .Ralenber«  gefc^afi  blo^  im 
größten  Seile  Stt^^if"^»  in  Spanien  unb 
«Portugal;  bie  übrigen  ßänber  (Suropa^ 
entfdjtoffen  ficfe  erft  i'pätcr  baju,  nament= 
Ii(J)  bie  protcflantifd)en;  fo  na^m  hai 
proteftantifd)e  S)eutfi^(anb  tax  neuen 
Äalcnber  unter  bem  Spanien  beö  oerbcffcr« 
tcn  mit  Dänemarf,  ben  SJlieberlanben  unb 
ber  eoangelif^en  Sdimei,:;  erft  1700,  'Pifa 
unb  ^torenj  1750,  ©ro^britannicn  1752 
unb  ©d)tt)cben  1753  an;  9lu§Ianb  ^at 
ben  julianift^cn  Äalenber  beibehalten. 
«Piper,  *]lrt.  Äalenbcr  in  ^crjog«  JHeal' 
dncpfl.  unb  ©rotefenb,  .panbbud)  ber 
d^ronologie. 

Äamalbulcnjer,  ein  reformierter  SOtönc^«« 
orben  beä  10.  3al)rbunbertö ,  »urbe  iion 
iRomualb,  geb.  um  950  ju  ölaoenna, 
gefiifiet.  ÜDerfelbe  gefjörte  einer  Dorneb' 
men  unb  reichen  ^'""i'i^  ^"'  ^^"^  ^'" 
lei^t  erregbarer,  ftiirmif(^er  aJlenfc^,  »on 
einer  obne  (Seifte^bilbung  unb  in  roitbem 
ßeben^gcnuffe  oerlebten  Sugenb;  jur  ©üf)- 
nung  eincd  üon  feinem  SBater  eerübten 
Üotfc^lageö,  ging  er  für  einige  3^'^  nad) 
JRanenna  in  ein  öencbiftinerflofter,  Yoo 
er  ftrf)  cntfcf)Io§,  ber  iZßelt  ju  entfagen 
unb  Dtöncf)  ju  werben.  3"  ^«"^  '^'^^^ 
Senebigö  fanb  er  in  ÜJlarinu^  einen  jroar 
bilbungälofen,  einfältig  frommen  ^Mna^o» 
reten,  ber  it)n  in  feine  ^niit  ber  J^eiligung 
nabm.  iD?it  ibm  jog  er  976  in  'öeglei> 
tung  beä  Dogen  unb  bem  auf  ber  ©aü* 
faljrt  begriffenen  51bt  SRarin  in  bie  iJldbe 
Don  bcffen  Äloftcr  @t.  Ürti^el  be  ßufan 
bei  (Perpignan  in  SübfranEreic^,  lebte  tjier 
aU  *Unad)oret,  fe^rte  aber  mieber  nac^ 
Stalten  jurücf  unb  begann  fein  unfteteä 
?lnac^oretcnteben  oon  neuem,  gemann  bie 
leilnatime  unb  33emunberung  oieler, 
namentli^  ^of)er  «Perfonen,  roie  Ottoä  HI., 
^einri(^  H.  3m  3abrc  1018  jiiftete  er 
auf  einem  l)ol;en,  f(imer  jugdnglic^en 
Drte,  tem  ßampuä  SQRalbolbi  in  ben 
9lpenninen  bei  ^Hrejjo,  eine  Dfüeberlaffung 
»en  fünf  ©infteblern,  mo  er  ein  fcl)r 
firengeä,  namentlich  an  ®ei§elungen  rei* 
d)ti  Sremitenlcben  einführte;  er  ftarb  im 
Sa^rc  1027,  nac^bem  er  mel)rerc  ül)nli(^e 
Jnftitute  geftiftet.  *ilber  Eeineä  bemal)rte 
beu  eremitif^en  (Seift  SRomualbä  beffet  alä 
bie  Sinfiebclei  üon  (jamalboli.  3n  befon= 
bere  ~2lufna^me  fam  biefer  Ort  baburc^,  t>a^ 
^Petruä  Damiani ,  ber  «Propt)et  beä 
aäfetif^  =  mittelalterlichen    Äirc^engeiftcä, 


Wöni)  oon  ^onte  ^loetlana,  einem  ^loftet, 
baä  ßubolf ,  ein  £d)üler  iRomualbä ,  im 
Sabre  1000  geftiftet  batte,  balb  na*  1040 
\>ai  ijebcn  SRomualbä  befcf)rieb.  Damiani 
prägte  bie  !8u§tbeorie  in  ber  g"'"^  beä 
üerbienftlid)en  (Seigelnä  nocb  fcfearfer  auä 
unb  übte  baäfelbe  nad)  iRieberlegung  fei« 
ncä  Äarbinalatä  in  feinem  Ätofter  §onte 
*ilüeüana  felbft  an  fid)  auä  biä  ju  feinem 
im  3al)re  1072  erfolgten  lobe,  ßrft  in 
biefem  3a^re  mürbe  burtf)  päpftlic^e  Se« 
ftätigung  ber  eigentliche  Orben  ber 
Äamalbulenfer  aufgeftettt,  alä  eine 
«Ubsmeigung  ber  'Scnebittiner,  bie  eä  ju 
t)öbeter  *BoUfommenl)eit  gebracf)t  baben 
foQten.  ^n  ber  Spiöe  ftanb  ber  «Prior 
oon  ßamalboli  alä  'JJtajor.  Sie  motin« 
ten  unb  a§en  abgefonbcrt  üoncinanber, 
gleifd)  mar  oerboien,  gaften  fef)r  bäufig, 
baä  rcid)tigfte  @ebot  mar  iai  beä  @cf)roei« 
genä.  Sic  trugen  mei^e  (Semänber.  Die 
erfte  gefd)riebene  *Jlegel  ftammt  auä  bem 
3a^te  1102,  oon  bemfelben  «Ulajor  «Jlubolf, 
ber  auc^  bie  Äamalbulcnfe rinnen 
einführte.  Qtud)  (£amalboli  t)atte  tai 
gleiche  Schief fal,  mie  bie  meiften  Älijftet 
biefer  3at)r^unbertc,  eä  mürbe  reic^  unb 
befaß  ganje  ö)raffcf)aften,  bie  alte  Strenge 
mürbe  mehr  unb  mei)r  gemä§igt,  unb  ne« 
ben  ben  ©infteblern  entftanb  ein  regel« 
rcc^teä  ^lofterleben,  namentlich  im  ®e« 
biete  ber  Stabt  «Benebig,  auf  einer  ^n\il 
jroifc^en  55enebig  unb  «D^urano  unb  in 
«JJlurano  felbft.  S^"^  3ei'  ^^^  3teformation 
unterf^ieb  man  ba^er  ©remiten ,  Dbfet* 
oanten  unb  .^onoentualen. 

tamm,  lat.  pecten,  franj.  peigne,  engl, 
comb.  Sc^on  in  oorgefc^ii^tlidjer  3^it 
benu^tc  man  jur  «Pflege  beä  ^aupt=  unb 
Sartbaareä  eine  'UrtÄamm  oon^oU,  ^orn, 
Änocfcen  ober  Elfenbein;  auc^  Eommt  et 
alä  ^aarf^mucf  bei  grauen  faft  überall 
cor,  in  ben  mannigfaltigften  »formen  unb 
auä  ben  oerfc^iebenften  Stoffen  gearbeitet. 
3m  tlafrtfcf)en  'Altertum,  mie  audj  im 
»Wittelaltec  finbet  man  il)n  bäufig  Eunft* 
reicfe  aus  Slfenbein  ober  Öucf)äbaum  ge« 
f<^ni^t,  mebr  boc^  alä  breit,  ein=  ober 
j\reireibig  gejabnt.  Sei  inn  cinfacf)en  ift 
ber  obere,  bei  ben  Doppelfammen  bet 
mittlere  fla^e  Seit  mit  «Reliefä  ober  Du 
namenten  gcfc^mücft.  Der  Äamm  Äarlä 
b.  @r.  mirb  angeblich  im  Dome  ju  Dana« 
brücf,  ber  'öartfamm  ^einric^ä  I.  im 
3itt)er  ber  Scblo§Eir*e  ju  Queblmburg 
aufbema^rt,  ber  beä  \).  Ulric^  in  "Hugä* 
bürg  K.  'JDlan  fte^t  barauä,  ia^  biefeä 
je0t  geringgefc^ä^te  Oerät  früber  roo^l  in 
22* 


336 


Äammetbotcn  —  Äanuen. 


^öt)crcn  6^tcn  fianb.  SDaäfelbe  gilt 
namentlich  a\xi)  t>om  Äonf cfration§« 
!amm  bct  Sifdböfe  unb  «prieficr,  ber  biö 
in^  13.  3af)Tf)unbett  «ine  hx<i)\ii)i  Se« 
beutung  ^attc.  2)er  SD^Je^famm  würbe 
»or  bet  iUJeffe  jum  Dtbncn  ber  $aare 
get)rau(f)t,  bet  ^onfefrationsfamm  naä) 
ber  Salbung  ber  99ifcf)öfc.  (Er  würbe 
fobann  forgfam  aufbewahrt  unb  bem 
Iräget  inö  ®rab  mitgegeben. 

Äammerbotcn,  fic^eMissi  dominici. 

ftämmercr,  ftetie  J&ofämter. 

Samraergerit^t,  fatfetli^cö.  Sin  oberfteä 
©ericfct,  bae  ^of geriebt,  befianb  unter 
ber  ßeitung  bes  ^faljgrafen  (ftef)e 
biefen  2trt.)  fc^on  am  merowingifc^en 
^ofe;  fpäter  üerfc^winbet  ber  ^faljgraf, 
unb  baä  Äönigögcric^t  blieb  unter  be^ 
Äönig^  eigener  ßeitung.  5IIä  bie  SRecf)tfl« 
terf)ältnijye  fid)  aümdblic^  locferten,  ge* 
langten  neben  bem  ^ofgeric^t  in  ben 
9fleid[)0t)ogteien  einzelne  igd)öffengcri(f)tc 
angefe^ener  6täbte  ju  bcfonberem  Qtnfefien, 
inbem  fie  p  Ober8erict)ten  für  bejlimmtc 
anbere  @täbte  unb  Drtfc^aftcn  erhoben 
würben ;  tai  war  ber  gatl  bei  ben 
(Scf)öffenjlüblen  ju  1^1^'^"^  f"i^t '  Qlac&en 
unb  feit  bem  14.  3öf)'fbunbert  namentlich 
ju  (Rottweil,  befi^en  ©etic^t  ben  Sfiamen 
faifcrlid)Cö  ^ofgerid)t  annal)m.  (Sä 
bejianb  biä  in  bie  legten  Qtittn  bee 
5Reid)eä  unb  erftrecfte  (eine  ©eric^täbatfeit 
über  einen  großen  Seil  üon  ©übbeutfc^« 
lanb,  toä)  f 0 ,  ta^  foji  alle  torne^meren 
Oteic^äftönbe  'mit  ber  3^'^  bacon  cyimiert 
worben  waren.  S)aö  2tmt  beö  |)ofti^terä 
wor  bei  ben  ©rafen  »on  €ulj,  fpäter  bei 
ben  ^üifttn  »on  Sd^warjenberg  erblich 
geworben.  I)iefer  ober  fein  ©teiloertreter 
^attc  elf  i8eifi|.er,  teilä  üon  5lbel,  teilö 
iRottweilif^e  SRatecerwanbte. 

%nx  tai  eigentli^e  Äönigö«  ober  ^of« 
geriet  fe^te  ^riebrid)  II.  1235  einen 
^  0  f  r  i  d)  t  e  r  ein ,  justiciarius  curiae, 
welker  ben  ^of  begleiten,  täglicfe  anflatt 
bee  Äönigö  ©ericfct  t)egen  unb  minbcjien« 
ein  '^a^i  lang  im  5lmt  bleiben  fotlte. 
2Bid)tigerc  ®a(f)en  aber,  namentlich)  wo 
ti  ^ütften  ober  anbern  ^o^en  |>erren  an 
il)ren  ßeib,  SRe(i)t,  S^re  ober  23ermögen 
ging,  blieben  bem  Könige  perfönlid), 
mit  3usiebuii9  >">n  JJürjlen  aU  Urteilern, 
»otbel)aUen,  ober  fie  würben,  nac^  feinem 
Qluftrage,  nom  ^faljgrafen  com  SRtieine 
geleitet.  Ulun  fonntc  man  Fk^  aber  unter 
Umftänben  ftatt  an  ben  ^ofri^ter  unb 
hai  ^ofgerid^t  an  ben  Äaifer  fclbft  unb 
feine   Äammer   wenben,    unb   nacf)beTn 


wäljrenb  ber  ißerwirtungen  beö  15. 3o^r* 
bunbertä  »on  ben  »Jütficn  wiebcrfiolt 
klagen  gegen  bae  ^ofgcri^t  laut  gcwor* 
ben  waren,  fe^te  enblic^  ^riebrid)  HL 
1471  ein  bleibenbeä  Äammergeri(^ t 
ein,  beftebcnb  ani  einem  „.Kammerrid^ter 
mit  einer  jimli^en  3^^.^  etbaren,  tebeli« 
eben,  beifi^enben  Urteilern",  unb  jwat 
o^ne  fejlen  ®i^,  an  welcf)eg  unter  bem 
IRamen  beä  faiferli^cn  ^of'  unb  Kammer* 
gerid^tea  appelliert  werben  fonntc.  2)iefcä 
®erid)t  würbe  1495  jum  faiferli^en 
ober  iRcic^äfammergerid^t  erweitert, 
©aefelbc  würbe  ju  ^rdnffurt  eröffnet, 
bann  balb  t>a,  balb  bort  gehalten,  einige« 
mal  auö  TOangel  an  Unterhalt  in  Stiflfianb 
gefegt,  1517  in  ©peier  terfammctt,  burc^ 
!Rei(|ebef(^lu§  1530  bort  für  immer  fijicrt, 
aber  naä)  ber  Verbrennung  ber  ©tobt 
burdi  bie  ^ranjofen  1689  in  2Be^Iar 
1693  wieber  eröffnet.  2)ie  16  Urteiler, 
5ur  ^älfte  JReditägele^rtc,  jur  ^älfte  »om 
■ülbel,  würben  juerfi  öom  Äaifer  mit  bem 
SReic^ätag  gewäl)lt,  bann  mit  ber  3«it  <iuf 
41  cermebrt  unb  ibre  ^räfcntation  feit 
1507  unter  bie  Äurfürfien,  ben  ^aifer  für 
feine  (Srblanbe  unb  fecft«  Äreife  oertcilt. 
5luä  üJJangel  an  Sefolbung  flieg  bie  wirf* 
lic^e  3at)l  "'cf)t  über  17.  2>er  Äammer* 
ri(f)tcr,  ber  ein  ^^ürfi,  ®raf  ober  i^rei* 
l)crr  fein  mufte,  würbe  00m  Äaifer  ge« 
wä^lt.  jDie  erj!e  Äammergericfttöorbnung 
flammt  auö  bem  5al)re  1495,  bie  Doll» 
fiänbig  erneuerte,  f  on  Äarl  V.  vorgelegte, 
auö  bem  3al)re  1548,  publijiert  1555. 
3ur  5lufrcci)terl)altung  ber  Drbnung  war 
eine  iäbrlict)e  SSifttation  burcft  ein  au* 
faiferlic[)en  unb  reüäflänbifdjen  Äom« 
miffarien  gemifc^te  S)eputation  üorge» 
fc^rieben;  feit  1588  fanben  jebod)  nur 
nocf)  einigemal  au§erorbentIi(i)e  ^ßiftta« 
tionen  fiatt.  (Slöalter,  iRecbtägcfc^i4)te.) 
Pannen.  Sie  gro§c  SDleffannc,  lat. 
ama,  nrcens,  war  ein  @ammel!rug,  au* 
bem  ber  ©ubbiafonuö  ben  ©ein  in  bie 
tleinen  a)ie§fännd)en  fluttete,  au«  welchen 
ibn  ber  J)iafon  in  bie  Äeld)e  go§.  ^Daneben 
fennt  man  aucf)  bie  (Sie^Eannen, 
welcbe  bem  ^riejicr  tai  95ßaf^waf[er  auf 
bie  ^änbe  träufelten.  SDie  ^orm  ber 
Äannen  war  weniger  genau  befiimmt  al* 
bie  ber  Äel^e,  unb  wä^renb  bie  erjigc=^ 
nannten  wo  möglich  ebenfaü*  au*  ©Über 
ober  ®olb  gemalt  würben,  befianben  bie 
Unteren  ^auptfäcblic^  au«  SronjC,  3^"" 
ober  ®la«  unb  erhielten  mit  Vorliebe 
liergePalt  (Cöwen,  "Dradien,  ®reifen, 
Vögel);    oft   jletitcn   fic  anä)  (Reiter  bar. 


Äanone  —  Äanonifcr 


337 


5Dcr  SRüden  trägt  gett)öl)nlid)  einen  ^enfel, 
in  OJJunb  ober  ©tirn  j^ecft  tai  Sluöguf» 
rot)r.  @o  bürftc  ber  „filberne  D^eitcr", 
bcn  nebfi  Dielen  golbercn  ®efä^en  unb 
©eräten  ber  Srjbifd^of  ©runo  ton  6öln 
^interlic§,  nur  eine  foIcf)c  ©ieffanne  gcs 
tt)efcn  fein.  iSronsenc  Äannen  trifft  man 
ober  f(ion  unter  ben  alt^eibnifc^en  @rab= 
funbcn,  WQÖ  auf  beren  ©cbrauc^  beim 
©ötterfultue  fcf)tiefen  lä§t,  unb  eö  bürfte 
i^rc  (Sinfü^rung  in  ber  c^rifilic^en  Äirdtje, 
tt)ie  fo  man^  anbere  ^anblung  unb  Sitte 
berfelben,  auf  urcint)eimifd)er  Überliefe^ 
rung  berufen.  ^Daneben  mar  aud^  bie 
^onncnform  gebrdud^Iic^ ,  fo  namcnttid) 
mä)  für  bie  Sauf*  unb  9We§f  ännd^en, 
bie  oft  mit  biblif(f)en  Silbern  unb  Snftg« 
nien  (Äreuj,  ßamm,  Saube)  öerjiert  unb 
mit  Vorliebe  au^  ®Ia^  gefertigt  ttjurbcn, 
bamit  man  »on  äugen  ibren  3nf)alt  unter= 
fd)eibcn  fönnc.  SBaren  bie  Äännd)en 
metallen,  fo  be5cicf)nete  man  fic  mit  einem 
V  (vinum)  ober  mit  einem  A  (aqua), 
töeibc  Äannen  Ratten  fd^on  früf)  eine  ge« 
meinfc^aftlic^e  ©cl)üffcl  alö  Unterfa^« 
teuer.  Siatürlid^  blieben  aucf)  bie  ^Jormcn 
ber  Äannen,  mie  bie  ber  ÄeM)e,  nicf)t 
immer  bicfelben.  9iamentlic^  maren  eö 
bie  %ü^i,  Änäufc,  ^enfel,  S)ectel  unb  Qluös 
güffe,  bie  oft  pbantajlifdb  b«au^gebilbet 
trurben.    ülad)  aBei|,  Äofiümfunbe. 

Kanone,  ftebe  ^Irtillerie. 

^ononifcr  t)ie§  urfprünglic^  jcber  ®eiji= 
tidje,  ber  in  ben  Äanon  ober  bie  SpfJatrifel 
einer  Äird^c  eingetragen  unb  ju  (Sin= 
fünften  barauö  berechtigt  war,  jum  Unter= 
fc^iebe  üon  folcfeen  (Seijilic^en,  bie  nur  an 
Äapcllen  fungierten.  @c^on  ju  Olugu^inö 
3eitcn  lebten  »iele  ©eifllid^c,  oljnc  gerabe 
in  eine  flöjlerlid^c  33eveinigung  jU  treten, 
nad)  einer  allgemeinen,  cor  ben  2öelt= 
9eijilid)en  fte  auöjeic^nenben  9'Jorm,  Canon  ; 
\i)x  Dtame  war  Canonici,  il)Te  Sebenömeife 
Vita  canonica.  ®ie  lebten  nac^  geifHid;en 
fRegeln,  legten  fein  SKönctjägelübbe  ab, 
famen  täglich  in  i^rem  Sl^iünPer  jufammen, 
l^ielten  Äapitel,  Capitula,  unter  bem  SSor* 
p|e  il;reö  Sifdjofö,  bef^äftigten  ftd)  mit 
Wiffenfc^aftlid^em  Unterri(ä)te ,  a§en  unb 
fd^liefen  jufammcn.  2)iefeö  Snflitut  ber 
vita  canonica  neu  eingeführt  unb  bamit 
ber  jerfaücnen  geifilid^en  3u<^t  aufgef)olfen 
gu  t)aben,  iji  iai  93erbienfi  6.t)robe« 
gangö,  Sifci)ofö  üon  9!)ie|,  geft.  765  ober 
766.  3n  feiner  auö  32  Äapitcln  bejtet)cn' 
bcn  SRegel  gebot  er  bae  gemcinfamc  ?ebcn 
unter  ber  unmittelbaren  iHufficbt  beö 
Sif(!^of^,  »erorbnetc  bie  brei  gcwötinlicfjen 


^lofiergetübbe  ber  ^rmut,  .^eufcf)beit  unb 
beö  ©e^orfamg,  befat)l  fromme  Übungen 
felbfi  in  ber  JJad)t  nadb  ber  ^olge  ber 
fanonifct)en  @tunben,  wieö  jeben  ©eift» 
lid)en  an,  täglid^  jum  Äapitel  ju  tommen, 
in  weld^em  ein  5lbfd)nitt  ber  Drbenöregcl, 
Capitulam  regulae,  Porgelefen  werben 
fotltc,  legte  bie  Beobachtung  beö  ®till= 
fc^weigenö  auf,  tai  nur  im  ^alle  ber 
IRotwenbigfeit  f^n  untcrbrcdien  gcjtattet 
war,  unb  überlieg  bem  93if(^of  ober Drbcnö- 
obern  bie  ©eftimmung  für  ben  Untcrl;alt 
ber  Orbenöbrüber  au^  einem  Seile  ber 
©tiftögüter  unb  3c^ntcn,  geftattete  jeboct) 
bcm  einzelnen  Eigentum  ju  bcp|(en. 

Äarl  ber  ®r.  betätigte  bie  3fiegel 
Sl)robegangä  auf  bem  Äonjil  ju  *)lad^en 
789,  unb  Öubwig  ber  fromme  üermebrte 
unb  erweiterte  fie  auf  bem  .f^onjil  ju 
*Jlac^en816.  2)ie  Äanonifer  bilbcten  nun 
eine  geiftlid^e  Korporation,  unb  namentlid^ 
entftanben  an  ben  S)om=  unb  ilollegiat« 
b.  i).  ben  nid)t  bifcl)öflid)cn  .^irdjen  Monas- 
teria  Canonicoram ;  jene  t)ie§en  Canonici 
cathedrales,  3)om Ferren,  m^b.  taom- 
herren,  bicfe  Canonici  coUegiales.  SDic 
S)om^errn,  auc^  @,tiftöl)erren  ober 
Äapitularen  genannt,  bilbeten  alö 
geijllid)e^  ÄoUcgium  tai  2)cmfapitel. 

©eit  bcm  10.  3af)rl)unbert  fing  wie 
in  bcn  großen  Älöftern  ani)  in  ben  ^Dom* 
fapiteln,  welche  nun  rcgclmägig  bem  böfi= 
fd^cn  ober  abcligen  ©tanb  anget)örtcn, 
tai  gemeinfame  ßeben  an  aufjuljören; 
bie  fiir  i>ai  SDtünfter  bcflimmtcn  (Sin= 
fünfte  ber  Äir^c,  3el)nten,  Pfarreien  unb 
ein  Seil  ber  (5innal)men  beä  93ifd)ofö 
würben,  jucrfi  in  Äöln  853,  ben  Äano» 
nifern  aU  ©tiftögut  überwiefen  unb 
bienten  nur  jum  Seil  nod)  für  3*^^^^ 
ber  (Scmcinfc^aft,  fonft  aber  würben  fie 
auf  bie  einjelncn  Äapiteljieacn  aU  felbs 
jlönbigc  *Pfrünben  repartiert.  @eit  bcm 
12.  3a^r^unbcrt  fügten  ftd)  f)ier  unb  ba 
nad^  bem  Sefe^le  ber  Äird)e  cinjclnc  S)oms 
fapitel  ber  fflicbercinfü^rung  be^  gemein« 
famen  ßebenö  unb  fet)rten  ju  beö  beil. 
5luguftinug  (Stiftung  (QUigu^incr« 
regcl)  jurüd,  nabmcn  aud)  etwa  iDiönd}ö« 
regeln,  namentlid^  bie  *Prämonfira« 
tcnfcr  SRegel  an,  welche  felber  au« 
einer  SBerfc^drfung  ber  ^lugujiincrregcl 
beroorgegangen  war,  unb  l;ic§en  bann 
regulierte  G^or^erren  ober  Cano- 
nici reguläres,  im  ®ei?cnfa^  jU  bcn 
ber  SRegel  ber  2Bcltgeipiid)cn  angeboren« 
ben  Canonici  seculares.  S5ic  Ic^teren 
waren  nic^t  einmal  jietei  Älerifer.  Sn^nict 


338 


Äanonif(^e^  iRtd^töbuci^, 


mc^r  gelang  eö  if)nen,  ben  93ifd)öffn 
gegenübet  eine  unabhängige  Stellung  ju 
erringen ,  fie  lebten  »on  ibrcn  reidben 
(JJfrünben  aU  Vetren  unb  überliefen  bie 
fleijilid)en  gunftionen  gemieteten  33ifarcn. 
iSö  nü^te  wenig,  ba§  bie  Äircfce  gegen 
biefen  9}?i§braud^  auftrat  unb  j.  33.  i>a^ 
SBaeler  Äonjil  perlangte,  ta^  bie  ^älftc 
bcr  2)onil)errcnfieücn  ÜJlännern  f  on  »iffen^ 
fd)aftlid)en  unb  firc^lid)en  Serbtenficn 
jugewiefcn  würbe.  3"  fielen  S)omfapiteln 
Würbe  e«  gefcgilic^e  93cPimmung,  baf  nur 
folc^e  5lbcHge  al^  ©ombcrren  aufgenom? 
mcn  werben  foüten,  bie  ac^t  biö  fed>jebn 
5l^nen  nac^juweifen  bitten ;  aud)  würbe 
allmdblid)  feit  bem  16.  Jab^bunbert  bie 
p.abl  ber  ÜDomberren  fefl  benimmt,  bie 
Äapitel  Würben  Capitnla  clausa,  ^m 
®egenfa|  ju  ben  eigentlicben  ^»omfierrcn 
ober  ben  Canonici  majores  nannte  man 
je|t  bie  Syfpeftantcn  Canonici  minores 
ober  D  omicellares;  man  forbcrte  üon 
tt)nen  au^er  bem  3lbel^na(i)Weife  ein  5Uter 
t>on  minbeftene  14  5ol)ren,  bie  gertigfeit 
latcinifd)  ju  lefen  unb  ju  fingen  un^  bie 
Qlbbaltung  eine«  Q^robcjabrc^  im  Äirc^cn^ 
bienfi.  ^n  ber  ©pi^e  ber  Kongregation 
flanb,  ber  ÄlofterDerfaffung  entlehnt,  ein 
Praepositus,  bem  ein  befonberer  Qluffeber 
bcr  ©cbule ,  Scholasticus ,  ein  S)irigent 
beö  ßboi^g^fi^gc^»  Primicerius  ober  Can- 
tor,  ber  Custos ,  bcr  Thesanrar  ober 
Sacrista,  ber  Cellarius  unb  ber  Portarius 
untergeben  Waren;  fpäter  trat  nod)  ein 
Decanns  bojU.  „8(^war^  röcf  unb  ein 
fdjepicr  tragen  ft)  umb  ben  arm  ge= 
mcintlic^  gefdblagen  unb  feinb  t)alb  3J?ünd) 
\)a\b    ^Pfaffen,"    [agt    ©cbaftian    %xant. 

3n  tai  8.  ober  9.  ^a^rbunbcrt  nerlegt 
man  ben  Urfprung  bcr  Canonissae, 
Weld)c,  im  ©egcnfa^  ju  ben  eigentlidbcn 
fRonnen,  jur  freieren  SSerbinbung  ber  vita 
canonica  j^ufammentratcn.  2luc^  bicfc 
Snjlitute  ftnb  mit  bcr  3eit  abclige  ©tif* 
tungen  geworben. 

brei  3«brbunbcrten  bejeid^ncte  Äanon 
bie  teilä  auf  fdjriftlidjcr,  teils  auf  münb= 
lidbcr  Überlieferung  beru^cnbc  SRic^tfdjnur 
für  Hi  ßcben  ber  gcfamtcn  Äir^e.  QU^ 
bie  ©tjnoben  bie  ^auptträger  für  bie  Snt^ 
wicfelung  beä  fir^licben  Sebcn^  geworben 
waren,  unb  namentlich  bie  allgemeinen 
©pnoben,  würben  bie  iöepimmungen  bie- 
fcr  au^  canones  genannt.  SD^it  bcr  5lu*s 
bilbung  unb  ©ntwicfelung  bcö  «|3rimateä 
bcr  römifd)en  33ifc^öfc  würbe  bcr  Segriff 
Äanon   auf  bie  ®enbfd)reibcn  bicfcr  ober 


bie  Dcfretalcn  übertragen,  unb  enblicf) 
nad^  bem  ®pra(i)gebrau^  i>ti  SDUttelalterd 
jcbc  fird)li(f)e  S3cjlimmung  mit  bem 
*ilu«brucf  Kanon  bejeicfenet,  im  ©cgenfa^ 
jur  bürgeTli(^en  lex,  ®efe^. 

S)ic  dltcfien  (Sammlungen  fircftlic^er 
25crorbnungcn,  namentlich  »on  Äonäiliens 
bef(^lüffen ,  ftnb  in  gric(^ifcf)er  @prad)c 
abgefaßt;  »on  tbnen  bcfa§  bie  abcnblän^^ 
bifd^c  Kirche  f(i)on  im  5.  3^^'fbunbert 
latcinifc^e  Überfe^ungen,  »on  bcnen  brei 
bcfonbcre  ©cltung  erlangten:  1.  bie  fogc 
nannte  fpanifcftc  ober  tfiborifdjc, 
bie  lange  3cit  fdlfd)licf)  bem  3fibor  con 
©coiüa  jugcfcbricben  würbe;  2.  bie  Wat)r= 
fcbeinlicb  in  3talien  »erfaßte  versio  ober 
translatio  prisca,  unb  3.  bie  ©ammlung 
beö  93Jönd^c8  Dionysius  exiguns; 
Mefelbe  fam  in  bcr  römif(i)cn  Äirctic  aü^ 
gemein  in  Oebrauc^  unb  erbiclt  unter 
Karl  bem  ®ro^en  bie  Qlutorität  cinc^ 
offiziellen  Codex  canonum.  ÜJJit  3"' 
grunbclegung  biefer  ältejlcn  (Sammlungen 
entflanbcn  bis  ins  12.  3abr^unbcrt  in 
ben  einjclncn  Sönbern  mit  ber  ^ät  jabl= 
reid)c  neue  Kompilationen,  welche  ben 
3wedE  bitten,  tafi  in  ben  früberen  SBer= 
fen  jcrflrcutc  aj?atcrial  in  Serbinbung 
mit  neueren  fircblicbcn  ©a^ungen  ju  einem 
überftct)tlid)cn  unb  bem  prattifc^en  93e» 
bürfnijfe  entfpved^cnbcn  ®anjcn  ju  »cr= 
einigen.  ®egenüber  ben  älteren  tompen= 
biÖfen  unb  mcijl  nur  lofalen  Sutereffcn 
bienenbcn  Sammlungen  finb  bie  fpätercn 
großenteils  pon  bcbeutenbcrcm  Umfange 
unb  Pon  ber  5lrt,  ta^  fte  über  bie  2)iöccfe 
binauö ,  in  ber  fte  cntpanben ,  benu^t 
werben  fonnten;  babin  gehören  u.  a.  bte 
Sammlungen  bcö  5lbteS  Ütcgino  Pon 
q3rüm,  geft.  915,  bc«  Sifcbof«  «urc^arb 
Pon  Söormö  um  1220,  bce  93ifcf)of« 
300  Pon  Sl)artrcö,  geft.  1117.  3nimer 
blieb  jeboc^  tai  ißebürfniS  einer  Sarnm« 
lung,  welcbc  mit  93cfcitigung  beö  unbrauc^« 
bar  geworbenen  baöjcnige  jufammenflelltc, 
maii  bleibenben  praftifdben  fflcrt  befaß 
unb  namcntlid)  bie  oiclfadben  SBiberfprüc^e 
pcteinigte.  Sine  fold^c  ©ammlung  bt' 
wcrfftekigtc  ®ratian,  wabrf(f)cinli(^ 
Kamalbulcnfer  ÜJiönd)  im  Kloficr  ©t. 
Selty  ju  ©ologna,  um  bie  iDiitte  bcö  12. 
3abtbunbert«;  fte  trägt  mcifi  ben  9?amen 
Decretam  Gratiani.  2)iefc«  SffierE,  burc^ 
wcldbeö  bie  älteren  ©ammlungcn  pcrbrängt 
würben,  crfcbien  ju  ber  3eit,  wo  ©ologna 
ber  ÜJJittelpunft  ber  berübmtcn  JRecbtä' 
fd)ulc  war;  bie  SWetbobe  ber  ßebrer  unb 
©loptoren  be«  römifcben  Oiec^tcö  mürbe 


j^anjel. 


339 


Sorbilb  unb  SDJufier  für  bie  »iffcnfcfcaft* 
lid)e   Sc^onblung  i>ti  ®ratianifd)en  S)c- 
frctcö,   unb    ©ratian    felbft    \)Hlt    juerft 
a3ortrttge  über  fein  SBcrf  unb  ttjurbe  ta-- 
burct)  ber  Sßegrünber   einer  neuen  ®d)ule 
bcr  Äanoni^en  ober  S)efretifien.    ©aburd) 
ttjurbc    bie  Sammlung   in    ben   tt?eiteften 
Greifen   bcfannt,    unb   bie  tüpfle   felber 
benu^ten  unb  citierten  fie  in  i^ren  SJefre^ 
talen,  o^ne  ia^  jie  jwar  »on  irgenb  einem 
(ßapfic    auäbrüdli^    befiätigt    ober    aU 
autbentifc^er  Äobey  ber  Äircbe  angenom* 
men   njorbcn   tüäre.     2)er  Umftanb,   i>c\% 
bai  Decretam  Gratiani  in  eine  ßeit  fiel, 
h)o  bie   fruchtbare  gefe^geberifcbe  ibätig= 
feit  ber  auf  ber  ^öbe  il;vcr  SKac^t  fiebcn= 
ben    *PQpftc    ein    neue^   au^crorbentlid^eö 
reicbcö   tircbenred&tlicbeö  SWaterial  bert)or= 
brad)te,    tüelcbeä    bie  bisberige  2)iöciplin 
pielfai^  mobipjierte  unb  tt)eiter  entnjicfeltc, 
lie^  ba^  2Berf  ©ratianö  balb  alö  antiquiert 
unb  unüoQpänbig  erfdbeinen  unb  rief  tai 
SBebürfni^    neuer    Sammlungen    l)iXt>ox, 
wclcbe,  t>a  ftc  fajl  auöbrüctiid)  papjilicbe 
©enbfd)reiben  unb  unter  päpfilid)er  *Uuto* 
rität  abgefofte  Äonjilienbefdblüffe  entt)iel= 
ten  ,    meiji  Collectiones  decretalium    ge« 
nannt  reurben.    Die  fünf  Widjtigflen  biefcr 
Sammlungen   lie§    ©regor  IX.  im  Sa^re 
1230    butä)    feinen   Äapeüan   unb   $öni' 
tcntiar    SRapmunb   non    *Pcnnaforte 
in    93erbinbung   mit   ben  ®re9orianifd)en 
2)cfretalen  nad)  einem  üerbeffcrten  ®t)fiem 
in   eine  Sammlung  verarbeiten,  roelc^e 
ben    D'iamen    Decretaliam  Gregorii 
IX.  compilatio  trägt  unb  fottJOl)!  auf 
ben  Unirerfi täten  mie  in  ber  *Prayiö  ein= 
geführt    routbe.    SRacbbem    bie    folgenben 
$apfie    neuerbing^   tirdblicb^   ©efe^e    al^ 
*Jlüd)triige     unb    Qtnbange     jur    üorigen 
Sammlung  publijiert  bitten,   Iie§  $apfi 
SBonifajiuö  Vn.  biefclben  in  Serbinbung 
mit    feinen     eigenen    jal)lreic^en    ©riefen 
ncucrbingö  ju  einem  ©anjen  aufarbeiten 
unb  »crüffentlid)tc  biefe  Sammlung  1298 
unter  bem   Jitel  Liber  sextus,   meil 
burcb   fte   bie  fünf  S8ü($er  ber  25efretalcn 
©regorö  IX.  ergdnjt  »erben  fofltcn.    3)ie 
le^te     offtäieüe    Sammlung     fanonifc^er 
SRetibtöquellen  ftammt  oon  Slemen«  V. 
auö  bem  S^bre  1313  unb  trägt  ben  ^ta^ 
men   Constitutiones  Clementinae. 
Tlit  ibnen   fd)lie^en  bie  offiziellen  5Defrc= 
lalenfammlungen    ab.     5Da^    erfd)ütterte 
31nfeben  bcr  'köpfte,  bie  feit  bem  14^  3abr= 
bunbcrt  fic^  jieigernben  Äämpfeberfelben  mit 
ber  n)eltli(^en  ©eiüalt  unb  einjelnen  3^iatio= 
nalfircben    liefen    ben    ßrfolg    berartiger 


Unterncbmungen  alö  problematifdb  crfcfeeiä 
nen  unb  naftmen  bie  Sbätigfeit  bcr  ^äpftc 
für  anbere  3tt'ede  in  2lnfürucf).  93ebeu= 
beutenbe  lietretalen  mürben  vorläufig 
nur  noc^  einjcln  verbreitet  unb  von  ben 
ßebrern  beä  Eanonifcftcn  $Red)teä  fommen« 
tiert;  erjt  burd)  3obanncö  ©bappni^ 
»urben  fte  ebenfalls  gefammelt,  in  jttjci 
Seile  geteilt  unb  alä  ©ytravaganten, 
b.  b-  einjelgcbcnbc,  im  3abrc  1500  jueiji 
ben  ßlementinen  beigefügt. 

©^on  im  12.  3abrbunbert  rourbe 
©ratianä  Defret  Corpus  juris  canonici 
genannt,  nic^t  minber  l)ii^  bie  ©rcgoria* 
nifd)e  Sammlung  frül)  Corpus  juris;  fo 
ifi  in  ben  Qlften  ber  Äonjilien  beö  15. 
^sabtbunbert«  ijfterö  »om  Corpus  juris,  Jus 
scriptum,  Jus  commune  bie  SRebe.  5ln« 
fangö  finö  bie  Sammlungen ,  aui 
benen  baöfelbc  befiebt ,  nur  cinjeln  ge* 
brudt  worben,  tai  ®ratianifd)c  ©efrct 
in  StraPurg  1471,  bie  ©regorianifd)ctt 
I)efretalen  äuerji  in  SOJainj  obne  *llngabe 
be«  3i^)i^^^'  fin^  folgenbc  1473  ebcnba* 
felbji  bei  *Peter  ScbiJffer,  ber  Liber  sex- 
tus in  2Rainj  1465  bei  Job-  ^n^  unb 
^.  Sd)cffcr,  bie  Clementinae  bei  benfei« 
ben  1460.  3"^  ^ß-  3«bi^bu"bcrt  mürben 
biefe  einjelncn  Seile,  feit  Sbappui«  mit 
ben  ©ytranaganten  pcrmebtt,  gcroöbnlic^ 
üon  berfclbcn  Dffisin  in  3  Sänbcn  b«* 
ausgegeben,  bercn  erjicr  iai  Dcfret,  öet 
jmeitc  bie  ©cfretalen  ©regor«  IX.  unb  bet 
brittc  iiüi  übrige  umfaßte.  @rft  feit  man 
in  ber  jroeiten  ^älfte  beS  16.  3abrbun* 
bertä  alles  in  einem  Sanbc  äufammen« 
fa^te,  finbet  fid)  aucb  bcr  ©efamttitel 
Corpus  juris  canonici.  2Baff  erfd)leb  en 
in  |»erjogS  SReal=®nct)El. 

tanjel»  3n  ber  altd)rif^li^cn  Saftlifa 
crbobcn  ftcb  rechts  unb  linfS  oom  Sänger« 
d)ore,  bai  »om  ^\)ox  bei  in  t>a^  ßang« 
^auS  bineinwcbte ,  rittlingö  auf  ber 
«alufirabc  eine  Äanjcl,  2lmbo  genannt, 
bercn  eine  auf  ber  Storbfeitc  befinblicbe 
jum  SSerlefcn  ber  etangelien,  bie  anbern 
gegenüber  jum  SBortrage  aue  ben  Spificin 
benimmt  mar.  QluS  ben  ^Mmbonen  ent« 
midclte  fxd)  mit  ben  crften  *Itnfängen  bet 
©otif  bcr  ßettner,  lectorium ,  eine 
auerbübne  jmifdben  ß^or  unb  Scbiff,  bie 
gcmöbnlicb  auä  brei  nebcneinanber  befinb* 
lid)cn  ©cmölbeiod)en  beftanb  unb  vor« 
märt«  unb  rüdmärtS  oon  reid^gefcbmüd« 
ten  iöogenjieHungen  getragen  mürbe.  *Muf 
bem  ßettner  fclbfi  befanb  fxd)  eine  f(^male 
(Smpore,  auf  meld)er  gemöbnlid)  ein  Scfe« 
pult    erricbtet   mar,   bie  Äanjcl,   bercn 


340 


Äattilet  —  Äapeüe. 


3lamt  auö  lat.  cancelli  flammt,  b.  i.  bae 
©ittcrmerf,  umgitterter  JRaum.  SBd^renb 
bicfeö  ßefepult  in  2)eutfcf)Ianb  noc^  im 
14.  3af)r^unbert  jum  5lb^alten  ber  ^rc= 
bigt  benufet  mürbe,  trennte  man  in  3tatien 
ju  Ounflen  ber  prebigenben  Settelmönc[)e 
bieÄanjel  ober  ben  ^rcbi  gtftuf)!  f($on 
im  13.  2al^rbunbcrt  pon  bem  ßettner  unb 
crrict)tete  if)n  juerft  in  ber  9?d^e  beö  Ie|= 
teren,  bann  an  einem  Pfeiler  an  ber 
Siorbs  ober  6übfeite  bes  9!}iittelfc^iifeö  als 
felbpänbige,  auf  ©öulen  ruf)enbe  (Sm^ 
pore.  2)ie  ®otif  gab  ber  aus  «Steins  ober 
©c^ni^merf  gebilbcten  Äanjel  eine  vitU 
cdige  ^^oi^i"/  ^'^  unten  ton  einer  Säule, 
öon  einem  .Sragjleine,  fpdter  aud^  non 
einer  SWenfd^ens  ober  Siergcftalt  getragen 
toirb,  unb  über  ber  ein  ptjramiDalifi^  ge= 
frönter  iSalbac^in,  ©d)allbecfel ,  Äanjel» 
i^aubc  genannt,  angebracht  ift.  Dtte, 
Slrc^äologic,  §  48. 

Äaiijlcr.  Unter  ben  meromingifc^en 
Königen  mar  es  ber  aus  römifd^en  33er^ält= 
niffen  ftammenbe  referendarins,  ber  bie 
Urfunben  beöÄönigö  ausfertigte  unb  unter- 
fc^rieb,  jU  meiern  Sefjuf  it)m  ber  fönig- 
Iici)e  Siegelring  übergeben  mar.  (Eö  ift 
unter  ben  meltlicf)en  ^of  ämtern  eineö  ber 
cinf[u|reici)ften ,  ia  eö  bem  ^n^aber  Sifc 
unb  Stimme  im  fönigli(^en  JRat  unb 
(Seric^t  erteilte.  (So  gab  ibrer  mie  ber  übri^ 
gen  |>ofämter  mehrere  jugleicf),  bie  .Königin 
^atte  einen  befonberen  für  fici).  Seit 
<]3ipin  unb  Äarl  bem  ©ro^cn  ^ci^t  ber 
SBeamtc,  bem  bie  Qluäfertigung  unb  Se- 
ftcgclung  oon  Urfunben  jufommt,  regel* 
mäfig  Äanjier  ober  iJiotar;  eä  giebt 
i^rer  aud^  je^t  nocf)  mehrere,  bie  jum 
2eil  ju  93otfcf)aften  Permenbet  werben. 
(Srfi  unter  ßubmig  bem  frommen  tritt 
unter  il)nen  alö  erjler  ein  oberfier  ^Jotar 
ober  (Srjn  0  tar,  protonotarins,  summus 
notarius  be^  faiferlicf)en  *palafie«  auf, 
ber  unter  Submigs  ©öt)nen  summus  can- 
cellarius,  oberfier  Äanjler  piip.  ^aji 
immer  mar  eö  jefet  ein  ©cifitic^er,  ein 
9lbt  eine«  Älojierö  ober  fonjl  ein  SWitglieb 
ber  fönigUd)en  Äapelle  (ftef)e  bicfen 
Qlrtifel),  bie  je|t  überf)aupt  in  na^e  93e= 
jiebung  jur  Äanslei  gcbra(i)t  mürbe.  S)o* 
«r^ält  bie  le^tere  erft  aümä^Iic^  eine  be= 
Pimmtere  Drbnung,  unb  bie  5luöbrücfe 
IRotar,  ergfaplan  unb  Srjfanjler  mect)feln 
nod)  längere  3eit.  Stfl  feit  ßotbar  gab 
€ö  regelmäBtg  nur  e  inen  Äanjier,  ber 
mcifl  nur  bie  Urtunben  unterfc^rieb;  t)ei= 
faft  unb  gefcf)ricben  mürben  ftc  non  un= 
tergeorbncten    Äansleibcamten.     SDtit   ber 


Äanjiei  maren  oft  anbcre  gcifilid)c  Stellen 
üerbunbcn,  namentti(^  bie  *Propfici  be^ 
iDJarienfiifteö  ju  *ila($en.  Oft  »ermattete 
ein  93ifcf)of  ia^  Äanjieramt,  hai  über^ 
^aupt  eine  Staffel  ju  ben  bödjjlen  Stiren 
beä  SReid^es  mar;  bcnn  es  t)atte  burd)  bie 
SD^änner,  bie  i^m  »orfianben,  unb  ben 
(5influ§,  ben  biefe  übten,  eine  »icl  mid^= 
tigere  Sebeutung  erlangt,  al^  bie  formeüc 
ßeitung  ber  Äanjlei  mit  ftc^  gebracht 
^dttc.  S)ie  Äanjler  maren  bie  regelmäfis 
gen  ^Begleiter  be^  Äönige  auf  feinen 
3ügen  unb  mürben  burd)  iai  SBcrtrauen 
besfelben  ju  allen  bebeutenben  ^Ingelegen? 
Reiten  beigejogen. 

3ebe  Urfunbe  beö  Äönigö  mar  an  bc^ 
pimmte  i^ormen  gebunben  unb  beburfte 
ber  Beglaubigung  burcfe  ben  Äanjler,  mie 
ber  Sßeftegelung,  bie  oon  ibm  abging  unb 
um  berenmiüen  er  iai  Siegel  bemattrte. 

Übrigens  befianb  neben  bem  eigent« 
lid^en  Äanjteramt  tai  beö  Srjfanjler^ 
unb  Srjfapedans  fort  unb  ämar  meifi  in 
ben  ^änben  ber  6rjbifd)öfe  r>on  SKainj, 
Srier  unb  Äijln;  für  Stauen  unb  Surgunb 
gab  es  eigene  .Ranjler;  fpäter  blieb  bie 
©räfanjlermürbc  in  (Sermanien  an  ben 
cräbif^öftic^cn  Stubl  in  SOtainj  gefnüpft; 
ber  bann  ben  eigentlichen  Äanjter  aU  fei* 
nen  iBijefanjler  ernannte,  jefcodb  bie  25or* 
bereitung  unb  ßeitung  ber  iReic^sgefcbäfte 
unb  SRci^soer^anblungen  in  eigener  ^anb 
bef)ielt.    2ßai&,  23erf.=@efdb. 

ta^jeüc,  ftönigltt^e  Äctjjcüe,  tdplon. 
Kapellen  ober  Oratorien  frnb  gotteö« 
bicnfilid)e  ©ebäube,  melcbc  blo§  jum  (Se* 
bete  ober  jum  <Prioatgebraucbe  benimmt 
finb.  3"  altcbrifilict)er3eit  war  baö  ^aupt* 
fäd^lid^fie  unter  ben  firdilic^cn  3?eben= 
gebäuben  bie  lauff  ap  eile,  Baptis- 
terium,  meldte  aui  einem  93orgemad^e 
unb  bem  ^auptraumc  mit  bem  2öaffer= 
beden,  piscina,  befianb  unb  in  ber 
iRäljc  ber  .^auptfird^en  crrid^tet  mar.  S)cr 
^auptraum  mar  gemö^nlid)  pon  runber  ober 
adbtecfiger  ©runbform,  unb  bie  innere 
(Sinrtdptung  beö  regelmäßig  bem  läufer 
3obanncö  gemibmeten  (Sebäubeö  erinnerte 
ebenfo  an  bie  glcid^namigen  Sd^mimm* 
teic^e  in  ben  antifen  Bäbern,  wie  bie 
©runbform  an  bie  antifen  (Srabmälbc. 
Sold^e  laufbäufer  befanben  ftd^  nur  an 
ben  bifdt)öflic^en  Äatbebralen,  mit  benen 
fte  burd^  einen  Säulengang  perbunben 
maren;  bcnn  bai  Saufred^t  fianb  in 
älterer  3cit  ^lo^  ben  i8ifd)öfen  ju.  (Sr* 
[)alten  ift  auf  bcutfd)em  ©oben  feincö; 
bod)    erinnern   oerfc^iebene   in   ber   Siälje 


Äapcüe. 


341 


üon  Äat^ebralcn  erbaute,  jum  2;eil  crjt  in 
neuerer  3^*^  abgcbrodf)ene  9?cbcnfird^cn, 
tüeld)c  bem  So^''""^^  39aptifta  getrciljt 
ftnb,  an  ba^  el^emalige  SBor^anbcnfein 
tton  Saptijlerien,  fo  in  ÜJiainj,  2Bormö, 
©peier,  ©traPurg,  ^ugöburg,  iRegenöburg. 
Qtlö  befonbcrc  Sauwerfe  ftnb  au§erbem 
SBaptiPerien  bei  ber  2lbtei!ir(^e  ju  j^ulba, 
unb  in  fpätcren  Umbauten  oorfianben  bei 
bcn  iKünfiern  ju  5tacf)en  unb  ®ffen. 

aSernjanbt  mit  ben  93aptifievien  ftnb 
bie  ^äupg  bem  (Srjenget  SOtic^ael  geinibs 
metcn  runbcn  ober  »ielecfigen  (Srab* 
f  apellen  auf  Äird^pfen,  üU  9'?ad)bil= 
bungen  ber  SRotunbe  über  bem  l^eiligen 
®rabe  ju  3«ufalem;  ixxi  älteftc  Scifpiel 
baüon  ifi  bie  iKid^aeliäfird^e  ju  i5u^^<J' 
h)elc^e  820  nac^  bem  *piane  bcö  in  ^txn= 
falem  gemefenen  fRabanu^  ilRauruö  errid)tet 
würbe;  aucft  bie  öom  t)cil.  Äonrab  (935 
big  971)  jut  Erinnerung  an  feine  ipilger' 
reife  nac^  Jcrufalem  am  2)om  ju  Äonjlanä 
cttidbtete  ©rabfapeßc  ift  erl)alten,  tt?ie 
manche  anberc  ä^nlic^e  Sauten,  nament; 
lid)  in  Dficrreicf). 

(Sine  befonbere  ©attung  ber  Oratorien 
Bilben  bie  ©urgf apellen;  ftc  finb,  mit 
ben  jletä  im  jmeitcn  «Stodtticrf  belegenen 
]^crrfci^aftlicf)en  Sffiobnräumen  in  Btrbins 
bung  fie^cnb,  geroö^ntic^  ebcnfaQö  im 
Dbcrgefc^of  angelegt.  5Wanc&c  Surg» 
f apeüen  fmb  jobo^  al^  SD  o p p e I f a p  e It e n 
gebaut  unb  beilegen  au^  jtnei  über« 
»Dölbten  ©tocfmerfen;  i>a^  Dbergcfcf)o§  ijt 
bann  fietä  ber  t)öf)ere  unb  reid^er  üerjierte, 
oft  mit  Sduten  auö  cbicm  ©ejiein  auö; 
gemattete  ^ouptraum,  hjä^renb  tai  jur 
©rabftätte  unb  jum  Jotenbienjie  beftimmte 
(Srbgef(f)o§  niebrigcr  unb  einfadjer  ge= 
l)alten  ifi;  eine  vergitterte  ober  mit  einer 
93rüfiung^mauer  »etfe^ene,  im  ^uPobcn 
ber  Dberfapcüc  befinblic^c  Öffnung  ge* 
fiattct  ben  ßinblicf  auf  bie  ©ruft. 

©er  91amc  Kapelle  tüirb  oon  bem 
SWantel  beö  ^t.  SWartin  von  Sourö,  ber 
cappa  Sancti  Martini  abgeleitet,  einem 
angefe^enen  ^eiligtum  ber  merotüingifct)^ 
fränfifdjen  Könige;  fte  t)ei§t  \i)ux  Älcin* 
^eit  njegen  capella,  mit  h)cld)em  2Bort 
man  ebenfo  ben  Ort  benannte,  hjorin  bie 
cappa  Sancti  Martini  aufbett)af)rt  mar. 
93efonbere  ©eiftlic^e,  Kapellane,  mußten 
Ire  ^üten  unb  im  Ärieg  unb  ^rieben 
überallhin  bem  Könige  nachtragen,  ^arl 
ber  ®r.  erbaute  it)r  an  ber  ^falj  ju 
^adjcn,  feine  Dtac^folger  aud^  an  anberen 
Orten  eine  eigene  Äir(i)e  ju  biefem  S^'cd'e. 
S)er  erjte  ber  an  biefcr  Äapeüc  angeheilten 


ÄapeUane  erl)ielt  unter  ^pipin  unb  feinen 
IRac^fotgern  eine  befonberö  angefet)cne 
unb  einf[u§rei(i)c  Stellung;  er  mürbe  aU 
ber  Syjadjfolger  beö  einzigen  58orPet;crö 
ober  Qlbte^  beä  töniglicfjen  Oratoriumö 
betrad^tet.  (5r  f)ie§  Srjpriefier,  arcM- 
presbyter,  auc^  cnstos  capellae  ober 
palatii ,  arcMcapellanns.  Unter  feiner 
Obf)ut  Rauben  ade  firdbli(i)en  ^anblungcn, 
bie  am  ^ofe  üorfamen,  er  fegnete  SOJittagi 
bie  SO^a^Iäeit,  er  t)atte  bie  für  ben  ®otte^= 
bicnfi  erforberlic^cn  ©eräte,  Sc^mutf  unb 
bie  anbern  ^ier  tebenben  ©eij^lic^en  ju 
beauffrcfetigcn.  5lu§erbem  ^attc  er  bie 
(Sorge  für  aöeö,  nja^  mit  ben  geifttic^en 
^Ingelegcn^eiten  jufammenf)ing ;  SBünfd^e 
unb  anliegen  ber  ®eif!IidE)cn,  ©treitig« 
feiten  bcrfelben  famen  j^uerjl  an  i^n  unb 
burc^  i^n  an  ben  Äaifer.  (5ö  mar  be^« 
f)alb  ein  ^ot)eä  9lmt,  bejfen  einflu§  fpäter 
nod)  baburc^  crfiö^t  tt)urbe,  ba§  ber  6rj« 
f aplan  bie  faiferlidje  Äanslei  ju  leiten 
l;atte,  ma^rf($einlicE)  auö  bem  ©runbe, 
meil  in  ber  ÄapcHe  mid)tige  Urfunben 
aufbewahrt  ju  merben  pflegten,  tiietleid)t 
übcrfiaupt  ta^  %xä)\x>  \)m  feinen  ^la^ 
l)atte  unb  meil  überl)aupt  immer  @eijtlid)e 
JU  .^analem  genommen  mürben.  S)ie 
Äönigin  battc  ifiren  eigenen  Äaplan,  unb 
überijaupt  maren  jietö  mel;rcre  ®eifili(^c 
an  ber  Äapelle  bet^ätigt;  ea  galt  biefer 
2)ienji  aU  ein  SBeg,  um  ju  ^öfjeren 
Stellen  in  ber  Äirc^c  ju  gelangen.  3^^ 
®influ§  mud^^  me^r  unb  mcfr;  burcf) 
atat  am  ^ofe,  burd^  3;eilnal)me  an  ben 
allgemeinen  iöerfammlungen,  bur<^  SReid)« 
tum  unb  Tlaä)t  in  ben  cinjelncn  *Proüinjen, 
bencn  fie  angebörten,  ftanben  fte  eoran 
unter  i>tn  ©ro^en  beö  SReid^e§.  51n  ber 
föntglid)en  ÄapeEc  fuc^ten  ältere  wie 
jüngere  SD^änner  5(ufnat)me.  S^itroeife 
gab  cö  fjier  für  bie  Untermeifung  berer, 
bie  in  ber  Sug^nb  an  ben  |>of  famen, 
eigene  8el)rer.  Qlud^  ju  mcltlid)cn  ®c« 
fd^dften  mürben  bie  Äapeüane  gebraucht, 
ju  ©efanbtfd^aften  unb  in  friegerifc^en 
Angelegenheiten,  unb  cö  mürbe  geflagt, 
ta^  ein  mcltlid^eä  unb  felbft  leid)tfertigeö 
Sffiefen  unter  i^nen  *Pla|  greife,  ©fe 
firengerc  aäfetifdjc  SRid^titng  ber  Äird)e 
flagte  namentlid)  bie  Äapctie  aU  eine 
^45f[anjfd)ule  ber  ©imonie  an.  3"  Fbem 
JaOe  mar  bie  ÄapeUe  bie  (Pflauäfdiule 
beö  gpiffopateö  unb  wenige  Sif^öfe  ftnb 
nic^t  eine  3fit  I^"S  ÜJlitglieber  ber  fönig: 
liefen  Äapellc  gewefen. 

SBic  bei   tin   übrigen  ^ofämtern,    fo 
ging  au^  ta^  51mt  bcö  ^offapellanÄ 


342 


^apuäincr  —  Äarl^fage. 


mit  bet  3tit  an  öic  flcinercn  ^öfe  bcr 
^crjoge,  ^erjoginnen,  ÜJJarfgrafcn  unb 
©tafen  über;  e8  fcljlte  übert)aupt  an  feinem 
fiufili(i)en  ^ofe  unb  roax  oft  in  gröicrer 
2lnjaf)I  üor^anbcn.  Sie  gef)örten  l)ier  ^um 
„^ofgefinbe"  unb  marcn  meifi  bie  üertrauten 
Slatgcber  i[;re^  ^errn.  (Sic  befapen  eigne 
greibeiten,  5.  S.  in  S3at)ern  ta^  iRe^t, 
mit  einem  ©efolge  con  »ier  big  fcc^e 
(Perfoncn  bei  |)of  ju  crfd)einen;  ber  obcrfie 
^offaplan  fiattc  i)\q  bei  lafel  ben  näd)ften 
<£i^  am  |>erjog.  Oft  \r>ax  bcr  Surgfaplan 
iaii  einjige  SDiitglicb  bee.  ^ofgcftnbce, 
baö  (^reiben  unb  lefen  fonnte,  er  lai 
bann  bic  cingct)nben  SBriefe,  fcferieb  bie 
2lnt»orten,  fertigte  Urfunben,  untenrie« 
bie  Äinber,  rcpräfentierte  übcrl)aupt  bie 
gelehrte  Silbung  auf  ber  93urg.  Über  bie 
Qtrcbiteftur  ber  Äapeüen  Dtte,  Qlr(f)äos 
logic  unb  ©c^ul^,  ^löfifctiee  2eben, 
Slbfcbn.  I;  über  bie  föniglic^e  Äapeüe 
2Baife,  93erf.=®efct). 

Äa^JMSincr,  fmb  au«  einer  Sersiüeigung 
beö  gran^iefancrorbenä  {)err>Drgegangcn. 
3f)r  Url)cber  i)!  SWatt^äuä  Don  Q3affi 
im  ^erj(ogtum  Urbino,  ber  fic6  fon  einem 
Älojlcrbruber  fagen  Iic§,  ber  ^I.  griinji^' 
fus  I;abe  eine  anbcrc  Äapu^e  getragen,  aU 
bi«  baf)in  geglaubt  unb  oon  ben  ^ranji8= 
fanern  angenommen  vsax.  @r  entfernte 
ftd)  infolge  biefcr  niiAtigen  ©ntbccfung 
au«  feinem  DbfcroantenfloficrSKontefalconi 
unb  crfcbien  1526  inJRom  t>or  Giemen«  Vn., 
bcr  it)m  gefiattctc,  mit  feiner  ppramibalcn 
Äapujc  unb  feinem  langen  ißarte  alä  (iin= 
fteblcr  ju  leben  unb  überall  ju  prebigen, 
Wenn  er  ftc^  nur  alljä^rlicf)  in  bem  ^xo' 
üinjialfapitcl  ber  Dbfereonten  barfieütc. 
^di)  Dielen  ©treitigfeitcn  mit  ben  Jranji^s 
fanern  gab  il)nen  Glemene  VII.  am  IS. 
3uli  1528  eine  93ulle,  njclc^e  fie  aU  be= 
fonbcte  Kongregation  beflätigte,  oon  ben 
öbferfanten  befreite  unb  ben^onnentualen 
untcrorbnete,  iai  Untere  infofern,  als  fte 
nur  einen  ©eneraloifar  f)abcn  burften, 
ftcf)  ißifitationcn  i^on  ben  Äoncentualen 
gefallen  laffen  mußten  unb  bei  iProjcffionen 
nur  unter  bem  Ärcuje  ber  Äonoentualen 
ober  ber  $farrgeiftlic^feit  ge^en  burften. 
©citbem  fie  nun  frei  mit  i^ren  lang  ju« 
gefpi^tcn  Äapujcn  prangen  burften,  mur= 
ben  fie  oon  ben  fieutcn  Gapujini, 
Äapujinermänndben,  gcf(^oltcn,  ein  ütel, 
bcr  1536  ausbrücflic^  anerfannt  würbe: 
fie  {)ie^en  jcht  Capucini  ordinis  fratrnm 
minornm  ober  Fratres  minores  Capacini. 
31)r  erfie«  Äloficr  tvax  bai  »on  (Solmenä 
jono.    3n   i^ren  Statuten  würbe  »erorb? 


net ,  fie  folltcn  ben  ©otteäbicnji  in  alter 
jirenger  SBcifc  f)alten,  für  feine  SOicffe 
eine  Vergeltung  nelimen,  jmci  ©tunbcn 
täglid^  ftiflee  ®ebet  pflegen,  mä^renb  t)ti 
ganjcn  Jagee  mit  ^lusna^mc  meniger 
©tunben  @tillfd)tt)eigen  beoba^ten,  bad 
©eifecln  nicht  ücrgcffen,  Weber  ^^''f^'  ©itt 
noc^  Äafe  betteln,  mof)l  aber  iM  aüii, 
wenn  man  eö  ungebeten  gicbt,  annehmen, 
ni6)t  me^r  erbetteln,  aii  für  ben  Sag 
nötig  iji,  nur  auf  brci,  l)ö(h|ten«  fiebcn 
Sage  Sßorrat  fammcln  unb  fein  ®clb  an* 
rühren.  SDie  ÄIcibung  foU  ärmlich,  grob 
unb  eng  fein.  3"  ^ct  9legcl  foUten  fte 
barfuß  gcf)en,  ftc^  nur  auena^msweifc  ber 
©anbalcn  bebienen  unb  Weber  ju  *Pferbc 
noc^  ju  Sßagen  reifen.  ^i)xt  Klöjler  follcn 
in  ber  erbärmlichPen  SBeifc  aufgefül)rt 
werben  unb  in  ber  9legel  nur  fed)«  big 
fteben,  böc^fteng  ^t^n  ober  jwölf  Srübcr 
bcbcrbergen.  9lu§cr  bem  ©cneraloifar 
^aben  fte  *)3ror»injialen,  Äufiobcn  unb 
©uarbiane,  bie  man  alle  ^a^xt  neu  wdblt, 
nur  ber  ©eneralüifar  flc^t  brci  '^dljxt  im 
Qlmte.  2)er  Stifter  unb  erftc  ©cneraloifat 
Wattl)aue  üon  Safjt  blieb  nur  jwci 
SKonate  im  51mt.  ®ro§eä  21nfet)en  bcfa§ 
anfangs  bcr  ©eneralfifar  Scrn^arbin 
Ccc^im;  aU  biefcr  jeboc^  in  ®enf  jum 
^rotcflantiemu«  überging,  wollte  ber 
Q3apfi  ben  Drben  aufbeben  unb  »erbot  ben 
Äapujinern  bic  ißrebigt.  fRur  bie  bcmü« 
tig^e  93ittc  unb  Unterwerfung  bcwirfte 
1540  bic  erneuerte  ©rlaubniä  bcrfclben. 
©citbem  crjl  fam  ber  Jtjpue  ber  Äapu« 
jincr  jur  fcbarfen  ^luaprägung  unb 
blieben  bie  größte  Sefcferänfung  Don  ®c« 
nu§  unb  23tlbung  unb  bie  abfi^tlic^c 
ißerwa^rlofung  t)on  ®cifi  unb  Äörper  bie 
®runbjügc  ber  ^»eiligfeit  ber  Äapujincr, 
welcf)e  nun  feit  ber  [Reformation  unter 
ben  nieberen  Solfäflaffcn  eine  atinlic^t 
Sßirfung  übten  wie  bie  S^f^iten  unter 
ben  böt)eren  unb  ^öc^fien  ©täuben.  Ur» 
fprünglid)  auf  3t'>l*£n  befcftränft,  fam 
ber  Drben  1574  na*  ^Jranfreich,  1581 
in  bic  ©d)Wci5,  1592  nach  S)eutfd^Ianb 
unb  jwar  jucrfl  nach  S^n^^i"^-  ®*it 
1619  erbietten  fie  enblich  eigene  ©cnerale 
unb  iai  Cflec^t,  in  $rojeffioncn  unter 
i^rem  eigenen  .Kreujc  ju  ge^cn;  ouc^ 
macbten  fie  ficf)  im  ©cfolgc  ber  ©panier 
unb  <Portugicfcn  um  bic  ^eibenbefefjrung 
in  21merifa ,  5lfrifa  unb  Elften  üerbicnt. 
©cit  bem  enbc  beä  16.  3af)rl)unbcrtg 
gab  e«  aud)  Äapujincrinncn.  93ogcl 
in  ^er;(ogei  SRcaUßnctjfl. 
Äarlöfagc.    ©*on    fef)r   frü^  bemäc^» 


Äotm  eliter. 


343 


tigte  ftc^  bie  ©age  bct  ßJcftalt  ^axH  beö 
®ro^en,  beffcn  au§crovbentlic^e  Äraft, 
Tlaä)t  unb  Sfiätigfcit  fd)on  ben  Sci^Sf' 
noffcn  (ilö  üon  übcrmcnf^Iic^cm  Urfprung 
crfc^icncn.  Tlan  erfennt  baö  bcfonber« 
aui  ben  iltufjeid^nungcn,  bie  ber  namens 
iofe  SWönd)  üon  ©t,  ®aUen,  Monachns 
Sangaliensis,  auf  39efci)t  Äarl^  beö  S)iden 
»erfaßt  f)al: ;  befonbcrö  tas  25eri)ältniö 
Äatle  jum  Orient  unb  fein  3"9  "«ä) 
©panien  gaben  ber  Sinbilbung  SRaum  ju 
»unberbarcr  ^u^fc^müdung.  2)te  2(u^= 
bilbung  eineö  jufammenl)ängenben  ©agen= 
c\)Uüa  gefc^al)  aber  auf  franjöftfdjcm 
93oben,  ft)o  Äarl  bem  fic^  anmäl)lid^  ent= 
»uicfelnben  romantif^en  iRittertum  neben 
5lrtuö  ba^  ^iial  beö  tittettict)5c{)rifilid)en 
|)elt)enfönig^  würbe;  feine  eigene  (Perfon 
jmar  trat  in  äi)ntid)er  SBeife  wie  bei 
5trtuö  jurüd  unb  feine  $alabine  traten  in 
ben  i^Borbergrunb,  namentlich  D^olanb, 
»on  bem  gefti)id)tli(^  gar  nicf)tö  anberes 
befannt  ift,  alä  fein  yiaxm  unb  ©inbarbö 
iWadiricbt  im  ßeben  Äarl,  ^ap  9:  c«  fei 
im  ©ngpaf  ber  ^tjrenäen  nebj^  üiclen 
anberen  [gefallen  Hruolandus  britannici 
limitis  praefectus,  Jlolanb,  ber  Sefefelö« 
f)aber  im  britifdjen  (Srenjbejirf.  5116 
|>auptquene  ber  franjöfifc^sfarolingifdben 
2)id)tungcn  gilt  bie  Vita  Caroli  magni 
et  Rolandi  beö  lurpin,  meiere  bem  U. 
3a^r^unbert  angeljört;  alä  bcbcutcnbfte 
5Di(i)tung  tai  Chanson  de  Boland 
ober  deRonceveaux  au«S  bem  I2.3al)r= 
^unbert.  ©eitbem  in  Deutfc^lanb  ^ricb^ 
rid)  I.  im  ^ai)xt  1165  bie  ©ebeinc  Äarlö 
^atte  er{)eben  unb  «ßapfi  5ßafd}aliö  III. 
unmittelbar  barauf  Äarl  beilig  gefprod^en 
Iiatte,  würbe  auc^  bier  Äarl^  9?ame  wicber 
polfötümlict),  unb  fo  i|i  e^  erflärlid),  t>a^ 
halt)  barauf  jmifd)en  1173  unb  1177  ber 
(Pfaffe  ^onr ab,  ein  SBeltgciftli^cr, 
iai  genannte  fran§öftfcbe  ®ebi(^t  äuerjl 
in  lateinifcl)e ,  bann  in  bcutfc^e  SBcrfe 
bract)te.  S)aö  ®ebid)t,  Ruolandes  liet, 
tüurbe  fcf)nen  beliebt;  man  jierte  bie  ^anb= 
fd^riften  mit  Silbern  ani  unb  überarbeitete 
e«  fpäter.  ©o  entnal)m  man  fran^öftfc^cn 
Quellen  auc^  eine  Bearbeitung  ber  Sugenb* 
8efc^icf)te  Äarlö,  ben  Äarl meinet,  b.  \). 
ben  flcinen  Charlemaine  ober  Carolas 
magnus.  21nbere  ©ebic^tc  lel)nen  fid) 
meljr  äu^erlid)  an  ben  Äarolingifcf)en 
©agenfrei«  an,  mie  Äönig  iRuttjer, 
h)eld)er  ber  SSater  !pipinö  unb  ®ro§Pater 
Äarlö  ip;  ^lovc  unb  »lanfd^eflur, 
bie  eitern  ber  SBcrt^a,  ber  ÜJJutter  Äarls; 
bie  ©Ute  grau,   bereu    ®ema^l   ^aiU 


mann,  beren  ©öf)ne  Äarl  unb  (pipin  ber 
Jlleine  ftnb.  3"  ^«"  gelben  Äarlg  jd^It 
ber  beilige  95ßil^elm  »on  Orange, 
ben  Söolfram  oon  (SfAenbacb  bearbeitete, 
aber  unüoflenbct  l)interlie§;  ^^ortfe^ungen 
l)at  man  Bon  Ulrid^  »on  Jurbeim  unb 
Ulrid)  bem  lürlin.  S^x  farolingifd)en 
©age  get)örten  fobann  iai  nieberbcutf<^c 
®ebidit  Valentin  unb  9Jamclo«(,  au« 
bem  14.  3a^rl)unbert,  unb  bie  au«  bem 
3^ieberbeutfd)en  in  f(i)led)teö  .g)od)beuifd> 
übertragenen  ©efcfcic^ten  Pon  DJJalagi«, 
iReinl)olb  »on  ÜJJontalban  unb 
Ogier  Pon  Dänemarf  aue  bem  15. 
3a^r^unbert;  fobann  bie  au«  bem  ^xan^ 
jöftf^en  überfe^ten  iRomane  Pon  ÜJot^er 
unb  ÜRaller,  bie  Pier  ^aimon«* 
finber,ÄaiferOftaPianu«.  Sßacfer* 
nagel,  ßittcratur,  ©.  57.  S)ie  franjöftfc^e 
©age  ift  fritifc^  unterfucf)t  bei  ®  afi  o  n, 
(Pari«,  HistoirepoetiqaedaCharlemagne. 
Äarmelitcr.  (Sin  gewiffer  93ertl;olb, 
ber  im  12.  Jabrbunbert  au«  Jlalabrien 
auf  einer  Sßaüfabrt  ober  einem  ^rcuj* 
juge  nad^  (Paläfiina  gefommen  mar, 
grünbete  auf  bem  Serge  Äarmel  ba, 
tt)o^in  bie  ©age  ben  Sffiobnpla^  be«  (Slia« 
oerIegt,*eine  D^ieberlaffung  unb  ©enoffen» 
fd)aft  Pon  einfieblern,  mat)rfd)einlic^  eine 
JJadjbilbung  ber  in  Äalabrien  ^eimifc^ 
gemorbencn  Äart^öufer.  Um  tai  ^a\)x 
1185  t)at  man  ben  33ertl)olb  nod)  bort 
gefcl)en,  unb  feine  ®efeüfct)aft  ergiinjtc 
unb  permc^rte  fid)  fortmä^renb  au«  abenb« 
länbifd)en  (pilgern  unb  gcfialtete  fic^ 
orben«ma§ig.  Srocarb,  ber  jmeiteSßorfie^cr, 
fu^te  nun  bie  firc^Ii^e  (Betätigung  nac^ 
unb  erhielt  pom  (Patriardben  pon  3£rufa« 
lem  ri09  eine  (Regel,  ©ic  bcjiebt  au« 
16  (Jlrtifeln  unb  fd^reibt  ®cl)orfam  gegen 
bie  Oberen,  (Eßobnung  in  abgefonberten 
3etlen,  (Srrid)tung  eine«  gemeinfamen 
Sct^aufe«,  (Ilbl)altung  bejiimmter  ®ebete, 
*}lrmut,  |>anbarbeit  unb  für  befiimmte 
3eiten  x^a\im  unb  ©c^reeigen  uor.  3t" 
3al)re  1238  Perlief!  bie  ©efeüf^aft  ben 
33erg  Äarmel,  noanberte  juerfi  nad)  ß^pern 
au«,  bann  nac^  ©icilien,  1240  erf^ienen 
fie  in  (Snglanb,  1244  in  ©übfrantreid) '• 
it)r  erfie«  ©eneralfapitel  hielten  fie  12ö5 
in  ©nglanb.  Sin  Pon  Äönig  öubmig 
bem  ^eiligen  1259  in  (Pari«  erri^tete« 
Äarmelitertlofter  trug  namentlich  jur  (Der* 
breitung  be«  Orbcn«  in  granfreid)  unb 
S)eutf(^lanb  bei.  Unterbeffen  Ijatte  3nnos 
cenj  IV.  im  5a^re  1247  auf  bie  Sitte 
be«  Orben«  (Jlnberungen  in  ber  Organi* 
fation    vorgenommen,    moburd)    ftd)    bie 


344 


Aorten  —  Äartäufcrorben. 


Äatmelücr  bcn  53ettelmön(i)en  nähern 
foütcn.  2)ic  Zxaift  fiattc  anfdnglii^  auö 
tt)ci§  unb  fcf)tt3ai:j  (ober  braun)  geftreiftcn 
3Jiäntcln,  nadi  bcm  »orgeblic^en  öeifpicic 
hii  eiiaä,  be^anben;  je^t  nahmen  fie 
bie  S)Dminifancrtract)t  an,  nur  ba§  fte 
©d^trarä  für  ben  SRodf,  SBei^  für  ben 
ÜJJantel  befiimmten.  ©aju  fam  baä  auö 
jwei  ©treifcn  Don  grauem  SEucf)  bcfiet)enbc 
€fapulicr,  ba«  SJJaria  felbjl  oom  |)immel 
I)erabgebra(f)t  ^aben  unb  »eld^e«  ade,  bic 
eö  I)ier  im  Seben  tragen  ober  toi) 
tnenigften^  barin  fierben,  feiig  mad)cn 
follte,  inbem  Miliaria  alle  ©onnabenbe  in 
tai  3^^gfeuer  fäme,  um  bie  Sctreffenben 
barauö  abjufiotcn.  3n  i^olge  biefer  1287 
aufgefommenen  ©rfinbung  machten  bie 
Karmeliter  if)r  ®Iücf,  unb  eö  entfianb 
eine  ©fapulierbrüberfc£)aft,  tt)cld)e  of)ne 
ein  Drbenäuclübbe  eine  gro§e  Wenge  oon 
fiaien  bcm  Äarmeliterorben  affilierte.  S)en 
I)ominifanern  matten  bic  Äarmeliter  bie 
©rfinbung  beö  JRofenfranjeö  jireitig,  fte 
festen  ber  «ßortinufulafird^e  ber  ^ranji^- 
faner  t>ai  |>auö  ber  ÜJJaria  ju  Soretto 
entgegen  unb  be{;aupteten,  fte  Ratten  in 
ber  Siebe  ju  Spiiaria  aüen  SOtönd^en  ben 
Sorrang  abgelaufen.  2)ie  Sermilberung 
ber  Drbenöjuc^t  t)atte  im  15.  3af)rf)unbert 
mannigfache  9ieformtierfu($e  jur  Q^olge, 
baju  get)i.ntc  bie  1452  erfolgte  «Stiftung 
»on  5r<Juenf(öjlern  be^  Drbenö  unb  bie 
1476  tuxä)  <Siytu^  IV.  gcfc^e^ene  ®in= 
n(f)tung  fon  Sertiariern.  ^m  16.  unb 
17.  3a^r^unbert  f)at  ber  Drben  nament^ 
lidfe  in  Spanien  eine  neue,  oon  fcf)n)erfler 
Släfcfe  unb  eigentümlicher  ajltjjlif  ge= 
tragene  99lüte  erlebt  unb  eine  Qlrt  SDiittel^ 
gtieb  jtt)ifd)cn„5efuiten  unb  Äapujinern 
gebilbet;  ii)x  Übermut  war  fo  gro§,  t>a^ 
fie  ftc^  beö  ^öd)fien  QllterS  unter  allen 
üJJöncf)öorbcn  rül)mten  unb  eine  ununter= 
bro^ene  (Erbfolge  ber  Drbenögcneralc 
tt)cnigPenä  com  '^Jrop^eten  (Sliao  an  ju 
bcmetfen  nermeinten.  SSogel  in  ^erjogs 
0ieal=enci)ft. 

harten,  fte^e  ßanbf  arten  unb  @piel  = 
!arten. 

Äartäufer= Drben,  jä^lt  unter  bie  aus 
bem  Scnebiftiner-- Drben  im  10.  unb  U. 
Sabr^unbert  ^eroorgcgangcnen,  flrcngerem 
firc^Udjcn  fieben  gemibmeten  Drben^' 
gefellfi^aftcn.  ©ein  ©tiftcr  t)ei§t  Sruno. 
er  toax  nor  ber  Tlxttt  beä  11.  3al)r^un= 
bertei  in  Äöln  rton  abeligen  (SItern  ge- 
boren, battc  auf  mehreren  \)oi)m  ©deuten 
granErcid)ö  ben  ©tubien  obgelegen,  war 
bann    Äanonifer    Pon    ©t.   Äunibcrt    in 


Köln  unb  fpäter  ©om^err  unb  Äanjter 
beg  3)omfapitel«  in  iRl)eimd  geworben. 
5tl6  ßebrer  ber  Ilieologie  wirftc  er  jut 
Verbreitung  ber  ©runbfä^e  ©regorä  VII. 
unb  fianb  u.  a.  an  ber  ©pi^e  ber  (Segnet 
unb  5lnf läger  bee  eigenen,  cineä  fcf)änb* 
lid^en  ßebensmanbel^  berichtigten  (Srj* 
bif(f)ofcö  ÜJJanaffeö  L,  ber  f^Iieflic^  »on 
©regor  ejEommunijiert  würbe.  2)a  frd^ 
SBruno  jebo^  fon  feinen  tbeologifc^en 
©tubien  religiös  nid^t  befriebigt  fanb, 
bef(i)lo§  er  bie  Sffielt  ju  »erlaffcn  unb  ein 
aöEetifc^eö  ßcben  ju  führen.  @r  begab 
ftd)  nad^  ©übfranfreic^ ,  wo  »on  Italien 
^er  ein  neucä  etnfteblerleben  foeben  (Sin* 
gang  fanb,  unb  Sifcbof  -^ugo  oon  ®re« 
noble  wie^  ißruno  mit  feinen  fet^«  ®t' 
fährten  ben  wilben  Ort  I  a  ß  ^  a  r  t  r  e  u  f  c  in 
ber  (Segenb  »on  ©renoble  an.  (stfi  fpätere 
Jabt^unberte  wußten  oon  einer  SBieber* 
beEebrung  Sruno«  ju  bericbtcn,  bie  l}itx 
nad)  ©ebajlian  granEö  G^ronifa  mitgeteilt 
werben  foCl:  „2>er  orben  f)at  au§  fol(i)em 
erf^recfli(f)em  fall  feinen  anfang  ent« 
pfangen:  biewcil  bie  i)o6)  fc^uol  juo 
$arei§  in  f)of)tx  blüeung  j^uonb,  t>a  tx>ai 
unber  in  einer  an  flarbeit  ber  Eunfi,  frumb« 
beit  beö  lebend  unb  bol)em  gerud)  bie 
anbern  alle  übertreffenbe,  ber  ftarb.  S)teweil 
nun  bie  Sigili  in  beiwefen  gro§er  anjal 
ber  bo(figeIertcn  3>oEtorn ,  5öteif!ern  ge« 
fungen  warb,  ta  ricbtet  fic^  ber  tobt  Icic^* 
nam  in  ber  par  auf,  mit  großer  fiimm 
fcE)rcienbe:  ^ä)  bin  au§  gerc*tem  gcricf)t 
(Sottet  pcrflagt,  justo  Dei  judicio  accusa- 
tus  sum!  SDeä  entfetten  ft^  aQe  in 
gcgenwertigfeit,  entfcbloffen  ftc^  ben  leic^» 
nam  nit  juo  ergraben.  25eä  SKorgen^ 
\ä)xn  ber  tobt  Icic^nam  wie  »or.  Qln 
bem  britten  tag  fam  fcf)ier  bie  ganj  Patt, 
tai  wunber  juo  boren.  S)a  fiuonb  ber 
gefiorben  abermals  auf  unb  fc^rie:  Sd^ 
bin  au^  gcrccbtem  gerieft  ©olteö  oerbampt, 
justo  Dei  jttdicio  condemnatns  sum! 
Dife  ftimm  burcbbrang  »iler  btt<»  oü^'^* 
meift  ©runonem,  t>on  ßölen  bürtig,  ein 
^Regent  unb  fcbuoimcifter  bafetbö;  bet 
fpract)  JUO  feinen  jungem:  fel)en,  wie 
jdmerlid^  unb  erbermblic^  ifi  ber  »er» 
gangen,  ber  »on  aller  menigflid^  in  feinem 
leben  als  heilig  gcacbt  warb!  SJcmnac^ 
»erlief  er  bie  weit  unb  ir  gebrcng,  gieng 
mit  ftben  mcnnern  in  ein  wüefiine  unb 
einöbc  sc."  3"  ber  dbattreufe  bauten 
fte  ftd)  einige  ^tütn,  in  bcnen  fte  an« 
fangö  paarweife  wobnten,  unb  ein  Set^aug. 
®ie  fleibeten  ftcb  wei§,  t)erpfli(f)tcten  fi(^ 
ju  fietigem  ©tiHfc^weigen,   ju   bem   3lb» 


Äafpcrlct^eater  —  Antratet. 


345 


l^altcn  bct  mönd)ifd)en  ©ctjlunben,  ju 
bcn  fircngficn  (Sntfagungen  unb  Olb^ 
tötungcn  unb  jum  *}tbf^reibcn  anbä^tiger 
i8üdf)er.  3wat  93tuno  felber  würbe  fpäter 
con  Urban  II.,  bcflcn  öctjrer  er  gemefen 
tt)ür,  nac^  (Rom  berufen  unb  fiarb  in  ber 
»üftcn  (Segcnb  8a  iorre  in  ßalabrien, 
»o^in  er  ficf)  jule^t  alö  (Sinftebler  jurücfs 
gejogen  fjattc,  im  ^a\)Xi  1101.  2)oc^ 
blieb  bie  ß^artreufc  beftet)cn  unb  ber  Drbcn 
ttjurbc,  nac()bem  f^on  man^e  neue  'Jiicbers 
laffungcn  gegrünbet  marcn,  1170  Don 
*Papfi  ^lleyanber  III.  aU  fetbfidnbiger 
2«ünd^öorben  betätigt.  3m  3a^re  1258 
jäblte  man  56  Äartäufer*.ßlöftcr.  S)ie 
erjlcn  fcf)riftlid&en  Statuten  bcö  Orbcnö, 
bic  Consuetudines  Cartusiae,  ftammen 
auö  bem  3al;re  1130.  2)a«  ^auptjiel 
ber  Orbenögefe^e  ijl  iUbfc^Uefung ,  ni6)t 
bio§  üon  ber  2BeIt,  mit  ber  Jla^barfd^aft, 
fonbern  fogar  t»om  SBcrfefir  mit  bcn 
Drbenöä  unb  ^auögcnoffen ,  ja  non  aQen 
übrigen  Drben  unb  Pon  allem  ©influffe  auf 
Äir^e  unb  SBelt.  2Öivtlid)  f)at  aud)  fein 
anbcrer  Drben  fo  njenig  f^Iimme  innere 
löewegungen  unb  Spaltungen  erfahren, 
h)ic  bct  ber  Äartäufer.  3ebcr  SDtöncf) 
bett)o^nt  fein  eigene^  fleineö  (Scbäube, 
bem  ein  fleincd  abgcfc^Ioffeneö  ©artigen 
beigegeben  iji;  in  biefen  3«^^"^  ^'^  in 
ber  SRegcI  bcn  größeren  ber  beiben  Ärcuj» 
gängc,  hjclc^e  fi^  an  bic  Äirc^e  anf(i)Uc§cn, 
umgeben,  »erbringen  fic  ben  größten  Seil 
i^rcr  3«it  cinfam,  in  ®cbet,  SBefcfeaulid^s 
feit  unb  5lrbeit;  bocf)  fe^en  ftc  ftd)  mc^r» 
mal^  tägli(f)  beim  gcmcinfc&aftlid)cn 
©otteöbicnjl  in  ber  Äird)c,  im  Äopitcl* 
faal  unb  an  ©onn«  unb  Jefitagen  bei 
gcmcinfamen  ÜJJal)licitcn  im  Sflcfcftorium, 
bei  bcnen  aber  nid)t  gcfprod^en  »erben 
borf.  S)cr  5lcifcf)fpcifen  enthalten  |tc  fid) 
Döüig,  fonfi  iji  il)re  IRafirung  mä§ig, 
auc^  2Bcingenu§  gemattet.  95orjicl)cr  bc^ 
Drbcnä  ijt  ber  qSrior  be<S  SKutterflopcr«, 
ber  grofen  .^artaufe  bei  ©rcnoblc;  ^icr 
Pcn'ammelt  ftd)  aüjä^rlid)  t>ai  ©cncrals 
fapitcl,  bei  mclc^cm  bie  *priorcn  fdmtlic^er 
^löjicr  erfd)eincn  ober  fic^  butc^  Soten 
unb  ©riefe  Dcrtrcten  laffcn. 

Saf^jetletljeatcr.  Äafpar  ^ic§  »on  jc^er 
im  ÜJJittcIaltcr  einer  oon  bcn  ^eiligen  brci 
Königen,  bic  in  ben  SDJt)fterien,  bcn  SDrci- 
fönigöfpiclen  unb  fonfi  bem  SSolf  jäbr» 
lid)  Dor*llugen  traten.  @eit  bem  15.  3a^r« 
^unbcrt  bemächtigte  ftd)  auc^  biefcö  ©pic= 
teö  ber  .^umor,  unb  Äafpar,  ber  nun  aU 
SWotir  mit  gcfcfjwörjtcm  ©eftc^t  auftrat, 
erhielt   bcn  Sdjcin   einer  luptgen  $erfon 


unb  war  ber  Sßortfü^rcr.  93on  bal)er 
erhielt  ber  Dtamc  Äafpar  übcrbaupt  bie 
Sebeutung  ber  brotligcn  ^crfon  im  Spiel; 
baticr  ber  9iame  ilafpcrlctt)eater  Patt 
*|Buppentf)eater,  jic^e  ben  letzteren  5lrt. 

Äaftcnöogt,  Äafitogt,  i^  ber  rceltlicbe 
S(^u0t)crr  eincö  «Stiftet,  monasterii  ad- 
vocatus,  tutor,  defensor,  fo  benannt, 
mcil  er  f)auptfäd)lid)  beffcn  3«^enben  unb 
ginfünfte,  bcn  ©ctreibe^^aflcn  jur  5luf« 
bctt»at)rung  bcö  3c^«"^'®ftrcibcö,  fcr« 
Waltete  unb  fc^ü|tc.    Sie^e  Sogt. 

Äatöarer  l)ei§t  eine  im  iKittelalter 
Weit  verbreitete  Seftc.  iBcrgcbung  ber 
©ünben  unb  Srlöfung  »om  Übel,  lehrten 
ftc,  Werbe  erlangt  burc^  Sntfagung  ber 
SBelt,  ber  SWatcrie,  unb  burd)  eintritt  in 
bie  ©cmcinfc^aft  ber  SR  einen,  au§er 
weld)cr  fein  |)eil  fei.  2)ie  51ufnaf)me  gc- 
fc^at)  burcf)  eine  feierlic&e  ^anblung  Dcr^ 
mittel^  bcö  einfad)en  3luf[egend  ber  Jgjdnbc, 
Wa*  Consolamentum  l)ic§ ,  Weldieö  bie 
©cifleätaufc  erteilen  foüte;  bic  SBaffcrtaufc 
oerwarfcn  fie.  (Srfi  nac^  empfangenem 
Consolamentum  War  man  ein  iBoüfoms 
mener,  perfectus,  bcnen  allein  ber  Jiamc 
Cathari  gcbül)rtc;  in  granfreid)  nannten 
fie  ftd)  bons  hommes;  bic  ÄatljoliEcn 
i)ic^cn  fte  fd)lec^t^in  bic  Haeretici,  bat)cr 
aud^  tai  2Bort  Äe^er  balb  ber  D'Jame 
für  ^äretifer  überhaupt  würbe.  S)ie  SBoHs 
fommenen  waren  bic  Sekret,  bic  25erwals 
ter  ber  ©ebräuc^c;  fie  mußten  ftcf)  allc^ 
bcffen  entl)alten,  voai  aU  Sobfünbc  angc« 
fcljen  würbe,  lebten  o^nc  93cft^  unb  ei)c= 
loö,  gcnoffen  nur  ücgetabilifc^e  JJa^rung 
ober  3ifcl)e  unb  fafleten  fireng  ju  gewiffen 
3eitcn  beä  3ii)i^eö-  ®ie  Ratten  bic 
iRcgcl,  immer  ju  jWci  ju  fein,  bocf)  fonnte 
ber  Sociuö  aud)  ein  bloßer  ©laubiger 
fein.  Sie  erfannten  pd)  an  bcflimmten 
3eid)en,  burc^  Welcf)e  fogar  bie  -Käufer, 
worin  fie  wohnten,  bcn  Srübcrn  erfenn« 
bar  Waren.  51ud)  unter  bcn  grauen  gab 
c^  SSollfommcnc,  wel($e  ie^o^  wcber 
lehrten  nod)  I)crumreijlcn ,  fonbern  in 
^ütten  cinfam  lebten  ober  ftd)  mit  ber 
(5rjict)ung  junger  SWab^cn  abgaben.  3)ie 
3a^l  ber  SBoHfommcnen  war  ber  Strenge 
it)rc^  Seben«!  jufolge  jietö  gering;  um 
1240  foücn  lijnx  4000  in  gauj  (äuropa 
gcwcfcn  fein.  'S)o(i)  gab  eö  uncnblid)  »iel 
©laubige,  credentes,  bcnen  ©ütcrbefi^, 
ßt)e,  ®cnu§  aller  ^rt  Speifen  gcjiattct 
war,  bod)  unter  ber  S3ebingung,  biefe 
Sünben  ben  ©eiftlic^en  ber  Seftc  ju 
bcid)tcn  unb  jcbenfaüö  »or  bem  3;obc 
tai^    Consolamentum ,    al^    unerlä^lid)C^ 


346 


ÄaWertf^en. 


Heilmittel,  ju  crtangcn,  2)ic  Soüfornmcnen 
bilbeten  sufanimcn  bic  fat^arifc^e  Ätrd)e, 
bic  fie  bie  oücin  ttja^tc  unb  reine  nannten. 
3^re  religiöfen  ®ebräud&c  roaren  fef)r 
«infac^;  rt)o  fte  mäcfetig  genug  iuaren,  um 
öffentli^  aufzutreten,  tt)ie  m  Sübfumf; 
tcicfe  uub  in  ©osnien ,  Ratten  fie  eigene 
SBetf)äufer,  aber  o[)nc  Silber,  Äreu^^e  unb 
©locfen;  man  fal)  ni^tö  barin  alö  einen 
mit  einem  weisen  Sud)  bebecftcn  2ifc^, 
auf  welchem  hai  beim  ©oangelium  3"= 
^anniä  aufgefd^lagcne  yitut  lepament  lag. 
Sorlefung  einer  ©teile  unb  (Jrfldrung 
berfelben  bilbcte  ben  ^auptteil  be^  (Sotteö^ 
bicnileö;  f)ierauf  folgte  ber  non  bcm  ®eijl= 
tieften  erteilte  unb  oon  ben  ©laubigen 
*nieenb  begehrte  unb  empfangene  «Segen; 
ben  ©c^luB  bilbete  iai  gemeinfam  ge- 
fprocftene  Sater  Unfcr,  mit  ben  Sffiorten: 
®ieb  unö  l)cute  unfcr  überfinnlicfteö  (super- 
substantialem  panem)  iBrot  unb  mit  ber 
jDofologic;  unb  j^ule^t  no(^  einmal  ber 
©egen.  Da^  5lbenbma()l  würbe  er« 
fc^t  burcf)  Srec^en  unb  ©egnen  beö 
S3rote0  burd)  bic  SSoüEommencn,  unb  5h)ar 
bei  jcber  IKafjljcit,  tticl^cr  folcftc  bci= 
tüol)nten;  biefe^  gcwei&tc  33rot  würbe 
burc^  bic  ©laubigen  forgfältig  aufbewabrt, 
ti  foQte  tdglicf)  ein  ®tücf  baoon  genoffen 
rccrbcn;  bod)  üermarf  man  babei  jcbc  Sc« 
jiebung  auf  ben  fieib  G^riüi.  5Uö  Seilte 
t)attm  bic  Äat^arcr  ein  öffentlid)cä ,  üon 
ben  ©laubigen  mt  oon  ben  Soüfommcnen 
abgelegte^  Sünbenbefenntni^.  5lbgefebcn 
üon  2Beit)na(ftten,  Dftern  unb  fPfinciPcn 
machten  fte  feinen  Unterfd)icb  ber  läge. 
5l)rc  fir^lid)c  Drganifation  fül)rten  fte 
jum  3:eil  auf  bic  urfprünglicfte  cftrifllid&c 
Äird)c  jurücf.  ®ic  batten  nur  33ifd)öfe 
unb  2)iaEonen;  bcm  Sifd)ofc  waren  jwei 
®et)ilfen  ober  ©teüocrtrcter  beigegeben, 
Filius  major  unb  Filius  minor;  c«i  gab 
größere  unb  fteincre  Spnoben. 

Der  Urfprung  ber  Äatbarer  ifi  wabr= 
fd^cinlid)  unter  ben  @lat>cn  ju  fu(ften, 
unb  jwar  in  ber  ißulgarei.  3n  S^rajien 
»erbreitetc  fid)  ber  .^atbarismu«  unter 
bem  SRamcn  93  og  omili^muö,  ber  ^aupt= 
fäcftlid)  in  <pi)ilipopel  unb  Äon^antinopel 
ecrtretcn  mar.  ^anbcltreibcnbe  ©laöcn 
brachten  bic  @eftc  na^  3t<ilitn,  mo 
um  1035  ein  Äattiarcr  ocrbrannt  würbe. 
6ic  War  fpäter  namcntlid)  in  ber  Com» 
barbei  oerbreitet;  boc^  flnbet  man  au^er 
in  ÜWoilanb  aucb  in  5'ofenj,  bem  Äircftcn* 
jiaatc ,  in  Salabticn  unb  Sizilien  lange 
3cit     fatl)artfd^e     Äird)en,      bic     jule^t 


mcl)rerc  S)iöcefcn  bilbctcn.    3"^  l*-  3^^^* 
t)unbert  ticrfd)Winbct  ^icr  i^re  ©pur. 

5lm  mäcfttigflen  waren  bie  Äat^arcr 
in  ©übfranf rei<^,  wo^in  fte  in  ben 
erflcn  3ii()Tcn  beä  II.  3*iÖi^bunbertö  famcn. 
Vergeben«  burcftrcifle  1147  ber  ^eilige 
93crnl)arb  iai  2anb,  um  fte  ju  bcfel)ren; 
dürften  unb  Qlbcl  bcfd)ü^tcn  fte,  fo  ba§ 
^c  fid)  frei  entwideln  Eonnten.  ©ic  waren 
l)ier  in  mct)rcre  Si^tümcr  geteilt,  beren 
bcbcutcnbftc  bic  üon  louloufc  unb 
SClbt)  Waren;  Dom  Ic^tcrcn  würben  fte 
mcifi  511  bi genfer  genannt.  3"^  3'^^'^^ 
1165  hielten  bic  fatt)olifd)cn  Sif^öfc  im 
®^lofte  öomber^  bei  Qllbt)  ein  öffentlicbe^ 
9tcligionägcfprä<^  mit  ben  fatbarifcften 
®cifilid)en  beö  Sanbeö ;  bic  legieren  gingen 
frei  aui  unb  man  mu§tc  ficft  begnügen, 
iftrc  Sebtc  ju  »erbammen.  9ia(^bem  bet 
Don  Prälaten  unb  SRöncftcn  begleitete 
ÄarbinaUÖcgat  ^etcr  1178  gegen  fie 
cbenfaQ^  nid)tg  ausgerichtet  battc,  fanbte 
^leyanbcr  III.  1180  ben  Äarbinal  ^cin* 
rid),  früher  ^bt  von  Slairoany,  xni  ßanb, 
um  ben  crjlen  Äreuäjug  gegen  bic  ?llbi« 
genfer  ju  prebigen,  ebenfaü«  o^ne  wcfent« 
licfte  erfolge.  '3u  «Mnfang  bc«  13.  5at)r» 
bunbertö  geljörten  faft  fdmtli^e  ^ür^en 
unb  Sarone  ©übfranfrcidpö  ju  ben  ®läu« 
bigen;  in  ©cftlöffern  unb  ©tobten  bielten 
bie  allgemein  oere^rten  Bons  hommes 
öffcntli(ft  il)rc  35erfammlungen;  in  »ielen 
Ratten  fte  Set^äufcr  unb  ©cftuten  für 
Änaben  unb  »IJidbcftcn;  bie  Eatbolifcfte 
Äircftc  war  jum  ®cfpötte  geworben.  Srfl 
3nnoccnj  III.  gelang  cö,  mit  J^ilfe  bet 
S)ominifancr  unb  ber  3nguifition 
bie  Ät-^erei  ju  untcrbrücfcn. 

^ad)  Deutfcftlanb  fam  ber  Äat^a* 
riSmuä  teils  »on  bem  flanifcben  Dfiett 
tier,  teils  auS  glanbern  unb  ber  ß,f)am* 
pagnc  ©cfton  1052  würben  ju  ®oSlat 
Äat^arer  jum  Sobe  ncrurteilt.  93efonber8 
i^u  Äöln  unb  93onn  befianb  bie  ©efte 
fort.  3n  ber  erfien  ^dlfte  beS  13.  5a^r* 
^unbertS  finben  ficft  fat^arifcftc  ®cmeinb€n 
in  Sat)ern,Dftcrreid)  unb  am  iJif)cin  binab. 
3n  ben  legieren  ®egcnbcn  wirEtc  feit  1131 
ber  2)ominifancr  Äonrab  Don  SDlarburg. 
©eitbcm  Dcrfd)Winbcn  fu  in  3)cutf^lanb. 
©cbmibt  in  ^erjogä  SRcaUSncpfl. 

üamxt\äitn,  ®awerfd)en,  Äaumcrftn, 
^ci^t  eine  im  iWittclaltcr  neben  ßombarben 
unb  '^ütin  oftgenannte  Älaffe  Don  ®clb» 
wud)ern ;  fte  flammten  auS  bcr©tabt  Sa^orä 
in  ber  Sanbfcbaft  ®upenne  unb  trieben 
I  il)ren  ®elberwerb    burd)   ganj  ^ranfrei^, 


Äcgel  —  Äcicf). 


347 


^Jtiglanb  unb  I)cut[<^Iant>.  ^m  Ja^re  1156 
beiüiüigtc  Äaifet  ^riebric^  I.  bem  ^erjog 
»on  Djlerreid)  nic^t  nur  3"^tn,  fonbcrn 
aud)  „®ewertf(i)in"  in  feinem  2anb  auf» 
juncf)nien.  ©ie  Derfcf)ttJinbcn  im  14.  3at)t' 
i()un6ert  auö  ber  ®efd)ic^tc,  lud^tenb  Don 
bcn  ßombarben  noi}  »ä^renb  mef)tcrer 
3ii^rjebnte  bcä  15.  3af)rl)unbettö  bie  iRebe 
ift.  5lmiet,  bic  franjöftfc^en  unb  tom« 
bQrbifcf)en  ®elbn)uci)erer  beä  SWittelaltcrö, 
nomentlid)  in  ber  ©djmeij,  im  3'J("f^U'ö 
für  fd)n)ci5erif(ä)e  ©efd^ic^tc,  93b.  l  u.  2, 
1877  u.  1878. 

Äegcl  in  ber  SRebenäart  Äinb  unb 
Äegcl  ifi  fouiel  »ic  unehelicher  @o{)n. 
<5^  iji  ein  im  |)Qufe  entjianbener  'Huä* 
brud,  ber  feinen  red)ten  ®inn  im  *D}unbe 
bcö  ^auäüiiterä  ^atte  ju  einer  3tit  bie 
fe^r  roeit  jurüdUcgt,  atä  Äcberoeiber  neben 
bem  (Sljerceib  t>on  |)erfommen  unb  ©itte 
erlaubt  waren,   ©icbe  ®rimmei  SBorterb. 

ÄcgclfViel,  m^b.  kegelen,  ift  burd)  iai 
3eu9nie  einer  'Jlugsburgcr  (St)ronif  com 
3at)re  1470  belegt:  Es  waren  auch  auf- 
geworfen fünf  klainater  (®ert)inne),  da- 
rumb  gemain  gesellen  kegeleten;  welcher 
in  drei  würfen  am  meisten  kegel  warf, 
der  gewan  das  best,  und  ain  baut  von 
Menchingen  warf  slben  kegel  in  drei 
würfen.  ,^ilbebranb  fpric^t,  barauf  fu§enb, 
t>a$  baö  SBortÄcgcI  urfpriingli^  foniel 
al^  ®d)icnbein  ober  Sffiabenbein  bebeutete, 
■unb  i)a^  man  urfprünglid)  au«  bem  Äegcl 
im  Änod^engebäube  einen  .Kegel  jum  ®piel 
machte,  folgcnbe  Vermutungen  aus«,  ®rimmö 
SBörterbuc^  V,  385:  „(£«  lä§t  fid^  bcnten, 
t>a^  baö  Äegelfpiel  fe^r  alt  fei,  e^  ifi  auf 
bem  ßanbe  no(i)  ein  ober  tai  ^aupt« 
»ergnügen  an  Sonntagen  unb  ben  t)ol)en 
^cfien;  nax  eö  Die[Ieid)t  üon  ief)cr  ein 
2lnl)ang  ber  I)ol)en  gcfie  au^  ber  tjeibni« 
f^en  3eit  &«?  unl>  ifl  ^^r  Äegel  Dorn 
^fcrbe,  ber  jum  ©pidc  bient,  urfptüng« 
li^  Don  bem  ^ferbe,  tai  bem  SBuotan 
geopfert  rcarb  ?  ober  Don  ben  ben  ®öttern 
geopferten  Äriegägefangenen?  2)cnn  ge» 
tabe  SBuotan  liebte  ^ßferbe«  unb  SDicnfcfeens 
opfer,  unb  nicfetö  liegt  na^er,  aU  ia^ 
man  oon  bem  Dpfcr  wie  ta^  %ki\^  jum 
Opfetfc^maufe ,  fo  bie  i^no^en  ju  bcn 
Spielen  na^m  unb  beibe  babur(^  glei^= 
fam  l)eiligte.  S)er  wilbe  ^'d%n.  b.  i. 
SBuotan,  fü^rt  nocfe  iRo^nocljen  bei  jt(^, 
unb  an  t)ciligcn  Orten ,  mo  fonfi  bie 
55afinad)tfeier  i^re  ©teile  Ijatten  nebfi 
allerlei  ©pielen  unb  ßeibeäübungen,  mcif 
baö  15olf  üon  gefpenftigcn  Kegelbahnen; 
ja  in  bem   Äinöermdrc^en    erf^eint    ein 


gcfpenfiigcö  Kcgelfpiel  mit  2otenbeinen 
aU  .Regeln  unb  Sotenföpfen  aU  Äugeln. 
^ai  Regeln  im  ^immel,  »a«  ba«  a3olf 
im  S)onnern  finbet,  geborte  ja  wot)l  aud) 
urfprünglid)  SBuotan  an,  in  ber  Oberpfatj 
u.  a.  fc^reibt  man  e«  bem  t)eiligen  *t5etru« 
;u.  Die  3*^^)'^"/  '"  bcnen  bic  Ifegcl  auf= 
treten,  neun  unb  brei,  ftnb  beibe  l)eilige 
3af)len.  Übrigen«  fcfeeint  tai  Äcgcln  ur« 
fprünglid)  nur  eine  ^uäbilbung  ober  bc= 
fonbere  ^Inwenbung  bcä  alten  ©tcin« 
fio^enö,  ©teinmerfcnä,  tai  \a  wolil  mit 
anbcrn  Kraftübungen  al^  aSettfpicl  bie 
®ötterfefitage  oerbcrrlicf)en  ^alf." 

Äcl^.  S)er  Kelc^  ,  lat.  calix ,  engl, 
chalice,  franj.  calice,  ifi  ein  profaneä 
Srinfs,  t)auptfäc^lid)  aber  ein  firc^lic^e^ 
"lUtargefä^ ,  iai  f^on  in  ber  crfien  ^,ät 
ber  @,l)rifient)cit  gebraucht  mirb,  jur  2luö* 
teilung  bed  in  2Bein  üerroanbelten  ^Bluteg 
S^rifii.  SUJan  unterfc^eibet  bm  "Ubenb* 
mai)li' ,  ©peifc-,  Kommunion'^«  ober 
Öaicnfeld) ,  ber  biö  jur  Keld3cntjiel)ung 
(um  1220)  ber  ®emcinbe  ben  SBcin  fpen= 
bete,  ben  ©ammclfelc^,  in  roelcb'nt  ber 
Don  ben  ®emeinbei;liebern  bargebrac^te 
2öein  (fpätcr  Mi  Dpfergelb)  gefammclt 
»urbe,  bcn  Ko  nf  cfrationöf  cid) ,  in 
tt)cld)em  ber  ^riefter  bie  ißermanblung 
be«  Sßeine^  in  Slut  üorna^m,  hin  tlcincn 
SRcB? etc^,  ben  ber  ^Pricfter  bei  ber  ÜJicffe 
für  ftc^  gebrauchte ,  ben  nod^  flcineren 
[Reifte*  ober  Kranf enf elc^,  ber  bem 
©terbenben  gereicht  njurbe,  bcn  ®rab  = 
fcld)  unb  enblic^  ben  Sauffcld). 

jDcr  ältefie  auf  un^  gefommene  Kcldb 
bicfcr  3lrt  flammt  au^  ber  ßät  Suflinian^ 
unb  jcigt  bereit«  bie  abgefc^mä^ten  ^^or* 
mcn  ber  fpatcren  Äaiferjeit,  ift  äroei^cnElig 
unb  am  oberen  SRanbe  mit  fleinen,  oon 
filigran  eingefaßten  ^erjförmig  gcfd^liffe* 
ncn  Sbelfieinen  (abrcc^felnb  Slubincn 
unb  ©maragben)  oerfcben.  2)cn  !Hci^- 
tum  ber  frdnfifd)cn  Äird)en  beutet  eine 
yia<lbnd)t  über  bic  33eute  Sbilbebertö  an, 
ber  in  «Mmalarid^«  qSalafl  60  Äcld)e,  15 
foftbare  (platten  (Patenae)  jum  ®cbrau^e 
beim  2lbenbmal)l  unb  20  foflbar  oerjierte 
!ßel)ältcr  jur  ^lufbcma^rung  ber  iUbfc^rif* 
ten  be^  ^eiligen  (äoangelium^  Dorgcfun» 
ben  unb  an  bic  Kinnen  unb  ®otteö^äufec 
feine*  9'icid)c«  »erteilt  t)abcn  foll. 

Sei  bem  5luffd)rDung  bc«  rcligiöfen 
unb  tircftlic^en  öcbcnd  jut  3eit  ber  K reu  j« 
jüge  unb  ber  fottfofcreitenben  Äunf^  ber 
'J3erarbeitung  ebler  ÜJictallc  roirb  ber  ®e» 
braud)  ber  t)eiligen  ©cfapc  immer  allgc= 
meiner  unb    bcutli^er   nachweisbar.    ®e« 


348 


Sttlä). 


nannt  trerben  bcr  ^tlä)  mit  bcr  ^atcna 
(^ofiienteüer)  unb  bet  ©augrö^re  jum 
©äugen  bcö  SOßeineö,  bie  ßiborien,  in 
Welchen  bie  ^lojlien  aufbemal)rt  »erben, 
ferner  bie  ®cf)üffcln,  ©ic^gefd^c, 
Jaufbectcn,  2ßeit)5  unb  Spreng« 
feffel,  SRduc^erfäffer,  g3ü(f)fcn„ 
®alb=  unb  DIftä[(i)^en  unb  bie 
OteliquienbeHlter.  S)ie  grofcn 
©pei[e=  unb  bie  jur  ®d)müdung  bes 
5IItarä  üerhJenbetcn  $rad^tfeld^e  tt)ur« 
ben  fon  ^öp^en,  Königen  unb  Äaifern 
oft  gefd)enft  unb  tt)aren  föfilid)  gearbeitet. 
95cflimmtere  33orf(^riftcn  eriflierten  für  bie 
Sefd^affung  ber  ficineren  kdä)t.  bie  in 
ber  dltefien  cf)rifilicbcn  Sät  auö  ®Iaö, 
^olj,  .^orn,  (Elfenbein,  feiten  aber  aus 
aWctaü  bereitet  Waren.  3m  3a^rc  787 
»urbcn  bie  hörnernen,  811  bie  fcöljernen, 
813  bie  fupfernen,  fpdtcr  auä)  bie  gläfer« 
ncn  »erboten.  3"^öfftg  haaren  nur  noc^ 
golbene  unb  ftiberne ,  bie  fupfernen  aüer« 
^öc^jienö  mit  einer  fiarfen  iöergolbung. 
iÜrmere  Äirc^cn  Ralfen  ficf)  jebod^  mit 
jinnernen  ®efä§en.  93orgefcf)rieben  maren 
au§er  bcm  ©toff  oud)  J^orm  unb  iBer* 
jierung.  S)er  Äelc^  foütc  aus  %n^,  ©(i)aft, 
jlnauf  unb  ®cf)alc  bcfieljen  unb  auf  ber 
gläc^e  be^  gufe^  (Pes)  feine  anberc  a3er= 
jicrung  alö  bie  Darfieüung  bti  ßeibenö 
e^rifit  enthalten.  S)er  ©d)aft  (Stylus) 
foQte  ber  Sreite  bcr  ^anb  entfprec^en,  ber 
Änauf  je  nac^  SSermögen  mit  ©belfieinen 
befe^t  »erben,  bie  6ct)alc  (Cnppa)  nad^ 
bcm  ®4)aft  ^in  etwa^  enge ,  nad^  oben 
itd^  crnjeitcrnb  unb  ber  9ianb  felber  fo 
befc^affen  fein,  ta^  er  »ebcr  ein*  nod) 
au^wärtö ,  no^  irgcnbmic  gebogen  er* 
fc^eine.  9In  ber  Äuppe  burften  feine  Äreifc 
gcjogen  »erben,  unb  aüfäüige  3'ffflt2n 
Waren  minbefiend  jWci  bis  brei  ginger 
breit  »om  SKanbc  fern  ju  galten,  bcr  nic^t 
breit ,  fonbern  me^r  fd)arf  auölaufenb 
gebilbet  »erben  ;mu^tc.  @clbjlt)cr|länblid^ 
iji,  t)Q^  biefen  25orfcf)riftcn  nic^t  immer 
nacbgclebt  »urbe  unb  ä»ar  »on  feiten 
berjcnigen,  bie  fie  aufgeftcQt  ober  »enig« 
jien^  in  erfier  ßinie  ju  über»a^en  l)attcn. 
Der  Äeld)  beö  ^eiligen  ©ojlin,  Sifd)of 
»on  2out  (922—962)  ifi  j»eifac^  ge« 
^entett,  l)at  eine  ^albfugelförmige  ®(i)atc, 
einen  umgebogenen  0lanb  unb  ifi  an  allen 
Seilen  mit  ®ra»ierung  »erfet)en  unb  rcid)= 
\iä)  mit  (Sbelfleincn  gefc^müdt.  S)iefelbe 
2Biafürlict)feit  in  gorm  unb  QluöPattung 
geigen  ani)  bie  übrigen  Äelc^e  bcäfelben, 
fo»ie  befonberg  bie  beä  11.  unb  12. 
So^r^unbertö ,    fo   ber  Äelct)  be«  Ijeiliaen 


SRemigiu«  in  ber  Sibliot^cf  ju  ^aiii  unb 
ber  ©peifefeld^  im  ©tiftc  SOBilten  (Sirol) 
»elc^  le^terer  bcfonberö  mit  bilblid^en 
2)arjieUungen  auä  bcr  ^eiligen  ©d^rift 
gefd^mücft  ifi.  5»  12,  ^a^r^unbert  er* 
f^cint  ber  .Kelcf)  fafi  o^ne  5luäna^mc 
^albfugelförmig  auf  furjem  5u§ ,  ber 
Sec^er  aber  in  ber  noc^  ^eute  üblichen 
33ed)erform  ober  in  ber  ©efialt  eincö  flei? 
ncn ,  auö  2)aubcn  jufammengefügten 
(5ä^d)enä. 

5lud^  hai  13.  3a^r^unbert  bringt  feine 
neuen  gotnicn,  fonbern  begnügt  ftd> 
f)auptfäc^Ii^  bamit,  tcil^  ben  %ü^  rofetten» 
artig,  teil^  ©c^aft  unb  Änauf  fiatt  runb 
nun  mel)rf(ä(f)ig  unb  bie  Äuppc  um  »cnige* 
l)ö^er  unb  fd)Ianfer,  eiförmiger  ju  gefialten. 
5)ancben  »crbicnt  erwähnt  ju  »erben,  ta^ 
gegen  Snbe  beöfelben  3at)r^unbcrtg  ein 
neue^  Äir(^engefä§  eingeführt  »irb,  bie 
aJlonfiranjc,  beffen  »irflic^er  ©cbrauc^ 
jebod)  burd)  äußere  Umfiänbc  ocrjögcrt 
erfi  j»if^en  1317—1330  beginnt. 

2)ie  golgejeit  »ar  befirebt,  ben  Äclc^ 
f^Ianfer  ju  mad)cn;  bie  ^albeiförmig  ge= 
bilbctc  Äuppe  »urbe  nac^  unten  nod^ 
fpi^cr  jufammengejogen.  Der  ©c^mui 
blieb  im  »efentlidt)en  immer  nod)  auf 
ben  guf  befcfcrdnft,  ber  fiatt  frciörunb 
»ie  biö^er ,  ftc^  nun  mcl)rfläc^ig  unb 
rofettenförmig  aufPeigenb  »erjüngte.  2)ic 
5ldcf)en  »urben  nad)  innen  gcfd)»eift 
unb  bi^  jum  9WittcIfnauf  ()in  burd^  ©tab* 
Dcrjicrungen  oft  in  SBcrbinbung  mit  geo* 
metrifc^en  gisu^^fn  in  bauli^er  SJcife 
auögefiattet.  2lud^  ber  Änauf,  ber  obere 
Jeil  bcö  guf  eö,  »urbe  bcmgemd§  »erjiert, 
ber  runb,  fugel»  ober  eiförmig,  mit  fantigen 
5luälabungen,  me^r  unb  mcf)r  mit  bcm 
©c^aftc  ju  einem  ©anjen  ft^  geftaltetc.  S)a* 
neben  fu^r  man  fort,  bie  ju  ^rad^tjiücten  bc* 
fiimmten  Äelc^e  gelegentlich  fe^r  rcid^  ju 
emaillieren  urb  fteflenweife  mit  5ili9i«n== 
arbeit  unb  farbigen  ©teincn  ju  befe^cn. 

2)a^  15.  3a^r^unbcrt  ging  hierin  nod^ 
»euer.  S)er  %n^  beö  Äclc^cö  gcfialtete- 
ftdt)  nun  ju  einem  förmlidl)en  93ünbel  »on 
reid)geglicbertem  unb  burc^broc^cnem,  fpi^* 
bogigem  ytiiättm  unb  $fcilcr»crf  ober  ju 
einem  Sflofettcngeflec^t.  ®ie  Äuppc  bc« 
bcdte  man  ^dufig  biä  über  bie  SDtitte  mit 
ajia^mcrf  ober  mit  pfianjlic^em  S^txat^ 
gcmifc^t  mit  eingraoiertcn  3)arficllungen 
üon  ©cenen  auä  ber  ßeibenögcfcbiite. 
9io(^  freiere  formen  bracfjtc  bie  SRenoiffancc, 
bie  du§ere  Untcrfc^iebc  j»if(i)en  bcm  firc^* 
lidbcn  unb  »cltlid)cn  Äclcf)c  nicl)t  mehr 
fennt  unb  ju  bercn  SSerjierung  alle^  auf= 


Äeßer  —  Äctjcn. 


349 


bietet.  Der  Äeld^  tüirb  möfllict)fi  fd^lanf 
gebaut.  Der  %\i^  erhält  jebc  beliebige 
©ej^alt.  Der  S^aft  oerlicrt  ben  ü^ittel- 
fnauf  unb  fe^t  fid^  jufammen  au^  run= 
ben,  linfen*  unb  eiförmigen  Äörpern,  ge« 
raben,  auö«  unb  einwärts  gefc^wungenen 
^Platten,  öeipen  unb  bergleid)en  nebft  ia- 
5n)ifc^en  unb  barüber  angeorbnetcm  Ätctn^ 
jierat.  Die  Äuppe  napm  an  |)ööe  ju, 
fobaf  fte  oft  jttici  Drittel  ter  ®efamt= 
länge  betrug.  Sie  mec^felte  in  QÜen 
formen,  welche  i^r  Qwcd  irgcnb  julief, 
5tt)ifd)en  benen  beö  einfachen  Sec^erc  unb 
cine^  mannigfac^fl  gef(ä)h)ungenen ,  inel= 
pockigen  teilirei«  gebucfelten  ober  aud) 
einttiärtö  getriebenen  ©cfd^eä,  ja  jutt)eilen 
felbfi  in  ben  ©ejlalten  oon  geriefeltem 
ÜJJufc^elhjerf  unb  marb  gemö^nlic^  mit 
einem  entfpre(i)enben  DedEet  üerfef)en,  ber 
wk  ber  93c(f)er  fclbfi  reic^  gefc^müdt  tt»ar 
mit  getriebener,  gradierter  unb  cingelaffe' 
ner,  eingefc^moljencr ,  metlierter  ober  far= 
biger  ©mailarbcit.  3m  17.  3abrt)un= 
bert  artet  bie  ißeräierung  oft  iiigefcf)ma(f= 
lofc  (gcfenörfelei  ani  .  waö  befonberö 
Don  mand)en  „SBiöfommbechern"  bei  3ünfte 
unb  3"nungen  gefagt  »erben  muf, 
bie  neben  ober  jn^ifd&en  bcm  ^mai  oft 
eingefügte  ©d^au«  unb  Oebenfmünjen 
äeigen,  9Jacf)  aßeif,  Äojlümfunbe.  ißgl. 
Dtto,  ^anbb.  §  40  ff. 

ScHcr,  auö  lat.  cellarias,  berfelbe 
©tamrn  unb  Segriff  mie  Kellner,  ^eift 
ber  über  bie  cella ,  ben  ÄeHer,  gefegte 
€d^affner,  .^eöermeifier.  3n  ben  Älöfiern 
n)ar  ber  pater  cellarins  .^tofierbcamtcr. 
Äarlö  be^  ®ro§en  capitulariam  de  villis 
ern)af)nt  ber  cellarii;  eä  fmb  biejenigen 
meltli($en  Scamten,  hjeldie  bie  SBeinberge, 
ffleingärten  famt  anberen  (Sinfünftcn, 
bie  in  ben  Heller  einjuliefern  TOarcn, 
mic  ^onig,  .Rafe,  ^ijie,  ©artenfrüc^te, 
SBoKe  äu  üermalten  Ratten.  Der  .Heller 
fie^t  unter  bem  SRaier;  mä^renb  biefcr 
bie  Dber»ertt)altung  unb  namentli(^  bo^ 
untere  ©eric^täwefen  unter  ftc^)  ^at,  fiel)t 
bem  ÄeKer  bie  Seforgung  ber  ?anböfos 
nomie  ju.  Daö  2Bort  f)at  fid)  aU  tceit* 
verbreiteter  ®efd)Iec[)täname  ert)alten. 

Äcln^of,  tel^of  ^ei^t  ber  unter  einem 
ÄcIIet  jiefeenbe  $of;  bie  Benennung 
fommt  in  (Sd)maben  unb  ber  @(f)n)eij 
öor  unb  fc^eint  ficf)  auf  Älofiergüter  jii 
bcfc^ränfcn;  ber  iJtamc  blieb  fpciter  oft 
auf  ben  ©ütern  baften,  auct;  nacibem  bie 
urfprünglic^e  Q3ebeutung  faftifd)  erlof^en 
h)ar.  2Daö  äum  Äcln^of  gcf)örte,  ^ie§ 
ÄeInl)ofgut,  bie  SeuteÄelnleute,  bie 


IRü^Ie  Äelnmüf)le;  auc^  ber  iJiamc 
Äelnmaier  fommt  oor ,  ber  baä  ^tX- 
geri(i)t  abgalt,    ©rirnm,  SBörterbud). 

Kemenate,  m{)b.  kemenäte,  a^'ü.  chemi- 
näta,  mitteltat.  caminata  (nämlid^  camera), 
eigcneö  3ii"infif  niit  einem  caminus,  ifl 
t)(\i  ^eijbare  2Bof)njimmcr  auf  33urgcn, 
bann  au(^  'i)ai  gctt)öf)nli(^e  2ßol)nt)aug 
gegenüber  bcm  alten  ^auptteil  ber  33urg, 
bem  (mciji  mof)l  unheilbaren)  sal,  palas, 
enblid^  auc^  größeren  23urgen  gegenüber  ein 
tteinerer  Surgfiall,  befejügteö  ^auä.  Der 
23egriff  2Bol)n,^immcr  gliebert  ftc^  in  ben^ 
jenigcn  beö  gtauengcmac^ö ,  beö  (Schlaf« 
jimmerö  unb  bcäi  ^ranfenjimmera,  be^ 
2Bo^n-  unb  ®efd)äftöjimmerg  beö  ^errn, 
fogar  ber  @c^a^=,  Äleibcr^  unb  SBaffen« 
fammer  u.  a.  5lm  befannteften  ijt  feiner 
inneren  Sinri(f)tung  na(^  tai  ©d^lafjim* 
mer.  Daöfelbe  iil  mie  ber  <Saal  mit  ®e= 
mälfcen  gefc^müdt,  »irb  bei  fejllic^en  ®e= 
legen^eiten  befortert,  ber  gu§boben  mit 
Slumen  beftreut.  '^n  ber  .Kemenate  ftet)t 
Paö  gro§c  gemeinfame  (St)ebett  hinter 
iBort)ängen.  Sauor  ein  leppid)  unb  eine 
San!  famt  5Vuffd)cmel;  ric  l)ciBt  ^<xi 
®ejtell,  über  wel^e'^  man  bie  auögejoge» 
neu  jllciber  ^ängt.  Qlu^er  ©tü^len  unb 
Üif^en  jie[;en  ^ier  aud)  bie  ßaben,  m^b. 
kiste,  valde,  schrin.  (Sin  .^rujifif  bient 
ber  frommen  Qlnbad)t.  Daö  @d)lafäim- 
mer  ber  |>errin  biente  jugleid^  alö  Qlrbeitä- 
jimmer  für  fie  unb  i^re  SDtägbe.  Die 
J^üre  ftar  iHnfd)lie§bar  unb  j^um  ocr= 
riegeln  eingerid)tet.  2ßer  (Eintritt  r)ct= 
langte,  t)atte  mittelfi  beä  Älopfringeö  ju 
pod)en.  %m  bie  Äa|en  n^ar  unten  eine 
Öffnung  auägefc^nitten.  ®rimm,  SBörtcr« 
bud) ;  <S  (^  u  t  ^ ,  ^öfifc^e«  Seben,  5lbfd)n.  I. 

^crje«  unb  Sinter  beim  ©ottesbienji, 
fmb  feit  bcm  14.  3at)rl)unbcrt  nad)ge« 
roiefen,  in  D^ac^alimung  beä  ftebenarmigen 
2eud)terä  im  i0raelitifd)cn  Icmpel  unb  im 
*Jlnfd)lu§  an  bie  fmnbilbli^j  Sebeutung 
be^  ßic^tcö  in  ber  ^eiligen  ad)rift.  ^)xx 
Seit  Ui  (5^rt)fofiomu§  mürben  Äerjcn 
Dorne^mli(^  jur  iöeleuc^tung  beö  3lltar^ 
angemenbet,  mii^rcnb  man  Sampcn  liebet 
in  Kapellen  unb  »or  J^eiligenbilbcrn 
braud)te.  Sie  mürben  nur  au«  Jßac^^ 
bereitet;  benn  txx^  (5rjcugni«(  ber  Sienc, 
bie  na4  SBoüenbung  t^rca  SBerfcö  jicrbcn 
mu§,  ^at  eine  mpflifc^c  23ebeutung.  Se* 
fonbere  QUtarbicncr,  Ceroferarii,  trugen 
bie  Äerjen  unb  festen  fte  auf  einem  eige* 
nen  Siif^e  neben  bem  51ltare  nicber.  Die 
ßeuc^ter  Riefen  Cereofala.  3«  ""c^  ber 
firc^lid)cn  ^t\t  ober  ^anblung  l)at  txxi 
23 


350 


Äe§I«  —  Äinbctfpicic. 


Äcrjcnti^t  tcrfd^icbenc  93cbcutung:  e« 
gicbt  bat)er  Jauffcrjen,  «tautferjen,  ®rab= 
tcnen,  Djicrferjcn,  bcrcn  SBeit)c  am  Äar^ 
famötaa  ftattfinbet;  in  ©übbeutf^knb 
aber  an  maxx'A  8i(^ttnc§,  2.  ^tbxmx,  an 
m\ä}m  läge  aud)  bic  Sfficttctfctjen  gc» 
wcitit  ttjcrbcn,  tt)ctd)C  man  im  ©ommcr 
bei  ben  „Sd^auermeffen"  anjünbet,  um 
^agcl  unb  ©olfenbvud)  abiu^altcn. 

tefelcr.    aOßie   bie   «Pfeif«  unb  Spiel« 
leute    (fict)e    ben    5irtifel    Äöntg    i>tx 
©picileute),  fo   batte   auc^  tai  fteie 
^anbttictt  bcT  Äeßlcr  in  »etfd)icbcncn 
(Segenben  S)eutfd^Ianbö  eine  eigene  pti»i* 
legierte  ®eri*t«barfeit  unb  Dtganifatton, 
unb  ein  abelige«  ®ef*led)t  befa§  über  jxe 
aU  ateic6ölef)en  ben  öffentlichen  ®d)um. 
©0    waren    bie    Ferren    »on    ^önigöcgg 
fc^on  im  13.  3a^rt)unbert  mit  bem  SReid)^* 
leiien   be«    ®d)u^eö   über   bie   Äeglei    in 
Dbetf^maben     belehnt;     im    rbeinifc^en 
Greife    bie    qßfaljgrafen    bei    iR£)ein;    bie 
anainjer  te^ler  t)attcn   einen   befonberen 
Dbermeiftcr     in    bem    SWarfgrafen    »on 
»ranbenburg.    Sluc^  ju  »afel  gab  e«  em 
eigene«    Äe§lergeri(ftt.     Qln    ben    Äe^ler* 
tagen  fpielte  namentlich  ber  ÄeBlertanj  eine 
gro^e   SRoüc;   ba   bie   Äe^lcr   fogar    tai 
SOlalefiägcricbt  befa^en,  entlehnten   fte   für 
jebcn   Äe^lertag   (Jifenbanbe,   ®to(f   unö 
®algen  bei  irgenb  einer  S[nalefii^errfcf)aft. 
31u^    ein   gemeinfamer  ©otteötienft   mit 
5tmt  »rar  norgefe^en,  wobei  bie  «Hbgefior* 
benen  »erfünbet  unb  für  fic  gebetet  wirb. 
5Da«  Äeilerprioileg  »erbot   allen  Äeglern, 
Äeffel    unö    ät)nUd5c«    auf    5at)r:=    unb 
2Bod)enmärften   feil   ju   baben,    eä  wäre 
benn,    i>a^  er  in  benfelben  Birfel  gehöre 
unb    iai    Äe§lerre(^t    ba^e.      93ud, 
2)a«  freie  ^anbroerf  ber  Äegler  in  Ober« 
fcf)tt)aben.  Ulm  1872. 

Siettcnwam^ ,  ketentreien,  trete,  treie, 
©icbc  ^arnif^. 

Äe^er,  ml}b.  ketzer,  ifl  urfprünglic^ 
bie  23erbeutfd)ung  be«  SRamen«  Äat^arer, 
b.  i.  ber  SReinen,  einer  feit  bem  11.  ^ai)X' 
bunbert  im  ^benblanbe  meitüerbreiteten 
@efte  (fie^e  ben  befonberen  ^Jlrtifel).  25cr 
Urfprung  bc«  2Borte«  würbe  aber  friib 
öcrgeffen  unb  man  brachte  tai  2ßort  in 
eine  ungewiffc  ^ejie^ung  jur  Äa^e,  bem 
Icufelötier.  ©citbem  t)ief  man  ni^t  aUem 
bie  irrgläubigen  ober  ^äretifer  Äe^er,  fon= 
bem  namentlid)  folc^e,  benen  man  allerlei 
ed)anbtt)aten  Wibcr  ®ott  unb  bie  Statur 
jutraute,  befonber«  unnatürlid^c  SßoQuj^, 
bat)cr  ^uebrücfe  wie  fleischketzer,  ketzer 


bnobenketzer. 


am     libe ,    frowenketzer 
(Srimm,  iffiörterbuc^. 

tCUle.    Unjlrcitig  bie  ältejle  aller  Iru|= 
Waffen   ifi   bie    Äeule    ober    ber    Kolben      ' 
(Streitfolben).    Qtu«  einem  jungen  Saum* 
pamm    ober    einem    Parten   «Hfl   war    fte     ] 
mit    leichter  SOlü^e    {leräuftcüen.     lacitu« 
®ermania  rebet  »on  branb^arten  beulen, 
wcld^e   bie    fpätere    ^elbenfage    mit    ben 
©ifenfiangen   (isen  stangen)  ben  ^Riefen, 
bie    romantifcbe    S)ic^tung    »orjuggweife 
ben  Reiben  beilegt.    SDer  Kolben  befielt 
au«  einem  ^öljernen   ober  eifernen  ©fiel, 
ber  in  einen  fugeU,  ei=  ober  birnförmigen 
Änopf  ausläuft.    3ft  er  mit  ©tad)cln  be* 
fe^t,  fo  wirb  bie  ffiaffe  jum  Worgen* 
ftern  (bonrlote,  boarlette).  Welcher   be« 
fonber«  im  14.  unb  15.  5af)rl)unbert  in 
5Deutfd)lanb  unb  ber  ©diweij  (©cbweijer* 
prügel)  fel)r  üerbreitet  war  unb  befonber« 
in  ben  iBolEöaufflänben  unb  33auern!riegen 
eine    traurige    ©erü^mtt)eit    erlangt    bat. 
(Er  »erbantt   feinen  9'lamen   ben  fira^len* 
förmig    angebrad^tcn    ©tac^elfpi^cn    unb 
ifi  in  ber  Zi)<\t  oft  in  ber  ÜRorgcnfrübc 
fürcbterlic^   über   ben  Äöpfen  ber  geinbe 
aufgegangen.    SDer  SOlorgenjiern  war  eine 
©d)lagwaffe,  mit  ber  man  befonber«   ben 
Äopffct)u|   be«   ^einbe«   ju    sertrümmern 
fuc^te.    Da«  ^ufüolE   führte  ben  großen, 
;weif)änbigen,    mit   2  m   langem  ©ci)aft, 
bie   «Reiterei    ben   fleinen.     Wit    lanjen« 
artiger  ©pi^e   biente   er   aud^  al«  ©to§* 
ma^t,   fpäter   mit   einem   Jeuerro^r   al« 
©ct)ie|prügel. 

Wit  einer  beweglichen  fiac^ligen  Äugel 

ücrfeben,  wirb  bic  Äeule  jur  ©cl)laci)t» 

gei§el    (Äriegöflegel).      ©iefelbe    würbe 

bem  beutfd)en  Äriegcr  bcfannt   burd^  ben 

einfatt  ber  ^unnen.    Da«  flagellum,  frj. 

flael,    flöau,    engl,    mllitary-flails    ober 

holy  water-springlers    bejianb    au«    bem 

©rf)afte  unb  ^em  „Senget"  (©c^läger).  mit 

ober  obne  eifcnfpi^en,  wcl^  le^ttrer  meift 

an  einer  Äette  ^ing  unb  mit  großer  2Bud^t 

gefd)wungen  würbe.    Der  Unfunbige  »er* 

wunDete   fic^   beim   SRüdpraü   ber    Äugel 

felber.  . 

tinbcrf^Jtelc»    93on  (Segenfiänben ,  mit 

benen   fic^   bie  Äinber   fct)on  im  95iittel* 

alter  bcluiligten,   iji  jwar  bic  Älappct 

in   alten  Dictitungen   nicf)t   nacibgewiefen, 

bagegen    \)at   man   fte   in  ^cibcngräbem 

gefunben.     Seliebt    waren    ^unD    unb 

Äa^e    al«    ©pieljcug    »on    eilten    unb 

3ungen,   fobann  iüögel,    bic  man  friib 

in  Ääpgen   t)ielt:    wip    unde    vederspil, 

die  werdent  lihte  zam,  fingt  ber  Äürcn« 


ÄinblcintDiegen. 


351 


berger;  namentlich  »erben  ja^mc  Stare 
unb  ©ittid^e  (^Papageien)  crmö^nt.  ^tbm 
Icbenben  lieren  gab  c^  bcrglcic^en  in 
S^on,  ^olj  unb  gjjetaü  nadEjgeabmte  ®i' 
fd)öpfe;  Cögel  üon  Jbon,  inmenbig  ^o^I 
unb  mit  Älappcrjlcincn  gefüflt,  ftnb  oft 
in  ©rdbern  aufgefunben  morben.  S)ie 
$uppe  f)ei§t  mbb.  mie  je^t  nocfe  tocke 
unb  ip  j.  33.  ffiolfram  Don  Sfc^enbac^ 
ganj  geläufig;  Änaben  ritten  auf  ber 
®erte  ober  bem  ©tecf enpf erb,  üfem 
Stabe,  die  gerten  riten.  ©o  unterfjiett 
f\ä)  bie  Sugenb  gern  mit  SReif treiben 
unbSReiffd^Iagcn;  auc^  pljerne  SBaffen 
crträbnt  f*on  5Jotfcr,  menn  er  bie  Steüc 
beö  63.  ^falmenö:  Sagittae  infantiam 
factae  sunt  plagae  eorum,  überfc^t:  iro 
strala  wurden  chindo  strala,  diu  uzer 
stengelon  iro  scoz  machont,  il)re  !|3feilc 
njurben  *pfeile  ber  Äinbcr,  bie  i^rc  ®e» 
fd^offe  auö  ©täbcn  cerfertigen. 

3iatürlid)  nat)men  bie  Äinber  boppelten 
?lnteil  an  ber  gvübüngslufl  be«  2)olfeö, 
unb  j^mar  fmb  bie  erflen  Änabenfpiele  im 
Senj  baö  Äreifelfd)lagcn,  mbb.  den 
köpf  umbe  triben  unb  baei  ©piden 
ober  ®d)ufferfpict,  bai  Spiel  mit 
tribkngeln,  gelben  kngelin,  ©d)netlfügel= 
dien,  ®Iü(fcrn.  jjreubig  mirb  iai  etftc 
Seilcben  begrübt  unb  umtanjt,  auä)  ber 
Storch,  bie  ©d^matbe,  ber  crfte  »Kaifäfer 
befungen,  tüobei  aOcr  aBatjtfcfeeinlicbfeit 
nad)  bie  beute  gebräudblic^en  Äinberlieber 
fcbon  it)rcn  Dienft  traten.  5lucf)  bog  ftd) 
Knaben  au^  fiftigen  Sirfenjmeigen 
©Äalmeien  brcbten,  tt)irb  belegt.  i)ie 
Sugenb  nabm  fobann  ^Hnteil  am  Sall^ 
fpiel  unb  am  iKeibenfprin  gen  be« 
»olfeä.  mi  bcfonbere  Äinberfpiele 
tüerbcn  in  ben  Quellen  ermdbnt:  2)ic 
flolbene  unb  bie  faule  Srütfe,  3)aö  Soten« 
tünj  =  Spiel,  2)cr  «piumpfacf,  5)aä  ®(f)a^ 
unb  SBoIf^fpicl,  S)aä  ©cierfpiet,  5Da« 
Scbelmfpiel,  |(elfen  unb  ©eben.  Sc^a  un- 
fein l)ei§t  mbb.  schoc,  schocke,  üf  dem 
schocken  farn,  üf  dem  seile  riten. 
5lnberc  alte  Spiele  ftnb :  ®erab  unb 
Ungerab,  Stöjlen  ober  Slättlen,  SScr= 
faufen,  Äodben,  CcrPecfcn,  zirlin  mirlin 
gassen  tirlin,  Steinoerbergen,  Öadben  üer« 
'balten  ober  ©ramüefeli  machen,  53ltnbehtb 
ober  iBlinbemauö,  „^err  Äönig,  ic^  biente 
gern",  melcbeö  jc^t  „Scbenfcn  unb  ßo= 
gieren"  l)ei|t,  Änödbeln  ober  Uluöbappeln, 
b.  b-  au^  ber  inneren  $anbfläd)e  Steind)en 
empormerfen  unb  biefelben  mit  ber  äußeren 
auffangen;  au^  ba«  SBürfelfpiel  mar 
t»ei  ber  Sugenb  beliebt.    «ßerbreiteteiJ  Spiel 


marcn  tai  vingerlin  snellen,<pia^mecbfeln' 
„Scbneiber  leib  mir  bie  Scber".  *}i[udb 
»crfcbiebene  Jurnfpiele  werben  genannt, 
t)<xi  Stellen,  Äegetfpiel. 

93eifpielc  »on  ÄinbersSprccb* 
Übungen  giebt  e^  jablreic^e  au«  bem 
3JJittelalter,  j.  ^.  ein  flig  die  prewt  ein 
praw  von  pir;  wenn  wir  wern  ,  wo  wir 
wolten ,  wer  wais ,  wo  wir  wern  ;  wenn 
mancher  mann  wüsste,  twas  mancher 
mann  wäre  etc.,  tjl  auö  bem  15.  3*^^^* 
bunbett  belegt;  ^Jiff^art  i)at  u.  a.  Kuh- 
rantzumvih,  Vislamenten  knkleass,  Zung- 
linspitzlin ,  Fritzenschmitzlin ,  Meiner 
Mutter  Magd  macht  mir  mein  Muss  mit 
meiner  Mutter  Mehl. 

Selegt  Ifinb  ferner  Äinberfprüd)e  unb 
SReime,  meiere  ben  iRuf  ber  SBögel  nacb* 
abmen,  fobann  Sprüche  an  bie  Scbnecfe, 
öriKe,  ben  !DJatEäter  unb  ben  Äudud.  ©in 
Äcttenreim  auö  bem  14.  3'it"^|)"i'bert  be* 
ginnt  : 

Es  reit  ein  herre: 
ein  schilt  war  sin  gere; 
ein  gere  war  sin  schilt, 
unde  ein  hagel  sin  wint; 
sin  wint  war  sin  hagel, 
ich  wil  iuch  fürbas  sagen, 
ich  wil  iuch  fürbas  singen : 
bongen  daz  sint  rinder; 
rinder  daz  sint  bongen , 
unde  ein  släf  ein  onge  etc. 
2)aö   Äinbcrgebet,    tai    3obanne^ 
5lgrifola   (geb.  1492)    in    feiner   Jugenb 
betete,  lautet: 

Ich  wil  heint  schlafen  gehen, 

zwölf  engel  sollen  mit  mir  gehen, 

zwen  zur  haupten , 

zwen  zur  selten, 

zwen  zun  füssen , 

zwen  die  mich  decken , 

zwen  die  mich  wecken, 

zwen  die  mich  weisen 

zno  dem  himlischen  paradeise. 

Amen. 
Äinbcrrätfel  ftnb  in  lateinifdbcr 
Sprache  auö  bem  lO.^abrbunbert  bcEannt; 
ebenfo  ijl  tai  IDlärc^enerjäblen  burdb 
frübe  3eugn'ffe  belegt.  9iacb  ßinflerlc, 
SDaö  beutfcbe  J?inberi'picl  im  »JJJittclalter, 
1868.  <ygl.  iRod)boli,  'iltemannifclpe« 
Äinberlieb  unb  Äinberfpiel  auö  ber 
Scfemeij,  1857. 

SiitblcintDicgciu  a3ilblicbe  ©arfieüungcn 
ber  ®eburt  (i,t)cifti  maren  früb  in  ben 
Äircben  jjranfreicb^  üblicb.  3"  JRouen 
murDe  nac^  bem  leöeum  am  beiligen 
2Beibna(^t«tage  tit  3tnbetung  ber  ^irten 
23* 


352 


Äird^enlieb. 


folgcnberma^en  gefeiert :  hinter  bem  Elitäre 
ip  eine  Grippe  erbaut,  barauf  ba^  Söilbniö 
ber  f)l.  Jungfrau.  35or  bem  S^or  auf 
einer  Srljö^ung  ftef)t  ein  Änabe,  tt)el(!)cr 
ben  ßngel  barjieHt,  unb  oerfünbet  bie 
©eburt  Ü^rifii.  2)urc&  bie  gro§e  Z^üx 
beö  S^oreö  treten  bie  ^irten  ein  unb 
gc^cn  auf  bie  Grippe  ju,  unter  bem  ®e= 
fange  Fax  in  terris;  fie  begrüben  bie 
Jungfrau  unb  beten  ta^  Äinb  an.  Sor 
bem  ?(Itar  njirb  eine  ÜJicffc  gelefen;  nad)« 
bem  fic  ber  *Priefier  gecnbet,  «enbet  er 
fd)  ^u  ben  ^irten  unb  fragt:  Quem 
vidistis  pastores?  ®ie  ^irten  antworten: 
Natum  vidimus. 

5i[^nlicf)e  fircftli^e  2Beit)nacI)t0gebräu(i)e 
ftnb  feit  bem  14.  Ja^rbunbert  in  3)eutfc^» 
lanb  nad)geh)iefen.  Jn  ber  Äircfje  mar 
eine  Sßicge  aufgefteOt,  an  ber  2)Jaria  fa^. 
©ie  fcrbert  Jofept)  auf,  iai  Äinb  ju 
njicgen.  2)iefer  erflärt  fxc^  baj^u  bereit, 
ttjorauf  ber  ß^or  ein  fromme«  ÜBei^nac^tä« 
lieb  anfiimmt.  ®er  2;eft  lautet  in  einer 
lürjeren  iUufäeic^nung : 

Joseph,  lieber  neve  min, 

hilf  mir  wiegen  das  kindelin, 

dass  got  müesse  din  loner  sin 

in  himelrich, 

der  meide  kint  Maria. 
Gerne,  liebe  muome  min , 

ich  hilfe  dir  wiegen  din  kindelin, 

dass  gott  müesse  min  loner  sin 

in  himelrich, 

der  meide  kint  Maria, 

Na  freu  dich,  christenliche  schar! 

der  himelische  knnig  klar 

nam  die  menschheit  offenbar, 

den  uns  gebar 

die  reine  meit  Maria. 

Qi[^nli($c  ßieber  entpanben  öielc  im 
15.  Ja^t^unbert,  bie  in  ben  SDRunb  be^ 
33olteö  übergingen  unb  fic^  lange  er« 
hielten.  3"  enangetifc^en  ©egenben  jlarb 
bie  ©itte  aümäbli^,  boc^  fetir  langfam 
auö,  in  ber  fatfiolifc^en  kixä)i  tx^itlt  ftc 
ftc^  unb  trieb  flets  neue  ffiiegenlieber,  bie 
bann  in  bie  ®efangbüd)er  übergingen. 
^ offmann  t).%.,  2)eutfc^e^  Äir(J)enlieb, 
§.  11. 

Äirc^cnUeb.  Son  einem  eigentlichen 
Äirc^engcfange  iii  33olfeä  tann  im  ÜJJittel« 
alter  bie  9tebc  ni(^t  fein,  ba  bie  Äirc^c 
auebtüctlic^  ben  ®ebrau(f)  ber  eint)eimi* 
f(f)cn  @pra(ä)e  für  bie  liturgif(^e  ^anb^ 
iung  unterfagt  ^latte;  i>ai  93olf  foüte 
fc^meigenb  beten  unb  nur  im  ^erjen 
fingen;  ben  ©eijllicfjen  allein  fam  e«  ju, 
^eilige  ©efänge  anjuflimmen  unb   fo  bie 


^erjen  bcö  um^erjieljenben  93clfc«  ju  et« 
I)cben.  2)aä  einjige,  maö  man  Ja^r&un* 
berte  lang  bem  !ßolfe  beim  ©ottedbienfl 
JU  ^ngen'geftattete,  mar  ber  (Ruf  Kyrie 
eleison,  |)crr ,  erbarme  2)i^  unfer! 
S)icfer  mürbe,  unb  jmar  oft  mieber^olt, 
bei  öei(^enbcgängnif[en,  na^  ber  ^ßrcbigt, 
bei  ber  SSefper,  ja,  mie  eö  in  ben  Äapitus 
laricn  ^ei§f,  auä)  bei  ben  ®efd)äften  bed 
Sebenö,  beim  ^ni-  unb  (Eintreiben  beä 
Siei)cö  gefungen  ober  gerufen,  ßubmig 
ber  fromme  pflegte  am  Äarfrtitage  in 
feinem  *Palafte  ju  5lacf)cn  feine  ganjc  $of« 
Haltung  mit  neuen  Äleibern  ju  bcf^cnfen, 
Bom  33orne|)mjlen  an  biö  auf  ben  ®c« 
ringPcn,  unb  menn  nur  jeber  ^attc,  mad 
er  beburfte  unb  auc^  bie  3trmen  gefleibet 
raaren,  bann  riefen  fxe  i^m  bur(^  bie  mei* 
ten  ^aücn  ju:  Kyrie  eleison!  2)erfelbe 
9tuf  ertönte  auc^  in  ber  @d)la(i)t,  mie  eö 
j.  Sß.  im  Öubmigelieb  ^ei§t: 

Ther  kuning  reit  kuono, 

Sang  lioth  frone, 

Joh  alle  saman  stmgun 

Kyrrie  leison. 
Qlnfänglicfe  tönte  ber  SRuf  ungcfc^la(^t 
auö  bem  2)?unbe  beä  ißolEe«,  fobag  ein 
Sefc^luB  erging,  iai  Solf  folle  Kyrie 
eleison  rufen  lernen  unb  nid^t  me^r  fo 
rustice,  dörperlich,  f(^reien  mie  bi^^er. 
6in  einjigeö,  bem  9.  Jaljr^unbert  ange* 
t)örigeö  beutfc^eö  Sieb  ijl  erbalten,  bad 
ni(^t  blo|  ben  SRefrain  enthält,  fonbern 
jugleif^  einen  jlropbifciien  Sejt,  ta^  Sieb 
com  ^eiligen  $etruö: 

Unsar  trohtin  hat  farsalt 

sancte  Petre  giwalt, 

daz  er  mac  ginerian 

ze  imo  dingenten  man. 
Kyrie  eleison! 
Christe  eleison! 

Er  hapet  onch  mit  wortun 

himilriches  portün. 

Dar  in  mac  er  skerian 

den  er  wüi  nerian, 
Kyrie  eleison ! 
Christe  eleison ! 

Pittemes  den  gotes  trüt 

allä  samant  upar  lüt, 

daz  er  uns  firtänen 

giwerdo  ginäden 
Kj-rie  eleison! 
Christe  eleison! 
2)aä  l)ei§t:  Unfer  ^err  ^at  übergeben  bem 
l)eiligcn  $etru«  bie  ®emalt,  i>a^  er  ju  et* 
retten  »ermag  ben  auf  if)n  ^offenbcn  SDlen* 
fdl)en.    (5r   befi^t   aud)   mit  JBorten   t>ti 
^immelteic^eä   Pforten;    ba^in    fann    er 


Ätt^enlteb. 


353 


fc^arcn  benjcnigen,  ben  er  erretten  Witt. 
Sitten  Voll  ben  ßicbling  ®otte^  alle  i\X' 
fammcn  überlaut,  ta^  er  unä  fd)ulbi9en 
(ju  »crt^un)  gnäbig  fein  »erbe! 

5)ie  mit  bem  11.  S^^i^^unbert  juerft 
in  iJranfrcid^  beginnenbe  reIigiöö;fir(^Ud)e 
Erregung  wäre  an  fic^  einer  5iu^bilbung 
iti  geiftUd)en  ©efange^  ni(^t  ungünjiig 
8eh)efen,  ttjenn  bie  Äircf)c  nic^t  nacf)  n)ie 
öor  jeglidber  ©inmifdiung  nationaler  ®c» 
fange  in  ben  lateinifc^  gef)altcnen  ®ottcö* 
bienjl  ftd^  »ibcrfe^t  I)ättc,  ®o  benjcgte 
ftd)  auc^  bie  im  12,  unb  13.  ^a^r^unbert 
jur  Slüte  gelangte  njeltlidj^öfifc^e  ßt)rif 
auf  anberen  Salinen  alö  auf  fold)cn  eineö 
geijtUcften  Sßolfögefangeö,  unb  tttenn  jtt)ar 
religiöfer  Stoff,  namentlich  ber  SOtarien* 
bienft,  ber  ipxit  ber  SWinnefänger  nic^t 
fremb  blieb,  fo  mar  eö  bod)  mc^r  bie 
fubjcftiüc  inbiüibuetle  Stimmung  be^ 
frommen  5Di(i)tcrä,  bie  fici^  auäfpra^,  al^ 
iai  gcmeinfam  bic^tcnbc  unb  religio« 
empfinbcnbc  23olfögcmüt.  ©o  begegnet 
man  benn  im  12.  unb  13.  ^a^r^unbert 
nur  fe^r  roenigcn  an  ixt  pfifd)e  ßljrif 
ftct)  anle^nenben  geifilic^  »olfötümlic^en 
Sicbcrn;  »a«  bie  3"t  an  foldicr  ßprif 
wirflicl)  befa§  unb  benu^te,  waren  »iel« 
me^r  ßieberftrop^en,  bie,  »iclleic^t  noc^ 
au«  früf)erer  3tit  ^errül)renb,  ec^te«  ®igen= 
tum  ber  fonjl  in  bicfer  *Periobc  fo  n^enig 
vertretenen  93olf«bic^tung  jtnb.  S)a^  aber 
bae  Sol!  mirflic^  geijllic^c  ßieber  befaf  unb 
im  ©egenfa^  ju  ben  ^wnjofcn,  »on  bc* 
nen  auöbrücflic^  bezeugt  ttjirb ,  ta^  fte 
!eine  fold)e  gef)abt  ptten,  fang,  baton 
ftnb  me^rfad)e  3f"9"ifff  erlialten;  fo 
j.  S8.  alö  ber  ^^eilige  Sern^arb  r>on  ©lair= 
»eauj:  1146  an  ben  Ufern  be«  iRt)cinö  ta^ 
Äreuj  prebigte,  fang  ha^  93olE  »iebcr^olt: 
Christ  uns  genäde, 
Kyrie  eleison, 

Die  heiligen  alle  helfen  uns! 
ÜJJan  fang  bei  ben  2Ballfabrten,  »ä^rcnb 
bcö  Kampfe«,  befonDerö   auf  ben  Äreuj= 
gügen,    auf  ber  ®ee,   n)ät)renb  unb  nad) 
ber  %a\)xt. 

3n  ber  @c^lad)t  auf  bem  ÜJiaröfclbe 
jmif^en  Dttofar  unb  SRubolf  t>on  ^ab«* 
bürg  fang  ta^  beutf($e  |»ecr: 

Sant  Mari,  muoter  nnde  meit, 

al  unsriu  not  si  dir  gekleit  (geflagt), 
5Da«felbc  Sieb  fangen  beutfd)e  Äreujfalirer 
»or  ber  ®c^lad)t  bei  5lcca  1291  unb  bei 
ber  ©c&lac^t  am  ^afenbül)cl  1298. 

ÜJJan  nannte  biefc  ßieber,  ob  nun  bct 
Äel)r»er«  Kyrie  eleison  noc^  babei  voax, 


ober  nic^t.  Leisen,  eine  ^Benennung,  bie 
bi«  in«  15.  S^br^unbert  bauerte. 
25ic  »erbreitctften  ßeifc  waren  aber: 
5Der  Dfierleiä: 

Christ  ist  erstanden 
von  der  marter  allen, 
des  sollen  wir  alle  fro  sein, 
Christ  will  unser  trost  sein, 

kyrieleison. 
"Waer  er  nicht  erstanden, 
so  waer  die  weit  zergangen, 
seit  dass  er  erstanden  ist, 
so  frewet  sich  alles  das  da  ist, 
kyrieleison. 
S)cr  ^immelfatjrtölei«: 
Christ  für  gen  himel, 
was  sant  er  uns  wider? 
er  sendet  uns  den  heiigen  geist 
zu  trost  der  armen  Christenheit, 

kyrieleison. 
Christ  für  mit  schalle 
von  seinen  jungem  alle, 
macht  ein  kreuz  mit  seiner  hant, 
und  tet   den  segn  übr  all  laut, 

kyrieleison. 
AUeluia,  alleluia, 

alleluia ! 
des  soln  wir  alle  fro  sein, 
Christ  sol  unser  trost  sein, 
kyrieleison! 
S)er  $fingfilei«: 
Nu  bitten  wir  den  heiligen  geist 
um  den  rehten  glauben  allermeist, 
dass  er  uns  behüete  an  unserm  ende, 
so  wir  heim  saln  varn  uss  diesem 
eilende, 
kyrieleis. 
äöa^rfc^einlid^  fd^on  in  bicfer  iperiobc 
würbe  ju  ®d)iffe  tai  ßicb  gefungen,  iai 
fpäter  bei  (pilgcrfalirten  unD  Sittgängen 
^dufig  angewenbet  würbe: 

In  gotes  namen  varen  wir, 
siner  gnaden  geren  wir, 
nu  helfe  uns  diu  gotes  kraft, 
und  daz  heilige  grap, 
da  got  selber   inne  lac, 
kyrieleis  etc. 
SBurbcn    bie    genannten    ßieber    unb 
nit^t  wenige  anbere  erfi  im  14.  unb  15. 
3a^rl)unbert  cnt^anbene  geifilic^e  SSolfö« 
lieber  in  ben  folgenben  3abrt)unbcrten  bei 
ä^nlic^en  ®elegenl)eiten  fortgcfungen  unb 
famen  fte  teilweife  fogar  im  ©otteöbienjl 
jur  Qlnwcnbung,  fo  brad^te  nunmet)r  iai 
14.    unb    15.   3<il)tbunbcrt   noc^    infolge 
anbcrer  Vorgänge  einen  beut|c^en  Äirc^ens 
gcfang  mc^r  unb  me^r  in  j^\\i^.    ®4>on 
früf)er  »ernimmt  man,  baf  Äc^er  öffent« 


354 


Äitd^enlicb. 


lic^  gcijllic^c  Siebet  fangen;  üon  folc^cn 
finb  jtüQt  feine  Seifpiele  erhalten,  jebod) 
ani  anbeten  Steifen ,  bie  im  ©e« 
genfa^  jut  nüd^tetnen  €(f)oIafiif  unb 
©ogmatif  bet  ^itc^e  ein  lebcnbigeö  teli* 
giöfeö  (Smpfinbung^Ieben  {)ci»ottiefen. 
2)at)in  9ef)öten  bie  SDlpfiifei,  in  beten 
Äteifen,  namentlich  in  ^taucnflöjletn,  ta^ 
mpPifd^e  fiebenöptini^ip,  bie  Siebe  ju  ®ott 
unb  in  ®ott,  iaü  fei)nfüd)tige  Setlangen 
nai^  (If)tifio,  bcm  Stäutigam,  in  jal)l« 
tcid)en  Siebetn  ficf)  ausfpiac^.  2)a^in  ge« 
^ött  j.  S.  tai  Sieb: 

Freu  dich,  tochter  von  Zion! 
schoene  botschaft  chnmet  dir: 
du  solt  singen  süezen  dön 
wol  nach  dines  herzen  gir; 
du  bist  worden  gotes  schrin, 
davon  soltü  froelich  sin 
und  solt  nicht  liden  herzen  pin. 
Ina  jn  jn  ja  jubilieren, 
meditieren ; 
ju  ju  ju  ju  jubilieren, 
contemplieren ; 
ju  ja  ju  ju  jubilieren, 
ju  ju  ju  jubilieren, 
speculieren ; 
ju  ju  ju  jubilieren, 
concordieren. 
Meditieren  daz  ist  guot, 
swer  an  got  gedenken  wil, 
jubilieren  wunder  tuot 
und  ist  der  sei  ein  seitenspil. 
speculieren  das  ist  glänz, 
contemplieren  git  den  chranz 
concordieren  leit  den  tanz. 
Ina  ju  ju  jubilieren 
concordiern  ist  jubilieren 
von  dem  süezen  contemplieren. 
Gbenfatlö  an   bie  Siebet  bet  ^ätetifei 
etinnctn  bie  »on  ben  ®ei|Ietn  gefunge« 
nen  ©cfange,   meiere  tt)a^t[^einti(^  fc^on 
au^  fluteten  ®ci§elfa[)tten  be^  13.  ^ai)Xi 
t)unbettg  flammen  (ftel)e  ben  bef.  5Ittifel). 
9'iic^t  minbet  jcigt  f\d)  bie  ncuetmac^te 
Suji  am,,gciflli(^=beut[d)cn  Siebe  in  ja^l* 
tcid)en   Übetfe^ungen    lateinif^et 
Äitc^cn^tjmnen.     Sic  beginnen  fc^on 
im  13.  3a|i()unbett  mit  Kam,  schepfaer, 
heiliger    geist ,    Veni    creator    Spiritus ; 
Nie  wart  gesungen  snezer  gesanc,  Jesus 
dulcis  memoria  unb  Gote  sage  wir  gnade 
unde  eren  danc ,   Hymnnm  dicamus  Do- 
mino.    ®egcn  @nbe  beö  14.  unb  ju  2lns 
fang    beö    15.  3a^t^unbett«   mef)ten  fid^ 
biefe  Qltbeiten ,  namentlich  ^at  bet  Sene* 
biftinet  ^etmann  uon  ©aljbutg  ja^l« 
iei(f)c  lateinifcf)c  ^t)mnen  bcutfd^  btatbeitet 


unb  jmat  auf  Segelten  feinet  6tjbifc^of* 
qgilgtim,  geft.  1396;  cbcnfattö  al«  Übetfc^et 
unb  juglei^  al^  ftud^tbatet,  frommet  unb 
begabtct  felbftänbigct  2)ic^tet|^at  ftd)  ^  e  i  n  * 
ti^  Don  Sauifenbetg,  (ßtiefiet  ju 
gtcibutg  im  ®tei^gau,  auögejeidbnet;  et 
ttat  1445  ju  ©tta|butg  in  ein  ^lofiet. 
®cf)on  fang  an  einigen  Drten  tai  23otf 
abtticd)felnb  mit  bet  ®eijllicl)fcit  folcfec 
$t)mnen,  je  bie  lateinifä)c  unb  bie  bei* 
felben  entfpte($enbe  beutfdie  ©ttop^e. 
*llud^  an  gebrucftcn  beutf(j)cn  ^ijmnen* 
fammlungen  fehlte  e^  »ot  bet  SRefotmation 
tcinc^megö. 

(gine  meitete  QueUe  geifilict)et  Siebet 
gemann  man  butcö  Umbicl)tungen 
weltliÄet  ®efänge.  @c^on  bie  fa^« 
tenben  Äletifet  obet  ®oliatben  bitten 
im'.^  13.  S^ifli^I^unbctt  fircf)lic^e  ^pmncn 
wcltli^  patobiett,  j.  33.  aug  bem  Verbnm 
bonum  et  suave  ein  Sieb  gemad^t  Vinum 
bonum  et  suave  unb  ftd^  ni^t  gefc^eut, 
folcl)e  SSetfc  in  ben  Äitc^en  beim  ®otteä* 
bienPe  abjujtngcn.  ^t^t  9cf(^ab  ba^  Um* 
gefebtte,  man  patobiette  rceltlicf)e  Siebet 
in  geifilid^en  Sejt.  aiBeltgeijili(^e,  Tlön^t, 
Dtonnen ,  nahmen  on  biefet  5ltbeit  teil, 
mobutd^  man  [xä)  in  ben  Seji^  geijllid)er 
Icfte  ju  fc^önen  langfibcfanntcn  @ing* 
meifen  fe|te.  ®o  mürbe  ba^  befannte 
Sieb  : 

Ich  stuond  an  einem  morgen 
heimlich  an  einem  ort, 
da  het  ich  mich  verborgen, 
ich  hört  klegliche  wort 
von  einem  frewlein  hübsch  und  fein, 
das  stuond  bei  seinem  buolen, 
es  muost  gescheiden  sein, 
in   biefet   crflen  ©ttopbe  folgenbetma^en 
umgemanbelt: 

Ich  stuont  an  einem  morgen 
heimlich  auf  einem  ort, 
da  het  ich  mich  verborgen, 
ich  hört  klegliche  wort, 
wan  sei  und  leip  in  grozer  pein; 
die  sei  sprach  zuo  dem  leibe: 
es  muoz  gescheiden  sein. 
©0  mutbe  aug: 

der  liebste  buolen  den  ich  han, 
der  leit  beim  wirt  in  keller, 
er  hat  ein  hölzin  röcklin  an 
und  heist  der  muskateller, 
bet  Slnfang  bc^  geiftli^en  Siebcö: 

den  liebsten  herren  den  ich  han, 
der  ist  mit  lieb  gebunden, 
er  lachtet  in  dem  herzen  min 
und  freut  mich  zallen  stunden. 
3tüx  geting   i|i   bei  *itnteit,    ben   bie 


Äird^cnlicb. 


355 


SWeijier fanget    am  tixdiliä)  fangbaicn 
8iebcrfd)a^e  Ratten. 

5Dagegcn  trat  nun  fintier  glcid)  im 
ÜBeginn  bet  (Reformation  ganj  unb 
Bon  für  baö  SRecf)t  beö  fircf)Iicf)en  ©e« 
meinbegcfangeö  ein  unb  unterfiü^tc  iai 
iPtinjip  bcöfelben  burd)  eigene  ©iditungen, 
bie  er  teilä  auö  ber  23ibel,  teilö  a\ii  ben 
alten  Iateinifd)en  ^tjmnen  fdiöpfte,  teiB 
finb  e^  alte  ßicberprop^en,  bie  er  fort« 
Md)tenb  bcnu^te,  einige,  befonbcr^  bie 
polemifc^en,  ftnb  frei  gebic^tet.  5Daö  erfic 
»on  2üt\)n  herausgegebene  ©efangbud) 
etfc^ien  ju  SBittcnberg  1524  unter  bem 
2itel:  „(ätlid^  ßl)riftli*  fiibcr,  ßobgefang 
unb  *Pfalm,  bem  reinen  Jßort  ®ottc^ 
gemei,  au§  ber  ^cpligen  fc^rifft,  burd) 
mand[)erlet)  ^ct)gele^rter  gemad^t,  in  ber 
Äir^en  juo  fingen,  mie  eS  bann  jum 
\at)l  berat)!  juo  SBittenberg  in  üebung  ift." 
Q,i  entbaTt  acfct  ßieber,  ncimlic^  Don 
fiutl^er  felbjl  4  CiRu  freut  eud^  lieben 
S^riften  gmein,  21^  ®ott  com  t)imcl 
fieb  barein,  (So  fpridbt  ber  unreifen  munb 
»ol,  unb  2luS  tiefer  not  f(l)rei  id)  ju 
bir;)  fobann  brei  Siebet  non  fpauluö 
©peratuö:  (5ö  iji  tai  ^cil  unei  fumen 
et,  3"  ©Ott  gelaub  id)  ha^  er  ^at,  ^ilf 
®ott  wie  ifi  bet  mcnfd)en  not,  uab  tati 
ßieb  eineö  unbefannten  iDerfaf("erö:  3" 
3efu0  0Jamen  l)eben  wir  an.  3n  ''em? 
felben  3üJ)re  1524  etfd)ien  ju  ßrfutt 
fd&on  eine  auf  25  ßieber  oernie^tte  <Samms 
lung,  iiai  (Snd)iribion  ober  ^an'bhixä)' 
lein,  mit  18  öutberifd)cn  ©tüden,  unb 
fo  t)atte  eö  nun  längere  3^'*  t"it  jöt)I= 
rcid)cn  neuen  fiebern  unb  (Sammlungen 
feinen  Fortgang,  wobei  bie  Unteren  balb 
mel)r  bem  gemeinfamen  ©ebrauc^  ber 
eDangeUfd)en  .Kirche,  balb  mel)r  einer  be« 
fonberen  jiäbtif^cn  ober  ßanbe0  5Äird)e 
bienten.  5Die  |>auptnamcn  ber  Sieber* 
bid)ter  (ouäfübrlic^eö  Serjei^niö  bei  ®oes 
befe,  ®runbrif,  I.  §  127  ff.)  finb  «Paul 
©peratuä,  SJiicoIauö  2)eciuö,  ©raSmuä 
QlberuS.  fflurfbarb  iZBalbi^,  3ufiuä  3onaö, 
9Ji(oIauö  ^ermann,  Sßoifgang  SWuöculuS, 
Sodann  SOJatbefiuö,  «Paul  (Sber,  SJiicoIaus 
Selneder,  3o^anr  gifd)art,  Sart^olomäuö 
iRingwalbt,  *P|)ilipp  *)JicoIai,  Sodann 
SBalentin  2lnbreä  unb  ^an«  Baä)^.  S)ie 
fiieber  biefct  2)id)tei  Iaf[cn  eö  fid^  ange» 
legen  fein,  ben  objeftifen  3iit)alt  ber 
eüangelifc^en  fie^re,  namentlid)  an  bie 
39ibel  angelehnt,  in  ei^ter  tolfötümli^er 
bünbiget,  allgemein  mitf famer  ©pra^c 
»ieberjugeben;  fte  moüen  aber  nid)t  eigcnt= 
lic^    lehren,    fonbern   fie   ftnb  ber  3fleflef 


tii  eoangelifc^en  ®Iaubenä  auf  iai  ®e* 
müt  bet  eoangelifc^en  ®emeinbe  unb  meifi 
mc^t  finblid)  naio  aU  oerftanbig  nüd)tern 
gehalten.  ®inb  bie  mciften  biefer  fiieber  noi^ 
in  bet  rol)eten  5)eröte^nif  beS  16.  3o^t' 
l)unbertö  »erfaßt,  fo  werben  fie  ciegen 
baS  (Snbe  beS  3a^il'""^«t6  in  ber  ^otm 
eleganter,  glatter,  i^um  Seil  fünjtU^ 
fpielcnb,  unb  ber  ^uffaffung  nad)  fubjef« 
tioer;  biefe  le^tcre  ®attung,  beren  ^aupt* 
repräfentant  *pi)ilipp  Siiicolai  ift,  fü^rt 
bann  l)inüber    ju   ben  fiieberbic^tcrn  bed 

17.  3al)tl)unbertS,  weld)c  unter  bem  Sin« 
ftuffe  ber  Dpi^ifc^en  Söeräfunjt  unb  unter 
bem  2>rang  bed  30  jährigen  ÄriegeJi  eine 
eble  ©ubjeEtiüetät  beö  religiöfcn  ®efül)Ie^ 
jut  3)atjteüung  btingen. 

51nberS  unb  minbev  günjlig  für  tai 
Äird)cnlieb  entmidelte  pd)  ber  ©otteäbienjl 
ber  9t eformierten.  S'^infl^i  moüte 
für  3üti^,  namentlid)  abgcf(^recft  burc^ 
biöl)er  maltenben  ÜJli^braud)  beä  firc^» 
lid^en  ®efangö,  feinen  beutfc^en  ©emeinbe* 
gefang  bulben;  maö  eon  reformierten 
S)ic^tern  bennod)  an  Äirc^enlicbern  gc* 
biegtet  mürbe,  mar  wenig  erf)cblicö  unb 
fd)Io§  fic^  an  bie  I)id)tung  ber  Sut^e« 
rancr  an ,  beren  fiieber  anfangs  aucfe  in 
bie  reformierten  ®efangbüd^er  <Uufna^me 
fanbcn.  'S)o<S)  ücrfi^wanben  biefe  €amm* 
lungcn  allmäfjlic!^  auS  bem  fird)Itc^en 
®ebraud)e  unb  machten,  bebingt  burc^ 
bie  JJorberung  eineö  einjig  auf  bie  ©d)rift 
gegrünbeten  ^itc^engefangS,  bloßen  $f  a  1 « 
menübetfe|ungen  *pia|.  ki  gefc^a^ 
baö  namentlich  unter  bem  ®influf[e  bet 
oon  ®oubimcl  nac^  franäöfifc^en  Soifgs 
weifen  in  afluüf  gefegten  'pfalmen  SOktot« 
unb  93ejaä;  biefe  ftani\öftfc^e  *Pfalmens 
fammlung  würbe  nun,  um  bie  SOlelobicn 
ju  ert)alten,  oon  ^mbrofiu^  fiob« 
waffer,  $tofeffot  ju  Äönigöbetg,  1515 
bis  1585,  ©ilbe  füt  ©übe  inö  2)eutfd)e 
übetfe^t   unb    blieb   biä  gegen  (Sn?e  bed 

18.  3a^r^unbett8  t>ai  in  unjä^ligen  Qtu^« 
gaben  gebtudte  ^falm*  unb  Äird)cnliebet* 
bud)  ber  reformierten  ©emeinben. 

91ud)  bie  f  a  t^  olif c^  e  Äi  r  c^ e Deutf(^:= 
lanbS  blieb  jule^t  nic^t  ganj  o^ne  QInteit 
an  ber  auf  bem  ®ebicte  beö  Äird)enUebeö 
entftanbencn  Scwegung.  üBenn  jwar  tai 
«Prinjip  ber  SWi^tteilnai^me  beS  *BolEeä 
am  tiv^Iid)en  ®efang  nie  oon  ber  Äirc^e 
felber  jurüdgenommen  würbe,  fo  Würbe 
bod)  ^ier  unb  ba  fird)lid)  beutfd)er  ®cfang 
gebulbet  unb  gepflegt,  man  fammelte  alte 
fiieber  aüi  ber  93olfäübcrlicfetung ,  auc^ 
alte  Überfe^ungen  ber  ^pmnen,  oermc^rtc 


356 


Äleibcrorbnungen. 


fte  mit  neuen  Übcrfe^ungen  unb  ßiebcrn  j 
unb  crt)iclt  babUK^  einen  nic&t  unhttxddiU  \ 
lid^en  ßieberfcf)a^.  25er  er|ie,  ber  tai 
tfiat,  War  9!}lid)ael  Sefe,  55rebiger= 
mönc^  unb  $vopji  ju  ^aUe  an  bcr  Saale, 
mit:  „Sin  3iett)  ©efangbücfelein  ®et)jllic^er 
Sieber,  nor  aüc  guttue  (S^rijien  nad)  orbc- 
nung  (56rifilid)er  ßirc^en.  Seipjig,  1537." 
(5^  enthält  45  Sieber  unb  würbe  bcnu^t 
»on  ®eorg  2öi|el,  ©ombec^ant  üon 
Dlmü^,  ber  1567  ein  gro^e^  ©efangbud) 
mit  199  beutfc^en  unb  22  Inteini[(f)en 
Siebern  fierauägab.  ^toä)  umfangreicher 
tji  t>ai  tmi)  S)aüib  Oregoriuö  (Sorner, 
2tbt  ju  ®öttt>cig,  im  3a|re  1625  »eran» 
jtaltete  „®ro§  Gat^olifd)  ©efangbud^" 
mit  422  Siebern.  |»  offmann  üon 
galleröleben,  ®efdf).  b.  bcutfd^en 
Äird^cnliebeö  biö  auf  Sutf)erö  Qnt. 

Älctbcrortimtngen.  Sdjon  Äarl  b.  ®r. 
fat)  fid)  »eranlaft,  burd^  befonbere  ©rlaffe 
bcm  Suyuö  in  ber  ®efleibung  entgegen* 
jutreten,  ber  of)ne  3*^6if^l^  huxä)  frembe 
^oflcutc  an  feinem  ^ofe  ^la|  gegriffen 
^atte.  *J?amcntlici)  maren  e^  bie  föfttid^en 
^elje,  benen  ber  Äaifer  ben  Ärieg  erflart 
l^at.  (Sin  mit  SWarbcr*  ober  ^ifc^otterfeüen 
gefütterter  iRod  ber  bejlcn  5lrt  burfte  nid)t 
über  breifig  solidus,  ein  fol^er  mit 
3iefclmau0fetl  nict)t  über  je^n  solidus 
foPen.  2)oc^  crfc^ien  nad)  bem  „SDtön^ 
»on  ®t.  ® allen"  Äarl  felbji  —  wk  ein= 
fad^  fein  gemö^nlic^eö  Äleib  mar  —  an 
^oöen  i^ejien  üornefim  gefd)mücft,  unb  nictit 
minber  traf  hai  bei  feiner  ®cmal)Iin  unb 
ben  Söd^tern  ju.  S^  ift  bafier  mol)I  be* 
greipid),  ba§  nad)  feinem  S^obe,  unter  ber 
|»errfd)aft  feiner  fd)it)ad)en  «Sö^ne  unb 
(Snfel,  bie  *Prac^tIiebe  ungel)emmt  ftd)  ent= 
falten  fonnte.  (So  mic^  bann  bie  foge^ 
nannte  fränfifdie  Irac^t,  namentlich  uom 
10.  3a^t^unbert  an,  anmäf)li(^  ber  bpjan^ 
tinifdien,  bie  au«  Italien  betüberfam. 
2)cr  auffirebcnbe  Qlbel  unb  bie  ©tdbte 
wetteiferten  in  beren  5lnmenbung,  unb 
aller  ^alt  ging  cerloren,  als  bann  gegen 
enbe  bes  13.  ^a^tljunbertö  granfreic^  in 
jeber  93eäicl)ung  tonangebenb  mürbe,  mo 
man  —  mic  iSd)riftpeüer  bamaliger  ßeit 
üerfic^ern  —  am  ^ofe  Submigö  IX.  „ftd; 
bei  weitem  metir  nad^  einem  tofibaren 
SDfarberpelä,  al«  na^  ber  ewigen  ©eltgfcit 
feinte."  ^Dort  ert)oben  ft(^,  befonberö  nac^ 
bem  unglüdlid)en  5tuögange  ber  ©d^lac^t 
bei  (Srecp,  ernfte  SD^ünner  unb  fc^rieben 
ba«  Unglüd  befonber«  ber  ^offart  unb 
ber  fie  begleitenben  ©itten»erberbniS  ju. 
2)ie    ^ofaunen    fanben    aücrortß    iljren 


SBieberliatl  unb  wie  franjöfif^c  Sracbt,  fo 
fanben  au^  bie  Magen  unb  33erorbnungen 
balb  ringsum  Singang.  2Bir  faffen  jebod^ 
an  biefer  ©teile  nur  bie  amtlichen  ®r» 
laffc  inö  5luge  unb  Wenbcn  unfern  93li(f 
in  Äürjc  nac^ 

^ranfreid),  bem  33orbilb.  ®eit  bet 
Seit  (gbuarbö  m.  (1327—1377)  waren 
namentlid)  bie  beamteten  Don  ©taatöwegen 
geljalten,  jtc^  nad)  beftimmten  Sßorfcbriften 
jU  fleiben.  D^amentlic^  ben  ®eri(^töbe- 
amten  lieferte  ber  Äönig  bie  ©toffe  unb 
jwor  je  nad)  bem  [Range  Iu(^  unb  ©eibe, 
SammfeU  unb  „Äleinfpelt"  jum  Sefa^c. 
@o  lieferte  Cflic^arb  n.  (1377—1399)  ben 
iRic^tern  jur  ©ommerEIeibung  je  10  (SHen 
grünet  lud^,  ben  Oberrid)tern  24  (JUen 
grünen  laffet,  wä{)renb  le^tere  unter 
|)einrid)  VI.  ju  aBeif)nad^_ten  für  eine 
SBinterfleibung  10  ßUen  „violetin  grain" 
unb  152  fleine  •^crmelinfeüe  erhielten, 
worunter  32  feinere  jur  Äopfbebedung 
bcfiimmt  waren.  3"  ^ftngficn  erl)ielten 
fie  10  (SHcn  grüne«  Suc^  unb  ein  t)albe^ 
©tüd  grünen  „turtarin".  S)ie  Jrac^t  bec 
übrigen  ^Beamten  würbe  cbenfaHö  genau 
befiimmt  unb  ebenfo  ^le  ber  anbcrcn<Stänbe, 
fo  ber  ®ele^rtcn,  ber  ^rofefforen  unb  Stu* 
bierenben.  S)iei2i[rjtc  j.  S.  trugen  eine 
graue  [Robe,  gegürtet  mit  f($warjem  ^üfts 
gürtcl,  auf  bem  |)aupte  eine  fd^worje  .^appe, 
bie  mit  breiten  Sappen  unter  bem  Äinn 
jufammengebunben  würbe.  5(uffällige  5lug» 
jeid^nungen  mußten  fid)  aud)  bier,  wie  in 
Italien  unb  fpäier  in  2)eutfd)lanb,  bie 
öffentlicben  3!Räbd)en  unb  bie  Juben  ge« 
fallen  laffen.  (Srpere  trugen  Äappcn  mit 
wei§cn  ü}Jerfjeid)en,  le^tere  nac^  ben  SSer* 
orbnungen  ber  Äirc^enoerfammlungen  »on 
1233  unb  1267  ein  langet  ®cwanb,  bem 
1314  ein  l^ornartig  gebogener  $ut  »on 
gelber  ober  gelbroter  g^tbung  beigegeben 
würbe.  Qluc^  mugtc  ibr  Unterfleib  auf 
ber  Srufi  ober  i^.r  SWantel  auf  bcr  ©(^ulter 
mit  einem  roten  ober  orangefarbenen  Stab 
»erfct)en  fein,  ©old^e  Qlbjei^cn  waren 
aud^  beliebte  ©trafmittel  im  „peinlii^cn" 
JRed)t8»erfabrcn  ^äl\(i)n  unb  ^alf^* 
münjcr  Pellte  man  einen  ganjen  ^og  in 
einem  weisen  ®ewanbe  aud,  weld^cs  mit 
umpammten  Äöpfen  bemalt  war.  Verräter 
würben  mit  pergamentenen  Äronen  ge* 
fc^müdt  in  ben  ©trafen  umbergefü^rt, 
unb  Falliten  würbe  bie  grüne  Äappc  auf* 
gefegt. 

ßwifc^en  1330-1350  fanb  bie  ftan* 
jöpi'c^c  ira^t  in  S)eutfdblanb  (Eingang, 
liefern   ptö|ili^cn   Umfc^wung    in  ©itte 


^leibcrorbnungcn. 


357 


unb  Zxaiit  trat  man  fofott  energife^  tnU 
gegen,  aber  auä)  fcfcon  bon  llnfang  an 
mit  wenig  Srfolg.  S'Jamcnttid)  waren  eö 
bie  fiabtif^en  33el)örben,  bic  bcm  „Seufcl«^ 
hjerf"  ju  ßeibc  rücftcn,  [o  biejenigc  »on 
S^ürnberg  fc^on  1343,  l)aupt[äc^Iicf) 
gegen  bie  grauen  geriditct.  Salb  folgte 
bie  ^'^'^"ffu'^tcr  ^leiberorbnung  unb 
1356  biejcntge  Don  ©peier,  Welche  aßc 
burcf)  iljrc  fpieBbürgerlic^e  Äleinigfeitö» 
främerei  fidi  au^jfic^nen.  ®ic  le^tere  ftcüt 
j.  93.  nad)foIgenbe  SScrorbnungen  auf: 
„2)ie  Rauben  ber  grauen  foüen  nid^t  mebr 
benn  t?ier  Dlei^en  con  Äraufen  ^aben;  feine 
foH  il)re  gewunbcnen  ^aarjöpfe  ober  .^aar= 
fd)nüre  l)erabb(ingen  laffcn,  fonbcrn  auf^ 
gebunbcn  tragen,  ausgenommen  bie  Un= 
t)crt)ciratf)eten,  bencn  es  gejtattet  fein  mag. 
6inc  Jungfrau,  bie  nic^t  iFJanneö  ^at,  bie 
mag  mo^l  ein  Stapel  tragen  unb  i^re 
^aarjöpfe  f)angcn  laffen,  biö  ba§  ftc  be= 
rattjcn  unb  einen  ÜJiann  nimmt.  Äein 
©eiranb,  untercö  ober  obereö,  foH  meber 
riornc  jugefnöpft,  noc^  an  ben  «Seiten  ju= 
gefd)nürt,  burd^  (Sngniffe  eingejroungen 
»erben.  S5ie  Sappen  an  ben  ©rmeln  feien 
nid)t  länger,  benn  eine  (Stle  Dom  ®üen= 
bogen  an.  2)ie  23erbr(imung  be^  JRocfö 
ober  ÜJiantelö,  ob  Don  ^Peljmerf  ober  Don 
@cibe,  fei  nici)t  breiter,  benn  jweier  3»«d)' 
fingcr  unb  aud^  nur  oben;  unterfjalb 
follen  fte  gar  ni(i)t  Derbrämet  fein.  35ie 
SWdntel  foIlcn  oben  gefd)Ioffen  fein,  ot)ne 
Silber,  ®olb  unb  *Perlen,  unb  nic^t  ju 
Weite  ^alööffnungen  f)Qben.  5luc^  foüen 
an  ben  SRöcfen  bie  Äopföffnungen  fo  auf 
ben  llc^feln  aufliegen,  bap  biefe  nidit  ju 
weit  entblößt  werben,  ©ejireifte  ober  gc= 
ftidte  Üiöcfe,  93erjierung  an  .^üten  ober 
SHöcfen  Don  93u4)j^aben,  23ögeln  u.  bgl., 
bie  mit  ©eibe  aufgenaf)t  ftnb,  jeien  DoHenbs 
aufjugebcn.  *Jluc^  foü  feine  grau  an  i^ren 
SRöcfen,  SKänteln,  ^üten,  güi^fpangen,  ©ür« 
teln,  93anbcrn  u.  f.  w.  Weber  ®oIb,  ©über, 
nod)  (Sbelftcine  ober  gar  perlen  anbringen. 
(Sbenfo  foü  aud)  fein  2)lann  gebern  ober 
ÜJJetaürö^rc^en  ober  ®efd)melä  auf  ben 
®ugeln  tragen;  feiner,  ber  nic^t  [Ritter 
ip,  an  ©ugeltjüten,  Siöcfen,  ajJantetn,  no(^ 
an  ©ürteln,  Jafd^en  unb  SKeffern  Weber 
golbene  unb  filbcrne  93orten  ober  93änber, 
nodf)  ®olb,  ©über,  «perlen  u.  f.  w.  bliden 
laffen.  S)er  iRodf  fei  nidE)t  fürjer,  benn 
biö  ju  ben  Änieen,  er  fei  benn  jum  Äriegö« 
ober  gfleitrocf  beftimmt.  Äein  SWann  foü 
93art  nod^  ©d)eilcl  tragen  unb  fei  ber 
Sipfel  feiner  (Sugel  Weber  gewunben  noct) 
gefd)nitten,   no^    langer    benn    l)öd)fien6 


anbertl)alb  dUcn,  unb  bie  (Sugel  Dor  bem 
©eftc^t  in  feiner  SBeife  au^gejadt.  Diiemanb 
foü  an  feinen  @dt)ul)en  ober  an  feinen 
tebernen  |)ofen  lange  fpi^ige  @(i)näbel 
^abcn,  unb  fein  5Wann,  ber  nic^t  Stittet 
ifi,  ©df)u^e  führen,  bie  nur  ber  ^offart 
wegen  jcrf)auen  unb  jerfc^nitten  ftnb." 

©d^on  etwaä  nad^giebiger  —  imi  befio 
me^r  ©e^ör  ju  finben  —  lautete  eine 
ßürid^er  iBerorbnung  Dom  ^a\)xt  1371, 
wo  SBürgermeifter  unb  JRat  „einbettiglid^ 
barin  übereinfamen,  baf  ein  e^elic^  2Beib 
noi^  2Bitwe,  nod)  mit  D'inmen  eine  ^^xan, 
Weber  iSeginen  noc^  anbere  ^^raucn,  an 
einem  Z\xä)i  Weber  ©d)Ieier  noct)  anbcr 
Sud),  Weber  ©eiben  nod)  ®arnen,.  an  ein 
(änbe  fefeen  foQ,  unb  ia^  fte  es  tragen 
unb  laffen  fotl  aU  ha^  erflere  gewoben  ift; 
baju  aud^  foC  feine  ein  Äronf^appel  me^r 
tragen,  taii  Don  ©eibe,  Don  ®oIb,  Don 
©über  ober  Don  ebelem  ©ejtein  gemacht 
fei,  unb  fo  and)  fein  .Rappen  me^r  üon 
©eibc  mit  ®olb  ober  Sbetjteinen  baran. 
Den  Jöc^tern  aber  unb  ben  SWäbdien 
foüen  biefe  ©tüd  nic^t  Derboten  fein, 
^luc^  foü  feine  %xan,  weber  et)elic^  SBeib 
nod^  lebtgc  £o(^ter  ein  ®ewanb  oben« 
^crum  Weiter  tragen,  benn  ha^  t>ai  Äopf* 
lod)  jwcicr  i^inger  breit  auf  ben  51d^feln 
aufliege,  unb  foü  aud^  beren  ®ewanb  nid^t 
met)r  Dornf)erauf  unb  ju  ben  ©eiten  jum 
Änöpfen  ober  jum  ©d)nüren  fein;  audf) 
Weber  ein  ef)eli(^  SIßeib  nod)  SIBitwe  baran 
Weber  ®olb  unb  ©ilber,  nod)  6belfieinen 
unb  ©eibe  anbringen.  Södjter  aber  mögen 
an  i^rem  ®ewanb,  wie  fte  eä  biä^er  getrau, 
®oIb,  ©über,  (JJerlen  unb  ©eibe  tragen. 
@ö  foü  audf)  feine  ^xau  an  if)ren  SRod 
mii)x  eine  fi'appe  mad)en  laffen,  bic  länger 
benn  eine  (Süe  ijl;  audt)  Weber  e^clidf)  SQöeib 
nod^  iZBitwe  fernerhin  einen  anberen  0iod 
al^  Don  einer  garbe  tragen;  aud^  eine 
J^rau,  Weber  (5f)efrau  nod)  Sßitwe  nod^ 
Stodbter  einen  ®ürtel  fül)ren,  ber  me^r  al^ 
fünf  *jjf.  5Denare  wertf)  ifi.  2lud)  foü 
niemanb,  Weber  grau  nod^  üDJann,  iVnabc 
nodt)  Sod^ter  einen  ©d)u^  mel)r  tragen, 
an  bem  ftd^  eine  ©pi^e  befinbct,  barin 
man  (Stwaö  ^ineinf(iieben  fann.  S)aju 
aud^  Weber  grau  noc^  lod^ter  me^r  einen 
gef(^nürten  ©c^ub  anlegen,  ©o  aud^  foü 
jebweber  2JJann  unb  Änabe,  er  fei  reid^ 
ober  unoermögenb,  ein  3«9l^eöf  i»«^  «t 
nun  tragen  miß,  alfo  lang  madt)en,  ta^ 
eö  il)m  bi«  an  bie  Äniee  Verabreiche,  unb 
foü  ber  Äappenjipfel  nie  länger  al^  bet 
SRod  lang  iji  unb  nad^  unten  niemals 
met;r  jerf^nitten  fein.    51uc^   foü   feiner 


358 


Äleiberotbnungen. 


fortan  gct^cilte  ober  gcfireiftc  ^ofen  tragen, 
fonbcrn  c^  feien  beibc  Seinlingc  »on  einer 
garbe  unb  ©eftölt.  ©er  »on  ben  ®ats 
jungen  eine  brid)t,  bev  jal)It  je^)n  ©^iQing 
ju  Q3u§  ber  ©tabt." 

9if)nlic^e  93erorbnungen  erliefen  bie 
Wak  toon  Ulm  unb  Strasburg,  fomie 
1405  bctjlenige  Don  SDtünc^en,  ber  juerj! 
©efiimmungen  über  tai  ißer^altcn  bei 
ÄinbtQufen,  |)od^jeiten  u.  bgl.  aufPeDie. 
3n  legieren  ^eift  e^:  ,,6ö  foü  awä)  fortan 
feine  ^xau  noä)  Jungfrau  einen  (Rocf 
tragen  mit  9Bet)em  (*pcljmerf)  unterzogen 
unb  mit  offenen  (iȊnges)6rmeln,  unb 
ttjetc^e  ^xa\x  ober  Sunflfiou  bieö  über^ 
fd)reitet,  beren  QSater  ober  *D?ann  ^at  ber 
6tabt  oc^t  uiigarifd)e  ©ulben  unb  bem 
SRic^ter  jwei  ©ulben  ju  geben.  6ö  »er« 
bieten  ouc^  bie  Herten,  ia^  jeglic&e  grauen 
unb  3uiigfTauen,  tt)el($e  Bürgerinnen  f)icr 
ftnb,  einen  ÜJJantel  nodb  IRod  mel)r  tragen, 
ber  länger  benn  I)ö(I)fienö  jreci  Querfinger 
lang  auf  ber  (Erbe  nad^fd^lcppet,  unb  mcr 
»on  il)nen  baö  übertritt,  beren  Sater  ober 
ÜJJann  giebt  ber  ©tobt  ein  $funb  «Pfennige 
unb  bem  Mi)kx  60  2)enare,  fo  oft  aU 
fte  ben  9flo(f  ober  SDtantel  trögt." 

3m  15.  3al)rf)unbert  folgten  jtc^  in 
QUen  Stäbtcn  bie  t)erfd)ärften  Drbnungcn 
in  immer  fürjer  trerbcnben  ß^ifcftenräumen. 
6ie  uermo^ten  jeboc^  bem  einmal  ent» 
feffelten  ^unge  riid)t  mebr  (5int)alt  ju  tt)un. 
Xai  „Sappen;  unb  ^abbelmetf,  bie  ge= 
tl)eilten  iRleiber  unb  Schnabel  fc^utje" 
blieben  bejieben  unb  »eränberten  fid)  oft 
in  pf)antaftifd)e  SD^a^fenfleiber,  bie,  i^rem 
3tt)ecte  fo  fe^r  entfrembet,  ben  Uniüiflen 
ber  Sefonnenen  immer  me^r  reijten.  dla^ 
mentlid)  tvax  e«  ber  xäi)t  99ürger|!anb, 
ber  e«  bem  Qlbel  jutiortl)un  moüte  unb 
!onnte,  fobag  ber  le^tere,  um  ftc^  »or 
gänjliciier  SSerarmung  ju  fc^ü^en,  nun 
unter  fi^  freitüitlige  Vereinbarungen  traf, 
j.  S.  1479,  for  bem  großen  Surniere  ju 
2Bürjburg:  „HfJactibem  einem  jeglid)cn 
*J{itter  (3uter  ©ammet  unb  *PetIen  ju  "tragen 
»orbet)aIten  iji,  fo  t)aben  mir  boc^  hierin 
bef(i)toffen,  ia^  \f)xn  feiner  einen  golb^ 
burd)mirften  ©toff  nod^  gefiicften  ©ammet 
tragen  foü,  barin  er  fic^  ju  f^mücfen  auf 
folgern  ober  anberem  lurnicr  »orne^men 
moüe-,  meld^er  tai  übevfübrc,  ber  foÜ  »on 
allen  «Rittern  unb  (Sbelen  t>era(i)tet  fein, 
aud)  in  bem  Surnicre  ju  feinem  Ißortanj 
ober  3)anf  jugelaffen  mcvben.  (5ö  foHen 
ou($  bie  gemeinen  (Sbelen,  fo  nid)t  (Ritter 
unb  bo^  Jurnierö;  unb  iRittergenoJTen 
flnb,  feinen  ©d)mucf  »on  «Perlen,  getieft 


ober  anberö  tragen,  benn  eine  ©d^nur  um 
eine  Äappe  ober  |)nt.  (5ö  fcU  aud^  feiner 
®olb,  »on  .Retten ,  ©dbnüren  ober  gefiicft 
tragen,  er  trage  e^  benn  üerbedt  unb  un* 
ftc^tlid)  als  eö  bie  21Iten  getrau  unb  ^er« 
gebraut  ^aben.  Unb  foÖ  berfelbc  auc^ 
feinen  ©ammet,  barin  er  jtc^  auf  fold^em 
Surniere  fcf)müden  moüe,  anbcre^  benn 
jum  2öamä  naä)  feinem  ©efallen  tragen, 
unb  melcber  ba^  überführe,  ber  foü  Don 
anberen  SRittern  unb  Sbelen  »erfd^mö^t, 
ber  Sortdnje  unb  ber  5Dänfe  beraubt  fein. 
6ö  foflen  aud)  ia  oHe  Sflitter  unb  ©beten, 
unb  befonberg  ein  jeglicher  SRitter,  feine 
golbene  2)ecfe  (ober  ©d)abtade)  unb  in 
ber  ©emcine  oon  5lbet  »on  ©ammet,  »on 
2)amafi,  5ltleö  feine  ^edfe  ober  SBappen« 
rod  füfiren;  mel(^er  baö  nid^t  hielte,  ber 
foQ  bann  »on  ben  anberen  »erfd^mät)t, 
aud^  »on  ben  gianfen  im  Surnicre  ob» 
gefc^ieben  unb  ber  SSortänje,  fammt  bcd 
Surnierö  5Dänfen  beraubt  fein.  —  3lai)i 
bem  aU  mir  bie  Drbnung  unter  un^,  aU 
ben  SÖJannöperfonen  gefegt  unb  bie  SRot^« 
burft  mit  unfern  SBeibern,  3;öcf)tern  unb 
©^mejiern  aucf)  Drbnung  ju  »erfe^en  er* 
forbert,  fo  iji  gemad^t,  bof  eine  jeglid^e 
grau  ober  3ungftau  nid)t  über  »ier  iRöde, 
barin  fie  ftd^  fdjmüden  mitl,  aU  ©ammet 
ober  gefiidte  SRöde  t)aben  foü.  ^Darunter 
foüen  nid^t  metjr  benn  jmei  bem  ©ommet 
gemä§  fein;  ob  fie  anberg  biefc  ^ätte  unb 
bie  anberen  nad^  jiemlidf)en  S)ingen  bie 
bem  5lbel,  aU  bie  5llten  f)ergebrac^t  baben, 
mof)l  anfiänbig;  unb  meldte  grau  bai 
nict)t  Italien,  fid)  mit  Äleibcrn  ju  fc^müden 
über  biefe  3<Jt)l  anfdf)iden  unb  ju  fold^em 
Surnier  gebraud^en  tt)ue,  bie  foO  »on  bei 
gefammten  5Ritterfdt)aft,  grouen  unb  3ung« 
frauen,  »erad)tet  fein  unb  ber  SSortänjc 
unb  SDänfe  be^  Surnierö  beraubt  bleiben 
Unb  ob  au^  ben  gemelbeten  grauen  unb* 
Jungfrauen  etlid^e  mit  fold)er  Äleibung 
ju  bem  ©efd^mud  nid^t  alö  föfilidt)  an 
©ammet  »erforgt  mären,  bie  foüen  bcnno(^ 
nadt)  iljrem  ©tanb  ju  G^ren  gejogen  mer* 
ben."  (Sine  äf)nlid)e  S^erorbnung  erlief 
um  1485  bie  (Ritterfdf)aft  ber  93ierlanbe 
([R^einlanb,  Satjern,  granfcn  unb  Qä)Wa' 
ben)  auf  bem  Jurniere  ju  ^eilbronn. 

S)er  ©ürgerjianb ,  ber  fid)  an  bie  ®e« 
fe^e  ber  SRäte  fo  menig  fe^rte,  lub  pd^ 
nun  bie  Ungnabe  ber  gürften  auf  ben 
9'laden,  ©o  erliefen  um  1482  ber  Äur» 
fürft  ©rnji  unb  ber  ^erjog  5Ubert 
»on  ©act)fen  i|)re  SBerorbnungen,  bie 
aüerbingö  —  menigftenö  gegen  ben  SRitter« 
ftanb  —  etwaö  milber  maren  alö  manche 


ÄIcibcrorbnungcn. 


359 


ber  übrigen  „gnäbigcn  Herten".  ®o  er= 
laubten  jic  ben  rittetli^cn  fjwuen  unb 
Jungfrauen  ein  Äleib  ju  tragen  mit  jroei 
6Qen  langen  ©cfelcppcn,  baju  ben  33cfl^ 
einer  feibencn  «Sdbaube,  cincä  feibenen 
Sfiocfä  unb  jtoei  geflidter  SRöde,  iebe^  eins 
jeln  im  SZÖerte  üon  f)öc^ftenä  150  ©ulben. 
3)a  aber  axxd)  biefe  fürfilic^en  erlaffc  un* 
beachtet  blieben,  fam  bie  ?lngelegcn^eit 
»or  ben  SRci(i)ötag,  ber  1497  auf  bem 
9lbfc!t)icb  ju  ßinbau  nacf)fiet)enbe  1ßer= 
fügungen  traf:  „9?aci)bem  in  bem  2Ibf(^ieb 
beö  ndd)ftgel)altenen  SReidj^tagcä  ju  SBormä 
befcblojfen  ift,  ba§  auf  ber*näd)fien  33er» 
fammlung  nac^  fold^cm  Jag  Übetflüfftg« 
feit  ber  Scfleibung  unb  anbcrer  i)ixnai) 
bemelbeter  I)inge  f)alber  Drbnung  »or= 
genommen  njerben  foflte,  iji  alliier  gerate» 
fcblagt,  inma|en  bie  i)ernad)folgcnben 
5lrtitcl  anjeigcn,  iit  eine  jebc  Sotfdbaft 
hinter  [\i)  an  if)ren  |)errn  bringen  foü, 
ber  S)at)eim  auc^  Setrad)tung  ju  tl)un, 
ba§  feine  ^ati)  unb  Sebenfen  in  fold[)em 
auf  bie  näci)ft  fünftige  Serfammlung  ju 
eröffnen,  bamit  aläbann  ferner  unb  enbli^ 
baoon  gel)anbelt  unb  befc^loffen  »erben 
möge. 

„^Infänglid),  ta^  bei  gemeine  Säuert« 
mann  unb  bie  arbeitenben  ßcutc  in  ben 
Stübtcn  ober  auf  bem  Sanbe  fein  Zmi) 
anmad)en  ober  tragen  foHen,  bacon  bie 
(SÜe  über  einen  l)albm  ®ulben  foßet. 
%\iä)  foUcn  ftc  f einerlei  ®olb,  tperlen, 
6ammt,  ©cibe  nocb  geftücfeltc  (jufammen* 
gefegte)  Äleibcr  tragen,  noc^if)rcn  jßeibern, 
nod)  Äinbern  gejlatten;  bod)  foll  biefer 
5lrttfel  prften,  (Srafen,  ^errn,  noc^  bie 
»om  5lbcl  mit  ifiren  2lmtleuten  ober  2)ienji« 
leuten,  nic^t  binben  ober  begreifen,  bie* 
felben  jäfjrlicf)  nac^  i^rer  ©eroobn^eit 
inma§en  anbern  il)rer  Diener  ^u  befleibcn. 

„3tem:  »ie  ftd)  |)anbh)erf^leutc,  bie 
ibreä  |)anbn3erfö  in  Übung  ftnb,  it>rc 
^ned)te,  au^  fonjl  lebige  Äned)te,  mit 
i^rer  Äleibung  äiemlid^  tragen  unb  klten 
follen,  iiai  foü  eine  jebe  Dbrii^feit  bei 
i^rer  5iemlid)en  Drbnung  bctrad)ten  unb 
öorne^men,  baoon  auf  ber  nä^jten  SSer» 
fammlung  ferner  ju  ^anbetn.  —  Jtcm: 
Bürger  in  ©täbtcn,  bie  nicl)t  oon  Slbcl 
ober  Oflitter  ftnb,  fotten  fein  ®oIb,  «Perlen, 
©ammt,  Qd^axlad) ,  Seiben  no^  3"^^^ 
ober  ^ermelinfutter  tragen;  bo^  mögen 
Ite  ungefähr  ®ammt  ober  ©eibcn  ju 
SBämferu,  aud)  ®cf)amalott  (Äamelot)  ju 
Äleibung  tragen;  be§gleic^en  mögen  it)re 
flauen  unb  ^inber  il)rc  Äleibung  mit 
©ammt   ober  ®eibe   jiemlic^    »erbrdmen. 


umlegen  ober  fölern,  aber  mit  feinem 
golbenen  ober  filbernen  @tücf.  —  3tem: 
bie  oon  2lbel,  fo  nid)t  9ftitter  finb,  foQen 
fein  ®olb ,  nodb  perlen  öffentlich  tragen 
unb  i^rc  Äleibung,  befonber^  mit  Jcitbcn 
unb  «Stücfen,  jicmlid)  machen  laffen;  mie 
benn  ein  jcbcr  gürfi  in  feinem  5ürftentt)um 
Drbnung  fürnetjmen  unb  machen  mirb. — 
3tem:  bie  t>on  ^bel,  fo  SJlitter  finb,  follen 
and)  fein  golbene^  Stüd  tragen,  bod)  foü 
eö  it)nen  ju  SCßämfern  ju  tragen  unner» 
boten  fein.  —  Unb  mag  ein  jeber  gürfi 
mit  feiner  9flilterfdl)aft  ratl)f^lügen,  mie 
e^  il)rer  grauen  unb  Äinber  ftalbcr 
mit  t)er  Äleibung  jiemlid)  gehalten 
mcrben  foü,  bamit  bieiRittcrfc^aft  be^alben 
auc^  übermäßiger  Äojibarfeit  entlafict 
rtierbc,  melc^er  !Ratt)fcf)log  auf  bie  nacl)|!c 
aSerfammlung  auc^  üorgebrad^t  merben  foII, 
baüon  weiter  nad)  SJiot^burft  ju  ^anbeln. 
—  'Md)  foll  ein  febcc  fur^er  ORod  ober 
ÜWantel  in  ber  2änge  gemacht  merben,  ta^ 
er  t)inten  unb  »orn  jiemlid)  mo^l  becfen 
möge-  —  Qlud)  follen  aüe  (Jrjbifc^öfe, 
33if*öfe  unb  Prälaten  i^re  ®eiplid)feit 
baran  galten  unb  anrocifen,  ia^  jte  ftc^ 
mit  ibren  Sefleibungen  et)rbarlid)  unb 
geijili(^,  wie  it)rem  Staube  roo^l  gcjiemt, 
fleibcn  unb  balten  unb  unjiemlic^e  Äofi« 
barfeit  abfteQen"  u.  f.  vo. 

2)iefe  ©efiimmungen  ttjurben  auf  bem 
aieid)ötage  ju  greiburg  i.  93.  (1498)  bc= 
ftätigt  unb  nad)Pc^enb  »erme^rt:  „^ani>' 
merföleute  unb  ibre  Änec^tc,  auc^  fonfi 
lebige  Äned)te,  foüen  fein  Znd)  ju  |)ofen 
ober  Äappen  tragen,  banon  bie  ©He  über 
brei  Drt  eineö  ®ulbcn  (breiüiertcl  ®ulben) 
foftet.  *}lber  ju  9flöcEen  unb  TOdnteln  foQen 
fte  fic^  inlänbif^er  Jüc^er,  baton  bie  (SHe 
nid)t  über  einen  falben  ®ulben  fojlet,  be= 
gnügen  laffen;  aud^  fein  ®olb,  perlen, 
Silber,  ©ammt,  ©eiben,  ©d)amalott,  no(| 
geftüdelte  Äleibung  antragen.  —  '^ttm: 
Oteiftge  Änec^te  follen  fein  ®olb,  Silber 
noc^  Seiben,  baju  fein  Srufltud)  (53rujt« 
la^)  noc^  Rauben  mit  ®olb  ober  Silber 
gemacht,  trugen;  auc^  il)re  Äleibung  ni^t 
mit  Selbe  verbrämen.  —  5tem  follen  5eber= 
mann  gefaltete  ^emben  unb  sßrujitud^, 
mit  ®olb  ober  Silber  gemad)t,  auc^  gol« 
benc  ober  ftlberne  -Rauben  ju  tragen  »er« 
boten  fein,  baoon  aufgenommen  gürjien 
unb  gürftenmäffige,  au^  ®rafen,  .^errn 
unb  bie  von  5lbcl,  fte  follen  l)ierin  nid)t 
begriffen  fein,  fonbern  fxä)  fonjl,  jeglicher 
na^  feinem  Statt ,  in  fol<^cm  jiemlii^ 
galten,  tragen  unb  Übermaf  oermeiben; 
unb   fonberlic^  foQen  bie  üon  5lbel,    bie 


360 


Äleiberotbnungen. 


nic^t  SRitter  ober  SDoEtorcn  fmb,  perlen 
ober  ®oIb  in  i^rcn  ^embcn  unb  Sruji= 
tü^crn  ju  tragen  abfieücn  unb  »ernteiben. 
3)od)  mögen  bic  eon  2lbcl,  bie  SRitter  ober 
S)oftoren  jinb ,  jtt)ei  Unjen  Oolbe^,  nid)t 
barübcr,  unb  bie,  fo  niä)t  SRittcr  ober 
S)oftoren  ftnb,  jnjei  Unjcn  Silber  unb 
nii^t  barüber,  an  ii)ren  Rauben  tragen."  — 

93on  großem  ©rfolg  roaren  auc^  bicfe 
9leid)ötagöt)crorbnungen  fc^merlict)  begleitet, 
benn  auf  bem  Sage  gu  iMugäburg  (1500) 
fam  bie  Qlngelegen^)eit  niieber  jur  @pra(^e 
unb  würbe  bcfc^loffen:  „ba^  bie  Äur» 
fürftcn,  ^üi^ficn  ober  anbcre  Dbrigfcit  bei 
SBermeibung  faiferlic^erllngnabe  bieSReic^ö= 
tagöbefcf)IüjTe  in  ^Betreff  ber  liberflüffigfeit 
bfr  Äiciber  in  i^ren  ßänbern  in  5luö* 
fü^rung  ju  bringen  pttcn  unb  jwar  biö 
jum  ©onntage  ßdtare  b.  3-  1501  unb  ia^ 
aüe,  Welche  bi^  bat)in  bem  nic^t  eöüig 
genügt  |aben  mürben,  burd^  ben  SReii^ös 
^ital  mit  ®emalt  baju  gcnöt^igt  merben 
folltcn."  2)iefe  (Sefe^c  f outen  ^inftc^tlid^ 
ber  .^«inbmerfcr  aud^  für  „beren  ^jrauen, 
Äinber  unb  SQfdgbe  ju  terfte^en  fein"  unb 
ben  2;öc£)tern  ber  93ürger  in  ben  (gtäbten 
foüten  |)auptbänblein  unb  ißerlen  —  natür» 
li(^  in  gicmlidjein  5J?a^e  —  ni(ä)t  un»er= 
Boten  fein,  ^inficfitlid)  ber  3uben  unb 
öffentlichen  S)irnen  („i^reubenmäb* 
(^en",  „ber  SBeibcr,  bie  an  ber  Unef)re 
fi|cn")  galten  im  aÜgcmeinen  bie  gleichen 
Seflimmungen,  bic  ^lanhnä)  auffieüte. 
3n  93erlin  muften  Ic|terc  (1486)  bic 
ffifJäntcl  auf  ben  köpfen  tragen,  ober  aber 
fte  trugen  ganj  furje  9Mäntel;  bießujlig  = 
macf)er  unb  iJlarren  trugen  feit  ber 
üJJitte  be^  15.  3a^jf)wnbertg  mögti($fi 
buntfc^edige  Ziaä)t  mit  einem  mcitcn,  facE* 
förmigen,  mit  ©löcfdjen  oerjiertcn  ^ängc= 
ärmel,  ©d^eflenfappe  mit  J^al)nenfamm, 
(SfcIöot)ren  unb  iRarrcnfolben. 

Qlud)  lai  16.  Sa^r^nbert  f'ämpfte  ni(i)t 
minber  erfolglos,  ©tc  „  neue  faiferlid^e 
Drbnung  unb  SRcformation  guter  IJoUäci 
im  l}eiligcnrömifc^cniRcicf)c"erlie§  auf  einem 
fpdternJReicf)eitage(1530)micbcrju*Jtug3burg 
eine  ganjeSlei^e  berartigcr  Scjlimmungen, 
bie  ben  ßanbleuten,  ben  ©täbtern  unb 
^toax  iöürgern  mie  ^anbmerfcrn,  i^anb= 
iioerföfned^ten  unb  ©cfeücn,  ben  Äauf=  unb 
©emerböleuten,  ben  iRäten  unb  ®cfc^Ic<^tern, 
bem  *21bcl,  ben  ©rafen,  Ferren,  Olittcrn  unb 
25oftoren,  ben  ®cipiid)cn,  ben  afteifigen 
unb  Äriegäleuten,  ben  ißcrgfnappen  :c.  bie 
Ileinli^ficn  ißorfd)riftcn  in  Scjug  auf  bie 
Äleibung  machten,  „bamit  in  jcgli(ftem 
©tanb     unterf^ieblid)    (Srfcnntnif    fein 


möge",  unb  1548  würbe  bcfc^Iojfen,  bie 
Dbugfeiten,  bie  mit  ber  2)ur(f)fü^rung 
berfelbcn  nad)  3al)reöfriji  nod^  im  3lüd= 
ftanbe  fein  foütcn,  mit  2  Tlaxt  lötigem 
®olbe  JU  betrafen;  —  ber  Srfolg  blieb 
auc^  je^t  nocf)  auö,  ber  betroffene  Sßürger 
beja^lte  nötigenfalls  feine  Strafe,  übertrat 
aber  baS  ®cfe^  bei  ber  nd(^jlcn  ®elegen= 
^cit  mieber.  QlucE)  bic  ©eifilic^f cit 
benu^te  Äanjel  unb  iöeic^tftu^I,  namentlich 
bie  nun  auftau^eiiben  „^luber^ofen",  bie 
„  unjü^tigen  jcufelö^ofcn "  abjut^un; 
Äir(i)enjirafen  unb  Sann  waren  nic^t  »cr= 
mögenb,  ber  unglaublidb  rafc^cn  iBerbrei» 
tung  ber  „unfletfiig,  fc^dnblicf),  jerlubcrt, 
äu^t»  unb  c|)rüerwegen,  plubrigten"  Älei» 
bung®in^alt5ut|)un.  SDieSRdte mußten  aud^ 
f)icrin  nachgeben,  ©o  erlaubte  enblid^ 
berjcnigc  »on  93raunfd)Weig  (1579)  ben 
^Bürgern  ju  einem  ^aax  ^ofen  12  (SHen 
©eibe.  ber  üon  OWagbeburg  (1583)  „ben 
©cf)öffen,  bcnen  »on  ben  ®efd^lecf)tern, 
ben  23orne^mjtcn  auö  ben  Innungen  unb 
ben  SBobl^abenben  oon  ber  ®emcinbc" 
big  JU  18  ©llen  .^artecE,  ber  öon  SRoftocC 
(1585)  —  bod^  cinjig  ben  Qibcligen  — 
12—14  mm. 

3m3abtel612  crfd§t  fobann  ®  cor  gl. 
tion  ©ad^fen  eine  SScrorbnung,  bic  auf 
aUc  Älcinigfcitcn  Sebac^t  nimmt  unb  jum 
©dt)lu§  ber  ©d^neiberjunft  cmpfinblid^  auf 
ben  »5u§  tritt:  „Unb  weil  burd^  bie  ©d^neiber 
alle  ÜJli^brducfec  am  bcflen  »erbütet  werben 
fönnen,  fo  fotl  nun  ^infüro  fein  ©^ncibcr 
feinem  ein  ^leib  jufdEjnciben  ober  an^ 
madt)en ,  fo  il)m  »ermöge  bicfcr  Drbnung 
jU  tragen  nidE)t  gcbüf)rt;  würbe  aber  ein 
©d^neibcr  barwibcr  t)anbeln ,  cö  gef4dt)c 
burdl)  if)n  felbji  ober  feine  ©efcücn,  ber» 
fclbc  foU  jum  crftcnmal  um  adf)t  3;^alcr, 
jum  anbecnmal  um  16  S^alcr  gcfitaft 
werben;  ta  er  aber  an  fold^e  ®elbfirafc 
ft^  nid)t  fc^rcn,  fonbern  jum  brittcnmal 
ber  Drbnung  juwibcr  banbcle,  unb  einem, 
wer  er  auc^  fei,  ein  Älcib,  fo  ibm  nid^t 
gebühret,  angemacht  ^aben  würbe,  bem 
foU  auf  ein  23ierteljat)r  fein  ^anbwcrf 
gelegt,  aud^  na^  ©efinbung  feiner  »iel* 
faltigen  SSerbred^ung  unb  mut^wtUigen 
SZBiberfc^ung  bicfcr  wot)lgcmcinten  Drb« 
nung,  tai  Sürgcrredfjt  gdnjlid^  eingebogen 
werben."  Äcin  ßanb  unb  feine  ©tabt 
blieb  mit  fold^cn  ©rlaffcn  »erfd^ont,  aber 
bic  Älagen  »erfd^Winbcn  nid^t,  unb  iDUd^aet 
greub  bat  wo^l  rcd^t,  wenn  er  ( 1682)  f lagt: 
„An  Kleiderordnungen  mangelt  an  etlichen 
Orten  nicht,  sondern  nur  am  halten.  Der 
Schmidt,  der  die  Handhaben  dazu  machen 


ÄUtbung  —  Älofieranlagen. 


361 


soll,  ist  schon  längst  gestorben 

Allein  die  Wahrheit  za  bekennen ,  so 
kann  man  denen  Christlichen  Fürsten 
und  Herren,  vor  ihre  Person  nicht  aller- 
dings Schuld  geben ,  dass  der  Teutsch- 
Französische  Hoflfarts-Teuffel  also  hefftig 
grassiret,  wütet  und  tobet,  sondern  viel- 
mehr ihren  Officieren,  Amtleuten,  Käthen 
in  Städten  und  andere  mehr  ;  als  welche 
ihrer  Oberherren  publicirte  Kleider-Ord- 
nungen, nach  Erforderung  ihrer  Pflicht 
und  Schuldigkeit  nicht  exequiren  und 
drüber  halten,  sondern  sind  noch  wol 
Selbsten  die  Ersten,  die  dawider  han- 
deln." 5Dic  Äleibcrorbnungcn  Dcrfcf)tt)inben 
aui  ben  obrigfeitIi4)en  (Srlaffen  ctjl  ju 
6nbe  bc^  toorigcn  3a^rf)unbcrtä.  3la^ 
2Bei§,  Äojlümfunbe. 

Skibung,  fiel^e  Jrad^t. 

^kruö,  2)ic  ältere  Äitd^c  unterfc^ieb 
blo§  iöifd^öfe  unb  *J?ricfler,  beibc  in* 
fofern  gleic^gcileüt,  alö  ftc  gleichmäßig  jur 
5lbminiftrierungber ÜJJeffcjugcIajycn  hjaren. 
3ut  ^ilfcleifiung  bei  bem  l)eiligen  2)icnfie 
trurben  bic2)iafonen  fctwcnbet;  fpdter 
cntflanbcn  ju  bicfem  3>i'f<Jf  nod)  anbete 
Simter,  btc  ©ubbiafonen,  bic  bem 
S5iafon  beim  ©otteäbienfie  minifitierten; 
bie  ^folut^cn  jur  3ui^fii^ung  ber 
5lltQr«5  unb  ber  f)eiligcn  ©crcitfd^aften ; 
bie  (Sfo reiften  für  bie  ©ebete  unb  ^anb* 
auflegung  über  bie  ©nergumenen,  bic 
ßeftorcn  jum  Sorlefen  aus  ben  ^eiligen 
®cf)riften,  bie  Dfiiaricn  jur  Dbf)ut  ber 
Sßerfammlungöorte;  bic  leiteten  %mUx 
Dom  ©iafon  abwärt«!  Riefen  SOZinifirantcn. 
©pätcr  bilbcten  bie  ^rieftet  unb  2)iaf  oncrt 
utfammcn  ia^  ^reöbtjterium,  mit  bem  ber 
«ifd)of  bic  tt)tdf)tigcrcn  @acl)en  bcratenb 
oerbanbcltc.  S)ic  geringeren  Stufen  tn-- 
Ipren  ft^  mit  ber  ^ät  aU  cigentli^c 
5i[mter  unb  erhielten  ficf)  nur  infofern,  al^ 
in  fen  bifc^öfUc^en  ©c^ulcn  bic  jungen 
Äletifcr  fc  nad^  bem  5Uter  unb  hin  er* 
«otbencn  ^äbigfcitcn  ju  ben  nicDcrcn 
SBci^en  jugelaffen  n3urbcn.  QiHen  Älerifcrn 
gcmcinfam  war  bieSonfur,  t>ai  5lb* 
fci)eren  ber  ^aarc  aH  ©i^mbol  ber  Qlb* 
legung  dütü  lücltlidjcn  ©inncö;  bicfelbc 
ging  feit  bem  6.  Jabrl^unbert  ber  Drbi« 
nation  üoran.  *}luf  fte  folgten  bic  Drbi= 
nationen  jum  Dfliariuö,  ßeftor,  (Syorcifien, 
5lfolut^en,  ©ubbiaf  on,  ®iaf  on  unb  ^riejicr, 
beren  vier  erftc  ®rabc  bIo|  bilblid)^  jur 
Erinnerung  an  bie  alte  55iöciplin  burd)» 
gegangen  Werben  mußten.  Seit  bem 
13.  3at)rl)unbert  unterfc^ieb  man  ba^cr 
fier  niebere  SBci^cn,  ordines  minores,  oft 


einfach  jllcrifcr  genannt,  unb  brci  ^öt)erc 
(Srabc,  ordines  majores  s.  sacri.  3" 
jcber  biefer  ©tufcn  erteilt  bie  Drbina  = 
tion  bie  cntfpred^cnbe  Sefä^igung  unb 
ißoIImac()t,  welche  fic^  auf  ber  legten,  bem 
priefterlic^cn  Ordo,  biö  jur  33cfäf)igung 
unb  (Srmä^tigung  jur  ©arbringung  beä 
Dpfcrö  erweitert.  5Dcä  üoüftänbigen  ©a» 
ccrbotiumö  wirb  jcboc^  ber  ®eweif)te,jrft 
teil^aft,  wenn  er,  burd)  JBat)!  ober  auf 
anberc  gefe^Iic^e  JBeife  jum  _^irten  einer 
bcjtimmten  5Diöcefe  berufen,  für  biefe  bic 
Äonfefration  erf)äU,  unb  bloß  bic 
hofieren  Drben  fmb  bem  (Solibat  unb  ber 
35erpflid)tung  jum  fpcjicöcn  ©cbetöbienftc 
unterworfen.  3^1^  Drbination  werben  nur 
folc^c  getaufte  SlJJänncr  jugclaffen,  bcnen 
bic  5tttribute  ber  Unf}räjltd[)feit  i>t^  2ßan= 
bclö,  t)inreic^cnbeä  *}llter,  ef;elid)e  (Scburt, 
genügenbcö  Sßiffen,  Jntegrität  be^  i?örpcr^, 
be^  ©eifteä,  mUtni  unb  ©tauben«  ju= 
fommen.  !8ifcf)öfe  unb  $ricfter  foütcn 
nad)  ben  ältefien  Äanoneö  breißig,  bie 
I)iafoncn  fünfunbjwanjig  '^a\)Xi  alt 
fein;  bie  nieberen  Drbineö  fönnen  fcf)on 
einige  3fit  nac^  bem  ftebenten  3a^re,  aB 
bem  mögli($ilen  3«itpunftc  ber  Jonfur, 
erworben  werben. 

ÄlOijjfan,  l)ießen  Eleinc  9Jeuja^rägcbicf)tc 
tti  15.  3«^rf)unbert«!,  bic  mit  bem  iZBortc 
Älopf  an  beginnen  unb,  uielgcftattigen 
unb  bunten  3nbaIteS,  balb  ernft  unb  jart 
aUeä  ®d)önc  unb  ®ute  wünf^en,  halb 
iwQcr  Unfauberteiten  fiecfen.  Älopfan 
t>on  Oöfar  «Sctiabe,  ^annooer  1855. 

^löftcr,  ftc^e  S!}iönd)ötum. 

Moftcranlageiu  2)ie  Qtnfänge  ber  dirift* 
tidben  Äloftcrbauten  im  5'^^"^^"^^*^^ 
fnüpfen  jt(^  an  bie  irifcben  ©laubcnöbotcn; 
wo  ftc  fid^  niebcrlicßen,  ha  entfianben 
nic^t  nur  Äirc^cn,  in  bcnen  ftc  i^rcn 
©Ott  oere{)rten,  fonbcrn  auc^,  nac^  f)ci« 
mifcf)cr  ^rt  gcjtmmcrtc  Bütten  unb  2ßot)ns 
bäufcr.  ^rcilid)  werben  wir  unö  jene 
frübejicn  Einlagen  faum  bürftig  genug 
üorfictien  fönnen;  e«  waren  fitli^itc  ^^'o^a' 
bütten,  weld)c  nur  ben  oKcrnotwenbiglicn 
*öebürfniffen  genügen  fonnten. 

5ttö  bann  aber  im  8.  Ja^r^unbcrt  bie 
fräftigc  ^crrfd&aft  ber  ^ippiniben  fic^  cnt* 
widfeltc,  crwud&fen  on  tjeroorragenben 
©teilen,  gcfcbü^t  burcft  bie  ©ewalt  ber 
,^aifer  unb  geförbert  burd)  reiche  ©dben« 
fungcn  ber  (Sbicn,  bereit«  jene  erficn  weit* 
läufigen  Älofieranlagen,  wie  wir  biefelben 
burd)  i>a^  ganjc  SDtittelaltct  verfolgen 
fönnen.  (Sine  folcf)c  lieroorragcnbe  Stellung 
unter  ben  ja^lreid)cn  oon  irifd)en  SDJönc^cn 


362 


Älojlcranlagen. 


gefiiftctcn  Älöficrn  na^m  6t.  ©allen 
ein,  baä  unter  feinem  treffüdbcn^lbteDt^mat 
tafc^  aufblüt)te  unb  eine  Erweiterung  bcr 
alten  Qlbteigebdube  beburfte.  5lu§er  ben 
dgcntlid)cn  Älofterräumcn  tt)urben  aber 
aud^  Käufer  für  5lrbcitÖ5  unb  |)onbroerf^= 
leute  angelegt,  ferner  ein  Äranfenbau« 
mit  einer  befonberen  ^Ibteilung  für  5luö« 
fd^i^e  unb  auftevljalb  einer  93erääumung 
eine  fogenanntc  äußere  Sc^iule,  in  weli^er 
Jünglinge  gebilbet  mürben,  bie  nicf)t  jum 
SDilöndj^leben  beftimmt  waren.  3n  bcr 
fladbgebecften,  100  ^u^  langen  Äir^e  »irb 
befonberö  ber  toielen  (^enfter,  ber  glafernen 
Äronlcuc^ter  rül)menb  Srmäbnung  getl)an. 
(Sine  Ärppte  unter  bem  Sbore  ent« 
l)ielt  bie  ©ebeine  beö  bl.  (Saüue.  2)ie 
ganje  Äirc^e  war  au*^  Stein  auögefü^rt, 
unb  wirb  i>ai  ÜJlauerroerf  aU  fo  feft  ge= 
((Gilbert,  ia^  beim  21bbruc^  ber  Äird^e  im 
3abre  820  unter  gro§er  ÜJJübe  lUfauer* 
brccf)er  angen3en^et  werben  mußten. 

3u  gleid)er  3«t  entftanben,  »on  irif(^cn 
SKönAen  gcgrünbet,  am  Oberrt)cin  ja^l« 
reiche  Älo|teranIagen.  5Da^  ^nmxi  S)eutfcfe= 
lanbö  bem  61)riftentum  crfd)loffcn  ju^aben, 
bleibt  aber  i>ai  93erbienft  be^  angelfäc^« 
fifci^en  OJJöndieä  2Binfrieb  ober  SBonifaciuö, 
beö  51poftclö  bcr  S>outfc^en.  ©eine  Sieb* 
ling^fiiftung  war  ta^  Älofter  ^  u  1  *>  o» 
bcffen  ©runblegung  inä  3at)r  742  »erlegt 
wirb  unb  ^u  beffen  Erbauung  er  ben  erften 
5ibt  ®tuim  na^  bem  ÜHutterfloftcr  ü)iom 
tcceffino  in  Italien  fanbte,  um  bie  bortigc 
3lnlage  ju  ftubieren.  2Bie  ^bt  Sturm 
feine  ©tubien  am  Äloflcr  g^ulba  oerwertcte, 
Wiffen  wir  aüerbingö  ni^t,  allein  e^  ifi  ficf)er 
anjuncl)nien,  ta^  ber  Jtppu^  ber  flöjler* 
lid^cn  Einlagen  biefcr  früt)en  3^it  nid^t 
t>ctf(^icben  War  »on  bem  ber  fpäteren 
3abrbunberte.  Um  einen,  in  ber  9tegel 
quabratifc^en  ,  mit  ^Irfaben  umgebenen 
|)of,  ben  fogenanntcnÄreujgang,  gruppierte 
fxi)  bie  Äird)c,  gcwö^nlic^  im  Dtorbcn, 
unb  bie  jur  fflo^nung  ber  Äon»entualen 
beftimmten  01  äumlidi feiten,  bie  fogcnannte 
Älaufur.  3"^  ®runbe  genommen  i|i  tai, 
bie  Äircbe  aufgenommen,  ganj  bie  "Wnlage 
ber  antifen  villa  nrbana,  wdl^renb  bie 
neben  bcr  Älaufur  belegenen  SBirtfc^aft^s 
gebäube  bcr  mit  ben  t)errfci)aftltc^en  ^öfen 
toerbunbenen  villa  rnstica  entfprecben,  fo 
ha^  anjunel)mcn  ift,  ta^  ben  ©cnebiftinern 
bei  *}lnlage  it)rer  ^löfter  hai  antife  SBo^n* 
l)aui  als  Scifpiel  unb  *-13orbilb  ttorgefct)Webt 
l^abe.  SfJac^bcm  Äarl  ber  ®ro§e  inä  ®rab 
gediegen,  brod)  aüerbingä  unter  ben  nacb= 
folgcnben     fc^wac^cn     ^errf^ern      über 


3)eutf(i)tanb  eine  traurige  ^txt  an,  aQein 
eö  äuferten  ft^  hoi)  nocf)  bie  3iad)Wir= 
fungen  ber  vergangenen  großen  Spodbe. 
®anj  bcfonbcrg  war  e^  baö  Älojlcr  ^üli^a, 
wo  bie  unter  bem  jweiten  ?lbte,  53augolf, 
burd)  ben  baufunbigen  SWöndf)  SRatgcr  be* 
gonnenen  großartigen  Sauten  fortgeführt 
unb  fo  Weit  auögcbc^nt  würben,  ia^  bie 
5Wöndbc  ^en  'äbt  oerflagtcn,  weil  fte  nur 
immerfort  bauen  müßten  unb  nid)t^  anbereS 
tbun  fönnten.  ^m  kixd)mba\i  tritt  unö  in 
55ulba  unter  bem  »ierten  21btc  (Sigil  eine 
Steuerung  entgegen,  wel*e  für  bie  ^olgeseit 
gerabeju  maßgebenb  Würbe,  nämlid^  bie 
llnlage  cincä  jWeiten  wcftlicben  ßboreö, 
bcr  crridE)tet  würbe,  um  bie  (Sebeine  bei 
großen  .^cibenapo(ielö  Sonifaciu^  auf= 
junebmen  unb  bcffen  ®rab  ju  i?ert)errlidbcn. 
S)aburc^  war  in  bie  ®runbanlagc  ber 
iöafilüa  ein  ncueö  üJlotitt  eingeführt  unb 
bie  Saltatorfirc^c  in  ^wlba  würbe  in  ibrer 
boppelc^örigcn  Einlage  baö  35orbilb  für  bie 
meijlcn  25omc  unb  Älojterfird)en  ber  brei 
folgcnben  ^a^i^bunbcrtc-  5n  bie  S^'t  be^ 
frommen  ?ubwig  fäüt  jugleicb  ein  anberer 
bcbcutenbcrD'Jeubau,  ber  »orjüglicb  beäbalb 
Sntcreffe  crwccft,  weil  fxd)  über  bie  ©runb« 
bi^pofition  ein  alter  Driginalriß  auä  bem 
3a^re  820  biä  auf  unfere  Sage  erhalten 
l)at,  au^  bem  bie  gan^e  Einricbtung 
unb  auögebcbnte  Einlage  cineö  bamaligen 
großen  Sencbiftinerfoflerä  ju  crfef)cn  ifi. 
m  iji  bie  'Jlbtci  ju  @t.  ©allen, 
für  beren  iJJcucrftcQung  ftd)  Qlbt  ©o^bert 
t)on  au^wärtö,  wal)rfdbeinlic§  »on  gulba 
SRatö  crl)oIte  unb  bicfcn  in  ©cPalt  bt^ 
aui  öier  jufammcngcnäbtcn  <Pcrgament« 
blättern  bcficl)en&en  Sauriffcö  erf)ielt. 
5Die  ganjc  Einlage  umfaßt  einen  ^lädbcn- 
raum  »on  ungcfätir  300  x  430  jjuß.  S)en 
ÜJiittdpunEt  bilbet  bie  Äirc^e,  an  beren 
©übfcitc  berÄreujgang  mit  bcn^juriÄlau? 
für  gel)örigcn  ©ebäuben  flößt  unb  jwat 
öfilic^  an  ben  Äreujgang  angrenjcnb  ba8 
SBo^nbauö  ber  ÜJJöndbc  mit  bem  gemein« 
fd)aftlicl)en  ©c^Iaffaat,  bem  ^ati^:  unb 
Söafcftbau^,  füblid)  bai  iRcfcftorium,  bcr 
©peifefaal  mit  bcr  ^ücbc,  wefilid)  bie 
Äeüerei.  Statt  be«  .Kdpitelfaal«,  bcr  crfi 
im  10.  Sc^rtjunbcrt  »orfommt,  bient  bcr 
an  bcr  .tir^e  ftcb  t)injicl)cnbc  ^^ügcl  be^ 
Ärcujgangc«.  9?ebcn  bem  öfilid)en  St)or 
bcr  Äircbc  befinbet  fxä)  an  ber  SJtorbfeite 
bie  ©c^rcibfiube,  barüber  bie  Sibliot^ef, 
an  ber  ©übfcitc  bie  ©afriftei  in  iBcrbins 
bung  mit  ber  ^ofiicnbäcferei.  2Sor  bie 
Dftfeite  ber  Äird)e  legen  ftd»,  burd)  jwet 
ancinanbergebautc  Kapellen  getrennt,  bad 


ÄlojJcrantagen. 


363 


Äranfcnt)auö  unb  bie  JJooijenfc^uIe,  jebcö 
mit  einem  quabnitifc^en  Äreujgang  in  bct 
ÜJlittc  9'lörblid^  i)om  Äranfenbauä  liegt 
bic  SBo^nung  ber  ^rjte  unb  ein  befonbercö 
^auö  jum  5lberlafTcn  unb  purgieren.  5ln 
ber  SWorbfeite  ber^ird^c  begegnen  mit  bem 
einer  SaftUfa  mit  offenen  ;®cttenf(^iffen 
gleic^enben  2lbt^au«,  bem  ©cfjut^au«  für 
bie  ©yternen  unb  ber  Verberge  für  bic 
^remben  famt  einem  baju  gehörigen  SBirt- 
((^afiögebdube ;  Unterem  entfpred^enb  an 
ber  füDmePlic^cn  Seite  bie  Verberge  für 
*pilger  unb  ^rme.  'Un  bicfen  au^gebct)nten 
^cvn  fc^tic^en  fxd)  an  ber  njeftUc^en  unb 
(üblichen  Seite  baß  ®eftnbe^auö  unb  bie 
©taue  für  ©ci^afe,  Schweine,  Si^'Ö^n,  ^ül)e, 
Dc^fen,  $fetbc,  ferner  iaii  2BerEt)au0,  bic 
SWatjbarre,  bic  mit  ber  Älojierfücf)e  »ers 
bunbene  'örauerei  unb  ^öäcfcrci,  bie  Stampfe 
unb  ÜJla^lmü^Ie ,  i)Ai  ^auö  ber  pcrfc^ie; 
bencn  ^anbttierfer  unb  bie  gro§c  -Scheune 
an.  2)ic  füböfllic^e  Scte  cnblid^  net)men 
bic  runbcn  |)ü^ner»  unb  ©änfefiätte,  ber 
Segrübniöpla^  unb  ber  ©emüfegarten  ein, 
in  roelf^em,  toie  ber  *pian  bcfagt,  3>r»icbeln, 
«Seüerie,  ßorrianber,  ülettid^c,  Änoblaud), 
<SaIat,  ^feffcrfraut  ic.  rcacf)fen. 

5Dic  *Mu0fü^rung  be^  Saueö,  ttjcld^e 
ftd^  fd^wcrtid)  an  biefcn  me^r  fpftcmatif^cn 
?}lan  gehalten  baben  tuirb,  fäQt  in  bie 
3af)rc  822  —  830.  @ämtlict)c  Wöncfee 
mußten  mitbaucn.  S)ic  *Pra(l)t  mu§  gro§j 
artig  geroefen  fein,  benn  bie  9'Jad)ri(^ten 
au«;  jener  ^nt  fpretfien  Don  'JJfarmorfäuIen 
an  ber  *llbtött)o^nung.  93on  ber  Umfang; 
Iid)fcit  unb  ber  ©rogartigfeit  ber  Einlage 
aber  erfjält  man  einen  33cgriff,  wenn  man 
etfät)rt,  ia's  in  einem  Sarfofcn  allein  auf 
einmal  I00033rote  gcbacfen  werben  Eonntcn 
unb  bie  DWüIjIc  aüc  Ja^re  10  neue  51«üt)I= 
jieine  beburftc.  ®(i)merlic^  werben  aQcr; 
bingö  bic  Älojlcranlagcn  beö  crfien  3abr= 
taufcnbö  alle  \o  umfa^enb  angelegt  werben 
fein,  «ic  bieg  in  ®t.  (SaQen  ber  ^aü.  mar. 
3ln  ben  meifien  Orten  begnügte  man  ftc^ 
mit  bürftigen  ^olj^ütten  unb  ging  faum 
über  ben  ©ebürtniöbau  ^inauä,  fo  in  ber 
ton  ^ulia  auö  gegrünbeten,  fpäter  fo  cin= 
flu§rci(ä)  gemorbenen  Qlbtci  ^irf^au, 
namcntli^  aber  bei  ber  jat)lrei^en  ^ttu- 
grünbung  »onÄlöftern  im  ®  ad)fenlanb. 
^(i)on  Äarl  ber  ®ro§e  ^atte  fäc^ftfd^e 
3ünglingc  in  frdntifc^c  Älöfier  gcjiecft, 
wie  nac^  ßorbic  bei  iMmien^,  bamit  jtc 
bort  im  ($ripiict)cn  (Slaubcn  unterrichtet 
Werben  möchten.  2)icfe  jogen  nun  in  i^re 
Heimat  jurücf,  um  ben  'ilnbau  beö  ßanbcö 
unb     d^riftlic^e     Silbung     ju     förbern. 


^aö  bebeutcnbilc  ^lojler,  baö  fo  cr(lanb, 
ifi  bie  nad)  bem  ©tammfloficr  benannte 
Qlbtei  (Jorüct),  wcldjc  für  bic  fommenben 
3eiten  ein  |)auptfi^  ber  ^ri(llid^en  ÜBiffen* 
f(^aften  würbe  unb  auö  welcher  ^Inögar, 
ber  Qlpojlel  beö  iJlorbcnö  l)eröor3ing. 
®rö§crc  Sufi,  ali  bie  friegerifcftcn  fä(6fifd)cn 
Sbeln  jcigtcn  it)re  grauen  unb  Söc^ter 
am  Älofierlcben,  waö  bie  ©rünbung  einer 
Steige  non  SfionnenElöjlcrn  f)erbeirief, 
wie  }U  ^erforb,  Sammfpringe ,  ©anber^- 
t)cim  jc.  3m  iBerlaufc  be«  10.  3a^r< 
^unbertg  blül)tcn  bic  Älöjter  ungemein 
auf,  benn  tai  33otf,  baö  mit  bem  ^a\^xt 
1000  tai  SnDc  ber  2Belt  erwartete,  glaubte 
burc^  reici^c  ©d)cnfungen  an  Älöfter  fid) 
tton  feinen  6ünben  loöfaufcn  ju  fönncn. 
35urd)  biefcn  rcii^lid^en  8uf[u§  an  TOittcln 
erwarte  unter  ber  ®cijiUd)feit  eine  un^ 
gemeine  Saulup,  welcf)e  fic^  namcntlid) 
im  11.  5iil)tf)unbert,  nac^bem  bic  g^uri^t 
r>or  bem  ^nbrud)  beö  ÜBettgeric^tcö  giüd^ 
lid)  überwunben  war ,  gdtenb  machte. 
®rofc  33erbienftc  um  hai  *8auwcfen  erwarb 
fid)  ju  biefer  3eit  ber  Drben  ber  ©lunia* 
jenfer,  bereu  »on  ben  ^aifern  geförbcrte^ 
©ttcbcn  auf  biciHcformation  fer  erf^lafftcn 
ScncCiiftinerEIöfter  gerietet  war.  3"9t^i'^ 
aber  füblen  wir,  t&^  [xd)  bic  33auart  im 
neuangebroc^enen  3a^rtaufcnb,  immer  mefir 
»on  fflapifd)cr,  aber  mi^t>er(lanbencr  Ütacö- 
a^mung  ber  5tntiEc  befreit  unb  jene  ®til= 
ric^tung  fic^  bilbct,  weld)e  man  aU 
„romanifc^en  Stil"  bejeid)net.  ^ni  frü^= 
romanifi^cr  3^'*  beft^en  wir  feine  ootl= 
fidnbigen  Älojlcranlagen  me^r,  inbeffen 
wirb  an  ber  cigentU^cnÄlaumr  feitgc^altcn 
worben  fein,  an  bem  »ierccfigen  ^of,  ber 
nun  alö  Scgräbni^pla^  bientc  unb  an 
ben  ft^  bic  ^irc^e,  bai  «Refeftorium  mit 
ben  Sßirtfc^aftägcbdubcn ,  ber  .Kapitclfaal 
unb  \>ai  S)ormitorium  anfi^loffcn. 

ein  Srunnenl)aug,  in  ben  gricb^of 
^inauögcbaut,  pel)t  ^dufig  mit  bem  Ärcuj= 
gang  in  iBcrbinbung.  3"  bcmfelben 
pflegte  man  ben  ü}Jönd)en  Sart^  unb 
Haupthaar  ju  fc^ueiben,  waö  nad»  ben 
consaetadines  ber  d-tuniajcnfer  ade  brei 
2Bod)en  unb  unter  ^falmobieren  ju  gc* 
fc^et)cn  l)atte.  ÜJlan  nannte  biefc«  Srunnen* 
^auö  bcöbalb  auc^  bic  Sonfur. 

®anj  gleiche  "Anlagen,  wie  bic  Drbenö« 
flöfier  t)atten  auc^  Mc  mit  ben  ©ifd)of'g* 
ft^en  oerbunbenen  2)  o  m  f  a  p  i  t  c  l  (monas- 
teria  clericorum)  unb  bic  im  10.  'ijal)i' 
^unbert  entftanbencn  Kollegiatfiifter, 
bcren  .Kapitularc  bie  iRegel  bcö  1)1.  'Huguflin 
befolgten.    2Bic  an  ben  Älöficrn  für  ben 


364 


Älofietanlagcn. 


5(bt  eine  befonbere  SBo^nung  oufcr^alb 
bet  ^laufur,  oft  auf  ber  gegenüber  liegen- 
ben  (Seite  bct  ^irc^e  erridjtet  tr>ax,  fo 
ü\xi)  bei  ben  Äatbebralen  bie  bifc^öflic^e 
tPfalj  (palatium),  bie  oft  bcfefligt  ttjar. 
Om  SBetlauf  be«  12.  unb  13.  3af)tt)unä 
berte  gaben  bie  ^apitularcn  tM  gemein* 
forne  geben  auf  unb  tt)obntcn  auf  befon* 
beren  ^ofen  (curiae  canonicales),  bie 
innerbalb  beö  bifcfcöflic^en  Suriäbiftions* 
bejitfeä  (aud)  !tomfreibeit)  lagen,  ßine 
2)ombctrns^urie  aus  bem  13.  Sabrbun* 
bert  ip  bie  Curia  St.  Aegidii  ju  SJJaum* 
bürg,  ferner  bie  (Stiftsbauten  in  Jrier 
unb  Samberg.  I)em  entarteten  2eben  ber 
ßbor^erren  trat  ber^Jramonfiratenfer* 
Drbcn  entgegen,  t>on  beffen  ißaulic^feiten 
J)QÖ  Siebfrauenflojier  ju  JKagbeburg  ein 
©eifpiel  jeigt.  3'"  allgemeinen  aber  Ieb= 
nen  ftc^  bie  Sauten  ber  ^^rämonflratenfer 
benen  ber  früheren  Älöfler  an  unb  nehmen 
auc6  bie  bcfonbercn  SRäumIi(f)Eeiten,  rt>eld)c 
bie  Äoüegiatftifter  gef(f)affen  t)atten,  auf, 
tüie  bie  Äapeüc  9um  ^Sriratgebraud^  ber 
Stiftsberren  in  ber  Uld\)t  bes  Äapitelfaals 
unb  ben  großen  (Saal  jum  51bl)alten  ber 
Stiftsgeriä)tc. 

33is  ju  Qlnfang  bes  neuen  3Qf)^taufettbs 
f)atte  fxii)  bie  SSaufunft  gdn^Ii^  in  ^änben 
ber  aJJönc^e  befunben.  Qltlein  als  im 
11.  2«fir6unbert  bie  ma§Iofe  SBauIuft  ftcfc 
entreicfelte ,  reichten  bie  ^änbe  berfelbcn 
niAt  met)r  aus  unb  man  fal)  fic^  besbalb 
gelungen,  ßaien  ju^u'jie^en,  rt'etd)e  toorer)^ 
alsi  porige  ^ronbienfle  ju  leiften  gc= 
jnjungen  mürben,  ober  aber  als  fogenannte 
Äonocrfen  bem  .Rlofiernerbanb  beitraten. 
S)iefe  bärtigen  Srüber,  bie  conversi 
fratres  barbati,  gefc^icfte  |sanbmetfer, 
mcl(i)e  in  ben  .Rriegsjeiten  im  .Slofier 
S^u^  gefunben,  bilbeten  ein  3n(litut 
Bon  ^albmönc^en,  bie  ^mar  @et)orfam  unb 
(St)eIoftgEeit  gelobten ,  aber  nur  in  lofer 
IBerbinbung  mit  bem  Älojler  flanben. 
S)as  3nPifut  ber  Äonoerfen  bilbeten 
namentlich  bie  ^ramonjiratenfer,  nod) 
mebr  aber  bie  ßijler jienfer  auö,  roelcic 
feit  bem  britten  3flf)rje^nt  bes  12.  ^ai)i' 
^unbertö  oon  ^J'^'^nfrci^  aui  ftd)  über 
S)eutf(^Ianb  ausbreiteten  unb  beren  Äird)en, 
im  ©egenfa^  gegen  ben  r>on  ben  (Slunia; 
äenfern  mit  ber  .Sunfi  getriebenen  ßurus 
anfangs  oon  ber  größten  (Sinfac^beit 
»aren.  Sctjr  eigentümlid)  f)at  fid)  bie 
e^orpariie  ber  difter^ienfertircben  gef^altet, 
tt»obei  einerfeits  ber  fd)licf)te  Sinn  be« 
Orbens  burc^  ^inmcglaffung  ber  5lb« 
ftbcnoorlage     ju      einer      iBereinfacf)ung, 


anbcrerfeit«  ta^  SBcbürfni^  Heiner  ob* 
gefonberter  ÄapeQen  für  bie  (priöateycrjiticn 
ber  ÜJiöncbe  }u  reidberer  Entfaltung  t>ti 
Orunbplanes  gefüt)rt  bat.  2tls  Sorbilbet 
bienten  jmei  .ftlöfier,  einesteils  iai  nic^t 
me^r  criftierente  ÜJJutterflofter  ßiteaur, 
anbernteils  bas  Älofter  ^Jontenat).  93eibc 
fcblie^en  ben  (S^or  auf  eine  ®erabe,  bei 
erj!eren  ij!  inbes  bas  fran;(öftfcbe  6t)ficm 
bes  Gtjoreingangs  unb  ^apeDenfranje^ 
auf  ben  re^tm'infligen  3lbfd)Iu^  über= 
tragen,  bei  Ic^terem  laufen  bie  ©eiten- 
fcbiffe  im  Querhaus  auä,  an  beffen  Cji= 
feite  ftc^  bann  aber  feiten fcbiffartig  je 
smei  Äapellen  öffnen.  fRac^bitber  toon 
Siteaui  ftnb:  SRibbag&aufen,  ©brac^  :c. 
.^läufiger  mirb  bie  Qlnlage  »on  gontenar> 
na($geal)mt,  mie  ju  93abenf)aufen  unb 
TOauibronn.  Turmbauten  füt)rten  bie 
ß,ijlerjienfer  feine  au2.  ®a  iljnen  nic^t 
gefiattet  mar,  größere  unb  mehrere  ©lotfen 
in  befifeen,  begnügten  fie  fidb  in  ber 
jRegel  mit  einem  fleincn,  auf  ber  SSiermung 
auffi^enben  tiöljernen  S)a(ireiter.  @ine 
(Sigentümttcbfeit  ber  ßiflerjienferfird^en 
liegt  in  bem  ungemein  gejlredten  Sang« 
^aufe,  mofür  um  fo  meniger  ®rünbe  cor« 
liegen ,  als  con  bem  Sefucf)e  ber  .tlofier« 
fir(f)en  bie  Saien  unb  befonbcrs  bie  ^Jrauen 
auögefi^Ioffen  Waren.  --  3"  einem 
gemiffen  2Biberfprudb  mit  ber  (5infa(i)^eit 
ber  kni)i.  fte^t  bie  ©roBartigfeit  unb 
üJJäcbtigfeit  ber  ^lofleranlagen,  moponunö 
in  bem  (Jifteräienfcrflofier  ju  iDiaut* 
bronn  (12.— 14.  3af)Tbunbert)  ein  gro^» 
artigeö  Seifpiel  erhalten  geblieben  ift. 
2)ic  ganje  Qlnlage  gruppiert  firf)  um  ben 
gebräuc{)li(ä)en  ,  ^ier  mit  ciel  Äunfi  au6= 
gejlatteten  Äreujgang.  5lbmei(f)enb  »on 
ber  SKegel  befinbet  fid)  bie  langgefirecfte, 
mit  gerablinigem  nacb  bem  SWujter  Don 
^ontenat)  gebilbeten  ß^orfc^Iu^  oerfe^ene 
Äirc^e  im  Süben,  an  beren  2Befifeite  fxä) 
eine  jierli^e  33or^alIe,  i>ai  fogenannte 
$arabies,  anlebnt.  6in  präcbtigesSrunnen« 
baus,  na^  5lrt  einer  polpgonen  Äapette, 
ift  na<ä)  bem  .§»of  t)inausgebaut.  ^i>x 
gegenüber  öffnet  fii)  ber  ©ingang  in  ben 
jrccifc^iffigen  $racfetfaal  beö  JRefeftoriumö, 
beffen  reicftgeglieberte  Isecfe  mit  ber  be^ 
öfilid)  belegenen  ebenfalls  jmeif(^iffigcn 
Äapitelfaales  an  S{$önt)eit  metteifcrt, 
S5on  bier  fübrt  eine  SBerbinbungsgalerie, 
bas  fogenannte  ^arleatorium,  nad)  bem 
5lbtsbaufe.  5ln  ber  Söeflfeite  beö  i?reuj* 
ganges  cnblicf)  befinbet  fici)  ein  gewölbter 
jleller  unb  ein  ältere«,  leiber  in  Srümmer 
liegenbes  SiefeEtorium.    311  oberen  Stocf« 


Älojietanlagen. 


365 


wnt  toax  ba«  2)ormitorium  untergebracht. 
?lu§erbcm  gehörte  aber  jum  Älofter  nocb 
ein  Äranfen^auö,  weli^cä  au§erf)alb  bcr 
Älaufur  auf  bcm  Äloficrtcrritorium  jianb, 
»elc^  le^tcrc^  mit  einer  burc^  lürme  bc= 
fcPigten  SRingmauer  umgeben  unb  burd^ 
ein  5Doppeltt)or  nebji  Srürfe  jugänglid^ 
rear.  3ln  ben  norbnjefilic^en  (Scfturm 
ber  SRingmauer  [c^Iof  fxä)  ju  bem  bic 
Ätojiermü{)Ic  an  unb  au§er!)alb  lagen 
nod)  t)erfcf)iebene  ©ebäube,  baruntcr  bic 
Verberge  für  bie  ©äjle.  Sefcf)eibener  in 
ber  Einlage  ifi  33  a  ben  Raufen,  bagegen 
jeigen  bie  Ätofler  ^eitigenfreuj  bei 
fflien  unb  ßilienfelb  in  9tiebcrö(lerreicf) 
einen  bebeutenben  fünpierif(J)en  Qlufmanb. 
—  6ine  ganj  anbcre  SRid^tung  al^  bic 
©enebiftiner,  tt)clc^e  ftc^  in  freier  Sage 
auf  bem  SRütfen  »on  Sergjügen  anjufics 
bcln  pflegten,  ober  bic  3ijlei:äifnfcr,  meiere 
in  bcr  SBeltabgcfc^ieben^eit  fliüer  SBalb; 
tpler  i^r  ^cit  fucf)ten,  fcf)Iugen  bic  im 
13.  3a|)rf)unbcrt  auftretenbcn  ©ettcU 
ober  *]ßr  ebigerorben  ein,  benn  i^re 
Slufgabc  mar  eö  nid)t,  fid)  getctirtcn  ©tu* 
bicn  t)injugcben,  fonbcrn  burdf)  ^rcbigt 
ba^  25oIE  ju  bclcfircn,  bie  35ominif  aner 
bie  ^ö^crcn  ©tänbe,  bic  ^J'^'^nji^f tJOft 
bie  nicbercn.  Sic  ficbclten  ft^)  beöl)alb 
in  ben  ©täbtcn,  ^auptfä(i)Iid^  an  ben 
Stabtmaucrn  an.  ©incöteil^  bcr  be= 
fd)ränftc  SRaum,  anbcrnteilö  iai  ©ebot 
abfoluter  ^rmut  »eranlaftcn,  i>a^  i^rc 
Älofieranlagcn  fo  einfach  mic  möglid^,  ja 
ärmlid)  auöfe^en  mupten.  3n  i^ren 
.^ird^cn,  meiere  ^auptfäd^Iicf)  für  ^rebigt 
beregnet  »erben,  würbe  tai  nic^t  abfolut 
notmenbige  Ducrbauö  weggelafi'en,  ja  man 
ging  oft  fogar  fotticit,  t>a^  man,  aller 
(Symmetrie  jumiber,  nur  ein  ©eitenfdbiff 
anbracf)te.  Sürme  fcbten  in  ben  meifien 
fällen,  tt)ic  bei  ben  Sifierjienfern.  Um* 
faffenbe  Äloficranlagen  biefer  <Mrt  fmb 
bei  ber  aR{noriten!ir(i)c  ju  5Danjig  unb 
bei  ®t.  ^atf)arina  ju  ßübect  erljaltm. 

©Icid^c  @infa(J)^eit,  aber  mefcntlid^e 
25crf(i)ieben^eit  in  ber  Einlage  jeigen  bic 
Flößer  ber  Äartäufer,  mclcfic  erfi  feit 
bem  14.  2af)r^unbert  in  2!eutf(i)Ianb  »ors 
fommen.  2)cr  ßwtd  be^  Orbenö,  ba^ 
einfteblerifd)c  mit  bcm  SKönc^öIeben  ju 
Dcrbinbcn,  erforberte  grö^cre^  Territorium, 
meil  neben  ber  eigentlichen  Älaufur,  «elcbe 
ÄonDcntögcbdube  nebji  bem  Äreujgang 
in  ftc^  begriff,  nod)  ein  Weiterer  rcct)t» 
etfiger  iRaum  mit  bcm  ©otteäacCcr  in  bcr 
SDlittc  unb  ben  einzelnen  burd)  fleine 
©arten   noneinanbcr   getrennte  S^Q«"  ^^^ 


SWönc^c  auf  ben  Seiten,  ncbfi  einem  fte 
ccrbinbcnben  Ärcujgang,  nötig  mürbe.  2tuf 
bitfe  2Bcife  erhielt  man  jmci  Äreujgang« 
anlagen.  5n  2)cutf(i)lanb  ifi  bic  ^artaufe 
uon  9'iürnbcrg  (germanif^eä  ilRufcum) 
bic  »oUflänbigfie  Einlage  biefer  2lrt.  Sine 
anbcre  finbet  fi^  ju  ^arabeiei  bei  3)an» 
jig,  ju  .^öln  unb  ©afcl.  Sei  ben  jwci 
Icfetercn  ^ei§t  bcr  eine  Äreujgang :  Galilaea 
minor,  ber  anbcre  Galilaea  major.  9ln 
ben  ;Ie^tercn  lehnten  fic^  bie  cinjclncn 
3encn  an,  meiere  bcr  Steifie  nac^  mit 
Sibelfprüc^en  bejcicl)nct  roaren,  bercn  ^n* 
fangäbuc^fiabcn  in  alp^abctifc^er  Ü^lei^e 
aufeinanberfolgcn.  Die  Galilaea  minor 
burftcn  bic  91Rön(^c  nur  am  6onnabcnb 
betreten,  um  im  Äapitclfaal  »or  bem 
*^Brior  ju  beid^tcn  unb  il;rc  ^ngelcgen= 
l)citen  ju  beraten,  ober  an  Jefitagcn, 
menn  fic  im  gcmcinfamen  iRefeftorium 
a§en  ober  ftci)  in  bem  fleinen  Äreujgange 
im  ©cfpräc^c  ergeben  burften. 

Sine  cigcntümlicf)e  SJcrfd^meljung  bcd 
Älofterlebcn«  mit  bem  Ärieg^bienjic 
brad^ten  bie  SRitterorbcn  jufianbc, 
unter  bcnen  bie  S)eutfci)ri  ttcr  [in 
^reufen  eine  ^ersorragcnbe  Scbeutung 
l)abcn.  2)er  Ippug  ber  preu§if(i^cn  Or* 
ben^fc^löffcr ,  mic  er  fxi)  im  14.  Sa^r* 
bunbert  fcfigeficHt  batte,  erfc^eint  al^  ein 
uon  ®räbcn  umäogcncr  quabratifd^er  ©au 
mit  ßcftürmcn  unb  (Ringmauern.  3"^  fo 
gebilbcten  $of  erhoben  jidb  ein  ober  jmet 
6ct)löffer,  meiere  [\i)  mieber  nac^  ein» 
märtö  gegen  einen  Äreujgang  öffneten, 
ber  aber,  ia  bie  ^aupträumc  bc^  ©c^loffe« 
nie  ju  ebener  ®rbc  lagen,  notroenbig  !j»ei 
©efd^offe  übcrcinanber  erhalten  mu^tc. 
3u  ben  ^auptraumen  gel)örte  junäc^jl 
bie  mit  bem  öfilid)cn  ß^orcnbe  jlctö  naci^ 
au§en  licgcnbc  @cE)lo§fapctle,  bcr  Äon« 
ocntösJRemtcr  genannte  Äapitclfaal  unb 
iai  SRcfeftorium,  melc^eö  ®peifc»iRemtcr 
f)k^.  SDaö  (5rbgcfcfto§,  unter  bem  [i^  in 
mehreren  ©tagen  übcrcinanber  mäd^tige 
ÄeÜcr  erfiredtcn,  enthielt  lebiglid^  bie  jur 
Dfonomic  erforbcrlid^en  JRäumlid^feitcn. 
93öllig  übereinjiimmcnb  maren  aud)  bie 
©dt)löffer  ber  ßanbcöbifdjöfc  unb 
Tiomfapitel  eingerid^tet.  Unter  ben 
Örbenöfd)löf[ern,  meldbe  tai  ganjc  ßanb 
bcbedtten,  jeictinct  [\i)  Dovjüglic^  ba^ 
ehemalige  ^auptfcf)lo§  ju  SRarienburg 
auö,  iai  fic^  aU  @i^  tii  ^od^meifier^ 
bur^  größere  5lu^be^nung  unb  <|3rac^t 
»on  ben  übrigen  unterfdl)eibet. 

S^Ueflidf)      märe     nodt)     berjenigen 
Sauten  ju    gebenfen,    meldte    au^    ben 
24 


366 


Änecl)t. 


Älöjicrn  ^cröorgegangcn  ftnb,  nämlid^  bic 
|>ofpitäIcr.  Urfprüngüc^  befaf  jcbc^ 
ÄloPer  ein  eigene^  Äranfen{)auö.  Seit 
ber  SWitte  i>ti  12.  3Q^rt)unbcrtö  Der« 
langten  aber  bie  junetjmenbcn  Sebürfniffe 
felbftänbigciPflcgcanfiaUen,  wie  fie  nament« 
lic^  bie  im  13.  3abrt)unbert  »on  *Papp 
^nnocenj  betätigten  trüber  Dom  ^l. 
@  ei  fie  erbauten.  2)iefe  ^ofpitäter  bc« 
finben  ficfe  meift  an  ben  (Eingängen  ber 
©täbte  unb  mo  immer  mögli(ä)  an  fliegen» 
tem  SBaffer.  ©tetö  fmb  jte  mit  einer 
ÄapcUe  Derbunben  §ur  befferen  gcijtUd)en 
(Pflege  ber  Äranfen.  SJerglcicben  |)ofpi« 
täler  würben  erbaut  ^u  ^ilbc^beim  (1 155), 
ju  SDtainj,  Ulm,  33erlin,  Ü^ürnberg  k. 
33efonbcrg  gut  cr{)alten  ift  baö  ©pital 
in  ßübccf ,  ein  280  %u^  langer  Don  atten 
©eiten  niä^liä)  beleuchteter  6aal  mit 
beibfeitigcr  iöettcnrei^e,  gegen  bie  Strafe 
ju  burd)  eine  ^aüenfapeüe  abgefc^loffcn 
unb  nörbli{$  Derbunben  mit  einem  fleinen 
^of  mit  Äreujgang  unb  angrenjenben 
2Bot)n«  unb  Äranfenräumen,  füblid^  mit 
bem  ^Irc^iü  unö  ber  ^errcnfiube  unb 
einem  ^ofe  mit  fleineren  SBobnräumen. 
6ine  mebr  flojierartige  5tnlage  t)at  bagegcn 
bae  Otifolauötjofpital  ju  Sueä  an  ber 
9)?Dfel,  bei  meld)em  ftd)  bie  Äranfcnfälc 
unb  bie  ^tUm  ber  .^ofpitaliten  an  bie  brei 
(Seiten  cineä  Äreujgange^  anlehnen, 
tt)ät)renb  bie  oierte  Don  ber  Äircbc  cingc« 
nommen  mirb.  yia^  Otte,  ^anbbud) 
ber  !irdölicl)en  Äunfiarc^äologie;  Otte, 
®efd)i(^te  ber  beutf^en  öaufunft;  i^übfe, 
a3orf(^uIe  jum  ©tubium  ber  fird)l.  'Bau- 
fünft. 

kntUft  ali  Stame  für  ben  Unfreien. 
Änec^tfcf)aft  im  ©inne  Döüiger  SRec^tlofxg« 
feit  i|i  urfptünglicf)  ot)ne  Srceifcl  burd) 
Äriegägefargenfdjaft  entfianben  unb  er« 
ncuerte  ftc^  auf  biefem  Sffiegc  aud^  fpäter 
nod)  lange  3^^^-  ^"c^  giebt  e^  baneben 
nod)  anbcre  DueQen  ber  Änec^tf^aft:  beö 
Unfreien  Äinb  bleibt  unfrei,  ber  %xm 
fonnte  burd)  ^eirat  mit  Unfreien,  al^ 
©träfe,  burcb  ©tranbred^t,  burd)  ba^  ©picl, 
burcfe  bie  Unfät)igfeit,  anbere  ©(^ulben, 
baä  SGÖergelb,  Detmirftc  ©ufen  ju  tilgen, 
feiner  5Tcit)eit  Derlufiig  werben;  er  mürbe 
bann  ©egenfianb  beei^^anöeU;  man  faufte 
unb  Derfaufte  ii)n,  einzeln  ober  mit  bem 
Üanbe,  ta^  ibm  übertragen  mar.  2)od^ 
mar  bie  fojiale©teQung  be«  Unfreien  barum 
nid)t  burdt)auö  ungünfiig;  er  lebte  in  äl)n= 
lieber  SBeife  mie  ber  ^i^ei^elaffene,  ja  wie 
ber  i^reic,  namentlich  in  ber  Änabenjeit. 
iflüx  Sffiaffcntragen  war  il)m  nid)t  jugclüffcn. 


auc^  nid^t  als  iBegleiter  feinet  ^errn.  (S€ 
ift  nid)t  waf)rfd)cinli(^,  ia^  bie  S^^l  i>et 
Äncd)te  bei  ben  ©ermanen  eine  befonberd 
gro§c  War. 

®rp  burd)  bie  (Eroberungen  infolge 
ber  33ölferwanberung  würbe  mit  ber 
reicheren  Äultur  unb  bem  Dcrfeinerten 
ßuyuö  eine  größere  ^njobt  unfreier  ^ned^te 
jum  Sebürfniö,  namentlid)  bei  ben  je^t 
entpel)cnben  größeren  (Srunbberi^ern.  ^^at 
nun  jWar  auc^  ber  ©tanb  ber  Unfreien 
feine  (Sntwidlung  gehabt,  fo  trat  bicfc 
bod)  Weniger  itarE  b^r^or  al^  bei  ben 
oberen  ©tänben,  bie  at^  Iräger  ber  flaat« 
lid^en  Orbnung  unb  ber  t)öberen  gefellf(^aft* 
lid)en  unb  geifiigen  Äultur  tiefgreifenben 
Seränberungen  unterworfen  waren.  %li 
33auern  blieben  bie  Unfreien,  immerbin 
neben  SSolfagenoffcn  f)öberen  SRei^teö,  wie 
ben  öiten  unb  ßinölcutcn,  wäf)rcnb  be§ 
SlJlittelalter^  unb  namentlich  wälirenb  ber 
Slu^bilbung  beö  ßef)n§ftaate^  unb  beä 
pfifc^en  8eben^,  bic  iBertreter  beö  alten 
Dolf«mä§igen,  an  ben  33oben  gcbunbencn 
Kulturleben^,  tai  crfi  nad)  bem  ^tx^M 
ber  pl)eren  mittelalterlichen  ®ilbung  ju 
einer  intenftoercn  3U?itwirfung  an  ber  §ort< 
bilbung  ber  (Sefeüfd^aft  berufen  würbe. 

®ie  Derbreitetften  Dramen  für  bie  Un« 
freien  waren  servas,  mancipiam,  anciila; 
bann  bie  wa^rfd)einlic^  ber  feltifdben 
©pralle  entlet)nten  vassas  unb  vasallns; 
lat.  beutfcb  gasindus;  knecbt,  manahou- 
pit,  schalk,  theo  unb  then,  thiarna, 
diorna ;  im  fpäteren  Mittelalter  mancipia, 
homines  de  corpore,  homines  proprii, 
sonderliat,  eigenliat,  arme  Hat,  leibeigene, 
eigenhoerige ,  l)errfc^aftlid)e  Untertanen. 
I)ie  (Sigenleute  machten  mit  bem  ^auptpfe, 
woju  jte  geprten,  eine  iJamilic  auö;  bem 
^errn  lag  i^re  (Smäbrung  unb  Serforgung 
ob,  wogegen  jener  über  it)re  ?trbeit«Eräfte 
JU  Derfügen,  bei  ibrer  Verheiratung  ent* 
fc^eibenb  mitjufprec^en,  über  bie  QSejlim-' 
mung  ber  Äinber  mit  ju  befcftliefen,  fte 
naci)  au§en  ju  fd^ü^en  unb  ju  Dertreten, 
im  ©traffatte  an  ßeib  unb  ßebcn  ju  jücfe* 
tigen  unb  ju  jtrafen  l)atte;  i^r  gefeil fdbaft« 
lid)er  3"fi<'nb  bing  ba^er  febr  Don  ber 
*Perfon  be^  ^ervn  ab,  juglei^  Don  ben 
allgemeinen,  o^nc  S^^^^if^l  ^ff"  2öed)fct 
unterworfenen  ©itten,  (Scbräucfeen  unb 
*Unf(^auungen.  SRed^tlic^  befa§  ber  Unfreie 
fein  Solförecbt,  fonbern  blo§  ^ofrec^t; 
tai  Qan^t  SUhttelalter  binburc^  ^atte  bei 
^err  ^ati  !Kect)t,  it)n  jU  Derfaufen,  ju  oer* 
f^enfen,  ju  jüc^tigen,  ungeftraft  ju  töten; 
bo(^  füllte  namentlid)  bic  Äirc^e  milbernb 


Änc(^t. 


-mi 


einzugreifen  unb  iBerfäufe  »on  Unfreien 
über  bie  ®renjcn  bcö  3fJcid)e^  tjinauö  ttiarcn 
j.  8.  »erboten.  Später  würbe  ben  ©ottee* 
Ijäufern  ber  SScrfauf  eigener  Seute  unter» 
fagt.  Qiucfe  gegen  bie  unumf(^ränfte  8traf« 
geroalt  beä  S?mn  über  bie  Äne(J)te  trat  bie 
^ird^c  frübe  auf;  auä)  ibm  (!anö  ba^  *MfpI 
offen  unb  bie  lötung  einee  Änedjteä  oljne 
3ujicf)ung  be^  9fii(i)ter2  hJurbe  mit  Sp 
fommunifation  bcbvobt. 

Urfprünglid)  fonnte  jeber  eigene  Seute 
tialten,  au*  Siten  unb  Unfreie  fonnten 
anbere  Anette  unter  fic^  b^ben.  «Später 
war  fefic(efe^t,  ia^  nur  bcrjenige  Unfreie 
I)aben  burfte,  ber  ibnen  fräftigen  ®dbu^ 
gcttiä^rcn  fonnte,  ®otte«bäufer  unb  oon 
2ßeltUct)en  wenigfienö  SWittetfrcie.  25ie 
Unfreien  in  ccn  etäbten  würben  burc^ 
greibriefc  ibrer  ^errfd)aft,  unb  bie  »on 
auften  babinjogen,  burd^  Qlufentbalt  »on 
3af)r  unb  Sag  frei.  6«  gab  be^balb  bIo§ 
nod^  auf  bem  Sanbe  Unfreie,  bie  erblicb 
ju  einem  lanbe^betrlicben  ®ute,  einem 
©ottee^aufe  ober  einem  (Sct)lo§=  ober  [Ritter^ 
Qute  geborten.  Dft  würbe  i^nen  auc^ 
bur^  ^lunlegium  baö  Oied)t  beö  freien 
3uge^  gewäbrt. 

25er  Unfreie  botte  bem  ^inn  einen 
gewiffen  3'"^  unb  Dienjl  ju  cntrid)ten; 
ba»?  alamannifcbc  ®efe|  nennt  at^  übii^en 
3inä  für  ben  mit  einer  Jg)Ufe  »crfebenen 
Unfreien  15  Simer  iöier,  1  ®^wein,  2 
ajJattcr  33rot,  5  ^übner,  20  gier,  jubem 
für  Änec^te  wie  SOJägbe  brei  Sage  ber 
SBodje  3libeit  für  ben  ^errn.  3Jl\l  ber 
3eit  würben  JJronbienfic  fowobi  alö  3<nfe 
madiger,  bie  jule^t  meij!  blo^  tai  ^aji- 
nad^tebu^n  übrigblieb.  (Sgl.  ben  5lrt. 
gron^öfe.) 

2)ie  Sef(f)äftigung  ber  Unfreien  War 
eine  fe^r  oerfcbiebcne.  (Jtnige,  bie  servi 
rnstici,  rusticani,  würben  auf  bem  .g)ofe 
für  bie  gewöbnlic^en  Äned)t0bienPe  in 
pan^  unb  gelb  gebalten;  anbere  Waren 
über  einzelne  '2Birtfd)aft0jwcige  gefegt,  wie 
in  ältefler  3^'^  öet  seneschaik  unb  mar- 
schalk,  bei  Äod),  Säder,  Äellctmeifier, 
€d)Wein=,  Dcbfen-,  ©cbaf-  unb  3iegenbirt, 
bie  bann  wieber  öebrlinge  unter  ftc^  battc"; 
Wieber  anbere  Waren  für  S)ienPe  »erwenbet, 
»oju  mel)r  Übung  unb  ©efc^icfli^feit 
gehörte,  wie  bie  vassi  ad  ministerium, 
ministeriales ,  servi  ministeriales;  au^ 
ben  eigenen  acuten  nahm  man  urfprünglicb 
bie  ^anbwcrfer,  wie3imwerleute,  ®d)loffer, 
SWaler,  ®d)neiber,  iS<^ufter,  bie  bann  ibrcn 
3i"ö  in  gabrifaten  ju  entii^ten  Ratten. 
iUuc^   jur  Segleitung    im  Kriege   würben 


mit  ber  3eit  Unfreie  gebraust,  ülnb'jeiet 
5trt  waren  bie  jenigen  Unfreien,  'Wt]iSt)t 
ge^en  beftimmte  IDicnfie  unb  *Mbgab!en;  auf 
©runbjlücfe  jum  eigenen  ^Inbaujigefe^t 
waren:  fic  l)ie§en  servi  rasati,  Qolojii, 
mansoarii,  hobarii,  cnrtarii,  je  na^bcm 
ftc  bloß  auf  ein  fleinerc«  Ätü(f:  Ö^jib 
(casa)  ober  auf  einen  orbcntlid)tn  :;^of 
(mansus,  cnrtis)  gefegt  Waren.  ;ifet*«nc 
ßeute,  bie  jum  ^licgebienfte  ^erangeiyoflfen 
würben,  tonnten  unter  Umftdnten  fo^tiar 
SRitter  werben.  Die  meifien  aber  ft-tintren 
in  Se^iebung  ju  einem  bäuerlicben.  ®rnyb« 
fiücf,  unb  bie  Äinber  erbielten  jw  ibier 
iöerforgung  cntweber  i>M  SeH^um-,  ^e^ 
SBatere  ober  würben,  wenn  fie,'ÄiJienji«n« 
beren  auörei*enben  DiialjrungÄfiqnÖ!';  ;er* 
griffen,  gewöl)nlid)  frei^claffen.jJiJi    ;i 

2)ie  ebc  ber  Unfreien  be^ajuiS  r,  »ur 
bur^  ben  2Billen  beä  ^'^mn  uöb.w-aiB  w^e 
beffen  3"fl™"i"n9  ungültig.  üiSitV. ber 
3eit  jebc^  milberte  ftd)  audjjfei^fe.j^jöcte, 
unb  eö  blieb  alö  Erinnerung  tmavt/bh^ 
eine  Qibgabe  ju  iRed)i  befiebein  iit>.elic^c  ber 
unb  bie  Unfreie  bei  i^rer  iBetbtiifttutrg.iftn 
ben  ^crrn  entrichten  mußten (i  .fk  bic§ 
SSebemuiib,  .^eniblafen,  ;:|5cmbf^ifliog, 
SBogtbemb,  OZagelgelb,  löumcbe,  "Bmi^n-- 
grofc^en,  ®*ürjenjin«,  5wSengelb.:i'Uin5 
freien  Üeuten  waren  nur  gliim;  uii'tcmn« 
anber  geflattet;  bie  iBerbinbUitgeiwer  grcjicn 
mit  einem  Äned)te  war  in  L'ältertJiSött  mit 
Job  ober  öffentlicher  Äne(^t(£^afi.vj,:^i:i<bi 
lofigfeit  unb  bgl.  befirafU-,  U.iyAnT^  nr, 

^0  war  ber  Unfreie  aiijdf)  feineg^iiecßlen 
©igentumö  fäbig;  voai  et  ^tt«pTbefa;§icr 
Dom  ^eirn  unb  war  ©igtiltum.  bc«i^>«n. 
35od)  würbe  bieö  im  Stbeh  midjt  0ceng 
burct)gefü^rt  unb  namentlich  bera;:Äftc^te 
ber  Srwerb  eine*  eigenöü  33etmögcnä;wÖeä 
*t?eculiumö,  gejlattet.  ©ögnr.eiigene.Srunb* 
püde  tonnte  er  befx^en,;^üOBi  i^irat.acs 
\i)tnil  eibalten  ober  fomffci'bectbJenj.  i'iHber 
ber  i)iac^Ia^  bee  Unfreien pültc^rjöa^  Ißt' 
culium,  getjörte  bem  ^eirrni.  SO^it  bertg'cit 
wutbc  jebod)  ben  SlutäfreiuinSeit.teäiiUin* 
freien  ein  (Srbrecbt  am^^Töfi  gefiattet,  .tttt« 
Weber  ol)ne  allen  *Jlbjug  ober  gegenicinc 
*Ubgabc,  bie  mortuarialn; nBännslto^tua, 
tote  .^anb,  Sejifjaupt^ir^flli/fCficIie.  bi^en 
5lvt.)  bieß-  '■''•''■f    ■'i'!'>yrrjf)ri\i:] 

!Bor  ®erid)t  mu^te  j"n^]jtai  JjUinfj&ie 
fowobi  aH  Kläger  aI&Jtt4äH3o<l^®a6togter 
burd)  ben  ^errn  »ertwtenMlaflienvjiutipfrjüm 
3cugniä  war  er  vn1fd^i/>furtiiiffiibij;vinb 
®otteöurteil  aber  bünjitt.  leii  ntfn  mtti3u* 
jlimmung  feine«  |Jerjnji'gj8/or6ferti^«»»4tn. 
'iluc^  biefe  3uPQn^c  ■i'CtW«i«nj'jfic^saiieliiiiinit 
24* 


368 


Änitteberfe  —  Königtum. 


bei  Seit.  ytad^  SBai^,  Scrf.  =  ®cfd)., 
SBoIter,  SRed)t«9efd^.  Über  Änet^t  aU 
knappe  jtefee  SRittetrxiefcn. 

Änittclöerfe  ober  Änüttelucrfc, 
wöttlid)  fottiel  wie  ungehobelte,  fnüppe* 
lige,  fnottcrige  Serfe,  war  unfprünglid^ 
ber  fWame  ber  versns  leonini  beä  SDtittel* 
altera,  in  fid^  gereimter  lateinifc^er  ^eya* 
meter;  fpäter  unb  jc^t  fietö  bcjeid^net  man 
bamit  bie  (Reimpaare,  bic  ftc^  feit  bcm 
14.  unb  15.  3af)rf).  aue  ben  jireng  xi)\)t\)' 
my'idt)  gebauten  üieimpaaren  ber  |öfifä)en 
epi[(^en  unb  ®prudbpocfie  fortbilbeten,  in= 
bem  man  bcfonber^  in  ber  erften  |Ȋlfte 
beö  i'erfeö  ftt^  mit  ber  ricf)tigcn  ©üben:" 
ja^t  begnügte,  ft)d^renb  ber  @c^Iu§  toi) 
meifi  jambifc^en  SR^ijtbmuö  befunbete.  S)cr 
Änitteloeri^  ifi  ber  t^pifc^e  23erö  ber  wlU- 
mä§igäbürgerlid)en  epifc^cn  unb  Spruchs 
bicf)tung  be^  14.— 16.  Ja^rl^unbert^  biä 
auf  Dpi^  unb  trägt  bur(^auö  iai  ©e* 
präge  jener  milblaufenben  ^tit  an  fid). 
JJac^bem  ber  (Sefc^mad  ber  fc^Icftfc^en 
©id^terfd^ule  ibn  aU  ungef)obeIt  unb  ^d§s 
lic^  beifeite  geworfen  Ijatte,  ging  ©oet^e 
in  ben  i)id)tungen  berSturm*  unb  2)rangs 
periobe,  namentlicf)  in  %an^,  bcm  ewigen 
3uben,  ben  '{Juppenfpielen  unb  in  Sad^fcn^ 
poctifd^er  ©enbung  »ieber  mit  Vorliebe 
auf  i^n  jurücf .  6iet)e  ®  r  i  m  m  ö  SBörterb. 
unter  Änütteloerö. 

Äö^er.  2Bie  bic  Sogen,  fo  würben 
befonberö  aud)  bie  Pfeile  jum  «Sd^u^e  in 
ein  ^u^ttral  gcjiedt.  ^er  Äöd^cr  für  bie 
Pfeile,  mbb.  tarkis  genannt,  lat.  tarkasius, 
frj.  carquois,  couire,  corie,  engl,  quiver, 
befianb  im  14.  3af)rbunbert  gcwö^nlidf) 
auö  einem  lebcrnen  ®ade,  ber  über  bic 
®d)ultcrn  get)ängt  würbe  ober  aud^  an 
ben  ©ürtel.  !ßor  93cginn  beä  Äampfe^ 
entnaf)m  ber  ©d^ü^c  bemfclben  eine  9tn= 
ja^I  •Pfeile,  bic  er  in  Den  ©ürtcl,  wo^l 
auc^  neben  fidf)  in  ben  Soben  flccftc  ober 
auf  ben  ©oben  geworfen  mit  bcm  %uf]i 
becfte.  5"  Ermangelung  eincö  Äö^erg 
trug  ber  ©cf)ü^e  woljl  aud^  ben  ganjcn 
Vorrat  an  (Pfeilen  einfad^  im  (Sürtel 
mit  ft(^. 

Kolben  ^ei§t  ber  untere,  »erbidte,  al^ 
®cf)lagwaffc  bicnenbc  Seil  eine^  ^anb* 
feucrgewe^r«.  Über  6treitfolben  jtc^c  ben 
<Mrtitcl  Äcule. 

Äbnig  ber  «S^jicIIcute  u.  bgl.  S)er  Sor« 
llanb  ber  an  einem  ^ofe  angcfleHtcn  ©pieU 
leute  unb  ©dnger  ^ie§  juerfi  in  granf» 
reicfe  unb  Snglanb  Äönig,  Roy  des 
Menestrels,  Äönig  ber  ©cigcr,  Roi  des 
violons;    banac^     nannte    man    it)n    in 


SJeutfc^lanb  ben  ©piellcute'Äönig,  ©picl* 
graf,  SWujifgraf,  «Pfeifcrfönig,  Äönig  ber 
fa^rcnben  ßeute.  Jn  Öfierrci^  gab  ti 
einen  Srbfpiclgrafcn  unb  einen  ^t\ä)i' 
fpielIeute=Äönig  für  hai  ganjc  tieilige 
römifcfte  SReicfe.  S)iefc  5imter  würben  cnt« 
Weber  abeligen  ®efdt)edf)tern  ju  ße^en  ge» 
geben,  wie  5.  9.  bic  Ferren  oon  9flappolt« 
ftein  im  ®lfaf ,  nai^  beren  5lu^f^crben  bic 
«Pfaljgrafen  t)on  93irfenfelb  tai  £önigreic& 
fabrenber  Scutc  aU  SRcic^öerblebcn  l)atten, 
ober  fic  waren  J^ofämter.  5Die  |)crren  »on 
Otappoltftein  ocrwaltctcn  i^r  Qtmt  nid^t 
fclbji,  fte  festen  oiclme^r  einen  "Pfeifer, 
Srompeter  ober  einen  anberen  fa^renben 
SÖiann  ju  il)rem  ©teüoertrcter ,  ber  nun 
^fcifcrfönig  ^icf.  3^m  waren  alle  im 
Äönigreid^  angcPeUtcnfa^rcnben  ©picllcute 
untergeben  unb  i^m  jd^rltd)  ein  ^u^n  unb 
einen  ®ePcr«^aber  ju  entrid)ten  fd^ulbig. 
©ein  5lmt  War,  fürjuforgen,  ba|  fein 
©pielmann  ju  irgcnb  einer  Äurjweil  jU* 
gclaffcn  werbe,  ber  nidf)t  juoor  in  bie 
Srüberfc^aft  aufgenommen  wäre.  S)a9 
Äönigrcid)  fallrenber  fieute  im  (Jlfa^  war 
ndmlid^  in  brei  93rüberf(^aftcn  eingeteilt, 
bie  obere,  mittlere  unb  untere,  beren  jcbc 
ftcb  jä^rli(^  einmal  ju  einem  ^fcifertag 
»erfammeln  mufte,  um  qüc  gemeinfamen 
5lngclegent)eiten  ju  t>erl)anbeln  unb  bie 
unter  ben  ©enoffen  entfianbenen  ©treitig« 
feiten  JU  f^lid^ten.  S5a«  genoffcnfdbaft« 
lidf)c  ©eric^t  befianb  auö  einem  ©dl)ultl)ei§, 
oicr  'iOTcificrn  unb  jwölf  Seijt^ern,  ben 
fogenannten  S^'ölfern,  unb  au«  einem 
SGßeibcl.  Die  iMppetlation  ging  an  bic 
Ferren  oon  iKappoltfiein.  Qitjnlid^c  SScr« 
bdltniffe  pnben  ftdf)  in  ber  ©d^weij,  wo 
9Balbmann  ^Pfeifertönig  war.  ©0  tjatten 
bie  ©eiler  einen  Äönig,  bic  ß  einjieber 
auf  ber  oberen  Slbc.  iKaurcr,  (Jron* 
^öfe,  n,  406,  unb  ©rimm,  SBörtcrb. 
V,  1697. 

ftijnigtum  «nb  taifertura.  i.  5n 
altgcrmanifd^cr  S^it-  ©puren  »om 
Königtum  finben  jtd^  oom  erfien  auftreten 
germanifdt)cr  ©tdmme  an,  neben  ber  immer« 
|in  jaljlreic^eren  rcpublifanifd^en  iBer* 
faffung.  93eibe  (formen,  Äönigtum  unb 
SRepublif,  jtnb  urfprünglic^  germanifc^  unb 
laffen  ftd^  in  it)ren  Qhifdngen  faum  me^t 
erfcnncn.  2Baß  iai  Königtum  wefentlid^ 
üon  ber  SRepublif  unterfd)eibct,  ifi  bie 
erbli^feit,  tit  ftd^  auct)  beim  9lbcl 
finbet,  unb  bcm  Äönig  ben  Stamen  gegeben 
t)at;  benn  al)b.  chuninc  ifi  mittelfi  ber 
^Iblcitungdftlbc  ing  »om  got.  kuni,  a\)h. 
chunni,   ml)b.  künne   =    ®cfc^le(^t   ab' 


Königtum. 


369 


geleitet,  tt)cl(i)cö  glcid^  htm  gried).  genos 
unb  bem  lat.  genus  aui  einer  fflutäcl 
flammt,  beten  93ebeutung  „geboten  hJerbcn" 
ifi.  ÄönigiPbet,  beffcn©teüungunb2Bütbe 
auf  bem  ®efd^Iec^tbeiu|t.  daneben  etfcfceint 
gotifc^  thiudans  =  95olföbel)etr[(^et.  S)a« 
töniglic^e  ©efc^Iecfet  iji  tai  ebelfle  untet 
ben  ebeln  ®ef(i)lcc^tctn  unb  fcinUtfptung 
in  bet  Sluffaffung  bet  ältcften  Seiten  ein 
mi)tt)oIogif^et;  toon  ben  ©öttctn  leitete 
man  bie  ctfien  Könige  ab.  3"  eigentüms 
lid)ct  2ltt  Detbinbet  ftd)  obet  mit  bem 
(Sibte^t  be«  ®efc^Ie(f)tc§  ein  SBa^lted)t 
beä  S3oIfc^,  ba^  manchmal  ben  Äönig  be= 
jiätigt,  anetfcnnt  unb  njä^lt.  SDie  be* 
fonbeten  $Re^te  beö  Äönigd  abct  rt)aten 
gcwiffe  ptieftctiicfce  gunftionen,  93etufung 
unb  ßeitung  bet  iBolf^oetfammlung,  SBoü- 
jug  ber  ©etid^t^befc^lüffc,  93ejug  bet  »et* 
»itften  gtieben^gelbe« ,  Slnfü^tung  be^ 
33olf«t)ectc0,  Ernennung  »on  gf^^^^ttcn, 
SBejug  fteimiUigei  6f)tengefc&enfe,  lang 
^etabmaücnbeö  ^aat  unb  anbete  et)reniiotle 
5tbjcid^en  in  Itadjt  unb  2Baffen.  2Bar  in 
ben  etjien  Ja^t^unbetten  bet  c^tifilic^cn 
3citre<inung  t>ai  Königtum  nocfe  bie  9lues 
nabme,  fo  »utbc  e^  feit  bet  93ölfctmans 
betung  bie  Siegel,  fo  jhjat,  ba§  bie 
Äönige  in  etfiet  ßinic  aH  Könige  übet 
ba«  2JoIf,  ni(^t  übet  ein  befiimmt  abs 
gegrenjte^  ßanb  angefe^en  »utbcn,  alfo 
Könige  bet  Oft»  unb  SBcftgoten,  93anbalen, 
23utgunbet ,  S^ütinget ,  öangobatben, 
gtanfen. 

2.  93ei  ben  ÜKetomingetn.  ^ie 
ftonfifc^cn  Äönigc  leiteten  i^rcn  Ut« 
fptung  Don  einem  fagen^aftcn  Chlodio 
obet  Chlogio  ab;  t»on  if)m  foH  ÜJIetotiec^ 
abflammen,  »on  bem  ba^  ftänfifd^e  Äönigö= 
gef(f)ec^t  ben  iJJamen  bet  SOflctomingei 
empfing.  5lud)  i^t  5Red)t  betu^t  auf  bem 
(Stbtec^t  tti  föniglic^en  ©efd^le^tcd;  i^t 
(S^tenjeid^en  bleibt  ba*  lang  tjetabmaÜcnbe 
|»aaT.  6in  SBa^lted^t  be«  ißolfe*  in  93ejug 
auf  tai  Königtum  ifi  ben  gtanfcn  ftü^ 
ftemb  gewotben.  (Sinen  minberfdljtigen 
Äönig  nimmt  bet  näcl)fle  33etmanbte  in 
feinen  ©cfiu^  obet  bie  ^önigin^SWuttct 
h)itb  ol^  JRegentin  anetfannt.  Ob  ba* 
jwölfte  obet  fünfjebnte  3"^^  im  metoroin» 
giften  ^aufc  bie  SDJünbigfeit  gab,  ifi  nid&t 
ouögemad^t.  Slotroenbige  ©igenfd^aft  bcd 
Jiönig«  ifi  fötpetUd^e  JRüfiigfeit;  ßeic^en 
bet  föniglid^en  ©ewalt  ifi  bie  ßanje.  geier- 
li^e  Ätönung  obet  ptiefietlic^e  Salbung 
toat  unbefannt;  auc^  i>ai  ©ceptet 
unb  ben  Ibton  ermahnen  »enigfien^ 
metotoingif^c   ©(^liftfieHet    nic^t.     ^ai 


(Putpurgemanb  unb  bor  üJlantel,  mit  bem 
ftd^  6^lobtt)ig  befleibete,  ftnb  tömifd)en 
Utfptung^.  5n  ben  legten  3«iten  i^«t 
.g)ertf(f)aft  menigfien^  fut)ren  biefe  Könige 
auf  tinbetbefpannten  SGßagen  jut  iäl)tU^en 
SSetfammlung ;  fonfi  befiiegcn  fie  bad 
SRo§.  I)ie  Könige  t)atten  bcflimmte 
ateftbenjen,  wo  [n  einen  Steil  bti  ^a}9xti 
fid^  auf ju^alten  pflegten ;  häufig  erfcfeeinen 
ftc  abet  auc^  auf  i^ren  übetati  jctfiteuten 
^öfen  unb  93iüen,  mo  if)te  ^Paldfie  obet 
^faljen  lagen.  (Sine  gro§c  9floÜe  fpielt 
fiet^  bet  @c^a^,  bet  an  ben  Si^en  be« 
Äönig«  bema^tt  mitb;  et  gilt  fafi  nic^t 
hjeniget  al^  iai  SReic^  unb  Mi  eine  mitb 
mit  bem  anbetn  ermotben,  oetctbt,  ctobett,  ge- 
teilt: et  enthielt  geptägteö  ®olb,®ef(^mcibe 
unb  @(^mud,  [Ringe  unb  Letten,  ©efö^e, 
tei(f)e  ®ett)änbet  unb  Stoffe.  Königinnen 
unb  Äinbet  Ratten  il)ten  eigenen  ^ä)a^. 
(Sbenbüttiger  (ä^en  rcaten  nut  Äönig^* 
tötetet  mütbig;  baneben  abet  lebten  bie 
Äönige  ungefitaft  mit  niebtig  gebotenen 
SZBcibctn  auä)  in  boppelten  6l)en  obet  im 
Äonfubinat.  I)ie  Stitel  bet  metooingifc^en 
Könige  »aten  vir  inluster,  princeps  unb 
dominus.  ®emilbett  unb  in  bet  SBage 
gel)alten  mitb  bie  ÜRa^t  be^  Königä  but^ 
bie  Ktaft  be^SBolfcö.  2>em  ganzen  33olfe 
gegenüber  »ermo^te  bet  König  nic^t  »iel. 
2)et  König  legte  [\ä)  eine  fiatfe  ©ttaf» 
gemalt  bei;  oft  lie§  et  it)m  Det^a|te  obet 
öetbäc^tige  ÜWännet  gefangen  fe^en,  foltetn, 
in  ibie  ^etbannung  fc^iden,  ctf^lagen, 
oft  o^ne  Utteil  unb  Steigt.  Untreue  gegen 
ben  König  foütc  naä)  ben  ®efc^en  mit 
bem  ßcben  befiraft  mctbcn.  ißefonbet* 
gro§  ifi  ber  (5influ|  bc«  König«  auf  bie 
®eijili(j)feit;  üom  Könige  mit  9fle^ten  unb 
(St)ren  auögeftattet,  ifi  fie  auc^  in  l)o^em 
*Dia§e  Don  i^m  abhängig;  Sifci^öfe  merben 
für  febe  $crle^ung  i^ret  *)8flid)t  jur  iBer« 
antwortung  gejogen  unb  ^art  gefiraft. 
iBom  iBolE  fagtc  man,  eö  bicne  bem 
König;  bie  Untert^anen  nannten  fx^  in 
(Singaben  unb  ©riefen  Kned^te  unb  2>iener. 
S)agegen  ^at  bet  König  füt  t>ai  93olE  ju 
fotgen,  tai  SRed^t  ju  ^anbl)aben,  ben 
gtiebcn  JU  machen,  fei'ö  felbfi,  fci*^  butdj 
gcwiffen^afte,  oon  i^m  cingefe^te  iRic^ter. 
er  gemährt  allen  |)ilfc  unb  @c^u^,  be= 
fonberä  auf  ben  Kirchen»  unb  geifilid^en 
»ictiftungcn.  Dafür  übetttägt  fe^t  bie 
Kitd^e  bieSorfiellung  ber  ^eiligen  ©Triften 
»on  ber  Dbrigfeit  auf  ben  bcutfd^en  König 
unb  biefcr  bejei^nct  feine  ^errfc^aft  felbfi 
<xH  eine  oon  ®ott  gegebene.  3ebet  neue 
König  but^jog  fein  SReid^,   um  ftd^  aU 


3?0 


Königtum. 


^cnfc^cr  ju  jctgen  unb  bie  ^ulbigung  tti 
53olfeö  entgcgcnjunebmen;  c^  gef*a^  bieö 
luxä)  im  Iicueib;  bct  6cfeu^  bcä 
Äönigö  ^Qttc  bic  93ebeutung  bcö 
gricbcnö;  er  umfaßte  baä  ganje  23otf 
unb  bielt  cö  in  red^tlidicr  Drbnung  ju» 
fammcn;  cinjcinen  !Pcrfoncn ,  namcnt* 
iid^  5'^''"^"  ^^^  ®eifiltd)en , ,,  »erlief) 
er  ani)  befonbere  5Re*te.  Überhaupt 
tt)ar  eä  bie  *Perfon  be^  Äönigö,  »elic 
bie  »erf<ä)iebenen  Seile  beö  !Reid)cä  unb 
be^  33olfeä  jufammcnbielt.  <Mu[  if)r  he 
rufit  bie  |iaatlt(f)e  Scrbinbung;  moö  er 
bcl)errfc6t  bilbet  fein  Oteid).  Sfüeö  unter» 
liegt  feiner  2tufftd)t  unb  ©etralt.  ®a^ 
ganje  33olf  \x>ax  it)m  perfönli*  oerpflicfetet, 
nur  burc^  ifin  ju  ftaatlic^er  Sin^cit  »er= 
bunben.  2)ie  Rotiere  (Serid^täbarfeit  ifi 
ebenfo  »t>ie  bie  allgemeine  obere  SRegie* 
rungögcftialt  an  feinen  jg)of  gebunben. 
51m  töniglicften  |»ofc  laufen  bie  liföben  ber 
^Regierung  jufammcn,  »erben  bie  tt)id)tigften 
geri(l)tlid)cn  Gntfdicibungen  getroffen. 

3.  Karolinger.  ü)'Jet)rcre  ©enera* 
tionen  ^inburi^  roaren  bic  merottingifi^cn 
Könige  bIo§  nod)  äufcrlid^c  Söertretcr  be^ 
Königtum^,  »dtirenb  bie  g^amilie  ber|)auö= 
meier  i^rerfeit^  aud)  fd)on  burc^  mef)rerc 
Oenerationen  al^  güifien  unb  -^erjoge 
bic  faftifd)e  ©ettalt  t>ti  Königtum^  unb 
alle  biejcnigen  (Stgenfcf)aften  befafen,  rt)cldbc 
für  baefelbe  nötig  »aren.  SRa^  bcm  iRat 
un^  SBitlen  ber  ®rofen  ttjurbe  nun  oon 
*Pippin  eine  ©efanbtfc^aft  nacfi  SRom  ju 
Cßapji  3«c^<^ii^,^  9ffä)i<^t,  »elcbe  anfragen 
foütc,  ob  bie  Übertragung  ber  föniglid)cn 
Oemalt  auf  Q3ippin,  ben  S^baber  ber 
iIRad)t,  gercd)tfertigt  fei.  S)er  *Pap|i  bc= 
iat)tc  bie  ^Infruge  unb  befahl  gemdft  apofio* 
Iifd)er  5Iutoritdt,  bQ§  <Pippin  König  »erbe. 
35arauf  fanb  bic  feierli^e  (Srl)ebung  *pippin^ 
jum  Könige  unb  bieSalbung  be^felben 
burc^  bic  !öif(i)öfc  ftatt,  eine  fpmbolifcfie 
^anblung,  meldte  im  ^Infcfcluffe  an  bie 
©atbung  ®aulö  unb  35a»ibö  burdf)  6amucl 
fd)on  bei  ben  iZBcflgoten  unb  Qlngelfacfcfen 
äficgcl  gett>orbcn  war.  Ob  mit  ber  Salbung 
fcfcon  eine  Krönung  verbunben  tt>ar,  ip 
nict)t  ftcJ)er;  t>on  einer  ©ibe^Icijlu  ng 
bed  neuen  Könige  ifi  nid^t  bie  SRcbc. 
2)agcgen  finbet  bie  gröfere  5lnnä^erung  beö 
frönfifcften  Königtum^  jur  Kird^e  it)ren 
^luäbrud  in  bem  Sitel,  ben  fic^  *Pippin 
jucrfi  beilegte,  Dei  gratia. 

S)ie  SSerbinbung  mit  ber  Kirche  foütc 
aber  nod)  enger  hjcrben.  einjig  bie  Kird^e 
unb  an  il)rcr  ©pi^c  ber  99if(f)of  »on  {Hom 
rt>ar  e^,  tt)etct)e  in  biefcr  3cit  einen  gewiffcn 


3ufammenbang  unter  ben  Sefcnnern  bed 
(S^riftentumä  ju  erhalten  fu(J)tc.  ^Infangg 
lebntc  fid)  ber  römifc^c  '-Bifc^of  no^  an 
itai  oftrömifcfte  Kaisertum ;  fcitbem  er 
über  fird)lic^en  unb  weltlichen  O^ragen 
mit  bicfem  jcrficl ,  fucbtc  unb  fanb  ber 
römif($e  «Stubl  ^ilfe  unb  SRettung  beim 
frdntif^cn  Königtum,  tai  fcinerfcitö  burc^ 
bie  33erbinbung  mit  SRom  an  51nfeben, 
3[Rad)t  unb  iBcrbreitung  nur  geroinnen 
fonntc.  ^apji  Oregor  in.  roanbte  jic^  juerft 
an  Karl  iDlartell  um  ^i\fi  gegen  bie  ßango= 
barben,  unb  übcrfanbte  i^m  bic  @df)lüffcl 
jum  ©rabe  be«  ^eil.  ^etruä.  9tod)  mcl)r 
t^at  ®tcpf)an,  bes  3''^'''^''^^  D'Jad^foIgcr: 
er  fam  felber  über  bic  511pcn  unb  erteilte 
nii^t  blo§  bcm  ^ippin  unb  feinen  ©öfjncn 
nod^malö  bie  JBei^c  ber  «Salbung,  fonbern 
er  ernannte  fie  juglcid)  ju  'ßatrijiern, 
einer  ffiürbe,  bie  öfter  gcrmanifc^en  Königen 
ticrlie^en  roar,  um  bicfclben  in  einen  ge» 
roiffcn  3uf''tnmen^ang  mit  bem  iRömer« 
rcic^  ju  fe^en,  ibnen  eine  SIrt  jiatt^altcs 
rif^er  Sefugniö  in  ben  einfi  römifc&cn 
(Crooinjcn  jU  geben,  bicämat  in  Otom  unb 
bem  @ebiet  ber  ©tabt.  3nbem  ber  ^apfi 
bicfcn  Jitel  auf  i^ippin  übertrug,  feanbeltc 
er  alä  35crtrctcr  bcö  in  ber  ^ia  fort* 
lebenben  römifct)cn  SReid^eö;  er  befiellte 
babur«^  ben  fränfif(^cn  König  al^  53c» 
fi^ü^cr  unb  Scrteibigcr  ber  Kirche  unb 
it)reö  93ifd)of^.  ©cinerfeitö  mad)te  ftd^ 
^ippin  an^cifc^ig,  bem  römifc^cn  ©tut)I 
eine  SRei^e  oon  33efi^ungen,  bie  bemfelben 
burcf)  bie  ßangobarben  entriffcn  «aren, 
roieber  ju  pcrfc^iaffen,  roaö  aud)  gefc^ab. 
^Roc^  nähere  Sejic^ungen  ^atte  Karl 
ber  ®ro§e  sum  römifd)en  @tut)I;  auc^ 
ifim  übcrfanbte  ber  ^apf!,  Seo,  bie  Sd^lüffcl 
^um  ®rabe  beä  l)eil.  ^ctruö  unb  bie  ^ai)nt 
ber  Stabt  iRom,  unb  ocrbanb  bamit  bie 
Sitte,  ber  König  möge  einen  feiner  ®ro§cn 
fc^idfen  unb  ba^  römifc^e  Solf  eiblicf)  jur 
Srcuc  unb  Unterroerfung  gegen  i^n  »er» 
pflichten;  benn  man  betrad^tetc  Karl  nidf)t 
blo§  in  feinem  eigenen  SReidf)e,  fonbern 
überall,  wo^in  ber  fränfifd^e  SSerfe^r 
rcid)tc,  al^  ben  obetjien  i)crrn  ber  Slirificn» 
^eit;  fcinSRcid^  roar  cin2BeItreid^  gerooibcn. 
®o  log  e^  na^e,  jumal  ba  in  ben  Krcifcn, 
in  rocld^en  Karl  ftd)  beroegtc,  bic  Vorliebe 
für  iai  flafftfd^e  'Jlltcrtum  unb  namentli^ 
für  baö  römifc^c  Sßeltrcidf)  roirffam  war, 
Karl  ben  Xitel  jcnc^  5Rcid)e«  neucrbing« 
bcijulegen.  *Bon  ®eifilid^cn  in  Karl^  Um« 
gebung  fd)eint  ber  ®ebonfc  jucrp  au^* 
gegangen  ju  fein ;  •Papfi  8co  Pcrroirflic^tc 
\\)n,  inbem  er  bem  König  ber  Jronfen  am 


Äönigtutn. 


371 


SBci^noc^tätage  SOO,  b.  t).  nad)  bamaliget 
(Rechnung  am  Einfang  eineö  neuen  3a^ie^ 
unb  3a^rf)unbcTtö,  in  ber  Äird)e  öe«  ^eil. 
«ßetruö  bic  Ätone  aufa  ^aupt  fc|te  unb 
i^n  alö  Äaifer  begrüßte.  Sr  erhielt  t)a:= 
burd)  bic  Sebeutung  eineö  .^»erTn  ber  abenb« 
länbifcben  6l)xiPeni)eit,  eine«  (Sd)ü^ct^ 
bct  römifc^en  Äir±e  unb  eine«  gürPen, 
ber  bem  oPrömifc^cn  Äaifcr  ebenbürtig 
»ar;  übcrljaupt  aber  traten  burcf)  biefen 
-üh  tai  priüatred^tlicbe  unb  perfönlidjc 
(Slcment  be^  Äönigtumö  nieljr  jurürf  unb 
traten  in  ber  ^iluffaffung  ber  oberflen  ®e« 
walt  me^r  allgemeine  unb  öffentliche  ®£« 
ftd^tepunfte  ^erüor. 

Äarl^  noUflanbiger  2;itel  mar  je^t 
Serenissimus  angustus,  a  Deo  coronatus, 
magnns  et  paciticus  imperator,  Roma- 
num  gubernans  imperium ,  qui  et  per 
misericordiam  Dei  rex  Francorum  et 
Langobardorum ;  [päter  fagte  man  türjer 
imperator  angustus;  semper  angustus 
unb  Caesar  mirb  r»on  Sc^riftjietlern  ber 
3eit,  aber  nid)t  in  öffentli(l)en  Elften  gc 
fagt;  banebcn  blieb  ber  5luöbrucf  regnum, 
regia  majestas  in  ©ebraud).  ^u§er  bem 
Sitel  magnns  et  pacificns,  ben  Äarl  fid) 
fclbcr  giebt,  famen  üor  excellentissimus, 
gloriosissimus,  praecellentissimus,  Sere- 
nissimus ,  piissimus ;  unb  bie  5lttribute 
dementia,  dignitas,  celsitudo,  excelientia, 
serenitas.  2)er  römifdjen  %xaä)t  bebicnten 
ftd)  Äarl  unb  feine  S^Jadifolger  feiten; 
fonjl  trugen  fte  bei  feierlid)cn  ©clegen* 
icitcn  ein  gotbbur^mirEtcö  Äleib,  Schübe 
mit  (Sbclftcinen  befc^t  unb  anberen 
@d)muct.  5"!  fcftlid)en  Ornat  fe^tc  fid) 
ber  Äönig  ober  ^aifer  eine  Ärone  aufö 
^aupt  unb  trug  ©tab  ober  ©cepter 
a\i  3e'^cn  '^^^  rid)terlic^en  ©emalt  in 
ber  ^anb;  ein  bcjiimmter  Unterfd)ieb 
jnjifdien  föniglid)er  unb  faiferlid)er  Äronc 
mitb  nic^t  gemad)t;  »on  ber  Ärone  mie 
Dom  ©ceptcr  gab  ti  ücrfd)iebenc  Gremplare. 
3lud)  ba^  ©  d)  tt»  e  r  t  ifi  ^nftgnie  ber  ^etr» 
fd)aft,  im  befonbercn  ber  ^eergemalt. 
3ci(^cn  ber  ^errfd)crmürbe  i(l  ferner  ber 
erl)öl)te  ©i^  ober  Itiron. 

Ginc  fcjle  Sflefibenj  gab  ti  in  ben 
erfien  3a^ren  Äarlö  nic^it;  fpöter  beüor« 
jugtc  er  bie  'JJfaljen  an  ber  Tlaai  unb 
am  SR^ein,  |terijial,  SGßorm^,  Snaelt)«™ 
unb  namentli(^  Qlad^en.  |)ier  empfing 
et  auc^  juctfi  bie  Äaiferfrone;  fpätet  nocfc« 
mala  ju  iRt)cime  com  Ißapfie  fclber.  33ei 
ber  töniglicften  ©albung  unb  Krönung 
erfolgt  na^  ©egeneroünfc^en  über  ben 
ju  Ärönenben  bie  ©albung  mit  bem  i}t\' 


ligen  Dl,  babci  ein  ®ebet,  unb  bann  bic 
3luffc^ung  ber  Ärone  burc^  ben  ©ifd^of 
mit  ben  ÜBorten:  S«  fröne  bid)  ber  ^ert 
mit  ber  Ärone  beö  iRuf)meö  unb  ber  S^re 
ber  ©ercc^tigfeit  unb  bem  SBcrf  ber 
Sapfcrfeit,  bamit  bu  burd)  ba«  Qlmt 
unferer  ©cgnung  mit  red)tem  Olauben 
unb  öielfad)er  ^rucf)t  guter  2Berfc  jur 
Ärore  beä  emigcn  ßebcn^  gelangffl  burd^ 
3,5erleit)ung  beffen,  beffen  ^crrfdjaft  unb 
Uleid)  bauert  oon  eniigfeit  ju  ©migfeit. 
5lmen."  üßeiter  überreicht  ber  Sifd^of 
bem  Äönig  tai  ©cepter  unb  fagt:  „®ms 
pfange  hai  ©cepter,  tai  ^iidjtn  ber 
föniglid)en  ©emalt,  ben  gcrabcn  ©tab 
ber  |)errfd)aft,  ben  ©tab  ber  Äraft,  mit 
bem  bu  bid)  felber  mof)l  be^crrfd)en,  bie 
l)eilige  Äird^e,  iai  d)riflUd)e  bir  non 
®ott  anoertraute  58olf  mit  foniglic^et 
Äraft  gegen  bie  (Sottlofen  tetteibigen, 
bie  93öfen  firafcn,  bie  SRed)tfc^affencn, 
ha^  fie  ben  red)ten  SBeg  galten,  untet» 
fluten  unb  füt)ren  mÖgefi;  auf  ia^  bu 
Dom  irbifdt)en  jum  f)immUfd)en  (Reiche  gc« 
langeü  mit  |>ilfe  beffen,  beffen  ^errfc^aft 
unb  SReid)  bauert  »on  (jroigfeit  i^u  @mig* 
feit.  5lmcn."  3i""  ©c^Iu§  folgt  ber 
©egen  unb  ein  ®ebet  für  ben  gefrönten 
Äönig. 

Unter  ben  erfien  Karolingern  mar  bie 
S55eil)e  beö  ?5apfie^  jur  55ül)rung  beö  faifer« 
li(^en  SRamenä  nic^t  erforberlid) ;  mehrere 
Äaifer  festen  il)ren  ©öhnen  bic  faifer* 
lid^e  Ärone  felber  auf«  ^aupt.  ^uc^ 
Könige  ftnb  me^rfa^  uom  ^apfte  gefalbt 
morbcn;  anbere  Könige  fmb  ^inmieberum 
überhaupt  niemalö  gefrönt  unb  gefalbt 
morben,  j.  33.  ßubmig  ber  2)cutf($c;  unb 
baö  3f?ec^t  jur  ^crrfd)aft  ifi  überf)aupt 
mcbcr  »on  ber  ©albung  noc^  oon  ber 
Krönung  abf)ängig.  2luf  öffentliche  »Jürs 
bitten  ber  ©eiftlid^feit  legten  bie  Karo- 
linger grofe^  ®emi<^t;  ^ürbitten  fomo^l 
aU  Krönung  belogen  ftd)  tcilmeife  auc^ 
auf  bie  i^rauen  unb  auf  bie  Kinber  beö 
König«  ober  Kaiferö. 

^ui)  bie  ^ippiniben  beanfprud)ten 
unb  bcfa^en  iai  JRec^t  ber  23crerbung 
beö  Königötumö  in  i^rem  ®efci)lec^t, 
fpöter  in  analoger  2Beife  iti  Kaifertumä. 
Seflötigung  unb  ißefcfiigung  erhält  bai 
fönigli^e  ®rbrecf)t  burc^  ben  göttlichen 
«ffiiüen,  bie  2Beit)e  ber  Kirche,  bic  3"* 
fiimmung  unb  5lnerfcnnung  beö  ißolfe«. 
Sbenfatld  nad)  altem  ^crfommen  mar 
eine  Seilung  unter  mehrere  ©öline  ge« 
fiattet,  Wobei  bie  SIRitmirfung  beä  Solfeö 
unb    ber  ®ro§en    meifi  mit   in  iöetrac^t 


372 


Königtum. 


fommt.  9IIIc«i33oIft)omjtt)öIftcnßcbeneia^re 
an  §atte  i>em  Äönig  unb  ^aifcr  bcn  Q.it> 
bcr  Ireue  ju  leiten  (fie^e  (Jib);  ber 
Scgtiff  iti  ©c^orfamö  gegen  ben 
^errf^er  ifl  namentlich  Bon  ber  Äird^e 
betont  njorbcn  unb  wirb  me^r  tn  23es 
jie^ung  auf  befonbcre  25erf)ältnif|'e,  einjelne 
Qtnorbnungen  unb  Sefc^Ie  angewenbet. 
3|i  auf  bie  Übertretung  bee  Sefe^Ie^  eine 
befonbere  ©träfe  gefegt,  fo  l)eiBt  berfelbc 
Äöttigäbann.  2)erfelbe  fanb  feine  be* 
fonbcre  Olnwenbung  im  |)eer  unb  im 
©eric^t  unb  voax  überl)aupt  jur  Sicherung 
beö  ^riebcnä  bejlimmt. 

4.  Siö  ju  ben  ^o^cnflaufen. 
SDtit  bem  5lu8^erben  be^  beutf^en  Äaros 
lingifc^cn  ^aufe^  ncrfd^affte  |tc^  tai  (Prin« 
jip  ber  2Ba^I  wiebcr  ©eltung  unb  war 
t»on  ba  an  Don  einer  Teilung  um  erblid^en 
9lnfpruc^s  ttjiQcn  nie  wieber  bie  Stebc; 
bod&  machte  ftc^  fofort  axxä)  tk  iJlücfftcf)t 
auf  tai  ®efd£)Ied^t  tüieber  geltenb,  beibc 
•Prinjipien  balb  mit^,  balb  gcgeneinanber 
rt)irtenb ;  crjl  im  Kampfe  ber  Äir^e  gegen 
^einrtd)  IV.  rt)urbe  ton  Seite  ber  Äirc^c 
ber  erbliche  5lnfpru(^  ganj  bcfeitigt  unb 
ba^  ^tin^ip  einer  »öUig  freien  2Ba^l 
aufgejieüt.  SDcr  gorm  nad^  beburftc 
aber  fictö  baö  erbliche  SRec^t  ber  5lners 
fennung  burd^  bie  2Ba^I,  njobci  bem 
SBunft^  ober  SBiUen  bc^  regterenben 
<^errfd^erö  nur  ein  gen^iffcr  (SinfluB  auf 
bie  Sla^folge  jufam.  Oft  fam  cd  gur 
Sicherung  beö  erblii^en  SRcc^ted  t»or,  ba§ 
Äönige  bei  ßebjeiten  i^rcm  ©o^n  bie  form« 
litfec^lnerfennung  unb  ^ulbigung  aläS'Ja^* 
folger  oerfc^ äfften;  eine  genjiffe  Sebeutung 
für  bie  jlacbfolge  ^attc  auc^  ber  93eft^ 
bei  tönigli^en  SnPsnien;  überbaupt 
aber  Iiat  ee  in  bicfer  $eriobe  no$  faum 
fefifie^enbe  Sinrid^tungen  in  S8ejicl)ung 
auf  bie  töniglic^e  SRac^foIge  gegeben. 
SJicfe«  gilt  aud^  oom  Ort  ber  SJBa^I, 
ttjeld^e  ju  granffurt,  Stauen,  ^oxä^i)tim, 
SDJainj,  ja  auf  italifd)em  ißoben  j^attfinben 
!onnte.  ®o  beftanb  aud^  nocf)  fein  be« 
jiimmtcd  3le(^t  für  bie  leilna^me  an  ber 
SBa^I.  Die  (Sntfc^eibung  liegt  jlct«  bei 
ben  geifilid)en  unb  tt)eltli(^en  ®ro§en, 
neben  »el^en  tai  25olf  nur  ald  imit^ 
»irfenb  unb  jufiimmenb  genannt  tt>irb; 
ben  größten  Sinfiufe  aber  Ratten  babei 
bie  ^o^cn  ®eipiidf)en,  cor  allem  ber  drj« 
bifcbof  üon  SWainj,  bem  auc^  bie  formelle 
Scitung  ber  2Bal)I  i\ufianb  unb  ber  bei 
einer  förmlichen  <Mbfiimmung  jucrji  feine 
aWeinung  funbgab.  ©er  eigentlid^en  SBa^I 
ging  oft   eine   Sorbefpred^ung,    eine  2lrt 


!Bortt)a^I  oorauö.  I)ie  ^otmel  ber  Söa^l 
ober  Äur  mar:  3^^  fi«f«  (}obi)  äu  einem 
^errn  unb  Äönig,  jum  (Ritter  (Sitegierer) 
unb  Serteibiger  (Sogt)  bed  iJteic^ö  (ober 
fianbeö).  (5in  förmlic^ed  Sa^Un  ber 
Stimmen,  eine  ßntfc^cibung  burd^  2Raio= 
rität  fanb  nid^t  fiatt.  5tuf  bie  ein- 
jlimmige  fflal^I  würbe  gro§ed  ©ewi^t 
gelegt;  mer  nic^t  jjujiimmte,  fanb  |td^ 
über^)aupt  ni(^t  ein  ober  na^m  an  bem 
förmlichen  ÜBa^Iaft  feinen  Jcit.  Unmittel^ 
bar  nad^  ber  SBaI)I  ober  balb  barauf  fanb 
bie  ßeijiung  bed  Ireueibee  unb  bie  ^ul* 
bigung  fiatt;  biele^tere  cntgegenjune^men, 
burc^^og  ber  Äönig  wofil  tai  SReic^.  3" 
2lact)en  pflegte  ein  befonberd  fcierlid^er 
liulbigungdaft  Pattjufinbcn ,  fei  ti,  ba§ 
bie  ^errf^aft  in  ßot^ringcn  befonbcr« 
betont  »urbe,  fei  eö  in  Erinnerung  an 
ben  ©i^  Äaifcr  Äarl«.  3"  ^^^  Äird^e 
würbe  ber  neue  Äönig  auf  Äartö  ©tu^l 
gefe&t. 

©eit  Otto  I.  War  bie  ©albung  unb 
Krönung  beö  Äöntgö  jur  fejlen  SRegel 
geworben ,  auc^  bei  ben  fungen  ©öbnen, 
bie  bei  ßebäciten  ber  25ätcr  aii  Äönige 
anertannt  würben.  %U  Ort  bicfer  6.ere= 
monie  würbe  meifi  ^lad^en  gewä()lt;  boc^ 
fommt  au(^  SOtainj  juweilcn  cor.  ßange 
ftanben  frd^  bie  ©rjbifc^öfe  »on  QJtainj  unb 
Äöln  eiferfüc^tig  in  ber  iöe^auptung  be« 
Dtc^ted  ber  Äönigäfrönung  entgegen,  big 
fd^lie^lid)  Äöln,  in  beffen  3)iöcefe  5ta^en 
lag,  enbgültig  ben  ©ieg  baoontrug.  2)er 
Hergang  ber  Ärönung  wirb  folgenbcr- 
ma§m  befc^rieben  (iZBai^,  iBcrf. » ®efd^. 
33b.  6.  ©.  165):  „2Benn  ber  Äönig  fein 
®cma(^  »crldit,  wirb  er  oon  ber  ®eiilUc^* 
feit  empfangen,  unb  ber  erjbif*of  fpri^t 
ein  ®ebet.  3wifd^en  jwci  Sifciböfcn 
fd^reitenb  wirb  jener  in  feierlicher  $ro= 
jeffton  unb  unter  ®efang  in  bie  Äircfee 
gefüfjrt.  ^ier  nad^  einem  neuen  ®ebct 
bed  (Srjbifd^ofö  .legt  er  ben  SIRantel  ab, 
fniet  an  ben  ©tufen  bcö  5lttareö  nicber, 
unb  mit  i^m  äße  SBif^öfe  unb  iprieficr, 
wät)renb  bie  nieberc  ®ci(ili^feit  jtngt  unb 
betet.  9iac!)bem  bann  ade  ftc^  erhoben, 
Iä§t  ber  ©rjbif^of  ftd^  »on  bem  Äönig 
ba<!  Serfprcd^en  geben,  bcn  redeten  ®IaU' 
ben  ju  bewahren  unb  ju  betf)dtigen ,  ben 
^eiligen  Äir(ien  unb  i^rcn  Dienern  ein 
©c^ü|cr  unb  iBcrteibigcr  ju  fein,  bad  i^m 
Don  ®ott  übertragene  9teid^  na^  bem 
SRed^t  feiner  iBdtcr  gu  regieren  unb  ju 
Dcrteibiflcn.  Unb  bann  Wenbet  er  ftc^  an 
tai  23olf  unb  fragt,  ob  ti  biefem  jürflcn 
unb  Otid^ter  fic^  unterwerfen,   feine  ^err* 


Äöniglum. 


373 


fc^aft  in  ftc^em  Ireuc  befefligen,  feinen 
aSefe^Icn  mi)  bem  ®ebot  beiJ  3tpofieId 
nad^ge^en  tt)oUe.  Unb  iai  ißolE  antwortet: 
„©0  fei  cö.  ?tmen."  'Jiaä)  neuen  (Sebeten 
h)irb  ber  Äönig  juerjl  om  J^aupt,  an  ber 
IBrufi,  an  ben  Schultern  unb  ben  Ober» 
armen,  bann  an  ben  ^änbcn  gcfalbt, 
empfängt  barauf  iai  ©d)tt)ert  alä  S^\ii)tn 
ber  ^errf(^aft,  ttjciter  bie  ^rmfpangen  unb 
ben  SD'lantel  unb  ben  Siegelring,  bann 
©cepter  unb  Stab,  jule|t  bie  Äronc,  aüeö 
unter  5tnrcben  unb  ©ebeten,  bie  auf  bie 
©etcutung  ber  einzelnen  3fi^«t^  ^'n* 
tüeifen,  unb  mo  e^  »on  ber  Ärone  ^ei§t, 
ia^  fie  i^n  jum  ©enoffen  be*  geifitic^en 
Slmted  mac^e.  SRafftbem  jule^t  no^  ber 
©egen  über  ben  Äönig  gefpro(f)en,  njie 
e^  aud^  bei  firc^lid^en  23etfammlungen 
üblid)  war,  wirb  berfelbe  ju  bem  Äönig^« 
fiu^I  geführt,  mo  ber  (Srjbifcfcof  in  ber 
JRebe,  bie  er  ^dlt,  baö. erbli^e  SRedbt, 
baneben  aber  aud^  bie  Übertragung  ber 
©emalt  burcf)  fir^lic^e  ^anb  befonberö 
^erüorf)ebt,  bann,  na(^bem  ber  Äönig 
fxä)  gefegt,  nod^  einmal  für  ij^n  betet, 
I)ierauf  famt  ben  übrigen  ©cifilid^en  ben 
^u^  beö  5"6beng  empfängt.  @in  feier» 
lid^c^  Sebeum  unb  bie  iKeffe  befc^lie§en 
ben  mt." 

fRad)  ber  Ärönung  ging  ti  jum  fefi* 
lid^en  ÜJtaf)!,  wobei  unter  Otto  I.  bie 
^erjoge  jum  erftenmat  bie  j)ienfie  ber 
^ofbeamten  leiteten. 

2)er  beutfd^e  Äönig  na^m  bie  faifer« 
lic^e  Ärönung  aU  fein  SRe(^t  in  Qln« 
fpruc^;  jte  galt  atö  iBoHenbung  ber  ^err« 
fd^aft  überl)aupt.  33on  einer  2Ba^I  war 
ba^er  hierbei  nidf)t  bieSRebe;  eine  Äaifer« 
ftönung  eineö  ©o^neö  ju  Scbjeiten  bc^ 
»aterö  gefd^a^  blo§  bei  Otto  II.  5luf 
einem  Weisen  dio^  beö  iPapfie«  pffegte  ber 
Äönig  in  JRom  einjujie^en ;  an  jWci  Stellen 
Würbe  ange^ialten,  um  ben  9iömern  ben 
(Sib  ju  leijlen,  ta's  fte  bei  i^rcn  alten 
©cwo^n^eiten  »erbleiben  foKten.  ?tm 
Sttiore  ber  ©tabt,  wo  bie  ®cifllid)feit  i^n 
erwartete,  flieg  ber  Äönig  üom  ^ferbe; 
bem  3uge  »oran  würben  ein  Äreuj  unb 
eine  2anje  getragen.  3"  ber  ^aüe  »or  ber 
^ircfee  be«  |eil.  «Petru«  fa§  ber  (ßapfl  auf 
golbenem  ©effel.  2)er  Äönig  fiieg  bie 
Stufen  \)imn,  neigte  ftd^  oor  bem  f^apfl 
jum  Äu§  ber  güpe,  worauf  i^n  ber  «Papfi 
aufhob  unb  breimal  fü§te.  SDarauf  ben 
•Papft  jur  ßinten  laffenb,  ging  ber  Äönig 
burdt)  bie  ^aUe  m  jur  ftlbernen  Pforte 
ber  .^irc^e,  wo  ber  Äaifer  geloben  mu§te, 
ber  S^ü^er  unb  iBerteibiger  ber  römifc^en 


Äird^e  ju  fein.  Danad)  erflärte  il)n  ber 
$apfl  ber  Äaiferfronc  würbig;  am  ®rabe 
be«  ^eil.  <Petru«  fniete  enblid^  ber  Äönig 
jum  ®ebet  nicber.  |)ier  würbe  meifi  bie 
geier  abgebrod^en  unb  bie  Ärönung  felbfl 
auf  einen  ©onntag  ober  t)o^en  ^cifi^tag 
t)erf(^oben.  ©ie  erfolgte  cor  bem  ^Itar 
beö  ^eil.  *Petru^.  Sn^»«»"  ber  ?Japjl  bem 
Äönig  tai  35iabem  .auf  iai  ^aupt  fe^te, 
fprad^  er:  „Smpfange  ia^  ^t\d)tn  bed 
SRu^mö,  im  SRamen  bti  iBaterö,  beö  ©o^ne« 
unb  beö  ^eiligen  ®eifie^,  bamit  bu,  ab- 
weifenb  ben  ^dai  unb  bie  Seflecfung 
aller  ßafier,  fo  !Recl)t  unb  ®ered^tigteit 
Uebefi  unb  fo  öoHer  ®nabe  lebefi,  ba§  bu 
Don  unferem  ^errn  3«fu^  (J^rijiu^  felbfl 
in  ber  iBerfammlung  ber  ^eiligen  bie  Ärone 
be^  ewigen  ßebcnd  empfangefi".  2lnbere 
3nfignien  al^  bie  Ärone  famen  nid^t  in 
?lnwenbung.  ®eim  SBegjug  aud  ber  Äird^c, 
wenn  ber  (Papfl  fein  ^ferb  beftieg  unb 
wenn  er  cd  »erlief,  ^ielt  i^m  ber  neu^ 
ernannte  Äaifer  ben  Steigbügel. 

35ie  S^re  ber  Äönigd»  unb  Äaifer« 
frönung  teilte  regelmäßig  bie  ®ema^lin 
bed  Äönigd,  balb  mit  bem  Äönig  jugleid^, 
bolb  na(|  ben  befonberen  llmpänben  in 
befonberer  geicr. 

ffiä^renb  bie  fpäteren  Äarolinger  [xä) 
noc^  mit  Söd^tern  ein^eimifd^er  ®ef(^led^ter 
»ermäl)lten,  fugten  jtdb  bie  fpäteren  Äönige 
für  ftdi)  unb  i^re  ©ö^ne  bie  grauen  meifi 
in  auswärtigen  ^ürjien^äufern. 

®ro6e  ©orgfalt  würbe  auf  bie  6r* 
jie^ung  ber  jungen  $rinjen  ober  Äönige, 
wie  tai  aO^ittelalter  fte  nannte,  oerwenbet. 
Unmünbigtcit  galt  formell  nid^t  aU  ^inber* 
niö,  bie  ^Regierung  ju  führen ;  ber  S^ermin 
ber  aWünbigfeit  war  tai  15.  ßebenöja^r, 
biö  wo^in  eö  einer  SBormunbfd^aft,  einer 
©orge  für  bie  *Perfon  unb  bie  SRegierung 
beburftc. 

511S  3fi^«n  ^^^  ^errfdl)aft  bienten  bie 
iReic^öf  leinobien,  bie  bei  ber  Ärönung 
übergeben  würben.  3"  alter  Qtit  füljrte 
fte  ber  Äönig  regelmäßig  bei  ftc^;  erfi 
fpäter,  feit  ^einrtc^  IV.,  ifi  t>on  ber  SBe* 
wat)rung  auf  einer  ber  33urgen  beö  5rän= 
fif^en  ^aufe«,  J^ammerfiein  unb  Irifelö, 
bie  JRebe.  3"fi9ni«"  beö  Äönig»  unb 
ÄaifertumS  werben  nidt)t  unterf^teben. 
5lm  Qlnfang  beS  10.  3a^i^^unbertö  werben 
aU  3nfignicn  Ärone,  ©cepter  unb  Stab, 
©d^wcrt,  3Rantelunb  5lrmfpangen genannt; 
baju  fam  unter  ^einrid^  I.  bie  ^eilige  ßanje, 
mand^mal  wirb  ber  iRing,  fpäter  aud^  ein 
Äreuj  erwähnt.  2>er  iRei^öapfel,  eine 
Äugel  mit  bem  ilreuj,  erfc^eint  jwar  fc^on 


374 


Äönifltum. 


auf  Siegeln  in  ber  ^anb  be^  Äaifer^  jur 
Dttonenjeit,  ^at  aber  erj!  fpäter  5lufnal)me 
unter  bie  3'?eid)öinfic\nien  gefunben.  *Mn 
ben  f)of)en  5^fl«"'  namentlich  Dftern  unb 
^fingften,  war  cä  ©ittc,  ta^  ber  Äönig 
öffenilic^  mit  ber  ^rone  erfc^ien.  Gin 
föniglic^er  J^ron  tt?ar  ber  in  ber  Äird)e 
gu  ?lad)en,  t>on  SDtarmor  unb  jmifcfien  jmei 
©äulen  (o  erfiaben,  i>a^  einige  «Stufen  ju 
i^m  ^inauffü^iten.  Qlber  aud)  fonjl  fa^ 
ber  Äönig  auf  ert)öf)tem  eeffcl,  unb  tt)urbe 
ber  S^ron  ju  ben  Snfignien  ber  ^errfc^aft 
gcred)nct. 

3mmer  noc^  galt  Qlacfien  riorjugämeife 
aU  töniglidier  ®i^;  anbere  beliebte  ^faljcn 
waren  gtanffurt,  ^orc^beim,  Dueblinburg, 
SKarburg,  iJJiainj,  3ngclt)eim,  Ircbur,  ®oö= 
lar,  ©peier.  Äam  ber  ^önig  in  eine  @tabt, 
fo  würbe  er  mit  ©locfengeläute  unb  fejts 
lidier  Scgrü^ung  empfangen.  @ein  Sluf^ 
enthalt  galt  alö  eine  (Sbre,  mar  aber  aud) 
eine  ßaft,  ta  bie  fe^lic^e  Scmirtung  Wenig- 
jienö  mef)rerc  Jage  lang  »on  bem  Stifte 
getragen  werben  mufte. 

5.  'S)a^  fpätereSmittelalter.  SWit 
ben  ^ot)enjiaufen  beginnt  ber  S^^W^  ^^^ 
ein^eitli^en  (Reid)öregierung.  ^voax  erf)ielt 
in  biefer  Qät  bie  ^tn  beö  Äaifertumg 
alä  ber  oberften  aHumfaffenben  weltlichen 
Tlaäjt  eine  neue  Belebung  bur^  ta%  in 
biefer  ßnt  aufblü^enbe  ©tubium  beä  rö^ 
mifd)en  !Red)te«  unb  burd)  bie  nähere  Se^ 
fanntf^aft  mit  ber  ©efe^gebung  ber  fpä^ 
tcren  Äaifer  unb  ben  bamit  rierbunbenen 
Segriffen  faiferlidier  ®rö^e  unb  ÜJJacfjts 
üoflfommenbeit.  ßwQ^t'*  "^«i-  brangen 
je^t  bie  ©runbfä^e  be^  Sel)en^wcfenä  in 
bie  9'icicf)äorbnung  unb  ber  Äaifer  galt 
nur  noc^  aU  t>a^  oberjle  ^aupt  ber  baS 
ganjc  JReic^  umfaffenben  feubalen  ®liebe= 
rung.  3)ie  Herzogtümer,  ©raffcfcaften, 
SD'?arfgraff(J)aftcn,  $faljgraffd)aften  u.  f.  w. 
crbiclten  ben  (Sl)arafter  üon  93enefijien,  i^rc 
Präger  ben  üon  SSafallcn;  ja  cinjelne 
9lei(^ägüter,  Su'^iöi'iftionen,  931utbann  unb 
anbere  SRegalien  Würben  nom  SRei^c  in 
mannigfadjen  ?lnwenbungen  an  ^ü'^l^f"' 
®rafen,  Ferren  unb  «Stdbte  ju  fielen  ge^ 
geben.  3)aburd^  würbe  iai  ße^nwefen  tai 
^anb,  wel(f)e^  liauptfäc&lid^  bie  Drbnung 
be«  Oteic^e«  jufammcnbielt  unb  worin  fo^ 
Wot)l  iai  Streben  ber  SReid)äfiänbe  nad^ 
©elbfiönbigfeit,  aU  "Da^  SBebürfnig  einer 
auf  ireue  unb  Sl)rfur($t  gegrünbeten  93ers 
binbung  mit  bem  iJleid)öobcr^aupt  i^ren 
5lu«brucf  fanben.  I)ie  Selctinung  mufte 
bei  jcber  in  ber  !^erfon  beä  Äaiferä  ober 
bc^    Sßafaflen    eintretenben    SSeränberung 


binnen  ^a\)i  unb  Jag  nod^gefud^t  werben; 
fie  würbe  bem  ^ürjlen,  ber  babei  ju  5Ro§ 
im  ,5ürjienmantel  ju  erfd^einen  liatte,  t?om 
Äaifer  in  *]Bcrfon,  rac^bem  ber  Safaü 
fnieenb  unb  mit  jufammcngelegten  ^änben 
bie  ^ulbigung  geleifiet  ^atte,  burd)  Über* 
reic^ung  einer  '\^ai)nt  aU  Qlbäeid^en  ^ober 
®ewalt  erteilt;  ba^er  ber  9^ame  '^a^w 
lel)cn.  I)ie  gcijilid)cn  ^Jürfien  würben 
mit  ben  Stegalien  burc^  tai  Sceptet 
inoefüert;  wenn  ftc  aber  baju  ein  befonbe« 
reo  ^ürficntum  bcfamen,  fo  würben  auc^ 
fte  bamit  mit  ber  ^ai)r\i  he.Ui)nt  unb 
nahmen  bann  auc^  bie  Salinen  in  itirc 
OTünjen  auf.  dlaä)  ber  93elet)nung  würbe 
ber  fiel)nbrief  auegefertigt;  bcDor  iai 
por  ftd^  gegangen  war,  fonnte  man  Don 
ben  Untergebenen  feine  .^ulbigung  »er* 
langen  noc^  23erleil)ungen  rtorne|mcn. 

Sine  wefentlid)e  25eränberung  ging 
aud)  in  ber  ?lrt  ber  SBa^  l  bcö  Äaiferg 
»or  ftd).  Sßö^rcnb  fid)  frül)er  alle  ^Jürj^en 
unb  ®rofen  be^  Oftei^eö  baran  beteiligt 
t)atten,  traten  atlmäblidb  fteben  ^üi^i^f" 
in  ben  9?orbergrunb,  benen  fd)lie|lid)  bie 
2öat)l  allein  jufam;  fte  erfd)einen  juerji 
atö  gefcftloffeneö  Kollegium  bei  ber  2ßa{)t 
Dttoä  IV.  im  3af)rc  1209,  bod)  Wirb  nod^ 
längere  3'it  crwäljnt,  ia^  biefe  ^ütpen 
nid^t  nad)  if)rem  belieben,  fonbern  mit 
Serüdftd)tigung  beä  SBiKcnö  fämtlid^er 
g^ürflen  bie  Söat»!  coruelimcn  foUten;  ber 
??ame  Äurfürfi  aber  ip  nft  feit  bem 
Seginne  be«  14.  3af)rbunbertö  na(^gc» 
Wiefen.  Isiefe  ^ürjlen  fmb  bie  brci  Srj* 
bifd)öfe  ton  SDJainä,  Irier  unb  Äöln  unb 
bie  »ier  weltlichen  ^üifien,  benen  jugleid^ 
bie  (Srjdmter  be§  SReid^eö  beigelegt  waren: 
ber  $faljgraf  bei  iRbein  (granfen)  aU 
*  2;rud)fe§  unb  eben  barum  au^  ber  oberfie 
unter  ben  weltlidf)en  ^^ürftcn,  ber  ^crjog 
üon  Sa($fen  aU  SRarfd^aK,  ber  ÜRarfgraf 
»on  Sranbenburg  alö  Äämmerer  unb  al^ 
Sc^enf  ber  Äönig  »on  Sö^men;  ba  aber 
bie  Äönige  ton  Söf)men  mcl)rcremal  un« 
beutfc^  Waren,  legte  man  i^re  Äurjlimmc 
bem  -^erjoge  t>on  Satjern  bei;  bie  golbcne 
Suüe  betätigte  jebod)  ben  böl)mifd)en 
Äönig.  2)aö  $rinjip  ber  Stimmenmehrheit 
bei  ber  Äönigöwal)l  würbe  jum  erftcn  ÜRal 
im  erjienÄuruerein  auögefprod^cn,  einem 
im  ^al)Xi  1338  'oon  ben  Äurfürften  ju 
SRenfe  am  iR^ein  gefdjloffencn  ißertrage. 

511«  aBal)lort  entfd)ieb  ftd)  feit  ber 
2ßat)l  JJriebrid)  I.  ixx^  ^erfommcn  aümäf)* 
lief)  für  5fi"?fui>t- 

S5er  Unterfdiieb  jwifc^en  ^önig=  unb 
.^aiferwürbe  unb  5lmt  üerlor  ftd)  mit  ber 


j^opfbebedungcn. 


375 


3eit  ganj,  tai  beutfcf)c  Königtum  ging  in 
tai  Äatfcxtum  auf;  ÜKayitnilian  naJjm 
f($Iie§lid)  bcn  faifctlid^cn  Sitel  o^ne  Ärö» 
nung  burdf)  ben  ^apfi  ober  einen  ©teH^ 
peritetet  an.  9We^r  unb  met)r  berubtc  ba^ 
faifeili*c  Qlnfeben  auf  ber  ^auäma^t 
feineö  ©efc^Iec^tc^.  dagegen  youxbt  iiai 
ßcremonien  bcä  Äaifer^  mit  5(ngftli(^feit 
bewahrt;  befonbcrö  njurben  in  ber  goI  = 
benenSulle  ÄarU  IV.  com  Jafjr  1356 
unb  in  folgenben  SReicf)ötagöabf(l)iebcn  bie 
gcwQUcf^en  Seflimmungen  barüber  gefe^Iic^ 
feftgefe^t.  ^ie  erfie  2ßaftIfapitulation, 
tt)el(t)c  hai  Ser^ältniö  be^  ^aiferö  ju  bcn 
iRcict)0Jiänben  fejlfe^te,  njurbc  von  ben 
Äurfürficn  bei  ber  2öaf;l  Äarlö  V.  1519 
entworfen  unb  »orgelegt.  2öai^,  iBerf.* 
®cfct).  —  5ür  bie  crjten*Perioben,  2)al)n, 
I)ic  Äönige  ber  ©crmanen  ;  <£t)bel,  Snt* 
ftcf)ung  bcö  beutf^en  Äönigtumö.  95gl. 
audt)  ben  ^Irtitel  Ärönungsinfignicn. 
ÄO^jfticköungcit.  ^Die  ®ermanen,  ja 
bie  ®oten  unb  alten  2!eutfc^en  fannten 
eine  23ebecfung  beä  ^aupteö  faum.  SJJad) 
olter  ©itte  gingen  fic  barhaupt.  2)ie 
aufgelegten  Äopftiäutc  erlegter  Sierc  bien* 
ten  me^r  nur  aU  Äopffcfentucf  beä  Arie« 
gcTÖ.  ungemein  gebräudblicf)  n)utbc  baö 
Sragen  f  on  Ritten  unb  3J!ü|en,  überhaupt 
t>on  ^opfbebccfungen,  erft  in  ber  3'^*  ber 
SRenaiffnnce,  »enn  fcf)on  ^rieficr  unb  53ors 
nebmc  fid)  ibrer  namcntlicfe  »om  13.  3af)r= 
l)unbcrt  an  häufig,  ©ürgcräleute  üereinjelt 
bcbienten.  ^a  fc^on  »om  10.  Ja^rtjunbert 
an  tt)irb  bei  ben  ©ac^fcn  eincö  cinfa^cn 
Ctrob^uteö  erträ^nt,  ber  aU  ein  fla^eei 
®ef(ed)t  öon  Scannern  unb  ^i^'*!'«"  öuf 
bem  Äopfc  feftgebunben  jutreilen  getragen 
»orben  fein  foH.  ©aneben  fanntc  man 
bie  einfa(f)c  3fU9fiPpe»  bie  öebcrfappe  für 
foldbe,  bie  be«i  Äopffcf)u^e^  bebürftig  waren, 
unb  bie  mel)r  ober  minber  reid)  gefd)mü(ftc 
iHunbfappe  für  bie  iBornel)men.  Jg)aupi= 
fä(i)licf)  finb  nai^fie^enbc  Sefleibungö* 
gegcnjtönbc  genannt, 

1.  I)ic  93unbl)aube,  eine  eng= 
anliegenbc  Äoppe,  bie  »on  bciben  ®e* 
fd)Ic(i)tern  getragen,  ben  Dber«  unb  hinter« 
fopf  bic^t  umfd^Iof  unb  unter  bem  Äinn 
gebunben  würbe.  2>ic  93änber  waren  oft 
mit  breiten  Saferen  Perfe^en,  bie  bieweileu 
beibe  SBangen  tioüfidnbig  bectten.  Die 
Rauben  waren  gewöbnlid)  weif,  juw  eilen 
and)  rot,  grün  ober  buntjlrcifig  unb  Idngö 
beö  SRanbeö  nac^  Vermögen  gejiert.  ®d^on 
mannigfaltiger  gefialtet'  finb 

2.  bieüWü^en  beö  13.  5at)rf)unbert^, 
Welche  alö  aufgcPeifteJRunbfappen  jwar  noc^ 


öomebmlii^  nur  jur  iReife  unb  Jagb  bc* 
nu^t  würben  unbbaber  mit  langen  Sinbe= 
bänbern  nerfetjen  waren,  ba|  fte  beliebig 
nacfe  f)intcn  geftreift  unb  fo  auf  bem  SRücfen 
bängenb  getragen  werben  fonnten,  3)ie 
Tlü^t  trägt  fdbon  eine  eigen  tHd)cDberfappc, 
bie  ^ä)  halt  ^albrunb,  balb  c^efc^wungen 
fpi^ig  erbebt,  balb  in  ber  SDiitte  fenft 
unb  bann  einen  mebr  ober  minber  fo|i= 
baren  Änopf  „ein  knöpfelin,  ein  darch- 
liuchtig  rabin"  trägt.  5lu(^  ber  iRanb 
war  nic^t  burc^weg  glatt,  oft  jadig  quo* 
gef^nitten,  oft  fed^ö^  ober  ad)ted)tig  um= 
gebogen.  2)ancben  fam  bie  SOtü^c  aud^ 
al^  faltiger  33unb  cor,  ber  ftd)  a\xi  einem 
ftärferen  ©tirnbanb  crl)ob  unb  ben  Ober« 
fopf,  mit  einem  breiten  93ef)ang  auc^ 
|)inter^aupt  unb  ©d)ultern  bebedtc.  25a* 
neben  naf)m  bie  Tlü^i  oft  bie  feltfamftcn 
formen  an,  bi«  fte  im  16.  3a^ri)unbert 
Dom  Sarctt  mel^r  unb  mcfir  »erbrängt 
würbe. 

3.  2)eö  ^uteö  unb  jWar  be^  fegel« 
förmigen  ©pi^bute^  finbet  man  fd)on  sui 
3cit  5tarl«;  b.  ®r.  erwäf)nt.  3m  10.  3ai)r= 
^unbert  fam  ber  ©trobbut  auf,  im  11.  ber 
^iljf)ut,  beffen  SRanb  ringsum  f)crabbing. 
gfladibcm  berfclbc  im  12.  3al)r{)unbert  fteif 
geworben,  giebt  er  bem  J^ute  balb  bie  ntannig« 
faltigftcn  5"^"!^"'  ringsum  ftarf  ober 
fd^wad)  aufgefrempt,  nur  com  ober  binten, 
ober  aud)  auf  einer  ©eitc.  55"!^^^"^"^^ 
werben  mit  bem  Äronrcif  gcfd)müdt  ober 
mit  einem  €c^apel;  wo  bicfe  feblen,  finbet 
ftd)  eine  melir  ober  minber  gefd)madt)oüe 
SBerbrämung  mit  «PeläWetf.  J^rauen«  unb 
ü)tännerl)üte  werben  aud)  mit  $fauenfebern 
noUpänbig  bebedt,  „pfa-wen-hnot",  ober 
fte  Werben  in  weiten  2)tafcfeen  neuartig 
überjlricft.  2)er  ^ut  war  gleich  ber  *JDtü^e 
oft  mit  ©inbebänbeln  t)erfel)cn.  (Sinfacbe 
iRunbI)ütc  würben  mebr  nur  oon  ßeuten 
unterer  (gtänbe  getragen;  ber  Sorneljme 
trug  unter  bem  cigentlid)cn  |)ute  auc^ 
etwa  einen  fogenannten  Unterjug,  ber 
tai  |)inter^aupt  ju  beden  I)<3tt«-  3)ic 
rafd)e  93erbreitung  ber  ®ugel  brachte  bcn 
^ut  im  14.  3abrbunbert  für  einige  3«^* 
in  fBerruf,  fonnte  ibn  jebod)  nid)t  bicibcnb 
ocrbrängen,  fonbern  tiefe  trat  »iclmcbt 
balb  in  beffen  S)ienft,  inbem  fic  an  bie 
©teile  bes  Unter,^ugeö  trat  unb  gleid)  ber 
^alöbergc  ber  Sßaffenrüfiung  ^interfopf 
unb  9taden,  ja  Söangen  unb  ^inn  »er* 
füllte,  wäbrenb  ber  leiste  ®ugel^ut,  ÄucI« 
^ut,  alö  einfacbcr,  f(^malfrempiger,  gleich« 
mdiig  gcfiülpter  JRunb^ut  ben  @'(^citcl 
bedtc.   2)urd)  Äarl  VII.  fommt  in  granf* 


376 


Äopfbebcdungen. 


tci(^  (um  1430)  bcr  oben  abgeflachte  SRunb» 
^ut  auf,  ber  balb  bcbeutenb  an  ^b^t  ju» 
nimmt  unb  bcn  Untcrl)ut  etft  tect)t  jur 
Siuäbübung  bringt.  2)icfer  ifl  o^ne  iRanb, 
im  übrigen  öon  t»er  ^orm  bc^  Dber^ute^ 
unb  bleibt  auf  bem  Äopfe  jt^en,  menn 
ieim  ®ru^  ober  in  Oegenmart  oon  Damen 
jener  abgenommen  unb  an  bcr  langen 
©enbelbinbe  über  bie  linfe  ©c^ulter  ^erab? 
gepngt  ttiirb.  5Die  Ärempe  mürbe  mofil 
aud^  in  mef)rere  Sappen  geteilt  unb  biefe 
ungleici^  fiarf  aufgejc^tagen,  ber  6l)Iinber 
jubcm  oft  aud^  abfonberlid^e  iZBeife  gejiert, 
mie  fe^r  ouc^  bie  obrigfeitlid^en  ©riaffe 
unb  bie  ÜWanbate  ber  Sittenrichter  bagegen 
eifern  mochten.  35ie  5i^auen()ütc  mieten 
nad&gorm  unb33erjicrung  »on  benüRänncr» 
^üten  taum  ab;  bie  ^üte  ber  ^anbmerfer 
unb  nieberen  ©tänbe  aber  behielten  aud^  im 
16.  3a^rt)unbert  i^re  einfädle  gorm  bei, 
ali  bie  oorne^mcn  ©tänbe  ben  ^ut  über« 
^aupt  gegen  iai  93arett  »ertaufc^ten. 
2>iefeö  gtfd^a^  ju  2Infang  be^  genannten 
3at)r^unbert^,  boc^  in  ber  jmeiten  ^dlfte 
beöfelben  fam  er  mieber  ju  Stiren  unb 
jmar  jundc^jl  ber  ^of)e,  gej^eiftc  fpanifc^e 
al«i  ooQjiänbiger  ober  oben  ebener  SRunb» 
^ut,  bonn  bcr  franjöjtfc^e,  unfern  Splinber» 
|üten  ö^nlid^e,  ber  nieberlänbifd^e  iRuben^» 
^ut  unb  im  17.  Jabr^unbert  ber  breit« 
frempigc  fc^mebifd^e  ©c^lapp^ut. 

4.  jDer  Stapel,  schappel,  schappil, 
schapelin,  ijl  entmeber  ein  natürlid^er  ober 
fünfilid^er  Slumenfranj,  au^  ein  Äopf* 
reif  Don  3tug  ober  ISOietall,  mit  (Silber, 
®oIb,  ^Perlen,  ©d^nüren  unb  Jrobbeln  2C. 
gefd^müdt.  ®r  fomnit  im  ll.Sa^rbunbert 
auf  unb  finbet  bi^  inÄ  16.  hinein  oiele 
ßieb^aber  bei  beiben  ®efd)led^tern  unb  in 
allen  'Ultergfiufen.  grauen  befejiigen  i^n 
biämeilen  mit  einem  Äinnbanb  ober  Der= 
binben  il)n  gerne  mit  bem  ©ebenbe,  baö 
ol^  ein  farbigeö  Sanb  tm  Äopf,  aucf) 
Äinn  unb  SBangen  umfd^lo§.  Der  ©cf)apel 
iP  al^  ©unfibejeigung  namentlich  au« 
bem  ÜRinnebienji  befannt. 

5.  Qln  bie  ©teile  be«  ©ebenbeö  trat 
oft  t>ai  Äopftu^,  baö  f*leierürtig  ben 
Äopf  einfüllte  unb  babci  ouf  ben  ?Jadfen 
herabfiel.  DodE)  fommt  auc^  bcr  ©d^leier 
felbfi  fc^on  frü^  cor  unb  neben  i^m  bie 
ätife,  meldte  länger  unb  fd^mäler  ali 
erftere  jmar  ©cfi^t  unb  ^al*  ber  JJrauen, 
befonber«  ber  SDBitwen  in  fünfilid^en  SBin* 
bungen  Dcr^üflte  unb  nur  klugen  unb  Jiafe 
frei  lie§,  mäl)renb  bie  ©nben  in  regel« 
mäßigen  galten  über  ben  Stüden  ^erab« 
l^ingen. 


6.  Die  9'ie^^a übe  bcfianb  au«  mols 
lenem,  feibenem,  oud^  golbenem  [ober  jtl« 
bernem  gl^^twcrf  unb  mar  meip  in  ©tirn* 
banb  ober  ©d^apel  befcfiigt.  @ie  bebecft 
balb  nur  ben  Dbcrfopf,  balb  aud^  SBan* 
gen  unb  SRacfen. 

7.  DaöSarett,  eigentlich  eine  aui 
bcr  dunbfappe  burd^  (5rl)öl)ung  unb  %dU 
tclung  l)croorgegangene  ÜKü^e,  tritt  ocr« 
einjelt  fd^on  im  10.  3ti^il)unbert  auf, 
fommt  aber  erfi  im  15,  ju  feiner  »ollen 
Entfaltung,  mo  eö  —  mie  oben  bemerft 
—  felbfi  bie^ütc  unb  bamit  aüc  anberen 
Äopfbebedfungen  für  eine  3^^^  lang  Der* 
brängt,  menigfienö  in  ben  ^ö^eren  Stän« 
ben  (ben  unteren  mar  eä  mancherorts  burd^ 
obtigfeitlid^e  (Srlaffc  »erboten).  6*  ijt 
fafi  burc^meg  tellerförmig  unb  jeigt  ring«* 
um  eine  l)utartige,  gefieifte  Ärempe,  ben 
iFanb,  ber  »iclcn  SBanblungcn  unterworfen 
ifi.  Salb  ifi  er  ganj  unb  ringsum  gleid^« 
mä§ig  gebogen,  balb  gefd)li^t,  er^ö^t 
»ertappt  unb  mit  farbigen  Stoffen  bur^* 
jogen.  5lud^  mcc^fclt  bie  anfänglid^  blaue 
^arbe  be«  ©arctteö  beliebig,  ßinfa^  tru« 
gen  ti  bie  ®elc{)rten.  Der  51bel  unb  ber 
»crmöglid^e  SBürgerjtanb  l)ingegen  »er» 
menbeten  aUti  auf  beffen  ?luöfiattung, 
foba§  bie  Regierungen  befiimmtc  !Dor« 
fd^riften  barüber  crlaffcn  mußten.  So 
burfte  in  SJÜcberöfterrcid^  um  1518  biefer 
<Bä)m\id  nid^t  über  je^n  ®ulben  fojien. 
Unter  bem  ißarett  trug  man  nid^t  feiten 
eine  ebenfo  foflbarc  Unterfappc. 

8.  Die  ®  u  g  e  1  (®oflel)  ijt  eine  Äapuje 
mit  Sd^ulterf ragen,  mar  anfdnglid^  an 
SDlantcl  unb  Äutte  befejiigt  unb  biente 
namentlich  in  ben  nieberen  ©tänben 
auf  ;SReifcn.  Som  14.  Ja^r^unbert  an 
fommt  ftc  al«  felbfiänbige«  Äleibung«* 
ftüdE  »or  unb  jmar  bei  »orne^m  unb  ge« 
ring,  bei  SKann  unb  ffleib.  SieberftÄopf, 
^ali  unb  Sd^ultern  unb  ijt  oft  gejacft 
unb  gefd^wänjt.  Sic  »erf^minbet  im  15. 
3a^rbunbert. 

9.  Die  ÜJlitra,  eine  ©ifdbofömü^e, 
bie  jid^  ebenfalls  a\xi  ber  SHunbfappe  ent« 
midtclt  f)at  unb  f^on  im  4.  3al)r^unbert 
»on  55ornel)men  »icl  getragen  mürbe.  S^x 
Sifc^ofSmü^e  mirb  fie  aber  crjt  im  10., 
allen  gejlattet  jmar  erji  im  11.  3«^^ 
^unbert.  Damit  begann  bann  aud^  bie 
51banberung  ber  go^m,  unb  jmar  erhielt 
ftc  guerji  »on  »orn  nad^  hinten  über  bie 
IfJitte  eine  Sinfentung,  bann  an  eben  ber 
Stelle  einen  9teif,  titulus,  Sd^mucfbanb. 
Dur^  eine  tiefere  fcitli^e  Sinfenfung, 
bie  balb  gerab«,  balb  bogenlinig  gef^nitten 


Ätanj,  Äranjfingen. 


377 


war,  entfianb  bic  2)oppeImü^e,  bmn  gorm 
me^r  ober  weniger  jiänbig  geblieben  ift, 
»ä^rcnb  bic  ißerjicrungcn  in  bcr  mannig": 
faltigjien  ^rt  we(^[eltcn.  Die  Tlxixa  rourbc 
gemeinigti*  au^benfößUc^ftcnSeibcns  ober 
©ammctfloffen  gefertigt  unb  mit  ®olb=  unb 
•Perlen jiicferei  rci*  gcjiert.  5ln  ibr  untcr= 
\ä)\tb  man  bcn  ©titnrcifen  (circulns),  ben 
ÜJJitteljlreifen  (tltulus)  unb  bie  Slürfen« 
flrcifen  (infulae) ,  rccid)  te^tercr  iJiamc 
üud)  ber  ganjcn  Tlü^t  beigelegt  »urbe. 
3laä}  ben  Äird)cnorbnungcn  beö  13.  Jatirs 
^unbcrt«  burften  bie  gefd)müdten  ÜKitrcn 
nur  an  größeren  Äitd^feften  getragen  met» 
ben  (in  titulo  et  in  circulo),  tt>äl)renb 
cinfad)  golbgejiidtc  ÜJJitren  ol)ne  ©tirnreif 
(in  titulo  sine  circulo)  für  gehJÖ^ntic^e 
läge  beftimmt  waren. 

iBerfd)ieben  »on  biefer  bifd^öflid^cn 
SWitra  ifi  bic  liara  bcö  *papfieö,  ein 
ju(fcrl)utförmiger  €pi^^ut,  ber  ficf)  au^ 
bilblid^en  ©arjicüungen  biö  in  tai  12. 
3abrt)unbert  jurüdt  nad)tt)eifen  Ia§t.  @ie 
erfci^eint  urfprünglicf)  alö  ein  ^Ifc^twerf 
au^  weitem  Stoffe  gebilbet,  mit  golbcncm 
©tirnreif  gejiert,  im  13.3al)r^unbert  mit 
fenttcc^tcn  golbenen  Streifen  auögefiattct 
unb  mit  (Sbclfieinen  befe^t.  Siurc^  93ont* 
fajiue  "VIII.  wirb  fte  jur  2)oppeIfrone 
umgeftaltet  (um  1300),  ta  ber  ©tirnrcif, 
fronenartig  gearbeitet  einen  jroeiten  SRcif 
über  ftd)  ^at.  Urban  VI.  bilbet  jtc  (um 
1378)  jur  breifacfcen  .^rone  um. 

Über  bic  Äopfbebecfung  beö  .Kriegerö 
fut)c  bcn  5lrtifcl  ^clm.  «Ra^  2Bei§, 
Äopmfunbe;  «ülüllcr  u.  9Wotl)e«, 
9lrd)äologifc^eö  SBörterbud^. 

tranj,  Ärawjfingcn.  ^m  üWittelaltcr 
trugen  i^ürfien  einen  Äranj  ali  Qlbjcidt)en; 
er  würbe  um  bcn  5ürjient)ut  gelegt,  ber 
bei  ber  ©ele^nung  al^  «Spmbol  biente, 
jtatt  bcr  Äronc.  3n  bcn  Silbern  bc^ 
©ac^fcnfpiegcl^  l)abcn  aüe  5"'^^^"  ""^ 
(Sbeltjerren  einen  Äranj  um  tai  ^aar,  er 
war  glei<^  ber  93inbe  5luäjeic^nung  be^ 
5tbelö,  wcnigftcn^  beä  ©tanbeö  ber  ^n'u 
beit;  auc^  föniglic^cn  Seamtcn  biente  er 
a\i  ^iii)in  bcr  ^mtäwürbe.  3taä)  ^ilbe  = 
branb  in  ©rimm*^  SBörterb.  V,  2053 
fd)cint  bemnad)  bic  Äönig^frone  auf  bicfcn 
altgcrmanif^en  Äranj  jurüdfjuge^cn  unb 
bie  Söldtterform  i^rcr  ßadtn  an  bicfcn 
Urfprung  ju  erinnern;  man  ficHte  für 
dürften  ben  Äran^  in  ®olb  bar.  Sbenfo 
alt  ifl  auc^  bie  @ittc,  bem  Sieger  ben 
Äranj  aufjufc^cn;  ^einric^  bcr  Söwe  fotl 
flc^  nad^  einer  gewonnenen  ©d^ladbt  auf 
ber  SBülpatt  felbji  einen  .^ranj  aufgefegt 


I)aben ;  fo  war  bcr  Äranj  audf)  ein  beliebter 
^reiö  bei  bcn  furnieren,  in  ber  ^cc^tfc^ulc, 
bei  Sc^ü^cnfciicn,  bei  ben  iDJeifterfängern. 
S)er  Äranj  ijl  ferner  ein  5reubcnjeid)en, 
geicrs  unb  5«fif«ä^wu(f ,  ber  fowol)l  ali 
3ier  ber  SBo^nung,  bcr  Äirc^en  u.  f.  w. 
aU  bcö  ^aupteö  bient.  ?lu§cr  5?t<iucn 
trugen  im  5D^ittelalter  auc^  Scanner  j.  35. 
an  einem  ^öfifcf)en  SlJlaifePc  ben  Äranj; 
ber  Srautfül)rer  trägt  i^n,  ja  fogar  ber 
iRitter  im  Kampfe;  anbere  bei  einer 
©d^littcnfa^rt ,  bcfonbcrö  aber  bei  lanj 
unb  5ef!cn,  wobei  bic  S3cfd)entung  unb 
3ierung  oon  JunggefeUcn  aU  3eid)en  bcr 
®unji  unb  (S^re  galt.  93cfonbcrc  93ebcu* 
tung  Ratten  ber  iRofenfranj  unb  bcr 
9ieffclfranä  al«  Bcic^en  für  ben  be* 
günfiigten  unb  bcn  t)cifc^mät)tcn  ßieb« 
^abcr;  3^^^«"  i'^i"  mangclnben  Siebe  ifi 
aud)  ber  ©trobfranj.  ©d)on  frü^  würben 
^ränjc  auö  fofibarcn  Stoffen  nad)gcbilbet, 
auä  perlen,  (Sbeipeincn  u.  bergl.  Da 
ljöpf(i)e  55rauen!ranj  l)ei|t  mit  franjöftfdjcm 
Dtamen  schapel,  er  ifi  aucf)  non  fünfi» 
liefen  93lumen,  in  ®olb  unb  Sbelficin 
gefertigt  unb  War  bei  ooUPänbigem  Äopf« 
fd)mudf  ber  ^auptteil  tti  gebendes.  2)ie 
Sitte  beö  Sc^cnfcnö  oon  Seite  be*  SRanneö 
war  ebenfalls  3cic^cn  ber  (Sunfi  unb 
Sreue: 

demselben  wacker  meidelein 
schickt  ich  neulich  ein  krenzelein 
mit  rotem  gold  bewunden , 
dabei  sie  mein  gedenken  soll 
zu  hundert  tausent  stunden. 
«Ramentlid)   ber  Jungfrau   fam   burc^ 
Sitte  unb  SRatur   bcr  Äranj    ju;   wie  et 
benn  in  fat^olifd)en  ßönbern   fogar  beim 
®otte«bienft,  bei  «Proäeffionen  ^äufig  vox' 
fommt.    Sefonber«  aber  ifi  er  uncntbcl)r« 
lid)  bei  ber  ^oc^äcit  unb  im  Sobc. 

®aö  Äranjfingcn,  b.  f).  ftngcn 
um  ben  «preiö  eine«  .Rranseö,  war  eine 
alte  SBolfäfttte;  junge  Ceutc,  l)ci§t  ti,  feien 
an  etlid)en  Orten  in  @d)Wabcn  bc«  Ula^ti 
ausgegangen  unb  ^dtten  ßieber  gefungcn 
unb  fc^önc  ®ebid)te  gcfprod)en,  bamit 
i^ncn  i^irc  Öicbjien  Äränjlcin  (schapelin) 
geben.  Sebajiian  ^ranf  crjäl)lt  im  äßelts 
bud)  unter  ben  Sräudjcn  in  5'"^"^^"  "•" 
5o^anni«tagc:  „Die  ÜRaib  ma*en  auf 
bicfcn  Zaq  Dtofen^äfen,  alfo:  ft  laffen 
inen  mad^cn  ^äfcn  »oücr  ßöd)cr,  bic 
Söd^er  fleibcn  fr  mit  iRofcnblcttern  ju  unb 
jieden  ein  Siecht  barein,  wie  in  ein  ßatcrn, 
fenfen  nad)malS  biefen  in  bic  ^öbe  jum 
ßabcn  t)erau§,  ia  jtngt  man  alöbann  umb 
ein  Ärauä  SQlcijicrlieber ;   funji  auc^   oft' 


378 


Ärcujcr  —  Ärcu^fa^rer. 


malö  im  3a^t  juo  ©ummcröjcit ,  fo  bie 
SD^eib  am  *ilbent  in  ein  Dfling  ^ctumb 
fingen,  fummen  bie  ©efcden  in  SRing  unb 
fingen  umb  ein  Äranj,  gemeintlid^  »on 
Stäqclin  gemad)t,  reimmcife  üor;  rocicfeer 
ba«  beft  tuot,  bcr  i)at  ben  Ärani."  ©ic 
Ätanjiieber  geböten  ju  ben  SRätfelliebcrn; 
cä  finb  i^rer  nur  jmci  erhalten  (in  U^lanb« 
Sßolfsliebern,  9?t.  2  unb  3),  beren  jmeitea 
foIgcnberm.i§en  beginnt: 

3d)  fumm  au«  fvembben  lanbcn  ^er 
unb  bring  eud)  »il  bcr  ncumen  mdr, 
bcr  ncumen  mär  bring  ii)  fo  üit, 
mer  bann  iä)  cuc^  f)ie  fugen  mil; 
bie  frembben  knb  bie  finb  fo  roeit, 
barin  wecfedt  xxni  guot  fummcrjeit, 
barin  warfen  blüemlein  rot  unb  »eiB, 
bie  bre(i)cnb  junffraumen  mit   ganjcm 

flei§ 
unb  machen  barau§  einen  franj 
unb  tragen  in  an  ben  abenbtanj 
unb  lönb  bie  gefeücn  barumb  ftngcn, 
h\i  einer  baö  trcnjlein  tuot  gewinnen. 

aWit  lufi  tritt  ic^  an  bifcn  ring, 
gott  grüei  niir  aüe  burgeräEinb, 
gott  grüei  mirö  atle  gleiche, 
bie  armen  als  bie  reid^en, 
gott  grüe§  mirö  aügememc, 
bie  gro§en  aU  bie  f leinen  1 
folt  id)  ein  grüe§en,  bie  anber  nit, 
fo  fprddjenö,  i^  mär  fein  ftnger  nit. 
ip  fein  fmger  umb  bifen  frei§, 
bcr  mid)  mol  ^ört  unb  id)  nit  mei§? 
berfelbe  tuo  fi^  nit  lang  bcfinnen 
unb  tuo  balb  juo  mir  einf;cr  fpringen. 

©inger,  fo  merf  mid)  eben! 
ic^  mill  bir  ein  frag  aufgeben: 
mae  ijl  l;öber  meber  gott, 
anb  rtaö  ip  gröfcr  bann  bcr  fpott, 
unb  rcaö  ifi  mei|er  bann  bcr  fd)ne, 
unb  roa^  ift  grüener  bann  bcr  fic? 
fanfl  mir  Da«  fingen  ober  fagen, 
t>ai  frenjiin  foltu  gcmunnen  ^aben, 
barumb  mitt  i(^  je^  lüde  fton 
unb  ben  fingcr  juo  mir  cinf)er  Ion. 
«Singer,   bu   |a(i  mir  ein  frag  auf^ 
geben, 
bie  gfaüt  mir  mol  unb  ifi  mir  eben: 
bie  Äron  ift  t)ö^cr  mebcr  gott, 
bie  fc^anb  iß  bötin  bann  bcr  fpott, 
ber  tag  i|l  meiner  bann  bcr  fc^nc, 
tai  mcrjcnlaub  ifi  grüener  bann  ber  fle. 
fingcr,  bie  frag  ^ab  id)  bir  tuon  fagcn, 
i>a^  frcnjlin  foltu  oerlorn  haben,  u.  f.». 
|)ilbcbranb  in  ®rimm«  ilöörtcrb.,  unb 
Utjlanbö  ®d)riftcn,  lU..  201  ff. 

ÄtCUjcr,    lat.  denarias  craciatas    ober 
cracigeras,  im  12.  3a^r^unbert  Kriuzer, 


©ilbcrpfennig  mit  aufgeprägtem  3^*^«^ 
beä  o^rcujcö.  (Sr  flammt  urfprunglicö  auä 
im  iDiitnäftätten  oon  SBerona  unb  SDteran, 
meö^alb  er  jucrfi  mcifi  iBterancr  ober 
(Stfdhfreujcr  beißt-  ©ie£)e  @c^ melier, 
bapcrifc^eä  2BörterbU(^. 

Ärcujfa^rcr.  ©eit  bem  5.  3a6r^unbert 
mar  51  om  ba^  3*«^  äa&lreic^er  2Ba(lfa^rer 
gemorbcn,  bie  an  ben  (Sräbcrn  be^  *Pctru3 
unö^autuö  i^re2lnbad)toeriid^ten  mottten; 
f^on  bamaU  geigte  man  auc^  bie  cathedra 
unb  bie  Äetten  beö  tjeitigen  *)3etru^,  beren 
Späne  abgefeilt  Jßunber  mirften,  fobann 
Silbniffe  (ibrifii  unb  ber  OJiutter  Ootte«, 
bie  ©eiBctungöfäuIe  (Jhrifit  unb  laufcnbe 
pon  (Splittern  bcö  l)eiligen  Ärcujcö.  Sie 
belicbtefie  3eit  war  ba«  gejl  ^ctri;  jur 
Unterjiü0ung  bcr  fflaüfa^rer  mar  727  oon 
einem  angelfdcbfifd^en  Äönig  eine  schola 
saxonica  gejliftct  morbcn,  meldte  1>ai 
^ü^ct  für  befonbere  i^crbergcn  bcr 
^^ranfen,  Sad^fen,  öangobarbcn  unb 
^riefen  ttjurbc.  2)a^  bclicbtejic  S^d 
ber  ffanbinapifc^cn  ipilgcr  mar  bagcgen 
Äonjiantinopcl,  rco  bie  gäben  uralter 
Erinnerungen  au«  i^rer  ©cfc^ic^tc  unb 
Sage  jufammcnliefcn.  Übn  beiben  SBaU* 
fal)rten  fianb  aber  frü^  biejenigc  nad^ 
3crufalem,  für  meiere  bcfonbcrö  ^icro» 
npmu«  unb  "ilugufiinuö  *propaganba  mac^« 
ten,  mä^rcnb  fie  frcilidh  jugleic^  nidE)t  »er* 
fäumten,  auf  bie  '«Scfa^r  bicfer  äußerlichen 
ßeifiung  für  bie  mabre  J^römmigfeit  auf« 
merffam  ju  machen.  ®regor  t>on  SJpffa 
fc^rieb  fogar  ein  33u^  gegen  bie  '^ttw 
faIcms2öaUfaf)rten,  rcorin  er  erflärte,  bie 
meificn  $ilgcr  Ratten  bei  i^rer  '^a[\xt 
oft  nur  ben  .^immcl,  nic^t  aber  i^re  ®c« 
fmnung  gcänbcrt,  bie  rociblid)cn  SEßaQ« 
fairer  t)ingegcn  mcifi  i^rc  lugcnb  ocr« 
loren;  aucfe  l^Abi  er  nirgcnbä  in  bcr  2ßelt 
ein  fittlidf)  Pcrma^rloficrc«  SolE  unb  mc^r 
©cfinbd  angetroffen  aU  in  Sei^ufalcm- 
2)enno(^  l)ob.  fic^  bai  <pitgcimefen  Don 
3at)r^unb-rt  ju  3'Jb'^f'unbert,  befonberä 
ia  bie  ^äpftc  aUmä^Ud^  ein  Öuginfiitut 
^ara^ö  machten  unb  für  ba«  gortfommen 
unb  bie  Sicf)cr{)cit  ber  ()3ilgcr  Sorge  tru» 
gen,  unb  namentlich  feit  bcr  glänicnben 
^{ejiauricrung  ber  ^eiligen,  burdt)  ^abtian 
fd)änblid)  profanierten  Stätten  burc^  bie 
bpjantinifdicn  Äaifer.  2)icfe  Ic^tcre  fic^t 
mit  bcr  (pilgerreife  ber  Äaiferin  ^clcna, 
ber  iKutter  Äonilantin  beä  (großen,  in 
3ufammenbang;  fic  mar  326  nac^  ^ixü' 
falcni  gepilgert  unb  f)atte  brei  Äreuje 
unb  brei  9'lägcl  aui  bcm  Schutte  gejogen. 
Scitbem    murbc    tae   ?lnbcnfcn    an   bie 


Äreujfa^rcr. 


379 


Äreujc^pnbung  burd)  ein  eigene«  ^cfi  am 
15.  «September  gefeiert,  ju  bem  aus  allen 
^immelögevjenben  äBaüfafirer  unb  Äara« 
wanen  anlangten,  fobag  balb  ein  großer 
3aI)rmarEt  ftd)  baran  fnüpfte.  Äonfiantin 
lie§  nun  bie  335  im  iBcifcin  oon  300 
93ifd^öfen  eingeweihte  ^eilige  ®rabeö= 
fircbe  bauen,  bcr  [c^ncQ  ^at)lrei(^c  anbere 
d)rifilid)e  fieiligtümcr,  ÄaDcIlen,  ilirc^en 
unb  Älüfier  folgten.  5t{)nlici)e(^  t^at  fpätcr 
3ufiinian.  Unter  ben  pilgern  jaulte  man 
je|t  aud)  fold)e,  bie  firc^lic^en  unb  polis 
tifd)cn  Unruhen  aui  bem  2ßcgc  gingen, 
unb  uornelime  JJ'^'i"'!"'  Äaifcrinnen  unb 
*JJatrijierinnen  auä  iRotn  unb  ÄonPan« 
tinopcl,  bie  ein  bemcgteö  Öcben  in  ber 
6tiQe  beö  f)eiligen  ßanbe«  beft^Iie^en 
tüoüen.  S)iefc  fricblic^en  3uPänbe  nal)men 
im  7.  3«f)i^^""bert  ein  Snbc ,  a\i  ber 
<)8erferfönig  (St)oörocö  II.  im  ^at}Xi.  614 
unb  nai^  furjer  2öiebereinnal)mc  burd)  bie 
fö^rifien  bie  mo^ammebanifd}en  '■Jlraber 
638  3cru[alem  nad)  jweiialjrigcr  53elage= 
tung  in  i^te  ^dnöe  brad)ten;  tai  beilige 
Ärcuj  mar  oorlier  nadb  -Ronfiantinopel 
gerettet  morben.  SDod^  t)atten  unter  ber 
milben  ^rayid  ber  SKoöltmen  bie  Pilger« 
fot)rtcn  ibrcn  Fortgang;  auc^  an  SReüquien 
fcl)lte  eö  nidit;  man  jeigte  u.  a.  ben 
Slbenbma^löbcc^er  (Sljrifii,  bie  Ijeilige 
fanje,  t>ai  Sd)meiitud^,  tai  Jud)  Tlaiid, 
auf  itai  bie  '-Bilber  S^iifii  unb  ber  jmölf 
*31poftel  gemalt  maren. 

Durii^  Äarl  b.  ®r.  trat  eine  neue 
Gpod^c  beö  !}3ilgertt)efenö  ein,  aU  ber 
«Patriard^  üon  konfiantinopel  i^m  im 
3a^re  800  [Reliquien  com  Ijeiligen  ®rabe, 
bie  (&cf)lüf[cl  unb  iai  ©anncr  besfclben, 
überreid^en  unb  feinen  ®d)uö  für  bie 
(Sbriften  beö  1)1.  ßanbeä  anflehen  lic§. 
SBirtlid)  trat  Äarl  in  93erbinbung  mit 
bem  Kalifen  ^arun=al=Otaf^ib,  ber  ben 
ßbrijien  Sc^u^  nerfprad) ,  unb  mic«  ju< 
gleid)  grofe  Summen  an  jur  (Srbauung 
»on  Älöficrn,  ^^erbcrgen  unb  .S^ranfen« 
Käufern  im  f)eiligen  Sanbe.  2)od)  blieben 
bie  DiJac^ folger  ^arun*  aUSRafd^ibö  ben 
(Eliriften  nic^t  ebenfo  geneigt,  unb  fd)on 
gegen  (Snbc  be?  neunten  3at)r^unbertö 
bat  ber  *13atriard&  um  ^ilfe  unb  nament- 
lich um  ®€lb,  um  bie  an  bie  Reiben  t>cr* 
pfänbeten  2)omänen  unb  t)eiligen  ®efä§e 
aue!julöfen.  ^oä)  fd)limmer  rour&e  bie 
Sage  ber  et)ri|icn,  feitbem  bie  Äalifen 
Bon  Qigppten  in  ben  Sefx^  Jerufalem« 
gctommen  maren  unb  neben  anöeren 
■Heiligtümern  namentlich  bicQlufcrfte^ungäs 
fird^c  jerftörten.    2)iefeö  »crme^rtc  einer* 


feit«  bie  Seitna^me  be«  ^benblanbe«  an 
ben  ®d)idfalen  ber  {»eiligen  Stätte,  anber- 
fcitö  bewirf te  eö,  bag  fid)  oon  nun  an 
bie  *Pilger  ju  größeren  Sd^aren  Bereinigten  ; 
im  U.  3at)r()unbert  tl^aten  bie«  juerfi 
700  ^ilger  unter  bem  ®rafen  ber  %0X' 
manbie  unb  bem  5lbte  SRic^arb;  1054 
fammelte  fid)  f^on  eine  Sc^ar  oon  3000 
*13ilgern;  aui  (5urdt)t  üor  btm  jüngflcn 
tage  jogen  1005  unter  bem  (jr^s 
bifc^of  Bon  SIKainj,  ben  53tfd)öfen  Bon 
Utred)t,  Samberg  u.  a.  7000,  nad) 
anberen  fogar  13000  Äöpfe  nac^  '^nw 
falem,  bie  an  ber  Spi^c  fte^enben 
*Pcälaten  in  ritterlid)er  iRüflung;  eng* 
lift^e  *Pilger  folgten  auf  bem  ^u^t  nai) ; 
2000  foüen  mieber  Ijeimgefe^rt  fein.  3)urdf) 
ben  fe^t  aueibrec^enben  Äampf  jmifc^cn 
Äaifer  unb  ^ap|t  geriet  bie  «Pilgerfahrt 
nac^  bem  ^eiligen  ®rabe  jmar  etma«  in« 
«Stoden;  bod)  nat)m  ®regor  Vn.  ben  *pian 
eine«  gro§en  Äreujjuge«  auf;  aber  ofine 
(Srfolg.  erfl  tai  (Jnfte  bc«  11.  3a^r= 
t)unbert«  fat;  enblid)  bie  eigentli(^cn  Ä  r  e  u  5= 
güge  in«  gelobte  8anb  aufbrcd)en. 

Sci^lreici)  ftnb  bie  ®tünbc,  meiere  bie 
S^riftcn  ju  einer  «pilgcrfaf)rt  nac^  bem 
gelobten  ßanbe  Beranla§ten,  auper  bcr 
religiöfen  Ieilnat)me  für  ta^  ^eilige  ®rab 
unb  bie  anbern  l)eitigen  ©tätten  mar  e« 
bei'onber«  bei  ben  ©fanbinaBicrn  bie  un= 
geftiütc  ©el)nfuc^t  nad^  bem  ßanbe,  mo 
bie  ©onnc  aufgel)t,  milöc  Unternehmung«^: 
lufl,  (Rettung  au«  fd^mcrer  ®efat)r  ober 
^ranfl)eit,  Iraner  über  bie  iBerberbt^eit 
bcr  Äir(^c,  5"»^«^*  Bor  bem  Weltuntergang, 
33ifionen,  befonber«  aber  bie  fir^lic^e 
93u§e,  meldte  ber  ^apft,  ein  «Prälat  ober 
8anbe«fürß  auferlegte,  unb  jroar  anfang« 
nur  für  2J?orb,  ®ot>omiterei  unb  Simonie, 
fpätcr  aud^  für  ben  33ru^  be«  ®otte«s 
frieben«.  I)ie  Sugc  bejog  fit^  entroebcr 
auf  bie  fteine  ober  bie  gro§e  ^apü,  nid^t 
feiten  auf  Seben«jeit.  Urfprünglid^  legten 
bie  5ßilger  feine  äußeren  'Mbjei^cn  i^re« 
®elübbe«  an;  erjl  fpätcr  bilbcte  ficfe,  mo^l 
juerft  bei  ben  SRcid)cn,  bie  ®cmol)nl)eit, 
burdi)  einen  eignen  ^abit  ftc^  au«jurüjien 
unb  mit  ben  S^ic^cn  BoEbrad^ter  SBaüfabrt, 
3afob«mufd^el  unb  «Patmjmcig,  in  bie 
^eimat  jurüd^ufel^ren.  J)ic  .Rreu}fat)rer 
trugen  nur  Äreuje,  entmcber  auf  bcr  Sruji 
ober  auf  ber  redeten  ®d)ultcr,  mic  Sbrijlu« 
fein  Äreuj  getragen.  Sic  SRormcgcr  trugen 
rote  Äreujc  in  »eigem  gc^bc,  bie  S)äncn 
mci§e  in  rotem,  bie  Sd)rocben  rote  in 
grünem  JJclbc.  3"^  gro§cn  Äreujfat)rt 
Bon  1189  mahlten   bie  ©nglänbcr  meifc. 


380 


Äreujgang  —  Äricgöwcfcn. 


bic  JJranjofcn  tote,  bie  J^anbner  grüne 
Äreuje  ©ie  ÜJlinberja^I  bcr  <pilgcr  bettelten 
f\ä)  inö  gelobte  ßanb  burd^;  bie  metjien 
pflegten  fic^  burd)  Serpfdnbung  i^ret  um 
bch)egltcf)cn  ^abe  bei  reichen  Sürgern, 
Älöficrn  ober  3uben  mit  ®elb  ju  »crfe^en. 
®en3öl)nlic^  reiße  man  ju  %\i^,  a\xä) 
barfuf,  franjöftfc^c  iBerroanbtcnmörber  mit 
Äetten  belabcn,  bic  auö  i^rcm  @d^h)erte 
gcfd^miebet  luarcn,  bie  ©fanbinaöier  aber, 
wenn  pc  ben  Sanbnoeg  cinfd)lugen,  pflegten 
JU  reiten. 

2)a«  alte  SBaüfa^rtälicb  ber  beutfdien 
qSilger  ifi: 

3n  gotteö  namen  farcn  wir, 
feiner  genabcn  begercn  njir, 
ia^  l)i\f  ung  bie  gotte^  fraft 
unb  baö  ^eilige  grab, 
ba  gott  felbcr  inne  lag! 
fprieleifon ! 

Äprielei«!  (5;^rijielci« ! 
t)ai  ^clf  un^  ber  ^eilig  geifi 
unb  bie  marc  gotteö  jiimm, 
baf  h)ir  frölid»  farn  »on  ^inn! 
fprietcifon! 

ytu  ^elf  un^  bad  ^eilige  grab 

unb  ber  ftc^  burc^  unö  barin  gab 

mit  feinen  ^eren  »unben; 

ba§  njit  ju  S^tufalci"  funben 

werben  froli(J)e, 

unb  in  bcm  bimelrid^e 

got  gebe  unö  ben  werben  Ion 

unb  fingen:  fprielcifon ! 

SDie  S)aucr  einer  gewöhnlichen  tilget* 
fat)rt  war  in  ber  (Regel  ein  3a^r.  Sei  ben 
©fanbinaüiern  meifi  jwci  biö  brci  ^ai)xt; 
bic  'Xerminc  für  ben  5lufbrud^  mcifi  Dficrn 
unb  3ol)anniö. 

S)ie  SR  outen  ber  ^ilgcr  Waren  fc^r 
»crfc^ieben.  S)ie  S)eutf(f)en,  g'^anjofen 
unb  Gnglänber  gingen  oft  bur^  3talien 
unb  fanben  fd^on  in  9?orbitaIicn  ober 
bann  in  ©rinbijt,  93ari  ober  ÜJiefftna 
©d^iffc  jur  Überfahrt;  oor  ben  Äreujjügen 
wählten  aber  bic  bcutfc^en  *)3ilgcr  meijl 
ben  Canbweg  bnxä)  Ungarn,  Äonfiantinotel 
unb  Äleinaficn,  „9Beg  ÄarlÄ  beö  @ro§en" 
genannt.  I)ie  ©fanbinaüier  jogen  ent* 
Weber  burcf)  SRuflanb  naä)  Äonftantinopel, 
ober  burc^  Deutfd^lanb  unb  bic  5llpen 
na^  3tcilicn  ober  übet  ©t.  ^aqo  bi  (Jom* 
poficUa  unb  burc^  bic  @tra§e  »on  ©ibraltar 
längö  bcr  afrifanifdben  Äüpe.  Überall  t»on 
ben  ^uögangöpunften  bcr  «pilgct  an,  auf 
ben  «Hlpcnpöffcn,   in  ben  ^afenortcn,   ju 


iRom,  Äonfiantinopel,  in  3«uf<i'tn^  unb 
an  anberen  Orten  im  gelobten  ßanb  waten 
^etbcrgcn  unb  ^ofpitäler  gcfiiftct  worben. 
3tlö  Patron  ber  *pilger  Würbe  ber  ^eilige 
®corg  angerufen. 

Unter  bie  SGBunbcr  be^  ^eiligen  ©rabcÄ 
gehörte  namentlid^  aud^  baä  ^eilige 
^euer,  weld^eä  am  Dfierfonnabenb  Don 
bcr  oben  offenen  Äuppel  ber  ©rabe^fir^e 
erfd)icn  unb  bic  jablreic^cn  im  SRaum  bct 
Äir(f)e  aufgeficHtcn  nidbtbrcnncnbcnSampen 
mit  rötlid)em  Sichte  entjünbetc,  unter  bcm 
taufcnbjiimmigen  ©ittrufe  Kyrie  eleison! 
S«  War  unb  ifi  noc^  eine  SZBirtung  beö  grie« 
^ifd^en  ^eu«r^-  Stuf  er  3etufalem  bcfudjte 
jcber  (Pilger  SKajaret^  unb  93ctf)lc^em, 
Hebron  unb  ben  3<'tt>an.  2)ic  ^eim= 
fel)renbcn  Würben  meifi  oon  ber  gonjen 
©cüölferung  i^re^  Heimatorten  fefilid^  eins 
geholt  unb  begrübt.  SRac^  SRcin^olb 
9töl)ridf)t,  bie  (Pilgerfahrten  nad^  bcm 
beiligen  Öanbe  »or  ben  Äreujjügen,  in 
«Raumetö  (JRie^fö)  ^ifi.  Jafcfecnb.  1875. 

Ärcujgang,  f.  Äloficranlagen. 

Krie,  gelbgcfd^rci.  2öilbcö  Sd^Iac^t* 
gefc^rei  wirb  bei  mclcn  alten  23ölfetn 
erwät)nt ,  Jacitug  ©ermania  3  nennt  hai 
@d^lac^tgef(^rei  bcr  ©crmancn  barditas, 
wcld)eö  SBort  man  mit  „SBattWeifc"  crfldtt 
^at.  I>ag  SOtittelaltet  untcrfd^ieb  bie  »om 
Äricgö^crrn  auöge^enbe  ©efamtlofung 
unb  bic  ßofung  ber  cinjclnen  Ituppen* 
fügtet.  Sie  gcbräud^Iid^fie  ßofung  in  ben 
^reujjügcn  War  adjuva  Dens!  ober  Dens 
vult!  bic  bcr  normannifd^en  ^etäogc  Diex 
aie!  Dame  (Dominus)  Diex  aie.  ®etn 
tief  man  bie  ^eiligen  an,  bcutfd^e  IRitter 
namcntlidt*  ben  ^eiligen  ®eotg;  oft  nannte 
man  ben  SRamcn  bct  ©tabt,  bet  man  an» 
gehörte,  j.  S.  Äöln!  5Der  JRamc  für  bie 
Sofung  ifi  m^b.  krie,  nad^  altfranj.  la 
crie,  fpöter  beutfd^  Krei  ober  Kreige,  ba« 
neben  herzeichen.  SJie  ^^^^^ofung  bct 
franj^öfifd&cn  Äenige,  im  ©egenfa^  ju  ben 
Reiben,  bic  au^  in  beutfd)cn  ®cbicf)tcn 
erwähnt  wirb,  ifi  Mon  joye  ober  Mon 
joye  St.  Denis!  Qlud)  bei  ben  Surnieren 
würbe  bie  krie  angewanbt.  Die  ^dt' 
lofung  ertönen  laffen  l)ci§t  m^b.  kriieren, 
kriegiern,  bie  (Petfonen,  bie  fie  auäfiiefen, 
krigierre. 

SricggtDcfen. 

1.  Äampfwcife  bct  alten  ®et* 
manen.  S)ie  |)auptmaffc  bet  altgetma- 
nif(f)en  ^eete  bilbete  iai  ^ufüolf,  ba« 
bet  aJfet)t5al)I  na*  au«  6c^wetbcwaffneten 
befianb.  5^te  altnationale  ©djlad^totb» 
nung  wat  bet  Äcil  (bei  ben  ^cllcnen  bie 


ÄriegSiuefcn. 


381 


fP^alanr,  bei  ben  SRömevn  bie  öcflion.) 
©ie  eignete  fid)  mef)r  für  ben  Eingriff 
aU  für  bie  SSerteibigung  unb  tt)enbcte  alle 
Äraft  auf  ben  einen  erfien  ©to§,  ber  oft 
fcf)nell  unb  glücflit^  cntfd)ieb,  oft  aber 
»erf)ängniöüoII  h)urbe,  roenn  ber  gcinb 
it)m  ftiberftanb.  2)ie  feilfihmige  ®c^tiidf)ts 
orbnung  foü  nac^  einer  alten  Sage  oon 
Dbin  felbji  eingegeben  ttiorben  fein;  in 
Sffiatjr^eit  ijl  fu  eine  uralte  SD^itgabe  auö 
ber  arifcf)en  .peimat  aüer  ^nbogermanen. 
35aö  ©efe^buc^  Sianuö,  hai,  mc  man 
annimmt,  im  8.  ^abrbunbert  ü.  (5t)r.  ab- 
gcfd)Ioffen  worbcn,  befieljlt  burcf)  göttlicf)e 
^ügung  ben  Königen  3nbien3,  bie  Ärieger 
in  einem  Äeile  mit  ber  @pi^e  üorauö  „in 
©cftalt  eine«  (Sberfopfeä"  üorrücfen  ju 
laffen.  ÜJlit  ber  ®ac^e  felbjl  bet)ielten  bie 
93ett)obner  ber  beutfct)en  öanbe  aud)  beren 
93ejcid)nung  bei.  Svinfylking  t)ei§t  ber 
gbcrfopf  in  ben  altnorbifcfcen  ©ebic^ten, 
(gd)tt)ein^fopf  nennen  ibn  noc^  bie  beut* 
fd^en  2anböfnecf)tc  unb  bie  ©dömeijcr  bei 
©empad)  (1386) ;  in  reinfier  Äeilform,  ben 
Bannerträger  3ngo  an  ber  ©pi^e,  fämpfte 
Äönig  Oboä  granfenfcftar  bei  Tloni 
^and)ei  (&92),  unb  nod)  bei  ^afling«, 
alfo  gegen  Snbe  bcö  11.  5«^i^f)iinbevt^, 
griffen  bie  Qingelfacf)fen  im  Äeilc  an. 
3nnerbcilb  beö  ^eilä  maren  bie  .^'rieger 
na*  Familien  unb  ®cfd)Iec^tögenoffen= 
fdbaftcn  georbnet,  nac^  „<£d)Iad)ten", 
Wildfi  ©ittc  ftc^  bei  cinjelnen  ©tümmen 
biö  inä  16.  ^nbr^unbert  {)inein  fortettiats 
ten  ^at;  utfprünglic^  mar  fie  aQen  ©täm= 
men  gemein,  ^ie  ®cfcf)Ied)ter  »rurben 
ßon  i^ren  J^amilien^auptern  gefübrt  unb 
bilbeten  im  93ereine  bie  ^unbertfc^aften, 
bie  mieber  nacft  ®auen  georbnet  ttiaren. 
Slnfänglic^  bilbete  bie  gefamte  9){annf*aft 
nur  einen  Äcil,  com  2  SDIann,  in  ber 
i(h)citen  JReil^c  4,  in  ber  britten  8  unb  fo 
fort,  biö  ftd)  äule^t  bie  Sogenfd^ü^en  unb 
©d)leuberer  anfd)Ioffen.  2)ie  Eingriffe  ge» 
fd)aben  unter  5lbftngung  »on  ßiebcrn, 
bie  fummenb  begonnen,  oon  ©tropbe  ju 
©tropfe  oerjlärftben  geinb  in^I^Jarf  unb  Sein 
erfd)üttert  ^aben  foüen,  umfomel)r  ta  bie 
»otgebaltcnen  ©c^ilbe  bcm  Jone  eine  nocfc 
bumpfere  gdrbung  gaben.  2)er  erflc  ©tog 
(©d)od)  mürbe  nötigenfaüö  mieber^olt, 
auc^  unter  ben  ungünftigfien  ^luäftc^ten; 
©d)onung  ber  eigenen  Äraft  mar  ben  ®ers 
manen  unbefannt.  Sermanbte  ©tämme 
fa^  man  oft  mit  faltem  SWutc  bem  ©c^id* 
fal  jum  Opfer  merben;  i>ai  ®efüt)l  ber 
Sufammcngebörigfeit  ber  Station  mar  nod) 
Wenig  entmidelt;  ba^  ©c^mcrt  biente  ber 


(Perfon,  ber  5ai"ilie,  bem  ©tamm.  (Sin 
ausgiebiger  Oberbefet)!  über  fämtUd)e 
Iruppen  mar  barum  fcftmer  ju  crreid)en; 
menn  ber  muc^tige  ^ilnpraü  unb  bie 
Äampfmut  beS  einjelnen  nic^t  balb  ben 
©icg  errang,  entftanb  Icid)t  gro^c  Scrs 
mirrung  im  .^eere  unb  eine  fd)redUc6e 
D'Jieberlage  mar  bie  J^olge.  *J3on  ben  iHös 
mern  lernten  ftc  fobann ,  il)r  ^eer  in 
me^irere  |)aufen  einjuteilcn,  b.  \).  iRcfetoen 
ju  bilben,  bie  cx^  im  ?iotfatI  bie  förft* 
angrcifenben  unterftü^ten  ober  aud)  nac^ 
anberen  ©eiten  felbf^dnbig  oorgingen. 

'•Begonnen  mürbe  ha^  ®efec^t  oon  ben 
93ognern  unb  ©d)Ieuberern;  bann  traten 
bie  ®erfd)ü^en  auf  unb  jule^t  tam  ber 
Äeil,  ber  juerfi  mit  langen  Spielen  ober 
auc^  mit  gert)orfenen  Äurjmaffcn  ben  ©in« 
brud)  t)erfud)te,  morauf  bann  tai  ^anb« 
gemenge  mit  ©treitay t ,  |)ammer  unb 
^rame  folgte.  Seim  Eingriffe  mit  ben 
langen  ©pieken  ftarrten  burd)fd)nittti(^ 
5—7  ^ifenfpi^en  auf  jeben  DJJann  ber 
J^ront  in  ben  ^einb  f)incin,  unb  für  bie 
©pil^e  beä  Äeilä  jieUte  {xd)  tai  ^txi)alU 
niö  no(^  meit  günfiigcr.  ©eim  ®efec^te 
mit  ben  für  ben  iRafimurf  befiimmten 
aSaffen  fprang  ber  Kämpfer  bem  Stngo, 
ber  ^rame,  bcm  Jammer  nad),  foba§  er 
fajl  gleichzeitig  mit  ber  gefc^leuberten 
SBoffe  bei  bcm  ®etrDffenen  antam.  2ßar 
beffen  ©d)ilb  ni^t  jcrtrümmert,  fo  fudite 
man  i^n  mittelfi  ber  fieden  gebliebenen 
Sffiaffe  jU  faffen  unb  nieberjurei§en, 

9Bie  ber  ^cil  fd^merbemeglic^  unb 
etmaä  ungelenf  in  jeber  33cjiet)ung  tt>ar, 
fo  erfc^merte  er  auc^  na*  ber  erlittenen 
SJJicberlagc  bie  fdinetle  georbnete  ^[\id)t 
fe^r  ober  ma*te  fte  gerabcju  iux  Unmög« 
li^feit;  bat)er  bie  großen  SBerlu^e  an 
ü)Jannfd)aft.  ^luc^t  galt  aU  ©*anbc. 
S)ie  Äeilc  löjlen  fi*  jur  pafftüen  Ser* 
teibigung  in  ©  di  i  l  b  b  u  r  g  e  n  auf  (Skialds- 
borg),  in  p^alangitif*e  Sßierede  üon 
einigen  t)unbert  ÜJtann  ©tärfe.  3)iefe 
fianben  fo  bi*t,  ta^  getötete  Ärieger  in 
ibrer  2«itte  ni*t  faüen  fonnten.  S)ic 
3!Jtaffc  jog  frd)  langfam  na*  berSBagen* 
bürg  jurüd,  bie  mögli*fi  na^  t)intet 
ber  <&*Iad)torbnung  aufgefahren  mürbe, 
fomol)l  jur  SRüdenbedung,  aU  jur  SBer* 
i)inberung  ber  glud)t.  ©ic  maren  a\ii 
ben  SBagen  beä  Sroffeö  f)crgcfteUt  unb 
bilbeten  -  SRab  bid)t  an  ^ai>  —  meift 
mehrere  fonjentrif*e  Greife,  mcl*c  aU 
SBäüe  bienten  unb  namentli*  gegen  bie 
fcinbli*e  SReiterei  treffli*e  ÜDienjte  leiteten. 
Qluf  ben  SBagen  fianben  bie  grauen  uni> 
25 


382 


Äiicg^ttjefen. 


Äinber  bei  Ärieger  unb  ermangelten  nic^t, 
burc^  lauten  S^^^f  i^tf  Oatten  unb  Säter 
jumÄampfe  anjufpornen.  ®ic  naf)men  öfter 
5lnteil  am  ©efecfjte  felbfi  unb  übten  neben« 
bei  ba«  5lmt  beä  üBunbarjte«.  ülad) 
(Säfarä  SBeric^ten  foüen  bie  SBagen  oft 
Wä^renb  be^  Äampfeö  na^  Sebürfniö 
anbcrö  aufgefteüt  Sorben  fein. 

23er^ängniößotIer  aU  bie  gefcf)Iof[enen 
^Waffen  »aren  für  ben  ^Jeinb  oft  bie  jer* 
fireuten  ®efecf)te,  auö  ber  Slite  be^ 
%x[^x>olUi ,  ben  be^enbefien  unb  be^cr^te« 
jien  Sünslingen  gebilbet.  «Sie  unterfiü^* 
ten  namentlicf)  bie  iReiterei,  Ratten  au^ 
etrca  ba^  ©efec^t  einzuleiten,  3tuf  burc^* 
fcf)mttenem  ©elänbe,  tt)o  größere  SDiaffen 
ni(^t  operieren  fonnten,  waren  bie  jer» 
fireuten  ©efec^te  in  i^rem  regten  Elemente 
unb  ba^er  mit  SRecfjt  »on  ben  9lömern  ge« 
fürchtet  unb  gemieben.  5(rmin^  @c^ar  im 
ieutoburger  2BaIbc  befianb  ^auptfäc^Iic^ 
au«i  biefem  leidsten  gu^tolf;  ibm  ijt  alfo 
ber  glänjenbfie  @ieg  ju  oerbanfcn,  ben  bie 
5lnnalen  unferer  5lltüätcr  ju  oerjeic^nen 
:^aben.  3n  ber  golgejeit  n^urben,  jundd^ji 
bei  ben  i^xanUn,  bie  ßiten  unb  |iörigen, 
n)elcf)e  ibrc  Ferren  begleiteten,  mit  Sßogen 
unb  «Pfeil  ober  mit  üBurffpiegen  bewaffnet 
unb  fo  aU  leiste«  5u§ool?  oerwenbet. 

25ie  ißcrwenbung  ber  SR  eiteret  in  ben 
@(^Iacf)ten  ber  alten  S>cutfd^en  ifi  anber« 
ortä  f^on  na^gewiefen  werben,  (©ie^e 
?Pferb.)  SDocf)  war  fie  bei  ben  einzelnen 
(Stämmen  an  3'^^^  f^^i^  t)erfcf)ieben;  am 
^äufigflen  trat  fie  bei  ben  ©renjjiämmen 
auf.  Sticht  minber  ^ing  ber  ©ebraud^  bc« 
*Pferbcö  and)  »on  ber  ißef^affen^cit  be« 
Sobenö  ab,  ben  bie  betreffcnben  6tämme 
bewohnten.  SBä^renb  j,  S.  bie  in  §ennc» 
gau  unb  9iamur  Wo^nenben  JRerüier  fafi 
ganj  o^ne  [Reiterei  Waren,  fonnten  bie  in 
ben  SRteberungen  unb  am  SRt)ein  ange* 
feffenen  ißataoer,  Uftpeter  unb  2;enct)terer, 
fowie  bie  ©igamber  unb  ^"^f^"  S^fofc 
©(^aren  baoon  aufPetlen.  S)ie  Stciter 
fod^ten  in  gcfc^Ioffenen  ÜRaffen  ju  *Pferb 
ober  auc^  ju  %n^,  unb  ik  ^fcrbe  waren 
in  le^terem  gälte  gewöhnt,  auf  bem  ^hdt 
fielen  ju  bleiben,  biö  i^re  |»erren  jurücfs 
fel)rten.  ©ie  fc^wammen  aucf)  famt  ber 
Saji  öortrefflid^  über  breite  unb  tiefe 
Slüffe,  voai  ber  germanifd^en  !Reiterci 
einen  Jßeltruf  gab,  fobai  ©äfar  fid)  eine 
©d)ar  berfelben  aU  ßeibwac^e  julegtc. 

»5üt  ben  Äampf  au^er^alb  ber  ge= 
fd)loffenen  @(f)Iacf)trei^e  War  jebem  Gleiter 
ein  bet)enber  unb  tröftigcr  gugfnec^t  bei» 
gegeben,  bet  frei  auögewä^lt  mit  bemfel« 


ben  eine  taftifd^c  (Sin^eit  bilbete  unb 
namentlid^  t>ai  *Pferb  be«  ©egncrö  in« 
Qtugc  fa^te.  SReiterei  unb  ^ufDoIE  fdmpf» 
ten  überhaupt  im  cngjien  SSereine.  Sei 
f(^neUcr  Bewegung  griffen  bie  Sünglinge 
in  bie  ÜRd^nen  ber  SRoffe  i^rer  ÜRitfdmpfet 
unb  fprangcn  i^nen  jur  ©cite  mit.  SDiefe 
5lrt  beÄ  SReiterfampfeö  erregte  bie  größte 
93ewunberung  ber  9tömer.  9lac^  5Irt  bet 
SReiterei  nod)  lebenber  wilber  SRaturööIfet 
griffen  auc^  bie  germanifc^en  SReiter  mit 
großer  ©c^neöigfeit  an  unb  wichen  in 
i^ren  |)inter^alt  jurüd,  um  Balb  aufä 
neue  ^eroorsubrec^en ,  ober  fte  umfreiften 
aud^  ben  ^einb  in  tafenbem  (Ritt  unb 
f(i)Ieubertcn  babei  i^re  SBurfwaffen  nad^ 
bemfelben.  Semerfenöwert  aber  ijt,  t>a^ 
ni(^t  bie  reitenben  ©tdmme  ober  95ölfet 
bauernbc  ©ermanenreidje  fc^ufen,  fonbetn 
tiielme|)r  bie  ju  gu^c  fdmpfenben,  nament« 
lief)  bie  öangobarben ,  bie  gf^nfen  unb 
bie  ©ac^fen. 

^trtillerie  unb  tedjnifc^e  STrup* 
pen  lattcn  bie  ©crmanen  ni($t,  ia  jebet 
freie  ÜRann  tai  ^anbWerf  tierfd)md^te. 
2)agegen  fc^eint  ber  ©idicr^citöbienji 
ber  2)eutfc^en  beffer  gewefen  ju  fein'  aU 
ber  ber  (Römer.  3^rc  ©pdt)er  —  fd^on 
ber  genauen  Drtöfenntniö  Wegen  im  SBor« 
teil  —  würben  oft  ben  römifc^en  J^eeren  »er« 
pngniöootl.  Über  bie  SBcrpflegungä« 
»eri^ältniffe  ber  Gruppen  weif  man 
Wenig  3ut>erldfjtgeö.  2öa^rfc^einlid^  bien» 
ten  bie  2Bagen  ber  ÜBagenburg  teilweife 
jur  (Rac^fu^r  »on  ßeben^mitteln  unb  jwar 
je  für  bie  einzelnen  gamitien  ober  ©e« 
fc^Ied^ter,  in  bie  ftc^  naä)  ber  ©c^Iad^t 
bie  SWaffe  o^ne  3*^fifcl  wieber  auflöjie. 
5Der  römifc^c  (£inf(u§  machte  ftd^  aber 
auc^  in  biefer  |>inftc^t  immer  me^r  gel* 
tcnb,  namentlich  »om  4.  3a^r|)unbert  an. 

2.  35aä  üRittelalter.  SBic  nid) 
aucf)  fc^on  ba^  frühere  SiRittelatter  an 
i5ef)ben  unb  großartigen  friegcrifc^en  Un« 
ternef)mungen  War,  —  wir  erinnern  nur 
an  bie  Äriegöjüge  Äarl^  beä  ©ro§en  einer* 
unb  an  bie  Äreujjüge  anbcrerfeitö  —  für 
bie  eigentlid^e  Äriegöwiffenfcf)aft  bietet  c« 
»er^dltniämdßig  nur  eine  ficinc  5tuöbeute. 
getb^crren,  bie  grogartige  SReuerungen  im 
^eerwefen  burd^jufü^ren  ober  einen  eigent» 
lidf)en  Äricgöplan  ju  entwerfen,  ju  »er* 
wirElidt)en  wußten,  fennt  fte  faum.  ©elbjl 
Äarl  ifi  mebr  ©tratcge,  alö  ein  ^crüot« 
ragenber  Saftifer ,  unb  befannt  iji,  wie 
nac^  feinem  £obe  baö  SReic^  nadf)  jebet 
^inftcf)t  wieber  mcl;r  unb  me^r  jerfiel; 
Wie  bem  (Reiche  überhaupt,  fo  fehlte  na» 


ÄricgSttJcfen. 


383 


mcntUc^  bem  ^cct  bie  nötige  Sin^eit,  bie 
f\i)  nur  für  bie  Briten  bcr  t)öci)ftcn  Sf^ot 
^crfleUen  Uc§. 

3n  bcn  aSorbergrunb  tritt  aUercrfi  ba« 
fränfif^c  23olf,  beffen  ^eere  namcnt* 
lief)  ben  SReiterbienji  üppig  pflegten.  Oft 
fd)einen  überhaupt  nur  SRciter  aufgeboten 
njorben  ju  [ein;  9'ia(i)ri(^ten  über  Äönig 
«Urnulfä  Ärieqc  j.  S.  lehren,  ta^  ju  ©nbe 
M  9.  3a^r^unbertö  bei  ben  Dftfranfen 
ber  Äampf  ju  gug  fogar  ganj  ungen3öf)n= 
lieb  geworben  hjar.  2)er  traurige  93ru= 
betfrieg  ätt)ifd)en  bcn  (Snfetn  ^axU  fd)eint 
faP  au«fc^lie§lic^  mit  (Reitern  geführt 
»orben  ju  fein,  unb  Äarl  ber  Äal)Ie 
prallte,  gegen  Subwig  ben  S)eutfd^en  ein 
^eer  jufammenäubringen,  bafe  feine  *t5ferbe 
(bei  Äöln)  ben  0l^ein  auöfaufen  foüen. 
2)ie  ©ad)fen  unb  9iormannen  blieben 
i^rer  beutfd^en  *Hbftammung  treu;  fte 
fämpften  nod)  immer  mit  iBorliebc  ju  5u§ 
unb  behielten  Sßaffen  unb  ^ampfmeife 
(Sberfopf)  ber  ®ermanen  bei,  o^ne  \tio<i) 
bie  jemeiligen  23ortcile  ber  Sffiaffentect)nif 
unbeachtet  ju  laffen. 

Qtm  bcutlidbften  fprcd^en  ft<f^  bie  Duel» 
len  über  bie  Qtrt  ber  95erpflcgung  üon 
Wann  unb  Otog  auö.  S)ie  granfcn  jur 
Äarolingerjeit,  bie  @a(^fen  biä  inö  11. 
3a^rf)unbert ,  üerpftegten  ftd)  im  |?elbe 
felbft.  25er  einzelne  SÖlann  naßm  mit  auf 
ben  3ug  f  tt)a^  ^^  5«  feinem  llntert)alte 
brauchte.  3)em  Iranöport  im  eigenen 
fianbc  bleuten  Sßagen;  galt  eö  einen 
9llpcnübergang,  fo  oermenbete  man  i^ier^ 
für  ©aumtiere.  DiJatürli^  ret(^ten  bie 
Vorräte  oft  nur  für  furjc  ^dt,  unb  ber 
ÜJlann  mar  genötigt  ju  jtetjlen ,  tt)o  er 
fanb  unb  jianb.  |)cu  für  bie  *Pferbe 
würbe  burd)meg  auf  ber  Steife  felbft  be» 
f(^afft,  meömegen  man  bei  ber  Sefiimmung 
ber  ÜJtarfd^route  ^auptfä^tid^  auf  ben 
gutterreid)tum  ober  bie  gutterarmut  einer 
ßanbfdbaft  iRüdfiAt  ju  nef)mcn  ^atte. 
•^eerfira§en  maren  ba^er  me^r  Saften,  aU 
Sergünfligungen  für  bie  3lnmof)ner,  unb 
oft  maren  bei  ber  Olnnätierung  ber  $eere 
bie  2)orffcbaften  unb  Z^'dUx  tocrlaffen,  fo* 
ta^  bie  Ärieger  ftatt  ber  gemünf^ten  dr« 
quicfung  bie  bitterfie  SRot  »erfanben.  2Bie 
begreifiicb  maren  foIc£)e  3"^«"^^  ber 
ÜJlannöjucfet  unb  guten  ©itte  duferfi  fein« 
bertic^.  3ur  3eit  ber  Ärcuäjüge  fommt 
bafeer  ber  ®ebanfe  auf,  ftd)  für  bie  Srup* 
Pen  einen  eigenen  ßebenämittelmarft  ju 
fiebern'  in  allen  größeren  Drtfdbaften, 
bie  bur^jogcn  werben  mußten.  S)er  'BoU 
bat  erhielt  feinen  ©olb,   um  bie  baburcb 


ermacbfenben  ^uölagen  beftreiten  jU  fön* 
nen.    2)er  S^rain  ber  beutf(^en  ^cere  tritt 
bal)er   nom    11.   Jaferfeunbert   an   mieber 
mef)r  jurüd  unb  jwar  in  bem  SDta^e,  mic 
bie  2lu^rüftung   beä  ÜRanncö  foftfpieliger 
unb   f(^merer  unb  namentlich   iai  ritter= 
liebe  ®epä(f  jaljlreicber  wirb.  SDa^  fdc^fifcbe 
^eergeräte   5.    S.    enttialt     neben   Ö^ferb, 
liarnifd)  unb  ©dbmert  aucb  ben  ^eerpfübl, 
b.  b-  Sctt,  Äiffen  unb  2afen,  ferner  ein 
3;ifdE)tucb,   jmei  Seden   unb   jmei   ^anb* 
tüdf)er.    (Snblicb  gehörten  baju  bicBcttc. 
3um  Segleit  beö  ^eertroffeö  jäblten  fd)on 
©dbmiebe ,   ^»anbmerfer  unb  iUJarfetenber. 
3ebe  üteife  fe^te  ft^  jufammen  auö  ire 
unb   hospitari,    auö    iDlarfd)    unb   SRafi. 
Gruppen    raftcn    fafi    auönal)möloö    im 
ßager.    (5llö  5luönafeme  fommt  bie  (Sin* 
quartierung  in  Drtfd)aftcn  —  bie  ©afiung 
—  üor.)    2)üö  Öagermefen  mar  ein  mid)* 
tiger  ^vod^   ber   bamaligen   Jlriegöfunft. 
%U  ßagcrort   »ermenbete  man  momöglid^ 
einen    ebenen    ^la^    in    bcr    9^äbe    üon 
SBaffer  unb  ^^utterqueüen.    S)iefcr  Würbe 
mit  frei^runbem  ober  oieredigem  Perimeter 
abgefiedt ,    unb    burcb    ©onberung    »on 
Quartieren  fiellte  man  glei^fam  ©trafen 
unb  Ibore  b«»  bie  gut  bewad)t  würben. 
3Bar   tai  ßager   nid)t   fd)on   üon  SJiatur 
befeftigt,  fo   würben  wobl  audb  in  ^luö* 
nafemöfäüen  2Bätle  unb  Oröbcn  aufgewor« 
fen.    Sei   befonberen  Slnläffen   fampiertc 
man  wofel  unter  freiem  |)immel,  gewöhn* 
Udb   aber   batte   man  ^tlk   unb   ^ütten. 
ße^tere ,    ju    benen   ba«i  $ols  gewöbnlic^ 
requiriert   würbe,   bürften   befonberä   für 
bie  knappen  beftimmt  gewefen  fein.    ÜJian 
lagerte    abteilung^weife    jufammen    nac^ 
ßontubernien.    2)ic  knappen   lagerten  in 
ber  *Räbc  ibrer  Ferren,    ^ier  würben  aud^ 
bie  ©epüdftüde  ber    einjclnen  jufammcn» 
gelegt  unb   bie  $ferbe  an  *|5fd^le  ange«. 
bunbcn.    5ebeö    ßontubernium    l)at   and) 
fcbon   fein   bejlimmteö  ßofungäwort ,,,  fein 
Signum  castroram.     93et  plö^lid)em  Übet« 
fall  burc^b  ben  geinb  unb   nötig  geworben 
ner   rafd)er   glucb^    ^ii^^    ^'^^    ^'-W^    ^" 
Sranb  geftcdt.    hierüber,  fowie  über  bcn 
33ejug  eineö  neuen  ßagerö  unb  bie  ßager* 
orbnung  überbaupt  entfcbeibet   ber  SDtar« 
fd)all,  bcr  übrigenö  aud)  in  ber  ©c^lacfet 
einen   Seil   beö   ^eereä    befehligt.      Som 
geinb  übcrrafd)t,   üerlie§  man  i>ai  ßager 
in   aücr   Unorbnung,   TOann    für    ÜHann 
auf   eigene  ^Jaufi  fämpfenb.    5tuc^  geg^t 
einen  fdbwai^en  ^^i"^  iH  ^i^"'  oielleicbt 
um  ibn  jU  böbne«.  ungeorbnct  ani.    3« 
bcr  SHcgel  aber  würbe  i>a^  -^cer  geglicbctt 
25* 


384 


Äneg§h)cfcn. 


in  mel^rerc  treffen,  unb  oft  firitt  man  ftd^ 
um  bie  6^rc,  btc  prima  acies  ober  legio, 
iai  primum  bellum,  bcn  „33orfireit"  ju 
iilben.  Die  ©tärfe  bet  einjelnen  Steffen, 
bie  übrigens  bebeutenb  gcfd^wanft  ^aben 
mag,  iji  nic^t  ju  mcffen.  5Die  ©in^eiten 
i^ic^en  Sanner,  2utm,  Segton.  Über  bie 
Jiefc  bcr  Sluffiedung  cineö  Sreffenö  ij^ 
man  ebenfomenig  unterrichtet.  (Sine  ju* 
fällige  DfJotij  läßt  barauf  fct)lie^en,  ba§ 
eine  irgenb  bcträi^tlidje  Iruppe  minbejienS 
100  (DJann  grontbreitc  l)atte. 

IDiit  ber  ©rünbung  ber  Stäbte  unb 
3una^me  ber  befefligten  SBurgen  (fte^e 
SBurg)  tritt  an  ben  Ärieger  eine  neue  5tuf» 
gäbe  ^eran,  ber  ©elagerungSbienji, 
m^b.  geliger,  besezze.  3"^'^^  üerfucf)te 
man  ben  *1ßlfl^  burc^  Überrumpelung  ju 
geminnen,  fei  eS  burc^  (Sinfc^Iagen  ber 
J^ote,  burc^  |)erabrei§en  ber  3"g&tücfen 
mit  fd^hjeren  ßang^afen  ober  burc^  ßeiter* 
etjieigung.  ©elang  biefeS,  fo  maren  begreife 
Ii(i)ertt)eife  oiele  Unannf^mlicfifeiten  mit 
einem  ®d)Iage  abget^an,  benn  eine  regeis 
red)te  ^Belagerung  mar  oft  fe^r  jeitraubenb 
unb  oerbrie^licb,  ja  oeri)ängniö»oIl[.  ®e* 
lang  bie  Überrumpelung  n\ä}t,  fo  »er« 
fud^te  man,  bie  ©räben  auöjufüHen.  ,2)a* 
ju  »ermcnbete  man  (5rbe,  @tro^,  ^olj* 
bünbel,  SReifig,  ©ebüfc^e  u.  f.  m.,  ja  felbj^ 
©^lac^toie^,  Seichen  unb  fogar  Äriegä* 
gefangene,  ^um  ®cf)U^  gegen  bie  ©e« 
fd)offe  ber  93elagetten  arbeitete  man  unter 
einer  „Äa^e",  bem  6c^irmbac^  ober  bem 
^öljerncn  SIo(fl)auS,  t^a^  auf  iRäöern  ober 
Sloäen  an  bie  ÜJJauern  gefc^oben  mürbe, 
um  biefe  ju  untergraben.  3Wi§gIü(fte  auc^ 
ein  jmeiter  ©turmoerfucf) ,  fo  griff  man 
unter jüglic^  ju  ben  SKafd^inen,  bem  ant- 
werk.    (@ief)e  bicfen  5trtifel.) 

S)ie  ^eere  beS  fpäteren  2JlitteIaIterä  be* 
fianben  aui: 

1.  ben  fie^enöleuten  mit  i^rer  pflid)* 
tigen  ÜJiannfcfjaft, 

2.  ben  .^ofbienern  beö  iJürpen  mit 
i^ren  Untergebenen  (Sbelleuten',  (Rittern, 
famt  2)ienerfc^aft,  93oten,  Äöctien  Jc, 

3.  bem  SanbDolfe  ber  bem  Äricgä^ 
fd)aupla^  junä(i)fi  liegenben  ©egenben, 

4.  ben  ©tabtbemotjnern,  meiere  ben 
belferen  Seil  beä  ^ugoolfe«,  tefonberö  ber 
©d^ü^en  lieferten, 

5.  ben  ©unbeägenoffen ,  bie  unter 
eigenen  ^auptleuten  fochten, 

6.  bcn  Solbttuppen. 

Unter  ben  ^ofjcnfiaufen  unb  nament« 
lic^  in  ber  barauffolgenben  faiferlofen 
3eit  gelangte  aüercrfi  bie  Stitterfc^aft 


JU  i^rer  931üte.  ^Jürjien ,  ©rafen  unb 
Ferren  maren  bemüht ,  i^rc  berittene 
©icnftmannfc^aft  mögli(^ji  ju  »erme^ren, 
rnaö  oft  baburc^  gefcbab,  ia^  Unfreie  ben 
9iittergürtel  erbielten.  S)er  „|)elm"  bil« 
bete  im  14.,  bie  „©leoe"  im  15.  3abt* 
:^unbert  bie  fleine  taftifc^e  ©in^eit.  3u 
le^terer  geprte  in  iai  erfie  ©lieb  ber 
(Ritter  (©leoener),  in  tai  jmeite  ber  mit= 
telfc^mer  gerüjiete  Äned^t,  in  baä  britte 
eine  Sc^ü^e.  9^ac^  anberen  eingaben  flnb 
eö  auc^  brei  ©emappnete  unb  brei  ^ferbe» 
S)ie  ©leücn  bilbeten  jufammen  bcn  „rci* 
tenben  Sn%" ,  ju  bem  bie  ©peerfnappen 
unb  ©c^ü^en  alS  „einfpännige",  b.  ^. 
o^ne  ©efolge  reitenbe  „tciftgc  ^nec^te" 
geprten.  3^^"  ®Iet>en  unb  eine  ent* 
fprec^enbe  5tnja^I  Sinfpdnniger  fianben 
unter  einem  |)auptmanne;  bie  gefamte 
SReiterei  befehligte  ber  SRarfc^all,  hoä)  i^ 
»on  einer  umftc^tigen  Oberleitung  burd^ 
benfelben  nod)  immer  feine  SRcbe,  me<j* 
megen  bie  ^eerfa^rt  ber  gcmünfc^ten  93e« 
meglicE)feit  meij^  entbebrte  unb  feiten  ein 
offenfxoer,  fiürmifd)er  9fleiterangriff  gewagt 
mürbe.  QIuc^  bie  ©täbte  fieüten  oft  eine 
nadf)  ber  3<J^1  ff^t  beträd^tlic^e  SReiteret. 
SDie  (patrijier  unb  reid)en  ^auf^enen 
jogen  aU  „Äonjiabler"  ober  „Äun^ofler" 
nur  i5U  (pferbe  auä,  unb  felbji  mo^l^abenbe 
3ünftler  gefettten  aU  „SQöolerjugte"  fid^ 
ibnen  bei.  3"i^  Sc^lad^t  trennten  ftcf)  bie 
fdE)meren  ton  ben  leidsten  ateitetn.  8e^* 
tere  harzelirten,  leiteten  tai  ©efcd^t  ein, 
äogen  ftd^  bann  jurüd  unb  übernahmen 
bie  2)edfung  beS  SRüdfjugeg  ober  im  ^aU 
beö  ©elingenö  bie  Verfolgung  beS  ^ein»- 
beS.  31ud^  bie  ©ölbner,  meldte  nur  für 
ben  einjelnen  3^9  gemietet  maren  (bie 
Solidarii,  ©olbaten,  auc^  Sarjanten  gc* 
nannt)  waren  anfänglich  oft  beritten,  big 
namentli(^  burdt)  bie  ©d^weijcr  unb  S)it* 
marfc^en  in  ben  ©(^ladf)ten  bei  ÜJlorgars 
ten  unb  Dlbenwörben  ber  ÄriegSfunjl 
eine  anberc  93aftS  ober  tielme^r  bie  alte 
natürlidE)e  Wieber  gegeben  würbe,  bct 
Äampf  ju  gu^. 

@täbtifc{)e  intelligent  unb  bäuerlid^c 
DIaturfraft  im  SBereine  bcjWangen  tai 
2?orurteil,  ba§  nur  ber  iReitcrämann  ein 
Ärieger  fei,  unb  balb  Würben  bie  2)itmarfd^en 
unb  @c{)Weijer  bie  öe^rmeifter  ibrer  beut* 
fd^cn  iJJad)barn.  5DaS  ©ölbnerwefen  lua^m 
mc^r  unb  me^r  über^anb;  bie  ©ölbner 
bilbeten  felbfiänbige  Sanben,  bie  jur  ßanb* 
plage  werben  fonnten,  inbem  jie  unter 
bem  Di^amen  „Q3öcte"  ober  .Trabanten" 
ein   ^anbwerf  trieben,  iai  bem  italienf* 


ÄriegätDcfen. 


385 


fc^en  Sörigantcntum  oft  jiemli(^  d^nltc^ 
fa^.  3n  ©übbeutfc^Ianb  ^ie^cn  bie  ein« 
^etmif($ert  ©ötbncr  ßanböfnccf)te,  bie 
ftcmbcn  93 öde.  3)aö  j^ufcolf  blieb  ein» 
geteilt  in  S^^^^'  ""^  ^unbertfc^aften,  bie 
je  nad)  SBcbarf  ju  größeren  ober  Heineren 
taftifc^en  Äörpern  jufammengefügt  rour« 
ben.  SDie  ßeute  mit  blanfen  Söaffen  iiU 
beten  bie  »ierecfigen  ©eroalt^aufen ,  bie 
©d^ü^en  becften  aU  Heineren  ^»aufen  bie 
(Jlanfcn,  griffen  an  unb  fefunbierten  beim 
^ampf  fo  gut  eä  ging.  3"  l>«  oorber« 
Pen  SRci^e  fianben  bie  beflgerüfietften 
ßanjenträger;  l)inter  it)nen  waren  bie 
gähnen  aufgepflanjt ,  bie  ben  ©egenftanb 
beö  I)ei|efien  Äampfeö  bilbeten.  3)cr 
€c^ar  »orauä  gingen  jbie  93errt)egenjien, 
bie  „Äa^enbalger",  alö  „werlorene  Äned)te", 
bie  entmeber  für  größeren  «Solb  ober  um 
ein  33crbrcd)en  ju  fü^)nen,  if)r  ßeben  mut* 
tt)inig  aufö  Spiel  festen.  £)ie  gefamtc  fireit^ 
bare  ÜJlannfdjaft  würbe  gern  in  brei  Raufen 
geteilt,  iBor^ut,  ®ett)alt|)oufenJunb  9'Jac^^ut. 
©urc^  bie  ^uffttenfricge  gelangte  aui) 
bie  SBagenburg  no^malö  äu  großer 
5lufmcrffamfeit.  2)er  einzelne  Sffiagen  ifi 
mit  fünf  !|3ferben  befpannt  unb  mit  21 
Äöpfen  bemannt,  ^ünf  Slöagen  bilben 
ein  ©lieb  unb  ^aben  einen  befonberen 
Hauptmann.  %ünf  ©lieber  bilben  einen 
Sunb  unb  fahren  ^intereinanber  in  einer 
3eile.  Ü3ier  folc^e  3«*^«"  nebeneinanber 
bilben  bie  ®(i)ic[ung.  „S)ie  ganje  ©c^if^ 
fung  (100  SBagen,  2500  ü«ann)  foQ  ^abcn 
einen  3flid)ter  mit  öier  ©c^öppen  unb 
einen  üerfiänbigcn  ^rebiger;  ieglicf)er 
33unb  foK  baben  einen  rid)tigen  Kaplan, 
unb  jebeä  ©lieb  foH  Ijaben  ein  ©ejelt 
ober  ©efperre  (Sagcr^üttc)."  3^  ^f" 
Streitwagen  geborten  ebenfo  oiele  ©peife« 
Wagen,  in  gleid)er  SBeife  georbnet  unb 
t>erfct)cn  mit:  „SSierbrduer,  9)?uljer,  SDJüÜer, 
Säcfer,  ÜJlä^er,  S)refcE)er,  ©djnitter,  aüweg 
genug,  um,  wenn  man  auf  ©cf)löffer, 
©tdbte  unb  Waxtk  fommt,  bie  93rau» 
Pfannen  unb  tai  ÜJJüf)lwer?  beforgen  ju 
fönnen.  Qludö  foH  jeglid)  ©lieb  befon» 
berä  ^aben  ein  ©tcins  ober  2arragbüci)fen 
auf  einem  falben  SBagen  mit  jwei  *Pfer=: 
ben  unb  bie  ganje  ©cf)icfung  tjon  100 
SBagcn  eine  gro^e  ©teinbü^fen  mit  16, 
18  ober  20  qsfcrben,  um  Witten  red^ter 
ernftU^er  ^auptprme  auf  ©^löffer  unb 
©täbtc"  Die  SBagenburgen,  toon  benen 
auf  beutfd)em  93oben  im  15.  unb  mcf)r 
nocf)  im  16.  unb  17.  3abrt)unbert  bie 
Siebe  iji,  ftnb  freiließ  mel)r  3eugwagen, 
Anfänglich  ©ic^elwagen,  bann  Qlrtiüeric« 


unb  (Pionierfahrzeuge  ober  SöaffenWagen 
mit  ^afenbüd^fen,  ^anbro^rcn,  aud)  ^anb* 
Werts»  unb  33orratöwagcn;  bie  Sffiagen» 
bürgen  »erloren  if)ren  Sfflert  mit  ber  Sin« 
fübrung  ber  ^Feuerwaffen  oöüig,  namcnt« 
lic^  gegen  bie  f(^Weren  ©efd)ü^e  fc^ü^ten 
nur  fiarfe  SBdQe ,  überliaupt  eigcntU^e 
iöefefiigungöwerEc. 

3m  S)icnjle  ber  2lrtillcrie  (fte^e  bort) 
unb  unter  bem  93efef)le  beö  32"S"ieiPer3 
panben  aud^  bie  tedinifc^en  3:ruppen,  bie 
©(^aujenbauer,  weld)e  bie  äißcge  ju 
erhellen  unb  bie  Sager  ju  „umfc^ütten 
unb  »ergraben"  Ratten,  tk  3ii"i"cts 
leute  unb  Äriegöbrüder,  bie  Serg» 
fnappen  unb  ©teinme^en. 

5llä  51  bj eichen  für  bie  Gruppen  bten* 
ten  aUererji  bie  Äopfbcbedungcn  ober 
iraenb  ein  befiimmter  ©d)mud  berfelbcn, 
gebern,  (Reifer,  Sldtter  jc.  5lugerbem  er« 
fennen  ftd^  ^te""^^  unb  ©egner  an  far* 
bigen  2lbjei^en  auf  ben  .Kleibern,  fogat 
gleichförmige  unb  gleid)farbige  Uniformen 
erfc^eincn  oereinjelt  fd^on  im  14.  ^af)t» 
l)unbert  unb  oft  tragen  namentlich  bie 
©ölbncrbeerc  bie  färben  i^rer  ©tabt. 

2)ie  Äriegöfü^rung  biefcr  S^it 
überhaupt  würbe  burc^  jwei  Umfidnbe 
Wefentlic^  bebingt,  burc^  bie  Unmöglic^feit, 
bie  ©treitfrdfte  für  eine  größere  Unter« 
netimung  für  längere  ^ät  beifammen  unb 
mobil  JU  galten  unb  burd^  bie  SRaffcn* 
^aftigfeit  unb  2Bid)tigfeit  bcrSefefiigungen. 
Tlan  l)ielt  ©tdbte,  8anbwef)ren  unb  Sur* 
gen  befimöglidt)  befe|t;  ber  j^einb  belagerte 
biefetben  unb  jwar  oft  crfolgloö;  2tug* 
fdüe  unb  ©türme  wed)felten  miteinanbet 
ab,  aber  ju  großen,  funfigerec^ten  ©d^lac^* 
ten  fam  e^  feiten,  ©inen  ^oberen,  mili« 
tdrifc^Äpolitifd^cn  d^axatlix  Ijaben  im 
©runbe  genommen  nur  bie  Surgunber« 
friege,  bie  bann  auc^  in  ber  ®efd)i^te 
ber  Äciegöfunfi  eine  @pocf)c  einleiten,  ber 
ftdf)  faum  eine  anberc  t)ergleid£)en  Id^t, 
benn  mit  bem  16.  3al)r^unbert  bilbetc 
ftd)  jum  erficnmal  ein  curopdifc^ed 
5u§»olE. 

(5ö  ift  babcr  we^l  bißig,  ba§  wir  an 
biefer  ©teile  beö  fd^weiäerifc^cn 
Äriegäwcfenö  nod^  ganj  befonberä  ge« 
benfen,  ta  e§  für  biefe  (Periobe  ma§gebenb 
ifi.  93on  einer  gemeineibgcnöfj^fdienÄrieg*« 
orbnung  fann  jWar  wd^renb  ber  ©lanjs 
jeit  beö  fleinen  ©taatäwefcn^  faum  ge* 
fproc^en  werben.  SDie  ÜJlittel  ju  ben 
kämpfen  aufjubringen ,  baä  ÜJiaterial  an 
0}Jenfd)en,  (Pferben,  2öaffen,  Äriegägctdt 
unb  (Jluörüliungögegenpdnben  ju  befc^af« 


386 


Äriegöwefen. 


fen,  aSefcjligungen  anjulegcn,  bie  auäge* 
i()obene  SKannfd^aft  angemeffen  ju  otganU 
fiercn  unb  ju  unterhalten,  i>ai  qIIcö  »ar 
©ac^e  bcr  einjelnen  Orte  (je^t  Äantone). 
SDßat  ein  ©tanb  bebtängt,  fo  mafinte  er 
feine  SD^itjiänbc  unb  erhielt  meifl  brüberli^e 
•^ilfc.  3n  bcn  ßinjelöeiten  ^errfcf)te  unter 
bcn  SWilijen  ber  einjelncn  ©tänbe  mand)e 
JBcrfc^ieben^eit,  namentli^  trat  biefer  ju 
STage  jh)i[c^en  ben  ©tiibtcn  unb  Öänbern; 
im  allgemeinen  aber  berul)ten  bie  (5in= 
tic^tungen  boc^  auf  benfelben  Orunblagen. 
libcraQ  fanb  bie  innigjle  SBerfc^meljung 
jtüifc^en  ben  bürgerlicben  unb  militäri= 
fc&en  Se^örben  flatt,  foba§  bie  bürger« 
lid^cn  Einrichtungen  mit  ben  friegerifd^en 
aufö  cngjie  »crfnüpft  fxnb.  Jebeä  ßanb 
unb  jebc  ®tabt,  jebe  ^errfd^aft  unb  jebeö 
5lmt,  \a  jebc  3unft  fieüte  i^re  SWannf^aft 
unter  eigenem  ßnäitn  (Sanner,  ^ä^nlein), 
jcber  freie  OTJann  ij^  ©olbat;  ber  2)icnjl 
im  J^elbe  ijl  ein  (5f)renbienfi,  ber  (Sutjug 
ber  SIBaffen  eine  entebrcnbe  <Bä)maä)  für 
S5erbrect)er  unb  iFJeincibige.  2)ic  SBaffe 
bcä  iUuöjügerö  iji  unücräu^crli(i)eä  ©igen* 
tum;  ftc  »ererbt  fic^  auf  bie  ^it^il'e  u"b 
fann  i^r  unter  feinen  Ümfiänben  genom= 
mcn  merben.  3ebe  Drtft^aft  fieOt  i^r  be^ 
fiimmteö  Kontingent  an  iWannf^aft  unb 
jmar  nad)  ber  3a^I  i^rer  JJeuerfiätten,  je 
einen  ober  mebrere,  nac^  ber  ®rö§c  ber 
®efat)r  bemeffen.  Familien ,  bie  feine 
eigene  hjaffenfä^ige  Seutc  Ratten,  marben 
frd^  fol^c  in  ber  Dlacf)barfc^aft  ober 
liefen  fi(i)  fonflirgenbmie  pertreten.  (Sine 
5llterögrense  mar  nicf)t  ober  jebenfaü«  fe^r 
meit  gejogen,  benn  oft  fampften  neben« 
einanber  SSater  unb  ®of)n.  2)ie  Gruppen 
erhielten  t>on  ben  (Semeinben  i^r  JRei«« 
gelb,  morauä  fie  fic^  felbft  ju  ertjalten 
Ratten,  S)a  biefeö  aber  bei  ben  fnappen 
©elbmitteln  fe^r  flein  mar,  reichte  cö  fei« 
tcn  auö,  unb  ee  »erfiel  bie  aWannfd)aft 
Balb  aufö  ®tel)len  unb  *l!Iünbern,  mag 
notmenbigermeife  jebe  SJiöcipIin  erfdimertc, 
menn  nic^t  ganj  iierunmögli(^te.  3)a{)er 
fu(f)te  man  ben  Iruppen  bie  9^a^rung 
menigficnö  tcilmeife  nacf),5ufüf)ren  unb 
teilte  in  btjümmten  3£itabf^nitten  jebem 
bad  9Jötigc  ju,  [oba§  er  eö  in  einem  Ieine= 
nen  Sacfe  [elbft  nad^jutragen  t)attc.  2)a 
nun  bie  DJa^rung  jum  gro§en  Icil]  auö 
■5>afergrü^e  beftanb,  l)iet  man  ben  <Bad 
„^aberfad",  metche  !8ejeicf)nung  in  bcr 
S^meij  I)eutc  noc^  für  ben  Sornifier  an* 
gemcnbct  mirb.  35ie  3flofi'e,  meiere  bem 
Scbcnömitteltraneport  bicnten ,  ^ic§cn 
„■^obelroffc",  unb  i^rc  gü^rcr  nannte  man 


„^obler"  ober  Srofefnedjtc.  Sei  bem 
grei^eitöfmn  bcr  (Sibgenoffen  iji  es  leidet 
erflärlic^,  bai  in  S^iUn  crnjict  ©cfa^t 
f\i)  betrad)tlid()c  „^^tei^arfie"  bilbcten,  bie 
nid^t  in  bem  pf[ic[)tigen  Kontingente  in« 
begriffen,  mit  in  bcn  Kampf  (liefen  moQs 
tcn.  SDie  ^Regierungen  unterflü^ten  auc^ 
ben  militdrifd)en  Sinn  i^rer  Untergebenen 
mit  allen  SDiittcIn;  fic  festen  namentlich 
für  bie  6dt)iepbungen  in  ^ticbcnäjeiten 
Prämien  auö,  bie  »orne^mli^  'in  SBaffen 
unb  anbcren  Qluärüfiungögegenfidnben,  oft 
auc6  in  ^mt^  ju  ^ofen  bcftanb.  Um  bie 
(ginfüf)rung  j»ccfmci§iger  SBaffen,  nament« 
lief)  geucrmaffcn,  ju  bcgünfiigen,  erp^ten 
fic  aud^  bog  iRciögelb  für  bie  Süc^fen» 
fd)ü^cn.  ^m  ©ornac^crjuge  j.  S.  erhielt 
jcber  berfelbcn  cinc3utog«  »on  l  Schilling, 
bo(^  nur  biejcnigen,  bie  „eigen  ©cäcug" 
bcfa^en,  mdircnb  bie  anbcrn,  bie  i^re 
Süc^fen  con  ber  (Regierung  fid^  gc* 
borgt  Ratten,  nur  gemöl)nlic^cö  2ag» 
gelb  erl)ielten.  (5inc  üJJugfcte  foj^ete  in 
Sern  um  1589  11  $funb,  ein  ^anbro^r 
8  *Pfunb,  mag  nac^  je^igem  ©elbmcrte 
88,  bcj.  60  5i-<i"ffn  glci^fommcn  mag, 
momit  bie  abf4eulid)e  SBaffc  teuer  genug 
bejaljlt  mar.  Um  bcren  (äinfü^rung  nod^ 
bcffcr  bcgünjiigcn  ju  fönnen,  jog  bcr 
Staat  (ber  Ort)  bie  93crmaltung  an  fi^, 
lie§  ft<^  öon  bcn  ©emeinben  in  ^riebeng« 
jciten  pro  ü)Jann  i^reö  iUugjugcg  für  brci 
ORonate  ©ienfi  12  Kronen  ä  25  Sa^en 
(ctma  42  grancö)  cinjablcn  unb  übernahm 
bafür  bie  5lugTid)tung  ber  Cteiögctbcr  in 
Krieggjeitcn.  Qluf  biefe  Söcifc  ift  ber 
@olb  entftanben,  ta^a  ^ei§t  bicfcr  nod^ 
je^t  im  SJunbc  bcö  ©df)mei5crg  „bag  «Prä" 
(pret),  meil  er  gcmifferma^en  ein  3ln« 
icif)cn  bei  ben  ©emeinben  mar.  J)et 
®oIb  betrug  1586  bei  bcn  Semem  für 
einen  ÜDluäfeticr  7  Kronen,  für  einen  an* 
bem  6cf)ü|cn  6  Kronen,  für  einen  @pie§ 
5  Kronen.  S)ie  SCBaffen  fonnten  jum 
fleinen  2eil  im  eigenen  ßanbe  gefertigt 
mcrbcu ,  bcnn  bie  inlänbifc^en  ÜBaffen» 
fd^mieben  marcn  nod^  in  einem  fc^r  primi* 
tiPcn  3"fianbc. 

Über  tai  Ser^ältniö  bcr  SGßaffen  inner* 
balb  beg  gufpolfcä  nact)  ber  3a^l  mai)t 
ein  SRci«robcl  eon  S^xiä)  (1444)  folgcnbe 
eingaben:  bie  ®tabt  ^cÖtc  jum  51ugjuge 
639,  bie  ßanbfdfiaft  2131  ORann.  5Die 
crficren  festen  ftd)  jufammen  au§  127 
2lrmbrufifct)ü^en,  95  »ü^fenfc^ü^en,  103 
Spielen  unb  364  ^cHebarten,  mä^renb 
bie  Ic^tcren  331  5lrmbrüfic,  16  Süd^fcn, 
546  Spicke  unb  1238  ^cHebartcn  jä^lt<n. 


ÄtiegSttefen. 


387 


3^te  größten  6(f)Iac&tcn  f(f)lugen  bie 
©c^tDeijer  alfo  mit  \\)Xin  alten  ©d^Iag« 
unb  ®tt(ä)tt)affcn.  @elbfi  bic  mit  fd^h)c= 
Tcn  ©efc^ü^en  unb  einer  öortreffUc^cn 
SRciterei  trefflid)  auägefiatteten  ^eerc  ^axU 
bcö  ^übnen  bejtüangcn  ftc  nod)  mit  ben? 
felben  SBaffcn;  [o  [oflen  naä)  ßomincö' 
eingaben  in  ber  <Sd^Ia(f)t  bei  üJiurten  un* 
tct  30  000  sodann  eibgenöfftfcfietfeitö  11000 
©pic^e,  16000  Äteuäme^rcn  unb  3000 
©cf)ü^cn  (5limbruft«  unb  !Süct)fcnfc^ü^en) 
ju  »erflehen  fein.  5Inbcrö  h)Utbc  boö 
SSerpItniä  etfi  im  16.  Sa^r^unbett  jut 
3eit  ber  ©ölbnerfriege  in  maitänbifd^em 
unb  franjöftfct)em  ©ienft,  bie  neben  ben 
»ielen  Jladiteilen  für  ha^  8anb  auc^  einen 
23orteit  brad)ten,  ben  nämlic^,  ba§  für 
fdmtli^c  13  Drte  eine  eint)eitlid)e  .^ricgö= 
orbnung  gef^affen  vpurbe,  bic  im  ^a\xt 
1629  bie  pf[i(i)tige  Qlrmee  fämtUc^er  33un= 
beäglieber  mit  (Sinf(^Iu§  ber  jugcmanbten 
Drte  unb  Untertl)Qnenlanbc  auf  13400 
IDlann  anfe^t,  troju  auf  je  100  ÜJJann 
3  SRcitcr ,  im  ganjen  alfo  402  «Pferbe 
unb  16  ®efd)ü^e  ju  ncl)men  ftnb.  35ic 
ÜJlannfdbaft  ijerfäüt  in  ßompagnien  »on 
je  200  UJlann,  fon  benen  120  mit  SIJJuö» 
fetcn,  30  mit  ©pie§  unb  ^axnx^d),  30  mit 
bloßen  Spielen  unb  20  mit  ^eOcbarten 
bemaffnet  fmb. 

S)ie  SReiterei  mar,  mie  oben  ange« 
beutet,  nic^t  jüf)lrcic^,  Voai  unter  @r* 
tt)ägung  ber  93ert)ältniffe  leicfct  begreiflich 
roirb.  5Jud)  biefe  menigen  maren  meifi 
freiiuiüige  ^atrijicr  auö  ben  ©tobten  ober 
©ebungene  auö  ben  umlieciienten  ßanb* 
fcf)aften  (j.  93.  (Senf).  S)ocf)  lieferten  ein= 
jelne  Drte  jemcilcn  bebcutenb  mcl)r,  alö 
i^nen  geboten  mar,  fo  borab  bic  ©tabt 
SBcrn  mit  it)rem  jo^lrei(J)en  5lbel  unb  it)ren 
grofen  Scfi^ungen  im  ganjen  mefilicfcen 
Seite  ber  ©c^meij.  ©o  fämpftc  aud^  bic 
SReiterci  nic^t  of)ne  (Jrfolg. 

5lu^  ben  oben  gemacf)ten  eingaben  non 
1629  gebt  t)crt)or,  ha^  anä)  bie  Slrtillcric 
fc^macf)  vertreten  mar.  ^voax  mürben 
(^clbfiücfe  ficincn  .^aliberö  fcf)on  frübe 
iiermenbct,  unb  cö  fe^t  im  15.  S^br- 
l^unbert  jcbc  ©tabt  eine  eigene  ®t)rc  barcin, 
befonberö  f(^merc  .Kanonen  aU  Selage= 
rungggcfdbü^  ju  befiben ;  io<S)  bei  ber 
Älcinli(iteit  ber  SScr^altniffc  unb  Qlrmut 
bcg  ßanbcö  blieb  ber  ©c^merpunft  t>t^ 
^ecrcö  burcbau^  im  J5u§üol!,  unb  menn 
arxi)  bic  Södllc  ber  belagerten  ©täbtc  mit 
grobem  ®cf(^ü|  notbürftig  »erfe^en  toa- 
Ten,  fo  fet)lte  ii  toä)  an  ^elbftüdcn,  ober 
ti  waren  bic  üorl)anbcnen  nid^t  mirffam 


genug.  ®inc  gro§c  ©teinbüc^fe  f)ie§  man 
„ÜRc^c",  bic  langroljrigcn  ®efd^ü^c  für 
eifernc  Äugeln  l)ie§  man  „©d)langen", 
fofern  ftc  leict)ter  bcmcgtic^  unb  fomit 
au(f)  im  ^tlht  ju  gebraudjen  tt)aren  — 
„tJclbf^langcn". 

3cbe  ©tabt,  ©cfenf^aft,  gunft,  .^crr* 
f^aft ,  jcbe^  5lmt  bilbetc  eine  taftifc^e 
(ginl)eit,  eine  3lottc,  bic  in  „Sücten" 
(geilen)  t)on  6—10  ÜJlann  jcrftcl.  S)ie 
93cmaffnung  ber  ^Rotten  mar  eine  cin^cit« 
lic^c,  ^öd)jienä  »creinigen  ftd)  in  f leinen 
©emeinmefen  ©pie^er  unb  ©c^ü^cn. 
®rö§ere  Bünftc  ftcHcn  gcmöt)nlic^  je  eine 
ülottc  con  jeber  Waffengattung.  2)en 
d^rcnpla^  auf  bem  redeten  ^lügcl  nal^mcn 
bic  iRottcn  ber  f)errfc^enbcn  ©tabt  ober 
bcö  t)crrfct)cnbcn  ©tanbeä  ein;  auf  bem 
linfcn  i^lügel  jianbcn  bie  jugcmanbtcn 
Drte,  in  ber  ÜJJittc  bie  5lmter  unb  ^txx> 
f^often,  bic  Untertanen.  2)em  3ugt  »or» 
an  fd)ritten  bic  ©pielleute,  meiere  oon  ber 
Dbrigfcit  befolbet  mürben.  S«  marcn 
ta^  bie  „2;rummelfd)lat)er"  unb  „©c£)mäg« 
Ici",  (melc^  le^tcrc  bic  Duerpfeife  bliefcn. 
2)ic  SDluftf  al«  93cgleit  ber  .^ecrc  foQ  ju* 
crft  in  ber  ©d^meij  aufgefommcn,  ja  bie 
Srommcl  mit  ben  gcfpanntcn  r^iüm  eine 
fd^mcijcrifcfee  (Srfinbung  fein.  25ur^  i^ren 
Ocbrau^  mirb  ma^rfc^einlic^  unncrmcrft 
iai  SD}arfcf)icrcn  im  ©d^ritt  aufgefommcn 
fein,  baö  jmar  in  biefer  *Pcriobe  no«^ 
nic^t  allgemein  geübt  mirb.  ö^  mirb  au«* 
brücfli^  bemerft,  ha^  bie  SWuftf  mc^r  ^ur 
Äurjmcil  ba  mar,  baneben  bem  .Kommanbo 
biente,  jur  Sammlung  rief,  ju  iBorrücEcn, 
iRücfjug  unb  ©d^wenfungcn  u.  f,  m. 
2)enn  maö  bem  ^eere  ber  Sibgcnojfen  in 
iBcjug  auf  bic  ©ntmicfclung  ber  Äricg«« 
fünft  fo  l^cröorragcnbc  Sebeutung  giebt, 
tai  iji  bic  ^ier  juerfi  fiattfinbenbe  ratio* 
neue  Durdbfü^rung  ber  Jnfanterictaftif; 
ber  ©c^mcijcr  lernte  nic^t  nur  ben  ®c* 
braud)  ber  SBaffe,  er  lernte  aucfe  fiä)  aU 
ein  ©lieb  einrcif)en  in  ein  grö^creö  ©an* 
je«,  i)ai  xiaä)  bejlimmtcn  Flegeln  ftc^  leicht 
unb  ftdt)er  beroegte.  ©er  f(i)liä)te  @*meiücr 
mar  jmar  .$>irt  bom  ©c^eitcl  bi«  jur 
©o^lc;  aber  fc-ine  glü^enbe  Siebe  ju  bem 
f leinen,  armen  93aterlanbc,  bem  er  ben 
cinjigen  93oräug,  bie  alte,  angeiiammte 
greil)eit  retten  moKte,  ftempelte  ifin  in 
furjer  3eit  jum  geborenen  ©olbaten.  2luc^ 
barf  man  ni($t  glauben,  ba§  cinjig  biefe 
Sauern  bie  trefflid)  gcrüfteten,  an  ^a^l 
ibnen  meit  überlegenen  ^cerc  ber  Äönige 
unb  Äaifer  fc^lugen,  fie  maren  mcijl  an« 
geführt  üon  gutgcfc^ultcn  ^auptleuten,  bie 


388 


Äiicgöwefen. 


auper  ßanbeö  gebient  unb  jetreilen  in  ber 
3cit  ber  Slot  in  i^r  ißatetlanb  jutücfs 
lehrten. 

311^  gclbjcic^en  bct  (Sibgcnoffen  tritt 
fc^on  früf)  t)ai  «jciBc  Äreuj  auf,  bai  al« 
5clbäci($cn  ber  Serner  bei  ßaupen  ges 
rDciI)t ,  balb  Don  allen  Sunbeögenoffen 
getragen  wirb,  ^ttt  SRotte  füf^rtc  i^re 
go^nc,  bie  Urner  unb  Unter^albncr  bt^ 
fafen  gro^e  ^arfi^örncr,  r>on  benen  ber 
„Urifiier"  befonbere  33erüf)mtj^eit  erlangt 
^at.  2)ie  J^^tinen  tüarcn  länglid)  unb 
gcfpi^t,  bie  Banner  roaxm  quabratifc^. 
2)ag  ^auptbanner  würbe  in  ber  ÜJlitte  ge» 
tragen  unb  non  ben  befien  Gruppen  hi' 
gleitet.  ©d)Iac^torbnung  unb  Hüarfc^orb« 
nung  fielen  bei  ben  Scbweijcrn  grunb^ 
fä^Iic^  jufammen,  rvai  für  forglofe  feinb= 
lic^e  ^eere  oft  Per^angniöPoU  war.  Un^ 
gefä^r  bie  ^alfte  ber  Äriegcr,  unb  jwar 
»ornefimlic^  Iseüebarbenträger ,  bilbcten 
ben  ©cwalt^aufcn,  ber  tai  ^auptbanner 
trug  unb  ba^er  oft  felbfi  „ta^  Sanner" 
genannt  würbe.  Unmittelbar  um  iai 
Sanner  ^er  fietiten  ftd)  bie  3ilctcn  ber 
»ornef)meren  fünfte  auf,  bie  Äonfiabler 
unb  3unfer,  foweit  fte  nid)t  ju  fpferbc 
fo(ä)ten.  Unb  bei  ber  ganjcn  iMuffteüung 
Würbe  forgfam  barauf  gca($tet,  ta^  bie 
minbcr  jUDerläffigen  «Rotten  ber  ßanbge* 
mcinben  mit  ben  [Rotten  ber  altbewährten 
SBürgerjünfte  oerfe^t  würben.  S)ie  ge= 
Wö£)nlic^e  Xiefe  ber  «Huffteüung  ift  20 
2Rann.  (Sin  Seit  ber  ©piefe  wirb  »er^ 
Wenbct,  bie  ^laufen  beö  ©ewalt^aufenä 
einzurahmen  unb  eine  q3t)alanj:  con  1200 
^eücbarbieren  unb  200,;$ifcnieren  fann 
man  [xä)  alfo  berart  georbnet  benfen,  ta^ 
im  Zentrum  60  SRotten  ^eüebarbierc  unb 
auf  jcbem  ber  beiben  glügel  5  iRotten 
qßifeniere  fielen.  Die  imannf^aft  „cor 
bem  SBanner",  bie  23ort)ut,  be^efit  ani 
ben  ©c^ü^cn,  einer  größeren  Seigabe  »on 
6pie§en  unb  einer  fleineren  üon  ^tüt- 
barbcn.  ©ie  eröffnet  i>ai  Ocfec^t,  worauf 
ber  ©ewalttjaufen  ju  geeigneter  3eit  unb 
om  paffenben  Drte  angreift.  S)ic  SRac^» 
^ut  ift  bie  fc^wä(f)fte ^eereäabteilung,  bie 
jum  ©d^u^e  bcö  Sroffe«  „hinter  bem 
S3anner"  aufgefteüt  ifi,  wo^l  a\xi)  im 
fRotfaß  tfjätlic^  in  ben  Oang  beö  ®efe(i)te« 
«ingreift.  JDie  aRarfd):=  unb  9Ingriporb= 
i^ung  ber  brei  Raufen  War  aber  immer 
berart,  ba§  fu  m<i)t  bircft  l)intereinanbcr, 
fonbern  ba§  bie  Sorbut  feitwärtö  Dor» 
wart«  bee  ®cwalt[;aufenö  aufgefteüt  war, 
um  iebeemal  ben  Angriff  in  ber  gront 
■mit   einem    auf  bie  Jlanfc   oerbinben  ju 


fönncn.  Gbenfo  jtanb  bie  iRad^^ut  feit* 
wärt^  f)inter  bem  ©ewalt^aufen.  2)iefe 
5luf|tetlungöweife  bot  ben  grofen  Vorteil 
ber  leichteren  Seweglid^feit  fdmtlid^cr 
Gruppen.  SBaren  bie  ÜRannf^aften 
mehrerer  Drtfc[)aften  terfammett,  fo  bil« 
bete  man  wol)l  aucf)  brei  ^auptfiaufen, 
beren  jeber  eine  93or^ut  unb  SRotten  fdmt* 
lieber  SBaffengattungen  t)atte,  foba§  er  ju 
felbfiänbiger  5lftion  befö^igt  war.  Qtuf 
engbegrenjtem  Dpcrationötelbe  gab  man 
ben  Raufen  eine  fe^r  beträc£)tlid^e  (Rotten* 
tiefe,  ja  man  übertrieb  bai  SBerfa^ren  ju 
ülnfang  be^  16.  3a^r^unbertö  fogar  H' 
t)in,  ba§  ber  gc»ierte  •^aufe,  ber  ebenfo* 
Diel  Tj'^ont  wie  Jiefe  l)atte,  alä  normale 
©teüung  galt.  Qluf  ber  Sbene  bilbete 
man  baö  l)ol)le  Sierccf,  tai  mitunter  oorn 
offen  gelaffen  bie  Sagage  äwifd^en  bie 
^örner  (auö  iBor*  unb  Diitac^liut  gebilbet) 
nal)m ,  ober  man  bilbete  in  befenjtoct 
©tellung  audf)  i>ai  Äreuj,  inbem  S3or* 
unb  iRad^^ut  bic^t  an  bie  ©eiten  beä  ©e* 
waltl)aufens  Ijeranrücften. 

(Ja  erübrigt  unö  noc^,  ber  ^Jortfc^ritte 
im  Selagerungöfrieg  ju  gebenfen. 
Diefelben  fmb  unbebeutcnb,  big  um  bie 
DJJittc  beä  15.  Satirbunbertö.  Sefa§  man 
auc^  gro^e  (Sef(i)offe,  ©teinbüc^fen,  bie 
im  Selagerungöbienfi  vor  ©tobten  unb 
Surgen  cerwenbet  würben,  fo  war  man 
boc^  nid)t  imfianbe,  bie  Äugcl  fo  fc^nell 
JU  bewegen ,  ba§  bamit  Srefc^en  in  tu 
ÜRauern  tiättcn  gefd^offen  werben  fönnen; 
man  mu§te  fic^  bamit  begnügen,  fdf)wäd^erc 
Käufer  unb  Zf)oit  ju  bef^ie§en,  attfdllig 
aud^  bie  3'nn«n  ^^^  SRingmaucrn  abju« 
becfen.  ©lücflic^er  arbeitete  man  immer 
no^  cor  ber  ^anb  unter  ber  Äa^e.  2Bie  auf 
bie  Sefeftigung  eine«  Orte«  erfiaunlic^ 
Diel  llRü^e  unb  ©orgfalt  »erwenbet  wur* 
ben,  fo  würbe  ber  Setagerungöfricg  mit 
au§erorbentlicf)cm  Qlufwanb  geführt,  boc^ 
oft  mit  wenig  ©lücf.  ©ine  tapfere  Se* 
fa^ung  trotte  2Bo(^en,  ja  ÜRonatc  lang 
einer  jablreid)en  (Segnerf^aft,  fatlö  biefcr 
bie  5luöl)ungerung  nid£)t  gelang,  ©elbjl 
Wenn  e^  gelang,  Srefd^en  ju  legen,  fo  war 
ber  ©türm  nidbt  lei^t.  2)ie  ORauern 
bracf)en  entweber  auf  bem  9JiDeau  beö 
Sobcng  ober  l)öl)er,  fußten  aber  bie  (Srä* 
ben  fcincöwegg  auö,  foba§  eö  immer  no^ 
eine  fieiterbefteigung  galt,  unb  wenn  bie 
Sclagerten  im  3""^!^"  «i"«  "^i*  ^"^S  "^^'^ 
erbgefüütcn  Sonnen  befleibete  (ärbDer* 
fd^anjung  errichteten ,  fo  bot  biefer  SBaü 
bem  ©efcftü^  mcl)r  ffliberftanb  alö  bie  2Raucr 
felbji.    (äö  fet)U  barum  gerabe  beim  Se* 


Äricgöwcfcn. 


389 


lagcrungäfrieg  beö  fpätercn  SÜJittcIatterö  in 
2)cut|'c^lanl)  nid)t  an  ben  aUerfeltfamfien 
©treitmitteln.  Sogar  bie  Laterna  magica 
wirb  angctrenbet,  um  hnxi)  ®eifterer[d)eis 
nungcn  bic  abergläubifc&en  23erteiöigcr 
pon  bcn  ü}?aucrn  ju  vertreiben,  unb  oft 
fuc^t  man  bie  belagerte  ©tabt  anjujünbcn, 
inbem  man  Äa|en  unb  SBögel  fängt  unb 
bicfe  mit  brcnnenben  Sunten  nad)  bcr 
©tabt  jurüdfcnbet.  S5ic  bebeutenbfie  iße^ 
lagerung  bicfer  3«it  ifi  biejenige  beä  Äarl« 
fteinö  in  Sö^men  (1422),  bie  merfmür» 
bigfte  biejenige  t>on  Dricanö  (1428). 
5Dic  crjlere  bauerte  5  ÜJ^onate  unb  würbe 
aufgegeben,  na^bem  auö  ben  ®c^Ieuber= 
mafcftinen  1822  Sonnen  »oll  faulenbcr 
€toffc  unb  13  SBranbfäffer  geworfen,  mit 
ben  fdöwcren  unb  flcinen  Kanonen  10  931 
®ä)üffe  abgegeben  Worben.  Sic  leitete, 
bie  nac^  7  9!Honatcn  ebenfalls  aufgel)oben 
Werben  mu§tc.  bracf)  Sat)n  für  bie  neue 
Söelagerungötaftif  burd)  ben  ©ebraud)  ber 
Sclagerungäi  unb  *Mu«faUöartitIeric,  bic 
Äonjlruftion  ber  gf^ebouten ,  ßaufgräben 
unb  2lpprod)cn,  bcn  ©ebraud)  ber  *)ßaliffa= 
ben  unb  ^u^angcln,  fowic  burc^  iai  Q.X' 
bauen  neuer  SEBerte,  wenn  bic  urfprüng« 
Iict)cn  bur($  ^iuix  ober  im  Sturm  jerflört 
worbcn  waren.  (So  werben  auc^  fdion 
ÜJJinen  gelegt.  Db  aber  barunter  wirf^ 
lic^e  ^uloermincn  ju  üerfief)en  finb,  ifi  uns 
gewi§.  (Slüdlidjer  waren  (1453)  bie  Do- 
mänen vor  Äonftantinopel,  inbcm  il)nen 
glottc  unb  ©cfAül  gute  S)ienfte  leiftcten. 
(Sin  fold)cä  foü  300  ■(Scntner  ®ewid)t  ge= 
I)abt  unb  ju  feiner  Fortbewegung  700 
2«ann  unb  100  Dd)fcn  crforbert  Ijaben. 
I>aö  ®ewicf)t  bcr  ©teinfugel  wirb  auf  12 
(Sentncr  angegeben. 

(Sincn  wid)tigcn  5ortfd)ritt  mad)tc  ber 
Sciagcrungefrieg  in  granfreid) ,  inbem 
um  bic  OJJittc  beö  15.  3abrl)unbertö  bic 
©teinfugeln  burd^  gegoffenc  Onctall* 
fug  ein  crfe^t  würben,  bic  bie  ©irfung 
bcr  (Scfc^offc  beträd^tlid)  ocrmef)rten.  3lud^ 
bie  rationelle  Qlnwcnbung  ber  ßaufgrä^ 
ben  alö  2lnnä^crungömittcl ,  fowie  bie 
ber  ©d)anjförbe  fällt  in  bicfe  3eit. 
3u  ftd)ern  fudbte  man  ftc^  gegen  biefen 
»erpärtten  J^cinb  burd)  oerfiärftc  SDJauer:^ 
Werfe  unb  SBäac.  Sic  SDJauern  würben 
nicbriger,  bod)  fiärfer  gemacht.  (Sinjig 
bie  Surgen  blieben  bei  iljrer  alten  93au= 
Ott,  biö  fu  bann  im  16.  ^a^ir^unbcrt  jum 
offenen  Canbft^  werben.  5ln  ben  SBc^r* 
bauten  ber  ©täbte  aber  ift  ber  Übergang 
»ort  ber  alten  jur  neuen  Scfcfiigunflös 
»T^eife,    bic   SRcnaiffancc    ber  gortififation 


bcutlid)  erfcnnbar.  S)ie  ^ürbcn  unb  ^olj* 
bauten  bcr  Bretöches  Perfd)Winbcn  unb 
mad)cn  gemauerten  SBe^rgängen  $la^. 
2)ie  alten  ©pi^türmc  oetlicten  bae  S)ad^ 
unb  erlialten  eine  Plattform,  bie  mit 
1 — 2  i8üd)fcn  iierfe^en  wirb,  beren  bobren* 
bcr  ©c^u§  äwar  oon  geringer  Sßirfung 
ifi ,  bcr  aber  burc^  feinen  ^üd|lo§  baä 
fi^wad^c  SDkuerwerf  bebenflic^  erfc^üttert. 
Qluf  bcn  iRonbengängen  bcr  (Suttinen, 
welche  t)öd)ftcn2i  2  gu§  Sreitc  f)attcn,  war 
für  tai  ®i\ä)ixp  fein  $la^.  SDlan  machte 
bal)er  innen  eine  (Srbanf^üttung  bi^  jut 
j^öl)e  bcö  3fionbengangeä  unb  ncrfal)  bicfe 
mit  Sattcricn.  2lbcr  aud)  fo  war  ber 
©c^ug  ju  bo^renb.  S)at)er  oerficl  man 
auf  bcn  ©ebanfen,  bcn  alten  3wi"9^''^ 
berart  ausäugeftalten ,  ha'^  man  »or  ber 
Qlugcnmaucr  einen  tiefen  ®raben  anlegte, 
aU  bcffcn  öäcarpc  nunmctir  bic  S'i^iusei* 
mauer  etfc^ien.  2)en  3tt'inger  fclbfi  aber 
bilbctc  man  burd)  Ülusfüllung  mit 
Srbe  jum  D^icbcrwatlc  um.  33on  biefem 
ging  nun  bic  ®efd)ü^cöt)crtcibigung  aui, 
unb  l)inter  i^m  crl)ob  fic^  bie  |)auptmauct, 
welche  mit  i^rcn  Sürmcn  unb  il)rcn  alten 
®inric^tungen  für  perpcnbifularc  I)efenfloc, 
nad)  wie  »or  für  bic  33crtcibigung  mit 
bcn  ^anbwaffen  benimmt  blieb.  Swmers 
bin  blieben  bic  l)o^cn  DJJaucrn  unb  Stürme 
unoeränbert  befte^cn  unb  boten  aud)  bem 
fcrnjict)cnDcn  %dniii  einen  3ielpunft,  bcr 
feiten  eeifelilt  würbe.  Um  biefem  ju  be« 
gegnen,  fül)rte  man  jcnfcitä  beö  |iaupt= 
grabcnä  an  ber  ©teile  ber  alten  ße^i 
(lice)  einen  23orwaIl  auf  mit  Sßorgraben. 
iBor  ben  ÜE^orcn  crrid)tete  man  SBoUwerfe 
(bouleverts,  bastilles,  bastides)  auä  .^olj 
unb  @rbe,  welche  bie  alten  Sarbigäne  er« 
festen.  5Dicfe  2lnlogen  fnüpfen  jtd)  an 
bie  glorrcit^e  SBerteibigung  bcr  »tabt 
iRcug  gegen  5?arl  bcn  Äü^ncn  (1474). 
©te  tragen  übrigen^  nur  bcn  (S^arafter 
eineä  iproüiforiumä. 

3ur  23ref(i^clegung  fonfurrierten  um 
bic  SJcnbc  bcö  15.  unb  16.  3at)rbunbert^ 
SDline  unb  ©^u|.  3)ie  crfie  *pulDcrmine 
wirb  1487  erwähnt  in  einer  Belagerung 
oon  ©erejaneUa.  (Sinige  glüdlid)e  (Sr« 
folge  oerfd)afftcn  il)r  balb  gro§en  Stuf, 
wä^rcnb  ftc  im  Saufe  bcö  16.  3af)rl)un* 
bertö  mc{)r  nur  oerfuc^t  wirb,  wenn  eine 
SBrcfd)elegung  migglüdt  ober  überhaupt  ein 
befonberer  Qwid  bamit  crreii^t  werben 
foU.  Übrigenö  oerfagt  i>ai  ®cfd^ü|  fei« 
ten;  wenn  bie  Ieid)ten  Söüc^fen  nic^t  ge« 
nügen,  fo  füt)rt  man  fd)Werc  ißombarben 
auf.     2)ie  ©tüde  Ratten  ni^t    blo§  ge« 


390 


Äricgötücfen. 


goffene  Äugeln,  fonbern  ttaren  nun  [clbji 
gcgoffen  ani  iSronjc,  »crfe^cn  mit  ©d^ilbs 
jopfen  unb  iffianblafetten.  S)er  ©cbuf 
formte  baburc^  ftd^ercr  gejielt  hjcrben  unb 
t^at  um  [o  unfehlbarer  feine  SBirfung, 
foba§  auf  ungebecften  ^lä^en  hai  93om- 
iarbement  tafd)  begonnen  unb  ju  (Snbe 
gefüljrt  merben  fcnnte.  Sföä^renb  1504 
Äaifer  iDIayimilian  bie  14'  biden  ÜJJaucrn 
Bon  Äufftein  mit  7  Äanonen  ntd)t  be^ 
Ettlingen  fann,  crreid^t  er  feinen  ßtoid 
fpäter  mit  2  üJJonflcr^lSefc^ü^en. 

3c  mef)r  nun  bie  Unäuiänglid)feit  ber 
bicEficn  ÜJiauerroerfe  gegen  bie  öerbejferten 
©efdioffe  ber  Söelagerer  ftd)  aU  Sbatfac^c 
erttiicö,  umfomct^r  mu§te  man  befirebt 
fein,  bie  9?iebermäQe  unb  bie  Oräben 
»iberfianböfäfjigcr  ju  machen.  9'?amentli(^ 
bie  le^teren  erfuhren  bie  gröfte  ilufmerf* 
famfeit,  fte  üerbreiterten  unb  oertieften 
ft(^  unb  würben  mit  ®^u|mcrfen  um» 
geben,  bie  meniger  befcf)offen,  aU  erfiiegen 
»erben  moKten,  unb  bamit  beginnt  bie 
(Einführung  cineö  ganj  neuen  SJJomente^ 
in  ber  ^oliorfetif,  namlid^  ber  artiüerijlifcfic 
Slaljfampf  gegen  bie  glanfierungämerfe, 
tOi\ä)n  ftc^  wefentlic^  unterf^eiDet  üon 
bem  ©efcbü^fcrnfampfe  gegen  bie  ^oc^« 
Bauten  beö  angegriffenen  •ßla^eö.  3"' 
beffen  würbe  man  fet)r  irren,  menn  man 
glauben  moüte,  ia^  bei  (Srfiellung  neuer 
Sefepigungewerfe  nid^t  aud)  je^t  nocft  auf 
ein  gutc^  9JJauermerf  gro§eö  ®ett>i^t  ge« 
legt  morben  wäre.  3Wan  baute  feflcr  aU 
je  unb  fud^te  namentlid)  burd)  gute  ®e= 
jDÖIbe  in  ben  unteren  ©efc^offen  ^en  bort 
aufgcjlellten  ©efdbü^cn  einen  unbebingt 
tafantcn  @c^up  ju  fti^ern.  5D?an  baute 
biefe  Sürme  niebriger,  aber  weiter  unb 
»erfa!^  fte  mit  einer  möglid)fi  großen  3ai)I 
toon  Sd)ie§fd)arten;  bie  3in"c"  aber  fielen 
Weg,  ha  fte  bod^  feine  @id)crbeit  boten. 

Einlage  unb  @inri($tung  ber  Safleicn 
Waren  ein  ©egenfianb  unabUiffiger  lOer» 
fud^c  für  aUe  europdifc^en  Sölfcr.  SWan 
fa^  ein,  ba§  iai  fd)Wa^e  %iütx  ber  SRon« 
beln  nic^t  wirtfam  genug  war,  um  ben 
5lnnäberungöarbeiten  beö  Jeinbeä  frftftig 
entgegenzutreten,  ia  biefer  jebcn  ®d)u§ 
jelinfad)  ju  beantworten  im^anbe  war. 
Um  biefem  Übeljlanb  ju  begegnen,  lie§ 
man  bie  üionbcln  auf  ber  au§eren  Seite 
in  eine  gcrabe  ßinie  auöget)en,  bamit 
möglidifi  »tele  (äcfc^ü^e  ju  frontaler  SBir* 
!ung  gelangen  foüten.  5lnbere  fd)oben 
bie  93ajteien  möglic^ft  weit  oor  unb  ViX' 
banben  fie  nur  burd^  eine  fd)male  fflaß^ 
junge  mit   bcm  ^auptwall.    6o    f)offten 


fte  wirffamer  gegen  bie  %lanhn  ber  g^einbc 
ju  jielen,  boten  aber  in  beiben  J^ätten  ben 
feinblid)en  ©efd^offen  größere  3iclpunfte, 
b.  i).  üerloren  an  eigener  ©id^er^eit  leicht 
me^r,  aU  fie  gewannen.  3^  ^'^^^  inbeffen 
über  biefe  ^Probleme  nadjgebad^t  Würbe, 
umfomef)r  fa^  man  ein,  ta^  bie  ganje 
Einlage  ber  J^pungöwerfe  nac^  einem  be« 
fiimmten  (Spliem  üorgcnommen  werben 
muffe,  wdbrenb  man  bi^Eier  me^r  jeben 
einjelnen  Seil  für  ftc^  kubierte  unb  nadE) 
©utbünfen  eeränbertc.  2)iefe  Sefirebungen 
Ratten  jubem  nur  lofalen  S^arafter.  drjl 
bie  gro§en  Umwätjungen  beä  16.  3fl^t* 
^unbcrtö  brauten  gluf  in  bie  ^titn; 
iai  SBanberfc^aftöwefen  entwideltc  ftd^ 
unb  nun  erwucb^  ber  fünfilerifc^en  ^xo- 
buftion  ber  foämopolitifd)e  Sfiarafter, 
weld^er  ber  SRenaiffance  eigen  x\t.  Q,k 
entfielt  eine  europäifd)e  Sefejii* 
gungöfunfi,  wetd^e  oon  3talien  auö* 
gebt.  ®ie  jeidt)net  ftd)  weniger  burd^  neue 
©rfinbungen,  alö  butd^  planmäßige  unb 
großartige  Qlnlage  ber  einsetnen  bekannten 
Sefeftigungewerfe  auö.  ®ie  9!JJauern  ber 
Sürme  würben  biö  auf  10  m  S)ide  crfiellt, 
bie  ©raben  in  einer  ©reite,  ta^  gto§e 
Sruppenmaffcn  ftdf)  in  benfelben  bewegen 
tonnten.  S)ie  SBaj^ionen,  balb  fpi^,  balb 
runb ,  bie  Äafematten  unb  SBälle  treten 
mel)rfa(^  unb  in  beträd^tlicben  5tbfiänben 
toneinanber  auf.  @ie  itnb  jubem  »on 
einer  STJäd^tigfeit,  ia^  fd^Were  ©efd^offe 
fte  nid^t  fo  Ieid)t  befeitigen.  S)eutf(je 
^eftungöwerfe  biefer  *Periobe  ftnb  j.  93. 
Süfirin,  ©panbau,  ©üffelborf  unb  ein 
SoOwerf  eigentümli^er  5lrt  ber  2J?unot 
in  ©d^apaufen. 

SBon  bem  5tugenblid  an,  i>a  bie  Scs 
fePigungöfunfi  befiimmte  ©ranbfä^c  unb 
fejle  i^ormen  angenommen  ^atte ,  mußten 
audf)  Serteibigung  unb  Eingriff  ft)fiema* 
tifi^er  georbnet  werben,  ©egen  Söefeftigun* 
gen  ber  früheren  [^eriobe,  wo  in  ber 
^auptfadfie  nur  ÜJJauern  unb  iRieberwälte 
ju  jwingen  waren,  war  ber  91ngreifer  in 
ber  Sage,  beibe  Olrtiüerieflodwerfe  jugleit^ 
anzugreifen,  unb  War  ta^  erfle  genommen, 
fo  War  bau  jweite,  bie  iWauer,"  me^r  nur 
nodf)  ju  pafftDem  Jöiberftanbe  fä^ig.  ©anj 
anberä  aber  War  ber  SBibcrfianb  ber  nac^ 
ben  ©runbfd^cn  rationeller  JJIanfierung 
unb  ^rofilierung  erbauten,  auögebe^ntcn 
baftionierten  gront.  25a  waren  f($on  bie 
5lnnä^crungöarbeitcn  fd)Wierig.  Die 
Sd)täge  ber  ßaufgräben  mußten  fc^on  in 
bebeutenber  Entfernung  »om  belagerten 
*pia^e  begonnen  werben  unb  biefe  erjien 


Ärone. 


391 


3lrtteiten  njarcn  fc^on  mit  auörei(^enbcn 
Sattertcn  ju  beden,  foba§  bic  feinblid)cn 
Safiioncn  an  ber  Scläjiigung  ber  ©appcurc 
mögli^ji  üetf)inbert  tucrben  foütcn. 

3Bar  ii  gelungen,  ben  SBormatfd)  bi^ 
an  ben  ©rabenranb  ju  erjwingcn ,  fo 
mußten  bort  SBaffenplä^e  errietet  unb 
btcfe  fiarf  bcfe^t  rtierben,  um  ben  n^ieber« 
I)oIten  5luöfäQcn  ber  belagerten  ju  begeg* 
nen,  bie  namentlii^  bie  mi>n  I)eranrüden« 
ben  Batterien  unb  bic  ^Irbeiten  ber 
®(J)anjteute  ju  jerfiören  tradjteten.  (Snb» 
lic^  tt)urben  bie  gro§en  ©ef^ü^c  aufge« 
jiellt,  bie  jum  eigentlidjen  93ombarbement 
»ermenbet  werben  foUtcn.  S)iefe  >De  = 
montierbatterie  hjurbe  meifi  er^ö^t 
gebaut,  ta  ba^  Qid  meifi  nod)  l)öt)er  lag. 
2)ie  3)eutf^en  nennen  ftc  bie  „überjWcrc^c 
®d)anV'  ober  auct)  nur  bie  „®(^anj", 
S)ie  3ufammen[e^ung  einer  fold^en  giebt 
^erjog  ^t)ilipp  üon  (Eleöc  folgenbcrma^cn 
an:  6  Kanonen  (fc^mcrc  Srefd)gcfc^ü^e), 
2  [cf)mere  unb  4  mittlere  ®cf)Iangen  unb 
12  galfaunen.  5Die  erfiercn  foücn  im 
2;ag  (®ommcräjeit)  je  40  <£c^üf[e  abgeben 
fönnen ,  bie  legieren  [efunbieren  blo§. 
Sie  [d)ttieigcn  befd)eiben,  biö  it)ic  großen 
6d)meficrn  fampfgerüfiet  bajleljen,  rcben 
aber  fleifig,  mö^renb  jene  lieber  gelaben 
Werben,  unb  wenn  bie  Ulaä^t  anbrict)t, 
jtnb  aüe  (Sefc^ü^e  auf  ben  fommcnbcn 
Jag  in  ©tanb  ju  ftetlen,  foba§  man  mit 
bem  neuen  SDiJorgen  nur  bie  Sunte  aufju^ 
legen  braucht.  2)ie  großen  geben  au^  — 
Wie  im  Sraum  —  wa^renb  ber  ^iac^t  bie 
unb  ba  einen  ®c^u§  ab,  bic  ^alfaunen 
aber  bürfen  gar  ni^t  ru£)en,  bamit  ber 
geinb  nid}t  neue  2lb[(f)nitte  anlege,  ^ür 
ÜJ?  örfcr  unb  Söller  legte  man  nät)er 
gegen  ben  $la|  ^in  „[onber  georbnete 
©ctjanäen"  an.  Weil  man  auä  bcnfelben 
nur  feiten  „in  ber  6c^anj  bei  ben  ®c« 
fd^ü^en"  fd)ie^en  fönne.  9'?eben  biefen 
artilleriflifdf)en  Sorfe^rungen  fam  auc^  bie 
SWinenlegung  wiebcr  jur  ©cltung,  weld)cr 
ber  i^iint  mit  (Segenminen  begegnete. 

Sffiaren  bie  Srefcben  weit  unb  nament* 
lic^  tief  genug,  fo  fd^ritt  man  jum  Sturm. 
Srocfenc  ®räbcn  überjlicg  man  leicbter, 
naffe  bagcgen  mußten  erjl  i^res  SBafferö 
entleert  ober  überbrücft  werben,  ^luägäffern, 
^öljern  unb  Srettern  würben  bie  sBrücfen 
gefügt  unb  auf  2  *Häbcrn  an  ben  ®raben 
gef^oben,  ober  mit  ifieiö^olj,  Sünbelfirol;, 
Sßagen  famt  pm  u.  f.  w.  Würbe  ber 
©raben  aufgefüllt  unb  fo  ber  Übergang 
bewerEfieÜigt.  ««atürlicf)  boten  bie  S8e= 
lagerten  in  folc^en  ÜJJomentcn  aüe«  auf, 


ben  gcinb  jurücfjufcf)lagcn  unb  bic  ®ra« 
benübergänge  gefalteten  ftd)  ju  blutigen 
©cenen.  3uw  (Sinfteig  burc^  bie  93rcf(^en 
fommt  nod)  bie  Ceitcrerfieigung,  bie  meifi 
an  2  — 3  ©teUen  jugleii)  oerfu^t  würbe. 
3luc^  bic  ^aliffaben,  %l)oxt  unb  Fallgatter 
würben  im  entfcf)eibcnben  2lugenblicfe  fräfs 
tig  berannt  mit  ber  *Petarbe  ober  Srefc^s 
f^raube.  S)ie  belagerten  pflegten  jtd)  in 
biefem  äuferften  ©tabium  beä  Äampfe« 
maffen^aft  unb  mit  ©lücf  ber  „glabber» 
minen"  unb  ber  ^Jeuerwerfäförper  ju  be» 
bienen.  Welche  bie  ©olbaten  fc{)r  fürcf)teten 
unb  wel^c  eine  glücflid)  burd^gefü^rte 
ißclagerung  im  legten  ÜJlomentc  noc^ 
fä)citern  liegen,  ©o  lange  ber  5lngrcifer 
c«  nic^t  »erjianb ,  burd^  Einlage  Don 
Äontrebatterien  bie  ^tanfengefc^ü^e  bireft 
JU  befämpfen,  befa§  ,  bie  Dtapnerteibigung 
tai  un5Wcifcll)aftc  Übergewicht  über  ben 
Eingriff.  S)iefen  JJc^ler  ^evu^äufüplcn 
unb  äu  »erbeffern  blieb  ber  äWciten  ^älfte 
beö  16.  3al)Tl)unbertö  vorbehalten,  bie 
bann  auc^  namentli^  burdö  bic  ®rfinbung 

neuer  3ü"^i'"9^>""^'^i^t""9f"  f"^  ^^^ 
J^anbfeuerwaffcn  bem  ganjen  Äricg^wcfen 
einen  ungeahnten  Qluff^wung  gab.  S)a^ 
(Rabfd)lo§  würbe  1515  erfunben  ju  9^ürn* 
berg,  bau  ©(i)nappf(J)lo§  um  1540  eben« 
fallö  in  3^eutfd)lanb  unb  bae  ©ted)erf(f)lo§ 
gegen  (Snbe  beä  3al)tl)unbertö  in  SUJüniicn. 
©0  folgte,  wie  untollfommen  biefc  93ers 
fuc^c  aui)  ^eute  erfd)eincn  mögen,  eine 
fleinere  iBcrbefierung  nac^  ber  anbern,  unb 
balb  t)crrfc^en  unter  bem  5"§ooIf  ^i« 
©d^ü^cn  tor.  5luc^  bie  SReiterei  wirb  mit 
i^euerwaffen  ocrfet)en,  nämlic^  mit  SRciter» 
arfebufe  unb  bem  Jaufiro^r,  ber  ^ij^ole, 
unb  ebenfowenig  bleibt  bie  ^Irtiflerie  ju* 
xM  mit  35erbefferungen  beö  SlJJatcrialg 
unb  Serei($crungen  ber  S!JJunition.  ^Jiac^ 
3äl)nö,  ®efct)id^te  beö  Äriegöwcfen«. 
ÜJergl.  ^eerwef  en. 

Sronc.  5Die  Ärone,  lat.  Corona,  franj. 
conronne  ,  engl,  crown ,  ifi  ia^  ^tiä^tn 
ber  ©ouoeränität.  gürflcn,  überhaupt  ber 
^o^e  5lbel,  tragen  ftc  ^att  beö  ^elme«  im 
2eappenfct)ilb. 

*Muö  ber  ÜJJerowingcrjeit  ftnb  ad^t 
aSotiü^Äronen  befannt,  bic  bei  wedöfelnbct 
®rö§e  ganj  fon  ®oIb  gefertigt  unb  reidö 
mit  ebcipeinen  gef^müdt  ftnb.  3^^^  ifi 
mit  t>icr  .Ketten  t»erfebcn,  bie  oben  in  einen 
gefd)mücftcn  Änopf  ober  in  einen  einfad^en 
^ing  jufammenlaufen,  bamit  fie  aufgc* 
i)ängt  werben  fann.  2)ier  bcrfelben  be* 
Pcben  je  an^  einem  breiten,  oonfommcncn 
[Reife;   bic  übrigen   Biet  jtnb  fpmmettifc^ 


392 


Ärone. 


burc^brod&en,  eine  in  ©efialt  einet  runb^ 
bocjigen  ©äulengalerie,  »t»elct)e  ber  in  ber 
fpätrömifc^cn  unb  griec^ifc^en  Saumeifc 
üblichen  ©äulcnfiellung  üoOfommen  tnU 
fpric^t.  2)ie  ©tcinc  bilben  bei  allen  am 
unteren  9ianbc  be^  9ieifeö  ein  (Se^änge; 
bie  fünf  grö§eren  tragen  aug  il;rer  SOUtte 
^erabf)ängenb  ein  mit  (Steinen  befe^te^ 
Äreuj,  unb  bie  größte  tragt  jubem  jWis 
f4)cn  ben  ©el^ängen  bie  ©olbbudbftaben 
EECCESVINTHVS  REX  OFFERET, 
lx)el(i)e  barauf  fd)IieBen  laffen,  ia^  bie 
.Krone*  unb  fo  auc^  n)a{)rf<$einlic^  bie 
übrigen  —  f  on  bcm  Könige  Üteccefüintbuä 
(jwifd^en  649  unb  672)  aU  „Ex  voto" 
bargcbrac^t  hjarb.  5Die  ©tirnreife  fmb 
jubem  mit  aneinanbcrgerei^ten  Greifen 
unb  ^albfreiäförmigen  SBertiefungen  ge* 
jicrt ,  fomie  mit  »erfc^iebenge^altetem 
Slattetrtierf  unb  ein=  unb  auöwärtöge« 
bogencn  SRanfen  nac^  ülrt  ber  fogenannten 
^Palmetten.  ©er  bie  Letten  Bctbinbenbe 
Änopf  ber  größten  .Krone  ^at  bie  (Seftalt 
cineö  jict)  nad)  unten  ju  »erjüngenben  2Bürs 
felfapitalö  mit  tot)  gejeicf)neten  (Palm* 
blättern  unb  ifi  auö  Duarj  gcfcE)nitten. 
3tße  gSersierungen  ber  Ärone  ftnb  geprägt 
ober  leidet  eingegraben;  nirgenbö  finbet 
ftd)  gilis^an  ober  gar  ft)irflid)e  ßmail. 

S)ie  eigentliche  beutfc^e  Äaifer* 
frone,  gemeiniglid)  bie  .Krone  .Karlö  beö 
®ro§en  genannt  al«  bie  bijiorif(^  wiä)' 
tigfte  unb  ättefie  wirb  in  ber  faiferlid)en 
Surg  ju  SOßicn  aufbewahrt.  (Sie  ifi 
butd)gängig  non  ®olb  unb  14  ÜJJatf 
11  ßot  3  Duentd^en  fdtjitiet ,  ac£)ted'ig, 
mit  acf)t  oben  jugetunbeten  ^^Ibern,  bie 
in  einen  93ügel  ouslaufen.  2c  «^''«i  P«^ 
gcgcnüberfte^cnbe  93ügel  ftnb  miteinanber 
Bctbunben.  «Sie  geben  non  Ärcujen  auö, 
bie  auf  bem  ©titnfelb  fid)  befinben.  Ober* 
I)alb,  längö  beö  93ügel^  felbfi  ert)ebcn  ftd) 
ȟiebcrum  bi(^t  aneinanber  'ad)t  oben  ab* 
gcrunbetc  i^dhn  mit  fel}r  reid)en  ^Perlen* 
gieraten;,  »on  benen  baö  le^terc  bie  eben* 
fatlö  aiiö  fleinen  perlen  gcbilbetc  3nfcf)rift 
CHVONRADVS  DEI  GRATIA  ROMA- 
NORVM  IMPERATOR  AVG  trägt.  2lu§er= 
bem  mec^feln  bie  unteren  ^^elber  in  ber 
®rö§e  gleidbmägig  bcrart,  ia^  fortlaufenb 
ein  grö^crcö  oon  jttiei  Heineren  eingefaßt 
rtirb,  inbcm  iai  ©tirnfelb  jur  erfieren 
gel)ört.  2)iefeö  trägt  jubem  oben  baö  mit 
©belfteinen  nerf^iebener  gorm,  ®rö^e  unb 
garbc  reid)  gefc^müdfte  Äreuj,  tai  rcie  bie 
unteren  gelber  jnDifAenbincin  bid)t  mit 
fünfilerif^er  Filigranarbeit  auögejlattet 
iji.    3cbeö  Heinere  gelb  trägt  eine  bunt» 


emaillierte  S5atjiellung  biblif^ct  $etfonen 
(©alomon ,  S)at)ib  ,  ^isfiaö  ,  dbrijiu^) 
nebfi  bet  lateinifc^en  iBeifcf)tift.  Sin  »ei* 
tcrer  ©djmud  biefcr  ^rone,  bai  «Suborium, 
tüeldbeö  al^  Snful  ober  ganoncö  ju  ben 
Seiten  i^erab^jing,  ift  im  Sauf  ber  3citen 
tetloten  gegangen.  S)ie  Ätonc  ift  übti* 
genä  nid^t  ha^  2Berf  eine«  ^ünfilerö, 
fonbern  fd^eint  anfänglid^  nur  auö  ben 
unteren  ac^t  gelbem  bejianben  ju  l^aben, 
unb  jnjar  ifi  aui^  biefer  Seil  eine  bpjan« 
tinifcbe  3lrbeit  auä  bem  11.  S^f'^^unbett. 
Ätcuj  unb  Sügel  follen  eine  fpätere  ^in* 
jufügung  fein ,  früljefienö  au^  ber  S^it 
Äonrabö  IV. 

2n  granfrcid^  föurbc  juerfi  bie  ßilic 
in  tai  Oepräge  ber  Äronc  »erfiod^tcn, 
ttiäbrenb  in  £)eutfcf)lanb  unb  (Snglanb 
burd^  ta^  14.  unb  15.  3cif;r^unbert  »ot» 
ne^mlidf)  Sßlätter  unb  Sflanfen  »erwenbct 
merben.  S)ie  englif(^c  Äönig^* 
frone  (^einrid^ö  IV.)  bejianb  au^  einem 
mit  einem  SRubin,  brei  großen  «Saphiren, 
jct)n  großen  *Perlen,  nebfi  »ielem  ®olb* 
fct)mieben)erf  »erjiertcn  IReife,  über  ben  ftd^ 
breit  auölabenbe,  getriebene  Slätter  erhoben, 
je  jtt)ei  aufeinanberfolgcnbe  burdf)  eine 
2ilie  unb  brei  "Perlen  unterbrodE)cn.  Qlud^ 
biefe  Ärone  War  alfo  nod^  eine  offene, 
tt)ät)renb  ^einrid)  VI.  (1429-1461),  au« 
bem  ®epräge  feiner  SKünjen  ju  fd^lie§en, 
an  feiner  .Krone  oben  einen  gebogenen 
Sßügel  anbringen  lief,  ber  fpätert)in  einen 
Smeiten  red^twinflig  freujte.  ©d^on  ^ein« 
ridt)  IV.  trug  unter  feiner  Ärone  eine 
teidfjoeriiicrte  Unterfappe,  Wätirenb  fte 
bi«  auf  feine  3eit  auf  bem  bloßen  Äopfe 
getragen  murbc. 

2)ie  öfierreidf)ifd^e  ^auöfrone, 
fälfd^lid)  oft  für  eine  beutfd^e  ^aiferfrone 
gehalten,  würbe  1570  für  Oiubolf  H.  ge* 
fertigt  unb  »on  ia  an  üon  ben  ^abi^ 
burgern  aU  .Krone  non  Ungarn,  33ö|men, 
unb  Dfterreid)  bei  bem  Sinjug  jur  Ärö* 
nung  in  granffurt  getragen.  5n  i^rer 
befannten  2)arfienung  auf  bem  öfiet« 
teid)ifd^en  SÜBappen  ifi  fte  mit  einem 
SRetd)öapfel  gefrönt,  ber  i\)x  in  2öirf* 
lic^feit  abgebt.  5luf  i^rem  mit  ©bei* 
fteinen  belegten  unb  mit  4  größeren 
unb  4  fleineren  Slättern  befehlen  Otcif 
erbeben  ftd)  auf  jeber  ©eitc  jwei  oben 
fpi^  julaufenbe  Äoneeje  unb  ftc^  ju  je 
einer  iBierteläitugel  »ereinigenbe  mit  ^güt* 
lid^er  2)arfietlung  befehle  Sc^ilber,  bie  in 
ber  5Ölittc  pon  com  nadf)  t)inten  einen 
breiten ,  feilförmigen  2tuöfd^nitt  kffen, 
burd^  wcld^en  bie  rote  Äronfappe  ftd^tbor 


ÄrönungSinfignicn. 


393 


wirb.  2)cr  JRanb  be^fclbcn  ift  mit  einer 
pericnbefegten  Sinfaffung  emaiüiert.  Über 
bcm  Qluäfc^nitt  erbebt  fic^  ber  Sügcl,  ber 
ein  ^reuj  mit  ungcf^liffenem  (gapbir  trägt. 

(Srtüäbnenöttiert  ifi  ferner  bie  beut f et)  e 
^önigäfronc,  bie  im  2)omf(ä)a^  ju 
9lac&en  aufbeina^rt  wirb.  @ie  würbe  »on 
9flict)arb  non  ßorntvaCliö  bef)ufä  feiner 
Ärönung  auö  (Snglanb  mitgebrad)t.  jDer 
JRcif  ifi  tion  Silber,  fiarf  »ergolbet,  gel)t 
oben  in  eine  Silie  auö  unb  ijt  mit  üor» 
fpringenben  .Kameen  unb  anbern  (Sbel* 
fieinen  gefc^müdt. 

2)ie  Ärone  beö  ^eiligen  @tepf;an 
toon  Ungarn  flammt  au«(  bem  11.  3af)rs 
^unbert.  Sie  ifi  eine  gefc^Ioffene  ^önig^* 
frone  mit  jwei  Sügeln.  3)a^  Äreuj  jie^t 
f^ief.  m  fiebt  auf  ber  SWitte  ber  ^rone, 
ia  h)o  bie  IBügel  ficfe  treffen.  3"  beiben 
©eiten  bangen  fleine,  mit  ebeljieinen  ge* 
fd^mücfte  ÄettcE)en  t)eruntcr,  Wie  foldbe  bie 
bipjantinifc^c  Äaiferfrone  fc^mücfen, 
bie  burd)  bas  (Jbenma§  i^rer  ^^ormen  unb 
fcf)önjie  5luöjiattung  üor  aßen  genannten 
\ii)  auöäeid)net.  ^bn  acf)t  platten  wur? 
ben  erfi  1860  unb  61  bei  3it)itra=2)manfa 
(Ungarn)  beim  pflügen  aufgefunben. 

9Jiarfgrafen  füt)rten  im  SJBappcn 
eine  Ärone  mit  4  t'ilien  unb  12  «Palmen, 
bie  Orafenfrone  ^attc  16  «perlen,  bie  grei* 
i^errnfrone  ^at  beren  12;  in  benStabt* 
Wappen  trifft  man  bie  SDiauetfrone,  bie 
einen  3)iauerfranä  mit  3innen  barjiettt. 

3lu(f)  in  ber3fonograpl)ie  brücft 
bie  .Krone  Äönigöroürbc  auö,  iji  ein  QtU 
c^en  non  Tlaä)t  unb  |)etrlic£)feit.  ©ie  i|i 
ein  5lttribut  ton  ®ott  SSater,  S^rijiuä 
unb  ber  ^eiligen  Jungfrau,  fowie  eon  ber 
©cfialt  ber  d)riplicben  Äirc^e.  2öo  fte 
auf  ber  (Srbe  liegt,  ifi  fte  ia^  3f*ä)cn  ber 
IBerac^tung  irbif^er  .^otieit,  auc^  ber  Un* 
fdiulb  unb  Sugenb.  3iac^  SBeif, 
Äofiümfunbe;  OTÜtler  unb  SKot^e«, 
51rdbäoIogifd)eä  SBörterbuc^. 

^rönungöinfignien.  23  ei  ben  granfen 
War  jur  ^tit  ber  SWeroWinger  bie  Sanje 
iai  Stiä^tn  föniglic^er  2ßürbe.  SDa« 
eigentliche  Äönigö=  unb  Äaiferornat  ifi 
eine  51neignung  wefirömifcf)er  Jrac^t,  fpä* 
tcr  aud^  bie  Sfiac^^a^mung  be^  griec^if^en 
Äaiferornate^.  ©in  folc^eö  gewinnt  aber 
auf  beutfd^em  SBoben  eine  wirtUd^  gemein« 
gültige,  fefifie^enbe  goiin  «i^fi  i"it  ^ct" 
12.  u.  13.  3a^r^unbert,  unb  jwar  famen 
l^iermit  weniger  ber  ©ci^mutf  beö  .Königö, 
alö  ber  eigentlicC)e  Ärönungöornat  gemeint 
fein;  bie  Ärönungöinftgnien,  wie  fte  ^a^X' 
^unbctte  lang  in  9lnwenbung  famen  unb 


^eutc  in  ber  ©ct)a^fammer  ber  .^ofburg 
ju  2Bicn  gezeigt  werben,  tonnen  in  if)rer 
*öoüfiänbigfeit  wo()l  faunt  vor  ber  Krö- 
nung 2ubwig^  IV.  (um  1328),  cieüeid)t 
jum  crficnmal  bei  Sigiämunb  (1414)  gc* 
braucf)t  worben  fein.  ®o  fanb  man  no(^ 
bei  ber  (Eröffnung  beä  ©rab'eö  i^riebrirf)«  H. 
in  «Palermo  ben  Äaifcr  im  üoüen  Drnate, 
fogar  mit  Ärone  unb  $Rcic()öapfel  einge* 
fargt,  waf)renb  nacf)  einer  2$erorbnung  bie 
©egenfiänbc  nacf)  ücüjogener  SBei^e  ab= 
gelegt  unb  bcc  «Saürifiei  ber  2)larienfircf)e 
in  Stachen  alö  ©efc^enf  verbleiben  foüten. 
2)iefer  33erorbnung  fd^eint  überljaupt  biö 
auf  bie  genannte  3^it  nid^t  nacf)gelebt 
worben  ju  fein,  benn  nod)  1273  ergreift 
SRubolf  fiatt  beö  »orgefc^riebcnen  ©cepterg 
{ia  ein  fol(ä)eö  fe^lt)  ein  Ärujifiy. 

Die  einzelnen  Ärönungöinfignien,  Wie 
fte  fpöter  bei  ber  Sinfe^ung  jebeö  neuen 
^errfc^erö  gebraucf)t  würben ,  flammen 
jum  größeren  Seile  auö  bem  12.  ^a^r^unj 
bert  unb  ftnb  faft  burc^weg  fremben  Ur^ 
fprungö.  3n  il)rer  befiimmten  unb  für 
bie  ^olgejeit  ma^gebeuben  3uf""ii"*'^* 
fe^ung  werben  fte  jum  erfienmal  1519 
genannt,  bei  ber  Ärönung  Äarlö  V.  @ie 
mögen  jeboc^  in  gleicl)er  2Beife  fc^on  feit 
©igiömunb  gebraust  worben  fein.  3" 
biefen  ^nftgnien  jäfilen  mit  ^uöf^lup 
ctlid^er  nici)t  mef)r  benu^ten  föinj^el^eiten 
unb  auögefc^iebenen  iReliquien  wefentlic^ 
no^  folgenbe: 

1.  S)ie  ©trumpfe,  Sibialien,  lat. 
caligae,  tibialiae.  ©ie  Würben  im  12. 
3at)r^unbert  in  ©ijilien  angefertigt  auö 
farmoifinroter  ©eibc  mit  ®olb  burc^flridt, 
in  gorm  »on  ßaubwerf.  ©ie  reicf)ten  biö 
über  bie  Äniee  unb  tragen  am  oberen 
SRanb  arabif(i)e  Settern. 

2.  S)ie  ©(f)ubc,  ©anbalen,  lat.  cal- 
ceamenta,  sandaliae,  soccnli,  gleicf)en  Ur* 
fprungä  wie  bie  ©trumpfe  unb  ä^nlic^ 
ben  römifd^cn  ©anbalen  eon  rotem  3ltla^, 
öorn  abgerunbet,  mit  «perlenflicferei  in 
©reifen  unb  ©Irenen  terjiert,  oermittelfi 
f(f)maler  Sanbflreifen  über  bem  ^Ju^ge* 
lenfe  ju  befefiigen.  So  waren  baton 
mehrere  «Paare  iwri^anben  unb  jWar  in 
»crf(i)iebener  ®röge,  gegenwärtig  ifi  nur 
nod^  ein  «Paar  i^u'feben,  ein  auffattenb  fleine^. 

3.  2)aä  Untergew anb,  Dalmatica, 
lat.  tunica,  talaris,  »on  bunfelwiolettem 
©eibenjeug.  60  erfirecft  ftd)  biö  unter 
bie  Äniee,  ifi  öorn  geftfiloffen,  langärmelig. 
2tm  ^aU  ifi  eä  weit  auögef^nitten,  mit 
golbenem  ©aum  unb  einer  3"9f'^""i^ 
to eiferen,    2)cr  Slrmelranb,  fowie  ber  un« 


394 


Ärönungöinfignien. 


tcrere  ©aum  beö  SRodteä  ftnb  mit  @oIb= 
unb  ^erlcnfiicf erei ,  nebjl  bajWifc^cn  ge« 
orbneten  !unjiüoü  emaillierten  Oolbblätt« 
(f)en  »eiferen. 

4.  3)a«  Dbctficib,  bic  Qllba  ober 
camisia,  ein  »eitcö,  ^erabfallenbe^  ®c= 
Wanb  t)on  meinem  ©eibentaffet,  an  ben 
aiänbern  ebenfaüfg  rei(^  oerjiert.  5lu(^ 
bie  5irmel  fmb  nac^  ibrer  iöänge  mit 
rcicf)er  (Sotbborte  ücrfe^en,  unb  bic  Sßrufi 
bcbedt  bementfprcdjenb  ein  mit  allem 
3ierat  auägeftatteteö  nieredigeö  gelb.  5Die 
©infaffung  an  bem  unteren  9lanb  ijl  öon 
beträcf)tli(|er  Sreite,  mit  @eibc,  ®o!b  unb 
perlen  gefiidt.  3"  biefen  9länbern  finbet 
flcf)  eine  3n[(f)rift  eingetieft,  ttjclc^e  be> 
fagt,  t>a^  biefeö  ®ert>anb  burcf)  maurifd^c 
Äünpier  in  Palermo  unter  ber  ^errfc^aft 
aiBil^elm  I.  (1181)  angefertigt  »orben. 

5.  3)er  ©ürtel  (zona,  cingnlum), 
eine  breite  ©olbborte,  mit  Siergeftalten 
cerjiert  unb  ftlberpergolbeten  ©erliefen 
»erfe^en,  bienenb  jur  ©ürtung  ber  5tlba. 
<ä.i  ip  no(^  ein  jrtjeiter  ©ürtcl  eor^anben 
aug  bid)tem. ,  fiarfem  ©eibengelrebc ,  ge^ 
f^müdt  mit  Filigranarbeit,  unb  ferner 
tt)urbc  eincö  britten,  nun  ab^anbengefom« 
mcnen  ermähnt,  beffen  „3cbbel"  öon 
{irfc^roter  @etbe,  ber  „(£inf(f)Iag"  »on 
goibüberfponnenen  ©eibenföben  gcbilbct 
tt)ar.  a[Belcf)er  üon  aüen  breien  jum  eigent= 
lid^en  Ärönungöornate  jaulte,  Iä§t  fi^ 
ni^t  mef)r  ermitteln. 

6.  (Sin  über  fed)«  QoU  breite«  SSanb 
in  ©cjlalt  ber  geijllid)en  Stola,  von  gelb 
geblümtem  ®toff,  mit  bem  ^cralbifdfjen  Silb 
beö  SReic^äablerö  gejicrt.  6«  ft)urbe  bem 
Äaifer  über  ben  ^aU  unb  freujweiö  über  bic 
93ruft  gelegt,  aud)  ethja  mit  einem  jh)citcn 
®ürtel  übcrbunben. 

7.  Die  §anbfc^u^e,  tat.  cWrothe- 
cae,  auö  rot*  unb  purpurfarbenem  ®ei= 
benjioff  jufammencienabt,  au§en  mit  ßaub* 
werE  in  ©olb-  unb  $erlenjlicf erei ,  fomic 
mit  emaillierten  ®olbbled)cn,  innen  mit 
®olbäieraten  romanifc^en  ©til^  bebecft. 

8.  Ärönungömantel,  lat.Spluviale, 
Pallium  imperiale,  paludamentum ,  tega- 
men,  i(i  ein  ÜJicifterwcrf  tt^  12.  ^aiix- 
l)unbertö,  f)aIbEreiöförmig  gefd)nitten,  bils 
bet  einen  auf  ber  93rufi  ju  befefiigenben 
JRüdenmantcl  oon  5  gu§  fiiingc  unb  16 
%u^  93reite,  ifi  ein  feftcs,  bunfelrotcö, 
burcf)tt)cg  gemufterteä  ©eibengemebe  mit 
golbgefa^tem  ^al«auöfd)nitt,  '  ebelfleinge» 
jierter  «rufifpangc  unb  baranf^liefenben 
»ruflf^ilben  »on  pract)tt)oa  emaiaicrtcm 
©olbblec^.      Über    bie    Ofiücfenmitte    ge^t 


eine  ©tabocrjierung  Don  ©olbflicfcrti  unb 
$erlenbefa|,  bie  ^ä)  oben  jebcrfeit«  in 
brci  mcbr  ^orijontal  gefcfjwungcne  bldttcr« 
artige  ©täbdien  ocrjroeigt.  ^itt  ber  bei* 
ben  IRantel^älftcn  ift  mit  einer  burc^au« 
t^on  ®olb  gett)irftcn  unb  mit  ^Perlen  be* 
fiidten  S)arjlettung  cineö  ßömcn  nebfl 
einem  unter  it)m  liegenben  Äamclc  fajl 
aueigefüllt.  SRingölicrum  ijl  er  xtiä)  bor« 
biert,  longo  feines  Dorberen  SRanbeä  mit 
jmei  bicl)ten  Ferienreisen  unb  ba^mifd^en* 
laufenbem  93efa^  üon  ®olb(licEereien  mit 
fortlaufenfcem  »ierflecblattförmigen  *Pcrt* 
jierat ,  längö  beö  unteren  SRanbcö  mit 
perlengefagter  arabifd)er  ©cferift  in  golbe* 
nen  „fufifci)cn"  ißuc^jlabcn  gefc&mücft. 
3Sr  äufolge  mar  ber  SOiantel  für  ben 
f!jilif(l)en  D^ormannenfönig  SRobert  ®mi' 
corb  angefertigt  im  ^a\)xt  ber  glud^t  bcä 
«Propheten  um  528  (1133  n.  6^r.  ®.)  in 
ber  „glüdlic^en  ®tabt  ^Palermo",  morauö 
man  jugleii^  gef^loffen  ^at,  ta^  er  ^öd^jl 
tt)al;rf(^einUcS  erft  unter  ben  legten  lio^en* 
ftaufen  ju  ben  9'leid)öfleinobicn  gefom« 
mcn  ift. 

9.  3)ic  fogenanntc  Äronc  Äarl«  be8 
®ro§en.    («Sic^e  hm  2lrtifcl  Äronc.) 

10.  SDaö  ©ccpter,  lat.  sceptrum, 
virga.  ®a«  urfprünglicf)c  Slcicfeilfccptcr 
ging  fcf)on  früf)jeitig  oerloren.  *öon  ben 
nod)  vorljanbenen  bilbet  baö  ältere,  ttjaljr« 
f($cinli^  auö  bem  14.  ober  (5nbe  tti 
13.  3af)rt)unbertä  ftammenb,  einen  ^olilen 
©tab  pon  jmei  ^u^  ßänge,  au«  Pcrgolbe* 
tem  ©ilbcrbled)  beftet)enb,  an  brci  ©teilen 
tüxä)  riergolbctc  9?ingc  unb  Änäufe  unter* 
brocken,  an  feiner  ©pi^e  eine  (5id)el  mit 
Pier  (Sic^enblättern  tragcnb.  Sin  ^»eitc« 
©cepter  ifi  einfa*  »on  ©ilber,  glatt,  ^o^I 
unb  runb,  ein  brittcS,  iai  fpätere  eigent* 
lic^c  SReic^öfcepter,  ifi  ma^rfc^cinlic^  eine 
nürnbergif(f)e  ®olbfcE)miebearbeit  auö  bem 
16.  3aSr^unbert 

11.  2)er  SRcic^äapfcI,  tat.  pomnm, 
globus,  batiert  oorauäftd^tlic^  ebenfalls 
auö  bem  12.  3a^tl;unbert.  Sr  ift  eine 
auö  ®olbbled)  fünitlii^  getriebene  Äuget 
non  3%  3oll  SJurd^meffcr,  mit  ^arjigcr 
SD^affe  angefüllt,  Don  jmei  ftd^  freujenbcn 
tReifen  umfpannt,  auf  beren  oberem  Äreu* 
jungöpunft  jt^  ein  golbenc«  Äreuj  er* 
^ebt,  ha^ ,  mie  auc^  ber  obere  icil  ber 
iJieifc,  mit  farbigen  ©belftcincn  gefcf)mücft 
ift.  (Sin  an  gelbem  ©ap^ir  befinblic^eö 
(DJonogramm  ift  noc^  ju  beuten.  2)ie 
einen  galten  e«  für  ein  t)immlifcf)eä  3^^' 
d)en  —  «Sonne,  SWonb,  ©tier,  iBibber, 
gifc^e,  —  bic  anbcrcn  wollen  einen  3Jamen 


Ärönungötnjtgnien. 


395 


^erauölefen  unb  jtttar  ßuonrab  ober 
XPICTOC.  ßvod  anbete  »or^anbene 
IRcic^öäpfel,  ringö  mit  ©belfieincn  bebedt, 
jaulten  n)oi)I  nie  mit  jum  Ätönungöornat. 
12.  Drei  ®cf)ttiertet  üon  reid)cr  5tuös 
jtattung.  a)  S)a*  ©cf)tt)ert  bcö  f)cili* 
gen  SlJJauritiuö  jiammt  ebenfalls  auö 
bem  12.  3a^i^unl'ei:t.  So  ifi  ein  6ere= 
monienf(i)Wert ,  tt)elcf)eö  bem  Äaifer  bei 
ber  Äronung  Dorangetragen  tüurbe.  S)ie 
übet  btci  gu§  lange,  oben  abgerunbete 
.Älinge  flecft  in  einer  ©d^cibe  t)on  bünnem 
©olbblec^,  bie  jeberfeitö  burc^  ©belfieins 
einfa^  in  fteben  ßagerfelber  nbgcgtenjt  bie 
SBilbniffe  ebenfoüiclcr  Äönige  im^rönungä» 
Ornate  tragen.  3)et  ®tiff  ijl  fteujförmig, 
oben  mit  einem  linfcnfötmigen  Änopfe 
bebcdt.  2)crfelbe  trägt  auf  ber  einen 
6eite  einen  5lbler  mit  bet  llmfci)ti[t: 
„BENEDICTVS  .  DOS  .  DES",  auf  ber 
anbern  ©citc  einen  geteilten  ®^ilb,  beffcn 
eine  ^älftc  mit  einem  f)alben  $(bler,  bie 
anbcre  mit  brei  ßömcn  gcjiert  ift,  nebjl 
ben  no^  leöbaren  Übcrrefien  ber  SBorte 
„EVS  GVI  DOCET  MANVS."  5lu^  bie 
<Parierjiange  trägt  eine  längere  ^nfc^rift. 
1})  SDa«  jttieite  ©djmert  i^  ein  alt< 
otientaIif(i)cr  ©äbel  üon  raägiger  Ärüm» 
mung  mit  grünlicher  ©d^eibc  unb  ©otb* 
Wec^^  unb  (£bclftein»erjierungen.  ®«  fotl 
nad^  ber  Srabition  ftd)  auf  Äarl  ben 
©rofen  jurü(ffü£)ren  lafl'en,  ber  eö  non 
bem  arabifct)en  dürften  ^arun^al^Siafc^ib 
gcfcf)enEt  erljaltcn  ^abc.  c)  Saä  britte 
®d)tt)ert,  iai  „@d^tt)ert  RaxU  beä 
©ro^en"  iji  ttiot)I  ba^  jüngpe  üon  allen, 
unb  erjl  burd)  Äarl  IV.  ben  3n« 
fignicn  beigerec£)nct,  alfo  um  bie  SDfitte 
Ui  14.  3a^r^unbertä.  2)ie  jluei  gu^  elf 
3ott  lange  Älingc  ijl  jtneifctincibig  unb 
läng«  i^rer  SDtitte  etwaä  runblid)  au^ge^ 
f(J)Uffen.  5Der  oergolbetc  ©übergriff  trägt 
einen  fcf)eibenförmigen,  fentredbtgcjieatcn 
golbenen  Änopf,  ber  in.jmei  breicdigen 
©gilben  aU  fd)meljfarbene  SBappcnbilber 
ben  cinföppgcn  fdjrtiarjen  5JbIer  unb  ben 
böf)mif(^en  ßömen  jeigt.  2)ic  ®d)eibe  ifi 
öon  ©olbblec^,  mit  Filigranarbeit,  QJerlen- 
teifen  unb  ©c^meljäierat  reid)   gcfc^mücft. 

13.  3u  ermähnen  ftnb  ferner  ein 
3teUquienf äjtc^en,  mit  atlegorif^en 
©ccncn  ber  3agb  unb  beö  5ifä)fangeö, 
übtigenö  me^rfac^  rejiauriert,  in  feiner 
urfprünglicf)en  ©efialt  mo^l  aug  bem  7. 
3at)rl)unbert  ftammenb,  unb  enblic^ 

14.  tai  (jtoangelienbuc^,  ©oange* 
lijiarium,  ta^  im  ®rabe  ^axU  bcö  Oro^en 
fltfunben    morben    fein    foü,    S)aä  Sud^ 


mag  ber  angegebenen  3^'*  entflammen 
fein  gegentvärtiget  ©inbanb  jebod^  get)ört 
bem  15.  3^it)rt)unbert  an. 

2)ie  ^rönungöfeicr  fclbfi  gefd)a^  nacf) 
3.  SRömersSü^ner  (2Bat)I  unb  Krönung 
ber  bcutfd)cn  Äaifer)  unter  fotgenben 
ü}kpna^men: 

„9'{a(I)bem  bie  Salbung  üoüjogen  mar, 
mürbe  ber  Äaifer  con  ben  ^^urfürfien  ober 
beren  ©tcücertrctern  in  t>ai  2ßa{)Ifonftaoc 
geführt.  S)cr  Äurfürft  fon  ü^ainj  blieb 
beim  51Itar  jurüd.  hierbei  trugen  bie 
Stetc^^crjämter  bie  Snj^flnien  ^o"^  ^^^ 
5?aifer  ^er.  3n  ber  .Kapelle  angelangt, 
überreid)ten  bie  5tbgcorbneten  üon  Slürn« 
bcrg  bie  ©trumpfe  unb  @($ut)e.  2)er 
furbranbenburgifd)c  ®cfanbte  legte  if)m 
tai  lange  Unterfleib,  hai  Dberfleib  unb 
bie  ©tola  an,  le^terc  [0  um  ben  ^al« 
orbnenb,  i>a^  beren  beibc  ^ätften  »orn, 
übet  bet  ißrufi,  einanber  frcujten,'  Wor= 
auf  if)m  bie  nürnbergif^en  ©efanbten 
bie  (Strümpfe  unb  @(^uf)e  anjogcn.  ©0 
befleibet  fd)ritt  ber  Äaifer,  begleitet  oon 
bem  2Bal)lgefoIgc,  mieberum  in  bie  Äird)e 
jurüd,  ftc^  abermalö  »or  ben  Elitär  bc« 
gebenb.  3nätt)ifcE)en  ber  I)ier  abgehaltenen 
§eier,  unb  jmar  junäd)fi  nad)  mel)rfad)em 
®cbet,  nahmen  bieÄurfürften  üonSrier  unb 
Äöln  com  Qlltar  bact  „©c^mert  Äarl«  be« 
®ro§en",  entblößten  cö  Don  feiner  ©treibe 
unb  übergaben  c«  bem  .Kaifer.  ©obann, 
aU  ber  Äonfefrator  bie  barauf  bezüglichen 
SBorte  gefprod)en,  bet)änbigtc  ber  Äaifer 
tai  ©c^mert  bem  furfäcf)fifd)cn  ©efanbten, 
welcher  eö  in  bie  ©d)eibe  ftedte  unb  nun 
im  35crein  mit  bem  furbö^mifd)cn  ®c* 
fanbten  ben  Äaifer  bamit  umgürtete.  5Da* 
nad)  naf)m  ber  (Seremoniariuö  oon 
bem  5tUar  einen  fofibarcn  SRing, 
übergab  biefen  bem  Äonfefrator,  ber  ibn, 
gleichfalls  unter  einer  barauf  bejüglid)cn 
2lnfprac^e,  bem  Äaifer  an  ben  ginger 
fledte.  23on  berartigen  Qlnfprad^en  be= 
gleitet  empfing  ber  J?aifer  l)ierauf,  juoörs 
berfi  burc^  Sermittclung  »on  jmci  ^Iffifiem 
ten  unb  beö  ßetemoniariuö ,  abermalö 
burd^  ben  Äonfefrator,  baö  ©cepter  unb 
ben  (Reiä)öapfel.  Unb  nad^bcm  er  balb 
bana;^  hai  ©cepter  bem  !urbranbcn=: 
burgifd)en,  ben  Steictjöapfel  ben  furpfälp 
f(^en  ©efanbten  feierlic^fi  eingef)änbigt 
^atte,  marb  i^m  üon  bem  furbranbcn^ 
burgifc^en  ®cfanbten  unb  ben  ^Ibgcorb^ 
neten  »on  Dflürnberg  ber  fofibare  SDiantel 
umgeljängt,  fobann  t>on  bem  Äurfürfien 
t>on  Srier,  unter  Seijianb  beö  Äonfefra= 
torö ,    bie    föniglic^e   Ärone    aufgefegt, 


396 


Ärujtfij;  —  Äupferfte^funfl. 


fd^Iieflid^  i^m  auf  bog  St)angelienbu($ 
bcr  faifctlicbe  6ib  abgenommen."  Ula<i) 
2öeif,  Äofiümfunbe. 

Ärujiftf.  S)ie  altd)rijllid)c  Äunfi  U' 
gnügte  fid)  mit  tt)pifc£)en  unb  fpmbolifcficn 
QInbeutungen  bcr  Äreujigung;  tai  Dpfer 
Qtbelö,  3[«e^i[ebcfö,  5lbvaf)am«,  tai  Äteuj 
mit  bem  ©otte^lamm  am  giif  ober  bem 
Srufibilb  beö  (Srlofevö  an  bev  ©pi^c. 
Die  Qlufnabmc  ber  Äreujigung  (Sbrijli  in 
ben  mittelaltcrlid&en  SBilbevfreiö  bereitete 
ftc^  in  ben  Streitigfeiten  »or,  meld)e  man 
namentli^  in  ©prien  über  bie  beiben 
Staturen  beö  .^crrn  führte;  fprifc^c  ÜRönd^e 
^aben  im  6.  ^a^xl).  juerjt  ben  gefreujigten 
®I)rifiug  abgebilbet.  ©eit  bem  8.  unb  9. 
3abr^.  wirb  bie  ADarfteüung  jundc^ft  in 
SWiniaturen  unb  auf  (Slfenbeinbccfeln  ge* 
möbnlic^  unb  nac^  unb  na^  iai  i^erbrcis 
tetfte  ^auptbilb  ber  ganjen  Sbri^cn^eit. 
3ft)ei  ^auptauffaffungen  muffen  untere 
fd)ieben  n^erben :  1)  ber  ältere,  ibeale 
2;i)puö,  nad^  n3cld)em  ß[)rij!uä  lebenb,  ju^ 
ȟeilcn  aucJ)  fd)on  Perbenb  mit  geneigtem 
Raupte,  geiDö^nlic^  mit  tt)agerecf)t  ausge- 
breiteten 5lrmen,  mit  ober  o^ne  D^imbuö, 
niemals  aber  mit  ber  S)ornenfrone,  frei 
am  Äreuje  auf  einem  gu§brette  fie^t, 
tt)obei  ^änbe  unb  gü§e  entweber  gar 
nic^t  ober  mit  oier  SRageln  angef)cftet  ftnb. 
©er  Seibenbe  ifi  mebr  ober  weniger  hi^ 
f leibet.  jDiefer  Qluffaffungömeife,  bie  mit 
bem  13.  ^ai)xl).  erlifd^t,  liegt  bie  3bee 
ton  ber  llnflerbli(i)feit  ©otteö  unb  ber 
JJreittiilligfeit  beS  Scibenä  S^fu  ä"  ®runbe. 
2)  2)er  feit  bem  13.  ^ahx^.  berrfc^cnb 
Wcrbcnbe  reale  IppuS,  bei  melcfeem  fic^  bie 
Äunft  enger  an  bie  gef(i)ic^tlid)c  unb 
pft)^oIogifd^e  2BaI)r{)eit  anf(i)Io§,  o^ne 
jjebocft  ben  6ieg  beö  SebenS  über  ben  Job 
auä  bem  5luge  ju  n erlieren.  S)er  öcibenbe, 
fierbenb  ober  bereits  oerfc^ieben,  hai 
borncngefrönte  .g>aupt  nad)  ber  rechten 
Seite  neigcnb,  crfcf)eint  gett)altfam  an  ben 
2lrmcn  aufgehängt  unb  ifi  mit  brei  DfJägeln 
an  ta^  |obe,  immer  mit  I  N  R  I  bejei(ä)= 
nete  .^reuj  gcfc^Iagcn,  ju  meld)em  (Snbe 
bie  ^ü^t  übcrcinanber  gelegt  ftnb,  unb 
jttjar  fo,  i)a^  bcr  red)te  ftetS  oben  liegt. 
S)aS  Äreuj,  nad)  bcr  fiegenbc  auS  einem 
93aum  gejimmert,  ben  <5etl)  oom  93aum 
beS  iJcbenS  auf  ta^  @xab  QlbamS  geppanjt 
^atte,  ifi  grün  mit  roten  Elften,  feit  bem 
14.  3at)rt).  jeboc^  blutrot.  Dttc, 
Äircfclid)e  llrc^äologie. 

Subrun,  ficbe  ®ubrun. 

Äu^jfetftc^Iunft. 
93cina^e   jur   glcid^cn   3eit,   alS  'ber 


^oljfd^nitf  in  bcutfd^en  ßanben  auffam 
unb  anfing,  bie  größten  Äünfiler  ju  befcf)äfä 
tigen,  erfianb  aud)  fein  jarterer  3tt)iningS5 
brubcr,  ber  .Rupferfiic^ ,  »reicher  gleid)  je« 
ncm  berufen  mar,  ber  äcicbnenben  Äunfi 
äu  jener  23etbreitung  unb  Popularität  ju 
oer^elfen,  beren  biefelbe  ftcft  feit  Seginn 
beS  15.  3a^r^unbertS  ju  erfreuen  anpng. 
5Den  ^oljfc^nitt  fe^en  mir  auS  ro^cn,  un^ 
bef)olfcnen  ^anfangen  entfietjen  unb  fön* 
neu  i^n  als  ein  ma^reS  Äinb  beS  QSolfeS 
betra(^ten,  melc^eS  feinen,  anfangs  blo§ 
bur^  Umri§linien  |)ergefielltcn  finbli^s 
nainen  3ßi^"Uttflfn  burc6  buntfarbige 
iibermalung  ju  ^ilfe  ju  fommen  fu(i)t. 
Si^icbt  fo  ber  Äupferfii^.  2tuS  einer  bc« 
rcitS  meit  entmidelten  Äunfi  ging  er  alS 
ein  S^cbenprobuft,  als  ein  urfprünglid^ 
gar  nic^t  beabfxd)tigteS  SRefultat  t)eroor. 
(SS  mar  bie  eble  ®olbfcf)miebeEunji,  meldte 
uns  mit  ber  {)öcf)ftcn  unter  ben  repro* 
bujierenben  jei($nenben  Äünfien  befd)enfte. 
<Bä}on  burd)  cerfc^iebenc  i^ren  3wecEen 
bienenbe  5lrten  ber  Sedjuif,  mie  (ämail 
unb  yikUo  mar  biefelbe  in  naije  23e« 
jiebung  jur  SDklerei  getreten  unb  ja^I« 
reid^e  Silbbaucr  unb  SD^aler ,  baruntet 
folc^e  mit  ftoljen  9tamen,  maren  auS  ber 
®oIbfd)miebemerffiätte  i^crt>orgegangen. 
©eit  ben  ältcften  3eitcn  ^atte  bie  ©olb* 
fd^miebcfunfi  3'^i($nungen  in  SWetaüplat» 
ten  graoiert  unb  jur  beutlidjeren  Sctonung 
ber  eingegrabenen  Sinien,  biefelben  mit 
einem  fd)marjen  @d)meljflu§,  bem  fog. 
Nigellum  auSgefüüt.  ülcid)  langer  Söers 
geffen^eit  mar  biefe  Ztäixiit  im  1 5.  ^a\)x» 
l)unbert  mieber  fe^r  in  Qluffc^mung  ge« 
fommen.  SS  lag  aber  nun  na^e,  t>a^  bie 
®oIbfdt)miebe,  meldte  bergleid)en  SRiellen 
anfertigten,  münfd)ten,  fid)  cor  51uffdf)mels 
Jen  beS  iJiieüo  eine  *Borftellung  ber  fertigen 
3eid)nung  ju  machen.  2)aS  führte  auf 
ben  ©ebanfen,  »or  ©intoffen  beS  JRigeKum 
Don  ber  graoierten  'platte  5lbbrüdc  auf 
Rapier  ju  nef)men.  2)amit  mar  ber  Äupfer* 
fiid)  in  feinen  ©runbjügen  erfunben. 

2)er  llnterfc^ieb,  melcfeer  jmifcbcn  |>oIjs 
fc^nitt  unb  ilupferfiicf)  liegt,  erbeut  barauS 
flar.  SBä^rent»  bort  bie  abäubrudfenbe  ßää)' 
nung  ergaben  ficl;cn  bleibt,  jeigt  bieÄupfer? 
platte  bie  3fii^nu"9  oerticft.  2)ie  '^cixht 
mu§  I;ier  in  bie  Vertiefungen  eingreifen 
unb  Don  biefen  auS  auf  baS  ißapier 
übertragen  merben,  nad)bem  »on  ber,  ot)nc* 
t)in  blanf  polierten  unb  fomit  für  bie  31n» 
na^me  &er  fettigen  Q^arbe  ungeeigneten, 
nii$t  »ertieften  Oberfläche  jebc  ©pur  »on 
©c^märge  entfernt  morbcn  ifi. 


Äupferficc^funfi. 


397 


3um  Eingraben  ber  3fi^nung  bebicnt 
ftd)  bcr  Äupferlled)«  entttieber  aüein  feiner 
2ßerfjcuge  (Jinbel,  ©tic^el  jc)  —  cigent* 
lieber  Äupferflirf)  —  ober  außer  benfelben 
Qud^  eineö  d)emifd)en  ÜJJittelö ,  bed  51^= 
tDaff^rö  —  iRabierung.  2)er  eigentlicle 
Äupferfiic^  ifi  bie  ältere  SO'?et{)obe  unb 
n)irb  biefetbe  enttncber  alö  Äartonfii<f^  fo 
auäcjefü^rt,  ba§  ber  Unterfc^ieb  j»vifd)en 
jiarfen  unb  fd)tt)a(i)en  ®d)atten  burd)  bic 
gröfere  ober  geringere  Sreite  ber  öinien 
erreicht  irirb,  ober  aU  farbiger  ©tid),  fo, 
ba§  bie  ©d^attierung  hnxi)  Äreujiagen 
ber  @trid&c  errei(f)t  wirb ,  wobei  man  fid) 
nicfet  auf  ä^Jei  Stridjtogen  befd)ränft,  aud} 
ft)of)I  bie  3*^if*'^n'^'iu'ii^  niit  fünften 
auöfüüt  ober  fieClcnweife  gan^  mit  *13unf? 
ten  arbeitet,  burd)  meld)e  größere  Si^Jannigs 
faltigfeit  ber  SDUttel  eine  farbige  fflirfung 
^ertiorgebra($t  Werben  fann. 

SBiel  häufiger  aU  ben  ©tid)  ftaben  bie 
SOlaler  »on  jcber  bie  SRabierung  geübt, 
hierbei  überjiebt  man  bic  ganje  .ju  be^ 
arbeitenbe  *Clf>tte  mit  bem  fog.  ^t^grunbe, 
Welcher,  ba  er  oom  it^roaffer  ni(^t  ange= 
griffen  wirb,  bie  Dberf[äd)e  beripiatte  fd)ü^t 
unb  nimmt  biefen  ®runb  barauf  mitteilt 
ber  jRabicrnabel,  be^  6ci^abeifenö  :c.  ha 
wieber  fort,  wo  bic  3cid)nung  erfdjeinen 
unb  hai  iJttiWaffer  einwirfen  foü.  —  (Sine 
5Ibart  beö  j?upferfiid)g  ift  bie  „fc^Warjc 
Äunfi"  ober  bie  igd^abmanier,  bei  weld)er 
aüi  bem  mit  bem  fogenanntcn  ©ranier- 
jiabl  aufgeraubten  ®runbe  ber  platte,  bie 
me^r  ober  weniger  leichten  ^Partien  ^er« 
auögefd)abt  Werben;  eine  *}lbart  beä  5(^ocr' 
fabren«  ftnb  bie  t)erfd)iebencn  5lquatinta= 
manieren,  bei  weld)  legieren  bie  ®runb- 
lage  <£d)attcn  ifi,  auä  welkem  t>ai  öic^t 
Iierauägeavbeitet  werben  mu§,  unb  ber 
Äreibeflvic^,  weld)er  eine  3"'J)nung  {)er= 
vorbringt,  bie  ber  Äreibejeic^nung  äf)nlic^ 

Über  bie  ^rioritdt  ber  Srfinbung  beö 
Äupferfiidbä  ift  inel  geftritten  worben; 
nad)bem  biefelbe  juerfi  ben  3t<^Iiencrn  jur 
gefprod)en  worben  war,  wo  ber  ®oIb= 
fcbmieb  ÜJiai'o  ^iniguerra  nadb  23afariö 
93erid)t  um  1460  juerft  ^bbrüde  fol^er 
9lrt  gemad)t  baben  foK,  i)at  ftd)  burdb 
Weitere  ^oifcbungen  berauggefieflt ,  ta^ 
bie  größere  9Ba^rfd)einlid)fcit  für  3)eutfd)s 
lanb  fpric^t.  Qlbgefeben  »on  beutfd)en 
9?ieIIen  ,  bie  in  ber  3fi'^nung  ganj  beut« 
Hc^  ben  ©barafter  ber  erfien  |)älfte  bcä 
15.  Jabr^unbertö  jeigen,  befr^t  man  einen 
5lbbru(f  eineö  oberbeutfd)en  IDfeifierö  mit 
ber    3a^reöjat)I    mcccclvl    (1446) ,      bie 


©eifclung  Sbrifii  barfieHenb.  Diefcm 
Äupferfle^er  ifi  ein  anberer  OJJeiper  mit 
bem  aJlonogramm  P,  beffen  »on  fict 
(Sngelc^ören  umgebene  Virgo  immacnlata 
oom  3a^re  1451  batiert  ijl,  bercitö  bc« 
beutenb  in  Jec^nif  unb  3ei*"ung  übers 
legen.  ?luö  bem  ^aim  1457  befi^en  wir 
eine  aug  27  Slättern  beftebenbe  ^affton. 
51uf  ber  Darfteüung  beö  Qlbenbma^lö  finbct 
fid^  bie  3al)reöangabc  im  „LVn.  3or." 
3m  7.  3al)r5ef)nt  fe^en  wir  bereite  jwei 
@d)ulen  ficfe  bilben,  eine  nieberlänbifc^e 
unb  eine  oberbeutfd)e.  2)ie  erjlere  gruppiert 
fid)  um  ben  (in  (Ermangelung  feine* 
DiJamen«!  mit  ber  3af)re^ja^l  benannten) 
SOkifter  t»on  1464,  ben  man  auc^  na^ 
ben  bei  ibm  häufig  oorfommenben  ©pruc^* 
bänbern  le  maitre  anx  banderolles  gc* 
nannt  l)at,  unb  beffen  Äompofrtionen  üott 
?Jb«ntafu,  beren  (Entfaltung  nur  burd^  bie 
mangelbafte  Se^niE  gebemmt  ifi,  jiarfe 
Umriffc  unb  bereit«  feine  «Schraffierung  in 
Äreujlage  jeigen;  bic  anberc  ©c^ulc  ^at 
in  bem  SlJieijier  ES  oon  1466,  oon  bem 
man  ncbji  »ielen  anöern  ©ticken  eine 
S)arf}cC(ung  ber  ,. engelwiche  zu  unserer 
lieben  frouwen  zu  den  einsiedlen"  befi^t, 
ibr  ^aupt.  2)er  IReiller  E  S  fc^cint  eine 
gro^e  ^ai)l  eon  S^ülern  gehabt  ju  ^abcn, 
beren  bebeutenbfie  ber  ilJJeijier  oon  ber 
tiburtinifcben  ©ibpüe  unb  ber  SDteificr  »om 
Äartenfpiel  pni»-  —  2)em  följaraftcr  ber 
3ei(^nung  nac^  ju  fd^lie§en,  fianben  bic 
bie^erigen  Äupferfiec^cr  faum  in  unmittel» 
barer  Sejie^ung  jur  S!J?alcrei,  bic  Ttt^v 
jabl  waren  ©olbfc^micbe.  9^unmct)r  tritt 
aber  ein  Äünfiler  ber  Äupferfied)?unji  auf, 
ber  jugleicö  ein  bebeutenber  9Jtaler  war: 
3Wartin  ©c^ongaucr.  (Sr  fü^rt  ben  Stid^cl 
bereite  mit  ßoUcnbcter  freiet  SlJJeifterfd^aft. 
23on  Slrbeiten  feiner  |)anb  ober  auö  feinet 
SBcrffiatt  fennt  man  139,  barunter  Der-' 
fcbiebene2!Bicbcr{)olungenin©ilbergraüiert. 
3u  ®d)ongauer^  ©dbule  getjören:  2)cr 
DJJcijier  B  S  («Sart^el  Scbön) ,  5Ubre(^t 
©locfenbon,  SBolf  |»ammer,  Söenicl  oon 
Dlmü^  unb  Uro  ©embetlein.  hieben 
©(ftongauer  waren  gegen  (Snbc  beö  15. 
3af)rt)unbert0  nod)  in  Dbetbcutfc^lanb 
tbätig  ber  berübmte  53ilbt)auer  Seit  ®to§ 
unb  "ber  gefd)idte  Äupferfied)er  9iicolau« 
5llefanber  5JJait  von  ßanbö^ut,  weld)ei 
befonber^  baburd)  metfwürbig  iii,  ba|  er 
mitunter  2lb^rüde  oon  feinen  platten  auf 
braunlid)em  unb  gtünlid)grauem  ^a|)iet 
nabm  unb  bie  Siebter  mit  2Bei§  ober  mit 
(Selb  bö^tc.  aBat)rfc^einli^  gab  SPlait 
burc^  biefe  Se^anblung  bcö  Äupfetjiic^* 
26 


398 


^upfctfied^funjl. 


bcn  erfien  5(njtof  ju  bem  in  ber  ^olj* 
fd^neibefunil,  nai^wciäbat  feit  1506  fo  oft 
jur  ^Inirenbung  gefommcnen  S^iatoöcuro. 
Um  bicfelbe  3^*^  finben  wir  in  SBefifalen 
ben  gcfc^idten  Äupfct|iecf)et  J^ranj  von 
93oc^oIt  unb  „3^ra^el  üon  SOietfenen, 
©olbfmit",  wie  er  ftd)  felbfi  bejeic^net 
unb  bcffcn  ja^lrcid^e  Qlrbeitcn  meijl  ^iad)' 
fiid)e  nac^  anbern  SWeijiern,  namcntlid^ 
naä)  ©d^ongauer  fmb. 

3m  16.  3a{)rt)unbert  Wirb  ber  Äupfer* 
fii(^,  btr  big()er  boc^  mc^r  ober  »eni* 
ger  in  ^dnben  ber  ©olbfd^miebc  geblieben 
war,  eine  felbüänbige  Äunfi,  unb  erreicht 
unter  ber  gü^irung  ber  größten  ÜJialer 
ber  3eit  «int  ^o^t  ®tufe  ber  25oIIenbung, 
um  nod^  im  felben  ^a^t^unbert  einerfeit« 
einem  getüiffen  33irtuofcntum  unb  ber 
SOflanictiertlicit  onfieimjufallcn,  anbererfeit« 
burd^  Äleinmeifier  unb  Drnamcntijien 
wieber  in  nafie  93ejie|ung  jur  ®oIb« 
fc^miebefunfi  unb  anbere  Äunjl^anbmerfc 
ju  treten.  35or  aQen  anbern  ©täbten 
mar  ti  je^t  9iürnberg,  mel^eä  für  bie 
(Sntmicflung  ber  Äupfer^ec^funft  ber 
fommenben  ^a^rje^nte  ta^  cntfcfeeibenbe 
Söort  ju  fprec^en  begann.  68  mar  bie 
geniale  Äünjilernatur  beö  5llbrecf)t  Dürer, 
meldte  bie  aufgefcimte  Slütc  jur  gruc^t 
entfalten  foüte.  iJiirgenbiS  erfc^eint  2)ürer 
gcrabe  in  feinen  malerif(^en  ©igenfd^aftcn 
fo  »oüfommen,  mie  in  ben  Äupferjlid)* 
blättern,  in  meinem  er  ba^  oon  früheren 
ÜJleijiern,  namcntlid^  oon  @d)ongauer  93c* 
gonnene  jur  f)öc^jien  iBollenbung  bringt. 
2ßcnn  auc^  naä)  ©eite  ber  formalen 
Sd^ön^eit  <Scf)ongauer  non  i^m  fcineö* 
megö  überragt  mirb,  fo  befielen  boc^  bie 
2öer!e  feine«  früheren  ÜJleipcr«  neben  ben 
feinigen  in  ber  Äraft  ber  ß^araftcrifiif, 
ber  SBa^r^eit  beä  *Muäbruct«  unb  ber 
fircngen  Seid^nung.  ÜJJit  5rcil)eit  unb 
®ic^ert)ctt  fü^rt  er  ben  ®rabjii(|cl,  mie 
bie  Kabiernabel  unb  t>erjlcl)t  e«,  burdf)  bie 
Hjart^eit  feiner  ©tric^lagen,  burdf)  eine 
tünftlerifd[)e  93ollenbung  ber  ßinienmanicr 
unb  eine  mcifterl;afte  Sc^anblung  be« 
Übergang«  »on  ^eü  in«  Dunfle  feinen 
Sßerten  eine  ed)t,  malerifdl)e  2Birfung  ju 
»erleiden.  2lu«  ber  reiben  3«^1  f«*"«'^ 
9lrbeiten  mögen  ^eröorgcljoben  merbcn: 
bie  t»ier  ^ejcn,  5lbam  unb  (Soa,  ber  f)eilige 
^ieronr)mu«,  ber  l)eiligc  ®uiiad)iu«,  bte 
(Siferfu^t,  bie  3^cmeft«.  bie  «Porträt«  »on 
5llbrcc^t  »on  aSranbenburg  unb  era«mu«, 
bie  9flanbjeid^nungett  jum  ®ebetbudf)  t}ti 
Äaifcr«    üKay imilian ,     in    meieren    ftd^ 


^umor  unb  ^^antafte  ju  finnig  anregen« 
bem  Spiele  oerbinben  k. 

Qluc^  fein  Sc^rer,  i»lidf)ael  SBo^lge* 
mut^,  f)at  ja^lrei^e  ©tid^e  ^interlaffen, 
meldte  jmar  »on  anberen,  ba  tai  fUtono« 
gram  W  beibe  Deutungen  juläft,  bem 
Sßcnjel  »on  Dlmü|  jugeteilt  «erben. 

Unter  ben  S^itgenoffcn  Dürer«  finben 
mir  ben  ©olbfd^mieb  Äunj  unb  ben  3acob 
SBaldt),  »on  bem  Dürer  bie  5lnrcgung 
jum  ©tubium  ber  «proportion«let)re  cm* 
pfing  ,  ben  ©ebalb  ßautcnfodf  unb  ben 
ungcmöf)nlidf)  otelfcitigcn,,5lugu<iin  ^irfd^* 
Dogel,  ber  ijtnftdl)tcn  öon  ÖPerreidt),  Ungarn 
unb  (Siebenbürgen  rabierte,  al«  Äupferjied^cr 
tptig. 

3n  5tug«burg  jcid^net  fi^  ^an«  93urgf* 
mair,  |)einri(^  iöogtöeer,  5llepanber  SDkit 
u.  f.  m.  au«,  in  ^egen«burg  namentlid^ 
ber  ungemein  frud^tbare  Sllbrcd^t  Qlltbor= 
fer ,  melden  bie  iJranjofen  ben  fleinen 
Qllbrcdf)t  Dürer,  ben  „petit  Albert"  nann* 
ten.  ©eine  ©tid^e  finb  befonber«  btaäi» 
ten«mert  megen  ber  tünjilerif^en  93e^anb« 
lung  bc«  Sanbf^aftlidl)en  unb  ber  5lrd^i* 
teftur. 

Unter  ben  Äünjilern  Dbcrbeutfd£)lanb« 
fd^eint  ta^  iÜ^en  nid^t  weniger  5tn!lang 
gefunben  ju  ^aben.  2öir  begegnen  bort 
|)an«  5)albung  ®rien,  fö^rijiopl)  'Stimmer, 
*2lbel  ©ttjmer,  Ur«  ®raf  k.  D^amentlid^ 
nü&te  3ofl  5lmmann,  geb.  1539  in  3ündf), 
fein  ungemöl)nlid^  reid)c«  unb  bewegliche« 
Salent  burc^  übermäßige  unb  rafdbc  ^ro« 
buftion  für  ben  3:age«bebarf  au«.  6«  |inb 
oon  it)m  noc^  340  SRabierungen  erf)alten. 

Der  ^auptmeificr  ber  fränfif^--fä^ft* 
fcf)en  ©d^ule:  8uca«  Sranad^  brachte  e« 
in  ber  Äupfcrfied^funfi  nicl)t  fo  Weit,  wie 
im  ^oljfc^nitt.  ©eine  ©tidf)c ,  meiji 
fßortrdtg,  |inb  ftüd^tig  unb  unrein. 

©ticöel  unb  SJlabiernabel  mußten  aber 
namentlich  bcri  fogenannten  Äleinmcificrn, 
wcld[)c  fidf)  bcn  großen  Qlufgaben  ber 
Äunfi  nid^t  gewac^fen  füllten,  wäl^renb 
i^r  Dftcidf)tum  an  ^f)antaftc  fte  fortwä|)renb 
jum  ^robusteren  antrieb ,  wiEfommene 
ÜBcrfäeuge  fein. 

Unter  biefclben  gepren  eine  Dlci^e 
©df)ülcr  Dürer«,  wie  öart^el  unb  ©cbolb 
93ct)am,  *}llbegrcoer,  *Pcncj,  ferner  eine 
©ruppc  üon  JUirnberger  Mnjilcrn,  Wel* 
df)cn  wir  eine  i^üUt  üon  intereffanten 
figuralen  Darflcüungen  unb  namcntlid^ 
aud^  üon  Sntwürfcn  für  alle  S'^'tiS«  ^«'^ 
ornamentalen  Äunfi  tierbanfcn:  eine  uner* 


Äupferfied^funfi. 


399 


f<f)öpflid)e  gunbgrube  für  bie  ^nbufiric 
unfcrer  3cit. 

3n  ben  jitici  folgenben  3at;t^unbertcn, 
im  17.  unb  18.  fanbcn  bic  talentvollen 
Äupferficc^er  in  ber  .^eimat,  tt>elcf)c ,  bcr 
Ärieg^[ct)aupla^  für  ganj  Suropa  getüor« 
ben,  fernjüfict  unb  üerarmt  war,  feinen 
SSoben  für  i^rc  Iptigfeit;  fic  jogen  au§cr 
Sanbeö  na^  Stadien»  ^tinfteid)  unb 
Gnglanb. 

S5ie  Qal)!  ber  in  biefcr  3«it  probujier« 
ten  ^upferjiicf)e  ifi  jföar  immert)in  noc^ 
beöeutenb ,  aüein  bie  SRabicrung  njurbe 
mcifi  t)on  untergeorbneten  ©teci)ern  ober 
pon  Ornamentifien  gepflegt. 

93on  ben  Äünjltern  bcä  18.  ^aör^^un« 
bert^  finbcn  ttiir  bie  jrcci  berübmtefien  in 
$ariö,  ben  ^^riebrid)  ©(f)mibt  unb  ben 
3o^.  SBiüe,  h)el($e  aderbingö  i^re  SBirtuo^ 
lität  auf  .Soften  bcr  SBa^rftcit  lcud)ten 
liefen.  —  (Sine  ber  intereffantcfien  er= 
fcf)einungen  biefer  3^*^  ifi  Daniel,  SWif. 
&t)obowiefi,  geb.  1726  ju  ^Danjig,  wel= 
dier  fxd)  »orjugöweifc  bem  3fJabieren 
ficiner  Äomporttionen  »Die  Vignetten, 
Süuftrationen  jc.  wibmete,  beren  er  über 
3000  geliefert  ^at. 

S)er  3bpaenbicbter  ®e§ncr  au8  S^xiä) 
(1730-82)  ^at  ftd^  aU  SRabierer  »on 
romantifdpen  ßanbfci)aften  unb  SSignettcn 
ju  feinen  S)i^tungen  einen  bauernberen 
9?amen  ermorben  aU  burd)  leiterc  felbft. 
SDle^rere  Äupfer|ied)er  lieferte  bic  feit 
lUlitte  beö  17.  Jabr^unbertö  in  9?ürnberg 
angeftebelte  Äünfilcrfamilie  «ßreigler. 

3n  ben  Sflieberlanben  jletit  an  ber 
©pi|e  ber  Äupfcrfiec^er  beö  16.  3abrl)un^ 
bertö  Sucaö  »an  ße^ben,  njcld)er  ftd),  an= 
fang«  beeinflußt  »on  ber  wan  (Si)ff(f)cn 
Schule,  wäljrenb  bcr  jtücitcn  *Pcriobc  feincö 
furjcn  ßebenä  in  bcr  Äompofttion  bem 
nationalen  ^ang  jur  realiftifd^en  5luf= 
fapng  unb  S)arficaung  »öüig  t)ingiebt 
unb  gleid)äcitig  bie  ©ted)erfunfi  burd) 
Einführung  ber  ßuftpcrfpcftioe  (frdftigere 
S3et)anblung  bcr  'Sorbergrünbc ,  leid)terc 
ber  entfci-nten  ©cgcnftänbe)  einen  bebeu* 
tenben  (i>d)ritt  iiorftärtö  bringt,  ©^üler 
im  eigentüd}ften  «Sinne  fc^cint  Öucaö  oan 
8ci)bcn  feine  gehabt  ju  ^aben ,  bod)  ip 
fetn(Sinf(u§  auf  eine  große  3af)l  »on  nie» 
berlanbifd)cn  Äupfcrjlcc^crn  beö  16.  3at)r= 
l)unbertä  nid)t  ju  ocrfennen. 

S>ic  oon  Dielen  nieberlänbifd^cn  Äünjl- 
lern  ongcftrebte  Söermittelung  jttJift^cn 
üalienifc^em  un^  niebcrUtnbifc^em  Rmp 
d)arafter  glücflid)  in  ber  Sec^nif  beö 
®tid)e«  äufianbe  gebrad)t  ju  |)aben,  iji  iai 


Serbien^  beä  Sorncliuä  ßort,  geb.  1533. 
(Sr  t^at  ben  erjlen  ®d)ritt  jur  t)erfd)iebcns 
artigen  Gbarafteriftif  bcr  «atoffe  unb  bcr 
garbcn.  3"  feiner  ®^ulc  »uräclt  bie 
entmidclung  beä  Äupferjlic^«  beö  folgen» 
ben  3al)rl)unbertö.  5lm  energifd)fien  ging 
auf  bem  oon  Sort  gewiefencn  SBegc 
^enbrid  ®ol|iuö  aui  SDtülbrad  oorirärt^, 
j.  33.  in  ben  fogenanntcn  fed)ä  „5D?cifter» 
werten",  Dtad^bilbungen  nad)  SJlafacl, 
S)ürer,  ßucaö  »an  Setjbcn  :c.  3"9leic^ 
bereitete  er  aber  mit  bem  iBerjic^tcn  auf 
fc^öpferifd)e  I^ätigfeit  unb  ®id)anfd)mie* 
gen  an  SWalcr  bic  le^te  $t)afe  beö  Tupfer» 
jiicfe^,  nämlid)  bie  ber  Icbiglid)  reprobu» 
diierenben  Äunji,  cor.  2ln  ©ol^iu'ä  reiben 
fid)  eine  große  SifJenge  Äupferjiecler,  ])a\xpU 
fä^lid)  Drnamenti)lcn  an.  ©ie  yiai)> 
blute  ber  SRcnaiffance  in  ben  ^iieberlans 
ben  brad^te  aud)  bie  Äunji  bt^  5?upfer* 
ftid^ä  wieber  ju  neuem  ©lanje.  5" 
glanbern  unb  Srabant  um  SRubcnä,  in 
^oüanb  um  iRembranbt  gruppieren  fic^ 
jablreic^c  ^ünfiler,  ioeld)e  mit  ©tic^el  unb 
Stabel  »öHigc  5'"^t)cnwirfung  erzielen. 
93or  allem  gelangte  bic  9fiabictung  ju 
einer  biö  ba^in  ni^t  geahnten  Sebcutung. 
Unter  bcu  8anbfd)aftcrn  unb  Tiermalern 
fmb  befonbcrö  qSauluä  qSotter,  qs^ilip 
2Bouwcrmaun,  ^acoh  (Rupöbal,  namentli(^ 
aber  Qlntoni  SJBatcrloo  l)eroorjul)ebcn. 
®iner  bcr  fruc^tbarPen  ©tec^cr  beä  17. 
3a^r^unbcrt«  mar  SRoman  ^oogl)e  auö  bem 
^aag,  bcr  alä  entfc^iebcner  5lnt;ängcr  bcr 
oranifd)en  ?Jartci  biefcr  in  ben  bürgcrlii^en 
2öirren  mit  feiner  JWabiernabel  biente.  Q\x 
gleid^er  3eit  cntfpann  fxä)  ein  reger  fünfi» 
lerifd&er  ißerfcfir  mit  granfrcid).  SBcrfc^ie« 
benc  ®ted)er  ftcbeltcn  nad)  $ariö  über. 
3n  ben  iJJicberlanben  aber  entartete  ber 
Äupferfiic^  im  18.  3af)rl)unbert  rafd^  jur 
gefd^idten  »^abrifarbcit. 

3n  Stauen  würbe  ber  Äupferftic^ 
bur^  beutfc^c  SIrbeiter ,  ober,  wie  ißafari 
will ,  burd)  ben  S^ieüiflcn  SD^afo  ^tni* 
guerra  angeregt.  2)ic  crften  nachweisbaren 
©tiefte  oerferttgte  öaccio  '-Öalbini.  ^m. 
legten  33iertel  be§  15.  3at)r£)unbcrtö  bc» 
fd^äftigt  ber  Äupferjlid)  fd)on  uiete  ^änbe 
in  i^lotcnj,  wie  Qlntonio  bei  ^aflajuolo, 
5lnbrca  be  *Bera^io ,  ^ilippo  ßippi, 
®f)crarbo  k.  3n  Obcritalicn  bürgerte  bcr 
große  9Weificr  bcr  Sd)ulc  t>on  $abua: 
^nbrea  SDtontegna  ben  ^upferjiid^  ein. 
©eine  ©tec^weife  iji  l;art,  bic  Umriffc 
treten  jlarf  l)erüor,  bie  ©d)attenfiric^c  ftnb 
furj.  ^iußcrft  fein  ausgeführt ,  ©ilber» 
jiiftjcidinungen  glctd)enb,  jtnb  bie  ©ric^e^ 
26* 


400 


Äütaf  —  Äurtifan. 


Jt)cl^e  un^  SD^artinio  ia  Ubine,  genannt 
(Peücßrino,  ^intctlaffen  ^at.  3"  Sremona, 
in  iDiobcna,  in  Sologna,  in  'ißabna,  in 
SWailanb,  übetaü  blühte  bie  ÄupfeiPec^- 
funji  auf;  am  legten  Ort  aU  cr^cn 
Süngex  bcn  berühmten  iBramante  befd)df= 
tigenb.  23on  Bologna  na^m  ber  Segrün« 
bcr  ber  Tömi[d)en  ©tcc^erf^ule  Tlaxi  1tn= 
tonio  feinen  5luögang,  bcr  naä)  ^id)iU 
angelo ,  2)ürer ,  befonber^  aber  nad) 
SRapbael  gefiocben  b<it.  ©eine  ÜJleiflers 
fd^aft  in  ber  ^ü^rung  be«  ©tid^elä  Per» 
fammelte  um  i^n  sabheic^e  ©(fcüler,  fogar 
aug  jDeutfi^Ianb  unb  ^ranfreidb.  ©er^ 
jenige  6cbüler,  ber  neben  bem  SlJleijler 
om  meificn  jur  ^luöbreitung  ber  römifcben 
©d^ule  beigetragen,  iji  ©iulio  SRomano, 
um  welcben  ftc^  in  SOtantua  jablrcidbe 
©ted^cr  gruppieren.  Qtuf  bie  hJeitere  (Snt= 
tticfelung  ber  Äupfcrfie^funfi  nabm  bie 
©^ulc  öon  Bologna  einen  um  fo  un-- 
mittelbareren  ®influ|,  aU  cineö  ber  ^äup* 
tcr  betfelben,  5tgojiino  Saracci  (1558  biö 
1601),  felbft  in  biefer  Äunp  fein  SSefieö 
leijiete.  (5incr  feinet  ^auptfdbüler  ijl 
©uibo  SReni.  Olänjenbe  SJertreter  bcr 
Sä^funjl  bat  fReapel  in  iRibera  unb  SRofa. 
S)aö  18.  3abtbunbert  jcigt  un^  in  Senebig 
einige  in  ibrcm  ®enre  bcrporragenbe  ÄünP= 
Ter  unb  in  Dtom  einen  großen  Äreiö  Preb« 
famer  unb  für  ibre  ^nt  Sebeutenbeä 
leijienber  ©tecber. 

2n  ^ranfreidb  ^at  bie  Äupferftcd^« 
lunjl  erft  fpät  SButjel  gcf^Iagcn  unb  iji 
»on  bcn  SRacbbarldnbern  bincingetragen 
ttjorbcn.  granjöfifcbe  @tecf)er  finbcn  mir 
eTp  feit  bem  britten  Decennium  beei  16.  '^a^X' 
bunberts  unb  atö  crjicn  einen  9'?oel®ornicr, 
ber  Kopien  nacf)  beutfdben  unb  italienifcben 
aWetfiern  anfertigte  S)aburdb,  ba|  ^^ranj  I. 
fein  ®d)Io§  J^ontaincbleau  burcb  bie  italie« 
nifdben  SWeijler  SRoffo  be  SRoffi  unb  qßti» 
malicaro  beforiercn  Ue§,  bilbetc  ftcb  bort 
eine  italienifcbe  ©cbule,  meldbc  lange  3^it 
aügcmein  im  ßanbe  fortwirfte.  Dem  QiiU 
alter  Submig*  geben  iBouet  unb  ^.aUot 
im  .^upferfiic^  bie  «Signatur.  I)ie  D^abie» 
Tung  bracbte  bcr  gcifi=  unb  pbantaftefoKc 
3acqucö  ßaüot  in  Ji^anfi^fi^)  auf-  2ub= 
»ig  XV,  befreite  bie  Äupfctftecb!unft  au8 
bcn  aSanben  be^  3unftj>^angcö.  2)abur^ 
nabm  biefclbc  aber  gleicf)  bcn  anbeten 
freien  Äünjten  ben  Sbatafter  bcd  äu^ixlii) 
fpompbaften  unb  ^atbctifcbcn  an;  bcfonbct« 
abci  nabm  t>ai  qSorträt  bie  3;t)ätigfeit 
ber  @tc(f)ct  immer  mcbr  in  ^nfprudb-  ©in 
ajlctpcr  üon  crftaunlid^ct  fßielfeitigteit  auS 
bicfet    Seit    ijt  3ean    le    qßouttc.    Untet 


ßubmig  XV.  enblidb  eignete  jtd^  ber 
Äupfcifiicb  ben  tänbelnben,  balb  audge* 
laffenen,  leicbtfertigen,  balb  lüjietnen  Ion 
ber  SDtalerei  an.  2)ic  ^ifioric  mürbe  jum 
®cnre,  an  bie  ©teile  be^  *5atboä  trat 
eine  mcbr  ober  weniger  gemachte  D'iaieität, 
bcr  jlrcngen  folgte  eine  foquctte,  jierlidbt 
unb  meicblicf)c  50Janiet  unb  bct  25ignctten« 
fiidb,  n)el(l)cr  in  bcr  t>origen  ^eriobe  be» 
gönnen  bat^e,  bilbetc  ftcb  ju  einem  eigenen 
einflu^rcicben  .^unfijmeig  aus. 

3n  Spanien  fommt  ber  Äupfcrjüd^ 
faj!  gar  nidbt  t>or,  cbenfomcnig  in  ^Jottu« 
gal.  ®lci^  bem  ^Jormfcbnitt  t)at  jtd^ 
aucb  ber  Äupfcrfiidb  in  (Snglanb  erjl 
fpät  fo  meit  entmicfelt,  um  Äunfi  genannt 
merben  ju  fönncn  unb  e^  ift  bejcidbnenb, 
ia'$  bie  neueren  ÜJlct^obcn,  bie  Sdbabmaniet 
unb  ber  Sta^ljüdb,  nirgenbö  fo  beliebt 
gemefen  ftnb  aU  bort.  3m  eigentlichen 
®tic^  l)aben  bie  Snglänbet  mic  in  bet 
SDtalerei  ibr  Sejic^  im  Porträt  geleiftet, 
mät)renb  feit  Dollar  unb  fpdter  |>ogatt^ 
bie  SRabierung  oielfacb  unb  oft  in  otigineüer 
aBeife  geübt  würbe.  iRacb  Sruno  Sudbet, 
®ef(i)idbte  bct  tccbnifcben  .^ünjie;  ßübfer 
®runbri^  ?ur  Äunfigcfcbi(J)te.        3t.  ^. 

aüra^  f)i\^tn  93rufi«  unb  !Rücfcn^atnif(^ 
jufammen.  (Siebe  ^arnifcb.)  35aä  SZÖott 
!ommt  er|l  in  Urfunbcn  üon  1355,  1424 
unb  1488  cor  alö  curassa,  curassia,  cu- 
racia,  cnrazia,  thorax,  lorica.  I)ie0  leitet 
ii  üon  corium,  coriacea,  ßebcrmctf  ah. 
Sei  ben  älteren  2>i(f)tern  fommt  tai  2öott 
nidbt  oor,  bagegen  bei  ®corg  Don  ©fingen  i 
kurisz,  kürisch. 

fiurtifan,  com  ital.  cortlglano,  franj. 
conrtisan,   Höfling,    Waren   Älerifct   be* 
15.  unb  16.  3abrbunbertg,  weldbe  am  römi« 
fc^cn  |)ofe  jicb   einjufd)meicbcln  wu§tctt 
unb  biet  3lnweifungen  auf  frembe  fPftünben 
unb  «PfarrfieKcn  bcfamcn,   obne   ia^   bie 
rccbtma^igen  Äircbenpatrone  batum  ange* 
fragt  worbcn  wären.    Sie  Reifen  in  ber 
Sabbata    pfrüenden   kofer    und  tascher, 
die  durch  schenk,   miet   und   gaben    an 
des  papsts  hof  hantieren  und  schaggieren, 
^anö  @ad)ö  lä§t  einen  folcben  fptecbcn: 
3cb  bin  ein  tömifdb  cuttifan; 
in  (Rom  icb  erjllicb  cfcl  trieb, 
na^bem  i^  römif(i)  bannbrief  fdbtieb, 
bie  Pfaffen  idb  gen  JRom  audb  lab, 
idb  bting  in  Seutfdblanb  tömifdb  gnab,. 
gib  em  an  tcufel  an  bafpatten, 
auf  ia^  bappmonat  tu  idb  matten, 
batin  jcucb  ic^  bie  pftünb  gen  SRom, 
»il  pfatr  unb  bropjiig  ici)  cinnom, 
bie  Pallium  unb  annaten 


Auf  —  ßagerfiättcn. 


401 


mufi  icf)  gen  5Rom  bcm  bapfi  »erraten, 

batntt  tt)ir  ^aben  ju  burjieren. 

Su^,  al)b.  chns,  m^b.  kas,  ifi  ein  uralte^ 
3eid^en  ber  iBerföt)nung,  beö  ^riebcnö  unb 
bcr  jreunbf(i)Qft;  er  maä)[  in  einigen 
J^inbermärd^en  alleä  cergeffen,  giebt  aber 
and)  bie  ßrinncrung  jurücf.  ^n  einem 
Äu§  f)ängt  bie  Ööfung  beö  Sanneö;  bie 
Sungfrau  in  graufen^after  ©cftalt,  alö 
6d}lange,  Drache,  Äröte,  Ji^^f*/  ^^^ 
btcimal  gefügt  werben,  um  i^rcr  33cr* 
jauberung  entlebigt  ju  fein.  (Sine  befon« 
bere  5luöbilbung  l;at  ber  Äu§  im  ^öpfd^en 
üJlittelalter  erfatiren,  baö  auf  bie  grauen 
bcä  feineren  gefeüf^oftU^en  ßebcns  jwi. 
f(^en  ^ö^eren  unb  9ticbrigcren,  jttjifd^en 
5Kann  unb  Sßeib  ein  befonbcre^  ©emic^t 
legte.  @d^on  Ulrid)  »on  Sidjtcnjlein  unter» 
fc^eibet  ben  Äu§  ber  SWinne,  ber  gi^eunb* 
f(J)aft  unb  ber  ۟|)ne.  6ine  bcfonbere 
QJufmerffamfeit  bat  ©an  5Warte,  ^Parci« 
taUStubien,  III,  ©.  172  ff.  bem  Äuffe 
gewibmet  unb  ben  ^erjenefuf,  ben  6ü|)nc« 
fu^,  ben  3ubaefu§  unb  ben  Äu§  ber 
(Jtitctte  unterfcf)ieben.  jDcr  .^erjenäfuf 
ifi  cntmeber  ber  ^u^  bcr  ÜJlinne: 

ein  kus  in  liebes  munde, 

der  von  des  herzen  gründe 

her  nf  geslichen  kaeme, 

ahi!  waz  der  benaeme 

seneder  sorge  und  herzenot,  Tristan. 
2tm  ^eigeftcn  mirb  in  ben  lageliebern 
gefügt,  meiin  ber  2Bäd)ter  ben  ÜJ?orgen 
Dcrfünbet  unb  eö  nun  an  ein  <Sd)eiben  ber 
beliebten  gef)t:  urlonp  näh  und  näher 
baz  mit  küsse  und  anders  gab  in  minne 
Ion;  ober  ^u^  ber  greubc;  berfctbe 
gc[c^icl)t  bei  Scannern  nur  auöna^mömcifc, 
bei  übermaücnber  greube  unb  froher 
Überrafcfcung;  fonft  füffcn  ftd)  ÜJJänner 
bei  93egrü§ungen  ober  beim  5tbfct)iebc  ni^t. 
3at)Ircidb  fmb  bie  Seifpiele  be^  ^uffeÄ 
ber  (Satten  unb  bcr  (Eltern«  unb 
Sermanbtcnliebc. 

S)et    ©ü^ncfuf    ^at    aU    ©pmbol, 


•Ißfanb  unb  ©iegcl  oufgcf)obcner  ^einb« 
fd)aft  unb  tt>iebergemä^rter  Sun^iflUrtg 
eine  ernfterc  Sebeutung.  Küssen  hat  so 
groze  kraft,  daz  man  da  mit  süent  vient- 
schaft,  fagt  UIri<^  üon  ßic^tenjlein ;  unb 
Jßolfram  »on  (Sfd)enbad^ :  küsse  mich, 
verkius  gein  mir,  swaz  ich  ie  schult 
getrnoc  gein  dir. 

S)cr  3uba«?u§  ifi  bcr  Auf  bcö  iBcr« 
ratcö :  daz  was  ein  kus,  den  Judas  truoc, 
da  von  man  sprichet  noch  genuoc. 

2)erÄu§  bcr(5tifette  iji  alö  gcfcti* 
fd)aftlid^e  J^orm  ber  ©egenfa^  beö  ^erjcnö« 
fuffeö.  Sei  ber  93egrü§ung  fü§te  ber  ^In* 
tommenbe  bie  |)errin,  boc!^  nur,  menn 
er  an  SRang  gleich  ober  I)ö^er  fianb. 
5n  ber  SRegel  er)uc^t  bie  %xau  ben  oot» 
geficüteu  ^mn  um  ben  Äu§;  ber  ©eringere 
aber  bittet  ben  Vornehmeren,  feiner  j^rau 
ober  Joc^ter  ben  23egrü§ungäfu§  gu  geben. 
(So  liegt  eine  »erbinbli^e  ^uäjcid^nung 
barin,  menn  ber  33orncf)mcrc  bem  ©eringe* 
ren,  ber  iälterc  bem  jüngeren  ben  SSortritt 
beim  Äuffe  gefiattet.  5tud)  beim  5lbf^icb 
ocrbanb  fid)  mit  ber  ®egenö-  unb  Sßunfd^ä 
forme!  in  ber  [Reget  ber  Äu§.  SOian  füftc 
auf  2J?unb,  Sffiangen  ober  5tugen,  boc^ 
fct)eint  ber  .Ruf  an  den  mnnt  nur  5luä« 
jeic^nung  ber  mäge  ju  fein.  2)ie  Jranjofcn 
fügten  nod^  (Rafe,  Äinn  unb  paH.  2luc^ 
Surnierpreiö  fonnte  ber  Auf  fein,  tt)tc  benn 
im  Jituret  au§er  bem  .^ranjc  bem  Sieget 
bie  Äüffc  »on  ac^tjig  ÜJJäbcf)en  in  5tuöfic^t 
gcfiellt  roetbcn.  2)er  Auf  fpielt  auc^  im 
Seremonieü  beä  beutfc^en  ^önigäbofcö  eine 
SRoüe.  Der  ^önig  pflegte  beim  offijiellctt 
Smpfang  fremben  ^errfd)ern,  aber  auc^ 
Untergebenen,  (Seiftlicf)en  unb  iZßeltlid^en, 
einen  Äu§  gu  gemät)rcn.  Sei  ber  ^in* 
fü^rung  in  ein  Qlmt  ober  ber  93ele^nung 
ifi  ber  Auf  bag  ©tjmbol;  auferbcm  ifi  et 
3ei($en  bcr  93crfö^nung,  ber  (Snabe,  be^ 
griebenö. 

S^ric  cleifon,  ftc^c  Sei«  unb  Äiid^en* 
Heb. 


Säger.  @ie{)c  ben  ?lrt.  ÄriegätDcfen. 

Sagcrftöttcn.  ©iefclben  ftnb  nad^  Qtrt 
ber  römif(i)en  Scttcn  bei  ben  SSölfern  be« 
ft)efilict)en  unb  mittleren  Suropaö  fc^on 
im  frü^efien  SKittelaltet  befannt.  ©rmätint 


mirb  ba^  33ctt  juerfi  bei  ©rcgor  »on  %o\xxi 
in  bcr  23emerfung,  ta^  fein  ßager  Bon  bcm  bet 
anberen  ©eifilid^cn  umgeben  mar,  mic  ja  iai 
Äird^cngcfc^  befiimmtc,  ta^  ein  Sifd^of 
nic^t   aüetn  fd^Iafcn  bürfe.    SRa^ere  5lns 


402 


ßageTJtättcn. 


gaben  über  bte  Seile  beS  93etteä  unb  beten 
Sefdf)affenl)eit  finb  nic^t  gemadfjt.  ©ie 
ältejlen  Qlbbitbungen  seigen  UiU  cier* 
beinige  Settileüen,  teils  fu^Iofe  Stulpen, 
in  bie  bie  Settfiüdc  gelegt  mmben.  3" 
ben  (Stücfoerjeid^niffen  ber  SDöirtfc^aftäs 
^öfe  Äarlä  bcö  ©ro^en  tücrben  bereite  mit 
„Sinnen  belogene  ,5«^fi^^cttcn"  erttjä^nt. 
2)ie  Settflatten  beö  11.  3af)rf)unbettö  be« 
fielen  jum  Seile  auü  einem  oerfc^ieben 
gefügten  unb  mannigfaltig  gejierten  ®e- 
|ien  auö  ©tabnjetf.  €ie  fitzen  auf  tiiet 
ober  me^r  ijügcn,  ^aben  ein  fjo^eä  Äopf* 
brett,  ein  niebrige^  gu§enbe  unb  oft  au* 
eine  Seitenlehne,  »ä^renb  bie  jweite  «Seite 
ftei  iji.  Sieben  ben  böljernen  erfc^einen 
auä)  fcf)Dn  metallene  93cttlaben,  5110  5?ett= 
jiürfe  finb  erwähnt  bie  ÜJJatra^en,  hai 
»aljens  ober  eirunbe  ÄopfEiffen  unb  eine 
liberbecfe.  2)ic  Seiten  beö  12.  unb  IS.^a^r« 
^unbettö  erfcEieinen  alä  fc^merc  ©eflelle  fon 
ber  gorm  einer  iBa^re  mit  gef^ni^ten,  aucf) 
fdE)on  gebred^felten  j^üB^n,  f)o^em  Äopf;, 
niebrigem  ,5U^enbe  unb  ebenfold&en  Sänge* 
feiten,  bie  in  ber  SlJJitte  eine  Öffnung  jum 
ßinjleigen  Ratten-  Sie  waren  oft  mit 
©Ifenbeinfc^ni|ereien  unb  3Wetaüarbeiten 
gcjicrt,  aucf)  bie  $fü{)Ie,  2)eden,  .Riffen  unb 
JBot^änge  hjurben  au§  ben  föfitic^fien 
Stoffen  bereitet,  wocon  bie  2)idbter  oiel 
ju  ftngen  tt>iffen.  So  ^ei§t  e^  im  ^ax- 
cioal,  552,  9  ff.: 

Einez  was  ein  pflnmit, 

des  zieche  ein  grüener  samit; 

des  nicht  von  der  hohen  art: 

ez  was  ein  samit  pastart. 

ein  knlter  wart  des  bettes  dach, 

niht  wan  durch  Gäwäns  gemach, 

mit  einem  pfellel,  snnder  golt, 

verre  in  heidenschaft  geholt, 

gesteppet  üf  palmät. 

darüber  zoch  man  linde  wät, 

zwei  lilachen  snevar. 

man  leit  ein  wanküssen  dar  , 

rmt  der  meide  mantel  einen, 

härmin,  niwe,  reinen. 

©benfo  mirb  »on  bem  95ett,  melc^eä  Äönig 
93ela  »on  Ungarn  um  1189  ^riebrit^  L 
fc^enfte,  auebrücflic^  bemerft,  ta^  eö  mit 
prächtig  nerjiertem  ^opffiffen  unb  fofi« 
barer  S)ede  üerfcf)en  mar. 

2>ie  Seiten  beö  14.  3a^r^unbertä  Ratten 
bereit«  jmei  SDiatra^en  unb  jmei  Äopf= 
liffen,,,  oft  fogar  auc^  eine  jmeite  ÜDecfe. 
S)ic  Uberbecfe  Deri)üate  iai  ganje  Seit, 
mit  5iuönal)me  beö  Äopfbretteö.  Qlud^ 
ber   99ett^immel   »ergröfertc   fid^    unb 


würbe,  fiatt  ba§  er  biö^er  »on  ber  2>e(fe 
herunterging,  nun  auf  bie  pfeilerartig  na^ 
oben  verlängerten  Jüie  ber  SettPcüe  felber 
befefiigt  unb  mit  Ieicf)ten  beweglichen  93Dr= 
bangen  »erfe^en.  SDie  Überbetfen  unb 
SeiterDorl)änge  ber  JReid^en  Waren  meifl 
auö  Seibc,,,  Sammet  ober  gar  auö  ®otb* 
jioff,  bie  Überäüge  ber  SllJatralen,  Äiffen 
unb  Settbecfen  au§  buntgemuflerter  Seibe 
gefertigt  unb  oft  mit  einem  feltenen  ^etjs 
werf  gefüttert  ober  Wenigftenö  »erbrämt, 
mit  Stiefereien,  Sefä^en,  Srobbetn  unb 
j^ranfen  gejiert.  S)aneben  ^atte  man  in 
fürfilic^en  |)dufern  au($  fogenannte  ^a^ 
rabebetten,  bie  nur  bei  befonberen  feft= 
licf)en  aSorfommniffen  benu^t  würben. 
3wei  befonbcrö  reid)e  Seiten  beö  15.  ^ahu 
bunbertö  fc^mücften  t>ai  ®tmaä)  ber  2fa* 
belle  rion  Sourbon,  ber  ©ema^Iin  Äarlä 
bcö  Äüf)nen.  Sie  Waren  burcft  einen  oiet 
biö  fünf  5up  breiten  3^'fd)cnsn"3  unb 
einen  oerfi^iebbaren  5teppi(i)t)or^ang  ge« 
trennt  unb  mit  jeglichen  SequemIicE)feitÖ5 
mittein  t>erfe^en.  I)ie  Seiten  biefer  ^ät 
Waren  biä  fieben  5^u§  lang  unb  fec^ä  ^u^ 
breit. 

©aö  16.  3a^r^unbert  fobann  war  auc^ 
hierin  befirebt,  feine  Sorgänger  noci^  ju 
übertreffen.  Settfiellcn,  9Watra|en,  .Riffen 
unb  2)ecfen  würben  auä  ben  föfllid^jlen 
Stoffen  gema<J)t  unb  mit  allem  erbenflid^en 
3ierat  perfefien.  ^ai  Seit  Panb  feiten 
me^r  in  einer  Srfe  beö  3in^"ifi^^'  fonbern 
mit  bem  Äopfenbc  nad^  ber  SOtitte  einer 
2Banb  gefebrt.  üDaö  |)oljwerf  war  »on 
SJiufbaum«,  ja  fogar  t>on  (5ebern=,  SRofem 
unb  (Sbenljolä,  »ergolbet,  bemalt,  mit 
©Ifenbein-  unb  DWetafleinlagen  befe^t.  2>ie 
üier  (Sdflü^en  geftaltcten  [xi)  ju  wirflic^en 
Säulen  ton  mannigfaltigfier  3^orm.  Sie 
fliegen  mitunter  nici)t  eigentlich  nom  Seit« 
faftcn  felbfi,  fonbern  tion  nierfeitigen  jier* 
lid^en  $ojiamcntcn  aufer^alb  beäfelben  auf 
unb  trugen  ba«  föfili«^  gearbeitete  Sett« 
bad).  3"  3i^Iifn'  ^"^  hierin  ben  nörb« 
lieber  belegenen  Staaten  voranging,  re(ä^« 
ncte  man  um  bie  2Ritte  biefeö  ^ai)x^\inf 
bertö  äu  einem  üoQjlänbigen  Seit  „mer 
ÜRatralen  üon  SaumwoQe,  bebecft  mit 
äarten,  in  Seibe  unb  Oolb  gefiidften  Sinnen*  i 
tüd^ern,  eine  Dede  oon  .Karmeftnatla«,  mit 
ffiolbfäben  bepidt  unb  »on  ^ranfen  um« 
geben,  auö  ^armefmfeibe  unb  Oolbfäben 
gemif(it;  nier  inäcbtig  be^anbelte  Äiffen, 
unb  ringsum  Sor^änge  oon  ^lox  in  Oolb 
unb  Äarmefin  gefircift."  3"  bewerfen  ifi, 
ia^  bie  Saumwoöe,  bie  ^eute  al«  ber 
biüigjle  Äleibungöfloff  allgemein  »erbreitet 


Salenbud^  —  ßanbfrieben. 


403 


iji,  bamalä  ein  fofibarer  unb  ^ä^tvinx^älU 
Ii(^et  5lrtifel  wax. 

®aö  17.  3at)r^unbett  aber  ging  no^ 
ttieitct.  9?amentlidf)  mit  bcn  70er  ^al)xm 
bcäfelben  trat  eine  eigentlid)e  $olfier[ud^t 
ein,  bie  bie  5lu(?pattitng  beö  anfänglid) 
fo  fd&lid)ten  (Scräteö  biö  jur  5lu0[ct)lie§= 
li(f)feit  ftcigerte.  S)a«  ganjc  ^olättjerf 
ttiurbe  in  Stoff  ocrfleibet.  SDie  93ettjiatt 
hjurbe  jum  le^nenlofen,  »ierctfigen  4>oIj= 
gej^ell,  i>ai  öödpfien^  am  Äopfenbc  etmaä 
erbost  mar;  ber  93ett^immel  entbehrt  alfo 
jebeö  fid^tbaren  ©erüfte^  unb  crf^eint  in 
bcn  munbcrlict)fien  ©efialten  lebiglid)  auö 
3eugen  gefaltet.  3"9^fi'^  ^'^^^  "i^n  für 
bie  ©etten  eigene  cntfprec^enbe  ÜBanbä 
nifcf)cn  unb  »erfleibet  biefe  fomol^I  in 
it)rcm  3nncrn,  aU  befonbcrci  nac^  aufcn 
mit  breiten  35orI)dngen  ober  „©arbinen", 
bie  eermittelfi  eineö  ftarfen  @cf)nur=  unb 
<Puf^elmerfeö  »orgefc^obcn  unb  äurü(fge= 
jogen  werben.  6^  fel)Itc  natürlich  auct) 
biefen  Scttcn  xi\d)t  an  allen  möglichen 
a3eräierungen  unb  3utf)aten,  bie  au^  ^xüljc 
Ten  $erioben  betannt  maren  ober  uom 
grübelnben  SlJJenfcbengeiil  erfonnen  merben 
fonnten.  5llö  einen  beftänbigen  Begleiter 
be^  93ette^  nennen  mir  t)ier  nod)  bcn 
23ettfd)emet.  mai>  2Bci§,  Äopümfunbe. 

^aUiibwUif  fiebc  ©diilbbürger. 

Somm  @ottc^,AgnnsDei.  5Die  eigentlichen 
©otteälämnictien  ober  ft)mboItfd)cn  ^tbbils 
bungen S{)rifli (3ob.  l , 29),  mcl^c  ber  ipapfi 
im  erfien  Su^rc  feiner  (Regierung  unb  l)er' 
vaä)  in  jcbcm  ftebenten  ^ai)Xi  mcif)t,  merben 
»on  bem  SDad^fe,  mclcftcö  non  bcn  gemeib= 
ten  Dflerfcrjen  übrig  bleibt,  bereitet.  3lm 
Djlcrbieneitag  mci|)ct  ber  'Papjl  nad)  Bcr^ 
lid&tctem  J^oc^amte  in  meinem  Ornat,  bie 
Bon  ©über  unb  perlen  fira^Ienbc  Sifi^ofö« 
mü^e  auf  bem  Raupte,  ein  grofe^  ftlberneö 
93e(fen  foü  SBaffer,  inbem  er  unter  anbern 
©cbetcn  auc^  eineö  fpric^t,  mcl^eö  fonjl 
niemanb  fprec^cn  barf.  9tad)bem  er  nun 
über  biefcö  2Bei^maffer  treujmcife  unter 
befonberö  baju  porgcfc^riebenen  ©ebeten 
etmaö  l)ciUgc^  DI  gegoffen  ijat,  rcicf)t 
man  i^m  12  mit  ©otteälämmd^cn  ange^ 
fußte  golbene  SBecfen,  meldte  er  cbenfaüö 
unter  »erfd^iebcnen  ©ebeten  cinfegnet 
|)icrauf  fe^t  er  frc^  auf  einen  51rmjtuf)I 
nicbcr  unb  taucf)t  bie  if)m  ron  feinen 
S)iencrn  gereidbtcn  ©otteölämmi^en  in  tai 
gemeinte  2Baffcr,  roeldjc  bie  affijliercnben 
^arbinalc,  mit  feinen  6f)orf)cmben  ange^ 
t^an,  mit  i^ren  forgcbunbcnen  Südiern 
trocfnen  unb  »on  aufmartenben  (Prälaten 
nadieinanber  auf  gro§e  mit  feinen  Suchern 


bcbedte  lafcln  legen  laffen.  2)ann  fic^t 
ber  ^apfi  micber  auf  unb  entfernt  fc^ 
nad)  gefprocf)enem  ©ebete;  bie  ©ottcö* 
lammten  aber  merben  in  bie  93ecfcn  gelegt 
unb  mobl  t)crtt)al)rt.  ©clcgcntlic^  befc^enft 
^ernac^  ber  *|3apft  bamit  üornetime  ©tanbeö* 
pcrfonen,  ©efanbtc,  ^ilgcr  u.  bgl.,  meiere 
fie  nid)t  »crfaufen  ober  mit  i^arbcn  bc 
malen  bürfen,  ofine  in  bie  Strafe  bc8 
Sßanneö  ju  »erfanen.  ^yranjöftfc^c  ©olb« 
münjen'  im  ÜJJittctalter  trugen  ein  Agnus 
Dei,  fte  I)ic§en  aucf)  mutones  i  in  ber  ®rie= 
(^ifi^en  5?ird)e  t)ciit  tai  Äclc^tuc^  Agnus 
Dei.  3™  Solf^glaubcn  fpicit  c^  grofe 
SRoKc,  einftebicr  SOJirafcIbüdicr,  Äriegö* 
gefc^ic^ten,  ^cyenbüd)cr  ermähnen  eü. 

^ampt,  lat.  lampas,  lampada;  frj.lampe. 
Äicine  DUampen  iu  ©ejlalt  runbcr  ober 
länglicher  Sd)alen  maren  für  tirc^lic^c  unb 
private  3mecte  fd)on  frülje  in  ©ebrauc^. 
3n  bcn  Äirdjen  mürben  fte  balb  burc^  bie 
Äcr;;en  ticrbvängt.  (iSiel)cben  ?lrt.  öeuc^tcr.) 

Sanbfrtebcn  I)ei^en  im  ÜJJittelaltcr  bie 
»on  bem  Könige  auöge^cnbcn  ©efe^e, 
mel^e  bie  ©rlialtung  be^  öffentli(i)en 
SRccf)töjuPanbe«i ,  inöbefonberc  ber  öffent* 
liefen  6id)crl)eit  unb  bie  93cfirafung  ber 
l)iergcgen  begangenen  iBcrbrecften  jum 
©cgcnftanbc  t)attcn.  ©ie  bcfd)ränften  ftcb 
regelmäßig  auf  eine  fur^e  33eäci(^nung  ber 
aU  ßanbfricbcnebruc^  ju  betrac^tenben 
^anblungen  unb  auf  bie  Sinfc^ärfung  ber 
25erfoIgung  unb  33cfirafung  ber  ßanb* 
friebcnöbre(J)er.  S)ie  älteficn  Scrorbnungen 
bicfer  *}lrt  fctjcinen  niijt  auf  un^  ge= 
fommcn  ju  fein;  aU  bie  erfie  bcfitimmtc 
?iacf)rid^t  über  einen  ßanbfriebcn  gilt  bie, 
baß  ^einric^  n.  auf  einer  SSerfammlung 
ju  3ürid)  •&o^c  unb  SRiebrige  f)abe  f(f)mörcn 
laffen,  bcn  gi^icben  ju  bemal)ren  unb  ftc^ 
aller  Sfläubcrcicn  ju  enthalten,  ißon  ia 
an  ifi  ftcl)enb  »on  ßanbfriebcnötterorb* 
nungen  bie  Stebc.  511«  bie  midjtigficn 
Sanbfrieben  am  bem  12.  unb  13.  3al)r' 
^unbert  merben  genannt  bie  Sanbfrieben 
§riebrid)ä  I.  »om  3al)rc  1156  unb  1187, 
unb  ber  ßanbfriebcn  j^ricbrici)^  n.  »on 
1235,  melc^er  bcn  ßanbfriebcn  ber  folgen* 
ben  Äaifer  l)auptfäcf)li^  jum  Sßorbilbe 
bientcn.  2)ie  ältcftcn  ßanbfriebcn  aner« 
fcnnen  unbebingt  ba^  3lc^t  ber  *Pri»at* 
radic  ober  ^i\)ht  (ftc^c  %aup  unb  ^e^bc* 
rcdbt)  unb  madjcn  eä  fogar  bem  iBolfe  in 
ber  9iad)barfcf)aft  unb  mo  biefcs  nic^t  auö» 
reicf)t,  bem  ^erjog  ober  ©rafen  jur  ^flic^t, 
bem  33ergemaltigtcn  l)ierju  i^rc  fräftigjie 
Unterpü^ung  ju  leipcn.  ÜDa^er  fam  cö, 
ta^    bie  ßanbfriebcn    gleid)fam    als   »er* 


404 


ßanbgrafcn  —  Sanbfarten. 


tragemöfige  JriebcnäDereinigungen  errichtet 
»Durtien,  bic  nur  für  tine  iRei^e  oon  3i>^ren 
unb  regelmäßig  nur  in  einzelnen  Sanbern, 
feiten  tm  gcfamten  SReic^e  befc^woren  h)ur-- 
ben;  benn  cä  Iianbelte  fid)  babei  m<i)t 
aßcin  um  bic  Serpflidjtung  jum  Unter= 
laffen  Ianbfriebcneüerbrecf)erif^er  ^anb= 
lungcn,  fonbern  aud)  um  t>a^  Singe^en 
einer  pojitiüen  5SerbinbIid^feit  ju  gemein« 
famtm  ^anbeln  gegen  bie  griebebrcd)er, 
fott)ie  um  ein  h)enigj^enö  teilweifc^  5luf= 
geben  beö  biä^er  gefe^Iic^en  SRed)teö  bcr 
getibe.  (Jrfi  iKayimilian  I.  gelang  ii  auf 
bem  SReicEjötage  ju  SBormö  1495,  bie 
(Rcid^öfiänbe  gum  SBerjic^t  auf  bcn  ferneren 
©ebrauc^  ber  SBaffen  jur  ©ntfc^eibung 
i^rer  ©treitigfeitcn  ju  bemegen  unb  einen 
allgemeinen  etttigen  ßanbfrieben 
jU  crricf)ten,  in  ft)cld)em  aüe  Unterfc^eibung 
jttjifc^en  erlaubter  unb  unerlaubter  ^c^be 
unb  aUer  fernerer  ©ebrauc^  be«  gaufi- 
ted^teö  alööanbfriebenöbruc^  crflärt  mürbe; 
berfelbc  »urbc  ju  Sffiormä  1521  unb  fpdter 
norf)  me^rmalö  oerbcffert,  ergänzt  unb  be* 
jidtigt. 

Sanbgrafcn  werben  feit  bem  ütnfang  beö 
12.  5a^rf)unbert«  ermähnt.  35er  3iame 
fd^Iießt  ftd)  an  ßanb,  Sanbfc^aft  alä 
alte  Sejeid^nung  eine«  gräfticE)en  ©ebietee 
ober  ®aueö;  e«  ij^  ber  ®raf  mit  einem 
alten  ®aus  ober  I8anbgerid)t,  unb  ber 
•SRame  erfd)eint  bann  geinä^It  f^att  beö 
Bloßen  ©raren,  h)enn  bamit  gegenüber 
foI(|en  ©rafen,  benen  Im  gräfliche  5Rec^t 
nur  an  einzelnen  Orten  übertragen  h)ar, 
auSbrücflic^  unb  namentli^  betont  tt)erbcn 
foüte,  ba§  fte  bie  alte  grdf(id)c  ®erid)tä= 
barfeit  behauptet  t)ätten.  T>oä}  war  ber 
dlaxin  ?anbgraf  in  biefen  '^'aUtn  burc^auä 
nicöt  allgemein  üblic^. 

Sanbfartcn.  Qluö  bem  'Mttcrtum  ftnb 
feine  anberen  Äarten  außer  benen  beö 
(Ptolemduö  unb  jum  *ptoIemduä  auf  un^ 
gefommen;  btejenigen  bc^üJiarinuö  üon 
%t)Xüi,  2.  ^at)xl).  n,  6f)r.,  bed  erften 
©eograp^en,  rt)el(^er  beiberDrtöbejiimmung 
Sangen  unb  ©reiten  berüdpd)tigte,  ftnb 
»erloren  gegangen;  auc^  (ptolcmdu^ 
ani  <PeIuftum,  ein  <Sä)üUx  beö  ÜJJarinuö, 
^at  feine  Äarten  ^interlaffen;  bagegen  l)at 
«r  in  feiner  ©rbbefc^reibung  (nic^t  ju 
»ermec^feln  mit  feinem  afironomifd^en 
^aupttücrfe,  ber  Sijntafi^,  bem  2IImagefi, 
tt)ie  bie  «Hraber  baet  33ud}  nannten)  *öor« 
fcf)Iäge  jur  grapbifci)en  3ei(f)nung  unb 
(5nth)erfung  beä  ßanbtartenne^e«  gegeben 
unb  bie  SDiittel  bejei^nct,  um  au^  ber 
fiage  ber  befannten  Orte  bie  unbefannten 


ju  ftnben.  SSon  ben  ad)t  Suchern  feine« 
SJBerfcä  enthalten  t>ai  jtt)eite  bi^  ftebente 
bie  iRamenrcgifter  nad^  ßdnbern,  ßdngcn« 
unb  Söreitcngraben  unb  tai  Ic^te  einen 
furjen  Überblid  über  \>ai  ®anjc.  Die 
27  ßanbfarten  aber,  bie  man  ben  meifien 
alten  ^anbfc^iriften  beö  ^tolemduö  beige« 
geben  finbet,  fiammen  oon  einem  5t ga« 
tljobdmon  auä  5llef  anbria,  einem  DOtat^e* 
mattfer,  ben  man  gemö^nlic^  inö  fünfte 
3a£)rbunbert  fe^t;  eä  ftnb  jc^n  SBIdtter 
über  (Suropa,  fünf  über  'iMfrifa  unb  jWölf 
über  5lften.  ©ie  ftnb  bie  ®runblage  aller 
neueren  ßanbfarten  gertjorben.  Daneben 
befaßen  bie  SRömer  SBcgfarten,  bie 
namentlich  militdrifc^en  ^Wid  £)atten,  unb 
pon  meieren  ftc^  bie  fügen.  *J}eutinge« 
rifcf)e  Jafel  erf)alten  t)at;  fte  bitbct  eine 
Oioüe  auö  elf  blättern,  20 V2  iJuß  lang 
unb  IIV2  3oß  bi^e't;  bic  $ouptfa^e  tp 
^ier  bie  Eingabe  ber  S)iftanjen. 

5)aö  SJ^Jittetatter  ging  oortdufig  ber 
Eartograpf)ifcfeen  ^ilfömittel  beö  Qlltertumd 
ttjieber  »erlujlig;  Die  SR  ab  f  arten  (fte^c 
ben  3lrt.  ®eograp^ie),  ftnb  bloß  gra« 
pf)ifcbe  5lufjeicf)nungen  ber  biefer  (periobe 
befannten  Srbfefie. 

'üud)  bie  arabifd)cn  ®cograp^en, 
unfdbig,  bie  *}lrbeiten  i^rer  5tpronomen  ju 
benu^en,  blieben  weit  f)inter  ben  ßeijiungen 
bc^  *^toIemäuö  jurüct.  'S>aii  jeigen  5.  S. 
bie  beibcn  erl;altenen  harten  be^  (Sbrifi, 
12.  3itt)r^unbett,  ein  freisiförmige^  (Srbbilb 
unb  eine  üierecfige  ÜBeltfarte  in  70  Sldttern, 
worin  jitar  *ptotemduö  benu|t  erfc^eint, 
ba^  ®rabne^  beöfelben  aber  mie  in  allen 
fonfi  befannten  arabifc^cn  Äarten  fallen 
gclaffen  roorben  ij^. 

2)e|io  größer  ijl  ber  fartograp^ifc^e 
55ortfd)ritt ,  ber  ftd^  in  ben  Äompaß« 
tartcn  be^  fpdteren  3!Jiittelalterö  jeigt. 

@ie  ftnb  urfprünglic^  nur  oon  ^talie« 
nern  ober  oon  Katalanen  üon  ben  Salcarcn 
oerfaßt  worben  unb  mit  2Binb»  ober  Äom» 
paßrofen  bebecft,  auä  benen  jira^lenförmig 
bunte  ©triebe  nac^  ben  ^immelörid^tungen 
auslaufen,  um  fxä)  auf  anberen  fünften 
ber  Äartc  ju  anberen  SBinbrofen  ju  Der« 
einigen.  Der  @eftd)t«freiÄ  rcurbe  in  oier 
»oIle2Binbe  eingeteilt,  SRorb,  Oft,  ©üb, 
2Befi,  jwifd)en  benen  bie  ^albenSBinbe 
iJJorbojl,  tgübofl,  ©übroeft,  9Jorbtt)eft  tagen. 
3tt)if(i)en  ben  bcilben  unb  ben  ganjen  unter» 
fcfeieb  man  bie  33iertelött) i nbe,  S'Jorb« 
norboft,  Ojlnorbojt  u.  f.  to.,  bie  mieberum 
in  Oftatien  ober  *2tc^tel  jerfieten.  Später 
mürbe  eö  @itte,  bie  aBinb|iric^c  auf  ben 
Äarten  burc^    bunte  ßinien    auäjubrüdfen, 


ßanböfned^tc. 


405 


wobei  man  bic  ganjen  unb  halben  SSinbe 
tüxd)  fct)n)aräe ,  bie  23iciteItDinbc  burd^ 
grüne,  bie  3l(^telrt)inbe  butd)  rote  garbe 
untcrfd)ieb.  iUuf  einen  biefer  ÄomoaPernc 
fe^te  ber  ©teuermann  [eine  Soujfole,  um 
ju  ermitteln,  inelc^e  Oflid^tung  er  innet)altcn 
muffe,  um  oon  einem  ^afen  nac^  bem 
anbern  ju  gelangen,  lief  er  bann  auf  tai 
^o^e  SWeer,  fo  fd)ä|itc  er  ben  jurüdgelegten 
2Beg  auö  ber  ©egelfraft  bea  üßinbeö  mit 
einer  ©djärfe  unb  ®id)er^cit,  bie  h)ic  ein 
fealbeß  ffiunber  erfc^eint.  31""  erftenmal 
fieljt  man  t)ier  (Suropa  mie  bie  aftatifd^en 
unb  afrifanif^en  QSorlanbe  wie  üon  einem 
Spiegel  »iebergegeben.  2)ie  ältcjlen  cr= 
^altenen  Äompa§Earten  verfertigte  ber  Sßene= 
tianer  ÜWartno  ©anuto  ber  *Ü[lterc 
jtt)ifdE)en  1306  unb  1321;  bod)  get)en  bie 
5lnfängc  biefer  ^artenmetl)obe  bi«  in^  13. 
3a^rl)unbert  jurücf;  tai  nter!»ürbigPe 
S)cnfmal  aber  aller  mittelalterli^en  Äom= 
pa§f arten  ijt  icii  fogen.  fatalanifc^e 
SBeltgcmälbe  Dom  3a^re  1375,  oon 
einem  unbcEannten  majorfanifdien  Steuer^ 
mann  »crfertigt,  ber  u.  a.  bie  iReifen  beö 
30Kufo  *|}olo  benü^te.  9ieuc  gortfc^rttte 
jcigcn  bic  .harten  beö  23enctianer^  %xa 
Tt  aui  0. 

3m  2lnfang  be^  15.  Ja^r^unbcrtö  ent= 
becfte  ber  ^umaniömuö  enblid)  aud)  bie 
<ptolemäif^en  harten  micber,  bercn  juerji 
ber  Äarbinal  b  ''21  i  1 1 9  ,  51 1  i  a  c  u  0  ,  er* 
roäl)nte.  ®cf)on  im  15.  ^a^rfiunbcrt  er» 
fc^icnen  fünf  Qlusgaben  berfelbcn,  alle  in 
Stallen;  im  16.  3al)rbunbert  21,  baüon 
16  beutfc^e  (9  in  Safel,  4  in  Äoln,  3  in 
©tra§burg).  Seit  1513  fügten  3afob 
?i§ler  unb  Oeorg  Übclin  einen  ^Itlaö  neuer 
harten  ^inju.  2)ie  ^tolemäif(^en  Äarten, 
tDel(l)e  burd)  i^r  ®rabne^  bie  Äompa^» 
f arten  übertrafen,  fianbcn  anfan^ä  infolge 
mand)er  %i^Ux  ber  $tolemäifc^en3ei<^nung 
in  mand)er  ißcjie^ung  bod)  hinter  it)nen 
jurücf;  am  meijien  gelang  cö  bann  beut« 
fc^en  (Seograp^en  bic  ^elilei^  ju  Perbeffern; 
genannt  werben  ©ebaflian  ÜJiünficr, 
namentlich  aber  *P  et  er  Sienett)  i^.  Salb 
erhielten  alte  cinjelnen  5Reid)^gebictc  il)re 
befonberen  harten,  bic  jum  Seil  nortrcfflid) 
waren;  gegen  @nbe  hti  16.  3<it^i1'""bertö 
ging  bie  Äartenfunjl  burd)  SDJercater  unb 
feinen  ^reunb  5lbra^am  Drtcl  ju  ben 
SJieberlänbcrn  über,  bei  benen  fic  wäl)renb 
bcö  17.  3a^rl)unbertö  eine  neue  Slütcjeit  er= 
rcidite.  qSef^el,  (Scfc^ic^tc  ber  ©rbfunbe. 
I^anböfnc^te  iKigen  feit  bem  legten 
.  aSiertcl  bee  15.  3a^r|unbcrtä  biö  jum 
17.  3ol)tl)unbert   6ölbner    ju   gu§;    ber 


SJlamc  \]t  eincrfeitö  baburc^  entflanbcn, 
t>a^  eine  föniglid)e  Sa^ung  (iffiormd 
1495)  auöbrücfli(^  Perorbnete ,  ta^  bie 
gölbner  auö  ben  8anbfd)aften  im 
iHei(^  angeworben  werben  foUtcn,  an* 
bcrcrfeitä  im  ©cgcnfa^  ju  hm  ©^wei» 
jern,  bercn  J^'n^f'^'^ft  wit  ben  ßanbä* 
fncd^ten  fpric^wörtltd)  war.  Jrü^  fam 
bic  Umbeutung  oon  Sanböfnec^t  in  8anj  = 
fnccfct  auf.  3n  tcd)te  Qlufnabme  fam 
hai  3ni^,itut  ber  l'anböfncc^te  erft  unter 
2Rafimilian  I.,  ber  „tai  %\x^t)o\t  nad^ 
*llrt  ber  römifc^cn  ßegioncn  in  Raufen, 
iRegimenter,  teilte,  biefelben  mit  langen 
®tangäfpie§cn  ober  *13iquen  Derfcticn 
laffcn  unb  fte  in  biefem  ®ewet)r  berma§cn 
abgerichtet,  ia^  fte  c«  allen  anbern  Dtatio* 
ncn  jut)ortt)aten;  banncn^ero  oon  biefer 
3eit  an  fein  Ärieg  in  (Suropa  o^ne  bie 
leutfc^en  fianjfnc^tc  gefül)ret  worbctt 
unb  fein  friegfülircnbcr  *potentat  berfelbcn 
entbdren  wollen."  2)er  „Orben"  bec 
ßanböfncc^te  fc|tc  fic^  auö  ©belleutcn, 
bürgern  unb  ©auern  jufammen;  balb 
aber  Ijerrfc^tc  hai^  bürgerli(^e  ©lemcnt 
cor,  unb  ber  Drben  wirb  ^ur  3unft'  i'ic 
i^re  eigene  Serfaffung  l)at.  2)ic  SSorne^« 
men  bilbcten  tai  erfie,  bic  Sürger  unb 
93auern  tai  jweitc  „931att".  ^thti 
Hauptmann  warb  ftc^  ein  „iJäljnlein"  »on 
4—600  SRann,  icii  fermöge  ber  gcmifd^« 
ten  Bewaffnung  für  ft^  nid^t  nur  eine 
23erwaltungöeinbeit ,  fonbern  au^  eine 
taftifcf)e  Sin^eit  bilbcte.  3ebcr  |)aupt* 
mann  fiatte  um  fic^  einen  „©taat"  (estat, 
Stab)  oon  einigen  Trabanten  unb  Subcn. 
Sr  war  beritten,  fod)t  aber  an  ber  Spi^e 
feines  gäljnleinö  ju  ^u^  unb  war  fclbjl 
bewaffnet  mit  einer  Strcitayt,  ^clmbarte 
ober  einem  @d)Wcrte.  3t)ni  i^"^  ®ti^t 
flanben  ber  gälinrid),  Locotenente  (Stell* 
Vertreter  bcä  .Hauptmanns)  unb  ber  gelb« 
waibel.  %txmx  jaulten  jum  ß\x%t  bic 
„jwei  Spiel",  ein  S^rommclfc^läger  unb 
ein  ^Pfeifer,  unb  enblid)  ber  Schreiber, 
.Kaplan  unb  ber  gelbfc^erer.  (Sine  ülnga^I 
5ai)nlein  bilbcten  jufammen  ein  SJtcgiment, 
bem  ein  Dbcrji  üorftanb.  S)ic  befann» 
tefien  unb  berü^mtcflen Sanbäfneditöoberjicn 
Waren  Oeorg  Don  grunböberg,  ber  „Sater 
ber  ßanbsfnec^te",  beiben  33tübcr  fon 
®mbä  unb  S(^art(in  »on  Surtenbad^. 
3um  Stabe  bcö  Dberfien,  ben  fogenann* 
ten  t)ol)en  *ji[mtcrn,  gehörten  ber  Sd)ults 
^ci§,  Dberpwa^tmeijicr,  Duarticrmcificr 
unb  Strafer  ober  *Profoö.  Unter  Unterem 
fianbcn  ber  Stocfmeifter  mit  ben  Stcdcn* 
fnec^ten  unb  ber  5«imann  (S^arfric^ter), 


406 


öanb«fnc($te. 


fortjic  ber  |)ur£ntt3ai&cl  famt  bem  SRenns 
fd^nrid^  unb  bem  SRumormeijier  jur  Se« 
Qufftdjtigung  beö  überauö  ja^Ireic^en 
Sroffe^  fon  ÜBcibern  unb  ©üben. 

Seiraffnct  tnaren  bie  Scinbefnc^te  mit 
©pie§en  ober  ^dilagiüaffen ,  befleibet  aw 
fönc^Iic^  bem  ßvoid  entfiired)enb  jroar 
farbenfreubig,  bod)  bcttteglic^  unb  fnapp, 
[pätei  mit  ber  5lu?attung  ber  Sitten  ^öcf)ii 
prunftoü,  foba§  bie  ©eifilicbfeit  uon  ber 
Äanjel  gegen  ben  „^ofenteufel"  auftrat. 

3ur  tciEtifcf)en  Sinbeit  mirb  fpätcr 
ber  „Raufen",  ber  f\d)  mcift  jiemlid)  regel« 
loö  bem  ö^cinb  cntgegenmaljte.  3"  3^'"' 
beönäf)e  ge{)en  einige  (Sd)ü^en  aU  „Säufer" 
ober  alö  „verlorener  ^aufe"  »orauö; 
i^nen  folgt  baö  ®roä,  ber  „^eOe  |>aufc", 
nadjbem  nac^  guter  SSäter  ©itte  hai  ©e« 
bct  oeiricbtet,  mo£)I  auc^  eine  ©rbfctjoüe 
aU  ^oj^ie  in  ben  ÜJJunb  genommen  mor* 
ben.  2)aö  ^elbgefc^rei  mar:  „|)er !  ^er!" 
ba^  ^anbgem.enge  mar  furchtbar.  Oft 
fc^mangen  fic  fnicenb  ober  frie(f)enb  il)re 
Äurjmaffen  gegen  bie  unteren  ®Iiebma§cn 
ber  ,5«inbe,  „fie  fc^nittcn  blutige  J^o[en= 
bänber".  ?lu(j)  gegen  bie  iReitcrei  operier^ 
tcn  bie  iRonbartfdbiere  in  ä^nlic^er  Söeifc, 
nur  ha^  i^ier  bie  gü^e  ber  ^ferbe  i^r 
3icl  tnaren.  @ie^e  S^i^n^^  ®ef(^i^te 
beä  ^riegöwefcnö. 

Unter  ben  ©eftalten  ber  milblaufen^ 
ben  Äulturjufiänte  beö  auögebenben  SIRit= 
tctalterä  fpielen  bie8anb0fne(l)te  eine  ^er* 
ttorragenbe  SRoQe.  ®emi§  in  ben  mcijten 
gäüen  auä  ßeuten  äufammengefe^t,  bcnen 
»on  IRatur  unb  (Srjiebung  ungebunbeneö 
©olbatenleben  Söebürfniö  mar,  leitete  ibre 
@d)ar  bem  Qug^i  nad)  inbiöibuetler  2Bitls 
für  unb  $5rcil)eit  in  jeber  Sejiebung  95or« 
f(i)ub;  fie  f(I)meifen  aus  in  ©peife  unb 
Irant,  Vergnügung  unb  ^leibung,  fie 
bilben  bei  ficf)  ein  eigene^  3^^»^^  ^^'^ 
Stanbe^=(S^re  auä,  ba«  auf  g'^ömmigfeit 
(lapferfeit)  ni(^t  minber  alö  auf  bie 
nadtefic  ®enu§fuc^t  unb  auf  5?era(j)tung 
jeber  bürgerlid^  ehrbaren  Sebencfübrung 
geridbtet  ijt;  fie  l)aben  mand^eö  mit  ben 
©tubenten ,  anbereö  mit  OJiönc^en, 
Pfaffen  unb  ©c^rcibern ,  anbereö  mit 
Schelmen  unb  Sanbfat)rern,  anbereä  mit 
bem  SJbel  gemeinfam,  of)ne  3^oeifel  barum, 
tioeit  fie  ftc^  auö  allen  genannten  ®tänben 
jum'Jeil  rcfrutieren.  iBiel  mirft  baju  il)r 
feinbfeliger  ißcrfel)r  mit  ben  6(i)meiäern, 
beren  trotjige.^riegöluft  bamalöaufö  l)öcI)Pe 
getlicgen  u.  bie  abjutrumpfen  ibnen befonbere 
^eräen^angelegenbeit  mar;  aud)  iljr  I)äufiger 


SMcnP  auf  italienifd^cm  Soben  mag  bei 
i^nen  blcibenbe  ß^arafterjügc  linteriajfcn 
t)aben. 

©ebafiian  |^ran!  fpric^t  ftc^  in 
feiner  „S^ronifa"  mit  ^eiligem  ©ifet 
gegen  bie  8anböfne(^tc  auö:  „Gä  iji  burc^ 
banf  binbutc^  in  almeg  unb  aljeit  ein 
bö§  unnü^  nolf,  nit  meniger  bann  mün(^ 
unb  Pfaffen.  3f^  «^  ^^  f^^ifS/  f"  iji 
unber  taufcnt  faum  einer  an  feinem  folb 
benüegig,  funber  fte(i)cn,  ^amen,  gotölefiern, 
l)Uoren,  fpilen,  mörben,  brennen,  rauben, 
mitmren  unb  meifen  mad)en,  ifi  ir  gemein 
t)antmerf  unb  böÄfie  furjmeil.  2ßcr  f)ierin 
füen  unb  fed  ifi,  ber  ifi  ber  beft  unb  ein 
freier  lanbsfned^t;  ber  muo§  »ornen  ba* 
ran  unb  ift  mürbig,  ba§  er  ein  boppel* 
folbner  fei;  alfo  ifi  ber  böft  unber  inen 
ber  befi.  2ßer  nit  juogreifen  unb  martern 
fann,  ber  taugt  nicE)t.  Gummen  fte  bann 
nac^  bem  frieg  mit  bem  bluotgelt  unb 
fc^mei§  ber  armen  ^eim,  fo  machen  fie 
anber  leut  mit  inen  merfloö,  fpacieren 
müeffig  in  ber  fiatt  creujmeil  umb  mit 
jetermanö  ärgernuö,  unb  ftnb  niemant 
nic^t  nu^  bann  ben  mürten  (feinb  fte  an» 
ber§  aud)  bifen  nu^),  unb  fteüen  ftc^,  aU 
fei  inen  geboten,  fte  follen  eilent^  miber 
oerbcrben.  2)ic  anbern,  benen  bie  beut 
nid)t  geraten  ijl,  laufen  bauffen  auf  ber 
gart  umb,  tai  äuo  leutfc^  bcttlen  ^ei§t, 
bee  fic^  ein  frummer  ^eib,  toxU  gefc^mei» 
gen  ein  d)rifi,  in  fein  ^erj  l)inein  fc^ä= 
met.  gö  i)at  fxd)  aber  bi§  »olf  oerruoi^t 
in  ber  gmein,  ta^  eä  ftc^  feiner  bo^eit 
fd)ämbt,  funber  gerüembt  miH  fein,  unb 
bei  bem  man  bö'rc^au^  baä  gegenteil  eine^ 
^ririen  finbt ,  miemol  man  jefet  guote 
^rifien  au§  inen  mad)en  miü  unb  fte 
inen  felb^  ben  namen  geben  f)aben,  H^ 
man  fie  frumme  lanbötncc^t  nennen 
muof.  i)ie  anberen,  ben  bie  beut  ge« 
raten  ifi,  ft^en  in  mür^bdufern,  fc^lemmen 
unb  bemmen ,  bi§  fte  fein  Pfenning  mer 
I)aben,  laben  gefi,  fagen  t>on  großen  firei« 
dben,  ma«  fte  ftc^  unber  ben  pauren  er* 
litten  ^aben,  unb  bringen  alfo  bie  anbern 
aud)  non  irer  arbeit  auf  juo  bem  müefftg» 
gang,  bringend  einanber  (trinfen  einanber 
äu)  auf  einen  juofünftigen  frieg,  unb  »er* 
fücrt  einer  ben  anbetn,  ba§  bie  melt  »oll 
frieger  unb  müefftggenger  mirt.  Unb  mie 
oor  Seiten  ein  jebeö  gefd)led)t  (jebe  ^a> 
milie)  einen  pf äffen  ^abcn  molt,  je^t 
muo§  jebeö  nit  einen  lantefne(^t, 
funber  oil  ^aben.  liarnac^  fo  bie  beut 
^inbur^  ifi,  bo  ^üeten  ftd)  bie  armen 
pauern,   bie  müeffen  ftd)  leiben  unb  ^er» 


Sanb^fncc^te. 


407 


^aben.  S)o  fa^en  fic  an  ju  garten,  tcr* 
minieren  unb  juo  teutfc^  betlen  unb  fic^ 
auf  bie  armen  leut  jlrecfen,  bi§  miber  ein 
guot  9cfcf)rei  fumpt ,  haxab  jebermann 
eif(i)ri(ft,  bann  ftc  aüein  nit.  SJarumb 
ifi  anbercr  leut  unglüd  ir  f)öcf)jie^  glürf, 
mic  fte  ad)ten  unb  boc^  nit  ifi.  3^)  gc* 
fc^meig  bie  »erfürjung  beö  lebenö,  bann 
man  feiten  ein  alten  lanbsfnecfjt  finbt." 

S)ocf)  f)aben  meber  bie  ßanböfnec^te 
felber  nocb  i^rc  übrigen  3(:it9enof('cn  einjig 
biefeö  büfierc  Sßilb  tion  ibnen  getronnen. 
®enn  maä  fie  felber  betrifft,  fo  lieben  ftc 
e^  pc^  im  Spiegel  ber  S)i(i)tung  ju  be« 
f(i)auen,  beten  ©tunbton  balb  mutwillige 
ßebenslufi,  balb  fajl  rü^renbe  Älage  über 
\1}X  elenbeö  ®cf)icffal  ifi,  SBon  beiben  foE 
^ier  ein  ißcifpiel  folgen: 

1. 

S)ei  in  ftieg  mil  jie^en, 

ber  fol  gerüftet  fein, 

Voai  fol  er  mit  im  füeren? 

ein  f(iöne^  fretnelein, 

ein  langen  fpie^,  ein  furjen  tegen; 

ein  Ferren  irött  mir  fuocben, 

ber  unö  gelt  unb  bfc^eib  fol  geben. 

Unb  geit  er  unö  bann  fein  gelt  nit, 
Icit  un^  nit  oil  öaran, 
fo  laufen  mir  butc^  bie  »elbc, 
fein  junger  fto^t  un^  nit  an: 
ber  ^üener,  ber  gens  bab  mir  fo  til, 
iai  ma§er  au§  bem  prunnen 
trinft  ber  lanbefnec^t,  wenn  er  mil. 

Unb  mirb  mir  bann  gcfcf)o^en 
ein  ftügel  non  meinem  leib, 
fo  barf  i^^  niemanb  flogen, 
cö  fcf)abt  mir  nit  ein  meit  (fleinc  SD^ünjc) 
unb  nit  ein  creuj  an  meinem  leib, 
iai  gelt  möl  mir  fertemmen, 
baö  ber  ©dimeijer  umb  ^anbfcf)uod^  geit. 

Unb  mirt  mir  bann  gefc^o^en 
ein  fc^enfel  non  meinem  leib, 
fo  tuo  \(i)i  nacber  frie(f)en, 
e«  fc^abt  mir  nit  ein  meit: 
ein  ^üljene  fteljen  ifi  mir  geredet, 
ja  e  bas  jar  f)erumbe  fummt, 
gib  t(^ö  ein  fpitelfnecf)t. 

(Si  mirb  id^ö  bann  erfc^ofen, 
crf^o^en  auf  preiter  l)cib, 
fo  tregt  man  micf)  auf  langen  fpicfen, 
ein  grab  ift  mir  bereit; 
fo  f^led)t  man  mir  ben  pumperlein 

pum, 
ber  iji  mir  neun  mal  lieber, 
bann  aller  Pfaffen  geprum. 


S5er  unö  ba^  lieblein  neme  gefang, 
»on  nemem  gefungen  l)at, 
ba^  ^at  getan  ein  lanbäfnec^t, 
got  gcb  im  ein  fein  guot  jar! 
er  fingt  unö  baei,  et  fingt  unö  mer; 
er  muo§  mir  no(^  mol  rocrbcn, 
ber  mirö  gloc^  ((Sclage,  iWat)ljeit)  be« 
jalen  muof. 

2. 

2d)  fam  für  einer  fram  mirtin  l)a\xi, 
man  frugt  mic^,  mer  ic^  mdre? 
„id)  bin  ein  armer  fd)marten^alö, 
ic^  e§  unb  trinf  fo  gerne." 

^an  fürt  mi(^  in  bie  jluben  ein 
I;a  bot  man  mir  ju  trinfen, 
mein  äugen  lie§  i^  umbl)er  gan, 
ben  bect)er  lic^  ic^  fmfen. 

Tlan  fe^t  mic^  oben  an  ben  tifd^, 
aU  ii)  ein  faufbcrr  märe, 
unb  ha  ti  an  ein  jalen  gieng, 
mein  fecfcl  ftunb  mir  Idre. 

3)a  ic^  JU  na^t«  molt  fc[)Iafen  gan, 
man  mi^  mid)  in  bie  fc^eure, 
bo  mart  mir  armen  f^marten^ald 
mein  lad^en  oil  ju  teure. 

Unb  bo  id)  in  bie  fcfeeure  fam, 
bo  bub  ic^  an  ju  niflen, 
bo  flachen  mitft  bie  bagcnborn, 
barju  bie  raupen  bijlcl. 

2)0  ic^  JU  morgen  frü  auf  ftunb, 
ber  reif  lag  auf  bem  taä)i, 
bo  muät  iS)  armer  fdimarten^alS 
meineä  unglücfö  felber  lachen. 

^ä)  nam  mein  fd)mert  mol  in  bie  ^anb 
unb  gürt  eö  on  bie  feiten, 
id)  armer  mußt  ju  fü§en  gan 
\>ai  mad)t,  xi)  f)at  nit  jreiten. 

3c^  f)ub  mi^  auf  unb  gieng  baoon 
unb  mac^t  mid)  auf  bie  jlra^en, 

mir  fam  einö  reiben  faufman^  fon, 
fein  tefc^  mu|t  er  mir  la^en. 

Uiad)  Uf)lanbö  Solfölicbern ,  mo 
SRummer  188  —  199  bie  Sanböfnec^tliebet 
allgemeinen  3nl)alt«  gefammelt '  finb ;  bie 
f)iporifd)en  ßiebcr  fle[)en  bei  ßilienfron. 

5Dcr  Canböfnec^t  mürbe  aber  auc^  »or 
anberen  2)i*tein  jum  3nb»'''^t  ^^^^^  2)i<^* 
tung  gemalt:  namentlich  ^at  ^anä 
©  a  ($  ö  einen  öanb0£ned)tfpiegcl  in  @prud)s 
form  gebic^tet  unb  jmei  ^d^mänfe  in  Oe* 
jpröc^eiform,  @t.  ^etcr  mit  ben  lan^fnec^« 
ten   unb  >Der   teufel    left  fein  lan|fnc^t 


408 


ßanjc. 


tner  in  bic  ftcüc  fat)tcn.  3"  bcm  crfien 
biefcr  ®c[prä{i)c  !ommen  neun  gartcnbc, 
b.  ^.  betteinbe  unb  gelegentlich  fie^Ienb 
^etumäie^enbe  ßanböfne(f)te  jufaüig  anö 
^mm(Uti)ox ,  wo  fte  anflopfen.  5Da  ber 
^en  nic^t  genjiüt  ifl,  fte  fofort  cinjulaffen, 
tro|  @t.  ^J3etct^  Jürfptat^c,  fangen  fte 
brausen  an  „matter,  leiben  unb  facra» 
ment"  ju  flud)en.  ®t.  ^eter,  ber  SWei» 
nung ,  boä  feien  geijilid()e  SReben ,  legt 
)t)iebet§oItc  Jürbitte  für  bie  Ctotte  ein  unb 
erhält  fd)Iie§lid^  bic  ©riaubnig,  fte  einju« 
laffen;  boc^  möge  er  felber  jufel)cn,  wie 
er  fte  hjieber  ^erauöbtingc.  Äaum  ftnb 
fte  im  ^immel ,  fo  fe^en  fte  ftd&  nieber, 
ne^^men  bic  SBürfel  IietDor  unb  cö  bauert 
feine  Sßiertclpunbe ,.  ta^  fte  »on  ßeber 
jürfen  unb  aufeinanber  einfiaucn,  aud^ 
6t.  ipcter  felbji,  ber  i^nen  njc^rcn  njiH, 
burd)prügeln.  3e^t  erbarmt  ftd^  aber  ber 
i^err  beö  |)immelöpförtner^  unb  giebt  i^m 
bcn  SRat,  er  möge  einen  Sngel  einen 
ficrman,  b.  ^.  %pptU  (üon  frang.  alarme, 
ital.  all  arme,  Qltarm)  mit  ber  Jrommel 
fc^Iagen  laffen. 
93alb  ber  enget  ben  lerman  fc&Iug, 
loffen  bie  lanb^fnec^t  on  »erjug 
etlent  u§  burd^  tak  ^imeltor, 
meinten,  ein  Icrman  mer  bar»cr. 
Sanjc.  2öic  bie  Äeule  aU  ältefle 
6d)Iagtt)affe,  fo  ijl  bie  San  je  alö  ®tid^« 
unb  SBurfwaffe  bei  allen  alten  33ötfetn 
befannt.  ^ufgcfunbencßanjenfpi^en  jeugcn 
baüon,  baf  f(^on  bie  ^fa^lbautenbcwo^ncr 
ftd)  i^rer  bebienten,  unb  nad^  römifc^en 
SBeric^ten  war  bie  germanif(f)e  Sanjc  nic^t 
o^ne  ®runb  gefürd^tet.  Sier  ©d)aft  ber» 
felben  beftanb  au«  einer  fd^weren  «Stange, 
an  ber  üorn  eine  1  —  1 V2  5"B  la^S^  fianb« 
breite,  swcifdjneibige  6pi|e  »on  Sifcn  be^ 
fejügt  war.  Dieben  bicfcm  f(i)Weren  Sang* 
fpeer  fütjrtcn  bie  ©ermanen  mit  au^er= 
orbenttic^er  ^raft  unb  ®i^er^eit  axiä)  ben 
SBurffpie^,  ber  entmeber  »on  bloßer  ^anb 
ober  an  (Riemen  gcf(^tcubert  würbe. 

33efonbere  33eac()tung  »etbient  ber  in 
ben  merowingii'^en  ®räbern  gefunbene 
»ier  5uf  laMt  ©peer  mit  SBiber^afen, 
ber  Qlngon,  ai)t.  ango  (<Jlnget).  5lgat^ia^ 
befc£)reibt  it)n  foIgenbcrma§en :  ©ie  Qlngonen 
ftnb  nic^t  ganj  turje,  aber  aud^  nic^t  fef)r 
lange  «Speere,  jum  2Burf  taugtidf)  Wie  jum 
Äampf  in  ber  JRä^c.  Sie  finb  jum  größten 
leil  mit  (Sifen  bebecft,  foba§  »om  |>olje 
nur  wenig  unb  faum  fo  »iel,  aU  für  ba« 
untere  Scfd)Iägc  Ijinreic^t,  ju  fet)cn  ift. 
5ln  bem  oberen  Seile  beö  Speere^  ragen 
jebod)  auf  beiben  ©citcn  gefrümmte  ©pi^en 


»or,  weld^c  ^afenförmig  jurüd*  unb  ab« 
Wärt^gebogen  ftnb.  5m  Äampf  wirft  bet 
fränfifdf)e  Ärieger  ben  ^ngon,  ber,  fobalb 
er  ben  Äörpcr  trifft,  überaus  tief  einbringt 
unb  »om  iBerwunbeten  nic^t  ^erauögejogen 
Werben  fann,  ber  2ßiberl)afen  wegen, 
welcf)e  fur(f)tbarc  unb  löbliche  @ct)merjen 
»erurfad^en.  @iel)t  biefeä  ber  JJjanfe,  fo 
fpringt  er  |inju,  brüdt  burd^  einen  Jritt 
auf  ben  ©peer  mit  ber  Saft  feineö  Äörper« 
ben  ©d^ilb  be^  ©egnerö  ^erab  unb  tötet 
ben  nun  unbebcdften  mit  ber  ^(yt  ober 
einem  anbern  Speer.  —  Dicfcr  ©peer  wirb 
Brynthavar  ($anjerbred^cr)  genannt.  ÜJlit 
bem  Sd^aft  fc^ie^en  gehört  ju  ben  ged^t* 
Übungen  ber  Sugenb,  @pecr=  unb  ©tein* 
werfen  ju  ben  i^elben^aftcn  Kraftübungen. 

2)ie  beutfdf)c  58ejeidt)nung  ber  2öaffe  ijl 
®er  unb  ©pcer,  ai)t.  ger,  aglf  gär, 
norb.  geir;  a^t.  sper,  sperilin,  aglf.  sper, 
engl,  spear.  SOBcntger  gebröud^Iidt)  ijl 
©picf,  a£)b.  speoz,  spioz,  notb.  spiot, 
aglf.  spietn.  ®Icid^bebcutenb  ift  San^e, 
it.  lancia,  fp.  lanza.  ©pecr  unb  ßanjc 
»erbrängen  bei  ben  Äunjlbid^tern  iai 
2öort  ger,  ba^  met)r  in  ben  ^elbenfagen 
beibehalten  wirb.  2)ie  beiben  Seile  be^ 
©peereö  ^ei^en  überall  Sd^aft  unb  ©pi^e. 
3)er  ©(i)aft  ifi  auä  ©fd^en«,  .giartriegel« 
ober  (Siben^olj  gcmad^t,  nad^  »crf(^iebenen 
I)id^tern  anä)  auö  ^orn,  SRo^r  ober  Slfen* 
bein.  Dft  war  ber  ©^aft  bematt,  oft 
rau^,  unentrinbet  (unbesniten  unb  unbe- 
schabn).  t>tx  mit  einer  ©pi^c  »erfel^enc 
©d^aft  war  geschiftet.  2)ie  ©pi|e  War 
entweber  bold^artig  fpt^  ober  blattförmig, 
bod^  ftct^  jWeifd^neibig.  33eim  Kampfe  ju 
9to^  würbe  ber  ©peer  nur  al^  ©to^waffc 
gebrandet,  boct)  lieg  ftc^  ber  (Ritter  bereu 
mel)rerc  nad^tragen.  ^ür  ba^  Surniet 
benu^te  man  bic  Surnierlanje,  wel^e  flatt 
ber  ©pi^c  iai  gcjadtc  Ärönlein  trug  ober 
aud^  ganj  fiumpf  war. 

3m  Sanjenfampfe  genof  bie  franjöjtfd^e 
©cnbarmerie  be§  befien  iRufeö ;  gro^c 
Srfotge  ^at  inbeffen  audt)  jte  nidf)t  aufju* 
Weifen.  SDic  im  14.  unb  15.  3a^rf)unbert 
big  4  m  langen  ßanjcn  würben  »ielme^t 
oft  »er^ängniöoon,  faüö  ber  erfie  51ngtiff 
ben  gcinb  nid^t  in  bie  ^luc^t  fd^lug, 
bcnn  in  bem  ©ebrängc  fehlte  eö  an  bem 
nötigen  (Raum,  fte  ju  ^anb^aben.  ®3 
fam  bat)er  fcl)t  »icl  barauf  an,  i>a^  ber 
(Rittet  nad^  bem  erfien  schok  (iHngriff)  ftd^ 
fdf)nen  jutüdjog  auf  bcn  fteien  ^tai,  wo 
et  ben  aüfäüig  jerfplittertcn  ©d^aft  gegen 
einen  neuen  »crtaufd^te  unb  bann  bcn 
5tnlauf  erneute.    S)iefeö  üRanö»er  war  um 


ßanjcict  —  ßegcnbc 


409 


fo  e^er  mögtid^,  vodl  bie  9'?tttet[cf)aft  immer 
nur  in  einem  ©liebe  ottaficrte;  eä  I)ie§ 
„bie  kere",  unb  baf)er  flnbet  man  bei  ben 
alten  3)idf)tcrn  fo  oft  fiatt  bcö  Otufeä 
„93ortt)ärtö  !"  ben  Kampfruf:   „kerä  ker!" 

ül\ä:}t  immer  füfirte  übrigen^  ber  Of^itter 
im  ®efccf)te  ben  fc^meren  fogenannten 
Äüraffpiei,  bie®Iäfe;  oft  n3af)Ite  er  aucf) 
ben  Ieict)ten  raisspiz  (iReifefpief ,  ®pie§ 
ber  SReiftgen,  SReiterfpie^),  ber  minber  lang 
unb  fiarf  tvax  unb  feine  Sßrec^fd^eibe  ((Sin= 
buä)tung,  ®riff)  f)atte. 

5luc^'  ber  6pecr  t)atte  feine  ftjmbolifc^e 
SBebeutung.  Ermangelt  er  ber  ®pi^e,  fo 
iji  er  ein  3ei*cn  bc^  ^^riebenö.  Speer 
unb  ©ä)rt5ert  bebcuten  in  ber  alteren  S^it 
ben  SRannäfiamm  im  ®egcnfa|  ju  (gpinbcl 
unb  Äunfel;  bafter  ber  Stuöbrud  sper- 
mäge,  gennäge,  swertmäge  alö  SBerwanbt« 
fct)aft  üon  Seite  be^  *D?anneö,  spillmäge, 
knnkelmäge  üon  Seite  beö  2Beibeö.  Speer 
h)ie  Stab  unb  }^ai)m  Waren  für  Könige 
ein  Symbol  ber  Übergabe  t)on  iReid)  unb 
Sanb;  ber  Speer  mar  hai  St)mboI  ber 
^crrfd)aft,  mie  fpätcr  baö  Sä)mert.  (Sr 
bicnte  aui},  mie  ^ut  unb  *Pfeit,  jur  5tn* 
fage  beö  Äriege^  bei  ben  SRömern,  Schotten 
unb  Sfanbinaüiern.  9lad)  @an*ü)Jarte, 
SlBaffenfunbe 

Sanjclet  ifi  ber  fRame  beö  gelben  eincö 
5öpfct)en  5lrtuägebi(^teö,  tai  ber  S^urgauer 
Ulrid^  »on  3a^i!f)ooen  um  1200  nad^ 
einer  franjöftfd^en  Quelle  bidjtete.  Ser« 
gleiche  33äd)tolb,  ber  ßanjelet  ber  U.  ü. 
3.  grauenfelb,  1870. 

Saternc.    Sie^e  ben  3lrtifcl  ßeud^ter. 

Saurin,  fte^e  ^^elbenfagc. 

Scberretmc  ftnt>  eine  3trt  Sinngebid)te, 
»eld^c  »on  einem  getüiffen  Sd^äoiuä  er« 
funbcn  fein  foDen  unb  beren  etjic  3eile 
allemal  mit  ben  SBorten  anfängt:  bie  Seber 
ifi  »on  einem  ^ec^t  unb  nic^t  »on  einem 

^^n  »lütejeit  ifi  im  17.  3a^r= 

Ijiunbett. 

Segcnbc,  m^b.  legende,  aui  tat.  legenda, 
b.  \).  roai  beim  tägli^cn  ©otteöbienfl 
»orjulefen  ifi;  biefer  Sittcraturjmeig  finbet 
feinen  Qtnfong  in  ben  OJJartljroIogien, 
b.  i).  ÜRärt^rer»erjeid)niffen,  meld)e  einen 
leil  beö  ältejien  d)rifilid^en  Äalenber« 
bilbeten  unb  in  mel^e  ju  ben  bloßen 
SRamen  balb  aud^  iRadjric^ten  über  ßeiben 
unb  ßeben  ber  ÜJ?ärtt)rer  unb  Sefenner 
l)injugefügt  mürben.  Die  älteren  SUlar« 
tprologien  tragen  ben  Dtamen  beö  $ieront)s 
muä,  bo*  mit  Unrccf)t,  fie  jiimmcn  feiten 
überein,   »ibetfprec^en  fid^  oft  unb  ftnb 


nid)t  ([H  ^eiligenfalenbaricn,  mie  pe  in 
ben  »crfcf)iebencn  Älöfiern  gefüf)rt  mürben. 
35ie  größte  Verbreitung  fanb  baä  SQiartt)« 
rologium  beö  Beda  Venerabiiis,  gejlorbcn 
735,  bcö  angelfäc^jtfcf)en  ®efc^id)tf(^reibcr« 
unb  iBerfafferö  ber  Dfiertafeln ;  namentliift 
in  ®aüien,  bann  aud)  in  2)eutf<^lanb 
mürben  bie  iWiartproIogien  im  9.  3a^r= 
^unbert  mit  großer  Vorliebe  be^anbclt; 
eine  metrifc&c  Bearbeitung  »erfaßte  2Ö an  « 
balbert,  Tlöni)  ju  $rüm,  eine  anberc  in 
$rofa  SH^abanuö  SD?auru?  um  845, 
mieber  eine  foli^e  auf  23efef)l  Äarl^  be^ 
Äal;len  J^uämarb  unb  ^ule^t  ber  St. 
©aller  9totfcr  ber  Stammler,  ge« 
fiorben  912,  unb  in  Vcrfcn  Sr^empert, 
ber  Tlönä)  »on  SÖtontecaffxno.  ^amit 
f)örte  aber  bie  Bearbeitung  ber  furjen  unb 
bütftigen  mattt)roIogif(^en  5(ufjeic^nungen 
auf,  ia  man  bereite  eine  fc^r  gro^e  ^ix\)l 
fluöfü^rlid)er  ßegenben  bcfa§,  teil^  aüi 
ber  3«it  i>cr  S[Rcro»inger,  teiU  auc^  übet 
jene  alten  SDtärtprer,  »on  benen  bie  SDtar« 
tl)roIogen  nur  fe^r  menig  ju  fagcn  muften. 
5n  it)nen  trieb  bie  fß^antafie  ber  ®cijt« 
licfefeit,  ber  |ielbenfage  abgemanbt,  i^re 
feltfamfien  Blüten  unb  munbetbarjien 
©ebilbe,  mcli^e  mieberum  auf  bie  ganje 
S)enfmeife  beö  ÜRittelalterä  ben  größten 
einfiug  t)attcn.  2)0(J)  laffen  ft*  jwet 
Elemente  ber  ßegenbe  unterf(i)eiben,  bie 
ftd)  aud)  in  ben  Flamen  Vita  unb 
Legenda  fenntlid^  mad^en;  ein  ^ifiorif^s 
biograpt)if($eö  unb  ein  poetifd^=erbauIid)e^. 
SDa«s  etflere,  feiten  rein  »or^anfen,  mirft 
boc^  me^r  in  ber  ben  alteren  'JJeriobcn 
»or,  tai  anbete,  bem  namentlich  t<xi 
aBunber  bient,  nimmt  feit  ber  aöfetifc^« 
fird^lid)en  iRic^tung  be^  11.  3af)r^unbert^ 
befonberä  übert)anb;  »iel  öegenbenfioff 
fliegt  auö  m»)tt)ifd)cn  (Srjä^lungen  be^ 
^eibentumö,  bie,  ftc^  an  einen  c^rifilic^cn 
|»clben  anle^nenb,  baburc^  ein  längere^ 
geben  ftifleten.  Viele  Segenben  mürben 
älteren  naä)gema(^t,  befonberö  in  ben 
Älöfiern,  meiere  für  iljre  ^Reliquien  aud^ 
ber  ßcgenbc  beburften.  Balb  ^atte  man 
ßegenben  für  jeben  Sag  im  ^ai)Xi,  bie  feit 
bem  10.  3a^i^l""t'c'^t  in  fleinere  Samm* 
lungen  »ereinigt  mürben.  2)ie  oerbrcitetjic 
ßcgenbenfammlung  aber  beö  ÜRittelaltet§ 
mar  bie  Legenda  Anrea  beö  Jacobus  a 
Voragine,  erjbifd)of  »on  ®enua,  ge* 
fiorben  1298;  burc^  jal)IIofc  Qlbfd^riften 
»erbreitet  unb  in  faft  alle  lebenben 
Sprad^en  überfe^t,  entfprad)  baö  Bud^  für 
ben  praftifd^en  ®ebraud^  auf  ber  Äanjel 
unb    befd^ränftc    ben    ganjen   Ätei^    ber 


410 


Leges  barbarorum. 


^eiligengefc^id^te  auf  ben  Umfang  einc^ 
SBanbeö. 

Qlufer  bct  ^eiligcnlcgcnbc  t)at  tai 
ÜJJittcIaltcr  aucf)  einen  reid^en  ßegenben« 
ct)flug  entreidelt,  ber  ftcf)  an  ®f)rij^uö,  an 
Tlaxia  unb  jum  leil  an  bie  ^poücl, 
namentltd)  an  ^etruä  an[cf)Ue§t;  bie 
ducüen  berfelben  ttsaren  befonberä  bie 
apofrt)p6ifcI)en  ©iiangclien ,  njie  t>ai  beä 
fjlifobcmuä  unb  ber  Äinb^eit  3«[u  unb 
apofr9p^ifd)e  ©arfleüungen  beö  ßeOen^  ber 
üÜaria.  25iefe  ßegenben  1ott)of)I  aU  bie 
eigentlid)en  ^eiligenlcgcnben  finb  feit  bcm 

12.  3a^rl)unbert  pon  beutfdien  S)ictitern 
geijilicften  ober  :^öfifd)en  Stanbeö  nielfacE) 
bearbeitet  worbcn,  fo  ber  tjeilige  ?lnno, 
erjbifcf)of  üon  M\n,  gefiorben  1075, 
3legibiu«,  ßrcöcentia,  So^anneö 
berSJ:dufer,9!)largareta,(ScrDatiu«, 
^rtulu«,  Sßeronica,  ?JiIatu^,  bie 
^eilige  ©lifabetf),  ©regoriuö  auf 
bcm  ©teine  üon  ^artmann  r»on  Qtue,  ber 
arme  ^  einrieb  oon  ebcnbemfelben, 
Sarlaam  unb  Jofap^at,  urfprünglic^ 
baö  ßeben  S8ubbi)aä,  aber  fc^on  im  c^rijl» 
liefen  Orient  jur  Segenbe  umgebitbet, 
©ilüefier  unb  oiele  anbere.  ©^lie^tic^ 
bearbeitete    ein   unbeEannter   S)ict)ter   bcä 

13.  3a^r^unbertä  in  feinem  *PaffionaI 
ben  ®efamtftoff  in  brei  33üd^ern,  beren 
erjieä  bcm  ßeben  3cfu  unb  iUiarienö,  ia^ 
jweite  ben  Qipoftetn  unb  ®oangeIifien,  ia^ 
brittc  nad)  in  Drbnung  tti  Äirdi)enia^reg 
ben  anbern  J^eiligen  gemibmet  iji.  S)aö 
®ebicf)t  umfa§t  me£)r  aU  100  000  Beilen. 
S)crfelbe  ungenannte  ^rebiger  befcf)rieb 
aucf)  in  einem  anbern  SQBcrfe,  der  veter 
buoch,  hai  ßeben  ber  fogenannten  ^lU 
üäter  ober  erftcn  ÜJJönd^c.  ®ie  legten 
2a^ri)unbcrtc  beö  SOJittcIalterö  bearbeiten 
ßegenben  mit  ißorliebe  in  bcutfct)er  '^rofa, 
fowol;!  einjetn,  aU  in  i^anäen  ®amm« 
lungen.  2)ag  Ic|tere  t{)at  u.  a.  J^ermann 
Don  ^ri^Iar  im  14.  3af)rf)unbctt  unb 
jnjar  mieber  burd)  alle  SUJonate  Ijin  nad^ 
ber  ^^otge  ber  9tamen«tage  in:  daz  buoch 
von  der  heiligen  lebine;  anbere  fpätere 
Sammlungen,  bie  ben  SRamen  ^affionale 
aller  ^eiligen  ober  ber  ^eiligen 
ßeben  tragen,  ftnb  im  15.  3al)r(;unbcrt 
burd)  frühen  2)rucf  oerniclfältigt  morben, 
jucrfi  'Uugsburg  1471;  fte  pflegen  in 
©ommertetl  unb  SGßintertcil  getrennt 
ju  fein.  2Battcnbad),  ®efd)ic^t2!que(Ien 
unb  SBacfcrnagcI,  ßittcratur=®ef(i)icf)tc. 

Leges  barbarorum,  iBoIf«red)te, 
t)ei^en  bie  ältcflcn  *J{cd)täaufjeid)nungen 
ber  9crmQntfd)en  Stamme  nad)  ber  SBöIfer- 


manberung.  33or  ber  Ißölfcrmanbcrung 
l)atten  bie  ©ermanen  feiner  gefdjricbcncn 
(Sefe^e  bcburft;  erft  aU  fic  fii^  nac^  ben 
.kämpfen  mit  ben  SRömern  tcilrocife  auf 
tömifc^em  93oben  niebergclaffen  unb  neue 
Staaten  gebübet  f)atten,  in  meieren  S)eut« 
f(^c  unb  Diömcr  nebeneinanber  lebten,  unb 
bie  95er{)ältniffc  t^crmidelter  gcmorben 
waren,  trat  tai  ©ebürfniä  ein,  neben  ber 
gefijieQung  be^  »on  früher  ^cr  bePe^cn* 
ben  SRec^teä  äuglei(|)  bie  neuen  iBcr^älts 
niffe  re^tUc^  ju  fiyicrcn.  ®ic  3SoIf«rec^te 
ftnb  barum  nid^t  blo§  ^ufjcii^nungen  beö 
©ewo^n^eitöred^teö,  fonbern  jum  Jeil  dx' 
gebniffc  ber  SSercinbarung  beä  gefamten 
ißolfeg  über  baöjenige,  »a^  eä  aU  iRecit 
befolgen  moüte,  ober  ber  ©cfe^gebung  bc3 
Äönig^.  3)ie  befonbere  ®ntfiet)ung  biefer 
SRcd^töaufjcid^nungen  unb  ber  fpätcren 
SBcränbcrungen  ifi  mciji  in  tiefet  ©unfel 
gefüllt;  bod^  enthalten  man^mal  bie  !Pro* 
löge  ober  (Spiloge  mcl)r  ober  minber  be* 
glaubtgte  lRac^rid)ten  über  ben  Urfprung 
bcö  ®efe|eS.  S)aö  n)id)tigPe  ÜJiotio  für 
bie  51ufjeic^nung  bc§  SJlcd)teä  f(^cint  bie 
Serüijrung  mit  ben  SRömern  abgegeben  ju 
^aben,  beren  IRcc^t  mit  bemjenigen  ber 
eingemanberten  2)eutfdf)en  gegenfeitig  ju 
oereinbaren  mar;  man  erfennt  bai  barauö, 
ba§  bie  erfien  leges  foldöen  Stämmen  an- 
gel)ören,  njeld^e  am  frübejlen  auf  römis 
fd)en  Soben  einmanberten.  Sine  fernere 
Scranlaffung  ju  !Rec^töaufjci(f)nungen  trat 
bann  ein,  menn  mct)rere  biö^cr  öonein» 
anber  unabl)ängige  ©cmcinben  ober  @taa» 
ten  burd)  Eroberung  miteinanber  Der« 
einigt  mürben,  roobci  bann  eine  ißerein» 
barung  über  gemiffe  5Rec^t§t'erf)äItniffe, 
namentlid)  über  bai  SBergelb  unb  bie 
SuBcn,  jum  Scbürfniä  mürbe.  Jür  bie* 
jenigen  '-ßolföfiämmc,  meld)c  i^re  einmal 
eingenommmcnen  2[öof)nft|e  nid)tmc§r  »er« 
liefen,  trat  erfi  mit  ber  Untermerfung  unter 
baö  fränfifc^e  ■  !Hei(^  ein  33ebürfniö  ber 
9lcd)täaufjcid)nung  ein;  bcrart  ftnb  im  6. 
unb  7.  3at)rliunbert  bie  leges  ber  23at)crn 
unb  *}llamannen  entfianben.  Äarl  ber 
®ro§e  enblid)  lie§  bie  SRcc^te  aller  ber» 
jenigen  Solfäfiämmc  iierjeid)nen ,  meldte 
biö^er  nur  nad^  i^rcn  ©emo^n^eiten  unb 
ben  ungefd)riebencn  Vereinbarungen  über 
tai  (Red()t  gelebt  Ratten:  bie  SRcd^te  ber 
^riefen,  Sad^fen,  unb  Sfjüringcr.  *Jlud^ 
ber  Übertritt  jum  (J^rifientum  mar  ein 
Qlnla^,  bie  9icd)tc  ber  Äird^e  unb  ber  ®eifi* 
lid^fcit  feft^ufc^en  unb  bie  mit  ber  ^eib* 
nifc^en  iReligion  5ufammcnf)ängenben  ®e» 
bräudöc  dörijtlid^   umjuänbern.'    ^ux  hai 


Leges  barbarorum. 


411 


falifc^e  iRec^t  iji  no^  oor  ber  ®infüJ)rung 
beä  d^riftentumä  abgefaßt  hjorbcn.  Über« 
aU  fd)eincn  cö  einige  au«gelt)dl)tte,  mit  ber 
^Inreenbung  beö  9fled)teä  certraute  ÜJlänner 
gewefen  ju  fein,  benen  man  tai  ®c[d)äft 
ber  51ufjci^nung  übertrug ;  mo  aber  burd^ 
bie  ©efe^gebung  ein  ®runbfa|>  aufgefteUt 
werben  foüte,  mar  eö  ber  Äönig,  ber  auf 
ber  JReic^öoerfammlung  mit  ben  meltli(^en 
unb  geiftlii^en  ©ro^en  unb  unter  3"}^«- 
l)ung  bcö  aSoIfä  i>ai  neue  SRed^t  »er* 
!ünbete. 

Der  3n^alt  ber  23olE^red)te  ijt  mannig« 
faltig  unb  itir  Umfang  ungleich,  pi^iift 
nehmen  bie  33uf  fä^e  für  bie  »crfc^iebenen 
SRec^töterle^ungcn  unb  bie  2BcrgeIbbcftim« 
mungen  für  bie  ©tänbe  bie  midjtigjte  ©teile 
ein.  ^Daneben  erfc^eincn  Seftimmungen 
über  SBerfaffung  unb  Äird)e,  über  bie  Stel* 
lung  ber  9ftöracr  ju  ben  ÜDeutfc^en,  bann 
finbet  man  iBer^ältnifj'e  be^  ©runbbeft^eä 
unb  bie  gormcn  feiner  Übertragung  be= 
rüctjtc^tigt,  hai  (Jrbred^t,  baö  ©üterre^t 
ber  ©Regatten  unb  tai  ^amilienred)t  über« 
^aupt,  bie  ßeijlung  bcä  ®(i)abenerfa^eö 
unb  bie  SSerfolgung  bee  Eigentum«!  an 
bcrecgli$en  ©adjen.  3ie(ä)t«fä^c,  mel^e 
in  ber  Überjcugung  unb  ber  Äunbe  aller 
lebten  unb  taglic^  geübt  mürben,  über* 
ging  man  bei  ber  "Jlufjcid^nung.  23iclfac^ 
ftnb  einzelne  ©eftimmungen  unb  ganje  5lbä 
fd^nitte  aui  einem  iRed)t  in  ba^  anbere 
^inübergenommen  morben.  S)tc  2)arjiel= 
lung  ifi  balb  breiter,  balbfnapper;  manche 
S5oltörcd)te  liaben  mehrere  Überarbeitungen 
erfal)ren. 

9Rit  5luäna|me  ber  angelfdcbfifd^en  Oe* 
fe^e  ftnb  alle  SBolfiJrec^tc  in  lateinifc^er 
©prad^e  gef^rieben;  boc^  finbet  man  jer« 
jlreut  oiele  beutfd)e  SBorte,  jum  Icil  beut* 
fct)e  SRebenäarten.  erji  im  9.  ^a^r^unbcrt 
ftnb  einzelne  9ted)töquctlcn  beutfc^  über« 
fe|t  morben. 

S5er  SRame  ber  iBolfäred^te  lautet  in 
ben  Duellen  felbjl  ai)i.  ewa  =  ®efe^, 
SRec^t,  ober  pactus,  pactum  =  iöertrag. 
Edictus  t)ei^t  bie  longobarbifd^en  Äönigö= 
Ö^fe&e,  auc^  ber  SRame  leges  fommt  cor. 
3)ic  einzelnen  iBolEörc^te  jtnb: 
l.  Lex  Salica,  im  nörblid)en  ^ranf* 
rcic^  beimif^,  mürbe  noc^  in  l)eibnifc^er 
3^'t  ttad^  einem  Sef(^luffe  ber  ^aupter 
beä  aSolfeä  non  üier  baju  ermäl)lten  ORän- 
"ein,  Yoi\d)t  an  brei  SfRalbergen  jufammen* 
lamen,  niebergefd)ricben ,  fpater  aber  »on 
6.l)lobemi(^  unb  einigen  Stac^folgern  über* 
arbeitet.  I)aö  ®efe^  mar  no*  ju  ^aiU 
beö  ®to^en   S^it   in   ©ebtauc^.     ©inigc 


^anbfc^riftcn  entt)alten  t)äufig  mitten  im 
leyt  unter  ber  ©cjeicfenung  iDfalberg  ober 
■ajJalb.  altbeutfc^e  ©loffcn,  gcmö^nlic^ 
üRalbergifd)e  ©loffcn  genannt,  bie, 
oon  ben  *}lbfd)reibern  frülje  nid)t  mct)r 
»erftanben,  biö  jur  Unfcnntlid)Ecit  ent* 
jtellt  unb  aümülilidf)  ganj  »eggelaffen 
mürben.  3^t  Jiame  SKalbcrg  fiammt  oon 
mal  =  ©erid^täberfammlung,  unb  berg, 
b.  i.  ber  $la^,  an  melc^em  biefelbe  abge« 
galten  mirb;  fte  mürben  früt)er  auö  bcm 
Äeltifc^en  erflärt,  fmb  aber  »on  Jacob 
®rimm  alö  ber  bcutf^en  ©prac^e  angel)örig 
erfannt  morben. 

2.  Lex  Kipuariorum,  iai  [Red)t 
be«  jmeiten  fränfifd)en  |>aupif!amme^,  ber 
ribuarifc^en  JJranfen,  au«  bcm  6.  3a^r« 
fjunbcrt,  galt  in  ben  oft*  unb  r^einfriin* 
Eiferen  ©egcnben  unb  mar  jugleid^  baö 
gtec^t  beä  frdnEifc^en  ÄönigS^aufe«. 

3.  LexWisigotorum,  befiel)t ment= 
gcr  au«  bem  biöl)crigen  ®emot)nl)eitäred^t 
ber  SBeftgoten,  fonbern  au«  Äonfiitutionen, 
meld)e  bie  meftgotifc^en  i^önigc  mtt  i^ren 
geifilic^en  unb  meltlid^en  ®ro|cn  auf  ben 
JReid)«tagen  berieten,  mobei  überall  auf  ba« 
römifc^e  SRec^t  Oftüdftc^t  genommen  ifi. 
3)ur^  bie  unerträgli(^e  r^etorifc^e  Steile 
unb  ben  gejierten  3[öortreid)tum  mirb  bicfe« 
SRedl)t«bu^  biömeiten  bunEel.  ®ö  ^at  fic^ 
aber  fet)r  lange  erhalten  unb  ifi  nod^  im 
13.  3i<§r^unbcrt  in  iai  Safiiliamfc^e  über* 
fe^t  morben. 

4.  Edictum  Theodorici,  ein  für* 
je«  unb  bürftige«,  »on  S^eoborid),  bem 
Äönig  ber  Dfigoten,  um  500  ganj  unb 
gar  bem  römifd)en  9ied)t  entnommene« 
® efc^bud^,  meldte«  mal)rfd)einlid^  oon  einem 
iRömer  im  *2luftrage  iti  Äönig«  entmorfen 
mürbe  unb  mcld^em  Sarbaren  unb  iRömcr 
gleid^mä^ig  untermorfen  fein  foüten.  S« 
|atte  nur  Eurje  2)auer. 

5.  Lex  Burgandionnm,  um  500 
burd)  ^önig  ©unbobalb  gegeben,  ifi  meni* 
gcr  au«  einer  5lufjeid^nung  bc«  ®emol)n* 
^eit«rec^te«  |eroorgegangen,  al«  au«  ber 
Qlbfaffung  einjclner  ®efe^e,  mclt^c  bei 
Äönig  unter  ®ene^migung  unb  Scirat  ber 
®ro§en  be«  SReid^e«  unb  mit  Serücfftd^* 
tigung  be«  römifdl)en  iRcdfite«  erliefe.  S)iefc« 
SRcd^t  mar  in  58urgunb  noc^  im  9.  Ja^r* 
i)unbert  gültig,  gür  bie  burgunbifc^en 
{hömti  mar  al«  Srgauäung  ber  für  SRömet 
unb  Surgunbcr  bcfiimmten  lex  ein  befon« 
bere«  ®efcpuc^,  bie  lex  Bomana  Bnrgun- 
dionum  üerfafet  morben. 

6.  Edicta  regum  Langobardo- 
rum.    2)iefe«  ®efepud^  befiet)t  urfprüng* 


412 


8cftn«h)efen. 


lid^  auä  bcm  »on  Äönig  JRot^ari,  636 
bi^  652,  gefammcitcn  unb  bto§  für  bie 
beutfd^en  UnterttiaTien  flültigen  93eflim= 
muni^cn  beö  langobatbifc^cn  ©etro^n^eitös 
xtä)Ui  mit  ben  alö  notwcnbig  ctfannten 
(Srgänjungcn.  ©einem  inneren  ®cf)alt  na^ 
tfi  e§  bie  üotifommcnjie  S^öpfung  beut= 
fc^cr  ®efe|gebung  in  biefer  «Periobe  unb 
jcid^net  ftd)  nic^t'blo^  burd^  ben  Umfang, 
bur^  Älar^eit  unb  33epimmtf)cit  in  ber 
ij^affung,  fon^ern  ebenfofe^r  burc^  ben 
l)umanen  unb  aufgcflarten  ®eip  auö,  ber 
eö  burd)jiebt.  3n  ^e^  folgenben  Seit  famen 
ju  biefem  Edictum  Rotharis  bie  ®e* 
fe|e  ber  fpäteren  Könige  tiinju.  Qtud)  nac^ 
Sefeitigung  ber  langobarbifdben  Könige 
crbielt  biefeö  (Rcdjt  feine  ©ültigfett  unb 
mürbe  niit  blog  »on  ber  fpäteren  35o!= 
trin  miffenfcbaftlid)  bearbeitet,  fonbern  aud^ 
bur(f)  befonbere  Kapitularien  ber  fränfi= 
f^cn  Könige  erganjt  unb  fortgebilbet. 

7.  Lex  Alamannornm.  I)er  ältefie 
•öeftanbteil  biefeö  iBolf«recf)te0  mürbe  unter 
bcm  Flamen  Pactus  um  550  aufgef(^rieben; 
biefer  mürbe  rcieberf)oIt  unb  mit  biöt)er  unge= 
fd^ricbenem  ®emo^n^citöre(i)t  fomo^I  al« 
mit  neuer  Segiölation  ermeitert  Curd) 
ß^lotar  n.  um  620,  ber  befonberö  bie 
fiaatlic^en  unb  fird)Iid^en  Ser^dttniffe  5lla* 
mannienä  im  2luge  ^atte.  ©ine  SRenifion 
biefeä  ©efe^eö  na^m  im  8.  3a^rt)unbert 
^erjog  ßantfrib  mit  ©enebmigung  ber 
®rof  en  feine«  ^erjogtumö  unb  beö  gefam« 
ten  ißolfeö  cor.  dnbtt^  brachte  Äarl  ber 
®ro§c  ober  Submig  ber  fromme  biefeö 
a5oIt^rcd)t  in  »erbejferte  ^bfc^riften. 

8.  Lex  Bajuvariorum.  Sä  ifi  bieö 
eine  Kompilation  auä  teilä  baprif^em, 
tcilä  frembem,  ncimlic^  alamannifc^em  unb 
meftgotifc^em  Otec^t  unb  entf)ält  93efianb; 
teile  au«  cerfdiiebenen  3«iten,  meiere  nie 
ju  einem  mirflid)  einbeitlidien  ®efe^bud) 
tcrarbeitet  morben  fxnb.  Die  (Rebaftion 
ber  öerfd)iebenen  jum  Jeil  »iel  älteren 
93efianbteile  ju  einem  ®anjen  fd)eint  um 
bie  aWitte  be«  8,  Jatir^unbertä  jiattge» 
funben  jU  ^aben. 

9.  Lex  Angliomm  et  Werino- 
rnm  hoc  est  Thuringorum.  S)iefeä 
fleinfte  ißolföred)t,  für  beffen  3cit  ber  (5nt= 
fiel)ung  aüe  fieberen  5lnt)alteipunfte  fehlen, 
fc^eint  in  ber  3eit  Äarlä  beä  ®ro§en  ent* 
iianbcn  ju  fein.  5llä  ^eimat  bcä  ®efe^* 
buc^eg  nimmt  man  Springen  an,  mo 
einji  auc^  Qlngeln  unb  2Beriner,  bie  man 
fpäter  in  |)olilein  unb  @d)Ieämig  finbet, 
niebergcIaJTen  maren.    5lnbere  meifen  baä 


®efe^    ben    am  "Sticberr^ein    mo^nenben 
2;t)üringern  ju. 

10.  Lex  Frisionnm.  6ä  entf)ält 
auäfd)tie§lid)  39u^bej!immungen  für  bie 
einjelnen  jirafbaren  J^anblungen ,  mobei 
eä  in  betaitliertefier  Sßeife  ju  SBerEe  ge^t, 
über  lötung,  2)tebf!a^t,  ©efd)äbigung, 
m^\)mat,  93ranbf!iftung,  g^laub,  Unjuc^t, 
SWeineib,  Q3ann,  ^örperüerle^ungen  unb 
Seleibigungen.  3tud)  biefeö  ®efe^  ifima^r« 
fd)einli^  unter  Äarl  bem  ®ro§en  ent* 
jlanben,  als  802  auf  bem  SReic^ätage  ju 
5lac6en  bie  i8oIfäred)te  aufgejeid)net  unb 
rewibiert  mürben.  Qluffaüenb  finb  bie 
beutlidöen  ®puren  ^eibnifd)er  SRed)täge« 
brauche 

11.  Lex  Saxonum,  bej^eftt  auä  bret 
gegen  6nbe  beö  8.  ^'^b^^^nttertä  aufge« 
fc^riebenen  SePanbteilen,  metd)e  üon  Äart 
bcm  ©ro^cn  auf  bem  SReid)ötage  ju  5la(^en 
802  mitcinanöer  »ereinigt  mürben. 

35ie  angelfä^fifd)en  ®efe|ie  übergeben 
mir  aU  nid)t  jum  fränfifc^en  SReic^e  ge» 
t)örig.  @  1 0  b  b  e ,  ®efc^id)te  ber  beutfc^en 
IRed)t«quenen,  unb  SBalter,  9{ed}töge« 
fc^i(^te. 

Se^nötDcfcn,  öencfijialtoefen,  5Dic  ©nt* 
fiet)ung  ber  Senefijien  mirb  »on  ber  rei^tg« 
gefä)td)tlic^en  5orfd)ung  »erfc^ieben  er« 
flärt;  bie  einen  laffen  bie  33enefijien  in 
5lnlef)nung  an  ia^  römifc^e  SRed)t  baburc^ 
entfielen,  ta^  namentlid)  bie  Äiri^c  frei» 
miüig  einen  Seil  it)reä  ®runbbep^e€ 
gegen  einen  befiimmtcn  3*"^  "^f'-  ^i«nfl 
ober  blo§  gegen  einen  fleitien  ©^einjin« 
au0  2ßo{)Itbat,  baber  ber  3?ame  bene- 
ficium,  sum  Jliefbraud^  an  anbere  Vergab, 
eine  ©itte,  ber  bann  ber  Äönig  ebenfalls 
folgte;  anbere  lajfen  iai  QSenepjium  erfl 
mäbrenb  ber  Kriege  gegen  btc  Araber  im 
ad)ten  3'^f"t^"ii^fi^t  bergeftalt  entfielen, 
baf  ftd)  in  biefer  3«'*  füi  ben  fränfifi^en 
König  bie  DfJotmenbigfeit  jeigte ,  bie  über* 
mächtigen  ®rofen  ju  geminnen,  um  burc^ 
beren  Seifpiel,  befonberä  im  geerbten ji, 
auf  bie  anberen  ju  mirfcn;  ta  nun  baä 
Krongut  burd)  «Si^enfungen  erfd)öpft  mar, 
fo  fab  man  fic^  genötigt,  bai  Eigentum 
ber  Kircbe  in  ber  ^orm  einer  Qtnlei^e 
anjugreifen,  ju  welchem  3*^**^  ""t*'^ 
Karl  2RarteUä  @öf)nen  bie  Kirdjengüter 
»erjeid)net  unb  ein  gro§er  leil  ba»on 
»erteilt  morben  feien,  ©id^er  if!,  ta^  ju 
Karl«  b.  ®r.  3eit  ba«  Jnfiitut  ber  SBene* 
fijien  fc^on  mannigfaltig  auägebilbet  mar. 
93ei  ben  fird)Iid)en  ?anb»erleit)ungen 
ivoax  trennen  fidf)  bie  eigentlichen  3*"^* 
bauern   mit  ber  3f't   »on  ben  3"^obern 


?cl)n«tt)cfen. 


413 


üon  Scnepjien,  toetd^e  jum  Icil  ange= 
fe{)cne  Wanmx  jinb;  immer  noc^  »erben 
einjelnc  Äirc^enpter  burd^  ißerfüflung  beö 
Äönige  fo  »erliefen,  aii  ob  fie  tönic5licf)e 
Senc^jien  wären,  neben  treldjcn  S8cne= 
pjien  aber  aui)  freinjiHige  93erlei^ungen 
feitenö  bcr  Äird)e  forfommen ;  fo  Bergeben 
avii)  n)eltlici)e  ©runbbejt^er  unb  nament= 
lid)  bcr  Äönig  felber  \i)Xi  (Sütcr  ju  33ene= 
Pjien,  teitö  mit,  teilä  of)nc  3'«^-  3""i 
cigentli(^en  ßetineftcfen  aber  wirb  taz 
ScncfijialTOefen  crji  baburcf),  ia^  ti  mit 
ber  SafaUität  (fteöe  biefen  Olrt.)  in 
iBcrbinbung  tritt,  toa^  iioQjlänbig  unb 
nod^^altig  crji  im  10.  unb  1 1.  3a^rf)unbcrt 
gc[d)et)en  i(l.  Die  folgenbe  ©fiäje  lebm 
Ä*  nn  5Bai0,  ©eutfc^e  a3crf.*®ef*. 
S8b.  VI,  9Uifd)nitt  5. 

2)aö  ©enefijium  iji  eine  fold^e  ßanb» 
öcrteil)ung ,  bie  eine  nät)erc  iDerbinbung 
^trifcften  bcm  *ßctleif)er  unb  Smpfänger 
begrünbet,  bem  legieren  befonberc  2}er= 
pflic^tungen  auferlegt  unb  in  bcm  5}ei« 
^ältni*  ber  SSafaKität  einen  befümmtercn 
4l)arafter  annimmt.  2)aö  beutfc^e  SBort 
für  Senefijium  iji  fielen,  at)b.  lehan, 
mbb.  lehen;  feit  bem  elften  Jaf'fl'unbert 
fagt  man  aud^  feodum  ober  feudum; 
bicfeö  SBort  ging  auö  einem  älteren 
mittellat.  feum,  eigentlich  fen-um  l)erDor, 
bcjfen  ©tamm,  baö  prot)enjalifd)e  feu, 
ital.  fio,  altfranj.  fieu,  latinifiert  finm  = 
ße^engut,  ßel;enjinö,  a\xi  got.  faihu  = 
iBcrmögen,  ^abe,  al)b  fihn,  feho,  feo, 
n^b.  S5ie^  entfianben  ijl,  f.  SBeiganb. 

5ln  unb  für  ftd)  erfd^eint  jcber  fä^ig 
fielen  ju  empfangen;  erfi  fpätcr  jinb 
©üuern,  ^aufleute,  ©cifilicfcc  unb  gtaucn 
bacon  auögef(^loffen  roorben;  eine  »afal= 
litif^c  ^ulbigung  fanb  bann  aber  nid^t 
jiatt.  Oft  jtnb  folc^e  niebere  ©enefi^ien 
mit  einem  5r)ienfi  ober  ®cfct)äft  ocrbunbcn, 
bie  Öelo^nung  ober  QSefolbung  für  tai' 
felbc,  bei  gifdx^tn,  Sffieingättncrn ,  |)anb= 
»erfern,  5äg«n,  görjiern,  ÜWeiern  ober 
©d^ult^eitcn ;  auc^  ber  ©ienfi  bcr  Tli- 
nijlerialcn  (fiel)e  biefe)  mar  mit  einem 
Scnefijium  ncrbunben;  bei  Oeifilid^en  ifl 
mit  ben  einäclnen  geijilic^en  ©teilen  ein 
®ut  »erbunben,  ia^  bem  3nl)abcr  Untcr= 
^alt  gemäbrt  unb  fein  33enefjium  t)eifet; 
aud)  einjelnc  Äirchen  unb  ÄapcHcn  »erben 
al*  ißenefijium  übertragen,  »ogcgcn  bcr 
Smpfänger  bie  geijilid)en  jjunftionen  ju 
üben  unb  bie  (Sinfünfte  ju  jiet)en  t)at. 
33erfc^iebene  Äird^en  »erleiljcn  einanber 
gcgcnfcitig  ißenefijien,  »ie  anberfeitä 
$erfoncn    geipiicl)en    ®tanbeö   Dorn   erj= 


bifc^of  biö  jum  ÜJiönc^  ßcl)n  t»on  ffielt« 
li(i)cn  empfangen.  Umgefebtt  net)men 
ffiettlid^e  »om  Äaifer  an  ab»ärtö  Äir*en- 
gut  JU  öetjen.  Da^  5?ed)t  ber  ißcrleit)ung 
fianb  jcbem  offen,  unb  t>a^  empfangene 
ßc^n  fonnte  an  einen  brittcn  »eiter  ge= 
geben  »erben,  ©egenftanb  beö  8et)en» 
»ar  alleö  9JJöglidf)c,  »aö  Jiu^cn  unb  Sin-- 
fommcn  gemährte,  mit  ^uönat)me  ber 
fabrcnben  ^abe;  am  meiftcn  aber  »urbe 
©runbbefi^  gegeben,  einzelne  ®ütcr  unb 
größere  ^öfe,  |)äufcr,  Srauercien,  Sffü^lcn, 
fflcinbcrge,  Söälbcr,  ^if«^««*«"/  Surgen 
unb  ©chlöffer,  ©täbte,  ^rooinjcn,  ja 
iReicöe;  fobann  Äird)cn,  Äapctlen,  .^löfler, 
^ofpitälcr,  iUltäre,  ber  3f^"ten;  fobann 
»urbe  ftatt  ber  ©egenfiänbc  felber  ber 
Ertrag,  ben  ftc  boten,  bie  iBorteile,  bie 
fie  ge»äbrten,  ju  ße^en  gegeben,  j.  33. 
bei  ÜJiünjen  unb  S^tiin,  '-ßrüden«  unb 
t^al)rgclbern,  3infen  unb  ßcifiungen,  »obei 
oft  abhängige  ßcute,  bie  an  unb  für  ficfe 
nidjt  unfrei  »aren,  ©egenftanb  ber  93cr* 
leil)ung  »urben.  Qludb  eine  beflimmte 
®elbfumme,  bie  bcr  Sclcbnte  bann  jätjr» 
lic^  empfangen  foü,  fann  ©egenfianb  bcr 
Selebnung  »erben.  ®anj  befonbcrö  aber 
»urbe  baei  ^mt  mebr  unb  mel)r  aU  ßc^n 
angefef)en  unb  bc^anbelt,  fo»of)l  in  ben 
nicberen  greifen  hii  ®uteöer»altern  unb 
ÜJteiern,  alö  namcntli(^  bei  ben  t)ö6ercn 
Scamtungcn  bcr  25ögte,  ©rafen,  SUiarf^ 
grafen  unb  ^erjoge;  eine  |)auptfac^c  »ar 
babei  jiet^  bie  ©eric^täbarf  eit.  %\iä)  bie 
!Berpflict)ungcn ,  »elc^e  mit  bem  ßeljen 
übernommen  »erben,  ftnb  oeridbiebcner 
'Jlrt;  ein  bloßer  3inö  fomnit  mct)r  in  ben 
nicberen  Greifen  oor;  »a§  für  iai  33enc= 
fijium  d^arafteriftifdt)  ift,  ifi  üielmel)r  ber 
3)ienft,  ber  me^r  unb  me^r  einen  f  ricgc« 
rifc^cn  (5.f)araftcr  angenommen  ^at 
unb  auf  bem  bie  "öcbcutung  beö  ßebn« 
»efenö  »efentli(^  berul)t.  ©in  ße^n,  auf 
bem  eine  fold^e  SScrpfliAtung  ru{)t,  bei^t 
Äricgölet)n  gegenüber  bem  3^"^^^^"- 
9!Jlan  unterfd^eiDct  babei  ben  ^cerbienfi 
für  tai  üiixä)  unb  bie  ^riegä^ilfe,  bie 
bem  .^errn  bei  anberer  ®clegcn^ett  gclcifict 
»irb.  Sen  Jgjcerbienfi  für  iai  SRcid) 
leiflete  ber  gürjl  eben  mit  ben  3n^a^eicn 
feiner  Sencfijicn,  für  ben  befonbcrcn 
ÄricgäbicnP  pflegte  eine  befonberc  iBercin= 
barung  getroffen  ju  »erben.  3"  ber 
(Staufifc^en  3"t  ^attc  bei  bcm  iRömcrjug, 
»enn  t>a^  ^cer  auf  ben  Dtoncalifd^cn 
gelbern  lagerte,  jcber,  bcr  ßc^n  befa§,  bie 
erfic  9iac^t  bei  bcm  ^cerc  eine  SBac^c  ju 
Icijicn.  Sin  fie^n,  tai  jur  Sßcrtcibigung 
27 


414 


itiä). 


»on  Surgen  Perpflic^tek,  t)ie§  'ö  u  t  g  I  e  l)  c  n. 
5luc^  jum  ^ofbicnfie  ncrpflicbtet  baä 
Üc^en;  Der  fie^nträger  t)at  bie  $fU4t,  am 
^ofe  be^  •fecrrn  ju  crfcfeeinen,  bei  ^of= 
gerieften  ju  fungieren,  an  23erl)aiiblungen 
teiljunebmen,  ben  ^errn  an  bcn  ^of  be« 
Äönig«  5u  begleiten,  bcm  ^crrn  bei  fcicr= 
Iid)en  ©clegenbciten  ©c^rcert  ober  <Bä)i\t 
ju  tragen.  i)iit  rem  (Smpfang  be^  ßebene, 
wenn  buefelbc  nic^t  iBermalttr  nieberer 
Simfer,  SDhnifteriülen  unb  ©tift^gcijllicfce 
betraf,  roar  regtlmd§ig  bie  üafallitif  c^e 
^ulbigung  »etbunben,  beren  5infängc 
in  altere  3«it  jurücfreiAen ;  Tic  trat  überall 
t)a  ein,  roo  bet  felbfiänbige  ^rcie  tai^ 
(Sut  eineö  anbetn  empfing  unb  bamit  bie 
33erpfli(^tung  jur  friegerif(^cn  |)ilfe  iibers 
na^m.  Derjenige,  ber  bie  ^»ulbigung 
leiflet,  bei§t  vassns,  fpäter  vasallus, 
beutfc^  man,  lat.  homo  ober  vir,  üor^ 
jugärccife  aber  m i  1  e s.  ®a«  SRed^t,  roelc^e« 
bafür  galt,  t)ie^  jusmilitare,  Ärieger* 
ober  SRitterrecht,  ber  *HEt  ber  Sßerbinbung 
hominiam,  homagium,  manschaft, 
hulde.  Sie  gefc^al)  in  alter  ffleife  bur^ 
^anbreidjung,  rcorauf  ber(5ib  folgte, 
ber  äunächji  auf  fefte  Ireuc  ging;  ber  öe« 
Iet)nte  ocrfpracb  nac^  ber  übiict)en  gormcl, 
fo  treu  unb  ergeben  ju  fein,  »ie  eö  ein 
SOlann  gegen  feinen  ^crrn  fd)ulbig  ifl; 
bcn  greunben  beö  ^errn  freunb,  ben  gfinben 
feinb  ju  fein ;  bem  ^errn  unb  ben  (Seinen 
ein  frommer  unb  treuer  Reifer  ju  [ein. 
2)er  eib  foüte  gelten,  folange  ber  33afaü 
ba^  (gut  innehat;  er  foll  biefe^  oerlieren, 
hjenn  er  feine  33erpfli<^tungen  nic^t  erfüllt. 
21'cnn  es  ftc^  um  eine  fefle  23urg  l)anbelt, 
foU  biefe  bem  ^crrn  aüejeit  offen  fiet)en. 
S)er  (Sib  mirb  mit  aufgericfiteten  ^änben 
ober  auf  ^Reliquien  geleiftet.  Später 
tüurbe  ber  gauje  Vorgang  no(i  feierli^er 
gemad)t.  5Die  93ele^nung  felbcr  ober 
bie  S""?«  f'^tur,  gef*ab  in  fpmbolifcfecr 
.^anblung  bur*  Überreichung  eincö  (Segen« 
ftanbeö,  ber  nad)  'Hxt  beö  ßet)n0  oerf^ie= 
ben  mar,  burc^  ben  |>anbfd)ul}  ober 
ben  Stab,  ben  geiftUchen  $5"'^t^f"  f«'' 
bem  iffiotmfer  Äontotbat  burd)  ia^  ©cep  = 
tcr,  einjeln  burc^  ben  9ling,  bei  ben 
fiaienfürften  burd)  bie  ßanje  mit  ber 
gaMe  ober  burc^  bie  (5i^ne  aücin,  tt)o> 
bei  bei  ber  (Bereinigung  meljrerer  Jüi^l^fn' 
letjen  in  einet  ^anb  aucf)  meistere  Jahnen 
gegeben  würben;  abl)ängige  Äönigreid)e 
ttiurbcn  fpäter  mit  bem  Schwert  über« 
tragen,  in  3talien  fommt  ber  5t bl er  oor. 
Sei  bem  JBec^fel  be^  .^crrn  unb  be« 
ÜJlanned    mar    eine    (Srneuerung    fotüo^l 


ber  ^ulbigung  alä  ber  QScrlei^ung  crfor« 
berlich. 

Schon  früh  jeigtc  ft^  im  Scneftjiat« 
njefen  bie  Steigung  gur  2tuöbitbung  erb* 
lid)er  SSerhältnilfc,  biö  biefe,  ben  ffliber* 
flreben  namentU^  ber  Äirche  jum  Iro^, 
in  i)öl)iXin  unb  nieberen  Äreifen  jur 
iRegel  mürben ;  auc^  Söchter  fuccebierten 
oft  in  t>a^  ßebcn.  2)er  SafaH  l)atit  ein 
genoiffcö  SRcdjt  ber  Verfügung  über  baÄ 
ihm  anüertraute  (Sut;  aber  oerdu^crn  o^cr 
oertaufchen  burfte  er  eö  bto^  mit  3"^'"^* 
mung  beö  ^ertn.  ßeben  fonnte  aud)  miebcr 
bIo§  mit  3uftini"iung  bee  ^etrn  in  6igen« 
tum  oerroanbett  werben.  Sßiüfütlid)  ent» 
;\iehen  burfte  ber  Jg)err  tai  ®ut  nii^t;  mo 
eö  gefdjah,  fo  mu§te  er  befonbere  (Srünbe 
haben,  namentli(^  Q?crle|ung  ber  Sreue 
unb  ber  ^flid)ten,  offene  geinbfeligfeit  in 
Jbat  unb  iRat  gegen  ben  ^errn  ober 
Stichtleiftung  beö  fchulbigen  35ienfieä; 
buburch  ttjurbe  bie  ®nabe  oermitft  unb 
ber  ©chulbige  ging  beö  2cheng  ocrluftig. 
2)och  tuar  baju  ein  iUuäfpru^  ber  ®e« 
noffen  erforberlid),  mie  ftd)  übert)aupt  eine 
eigene  ße^nägerichtöbarfcit  auöbilbcte.  SBar 
ein  Sehn  burch  ben  Job  beö  3nhaber3 
ohne  berechtigte  Srben  ober  anbere  Um« 
flänbe  lebig  ober  frei,  b.  h-  an  ben  .^errn 
jurüdgefaQen,  fo  fonnte  e«  roieber  Der« 
liehen  ober  in  eigenem  Selig  behalten 
werben.  ''Jim  meinen  Sebeutung  hotten 
bie  Sehen  für  bie  geiftlichen  Stiftungen; 
benn  nid)t  aüein  ihreö  Äriegäbienfiei 
halber  brauchten  fte  ßehenöleute,  fonbern 
ihre  Senkungen  würben  wicberholt  pon 
ben  Äönigen  aU  Selohnung  für  geleifiete 
ober  ju  leifienbe  3)ieni'ie  in  ^Jlnfprucb  ge« 
nommen;  aud)  anbere  weltliche  ®to§e  be« 
mäd)tigten  fxä)  mit  ©enehmigung  beä 
.König«  ober  mit  bIo§er  ®ewait  ber 
.Kloftergüter;  auc^  Sif^öfe  erwarben  ftch 
burch  Setleihung  oon  Älofiergütcrn  Eriegc« 
rifche  !l}?aniifd)aft  für  ihren  eigenen  S)ienft. 
2)urch  bie  Sereinigung  foldhct  großer 
Sehen  in  ber  .^anb  einzelner  weltlicher 
dürften  würbe  eine  wefentliche  Seränbe« 
rung  in  ben  Sefi^^  unb  5iRa(^toerl)dltniffen 
ber  ®ro9en  herbeigeführt,  eä  gab  Sehen 
t)on  lOüO  unb  mehr  -^ufen,  welche  »on 
ben  grofen  Stiftern  für  ßeiftung  beä  ^of« 
unb  Äricgäbienfteö  verliehen  würben. 
3utegt  Waren  faft  alle  weltltd)en  ®ro§en 
unb  ebenfo  bie  SRitler  unb  lüJinifierialen  . 
an  biefer  Serwenbung  beö  ÄirchengutcÄ 
beteiligt. 

Seid)    bebeutet   urfprüngtich    überhaupt, 
r^pthmifche  Sewegung,  Janj,  Spiel;  bann 


8ei(J)enbcfiattung. 


415 


Ba«  fcictlid}e  ©{^reiten  jum  Opfer  unb 
Dai  Opfer  fclbft,  ferner  2ßettjlreit  unb 
Sampf,  erfjalten  im  mbb.  ■wetterleich, 
iBctterfAIag.  23gl.  J^cpne  im  ©rimmfcfcen 
iöörterbucfte.  5m  enc^eren  6inne  wxxi 
8eid)  fd)on  im  "Hltbeutfd)en  ber  ÜfJame  für 
eine  lanj'  ober  (Sefangrceife,  in  welcher 
öic  lUclobie  Pon  (Slieb  ju  ©Heb  ober  bod? 
in  einjelnen  teilen  wecfefclte;  ber  ^eid) 
tt)ur^c  fiele  pon  einer  ÜWenge  gefungen, 
Wenigftenö  mitgefungen;  sangleich  ifl  ein 
6.borge|ang,  leichöd  unb  hiieich  ein  Ser: 
mdblung?gefang,  otleä  biefee  im  (Segen« 
fa^e  äum  2ieb,  tai  nur  ber  einzelne 
fang  unb  in  »t>etd)em  bie  2)?clobic  bem 
ffiorte  untergeorbnct  roar;  erhalten  fmb 
am  bem  9.  3ii^r|)unbert  bas  (Sebet  jum 
^eiligen  *Pelru8,  eine  Bearbeitung  be« 
138.  ^falmeö,  dbriftuä  unb  bie  Äamari« 
terin,  bai  fogenannte  Öubroigälieb  unb 
ber  S>dd)  auf  bcn  heiligen  (Saüuä.  S)ie 
^öfifcl)e  S)id)tung  behält  ben  Unterfd)ieb 
jrcifd)en  Seid)  unb  8ieb  bei,  mobet  fie  bie 
trftere  $5"^'"  Pornel)mlid)  jur  ^Begleitung 
be«  Janje«,  fcUener  für  religiöfc  ©toffe 
önrponbte. 

Scit^cnbcftattung  I>ie  Sejlattungäroeife 
ber  alten  i»)ermanen  fd)ilbert  Jacituä 
©ermania  27  folgenbcima^en:  „35ie  Se« 
fiattung  ber  Joten  gefdjieht  ohne  ©eprängc; 
ber  cinjige  Suyuei,  ben  t>ai  J^erfommen 
crhcifctit,  befiehl  barin,  ta^  jur  *Bcr« 
brennung  ber  Seid)cn  l)erporragenber  Tldw 
ner  betlimmte  ^oljarten  perrocnbet  «erben. 
2)en  2d)eiterhaufen  jierl  man  nicht  mit 
barauf  gehäuften  leppictien  unb  roobU 
ticd)cnbem  iRäucherroerf ;  nur  feine  Söaffen, 
manchmal  aud)  fein  iRo§,  werben  bem 
Solen  inö  ^^euer  mifgcgeben;  ein  SRafeii« 
biigcl  erhebt  fid)  ufaer  feinem  ©rabe.  ©ie 
burd)  piel  ÜJJiihe  unb  'Hrbcit  erfaufte  1}rad)t 
oon  2^enfmälern  meif  ber  ©etmane  nid)t 
lü  fd)äeen;  fie  crf^eint  ihm  nicht  alä  eine 
(Shre  für  ttn  loten,  fonbern  als  ein  3)rucf, 
ber  auf  itjm  lafiet.  Jßehflagen  unb 
Jl^ränen  giebt  er  nid)t  lange  JRaum, 
©d)merj  unb  SBehmut  aber  Perlaffen  ihn 
nur  langf.im-  benn  bem  SBeibc  jiemt  bie 
laute  Iraner,  bem  iOJanne  ftillcö  ©ebenfcn." 
3lu§er  bem  SBerbrennen  ijl  für  bie  ältere 
^criobc  fchon  t>ai  Segraben  be,^eugt;  ©ee= 
anroohnenbe  übergaben  ihre  iotcn  auc^ 
bem  rcäfferigen  Elemente,  legten  ben 
8eid)nam  in  ein  ©chiff,  jünbetcn  eä  an 
unb  fiiefen  cö  \M  offene  3D?eer,  gemäg 
bem  ©lauben,  ha^  bie  S)ahingef^iebenen 
über  ein  ttennenDe«  2ßaffer  ju  fchiffen 
I)ütlen,  roic  eö   überfiaupt  tit  ©orge   für 


ba«  jenfeiiige  ßcben  ber  loten  mar,  bog 
bie  "Jtrt  ber  2eid)enbe|lattung  Peranla§te 
unb  beflimmtc.  Sn^mf^  mürben  mit  bem 
Solen  noch  anbere  2)inge  bejlattet,  oft 
fpmbolifch  in  ©lein  ober  Sernflcin  nad)= 
gebilbet.  2)em  gemeinen  Wanne  gab  man 
feine  ©chuhc  mit,  aud)  ®clb,  bem'SReidjen 
fein  $ferb-,  auc^  2)icner  unb  ^Dienerinnen 
pergrub  unb  Perbranntc  man  mit.  3n 
älicfler  ßcit  mürbe  bie  ©attin  mitPerbrannt 
ober  fonjl  über  bem  ©rab  getötet,  ^ox^ 
bi(d)e  Duellen  fprcdien  Pon  umftänblid)en 
i.'eid)enfeierlid)teiten.  I)a^  ©rab  mürbe 
umfd)ritten  ober  umritten  unb  ein  ßeidjen« 
gcfang  angeftimmt;  an  bem  großen  8eid)en« 
mahl,  ba«  7  ober  30  läge  nad)  bem  ©e* 
gräbniö  ftattfanb,  trat  ber  ©ohn  feierlich 
t>a9  6rbe  an.  Über  bem  unoerbranntcn 
2eid)namc  ober  über  ber  21fd)enurne  er« 
baute  man  oft  eine  geräumige  ©rabfammer 
au«  großen  ©teinplatlen  unb  fd)üttete  bar« 
über  einen  Srbhügel  auf,  mit  iBorliebe 
auf  weithin  fichtbaren  ^o^en  ober  an  ber 
.Rüfie  auf  Canbjungen,  halb  einfam,  halb 
neben  anbcrcu  ©räbern. 

Äarl  aSeinholb  hat  in  ber  <3(irift: 
Sie  t)eibnif^c  So  ten  befia  tt  ung  in 
I>eutfd)ianb,  ©i^ungsbericht  ber  iffiiener 
Qlfabemie,  1859,  mit  großem  Srfolge  n\x^ 
fammengefiellt,  voai  bie  je^t  in  unb  über 
ber  Srbe  an  ^eibnifchcn  ©rabaltertümern 
jum  35orfd)cin  gefommen  \\i;  wir  geben 
hier  in  Äürje  einen  iUuö^ug  au«  biefer 
©chrift,  bemerfen  aber  jum  iöorauö,  t(\^ 
e^rtd)babei  nidjt  fpejiell  um  bie  ©räber  ber 
heibnifd)en  ©crmanen,  fonbern  überhaupt 
um  bie  auf  beutfd)em  ©oben  gefunbencn 
©räber  hanbell,  bie  otjnc  3"'fU'cl  auc^ 
anberen  23ölfern,  wie  iRömern,  Gelten, 
©lapen  angel)örcn,  unb  ferner  ta^  bei  ber 
biä  wcnigßenö  inä  8  J'J^rhunbert  fort« 
bauernben  5trt  ber  ^eibnifchen  Sotenbe« 
ftatiung  eö  oft  nid)t  auögemittelt  werben 
fann,  ob  wir  wirfli^e  ^eibengräber  ober 
©täber  Pon  (Shriften  por  unö  haben,  bercn 
"öellaitung«weife  nach  alter  5lrt  Por  ftch 
gegangen  rjl.  Jm  allgemeinen  mu§ 
^mifdjen  ©teinbauten,  (Jrbbügeln  unb 
flauen  ©rabfiätten   untcrfchieben  werben: 

I.  ©tcingräber.  ©iefelben  finben 
fidh  in  ganj  JJorbbcutfchlanb ,  ben 
D^icberlanben,  S)änemarE,  auf  ben  bri« 
tifdjen  Jnfeln,  in  3Jorb«  unb  2Befl« 
Jranfreich  unb  auf  ber  $t)renäen« 
^albinfel  unb  tragen  in  2)cutfd)lanb  meifi 
ben  Siiamen  Hünengräber,  aucf)  ^ünen* 
feller,  ^ünentritte,  ^ünenberge,  (Riefen« 
bellen,  Seufelöbetten,  Seufeläaltäre,  Seus 
27* 


416 


öeici^enbefiattung. 


felsfanjcin,  Jeufelöfücfccn,  ©tcinbäufer 
u,  a.  SBeinbolb  unterf($eibet  ©tein* 
fificn  oI)nc  ©teintreife  ober 
Hünengräber  im  engern  @inne, 
liünenbetten  unb  untertrbif  c^e 
©rabfummcrn.  I)aö  cigentlid;e  Hüncn= 
grab  beliebt  nuö  mebreren  im  Sierccf  ober 
tunb  gefleüten  Sraqftcincn,  über  bencn  ein 
ober  mef)rere  I^erffleine  liegen,  i>a9  Hünen= 
bett  iji  ein  §(ünengrab  auf  einer  mit 
Steinen  umdeuten  ßrböbung,  bie  entmeber 
lunbe  ober  länglicbe  ^orm  ^at;  ^ünen« 
betten  tommen  bäufiger  eor  a\i  bie  ein= 
füdiercn  Hünengräber;  ibr  Jn^alt  aber  ijt 
cöUig  ber  gleicbe:  perbrannte  unb  nicbt= 
terbrannte  lotenrejie,  2öaffcn  unb  Sct)mucf= 
gegenftänbe  oon  ^euerftein,  ©ranit,  93afalt, 
©anbpein,  Äno^m  unb  ^om,  Sern^ein, 
nie  non  Tlttaü,  fobann  irbene  @efä§e  al« 
jranf=  unb  €pcifegefcfetrre;  berfelbe  Jn^ 
^alt  ift  in  ben  unterirbifd)en  ©rabfammern, 
IRiefenf^uben  ober  Jotentammcrn  gefunben 
ftorben.  ü}?an  nimmt  an,  baB  bicfe  ®rab= 
jiätten  einem  SBoIEe  angeboren,  ba^  Dor 
ben  ©ermanen  2)eutf(^lanb  beffiobnt  bat. 
n.  Hügelgräber  babcn  bie  Jorm 
Bon  @rb*  ober  ©eröQauffcbüttungen  in 
©ejlalt  eine«  Äegelä  ober  Äugelabf^nittc« 
»on  üerfd)iebcner  ®rö§e;  im  ^nnern  finb 
iiberrefte  nerbrannter  ober  uncerbranntcr 
gei*en;  bie  Seigaben  ftnb  au«  «Stein  ober 
SHetaü  oerfertigi;  bie  Sßerbreitung  bicfer 
®räber  umfaßt  gan^  J5eutfd)lanb,  aber 
auc^  bie  meiftcn  übrigen  ?änber  (Suropac 
unb  Qlftenö.  3)iefe  ®räber  fübjen  ben 
?Jamen  houc,  H^ug,  in  Dfterreicb 
unb  93at)crn  Seber  ober  ßemcr,  abt». 
hlewari,  mt)b.  lewer,  pon  hleo,  le  =  (Sr^5 
aufmurf  ober  naiürlid)er  Hügel,  bann 
Sucf,  i8üf)el,  Hübet,  Äoget,  ^raun-- 
ober  jronbäufel,  Äopf  unb  ,^oppe, 
Änoppe.  3n  ben  ®rabt)ügetn  mit  un^ 
»erbrannten  8ei*en  finbet  man  febr  ocr= 
fd)iebene  ßeiAenlagen,  entmeber  liegt  ber 
Jieicbnam  über  ber  GrDe  ober  e^  i^  oor 
^er  5lupnung  tti  Hügetö  ein  ®rab  in 
oie  6rbe  gegraben  morben;  bie  ßeicfec  i(t 
ferner  cntweber  in  bie  bIo|e  @rbc  gelegt 
ober  unregelmäjig  mit  ©tcinen  umlegt, 
ober  fre  liegt  in  einem  ©teinfegel,  in  einer 
unbctccftm  ober  in  einer  gefc^loffenen 
©teinfifie,  ober  in  einem  gemauerten  !8e< 
^ältnijTe  ober  enbli*  in  einem  Holjfarge; 
meift  finb  aU  5?ei9aben  ffiaffen,  €d)mucf= 
gegenPönbc  unb  Jbongefdjirrc  beigegeben. 
h\t  ®rabbügel  mit  oerbrannten  Ueic^en 
jeigen  entttieber  frei  niebergclegtc  ßeicben« 
tePc,    ober    eine  ^Ifcbenfiftc""  ober    *llf(^en= 


unb  Seinurnen;  im  Unteren  ^aüt  finb 
bie  Urnen  cntroe&er  einfach  in  bet  Hügel* 
erbe  beigcfc^t  ober  tt)ie  bie  »ergrabenen 
Seichen  mit  Steinen  umpetlt,  ober  in  eine 
©teinfiße,  ober  in  eine  förmlidje  Stein* 
tammer  in  einen  gewölbten  Hügel  gefe|t. 
Sßereinjelt  finbet  man  fiatt  ber  Srbbügel 
aud)  Don  Steinen  aufgefc^üttcte  Hügel. 
3)ic  tönernen  5lfct)eiiurnen  mie  bie  jabl* 
reid)en  anbern  Speife*  unb  iEtanfgefä^e 
ftnb  meift  rot)  gearbeitet. 

III.  ©anj  äbnlic^e  33erf)ältmffe  in  ©t« 
jug  auf  ben  blo§  »ergrabenen  ober  »erbrann* 
ten  ßcid)nam,  auf  bie  '8eife|ung  ber  Urnen 
unb  auf  bie  übrigen  ^Beilagen  finbet  mnn 
in  ben  flaifien  ©räbern,  bcren  Snfaffen 
bcnfelben  Sölfern  anjugebörcn  fcbeinen 
tt)ie  biejenigen  ber  Hügelgräber.  ^ai}lxtii)t 
2lbbilbungen  ber  ©räber  fomobl  ale  ber 
®rabgefä§e  in  ben  ber  fflcin^olbf^cn  ^b* 
t)anblung  beigelegten  lafeln. 

Syjä^ere  SJJacbric^t  al«  auä  ber  altger* 
manifcben  ^Periobe  bat  man  über  bie  ©rab» 
ftättenau«bermeron)ingifcben3eit, 
»om  5.  big  8.  Jatjrbunbert,  rcorüber  ^ter 
nad)  ßinbenfc^mit«  H^Jni'^"^  ber  beut* 
fcbcn  *}lltertum«funbe,  leill,  einige«  mit* 
geteilt  h)irb;  gegenüber  bem  ©ercicfct,  i>ai 
man  früfier  (aud)  ißeinljolb  gebort  bier* 
ber)  auf  bie  @leidbmä§igfeit  ober  iBerfc^ie* 
bcnbcit  be«  ©rabbaued  leqte,  betont 
bicfer  5orf(^er  al^  tai  ungleid)  gemixt* 
»oüere  Seugniö  befonber«  ben  3n^alt 
ber  ® räber.  ^m  allgemeinen  rcar  in 
ber  meromingifdjen  3eit  ^<^^  öcgraben  bet 
öcidbcn  meit  l)äufigcr  aU  ba«  Serbrcnnen 
berfelben,  offenbar  nicbt  blo§  infolge  bed 
6inf[uffeö  beö  (Xbtijientumö,  fonbern  mit 
SRüdfic^t  auf  bie  Sicherung  ber  Äörper, 
fflaffen  unb  ®eräte  2)ic  alten  Sßolf«* 
red)te,  bie  wie  t)ai  falifcfee  JRe^t  aui  tjeib» 
nifd)er3eit  flammen,  begrünbcn  ibre  Straf» 
anfüge  über  ®räberoerlehung  blo§  auf 
»ergrabene  2ei(ibname,  jablteidbe  'Jtad^iiä)' 
ten  »on  ber  Seerbigung  germanifd)er  %äx* 
ften,  tt)ie  beä  5llaridb  im  Sufento,  2;beo« 
borid)ä  auf  bem  fatalaunifd)en  Sc^la^t* 
felbe,  beä  öangobarbenfönigd  *Mlbuin  ju 
Verona,  fpredben  einzig  »omSegraben;  ;nur 
»ereinjelt  fann  iai  SBerbrennen  noc^  »or« 
gefommen  fein,  rt)ie  benn  Äatl  ber  ©ro§e 
ben  Sacbfen  t>a^  ßcicbenoetbrennen  »erbot. 
3m  allgemeinen  ifi  ju  unterfc^eibcn 
jttjifdben  ®rab^ügeln  unb  Seifeßunft 
ber  loten  in  ober  unter  einen  t)ügelförmi« 
gen  Qlufbau  auö  Srbc  unb  Steinen,  unb 
jmifcfeen  in  ben  ©oben  »ertieften 
©räbern   mit   urfprünglic^    fo   geringer 


ßcicfeenbcfiattung. 


417 


Huffd^üttung,  t>a%  jcbe  ©pur  berfelben 
iöngft  fd)tt)inben  mu^te. 

3)ic  ©rabbügcl  »on  4-14  %u^ 
^öi)t  unb  einem  unteren  Dur(i)mef]'er  oon 
14—36  55u§  Pni>  Überlieferung  alt£)eib« 
lifAen  Srau^eä  unb  tommcn  befonberö 
(oblreic^  bei  bcn  ^Ingelfac^fen,  ouf  bem 
Jeftlanbe  nur  bei  ben  ^lamannen  unb  oer^ 
(injelt  bei  ben  "öatjcrn  t)or;  fte  finbcn  [\ä) 
iowobi  in  oercinjelten  ©ruppcn  alä  aüi) 
in  bcr  SRQd)barfd)aft  ober  in  unmittelbarer 
Berbinbung  mit  eigentlici)en  ^riebtiofö« 
mlagen.  *Jln  ^ai)l  rccitauö  überttjiegenb 
ir[d)einen  bie  ^'^i^*'^  öfe,  einfache,  in 
Ticbr  ober  minöer  regelmäßigen  iRei^en 
jeorbnetc  Srbgräbcr,  meij!  in  einer  Siefe 
jon  3—  8  55u§,  in  ber  iRid)tung  non  '■Jlbenb 
^egen  üJJorgen  unb  mit  4—5  gu§  breiten 
3tt)i[cl)enräumen;  fre  finbcn  fic^  am  ÜJJittel« 
ftjein  nal)eju  in  bcr  dlai)i  aller  1)örfer,  bie 
größten  aber  in  93al)ern  unb  'Jllamannien, 
m  ,5tibolfing  an  ber  ©aljac^  rechnet  man 
)000— 40U0  Xote  auf  einem  Jotenfelb. 

I)ie  ©räbcr  maren  mit  einem  engge^ 
lod)tenen  unb  gefd)loffenen  Biiun  auö  bcm 
;)eiligen  fflci^bornPraud)  umgeben,  ber 
Uli)  regelmäßig  jur  iBerbrennung  ber 
i'eid^e  bcnu^t  »nurbe.  ?luf  bem  ®rabf)ügcl 
jm  offenen  äßege  fianb  mabrfcfceinlid) 
>ine^ecrfäule  ober  5i^nienfäule;  aucb  eineö 
^oljbaueö  gefd)iet)t  6rtt)ät)nung,  ber  na^ 
Jlrt  ber  Jempcl  auf  bcm  ®rabe  errichtet 
Durbe. 

%üx  Sotenbebältet  ücrmanbte  man  fo= 
rpof)l  Stein  aU  ^olj.  S)ie  ©tcingräber 
fmb  entmeber  inj^etfen  gef)«uen,  xtai 
Ttiin  bei  ben  93urgunben ,  ^'ranfen  unb 
Mlamannen  beoba(^tct  \)cit,  ober  eö  ftnb 
£arfopbage  aues  einem  einjiqcn  Stein, 
ttiobei  man  bie  urfprünglidb  römilc^cn  ®ar^ 
Eopbagc  oon  merottiingifd)en  untcrfcbeibcn 
muß;  ber  römifd)e  €teinfarg  ift  in  feiner 
ilteren  ^orm  ein  regelmäßige^  oblongcö 
Biercd  mit  badbförmigcm  2)eäcl,  in  feiner 
jüngeren  biö  tief  in^  SWittelaltcr  oermen« 
beten  gorm  an  bcr  Äopffcite  breiter  alä 
an  bcr  ^ußfeite,  mit  flachem  ober  nur  menig 
äcmölbtem  SDedfel;  oon  biefen  römifd^en 
untcrfcbeibcn  ficb  bie  ©teinfärge  einbei= 
mifi^er  *}lrbeit  burd)  eine  bcfonbere  ©fulp» 
mr,  melcbe,  bcr  ^oljfdjni^erci  äbnli^,  auö 
Stabmerf,  ©ittcrn  unb  Jlrcisornamentcn 
äufammengcfe^t  ift;  feltcncr  fmb  ©ar!o= 
Pbage  Don  ©tein,  bie  auö  mebreren  ©tücfcn 
Sufammengefügt  ftnb;  in  granfreid)  bat 
man  auö  meropingifcbcr  3eit  reid)  vterjiertc 
©arge  auö  ®ipö  gefunbcn. 

häufiger  alö  monolttt)tfcbe  ©teinfärgc 


finbet  man  folcbe,  bie  au3  ©teintaf ein 
jufammen  gefegt  finb,  wobei  man 
(Plattengräber  unb  ©rabfammern 
auö  ©teinen  »erfc^iebener  ®rößc 
ober  ©tcinfammern  unterfcbetben  fann. 
2)ie  ©teine  ber  ^lattcngräber  ftnb  ent= 
Weber  JJinblinge  ober  robe,  auö  ben  ^t[\tn 
gefpaltene  lafeln;  ©puren  oon  33carbei« 
tung  ftnb  feiten.  3^1  Sebedung  ftnb 
©tcinplattcn  aud)  bei  ben  ©tcinfammern 
eermenbet  »orben,  fci'ö  mit,  fei'ö  obne 
Unterbau;  baneben  tommen  aucb  ©tein^ 
fegungen  obne  2)edplattcn  bor. 

Unter  ben  auö  ^^  o  l  j  bcTgefietlten  Sotcn» 
fammern  finbet  man  jmar  fd)on  ftüb  ^olj« 
färge  mit  (Jifenbefcfelag;  »iel  älter  aber  ifi 
bie  Sei  fegung  in  auögeböblten  Saum« 
flammen,  lotenbäumen;  fte  erbielt 
ftdb  teilmeifc  biö  inö  fpäte  SUJittelalter. 
J)iefe  einfacbfte  unb  älteftc  gorm  beö  |)olj* 
fargeö  befiebt  auö  einem  in  jmei  icilc  gc» 
fpaltcnen,  trogartig  auögeböbltcn  ©tüde 
emeö  Saumpammeö,  rceldier  mit  feiner 
SRinbe  nod)  in  bcn  iBobcn  uerfenft  unb 
^um  Icil  mit  ©teinen  fcflgciliigt  unb  bebecft 
mutbe.  93ci  ben  Sapern  nantentli<^  mar 
bie  einfacberc  Scjtattung  burd)  Seberfung 
beö  Äörperö  mit  einem  *-b  rette  üblicfc; 
am  5ablrci(^fien  aber  unb  bei  allen  ger« 
mantfd)cn  ©tämmen  oorberrfd)cnb  mar  bie 
'fleifegung  ber  Joten  in  freiem 
33  oben,  mie  eö  bie  mcifien  J^iiebböfe  beö 
mittleren  Oflb^inlünbeö  aufmeifen.  Db  unb 
in  miefern  ein  Unterfi^ieb  in  ber  ^Begrab* 
niömeife  ber  t)erfd)iebenen  ©tänbc  obge« 
maltet  \)abi,  ifi  biö  fegt  nicbt  nacbgemicfen. 

ßeicben  dbriftlid)er  Sefiattungömeifc  ifi 
bie  SRii^tung  bcr  ßeid)name  oon  ffiefi  nad^ 
Oji,  fo  ta^  t>ai  Qlntlig  bem  SO^orgen  ju* 
gemcnbet  ifi.  ^^m  übtigen  blieb  bie  alt» 
bcibnifcbe  ©cfiattungömeife  nocb  lange  im 
öraud),  baju  gebort  bie  Seifegung  mebre* 
rcr  ©d)idbtcn  oon  Soten  übereinanber, 
befonberö  aber  bie  ©eifegung  »on 
©peifcunb2;ranE,baöSD^itbegrabcn 
oon  jieren,  bie  in  bcn  (Sräbern  t>orge« 
funbencn  SiierfnoAcn,  ©d)crben  unb 
Äoblen,  roeldbe  auf  mieberboltc  Serei» 
tung  uon  SWabl^citen  unb  Dpfcrungen  bin» 
weifen.  iBon  Sicren  finbcn  ftd)  in  mcros 
wingifcben  Orabfiätten  ganjc  ©felctte  ober 
bloß  ©d)äbel  oon  Dtinb,  *13ferb,  .^irf^, 
©d)af,  ©^wein  unb  ^unb.  3)ie  ^fcrbe* 
ffelctte  ftnb  tcilweifc  mit  ©attel^cug  ocr« 
feben  unb  bcjeid)nen  bie  ®räber  ooQfiänbig 
bewaffneter  unb  rcicb  auegefiattetcr  'DJäuncr ; 
in  ber  3eit  ber  .Karolinger  würbe  fiatt  ganjer 
ipferbe  bloß  nocb  etwa  i>ai  *Pferbcjeug  mit 


418 


Seicticnbcfiattung. 


ing  ®rab  gelegt.  'Huä)  an  üJJünjcn  TÖtnis 
fdben  unb  nicrott)ingif($cn  ©cprögcö  jum 
Seil  im  Wunbe  ber  joten  fft)tt  c^  nid)t. 
S)ie  tt)id&tig)le  5luöftattung  ber  Soten  rearen 
aber  233 äffen  unb  ®ct)muc!. 

2)00  Sf)rifientumticrlegte  &ic53cgräbni^= 
ftätten  in  bie  Äird)en  ober  in  beren  un= 
mittelbare  Umgebung  aU  in  einen  geft)eil)= 
ten  ©oben;  bo(^  Waren  au§erf)alb  oon 
ben  Äir(^en  gefonberte  Segrübniffe  auf 
ipritiatcigentum  nocfc  lange  in  ©ebraud^ 
unb  erfi  im  12.  3af)tt)unöcrt  gänjlicö  oer» 
boten.  5lber  aud)  t>ai  Segraben  uon  loten 
in  ben  Äir($en  war  anfangt  non  ber  Äird)e 
fctbft  »erboten,  ba  bie  ®otte«bäufer  au§er 
ben  ^eiligenleibern  unb  ben  jRcIiquien  in 
ben  Altären  feine  j^erblicfcen  Überrcjle  um* 
fdblie^en  foQtcn;  bennoi^  würbe  für  t»er= 
bientc  Äird^en«  unb  ÄloPerootPe^er,  wie 
für  Weltliche  ®ro§c  bie  Äird)e  aU  Se= 
gräbniepätte  benu^t,  jumal  oft  gerabe  ju 
biefem  3"'^'^^  eigene  Äird)cn  gegiftet 
würben;  am  längften  erhielten  bie  (S.ifler= 
jienfer  iai  23crbot  ber  Seerbigung  innere 
t}alb  ihrer  Äird)en  aufrecfet.  5l:önige,  .Kö- 
niginnen unb  Sif^öfe  würben  regelmäßig 
in  Äirct)en  beflattet,  ben  Stiftern  berfclbrn 
gefianb  man  felbft  ein  ®rab  in  ber  üJJitte 
bc^  Gborc^  ju;  Sifd)öfe  würben  in  ibren 
.Ratbebralen  beigcfe^t;  Stifter  üon  5Rc§= 
altären  würben  ^dupg  toor  bicfen  begraben; 
auc^  ber  Äapitelfaal  würbe  mand)mal  al«i 
®rabftätte  »erwenbct.  %U  ©cbecfung  beö 
®rabe^  biente  ein  liegcnber  8ci(^en  = 
ftein  ober  eine  au^  ©ronje  gegoffene 
®rabplatte,  mit  Silbwerf  terjiert,  wrldjce 
anfangt  in  bie  ^platte  oertieft  war;  JReliefs 
bilber  erfd)einen  erfi  feit  bem  13.  3«^ibun= 
bcrt.  hieben  ben  tiegenben  tommen 
aber  aud)  aufgemauertc,  mit  einer  Steins 
ober  *Ketaüplatte  bebectte,  über  ben  5u§= 
boben  erhobene  ®rabmäler  oberSumben 
t)or,  beren  altere  nur  niebrig  fmb  unb  ju« 
Weilen  wirflid)  ben  2eirf)nam  umjd)lie§en, 
wie  baö  beim  ®rabmal  Dttoö  beö  ®roten 
im  S)om  f,u  SDtagbeburg  ber  ^att  ift,  ba^s 
jenige  iRubolfä  eon  Si^waben  im  Dome 
JU  3ÖJerfeburg.  @eit  bem  13.  3abrt)unbert 
giebt  e^  bann  Sumben  in  ^'"^"i  ^i"^^ 
3lltareö;  juweilen  Pe^en  fic  nic^t  frei, 
fonbern  fie  finb  mit  einer  Seite  an  bie 
aSanb  gerüdt  unb  nifc^enförmig  überbaut. 
3luf  güfen  ru^enbe,  fajlenartige  Steine 
ober  SWetallgrabmäter  fommen  in  I)eut|d)* 
lanb  erfi  gegen  ®nbe  tti  9WitteIaUerä  nor. 
Seit  bem  13.  3abrt)unbert  tragen  aüe^oc^^ 
gröber  ein  «ilö  be^  Serflorbenen.  Otte, 
^anbbut^  ber  «r^äologie,  §  51. 


S)ie  bei  einem  mittelaltcrlid)en  ©egröb* 
niffe  abctiger  ^erfonen  oorfommenben  Sere« 
monien  unb  ®ebräu<^e  finb  teil^  in  ben 
33orfd)riften  ber  Äird)e,  teilö  in  ben  (Srfor* 
berniffen  be^  l)öfif*en  Stanbc^  ber  55 er« 
ftorbencn  begrünbet;  baju  treten  of)ne 
3weifcl  gcwiffe  feit  alter  ßeit  bergebrad^ie 
a3olfögebräud)e,  woju  namcntlii^  aud)  ber 
laute  ®(^merj  geborte;  man  jerrif  ftd)  bie 
Äleiber,  raufte  ixx^  ^aar  auö,  rang  bie 
^änbc,  fd)lug  ftc^  bie  23ruft,  jerfra^te  ficf) 
mit  ben  Jiägeln  baö  ®eri^t.  2)aö  wüt« 
bigfte  93ilb  eine^  mittclaltcrlid^en  Seidben« 
begängniffe^  eineö  gürten  wirb  ba^jenige 
Sicgfriebö  im  ?Jibelungenliebe  fein.  23g(. 
baju  S  d)  u  1 1 ,  $öfifd)e«  8eben,  *Ubfd)n.Vn. 

'i0?and)c  ooü^tümlic^e  Sitten  beim 
ßeicfeenbegängniffe  treten  fpäter  wicber  in 
ben  Stäbten  bet^or;  wooon  ^ier  no(^ 
einiget  nad)  .Rriegf,  ■2)eutf(ieö  Öütger* 
tum,  II,  *Jlbfd)nitt  VI  unb  VE  mitgeteilt 
werben  fotl.  S)ie  2eid)e  würbe  nicbt 
burd)  befonbere  ßeid)cntrdger,  fonbern 
burc^  i5'^i"i'''2"''"9f^örige  ober  tnxä) 
Stanbeä^  unb  Seruf^genojfen  ju  ®rabe 
getragen  Sei  oornebmen  öeuten  tt^aten 
biefeö  wobl  and)  ÜJJönc^e  eineö  befreun« 
beten  ^lofierö.  Set  *}lrmen  unb  53erlaffe« 
nen  waren  Segbarben  iierpflid)ter ,  bie 
8eid)e  unentgeltUd)  anjufleiben  unb  tragen 
ju  t)elfen;  aud)  gab  eö  öafür  eigene  Stif« 
tungen;  namentUd)  aber  fieberten  jablreic^e 
Sruberfd)aften  ibren  iDlitgliebern  ein  an: 
Panbigeö  firdblidjeä  Segrdbniä.  Sei  ben 
3unftgenoffen  trugen  bie  *D?eiPer  ben 
8eid)nom  be^  oerjlorbenen  SWeifier«  foroie 
beffen  2öeib  unb  Äinber,  ®efeflen  benjc« 
niaen  eineö  "iRitgefeüen  ju  ®rabe.  —  ®e« 
Eleibet  würbe  ber  lote  entWeber  in  baä 
befonbere  lotenbemb  ober  in  feine  ge« 
Wöbnlid)c  jlleibung;  in  manchen  ®egens 
ben  näl)te  man  ihn  in  wei§e  ober  fcftwarje 
?einwanb  ein;  oft  begrub  man  ben  loten 
in  ber  ü)?önd)öfuttc,  weil  bie  Sarfü^er, 
I)ominifaner  unb  Karmeliter  bie  üJJeinung 
»erbreitet  b<itten,  wer  in  ibrem  Orbenä» 
tleib  fierbc  ober  fid)  in  bemfelbcn  begraben 
liiffc,  werbe  ibrer  guten  2öerfe  teill)aftig 
unb  fd)on  nadb  furjet  3eit  auö  bem  5^9* 
feuer  erlöfi. 

^äufig  würben  biö  in^  17.  ^a^rbunbert 
2eid)en  obnc  Sarg  auf  einer  lotenbabte 
ju  ®rabe  getragen  unb  inö  ®rab  gelegt, 
5^ür|ien  nid)t  aufgenommen  3n  %xanU 
fürt  unb  wa^rf^einlid)  überall  fotifl 
pflegte  man  im  15.  3il)r^uni>f'^t  ^i«  55er« 
jlorbenen  fd)on  am  näd?ften  Jage  nacö 
bem  Sobe  ju  beerbigen.    Se^r  alte  Sitte 


Öeic^enbcftattun«. 


419 


war  t)ai  9'lacf)tn)a(f)en  bei  bcr  l*eic^e,  »cI- 
ä^ei  oft  tmä)  fog.  ©eclfcfiroeficrn  vtex' 
rid)tet  murbc.  S5ie  ^Infagung  bcö  ßdbeö 
unb  baö  Sintaben  jur  ©eerbigung  gcfcftab 
burd)  befonber«  befteüte  unb  bcjablte 
SBciber,  bie  Sitterinnen,  »clc^c  in  bev 
(Regel  Seginen  waren.  I)ie  S^t»!  ^«i^fi^r 
tt»ftci)c  bic  lotcnba^rc  trugen,  war  ux-- 
fcbieben;  ein  fieid)entt)agcn  crf(^eint  in 
^ranffurt  ^uerfi  im  Jabre  151 1.  ©a^S  bcn 
©arg  bebccfenöe  Jud)  t)ei§t3:otcn=2)ecfelacl)e 
ober  ßei^cntuc^;  eö  mar  fct)n)arj  unb 
mit  einem  aufgendbtcn  »eigen  Ärcuje  öers 
(eben.  25ic  Secrbigung  fclbfi,  mbb. 
bevilhede,  bevilde,  lichlege,  fpiv 
ter  aud)  ßipbemete  ober  ßipfcl,  war 
jictö  eine  mehr  ober  weniger  feierliche  unb 
burc^auä  fird}lid)e  ^anblung;  baber  man 
aud)  im  Kriege  flctö  barauf  bcbad)t  war, 
bie  gebliebenen  SD^itbürgcr  üom  S^lad)ts 
felbe  in  bie  ®tabt  ju  bringen  unb  bafelbfl 
orbentlid)  begraben  ju  laffen.  IDic  Se- 
gräbniffc  galten  baber  al^  ctwaö  feljr  Äofts 
fpieligcä,  unb  jwar  waren  bie  ^auptau^= 
gaben  bie  für  ben  (Pfarrer,  für  bic  SQSadjös 
ferjcn  unb  für  "bak  Öeid^enma^)!.  ®cgen 
bie  bcibcn  legten  2luögaben  gelten  bic 
jablrciiten  bcfd)ränfenben  33erorbnungcn, 
wcld)e  überall  gegen  ben  93cerbigunges 
ßuyuö  erlaffen  würben.  S^imcr  mußte 
bic  öeid)C,  aud)  wenn  fte  ouf  einem  an= 
bern  Jrifbbofc  a\i  bemjenigen  ber  (ßfarr:; 
fircbc  beerbigt  würbe,  juerft  in  biefe  ^ird)c 
getragen  unb  bafclbfl  ber  übliche  ®otteö- 
bienft  abgehalten  Werben.  5luf  bem  3uge 
in  bic  ^\xi)i  würbe  mit  einer  ober  meb= 
rcrcn  ©locfcn  geläutet,  ein  Srauc^,  ber 
aui  bem  6.  3at)rl)unbcrt  flammen  foü; 
ScugniÄ  fon  bicfer  allgemeinen  oerbreitcs 
ten  aitte  gicbt  bic  ®locfeninf<^rift  vivos 
voco,  mortuos  plango,  falgara  frango. 
3u  ben  ijfifi^li^ff'tf"  gel)örte  fobann  ber 
®cfang,  Wcld)er  au§crl)alb  bcr  Äirc^c 
»on  mitjiebcnben  ©tiftöfdnilern  gcfungen 
würbe.  3"  ^cf  ^irc^c  würben  Opfern 
fpenben  fowobl  an  benfungierenben®eiji» 
iidben  ali  für  bie  Firmen  bargebracftt;  bic 
erftcren  bcftanben  iwrjugöweifc  in  Äcrjcn, 
aber  aud)  in  (fflein  unb  'Srot.  8ei(ftcn* 
p  rebig  ten  fi^cincn  oor  ber  (Reformation 
nur  ücreinjelt  Dorgefommcn  ju  fein.  WliU 
untcr  würben  bei  Secrbigung  üornfl)mcr 
ßcutc  befonberc  Älagcwcibcr  »crwcn^ 
bct,  welcbc  fingcnb  über  ta^  ®rab  gingen, 
^aö  ßeid)cngcfolge,  auf  welcfteö 
man  nädbft  bcn  tir^lid)cn  ^anblungcn  ben 
meiften  (ffiert  legte,  trug,  üor  unb  nad) 
ber  8cid)c   jic^enb,   teilö   Ä  reu  je,    teil^ 


brcnncnbe  Äerjen.  2)ie  leotcren  würben 
in  ber  (Regel  üon  bem  SterbcbJU»  ange= 
fcbafft  unb  unter  bie  Öeidjenbeglcitet  ter* 
teilt,  Don  bicfcn  aber  ju  @bren  bcö  33er« 
llorbcnen  bem  beim  ©eclcnamt  fungtcren« 
bcn  ®cifilid)cn  geopfert.  Sie  würben 
früb  ein  ®eacnflanb  beö  (JSrunfc«  unb 
öffentlicher  sBerorbnungen.  'Jlai)  ber  93c« 
erbigung  fel)rten  bic  ßid)lütc  in  ba« 
®tcrbcl)auä  jurücf ,  wo  man  il)nen  ben 
S)ant  bcr  gamilic  auöfprad)  unb  fic  bc= 
wirtete  unb  befc^enftc.  ©a^  ßeidben« 
ma^l  ift  ebenfalls  uralte  ©itte,  boren 
fd)on  9luguftin  gc?cnft;  aud)  bier  fab  ftc^ 
bic  Obrigfcit  ocranlagt,  mägigcnö  cinju= 
greifen.  S)ic  Bewirtung  fanb  im  Sterbe« 
baufe  unb  auf  ben  Srinfiluben  fiatt;  aud) 
pflegte  man  bcncn,  welche  nicftt  anwcfenb 
fein  fonntcn,  (Sffen  unb  Srinfcn  ju  fd)ictcn. 

3u  tm  beim  *}lbcl  oon  frül)erer  3^^^ 
bcr  üblid}cn  ßcid)cngebräuc^cn  gcprtc  Ixxi' 
güt)rcn  eineö  (Pfcrbe^  im  ßeid)cnjug  unb 
ba*  ©erittenfein  cineö  Seilet  ber  2eib= 
tragenbcn.  !8ei  ben  93cgräbniffen  »on 
Sd)ult^ei§cn  unb  Scböffen  war  tai  (Bor« 
tragen  non  |)elm  unb  ®d)ilb  ober  oon 
®d)wcrt  unb  ©c^ilb  gcbräud)lid).  Jßenig 
wci§  man  oon  ber  fonoentionetlen  ^rt  ber 
Iraner  um  einen  'Berftorbcnen.  3"'^*"9^= 
bürg  trugen  im  (Beginne  ti^  l6.  ^otjX' 
ftunbertö  *JWanner  jum  3cid)en  ber  Srauer 
fog.  (Rcbelfiippen ,  aucb  iSngelfappen  ober 
Äappenjipfcl  genannt,  fd)warje  Äapujen, 
wcldje  nad)  t)inten  mantelartig  oerlängert 
waren  unb  oornen  tai  ®efxd)t  ganj  unb 
gar  ober  bod)  größtenteils  bebedten,  ur* 
fprünglic^  jebo^  aui  bloßen  fc^warjcn 
93änbern,  Weld)c  ben  ^aU  unb  (IRunb 
»erfüllten,  bcflanben  baben  follen. 

6injci(inungcn  bcr  *Bcrfiorbc« 
nen  waren  im  (IRittelaltcr  nid)t  gebrauch« 
lid^,  außer  wo  Scbenfungen  unb  ßegatc 
an  fiid^lid)c  Stiftungen  gcmad)t  würben. 
Sonjl  bcbalf  man  ftdb,  wenn  ®cburtS« 
jabr,  laufe,  (Bcret)eli(^ung  ober  %o^  einet 
(Perfon  nad)juweifcn  mar,  mit  ber  *ilbt)örung 
oon  3fiU9f";  eigentlicbc  Äird)cnbüd)er 
entjtanben  erft  feit  bcr  (Reformation,  alÄ 
ber  (Racbwcii^  bcr  Äonfcffton  nötig  würbe; 
ba^er  auf  lange  36it  nic^t  bcr  Jag  bcr 
®cburt ,  fonbern  ber  laufe ,  fowic  nii^t 
ber  lobeö«,  fonbern  ber  'öegräbniötag 
eingetragen  würbe. 

5Dad  Scclcnwobl  unb  baS  et)rcnbe 
*}lnbcnfcn  an  bcn  (Berftorbcnen  ließ  aber 
bic  religiöfen  (Pflicbten  gegen  bcn  SBer« 
jiorbcnen  mit  bereu  Job  ni^t  cnbigcn; 
reiche  ßeute  waten  bcmüf)t,   bcibe  3me(fe 


420 


8ciö  —  ßcu(^ter. 


auf  ewige  ^tit  »erfolgen  ju  laffcn;  ärmere 
traten  cö  in  ben  crjien  Söo^en  nac^  ber 
iBeerfcigung  foiuic  fpäter  jebeö  ^CLf)X  am 
«MOetfeelenfefie  unb  am  lobeötage  beö 
SBerfiorbenen.  %üx  ganj  arme  Seute  forg; 
ten  auc^  in  biefcr  |)inftcf)t  befonbcrc 
tircfelid^c  Stiftungen;  ber  3iame  für  bic 
hrcftU^e  Totenfeier  iß  Segängni^. 

2)ie  .^»auptfcift  für  93erporbene  fanb 
in  ben  erficn  brci§ig  2;agen  nac^  ber  i8c= 
erbigung  fiatt  unb  bcftanb  in  (Seelen*, 
mefi'en,  meiere  entmeber  an  jebem  Sage 
biefer  ^nt  ober  au^er  bcm  Segräbni^tage 
feltifi  am  fog.  Siebenten  unb  am  fog. 
2)rei§igPen,  b.  i.  am  ©d^Iuffe  ber 
erfien  SBoc^c  unb  beö  erfien  iF?onatä  im 
Sterbejahr  abgehalten  würben.  *Rad)t)cr 
trat  an  bie  ©teüc  biefcr  Sage  bie  '^a\)X' 
gejcit,  3at)rjcit  ober  hai  'ilnniücr* 
farium,  b.  i.  bie  iäf)rti(J)e  i^nn 
be^  Sobe^tage^.  5Dic  Sruberfcfcaftcn 
Ratten  ein  aflgemcinc^  So^rgejcit  *  jjep. 
2)ie  ^irct)en  felbfi  feierten  üon  fid) 
aus  baö  namentli(^c  ®ebäd)tniä  nur  in 
betreff  bcrcr,  bie  fic^  burd)  S^enfungen 
um  fic  üerbient  gemnd)t  Ratten;  bie  not* 
roenbigcn  35erjcid)nif[c  f)ierju  ftnb  bic 
2lnni»erfarien*!öüd^cr,  nac^  bcn 
lagen  beö  3«^rc^  georbnet ,  unb  bie 
Sotenbüd^er,  auc^  Jotenjettcl,  Sotcn» 
briefe,  SDJemorien  genannt,  welche  bIo§  bic 
^iamcn  ber  Stifter  cntf)ielten,  um  an  bem 
in  jcber  iZBo^e  für  bie  93erfiorbenen 
gehaltenen  ®otte«bicniie  abgetefcn  ju  toti- 
ben.  5ln  folc^c  Stiftungen  mar  leil^  bic 
Slb^altung  oon  OJJcffen  unb  Sigilien, 
teil«  bic  5lu^tcilung  pon  33rot  ober  ®clb 
ober  förmlicf)e  "yrmcnfpeifungen  gefnüpft, 
and)  iiueteilung  oon  jud^  ober  Äleibcrn. 
2Bcitcrc  (Sbtonbej^eugungen  für  bie  55er= 
jiorbenen  beflanben  in  ber  jcitmcifen  5luä« 
breitung  t»on  ßeintüdicrn  über  iaii  ®rab, 
in  ber  Selcuditung  beefelbcn  an  gemiffen 
Sagen;  l>a^  '-öegielen  beä  ©rabcö  mit 
SBcin  fc^eint  bagegcn  feit  bem  14.  '^a\)X' 
^unbert  aufgehört  ju  babcn.  2)ic  ^aupt* 
feicr  mar  tai  in  ber  Äirc^e  gehaltene 
eigentlid)e  Segangniä,  moju  bic  cingclabe* 
nen  3:etlnet)mcr  in  (iStojcffion  jur  Äird^e 
jogen.  3n  ber  Äirc^e  ftanb,  mit  brennen» 
bcn  Äcrjcn  umgeben,  ein  Äatafalf,  eine 
93at)rc  mit  einem  „Setlefin",  b.  i.  Sat= 
bac^in  ober  bebedter  Sarg.  "Den  Sc^lu§ 
ber  gcier  bilbete  ein  ^cjlmaf)!. 

SciÖ,  m^b.  der  leise,  häufiger  %\xi' 
brucT  für  bcn  gciftUd)cn  SBoIfögefang  im 
ÜJlittclQlter ,  flammt  au«  bcm  ^orte 
kyrieleison ,   bal)er  er  auc^  jumcilen  kir- 


leise,  kirleis  ^ci§t;  ber  beutfd)e  SRamc  ifi 
niof.  2)ic  oerbreitetficn  ficife  ftnb  ber 
Oi^crleiö:  Christ  ist  erstanden,  ber 
iPflngftlcid:  Nu  biten  wir  den  heiligen 
geist.unb  ber  |)immelfabrtölciä:  Krist  faor 
gein  himile,  fämtlid^  burd^  8utf)er  in  ben 
eoangclif^en  Äirdjengefang  aufgenommen. 

Sett&ner,  tat.  tunica  hardiata,  jubeus, 
jupa,  joppa,  tunica  andax;  franj.  unb 
engl,  jupon ,  ein  feit  1350  über  ber 
SRüfiung  getragener ,  cnganfc^Iic^enbcr, 
mcijl  ärmellofer  Seberrocf.  Sief)e  ben 
2lrtifcl  'J?an^er. 

Sconinif^e  S3erfc  beiden  bie  feit  bcm 
8.  3at)rhunbert  auffommcnbcn  latcinifd^cn 
^cfamctcr    unb    Pentameter ,    bcren    erfie 
|)älftc  bia  ^ur  (Säfur  mit  bem  2}er^fd)luffe 
reimt.    Der  ^amt  foü  r»on   bem  ^arifcr 
SDJöni^ßco  obcrßconiuö  {lammen.   So 
ein  Sßcr^   ift   ber  ©to§feuf^cr   Dieter   5lb« 
fc^reiber  mittelalterlicher  ^»anbfcöriften: 
Explicit  hoc  totum,  infunde,  da 
mihi  potum, 
ober  au^  bcn   Casus  Sancti  Galli  Ekke- 
harti 
Esse  velim  Graecus,  cum  sim  vix,  domna, 

Latinus. 
'211^  Scifpiel  lconinifd)er  'iDifiid)en  fei  bie 
®rabfd)rift  bc«  St.  ©aOer  5lbte^  ^immo 
angefüt)rt  (Vadian,  I,  199): 

Hie  bene  maturo  transit  pater  ille 
sab  aevo, 
Ad  patriae  reqnieni,  hie  obit  Himmo 
diem. 

Hunc  merito  nostri  vigilanter  habent 
memorari, 
Plura  loco  Galli  stant  monimenta  toi. 

Scrfcti,  ßcöerfen,  lebcrnc  Seinfteibcr,  im 
14.  3al;)rt)unbcrt  furj,  meit,  unten  aufge* 
fertigt  getragen,  bann  lang  unb  eng,  mit 
bid)tftct)cnbcn  ^cfteln  gefc^loffcn. 

Je^e,  ße^t,  lat.  alnea,  ^ie§  man  bcn 
Umgang  ber  äufcrcn  (Ringmauer  einc^ 
öagerö,  einer  Surg  ober  befejiigten  Stabt. 
3)cr  21uäbrucE  ging  aud^  auf  bic  SRing* 
mauer  felbjl  über,  „ßejincn"  ftnb  au(^ 
eigentlidbe  Sc^anjmerfc  (befonbcrö  bei 
Sal=(Sngen)  mie  fie  bic  Sc^meijer  bei  üJJor« 
garten,  'Jläfel^  u.  a.  D.  erri(^teten. 

itUäfttT,  lat.  eandelaria,  lueerna,  lu- 
mera,  frj.  ehandelier.  'S>it  ßcuc^tcr  ber 
fränfifd)en  ^ät  fmb  eine  Jia^bilbung 
ber  römif(ien  unb  gricc^ifc^cn  Sorbilbcr, 
bie  fic  jroar  nic^t  erreif^cn.  Sie  [\nt  ju» 
meifi  aui  |»oIj  gebrel)t,  rob  profilierte 
Stänbcr,  oben  mit  einer  25ü[le  jur  'Huf* 
na^mc  bed  t)U  ober  ber  Äcrjc,  unten  mit 
einem  einfachen,   oicrccfigcn  'Jug.     S)ane« 


Ceu^ter. 


421 


bcn  fommen  aucfe  fe^lgegoffcne  Oerdte 
au«  SRotfupfcr  oor,  fo  Der  Jaffilolcuc^ter, 
jiuat  «abrfd^einlidö  bcm  11.  3iit!T^u"i>frt 
entftammenb,  obglcid^  i^n  bie  Überliefe 
rung  auf  laffilo  jurücffü^rt,  ber  ju  Äarl 
beö  (Sro§en  ^ixt  aU  befangener  im  Stifte 
ju  .Rrem«imünflcr  ftarb. 

SePimmte  Oeftalten  oon  ft)mboIif(f)er 
iöebeutung  erhielten  bie  ßeudöter  mot)! 
crjl  jur  3eit  ber  Äreujjügc ,  roo  für  ben 
fit(f)Iic^en  ©ebraudb  bie  l'ampen  unb 
gacfeln  oon  bcn  ÜBacfeöferjen  oer= 
brdngt  loerben;  ber  Seuc^ter  »oirb  alfo 
jum  Äerjcnbalter  unb  untcrfc^eibet  ftd) 
in@tanb  =  ,  ^anb=,.2ÖQnb  =  unb^änge5 
leudbter,  neben  tt>el(iben  man  für  prioa= 
ten  (gebrauch  unb  oereinjelte  B^edc  bie 
fleincn  Öllampen  beibebielt.  5lüe  xvux' 
bcn  nun  jumeifi  auei  93ronjc  ober  ülJcffing 
gegoffen  unb  ctrca  aucb  oergolbet  ober 
emailliert.  I)ic  großen  ®tanblcud)ter 
(ouc^  blo^  Äanbelaber  genannt,  roeltftc 
93ejeici)nung  urfprüngli^  aQein  bcm  gu§c 
jufam)  ftnb  ot)nc  3^'fiffl  ^eroorgcgangcn 
au«  ber  marmornen  Säule  ber  ali^rij!» 
lieben  *8aftlita,  fic  trugen  bie  geroeibte 
Djtcrferjc  unb  erhielten  burd)fd[)nittlicb 
eine  ^ö^c  oon  fünf  bi«  neun  %ü^.  ©ie 
fianben  jur  ®eite  beö  Slltarö  unb  Ratten 
entmeber  bie  ®efialt  einfacfcer  ©tänber  für 
ein  fiic^t  über  bie  einc^  (Sefletlö  jur  5(uf= 
naljme  einer  größeren  S'^bl  oon  Äerjcn. 
3n  D'lacbabmung  beö  8eu(^ter^  im  Sempel 
ju  Serufalem  würben  oiele  fubcnarmig 
erfreut  unb  in  biefer  ^orm  aud)  Arbores 
genannt,  ^m  Dome  ju  (Erfurt  j.  93. 
^nbet  ficf)  eine  fafi  fünf  5u§  bobe  (Srj-- 
fiatue  mit  jlatrau«gebreiteten  *Mrmen,  lan= 
gern,  gleid)mä§ig  gtfäUeltem  bleibe,  melcbe 
nodb  gegenmärtig  ben  ^mtd  eine«  ßic^ter^ 
trägerä  erfüllt.  ®ie  entflammt  bem  11. 
ober  bem  "llnfang  beö  12.  3al)rbunberte. 
S)ie  Stdnber  bienten  aucb  jur  'iluffieüung 
oon  J^eiligenbilbern,  SRcliquicnfcbremen  :c. 
2)ie  fiebcnarmigen  ßeucbter  l)abin  meifi 
ein  bveictfige'g  8u§geftefl,  hai  in  ben 
mannigfaltigjlen  5'>i^men  burd)btoci)en  mit 
allerlei  ^kxat  gefd^muift  ift,  mit  "i5änbern, 
SRanfen,  91«enfd)en'  unb  Jierfiguren.  ^uf 
biefem  ^u^gefieU  ruf)t  ein  fenfrc(l)ter,  oieU 
fad)  üer^ierter  @ci)aft,  ber  oben  eine  .Rcrje 
trägt.  2)ie  übrigen  fed^ä  ruben  auf  feit« 
mdrtö  aufiieigcnbcn  Firmen,  bie  —  je  ^vov 
unb  jmei  gegenfldnbig  —  in  ocrfdjiebener 
^öbe  entfpringen  unb  jioar  nid)t  im 
2ßed)fel ,  fonbern  in  gleid)er  Oftidjtung 
übereinanber.  (Sie  enbigen  oft  ppramibal, 
oft  in  gleicher  ^ölje. 


iDie  J^anb=  ober  Irageleudi  te  r 
waren  meifi  nur  fed)«  bi«  je^n  3oll  f)o^ 
unb  geformt,  foba§  fie  bequem  gejleQt ,  an* 
gefaxt  unb  getragen  »erben  fonnten.  ®ic 
waren  befonber«  für  bie  bienenbe  4>anb 
bc«  iü?c«necö  unb  be«  ^Ifolutben  befiimmt. 
3)er  %ü%  War  ebcnfall«  breiteilig,  ber 
©db'ift  f"i^^  gcbrungen,  in  ber  SfJJitte  mit 
einem  Änauf,  oben  erweitert  ober  oft  mit 
einer  tellerförmigen  5lu«labung  oerfeben. 
3n  beren  SDUtte  fianö  jur  93cfefiigung  ber 
.'itcrje  ein  b^ber,  fpi^iger  Stift.  *Uüe  Seile 
waren  mebr  ober  weniger  reicb  oerjicrt 
ober  aucb  oergolbet.  3"^  ß.f)or  bc«  I)ome0 
JU  ^ilbeöbeim  fiebt  ein  foldber,  ber  laut 
feiner  3nfdbrift  au«  einer  ganj  befonbercn 
IDJetaümifcbung  gefertigt  worben.  Sic 
lautet:  „Bischof  Bernward  Hess  diesen 
Leuchter  durch  seinen  Lehrling  im 
ersten  Aufblühen  dieser  Kunst  weder 
von  Gold  noch  von  Silber  beschaffen, 
aber  dennoch  wie  du  siehst  schmelzen." 
Die  OJJaffe  ifi  ®olb,  Silber  unb  ©ifen 

I)ie  Äronleudjter  ober  |)dnge« 
leucbter  (corona,  coronula)  treten  im 
elften  unb  äwolften  3af)rf'uni'«i^t  fd)0"  in 
föfllic^en  (Sfemplarcn  auf.  ßrbalten  jinb 
unter  anbcrn  jwei  fo[d)e  in  ber  3)omEircbe 
ju  ^ilbeßbcim  unb  eine«  in  ber  SWünfter« 
fir^c  JU  *Jtad)en.  2)ie  erjleren  fübren  fi^) 
burd)  ibre  3"Wtiftfn  auf  bie  53ifd)öfe 
Qljclin  (gejl.  um  1054)  unb  SWejilo  (gep. 
um  1079),  tai  le^tc  auf  griebricb  I.  jU' 
rücf.  5lflc  brci  fommen  barüber  übercin, 
ha^  fte  au«  einem  äiemlid)  breiten,  freies 
förmigen,  butd)brocbenen  SReifen  befteben, 
an  bem  in  befiimmten  3>^if<^f"'^<^""'^'^ 
tleine  turmartige  5luölabungen  mit  iJlifd)en 
f^üx  ^luffteKung  oon  gigürdben  unb  jwi« 
fd)en  biefen,  am  oberen  Ofianbc,  Äcrjcn« 
jlacbcln  angebra(^t  ftnö,  unb  i>a^  fte  oon 
mebreren,  miteinanber  oerbunbenen  Äetten 
gebalten  Werben.  2)er  fd)önfie  i(l  ber 
bronjene  ßeucbter  ju  2lad)en.  ©iefer  — 
wie  nocb  anbete  feiner  *Jlrt  i>ai  i)\n\m\i\i)t 
3erufalem  barftetlenb  —  wirb  au«  ac^t 
Äteiebogen  gebilbet  unb  jwar,  wie  bcffen 
3nfcbrift  befugt,  auf  ®runb  ber  ac^tedigen 
©ejlalt  be«  SÜJünfierö,  näd)ftbem  aber  aui 
fcdbjebn  Iürmd)cn,  weldie  fid)  teil«  an 
ben  Sd)eitelpunften,  teil«  an  ben  ©nb« 
punften  ber  beiben  Sogen  befinben.  I)ie 
Jürmd)en  flnb  oerfcbiebengefialtig ,  ad)t 
größere,  bie  anbern  fleiner.  Untere  runb, 
erfiere  in  ibrem  ®tunbri§  abwei^felnb  in 
©eftalt  eineö  Quabrateö  ober  93ierblatte« 
mit  bali'freiöförmigen ,  au^bicgenben  Sei= 
teil.     2)ie    fdmtlid)en    lürmc^en    ftnb    fo 


422 


Liber  vagatoram  —   ßieb. 


angeorbnct,  ba§  Don  if)nen  jent  öicrecfigcn 
bie  Srfen.eineä  Quabrateö  bilbcn,  beffen 
Scfen  jebeömal  ein  Segment  mit  btci  an« 
beren  5tiirmd)en  abfd)neibet,  unb  t)a^  jene 
anberen  nermöge  i^rcr  ^albftei^förmigen 
9lu?Iabunaen  ben  ad)t  runben  Sürmen 
nuf  ben  Scfteitelpunften  glcicbfie^en.  *Ufle 
enthalten  Df^ifct^en ,  in  bencn  anfänglidb 
ot)ne  3>^f'ffi  •?)citigenfiguren  aufgc(teüt 
Waren.  S)ie  Sobenjlücfe  bcr  Iürmcf)en 
jtnb  untermärtö  mit  gradierten  ^iüinün- 
gen  auf  rergolbetem  ®runbe  gef(^müdt, 
bergeilalt,  ta'B  bie  aijt  größeren  unb  bie 
acht  fldncren  2)arf}etlungen  in()altUc^  ju^ 
famment)ängen.  ®ie  bel)anbelnbie'®cfc^id)te 
(St^nfli  unb  jcigen :  Die  iBerfünbigung, 
bie  ®eburt,  bie  Qlnbetung  ber  Äönige,  bie 
Äreuj'gung,  bie  f^rauen  am  ©rabe,  ^im= 
melfabrt,  <iiu^gie§ung  bcö  heiligen  (Seifteö 
unb  ßbripu^  ald  ilßeltentichter.  ©aneben 
finben  jid)  bie  acht  ©eligfprechungen  auf 
igprudhjettctn  ebenfouieler  ©ngel.  Tiie 
Jafeln  erfcheinen  roflarttg  burchbrochen 
unb  mit  SRanfen  unb  anbercm  Zierat  rei(^ 
auögefchmücft. 

2)ie  SBanbleudhter  unb  bie  Sragc- 
Icuchter  jum  ißorleudhten  bei  '5tojefjio= 
nen  famen  erft  ipäter  (frü^ePen^  im  15 
3abvhunbert)  in  ©ebrauch,  jum  leil  aU 
fiinftliche  ©chmieb^  unb  ©chlofferarbeit. 

®ie  *}lbbilbungen  non  DI«  unb  ^oi)U 
lampen  reid)en  biö  inä  9.  3abrt)unBert 
tjinauf  unb  jeigcn  ftc  namentlich  in  ^orm 
öon  |>örnern  unb  S)elpbinen ,  bann  aud) 
Don  Schalen  unb  Ampeln,  mie  fie  bie 
onentalifchen  Golfer  gebraud)ten.  Sie  citte- 
jien  »othanbencn  ßampen  mögen  bem  12. 
3abrt)unbert  angehören,  ©ie  ftnb  aui 
93ron,5e  gefertigt  unb  nach  römifc^en 
ÜJJuftern  mit  einer  ober  mehreren  lüden 
Dcrfeben  Die  fog.  emigen  Sampen 
»or  ^eiligenbilbern  unb  Oteliquienfchreinen 
[oUen  im  13.  3at)rhunbert  in  ©ebraud) 
gefommen  fein.  2)ie  ßampen  bienteii 
Dor^üglich  bem  prioaten  ©ebrauche,  irdh-- 
renb  bie  ßeud)ter  unb  fomit  bie  Äerjen 
auf  ben  ©ebraud)  in  ben  Äird)en  befchränft 
blieben,  unb  roenn  fol(^e  im  10.  5abr= 
^unbert  fd)on  für  ben  tiiglidicn  ©ebraud) 
erttidbnt  werben ,  fo  mag  tai  l)öd)fien0 
auf  bie  ^dufer  ber  i^ornefjmen  unb  bcr 
©eiftUchfeit  33ejug  fjaben. 

3n  ber  golgcäeit  waren  hai  ^anbwcrf 
unb  Me  ^unft  bemüljt,  für  aQe  biefc  !8c= 
leud)tungegegenjlänbe  neue  jj^rnien  unb 
neue  53erjierungen  ju  erfinnen;  bie  Wirten 
berfclben  erhielten  fid)  jeboc^  unb  Der= 
mehrten    [\ä)   nur   nod)    etwa    burd;    bie 


ßaterne,  bie  wieber  fafl  ou«fc^lie§Ud^ 
ju  firc^lid)en  S"'«*^"  bleute.  a5om  ©e« 
ginne  be^  16.  Jabrljunbertö,  befonbcrd 
aber  im  17.  3ahr^unbert  fanb  bei  biefen 
Seleudhtungögcrdten  neben  bem  bem  S^iU 
gefd)macf  entfpre^enben  2[ße<^fel  in  SSejug 
auf  gorm  unb  Serjierungöwcifc  auch  eine 
fol^e  t)inrtd)tUch  be«  ©toffe«  ftatt.  2Benn 
auch  metaüene  ©erdte  unb  fieincrnc  ©tanb* 
leuchter  immer  nod)  Dorherrfchenb  blieben, 
fo  fchni^te  man  foldhe  auc^  auö  ^olj  unb 
oerjierte  Tic  mit  ©olb.  ©aneben  fommen 
aud)  (Slfenbi>infc^ni|ereien  cor  unb  in  Der 
jWeiten  ^dlfte  beö  17.  3af)tl)unbertji  au^ 
wirbelten  in  ®Ia^,  aui  weld)em  ©toff  ba^ 
ganje  ©erat  ober  aud)  blo^  bie  SSerjierun* 
gen  ju  gröferen  ©tüden  bereitet  würben. 
|)öljern  waren  befonberä  bie  großen 
©tanbleuditer ,  elfenbeinern  bie  \mt\)X' 
armigen)  Sifdileud^ter  unb  ^dngcfronen, 
gldfern  bie  Sid^tfidnöer  unb  |)anbleud)ter. 
S)ic  2öanb*  unb  SBinblichtcr  (Saternen) 
bagegen  blieben  auch  je^t  nod)  fafi  auä« 
fd)lie^lid)  ©egenfidnbe  ber  SWctallarbcit. 
Ulaä)  2öei^,  .^oflümfunbe. 

Liber  vagatorum,  fie^e  ©auner. 

LibrI  feudorum  ()ei§t  ein  in  ber  Com* 
barbei  entftanbeneö  SRe(^t0bu(ft,  iai  eine 
wiffcnfd)aft!id)e  !öef)anblung  beä  Set)n* 
reci)reö  jum  ^itU  hat.  2)iefed  ßebnredhtä» 
budh,  eine  ^riüatarbeit,  ifi  aßmdtjlic^  ani 
Derf(^iebenen  Se^aubteilen,  bogmatifdjen 
©d)riften  unb  Äaifergefe^en,  einjelnen 
SRed^t^fdllen  u.  bgl.  hcrüorgegangen,  weld^e 
oon  ben  [Rid)tern  an  ben  ßehnöl)öfen  ju 
©remona,  ipiacenja  unb  SJlailanb  gefammelt 
unb  aufgearbeitet  würben.  S)ie  @prad)e 
ifi  bie  lateinifc^e.  Daburd^  t)a^  man  biefc 
SRed)t?qucne  fchon  frü^  mit  bem  3"Pi* 
nianifd)en  ©efe^bud)  »erbanb,  fam  fte  feit 
bem  15.  5nbrhunbert  auch  bei  ben  beut= 
fcf)en  ©erichten  in  ©ebrauc^. 

Sit^tf^cre.  ©erfelben  wirb  äunddjfi 
im  13.  3at)thunbert  erwdbnt;  in  ^dufigeren 
©ebrau^  fam  fte  wohl  crft  im  16.  3a^rs 
t)unbert.  ©ie  entbehrte  juerjt  bcö  ©c^uppen« 
fdpd)cnö  unb  l)atte  häufig  bie  ©efialteine« 
iöogel^,  beffen  ©c^nabclt)dlften  ben  2>od^t 
abfd)nitten. 

Sieb  t)eiBt  urfprünglid^  im  ©egenfa|  jU 
8  e  i  cf)  eine  unter  .^»arfenbettleitung  »on 
einem  einjelnen  gefungene  ©ichtung;  ba 
in  ber  dlteften  S^it  aQe  Did)tung,  foweit 
fte  nidjt  S^orgefang  war,  alfo  namentlich 
auä)  bie  epifdie  iDic^tung  gefungen,  b.  \). 
rt)i)tl)mifcf)  Dorgetragen  unb  mit  ber  ^arfe 
begleitet  würbe,  f)atte  fte  ftet^  aud^  bie 
Jorm   beö   Siebet,   it)re   metrifc^c  ©efialt 


ölten  —   ßöffel. 


425 


modjtc  nod)  fo  cinfa*  fein;  baf)ct  bet 
3lamt  be«  ^ilbcbranböliebeö,  bcr  *D?erfc* 
burger  3auberlicber,  ^elbenlieb  überhaupt. 
@r|i  aU  aflmäbli^  ba§  Singen  ber  epifc^cn 
Stoffe  aufborte  unb  an  feine  ©tatt  iai 
Sefen  berfelben  trat,  bitbete  fl^  langfam 
ba«  Sieb  ju  einer  muftfalifd)  =  It)ri"fc^en 
S)id)tungöart  im  ®egenfa^  jur  rein 
epif*cn  2)icf)tung  auö.  iRocb  Dttfriebä 
5Jicfriaöbid)tung  bewegt  ftc^  in  Siebern, 
bic  aber  fdbon  in  üierjcilige  jroicreimigc 
©tropbcn  jerfaüen-  S^^  »olleren  3luö= 
bilbung  gelangte  biefe^  Sieb  im  engeren 
Sinne  in  ber"  böpf^en  2)icf)tung;  bod) 
erfcfceint  ti  ba  anfangt  nod)  febr  einfacb, 
in  einer  einzigen  ®tropl)e,  mciil  »on  üier 
3eilen  beftet)enb;  erft  oon  ben  chansons 
ber  ^ranjofen  entlebnte  man  ben  b  r  e  i  = 
t  e  i  l  i  g  e  n  S  t  r  o  p  b  c  n  b  a  u  ,  ber  nun 
jur  feften ,  feiten  mebr  oerle^ten  Dflegel 
ttjurbe.  Statt  beö  cinftropbifi^en  ßiebeä 
fam  t)ai  üieipropbifd)c  in  (Sebraucft,  wobei 
Wieber  nad)  franjöfifcbem  iöorbilfe,  tai 
Sbenmag  ber  i)teiteiligteit  in  ber  Stropben- 
jabl  »ieberbolenb,  bie  Stropt)ensal)l  brei, 
fünf  ober  fieben  beliebt  mar.  35ic  I)rei« 
tciligfeit  ber  Stropl)e  ^at  mufifalifd^en 
®runb  unb  \^  bic  Strophe  ber  Sejt  ju 
jhjei  f\i)  »ieber^olcnben  unb  einem  brüten 
fclbftanbigen  muftfalif<i)en  Sa^c;  jene 
nannten  bic  fpätern 'Weifterfängcr  Stollen, 
biefe  ben  *Jlbgefang;  bie  Stroplje  felber 
^ei^t  mt)b.  tai  liet,  beffen  ^Clurnl  diu 
liet  fpdter  infolge  ber  mebrftropt)ifd)en 
Sieber  gebräud)lid)  mirb;  fpdter  t)ei§t  fie 
aud)  ®efä^.  Jn  ber  Slütejeit  bcr 
^öfifd)en  Snrit  madjtc  eä  ftd)  jcber  2)i(^ter 
jur  6bte,  fottiobl  im  Seyt,  bem  wort,  al^ 
iBer  SWelobie,  wise  ober  don,  felbftänbig 
ju  fein,  ml)b.  ein  liet  vinden;  ba^fetbe 
bejei(^net  trouver ,  tronbadour  unb 
trouvfere;  bie  Qlneignung  fremberStroptjens 
formen  unb  5[)telobien  galt  für  ein  Unrecbt; 
h)er  e^  t^at,  i)[t^  doene  diep.  21ud)  ftd) 
felbft  gegenüber  l)ielten  bie  S)id)ter  auf 
immer  med)felnbc  SJJeutjcit  unb  erfanbcn 
meip  für  jcbed  Sieb  wie  für  jcben  Seid) 
eine  anbcrc  ^^orm;  fd)lie§lid)  faf)  man  fid) 
freilid)  gejTOungcn,  um  bem  ®efe^e  ber 
(Sigenbeit  unb  SReul)eit  ju  genügen,  ju  ge= 
fd)macflofen  ^o'^'Tifn  ;;u  greifen. 

*Mn  baö  Sieb  ber  böfifd)en  ^unft  fcftlie^cn 
ftdb  ber  3eit  nac^  eineöteil^  bie  firopbifd)en 
I)id)tungcn  bcr  SfJeijierfänger,  anberfeits 
baä  SolEölieb;  bort  bcrrfd)t  meifl  Äünflelei, 
bie  aümäblii^  in  ficft  felber  jufammenfdtlt, 
^ier  entmidelt  [xd),  »ielfad)  an  alte  formen 
anfd)Ue9enb,   nad^  ^oi^t"  ""'^  ®et)alt  ein 


überaus  rei^eö  Äunji-  unb  (Semütöleben, 
ftcbf  53  0  l  f  «  l  i  e  b  ;  nod)  immer  ift  hier 
Ion  unb  SBort  enge  unb  unauflöelic^  ju* 
fammen  nerbunben,  ebcnfo  nod)  in  ben 
bem  17.  5abrbunbcrt  angebörigenfcn  ®c- 
fellf^aft^Iiebern.  3)agegcn  fommt 
gegen  ®nbc  be^  16.  unb  nod)  mebr  im 
n.  3abrbunbert  namcntlid)  feit  Dpi^  hai' 
jenige  neuere  Sieb  auf,  n)eld)e^  blo^  no(^ 
jum  Sefen  beftimmt  ift,  unb  erft  bem  18. 
3abrbunbcrt  mar  eö  aufbebalten,  biefe 
poetifd)e  Äunftgattung  neuerbing'^  in  enge 
93erübrung  mit  bem  ?eben  bcr  Xönc  ju 
bringen.  iSgl.  befonberö  bie  Sitteratur= 
®cfd)id)ten  üon  2ßadernagcl  unb 
^  0  b  c  r  ft  c  i  n. 

Siten  ^ei^cn  im  früberen  ÜJüttelattcr 
bieienigen,  meld)e  üon  *Perfon  frei,  bod) 
feinen  freien,  fonbern  blo§  abgeleiteten 
©runbbeft^  b^ben;  fie  bcftfeen  be0biilf> 
aud)  nic^t  ooüe  politifd)e  SRcd)te  unb  eben« 
fomenig  txii  iRed)t  ber  ebefd)Uefung  ju 
oollem  JRed)te  mit  ber  loditcr  eine«  gi^^'^"- 
Sie  bilbetcn  fd)on  ju  Jacituö'  3^'^  einen 
befonberen  Stanb,  ber  mabrfc{)etnlic^  aud 
ber  greilaffung  oon  Ä'ncd)ten  t)errübrtc 
unb  ftd)  burd)  neue  greilaffungen  nod^ 
lange  erneueite.  Tlan  nannte  ftc  auc^ 
aldiones,  fpiitcr  ^albfreic  ober  porige. 
3br  ilöcrgelb  mar  meifl  bie  |>älfte  bed 
SBergclbeei  für  einen  ,5'^^'^"-  ®^^  flanben 
mic  bic  55reien  unter  93oUörc^t,  fonnten 
eigene^  Vermögen  ^aben,  maren  aber  meifl 
mic  bic  Unfreien  auf  Jteben^öfe  gefegt, 
pon  benen  fie  2lbgaben  unb  2>icnfte  cnts 
rid)teten.  93alb  bilbete  fic^  bei  ibnen  ein 
feficö  .^ofred)t  unb  erblid)feit  bed  Sefi^e« 
auö;  bod)  fonnten  ftc  r>om  ^ofc  red)tö* 
gültig  nid)t3  tjeräu^cm.  Qlucb  mit  tin 
Unfreien  mar  i^nen  bic  e^c  ni(^t  geüattet. 
25oc^  jogcn  fie  mit  in  ben  .Krieg.  SOMt  bcr 
3eit  Dcrmifc^te  ftd)  bcr  rec^tlic^c  Unter* 
fd)icb  jmifcbcn  biefen  ^albfrcicn,  ben  Un» 
freien  unb  ben  bloßen  3'"^^^"^^"'  ""^ 
bic  allen  biefen  Älaffcn  gemeinfame  ^öc* 
beutung  beö  bäuerlid)cn  93erufeä,  bcd 
Scbcn«  auf  bem  Sanbc,  bcr  9^id)t'5lbctig* 
feit,  trat  üU  neucä  iöinbemittet  in  ben 
iBorbcrgrunb. 

SÖffcI.  iSJä^rcnb  bie  ©abel  alä  lifc^* 
gerät  erft  im  16.  3abr^unbert  jugelaffen 
mar,  fommt  bcr  Söffet  alö  fold)e«!  fc^on 
bei  ben  ^Hörnern  unb  bann  bei  ben  53ötfern 
ÜJlittclcuropaä  buri^  tai  ganje  ü)?ittelalter 
cor.  iDie  Sd)ale  ifl  anfänglich  etmaä  läng* 
li^,  fobann  frciörunb  unb  mirb  bann 
mieber  längti(^;  ber  Stiel  ift  juerft  flarf 
gcftümmt,   im  14.   unb  15.  3a^tt)unbert 


424 


ßo^cngrin  —  800. 


fiangcnförmig  unb  crt)dlt  bann  ju  bcr 
SicAung  bie  ctwaö  platte  ^f"^"!-  2)em 
©tojfe  nac^  gab  c^  ptbctnc,  gotbenc,  etfen* 
beinerne  unb  !rt)fiaücne  ßöffel  für  bie  SBors 
nehmen.  5lud)  alö  firdf)lic^eö  ©erat  ifi 
€t  frü^c  fc^on  befannt.  S)ie  gried^ifd^e 
Äird)e  benu^t  ifin,  um  bcn  ©laubigen  ben 
Söein  auöjuteilen,  wafjrenb  ftcf)  feiner  bie 
tömifcfie  feit  bem  12.  3a^r^unbert  nur 
nod)  jum  aJJifd^en  bee  SBeine^  mit  äöaffer 
unb  jum  *Muff(i)öpfcn  ber  ^oflien  bebient. 

So^cngrin.  9^ad)bem  fd)on  2Bolfram 
toon  Sfcftenbac^  bie  ©agc  00m  Seaman« 
litter  am  @nbe  feineä  *ParciDalö  auf  ^ar* 
cioalä  @of)n,  ßo^iengrin,  übertragen  t)atte, 
übernahm  ein  unbefannter  S)ic^ter  um  1300 
bio  *}lu0fü^rung  biefer  ^si>u  ju  einem  eige= 
nen  ßpo«  ßofjengrin.  5ln  ben  2ßartburgs 
frieg  anfnüpfenb,  ld§t  er  barin  SBolfram 
»on  ®fct)enbad5  fclbfi  crjä^Ien,  ujie  öoben» 
grin  üom  ®ral  ber  (Sräfin  (5lfa  »on  SBra« 
bont  jur  ^ilfe  gefanbt  mirb,  mit  ber  er 
pd)  »ermäblt,  inbem  er  bie  93ebingung 
macf)t,  ba|  fte  nie  nac^  feinem  9?amen  unb 
feiner  ^erfunft  frage.  SlJfit  ^einri^  bem 
Sßogler  üerricfctct  er  barauf  gegen  btc Ungarn 
SBunber  ber  Slapferfeit.  9llö  er  t)cimfc^renb 
t)on  (Slfa  tro^  be*  Scrboteö  naä)  9iamen 
unb  ^erfunft  gefragt  mirb,  üerfünbet  er, 
ta^  er  «Parcioalö  @o^n  fei,  unb  fcf)eibet 
Don  eifa.  bie  Dor  ®ram  fiirbt.  ©in  t)ifio* 
tifd)er  Qlnbang  fü^rt  bie  Äaiferfd)ic^te  bi^ 
ouf  öcinrid)  II, 

Soli  t)ei§t  eine  germanifdbe  ©ott^cit,  bercn 
Dtamcn  unb  Ülf^tben  ausfc^Ue^Iirf)  in  ffan= 
binaöifcf)cn  Duellen  überliefert  frnb.  ©ein 
SRamc  ge^t  auf  eine  9Burjel  üon  bcr  ^e» 
beutung  Ieu(iten,  moju  u.  a.  tat.  luc-is 
unb  ah^-  linhan,  leuchten,  gct)ört,  unb  ber 
©Ott  üertritt  bemna^  tai  Clement  tti 
^tütxi.  93on  feinem  Äult  ijl  nid)tö  be* 
tannt.  Urfprünglid)  eine  mo^iItbätigeDiai^t, 
rt)urbe  er  fpäter  in  met)r  feinbfeliiier  2Bcife, 
aU  böfeö  ^rin^ip,  ben  guten  änderten 
triberfirebcnb  aufgefaßt  unb  it)m  eine 
tt)efentli(^e  SHoÜe  in  ber  ®ötterbam  = 
merung,  ftebe  biefen  *ilttifel,  ,;ugeteilt. 
2öein^olb,  ^aupt«  Bcitfdjrift  VII,  unb 
ajiet)er,  ßoEi  unb  fein  löJpt^enEreii^,  Safel 
1880. 

So§,  ml)b.  16z,  af)b.  16z  unb  hlöz,  got, 
hlänts,  mit  ber  Sebcutung  8o0jei(f)en  unb 
8o3J]db(f)cn  unb  banon  abgeleitet,  ta^  burcfe 
©d)icffal0befragung  ^ngefaüene,  ein  juge= 
teiltet  iHccf)t,  oom  ai)t.  33erb.  hliozan, 
mbb.  liezen  =  burd)  ßoömerfcn  bcflimnien, 
burcb  800  erlangen.  lacituä  erjdt)lt  ®cr= 
mania  10,   ba§   bei  bcn   ®ermanen  23or« 


jcic^en  unb  iffieiäfagung  bur^  8ofe  in 
[)öcf)flem  Olnfc^cn  jiet)en.  „Die  2lrt  bc« 
ßofenö  iji  einfad^.  ÜKan  t)aut  einen  ßtt'f^fl 
Don  einem  giuc^t^owni/  jerfc^neibet  i^n  in 
©tdbd)en,  bie  man  burd^  gewiffe  3""^«" 
unterfc^eibet ,  unb  jireut  fte  nai)  btinbem 
3ufa[l  über  ein  mei^e^  Zu^.  2)arauf 
betet  bcr  ^riefter  be^  (Staate^,  wenn  bie 
Befragung  ber  ßofc  »on  ©taat^  rt)egcn,  bei 
^au^üater ,  ttjcnn  fte  in  einer  ^""i'l'fn* 
angelegen^eit  gefc^iebt,  ju  ben  ®öttern  unb 
f)ebt  jum  ^immel  aufblidenb  nacfecinanbcr 
brci  ©tdb^en  auf,  beren  Sebeutung  er 
nac^  ben  vorder  eingekerbten  3«^^^««  «* 
fidrt.  3fi  xl)x  5tuöfprucl)  üerneinenb,  fo 
finbet  in  biefer  ®ad)e  am  gleichen  jage 
feine  Befragung  ber  ®ötter  me()r  jlatt;  »ft 
er  befatjcnb,  fo  merben  jur  Sefidtigung 
no<^  bie  23orjei(^en  jU  J^tlfe  gerufen" 
S)ie  d^rijllid)c  ®cfe^gebung  befc^rdnfte  ben 
®ebrauc6  beä  weitoerbreiteten  ßofed  auf 
folc^e  x^düt,  wo  eine  recl^tlicl)e  Ungemi^* 
beit  fonfi  nid^t  fügti(^  ju  ^eben  mar. 
3nner^alb  aber  biefeö  ®ebiete^  blieb  bem 
ßofen  nod^  lange  t>ai  3infet)en  einer  über* 
menfc^Iic^en  Scftimmung,  eineä  ®otte^' 
urteiU.  511^  aümd^lid^  Mi  ßoö  biefe  33e* 
beutung  einbü§tc  unb  nur  bie  iBorjlcflung 
einer  bloß  jufdüigen  Sntfc^cibung  jurüd» 
blieb,  fiel  bie  Qlnmenbung  be^  ßofeö  au^ 
bem  ©trafpro^effe  «cg  unb  bet)auptete  fid^ 
biog  in  ßioilfragcn  a\i  le^te  'Kuefiilfe, 
fei  e^  fraft  allgemeiner  SReä)t0regel  ober 
traft  bee!  Slöiaenä  beä  beteiligten,  unb  jmar 
in  ber  boppcltcn  5lnmenbung  beö  Qluö» 
tofen^bcr*Perfon  ober  be^SScrlofen^ 
bcr  ©ad^e;  beibeö  mar  in  fielen  ^^aütn 
in  ®ebraudt),  bodfe  ftnb  bie  (5rmdf)nungen 
bation  in  ben  JRcdjtsqucncn  feiten.  Sieben 
bem  Sürfeln,  bem  3^^^^"  bcfc^riebcner 
3ettel  ober  unglei^er  J^alme  fommt  in 
©fanbinaoien  bid  tief  inä  iKittclaltcr  unb 
bei  ben  ^i^ief^n  biö  in  bie  neuere  ^cit  tai 
uralte  ßofcn  nüt©tdben  »or,  auf  meieren 
bie  SWarfcn  ober  ^außjcic^cn  ber  ßofenben 
cinciefd)nitten  roaren. 

S)er  iBerbrcitung  unb  ?luSbebnung 
tti  ßofcö  im  iDiittclaltcr  mic  in  ber  'Jleu* 
i(eit  Icificte  ol)ne  3»r>e'fel  bcr  Umfianb  55or« 
fci)ub,  ta^  i)ai  ßoö  forcolil  in  bcr  ^eiligen 
©c^rift  alä  bei  ben  anttten  ©cferiftReOcrn 
oft  crmdl)nt  ttturbc  unb  biefe  bamit  aftro« 
Iogif(i)e  (Elemente  ücrfnüpftcn.  ©igent« 
lic|e  ßoöbüct)cr  fanben  auö  Italien  im 
15.  3'if)tl)iinbcrt  ibren  ilBcg  nad)  granf* 
reid)  unb  S)cutfd)lanö;  fte  cntljiclten  jU- 
gleidö  'ilniveifungcn  jum  Äartenfpiel, 
JBürfelfpicl  unb  jum  Sluölcgen  r>on  Srdu* 


Sotl^er  —  ßuntenfc^Iof. 


425 


men.  ßoäbud^cn  i)t\^t  manc^etortö  über« 
f)iiupt  fopiel  wie  abcrgldubifcfee  ^anblungen 
»orncbmen,  um  au^  gcmiffen  (Stfolgcn 
berfclbcn  auf  bie  3uf""ft  i"  fc^Ue^en. 
iBabiüit  fagt  »on  ben  *Pfatrern  bctmcro= 
»ingifc^en  3^'^'  fi^  batten  ben  2luftrag 
getjabt,  bcm  f)eibnifd)cn  5lberglaubcn  ju 
tt)cl)ten,  unb  nämlich  die  selzamen  opfer 
für  die  toten ,  item  das  1  o  s  s  e  n  oder 
walsen,  das  etlich  Franken  und  Al- 
menner  anfangs  einer  jeden  handlang  im 
brauch  haltend ,  das  man  bei  unsern 
Zeiten  noch  das  lossbuochen  oder 
buo  chlossen  heisst.  (©cbtiften  II,  57.) 
Co^tagc  feigen  bie  jmölf  Jiä^te  »om 
24.  SJe^embet  biö  6.  Januar,  mcil  jcbcr 
bicfer  läge  in  feinet  SBittcrung  bie  SBitte« 
rung  ber  ätnölf  ÜJJonatc  tti  beginnenben 
5abtcä  ootauöfagt.  Siebe  ^omctjerüber 
iai  germanif^e  i'ofen,  ÜRonatöbericbte  ber 
berliner  <Jltabemic  1853  unb  »erlin  1854. 
Sgl   ben  Qlrt.  SRuncn. 

Sotöcr  unb  'SlaUtt  ifi  ber  yiarm  eine« 
urfprüngli^  franjöfifc^en  SRomand  ber 
Äarlöfagc,  »nelc^er  non  einet  ©rafin  »on 
StaffausSorbrüd  auö  ber  »on  i^rer  SOiutter, 
einer  ^erjogin  oon  Sot^ringen,  italienifd) 
»erfaßten  ^Bearbeitung  inö  S)eutf($e  über» 
fe^t  mürbe.  Sr  erfc^icn  juerfi  in  ®tra§* 
bürg  1514  unb  mürbe  aU  aSoIfäbuc^  oft 
»ieber^olt. 

SuribortU?,  ©lucibariuö  ober  Aurea 
Gemma  ij^  ber  Site!  eine^  fc^t  nocf)  ge= 
läufigen  Sßotfebuc^cS,  tai  ani  bcm  WitkU 
alter  flammt  unb  in  feiner  alteflen  erbal? 
tenen  i^affung  bem  12.  3a^r^unbert  angc« 
^)ört;  eö  cntliäU  in  bialogifc^er  J^orm 
juerfi  eine  SBeltbefdbreibung  unb  »erfnüpft 
in  einem  jttteiten  2:eil  eine  (Slaubenölc^re 
bamit;  bamit  ifi  namentlich  bie  2ef)re  Dom 
enbc  ber  SBcIt,  com  Qlntidfjrifi  unb  »om 
jüngden  (Seriell  ücrbunben.  ©aö  i8üd)= 
lein  flammt  auö  einer  Iateinifd)en  Quelle 
unb  ift  in  ja^Irci^c  Sprayen  überfe^t 
h)orben. 

Snbnö,  ftelie  S)rama. 

SnbtDtgglieb  ober  Subioigglcic^  ^ei§t 
ein  altb€utfd)eä  ®cbic^t  auf  ben  ©icg 
Äönig  Cubmigö  in.  in  ber  ^iormanncn« 
f^ladbt  bei  Saucourt  im  3af)re881;  iai 
Sieb  ijl  fofort  nai)  ^cm  «Siege  gcbic^tet, 
fleibct  aber  bie  ®efc^i(^töerjäf)lung  in  ein 
»unberbare«  eingreifen  ®otte«.  Der  ^iä)-- 
tcr  ifi  iebenfaQg  ein  ®ei^li(^er,  unb  feine 
SDarjteQung,  jmar  t>on  cinfcitig  fird)Ii(^er 
lenbens  ^W  f«i»  bod)  lebhaft,  üerficinb^ 


iict)  unb  fücftlic^.  ©c^on  Berber  »er« 
leibte  i>i\i  ®ebid)t  feiner  Sammlung  üon 
iBolEäliebern  ein;  t>on  neuen  ^luögabcn 
ficbcbefonber^3)'lüllen^offunbSd)erct, 
2)enfmdlcr  beutf(^er  ^Poefte  unb  (ßrofa. 

Siigenmör^cn  l)at  eö  in  oerfcl)iebcnet 
5orm  com  13.  3af)r^unbert  an  gegeben, 
meifi  ^eroorgegangen  auä  ber  mutwilligen 
^reube  am  5lbenteuerli(^f!en  unb  am  Ün- 
finn.  Sie  crfc^einen  in  ber  ^Jo^"!  ^on 
Spriicl)en,  QSolfätiebern,  pon  ÜJJeifierftnger« 
fprücf)en,  oon  gaflnac^tfpielen,  namentlii^ 
gehört  baju  auc^  ber  ginfenrittet  (fte^e 
biefen). 

Sutitcnf(^Io§.  ©ie  ©nt^ünbung  gcf^a^ 
bei  bem  älteßcn  ^eucrrobr  bur^  bie  ßuntc, 
bie  anfänglid)  t>on  ber  ^anb  auf  bag 
^Juloer  ber  Pfanne  gebrücft  würbe.  3)icfe 
ÜRanier  eignete  fid^  jeboc^  ^öd)ßenö  für 
bie  fefiflebenben  Südbfen.  wäl)renb  fu  bei 
ber  ^anbfcucrwaffe  baäi  3*^^«"  f'^"^  f'^' 
fcfcwcrte  unb  gefäl)rlid)  mai^te  ober  gar 
pcrunmöglic^te.  So  würbe  für  biefe  fc^on 
im  3«t)te  1 378  baö  Cuntcnfcfclo^  f onulruiert, 
bcffen  SSefc^affen^eit  3«^"^  (®cfc^icfete 
beö^rieg^wcfenö)  folgenbcrma^cn  angiebt: 
„(Sin  burc^  eine  SRiete  bewcglid)  befeftigter, 
gebrochener  ©alfen,  bie  Stange,  lag  mit 
feinem  »orberen,  abwärts. »on  ber  *tilatte 
gebogenen  ©nbc  in  einer  Dfe,  bie  mittel^ 
eineö  ocrnietetcn,  jiarfcn  ©tifted  mit  bem 
au§cn  befinblidjen  ^al)ne  in  iJerbinbung 
ftanb,  wäljrcnb  fein  bintereö,  ebenfalls 
gebrochenem  (5nbe  auf  bcm  unter  itjm  be« 
finblichen  ^Ibjugc  ru^te.  "Mu^etbem  wirfte 
eine  ^tlxi  fe  nacb  i^rer  Sage  cntweber 
auf  bie  untere  Seite  beö  oorbcren  ober  auf 
bie  obcrcSeitc  bcä  t)interen  Stangcnbalfcn^, 
um  fein  unwiüEürlici^e«  "bewegen  ber 
Stange  unb  babur(^  be^  ^abne^  juju« 
laffen,  fonbcrn  le^teren  üielmct)r  äUjWingen, 
fiet«  abwarte  üon  ber  Pfanne  fteben  }U 
bleiben.  2)rücfte  man  nun  ben  *Jlbjug 
juTÜcf,  fo  wirftc  berfelbe  gegen  ben  auf 
it)m  ru^enben  Hinteren  Stangcnbalfcn, 
inbem  er,  ibn  aufwarte  unb  baburc^  iai 
in  ber  t)\t  fpielcnbe  Stangenenbe  unb 
jwar  mit  bicfer  abwärts  brüdfte,  fobaß 
ber  mit  ber  Dfe  in  Serbinbung  jlebcnbc 
^a^n  auf  bie  *Cfanne  geführt  würbe,  iöor 
ber  bcabftcibtigten  ßntjünbung  be^  *}Julccrd 
(3ünbfrüuteä)  mu§tc  jebeömal  erjt  ber 
$fannenbecfel  weggef(^oben  werben."  Ssie« 
feö  8untenfcf)lo§  erhielt  [lä)  on  ben  »er« 
f(^icbenen  33ü(J)fen  biö  in  bie  jWeitc  ^alfte 
bes  17.  3al)rl)unbertö  f)inein,  obf(f)on  cd 
bcgreiflidberweifc  nit^t  jtc^er  wirfte,  nament« 


426 


et)riE  —  iWa^tjeitcn. 


li^  bei  rcgnerif^em  SBetter;  and)  ncttict 
ber  i)iUi  @d)ein  ber  brcnncnben  ßuntcn 
unb  bcren  übler  ®etu(^  bcm  Jeinbe  bie 
©tetlung  ber  Slruppcn  bei  9?a(^t.    'iin  [eine 


StcQc    trat    fobann    ber    „Scbnapp^a^n" 
unb  tai  „*Rabf4)lo§". 

S^ril,    fietie    ^öfifd^c    SDic^tung, 
'33olfölicb,  ÜJlcijicrfängcr. 


2Äacotonif(^c  ^'ocfic  Ijeint  biejenige 
SJid^tung,  bie  in  ^er  nnllfürlid)en  ä)hs 
f(iung  lateinifcber  unb  lanbüblid^cr  (ita? 
iienif^cr,  franjörifcf)er,  beutfc^er)  6prac{)c 
befiet)t,  h)obei  Ic^tere  bcn  jvleyionen  ber 
latein'f^en  €pra(^e  unterroorfen  »uirb. 
©ie  ifi  eine  ©rfinbung  ber  italicnifcben 
^umaniPen  beö  15.  3a^thunbertö,  beren 
macaronifd)eö  ^auptwerE  tai  Dpu^  SWa^ 
<aronicorum  be^  SWerlinuä  ßocaiuö,  b.  t). 
Seofilo  gotengo  ifi.  'Jluf  beutfAem  Soben 
finbet  man  cinjelne  macaronifc^c  93crfe 
bei  ü)Jurner,  ^anä  ©ac^ei,  gifdjart  jerilrcut, 
benen  [päter  ganje  ®ebid)te  folgen,  nament« 
liefe  bie  ^Ma  (futje  bcn  "Jlrt.  5^ lob' 
gcbicfetc),  bann  ta^  Corham  Carmen  de 
Rothrockis  atqne  Blanrockis,  auctore 
Heuninio  Schelemio  Breswenbargensi, 
1600  u.  a.,  tx>ai  meifi  für  mutmiüige 
©tubentenfreife  berechnet  ttjar.  ®entt)c, 
@cfct)id)te  ber  macatonifcfeen  ^oefu,  unb 
D-  ©d)abc,  f,üx  mQcaronifd)en  'ISoefte,  im 
SBeimar   Jabrb.  Sb.  n  u.  IV. 

aWabtigal  t)ei§t  ein  t>on  ber  prooenja* 
Iifd)en  in  bie  italienifcfee  lid^tung  Der« 
^jjlanjted^  Iprifdbes  ©ebicbt,  ta^,  nuift  jam^ 
bifd),  fcd)«  bis  brcijet)n  ^nkn  lang  ifi. 
J?afpar  3icgler,  1621—1690,  fc^rieb  ein 
Sücblcin  „Ü3on  ben  SOJabrigalen,  einer 
frönen  unb  jur  SWufit  bequemften  '■Jirt 
5ßerfe",  ßeipjig  1653,  unb  ben  Äompo^ 
nifien  ber  ©efcEfdjaftsIieber  (fiebc  biefen 
Slrt  )  tt)ar  hai  „melfcfee  iPJabrigal"  eine 
fet)r  beliebte  gorm. 

9JiagcIonc  ober  bie  fc^öne  üJlagcIonc, 
ifi  ein  auö  ^em  granjöftfdjcn  burd)  Seit 
SDkrbad)  in^  2)eutfd)e  übctfe^te«  unb  feit^ 
bem  incl  gelefeneä  Sioltöbucfe;  e^  erfd)ien 
juerfi  1536  ju  'Jlugäburg. 

ajiafltftcr,  ftebe  Uniocrfitaten. 

SJiagnificat  bci§t  in  ber  Äir^enfpracfee 
ber  l'obi^emng  ber  'Dtatia  im  |)aufe  beö 
3ad)aria3  (üuE.  1,  46—55),  ber  mit  bcn 
SBorten  beginnt:   Magnificat    anima  mea. 


üKa^Ijciten.  5ln  bem,  »aä  ber  SWenf* 
an  ©peife  unb  3Jabrung  ju  ftcfe  nimmt 
unb  ttjie  er  biefcö  t^ut,  liegt  bcfonberei  in 
einfacheren  Silbungöpcrioben  ein  wefcnts 
lid)cr  Seil  feiner  natürlichen  unb  feiner 
c^eifiig  fittUcfecn  Sjrificnj;  unb  ä»ar 
fpiegelt  fict)  bie  Qlrt  feiner  ßebcnäfü^rung 
nidjt  blo§  in  bcn  gett)öl)nli(i)en  Jageö* 
ma^ljcitcn,  fonbcrn  namentlich  aucfe  in  ben 
^cftgelagen  ab. 

%üx  bie  ältefie  (Periobc  finb  üon  biefem 
öcbenögebiete  nur  tiercinjelte  Dlacferidjten 
erl)altcn.  Sacituö  fagt  ©ermania  22 : 
„S)ie  ©peifen  ftnb  cinfadj;  «ilbe«  Dbft, 
frifcfee^  2Bilbbret  ober  geronnene  iüJilcfe; 
um  i^ren  junger  ju  füllen,  braucht  eö 
meber  eine  feine  3ii''creitung  nod)  auöge« 
fud)tc  ©cmürjc."  I)ocf)  lä§t  fxi)  biefe 
Jlotij  nicfet  untt)efentli(^  auö  anberen 
DueÜen  crgänjcn.  2J?an  a§  i>ai  t^Utfct) 
bc0  iRinbcö  unb  be^  'iJferbeö,  unb  bereitete 
aus  ber  ÜJltld)  93uttir  unb  Ädfc,  melcfec 
Ic^tere  €peifc  'JJliniue  ein  Hauptnahrung«!» 
mittel  ber  ©crmanen  nennt.  15om  ®etreibe 
mar  namentlich  ber^afer  beliebt;  aai 
ihm  gcfocfeter  Srei  mar  burcfeg  gonje  ÜJJittcl« 
alter  fo  fe^r  bie  gembbnlidbe  ©peifc  tti 
niebcren  Solfeö,  ta^  i>a'i  2Bort  !Brei  fooiel 
mie  ©pcife  bcbcutcie.  2)aneben  fanntcn 
fic®erfte  unb-üßeijen.  Unb  menn  aud^ 
bie  römifd)en  ©c^rififictler  beö  Srotess  al^ 
einer  beutfdjen  ©peifc  nirgenb^  crmäbncn, 
fo  bcäcugt  bod^  hai  'illter  Der  'ißorte  Sorot 
unb  2aib,  ta^  bie  SSermanblung  beö  ®es 
treibet  in  Äucfeenform  ben  ®crmanen  nicfet 
unbcfannt  gemefen  fein  fann.  2Jon  ®c« 
tränfen  ermät)ni  Sacitud  ®erm.  23:  iöier 
unb  ilBein;  baneben  mar  ber 'JWet  beliebt. 

2)ie  ^duölicfeen  !UJat)ljeitcn  ber  ©ermanen 
merben  einjig  üom  pbpfifcfecn  Sebürfniffe 
benimmt  morbcn  fein;  fcfilicbe  *Dkl)ljciten 
famen  namentlid)  bei  Dp  fern  »or;  für 
bie  gcfeQige  Unterljaltung  ber  freien  'JJJänner 
forgte  bae  ®clagc,  mooou  Jacitu«  ®erm. 


SDlatjIjcitcn 


427 


22  unb  23  f)ünbclt.  *Mu«  Dem  Öcoroulf 
unb  au^  ffünbinaoifc^cn  Sagen  etfal)rcn 
wir,  mie  eö  bei  einem  foI(t)cn  ©eloge  ju^ 
^ing.  3u  ben  'IWct*  unb  Sietfcfien  lub 
ber  fflirt  cntroebcr  blo§  feine  Sanfgcnoffen 
ober  aud)  J^teunbc  unb  JJacftbarn  ein;  bie 
^Quöfrau  ober  2;od)ter  reichte  t)Ai  Zxint' 
t)orn  fetbfi  ^erum,  wie  e^  in  iffiatlbaüa  bie 
SIßalfüren  tf)un;  ja,  üon  oieten  (SJa^md^lern 
wirb  berid)tet,  ta^  übetbaupt  bie  grauen 
baran  teilgenommen  unb  tüd^tig  getrunfen 
t)ätten. 

<Muä  beutfd)en  Quetten  ifi  für  baö  frübere 
HJJittelaltcr  rcenig  berid)tet,  wai  auf  fol(^e 
®elage  Scjug  bätte;  üielmebr  bat  offenbar 
üud)  auf  biefem  Sebcn^gebiete  römifcber 
einflu§  bei  ben  granfen  frü^  ftd)  gcitenb 
gemacht  unb  boö  alte  Oelagewefen  befcitigt; 
einbarb  erjdblt  in  feinem  ßcben  Äarl3 
be«  ®roien:  „3n  ©peife  unb  Sran!  mar 
er  mä^ig,  mäßiger  jcbod)  nod)  im  Iranf, 
benn  bie  Iruntentjeit  perabfd)eutc  er  an 
jebem  9!)?enfd)en  aufö  au§er)lc,  gefc^meigc 
benn  an  fid)  unb  ben  ©einigen,  ^m  (Sffen 
jebodb  fonnte  er  nidjt  fo  entbatttam  fein, 
üielme^ir  flagte  er  i)äuftg,  ta^  baö  ^<\^in 
feinem  Äörper  f(^aPe.  •$)ü(^fl  feiten  gab 
er  ©aPereien  unb  nur  bei  befonberen  feft= 
lict)en  ©elegcn^eiten,  bann  jeboc^  in  ^ai/U 
teicf)er  (SefcHfcbaft.  ^uf  feine  gercöbnlic^c 
Safel  lief  er  nur  »ier  ©eric^te  auftragen 
auicr  bem  Sraten,  ben  il)m  bie  Jäger  am 
93ratfpic§  ju  btingen  pflegten  unb  ber  it)m 
lieber  wax  al^  jebe  anbere  Speifc.  2öal)renb 
ber  iafel  borte  er  gerne  \oiuftf  ober  einen 
35orlefer.  (Sr  lie§  ftd)  bie  ®efd)ic^ten  unb 
Sbeten  ber  eilten  oorlefen;  aud)  an  ben 
Sudlern  beö  ^eiligen  QiuguPinu«  batte  er 
greube,  befonbet^  an  benen,  ,bie  Dom 
©taate  ©otteä'  betitelt  finb.  ^m  ®enu§ 
tti  SBcinö  unb  jeglid)en  ®etränfa  mar  er 
fo  mä§ig,  ba§  er  über  %i\di)  feiten  met)r 
al^  breimat  tranf.  ^m  ©ommer  nat)m  er 
na^  bem  Sülittac^effen  etma^  Dbfi  ju  ftd) 
unb  tranf  einmal,  bann  legte  er  Älciber 
unb  ©cftu^e  ab,  roie  er  bei  )Ra<i)t  tt)at, 
unb  rubte  jmei  biö  brei  ®tunben." 

3flömifd)er  (linflu^  mirb  eö  aucb  gcmcfen 
fein,  ber  jablrcic^e  neue  ©peifen  unb  ©e^ 
tränfe  aufbtad^te,  für  beten  fiebere  ^crbei* 
fd)affung  Äarl  b.  ®r  bcfonberö  in  feinem 
Capitularium  de  villis  ^ilnweifung  gab. 
2öa0  man  jefet  jur  föniglid)en  Safel  be- 
burfte,  erfennt  man  au«  ben  5l>orfd)riften 
für  bie  'Muffeber  ber  föniglid)en  Tillen, 
menn  il)nen  befohlen  mirb ,  Saumgärten 
«njulegen,  für  Dbfi,  ©emüfe  unb  Ärdutet 
©otge  ju  tragen,  be^gleic^en  für  bie  Unter= 


l)altung  einet  gröfetmöglidjen  'Mnjabl  oon 
.5>übnetn,  ®änfen,  g'^iane"»  SJtebbübncrn, 
'Jßfauen ,  Turteltauben,  unb  rcenn  im  be* 
fonberen  folgenbe  ßcbenämittel  genannt 
merben:  'Jiettid)e,  ^irfe,  gemäftete  .^lübner 
unb  ®änfe,  6ier,  'öutier  Ääa,  J^onig, 
trtfd)ea  unb  getrocfnetoä  Jletfd),  iffiütfte, 
Sdbmalj,  neben  bem  gemöl)nlid)en  "fflein 
aud)  gefod)tet  fflein,  mabtfc^einii^  Slatet, 
'ötombeer^  unb  ÜJfaulbectmein  ,  moratum, 
mbb.  moraz,  ein  auö  i^ifd)en  beteitetei 
®ettäne,  93iet,  a«et,  (S-jfig,  @enf.  <Hu(^ 
bie  ftübe  !8cbeutung  bet  ^ofämtet  bcd 
Sd)enten,  Srud)  feffen,  unb  ber  baran 
fid)  fd)licicnben  beä  Äüc^enmeiftetö, 
Oberbdcferö,  Äellncr^  u.  a.  fpted)en 
beutlic^  für  bie  'Bebcutung,  welche  bem 
iJJabtungämittelroefen  jeöt  ^ufam  2)om 
t'öniglid)en  ^ofc  oeibreitete  [xd)  ber  Speife« 
unb  ®cttänEe  =  5tuffDanb,  mit  bem  felbji* 
uetftänbtid)  bie 'JJrayiö  bet  Äoi)funft  §anb 
in  .^anb  ging,  an  bie  f leinen  ^öfc  ber 
dürften  unb  Sbelinge,  foba§  bem  auö« 
gcbilbetcn  ^öfifc^en  Öeben  fd)on  eine  red)t 
anfebnli(^e  jafel  jur  Verfügung  fianb. 
Sa  feien  bift  nad)  Sd)ul|3,  .f)öfifd)e^ 
Öeben,  "llbfcfen.  IV  folgenbe  Speifen  ue« 
nannt.®änfebraten,£aubcn,  .^üt)ner,kapün. 
'^Jf'iuenbtaten  mit  Pfeffetfauce,  -gyitfc^,  JJeb, 
iBilbfc^mein,  ^afen,  Äanind)en;  oon  rcilren 
ißöjeln:  Äranid)e  unb  SReibet,  äc^toänc, 
Etappen,  9fiol)tbommeln,  milbe  ®an«,  milbe 
(Snte,  g'^f'i"'  Regenpfeifer,  Iaud)cr.  Sfleb« 
bubn  unb  Haubenlerche.  jDie  (5ifd)e  a§ 
man  frifc^  ober  eingefallen;  genannt  mer* 
ben  gering,  ein  oetbteitetet  ^anbeUattitel, 
'Jad)«,  ßadjöfoteüe,  5tal,  Stöt,  u.  o.  a. 
Äc^t  beliebt  maten  hafteten,  mbb.  bie 
pastede,  bastede,  bastet,  au^  mittellat. 
pastäta,  Don  lat.  pastare  ^  leig  bc* 
teilen,  pasta  =  Seig;  eö  metben  etmä^nt 
|)ü^net5,  9tet)5,  .ftaninc^en=,  Jafanen'  unb 
SJflegenpfcifers'iJafteten.  SBon  ©emürjen 
fennt  man  außer  «ssalj  ben  'J5fiffer,  ber  im 
3!}?ittelaltir  meit  oerbreiteter  mar  ale  jc^t, 
baber  j.  ö.  bie  reid)en  Äaufbctren  im  15. 
3abrl)unbert  ben  Spottnamen  'C  f  e  f  f c  t  f  ä cf  e 
trugen;  bann  jlümmel,  ÜJJuafatnüffe  unb 
iDJuöEatblüten ,  ®eroürjnelten,  Äarbamon, 
3immet.  ilfJamen  oon  Saucen  ftnb  Salfc, 
allfran^.  Sauce,  Pfeffer,  'Ügraj.  33  rot 
lag  bei  jebem  ®cbeciE  auf  bet  Jafel,  mbb. 
simele,  semele,  Semmeln;  anbete  Jlamen 
finb  SJBaftet  unb  2Beden;  e3  mar  auö 
2ßeijenmet;l  gebaden.  %li  9'iad)tifc^  mur« 
bin  oetfcbiebcne  Äuc^en  aufgettagcn  J^onig« 
tud)en,  ®cmütjtotte,  gefüllte  Sötte,  Ärapfen, 
pfankuochen;  auc^  Ääfe  gel;ört  jum  dlaä)» 


428 


ÜWa^Ijeitcn. 


tifd).  5Da^  S)cfTcrt  bcflet)t  auö  Dbfl  ober 
©übfrü^ten:  iäpfd  unb  Sirncn,  ffleins 
trauben,  Quitten,  Stüffe,  Himbeeren,  ^pr« 
ftfcf)c,  jucrößcte  Äaftcinien,  IRanbcIn,  jeigen, 
gtoBc  SRofinen  (.^ubeben),  Datteln,  3n9tt>er. 
©ranatärfel.  Über  bie  ©etränfe  fui}t  bie 
?ltt  Sier,  ü«et  unbSZBcin.  3)aö  ältefte 
Äocftbucfc,  au«  bcm  14.  JaOrbunbcrt,  bat 
tBirlingct  reröffcntlic^t  unter  bem  iitel: 
6in  *pud)  oon  guter  Speife,  6tuttg.  1844. 

9?od)  mebr  aber  alö  bie  »Spcifen  unb 
©etränfe  felber,  ip  eine  bcfonbcrc  lifcb^ 
jucfet  für  ta^  pfii"d)c  ßcben  diaraftcs 
riflif^;  aud^  if)re  Joifm^n  fin^  of)ne  3't>eifel 
in  g^ranfrci^  juerfi  au^gebilbet  »orben 
unb  foOten  baju  bicnen,  bie  ju  btefer  3tit 
gctri^  nodf)  robe  Jiaturfitte  beim  2RabIc 
in  bie  ^^tmen  ebeln  ?lnPanbeö  unb  würbiger 
®efcflig?cit  ju  bannen,  wobei  foroobl  bie 
ßubercitung  unb  3"'^'<^t""9  ^^^  "Speife 
al«  baö  "Huftragen  berfelbcn,  bie  gute  Sitte 
ber  Qlufmartenben  forcof)!  olö  ber  ®peifen« 
ben  gleidbmdfig  in  Setradit  fam.  3^  rciAei 
tai  ®aflmat)I  unb  je  üornebmer  bie  Seils 
nebmer,  bcfio  mcfir  famen  bie  SRegeln  ber 
bt)ftfd)en  Sut^t  5^1  93erü(ffid)tigung,  am 
meinen  obne  Stt'eifcl  bei  ben  großen  fönig^ 
Ii(6en  ^»oftafeln. 

IDie  Jafcl  »ar  mit  meij!  weifen  li^ä)-- 
tü^ern,  2;if(^Iacfen,  bebecft,  bie  mit  Sorten 
öetjicrt  waren;  jfber  ®aft  crbicit  eine  ©er- 
Diette,  mbb.  twehele,  unb  ein  93rot;  jum 
®cräte  geborten  bie  ©aljfäffcr,  ©c^üffeln, 
IBedier,  iWeffcr  unb  ßöffel  (bie  ®abel  fel)lte 
no^)  unb  Stinfgefäfe ;  auö  ter  ficinen 
©diüffet  ober  bem  Seüer  fpeifJe  balb  ein 
®aft  allein,  balb  jufammen  mit  einem 
lafetgenoffen.  S!öar  bie  Safel  unb  «Speife 
jum  50?ablc  bereit,  fo  trat  ber  Irucftfe^, 
mit  abgelegtem  ÜJIantel,  ben  (Stab  in  ber 
^anb,  jum  §»errn  beä  ^aufeä,  fniete  cor 
ibm  nieber  nnb  mclbetc,  ba§  bie  üJ?af)l}eit 
bereit  fei  unb  t>ai  äBafcbmaffer  geteidbt 
Werben  fönne.  S5er  .^err  Idft  barauf, 
»enn  ti  il)m  beliebt,  SRu^c  gebieten  unb 
beficblt  bcm  Iru^fef ,  t>ai  ©ignal  jum 
^änbcwafc^en  ju  geben.  5Durcb  -^orn, 
trompete  ober  S^^^^  würben  bie  ®äfic 
aufgfforbert ,  ibren  !]ßla|  einjuneljmen. 
Unter  Leitung  be^  Äammerers  boten  bar= 
auf  gbelfnaben  ber  (Reitje  nadb  fnieenb 
eine  Sc^üffet  bar  unb  gojyen  au«  einem 
®ic§faffe  SGßaffer  über  bie  ^änbe;  bie 
^änbe  würben  an  ber  twehele  abgctrodt= 
nct,  welche  bie  SJiener  um  ben  ^aU  ^ön^ 
gen  batten.  I)ann  fc|te  man  fic^  ju 
lifc^e.  Der  ^ürfl  fpeifle  an  einem  be= 
fonberen,  auf  einer  Sf^rabe  er^öbtcn  Jifd^ 


allein  ober  mit  feiner  ®cma^lin,  ben  an« 
bem  wieö  ber  jrud^fef  ihrem  SRangc  ge* 
md§  \>tn  ^\a^  an.  Um  bie  SRangunter* 
f^iebe  »erfdjwinben  jU  laffen,  batte  ^ttu« 
feine  ®äjlc  an  einen  runben  2ifd)  gefegt. 
yiaä)  ber  alteren  Sitte  fpeijten  Ferren  unb 
Damen  gefonbert,  nur  ta%  etwa  bie  ^auö« 
frau  ben  ®äften  jur  g^re  fi^  anö  Hi'a^I 
fe|te.  Äinber  würben  nic^t  jugelaffen. 
3ulaffung  ber  Damen  jum  ^a\)k  fam 
crP  in  ber  finfenben  JRitterjeit  auf.  Da« 
'auftragen  ber  Speifen  leitete  unter  Srom« 
mct  unb  ^ofauncnfcbaK  wieberum  bec 
Irudbfef,  ber  famt  feinen  ®ef)ülfen  al3 
^Ibjeid^cn  einen  Stab  in  ber  ^anb  trug; 
(Sbelfnaben  fdjön  gefleibet,  brad^ten  bie 
Speifen  auö  ber  Äücie.  ®röpere  gebra« 
tcne  iBögel  würben  am  Spiele  aufgetra« 
gen,  anbere  ©etüd^tc  auf  fofibaren  ^\aU 
ten;  iai  ®eflügel  fam  unjerfd)nitten,  bie 
übrigen  ©raten  aber  jerlegt  auf  ten  lifd^. 
Da«  3"W"^i^fn  ^^^  legieren  beforgten 
Sbelfnaben  ober  junge  am  ^ofe  jur  ®r* 
jicbung  Icbenbe  SWäb^en;  fie  batten  bem 
®afie  fnieenb  »orjufdbneiben ,  bie  SBiffen 
jujureic^en  ,  ben  g3c(iber  ju  präfentieren. 
Qlnbcre  Änaben  reichten  ben  SBein  ^crum, 
wobei  gewöbnli(^  mehrere  ®äfte  au«  einem 
Sedjer  tranfen.  Spiellcute  unb  Sänget 
fehlten  bei  ber  ^oftafel  nf(!)t.  SWacb  auf« 
gehobener  ilRahljeit  wufdh  man  fidh  wie« 
berum  bie  ^anbe,  bie  2ifcttü<^er  würben 
abgenommen,  ber  lifc^  felber  hi"üu«9f* 
tragen. 

SBar  bie  böfifdhe  3"^^  barauf  bebocht 
namentlü  and)  bae  ÜJJahl  unter  ihr  ®e« 
fe^  äu  bringen,  fo  bemühten  fidh,  al« 
jener  edhte  ®eiji  ber  3"^*  fchwanb,  meh« 
rere  SdhriftjleQer,  bie  [Regeln  bei  Jifch« 
jucftt  aufjufchreibcn;  man  l)at  folc^e 
Qlufjeicbnungen  com  Sann^dufer  unb  eine 
„2Biener  3;ifd)judht"  fpdtet  no(^  con  Sc« 
bajlian  93rant  im  SJiarrenfchiff  unb  »on 
^an«  Sad)«  nöchgeahmt;  io<i)  ftnb  iai 
höt^ji  du§erlichc  [Regeln,  bie  weniger  fagen. 
wa«  S^ä)t  bei  2;ifd)c  fei,  als  wdc^e  Un« 
^ucht  man  laffen  foDe,  j.  53.  mit  blo§cr 
■Öanb  in«  Saljfaf  greifen,  be«  [Rad^barn 
ßöffcl  braudbcn,  iai  Srobflürf  mit  bcm- 
man  bie  Sc^üffel  au«tunft,  obbeifen  unb 
wiebcr  braudhen,  birett  au«  ber  Sdhüffcl 
f(^Iürfen,  fie  mit  bcm  ^Jinger  au«wifchen^ 
iiii)  auf  ben  lifcf)  auffiü^en,  babei  fc^nau* 
fen  unb  fd)ma^en,  mit  bem  SWeffer  in  ben 
3dbnen  ftochern ,  wdhrcnb  bee  ÜRablc« 
ben  ®ürtel  weitern.  @(^ul^,  ^öfifdhc« 
geben,  51bfdhnitt  IV. 

3m   Qiagemcinen   blieb   bie  5Irt,    wie 


iWaifelb  —  Malerei. 


429 


man  in  ber  {)öfif(f)en  3^*^  ^aö  ®aftma{)l 
einnahm,  bic  9loxm  für  bie  folgenöen 
3af)ibunbertc;  im  Ifreife  bcö  *2lbelä  mag 
fid)  ba^  äußere  SeremonicU  tt»enig  »et^ 
änbett  ^aben;  aud^  in  bcn  Stäbtcn,  mo 
balb  ®aPmä{)icr  eine  gro^e  SRoüe  [picitcn, 
blieb  »enigPenö  eine  beiiimmte  Sifcß.^tc^t 
(iu  aied)t  befleben.  SSergl.  Äriegf,  2)eut= 
fc^eö  Sürgertum  im  ffl^ittetalter.  %b\ä)n. 
XVIir,  ü)ia{)Ijeiten  unb  ©peifcn. 

SWatfcIJ),  fief)e  Campus  Martins. 

3«atfcft,  aWaifaftrt,  ärtatritt  ijl  tai 
uralte,  am  1.  3Wai,  am  2Balpurgi§tage, 
gefeierte  beutfcfte  g^rül)lingä=  unb  ©om« 
merfefi.  S)cr  Jag  mar  bem  I)onar  ge* 
tuei^t  unb  einer  bcr  t)eilig|len  Sage  beö 
bcutfd)cn  |>eibentumä,  Dpfer^  unb  ®e= 
rid)tetag  ber  iDiaiocrfammlung  beö  SSoIfeö; 
moüon  befonberö  anä)  bie  in  bie  »oran* 
ge^enbe  iJiac^t  »erlegten  ^eycntäuje  Semeiä 
ablegen ;  ta  jief)t  ber  sööfe  mit  ben  ^eyen 
nacf)  bemSIocfsbcrg,  mo  fie  einen  Zan^  auf- 
fübrcn,  ber  fich  mabrfc^einlid)  auf  bie  ^^eier 
ber  23ermäl)tung  SBobanä  mit  5^igg  bc 
jie{)t.  DJamentlicf)  in  ©Eanbinaoien  unb 
in  SRorbbeutfcblanb  mürbe  ber  5D?aitag 
lange  nocf)  fefllid)  gefeiert.  3'^<^'  iRciter^ 
f(i)aren,  bie  eine  com  SBinter  angeführt, 
ber  in  ^Pel^e  gel^üüt  unb  mit  |ianbfpie§en 
bemaffnet,  ©d^neebaüen  unb  (Si«ifd)oäen 
nuömarf,  bie  anbere  üom  33Iumengrafen, 
ber  mit  grünen  3tt'ei9fn ,  öaubmerf  unb 
faum  erfi  gefunbenen  93Iumen  befieibet 
mar,  rücften  üon  »erfc^iebenen  Seiten  in 
bie  ®tabt  unb  I)ielten  ein  ©pecrfiecben, 
morin  ber  (Sommer  ben  Sßinter  übcrman? 
unb  burcf)  5(u«fpru(^  bcö  umfiefjen- 
ben  53oIfeö  für  ben  Sieger  erflärt  mürbe. 
So  im  16.  5a{)rbunbert;  fpäter  mirb  blo§ 
no($  üom  (ginfü^rcn  ober  Sinreiten  beä 
Sommerö  burd)  feierlichen  Unijug  beö 
OJJaigrafen  gcfprocben,  bcr  ben  Söiaicn-- 
fran^^  einbringt.  Se  mar  eine  SDJaien* 
fabrt,  meld)e  Äaifer  ^Ubredit  am  erfien 
SWai  1308  non  93abcn  nac^  Srugg  unter» 
nabm,  unb  bie  ^rünje,  meiere  er  ben  ©e» 
glcitern,  aud)  feinem  S^ieffen  auffegte,  ma* 
ren  SDtaifränje,  unb  menn  bie  Äonigin 
fpäter  bei  Einrichtung  ber  unfc^ulbigen 
SSurgmcinner  ju  g^at)rmangen  gcfagt  ^aben 
foü:  nun  babe  fie  im  SKaientau,  fo 
gc^^ört  au($)  bicfer  Qluöbrucf  jum  5DJaifefi; 
in  Scbmaben  j  93.  ^ei^t  ber  2«airitt 
mand)erort6  ^IWait anritt.  51n  nielen 
Orten  mürben  am  Waitag  SOtai bäume 
im  Söalbe  geholt  unb  feierlid)  beEränjt 
unb  aufgefleüt;  ber  Saum  ijl  eine  Sirfe, 
lanne   ober  Äicfer,    oft    auc^  £)ei^t  blof 


ber  grüne  3"'«'9  SOiaie.  ®rimm, 
iüJpt^otogie  735;  Urlaub,  Sd)riften, 
ni,  31;  x>.  SRein2ibera53)üringäfelb, 
3)aö  fefilic^e  3a^r.  ÜJJonat  ÜHai.  " 

Major  domus,  ftebe  ^auömeier. 

aJZatkrgifc^C  ©loffc,  fte^e  leges  bar- 
barorum, 1.  Lex  Salica. 

aWakrci.  a)  9flomanif(^e  unb  got. 
3eit.  ©eneigentli^enUrfprungber  iUlalerci 
in  ben  nörblic^en  Säubern  nachjumeifen, 
ifi  beö^alb  fc^micrig,  meil  eineöteil^  bie 
SBerfe  ber  ÜJtalerei  ben  perberblicl)en  ©in» 
pjfen  ber3eit,  einen  meit  geringeren  3!Biber= 
llanb  entgegenfe|en ,  aU  j.  93.  biejenigen 
ber  5lrc&itettur  ober  Sfulptur,  anbernteil« 
aber,  »eil,  angeregt  burc^  bie  gro^e  iRc» 
formation  bie  folgenben  5al)rf)unberte  in 
ein  feinbli(i)eji  Serbältniö  ju  bem  traten, 
maä  bie  Sorjeit  befonber^  in  ber  3[)Jalerei 
®ro^eö  t)interlaffcn  ^atte.  2Baö  mir  U^aib 
am  ber  früf)en  ^nt  bcr  romanifdjen  unb 
gotifc^en  epoci)c  nocf)  beft^en,  bcf^ranft 
ftd)  auf  äu§erfi  menige^.  2)aö  meijlc  bc 
jie^t  in  ÜJUniaturen,  jener  «iluöfctimücfung 
gefd^riebcner  93ücbcr  burc^  93ilber,  diant» 
jeidt)nungen  unb  3ierbu(f)fiaben  {\'u\)t  "yrtifel 
ÜJiiniaturen).  Jubeffen  liegen  bennocb 
genug  93eifpielc  üor,  auö  bcnen  fid^  fcf)Iic§en 
lä§t ,  tafi  bic  SDJalcrci  bcfonberiS  in 
SBanbgemälbcn  ber  Äircf)en  ftc^  ju  großer 
räumlicher  Sffiirfung  entfaltete,  unD  ta^ 
eine  oöüige  93emalung  be§  3nnern  ber 
Äirc^cn  an  9Bänben,  ®emölbcn  unb  ^olj* 
bccfen  allgemeine  Sitte  mar. 

35er  3ufammenl)ang  mit  ber  ^rc^iteftur 
üerlicb  bem  Stil  berfelben  eine  jirenge  ©r» 
^aben^eit  unb  9!Bürbe.  2)ie  [Regung  bcö  in= 
biüibueüen  Öebenä  mar  jmar  eingefdjränft, 
aber  bafür  gemäfirten  bie  in  fräftigen 
^arbentönen  fon  bem  in  bcr  iRegel  blau 
gebaltenen  ^intergrunb  in  energif^en  Um» 
riffen  fic^  abtjebenben  ©cftaltcn,  üerbunbcn 
mit  einer  einfachen  ar^iteftonifc^cn  ®lie- 
berung,  meiere  bem  ©anjen  flarc  Uber= 
ftd)tliä)fcit,rl)9t^mifd)cn9Bect)fel  unb  reiche« 
ßcben  »erlief),  bcn  (Jinbrucf  »ou  ^ober 
iffiürbe  unb  SOlac^t.  Derart  enthält  bcr 
9Bormfcr  S)om  »ielc  »erblicf)cne  2[Banbs 
malereicn.  3n  bcr  ßiebfrauenfirc^c  ju 
^albcrfiabt,  in  bcr  Stiftsfirc^ic  ju  Glucblin:: 
bürg  fc^immern  nod)  bic  alten  iDJalercicn 
^erüor,  unb  in  manc^'  anbern  Äirct)en  l^at 
bie  meiße  Übertünc^ung  bcn  alten  Sc^muct 
beiliger  SBanbmalcreien  nid)t  ganj  »eitilgcn 
fönnen.  Unter  ben  Sßerten  bcö  entroicEcltcn 
12.  3a{)r^unbertä  jietjen  bie  ber  Äircbc 
in  Sdjmarjrticinborf  an  Qluöbc^nung  unb 
Eünjllcrifc^cm  ®el)alte  obenan.  3"  ^^i 
28 


430 


TlaUxti. 


©d^Iufcpoc^c  bcö  romaiii[(^cn@tiIcö[c^eint 
bic  SBanbmalerei  befonbere  am  ^iicbetr^ein, 
in  SBcPfalcn  unb  Sad^fcn  ftcf)  ju  um^ 
faffcnbcn  Öeifiungen  auägebilbct  ju  öabcn, 
fo  im  Äapitelfaal  in  Sraumeilcr,  in  ber 
Ütifolaifapetlc  ju  Socfi  unb  ber  ^ircf)e  ju 
SO^et^Ier,  cot  aÜcm  aber  in  bcn  bebeutenben 
©cwölbcmaletcien  im  ß^or  unb  Q.uerfcf)iff 
beö  S)omc^  ju  ißraunfd)meig.  Sineö 
ber  ttiic^tigjicn  SBerfe  bicfer  Qtxt  ifi  bie 
^oljbecfe  ber  Tliä)OitUlixd)t  in  ^ilbeß^eim, 
bie  in  überaus  f<^öner  (Einteilung  unb 
ieid)em  ornamentalen  SRa^men  benStamm? 
bäum  S^rijii  enthält. 

SBcreitö  in  ber  früben  3«it  beö  13.  ^ai)X' 
^unbcrtä  entwidelt  ficb  neben  bem  romani« 
fc^cn  Stile  ein  anberer,  n>elc^er  mit  ber  3«* 
aügemein  »ort)errf(f)enb  wirb.  2)a«  ©tarre, 
Strenge,  Stnfie,  bie  trabitioneti  überlieferte 
SBilbungäform  Derfdjminbet  unb  mac^t 
einer  tt)eid^eren  5ül)iung  unb  einem  eigen* 
tümli($en  €cf)mungc  ber  Sinien  ^la^. 
2)ie  ©efialten  oerlaffen  il)re  ruhige  Stellung 
ober  edig  f($roffe  Bewegung  unb  nehmen 
etwae  ©rajiöfee  in  Haltung  unb  (äcberbt 
an;  Die  galten  ber  ©emänber  fliegen 
tt»eic^,  in  langen  Sinien  unb  ÜJtaffen  ^erab, 
bie  @efi(|ter  erhalten  bie  Einbeulung  eine^ 
lieblichen,  ^duftg  fentimentalen  5luebru(feö, 
ber  jutreilen  smar  nicfct  o^nc  Spanier,  inö* 
gemein  jeboc^  auf  eine  fcf)lic^te,  naioe 
2öctfc  ^eroortritt.  Sä  ifi  ta^  (§.maä)m 
iti  fubjeftttien  ©efü^lä  beä  Äünfiler«, 
»elc^cä  bic  bargejiellten  ^Jerfonen  unbett)u§t 
burc^bringt.  ^anb  in  ^anb  mit  ber  5lr^i:= 
teftur  jeigt  ft(|  aber  auc^  ^ier  ein  ttjpif^ 
«ieberfc^renbeei  ®efc^  ber  gormbilbung. 
3!)aä  ®efe|  einer  ard^iteftonifcben  Symmetrie 
lerrfc^t  über  SJiaturma^r^eit  Dor.  ©rötere 
S)arftellungen,  meiere  bie  allgemeinen  Stjpen 
beä  gotifdben  Stileä  mit  größerer  ober 
geringerer  SßoHenbung  tragen,  fmb  manig= 
fac^  alä  lafelbilbcr,  SBanbgemälbe,  aU 
©laämalercien  unb  getoirfte  Zeppic^je  er* 
galten.  Unter  ben  befannten  gotifd^en 
Slßanbmalercien  ftnb  bie  ber  ^^rü^^eit  ange= 
prenben  ©emälbe  in  ber  5lpfiä  ju  93rau= 
tt)ciler,  befonberä  aber  bie  SFlalereien  an 
ben  ©emölben  unb  SBanbungen  ber  e^c* 
maligcn  J^apeUe  ju  [Ramcräborf,  im  dpr 
bc«  2)omä  ju  Äöln,  in  ber  Ibomaefird^e 
in  ®oe|i,  ber  Älofierfircfce  ju  ÜBien^aufen, 
Der  SQlarienfirc^e  äu  Äolberg,  im  2)om  ju 
iDtarienmerber,  ber  «ßitusfirc^c  ju  mü^U 
Raufen  a.  9^.  unb  Diele  anbere  al«  Sei» 
fptele  anjufüljren. 

Snbeffen   »erbrängtc  ber  ftc^  rafd^  auä= 
breitenbe  gotifdje   Stil    bie  aWalerei  boc^ 


immer  me^r  unb  me^r.  3)te  großen  9Banbs 
flacf)en,  ttiel(^e  bie  romanifc^e  SBaufunfl 
gefc^affen,  fd^rumpften  jufammen  unb 
mad)ten  einem  fteinernen  ©erippe  mit 
eingcfpannter  gcnfiermanb  $la^.  jDie 
3lt|iiteftur  brüdte  i^re  Sc^mejierfunjl  ju 
bloBerDrnamentif  ^erab,  unb  bie  norbif(f)cn 
Stationen  erfauften  bie  Sefriebigung,  fid& 
im  gotifcf)en  Stil  mit  i^rer  ganzen  Äraft 
auejufpred^en,  auf  S^^i^hunberte  mit  bet 
Döüigen  6inbu§e  ber  J^ä^igfeit,  in  gro§* 
räumigen  Scl)öpfungen  i^rc  böc^ften  Jbeen 
mit  ben  SRitteln  ber  Äunfi  barjujiellen, 
bie  recf)t  eigentlich  jum  5luäbrud  bctfelbcn 
bejiimmt  fc^ien. 

2)ie  üJlalerei  »urbc  gejhJungen,  fid^  auf 
Sd^öpfungen  ber  Äteinfunji  ju  merfcn. 
Sßefonbere  blübt  bestialb  auc&  in  biefet 
(Spotte  bie  SOJiniaturmalerei  auf.  S)aneben 
aber  jugleic^  bie  fogenannte  Tafelmalerei, 
beren  iZBerfc  jene  f(^lie§enben  SJedel  oon 
2lltarfcfereinen  bebecften,  wie  ftc  ju  bicfcx 
3eit  allgemein  im  ®ebrauc6e  maren.  @nt« 
fprec^enb  ber  Sed^nif,  5luftrag  ber  mit 
(Simeif  angemad)ten  5'*'^^^"  'i^f  fin^iii 
feinen  Äreibeüberjug,  ftnb  biefelben  meificnä 
jart,  li(i)t  unb  burc^  ^äuflg  angemanbte 
SBergolbung  abgetönt.  2)ie  allgemeine  !Rid^» 
tung  ber  Qdt  mit  il)rem  fanften  ©efü^lä« 
auäörucf  unb  i^rem  Spirttualiernuä  micgt 
in  biefcn  ÜBerfen  jmar  cor,  inbeffen  treten 
bodf)  innerplb  biefer  ©runbjüge  feit  1350 
befonbere  [Richtungen,  felbfiänbig  auägc» 
prägte  Scbulen  t)erüor.  3)er  einjelne 
unterorbnet  fic^  jmar  vooi)l  no^  ein  3a^r« 
i^unbert  lang  oöHig  ben  gleicben  *Prinji» 
pien,  mel($e  feine  ©enoffen  befolgen;  fein 
Schaffen  ge^t  auf  in  bem  feiner  ©enoffcn 
unb  tjebt  ficf)  böcbfiene  burdf)  ben  p^eren 
obcrgeringerenSrabtedfjnifd^erOluäfü^rung, 
nic^t  aber  bem  Sbaratter  nac^,  oon  bct 
ÜJlenge  ah.  Soor  allem  maren  e«  bie  btei 
Stäbte  Äöln,  ^rag  unb  SJtürnberg,  meldte 
ju  ßentralpunften  für  IRalerfc^ulen  bct 
gotifcften  32it  mürben. 

Sefonberä  fanb  in  Äöln  bie  ibeale 
©rliebung  ber  mittelaltcrlid^en  Äird^e 
i^ren  pottfommcnen  9tuäbrucf. 

SAulcoonÄöln.  S)ic  fd^riftli^en 
Jiadbricfjten  über  bie  cinjclnen  Äünjllet, 
benen  bie  ÜBerfc  biefer  S^ule  angel)ören, 
ftnb  äu^erfi  bürftig.  üJlan  Jnüpft  an  bie 
bebeutenbjien  ©emälbc  bie  9'iamen  jmeier 
iWeijlcr,  cntfprec^enb  bcn  beibcn  ^aupt« 
epoc^en,  mie  fte  im  Sßerlauf  in  ber  Kölner* 
fdöule  beobad)tet  werben  fönnen.  2>ei 
erjie  oon  biefen  ifi  ber  aJlcijicr  fflil^elm 
»on  $erlc,  oon  bem  bic  glcie^jcitige  ßim* 


ÜJlalerei. 


431 


burger  (ilnonit  (1360)  berichtet,  ia%  er 
bcr  beflc  Wahr  in  aüen  beutfc^en  ßanben 
gewefen  fei  unb  ba§  er  jeglidien  SWenfd^en 
öon  aQer  ®e|latt  gematt  i)abi ,  aU  f)ättc 
er  gelebt.  Sei  i^m  I)crrfcf)t  reine  Äinber- 
unfcfeutb,  3«ftf'f*t  '^^^  (Smpfinbung  unb 
^olbfcligfeit  beö  *Jluöbrucfö  in  anmutigen 
fd)Ianfcn  Oefialten  unb  einem  buftigen 
©cftmelj  beö  Äolorit^  öor.  iBon  bcn 
j^auptttjcrfcn  ifi  ju  nennen:  ber  Älaraaltat 
im  S)om  ju  Äöln.  58on  bem  bebeutcnbcn 
©influf,  tt>elcf)en  biefer  3[JJeifter  auf  bic 
Äunft  feiner  3fit  ausübte,  giebt  eine  nam^ 
|aftc  ^rnja^t  33itber  feiner  ®d)üler  S^üo,- 
n\i.  Sinem  unter  benfelben  war  cö  be» 
fc^ieben,  beit  t)orjügIicf)en  öeifiungen  fcineü 
aJteifierö  noc^  33or,uigIic^ereä  an  bie  Seite 
ju  jteQen.  2)ieö  ifi  ber  DO^eifler  beö  ht' 
tüfimten  .^"ölner  2)ombiIbed:  ®tepf)an 
So^ner.  ©einen  S^iamen  f)at  unä  2)ürer 
in  feinem  SReife£)anbbud)  aufbcma^rt.  @r 
tritt  üorerft  in  bic  ^"P'ipff"  feinet 
3Kei)ier«,  iji  erfüllt  t)on  berfelben  Jiefe 
ber  Qlnbact)t  unb  Unfc^ulb,  bringt  fie  in 
benfelben  cbeln  ©eftalten  jur  (Srfc^einung, 
t)erlei{)t  i^nen  aber  burc^  fräftigcrc  ÜJlo; 
betlierung,  intcnfipere  gärbung  unb  5tn« 
»enbung  fc^murfcottcr  ^eittr^'^t  einen 
t)öberen  ®rab  üon  2Birflic^feit.  ©eine 
SRicf)tung  fü^rt  bic  flreng  firc^Iid^  ibcatc 
Äunft  beö  S!}^ittelaltcrä  bereit«  an  bcn 
äu§erften  ©rcnjpunft,  über  bcn  ^inauö  fic 
feinet  ©ntwicflung  mc^r  fä^ig  ifi,  otinc 
i^ren  unbcugfamcn  ^Prinjipien  üöüig  un^ 
treu  gu  »erben. 

®anj  im  ©egenfa^  ju  bcr  fölnif^en 
©c^ule  entfaltet  bie  beutfcfie  SÖJalerei  eine 
anbere  Slüte  in  ber  ®  cb  u  I  e  j  u  $  r  a  g 
unter  bcr  SRegierung  Äaifer  Äarl«  IV. 
(1346-78).  ilaifcr  j^arl  fübrte,  feiner 
SBeltfictlung  gcmä§  ,  t>erf(^iebenartigc 
(Slcmcnte  in  bie  2)Jalerci  feinet  $ofe«  ein, 
ttotion  bic  fflteifternamcn  3:t)oma«  »on 
SWobena  unb  Stifolauö  SBurmfer  »on 
Strasburg  B^ufl"*^  geben;  aud^  fc^eint 
bpjantinifd)cr  ®inf[u|  mitgctt)ir!t  ju 
^aben.  5illein  tro^bem  beira^rt  bic 
böf)mifd)c  @d)ule  bcn  einbcitlic^en  loEalcn 
ßbarafter,  aU  beffen  Vertreter  man  9!Jlei|tcr 
Äunjc  nennt.  S)ie  bebeutenbfie  5lnja^I 
oon  ben  SBerfcn  biefer  ^ünfiler  fte^t 
man  in  bem  oon  Äarl  erbauten  Sc^Io^ 
Äarlftein,  an  »cid)  alte  2Banbmalerei 
f\<i)  bicjenigcn  ber  .Kapeae  beö  ^ei- 
ligen 2öenjeälauö  im  5!)ome  ju  $rag  an* 
f(i)tie^en.  2n  ifjren  aügemcincn  Cer^ält« 
tiifTen  laffen  bie  ffierfe  biefer  ®cE)uIc  tai 
©c^Iic^te    unb    bie    einfa^c    2öürbe    bc« 


gotifc^en  ©tilcä  erfennen.  ©er  norwie« 
genbe  (S{)araftcr  ijt  ber  einer  überaus 
gro§en  2[ßeid)t)cit,  ber  in  bcr  ^o'^mg^^^nS 
fafi  jum  SBcrfd^wommencn  binneigt.  S)ie 
$5arbe  ift  aufcrorbcntlitf)  fein  öcrtrieben, 
bie  formen  aber  jtnb  jumeift  breit  unb 
ptump,  bic  9?afen  überaus  bicf  unb  runb* 
lief),  bic  Sippen  ooQ,  bie  Qtugen  gro§  unb 
üon  weit  mc^r  offenem  aU  fjeitercm  (Sinbrucf, 
babci  bie  Gattung  ber  (Scfialt  meiji  unbc« 
^itfiicf)  unb  bcfonber«  burc^  bie  |oben 
(Schultern  unb  bcn  furjcn  ^aU  ängjüic^ 
gebrüdt.  ^tQcin  tro^  aHcbem  lag  iiin 
mef)r  aU  in  Äöln  ber  5lnfa^  ju  großer 
monumentaler  ilunft.  ®ef(i)affcn  unb  gc* 
^obcn  burc^  bie  ®un|i  ^aiU  IV.  erhielt 
biefe  Schule  tai  ®epräge  ber  anbern  93or= 
mad^t  beö  beutft^cn  üJiittelaltcrö,  beä  alten 
Äaifcrtumö. 

3tt)if^cn  biefen  beiben  ^olcn  beutfc^et 
.^unjientmicfelung  im  iffieften  unb  Dften 
liegt  bie  3ftei(^öjiabt  ?l  ü  r  n  b  c  r  g.  2Bie 
in  Äöln  unb  *prag  ftnb  avä)  l)icr  bie  Sic* 
mente  ber  erften  SntujicEelung  bem  l)cimat5 
licf)en  ©oben  entwac^fcn.  2)o^  fülirtc  bcr 
lebhafte  Serfcfir  bcr  aufblübenben  bau* 
lufligen  ^anbelöPabt  nottt)enbig  ju  man* 
nigfad)en  33erüt)rungöpunften  mit  bcr 
^rcmbe,  unb^fomeit  ft^  ber  ©efamtc^arafter 
ber  erpcn  bortigen  ©(^ulc  aufilcHcn  lä^t, 
liegen  bcren  SigcntümlichEciten  jh)if(^en 
bem  SBcfen  bcr  5lölner  unb  ißrager  Schule 
mitteninnc  3)ie  SDtalerei  fteljt  \)m  unter 
entfchtcbcnem  (äinf[u§  ber  mächtigen 
®fulpturtt)ätigfeit  unb  fu^t  burd^  jtrenge 
3cicf)nung,  cntfc^icbene  Formgebung  unb 
üJlobetlierung  mit  ber  ®cf)mejicrEunfi  ju 
Wetteifern ,  ttȊl)renb  jugleic^  ein  fraftige^ 
Äolorit  bic  eigentliche  malerifc^c  SBirfung 
fcfthält.  2)ie  ®ePalten  jcigen  «cic^c  aber 
gcbrungcne  ^Jormen,  bic  Äöpfe  finblicf)en 
^uäbrucf  bei  meit  geöffneten,  meift  braunen 
5lugen.  ©ine  bebeutcnbc  Qlnjaijl  i>\txl)iX' 
gehöriger  Silber  fict)t  man  in  bcn  ^aupt* 
firc^hcn  SJ^ürnbcrgä  ®t.  Scbalb  unb  @t. 
öaurenj.  £)ie  fpatern  iZBcrfe  macf)en  jtc^ 
burd)  ein  etma^  gcbrungcne«  Scrhältni« 
ber  i^oxmtn  bemerft ;  tnie  am  Suc^crfchen 
^oc^altar  in  bcr  5tnucnfir(^e. 

SBcnigcr  no(^  alö  in  Äöln  ober  *Prag 
laffen  fxi)  ^kx  einjclne  ^ünjiler  beim 
fRamen  nennen.  —  I)cr  Sutmicflungögang, 
bcr  fid)  an  bie  Jlürnbcrgcr  @(^ule  anfc^licBt, 
entfpri(^t  ganj  ben  ®efchicfen  be«  bcutfcfecn 
ißolfe«.  I)ie  ®d)ulen  »on  ?Jrag  unb  Äötn 
ücrtratcn  bic  böcfjfie  5tu«bilbung,  beren 
bie  mittclaltcrli(^c  ibcalifiif^c  fftid^tung 
fä^ig  War.  ^t^t  »cränberte  ftc^  ber  ©c^wer* 
28* 


432 


SDlalerei. 


punft  im  ßeben  bct  Diiation.  5Die  Äaifcr« 
maä)t  »etflüi^tigte  flc^,  unb  bie  .f>errfci)aft 
ber  Äird^e  tt>urbe  unteitüüljit.  S)afür  er« 
^ob  ftcö  baä  SBürgertum  me^r  unb  me^t 
ju  [elbfiänbtgcr  Sebeutung,  unb  ta  tak' 
fclbe  fein  Slugcnmerf  itbifc^cn  iJingcn 
juwanbte,  mu§te  jebe  »eitere  SBerootlfomm= 
nung  bei  SDtalcrei  nothjenbig  jur  genaueren 
^Beobachtung  ber  Üfiaturgegenfiänbe  unb 
jum  llbertüicgen  ber  realifiifc^en  33e^anb* 
lung  führen.  Die  erjien  Äeimc  baüon 
fanben  rtjir  bereite  in  ber  Äölner  <S(^uIe  in 
ßod^ner,  allein  fie  erlag  bem  mäd)tig  cin- 
bred&enben  realifiifc^cn  3u9  ^^^  S^i^-  3)ic 
*Pragcr  @(^ule  aber  ging  in  ben  ©türmen 
ber  ^uffttifc^cn  SIßirren  gänstic^  unter,  ©in 
onbereö  ©^icCfal  ^atte  SRürnberg.  (So 
geprtc  ju  jenen  SRcicftöjlabtcn ,  jenen  ge^ 
orbneten,  ruf)igen  unb  reicf)en  ©cmeinbe* 
hjefen,  «eld^e  jur  3cit  be^  3nt«ti^f3"uiTi^/ 
jur  3^^*,  alö  ber  5tbel  in  Unwiffen^eit 
unb  iRof)cit  üerfallcn  mar,  auä  melcfcer  ftc^ 
ber  Sßaucrnfianb  nie  erhoben  ^atte,  innere 
groge  Unabt)ängigfeit  erlangt  Ratten.  ®« 
mar  bie  gro§e  ^anbclöoerbinbung  ber 
.^anfa,  mel^c  oon  nun  an  bie  gebietcnbc 
Sßcltftellung  im  Jiorben  (Suropaö  einju= 
nehmen  begann.  3()re  ^auptftabt  lag  in 
ben  SJiieberlanben,  unb  mie  oon  Srüggc 
au^  ber  SWarft  in  @üb  unb  3?orb  be^errf^t 
mürbe,  fo  fotite  aud)  »on  93rügge  ani  ber 
neue  ®eift  in  ber  iUJalerei  auöge^en.  SBir 
merben  besfjalb  ^Jürnbcrg  unb  ben  beutfc^en 
ißoben  für  einige  3^it  üerlaffen  muffen, 
um  ju  fe^cn,  wie  neue^  ßeben  auö  neuer 
Q-ueüe  JU  fprubeln  begann. 

b)  3eit  ber  SRenaiffancc.  1.5tlt  = 
flanbrifcf)c  ©ct)ule.  3)aö  ^anbclä« 
mäßige  ^^lanbern  fotite  bie  ©cburtöftätte 
ber  mobernen  iDJalerei  beö  Dtorbenä  merben. 
S)aö  reid)e,  glänjenbc,  üielbemegtc  öebcn, 
mie  e^  in  ben  fianbrifd^en  ©tobten  bamalä 
feinen  ©ipfetpunft  erreid)t  ^attc,  mupte 
mdd)tig  auf  bie  Gntmicflung  ber  SWalerei 
tinmirten,  nac^bem  hai  Sluge  beö  Äünfilcrö 
einmal  für  bie  if)n  umgebenbe  9Birfli^fcit 
mit  Semu^tfein  geöffnet  mar.  Die  un« 
cnbtic^e  SUtannigfättigfeit  ber  ^ier  jufam« 
menfirömenben  3Wenf^en,  in  ^^ijftognomie, 
®cberbe,  Zxaä)t  unb  ©itten  forberte  bie 
Beobachtung  fierau^  unb  f(i)ärfte  iai  5tuge. 
3)aö  5tbgefd)Ioffene  cinjciner  ibeater  ©e» 
Palten  ober  ftjmmetrifc^  georbneter  ©ruppcn 
mirb  öertaffen,  ber  jiarre  ®Ianj  bcö  gol« 
benen  ^intergrunbcö  ^inmeggetf)an  unb 
bcm  Slicf  bie  3WögIicf)Eeit  eröffnet,  in  bie 
"Jicfe  unb  SBeite  einjubringcn.  S)ie  ganje 
SDBelt  ber  ®rf(^einungen  ^immel  unb  Svbe, 


SJlä^c  unb  ^txnt,  anmutüoQc  Sergjügc 
unb  grünenbe  SOtatten,  bie  39e{)agIic^Eeit 
unb  ber  ©dimuct  menf^ti(^cr  iffio^nungen, 
atlcö  baä  mirb  in  ben  SBerfen  ber  i^oIge= 
jeit  miebergefptegelt.  5ln  ber  ©pi^e  bicfer 
neuen  SRi(i)tung  fieben  bie  ®cbrüber  »an 
Sr)(f:  ^an  unb  ^ubert.  ^ubert  murbc 
»ermutlic^  1366  in  SRaa^epcf  geboren. 
S)ag  ©eburtöjatir  feineö  33ruberö  fällt 
gegen  1400.  Über  bie  ßebenöumjiänbe 
ber  beiben  großen  ÜJleifier  iji  menig  bcfannt, 
bagcgen  gtänjen  i^re  ißerbienfie  aU  öe« 
grünber  einer  ganj  neuen  SBeifc  ber  ÜJlalerei 
um  fo  unjmeifel^after.  S)em  Jn^altc  naä) 
f(i)lic^en  fte  ftcJ)  auf*  innigjic  ber  ge« 
banfenüoü  fpmbolifc&en  Äunfimeife  be* 
ÜJJittelalterö  an,  greifen  aber  jugleid^  mit 
fü^nem  Tlut  in*  öeben  unb  prägen  in 
adem  f(ä)arf  bie  3ufiänbc  if)rer  3^^*  unb 
it)re*  Sßaterlanbeö  auä.  3"9^^i<^  erfinben 
fte  aber  aud)  neue  SBortcile  in  Bereitung 
unb  5lnmenbung  ber  i^'if^.f"  ""^  erreichen 
burd)  SBcrmenbung  beä  Dleö  aU  Sinbe« 
mittel  eine  bor^er  nic^t  gekannte  Seu(f)ts 
Eraft  unb  Siefc  berfclben.  S)aö  bcrü|)mtefic 
SBerf  ber  beiben  Srüber  ifi  iai  gro§c 
Stltarmerf,  meiere*  oon  i^nen  für  bieÄirc^e 
beö  f)eiligen  Jofiannc*  ju  ®ent  gemalt 
unb  im  ^ai)Xi  1432  »oücnbet  mürbe.  (Sin 
großer  ®ebante,  ber  ©cbanfe  ber  Serfö^s 
nung,  ber  ®runbgebanfe  beö  S^rijientumä, 
bur4)jog  ba^felbe.  .fieutjutage  iji  bai 
ffierE  jum  Steil  jerfiört,  jum  3;eil  t)er= 
borben.  iöon  ber  fünjilcrif(t)en  Jbätigfeit 
beö  ^ubert  ifi  au§er  biefem  Stiefenmerfe 
menig  auf  unö  gefommcn,  bagegen  finb 
oon  ber  ^anb  Jan*  met)rere  arbeiten  er= 
I)alten  geblieben.  *Mud)  bie  ©d)me|ier  ber 
beiben  »an  epcf,  SWargarete,  mar  eine  be« 
beutenbc  SDiJalerin.  Dbfdt)on  ^ijiorifd)  be« 
gtaubigtc  ülrbeiten  üon  tt)r  faum  gefannt 
ftnb,  fo  fann  bo(^  manche*  »on  ttn 
SWiniaturmalereien  »an  6i)cff(i)en  ©tile« 
it)rer  ^anb  jugcfdirieben  merben.  —  S)ie 
con  ben  »an  Sijd  begrünbete  S5arjieQungä« 
meife  übte  einen  unmiberjle^Ucfccn  6inf[u§ 
auf  bie  3«itgenoffen  auä,  mie  fic^  auä  ben 
äai)Irei(^en  Silbern  if)rcr  ©c^üler  unb 
SRa^foIger  ergiebt.  %li  bie  bebeutcnbjien 
merben  genannt:  ®ert)arb  »an  ber  2JJeere, 
3ufiuö  oon  ®ent,  ber  ^oc^gefd^ä^te  ^ugo 
»an  ber  ®oe*,  Gilbert  Dumater  jc. 

Qllö  einer  ber  bcbeutenbften  SDlaler  mirb 
|)anö  SD^emling  gerühmt,  ber  bie  SBeife 
ber  (5t)(ffc^en  ©^ule  in  einem  eigentüm* 
lic^  flrcngen  ©inn  auffa§t.  I)ie  3^9^ 
ber  ®ert(^ter  ftnb  bei  ibm  meniger  liebli^, 
fonbcrn    ernftcr,    bie   ©efialten   nid^t   fo 


ÜJlalcrei. 


433 


jicrlic^  fd^Ianf,  bie  Bewegung  ttjenigct 
itcid),  bie  Se^anblung  fcf)(irfer  unb  mit 
genauer  ^tuäbilbung  beö  ciujetnen.  3" 
ber  ©ruppeno.norbnung  befolgt  er  ftrenge 
©pmmetric  unb  giebt  gern  im  i)inter* 
grunbe  bie  ^Begebenheit  »or  unb  nai)  ber 
^aupt^anblung  in  fleincrem  ÜJia^ftabe. 
©eine  ßanbfcfeaftcn  tragen  ben  G^arafter 
beä  Sommert  an  ftd).  Überauä  glücfüd^ 
ifi  er  in  S)arf!cC(ungen,  meiere  ben  jldrEtien 
®Ianj  beä  8id)tcä;  Doraußfe^en.  S)ic  cor« 
jügli^fie  Qluörca^I  üon  feinen  Oemälben 
finbet  man  im  ©pital  be«  ^eiligen  3o= 
^anneä  in  33rügge,  worunter  namentUi^ 
ber  berül)mte  Urfulafaficn,  bie  SJarficttung 
einer  ber  anmutigften  JPseiligenlegenben, 
Iierüorjubeben  ift.  ©er  eigentümlict)en 
S)arfteüungän5eife  5!J?cmlingä  oermanbt  finb 
bie®emälbe  bes  ©ierid  Soutö  üon  |)arlem. 
3u  ben  fpäteften  iRac^foIgern  ber  Spcffcfeen 
®4ule  gc£)ören  ferner  (Rogicr  »an  ber 
Sffiepben  unb  *Unton  (Jlaeffenö.  SRogicr,  ber 
berüt)mtef:en  unb  bebeutenbften  3?acf)foIgcr 
ber  Dan  (Spcf  einer  würbe  in  lournat)  ge« 
boren,  ©eit  1436  rcirb  er  alä  SD^Jaler  ber 
©tobt  5?riiffel  genannt,  in  bereu  5tuftrag 
er  üier  Silber  für  ben  iRat^ausfaal  malt. 
3n  reoli|lifc^er  Sreue  unb  ©enauigfcit  ber 
©d)ilberung  gebt  er  nocft  über  2<in  Dan 
(5p(f  I)inauö.  ©eine  ®eftalten  fmb  meijl 
i)axt  unb  edig  unb  mager,  bie  .Köpfe  aber 
Dotl  pf)^ftognomifd^er  Äraft  unb  Siefe. 
(Sineö  feiner  bebeutenbflen  Silber  ift  ber 
irrigermeife  fogenannte  SReifealtar  Äailö  V., 
ferner  fein  jüngfteä  ®eri(^t  im  .^oipital 
5U  93eaune.  S^^  ©c^luffe  mag  noc^  eine^ 
eigentümlichen  nieberlänbifdien  Äünfilerö 
gebadet  fein,  ber  ftd)  ganj  unabljangig 
»on  feinen  3fitgs"offen  gebilbct  t)at,  be« 
^ieront)muä  *So\ä^.  ©eine  Darfletlungen 
fmb  au^  einer  l)öi)^  abenteuerli<$en  Qiban^ 
taftc  ^etDorgegangen,  ma^re  Iraumgebilbe, 
bie  er  jebod)  in  einer  merfn?ürbigen  g^iiben^ 
glut  ju  gcjlalten  rtiufte.  Dtamentlid)  mar 
\\)m  bie  ^öUc  ein  beliebter  Sormurf,  morin 
bie  armen  ©eelen  aufe  unerbörtefte  ge= 
peinigt  merben,  waljre  Äüd^enfiüde  ber 
^ölle. 

2.  S)eutfcf)e  ©cf)ulcn.  93eüor  trir 
ber  mit  ßnbc  beö  15.  3abr[)unbert^  in 
ben  SJ^ieberlanben  fid)  baf)nbrecbenben 
neuen  SHicfctung  unfere  Qiufmerffamfeit  ju« 
menben,  fei  uorerft  ber  Sntmicflung  ber 
SKalerei  in  beutfd^en  ßanben  gebaut, 
©elbl^üerftänblid^  mu§te  bie  bebeutfame 
Sllätigfeit  ber  flanbrifd)en  ©cf)ule  mannigs 
fa^  aucf)  über  bie  ®renjen  ber  ^eimat 
^inausreirfen   unb  jur   Sfiad) folge   reijen. 


So  rourbe  f(i)on  betont,  baf  bie  ältere 
Äölncr  ©(^ule,  tro^bem  SWei^er 
@tepl)an  Sodbner  fcf)on  leife  *Hnflänge  für 
bie  neue  iRi(f)tung  angefc^lagen  ^atte, 
»or  bem  glänjenbcn  SRealiämuä  fpurloä 
jufammenfanf.  2)aö  jeigt  ftc^  namentlich 
in  bem  SUJeiftcr  ber  ßtjoenäbergif^en 
fpafjton,  melcfie«  Silb  in  ber  iUuefü^rung 
ganj  an  bie  Sßeife  Slogiere  oan  ber  2ßet)ben 
anlehnt.  2)ie  ©inmirfung  beö  5Dleifierg 
ber  öpDenöbergifc^en  ^IJaffton  auf  feine 
Umgebung  mar  fc^r  bebeutenb.  Üntet 
feine  iRad)folger  gehören  S3art^olomäug 
be  53rt)n  unb  ^an  Soeft.  3"  %Uii)tx 
3eit  aber  crl)ält  ftdf)  in  SBeftfalen  bie 
erhabene  ^oi)ät  ber  alteren  Äölner  ©c^ule, 
meiere  im  SOieifter  pon  ßiöborn  einen 
legten  iBertreter  finbet,  ber  ein  Seifpiel 
einer  feltenen  33erfd)meläung  jeneö  feicr« 
licfcen  ©tileö  mit  ber  realen  (5.t)arafteri|tif 
unb  lebenöooüen  5tu«bilbung,  im  ^oi)altat 
be«S  Äloilerö  Siäborn  ^interlajjen  ^at. 

Sebeutenber  unb  felbftänbiger  nehmen 
bie  ©d^ulen  üon  Ober*  unb  ÜJJittelbeutfd^« 
lanb  bie  flanbrifcf)en  ©inflüffc  auf.  D^ne 
ben  ibealen  ©inn  ber  frül)eren  Qiit  BöHig 
preiäjugeben,  t)ulbigen  fie  ber  neuen  SRit^» 
tung  in  mancf)en  ^fünften  unb  crjielen 
biöweilen  eine  glü<Jli(i)e  93erfcf)meljung 
ber  beiben  ®runbelcmcnte ,  fo  in  bem 
2lltarmer!  ber  Äirc^e  ju  Jiefenbronn  Don 
öucaä  2)Jofer,  auf  beffen  9ta{)men  man 
ben  ©toBfeufjer  beö  aJJalerS  liefi:  „©c^retj 
Äunft,  fcf)re^  unb  flag  biet)  fe^r,  bein  be* 
gef)rt  je|t  yjiemanb  me^r" ,  DieHei^t  ein 
3eugniä  bafür,  ta^  bie  2BeU  anfing,  ftd^ 
Don  ben  Sertretern  ber  älteren  ©c^ule  ab« 
jumenben.  3^  gleicher  3^*^  lebte  in 
9törblingen  ein  ÜJJeifier  griebrii^  ■Berlin, 
Don  bem  im  Sürgerbu^e  Don  1467  auö* 
brüdlic^  beri(f)tet  mirb,  ta^  er  mit  nieber* 
Iänbif($er  Qirbeit  umjugeben  miffe.  Silber 
Don  ibm  fielet  man  in  ber  3tifob^fird^e  ju 
SRotbenburg,  ben  ftäbtifc^en  ©ammlungen 
ju  iJJörblingen  unb  bem  *JJationaI«iDJufeum 
ju  Tlünä)tn. 

Siel  bebeutenber  a\i  bicfc  Betben 
SWeifter  ifl  ber  Segrünber  ber  elf  äff  er 
©  c^  u  l c :  iKartin  ©c^ongauer  (aud)  ©d)ön, 
ober  Sei  ÜJkrtino  genannt)  Don  (iolmar. 
©eine  'Jlusbilbung  erhielt  er  Don  SRogier 
Dan  ber  Sßepben.  2)ie  Qluffaffung  be« 
Cebenö  ijl  bei  ibm  biefelbe,  mie  bei  ben 
3^icbcrlänbern;  in  ber  Sel)anblungö»eife 
jlimrat  er  jeboct)  nic^t  burc^au^  mit  ibncn 
überein.  ©eine  %^xbt  ift  im  allgemeinen 
nic^t  Don  fräftigem  2onc,  fein  5<i^tf"' 
fturf  ttjürbig  gejei^net,  feine  Äarnation 


434 


ÜJJalerei. 


mcifi  fe^r  voää).  ^Dic  ©cj^alten  jeigen  eine 
lufjige  2Bürbe,  in  bcn  Jlöpfen  berfelben 
ip  ber  Qlntlang  einer  »oHenbetcn,  gereiften 
Sc^ön^eit  ju  finben,  wie  er  fafi  nirgenbö 
in  ber  älteren  Äunft  Wahrgenommen  wirb. 
3)ie  n)icf)tigfien  (Semälbe  Sctjongauerö  ^a? 
ben  ftc^  in  Solmar  felbji  erf)alten,  unter 
tueldjen  bie  SWabonna  am  iRofen^ag  in 
ber  bortigen  SD^artinäfircfie  »olil  eincä  ber 
bebeutenberen  ifi.  ®et)r  Jrefflicfceö  leiftetc 
©c^ongauer  im  ^upferftid),  »o  er  teilö 
no<i)  in  jiemlic^  naf)em  2lnf(^Iu§  an  bie 
flanbrif^e  ^unfi,  teilä  fdjon  ju  einem 
eigenen  ©til  fortgefd&ritten  erf^eint,  beffen 
äufere  ÜJJerfmale  neben  ber  feinen  fmni« 
gen  @cE)önbeit  ber  Äöpfe  eine  getüiffe  Um 
ru^e  ber  fnitterig  bet)anbelten  ®en.->anbung, 
eine  fd)arfe  ecfige  unb  magere  3fi<i)nung 
unb  eine  23eimifct)ung  oberbeutfc^er  %xa<i)' 
ten  ftnb.  3n  anbern  ©ticken  tritt  hai 
Plantajlifc^e  (SIement  ^eroor,  tnie  5.  93. 
in  einer  iBerfu(^ung  bee  t)eiligen  SIntoniuS, 
tüo  ber  ^eilige  »on  ttjunberlicfecn  2)ämos 
ncn  in  bie  S3üfte  emporgefü{;rt  mirb.  ©ein 
(Portrat  f)at  unä  fein  ©^üler:  $an§ 
Sarg^mair  ^interlaffen. 

3n  einer  gewiffen  SDcrroanbifd^aft  ju 
üJlartin  ©c&ön  |!eljt  fein  etftaä  jüngerer 
3eitgenoffc  |)an«  |)Olbein  ber  Ültere,  ber 
um  t46ü  in  5tugöburg  geboren  warb, 
ftc^  biö  1499  bort  auffielt  unb  bann 
t>orü['erget)enb  in  Ulm  unb  ^^ranfreid^ 
lebte  unb  1524  in  Qlugäburg  ftarb.  ^oU 
bcin  tritt  in  bie  5u§jiapfen  ©cf)ongauerö 
ein.  ©eine  ißilbcr  üerraten  jwar  etwaö 
^anbrcerfömii^iges  unD  jeigen  fc^arfc, 
ecfige  ^^ormcn,  boc^  gewabrt  man  in  it)nen 
baS  Düngen  eine«  lebenbigen  ftäftigen 
®cifte^,  in  einzelnen  üornef)mIi(i)  tt)eib= 
It(i)en  Äöpfen  eine  erfreuliche  Qlnmut  unb 
überrafd)enbe  3<^i^t^fit-  S)aö  93öfe  fteüt 
er  nid)t  in  eigentlid)  t)iiflid)er  (Sefialt  bar, 
fonbern  nur  in  bief)armonifcf)en,  pf)an=: 
tafiifd)en  formen.  23on  iljm  ftnb  jat)!^ 
reiche  2öer!c  in  ber  ©alerie  ju  2lugöburg 
unb  ber  *pinafot{)fE  ju  SWünc^en  üort)an= 
ben.  ^olbein  mar  feiner  ßebtag  arm  gc* 
blieben  unb  ^atte  gegen  fein  Öeben«enbe 
oft  mit  ber  bitterfien  ülot  ju  kämpfen. 

hieben  ^anö  ^olbcin  bem  älteren  war 
fein  ©ruber  ©igmunb  ebenfaCIö  ein  bebeuten« 
ber  Äünpier.  —  3n  ä^nli(i)er  SRic^tung  wie 
|)olbein  bewegt  frc^  anfangt  ^ani  93urgf= 
mair,  1472  ju  51ugöburg  geboren. 

2n  gcwiffen  ©d)ärfen  ber  3eicf)nung, 
Wie  auct)  in  einjelnen  ^^antajlcreien  folgt 
er  bem  3uge  ber  3eit.  S)urc^  feinen 
91ufentt)alt  in  Stauen  brad)te  er  bie  5tuf^ 


faffung  ber  iRenaiffance  nac^  ber  Heimat. 
Unter  bcn  im  ganjen  nic^t  fonberlidjen, 
aber  jaftlreicfcen  Silbern  befinben  ftd) 
einige,  bie  ftc^  burc^  Äraft  ber  ß^araf* 
terifiif,  lebenbige  ©ct)ilberung  unb  warme 
l^armonif<$c  Färbung  auäjeic^nen.  3« 
ber  ®alerie  in  Qlug^burg  ijl  ber  Jtünfiler 
am  rei^jlen  »ertreten,  ©eine  f>auptwerfe 
ftnb:  (S^tiiluö  unb  bie  ÜRabonna,  Don  ben 
.^leiligen  nere^rt ,  bie  ®ei§elung  S^rijli, 
3o^anneö  auf  $atmo^  :c.  Sefonberö  i>ai 
erfiere  iji  mit  einer  gewiffen  ÄecE^eit  l)in- 
geworfen. 

5lbweic^enb  »on  biefer  5Rid)tung  ber 
beutfc^en  Äunfi  I)atte  ftc^  im  Seginn  beö 
16.  Sa^'^f'un^^tö  in  Ulm  eine  Tlaltf 
f(f)ule  gebilbet,  in  weld^er  bai  p^an* 
ta^ifdje  SIement,  Daö  ft^  fcf)on  in  ben 
früheren  ©ntwicflungöperioben  ber  nor» 
bif^en  ^unfi  geltenb  machte,  eorne^mlid) 
aber  bei  ben  ÜRalern  ber  fpäteren  3c^t,  wie 
ÜRartin  ©d)ön  unb  bem  älteren  .^olbein 
ftd)  jeigt,  minber  ^arafteriftifd^  ^croor? 
tritt.  @ine  eigentümliche  eble  SCRilbe  bil« 
bet  ben  (Srunbjug  t^rerÄunji.  ®iner  ber 
bebeutenbflen  Äünfller  ber  Ulmer  ober 
fcf)Wäbifcf)en  ©d)ule  iji  93art{)oIomäud 
3eitblom  oon  Ulm,  ber  gegen  1450  ge* 
boren  warb,  ©eine  2Berfe  jeigen  ein  be* 
wufteö  unb  im  einjelnen  burc^  glücfs 
lid^en  ©rfolg  gefrönteä  ©treben  nac^  einer 
würbigen  unb  bebeutfamen  (Srfaffung  be^ 
©egeupanbeä,  »erbunben  mit  einem  auf* 
rid)tigen  51nf^Iie§cn  an  haii  ißorbilb  ber 
SJlatur.  ©eine  wid^tigfien  Silber  befinben 
ft^  in  ber  öffentli(^en  ©ammlung  ju 
©tuttgart.  23on  ber  au^gebef)nten  SBirf« 
famfeit  3eitbIomö  geben  nerf^iebenc  SBcrfe 
3cugniö,  bie  aU  2lrbeiten  feiner  ©(i)utc 
betrad^tet  Werben  muffen,  fo  namentlich 
ber  ^oc^altar  in  ber  ehemaligen  Älojter« 
firc^e  JU  Slaubeuren.  3n  bem  grofartis 
gen  ^oc^altar  ber  Äird)e  ju  Sliefenbronn 
lernen  wir  einen  anberen  wacferen  Äünfi» 
ler  ber  Ulmer  @cl)ule  fennen,  ben  |>an^ 
©d)ül)lcin.  5lHen  ooran  aber  ge^t  üRartin 
©c^affner,  ju  beffen  trefflic^Jlcn  2öerfen 
oier  jafeln  mit  ber  $8erfünbigung,  2)ar* 
jletlung  im  Sempel,  5lu^gie^ung  beä  ^ei- 
ligen ®eifieö  unb  bem  2;obe  ÜJJariaö  ge* 
^ören.  3lnt)ere  Silber  beö  SDieiPerö  birgt 
baä  SlRünfier  in  Ulm  unb  bie  ©alerien  ju 
©tuttgart,  ©igmaringen  unb  Serlin. 

^n  bie  obengenannten  Äün^ler  rei^t 
ftc^  wieberum  einer  ber  bebeutenbjien 
ÜRcifter  beutfct)er  5lunft  an:  ^anö -fiolbein 
ber  3ü"9cre,  ber  ©ol)n  be^  obengenann-^ 
ten    Äünpierö    glei(i)en    SRamenö.      3** 


ÜÄalcret. 


435 


«Kugäburg  geboren,  »anbte  er  ft^  fd)on 
in  frühen  Jahren  m^  ber  ©ct)tt)ctj,  gran^ 
reid^  unb  ßnglanb,  wo  er  1543  in  ßon* 
bon  l^arb.  @cf)on  mit  18  3a^ren  tritt 
er  alö  tüchtiger  ÜJiater  auf  unb  get)ört  'ju 
bcn  Wenigen  ÜJJeiftern  beö  SRorbenö,  weldbe 
cntfc^ieben  (Sinflüffc  italienifc£)er  Äunfi  in 
ftct)  aufgenommen  unb  ju  »oOfommencr 
@elbfiänbig!eit  »erarbeitet  I)aben.  ^otbein 
ifl  üornet)mlid^  ein  Porträtmaler.  Seine 
ja:^Ireicf)en  93itbniffe  jeigen  ein  innigeä 
unbefangene^  5lnfcf)Iie|en  tan  bie  DfJatur 
unb  eine  eble  SRu^e  unb  ©emcffen^cit. 
Dbf(i)on  in  forgfältiger  93el;anblung  aller 
Sinäcl{)eiten  ben  Qlrbeiten  ber  3eitgenoffen 
jtcf)  anf(i)Iic§enb,  fielen  ftc  benfetben  boc^ 
in  einer  fd)önercn  ^üUe  ber  ^"i^nicn  un^ 
einer  fräftigcren  intenfioeren  gärbung  weit 
woran.  2)ie  biftorifc^  beglaubigten  2lrbei= 
ten  |»oIbeinö  fangen  erft  in  93afel  an  unb 
Werben  im  bortigen  ÜJJufeum  aufbewahrt, 
Worunter  befonberö  ein  furd^tbar  natura« 
lifiifcber  6.l)rifiuö  tjeroorjuljeben  ifi.  3" 
biefelbe  ^ät  fallen  jwei  Oemdlbc  im 
aJiünPer  in  ^reiburg,  bie  (Seburt  6f)rifti 
unb  bie  ülnbetung  ber  Könige,  ferner  eine 
9fteil)e  ooräüglic^er  ^orträt^.  Wie  ta^  beö 
SBürgcrmeificrö  SlJieier  unb  feiner  %xaü. 
Sßor  altem  wicf)tig  ftnb  ad)t  Silber  ber 
«Paffton,  uon  1520—25  entftanben,  pc^P 
bramatif(^ ,  fübn  unb  gewaltig  in  ber 
Äompofttion,  aber  geläutert  burcb  bie  (Sin^ 
flüffe  SRaffaelö.  ©twa  um  1524  i(l  bie 
terüfimtc  9)Jabonna  beä  ©ürgevmeifierö 
ÜJJeier  entftanben,  feine  t)inrei§enbe  Sc^ön* 
^eit,  fonbern  bie  tief  empfunbene  <Sci)ilbe= 
rung  ed)t  beutfd^en  iJamilicnlebenä.  Sticht 
minber  fiimmungßüoll  ijl  bie  SDtabonna 
ton  ®olott)urn. 

SBie  ^olbein  monumentale  Qlufgaben 
bel)anbelte,  erfennen  wir  in  ben  gto§en 
SBaribgemälbcn  im  Saal  beö  93afcler  ^aU 
l)aufeä.  ©eit  feiner  Übcrftebelung  nac^ 
englanb  wibmete  er  fic^  beinalie  ganj  ber 
«Porträtmalerei.  Qtud^  aU  ÜJIiniaturmaler 
leistete  ^olbein  Sluögeäeic^nete^.  3"  96= 
nialfier  iißeifc  befunbct  bieö  fein  Soten« 
tan;,  in  welchem  er  bem  pl)anta|tif(i)en 
©eijie  ber  3«it  ^^n  fc^ulbigen  Iribut 
jal)lt.  Sffiie  er  aber  |)ier  im  fleinen  als 
wabrer  Äünfiler  wirft,  fo  wirft  er  ni(i)t 
Weniger  im  großen.  «Seine  Entwürfe  ju 
ben  ^affabemalereien  bezeugen,  mit  weld) 
genialer  greibeit  er  bie  SiJ^alerei  in  monu« 
mentaler  SBeife  ju  »erwenben  wufte. 

5llä  bireftc  9^ac^at)mer  ^olbeinö  gel« 
ten  (Jbrijtof  «Umbcrger,  üon  bem  ein  paar 
gute   «Porträte   erl)alten   ftnb,   Ur^   ®raf 


unb  «Jiicolau^  iDlanuel  t)on  Sern,  genannt 
SDeutfd^,  ber  al^  geiftrei^er  «Un^änger  ber 
SReformation  bie  ilJli^bräu^e  ber  tat^c 
lifd^en  Äirc^e  burct)  feine  Äunft  ju  »er« 
fpotten  wu^tc,  namentlich  burcf)  bie  an 
bie  Äird^l)ofmauer  beä  ©ominifanerflofier^ 
in  Sern  in  i^arbe  auögefüt)rten  Soten« 
tänje. 

^ränftfd^e  S(ftul  e.  Unabt)ängiger 
»on  ben  befonberen  ®igentümtid)feiten  ber 
nieberlänbifc[)en  SUlalerei  unb  nur  im  aus 
gemeinen  auf  »erwanbter  (5ntwicEelungö= 
ftufe  fie^enb,  erfc^einen  bie  Äünpler  »on 
«IfJürnberg.  2Bir  ^oben  fc^on  anfangt  ge« 
fcl)en,  wie  bort,  geftü^t  auf  ein  fräftigc^ 
Sürgertum  bie  ncueinbred)enben  ^iitn 
freubig  aufgenommen  würben,  ja  ^ürn* 
berg  foHte  für  Deutfc^lanb  fogar  ba8 
werben ,  wa^  Stüggc  für  bie  «Jiiebei* 
lanbe  war.  Sine  au§erorbentIi(^  rege 
2;i)ätigfeit  f)atte  ftc^  in  «Nürnberg  im  15. 
3abrl)unbert  in  ber  «piafiif  cntwicEelt,  unb 
btefer  plaftifc^c  ®eifi  blieb  nict)t  o^ne 
öinflu§  auf  bie  9!Jialerei.  Sine  auffallcnb 
fd)arfe  5o'^'^^fJ^6^'^"""S  ^^^  energif(f)e 
«öfobeUierung  ftnb  neben  einem  inö  (Sin* 
fettige  unb  $ä|li(^e  ge^enben  Streben 
nad)  (£l)araftcrifiif  bie  «Bfierfmale  ber  Dtürns 
berger  Schule.  3"  feinem  SDfeifter  prägen 
fid)  biefelben  fo  fcbroff  unb  unerfreulicf) 
au^,  wie  in  «ki^ael  2öol)lgemut^  (1434 
biä  1519).  ©eine  mciften  Söerfe  »erraten 
einen  jiemlid)  f)anbwerfömä§igen  «üteijier, 
ber  toornebmlid)  in  SJarjieHung  bewegtet 
^anblungen  in  ^ärte  unb  Unnatur  »er* 
faßt,  in  beffen  Silbern  aber  jugleic^,  Wenit 
fic  rutjigere  ÜRomente  entwidcln,  mannig* 
fa(^e  Einbeulungen  jene^  ©efül^leö  für 
«Unmut  ber  goiti"  unb  S^^i^tfjcit  beö  5luö* 
brucfö  entt)alten  ftnb.  Sein  ^lauptwcrf 
ift  ber  Qlltar  in  ber  «Dtarienfirc^e  ju 
3wicfau,  wo  bie  realiftifc^e  SRid)tung  faft 
überwiegenb  im  «Riebrigen  unb  ^'a^l\d)tn 
ftc^  ergel)t,  tai  (Sanje  aber  trotibem  »on 
großartiger  «IBirfung  i|l.  3"  ben  befferen 
«ffierten  inbeä  erfreut  ber  «Dhiftcr  oft  bur^ 
eine  faft  ibeale  Sd)önbeit  ber  .^öpfe.  Se* 
beutenbeö  ^at  «löoblgemutb,  befonber^  in 
«Berbinbung  mit  feinem  Stieffol)n  «piep* 
benwurff,  im  .^oljfi^nitt  geleitet. 

«iluä  biefer  Sd^ule  inbeffen  fotlte  ein 
9Keijier  ber»orgcben,  ber  alle  anbern  in  bcn 
S(^atten  jieüte  unb  ber,  ):t>ai  angeborene 
fünjilerif^e  Segabung  betrifft ,  ben  Scr* 
gleich  felbfi  mit  9fiaffael  unb  «DJid)elangelo 
ni^t  ju  fc^euen  braucht.  (So  ift  «Jllbred^t 
2)ürer.  ElHerbingä  iji  ein  großer  Unter* 
fc^ieb  jwif^en  ben  ©ipfelpunften  beutfc^er 


436 


»Dialerei. 


unb  italicnifd)er  Äuitfi.  3^  Stalten  mu 
faltete  [\ä)  eine  reidfje  Slüte  ^öd)fier, 
poüfornmener  Äunfileifiungen.  I>te  alte 
3eit  ber  |)eüenen  niarb  tnicbergcboren. 
2)aju  trufl  bic  [üblid)e  9iatur,  nieli^e  mit 
ber  Q'ütle  ber  Sßcgctation  hai  'ü\x%c  er* 
gö^tc  unb  lux  9tad)at)mung  reifte,  nid)t 
wenig  bei.  Slber  auc^  t>ai  öffentliche 
Scben  3talienö  voax  ein  anbetet  aU  baö 
beö  3?otbenö.  3n  ber  Äunft  erblicften 
bic  SD^^fagiflrate  unb  gütften  beä  ©übcnö 
ben  {)öc^fien  ©cfcmucf  bes  ßebenö ,  bie 
Äunji  fonnte  gro§  »erben  an  umfaffcn; 
ben  monumentalen  5lufgaben.  Utiä)t  fo 
im  D'Jorbcn.  2)er  IReict)tum  ber  norbifcften 
j^anbeläfiäbte  l)atte  ju  einem  barbarifd)cn 
«Pomp  gefüljrt,  ber  in  ber  bunten  über* 
labenen  ÜJ?obetracf)t  mit  ben  baufd^igen 
Stoffen,  üon  @ammet,  ©eibe,  Srofat 
unb  5ltlaö  einen  unerfreuli(^en  ilusbrucf 
fanb.  SDie  großartige  ^luffaffung  ber 
Äunfi  aber  ging  ben  beutfct)cn  9D]acl)tt)abern 
»oKenb«  ab.  *ilber  aud)  bie  SJiatur  bot 
ni^t  jene  Sorjüge,  nidbt  jeneä  ßeben. 
Sie  f(^lummerte  bic  ^älftc  be§  S^^i^f^ 
unter  ©d)nec  unb  (5iö,  all  ibrce  @d)mucfeö 
beraubt.  ®a^  reijtc  ia^  (Semüt  ju  eigc« 
ner  Sptigfeit ,  c^  cntjlanben  jene  ja^l= 
lofcn  solareren  be^  Sfiorben«,  jeneö  tief' 
ftnnige  ©picl  ber  *lßt)antafic ,  mel^eö 
fc^liellid^  inö  ÜJJaf ^  unb  S^^'^ofe  l^inauö» 
f(f)tt)eifte  unb  i)a(i  SRcid)  ber  ©(^on^eit 
gcfätjrbete.  S)iefcr  $ang  jum  *13l)antajiiä 
fd)cn  xvax  ben  norbifd)en  23ölEern  jn^ar 
»on  je^er  eigen,  allein  er  trat  befonberö 
jc^t  ju  Sage,  al^  bie  große  reformatorifc^e 
'-8ch)egung  2utt)crä  bem  ®ebanfcn  eine  ein= 
fettige  SSeted^tigung  einräumte.  —  5luö  aü 
biefen  (Srünben  fam  eä,  ia^  tk  norbifd)e 
SDtalerci  jtc^  nie  ju  jener  fonnigen  ^ö^e 
ber  italienifd)en  ^unjt  ju  ergeben  oer* 
mo(i)te  unb  ciclfac^  in  ^anbwerfämafeige 
SScrfnöc^crung  »erfanf  unb  in  biefer  ®eftalt 
felbji  bem  großen  SUfeifter  5llbrec^t  S)ürer 
beinal)c  unüberfteiglic^e  ^inbcrniffe  in  ben 
SBcg  legte  5lüein  bei  atlebem  ^at  bie 
norbifc^c  SOialerei  bod)  i^re  SBorjügc.  Sa« 
iji  junä(f)fi  bie  S^nigfeit  unb  ffiörme  ber 
©mpfinbung,  bie  einfache  2Bat)rl)aftigfeit 
unb  S^aiüität,  terbunben  mit  einer  grunb« 
cbrli(f)cn  Sreuljerjigteit  unb  ®ebiegenl)eit, 
(5igenfd)aftcn,  bie  inegefamt  jwar  ben 
SWangel  an  Sd^önljeit  nid^t  erfe^cn  fön^ 
ncn,  aber  »ermöge  i^rer  fiarfen  ftttlici^en 
lüdbtigfeit  für  mand)c0  cntfc^dbigcn. 

*.nibred^t  Dürer  mürbe  im  Ja^rc  1471 
in  S'Jürnberg  geboren,  ©ein  Söater  ttjar 
@olbfd)mieb.    SDaä  ^anbwcrf  ber  SWalctei 


lernte  er  bei  iDlic^ael  SZßo£)lgemut^.  1490 
begafe  er  fic^  auf  bie  2Banbcrfd)aft, 
t)on  ber  er  1494  jurücffe^rtc  unb  ft^  in 
feiner  Sßaterftabt  ^iürnbcrg  a\i  SDicificr 
nicberlie§.  1505  machte  er  eine  SRcifc 
nad)  Stalten,  »on  tt)eld)cr  er  aber  f(^on  in 
folgenben  Sa^rc  in  fein  gcliebteä  SRürn» 
bcrg  jurüdfe^rte.  1520  befuc^te  er  bic 
SJieberlanbe  unb  jiarb  1528  in  feinet 
Saterfiabt.  ©eine  5lrbeitäfraft  »ar  un* 
geheuer.  9'?id)t  nur  brachte  er  ben  -^olj« 
fd)nitt  unb  ben  Äupferfiid)  ju  fünftleri* 
f^er  SSoKenbung,  fonbern  führte  bancben 
aud)  nod)  ©d)ni^n»erfc  im  33ud^^baum^olj 
unb  ©pecEftein  au«,  'üui  feinen  legten 
5a{)ren  finb  außerbem  mehrere  tt)in'en* 
fd)aftlic^e  5lrbeiten ,  5lntt)eifung  übet 
©eometrie,  ©efeftigungöfunfi  unb  bic 
ißerl)ältniffe  beö  menfc^iid)en  Äörperö  er« 
l)alten.  —  Unb  aüt  biefe  crfiaunlid^c 
§ru(^tbarfeit  entfaltete  ftd)  unter  bem 
^rucf  ungünfiiger  Sebenöoerbdltniffe.  SBon 
feiner  il)m  fo  lieben  ißaterftabt  mußte  et 
ftd)  aU  cinjige  @nabe  erbitten,  ilim  eilt 
fleineö  mit  mcrtlidier  Ttixl)i  erworbene^ 
Kapital  ju  geringem  3'"^fu*  h^  rer.^infen 
unb  Äaifer  ^aj imilian,  ber  bem  trefflichen 
SDieiper  geneigt,  aber  mcber  ein  SuUuö  H. 
nod)  ein  ßeo  X.  mar,  mußte  ibn  ju  nid^tg 
(Größerem  ju  »ermenben,  alä  jur  2lug» 
fc^müdung  eineä  2)egenfnopfeä,  eine«  ®c« 
betbuc^eö  unb  jum  (Sntwerfen  beä 
„Sriump^magcnö"  unb  ber  „©ttrenpforte", 
einer  jiemlii^  nüd)tcrnen  33erl)errlic^ung 
beö  IDionarc^en,  bie  üDürer  freilid^)  mit  bem 
gaujen  SReij  feiner  $l)antafte  au^|iattetc. 
3n  feinen  ©emölben  ftrebt  S>ürer  nad^ 
|^öd)fier  Soüenbung  unb  fud^t  burd^ 
©tubium  ber  flanbrifd)en  2J?eifier  über 
haii  .^»anbmerfämäßige,  ju  meldjem  bic 
ÜRalerci  in  2)eutf(^lanb,  befonberö  in  ber 
SZBo^lgemut^fd^en  2ßerEjtätte  ausgeartet 
mar,  möglid)ft  ^err  ju  werben,  iöilbet 
ton  if)m  ftnb  in  großer  SDJenge  üort)an* 
ben,  fo  in  ber  <Pinatotl)ef  in  SDJünd^en 
ber  fog.  *]3aumgärtnerfd}e  5lltar  mit  ber 
(äeburt  Script,  im  ÜJtufeum  ju  2)armjlabt 
ein  ^erluleS,  in  ben  Ufficien  in  5^'"^^"ä 
bie  5lnbetung  ber  Äönigc,  im  Älojlet 
©trabof  JU  iprag  eine  S)arftet(ung  beS 
SRofent'ranjfefteö,  im  SWufeum  in  S)reäben 
taii  Dielleic^t  ttollenbetfte  ®emälbe  Dürcr^, 
ein  flcine«  Ärujifif,  in  ber  ©alerie  *pitti 
in  glorenj,  Slbam  unb  ©Da  im  SSelDcbcte 
JU  Sffiien  bie  mit  entfc^enäDoücr  SBabr^ctt 
gemalte  SWartcrfcene  ber  10  000  ^eiligen, 
in  ^i^flnffuft  wenigPcnß  eine  Äopte  feinet 
öerloren  gegangenen  Ärönung  SDiariä,  in 


TlaUxti. 


437 


ber  ©aleric  in  2Bicn  ein  ©rcieinigfcitö* 
gcmälbe  k.  3n^«fÜn  f(^ien  aber  S)ürcr, 
tt)icer  felbfi  fagt,  „beö  fleißigen  Äleiblenö" 
mübc  geworben  ju  fein.  SKan  pflegte  eben 
feine  ®emälbc  naä)  bem  SlfaPabe  ber  ^anb« 
merfömä^igen  @d)öpfungen  feiner  ^nt  ju 
beja^Ien,  unb  feine  Älagc  ifi  gcwi^  gerecht, 
rcenn  er  meint:  „So  t)crjel)rt0  (Siner  fcf)ier 
brob",  unb  roir  bürfen  unö  nidbt  tt>un= 
bern,  ttienn  er  bcn  Sorfa^  fa^t:  „wieber 
feinet  ©tc(I)cnö  fleißiger  ju  warten".  2)enn 
mit  feinen  Äupferflicben  unb  ^oljfcfcnitten, 
mit  welchen  feine  %xav.  jur  SOJeffc  ^og, 
oermo(i)te  er  mel)r  ju  tierbienen.  @o  iier- 
ijffentlidite  er  1511 — 15  in  hujer  *31ufein- 
anbcrfolge  bie  umfangreichen  iffierfe  ber 
großen  ^affion  unb  hai  geben  2)Jariä  unb 
hai  Äupferftic^merf:  2)ie  Heine  '^^affion. 
®cgen  (Snte  feincö  Sebenö  legte  2Dürer 
in  ben  fogenannten  fier  Äirdjenfiü^en, 
fein  tiefftcö  ®Iaubenöbefenntniö  ah.  5Diefeö 
Ic^te  grofartigfte  9BerE  ©ürerä  fieüt 
bie  lebensgroßen  ©eftaltcn  beö  3oi)nn= 
neö,  ^tifttuö,  SUarfuö  unb  ^^auluä  bar. 
9iuö  ben  tiefften  ®ebanfen,  wclci)e  ba= 
jumal  ben  *Dieifter  bewegten,  beroorge« 
gangen  unb  mit  ber  überjcugcnbjten  .^raft 
unb  ÜSoUenbung  ber  2)arftellung  oorge* 
fü^rt ,  l)at  bier  2)ürer  ®rö§e  unb  ©in» 
fad)l)eit  be«  tetileö,  Siefe  unb  Harmonie 
ber  garben,  iioüenbete  greibeit  ber  ^o'^'" 
errei(J)t  unb  felbft  in  ben  wunbcrbar  gro§s 
artigen  ®ewänbern  alte  tleinlict)e  Spanier 
überwunben.  ©amit  battc  S)ürcr  hai  Qid 
ber  Äunjl  errei(i)t,  nad)  23oüenbung  biefe« 
SBerfee  burfte  ber  üJJcifler  fein ''Hugefc^Iic§en. 
6r  fiarb  benn  aud)  balb  barauf  im  ^ai}xt 
1528.  3bm  folgte  eine  jat)lretd)e  6d)ulc, 
aber  mit  berjenigen  >^ö^e,  woju  er  in 
feinem  legten  Ü}{eifterbtlbc  bie  beutfc^e 
Äunfi  emporgefübrt  hatte,  war  eS  fiir 
lange  Qtxt  üorbei.  ©eine  ®d)ülcr  »er« 
mochten  wobt  feine  iDJanicr  unb  feine 
SBarjleüungöweife  nad)jual)men,  aüein  ber 
tiefe  ®eifi  beä  DWeifteres,  ber  ®eniuö  ber 
Äunji  war  entflot)en.  ©iner  ber  anjie^enb* 
jien  tec^ülcr  ijt  nod)  $an^  iwn  Äulm= 
bac^,  üon  bem  wir  in  ber  ©ebalbuö-Äiri^e 
in  SRürnberg  ein  große«  5tltarbilb  befi^en, 
wa^rfd)einti(^  na^  einer  3«i<ä)nung  S)ürcrä 
auSgcfüt)rt. 

|)einrid)  QUbegreter  üerbient  befonberS 
alä  fleißiger  Äupfcrfled)er  *ilufmerEfamfeit, 
ebenfo  5llbrec^t  5lltborfer.  Sin  tüditiger, 
gcwanbter  SDJeifier,  ber  [\(S)  ganj  leiblich 
in  bie  Spanier  i)ürerö  l)incingearbeitet  Ijat, 
iji  -^anö  ®d)äuffelin.  SBcnig  anfprc(^enb 
ifi  aSart^.  SBe^am.    Sr   jeigt   eine  wilbc 


manirierte  p[)antaftif(^e  9'iad)abmung  beö 
35ürcrfd)en  Stile«,  ©ein  ©ruber ,  J^ang 
©ebalb  Se^am,  wibmete  ft^  fafi  ou^s 
fc^Ueßlicl)  bem  Jlupferfti^.  *UU  üorjüg« 
lieber  9tad)at)mer  3)ürerä  gilt  ÜJJat^ia« 
©rüncwalb.  3Öm  wirb  ein  mächtiger 
^lügelaltar  im  iOJufeum  i^u  Solmar  jugc= 
fd)rieben.  ?lußerbem  beft^t  baei  ÜJiufcum 
t>on  93afel  üon  ibm  eine  9luferfte|iung. 
Son  ben  unmittelbaren  ©d)ülern  S)ürcr2i 
ift  nocfe  ®eorg  ißenc^  äu  nennen,  ber  Don 
sbürer  weg  in  bie  ©d)ule  SRaffael«  ging. 
Sinen  au«gejeid)netcn  SRang  nimmt  $encj 
namentlid)  alö  Porträtmaler  unb  treffe 
lici^er  Äupferfled)er  ein.  —  3"  ^f"  bebeu« 
tenbfien  beutfd)en  ^ünfilern  gel)ört  fobann 
ber  aus  ber  fct)roäbifdien  ©d)ulc  i)erDor* 
gegangene  .^anS  '-Salbung ,  genannt 
(Srien.  3n  i^m  feiert  ber  |)Qng  jur 
•^^l^antaftif  eine  fünftlerifd)e  SBerElärung, 
wie  wir  fte  bei  feinem  anbern  ÜJJeifler 
finben.  —  SScfonberä  rcid)  crblül)te  wä^= 
renb  biefer  Spod)e  bie  2Ralerei  in  Tlüm 
dben ,  geförbert  burd)  bie  funjlliebenbcn 
.^erjoge  Pon  23at)ern.  ^ier^er  gehört 
nanientlid)  $anS  SKuelicfc  oon  9Jlünd)en, 
bcffeii  geiftreidic,  lebenbige  5lrt  ber  2)ar= 
fietlung  unb  bie  ungewöhnliche  |)armonie 
unb  $rad)t  ber  garben  an  ^ani  ^olbein 
erinnern. 

®äd)fifd)c  ©c^ulc.  S)er  SRid)tung 
beö  5llbred)t  2)ürer  unb  feiner  ®d)ule  jur 
Seite  fte^t  bie  fadjfifc^e  Schule  mit  itjrcm 
.^auptmeificr  Sucas  Sranad^.  25on  feinen 
23orgiingern  in  @ad)fcn  ifi  wenig  betannt. 
öucaS  Sranad)  ber  filtere  ftammt  auä  bem 
fäd^fil^en  Orte  Sronad).  1504  würbe  er 
.^ofmaler  beö  Äurfürfien  ^ricbric^  oon 
©ac^fen  unb  blieb  in  biefer  Sigenfd^aft 
aud)  unter  bcffen  iJJac!^folgcrn.  föranad^ 
ftarb  1553  in  ffleimar.  21U  eifriger  3ln* 
banger  ber  SReformation  »erfuc^te  er  bem 
iBer^ältniö  ber  neuen  Seigre  ju  ber  über* 
lieferten  5tnf($auung  in  feinen  Silbern 
5luöbrucf  JU  oerlei^en.  Sranad)  bat  »ielcö 
mit  ®ürer  gemein  ,  bod;  tritt  bei  itjm  an 
©teile  jeneei  tieffrnnigen  Srnjlcä  unb  groß« 
artiger  .^raft  niet)r  eine  naife,  finblic^c 
^eiter!eit,  unb  jeneä  Slement  beö  <pi)an» 
taflifc^en  bat  bei  i^m  im  einjelncn  bie 
lieblic^fien  märcbenfjaften  Slüten  getrieben. 
—  Söon  feinen  Qlltarbilbern  ftnb  bie  wici^* 
tigften  hai  in  ber  Äirdie  in  ©d)necberg, 
im  S)om  ju  SDIeißcn  unb  in  ben  (atabt* 
tird^en  ju  SBittenberg  unb  2öeimat. 
SJZamentlid^  aber  ftnb  oon  Sranad)  eine 
große  *ilnjal)l  ©arftedungen  ert)alten ,  in 
wcld^en    er    fein    ©tubium    beö    nacften 


438 


OJlaletei. 


^oxvtxi,  namentlich  beö  föcibü^en  jut 
©eltuns  äu  bringen  »u^te.  J^/Jf  ^f 
Bfleqtc  et  ben  Äupfetjlicö  unb  ^olsf^nitt 
unb  brachte  e«  bcfonbete  im  leiteten  ju 
bebcutenber  aReijierf*aft.  —  SSon  eigent^ 
UAen  €c^ülern  ober  S^ac^folgern  Sranac^« 
ift  wenig  begannt.  Scr  bebeutenbite  war 
fein  ©o^n  ßranac^  ber  3üngere,  ber  etwa« 
Don  bem  SRubme  unb  etroa«  üon  ber  Äun^t 
feine«  Saterö  erbte. 

3.  ^oltdnbifc^e  ®d)ule.    3)iefelbe 
battc  fxi)  au«  ber  flanbrifcfeen  @*ule  f^on 
febr    frübe    gebitbet,    inbem    bic    erjten 
^ünftler  alö  unmittelbare  Scfcüler  ber  ®e* 
trüber  can  Q.X)(i  erfc^einen,   fo  ber  jc^on 
genannte  Gilbert  pon  Duwatcr  unb  beffen 
?rüf)üeritorbener    €4üler:     ®crf)arb    »on 
^arlem,    namentlich    aber    em    anberer 
larlemer  Äünftter:    ©ierif    «oute.      %n 
biefe  fc^lieBt  fic^  eorneliu«  gngelbrc*tien 
(146S  — 1533)  »on  Serben  an.     3"  1«"«" 
«Silbern  erfennt  man  tro^  einer   gewnien 
^ärte  noc^  einen  SRacfeflang  ber  flanbnfc^en 
€(ä)ulc,   äuglcicb    aber    ein  Streben    na* 
»oacrer   Üßirfung.     Sein   ^auptwerf    \]t 
ein  'illtargemdlbe  im  @tabtl)aufe  ju  ^e^J^"- 
wel^eä   bie   Äreujigung   barjlcüt.    2Kel)r 
aU  bmd)   eigene  Scbeutung  tritt  Sngel= 
t)rec{)t[en  alä  Öe&rer  be«  8uca«  »an  Serben 
(1494—1533)  l)eroor,  eineö  ber  friifjreiilten 
Talente    ber   Äunftgefcf)ic^te.      3"    '-ö^s^S 
auf  äuBere  »ebanblungeroeifc  biirfte  biefer 
Äünfiler  jundAft  mit  Saurer  ju  »erglei^en 
fein,  allein  eä  t)at  hai  pf)antaj^il*e2öe[en 
ber  3eit  bei   i^m    bereit«    einen    btjarren 
e^aratter    angenommen.    5"  fol^er  Qlrt 
»enigilen«  erfcf)eint  Suca«  in  feinen  jabl- 
tciien    .Kupfer^icfeen.      Oemdlbe    feiner 
^anb  fmb  pc^ft  feiten,  unb  nennen  mir 
i)ier  nur   ein  umfangreiche«  jüngfies  ®e« 
tic^t   im   imufeum   ä"    ^^P^jen    unb    eine 
Sülabonna  in  ber  $inafott)ef  in  a)lunci)en. 

©<$)lie§lic^  tudrc  noc^  einer  ganj  neuen 

IRic^tung  ju  gebenfen,  »el^e  eine  gro^e 

Rutunft   cor  Y^*   ^atte.    ©cfcon  bie  ®e= 

brüber  üan  ©pcf  f)atten  bie  Öanbfcfiaft  m 

ibre  Silber  eingeführt  baburc^,  ^a^  fie  ben 

golbenen     gemufterten    §intergrunb     ber 

mittelalterlicf)en  Silber  jerriffen  unb  bem 

Slicf  erlaubten  in  bie  ^erne  ju  fd)meiTen. 

3e6t  rievfud)ten  e«  bie  .Rünfller,  ben  |)in» 

tergrunb  jur  ^auptfac^c  ä"  macben  unb 

bie  bciligen  ®efcbic^ten  ju  bloßer  Staffage 

berab^ufeten.    S)aburc{)  mürbe  bie  moberne 

Sanbfc^afUmalerei  gefdbaffen.     Dfiamentlic^ 

3oad)im   »JJatenier  (1490—1550)  mar  e«, 

welcher    biefe   IReuerung    in    bie    ÜJJalerei 


einführte.    (Sntfcf)icbener   für   bic   wettere 
(Sntwicflung  berfelben  trat^erri  be Sie«  ein. 
4.  SBeiterentwictlung  ber  flan* 
brtf^cn    ©cf)ule.      ®egen    (Snbe    be« 
15.  3abr^unbcrt«  begannen  bic  f(anbrif(^en 
Äünplcr  eine  neue  (Ri^tung  einjufdblagen. 
(5«  brdngte  fid)  ndmlicf)  immer  mebt  ba« 
Segcbren  b«oor,  ben  Wenfcfien  au«  ber 
il)n  umgebenben  Statur  ^u  löfen  unb  5nbm* 
bualitdt    unb    dbatafter    be«     emjelnen 
felbfidnbig   betfortreten   ju   laffen.     S)ct 
liebeüotle   finblicbe   Sinn,   mit   bem  bic 
©ebrüber  tan   ©ijcf  unb  ibve  iJlacifoIget 
bie    gefamte   2öelt   ber  (Srfc^einungen   tn 
ibren    Silbern    miebergegeben,    war   bem 
wciteri^rcbenbcn®eiiie  ni(|t  mebr  geniigcnb. 
S)at^    SeEanntwcrben    mit   ber   flaffifcibcn 
OHeiiterfciiaft  ber  italienifd)enS01alcrei  mochte 
wobl  ben  elften  «nftop   Ju   biefer   neuen 
Diic^tung  gegeben  b^bcn.    ÜJlan  fucbte  nun 
i  ben   menfcblicben    Körper    grünblicber   ju 
üubieren,  bie  gorm  größer  unb  bebeutcn« 
ber  5u  faffen  unb  in  ganzer  2eben«fuae 
barsujtellen.    *Kn  ber  ®pi|e  biefer  neuen 
aiid)tung     liebt     Duintin     SORcffp«     »on 
5lntmcrpen,   ber,   urfprünglicb   em  ®olb* 
fcbmieb,    bie  Äunft    ber  Onalerei   erlernte, 
um  ber  ^anb  feiner  ©eliebten  würbig  ju 
werben.    SBir  befifeen  uon  ibm  eine  Äreu^» 
abnabme,  ein  2öerE  ooU  gewaltiger  Äraft 
unb    bramatif^cn    Öeben«.      3"    a"^."" 
Silbern,   teren  ©egenfianb  bie  patbetii^e 
«Muffajfung  be«  porigen  au«frf)lo§,  erfcbeint 
Duintin  reicber   unb  entwicfelt  ein  eigene 
tümlicf)  beitere«  frifd)e«  Seben,  fo  in  meb* 
reren   «Ultartafeln,   namentlicb    berjenigen 
mit   ber   ©ippfcfeaft  dbnf^i  i"   ®t-  ^«*." 
in  fiöwen.    Sefonber«  milbe  unb  anmutig 
ift  eine  »IRabonna  im  OJlufeum  5U  Scrlin. 
<Mu^  ®enrebaTlie[lungen   fetint   man  Don 
feiner   ^anb,    wie   ber    ®elbwed)«ler   im 
ßounre  in  %mi  unb  bie  beiben  ©ci^bdlfe 
in  2Binbfor=(iaftle.  -  ©ine  nambafte  Sdbule 
fcbeint  firf)   an  mt]]^i  nicbt  angef^loJTen 
;u  baben,  bagegen  begegnen  wir  jur  glei^ 
d)en  Seit  einer  nicbt  unbebcutenben  Qlnsabl 
Äünfiler,    weld)e   bie   SKängel   ber   alten 
©cbulc     in    anberer    SBeife    au«juglcicben 
fucben.    2«an  bebielt  M^  ©emütootte  ber 
alten   Äompofitiom^weife    bei    "bne    ib« 
^drten  unb  Unregelmdpigfciten  unb  bilbete 
bie  ®eüalten  ricbtiger  unb   poüer.    ?lber 
mit   ber   ^tamiät   cer    alten   S)arpellung 
cerfcbwanb   aud)    m^i^^  ^^^   innerliche« 
gebeimniöüott    crgreifenbe«    2Beien,    obne 
bafi  man  imjianbe  war,  ben  tiefen  QueQ, 
au«  bem  bie   uoUenbete  9licbtung  ber  üa^ 
lienif^en  Äunfi  IjcrDorbraii?,  ju  ergrunben. 


TlaUxd. 


439 


®o  entfianb  eine  öeere  beä  ®efüf)tö,  bie 
con  ber  großartigen  Äraft  bcö  Duintin 
SWefftjä  tueit  entfernt  War.  2)ie  üor^üg^ 
li^fien  Äünpler  bicfer  3eit  ftnb  folgenbe: 
3obann  »an  SDtabufe,  ju  bcffen  befien 
2lrbeiten  ba^  gi^o§e  ^Itarwerf  in  ber 
©alerie  ju  ?]3rag  gehört.  3"  feiner 
fpäteren  3^'^  oerflel  er  bcm  SKanieriömuö 
ber  römifd^en  @d)ule.  ®anj  a^nlii^  ging 
eö  bem  Setnarbin  tan  Ortet),  bem  Jan  oan 
6(f)oreeI,  bem  5[fJic^aeI  Sojcie  unb  mannen 
anbern  SDteiftern.  Sie  »erfuctjten  bei  bem 
auägcbilbeten  Sb^alfüt  ber  römif(f)cn 
©cbute  anjufnüpfen,  aüein  \r)ai  bort  nad) 
3abrbunberten  langfam  erblübt  war, 
lie§  ftd^  nic^t  auf  fremben  Soben  üer= 
pflanjen,  obne  ben  Sbarafter  eineö  Ireib* 
bauögett)äc&feö  anjunebmen.  S)aö  fa^en 
bie  nieberlänbifdien  ÜJfeiper  ein  unb  er« 
gaben  ftd)  beßbülf»  ganj  ber  DJacbabmung 
italienifcf)er  OJtalerei,  aüein  ia§  ^hial,  ju 
bem  fte  ft(^  emporjufcbrt)ingen  terfucbtcn, 
blieb  eben  nur  ein  formelleö,  inbaltlofe^. 
SDie  Sebeutung  für  bie  Äunfigefc^ic^te  be« 
fie^t  im  tt)efcnlicf)en  barin,  ha'^  ^e  ein 
SBerbinbungäglieb  jmifdien  ben  älteren 
äJleiPern  unb  ben  großen  ©c^ulen  be^ 
folgenben  Sa^r^uiibertö  erfietlen.  3"  ^^n 
SDklern  biefer  Übergangöflufe  geboren: 
ßambert  Sombarb,  beffen  berübmtejten 
®d)üler  J^ranj  ^loriö  bie  SfJieberlänber 
ben  litel  beö  f(anbrifd)en  Otaffael  beileg« 
ten.  5^erner  Otto  23eniu§  ober  Octaoiuö 
Dan  Sßecn,  ber  Sebrmeifier  üon  SRubenä. 
Qlnbere  wie  Qlntonio  Tloxo  unb  ^ranj 
?Pourbuö  bewabrtcn  aud)  je^t  nod)  eine 
einfad)c  2;üd)tigfeit  ber  ^nfc^e  unb  5tufä 
faffung,  inbeffen  seigen  bie  ^robuEte  bie^ 
fer  Übergangioperiobe  roenig  (ärfreuUd)eö. 
c.  9?ai^blüte  ber  üienaiffance. 
2m  Verlaufe  beö  anbrec^enben  17.  ^al)i' 
j^unbertö  erfianb  bie  ÜJfalerei  nocbmalä 
in  ungeahntem  ^luffcbwung.  S)ie  ©rüde, 
h3eld)e  i>ai  16.  ^atirbunbert  gebaut  batte, 
War  überfc^ritten.  Der  raoberne  (Seift 
War  aus  ben  mannigfacben  .kämpfen  um 
innere  unb  äußere  greibcit  berf  orgegangen 
unb  battc  ba«s  ibm  entfpre(^enbe  Ü}?ebium 
für  ben  5tuöbrud  feine«  mannigfaltigen 
SBefen«  in  ber  SKalerei  gefunben.  ®ie 
würbe  äur  ßieblingsfunjt.  !Jlid)t  nur 
Stalten,  93rabant  unb  ^oüanb  eröffneten 
i^x  ibr  ©ebiet,  fonbern  aud)  Spanien, 
^ranfreid)  unb  (Snglanb  warfen  ficfe  mit 
(Sifcr  auf  biefelbe.  ©injig  5Deutfd)Ianb, 
welc^eä  ber  äOjäbrige  Ärieg  jerfleif^te, 
I)atte  bie  ßufi  an  fünfilerifdien  $robuftio= 
nen  »erloren.    3"9leid)  erweitert  ftd)  aber 


auc^  ber  Qlnfc^auungöfrci«.  ffiäbrenb  in 
ben  fatbolifc^en  ßanben  bie  .Runft  nod^ 
einmal  auö  ber  unerfd^öpfU^en  Duelle 
ber  fird)Iicben  @toffc  neue  Slnregungen 
gewinnt,  l)at  bai  iJBalten  bes  mobernen 
pjoteftantifcben  Oeifie«  ben  alten  33ann  ber 
Überlieferung  gefprengt  unb  ben  Süd  auf 
bie  unermeßlidie  üjiannigfaltigfeit  bei 
wirElicben  ßebenö,  auf  bie  ewige  ©cbön* 
f)eit  ber  Ianbfc^aftlid)en  9?atur,  auf  bie 
^arafterifiifcbe  33ebeutung  ber  Sierwelt 
^ingclenft.  ^ier  bewegt  ftcb  bie  ÜHalerei 
mit  unenblid)cr  ißtetfcitigEeit,  fie  fonbert 
ft^  in  ^ifiorienmalerei,  in  hai  ®enre, 
bie  ßanbfd)aft,  baä  Sierfiüd  unb  ©tia= 
leben.  (£in  gemeinfamer  3^9  fi^«  Qe^t 
burcb  alle  3tt'ei3e'  t)cr  Dlaturaliämuä,  ber 
tJÖÜige  33rud)  mit  aller  Srabition.  2)a^ 
Streben  nacb  bem  ^öc^fien  unb  ®emein= 
gültigen ,  nacb  ooüfommen  gereinigter 
@cbönbeitunb  3bealität  ifi  jwar  nid)tmcbt 
üorbanben,  aber  in  ber  Sreite,  in  frei 
unabbängiger  Sebanblung  unb  SBürbigung 
beö  einzelnen  wirb  mannigfad)  Sebeuten» 
be^  unb  3ieueö  gewonnen. 

1.  ^ijtorienmalerei.  Oleid^  eon 
»ornberein  feben  wir  in  ben  3iieberlanbcn 
jwei  ®d)ulcn  [xd)  no(^  fd)ärfer  ausprägen, 
weld)e  bereite  befianben ,  einerfeit^  in 
Srabant,  wo  bie  ÜJialeret  größtenteilö 
im  2)ienfie  ber  .Kircbe  bleibt,  anber« 
feitä  in  §>otIanb ,  ha^  einen  gänjlic^ 
unabbängigen  SZÖeg  ber  Sntwidelung 
jeigt.  Sieben  biefen  beiben  großen  ®cbu* 
len  erfd)einen  nodb  ücteinielte  SRaler  ber 
Slieberlanbe  unb  Don  2)eutfc^lanb,  weld^e 
ftc^  im  allgemeinen  an  bie  italienifc^en 
9taturaliften  anlebnen,  aber  wenig  (Erfreu» 
licbeö  ju  Sage  förbern. 

a)  55ie  ©cbulc  »on  93rabant. 
SDer  SBcgrünber  biefer  @d)ule,  ber  erjle, 
weldbcr  ben  iRanieriPen  beö  legten  '^a\)X' 
bunbettö  ben  entfd)eibenben  Ärieg  erflärte, 
war  *Peter  ipaul  JRubenö,  wenn  er  aucb 
feinen  erften  Unterriebt  ^^  5!J?alen  bei 
Otto  aSeniuö  erbielt,  bei  weld)em  er  ^ödb* 
fleuß  jene  manieriftifcbe  9^ad)abmung  ber 
3taliener  lernen  fonnte.  Qltlein  fd)on  mit 
23  2abren  ging  er  felbft  nad)  Jtalien 
unb  erwarb  fidb  bort  in  ftebenjäbrigem 
5lufentbaltc  eine  bem  2)range  feiner  3eit 
entfpredbcnbe  ©runblage  für  feine  S)aT* 
ftellung.  S)ie  i^ormen  feiner  (Sefialten 
ftnb  nid)t  mebr  willfürlicb  nad)  einem 
allgemeinen  äußerli^en  ®d)önbeitögefe^ 
gewäblt,  fonbern  eö  jtnb  bie  einer  berbcn 
fräftigen  D^atur.  Öeibenfc^aftUcbe  93e« 
wegung,  Eül)nc  Jb^tlufi  unb  tiefe  mä(i^* 


440 


SKalerei. 


ttgc  (Smpfinbung  finb  bic  Elemente  feiner 
Äunfi.  Dem  cntfprid&t  anä)  ber  ^in« 
rei^cnbe  3auber  cineö  leud^tenben  fii[(^cn, 
mit  breiten  füfjnen  ^infelftrid^en  be^an« 
belten  Äoloritö.  —  (Sincr  S!}fenge  Don 
9trbeitcn ,  oft  »on  foloffalem  Umfange, 
begegnen  wir  in  ben  Äird^en  feineö  Sater« 
lanbcö,  namentlid)  in  ^Intrtjerpen  ben  bei= 
ben  berüf)mten  Sßilbern  ber  ÄrcujQufricfts 
tung  unb  Äreujabna^me.  5lber  anä)  in 
au^Idnbifc^cn  SDUtfeen  fprec^cn  jabtreicf)e 
©eraölbe  für  bie  au^erorbentUd^c  S^dtig» 
feit  beö  ÜJleifter«,  fo  im  SelPcbcrc  in 
SGßien  eine  ^immelfat)rt  SDtariä,  in  ÜJJobrib 
eine  Qlnbctung  ber  Äönicie,  in  SBien  bai 
befannte  5lmbrofmögemälDc,  mie  er  S^eo* 
borid^  ben  Eintritt  jur  Äird)e  »ermetjrt, 
tn  SWündben  tai  foloffale  iüngfte  ©eric^t. 
9ln  bicfe  Silber  reiben  ftd)  eine  ü}?enge 
mi)l^ifd)er  SJarftetlungen  öon  f)eroifc^er 
®crt)alt.  ®ro§  ifi  SRubenö  aber  aud)  in 
profangefc^id)tIic^cnjDarfietIungen,nament* 
lic^  ft)o  eö  auf  bramatif^e  ©d^ilberung 
anfommt.  ©obann  giebt  e«  »on  i^m  eine 
SDiJenge  genialer  ©enrebilber,  trilb  betregte 
Sierjiücfe,  großartige  fanbfc^aften,  (IBor* 
trat«  u.  f  tt).  3a,  felbft  als  «Hrc^iteft 
h)ar  fRuben«  tfiätig.  Q.i  mürbe  ju  meit 
führen,  aüe  feine  ißerfc  aufäufüf)ten,  in 
bcnen  fic^  aüe  ^üüe  unb  i^rad)t  jener 
glönjcnben  (Spoc&e  »ereinigt.  2)er  berü^m« 
tePe  feiner  @d)üler  ijl  ^nton  »an  S)t)cf 
(1599 — 1641)  ber  in  feinen  früt)eren  Silbern 
feinen  iKeifier  biö  jur  Übertreibung  na(i)ju= 
abmen  fud)t,  naä)malö  aber  burc^  unmittel* 
bare  ©tubien  ber  Senejianer  feinem  ©tilc 
eine  mainoKere  eble  ©dbönfjeit  ju  oerleibcn 
weiß.  5(n  ©teile  beö  SRubensfc^cn  2;f)aten= 
brangeä  tritt  bei  feinen  Silbern  ber 
elegifd)e,  felbft  biß  inö  Jfjräncnreicbe  unb 
Sentimentale  gef)enbe  Qluöbrucf  ber  Srauer. 
SWamentlid)  aber  al«  ^Porträtmaler  ermarb 
ftc^  »an  I)t)f  einen  bebeutenben  9iuf.  I)ic 
übrigen  5af)(reid)en  ©cbüler  Stubens  aijxns 
tcn  bie  energifc^en  ©eiten  feiner  SDar« 
fieHung  oft  mit  (Slücf,  oft  aber  aud)  ni^t 
o^ne  ©ebnere  unb  (Rot)eit  nac^.  Der 
2:aIentt)oajic  unter  i^nen  ij!  Jafob  Sor» 
baenä. 

b)  S)ie^onänbifcf)e©c()uIe.  5(uc^ 
in  ^oüanb  l)atte  [xä)  gegen  Seginn  beö 
IT.  3at)r^unbertö  eine  Oppofition  gegen 
bic  SWanierifien  ert)oben.  2)en  »o[Ien"''iluäs 
brud  gewinnt  bie  neue  iRi4)tung  nament= 
lid)  in  ben  fogenannten  ©d)ü^cn«  unb 
JRegentcnftüden ,  in  jenen  .Roaeftiobarpel* 
lungcn  ftäbtifcbcr  ®cnoffenfd)aften.  Die 
firc^lic^e  Jrabition  würbe  »on  bem  jlrcn« 


gen  ^rotefiantiämu«  beö  Sanbeö  jurücf» 
gewicfen  unb  fa^  ^xi)  bie  Äunfi  äunöd^ji 
auf  treue  5lbfpiegclung  ber  2öirfU(^feit 
^ingewiefen.  3"  ^^^  tü(ä)tigfien  ÜJleifiern 
geboren  3[«id)ael  SOiiereWelt  (1567—1641), 
3an  »an  SRattefiepn  (1572—1657),  JJranj 
^alö  unb  %i)omai  be  Äet)fer  (1595  —1679). 
etwae!  jünger  aU  bie  genannten  ifi  95ar« 
t^olomau«  oan  ber  .^elfi.  Sr  neigt  in 
ber  Sef)anblung  jur  iUtanier  be«  »an  Dt)d 
unb  ift  it)m  namentitcf)  im  Kolorit  na^e 
»erwanbt.  Die  biö^erigen  Äünfller  gingen 
faum  über  hai  Porträt  l)inauä.  ^m 
jweiten  Viertel  be«  17.  5ot)i^f'""^«ft^ 
aber  trat  unter  ben  ^oüanbern  ein  Äünji» 
ler  auf,  ber  eine  eigentümliche  ^ifiorifdic 
SDlalerei  fct)uf,  Wel^ic  einen  fcfearfen  ®c« 
genfa^  jur  brabantifd^en  ©^ule  bilbcte. 
e«  war  qjaul  Oiembranbt  »an  SHpn  (1607 
biö  1669).  3unäc^jl  f^Ioß  er  ftdf)  bem 
fünfilerifdben  (SntwicEIungägange  ber  ge« 
nannten  3Weifter  on.  2(ber  voai  bei  jenen 
in  einem  gewiffen  ®rabe  unbewußt  unb 
unbefangen  gefd^e^eu  war,  fü&rt  er  mit 
bejiimmter  au«fd£)lie§Iid^er  5lbftdt)t  bur4. 
(Sr  nat)m  fogar  eine  feinbtidt)e  ©teUung 
ein  gegen  tau  ©tubium  ibeater  gereinigter 
g^rauenfcfeönbeit  unb  ging  oft  mit  Sor* 
liebe  auf  bie  Dtad&bilbung  ber  gemeinen 
fRatur  au«.  3{)m  war  e«  nid^t  um  Dar= 
j^cüung  erhabener  9tu[)e  ä"  t^un,  weld^e 
hai  5tnf^auen  »oKenbeter  ©d^önfjcit  ge- 
währt, er  woüte  nur  bic  innere  ©timmung 
feine«  ®cmütc«,  tai  bunfle  ®efüt)l  trau* 
merifdt)er  Äraft  unb  öert)altener  Öeiben« 
fd^aft  jur  ßrfdbeinung  bringen.  SBd^rcnb 
bic  SBcrfc  »on  Gruben«  bei  aüern  bcrb* 
ftnnlic^en  SBcfcn  immerhin  einen  gewiffen 
»orne^men  (lt)arafter  tjaben ,  erfd^eint  in 
ben  Sßerten  Otembranbt«  jener  büfiere 
Jrol,  jene  im  Verborgenen  gdrenbe  Sei« 
benfd[)aft.  5n  feinen  früheren  SBerfen 
treten  bicfe  befonberen  ®igentümlid)feiten 
nic^t  fo  fd)rofft)cr»or.  (£«  mag  bic«  im 
3ufammenf)ang  fte^en  mit  feiner  ßebcn«* 
gefd)i(^te.  Die  erfien  Mnftlctja|)rc  »er* 
lebte  er  an  ber  ©eite  feiner  anmutigen 
®attin  ©a«fia  »on  Ulenburg.  TOit  bem 
frühen  Sobe  ber  geliebten  ^xan  beginnt 
iai  ßeben  be«  Äünftler«  fi(|  ju  trüben: 
er  gerät  tro^  allen  rafitofen  gleiße«  in 
ftet«  wad)fcnbe  Sebrdngni«,  bic  1656  §um 
Sanferott  führte.  —  SD^ebrcre  Porträt« 
au«  feiner  grüljjeit  ftnb  im  ^aager  SWu» 
feum  unb  ber  ©alcrie  ju  Äajfel  aufbe* 
waiixt.  ©eine  fpdteren  Sßcrfc  bef)errfd^t 
eine  wunberbarc  2lu«bilbung  be«  ^eü« 
bunfel«,  ein  ferfc«  »erwegene«  ©piel  mit 


mtalcrci. 


441 


p^antafiifc^cn,  fetbfi  grellen  ßicf)teffeften. 
9?od&  oereittjclt  tritt  biefe^  Streben  beim 
„$aulu^  im  ®cfängni^"  auä.  Sei  ber 
fogcnannten  „iJlac^twac^e"  im  SMufeum 
lu  ?lmftcrbam  crblicfen  tt»ir  ein  5!Jtcifier= 
^ücf  biefer  5lrt.  (Sine  genial  übermütige 
3ronie  fprid)t  auö  feinem  „SRaub  beö 
®ani)mcb"  in  3)reöben.  Tlit  Vorliebe 
bc|)anbelte  SRembranbt  altteftamentlidje 
©egenftcinbe,  fo  iai  „Opfer  Qibra^amä" 
(qSeteröburg),  ÜJJofeä  (Sertin),  S)aö  8eben 
©imfon«  (Raffet)  jc.  3a^treid)e  5Dar= 
fieüungen  beö  neuen  Seftamenteä  ^at  er 
in  Stabierungcn  auägefü^rt,  bei  n)eld)en 
namentlicf)  Wieber  ia^  meijterfjaftc  ©piel 
bcö  2icf)te^  jur  Seirunberung  ^inrei§t. 
önblid^  barf  ni($t  oergeffen  werben,  ha^ 
iRcmbranbt  mebrerc  Sanbfc^aften  Don 
granbiofer  Äü^n^eit  l)intertaffen  ^at. 
S)en  @(^ülern  unb  9tad)af)mcrn  SRem^ 
branbtä  ging  eö  tüie  aßen  ?lacf)af)mern 
gtofer  TOeifier.  ©ie  faxten  tk  SOtanier 
beö  üJieiperö  auf,  ohne  feinen  ®eniu(3  im 
ganjen  Umfange  ju  ererben.  (Serbranb  nan 
ben  (Sd^out  fommt  it)m  mof)l  am  nä^^ 
jien.  ®ot»art  %\ind  ifi  nüd)terner,  oft 
iiebenänjürbig  unb  anjietienb  gerbinanb 
93ol.  (Sin  treffli(^er  ^Porträtmaler  ifi 
3.  ßieüen^j.  jedinifcE)  fet)r  bebeutenb 
©alomon  Äönig. 

c)  *Jiac^aI)mer  ber  Italiener. 
!Reben  ben  aJJeipern  ber  beibcn  gtofen 
Schulen  ftnb  noc^  eine  Qinjat)l  beutf^cr 
unb  nieberldnbifc^er  Äünfiler  tor^ufütiren, 
»teldie  an  ber  italienifd^en  3U?aIerei  fejt= 
t)ielten.  Im  teiblidjjien  fpric^t  ftd^  biefe 
!Ricf)tung  in  3ot)ann  3f?otten^ammer  ton 
a«ün(i)en  (1564  —  1622)  au^ ,  gerabeju 
hjiberwärtig  in  anbern,  bie  in  flägli^er 
SKittelmägigfeit  bem  ü)hcE)eIangeto  nac^^ 
jiümpern.  Sine  Qtuöna^me  bilbet  aüein 
ber  liebenöwürbigc  Qlbam  (Slj^cimet  eon 
granffurt  (1574—1620),  einer  ber  frübe= 
Pen  90'Jeijier  ber  ßanbfc^aftömalerei.  Qu 
ctWaä  grö§crer  ^rifcbe  t)ebt  fic^  bie  Äunft 
bcö  17.  3af)ic^unbert^  in  5oa<i)int  fon 
©anbrart,  (Sari  ©creta  »on  *Prag  unb 
Sodann  Äupctäf^  aug  Ungarn.  2)a«  18. 
5a|rf)unbert  weift  in  (Sl)rifiian  ©ietrid), 
Sifc^bcin  unb  Sern^arb  SRobe  ebenfalls 
einige  beacf)tenämcrte  Gräfte  auf. 

Snblid)  wäre  noc^  einiger  SJiieberlänber 
ßrwä^nung  ju  t^un,  welche  ftd)  ber  Sßeife 
beö  ^^«njofen  ^oufftn  anfc^loffen.  2)er 
bebcutenbfte  fd^cint  Qlbrian  tan  ber  Slßerff 
ju  fein,  beffen  Silber  ben  bö(ä)fien  ©ipfel* 
^unft  jeigen,  biö  ju  wclcf)em  fauberfic 
^uäfül)rung  unb  elfenbeinerne  ®clecftl)eit 


bei  aügcmein  richtiger  3fi^n""9<  "^«'^ 
gänjlidjem  üü^angcl  an  attem  geifiigen 
(Stement  ju  treiben  ift. 

2.  ® enr e  =  ÜJtalcrei.  ©cfcon  bie 
©ebrüber  »on  6pcf  Ijatkn  bie  5«ff«^n  ^« 
ftrengreligiöfen  SOtalerei  gefprengt  unb  bie 
beitigen  ®cftalten  auö  ber  ®(orie  beä 
®oIbgrunbeä  in  ben  ®arten  ber  wirfli(^en 
Sffielt'gefteat.  S)er  qprotcfiantiömu«!  aber, 
ber  bie  trabitionetl  Eirc[)li(I)en  ©toffe 
oerf^mä{)te,  ^attc  ben  erften  *2(nfto|  ge» 
geben,  ba§  bie  Äünftler  fid)  unter  \i)xti' 
gleichen  bie  ©efialten  i^rer  Silber  fud)ten 
unb  bie  ÜKotioc  su  it)ren  ®cmälbcn  bem 
fic  umgebenben  öeben  entnabmen.  SJar« 
fteüungen  beö  werftäglict)en  *ßcrfel;rö  btU 
beten  ben  Vorwurf.  |)ierauö  bilbete  ftc^ 
bie  fogenannte  ®enre=9JJalerci. 

©ie  fc^eibet  fic^  je  nad)  Qluffaffung 
in  böf)ereö  unb  nicbereö  ®enre;  biefe^ 
bringt  ©(f)ilberungen  auä  ben  natürlid) 
unb  ungebunben  ftd^  bewegcnben  Greifen 
ber  menfc^lic&en  ©efeüf^aft,  jeneä  aui 
bem  burd)  ©itte  unb  Silbung  »erfeiner-- 
ten  ßeben  ber  l)öl)eren  ©täube.  —  ©c^on 
im  5luögange  beö  16.  3abr^unbertä  tritt 
$eter  Srügt)el  ber  «JUtere,  ber  Säuern* 
brüg^el  genannt,  in  fol(ier  SBeife  felb* 
fiänbig  auf  unb  fü^rt  mit  Sebagen  unb 
berber  Saune  ©d)ilberungen  be^  bäurifd)cn 
ßeben^  in  feiner  SRobeit  oor.  ©ein 
©of)n ,  ber  „.^öüenbrüg^el",  ^ulbigt,  wie 
^ieronpmuö  Sofd),  allen  mögli^en  2eu« 
feleien  unter  Qlnwenbung  einer  böd)ft 
effeftüotlen  näcf)tli(i)en  ^euerbeleucbtung. 
3n  »erwanbter  SIBeife  bewegt  frd)  ber 
ältere  S)aoib  Senieri^,  in  beffen  @ot)n  bie 
cigentli^e  reife  (Sntwicflung  bee!  nieberen 
®enrcä  einen  iBertreter  ftnbet.  S^amentlid^ 
ftnb  eö  Sauern^ocbjeiten ,  Qtii)i^tlaii, 
^Prügeleien  unb  äbnlid)er  .Surjweil,  weld)e 
er  burc^  meificrf)afte  5tnwenbung  beö  |>ett* 
bunfel^  in  unübertrefflid)  malerifc^er  ®c* 
famtwirfung  wieberjugeben  »erfie^t.  SDie 
„35erfud)ung  be^  ^eili^en  *Mntoniuö"  giebt 
il)m  reiä)en  llnlaf  jur  (Sntfaltung  eine« 
p^antaflifd)en  ©pufö.  Winber  lebenbig 
bewegt,  fd^ilbert  Qlbrian  oan  Oätabe  bai 
Sauernieben,  wenn  aud)  feine  ©emälbe 
burd^  treffltd)e^  ^eübunfel  f^effeln. 

Dläber  an  Jenier  fie^t  Qlbrian  SroU' 
wer,  bem  man  na^fagt,  ia^  et  bei  feinen 
©tubien  im  SBirtöbauö  untergegangen  fei. 
5luc^  üon  5«"  ©teen  wei§  man  allerlei 
Üblcä  ju  erjagten,  ©eine  Silber  aber 
jeigen  eine  freie  oergnügli(^e  ütuffaffung 
beä  gemeinen  Sebenö.  (Sr  ifi  unter  allen 
2)arfiellern  be^  nieberen  ®enre^  wo^l  ber 


442 


ÜJlaleTei. 


geijitcictific  unb  fübnfie.  SBoH  »on  ^anb« 
lung  ftnb  feine  93ilbcr,  unb  baö  aegcn» 
feitigc  Scrfialtniä  unb  Jntercffe  ber  bar« 
gefreuten  ^erfonen  unb  in  biefen  eine 
geijlreic[)e  mannigfach  üerfc^iebenc  (Sfjarafs 
terifiif  jeugen  oon  ftarfer  23coba(i)tungö' 
gäbe.  —  Sffiefentlid)  oerfcfeieben  üon  bic* 
fcn  S!JJeij!crn  bilbcte  fid)  $eter  oan  Öaar, 
ber  in  St'ilif"  Pubiertc  unb  »on  bovt 
bcn  Dtamen  „Samboccio"  mitbrachte,  mo« 
»on  bie  ganjc  ©attung  beö  niebercn 
(Senreä  bie  ^ejeii^nung  Sambocciabcn 
erhielt.  3)a^  milbe  ©olbatcntcben  ttiei§ 
3an  le  S)ucq  unb  ber  etwaö  fpatere 
$^ilipp  SRugenbaö  ju  fcbilbcrn.  5tlö 
eigentlid)c  ©d)lad)tenmaler  erwarben  [\ä) 
SBoutttermann  unb  »an  ber  5D^euIen  einen 
!pia|  in  ber  ©efc^ic^te  ber  ÜJJaterei. 

3)cr  ebelfie  unter  ben  SWeiftern  bcö 
^bi)txm  ©enreä  ifi  ©erwarb  Serburg, 
»etiler  tai  Öeben  unb  bie  Sitten  ber 
feinen  ©efeüfc^aft  fd^ilbert.  (Reiche  Älet* 
berfioffe,  äierlicf)e  Setregungen,  prächtige 
3immer  s  (5inrid)tungen  unb  bcrgleicf)en 
»erleiden  feinen  93ilbern  einen  poetifcfcen 
(Reij.  3"^^«fonbere  aber  ge£)t  er  benfel« 
bcn  2Beg  wie  ^an  Steen.  (£r  flellt  ni(f)t 
ßujlanbe,  fonbern  ^anblungen  unb  ©itua« 
tionen  bar  uwb  regt  baburd)  ben  Scf^auer 
jum  SRac^bcnfen  an.  D^ictjt  minber  bihtw 
tenb  ifi  ©erwarb  3)0»,  ber  in  iRembranbtö 
©c^ulc  eine  mcifterlid^e  Setjanblung  beö 
^eübunEelö  erlernt  ^at.  3)er  ffleife  Zn-- 
burga  unb  2)ott)«  folgten  »erfc^iebene  anbere 
Äünfiler,  bie,  menn  fte  aud)  im  aQgemei« 
nen  nicfct  bie  23ortreff[icf)feit  biefer  beiben 
errei^ten,  bod^  in  einjelnen  gälten  fe^r 
5tnmutige€  unb  ^rtigeö  ^erPorgebrac!)t 
^abcn.  ßvi  ben  ßicbenöwürbigfien  ge- 
hört ©abriet  SÜRe^u,  ferner  ber  iiugerfi 
fruchtbare iSci)üIerS)ott)ä:  granj  non  ÜJJieriö 
unb  beffen  ©o^n2Bilt)eIm.  ©c^r  3:reffltd)eö 
^at  (Safpar  D^etfc^er  geliefert;  in  2)ars 
jieQung  jierlicf)er  ßid)teflrefte  aber  nament« 
lic^  ©ottfrieb  ©dtjalcfen,  wenn  er  auc^  oft 
in*  SRaniericrte  nerfäüt.  Unter  ben  fpäte« 
ren  ©enrematern  ifi  cnblicf)  noc^  *Peter 
Dan  J^ougf)c  anjufü^ren,  ber  fic^  burc^ 
fc^Iicf)te  *liuffciffung  unb  gebiegene  fräftige 
2tuöfü^rung  fe^r  t)orreilf)aft  auäjeic^net. 

3.  ß  anb  f  cf)aftömaler  ei,  lier* 
fiüd,  93Iumenfiüd  unb  ©tillleben, 
©d^on  im  IR.  5at)r^unbert  ^atte  ^oi^feini 
tPatenicr  unb  ^errlj  be  Sie*  ben  ©runb 
jur  felbfiänbigen  Ituäbilbung  ber  2anb= 
fc^aft  gelegt.  5tuc^  bier  ifi  eö  mieberum 
einer  ber  gamilic  Srügbel,  rtjcl^er  biefe 
Slic^tung  aufnimmt,  ber  ©of)n  beö  Säuern« 


brügfiel*,  ber  fogenannte  ©ammct«  ober 
Slumcnbrüg^cl.  ^i)m  fcf)Ue§en  ft^  SRo* 
tanb  ©anert),  S)aoib  SSincfeboom*  unb 
3obocuö  be  üiiomper  an,  aQein  eö  t)crrfc^t 
[)m  überall  ein  pf)antafiif(^eä  (Einerlei 
oor.  (Srft  iRubenä  fii^rt  bie  ßanbfd^aft 
mit  groger  burc^greifenber  Äünfilerf^aft 
ju  jener  f)o^en  Sebeutung,  in  ber  fie  aU 
eine  fccie  iJiac^afjmung  ber  Statur  in  bem 
93efcf)auer  eine  a^nungöooQc  ©timmung 
erttiecft.  —  (Sine  befonberc  53tütc  erreid^te 
bie  ^oüänbifdie  9[RaIerei,  tt>elcf)e  fic^  bie 
^eimifcfce  Statur  unb  beren  (Sigentümlic^* 
feiten  o^ne  »eitere  ibealifiif(^e  hieben» 
abfic^ten  jum  Sorbilbe  nabm.  S)ie  f)oU 
lanbif^en  ÜJ?eifter  biefer  iRic^tung  betait« 
licren  biö  in«  g^einfle  unb  geben  iai 
©piel  ber  ßuft  unb  beö  8id)teä  mit  grö§« 
ter  SBa^r^eit  miebcr.  5Der  erftc  ^la^ 
unter  ben  älteren  SWeifiern  gebührt  Johann 
»an  ©open  (1596—1656)  unb  beffen  »or» 
jügli(^em  ©d)üler  5tbrian  »an  ber  Äabel. 
©ine  bebeutenbc  ©inwirfung  übte  9?em* 
branbt  auö,  befonber*  burc^  jeneö  ©picien 
be*  Siebte*  unb  be*  träumerifc^en  $cü* 
bunfel*.  3"  feine  gugfiapfen  tritt  <llrtu* 
»an  ber  ?leer ,  namentlich  2)'lonbfd)ein» 
lanbf^aften  mit  SWeifierfc^aft  barfieüenb. 
(Sine  gemütlid)e  2luffaf[ung  ber  Statur 
jeigt  5lnton  SIBaterloo  in  feinen  Sffialb» 
bilbern.  S^i^o^  SRuiäbael  ifi  berjenigc, 
beffen  Silber  i)tn  eigentlid^en  Äern  unb 
ÜJlittelpunft  biefer  SRid^tung  ber  öanbfc^aft 
au*mac^en.  ©eine  ©emälbe  bcmegen  fid^ 
in  ben  J^ormen  ber  norbifdt)en  Diiatur  unb 
mieberfpiegelt  er  barin  ben  altgermanifc^en 
iRaturbienfi.  2Rit  übermäd}tiger  ©ertjalt 
fiel)t  bie  S'iatur  bem  2Renfd)cn  gegenüber; 
feine  SBerfe  jeigen  fi^  mcift  al*  SRuinen, 
»on  ben  gemaltigen  ©tnmirfungen  ber 
iRatur  übermunben.  iDJinber  bebeutenb 
fmb  bie  Silber  feine*  älteren  Sruber* 
©alomon,  bagegen  ^atte  ^acob  in  feinem 
©d)üler  9)tinbcr^out  ^obbema  einen  tü(^* 
tigen  9?ac^folger. 

(Sigentümli^  fie^t  ben  Siö^erigen 
Gilbert  »an  ©»erbingen  gegenüber,  ber  in 
feine  ©ebirg*gegenben  Dtormegen*  eine 
milbe  grogartige  (E^arafterifiiE  legt,  yii» 
bcn  ber  8anbfdf)aft  mirb  in  ^otlanb  aud^ 
bie  ©eemalerei  mit  @ifcr  gepflegt.  Se* 
bcutenbc  üRcifier  biefe*  ^^acje*  fmb :  3an 
»an  be  (Sapelle,  Sonaoentura  ^eter*,  ^an 
(Peter* ,  ©imon  be  Slicger,  ber  »orjüg« 
lic^fie  »on  allem  aber:  2öillem  »an  be 
Selbe  ber  3ün9cre. 

2ln  bief^e  f^liegen  fid^  bie  nieberlanbi* 
fd^en   Slrc^itefturmaler   an,   unter   bencn 


gnannfd^aft  -  kantet. 


443 


namentlich  ?Jcter  D^eefö,  oan  ber  |)ct)ben 
unb  »an  ®teenn>\)f  ber  Jüngere  lüc^tigeö 
in  (Pcrfpeftioc  leifien. 

6ine  ÜSetfc^meljung  be^  ®enrc«  unb  ber 
ßanbfct)aft  erbliden  wir  in  bcn  Silbern 
fp^ilipp  aBouwermanä.  5tuf  bie  Scftilbe- 
rung  be^  Jtierlebenö  hjar  f(^on  Stuben^ 
in  getoaltigcn  ^aq,t}'  unb  Äampffcencn 
eingegangen,  ©ein  greunb  ^ranj  ©nt)^ 
berö  bxai)k  eö  im.  5licrpüd  ju  großer 
S!Keifter[(^aft,  ebenfo  Jotjann  %t)t,  Äarl 
IRut^art  unb  anbere  me^r, 

3n  ber  Blumenmalerei  ^atte  ber  „93lu« 
mcnbrügf)el"  bereite  einen  jierlid)en  ^n^ 
fang  gemacf)t.  3^m  folgten  ^Daniel  ©cg- 
i)txi,  Dacib  be  |)eem,  3ot)ann  $ui)fum  jc. 
©nblic^  ifi  noc^  ber  [ogenannten  ©tiüleben 
ober  ^J^rübfiücfäbilber  ^u  gcbenfen ,  aU 
bcren  üoräüglid^fie  SWeifler  2ßi(^elm  »an 
5leip,  3tbriaenffen  unb  $eter  Diafon  gelten. 

j)arait  ftnb  mir  öart  an  bie  Äunji 
ber  (Segenmart  :&erangerücEt.  DfJodjmalg 
Jüurbe  biefelbe  burd)  ia^  begeifierte  2Birs 
fen  aSincfelmannö  an  ben  Quell  ber  Äunfl= 
fd^öpfungcn  beö  flafftfc^cn  5lltertumö  ju* 
rü(fgefül)rt,  aber  auä  bem  antifen  ®ebans 
fenfreife  unb  ber  flafjtf<$en  gormauffaffung 
war  auf  bie  SJauer  eine  matjr^aft  leben^ 
bige  gortbilbung  ber  SÖJalerei  ni(J)t  ju 
gewinnen.  @ie  bcburfte  eineö  neuen 
Sn^altö ,  einer  »olfötümlic^en  91a^rung 
einer  nationalen  ©runblagc.  5Die^  mürbe 
t^r  »erfc^afft  burcb  bie  tiefeingreifenben 
Scprebungen  ber  SRomantifer,  aU  beren 
erfie  Vertreter  *Peter  ©orneliuö,  ^Jriebricf) 
Düerbecf,q3l)ilipp9SeitunbaBilt)elm@döabom 
erf^einen.  yiaä)  ßübfeö  ®runbri|  ber 
Äunfigefc^ic^te.  Sergleic^e  im  übrigen: 
©efc^i^te  ber  SQJalerei  üon  SBoltmann. 
2)o^me,  Äunfi  unb  Äünftler  beö  9Hittel= 
alter«,  ffiaa gen,  ^anbbud)  ber  ®efcfticl)te 
ber  beutfd^en  unb  niebcrlänbifc^en  ÜJJaler* 
f(f)ulen.  51.  |). 

SWaitnf^aft,  ftet)e  Öe^nömefen. 

SWantcI.  Unter  ben  eigentlichen  Met* 
bungöftücfen  ifi  ber  Ttantd  Mi  ältefie. 
SBie  im  Oriente,  fo  fommt  er  aud)  bei 
bcn  ältefien  Äulturoölfern  beä  5tbenblanbeö 
urfprünglid^  alö  baö  einsige  cor,  inbem 
er,  au«  einfachen  ©toffen  gefertigt,  al«  fal« 
tige«  ©ewanb  ben  Äörper  bedt,  oon  ben 
©c&ultern  bi«  jum  guf ,  unb  jtttar  geprtc 
er  beiben  ©efc^lec^tern  gemeinfam  an.  3n 
jmeiter  Sinie  tritt  baju  ba«  ärmellofe 
Untergemanb.  ©o  in  [Rom,  baä  feine 
©Uten  unb  ®cbräuct)e  mit  bem  ©d)merte 
in  ber  $anb  in  bie  *«acf)barfiaaten  trug. 
SKit    ber  Sicberfeit   unb  (5infad^t)eit   ber 


SRepublif  fiel  aber  au*  bie  fc^ticf)te  Joga 
ober  artete  in  abfonbcrlici^e  J^ormen  au«, 
foba§  fie  i^rem  3irc(fe  oft  entfrembet 
mürbe. 

Sie  ^raufen  al)mten  in  i^rer  Irad^t 
bie  römifcfien  formen  naä).  ©ie  fc^nit* 
ten  it)re  SD'Jäntel  au«  einem  »iercdigen 
©tücf  Juc^,  unb  trugen  fte  „überecE"  fo* 
ia^  bie  ©pi^en  »orn  unb  hinten  bi«  auf 
ben  Soben  reichten,  ju  beiben  ©eiten  aber 
ber  Unterfc^enfel  frei  blieb,  ©emfelben 
mar  mo^l  auc^  —  nad)  5trt  ber  römifd)en 
paenula  —  eine  Äapuje  angefügt ,  jur 
5Dedung  üon  Äopf  unb  ^aU.  9tac^  ber 
^arbe  trug  man  fte  mit  Sßorliebe  grau 
ober  blau. 

!Bom  11.  3a^r^unbert  an  mirb  er 
tjolbfreiäförmig ,  balb  auc^  frei«förmig 
gefc^nitten ,  unb  erhält  ftc^  in  biefen 
beiben  formen  burd^  tai  ganje  ilJJittelaUer 
^inburd^.  (5r  mirb  aud^  fürjcr,  äierlic^et, 
föftlid)er,  bient  aber  immer  mentger  jum 
©(^u^,  al«  jur  S^txht.  ©etragen  mirb 
er  anfänglich  auf  ber  linfen  ©c^ulter,  auf 
ber  rechten  befejligt,  bann  al«  3flüdens 
mantel  auf  beiben ,  com  burd^  ein 
©anb,  eine  5lgraffe  ober  Äette  (SUlantels 
fd)lo§)  jufammenge^alten.  ©er  SWantcI 
ber  legieren  5lrt  ^ie§  aud)  „®lode"  unb 
mar  oft  ber  ganjen  ßänge  nac^  jum  3"' 
fnöpfen  eingerichtet.  Selbe  mürben  mit 
ober  o^ne  ®ugel^aube  getragen.  5tud^ 
al«  mit  bem  Seginn  be«  14.  3<if)rt)unbert« 
bie  meitfaltigen  ®emänber  bcn  S[RanteI 
für  ben  gemöt)nlid)en  ®ebraud)  leid)t  eitt* 
be^rlic^  mad^ten,  mürbe  er  gleid^mot)l  bei« 
behalten ,  menn  aud^  noc^  me^r  gefürjt 
unb  mit  auögejobbetten  SRänbern  gejicrt. 
3u  einem  meitgeöffneten,  nu^lofen,  oft 
nur  nod^  lappcnd^nlic^en  iRüdenbe:^ang 
mürbe  ber  SDtantel  an  ber  SBenbc  be«  ge* 
nannten  3al)t^unbertä ,  mä^renb  er  in 
ber  iJolgcjeit  al«  3ierEleib  fallen  gclaffen 
mirb  unb  mel)r  nod^  al«  93ebürfni«fleib, 
aber  al«  fold^e«  mieber  längergefaltet 
auftritt. 

3n  SBcjug  auf  ©toff,  ^arbe  unb  »er* 
jierungcn  unterfc^ieben  ftc^  bie  »crfc^iebc* 
nen  ©tänbc  aud^  in  it)ren  SO'Janteln  genau, 
unb  namentlid^  5lmt«perfonen  unb  2öür* 
benträger  entbebrten  feiner  al«  ©pmbol  ober 
5lbjei*en  nid^t;  bei  ber  5lmt«fteibung 
fpiclte  neben  bem  @d£)mert  unb  Ärumm* 
fiab  aud^  ber  SWantel  eine  mid^tige  Otoüc. 
(©iebe  bie  ^Irtifel  Ärünung«inflgnien  unb 
Ornat.)  Der  auf  ber  (5rbe  au«gebreitete 
iUJantcl  ifi  i>ai  3«ic^.«n  ber  33ep^naf)me 
eine«  2anbe«  burct)  einen  gclbl^crrn,  bie 


444 


SDlarienfuItus. 


'i3cfteibun3  mit  bemfelben  bcr  ginfe^ung 
in  ein  bepimmleä  '3lmt.  S)cr  "Jlmt^rocf 
aber  rtjurbe  nur  getragen  ttȊt)renb  ber 
*}lu6Übunc?  amtlicher  gu^f^io^^"-  33or= 
eijclid)  geborene  ^inbcr  werben  legittmirt, 
inbem  bie  ÜJJutter  fie  bei  ber  Irauung 
mit  it)rcm  SDtnntel  bebecft;  baber  ibr 
SRamc  —  ÜJ^a  n  telf  t  nb  er.  Verurteilte 
aber  Werben  in  ben  iöerbrecfcermantel  ge  = 
bütit  unb  öffentlicb  auegefieUt  ober  jur 
gfiicbtftätte  gcfübrt. 

Tlantiitultni.  Sin  fol^er  ifi  jWar 
ni($t  üor  bem  5.  ^abr^unbcrt  nai^^uwei« 
fen;  bodb  geboren  bie  Vorbereitungen  ba ju, 
Welcfce  in  bem  Sej^rebcn  if)ren  ®runb 
baben,  bie  iD?utter  3'1'u  i^iber  i^re  neu= 
tepamentlic^e  Stellung  ju  ergeben,  immer= 
bin  frübcren  3i''f)i^unberten  an.  2)as 
näi^fie  ^ntfifffs  l^  tit^n  (Jr^ebung  liegt 
in  bcr  reicberen  Qluäbilbung  ber  l'e{)rc  oom 
©otteömenfcben  unb  bes  Elftes  feiner 
SUienfcfcmerbung.  ®obann  griff  bie  ttjpifdb? 
aIlegorif($e  3"teipi^£tatton  beö  alten  imb 
neuen  Seßamenteö  [cbon  im  2.  Ja^r^un- 
bert  äu  23erg(eicbungen  ber  ©oa  unb  ber 
DJiarta;  jene  glaubte  ber  €cblange  unb 
würbe  baburc^  Urheberin  ber  @ünbe,  bee 
Sobeä;  biefe  glaubte  ber  Sotfcbaft  bes 
©ngelö  unb  würbe  baburc^  SBcrfjeug  bes 
4)eileei,  bes  S?ebenö;  anfänglich  nur  alä 
unperfänglicfjeö  ©piel  auögefprocben,  ge« 
wöt)nte  man  fict)  boc^  mit  ber  3eit  baran, 
Utaria  im  üotlen  Sinne  jur  ©egrünberin 
einer  neuen  2)Jenfcbbeit,  jur  SDiittlerin  unb 
gürbitterin  bei  ß^riftuö  ju  machen.  Sine 
weitere  Sntwicflung  ber  Süarienfere^rung 
liegt  in  ber  feit  bem  4.  3a&rbunbert  be^ 
fonbers  burcb  ia?>  'DJöncbtum  verbreiteten 
unb  gcförberten  SBertfdja^ung  beä  asfeti= 
f(ten  Sebenä  unb  ber  SBirginität.  'Mnfiings 
U<J)  naf)m  man  jWar  an,  30?aria  fei  bIo§ 
»or  ber  ®eburt  ^i^ü  Jungfrau  gewefen, 
^abe  aber  fpäter  ben  Sofepb  gee^elic^t 
unb  ibm  Äinber  geboren;  fpäter  würbe 
ha^  bcftritten,  man  nal)m  entweber  blo^ 
eine  ®cf)einct)e  an  ober  man  nannte  bie 
33rüber  ^i\u  ©ö^ne  3ofepN  fi"^  f'ncr 
frül)eren  Sbe,  ober  bIo§  Vettern  beefelben ; 
bie  ®cf)einfl)e  aber  I)ielt  man  barum  für 
notwenbig,  bamit  bem  gürflcn  ber  2Belt 
ba«  ÜJJpfierium  ber  jungfräulichen  ©eburt 
tcrborgen  bliebe.  S)ie  weitere  i^offl^  ^if= 
fcr  Sebre  war,  ta^  man  2)?aria  nicbt  blo§ 
moralifcf),  fonbern  audf)  p^t)rtf^  Sunöfr''" 
bleiben  lie^,  unb  annal)m,  ^a^  fie  mit 
gef^lojfenem  ßeibe,  clauso  utero,  geboren 
^abc,  namentlich  in  ?lnlef)nung  an 
ejed)iel  44,  1-3,  wo  Don  bem  üerfd)IojTes 


nen  öftlic^en  S&orc  beö  Jempelö  bie  iRcbe 
tfl,  bur^  welcf)e0  Sf&ooi  l)inbur^gegangen 
fei.  Wellte«  nun  tppifd)  auf  ÜJJaria  belogen 
würbe.  2)a^u  fam  fc^lie^licft  bie  Vor» 
fleüung,  baß  ÜHaria  auc^  ol)nc  ©c^metjen 
unb  Seläjiigung  geboren  l)abe. 

31)ren  lluöbrucf  erbieltcn  biefe  21nfid^s 
ten  im  3.  unb  4.  3al)rt)unbert  in  einer 
SRei^e  t>on  apofrppbifd)en  Srjä^Iungen.. 
bur^  wt[(i)t  bie  bürftigen  9'la^ricl)ten  be^ 
neuen  Seftamenteö  über  bie  3u8^"^9^* 
fdbicbte  3«fu  ^i^flönjt  werben  foüten;  bie 
ältefie  berfelben  ifi  ba^  !Proteoange  = 
lium  3afobi,  oon  bem  bie  Srjäfjlungen 
Dom  ßinxmetmann  3ofepb,  öon  ber  (Se= 
burt  ber  ÜJJaria  unb  Don  ber  Äinbfieit 
3efu  blo§  oerfc^iebene  iRebafticnen  ober 
gortbilbungen  ftnb.  S)anac^  betten 
lUaria^  Sltern  Joachim  unb  51nna, 
bie,  ein  finberlofeä  Sbepaar,  im  ^^alle  bcr 
©eburt  cincö  Äinbeä  basfelbc  bem  ^errn 
ju  weit)en  gelobten,  bem  cä  aüe  Sage  bcö 
ßcbens  in  fieter  Virginität  bienen  foüe. 
Dbfcf)on  bie  .Kird)c  biefe  Schriften  ale 
unecfjt  ücrwarf,  blieben  boc^  manche  3üge 
barauö  in  bcr  fircftlii^cn  Jrabition  bti 
fiel)en ,  au^er  ben  Flamen  ber  SItern  bit 
Srjic^ung  bcr  Tlaxia  im  lempcl ,  bie 
@ct)cinef)e  mit  bem  bei  ber  Verfprecbung 
fcf)on  90  ^a^n  alten  3ofepb,  bie  ©eburt 
ber  Tlaxia  in  einer  $öble. 

3ur  Qlufnal)me  ber  SDfarienoerc^rung 
trug  fobann,  obgleid)  unbewußt,  ber  Um= 
fianb  bei,  ha^  bie  bcfebtten  Reiben,  bie 
unwillfürlic^  nac^  Qlnalogiecn  ibrer  Ijer« 
fömmlidien  ®ötterrierel)rung  mit  bem 
cbriftlicf)cn  ©lauben  fud)ten,  in  üJtaria 
3üge  i^rer  weibltcfien  ©ott^citcn  wieber« 
jufinben  meinten  ober  jene  in  i^rc  2luf» 
faffung  ber  ©ottcömuttcr  hineinlegten; 
bei  ben  ©ermancn  gingen  inele  3ügf  bei 
^immelsfönigin  Q^reia  auf  ÜJtaria  über 
(ftclie  ^reia) 

Sin  wichtiger  SIBenbepunft  in  ber  Snt« 
widlung  bcr  9D?arienr>ere^rung  war  ber 
9tc)^orianifcf)e  ©treit.  Dtejloriu^,  feit 
428  Srjbifd)of  r>on  .Konfiantinopel,  ber 
für  bie  Unterfdbeibung  bcr  beiben  9'Jaturen 
in  Sl)rillo  eintrat,  betritt  bie  3wedmä§ig-- 
feit  bees  »erbreiteten  ^ttributeö  ber  2)iaria 
ü'eoröxoi,  ©ottesgebärerin,  unb  woüte  fie 
lieber  xoio'^otoxos,  Sbrifluögcbärerin,  gc* 
nannt  wijf en.  ® egen  i^n  trat  S  p  r  i  1 1  u  g , 
Vifc^of  con  5llefanbrien,  auf  unb  fe^tc 
ti  auf  ber  ©nnobe  ju  Spbcfu^  43t  burcft, 
ia^  bie  ^Infti^t  beö  IReftoriuä  ncrbammt 
unb  bie  SRed)tgläubigfeit  beä  Stamen^ 
©otteögcbärcrin     ancrfannt     würbe 


SWarienfuItu«. 


445 


®in  ungeheurer  ^uM  begleitete  bic  (Snt« 
f(^eibung;  man  nannte  je^t  ÜWaria  tai 
«Parabte^  bcä  jweiten  iMbam,  bie  mabx' 
^aftige  leichte  2BoIfc,  auf  tt)eld^er  bcr  übet 
ben  (i^erubim  Jbronenbe  fäbrt,  bie  cinjige 
S3rü(fe  ®otteö  ju  ben  SJlenfc^en,  ben  bc 
feciten  ©trauet  ber  D'iatur,  ben  iai  ^cuer 
nic^t  nerbrannt  ^ai,  ben  aBebejiubl  bet 
StRenfcbttierbung.  Unb  ba  um  biefctbe 
3eit  bie  iBere^rung  ber  SlJJärttjret  unb 
^eiligen  aU  ^ürfprec^er  für  bie  6ünber 
in  i^ter  fräftigen  Slüte  fianb,  trat  nun 
SWaria  an  i^re  ©pi^e.  S)ic  ©ebctc  an 
<te  würben  je^t  erp  allgemein.  Äir(ä)en 
würben  i^r  geweift,  5lltäre  erric£)tct,  Sil« 
ber  aufgejicHt;  im  2af)xt  606  würbe  tau 
Idngli  oerfc^loffene  *|3ant^fon  beö  ^grippa 
jU  9lom  JU  einem  Jempcl  ber  Maria  ad 
martyres  geweift. 

ißalb  erja^lte  man  aud^  eon  2Bunbern, 
welche  ÜJiaria  gemirft  l)aben  foüte,  unb 
fieüte  i^r  S5ilb  mit  bencn  ber  übrigen 
^eiligen  nic^t  bIo§  in  Äircf)en,  fonbcrn 
auc^  in  Käufern  unb  auf  SBegen  allgemein 
auö,  jünbete  ror  i^nen  Stifter  an,  be* 
räucherte  fte,  betete  nor  i^nen.  6ö  bilbete 
^i)  je^t  mä)  eine  Srabition  über  i^re 
©c^alt  unb  i^r  Qlu^fe^en;  im  11.  ^a^r« 
l^unbert  mürbe  fte  mittlerer  ©efialt  ge* 
fcf)ilbert,  bräunlid^cr  garbe,  gelblidien 
^aareö,  owalen  Qlngcjtdjt^,  fc^maler  unb 
langli^er  ^anbbilbung.  9llö  bai  be« 
lü^mtejie  33ilb  galt  baö.,  melcf)cö  angcb» 
lid^)  t»on  ßufaö  flammt. 

3n  i^ren  Silbern  fietlte  man  anfäng* 
lid)  üJlaria,  in  ben  ©eflc^töjügcn  il)rcm 
©o^ne  ä^nli^,  al^  TOatrone  »on  40—50 
3al)ren  bar;  im  13.  ^a^rbunbert  crfc^eint 
^e  jünger  unb  jiemlid)  »on  glei(i)cm  iMlter 
mit  5efu^,  gegen  (Snbe  beö  5U?ittelaIterö 
oft  aU  Wdiä)tn  öon  16—20  Sauren. 
5luper  bem  langen  Untergemanbe  trägt  jre 
einen  weiten,  oft  ä"9^fi^  ^^^  ©c^leier 
bienenben  üJJantel,  ben  SWantel  ber  ®nabc; 
bie  t9pifd)en  JJarben  i^rer  Äleibung  ftnb 
blau  unb  rot.  S«ac^  Dffenb.  12,  1.  er* 
f(f)eint  ilJiaria  in  ©tatuen  oon  einer  ^xap 
Icnben  ©onnc  umgeben,  auf  bem  i»aupt 
eine  Ärone  »on  12  ©ternen,  in  ber  einen 
^anb  baö  ©ceptcr,  auf  bem  anbcrn  Qlrm 
baö  Äinb,  5U  i^ren  5ü§en  ben  SKonb, 
ber  auf  ber  (Jrb!ugel  fie^t,  um  welcf)e  fxä) 
eine  ©cf)Iange  winbet  mit  bem  Qlpfel  im 
SWaul. 

SDtan  unterfd^eibet  ajlarienbilber  alö 
©egenjianb  religiöfer  93ere^rung  unb 
^i^orifct)e  Silber.  S)ie  ÜJiarienb  ilber 
aU    ©egenfianb    religiöfer    SBcr* 


el)rung  fieüen  entWeber  biejungfi^ö" 
of)ncbaäÄinbaIö  t)erf(f)leierte  aJlatrone 
mit  betenb  ausgebreiteten  Firmen ,  jur 
rechten  ^anb  \\)xti  Der^errlicfcten  ©obncg 
ft^enb ,  Sponsa  Dei;  in  einem  Sud)e 
lefenb  alä  Virgo  sapientissima ;  üon 
©Ott  Sater  unb  ß^rifiuö  gefrönt  al^ 
Virgo  incoronata;  ibren  aJiantel  auäbrei* 
tenb  über  bie  gläubige  Ocmeinbc  al« 
Mater  misericordiae,  „SDtaria  ©c^u^"; 
unter  bem  Ärcuje  fiel)enb;  ein  ©c^wert, 
auc^  fünf  ober  ficben  ©cf)Werter  in  ber 
Sruj!;  mit  Sejie^ung  auf  i^re  fieben 
©c^merjen  (Sefc^neibung  ß^rijii,  5Iud)t 
nad)  iügpptcn,  Serlierung  5efu  im  Sem* 
pel ,  Äreujtragung  3efu ,  Äreujigung, 
Äreujabna^mc,  (Grablegung;  im  ®egcn* 
fa^c  JU  ben  fieben  ^reubcn:  Serfün* 
bigung ,  ^eimfuc^ung ,  ®eburt  (Jt)rifii, 
Stnbctung  ber  SBeifen ,  2luferPe|)ung 
(S^rifii,  5{uägiefung  beä  ^eiligen  ®eijieö, 
Krönung  burct»  ®ott  Sater  unb  S^rifiuä) 
aU  Mater  dolorosa;  auf  ber  ÜJJonbfic^el 
fie^cnb  aU  Virgo  pnrissima ,  ®otte^ 
SDiagb ;  Regina  sine  labe  originali  con- 
cepta,  |)immel^fönigin  bat.  ©eit  bem  15. 
3af)r^unbert  fommen  bic  fogenannten 
Oflofcnfranjbilbcr  auf,  in  weld^em 
rote  unb  wei^e  SRofen  (^reuben  unb  Sei* 
ben)  bic  Jungfrau  umgeben,  welker  alle 
©tänbc  Stofenfrönäc  überreichen;  ä|nUc^ 
ftnb  bie  Silber  ber  „ÜJlatia  im  SRofcn^ag". 
Dbet  bie  SungfJ^iu  ifi  mit  bem 
Äinbc  batgeficllt,  auf  bem  S^tonc 
fi^enb,  ia^  Äinb  auf  bem  ©c^o§,  in 
feietlic^  ernficm  Zx}pm  aU  SDtutter  ®otte«, 
Sancta  Dei  genitrix,  ober  tai  Äinb  auf 
ben  5ltmen  l)altenb,  in  teijcnb  lieblichem 
Ippuä  aH  Mater  amabilis,  alma  Mater. 
2)ie  l)ifiotif(^cn  Silbei  ficllen  tai 
ßcbcn  bet  l^ciligcn  Sungftfl"  nad)  jenen 
apofit)pl)ifc^en  ßegenben  unb  nad^  bet 
t)eiligen  ©djtift  »or.  (©ie^e  über  bie 
Silber:  Ottc,  ^anbbu(i^  bet  fitc^lid^cn 
Äunjiarc^dologic,  ©.  940  ff. 

2)ic  im  11.  3a^rl)unbcrt  auftretenbc 
a^fctifc^c  9fti(^tung  bet  S^eologic  unb  bet 
Äitc^c  nimmt  im  SOiaricnbienjic  no^ 
^ö^eren  ©d)Wung;  *Pctcr  S)amiani, 
bcr  ^teunb  ©regorö  VE.,  nennt  iDiaria 
deificata,  »ctgottet,  alle  ®ewalt  ifi  i^t 
im  ^immcl  unb  auf  ©tbcn  gegeben,  fein 
35ing  unmöglich,  Sctjwcifclnbe  ticktet  fte 
jut  Hoffnung  auf.  ©ie  ttitt  »ot  ben  gol* 
bencn  Qlltat  ber  Scrföf)nung,  nic^t  al^ 
SDlagb ,  fonbcrn  al^  ^errin ,  befc^lcnb, 
nid)t  bittcnb.  ©ic  ifi  ba«  golbene  Sett, 
auf  Welchem  ®ott  crmübet  con  bcr  SWcn* 
29 


446 


ÜJlarienfuItuä. 


fd^en  unt)  ®ngd  Streiben  jtd)  niebcrtcgt 
unb  SRufic  pnbet.  3"  »afir^after  iBer* 
jücfung  etjä^It  Damiani  bie  Sorbetcituns 
gen  jur  Scrfünbigung;  bie  »ernünftigc 
Ärcatur  fäüt,  ber  5iama^tigc  birgt  \di)Wt\' 
genb  feine  33cdegenl)cit ,  enblidE)  tt)irb 
Tlaxia  geboren  unb  entfaltet  in  if)rcr 
Slüte  einen  foI(i)en  3flu6er  ber  @cf)önf)eit, 
ba§  fte  fclbji  t>ai  Qtuge  ©otteö  reijt;  in 
l^eftiger  ßiebe  entbrannt,  |ingt  er  ta^ 
ganje  ^ot)e  Sieb  ju  ij^rcr  ®f)re;  unfäl)ig, 
feine  ßeibenfc^afi  jurücEjU^alten,  fammett 
er  bie  Sngel  unb  »crfünbet  ben  Staunen* 
ben  feinen  SRatf^Iug,  ta^  tt)ie  burd^  if)n 
aUti  gefc^affen,  fo  auä)  burc^  fte  aücä 
erneuert  werben  foK.  iDiefer  33efct)lu§ 
tt)irb  in  ©c^rift  gefaxt  bem  ©ngel  ©abriet 
übergeben.  iÖ^ntid^  fprecf)en  ftd^  Sernl)arb 
non  (Slairöeauf ,  Sonatentura  unb  an» 
bere  au^. 

5nfotgc  biefer  Vorgänge  prägte  ftd^ 
ber  3D?arienEuItu«  feit  biefer  3^1^  immer 
mc^r  in  ben  ^^ormen  be^  fir^Iid^en  ßc« 
benä  auä,  unb  wenn  e«  an  mancher* 
lei  aSarnungen  aud^  je^t  nid)t  fet)Ite,  trat 
i^re  S5ere|&rung  tbatfact)Iid)  ebenbürtig 
neben  bicjenige  (S^rijii.  ®eit  bem  11. 
5a^r^unbert  mibmete  man  it)r  in  ben 
Älöftcrn  ein  Ofpjium  unb  I)eiligte  it)r 
ben  ©amätag,  wie  (S.|rifio  ber  ©onntag 
get)eiligt  war;  auf  bem  Äonjil  ju  6.1er« 
mont  be^nte  Urban  Tl.  1095  bie  JRejitation 
bc^  Dfftjium  auf  ben  gefamtcn  .^leruö 
aui.  ®egen  t>a^  (Snbe  biefe«  3a^rbun= 
bert^  fennt  man  im  Qlbenblanbe  fd^on 
über  100  ber  SlJlaria  geweifte  Älöjler. 
9iatürlicf)  waren  audt)  i^re  ^Reliquien  üor 
allen  anberen  gefuc^t  unb  wunbert^ätig. 
S)ie  Äirdlje  ju  S^artreö  befaf  it)r  ^cmb; 
bie  Älofierfir^e  ju  gleurt)  üon  if)rer 
üJJitdt);  baä  Älofier  Jrenordt)  in  granfreict) 
bie  ©ewänber,  bie  fte  teil«  für  fict),  teilö 
für  \\)un  ®o^n  gewoben;  bem  RIofier 
OJionte  (Safftno  fd^enfte  93enebift  vm. 
ein  @tüdE  Bon  i^rem  ©d^Ieier.  Äaifer 
Äarl  IV.  befaß  au§er  ben  2)oublettcn  aüer  ge= 
nannten  ©tüdc  einen  9lefi  ber  SCßad^öferäe, 
bie  bei  i^rem  lobe  brannte,  unb  einen 
^almjwcig,  ben  bie  5lpoPcI  Dor  i^rer 
93at)re  ^ertrugen.  ®ie  berüt)mtefie  9leliquie 
ifi  aber  i^r  2Bo^nt)auö,  welche«  1291, 
aU  «Patäfiina  ben  Qlbcnblänbcrn  »öüig 
Bcrloren  ging,  »on  (Engeln  nadt)  Serfale 
in  S)almatien,  brei  ^a\)Xi  fpöter  aber  nad^ 
Ütecanati  in  ^icenum  (fioretto)  getragen 
worben  fein  foüte. 

23efonbere  Sere^rung  geno§  ÜJlaria  in 
ben  Drben,    ®ic  war  9ßdtronin  be«  beut* 


fd^en  iRitterorbcnä ;  bie  S)omim!aner  wibme« 
ten  ibr  feit  1270  ben  0iofenfranj ,  bie 
granjiöfaner  eiferten  für  i^re  unbefledttc 
Smpfängni«.  3)te  Karmeliter  crridt)teten 
auf  ber  SOlaria  (Ermahnung  f)in  bie  ®fa* 
pulierbrüberfd^aft.  «Seit  bem  ®nbe  be« 
14.  3<t^t^unbertö  Bereinigten  ftdC)  aüent- 
{)alben  gleicf)gcfinnte  SRarienoere^rer  ju 
Siebfrauengilben ,  bie  fic^  jur  feierlid^en 
Sege^ung  ber  SOJarienfefie ,  (fte^e  ben 
5trtif el  5  e fi  e)  jui  leitna^me  am  Segräb« 
ni«  i^rer  Qlnge^örigen  unb  bcrgteie^cn  oer« 
pflicbteten. 

Slit  ber  3«tt  War  ber  ÜJlarienbienfl 
ein  beliebter  ®toff  ber  lateinifd^en  unb 
ber  beutf^en  jDid^tung  be«  ÜKittelalterd 
geworben.  Über  baö  5llter  ber  früt)efien 
SDiarien^pmnen  iji  nid^t«  SZö^ereö  auöge« 
mad^t ;  eS  gef)ört  baju  namentlid^  ber  ^pmnuÄ 
Ave  maris  Stella.  S)iefe  ftnb  gefammelt 
in  Tlonti'  lateinif^en  ^t)mnen  be« 
»iittelultcrg,  iBb.  H.,   Warienlieber  1854. 

3n  ber  beutfdf)en  ©ic^tung  beginnt 
bie  SlJiarienpoefte  nidt)t  por  bem  5lnfang 
beö  12.  3al)r^unbert« ;  Dttfrieb  unb 
^elianb,  bie  bo^  Seranlaffung  genug  ge« 
fabt  bätten,  jcigen  nod^  feine  ©pur  t)on 
auögebilbeter  2)JarienDere|rung.  Sbiefc  be* 
ginnt  Pielmet)r  mit  Iprifd^en  SDid^tungen 
jum  2obe  ber  3tingfrau,  worunter  befon« 
berö  baö  fogcnanntc  *DiölEer  9D?arien« 
lieb,  beffen  erfie  ©tropbe  lautet: 

.Tu  in  erste  leite 
Aaron  eine  gerte: 
diu  gebar  mandalon 
nuzze  also  edile. 
die  snozze  hast  du  fare  bräht, 
muoter  äne  mannes  rät, 
sancta  Maria. 

di  ijl  aber  aüe  3JJarienbidt)tung,  lateinifd^e 
wie  beutfd)e,  getragen  unb  erfüllt  üon 
einer  reichen  %üüi  aüegorif^^fptnbolifc^er 
Silber,  bie  fi^  mciji  auf  tai  Sßunber  ber 
©eburt  ßbrifii  bejie^en  unb  (Srfd^einungen 
au«  ber  iBibel  ober  ani  ber  ^atux  betref« 
fen,  in  benen  eine  wirfli(^e  ober  f4ein* 
bare  übernatürlidl)c  2Birfung  ju  Jage  tritt. 
SBil^elm  ©rirnm  bat  in  feiner  51uögabe 
»on  Äonrab  oon  SBürjburg  golbener 
©d^miebe,  Serlin,  1840,  biefe  Silber  nad^ 
it)ren  ^unborten  jufammengefieHt ,  oon 
benen  \)\ix  bie  bcjeidt)nenbfien  angemerÜ 
werben  mögen.  SDtaria  würbe  Pon  ®ott 
burd^brungen  wie  bie  ©onnc  bur^ 
®la«  fdl)eint;  wie  Äri)fiall  unb  i8e* 
rpn  falt  bleiben,  wä^renb  eine  Äerje 
burd^   jie  entjünbet  wirb,    fo  warb  burc^ 


aWatienfultu«, 


447 


bcn  9ÖttIicf)cn  <B<i)i\n  (S^rijiuö,  tia^  ma^rc 
fiid}t,  cnt^ünbet.  ®ic  ifi  rttie  ein  @pie* 
gel,  b er  taufenb  Silber  aufnimmmt,  o^nc 
ocrlc^t  ju  »erben;  wie  bie  Suft,  bic 
flar  unb  \)iU  i(l,  wenn  bie  «Sonne  bur^ 
fie  fct)eint,  fonjl  aber  bunfel;  tt)ie  i>a^ 
©efiirn  [einen  (Slanj  ^erüorbringt,  fo  ge* 
bar  fte  ben  ^crrn  ot)ne  ©c^merj.  ®ott 
war  bei  i^x,  wie  bie  @onne  bei  bcn 
Slunten,  wenn  jie  ben  51  au  verje^rt; 
fte  ifi  ber  feurige  93ufd^,  bcr  unner- 
fe^rt  blieb;  ber  33erg,  aug  bem  ber 
6tein,  b.  i.  ß^rifiuö  tarn,  ber  iai  93ilb 
jerftörte,  n)eld)eö  SWebufabncäar  im  Slraume 
fat),  bie  e  rt)  i  g  e  $  f  0  r  t  e  beä  ^immetreic^ö, 
beö  $arabiefeg ,  der  Saelde ,  bcnn  fte 
empfing  baö  2Bort  burc^  baö  S; bor  i^re^ 
Dbrcö,  iüoburdb  bie  laube,  ber  t)eilige 
©cifi,  tcife  in  i^r  ^erj  geflogen  fam;  fte 
ip  bie  *Pforte  beö  JcmpeB  gen  ü)?orgcn, 
bie  xierf(i^Ioffcn  Voar  unb  burd)  tt)el(^e  nur 
ber  ^err  einging;  mic  tai  (5inl)orn, 
baä  nic^t  erjagt  werben  fann,  aber  frei« 
miüig  ju  einer  reinen  Sunflf'^o"  fommt 
unb  in  i^rcm  @d)o^  entfc^Iäft,  fo  iji 
ßbrijiuä ,  tion  bem  ^immelöjäger  getrte= 
ben,  ju  SDtaria  gefommen.  ®ie  gleist 
ber  ©erte  3laron^,  h)etd)e ,  obgleich 
bürr,  bennod^  grünte,  blübte  unb  9Dkn= 
beln  trug,  baber  fte  auc^  SlJJanbcIbaumeä 
93Iüte,  btü^enbeä  SDtanbcIreiö ,  blüt)enbe« 
|)immelreiä,  genannt  mirb;  |tc  ift  bic 
blü()cnbc  ©arbc  t>on  S^ff«  ^<^^ 
Sefaiaö  U,  10  unb  9fJömcr  15,  12;  eine 
blüt)cnbc  3tIoc,  bic  iRutc,  womit 
DWofe^  baö  ÜKccr  teilte,  ba^  Äörblcin, 
in  bem  üJJofeö  auf  t>ai  fflaffcr  gefegt 
würbe;  wie  tai  ©eibcnwürmlcin  im 
Ocfpinfi  Warb  ß^rifiuö  bei  if)r  gefun« 
bcn;  fic  gleicht  ber  ©lume  im  SJlecr, 
in  wctcbe  ^xd)  naä)ti  ein  95ogcI  fenft  unb 
einfc^Iieft;  fte  iji  bie  aBiefel,  Don  bcr 
baö  Hermelin  geboren  warb,  ®oIb  unb 
©eibe  ober  ©cibc  unb  gladbö  warb  jus 
fammcngebunbcn,  fic  iji  bcr  ßünber,  an 
Welchem  ®ottcö  fjlamme  fid)  entäünbetc, 
iai  geucr  be^  ßeben^,  in  bem  bcr 
alte  $^öniy  ficb  eerjüngtc ,  bcr  »er« 
fiegelte  93runncn  naci^  |>o^e^  Sieb 
4,  12,;  bic  (5rbc,  mit  ber  ftdt)  ber  ^im« 
mel  »ereinte,  bic  gebcncbeitc  ®rbe,  ber 
befcbloffcne  ©arten,  bcn  ®ott  felbji 
flutete,  nac^  ^oficö  Sieb  4,  12;  bie  Qlue, 
bie  Bon  ^immeUtau  begojfcn  unb  be- 
regnet, 93Iumen  trägt;  ba«  ßammfcll 
©ibcon^,  weld^cö  allein  öon  bem  Sau 
befeuchtet  warb ,  wä^rcnb  aücä  anberc 
troden   blieb;   fte   iji   Ui  ©iegcl,    auf 


weld)eö  bic  ©ott^eit  jtd)  abbrüdtc ,  i>ai 
Dblatcifcn  bcö  Icbenbigen  ^immcU« 
broteö,  ®ottc*  Üabcrnafel,  ber  ge« 
weil)te  golbcnc  ®d)rcin,  bcr  ta^ 
^immcläbrot  bcfd^loffen  Iiat,  bcr  93  aU 
famfdjrcin,  ber  golbene  (Simer, 
hai  2öac^^,  in  weld)eä  bcr  ^onig  bcr 
göttlid)en  ©ügigfeit  gelegt  warb ,  tai 
|)immcUneji  bc^  *}}elifan^,  tai 
obcrjie  |>immclreic^,  barin  ®ott 
woI)nt,  ©otteä  ©tatt,  ScHc,  qjalaji,  3clt, 
Äapeüe,  ©aal,  |)auö,  ®abcm,  5lrc^e,  Sem* 
pcl,  3;^ron,  ©cöcl,  ©effcl,  gürfienjiu^l, 
ber  Söerber,  in  bcjfen  ^errlid)cm  Äräu» 
terbuft  ®ott  fic^  erging,  bic  Äammer 
ber  wahren  ©onne,  bic  Ärippe  beä 
ßammc^,  ©alomon^  3:^ron  unb 
Stempel. 

9llö  iDlutter  unb  Jungfrau  juglcic^ 
^ci§t  fic  muotermeit,  meitmuoter,  ®  c  b  ä « 
rcrin  beö  ©d)öpferö,®ottcöbraut, 
Himmelsbraut,  93rautt>on9tajaretl;, 
erwäl)lte  ©ottcö  35irne,  ®ottc« 
ÜJiutter,  3;od)ter,  ®cmabl,  5lmmc; 
fte  War  bei  Jofcpb  wie  bai  blü^cnbc 
SRofcnblatt  bei  bem  fd)arfcn  S>ornc,  bal)cr 
fteJRofc  o^nc  2)orne  t)ei§t,  nad)  ^o^eä 
ßieb  2,  2,  SRofc  im  |)immclötau, 
ßilic  in  S)orncn,  ßcbcrbaum  o^ne 
2Burm,  Turteltaube  of)ne  ©alle; 
tf)re  Äcuf^^eit  glcid^t  bem  weisen 
©cbncc,  bem  ©Ifenbcin,  ber  Saube, 
bem  arabifc^cn  ®olbc. 

yiai)  einer  anbern  üliditung  ^ci^t 
SWaria  |)immelSf aiferin,  Äaifcrin, 
fte  iji  fonSDaoibö  ®efd)lcd)t,  3)at)ib« 
Slurn,  na^  ^o^cö  ßieb  4,  4;  ©alo  = 
mono  ^inb,  Socibter  fon  ©ion, 
3crufalcm§  3*""£-  ©ic  l)ei§t  |>im  « 
melöfönigin,  trägt  eine  Ärone  oon 
jwölf  ©ternen  auf  bem  ^aupt,  ^at 
bie©onnc  jumÄleib,  ben!Dlonbjum 
Schemel  nac^  Dffenb.  S"^-  12,  1;  fte 
iji  felbji  bie  ©onne,  baö  ßid^t,  bie 
9[Rorgenröte,  berSDtonb  nad)  ^o^c^ 
ßieb  6,  9;  fte  gleist  bem  5tblcr,  bcjten 
2lugen  aücin  t>ai  ©onnenlid)t  ertragen, 
fte  ifi  eine  gadcl,  bie  »or  (grfc^affung 
aücr  2)ingc  »or  ©otteS  5lntli|  brannte. 

©rieö  unb  ©taub ,  ®raö  unb  ßaub, 
^Regentropfen  unb  ©ternc,  fönnten  jte 
fprci^cn,  würben  i^r  ßob  nid)t  ju  ®nbe 
bringen;  wie  tai  ÜJJccr  (mare)  aüt 
^lüjfc  fammelt,  fo  oercinigt  SÖiaria  aUc 
©Ute.  Unerfcböpfli^  finb  bic  ©Icic^nijfc, 
bic  i^rc  |)errlid)fcit  auöbrüden ;  fte  iji  bcr 
aßelt  Heil,  ein  HimmeUf)ort,©pic* 
gel  bcr  Sßonnc,  ©picgelglanj 
29* 


448 


IWatienfuItuö. 


ber  (SngcIfcfiaT,  ber  ©ngel  ^ugcn^ 
lüeibe,  ber  Sngel  Äönigtn  unb 
Äaiferin,  %xavL  unb  *8ögtin,  diu  höchste 
in  himel  über  ellia  lant ,  himel- 
vrouwe,  vrouwe  aller  vreude ,  der 
vreuden  tür,  vröudental,  wunnentanz, 
seitenklanc ,  himelsanc ,  des  herzen 
schal;  fte  ifi  der  saelden  tac,  ursprinc, 
gater  unb  honbetschatz ,  der  saelden 
kint ,  ein  ©lüdörab,  des  Wunsches 
wünsch,  ein  S)iamant,  der  weise,  ber 
(Sbcljiein  in  ber  Oleic^öfrone,  ber  Aar» 
funfei,  ber  »or  ©otteä  S^ron  leuchtet, 
©maragb,  <Bapl)ix,  *PerIe,  goldes 
bonge,  bie  triefenbe  J^onigwabe  nacf) 
^o\)ti  2tcb  4,  11.,  ^immelömanna, 
3ucfcrn)abc,  3ucferfiaube,  lebendiu 
himelspise,  SWilcf).  ®ie  ifi  ber  ©aal, 
ber  SBerg  unb  kf)al  ein[(f)Iie§t,  baö 
«Parabieä  beä  fierrlic^en  Dbjieö,  ein 
©arten  cbler  Slumen  unb  gewürjreid^er 
Kräuter,  eine  blül)enbe  -^eibc,  ein  Oto* 
fengarten,  eine  ^immeUrofe,  (Rofe 
Don  ^txx<^o,  ßilie,  fiilienaue, 
Stofe  unb  ßilie,  jugleic^  wegen  i^rer 
Siebe  unb  SKein^eit,  brennenbe  ÜJtin» 
nenblütc.  SBie  bie  rote  unb  roei§e, 
iji  fte  auc^  bie  falte  unb  rtiarme,  unb 
tneil  fte,  bie  tteife,  »on  bem  ^euer  beö 
©eijleö  berührt  unb  gebräunt  »orben  i|i, 
iji  fte  aucf)  bie  fefthjarje  unb  liebliche, 
nad)  ^ol)e§  Sieb  1,  4.  5.  Sie  ift  bie 
SBiole  megcn  il)rer  2)emut,  SJiolgerud^ 
im  >SOtärj,  5Biolenfelb,  ostergloie, 
zitelöse,  grüenender  klee,  baisam,  balsa- 
mite ,  myrrhe  nac^  ^o^e^  ßieb  3,  6., 
bisam,  wirouchbühse,  lavendel,  SDt  u  ä  f  a  t  = 
blume,  ü)iu«fatnu§,  Dtelfenblüte, 
«Hpot^efe  nac^  ^ot)eä  ßieb  3,  6.,  Süßcin» 
garten,  Iraube,  ®arbe,  Söcijen* 
garbe,  2lder,  auf  bem  ber  SBeijen  reifte, 
Ölbaum,  ©ranatbaum,  ßeber  auf 
Sibanon,  ®t)preffein®ion,*tJalme 
»on  Sabeö  nac^  ^o^.  7,  7,  Platane. 

SlJlaria,  Die  TOutter  aller  Sbriüent)eit, 
ijl  bie  jmcite  (E»a;  bat)er  grüßte  fie 
©abrielmit  ave.bem  umgefe^rten  ®t)a; 
jtc  giebt  tai  ßeben,  inbcm  fte  bcn  @ün» 
ber  iium  ^eil  fü^rt,  ftl  crleu^tet  bie 
jinficre  Dta^t,  alä  fei  e«  Sag,  fte  ifi  ba» 
^er  ber  äßeerfiern,  leitesterne,  Tlox> 
genfictn,  tremuntäne ,  Stern  Bon 
Safob,  ©tern  ber  brei  Könige, 
tröst  der  wisellosen,  i^r  banier  unb 
leitvan,  fte  trägt  bie  ^ö(!)fie  ®turmfaf)ne 
»iber  bie  |>öllc,  fte  ifi  ber  vrideschilt  ber 
ß^rifien^eit,  ber  ©nabenfec,  reo  man 
mit     ^iccuben      lanbet,      ankerhaft, 


©egelrcinb,  ©nabenflut,  .^ims 
mel^firafe,  ^immeUpfnb.  2>o 
i^r  ©emanb  ben  ®erucf)  r^on  5tromat* 
fräutcrn  ^at,  fo  jiel)en  if)x  bie  franfen 
Seelen  auf  ber  |>immeläfirafe  (ber  Tlild)' 
firaße)  nad^,  mie  bem  ^ant^cr  im  ÜRai 
feinet  füfen  5ltcmä  iivgcn  altt'ci  Sßilb 
nachläuft.  35cm  @(f)tt)ererfranften  ifi  fte 
ein  salbe  und  lactwarje,  fte  reinigt  bie 
Seele  roie  ba^  Äampfer  ben,  ber  i^n 
an  bie  9'lafe  |ält,  fie  ifi  bie  93üd^fe,  bie 
©albe  trägt  für  alle^  2Be^,  bie  2lränei 
ber  ©ünber,  bie  wünschelgerte  der 
saelden,  bie  2Bünf(f)elrutc  ber 
®nabe,  momit  in  ber  SBüfie  SSaffer  au* 
bem  Stein  gefd^Iagen  mürbe,  ein  füfer 
lau,  ein  lebenbcr  Örunnen,  ein  93 ad^ 
bcn  25urfiigen,  ba*  Söaffcr  be*  ^ara* 
biefe*,  baä  in  uicr  5lrmc  fid^  teilt,  ba* 
ftnbS^xificn,Äc|er,3ubcn  unb  Reiben,  übet 
bie  fid^  i^r  Stro^  ergießt;  mie  ber  51  bl er 
feine  3unSf"  ^u^  bem  Jlefic,  fo  fü^rt  fte 
unö  beriSonnc  entgegen;  mie  ber  Strauß 
feine  (5ier  auäbrütet,  inbem  er  fte  anblitft, 
fo  ifi  i^r  5luge  über  un§  geöffnet  unb 
bctt)acf)t  un*. 

Da  Tlaxia  ben  böfen  jjcinb  »erjagt 
unb  feine  ÜJtac^t  jerfiört ,  fo  gleid^t 
flc  ber  3ubit^,  bie  bem  ^oloferneö  iai 
^aupt  abfc^lug;  fte  ifi  »or  S^ri^uö  unferc 
vögtinne,  advocata,  süenaerinne,  Sün- 
den wenderinne,  bie  müUerin,  bie  t)ai 
Äorn  ber  ©ott^eit  gebrofd^en,  gemahlen 
unb  ju  |)immeläbrot  gcbactcn  f)at.  2>cr 
Sd^merj  bei  bem  lobe  i^reä  So^ne* 
brang  nacE)  8uf.  2,  35  al§  ein  Sd^Wert 
burd^  i^re  Seele. 

2)ie  bcutfd)c  ÜJtaricnbid^tung  ber 
pftfc^en  ^eriobe  gc^t  teil*  »on  geifilid^en, 
teil*  üon  »cltli^en  Did^tern  au*  unb  ge« 
^ört  entmeber  ber  cpifc^cn  ober  ber  l^ri« 
f^($en  ©attung  an.  Unter  bie  epifd^en 
S)id^tungen,  bie  fämtlid^  »on  ©eifilid^en 
^errü^ren,  jä^len  eine  ?lnja^l  breit  au*« 
gefüfjrter  üJlarienlebcn  nac^  ben  oben 
erwähnten  opofrpp^if^en  Quellen;  baju 
geprcn  ein  ©ebid^t  be*  ÜJiönd^c*  SB  cm» 
|er  »on  Stegernfee,  hai  in  brei  liet 
jerfänt,  beren  erfic*  bie  ©ef^idf)te  Sinnen*, 
ba*  jmeite  bie  3"9«nb  SDtaria*  unb  i^re 
Sermä^lung  mit  3ofep^.  unb  ba*  britte 
bie  ©eburt  be*  ^eilanb*  unb  bie  ©c» 
fd&i^te  bi*  jur  SRüdfe^r  nac^  3ubäa  ent* 
^ält;im  14.  Jabr^unbert  fd^rieb  2Balt^er 
»on  SRbeinau  ein  ÜJJarienleben  in 
15  000  SBerfen,  ein  anbere*  örubcr 
ip^ilipp,    ein   norbbeutfd^er    ^artöufet 


aWaricnfuItuÄ. 


449 


SWöxid);  auii)  baö^affionol  begreift  in 
feinem  erfien  Sud^c  bcnfelben  Sn^^It. 

93on   böfifcf)en  3)td^tern    giebt   e8 
ßeid^e,  Siebet   unb   ©prüdie    jum    ßobe 
SWarienö,   toi)   nic^t   in   gto|er  ^nja^I; 
im  gangen  war  i^r  Sinn  me^r  »rcltlic^en 
Stoffen  unb  namentlid)   n^eltlic^er  ÜJJinne 
gugemanbt ,    wenn    fc^on  anberfeitö    ber 
^öfifd^e    g^rauenbienft    im    TOarienbicnjle 
feine  religiöfe  Sffieifie   erblicEte,   beibe  @r* 
fc^einungcn  jebcnfaüö    äbnlid)en    inneren 
Urfad)en   ibr  2)afein   »crbanfen;    eö  fdtlt 
auf,  ta^  in  SBoIframö  SBerfcn  feine  @pur 
Bon    einer  23ere{)rung   ber  ^ungfi^au  f^d) 
jeigt.    (Sin   lüeitauägefponncner    ^pmnuö 
auf   SOJaria,    ben    man    früber  ©ottfrieb 
eon  ©traPurg   jujufcbreiben  pflegte,    ip 
nad)gett)iefenerma|en   nii^t  oon  ibm,   unb 
außer  SZÖaltf)er   üon   ber  iBogcIrceibe,    ber 
in  feinem  ßeicb  hai  ßob  ber  2)reifaltigfeit 
unb  ber  Jungfrau  mürbig  unb  innig  ftngt, 
^at  man  blo§   Don    etttja  einem  SDu^enb 
2Jiinnefänger    It)rifc^c     SDic^tungcn     auf 
ÜJiaria    eri^alten.      S)ie    breimal    fünfjig 
2)iariengrü§e  eine^  Unbefannten  (^er* 
ausgegeben  eon  ^Pfeiffer   in  |>auptö  3eit* 
fdbrift,  Vin.),  je  eine  oicrjeilige  »Strophe, 
bcren   ein   2)ritteil     mit    wis   gegrüezet, 
ein  anberee    mit    vreae    dich,    unb    ein 
britteö  mit  hilf  uns  beginnt,  unb  Ä  onr  a  b 
»on  Söürjburgg  golbene  ©cbmicbe 
gef)ören  fc^on  nic^t  mef)r  ber  oberften  S3!üte 
^öfifci)er  <)3oefte  an;   bocb  ert)ielt  ftc^  bie 
golbene  6(i)miebe  biä  inä  15.  3at)r= 
^unbert  in  5tnfe^en,  maS  fte  namentlid) 
ber  ©ottfricb  eon  ©trafburg  nad)geaf)m* 
tcn  gcierlic^feit  ber  SRebe  unb  bem  qjrunf 
»on  SBorten  terbanft.    S)a«  ©cbic^t,  bog 
2000  «Berfe  fiarf  ifi,  beginnt: 
Ei  künd  ich  wol  enmitten 
in  mines  herzen  smitten 
getihte  üz  golde  smelzen, 
und  lichten  sin  gevelzen, 
von  karfunkel  schone  drin 
dir,  hohitt  himelkeiserin, 
so  wold  ich  diner  wirde  ganz 
ein  lop  durchliuchtic  unde  glänz 
dar  üz  vil  harte  gerne  smiden. 
DU  bin  ich  an  der  künste  liden 
so  meisterlichen  niht  bereit, 
daz  ich  nach  diner  wirdekeit 
der  Zungen  hamer  künne  slahen, 
oder  minen  munt  also  getwahen, 
daz  er  ze  dinem  prise  tage. 
ob  immer  üf  ze  berge  vlüge 
min  rede  alsam  ein  adelar, 
din  lop  enkünd  ich  nimmer  gar 
mit  Sprüchen  überhoehea 


60.  Er  muoz  der  künste  meijen  ris 
tragen  in  der  brüste  sin, 
swer  diner  wirde  schapelin 
sol  blüemen  unde  vlehten, 
daz  er  mit  roeselehten 
sprächen  ez  floriere 
und  allenthalben  ziere 
mit  Violinen  Worten, 
so  daz  er  an  den  orten 
vor  allem  valsche  es  Unter, 
und  wilder  rime  kriuter 
darnnder  und  darzwischen 
vil  schone  künne  mischen 
in  der  süezen  rede  bluot. 

Äonrab  fon  SCßürjburg  nennt  in 
feinem  ©ebid^te  2)ominifuö  unb  JJranjiöfuS 
alö  biejenigcn ,  meiere  SDJarienö  8ob  ge- 
prebiget  bätten;  auc^  fernerhin  forgten  bie 
neuen  !]D'lönd)öorben  unb  bie  ©d)oIaflifer 
bafür,  ia^  bie  2Jlarianif(i)en  ©e^eimniffe 
immer  neu  untcrä  23oIf  gebrad^t  mürben; 
eö  giebt  bii  jur  [Reformation  j^a^lreic^e 
SO'Jariengebi(J)tc,  meldte  im  ganjcn  bem* 
felben  OSilber*  unb  ®Ici($niffe'Ärciö  ent« 
nommen  ftnb,  ber  überbaupt  ber  SWariens 
»ere^rung  ju  ©runbc  lag,  nur  ta^  bei 
ber  june^menben  23ef(f)äftigung  bamit  bie 
©ad^e  me^r  unb  me^r  ein  ^anbmerfä« 
mäßiges  ?lnfeben  erhielt;  ÜJiarienbicbtungen 
biefer  5lrt  finb  j.  ^.  auf  unö  gcfommen 
fon  !]3eter  ©u^cnmirt,  ÜJiuSfat* 
blüt,  |>cinrici^  »on  Saufenberg, 
^ugo  t)on  SRontfort,  DSrt)aIb  Don 
üon  ÜBoIfenfiein.  3n  ben  OReifters 
fängctfdbulen  mar  biefer  Stoff  biä  jur  9te» 
formation  fe^r  beliebt,  auc^  i>anS@ac^S 
fang  anfänglict)  3D?arienlieber. 

«Reben  biefe  bogmatifc^  s  fcf)oIafiifd^e 
auffaffung  ber  Jungfrau  tritt  feit  bem 
14.  Jabr^unbert  eine  2luffaffung,  meldte  t>ai 
menfd)Iicbe,  iai  mütterliche  ©lement  in 
engjier  Sßcrbinbung  mit  bem  letbenben 
d-^rifiug  betont ,  bie  JRomantif  be« 
üRarienEuItuS  mit  menfc^lidber  SEeilna^me 
an  i^rem  ©dbicffal  üertaufd^t.  ^iefe  5luf« 
faffung  ftnbet  ffdf)  eineöteilö  in  ben  Sie* 
bem  ber  SüRpffifcr,  bie  überhaupt  i>ai  per* 
fönlidb*menfd^lid^c  (Element  ß^rijü  miebct 
£)erDor^oben,  au<I)  lateinifi^e^^mnen  gep* 
renbal)in,  namentlidb  Stabatmater  dolorosa 
Don  bem  aU  Q^rangiöfaner  1308  gefiorbe* 
nen  Jacoponuö  ober  Jacobns  de  Bene- 
dictis;  berfelbe  fott  tai  ßieb  im  ®cfang* 
niffe  gebid^tet  ^aben,  in  tai  xi)n  SSoni* 
faciuö  Vn.  beStjalb  werfen  lief,  meil  ber 
ÜRöndb  i^n  feiner  ©Uten  falber  fircng  ge* 
rügt  ^jatte;  anbetfcitS  in  ben  D^ctfpie* 


450 


ÜWatf  gen  offen  fcbaft. 


len,  in  bcnen  t>ie  URarienflage  ein 
fie^enbeö  SOtotio  war,  tt)cl(i)eö  aud)  aU 
felbjianbige  epifcf)e  ober  Ii)nfcf)e  2)icfe= 
tung  5lntt3enbung  fanb.  ©ic^e  namentlid) 
@tei^  in  ^crjog«  yitaUfinct)tt.,  5lttifcl 
iDIaria,  üJtuttcr  beä  ^ertn. 

SJZarfgcnoffenfd^aft.  SO^arfe,  marca,  tai 
alte  beutfd)e  2Bort  für  ©renje,  ©ebiet, 
rcel^eö  etji  feit  bem  14.  3nl)r{)unbert 
bur^  iiai  fiar»if(i)e  SBort  grenitz,  grenitza 
Derbrängt  mürbe,  ijl  im  3lltbeut[c^cn  unter 
anbern  Sebcutungen  bciö  ®ebiet  einer  93auer= 
fd^aft;  eä  befielt  au^  bem  in  ()8riüatbeft| 
jic^enben  5lcferlanbc  unb  bem  ©cmeinlanbe. 
3eneö,  taQ  Qlcf erlaub ,  umlagerte  bie  ali 
Isorf  äufammenliegenben  ober  jerjlreuten 
.t)öfe,  baä  (Semeinlanb  befianb  in  JBaU 
bungen,  SBeiben,  ©emäffern,  Sorfgrünben 
unb  bergleic^en,  fo  jwar,  ta^  baö  Oflec^t 
barauf  an  ben  einjelnen  ^öfen  ^ing.  SDie 
SBauern  ber  ©emarfung  bilbeten  eine  ®e= 
meinbe  mit  einem  23orfie|)er,  ber  decanus, 
tribunus,  €c^ult^eif  ^ie^.  2tuf  einem 
Sauerntage  würben  bie  *MngeIegen^eiten 
ber  ©emcinbe,  namentlicf)  bie  2lufna^me 
junger  Sauern  in  bie  Oemeinbe  erlebigt. 
Sßottberec^tigte  SOiitglieber  fonnten  nur 
td)tt  ^reic  fein;  bie  S'iieberlaffung  eineö 
gremben  mar  an  bie  3upimmung  aller 
gebunben.  I>iefer  öltere  3uP<in^  ^^^ 
Äarolinger^^eriobe  burd^bauertc  im  gan« 
jen  unceränbert  tai  ÜJiittelalter,  nur  ta^ 
ba^  5lmt  be^  Sc^ult^ei^en  ober  villicus 
fpdtcr  Don  bem  Sn^'itier  ber  ^o^en  ®e- 
ric^töbarfeit  »erliefen  ober  mit  einem 
^ofe,  an  meieren  tai  5Imt  gefnüpft  mar, 
erbti^  ju  8et)en  gegeben  mürbe.  3uf«"^' 
men  mit  Schöffen  auö  ben  jur  Säuern^ 
fc^aft  ge^örenben  ©orftnarfen  f)anbf)abte 
ber  >£c^ult^ei§  bie  3)orfpoIijei,  ricf)tete 
über  Icict)te  6traffäüe  unb  bradite  micf)- 
tigcre  ®a(^en  Dor  ben  35auerntag,  ber  ju 
regelmd§igen  3^**«"  abgctjalten  mürbe, 
©e^ufg  Senu^ung  beö  ©emeinbelanbeö 
bilbeten  ftd)  eigene  lütarfgenoffenfd^aften 
mit  einem  ^oljgrafen  ober  Ober* 
märfer  an  ber  @pi^c,  melier  oft  eine 
»ornet)me  (Petfon  mar,  unb  mit  eigenen 
®erid)ten  ober  üJiärtcrg ebingen,  mo 
bie  SDlarffireitigteiten  entf^teben  unb  bie 
^artfre»et  abgcfiraft  mürben. 

3.  ©rimm  t)at  in  ben  5lc^t«alter* 
tümern  494—532  jai^Ireid^e  JRed)töoer= 
^dltniffe  jufammengejieüt,  bie  ft^  auf  bie 
Tlait  bejiel)en  unb  oon  benen  ^ier  einiget 
SBefentlid^e  au«äugömeife  folgt.  %U  bie 
natürli^e,  dltcjle  ©rcnje  ftef)t  ©rimm  ben 
2BaIb  an;  in   (Sid)cn  mürbe  baö  3«icf)en 


gebauen.  3tt'*f^fi^  ben  Sffiälbern  auf  bem 
©eftlbe  fiebelten  ßeute  an,  ba^er  fic^  bct 
Segriff  ber  iDiarfe  gerabeju  mit  bem  bcg 
gßalbeö  berührt.  «DUrfoIf  ober  max> 
fulf,  ber  ^df)er,  ifi  eigcntlicf)  SWarEmoIf 
=  SBalboogel,  aBaIbfd)reier,  unb  Tlaxtt 
mart  ifi  SBalb*  ober  ©renjmart,  görfier. 
3ur  aWarf  geprten  2BaIb,  glüffe  unb 
93dcf)e  burcfe  ben  2öalb,  ißie^triftett  unb 
ungebaute  SBiefen,  in  i^m  unb  um  ihn 
ber  gelegen,  2Bitb,  ©eoögel  (ml)b.  ge- 
fugele)  unb  Sienen;  nic^t  aber,  „mobin 
$f(ug  unb  «Senfe  gefiet",  Qlcferlanb,  ©dr« 
ten,  Dbfibdume;  bie  aÜgemeinfien  5luös 
brücfe  für  bie  Tlaxi  finb  SOBalb  unb  ffieibe 
ober  aißatb  unb  ^leibe.  2Die  ebelfien 
SBdumc  ftnb  (iic^e  unb  Sud^e,  meit  fte 
tai  befie  $oIj,  bem  SBic^  bie  reic^fie  2Rafi 
geben;  fte  ^ei^en  ^artfiolj,  ade  übrigen 
SDßeicti^olä.  ^olj,  tai  ber  üöinb  gefdQt 
unb  gebrochen  £)at,  ^ei^t  ©efdtl,  SBinbfatt, 
SQöinbmerf,  SBinbbIdfe,  Söinbfc^ldge  unb 
bergleic^en;  ober  auc^  blof  Sffietterfc^Iag, 
©turmmetter;  ftnb  e^  bIo§  abgefc^lagene 
bürre  5i[fie  unb  Spdne,  fo  fagt  man 
«afterfc^Idge ,  Qlftcrjagcl,  3eil,  5tb^olj, 
©ipfel  unb  ffiipfel,  ®tecfen.  Seber  »oUe 
Sülarfgenoffe  t)at  freieä  ^otj  für  93ranb 
unb  03  au.  33au^oIä  für  ^auö  ober 
Scheuer  foüte  innerhalb  ^al)x  unb  Sag, 
nad^bem  man  e^  gefdttt,  mirflic^  Per» 
baut  fein;  moQte  man  ein  '^a^x  mar» 
ten,  fo  mufte  man  c^  ummenbcn  unb 
burfte  eö  bann  ofme  ©efal)r  ber  Strafe 
miebcr  ein  3ibr  Itcgen  laffen;  Srenn^olj 
aber  muf  te  fofort  auä  bem  SSalbe  gefdbafft 
merben.  I)ic  SD^arfnorfle^er  unb  Seamten 
^aben  gemiffe  23orre($te;  bem  ^örfict 
j.  35.  getjören  »on  Qlmtö  megen  ©ipfel, 
SSinbfdH  unb  maä  bie  SRinbe  Id^t,  bütre^ 
unb  grünet,  maö  bann  nieber  gelegen  ifi. 
Qln  mand)en  Orten  fie^t  ber  SZöinbfall 
bem  Pfarrer  ju,  ber  bafür  bem  ©(^ulj 
unb  ©c^öffen-  auf  SDtartini  ben  5lifc^ 
becfen,  ein  mei§«  unb  iRoggenbrot  auflegen 
unb  ben  ^ferben  SRauf)futter  geben  rauf. 
2öei*^oIj,  bürrcn  ^IbfaU  unb  «Uftcrfdbtag, 
manchmal  fogar  ^arte^  ^olj,  burfte  ber 
^rembe  an  mancf)en  Orten,  aber  nur  bei 
lidt)tem  Jage,  ungejiraft  im  SBalbe  ^olen, 
in  anbern  OJlarfen  ifi  bicfeö  alle«  »erbo« 
ten.  3!)agegen  barf  in  febem  fremben 
aSatb  Pflugs  unb  SBagenfioIj  für  äugen* 
blictlicf)e  Jlotburft  ^raflo«  gcfdUt  merben. 
SGBer  bei  ndd^tlidi)er  SGßeilc  über  bem  5lb« 
^aueu  eineö  ©tammeö  betroffen  mürbe,  bem 
foüte  nac^  einer  alten  Cflec^täaufjeicf)nung 
tai  ^aupt  ober  bie  ^anb  auf  bem  oon 


♦Dtarfgrafen. 


451 


if)m  genommenen  «Stamme  abgct)auen  mti' 
bcn;  biefclbe  ©träfe  iji  auf  tai  Sffialb^ 
brennen  unb  93aumf^älen  gefegt;  eine 
anbere  ©träfe  für  2Batbbrenner  war,  ta^ 
man  fie  in  bie  D^ä^e  eineä  großen  feuere 
fe^te,  barfu§  unb  gebunben,  fo  lange  „biö 
i^m  feine  ©of)Ien  »erbrennen  non  feinen 
55ü^en  unb  nic^t  »on  feinen  ©c^u^en". 
©rennt  bet  JBalb  noc^  unb  man  ^at  bcn 
ißrenner  in  Ocwalt,  fo  foü  man  i^n  in 
eine  rautie  ^u^=  ober  Dd)fent)aut  tf)un 
unb  brei  (5cf)ritt  oor  bai  ^iWix,  ba  eö 
am  anerl)eftigjicn  brennt,  legen,  bi^  baö 
^euer  über  it)m  brennt,  üßer  einen  jie|)cns 
ben  93aum  fc^dlct,  bem  fotl  man  feinen 
SWabel  auö  bem  93aucf)  fd^neiben  unb  i^n 
mit  bemfelben  an  im  SBaum  nageln  unb 
benfelbcn  Saumfc^älcr  um  ben  33aum 
fübrcn,  fo  lang  biä  il)m  feine  ©ebdrme 
aüi  auö  bem  33aucf)  um  ben  Saum  ge= 
n)unben  feien.  93 on  bicfer  uralten  «Strafe 
iji  übrigcnä,  fo  »erbreitet  ibre  'Jlufjeii' 
nung  iji,  fein  gef(i)ic^tUd)eä  Seifpiel  nad^^ 
juroeifen.  —  ©ebutbct  würbe  »on  ben 
üDlärfern,  ba^  au^  ^olj  unb  SRinben  ®(' 
rate  verfertigt,  8o|e  für  tai  ßeber  be= 
reitet  unb  Srenn^olj  jum  brennen  irbe= 
ner  Jöpfe  genommen  würbe.  2Bcit  Der= 
breitet  ifi  für  ben  9'iu^cn  ber  gemeinen 
ORart  ber  5tuöbrucE  SSunn  unb  ffieib, 
womit  urfprünglicfe  bie  boppelte  Senu^ung 
beö  aBiefengrunbe^  burct)  ^eubereitung 
unb  burc^  Sßeibe  gemeint  fein  fo(I,  fpäter 
geborte  eä  jum  Segriff  ber  gemeinen 
SDlarfwcibe,  ba^  barauf  fein  ^eu  gcfii)nit= 
tcn  werben  burfte.  S)ie  |)auptforgfaIt  ber 
ÜJlärfer  war ,  wann  eö  ©dem  gab,  auf 
bie  Orbnung  ber  ©diwcinemafi  gericbtet. 
3ur  'JWarf  würben  au^  au^er  ben  ©i^cln 
unb  Su^nüffen  bie  ^olääpfel,  ®cblef)en, 
j^agebutten  unb  J^afclnüffe  gerechnet. 

Die  StRarf  liebten ,  Säume  »ertilgen 
unb  ben  Soben  urbar  machen  beift  ai)t. 
riutan,  m{)b.  riuten ,  reuten ;  neu  audge« 
reutetetä  Sanb  bci§t  geriute,  niuriute, 
ninlende,  SReubruc^,  terra  novalis ;  fpäter 
fogte  man  rotten,  roben  unb  SRott^ 
ianb;  aucb  suentan,  fcf)wenben  unb  bie 
©cbwenbi  ^aben  biefclbe  Sebcutung. 
©obalb  ein  ÜBalbjiüd  gerottet  war,  xvai 
oft  burc^  SJJicberbrennen  ber  Stämme  ge= 
fd^af),  würbe  cö  ber  Äird^e  jel)ntpf[id)tig 
unb  oerlor  baburd^  feine  alte  jreit)eit. 
2Ö0  immer  e§  anging,  <irebtc  ber  ÜJJarf:' 
oerbanb  bem  3tuöroben  entgegen.  Dh^- 
bäume  werben  in  ber  gemeinen  SÜ^larf 
nicbt  gelitten.  £)ie  ältejie  5lrt  ber  ®renj» 
bcjiimmung  in  ber  ÜRarf  war  bie  ^am» 


merteilung  (fle^e  ben  Qtrtifel  ÜJla^); 
fie  grünbet  fxd)  auf  ben  5lrts  ober  ^am« 
mcrwurf  unb  bient  jur  Sefiimmung  beä 
5[Ra§e^,  wie  weit  ftd)  ber  Sobcn  unb  tai 
©ebiet  ber  SWarf  in  bie  übrige  $^elbf(ur 
f)inein  erfiredten  unb  bct)aupten  laffe,  ober 
wieoiel  oon  ber  üRarf  an  ben  einjelnen 
(Privatmann  abgetreten  werben  foüe;  fpäs 
ter  bebicnte  man  ftdt)  ber  SaumeinfdE)nittc 
unb  SRabtjieine. 

25ie  S[Jiärfergerid)te  würben  jur 
fflabt  ober  Septigung  ber  93ögte  unb 
Qtmtleute,  93erlet)ung  ber  2Bei0tümer 
(fte^e  biefen  51rtifet)  Einbringung  unb 
(Srlebigung  ber  SRügen,  fowie  jur  ©inna^me 
ber  Su§en  cerwenbet ,  gewöl)nlidt)  mit 
fröt)U(^er  3e(^e  unb  ®elag  beenbigt. 
(Segen  einen  unget)orfamen  ffl'Jdrfer  war 
bie  bärtejle  Strafe,  ha^  ii)m  fein  Srunnen 
gefüllt  unb  fein  Sadofcn  eingefcl)lagen 
würbe,  ©er  SOtärfer  burfte  fein  Eigentum, 
|»au«,  .^of  unb  «Jlcfer  in  ber  ÜJlarfgemeinbc, 
nur  in  ber  SOtarf  »erfaufen,  unb  allen 
SRarfgenoffcn  jianb  «Rä^errcd)t  ju.  Sergl. 
®.  ß.  ».  ÜRaurer:  Einleitung  jur  ®e= 
fd^i^te  ber  TlaxU ,  ^of* ,  S)orf*  unb 
Stabtoerfaffung  unb  ber  öffentlid)en  ®c* 
walt,  aRün(f)cn  1851,  unb  ebcnberfelbc, 
®cf^id)tc  ber  SUlarfenoerfaffung  in  2)eutfd)« 
Ianb,  Erlangen  1856. 

SRarfgraf.  Äarl  ber  ®rof c  war  ti,  ber 
benfenigen  ®renjbejirfen  be«  Cfleitfieä, 
welcbe  urfprünglid)  nicbt  jum  Sdeic^c  ge* 
t)örtcn,  fonbcrn  ben  9tadl)barn  abgenommen 
waren,  jur  ffla^rneljmung  feinblicf)er  ober 
frieblid^er  Se^iebungcn  ju  jenen,  eine  be= 
fonbere  Drganifation  gab;  ber  Sorfteber 
biefer  balb  größeren,  balb  fleineren  Sejirtc 
ober  gOtarfen  ^ie^  ®raf,  ober  jur  Unter» 
fdbeibung  »on  ben  übrigen  ®au»orfiebern, 
Bor  bcnen  er  burcf)  5lnfel)cn  unb  Sebeu« 
tung  hervorragte ,  ÜRarfgraf ,  marchio, 
comes  marchae.  Unter  Äarl  unb  feinen 
näct)ficn  Diiad^folgern  werben  erwäf)nt  bie 
^ifüanifcbe,  93ritannifdf)e,  Säd^ftfcttc  ober 
2)änifd^e,  Sorbifd^c,  *Müarifd)e  ober  ^an* 
nonifc^c  unb  bie  ^"auWc^e  SDtarf,  aüeä 
®ebiete,  bie  ^ä)  an  bie  großen  Stamme 
gebiete  93at)ern,  springen  unb  Sad)fcn 
anfdt)loffen.  Seit  bem  11.  3a^r^unbert 
nat)mcn  audf)  fol(f)e  ^ürfientjäufer  ben 
SQlatfgrafentitel  an,  weldtie  blo§  in  ber 
Serwanbtfcbaft  wirflid)er  SJlarfgrafen  fian* 
ben.  2Bic  bie  ©rafen  überhaupt,  fo  be= 
nannten  ftd^  auc^  bie  ÜJlarfgrafcn  fpäter 
gern  na^  i^ren  Sefr^ungen  ober  S^i^öf« 
fern ,  bie  jum  Seil  gar  nic^t  in  i^rer 
üRarf  lagen.    SDtit  ber  eigentlichen  ÜRarf 


452 


OWarfd^alf  —  aWartinäganö. 


Yoax  tegetmäfig  eine  ober  bie  anbere  ®rafs 
fcfeaft  in  einem  ©rcni^gau  t»erbunben.  3"^ 
ganjcn  bcfafen  bie  ÜJiarfgrafen  biefelben 
aicd^te  unb  maren  benfclben  Setpflid^tun* 
gen  »ic  bie  ®rafen  unterttjorfcn ;  bod^ 
entwidtelten  jte  jtc^  jum  Seil  fiir  bie 
territoriale  ßanbe^^o^eit  günfiiger  aU 
jene.  „6^  n)aren",  fagt  ffiai^,  3?erf.* 
®ef(i).,  vn.,  ®.  93,  „auögebe^nterc  ®e* 
Biete,  an  Umfang  ben  gcttjö^nlic^en  ®rafs 
fdbaften  Weit  überlegen:  aU  neu  gett)on=: 
nene  fianbe  mit  einer  jum  Seil  »on  5tn= 
fang  on  abl^ängigen  Seöölferung  ber  ®e* 
Walt  ber  ÜJiarfgrafen  »öEiger  unterworfen; 
bie  jid)  bilDenbe  SRitterfc^aft  überwiegenb 
aui  Jöünifierialen  i^ereorgetjcnb  unb  fo 
a\xd)  ju  prferem  2)icn|i  üerpfCid^tet ;  bie 
Qeifili4)en  ©tifter,  felbfi  bie  f)ier  begrün» 
beten  Siötümer,  Wie  SDteifen,  93ranben« 
bürg,  ^aoelberg,  nic^t  mit  fo  auögebe^n* 
tcn  ipriüilegien  auögejiattet,  wie  anbere 
im  JReic^,  fte  unb  i^rc  ®üter  nid^t  ganj 
ber  (Sinwirfung  ber  SÖtarfgrafen  entjogen; 
bie  6täbte  meiji  »on  biefen  begrünbet  unb 
mit  ^reif)eiten  bebad)t.  J)a^er  fam  e^ 
l^ier  ni(f)t  ju  einer  folc^en  5luflöfung  be^ 
5lmtggebiet^  Wie  fie  ftc^  in  ben  alten 
*Prooinjen  beä  SRei*^  geltenb  gemacht  Iiat. 
2)ie  ©ewalt  ber  iDJarfgrafen ,  fefier  be» 
grünbet  unb  jufammenge^alten  al^  bie 
ber  meifien  anbcrn  SBürbentrdger  tti 
IRei^ö,  gab  ben  im  erblid^en  93e[i^  blei» 
benben  |)äufern  eine  93ebcutung,  bie  nur 
Wuc^ä,  je  me£)r  auc^  bie  alten  Herzogtümer 
ber  5luflöfung  anl)eimftelen.  ®aä  erflärt 
Warum  bie  JD^arfen,  üor  aüem  Djlerrcid^, 
SWeifen  unb,  wie  fpöter  bie  9iorbmarf 
:^ie§ ,  33ranbenburg  unter  ben  beutfct)en 
gürjientümern  eine  fo  b^roorragenbe 
©teÜung  gewannen,  unter  ben  territorialen 
SBilbungen  fafi  ben  erjien  *|3la|  ein* 
nabmen." 

aKorfc^fllf,  fie^e  ^ofämter. 

Wlavün^anS,  SKarttitSIieii»  5tuf  ben 
beiligen  SWartin,  ber  ßegenbe  nad^  ein 
Äriegömann,  ber  bem  in  Settlergefialt 
umberwanbeinben  ^eilanb  ein  ©tüdt  feinet 
ÜWantelö  mit  bem  Schwerte  abfcbnitt  unb 
fc^enfte,  ftnb  frü^  3üge  beö  SBobanöfultuö 
übertragen  worben;  fo  ber  ©d^immel,  auf 
bem  er  reitet;  i^m  ju  (S^ren  Wirb  iein 
Söacfwerf  in  gorm  eine^  ^orne^,  foge* 
nannte  SDJartinöbörner,  gebacfen,  iai  fx(i) 
auf  bie  bem  äBoban  geopferten  ^Södi  ju 
bejieben  fdjeint.  ®anj  befonber^  ijl  aber 
bo*  bem  2Boban  ju  (5^ren  gefeierte  ©rnte« 
fefi  auf  bie  geier  beö  ÜJiartinätagc«, 
il.   Dlooember,   übertragen    worben,   an 


weld^em  ber  ©rntebraten,  meifi  eine  ®anÄ, 
Borgefe^t  wirb.  5lud^  ÜJiartinöfeuer  giebt 
e«,  woju  Äinber  ftc^  ©dbeite  anfammeln, 
inbem  fie  juglei^  SBtrnen ,  Stpfel  unb 
SiJüffc  alö  ernteopfer  unter  Slbfxngung  «on 
fiebern  jufammenbetteln.  ©eba^ian 
^ranf  fc^rcibt  üon  ben  ^tanfen:  „@ant 
[Diartinö  unb  ®ant  Mdai  ^eji  celebriert 
bi§  oolf  wunber  c^rlid^,  bodb  unterfdbib* 
lid^,  ©ant  IDiartin  im  bau§  ob  tifd^,  ©ant 
Uiicla*  in  ber  firc^cn.  Srfilicb  loben  fie 
©.  SUlartin  mit  guotem  Söcin,  gänfen, 
bi^  |te  »oH  Werben,  unfelig  ifi  baö  ba"§. 
bai  nit  auf  bife  nac^t  ein  gang  jueffen 
bat;  ba  gäpfen  fic  ire  ncuwe  wein  on, 
bie  fte  bi§b«  betialten  t)aben,  ba  gibt 
man  juo  Sffiür^burg  unb  anberfwa  auf 
bifen  Jag  ben  armen  ein  guote  notturft. 
3wei  eberfd^wein  fd^leu§t  man  in  ein 
jirEel  ober  ring  auf  bifen  tag  juofamen, 
bie  einanber  jerreifen,  ba«  ffeifd^  teilet 
man  auf  unterö  oolf,  ta^  beji  fc^idEt  man 
ber  oberfeit".  3n  ®egenben ,  wo  bie 
®änfe  feltener  jtnb,  werben  fte  burcb  an« 
bere  ®cricbtc  oertreten,  am  SJiieberr^ein 
burdb  frifcf)e  SBurfi  mit  SReiäbrei,  an  ber 
2lar  burc^  „falte  SWilcb  unb  SBecEfupp", 
in  SBefiflanbern  burcb  Söaffeln,  in  SRor» 
wegen  tritt  jur  ®anä  oft  ein  %txhl.  5tn 
Dielen  Orten  war  am  SWartinötage  9lu«= 
teilung  eineö  gewiffen  Duantumä  2öein 
ober  5&ioji  feitenö  ber  Dbrigfeit  an  bie 
2)ienerfd^aft,  Beamten,  iJe^n^inbaber,  93ürs 
ger  gebräud^lidb.  SDaö  15.  unb  16.  5a^i* 
bunbert  l^at  eine  ganje  9tnjabl  SÖlartinö« 
lieber  bcrüorgebracbt,  bie  ftdt)  balb  mebr 
au  bie  ®anö,  balb  me^r  an  ben  'DJartin^* 
trunf  anlebnen;  fie  ftnb  jum  S^eil  jiuben« 
tifdben  Sbaraftcrä,  ta  eine«  berfelben  fo* 
gar  bie  ÜRefformel  ober  anbere  geifilic^e 
|)i)mnen  parobiert,  ein  anbere«  gemifcbten 
lateinifd^sbeutfcben  Sleft  aufweifi,  wä^renb 
anbere  wieberum  me^r  oolf«mä§ige  S^rin!« 
lieber  ftnb.  (Sine«  ber  fürjeren  Siebet 
lautet: 

Praesalem  sanctissimnm  veneremiu', 

Gandeamns ! 

2Böüen  Wir  nadf)  ®ra«  gan,  |)oltcreio, 

©0  fingen  un«  bie  SJögelein,  ^oUereio, 

In  hoc  solemni  feste 

Zir  zir  passer. 

iDe«  ®u^gaudb  frei  ©ein  SDtelobci 

^elt  über  Serg  unb  tiefe  Zl)al 

5)er  SOlüller  auf  ber  Dbermübl, 

Der  bat  ein  feiße  @an«, 

Die  ^at  ein  feijien  bicfcn  langen  toaitf 
lieben  fragen. 

Die  wöü  wir  mit  un«  tragen. 


Onärjfclb  —  ma%e. 


453 


SDrufla  brugia  bru§Ia  bru^la,  brufla 
Qicfgacf  gicfgad 

Dulci  resonemus  melodia, 

Qlnbcre  ßieber  u.  a.  in   ^offmann^ 

»on   ^allixilibtn   2)cut[d)en    ©efeH^ 

[(^aftäliebcrn,  3tr.  256—265.   Über  2«at» 

tinögebräud^c:  SReinöbcrgsSDüring^« 

elb,  5Daö  fcfilic^e  Sa^r. 

SWärjfcI!),  jtcl)c  Campus  Martias. 

SJlo^e»  Unter  biefem  5lrtifel  mögen 
nad)  3- ®tii"ni^  SRec^töaltertümcrn 
»on  ben  bort  befd)riebenen,  im  beutfcf)en 
SUcd^tälcbcn  be§  ÜJJittelaltcr^  öorfommen' 
ben  ÜJlaPcftimmungen  oolfötümlic^er  5trt 
bie  Derbreitctficn  jufammengeflctlt  merben. 
„3br  ®runb(f)arafter",  fagt  ®rimm,  „ijl 
9Iuffaffung  beä  IRec^tlic^cn  burc^  baö 
©innlid)e;  9Beifung  bcffen,  )ivai  feftgefe^t 
»erben  foH,  burd)  etmaö  unfefieö,  bem 
3ufan  nie  ganj  ju  ©ntjiei^cnbe^.  SOieijienö 
tritt  eine  ^anblung  unb  ®cbärbc  be^ 
beteiligten,  oft  bebingt  »on  ber  einfac^* 
jien  93crmidlung,  mit  inä  ©piel;  jumci* 
icn  tt)irb  eine  anbere  (Sinmirfung  ber 
lebenbiflcn  ober  unbelebten  Sf^atur  beachtet. 
(5ö  jtnb  lauter  SDlaie  für  bie  ®röfe, 
^ö^e,  2Beite,  ^^erne,  2)t(fe  unb  einige  an« 
bcre  folrfjer  SSer^ältniffe." 

1.  2Burf  ober  @(i)ug,  gcfd^ie^t 
mit  Jammer,  Seit,  «Speer,  ©tat», 
«Pfeil,  <5i*el,  qSflugeifcn,  ßöffel,  Äuciel, 
ipfunb,  Stein,  (Erbe,  unb  jmar  mit  9tb» 
marfcn  ber  äuferfien  ©renje.  2)er  ®e= 
braud^  beä  Sßurfeä  toax  bei  alten  ®erma» 
neu  »erbreitet  unb  beutet  in  feiner  6nt= 
fie^ung  auf  eine  ben  niebergefc[)riebenen  ®e= 
fe^en  »or^ergc^cnbe  3«it.  ?luf  er  bem  2ßurf 
überhaupt  ijt  in  ben  alten  SRec^t^queUen 
jugleid^  ©teüung  unb  ®ebärbe  ber  ^ü^c 
unb  |)änbe  .beö  SBerfenben  angegeben, 
t»eld)eö,  mie  eö  f(J)eint,  biefe^  ®efc^äft 
crfc^meren  unD  ben  ©rfolg  nid^t  ganj 
»on  feinem  Sßitlen  abbängig  mad)en  foü. 
©0  foH  j.  93.  ber  ©egenjianb  über  Otücfen 
unb  Qlc^fel  gemorfen  merben ,  ober  bie 
redete  ^anb  ^at  ben  2Burf  unter  bem 
linfen  23eine  ju  t^un.  2)abei  ifi  bäufig 
eine  unft^erc,  fcbmierige  ©teüung  auf  ber 
^öt)e  geboten,  auf  ber  ÜJlauer,  bem  3niine, 
bem  ä^orc  be^  Qaumi ,  ber  3;prfct)tt)ene 
unb  bergleic^cn.  Sei  ber  rcc^tlidien  ©r* 
mittelung  ber  ^eirfc^aft  über  einen  brci« 
ten  Strom  reitet  ber  ^txx,  ooQjianbig  unb 
fc^mer  gemaffnet,  auf  einem  ftarfen  |>engfi 
in  bie  ^Jlut,  fomeit  er  gelangen  fann, 
»porauf  er  erft  »on„bicfer  Stelle  au«  ben 
SBurf  »ornimmt.  Überatt  ^anbelt  eä  ftd^ 
^ier   nict)t    um    ben    erjicn    ©rmcrb    an 


®runb  unb  53oben,  fonbern  um  bie  2lbä 
grenjung  »on  befiei)enbem  (Eigentum  ober 
iöefi^tum  unb  um  bie  Sefugniö  gegen  bie 
9'iad)barfc^aft  unb  SJlarf.  5Der  Stenen« 
bauer  mirft  fein  Seit  ober  feinen  ßöffel 
^ur  (Erneuerung  feinet  S'iiitteö ,  JJifdEjer 
unb  ÜJJüUer  ermerfcn  bie  ®renjen  i^rc^ 
g^ifcbfangö  unb  iUJüfjIenrec^teö. 

2.  Serü^rung  mit  Jammer,  Speer, 
ßanje,  5tft,  Seil,  Sarte,  ü«effer,  Oflute, 
Stod  unb  ^fa£)I  fommt  nic^t  fo  ^äuftg 
»or  mie  ber  Sßurf,  f)at  aber  biefelben 
ßmecfe  mie  biefer,  ndmtid^  2lbmarfen  ber 
äu^erficn  ®renje,  Se^iaucn  übcr^ängiger 
2tjl:c,  fei  eä  auf  öffentlichem  2Beg  ober  auf 
'l}ri»atgrunbjiüd;  ber  »ornen  über  ben 
©attel  »orgetcgtc  Spie^  orbnet  j.  S.  bie 
Sreite  bcö  SDßegeö ;  bie  ßanbgraffcf)aft  im 
Sifgau  gct;t  r^einaufmärt^  fomeit,  ali 
einer  auf  einem  iRo|  in  ben  SR^ein  reiten 
unb  mit  einem  Saäler  Speer  in  ben  SR^ein 
reicben  mag. 

3.  9Jfit  bem  Schein  ober  Sd^immcr 
fernleudbtenber  ®egenftänbe  mirb  bie  SBcite 
eineö  9taumeö  gemcffen,  menn  e^  j.  S. 
f)ci§t:  eö  foH  ein  9tecf)t  fomeit  get)en,  al^ 
man  einen  roten  ©dbitb,  ein  mei|eö  *Pfcrb, 
ben®eric^t^balfcn,  ben  Slt)ürricgel  betrag 
feben  fann. 

4.  Der©d)an,  »ermitteljl  bcffen  gc* 
meffen  mirb,  ijl  entmeber  Äinberfd)rei, 
infofern  bie  2eben«s  unb  ©rbfä^igteit  eine^ 
.^inbe^  banadf»  gemcffen  mirb,  ta^  e^  „bie 
»ier  2ßänbe  be^  .^taufe^  befc^reiet",  ober 
Sd^all  be^  ^orn^,  ®IocfenfIang, 
licrgefdjrei,  j.  S.  beä  ^a^neä,  ®el* 
beöflang  unb  Änod)enfIang,  wobei 
®elb  unb  Änoc^en  über  ben  neun  ober 
jTOölf  ^uf  meitcn  SRaum,  meiji  bie  Strafe, 
im  Sc^ilb,  fpäter  im  Scden  erf(^atlen 
muften. 

5.  9^od)  bem  Si^raum  mirb  bai 
9Jla^  eineö  3taumeö  bejtimmt,  je  nad)bem 
eine  Sienc,  eine  ®anö,  ein  lifii),  eine 
2Biegc  mit  einem  Äinbe,  ein  breibeiniger 
Stul^I,  eine  Sabemanne  barauf  *tJla^ 
finbet. 

6.  Sergung  »on  Vieren,  ijl  eine  SUia§» 
beflimmung  für  Sdume  unb  Otfie;  mobei 
cö  barauf  anfommt,  ob  ein  Sc^mein,  ein 
ober  mehrere  Dd)fen,  ein  ^abt  unb  ber* 
gleichen  barunter  fic^  bergen  fönnen. 

7.  geberflug.  2ßer  unfc^Iüfftg  mar, 
mottinauä  er  ge^en  foüte,  blieö  eine  ^Jeber 
in  bie  ßuft  unb  folgte  i^rer  SRic^tung; 
man  fragte  beätialb  ben  9iuäjief)enben: 
mo^inau^  bläfl  bu  beine  ^eber?  5Die 
Stabt  öinbau  ^atte  foweit  iRe(i^t  über  ben 


454 


Tltin. 


93obcnfee,  als  der  runs  eine  feder  in  den 
see  treibet. 

8.  Sauf.  3«it  u"^  IRaum  werben 
nac^  ber  OSctnegung  in  i^nen  gcmeffen: 
fo  lange  3«'^  '^o-'B  i^^n  eine  SÜJJeile  2ßegeä 
gegangen;  fo  weiter  2öeg,  aU  man  in 
einer  Stunbe  gelaufen  wäre.  S08o  jwei 
Säufer,  »on  entgegcngefe^ten  «fünften 
ju  berfelben  Qät  ant)ebenb,  5ufammen  = 
fio^en,  t>a  wirb  bie  fircitige  ©renjc  ge- 
jiecft;  bieä  ifi  ber  ^aU  in  ber  Sage  com 
©larner  unb  Urner  Säufer. 

9.  Sanb  umgef)en,  umpflügen, 
woburd)  Sanb  erworben  wirb;  ^ai  *itlter 
biefer  ßrwerböart  etbeClt  barauä,  ta^  i£)rer 
nic^t  me^r  in  Oefe^en ,  fonbcrn  bloß 
in  Sagen  (Srwä^nung  gefdiiebt;  fo  erjä^It 
bie  elfäfftfc^e  (5,f)Tonif  Äönigäljofenä: 
^önig  2>agobert  i)abt  htm  t)eiligen  gto= 
rentiu«  fo  oiel  Sanb  gcfdienft,  al«  er 
mit  feinem  (5felein  umfaf)ren  fönntc,  bi? 
ber  Äönig  gcbabet  unb  ftc^  bie  .Kleiber 
angezogen  I)ätte.  Jgjeinricfe  ber  2Belf  lie^ 
ftd^  »on  Subwig  bem  frommen  fooiel 
Sanbeö  üerlei^en,  aU  er,  fotange  ber 
Äönig  ju  iDlittag  fditiefe,  mit  einem  gol- 
benen  Pfluge  umadern  ober  mit  einem 
golbenen  ÜBagen  umjiet)en  fönnte. 

10.  Sanb  bebeäen  unb  umreiten 
ifi  ebenfaüä  eine  blo§  in  ber  Sage  erf)al- 
tcne  2Ra§be|timmung ,  nac^  welcher  fooiel 
Sanb  erworben  werben  foü,  al^  ein  ge= 
wiffeä  SDta§  con  ®rbe  ober  ©amen  auf 
bem  ^dD  bebccfen  cber  bie  ^aut  eineö 
liereö  belegen  tönnc.  ©o  foU  Subwig 
ber  Springer  ben  Scrg,  wo  je^t  bie  Söart« 
bürg  liegt,  ßon  ben  ^crrn  Pon  granfen= 
fiein  burc^  folgenbe  Sifi  gewonnen  t)aben: 
5lu*  feinem  ®runb  unb  Soben  lie§  er 
nac^t«  Äörbe  ooü  Srbe  auf  jenen  93erg 
tragen  unb  it)n  ganj  bamit  befd)ütten. 
^ernad)  fing  er  an  ba  ju  bauen.  S)ie 
Ferren  oon  granfcn^ein  flagten  cor  bem 
^eic&;  Subwig  bel)auptete,  ta^  er  auf 
bem  ©einen  baute;  e^  warb  ju  IRec^t  er= 
fannt,  wenn  er  ba«  mit  jwölf  cf)rbaren 
Seutcn  erwcifen  fönntc,  ^ätte  er  eö  ju  ge^ 
niesen.  Subwig  naf)m  jwölf  SRitter,  trat 
mit  i^nen  auf  ben  93erg,  fte  jogcn  bie 
©d^werter  auö,  flecften  fte  in  bie  ®rbe 
unb  fc^wuren ,  ia^  ber  ®raf  auf  tai> 
©eine  gebaut  i)ätte.  —  3"  ^«r  ©age  üon 
ber  ÜJicluftne  erbittet  ftcf)  Otaimunb  oon 
93ertram,  ©rafen  ju  !)3oiticrö,  fooicl  Sanb, 
gelb  unb  (Srbreicb  an  widern  unb  SBiefen, 
üU  er  in  eine  ^irfd)f)aut  umfc^lieien 
ober  umfal)cn  tonne,  ©obalb  bie  Urfunbe 
:^ierüber  ausgefertigt   ifi,   fauft  SRaimunb 


eine  f(J)öngegetbte  ^irf^fiaut  unb  ld§t 
barau^  einen  fc^r  langen  unb  bünnen 
iftiemen  fc^neiben,  womit  er  ein  grofc« 
Stf)al  umjiefjt. 

11.  ©in  3oc^  Dc^fen  frnb  bae  ÜJla§ 
für  bie  ^bi)t  oon  93ufc^  unb  ©ejiräuc^ 
ouf  einem  tiefer;  wenn  tai  le^terc  näm* 
lic^  fo  1)0^  geworben  ifi,  ba§  ftd)  jwet 
Dd)fen  barin  »erbergen  fönnen,  ober  ta^ 
jWei  Dc^fen  eö  nicf)t  nieberbrücfen  fönnen, 
fo  fällt  ber  liefet  ber  gemeinen  ÜJtatf 
an^eim. 

12.  S)urct)fc^lüpfcnbe  lietc.  (53 
wirb  ein  mit  .^olj  belabener  2öagen  baran 
gemeffen,  i>a^  ftcbcn  ^unbe  einen  ^afen 
^inburd^  jagen  mögen  ober  ia^  eine  5l|cl 
(®lftcr)  mit  aufgerecften  O^rcn  ^inburdt)« 
fliegen  fann. 

13.  «öianneö  Äraft  enthält  befon» 
berä  infofern  eine  S[Ra§befiimmung,  a\i 
bie  iJä^igfeit  freien  ^anbeln«  banac^  ge« 
meffen  wirb,  cb  er  vermöge  ju  ge^en 
unb  ju  reiten  ober  frei  ju  fielen,  un  = 
ge^t't  unb  ungcfiabt,  b.  f).  of)ne 
ta^  man  il)n  l)alte,  unterfiü|e  unb  o^ne 
baf  er  ftct)  eineä  ©tabe«  bebienc;  ober  be« 
ftimmter,  ob  er  in  feinem  Äürap  eon  ber 
Srben  auf  ein  t)cngfimä§igeö  ^fcrb  fi|en 
fann. 

14.  2)ie  ©tärfe  ber  ^n^mx  wirb 
banac^  gemeffen,  ob  fte  auf  einen  brei« 
beinigen  ©tu^l  ober  auf  eine  Sonne  fliegen 
fönnen. 

15.  ©^nelle^anblung  wirb  nac^ 
folgenbcn  Seftimmungen  gemeffen :  cä  foü 
einer  eine  unauffcf)iebli(^e  .^»'Jnblung  Der« 
richten,  bcoor  er  fein  ÜJJeffer  unabgewif^t 
in  bie  Scheibe  gefiecft  f)at;  wenn  er  ben 
einen  ©^uf) ,  bie  eine  ^ofe  auöget^an 
t)ätte,  foü  er  tm  anbern  ©ci)U^  u.  f.  w. 
nicf)t  auet^un ,  fonbern  wieber  anjiefien 
unb  bie  ©acf)e  »errichten. 

16.  Serec^nung  nad^  ©liebern 
be«  ScibcS,  je  na^  Sänge,  ^öl)e,  %ui' 
fpannung  fommt  oft  oor:  fowiel  man  in 
ber  .^anb  mag  galten,  fooiel  5*nger  man 
auf  eine  Sffiunbe  fc|en  fann;  Srot  ober 
Ääfc,  fo  gro§,  ta^  man,  ben  2)aumen  in 
ber  *Witte  baltenb,  mit  gejiredten  ginflern 
einen  Umfrei«  madf)en  fann;  eine  ®arbe 
mu^  fo  gro§  fein,  alä  ein  oollfommenet 
Mann  unter  bem  Ölrm  jwifc^en  ber  ^üfte 
beflemmcn  fann;  ben  ^fcrben  foH  man 
^utter  geben  bi«  über  bie  9taälö(^er  unb 
©tro^  biö  an  ben  Sauc^. 

Wttitr,  at)b.  meior,  maior,  m^b.  meier, 
meiger,  villicus  major,  t)ei|t  ber  S5or» 
gefegte  eine«  SanbguteS   ober  ^o^ti;  i^m 


SDfctfier  —  Weijicrgcfartfl. 


455 


lag  bic  ßciturtg  bcö  ^^^^^'^"f^  u"^  fc« 
©injug  ber  ®efäüe  ob;  ba  er  jugicid)  bei 
ben  J^oflcuten  bie  Dbtigfeit  ücrtrat,  [uc^te 
er  ftd)  oft  ber  ßanbwirtfd^aft  ju  entäict)cn 
unb  jid)  allein  mit  bem  ®erict)t^tt)efen 
abzugeben,  3^  "«^  ^^^  ©tanbc  be^ 
©ut^^crren  fonnte  auch  bcrjenige  be* 
SHeier^  ein  oerfc^iiebener  fein;  ®ble  »aren 
ÜJJeier  beö  Äönig^,  %xäi.  bie  ber  (Sbcln, 
Änedjtc  bic  ber  freien.  Dft  mußten  fte 
ftct>  infolge  ber  auf  i^nen  rut)enben 
Qlmtögenjalt  entwcber  in  einen  {)öt)eren 
©tanb  erblicf)  ju  erf)eben,  baf)er  eö  im 
Mittelalter  unter  ben  ^öpf(^en  IDtinifteria- 
len  üiele  SWcicr  giebt,  j.  93.  bie  2;fct)ubi, 
n)ct(f)e  Soleier  ber  5ibtei  Sadingen  über 
i^re  Untevt^anen  in  ®Iaru^  maren,  ober 
ftc  mußten  mit  ber  3eit  tai  il)nen  an« 
oertraute  Out  erblid)  an  ftc^  ju  bringen; 
fpäter  betrachtete  man  oft  ia&  SOicicramt 
alö  Sehen. 

SWctftcr,  ftcben  ttcife,  ^cift  einj^n  ben 
SRahmen  einer  (Sr;:iählung  gebrachte  (&amm= 
lung  oon  ®efchicl)tcn,  bie  urfprünglid) 
au^  3nbicn  finmmt  unb  ®emeingut  jber 
arabifcf)en,  perftfdicn,  türfifchen,  ft)ri[(i)cn, 
hebrdifchen,  neugried)if(f)en ,  franjöfifdien 
unb  beutfchen  Öitteratur  gensorben  ift.  2)ic 
ältefle  inbif^e  QucQc  tragt  ben  i)iamen 
^antfcbat  antra;  au^  ihr  fliegen  ou^et 
ben  fteben  meifen  ÜJJeiftern  bic  gii^^I" 
beö  Sibpai,  bie  unter  bem  ildamen 
Su^  ber  aBeiöheit  ber  alten  2ßei  = 
fen  fchon  1483  unb  fpäter  fef)r  oft  mie= 
berholt  beutfch  gcbrucft  mürben;  fobann 
bic  ^itopabefa  unb  bic  Disciplina 
clericalis.  SBgl.  Senfe  9,  $antf^a= 
tantra.    2  93bc.  ßeipjig  1859. 

S)er  iRaf)mcn  ber  (grjdhiung  ifi  fol= 
genbcr:  Sin  Äaifer  hat  einen  ®ohn,  ben 
er  oon  ficben  SWeijicrn  in  aCler  SBeiähcit 
unterrici)ten  la^t.  QUö  ber  Jüngling 
mieber  an  ben  ^of  berufen  mirb,  äcigcn 
bic  ©epirne  Seben^gefahr  für  i^n,  roenn 
er  ein  2öort  rebc.  (£r  erf^eint  alfo  unb 
rebet  nicht,  ©eine  Stiefmutter,  erji  in 
Siebe  ju  ihm  entbrannt,  bann  oerfdhmdht 
unb  ȟtenb,  bringt  auf  feine  Einrichtung, 
bewegt  ben  .^aifcr  iebcömat  mit  einer  b"e« 
jugooflen  ©cfchichtc,  t>a%  er  ben  Sob  fei= 
neö®of)neö  befiehlt;  einer  ber  SOJeiper  aber 
bemirEt  iebcömal  mit  einer  ©cgcncrjählung 
einen  Sag  J^rift.  ®o  »ergeben  ^cben 
Jage,  na5)  benen  bic  ®efahr  ücrfchmun» 
ben  iji,  unb  nun  entbccft  ber  ^Prinj  bie 
Schmach  feiner  ©tiefmutter,  bie  famt 
ihrem  Suhlen  oerbrannt  wirb.  (5rjäh== 
lungen  fomohl  al«  bie  9?amcn  ber  ÜJJeifier, 


beö  Äaiferä  unb  beö  *|Brinjen  medhfcln,  in 
ben  beutfchen  Bearbeitungen  hei^t  ber 
©o^n  3)iof  letian,  ber  ^Bater  ^rinjipian 
ober  ^oetian  ober  35omitian;  ber  ^aupt» 
cräieher  i>i\^t  halb  93irgil,  halb  @t)ntigi)a^. 
3n  beutfcher  Sprache  h«t  man  eine  im 
3ahre  1412  gcfchricbcne  poctifche  ©earbeiä 
tung  bicfe^  Stoffel  unter  bem  3tamcn 
S)iofIetian^  ßcben  eon  ^anö  bem 
93üheler,  ber  ju  J^Soppelöborf  bei  Sonn 
lebte,  unb  taQ  piclücrbreitcte  Solföbuch 
in  *Profa,  beffen  ältefier  baticrter  Drud 
au^  bem  '^al)xe  1473  flammt. 

aWciftergefang,  2)ic  (Sntjlehung  ber 
©ingfchulen  liegt  biä  jc^t  nodh  fehr  im 
©unfein;  benn  menn  fid)  au^  bic  Söicificr* 
fänger  beö  16.  Jahrhunbert^  al^  unmittcl* 
bare  SRachfolger  berüJfinneföngcr  ausgaben, 
fo  Id^t  fich  biö  in  bic  SWitte  bc^  15.  jahrh. 
burchaug  feine  @ingfdE)ulc  na(^tt)eifen;  hö^* 
fienä  tann  man  tor  bem  genannten  3eitraum 
»on  eiujclnen  ÜJi  elfter  fang  cm  fprechen, 
b.  h-  Seuten  bürgerlid)cr  ^'erfunft,  melche 
ben  33cruf  bcö  ©änger^  unb  S)i^terö  er« 
griffen  l)atten  unb  ben  (Shrennamen 
*I)t elfter  trugen;  fchon  in  ber  jrceiten 
^alftc  beö  13.  3at)i^unbert6  fommen  bic 
Flamen  meistersinger,  meistersanc  unb 
meistersanges  orden  »or,  aber  nur,  um 
©cfang  ju  bejei^nen ,  ber  aücn  aU 
dufter  biencn  fönnc.  Die  fdhulmä§igc 
(Erlernung  beö  S)ichtcn^  fnüpft  ftc^  an 
ben  DfJamen  |>cinri(J)ö  con  SOiei^cn 
ober  tJtauenlobß,  ber  1317  ober  1318 
JU  ÜJJainj  fiarb  unb  oon  grauen  in  bic 
Qlbfibc  beö  jDomcg'  ju  ®rabe  getragen 
mürbe;  er  mit  Heinrich  »on  SDtüglin, 
Älingöor,  bem  fiaifen  *)3opp,  Söalther  oon 
ber  SBogelmcibe,  2ßolfgang  iRöhn,  Submig 
OJJarner,  33arthel  iRegenbogen,  SRömer  oon 
3tt)idau,  .^lonrab  ®eigcr,  bem  Äanjler 
auö  ber  ©teiermarf  unb  bem  Otiten  ©teffan 
foü  nach  einem  Wciflergcfang  bc^  16, 
3at)r^unbcrt^  ber  ©tifter  ber  ©ingfdhulc 
gemefen  fein,  jur  3eit  Otto  I.!  Slber  me» 
ber  ^rauenlob  noch  fein^  Stadhfolger  fann« 
ten  ba«  3nfiitut  ber  ©ingfdbulen;  biefe 
finbet  man  oiclmchr  aU  gefchloffenc  ®e« 
feflfdhaften  nach  Bern  aSorbilbc  ber  3ünftc 
nicht  oor  ber  SDUtte  be«  15.  Jahrhunbert« 
unb  ättjar  jucrfi  in  Dbcrbeutfc^lanb,  in 
ÜJlainj,  ©tra^urg,  Äolmar,  ^reiburg, 
bann  in  5lug«burg,  SRürnberg,  Ulm,  Ste« 
genäburg,  SPJemmingen ;  ferner  in  Dficrrci(^, 
öfilicf)  bi«  na^  ©chlcjtcn  ^in  in  ®örti^ 
unb  S)anjig.  (So  f*eint,  ia^  neben  bem 
3unftmefen,  melche«  namentlich  bie  Sei* 
lung  ber  ®efellf(^after  in  8el)rlinge,   ®c» 


456 


üJlcifiergefang. 


fcücn  unb  Sökijier  »otbübetc,  aud^  bic 
©d)oIajiif  bcr  Umoerfttatcn  auf  bic  €iä)U' 
Icn  tt)irffam  tt»ar.  ®ö  Wax  babci  aufg  ©in* 
Qcn  unb  aufö  jDic^tcn  abgcfe^en.  S)ie 
etjicn  Qlufjeidjnungen  ber  ©efeUfc^aftö« 
orbnungen,  Slabulatur  genannt,  fiam» 
men  auö  bem  16.  ^afir^unbert.  ^iiiti 
©ebid^t  ij!  nad^  bcr  labulatur  ber  S^ürn^ 
bcrgcr©ingfcf)ulc  einßtcb,  h.l).  firop^ifcf) 
gebaut  unb  für  ben  Ocfang  bejiimmt,  in 
bcr  ÄunjifpracE)c  ein  S  a  r  genannt.  2)aö= 
felbe  ifi  na(^  bem  ®efe|ebcrt)öfifd)en  Äunfi 
breit  eilig,  befielt  auö  ©tollen,  @egen» 
fioHen  unb  5lbgefang,  bic  einer  breiteiligen 
©liebcrung  ber  IFlelobic  entfprect)en ;  bic 
©tropfte  fteift  ®efä^,  ©tropbc  unb 
2JicIobic  ein  SEon;  bic  SBcrfdftUngung  bcr 
S3erfc  unb  bic  ülnjaftl  ber  ju  einem  ©c* 
fa|  »crwenbctcn  SBcrfc  ifi  überaus  fünji* 
lid,  bic  Ic^tere  gebt  manchmal  über  100 
3eiien  ftinau^.  Sic  cinjcincn  33crfc  Wers 
bcn  auöfd)Iie^licb  nadft  ber  ^ai)l  ber  ©il= 
bcn,  o^nc  Scadfttung  iftrcä;  SBerte^,  ge« 
meffen;  iftrc  3if)i  foH  nicftt  über  breijebn 
jieigcn ,  „  tt)cil  man'^  am  5ttem  nid^t 
ftaben  fann,  mcbr  ju  fingen".  Um  bie 
fünftlicften  ©cfä^e  unb  Jone  ftcrauäju» 
bringen,  gemattete  man  fiä)  anfangt  bie 
abfdtieulicbfic  aSiüEür  in  bcr  SBcfianblung 
ber  Sprache,  gcbraudfttc  ßerfcftiebcnc  3D?unb's 
arten  ncbeneinanber,  feilte  an  ben  2öör* 
tcrn,  l)icb  ©üben  einfadft  ttjcg  ober  »er» 
änbcrtc  fte.  SDagcgcn  mürben  nun  freilieft 
in  bcr  Sabulatur  Verbote  crlaffcn.  511^ 
gefticr  «erben  ftier  aufgeführt  bic  SlJlilb  c, 
tt)cnn  bcr  Ic|te  93ucftftabe  eine«  SBorteö, 
ta^  ^albwoxt,  menn  eine  ganjc  ©übe 
hjcggemorfen  mirb:  mir  finge,  mir  fagc; 
9lnftang  ftei^t  eine  miüfürlicftc  93erlängc* 
rung  bc«  SBorteä;  Älebfilbe  tai  3u? 
[ammcnjieftcn  eine^  jmciftlbigcn  2Borteö 
in  eine  ©übe:  gtan  für  getan;  S)iffe  = 
renj  ba^  mülfürli(6c  Umfieücn  bcrfiaute: 
SDcib  für  SDicb.  S)cr  Vortrag  barf  nur 
gcfangömcifc  gefdfteftcn,  jebocft  oftnc  alle 
muftfalifcfte  Segtcitung.  3"  33c5ug  auf 
ben  3nftttlt  maren  faifcftc  SWeinun» 
gen  jireng  oerpönt,  b.  ft.  „alle  falfcftc, 
abergläubifdftc,  fdfthjärmcrifcftc,  undftrijllidftc 
unbunflcgrünbctc8eftrcn,^iPoricn,(5fcmpet 
unb  fdE)änblicftc  unb  unjüdfttigc  SBörter, 
bie  bcr  reinen,  feligmadftcnbcn  ßeftre  3efu 
(Sftrifti,  gutem  Scbcn,  ©itten,  Slßanbcl  unb 
eftrbarfeit  jumiberloufen".  ißor  bcr  SRc* 
formation  maren  c^  namentlidft  bie  iJragcn 
ber  fcftolaftifcften  Ifteologic,  über  bie  un« 
beflecfte  Srnpfüngni^  u.  bgt.  gemcfcn, 
tüai   in   ben   ©cftulcn   beftanbelt   mürbe, 


feit    ber    JRcformation    bcr   3nftalt     bcr 
©cftrift. 

2)ic  ©efenfdftaftömitglicbcr  tt)urben  ein« 
geteilt  in  ©dbülcr  „bic  bic  labulatur 
miffen",  2>icf)tcr,  bic  nacft  fremben  Jö« 
nen  ein  Sieb  ju  macften  imfianbc  ftnb, 
unb  üJJeijier,  bic  einen  neuen  3^on  er« 
funben  ftaben.  ®cr  angeftcnbc  ©cftülcr 
mäfttt  ftdft  einen  Sölcifier,  bcr  bie 
ßeftre  übernimmt;  i|i  er  meit  genug  »or« 
gcfcftrittcn,  fo  fieÜt  iftn  biefer  bcr  ©efcü« 
f(f)aft  t»or,  »clcfte  nacft  »orftcrgcftcnbcr 
^Prüfung  unb  SScrpflicfttung  auf  bic 
ßunftflatuten  feine  5tufnaftmc  »erfügt. 
|)at  er  [lä)  „ju  @ftr  unb  SBorteü  bcr  ®e» 
feüfcftaft  geftaltcn"  unb  groben  feiner 
©cfdftitflicftfcü  abgelegt,  fo  fann  er  auf 
t^rcifprccftung  antragen.  SDiefc  wirb  in 
ben  ©ingfcftulcn  ooDtjogcn,  melcftc  öffcnt« 
Ixä)  geftaltcn  merbcn  unb  mit  bcnen  *^rei^« 
tiertcilungcn  »erbunben  finb.  3n  9iürn« 
bcrg  mürbe  bcr  baju  beftimmte  Jag  burcft 
*Mnfcftlagtafeln  befannt  gemadftt.  3"  ^^^ 
Äirdftc  ju  @t.  Äatftarincn  fianb  bann 
neben  ber  Äanjel  bcr  „©cftaujiuftl"  für 
bie  ©änger,  öor  bem  ßftor  ein  mit  Sor« 
ftängen  DcrfdftloffeneÄ  ©erüjic,  ba^  ®c» 
mcrf.  3luf  bicfcm  ncftmcn  bic  ÜJicrfcr 
<pia^,  bic  Sorjiefter  bcr  3"ttft  i>intn  bie 
■ilufrccfttcrftaltung  ber  Sabulatur,  hai  Ur« 
teil  unb  bic  3uerfcnnung  ber  ^Prcifc  ob* 
liegt.  SDann  beginnt  jucrfi  bai  „%xt\s 
ftngen",  bei  ttjclcftem  fein  (Prei^  ju  ge* 
minnen  ijt,  barauf  nadft  einem  gemeittä 
fdftaftlicftcn  erbaulicften  ®efange  ba^ 
„^auptfingen"  um  bic  ©ftrenfette,  um 
einen  Äranj  »on  fünfilidften  33lumcn 
unb  felbji  um  ®olb,  h)cl(^eä  ein  ®önncr 
ber  ©cfcHfcftaft  ouögcfe^t  ftat  ober  ba« 
am  eingange  ber  Äirdfte  gefammelt 
morben  ifi.  2)ic  üJJerfcr  urteilen  audft 
über  bie  5lufnaftme  cineö  neuen  ÜJlci» 
jier« ,  nacftbcm  biefer  einen  ÜWcificrton 
erfunben  ftat;  bcrfclbe  tüirb  unter  9lfjtjienj 
»on  jmei  ©eoattern  auf  „einen  cftrtidbcn 
9'iamen"  getauft  unb  ju  ewigem  ®e« 
bddfttni«  in  ba^  9D'Jci|icrbu^  cingefdftriebcn. 
S)ie  5«icr  f(ftlie§t  mit  einem  ®ctagc  auf 
ber  „Stcfte"-  i>«»n  gercöftnlidften  5Bctfamm* 
lung^orte  bcr  3u"f^  wobei  bcr  ®cminner 
bc«i  Äranjeö  bic  ^lufmartung  ju  beforgen 
ftat.  ©in  ÜJleificr  burftc  feine  Äunfi  nur 
neben  bem  ^anbmerf  treiben  unb  foütc 
ftc  nicftt  burd)  gcminnfüc^tigcn  93ctrieb 
cntmeiften.  2)cr  ©cftülcr  ftattc  ju  geloben, 
.M^  er  fein  SDicijicrlieb  ober  Ion  auf 
öffcntlii^er  ®affe,  audft  nicftt  bei  ®elagen 
unb  ®ajiercicn  ftören  laffen  wolle".    S>ie 


iJJlcIuftnc  —  SDliniaturmalerci. 


457 


^anbttJcrfe,  welche  bcm  SDJeifictgcfang  am 
meifien  jugct^an  waren,  jttib  @^ut)mad^cr, 
Äürfc^ncr  unb  Söeber.  5Die  S'lürnbcrgcr 
®d)ule  erhielt  fxä)  M«  tief  in^  18.  ^ai>X' 
^unbcrt;  in  Ulm  löfie  ft<^  bit  noc^  am 
tkx  SDteiftern  bcfte^enbc  @ing[c^ule  1839 
auf  unb  [c|te  ben  ßiebcrfranj  jum  SrScn 
it)Xii  (Sigentumö  ein. 

Sine  bleibcnbe  SBirfung  auf  bie  6nt= 
»icflung  bcr  beutfcf)en  ©i^tfunfi  bat  ber 
SÜteificrgefang  faum  gcbabt,  er  tüar  eine 
5lrt  »on  gortbilbungöfc^ulc  für  ^anb« 
Werfer;  nur  eine  einzige  ©c^ule  fam  ju 
^ö^crem  Qlnfe^en,  biejenige  »on  Dtürnberg, 
aber  aud)  nur  burc^  $anö  ®a^^. 
2)ocf)  beru£)te  anä)  biefeä  ÜJlanne^  (Ru()m 
nid)t  auf  feinen  jatilreic^en  SDJeifierliebern; 
er  f)at  beren  über  4000  »erfaft,  »on  benen 
ju  feinen  ßebjeiten  feine  gebrucft  »orben ; 
fta^  ton  i^m  burd)  ben  DrucE  »erbreitet 
tüurbe,  ftnb  nur  auf  er  ber  @dbute  entfianbene 
©pruci)«  unb  bramatifc^c  S)id)tungen.  @rfi 
©oebefe  ^at  im  erficn  leile  ber  oon 
if)m  berauögegebenen  „Sichtungen  üon 
^an«  eaä)i,  Scipjig  1870",  159  aWeijier« 
lieber  gefammelt  unb  herausgegeben.  ®ie^e 
Ooebefe  unb  Sittmann,  ßieberbud) 
auS  bem  16. 3af)r^unbert,  (Einleitung  ju  ben 
aWeifierliebcrn,  SBacfcrnagel,  ßitteraturs 
gefdbid^te,  unb  Ooebef  eS  ®runbri§  §  139. 

9)iclufinc  ifi  bie  ^elbin  einer  urfprüng* 
lid^  feltif(i)en  Q^tenfage-  @ine  2;od)tcr  beS 
Äönigö  öon  ?llbanien  unb  einer  ÜReer« 
npmpfie,  an  ©efialt  »on  auferorbcntlii^er 
©c^ön^eit,  mu^te  fte  an  geraiffen  Sagen 
^ifd)*  ober  9^iyengejiatt  annebmen.  (Sinji 
überrafc^te  fte  tro0  i^rer  ffiarnung  i^r 
©ema^I  in  biefer  ©efialt,  worauf  fte  Der* 
f^wanb  unb  nun  in  bem  Surm  beö  eon 
i^rem  ©ema^I  erbauten  ©c^Ioffcö  bie 
Dtotle  ber  weißen  grau  übernahm.  S^^n 
b'STrraS  »erfaßte  banad^  g«g«n  @nbe  beä 
14.  3abrf)unbertS  ein  lateinifc^eS  ©ebid^t, 
baö  im  15.  3<i^f^unbert  in  franjöfifd)e 
!Profa  gebradjt  würbe;  barauS  übcrfe^tc 
ber  Serner  Sbüring  »on  Dtingoltingcn 
1456  tai  beutfc^c  Sßolfäbud^,  baS  feit 
1474  oft  gebrudt  worben  ifi. 

SJicrfcfiürger  ^uui'crliciier  beiden  jwei 
in  einer  ^anbfc^rift  ber  Sibliot^ef  bcS 
S)omfapttelS  ju  SlJierfeburg  (ba^er  ber 
JJiamc)  gefunbene  B^u^fifpiüc^c  aui  aiU 
9ermanifcf)er  Qtit,  bie  jwar  erfi  im  10. 
Sa^r^unbert  aufgefd)riebcn  würben.  2)er 
eine  foü  ben  oerrenften  5"^  «'"^^ 
^PfcrbeS  feilen,  ber  anberc  bie  gfffeln  eineö 
Äriegögcfangencn  burd^  bie  im  ©prucf)e 
liegcnbe  3auberfraft  löfen.    SSeibe  ©prüci^e 


jä^Ien  ju  ben  wi(f)ttgjien  Denfmdlern  bcr 
ältefien  IJeriobe  unferer  fiitteratur.  iBers 
gleicf)e  namentlicf)  ben  (Sjfurä  in  SW  ü  1 1  e  n « 
boff  unb  @^erer,  JJenfmöIer  beutfcf)er 
(Poeftc  unb  ^rofa. 

SKeffcr,  aucb  ©nippe,  kneif,  kneip. 
5Dic  ©itte,  neben  bem  Schwert  nocb  ein 
S^^effer  aU  ©tof«  ober  ©ticbwaffe  ju 
tragen,  gebt  in  bie  früf)efte  3fit  jurücf. 
©e|r  bäufig  finben  fie  ficb  j.  33.  f^on  in 
ben  merowingif^en  ©räbern  unb  jwar 
in  ber  Sänge  oon  10 — 11  Qoü,  Qam  ober 
bis  jur  .^älfte  5Weifcf)neibig.  ^Dte  SDteffer 
Würben,  befonbcrö  üon  ben  füblänbif(^en 
Sölfern,  audb  gern  geworfen. 

Sif^meffer  jum  Söorfd^neiben  bcr 
©peifen  fommen  in  fcf)riftli(iben  S'laiijri^« 
ten  aud)  fd^on  früf)e  »or,  cbenfo  auf  Sit» 
bem.  @d)on  bie  @t.  ©aller  SDtöncbc  er* 
wähnen  fleiner  3;ifct)meffercf)en.  3;ifcf)meffcr 
unb  ©abeln  für  ben  ©ebraud)  iiiii  ein« 
jclnen  2;ifd)genoffcn  fommen  erfi  im  16. 
3abrbunbert  in  5lufnaf)me. 

Mtt,  af)b.  metn,  m^b.  mete  ober  met, 
ifi  ein  urattcä  ©etränf  bcr  ©crmanen 
unb  blieb  mit  bem  93ier  bi«  tief  inö 
iKittelaltcr  baS  üblicbfie  ©etränf ;  eö  würbe 
aus  gegorenem  ^onigwaffer  erjeugt,  wo* 
bei  man  im  13.  Ja^r^unbert  auf  jwötf 
Seite  SBaffer  einen  Seit  ^onig  rechnete. 

9J?inbcrbriibcr,  ftct)e  ^ranjiSfancr. 

9)iiniotunnaIerct.  Unter  SWiniatur  oer* 
fie^t  man  bie  Qluäfd^mücfung  gcfcbricbcncr, 
ni(i)t  gebrudtcr  Sücber,  tnxl^  ißitber, 
SRanbjeic^nungen ,  3ifi^U'^fi'i^ftt-  2)ie 
ÜJiiniatur  fiebt  beäbalb  im  engfien  3ufain= 
men^ange  mit  bcr  Äaligrap^ic.  SDcr  5luS* 
brucf  „miniatur"  fiammt  oon  minium 
{a\)t.  minig),  einer  roten  garbe,  wetcf)c 
bie  mittclaltertic^cn  SJJater  meifi  auS  33tei* 
glätte  ^erfictltcn  unb  jur  Serjicrung  bcr 
grofcn  Sucbfiaben  ober  jur  93eäeic6nung 
Bon  Sßangen  unb  fiippcn  ober  aud)  bcr 
©cwänbcr  bcr  mcnfcbtid)en  ©efialtcn  an* 
Wanbten.  S)ie  Sed)nif  bcr  SWiniatur* 
matcrei  ifi  je  nacb  ber  3^it  ocrfci^iebcn. 
S)ie  ättefien  befannten  SD^iniaturen  fd)ct* 
ncn  in  jener  SBacbSmaterci  ausgeführt  jU 
fein,  wobei  bie  färben,  mit  einer  jufam* 
mengefc^moläcncn  Wifd^ung  oon  Sßac^S, 
Sauge  unb  Seim  ocrfc^t,  ^ci§  aufgetragen 
unb  nad)träglid^  geglättet  würben,  ©pätet 
würben  bie  girben  in  ber  5RcgcI  mit  ®t* 
weif,  (Sigelb  ober  Seim  angemacht.  3)aS 
©olb  würbe  batb  als  Slattgolb,  batb  mit 
bem  ^infet  aufgetragen,  ^m  erfiercn  %aü.t 
bilbct  eS  in  bcr  [Reget  ben  ©runb  ber 
SOialerci.  —  iDian  fc^rieb  unb  matte  auf 


458 


SWiniaturmalcrci. 


^Pergament  ober  ©aumiroücnpapier.  Srfies 
reo  bereiteten  bie  Tlbniit  felbfi  auö  ®d)afö= 
ober  ÄQlb«I)aut,  le^tere^  (pergamena 
graeca,  carta  bambagnia)  würbe  auö  bem 
Dricnt  bejogen.  2)ic  SSorbereitungen  jiitn 
URaleu  »raren  mannigfach.  SBorerjl  würbe 
tai  ^Pergament  mit  bem  ©taub  non  5lin= 
tenfifd)fnod^cn  grunbiert,  bann  mit  einem 
3abnrabe  bfe  5lbjiänbe  bcr  ©c^riftUnien 
fejlgejieüt.  3"*"  Gntmcrfen  ber  3eid)nung 
bebiente  man  ftd)  eineö  ©ilberfiifteö  ober 
einer  ü/iifcfeung  auö  äwei  Seilen  93lei  unb 
einem  Seit  3'""-  ^Jiit  Äielfebcr  unb 
linte,  einer  9Wi[^ung  oon  ßampcnru^ 
unb  (Summi,  jog  man  bie  UmrijTe  nac^, 
mit  bem  ^infel  »on  6i(i)^örnd)ent)aarcn 
unb  tierbünnter  Sintc  mürben  bie  ©c^at* 
ten  angelegt.  ^Den  ©runb,  fofern  er  nic[)t 
rcei^  belaffen  mürbe,  färbte  man  oft  pur» 
purrot,  feltener  grün  ober  blau.  Sffiar 
bie  @(i)rift  unb  Malerei  fertig  aufgctra* 
gen,  glättete  man  bie  %\ää)i  mit  bem 
SBrunierfiein  ober  SSrunicrja^n  (3ä^nc  oon 
fleifcbfreffenben  Sieren  ober  (Sbeljleine: 
„je  ebler,  be|io  beffer").  2)en  ©c^reibern 
(scriptores  et  pictores)  mar  im  Ätofter 
ein  eigener  abgetrennter  SRaum,  tai  ©crip= 
torium,  üorbcbalten.  2)en  ©cf)reibcrn  tag 
entmeber  ein  Original  cor  ober  ber  Qlrma« 
riuö  biftierte.  ffi$aö  gefd)rieben  merben 
foltte,  bejiimmte  ber  5tbt. 

2)a§  f^on  bei  ben  Otiten  ta^  SUufiric- 
ren  »on  ^anbfcf)riften  burd^  bilbticbc  i)ar« 
fteüungen  norgefommen  ifi,  miffen  mir 
aui  ber  ®räiif)Iung  beö  ^liniuö  oon  ben 
griec^ifcfeen  ^träten  ßratenaö,  SJionpftu^ 
unb  ÜJJctroboru^  ,  metd^e  i^ren  5lbt)anb« 
lungen  über  bie  (Sigenfc^aften  ber  $f[an= 
jcn  beren  Olbbtlbungen  beifügten.  35aPon 
ifi  aber  nic^tö  auf  bie  9^aci)melt  gefommen. 
3nbcffen  jeigen  bie  Sitber^anbfdjriften  beä 
SBirgii  unb  Serenj  in  ber  oatifanifc^en, 
bie  be«  .^omer  in  bcr  Oimbroftanif^en 
93ibliott)ef  in  SDiailanb  unmittelbare  ^ad)' 
bilbungen  antifer  Äompofxtionen  ,  freilief) 
in  metir  unb  mel)r  entartenber  SBeife. 
St^nlid)  begann  man  frü^  f(f)on  bie  ^eili» 
gen  ©c^riften  ber  (5t)riften,  iiorne^mlid^ 
bie  tti  alten  SePamentö  auöjufcbmücfcn. 
©0  in  ber  SBaticana  ju  iRom  bie  32  gu§ 
lange  *Pergamentrolle  mit  2)arjietlungen 
auö  bem  geben  be8  Sof""!  /  ti"«  ^anb- 
f(^rift  be«  alten  Jefiamentg  ebenbafelbfi 
unb  baö  ÜJlanuffript  ber  ©enefiä  in  ber 
93ibltotbef  ju  2Bien.  Öil)nlid^e  SBerfc 
bpjantinif^en  ©tilcä  auö  bem  erj!cn 
Sa^rtaufenb  unfcrer  3e*tre^nung  finb 
ja^lrcic^  Dorlianben,  unb  mögen  ^ier  ge^ 


nannt  fein  ein  in  ber  '^arifer  Sibliotfief 
befinblicf)eö  ÜKanuffript  bcr  *|Jrebigten 
©regorö  »on  9'Zajianj  (9.  3fl^i^^"nt>crt) 
unb  eine  Silbcrl)anbfc^rift  bcö  3efaia^  in 
ber  Saticana  (10.  Jabrbunbcrt). 

Söa^rcnb  im  bt)5antimfd^cn  SReii^c  bie 
ÜJJtniatur  urfprünglicl)  ©emälbe,  ben  ©ü« 
c^ern  eingefügt,  mar  unb  erfi  im  Saufe 
bcr  3cit  bie  Drnamentation  bcr  ©(^rift» 
jüge  felbp  t)injufam,  nat)m  bie  ©ad^e  im 
'Ubcnblanbc  ben  umgcfel)rtcn  95crlauf.  S)en 
DDtönc^en  fam  cö  nor  allem  barauf  an, 
bur(^  5lbfcf)reiben  ibre  Älöfter  in  ben  Sc* 
ft^  ber  ^eiligen  Sucher  ju  bringen,  ytaäi 
unb  nac^  erji  famcn  bie  ©(^reibfünftlcr 
baju,  burc^  gtö^cre,  t?crjierte  Qlnfangä* 
bu^fiaben  i^rc  ©d^rift  au^jujeid^ncn. 
Äunjimerfe  frübercr  Spod^en  fianben  it)nen 
ni^t  JU  (Sebote,  beä^alb  mußten  bie  Sicr« 
unb  ^flanjcnformcn  i^rer  unmittelbaren 
Umgebung  ilincn  bie  iBorbilber  liefern. 
Qtuö  ber  Äaligrap^ie  ging  aber  jugleid^ 
eine  l^reng  ornamentale  SDtalcrci  ficroor. 
2)ie  3fic&ncr  t)atten  faum  bie  5lbfid^t,  bie 
23ögel,  }Si\d)i,  ©d^langcn,  93lätter  unb 
Slütenjmeige  naturgetreu  roicberäugcbcn, 
felbfi  bie  mcnfd^lidje  Oefialt  mufte  fi(^ 
bie  freicfie  Sc^anbtung  unb  bie  Ummanb* 
lung  jum  Ornament  gefallen  laffen. 

3rlanb  iji  bie  J^eimat  biefer  frübefien 
abenblänbifd^en  SD^Jalerci,  unb  cö  iji  mal^r* 
fdbcinlic^,  t>a^  ber  ©til  unb  bie  Waler* 
ted^nif  t>on  QUeyanbria  au«  nadb  S^Iin^ 
burdf)  ©inmanbern  ägpptifd^cr  SD'Jönc^e  ge* 
fommen  unb  »on  bcr  fcltifc^en  ScDölfe» 
rung  fpäter  eigentümlich  fortgebilbet  roor* 
ben  ifi.  2)on  ben  irifd()en  Älöfiern  ifi 
bicfc  Ornamentation  juüörbcrfi  auf  eng* 
lifd^c  übergegangen,  din  d^arafterifiifd^cr 
3ug  ber  irifc^en  üKanuffripte  befielt  bar« 
in,  ba^  bie  93ud)fiabcn  ber  erften  S^iU 
eineä  2lbfd^nitteö  t>iel  grö^ercö  gormat 
t)aben  aU  bie  übrigen.  3"^^'"  überragt 
bcr  eigcntlidfic  3nitialc  feine  S'iebcnmännet 
um  ein  bebcutenbe^.  Qluf  bie  crfie  S^üt 
pflegen  fid^  audb  bie  3'ctaten  ju  bcfdbrän« 
Ecn.  ©äume  »on  roten  lupfen  um  bie 
3mtialen  ftnb  bie  erficn  fd^tid^tcn  SScr* 
fudf)e,  malerifd^en  ©dbmud  anjubringcn. 
S)ann  mirb  ber  Äörper  bcr  mit  fd^warjer 
Sufdbe  aufgeführten  ©ud^fiaben  mit  einem 
ücrfd^lungcncn  ßinienornament  in  mei§ct 
Jarbe  auögcftattct,  bie  einzelnen  93alfcn 
bcr  Suc^fiabcn  crf)alten  Äöpfe  von  ißögeln, 
ober  a^eptilien.  3"  i»«"  Sinfcln  unb 
fonfiigcn  3"''f'ftfnfäumen  fxcbcln  ftd& 
93ögel,  ©d&langen,  SJrad^cn  u,  bgl.  an, 
umgeben   t>on   ober   tcrflod^ten   mit   bem 


SDiiniaturmalcrci. 


459 


auf  bae  ftnnreic^Pe  geführten  Sanb«  ober 
(Ricmenircrf.  3)ie  5'>i^^<^n  ftnb  mit  jiat» 
fen  Sinbcmitteln  angctnad)!  unb  bo.bur(^ 
üor  bem  Serblaffcn  9e[cf)ü^t.  ®eh)i§  fann 
eine  3;f)ätigfeit ,  welche  in  bcr  fcf^terlofen 
5lu^fü^rung  bcr  @ci)nörfel  unb  5lrabeäfcn 
i^re  ©ebulb  unb  fafi  unbegreifliche  Sorg» 
famfeit  erprobt,  nur  gebei^en  unb  ;iur 
a5oütommcnl)eit  gelangen  in  gänjtic^er 
5lbgef(^Ioffenl)cit  unb  bei  fafi  töüiger  ^i- 
bürfniölofigfeit,  Umfiänbe,  »üelc^e  bei  ben 
SSetüo^nen  bcr  irifct)en  Älöfier  ju  finben 
»aren.  S)urd&  bic  geograp^ifd)c  Sage 
cor  ben  ©türmen,  welche  über  (Suropa 
ba^injogen,  befc^ü^t,  fonnten  bie  ©djüler 
beä  ^eiligen  (jSattiE  tai  (5,{)rifientum  auf 
ber  grünen  3nfel  oerbreiten  unb  nac^^er 
aU  gtaubenöfefic  Scrfünbiger  bc^  Slöortc^ 
©otteö  aud^  tai  übrige  ©uropa  bereifen. 
»DJit  it)nen  jog  aber  jugleict)  ibre  ®d)reib* 
unb  Süuminiertunfi  in  bie  SBclt  binauö. 
S)ic  umfaffenbfte  Arbeit  über  bie  SOJinia^ 
turen  biefcr  ©d^ule  ^at  3-  ^-  ffieftwoob 
in  feinem  2Öerfe:  Facsimiles  of  the  mi- 
niatures  and  Ornaments  of  Anglo  Saxon 
and  Irisch  mannscripts  geliefert,  auf  melc^eö 
aScrE  Dcrrtiefen  fei.  ®ie  älteren  bittw 
tenberen  SWiniaturen  irifd^cn  ©tile^  finben 
ftc^  in  einem  (Soangeliarum  beö  ^eiligen 
Söiüibrorb  (<Hnfang  beö  8.  ^atjr^unbert«) 
in  ber  ^arifer  Sibtiotbef.  ©etfclben  3eit 
ungefähr  ge{)ören  bie  SO^iniaturen  beö  fo= 
genannten  Sut^bert=93uc£)eö,  eine«  anget= 
f<i(i)rtfcf)en  Soangeliariumö  im  britifdjcn 
ÜKufeum  ^u  2onbon  an.  ©inen  großen 
@d^aj^  altirifd^er  SRanuffripte  bcfi^t  bie 
93ibIiot{)ef  beä  el)emaligcn  Älofieiä  ^u 
©t.  ©aUen  (fte{)e  aiaf)n:  2)a«  Psalte- 
rinm  Aurenm  ju  @t.  (Sauen).  3"  ^c"  ""d^ 
jat)lreic^  erbaltenen  SJBerfen  ber  fpäteren 
Seit  jeigt  ftc^  oft  eine  fonberbarc  ©er? 
fcbmeljung  beö  irifc^en  @tilö  mit  bem 
bpjantinifi^en ,  fo  im  (äoangetiarium  ber 
Trierer  ®ombibIiot^ef  unb  in  bcnjenigcn 
bcr  *Bibliott)ef  ju  'Soulogne.  ®ie  3ci*= 
nung  ber  giprcn  ijl  bur^gängig  beffer, 
hai  Ornament  bagegen  h)eniger  jierlic^; 
bie  fpcjififd)en  (Elemente  beöfelben ,  bie 
Kombination  »on  Sinien,  SBinfeln,  @pi= 
ralcn,  SRiemcn  zc.  oerfc^minben  na^  unb 
nad)  gänälid). 

35Ön  ben  i8en)ot)ncrn  beö  ^^^Planbc^ 
f*etnen  befonberö  bic  au^  Sieren  jufam= 
mengefe^ten  Suc^ftaben  mit  Scgier  auf= 
gegriffen  mor&en  ju  fein.  SeugniJTe  f)icr» 
für  beft^en  bie  Sibliotbefen  ju  ßaon, 
Stuttgart ,  *JWüncf)en ,  ®t.  (Saßen  unb 
fPari«.    %ui  ber  3cit  ÄarU  tii  (Sro^en 


batieren  bic  altcfien  Denfmale  n)irfUct)er 
iWalcrei  in  ben  fiänbern  iJlorbeuropa« 
(Srianb  aufgenommen).  *}ntcftrifilic[)e, 
nocf)  »on  antifer  Srabition  lebenbe  unb 
btjjantinifc^c  ißorbilbcr  unb  £)äufig  aud) 
ber  Sinf[u§  ber  aue  3'^I'inb  gefommencn 
ÜJlöncfte  laffen  fid)  in  ben  nocE)  böcbft  un^ 
be^otfenen  3ti^"""3f"  erfennen.  3)ie 
antifen  ^erfonififationcn  non  <£onne, 
ÜJJonb,  (Srbe  jc.  mcrben  beibehalten,  ob= 
fct)on  Äarl  jene  SO^ianicr  ali  t)eibnif(^ 
nermarf. 

5Dic  glitten  fetbfi  gewinnen  eine  fefte 
ft)mboIif(^e  93cbeutung.  Sei  if)rer  QJcr* 
teitung  leitet  mc^r  ein  allgemeine^  (Sefe^ 
ber  Harmonie  alö  bie  SRüdfic^t  auf  bic 
D^atur,  unb  cö  ifi  nii)t  feiten,  ha^  ^aare 
unb  33art  grün  ober  blau  gefärbt  ftnb, 
wenn  cö  gerabc  pa§t.  511^  t>ai  ältcfie 
fflerE  ber  farolingifc^en  (Spo(i)e  gilt  hai 
(jDangclifiarium  beä  (Sobeölac,  melc^cö 
auf  Sefebl  Äarlä  tti  ©ro^en  angefertigt 
morbcn  tt>ar.  ÜJlit  bem  größten  ßuyuö 
auögeflattet,  erfc^eint  bie  ©c^rift  in  ®olb 
unb  ©ilbcr  auf  purpurfarbigem  ^crga* 
ment.  ©ic  ÜJ^iniaturen  beö  9.  3«br^uns 
bert^  ergeben  ftd^  ju  gro§cr  ©elbfiänbigs 
feit.  Siö^cr  bemegten  jid^  bie  Äünftlcr 
innerl)alb  eine^  fct)r  engen  Ärciieö  ber 
SJarftcüungcn,  nun  aber  unternehmen  fie 
cö,  bic  im  Scft  erjät)lten  Vorgänge  bilb^ 
lid)  miebcrjugebcn,  anfänglicl)  in  f leinen 
3eic^nungen,  melden  bie  3nitialen  als 
Ota^men  bienten,  na^t;cr  aU  freie  Äom« 
pofition  in  großen  Söilbern.  5lud^  bic 
^arbengebung  roirb  rocnigcr  ^art;  ber 
SRaler  beniü|t  ftc^  ju  mobeüiercn,  jum 
Jcil  nad)  bem  SSorbilb  ber  Spjantincr 
mit  grüntid)en  ©d)attcn,  jum  Jcil  aber 
aucö  nac^  ber  Dfiatur  mit  eigentümlicher 
*llntt)enbung  golbencr  ßid^ter  in  l>tn  ®e* 
ft)änbern.  .^iert)er  gef)ört  nebfi  anberen 
bie  2Bcffobrunner  ^anbfc^rift  (^ofbibliO'= 
tbcf  üBfünd^cn),  boä  (Juangcliarium  ßotl)arg 
unb  bie  Sibcl  ^axU  beö  Äablcn,  ba« 
rcic^fie  aller  biefcr  SBcrfc.  (Sine  gro^e 
3a^l  ^anbfc^riftcn  au^  ber  farolingif^en 
3cit  beft^t  ©t.  ®aücn. 

5ludb  in  ber  ^Jolgejeit,  ber  romanifc^cn 
verleugnet  bie  ÜJliniaturmalerei  feincättjcg^, 
bie  *Mnlct)nung  an  bic  ^ilntifc,  mie  ftc 
burc^  bie  alt^rifilict)e  Äunfi  überliefert 
war.  3nbeffcn  gef)t  bic  Pflege  bcr  Äunfi 
mit  bem  (5rlöfd)cn  bcr  farolingifc^cn  ^err» 
fd^aft  tion  ^yranfreid^  auf  Seutfd^lanb 
über.  I)ie  .^ünfilcr  ftnb  nad^  mie  oor 
Älofictgcifilic^e,  aber  *ilugc  unb  ^anb  ber 
beutfcöcn  aJklcr  ermcift  ftd)  noc^  ali  un* 


460 


Sniiniaturmalerci. 


geübter  unb  ungelenfer,  unb  baö  Scfireben, 
mit  ber  Stabttion  bie  S(n[(^auung  bet 
JRatur  ju  eetbinben,  Sewegung  unb  5Iu6= 
brucE  in  bie  3fi*nung  ju  legen,  »ctleitcn 
biefelben  gu  Übertreibungen  unb  SBer* 
^errungen.  5Die  ©eftd^tcr  erlbalten  eine 
fable,  fclbji  grünfidbe  ?^arbe,  bie  im  SBcr» 
ein  mit  bem  Mageren,  SingefaKenen ,  ben 
langgejlredften  ©efialten  unb  ben  lebloä 
f(i)ematif4)en  ®ett)änbern  biefen  Qtrbciten 
einen  bei  aQer  ^Jaibenprac^t  bod^  triften 
abf($recfenbcn  2tu«ibtu(f  geben.  Unter  ben 
SBerfen  be«  10.  ^abrbunbertö  f)at  ia^ 
©bangeliarium  beö  ©ifdbofö  ßgbert  Bon 
Srier  in  ber  bortigen  jtäbtifdben  93iblio5 
tbef  grofe  Sebeutung.  2)ie  Söangclijien 
crfc^cinen  auf  öiolettem,  golboerjiertem 
leppic&grunb  großartig  feierlicf)  in  |»altung 
unb  5lu9brucf.  ®cr  bt)jantinifterenbe 
®til  iji  bcfonberö  auögebrücEt  in  ben 
ÜJliniaturen ,  tt)el(i)e  ^einric^  n.  für  tai 
^omjtift  Sßamberg  anfertigen  Iie§.  S)ic 
3ei(f)nung  ijl  fonccntioneü,  biltöerjian^ 
benen  33orbiIbern  obne  8tücfft(i)t  auf  bie 
Statur  nadfjgea^mt.  ^m  ttjeüercn  iBerlauf 
bc^  11.  Sfll^^uni^wtö  bcmäd)tigt  fidf)  eine 
manierijiifcfie  Entartung  biefeg  @tilcä,  bie 
in  feltfam  uerfd^robenen  Äörpcrformen, 
mirren  ®e»t)anbmotit)en  unb  oft  in  ah' 
fto^enber  ^ä^Iidbfeit  jtc^  geltenb  ma^t 
unb  ben  tiefften  SBerfaQ  ber  Äunji  »errät, 
ißon  ber  OKitte  beö  12.  ^abrbunbertö 
an  nimmt  bie  Silbung  eine^  felbjidnbigen 
germanifd^en  Stilen  ibren  5{uögang.  ©ine 
Äunfi,  »elcbc  in  fo  inniger  93ejiebung 
jur  ßitteratur  fianb  »ie  bie  SO^tniatur« 
maierei,  fonnte  ja  non  bem  ^luffc^wungc, 
tt)elcf)en  bie  ^oefie  in  S)eutf(^lanb  na^m, 
nicbt  unberührt  bleiben.  S)ie  beiligen 
©cbriften  gaben  ber  SDtalerei  ni(i)t  me^r 
aUcin  ©toff  unb  51nregung ;  ßegenben, 
|>elbengcbi(i)te ,  poetifc^e  ©rjatilungen, 
2;icrfagen  unb  SWinneliebcr  eröffnen  bem 
Äünjiler  ganj  neue  SBclten.  Unb  mit 
ben  ©egenjiänbcn  gebt  aucb  bie  5luäs 
Übung  ber  knn^  auö  bem  auäfcbtie^Iid)cn 
öejt^  ber  ©eifili^en  in  ßaienbänbe  über. 
2)ie  Sracbt  ber  3eit  fpiegelt  ftd)  beutlicb 
in  ben  aWalereien  tt>ieber;  in  ©ejicbt  ,unb 
Äörperbilbung  meidet  ber  btjjantinifc^c 
Ippuö  mcbr  unb  mebr  einem  nationalen, 
©tarfe  fcf)n3arje  Umriffe  merben  au^  je^t 
nocf)  bcibebalten,  mie  audb  bie  pbantapi« 
fcben  Serf^Iingungen  an  irifc^e  Initialen 
erinnern;  bie  aWotiwe  aber  tt)erben  ber 
^flanjen*  unb  Sierhjett  enttebnt,  unb  in 
ben  Bügen  ber  großen  53ucbjiabcn  jeigt 
ftd^  Sinn  für  ©dbJuung  ber  ßinien.  (Eine« 


ber  Dorjüglidbjten  Sffierfe  biefer  ©podbe  be« 
fa§  'bie  Sibliotbef  gu  ©traiburg  in  bem 
„Hortns  deliciarum",  »elcbcn  bie  iÖbtiffin 
^errarb  fon  ßanbgberg  1175  gefdbricbett 
unb  mit  jal^Ireidf)en  31bbilbungen  »erfeben 
bat,  benen  ein  »ielfacbeä  Eingeben  auf 
SWatur  unb  Scbcn  einen  naioen  SReij  »er« 
liel).  23on  ber  freien ,  fd^tt)ungt>olIen 
$bantafiif,  bie  in  ben  Ölanboerjierungen 
unb  3"itialen  ibr  |eitere^  Spiel  treibt, 
geben  brei  ^afftonale  auö  bem  Älofiet 
Swiefalten  (Sibliotbef  in  Stuttgart)  mebr» 
fact)  glänjenbc  ©eifpiele.  2)ie  ©efialten 
finb  in  fdbttjarjen  unb  roten  i^eberjeid^« 
nungen,  jum  Jeil  auf  farbigem  ®runb 
abgebilbet.  SDabei  finb  bie  nacften  Seile 
ftetg  in  roten  Umriffen  geilten.  SBegen 
©tubium  bcö  Seitfofiüm^  namentlicb  tt)i(^« 
ttg  ftnb  bie  ÜJiiniaturen  ju  ^einridb  »on 
SBelbedE«  „föneibt"  («Ünäi«)  in  ber  ißiblio* 
tbef  ju  Sßcriin ,  insgemein  ol^ne  3lu3* 
malung.  2)iefelbe  JBibliot^ef  befi^t  eine 
aug  bem  13.  ^a^rbunbcrt  batierenbe,  in 
neugotifcben  iDtinuöfeln  gefdbriebene  Äopte 
beö  ßcben^  ber  ÜJiaria  »on  Sßerinber  öon 
Segcrnfee.  Umgefe^rt  erf(f)eincn  bier  bie 
©ettjänber  in  roten,  bie  nacften  Xeile  in 
fcbttjarjen  Umriffen,  nur  bie  Unterlippen 
ftnb  burcb  einen  roten  Stridb,  bie  ÜBangen 
burcb  rote  fünfte  bejeic^net. 

2)ie  franjöfifc^e  SWiniaturmalerei  fianb 
in  ber  romanifcben  @podf)e  unter  übet« 
tt)iegenbemföinf(uf  beö  irif^«angclfäcbftfdben 
©tilö.  Snbeffen  mirft  ber  gotif^e  Stil, 
ber  in  iji^anfrei^  feine  |»cimat  f)at,  frül^er 
unb  entfc^iebcner  auf  bie  iDliniaturmalerei 
ein  aU  in  anberen  ßänbern.  5n  ber 
Äunfi  be^  „3fluminierenö"  marcn  bie 
iParifcr  ^ünfiler  meit  berübmt. 

23orerfi  bcfcf)ränfte  man  ficb  in  ber 
gotifdben  3«it  <Juf  fdblicbte  Umrifjeid^* 
nungen,  inbcffen  »oUjiebt  ftcb  ber  Übergang 
com  93t)jantini^mu^  unb  iRomani^uä 
ju  natürlicberen  99eft)egungen  unb  jur  5n« 
bioibualifierung  ber  Äöpfe  aümäblid^.  2Die 
ÜWittel  jum  Stu^bruct  ber  ©mpfinbungen 
ftnb  nodE)  äufcrfi  befdbränft:  ^crabjie^en 
ber  9)iunbtt)infcl  für  Sdbmerj  :e.  S)ie 
farbigen  Silber  ftnb  anfangt  nodb  tt)irf« 
iiä)t  ^itixii\ä)n\xn(itn  mit  ungcbrocbenen 
garben  iKuminiert;  erfi  aümäblidb  gelangen 
bie  Äünfiler  felbfiänbig  mieber  auf  bie 
Stufe,  roeldbe  fte  mit  bem  5lufgeben  ber 
btjjantinif^cn  Sedbnif  »erlaffen  bciW^n- 
fte  gebraucbten  ajJitteltöne  unb  Übcrgönge 
jttiifdben  ßid^t  unb  Schatten.  25a«  Stre* 
ben  nacb  3ierlidbfcit  unbStnmut  fü^rt  gu 
eigentümlich  gemunbencn  Stellungen  unb 


SOJiniaturmalciei. 


461 


iDcibtc^ungen  beö  mcnfc^ lieben  Äörpets. 
eincö  i>n  liebenörDÜrbigfien  Scifpiclc  bic= 
fcr  2ttt  fmb  bic  |)anb[(^nften  be^  *13arcit>al 
röolfram^  Don  Sfc^enbacb  unb  be^  Stifian 
©ottfticb^  Don  «Strafburg  in  bcr  93ibIio5 
t^cE  ju  ÜJlünc^cn,  fc^tüaräc  $5f^fi^sfi<i)niin' 
gen  auf  farbigem  ©runbe.  Jfoc^  cnt- 
fd^iebener  ge^t  bcr  SGßeingartner  SOiinne« 
länger  «Äobey  (Äönigtict)e  93iblitf)ef  in 
Stuttgart)  unb  ber  äJfanefftfc^e  (33ibtioä 
tbef  in  *Pari^)  auf  ben  c^arafterifii[cf)cn 
®d)»ung  beä  gotifd^en  ©tilc^  ein.  *}l[Ie 
biefe  IDliniaturcn  ju  fprofanbid^tungcn 
»erben  aber  überragt  üon  ben  auf  ©olb^ 
ober  Sapctengrunb  aufgeführten  iUumi» 
nierten  5tbeTjeicf)nungen  ju  2öoIfram«(  Don 
(5f(benbac^  Jftittcrroman :  2BiIt)cIm  »on 
Dranfe,  in  ber  Sibliot^ef  ju  .Gaffel.  Oft 
o^ne  icbe  nähere  33eäie^ung  jum  Scyte 
finb  bie  iRanbjeic£)nungen ,  ttiie  wir  fic  in 
93ibcln,  ^faltern  ober  (5oangeIienbücf)etn 
finben ,  abenteuerliche  Ungcfialten  au^ 
33?cnfct)en=  unb  Sierleibern  jufammengefe^t, 
üod  origineHem,  mitunter  berbcm  |)umor, 
mit  fieserer  ^anb  gejeicbnet,  fid)  auf  SRan= 
fcn  unb  bergleic^en  tummclnb.  JReid^  in 
biefer  Scjie^ung  ifi  eine  SSulgata  ber 
öffcntli(J)en  93ibliot^ef  ju  Stuttgart.  5lud^ 
im  93öt)menlanb  entmicfelt  ftd)  im  Sauf 
beö  13.  3a^t^unbertö  eine  ocrnjanbte  SRi^* 
tung,  t)on  ber  eine  Silberbibcl  in  bcr 
93ib'Uot^cf  beö  gürficn  fiobtoftij  ju  «Prag 
jafjlreic^e  ©eifpielc  poü  ßeben  unb  Drigi* 
nalitcit  bietet. 

%üx  bie  ättieite  (ßeriobe  tti  gotifrf)en 
Stilcö  ifi  c^araftcrifiifcl) ,  baf  mel)r  unb 
me^r  an  Stelle  ber  foloriertcn  g-eberäei^« 
nung  bie  felbfiänbige  S!}Jalerci  mit  bcm 
*Pinfel  tritt.  S)a6  9lugc  ^atte  fxä)  ge= 
f(J)ärft  in  ber  Seobac&tung  ber  SRatur;  eö 
fa^te  bie  gotmen  richtiger  auf  unb  bcr 
Äünfiler  fing  an  ftd)  flar  ju  werben 
über  bic  33ebingungcn  bcr  förpcrli(f)en 
(Srfcbeinung  ber  ^ingc.  3n  ber  3eid)nung 
menfcf)lid)er  ^^^Si^i^^n  ocrrat  fxi)  bereite 
ein  genaue^  Stubium  ber  Äöpfe  unb 
^dnbe,  wä^rcnb  eö  aUerbings  mit  bcr 
5lnatomic  beä  übrigen  Körper«  nod)  übel 
fceftellt  ifi.  S)er  ^altenmurf  bcr  Älcibcr 
wirb  lei(i)tfliefcnb,  ben  ^intcrgrunb  bil* 
ben  5trc^itefturcn  ober  fogar  auc^  ßanb* 
f(J)aftcn ,  bauflg  inbcö  @(f)ad^brett  ober 
Scppic^muficr. 

5Die  franjöftfc£)cn  unb  burgunbifdf)en 
gürfien  befonbcrö  liefen  ftd)  "bic  »Pflege 
ber  Äaligrap^ie  unb  a3ucf)malerci  angc= 
legen  fein,  unb  waren  namentlich  niebcr« 
länbifdE)e    ÜJliniatoren    bie    ausfül^renbcn 


Äünftlcr.  gür  Deutfc^lanb  fommt  in 
biefer  $eriobe  ganj  Dorjüglicb  bie  böt)  = 
mifc^e  ©d^ulc  in  33etrad)t.  SBie  Äarl  IV. 
mar  aud^  fein  So^n  2Benäel  menigficns 
anfangs  bcfliffen,  bic  Äunfi  in  93öt)mcn 
ju  pflegen.  3<^l)lreicbc  ^anbfcf)riften ,  für 
bic  genannten  gürfien  angefertigt,  »er= 
raten  mcberlänbifdt)cn  ober  franjöfifct)en 
einflut.  511^  SBerf  eineö  böl)mif(^cn 
Äünfilcrä  unb  jmar  tii  ßcutcpriejicr«  t»on 
Sanbsfron:  Sofeanneö  oon  Slroppau  fieHt 
ftdf)  ein  enangeliarium  ber  2öicner  ^of- 
bibliott)eE  bar.  gür  ben  Äönig  2Benjcl 
angefertigt  iji  eine  beutfct)e  93ibelüber= 
fe^ung,  bie  aBenjetbibcl,  erhalten.  2>ic 
fürfilicf)  Sic^tenfieinifcf)c  93ibliotf)ef  in 
2öicn  unb  tau  Stift  gilienfclb  bcft^m 
©fcmplare  einer  Concordantia  caritatis, 
mcld)e  erfcnnen  laffen,  baf  an  jcbem  33Iatt 
fünf  Äünjilerf)änbe  befd)äftigt  gcmefen 
ftnb,  alfo  auf  eine  gemiffc  fabrifmdfige, 
eine  gro§c  9'Jacf)fragc  oorau^fc^cnbe  ^ro* 
buftion  f(^licBen  laffen. 

I)ie  cnglifcften  SOtintoturen  biefer  3eit 
pflegen  fic^  »on  ben  franjöftfcljen  burd^ 
geringere  SRoutinc  in  bcr  3eid)nung  ju 
unterf(^ciben. 

S)ic  rcalifiif^e ,  inbioibualificrcnbe 
SRidl)tung  in  bcr  iKalerei,  oon  ben  93rü= 
bern  mn  StjdC  unb  bcr  altflanbrifc^en 
Schule  weit  über  bic  Sfiac^barlänbcr  ^in* 
auö  jur  .^crrfcl)aft  gebracht,  fanb  auf  bcm 
©cbictc  ber  SWiniaturmalerci  einen  oorjügs 
lidf)  günjiigen  Sobcn.  2)ie  portrdtmafige 
Scl)anblung  bcr  gipren,  baä  Streben 
na<i)  fRaturma^r^eit  ftnb  oon  nun  an 
^croorjicc^enbe  3ügc  in  ber  ÜKiniatur* 
maierei.  3n  einselnen  Söcrfcn  biefer  3«t 
glaubt  man  bie  ^anb  ber  bcrü^mtcficn 
Tln^ti  bcr  flanbrifc^en  ©d^ule  ju  erfen* 
nen,  »ie  bie  93rüber  t»on  @t)d  felbji,  na* 
mentlid)  aber  beren  Sdf)tt)efier  ÜJiargaretI)a. 
daneben  werben  bic  ÜRalereicn  ber  für 
?ßl)ilipp  ben  ®uten  gcf^riebenen  Histoire 
du  royaume  de  Jherusalem,  bie  ÜJUnia* 
turen  im  ©cbctbu^  Äarl  be«  Äüt)ncn 
unb  qsiiilipp  be«  ©uten',  bic  Silber  ber 
®efcf)ict)te  beg  .^cnnegauö,  biejenigcn  au« 
bcm  Srcniarum  be^  Äarbinalö  ©rimani  :c. 
SKogicr  Dan  ber  2öepbcn,  Wemling  unb 
2)iref  Stucrbout  5ugcfdt)rieben.  3"  *>«« 
reid^jien  unb  fd^önfien  Suchern  biefer 
epo*e  gcprt  tai  ©ebetbud)  ber  ORaria 
pon  iöurgunb  in  ber  Sßicner  ^ofbibliot^ef. 
©bcnbafelbfi  befinbet  „ficf)  eine  prac^toott 
aucigcfiattctc  beutfct)e  Überfc^ung  be«  Hor- 
tulus  annimae  »on  Seb.  33ranbt.  3)ie 
Initialen  in  ben  nieberlänbif^en  üJianu» 
30 


462 


Minimi  fratres. 


ffripten  «erben  mit  Sorliebe  mit  tonuntio' 
nett  bc^anbcltem  Slattmctf  gebilbet,  beten 
3tt)ifci)cnräume  mit  prächtigen  ©lumen 
ober  gtüc^ten  auägefüHt  ober  mit  färben* 
reichen  2)ögeln  ober  SnfeWen  bet»ölfcrt 
tüurben.  —  S>eutf(^c  Spiiiniaturen  um  bie 
SWitte  be^  15,  3Q^ic^uni'«t^  äciflsn  ineifi 
nod^  bie  Stad^njirfungen  früherer  Äunfi« 
Vüeifen.  2)ie  SBeic^^eit  ber  ÜJiobetlicrung 
erinnert  oft  an  ben  legten  Vertreter  ber 
altfölnifc^en  <Sc£)uIe:  ©tep^an  ßod)ncr, 
tüä^renb  in  ber  ©c^ön^eit  ber  garben 
ftd)  bereite  ber  ®influ§  ber  oan  Spcffc^en 
@(i)ule  bcmcrfbar  mad^t. 

9Bie  in  atlcn  3*''«i9cn  ^^^  IDklcrci 
ctfcfecint  auä)  in  ber  ÜJliniaturmalerei 
ÜDüter  aU  ®ro§mciftcr.  ^icrt)cr  gehören 
bie  5Hanbjei(tnungen  jum  ©cbetbu^ 
ajitayimilianö  I.  in  Stau  unb  SRot  auf 
Pergament  auögefü^rt,  poü  *pf)antafie  in 
ben  sierlid)en  5lrabe^fen  auö  Wan« 
jenformen  unb  ßinienoerfd^lingungcn,  oft 
gewürjt  mit  föfilic^em  ^umor. 

a3on  ben  ja^lreid^en  SQuminijien, 
rotld)^  in  ber  erjien  ^älfte  be^  16.  ^ai)Xt 
l^unbert^  in  SJlürnberg  bie  ^lu^fdimüdung 
toon  Sü(i)ern  gc^erbcma^ig  betrieben,  i^ 
Dornc^mlid)  ®eorg  ©lodenton  ju  nennen, 
bcffen  Äinber  unb  ©nfcl  i^m  auf  ber 
93aftn  folgten ,  baneben  ©eb.  ©e^am. 
Sapern  barg  eine  gro^e  ÜJlcnge  SHumi* 
niften.  ^u^  aud  93öl)men  ftnb  in  neuerer 
3eit  eine  gro^e  3<if'l  aJJiniaturmerfe  be= 
fannt  gemotben,  rcenn  auc^  mand^eö  in 
ben  ^uffitifd^en  ©türmen  ju  ©runbe  gegan« 
gen  fein  mag. 

i5ranErei(|  ^atte  in  ber  crjien  .^älfte 
be^  15.  3cifet|punbcrt^  feine  SOiu§e  für  bie 
^Jflcgc  ber  ^ünjle.  93ürgerEriege  unb  ber 
Ärieg  mit  ©ngtanb  pctwüjieten  tai  üidä). 
S)en  ©til  ber  SRcnaiffance  in  bie  franjö» 
ftfd^e  SOJiniaturmalerci  eingeführt  ju  ^aben, 
ift  bai  Serbienji  ^tl}an  goucquetö.  %li 
üorjüglic^Pe  llrbeit  feiner  ©d)ule  erfd^eint 
tai  ®ebctbuc^  beä  Äönig^  SRcn6.  S)en 
bominierenben  (5inf[u§  ber  itaUcnifcf)cn 
SDlalerei  unter  %xani  I.  ücrrät  ein  (Sfem* 
plar  ber  Chants  royaux  (^ofbibliot^ef  in 
SDßicn).  Son  ©eofrop  Zoxt),  bem  auöge* 
jei(i)neten  ißu^brud er,  3eid^ncr  unb  ©ted^cr, 
ejifiicren  jwei  SOliniaturmerfe ,  «elc^c  un= 
ter  bem  ®inf[uffe  ber  ©d^ule  t)on  '^on' 
tainebleau  entfianbcn  ju  fein  fc^einen. 
©pätet  fommcn  in  ^Jranfreidf),  tt)ic  anbcrö' 
wo,  bie  9JJiniaturen  in  ben  Sudlern  nur 
no(^  Dereinjelt  cor. 

aSom  (Sntmicflungdgüngc  ber  ÜKiniatur« 
malcrci  im  9lorben  njurbc  bie  italienifcf)e 


weniger  ober  gar  nid^t  berüf)tt.  S)ie  ältcften 
italienifc^cn  SRiniaturen  befi^t  bai  Älojler 
ÜJlontccafjino  (6.  ^ahx^.).  3m  allgemeinen 
batiert  hk  ^Befreiung  ber  italicnifc^en 
ÜJliniatur  au^  bpjantinifd^cn  ^^ff^In  erfi 
au^  bem  13,  3a^rt)unbert.  3m  14.  3ci^rb. 
erlangt  bie  ©^ule  »on  ©iena  ^eroorragenbe 
aScbcutung.  3"  S^orenj  marcn  im  14. 
3a^r^unbert  bie  Samalbulenfcrmönc^e 
Peinige  SKiniatoren.  jDie  SHiniaturmalerei 
^iclt  ftd^  in  3talien  biä  in«  17.  3al;r= 
^unbert. 

93erbrängt  würbe  bie  93ud&malerci  eine«* 
teilä  burd^  bie  Sud^brucferfunfi ,  anbern* 
teil«  aber  namentlid^  burc^  ben  ^olj» 
fdt)nitt,  inbcffcn  ^interldgt  tit  üJtiniatur« 
maierei  ber  Sud^ittufiration  ein  reid^c« 
Srbe  in  3nitialen,  Vignetten,  3i«Wen^ 
5lrabe0fen  :c. 

^a^  eübfe,  ®runbri§  ber  Äunfl* 
gefd^i(i)te;  ©ud^cr,  ©efd^i^te  ber  tcd^« 
nifd^en  ^ünjie.  Sßgl,  2Baagen,  ^anb« 
bud^  ber  SWalerfd^uIen.  5t.  ^, 

Minimi  fratres ,  mindeste  brüeder, 
Eremitae  Minorum  Fratrum  S.  Francisci 
de  Paula,  I)ei§t  ein  üon  iJi^oni  ^"n 
^aula  gefiifteter  Wönd^öorbcn.  S)et 
©tifter,  im  ^a\)Xi  1416  ju  *PauIa  im 
SReapoIitanif^en  geboren,  war  bei 
feiner  ©eburt  bem  ^eiligen  ^ranj  öon 
^iffift  geweift  unb  cntwicfette  fdf)on  ali 
Änabe  in  einem  granjiäfanerfloficr  eine 
au^erorbcntlic^c  9ieigung  ju  jirenger 
5lefefe;  al«  Hjäfjrigcr  3üngling  lebte  er 
in  ber  dläi)t  ber  ^eimat  in  einer  abgele« 
genen  ^^U^nsifotte  ton  Kräutern  unb 
frommen  ®abcn,  erhielt  im  jwanjigjien 
3al)re  gleid^fitebenbe  3ünger,  fpäter  bie 
©riaubniö  jur  ©rbauung  eine«  Älofiet« 
unb  einer  Äapefle,  wel^e  1436  oon  ben 
Eremiten  be«  ^eiligen  ^xan^  bejogen  wur» 
ben.  Den  brei  gewö^nlid^en  Wönä)i> 
gelübbcn  würbe  tai  bcjiänbigc  5<'Pfn* 
leben  beigefügt,  b.  f).  eine  ©nt^altfamfeit, 
bie  ftc^  nid^t  nur  auf  eigenttid^e  ^^^iW* 
fpeifcn  erfircdfte,  fonbern  auf  ade  oom 
gleifc^  ^ctfommcnben  ©peifen  überhaupt, 
alfo  aud^  auf  ©ier,  Tlili),  SButter,  Ääfe, 
unb  nur  iBrot,  DI  unb  SBaffer  erlaubte, 
©iftuä  IV.  betätigte  bie  Drbenäjiatuten 
1474.  S)er  Dtben  öerbreitcte  ftd^  fd^nell 
in  Stallen,  ^i^^nfreid^,  ©panicn  unb 
55euttd)Ianb.  S)ie  Srac^t  ifi  ein  bi«  an 
bie  %a^ia  reicbenbe«  fd^warjwoQeneä  ®e* 
wanb  mit  gteid^farbiger  Äappe,  bie  oorn 
unb  hinten  bi«  an  bie  Ruften  reidf)t.  (Sin 
befonbcrer  S^tiQ  ber  SOlinimen  ftnb  bie 
ÜH  inimen  =  2crtiarier     oDer     üJiini« 


SDtiniPerialität. 


463 


mcn  bciberlei  ®e[«ftlc(i)t^,  aucft  Pon 
%xani  oon  ^anla  für  weltlid^e  ißcrfoncn 
gegiftet,  bie  ju  einem  gemeinfc^aftlic^en 
Seben  nicfjt  »erpflic^tet  fmb. 

^BHmftcrialitÖt.  Ministeriales ,  al)b. 
dienestman ,  2)icnfimann,  S)ienji« 
leute.  Urfprüngüc^,  in  bet  fränfifcfeen 
<Penobe,  »etjianb  man  batunter  überl)aupt 
ßcutc  in  einer  bien^lid^en  Stellung,  wie 
ftc  an  ben  ^öfen  beä  ^önigö,  ber  geifi» 
li(t)tn  ©tifter  unb  ber  weltlichen  ®ro§en 
freie  ober  unfreie,  l)o^e  ober  niebrige  ßeute 
einnahmen.  Spätere  3«^*  benannte  mit 
biefem  5lu«!bru(fe  oorjüglic^  foI(f)e  ab' 
gängige  ßeute,  meiere  buri^  bewaffneten 
I)ienfi  unb  \)ia  nsieber  namcntlii^  burd) 
ßcijtung  oon  9lo§bienft,  für  ben  fte  »om 
|)errn  ßanb  gu  Seneftjium  empfingen,  [\ä) 
in  eine  con  ben  übrigen  abhängigen  ßeu« 
ten  untcrfc^iebcnc  Stellung  cmpocarbcite« 
ten,  bie  jule^t  i^ren  5tbf^lu§  in  ber 
näheren  Sejieliung  jum  f)ofbicnft  erhielt. 
(5rfi  feit  bem  il.  3al)r^unbert  war  biefe 
gefcüf^aftlic^e  unb  rec^tlid)c  Silbung  ju 
einer  bcfiimmten^lnerfennung  gelangt,  unb 
gab  e^  feitbem  ein  iRec^t  unb  einen  ®tanb 
ber  SWinifierialen ,  obgleid)  auc^  immer 
noc^  gro§e  Serfc^ieben^eiten  tierrfc^ten. 
So  liattcn,  wie  oor  altera  bie  Äönigöleute, 
fo  jc|t  bie  JJienfimannen  beä  Äönigö 
ober  bed  iReic^^  eine  beüorjugte  Stellung, 
bann  bie  ber  ©rjbi^tümer  unb  Si^tümer, 
ber  Älöfier  unb  unter  biefen  ber  SReicbös 
abteien,  beren  SRed^t  ben  üJlinifterialcn 
anbcrer  Älöfier  »erlieöen  wirb ;  eö  tommt 
batjcr  feit  bem  11.  unb  12.  3al)r^unbert 
wieber^olt  ju  QlufjeicEjnungcn  einjelner 
5Dienftmannenre(^te  (fte^e  biefen  ^Ir* 
tifel).  2Baö  ben  Eintritt  in  bie  klaffe 
ber  ÜRiniPerialen  betrifft,  fo  {)ing  eö  ju* 
näd^ft  üon  bem  ^errn  ab,  wen  t>on  ben 
abl)ängigen  ßcuten  er  ju  bem  J^of-  ober 
■^eetbienP  lieranjie^en  woüte,  in  mancf)en 
gäUen  aber  au^  üon  bem,  ber  (Eintritt 
begehrte;  fpäter  jeboc^  würbe  iai  SJer* 
^ältniö  ein  bauernbes  unb  erblic^cö,  baö 
nic^t  einfeitig  aufgehoben  ober  geänbert 
Werben  tonnte.  3m  SBefen  ber  ^Winilieria« 
lität  liegt  eei,  ba§  perfönlic^e  greif)eit  unb 
SDienftbarfeit  nebeneinanber  liegen  unb 
miteinanber  fireiten;  infofern  bie  jDienji« 
leute  JU  ©ienji  nerpflic^tct  fmb,  einen 
^errn  tioben,  bem  fie  SDtenfi  fct)ulbig  ftnb, 
bem  fie  angeboren,  beffen  3>iener,  .^ne(i)te 
fie  Reifen,  ftnb  ftc  unfrei.  Qlber  ber 
2)ienjt  felbft  bei^t  freier  2)icnji,  unb  bie 
©ebeutung  ber  5lbi)ängigfeit  tritt  bcfon* 
betö  bann  jurüdt,  wenn  alä  ber  ^crr  nic^t 


eine  *Pcrfon,  Äönig,  iBif(J)of  ober  berglci« 
c^en ,  fonbern  bie  ©ewalt  felbji ,  tai 
iReic^,  Siötum,  gücftentum  bettacf)tet  wirb 
®ebören  fie  Weber  jU  ben  rec^tlid^  %xtkn 
noc^  JU  ben  95afaEen,  fo  gehören  fie  bo^ 
ju  ber  angefe^encn  unb  e|renootten  Stel« 
lung  ber  SReiftgen  ober  SRitter ,  bercn 
iRüftung  unb  ärac^t  fie  aud)  tragen. 
5Dem  Sobfall  (fte^e  ^all)  ftnb  bie  mu 
nijierialcn  mcip  nic^t  unterworfen,  eben- 
fowenig  einem  ^eiratögelb;  bod^  burften 
fte  anfangt  mit  einer  frcmben  ^rau  feine 
Sermä^lung  eingeben;  (S^en  mit  freien 
grauen,  bie  oft  tJor!amen,  genojfen  befon= 
bere  ißegünfiigung.  3"  ä^ugniffen,  iöe« 
fi^übertragungen  unb  anberen  SRed^töge« 
f(|äftcn  ftnb  fte  neben  ben  %xi\m  befugt, 
fte  nel)men  teil  am  ©rafengeric^t,  bie 
ÜRinifierialen  be^  $Rei(^ä  am  föniglit^en 
^ofgeric^t.  .^inwicbcrum  l^at  ber  ^etr 
ein  95erfügungärec^t  über  fte,  er  fann  fte, 
b.  l).  bie  SRei^tc,  wclcE)e  er  über  jte  ^at, 
an  anbere  übertragen.  Sie  ftnb  bem 
^crrn  jur  Ireue  oerpfli^tet,  bie  fte  eiblid) 
geloben. 

Der  ^ofbienjl,  ber  um  bie  iJJcrfon 
beä  Könige  unb  ber  ©ro^cn  ju  leiten 
ifi,  fpaltet  ftd^  nad^  ben  5imtern  bcö 
Äämmcrer«,  Jruc^feffen,  Sd^enfö 
unb  ÜRarfcf)alU.  tHuc^  bicfe  ^ofamter 
ftnb  urfprünglid^  nac^  bem  Belieben  be^ 
^errn  oergeben,  auf  Qtit,  o^ne  beflimmte 
jDauer;  er  war  aud)  fein  permanenter, 
fonbern  we^feltc  t?ielmel)r;  »on  ben  oie- 
ien  ÜRinifierialen  eine^  geiftlic^cn  Stifte« 
ftnb  bie  cinjelnen  ben  oerfd)iebenen  5lm« 
tern  jugcteilt,  liaben  aber  nur  jeitweife 
ben  wirEli^en  5Dien(l  ju.leifien.  Später 
aber  ftnb  bie  einjelnen  Qlmter  anä)  erb» 
lic^  oerlic^en  unb  gewähren  ^Infc^en, 
iöorteile ,  SReid^tum  unb  üRac^t;  fogar 
t)öl)er  gejieüte  greic  »erfd^mäl)ten  nic^t  in 
ben  ©ienfi  ber  reichen  Stifter  ju  treten 
unb  alö  iBorPel)er  ber  oberen  ^ofämter  ju 
fungieren.  Über  ben  Äricgöbienfi  ber  iDU» 
ntfierialen  fte^e  ben  Qlrtifel  ^ecrwefen. 

iffier  jum  ©ienfi  Ijerangejogen  warb, 
empfing  Unterhalt,  Älcibung  unb  Sei^ilfe 
jur  friegerifdE)en  SRüftung;  fflolinung  unb 
Äojl  biejenigen,  bie  im  täglid)en  Dienfi 
beg  ^errn  fianben;  befonber«  aber  ßanb 
alä  ßelien,  wobei  fpäter  mit  bejiimmten 
Oimtern  bcfiimmte  öcnefijien  cerbunben 
waren,  bie  ebenfalls  mit  ber  36it  erbli^ 
würben;  üRinijierialen  werben  mit  ben 
©ütern  »eräu^ert  unb  bie  ®üter  mit  fenen. 
•Bon  biefen  ®ütern  erhalten  jte  auct)  fpä» 
ter  bie  untetfd^cibenbcn  9iamen,  bie  bann 
30* 


464 


TOinncfangcr  —  Missi  dominici. 


tJomiliennamcn  trutbcn.  I)a  ju  Anfang 
l>ic  93cätcf)ung  auf  ben  ^crrenbof  übtx' 
wog,  fonnten  foI*e  Dramen  Perfcbicbcnen 
,^amiUen  gcmcinfcf)aftlic^  fein.  (5tn  Tlu 
niPcriale  fonntc  auc&  (Sigcngut  boben, 
cbenfo  auf  ibrcn  ©ütcrn  Äncdbtc  lunb 
anbcrc  abbdnt^ige  Öcutc,  bte  ibn  ali  Änaös 
Pen  in  ben  i)ienß  begleiteten,  ©injelne 
SWintjlerialcn  fpielten  alä  ^Begleiter  ibrer 
.^erren,  aU  3nbabcr  bcr  großen  ^ofämtcr, 
a\i  (Räte  eine  bebcutenbc  SHoQe;  nament* 
lidb  n?irb  mancbe«  pon  ißergewaltigungen 
beliebtet,  bic  fie  pon  fejien  Surgen  auö 
an  ben  geifilicbcrt  Stiftern  begangen 
baben;  audf)  auf  Sefc^ung  ber  geifilicben 
Stifter  erlangten  fic  (5infl[uf.  3n  aöen 
»icbtigen  Qlngelegenbeiten  nabmen  fte  ein 
5tecbt  bc^  Seirai«,  ber  IWitttjirfung  in 
*Mnfprucb,  treten  aU  gedigene,  2)egenf^aft, 
ben  Sifcböfcn  unb  Qtbten  jur  Seite;  tor 
allem  gaben  fie  ibre  3uftimmung  bei  Qluf« 
nabme  in  ibre  ©emeinfcbaft  ober  bei  ißer* 
änberungen,  bie  ben  93efi|ftanb  betrafen. 
Überbaupt  bilbeten  fie  a\§  burcb  gleicbeö 
SHecbt  unb  gleiten  I)ienfi  25erbunbcne 
eine  ©cnoffenfcbaft,  ju  ber  balb  alle  unter 
bcmfelben  |)errn  fiebenben,  balb  bIo§ 
folcbe  jdblten,  bie  ju  einem  cinjclnen 
^of  ober  2)orf  geborten;  in  ben  93ifcbof« 
ftäbten  war  bie  ^Jtußübung  beö  SWünj^ 
Ted)teö  oft  einem  Jeil  ber  SWinifieriaten 
übertragen,  bic  baju  eine  eigene  Ber- 
einigung bilbeten,  für  bie  bcr  JRame 
^ au ögen offen  in  ©ebraud)  fam. 

ÜJ?iniftcriaIen  mürben  befonberö  jur 
55crtcibigung  befefiigter  Drte  Pcrmanbt, 
bitbctcn  bie  Sefafeung  pon  Surgen,  mie 
fcbon  unter  ^cinri(f)  I.  bericbtet  mirb. 
SSifcböfe  unb  Übte  batten  eine  ütnjabl 
ibrer  5DienjHeute  an  bcm  Si^e  beö  Stif« 
tcö  äur  ^anb.  daneben  beteiligten  fic 
ficb  in  ben  ® tobten,  mo  fic  ftcb  nicber= 
liefen,  an  frieblid)en  Oefcböften,  maren 
al^  ÜJ^ünjcr  juglcicb  Sfficcbölcr  unb  trieben 
SBarenbanbel. 

Seit  bcm  13.  ^afei^ftunbert  mürbe  ber 
®runb  bcr  iKinijlerialität  nicbt  mebr  in 
ben  befonberen  *)3fli(6ten  biefe^  Staubet, 
fonbern  »ie  bei  ben  Sßafaüen  in  ben  ibnen 
Perliebcnen  ßebcn  gefunben;  baö  jDienfi« 
perbältni^  löfte  jtcb  in  ha^  ßcbnrcdbt  auf; 
bie  perfönlicben  Sanbe,  bie  ben  I)ienfi5 
mann  an  ben  ^errn  gefnüpft  batten, 
loderten  ficb,  unb  ber  orbentlitbc  ^of= 
bienf!  mürbe  burcb  befolbete  ^ofbeamtc 
erfe^t.  9lucb  ber  Spradbgebraucft  önbcrte 
fid^,  unb  bie  ü)?inifterialen  mürben  gerabeju 
alögreie  bejeicbnet;  SDienjtmann  uubSBafatt 


mürbe  glcic^bebeutenb.  üJleiji  nadb  2öai^r 
Sßerf.*®efd).  V.,  289  ff.  93ergl.  S«i^f(|. 
SPtinijlerialität  unb  Sürgcrtum  im  11.  unb 
12.  5abrb.    Scipjig  1859. 

IDHltncfÖngcr.     3)er  D^ame  minnesinger 
ober    minnesenger    mirb     jmar     Pcrein« 
jelt  pon    böftfdjen    Siebtem    Pcrmenbct, 
aber   feineömegei   aU  jtebcnber  tedbntfdbcr 
Slu^brudt  für  bie  Ii)rifcben  SJicbter  böfifdbcn 
©tanbeä;  in  allgemeine  51ufnabme  fam  bai^ 
2ßort  crjl,  feitbcm  Sobmer  unb  Srei» 
tingetibrc  „Sammlung  oonüJJinnc* 
fingern"  1758  unb  1759  batten  erf(^eis 
nen  laffen.    .^äufiger  fagtc  man  im  SOtit» 
telbodbbmtfcben    singaere,    singer,    menn 
man  bic  Sorifer  getrennt  pon  ben  Spifern 
benennen  molltc;  ta  aber  bie  ßprif  aucfy 
bie  5onn   beö   ungefungcnen  Sprudbc* 
unter  ftcb  begreift  unb  übcrbaupt  bei  ben 
ßt)rifern   biefer  ^eriobe   baö  Singen  bcm 
jr)id)ten  untergeorbnet  ifi,  fo  fonnte  singer 
nur    in    befonberen    ijäticn    5tnmenbung 
finbcn;   SJiinncfingcr   \)k^   man  mobt 
einen   ßtjrifcr,   infofern   er    bcm  j^rauen» 
bien<l    gemibmete    I)icbtungcn    Pcrfaftc; 
aber    eineöteil^    fennt   bicfe   ßprif   neben 
bcm    immerbin    Porbcrrfcbenben    ^i^aucns 
bienfi  bocb  aucb  ben  |>crren*  unb  ©ottes« 
bienfi,  unb  anbcrerfeitö  ifi  tai  üKotip  bcr 
ÜJJinne  nicbt  minber  im  böftfdbcn  (Spoö  ju 
^aufe    aU   in   bcr  Sprif,    nur   ba§  man 
jene^    frcilicb    nicbt   mcbr   fang,   fonbern 
las.    Sluffaüenb    iji    cö    immerbin,    ba§ 
ftcb     in    ©eutfdblanb    nicbt    ein    Ulamt 
allgemeine   (»eltung    oerfdbafft   ^at,    mit 
bcm  man  ben  böftfcbcn  ©idbtcr  furj  unb 
bcutlidb   benennen   fonnte ,    äfjnlicb    bem 
propcnjalifcbcn     Troubadour     unb     bcm 
norbfranjöftfcften     Trouvere,       bai      ift 
i^inbcr,    (jrfinbcr.      S)ie    Urfadbe    biefe* 
iWangcI«  Hegt  barin,  baR  in  I)eutfdblanb 
bic  35icbtcr  feinen  fo  gefdbloffenen  Stanb 
bilbeten,  mie  biefeö  in  {]franfreidb  ber  %a\i 
mar,  fonbern  na^  Seben«fübrung,  'Urt  bc* 
Srmerbeö,  SDicnjiperbältniffcn,  Äunfi  unb 
Serböltniö  ju  ben  grauen  ftcb  ntebr  aU  jene 
ben  allgemeinen  ßeben^formen  untcrorbnc« 
ten,  bie  bamalö  bic  bcrrfcbcnben  maren.  95gl. 
bic  2lrtifel  jjr  auen  unb  ^öftfcbe  3)i4  >= 
tung     unb     bic     fcbönc     Qlbbanblung 
Ublanb«,  2)cr  SlWinnegefang,  im  fünften 
aSanbe  Pon  Ublanbä  Sd)riftcn. 

SWinoriten,  ftebe  ^ranjiefancr. 

Missi  dominici,  Senbbotcn,  Äö« 
ni  geboten.  Sßon  jeber  mar  cö  im 
fränfifdben  JReicbc  Sitte,  ba$  ber  Äönig 
au^erorbentlicbe  Qlbgcfanbtc  in  bie  !ßro«- 
Pinjcn  fcbicfte,  um  einjelne  mid)tige  ©e« 


SWitra  —  ÜWonatnamen. 


465 


fd)äfte  »otjune^men ,  nomentlidt)  folc^c, 
bie  üon  bcn  orbentlic^en  Seamten  nic^t 
ericbigt  »erben  fonntcn  ober  foüten;  aber 
erfl  Äarl  b.  6)i.  gob  bem  Snfiitute  eine 
bcjlimmte  i^orm  unb  gejialtete  eö  ju  einem 
n)cfentlid)en  Seil  ber  iKei(f)eire9ierung.  2)ie 
lotcinifc^cn  Duellen  nennen  bie  Soten 
missns,  legatns,  nuntius,  mit  ber  näheren 
Sejeic^nung  dominicns,  regalis,  palati- 
nns;  ber  beutfd)c  5lu*brucf  ifi  nic^t  über« 
liefert;  ©enbboten  unb  Äönigt^boten  ftnb 
neuer  (äntfte^ung.  25ie  ^flic^iten  unb 
SBefugniffc  berÄönigöbotcn  jinb  ücrfct)iebe» 
ner  5lrt,  fte  »ertreten  in  gerid)tlic^en  Sachen 
ben  Äönig,  I)alten  felb^  ©erid^t,  wachen 
über  bie  pntereffen  unb  Stedjte  ber  Äird)e, 
fübrcn  eine  allgemeine  *llufftct)t  über  bie 
Weltlichen  unb  geifilicften  ©eamten,  be» 
rufen  im  Qluftrage  bee  Äönigö  größere 
Ißerfammlungen,  ftnb  aU  ^eerfü^rer  t^dtig, 
Wirten  al«  ©efanbte  an  ausmartige  '^üx^ 
jien.  SDie  *Perfoncn  ber  Soten  maren 
balb  fjo^e  ^ofbeamte,  balb  fonfi  angc= 
fet)ene  SDiönncr,  balb  ©rafen,  balb  ®e* 
treue  niebercn  ©tanbes  ober  ü}Mtglieber 
ber  ©eifilic^teit.  S'Jacf)  ber  Äaifertrönung 
Waren  es  namentlid)  bie  Äönigeboten, 
welc&en  Äarl  bie  JJurc^füljrung  ber  f)öl)eren 
fiaatlid)en  unb  firc^lid)en  Drbnung  über« 
trug.  2öaö  in  ber  IRegierung  be«  SReii^« 
eine  befonbere  Sebeutung  ^atte  unb  Äarl 
^jerfönlic^  am  ^er^en  lag,  (Staatlicl)ed  unb 
i^irc^lic^eä ,  namentlid^  bie  Beobachtung 
t)on  Drbnung  unb  3"<^t  redete  .^anb= 
l)abung  ber  ©eric^tögewalt,  S)ur(^fü^rung 
ber  ^eergemalt ,  Sicherung  unb  Sewal)« 
rung  beö  faiferlid)en  Seft^eö  unb  ein« 
tommen^  fiel  in  ben  '-Bereich  itirer  S^ätig« 
feit.  SDamit  bie  (Sinri(^tung  in  allen 
Seilen  bc^  9lei(^e*  jur  91uöfül)rung 
tomme,  würbe  tai  SRcic^  in  2)if!rifte  ge= 
teilt,  missaticum  ober  legatio,  beren  feber 
mel)rere  Äönigöboten  erhielt ,  oft  jwei, 
nämlid^  ben  ©rjbifd^of  unb  einen  ®rafen, 
ober  mehrere  ®rafen  ober  mehrere  ©eijis 
\\ä)t;  ein  einjelner  würbe  nur  auönabmä* 
weife  alö  Missus  auögefanbt.  I)ie  Soten 
erl)iclten  jletä  il;re  befonbere  3"fiJ^»ft*on' 
bie  balb  in  einem  51uejug  auä  ben  all« 
gemeinen  Oefe^en  bcd  S«^»^«®  befianb, 
balb  nähere  iUnweifungcn  für  einzelne 
SSorfommniffe  cntfiielt;  nad^  51blauf  ber 
©enbuiig  Ratten  fie  bem  Äaifer  93eric^t 
über  iljre  ©enbung  ju  erftatten.  Unter 
ben  legten  Karolingern  geriet  bie  6in= 
tid^tung  in  ißerfaü,  unb  bie  fogenannten 
Äammerbotcn,  nuntii  camerae,  Srd^an= 
gcr   unb   33ertf)olb ,    wel^c  in    ben   ©t. 


®anifdf)en  Äafue  be«  (Stfe^art  al«  Jeinbe 
bc^  Söifd^of«  ©alomon  genannt  ftnb, 
fd)einen  ju  i^ren  Dramen  blop  au8  ber 
löerbinbung  oerf^iebencr  Srinnerungen 
bc^  S^ronijien  gcEommen  ju  fein. 

SKitro,  frj.  mitre,  engl,  mitre,  lat. 
mitra  =;  93anb,  Kopfbinbe,  Tlü^i.  <Siet)e 
ben  Qlrtifel  Kopf bebecfung. 

SJionatnomen.  S)ie  inbogermanif^en 
33bUer  beleckten  crji  nac^  il)rer  JTeilung 
in  Sinjeloölfer  bie  ÜJionbabfd^nitte  bee 
©onnenja^res  mit  fejlen  Sigennamen,  bie 
ba^er  nid^t  »ortcinanbcr  abgeleitet  ftnb. 
SJiadt)  römifcl)er  Überlieferung  foü  SRomuluö 
tai  ^ai)x  in  10  iDionate  geteilt  unb  ben 
erfien  nac^  feinem  9Öttlidt)en  Satcr  ÜJlarö 
Martins  benannt  l)aben ,  ben  ^weiten 
Aprilis  oon  bem  5tufgel)en  (aperire)  ber 
^flanjenfnofpen,  ben  britten  Majas  nac^ 
ber  üJtaja,  ber  ÜJlutter  ÜJierfurö,  ben  »ier» 
ten  Jrmius  nadt)  ber  Juno ,  bie  übrigen 
naä)  ber  Qa\)l  Quinctilis,  Sextilis,  Sep- 
tember, October,  November,  December. 
«Später  crtiielt  ber  Quinctilis  oon  3iili"ö 
Safar  ben  9'iamen  Julius,  ber  Sixtilis 
fon  Qtugujl  ben  SRamen  Augastus.  9tuma 
'^ompiliuä  foü  bann  ben  Januarius  »om 
@otte  Janus  unb  ben  Februarias  I)inju= 
gefügt  ^aben,  ber  »on  bem  allgemeinen, 
am  @dt)luffe  cineä  jeben  S'^l'i^ß^  bärge« 
brad^ten  großen  ©ü^nopfer,  Febraalia,  ben 
»Jiamen  l)atte. 

3)ie  (Sermanen  würben  erfi  nad^  ber 
93efanntfdf)aft  mit  bem  römifd^en  Kalenber 
jur  Silbung  fefier  SDJonatnamen  .oeran« 
la^t,  unb  jwar  er|i  na^bem  iljre  nähere 
93erbinbung  fi^on  aufgegeben  war;  t>a\)ii 
bie  91bweid^ung  in  ben  norb«  unb  füb= 
germanifdt)en  ÜJionatönamen,  baö  ©(J)Watt= 
fen  jwifdE)en  allgemeinen  Seitnnga^«"  U"^ 
befonberen  SWonatworten,  bie  ^nwenbung 
gewiffer  SRamen  auf  mehrere  SDtonate  ju» 
gleich  unb  bie  leidste  23erbrängung  ber 
beutfd)en  burc^  bie  römifd^en  SJiamcn. 
3m  allgemeinen  liebten  bie  2)eutfcf)cn 
me^r  aU  Ja^rteilung  nai)  bem  2Honbe 
eine  Teilung  nad^  SBetter  unb  Sffiirtfd^aft, 
Sliercn  unb  ©ewdd^fcn.  I>ie  älteften  ger» 
manifc^en  SDionatnamen  flammen  au^ 
©fanbinaoicn  unb  (Jnglanb.  95on  ben 
9D?onatnamen  ber  fepiänbifd)en  S)eutfd^en 
beridt)tet  juerfi  (5ini)art  in  Äarlö  b.  ®r. 
geben,  Kap.  29;  ^ier  ifi  erjd^lt,  baiÄarl 
an  ©teile  ber  biöl)er  burdt)einanber  ge« 
braudl)ten  beutfd^en  unb  lateinifdfien  9ta« 
menreil)e  eine  gültige  beutfdt)e  9iamenrci^e 
gefegt  Ijabe,  bie  folgenbetma^en  lautet: 


466 


ÜWönd^Snjcfen. 


1.  wintarmänoth, 

2.  hornunc, 

3.  lenzinmänoth, 

4.  ostarmänoth, 

5.  wunnimänotli, 

6.  brächmänoth, 

7.  hewimänoth, 

8.  aranmänoth, 

9.  witumänoth, 

10.  windnmemänoth, 

11.  herbistmänoth, 

12.  heilagmänoth. 

SDaöon  flammen  1,  3,  11  ani  ben 
Sa^reäjeiten ;  5,  6,  7,  8,  9,  10  gcl^örcn 
bem  2Dirtf(i)aftsfaIenber;  4  unb  12  bebeu^ 
ten  l^eilige  Seiten;  ^ornung  tt)üb,  bcm 
altnorbifcben  bei  homungr  =  „une^e- 
lid&cr  So6n"  gcmä§  unb  in  5lnfet)ung, 
ta$  bcr  ilRonat  a\xi)  bet  f leine  ^otn 
genannt  Wirb ,  bem  Sin^^ii  gegenüber 
imdä)tx  ber  gro§e  ^orn  ^eif t, 
aU  „unechter  SWonat"  gebeutet;  ßenj 
iji  ber  alte,  bi^  je^t  unerflärte  S^ame 
beö  grü^Iing^;  -wunnimänoth ,  nad) 
anberer  öeöart  winnimänoth  iji  foöiel  ttjie 
SBeibemonat ,  »on  winjan ,  winnen  = 
njeiben,  erhalten  in  ber  alten  9fle$töformeI 
SBunn  unb  2ßeib ;  aranmänoth  iji  (Ernte- 
monat; witnmänotb  ifi  ^oljmonat,  ber 
SWonat,  in  bem  man  im  2BaIbe  ^olj  ^olt; 
windnmemänoth  ifi  ber  SD'ionat  ber  SBein^ 
lefe,  m^b.  wimmet,  f(^n)eijerifc^  SOBümmet. 

3)ie  JRamenrei^e  Äarls  blieb  mirflid) 
fortan  bie  ©runblage  ber  beutfc^en  SWos 
natöbejeid^nungen ,  nur  ia^  etma  lanb* 
f(J)oftIi^e  Benennungen  ^er»ortreten; 
baneben  erhalten  ftc^  bie  loteinifd^en 
SWamen.  Die  Äalenber  beö  15.  unb 
16.  2"^^^""^"**  I)aben  mcifi  folgenbe 
9JamenreiI)e,  bie  im  ganjen  big  in^  18. 
3a^r^unbert  ^errfc^enb  blieb  unb  in 
fd)rt)ei5crif(^en  Äalenbcrn  f)eute  nod^  ju 
^tä)t  befielt. 

1.  3fn"«r/ 

2.  ^ornung, 

3.  OWärj, 

4.  5lpril, 

5.  fSlai. 

6.  93rod&monb, 

7.  ^eumonb, 

8.  ««ugfimonb, 

9.  ^erbfimonb, 

10.  Sffieinmonb, 

11.  iZöintermonb, 

12.  ei)rifimonb, 

I)ie  Ianbfcf)aftlid^en  lWonatreit)en  ber 
Sapern,  5llamannen  u.  f.  tt).  n)eifen  ba* 


pon  man(i)e  Abweichungen  auf.  2öaö  bie 
93ebeutung  ber  ÜJJonatnamen  betrifft, 
fo  unterf^eibet  SBein^olb,  I)ie  Jieut* 
\ä)tn  iWonatnamen,  ^aüe  1869,  bem  mir 
biefe  ÜJJitteilungen  überfjaupt  cntnef)men, 
ÜJlonatnamen  auä  bem  religiöfen  ßeben 
(Dfiers  unb  (S^rifimonat),  nad)  3eit  unb 
2öetter,  »on  ?PfIanjen  unb  jieren  unb 
nacb  ©efcbäften  in  ^ili  unb  ^au^. 

SWönt^ömefcn.  S)a  einerfeitö  über  bie 
in  35eut[(f)lanb  oertretenen  mittelalterlid)en 
iDJön(J)öorben  in  befonbern  91rti!eln  biefed 
Sffierfes  ge^anbelt  ifi,  unb  eö  anbererfeitg 
an  einer  neueren  2)ariienung  mangelt,  meiere 
ben  inneren  3uffliiinien^ang  biefer  Srfd^ci^ 
nung  mit  ber  allgemeinen  Sntmicflung 
be^  ÜJtitteloIterö  überhaupt  erfc^löffe,  fo 
tonnen  ^ier  bIo§  einige  3tn^attöpun!te 
äur  Orientierung  in  ben  mannigfaltigen 
©rfc^einunggformen  beö  ÜWöndjsmefenö  ge* 
geben  werben. 

S>ag  iÜJönc^ämefen,  fomeit  eö  eine  dt- 
f(^einung  ber  d)rifiUc^en  9leIigton  ifi,  be« 
ginnt  in  ben  erfien  3a^rf)unberten  unferer 
3eitrec^nung  mit  ben  morgenlänbifc^en 
5tna($oretcn,  bcren  ^Jrinjip  »ereinjeltc 
aBeltf(ud)t,  ©ntfagung,  «Jl^fefe  ifi.  (Srfi 
iai  4.  3a^rl)unbert  führte  bie  ©infieblcr 
im  ÜJJorgcnlanbe  in  Älöfier  jufammen, 
gried^.  aoivößtov,  coenobitnm,  coenibita, 
lat.  claustnim,  »on  claudere  =  fc^lie^en, 
»erfd^Iie^en;  aud)  ÜJJönd)  unb  JRonne 
ftnb  no4  griec^ifd)enUrfprungö;  /uövaxos 
ju  fiovos,  ifi  ber  aflein  fiebenbc,  vöwa  i^ 
uncrflärt.  3nt  Qtbenblanbe,  Wo  ba8 
9D]öncf)gtum  burc^  5lt^anafiuä  befannt 
unb  »on  5Jmbroftu3,  5lugufiinug  unb 
^ieronpmuö  empfohlen  »urbe,  mar  bie 
Sebcnämeife  ber  ÜJJönc^e  weniger  ber  per* 
fönlic^cn  5l«!efe  jugcwonbt  ali  im  SOtor« 
genlanb;  neben  ber  Setrad^tung  lagen  bie 
iÖiönc^e  ber  ^anbarbeit  ob,  feit  ©afftobot 
aucf)  bem  93ü(!^erf(^reiben.  ütoä)  waren 
bie  ÜJJöndje  meifi  ßaien  unb  nur  ber  3lbt 
^reäbpter,  bie  Älöfier  »om  93if(^ofe  ah* 
gängig;  bod)  galt  tai  SWönc^ötum  fc^on 
feit  bem  Snbc  be«  4.  3a|)rf)unbertö  ali 
iPflanjfd^ule  bes  Äleruö.  SBefonberc  Ox* 
ben  gab  e^  nid)t,  tai  iWönd^ätum  bilbete 
jufammen  einen  ein^eitli<^cn  ©tanb;  bie 
cinjelnen  .Rlöfier  folgten  ben  ißorfd^riften 
i^re«  ©tifter«.  ©rfi  bie  (Regel  beö  Sene« 
bift  »on  Slurfia  unb  it)re  allmähliche 
(5infüf)tung  in  ben  Älöfiern  be^  ülbcnb* 
lanbeö  gab  bem  ganjen  Jnftitut  ©in^eit 
unb  Sufawmenljang.  5Daö  Senebiftinet 
a)Jönd)gtum  begleitet  bie  iJlcubilbung  ber 
fränfifd)=mittelalterlic^en  QSilbung  bii  ju 


'  ÜWönd^ötüefen. 


467 


tixn  3«'tpunft,  »0  im  11.  Ja^r^unbert 
bic  I)öfifdE)«rittcrIid^c  Silbung  ber  Präger 
bcr  mittelatterlid^en  Äultur  Jt)irb.  SScrs 
f(J)i£bene  ®rünbc  äußerer  unb  innerer  5Irt 
mögen  bem  ÜJJönd)^«  unb  Älofierttiefen  in 
biefer  <Periobe  ju  feiner  iBebeutung  »er« 
I)oIfen  ftaben ,  baö  3nfiit"t  f<i^  i"  ^'^ 
germanif^  '  romanifd)en  ßänber  aU  ein 
fd&on  oor^anbener  Sej^anbteil  ber  Äirc^e, 
fo  jmar,  i>a^  bie  SRifjionärc  be^  ß^rijlen« 
tumg  meifi  felber  i^m  angef)örten.  „2)aä 
Jicfjtnnige,  (SIegifd)c  im  beutfc^cn  (S^araf- 
ter,  fagt  SRettberg,  mu^te  [xd)  in  bem  an- 
gebli^  a3erbicnftlicf)en  eineö  3"^ücfjie^enö 
Don  ber  SBelt  gefallen,  wobei  man  bem 
®d)auerli(^en  einer  milben  Sinfamfeit 
nac^f)ängen  fonntc.  2)arum  finb  in 
SJeutfd^lanb  feine  ©egcnben  fo  bic^t  mit 
Älöjlern  befe^t  aU  bie  Sedier  ber  Soge* 
fen,  iUrbennen  unb  ba^  baprifc^e  ^od)Ianb 
mit  ben  lieblichen  <Seen."  i)ie  Urbarifie« 
rung  ber  germanifc^en  |)cibenh)elt  in  Se» 
jie^ung  auf  ben  5lcferbau  fowo^I  alä  auf 
bie  (Srjiebung  beö  Sßolfee  ju  cbrijili^er 
^öf)ercr  SBilbungöfd^igfeit  in  2Biff£nfd)af- 
ten  unb  Äünfien  »erlangte  offenbar  me^r 
ale  einjelnc  *Prebiger,  »iclme^r  jufammen» 
I)ängenbe,  jiarfe,  organiftertc  ©emeinmefcn, 
flleid()fam  {^epungen  beä  ^rijitic^en  ®lau= 
bend ,  ber  c^rifilid)en  S^ä)t  unb  2irbeit, 
»ie  benn  »irflic^  bie  Älöjler  eö  maren, 
meld)e  in  ben  »erfc^iebenften  93eji£^ungen 
bie  Iräger  neuer  Silbungen,  ^anbttjerfe, 
Äulturen  ,  ^ünfie  u.  bgl.  gemorben  jtnb. 
SEeit  entfernt,  in  il)ren  3^)'^'"  unb  3^^= 
len  ber  3BeIt,  bem  93oIfe,  ber  Strbeit  nac^ 
aufeen  ju  entf(ie6en,  finbcn  fte  i^re  5luf= 
gäbe  in  ber  |)ingebung  an  tai  SOöoftl  beö 
®anäen.  @ie  unterftü^en  bic  fiaatlidje 
Dbrigfeit  in  i^ren  ibeeüen  5lufgaben,  vok 
umgefef)rt  ber  Staat  unb  feine  2räger  bie 
Älöjier  aU  ein  tt3efentlicf)e^  ÜJ?ittet  ihrer 
l)ö^eren  ßimiäi  anfe^en  unb  e^ren.  ^a' 
mentli(^  jiü^t  ftd^  Äarle  b.  ®r.  2öirffam= 
feit  für  bie  93ilbung  feinet  93olfe^  auf 
bie  ÜJlit^ilfe  ber  Älöjler;  ber  3ufammen= 
^ang  ber  ^löjicr  mit  bem  römif^cn  @tuf)I 
bejog  ftd^  bIo§  auf  bie  Irein  firc^Iii^cn 
5lngelegen^eitcn ;  ihre  Dbrigfeit  erfannten 
fie  buräjauö  in  ben  fiaotIi(|en  ©ertalten. 
Die  fulturgefd)id)tlic&c  Qlufgabe,  meiere 
lai  frdnfifc^c  iffieltreic^  ft^  felbfi  unb 
bem  Sliönc^ötum  gefteüt  f)atte,  tt)urbe  non 
ber  fortfc^reitenbenßntttiicllung  ber  inneren 
SBeri)äItniffe  aufgel)alten  ober  in  anberc 
Sahnen  gelenft;  Äarlö  unb  feiner  S^iU 
genoffen  ^offnung,  auf  fränfifd^cm  23oben 
eine    römifc^e   ober  ber   römif(f)en  gicid)« 


mertigc  ^ßilbung  tjerjufteden ,  mar  ein 
Iraum,  unb  n)äl)renb  im  9.,  10.  unb 
11,;  Sa^tfiunbert  an  ber  ißermirfUd^ung 
beöfelbcn  gearbeitet  mürbe,  bereiteten  ftc^ 
biejenigen  Sitbungen  »or,  n)eld)e  im  12. 
unb  13.  3'>^'^^u"^fi^t  bie  fterrfdjenben 
«aren,  tai  SRittertum  unb  beffen  f)öfif(f)e 
Silbung  einerfcitö  unb  bie  fatt)oIif(:^e 
Äir^c  mit  itiren  fpejipfc^en  unb  eyfluftoen 
Silbungen  anbererfeit^.  ©eiben  Silbungen 
neigen  ftd)  nun  auci^  bie  Älöjier  ju:  ent= 
Weber  gel)en  fie,  inbem  fie  hai  firdjlid^e 
Oetnanb  hü  an  bie  äu§erjle  ®renjc  ab" 
fireifen,  in  bai  Sager  rceltli^ä^öfifdöer 
©taatöbilbungen  hinüber,  »erben  gefürfiete 
*Mbteien,  bic  nur  auf  erlief)  an  ber  5RegeI 
be^  ^eiligen  Scnebift  fefifialten,  ober  fte 
ergreifen  bic  Partei  ber  neucrwac^ten 
Äird)Iid^feit ,  wobei  man  Älöf!er  älteren 
2)atum^  untcrf(i)eiben  fann,  bic  fid)  einer 
firc^Iic^en  SReformation  unterfieüen,  ober, 
waö  Diel  pupger  »orfommt,  Älöficr  neuer 
Drben,  bic  eben  ju  bem  S^^^^  gffiift«t 
»erben;  eß  finb  bic  ©luniasenfer, 
Äamalbulenfcr ,  ©rammontaner, 
(Sifierjienfer,  Äartäufer,  ^rä« 
monfiratenfer,  Karmeliter  unb  bie 
gciftlici^cn  SRitterorben;  fc^on  i^re  3<i^l 
jcugt  bafür,  t>a^  in  biefer  ^eriobe  fc^r 
r)erf(f)iebene  (Rid)tungen  unb  Gräfte,  unb 
namentlicf)  ber  (Seift  einjciner  *|3erfönli(!^» 
feiten  fi(^  geltenb  machten,  welche  bie  faro* 
lingifct)sfränfifc^c  3fit  nicf)t  gefannt  f)attc; 
auä)  i)l  ii  nic^t  blof  ber  ©egenfa^  jum 
älteren  tiertt)eIttid)tcnüRönc^ötum,  tvai  ijxtx 
wirft,  fonbcrn  nicfet  minber  ber  ©egenfa^ 
jum  ©eifie  ber  ficrifalen  Kirche  felber, 
mand)mai,  wie  bei  ßluniajcnfern  unb 
unb  6.ijieriicnfern,  ber  ®cgcnfa0  jwifd^cn 
Orben  unb  Orben;  man^e  biefer  Drben 
Ratten  übrigen«  in  ber  je^t  fcfineücr  arbei« 
tenben  3«'*  ba*  ©dbidfal  ber  älteren  3)ene* 
biftincr  Stiftungen,  xtxä)  unb  baburdj  bem 
fird)Ucf)  a^fetifc&en  ^rin^ip  untreu  ju 
werben.  Sebenft  man  ferner,  t)a^  biefe 
aRön(J)öorben  ja^lreic^cn  anbern  SRcubil« 
bungen  auf  bem  ©cbiete  be#  Staate«,  ber 
©efeüfc^aft,  ber  ßittcratur,  ber  Kunfi 
parallel  geben,  fo  iji  bcutlic^,  ia^  je^t 
ber  aRön<t)«fianb  überhaupt  an  Sinflu§ 
auf  ben  ®eifi  ber  ^txt  nerloren  ^at;  wäl»* 
tenb  bic  farolingife^c  *Periob£  faum  ein 
fieben^gebiet  fennt,  an  beffen  ©ebauung 
unb  ©Übung  bie  Älöficr  feinen  5lnteil 
gefiabt  l)ätten,  fo  gicbt  eö  fe^t  grofe  ®e« 
biete,  wie  ba«jcnige  ber  pfifc^en  Sitteratut, 
wo  t>on  irgenb  einem  Drben  faum  bie 
SRebe  ifi;  bagegen  I)aben  fie  fiel)  um  ein» 


468 


Sonogramm. 


jclne  ßanbe^tcilc,  ©tobte,  ßänber,  gett)i§ 
gro^c  unb  bleibcnbc  93crbicnfie  ermorbcn. 

3eigt  fd^on  bic  $cnobe  bcr  rcfotmicrs 
ten  Älofierfiiftungcn  auf  bem  Soben  bcö 
93enebifttncrtum^  eine  bunte  ÜJJannigfals 
tigfcit,  bercn  innerer  gefc^id^tli(f)er  93ebeus 
tung  fd^wer  nac^^ufornmcn,  fo  gehaltet 
fid)  in  ber  <Periobe  be^  öolfätümlis 
c^en  S!)'lön(f)ätumö  baä  Silb  ju  einem 
nod^  tiel  bunteren,  entfpredbenb  bem  ©ciftc 
bc^  auägcftenben  SD^ittetaltcrg,  bai  ben 
3roang  ^öfifd^er  3"^*  ""^  Silbung  ^at 
fahren  laffen  unb  bcffcn  äa^Irci(i)e  ^iw 
iitbungcn  nod^  nirgenb^  ju  bleibenber 
©ejialt  gebici^cn  ftnb.  I)cm  immer  me^r 
tterf(i)ärften  ©egenfa^e  smifd^en  ben  3"= 
tcrcffcn  bcr  ^ierard^ic  unb  beä  Staate^ 
bienen  t)or  allem  bie  Settclorben ,  unb 
unter  biefen  namentli(^  bie  SDomini» 
f  ancr  unb  ^ranji^f  ancr,  monebcn  bcr 
®eifi  au«f^lie§Iiä)cr  Äird^Iidifcit  nid^t 
minbcr  mandE)e  ber  älteren  Örben  unb 
Älöjler  be^errf^t;  iit  SDominifaner  ftnb 
aber  gugleic^  bie  ^aupt^elfer  ber  fird^= 
lic^ien  51utorität  gegen  bai  überall  auf= 
firebcnbe  Äe^crtum,  unb  beibc  Settelorben 
jufammen  bie  ©tü^en  ber  ©döolafüf  unb 
baburd^  ber  tt)eoretifcf)en  ^{uöbxlbung  beö 
mittelalterlichen  Äird^cntumö;  anbererfcitö 
fielen  fte  aber  and)  bem  ncrtrilberten 
iBeltfleru^  entgegen,  beffen  ©eelforge  fte 
gröBtenteil«  auf  i^re  eigenen  ®(f)ultcrn 
neljmen;  ba^er  beiber  Settelorben  Scbeu« 
tung  für  bic  beutfd^e  ^rebigt  unb  bic 
Smt)jiif;  biefeö  SWöndf)^tum  jie^t  ferner  im 
engen  3ufammen^ang  mit  bem  aufblü^cn- 
ben  «Stäbtetrefen,  in  bem  bie  Stiftungen 
beö  ^eiligen  ©ominifuö  unb  {Jranjißfuö 
nidt)t  bie  Ic^tc  ©teüe  behaupten;  cnblid^ 
reprdfenticren  fte  ber  ^umanifiifct)en  »or« 
nef)mcrcn  Silbung  gegenüber  ben  betteln» 
ben,  tcrminiercnben,  bilbungölofen  geifi* 
lid^en  ^öbel,  jeigcn  alfo  im  ganjen  ein 
^öd^fi  öiclfeitige^  ßebcn,  ia^  jumScil  jmar 
au«  ben  üictfeitigcn  Sebürfniffen  ber  3"* 
cntfpringt,  ^umleit  aber  cincSUJannigfaltig» 
feit  unb  Sielfeitigfcit  ber  in  biefen  Drbcn 
tätigen  'JJ  er  fönen  trieberfpiegelt,  bcren 
©elbfiänbigfeit  3fU9ni^  für  bic  junc^« 
mcnbc  iBcbeutung  beö  3"biDibuumö  in 
bicfer  ^Periobc  ablegt. 

Sieben  ben  93cttcIorben  ftnb  bie  älteren 
Drben  mit  mcnig  Qluöna^men  aud^  in 
biefer  $eriobc  Icbenbig,  unb  jmar  in  ben 
manntgfattigflen  ©cfialtcn;  aud^  ftnb 
immer  noc()  neue  Drben  im  Sntflc^cn  bc* 
griffen,  mie  bic  SDMnimcn;  lebenöfräf« 
tiger    aber    unb    eine    fc^önerc    3ufunft 


corbercitenb  crfdf)eincn  bic  93rübcr  Dom 
gemcinfamen  ßcben,  aui  benen  mie 
auö  feinem  anbcrn  iüJönd^^orbcn  ein  ®cifl 
ber  neueren  fird^Iidf)cn  unb  Rumänen  Sil« 
bung  ^cr»orgcl)t.  9Wit  bcr  SReformation 
wirb  baä  SWöndE)ötum  eine  auöfd^Iicfelic^e 
(Srfd^einung  ber  fat^olifd^en  Äird^e,  für 
bercn  93ertcibigung  bcfonber«  bic  Drbcn 
bcr  3«fuiten  unb  bcr  Äapujiner  gc* 
fiiftct  ttjcrbcn.  ißon  älteren  ©d^riftcn 
über  biefen  ©egenfianb  ftnb  namentU^ 
bic  bciben  Iraftatc  Sabian«  Von  dem 
mönchsstand  unb  Von  stand  und  wesen 
der  stiften  und  clöstem  zaor  zeit  der 
alten  teutschen  Franken  ju  nennen,  ab« 
gcbrudft  in  Sabianö  bcutf(i)cn  i^ifiorifd^cn 
<Sdf)riften,  Sb.  I,  3—103. 

SWonogcanrat  g^rxfti  ^eifit  bic  aU  5n» 
fd^rift  Überaue  l)äufig  angcmanbtc  abgc* 
!ürjtc  S8cjei(^nung  bcr  fWamcn  ©^cijiuö, 
5cfu«  6|)rifiuö  unb  3efu«. 

I.  ^ür  ben  yiamtn  ß^rifiu«  wirb 
tai  SDlonogramm  auä  X  unb  P  (bic 
griect)ifdf)en  STRajuäfeln  iti  lateinifc^cn 
Ch  unb  R)  unb  äWar  in  boppelter  SBcifc 
äufammengefc^t,  inbcm  baö  P  mitten  in 
tai  X  ftingcfc^t,  iai  Ic^terc  aber 
cntwcbcr  jlcljcnb  X  oitx  licgcnb  +  ge« 
nommen  wirb.  SRit  ber  Icltercn  ^orm 
na^e  »erwanbt  ifi  bai  ägpptifd^c  ^enfcl* 
heuj  $,  iai  3eidf)en  be«  ßeben«,  tai 
t)on  ägpptif^en  ©^rificn  gcrabcju  fiatt 
bei  Ärcuje«  gebraud^t  würbe;   bic  anberc 

^orrn  ^  ifi  Ijcibnifd^cn  Urfprungö  unb 

finbct  fid^  lange  »or  ßl^riftuö  auf  ÜWün* 
i^cn  bc§  grie(^if^cn  5lttertumg.  51Ig  d^rifl« 
lid&eä  3«^^^"  bebienen  fidE)  juerfi  (ßricats 
benfmäler  beö  SDtonogramm« ,  wie  ®rab« 
benfmälcr,  (Srabgcräte,  j.  93.  Campen  unb 
®Iaögcfä§c,  ©arfop^agc,  bann  aud^  ge« 
fdf)nittene  «Steine  unb  ^ingc;  auf  öffent* 
iid^e  S)enfmälcr  gc^t  baö  SDtonogramm 
burdf)  Äaif^er  Äonfiantin  b.  ®r.  über,  wdd^ct 
ba^fclbe  in  baö  Sabarum,  bic  faifcrlid^c 
©tanbarte,  auf  feinem  ^clm  unb  auf  bic 
©(^ilbc  bcr  ©olbaten  fc|en  Iie§;  aud^ 
auf  OTünjen  unb  öffentU^cn  93auwerfcn 
crfct)eint  bai  ßtxitm  üon  je^t  an  ^äuftg. 
n.  gür  bie  iJ^amen  ^i\ui  ß^rifiu« 
^ei§t  bai  9)?onogramm  im  ©ried^ifd^en 
IC  XC,  im  i?ateinifc^cn  IHS  XPS,  wo 
alfo  bic  crfien  bciben  93ud^fiabcn  bem 
grie^ifdt)en ,  ber  brittc  bem  latcinifd^cn 
*JUpf)abct  entnommen  ifi.  (So  finbct  fid^ 
auf  SDtünjen,  in  Sifc^riftcn  un^  93ilbwcr» 
Ecn,    SÖJalercicn ,   namcntlidf)   SWiniaturcn 


üWonjiranj  —  SWünjrocfcn. 


469 


farolittgif^en  ^anbfd^riften  fomie  in  Safel* 
gemälben  tti  ÜJiittclalter^. 

ni.  gür  ben  Dramen  5efug  ^cißt  im 
®ne(f)ifc^cn  tai  Sonogramm  IH,  im 
9tbcnManbe  IHS;  tai  Untere  gertjann  feit 
bem  Qlu^gange  beö  SDtittelaltcr^  gro^ed 
9lnfct)en  unb  populäre  Verbreitung  burc^ 
!8crnf)arbin  »on  @iena,  ber  in  ^rebigtcn, 
bie  er  im  Itnfang  beö  15.  Safertiunbert^ 
in  oerf(^iebenen  ©tobten  ^ielt,  jum  @cf)Iu§ 
eine  jafet  mit  biefem  JJamenäjuge  in 
golbenen  löud)jiaben,  üon  ®onncnfira{)Ien 
tingö  umgeben,  jur  Verehrung  auöfietlte. 
?lud)  bie  3cfuiten  ^aben  fic^  bicfe^  SWono» 
gramm  angeeignet,  fpiper  in  ^erjog^ 
9leals(Snct)fI.  ÜJJonogrammme  bcr 
Äünjiler  finben  ftcf)  feit  bem  14.  3a^t^., 
äl)nlicf)  ben  Stcinmeljeid^en ,  auf  (Srü« 
güffen,  ©c^ni^njerfen ,  befonberö  auf  ®e* 
mälben,  Äupferflidben  unb  ^oljfctinitten. 
6ie  befielen  entweber  auä  ^infangäbuc^s 
fiabcn  ber  SRamen,  au*  SBappcnbilbern 
bcr  SWeiPcr,  au*  ^auömarfen  ober  anbcrn 
wittfürlic^  getoä^lten  S^i"^«"- 

9)Zonftranj,  tat.  monstrantia,  ^ie^ 
man  bi*  jur  (Sinfü()rung  beö  i^xonUi^» 
namöfejic*  (um  1264)  ben  tragbaren  SRe* 
liquienbe^älter,  ber  auf  einem  fct)lanfen 
guf,  in  einem  jicriicf)  gefc^ni^tcn  ®äu= 
lenwcrfe  hinter  ®Ia*  ober  Ärtjflatl  bie 
^Reliquien  jur  Sd^au  brachte.  Tlit  jener 
Seit  aber  nimmt  bie  iDionfiranj  'bie  biö 
bat)in  im  ©iborium  verborgene  Su(^arijiie 
(bie  ^ofiie)  auf,  »a*  jmar  erfi  um  1330 
allgemeiner  ©ebrauc^  mirb. 

Die  5otm  beö  ®efä§eö  bleibt  äiem« 
liefe  bie  gleiche.  SDer  ^u§  ifi  bemjenigen 
bc*  Äelct)e*  ä{)nti^.  ®aö  eigentliche  33c* 
^ältniö  mar  ein  maljen*  ober  linfenförs 
migcö  ®ef)äufe  »on  ®Iaö  ober  Ärt)fian, 
bcr  ©cEimucf  ein  fd)Ianf  fii)  crbebenbeä, 
burcfe  Strebebogen  »erbunbeneö  ^fcilmcrf 
mit  Sldtter*,  SRanfen*  unb  @tabocräierun= 
gen,  fonjie  mit  giguren  öon  (angeln  unb 
|)ciligen.  ®ie  ©pi^e  frönte  iai  Äreuj. 
S)er  ©toff  mar  ®olb  ober  minbefienä  fiarf 
»craolbctcö  ©ilbcr.  ?lu(fe  bie  ©belficine 
fet)iten  nicfet.  2)ie  bcutfcfeen  SWcijicr  foüen 
ftcfe  in  ber  5luöarbeitung  föjili^er  ®eräte 
biefer  3lrt  au^gejcicf)nct  ^abcn. 

5Da«  16.  3af)rt)unbcrt  brad^tc  aud) 
hierin  neue  formen.  I>cr  einfaä)e  ©cfeaft 
tt)urbe  mannigfach  gegliebert  unb  üerjiert, 
öl)nli(f)  mie  c«  bei  ben  Äelc^en  gefd^af). 
Ser  Scplter  erl)ielt  eine  reid^  mit  Steinen 
bcfc^te  Umfaffung,  meiji  in  ®efialt  einer 
jira^lcnbcn    «Sonne.      2)a«    SRanfcnmert 


würbe  reifer  mit  finnbilblicfeen  5igürdt)en 
gef^müdt,  fo  einerfeitö  mit  einer  2il)re 
Don  S)iamanten ,  anberfeit«!  mit  einem 
iraubenge^dnge  oon  SRubinen,  ben  beili* 
gen  fieib  (baä  ®rob)  unb  tai  ^eilige  33lut 
(ben  SBcin)  wcrrtnnbilblidjcnb. 

^Övttlf  lat.  mortarium,  mortietum; 
frj.  mortier;  engl,  mortar.  Sefannt  ift 
bie  ungc|)eurc  SBiberfianböfä^igfeit  ber 
alten  Dlittcrburgen ,  bcren  Steine  burcf) 
bur^  ein  weit  beffereö  Sßinbemittel  jufam* 
mengefügt  fein  müjfen,  als  ba«  bei  neues 
rcn  Sauten  ber  gatl  ifi.  S)cr  ^ap  bea 
iBolfe^  mei§  immer  noc^  bie  Sd^auber* 
mären  ju  erjä^len  Don  Saucrnblut,  bann 
aucf)  oon  SBein,  gctt  unb  Stecf nabeln, 
bie  jur  Söcreitung  beä  üJlörtel^  oermenbet 
roorben  fein  foHcn  unb  eä  läft  ftd)  leicht 
benfcn,  baf  mandf)c  Iräne  gefloffen,  biä 
ta^  nötige  SRateriat  auf  ben  $la^  gc= 
fc^afft  unb  jum  gefürc^teteten  Sau  ju« 
fammengefügt  mar.  3n  einzelnen  ^ixUtn 
mag  aud)  am  ^ocfemut  ein  ^af  SBein  ju 
biefem  3mede  geleert  unb  ba^  Slut  einc# 
2BiberfpenPigen  in  bie  3Körtelpfanne  gc= 
faft  morben  fein;  in  bcr  Jlcgel  aber  Dcr= 
fa^  tai  aSaffer  ben  3?icnft,  mic  ^eutc 
nodf). 

3n  altdl)riftlic^cr  3cit  oermcnbete  man 
in  3talicn  au^er  bem  Äatffanbmörtel  aucfe 
^ujjolanerbc,  im  SDUttelaltcr  jebod^  faft 
auöfdt)licBlicb  ben  crf!eren,  im  3nncren  bcr 
Käufer  auc^  ben  Sc^m ,  auö  meldt)cm 
®toffc  (nebp  bem  $olj)  bie  ^ütten  ber 
^rmcn  fafi  burd^meg  be^anben.  Sebr 
l)altbar  ftnb  fafi  fämttidjc  ^Bauten  auö 
bem  11.,  13.— 15.  3aljröunbert.  51m 
iR^ein  fdl)eint  audt)  ber  2;ra§  jur  üRortel» 
bercitung  ücrmenbet  morben  ju  fein. 

aWummenfi^anj.  Sie  ORa^ferabcn  foEcn 
unter  Äarl  VI.  am  franjöftfcljen  $ofe  aufgc= 
fommen  fein  unb  jmar  bei  ©clegen^cit  einer 
^o<^jeit  jmifcfecn  einer  ^ofbame  unb  bem 
iRitter  be  33ermanboi«  um  1393.  Da 
aber  mehrere  3D?aäfen  verbrannten,  \al) 
[xä)  ber  ^önig  »cranla§t,  fold^e  geüli** 
feiten  für  bie  3"f"»ft  ju  oerbietcn.  Sie 
mürben  jcbocfe  in  furjcr  ^nt  roieber^olt 
unb  jmar  mit  met)r  ®lücf  unb  famen  fo 
rafdf)  in  allgemeine  ilufnatjmc. 

SKünstuefen,  I.  Sei  ben®ermanen 
oerfal)  in  ältefier  ^iit  ^auptfä^licfe  baä 
iBieb  ben  Dicnfi  beö  ®elbcö;  Ulfila« 
überfc^t  5tu0brüdtc  »on  bcr  Sebeutung 
be«  ®elbeä  mit  faiha  altfiod^bcutf^e 
©loffcn  übertragen  pecunia,  burcl)  fihu ; 
ebenfo  bcäci^net  altfädbftfd^  fehu,  angel= 
fä^fifc^  feoh,  altnorbifd^  fe,    tai,   ma^ 


470 


9D?ünjrt)e[cn. 


fpdter  aügemein  ®elb  f)ei§t.  SDie  ^cr- 
fömmlic^cn  93uf ja^lungen ,  bic  jur  Oluf* 
ledit^altung  be«  fHci^töjufionbcä  unb 
Öffcnttt^en  ^riebenö  für  ben  ^aü  einer 
iBerle^ung  torgefc^rtcben  »aren,  unb  baä 
SBergcIb  würben  regctmä§ig  in  einer  be= 
liimmtcn  5lnjabl  ®tü(fe  SBic^  bejat)Ü  unb 
bered^net ,  nergleic^c  STacituä  ®crm.  12 
unb  21,  unb  ivoax  galt  aU  2öertcin^eit 
eine  gcttjö^nlid^c,  gefunbe,  milc^gebenbc 
Äul),  naä)  beren  2Bert  fonjiigc^  Siel), 
*Cferbe,  D^fen,  Ädibcr,  ©d)afc,  Sifflf" 
unb  Schweine  bere(^net  tt)urbe ;  na(^  3<iJo^ 
©rimm  f)ängt  bamit  bo^  Sßort  (3c^il  = 
ling  jufommen,  mit  bem  regelmäßig  boe 
römifd^e  SBort  solidus,  bie  aU  Qflgc= 
meine  SBertein^eit  geltcnbc  römifcf)e  ®oIb= 
münje,  überfe^t  mirb;  eö  foü  nämlicf) 
©(ftiüing  mit  skilan  =  töten,  unb 
©d^ulb  öerwanbt  fein;  »er  getötet 
^atte,  wai  f<i)u!big  SBuße  ju  jaulen,  unb 
ber  SBertbetrag,  worin  biefe  ©d^utb  ju 
entrichten  war,  t}\t%  €($ining;  bie  Über= 
fe^ung  ber  römifc^en  Sßertcin^eit  mit  ber 
altern  bcutfcften  Sffiertein^eit  fei  aber  ha' 
burc^  beförbert  werben,  t)a%  beibc  SWünj- 
werte  einanbcr  ungefähr  gIei(J)famen.  dlaä) 
5lnberen  foE  freilid^  m|b.  schillinc'  »on 
schellan  ^erfiammen  unb  foDiel  aU  flin= 
genbc  3Wünje  bcbeuten.  35a§  aber  ber 
römif^e  ©olibuö  wirfli^  bem  alten  Äu^^ 
wert  gleidfam,  erbeut  au«  bem  iöolföred)! 
ber  3'lipuarif(^en  ^lanUn,  worin  bei  ber 
Entrichtung  bed  SBergetbeö  ein  gehörnter, 
fe^cnber  unb  gefunber  Dc^fe  für  2  ©olibi, 
eine  gehörnte,  fet)enbc  unb  gc« 
funbe  Äu^  für  einen  ©olibuö,  ein 
fet)enbcö  unb  gefunbeä  ^ferb  für  6  ©olibi, 
eine  fetienbc  unb  gefunbe  ©tute  für  3 
6oIibi,  ein  ©d^wert  mit  ©treibe  für  7 
©olibi  gerechnet  wirb. 

DfJeben  bem  23ic^  erfd^eint  aber  bei  ben 
©ermanen  bie  Äenntniö  unb  ber  Seft^ 
oon  SOietaUen,  ®oIb,  ©über,  (5rj,  fe()r 
alt.  Jacituö  erjät)lt  im  fünften  Äapitcl 
ber  ®ermania:  „3df)  weiß  nic^t,  foü  id) 
e«  eine  ®unji  ober  Ungunjl  ber  ®ötter 
nennen,  ta^  fie  if)nen  @oIb  unb  Silber 
»erfagt  ^abcn.  S^at  mödjte  id)  bod^ 
ni(f)t  behaupten,  ia^  ®crmanien  feine 
©ilber*  ober  ®olbaber  berge,  benn  wer 
f)at  je  banacfe  geforf(^t?  —  aber  Sefi^ 
unb  (Sebraudf)  biefer  ebeln  ÜKctaüe  mad^en 
feinen  fonberli^cn  (Sinbrud  ouf  fte.  üJian 
fann  fc^en,  wie  bei  if)nen  filbcrne  ®es 
fdße,  bic  i{)rcn  ®efanbten  unb  Jütften 
jum  ®efdf)enf  gemadf)t  würben,  gerabe  fo 
9cringfcf)ä^ig  be^anbelt  werben,    wie  bic 


Söpfc,  bic  fie  felbfi  au«  2;f)on  formen. 
yim  bie  unferer  ®renje  jund(^fi  SZßo^ncn* 
ben  i^aben  ben  ®cbraud^  t>on  ®olb  unb 
©über  beim  ^anbel  fenncn  gelernt  unb 
wiffen  jtc  ju  f(ä)d|en,  einzelne  ®eprdg4 
^aben  fic  fid^  gcmcrft  unb  nehmen  bicfc 
mit  Sorlicbc  an,  wd^rcnb  bei  ben  ©tdm« 
mcn,  bie  tiefer  im  3""«^"  Raufen,  nod^ 
ber  urfprüngUdE)e,  alte  2.aufdE)banbcI  im 
©c^wange  ge^t.  5lm  Uebficn  |tnb  i^nen, 
weil  alt  unb  Idngfi  bcfannt,  bie  am 
tRanbe  gejadten  unb  bic  mit  bem  ®eprdgc 
eine«  3"'«^9ffP<J""^  bcrfc^enen  2)enare. 
©über  jicf)en  fre  bem  ®oIbe  cor,  nid^t 
au«  einem  33orurteiI,  fonbern  weil  bie 
größere  3''^^  ^^^  ©übcrfiücfc  für  ßcutc 
bequemer  ijl,  wel(i)c  aücriei  wot)lfcüc« 
3eug  ju  öeröanbcln  pflegen." 

Snbeffen  bejcugen  ja^lreitie  Dlad^ric^« 
ten  öon  Xacituö  felber  wie  üon  anbern 
römifdf)en  ©d)riftfiencrn ,  ta^  cö  in  ben 
römif(i  5  germanif(^en  ®renjlänbern  an 
cbelm  üJJctaü  nic^t  gemangelt  ^aben  fann, 
unb  c«  ift  Wa^rf(^einlid^,  baß  bie  ^aupt* 
fd^lid)|le  CueHe  be«  3"^^"^«^  «^I«t 
aWetaHe ,  namentli^  t>on  ©ilber,  nac^ 
S)cutfd^lanb  in  ben  ©olbjat)Iungen  fowic 
in  ben  pufigcn  ®cfdf)cnfen  unb  ©ubftbicn 
ber  römifd)en  Äaifcr  an  germonifd^c  jrup« 
pen  unb  J^ürften  ju  fuc^en  ifi.  ^ic  jaf)I* 
reid^en  ®olb  funbe  in  norbbcutfcfeen 
®rdbern  unb  in  ben  DPfeeldnbern  weifen 
aber  barauf  f)in,  ha^  bic  ®crmanen  nod^ 
eine  anbere  Cuellc  be«  ebeln  ÜJletaO* 
f)atten;  o^nc  3^^if^^  ^^^  ^^^  laufd^» 
mittel  für  if)ren  Sernfiein  oon  SBejiaftcn 
ber  im  S3erfe^r  mit  ben  griec^ifd&en 
Kolonien  an  ber  Sfiorbfüfie  bc«  f^warjen 
ÜKeere«  oiel  ®oIb  in  it)re  ^dnbe,  weld^e« 
fte  alö  Stinggelb  oerwcnbetcn.  Sftinge 
ober  bongen  in  ber  Derf(^iebenfien  ®röße, 
gcfd^Ioffen  ober  fpiralförmig  gcwunben 
(wuntäne  bougä  bc«  ^ilbebranböliebc«) 
aU  3lrm=  ober  ^atöfc^mud,  cinjeln  ober 
met)rfadt)  ecrfcttet,  finb  oft  in  ®rdbern  auf« 
gefunben  worben  unb  werben  in  norbifd^en 
unb  altbcutfc^en  iDi^tungcn  »iel  genannt, 
freigebige  gürjicn  I)cißcn  93augenbrcd)cr, 
93augenjerfiüd(ler,  9flings  ober  ©olb^örec^er. 
Dlamentlic^  war  ba«  iRinggcIb  in  ^nwcn» 
bung  beim  jEaufc^^onbel  unb  für  bic  '-Be* 
lo^nung  geleifteter  freiwilliger  Äricg«* 
btcnfic.  ^aß,  wie  beim  iBie^,  au^  bei 
ben  Düngen  ein  gcwiffe«  ®ewi(i)t0f9ficm, 
eine  abfidt)tltc^e  regelmäßige  ®cwid^t«be* 
meffung  gc^errfc^t  t)abc,  wirb  oon  ber 
neueficn  §otfdt)ung  abgewiefen.  S>agcgen 
liegt  e«  auf  ber  ^anb,   baß  jur  Scflim« 


5Wünj«cfcn. 


471 


mung  unb  Sßertung  be^  O^tnggclbciä  2ßage 
unb  bcjiimmteö  &m\ä)t  notvocnbigcö  (Sr- 
forbcrniö  toax.  ffia^rfcfjcinlic^  ^aben  bic 
©ermanen  aucf)  it)r  ®ett)i(f)tött)efcn  auf 
bemfclbcn  SBcge  erhalten,  auf  »ttelc^em  fie 
jucrfi  gegen  ben  ?lu^taufcf)  i^rer  !J5tobufte 
©belmetatt  erhielten,  im  *Berfe^r  mit  ben 
gtied)ifc^cn  Äoloniecn  am  f(J)marjen  SUicere, 
unb  jiDor  Juar  eö  nici^t  ber  attifdE)c  SüHünj; 
fu§,  ben  bic  ©ermanen  oon  ba^er  ixl^kU 
len ,  fonbcin  ber  befonbcr^  in  ber  Stabt 
Spjifug  am  93ofporu^  ^crrf(ä)cnbe  boö^ 
pDrifd)e  9JJünjfu§,  nac^  »reichem  bie 
Iira^mc  3,71  ©ramm  mog;  eä  ifi  baö 
nämlit^c  ®eh)id^töfi;f}em,  ta^  man  in  ben 
öltcften  ft)rif(i)en  unb  jibonifc^en,  t)ebräi= 
fc^en  unb  ägijptifc^cn  SÜJJünjen  finbet  unb 
tai  äule^t  auf  tai  ^5unbament  beä  gan? 
jen  ©emicbtämefen«;,  ba^  babptonifc^e 
Talent,  jurü(ffüt)rt. 

n.  S)aö  iSDtünjtüefen  tti  mctos 
roingtfct)cn  Stei^eö  grünbct  fid^  auf 
t>a^  römifcf)c  SlRünjnjefen.  3m  römif(f)cn 
Oteid)  aber  tttar  feit  ber  ffl^litte  bcö  3. 
3a^r^unbcrtä  baei  gefamte  SOlünjmefen  in 
bie  ärgfie  SScrttiirrung  geraten,  fobat  ber 
S)cnar,  urfprünglicf)  ju  3,41  ©ramm  ge= 
prägt,  ju  einer  immer  »ertloferen  iöiüon« 
münjc  unb  fc^Iie^Iid^  ju  einem  trinjig 
fleinen  2Bei§fupferfiücf  t)inabgcfunfen  mar. 
5lud)  bie  ©olbmünjungen  maren  fo  un« 
regelmäßig  gcrttorben,  ia^  bic  ©olbmünjcn 
fc^merlic^  anber^  aU  mit  fafi  iebcömaliger 
^ejlfteflung  bcö  ®emict)teö  ber  einjelncn 
Stücfc  ben  ©elbumlauf  »ermitteln  fonn» 
ten.  Äaifer  Äonfiantin  I.  brachte  cnbtic^ 
eine  umfaffenbe  SJtcform  beö  üJJünätüefenö 
jU  lianbe,  Wcl(i)e  lange  3^*^  fjcrrfdbenb 
blieb.  5tlä  obcrfic  SJJorm  ber  ffiertbejüm* 
mungen  foütc  »on  nun  an  txxi  (jSfunb 
gereinigten  ©olbe^  nur  nac^  bem  mirfs 
\id)tn  ©etttict)te  unb  o()nc  (Rüdjic^t  auf 
iai  ©epräge  gelten;  eö  murbc  eingeteilt 
unb  auögemünjt  in  72  @oIibi,  mcl^e 
alfo  Ve  Ünjen  ober  4  ©frupel  =  4,55 
©ramm  tüicgen  folltcn.  I)a^  römifcf)c 
©olbgclb  würbe  al^  allgemeine  2BeItmünje 
betradt)tet  unb  Qluämünjung  beöfelbcn  galt 
alö  ein  auöfcf)Iie|li(^  faiferlicf)eö  Otcc^t, 
ftä^renb  bie  ^lu^münjung  »on  ©über  unb 
Äupfer  feiten^  frcmber  SRegenten  fein  93e* 
bcnfen  fanb.  Qllö  ©ilbergelb  befianben 
ft»äl)renb  beö  5.  unb  6.  3a^i^^"n^«t«  "ui^ 
bie  siliquae,  bercn  bejiänbig  24  auf  ben 
solidus  gerechnet  tBurbcn.  @olibi  unb 
©iliquen  nebfi  cntfprcd)enber  iD?enge 
»on  ^albä©iliquen  unb  wenigen  5DoppeI» 
fiüden  ber  ©iliqua  waren  bat)er  bic  üJtün- 


f,m,  meiere  bie  germanifc^en  ©tämmc  bei 
ibrcr  9?ieberlaffung  in  ben  römifct)en  $ro* 
»injen  forfanben  unb  wcldbc  fpäter  bic 
©runblage  i^res  eigenen  aJtünjfpjicmc^ 
mürben;  bod)  befa|en  bic  ^raufen  unb 
©adier  neben  ben  beibcn  genannten  ÜJJünj« 
fortcn  nod^  ältere  römifd)e  ©über* 
benare  jum  2Bertc  üon  »/jj  bc«  ©olb* 
folibu^,  unb  eine  ebcnfaüä  S)cnar  ge* 
nannte  außerorbentlic^  fleinc  Kupfermünze, 
bcren  6000  ober  eine  biefer  ©umme  naljc« 
fommenbe  3"^!  auf  ben  ©olibuö  ging 
unb  eon  meld^er  mieber  5  ©tücf  bic  gc= 
möl)nlic^e  Äupfermün^c  auämacfctcn;  oon 
ber  (enteren  famen  alfo  50  ©tüd  einer 
©iliqua  unb  1200  ©tücf  einem  ©olibug 
an  iffiert  glcic^.  (5ine  O'ieucrung  trat  burc^ 
i>ai  fränfifd^e  SWüUi^fpftem  infofern  ein, 
al^  an  bie  ©tcQc  fomol)!  be^  alten  ©iU 
berbenarä  =  Vn  ©olibuö,  mie  ber  ©iliqua 
=  V24  ©olibuö  ein  neuer  fränfifcber 
©enar  =  V40  ©olibu^  trat;  nad) 
il)m  fomol)l  aU  naä)  bem  ©olbfolibu^ 
werben  im  Q3olfäred^te  ber  falifc^en  gran* 
fen  bie  93u§anfä^c  geWertet. 

S)ie  ^ünjen  ber  ÜWerowingtf^cn 
fPcriobe  finb  entweber  ©olb«  ober  ©ilbcr* 
münjcn.  23on  ben  ©olbmünjcn  befte^t 
ber  Weitaus  gröfte  Seil  in  2)rittel» 
©olibi,  2;ricnten  ober  Ircmiffcn; 
ganje  ©olibi  ftnb  wenige  üor^anben,  f)albc 
fommcn  nicf)t  cor.  5Dic  ©olbmünjcn  tra« 
gen  1.  entWeber  ben  SJi amen  ber  ofi« 
römifc^cn  Äaifcr,  wobei  aber  fonfi 
burc^  auöbrüdlicf)c  Sejeicl)nung  ber  frän* 
fif(J)c    Urfprung    barget^an    wirbf,    ober 

2.  ben  Dramen  cincd  fränfifc^cn 
Äönigö  unb  auferbem  entweber  ben  ge* 
wöl)nlid)cn  O^JeDcr«  ber  bamaligcn  oftrömt» 
fc^en  ©olbmünjcn  Victoria  Augnstorum 
ober  ben  SRamcn  eineö  SDtünjcrö,  eincö 
Drtcö  unb  »crfc^iebcne  Smbleme ,  wie 
Äreuj,  (S^riäma  (üJlonogram  ßl)rifii),  mit 
fct)r    fiarfem    iJlelief    ber    SBilber;     ober 

3.  geben  ftc  eine  fpcjicOc  fa($li(f)e  93e« 
fiimmung  in  ber  ^uffc^rift  funb,  wie 
moneta  palati,  racio  fisci,  racio  ecciesiae, 
racio  basilici  Sei  Martini,  unb  bancben 
ben  SJtamen  beö  üJiünjcr^  unb  Orte^,  ober 

4.  jtc  tragen  nur  ben  iJiamen  eineö  SWün» 
jer^  mit  Angabe  .be^  Orte*  ber  !^Jrägung. 
(Sine  3a^reöjal)l  Ratten  bic  mcroWingifdjcn 
SOUinjen  nid)t.  I)ie  D^iacfebilbung  ber  ofi» 
römifdöen  ©olbmünjcn  gefd)a^  meiji  in  fcl)r 
rot)£r  Sßeife  unb  mit  auffaüenbcr  Äorrum« 
pierung  ber  fopierten  ©(f)rift  unb  ber 
Sijpen;  bie  Qluömünjungcn  würben  in 
großer  2luöbct)nung    unb    Dielerort*    be* 


472 


ÜJlünjiüefenen. 


trieben;  fohjobl  ^injtc^tUd)  be«  ©eroicfet* 
al^  be«  ^^einge^altö  fmb  biefe  SDJünjen 
fet)t  unc^lcic^;  es  gab  öffentlid^c  unb 
^riüatsüJtünjanfialten.  S)ie  ^luemünäung 
ber  cinselnen  ©tücfc  »urbe  nic^t  mit  ®e» 
nauigfeit  Doritcnommen,  rielme^i  darauf ge« 
fc^en,  ba^  eine  befiimmte  5lnjnl)l  jufam» 
mcn  tai  normale  ©ewid^t  pro  fJJfunb  ober 
Unje  entJ)ieIt. 

iBon  ©tlbermünjen  iji  auö  ber 
merott)ingif(ä)cn  $eriobe  blo§  ber®ilbcr  = 
bcnar  nad)gcrotefen,  tt)a^rfci)einlid)  ben 
2öert  beö  alten  römifc^en  ©ilberbenarö 
=  1/12  ©olibuö  ^attcnb;  über  Teilungen 
be^  ©cnar^  ifi  man  auf  Sßermutungen  an« 
gerciefcn.  S!)terott)ingifi^e  Äupfeimün« 
jen  finb  j"el)r  feiten. 

93ei  ben  5llamanen  unb  39a^ern  er» 
fc^cint  in  biefer  qßcriobe  fiatt  be«  ftdnfi» 
fc^en  Denarö  bie  saiga,  b.  i).  ber  alte 
römifc^e  ©ilberbenar  =  V12  ©olibuö. 

ni.  Unter  ben  Karolingern.  2)ie 
tt)efentlicf)fte  Ü3eränöcrung  bc^  ÜJtünjroefenö 
unter  ben  Karolingern  beftet)t  in  bem  im 
8.  3a!^rl)unbert  uor  fi*  ge^enben  Übers 
gang  t)on  ber  ©olbwii^rung  jur 
@ilberrcäl)rung,  f)cr»orgerufen  burc^ 
bie  frd^  meljr  unb  mel)r  fühlbar  macfeenöe 
Slbnabme  be«  ®olboorrate«,  ccrglic^en 
mit  ber  biäponibeln  ©ilbermengc,  unb  in 
^olge  ber  bamit  in  Serbinbung  f^e^enben 
©in'fc^ränfung  unb  SBerfc^le^terung  ber 
©olbauömünjung;  alö  bie  ^auptuvfad^cn 
ber  5lbnal)me  be^  ©olboorrate«  werben 
Stbnu^ung  unb  Umfd)meläung  ber  ÜJ^ün^ 
jen,  2Scrlorcnge{)en  unb  ißergraben  ber« 
felben  unb  Olüsfu^r' nad)  bem  Qluslanbe 
genannt,  ^n  ©teile  ber  ©olbfolibu«  trat 
nun  ein  Silberfolibuö  t>on  12  ©e« 
naricn,  ber  aber  nid)t  geprägt,  fonbern 
nur  in  ber  SRed)nung  gebräuc^lid)  würbe. 
®ie  ©olbpiäi^ung  p\te  feit  ^ippin  fo  gut 
tüie  gauj  auf.  2öabrenb  aber  Dörfer 
tt)al;rf(^einlid^  25  ©olibi  ju  12  ©enarien 
auf  ein  $funb  ©ilber  gerechnet ,  alfo 
300  S)enarien  barau^  gcfd^lagen  mürben, 
würben  unter  ben  Karolingern  jucrft  22, 
bann  20  6olibi  auf  tau  ^funb  geredjnct, 
eine  3Serdnberung,  bie  mit  ber  (£infül)rung 
eine«  größeren  *lJfunbeö,  be^  fog.  Karl«« 
pfunbc«,  burc^  Karl  b.  ®r.  sufammcn« 
gu^)ängen  fc^eint.  6ine  »öllige  ©leic^^ieit 
be«  UJlünjroefenä  bei  allen  Stammen  be« 
ftänfif^en  SReid^e^  einzuführen,  gelang 
Karl  ni^t;  bei  ben  ^^^f^n^.  ®«cf)fen  unb 
SBapern  ert)ielten  fic^  eigentümli(J)e  SOlün^« 
»er^dltniffe.  SÜJünjen  mit  ben  9iamcn  ber 
tinjelnen  ÜJlünjer  uno  o^ne  ben  be«  Kö« 


nig*  giebt  e«  je^t  nicfet  met)r;  bie  S)e« 
narien  tragen  je^t  ben  9iamen  ber  Kömgc 
ober  ibr  ^ionogramm;  bancben  crfdjeint 
ale  faft  unerla§li(ft  tai  Kreuj;  einen 
.ftopf  tragen  bie  fräntifc^en  ÜJtünjen  Karl« 
be^  ®ro§en  ni^t.  moftl  aber  bie  faiferlic^en, 
beren  Köpfe  baare  Jia^alimungen  antifer 
©eprägc  ftnb  unb  bie  wa^rfc^cinlid^  für 
Stallen  gcfcl)lagen  mürben;  iai  roic^tigfic 
auf  ben  SO^ünjen  Karl^  ifi  aber  immer 
bie  Schrift,  mctcbe  ben  SJiamcn  CAJROLVS, 
CARLVS,  KAROLVS,  KARLVS,  CARL, 
bann  ben  Sitel  R  F,  b.  i.  Rex  Franco- 
rum,  unb  bie  Eingabe  ber  SOJünäfiätte  ent« 
^ält;  bie  aSJünjcn  ßubmig«  be«  JJrommen 
tragen  oft  ein  Kirc^engebäube  „unb  bie 
Snf^rift  christiana  religio.  Überhaupt 
meifeltcn  bie  SOtünjtppcn  oft  infolge  ber 
t)crfd)iebenen  aJtünjfiattcn  unb  anbcret 
Umftanbe.  3)ie  3al)l  ber  2«ünjfiättcn  ifi 
eine  bebeutenb  geringere  alö  unter  ben 
SDleromingern.  5Benn  aucf)  an  »crfd^iebe« 
nen  Orten  ju  münjcn  geftattet  war ,  fo 
füllte  C8  ni^t  ol)nc  auöbrücflidbe  erlaub* 
nid  unb  unter  «Uufftc^t  be«  ®rafen  gc* 
f(^c^cn.  2Bie  unter  ben  SDJerowingern  au«« 
na^mdlo«,  fo  würbe  unter  ben  Karolingern 
wenigjicn«  »orljerrfc^enb  nur  in  ben  $ro« 
uinjen  linf«  Dom  3t^ein  gemünjt,  wo 
unter  anöcrn  aU  ÜJiünjjiätten  Ijeroortre« 
ten  *Jla(ftcn,  «Unbernad^,  Safel,  Singen, 
Sonn,  Sambrai,  ßbur,  Köln,  ßöwen, 
öüttic^,  ÜJiainj,  ÜRajiricl)!,  Tlt^,  iWonö, 
Dtcu^,  ©peier,  ©tra^urg,  Soul,  Srier, 
93erbun,  2Bi)f  be  ©uerfiebe;  üon  linf«« 
rt)cinifd)en  SWünjjiatten  werben  Stegenö« 
bürg,  gelingen  unb  Sffiürjburg  genannt. 
•Uleifi  l)atten  bie  SDiünjen  nur  einen  Um« 
lauf  in  ber  ©egenb,  wo  fie  gcfdjlagen 
würben.  2)a  Jeber  für  feine  iRec^nung 
prägen  laffen  fonnte  unb  babcr  bei  ber 
ÜJtünjc  ©elegen^eit  fanb,  SDictaü  ober  alte 
SDlünje  in  bie  eben  furfterenbe  ju  oer« 
wanbeln,  fo  bientc  bie  ÜJlünje,  bie  man  barum 
aud)  gern  mit  einem  Tlaxtt  »erbanb,  ju« 
gleid^  alö  2öedt)felbanf.  2)a  cö  jum 
'IJrinjip  ber  Üiegierung  Karl«  gehörte,  tai 
5Dfünjwefen  ju  fonjentrieren ,  gefd^al)en 
unter  iljm  feine  93erleil;ungen  beö  ÜJJünj« 
rcd^teö;  bagegen  beginnt  bie  (Erteilung 
toon  iDiünjpripilcgicn  unter  fiubwig  b.  %x.; 
bai  93i«tum  ßeman«  in  gtanfrcid)  unb 
baei  Klojier  (Sorüei;  rühmten  fid^,  biefe« 
ißorre^t  juerji  empfangen  ju  haben,  bo(^ 
erfolgte  bie  *tJtägung  aud)  l)ier  fortwdb' 
renb  unter  bem  9iamen  be«  König«.  S)ie 
Siegel  war,  ta^  an  ber  ÜJiünje  für  anbcre 
gemünjt    würbe;    fd)on   «pippin    ernannte 


aWünjWcfen. 


473 


bem  SWünjcr  einen  Soltbu«  t>om  $funb 
ju,  aU  fog.  ©cblagf^Q^,  b.  h.  eine  ^b» 
gäbe  an  ben,  bcr  ba«  SOflüni^rec^t  f)attc. 
^alfd^münjerei,  bie  unter  ben  SWcrowingern 
febr  im  6^tt)ange  gertiefcn  mar,  gab  aucft 
ben  Karolingern  oicl  ju  fcftaffen,  fei  eö 
ba^  einer  of)ne  2Jtünjrec^t  müni^te,  fei  eö 
ba§  SJ'iünjer  ober  Jüditmünjer  fic^  eigent^ 
Iid)e  ^älfcftungen  jufÄulben  fommen 
liefen;  bie  ©trafen  barauf  waren  ©^in» 
ben  im  SRücfcn,  ^aarabfc^eeren,  ©ranb^ 
marfung  im  ©efid^t  mit  ben  ÜBorten  f.  m. 
=  falsator  monetae,  ÜJlünjfälfc&cr ,  iBer^ 
lufl  ber  ^anb. 

rv.  3«^"*«^  ^i^  brcije^nte^ 
5al)r^unbcrt.  3n  biefer  3^'*  jerfdüt 
iai  iuxi)  bie  Äarolinger  einheitlich  georb^ 
nete  SD'iünjnjefen  infolge  con  ^Privilegien 
ju  ®unften  gcifllid^er  Stifter  unb  ber 
iWünjprägung  feiten«  »eltlid^er  ®ro§en 
in  eine  neue  gro§e  3«rfplitterung.  Serliebcn 
tt)urbe  taii  2Jlünjrcd)t  junädift  ju  ®unjien 
cine^  5)^arfte«  unb  jmar  faft  regelmäßig 
jugleid)  mit  bcm  ÜJtarftrecfct;  feit  bem  5ln* 
fang  beö  10.  ^abxl).  finben  jid)  ÜJiünjen, 
bie  neben  bem  föniglii^en  9?amen  ober 
fiatt  bcöfclben  ben  cineö  ■^crjog«  ober 
Sifc^ofä  tragen;  bie  erften  barunter  ftnb 
^erjog  Qlrnulf  »on  !8at)ern,  ^ermann  I. 
t>on  @cl)h)aben ,  93ifci)of  «Salomo  oon 
Äonjlanj ,  ©tra^urgcr  93if^öfe  auö  ber 
3cit  Äonrab  I.  ®ic  Serleibung  beö 
SRünjrec^teö  ging  eine  Stufe  tvciter/njenn 
barunter  bie  Sefugniö  tierfianbcn  roar,  an 
jebem  Drt  beö  Siötumö,  be«  Äloftergebic* 
tee  ober  einer  ©raffd^aft  eine  «Üiünje  ju 
errichten,  o^nc  »eitere  (Einholung  fönigs 
lieber  Sriaubniö;  boc&  Waren  für  bie 
Übung  be^  ÜJlünärec^teö  befiimmte  SBebin« 
gungen  gefieüt:  bie  SDiünjen  fotlten  probe- 
baltig  fein,  öffentlichen  ©ewi^teö  unb 
reinen  Silber^,  ober  fie  fotlten  nai)  bem 
SSorbilb  befannter  unb  angcfebcner  SD^Jünj* 
orte  gefd&lagen  »erben,  manchmal  mit 
bcm  3"fa^'  fif  eä  erlaubt  fein  foOe,  bie 
®tü(fe  um  ein  93ebeutenbeö  leidbtcr  auö* 
juprägcn  aU  eö  bort  üblich  »ar.  5Das 
neben  liefen  fortmäbrenb  bie  Könige  auf 
i^ren  (Pfaljen  ober  an  bebcutenberen  ^an* 
belöorten,  »cldbe  unmittelbar  unter  iljrer 
©ewalt  jianben,  prägen.  S)ic  föniglid)en 
SRamen  tragen  jebo*  auc^  oiele  iWünjcn 
geiftlicber  nnb  rceltlic&er  ®ro§en.  S)ie 
3af)l  bcr  O^ünjftätten  ifi  überaus  groß; 
befonber^  bebcutenb  aufer  ben  93if^of«is 
j^äbten  ftnb  bie  föniglicf)en  Drte  2)ort= 
munb,  I)ui0burg  unb  ®o0lar, 

ÜDa«  ®cprägc  fd)licBt  fid)  Anfang«  an 


baö  bcr  farolingifcfccn  <Periobc  an:  bie 
i?orberrfdf)cn  Ippen  fxnb  Kreuj,  Kirchen* 
gebäube,  9'iame,  feiten  ein  Sonogramm, 
regelmäßig  bie  93cjeid)nung  beö  Orte^. 
3)a^  *J3rufibilb  ber  Könige  erfdjcint  ein* 
;ieln  unter  Otto  I.,  häufiger  feit  Otto  in., 
bie  ganjc  ^iflii'^  'f^  feiten;  fpäter  ließen 
aucb  geifilid)e  unb  »cltlid&e  dürften  i^r 
33ilb  aufnef)men.  35on  ©influß  auf  ben 
Stempel  mar  im  ?iorben  angclfä(^ftfc^er, 
im  ©üben  italicnifd^cr  ©influß ,  fobann 
iai  Sorbilb  cinjclner  einl)eimifc6er  SUiünj» 
ftätten  unb  ganj  befonberö  iai  Sclicben 
bcr  ©tempelfc^neiber.  Seit  bcm  11.  3ai)X' 
bunbert  fing  man  an,  ben  bciben  Seiten 
ber  ÜJJünjen  fiatt  mie  früber  mit  einem 
Schlag  jeber  für  fic^  ben  Stempel  aufju« 
brücfcn  (^albbraftcaten),  einem  33ers 
faf)ren,  bcm  in  bcr  Staufifcben  3^**  ^'^ 
Prägung  mit  bloß  einem  Stempel  folgte 
(Q3rafteaten;  barnacf)  ift  ber  5lrtifel 
©raftcaten  ju  t>erbcffcrn),  Si^^if^ 
noc^  t)otten  bie  SOlünjen  einen  bcfc^ränf* 
ten  Umlauf^frciö ,  bal)er  bei  3i^^""9^" 
befiimmte  SWünjcn  au^bebungen  mürben. 
%U  ÜJJün^fiätten  merben'  in  biefer  «Periobe 
genannt,  inßot^ringen  Sambrai,  iBers 
bun,  5Jie^,  St.  I)ie ,  ßütti*,  SrüiTcl, 
Sömen,  9?iüencö,  ©enbermonbe,  Salencien» 
ne«,  iJlntmcrpcn;  au^  ^rieäl  anb  Utred)t, 
Siele,  Deoenter;  am  Untcrrl)ein  Köln, 
SRcmagen,  S)ui^burg;  in  SRbeinfranf cn 
Spcicr  unb  2Bormö;  in  Djlfranfcn 
Sffiürjburg;  in  Qllamanien  Straßburg, 
58afel,  3ütid),  Konfianj,  Ulm,  öiellcid)t 
|)all ;  in  !8  a  9  c  r  n  (Rcgcnäburg ;  in  K  d  r  n  * 
t^en  %xit\ak);  im  öjll  i(i)en  Sac^fen 
®oölar,  Stabe,  Sarbcmic,  9Jlagbcburg, 
fiencid)t  ^alle;  in  2ßeftfalcn  S5ortmunb 
Soefi,  Sf^tlobn,  SUJünfter.  3"  ^Sejug  auf 
hai  (Semid^t  merben  ein  öffentl  i(ä)e^ 
ober  föniglid^eö  unb  hai  Kölner  ®e« 
mic^t  untcrfcf)icben.  iJ?ac6  farolingif^cr 
Drbnung  galt  i>a«i  *Pfunb  Silber  gleidt) 
20  Solibi  ober  Sd) Illingen  ju  12 
©enarien,  mooon  jebocfe  flcincre  5lb* 
mcid)ungen  üorfommen.  Seit  bem  5ln« 
fang  bc«  1 1.  3abrf)unbertä  mirb  in  5Deutfc6« 
länb  auc^  bie  SRed&nung  nad)  ber  oon  ben 
9lngclfa($)fen  entlcfmtcn  üJiar!  gebraucht, 
unb  jmar  ijl  bie  SWarf  balb  fopiel  ali 
$funb,  balb  bie  ^älfte  bcöfelben,  balb 
\)at  fte  nocfe  anbcren  QBert;  bie  Kölner 
ajiarf  betrug  ^mei  SJrittel  <)3funb  =  8 
Unjen  unb  mürbe  fpäter  ftatt  ju  166  nur 
ju  144  S)enarien  (12  Solibe  ä  12  ©cna* 
rien)  ausgeprägt. 

SBäbrcnb  qsfunb,  ÜJlarf  unb  Sd^il« 


474 


SKüujTOefcn. 


liitg  nur  SRed&nungöcinf)eitcn  fmb,  f)£t§cn 
bie  einjig  au^gecrägtcn  SOtünjen  SJenat, 
tat.  allgemein  nummas,  beutfdb  Pfennig, 
af)b.  unb  m^b.  phcnninc,  phennic,  üon 
ai)t.  tai  phant,  n^b.  •pfanb,  dfo  cigent» 
Ii(^  foüiel  alö  ^Ufanbart;  bann  bet  fiolbc 
35cnar,  helblinc,  obalus,  ^eüer,  feiten 
ein  Siertel^bcnar.  Snirti^r  nodö  tarn  eö 
bei  gtöfern  ©ummen  me^r  auf  t>ai  ®e* 
famtgemid^t  einer  größeren  Stnjaf)!,  aU 
auf  ta^  bem  SZBecfifel  unterworfene  [einjelnc 
@tüd  an. 

®oIb  tt)urbe  nur  gewogen,  nid)t 
geprägt;  ©olbmünjen,  bie  etwa  umliefen, 
waren  bpjantinifd^en  Urfprungö  ober 
jiammten  auä  fränüfd^er  3«it. 

2Baö  unter  ben  Karolingern  nur  feiten 
gefc^a^,  bie  Umprägung  unb  wieber^oltc 
2tnbcrung  ber  ÜKünje  würbe  je^t  ®e* 
wo^n^eit;  galt  e^  jWar  al^  alte  (Reget,  ba§ 
bie  ÜRünjen  ber  33tf^öfe  auf  beren  ßebenö* 
jeit  gefcl)Iagcn  würben,  fo  wed)felten  bod^ 
mand)c  Sifd^öfc  mef)rmalä  im  ^af)X,  balb 
au«  ©rünben  ber  ^abfuc^t,  balb  um  ein« 
geriffenen  SWi^bräuc^en  ju  fieuern. 

V.  (Snbe  beö  aRittelalter«.  S)er 
june^menbe  95erfaII  ber  SReict)öeinI)eit  ^atte 
aud^  eine  june^menbe  3fi^fpi^ltu"9  ""^ 
IBcreinäelung  be^  SOtünjWefcn^  im  ©efolge, 
bergejialt,  ta^  im  14.  unb  15.  3a^r^un= 
bert  eine  jufammenfaffenbe  Überfidjt  ber 
SOJünjen  beä  14.  unb  15.  3a^tl)unbert^ 
faum  möglicE),  wcnigpen«  biö  jc^t  noc^ 
nid^t  üerfu^t  worben  ijt.  @o  ja^Ireidf) 
aber  bie  oor^anbenen  SlJJünjgebiete  in  bie« 
fer  3«it,  bie  lanbfi^aftlic^en  üJtünjnamen 
unb  namcnttid^  bie  einzelnen  ÜJJünäWerte 
ftnb,  fo  fufen  fie  bod^  alle  big  ins  13. 
Ja^r^unbert  auf  bem  <Pfunb  ©ilber,  wel« 
ä)ti  20  ©d^iüinge  ober  240  ©ilberbenare 
ober  Pfennige  enthält;  ia  fowol)I  *|3funb 
al«  <Sdt)iIIing  blo§e  JRed^nung^münjen 
Waren,  fo  würbe  i^r  SBert  aüein  burd^ 
ben  SBert  beö  *13fennigö  aU  ber  ®int)cit 
befiimmt.  S)icfer  SBert  aber  war  ein  fel)r 
t>eränberlidf)er,  ba  jebc  neue  ©ilbermün^e, 
bie  fid^  5lnfet)en  unb  Äurö  nerfd^affte, 
burd^  geringere  2luöprägung  wieber  vtx= 
f(t)ted)tert  würbe ;  fo  fam  ber  ^Pfennig  ber 
fd^wäbifc^cn  Stabt  ^aü,  ber  alö  geller 
bie  gangbarfic  ©ilbcrmünäe  im  fübwcji» 
lid^en  S)eutfd^Ianb  würbe  unb  felbjl  bie 
allgemeine  93ejci(^nung  ber  ??fcnnige  hnxif 
bie  befonbcre  ber  geller  oerbrängte,  burd^ 
il)re  Entwertung  im  14.  3a^rf)unbert  auf 
einen  t)alben  Pfennig  unb  weiter  I)erab. 
2tu«  bem  2Bort  Pfennig  löfien  ftc^  mit 
ber  3eit   jum  Steil   mit   ber  Übertragung 


ber  altern  93ebeutung  auf  t>ai  geprägte 
iülünjftücf  überhaupt  Derfd^iebene  anbere 
felbfiänbigc  ÜJJünäWerte  ab,  wie  ©ulben 
=  gülbcner  Pfennig,  Serncr,  Malier, 
SWün^ener,  seil.  Pfennig,  ©rofd^en 
=  denarius  grossus,  ®ro§5'J5fennig,  fub* 
fianticifdl)  ber  ®ro§,  ®rofd&;  2öeiB  = 
<C  fennig,  Krcujers^fcnnig  ober 
^reujcr,  ber  gulben  ^lorenjer,  ober 
2)iucaten,  ber  gulben  rl)cinif^,  ber 
gulben  ungarifd^  —  ^Pfennig;  ber 
2)reier,  93ierer,  @e^fer,  ber  5oöd^img« 
®ulben  =  ®rofd^  —  *13fennig,  worauf 
I^aler  entfprungen  iji.  23gl.  S^meU 
ler,  *-8at)r.  2öörterb.,  unter  bem  2Bort 
"Pfennig. 

iJleben  bie  ©ilberwä^rung  fleüt  ftc^  feit 
bem  13. 3a^r^unbert  eine  ®olbwä^rung, 
beren  5luögangöpunft  ber  Florentiner 
®ulben,  Fiorin  d'oro,  ip ;  berfelbe  würbe 
feit  1252  oon  ber  Dtepublif  ^lorenj  aus- 
geprägt unb  jcigte  auf  ber  einen  Seite 
hai  SBilb  Soliinneö  beö  Seuferä,  beS 
S^u^patron«  oon  ^to^^tni»  luf  ^^^  o"' 
bern  bie  ßilie  ali  SBappen  ber  «Stabt. 
^aä)  biefem  Sorbilbe  würbe  juer^  ber 
2SencjiamfdE)e  Ducatcn  ober  ^idiin  im 
3a^r  1283,  bann  ber  ungarifd^e  ®ulben 
unter  ber  (Regierung  Karl  Cftobcrtä,  au§ 
bem  |)aufe  Qlnjou  non  9ieapel  (1309— 
1342)  geprägt.  2)ie  neue  ®oIbmünje 
fanb  balb  auä)  in  2>eutfd^lanb  (äingang, 
in  SJö^mcn  würbe  fte  oon  Äönig  Sodann 
1325  eingeführt,  ©eitbem  in  ber  golbe* 
neu  SuQe  ben  geijllid^en  unb  weltlid^en 
Äurfürfien  fowie  ber  Krone  93ö^men  iai 
Dlec^t  jugefpro(^cn  war,  ®olbs  unb  ®il- 
bermünjen  ju  fd^Iagen,  liefen  aucE)  bie 
r^einifd^en  Kurfürfien  ®ulbcin  mit  bem 
93ilbe  So^annei  beö  3;äuferS  prägen. 

®a  bie  ®olbmünje  bie  ocr^ältniSmäfig 
fonfiante  ®rö§e  war,  pflegte  bie  ®olb» 
münje  Don  je^t  an  ben  Sßertmcffer  für 
bie  ©ilberwä^rung  abjugeben;  tai  ®e« 
wi^t,  nadf)  bem  in  bicfer  ^eriobe  bie 
italienifdf)en  ©ulben  geprägt  würben, 
war  bie  Äölnifc^e  Ttaxt;  bie  beutfc^en 
®ulben  Würben  nadf)  ©epräge,  6d^rot 
unb  Äorn  blog  jenen  nadjgcprägt,  wobei 
bie  ®ejtimmung  bces  SDiünjfu§eö  ben  ein» 
jelnen  ÜJiünj^crren  freigeficllt  war. 

Um  ber  aud^  Ijicr  über^anbne^menben 
Verwirrung  abjul^elfen,  »ereinigten  pd^ 
im  3al)r  1386  bie  oier  r^einif^en  Äur* 
fürfien  ju  einem  ÜJlünjoertrag,  worin  fie 
ben  SKünjfu^  ber  ®oIb=  unb  ©ilbermünje 
fowie  beren  gcgenfeitigeä  SBertoerbältni* 
beftimmten.    ®ie   befd^loffen,  ®ulben  jU 


iölufif. 


475 


münden  mit  bem  @t.  SoftcinniäbilDc, 
23tatäti9,  66  ®tücf  auf  bie  OJlarf  im 
©ewic^t;  bo*  foü  ber  SlJünjmcifict  für 
bie  ÜJlarf  fein  @olb  nid)t  me^r  alö  67 
©tuet  geben  unb  jeber  SWüttjtjerr  einen 
falben  ©utben  aU  ©c^Iagfchag  beEom= 
men.  (Sin  ©ulben  biefer  5ttt  foü  20  neue 
©ilberpfennige  (TOp^c  pcnning)  gelten  unb 
cbcnfopicl  tric  bie  ungatifd)en  unb  böl)* 
mifd)en  ®ulben.  5llö  tro^  biefer  2}crein= 
barung  aud)  bie  ®oIbtt>ä^rung  fid)  wieber 
t)erfcf)led)tcrte,  n)urbe  enbtid)  1402  ber 
aJJünjfuB  burd)  ein  SRcicfeömünjgefe^  feft' 
geficüt,  i>ai  fpdter  met)rmalei  erneuert  ttier= 
ben  mu§te.  Seit  bcm  ^a\)x  1535  fing 
man  an,  offenbar  infolge  größeren  «gilbers 
jufluffeö ,  ©ilberfiücfe  ober  filberne 
®rofd^cn  ju  fd)lagen,  tk  einen  Oolb« 
gulben  im  ifficrte  gleid)  fein  unb  60  Äreu* 
jer  geben  foüten;  man  nannte  biefe  ®tücfc 
mit  einem  nid^t  »on  il^rem  Stoffe,  fon» 
bem  üon  il)rem  2Berte  entlehnten  Dramen 
®uIbincrä®ro  fc^en  ,  ©ulbiner, 
©ulbncr,  3fleid)ögulbner,  Uteicf)^» 
gulben,  ^u  unterfdbeiben  »on  bcm  oon 
nun  an  tautotogifd)  fo  genannten  ©olb* 
gulben.  2ltö  biefe  SOiünje  im  SBerte 
flieg,  »urbe  tcicber^olt  »erboten,  bie 
®  u  l  b  e  n  e  r  ^ö^er  aU  60  Äreujer  ^u 
nehmen,  mit  2luönal)me  ber  in  Joa^im^s 
tal  in  Sö^mcn  gcfd&Iagenen  3  o  a  d)  i  m  « < 
t  a  l  e  r «  ®  u  I  b  n  e  r ,  bie  man  fpäter 
Staler  nannte.  Über  baä dltejie ÜJJünjwefen 
biä  ju  ben  Karolingern  f)anbelt  ®  o  e  t  = 
beer  in  ben  ^Jorfc^ungen  jur  beutfd)en 
®efd^td)te,  93anb  I,  U,  IV  unb  VI;  über 
„5Die  beutfc^en  ÜKünjen  ber  fäd^jtfc^en 
unb  fränfifd)en  Äaiferjeit",  S)  a  n  n  e  n  ^ 
berg,  1876;  über  bie  ältere  Seit  SB ai^ 
in  ber  iöerfaffungögefd^ic^te  unb  SlJlüller, 
5Dcutfd^e  3Wünjgefd)id^te  biii  ju  ber  Dtto= 
ncnjeit.  Seipjig  1860.  Über  tai  fpätcrc 
SKittelaltcr  namentlich  ^egel,  S)eutfdbe 
©täbted^ronifen,  9?ürnberg,  Sanb  I,  ©. 
224-262,  unb  U.  531  ff,  unb  ©mel- 
ier« *8at)r.  SBörtcrbud)  in  ben  5lrtifeln 
Pfenning, ®d^illing,®ulben, 
j  M  l  e  r.  6ine  jufammenl)dngenbe  doE» 
jlänbige  ü)iünjgef(^id)tc  fe^lt  bi«  je^t. 

SWirfif.  S)ic  dlteften  IRad^ric^ten,  wcl(i)e 
»ir  über  bie  S)eutf{^en  burd)  einige 
®*riftjieüer  bcö  flafftfc^en  2lltertumö  er^ 
^Iten,  bejldtigen,  ta^  unfere  93orfal)ren 
frül)  fd^on  $oefic  unb  ®cfang  liebten  unb 
übten.  Jacitue  erjd^lt  un«  üon  bem  fo= 
genannten  93arbitu«,  jenem  Sc^lac&tgcfang 
ber  2)eutfc^en,  ber  burd)  iBor^alten  ber 
©d)ilbe  t)or  ben  SDJunb   noi^  milber  unb 


furd)tbarcr  tönenb  gemai^t  würbe  unb 
nad)  beffcn  Söirfung  fre  ben  2luögang  be« 
treffen«  glaubten  befiimmen  ju  fönncn. 
?lber  auc^  bie  SnfirumentalmuftE  ^atte 
bei  ben  alten  ®ermanen  f^on  frübe  Sin= 
gang  gefunben.  ©clbfioerfldnblic^  waren 
ti  anfangt  nur  f^allDcrjidrfenbe  8drm= 
ober  Älinginßrumente:  trommeln,  (Spm= 
beln  unb  l)öd)ften<^  noc^  tai  weithin« 
fd)atlenbe  jg>orn  bee  ©tiereä.  2Bie  unfelb-- 
fidnbig  bie  DJtuftf  bei  ben  alten  beutft^en 
3)i^tungen  auftritt,  bcweifi,  i>a^  „fingen 
unb  fagen"  nod)  biä  in«  13.  3ai^ri)unbert 
gleid)bebcutenb  war.  3)cr  altbeutfd)e  ©e^ 
fang,  erfd)einl  oorwiegenb  aU  Soücnber  ber 
poetifc^en  gorm  ber  @prad)e;  er  bilbct  bie 
^auptfiü^en  ber  SSeröbilbung,  bcren  ^au\>U 
regel  iai  ®efe|  ber  Betonung  würbe. 
3m  2lccent  treten  einzelne  lönc  unter* 
fc^cibbar  t)erauei  unb  biefe  93ctung  ber 
fogenonntcn  ßiebfiabe  mu§te  jur  (iinfü^s 
rung  gcwiffer  3nt«oaflc  in  ber  lon^ö^e 
füt)ren,  welche  me^ar  waren,  ^ö^ti  barf 
man  fic^  ben  Anteil,  ben  ber  ®efang  att 
ber  ^oefic  na^m,  wobl  faum  benfen  unb 
e«  ifi  ba^er  nid)t  ju  »erwunbern,  wenn 
bie  SRömer,  wcld)e  it)re  Tlufxt  grö§tenteil« 
f^on  auägebilbet  oon  ben  ®ried)en  er^al* 
ten  platten,  »on  ber  ®efang«funfi  ber 
Dcutfd)en  nic^t  fonberlid)  erbaut  jein 
fonnten.  3"9lei<^  lernen  wir  aber  auc^ 
bie  2J?ü^e  würbigen,  bie  eö  ben  c^rijllii^en 
Sefe^rern  »crurfac^t ,  unfere  Sßorfaf)rcn 
für  ben  Äircf)engefang  ju  erjielien. 

l.  ÜJiufif  ber  crjlcn  d)ripii(^cn 
3eit  Über  i>Xi  frü^efie  3cit,  in  welcher 
taii  (5-t)rifientum  in  SDeutf^lanb  Singang 
fanb,  finb  wir  wenig  unterrichtet.  2)ie 
aSer^ccrungen  ber  SölEerwanberung  liefen 
ben  ©amen  beöfclben  ju  feiner  gcbeil)Iic^en 
^ortcntwidlung  unter  ben  3?eutfd^cn  fom« 
men.  aSoüfommen  jur  ^errfd^aft  gelangte 
ba«felbe  erfi  unter  feinem  erfien  Äaifer, 
Äarl  bem  ®ro§cn.  5Dur(^  i^n  erji 
gewann  iai  ßl)riftentum  in  beutfc^en 
ßanben  fejien  %u^,  foba§  eine  iwüjiänbige 
Umgefialtung  beutfd^er  .Kultur,  Äunfi  unb 
©itte  erfolgen  fonnte.  ®anj  befonbere 
«Sorgfalt  aber  oerwanbte  Äarl  auf  bie 
Pflege  be«  Kird^engefangc«.  S)erfelbe  war 
m  3talitn  iujWif^cn  fc^on  ju  einer  bc« 
beutenben  ©ntwicflung  gelangt.  5lnfang« 
gab  ftc^  freilid^  auc^  bort  ber  neue  ®ci(i 
auf  bem  ©ebiete  ber  SDiuftf  nur  in  fd^üd^* 
terner  SBeife  funb  unb  c«  ifi  nid^t  ju 
äwcifeln,  ia^  ftd^  berfelbe  ber  antifcn 
iWuftf  unb  itjrem  lonfppem  ebenfo  eng 
anfd)micgte,   wie  bie  9)lalcrei  unb  5lrc^is 


746 


mu\\t 


teftur,  wenn  aucfe  Qngcnomincn  roetbcn 
barf,  ba§  »on  Qlnbeginn  bcr  d^ri|ilict)cn 
3ett  tinc  95erctnfa(i)ung  ber  immer  üppiger 
geworbenen  gried&ifd)cn  ^IRuftE  ben  Jüngern 
ber  neuen  SJleligion  am  |»erjen  gelegen 
Öat.  3"l>«fffn  »ermüdete  felbjl  bie  (5in= 
fütirung  beö  (5f)rifientum^  ali  @taatö* 
religion  burc^  Äonfiantin  ben  Sinfluf  unb 
bie  3lac^tt)ir!ungen  ber  antifen  Tlufxl  ni^t 
jU  eerwifc^en,  im  Oegenteil  ft)urbe  ber 
Ic|te  Vertreter  berfelbcn ,  95  o  e  1 1^  i  u  ^ 
beö  I)ogma  aller  mittelalterlid^en  5DJujäf= 
gelef)rten.  93oetf)iuä,  ber  am  ^ofc 
S^eoboric^ö  lebte  unb  524  in  •Paüia  i^in» 
gerichtet  fturbe,  ber  Jcilna^me  an  einer 
2?erfd)»örung  ber  römifd^en  Dlationats 
Partei  gegen  bie  ©otentjerrf^aft  angeflagt, 
erfc^eint  aU  gelehrter  SRebaftor  ber  mups 
falifd^en  ®ä^e  beä  *ppt^agoraö,  5trifto5 
yanoö ,  <|3toIomaeuä  :c.  ®ic  TOufif  ifi 
i^m  ein  Seil  SO^at^cmatif.  3)ie  ®runb= 
läge  feineä  ©pfiem^  bilbet  eine  Steige  Pon 
»ier  Jonen  im  Umfange  einer  reinen 
Guarte:  beö  2;eIra(^orb.  SDaöfelBe  ent= 
hält  jietg  jtt)et  ©anjtoninterttalle  unb  ein 
^albtoninterfaQ.  3^  "«'^  Stellung  biefe« 
^albtonintcroaUö  in  ber  Qlufeinanberfolge 
ber  »icr  2öne  |)ei§t  baö  Sietractiorb  borifcf) 
(ftenn  ber  ^albtonfc^ritt  in  ber  Siefe 
liegt),  pl)ri)gi[c&  (wenn  er  in  ber  SO^itte 
liegt)  ober  Itjbifc^  (Wenn  er  in  ber  |»ö^e 
liegt).  @e|t  man  nun  ^rttei  p^rpgifc^e 
Jetrad^orbc  berart  jufammen,  ba^  »om 
Iiö^fien  Jon  beö  tiefen  Jctra(^orb^  jum 
tieften  Jon  beö  ^öt)eren  Jetrac^orb^  ein 
ganjer  Jonfcbritt  ifi,  fo  erhält  man  eine 
Dftaoengattung,  in  metc^er  bie  Jone 
in  folgenden  Snteroallen  aufeinanber« 
folgen: 

Jon  (I  U  m  IV)  (V  VI  VIT  VIII) 

SuterDaüen  1    V2    1      11   V2      1- 

J)iefc  Dftaüengattung  nal)m  man  nun 
aU  gunbament  aüen  Äircf)gefangeö  auö 
bem  5lltettum  l^erüber.  —  SDJit  ber  d^rifi^ 
liefen  Äirc^e  ^atte  aber  auc^  ber  ©otte^s 
bi'enji  bejiimmtere  unb  reid)ere  rituelle 
formen  angenommen  unb  e^  geftaltete 
ftcf)  Qllmä^lig  tai  ^\xä)injai)x  mit  feinen 
iJcfien  unb  Zeremonien.  £)a  fonntc  ben 
©laubigen ,  n)eldl)e  biölier  gemeinfam  ben 
©otteöbienfi  burd}  if)ren  ®efang  verzerr* 
lic^t  hatten,  füglii^  nic^t  mebr  überladen 
Werben,  wie  fie  (Sott  je  nacf)  bem  J)range 
beö  frommen  ^erjenö  preifen  wollten;  bie 
Äird&e  mu^te  au^  für  bie  ©efänge  eine 
bejietjenbe  iJtorm,  einen  Slituö  porfc^reiben, 
ti   tl)at   9?ot,   eigene    ©änger   ju   Ijaben. 


6d)on  baö  Äonjil  oon  ßaobicea  oerorb* 
nete  beä^alb,  e^  foHe  !ein  anberer  in  bet 
.Kirche  fingen,  alö  bie  baju  oerorbneten 
Sänger  »on  it)rer  Jribüne.  5Die8  bebingtc 
bie  ©rünbung  pon  <Sängerf(^ulen ,  beren 
erfie  unter  ben  (ßöpfien  ©ploefier  unb 
^ilariu^  entftanben.  9?o(^  Wirffamere 
§örberung  oerbanft  bie  Tlufxt  bem  Sifc^of 
^Imbrofiuä  üon  OJJailanb  (gefiorben  397) 
unb  bem  2  Sa^r^unberte  fpdter  jum  $apfl 
erwählten  ®regor  ben  ®ro§en.  Serldn» 
gert  man  bie  angenommenen  ®runboftaoen 
nach  oben,  inbem  man  fie  Wiebcr^olt,  ta^ 
ber  höchfi«  Jon  ber  tiefern  Dftaoe  jugleic^ 
ber  tieffic  ber  i)ö^nn  ifi,  f^o  erbdlt  matt 
eine  Jonrei^e   mit  folgenben  3ntert)allen : 

Jon      I II III IVV  VI  VII VIII IX  XXI 

3nter».  l  V2  1    l  l  %    l     V2  l     ^ 

5lu«  biefer  Jonrei^e  wählte  Slmbroftu* 
nun  bie  »ier  Dfta»en  h«ciu^.  welche  mit 
I,  mit  II,  mit  III  unb  IV  begannen  unb 
welche  ben  Flamen  ber  »ier  aut^cntifd^en 
Äirchcntonarten  erhielten,  ©regor  fügte 
biefen  »ier  Jonarten  nocf)  jwei  Weitere 
hinju,  inbem  er  auö  jeber  ber  »ier  autlien» 
tifct)en  Jonarten  betört  eine  fogenannte 
plagale  bilbete,  ia^  er  bie  brei  obern  Jone 
einer  Dftaöe  jeber  autbentifc^en  Jonart 
ber  gleichnamigen  eine  Dftaöe  tiefer  »er» 
fe^te.  J)abur(|  bilbete  fxä)  au§  ber  erfien 
authentifdjen  Jonart  eine  erfie  plagale  mit 
folgenben  SttteroaUen: 

Jon         (VI  VII  VIII)  (I  n  III  IV  V> 

2ntert«aQ       V2      1        V2    1   V2    1    1- 

Unter  biefe  Jone  fe^te  nun  ®regor 
bie  93uchfiaben  A  B  C  D  E  F  G  unb 
wieberl)olte  biefe  aufwärt«  in  gleid^er 
SReil)enfolge,  fobaf  nun  bie  acf)t  Äirchen» 
tonarten  heilen: 

erfie  aut^entifche :  DEFGabcd 

erfie  plagale:        ABCDEFGa 
jweite  aitthentifc^e :  EFGabcde 

jweitc  plagale:        BCDEFGab 
britte  authentif(^e:  FGabcdef 

britte  plagale :  CDEFGabc 

tjierte  authentifc^e:  Gabcdefg 

oierte  plagale :  DEFGabcd 

3erlegt  man  biefe  Jonarten,  jebe  für 
ftcf)  in  jWei  Jetra(i)orbe,  fo  wirb  man 
finben,  ta^  beim  ^ol)m  Jetrac^orb  ber 
britten  aut{)entifcE)en  Jonart  brei  ®anj« 
toninterfaüe  aufcinanberfolgen (übermäßige 
Duarte)  tion  F— B.  J)icö  flang  unrein, 
befonber«  aU  man  anfing  me^rfümmig 
JU  fingen.    35aö   ganje   SDtittelalter  ^in» 


OWuftf. 


477 


burd)  roai  bcnn  aui)  biefcä  ber  9efüTd)tcte 
Tritonns,  bcr  Diabolns  in  musica,  mit 
bcm  man  nic^t  anbcrö  fertig  ju  wctbcn 
n)u§tc,  alä  ba§  man  i^n  ccrbot  ober  ober 
iiai  B  um  einen  balben  Son  nerticftc. 
iöJan  unterf^icb  beöbalb  bei  bem  B  jmci 
Sone;  ben  einen  (einen  falben  Ion  tiefer 
gefeit)   bejeid^nete    man   aU   Brotundnm 

ober  moUe  {[})  ben  anbern  urfprünglidfien 

mit      bem     B     quadrnm     ober     dnrnm 

worouä  bann  unfer  ^  (H)   entftanben  ifi. 

2)amit  mar  iai  Sonfijpem  für  iai  ganjc 
üJJittelalter  flefd)affen.  S)ie  jiarre  2)iatoniE 
terrf(J)te  beinaf)c  unbef^ränft,  ^albton« 
f(f)ritte  gab  eö  feine  anbern  aU  bie  äWei 
einmal  angenommenen  fon  E— F  unb  »on 
B  quadrnm  ju  C.  ^ie  enge  3ufammen* 
gel)örigfeit  ber  aut^entifcftcn  unb  plagalen 
lonarten,  berenSSerbdltniö  con  bcnS^rifts 
jlcüern  beö  ÜJJitteloIter^  burc^  bie  Scj. 
männlich  unb  »reiblic^  treffenb  c^arafte= 
rijtert  ifi,  jeigt  fic^  am  bcutUc^fien  barin, 
bat  ^^^  mujifalifd)c  ©dbmerpunft,  ber 
©runbs  ober  ^inalton  beiben  gemeinfam 
ifi;  bie  aut^entifd)e  Sonart  f)at  if)n  in  ber 
jiefe,  bie  ptagalc  bagegen  in  ber  OTitte. 
3?ad)  biefem  ^Jrinjip  teilte  man  aud)  bie 
SOJcIobien  in  aut^cntifcf)e  unb  plagale  ein, 
nämlid)  in  folcfte,  bie  ficfe  üom  ©runbton 
biö  ju  feiner  Dftaoe  unb  jurücf  bewegen 
unb  in  folcbe  bie  f  on  ibrem  ®runbton  aus 
eine  Duinte  aufmärtä  unb  eine  Duarte 
abmärtä  jteigen,  um  fd)Iie§ü(^  mieber  ju 
bem  mittleren  ©runbton  juriidäufebren. 

©regor  batte  fic^  inbeffen  nod)  ein 
anbereä  Ißerbienji  um  bie  SWufif  ermorben. 
Tlit  (Sifer  fammette  er  bie  ©efangömeifen, 
meiere  ftd)  nac^  unb  nad)  gebilbet  I)atten, 
bid)tete  neue  baju  unb  orbnete  biefelben 
nad)  ben  3fiten  be^  Äird)enjat)re^.  SSa^ 
aber  bae  2Bid)tigjie  »rar,  er  forgte  bafür, 
baf  fic  niebcrgefd)rieben  mürben.  2)a^ 
burd)  entfianb  eine  feftc  9'Jorm ,  meiere 
f)eute  nod)  in  ber  fat^olifcfcen  Äird&c  unter 
bem  DfJamen  ©rcgorianif c^er  Sfioral 
aU  SJiitualgefang  befolgt  mirb.  SDiefe^ 
fogenannte  2lntip5onar  Iie§  ©regor  fon» 
ber6arermeife  nid)t  nad)  ber  öon  if)m 
erfunbenen  lonfi^rift  notieren,  fonbern 
bebiente  ftc^  ber  mangelf)aften  2onfd)rift 
ber_  fogenannten  SReumen,  baö  finb  ge= 
ftine  über  bie  Serteöfilben  gefd)riebenc 
®trid)elc^en,  J^äfd)en,  fünfte,  ^atbbogcn 
unb  ät)nli^e  giguren.  SBcrmutlid)  au« 
ben  5l(centen  ber  gried)ifd)en  (Sd)riftfprad^e 
entjlanben ,    Ijattc    biefe   lonfc^rift    jttjar 


cor  ber  93ud)ftabenfd)Tift  bie  ^ä^igfcit 
corauö,  (Steigen  unb  ^^atlcn  ber  Stimme 
anfc^aulid)  ju  mad)en,  morin  ber  Äeim 
unferer  je^igen  9^otenfd)rift  liegt,  allein 
mar  bie  abfoIutc^öf)e  bcö  Jonc^  ober  bie 
(Sröfe  ber  Sttte^Paöe  nid)t  t)erau0jufinben 
unb  bienten  bie  SReumtn  fid)erlic^  nur  olö 
®ebäc^tniönad)f)ülfe  für  ben  ©änger,  ber 
bie  5ÜJeIobie  au^menbig  fanntc.  30«  bie 
d^arafterijiif(^c  eigcnl)eit  be«  ©regotiani» 
fd)en  ©efange«  mirb  angenommen,  ia'ß 
er  im  ®egenfa|e  gegen  ttn  metrifc^en, 
bie  Quantität  ber  Silben  nad)  antifcr 
Qlrt  genau  bcoba(^tenben  ambroftanifc^en 
©efang,  feine  befiimmte  3«itbauer  ber  ein* 
jelnen  Jone  angenommen,  fonbern  e«  bcm 
©änger  überlaffen  i)abi,  naä)  belieben  jU 
bet)ncn  unb  ju  i?erfürjen.  2)aburc^  aber 
tt)ar  baä  Sanb  geriffen,  metd)e«  biß  ba« 
l)in  bie  d)rijiHci^e  3!Jtuftf  noc^  mit  ber  an= 
tifen  oerfnüpft  Ijattc.  5ln  ©teüe  ber 
früberen  poetifc^en  üJietrif  trat  nun  eine 
mufifalif^e.  SBo  frütjer  Sänge  unb  Äürje 
gel)errfd)t,  ba  fü^rteje^t  ^rji«  unb  2f)efi«  tai 
entf(^eibenbe  Sffiort.  S)aburd)  aber  mar 
cö  jugleid)  ermöglicht,  auf  eine  Silbe 
mef)rere  löne  fallen  ju  laffen;  e«  ent* 
fianb  jener  t)erjiertc  ©efang,  ber  unter 
bem  Flamen:  93italianif^er  befannt  iji, 
namentlid)  aber  jene  Jubellaute,  üon  be^ 
nen  ber  93ifc^of  35uranbu«  erjä^It,  ba^ 
man  ta^  51Ileluj|a  fon  5Ilter  ^er  mit  bem 
pneuma  gefungen  t)abe,  meiere«  pnenma 
eine  unau«fpred)lid)e  ^reube  be«  ©cmüte« 
über  ta^  ercige  auöbrüde.  —  Si«  ju 
biefer  entmidlungöfiufc  war  ber  ©efang 
gebiel)cn,  aU  Äarl  ber  ®ro§c  erfc^ien,  bie 
ber  Kultur  wibcrfpenftigen  33öltcr  bejmang 
unb  fie  burd^  bie  2BoI)ltI)at  einer  ^ö^cren 
33ilbung  mit  feiner  ^errfc^aft  bauernb 
auöjuföbnen  iierfuc^te.  >karl  grünbete 
Schulen  im  ganjen  Umfange  feincö  *Jleic^eö, 
»on  benen  bie  f^n  URe^,  Soiffon«,  gulba, 
ÜRainj,  Sricr,  <St.  ©allen  balb  ju  ^ot)em 
[Ru^m  gelangten,  ©lei^  ben  übrigen 
ßel)rgegenfiänben  mürbe  auc^  bie  2Rufif 
gepflegt.  ÜWit  äHifoergnügcn  aber  be= 
merfte  Äarl,  ta^  ftd)  im  ifirc^engefange 
Unterfc^tebe  cinfd)Ii^en.  aJJeI)imal«  Ue^ 
er  bai)er  Sänger  t)on  9'iom  fommen,  um 
burd)  ibr  Seitpiel  bie  ungeübten  Äef)len 
feiner  fränfifd)en  Sänger  ju  üerebeln. 
So  entftanb  namentlich  in  2ne|  eine  bi' 
rühmte  Sängerfc^ule,  aber  auc^  in  St. 
©allen  fotlte  bie  Sangeöfunfi  ungeahnt 
aufblüf)cn.  Ser  ©runb  5U  biefer  93Iütc 
mürbe  gelegt  burd)  SRomanu«,  einen  ber 
ä»ei  römif^en  Sänger ,  tt)eld)c  $apji 
31 


478 


iUluftf. 


^abrian  I.  auf  fflunfc^  Äaifer  Äarl«  na* 
Tlt^  fanbtc,  mit  äWci  aut^cntifcben  Qlbs 
fc^iiftcn  beg  grcgoiianifd^en  5lntip{)onare 
Dcrfc^cn.  2luf  bcr  ^iittcife  crftanfte 
Oiomanu^  unb  cnei(f)te  mit  DWüfie  6t. 
®aüen ,  roo  er  bcnn  audö  auf  bcfonberc 
SBeifung  Äorlö  tictblieb  unb  mit  it)m  ein 
(äjemplar  bc«  2lntipbonar^,  meld)eä  nocft 
tieutjutage  bas  föpiid^fte  Äicinob  ber 
Stiftäbibliotfief  ju  ®t.  ©allen  bitbct. 
23on  nun  an  begann  ein  rege«  fünfileri= 
fc^eö  Streben  unter  ben  @t.  ®aüer  'D(ön= 
d)en,  Worüber  unä  Sffei)arb  IV.  in  feinem 
Casus  St.  Galli  «Musfü^rlic^eä  ju  erjäliten 
mi^.  33efonbere  iBerbienfte  um  bie  ^tuö- 
bilbung  ber  9!)Junt  erwarben  ftd)  bie  bei« 
ben  3?Dtfer,  Sabeo  unb'  Salbuluö,  bcr  (Sr= 
finber  eurer  neuen  Äunjlgattung,  ber  fo  = 
genannten  (Sequenjen.  2)ie|^elben  entfian« 
ben,  inbem  man  ben  langatmigen  SBofalifen 
bcö  SlÜelnja  SBorte  unterfd)ob,  unb  auf 
biefe  SBeife  in  bie  roortlos  gewcfenen 
iDieliömen  mieber  €inn  unb  SSetftanb  ju 
bringen  fucf)te. 

S)aburc^  famen  Sichtung  unb  SDtufiE 
in  ein  ganj  neue«  iBertiältnia.  2)ie  *Jlrbeit 
be«  SOtufrferä  unb  2)ict)terö  trennte  fi*. 
2)cr  erftere  erfanb  SD^elobien  für  fünftige 
mannigfad)  barunter  unterjulcgenbe  2öorte, 
ber  le^tere  bietete  ju  bereite  iiort)anbenen 
SOJelobien  Serie,  ^iotfer  aSalbulus  untere 
50g  aber  äugleid?  tk  bereits  üor^anbenen 
3ubitoä  einer  'Jlrt  JRebaftion,  inbem  er  50 
bafon  mit  eigenen  9'lamen  bezeichnete  unb 
baju  neue  bid)tete.  (Sine  feiner  SO^elobien 
bat  ftc^  biä  ijeute  crtjalten,  cä  ifi  bie 
®eguenj:  Media  vita  in  morte  sumns. 

2)iefc  2)JeIobien  unb  ©efänge  galten 
anbermärtä  alä  mufiergültig  unb  würben 
mannigfach  na*gea|E)mt,  namentli(f)  ent^ 
fianben  ät)nlicbe  (Sefängeim  5Solfe,  mclc^c^ 
biefelben  teils  beim  ®ottcsbienfte,  leilö  bei 
^Bittgängen,  beim  .Kampfe  :c.  anjlimmtc. 
^ier^er  gepren  bie  beiben  munberDoüen 
Sichtungen :  Stabat  mater  unb  Dies  irae. 

(So  roirfte  ber  gregorianifcl)e  ©efang 
nacE)  allen  Seiten  unb  ftrebte  nad)  unbe- 
bingter  ^errfc^aft  unb  wie  bie  geklärte 
2;f)eorie  in i8oett)iuö  eine  gegebene  ®runblage 
ber  töeoretifdE)en  iOJuilf,  fo  fanb  bie  *Prajiä 
im  ®regorianifd)en  (gelange  einen  gegebe« 
nen  Stoff  ju  mufifalifdjer  Übung,  er 
mürbe  ber  cantas  firmus ,  ber  Jenor,  an 
bem  nid)t  getaftet  werben  burfte.  'S)a^ 
9)UttelaIter  t)atte  ein  tiefet  93ebürfniä  naä) 
einer  Q(rt  Qtuttorität,  nad)  bem  Dogma. 
So  naf)m  es  feinen  Soetbiuä  unb  tnx 
gregorianifc^en  ©efang  wie  2)ogmen  t)in; 


ber  leitete  burfte  aber  gcrabe  bcölialb  fein 
$robuft  bea  menfc^lic^en  (Seiftet  fein,  er 
war  infpiriert  unb  bamit  con  einer  feiner 
weitern  ^ritif  unterlicgenben  Beglaubigung. 

Sieben  ber  ©efangeöfunji  würbe  au^ 
bie  3nj^i^""if"tili^"f^f  i"  ®f-  ©aßen 
eifrig  betrieben.  S5aä  rau^c  Älima  be» 
günftigte  bie  (Sntwirflung  ber  ©cfange« 
Organe  nid)t  in  gleichem  SOta^e,  wie  hai 
ber  füblicben  C'änber,  fobaf  ber  ©iafon 
3oanneö  in  feinem  öeben  beä  beiligcn 
(Sregor  meint,  bie  5ltlemanen  unb  ©allier 
ftrengten  ftd)  Pcrgcbenö  an,  ben  römif*en 
.ßirdjengefang  auäjufü^ren  unb  liefen 
üon  i^iren  ungefügen  .Kel)lcn  nur  ein 
bonnernbeä  ©ebrüll  6ören,  welcf)eö  bem 
©epolter  eines  bergabrotlenben  ßajlwagen* 
gli(f)e.  5lllein,  ^atte  bie  J^catur  ben  I>eut5 
fc^en  ben  25}ol)lflang  ber  jübli(ä)cn  Stim= 
men  rerfagt,  fo  war  cö  bennoc^  ber  SRor* 
ben,  ber  gerabe  »ermittelfi  feiner  3nf*i^u* 
mentalmufif,  auf  bie  er  l)ingewiefen  Warb, 
baöjenige  Clement  in  bie  iUiuftf  einführen 
fotlte,  welches  nä)t  eigentlich  alö  Unter« 
f(i)eibungömetfmal  ber  mobernen  unb  ber 
antifcn  aJtuftf  gelten  barf,  bie  OJJe^rftim' 
migfeit. 

2.  ^Infänge  bcr  3!Hef)rfiimmigs 
feit.  5Diefelbe  eyiftierte  in  ber  3nfirus 
mentalmufif  bereite  fd^on  lange,  bcoor 
man  anfing,  mcl)r|iimmig  ju  fingen.  2)a« 
beWeifen  namentlich  bie  alten  ©eigens 
infirumcnte,  bie  fogenannte  Srota  ober 
SRota,  ein  meift  mit  brei  Saiten  befpann« 
teä  3"f^i^i't"'^"i  iTiit  flad)em  Steg  unb 
o^nc  bie  Seiteneinbud)tungen  unfereö 
©eigenförperö.  2)urc^  tas  le^tere  war 
aber  ber  '-öogen  gejwungen,  ju  gleid^cr 
3eit  über  aüe  brei  Saiten  ju  ftreid)en  unb 
fü  tönte  bann  neben  ber  auf  bcr  erfien 
Saite  gefpielten  iKclobic  ftetö  bcr  ©runb« 
ton  unb  bie  Duintc  naä)  5lrt  eine*  S)u* 
belfadcs  mit.  3"  ä^nlid^er  SBcifc  biente 
ber  IMeljtimmigfeit  ta^  fogenannte  Drga« 
nifirum,  oon  bem  bie  9lrt  üielfiimmig  ju 
fingen  ibren  9?amcn  erhalten  folltc.  S)ie 
Äunfl  beö  Drganifiercnä,  b.  f).  bie  .^unP 
JU  einer  gegebenen  SOielobic  eine  jweitc 
ober  britte  Stimme  ju  fingen  fanb  halb 
Gingang  unb  Verbreitung  unb  fcf)on  im 
erfien  S'i^rtaufenb  unferer  3«it'^«^"""8 
in  bem  flanbrif(icn  3D?bnc^e  .^ucbalb  einen 
wiffcnfc^aftlicf)en  Vertreter.  |)ucbalb  nennt 
bie  Äunfi  be«  me^rjiimmigcn  Sonfa^cö 
(Organum  ober  diaphonie)  einen  „ein* 
trächtig  jwiefpältigen  ©efang".  S)erfclbe 
aber  würbe  auf  äwcicrlei  5lrten  juflanbe 
gcbrad)t;   einmal  berart,  ia^  eine  jweite 


5Kufif. 


479 


Stimme  ber  etfien  im  3"ter»aÜ  einer 
Dftace,  Cluinte  ober  Duarte  paraücl 
folgte  (^araflclorganum),  anbernteil^  ber^ 
ort,  bQ§  ein  ©ängct  bie  rechte  SD^elobie 
^ielt  (lenor)  inäfjrenb  bcr  «nbere  mit 
fremben  aber  paffenben  Ionen  bie  SlJJelobic 
umfpielte,  am  Schlug  aber  betbc  im  Sin* 
flang  ober  ber  Dftaöe  äufammentrafen 
(®d)tt)eifenbeö  Organum).  S3eim  le^teren 
erfd)  einen  im  ©egenfa^  jum  ^araUeU 
Organum  im  2)urd)ganye  aud)  anbere  3"» 
tereaüc  aU  Duinten  unb  Quarten,  alfo 
audf)  ©efunben,  lerjen  JC,  (obai  alfo 
fd^on  in  bicfer  früf)en  3ßit  2)iffonanjen 
»enigjlen^  im  j!ufenttteifcn  S)urd)gange 
aU  juläfftg  erfannt  würben.  3ln  ber 
^errlid^en  Söirfung  feineö  Organum  jmei« 
feit  23ater  ^ucbalb  feineöroeg^.  «Sin« 
gen  i^rer,  fagt  er,  jtt)ei  ober  met)r  mit 
bebäc{)tiger  unb  einträchtiger  Strenge  ju« 
fammen,  jeber  feine  Stimme,  fo  »irft  2)u 
einen  Ueblicf)en  Suftinimennang  auö  bie« 
fcr  a3ermifcf)ung  ber  Sliine  entfielen  fe^en". 
^ucbalb  aber  oerfuc^te,  aud)  bie  Jonfc^rift 
ju  üerbeffern.  (5r  füllte  eci,ba§  bieD^eumen* 
fd{)rift  nic£)t  me^r  genüge,  fal)  aber  jugleid) 
■ein,  i)a'$  eä  ein  Sebürfniö  fei,  ha^  tai 
Steigen  unb  ^aüm  be^  joneä  bilblid^  bar* 
gejietlt  merbe.  (5r  terfuci^te  c^  bofjer  mit 
•einem  fiinienfpfiem ,  in  beffen  ß^^ifc^c"' 
räume  bie  Jeyteöftlben  bcrart  aufgefd)id^tet 
tt)urben,  ta^  bie  SoninterBaüe  fon  einer 
Silbe  jur  anbcrn  burd)  bie  51njaf)I  ber 
jttiifd^enliegenben  ßinien  =  3>^^Wf"t«"nic 
erftd^tlid)  mürbe.  Qux  beffern  Orientierung 
fe^te  er  au^erbem  am  93eginn  jeben 
Spatium«  bie  i8u($ftaben  T  (tonus  = 
©anjton)  ober  S  (semitonus  =  ^albton). 
5lflein  biefe  Sc^reibmeife  l)attc  ctmaö  un« 
gemein  SdjmcrfäUiges  unb  Unbel)ülflic^cö, 
feine  9'}otenf(f)rift  blieb  unbenu^t. 

6rji  ia^  folgenbe  3it)i^t)uni'crt  follte 
ben  SÖJann  hervorbringen,  ber  bie  9öelt 
mit  einer  wirflief)  braud&baren  2;onf(i)rtft 
beglüdcn  foüte.  S($on  cor  beffen  (Jr= 
fd^einen  battc  man  in  Statten  quer  burc^ 
bie  9Jeumen  eine  rote  fiinie  gebogen,  welche 
ben  Jon  f  bebeutete.  Söa«  barüber  jianb 
»ar  t)ö^er  al^  f,  »aä  barunter,  tiefer. 
Später  jog  man  noc^  eine  gelbe  ober 
grüne,  weld^e  ben  5lon  c  bebeutete.  S)as 
burd)  l)atte  man  Unerme^Ud^eä  gewonnen 
unb  ber  Jßeg  war  gebal)nt,  ber  auf  unfer 
i^cutigeö  Jiotenfpjiem  führen  muf te.  2)ie* 
fen  SBeg  nun  gefunben  ju  i^aben,  war 
iM  Söerbienjt  be^  93enebiftincrmönd^e^ : 
®uibo  tton  5lreä50  au«  bem  Älofier  ipom* 
pofa  bei  SRaocnna.   Statt  ber  jwei  ßinicn 


jog  er  beren  öier  unb  benu^te  nid^t  nur 
bie  ßinien,  fonbern  aud^  bie  ßwifd^en« 
räume  jur  ©ejeid^nung  ber  abfoluten 
2onf)ö^c.  BuQlcid^  Dereinfad^te  er  aber 
audt)  bie  S<^i)\  unb  (Seftalt  ber  Dleumcn« 
äeicf)en,  njclcf)e  ft^  fd)lie|Iid),  na^  aüerlei 
SDJobififationen,  in  bie  mobernen  Jtoten« 
jeict)en  umwanbelten.  ®uibo  war  aber 
nict)t  nur  Sfjeoretifer,  fonbern  audt)  ^laU 
tifer  im  coüpen  Sinne  beä  SBorte«.  Um 
feinen  Sd)ülern  tai  lonmerfcn  beiju« 
bringen,  pflegte  er  beim  Unterrid)te  feinen 
Schülern  bie  |)pmne:  Ut  queant  laxis, 
resonare  flbris  mira  gestornm,  fa  muli 
tuorum  solve  polluti,  labii  reatum 
Sancte  Joannes  einäuprägen.  'S>ai  ßieb* 
dE)en  fd)ien  bem  le^rcnben  ©uibo  befon« 
berä  beöwegen  jWedfmä^ig,  weil  feine  fec^« 
93erfe  nad)einanbcr  mit  ben  fed)ä  Jonen 
ber  Sfala  »on  c  biö  a  in  regelmäßiger 
i^olge  anfingen:  lUt  fiel  auf  c,  re  auf  d, 
mi  auf  e  etc.  5üi«  biefen  Qtnfangöbud^s 
fiaben  nt,  re,  mi,  fa,  sol,  la  ift  bann  bie 
fogenannte  Solmifation  entftanben. 
©uibo'ä  Sfala  umfaßte  21  Söne,  nämlic^: 

TABCDEFGab  jjcdefg 

a  b  j}  c  d 

a  b  n  c  d 

S)iefe  teilte  er  nun  in  fiebcn  fed^^jiufige 
Jongruppen,  ^cyadf)orbe  genannt,  beren 
einzelne  Jone  mit  ben  Silben  ut  re  mi  jc. 
bejeidt)net  würben,  bcrart,  ta^  jwifd^en 
bie  Silben  mi  fa  jietö  ein  ^albtonfd)ritt 
JU  fielen  fam.  Selbpoerfiänblic^  fcE)lie§en 
biefe  ^efad)orbe  nid)t,  wie  bie  Oftat>en 
bcr  mobernen  SWuftf  ancinanbcr  —  bie« 
würbe  eine  SRei^e  »on  42  Jonen  ergeben 
^aben  —  fonbern  fte  greifen  ineinanber 
ein.  Sine  Doüfiänbige  Jonleiter  non  ad^t 
Jonen  ließ  fi^  bemnadt)  nid£)t  unmittel« 
bar  mit  ben  ©uibonifc^en  Silben  fingen, 
fonbern  eö  mußten  bie  ^ejad^orbe  gc» 
wedf)fclt  werben,  man  f)atte  ju  mutie« 
ren  j.  33. : 


c 

d      ef      g 

a 

r 

ut 

re   mi  fa  sol 

la 

ut 

re 

mifa 

2)iefe  SWutation  namentlich  war  tint 
crfolgrcid)e  Übung,  weld^c  bie  Sänger« 
fnaben  innerhalb  bc«  gcfamten  Jongebie« 
te«  »öüig  t)eimifd^  machte.  Tlit  ber 
wad^fenben  5"^«  ^f*  mu^falifd^en  J>ar« 
jietlungömaterial«  würbe  bie  Solmifation 
inbeß  jum  „crux  tenellornm  puerorum". 
31* 


480 


OTufit. 


3llö  ©ebäc^tniönafi^l^ülfc  beim  iWutie« 
Ten  »urbe  t)iclfa(^  bic  ®uibonif<ie  ^anb 
benu^t.  SBa^rfc^einli^  ^atte  einet  feiner 
©c^üIer  bie  ©ntbecEung  gemad^t,  ta^  bie 
^anb  gerabe  fotiel  ©lieber  jä^lt,  alö  tai 
guibonifd^e  lonfpfiem  2önc,  ndmli^   19 

ton  ^—A,  bog  b  unb  ^  ni(i)t   jugeret^* 

net.  3cbe8  ®Iicb  »urbc  nun  jum  @i^ 
eineg  Zonti  gemacht,  tai  obere  ©lieb  be^ 
S>aumenö  erhielt  ben  tiefjien  Jon  r.  Sßon 
ba  fuhr  man  berab,  bann  quer  hinüber, 
om  f leinen  J^inger  hinauf,  an  ben  obern 
©liebern  ber  folgenben  brei  entlang,  am 
3eigepnger  fierab  u.  f.  ft).  im  Äreife  bi* 

jum  Jon  ^' 

1x0^  aüer  Sbeoric  fianb  e^  aber  mit 
ber  SpfJuitf  in  biefem  3eitiai'ni  ^^^  "'"bl 
redbt  böfe.  @ie  mürbe  nod^  immer  ali 
iai  (ßrobuft  beö  rcd)nenben  fombiniercn« 
ben  Serjianbeö,  nic^t  ber  ^^antafte  angc« 
fe^en;  fie  braud^te  ni(fet  fc^ön  ju  fein, 
menn  fte  nur  ben  5lnforberungen  einer 
imaginären £Regelricf)tigfeit  entfprac^.  ^öd^ji 
bemerfenömert  in  biefer  |)injtd)t  i^  i>ai 
rein  mecbanifd^e  33erfabren,  meld^eö  ©uibo 
jur  erfinbung  neuer  ÜJielobien  »orfc^reibt 
unb  mcldbe^  barin  bcfianb,  ba^  man  je« 
bem  ber  fünf  SBofale  einen  Son  ber  Jon« 
leiter  fubfiituiertc  unb  bann  unter  bie  ein* 
jcinen  ©üben  eine^  beliebigen  2eyteö  ben 
i^rcm  35ofaI  entfprec^enben  Ion  fc^rieb. 

3.  ginfüt)rung  ber  SWenfural* 
mufif.  5Die  ©ntmidlung  ber  ÜJJetirfiimmig« 
feit  mar  in  biefem  3eitraum  nod^  nxi)t  »icl 
meiter  gebieten  alü  »orficr.  SJDJan  I)atte  nod) 
immer  feine  J^^eube  an  Cuinten^  unb 
Duartenparatlelen,  inbcffen  bemerft  man 
bod),  ta^  man  anfing  bie  begleitenbcn 
Stimmen  in  abmeic^enber  SBeife  ju  führen, 
bem  ©antug  (ber  urfprünglic^en  SWelobie) 
einen  2)i8cantu8  (eine  abmeic^enb  beglei« 
tenbc  Stimme)  äujugefeflen.  I)ie  Äunfi  be^ 
Sbiöcantiercnö  mürbe  namcntlicf)  in  granf* 
rei^  auögcbilbet  unb  ergab  fid)bort  jiattbe^ 
anfänglid)en  parallelen  ©efange^  ber  «Stim« 
men  fSjUeflid)  eine  ©egenbemegung  berfel^ 
ben,  ja  man  fdE)cute  ftc^  nid)t,  ganj  ferft^ie- 
benc  SO'Jelobien  unter  iftd^  ju  mebrjlimmigen 
®ä|en  ju  nerbinben.  —  3^  ^^^"^  "la"  aber'im 
3ufQmmenftngcn  mehrerer  Stimmen  ^oxU 
fdbritte  machte,  um  fo  mefjr  mu^te  fic^ 
auA  tau  SBebürfniö  geltenb  mad)en,  t>a% 
bic  einzelnen  Stimmen  fic^  in  gleich 
fcbneüen  lempi  bemegten.  hierfür  feblte 
ober  tiorbert)anb  jebmcbe  D^otenfc^rift.  2)er 
gregoriariif^e  Äirc^cngefang  l)attc  e«  bem 


einjcinen  überlaffen,  nad^  feinem  ®ut* 
bünfen  ben  3cittt)«tt  ber  einzelnen  S^otcn 
ju  befiimmen.  T>iti  mu§tc  aufboren,  fomic 
öerft^iebcnartige  Stimmen  fo  geführt  merben 
foQten,  ba§  fte  »ereinigt  bem  ©ebör  an* 
genehm  erflangen.  S>amit  beginnt  etma 
in  ber  jmeiten  ^alfte  be*  12.  5a^r^unbert^ 
bie  ©ntmidlung  ber  fogenannten  SWenfural^ 
mujtf.  „S)er  erfte  Sd^riftjieüer,  melcfeer 
über  bie  beim  „gemeffenen  ©efange" 
ju  beobatt)tenben  SRegeln  Qluefunft  giebt, 
iji  gi^onco  fon  Äöln,  "Hue  bem  ^unftud 
ber  D^eumen  |atte  jid^  im  öaufe  ber  3«it 
bereite  ber  nierecfige  fRotenfopf  gebilbet. 
S)iefen  na^m  g^ranco  aU  ©runblage  für 
bie  SWenfuralnotcn.  Söorerfi  glaubte  man, 
mit  jmci  SRoten  auöjufommen,  mit  ber  fo» 
genannten  longa  (^unftmitStric^)  unb  ber 
fogenannten  bretiiä(*Punft),  entfpred^enb  ben 
furjenunbInngenSiIbenberantifen<Profobie, 
unb  mürbe  nacf)  ben  mcifi  r>otfommenben 
SSetöma^en ,  Srocf)äu0  unb  S^imbnö  ber 
breiteilige  perfcüe  SRptfimu^  bevrfd^enb, 
inbem  man  eine  Sänge  gleidf)  smei  Bürgen 
annahm.  6rji  im  14.  3a^rt)unbert  er* 
fdfieint  ber  jmeiteiligc  iHijttjmuß,  ben  man 
bann  audf)  im  ©egenfa|  jum  breiteiligen 
ben  unDoKfommenen  nannte.  3nbe^en 
fam  man  mit  biefen  9?otenmerten  nid^t 
au«  unb  fd^on  ^wnco  füfjrte  bie  boppcitc 
Sänge  (SWayima)  unb  bic  balbe  33ret>i* 
(Semibreüiä)  ein.  Qtroa  in  ber  ämeitcn 
|>älftc  bcö  14.  3<i^rf)unbert«  begann  man 
in  ^tanfreid^  bic  fJ^oten  nidf)t  metir  fd^marj 
aufzufüllen,  fonbern  mei§  ju  laffen,  mo« 
burd^  bie  fogenannte  mci§e  d^ioralnotc 
entpanb.  3"Slf'^  berfud^te  man  aber  aud^, 
bie  fogenannten  ÜJJeli^men,  bai  ftnb  bie 
auf  einer  Icyteäfilbc  gcfungenen,  aui  jmei 
ober  mebr  Sönen  bePct)cnbcn  jiguren  in 
einem  3fi<^en  barjujiellen:  eö  entjianbcn 
bie  fogenannten  ßigaturcn  (ligatura  as- 
cendens  unb  descendens,  obliqua,  recta,  etc.) 
5luc^  bcö  «Punftee  bebienten  ftd^  bic  Wen» 
furalijicn  bereite  unb  jmar  aU  punctum 
augmentationis  ober  additionis,  menn 
berfelbe  ben  SBert  ber  SJJote,  t)inter  meldtet 
er  fielt,  um  beren  ^älfte  »erlängert  unb 
aU  punctum  divisionis,  um  anjujeigen, 
ba§  eine  9'lotc  non  ber  falben  ©eltung  jui 
fotbergebenben  ober  folgenben  boppel» 
mertigcn  gcj^ogcn  merben  folle.  (Sbenfo, 
mie  bie  Söne  mußten  nun  aud)  bie  *Paufen 
bcjcid)net  merben.  5DajU  bebiente  man  ftd^ 
fenfred)ter,  burd^  bie  ßintc  gezogener Strid^e, 
meldte  je  nac^  ibrer  Sänge  bie  3eitbauct 
auebrüdten.  gnblid^  mar  cö  aud^  nod^ 
nötig  laii  Jempo  burd^  ein  ßt\ä)tn  ju  be«^ 


Wupf. 


481 


flimmen.  S)er  Boüpänbiae  Ärtie  »urbe 
bai  3ei(^en  beä  lempuÄ  petfeftum,  bet 
na(^  ted^tö  offene  für  baö  Scmpu«  imper- 
fectum.  Sei  üctboppelter  Seiüegung  würbe 
ter  Ärciö  bur^firid^en  2C. 

giäcfe(l  %xax\co  Don  Äöln  j^aben  ba« 
meijte  iBcrbienft  um  bie  üludbübung  ber 
SienfuralmufiE  9Wor^ettuö  oon  $abua  unb 
3o()anne«  be  2)türiä,  — 

^ucbalb,  ®uibo  unb  ^ranco  Iiatten 
im  eifrigen  Stabium  unb  unter  unenblidjen 
Dcnferqualcn  ben  ®runb  gelegt,  auf  welchem 
pc^  eine  »a^r^afte  Äunjimuftf  aufbauen 
tonnte,  aüein  bie  9)?ufiE  ^atte  in  ber  be« 
benflid^en  M\)t  bet  5ltitt)metiE  unb 
Geometrie  beinatie  oergeffen,  ia^  fie  Don 
^au3  auä  eine  fii)öne  Äunfi  unb  bo§  eö 
i^re  5lufgabe  fei,  baö  Sd^öne  in  Ionen 
ju  ocrwirfUc^en ,  fte  begnügte  jtc^,  i)a^ 
matt)ematifc^  9fli(^tige  ju  erreichen,  bei  bem 
nit^t  ber  äfi^ctif^e  @inn,  fonbetn  ber 
Serftanb  ba«  entfc^eibenbe  SBort  ^atte. 

Jnbeffen  war  bafür  geforgt,  ba§  bie 
SKufi!  nicf)t  in  fpeEulatiüer  ÜBiffenfc^aft 
auf9et)en  foüte. 

4)  2BeltIi*e  *»?ufif.  S)a«  weltbe* 
»egenbe  (äreigniä  ber  Äreujjüge  follte  aud^ 
auf  ik  aJJufif  neubelebenb  einrcirfen  unb 
t^r  tai  oerfcf)affen,  roai  fie  wieber  jur 
wahren  Äunfi  ma(^te.  ©ineöteil^  tüaren 
€«  bie  neuen  ^nfitumcnte,  welche  bie 
Äreujfa^ter  aue  bem  Orient  mit  nadt) 
^aufe  brachten ,  anbernteilä  aber  machte 
^ä)  ber  bur(^  bie  Äreujäüge  gewedfte 
Did^terfmn  alä  Iprif(i)er  ©efang  Öwft, 
wo  2Bort  unb  SDtelobie  oereint  erflangen, 
wo  nicf)t  bie  S^utregel  hii  Jonlebrer^, 
nic^t  bie  profunbc  2Biffen[cf)aft  beö  90^ön= 
dt)eä  breinjureben  batte,  fonbern  wo  nur 
ber  2)rang  be^  ®cmüte«  ba«  2öort  in 
ßiebeö=  unb  5tül)Ungätiebern  führte  unb 
gleich  ben  re3)ten  baju  gehörigen  "Son 
fatib.  Unter  bem  lieblichen  ^immel  ©üb« 
franfreid^^  fanb  bicfe  „fröt)li^e  Äunfi"  i^rc 
etilen  glüctlic^en  Vertreter.  Die  ^öfe  ber 
®rafen  t>on  Souloufe,  t>on  «Prooence  unb 
oon  löatcelona  waren  ^flegejidtten  bet 
S)i(i)tfunfl.  Ulaä)  bem  (Srfinben  nannte 
man  im  füblidf)en  jjranfrei^  bie  2)id)tet 
Jrobabor«.  5ll6  erper  fon  il)nen  wirb 
2BiIf)elm  ton  ^oitietä  genannt.  2)et 
Sroubabout  fang  feiten  felbji,  baju  ^atte 
et  funfifettige  im  ®efang  unb  im  ©pic* 
len  mufifalifd)et3nflrumente  wohlerfahrene 
S>iener  lüx  Seite ,  bie  SDlinjtrelö  ober 
Jongleur^  (Spaf mac^er) ,  ßeute  non  oft 
fe^r  untergeorbnetem  [Range.  6ine  ^luä» 
na^mefieHung    unter    ben    S^roubaboure 


nimmt  SUbam  be  k  ^ale  ein,  naif  feinem 
SBud^d  unb  feiner  95aterfiabt:  Der  Sucflige 
tton  51rrad  genannt,  inbem  et  ben  Stftn« 
bet  oon  ©efängen  unb  ben  auäübenben 
3Weifiet  in  feinet  ^etfon  beteint.  6t  ge* 
f)ört  jugleid^  ju  ben  etfien  lonfe^ern, 
weldbe  oierj^immige  ©ingflüde  fompo^ 
nietten. 

S)etfelbe  ®eiji,  bet  bei  ben  tomanifc^en 
Sölfetn  bie  Sroubabourd  l)etootgerufen, 
fanb  bei  ben  germanifd^en  ©tämmen 
35eutfdf)Ianb^  feinen  Qtuöbrucf  im  foge- 
nannten  SWinnegefang.  2)er  beutf(^e  S)ic^= 
ter  aber  ^atte  nic^t  ben  jweibeutigen 
Jongleut,  ben  ®auflet  jum  ®efä^tten; 
ebenfowenig  abet  gesotten  aüe  iWinne» 
fanget  bem  tittetli(f)en  ©tanbe  an.  Untet 
ben  ©ängetn  auf  bet  Sßattbutg  waten 
SBoIftam  oon  ®fc^enbac^ ,  SBalt^et  oon 
bet  Sogelweibe,  ^eintid^  Schreibet  unb 
^eint.3me^f(^injwattittetmä§igeSDlannen, 
wogegen  Sittetolf  einet  uon  be^  2anb= 
gtafen  ^ofgefinbe  unb  ^eintic^  oon  Dffiet« 
bingen  „ein  botget  uj  ber  ftab  2)fenad&e" 
war.  2)ie  nidf)tritterli(J)en  Sänger  t)ie§en 
iWeifier.  S)ie  Sßortragöweife  ber  ®efänge 
gli^  jiemlic^  bem  gregorianif^en  6£)otal. 
—  2)et  Slüteäeit  beä  iUlinnegefange* 
wat  ein  S^tl  gefegt,  t>ai  nut  aüjubalb 
etteid^t  wutbc.  33on  ben  SRittetn  unb 
tittctli(^en  ©ängetn  ging  bie  Äunfi  auf 
bie  Sütget  unb  e^ifamen  J^anbwetfet 
übet:  bet  tittetlid^c  ÜJlinnegefang  wutbe 
jum  äunftmä§igen ,  fleinbütgetlid^en 
ÜJJeij^ctgefange;  aui  bet  blüt)enben  SRofe 
entwidelte  \\d)  bie  magere  j^rut^t  bet 
Hagebutte. 

2)et  ^auptfi^  bed  iDieifiergefange^  war 
anfangt  SDiainj,  fpdter  ©trafburg,  Stugö- 
butg  unb  9'iürnbetg,  aud^  Ulm  unb  [Regent' 
bürg.  S)ie  Äunfigefe^e  waren  in  bet  fo- 
genannten  Sabulatut  oerjeid^net,  wo  auc^ 
für  jeben  genau  bejeid^neten  'i^il)Ux  eine 
befiimmte  «Strafe  fefigefe^t  war.  3"  über« 
wadf)en,  ta^  bie  ©efe^e  oon  ben  Singen* 
ben  gehörig  beobad^tet  würben,  war  Sa^e 
ber  fogenannten  „üJlerfer".  2)et  Ober* 
meifiet,  Ätonenmeifiet,  üJJetfmcijlet  mit 
feinen  SDietfetn,  bet  33üd)fenmeifiet  unb 
bet  @d)lüffelmeifiet  bilbeten  jufammen 
ben  3unftDotflanb.  5ebe  3"fflwmenfunft 
^ie§  eine  Scf)ule  unb  bie  SDtitgliebet  nann= 
ten  ftd^  „ßieb^abet  beö  beutfd^en  SWeifiet* 
gefangeö".  93eim  93eginn  bet  Sd^ule 
nai)m  tai  ®emerf  bie  Si^e  an  ber  Ober« 
ficUe  ein.  2)ie  SBotttäge  mußten  ftei  qe' 
Wlten  wetben.  S)ie  oiet  ÜWettet  teilten 
ftd^  in  ibr  9Bädf)teramt;  einet  acfitete  auf 


482 


ORuttf. 


lit  SReme,  bet  anbcrc  auf  tai  QScrömaf, 
ber  brittc  auf  bic  SWcIobie  unb  ber  »icrtc 
^atte  bie  aufgcfc^Iagcne  Sibcl  for  ftc^, 
bamit  fein  SBerfio^  gegen  iai  „©efc^tifft" 
porfomme. 

Die  2JJcijletfängct  Ratten  it)rcn  3unft' 
]ä)a^  beftimmter  ÜJJelobien  ober  SBeifen, 
bencn  jebet  na^  feinem  ©utbünfcn  fein 
$oem  untetfc^ieben  fonnte,  obgleidö  bcm 
iOJeifier  bie  ©tfinbung  eincg  neuen  Joneg 
fcineäweg^  »ernjefjrt  n»ar.  2Burbe  biefer 
neue  2;on  »on  ben  2Jlctfcrn  genehmigt, 
gab  man  ibm  einen  „ef)ilicf)en  nid)t  t>ers 
ä(i)tlicf)en"  Flamen,  n)el(i)cr  insgemein  böc^fi 
Dernjunbcrlid^  lautete,  S)a  gab  e^  einen 
flauen  Jon,  einen  roten  2on ,  eine  ge» 
fct)n)änjte  iSffenreeiö,  eine  gelbe  ißeiglins 
n^eiö,  eine  „über  furj  Olbenbrottneiö",  einen 
„gläfernen  ^albfrügelton"  unb  wie  biefe 
»om  barofften  Ungefc^macf  eingegebenen 
Benennungen  foufi  lauteten, 

Sei  ber  ^audbacfenen  Ü(rt  biefer  Äunfi« 
pflege  fonnten  aber  meber  *Poefte  nod) 
SWufif  fonberlicf)  gebei^en,  wenn  auc^  hai 
©treben  biefer ,  inmitten  aller  9^ot  beö 
Ütlttagslcben^  nact)  bem  ^ttal  ringenben 
bürgerlichen  9'iaturen  bic  inarmfte  5tner» 
fcnnung  rerbient. 

Ulaä)  bem  Seifpiele  ber  SDJeij^erftnger 
»ercinten  fxcf)  nun  auc^  bic  3njliu"itntalä 
muftfer  ju  junftmä^ig  georbneten  ®e« 
noffenfd)aften  unb  gaben  tai  tagabun« 
biercnbe  Seben,  »el^eö  fte  biö  bat)in  alö 
„faf)renbe  ßcut"  geführt,  auf.  Uiamentlic^ 
roaren  eö  in  ben  ©tobten  bie  Stürmer, 
um  melci)e  fid)  nad)  unb  nad)  ^otn=  unb 
*5feifenbläfer  anfammcitcn  unb  fuä)  ju 
SBruberfc^aften  »erbanben. 

3n  ^ranfreic^  Jrar  eö  namentlid)  bie 
Confrerie  de  St.  Julien  des  Menestriers, 
in  I5eutfd)lanb  bie  1288  gefiiftcte  D^icolai^ 
a3ruberfd)aft,  (Sincn  befonbcren  ©önner 
fanben  bie  fa^renben  ßeute  an  Äarl  IV. 
ber  if)nen  einen  eigenen  Äönig  gab,  ben 
„Eex  omniom  histrionum",  Der  erfle 
»ar  3o^anneö,  ber  „giebler"  genannt. 
Dicfcm  Seifpiele  folgenb,  ernannte  ^bolf, 
Äurfürfi  t)on  üJiainj ,  feinen  ^ofpfcifer 
©rächte  jum  $feiferfönig.  —  3ä^rlid) 
l^atten  fortiori  bie  Pfeifer  ali  bie  ©eigcr 
ii)ren  ^Pfeifer*  unb  ©eigcrtag.  5ln  biefem 
Sag  würbe  ber  Äönig  neu  gett)äf)It  unb 
fanben  bie  @eric^t«tiert)anblungen  fiatt. 
SWit  ©otteöbienft  h)urbc  er  eröffnet,  mit 
©piel  unb  Sanj  bcenbet.  S)ic  jdlje  fiebenö« 
fraft  beö  3unfttt)cfen«  bemä^rte  ft(!^  auc^ 
bei  biefer  3unft ,  1838  nod)  lebte  ju 
©tiaPurg   i&i  le^te  SDJitglieb   berfelbcn. 


Die  erfie  felbfiänbige  S^fii^umentaW 
form,  bic  jugleic^  ^oc^bebeutfam  für  bie 
(Sntwidlung  ber  gefamten  Äunfi  Wirb,  ift 
ber  Sanj.  Dcrfclbe  würbe  in  boppelter 
SBeife  auögefü^rt,  ali  umgef)cnber  ober 
aU  fpringenber.  Der  erjle  erinnert  an 
unfere  (ßolonaife,  ber  Ic^tcrc  an  bic  SRei^cn, 
wie  fte  i^cutc  bic  Äinber  nod^  auöfü()ren. 
3ur  Scjeidinung  bc^  ZaUti  genügte  jus 
näc^fi  bie  Srommcl,  aücin  balb  fam  bic 
pfeife,  namcntlid)  bic  fogenanntc  ©acf» 
pfeife  (ber  Dubelfacf)  t)inju  unb  ber 
©timmung,  reelle  ber  Sanj  in  ben  lan^ 
jenben  erzeugte,  würbe  in  mannigfaltigen 
Janilicbern  2luöbrud  ncrlic^en ,  bie  im 
5D?etrum  fid)  eng  an  ben  Sanjf^ritt  ans 
fd)toffcn  unb  beren  3n{)alt  namcntlid)  bic 
^rcubcn  ber  löiebe  ausbrüdte.  Diefc  2anj« 
melobien  erlangten  gro§cn  unb  bcbcutcns 
ben  ©influB  auf  bie  ©ntwidlung  beä  Sic* 
iii.  Daö  rf)^tt)mif^e  (gicment  würbe  ia' 
burd)  in  bie  SBoIfämufif  eingcfü|)rt.  *Ht(ein 
ni^t  nur  tai ;  taQ  SBolf  fang  nur,  wenn 
fein  ^erj  r>oü  war,  fei  eö  por  ^reube  ober 
Seib,  Por  ^offen,  ©e^ncn  ober  Sangen 
unb  fang  nid)t0  anbere^ ,  aU  tva^  fein 
^erj  bewegte.  Dann  aber  mußte  es  fingen 
unb  bic  ÜJicIobic  würbe  ber  getreue 
3luöbrudbererjcugcnben(Smpfin  = 
b  ungen. 

Dem  Solfc  waren  aber  jua^cicö  bie 
fpcfulatifcn  5i;t)eorien  über  bie  SWufif  uns 
befannt.  6^  »ermodf)te  ben  3{u0brucf  fei= 
ner  ®cfüf)Ic  nicbt  in  bie  21  Üöne  ber 
gutbonifd)en  ©fala  einjujwingen,  fonbern 
benu|tc  eben  3tt>if*£"t'^"f  -  wie  fte  ibm 
gcrabc  paBten.  Daburd)  aber  würbe  ber 
©turj  ber  Äird)entonarten  mit  i^rer  jiren^ 
gen  Diatonif  vorbereitet.  Die  belicbteflc 
Sonart,  in  welcher  tai  QSolf  fang  unb 
bid)tetc,  war  bic  mit  C  bcginncnbc  (unfer 
Cdur).  Dicfclbc  würbe  mit  ber  36it  ne« 
ben  ber  mit  A  bcginnenbcn  (unfcr  Amol!) 
jur  eigentlichen  31ormaltonIciter,  nac^  ber 
aüe  anbern  gebilbct  würben.  Die  meifien 
9?oIf^Iiebcr  würben  pon  ganjen  ©efeü* 
f^aftcn  Pcrfapt,  wenn  auS)  ber  weitaus 
größte  Seil  berfelbcn  bcm  rein  pcrfönlic^cn 
©mpfinben  feine  (Sntficf)ung  üerbanft,  wie 
bic  ja^Ireidjcn  ßicbc«=,  SRcitet*,  3^9«'» 
©tubentcn»,  Sfficin=  unb  ®efeüfd^aftölicber. 
Die  fogenanntc  ßimburger  ß^ronif  cnt* 
^dlt  bic  früf)eften  3Witteilungen  über  bie 
Sefc^affentieit  ber  SBolfäigefängc;  ja^Ireid)c 
öcifpiele  pnben  ftci^  in  einer  im  Ib.^a^^- 
:^unbcrt  »erfaßten  ^anbfd)rift,  bem  fogc* 
nannten  Sod)l)eimer  ßiebcrbu^. 

5.  Die©c^ule  ber  fRiebetlänber. 


ilWuftf. 


483 


S)cr  cntfc^cibenbc  SinfluB  In  süoltsliebcr 
auf  bie  Äuntimufif  macfet  fic^  porcrfi  in 
bei  Äunft  iti  2)iäfaniieten^  gcitenb,  ja 
bicfclbe  fanb,  befonberä  in  bcr  gefan^rci' 
i)m  <)ßrotience,  eine  fo  cingeljenbe  Pflege, 
i)a%  *^3apfi  3ot)ann  XXII.  fid)  ceranla^t 
fa{),  eine  58uüe  gegen  ben  ©cbraud)  „melo= 
bienftember  3"tfTiiaüe"  beim  grcgotianis 
f(i)cn  ®efang  mit  Qluänafjmc  „einiger 
melobiöfer  Äonfonan^en" ,  in  OftQ»e, 
Quinte  unb  Duartc ,  ju  erlaffen.  9l0etn 
erfi  ü)?itte  beö  14.  Jabtbunbertö  fonnte 
bem  Unfuge  bes  3"iPi^P>'ir^fi^f"^  ^^^  ^'^' 
tanies  üovKiujig  (£d)ranfen  gefegt  njerben, 
banf  ber  SIßirffamfeit  bcr  für  biefe  Äunfi 
bcfonbcrä  begabten  9JicberIanber  in  bcr 
pöpftlicftcn  Äapeüc.  Seveitö  ftüfier  f(i)on 
rvax  bei  ben  päpilli^cn  (Sängern  eine 
JJorm  beä  breifiiinmigcn  ©efangeö  unter 
bem  Atomen  Faux  —  bonrdons  (falfd)er 
i)a^)  in  3(ufnal)me  gefommen.  ©crfclbc 
iß  nid)tö  anberc«  aU  eine  IRci^e  oon 
Scxtafforben  unb  roenn  auc^  etn?aö  Yocl)U 
flingenber,  fo  bod)  nicbt  weniger  medba^ 
nifd)  atö  tai  Organum  bcö  .^ucbalb. 
Über  ben  SRamen  „falfd)er  SBaB"  ftnb  bie 
nüttetaltetlidten  JtieoretiEer  felbfinic^t  ganj 
einig.  55on  ben  einzelnen  Stimmen  eine« 
fold)  mebtftimmigen  ©efange^bie^biejenige, 
raelcbe  ben  gregorian.  Cantns  firmas  l)iclt: 
Jcnor.  I)ie  ©egcnjlimmc,  ber  Discantns, 
melcbc  in  ber  O^egel  ein  bem  2?olfsgefang 
entnommene^  ÜJJotic»  r>ermenbete :  Motetns. 
I>ie  eingefd)obene  B^-^M'^fuftininic  «^'"^1^ 
bicB  .fiontratenor.  2ßie  febr  aber  aud) 
bie  Äunft  be«  mcbrflimniigen  Jonfa^es 
burcf)  aüeö  bieö  geförbert  mürbe,  fo  blieb 
bancben  bod)  ber  improöifierte  Discantns 
ober  Con trapunctus  (®egenbemegung 
i^on  DIote  gegen  D^otc  im  ®ebrauct)).  3)er 
erfle  bebeutenbe  Äonirapunftifi ,  meld)er 
biefem  Contrapunto  a  mente  entgegenju» 
treten  fud)te  unb  beffen  "llrbeiten  mirtlicben 
®tt)l  jeigen,  ift  ber  9JieberIcinber  SBilbelm 
3Dufal)  auö  bcr  belgifdjen'^Protiinj  ^ennegau. 
SJianientlicfe  finb  ee  bie  fogenannten  'Jiad)' 
af)mungsformcn,  meiere  er  mit  be= 
ftunbernsmcrtfjem  (Sifer  unb  au^erorbents 
lid)em  ßrfolge  an  Stelle  beö  freien  Dis- 
cantns cinfübrte.  2)iefe  ?tad)abmung«form 
(canon,  faga)  cntßanb  berart,  ta'B  eine 
jtt>cite  Stimme  bie  9)Jelobie  ber  erfien  ju 
anbcrcr  3fit  unb  oft  aucfe  in  einer  anbcrn 
Jonp^ie,  ja  fdbfi  in  Dcränbertem  Sempue 
begann,  tt)Qt)rcnb  bie  crfic  biefelbe  ju  6nbe 
führte,  ©onberbar  ftnb  bie  9^otierungö= 
fünfte,  melcbc  bie  nicberldnbif^en  üJlcijier 
hierbei  anwanbten.   33cim  einfachen  Äanon 


lag  e«  natjc  genug,  fid)  mit  Dtotierung  »on 
nur  einer  Stimme  ju  begnügen  unb  ben 
(Eintritt  bcr  übrigen  Stimmen  burd)  ein 
3eic^cn  anjubcuten.  Äomplijiertcr  murbc 
biefe  Sadie  atlerbingä  bei  jufammcngc'^ 
festen  ÜJJuftfftüden  unb  mürbe  bierbei  bem 
Sd)arfftnn  ber  Sänger  oft  fcbr  iiict  ju« 
gemutet,  bcfonberä  als  man  an  Steüc  bcr 
3eid)cn  mt)fteriöfe  Sprüd)c  ju  feßen  be« 
gann.  ^Huf  bie  Icjteemorte  nahmen  bie 
nieberlänbifd)en  Sonfe^er  uorberbanb  gar 
feine  SRüdftd)t,  ja  man  lie^  oft  fogar 
jmei  ganj  uetfcbicbenc  leyte  burd)einanbcr= 
fingen ,  befonberä  aU  bie  2)hififer  an 
Steüc  be«  gregoiianifd)en  (ibotals  SBoIfs« 
meifen  ali  cantns  firmus  einfübrten.  9llä 
23ertrctcrbeseigcntlid)en  Äontrapunftö  mirb 
Ddenbeim  bcjeic^nct,  ber  bie  Ibeoric  beö 
Äanons  bebeutenb  ermeitcrtc.  2)ie  greubc 
bcr  SBielftimmigfeit  erreid)t  bei  ibm  bereit« 
eine  in«  Orcnjcnlofe  gebenbc  gorm.  Qtlß 
Semei«  mag  feine  36fiimmige  iWotettc 
bienen.  dUä:)  meiter  atß  Ddenbeim  brachte 
es  fein  Sd)ülcr  Josqnin  des  Pres.  SOtit 
ben  bcftebenben  9flegeln  nabm  er  eö  aüer- 
bing«  nid)t  febr  genau  ,  foba§  jatjtrcic^e 
klagen  über  bie  neue  *ü;ufif  laut  mürben 
2tQcm  bie  lonfunft  foütc  eine  neue  Saft« 
erbalten,  ©aö  alte  Spfiem  foUte  jcrfc^t 
unb  ein  neue«  emporgetrieben  merbcn. 
D^amentlid)  rieranlaBte  bie  einfüt)rung 
be«  !ßolf«liebe«  in  bie  Äunftmufif,  ben 
Sann  ber  alten  Äird)entonarteu  ^u  fprcn» 
gen  unb  menn  auä)  3o«quin  nod)  mati^ 
die«  ron  ber  *J}cbanterie  ber  niebcrlänbi« 
fd)cn  Sd)ule  anbängt,  mic  ber  (Sebraudb 
nerfd}iebenartiger  Sejte  ober  in^  SBeite  ge» 
triebener  QJoIppfjonie,  fo  ift  bodi  ba« 
Streben  bemerfbar,  ben  lonfatj  bcr  I)id)5 
tung  anjufdimicgen.  Qlu^  ift  er  ber  erfie, 
ber  ben  äflt)ctif^cn  ©ert  ber  I)iffonanj 
erfannt  ^at  unb  fie  mit  93cmu§tfein  unb 
5lbfid)t  jum  Q(u«brud  leibcnfd)Qftlic^er 
©mpfinbungen  tiermenbet. 

6.  3talienif(^e  Sd)ulen.  SDIit 
nod)  größerem  ©rfolgc  al«  3o«quin  fircbtc 
beffen  ßanb«mann  2lbrian  SDBiüaert,  bcr 
Segrünber  ber  r>enejianifd)cn  Schule,  bar^ 
naä),  bie  Äunfi  beö  Sonfo^cö  bem  muftfa» 
lifd)en  ®ebanten  bienftbar  ju  ma^en,ine= 
bcfonberc  bie  polppbonen  (Sebilbc  burd) 
bramatifd)cn  Stuöbrud  ju  beleben.  S)ic 
*}lnlagc  ber  ffliarfuefird^e ,  an  meld^er 
QBiÜaert  Äapellmeificr  mar,  mit  ibren  smei 
gmporen  fübrte  iljn  auf  ben  ©ebanfen, 
bie  Gböre  örtlid)  ju  trennen  unb  fo 
t>ai  ocrmidclte  ©cmebe  bcr  ipolpp^ome 
möglicbfi  ju  cntmitren. 


484 


OTuRf. 


SDamit  Ijatte  ec  Die  Bwcic^örtgf eit 
gefc^affen,  bei  »eldjcr  bie  einzelnen  Stim- 
men nii)t  me^r  fidi  felbfiänbig  ju  ent- 
»icfeln  flrebten,  fonbern  »ielmc^r  ftc6  in 
5Kaffen  ju  vereinigen  bemüt)t  waren.  ®a^ 
bebingt  aber  jugleid) ,  ta^  man  non  je^t 
ab  nid)t  mebr  mit  bem  einzelnen  Jone 
operierte,  fonbern  mit  ?ltforben  unb  ba= 
burc^  bie  iSilbung  ^armonifdjcr  fiatt 
meIobif(I)er  Formeln  notmcnbig  mad)te. 
3)urd)  bie  SJJafTenmirfung  !am  aber  ;u= 
gleid)  aud)  tai  ©ort  mieber  ju  gtöperer 
iSebcutung,  tt)etct)cö  in  bem  fünjllic^en 
2ongefIed)te  ber  nieberlänbifcftcn  Äontra« 
punftii^en  ganj  verloren  gegangen  mar. 

S)aB  an  ber  jlrengen  S)iatonif  ber 
Äitdientonarten  bereite  oielfac^  gerüttelt 
iDorben  war  unb  jat)Irei(i)e  3wifd)en«  unb 
^albtöne  eingeführt  werben  mu§tcn,  mürbe 
bereite  betont.  25en  entfc^eibenben  ©d^ritt, 
bie  ÜJJufiE  auä  ben  93anben  ber  ©iatonif 
JU  befreien,  tf)aten  bic®^üler  SBiflacrt'Ä: 
©pprian  bc  (Rore  unb  ßai^lino.  Srftcrer 
baburc^,  ia^  er  ben  freien  (Sebraud)  ber 
(Sf)romatif  (monac^  bie  Oftaoe  aU  eine 
Stufeinanberfolge  t>on  äwölf  ^albtonf4)rits 
ten  erfc^eint)  in  bcmcrfenewerter  Sßeifc 
Weigerte,  ber  anbere,  inbcm  er  bie  foge« 
nannte  temperierte  iWufif  einfüt)rte. 

S)ie  ^öf)c  bcö  Soneä  wirb  burc^  bie 
Qlnja^l  ber  ©(i)mingungen ,  metct)c  ber 
tönenbe  Körper  in  einer  geroif|en  3^^^ 
ma^t,  benimmt,  foba§  5.  93.  bie  boppelte 
3a^I  ber  ®^roingungen  eineä  angcnom^ 
mcnen  Soncä  in  gleid)er  3fit  bie  Oftaoc 
beäfelben  giebt.  2Bie  aber  bie  2tnjat)l  ber 
©d)mingungcn  eincö  Äörperä  bur^  feine 
ßänge  bebingt  wirb,  fo  auc^  ber  Jon. 
©ine  um  bie  ^älfte  üerfürjtc  Seite  giebt 
bei  gleidier  Spannung  bie  DftaDe  hii 
bur^  bie  ganjc  Seite  erzeugten  Soneö, 
um  2/3  Dcrfürjt  giebt  fte  bie  Quinte,  um 
3/4  bie  2)oppcloftaDC  k.  Unterfu^t  man 
berart  bie  ©c^mingungsjafilen  fdmtlid)er 
Zöm  ber  biatonifc^en  Sfala  oon  c,  meldie 
neben  berjenigen  üon  a  noc^  fafi  auöfcf)tie§* 
lid)  im  ®ebraud)e  mar,  fo  ert)dlt  man, 
tüenn  c  in  einer  3«itfin^«it  ^'"^  S^min* 
gung  mad^t,  für 

CDEFGaij         c 

Schwingungen.  S)aö  25er^dltniä  »on 
C  :  E,  alfo  »om  ©runbton  jur  Serj  ifi  ein 
fct)r  fomplijierte^  unb  ba  erfabrungägcma§ 
nur  ber  3ufammcntlang  jener  Jone  bem  Obre 
angenehm ip,wel^e  in  einem  einfachen 3^»^' 


lenoertiältniä  fte^en,  io  mußte  C — E  not« 
wenbig  aU  2)iffonanj  erfdjeincn.  3'>tli"0 
oerfu^tc  nun,  bem  abjufjelfen,  inbem  er 
bie  lerj  um  tai  Suteroatl  80|jj  (i)aä  fo« 
genannte  fi)ntonifd)e  Coma)  »ettleinerte 
unb  aud)  ben  biatonifd)en  ^albton  t{  in 
ein  einfad)creö  93ert)dltni^  jum  ©runbton 
brad^te.  SDaburd)  erhielt  er  fotgenbeö  fo« 
genannte  reine  biatonif^e  Spfiem 

2:on  CDEFGatfc 

Sd)wing.    1    8/9  V.  'U  ^h.  %  '/i5  2 

9Jun  fonnte  bie  Scrj  ru^ig  unter  bie 
Äonfonanjen  aufgenommen  werben  unb 
ber  5lfforb:  (Srunbton,  2;erj  unb  Quinte, 
ber  fogenanntc  S)reiflang  würbe  »on 
nun  an  bie  eigcntlid)e  Saftd  aller  polp» 
p^onen  SBtufrf.  Damit  ^atte  bie  oenejia« 
nifdje  Sd)ule,  welche  in  3of)-  ®abrieli 
ibre  ^öd)fie  931üte  gewommen  ^attc,  ben 
©runb  jur  Harmonie  gelegt. 

©iefe  aber  bilbete  ein  ri^tigeä  ®egen* 
gewicht  gegen  bie  9luäfc^reitungen  unb 
äti^brduc^e  ber  nieberldnbifc^en  Äontra* 
punEtificn,  weld^e  bie  beim  Äonjil  jU 
Orient  »erfammclten  Södter  beinahe  be» 
fiimmt  ptte,  bie  me^rfiimmige  ober  ^igu« 
ralmuftf  gdnjUd^  au«  ber  Äirc^e  ju  »er* 
bannen,  ©lüdtic^erweife  war  aber  in« 
jwifc^ien  in  *pier  Suigi  Sante,  nac^  [einet 
©eburtäflabt  ^aldfirina  genannt,  ber  9Jiei» 
fter  crfc^ienen,  weld^cr  iÖlelobic  unb  ^ar* 
monie  im  richtigen  ajia^e  ju  üerbinben 
wu§te.  Sr  get)t  ben  umgeEel)rten  ffieg 
wie  bie  iöenejianer.  2Bät)renb  bei  benfcl* 
ben  bie  einjelnen  Stimmen  ftd^  melobif^ 
5U  entfalten  unb  ju  5lfEorben  ju  »erbin* 
ben  firebten,  löfien  je^t  bie  einjelnen 
Stimmen  bie  5tfforbmaffen  auf.  ^rü^et 
war  fxxi  me^t  ftüd^tige,  melobifd)e  Sie« 
ment  norwiegenb,  je^t  tritt  iai  mac^t« 
unb  glnnjooSe  J5>fiifni''"'f'^f  ^^  ^^"  ^'"^' 
bcrgrunb :  Die  ■'Ufforbe  fmb  gewiffermagen 
bie  Sdulen,  über  bie  unb  jwif^cn  benen 
bie  SDJelobie  i^re  iöogen  fc^ldgt. 

7.  S)aö  geijitli^e  öolf^Ueb 
unb  'ixxi  Äunjtlieb.  2ßät)rcnb  fo  jen« 
feitö  ber  QUpen  bie  fird)lic^e  Äunjimuftf 
fid)  entwidelt  unb  eine  ^of)e  Stufe  ber 
iüollenbung  erlangt  Iiatte,  war  eö  bem 
9iorben  befd)ieben,  bem  iöolf^liebe  feine 
Pflege  jujuwenben,  o^ne  \i<x'^  bie  notbi« 
fd)en  SÖteifter  werfdumt  l)dtten,  aud^  ber 
Sntwitflung  ber  fir^lic^en  Äunfimuftf  ju 
folgen,  welche  in  ^einric|  gind,  ^eintid^ 
3faaf,  Stepban  9!Jlat)u,  2ubwig  Senfl, 
namentlich  aber  in  Dtlanbu«  ßaffu«,  bem 


*mujtf. 


485 


IDlünc^ener  Äapcümeijler  bcöeutenöe  Ser« 
tretet  fanfc.  93on  rtcittragcnber  Scbeutung 
für  bie  SGßeiterentwicflung  ber  norbifc^en 
iWujif  tvax  aber  üorab  bie'ßrfd^einung 
Sut^er«  unb  fein  Söcfircbcn,  ftatt  bcö 
titueücn  lateinifc^en  ©efanged  bcii  beut= 
fc^cn  ©emeinbeflcfang  beim  ©otteäbienfic 
einzuführen.  2Bir  ^aben  bereite  barauf 
tiingcbcutet,  toie  au§erl)alb  ber  Jlirche  bc= 
reitä  fd)on  ein  geifilidje«!  SBoIfelieb  ent= 
fianben  h)ar.  S)q^  12.  3af)rbunbert  fd)on 
i^atte  iai  rc*t  tiolfötümlidje:  „(£tiü  ift 
etfianben",  „3n  ®ottcs  SRamen  fat)ren 
wir"  unb  eine  Qlnjabl  ÜJlarientieber  er= 
jcugt;  inbe§  war  bie  Seilnabme  bca  23oI= 
feei  an  ber  ßiturgic  als  fingenbeö  ®Ii«b 
bod)  immer  unbcbeutcnb.  ßutl;)er  erfi  war 
tä  Dorbebalten,  beutfct)c  ®pract)e  unb  beut= 
fc^cn  (Sefang  in  ber  Äitc^e  jur  ^errfd)aft 
ju  bringen,  ^n  rid)ti9er  (Srfenntni^  be« 
©Uten  wählte  er  jundi^fi  aui  bem  alt^ 
Iateinifd)en  Äirc^engcfang  foldjc  SDJelobien, 
Welche  an  bie  Siebform  erinnerten ,  mie 
iai:  „ÜKittcn  im  ßeben  ftnb  wir  Pom 
Job  umfangen"  ober  i>ai  Veni  redemptor 
gentium;  ben  grcgorianif(^en  Stiotal  aber 
»erwarf  er  ganjlid).  Sr  meint,  hai  fei 
„wüfieö  ©felögefc^rei"  tunb  töne,  „wie 
©efang  ber  ^unbe  unb  ©äuc". 

JRei^ere  5lusbeute  alä  ber  Äirien- 
gefang  aber  lieferte  ibm  tai  weltlie^e 
^olfdlieb,  jene  Sanjmelobien,  roel^e  fc^on 
bie  Dtieberlänber  alä  Cantus  ifirmus 
fiatt  ber  grcgorianifc^en  SBcifen  in  if)ren 
tontrapunttif^cn  SBcrfcn  benu^t  Ratten, 
löut^er  bi(J)tete  ju  bicfen  gegebenen  ÜJlelo« 
bicn  neue  Scfte,  wie  ju  bem  ßieb:  3nä» 
bruct,  xä)  mu§  bid)  laffcn:  D  2BcU  ic^ 
mu|  bid)  lajjen",  ober  ju:  'iPiein  ®emüt 
ifi  mir  cerwirrt,  iai  mad)t  ein  SDJägblein 
jart:  iöefiel)!  bu  beine  2öege  k.  S)ie  be« 
beutcnbjie  SBcrbcfferung ,  wcld^e  er  aber 
anbatintc,  mar,  ta^  bie  ÜJlelobie  in  bie 
Dberjlimmc  Bcricgt  würbe,  wabtenb  fte 
ftü{)er  in  ber  ÜJlittcIjlimme,  im  lenor  lag. 
ßinen  treuen  ÜJJitarbeiter  fanb  ßutt)er  in 
bem  Äapeümeijlcr  griebrid)^  be«  Sfficifen, 
5ot)ann  2öaUt)er,  welker  bie  neue  firc^» 
lic^e  aSeife,  ben  (Jl)oraI,  junäd)jl  noc^ 
im  ©inne  ber  alten  ÜJtufrfprayiö  mit  bem 
©ermüde  ber  Äontrapunftif  auäfiattete. 
Ungleid^  bebeutenbcr  wirften  na^  biefer 
JRid^tung  Subwig  ®cnfl  unb  ®eorg  ^i)aw. 

5n  ber  peiten  ^älfte  beä  16.  ^al}Xi 
i^unbertö  beginnt  fid)  ber  (Sinflu§  ber  Dcnes 
jianifd)en  unb  römifd)en  @d)ule  gcltenb 
ju  mad)en.  2)Jan  begann,  bie  üerpod)te= 
nen  Stimmen,  Welche  butc^  (£infüt)rung 


bea  Äontrapunfteä  entjianben  waren,  ein' 
t)eitlid)  in  ber  |>armonie  jufammen^ufafFen. 
ÜJ?it  genialem  löerßänöni^  erfaßte  biefe 
SBeife  ber  cbenfo  ali  Sonfc^er,  wie  ali 
®elc^rter  l)od)berüt)mte  @et()  Galpifiuä. 
I>cn  erftcn  J^öbepuntt  aber  erreid)t  fte  in 
^anä  8eo  ^aglcr,  'Crätoriuä,  ©ccarb  unb 
beffcn  9tadifolger  Stobdu«. 

hieben  bem  fitd)Iid)en  ß^orale  pflegten 
biefe  SKeifier  felbjlocrpänblii^  auc^  weit; 
lid}c  SUJuftE:  c«  erjlanb  iai  fogcnannte 
Ä  u  n  ß  l  i  c  b ,  baä  ijl  bie  met)rflimmige  Bear- 
beitung Pen  *BoIf3meIobien  mit  genauer 
23erüdricf)tigung  beä  Seyteä.  Die  früheren 
•fiomponifien  t)atten  nid)t  an  eine  im 
Sinne  unb  ®eifie  ber  9JJelobie  erfolgenbe 
*JluegcfiaItung  berfelbcn  gebacbt,  bem  alten 
Äontrapuntt  waren  bie'  ißolföweifen  nur 
lonpbrafcn.  Je^t  aber  werben  fte  Äeim 
unb  SBur^el  eine^  fxä)  felb^änbig  au« 
benfelben  entwidelnben  Äunftgefanged. 
3ugleic^  aber  würbe  aud)  perfud)t,  eigene 
SWelobien  ju  erfinben.  3n  Italien  war 
namentUd)  baö  fogenanntc  ÜJJabrigal,  ein 
furjed  gewö^nlic^  aä)U,  t)öd)j^en«  jwölfä 
.^eilige*  ßieb,  baö  Pon  ßiebe  ober  au^  ber 
^errlid)Eeit  ber  9iatur  Ijanbelte,  aufgefoms 
men.  5ln  biefen  ®ebi4iten  Perfud)ten  ft(^ 
bie  Äontrapunftifien  juerji  in  ber  freien 
erpnbung.  2)ie  natürlid^e  ^o\%i  biefer 
SDJuftfübung  war,  ta^  nun  aud)  ber  Sin* 
jelne  Perfudite,  bie  Dberftimme  ober  felbjl 
eine  ÜJiittclflimme,  bie  im  ®runbe  nid^t  tvt' 
niger*Dlelobie  {)atte,  alö  jene  aüein  ju  fingen 
unb  bie  fel)lenben  Stimmen  iüxi)  5nftru= 
mcnte  ju  erfe^en.  Um  *3luöbrcitung  biefer 
®efangäweifc  erwarb  frd)  namentlich  ber 
berühmte  Sänger  ®iulio  G-accini  93erbienjic. 
5n  2)eutfc^lanb  würbe  fte  Pon  fPrätoriu«, 
^einrid)  S^ü^  unb  ^ermann  Sii^ein  wer« 
tergcbilbet.  5Dabei  fpielte  felbfioerjianbs 
lic^  tk  Segleitung  Porerfi  eine  f)öc^fi 
untergeorbnete  9lo[le.  Sic  fün^lic^c 
©timmpcrflcd^tung  bcd  Äontrapunft^  löße 
ftd)  in  einfache  QlEforbe  auf.  ÜJian  braud)te 
beöfjatb  neben  ber  DJielobie  nur  ben  Sa§ 
ju  perjetd^nen  unb  bie  begleitenben  Qlfforbc 
burc^  B'i^^ß"  anjubeutcn.  S)iefen  nume= 
tierten  93a§  nannte  man  ®eneralbaB. 

8,  2)te  2luöbilbung  ber  3nfiru* 
mentalmufif.  ®aö  beliebtefie  Snftru* 
mcnt,  mit  weldicm  bie  ©cfänge  im  16. 
3a^r^unbert  begleitet  würben,  war  un« 
ftreitig  einerfeitö  bie  ßaute,  —  fre  war 
jum  ^auäinfirument  geworben  —  anber= 
feitö  bie  Drgel',  welche  fid)  in  ber  Äire^e 
eingebürgert  t)atte.  ^ux  jbcibe  war  benn 
auc^    eine    eigentümli^e    Dlotierungäfotra 


486 


ORufif. 


enifianCcn.  gür  bie  Orgel  genügten  nod) 
lange  bie  (SuiboniWen  ©ucfiftaben ,  benn 
bic  Äonfiruftion  berfelben  rrat  unfägli^ 
plump  unb  man  begnügte  ftcf),  auf  ber« 
felben  ben  cantns  firmns  einflimmig,  böc^^ 
fiene  mit  bem  Diganum  uerbunben,  ju 
begleiten.  I)ement[prec^enb  bilbete  ftd)  in 
iDeutfcfelanb  bic  foi^enannte  Drgcl tabu- 
la tut  au^.  35iefelbe  befianb  forerfi  auö 
ben  2önen  bcr  biatonifd)en  alten  ®fala, 
»elcbe  nun  folgcnbermapen  bejei^net 
würben : 

-TAHCDEFGahcdefg"  hc" 
defgahTcde 

Qüö  bann  aui)  bie  3"5ifd)entöne  immer 
erweiterten  Singang  fan^en,  würben  fie 
burcf)  ein  angebcingtec-  .p^ifcfeen  ober  eine 
(£cf)Ieife  angezeigt,  j.  33.:  f,  ober  f^  = 
fis.  9iad)bem  bic  iBerbefferung  tti  3"= 
jirumcnieei  bann  auc^  bie  2luäfü^rung 
bcr  SDJenfuralmullf  möglich  machte,  mufte 
ber  3eitweri  bcr  9toten  gteid)fa[lö  befiimmt 
angegeben  werben.  SDJan  fügte  bcö^alb 
bcr  93ucb)labenfd)rift  befonbere  Stieben  bei: 
ein  *]3unft  bebeutetc  j.  93.  eine  Sremö,  ein 
'Strid)  bie  (Semibremö  :c.  ^m  Übrigen 
würben  bic  ©tinimcn  fo  untereinanber  ge= 
fe^t,  wie  in  unferer  ^Partitur. 

>Dicfe  Qht  ber  Qlufjcicbnung  war  für 
Orgel,  (Seigc,  ßaute  unb  bie  entfpred)cn= 
ben  3nfirumente  im  ©ebraucf),  fam  aber 
audt)  felbfl  beim  ®efang  jur  *]lnwenbung. 
S>ancben  aber  batten  bic  Sautenipcn  nod) 
eine  eigene,  bie  öautcntabulatur ,  wclcf)c 
ganj  fpejicU  bcr  €pielweife  unb  bcr  Secb* 
nif  beä  Sufli^i'^ifuicö  angeeii^nct  war,  er= 
funben.  labci  ging  man  oon  (ber  fünf« 
faitigen  Öaute  auö,  beren  cinjclnc  «Saiten 
tnan  mit  ben  31^^^"  1-  2,  3,  4,  5,  bie 
einzelnen  ©riffe  aber  mit  Q3ucbilabcn  bc= 
jeicfcnete.  2)ic  5DJcifler  bee  iSautcnfpielö 
gaben  baju  nod)  mancbcrici  ergänsenbe 
^eftimmungen,  wie  |)an0  ®crlc  in  feiner 
Musica  Tensch.  Sine  3>^'''fd)f"r^fß""9 
jwifcf)en  Orgel  unb  ßaute  nimmt  ein  an= 
bere^  ©aiteninjlrumcnt  ein ,  tai  fct)on 
frü^c  mit  einer  Älaoiatur  nerfefien  worben 
War.  ©aäfclbe  war  cntfianben  auö  bem 
äHonocborb,  einem  cinfaitigen  ^npi^utiiftit 
auf  welchem  burd)  iBerfd)icbung  eineä 
©tegeö  bie  nerfc^iebenen  löne  erzeugt  wer« 
ben  fonnten.  Um  fid)  tai  25erfd)icben 
be«  Stegeä  ju  ctfparen,  brad)te  man  mit 
ber  3eit  eine  Qlnjat)!  Safien  an,  welcf)c 
beim  9?ieberbrüden  bie  ®aite  in  bejiimmtc 
Sängen  teilte  unb  jugleidf)  crflingcn 
niad)te.    Später  naljm  man  ftatt  ber  einen 


@aitc  mel)tere.  »oburc^  tai  Snjirumcnt, 
tai  fogenanntc(Sla»i(ftorb,  bunbfrei  würbe, 
ta  bie  Jafien  Don  nun  an  nur  mc^r  bic 
bic  gunftiori  beä  ©rflingenmat^en«,  ni^t 
mebr  aber  beö  5lbteilenö  ju  oerfeben 
batten.  3n  biefcr  ^orm  nannte  man  bad 
(Elaüidborb  aui)  Glacicpmbel,  Spinett  ober 
SBirginal. 

SJiebcn  biefen  3np'-"fn«nten  befa§  bai 
iDiittelalter  nod)  eine  ®ro§ja^l  anberer, 
namentlid)  waren  bie  ©trcid)=  unb  93la^* 
inflrumcnte  nod)  oicl  jablreicfecr  atö  Ijcut« 
;utagc.  ^uö  ber  fcltifd)cn  Grota  war  bic 
Dtota  ober  Jvibcl ,  Viola  (ocrglcid)C  ben 
21rtifcl  53Jufifinftrumente)  entj^anben, 
fowobl  bie  Viola  di  gamba  ald  bie 
Viola  di  braccio.  Unter  ben  93laä* 
infirumenten  gelangten  namentlid^  bic 
I  *13ommern  unb  iSd)aimeien  ju  umfaffenber 
23erwcnbung. 

Siebcr  war  bic  3nfirumentalmuftE  bei^ 
nabe  außfd)lie§licb  mit  bcr  SolfämufiE 
nerbunben  gcwcfen.  3«  fclbfidnbigcr  je« 
bod)  biefelbe  würbe,  umfomct)r  mu^te  fie 
iid)  eon  ber  iBolf^mufif  loetrcnnen  unb 
einen  eigenen  ©tpl  auäbilben,  ben  foge« 
nannten  3nfitunient<ilft9 1  >  ^^^  ftc^ 
tom  SSofaljlpl  ber  $auptfad)e  nac^  burd) 
gröpere  rbi)tbmifd)e  Sefiimmtbeit  —  angc« 
regt  burd)  ben  janj,  ju  beffen  Begleitung 
bie  3nf^vumente  geeigneter  fd)icncn,  al^ 
bie  menfd)lid)e  Stimme,  —  fowie  burd^ 
größere  SewcgIid)Ecit,  burdb  3^i^I<!3<^tt  ^^^ 
langgebaltenen  ©cfangötone^  in  flcincrc 
aBertteile  auejeid)netc.  iBon  größter  aBicb* 
tigfcit  nicbt  nur  für  bic  3"i^'^U"ißn*''I' 
muftf,  fonbcrn  für  bie  gefamte  Äunji  aber 
war  bic  burd)  erfiere  geforberte  'Jlnnat)mc 
einer  beftimmten  ein^eitlicbcn  lonljöbc  unb 
bie  ©infübrung  ber  fogenannten  gleich* 
fd)wcbcnben  Temperatur. 

Sd)on  3arlino  batte  bic  Temperatur  in 
bie  Tlu[\t  eingcfül)rt  unb  war  ju  einer 
Sfala  gefommcn ,  beren  einzelne  ^önc 
folgenbc  Sc^wingungöja^len  aufwcifcn: 


d 

e      f 

g 

a 

i? 

C 

"/s 

%    'U 

2/ 

% 

%5 

2 

c— d  unb  f— g  fielen  nun  ju  cinanber  im 
QScrbältniß  pon  8:9;  d— e  unb  a — h 
aber  in  bem  t>on  9  :  10.  Der  lonfc^ritt 
c— d  unb  f— gifi  alfo  tlcincr  atö  berjenigc 
oon  d — e  unb  r>on  a— h.  2)ieö  mu§tc 
aber  auBcrorbentlid^  fiörcnb  wirfen,  ol^ 
bic  c^romatifc^e  Tonleiter  unb  bie  ifcfl« 
^c^cnbc  Stimmung  eingeführt  würbe  unb 
bie   Berfd)iebenen  3"Piumentc    incinanber 


SWupf. 


48T 


mujtjictten.  2)a  fonntc  bic  matf)cmatifd)c 
iRein^eit  nic^t  mct)r  aufrect)t  crt)alten  »er« 
t)cn,  fonbetn  bie  Ungleichheiten  mußten 
unter  bie  12  |)aIbtonfc^rittc  ber  ct)roma- 
tifd^en  Sfala  9lci(f)mä§i9  certcilt,  wers 
bcn.  ^icfeä  nannte  man  bie  %Uid)\6)Wi' 
bcnbe  Temperatur. 

Gin  Orcf)efter  auö  biefer  3^*^  »at 
nocf)  ctmaö  du^ctfi  bunt  3"f'"""^fn9eä 
mürfelteei.  (Eö  galt  ja  porbcr^anb,  nur 
bie  ©ingfiimmen  ju  erfet3en  ober  ju  unter^^ 
fluten,  nicl)t  aber  befonbcrc  Älangmirfun« 
gen  ju  crjtelcn.  3Ran  ftcüte  bic  3nfiru= 
mente  be0f)alb  jufamnien ,  nne  fie  gerabe 
ju  Ijabcn  inaven,  noeeljalb  bie  Äomponifien 
auf  [i)Xi  Sonfiüdc  jicmlid)  regelmäßig  bie 
Semcrfung  machten:  „auff  aUertet)  3nPi^u* 
mcnt  JU  gebrauchen."  3n^eff<!n  beginnt 
bocf)  [(^on  in  *Prätoriuö  tai  @cfül}l  nac^ 
ücrfcf)iebenen  Jllangwirfungen  fic^ju  äeigen, 
er  (priest  bereite  von  r>erfd)iebencn  Seilen 
be^  ®timnitt)erf3.  (Sincn  befonberen  SReij 
follte  bie  3"fii'"nifntnticin  burc^  tai  [0= 
genannte  kolorieren  unb  2)iminuieren 
erhalten ,  tai  aüi  bem  Stegreif  geübt 
reurbe  unb  etmaä  mit  ber  Ä'unfi  beä  I)iö= 
tantiercne  gemein  battc.  iRamentlid)  jeigte 
fid)  biefer  DrnamentoIfit)l  in  ber  i'oge» 
nannten  Soccata,  mo  anjlatt  ber  Slelo'bie 
laufenbe  unb  gebrochene  g'flU'^^"  einge« 
fü^rt  finb.  Sfive  fünfilerifdtic  ©cfialt  ner« 
bantt  fte  bem  oenetianer  Organipen^ßlaubio 
'JKeruIo,  bie  voüi  *JluöbiIbung  aber  mürbe 
\i)X  burd)  greecobalbi  ju  leil ,  beffen 
Joccaten  alle  muftfalifcben  Srrungenfd)af= 
ten  feiner  ^iit  in  fid)  nercinigen:  bie 
ijugc,  bie  freie  3niitation,  glanjooüeä 
*Pajyagcnmerf  unb  mäd)tig  jtrömenbe 
51ftorbfoIgen.  3"  einer  jmeiten  Äunjlform, 
ber  fogenannten  Äanjone  fam  baö  ge' 
fongreic^e  Spiel  mef)r  jur  ^tnmenbung 
unb  in  ber  „Si)mpt)onie"  unb  bem 
„ütitornetl"  begegnen  mir  bereite  ganj 
felbfiänbigen  Drcbe^erfä^en,  melcf)c  cnt« 
mebcr  SßoEalfa^e  einleiten  ober  (Srt)oIungö« 
paufen  ber  Sänger  auffüllen. 

3n  3talicn  mar  ^ubem  bie  Sonate 
eine  beliebte  3nP^^i"iicntalform  gemorbcn. 
3^r  S'iame  bebeutet  urfprünglic^  nic^tö  als 
3nfirumentalfiücf  unb  fd)eint  benfelben 
Btüecfen  gebient  ju  ^aben,  mie  bie  Spm» 
pbonie.  (Jinge^cnbe  $f(ege  fanb  auc^  im 
17.  3a^rt)unbert  bie  ionämeifc.  Sd)on 
bie  Stabtpfcifer  Ratten  bie  ®emo^nt)eit  ge- 
habt, eine  Olnjaf)!  Don  Sanjmeifen,  ju 
einem  (SpEIu^  »creint,  o^ne  ben  baju  ge- 
^rigen  Janj  corjutrogcn.  2)iefe  fo  an» 
cinanbetgerei^ten ,   im   übrigen  nur  burc^ 


Oemeinfamfeit  ber  Jonart  jufammenge* 
l)örigen  Sanjpüde ,  nonnte  man  anfangt 
$artt)ic  (partita).  Später  mürben  fic  ali 
Suite  eine  ber  beliebteren  Snfirumental* 
formen. 

ißefonberl  cinflußreicf)  auf  bie  SBeiter* 
entmidlung  ber  3nfi^uinentaImurtE  aber 
foüte  eine  Äunpgattung  mcrben,  melct>e 
im  ßauf  ber  3^**  <^^^  SBerbinbung  oon 
meUlid)er  unb  tird)lic^er  SlJlufif  ftd)  gebilbet 
l)atte : 

9.  ^ie  Dper  unb  ta^  Oratorium. 
Sc^on  im  12.  unb  13.  3'^f)r£)unbeit  t)Qt« 
ten  bie  fogenannten  geiftUci^en  Sd)aufpiele 
immer  me^r  iUuabreitung  erlangt,  ©ic* 
felben  bepanben  au^  35arjte[Iungen  bibli* 
fcfcer  Stoffe  in  ber  Äircfcc  unb  maren  »or* 
crfi  mit  ber  Siturgie  auf«  cngjle  »erbun* 
ben.  2)er  ©efang  mar  teilö  mirEIi(^ 
ritualer  Äir($cngefang,  teitö  mürben  bic 
nad)  bem  Sibelmorte  jufammengeftcQtcn 
ober  aucf)  frei  erfunbenen  (Sefänge  nac^ 
eigenen  3!J?elobien  oorgctragcn.  2)cr  freie 
beibe  4>umor  jener  3«iten  perlangte  aber 
juglei(^  einmif^ung  fomifc^cr  (Spifoben: 
mie  menn  ber  Salbenfrdmcr  bcn  jum 
®rabc  eilenbcn  i^raucn  feine  SBare  unter 
allerlei  Sc^erjen  anbietet. 

I)amit  l)atten  aber  bie  gcifllicfeen  Sd)au= 
fpiete  ibre  böigere  SBei^e  gänjlid^  verloren 
unb  mürben  beöl)alb  mit  SRec^t  auö  ber 
Äir(J)e  »erbannt.  QlUcin  baei  25olf,  i>a^ 
einmal  großen  ©cfaüen  an  biefen  Spielen 
fanb,  lie§  fid)  biefelben  nic^t  nehmen, 
fonbern  fü{)rte  biefelben  auf  freien  *piä^en 
ober  im  befonbcrn  „Spilbuö"  auf.  ?ia« 
türlic^  gemannen  baburd)  bic  Spiele  me- 
ber  an  ^öt)erer  Sßcibe  nod)  jtrengem  ©rnjie, 
fonbern  tai  geifili^e  ©cfeaufpiel  mürbe 
jum  Jummelpla^  toüficr  Saune,  jum  '^ap 
nacbtäfpicl. 

Ginen  dußcrft  mofjitbätigen  ßinfluß 
übte  auf  bic  (Jntmidlung  bee  Sd)aufpiel»' 
ber  ermad)en^c  ®cifi  ber  SRenaiffance  aus. 
Tlan  uerfu^tc  ce,  bie  altgrie^if^en  Äo= 
möbien  mieber  na(^jubilben  unb  brachte 
baburc^  mieber  mt\)x  (grnjt  in  bic  Sac^e. 
S)er  einfloß  bierju  ging  aud)  ta  r>on 
3talien  au«.  Da«  dramma  in  musica  ober 
t)ie  Tragedia  per  musica  fanb  bort  na« 
m.entlid)  in  <)3cri  einen  eifrigen  Vertreter 
unb  33eförberer.  2öir  ^aben  fd)on  gejef)en 
mie  ber  Sänger  (ioccini  ben  ©injelgefang 
ober  bie  'Dlonobie  mieber  einzuführen  bc^ 
firebt  mar.  Den  meitcren  entf^eibcnberen 
Sd)ritt  tbat  nun  *Peri  in  feiner  crfien 
Dper:  „Dafne",  inbcm  er  einen  »öüig 
neuen   2RufifjlpI    einführte ,    rcelc^er    bic 


488 


anuftf. 


«Witte  ^iclt,  ;^iuif(^en  ®efang  unb  a\xi' 
brucfdoofler  Otebc,  ben  fogenanten  IStile 
recitativo,  ber  nocfi  tjcute  in  unfetn  Opern 
gebraucht  »itb.  <Peri  gewann  ftc^  babutc^ 
bie  ungeteilte  S^^P^TiunS  Ott  ^ötet. 
Tlan  glaubte,  bie  bramatifc^e  Tlixfit  ber 
alten  ©riechen  njieber  aufgefunbcn  ju 
Iiaben.  Qlüerbing^  njut  jegt  tai  SDlatetial 
gut  iRefonPruierung  beä  antifen  üJJufiN 
brama«  lieber  beieinanber ;  !Ser  (5^or 
jum  ^luäbrucf  ber  Stimmung  ber  ©efamts 
|eit,  ber  metobifc^e  Oefang  (bie  2lric)  jur 
@(i)ilberung  ber  ©efütjle  be«  ©arfleHers 
unb  bai  SRejitatio  für  ben  I>iatog  unb 
biejenigcn  (Smpfinbungen,  welche  nur  oor* 
überge^enb  anjubeuten  waren.  S)utc^ 
feinen  ©rfolg  ermutigt,  fcftuf  ^eri  balb 
barauf  iai  SDiuftfbrama  „duribice",  ein 
SBerf,  tt)elct)ee  berufen  War,  einen  Wlaxh 
fiein  in  ber  ®ef(^ic^te  ber  iWuft!  ju  bil^ 
ben,  benn  mit  bemfelben  tritt  biejenige 
Äunflgaitung  in^  ßctJen,  bie  Don  nun  an 
ununterbro^en  bie  muftfalifci)e  SBelt  be^ 
fc^äftigen  foflte:  bie  mobernc  Dper. 

I)ie  3nfirumentalbeglcitung  war  bier» 
iti  nod)  äuferft  bürftig  unb  bef^ranfte 
^d)  auf  einfache  Begleitung  beä  ©efangcö. 
5Den  erften  Schritt,  audf)  bie  3nf^i^"i"fn: 
talmupE  in  ber  Oper  jur  6.t)arafterifiif 
ber  Dcrfd)iebenen  Stimmungen  üerwanbt 
JU  t)aben,  ti)at  9WonteDerbc,.  ber  bie  3«' 
biDibualitdt  ber  einzelnen  Jnftrumente  unb 
if)re  Derfd^iebenen  .Klangfarben  erf  annt  batte. 

Sebeutenben  (Einfluß  auf  bie  SßJeitcr* 
entwicflung  ber  bramatifd^en  Ttnfit  übte 
©iacamo  Garifftmi  au«,  ber  jwar  feine 
Opern  fd^rieb,  aber  ben  Wii^tigjien  2lnteil 
an  ber  5luöbilbung  einer  ber  Oper  äbn« 
lieben  Äunflgattung,  bem  Oratorium 
l^at.  5tle  Segrünbcr  be#felben  erf(ä)eint 
ber  röm.  ^PriePer  ^iliPP"  SiJeri,  ber  auf 
ben  ©ebanfcn  fam,  feine  ©rfidrungen  ber 
l)eiligen  Schrift  mit  geifilic^en  ß^orge* 
fangen  ju  »etbinben,  Weld^e  biefelben  gteic^= 
fam  iQufiricrten.  3"  »"irflic^  felbfiänbiger 
Sebeutung  aber  gelangte  ba^  Oratorium 
erji  burct)  ßubooico  23iabana,  ber  mit  fei* 
nen  Concerti  da  chiesa  bie  »on  ßaccini  neuer* 
funbene  SOJonobie  jucrfi  wieber  in  ber  Äireften* 
muftf  ^eimifd)  mad^te  unb  burd^  ®in» 
fü^rung  eineö  felbfiänbigen  obligaten  3^* 
firumentalbaffeö  be^  Basso  continao,  eine 
burd^  i>a^  ganje  ©tüdf  o^nc  *Paufe  fid) 
l)inburd)äie^enbe  (Srunbftimme  fd^uf.  25aö 
wirflid^  bramatifc^e  (Slement,  bie  Umge* 
flaltung  ber  einfact)  liebartigen  Kantate 
ju  einer  9lrt  bramatift^en  ®cene  mit  SRe* 
jitatio,  ariofen  unb  ©nfembleeinfä^en  (frei* 


lic^  o^ne  ftc^tbar  bargejteQte  ^anblung) 
führte  erji  (Sarifftmi  in  iai  Oratorium 
ein  unb  f(J)uf  babur^  bie  fogenannte 
Äammcrtantate,  bti  welcher  bie  %\xf- 
merffamfeit  beö  3"^örerd  Weber  burc& 
äußere  2)arj^ellung,  wie  in  bec  Oper,  nod^ 
burc^  religiöfe  3«remonien,  wie  in  ber 
Äird^enmuftf  mit  in  3lnfprud^  genommen 
wirb  unb  ftc^  alfo  burd^auö  auf  t>ai  Son* 
werf  fonjentriert.  3"  biefer  ftrengen  ©^ule 
bilbete  fic^  Sfarlatti,  ber  baburc^  tu 
^ätjigfeit  erlangte,  auf  jebem  «Spezialgebiet, 
mit  ßrfolg  ju  wirfen.  Seine  ^J^ut^tbarfeit 
wareineunglaublic^e.  (Je bid^tete  1 140pern 
unb  200  ÜReffen,  baneben  eine  üJlenge 
Kantaten.  Sfarlatti  führte  bie  italienifc^e 
Oper  SU  ibrem  ©lanjpunfte,  wenn  er  au(^ 
bem  fxä)  fleigernben  öebürfni^  nac^  ftnn* 
liebem  SReije  bie  antife  ©infac^^eit  ber* 
fclben  opfert.  9!Rit  großem  Sifer  wanbten 
ftd^  ber  bramatifc^en  ^Jorm  nun  auc^  bie 
beutfc^cn  Weifler  ju.  Sct)on  längfl  ^atte 
in  S)eutfcf)lanb  gleichwie  in  3tilt«n  ^'^^ 
geiftlidf)e  Sd^aufpiel  befianben,  auö  bem 
fxc^  mit  ber  3^'^  ^^^  Weltlid^e  Spiet 
entwidelt  ^atte.  2)ie  2;^ätigfeit  ber 
fd)Ienfc^en  3)id^terfd^ule  gab  ber  ganzen 
Sad^e  einen  anberen  Serlauf,  inbem  je^t, 
gleichwie  in  3t''Iien-  oerfuc^t  würbe,  nad^ 
ftafftfd^en  ÜRufiern  ber  ganjen  Otid^tung 
einen  bejlimmten  2Beg  torjujeid^nen.  ©er 
alte  beutfc^e  Sd^wanf  würbe  nun  jum 
Singfpiele,  in  weld)em  tai  beutfd^e 
Sieb  eine  nic^t  unwid)tige  SRoüe  fpielte. 
Sie  ©infü^rung  ber  eigentlii^en  Oper  aber 
öeranla^te  5Jeri'ö  2)ap^ne,  welche  ÜRartin 
Opi^,  ber  Segrünber  ber  fdt)lertfd)en  2)ic6ter* 
fc^ule,  im  üluftrag  be«  Äurfürfien  3o^ann 
®eotg  I.  Don  Sad^fen  in'd  2)eutf(^e  über« 
fe^te  unb  woju  ber  J^reäbener  ^offapeU* 
meifier  ^einri(^  S(^ü^  bie  SOJuftf  bic^tete, 
bie  ftd^  ftct)erlict)  bem  italienifc^en  Stplc 
auf  tai  Sngfie  anfd^lop.  3"öflT2"  "t'^' 
mo(f)te  bie  Oper  in  2)eutfd^lanb  Doröer^anb 
toi)  nid^t  rec^t  aufjufommen,  ber  SOjd^rige 
Ärieg  Idt)mte  alle  Äunfi  in  i^rem  %oxU 
fdbreiten.  (Jinjig  in  Hamburg  feimte  fte 
auf.  35ort  erflanb  bie  erjic  beutfd^e  Oper, 
ber  befonber^  jwei  ©öfteren  ber  3Webijin: 
^randfe  unb  ^^^ötfcf)  i^r  mufifalifc^e^  la* 
lent  wibmeten.  3"i>effen  gelangten  biefe 
33erfuct)e  erf!  mit  Stgijimunb  Äuffer  ju 
großer  ®ebeutung,  ber  nid^t  nur  ein 
grünblic^er  Äenner  italienifd)er,  fonbern 
aud^  franjöfxfdber  üRufif  war.  JJamentlid^ 
l)atte  ßullp,  ber  Segrünber  ber  fcanjöfifc^cn 
Oper  mädl)tig  auf  ibn  eingewirft.  3"  (ji^anf* 
reic^   batte  bie  Oper  ganj  benfelben  SIBeg 


OTupf. 


489 


genommen,  wie  in  Jtalien  unb  S)cutfcf)s 
lonb.  Son  bem  fc^on  genannten  Qlbam 
bela  ^ah  fennt  man  bie  ältcfien  ßicbers 
fpiele,  f leine  artige  ßicbeifiücfe.  (Snt= 
fd^iebencn  Stnflu§  f)atte  aber  aud)  in 
g^ranfrcic^  bie  italienifcf)e  Dpcr,  welche 
burdt)  italicnif<f)e  (Sänger  nacf)  ^axxi  ge« 
brad^t  unb  bort  mit  gro§em  SeifaU  auf* 
genommen  h^arb.  I)aö  regte  bie  inlänbifd^cn 
^oeten  unb  lonfc^cr  ju  eigener  2;f)ätig. 
feit  an;  namentlich  waren  eö  *Pcrrin  unb 
ßambcrt,  tt)cld)e  mit  i^rcr  Oper  *Pomone 
allgemeinen  SeifaU  ernteten.  51IIein  eine 
h)irni($e  nationale  ©ejialt  erhielt  bie 
franjöfif($e  Oper  erjl  burd^  ßuDt),  bcffen 
Oper  i'mai  aU  muftfalifdjeö  Äunfinjcrf 
^intcr  bencn  ber  Stalicner  jurücffieöt  (bei 
i^m  liegt  ber  ©d^werpunft  in  ber  muft= 
falifd^en  I)efIamation  unb  SR^etorif),  aber 
in  ber  gefcbirften  Qlnttjenbung  aüer  äußeren 
t^eatralif*en  SDtittcI  bocf)  eine  genaue 
Äenntni^  ber  33ül)ne  t>crrät.  I»urd)  Suüt) 
fanb  aber  aud^  bie  3"Pi^uni«nffl'n'ufif 
felbjiänbige  SScrmenbung  in  ber  Oper:  in* 
bem  er  bie  Ouoerture,  bie  Sor«  unb 
Sf^adtifpiele  einführte.  fl?ur  ein  Äomponiji 
öermodt)te  eä,  jidf)  neben  ßullp  ©eltung  ju 
rerfdf)affen.  Jean  (Philipp  Otameau,  ber 
t^eoretif^e  Segrünber  unfereü  moberncn 
iIRufifft)j!em«.  93ereit«i  f^on  3a^r^unberte 
früt)er  waren  bie  fogenonnte  jonifcfee  unb 
aeoIifdf)e  (bie  mit  c  unb  a  beginncnbe) 
Äird^entonart  im  Solfögefange  fafi  au^' 
fd^Iic§Iic^  jur  2lntt)enbung  gefommen. 
@ie  gelangten  jur  Uniferfalbertfdtjaft,  alä 
man  anfing,  nad^  (Einführung  ber  gicid)« 
fd£)n?ebenben  Temperatur,  alle  12  ^albtönc 
ber  Oftapc  alö  ©runbtönc  ebcnfooieler 
Jranäpofitionen  ber  Dar  (jonifc^en)  unb 
ber  SÜJoü  (äolifcfien)  <E>ta\a  ju  gebraudf)en 
unb  bamit  bie  ber  mobernen  ^ompofition 
^inberlidben  ©d^ranfen  ber  alten  lonarten 
burcfebradf). 

SiRit  großer  Sorgfalt  unb  eingc^enbem 
^leife  war  namentlich  in  2)eutfd^Ianb  bie 
fird^Ud&e  ^^orm  beö  Oratorium^  gepfiegt 
worben.  Sercitö  um  bie  SUlitte  beö 
16.  3af)rbunbertä  fd^eint  cö  (Sbrenfadt)e 
für  jcben  Äontrapunftifien  gewefen  ju  fein, 
bie  *Paffton  in  Tlnfxt  ju  fe^en.  ®*on 
Orlanbuö  Saffu^  ^atte  in  [einen  93u§« 
pfalmen  ben  crjien  5lnfio§  jur  Pflege  biefcr 
Äunjigattung  gegeben.  Dtamentlid^  aber  i(i 
eö  ^cinri^  "Sdbü^,  ber  ale  ®dt)üler®abricliö 
bie  in  Italien  empfangene  5lnregung 
benü^t,  um  feine  beutfdbe  Siefe  unb  ^ern« 
l)aftigfeit  in  collem  Umfange  jur  ©eltung 
ju  bringen,    ßuglc'^  'aber   fä)uf  er  eine 


neue  ^orm  be«  Oratoriumä.  iSiä^er  ^atte 
ftd)  barin  aüti  nur  c^orweifc  bewegt, 
ie|t  oerfudbt  er  c«,  bie  f)anbelnben  *Per« 
fönen  felbfiänbig  au8  bem  (51)or  al^  @oIo* 
Partien  f)er»ortreten  ju  laffen  unb  fom« 
ponirt  1,  2  unb  meljrfiimmige  @ä^e,  je 
nad)  5lnja^l  ber  fpredienben  fPerfoncn. 
51n  ber  Erweiterung  bcö  Oratorium^  wirften 
neben  ®(f)ü^ :  ^.  @(t)cin,  Dtofenmüller  u.  a.  m. 

®o  waren  mit  ber  SReige  beä  17.  3a^r« 
^unbert^  bie  legten  93orbebingungcn  er« 
füüt,  um  alle  SD?ufitformen  in  pd^jicr 
iBoDenbung  erfie^en  §u  fe^cn  unb  t>ai 
näd^fic  fdt)on  fdt)uf  eine  gro§e  iReibc  ber* 
felben  »on  ewig  mufiergültiger  (Sefialt. 
Jiamentlid^  beutfd&e  iDieifier  ftnb  eö,  weld^c 
bie  3Jufgabc  iti  18.  3a^rf)unbcrtö  ju  löfcn 
begannen:  bie  Äunfi  über  bie  nationalen 
93ebürfnif[c  emporzuheben  unb  Äunflwerfe 
im  ^öt^jien  6inne  beö  SBorteö  ju  fdf)affen. 

9.  5Daö  18.  3a^rt)unbert.  ^am* 
bürg  Würbe  bereite  alö  ber  Ort  genannt, 
wo  bie  bebeutenbern  Opern  bcä  3n=  unb 
Qluölanbeö  jur  2Iuffül)rung  gelangten  unb 
war  e^  bort  neben  Äuffer  namentlid)  SReins 
l)Qrb  Äeifer,  wcld^er  auf  Sntwicflung  ber 
beutfd)en  Oper  wefentlichcn  (Sinfluf  auä» 
übte.  Jnbeffen  l)inberte  ber  fjenifd^c  *Pomp, 
mit  weld^cm  man  bie  ©cfangöbramen  auö« 
jufiattcn  fudbte,  bie  reicf)ere  muftfalifc^t 
2lu^bilbung  berfelben.  ÜBcnn  man  aud^ 
in  Hamburg  nidbt  fo  Weit  ging,  wie  an 
einjcinen  ^öfen  Deut[dt)Ianbö  utib  ^talieng 
ober  in  *Pari^,  [o  Iic|  man  eö  bod^  in 
muftfalifci)er  ^inftd^t  an  ber  notwcnbigen 
Sorgfalt  fefilen  unb  Weber  SDtatbefon  not^ 
ielemann,  bie  Dtadbfolgcr  Äeifcrö,  Der« 
mod^ten,  biefem  i^i^n  grünblid)  abju* 
I)elfen.  Sie  beutf^c  Oper,  bie  faum  ju 
feimen  begonnen,  mu§tc  ber  italienifcf)cn 
wcidt)en,  welche  im  übrigen  25eutfd^Ianb 
biel  eifriger  gepflegt  würbe,  namcntlid)  in 
ber  cercbclten  »^orw,  bie  ilir  5(gofiino 
Steffani,  ber  iöorgänger  ^änbelö  an  ber 
Oper  ju  |)annooer  baburcf)  gegeben,  ta^ 
er  mit  i^r  ben  etwaei  oerfeinert  beflamieren« 
ben  @til  ber  franjöfifcfeen  Oper  }u  ners 
fd^meljen  fud^tc.  (Sro§en  (Srfolg  errang 
aber  freilid)  oud^  in  35eutfd)lanb  bie  nur 
auf  cirtuofe  ©efangöfunft  bafiertc  Oper 
ber  9teapolitanif(^en  ©^ule,  bie  burd^ 
5ltleffanbro  ©carlatti  bcgrünbet  unb  bann 
burd)  ßeonorbo  8co,  ßeonarbo  iBinci,  ©ima» 
rofa,  3ometli  :c.  weitergebilbet  worben 
war.  'Scfonberö  burd)  bie  le^terwä^nten 
fanb  fte  auc^  in  I)eutfd)lanb  Verbreitung. 
Unter  ben  beutfAcn  Opern  «Äomponifien 
aber,  bie  ftdt)  ber  ^Pflege  berfelben  Wibmeten, 


490 


ajiuftf. 


ftnb  bcfonber^  ^affe.  ©tauti  unl)  SWau« 
mann  ju  nennen,  ©o  war  in  ber  crften 
^älfte  tii  18.  2a^tf)unbertö  bie  ttalicnifd^e 
Oper  bie  »öüig  ^crrf^enbc  in  2)cutf(i)tanb. 
%uä)  in  5't'>"f'^«i<^  ctfianb  ber  b ortigen 
burc^  ßuHt)  gegrünbeten  großen  Dper  1752 
burd^  bie  5lnfunft  einer  italienifci^en  Dpern* 
truppe  eine  bebeutenbe  ^onfurenj. 

SDa«  mufifalifc^e  $ariä  teilte  ftc^  al«- 
6alb  in  jwei  Parteien,  bie  unter  bem 
iJiamen  Suffonifien  ober  Qlntibuffonijien 
entttjeber  auf  Seiten  ber  italienifct)en  ober 
ber  nationalen  Dper  jianben.  3n  bem 
l^artnäcfigen  Kampfe  jogen  fdilielUd)  bie 
Italiener  ben  fürjeren,  wenn  mä),  ange« 
regt  burd^  bie  opera  bnffa,  bie  opera 
comique,  meiere  namentlich  in  ®r6trtj  einen 
praftifcf)en,  in  SRouj[eau  einen  t^eoretifc^en 
Vertreter  fanb,  entfionben  njar.  3uin  ^^* 
f(ä)Iu^  gelangen  foüte  ber  Äampf  er^l  burc!^ 
Mi^  (5rf(i)einen  eine«  ber  größten  SDlönner 
ber  9!)tuftfgcf4)id)te,  eineö  ^eutf^en,  burci^: 
(Eliriftof,  SBinibalb  t»on  ©lud,  ber  nid)t 
nur  granfreid),  fonbern  auc^  ©cutfc^Ianb 
5U  einem  mu^ergültigen  Dpernjiijt  oer* 
Reifen  foüte.  Siefcr  War  nur  baburc^  ju 
finben,  ta^  ber  meitfd^weiftge  SWed^ani^s 
muä  ber  burd^  ©farktti  gegrünbeten  ita= 
lienifd)en  Dper  jufammengerütft,  ju  einem 
lebenbigen  Organismus  befeelt  unb  jugleid^ 
mit  ber  gro^ern  ©c^lagfertigfeit  ber  JDar« 
fteüungömittel  ber  franjöjtf^en  Dper  auä* 
gemattet  mürbe.  S>ur^  jabrelange  unauS* 
gefeMe  Sptigfeit  ^tte  ftdb  (SIucP  ben 
italicnii'd)en  ©tt)t  ju  I)öc^^er  Äunjifertig* 
feit  angeeignet  unb  ftc^  mit  bem  ber  fran* 
jöft[d)en  Dper  in  gleid)er  SCßeife  »ertraut 
gemalt.  3)urc^fci)lagenben  (Jrfolg  foüte 
©tucf  mit  feiner  Dper:  Qllcejie  erringen, 
allein  erfi  mit  feiner:  3p^igenie  gewann 
er  ben  neuen  ©tanbpunft  coli  unb  ganj. 
^ier  ^at  ©lucE  ben  ganjen  5lpparat  ber 
italienifc^en  unb  franjöfifd)en  Dper  oon 
aüem  Ünmefentlid^en  cntfleibet  unb  beibe 
bamit  gu  lebenbigem  Drganiömuö  ert)oben. 
25ie  (ftarafterijiif(i)en  SnterDaüenfdtiritte, 
tt)elcf)e  bie  SRejitation  ber  franjöftfc^en 
Dper  feit  Sutlt)  auäjeid)nen,  er^ob  er  ju 
bcbeutfameniffiorti  unb  ®efüf)iöaccenten  unb 
inbem  er  biefelben  jugteid^  aud^  ber  meto« 
bienreict)en  italienifdt)en  ^ric  einwerleibte, 
gelangte  biefe  ju  einer  3nnigfeit  ber  Sm= 
pflnbung,  bie  auSfd)lie§U^  unfcr  Jntereffe 
bem  bramatifd^en  SBerlauf  jumenbet.  SDa« 
bnrd)  mürbe  bie  treffenbfie  S^arafterijiif 
ber  ^anbelnben  *l?crfonen  ermöglidf)t  unb 
bie  ^löublung  entmidelte  jt^  bramatifdf) 
belebter  unb  maljrer.    3u8lf*<^  eignet  ber 


DJlcifter  au(^  bem  6t)or,  ber  burd^  btc 
Staliener  Dernad^läfjtgt  morben  mar,  biefe 
neuen  üJJittel  an,  moburd^  auc^  biefer 
bramatifcl)  bebeutfam  wirb. 

SBalirenb  fo  ®luct  ben  gangen  ?lpparat 
ber  Dper  jener  3fit  »erengte,  um  ifin  red^t 
bramatifdf  gu  gefialten,  crmeitert  it)n,  jener 
anbere  SD^eifier  —  ^änbel  —  ber  gleich« 
faüö  bie  eine  ^älfte  feineä  ßeben  ber  ita= 
licnifd^en  Dper  gemibmet  ^attc,  in«  ©e* 
Wattige  unb  ®ro§artige,  um  ben  5lu«bau 
ber  ^otm  be«  DratoriumS  auögufü^ren. 
^änbel  giebt  fein«  ber  SWittel  ber  italie* 
nifdf)cn  Dper  auf.  Die  breiten  ^^ormen 
berfelben  erweitert  er  nodl)  unb  trägt  ftc 
namcntlid^  ani)  auf  ben  6^or  über  unb 
inbem  er  fte  bann  mit  feinem  gewaltigen, 
mit  ben  SBunbert^atcn  ber  ^eiligen  ©d^rift 
erfüllten  (Seifte  belebt  unb  burdf)  bie  SÖteifier^ 
fdl)aft  feine«  (Sontrapunft«  neu  gefialtct, 
gewinnt  er  bie  redE)te  ®ejialt  für  oratorifdf)c 
©arfieKungöweife,  bie  of)ne  äufcrn  I^cater« 
apparat  bie  gange  ^eilige  ®efdöidt)te  oor 
fingen  gu  fül)ren  bejiimmt  i)^.  Söä^renb 
^cinbel  unb  ©lud  ben  ©efialtungSprogep 
ber  neuen  SO^uftfprayi«  be«  18.  Satit^un« 
bert«  jeber  nadf)  befonberer  ülid^tung  gu 
(Snbe  führten,  erfaßte  i^n  ein  britter  großer 
SWeifier  biefer  3eit:  ©cbafiianSad^  in 
feiner  ©efamttieit,  um  i^n  gum  3lbfd^lu§ 
gu  bringen  unb  gugleidE)  bie  Äeime  gu  neuer 
großartiger  ©ntmictlung  gu  legen.  93ad& 
mad^te  ben  geijilid)en  93olf«gefang,  ben 
Q,i)oxal,  gum  SiJlittelpunft  feiner  fünft* 
lerifc^en  Sßirffamfcit  unb  inbem  er  ben» 
felben  in  ben  funjiüoUcn  ^Jormcn  bc« 
boppelten  unb  met)rfac^en  (Jontrapunft« 
»erwenbet  unb  babei  ftd^  biefe  (formen  gu 
unumfd^rdnftcr  ^errfdi)aft  aneignet,  fü^rt 
er  ben  @efialtung«progeß,  ber  burdb  bie 
Jiieberldnber  angeregt  worbcn  war,  gu  ®nbc. 

Um  fein  gange«  rei^  erfüllte«  3""^^« 
aber  au«tönen  gu  laffen,  beburfte  93ad^ 
aud^  ber  ^nfirumentaipimmcn  unb  biefelben 
würben  allmal)lid)  ebenfo  wie  bie  ©ing» 
fiimme  gu  au«brudt«nonen  Prägern  feiner 
3been.  2)aburd^  gelangte  Sac^  gu  jenem 
Äantatenftil,  bei  weld^em  93ofal«  unb  Dr« 
dt)ejlerfiimmen  fti^  gegcnfeitig  ablöfen  unb 
fid^  in  einem  fünjili^  in  einanbergcflod^« 
tenen  ®ewebe  ergangen.  3"  wa^r^aft  bra* 
matifd^er  5?orm  gejlalteten  ftd^  aber  nament« 
Ixä)  feine  $affionen,  in  benen  ftdl),  nament* 
lid^  in  ber  a)tatt)äu«=^affton  fein  gange« 
fünfilerif^e«  33ermögen  geigt :  funjigemdf e 
'■8et)anblung  be«  protefiantifc^en  Qi.|oral«^ 
unumfd^ränftc  ^errfc^aft  über  ben  fUs 
gierten  ©ti)l  unb  cnblid^  »oQjiänbigc  Äennt« 


mm. 


491 


niö  ber  Drcfecjlerinflrumente.  —  3"  ®a<^ 
DoUenbct  fic^  bie  Äunji  alö  d^ripiic^c  unb 
tritt  juglei^  alö  njcltlid^c,  alö  felbpänbige 
3nfirumcntalmupf,in  biöt)er  nic^t  gcfannter 
Sebcutunc;  I)ertior.  SRamcntltcfc  gtünbctc 
93acf)  ben  fogenannten  Älaüierfipl  au8,  inö= 
bcfonbere  i>md)  fein  cpod^cmad()enbeä  SBcrf : 
SDaö  wobltcmporierte  Älainer,  eine  gro§e 
^ugenfammlung.  dloä)  tt)unberbarer  aber 
erweifi  ftc^  93ac^'«  geniale  Äraft  in  ben 
Drgelfiücfen.  SBie  in  ben  Älanierfiücfen 
tai  roeltlid)e  ißolfölieb,  fo  bilbct  in  raan^ 
d)cn  Söerfen  für  bie  Orgel  iai  geifilid)e 
meiji  bie  (Srunblage.  SÖiit  ©ebafiian  53aci) 
war  jene  Seruegung,  tt>eld^c  feit  ber  SRefor« 
mation  bie  ©ntreicflung  ber  Sonfunfi  be= 
ftimmt  ^atte,  bie  (Sinfü^rung  beä  ^olU' 
liebet  in  bie  Äunfimufif,  biö  in  it)re 
äu§erfien  Äonfequenjcn  erfc^öpft.  Susl^ii^ 
aber  t)attc  33acf)  ben  Äeim  ju  neuer  tjerr* 
lict)er  Entfaltung  gelegt,  inbcm  er  bie 
Jontunfi  in  engere  !8ejiel)ung  jum  3nbi= 
cibium  unb  jum  Seben  überf)aupt  gefegt 
^attc.  5Den  folgenben  SOieiftern  war  e8 
nur  bcfi^iebcn,  ben  poetifc£)en  3"t"'lt  ^^^ 
Sebenö  ju  erfaffen  unb  i^n  jum  3nf)alte 
beö  Äunfitoerfe^i  ju  machen. 

9lu(ä)  biefe  neue  $t)afc  ber  Äunftent= 
inidlung  mirb  fcf)cinbar  burc^  i)ci^  93oIfö= 
tieb  benimmt,  fd^einbar,  bcnn  ia^  cigents 
lic^c  alte  SSoUöIieb  roax  im  Äunfilieb, 
tak  auä  jenem  entpanben,  längjl  f(J)on 
aufgegangen.  2)afür  ftanb  aber  t>a^  2?oIf 
bem  Äunjfgefange  nid)t  me^r  fremb  gegen= 
über,  eö  fal)  ja  barin  feine  eigenen  SBeifen, 
fein  eigeneä  *]ßrobuft  in  einer  ücrbcffcrten 
©efialt  unb  at^  e^  ben  2)id)tern  unb  .Kom^ 
ponijlen  gelungen  war  i>ai  ßieberfpiel  für 
eine  3eit  wcnigfienö  neben  ber  Oper  micber 
cinjufüt)ren  unb  bie  bramatifd)e  3!}?ufif  in 
ben  glatten  fnappen  formen  beä  ßiebeä 
ein  met)r  üolföma^igcs  ©epriige  gewonnen 
^atte,  ta  fanb  eä  iae  33olf  ni^t  meljr  für 
nötig,  felbft  neucSBeifen  ju  erfinbcn.  ®ä 
überlief  biefe  5lrbett  ben  Äomponiften  unb 
|oItc  fid)  am  liebften  feine  ßieber  r>on  ber 
öffentlic£)cn  Sdjaubü^ne  unb  fo  entflanb, 
tnol)!  äuferlid)  angeregt  burc^  bie  (Srfolgc 
ber  opera  comiqne  unb  ber  opera  bnffa, 
bie  beutf(i)e  Operette,  bie  ftd^  nur  aui 
öolfätümli^en  (Elementen  jufammenfe|te. 
SKit  ber  Operette  tritt  eine  burd^auä 
felbftänbige  »Jo'^w  in'(^  ßeben,  alö  beren 
eigentlicher  Segrünber  Sofjann  ^bam  ^iüer 
ju  betrauten  ift.  Unglci^  bebeutfamer 
<xU  öiefe  Operetten,  tt)elcf)e  nur  cinjelne 
uclfMmlic^e  ^^rafen  ober  ßieber  aufs 
nehmen,  ftnb  biejenigen,   meiere  mirflid^ 


üoU8tümlict)c  (Slemente  brafnfd)  barju^ 
fieüen  fuAen  unb  alä  eigentliif)c  beutfc^e 
fomifcf)c  Oper  erfd)einen.  3t)r  ^auptt)er= 
treter  iji  6arl  2)itter  »on  SDittcrdborf. 
*ilud^  er  gebietet  jmar  nur  über  ooUtüm= 
li^e  33?ittel  unb  »ermag  beä^alb  nicf)t  feine 
Stoffe  auä  ber  untern  ®pf)dre  nieberct 
Äomif  in  bie  I)ö^ere  beä  SBi^eä  unb  ber 
©atire  ju  ert)eben,  aber  er  üerfianb  fie 
mannid)faltiger  ju  »ermenben  unb  lon^ 
fiüde  »on  größerer  fflebeutung,  nid)t  nur 
einjetne  ßieber  auä  i^nen  ju  formen. 

Unb  fo  würben  aud)  feine  3nfirumens 
talfompofttioncn,  bie  in  ganj  gleicher 
Söeifc  gehalten  ftnb,  gröfere  Sebeutung 
erlangt  ^aben,  wenn  nid&t  ein  größerer 
DOteiflcr  —  3ofep^  ^apbn  —  gleid^^eitig 
tt)ättg  gewefen  Wäre  unb  bie  Äompofition 
3)itteröborf'ö  ebenfo  überboten  i^ättc,  wie 
SWojart  beffen  fomifcf)e  Opern. 

2)ie  3nfti^unicntalmufif  fanb  im  18. 
Sabr^unbert  vorerfl  mef)rere  bebeutenbe 
23ertreter  auf  ber  ßaute,  inbeffen  batte 
ia^  Älanier  biefelbe  bocf)  atlmä^Iid^  iier= 
brängt,  befonbcrä  aU  bie  .^ammermedianif 
eingefül)rt  worben  war.  9[)Jit  ber  iBer= 
befferung  ber  Jecf^nif  ging  felbftoerjiänMidb 
bie  (äntwicflung  beö  Älaoierfiiplä  ^anb  in 
^ani).  @d)on  bei  ^ad)  maci)te  fid)  eine 
freiere  SSerwenbung  beä  Älangmaterialä 
geltenb,  inbeffen  fmb  feine  SBerfe  bocb 
nod)  meijl  buri^  ben  üofalen  Äontrapunft 
beberrfc^t.  2)er  neue  ©tt)I  nabm  nun 
nicl)t  met)t  ia^  Sofale  fonbern  baä  3n= 
ßrumentale  jum  5luögangäpunEt.  |>aupt= 
fäi^licf)  ifi  eä  bie  ^^orm  ber  Sonate,  wie 
fte  ©farlatti  bnxä)  ©infü^rung  ber  ®egen= 
fä^c  gefc^affen,  Womit  erfolgreiche  Ser= 
fud)e  gemalt  würben.  S)aä,  waä  ale 
erfie  ®rrungenfd)aft  beä  neuen  @ti)lä  er= 
fc^eint,  ifi,  i>a^  an  «Stelle  beä  polppbonen, 
bie  ©Icic^bered^tigung  aller  Stimmen,  be^ 
bingenben  Sti)lä,  ber  I^omopbone  einge= 
fü^rt  würbe,  b.  i).  btejenige  Se^art,  in 
welcher  wefentlicfe  eine  melobiefübrenbe 
^auptfiimme  berrfdit,  wä^renb  bie  anbern 
nur  begleitenbe  iJJebenfiimmen  ftnb.  ^yriebe^ 
mann  unb  (Jmanuel  ©ad),  bie  Söbne  beä 
großen  Sebafiian  33ad),  wie  ber  iöatcr 
SlJJojart'ä  famen  unfireitig  ber  neuen 
2öeife  am  ndd)ßen,  aber  jur  pöüigen  51uä« 
bilbung  foHtc  biefelbe  erft  gelangen,  alä 
jener  Sfieifier  crfc^ien,  welcher  mit  ber 
Dtaioität  beä  ®eniuä  ben  ganjen  Or* 
ganiämuä  erfapte  :3ofeP|i)|)atjbn.  löor* 
erfi  alä  Äomponiji  für  bie  SBiencr  Stra« 
§enorcf)efier,  fpäter  alä  Dircftor  ber  Sfier« 
lasif^en  ÄapcHe  ^atte  ^apbn  ©elegen^eit, 


492 


SWuftf. 


bic  einjdncn  Snfirumcnte  auf  tai  genaucfte 
ju  jiubieten  unb  fid^  bic  (Sigcnaxt  cincö 
jebcn  ju  metfcn  unb  fo  gelangte  er  jur 
natütli^cn  Drganifation  bcö  Dtc^cfter^ 
unb  bamit  aucf)  bcr  ^nfirumentalfottn. 
^a^bn  fc^uf  feine  neuen  ^nPi^umentoI« 
formen,  bie  Sonate,  bic  €i)mp{)onie,  bic 
Dufcrturc,  bai  JRonbo,  iai  iöJcnuctt,  iai 
Qtbagio,  bic  Suite  u.  f.  ».  u.  f.  m.  lagen  iljm 
bereite  oor,  aber  in  »crttiirrcnber  ÜRannig« 
faltigfcit,  fo  bai  eö  fd^mer  voai,  ftc  non 
cinanber  ju  fc^eiben.  ^apbn  brachte  qü* 
ma^li(^  ^lari  in  bie  ganje  öntwicflung 
unb  ift  fo  ber  Schöpfer  beö  neuen  Jn« 
ftrumentalfii)!«  getrorbcn.  9)?it  bem  2Beg« 
jage  non  (5ficrt)aji  eröffnete  fxä)  für  ^at)^n 
ein  neuer  ^reiö  feiner  jtiatigfeit.  aBd^rcnb 
biö  je^t  feine  S^ematiE  nod)  au^fc^Iie§Ii(^, 
nac^  bem  93cifpielc  93dc^'g  Dom  QSoIföIiebc 
bel)errfd^t  mürbe,  hai  er  aüerbingß  jum 
bebeutenben  noUenbetcn  Äunfimetf  fer= 
arbeitete,  Iaufd)t  er  jc^t  nic^t  mef)r  bem 
Scbcn  ab,  maö  bort  bereite  flingt  unb 
fingt,  fonbern  fud^t  neue  S^cmen  auf, 
melci)c  ben  poctifct)en  3n^alt  be^  ßcbenö 
nod^  entfdf)iebener  jum  *Muebrud  bringen 
unb  geminnt  baburc^  eine  »iel  funfifotlere 
iJorm  in  bcr  Spmpöonic,  in  mcld)er  fict) 
aber  auc^  fcf)on  ein  inbitiibuctlcr  3nl)alt 
ju  offenbaren  beginnt.  S)amit  aber  marcn 
bie  93ebingungen  erfüllt,  unter  meieren  bic 
nacfcfolgenben  Spmpbonifer  iKojart  unb 
93ectt)oi5en  in  bicfer  ^^orm  bic  munbcrbar- 
jien  ®et)eimniffe  entfd)Ieiern  foUten. 

SBoIfgang  ^mabeu^  ÜJJojart 
folltc  Porerfi  auf  bem  ®ebiet  ber  Oper 
eine  äl)nlicfec  ÜJHffton  übernehmen,  mie 
^apbn  auf  bem  ber  Snprumcntalmuftf  unb 
bcr  5ur  Unftcf)er^eit  fül)renben  Siclbeit  ber 
©ef^altungen  berfclben  ein  (Jnbc  ma(f)cn. 
5Die«  errei^tc  er,  inbcm  er,  fovtbauenb  auf 
bem  5»n^aiiifit'  ^f»^  ®lüd  gelegt,  eine 
größere  SBatjrbeit  beö  bramatifc^en  5lu^« 
brucf«  einfübrte.  ©lüde  *)3erfonen  unb 
ßbarafterc  maren  nur  aQgemeinc  Jijpcn 
unb  (Sebilbc  einer  fünfllid)  bem  realen 
Cebcn  nac^fonjlruiertcn  2ßelt.  SRojartei 
Figuren  bagegen  flammen  oue  ber  Sßelt 
ber  Sffiirflic^feit ,  bic  er  unä  in  praEtifd)er 
SSerflärung  jeigt,  fie  ftnb  lebenärcarm  unb 
lebenömal)r,  S)on  ^nan,  nid)t  minbcr,  mie 
ßcporcllo,  Dömin  mie  ^^igaro,  unb  gc= 
fiatten  besüjalb  eine  feinere  unb  tiefere 
(St)ara!tcrifiif.  Sugtfi^  <^i^^  fommt  2Bi^ 
unb  ^umor  ju  mcitgreifenber  *öcbeutur.g 
unb  bic  ßeibcnfc^aft,  mcld)c  ber  beroifc^en 
Oper  ®Iutf^  fremb  mar,  mirb  |)auptfaftor 
bcr  gcfammtcn  ^anblung.     2>aburc^    ge^ 


minnt  aber  bic  Sonfunft  ein  meit  größere* 
^elb  für  it)rc  Jbätigfeit  unb  mirb  eigcnt« 
lic^  crji  rec^t  jur  bramatifcfecn  ÜKuftf.  Um 
bic  gelben,  in  bcnen  fti^  bcr  gcfamte 
bramatifdbc  Verlauf  fonjentricrt,  au^  muft= 
falifc^  bcbeutfam  ju  machen,  Pcrmcnbet 
ÜJJojart  ben  Sracourgefang  in  auägcbc^nter 
Söcifc  unb  erliegt  ^ier  äumeilcn  bem 
^ormali^muö  ber  alten  Oper.  2)ie  fc^arfc 
ßf)araftcriflif  ber  einjelnen  •Perfonen  fü^rta 
it)n  aber  jugleidb  auf  jene  ©tü^punfte  ber 
bramatifcf)en  J^anblung,  auf  jene  ©nfcmbles 
unb  5i"<Jl^f^'  ^0  ^"1^*  ^'c  SBJad^t  bcr 
Greigniffc  $erfoncn  beö  Pcrfc^icbenfien 
ßtiarafter^,  auf  einen  beftimmten  l^unft 
Pereinigt  mcrbcn.  S)ic  Qa^i  feiner  Opern 
ifi  bebeutenb.  SRac^bem  er  jucrfl,  eine 
OJicnge  gclc^rieben,  in  benen  er  ganj  ber 
italicnif^cn  SRi(^tung  ^ulbtgte,  Icnftc  er 
mit  bcr  Oper  „3bomenco"  in  bie  ©lucffc^en 
Sahnen  ein.  ®röpern  Srfolg  brad)tcn 
i^m:  2)ic  Sntfübrung  auö  bem  ©crailr. 
bie  |)Oc^jcit  bc*  gigarro,  namentlid^  aber 
fein:  2)on  ^nan.  3n  [«in  Ic|teä  ßcbenöja^i; 
fönt:  bic  3^u^«i^f i'tf '  meldte  23cett)oücn- 
aU  SDiojartö  grö^teö  ÜBerf  crflcirtc. 

jDic  ^a\)l  ber  3"Prumentalmcrfe,  bie. 
ÜRojart  l)interlaffen  unb  mit  benen  er  eine 
feiner  ®rö§c  entfpredf)cnbe  Sebcutung  audl; 
für  bic  3nflrumentalmufiE  gemtnnt,  ift  nid)t 
fet)r  gro§,  aber  bafür  ftcl)en  biefclben  bic^t 
neben  bem  S ortreff lic^ficn,  mae  je  geleifiet 
morben.  *JlIö  einer  bcr  bcbeutenbficn 
ÄlaDierfpieler  feiner  3eit  ^^t  iWojart  au(^ 
ba^  Älaficrfpiel  in  neue  Sabnen  geteuft, 
inbem  er  Spiel  unb  ÄlangfüHe  in  er« 
mcitcrtc  *}lnmcnbung  brachte. 

2)cr  brittc  gro^c  ÜJJeifier,  ber  bie  »on 
$ai)bn  unb  3[Rojart  eingefcf)lagene  SRicf)tung 
ju  glänjcnbem  9lbf^lu§  bringen  foKte,  i^ 
ßubmig  pon  SccttjoPcn.'^SRit  gro§em 
©rnfte  manbte  er  fiel)  »orerfi  jener  ^orm 
JU,  bic  in  benimmt  bcrauötretcnbcn  ®ruppen 
einen  ganjen  ßcbenöäug  barficötc,  bcr 
Sonate.  5"  ^^^  crjal)lt  er  unö  feine 
ßeiben  unb  ^^rcuben,  t)on  feinem  SRingen 
unb  feinen  ©rfolgen.  2)aö  Älaoier  ermie* 
ftcft  i^m  alö  tai  für  ben  inbitiibueüen 
^uäbrud  gccignctflc  ^njlrument  befonber^ 
fcitöem  bie  5ted)nif  beeifelbcn  burc^  ben 
ÄlaPierPirtuofen  ©Icmcnti  eine  bcbeutenbe 
(Srmeiterung  ctfabrcn  b«tte.  3Wit  2)orliebc 
jie^t  er  bann  ein  ober  mehrere  anbcre 
3njlrumcntc  ju,  um  neue  Organe  für  ben 
*iluöbrud  feiner  überreict)cn  3nnerlic^feit 
SU  geminnen.  S5aö  ®cfamtorc^efier  aber 
bietet  er  auf  in  feincnStjmp^onicn,  meldte  jum 
Icil  unter  bem  (SinbrucE  cincö  mcltgef^id^t* 


fDJurifinjirumentf. 


493 


Iicf)€n  (Srcigniffcö  gcfd^ricbcn  würben,  »ic 
bic :  Sinfonia  eroica.  I)ie  lt)a(i)[enbe  ^err= 
fcftaft,  bic  bcr  SWcificr  über  alleliürfienunflös 
mittel  erlungt  battc,  erzeugten  in  if)m  bie 
Sufi  jur  ßöfung  unge>t)öl)nlid;er  2lufgaben; 
bie  formen  werben  riefenboft,  wie  in  feiner 
neunten  ©infonic,  aber  entrüden  ftd)  ju= 
gleich  immer  mebr  bem  leichten  ÜJerjidnb- 
ntö.  SOßir  etfennen  barin  bie  bunten  bc= 
wegtcir  Silber,  bic  in  ber  ^intapf  beö 
iWeiperö  cntfianben  unb  ®efüf)Ie  in  i^m 
erregten  t>on  befiimmter  aber  ioä)  fo  fein 
fubfettiDer  2trt,  baf  fic  nur  in  rbapfobifc^j 
rejitatiücr  SBeife,  aber  fclbfi  nicf)t  im  SBort 
2luöbrud  finben  fonntcn.  £)arum  wanbte 
er  fid)  ben  gro§en  unb  breiten  Snftiumen» 
talformen  ju  unb  erfüllte  feine  2J?iffion, 
bic  3been,  tt)el(i)e  bic  leitcnben  beö  gebend 
fmb,  in  it)rer  Sffiirfung  auf  ©crnüt  unb 
^antafie,  ben  voetif<^en  3nbfllt  beö 
Sebenä  unb  ber  iRatur  barjufreüen ,  bamit 
in  »oßjlem  Tia^e. 

Die  It)rifc&eSefd)aulid^feit,  berenJräger 
bic  ©ingfiimme  am  liebjien  ifi,  war  feiner 
3nbiDibualität  fremb.  5E)ic  ©ingfiimme 
battc  if)m  ^auptfäc^lic^  nur  aU  Serfün= 
biger  beö  ©ebanfcnö  Sebeutung.  S)a  aber, 
wo  er  bem  Iijrifc^en  ^lusbrudE  mit  aücr 
.fjingcbung  nad)gebt,  fa§t  er  alle  einzelnen 
SWomentc  ju  einem  großen  ®anjcn  ju^ 
fammen.  ®eine  einjige  Oper:  „giDelio" 
fieigert  beöbiilb  ben  bürgerli(})cn  Stoff 
jU  bei^oif<^tr  9JJad)t  unb  nötigt  bem  S)ia= 
matifdjen  einen  tiefern  fittli($en  Srnfi  auf, 
alö  bic  fdfiaulufiigc  OJJcngc  oerträgt.  *3iber 
au(^  bic  Iprift^cn  6rgüffe  bcr  DJieffc,  per* 
fonifijieren  fid)  ibm  fofort  ju  ect)t  brama= 
tifd)en  ©cbilben ,  in  wcld^en  bie  rcligiöfc 
5tnfcbauung  ber  ganjen  gotterfüüttn  SWenfdt)» 
!^cit  jur  S)arficÜung  gelangt. 

3n  Scetbonen  b^tte  bic  SWufif  i^re 
I)öd)fie  ©cftaltung  errcid)t  unb  mit  biefcm 
IDJciPer  fei  aud)  gefd)Ioffen.  !£)ic  itaIicnif(J)c 
Oper  wie  bic  franjöfifd)c  erreichten  jwar 
im  Saufe  bcö  18.  ^abrbunberttS  erneute 
93Iütc,  jene  in  (Sb^rubini,  ©pontini  unb 
SRoffini,  biefc  in  ÜJlebuI  unb  Sßoilbicu, 
allein  an  bic  gewaltige  Äünjilernatur  58eet= 
bofcnö  reichte  feiner  ^txan.  6r)l  bem 
19.  3nbicbunbert  unb  ber  in  bcmfetben 
fid)  cntwideinben  SRomantif  foütc  eö  be* 
f^ieben  fein,  wenigftcne  in  einer  ü'ii<^tung, 
SBcctboDcn  ju  übertreffen.  Seetboecn  battc 
ftd)  nod)  in  feinem  iBerbättniä  ^ux  ®efamt= 
i)cit  ctfaf?t,  er  wanbte  ftc^  bcäbalb  jenen 
SDlufiEformen  ju,  in  bcnen  er  hai  ßeben, 
bie  Ceiben  unb  ^rcuben  bcr  ganjen  3Wcnfd;= 
^cit  barjulicüen  oermod)tc.    ^i^t  beginnt 


ber  ®cifi  bcä  Äünfllcrö  ftd)  in  feiner 
Iprifc^cn  5foIierung,  loügclöfi  üon  ber 
©cfamtbcit,  ju  crfaffcn,  um  bic  (Sinjcl^ 
empfinbung  jum  Darpeflungöobjeft  feine« 
fünfilcrifd)cn  ®d)affenö  ju  mad}en.  55em 
entfprec^enb  pflegt  er  jc^t  bic  engen  %ox' 
men  beö  öicbcei,  wie  Jvanj  ®d)ubcrt, 
SOicnbelfobn,  Schumann  unb  [Robert  Jranj 
ober  bic  romantifd)e  Dpcr,  Wie  Äarl 
SWaria  2öcbcr,  €pobr  unb  a)Jarfd)ncr. 
(S«ad)  Otci^mann,  ®cfd)id}te  ber  SRuftf; 
Oteifmann,  ®efd)id)tc  ber  beutfd)cn 
Tlü[\i;  2lmbroö,   ®cfc^id;te  bcr  aJiufif.) 

aJinfifinftrumcntc,  a)  @aitcninfiru  = 
mcntc  (in  alpbabctifd^cr  Drbnung.) 
1.  Cythara  tentonica  ift  aus  bcr 
^arfc  cntfianben  unb  bcftcl)t  aue  5—7 
Saiten,  Welche  über  ein  unferm  ®cigen- 
förpcr  in  ber  gorm  öbntid)ee  gewölbtes 
S3rctt  gefpannt  ftnb.  2)ic  cinjcincn  Saiten 
Werben  burd)  einen  Saitenbalter  mit  bem 
JRabmbrett  ocrbunben.  Äommt  bcfonbcra 
feit  ben  Äreujjügen  cor  unb  oetbantt  i^rc 
gorm  wabrfdbeinlic^  ber  araüifd)cn  3fai= 
tigen  IRebcc,  SRibiblc,  ober  Ofteberbe. 

2.  ^ibcl  ober  93 i bei  würbe  im 
SDJittclaltcr  bic  au^  bcr  SRotta  cntfianbene 
®eigc  genannt.  2)aö  äöort  gibel,  mbb. 
videle,  videl,  foH  üon  lat.  vitulare  = 
fpringen  wie  ein  Äalb,  bcrfommcn  unb 
alfo  ein  ©aiteninfirument  ju  Sprung  unb 
3;anj  bebcuten  unb  ^at  fid)  in  unferm 
SBiolinc  erbaltcn.  25ie  gibcl  War  ein  un- 
gemein beliebtes  Snfitument-  Urfprüng» 
li^  (10.  3abrbunbert)  nur  cinfaitig,  ent= 
wicfelt  ftc  ftd)  rafc^  jur  Sfaitigcn  tleincn 
®cige,  üud)  polnif(ic  ®cige  genannt,  bercn 
cö  4  Wirten  gab;  SJiefant^,  <Hlt=,  Senor* 
unb  Sa^geigcn.  Unterfdjicben  war  bie 
flcinc  ®eige  »on  ber  fogenannten  großen, 
bercn  eö  cbenfaHö  4  'Jlrtcn  gab  baburd), 
ba§  le^tere  mcbr  Saiten,  bis  ju  9  befa^ 
unb  33ünbe  geigte,  wie  bie  ßaute. 

I)ie  ©eigen  beö  iDUttelaltcrö  beft^en 
feinen  Steg  unb  liegen  bic  Saiten  fämt« 
lieb  in  einer  ©benc.  3"fl'<^'^)  ^^*  ^" 
©eigenförper  eine  mcbr  manbolinenmä^ige 
gorm.  9Wan  War  besb^ilb  gezwungen  auf 
aüen  3  Saiten  jugleidb  ju  fpielcn,  auf 
bcr  böd)Pen  bie  SlJelobie,  auf  ben  anbcrn 
bic  afforbifd)c  Srgiinjung  (®runbton  unb 
Duinte).  örj!  ber  Einfang  bcS  16.  3abr- 
bunbertö  bradjtc  ben  ©eigen  bic  gewölbte 
5)cde  unb  ben  Steg,  woburc^  bcr  fclb* 
fianbige  ®cbraudb  jeber  einjclncn  Saite 
ermöglid)t  würbe,  ©ieä  war  tai  Serbienfi 
üon  ®afparbS)uiffopruggar,  bcr  in'öologno 
32 


494 


*D?urtftn|iruniente. 


geboren  »arb  unD  bcr  ®etgc  bie  (Sefialt 
gab,  bte  fic  im  »cfcntlic£)cn  ^eute  noc^ 
^at.  3"  3tölicn  nannte  man  bie  ©eigen 
Sioten  unb  unterf(^ieb  jtt)ifcf)en  Viola  da 
gamba  (5^niegeigcn,  ^eute:  Sioloncedo)  unb 
Viola  da  braccio  (^Irmgeigen).  ^itt  bicfcr 
©attungcn  t)atte  tüicbet  t>crfcf)iebcne  *3lrten, 
je  nac^  ber  ©röfe  unb  bem  Umfange,  ^nx 
SoKcnbung  foOte  bie  S^ec^niE  ber  ®eige 
erp  bur4)  Antonio  «mati  (1590—1619) 
ben  berüt)mten  Srcmonefergeigenbauer  ge= 
langen. 

3.  ^acEbrett.  ©asfelbe  njurbe  fcf)on 
im  9.  3a^rf)unbert  geübt.  2)er  ÄIang= 
förper  ij!  ein,  mef)rere  ^u^  breiter  unb 
langer  Mafien,  ber  je  naä)  ber  Saitenlänge 
ftd)  t)erfürät.  ^äufig  finbet  man  i^n  fpäter 
Dann  in  eleganterer  ^orm  mit  gemölbtem 
Stefonanjboben.  Qluf  bem  SRefonanjboben, 
tt)cld^er  mit  2  @(J)atIIöcf)ern  »etfe^en  ifi, 
fmb  bie  ©aiten  gcjogen  unb  i'mai  ÜJietall; 
faiten,  meiere  burd^  Söirbel  gefiimmt  unb 
mit  fcöläernem  Klöppel  ange[d)Iagen  mer^ 
ben.  S)er  Son  ifi  fd)arf  unb  burct)bringenb, 
»eä^alb  baö  3"Pi""ifnt  namentlict)  bei 
länblid^en  'länjen  oermenbet  Jüurbe.  ^n- 
fang^  ^attc  eö  nur  einen  be[ci)ränften  Um= 
fang  üon  4  ober  5  Jonen  unb  mar  nur 
cin(^örig,  b.  1).  für  jeben  Jon  voax  nur 
eine  ®aite  »orl)anben;  fpäter  erreichte  cö 
einen  Umfang  r>on  4  Dftafen  in  brei= 
d)örigem  33ejuge.  Äünfilcrtfd^  bebeutfam 
TOurbe  e^  nur  infofern,  aU  e^  einen  Seil 
feiner  ÜJJec^anif  bem  Älauicf)orb  liel). 

4.  >Die  •§>arfe,  a\)t>.  liarafä,  m^b. 
harpfe,  bunflcr  ^erfunft,  ifi  unftreitig  tai 
ältefie  2i^Pi^ument.  Über  bie  t^orm,  »eldje 
bie  f>arfe  in  ber  frü^efien  3^'^  ilirer  33ers 
»enbung  beim  (Sefang  [)atte,  fmb  mir  jmar 
nid)t  unterrichtet,  bod)  barf  man  annehmen, 
ia^  fie  ber  einfadjen  «Spi^liarfe  glid),  einem 
breiccEigen  l)ötäerncn  SRaf)men  mit  quer  auf= 
gefpannten  Saiten.  (&ie  fonnte  nur  »on 
mäßiger  ©röge  unb  mugte  lei(ä)t  tragbar 
fein,  foba§  fie  ber  Spieler  ol^ne  'Jlnfirengs 
ung  im  51rm  galten  unb  aud}  an  einen 
anbern  meiter  geben  fonnte,  benn  bei  ben 
®afimal)Ien  mürben  iKunbgefängc  auöge^ 
fü^rt.  3"  bcr  SHegel  mürbe  bie  iiarfe  mit 
ben  ^ins^tn  ge|'d)Iagen  ober  geriffen,  fei« 
tener  mo^l  mit  einem  13Ieftrum.  93ei  23e= 
gleitung  üon  iDiaffengcfängen  fd)eint  eine 
me^rd)örige  |)arfe  in  5lnmenbung  gemefen 
ju  fein.  2)te  Saiten  ftnb  unten  bereite 
mittelfi  Saitenfiatter  befeftigt,  nid^t  mie 
bei  bcr  Spi^^arfe  im  *Jtttf)mcn. 

5.  jllaindiorb.  2)affc[bc  cntfianb 
auä  QDcrbinbung   ixi  ^adbrettö  unb  beö 


JL)lonod)orbö.  3n  einem  Äajicn,  öer  mie 
beim  ^adbrett  bie  i^orm  eineö  (Rec^ted^ 
batte,  befinbet  [xä)  bcr  Stiftfiocf  unb  2Birbel« 
jlod,  jener  mit  fefipe^cnben  Stiften,  an 
meli^e  bie  Saiten  au^  ÜJlcffingbra^t  an* 
get)ängt  maren,  bicfcr  mit  SBirbeln,  ners 
mittelfi  roclc^cr  bie  Saiten  gefiimmt  mur» 
ben.  ?tn  Stelle  ber  Klöppel,  mit  bcnen 
bie  Saiten  beim  ^adbrett  crflingen  gema(^t 
mürben,  traten  nun  SDJetatljungen,  bie  am 
©nbe  eineö  .^cbelarm^,  in  meld^em  jebe 
nieberjubrüdenbe  Safie  (Claves)  ausgebt, 
aufrec^tfte^enb  angebracht  maren,  foba§ 
fte  bie  betreffenbe  Saite  anfd)lugcn  unb 
baburc^  ertönen  mad)ten.  ^nfangä  maren 
nid)t  fo  tiicl  Saiten  üorlianbcn  al^  löne, 
unb  bie  laficn  I)attcn  äugleic^  ben 
3rt)ecC  bie  Saiten  abjuteiten.  "JlHcin  mu§te 
t<xi  äu§erfi  fiörenb  fein  unb  man  ?am 
benn  aud)  balb  baju  für  jcbcn  Jon  eine 
eigene  Saite  aufjujic^en. 

2)a§  3nfirumcnt  befd)ränfte  fid)  noc^ 
ju  <Prätoriuö  3«t  auf  20  Jone,  „allene 
in    genere    diatonico    gcmad)t,    barunter 

nur  jmccnc  fd)mar^e  ßlaucä,  iai  b  unb  i} 
gemefen."  Später  na^m  bie  3"^^  bcr 
(ilaoeö  immer  me^r  ju  unb  fc^on  QSirbung 
fennt  „neumer  Clavicordia  mit  4  Ofta= 
Den",  ©emö^nlic^  mar  in  fpätercr  3'^** 
bie  Söefaitung  breid)örig,  b.  i).  jebe  Saite 
mar  3  iDJal  por^anben,  babci  maren  aud^ 
etli^e  ©bore,  bie  „gar  fein  Sc^lüffcl" 
(Jafie)  anrührte,  bie  nur  ba  maren,  bie 
Diefonanj  ju  oerfiärfen.  2)ie  untern  (j^öre 
maren  mit  ÜJlcfftngs,  bie  obern  mit  Sta^I* 
faiten  bcjogen.  3'^M'^ß'^  ^f"  Saiten  jog 
fid)  bereit«  auc^  fc^on  mie  SSirbung  bc* 
rilltet,  ein  „3ötlcin  Don  SBcHcntud^"  ^in, 
um  ba'g  iJiad^tönen  ju  ocrfjinbern.  Sd^on 
im  Qlnfangc  bcä  16.  3<i^r^unbertä  oer* 
manbtc  man  auf  bie  3luöfd)müdung  biefeö 
3n|lrumentÄ  bebcutcnbe  Sorgfalt. 

6.  j^lanicpmbalum  unterfd^eibet 
fid^  Dom  ÄlaDicEiorb  baburt^,  ta^  bei  i^m 
flatt  ber  SDJctatl^ungcn  auf  bie  Stäbd^en 
flc^enbc  IRabenficle  an  bem  ©nbc  beä 
^ebclarmeä  ber  Zaftc  angcbrad)t  maren, 
burd)  meldte  bie  Saiten  in  ä^nlidier  9!öeife 
crflingen  gemad^t  mürben,  mie  bie  Saiten 
ber    Strcid)infirumente     beim     ^ijjicato. 

^(uf  glcidl)e  2ßeife  mar  \>ai  ÄlaDi* 
eistet  um  fonfiruiert,  nur  ia^  ftatt  bcr 
metallenen,  ©armfaitcn  angemenbet  mur* 
ben.  Saiten  unb  i«efonanäboben  flanben 
üufrcd)t  unb  ^atte  hai  3nfirumcnt  na^ 
«Prätoriu«  „eine  Oicfonanj  fafi  bcr  3itbern 
ober  ^avffen  glcidi."  ©aö  ©ebürfni«,  einen 


SRujtfinPrumente. 


495 


'ftdrfcrn  Jon  ju  geroinnen,  führte  baju, 
^a^  Ätaüicpmbalum,  auä)  ®raöect)m« 
6a tum  genannt,  fogar  »icr^örig  ju  bc= 
jief)cn.  9ia(6  ^rätoriuö  roat  e^  ein  „tiing^ 
tid)t  3nPrument  unb  rourbe  Don  etlict)en 
ein  ^lügel,  roeil  eä  fafi  atfo  formieret  ift, 
genannt:  33on  etU(f)en  sed  male  ein 
©(^roeinefopff,  roeil  eä  fo  fpi^ig,  roie  ein 
roilber  ®d)roeinefopf  forncn  an  juge^et." 
(Sr  bejeic^net  ti  ferner  aU  ein  3"Prument 
„üon  fiarfem,  ^eöem  fajl  liebli^em  iRefo= 
nan^  unb  ßaut,  mef)r  aU  bie  anbcrn, 
roegen  ber  boppettcn,  breifadjen,  ja  auc^ 
roobi  üicrfäd^tic^en  ©aittcn."  Qtu^  bem 
Älaoicpmbalum,  ba^  anfänglich  auc^  nur 
au^  20  Jonen  bcfianb,  entjlanb  ba^  Klavi- 
cymbalum  universale  seu  perfec- 
ta m.  3miTier  aufä  neue  roaren  nämlicf)  iBer^ 
fudf)e  gemalt  roorben,  aud^  auf  ben  2afien= 
infirumenten  bie  (SnbavmoniE  barjufießen, 
dis  unb  es,  eis  unb  des  :c.  ju  unters 
((ä)eiben.  €o  erjä^It  ^rätoriu^  oon  einem 
berartigen  ^nfirument,  roelcf)c^  „in  4  DU 

tauen  t^on  C  bi^  c"  in  aüeö  77  Slape« 
fle()abt  t)at". 

7.  ^laüi Organum.  2)aöfelbe  I)atte 
neben  ben  Saiten  no(^  einige  Megiftcr 
Orgelpfeifen,  roeld)en  burd)  bie  binten  an= 
gebrachten  Slafebälge  ßuft  jugefübrt  rourbe. 
3m  übrigen  entfpra*  e^  ganj  ^em  Äla« 
»icr)mbel. 

8.  ®cigenf laoier.  53ei  bcmfetben 
fmb  bie  I)ö(id)en,  burd)  bereu  <3tnfc^lagen 
an  bie  Saiten  beim  .^Iaüid)orb  ber  Ion  er= 
jeugt  rotrb,burd)  f  leine,  mit  ^^Jergament  über- 
zogene unb  mit  ÄoIopf;onium  überfirid)ene 
0täberd)en,  roeli^e  roieberum  burd)  ein  gro§eö 
Sflab  unb  untcrf(^iebene  SRoücn,  unter  bem 
Sangboben  liegcnb,  im  ooüen  ®cf)Wange 
gebenb  erbalten  roerben,  erfe^t.  „Sßenn 
nun"  berid)tet  IJJrätoriu^,  ,,ein  fölaue^ 
fernen  niebergcbrüdt  roirb,  fo  rühret  bie= 
felbige  «Saite  an  ber  urablaufenben  Otüber 
«ine'?  unb  gicbt  ben  SRefonan^  t>on  fid) 
gleid)  al^  roenn  mit  einem  Sogen  brübcr 
gcjogen  roürbe."  iprätoriuä  crjätjU  ju- 
glei(^,  ha^  baö  3nfirument  üon  ^anö 
|»et)ben  in  9'Jürnberg  erfunben  roorben  fei, 
jur  beffern  9'iad)a§mung  ber  Singftimmcn, 
unb  um  ben  Jon  ju  f)alten.  S)ie  neuern 
93erfud)e  biefer  Qtrt  ftnb  unter  ben  9'iamen 
Älapiergamba ,  SBogenflaöier  u.  f.  vo. 
befannt. 

9.  Saute,  raf)b,  laute  unb  lüte,  aber 
«rfi  im  15.  3abrf)unbert  geläufig;  iai 
SBort  fommt  mit  bem  3"f^i^umcnt  au^ 
granfreic^,   roo  e^   franjöjtfc^  Inth,    alt- 


franäöfif(^  leüt,  prooenj.  laut,  lahut, 
italienifd)  liüto,  leiito,  liddo,  laut,  9lamcn, 
roeld)e  auö  fpanifc^.  laüd,  portugieftfi^ 
alaüde  fiammen,  bie  i^rerfeitä  roieber  ibren 
Stamm  in  arabifd)  (mit  bem  Qlrtifel  al) 
al'ud,  alaüd  ftnben  =  ?lloe^olj,  gefrümra= 
teö  ^olj,  Saute.  iöJit  Saut  unb  Sieb  bat 
alfo  ba^  SBort  ni(^tä  ju  t^un.  Sie  mai^tc 
im  16.  3af)tl)unbert  aüen  anbern  Saiten= 
infirumentcn  ben  Dtang  fireitig.  ©ercit^ 
im  14,  unb  15.  3<if)t^unbert  roar  fte  aU 
5  faltige^  manbolinenartigeö  S^l^ifument 
beliebt.  2)cr  fogenannte  Sautcnförper  — 
„53au^"  —  ober  auc^  (Sorpuä  genannt, 
ift  bei  roeitem  me^r  geroölbt,  al^  ber  ber 
Streid)inPrumente  ober  unferer  ©tiitarrc, 
mit  bem  baä  3nprument  nocf)  bie  meifte 
<äbnlid)feit  ^at.  I)er  Sautenförper  ift 
augenf(^einlid)  ber  Sd^ilbErötcnfd)ale  ober 
einem  f)alben  .Kürbis  na^gebilbet,  roeld)c 
urfprünglii^  jU  biefem  3»Pfunif"t  ^'^r* 
rocnbet  rourbcn. 

55irbung  giebt  in  feiner  Sd)rift  eine 
Slbbilbung  ber  mittelalterlichen  Sauten. 
3)ie  Saiten  ftnb  unten  an  einem  Saiten- 
balter  befejligt,  oben  in  bem  fogenannten 
Äragen,  ber  äurüdgebogen  ift.  S)aö  ©riffs 
brett  i^  mit  Querleifid)en  oerfe^cn,  ben 
fogenannten  „33ünben",  üermittelft  roelc^er 
bie  ®riffe  für  bie  ocrf^iebenen  Jone  ah' 
gegreujt  rourben,  dl)nli^  roie  beim  ÜJiono* 
^orb.  3"  ^ff  iHegel  roar  bie  Saute  be^ 
14.  3i'il)icl)unbertö  fc^on  mel)rd)örig  bejogen, 
fo  ba§  bie  Saiten  für  ben  einen  Jon  in 
boppelter  ^a\)l  t»orbanbcn  roaren  iJlacfe 
'Oratorium   t)atte  fte  im   15.  3abrbunbert 

4  unb  bann  5  (Jl)örc.  iBirbung_bcricfttet, 
tia^  ctlid)e  Sauteniften   auf  9  (öaiten  in 

5  (S,l)ören  fpielen,  anbere  roieber  auf  ll 
Saiten  in  6  ober  auf  13  Saiten  in  7 
(5.l)ören,  roornu^  gefcftloffen  roerben  fann, 
ba^  nur  ein  Seil  ber  Saiten  boppelt  oor« 
t)anben  roar.  3)ie  3  ticfften  Saiten  t)ie§cn: 
©rogbrummcr,  2Jlittelbrummer  unb  Älein* 
brummer.  'Man  gab  i^nen  geroöbnlicf) 
oben  bie  OEtaoe  bei:  „roeil  \\)t  grob  unb 
gro§  fpnb,  So  mag  man  fpc  bo(^  nit 
fo  laut  ober  fo  flarf  l)ören  clpngen  al* 
bie  ciat)nen,  ober  bie  boben,  öaruu  gibt 
man  i^nen  Octaoen  ju",  fagt  Birbung. 
^er  4.  (E^or  roirb  mit  2  'JUleffingfaitcn, 
bie  im  ®inflang  gefiimmt  fxnb  —  bie 
©ro^angfaite  —  bejogen  unb  ebenfo 
ber  5.,  bie  .^leinfangfaite,  bann  folgt 
bie  auintfaitc,  bie  nur  einfa(^  aufgejogen 
ifi.  (Sineä  SRormalton*  beburfte  man  in 
jener  ^ät  noc^  ni4t  unb  ^gricola  lebrt 
beäbalb: 

32* 


496 


SDlujtfinfirumcntc. 


„3eu^  i>ie  Duintfait  fo  ^oc^  bu  magfi. 
I)a§  fte  nic^t  rei§t,  wenn  I)u  fic  f(f)Ia9^." 
I)ie  fiautc  bicntc  utfpiün9li(^  nur  jut  Se» 
9leitungbe«®efan9ed.  5n  beriRcgcl  mürben 
bie  Saiten  mit  bem  Ringer  gcjttjicft.  6rji 
fpäter  würbe  bie  Saute  ju  einem  felbfi« 
iiänbigen  3nftrument  unb  gelangte  nament» 
ii(i^  im  18.  ^a^r^unbert  neben  bem  Älat»ier 
jur  ^errfd^aft. 

10.  ^ic  ßt)ra  mar  ein  3  ober  me^r» 
faitigcä  ^nfitument,  meld^e^  mit  bem 
$Iectrum  gcfc^Iagen  mürbe.  3m  übrigen 
gleid)t  cö  Doüfommen  ber  ^arfc. 

11.  S)aö  SWonoc^orb.  S)aä[elbe  bc* 
|ianb  auö  einem  SRefonanjf örper ,  über 
melc^em  eine  ©aite  gefpannt  mar,  beren 
fUngenber  Seil  »ermöge  eine^  bemegtic^en 
©tegeß  »erfürjt  merben  fonnte,  je  nac^ 
bem  SBer^ältni^  beö  ju  erjeugcnben  3ntcr- 
taüö.  3luf  ber  S)e(fe  beö  Oflefonanjfaften« 
marcn  bie  ©teilen,  nad^  benen  ber  bemcg= 
lid^e  ©teg  gefc^oben  merben  mu§te,  um 
ben  betreffenben  Jon  ju  erhalten,  genau 
angegeben. 

2)aö  SOJonoc^orb  fanb  in  ben  .^töjiern 
jund(f)fi  unb  jmar  fd^on  r>or  ®uibo  »on 
Qlrejjo,  beim  ©efangöunterric^t  ^Inmen« 
bung,  um  bie  6cf)ülcr  anjuleiten,  bie 
Suteroaüentterbältniffe  unterfd)eiben  unb 
rein  pngen  ju  lernen.  2)a  e^  ftd^  bann 
aU  notmenbig  ermie«,  bem  @d)üler  bie 
8  Jonfiufen  jebcö  Äir^entoneä  beutlid^er 
ju  mad)en  unb  einzuprägen,  fam  furj 
nac^  ®uibo  bie  fogenannte  4  teilige  \S^iUX 
be«  2)Jonocf)orb0  in  ©ebrauc^,  bei  bem 
auf  bem  obern  93rett  be«  3flefonanjfajienÄ 
eine  4fac^e  ©fala  für  bie  Semegung  bc6 
<Bk([ii  angebracht  mar,  fo  ta$  jcbe  ©aite, 
bereit  man  entfprec^enb  nur  4  aufjog,  bie 
95erbältniffe  tti  jugc^örigen  Äird)cntonä  in 
autbentifcf)er  unb  plagalcr  gü^rung  angab. 
51ucE)  führte  man  fc^on  frü^c,  a^nliä)  mie 
beim  Drganifirum  eine  ^laoiatur  ein,  mo* 
burd)  ba«  Slufftellen  unb  Umlegen  ber 
©tege  erfpart  mürbe.  S)a«  S!}Jono<i)orb 
manbelte  fid£)  fpäter  in  bas  .KIatii(f)orb  um. 

12.  Drganifirum.  2)aäfclbe  ifi  aüi 
ber  O^otta  entfianben,  inbem  man  fiatt 
beö  gibclbogcnji  ein  Stäblein  anbrad)te, 
mel(i)e«  bie  ©aiten  firidt».  *J(udt)  ^ier  mag 
bie  oberfic  ©aitc  metobiefübrenb  gemefen 
fein,  meldte  ^kx,  mie  au«i  5tbbilbungen  ju 
erfeben  iji,  burdf)  Saften  (Ulaoeö)  in 
längere  unb  fürjere  Seile  abgeteilt  merben 
!onntc.  J)aö  ^nfirumcnt  bei|t  feit  bem 
5tuögang  be«  12.  ^ahrbunberte  aud^ 
©t)mpbonie  ober  Sb^fonie,  matjrf^einlic^ 
meil  e^,  in  ber  2Irt  beö  Organum^  ^uc» 


balbg  ber  ÜKct)r|iimmigfeit  biente.  2ln? 
fangö  fd^cincn  2  fßerfonen,  bie  ba^  3«* 
jirument  auf  bem  ®dE)ofe  liegen  bitten,, 
gur  Sebtinung  beöfelben  nötig  gemefen 
ju  fein.  S5ie  eine  breite  i>ai  (Rab,  wäbrcnb 
bie  anbcre  bie  ©tegc  aufhob  unb  niebcr* 
legte.  3»"  16.  3a^rbunbert  mar  ba^  3«- 
firumcnt  eineö  ber  bcliebteficn ,  na^ber 
fanf  e^  jur  fogenannten  99ettlerlel)er  berab 
unb  mürbe  oerad^tct  unb  t>ergeffen. 

13.  Quintern:  eine  5l6art  Saute. 

14.  SRotta:  Diefelbe  iji  eine^  ber 
ältejien  3niirumente.  35ie  erjle  ^orm  beö= 
felben,  (Srotta  genannt,  mar  eine  Qlrt 
Spra,  bie  mit  bem  *piectrum  gerührt  mürbe. 
2Ju^  bem  (ßlectrum  batte  ^c^  nad)  unb 
nac^  ber  ©eigenbogen  entmicfelt.  2>ie 
3abl  ber  ©aiten  foll  urfprünglici)  6,  fpäter 
3  betragen  ^aben.  ©päter  glidl)  bie  Jtotta 
mebr  einer  9D?anbolinc.  I5ie  ©aitenein«^ 
bu^tungen  unfcrer  QSioUne  fel)lten  alfo 
unb  mu§te  infolge  beffen,  ta  audb  fein 
©teg  oor^anben  mar',  ber  Sogen  über 
alle  ©aiten  jugteicb  gejogen  merben  unb 
fo  tönte  bann  mabrfd^cinlidf)  neben  ber 
auf  ber  erften  ©aitc  gefpieltcn  SDtelobie 
fiet^  ©runbton  unb  oieüei^t  audf)  bie 
Duinte  nad)  3trt  eine^  I)ubclfadte^  mit. 
3lu^  ber  SRotta  cntmidelte  jtd^  eincrfcitg 
baö  Drganifirum,  anbcrfeit^  bie  gibcl. 

15.  SRebec,  Dtibible  ober  SRcberbe 
iji  ein  burdb  bie  Äreujjügc  nermittelted 
arabifdbefli  3  faitigeö  S^ft^ui^cnt  pon  ber 
^orm  ber  Cythara  teutonica. 

16.  Otpbeben  nannte  man  bie  ©ro^* 
geigen  (fiebc  ^itd). 

17.  ©dicitbol^  entfianb  bireft  aud 
bem  auf  3—4  ©aiten  crmciterten  SKono? 
dborb.  iZBeber  SBirbung  nocb  Qlgricola  er* 
mahnen  beöfelben  unb  auc^  *prätoriu* 
jäblt  hau  ©dt)citbol|i  „unter  bie  ßumpen» 
injirumente",  giebt  inbeffen  barüber  eine 
ißefdbreibung,  monadb  ba^  3nPt""i^"f  ^i"* 
einem  ^olgfajien  mit  4  eingcfpannten 
©aiten  bePanb,  „barunter  3  in  Unifono 
uffgcjogen,  bie  eine  aber  unter  benfelben, 
in  ber  mitten  mit  einem  ^acflin  alfo  nieber» 
gejmungen  mirb,  ba§  fie  umb  eine  Duint 
liö^er  refonniren  mu§."  Qluf  ber  4.  ©aite 
mürbe  bie  ÜWelobie  gefpielt. 

18.  ©pinett.  S)a«felbe  iji  eine  iUb* 
art  be«  Älat)idE)orbö.  6«  mar  im  16.  3abr* 
bunbcrt  gebtäud^lidb,  bitte  nur  3  Dftaoen 
Umfang  unb  mar  eind)örig  mit  meffingcnen 
©aiten  belogen,  ^taä)  ^rätoriuö  mar  e* 
„umb  eine  DEtaoe  ober  Duint  ^ö^er  ge« 
jiimmt,  alö  ber  redete  Sb^n." 

19.  5Da«   Srum'mfd^eit   ^atte  eine 


ilJJufifinfirumettte. 


497 


«finltcfee  Äonfttuttton,  wie  öaä  @ct)ctt^ot^. 
„Uff  i)cr  grobjien  ©aitc  aber  wirb  mit 
bem  anrütiren  beä  S)aumenö  bie  rccf)te 
üJlelobct),  gleid)iüie  ein  recf)tcr  Statin  uff 
einet  Srummct,  ju  rt)ege  hxaä)t,  alfo,  ba^ 
eä  nic^t  aiibet«  lautet,  aU  tüenn  4  Sturn^ 
tict  mitcinanbct  bliefcn." 

20.  93irginal  nannte  man  in  ßng- 
lanb  eine  5lbatt  be^  Älaoi(^otb^  obet 
^laticpmbelö. 

b.  53Iaäinfttumentc  (wie  oben^. 

1.  9Up6otn.  ©a^fetbe  mat  nament« 
ü<i)  im  ©üben  gcbtäuc^lid^.  ©(J)on  ftü^ 
hJUtben  bie  Qllpbötncv  babutc^  gewonnen, 
baf  man  junge  Sannenbäum^en  auä» 
bobtte  unb  an  bet  weiten  Öffnung  mit 
«inem  iSc^anbed)et  fetfab.  2)aö  3"PrU' 
ment,  iai  bei  gehöriger  Sänge  (5 — 6  %\i$) 
einen  fiatfen  £on  gicbt,  mutbe  jugleid) 
alö  ©ignal^otn  benu^t  unb  aud)  au^ 
anbctn  Stoffen  geatbeitet.  @ö  etjeugte 
fo  bie  lange  Stompctc  in  bet  5"'^'"'  *^if 
fte  in  ben  *PfaImenbüd)etn  f)äuftg  aU 
©eri^töpofaune  abgebilbet  if!.  S)aö  3n« 
fitument  fommt  aud)  in  etma^  gebogenet 
jjorm  f  ot  unb  erjcugte  fo  bie  ßinUn  unb 
Ätummprnet. 

2.  £)ie  ©  l  a  t  c  t  a  bcpefjt  auö  einet 
gcwunbcnen  ungelöteten  ÜJJctaKtö^te. 
®ic  ge^ött  ju  ber  ®attung  bet  Stompeten. 

3.  S)  u  b  e  I  f  a  d  (ftc^e  ©acfpfeife). 

4.  S)aä  ^agott  fam  im  16.  ^a^i^ 
bunbett  auf  unb  bic§  bajumal  aud) 
S)  0  I  c  i  a  n.  jDen  etpen  51nfio§  baju  gab 
ein  oon  bem  S)om^ettn  Qtftanio  fon^ 
(ituietteö  3nfitument:  „Phagotum".  '^ai- 
felbe  beftanb  au^  jmci  ctjlinbrifd^en  mit 
Klappen  unb3;onlöd)Ctn  oetfef)encngtö§cten 
unb  jTOci  jmifd)en  i^nen  fte^enben  fleinctn 
SRö^ten,  bie  untet  ftd^  fämtlicb  butc^ 
iöinbfanäle  octbunben  waten.  (Ein  Slaö^ 
balg  fü^tte  ibnen,  wie  bei  bet  Dtgel  bie 
ßuft  ju.  2Bann  bie  Umwanbtung  beö  fo 
fonjltuietten  Jnfttumentä  jum  ^J^Sott  et« 
folgte,  i^  nid)t  befannt,  boc^  witb  üon 
einem  bet  altcfien  $feifenmad)ct,  ©igmunb 
©d)ni^et,  getüt)mt,  ta'^  et  aud)  oottteff* 
[id)e  (^agotte  biä  ju  au§etotbentIi^ct 
@tö§e  oetfettigte. 

5.  gclbttompete,  fte^e Jtompete. 

6.  S)ie  5 1  ö  t  e ,  mf)b,  flöite,  vloite, 
aU  altftanjöfifdb  flahate ,  flaute ,  öon 
flaüter  =  bie  ^töte  blafcn,  wotauiS  mbb. 
vloitieren  entlauben  i|i;  bie  üButjel  ifi 
lateinifd)  flatus  =  tai  Olafen. 

a)  S)ic  ß  a  n  g  f  1  ö  t  e  wutbe  fo  ge« 
blafen  wie  unfete  .^latinetten  obet  Oboen 
unb  fam  aU  35i9tant,  —  <}Ut  —  lenot  unb 


Sagflötc  Dot.  Da«  Jnfttument  ifi  äugen« 
fd^einlic^  au«  bet  einfachen  (Pfeife  ^ctoot« 
gegangen.  93on  ben  ad^t  ZonUi^txn  iß  bai 
untetftc  boppelt  »ot^anben ,  weil  ein 
Släfet  bie  teerte,  ein  anbetet  bie  linfe 
^anb  unten  ^telt  unb  bem  cntfptec^cnb 
wutbe  tai  eine  obet  anbete  mit  2Ba^3 
Detflebt.  %üx  bie  öagflöte  wat  eineÄlappe 
angebtac^t,  bie  fowof)!  oom  fleinen  ^'t^S^i^ 
bet  ted^ten  wie  bet  Unten  ^anb  etteid^t 
wetbcn  fonnte. 

b)  Die  Q.  u  €  t  f  1  ö  t  e ,  bie  Wie  unfete 
^eut  übli^en  ^Jlötcn  geblafen  wutbe,  aut^ 
'ö  djweijetpfeife  genannt,  wat  ebenfalls  in 
ben  üiet  ^tten  bet  Di^fant«,  Otlt«,  lenot« 
unb  Sa§flöte  üot^anben.  Det  Umfang 
iiitx  einjelnen  etfitedtte  ftc^  auf  jWci  Df= 
tauen  unb  auc^  bie  2ltt  bet  led^nif  wat 
biefelbe,  wie  bei  ben  Sang«  obet  S^nabel« 
flöten,  ^m  18.  3'i^i^l^"ni>ert  uctbtängte 
bie  Querflöte  bie  Sangflöte  gänjlid^.  De« 
bcquemetcn  Itan^potte«  ftalbet  wutbe 
jte  in  3  (gtüde  jetlegt.  Dabei  entbcdte 
man,  ba§  batin  jugleic^  ein  iWittel  ge« 
Wonnen  wat,  bie  Stimmung  be«  3^« 
fitument«  ju  tegulieten. 

7.  Die  ^  0  b  0  e ,  bie  ganj  bitcft  au« 
bet  ©c^almei  l)erooiging,  gelangte  etfi  im 
IStcn  3<i^r^un^fi^t  Ju  umfaffenbet  53et« 
wenbung. 

8.  Da«  Ätumm^otn  (Ätomp^oin) 
if!  eine  befonbete  ^tt  pfeife,  weld^e  butd) 
Umbiegung  be«  einen  (Snbe«  au«  bem 
'}llpl)otn  entfianben  ifi.  ©«  fommt  gleidb« 
faü«  in  ben  oiet  Qltten  al«  Di«fant,  *}llt, 
SEenot  unb  i8a§ftummt)orn  Bot.  DetUm« 
fang  reid)te  nid)t  über  eine  Dftaoe.  Xxo^- 
bem  wat  tai  .^rumml)orn  im  16.  ^ahx-- 
bunbert  fctjt  beliebt  unb  fehlte  in  feinet 
Äapelle. 

9.  Otgel  a\)i.  orgela  neben  Organa 
(mit  Übetgang  »om  n  in  1),  ml)b.  orgel 
neben  »eteinjeltem  orgen,  au«  gtied^ifd^.« 
lat.  organdm  =  jcbe«  2öetf  jeug ,  bann 
in«bcfonbete  bie  ÜBaffetorgel.  Die  Orgel 
ifi  in  i^ten  Otunbjügcn  ein  58ctmdd^tni« 
be«  5lltettum«,  wo  bie  2öaffetotgeln  bc« 
reit«  eine  bcbeutenbe  (Sntwidlung  erlangt 
l)atten.  3"  Deutfd)lanb  inbeff'en  fanben 
ntc^t  bie  SBaffetotgcln  bet  iRömct,  fonbctn 
bie  pneumatif'c^en  bet  QSpjantinet  (Singang. 
aöiebet^olt  wirb  erjä^lt,  ia^  bpjantinifi^e 
Äaifer  nad^  Deutfc&lanb  fold^e  Otgel« 
wetfe  netfd^idten.  ®o  foQ  bcteit«  Äaifet 
(Eonftantin  Soptonimu«  bem  ^vanfenfönig 
<pipin  bem  kleinen  eine  Otgel  jum  ®e« 
f^enf  gemad^t  ^aben,  wcld^e  bann,  wie 
bet  ©t.  Oattetmönd^  bctid^tet,   »on   ben 


498 


SFJuitfinftrumcntc 


ffficitlcuten  nüd)9eal)mt  »uurbc.  3m  Saufe 
iii  10.  unb  11.  3fl^tj^unbeite  »erben 
t>ie  Dtgcln  immer  aügcmeincr.  Sic  fanbcn 
in  ben  Äixd^en  beim  (Sotteöbienfi  (Eingang, 
tfenn  aud^  nod)  nid^t  ali  unentbet)rli(i)eö 
3njirument.  2)icfe  Orgeln  mu§  man  ftc^ 
freilid)  aU  juglei^  im  Tonumfang  be« 
f(l)ränfte  unb  fe^r  plumpe  fd^mexfäflige 
3nfnumente  benfen.  S)ie  Mafien  waren 
nod)  mef)rere  ^unbert  ^al)xt  fpäter  oft 
4—5  ^oU  breite  fd)aufelförmige  Slauee, 
plumper  aU  unfer  fPebal.  2>er  Drganift 
mu^te  bie  Drgel  bes:f)alb  mit  ^jäufien 
fd)lagen  ober  mit  ben  ©flenbogen  niebcr» 
brücfcn.  SDie  pfeifen  »raren  nad^  ber 
biatonif(J)en  notürlid)en  ©fala  gercitjet. 
2;cr  Umfang  flieg  oon  einer  Oftate  biö 
21  2önc.  2)a|  bie  Orgeln  fe^aüflarf  gc= 
»refcn,  ifl  ftio^l  anjunet)mcn.  Ueber  bem 
^lang  ber  Orgel  im  ÜJiünfier  ju  5ia(^en 
follen  fogar  ffleiber  in  Obnmac^t  gefaÜen 
fein.  (Sine  iRiefenorgel  lic^  SBif^of  GIfegg 
bauen.  6ic  I)atte  400  pfeifen  unb  26 
93laebälge,  ju  beren  SRegierung  70  fiarfe 
Scanner  nötig  waren,  bie,  wie  ber  33e- 
ri^terfiatter  fc^reibt,  ungemein  fcfewigten. 
^ae  Orgclfpiel  würbe  »on  jwei  Orga« 
niflen  beforgt,  beren  jeber  feine  eigene 
Oitace  regirte.  ÜJlan  begnügte  fxi)  alfo 
nid)t  mit  gweifiimmigem  Spiele,  fonbern 
fpicite  aud^  brei«  unb  üierflimmig.  2)a« 
ganje  SZBcrf  l)atte  nur  10  Jone,  fo  ta^ 
40  pfeifen  ouf  einen  2;on  famen 
unb  einen  wal)ren,  mit  bem  ©etöfe  bee 
einfirömenben  SBinbee  oermif^ten  ©onner^ 
fpeEtafel  terfüfjrten.  Sn^Stmci"  inbeffen 
waren  bie  Orgeln  weit  entfernt,  fold) 
gro^e  Slöerfe  ju  fein.  „6ö  waren,"  um 
mit  $rätoriu«  ju  reben,  „foId)er  3noention 
unb  (Erbauungen  feine  großen,  fonbern 
gar  üeine  SBerfe,  fo  ftradä  an  einen 
(Pfeiler  ober  in  bie  ^ö^e  bee  Gboif«  al« 
<£ct)Walbennef}er  gefegt  worben  finb  unb 
fd)arff  unb  fiarf  gef(|rien  unb  geflungen 
laben."  5Da  ee  für  etwae  ©dl)öneö  galt, 
bie  Duinte  ober  Duarte  fletö  mittönen 
jU  laffen,  fo  ifl  nic^t  unmöglid^,  ta^, 
um  nic^t  immer  jWei  ober  brei  Jafien 
niebetbrüdfcn  ju  muffen,  fd^on  febr  frü^ 
bie  fogenannten  IDJiyturen  erfunben  würben, 
bei  Wclct)en  jum  angefd^lagcnen  Ion  beffen 
Oberquinte  unb  l)o|e  Oftaoe  mittönt. 

ißom  14.  3a|rl)unbert  an  tcrbcffcrte 
fid)  ber  SOJcc^ani^muö  ber  Orgeln  wcfent« 
lid).  3)ic  tafien  würben  fc^mäler  ge» 
madt)t  unb  baburc^  ni(^t  nur  bie  ©piel« 
barteit  erlei<^tert,  fonbern  auc^  bie  UJlög« 
lic^feit  gegeben,  ben  Umfang  ju  erweitern. 


(Sin  bebeutfamer  gortfc^ritt  war  ferner 
bie  ©rfinbung  bed  'JScbalö,  bie  man  bem, 
in  93enebig  oon  1445—59  als  Organiji 
t^ätigcn  S3ern^arb  bem  I)eutfd^en  juf^rcibt. 

2Baörenb  bie  Orgeln  frü{)erer  3cit  ftd^- 
jumeifi  auf  bie  Jone  ber  biatonifien 
SEonleiter  befc^ränften,  begann  man  fdf)on 
im  13.  3af'i^^unbert  bie  c^romatif(f)en 
einjufc^ieben.  '^m  14.  3a^r^unbert  würbe 
in  ^alberfiabt  eine  Orgel  erbaut,  wel^e 
im  oberfien  9Jtanual  (bamalö  SDiöfant  ge« 
nannt)  14  biatonifd^e  unb  8  d^romatifc^e, 
im  ©anjen  22  löne  t)atte.  Serü^mtc  Orgel* 
bauer  beö  15.  3a^r^unbertd  waren  ^onrab 
SRotl)enburger,  ^einrid)  Äranj,  Irayborff  :c. 

kU  befonbere  Qlrten  non  Orgelwerfen 
werben  »on  Sßirbung  bac  •öortatio^ 
Hi  ^JJofitin  unb  hai  SR  egal  genannt, 
bie  ftc^  nur  in  iljrer  ®rö§e  unb  ber  3ln« 
jaf)l  ber  Stimmen  (SRegifier)  oon  einanber 
unterfct)ieben.  2)em  ^ßofitio,  einer  ücincrn 
Orgel  mit  meifi  nur  jwei  SRegifiern,  fel)lt 
in  ber  SRegcl  tai  $ebal  ober  cö  ifi  nid^t 
felbfiänbig  bem  Söerf  beigefügt,  fonbern 
nur  bem  SDtanual  angcl)angt.  S)aö  $or» 
tatio  war  ein  fleineree  tragbare?  ober 
bod)  ferfe^baree  $ofitio  mit  in  ber  (Regel 
nur  einem  Otegifier  unb  einer  Oftaoe  Um* 
fang.  I)a2  iRegal  war  ein  noc^  fleinered- 
SBerE  mit  in  ber  iRegel  nur  einer  3ungen» 
jiimme,  bat)er  bcift  auc^  ein  3ii"9<^"° 
regifter  unferer  Orgeln  nod^  Stegal. 

10.  S)ie  Eacketten  Waren  ben 
gagotten  äl)nlic^,  nur  riiel  fürjer.  ®a  bie 
innere  Otöljre  neunfacb  jufammengelegt 
war,  fo  gaben  fic  fo  tiefe  Jone,  wie  tai 
größte  2)oppelfagott.  „Sie  t)abcn  oiele 
ßöd^er,  aber  nid^t  met)r  als  (Slffe  ju  9«« 
braud)en"  fagt  CPrätoriue,  „an  9tefonan^ 
fepenb  fie  gar  fiiQe,  fafi  wie  man  tuxd) 
einen  Äam  bläfet  unb  Ijabcn  feine  fonber* 
lic^e  gratiam." 

11.  IRaufd)pfe{fe.  Sie  unterfc^eibet 
fiel)  »on  ber  gewöl)nlid)eu  pfeife  baburcfc, 
t>a^  tai  SDJunbfiüd  nid)t  bireft  an  i>ai 
SRo^r  gefegt  ifi,  fonbern  in  ba^  fogenannt^ 
Äopfflüd,  t>ai  alö  SDlitteljiüd  jwifd^cn 
2Runb jiücf  unb  iRol)r  tritt.  5Die  SRaufc^pfeife 
ijl  ber  Ura^n  ber  Oboen  unb  Klarinetten. 
5Die  SRaufd^pfeifer  jogen  mcifi  in  ©efell« 
fd)aft  ber  2)ubelfacf6pfeifer,  um  Stänje 
aufjufpielen. 

12.  Regal  (fube  Orgel). 

13.  Sa (f  pfeife  ober  S)ubelfa(f  war 
fd^on  frü|ie  befannt  unb  biente  jum  SBc» 
gleiten  beä  Janjcö.  Sie  befielt  aüi  einem 
@d[)laud^,  einem  9lnfa^roi)re  unb  einet 
oDer  mel)rercr  anbcrn  JRö^rcn.    SBermittelfi 


TlMhk  —  tülufpiai. 


499 


bc0  3ln[agrot)teei  bläfi  t>cr  ©adpfcifcr  Cuft 
in  ben  ®d)Iau(J),  ben  er  mit  bem  Qtrm  fo 
bearbeitet,  ta^  bte  ßuft  in  bie  gegenüber 
am  ®cf)Iauct)  angefe^te  ©djalmei  treibt; 
biefe  ifi  mit  fed)^  ober  ftebcn  Sonlö^ern 
ferfc^cn,  bie  um  Jone  oon  nerfd^icbcner 
^öi)e  unb  2iefe  ju  erjcugen,  gefdfiloffen 
ober  geöffnet  »terben,  wie  bei  ber  j^Iöte; 
Quf  biefer  ®(f)almci  fpielt  ber  ©adpfeifer 
feine  SWelobie.  QUi^crbem  fmb  noci)  eine 
ober  jroei  SRiit)rcn  an%tbxaä)t ,  bie  nur  je 
einen  Slon  geben,  ben  ftc  ununterbrochen 
fortfummcn;  fte  beiden  bee^alb:  ©ummer, 
.g)ummeln,  ©timmer,  Sourbone.  ^l)x 
Jon  bilbet  in  berfelben  Slöeife  eine  ^Irt 
i^o|  pr  SWelobie,  tnic  n?at)rfcf)einli(^  bie 
terf(l)iebcnen  ©aiten  beim  Drganijlrum. 
I)QÖi  3nPiunient  war  feit  bem  14.  ^ai)X'' 
bunbert  unjireitig  tai  beliebtere  jur  9iege= 
hing  beö  Janjco.  ^oä)  im  17.  ^a^i- 
bunbert  n^aren  mel)rere  51rten  ©atfpfeifen 
im  ©ebraud),  bie  *pratoriuö  befdjreibt. 
©ie  führten  tierfd)iebenc  S^Jamen:  2)er 
95 od  mit  einem  grofen  langen  ^orn  aU 
©ummer,  bie  ©c^  aper^^feiff  mit  i^mei 
©ummern,  ta^  ^  um  eichen,  ebenfalls 
mit  jmei,  ber  SD  üb  et)  aber  mit  brei 
©ummern  u.  f.  f. 

14.  S)ic  ©d)a  Im  ei  ifi  urfprünglid) 
eine  einfad)e  SRöbre,  ber  man  erP  fpäter 
ein  SDiunbflüd  anfe^te,  meId)eÖ  bann  burd) 
2  SHol)rbIätter  erfe^t  mürbe,  bie  man  in 
eine  befonbere  Äapfel  fiedte. 

15.  ©dbnjcgel  ifi  bie  ältefie  ^orm 
ber  pfeife.  S)Jad)  einem  alten  ©loffar 
einer  ©tra^burger  ^anbfd)rift  bebeutet 
©d)tt)cgel  ben  Seil  be^  Seine«  eine^ 
Sliere«  »om  Änie  hü  jum  ^u^  unb  ju« 
glei^  bie  baraud  bereitete  pfeife.  S)ie 
alteficn  ^Pfeifen  bejlanben  alfo  auö  bem 
©4iienbeinEnod)en  befiimmterJierc.  91nbere 
®Ioffarien  überfe^en  Swegula  mit  Sam- 
bucca  (^oKunber)  ober  mit  calmus,  fo 
tA^  man  annehmen  mu§,  biefe  ?|Jfeifen 
ober  glötcn  feien  auö  bem  Oiol)r  »er« 
fd)iebener*pflanjcn  gefertigt  morben.  ©pdter 
nennt  man  bie  ©djmegeln:  Duerflötcn, 
3njerd)pfeifen  ober  ©c^meijerpfeifen. 

16.  trompete,  mf)b.  trumpet  unb 
trumet,  entlef)nt  auö  franj.  bie  trom- 
pette,  bem  SDiminutio  ron  ital.  bie 
tromba;  au«  bemfelben  2ßorte  fommt 
mt)b.  bie  trumme,  trumbe,  al)b.  trumpa, 
urfprüngli^)  fot>iel  al«  Jrompete,  <13ofaunc, 
bann  Irommel.  Diefelbe  batte  fd)on  im 
lö.  3i>f)ibunbcrt  im  2BefentIid)en  bicfelbe 
i^orm  mie  I)eute.  S;ic  ^elbtrompete  ifi 
eine    genjunbenc    unb    jufammengelöt^ete 


9lbt)re  mit  SJunbftüd  unb  ©d)aülöd^crn. 
Qtnberö  getuunben  ifi  bie  Älarcta  unb 
mieber  anber^  baö  Sürmer^orn.  S)ic 
(Pofaunc  ^at  ebenfalls  ixi  in  unfere 
Beit  bie  ^orm  bebalten,  toi[ä)t  fie  bamal^ 
fd)on  t)atte. 

17.  fflafferorgel.  SDiefelben  ent* 
Rauben  baburcb,  t>a^  man,  ben  in  Stößen 
aui  bem  931afebalg  ausjlrömenben  SBinb 
burd)  einen  Sffiaffcrbcbalter  fitömen  Iie§, 
bamit  er  ftd)  bort  reguliert,  beoor  er  in 
bie  ^Pfeifen  eintritt,  ©rfunben  murbc  bie 
2BafferorgeI  fd)on  iion  bem  gricd)ifc^cn 
5lr^iteften  Ätefibiu«. 

IS.  Tiie  3i"ffn  waren  bereite  im 
15.  3at)r^unbert  in  ben  ©tabtpfeifetcien 
meifienteilö  in  mel)rfa(^er  Qlnjaf)!  for^an- 
ben.  SDie  ^inUn  ftnb  auö  ber  ©d)almei 
entftanben  unb  erfd)einen  entmcber  alö 
gerabe  ober  alö  frummc  3*"^^"-  5^rc 
^onftruftion  unterfc^eibet  fid)  wenig  ton 
ber  ber  ©cbalmei. 

19.  3 tt»erd) pfeifen  fufie  g-löte. 

c.  Sarminfirumente. 

1.  Srommcin  famen  fd)on  bei  ben 
©ermanen  jur  91nmcnbung,  jur  Unter« 
fiü^ung  beö  Sanjeö  3m  allgemeinen 
t)atten  fte  biefelbe  ©efialt  wie  beute  unb 
mürben  gleid)fall«  mit  2  ©d)lägeln  ge= 
fcblagen.  (Sine  abweii^enbe  Set)anblung 
äeigt  tai  Jaborium,  eine  f leine  Irom^ 
mel,  meld)e  an  einem  Sanbe  um  ben  |>al^ 
getragen  mürbe. 

2.  Die  6i)mbeln,  i»?etallplatten,  bie 
aneinanbergcf^lagen  mürben,  l)atten  bie 
gleiche  ^otm  wie  ^eutc. 

3.  iDaö  Jintinabulum  (Rota  cym- 
balam)  mar  ein  auö  rabförmig  jufammen= 
gefteüten  ©loden  beftel)cnbee  Snf^'^"'"«"*. 
mit  welchem  fleißig  ani)  in  ber  ^irdbc 
geHingelt  mürbe. 

4.  3;i)mpanum.  fRaä}  ülbbilbungen 
be«  9.  unb  10.  3af)t{)unbett  ju  fc^lie^cn,  be= 
ftanb  bafifelbe  auö  einer  SDJetallplattc,  meiere 
meifi  an  einem  93anbe  um  ben  ^al^  gc= 
tragen  unb  mit  einer  5lit  "Pleftrum  ge« 
fdblagen  mürbe. 

2}?eift  nad)  9flei§mann:  saujlrierte  ®e» 
f(i)id)te  ber  bcutfdben  OJJufi!.         91.  ^. 

SWuffctc.  ©iet)e  ben  Qlrtifcl  ^anb« 
feuerWiirten. 

9)iuf))iüibiii©(i)mföcr  ein  oonibm  1832 
auei  einer  3J{iind)ner  ^anbfd)rift  iieröffent« 
lid)le6  altbeuifdic«  ©ebi^t  pom  jung» 
ftcn  Jiige  genannt;  baefelbe  möd)te  nai) 
©dbmetlete  2iermutung  oon  Äönig  ßubwig 
bem  2;eutfd)cn  felbft  aufgejc^rieben  morben 
fein;  bie  ißeröart  ifi  rod)  bie  allitterierenbe. 


500 


«Kiiöe  —  5Wnftif. 


ber  Stoff  ein  c^riftlicftet,  an  baä  getma= 
nifc^e  j^cibentum  erinnert  tai  2Bort  TlU' 
fpilli,  ber  altgermanif(i)e  9'^ame  bcö 
2BeItbranbe«.  ««Qd)  5lrt  einer  qSrebigt 
roirb  bcr  cf)riftlicf)c  9U?r)tf)u^  pom  jüngfien 
@erict)t  bargeficKt,  um  bte  Seele  beä  @tcr» 
benben  fämpfen  jwei  ®d)aren,  (Sngel  unb 
Teufel;  bcr  'Hntid)rift  fcimpft  mit  (iliai, 
jener  hjirb  befiegt,  biefcr  Dcrtrunbet,  unb 
fein  tropfenbe«  Slut  fe^t  tit  ganje  @(^ö= 
pfung  in  93raub.  25arum  foQ  ft^  jcber 
(S^rifi  re<i)tjeitig  äumjüngf^en  ®ert(f)t  vox' 
bereiten  unb  «»cnn  er  ftd)  fünbig  ttjeif, 
öu^e  tbun  im  Sinne  ber  Äirc^e.  2)er 
S(ftlu§  beä  ®ebi(fete^  ifi  abgebrochen. 
Sßergleid)e  namentlicfe  ben  (Syfur^  jum 
®eb"icf)t  bei  iWütlenboff  unb  ®($erer, 
2)enfmäler  beutfcf)er  ^Poefte  unb  ^rofa. 

gjiii^e.  Sie^e  ben  SIrtifel  Äopfbe» 
bccfung. 

3)'it))'ttl  ^ei§t  bie  bem  14.  unb  15.  '^a^X' 
l^unbert  angefjörcnbe  Üiii^tung  ber  beut« 
f<i^en  i^eologic  beö  Wittelalterö ,  raeld^e 
ber  PerjianbeämaBigcn  ©d^olaftif  gcgen= 
über  iiai  rcligiöfe  iRecf)t  ber  glaubigen 
Seele,  if)r  Sinäroerben  mit  ®ott,  bte  Sacfje 
beä  (^rifili^en  ®emüteä  gegenüber  bcr 
Porgef(f)riebenen  ©laubenäregel  ber  Rnä)i. 
betonte,  ©iefe  mppifd^e  SRid[)tung  ift  i^voax 
an  ftc^  «eit  älter,  bie  gricd)ifäe  ^ixäit 
fannte  fte  in  ^of)cm  ®rabe,  Scotus  (Srigena 
!^ing  if)r  im  9.  3ti^r^unbert  an,  fie  jcigt 
fid)  unter  ben  .Kcgern  bee  13.  3abr^un= 
bert^,  namentticf)  ben  Äatbarcrn,  fte  i^ 
fogar  bei  ben  Sc^olafiifcrn  felbfi  Pertreten, 
burd^  iSctnfjarb  Pon  (llainieauj:,  |>ugo  pon 
St.  33iftor  unb  Qllbertuö  OTagnu«,  aber 
in  bem  ®en?anbe  ber  lateinifc^en  Spracf)e; 
in  beutfcber  Sprache  crf(i)eint  fte  juerft 
bei  ben  ©ominif anern  be«  14.  3a£)r; 
lunbertS;  bie  i^nen  im  13.  3abrf)unbert 
Porauögcf)enbcn  beutfc{)en  *Prebigten  ber 
granjiefaner,  33ruber  Serttjolb  Pon 
ülegenäburg  an  ber  Spi^e,  ent{)alten 
nic^tä  5)?pftifc^c«,  pielmet)r  polfötümlicbe, 
auf  firdE)lic^em  ®tunbe  rubenbe  Sitten= 
le^re.  S)en  ^ranjisfanern  gegenüber,  beren 
SBirffamfcit  roefentlicE)  Pon  ber  ^anjcl 
ausging  unb  auf  bie  iDJenge  berecf)net 
ttjar,  ift  bie  ajipftif  ber  ©ominif^ner  für 
eine  flcinere  Schar  oon  'Huäev;oäbtten 
berccf)net  unb  benü^t  gerne  ben  ßebrftulil 
beä  Seftor^  ober  Öefemeiftcvö.  2)ie  .^jaupt^ 
ptten  biefcr  ^Bewegung  ftnb  bie  ßebrin^ 
ftitute  bcr  ^Jrebigcr  ju  Äöln  unb  Strafe 
bürg;  ber  ^xni,  auf  ben  fte  iBirfcn,  junäcfifi 
bie  Älöfter,  fei  eä  bcö  ^Prebigerorbcnö 
felbcr  ober  anbercr  Orbcn,  in  befonberm 


Ü}k§e  i^rauenMöiler,  tn  benen  idi 
bräutlic^e  Ser^ättni^  ber  Seele  ju  i^rcm 
^immlifc^en  iBrdutigam  nac^  bem  SJor* 
gange  bcö  ^o^en  Siebe*  iai  bereitere 
Serftänbniä  fanb.  Sie  belicbtfie  J^orm 
beö  mt)fiifcf)en  SBortrageä  wor  bie  coUäzie. 
ein  freier  S)iaIog ,  ber  aber  aufgeäeict)net 
unb  ber  bialogifdben  ^^orm  entäuBert  nad)= 
mal*  ali  ßefcftüd  bienen  fonnte;  »ar 
fte  bie  (Erörterung  tbeotogif(^er  i^ragen 
genjibmet,  fo  entfianb  barauä  t)ai  Sraf* 
tat.  5n  mandben  ^rauenftöftern  beteilig* 
ten  ficf)  bie  Sc^rcef^ern  felbcr  an  ber  Qluf« 
jeid^nung  eigener  unb  frember  Srfabrungen 
auf  bem  ®cbietc  ber  ÜJipftiÜ,  Pon  S3ifio= 
neu,  Jräumen  unb  Offenbarungen.  (Sinen 
mciteren  .Rrei*  teilnebmenber  ®eno)Ten 
fanb  bie  iUipiliE  in  ben  53 cg inen  unb 
Seg^arben,  gi^auen  ""^  ÜJiänncrn,  bie 
o^ne  ©clübbc  unb  nur  unter  einer  freien 
(Regel  ber  SBclt  cntfagt  unb  ftdb,  aQein 
ober  mebrere  jufammen,  einem  gcijilic^en 
ßeben  gewibmet  f)atten.  2öieber  ein  anberer 
Ärei*  marcn  bie  ® o tteäfreunbe  (ibr 
SJiame,  au*  ^of)-  l^.  ^^  entnommen,  Wat 
bereit*  ben  altern  Sßalbenfern  geläufig), 
bei  benen  ber  Untcrfi^ieb  ,^«ifcf)en  ßaien 
unb  ipricficrn  grunbfä^lid&  au*geglid)en 
mar;  bie  (Syfommunifation,  vot\i)i  1324 
gegen  ßubwig  ben  Saicr  unb  alle  ibm 
an^ängenben  ßänbcr  au*gefpro4cn  war 
unb  bi*  1347  baucrte,  jttiang  manche 
Saien,  ftcb  in  geifilic^cn  Dingen  felbcr  5U 
Reifen,  unb  gotte*freunbli^e  $riefter,  metft 
wieber  ©ominifaner,  jlanbcn  i^nen  bei. 
ÜJian  beft^t  Pon  einem  bcrfelben,  ber  ben 
Flamen  be*  @otte*freunbc*  au*  bem 
Dbcrlanbe  trägt,  eine  Qlnjalil  m^pifd^ct 
Iraftate,  bie  non  i^rcm  ■^erau*gcber 
Sc^mibt  einem  'Jiifolau*  Pon  Safcl 
äugefc^rieben,  bann  biefem  abgefpro(f)en 
unb  neuerbing*  al*  (Srfinbung  eine*  britten 
nad)9crt>icfcn  würben.  2)ie  weitere  6nt« 
witflung  ber  9!Jil)|tif  fnüpft  ftdb  an  bie  2)0= 
minifaner  9Jifolau*  pon  Strasburg 
unb  Gcfarb;  jener  ftreift  nur  in  ben  brei« 
je^n  Pon  ibm  erhaltenen  ^rebigtcn  bie 
mpflif^e  2)enE=  unb  ©mpfinbungöweife, 
lia  er  im  übrigen  feinen  Stoff  nai)  Qlrt 
ber  Sd)olafiiE  wiffenfcfcaftlicb  bcl)errf<f)t ; 
cril  ©cfarb  ift  ber  p^ilofopl)if(^  fcl)öpfe= 
rifcbe  ®eniu*  ber  beutfcfeen  2)^pjtif  ge= 
werben;  er  flammte  au*  Jtiüringcn,  war 
bi*  1298  «Prior  be*  qSrebigcrfloftcr*  ju 
(Erfurt,  bann  ße^rer  ju  ^ari*,  'Prooinjial* 
prior  ber  Orben*propin3  ©acbfcn,  ßcftor 
ju  Strasburg;  wegen  53erba(f)t*  bcr  Ackeret 
würbe  Pom  ^apfle   über  t^n  eine  Unter* 


ünpftif. 


501 


fuc^ung  Dett)angi,  £»eren  iJerlauf  unbefannt 
ift,  er  fiarb  1327,  unb  jwei  3al)rc  barauf 
ttjurbcn  tuxä)  eine  päpfltic^e  Suüe  '28  ße^r^ 
punfte  bcä  SßctPorbencn  aU  fe^erifc^  ober 
übelfitngenb  unb  ber  Äe^erci  Perbiid^tig 
be^icfenet:  „"Die  altern  SIJJijliiEer  unb  in«= 
befonbere  biejenigcn,  bie  biö^er  ju  bem 
ißnlf  in  feiner  Sprad^e  gcrebct,  fiatten  ba« 
(äinättierbcn  ber  ®cclc  mit  ©ott,  um  tai 
fid)  aücö  mpfiifcfec  Denfcn  brcf)t,  in  bcn 
ffiiden  gefegt,  ©cfarb  fe^te  e^  in  hai 
Söefcn.  iffienn  bie  93ctrac^tuug  ber  j^iüberen 
brtfjer  ein  rein  affctifdjeö  ©cpräge  trug, 
mu§te  bie  feinige  ein  fpefulatioeö  an' 
nebmen  3"  ^«^  ^et)auptung  einer  SIBefcnö» 
einbeit  ber  ®eete  mit  (Sott  mar  ta^  erfic 
©lieb  ju  einer  Äette  gegeben,  «etd^c  nur 
mit  ber  legten  metapb9fifd)en  (Jrage  itjren 
Qlbfdblu^  crreicbtc.  2)a  in  biefer  iffiefcn^s 
cinl)eit  oon  ®ott  fowobi  ali  öon  ber 
©eete  bie  Sorfieüung  ber  ^erfönlic^teit 
notwenbig  auägefcbloffen  mar,  fo  mu^te 
binter  beibcn  ber  ®ebanfe  eineö  unperfön= 
li^cn  5lbfoIuten  ober  reinen  ©cinö  auf* 
fieigen,  in  melcbem  beibe  i[)ren  ©runb  unb 
bat)er  auc^  it)re  Sint)eit  fanben.  5Da^ 
reine  ©ein  aber  fonnte  nur  bur<^  ein  in'ö 
(Snblofe  fortgcfe^teä  Qlbfireifen  aU  unb 
jcber  93eftimmtbeit  gebacbt  mcrben  unb 
marb  fo  alöbalb  bem  'Jlidjti  gleid)-  Sm 
IRidbtä  ba^er  jtd)  felbp  unb  ®ott  ju  finben, 
im  3l\ii)ti  if)m  gleid^  ju  mcrben  erf^ien 
<ilö  l)öcbfic  ^lufgabe  ber  ©eele  unb  aU 
Inbegriff  ber  ©eligfeit,  na^  metd^er  fte 
ftcib  fef)nte.  (5rft  mmn  fie  auf  biefe  2öeife 
in  ii)xtn  Urfprung  jurücfgefebrt  unb 
miebcr  ®ott  geworben  ift,  fann  ber  93atcr 
in  i^r  baä  Söort  fprcd)en  ober  ben  ©ol)n 
gebären,  für  ben  eine  jebe  ©eelc  ÜJiaria 
ju  Werben  befiimmt  ifi." 

?lufer  ©darb  nennt  bie  beutfc^c  ÜKpfiit 
beö  14.  3abrt)unbertg  noc^  jmei  gro^e 
^rebiger,  So^''""^«  lauler,  1290 — 
1361,  ^rebigcrmönd^  ju  ©trafburg,  Ser* 
faffer  ber  9ta(^fo Ige  beö  armen  ßebenö 
dbrifli,  ber  bem  fpcfulatiüen  SDJeifier 
gegenüber  mieber  mebr  »olfömä^igc  I>ar* 
Peilung  fucbt  unb  finbct,  unb  ^einrieb 
©iufe,  lat.  ©ufo,  auö  bem  $cgau 
gebürtig  unb  ©ominifancr  ju  Äonj^anj 
unb  Ulm,  gcji.  1365,  aucf)  ©eelforger  in 
oerfcbiebenen  ^rauenflöilern,  ein  fd)tt)är= 
merifc^er  'JRann  »oE  gantafte  unb  bic^* 
terifdE)er  Einlagen,  ein  ÜJJinnefängcr  auf 
geijtlidbem  ®ebietc,  beffen  ^auptwerf  iai 
Sucb  oon  ber  ewigen  2öeiöt)eit 
bei^t.  9io(^  ftnb  auferbem  t>on  anbcrn 
ÜWpjiifern   ©enfmätcr    i^rer    SBirffamfeit 


ecljaltcn,  baruuier  oon  einem  ungenannten 
^ricfter  im  S)eutfd)orbenäbaufe  ju  ^lant- 
fürt  ber  fog.  frankfurter,  ein  93udb, 
tai  Sut^er  1516  juerfi  oeröffentlid)te  unb 
@t)n  beutfd)  Sbcologia  betitelte;  au*  ßies 
ber  mpfiifd)en  2"f'i-''I^^'  äuf"  2etl  von 
9Jonnen  gebi(i)tet,  gicbt  ii  in  ;icmlicber  Sin* 
i^abl,  ftebe  barüber  ^offmann  i>.  %al' 
lerölebei',  ©efcbic^tc  bc^  beutfcfcen  ^ir^ 
c{)enUebC3,  2.  <Hufl.  §.  6. 

3m  15.  3aljrt)unbert  tritt  bie  Tl\)ftit 
jurücf;  Iateinifd)c  *Prebigten  unb  mit  um 
geifili(^en,  mürbelofcn  ®ef(^id)ten,  ©cbmdnä 
fen  unb  fabeln  Dermifi^te  beutfd^e  iReben 
fommcn  in  ®cbrauc^.  *Hnbrerfeitö  bewirft 
bie  ißerbreitung  ber  Sibet  einen  reineren 
23ibelgtauben,  ber  fic^  unter  anbcren  in  bem 
uoniboma^  »on  .Kempen  juerfi  latei= 
nifcb  verfaßten  53ü(^Iein  De  imitatione 
Christi  jeigt;  im  ®efoIge  ber  bumanifiis 
fcbcn  Bewegung  cnblidb  »erbrängt  eine 
allgemeine  menfcbtid)e  9JJoratpbiiofopbic 
bie  ältere  auf  bem  ©oben  ber  cf)rifHicb= 
mittelaltcrlicben  2öcttanf(l)auung  jiebenbe 
5inba^t.  9^ur  einen  üJtann  i)at  baä  15. 
3a^r|)unbert  als  ©pätting  ber  grö§cren 
SOi^jiifer  beä  norbergebenben  3a^tt)unbert^ 
noc^  I)eroorgebraci)t,  3obannee  ®eiler 
oon  Äaiferöberg,  1448  ju  @*aff= 
baufen  geboren,  aber  in  ber  elfäfftfdben 
9'?eid)äfiabt  Äaiferöberg  erjogen,  ^riejiet 
unb  nid)t  mcf)r  Tlönd),  fietjrer  an  bcn 
^ol)en  @ct)uten  ju  Safel  unb  JJwf'utg  im 
©rei«gau,  julc^t  32  3abrc  lang  bi^  ju 
feinem  1510  erfolgten  Jobe  ©emeinbe* 
unb  Älofierprcbiger  ju  ©tra§burg.  ©eine 
Äanjelreben  geborten  meift  rei^cnweifc  ju« 
fammcn  unb  (bellten  in  folcibcr  23erbinbung 
ein  sufammcnbängenbeö  ßc^rbud^  bar;  ber^ 
ort  ftnb  feine  ^rebigten  über  beä  2tlbertu« 
SWagnu*  Suc^  De  virtutibus,  wcl(i)e  unter 
bem  JRamen  „S)a^  ©eelen^iParabieö"  fer« 
einigt  fmb,  unb  bie  *prebigtcn  über  ©eba« 
fiian  93rantö  iJlarrcnfcbiff.  ®eiler  war 
f(i)on  oom  ®cifi  beä  ^umaniömuö  burdb* 
brungcn,  waö  frd)  namentlidb  in  ber  ?(b= 
weifung  man^er  abergläubifdber  ©lemente 
jeigt,  bie  in  ben  frübern  SiRpfliEern  nocf) 
wirffam  waren,  ©eine  'jJreMgten  betun» 
beten  weniger  ben  religiös  erbaulidben  aU 
ben  ftttlid)  jurecbtweifenben  ß^arafter, 
unb  burd)  bie  Ieben«(oofle,  realifiifd^e,  far« 
bige  ^uffaffung  ber  33erbältniffe  erinnert 
er  an  ©ruber  28ertt)oIb  oon  Otegenöburg. 
9lad)aB.2Bacf  ernagcl,attbeutfd)c^rebig= 
ten  unb  ©ebete,  ©.376  ff.  unb  beöfelben 
Hütteratur  ®efdbid^te,  §.90.  S3gl.  ®reitb, 
beutfc^e   SDlpjlif  im  ^rebigerorbcn,  1861. 


502 


9?Qmen  —  UJamen  fon  *Pcifonen. 


H. 


9?|Unen,  fiefie  aud)  (Pen'oncn»  unt> 
i^amiliennamen.  Drtenamen. 

9iQniEn  öon  5)Scrfoncn  in  a^peüatiöcr 
SlnacnlJung.  3:«  ©cbraucb  tu  geirö^n^ 
li^en  9iuf=  ober  Saufnamen  in  appella^ 
lircr  Slnftcnbung  reid)t  jftar  feiten  über 
tae  16.  3a{"^buntert  f)tnQU6,  i)ai  ober 
feinen  ^auptföAlicfcen  2tnla§  in  Umflän* 
Un,  bie  teilfteife  fc^on  ba«  frübere  ÜJJitteU 
alter  fanntc.  311^)11^'*«-  für  t>a6  Solfä» 
leben  c^ürafteriftifd}erSrfcI)einun9en  niegen, 
bic  fic&  babei  ergeben,  bürfen  bicfe  9'Jamen 
als  ^lltertümer  bcr  Sprodje  I)ier  *Hufnabme 
finben.  2}?eip  ifi  co  bie  Äofeform,  »eldie 
hier  in  Setradit  fommt;  bie  appellatipc 
Sebeutung  bat  ibrcn  crften  ®runb  in  ber 
allgemeinen  SBcrbreitung  bee  9{amene; 
fornefime,  angefefjcne  8eute  jie^en  feltenc 
Diamen  for;  n^ae  aber  fet)r  allgemein  ift, 
ifi  es  bcßf)alb,  weil  bie  unteren  ©länbe  fic^ 
baran  beteiligen,  tatjtx  biefe  9?amen  gern 
juerfi  ben  niebcren  ©tanb  übert)aupt,  bann 
ben  6l)arafier  besfelben,  red)tlic^  unb  fittlid) 
be8cid)nen,  alfo  aud)  moralifcbe  5^iebrig= 
fcu,  bann  etwa  ben  genfer,  ben  2;ob  unb 
ben  Teufel,  ;;ulejjt  liere,  l'flanäen,  leblofe 
JDingc  rerfd)tebenfier  Qlrt,  ©pielfarten, 
Speifcn.  9Jad)  bem  Vorgänge  SB.  2B  a  d  e  r  = 
nagels  im  britten  Qlbfd)nittc  feiner 
S^eutfdun  Qlppellatirnamen,  ii\tii- 
fers  ©eimania,  IV  unb  V,  unb  kleinere 
Sdsrifien,  HI,  finb  bie  SfjQmen  in 
ülpbabetifc^er  (Reil)enfolge  georbnct. 

Qlgibiu«  l)at  bie  Äofeformen  Gidi 
unb  Gilg  prer  Ilg ,  ctcr ,  inbem  ter 
£d,Iu|fonfonant  von  Saut  cter  Sand 
fid)  forn  baran  heftet,  Till  ober  Dill,  unb 
enblid)bie  gorm  Didel;mit  imperatipifdjem 
3ufa^e  mirb  baraue  Till  Tapp,  Dill  Dapp, 
Ijidel  Tapp,  Happerdidel,  Lattidel  = 
Läpp  Didel ,  alle«  mit  ber  Sßebcutung 
eine«  albernen,  Iappif(^en,  ungefd)Ia4ten 
SD'Jenfd)en.  3"  ff"  ^aftnad)tfpielcn  ifi 
Diltap  ber  Otame  eine«  lärmenben ,  i)an' 
bclfud)enben  ^bauern ;  ein  alte«  Sprich- 
wort I)ci§t:  heut  weiser  apt,  morgen 
diltap:  der  heut  ein  hirt,  ist  morn  ein 
apt. 

93art^olDmäu6,Bartel:  Geissbar- 
tel  iji  ein  ungcfc^idter ,  Schussbartel  ein 
iiberlebl)after  ÜJJenfd),  Schmntzbartel  unb 
Bärtel  finb  Äobclbnamen.    Die  SRebcn«« 


art:  „wissen  wo  Bartel  den  Most  holt", 
erbeut  au^  einer  ©teile  bei  ®d)uppiuö 
(17.  3a'''^^""^f'^0-  "tt)o  man  ^olj  umb 
2Beinad)ten,  Äorn  umb  (pfing^en  unb 
iffiein  umb  ißart{)oIomäi  (24.  Qtugufi) 
tauft,  ta  wirb  @c^mal{)anö  enbli«^  Äüd)en= 
meifler";  wer  aber  nun  mei§,  wo  SBartbel 
bcnnoc^  'Diofi  bolt,  wo  man  um  ©art^os 
lomäi  fogar  fc^on  neuen  SBein  faufcn 
tann ,  ber  mci|  unter  aüen  ,  fogar  ben 
fd)mierigfien  Umfiänbcn,  ftc^  ju  raten. 

93enj,  Äofeform  ju  Berchtolt,  be« 
jeid)net  einen  rofjen  tro^igen  ©efeüen: 
manch  nngelerter  Benz  vom  Adel;  ben- 
zen  ifi  |>änbel  fud)en,  betteln.  9)Jit  .Kunj 
jufammen  ift  Sßenj  auc^  einer  üon  bm 
»ielcn  9tamen  beä  ÜWenf^cn ,  bic  man 
auf  ben  Scufel  übertragen  ^at. 

(ibrifiop^  ober  Christoffel  au^ 
Gbriftopljoru«,  bcffen  Äofeformen  Stoffel, 
Stoffel  ober  Toffel  lauten.  S«  finb 
Äned)tenamen  mit  bem  9J ebenbegriffe  ber 
gaulbeit. 

(Slifabetl)  in  ben  Äofeformen  Else 
unb  Lise,  bäufig  ale  ^iame  leichtfertiger 
fomot)l  al«  ttjöri^ter  Sßeiber  gebraud)t; 
bal)cr  ba«  ÜJJ(ird)cn  x^on  ber  Hugen  ®lfe, 
bie  fo  bumm  ift;  bumme  ßife  t)ci|t  im 
nörblici)cn  2)eutfd)Ianb  jebe  bumme  SZBeib«« 
perfon,  in  ber  Sd)mei^  Äitterclfi  ein 
'DJäbd)en,  bas  uiel  unb  unnü^  Iad)t.  iUuÄ 
bem  93egriff  ber  ©elicbten,  bic  ftet^  jur 
^anb  ift,  ergaben  ficf)  bie  D^Jamcn  ßife 
für  einen  großen  Irinffrug  unb  für  ba« 
®trol)bunb,  worauf  fid)  pormal^  bic  @oI* 
baten  legen  mußten,  um  €to(fprügcI  in 
(Smpfang  jU  nel)men. 

J^ri^,  ßofcnamen  non  ^ri«^"*^»  *" 
Fritz  Hanenfeder,  Fritz  Regenspat,  loser 
Fritz ,  Läusefritz ,  Gugelfritzen  unl> 
Stiefelfritzen. 

J^einrid)  jeigt  fafi  biefelben  93ebeu? 
tungcn  wie  ^anß  unb  ^an  (fiet)c  3o^an* 
nee).  5U«  rerbreiteter  iöauernnamc  be» 
^eicfcnet  Heini  ober  Heine  in  ber  Dolfe« 
mäßigen  2)id^tung  beö  16.  3a^'^^""^"t* 
inebefonbere  ben  Sibgcnoffcn  gegenüber 
©ruber  SBeit,  bem  ßanböfnecf)t ;  Heini 
Wunderfitz  unb  Etter  Heini  finb  Sd)Wei' 
jcr  Säuern.  I)ann  ifi  ^einrid)  oft  9t<xmt: 
bcr  I)icncr ,  julc^t  überhaupt  ein  ÜKenfc^ 
üon   geringer   Sorte:   grober  Heinz  unb 


iWamcn  Den  <Petfonen. 


5oa 


grober  Heini ,  fauler  Hentz,  Tummer- 
hentz ,  Gigenheinz ,  b.  i.  bcr  gicfernbe 
fid^crnbc ,  (iottcrnbc,  ein  ^aupt«  unb 
I»opp£lnarr ;  Heinz  Narr ,  Heinz  Lül 
rciU  baefclbe  bc^cic^nen.  'Jlicbcrbcutfi) 
bat  man  holten  Hinrik,  ein  (jöljcrner, 
plumper Äerl,  knökern  Hinrich,  ein  äu§erji 
magerer,  isern  Hinrik,  ein  fc^r  fiarfer 
unb  mutiger  iDienf*.  6(^on  im  14.  ^ai)X' 
bunbcrt  mar  Heine  ber  gangbare  fJame 
beö  D^arren  i^on  93eruf  unb  [päter  Hei- 
nel,  Heinz  ober  Hienz  ber  Ülppeüatir»; 
auebrucf  für  iJJarr  unb  2)ummfopf;  in 
biefem  Sinne  rebet  ßutf)er  Jlönig  ,^ein= 
ri<^  vni.  ron  ©nglanb  fur^meg  mit 
^einj  an.  ^n^^ffi^iöci^f  if^  Heinel  aud) 
ein  ffl^ann,  ber  feiner  Jsrau  aüeö  nad)ftct)t, 
bal)er  Ülbrabam  a.  <£t.  ßlara  ^anrei 
»on  franjöfifd)  Henri  ableitete.  I>er  Scufel 
bei^t  Heinze  Bockerlein,  Grauheinrich, 
Heinrich  allein,  ober  Hinre;  .^xincigeifter 
Heinzlin,  Hinzelmann,  bie  511raunn.iurjel 
Heinzelmännlein.  (£o  ifi  Heinzel  and) 
ber  Dtame  einer  SD?arionettc  unb  beö 
S[!JarioncttenfpieI^,  unb  cnblicb  Hein  in 
ber  iRebensart  Freund  Hein  ein  eupt)C5 
mifiifcfeer  9Jame  für  ben  2ob. 

3afob;  bie  Stebeneart  „ber  ttiabre 
3afob"  hcjiebt  ficb  nac^  @rimm«  Söorter» 
bud)  auf  ben  beüigen  ^atoh  ju  Äom^ 
pofieüa,  „inbem  bie  Pilger,  h)elc^c  bie 
mübfclige  (Reife  natb  Spanien  untcrnom* 
men  b'^tten,  auf  leichter  ju  erreict)enbe 
©ruber  anberer  gleichnamiger  ^eiligen  mit 
©eringf^äfiung  faben  unb  fie  al«s  ibrem 
.peiligen  ebenbürtig  nicbt  gelten  liefen." 
iäle  äufäflig  ergriffene  ©teürertretung  er« 
fcbeint  ^alob  in  Äinberfpielen ,  j.  S. 
„5afob  lacbt",  bdufigf'^  jcbodb  in  ben 
Äofeformen  be«  nörblidjen  ober  mittleren 
I)eutfd)lanb»  Jack,  Jäck,  Jäkel,  Jäkel, 
Jäklin,  in  ben  oberalamannifcben  Jocki 
unb  Jockeli.  3"f<>'""ienff^"nfl£n  mit 
biefen  blof  irgenb  jemanben  bejeicbncnben 
3iamen  finb  Schmierjäckel,  Tanbenjäckel, 
b.  i.  laubenliebbaber,  Schnbbjak,  b.  i. 
ein  armer  ©d)uft.  Jocki  unb  Jockeli 
ftnb  bann  inöbefonbere  dauern,  Burejocki; 
au«  Hansjockeli  tt)urbe  in  ©(^traben 
ein  Hanokel;  Jockeli  b^iB^  oucb  ber 
füule  Änedbt  in  ben  Äinberliebern  bom 
^afcrfdbneiben  unb  »om  !Birnenf(^üttcln ; 
enblicb  tejcicbnen  bicfe  SZÖorte  tDieberum 
einen  Sfiarren.  ©ine  anbere  Äofeform 
ebenbesfelben  Dtamenet  ifi  Boppe  ober 
Poppi  mit  ber  33erfUinerung  Boppi 
ober  Böppi;  ber  jE>i(^ter  Soppe,  ein  be« 
rüljmter    ^n^n    unb    fiarter    iUiann    ju 


93afel,  nerlieb  feinem  9?amen  im  ilRittel* 
alter  bie  ißcbeutung  eines  ©dbn^elgere  unb 
©roffpredber« :  der  Poppen  ist  s6  vil  wor- 
den, daz  sie  der  gotzhenser  guot  und  er 
verpoppelnt. 

3  0  b  a n  n c«.  33id  inö  8.  3af)tbunbert 
binauf  fann  in  Iieutfcblanb  bie  6itte 
nadbgertjiefen  rcerben ,  bem  Jdufling  in 
ber  Saufe  ben  D'Jamen  eineä  ^eiligen  ju 
geben  unb  jenen  baburd)  biefem  ju  be« 
fonberm  ©(ä)u^e  ju  empfeblen;  bodb  fom» 
men  ßaicn  mit  bem  Üfiamcn  3o^anneö  fo 
ftüb  nod)  nicf)t  t>or.  „(Srfi  fpäter,  nai> 
ber  ju  3fiufalem  erfolgten  unb  balb  im 
*Hbenblanbe  befannt  geworbenen  Stiftung 
bed  3obanniterorbcnl,  ali  bie  (Reliquien 
Sobanni«  beö  Säuferö  auä  bem  Oriente 
nad)  bem  5lbenblanbe  famen ,  aU  bie 
3lf^e  beö  fieibe«  1096  nad)  ®enua,  t>a^ 
^aupt  feit  bem  2lnfangc  beö  13.  ^a^n 
bunbert«  nacb  2Imienö  übergefübrt  mar, 
jablreid)e  (Reliquien  aufcrbem  in  Spanien, 
Stallen,  granfreicb,  ben  Oiicberlanben  unb 
2)eutfd)lanb  aufbemabrt  unb  Äir^en  über 
ihnen  gegrünbet  würben,  wirb  ber  (Rame 
als  Slaufnabme  febr  gemöbnlid)."  2)ur^ 
ben  büufiätn  Oebraucb  beefelben  erfdjei« 
nen  getürmte  formen:  mit  Sßeglaffung 
ber  (Snbung  unb  5lnnabme  einbeimifcber 
(Betonung  3<J|)inn;  mit  93eibebaltung 
ber  ftembcn  (Betonung  3"^^""'  3<in*r 
mit  21bfan  ber  erjlen  Silbe  unb  (Beibe* 
baltung  ber  (Snbung  entfiebt  ^anne^, 
gefürjt  .^ane. 

^ani  wirb  nun  in  appeüatipem  Sinne 
oft  gerabeju  alö  ÜRenfd),  (TJann  mit  oer« 
fcbiebenem  fRebenfmne  ongewenbet;  ^an^ 
unb  Äunj  finb  größere  (Gruppen  gewöbn« 
lieber  aOtägliAer  (Dienfd)en.  ^m  befon« 
bcren  iß  ^anö:  (iin  (BUnn,  ber  bem 
«totanbc  unb  (Bermögen  nad)  et« 
wa«  re(^te6  ift;  im  16.  unb  17.  3abr* 
bunbert  ift  großer  ^an«  jlebenbe  ^or* 
mel  für  einen  reid)en  angefebcnen  2Rann 
im  (Segenfa^  jum  fteinen  |>an«,  »er« 
fürjt  ©rofbon«  unb  Äleinban^.  (Bei 
ben  Sanbsfncdbten  be,ieicbnete  großer 
ober  ! leiner  ^an«  bie  böbere  ober  nie* 
bere  SteQung  im  ^cere.  Umgefebtt  be« 
fommt  ^am.  unter  bem  Ginfiuffe  baoon, 
ba§  ber  (Rame  für  geringe  fieute  unb 
(Bauern  im  Sd^wungc  ift,  einen  niebrigen 
(Rebenftnn;  ^an^  unb  ®rete  ftnb  fcbon 
früb  beliebte  (Bauern«  unb  S)ienfibotcn« 
namen;  namentlich  aber  jetgt  ftdb  ^iff^ 
niebere  (Bebeutung  im  gabelban«,  geber« 
banö,  ®affban«  (®affer),  Äaltban* 
(Sc^wö^er,  Singeber),  ^oljban«  (Duad* 


504 


SRamen  »on  fPcrfonen. 


falber),  Änapp^an«  (Spater),  '4^rat)l^ane, 
^Polterftan* ,  ÜJlaP^anÄ,  @dE)mal^anö, 
^ä)ixbi)ani,  ©c^narc^t)anö,  ©c^lump^on^, 
^auf^an^.  ^ani  xüdt  fobann  ireiter 
üor  sur  93cjcic^nung  eine*  2)ummfopfed 
ober  9iarren,  namcntUcf)  in  ben  %a^na<i)U 
fpielen;  $anä  (Slawcrt ,  SJlarr  beß  1571 
geworbenen  Äurfürfien  3o<i<^ii^  ^-  ^on 
Sranbenburg,  »at  ein  berühmter  SWann; 
baneben  braud^en  bic  beutf(f)en  Spiele 
lyprerö  unb  beö  ^erjog«  3"!^"^  "on 
i8raunfd)tt)cig  bie  fremben  Diamcn  Jan 
Posset  unb  Johan  Bouset.  iBieüeid)t  un« 
tet  bem  (Sinfluffe  bc«  Umfianbe*,  ta^  ber 
lag  3o^'>n"i^  ^e^  Säuferä  an  bic  ©teüe 
tii  ^eibnifd^en  %i^ti  ber  @ommerfonnen« 
tt?enbe  trat,  oerwenbete  man  ^anä  auc^ 
jut  Scjeic^nung  be*  Seufcle  unb  beä 
Jobcä;  SD^eiftet  ^anä  {)etit  ber  genfer. 

SJielfad)  fommt  bie  93erbinbung  »on 
^anä  mit  einem  anbcrn  etfonnenen 
Eigennamen  »or,  roobei  ^and  mcijt  ben 
S)ummfopf  ober  Sflarren  bebeutet  unb  ber 
Sn\a^  au^erbem  eine  befonbere  Gigenfc^aft 
iei  9Jamcnträgerö  beroor^ebt.  2)erart 
itnb  ^anä  2lff,  ^ane  Slrfc^ ,  franjöfifdf) 
Jean-fesse,  ^an*  I)a|inten,  ^anö  2)umm, 
^an*  in  eodem,  in  aüen  ©äffen,  ^ani 
|>agel,  ^anö  mit  ben  roten  ^ofen,  ^anö 
ton  Jene,  iJJarrenname ,  J^anö  (Wärter, 
Spottname  für  2anbdtned)t,  ^an*  ÜJJift, 
Sauernname  ber  5flP"'i*tfpiele ,  f>anö 
^Jatr  ober  ^ananarr,  J^an*  Df)ncforge, 
^an§  @upp  nai)  Jean  Potage,  ^ani  Un- 
eernunft,  ^an*  SButfl  (jtc^e  ben  bcfon* 
beren  «Uttifcl). 

SBeniger  jiarf  in  appeltatioem  ©ebrauc^ 
fte^t  bie  anbcre  bIo§  bem  nörbticben 
2>eutfc^Ianb  angeprigc  Äofeform  üon 
3obanne5,  San;  3""  t)fi§t,  mer  im 
Sörettfpiele  bumm  »erliert,  »er  feine  ßät 
mit  nid^t^nu^igen  5Dingen  »erbringt  unb 
bergleid^cn;  3flnn  ober  '^abn  ifi  feit 
ben  cnglif^en  ^omöbiantcn  ber  üblicf)e 
Diamc  be«  Sölpeld  unb  beö  Sc^aüö,  bcö 
Clown.  3«  ©übbeutfcfetanb  fommt  ^an 
immer  nur  mit  Sßorauöfc^ung  eineö  an« 
bem  üBorteö,  unb  fo  cor,  ba§  e«  wie 
eine  lateinifdbe  ^bleitungäfitbe  auäfiebt. 
9tbnlic^e  Dramen,  mie  2llbrian,  51fptian, 
SWorbian  fannte  fc^on  bic  beutf(ie  J^cl* 
benfage;  lateinifd)  gemeint  ftnb  urfprüng« 
lief)  bie  anegorif(f)en  9'lamen  Ära^ian, 
Sd^lenbrian,  (Srobian,StoIprian, 
anfang«  alle  mit  ber  »onercn  Snbung 
anus  crfc^einenb ,  bagegen  Äompofttioncn 
mit  3an:  53ullcrian,  5)ummtian, 
Schmier  i an  unb  Urion,  ba«  Icfetcrc  in 


^crr  Urion  fooict  alä  ^err  fo  unb  fo, 
glcic^fam  ber  ^aupt^anS;  fpäter  ge^t  ei 
aber  au^  in  ben  S^amcn  t>ti  Jeufcl«  über. 

Äart,  Äetl,  ijl  urfprünglic^  ein 
*21ppettatio,  ai)t.  ber  charal,  karl,  m^b. 
aber  feiten,  ber  karl  =:  ÜJlann,  (Sfiemann ; 
barauö  entjianb  ber  SWann^namen  Äarl, 
tt)cl(^cr  fid^  burc^  (Srl)ebung  ber  fränfi» 
fd^en  ^auämcicr  auf  ben  fränfifc^en  ^ö« 
nigöt^ron  unb  jumal  burdi  ben  (Sinflu§ 
Äarl*  bcä  ®ro§cn  über  ganj  duropa  Ber» 
breitete;  iai  ilppellatio  blieb  in  ber  nie= 
bcrbeutfd^en  ^orm  unb  in  äbnlidber  Sc* 
gripcntwicflung  bcflcfien,  melc^ee  bie  an« 
bem  ton  ^erfonennamen  itammenben 
Olppcüatiüc  aufmeifen;  ja,  2öacf ernagcl 
am  angefübrten  Orte,  ift  ber  llnftcbt,  bie 
lebenbcn  *Mppctlatii)bebeutungen  feien  cr(l 
rt)ieber  aus  bem  (Sigcnnamcn  berDorge« 
gangen,  ju  einer  3£it,  tt»o  Äarl  im  Sinne 
üon  TOann  ben  5)eutfdben  ganj  ungelduftg 
gettjorbcn  fei.  2)em  »iberfpridbt  bie  au*« 
fü^rlidE)e  Qlb^anblung  über  Äarl  üon 
|)ilbebranb  im  beutf^en  SBötterbucbe,  mo« 
nacf)  bic  appcüaticifd^en  iöebcutungen  fii) 
bireft  aus  bem  altem  ©cmcinnamcn  cnt« 
micfeltcn.  Dbgleidt)  bemnad^  an  biefct  Stelle 
barüber  nid^t  ju  banbeln  wäre,  mag  ber 
2lnla§  boc^  baju  bcnu^t  werben ,  ^ier 
nadf)  ^ilbebranb  bic  mefcntlidbftcn  ißebeu» 
tungen  biefc*  mcrfroürbigen  SBortcö  anju« 
mcrfcn. 

3n  feiner  dltejien  93ebcutung  ifi  Äerl 
=  Ttann  bem  ffleibe  gegenüber;  in 
^oljiein  fpridbt  bie  ^rau  noc^  oon  il^rcm 
Äerl;  in  anbcrn  ©egenben  Reißen  bic 
jungen  iSurfd)en  in  ihrer  eigenen  Stellung 
ju  ben  jungen  ÜJJdbdben,  aucfe  in  crfldr« 
tcm  SSerpltniä  jum  anbcrn  ©efd^Icd^t,  wie 
fcfeon  ai)'!).  charal  =  ©eliebter;  bei  ben 
©icbenbüraet  Sac^fen  ftnb  Äcrl  unb 
S)irne  bie  förmlichen  (Sfircnnamcn  für 
Sraut  unb  Sräutigam.  3"  jwcitcr  ?inie 
ift  Äcrl  foDicl  als  ecbtcr  tapferer  2Rann, 
^elb;  wie  Qtgricola  (16.  3<J6i^Öunbcrt) 
fdE)rcibt:  „lacituö  ber  JRömer  fd^reibt  öon 
ben  Scutfc^en,  ia's  fic  ben  jum  Ferren 
unb  Äerle  gemad^t  baben ,  wcldber  am 
mdnnlicftften  gcfodt)ten."  3)iefe  Söebcutung 
gilt  beute  nodb  überall  in  ©cutfdblanb, 
jumal  in  polfätümlid^em  Qluöbrucfc,  in 
SRcbenäartcn  mie  Äerle  genug,  er  ift  ber 
Äerl  barna<6,  er  ifi  ber  Äerl,  iai  burc!^« 
jufe|cn,  ein  Äcrl  oon  altem  Sdbrot  unb 
Äorn,  ein  Äerl  oon  altem  Si^latie,  ein 
brafcr,  cntf4loffencr,  tüdbtiger  Äcrt.  9lu* 
biefem  cinfad)en  altern  'begriff  oon  einem 
tapferen  ajlann    unb  ^clb   tritt   nun   ber 


Sflomcn  ron  ^crfoiun. 


505 


Segtiff  über  in  lüdjtigfeit  aller  ?ltt,  audf) 
fittifid^c,  geifitge,  mit  iRütfjtd^t  auf  bie 
matfige  (Sin^eit  ber  Dfiatur,  tüd)tig  unb 
iecf)t  im  ©anjcn  mie  im  ©injclnen,  in 
SBort  wie  in  Itjat,  in  iBerjianb  unb  im 
ß^araftcr.  iJtebcn  all  biefcn  oerfidtEten 
93ebeutungcn  erfcf)cint  bann  ÄetI  aucf) 
o^nc  öob  für  ÜJJann  ober  ÜJJenfd^  über= 
Üaupt,  aber  alä  Ärafttt>ort,  mit  gefuc^ter 
Derbheit,  namentlid)  im  17.  ^aftr^unbert 
unb  in  ber  Sturm«  unb  2)ran9periobe. 

3lnberer  Statur  ifi  bieienige  Sebeutung 
»on  Äerl,  meiere  einen  ÜWenfc^en  ge- 
ringen ©tanbc^  anjeigt;  in  SJiiebcr« 
beutfd)lanb  mar  Äerl  noc^  im  16.  ^a\)X' 
^unbert  fianbeömä§ige  33ejeic^nung  unb 
förmliche  5tnrcbe  ber  ©emcinfrcien ,  ber 
2)orfgemeinbe  in  feierlicher  SBerfammlung, 
bie  gemö^nlic^e  Sejet^nung  ber  33auern ; 
33auernferl  unb  ©orfferl  Reifen  jc^t 
itroa  bie  93auern  im  SWunbe  ber  ©tcibtcr, 
mä()renb  auf  bem  ßanbc  felbji  ber  Sauer 
nur  bcn  Äned^t  ober  ben  jungem  Säuern« 
fol^n  fo  nennt;  ein  anbermal  ^ei^t  ber 
^anbmcrtöburfc^,  ber  gemeine  ©olbat,  ber 
Sebientc  fo,  unb  in  ßinlanb  fagt  man 
o^ne  aüc  ©eringfd^d^igfeit  fiatt  $ojibotc 
«JJofiferl,  fiatt  ©locfentäuter  ÄirdE)en  = 
ober  ©locfcnfcrl,  Sßagferl,  a[Öacf)fert 
unb  bergleic^en.  5tuß  foI(^en  öebeutun* 
gen  nieberer  5trt  enifticfeU  ftc^  enblid)  ein 
©ebrauc^  be^  2ßorte^  Äerl  in  fd)Iim  = 
mem  6inne,  in  Serbinbung  mit  ber 
älteren  ©ebeutung  eine^  9)?enfd^en  Don 
berbcrüJianneöfraft,  bie  leicht  inSRoljeit  aui- 
artete;  „eö  f)ilft  Äcrl  je^t  label  auäfprcc^cn 
öon  ber  teifePcn  ferfiedten  ®eringfci)ä^ung, 
ja  bloßer  23ermunberung  an  bi^  ^ur  gröb= 
jien  Seleibigung,  ja  niebcrfd^Iagenber  iBer« 
ad)tung;  eö  bient,  mit  feiner  Äraft  allen 
gegen  einen  anbern  gefel)rten  ^Regungen 
bcö  ®emüt^,  mie  SDtilbiÜigung,  *Berbru§, 
2irger ,  3''rn ,  Sntrüfiung ;  bann  9ieib, 
SWifgunfl,  ®d)abenfreube,  S^i^trauen  u.  f.  f. 
unb  jmar  atleö  \>ai  unter  Umjidnbcn 
f(f)on  allein,  inbem  e«  feine  %axbt  erl)dU 
bur^  bie  ®elcgent)eit  unb  2;on  unb  iDliene 
be^  ©pre^enben". 

Äafpar  ifi  ein  übli^er  ^ne(i)töname, 
Äafperle  ber  fc^alf^afte  bumme  Äerl  im 
^uppenfpiel,  aud)  ber  Scufcl,  aU  ©ad)* 
name  ein  ^ipnbä^nti. 

Äatf)arina;  biefeö  9?amenö  Äofe- 
form  Äettcriin  iji  im  16.  3al)r^unbert 
h)ie  ©retlin  eine  leid)tfcrtigc  2)irnc; 
jc^t  fmb  Äatterl,  Äattel,  SreinI, 
Strine,  S^ttid^erinncn ;  in  Dfiprcufen 
iji  eine  lieberlic^e  Äafd)c  ein  iZBeiböbilb, 


ba^  5Ibenbei  auf  ben  ©äffen  (irmerb  fuc^t ; 
Ädtl)e  ftei§t  Äafpetle'^  {jrau  im  (Puppen« 
fpiel;  i>ai  laufenb  Äatterl  unb  bie 
f^nelle  Äat{)rinc  jtnb  9iamen  für  ben 
I)urd)fan,  Jungfer  Dattel  für  bie  mo« 
natUd[)e  Dleinigung. 

Äonr ab,  fpra* liefe  baä  ber  (Snbung 
beraubte  lateinif(i)e  Konradus;  bie  beutf^c 
^orm  iji  mbb.  Kuonrät,  ai^t.  Chuonrät, 
beffen  Äofeform  al)^.  Chuonzo,  mf)b» 
Kuonze,  mittelbeutfd)  Kunze,  uf)b.  Äunj. 
35ie  Qlppeüatiübebeutung  bcä  Diiamenö 
Äunj  mag  bem  Sffiorte  befonberd  au^ 
einer  formelliaften  33crfnüpfung  mit  bem 
jtamen  ^einrid)  crmacfefen  fein;  benn  feit 
bem  Snbe  beö  13.  3a^rl)unbertö  merben 
Kuonrät  unb  Heinrich  in  ^rebigtcn, 
SRecfetäbücfeern  I)dujig  aU  Vertreter  »on 
^Perfonen  überfiaupt  genannt,  »cranlaBt  nii^t 
allein  burcfe  bie  |)dufigfeit  biefer  beiben 
SJJamen  überhaupt,  fonbern  wie  e^  fd)eint 
jugleicfe  in  2lniei)nung  ber  Äaifernamcn 
ber  ^einrid)e  unb  Äonrabe;  jeitbem  mirb 
bie  ^Jormel  Kanz  ober  Heinz  im  (Semeinbe* 
leben  mie  im  9fled)täleben  bcö  ßanbeei  mic 
ber  ©tabt  angetroffen;  jlet)t  >^cinj  »or* 
an,  fo  fann  biefeö  ben  liöljcrn,  Äunj 
ben  nicbern  ©tdnben  jufallcn.  JJenn  für 
[li)  allein  iji  Äunj  eine  ^rt  ©tanbeö» 
name  für  bie  Sauern,  für  ben  armen 
man,  mie  au^  ber  mitteI^ocfebeutf(^cn  ^tit 
f)er  bie  Untertanen  feieren.  S"»"  2;ro^ 
nannte  ftcfe  baf)er  1514  ber  *}lufjianb  ber 
mürtembergif^en  Sauern  felbji  ber  arme 
Äonrab  ober  ber  arme  Äonj.  Qtue 
.^unj  aU  „armer  ÜOtann"  mürbe  bann 
einer,  ber  ftd^  r>tcl  gefallen  lägt,  ben  an« 
bere  mipraud)en ,  in  ber  ^^ti"  ber 
Äunj,  n?o  bie  appeüatioc  Sebcutung  ben 
Eigennamen  noc^  mel)r  jurüdgebrdngt  bat, 
SKit  einem  ben  ^unjen  fpicien 
l)ei§t  ibn  jum  Starren  ^aben,  bdnfeln, 
mie  benn  Äunj  aud)  als  3iame  non  ge« 
fd)i(fetlid)en  Starren  erfcfeeint,  mie  Älau«, 
^cinj,  |)anei;  „ben  ^unjcn  jagen"  mar 
aud)  ber  Dtame  eine«  mirtlid)en  ©piele^, 
bai  man  nid)t  nd^er  fennt,  jugleid)  aber 
ber  einer  ÜJJarionette,  mie  ebenfalls  •^eing, 
Äunjenjager,  Äunjcnfpielcr  unb- 
Äunjmann  ftnb  ütamen  für  lafd^cn« 
fpieler.  Äunj  unb  Äuenjlin  ftnb 
cbenfatlö  SRamen  be^  Jcufelä,  oon  Äobol« 
ben,  *Poltergeijiern  unb  bergleicfeen.  *JJad) 
^ilbebranb  bei  ©rimm,  Ulrt.  ^unj. 

ßenj,  Äofeform  ton  öaurentiu^, 
ßorcnä,  mirb  appeUatio  jum  Äerl,  Starr 
unb  bergleicfeen:  der  hemedlenz  =  ber 
im  bloßen  ^embe  ge^t;  brennsuppen-lenz 


506 


9tamcn  oon  *Pctfonen. 


=  ber  fc^lci^t,  aber  ütel  t§t;  ber  gut,  bcr 
^i)Ud)t,  bcr  arm,  ber  lang  2enj.  ©et 
faule  ßenj  bilbet  fid^  umbeutenb  au^ 
bem  23erb  faulenzen,  einer  iMbIcitung  auf 
enzen  ton  faul;  ba^er  ein  ©ebic^t  ^ani 
@ac^fcnö  oon  1554  bcn  Site!  fü^rt;  „(Ein 
©cfprecf)  mit  bem  faulen  Senjen,  welcher 
«in  Hauptmann  be^  großen  faulen  ^au« 
fen  ijt." 

9Jt  a  r  g  a  r  e  t  a ,  mf)b.  Margarete,  grici^.s 
tat.  Margarita,  biefeö  au«  grie«^.  marga- 
rites  =  $crle,  ba^er  m^b.  margarite, 
margarete  =  '^erle ,  auc^  ®^renbejei(^ä 
nung  bcr  Jungfrau  ÜWaria  unb  ber  |ciU* 
gen  (SUfabctl),  fonjl  iWamc  einer  burc^auö 
legcnbcn^aftcn,  im  ÜJJittcIalter  oft  qt\ä)iU 
bertcn  ÜJlärttjrcrin,  bic  auct)  aU  |)aupt^el* 
ferin  in  Äinbeönöten  gilt.  3^t  Äofenname 
®retc  ij^  feit  langer  S^it  t>uxä)  ganj 
2)eutfdt)lanb  ^in  neben  |>an^  ein  belieb» 
ter  iBauernname,  foba§  $anö  unb  ®rete 
in  Siebern,  90lärc^en,  @pricf)tt)örtcrn  jufams 
men  genannt  »erben.  |)anö  unb  @rete 
^nb  auc^  bie  üblicfefien  9?amen  üon 
^ne^t  unb  ü)?agb,  unb  tücitcr  fortfc^rei^ 
tenb  faule,  lieberlic^e  unb  bumme  (ßerfonen. 
3ute^t  ijt  SJiiemanb  mc^r  uor  bem  iWamen 
^an«  unb  ©rete  ficf)er,  unb  ^ani  bejeid)« 
net  nur  noc^  irgcnb  einen  Sr,  ®rete 
«ine  ®ie,  ©retcftcn  inberÄüc^eip 
eine  nocf)  ungeborene  3;oc^tcr,  Marrgret 
«in  mürrifd)e^.  Furch tgret  ein  furctjt- 
fame^  5Uläb(f)en;  gretisch  ifi  mciblic^. 
S5erliebte  *Paare  beißen  einfad^  .^an^  unb 
®rete ;  bie  ^ffauje  Nigella  damascena 
j^at  bie  Ianb[d)aftlicfeen  Dramen  „99raut 
in  paaren,  3"n9f«  i"i  ®rünen,  leufel 
im  39ufd),  ®relel  in  ber  ^ütte,  @retdf)en 
im  Sufdf),  ®retcl  in  ber  |)edfe,  ®rctel  in 
ober  unter  ber  ©tauben." 

SOIaria  fotl  t)ier  nur  barum  (S.xvo'ai)' 
nung  pnben,  um  anjumerfcn,  ia^  biefer 
^ame  ttjotj!  feiner  ^o^en  Patronin  falber 
nur  t)ö(I)P  feiten  einer  appeüatiöcn  3tn= 
•ruenbung  unterliegt. 

SlJlartin  ifi  al»  5!«ci|ier  OJiarten 
©emeinnamc  ber  5[)?c^ger,  oon  ben  ^eyen 
tnirb  ÜKartin  ober  SWerten  gern  aU 
bcr  IRamc  bcä  Scufelä  gebraucht;  Riffen, 
<SfeIn  unb  ©tiren  rief  man  ebcnfaüö  SDteifter 
2Rartin. 

9D?c^e,  Äofcnamc  oon  Mahtilt  ober 
Mehtilt  =  2)iad)tfampf,  Äriegerin, 
^elbin  ,  ober  oon  Madalhilt  =  iBers 
fommlurgäfampf ,  b.  1).  roof)I  fo»ieI  aU 
in  berÄampfberatung  antreibenbe  Äämpfe* 
rin.  Scibc  DfJamcn  fommen  urfprünglid) 
grauen   böberen  ©tanbc^   ju;    ber  Äofe* 


namen  ÜJle^e  fam  infolge  ber  ottgemeinen 
Verbreitung,  ä^nli^  bem  fRamen  ®rete, 
in  mannigfa^cn  appctlatiDcn  ®ebtau(^. 
©d^on  im  13.  Jafir^unbcrt  ^ci§t  eine 
*9lagb,  eine  ®elicbte  niebcren  ©tanbc^  oft 
Matze,  Metze,  Metz;  Metz  unb  Betz  ober 
Petz ,  Mäzli  unb  Bertschi ,  Metz  unb 
Contz,  Metz  unb  Heinz  ftnb  ßiebeäpaarc. 
*Jiad)t)cr  iji  *r?e|e  ganj  allgemein  f.  o.  a. 
ÜJJäbdt)en  niebcren  «Staubet ,  etwa  f^on 
mit  bem  JJebcnbcgriffc  bcr  ßeic^tfertigfeit, 
bann  eine  leichtfertige  ®cliebtc  unb  bic 
59cif<^lafcrin  (Sinc^  ober  Vieler ,  eine 
|>ure,  julc^t  fogar  eine  ^ünbin. 

SÖiic^acI,  bejfen  .^ofcnamcn  *DJi(J)cl 
in  ber  SRcbcnäart  beutfc^er  3D]id)cI  feit  bem 
16.  3a^rl)unbert  bejcugt  ift. 

91  i  c  0 1  a  u  ö  ^at  bie  Äofenamen  Ä 1  a  u  ö 
unb  SJlicfcI;  im  16.  3ö^tbunbcrt  ^ic§en 
in  ©c^Icftcn  bie  ^u^rlcute  gern  Klaus; 
ba«fclbe  2Bort  bient  alä  Säuern^  unb 
Sfiarrcnnamc,  iai  le^tcre  mit  Sejug  auf 
ben  fä<^fifd)cn  |»ofnarrcn  fölauö  9?arr, 
beffen  ©(^»anfc  1572  gcfammclt  erfc^ic= 
nen.  häufiger  aU  Man^  fommt  in  appcU 
latittem  ®cbrau(f)e  SJiicfel  »or,  t>on  bem 
eö  3"f'-""^infnf^^u"Sfn  giebt  wie  Dnme- 
nickeli  ==  2)äumling,  Filznickel  =  ®cij« 
bal^,  Giftnickel  =  ianffücf)tiger  Wenfi^, 
Gronnickel  =  5!Jlurrfopf,  Lausnickel  unb 
Notnickel,  ber  in  iJJot  unb  ?(rmut  fiecft, 
Saunickel,  Schornickel  bem  bie  ^aare 
frifc^  gcfc^orcn  ftnb,  Pumpernickel,  bcr 
hcin  unb  bidf  ifi,  ^inb  ober  Srmac^fener. 
91  i (fei  allein  ifi  balb  ein  fleiner,  aber 
aud)  eigenfinniger  Tlm\<i) ,  balb  eine  lie« 
bcrlicf)c  3)irne.  3)ic  ^cfcn  nannten 
Jiidel  ober  ®ro§nicfcI  aud)  bcn  ZiU' 
fei.  2Bic  i>ai  grobe  93auernbrob  bcr 
QBcfifalcr  ^umpcrnicfel  f)ci§t,  fo  im 
[üblichen  S)eut[d)lanb  eine  .Kaltcfc^alc  t>on 
Söicr  unb  ©rot  53ierni(fcl,  unb  IJJau« 
t  e  r  n  i  d  e  l  eine  llrt  ^fannf udbcn;  O  ^  r  c  n « 
nidcl  aber  ifi  ber  O^rmurm.  2Bic  au^ 
Äobolb  bcr  ülJJctattnamc  Äobalt  geworben, 
fo  bient  9?icfcl  enblid)  cbcnfattä  alä  2Jte* 
taHname. 

$etcr  ifi  appettatio  gcbraudit  im 
bummen,  flauten  *Pctcr,  2)ubcl« 
peter,  bcr  ^ücö  jögcrnb,  langfam  »er« 
rid)tet,  ^infepcter,  Umfianbpeter; 
ÜWeifier  ^eter  ^ci§t  bann  bcr  ©d^arf« 
rid^ter,  ^ollcpcter  unb  (petermänn* 
d)en  finb  Dfiamen  Don  ^au^fobolbcn, 
*Wcificr^etcr,<peterIcin  unb  ^Jctcrle 
Icufcl'^bejeic^nungen.  Sine  gcwiffe  Jafl* 
nad)tt)erflcibung  peift  bummer  *5etcr, 
ber  ©c^aufelbub  im  Äartenfpiel  fc^mar* 


9'iamen  »on  Saiden. 


507 


jcr  ^eter,  unb  in  ber  ^^"«rroetferci 
^etcrmännd^cn  ein  fogcnannter  ©prüf)« 
teufet;  an  mancf)en  Orten  ^ei§t  ein  ge^ 
wiffed  Sicr  <Pctermann,  (Peterf;  (ße* 
terlin,  ^eterti  ifi  ber  an  $cter  angc 
lehnte  SJiamc  ber  ^ftanje  petroselinnm; 
Äu^priej^er  ober  Äu^pcter  ifi  ein  Äucf)en 
aui  ber  crjlen  ober  Sicfimild^  einer  ^n\), 
Jen^erpetcr  baö  ^^ni^^^'^f"»- 

^t)itipp  mit  ber  an  beffen  ^ofe- 
namen  Lips  angcicfjnten  33ilbung  ßip« 
penlapp,  tttomit  fd)on  im  18.  3af)r^un=: 
bcrt  ein  t^örid)ter  SOtcnfd)  unb  @c^»ä|er 
tiejeid)net  voirb. 

SRuprc(^t;  Änccbt  iRuprec^t  ^ei§t 
bie  »ermummte  ?d)re(fenögcjtalt,  bie  ben 
Äinbern  tai  2Beif)nacf)t6feft  DerEünbigt, 
3lüpel  mar  im  §cyonme[en  ein  2;eufelä-- 
name;  [onft  bejeidjnct  eö  fomot)!  einen 
9!Jlen[(i)en  »on  fc^marjer  f»autfarbe  aU 
einen  Äater.  Jrü^er  mar  ÄnecE)t  iRupred^t 
aucf)  ber  9tame  eineö  äcf)alfönarrcn  ber 
bann,  mieber  in  JRüpet  cerfleinert,  im 
Sirama  beö  16.  unb  17.  3a^rl;unbcrt^ 
aU  lujiiger  Äerl  biente. 

@ufanna,  in  ®ufc  »cvfürjt,  »irb 
<55emcinname in  bumme®ufe,93rumm» 
fufe,  ©cfjlaffufe. 

23eit,  f)ei§t,  ben  (Sibgenoffen  J^eini 
unb  iRüebi  gegenüber,  93 ruber  Seit  ber 
12anböfnec^t;  ßügenneit  ij^  ein  JÖinb* 
beutet,  Äa|enüeit  ein  SBalbgeifi  beä 
SRiefengebirgeö. 

2Benäcl,  ber  ^auptnamc  ber  Söö- 
men;  mit  scharren  äufammengefc^t  giebt 
tx  Scharwenzel  ober  Scherwenzel ,  b.  i. 
ein  ilRenfdt),  ber  auä  Sigennu^  gegen  aüe 
SBelt  übertrieben  t)öflid)  unb  bienfifertig 
ifi ,  eigentlid)  Umbcutfc^ung  be^  ital. 
Servente,  Scherwenzel  ift  aud)  ein 
^artenname,  Lausewenzel  ein  fc^Ie(i)ter 
'labaf,  meit  »on  [einem  flinfenben  SHau^ 
bie  SSIattldufe  fterben,  unb  Baurenwenzel 
eine  ®efcf)muifi  beö  ©eftc^tcä.  Duellen: 
bie  f($on  angefüfjrtc  5lb^anblung  »on 
2B.  iißacf crnagel  unb  tai  ®rimmfcf)e 
iZöörterbucf). 

^amtn  oon  ©ai^cn.  2lu§er  ben  «Per- 
fönen  ert)alten  namentlidj  in  ältejier 
3eit  aucE)  ©egenüänbe  nid)!  menfd)Iid^cr 
■ilrt  ©onbernamen,  eö  finb  SGßaffen,  ^auö« 
ttere  unb  berglcic^en  anbere  I)inge, 
■bie  bem  Sefi^cr  certraulid)  na^  fiel)cn, 
gicid)  einem  ^^amiliengliebe,  benen  eine 
gemiffe  biimonifc^e  Sei'eclung,  eine  ^er= 
fDnlid)feit,  fogar  eine  göttlid)e,  inne 
ju  mot)ncn  fdjeint,  ober  bie  al^  befonberö 
feltener  unb  fojibarer  ®eft^  gelten.    Qtvax 


fcnnt  man  biefe  9^amen  erft  au«  ben 
mittelalterlid^en  6c^riftmerEen,  aber  üielc 
barunter  gef)ören  ber  meit  älteren  gelbem 
fagc  unb  bamit  bem  Kulturleben  ber 
alten  ©ermanen  an.  35ergleid)en  ©egcn^ 
fidnbe  fmb : 

1.  ©äffen,  nämlid^  ©d rt)ert,  ^Janjct 
unb  ^clm;  Speer  unb  (Scbilb  gehören  nic^t 
baju,  mie  beim  2acituö  in  ber  Germania 
6  berid)tet,  i>a^  jeber  Ärieger  mit  ©pecr 
unb  ©i^ilb  bewaffnet  fei,  menige  aber  mit 
8c^mert,  ^anjerunb^elm.  2)ad  <Sd)  »ert, 
gott)ifc^  hairus  unb  mekeis,  jeigt  fc^on 
burd)  fein  männliche«  ®efc^led)t  eine  per= 
fönlic^e  *Uuffaffung  an;  in  (Sriff  unb  Spi^c 
au«gejeid)neter  ©c^merter  roof)nen  nad)  ber 
norbifc^en*3luffaffung  oftÜBurm  unb  Siiatter. 
Scfonbere  €d)tt)erter  ber  beutfdjen  .gelben« 
fagc  ftnb  unter  anberen  ?l  bei  ring,  in 
bänifd)en  ßiebcrn  baö  ©d)h)ert  «Siegfrieb«, 
Sa  Imune,  ©icgfrieb^  ©c^mert  in  ber 
beutfd)en  Sichtung;  33  rinn  ig,  '!>a^ 
>Sd)mert  ^f>ilbebranbä;  (Sctefat)^,  aud) 
bIo§  ®al;ö  unb  ha^  alte  <Bai}i  genannt, 
tai  jule^t  2)ietri^  oon  Sern  beft^t,  im 
I)eibnifc^en  ÜJ?t)tl)uä  aber  einji  ein  (Sott 
mag  befeffen  ^aben;  @ram,  ber  alt- 
norbifi^e  3?ame  oon  ©icgfriebö  <Sd)mert, 
iJOtiminc  "JJiimung,  fflittigs  ©c^mert; 
iJJagetrinc,  S^mert  .^»eimei^;  Jöaefe 
ober  2Öafd)e,  b.  i).  Saöfe,  Schwert 
SBalt^erä  oon  Spanien;  SBelfunc,  alt* 
norbifd)  SBölfüng,  juerfi  Siterolfö, 
bann  feineö  ®ot)neä  ^ietleib  ©d^mert. 
2)ie  gefeiertflcn  öarunter  fmb  ©defa^g, 
Dfiminc  unb  Stagelrinc,  beren  jebeä  üon 
bem  ©c^micb  an,  ber  eä  fertigt,  feine  ganje 
®ef(^ic^te  t)at,  mie  eö  oon  einem  gelben 
an  ben  anbern  gefommcn  ifi.  jDic  be- 
rü^mteflen  ©d)merterfd)miebe  finb  üKiine, 
Vertrieb  unb  üßielant.  (Sd)merter  ber  Äarl^^ 
fage  fmb  Durentarl  tai  im  58eft^e 
Dlioierö,  unb  .^altectair  ober  '■JUtes 
clere,  b.  i).  ^loc^glanj,  'bas  im  Sefi^e 
SRolanbä  ftetit.  ^ 

^elm namen  finb  meniger  jablreic^; 
norbifc^c  finb  Hildisvin  unb  Hildigölt, 
ta^  le^tere  uon  ®ölt  —  Sber,  beibe  SBörtet 
alfo  bem  auf  bem  ^elm  cngebrad)ten  (5ber* 
fopfe  entnommen;  Hiltegrim  ober  Hiltegrin 
IjeiBt  2)ietri(^a  -^elm,  wieber  auö  Mld  = 
Äampf  unb  ^ubem  aus  grima  'Ulaih  ober 
.^elm  jufammengefe^t.  iRoIanb^  |>elm 
l)eiBt  Venerant.  !ßon  ^Panjer namen 
ifi  nur  ein  einjiger  in  ber  (Sbba  erbalten; 
er  lautet  Finnsleif.  ®in  ^  o  r  n  mit  eigenem 
SRamen  i|l  iRotanbö  Olivant,  b.  ^. 
Elfenbein,  oon  altfranjöftfc^   olifant   = 


508 


D'Jarrcn. 


©Icfant,  2)ct  Stier  con  Uri  iji  ein 
5luetoc^[enl)orn.  benannte  [Ringe  finb 
Dbin^  Dranpni;  Andvaranant  ifi  ta' 
gegen  fein  ©igenname,  er  bebeutet  SRing 
(naut)  beö  Sn^ti'Öt^  ^nboari. 

Unter  ben  benannten  3fl  offen  nimmt 
bie  erfie  ©teile  ein  Sleipni,  Dbinö  9io§, 
b.  i).  iaii  gleitenbe ,  ju  l)0(^bcutfd)  slifen, 
£>er  ^elbenfoge  get)ören  an  Belebe,  hai 
JRo§  5Dietrid^0 ;  Falke,  ia^  qjferb  S)ietricf)^ 
unb  SBolfbietric^^;  Grani,  Siegfrieb^ 
©(^mert  in  ber  norbifd)en  itberlieferung 
b.  t).  tM  graue  ober  graugetrorbcnc; 
Kispa  l)ei§t  ^leimi«,  Scheminc  ober 
Schemminc  Söittigö  Dto^;  t>ai  legiere 
ifi  ber  Jöruber  galEeö,  (Sranie  unb  G^ispa^; 
ber  9'Jame  get)ört  ju  scheme  .^  Schimmer. 

Unter  ben  jal;lrcid)en  Otoffcn  ber  Maries 
fagc  iji  ba^  berü^mteftc  Bayart,  tai  bie 
»ier  ^eimonöfinber  trägt. 

Qllte  ^unbenamen  betreffen  meifi 
3agb^unbc;  bod)  l)ei§t  in  ber  öbba  Garm 
ber  ^ofttjart,  hovawart,  b.  i.  ^off)üter  ber 
^öHc.  ©in  befonber^  ^ufiger  ^ouä^unb^ 
name  iji  Wacker  =  ber  SZBac^fame. 
3n  ber  £|)ibrid)ä  Sage  mirb  üon  ben 
abenteuerlid^en  ^agbjügen  bcä  ©rafen 
3ron  t>on  SBranbenburg  erjätjU,  ber  60 
.§)unbe  mit  fid)  fü^rt;  beren  befie  ftnb 
Stapp,  Statt,  Lnscta,  Rusca,  Paron,  Bonikt, 
Bracka  unb  Porsa;  man  crflart  fte  al« 
Stapf  unb  Stutt,  b.  i.  ©i^ritt  unb  Sro^ ; 
ber  fc^Ieid)enbe  (at)b.  lüschen)  unb  ber 
rafcf)e,  muntere,  wie  ein  anbermal  auc^ 
ein  ^iixh  Rusche  t)eiit;  Paron  mirb  ju 
a\)t.  bare  r=  SOiann  gefteüt,  Porsa  ju 
birsen,  birschen;  Bonikl  ge[;ört  »ieüeid^t 
ju  al)t>.  pnnit  =  jDiabem,  unb  Bracka 
ifi  93racfe,  <Spürt)unb.  33ereinjelte  9iamen 
blo«  giebt  e«!  ton  bem  iRinb ,  ber  Sita,i, 
bem  dfel,  ber  Äa^c,  bem  ibäreii,  bem 
galfen. 

3ur  Sigenbenamung  ber  ®ct)iffc 
führte  fc^on  bie  uralte  Uergleii^ung  biefcö 
Oegenfiaubes  mit  bem  fct)n)immenbcn  Ü5ogel 
unb  bem  rennenben  ^Jferb:  ©i^ni^arbeit 
am  SSorberteil  lie^  itaz  ®anje  als  einen 
S)rac^en  erfc^eincn;  fo  fjie^  Öalburä 
©c^iff  Hringhorni  mit  93ejug  auf  ben 
SRingfi^mucf  feineö  Steoene,  ein  norbifd}eö 
Äöntgefd^iff  t)eigt  SBunfi^ Jungfrau, 
äBaltüre,  ein  anberc^  SOiannöl^aupt. 
3tt)ei  ®cf)iffc  bcei  bcutf^cu  Drbenö  in 
$reuf!cn  bitten  Pilgerin  unb  Vridelant 
b.  i.  'Sefc^ü^e  ixxQ  8anb!  3m  fpdtern 
JDlittelalter  ^ei^en  Schiffe  auf  ben  fc()meiäe- 
rif^en  ßanbfeen  Qöani,  guc^ö,  ©nte,  Sör, 
@d)ne(fe. 


®  e  f  db  ü  ^  e  würben  anfänglich ,  be- 
cor  tai  5ßuIoer  in  ©ebraud)  fam,  nad^ 
bem  Vorgänge  beä  Qlltertum«,  mit  Jier* 
namen  benannt,  ab?r  in  appeüatiuer  2öcifc 
nur  je  bie  ©attung,  j.  93.  Äa^e,  Ärcb^^ 
Garant,  Sgel;  eigentliche  ^nbioibuen« 
9lamen  famen  erft  mit  ben  geuergefc^ü^cn 
auf,  wobei  ftc^  bie  $f)antarie  ben  freieren 
Spielraum  erlaubte:  51  ff,  2)rac^,  ^yalf, 
JJalfonct,  glebermauö,  gudjß,  .^ornu^,. 
|)urlcbuö  ober  Hurlebaus,  b.  i).  ißrumms 
fa^e,  ßcme,  Sui^s,  ^Jacbtigal,  5ßüfel,  b.  l). 
Sßüffel,  Qßurlebau^  ober  *PurIapauö  f.  o.  a. 
.^urtebuö,  ju  burren  =  brummen,  Sd^Iange, 
Sc^rötel,  b.  f).  Schröter,  ^irfd)!ä[er,  2ßolf ;. 
jungfraw  Falkenet,  Drometterin,  Maur- 
brecherin.  Singerin,  Nar,  Roraff,  bicfe^  ein 
©trapurger  ®efc^ü|,  baä  feinen  3Jamen 
üon  bem  2öal)rjcicbcn  ber  <£tabt  fjat,  einem 
Iäc!^erlid)en  Sauernbilb  an  ber  SlRünfier* 
orgel;  Ketterlin  von  Einsen  (Snfeö^eim), 
Metz  ober  Mette,  Metteke,  ÄofettJort  ju 
Mechtild,  Weckauf;  aud)  SUJonatnamen 
Dtamen  ber  *pianetcn  unb  ber  3^1^^^"  ^^^ 
2;ierfreifeö,  \a  biel^uc^ftaben  bee  2tlpbabet^ 
fommen  alö  ®efct)ü^namen  cor;  aU  ÜJlorife 
ton  Dranicn  1591  SJiimwegen  auo  fol^ 
einem  ABC  befc^op,  nannten  i^n  bie 
93clagcrlen  ABCfc()üge. 

%  ü  r  m  e  empfiengen  oft  (Sigennamen : 
Luginsland,  Schutt  den  heim,  Hans  in 
allen  Gassen. 

®  I  0  d  e  n  fmb  fe^r  frü^  getauft  unb 
bamit  jugleic^  benannt  morben;  ta^  ältefie 
SBcifpiel  iji  bie  ®Iüde  im  Sateran,  bie 
*Papii  3obann  XIH.  nad)  fid^  unb  bem 
jpeiligcn  ber  Äird^e  So^anne«  nannte; 
aud)  fpäter  fmb  e^  meiji  ^eiligennamen 
mit  tenen  man  bie  ®Ioden  »erfu^t.  Ulad^ 
SB.  ü?  a  d  e  r  n  a  g  e  I ,  bie  beutfc^en  5lp* 
peüatitnamen,  3lbfd)nitt  I,  ipfeiffcre  ®er= 
mania,  IV  unb  V,  unb  kleinere  Sct)rif= 
ten,  III. 

Starren.  D^ame  unb  93egriff  beä  Diiarren, 
ai)t.  narro,  mi^b.  narre,  bunflcr  ^erfunft, 
fpielcn  in  ben  ^äUn  beö  auögef)cnben 
SWittelalterö  eine  grofe  [Rolle;  fcitbem  ftd» 
ber  ®eiji  ber  ßdt  ton  rcligiöfcn,  gefeü« 
fc^aftlic^cn,  fiaatli(i^en,  fünfilerifd^en  ißrin* 
cipten  ber  ^öfif^=romantifd)en  SBelt  Ioö> 
gelöji  Ijattc  unb  nad)  neuen  ©runblagen 
beä  ßebens  brängte,  fonnte  eö  nic^t  auä* 
bleiben,  ta^  ber  ©egenfa^  jtt)ifd)en  bem 
SBeifen  unb  bem  Sborcn,  bem  ißernünftigen 
unb  Unoernünftigen  mit  iu  ben  2)orbers 
grunb  ber3titbc9Tiffe  rüdte  unb  nac^  feficn, 
plafiifd)en  formen  in  Sprad^e,  ßittcratur, 
Äunjt  unb  in  bem  Seben  ber  ©efellfd^aft 


D'iarrcn. 


509 


QUßginc^.  2)omit  petbanbcn  fid)  ältere, 
meijl  ber  SBolföfomif  angel)i)renbc6tetnente, 
tibaftifäier  Jn^alt  be^  alten  Seflamentcä, 
(Sinflui  antifer  <?(f)riftf}etler  utib  »reifere, 
befonbcrö  italicnifchc  6inf(üffc  fomifcf)cr 
unb  fiumoriftifcbcr  Qht,  bie  i^irerfeitö  jum 
Seil  tttieber  auf  altrömi[d)en  ©ebräuc^en 
berufen.  (Sine  äufammenliängenbe  Unter- 
fudbung  über  biefc  genannte  (Srfd)einung 
fe^lt  biö  jc|t,  am  tneifien  finbet  man  in 
ber  Einleitung  jur  5iuögabc  ton  ©ebaflian 
Srantö  3Jarrenf(i)iff  burd)  S^rncfc  unb  in 
2Bein^oIbö  Qlbljanblung  über  ia^  Äo= 
mifcf)e  im  altbeutfcfcen  ©^aufpiel,  in 
®o[d)e'ö  3«t)rbud)  für  Sitteraturgcfcf)ic^te, 
i8b.  1. 

jDic  ältere  ßiit  jie^t  bcn  9'?amen  tore 
bem  narren  t>or,  gebraud)t  aber  ftjnonpm 
bamit  riielfad)  bie  9'?amen  ber  brci  Siere 
äffe,  esel  unb  gonch,  tvk  es  j.  33. 
in  alten  ©prücbcn  t)ei§t:  Ich  bin  ir  narr, 
ir  gonch,  ir  äff,  in  esels  weis  ich  si  an- 
gaff; äffen  zegel  ((g^mänje)  unb  esels 
oren  tragent  veil  der  werlte  tören;  bie 
SBicfctigfeit  beö  5lffentumö  in  bicfcr  3cit, 
bie  übrigenö  mit  bem  Iautlid)en  3iM«nis 
men^ang  be^  Siernamenö  mit  bem  2ßorte 
5lffentür,  2lffentcur  flatt  51fentur, 
^benteur  jufammcnju^ängcn  fd)eint,  er« 
giett  ftd)  unter  anbern  ouö  ben  ,^pmpofu 
tionen,  affenbanc,  affenberc,  affenhochzit, 
affenhüt,  affenkleit,  affenrät,  affensalbe, 
affenseil,  affensmalz,  affenspil,  affenspise, 
affental,  affentanz,  affenvnore,  affenwort, 
affenzagel  unb  affenzit,  Yoo  überall  flatt 
beö  Jiereö,  Ztiox  ober  O^arr  gefegt  n^crben 
fann.  grü^  ift  ber  efel  jur  (Sbre  cineö 
unpernünftigen  Jicreö  gefommen;  SRotfer 
fagt  fd)on  »on  einem  Starren ,  er  lebe 
in  esiles  wise,  unb  fpäter  f)ei§t  e^: 
Esels  stimme  nnt  gonches  sanc  erkenne 
ich  an  ir  beider  danc;  ist  er  ein  esel 
oder  gonch,  dasselb  ist  er  zno  Paris 
onch ;  swä  man  den  esel  kroenet,  da  ist 
daz  lant  gehoenet;  der  esel  gurret  nf 
den  wän,  er  waenet  wol  gesungen  hkn; 
maneger  wolte  gerne  sin  ein  esel  oder 
ein  eselin ,  daz  man  seite  maere,  wie 
wunderlich  er  waere;  bi  rede  erkenne 
ich  tören,  den  esel  bi  den  ören.  ^aiiU 
reidie  altbergebraditc  SReben^artcn  brebcn 
fid)  um  tai  langol^rige  Jier:  einem  den 
esel  bohren,  den  esel  zeigen,  den  esel 
stechen,  b.  b.  ben  S^'Ö^'  ^^^  fleinen 
Ringer  gegen  i^n  auöftretfen,  md^renb  bie 
übrigen  brci  eingebogen  merben,  einem 
den  esel  strecken,  schnitzen,  den  esel 
kroenen,  einen  auf  den  esel  setzen  oder 


bringen,  den  eseljreiten,  eine  befd)impfcnbe 
Strafe,  bie  au«  Sürgerö  Sallabc  „ber 
Äaifer  unb  ber  51bt"  befannt  ijl;  Don3u* 
fammenfe^ungcn  mit  bem  (äfcl  gebraud)t 
allein  Dr.  ßutljer  ßfelbapp,  e[elbifcf)of^ 
(Sfeljurij!,  efelreiter,  (Sfelöfors,  gfelöfopf, 
(SfeUfunP,  (Sfelt^eolog. 

2)aö  britte  Jier,  bcn  ©aucf)  ober 
Äufuf,  fennt  cbenfaüfJ  fd^on  ««otfev  aU 
©innbilb  beö  Starren,  mcnn  er  jufams 
menficüt  der  nnwiso  nnde  der  gonh; 
fpäter  bei^t  eö:  wisiu  wort  nnt  tnmbin 
werc,  diu  habent  die  von  Gouchesberc; 
der  abläz  dnnket  tören  guot,  den  ein 
gonch  dem  andern  tnot.  3"i^  auögc« 
fül)rtcn  Silbe  ber  Dtarrenmelt  murbc  ber 
(Saud)  in  ber  ®aud)matte  ober  ©cuc^« 
matte,  ein  9tame,  ber  im  16.  3af;rt)un= 
bert  fprid)mijrtlid)  mürbe,  burc^  §niei  5Did^« 
tungcn  ®engcnbad)«t  unb  SDJurnerö,  bie 
beibe  in  Safcl  fpielen;  eö  ifi  bie  35ar= 
Peilung  einet  SDtatte,  auf  ber  bie  ©äu^e, 
bie  verliebten  Starren,  ju  einem  ^cfle  ju; 
fammenfommen,  eine  33orfteQuug,  bie  ftc^ 
an  eine  ®eite  beö  uralten  SDtaifefteö  an^ 
fd)Iie§t.  3u  ben  SKaitänjen  nämlid)  ner= 
einigten  ftc^  einsclnc  $aare,  bie  oft  ta^ 
8oö  ober  bie  ^Darreichung  unb  3lnnaf)me 
eine«  ßaubreife«  unb  ©traute«  befiimmte, 
unb  bie  bann  ben  gaujcn  Sommer  ober 
baö  gro§e  ^cfi  Mnburd)  miteinanber  tanj= 
ten.  '2ht  jenem  gef!e  ^atte  ber  ÄufuE  eine 
wichtige  SRoÜe  aU  SBotc  t(i  g^rü^Iing« 
unb  murbc  alö  foId)er  gefeiert;  fein  Ctufen 
galt  ben  Siebenben  als  2Ba^rfagung,  man 
mad)tc  fein  Oiufcn  nad)  unb  flieg  ju 
tiefem  ^Widt  fogar  auf  33äumc. 

211ö  Utame  für  bcn  unreifen  3Dtenfd)cn 
mirb  in  älterer  3"t  tör  angemenbet,  Vri- 
danc  \)at  einen  längeren  51bfd)nitt,  ber 
übcrfd)ricben  ifl  Von  den  wisen  und  tören. 
er  beginnt  mit  bem  gpvuc^:  Got  hat 
den  wisen  sorge  gegeben,  da  bi  den  tören 
senfte  leben,  unb  fa^t  in  bem  ©innc 
bicfcsi  eingangöfprud)C2i  ben  Sporen  aü» 
gemein  alß  benjenigcn,  meld)er  unner« 
nünftig  l)anbelt,  unb  nod)  nid)t  alg 
befonbern  ©tanb :  wir  gevallen  alle  uns 
selber  wol,  des  ist  daz  lant  der  tören 
vol.  Swer  waenet,  daz  er  wise  si,  dem 
wont  ein  töre  nähe  bi.  Den  tören  dnn- 
ket selten  gnot,  swaz  ein  wise  man 
getnot.  Swer  tören  welle  stillen,  der 
rede  nach  ir  willen. 

3nbeffen    brauchen    boc^    fd)on   3eit« 

genoffen  grcibanf«   aud)   basi  SBort  narr, 

unb    bie    3"H''""^cnfc^ungcn    narrenweg 

unb  narrenspil;   fo   erfd)eint  ber  Äolben, 

33 


510 


Jlarren. 


ben  bcr  ytan  tragt,  wcnigficnö  im  14. 
Sa^t^unbcrt,  ein  Setüciö,  i>a^  ftd^  in 
bicfcr  Qdt,  o^ne  S^^if^l  ''"n  ^i^anfrcic^ 
unb  Italien  ^cr,  ber  Segriff  ber  Si^arren 
aU  einer  felbjiänbigen  ©eftalt  unb  Sil* 
bung,  einer  befonbern  ©pejie^  ber  ÜJJen« 
fc^en,  auöjubilben  begonnen  ^atte;  auc^ 
t)a^  Tomonifc^c  SCßort  fon,  von  fpat  lat. 
f ollere,  fid)  ^in  unb  l;er  beilegen,  foUis, 
eth)aß  fic^  i^in  fjerbewegenbcä,  aui)  Slafc* 
balg,  bat)er  foUe  foniel  alei  pDffenl)aft, 
grifienljaft,  ifi  erft  im  SÜRittelalter  in  ©e« 
brauä)  gefommen.  S5ag  15,  3af)r^unbert 
bat  bereite  ganse  ^'ifirtflc^tfpiflf/  ^iß  i^fn 
Sf^arren  ^anbeln,  aber  e«  finb  fajl  immer  nur 
bie  Berliebten  Diarren  gemeint;  fie^e  übri? 
gen§  über  ben  Starren  im  Spiele  nteiter 
unten.  ©eine  bicibenbe  (i)arafteriftif(i)e 
Oeftaltung  in  ber  ßitteratur  unb  baburd^ 
aud^  in  ber  Qtnfd^auungä«  unb  5(uebru(fö= 
roeife  ber  Qät  überbaupt  erhielt  jeboc^  ber 
9iarr  bei  unä  erfi  burc^  ©ebaftian 
©rantä,  im  ^al)xt  1494  juerjl  erfc^ie« 
neneä  9iarr  enf(i)iff,  roo  aud)  juerji  bic 
befonbern  58cäicf)ungen  beö  Diarrenbafeinö 
äum  »ollen  fpracftlidien  51uiibrucfe  gelange 
tcn;  »on  Srant  flammen  bie  iRebenäarten: 
Er  ist  in  der  narren  rott,  im  narren- 
orden,  die  pfifen  zuo  dem  narrenreien, 
narrendanz,  narrenfeit,  narrenberg,  die 
ziehen  doch,  den  narrenpfluog;  und  danzt 
hernoch  am  narrenholz,  und  wirt  am 
narrenseil  gefüert,  man  sieht  si  im 
narrenstrick,  er  gehoert  nf  den  narren- 
schlit,  man  setzt  in  nf  den  narenbank, 
ich  dunk  in  tief  in  narrenbri,  er  stäckt 
im  narrenbri.  2)ie  SBirfung  beö  Siarren« 
fd)iffeö  mar  eine  au§erorbentIicf)e,  eö  mürbe 
bad  gelcfenfle  Sud)  feiner  ^iit,  bur<^  jaf)!« 
reii^c  beutfd)e  Qluögaben  in  2)eutf(^Ianb, 
burd)  jmei  lateinifi^e  Bearbeitungen  in 
ber  europäif(^en  ®clcl)rtenmelt  unb  bur»^ 
me|)rfad)e  Ueberfe^ungen  in  bie  franjöfifd^e, 
englif<$e  unb  nieberlänbifd)e  ©prac^e  aud^ 
in  ber  ungele^rtcn  ßefermclt  biefcr  ßiinbcr 
ucrbreitet;  3)eutfd)lanb  erflattete  granf- 
reicf)  bamit  äurüd,  maö  bicfeö  if)m  an 
?{arrenerfd^einungea  jus  unb  vorbereitet 
l;attc.  i)er  iBerfaffer  beö  9Jarrenfd)iffeä 
mürbe  aU  ber  erfte  beutfd)c  ®id)tcr  ge= 
feiert,  alö  ein  jmeiter  ©ante,  eine  (Spod^e 
ber  Sitteratur  foüte  mit  il;m  begonnen 
l^aben. 

SBirflic^  ifi  aui^  burc^  tia§  ganje  16. 
3a^r^unbert  unb  btö  in  tafs^  erfie  Viertel 
beö  17.  faum  ein  beutfd)er  2)id)ter  von 
93rantö  9tarrcnfd)iff  unabl^ängig,  bie  be« 
bcutenbficn  unter  i^nen  am  meifien;  bocb 


bejiet)t  ftc^  bicfe  5lb^ängigfeit  in  erfier 
ßinie  auf  bie  SBeltanfd^auung  Sörant« 
überl^aupt,  auf  feinen  ftttlic^cn  unb  »et* 
nünftigen  ÜJia^fiab,  mit  bem  er  bie  ©inge 
mift,  auf  ben  reichen  unb  »oHen  ®cbraud& 
ber  freien  SRebe;  unb  erfi  in  jmeiter  ßinie 
auf  bai  Dtarrentum,  Dennoc^  ifi  aud^ 
fein  fRarrentum  alö  ber  Oleoerö  ber  SBeiös 
beit,  bcr  @c£)attcn  hinter  bem  ßicf)te  ber 
SBernunft,  in  3at)Ireid)en  Suchern  unb  2)idE)s 
tungen  meiter  gebilbet  morben.  5"  ^^t 
lateinifd^cn  ßiteratur  ber  ©ele^rten 
fiet)t  t)ier  beö  ®raömuö  Enkominm 
Moriae  obenan,  ta^  felber  micber  ein 
eigentlidf)eö  SBeltbudt)  gemorben  ifi;  non 
beutfcf)fdE)reibenben  (Sd^riftfieHern  bat  fic^ 
juerfi  St^omaö  9)iurner  hai  Dkrren« 
fd^iff  jum  SBorbilbe  von  öier  ^auptmerfen 
genommen,  bcr  ©äud^matt,  ber  ©d)el  = 
menjunft,  ber  D^arrenbefd^mörung 
unb  vom  groben  lut^erifd^en9iarren. 
2Bäf)renb  aber  ber  fireitbare  Tlbnd)  mit 
feinen  Starren  aümä^lidf)  in  bie  i^aferfüHte 
religiöfc  Q3artci » ©atire  gebrängt  mürbe, 
blieb  |)anö  «ssadjö  in  feinen  ja^Ircid^cn 
9tarrcngebid)ten  bei  ber  Serfpottung  beö 
menf(^Iid^  Ünücrnünftigcn  fici)en  unb  Der* 
fianb  eö  mit  feinem  Reitern  |)umor,  fern 
»on  aller  SSerle^ung  bered^tigtcr  ^ntereffen, 
ber  S^orbeit  i^r  natürli^eö  SRed^t  ju 
gönnen  unb  ju  laffen.  ©ein  berübmtcfieö 
9iarrcngebid^t  ifi  ia^  gafinad)tfpicl,  ia^ 
DZarrenfdbneiben,  mo  ta^  iffiort  9krr 
bie  *)3crfonififation  einer  befiimmten  9?arr« 
I)eit  bebeutet,  ^offart,  Oeij,  SRcib,  Unfcufd^» 
^eit,  güKcrei,  3crn  "ni>  bergt.;  überljaupt 
aber 

Qlüerlei  ©attung,  alö  falfdb  3urifien, 
©d)marjfünfilcr  unb  bie  Qildbamifien, 
ginan.^cr,  QUefanjer  unb  Jrügncr, 
©d)mcicf)Icr,  ©potfeler  unb  ßügner, 
SBunberer,  (ägclmeier  unb  Icunifc^, 
©rob,  iilpercr,  unjüd^tig  unb  beunifd^, 
llnbanfbar,-@tocfnarren  unb  ged^, 
gürmil^ig,  Icid)tfcrtig  unb  fredt), 
©ronet  unb  grcmifd) ,  bie  aHjcit  forgen, 
a3c§  S''^"'  ^i^  ^oä)  gern  borgen, 
(Eiferer,  fo  f)üten  irer  ^^rauen, 
©ie  on  ytot  redeten  unb  on  3Ju^  bauen, 
©pieler,  93ögfc[)ü^en  unb  SBaibleut, 
SDie  r»il  verton  nad^  Heiner  93eut, 
Summa  ©ummarum,  mic  ftc  nannt 
2)oftor  ©ebafiianuö  Srant 
3n  feinem  Dtarrenfd^iff  ju  farn. 

Diarrenfdjmänfe  »on  ^anö  <Baä)i  ftnb 
bcr  iJlarrenbrüter,  ber  Äram  ber 
«Rarrenf appen,  ber  fWarrenfreffer, 


ülaxxtn. 


511 


ba«  Diatrenbab;  Don  anbern  Dichtern 
fiammcn  ©picic,  @prücf)c  unb  Sieber,  ge« 
nannt  baä  9'iarrengie^en,  bie  iRarren» 
f(|ule,  bic9iartcnfap pcn,  bie  9'i arten* 
i)a^,  ©pital  un^cilfamer  SJiarrcn. 
5!J?it  ber  (Jinfü^rung  beö  Dpi^ifd)cn  ©c« 
fcf)macfeö  ge^t  biefe  ßüteratur,  bic  burc^au^ 
»olf^tümlid^  war,  auö;  einjig  Qtbraljam 
a  @t.  Slara  t)at  noc^  einen  m(i)t  un= 
glürflicf)en  SJ?ad)tifcf)  geliefert  in  feinem 
Centifolinm  stnltornm  in  Duarto ,  ober 
^unbert  auebünbige  ??arren  in  ^olio. 

3n  aüen  genannten  D^arrenfc^riften  be« 
jei(i)net  ber  S'iarr  benjenigen,  ber  in  feiner 
8ebcnßfüf)rung,  bicfclbe  mag  im  Uebrigen 
fein  tt)et(ä)e  fie  motte,  üom  Sßege  ber  33ers 
nunft  abmei^t;  biefe  iJlarrfjeit  ifi  eine 
Äranfl^eit,  eine  ©ci^mäd)e,  bie  abgelegt  unb 
gel;eilt  «erben  folt  unb  fann,  eine  Scr* 
irrung,  bie  auf  ben  redeten  2ßeg  jurücE* 
gefüfjrt  merben  mu§.  <ParaüeI  mit  biefen 
Pfarren  ge^t  nun  in  ber  ßitteratur  eine 
anbete  Si^arrenflaffe,  uon  geborenen  Starren, 
tton  iJiaturnarrcn,  benen  bic  DJatur  felber 
'i>ai  9icd)t  if)rer  ©yiftenj  gegeben  t^at,  bie 
nid)t  in  if)icm  93erufe  nätrifc^  banbeln, 
beten  93eruf  üielme^r  iji,  9krr  ju  fein. 
SDic  lüfifc^c  ®efcnfcf)aft  fennt  aud^  biefe 
Siiarrcn  nic^t;  äu^ereä  Qlnfcbcn,  f)o^et 
(Staub  becEen  bie  SWängel  beä  23erPanbeä; 
biefe  9iarren  get)ören  ber  nicberen  33oIfä» 
flaffe  an.  ©ie  ftnb  aber  mieber  unter 
ftct)  t)erfcf)ieben ;  entmcber  ftnb  fie  ganje 
9iarren  ober  fie  fmb  ©c^alfänarren ,  bie 
i^rem  niebern  ©taub  getreu  anä)  ein  ge= 
tingeä  2Jta§  üon  SBeiöi)eit  anmenbeu  unb 
ftd)  namentlich  barin  gefaKcn,  burd)  Un* 
gcjogen^cit,  unflätige  ©orte  unb  ®cbe^r= 
ben,  gute  unb  fd^lec^te  SEßi^e  bie  2ßeiöf)eit 
unb  bie  ßebenöart  ber  ^öf)ern  ©tänbe  paro= 
bierenb  ju  »er^öfinen.  Sinäclnc  ©treic^e 
gehören  ber  SBeltlitteratur  an  unb  ücrbrei« 
ten  fid)  über  gauj  Suropa,  fmb  fogar  in 
Elften  nad^gcmiefen  morbcn.  (Sin  folc^cr 
©(^alfönarr  ip  TOarfoIf  ober  SJlototf 
in  bem  fe{)r  alten  Dtoman  ober  Solföbud) 
»on  ©alomon  unb  llWorolf,  ein  einfältiger 
tölpel{)after  93aucr,  ber  aber  mit  feinem 
SJluttermi^  ben  mcifcjicn  Äönig  bo^  ju 
©cf)anben  mad^t,  ein  Sorläufet  obet  Sor* 
böte  be^  Hofnarren;  mit  SJotliebe  crjäf)Ien 
«nbere  iSücf)et  »on  $faffcn  niebrigcn 
©tanbeö,  meiere  butc^  toüe  ©ttcidEjc  biefen 
i^ten  ©taub  glei(i)fam  täd)en,  fo  tai  Sud^ 
com  ^Pfaffen  3lmi«  üon  bem  ©ttidet, 
bei  (Pf äff  00  m  Äalenbetg  unb  ^etet 
ßeu,  bct  urfprünglicö  Slocfträget  in  ^aü 
ttjot,  bann  unter  bic  fütmanjafen  geriet 


unb  jule^t  <Pfaff  mutbc.  S)er  ooüenbct|ie 
©d)alf«lnarr  beö  niebern  iöoifcä  mirb  aber 
Sutcnfpiegcl.  35ic  ©pejieö  ber  Oanj* 
narren  ift  vertreten  burc^  bie  ©^ilb« 
bürget;  bicfeö  Solfäbud^  i^  auü  bct 
3ufammenfaffung  ocrcinjelter  ©tid^cl= 
fd)mänfe  über  gemiffe  ©täbte  unb  ©täbt« 
eben  entfianben,  fcrrät  aber  in  feinem 
unbefannten  iBerfaffer  einen  recf)t  geij!« 
öollen  Äenncr  bcö  menfc^licf)en  ^erjenS. 
93on  einem  ber  oicicn  SBeifen  ©riechen« 
lanbä  Iä§t  er  iai  SBöIflein  abdämmen 
unb  urfprünglicf)  mit  ber  fjöc^fien  Sßeig» 
^eit  begabt  fein;  ftc  merben  ba^er  »on 
aüen  ^Jürften  ju  iRat  berufen  unb  feiner 
üon  il)nen  fann  ba^eim  bleiben,  bii  cnb« 
lid^  i{)tc  SBeiber  ftc  äurücfforbcrn,  ibr  Pet= 
milbetteä  ^lauömcfen  {)etpficlfen;  motauf 
fte  benn,  um  fetneten  5Drang  naä)  i^rcr 
angeborenen  SBeiö^eit  ju  nermeiben,  bc« 
fc^lie§en,  jtd)  närrifd^  ju  fteöen,  unb  ftd^ 
nun  anmäf)ticf)  fo  in  bie  IRarr^eit  cer* 
lieben  unb  fefirenncn,  ia'ß  fie  ni^t  mef)r 
anberö  fönnen.  SJiac£)bem  fie  fid)  in  aüen 
5lrten  bet  ??atr^eit  meifierlic^  oerfudit  unb 
befefiigt  unb  oom  Äaifer  ein  $rioilegium 
mit  ©lief  unb  ©iegel  bafüt  et^altcn 
^abcn,  ge^t  it)te  Statr^eit  jule^t  inö 
iragifcf)e  über,  jerfiört  ifiren  eigenen  2Bo^n* 
fii^  unb  jmingt  fte,  nad)  allen  ©egcnben 
^in  auöjumanbern :  fo  fmb  fte  nun  mieber, 
mic  bie  3«^^"-  ^ur(^  bie  ganje  SBcIt  3er= 
jireut  unb  überall  anjutreffen. 

Qin  ben  ^iarren  ber  bibafttfct)en  unb 
erääl)lenben  ßitteratur  fcblief  en  mir  ben  ytax' 
renbeö©(i)aufpielö;er  jie^t  mitten  inne 
^mifdjen  einer  atlegorif^en  *Perfonififation 
bet  I^orbcit  unb  Unvernunft  unb  ^wifcfien 
bem  lebenbigen  ßufiigmac^er  ber  (Sefeü* 
fd^aft.  <Hn  bie  5luffaf[ung  beö  ßajler^  al« 
J^or^eit  erinnert  im  mittelaltetlict)en  ©dt)au« 
fpiel  bie  Sebanblung  bcä  SleufeH  aU 
fomifcf)et  $ctfon;  alö  93atet  bct  ©ünbe  ifi 
bct  icufel  aud^  23atet  bet  S^otbeit;  an* 
bete  mit  bct  SJatrfjcit  Derf(odf)tene  *Perfoncn 
ftnb  bic  iß  er  lieb  ten  ober  Siebes* 
narren,  bie  (£f)enarrcn,  Wännei, 
meldbc  ifircn  grauen  bic  ^ofe  mit  bem 
längern  SUieffet  laffcn,  bct  gaulcnjct, 
bet  Qtuffd^neibet,  untet  ben  cinjclncn 
SBctufgf  laffcn  in  ctjict  ßinie  bct  93  au  er, 
bann  ber  $irtc  im  Qlnfd^Iuffc  an  bie 
^irten  im  Söci^nad^töfpicl,  bic  ©ärtnci:, 
bic  ©ölbnet,  melcf)c  im  (Pafftonäfpict 
bic  SBäc^tet  am  (Stabe  t>or|iettcn;  feiten« 
werben  fa^renbc  Seutc,  unb  cigcnt* 
lid^c  ^anbmcrfcr,  etwa  ©c^neiber,  ©dl^uficr 
ßcinemebcr  für  baö  btamatifd^c  ©picl  »er* 
33* 


512 


Starren. 


ttenbet;  bagegen  jinb  beliebte  fomifd^c 
(Perfonen  bic  Ärämcr,  Duodfalber 
unb  9irjtc,  burdb  bcn  @altenfrämcr  im 
fPafftonöfpiel  »eranlaft,  h)clc^cr  bic  dltefie 
lufiigc  (Perfon  unfcrö  ©diaufpicl^  ifi, 
bann  bic  Jubcn,  ÜJt'ön^i,  *Pfaffen 
unb  alten  SB  eib er;  loa)  jtnb  biefe  ^'S"' 
len  nic^t  bic  cigcntlid^cn  Quellen  unb 
SSorbilbcr  ber  SWarren  aU  einer  befiimmtcn 
cinjelnen  (Perfon  beö  ©pielö;  t>ielme^r 
enttt)i(felt  ftd)  ber  fRarr  be^  S)rama8  au« 
bcn  ßu|iigmacf)crn,  tt)clc^c  neben  bem 
©piel  bcriicfen  unb  beren  Slufgabe  cö  war, 
(Raum  für  bic  in  ©cfamt^eit  auftrctcnben 
©picier  unb  bic  nötige  ©title  ju  fc^affen; 
juglcicf)  bientcn  jte  aU  6in*  unb  Qlu«« 
f<i)reicr  ober  Sßorläufer.  (So  fc^eint  nun, 
ta^  jtrei  ©trömungcn  ncbeneinanbcriiefen, 
eine,  welche  biefen  ©aufelmann,  gonggler, 
wie  biötier  bic  genannten  gunftionen  »er» 
richten  lic§,  unb  eine  ernjiere,  bic  i^n  in 
einen  e^rfamcn  ©pruc^fprec^  er,  oft 
auc^  in  einen  jlattlic^cn  ^crotb  umju* 
tranbeln  jh)ang,  neben  welken  bann  jene 
Starren  bloö  noc^  ncbcnju  mitliefen;  mancf)^ 
mal  gebot  ber  0Jarr  blo^  ©tiUfc^wcigen, 
mit  ber  Qlufforbcrung,  bem  3irgument  bc« 
^erolbö  ju  Iaufd)en.  3"  £'"«  ^araftcrifii* 
fcben  S8enu|ung  be«  Starren  cr^ob  ftd^  bic 
bramatifdE)c  .ßunfi  bc«  beutfc^en  ®rama« 
im  16.  3abr|unbcrt  nic^t;  nur  ^acob 
JRucff  aus  3ürid)  machte  ij^n  in  feinem 
Stcujabr^fpicl  bebcutenber,  inbem  er  i^m 
bic  ^lufgabc  politifcfecr  ©atirc  gab,  unb 
^anö  ©acf)6  gab  ibm  in  ber  Sfi^cr  bic 
©timme  beö  gefunbcn  33crjianbeä ,  ber 
fd)impfött)ei«  bieSfflabr^eit  fagt,  unb  legte 
ibm  fogar  in  ber  „Somebia"  üon  33ater, 
©un  unb  Starr  mcfbij^opfielif^t  3"Sf 
bei,  \t>ai  aber  nur  Dcrcinjclt  blieb. 

iDurif)  lai  33orbiIb  ber  englifcf)cn 
^omöbiantcn  fam  ber  cnglifc^c  Slomn 
in«  beutfcbc  ©(f)aufpiel;  ber  ^crjog  ^cin» 
rid)  5uliuö  t>on  SraunfcbrtJCig  nennt  i|n 
ftet«  5a^n,  unb  fictlt  ij^n  al«  fd)einbar 
bummen,  aber  muttermi^igen  .Sned^t  ^in; 
in  bcn  Sragöbicn  unb  Äomöbien  beä 
3afob  *J(i)rer  ^n^t  er  feltcner  Starr,  fonjl 
aud)  3a^n,  ein  unflätiger  Änec^t,  in  ein» 
jelncn  ©pielen  mit  bcn  befonbercn  Unter« 
fd)cibungen  3abn  ber  Sott,  3af)n  5ßoffct, 
3a^n  (Slam  ber  Sott,  2abn  <^an\tx  ber 
Öeibfnc^t,  3a^n  ber  Starr,  3a|^n  ber  Äurj- 
meiler,  3abn  Züxt  ber  närrifd)c  Äned)t; 
auc^  in  ^aflnac^töfpielen  b^t  ^i^rer  bcn 
3abn  »erhienbet,  aber  ebenfaü«  o^nc  (Slücf, 

Jßicbcr  anbere  Stomen  für  bcn  Starren 
begegnen  in  bcn  ja^lrci(i)cn  ©picicn ,  bic 


im  16.  Si^bt^unbcrt  oon  ©eifilic^cn  unb 
®($ulmeiftern  t)crfa§t  mürben:  Starrolt 
ober  Otcrfenf olbcn ,  ^ani,  ^einj,  ^ddtl, 
3ogte,  35eit,  Slau«,  ßorcnj,  ^an^murfl 
unb  ^ani  ^an  bcjcic^nen  anfangt  nur 
bcn  Saucr^anö,  bcn  groben  STöIpcl. 

3tid)t  minber  manigfaltig  alö  bic  (Sr* 
fc^einung  bc«  Starren  in  bem  altern  ©c^rift* 
tum  ifi  biejenige  im  Seben  bcä  SBotfcä; 
aud)  biefe«  Starrentum  ifi  international 
unb  |at  ftcf)  me^r  in  bcn  ßänbcrn  romani* 
fd^cr  3ungc  unb  in  S)eutf(i)Ianb  in  bcn 
©rcnjgcbietcn ,  bcfonbcr«  in  Äöln  unb 
ffiicn  fcfigcfc|it,  35a§  auc^  bic  Äirc^e 
baran  teilnimmt,  brauet  für  ba«  iKittcf* 
alter  feiner  (Sntfc^ulbigung,  ta  fxi)  in  i^r 
oft  religiöfe  Sßeibe  ^art  unb  unocrmittclt 
mit  ^ö^fi  mcltlic^cm  ©cbal^rcn  jufammen 
gcfopüclt  oorfinbct.  5tn  römifc^c  ®ebräucf)e 
bei  ber  ©aturnalicns^cicr  pflegt  man  hai 
fogcnannte  Starren  fefi  anjufnüpfen, 
festam  fataorum,  stultorum,  folloram, 
»on  bem  im  12.  3a^tbunbert  juerfi  ein 
iParifer  ZiitoloQ  bcrid)tet.  SDtan  lie§  bic 
©c^üler  ^inbcräbtc  unb  Äinberbifc^öfc 
mäblen,  meiere  in  bcn  Äirc^en  bcn  liturgi* 
fc^enSienflöcrfa^en,  e«  mürben  babei  eigen« 
gcbt(|tetc  Öieber  gefungen  unb  $rojcfftoncn 
ocranfialtet.  3tad)^cr  murbc  bic  <Parobic 
jur  burlcsfcn  SOtummerei.  S)ie  3«^^  ^" 
^cicr  mar  gemöbnltcl)  ämif^en  aSci^nacf)* 
tcn  unb  ©ptp^anien.  Qln  ©tcKc  be«  Äinber^ 
abte«  unb  ^inberbifdbofe«  trat  bann  ein 
Starrcnbifd^of  ober  Starrcncrjbifc^of  ober 
ein  Starrenpapfi :  bic  al«  Söciber,  Stiere 
ober  *poffenreiier  vermummten  ®eifilicf)cn 
betraten  tai  (S^or  mit  langen  unb  21b« 
fingen  \ä)Uä)kx  ßieber;  auf  bem  5lltar 
Bor  ber  Stafc  be«  mcffelefcnben  ^riefier* 
a^en  bic  S)iafoncn  unb  ©ubbiafonen 
iffiürfie,  fpielten  Äarten  unb  Sßürfcl,  traten 
alte  ©ct)U^fol)len  u.  bgl.  in«  Otau(^fa§. 
51uc^  in  bcn  SDtönd)««  unb  Stonnenflöficrn 
mürbe  hai  Starrenfefi  gefeiert,  ba«  ju  51n« 
tibe«  bei  bcn  |Jranji«fanern  folgenbermagcn 
üor  fid)  ging:  51m  Sage  ber  unfcf)ulbigen 
Äinber  famen  ftatt  bc«  (Suarbian«  unb 
ber  ^Priefter  bic  2aienbrüber  in'«  (S^or,. 
jogen  jerriffenc  unb  umgemenbetc  priefier» 
Ii(^c  Kleiber  on,  hielten  bic  Sucher  »er* 
fc^rt,  ^atkn  93riücngcfictle  auf  ber  Stafc,. 
morin  f!att  ber  ©läfcr  *]8omcranjcnfd^alen 
befcfiigt  waren,  bliefcn  bic  Qifd^c  au«  bcn 
Otauc^fäfCcrn  cinanber  in'«  ©cfic^t  ober 
ftreuten  fte  ficE)  auf  bic  Äöpfc,  murmelten 
unperfiänbli(f)c  2Borte2  unb  blöften  mte 
ba«  93icb. 

3mmcr^in    ifi     e«  :,me^r    ber    Stame 


Dfarten. 


513 


9Jarrenfcfi  ald  bic  *Pcrfon  be^  Starren, 
bie  ^ier  beteiligt  ij!.  5Der  eigentliche  Starr 
in  ber  ®efeafd)aft  bc^  SOtittelalterd  ift  eine 
©erbinbung  bcö  frei^erumgcljenben  SBIöb^ 
finnigen  mit  bem  ßufiigmac^er,  wobei  bie 
^cranjie^ung  beö  crficrn  in  bie  OefeQs 
f(f)aft  ni^t  bloi  ein  ro^eä  SBergnügen, 
fonbern  jugleid)  eine  ißerforgung  [oldf)er 
für  biefen  3"'^'*  ""«i^  braud&barer  üJiens 
fd^en  gcwefcn  fein  mag.  1)ie  (Sntwicfelung 
biefer  ^igur  finbet  teil^  innerbalb  ber  ge= 
feüfcf)aftIi(J)en  formen  be'ä  SJ^ittelalter*^, 
■am  |)ofe,  in  bcn  ©tobten  jlatt,  teiU  im 
?Mnfd)Iuffe  an  ben  itatienifcf)en  Äarneoal. 
2)ie  Gntfteöung  beö  ^ofnarrentumö  liegt 
im  2)unfeln.  3tur  fo  üiel  ifi  fidber,  ba^ 
t)ic  Hofnarren,  ot)ne  BttJcifel  juerji  in  granf » 
rcid),  an  bic  ®tcüe  ber  ^offpielleutc  unb 
()}offenrei§cr  traten;  auf  bcutf(i)em ©oben  er« 
fd^eint  ein  folcf)er  narre  ober  tore  jueril  in 
einer  ber  ^"rtfe^ungen  Don  ©ottfrieb^ 
SriPan,  bie  umö  Jaftr  1300  oerfaßt  iji;  ^icr 
Iä§t  ftc^  Srijian,  um  ju  einer  S)ame  ju  ge= 
langen,  ein  törenkleit  machen  von  wun- 
derlichen Sachen,  einen  rock  seltsaen  ge- 
tan, und  eine  gugel  daran  üz  snoedem 
tuoche,  daz  was  grä,  daruf  gesniten  hie 
unt  da  narren  bilde  üz  roter  wät,  daz 
nieman  gesechen  hat  so  toerisch  einen 
rok  gestalt,  und  nam  einen  kolben  groz ; 
au^  feinem  oerruc^ten  ®ebaf)ren,  bai  er 
nun  ber  Königin  gegenüber  jur  @(^au 
trägt,  n\xii}t  man  beutli^,  hai  eä  jid^ 
^ier  um  einen  Slöbfxnnigen  ^anbelt,  meld^er 
ber  Sitte  ber  Qät  gcmii^  feine  eigene 
,^Ieibung  unb  Ziad)t  anhatte.  S)ic  Siarren 
t)on  Scruf  unb  Einlage  ftnb  aber  nic^t 
burd)Weg  üerbingt,  fonbern  treiben  ihr 
^anbwerf  oft  auf  eigene  JJaujl,  inbem  fic 
balb  öier,  batb  bort,  balb  einjig,  halb  in 
SEruppen  ft^  anjleüen  taffen  unb  bleiben, 
big  it)r  @d^a^  geleert  ift.  9iamentlicf) 
ftnb  fte  bei  fe^lid()en  Qlnlaffen  unentbc^r? 
lief),  ©ie  treten  balb  aU  eine  eigentliche 
Äörpcrf^aft  auf,  bie  ifire  eigenen  <Sa|ungen 
^at  unb  fx(^  namentUd)  buri^  il)re  .^leib; 
ung  du^erlid^  fc^on  fcnnjeicl)net.  2tuf 
einer  franjöfif^en  ©picifarte  auö  bem 
<S(^luffe  beö  14.  ober  bem  'Jlnfange  beö 
15.  5aörf)unbcrtä  finbet  fid)  ein  folc^cr 
Dhrr  (fon)  in  ganjer  ^igur  bargeftcüt, 
umgeben  tion  Äinbern,  roeld^ie  if)n  ^unfein, 
^ier  jeigt  fid^  berfclbe  unterbalb,  bi«  ju 
ben  Ruften  ^in,  uötlig  nacft;  nur  um  bie 
Ruften,  bie  ©diam  nerbüüenb,  mit  einer 
fd)malcn  Sacfbinbe  gegürtet.  2)en  Ober* 
förper  bcbedt  eine  sirt  ^lemb  mit  mci^ig 
tt)citen,    unterUHirtä     furj     aufgefc[)ligtcn 


^albermcln;  barüber  ein  fafi  ebenfo  langer, 
tief  au^gejebbelter  @i)ulterfragen,  ber 
gleichmäßig  ringd^erumfattcnb  bem  |>alfe 
jiemlid)  enge  anfd^lieft.  2)ie  Äopfbe= 
bedung  f)at  bie  ^orm  eincä  runben  (Spi^= 
f)uteä  mit  turbanä^nlicf)er  Umwinbung, 
ani  ber  ftc^  jur  redeten  unb  jur  linfen 
ein  efelförmiger  ßappen  erf)ebt;  bie  ©pi^e 
ifi  mit  einer  ©d^etle  ücrfe^cn.  3)aä  ®e« 
ficf)t  ift  bartlod,  aud^  iai  ^auptbaar  Döttig 
oerbccft. 

Diefeö  ^ofiüm  blieb  in  ber  ^auptfai^e 
unocränbert  bcficl)en.  ©d^eSenfappen, 
Sfclöo^ren,  $ai)nenfamm,  lange,  mit 
©c^eHcn  befe^tc  @rmel,  Äolben  unb  gud^d« 
fcf)n)anj,  uebfi  ben  tollen  Sprüngen  — 
Mi  aUti  mad)te  bcn  9krren  aui^.  2)gl. 
baju  bie  oben  angeführte  ^tb^anblung  öon 
aSeinöolb,  @.  39  ff. 

iReicf)cr  no(^  maren  bic  Hofnarren  gc* 
f leibet,  l'o  namentlid^  am  fran^öftf^en 
^ofc;  boii)  gef(f)a^  tai  nid^t  immer  mit 
mürbigen  9tcbenbejie^ungen.  ©o  wai  i% 
j.  S.  ©itte,  bie  (übrigcnä  fofibare)  Älci* 
bung  ber  Starren  au§  bcmfelben  ©toffe 
f)erjuftetlcn ,  mit  bem  ber  gcbcime  ©tu^l 
be^  Äönigö  überjogen  njar. 

53on  bcn  cigcntlid^en  Hofnarren  ju 
unterf'cbeiben  fmb  bic  fogenannten  lufit* 
gen  Ütäte,  furjttjcilige  SRäte  ober 
Jif errate,  meifi  geifirei(|)e  SDtanner,  bic 
fi(^  beä  33orrc^td  ber  freien  Dtcbe  bcbienten, 
um  bie  2;£)or^eitcn  unb  ®ebredf)cn  ifirer 
3eit  unb  Umgebung  ju  geiBcln  unb  ju 
uerfpotten.  ©o  ein  SOtann  war  ber  lufiigc 
9tat  Äaifer  9Dtaf imilianä ,  Äunj  Don  ber 
Otofen.  5tuf  fa^renbe  ©d)alfönarrcn,  bie 
in  feinem  orbentlidf)cn  ©icnfic  fiel^cn,  fottte 
gcfa^nbct  werben.  Daä  Jnfiitut  ber  ^of* 
narren  bauerte  etwa  biä  1700. 

3uerfi  am'Stiebcrr^ein,  alfo  wieber  an 
ber  ®renje  ^ranfreicf)^,  wirb  »on  ®  cif  cn« 
unb  Starrengcfellfd^aften  berichtet, 
wo^l  in  9tadt)al)mung  ritterlidbcr  Orben 
crridEitct;  bic  erfie  berfelben  wirb  im  3ii^t 
13S1  üon  2  ®rafen  unb  35  .^erren  avii 
ber  (£leDefct)en  SRitterf^aft  gelüftet.  3^r 
Drbenöjcidt)en,  iai  fic  gefiicft  auf  i^ren 
Äteibern  trugen,  ftcüte  einen  Starren  oor, 
ber  eine  balb  rote  unb  l)alb  Don  ©ilber 
gefitdCtc  .^appe  mit  gelben  ©c^eüen,  gelbe 
©einflciber  unb  fcf)Warje  @(f)ut)c  trug  unb 
eine  oergolbetc  ©c^aalc  mit  ^i^üd^ten  in 
ber  |>anb  ^ielt.  ©ie  wählten  alle  Jahre 
einen  Äönig  unb  fcd^ö  3tatäf;errn;  Starrcn- 
frcibcit,  %xdiiät  Don  bem  S^^i^nge  bc^ 
lafiigen  ^ofjeremonietlä  war  ber  ^aupt= 
^wecf  ber  ©efeUfc^aft.    3n  Sijon   bejlanb 


514 


D'ianen^ducd^cn  —  Dflibclungcnlicb. 


eine  d^nlic^e,  aber  größere  DfiorrengefeH^ 
fd)aft,  genannt  bic  0tanenmutter,  La  Mere 
folie,  Mater  stultornm,  L'Infanterie 
Dijonnoise.  3^^^  Obmann,  ber  ftc^  burc^ 
gute  ©ejialt,  gefällige  fWanieren  unb  Ü^ec^t^ 
fc^affen|eit  au^jeic^nen  mu^tc,  biep  im  Se= 
fonbcrn  bie  9Jatrenmutter  unb  ^atte  einen 
eigentlichen  ^offtaat;  auf  ber  ^afine  ber 
Infanterie  ttiarcn  eine  SDJenge  SJtarrenföpfe 
mit  SJiatrenfappen  gemalt,  mit  ber  Über* 
fc^rift:  Stnltomm  infinitas  est  numerus. 
^ie  50  ©c^meijer,  mcIcE)e  bie  9iarrens 
mutter  ju  if)rer  2Bacbe  ^atk,  maren  bie 
tjorne^mften  Äünjller  ber  ®tabt.  I)er  Qtuf- 
na^me  in  bie  33rüberf($aft  ging  ein  ßyamen 
in  SSerfen  iiorauö,  tai  mit  Werfen  beant« 
wertet  «erben  mußte.  ®ecfcn=  ober  D'iarren; 
gerid)te  in  fleinerm  «Stabe  geboren  nod) 
beute  unter  bie  ^Jafinadjtlujibarfeiten  man^ 
d^er  ©egenben. 

2)ic  lefete  5lu«bilbung  beö  0iarrentumö 
»oüjiebt  jtd)  im  (Seleite  ber  italienifc^en 
SRenaiffance  im  14.  unb  15.  ^a^r^unbert. 
©ö  iji  ber  römifd^e  unb  florentinif^e 
Äarneoal,  ber  in  Qi[nle|)nung  an  bie  33oIf«= 
fittc,  oicllei^t  auä)  an  altftafftfc^e  3üge 
unb  unterjiü^t  üon  ber  bamalä  berrfd)cn= 
ben  auferorbentlic^en  greube  an  plafitfcben 
I>arfiellungen  namcntli(J)  gro^e  Qtufjüge  ju 
ffiagen,  ju  $ferb  unb  .^u  gu^c  >?eranjialtcte, 
mit  allegorifd^en  I)arfteüungen  ber  manig= 
faltigjien  Qtrt;  beliebt  mar  befonberö  ber 
auö  bem  ^eibentume  berübergenommene 
S(f)iffmagen,  eigentlich  baö  Sf^^W^ff/  ^^^ 
am  5.  iDiärj  alö  Stjmbol  ber  micber  er« 
öffneten  3Weerfaf)rt  in«  iffiaffer  gelaffen 
würbe.  (So  ifi  bicfelbe  Sßorfieüung,  bie 
maf)rf(ieinlicf)  nacb  einem  iöorbilbe  ber 
SRieberlänber,  ju  benen  ber  italienifAe 
Äarnet>al  (äingang  gefunben  batte,  unferm 
©ebafiian  ©rant  aU  Sinfleibung  feincö 
Otarrenfcbiffeä  bientc;  eine^  Schiffe« 
alfo,  tai  auf  einem  SBagen  gebogen,  ben 
€tanb  ber  S^iarren  ju  tragen  bejiimmt  iji. 
SBgl.  nod&  ^lögel,  ®efcfei(i)te  ber  ^of* 
narren,  unb  ®efc^i(^tc  beö  ®iote«f«Äo* 
mifcbcn. 

9ioncu5äu8$en,  frj.  cachot,  nannte 
man  ein  auf  ber  Sorberfeite  offeneö,  »er* 
gittertet  33erlic^,  in  bem  namentticb  6bc* 
bre(f)er  r>on  ber  fircbUd)en  SBeprbe  an  ben 
(Pranger  gejietlt  mürben.  ®*  mar  in  ber 
Jtircfee  felber,  mciji  jur  rechten  ober  linfen 
beö  Sborö  angebra^t,  fo  in  ber  (£tabt= 
fitcbe  ju  Steilen  unb  in  berjenigen  ju 
3ena.  Qln  ben  5Ratbäufern  maren  foldbe 
^duäcben  für  ndcbtlid^e  JRu^eftörer,  für 
Setruntene  jc. 


SlofcnfdÖinnc,  frj.  unb  engl,  nasal; 
tat.  nasale.  2>cr  Sfiafenfdbirm  ifi  ein  circa 
4  cm  breiter  SDtetaüfireifen ,  ber  jum 
(S(|u|e  ber  SWafc  auf  ben  urfprünglic& 
glocfens  ober  kegelförmig  gefialteten  ^elm 
be^  Äriegerö  aufgenietet  »urbe.  6iebe  ben 
2lrt.  ^elm.  Qlucb  bie  SRogjiirn  ber  qßferbe* 
rüßung  mar  bamit  t>erfebcn. 

9icfrologien  ^ei^en  ißerjeidbniffe  ber 
Sobeötage  aücr  bercr,  beren  ®ebdd^tni^ 
in  ber  Äird)c  ober  bem  Älojlcr,  bem  biefc 
5tufjeicf)nungen  angebörten,  burc^  (Sin* 
fcblie^ung  in  bie  öffentlicbe  ^fürbitte  ge* 
feiert  merben  follte.  6ie  fmb  naä)  bem 
Äalenber  georbnet  unb  entbatten,  ta  jebcr 
angefeliene  Tlann  ficb  um  feiner  ©eligfeit 
miUen  ein  fol^e^  ©ebdcbtniä  ju  ft^ern 
pflegte,  bie  SJiamen  ber  angefe^enjicn 
SWdnner  geifilidben  unb  mcltlicben  «Stan? 
be#,  namentlid^  aber  ber  Stifter  mit  ibren 
Familien  unb  ber  SQ3oblt{;dter,  melcf)e 
Scbenfungcn  gemaci)t  ober  ©eelcnmeffen 
gcjliftet  l)atkn.  ^l)xt  9tamen  pflegte  man 
burci)  grö§ere  Schrift,  farbige  Dinte  unb 
fonftige  Sersierungcn  auöäujeicbnen.  I)a^ 
?iefrologium  fon  gulba  entbdlt  SRamen 
pon  780  biß  1065.  S)icicnigen  iJJefro^ 
logien,  melcbe  bloö  bie  iRamen  t)on  @tif* 
tern  entbalten,  beißen  QlnniDcrfarien, 

DJeftel,  lat.  nustula,  stigala,  nennt  mau 
eine  jum  3ufinintenfcf)nüren  ber  Äleiber 
biencnbe  ®^nur,  i>k  meifi  —  nac^  ?trt 
ber  beutigen  Scbubnefieln  —  an  ben  (Sn* 
ben  mit  3[Uetaüfpi^en  t^erfel^en  maren. 

9ic^.  ®a0  gif^erne^  iji  in  norge* 
fc^id^tUcber  3eit  erfunben  morben  unb  ifl 
D^nc  S^'eifel  ber  Äunft,  Sud)  ju  meben, 
üorausgegangen.  I^aö  ^aatne^i,  lat.  flecta, 
flexa,  cratula,  fam  auf  beutfdE)cm  ©oben 
im  14.  Jii^tbunbert  in  ©ebraud^.  grauen 
f(f)mücftcn  unb  banben  bamit  tai  geflodb* 
tenc  unb  aufgebunbene  ^aar.  ^m  15. 
3abrbunbert  trat  infolge  ber  Döüigen 
^aarfürjung  b.ei  SD^dnnern  unb  ,Jrauen 
an  feine  Stelle  bie  ^aarbaube,  mel^c 
teil«  allein,  teil«  unter  bem  Sßarett  gc* 
tragen  mürbe. 

mnmtn,  fiebe  DKufif. 

Sitbclungenlteö,  ein  jiropbif(4eä  (Spod 
ber  mitteIbocf)beutfcf)en  3eit,  beffcn  ©toff 
ber  SBolf^fage  entnommen  iji,  mürbe  ma^r* 
fc^einlicf)  jmifcben  1180  unb  1190  gebid)tet. 
(So  iji  nur  in  jmei  Umarbeitungen  a\xi 
ber  erjien  ^dlfte  bed  13.  3abrbunbertd 
erbalten.  Sein  3n^ alt  iji  inben^aupt» 
jügen  folgcnber: 

3n  2Üormö   bauten   bic    btei   Äönige 
ber    S?urgunben    ©untrer,    ®ernot    unb 


ü^ittclungcnlicb. 


515 


©ifel^er  $of.  einmal  träumt  if)rer 
@d)tt>ejier  Ätiem^ilb,  mie  \i>x  jirei  2lblct 
einen  moftlgejofimten  galfcn  äcxrei^en, 
mo^  i^re  StRutter  auf  ben  Job  it)reö  ®c* 
liebten  beutet,  ©tolj  entgegnet  baö  Wat' 
(J)en:  SBaö  fagft  bu  mir  »on  einem  ®es 
liebten?  3c^  meif  wol)l,  tt»ic  bie  Siebe 
mit  ßeib  lo^nt  unb  mü.  bie  SDJinnc  mei= 
ben.  2)ie  ?lnttt)ort  ber  ilJJutter  lautet, 
ia^  bie  I)öd)ftc  ©eligfeit  beä  SBeibe^ 
ÜJJanneä-ÜJJinnc  [ei. 

3u  SJiicberlanb  ift  ber  So^n  beö  Äönig^, 
©iegfrieb,  eben  jum  SRitter  gc[d)lagcn 
worben.  Tlan  iiat  if)m  fiel  von  Äriem= 
I)üb«  ®d)önt)eit  erjät)U,  unb  er  befct)Iie|t, 
um  fie  ju  werben.  S)ic9Barnung  vor  ber 
Tlaijt  unb  befonbcr«  i^or  |)agenä  @tärfe 
f(f)lägt  er  in  ben  SBinb ;  gicbt  man  H)m  ba«i 
DJ^äbAen  nid)t  gutmillig,  fo  miü  er  c«  ftcfe 
mit  ®emalt  erjmingcn.  So  ärgert  il)n,  ta^ 
man  if)n  vor  ber  Sapfcrfcit  ber  33urgunbca 
»arnt,  it)n,  ber  jicf)  jeben  ju  bef^cl)cn  ge^ 
traut,  unb  in  biefer  ©timmung  reitet  er 
in  iai  ©urgunbenlanb. 

2n  iffiormö  fic{)t  man  if)n  anfommen, 
meit  aber  ni*t,  »er  er  ijl.  9^ur  ^agen 
vermutet,  ta^  ber  jiattli(l)e  ^clb  mo^l 
Sicgfrieb  fein  möge,  ©r  eräät)It,  mie 
berfelbe  in  ben  Sefi^  bee  ^ibelungent)orteö 
gefommen  fei,  inbem  er  bie  ütiefen  ©c^iU 
bung  unb  S^ibelung  erfd)Iug  unb  700 
SRetfen  i^re^  Sanbeö  bejroang,  wie  er  bem 
3werg  Qllbrid)  bie  Sarnfappe  natjm  unb 
einen  S)ra(i)en  tötete,  beffen  SBlut  feine 
^aut  unburd^bringlid)  mad)te.  2)ie  Könige 
«erben  bem  fü^nen  Qtecfcn  gcmogen  unb 
empfangen  it)n  freunblid),  aUein  ©iegfrieb, 
no(f)  ganj  unter  bem  (Sinbrucfe  beicibigten 
©toljeö,  weil  man  it)n  ben  93urgunbcn 
ni(f)t  gemad^fen  get)alten  \)at,  forbcrt  ben 
Äönig  ®untt)er  ungejtüm  jum  3weifanipfe 
^etauö;  auc^  Drtmin  unb  ^agen  beleibigt 
er.  ®ernot  unb  ®ifell)er  aber  vermitteln, 
unb  ©iegfricb  benft  bann  bod)  au^  an 
bie  t)errU^e  3un9fi^au-  bie  ju  gewinnen 
er  gelommen  ifi.  6«  bilbet  ftd)  balb  ein 
freunbfc^aftlid^e«  2)crl;ältniö,  fo  ba§  ©ieg^ 
frieb  'ein  ganjeö  ^a^x  in  SBorm^  bleibt. 
Oft  ftel)t  i^n  Ärieml)ilb  bewunberub  bei 
ben  SRitterfpiclen  von  ben  ^rauengemäctiern 
aui  unb  balb  feimt  in  \\)x  bie  Steigung 
ju  bem  ftattlidfjen  gelben. 

S)ie  Könige  ber  S)änen  unb  ©ad^fen 
fagen  ben  ©urgunben  ben  Ärieg  an.  2)iefe 
finb  in  großer  SBeforgniö,  allein  ©iegfricb 
crflärt  fid)  bereit,  ben  Äampf  mit  ^ilfe 
von  lOOOiRittern  befielen  ju  wollen.  6r 
nimmt  gleid)  ju    Qlnfang  ben   refognoä^ 


jicrenben  Äönig  ber  ©änen  famt  feinem 
©efolgc  gefangen,  unb  alö  if)n  ber©a4fen* 
tönig  in  ber  J5elbf(J)lacf)t  crfennt,  ergiebt 
er  ftd)  verjweifelnb  mit  feinem  ^eere. 
93oten  eilen  mit  ber  ©iege0nacl)ric^t  t)eim. 
Äriem^ilb  brennt  vor  93cgicrbe,  von  ben 
Saaten  beö  ^errlic^en  SRittcrg  ju  t)ören, 
ben  fte  im  ^erjen  trägt,  aber  fu  wagt 
faum  nacfc  einem  ber  93oten  ju  fenben, 
bcnn  fie  für(J)tet  ju  verraten,  ta^  il)re  ileil^ 
nat)me  ben  I^aten  beö  ©cliebten  gelte. 
2)er  Sote  fc^ilbert  ben  Äampf  anfd)aulic^; 
immer  tritt  ©iegfriebö  J5>flbcngcftalt  in 
ben  55orbergrunb.  2)ic  3un9fi^<iu  laufd)t 
feinen  SIBorten  mit  Segeifterung ;  fie  freut 
fid)  wot)l  aud)  über  bie  Jljaten  it)rcr 
Srüber,  aber  i^r  ^erj  ift  erfüllt  von 
eicgfriebö  l)errli^em  Silbe.  'iRadj  ber 
JRüdfeljr  ber  Kämpfer  bereitet  man  fid) 
äum  ©iegeefcft,  unb  um  baöfelbe  nod) 
glänjenbcr  ;;u  mad)en,  laffen  bie  .Jlönige 
ibre  ©c^weftcr  Äriemi)ilb  jum  crfienmalc 
mit  i^rcm  ®cfotge  vor  ben  9littcrn  er= 
fd)einen.  3)a  pu|t  ftd)  mandjer  junge 
IRitter  unb  bofft,  ha^  ein  fd)öne^  ?lugc 
wohlgefällig  auf  i^m  verweilen  möchte, 
©iegfricb ,  ber  .^auptt)clb ,  wirb  bcjlimmt, 
bie  töniglid)e  Jungfrau  ju  geleiten,  ©c^üd)» 
tern  fül)rt  er  fte  an  ber  .^anb ,  unb  ber 
l;öfif4)en  ©itte  gcmä§ ,  barf  ibm  feine 
bolbe  Begleiterin  aud)  einen  Äu§  gewähren. 
2ßie  maucf)cr  Stccfe  ftet)t  ta  fe^nfüd^tig 
nad)  ben  ^ßeibcn!  ©ie  banft  it)m  für 
ben  93eifianb,  ben  er  il)ren  trübem  ge= 
leijlet  bat,  unb  fo  fmb  fte  bie  jwölf  Jage 
be^  gefieö  t)inburd)  in  trauliebem  93ei= 
fammenfcin.  3""!  guten  ©d)luffe  Werben 
bie  gefangenen  Könige  nad^  bem  ebeU 
ftnnigen  3[}orfd)lagc  ©iegfriebö  ol)ne8öfe  = 
gelb  freigelaffen. 

®untt)er  l)at  ftc^  93rün^ilbe,  bie  Äö« 
nigin  von  Jölanb ,  ;ur  ®emai)lin  auä- 
erfe^en  unb  bittet  ©iegfrieb  um  ^ilfc  bei 
ber  gefal)tvolIen  SBerbung.  Dicfer  fiebert 
fie  it)m  gerne  ju  unb  wagt  nun  enblid) 
auc^  mit  feiner  Söerbung  l)ervoräulrcten: 
Äriemt)ilb  fo(l  fein  Colin  fein,  iöo^lge« 
ruftet  begeben  ftd)  bie  .gelben,  nac^bem 
alle  SBorfet)rungen  getroffen  ftnb,  ju  ben 
©d)iffcn;  Äriem^ielb  bittet  ©iegfrieb,  il)ren 
*.öruber  ju  f^ü^en. 

3n  3^l«"b  angcfommen,  werben  fte 
von  ber  .Königin  empfangen,  wel*e  ©ieg« 
frieb  für  ben  werbenben  Äönig  bält,  er 
weift  fie  aber  auf  ®untber  l)in,' für  beffen 
2)ienftmann  er  ftd)  auögiebt.  S)tefeö  gro§e 
Dpfci  bringt  er,  um  ftd)  unbemerft  ent« 
fernen    unb    t^m    ^eimlid)    beijlelien    ju 


516 


Jiibelungenlieb. 


fönncn,  o^nc  t)a%  fein  ^e^Icn  unter  Den 
©dfien  ouffäKt.  9^un  beginnen  hii  Äampf« 
fpicie,  in  bencn  93tün^ilbe  burcb  ©untrer 
beftegt  tt)ctben  mufe,  um  i^m  aU  ®attin 
nad)  SBovmd  ju  folgen.  Sicgftieb  gef)t 
ju  bcn  ©(i^iffcn  unb  |oIt  bic  Jarnfappc, 
wtlä)t  i^n  unfic^tbar  mac^t.  ®o  t)er|)itft 
et  ©untrer  ^üxn  Siege  unb  fiellt  ftd^ 
nad^^er,  alä  ^ätte  et  ben  Spielen  nii^t 
beigeh)o^nt. 

Srün^itb  nimmt  üon  ben  S^rigen 
5tbf^ieb  unb  mit  günfiigem  2Binbe  fegein 
ftc  na<i)  iBormä.  (Siegfrieb  eilt  al^ 
Sote  üoraud  unb  irirb  eon  Äriem^ilb 
fteubig  empfangen.  Sie  entf^ulbigt  ficfe, 
fie  iiahi  fein  Sotenbtot  für  einen  fo 
reid^en  Äönig;  er  aber  antmortet,  wenn 
er  brei§ig  ßanbc  ^ätte,  fo  «ürbc  i^n  eine 
@ait  auö  i^rer  $anb  glücflicf)  machen. 
5llö  ®untl)er  angefommen  i^,  mirb  bie 
SBermä^lung  gefeiert  unb  bei  ber  barauf 
folgenben  iafel  Äriem^ilb  mit  ©icgfrieb 
ferlobt,  inbem  fte  bie  (Ringe  njec^feln. 
2)aö  mu§  ber  ißrün^ilbe  auffallen ,  weil 
fie  ja  Siegfrieb  für  einen  ©igenmann 
©unt^er^  ^ält.  Sie  befriebigt  frc^  nid)t 
mit  ben  5tuöflüc^ten  ®untl)erö,  bro^t,  i()m 
i^rc  SOtinne  nicf)t  gett3ät)ren  ju  wollen  unb 
binbet  il)m,  ha  er  ficft  il)r  im  Sraut« 
gemac^  licbemerbenb  nabt,  ^änbe  unb 
gü§e  jufammen,  worauf  fte  i&n  an  einen 
Jiiagel  Ijängt.  Qlm  SDtorgen  t>a  er  Sieg* 
frieb  fein  ßeib  flagt  unb  i^m  feine 
gef^WoUenen  ^dnbe  jcigt,  üerfpric^t  il)m 
biefer  feinen  Seiftanb.  "Jlbenbg  f(^leid)t 
fic^  Siegftieb  con  feiner  ©ema^lin  weg 
unb  ge^t,  burcE)  hu  larnfappe  unfti^tbar 
geworben,  in  ©untberö  (Semac^.  3n  S«* 
Waltigcm  (Ringen  befiegt  er  hai  jiarfe 
SBeib,  hai  il)n  für  ©untber  ^ält,  unb 
biefer  barf  ftc^  nun  ibrer  SOlinne  erfreuen. 
Sicgfrieb  nimmt  im  Übermute  einen  iRing 
»on  Srün^ilbenö  $anb  unb  ibren  ©ürtel 
mit  unb  übergiebt  biefe  ©egcnfiänbe  feiner 
©ema^lin. 

Sicgfrieb  jiel)t  nun  mit  feiner  ©e« 
ma^lin  in  fein  Äönigrei(i.  Srün^ilben 
lä§t  eö  aber  feine  !Rul)e,  ba§  er  gar  feine 
Seid^cn  üon  Untertänigfeit  giebt,  feinen 
3inä  entricbtct  unb  fid)  nie  bei  ^ofc  fe{)en 
lä§t.  Sie  uerlangt  üon  ©untrer,  ba§  er 
il)m  einmal  licrjufommen  befehle,  unb 
enblic^  wiHigt  biefer  ein,  i&n  einjulaben. 
Srünljilb  ertunbigt  frei^  eiferfücbtig  bei 
bcn  Sütcn,  ob  benn  Äriem^ilb  noct)  immer 
fo  fd)ön  fei.  Die  reic£)en  ©efc^cnfe,  bic 
iljnen  Sicgfrieb  gefpenbet  bat,  erweden  in 
^'■agcn   ben   ©ebanfen    an   beffen   großen 


Sd)a^.  ®r  War  oon  je^er  oon  "Reib  gegen 
Sicgfrieb  erfüEt.  grüner  t)atte  er  bie 
crjle  SRotle  am  jg>ofc  ber  iöurgunben  ge= 
fpielt,  fein  iRat  war  bie  Ic^te  Suflu^^f 
ber  Äönige  gewefen,  feit  aber  Sicgfrieb 
gefommen  ifi,  fiebt  er  [li)  beifeite  gefletlt. 
2)cr  Seft^  eineö  Sd^a^e^  oerfci)afft  Tlai):, 
mit  ©olb  fann  man  ^cerc  Werben,  unb 
eä  feimt  in  |)agcnä  Sinn  fofort  bct 
2Bunf(^,  Sicgfrieb  beifeite  ju  fc^affcn  unb 
bcn  ^ort  ju  gewinnen. 

2)ic  ©äfie  werben  wol)l  cmpfongcn; 
iBrünt)ilb  wirft  öerfio^lcn  manchen  Slicf 
auf  i^re  Schwägerin,  beren  S(^ön^eit  2llle 
übcrfira^lt.  Sd^on  elf  Sage  bauert  ba^ 
Jcji,  ba  fel)en  bic  Königinnen  einmal  ju» 
fammen  bem  SBaffenfpicle  ju.  Ärieml)ilb 
ifl  glücflicf  über  bie  2l)atcn  i^rc'g  ©atten; 
il)r "  licbenbes  ^crj  fliegt  über  in  bewun« 
bernbcn  Söortcn.  3"  i^i^et"  ©lürfc  übcr- 
l)ört  ftc  bie  Diebe  ber  Sörün^ilb,  welche 
^cruor^cbt,  baB  er  eben  boi^  ©unt^eriS 
ßeibcigencr  fei.  93rünl)ilb  wieber|)olt  biefe 
Sßorte,  welche  Ärieml)ilb  einfa^  baburc^ 
jurücfwcifi,  ba|  ©untrer  jtc,  feine  Sc^wejiet, 
boc^  gewii  nicbt  feinem  Seibcigcnen  Der« 
mä^lt  f)ätte.  SSrün^ilbe  aber  Wirb  immer 
bitterer ,  unb  nun  gerat  aud^  Ärieml)ilb 
in  ülufrcgung,  ftc  jieHt  Sicgfrieb  fogat 
l;ö^er  aU  ©untrer.  3t>i^ni?  fpiii^t  bie 
Söurgunbenfönigin:  „3d)  will  fcl)en,  ob 
man  biet)  ober  mid^  meljr  e&rt."  „^arvo^l," 
entgegnet  Äricml)ilb ,  „mein  ©atte  ifi  ber 
Srcfflicbjle,  ber  je  eine  Ärone  trug."  Sie 
trennen  fii),  um  ftc^  jum  Äirdf)gange  ju 
fleiben.  Stün^ilb  mit  i^rcm  ©cfolge  ifi 
bie  crfie  beim  ÜRünfier  unb  erwartet  Ariern* 
bilb,  um  JU  fel)cn,  ob  ftc  eö  wagen  würbe, 
uor  i^r  bic  Äiri^c  ju  betreten.  >Diefelbc 
nat)t  mit  \\)itn\  ©cfolge,  iai  im  ©lanje 
feiner  Älcibung  alle«  übcrfiral)lt.  SSrünbilb 
ruft  ilir  JU:  Jlnn  warte;  »or  ber  Äöni* 
gin  fott  feine  leibeigene  üRagb  gcf)cn." 
„Schweige,"  entgegnet  bie  auf«  ^ödbfie 
gercijte  Äriem^ilb,  „bu  bift  ja  ein  Mtbi-- 
weib;  wiffe,  ia'^  bir  mein  SRann,  nic^t 
©untrer,  hai  ÜRagbtum  genommen  ^at." 
Darauf  fc^reitet  fte  mit  il)tem  ©cfolge  in* 
SOlüii^cr  unb  lägt  bie  weinenbe  iBrünbilb 
braupen  fiebcn.  Dicfe  wartet,  btä  Äriem« 
^ilb  äurütffommt  unb  fe^t  ftc  jut  iRcöc. 
Ätiemt)ilb  befräftigt  it)rc  SBorte  burdb  ben 
iRing  unb  bcn  ©ürtel,  bcn  ftc  oon  ibrcm 
©cmablc  erl)alten  bat.  ßaut  weinenb  laft 
!ßrünt)ilb  i^ren  ©attcn  unb  Sicgfrieb 
rufen,  wcli^cr  feine  Unfcf)ulb  burcf)  bcn 
Dieinigungäcib  bcjcugt. 

j^agcn  fommt  baju  unb  finbet  bic  >itit 


SJJibelungenlieb 


517 


liöd^fl  günfiig  für  [eine  ^Jlbfic^ten.  Unter 
bem  SBorroanb,  bie  ©c^ma^  feiner  Königin 
ju  rächen,  fann  er  ben  üer^a^tcu  iJJebens 
bu^Ier  befeitigen  unb  jugleid^  ben  ®d)a^ 
gewinnen.  6r  rät  alfo  ben  burgunbifc^en 
Königen  ©iegfricbö  Job;  anber^  fönne 
bie  erlittene  ®cf)mad^  nic^t  gcfül;nt  werben. 
®ie  wollen  aber  mcl)t  barauf  eingeben; 
©icgfrteb  Ijat  ja  ben  Oieinigungöeib  ge-- 
leifiet  unb  feine  t)ielfa(^cn  '-öeroeife  un« 
cigennü^iger  ^^'^^"n^f'^^'itt  f^nt  nodE)  in 
frifc^er  Erinnerung,  ^t^t  tritt  ^agcn  mit 
feinem  cigentlii^cn  ©ebanfcn  ^eroor: 
„Süöcnn  unä  ©iegfriebö  Scb  feinen  @d)a^ 
oerfd)affte,  fo  mürbe  ficf)  unfre  Tlaä)t  über 
aüe  ßanbe  ausbreiten!"  ©untrer  ifi  ju  un= 
felbfiänbig,  aU  t^a^  er  Apagenö  SRat  ofjne 
2öeitereä  »ermerfen  fönntc.  @r  meifi  nur 
barauf  ^in,  ha^  bei  ber  Stärfe  ©iegfriebS 
büc^  fein  Erfolg  f^u  hoffen  mare,  wenn 
man  ben  'l>Ian  aud)  ausführen  moüte. 
„Saö  überlast  nur  mir,"  fprid)t  •5>agen, 
„bafür  werbe  X(i)  fc^on  forgen".  @r  weip, 
t>a^  Sicgfrieb  eine  ocrwunbbare  Stelle  ^at 
unb  cd  gilt  nun  t>or  Willem,  oon  Ariern* 
^ilb  ju  erfahren,  wo  fic^  biefelbe  befinbct. 
3u  bicfem  ä'^ccfe  erfrnnt  er  eine  ßifi;  er 
Ia§t  bur(^  eine  falfd)e  93otfd)aft  ben  Sur« 
gunbenfönigen  bin  Ärieg  anfagcn.  @ieg= 
frieb  bietet,  wie  ^u  erwarten  war,  fofort 
feine  ^ülfe  an,  Äriemf)ilb  aber  ifi  in 
^üc^fier  *ilngfi,  benn  fie  fü^It  wot)l,  ta^ 
fie  eine  feinbUc^e  Stimmung  gegen  Sieg» 
frieb  |)erüorgerufen  fiat.  I)a[)er  fud^t  fte 
^agen,  ber  am  meiften  ju  fürd)ten  iji,  ju 
gewinnen.  QllS  er  ^u  i^t  fommt,  um  ^Ib« 
fcf)ieb  ju  nebmcn,  gefielt  fte,  Unredjt  ge= 
^abt  ju  l)abtn,  bittere  Dieue  quäle  jre. 
©ie  oertraut  i^m  au^  i^re  SeforgniS  an, 
man  möd)te  itjre  8c^ulb  ©iegfriebcn  ent« 
gelten  laffen  unb  flebt  il)n,  benfelben  ju 
fd^ü^en.  2)aä  oerfpric^t  er  unb  rät  il)r, 
ein  roted  Ärcujdjen  auf  bie  6te(Ie  ju 
nä^cn,  bie  er  fi^ü^cn  foüc.  2)amit  t)at  er 
feinen  ^Wii  erreid)t  unb  ber  angebli^e 
Ärieg  wirb  nun  wicber  abgefagt. 

Salb  nai^tier  ruftet  man  fii^  ju  einer 
3agb,  bie  am  Dbenwalbe  fiattfinben 
foü.  93öfe  Sräume  ^abcn  Ärtem^ilb  ge^ 
ängfiigt,  fte  befi^wört  ©iegfricb,  biefeä 
SKal  jurücf jubleiben,  attein  er  läßt  ficft 
burc^  i^re  Öcforgniä  nic^t  abgalten.  *}Uif 
ber  3agb  t[)ut  er  üöunber  ber  Äüf)n^eit; 
er  fängt  fogar  einen  Sären;  binbet  i^n 
lebenbig  unb  ^ängt  i^n  an  ben  Sattel. 
Qltled  jiaunt  ben  wunberlic^en  i^ani^  an; 
im  Sager  lä§t  er  ba^  Zi}m  I00,  baS  ftdb 
eiligft  flüdbtet  unb  babei  unter  bie  Äeffel 


unb  Söpfe  ber  entfetten  Äödje  gerät,  toai 
broöigc  Sjenen  oeranla^t. 

^agett  bemerft  plö^lid),  ta^  man  ja 
ben  2ßein  cergeffen  kabi ,  fennt  aber  eine 
nal)e  Dueüe,  bie  ben  ßabetrunf  fpenben 
foü.  ®untl)er  fdilägt  einen  SBcttlauf  mit 
Siegfrieb  oor.  2)iefcr  nimmt  feine  Söaffen, 
S^ilb  unb  Schwert  jur  ^anb  unb  legt 
frei)  fogar  auf  bie  Srbe,  wä^renb  ©untrer 
nnb  ^agcn  bloä  mit  ben  ^emben  befteibet 
ju  laufen  beginnen.  Sro^bem  erreid)t  er 
bie  CiueEe  juerft,  wartet  aber  auf  ©untrer, 
um  i^m  bie  (j^re  beS  erftcn  Irunfeä  ju 
laffen.  Sorglid)  legt  er  iljm  ben  Sc^ilb 
ju  bem  SBaffer  ^in,  bamit  er  nid)t  auf 
bie  Erbe  fnien  muffe.  9iad)bcm  ©untrer 
getrunfen  l;at,  fnict  Siegfrieb  nieber: 
„de  engalt  er  siner  zühte",  ia  lol)nte 
man  il;m  feine  ßiebcnäwürbigfcit!  ^agen 
fdjafft  alle  Üöaffen  fd)nett  bei  Seite,  er» 
greift  einen  Speer  unb  burd^bof)rt  Sieg= 
frieb  an  ber  Stelle,  wo  tai  rote  Ärcujc^en 
aufgenäht  ifi.  Sotwunb  erbebt  fic^  ber 
Öelb,  mit  bem  Sd)ilb  fdjlägt  er  ben 
flief)enbcn  ^agen  nieber,  ber  nod)  nie  in 
größerer  ßcbenSgefabr  war.  Qlbei  Sieg* 
frieb  ifi  5U  fc^wad),  unb  fällt  in  bie 
'■Blumen.  Ü)Jel)r  als  bie  SIBunbe  fd)mcrjt 
i^n  bie  2;reuloftgfeit  feiner  Scrwanbten, 
unb  eö  ifi  rü^rcnb,  wie  er  bittet,  wenigfienS 
feine  liebe  ©ema^lin  wo^l  ju  be^anbeln. 

9iicmanb  wagt  eS,  ber  Äriem^ilb  bie 
5lrauerbotfd)aft  ju  überbringen;  ^agen 
aber  jeigt  feine  ganjc  ütol)^eit  unb  legt 
i^r  bcnßeid)nam  gerabe  »or  bie  ©(^wette. 
5ltS  fie  am  üDlorgen  bie  Seiche  erblicft, 
ifi  il)r  Siwmer  furd)tbar.  2ßie  ^agen 
unb  ©untrer  ju  bem  Soten  treten,  bt- 
ginnen  bie  SBunben  wieber  ju  bluten, 
fe^t  ifi  fein  3tt'«'fel  mebr:  Srün^ilb  riet 
bie  J^at,  unb  ^agen  ifi  ber  DJJörber. 

SRac^e,  blutige  Öta(^e  ifi  ber  einjige 
©ebanfe,  ber  im  ^erjen  beS  unglüdlid)en 
SöeibeS  noc^  9taum  ^at.  üJJit  ben  Srübern 
»erföl)nt  frc  ftd)  jwar  wieber,  nid)t  aber 
mit  |»agen.  Sie  läßt  im  3?ibelungen^ort 
nac^  üBormS  fommen  unb  wirbt  frembc« 
J?riegSDolf  bamit,  rvai  ibre  Sörüber  be« 
unrul)igt:  fie  nehmen  i^r  ben  Sd)a^  unb 
übergeben  i^m  ^agen ,  ber  i^n  jU  ßo^= 
t)äm  in  ben  9it)ein  uerf'cnft. 

(S0el,  (=5lttila)  bem  feine  ©attin  ge- 
fiorben  ifi,  wirbt  burc^  ben  SOiarfgrafeu 
Oiübeger  um  Äriem^ilb.  ^agen  rät  ben 
Srübcrn  ab,  ber  Sßerbung  ©ebör  ju 
fd)cnfen,  benn  alle  3}lad)t  in  ben  ^änben 
bief'eS  aufs  tieffie  iierle^ten  2BeibeS  er» 
fdieint  ibm  gcfäbrlid).    StQcin  bie  ©rüber 


518 


Dlibelungentieb. 


»Billigen  ein.  ^ricm^ilb  fdbfi  will  juetfi 
nic^t  batauf  eingeben,  biö  i^r  iRübcger, 
bct  nid)tg  t)on  ben  93er^(iltniffen  ttJci^, 
fcf)»t>ört,  ii)i  jictö  ber  nü^fic  fein  ju  njoflen, 
ber  ein  iftr  jugefügteö  öeib  rad)e.  ÜJiit 
jicmlicf)  faltem  5lbf^ieb  ((Reibet  jxe  »on 
i^ren  SBrübern  unb  leiji  mit  bcm  Tlaxh 
gtafcn  bem  re(i)ten  3)onauiifer  entlang. 
?iadb  bem  freunblic^cn  Smpfang,  ben  iljr 
SRübeger^  ^f^^^lic  i'^  Sed^claren  bereitet 
:^at,  trifft  fte  Sfeel,  an  ber  ®renje.  ©ic  acbt= 
äef)ntägigc.  reid)e  SBermäftlungsfeier  ftnbft 
ju  Sffiien  jiatt  unb  barauf  jiet)t  Äriem^ilb 
aU  neue  ^errin  'in  S^etnliurg  ein.  Sin 
©öftnd)en  beglücft  fie,  aber  it)re  ©ebanfen 
roeiten  bod)  noc^  oft  am  !R6ein;  fic 
münfd)t  iftrc  gute  iÖJutter  :^er  unb  träumt 
fon  ©ifel^er,  ii)rem  jüngjien  unb  liebfien 
Sßrubcr. 

3mölf  S^ifli^f  fm^  »ergangen;  noc^ 
immer  betrauert  fte  ©iegfrieb  in  ibrem^crjen. 
©orglicf)  ^at  fte  QlUeö  i^orbereitct  unb  nun 
fotl  bie  SRa($e  über  .^agcn  hereinbrechen. 
®ie  lü^t  ibre  ©ruber  bur^  Äönig  S^el 
in  baä  |>unnenlanb  einlabcn  unb  trägt 
ben  93oten  nod)  befonberä  auf,  bod)  |a 
bafür  ju  forgcn,  ia^  -fragen  mitfomme. 
!E>ie  Könige  ne|)men  tro^  ber  SBarnung 
^agen«  bie  Sintabung  an  unb  $agen 
entfc^Iie^t  fid)  mitjugeben,  obgleich  er  ben 
Q}Ian  ber  ^riem^ilb  burcf)fd)aut  unb  »ei^, 
ba|  eö  befonberö  auf  ihn  abgefe^cn  ijl. 
2)ic  SBoten  bringen  bie  D'Jacbri^t  ju  ben 
^unnen  unb  Äriem^ilb  froblocft,  aU  fte 
rernimmt,  ia^  ^agen  ni(!bt  äurüdbleiben 
mcrbc. 

^agen  ifi  ju  fiol;,  aU  ba§  er  ben 
5tnfdE)lägen  Äricmf)ilbö  furd)tfam  aus* 
tt)eici)cn  moüte,  ta  bod)  bie  Könige  bie 
©efabr  nid)t  füri^ten.  Sr  muf  am  31196 
teilnehmen,  mcnn  er  nid)t  für  feige  ge= 
galten  fein  hjill.  6r  ftebt  ein.  ta^  bem 
aSer^ängni^  nic^t  ju  entrinnen  ifi  unb 
gef)t  if)m  tro^ig,  bie  ©cfabr  felbji  hixam' 
forbernb,  entgegen.  ilU  Ute,  bie  SWutter 
ber  5?önige,  ibre  ©öbne  befd)mört,  nid)t 
fortjujieben,  ba  ein  böfer  2raum  ii)r  Un= 
^eil  nerfünbet  bebe,  ifi  ^agen  ber  erjle, 
ber  fte  jurücfmeifi  unb  *fficiberträumc 
Jborbeitcn  nennt.  Sine  fomifcbe  SRotle 
fpicit  ber  Äüc^cnmeijier  SRumoIb,  ber 
©untber  äurürfjubaltcn  fuc^t  unb  t>ers 
fprid)t,  ibm  bann  immer  fein  fiicblingö= 
geriebt  focben  ju  mollcn. 

I)ie  2)onauniyen  meiffagen  ^agen  auf 
ber  [Reife,  ta^  niemanb  au^er  bem  Kaplan 
»ieber  beimfcbren  merbe.  4>Qgen  tt)irft 
ibn  auf  ber  Überfabrt  ine  ilöaffer,  um  bie 


^ropbcjeibung  ju  prüfen.  2>cr  SD'li^ 
banbelte  fdbmimmt  af'cr  mieber  jurüd  ani 
Ufer,  mo  er  feinem  5trgcr  burcb  meiblidb«^ 
@d)impfen  ßuft  macbt.  ^t^t  erfcnnt 
^agen,  ta^  er  ricbtig  oorau^gefcbcn  bat; 
niemanb  mirb  feine  ^eimat  mieber  febcn, 
unb  er  jertrümmert  iai  Soot,  iai  jtc 
übergefübrt  i)at.  >Die  Ferren  be^  ßanbeö, 
bie  ftcb  ibnen  in  ben  ffieg  fieüen,  mcrben 
befiegt;  bie  @d)aar  jiebt  Weiter  unb  trifft 
auf  ben  SWarfgrafen,  ber  bie  ©renjc  be* 
bütet  unb  fte  marnt. 

SBäbrenb  fo  auf  allen  »Seiten  trübe 
2Bolfen  ben  nabenben  ®turm  i^erEünbcn, 
brid)t  plö^Ii^b  ein  b^üer  ©onnenftrabi 
bertor  unb  jeigt  unö  ein  Iieblid)cö  93ilb, 
ben  reijenb  bärgefieüten  Qlufentbalt  bei 
SHübeger  in  ißed^elaren.  Sä  ifi  atterliebfi 
gefd)ilbert,  mie  bie  fdböne  locbter  JRübe* 
gerö  beim  Smpfang  ben  grimmigen  ^agcn 
lieber  nidbt  gefügt  bätte,  maö  fte  bodb  ber 
Stiquctte  gemäf  tbun  mu§.  dagegen 
gefällt  ibr  ber  junge  Surgunbenfönig 
©ifclber  febr  gut,  unb  bie  gegenfeitigc 
[Reigung  fübrt  jur  iBerlobung.  ^itn  er« 
bält  beim  5lbfd)iebe  ein  ©efcbenf,  ©untticr 
eine  SRüfiung,  (Sernot  ein  ®d)mcrt,  ^agen 
einen  c ottreff lidien  (gd)ilb.  ^ux  ©ifelber 
erbält  nid)tö;  Siübeger  bot  ibm  ja  ta^ 
93efte,  »üö  er  bcft^t,  feine  fcböne  Sodbter 
JU  eigen  gegeben.  Sr  giebt  feinen  ®äficn 
ta^  ®eleite,  bamit  fte  fid)cr  bei  S^el  an» 
tommen. 

©er  Äönig  Isietricb  t?on  Sern,  ber  an 
S|elä  >f)ofe  nieilt,  reitet  ibnen  entgegegen 
unb  marnt  fte,  inbem  er  »errät,  ta^  Ariern* 
bilb  ben  ermorbeten  «Siegftieb  noi)  immer 
bemeine,  fomit  fei  eö  geboten,  auf  ber  ^ut 
5U  fein,  ^agen  fpottet:  „3^r«  J^ränen 
merben  ibn  mobi  nid)t  fo  fd^neü  miebcr 
lebenbig  mad)cn."  Äriembilb  gebt  ibnen 
jum  Smpfang  entgegen,  eö  ifi  ibr  aber 
nid)t  möglieb,  ibrcn  ®roIl  ganj  ju  »er* 
bergen;  mit  ^a%in  med)felt  fte  bittere 
SBortc.  SDie  Sutgunben  geben  bie  SBaffen 
nicbt  ab,  unb  jornig  ftebt  bie  Königin, 
ba|  fte  gemarnt  morben  fein  muffen. 

^agcn  unb  ber  ©pielmann  iöolfer,  ber 
tiai  ©cbwert  eben  fo  gut  ju  fübren  tt)ci§, 
aU  ben  ^^iebelbogen,  ft^en  nacbber  Ju* 
fammen  Dor  bem  ©aal  unb  Äriembilb 
gebt  an  ibnen  vorüber.  SSolfer  »iU  ftcb 
erbeben,  mie  eö  ft^  gejiemt,  .^agen  aber 
fagt:  „IWein,  fte  fönnte  glauben,  mir  fürdb« 
teten  fte."  Sr  entblößt  uielmcbr  fein 
(£d)h)crt,  tai  @iegfrieb  einfi  gebort  ^at, 
unb  entgegnet  ber  Königin,*  bie  ibm  95or« 
rcürfe  madit,  faltblütig:    „3a  »obl,  iä) 


SfJibelungenlieb. 


519 


f)abe  bir  ßeibeö  genug  gctfian:  iä)  i^abi 
in  bcn  ©icgftieb  erfc^Iagcn."  5Dic  (Ritter 
im  ©cfolgc  bcr  Königin  tragen  eö  aber 
nid)t,  ben  Äampf  mit  bcn  93ciben  aufju* 
netimen,  unb  [o  gef)t  bicfe  günfiigc  ©c« 
Icgent)cit  roiüber.  „Df^e^mt  baö  (äifen» 
getttanb  unb  ergreift  bie  ©(^werter,"  ruft 
|)agcn  feinen  ®enoffcn  am  5JJorgen  ju, 
alö  fte  jur  SOteffe  gelten,  unb  ta.  (S^el  ftrf) 
barübcr  »unbert,  crtt)ibert  er,  baö  fei  fo 
ber  SBurgunben  93rau^.  ytaä)\)n  «irb 
turniert  unb  Söolfer  tobtet  babei  einen  ber 
riornebmfien  .^unncn;  ©|el  aber  befc^wic^- 
tigt  feine  8eute,  ha  eö  nur  ein  unglüct* 
li^er  S^'iüU  gett)efen  fei. 

^riem£)ilb,  bie  nergebticb  ©ietrid)  imn 
iBern  unb  feinen  SBaffcnmeijler  ^ilbebranb 
gebeten  ^at,  fte  ju  räcf)en,  njenbet  ft(^ 
itun  an  Slöbelin,  ber  mit  feinen  öeuten 
alle  knappen  in  ber  .^erberge  ber  ®äfte 
erf(f)Iägt.  3>anfti>art  tobtet  it^n  unb  battnt 
ftdf)  einen  Sffieg  buri^  bie  geinbe,  um  ju 
feinen  ®efäl)rtcn  ju  gelangen,  bie  mit 
S^el  im  Saale  ju  Safel  ft^en. 

^ier  bat  ^agen  ben  ^unnenfönig  grob« 
Uä)  beleibigt  unb  Qlilc  finb  in  aufgeregter 
Stimmung.  «piö^Iid)  erfci)eint  Danfttjart 
bluttriefenb  Dor  bem  ®aal.  SDa  feiert  .^agen 
•Juf:  „3e^t  tttoüen  ttiir  bem  Äönig  feinen 
2Bein  bejahten;"  $Der  erfie  Scf)Iag  trifft 
G^elö  6ö^nlein,  beffen  ^aupt  in  ben 
iScf)o§  Ärieml)ilb0  todt.  93oIfer,  ber  ©pieU 
mann,  ftebclt  mit  feinem  ©c^mcrte  unge- 
füge iöne  auf  ben  ßeibern  ber  ^unnen, 
bie  fämtlic^  erfcf)lagcn  n?erben.  9?ur  (5^ei 
unb  Äriemf)ilb  »erben  »on  2)ietri(^  ge^^ 
rettet  unb  aucf)  SRübegcr  mit  feinen  9!Jian= 
nen  oerld^t  ben  ©aal,  ber  nun  non  (S^el^ 
Pannen  ringÄ  umjingelt  mirb.  ^agen 
mirb  »on  mehreren  |)unncn  bcfianben  unb 
in  gro§e  ?iot  gebracht,  jtegt  aber  fcf)Iic^5 
lid^  bod)  immer.  2)ic  Surgunbenfönige 
fud^en  i{)re  ©(^mejler  ju  befänftigen,  unb 
fte  ip  au^  jum  ^rieben  bereit,  aber  nur 
unter  ber  Sebingung,  baf  ^agen  auögc« 
liefert  tterbe,  worauf  bie  93urgunben  natür» 
lid^  nid)t  eingeben  fönnen.  2)a  lä^t  Äriem^ 
^ilb  baß  obere  ©toctmer!  be«  ©aaleö 
anäünben;  bie  ^aupt^elben  ber  belagerten 
bleiben  aber  immer  noc^  am  ßebcn.  S)aö 
SBlut  fte^t  fo  i)oä)  im  ©aal,  ia^  bie 
nieberftnfenben  Sßermunbeten  ertrinfen  unb 
auf  ^agen«  (Rat  füllen  bie  gelben  it)rcn 
I>urjt  bamit. 

3e|t  ifi  nod)  (Rübeger  übrig  »on  ben 
fmnitifc^en  (Recfen.  SDer  Äönig  bittet  i^n, 
ben  ©treit  mit  ben  gcinben  ju  beftebcn, 
unb  fo  fommt  ber  (IRarfgraf  in  eine  »er* 


jweifelte  ßage.  (Stflef)t:  „(Rimm  mir  mein 
fielen,  alle«,  »a«  ii)  beft^e,  la§  mid^ 
betteln  gej^en,  nur  forbrc  nic^t,  baf  i^ 
meinen  ®äften,  meinen  ^reunben,  meinen 
aSertüanbten  in  il)rer  JRot  alö  ^einb  gegen= 
übertrete!"  2)a  erinnert  il)n  Äriem^itb 
an  ben  6ib,  ben  er  ibr  geleifiet  bat,  aU 
er  um  fte  marb,  ia^  er  jeberjeit  bcr  erfie 
fein  moüe,  ber  i^r  ßeib  räc^c.  (Run  fann 
er  ni(^t  mel)r  außweicben,  er  mup  fein 
©(^mert  gegen  bie  jie^en,  bie  mit  il)m 
bur($  bie  engften  (Sanbe  ecrbunben  finb. 
3llö  er  ben  ©urgunben  nat)t,  glauben  fte, 
i>a^  i^ncn  ^ülfe  Eomme;  aüein  er  fe^t 
ben  ©•f)ilb  t»or  ben  ^u^  jum  3£i<^f"  ^^^ 
gebbe.  Die  gelben  f lagen;  „fflill^  bu 
beine  Sodjter  benn  fd)on  jur  SBittroe  ma* 
ct)en?"  ruft  if)m  ®ifcll)er  ju.  ^agen  ;(eigt 
bcn  ©c^ilb,  ben  er  oon  i^m  ali  ©aft« 
gefcbcnf  empfangen  l)at  unb  ber  ganj  jer» 
flauen  ifi.  (Rübeger  giebt  i^m  ben  feinen 
unb  tt)ünfd)t,  tü§  er  i^n  nocf)  in  feinem 
^eimatlanbe  tragen  möge.  2;t)tänen  ber 
9lüt)rung  treten  ben  |»elben  in«*  QUige  bei 
biefem  legten  ^tiä^m  non  (Rübegere  Streue 
unb  greigebigfeit.  2)ann  beginnt  ber 
Äampf.  ®ie  OJiannen  (Rübcger«  unb  bie 
Überbleibfel  bea  burgunbifc^en  befolge« 
faUen;  (Hübeger  unb  ®ernot  erf(J)lagen 
jt^  gegenfeitig  unb  werben  »on  ben  Sur* 
gunben  tief  beflagt. 

2)ietri<^  t)ört  oon  bem  Jobc  (Rübegerö, 
feine«  treuen  grcu"^^^'  ""b  »erlangt 
äornig  ben  ßeid^nam  ^erauö.  „^ole  i^n 
fclber",  ifi  bie  tro^ige  ^Intwort.  (Bolfer 
fä^rt  fort,  ju  ^ö^nen  unb  ju  fpottcn,  unb 
fo  fommt  e«  jum  Äampfe,  in  »eld^em 
Qllle,  au^er  2)ietri^  unb  ^ilbebranb,  ®un* 
t^er  unb  ^agen  fallen.  3"'«^t  übermal» 
tigt  2)ietrid)  bie  beiben  Öurgunbcn  unb 
bringt  fte  gebunben  cor  Äriem^ilb,  inbem 
er  i^r  ®nabe  für  bie  fü^nen  (Recfen  em* 
pfiet)lt.  ©ic  perlangt  uon  ^agen  bie  dln« 
gäbe  be«  Drte«,  mo  ber  (Ribelungcnl)ort 
uerborgen  liegt,  ^agcn  meif  mot)l,  ta^ 
(Ri(^t«  mt\)X  fein  löeben  retten  fann,  roiil 
ber  Königin  aber  nod)  bcn  legten  ©traben 
antt)un:  fte  foli  ben  Ort  be«  ©c^a^e«  nie 
crfat)ren.  „©o  lange  einer  meiner  Ferren 
lebt",  fagt  er,  „merbe  irf)  bcn  Drt  nic^t  t)er= 
raten."  ®a  la^t  fte  it)rem  sBruber  ba«  ^aupt 
abfd)lagen  unb  äeigt  e«  -^agen.  „Se^t 
meip  ben  ^ä^a^  (Riemanb,  al«  ®ott  unb 
idb;  unb  Du  tt>irP  feinen  Drt  nie  erfaljren! " 
ruft  er  frobloctenb  au«.  jDa  jiebt  fte 
©iegfrieb«  ©^mert  au«  ber  ©(f)eibe  unb 
crf^lagt  il)n.  ©rgrimmt  barüber,  ba§  bie 
fü^nen  gelben  burc^   bie  ^anb  be«  blut=: 


520 


iRibcIungenlieb. 


bürfiigen  ilBeibeä  gefallen  jtnb,  beffcn  tnübc 
gtadE)e  fo  ctel  Unheil  fiiftete,  i)aüt  ^ilbe* 
branb  auä)  jte  nicber.  ©o  nimmt,  toai 
in  ßiebe  unb  ®IM  begonnen  ^at,  ein 
blutiges  (5nbc,  „als  ie  diu  liebe  leide 
an  dem  Ende  gerne  git." 

©ie^ragena^  bcm  ^anbfi^tiftcn« 
t)erbältni§,  womit  aucf)  bie  ^rage  nad) 
ber  (Sntjle^ung  be^  ©ebi^te^  jufammen« 
pnat,  ijl  noc^  feine  enbgiltig  gelöste. 
©«  ^nb  fc^r  »iele  ^anbfc^riften  oor^an» 
bcn.  2)ie  meijien  gef)ören  ju  ber  (Sruppe, 
ttield)e  man  bie  iBuIgata  ju  nennen  pflegt, 
an  beren  ©pi^e  B,  bie  6t.  ©aßet  ^anb* 
f^rift,  aU  bie  bej!e  jic^t.  Die  ^o^enemä* 
{DJünc^ener  |)anbf^tift  A  nimmt  in  bicfct 
©ruppe  eine  eigentümliiie,  felbjlänbige 
©teßung  ein.  Weniger  ^ai)Iieid^  iji  bie 
©ruppe,  beren  Caupt»ertreter  bic^o^^encm^* 
fiafbergifc^e  ^bfc^r.  C  iit. 

Sobmcr  würbe  juerfl  auf  bie^bf(I)r.  C 
aufmerffam  gemac[)t  unb  gab  beren  legten 
Seil  bcraufJ,  Ü«t)ller  Ue§  bann  aud^  noc^ 
bcn  porbern  Seil  abbruden,  aber  nac^  ber 
|)bfc^r.  A.  SBobmer  t)ielt  A  für  bie  ältefie 
|bfcf)r.,  unb  biefe  SWeinung  rourbe  aUge* 
mein  angenommen,  o^ne  ba§  irgenb^emanb 
einen  Semciä  »erfuc^t  ^ätte.  ©^on  S)  o  c  e  n 
blieb  eö  nic^t  verborgen,  ia^  C  bie  ältefle 
ber  unö  erfialtenen  |>anbfc^riften  fei.  ßac^* 
mann,  ber  anfänglich  biefe ÜJleinung  teilte, 
gelangte  fpäter  ju  ber  cntf^iebenen  Oln- 
ftc^t,  i>a^  bie  fpätere  ^bfc^r.  A  eine  ältere 
©eftalt  be«  Sejrte«  enthalte.  2>en  Unter- 
fucf)ungen2ßolf«  jufolge  fmb  bie  f)ome» 
iifci)en  ®ebid)te  aU  Serfnüpfungen  ein* 
jelner  2ieber  ju  betrachten,  unb  bie  mebr* 
fa^e  aSergleic^ung  beä  Dlibelungenliebe^ 
mit  ber  31iaö,  namentlich  aber  bie  cielcn 
inneren  2BiberfprücI)e  in  ber  ^bfc^r.  A, 
tt)iefen  barauf  \)\n,  ju  unterfuc^en,  ob 
frd^  nic^t  auct)  für  t>ai  beutfd^e  ®poö  iai 
gleid^e  23erf)ältniä  nac^meifen  laffe.  ßac^* 
mann  fam  ju  bem  9ftefultate,  M^  iai 
ganje  ©ebici)t  au«  20  romanjcnartigen 
ßicbern  jufammengefügt  fei,  beren  ®tro:= 
Pbenja^l  ftc^  immer  burci^  7  teilen  laffe. 
2)iefe  Solfäliebcr  «urben  feiner  3eitbe* 
fiimmung  S"  ^olfl^  «t"'«  ""^  1190—1210 
gebic^tet,  bann  mit  Sufä^en  oerfef)en  unb 
um  1210  äu  einem  ©anjen  Bereinigt,  wie 
e«  A,  freilief)  fc^lect)t,  überliefert.  2)cr 
Serfaffer  bcö  Scfteä  B  oerbefferte  bie  robe 
Qlrbeit  unb  fein  Sejt  würbe  bann  in  C 
um  1220  noc^  einmal  geglättet  unb  oer» 
fcinert.  öa(J)mann  fuc^te  nun  au«  A  bie 
ältefien  ßicber  raieber  bcrau03ufcl)älen,  ton 
bencn  er  annat)m,   ta^  fxc   ganj  unücr* 


änbert  in  iai  dpo«  aufgenommen  feien. 
^aä)  aUerbing«  nid^t  immer  fonfequent 
burc^gefüf)rten  Kriterien  erflärte  er  eine 
ÜJienge  üon  ©tropben  für  unä(^t,  tjom 
Bearbeiter  binjugebid^tct,  unb  fam  fo  ju 
htn  20  ßiebern. 

3uerji  trat  ^oltsmann  (1854)  gegen 
biefe  *Hufjiellungcn  ßa^mann«  auf,  bie 
lange  Seit  unan9efocf)ten  geblieben  waren, 
unb  i^m  folgten  fogleid^  me^r  ©elcbrte, 
welche  ber  Äritif  ßacl)mann«  ben  ißor* 
wurf  ber  Befangenheit  in  einer  »orge* 
faxten  ÜJJeinung  mad^ten.  SBäbrenb  fonjl 
in  ber  Äritif  ber  ©runbfa^  gilt,  i)a^  man 
Dom  bejlen  Serte  auäjugc^en  unb,  fofcrn 
nii^t«  bagegen  fpric^t,  bie  ältefien  ^anb* 
fc^riften  befonber«  ju  berücffx4)tigcn  f^at, 
fo  war  in  biefcm  ^aü.  oon  ßadbi"inn 
tai  umgefcj^rte  ©erfahren  eingefc^Iagen. 
3iur  bie  fiiebert^eorie  fonntc  i^n  baju 
bcre(i)tigen,  nur  wenn  biefe  fejiflanb,  ergab 
ftcf)  A  aU  ber  urfprünglicf)jie  Seyt,  aber 
bie  ßiebert^eorie  felbfi  war  blo«  ju  fiü^cn, 
wenn  A  aU  urfprünglic^ftcr  Sejt  ange» 
nommen  würbe.  2)ie  Kriterien  für  tit 
5luöfd^eibung  ber  ßieber  fanb  man  ju 
wiüfürlic^  unb  bie  Seilbarfeit  burc^  7  in 
ber  ©trop^enjabl   ungenügenb   bcgrünbet. 

2>ie  51nft(^ten  be«  bamal«  bereit«  Der» 
fiorbenen  ßac^mann  fud)ten  bcfonberä 
ÜJt  üllen||off  unb  ßiclienfron,  in 
neuerer  Qät  ouc^  »  o  n  9)i  u  t  b  gegen  biefe 
Singriffe  ju  tcrteibigen ,  wäbrcnb  SBil* 
mann«,  an  ßac^mann  anfnüpfenb,  mit 
einer  neuen  2lnfr(^t  oon  ber  (Sntfie^ung 
be«  ©ebici)te«  ^ercottrat. 

^ol^mann  gelangte  jum  iRcfultate, 
ba^  C  ben  Sejt  am  beficn  erbaltcn  i)abt, 
wä^renb  B  unb  A  ftufenweife  23erfd)lec6« 
terungen  bcffelben  feien.  S)urcb  S'ii^"'*^ 
würbe  biefe  Qlnfid^t  beffer  begrünbct,  ba 
^ol|mann'«  21u«fübrungcn  nod)  man^e« 
Unüberlegte  unb  ^^lü^tige  entbalten  Ratten, 
©einen  Unterfuc^ungen  jufolge  ifi  bie 
^anbfc^rift  C  im  Beginn,  B  in  ber  ÜRitte, 
A  gegen  iai  ®nbe  be«  13.  ^abr^unbert« 
gefd)riebcn  worben.  S)a«  Original  tti 
JJibelungenliebc«  iji  un«  jwar  üerloren, 
aber  in  C  jicmlic^  treu  erbalten.  B  ent* 
f)ält  ben  Scyt  einer  grobförnigeren  Be* 
arbeitung,  unb  A  ifi  burc^  »ielfa^e  2tu«5 
laffungen  unb  iöcrfd)lec^tcrungen  au«  B 
cntfianben. 

ein  anberer  ©egner  erwudl)«  ber  ßad^^ 
mann'fct)en  'Jlnftdjt  in  Bartfc^.  2luc^  er 
legt  A  feinen  mafgebcabcn  Sßcrt  bei, 
ftetlt  tiai  Berbältni«  »on  C  unb  B  aber 
etwa«  anber«  auf,  al«  3>itncfc.  9iac^  i&m 


fWibelungenlieb. 


521 


iinb  C  unb  B  Umarbeitungen  eine^  »er* 
lorncn  Original^;  bafür  [priest  namentlid) 
bcr  UmPanb,  ta%  bic  Kombination  manc{)er 
ße^artcn,  wo  bic  bciben  ^anbf(J)riften  im 
SReime  »on  einanber  abiücid^en,  Qlffonanjcn 
crgiebt,  »cld^e  C  unb  B  offenbar  in  reine 
(Reime  umjuh)anbeln  jircbten.  B  foH  babci 
me^r  Urfprünglic^eö  in  |ic^  fcf)Iiefen,  aU 
C,  voai  Sartf^  burc^  bie  Unterfucfjung 
ber  3J?etrif  in  ben  ©tropfen,  welche  nur 
in  einer  bcr  bciben  ^anbfd^riften  fiel)en, 
barjut^un  bemüht  iji. 

2)ie  bciben  ^Bearbeitungen  gc^en  fo 
tücit  auöeinanbcr,  ta^  an  eine  SRefon- 
firuftion  beä  Original^  nic^t  ju  benfcn 
if};  man  I)at  ftcf)  alfo  an  eine  berfelben 
ju  t)alten.  Ob  C  ober  B  mef)r  Urfprüng- 
Üd^cö  ermatten  ^abcn,  ifi  eine  nod)  ni(f)t 
enbgiltig  entf^iebene  }^xa%f,  für  B  fprec^cn 
mef)r  äußere,  für  C  mcfir  innere  ®rünbe. 
QlÜgemcin  rt)irb  aber  anerfannt,  t>a^  C  bic 
trcitau^  fc^önere  unb  feinere  Icftcörejenfton 
in  ft(^  fd)IieBc;  jcbem,  bcr  ba^  Sflibclungcn* 
lieb  beä  äft^ctifc^en  ©enuffcö  njegcn  lefen 
rtiitl,   iji  C  in  crfier  ßinic  ju  cmpfeblen. 

gür  bieSntjicfeung  beö  ©cbic^tc^ 
ftnb  ben  3lnftcf)ten  über  ia^  ^anbfcf)riftens 
rcr^dltnii  entfpre(^enb,  ebenfalls  abreei* 
d)enbe  SDteinungcn  nor^anben.  ®a§  ber 
©agenfioff  urfprüngtid)  in  cinjclncn 
Siebern  »crbreitet  ttjar,  iji  buri^  bie 
ßicbcr  bcr  altern  Sbba,  fowcit  fie  biefen 
©agenfrei^  betreffen,  bezeugt,  bann  aber 
aud^  no^  burd)  ätoei  iüic&tige  ©teilen  in 
ber  vita  Canuti  unb  bei  Saxo  Gram- 
maticns.  '^n  ben  erjicn  Sagen  bc^  Sabreö 
1131  fud^t  ber  beutfc^c  ©änger  ©iWarb 
ben  ^crjog  Änub  Sanjarb  »on  @(f)Ieört)ig 
»or  bcr  binterlifiigen  Sinlabung  bcö 
bänifc^en  Äönig«  ju  tüarnen,  inbem  er 
if)m  breimal  ben  oiclbefungencn  Serrat 
ber  Äriemt)ilbe  an  ij^ren  SBrübern  tiorjtngt. 
^ai)  ßac^mann  ijl  hai  fRibelungenlicb 
einfad)  eine  SBerfnüpfung  foId)er  2ieber, 
3arncfc  unb  Sartfd^  fef)en  e^  bagegen 
al^  ba^  Söcrf  cincö  cinjigcn  2)icf)terö,  cine^ 
fa^renben  ©änger^  an,  ber  nur  ben  ©toff 
auö  ben  alten  ßiebern  fc^öpfte.  iffiil« 
mannö  ifi  in  neuerer  Qät  mit  einer 
51nftc^t  aufgetreten,  bic  berjenigen  ßad^« 
mannö  ä^nlic^  iji,  aber  tro|bem  ganj 
neue  ®eftd)töpunftc  ent|)ält.  ®r  nimmt 
an,  ba^  ftd)  ©cbic^tc,  tt)el(!)e  einzelne 
^aupttielbcn  beö  SRibelungenfagenfreifeö 
jum  ÜJJittelpunft  |atten,  mit  einanber 
i?erbanben,  unb  ba§  biefc  großem  Dic^* 
tungen  ttieber  ineinanbergearbeitet  würben. 
<5ö  märe  bieö  alfo  eine  (Sntftcf)ung  burd) 


Kontamination,  ©o  geificoU  biefc  5lns 
fc^auung  ip,  fo  fe^lt  ti  ibr  bo(f)  an 
überjcugenber  Äraft,  unb  ftc  ^at  ftc^ 
wenig  ©eltung  t)erf(^afft  (ogl.  ©ermania 
XXIV.,  201  unb  bic  anbcrn  bort  angc* 
füf)rten  SRcccnfionen). 

Über  bic  ^crfon  beö  S)ic^terö  ftnb 
mandie  2lnfi(J)ten  aufgefieüt  unb  aU  balt* 
loö  jurüctgemiefen  »orben.  5lm  mciftcn 
I)at  bic  Vermutung  <Pfeifferö  für  fic^, 
tt)clcf)e  bann  non  Sartfä)  »erteibigt  mürbe, 
ba§  tai  ®ebi($t  bcm  Nürnberger  juäu* 
fd^reiben  fei,  bcffen  S!RinneIiebcr,  in  ber 
*Parifcr  ^anbfd)rift  erhalten,  bic  ^orm  ber 
SRibclungenjiropl)c  jeigen.  2)icfc  5lnjt^t 
ifi  aber  nid)t  burc^gcbrungcn ,  ia  fte  auf 
ju  unft(^ern  Soben  gebaut  ifi. 
i  2)ie  3«it  "^^^  Sßcrbinbung  jener  20 
ßicbcr,  auö  meieren  er  iai  dpoö  ju« 
fammengefügt  fein  lä§t,  fe^t  ßa(f)mann 
um  1190—1210.  ^.ol^mann  fieHte 
bie  5lbfaffung  be^  SRibcIungenliebe^  \ni 
10.  3a§r^unbert,  maö  entfcöieben  un« 
faltbar  ifi;  nad)  3''i^n<f^  *j^  ^^  "i*^* 
Piel  t>or  1200  entpanbcn,  mie  ftc^  aixi 
Seröfunfi,  SReim  unb  ©prad)e  fc^Iic§en 
lä§t.  SRac^  Sartfc^  fäüt  bie  entfict)ung 
bc^  Originale  in  bie  3fit  '^on  ll40  — 1150, 
ha  Nürnberger  feine  ßieber  um  biefc 
3eit  bic^tetc.  2öcr  aber  bic  iBerfafferfcf)afrt 
bc^  Äürnbergerö  für  baö  SRibelungenlieb 
nic^t  annimmt,  für  ben  fäQt  au^  biefe 
^Datierung,  bcnn  ia^  ®ebicf)t  fclbfi  giebt 
burcf)auö  fein  SRec^t  jur  5lnnat)me  eined 
fo  l)of)cn  5lltcrö,  fpricfjt  viclmcbr  e^er 
bagegen.  (9Jgl.  qjaul,  Beiträge  III,  373.) 
S)ie  bciben  Bearbeitungen  best  Originale, 
meiere  burd^  B  unb  C  vertreten  finb, 
meifi  Sartfd^  ber  3eit  uon  1190—1200  ju. 

511«  Ort  ber  .(Sntfie^ung  tni  ßicbe« 
bat  man  allgemein Dfierreidf)  angenommen; 
3arnde  fud)te  (1857)  bar^utbun,  baB 
me^r  SBa^rfd^einlic^feit  für  lirol  fpre(J)e. 

2)ie  ©tropfe  befiel)!  auö  4  ßang* 
jeilen,  beren  jcbc  in  äWci  .^älften  jcrfäUt. 
3ebe  ^ämt  mirb  burd^  3  ^ebungen  gc< 
bilbct  unb  bie  erfie  ^at  flingenben,  bic 
jmeite  fiumpfen  ©dbluf.  SRur  bie  le^te 
^älftc  iti  oierten  iBcrfc«  entt)ält  4  ^e* 
bungen  mit  fiumpfem  Qluögang.  ©olc^c 
Serlängerungen  beö  ©troplienf^luffe« 
Waren  im  12.  3a^'^^"ni'crt  fel)r  beliebt. 
2)icfelbe  ©trop^cnform  mürbe  fc^on  non 
bem  ÜRinncftnger  Nürnberger  öcrmcnbct. 
(ÜRinnefang«  ^rü^ling  @.  7.) 

®ie  SlibclungcnsNlagcifi  eine  an« 
gcljängtc  ©d^lufbid^tung  in  (Reimpaaren 
unb  in  ben  mcifien  ^anbfd^riften  beö  (Ribe* 


522 


S'iibelungentteb. 


lungenliebcä  enthalten,  fo  t>a%  beffcn  ^an&s 
fd^riften»er^ältni^  aud)  für  bic  Älagc  gilt. 
2)cr  3n^alt  befielt  aug  einer  tutjcn  SBieber« 
öolung  ber  ^anblung,  tücl^e  bei  gweitc 
Seil  beö  SJibelungcnlicbe^  barPcUt,  tnorauf 
Älagereben  (S.^tU,  ©ietrid)«  unb  ^ilbe= 
branbö  um  bie  gefallenen  |>elben  folgen. 
2)et  ©pietniann  ©n^emmel  bringt  bie 
Srauerfunbe  nac^  33ed^elaren  unb  SBorm^. 
2)ictric^  jiel)t  mit  feiner  ©ema^Iin  unb 
.^ilbebranb  ^eim  na^  Sern. 

3n  ben  furjen  erjäl)tungen  ber  kämpfe 
^at  bic  .Klage  einen  altern  Icyt  beö 
S^ibelungenliebeö  benu^t,  alö  ber  unö 
»orliegenbe  iji.  ©ejüi^t  auf  bie  Sßerfe 
4075—4702,  auf  bic  Unterfuc^ungen 
3arncfe'ß  (93eiträgc  JC,  1857)  unb 
5DümmIer'ä  barf  man  mit  ^öc^jier 
2Ba^rfd^cinIid)feit  folgenbcö  aufjiellen: 
Um  980  lie^  ber  93ifd)of  *piligrim  üon 
(ßaffau  bur^  feinen  @(i)reiber  Äuonrab 
in  lateinifd^er  «|3rofa  eine  giiebaftion  fom 
jWeiten  Seile  bcö  DUbelungenliebeö  »er» 
faffen  unb  bie  Älage  ebenfalls  in 
Iatcinifct)er  $rofa  anfügen.  ^Darauf 
^ü^tni)  fd)uf  ein  S)i^ter  (oieQcic^t  ber» 
jenige  be«  Sßiterolf)  ein  ©ebid^t  in  SHeim« 
paaren,  tt»elct)eö  ber  2)ict)tcr  beä  SJlibel» 
ungenliebcö  an  fein  2Ber!  anfc^Iop.  2lu3< 
gaben  üon  ßadimann,  ber  Stibelunge 
9iot  unb  bic  Älagc,  1826.  5.  «Uuögabe  1878, 
Sartfc^,  5Die  Älagc  1875.  (^bjarbi, 
bic  Älagc  mit  iioüfiänbigem  fritifd)en 
Slpparat,  ^annooer  1875. 

£)ie  iBerbreitung  ber  ©age  toai 
gro§.  3n  ©eutfc^lanb  unb  jtt)ar  watjr- 
fc^einli(^  bei  ben  ^raufen,  ben  Sfiai^barn 
ber  Surgunben,  enfprungen,  manberte  ftc 
nac^  bem  Sterben  unb  erwarb  fic^  aud^ 
bort  fiele  greunbe.  5Daf  fre  im  DJorben 
nid)t  ein^eimifc^  mar,  jeigt  frd)  beutlid^ 
barin,  ta^  ftc  auc^  in  ber  norbifd^en  ®e* 
^alt  am  3fit)cin  fpielt  unb  mit  ben  9'iamcn 
ber  burgunbifd)en  gelben  »ertt>a(I)fen  ifi. 
Q,i  ftnb  jttjci  Überführungen  ber  SRibeU 
ungenfage  naä)  bem  f!anbinaDifd)en  Siorben 
ju  unter[(f)ciben. 

3n  ber  erften  ^älfte  be«  9.  3a^r< 
^unbertö  mar  bic  ®age  im  SRorbcn  fcf)on 
bcfannt  geworben,  unb  i^ren  3n^alt  bc* 
fangen  ßiebcr,  üon  benen  un^  ein  Sleil  in 
ber  dttern  ©bba  aufbewahrt  i^.  Süden, 
welche  biefe  ßieber  im  3ufammcn^angc 
ber  ®age  laffen,  werben  burd)  bic  jüngere 
Qhha  unb  bic  SSölfungafaga  auögc« 
füllt,  bie  in  ber  jWeiten  ^älftc  bc^  13. 
Sa^r^unbcrtö  Berfa|t  würbe. 

Um  bie  aOiittc  bcö  13.  Sa^t^unbcrt« 


würbe  bic  «Sage  jum  jweiten  SOtalc  naci^ 
bem  SQorben  gebrad)t  unb  ncbjl  anbcrn  um 
3)ietrid)  oon  Sern  gruppiert.  @o  cntfianb 
bie  I^ibrcffaga.  2)a3  iJiibelungenlicb 
lag  bem  25erfaffer  biefcr  @aga  in  einer 
^anbfd^rift  ber  ®ruppe  B  nor;  er  ocrfud^te 
aber  eine  "Ungleichung  an  bie  im  9torben 
fc^on  »or^anbene  ©agenfaffung  1^ er jufi eilen, 
wie  fic  ftd^  infolge  ber  erfien  (Entlehnung 
ber  ©age  oerbreitet  f)atte. 

(Sine  ©arfieüung  ber  norbtfc^cn 
©agengcfl:alt,  wie  ftc  au^  biefen  5Denf« 
malern  refultiert,  ifi  jiemlid^  fc^wer  ju 
geben,  ha  bie  einjclnen  Quellen  fic^  in 
mand)en  3ügen  wibcrfpred)en.  ®od)  lä^t 
ft(^  im  allgemeinen  ^olgcnbcä  fefifieücn: 

I.  23orgefd)id)te.  *Bon  Dbin«  ^aä)' 
fommc  SBÖlfung  flammen  ©igmunb,  feine 
neun  S3rübcr  unb  it)re  ©d&wcjier  ©ignt). 
5Dercn  ©cma^l  ©iggeir  tötet  ben  SBölfung 
unb  Idft  bic  je^n  ©ö^nc,  bic  ben  SBater 
rächen  wollen,  im  2Balbc  fefibinben,  wo 
fre  naä)cinanbcr  tnxä)  ein  Ungetüm  gc* 
tötet  werben.  9tur  ©igmunb  wirb  burd^ 
bie  |)ilfe  feiner  ©(^wejier  gerettet  unb 
tötet  i>ai  Untier.  Um  einen  JRdd^cr  für 
ben  Stob  il)rcr  Srübcr  gu  gewinnen,  »et= 
wanbclt  ©igni)  i^re  ®eftalt  unb  ^cugt 
mit  i^rem  ©ruber  ©igmunb  ben  ©infjötU, 
ber  alfo  con  üätcrlid^er  unb  mütterlicher 
©cite  Dbinä  Stac^fomme  ifi.  3^  SCßalbc 
»erborgen  wäc^fi  er  jum  tüd^tigcn  9teden 
auf  unb  nerbrennt  mit  ©igmunb  ben 
©iggeir  in  beffen  93urg.  ©ignp,  befriebigt 
bie  iPf[id)t  ber  a3aterracl)e  erfüttt  ju  f)aben, 
fud)t  in  ben  glommen  beö  *PaIafie^  ben 
Sob.  ©igmunb  »crma^It  ftc^  mit  93org« 
t)ilb,  wcl(|c  't>in  ©infjötli  umbringt.  5Die 
jweite  (S^e  fd)licBt  ©igmunb  mit  ^jörbi«, 
ber  Soditer  be«  Äönigö  (Splimi  »on  graff* 
lanb  (Jranfen),  wirb  oon  ^unbing  et* 
fc^lagcn  unb  oon  einem  ©o^nc  gerodet, 
^jalpref  nimmt  ^jörbiä  gefangen  unb  in 
ber  (Sefangenfd^aft  gebiert  ftc  ©igurb,  üon 
bem  i^re  nad)folgenbe  ^icirat  mit  Äönig 
5llf  ben  SDlafel,  in  ber  (Scfangenfd^aft, 
alfo  unfrei  geboren  gu  fein,  nid)t  weg» 
net)men  fann. 

U.  ©ewinnung  be^  ©dE)a^e8.  SJcr 
3>ticrg  5lnbüari  ^ütet  in  (SePatt  eine« 
^ed)teä  einen  €iä)a^.  3"  i»«  ^^^^  ^«^^ 
ein  Sauer,  beffcn  brei  ©ö^nc  Ott,  gofnir 
unb  Diiegin  t)ci§en.  5Der  erfie  ^ält  ftd^ 
alö  Dtter  im  SBaffer  auf,  ber  jwcitc  ijl 
ein  35rad^e,  ber  brüte  ein  funfigeübter 
3wetg.  S)ic  ®ötter  Dbin,  ^önir  unb  ßofi 
!ommcn  ba^in  unb  ber  Untere  fc&lägt  bic 
Dtter  tot.    511«  ©ol^ncäbufc  »erlangt  ber 


Sitbelungenlicb. 


523 


®auer  fo  »icl  ®otb,  ha^  bic  Dttcr  ganj 
bamit  »erbccft  »erben  fann.  Soft  fängt 
ben  2Inboart,  nimmt  t^m  feinen  <Bä:)a^ 
unb  jule^t  aü<S)  noä)  feinen  SRing,  an  ben 
ber  Stt'erg  wütenb  feinen  gluc^  I^eftet. 
2)en  ganjen  ®cf)0^  muffen  fte  aU  Su§e 
Eingeben,  felbfi  ben  Diing  nod^,  ber  balb 
feine  »erberblid^e  SBirfung  jcigt.  6ö  ent» 
fie^t  (Streit  um  hai  ®elb  unter  bem 
Sauer  unb  feinen  beiben  ©o^nen,  fie  er= 
fc^Iagcn  i^n.  2)cr  £>rad)e  gafuir  nimmt 
ben  6ci)a^,  bei  bem  auc^  ein  |)elm,  eine 
93rünne  unb  ein  trefflic^eä  <B6)nat  liegt, 
für  fic^  allein  unb  ^ütet  i{)n  auf  einer 
^aibe.  iRcgin  fc^miebet  ein  »orjüglidfjeö 
(Scf)mert  unb  bringt  eö  6igurb  inö  j^ran^ 
fenlanb  mit  ber  5lufforberung,  ben  3)rad)cn 
j%u  töten.  2)ieö  tioüfü^rt  6igurb  unb 
5Regin  ij^  nun  im  23eft^e  beö  ©d)a^eä, 
(Sr  »erlangt  üon  ©igurb  aU  53ruberbu§e 
«in  3£i<^t"  ^ei^  Dienjibarfeit,  er  foü  il)m 
ta^  j^erj  gafnirö  braten.  2)abei  fommt 
etwaö  t)on  bem  Stute  an  feine  Sippen  unb 
nun  iicrfiel)t  er  bie  ©pradtjc  ber  SDögel,  bie 
i^n  üor  Sfiegin^  Sude  marnen.  (Sr  er; 
fd^Iägt  biefcn  unb  reitet  mit  ^ä)a^  unb 
ifting  bafon. 

III.  ®igurb  unb  33rpnl}ilb.  ©igurb 
fommt  i^ur  ©igrbrifa,  einer  SBalfprie, 
meiere  Dbin  megen  i^re^  UngeI)orfamg 
in  Schlaf  nerfenft  unb  mit  einem  ^cuer« 
freiö,  ber  Slöaberlobe,  umgeben  ^at.  ©igurb 
reitet  burd)  hai  geuer,  bie  2öalft)rie  lebrt 
tbn  bie  SRunen,  unb  er  jieljt  mieber  rtteiter. 
©einen  entflogenen  g^alten  fud)enb,  fommt 
er  ju  einem  Jurm,  wo  er  bie  33rt)nt)ilb 
mit  ©tidcn  befdjciftigt  finbet.  Son  ibrer 
@d)ön^eit  f)ingeriffen,  oerlobt  er  ftd)  mit  il)r. 

aSeiter  jiebcnb  gelangt  er  an  ben  SR^ein, 
nio  brci  SBrüber  bcrvfci)en,  ©unnar,  ^ogni, 
®ut£)orm.  3t)re  SOhitter  ©rimbilb  münfd)t 
il)n  jum  ©bam  unb  giebt  it)m  einen  a3er= 
geffenl)eitätranf,  worauf  er  ft^  mit  i^rer 
äod)ter  ®ubrun  oerlobt.  ©unnar  mitt 
um  93ri;nt)ilb  freien  unb  6igurb  »erfprid)t 
i{)m  feine  ^ilfe,  M  if)m  ber  Söergeffen^eitö* 
tranf  atle  (Srinnerung  an  feine  früt)ere 
SScrIobung  mit  ibr  geraubt  bat.  Srt)nt)ilb 
erfennt  ibn  aud)  nid)t  mieber,  fü^lt  aber 
groge  Steigung  ju  i^m.  9^ur  ber  foü  fie 
geminnen,  ber  burd^  lobcrnbeiä  geuer  reiten 
tann.  ÜDa^  »crmag  aber  nur  ©igurb, 
tt)clc^er  beät)alb  bie  ©efialt  mit  ©unnar 
taufet  unb  fic^  mit  Srpnlilb  »erlobt. 
3n  ber  93rautnad)t  legt  er  ein  blo§eö 
^d)tt)ert  jtüifcben  ft(^  unb  fte  unb  taufest 
bann  feine  ©efialt  mieber.  ©o  wirb  93rii)n= 
I)ilb  ©unnar«  ©attin;  fte  fü^U  ft^  aber 


immer  mächtiger  gu  ©igurb  l)inge5ogcn, 
traurig  geben  i^r  bie  läge  bal)in.  (Sine« 
Sage«,  al«  fie  mit  ©ubrun  ibre  langen 
^aare  am  ©tranbe  mäfd)t,  erbebt  txi) 
(Streit  unter  il;nen,  n)eld)e  bie  Sorne^merc 
fei.  3"l6^t  ^'ilt  i^r  ©ubrun  »or,  ba§ 
fie  ben  mürbigern  ©atten  bcfi^c,  benn 
©igurb  ^abe  tai  JJeuer  burcbritten.  3)ie 
aBirfung  auf  93ri)nl)ilb  ift  furd)tbar,  nid)t 
nur  iljr  ©tolj  ifi  tief  beleibigt,  fie  ift  um 
i\)X  Sebenöglüd  betrogen.  (S«  bleibt  fein 
anbrer  ^luömeg,  ©igurb,  ber  i^r  nid)t  an- 
get)ören  fann,  mu§  ftcrben.  ©utl)orm  er= 
morbet  ©igurb  im  öette.  3e^t  ifi  f«in 
Setrug  gefütjnt,  je^t  fann  ibm  Srtjn^ilb 
angel)ören;  fte  lii^t  einen  ©c^citerljaufen 
crrid)ten  unb  »erbrennt  ftd)  neben  ilim 
al«  feine  red)tmd^igc  ©attin. 

IV.  ©ubrun  unb  Sttli.  2)er  Äönig 
5ltli  trad^tet  barnai^  ben  Qd)a^  ©igurb« 
ju  gcminnen,  ben  jet3t  ©unnar  unb  feine 
jmci  Srüber  beft^cn.  ©r  befet}bct  fie  unb 
jur  üBefänftigung  erhält  er  bie  |»anb  ber 
©ubrun.  Qlüein  bie«  bcfcbn3id)tigt  feine 
©ier  ntc^t.  2ro^  ber  Söarnung  ibrer 
©djmcfter  fommen  bie  Könige  auf  5Uli« 
Sinlabung  in  beffen  ßanb  unb  werben 
ba  bi«  auf  ©unnar  unb  ^ögni  erfdilagen. 
©unnar  erflärt,  er  merbe  ba«  23erfied  be« 
©d)a|e«  nic^t  nennen,  fo  lange  ^ögnt 
lebe.  Qltli  lä§t  biefen  töten,  morauf 
©unnar  al«  einziger  Scft^er  bc«  ©ebeim= 
niffe«  f($wört,  basfelbe  nid)t  »erraten  ju 
moOen.  ©einen  2;ob  räd^t  ©ubrun,  inbem 
fte  if)re  unb  5ltli«  Äinber  tötet  unb  biefen 
in  feinem  *Palajle  »erbrennt. 

S)ie  Sörmunreffaga  erjiiblt  bic  »»eitern 
©c^idfale  ber  ©ubrun,  au«  benen  ftd^ 
aber  nic^t«  SCßeitere«  für  bie  DJibelungen^ 
fage  ergiebt. 

^ür'bie  (Jntfte^ung«gef(^id&tc  ber 
Dübel  ungenfage  i^  bic  norbifAc 
©agengejialt  fe^r  n>id)tig.  Gine  Sers 
gleid)ung  berfelben  mit  ber  beutfc^cn  jcigt 
flar,  ha'B  in  ber  norbifcften  ©efialt  me^r 
Urfprünglidbe«  erl)alten  ifi,  obmolil  bic 
©age  i^re  eigentlicbe  ^eimat  in  Deutfd)= 
lanb  l)atte.  2)a  bie  ß^rifiianifierung  im 
©üben  »iel  enetgifcber  betrieben  mürbe, 
»erblaßten  in  2)eutfd)tanb  bie  alten  bcib^ 
nifä)en  ©ötter  »iel  fdineller,  al«  im  Jior^ 
ben.  ©0  ftnb  »iele  jur  ^anblung  not« 
menbige  3ügc,  wie  }.  33.  bie  SBalftjricn* 
natur  ber  S8rün|)ilb  in  ber  beutfi^cn  ©agc 
»erwifc^t.  %üä)  einjelne  l^ifiorifc^c  3ügc 
l)at  ia^  norbif^e  treuer  bewahrt. 

3n  ber  ©ntwidlung  ber  ©agen  unb 
!IRt)tbcn     beobad)tct     man    jwei    2öcge: 


524 


5?imt>uö. 


1.  6in  tielbcfungcn«  ^elb  wirb  t>on  bcr 
aSolföp^antafte  fä)Iic§Ii(^  in  ben  ©ötter- 
bimmel  »erfe^t  unb  feine  Ißaten  tt>crben 
ju  göttlicf)en,  baö  ^ei^t,  bie  Sage  wirb 
jum  2J?ptf)uö  ober  2.  ©öttergefialten  Ber= 
tiaffen  met)r  unb  mcbr,  ftc  »erben  ju 
^erocn  unb  i^rc  Ifiaten  tt)erben  inö  SHcnf^)' 
Ii*c  übertragen:  ber  SMptbuä  «lirb  jur 
(£agc.  gür  bcn  erften  %aü.  ifi  bie  ®e= 
fc^id^tc  beö  ^erfule«,  für  ben  än)eiten  bie= 
jenige  SBoban^  bejei*nenb,  ben  wir  im 
wilben  Säger  unb  jule^t  gar  in  ber  5ßerfon 
eineei  Dberjägcrmeiper^  »on  a3raunfd)h)eig 
»icbererfennen. 

gür  bcn  ^ern  ber  SRibelungcnfagc  iji 
offenbar  bie  jtt)eite  5trt  ber  Sntmidlung 
anäunc^men.  fBai  für  ein  ÜKtjtbuö  aber 
ju  ®runbe  liegt,  ifi  unft(i)er.  Öadf)mann 
na^m  an,  eö  fei  ber  93aIbr=aKt)tt)uö  unb 
ber  ©runbgebanfe  fei  ber,  ia^  ta^  ®olb 
alle,  bie  nai)  \i)m  ftrcben,  ber  ®ett?att 
fnftercr  9Kä4tc  tt>eibt.  (Segen  biefe  Q(n* 
nabmc  »enben  ficJ)  Suggeö  Unter- 
fucf)ungcn  über  93atbr  unb  bie  QSeobacE)« 
tung,  ta%  bie  SWt)tben  ft^  auf  25orgänge 
in  ber  SJiatur,  aber  noi)\  faum  je  auf 
etbifcf)c  ©ebanfcn  grünben.  2B.  OJlüIIer 
rerglid)  ba^er  einen  9^aturmt)tbuö,  ben= 
jenigcn  t>on  %xf() ,  bcm  ®ott  ber  gruc^t^ 
barfeit.  2>er  ©runbgebanfc  »äre  ibnt  ju-- 
folgc  ber  .Kampf  jtt)ifd)en  SBinter  unb 
(gommer  um  bie  (Srbc. 

ÜJlit  bem  3Wr)tbcnftoffe  eermifdf)ten  fxcf) 
fciftorifc^e  ©agenjügc  aus  ber  Erinnerung 
ber  i^ranfen,  bei  benen  bie  €age  mot)I  if)ren 
Urfprung  na^m.  2m  Sabr  437  erlitten 
bie  Surgunben,  bie  füblidben  S^^acbbarn  ber 
l^ranfen ,  eine  gewaltige  3^ieberlage  burcb 
bie  ^unnen.  5Kancf)e  (Sinjelbeiten  biefcö 
gewaltigen  (Srcignijfcö ,  wclcf)e  ftcf)  ge- 
fd)i(f)tlicl)  nac^meifen  laf[en,  bat  bie 
SRibelungenfagc  treulief)  bemaf)rt.  20  3af)re 
nacb  ber  gro'^en  @(ä)lad)t  flog  bie  .Kunbe 
burd)  bie  bcutfd)cn  ®auen,  ia^  *2Utila 
tot  fei  unb  jwar  l)abe  \i)n  fein  cigeneä 
2Öeib,  bie  Jlbico,  getötet.  Jlbico  ifi  ha^ 
I)eminuti»um  t)on*.^ilbc  unb  fann  mol^l 
mit  Äricmbilbe  ibentifd)  fein.  Q.i  mag 
alfo  tt)obl  auf  l)i)lorifd)en  iRcmini^jenjen 
beruben,  menn  Äricml)ilbe  (bereu  SRamen 
im  S^orben  erfi  fpater  burcb  ®ubrun  t^cr- 
brängt  mürbe)  i^rcn  ®emaf)l  Qltli  (<llttita) 
t>ernict)tet.  ©pätcr  brangen  aucf)  nod)  3^9^ 
nuä  ber  Dietri(i)fage  ein. 

©0  lebte  bie  SJJibelungenfage  fort,  ein 
»itifommcncr  ®aft  bei  ^oc^  unb  SJiiebrig, 
bie  im  12.  3a^r^unbcrt  bie  «Sagen  frember 
fRationen  ben  SlicE  ber  t>orne^mcn  ®cfeH« 


fcbaft  in  bcn  böfifcben  Greifen  auf  fid^ 
ienfte.  SSon  ta  ab  geborte  iai  6ingcn 
unb  Sagen  biefer  \iolf^tümlic^cn  ®pen 
nicbt  mel)r  jum  feinen  Jon  unb  ba* 
Dfilbelungenlieb  jog  ftcf)  mit  feinen  flamm* 
oerwanbten  S)id)tungen  in  bcn  Äreiß  bc^ 
nicbrigern  5lbelö  unb  be^  SSolfee  jurücf,. 
bcffen  ©cf)ot  eö  entfproffen  mar.  2)ie 
jnblrei(i)cn  3<i^i^"i^'^ft«brucfc  beö-  SBolf^« 
bui^e^  fom  börncnen  ©eifrib  jeigcn, 
mie  lieb  i^m  ber  «Stoff  mar,  unb  je^t 
noi)  finbct  man  bicfeö  Solfsbucb  auf  ben 
2at)rmdrftcn  feilgeboten,  mäbrenb  bie  ror« 
nebmern  .greife  ibren  ^i^i^tum  bereite 
erfannt  baben  unb  fiol,  barauf  jtnb,  bem 
rcrgijtterten  .§)omer  ein  ebenbürtige^  Äunji* 
merf  an  bie  Seite  jletlen  ju  fönnen,  bem 
beimifcbci  93lut  in  ben  Qlbern  fdbmung* 
ootler  SBerfe  fcbäumt. 

Qtuögaben  auf  ®runb  non  A  bur^ 
Sa  ermann,  ber  SRibelungcn  ?Jot  unb 
bie  Älagc,  »erlin  1826.  5.  «Muöaabe  1878, 
mä)  B  ron  Sartfd),  ta^  fRibclungcn- 
licb  1866,  4.  5tuflage  1875.  Sine  grofe 
fvitifcfie  Sluögabe  mit  fämtli(f)en  Varianten 
unb  SBörterbucb  lieferte  aucb  93attfd^, 
ber  fRibclungc  yiot.  2  Seile  1870-1880. 
C  legt  äu  ®runbc  3arncfe,  i)a^  9?ibe= 
lungcnlieb,  ßeip^ig,  1856.  5.  2luflage  1875. 
«Jluter  einer  trcfflic^&n  Sinlcitung  finbet 
ftd)  bicr  auc^  ein  poüflänbigcö  SBerjeict)ni* 
aller  @cf)riften  über  Sieb  unb  Sage  unb 
famtlicber  Qluögaben.  iK.  Sp. 

9(tiinfiU2i,  ®loric,  |)eiligenfd)ein,  fommt 
fcf)on  bei  ben  alten  |»inbuö,  Olg^ptcrn, 
®ried)en  unb  SRömern  an  ®öttcrä  unb 
.§>elbenbilbern  in  ©cftalt  einer  runben 
Scbeibc  um  iai  ^anpt  ror.  3"  t'cr  cf)rifi' 
lieben  .Kunfi  finbct  biefeei  fpmbolifd^c  3«' 
eben  bc«  fmnlicben  ©lanjeö  jucrfi  im 
Orient  <}lufnal)me,  feit  bem  6.  3abr^unbert 
ifi  baefelbc  aU  5lttribut  ber  brei  qßerfonen 
ber  ®ott^eit,  ber  ßngel  unb  .^eiligen  all* 
gemein  üblid)  unb  je  nai)  bem  Staube 
ber  <Perfonen  flafftfijiert.  93ei  ben  brei 
fpcrfonen  bcv  ©ottbeit  ifi  ber  SJJimbue  mit 
einem  .Srcujc  beäeid)net,  bcffen  SDtittclpunft 
unb  unterer  2lrm  t»on  Äopf  unb  ^al^  bc* 
becf t  ftnb ;  jiatt  bcö  freiöförmigen  fRimbu« 
ober  auf  bemfelben  tragen  ®ott  33atcr  unb 
Sof)n  oft  brei  Silien  ober  brei  Strai^len» 
bünbel.  31^  allgemeinen  ijl  biö  jum  12. 
3abr^unbert  ber  9?imbuö  eine  feine  ^reiö* 
^äc^c  ober  Scbeibe;  im  12.  unb  13.  3a^r* 
bunbert  mirb  er  biefer  unb  grö§cr;  im  14. 
unb  15.  3al)i^f)unbcrt  oerfd)minbet  nümä^* 
lid)  bie  ^rei«f(äcf)c  unb  bleibt  blo«  eine 
bünnc  Äreiälinic  übrig;  am  Snbe  beö  lö- 


9?iff)i 


Spornen. 


525 


tinb  ju  ^ynfnng  ^c^  16.  3at)r|unbcrt0 
glci(f)t  bcr  9?imbuö  einer  Äofaibc  ober 
runben  Äappe;  oft  roirb  er  aud)  ju  einem 
formlofcn  Sicf)t[cf;ein  iicrgcifligt,  bet  aU 
€txai)Un%lani  nomentlidf)  ^ic  ganjc  ^'Ö""^ 
ber  ig^aIfQtov=  unb  SDlaricnbilbcr  umgicbt. 
3m  früftern  SWittelalter  mmbcn  übrigenö 
aucf)  Äaifer  unb  Könige  mit  bcm  Sfimbuö 
i?crfc^cn.  QUif  @emälben  ifi  ber  D^imbus 
mcifi  golben  ober  gelb,  mandimal  bejcidi= 
net  bie  garbc  eine  gewiffe  JRangorbnung 
ber  |>eiligen.  ??acf)  bitc,  ÄunP*iMrc^äos 
logie,  §  160. 

SÜyen,  oon  nod)  uncrflärter  5(bleitung 
{a^t.  nihhns  bebeutet  Ärofobil)  ftnb  Sfflafjer- 
gcifier,  männlicf)c  unb  meiblii^e,  mit  ben 
befonbcrn  i>h-imcn  Spider,  S'iicfel,  iTJirfcl- 
mann,  ÜDaffermann,  ^afemann,  ■Secmenfd), 
SBaffcrjungfcrn ,  SBafferfrnulcin,  iBaf[cr= 
frauen,  €eejungfern,  Seemeibel,  SDaffcr' 
üffen.  Sie  tiängen  mit  SGßoban  jufammcn, 
ber  aU  Sffiolfengeiji  aud)  SDJecrgcifi  ift. 
^cr  mannlid)c  9tir,  meift  bärtig  unb  alt, 
mit  grünem  .put  unb  grünen  3«ibncn,  oft 
axii)  grünen  •^»rtaren  unb  grünem  33art, 
lebt  meij^  einjcin  unb  ifi  fcbr  bbeartig; 
feine  flagcnbe  Stimme  Iä|t  fid)  befonber« 
beji  3tbenb0  i)öxm,  oft  irie  ber  |)ilferuf 
eineä  (Srtrinfenbcn .  um  2J?enfd)en  f)cran= 
juloden;  fte  ifi  oft  fo  »erlodcnb,  bog  ber 
SCtenfd)  untriberfte^lic^  nad)  bem  2ßaffer 
^ingejogen  roirb  unb  ftc^  t)ineinftürjt. 
©ein  blopcv  33Iid  ift  gefäbriid)  unb  jiet)t 
Ämber  ine  2öaf[er.  (fr  |)at  ßiebfc^aften 
mit  mcnfd)Iid)cn  2l?äbd)en  unb  aBeibern 
unb  5iet)t  fu  ine  2öaf|er,  mo  fie  in  ber 
SBafferticfe  in  einem  Ärpjiaüpalafi  leben 
unb  mit  bem  i)?iy  Äinber  jeugen.  25ie 
ineibtid)en  SRiycn  ftnb  freunblic^er;  fie 
tauchen  mit  bem  f)alben  Äörper  aue  bem 
SBaffcr,  bie  untere  .^älfte  hai  bie  ©efialt 
eine«  gifd)fd)n:>anje0  ober  einer  Schlange. 
6tc  cr[d)einen  meifi  bee  yiaäjti  auf  bem 
SBaffer,  unter  ©rüden,  ft^en  aber  aud) 
gern  an  ber  Sonne  unb  fämmen  \i)x  langcö 
^aar.  Sie  lieben  Sanj,  ©efang  unb 
SWufrf,  fingen  f^ön  unb  erfc^einen,  in 
ganj  menf^Iidier  ®cfialt,  bei  Uinblid)cn 
äänjen  unb  auf  Jpod)jeiten;  aber  ein  3ipfcl 
if)ree  Älcibes  ifi  immer  na§.  iBiömeilcn 
leben  fie  aud^  längere  ^i\t  unter  ben 
üJienfc^cn  rerfieiraiet  unb  gebaren  if)ren 
IDlännern  Äinber,  ton  benen  aber  tüi 
ftcbentc  bem  SBaffer  ge{)brt;  mand)mal 
jie^en  fte  it)re  (geliebten  mit  in^  Söaffer, 
mo  fu  mit  iljnen  Äinber  erzeugen,  bie  aber 
immer  Sc^mimm^äute  j»ifd)en  ben  3^15"^ 
^übcn.    Sie  laffen  etwa  aud)  il)re  fo  ge« 


rconnenen  5J?änner  nad)  einiger  3eit  tt)ie= 
ber  auf  bie  (Erbe  jurüdfel)ren ,  bringen 
aud)  \l)x  neugeborene«  Äinb  binauf  ju  ben 
3J?enfd)cn,  um  eö  »on  biefen  aufziehen  ju 
laffen;  ift  e«  ern[)ad)fen,  fo  forbcrn  fte  c« 
jurüd  über  sieben  eö  getvaltfam  in«  2Baffer. 
@ern  faugen  fie  .^inbern  ba«s  Slut  aus  unb 
fperren  i^re  Seele  unter  umgefeljrte  löpfc, 
bie  ins  SZßaffer  getnorfen  mürben,  unb 
jmingen  fie,  felbfi  D?iye  ju  werben.  Oft 
forbern  fie  alljäf)ilic^  ein  'iötenfd)enlcben. 
Qlud)  I)aben  fte  felbfi  ^änbel  untereinanber, 
SBaffermänner  entführen  ÜBaffcrmänner  in 
anberc  ©emäffer.  Sie  fönnen  fic^  in  grofc 
.treten  i>ernianbeln.  aSielfac^  berül)ren  fte 
fid)  mit  ben  3^fi'9C"-  ^fJad)  2Buttfc, 
beutfc^cr  Solfsaberglaube,  §  54—56. 

9iimtcn  f)ei§en  in  aItnorbifd)er  Sprache 
bie  Äd)idfalegcttiniien,  ber  Jfame  noc^ 
nid)t  genügenb  erflärt,  bei  ben  Ringel« 
fad)fen  Mettena,  b.  ft.  bie  abmeffenben, 
abmägenben,  ober  Vyrdha,  altfäd)f. 
Wurthi.  Sie  Werben  oft  al«  @pinne= 
rinnen  genannt;  bo*  ifi  bie  griec^if($e 
SSorfiellung  t>on  einem  Spinnen  unb  ^Ibs 
fc^neiben  beä  Öebenefaben«,  wie  bicö  ben 
^arjen  jugefd)riebcn  wirb,  auf  beutfd)em 
©cbiete  md)t  nachweisbar,  ^bbilber  il)reS 
©efpinnfieö  crfannte  man  im  feinen  ®e= 
fpinnfie  bc^  SpcitfommerS,  ber  beSf)aIb 
SDiäbc^enfornmer,  ^llteweiberforn* 
mer  i)dp.  2n  "-öaiern  l)eiBen  bie  Scjid^ 
falsgöttinnen  ^eilrätinnen,  b.  I;.  SÖcfcn, 
bie  tai  ®Iüd  ber  ÜJlenfdien  beraten  unb 
bet)errfd)cn.  ^voä  oon  if)neu  finb  gut  unb 
freunblid),  bie  eine  baoon  ip  freibewei^, 
bie  anbere  trägt  ein  rot  unb  wei^cö  Äleib, 
bie  biitte  Sd)Wefter  bagegen  ifi  böfe  unb 
furchtbar,  am  Äinper  fd)Warj,  mit  feurigen 
51ugen.  2)ic  9Jornen  ftnb  wie  im  (Sanjen 
bie  Göttinnen  übctf)aupi  oon  ber  ©runb« 
gcfialt  ber  SEßoltenfrau  ausgegangen,  wo* 
bei  ftd)  an  bie  fd))üarjc  2Bolfe  bie  2^it 
beS  näd)tigen  iobee,  an  bie  wei^e  bie 
3bcc  ber  ®eburt  unb  ^eirat  fnüpfte.  3Iu« 
ber  Sc^ar  ber  iZßoItenfrauen  traten  nun 
brei  bcfonberc  Sdjidftlsgöttinnen  Ijertior, 
»on  benen  jWci,  iiit  ißcrtreterinnen  ber  lic^t-- 
weiBen  Sßolfe,  Dorjüglid)  bei  ®cburt  unb 
^od)5eit,  bie  jungfrau  ber  fd)War5en  iffiolfc 
beim  Sobe  bie  Sd)idfalömad)t  ausübte;  eine 
(Srinnerung  an  bie  brei  Sd)wcftevn  ifi  in 
bem  weitt)erbreiteten,  mand)erlci  Variationen 
unterliegenben  Äinbcrliebd)en  enthalten, 
beffen  eine  gorm  j.  33.  lautet: 


Sonne,  Sonne,  f^cinl 
^ai)x  über  ben  SR^ein, 


34 


526 


9^oten  —  IRooelle. 


^ai)x  übet  iai  goIt>ne  ^aui, 

2>a   fd^aucn  btei  alte  3"n9fwuen  ^etauä. 

<5ine  fpinnt  ®cibe, 

SDic  onbtc  tuicfclt  2öcibe, 

Die  brüte  ge^t  onä  93Tünnc^en, 

Iränft  ein  golbene*  Äinbcf)en. 

©ine  ot)erbcutfcf)e  ^orm  ij!: 
Dtitc,  titc,  aJö§Ii, 
ä'  SSabe  iiof)t  e  ®d)tö§U, 
j'  93abe  jlo^t  e  golbi^  ^u«, 
ßueget  brei  Warcic  btuö. 
S)i  eint  fpinnt  @ibc, 
I)i  anber  fc^na|Iet  S^tibe, 
!E)te  britt  fpinnt  ^aberjlrau, 
JBpct  mer  (Sott  miä  S^inbli  au. 

?(n  bic  fäd)ftfd)e  ©cI)icEfaIägöttin  Vyrdh 
ober  Wnrth,  b.  ^.  ta^  ®eh)orbcne,  bie 
Vergangenheit,  fc^eint  [xä)  bie  25orj!cttung 
angefcf)loffcn  ju  ^aben,  t>cy^  jte,  befiimmt, 
in  ber  ©c^Iacftt  bie  jum  Sobe  beftimmten 
ÜJiänner  au^jufud)en,  felbft  ifirem  Opfer 
einen  Speer  ober  fpi^en  Ula%il  in  ben 
Äopf  treibe  unb  eö  fo  in  ewigen  ®cf)Iaf 
»erfenfe,  ©ine  ©rinnerutig  baran  ifi  bie 
alte  fpinnenbe  %ta\x,  n)el(^e  2)ornröäctien 
mit  it)rer  Spinbcl  jticf)t,  unb  bie  Königin, 
noetc^e  ®c^nectt»itt(i^en  eine  Slume  ober 
einen  Ä.imm  in  iai  ^aax  j^edt,  worauf 
bcibcmal  ®d)Iaf  ober  lob  erfolgt.  Jiadf) 
einer  anbern,  böftern  Qluffaffung  wobntcn 
bie  Vyrdhen  als  33eifi|erinnen  bem  ©ötters 
gerieft  bei  unb  fprac^en  aH  ©cfiöffinncn 
Da«  Urteil  auä,  rt)elct)eö  aU  eWigeö  2<i)\<i' 
fal  febem  iUlenfc^cn  jufommt.  5te^ntic^, 
nur  Weiter  au^gebilbet,  f)aben  bie  nor» 
bifcfeen  2)eutf^en  ibrc  9?  o  r  n  e  n  entwid elt ; 
^ier  ftnb  eö  i^rer  brei:  Urdhr,  b.  i.  33er= 
gangen{)ett,  ba«felbe  üBort  wie  "Wurth, 
bie  ältefte;  Verdhandi,  t).  i.  (Segenwart, 
bie  äWeite,  unb  Skuld  ober  3ufunft  bic 
jüngjle.  «Sic  ftnb  auö  bem  See  unter 
ber  (Sf(^e  2)99braftl  {)erfor3e|liegcn ,  ft^en 
nun  jwifc^en  ben  ßtt^eigen  beö  2BeItbaumö 
ober  an  it)rem  iJu^e,  unb  t)üten  ben  Scben^= 
born,  ber  unter  einer  ber  brei  SBurjeln 
beg  93aumeä  liegt  unb  Urb{)arbrunnen 
t)ei§t.  SOUt  feinem  t)eiligcn  Ißaffer  be= 
gie§en  fie  lag  für  Sag  ben  üßeltbaum, 
ber  baton  immer  grün  in  ewiger  S^Sf^^^ 
prangt.  ÜJ^it  weitem  Df^cbel  bcgoffen 
fenbet  bie  öfc^c  ben  lau  in  bie  Später 
ber  (Srbe;  bie  Sienen  ndl)ren  ftd^  baüon. 
2)ic  JJornen  legen  hier  bie  ©efe^e,  er= 
fiefen  ben  3eitenfinbern  baö  ßeben,  ur^ 
teilen  beim  (Söttcrgericbt,  hai  ftd)  täglich 
unter  ber  (S[d)e  ferfammelt.    ^br  ©prud) 


iji  unabwenbbar,  pe  ftcigen  fetbfl  jur  (Srbc 
nicber,  um  feine  5iu«fü^rung  ju  bemerfen; 
ftc  förbern  f)ilfrei(^  ba^  Äinb  ani  ßic^t 
ber  «Sonne,  treten  an  bie  2öiege  tii 
iIRenf<^en  unb  neben  tie  33anbe,  welche 
fein  fünftigeä  ®ef($icf  umfpannen  fotlen. 
SDtanntiarbt,  (Sötter  ber  beutfd)en  unb 
norbifcf)cn  53ölfer.  ®.  321-328, 

9loten,  fte^e  ajlufif. 

yiotttUt:  SO^it  biefem  in  2)eutf(^Ianb 
erji  feit  bem  18.  ^a^r^unbert  aufge= 
fommenen  Jiamen,  ber  urfprünglid)  oon 
ben  3t«ilifnern  aufgcbracf)t  würbe  unb  fo 
»iel  aU  neue  (ärjä^Iung  bebeutet,  be* 
nennt  man  in  ber  Öitteraturgefc^ic^tc  »er« 
fc^iebene  (Srf^cinungen,  bie  barin  jufams 
mentreffen,  ia^  eä  fc^riftfieQerif(i)e  Sr« 
jeugniffe  erja^Ienber  ?iatur  ftnb,  weld^e, 
fürjeren  Umfangt,  non  geringerer  53cr« 
widtlung,  leichten  Sn^olt^ö.  bie  ^^ontafte 
angenet)m  reijen.  ®ie  fielen  im  ©cgen* 
fa^  teilö  äur  eigentlichen  ^ijiorie,  teiU 
jur  alten  ©age  —  mt)b.  ninwe  maere 
im  (Segenfa^e  jU  alten  maeren  — ,  teil^ 
jur  aufgeführten  (Spopöie;  auc^  ba«  Sic* 
ment  beä  «Spottet  unb  aBi|eä  ijl  ifjncn 
gegenüber  bem  würbigern  (Srtifie  ber  altern 
epifc^cn  2)id)tungen  eigen,  unb  ber  Um» 
ftanb,  baB  l)icr  bem  35erfaffcr  freie  @r- 
finbung  beä  ganjcn  3n^alteö  gejlattet  ift, 
Waö  bie  ältere  (5pif  ebenfaüä  nic^t  fannte. 
5luf  bic  äußere  ijorm,  ob  'Berfe  ober  ^rofa, 
fommt  (i  urfprüngtic^  nicbt  an;  je  nadt)» 
bem  ftc^  bie  SfioceUe  au«  Perf4)iebcnen 
altern  Srfd^einungen  entwidelt,  bebient 
fte  ft^  biefer  ober  jener  ^orm. 

Sateinifc^  gef^riebcne  'Jlcn 
Dellen  finbct  man  alä  anmutige  ®e= 
fc^ic^ten,  'Unefboten  unb  öcgenten  fd)on 
frül)  jerftreut  bei  ben  dltern  ©cfc^ic^t« 
fc^reibern  be«  SDiittelalter^;  in  reid)ercr 
3at)l  beifammen  juerfi  in  bem  Pollcraticus 
beä  3ot)ann  oon@ali«burp,  1159 
bem  Äanjler  .Sbomaä  Sccfet  gewibmet. 
3ol)ann  war  in  ^^ranfreid)  ein  Schüler 
Öernbarb«  non  ©lairoeaur  gewefen  unb 
fein  äUert  war  baju  bef^immt,  ben  ^anjler 
an  feine  *PfIi^ten  gegen  bic  Äir(^e  ju 
mabnen,  wo.^u  benn  ja^lreidie  (Srjä^lungen 
bienen  fotiten.  (Sine  iRacf)at)mung  biefed 
93ud)e«  ift  baö  2BerE  be«  SffiaUber  "Map 
De  nugis  Carialium,  wel^e«,  bem  fana* 
tifd)en  unb  babfüd)tigenÄleruö,  namentlidö 
aber  bem  (iifter^icnfer^Orben  ^^cinb,  mit 
9Wärd)en  unb  (Sefd)i(^ten,  (Sittenfd)i!ber» 
ungcn  unb  moraIifd)en  Setradbtungcii 
gegen  ftc  anfämpft.  5ln  bemfelben  eng= 
lifeb5fran5Öftfd)cn  ^ofe  lebte  ©eruafiu^ 


iWoöette. 


527 


»on  lilbutt),  au*  am  ^ofe  bed  beut« 
fd^en  Äönigd  Otto  IV.  eine  3^'*  tons  ^ 
Wt,  bei  für  Äönig  ^cinrid^  ben  Jüngern 
ttn  Liber  facetiarum  fc^rieb.  2tuf 
beutf(J)em  93oben  ertüudf)^  bcr  Dialogus 
miracnlornm     bcä    Saefariuö     oon 

jienfersÄlojlcr   |»cifier6ad)   unrticit   Sonn, 
bet  eine  au§crorbentIi(f)c  ^üde  namentlich 
geiftUd^er  ®efd)ic^tcn,  SBunbcr,  Sijionen 
jufammenff^ricb.      @icf)c    über    bie    ge* 
nannte  ®ruppe  SBattcnbad^,  ®ef<:^idf)tös 
^ueflen,  <Mbf(I)nitt  V,  §  24.    5tnbcrer  «rt 
jtnb  bie  feit  bcm   13.  3a^rf)unbert  auf» 
tretenben  beutfc^cn  S^iowellcn;  fie  finb 
corläufig,    im   ^lnfd^Iu§    an   bie   cpifcf)» 
^öftfc^c    S)ic^tung,    in    SReimpnaren    ge* 
fc^rieben,  i^r  ©toff  entwebcr  erfunben  ober 
bem  in  ben  unteren  93otföfä)id^ten  längfi 
öor{)anbenen    gangbaren    (jrjä^Iungäftoff 
entnommen,  njobei  man  im  ©anjen  leicht, 
im  ßinjelnen  oft  fd)tt)er,  foI(J)e  ®efct)ic^ten 
unterfd^eiben  fann,   bie   »om  Einfang  an 
beutfd)em  ©oben  entjiammen,  unb  folc^e, 
t)ie   auö  ber  Jrembc  fommen ;  eine  reid)e 
Strömung     »on    ©räö^Iung^fioff    rtiäljt 
ftc^   im  ^Mittelalter  au^  Jnbien,    nament* 
l\d)    ben    bubbfjijlifc^en    Sänbcrn,    über 
Arabien  unb  *Perfien  in  ben  Dccibent,  fo 
jtnar,  iix^  er  auf  feinen  SBanbcrungen  unb 
Etappen   mit  ßeic^tigfeit   ber  25enf«   unb 
<5rjäi)Iungämeife    beöjenigcn   SoIfeS    ftd^ 
anfc^micgt,  tai  i^m  bei  fxd)  t)ai  Sürger* 
re(i)t  f(f)enft.    Stauben  bie  obengenannten 
SRooeüen  ben  eigentlicf)en  ®efc^id)tämcrfcn 
entgegen,    fo    jteHen    jtcf)    bie    bcutfd^en 
9^o»eQen    im  ®egcnfa^   ju   ben   ^öfifd^en 
©popöien;   Ratten   bicfe    vom  ^örer   eine 
»iüige  Eingebung,  liebewoüe   Vertiefung, 
einen  ibeaten  iSuffd^rtJung  be^  ®ei|ieö  »er* 
langt,  fo  njoHte  man  jtd)  je^t  nur  nod^ 
tei^enben,  fc^neütDcc^fcInben  Untertialtungä; 
floff  gcfaüen  laffen,  fpannenbe  Siieuigfeiten, 
StoDeüen.      S)er   (Segenfa^    jur   t)öftfd^en 
Jiic^tung  liegt  ferner  barin,  ia^  ba«  ®efe^ 
ber  I)öflf*en  ^\xä)t  je^t  jum  ©egenfianbc 
be«   aOBi^e^   unb  ©potteä   mirb.     „2)icfe 
^omif    ergreift    nun    fd^onung^Ioä    aQe 
Äreife  unb  ißerljättmffc  be«  ßeben«,  nic^t« 
ifi  if)r  t)cilig,  unantafibar.    3nr  Äönigä* 
faale    wie  in   ber  Sauern^ütte   i|l  fxi  ju 
^aufe,  auc^  bie  .^lojtermaucr  unb  felbfl 
bie  ^ir(^entüre  fc^Iie§en  jte  nit^t  auä,  be= 
fonbcrö  gern  aber  reibt  fie  ftcf)  an  faulen 
«^elic^en  unb  gefd^lcd^tUd^en  Ser^ättniffen 
im  <M [[gemeinen :   bie  (Sl)cmänner  fc^einen 
nur   ba  ju  fein,   um  t>on  ibrcn  Sßeibern 
Mnb  beren  fiiebbabcrn,  nid)t  fetten  *JJfaffen, 


betrogen  ju  tücrben,  unb  bie  löd^tcr  »ett* 
eifern  mit  einer  ßüfiernbeit  unb  i?ofetterie, 
bie  gern  bie  SDta^fe  ber  SWaioitdt  oermummt, 
galanten  iRittern  ober  fatjrenben  Schülern, 
jungen  ®eifilic^en,  njo  nidbt  gar  einem 
oerfieüten  Sboren,  won  bem  SSerfd^ttsiegen- 
l)eit  5U  hoffen,  ilire  ®unfl  ju  ermeifen. 
SRobeit  unb  ^riöolität  finb  bie  ®jtreme, 
in  bie  biefe  Äomif  gern  oerläuft,  unb  tüenn  bie 
ritterli^e  S)ic^tung  mit  bem  SBeibe  einen 
lä(^crli(^en  ®ö^enbienfi  getrieben,  fo  er« 
freut  man  jic^  jc^t  baran,  ju  ^ören,  mie  ein 
rot)er  Tlann  feine  wiberfpenftige  ®attin 
unb  ©df)tt)ieger  mit  feljr  banbgreifli(f)en 
5(rgumenten  jum  (Se^orfam  befebrt." 
ßambel,  (Srjd^lungen  unb  ©d^wänfe, 
1872.  Einleitung  VIII.  Sine  bcfonbere 
SRolIe  fpielt  ^ier  ber  .^ampf,  ben  ber 
niebere  ÄleruS  unb  bie  unteren  ©tänbe 
gegen  bie  ^errfd^enbe  ®eiftlid^fcit  unb  ben 
2lbel  begannen.  S)urd)  ben  Drucf  i^rer 
Ober^irten  faf)en  fte  ftc^  gejmungen,  mit 
Sift  unb  Setrug  ibr  ßeben  ju  friften  unb 
gegenüber  ber  Tla^t.  ber  überlegenen  i^rei« 
^eit  unb  ®elebrfamfcit  il)rer  ®egner  unb 
Unterbrüdfer  nahmen  fie  unter  ber  Tlaitt 
ber  Einfalt  unb  Staioität  jur  ßifl  unb 
jum  angeborenen  iWutterwi^e,  jum  iWarren- 
tum,  itirc  3uPu4)t  tnobei  mit  Vorliebe 
eine  grobe  S)erb^eit  beroorgefe^rt  »urbe. 

(Sä  lä^t  fid^  bem  ®efagten  gemä§  er« 
»arten,  t>a^  bie  Dichter,  bie  feier  in  Se« 
trad^t  fommen,  nii^t  bem  abeligen  @tanb 
anget)örcn  ttjerbcn:  ti  ftnb  oielme^r 
Sürgerlid^e,  ^anbmerEer,  fal)renbe  ©dnger 
unb  'Spielleute.  33on  Dielen  ber  erbaltenen 
S^oBellcn  fennt  man  ben  S)idt)tcr  über« 
liaupt  nid^t. 

^olgenbe  ®ruppen  laffen  ftd^  unter« 
fd^eiben: 

1.  @d^n)änfefammlungen,  beren 
^elb  ein  ÜJlitglicb  bcö  niebrigen 
Älcruä  ifi,  weld^er  ftd^  burdb  feine 
bcrben  @pd§e  an  bem  Dorne^men  unb 
^od^mütigen  ®ebat)ren  feiner  Obern  rö^t; 
babin  gehören  ber  Pfaffe  Amis  »on 
Stricker,  ber  *Pfaffc  üon  Galen« 
b.'erg  »on  ^bilipp  granffurtcr  ju 
SD3ien. 

2.  ?luö  bem  Orient  ^errü^« 
renbe  ÜRofellenfammlungen, 
tt)el(^c  teilä  burc^  münblic^cn  'Berfebr  ber 
Äreujfa^rcr,  ber  *Urabcr  unb  SDtongolen, 
teilä  burdb  jübifcfic  unb  arabifd^e  Sd^rif« 
ten  nadb  Suropa  ?amen.  2luf  ®runb 
biefer  entjianben  junäi^fi  lateinif^e  Über« 
fefeungcn,  auö  benen  bie  Stoffe  bann  in 
bie     Voltäfpradben     übergiengen.         3>ie 

34* 


528 


fWoteüe. 


^QUpiqueüt  iß  ^ie  infcifcfee  ©amm» 
lung  Pantschatantra,  bic  Scnfcp 
überfc^t  unb  fommentiett  fiat,  Seipjig  1859. 
5Dic  berü^mteftcn  lateinifien  Sammlungen 
flnb  bie  Disciplina  clerica  lis  beö 
(Pettuö  Qllfonft;  tau  ^ud)  con  bcn 
fiebcn  rocifen  SJieijicin;  bie 
Gesta  Romanorum  (fief)e  überall  bie 
befonbern  'Ihtifel),  unb  bie  obgenannten 
Liber  facetiarum  bee  ©ertiaftue  unb 
Dialogns  miraculorum  be^ 
ßdfariuö  »on  ^eifierbac^. 

3.  '3tuci    folc^en   lateinif^en   Suchern, 
jumeifi   aber   auä   ben  feit  ber  S(Ritte  be^ 

12.  3<>^^^""^"f^  <^"  ^^^  franjöftfd^en 
^öfen  beliebten  fabliaux  fiböpften  nun 
beutfct)c  ÜDi^ter  bie  Sorbilber  ja^lreic^er, 
oft  leicf)tfinniger  unb  fd^lüpfriger  Srää^« 
lungcn,  bie  ibrer  (5ntfief)ung  nod&  meifi  inä 

13.  unb  bcn  Qtnfang  beö  14.  3a^rl)unbert^ 
geboren.  <B<i)on  frü^  mürben  größere 
Sammlungen  folcf)er  gereimter  D^oDellen 
angelegt;  gcbrudt  ftnb  u.  a.  ber  Äolac* 
üaer  Äobej  altbeutf(J)er  ©ebic^te,  non  2Rais 
lat^  unb  Äöffinger,  qSefib,  180";  Sb.  1-3 
ton  ßa^berg«  Sicberfaal,  1820—1825; 
33on  ber  ^»agen«  (Sefamtabenteuer  1850, 
unb  ßambel,  (£rääf)lungen  unb  Scfcmänfe 
1872.  3ni>fi"  '"^^^  fliif  ^itfc  Sommlungen 
felbp  fermeifen,  jicllen  tt)ir  ^ier  bloß  bie 
Jitel  einiger  ©rjä^lungen  ^ufammen,  ba 
fi(J)  fc^on  barüu«  ber  S^arafter  bicfer  ©tücf  e 
einigermaßen  erraten  laßt:  SDiener  ÜJleer* 
fa^rt,  bae  ^dölein,  ber  5ifcf)er  unb  ber  Pfaffe, 
bie  alte  SOtutter  unb  Äaifer  g'^iebrid), 
JRittcrtreue,  bie  Königin  t>on  ^i^anfi^f^«^ 
unb  ber  ungetreue  SKarfd^all,  bie  |ieibin, 
ber  Sioiii,  ber  üffieinfcbmelg ,  ber  SDßein* 
fcf)lunb,^  ber  ®$üler  ju  (Paris,  gifouen* 
turnei,  ber  SBeltl)eilige,  2lrifiotele8  unb 
gillie,  eilten  SBcibee  Q\]t,  bie  halbe  Sirn, 
der  münch  der  ein  kint  truoc,  ber  ent« 
laufcnc  ^afenbraten,  von  den  ledigen 
wiben,  ber  ifiitter  unterm  ^nbtx,  bie  5ifc^= 
reufen,  daz  maere  von  dem  sperwaere, 
tai  ©önölein,  tai  (gc^neefinb,  bie  33cicf)te, 
bie  3Weicrin  mit  ber  @eiß,  tai  €(f)rctel 
unb  ber  SBafferbdr;  ju  ben  mcrfmürbigßen 
ge^ijrt  Meier  Helmbrecht,  gegen  1250  üon 
Wernher  dem  Gartenaere  gebi(J)let. 

(Srfi  bem  önbe  bcä  14.  unb  bem 
15.  Sabr^unbert  gehören  an:  5Der  SHitter 
ron  (gtaufcnberg,  ©(i)n?änfe  be«  ^ani 
iJolj ,  9?arbicrcr6  ju  IRürnberg  um  1480, 
t>on  bem  man  aucf)  giißno^tfpiele  bat, 
SKegen  •^od)jcit,  f^pramu«  unb  j^iöbe,  ber 
Äönig  im  ißabe  ron  |>ane  Sfiofenblut, 
ber   cbcnfaü«  jugleid)  5a|^na<^tfpiele  ter« 


faßte,  ber  Srennenberger,  baö  SIRcermunbet, 
aSirgiliu«  im  Äorbe.    SDer  le^te  5lueiläufct 
biefer  Dichtungen   ifi  ^anö  <Sac^«    mit 
feinen   Sc^mdnfen,    mit  il)m   gc^t   biefer 
ßitteraturjmeig  auf  beutfcftem  Soben  aui. 
4.  »Ropellen    ober    ©cf)mänfe    in 
5ßrofa    nehmen    ii}xtn    .^QUptauögang«« 
punft   au^    Italien,   mo    ftcf)    unter    ber 
^errf(f)aft  ber  SHenaiffance  unb  namentlid^ 
bcroorgerufen  unb  unterfiü|t  t>om  Sf)ara!« 
ter  ber  italtenifc^en  ©efetlf^aft  bie  fProfo* 
DfioDcüe    rafd)    ju   einer    ^öd^ji   beliebten 
öitteraturgattung  erf)ebt.    25ie  Stoffe  ftnb 
jum  Seil  bie  alten,  ju  bcncn  ©rfinbung 
unb  (ärfalirung  immer  mieber  SReueö  fiin* 
jutbut.    ^i}xt   2ßirffamfcit   berut)t   eineö» 
teilö  auf  bem  epott  unb  SBi^,  in  mtlc^cm 
ftc^    bie   gefteigerte   Sii'^i^'i^ualität   biefer 
ipcriobe   mit   ißorliebe   8uft   macf)t.    „(58 
ftnb   meijl    feine   eigentlichen  ®efcf)ic^ten, 
fonbern   Qtntmorten,    bie  unter   gehjiffen: 
Umfiänben  gegeben  mcrbcn,  t)orrible  9?aioi* 
täten,  momit  fic^  ^albnarren,  Hofnarren, 
6d)alfe,  lieberlidbe  Sßeiber  au^rcbcn;  i>a% 
Äomif^c   liegt    bann   in  bem  fcf)rcienben 
®egenfa|    biefer   magren  ober  fd)einbaren 
3iait>ität   ju    ben   iBerliältniffen    ber  SCBelt 
unb    jur    gemöbrtlicben    QRoralität;    bie 
J)inge  fteben  auf  bem  Äopf.    Qllle  aRittcI 
ber  Darfietlung   merben  ju  |>ülfe  gcnom* 
men,   auc^    j.  ®.    fc^on   bie  JRac^abmung 
beftimmter  oberitalienifc^er  2)ialeftc.    Oft 
tritt   an    bte  Stelle   bee  2Bi^cd   bie  bare, 
frecf)c  3nfolenj,   ber  plumpe  iöetrug,  bie 
Slaspfiemie  unb    bie  Unflaterei."    ^urd« 
l)arbt,   atenaiffance,    3lbfcl)nitt   II.     3?ie 
anbere  SBirfung  fiü|t  fid)  auf  bie  fd^öne 
JJorm,  bergcftalt,  baß  93o(cnccio  mit  feinen 
Sfioocllen  ftd)  ben  9'iamen  eineö  iBcgrünber* 
ber  italienifdben  fdjönen  _$rofa  ju  crmeden 
öermccbtc;  eö  hängt  biefe  Seite  bamit  ju* 
fammcn,    ia%   aucf)    auf   bicfem   ©ebiete 
flaffifc^e  aWufier  oorlagcn,  namentlic^i  fo* 
genannte  iMpopJ)thcgmata  beö  «piutarc^  u.  91. 
I)ie  älteftc  Stooellenfammlung  ber  ^toliener 
ftnb   bie  Cento  novelle  antiche,  bie 
nocf)  ju  ßnbe  bea  13.  3af)rhunbert8  ent* 
jianben   ftnb,   bie   einf[ußrei(^jie  ber  2)c« 
famer  one  unb  baö  lateinifd)  »erfaßte  95  u  ^ 
oon  ben  berühmten  grauen,  de  claris 
mulieribns  bcß  Soccaccio.    9luf  bcutfc^em 
QBoben  h^t  ce  biefe  (Sattung  nie  ju  einer 
flafftfch  =  f(^önen    ^orm    gebracht,    fd^on 
barum   nicht,   «eil  bie  beutfche  *ßrofa  bc* 
16.  3ahrhunbertö  eigentliche  fchöne  formen 
füum  fannte ;  ihr  jianben  Äraft,  SBahrhcit 
unb  JRütur  höher  ali  Schönheit.    (5ö  mar 
baher   f)ier   mehr  ber  mi^ige  Sn^alt,   ber 


Dblate. 


529 


■^d)  in  ber  9?ove[Ic  geltenb  machte,  mit 
Sluäna^me  lateinifcfeer  gef(i)ricbener  Sarnm^ 
lungen,  unter  bcncn  biejenige  öeö  @raö« 
mu«  tai  meiflc  5Jnfet)en  genoffen,  ^m. 
Ginjelnen  laffcn  ftd)  nod)  oerfAiebcne 
©ruppen  untetfcf)eiben:  iiberfe|ungcn  unb 
SSearbcitungen  älterer  ©ammlungen,  tt)ie 
ber  Gesta  Romanorrun  unb  ber  fieben 
tneifen  ÜJJcifter,  bann  Überfc^ungen  ber 
italienif(i)en  Dfioiicllen,  bes  2Defameronc, 
juerft  Ulm  1472,  unb  naci)^er  oft  tt)ieber= 
holt,  be«  iSuc^c^  üon  bcn  berii^mten 
grauen  jucrfi  5tugöburg  1471  oon.f)ein  = 
tief)  «Steinböroel;  fobann,  für  ©clebrte 
unb  (gtubcntcn  befiimnit,  bic  ^yacetien 
(jtef)e  bcn  befonbern  ülrtifel),  tttelcfce  «icber 
ali  (Sef  cE)iv  en  f  oevbeutf^t  ttiurben,  unb 
enbltc^  eine  ^Inja^I  t>ot!etümlic^ 
beutfc^er,  meif:  fet)r  beliebter  Scbwanf» 
fammlungen,  i>it  öon  aüen  ben  genannten 
©ruppen  unb  Quellen  abt)ängig,  mcift 
ein  befonbereö  ScfepubliEum  im  5tuge 
ftatten:  *2tn  ber  Spiftc  jle^t  hai  9^ot)eIIen= 
bud^  be^  3obanne«  *PauIi,  Sd^impf 
unb  Srnft,  b.  l).  Scfterj  unb  ßrnfi;  ber 
iBerfaffev,  bcffen  urfprüngli($er  yiamt  '^ßaul 
QJfeberebcimer  lautet,  mar  urfurünglidb 
3ube,  lief  fid)  taufen,  trat  in  ben  Sar« 
fü§n-orben ,  bcv  it)n  1518  jum  ßefemeiftei 
im  granjiöfanerflofter  ju  Sc^Icttftabt, 
1518  ]u  Zl)an  madbte,  roo  er  um  1530 
ftarb.  Seine  Sammlung,  juerfi  1522  ju 
Strasburg  gebrucft,  entljalt  etma  700 
©ditüänfe;  ^Kuögübc  oon  Dfierlet),  Sb,  86 
ber  iöibliot^ef  bes  lit.  !Bercine  in  (£tutt= 
gart  Son  ^öx%  SBidram  auä  (Eolmar 
im  ®Ifa§  flammt  bas  iH  ol  Im a  gen büd)  = 
lein,  ein  neum-S,  öorunerfaörteö  Sücblein, 
barin  üit  guoter  fcftmenf  unö  ^ifiorien 
begriffen  meröen,  fo  man  in  fAiffen 
unb  auf  ben  roHlüegcn  (SWarftmagen, 
Omnibuö),  bef gleichen  in  fc^crbeuferen 
unb  babfmben,  juo  langmeitigen  feiten 
erjctien  mag,  iit  fdbioeren  melancotifdjen 
5<müter   bamit  jut  ermuntern,   cor  aCIci 


menigflic^,  jungen  unb  alten,  funber  aßen 
anflof  juo  lefen  unb  juo  böten,  allen 
faufleuten,  fo  bie  mcffen  bin  unb  »ieber 
btaud)cn,  jut  einer  furjtceii  an  tag  btacfit 
un?  juofamen  gelefcn  butc^  3i^rg  SBü* 
rammen,  jtattfc^reibcr  juo  Surcfbaim. 
5lnno  1555.  9'Jeu  ^erauägegeben  unb  mit 
(Erläuterungen  »erfeben  »on  ^einrit^  Äurj, 
Seipjig  iSßS,  —  2)ic  ®  arteng  efell- 
fc^aft  tti  ^acoi  %xii,  Stabtf^reiber 
äu  ÜJiiiurämünfier  in  (£lfa§:  Sin  nc» 
l)üpf*eä  unb  fci)impflid)ä  i8ü(ä)lcin,  ge- 
nannt bie  ©artengcfeUfc^afr ,  batin  t»il 
frölid)«  gefpräcf)2t,  fc^impfrcben,  fpcimerf 
unb  fonfi  furjmeilig  boffen  oon  liiftorien 
unb  fabulen  gefunben  werben,  mie  fie  juo 
jeiten  bie  felben  in  ben  fcf)önen  gerten, 
bei  ben  fülen  brunnen,  auf  ben  grünen 
mifen,  bei  ber  cblcn  muftf,  aud)  anbern 
ebrlicben  ®efettf:^aftcn,  (bie  f(^meren  oer* 
broßnen  gemüter  wieber  juo  recitieren  unb 
aufjuol)eben)  frölic^  unb  frcunbli{^  gctebt 
unb  auf  bie  ban  Werben  gcbracbt.  (Stfle 
Qluegabe  1556.  —  SBegsÄüröcr  beä 
SItartin  SDJontanu«  oon  StraBburg, 
ein  fet)r  fc^ön  lufiig  unb  aupbermaffcn 
furjweilig  Süct)lein ,  barin  Dil  fdböne 
luftiger  unb  furjweitiger  bifloticn,  in 
gärten,  jed^en  unb  bcm  gelb  felir  luflig 
ju  lefen.  —  SWid^ael  8in bener,  Äa^i« 
p  0  rt ,  barin  newe  mugfen,  feltjame  griücn, 
unerbörte  tauben,  tiifierli(i)e  jotten  oer« 
fa^t  unb  begriffen  fein,  bur^  einen 
guoten  companen,  aüen  guoten  fd^lutfern 
suo  gefallen,  jufammen  getragen  1558.  — 
t^a^tbüc^lein,  ju  nad)t  na(^  bem  aüen 
ober  auf  wegen  unb  ftrapen  ju  lefen,  t»on 
Valentin  Sdbumann,  fcfiriftpreBer, 
ber  geburt  fon  t'eip^ig  1559.  —  ÜBens 
bunmut  pon  ^anä  2Bilbclm  Äitc^* 
bof,  erfte  5tu3gabc  granf fürt  a/SW.  1563; 
neue  Ausgabe  \>on  Öilerlcp  in  Sb.  95 — 99 
ber  ©ibiiotbef  beä  litt.  Sereineö  in  Stutt^ 
gatt.  IBgl.  bie  Üitt.  ®ef4.  oon  2Ba*er= 
naget  unb  ©oebeie. 


9. 


DWatC  ober  .poilic,  Ut.  oblata,  oblia, 
oblagia,  obleta,  hostia,  formata,  munus 
ecclesiasticum ,  panis  benedictus ,  sancta 
species  beigt  bie  am  iffieijcnteig  gebacfene 
fflaffel,  bie  feit  bem  11.  3<if'ibunbert  an 
ber  äteüe  be^  üblichen  tunben  "örctee  .:U 


ßeib  (Sbriftt  bei  ber  DWeffc  genoffen  wirb, 
©ie  etflere  Benennung  wenöet  man  auf 
bie  ungeroeibte,  bie  jwcite  auf  bie  gewcibte 
2Öaffel  att.  8ie  wirb  mittele  be«  ^  o  fi  i  e  n  ^ 
eifetiä  geprägt  uab  trägt  anfänglidb  ein 
Ä'reiij  ober  ein  iDZonogramm  Sl)rif!i,  com 


530 


Dctamauuö  —  Ofen. 


13.  Sa^t^unbett  an  ein  Ätujtflf  mit 
Äteujeölitcl.  Oefegnete  (nid)t  gcttieibte) 
Cblaten  h)uiben  bcn  lOJönc^en,  tie  iae 
%itnt>mai)l  nid^t  genoffen,  im  Diefcftorium 
roi  bem  Sffcn  gereift,  auä)  etwa  ben 
Joten  auf  bic  ©ruji  gelegt  unb  mit  in 
ben  6aig  gegeben. 

Cctaöittnug  ^ei^t  bcr  ^elb  eineö  nad^ 
frünjöftfd)ciDueI(c  bcotbciteten  23olf0bud)eö, 
iai  bcm  forolingifc^cn  €agentreife  ange» 
^ijrt.  SDie  crfie  1535  erfd^ienene  9tuegabe 
füiitt  ben  Sitel:  (Sine  f^iönc  unb  furj* 
»eilige  ^iftori  üon  bem  Äetjfer  Octatiano, 
feinem  »eib  unb  jfteien  fünen,  »ic  bie 
in  tai  ellenb  tierfd)i(ft  unb  h)unberbatli(^ 
in  9'^'*"fi^fi'^  ^f^  ^f"i  frummen  Äönig 
SDagobcrt  ftibetumb  jufammen  fommen 
fmb.  S^eulic^  a^  franfi.  fptad)  in  tcutfd) 
rerboImetf(|t. 

Ct^fenäungc  ^ie^  ein  circa  0,45  m  langer 
£:old) ,  ber  ron  bcr  SSütgerfd^aft  bis  ju 
6nbe  bee  SDlittelaltere  »icl  getragen  njurbe. 

£Mn,  fiel)e  SBuotan. 

£fcn;  er  cntftet)t  auä  bcm  uralten  fici= 
nernen  ^erbe,  »cl^er  ber  ^eilige  ü)Uttcl* 
fünft  bc«  ^aufce  hjar,  bie  alte  Dpfer« 
fiättc,  ber  5tltar  bcä  ^aufee.  SWandjcö 
ron  tcr  urfprünglic^cn  ^ciligfeit  bce 
^erbee  ift  ba^cr  fpäter  auf  ben  Dfen  über* 
gegangen;  ^crb  unb  Ofen  gelberen  bcr 
^oDc;  bie  junge  (Sl)cfrau  unb  eine  neue 
SDiagb  mirb  beim  99etretcn  bce  ^aufce 
juerft  breimal  um  ben  ^erb  geführt,  ^n 
ber  iJJeuja^rsnad^t  gucfcn  bic  Su^öftaucn 
■in  ben  Cfcn  unb  gen:al)rcn  barin  bae 
äßilb  beä  jufünftigen  ^Bräutigame ;  ba^cr 
ber  Äinberfpruc^ :  „üieber  Ofen,  ic^  bete 
biet;  an,  bu  braudjfi  ^ol;  unb  ic^  ein' 
SDiann." !  3"  Sagen  unb  SWärc^en  mirb, 
j.  99.  bei  ben  »erfä)icbcnen  fogenannten 
!I)lorbnäci)tcn  (Bürid),  Sujcrn  unb  an  an-- 
beren  Crtcn)  bcm  Cfcn  gcbeict)tct. 

2^ie  urfprüngli(i)c  öoim  bcr  gcucr= 
fiätte  voax  ber  einfädle,  auf  Steinplatten 
crl)öl)te  ^cib;  tai  SGBort  ^erb  felbft  bc- 
bcbeutet  fomoljl  ben  SBoben  (obglci^  ee 
mit  ßrbc  nid)t  rcrmanbt  ift)  als  bie 
^cucvjtättc.  5iue  tcr  altcflcn  gorm  cnt= 
Rauben  nun,  al^  ftd)  bcr  .ßoc^ljeib 
ron  bcr  ^eijcinrict)tung  trennte,  einer* 
feit«  ber  Äamin,  anbcrfcitc  bcr  Dfen; 
Äamin ,  mcf)b.  ber  kamin  ,  kemin, 
aui  gricd).=  lat.  caminus  =  Q^fwcrftälte, 
3immert)crb ;  babcr  mt)b.  bie  kemenäte  =: 
I)ci5batc8  Bii^'Witi^.  ^^^  ni^b.  stube,  nl)b. 
€tube,  auc  ital.  stufa  =:  (äinri(i)tung 
ju  njaimem  SBabcn,  S3abf;ubc,  Cfcn,  cnt= 
flanbcn    ift;    tic  eti)mplcnie    bce   SlOcrtce 


Dfen  ift  unfid^er.  5Die  bciben  ^o^niett 
bcr  ^eijeinrid^tung  teilen  ftc^  nun  fo  in 
(Suropa,  ia^  ber  ۟ben  unb  Sfficjicn  mit 
©nglanb,  ^ollanb  unb  Dftfricelanb,  bcm 
Äamin,  bie  flarifd^cn  unb  germanifd^eir 
fiänbcr  bem  Dfen  ^ulbigcn.  3m  93auriffe 
bee  Äloftcr«  €t.  (Sauen  aus  bem  9.  3at)r* 
^unbert,  fte|e  ben  9lrt.  Äloficranlagen, 
ftnb  brci  iicrfc^icbenc  ^cijfpncme,  ia^ 
römifä)e  ^ppofauPum  unter  bem,  SDircf* 
torium,  im  SBo^nfaal  ber  9?ooijen  unb 
im  .Rranfcnfaül,  fobann  bic  einfa^c  ^erb= 
einric^tung,  locus  foci,  in  ber  2Rittc  beö 
©pcifefaalcö  bcr  ^rcmbenmobnung.unb  ja^I- 
reid^e  Dfen  oon  längIicf)runbcr3ormin  ben 
(äcfcn  ber  Stuben.  ^Die  6öfifdt)cn  SDic^ter 
ermä|)ncn  forno^I  bce  Dfenö  alö  be^ 
.R;amine,  beffen  mittcl^odbbeutfc^er  ytamt 
fiurrame,  geucrral^mc  ift.  5Daö  SDktcrial  für 
bie  Dfen  bee  ÜJJittelaltcre  fd^einen  t^on* 
gebrannte  unb  glaftcrte  ^ad^eln  gcmcfen 
ju  fein;  mä{)renb  bic  dlteftcn  befannten 
cifcrnen  Dfen  fd^mcrlidf)  über  tai  ^a^x 
1400  I)inaufgc^cn,  finbct  man  fd^on  auf 
ben  SDarftcflungcn  t>om  (Jnbe  beö  13.  ^al)X' 
l)unberte  ben  Äacf)eIofen;  bie  öltcften 
erhaltenen  Äad[)cln  merben  bem  14.  ^a^X' 
^unbcrt  jugcmicfcn  unb  cnttjalten  in  frof* 
tigern  SRdief  figürliche  Siarjicflungcn, 
SDfinnefccncn ,  Jicrgcfialtcn,  3a8^^il^f^ 
u.  bgl.;  ganjc  Dfen  fmb  j.  93.  erhalten 
auf  ber  äJefic  ju  Salzburg  mit  gotifd^ 
fiilifurtcn,  fafi  freiftctjcnbcn  93Iumen,  Dom 
3a^re  1490,  unb  auf  €c^Io§  Jirol  bei 
JUIcran. 

Ba^lreic^cr  finb  bicaue  bcr  (Renaiffancc 
erhaltenen  Äac^clöfcn,  bic  namentlid^  in 
ber  Sd)mci5  im  16.  unb  17.  3al)i^unberi 
eine  Ijoi^c  93Iütcpcriobc  gcl^abt  i^abcn. 
3I)rcr  9tnlage  ncä)  bcfictjcn  fte  aue  einem 
unteren,  breiter  fortrctcntcn,  auf  gü^cn 
ru^cnbcn  Seile,  über  mcld^cm  ein  fd^ma* 
lerer  turmäl)nlid)cr  Dbcrbau  aufragt,  bcr 
x\\ä)t  feiten  burd)'  jinncnartige  SBchönung 
auebrücEIidt)  ale  Slurm  d)araftcrifiett  ifi. 
JTer  breite  Unterbau,  bcr  bic  J^cucrung 
aufjuncl)mcn  l)at,  flcbt  mit  ber  Sßanb  in 
93crbinbung,  ia  icii  Slnbcijcn  ron  91uicn 
bcr  ftottfinbct.  S:;ic  enge  (äcEc  jmifc^cn 
SBanb  unb  Dfen  mirb  fajt  immer  jur  91n^ 
läge  eine«  crt)iil)ten  Sifce  benu|t,  ju 
njcld&cm  man  über  jmci  breite  Stufen  gc« 
langt.  'Tdäjt  bloö  bic  Äadjcln  bee  ganjen 
Dfcngcbäubce  mürben  nun  mit  plaftifcfiem 
Scfcmucf  ober  farbiger  3icr  bcbccft,  fonbern 
aud^  bic  9Banbfläd)cn  bee  S'JTiinfiß  in  bcr 
9^ät;c  bce  Dfcne  erhielten  itjrc  99efleibung 
mit  gcm.altcn  Äad^cln  xmt  fclbft  ein  2,cil 


Dffnunpcn  —  ti. 


531 


tti  gu§6ob€n«  würbe  mit  glafierten 
gliefen  belegt.  Se  loflcn  f\ä)  in  ber  ®e« 
fd)i(ite  ber  €d)tt)eijet  ^'a^elöfen  brei 
©tabien  untcrfc^ieiben,  bie  aber  nid&t  tüxi)' 
auö  nac^einanber,  fonbcrn  tciltueife  neben* 
cinanbcr  ^en[(f)en.  3nbeterPcn(^poct)c 
etfd)eint  ber  Dfen  rein  qIö  ard^itefto* 
nifc^eö  2Berf  be{)anbclt  unb  mit  plafti* 
f(^en  ©lieberungen  axiegeftattet ;  feine  @c= 
famtfotm  ifi  meifi  runb,  boc^  fommen 
aud)  einfa<^  »icvecfige  cor.  (Sr  ifi  in  ber 
'Jiegel  einfarbig,  ta.  bieÄac^eln  fajl  bur^= 
gängig  nur  bie  grüne  Sßlciglafur  jeigen. 
3n  ber  jireiten  ©poc^e  Yoxxi  ber 
Dfen  jum  plafiifd^en  ^unjinjerf; 
n3äl)rer.b  ©efamtform  unb  einfarbige  ®Iafur 
meifi  unteränbert  bleiben,  erl)alt€n  bie 
Äa^eln  in  üarf  oortretcnbem  SRelicf  allerlei 
figürlicf)en  €d)mucf.  3)ie  britte  ent  = 
n?idelung«fiufe  giebt  ben  Dfen  in  bie 
^änbe  ber  2)i alerei;  tai  plaftifd)c  61e= 
ment  in  ©lieberungen  unb  Sßcrjietungcn 
nsirb  äutücfgebrängt,  »äbrenb  bie  reiche 
Farbenpracht  junimmt.  2Die  grüne  S31ei' 
glafur  ricrfcf)tt)inbet;  bie  Äad^eln ,  bie  je^t 
größer  ftterben,  erl)alten  einen  mitc^irei^cn 
(Smailgrunb,  auf  ivclct)cm  bie  SDarjletlungen 
farbig  gemalt  erf(^einen.  (Sin  fc^önce 
23Iau  bi'lbet  bie  ©runblage  ber  3ei(I)nung; 
baneben  fommt  gelb,  grün,  »iolett  unb 
fc^warj  jur  Qlnrtienbung.  2)ie  Dfen  biefcr 
*periübe  beginnen  mit  jiemlic^  reici^cr  poU;- 
diromer  (Entfaltung,  »erben  bann  im 
njeiteren  23erlaufe  bee  17.  3a()r^unbertö 
junäd)ft  etwae  matter  im  ^arbenauftrag 
unb  fc^lie^en  im  18.  3al)t^""^«t  mit 
milbem  93lau  auf  n)eitem  ®vunbe,  ber 
fcntimcntalcn  SBebmut  be«  3al)rl)unbert^ 
angcnufien.  SDie  figürlichen  IiarfteUungen, 
mit  lateinifcben  unb  beulfd^en  «Sprühen 
unb  iCerfen  nerfe^en,  gepren  ber  biblifc^en 
unb  antuen  ®cfd[)ici)tc,  ber  vaterlänbifd^en 
®efd)ic^te,  ber  2)Jt)tl)ologie,  «Spmbolif  unb 
?lllegorie.  S>er  ^auptfi^  biefcr  Dfcnte(i)nif 
tt>arSBintertl)ur,  bie  angefcl)enfie^afnerä 
familie  bafelbj!  biejenigc  ber  $fau.  I)ie 
©ilber  entflammen  mei'^  ben  .Rupferfii(I)cn, 
SRabicrungen  unb  ^oljfd)nittcn  ber  3eit- 
genoffen.  fiübfe.  Über  alle  Dfen  in  ber 
®d)n.ieii,  namentlid^  im  Danton  3ü>-'id). 
2.  Qlufl.     3ürid)   1865. 

Dftnungc«,  fiebe  Sßeiötümer. 

©^rgeljöiige,  D^rringe,  nitjb.  orringa, 
lat.  inaures,  arrancanes,  parceti,  penden- 
tes,  »arcn  befonberß  bei  ben  Drientalen 
feit  *IUtcrß  in  ©ebraud)  unb  fo  bei  ben 
©riechen  unb  JRömcrn  fep  beliebt.  Qlud) 
bie  alten  ®atlier  unb  ©crmanen  beibcrlei 


®efd)le(f)t«  trugen  fte  al«  groBe  ©olbringc. 
3n  ber  Äarolingerjcit  trugen  fte  bie  Oiaucn 
ale  furje,  perlenbefe^te  ®el)änge,  im  11. 
3ol)rl)unbert  »orne^meSWänner  unb  grauen, 
>t)äl)renb  fie  ju  6nbe  bee  12.  »iebcr  au^cr 
SWobe  famen  unb  mel)r  nur  nocf)  ton 
grauen  nieberen  Stanbe«  getragen  njurben. 
®ie  fommen  aber  auf  IienfmäUrn  fafi 
nie  jum  SSorfc^ein  unb  «erben  aud)  fpater 
i^on  ben  SDid^tern  nid)t  ndt)er  befdirieben, 
fo  bafi  mir  über.it)re  gotmen  menig  »iffen. 
SBa«  ftd)  an  Überreften  au«  ben  altern 
3eitcn  !^er  erl)alten,  ift  »oI)l  bt)jantinifd)en 
Urfprungs.  I>ie  bcutfd^e  ®olbfd)miebe- 
tunji  (Qlugeburg,  9^ürnberg)  hjirb  im  13. 
Sabri).  üle  t>orjügli(^  erwcibnt;  bod)  iji 
aud)  ton  il)r,  »as  bie  SBerfertigung  üon 
Df)rgc^ängen   anbelangt,   nicf)t0   befannt. 

C'^rftern  ober  ®el)örrofe  nannte  man 
bie  rofettenartigen,  burd)löd)erten  (plätteten 
ber  ©turmt)aube  (^elm),  n)eld)e  fpejieü 
bie  D^ren  ju  f^ü^cn,  bem  6d^all  aber 
möglid)fi  ungel)inberten  3"^'fitt  ju  ge» 
fiatten  ben  3*^«^  l)atten. 

£ftaöen  ober  ©tanjcn,  ital.  octave 
rime,  stanza,  bicfeö  entftanben  aus  mittel» 
lat.  stantia  =  5lufent^alt,  S[ßol)nung, 
3immer,  ton  stare  ^r^  Pel)en;  stanza 
alfo  ein  iHeimgebaubc,  ein  äin^mer,  mic 
benn  aud)  in  mittelpd)beutfd)en  ^ic^tun» 
gen  eine  bic^terifd)  in  ®ebanfen  unb  Jorm 
abgefc^loffene  Diebe  unter  bem  23ilbe  eine^ 
zimbers  =  ©cbäubeä,  ^aufee,  bargefiellt 
mirb.  SBciganb.  SJiefe  ©tropl)e  murbc 
burd)  bie  erfle  fcf)leftfd)e  S)i(^tcrfc^ule  bei 
une  eingeführt,  unb  ronx  anfängli^  in  ber 
SHegel  au^  ^leyanbrinern  jufammengefe|t, 
,.  S.  in  ber  metrifd)en  Überfc^ung  üon 
iajfo«  befreitem  5fi^"f<Jltin  ^^^^  5Dietrid^ 
uon  bem  SBerbcr,  gi^ii'l'fui^t  1626.  Später 
l)at  namentlich  Sßielanb  bie  Dftaüe  in  bie 
fd)öne  beutfc^e  ßitteratur,  aber  mit  5lbs 
änberungcn,  eingebürgert. 

£)I,  gür  bie  endigen  öampen,  bie  fd)on 
um  iiai  '^a^x  900  cor  jebem  511tar  brann* 
ten,  follte  au«fd)lie§lic^  Dlitenbl  t?cr- 
wenbet  »erben,  i^ai  ßeremonialc  fprid)t 
ben  SBunfd)  Que,  e«  fotlten  am  ZahtX' 
nadd  3—5,  am  ^odialtar  3,  an  ben 
3Jebcnaltärcn  eine  Sampc  brennen  unb 
ä»ar  Sag  unb  ?lad)t.  ®dmtlicl)c  foUten 
nic^t  mit  53utter,  fonbern  mit  Dlinenöl 
gefpeift  »erben.  S)er  Dlbcl)älter  biefer 
Campen  befiel)t  aui  gefärbtem  ®Iae:.  Olu^er 
biefcm  einfach  gefegnetcn  23 renn  öl,  oleum 
benedictum,  »urbe  ju  fird)Iict)en  3n-''f<i«n 
iier»enbet  bae  .Kranfenct,  oleum  in- 
formorutt,  baß  Salböl  (6.l)ri)fam)  oleum 


532 


loerijc 


—  r 


Cpr«. 


exorcisatum,  chrismale  oleum,  chrismale 
sanctom  unb  bu3  Äaiec^umenenöt, 
^  e  i  t  ö  I ,  oleum  catechumenorum,  oleum 
sanctum.  Sie  alle  lüurben  am  ®rünbon= 
nerätag  oom  QSifd^of  gcttet^t. 

£)Ibcrgc,  b.  6.  ßbriftißeiben  barfieücnbe, 
oft  lebensgroße  (Sruppen  in  Stein,  t>on 
©et^femane  an  biä  jur  Äreujigung,  ®rab- 
legung  unb  3tufcrficf)ung,  »erben  feit  bem 

15.  3<J^t^unbett  gcnjötjnlid^  in  9icbenä 
räumen  ober  außerf)alb  ber  Äird^en  an= 
gebracht.  Sie  gefioren  ju  ben  S  t  a  t  i  o  n  c  n. 

Dipet;  biefelbe  f)at  9tamen  unb  Ur= 
fprung  auä  Sta^iftir  ^''o  M  «^"i  ®"^£  ^^^ 

16.  3'a!^rt;unbertS  im  ©egenfa^e  jur  auä^ 
f(^lieBlid)cn  Pflege  beä  Äontrapunfteä, 
bie  bamalö  ^errf(^tc,  eine  befonbere  2:eit= 
na^me  an  inbioibueüer  Sebanblung  ber 
SRelobie  unb  beö  leyteö  funbgab,  jum 
Seil  in  ber  Qlbfict)t,  bamit  bie  verloren 
gegangene  ÜJlujif  ber  alten  ®rieii)cn  ju 
erneuern.  6S  galt  ju  bem  Snbe  einen 
melobif^  ^crauögebilbeten  unb  bem  Icyte 
entfprec[)enben  ©ologefang  ju  ermeden. 
9U^  erjleä  berartige«  Stüd  gilt  hk  im 
3a^re  1597  ju  ^lorenj  aufgeführte  2)afne 
tii  Ottaoio  9flinuccini,  mit  iDlufif 
pon  «Pari.  3m  '^a\)x  1600  muröe  unter 
©ä)aufiellung  eineö  außerorbentlidl)en*Prun= 
feä  bie  üon  benfelben  OTeifiern  berrübrenbe 
Cper  (5uribice  jur  Sermältlungäfeicr  ^ein* 
rid^ä  IV.  mit  SOJaria  r>on  SJiebici  aufge- 
führt. 2)aö  erfte  gro§e  Slalent,  iiai  an 
bicfer  neuen  mufifalif(i)=bramatifcf)cn  ®at- 
tung  arbeitete,  anir  Slaubio  3Wonte  = 
Derbe,  crf^e  ^alftc  beä  17.  ^a^rbunbertä, 
burcEi  meldten  baa  3"t2relfe  für  bie  Oper 
cr^  ein  aögemeine«  »urbe;  feitbem  mürben 
in  allen  größeren  Stabten  Stalienä  Opern« 
auffü^rungen  oeranfialtet. 

Ollöerfiebeutfci^eOpergiltbiePonOpi^ 
nac^  bem  genannten  italicnif(f)cn  Sorbilb 
bearbeitete  ©ap^ne ;  ein  gemiffer  |).  @d)  ü  ^ , 
ber  ftd^  in  3tatien  auÄgebilbet  ^atte,  fc^te 
fie  in  aWupE.  2)ie  iUupfirung  gefc^a^ 
1627  ju  lorgau  bei  ®elegenl)eit  ber  23er= 
mä^lung  einer  facf)fifd^en  ^rinjefftn.  ®eit= 
bem  blieb  bie  Oper  in  2)eutfcf)lanb  iior= 
läufig  in  gänjliii)er  <}lbf)ängigfeit  con 
Stalten:  bie  Stoffe  maren  biblif(|e,  mpt^o= 
logif{i)e,  aUegorifcfce,  mit  SSorltebe  _  ber 
S^äfermelt  entnommene;  bie  Ijauptfäc^» 
licf)en  aSeranlaffungen  ^efte  J"  >&öfen  unb 
anbern  Orten;  bie  pprjüglid;)Pen  2)ict)ter 
S)aDib  ®cbirmer,  2lnfcr.  ®rl)pl)iu«r 
©igmunb  oon  öirfen  unb  3-  S^roie- 
ger.  ®egen  ba^  (Snöe  beä  17.  ^ai)X' 
^unbertä,     a(ä    bie    Oper    tn    ^njelnen 


Stdbten,  namentti*  in  ^amburg,  feßere 
Si^e  gewann  unb  bamtt  ein  allgemeine^ 
Unter^'attungsmittel  ber  bö^ern  Stänbe 
rourbe,  ermeiterte  ftc^  bie  Oper  nad)  ^orm 
unb  Sn^ii^^t.  Sfleben  ben  älteren  Stoffen, 
bie  aud)  in  ben  JJebcnarten  ber  Oper,  ben 
SöaQctten,  SWaöferaben,  Screnaten,  «|8a|io= 
retten,  Oratorien,  Äantaten  jur  S^crPcllung 
gelangten,  mürben  biiiorifd)e  Stoffe  be« 
liebt,  baneben  fol(I)e,  bie  ber  2Birflid^feit 
unb  ber  ©egenmart  entnommen  maren.  ©ie 
SluBftattung  mürbe  immer  prächtiger.  iDiu* 
fif,  SWalerei,  ^(rdiiteftur,  San^funfi  unb 
ÜJJedjani!  unterfiü^ten  ftc^  gegenfcitig. 
iJBorauf  eä  bie  25id)tcr  abgefcben  Ratten, 
mar  bie  (Entfaltung  oon  SSermanblungcn, 
Sßolfenfa^rten,  3Ü"n'i"'-itionen,  u.  bgL 
Unter  ben  5al)lreid)en  Siebtem  biefer  fpä* 
tern  ^eriobe  merben  tjevoorge^oben:  (Sl)ri= 
fiian  SRicl)tcr,  $.  $ojiel  unb  3-  ^^ 
öon  Äönig.  2}om  3a^'^  l^'S,  bem  ©r« 
öffaungSjafer  ber  Hamburger  Oper,  bii 
17-28,  mürben  ftier  gegen  300  Opern  ge« 
geben,  ber  .Kompotüfl  Äeljfer  kompo- 
nierte 107  Stücfc.  ®egen  bie  ilRitte  beS 
18.  3at)r^unbertä  erlof^  biefe  Oper,  teil^ 
meil  ber  tiefere  Srnfi  ber  3«t  i^ter  über« 
brüfftg  mürbe,  teiU  in  ^yolge  non  öffent* 
li(^er  ÄritiE,  ber  fie  namentli(^  ®ott* 
fdt)eb  unterjog.    53gl.   ^en   5lrt.  SD? u fit. 

£)^fer.  2)aä  beutfcfie  2Bort  Opfer  leitet 
ftc^  pon  bem  lat.  offerre  ab;  a^b.  opfa- 
ron,  opforön.  opfar;  mbb.  opheren,  opher; 
altn.  offr.  Qi  ift  jeboc^  erft  burcb  tai 
ßbriPentum  etngcfülirt  morben,  mäbrenb 
^ic  Sad)e,  bie  fie  bejcic^net,  eine  ^eibnifcfte 
ift.  2)er  ältefte,  bei  allen  ®ermanen  ge^ 
bräu(J)lid^e  5luöbruif  ber  ©ottDerebrung 
burc^  Opfer  mar  got^.  unb  angelf.  blo- 
tän,  altn.  blöta,  ai)i).  pluozan. 

@c£)on  biefer  ^luöbrucf  Icbrt,  ba§  bie 
Opfer  Dorjüglict)  blutige  roaren,  rcaa  fic^ 
übrigen^  für  3ägeri?ölfer  oon  ber  5lrt  ber 
®ermanen  oon  felbfl  oerfianb.  2>ie  ft*ers 
iien  eingaben  über  bie  Opferungen  unb 
bie  bamit  oerbunbenen  gejlgelage  geben 
unä  bie  unerf(^öpfli(i)en  Sagen  beS  Stör« 
benö.  daneben  ftnb  e^  bie  'Berichte  ber 
iHömer,  bie  une  manche«  crjätilen;  unb 
bie  Verbote  ber  Äirdfie,  bie  namentlidö 
gegen  beibnif(i)e  Sifcbgelage  unb  ,j-eji* 
tän^^e  gerillte!  fmb,  bemeifen  un^  »ollenb^, 
ia^  bie  norbifcften  ®ebväud)e  aud)  in 
l!eut[d)lanb  ju  finben  maren. 

Unter  ben  blutigen  Oofern  fianben  bie 
9}tenfd)enop  fer  obenan.  Sie  maren  bei 
ben  ®ermanen  fo  gcbräu($lid),  mie  bei 
allen  anbern  Sölfern  bee  ^Ktertum«   unb 


Opfer. 


533 


galten  t)tm  SBoban  unb  3i''/  ii"  9Joiben 
bem  Stijor.  „3btem  SBefen  unb  Urfprunge 
nai)  jinb  fie  fü^ncnb.  Gin  grofeä  Un= 
beil,  ein  [(^iüercä  a3crbve(f)cn  fann  nur 
buri)  menf(^Iict)e«  Slut  befcf)njoren  unb 
getilgt  werben."  3iicf)t  nur  würben  nad) 
errungenen  ®tegen  bie  gefangenen  iJeinbe 
jum  aiBoblgefaüen  ber  ®öttcr  an  ben 
äBäumen  aufget)ängt  unb  bie  gefamtc 
Seute  an  ^ferben  unb  ©eraten  nernicötct, 
tt)ic  e^  j.  33.  burc^  bie  (Eimbern  unb  leu» 
tonen  nact)  bem  großen  Siege  an  ber 
IRljone  gefdE)a^;  fonbern  aud)  feine  eigenen 
ßeute  opferte  man,  roenn  man  bie  ®ötter 
crjürnt  glaubte,  ©igentümlicft  mar  ber 
fd^webifdie  23raudt),  bei  eintrctcnber  $un« 
geränot  ben  Mniq  su  opfern,  nid^t  nur 
meil  er  baö  föpiid^fie  Opfer  mar,  baö 
man  ben  ©öttern  barbringen  fonnte,  fi>n= 
bem  auc^  meil  er  als  Dberprieper  beö 
ganjen  Sanbcä  burdh  23erna(^Iäfftgung  bcö 
Dpferbienfieä  bie  ©ötter  erjürnt  unb  fo= 
mit  bie  9?ot  üerfd)ulbet  baben  mu§te.  ®o 
fiel  .ftönig  ©omalbin,  nac^bem  ein  Dcbfen- 
Opfer  im  erf!en  unb  ein  iDtenfdjenopfer  im 
jmeiten  §erbfic  bie  Hungersnot  nic^t  ge» 
brod)en  Ratten;  fo  fiel  aucf)  Äönig  Olaf 
Iretelja,  mte  bie  Ynglinga  saga  erjal)lt: 
,„ba  cntfianb  ein  gto^eö  ÜKiäja^r  unb 
■junger;  tai  gaben  fie  ibrem  j?öntge  fcbulb, 
fomie  bie  Sc^meben  gemo^nt  fmb,  il)rem 
JSönige  fomo^l  iae  gute  alö  hai  SD?iöjabr 
fc^ulb  ju  geben.  Äönig  Olaf  mar  ein 
geringer  Opferer;  ba«  gepcl  ben  Sc^meben 
übel,  unb  fie  meinten,  ba^er  fomme  tai 
SJliäjaljr.  2)a  «ogen  bie  Scbmeben  ein 
^ecr  jufammen,  machten  einen  Eingriff  auf 
Äönig  Olaf  unb  umringten  fein  ^auä, 
verbrannten  ibn  barin,  unb  fcbenften  i|n 
bem  Obin  unb  opferten  ibn  für  ftdf)  um 
ein  guteä  5a^r." 

®anj  bcfonberö  aber  fianb  baä  ilJIenfc^enä 
Opfer  im  S)ienfie  ber  SRe(^täpf[ege.  2)ie 
lobcöftrafe  mar  eine  Sübne,  bie  ben 
(Söttern  nic^t  uermeigert  werben  burftc. 
5Der  25crbrec^er  mürbe  t>ov  bem  lempel  am 
Opfcrfiein  gebrocf)en ,  ober  in  ben  Dpfer= 
fumpf  oerfenft  unb  mit  SReiftg  jugebecft. 
*Hber  aüd:)  jur  ©rljaltung  unb  Serlänge» 
Tung  beö  eigenen  Sebenö  opfert  Äönig 
Ön  neun  feiner  Sijline  unb  erbirlt  »on 
ben  ©Ottern  jebesmal  gnäbig  eine  weitere 
^rift;  wie  er  aber  ben  jebnten  «Sobn  aucb 
nocb  opfern  will ,  ba  wiberfe^en  frc^  bie 
©cbwcben  unb  ber  Äöntg  fiarb.  Son 
Äinberopfern  ftnb  übrigen^  in  ben  alten 
SSolf'Sfagen  aucf)  noc^  weitere  Spuren 
t)orbanben.    Sie   follen   ^auptfadblicb  jur 


51bwebr  anfiecfenber  j^ranfljeiten  ange- 
wenbet  morben  fein  unb  jWar  bur^  ©ins 
mauern  in  ©runbwälle,  wobei  man  bcn= 
felben  Speifcn  unb  €pielfad)en  mitgab. 
2)iefer  Umflanb  fpri^t  beutlicf)  bafiir, 
ha'^  an  ein  fortleben  nad)  bem  Sobe 
unb  jWar  unter  gleichen  SSebürfniffen 
unb  Sebingungcn  geglaubt  würbe,  wie 
aucb  ben  ©iittern  iai  Sebürfnie  na* 
€peife  unb  Sranf  jugebacbt  war,  baber 
würben  aucb  bei  ben  b^ufigen 

Sieropfern  nur  reine  ®ef(i)öpfe  ge^ 
wdblt,  beren  %hi^(i)  für  ben  ÜJien- 
fcf)en  gcniepar,  b.  i).  ju  effen  erlaubt 
war;  eine  Qluönabme  macben  ^unbe  unb 
^abidbte,  bie  burcb  ibre  beEannten  S)ienfls 
leiflungcn  gleichen  SRang  liaben,  wie  bie 
bcüorjugteften  jiere.  3^^  liefen  äii^len 
in  erfier  ßinie  bie  ^ferbe,  bie  gerabe= 
äu  al^  beilige  Sliere  »erebrt  würben. 
(Siebe  ben  3lrt.  fieilige  liere.)  31)r  ^ki^(i^ 
würbe  Don  ben  ^eibnif(i)en  ©ermanen  mit 
iBorliebe  gegeffen,  unb  bie  93ewobner  5^* 
lanbö  behielten  ftd)  bei  ber  gefeMid)en 
Sinfü^rung  beö  Gbrif^entum^  auäbrücflic^ 
ben  unbebinberten  ®enu§  beä  *Pferbe= 
f[eifd)c^  oor,  wätirenb  er  anbetort«  von 
ben  ®tauben«boten  aufö  ftreuAfle  unter* 
fagt  würbe,  ilßie  fdjwcr  eä  aber  tiielt,  hai 
iBerbot  bur(^jufüt)ren  unb  wie  manii)er 
iRüdfall  bie  duBere  ^J^ot  oeranlafte,  ^ai 
beWeifen  bie  wieberl)olten,  fir(^Ud)en  Sr= 
laffe.  2)ie  jüngere  Olaf3=Sage  berichtet, 
ta^  bei  einem  iÖliBWad^fe  bie  bereits  jum 
ßbriftentum  übergetretenen  93auern  oon 
Sbront^eim  um  2öintet^anfang  gro§c 
unb  jlarE  befud^te  ©ajtmäbler  bieltcn. 
„I)a  Waren  groge  Srinfgclage.  2)em  Äöntge 
Olaf  würbe  gefagt,  baR  ba  alle  ÜJiinne 
bem  Ibor  geweibt  werbe  unb  bem  Obin, 
ber  %n\)ia  unb  ben  5lfen,  alles  nad)  alt« 
beibnif^er  Sitte.  Sa^u  würbe  aud)  weiter 
erjä^lt,  ha^  ba  25ieb  unb  ''i^ferbe  ge- 
fd)lacbtct  unb  bie  Elitäre  mit  bem  93lute 
bejirid)en  würben  unb  baB  ber  Opfer» 
bienfi  ganj  offenbar  abgcbalten  unb  iia- 
bei  bie  j^'^mrel  gefprodben  werbe,  itafi  bieä 
für  bie  aScfferung  be^  3al)rgange«  (til 
ärbotar)  gcfd)eben  foßc.  I)aju  würbe  bei» 
gefügt,  tai;  d  allen  Seuten  flar  fd)cine, 
ta^  bie  ©Otter  barüber  jornig  feien,  ia% 
bie  ^alogalänber  fidb  äum  Sbriftentum 
gewanbt  bi^tten."  Unb  fo  muB  ber  (cbrifi» 
liebe)  Äönig  ^afon  feinem  Solfe  ju  lieb 
an  bem  Opferfefte  ju  ©labir  aus  bem 
bem  Obin  geweihten  23ecber  trinfcn  (frei» 
lid}  mad)t  er  barüber  norerjt  t>ai  .^reu^es» 
jeic^en,  ftatt  baäjcnige  beö  ^ammersi)  unb 


534 


Cpfet. 


entgebt  bem  lobe  nur,  bo  er  noeniaftcn« 
jum  6^ein  übet  bem  ^ferbeflcifc^teffcl  ben 
üßunb  öffnet,  aU  genicfe  er  '^kiiä^ ,  %t\i 
unb  ißrübe.  5Die  $ferbcopfer  foüen  ficb 
in  €cbtt)eben  biß  in  bie  jroeite  ^älfte  bcä 
11.  3abt^"n^fi^t*  erf)Qltcn  baben. 

{Rinbcropfer  waren  nid)t  minber 
allgemein,  bcr  6tier  war  bem  ^^epr  ober 
%xo  gebeiligt,  ja  er  fübrt  in  ber  ^t'ixx  ge« 
rabeju  bcn  9Jamcn  bcr  ©ottbeit  [elbfi. 
Übrigen«  opferte  man  ibn  auc^  ni^t 
feiten  bem  Sßoban,  al«  bem  ®ott  bcr 
ßrnie,  bes  5l(Jcrbaues  unb  ber  Sicbjucftt. 

(S  ber  Opfer  »raren  ebcnfall«  febr  bäufig, 
tt>ie  gerfelopfer,  Friscing  (grijcbling), 
raae  bic  itbcrlicfeiungcn  faji  mit  ©creipb^it 
annebmcn  laffen.  3\.oi)  im  13.  S^b^b.  bc= 
nennt  eine  bif<iöf[icbe  Urfunbe  in  ^affau 
bie  ju  cntrid)tenbcn  jungen  Scbmcine  mit 
siteuriscliiDg ,  sitfrisching ,  seitter,  seit- 
frisching ,  maß  obnc  3*^^«^^!^^  ^in  jungee 
©d)ttiein  bebeutet,  bas  nad)  beibnifc^em 
(Sebraucbc  fid)  jum  ®efottcnn:>erben  eignen 
ȟrbc,  alfo  ein  Cpfcrfdjmein.  '^m  9'Jorben 
»ar  ber  Sübuebcr,  sönargöltr,  ein  feier= 
lic^ee  Opfer,  'i:ai  bem  %ut)X  an  3uIobcn^c 
gebra($t  tüurbc.  „2lm  2lbcnb  erfolgten 
©elübte;  bcr  ©übneber  tcurbe  luirgefübrt, 
bic  Scute  legten  auf  ibn  ibre  |>änbe  unb 
legten  tu  ibre  (Sclübte  ab  beim  löraga= 
becbcr".  —  „Äönig  .^eibretcr  Ic§  einen 
©ber  füttern,  ber  rt)ar  fo  grofe  »ic  ber 
fidrtfte  D(f)ß  unb  fo  fcbön,  la^  jebcä  |)aar 
au6  (Solb  ju  fein  f^icn.  2)cr  ^önig  legte 
feine  ^anb  bem  (Jber  auf  ben  Jlo^jf  unb 
bie  anbere  auf  bie  QSorficn  unb  legte  ba 
bae  @elübbe  ab,  'ta'^  niemals  jemcnb 
fo  €cbtt>ereä  Pcrtttirfcn  foüe,  ia^  er  nid)t 
red)te6  Urteil  feiner  ifficifen  erlangen 
foütc,  unb  bic  folltcn  bce  (Sbere  pflegen; 
ober  aurf)  foUte  er  foId}e  iRdtfcl  ttcu 
bringen,  la'^  fie  ber  Äbnig  nicbt  ju  raten 
t>ermöcf)tc."  2;iefe«  gülbenborfligen  obere 
iß  aucb  in  2:;eutfcblanb  oft  unb  in  fpäten 
3citen  nod)  eriräbnt,  fo  in  einem  i^autens 
badber  SBcistum  oom  S^^'"«  15^9.  ^'^  te 
bei^t,  bat  J"  einem  auf  2>reiföniöetng 
(alfo  in  ber  3"l}fi0  gebo^^fif"  ®eiid)'c 
„bie  .^übner  ein  reinee,  fcbon  bei  ber 
2)(ild)  retgeljtee  (nod)  föugcnb  rietfcbnits 
icnee)  ©olbferd)  ad)t  b"'^^'"  €d)iüingen 
mert  liefern  fotiten."  2)er  »freie  ift  ein 
unuerböltniemä^ig  b^bfi  -  »''"ß  barauf 
fd^lie^en  lä§t,  la'^  'iai  Slier  bei  biefem 
2lnlafft  eine  bcfonbcre  S?cbcutung  \)üX\i, 
roie  \)füU  iiod)  tc.^  fii  ju  Cftern  uni  bie 
®ane  am  Sülartinetagc.  %ai  J^crfel  mürbe 
nämlid)     runb    burc^_  bie    9?änte    gefübvt 


unb  obnc  S^'tiffi  b^mac^  gcfd^Iaitct  unb 
pcrfpeiet,  mae  offenbar  auf  einen  bfib* 
nifd)en  Dpferbraud)  jurücfäufübren  ifi» 
51ucb  bic  oben  angefübrten  €übncber  bcä 
grepr  fanbcn  fid)  in  ßnglanb  noc^  lange 
3eit,  unb  beute  noc^  roirö  in  Oftergot* 
lanb  am  Sulabcnbe  ein  mit  einer  ©ä)meinös 
baut  überjogener  93Io(f  (julbucken)  auf 
ben  %\\i)  gefegt,  auf  ben  bic  ^auögenoffen 
cinanber  ibren  Sreufcbrour  ablegen.  9luc^ 
'tai  mit  fiorbccr  unb  Oioemarin ,  Zitrone 
ober  *pomeranje  gcfdimüdtc  ©cbmeinebaupt 
unferer  lafeln,  fomic  ti^i  ju  Dyforb  feicr«- 
Mi)  unb  unter  ®efang  umbergctragcne 
Sberbaupt  unb  bcrgleicben  ©cbriiudbc  mebt 
fmb  Srinncrungcn  an  bic  (Sberopfer  unjerct 
bcibnifcben  iBortȊtcr. 

SIßibbcropfer  merben  aU  geringere 
Dpfer  feltener  ermäbnt,  mae  jcbod)  nicbt 
bcmcift,  iü'^  ftc  auc^  feiten  bargebracbt 
morben  mären.  3"  S'Jormcgcn  bcftanb  bic 
gefe|li(^e  25crorbnung,:  „Äommt  ein  Un* 
freier  ju  fianb  ober  eigenem  ^auebalt,  fo 
foü  er  fein  greibeitebier  (frelsiöl)  bereiten, 
jeber  aWann  neun  ßimcr  S3icr  unb  einen 
2ßibber  fcblad)ten;  ein  ecbtgcborener  fott 
tai  ^aupt  abfcbnciben  unb  fein  gcfe|Ii(^et 
^err  bie  ^alelöfung  t>on  feinem  Raupte 
nebmen." 

©benfo  famen  Sodopfer  cor,  fo  bei 
ben  bcibnifdien  fiongobarten,  bie  fie  — 
mic  ®rcgor  b.  ®.  melbctc  —  bim  Icufei 
barbrad)ten.  2>er  Sod  mar  bem  ©onnar 
beilig,  bie  ©ei^  ber  ^olba.  2)ocb  mürben 
fu  audb  bem  SBoban  bargebra(^t.  .Kleinere 
2iere,  mie^unbc  unb  ®ef lüge l  fdbcincn 
menig  unb  fafi  nur  als  Dpfer  für  bie 
©rntegottbcitcn  bargcbrad)t  morben  ju  fein. 

©ie  unblutigen  Dpfer  maten  eben* 
falle  bantenbe  unb  bcflanben  in  ®egen» 
ftänben,  bie  Don  ben  SOfenfc^en  ale  ßcben^» 
bcbürfniffe  febr  gefd)ä|t  maren.  3)em 
®ottc  SEbor  opferte  man  im  Jcmpel  ju 
^untbotp  täglid^  »icr  ?aibe  33 rot,  ba 
man  bie  ©ötter  überbaupt  mcnfd)li(^cr 
Speifc  bebürftig.  ^^kh.  5lucb  bie  ®öttin 
9?crd)fa  crbielt,  mie  SRoc^bolj  nad)gemicfcn, 
ibre  Cpferbrote,  unb  bie  nieten  ^^P* 
f neben  unb  gefibrote,  bie  mon  noc^ 
beute  in  ganj  I)eutfcblanb  bei  oerfdbie^«"«" 
J^cftanldffen  badt  unb  unter  bcn  oer* 
fd)iebcnfien  ©ebräucben  ferjebrt,  bemcifcn 
genügfam,  ta^  berlei  Dinge  früber  für 
bie  ©Otter  unb  ibre  gebeiligten  Siere  be* 
fiimmt  maren.  5lud)  93 icr  brad)te  man 
bcnfelbcn  bar ,  mabrf^cinlid)  in  ber  5lrt, 
bü§  ein  %t\\  ba»on  fcietlid)  für  bic  ©ötter 
üuegegoffen,'  iai  ^übrige   aber   in  einem 


Cpfer. 


53& 


Oelage  ebenfaüii  in  iJjiem  I)ienftc  ge- 
ttunfcn  ttiutbc,  wie  fold^ee  in  ben  [cfeaum» 
burgifc^cn  ©intefcierlic^fciten  jic^  cicUcic^t 
am  bcutlid)cn  erbaltm  l)at.  (Jbcnfo  laffen 
bie  fielen  aber9läubi[d)cn  Söetroenbungcn 
ber  ®tünbonnetetag«i=  unb  dbatfreitagä' 
fcicr  batauf  fcbliefen,  ba^  bie  (Siet  öU(^ 
eine  (äöttcrfpcife  tttarcn;  banebcn  finb  e« 
SKilc^  unb  4>onig.  namcntlid)  für  bie 
^ausgeifter,  Sßi^telmännÄcn  unb  für  ben 
Soten  ber  ^plba,  für  baß  SDJaricnfäferd)en, 
aud)  ®oIb  unb  ©über,  ^leibung«» 
ftücf  e  unb  9?  lumcn. 

35ie  unblutigen  Cpfer  burftc  ber 
Cpfernbc  felbft  barbringen  (in  ber  Siegel 
t^at  bae  ber  ^ausrater);  bie  blutigen 
l)ingegen  reurben  fon  ben  ^rieftern  be= 
banbelt  unb  jwar  in  ben  meinen  gäßen 
bei  2Inla§  großer  gefilicbfeiten,  im  Sßeifein 
ber  gefamten  SBett)ol)nerfc^aft  eines  ®aue«, 
alfo  ber  Jempelgemeinbe.  S)em  bamit 
rerbunbcnen  Cpfcrma^Ie  fianb  ber  Opfer« 
bäuptling  for,  ein  e^tgeborner,  ber  Dt)ne 
3»t>eifel  pom  IBoIfe  fclbfi  ber  6^re  bee 
IBorfitice  geirürbigt  morben.  5lu0  üJJeifier 
'Jlbame  Sefcfereibung  beö  großen  Opfer« 
feficc  ju  Upfala  läßt  ftd)  i'd)Iie§cn,  ta^ 
jU  ben  Opfern  in  ber  5icgel  nur  männ= 
lid)c  2iere  rern^enbet  würben.  Qlud) 
fd^eint  bie  %aiht  ben  2Bert  eine«  Opfer= 
tieree  ni(l)t  untt)efentlid^  bellimmt  ju  baben. 
2BeiBe  *}]ferbc  n^aren  gefd)ä^tcr,  ale  rote 
unb  f(J)mar;ie;  ebenfo  bie  €d)afe;  tai 
Opfeibubn  burfte  feine  anbern  als  »ei^e 
5cbcrn  ^aben,  unb  nocb  in  fpäten  Siedjtö-- 
benfmälern  ift  nact)  ®rimm  bie  Unferle^^ 
lid)feit  fcbneettiei^er  gertel  jugeficfcert.  Iien 
untenibifcf)en  ®Dltbeiten  bagegen  opferte 
man  rorjugaireife  fc{)tt)arse  üere,  nament« 
lid)  fd)tt)arje  €d)af=  unb  3icgenböcfe.  I)ie 
Opfeiticre  nourbcn  alfo  tt)Ql)rfct)einIi(^  ju 
biefcm  ^roidi  jung  f^on  auegett>äl)It,  ge« 
fOgcn  unb  gemäfiet  unb  bürften  fAmerlic^ 
je  JU  menfd)licbem  ©cbraud)  gebicnt  ^aben; 
reenigflen«  jicDcn  alte  SRedjtebenfmale  biefe 
Sebingungcn  an  goblen  unb  9iinber,  bie 
ju  feicrlidiem  t'anbermerb  ober  jum  ZoU 
pflügen  ber  ÜJiartfteinfrcoIer  rermcnbet 
tticrbcn  rtioüen. 

gcrberten  bie  ®ötter  ein  2)?enfd)cn= 
cpfer  unb  ßiaten  bercn  mebrerc  bereit,  fo 
hatten  fie  ta^  bcireffenbc  burd)  lai  Uoe 
näber  jU  bcjeidjnen.  S)a«  gef^al)  burcb 
bie  3f{unen  ober  nad)  einer  ^ormel,  bie 
ber  angelfädiftfi^en  ^inbreaelegenbe  cnt= 
nommcn  n?ar,  natürlid)  unter  Qlnrüljrung 
unb  93efd)\rörung  ber  betreffcnben  @ottcr. 
2^ic  Opfer  irurben  i'cbann  gcfdinüidt,  burd) 


bie  IBolfeljaufcn  gcfülirt  unb  bann  ge« 
fd)Iac^tet.  ^ae  93lut  würbe  in  bem  Opfer« 
fejfel  aufgefangen  unb  mit  bem  SBIutjWeig 
barauf  ber  Elitär,  bie  Sempelmanb,  auc^ 
etrtia  ber  Saum,  bie  Sebcnsmittel  unb  bae 
iBolf  befprcngt.  gcü  unb  ^aupt  würben 
t>om  Opfer  getrennt  unb  an  einem  Saume 
aufge^)angen ,  worauf  ber  lanj  unb  gejt« 
gefang  begann.  2"  ben  großen  Äeffeln 
mürbe  nun  iai  ^Ux\ii  gefotten,  meäwegen 
bie  leilnebmet  am  Opfetfefie  supnautar 
(«Subgenoffcn)  fliegen;  baneben  mürben  bie 
Opfertudjen  gebaden  unb  bae  93ier  ge« 
braut,  meiere  Qltbeiten  mat)rfd)einUd)  ben 
$rie|ierinnen  oblagen.  2)ie  ebleren  Seile 
bee  gefo<^ten  Üiered,  ^crj,  ßeber,  ßunge, 
mürben  »ermutlid)  ben  ®öttern  bargebratfit, 
ber  SReft  aber  famt  ber  93rü^e  »om  ißolte 
terjebrt,  nad^bem  allce  »on  bem  Äönige 
ober  Opfcrfürfien  oon  feinem  ^od^fi^e  nu^ 
gemeint  morbcn  mar.  So  ging  t>ai  Opfer« 
fejl  in  ein  aKgcmeince  Opferma^I  über, 
bei  bem  aud)  iai  Sfiationalgettänt,  bae 
©ier,  ni^t  fehlen  burfte.  Tlan  tränt 
Obine  iBoflbec^cr  um  Sieg  unb  SWac^t 
für  ben  eigenen  Äönig,  ?Jibrbre  unb  JJrcpr^ 
^orn  um  ein  gute«  ^ai}i  unb  gtieben, 
auc^  Sragi'e,  g^etjre  unb  !lt)ore  Se(^er 
mürbe  getrunfcn,  über  melc^  legieren  jebcr 
Strintenbc  bae  3^'*^"  ^«^  jammere  machte, 
^iefc  iBecfcer  tranf  man  ftd^  über  bie  treuer 
Weg  gegcnfeitig  ju,  mas  man  minni  (®e« 
bä^tniö,  (irinnerung)  nannte.  ®o  nal)m 
i<ai  %t^  ben  G^aratter  einee  ^eiteren 
Tlal}U9  an  unb  mürbe  ba^er  im  Sflorbcn 
aucb  Opferma^l,  blölveizla,  ober  gerabeju 
Opferfreube,  blötfagnadr,  genannt. 

I)iefe  ^i^i  waren  entWeber  r  e  I  i  g  i  ö  f  e, 
bie  alljälirlid^  ju  bc^immten  ^iitm  in  ber 
ganjen  germanifc^cn  2Belt  gefeiert  würben, 
ober  fte  waren  burd)  befonbere  3Seran« 
laffungen  I)ert>orgerufen,  burd)  ben  *ymte« 
antritt  einee  Könige,  ber  jugleic^ 
oberfier  (Priefter  war,  bei  ®e richte«  ober 
S)ingt>erfammlungen,  oor  unb  na^ 
ber  'S(^Iad)t,  bei  |>ungerenot  unb 
©cud)en  :c.  S)ic  brci  (religiöfen)  ^aupt« 
feile  aber  waren: 

1.  I)ae  .^erbft cpfer,  haastblot, 
bae  Opfer  um  ein  gutes  ^abx  ober  nat^ 
einer  ^Wi^crnte  ..um  ein  be|ieree  ^a^x". 
es  War  alfo  ein  (Srntefcft,  ein  S)anf« 
Opfer,  im  jweitcn  gaüe  aud)  ein  Sü(;n« 
Opfer,  mit  bem  man  fid)  im  Qlnfang  bee 
3at)ree  (bas  ^abr  beginnt  bei  ben  norbi« 
fd)en  Säuern  ^eute  ncd)  mit  bem  Sinter> 
ber  ®unfi  ber  ®öttcr  cerfic^ern  Woüte. 
S^iefcs    Opfers    wegen    hit§   im    3^orbea 


536 


Drbalien. 


bei  Df tober  gormänuor,  nadf)  bcr  5lud' 
»rcibung  ber  9cf^Iacf)tcten  Slicre,  bei  bcn 
©(^ttjeben  blotmänad,  slagtmänaä;  bie 
5lngelfac^cn  l)ie§en  ben  Stonembcr  blot- 
monad,  bie  JJricfen  {)ei§en  ibn  nod)  {)eutc 
slachtnioänne;  bie  JJieberlÖnber  nannten 
ben  2)ejembev  slachtmaent ,  Waä  barauf 
I)inn>eift,  ta^  biefeö  jjefi  nicf)t  an  aüen 
Drten  ^u  gleic^crjett ,  [onbern  im  9Jorben 
früher,  alö  im  ©üben  begonnen  würbe, 
toaä  mit  bem  gleid^^citigen  SorrüdEen  be^ 
SBintcrfl  jufamment)äni^en  mag.  Übrigen« 
fd^eint  baß  gefi  menigfien^  einen  {)alben 
SWonat  i^ebauert  ju  l^abcn,  »eömegen  man 
für  ba^felbe  ben  SBinter  abtt>arten  mu^te, 
bev  ^cn  «üben  dampfen  bcr  Sorben  von 
felbfi  ein  ßnbe  machte. 

•2.  S?aö  Sfittminterfcft,  tai  grofc 
hauptböt,  lüurbe  ^u  Einfang  bcä  iDJonatä 
Thorri  (14.  Januar)  gefeiert  unb  baucrte 
brci_3:age.  (Sä  ift  ibcntifi^  mit  bem 
beutfdien  ^ulfefic,  jöl,  jolaveizla,  jölaboo, 
jolahalld,  jöladrykkja,  tai  fpötcr  jet)n« 
tägigc  Sauer  batte.  S)ie  Scnsofjner  ®ot- 
unb  ginnlanbö  erbaten  ^\ä)  Don  it)rcm 
Thorri  6cbnee  unb  gute  ©d^Iittenba^n, 
n)übrenb  ba^  g^cfl  im  allgemeinen  ber 
neugeborenen  ©onnc  galt  unb  bem  Q^reljcr 
bcr  Sü^ineber  bargebrad^t  mürbe. 

3.  S)a^  Cpfcrfeft  bee  ©ommcr« 
einjugg  mürbe  einen  SWonat  naä)  bem 
Thorrablöt,  ju  Qtnfang  beö  DJlonatö  Göi, 
alfo  im  gcbruar  abgehalten  unb  »at)rte 
eine  2Bo(^e.  ßö  mar  mot)!  »orjugäraeife 
ein  Opfer  um  Sieg  für  bie  fjeranna^enben 
Heerfahrten  unb  ^ic§  bcsljalb  au^  sigr- 
blot.  SDancben  galt  cd  bcr  Segrü^ung 
bcä  Sommerö  unb  mar  ein  iöittopfcr  um 
reichen  (Srtrag  beä  ^elbeä.  6ämtlid)e 
gefte  fielen  alfo  auf  ben  SBintcr.  SDaneben 
finb  atä  fpcjicü  beutfc^e  Dpferfefte  nod) 
genannt  bie  Ofiara,  baei  SDlaifefi  unb 
i>ai   Jefi   ber  ®omm  erfonnenmcnbe. 

Sefannt  ifi,  mie  Icibenfc^aftlic^  ber 
iDcutfc^e  an  biefen  altf)crgebrad^tcn  (Se^ 
bräud^en  fejlbielt  unb  mie  bie  d)riplic^cn 
©laubenäbotcn  bie  ^cile  nidit  »erbieten 
fonnten,  obnc  i^rc  ©ad^c  preiszugeben. 
"Hui  S^ac^rict^ten  Don  (Srcgor  bem  ©rogcn 
unb  a.  m.  ge^t  t)ielmc()r  bcutlic^  ^croor, 
tiü^  man  fi^  bamit  begnügte,  bcn  ^cib* 
nifd)en  ^eften  auf  bie  fcf)onenbfic  2öeife 
einen  d)rifllid)en  (J^arafter  ju  geben,  unb 
cä  \)ix\t  baf)cr  fcbr  Icid)t,  namentlich  mit 
3ul)ülfenabme  ber  Dielen,  auf  unfere  Seit 
fafi  unocränbcrt  berübergefommenen  Jcfl-- 
gebräud)e,  ben  3uf«nimenbang  nad&ju^ 
meifcn  jmifdjcn  ben  gcficn  ber  ^ater  unb 


ben  unfrigen.  2(u^  bem  Dftoberfcfte 
ftnb  nad^  ja^trcid)en  norbifc^en  3iad^s 
rid)ten  bie  Äircf)fpielfe|le  geworben  unter 
bem  Jiamen  ber  33ier=  unb  Irinfjciten, 
unb  fo  ftnb  in  2)eutfd^Ianb  iu  Äirdb« 
meffen  (Äirmfen)  cntjianben,  Solföfefte, 
jcbcd  rcligiöfen  (St)araftcrä  bar.  5luä 
bem  Sujfcftc  murbc  unfcrc  Sßci^nac^tä» 
frcube,  aus  bem  Goiblot  SDlariä  ßi(^tmeB, 
unb  namentlid)  tai  le^tcrc  ^at  ftdt)  in  ben 
gafinac^tägcbräucticn  nodf)  unDctfcnnbar 
fortgepflanzt. 

iii  erübrigt  unä  noc^,  bcr  priDaten 
Dpferfefte  mit  einem  furjen  2öortc  ju  ge« 
benfen.  Sic  begleiteten  bcn  9!)lenid)en 
burd)  alle  ficbcnälagcn,  roo  er  bcr  Hilfe 
ber  (Sötter  fi<i)  benötigt  fanb  unb  fonnten 
an  geheiligten  Stätten,  in  *PriDattempcln, 
aucb  im  eigenen  Haufe  bargebracf)t  merben. 
(Jiujig  bie  feierlidie  H^i^blung,  raonadö 
ber  Sßater  ober  beffen  33ertreter  ba§  neu« 
geborne  Äinb  mit  SBaffer  bcgo§  unb  ibm 
bamit  bie  ßebcnöbcrc^tigung  jufprac^, 
fd^cint  ol)ne  Opfer  DoUjogen  morbcn  ^vl 
[ein.  Dagegen  opferte  bie  SBöd^nerin  uon 
ibrcr  erften  DJla^ljeit,  D^ornengrü^e,  bcn 
©c^idffalägöttincn.  Sei  ©infcgnung 
einer  (S{)e  fobann  murbc  ein  feierlid^eä 
Tlaf)l  abgehalten  und  Zi)oxi,  Obin^s  unb 
^reprä  IDlinnc  getrunfen.  S^i  2ßeit)ung 
ber  braute  btente  Ibor«  Hammer.  5)ag 
Jotenopfer  betlanb  nad)  ÜJlaitnliarbt,  in 
einer  Äu^  unb  einem  Oc^fen,  bie  in  einem 
feierlii^en  ßci^enmalil  Derjef)rt  mürben. 
*Jlucf)  SRoämarin  unö  Zitronen  fdb einen 
bem  Sotcngottc  bargebracl)t  motben  ju 
fein,  iöeim  (£rbfd)afteiantritt  burfte  hai 
(ärbfd^aftäma^l  nid)t  feftlen,  bai  ®e« 
bäd)tniä  bcä  SerfiorbcneiT.  (Seopfert  murbc 
aucf)  bei  ber  Sefi^natime  Don  ßanb,  bei 
bcr  5tcferbefieQung,  bei  ber  grcilaffang 
cincfl  ©flauen ,  beim  3weiEampfc  unb  Hi 
bcn  2Beiffagungen,  mo  fie  bie  (Stott- 
f)cit  für  il)rc  "  geneigte  Äunbgebung  bc 
lohnen  foQtcn.  S)aä  Opfer  bicntc  oft  felbfi 
jur  Sffieiffagung,  inbem  fic^  auä  feinem 
ißlutc  ober  am  ber  öcfc^affen^cit  ber  ®m« 
gemeibe  bie  3"fu"ft  foßtc  erfd)Lie9en 
laffen.  Qtnbernfallö  legte  man  ber  (Sott= 
I)eit  bei  ber  Opferung  felbfi  bie  ^rage 
Dor  unb  überlief  c«  ifjr,  bie  2fntroort  auf 
beliebige  Slöeife  ju  geben  (burdt)  ben  SoD 
bcä  Siercä,  burd^  Sogclfd^rei  ic),  ober 
man  entfdjicb  über  bem  Opfer  felbfi  bur*^ 
bai  8oä. 

yiai^    51.  Otagmann,   in  (ärfi^  unb 
©ruber,  5lrt.  ©öttertcmpcl. 
Drbalien,  ftebe  ©otteäurtcite. 


Otben  —  Ortönamen. 


537 


Drbcn,  fte^c  9D'Jön(^^n3cfen,  SRitter« 
orben, 

■Crenbcl  ^ci^t  eine  bljjantinifc^  5  palä« 
fiinif(f)e  ^ic^tung  bc^  12.  3a£;r^unbettä, 
beten  äSctfaffct,  hjal^rfcfieinlii^  ein  fafetenber 
©pielmann,  unbefannt  tfi.  Sie  »erbinbct 
mit  bet  eigentlichen  Drenbelfagc  bie 
Sage  oom  ungcnä^ten  SRocf  S^rifti. 
Daö  ®ebicf)t  beginnt  mit  (5vjäl;lung  ber 
feltfamen  <kd)\ä\aU  beö  grauen  ^odt^ 
fö^rtfii;  ÜJiatia  t)at  ifin  gefponnen,  bie  bt. 
Helene  gewirft.  (Sbrijiug  ^nt  barin  bie 
^eiligen  oicrjig  Sage  gefaftet ;  nad^  feinem 
Sobe  ocrtangt  ein  alter  3ube  oon  ^evobeö 
ben  iRocf  jum  <3o^ne  23id[;rigen  2>ienfteci. 
S)er  3ut»c  vo'ä\6)t  \l)v  am  Srunncn  unb 
breitet  ibn  on  bcr@onne,  aber  bes^eilanbc^ 
rofenfnrbneö  Slut  bleibt  baran.  SDa  befabi 
^erobeö  ben  iRocf  fortjufc^affen,  in  einem 
beinernen  ©arg  inirb  er  inö  SlKcer  ücrs 
fcnft:  boc^  eine  ©irene  bricht  ben  @arg 
auf,  ber  O'iocE  fdbmimmt  ane  Ufer,  mo 
i!^n  ein  armer  SBaöer  alö  ®abe  ®otteö 
aufgebt;  baö  rofenfarbne  33Iut,  baö  bcm 
2Baf(i)en  miber^ebt,  iicrriit  i{)ni  baö  ®e« 
^eimni^;  unb  ftdb  un>tȟtbig  iinibnenb  ben 
^eiligen  SRocE  ju  tragen,  n.nrft  er  it)n  miebcr 
in  bie  ^^Uü.  Sin  SBal  fommt,  tierfcf)Iingt 
ifen  unb  trägt  i^n  mehrere  3a^re  im 
ÜJfagen,  biö  er  bem  gelben  beö  ®ebi(i)teö 
äu  teil  tt)irb. 

Drenbel  ift  ber  @o^n  iii  ^önig^ 
©iget  ju  Jrier  an  ber  SIKofel.  ^\U  er  ju 
feinen  3ß^ven  gefommen,  foK  ev  um  eine 
ferne  überm  SlJeere  ino^nenbe  Jungfrau 
»erben,  33 reibe  mit  ^J^amen,  ber  baö 
^eilige  ®rab  unb  uiet  ^eibenfc^aft  bient. 
ÜWit  freimiHig  i^m  folgenben  ®efaf)rten 
fä^rt  er  Tlo\tU  unb  SR^einabmärtä  auf 
einer  j^^otte  tnö  2)Jeer:  in  ber  Stäbe  be^ 
gelobten  ßanbeö  aber  »erfenft  ein  *gturm 
alle  Skiffe,  Drenbet  allein  wirb  nacEt 
ane  ßanb  getrieben,  ^ier  tritt  er  in  bie 
$Dienfie  eine^  gifc^er^  unb  fängt  bei  feinem 
erfien  ^ang  unter  anberen  jenen  SBat, 
in  beffen  SWagen  ber  iRocf  gefunben  wirb. 
Orenbel  fauft  biefcn  um  brei§ig  ®oIb= 
Pfennige,  meiere  it)m  SOlaria  burc^  ben 
(Sngel  ©abriet  gefenbet  ^at,  jicf)t  in  bem 
SRocf  jum  belügen  ®rabe,  befte()t  für  bie 
fc^öne  Ißreibe  Piele  unb  ungebeure  Äämpfe 
gegen  bie  J^eibenf^aft  unb  ücrmä^It  fid^ 
mit  93reibe,  boc^  fo,  ia'B  nacf)  @cbei§ 
eincö  (Sngclg  immer  ein  ®^mert  jrtiifd^en 
ibnen  liegt,  ©ein  D^ame  ifi  ber  graue 
JRod.  SWad^  Dielen  feltfamen  3;baten  unb 
SBunbcrn  entfc^t  er  feinen  SBatcr  ju  Srier 
»on    bet    Belagerung    eine^    ^eibnifd^en 


^eereö,  tauft  bie  ^»eiben,  bie  fidt)  i^m 
untetmorfen  baben  unb  lä^t  ben  grauen  ifiocf 
auf  ben  «cfe^l  eine^  öngel«  Ijin  ju  Iriet 
jurürf.  SRocf)  befreit  er  bäö  in  bie  Oemalt 
ber  .Reiben  gefallene  l)eiligc  ®rab,  in  beffen 
S)ienfte  er  mit  feiner  ®attin  lebt,  bi^  bie 
Sngel  ibre  Seelen  l)infüt)ren. 

Drgcl,  fie^e  mufif  alifdje  3n  = 
fttumcnte. 

Drt  ift  fc^on  bei  ben  l)öfifc^en  I)id)tetn 
ber  inerte  leit  »on  !)Dk§,  ®cmid[)t  unb 
SWünje,  fpäter  befonberö  ber  »iertc  leil 
eineä  ©ulbenö:  ein  Drt^gulben  =  14 
Äreu.^er,  ein  Drtötbaler  =  '/^  Il)lr.  35er 
gemöl)nlic^cn  iöetnuitung,  Ort  in  biefer 
*-8ebeutung  fei  onö  quart  entjlanben, 
niiberfprid)t  öerer  im  mt)b.  SBörterbud^, 
inbem  er  bemcrft,  i>a^  bicfe  Söcbeutung 
»on  Drt  »ielmebr  »on  ben  »ierccfigen, 
burd)  ein  Äreuj  in  »ier  Orte  geteilte 
SWüujcn  au'^gcgangen  unb  erj^  bann  auf 
ü}ta§  unb  ®en.n($t  übertragen  morben  fei. 

Ortsnamen.  Unjmeifeltjaft  gehören  bie 
Drt^=  wie  bie  13erfonennamen  unter  bie 
*Hltertümer;  fte  i'ebod)  in  il)rer  gefd)i(^t« 
li(^en  ©ntmicflung  barjufleKen,  ifi'  bi^  je^t 
faum  möglii^;  für  einzelne  ©egenben  ifl 
e^  gefc^eben,  namentlicb  für  '|)effen  in 
bem  Sffierfe  »on  SB.  *ilrnolb,  «Jlnficbcl« 
ungen  unb  Sßanbcrungenbeutfc^er  Stämme, 
jumeip  nacb  beffifcbf"  Crtönamen,  ÜJiar- 
burg  1875.  Sffiir  befd)ränfcn  unö  ^ier 
auf  eine  iiberfid)t  beöjenigen  SDtatcriali!', 
hai  ber  gelcbrtefte  beutfc^c  iRamenforfd)er, 
©ruft  görftemann,  in  feinem  33iid)e,  bie 
beutfd)en  Ortsnamen,  Ütorbbaufen, 
1863,  jufammengeftetlt  bat,  ivobci  wir 
fcltene  unb  blo^  lanbfc^aftlicf)  »orfommenbe 
3?amen  unb  9'iamengruppen  übcrgel;en 
unb  im  cinjelnen  neuere  g^oi^Wungen  unb 
iJlnfi^ten  ju  SRate  jicben.  5luf  ÜJJaterial 
ju  praftifdien  Ort^eti)mologien  i|!  c^  ^iet 
natürlich  nicbt  abgefeben;  baju  gebort 
in  jebem  einjelnen  gaüe  bie  .^enntnig 
ber  älteftcn  SBortform  unb  fcbr  oft  bie 
Äenntniö  »on  ber  Sefonberl)cit  beö  ßofalö, 
an  bem  ber  Siamc  Ijaftet;  baber  aud)  bie 
Drt^namenforfd)ung  il)rem  üffiefen  nac^ 
lofaler  ©runblagc  bebarf. 

Drtänamen  fmb  iRamcn  örtlid)er  3«« 
bi»ibuen,  biefclben  mögen  blo«  ber  Statur 
angeboren  ober  crft  burct)  ben  *Jlnbau  öec 
SDtenfcben  ju  5nbi»ibuen  geworben  fein. 
Urfprünglid)  jinb  eö  ©emeinnamen,  bereit 
Übergang  ju  Eigennamen  fprac^lic^  be« 
fonbcr^  burd^  Aufgaben  be^  ©efc^lec^te^ 
unb  abwerfen  beö  ^trtifel«  gefd)ie^t. 
^ötjiemann  unterfdfjeibet : 


638 


Ortsnamen. 


A.  SJlatütlic^e  Drtli(^f eit en. 

I.  ?taffe«  eicment. 

^ai  ©runbwott  SB  äff  er  ifi  nur 
feiten  qU  Ortsname  »emanbt,  pufiger 
@ee,  a^t>.  wäc,  bewegtet  SBaffet  in  5Iu§, 
©ce  unb  Tltix,  aitt.  aha,  got.  ahva, 
»emanbt  mit  lat,  aqna,  oft  ju  ach 
ober  aa  gef(^tt)äd^t ;  eine  Silbung  biefeö 
aha  ift  ouwa,  owa,  awa,  bejfen  utfptüng« 
tid^e  93ebeutung  ^\a^  mti)i  unb  me^r 
in  Sebeutung  einc^  betuäfferten  2ßiefens 
^tunbe^  njeic^t,  nf)b.  ^uc,  jum  felben 
ffiortfiamm  redinet  man  brittenö  aud)  ben 
^lu^namcn  affa,  bcr  nac^  5trnoIb  bem 
aha  an  3fit  Dorau^gc£)t;  er  ifi  befonberö 
in  Reffen  unb  Sßeftfalen  cerbrcitet.  .^äufig 
itfAeint  ber  D^iame  Seifen,  «Siefen  ober 
6iepen  als  ©ebirgebac^ ;  feltener  jtnb  ai)t. 
giozo  unb  mf)b.  vliez  unb  vloz,  biefe 
Untere  ju  al)b.  fliegen;  ber  gemeinde 
IRame  beä  fliefenben  SBaffer^  aber  ift 
fßaä);  älter  aU  biefeä,  aber  in  3)eutfc^= 
lanb  feiten,  ifi  alb  unb  alf,  f(i)tt)ebifd^  elf. 
iDen  Scgriff  ber  Duelle  au^jubrüden 
bienen  tie  IRamen  af)b.  sprinc  unb 
prunno;  bie  ÜJfünbung  rt>irb  bejeic^net 
burc^  al)b.  mund,  Stromfc^neflen  unb 
SGßirbel  burd)  a\)t.  hlouf,  n^b.  ßauf,  eine 
Krümmung  burd^  af)b.  biugo  unb  bogo, 
n^b.  93euge  unb  Sogen;  a\)t>.  fart  unb 
fürt  ftnb  Dramen  für  J^'^iübergänge, 
bcibe  üon  faran,  fahren,  abgeleitet. 
Ufernamen  geben  a^i.  urfar,  ml)b. 
nover  (Ufer)  unb  af)b.  stad  t=  ©eflabe, 
b.  ().  ©teile,  njo  bie  @ct)iffe  nac^  ber 
$a\)xt  jieben  bleiben,  lanben,  af)i>.  stadön. 
2)er  üerbteitetfie  ^nfsln^me  ifi  a\)t. 
warid,  nl)b.  Wert!)  unb  mörtf),  Äaiferä* 
n>ert^  unb  iJonaumörtl). 

n.  Srocfcncö  ©lement. 

Daei  gemeinde  ilöort  für  Sobencr^ 
^ö^ung  ifi  Serg,  mel(^eö  in  alten  0?amen 
oft  mit  bem  ett)mologifct)  oermanbten  33  u  r  g 
iüec^fclt;  ocrmanbt  finb  ferner  al)b.  unb 
m^b.  houc  unb  fein  2)eminutiD  ^ügel, 
iai  aber  erfi  Jut^er  in  bie  ®c^riftfpra(i)e 
einfübtte;  blo«  eine  »on  biefem  ^ügel 
oerdnberte  jjorm  mag  ba^  2Bort  ^übel 
fein,  al)b.  hnbil;  üiel  verbreitet  iji  in 
€übbeutfd)lanb  buhil,  Sü^el,  eine  25 er» 
fleinerungeform  be^  cbenfaüä  porfommen- 
ben  buc.  2Beit  terbreitet,  al*  Slppcüatio 
aber  längfi  perfc^oHen,  iji  ber  ^ügelname 
a^b.  hleo,  ml)b.  le,  iai  fxä)  lautlich 
gern  mit  lehen  =  ?e^ngut  oermengt. 
aj?el)r  in  9'Jicberbeutf(f)lanb  ju  |)aufe  ftnb 
bie  ju  werfen  gehörigen  ^Übungen 
Warp,    "Wnrp,   Warf,    Wurf.   Werf  unb 


Werfen,  ii  finb  auf geroorf ene  iöoben« 
erbebungen,  auc^  ®eric^t«fldttcn ,  ja  ®t' 
rid)t0oerfammlungen  bamit  gemeint.  2)on 
ben  beiben  Sergnamen  Jg)aupt  unb  Äop  f 
ifi  jene^  in  dlterm,  bicfer  in  jüngerm 
®ebrauc6.  2>em  Segriff  bed  Qtbbang^ 
bienen  af)b.  hlita,  m^b.  lite,  fpäter 
auct)  leit,  leite,  leiten,  leute,  leuten  unb 
bgl.,  bann  af)b.  hang,  halda  unb 
rein,  n^b.  oft  SR ain  gef^ rieben.  511t  unb 
verbreitet  ifi  al^  Ulamt  einer  SBafferfc^eibe 
ab1>.  Sceit,  ©cfteib,  «Sd^eibe,  @(^eibt. 
S)en  %ü\tn  unb  flippen  bienen  bie  iJ^amen 
ai)>>.  stein,  feiten  f eis,  neuern  I)atum^ 
k  11  p  p  e  ,  bann  s  a  h  s  unb  s  t  o  u  f ,  mie 
in  ^öt)enfiaufen.  2>cm  Segriffe  beö  J^ale* 
bient  in  erfier  8inie  biefe^  SBort  ahi. 
tal  felber,  ba«  feit  bem  8.  ^a^t^unbert 
äiemlic^  perbreitet  ifi-,  fobann  grund  unb 
fall.  Überaus  reicf)  »ertreten  ftnb  in 
ben  Ortsnamen,  ber  Qlnfieblung  ber 
S)eutf^en  in  ben  SBälbern  gema|,  bie 
Qluäbrücfe  »on  2B  a  1  b  unb  Suf(f). 
*Mu§er  bem  2ßottc  ÜBalb,  ai)\>.  wald, 
\)at  man  holz,  v  i  t  u  ,  befonberä  in 
allen  ©aunamen  auf  —  wide  »ertreten, 
marca,  forst,  hurst  ober  hörst, 
hard,  hac,  n^b.  ^ag,  meld&eö  anföng* 
lic^  ben  ÜBalb,  erfi.  fpäter  iai  fc^ü^enbc 
Sufd^merf,  Sinf)egung  bebeutet  ^ben  foff; 
at)b.  hagan,  n^b.  ^agen  ifi  eine  »iel« 
gebraucf)te  ?lbleitung  baoon;  ju  berfelben 
Segripgruppe  jä^lt  a^b.  bnsc,  Sufcfe, 
©^ad^en,  8ot),  m^b.  ber  unb  baö  loch ; 
aU  Drtänamc  in  ä^nlidbem  Sinne  werben 
a\xä)  einjelne  fßflan^ennamen  »ermenbet: 
bie  allgemeinen  Saum  unb  tai  ältere 
tar,  bann  Sic^e,  Sud^e,  Sirfe, 
Janne,  ^id^tc,  ^Ipfclbaum, 
ai)t).  apholtra  unb  bgl.  3)em  freien 
5elbe  gebort  al^  baä  ^äufigfic,  f'd^on  im 
5.  3a^rl).  überlieferte  2Bort  ^^Ib  an, 
bann  |)  e  i  b  e  ,  af^t.  heida;  wang,  tai 
blöd  im  ©üben,  unb  gast,  geest, 
tai  blog  im  Jlorben  S)eutfd^lanbä  jU 
J^aufeift;  at)b.  ebanot,  Sbnct;  Soben; 
aud^  ®au,  at)b.  gawi,  fd^eint  in  feiner 
ältefien  Sebcutung  baj)in  ju  get)örcn. 
jDem  Segriff  ber  2Bicfe  gehören  au§er 
bem  genannten  Söorte  felber  an:  a|b. 
weida,  SIBeibe;  angar,  21ngcr.  3"  ^f" 
©umpfnamen,  beren  ^üüe  mic  beim  2Balb 
auf  eine  ältere  SobenEulturfiufe  ^inmeifi, 
gepren  ai>t.  bruoch,  nlib.  Srud^,  mos, 
nl)b.  SKooä,  momit  fidfe  al)b.  muor,  nbb. 
ÜJJ  0  0  r ,  aber  bloä  tiinftdjtlic^  bed  loned, 
berührt,  mäbrcnb  mar  mit  bem  le^tern 
mirflid)  »ermanbt  ifi;  abb.  fenni,  mbb. 


Drtänamen. 


539 


ven;  phuol,  unfer  $fut)I;  lacha,  n^b. 
aaä)t.  iMnbere  SRamen  bejcid^ncn  rae^r 
bie  horizontale  $Jorm  timi  ßanbPnc^c«, 
ba^  ^inetnfpringcn  bed  SBalbeä  in«  J^elb 
ober  beö  ^clbcä  in  bcn  2öalb,  bcö  Serge« 
in  bie  ®bene  ober  umgcfe^rt;  ba^in  ge>- 
Prcn  ai)t>.  baö  ort  =  Scfe,  ÜBinfel, 
@pi^e;  bann  af)b.  ekka,  (Scfc,  winkil, 
Sipfel,  ®ef)ren  =  feilförmigeä  1JcCer= 
'jiücf;  aud^  ^orn,  Sterj,  ®d)h)anj, 
3aget,  3w"9f  werben  bcrart  uerwenbet. 

B.  5lugbrücfe,  »etd^e  ein 
•SBirfen  bei  il)'lenfd)en^anb  be  = 
zeugen. 

3um  ©raticn,  n?oju  man  iai  (SBnen 
iti  53oben«  ju  irgenb  einem  3^f<ff 
■red^nen  fann,  get)ören  bie  Sfiamen  iSJeg, 
feit  bem8. 3of)ibunbertt)ejeugt,  at)b.  steic, 
voel^eä  fic^  feit  alter  ^t\t  in  Steig, 
Stieg  unb  Steg  fpaltet.  SBafferttjegc 
finb  ®  r  a  b  e  n  ,  nieberbeutfd^  Gracht, 
al)t}.  Sil  ==  ÄannI;  niät)rcnb  baä  nieber» 
beutfd)e  D  e  i  (^  bie  ®rbauff(I)üttung  be» 
jeid^net,  ifi  tai  I)od^beutfcfce  Ztiä)  eine 
mit  ffiaffer  gefüllte  ®rbauöplung;  iRieber« 
lanb  unb  gricölanb  bejt^cn  mehrere  lanb» 
fd)aftlict)e  9tamen  für  citjnlic^e  Segriffc. 
iHuf  baö  Schlagen  ober  iRiebcrbrennen 
beö  SBalbeä  unb  '!>a^  ^uögrabcn  ber 
HBuräcIn,  nieberbeutf«^  roden,  bo($beutf(f) 
reuten,  bejiebt  ftcfe  nicberbcutfd)  rode 
unb  r  a  d  e ,  oberbeutfc^  r  i  n  t  i ,  aud^ 
slat,slac,  swand  unb  swend, 
b  r  a  n  d  unb  b  r  u  n  s  t. 

I)urcf)  ädern  unb  pflanjen  ergeben 
ftc^  juerft  bie  Flamen  bracha,  SÖreite, 
ml^b,  ber  esch  =  Drt^flur,  ©aatfclb; 
^um  ©inbegen  unb  Umädunen  gef)ören 
namentlid)  ml)b.  vride  =  3''""'  ®ebege; 
a^b.  mura,  *IJJauer;  hova;  ai)i>.  sweiga, 
bairifi^  @*maig  =  3?iet)f)of;  a^t). 
igarto,  beffen  ältere  Sebeutung  ebenfaUö 
Umjöunung  iji.  I)er  böberen  linb  ju^ 
fammcngefe^teren  Sbätigfeit  beä  9Wenfd)en, 
rt)oburd)  er  ftd)  unb  feinem  ßigcntum  ju^ 
«rfi  ein  Dbbacfe  fcbajft,  gel)ören  an  ein 
ali  *}]p)jenatto  früf)  t>erfd)munbeneö  a^\i. 
lär,  hai  bie  Scbeutung  Statte,  ?Jieber= 
laffung  im  aflgemeinen  gehabt  f)abcn  mag; 
a\)t).  hüs,  biä  jum  Jobic  HOO  in  nal^eju 
1000  Ortsnamen  nact)ge»iefen;  a^b.  bür 
ju  büwan,  bauen,  b.  i.  mo^nen  mit  ben 
llefon^eren  {formen  bura,  bnri,  burin, 
bnren,  beuern  u.  bgl,  sal  unb  salida, 
mbb.  sal  unb  selde  =:  üßolinung;  halla 
unb  wil,  über  'mdä)  le^tereö  SBort  ge» 
firitten  wirb,  ob  c«  t^on  lat.  villa  ab« 
geleitet    ober    ein    felbfianbigcr   mit  villa 


blod  oerroanbtcr  beutfc^er  iJiame  fei;  al)t>. 
zimbar  mirb  fpäter  in  Ottänamen 
3immern;  stal  in  ber  Q3ebeutung  oon 
Stelle,  Stdtte.  Unter  ben  Ortsnamen, 
bie  t>on  gotte«bienfHi(f)cn,  meift  mit  latei= 
nif(J)en  iJJamen  benannten  ®ebäuben  ^er« 
genommen  finb,  wie  Äird)e,  Äapetle, 
fei  bier  iai  aht.  petapur  =  Sitt^au«, 
ermdbnt.  ^errenl)äufer  baben  bie  Stamen 
bürg  auö  ältefter  3fit'  burgstal  juerft 
im  8.,  unb  schloss,  Paum  oor  bem  14. 
3af)rbunbert  nacbgeroiefen.  3)ad  a^t.  tarn 
ip  im  U.  2a^rbunbert  juerfl  erwähnt, 
früher  bagegen  warta  =  Ort  jum  3lu«s 
fd)auen.  3""^  3;eit  fe{)r  alt  fmb  tit 
Qlu^brücfe  für  bie  Scheune,  chasto 
unb  scura,  nf)b.  Scheuer. 

JJamcn  für  §iäufergruppen,  gemeinfam 
be'(t»ol)nte  aneinanbergerüdte  SD3of)nfl(itten 
finb  a{)b.  beim,  got.  haims,  üon  grie= 
(^ifd)en  Sd)riftficÜern  fcbon  im  1.  5abr= 
^unbert  n.  ^\)X.  ermähnt  unb  au§erorbent« 
lic^  ferbreitet;  feine  erfle  ißebeutung  mar 
einfach  t)ai  •§>auä,  mo^in  man  gef)ört. 
*3lbb.  stat,  ba«  t»or  bem  8.  So^i^h^nbert 
fic^  ni($t  finbet,  ^at  bie  allgemeine  Se» 
beutung  »on  Stätte  unb  ifl  fo  menig  aH 
^Iccfen  l)dufig  für  SlfJamen  iiermanbt;  au« 
bem  7.  3abri)unbert  flammen  bie  erfien 
3eugniffe  für  3)orf,  abb.  dorf;  wilari, 
Söeiler  ifi  mifteüat.  villare,  mclcbe«  eine 
^Ibjeftiübilbung  ju  villa  ift;  nur  oermanbt 
bagegen  mit  lat.  vicns  ift  af)b.  wich, 
altfäd)ftfcf)  wik,  tai  j.  58.  in  Sraunfd^meig 
ftedt. 

3?aä  Qiil  be«  ®raben«,  *pftanäenä,  ©in« 
^egcn«  unb  Sauen«  ift  enblid^  ber  33eft^; 
ba^in  jäljlen  Flamen  roie  huoba,  i»ufe 
unb  ^ube,  5lbleitungen  ocn  sitzen:  saza, 
säss,  sitz,  sedal;  eigan,  arbi,6rbe; 
abb.  piunt,  je^t  paint,  point,  peunt, 
band,  ba«  bur^  einen  ^aun  oon  ber  ge= 
meinen  üTtarf  lo«gebunbene,  bie  |»of« 
fiatt.  3)a«  Sebürfni«  nad)  weiterer 
Sdböpfung  uon  Ortsnamen  bat  bem  ®eifie 
ber  beutfd)en  Sprache  gemdg  liier  wie  in 
bcn  ^erfonennamen  ju  jatillofen  jufam« 
mengefe^ten  Ortsnamen  gefübrt,  mo« 
bei  in  erfier  8inie  bie  ©runbmörter  felber 
juglei^  al«  Sefiimmungömörter  oermenbet 
mürben :  iZßafferburg,  33ad)^eim,  Saufborf, 
2Berbl)eim,  ^albewandb,  Spi^bergen,  Stau« 
fencd,  ^agenrieb,  Srübl^of,  iörud)badb, 
ffiegefurt,  'Baüburg,  Sradifelb,  3aun^of, 
^offirdben,  S^Weiglcben,  3'ni"ifi^^fi9' 
Surgfelb,  sJBartfiein,  .^cimbronn,  Sebelbof ; 
bei  500  ®runbmörtern  ergäbe  biefe  5trt 
ber    Ortönamengebung    eine    ^abi    oon 


540 


Crtönnmen. 


25000  möglicbcn  iBilbunoicn.  SJaju  toms 
men  aber  nod)  febr  fiele  Silliungen  burcf) 
iBefiimtnurtciötttcirter  onberer  *}lrt ,  »rie 
3aI)Ien  (öinftebcln.  3>üf'^i^ücfen,  ^ün\= 
fircben),  ^arb  en  (2ßei|enburg,  ®ä)tvaxi' 
malb),  tind)  5lttribute  bcr  ©röfe 
(SWicbilinftat,  ßujiluuburcb),  bcv  ^  ö  ^  e 
(Jiefenbac^,  Ufhova ,  Niderhnsun),  ber 
Witte  (SRittilibrunnen,  3tt)i['i)fnberg),  bet 
33reite,  ßänge,  Sffieite  u.  bgl.,  ber 
irocfenbcit  unb  ?t  ci  f  f  e ,  (Reinheit 
unb  Jrübe  bcr  (Settiäffcr,  ber  Särmc 
unb  Äalte,  be«  *}(ltf,  S^eus  unb  ^ung^ 
feinö,  ber  ^immelsg  egenben;  fobann 
bie  9Ja(f)barfdiaft  beftimmter  $5Iüffe,  nao- 
na*  ®aue,  Drtli^feiten  unb  Sölfer  bc» 
nannt  »erben;  feltener  ftnb  5!}f  ineralicn, 
teidbbaltiger  vertreten  t<ai  *p  f  I  a  n  5  e  n  - 
r  e  i  d^  ,  SBnIbbäume,  |)ofeI  unb  ^orn, 
©etreibe,  ®ra«i,  bic  Tierwelt,  ^auötiere 
fottjobi  als  tt)ilbe  Siere,  23ögel. 

Unenblicf)  bäupg  finb  eö  cnbüi^  $  e  r « 
foncnnamen,  »cld^e  ben  Ortögrunb= 
namen  nä^er  befiimnien  l>tlittt  ;  ha  nun 
bie  beutfc^en  *13er[onennamen  meifl  felber 
Äompoftta  fmb,  fp  ergiebt  ftct)  aU  JRegcl 
eine  metjrfac^e  Äonipofttion,  wobei  ber 
jlreile  Seil  beö  ^perfonennamcne,  ber  fo^ 
mii  bie  3)]itte  bes  ganjen  breiteiligen 
'Borte«  bilber,  am  meiften  ber  lautlichen 
!8ertt>itjerung  auegefe^t  ij!.  ffieniger  jabl' 
reid)  fmb  biejenigen  5luebrücfe ,  ttielc^e 
eine  beflimmte  5DJenfd)enf(affe,  einen  ®tanb 
ober  ein  ®ett)erbe  benennen,  tt.ne  Ä  ö  n  i  g  , 
^erjog,  ®raf,  ^yron,  !Bif(i)of, 
5lbi  u.  bgl  ;  OReifier,  OJleicr;  »ejüge 
be«  ^  i  r  t  e  n  ji  a  n  b  e  «  ,  ber  Ä  n  c  4  t  - 
f  (f)  a  f  t ,  be«  ^  a  n  b  »  e  r  f  g  ,  be^ 
23  0  I  f  e  ^  (volk,  lint  unb  diet),  33  0  I  f  ö  * 
unb  ©tammnamcn,  une  granf fürt, 
S)üringfelb  ,  ^JJaierbrunnen ;  ®  0  1 1  in 
©öttwcig,  >^err,  ^immet;  abfirafter 
DJatur  ftnb  junger,  9himen  für  Äricg 
unb  (Sieg,  .^ilfe  unb  greif)eU,  ik  *3Utribute 
bes  b  e  i  I  i  g  unb  f  e  l  i  g  unb  hai  Ä  r  c  u  5, 

3u  biefen  Drteinamen,  benen  fiel«!  ein 
'llppeüatip  be«  Crte«  ju  ®runbe  liegt, 
tritt  enblid)  bie  93ilbung  eine«  bloßen 
*Perfonennamens  mit  ber  ©nbung  ingen, 
n?eld)c  bie  |)crfunft,  bie  5lbftammung,  bie 
5lngebbrigfcit  ju  ber  genannten  ^erfon 
auefagt ;  i  n  g  e  n  ifi  aber  ber  S)atiti  ber 
SOiebrjabI  f  on  ber  ©injabi  i  n  g :  ein 
SRa*tomme  ober  ein  blo«  Qingebörigcr 
eine«  Filo,  Tacho,  Gruono,  Chnabi  bie§ 
ein  Filing,  Taching,  Gruoning,  Chnabing; 
eine  IDJebrjabI  berfclben,  @öbnc  ober  Qtn« 
gebörige  bie  Filinge,  Tachinge,  Gruoninge, 


Chnabinge;  ber  Ort,  mr  fie  h)obnten,  ze 
den  Filingen,  Tachirgen,  Gruoningen 
unb  Chnabingen,  ttiorau«  enblid)  bie  toeits 
verbreiteten  Drfenamen  auf  ingen  ents 
ftanben  finb.  Überbnupt  ftnb,  »enigften* 
im  [Mittelalter,  bie  meifien  Ortsnamen 
SDatirie,  »eil  bei  bem  Qlbgang  einet 
fleritiifd)en  Drt^namenbilbung  im  S)eut= 
fdjett  nicbt  anberö  au«äufommen  »ar. 

aSa^  nun  ha^  aOmäblicbe  |)ett)ortreten 
ber  einjelnen  Ortsnamen  betrifft,  fo  ^at 
Q(  r  n  0  I  b  in  bem  oben  genannten  i8ud)e 
eine  eingebenbe  Unterfud)ung  bcr  befftfcbtn 
Ortsnamen  geliefert,  auf  weld}e  er  um  fo 
mebr  ©emicbt  legt,  al«  .peffen  hai  einjtge 
ober  weitaus  fid)etf}e  ®ebict  für  biefe 
Unterfud)ung  fei;  bcnn  nur  biei^  l)ahin 
innerbalb  ber  beglaubigten  ®efd)ic^te  ftet^ 
beutfi^e  Stämme  gemobnt.  2ßir  teilen 
bier  bie  9f{cfultate  biefcr  ^orf^ungen  in 
berjenigen  ^yorm  wöitli^  mit,  »ie  fte  bet« 
felbc  ®elebrtc  in  feinem  93ud)e  ^eutfcbe 
Urjeit,  ®otba  1879,  niebergelegt  bat. 
C£r  fcbreibt  bafelbjl  Seite  211  ff.:  „®ie 
Drte  jerfallen  ibrem  'Jllter  na*  in  brei 
.klaffen,  bie  fid)  teilö  burcb  bie  geogta« 
pbifdbe  Sage,  teilö  burd)  1>a^  relative  5tltet 
ibrcr  Siamen  beftimmen  laffcn,  unb  jwat 
im  allgemeinen  um  fo  fieberer,  al«  bie  ba» 
buri^  gewonnenen  3citräumc  jugleidb  gc« 
nau  ben  in  ber  ®efd)id)te  allgemein  an« 
genommenen  *Perioben  entfpred)en.  Sic 
erjie  Ä  1  a  f  f  e  begreift  bie  fRamen  bet 
Urzeit  biö  jur  Silbung  be^  fränfif^en 
liKeicb«  ober  ben  fränfifd)en  2Banberungcn 
im  fünften  ^Qbi^bunbert.  (So  ftnb  entmebev 
einfädle,  oft  febr  fdiWer  ju  enttätfelnbe 
[Ramen,  ober  Äompoftta  mit  ben  fpäter  in 
ber  ©pracbe  au«geporbenen,  babcr  je|t 
ebenfalls  nidit  mebr  oevftänblid)en  2Borten 
affa  (ÜBaffer),  lar  (Ort,  ©tdtte),  loh 
(2öalb),  mar  (Duelle,  Sumpf),  unb  tar 
('Baum,  Straucb).  Sie  ftnb  meift  ben 
cinfad)jien  ftnnli^en  äöabrnebmungen  ent= 
lebnt  unb  fübren  auf  bie  örtli^e  Sage, 
bie  sBobenbefcbaffenbeit ,  bie  ^^flanjen, 
23äume  ober  liere  jutüd,  mcld)e  ftd)  ju* 
fäüiy  am  Ort  ber  0fieberlaffung  juerft 
fanben.  51lle  bierber  gebörigen  Drte  liegen 
in  offenen  Sbälern  ober  frucbtbaren  (Sbenen, 
mäbrenb  bie  Serge,  menn  c^  fi^  nicbt  etwa 
um  alte  Sßefejiigungen  banbelt,  erft  fpäter 
angebaut  werben.  jDenn  natürlicb  nobm 
man  juerft  ben  befien  Soben  in  «Mnfprud) 
uub  ftieg  er|l,  al«  bie  33efölfetung  bid)tet 
mürbe,  in  bie  f leinen  Seitentbälcr  unb 
bie  \)bi>i'c  gelegenen,  minber  ergiebigen 
®egenben  binauf.    5Dic   j Weite  .klaffe 


Dfiereict  —  ißaliffabcn. 


541 


begreift  bie  9'iamen  bcr  merotiingifdjen 
(Jpoci)c  biö  jur  (Sinfü^rung  beö  6()tijlen= 
tumö  in  |)cffen  unb  Springen,  alfo  bie 
3eit  Dom  fünften  biö  jum  achten  ^a\)Xf 
I)unbert.  ®ie  laffen  fid^  juerP  mit  @id)ers 
^eit  auf  bcn  ot)erfränfif(f)en  SHJanberungen, 
befonbcrä  in  bcn  überr^cinifd)en  ©cbieten, 
»erfolgen  unb  bc5eic^ncn  beutlid^  bcn  in= 
^tt)if(i)en  erfolgten  Übergang  jur  feftcn 
2lnflebelung  unb  »ollen  (5c§"^aftigfeit  baö 
tBoIfö.  (So  ftnb  meifi  3"['>"^ttif"ff^un92n 
mit  ben  jüngeren  ßofaIbcjei(I)nungen  *au, 
ibacf),  »berg,  *born,  «fclb, 
s  f  d)  c  i  b  ,  s  ji  a  1 1 ,  bie  an  bie  ©tefle  ber 
älteren  ©runbmortc  treten,  ober  mitSBorten, 
bie  »on  5lnfang  an  menfcf)Iicf)c  2ßo{)nft^e 
bcjeic^nen ,  mie  -büren,  =borf, 
'Iieim,  '^oufen,  «mig  unb  anbe« 
ren,  ober  fdilieflic^,  unb  jwar  immer 
häufiger,  mit  !|}erfon ennamcn,  meld)e 
auf  bie  (Erbauer  ober  (Eigentümer  ber  Drtc 
gef)cn  unb  bie  t>or  aHem  bie  fejlcre  $Bcr* 
fnüpfung  ber  iMnftebler  mit  bem  in  Se|t^ 
genommenen  ßanb  anbeuten.  2)ic  brtttc 
Älaffc  cnblic^  begreift  bie  Dramen,  n)eT(f)c 
bcr  d)rifili(f)en  3eit  biö  jum  5luffommen 
ber  <Stäbte  ober  bem  neunten  bi^  brei^ 
jcpten  3Ql)tpn^fit  angcprcn,  momit  bie 
®cfd)icf)te  be«  ditern  Qlnbaueö  fd)lieft,  ba 
feit  bem  Qluffommcn  ber  ©tobte  bie  93es 
»ölferung  bitter  jufammenrüdte  unb  »on 
ben  früheren  Orten,  namentlid)  gerabe  bcn 
fpäter  gegrünbeten,  »ielc  mieber  eingingen. 
2)ic  3«it  i'«^  Interregnum^  bübet  ctma 
bie  (Srcnjc,  h?o  bie  SRobungcn  in  ber  biö« 


^crigcn  fficife  aufhörten.  (§,%  fmb  corjugö» 
meife  bie  9iamcn  auf  *^agen,  *robe, 
ffe§,  »bürg,  »feU,  -fiein,  »firc^en, 
»cappcl,  *münficr  unb  «jcll,  meldte 
baf;in  jaulen;  bancben  blieben  natürlid) 
aud)  bie  (Srunbmorte  ber  »origcn  ^Pcriobc 
in  ®ebrauc^,  unb  bie  jungem,  bie  ber 
britten  unb  legten  angepren,  fommcn  nur 
neu  t)inju."  SSgl.  5lbfcf)nitt  X  bei  görjie* 
mann. 

2)ic  ßitteratur  über  bie  Ortsnamen  iji 
fo  rcid)  unb  nacf)  ben  ßanbfc^aften  »erteilt, 
'i^a'^  eine  3uf''^'"fn|i*^"n8  ^^^  engern 
Sammlungen  ^ier  faum  mirb  crmartet 
mcrbcn.  S)agcgcn  feien  nod)  ermaßt  bie 
größeren  2ßerfe  »on  *Pott,  bie  $erfonen« 
unb  g^amiliennamen  unter  ÖSerüctftc^tigung 
ber  Drtänamen,  jmeite  Qluögabe.  ßeipjig 
1859;  ^örfiemann,  altbeutfcbee!  Dramen» 
bud),  Sanb  n.  S)ie  beutfc^en  Drtönomen, 
2.  9tuf[age.  fRorbpufen  1872,  unb  tai 
f)anblic^e  33uc^  »on  Dr.  99  u  cf ,  Dber< 
beutfc^eö  g^Iurnamenbud^,  «Stuttgart  1880. 

Drtnit,  fte^c  ^elbenfage. 

Dftereicr.  5^r  Urfprung  ifi  unjmcifel* 
f)aft  t)cibnif^,  worauf  aud)  bie  gemö^n« 
Ii(^en  färben  berfelben,  rot  unb  gelb,  bie 
Sonnenfarben,  beuten.  Sic  jtnb  bie 
Sinnbilbcr  bc^  neu  beginnenbcn  Statur* 
lebcnä.  ^uä)  ber  ^ai)n,  ber  fie  legt, 
ma^rfd)cinli(i^  aU  Sinnbilb  bcr  ^xni^U 
barfeit,  geprtc  ber  giü^Iingögöttin;  er 
mar  bcn  alten  S>cutfc^en  l)eilig,  fte  a^cn 
ip  nic^t.    2öutt!c,  Qtberglauben,  §  82. 

Dfterfcucr,  ftc^c  55  e  u  c  r. 


?ßaliin<)feftc  Reifen  bcfc^ricbenc  951ättcr, 
bie  man  bur(^  SScrnid^tung  ber  erjten 
Sd)rift  nod)  einmal  jum  Sd)tcibcn  irauä)- 
lax  gemacht  unb  benu^t  ^at.  Sie  maren 
im  Qlltcrtum  fc^r  ^öufig,  mo  man  »on 
$api)ruö  bie  ältere  St^rift  abmufd)  ober 
abfragte,  ba^er  ber  fd)on  bei  bcn  ®riccf)en 
»orfommenbe  SRamc  ßißXiov  naX^ix>riarov, 
V»icbcrabge!ra|tc^  93ud).  Qluc^  Pergament 
mürbe  fd^on  im  Qlltertum  aplid^  »er= 
menbct;  aber  erj!  im  SWittclalter  murbc 
bie  Tilgung-  älterer  *)8ergamcntf(^rift  alö 
eine  befonberc  Äunflfertigfeit  geübt  unb 
in  bebeutcnbcm  Umfange  getrieben;  e^  ftnb 


»erfd)icbenc  SReccptc  unb  Qlnmcifungcn  baju 
erfialten.  3n  bcn  legten  ^äitw  beS  unter* 
ge^cnben  Sömerreid)e(^  unb  ben  junä^ji 
folgenbcn  3a^rl)unbertcn  mürbe  im  Qlbenb; 
ianbe  fc^r  »iel  refcribiert;  bie  meifien  aber 
unb  fap  aüein  mert»ollen  latcinifc^en 
*l5alimpfej^e  flammen  au^  bem  7.  big  9, 
3abrpnbcrt.  aiBattenbadb,  Sc^riftmefcn 
beö  2)Jittelaltcrö.    2lbf*n.  III. 

^Paliffßben,  b.  l).  ^fai^ljäunc  (»on  palis, 
*Pfa^l)  mürben  fd)on  »on  ben  Äcltcn  unb 
(Sermanen  als  Sefefiigungömerfe  benu^t, 
balb  allein,  balb  in  Sßerbinbung  mit 
©räben  unb  Grb=  ober  SteinmäHen.  SJor* 
35 


542 


ÜJaüium  —  ^apitx. 


gefc^obcnc  (^efc^Iof[■ene  *PatiffaJ)en ,  fogc« 
nannte  ^alijtabcnjnjingcr,  fd)etnen  feit  bem 
9.  3al)ri)unbert  in  ©ebraud)  ju  fein. 

Pallium.  @icf)c  ben  5ltt.  geifilicf)eö 
Ornat. 

5PaIme,  Tat.  palma.  ®d)on  im  römifd^cn 
5tltertum  ifi  bie  ^alme  ©innbilb  beö 
©iegc^,  bcr  ^almähjcig  beä  Siegerö  ©^rcn^ 
lo^n.  ©dbon  bie  ^atafomben  feigen  Sf)rifii 
Silb  mit  bcmfelbeu  9crd)mücft.  Srfi  fpdtet 
mürbe  er  au^  ?tttribut  ber  ©ngel  unb 
aller  DWärtprer  mitScjug  auf  qßfolm  92, 13. 

^Pfllntenorbcn,  ficfic  gruc^tbringenbe  ®e= 
feüf^aft. 

^dlinfonntag ,  dominica  palmarum, 
mürbe  in  ber  orientaUfd)en  J?ircf)e  fc^on 
im  4.  3at)rt)unbcrt  gefeiert;  in  ber  occiben= 
talifc^en  ift  23eba  SSenerabiliä,  8.  Ja^r* 
^unbert,  ber  erfte,  t^on  bem  ftcf)  eine  ^rebigt 
auf  bicfen  Sag  erhalten  I)at.  €c^on  früf) 
mürbe  ben  jur  Saufe  »orbereitcten  Äate« 
d^umencn  auf  if)rc  9J?etbung  unb  Sitte  um 
ßulaffung  jum  «Saframent  an  biefem  Sage 
iiai  ibnen  biö  ba^in  oorenttjattene  ©lau^ 
benöbefenntni^,  Symbolnm  fidel ,  mitge^ 
teilt.  'Jtn  bemfelben  Sage  finbet  bie  '^al- 
menmei^e  unb  bie  *|3atmenprojeffion  flatt ; 
die  palmstuden ,  so  an  dem  palmtag  ge- 
segnet, sind  nit  allain  kreftig  für  tüfelsche 
gespenst,  snnder  och  alle  ungewitter, 
donder ,  hagel ,  platzregen  ze  vertriben, 
so  die  angezündt  und  der  roncli  dem 
weiter  entgegen  scWacht.  .^e§ler,  ©abbata, 
I,  105.  23on  <IUtcr3  ^er  mar  man  be« 
mübt,  bie  ^CrOjeffton  mögtii^ft  genau  ber 
in  ben  (Soangetien  berichteten  nadbjuaftmen. 
3n  tin  Älöjtern  unb  Äirc^en  bes  ^litttU 
altera  benübte  man  oft  einen  lebenbigen 
(Sfel,  ber  präct)tig  gefc^müdft,  entmebcr  eine 
*PaIme  mit  ber  !onfcfrierten  ^oftie  ober 
ein  (Soangelienbud)  trug,  ober  man  be= 
gnügte  fid)  mit  einem  auf  fleinen  5iäbern 
laufcnben  t)öljerncn  ^almefel  unb  einer 
barauf  gefegten  ^uppe,  bie  ben  ^errn  bar= 
fieHen  foüte. 

IJJaniÖbrief  bei^t  bie  Urfunbe,  in  metcber 
ber  Äaifer  ober  Sanbeöberr  einem  Älofter 
ober  Stift  befiehlt,  eine  gemiffe  *Perfon 
fortan  ju  ernähren.  ®oid)e  ^frünben 
gab  eö  im  SWittelalter  in  ganj  (juropa; 
fie  leiteten  ftc^  üon  bem  alten  SRcd^tc  melt= 
lid)er  ^rrfc^aften  auf  Unterbalt  in  geifl= 
liefen  'Stiftern  mütirenb  i^rcr  SReifcn  ^er. 
3n  2)eutfci)lanb  »eräitfitete  ber  ^aifcr  erft 
1790  auf  'ia^  9ie(J^t,  '^aniöbriefe  ju  erteilen. 

^aujcr,  panzir,  banzier,  naii)  S)icj 
i'on  pantex  =  Saud),  SBanft,  abftammenb, 
nennt  man  bie  Qluärüflung  beä  Ärieger^. 


Ob  bamit  anfänglich  bloe  bie  örufis  ober 
bie  93au(i)bcbedung  bcjeid^net  morben,  Iä§t 
fxi)  ani  ben  eerfc^icbenen  eingaben  ni4t 
genau  nad)meifen.    (@.  |)arnifd^.) 

^attjcrtrc^er  mürbe  ein  2)oli)  genannt 
Don  circa  40  cm  Sänge;  ^anjcrjied^et  ein 
einfcbneibiger,  fpi^er  @to§bcgen. 

i?a:|)tcr.  iber  Urfprung  biefc«  ©d^reib* 
fioffee  ijl  bunfel.  Sie  Sercitung  öon 
Rapier  ani  Saummollc  foü  bei  (5.f)inefen 
feit  uralter  Qät  übliit  unb  bei  ber  (Jr= 
oberung  »on  ©amarfanb  um  704  ben 
Qlrabcrn  befannt  gemorben  fein,  metcibe  in 
Xiamaöfuä  bie  ^''^'^^^'^tion  Icbbaft  be« 
trieben;  burc^  bie  2lraber  fam  bie  Äunfi 
ju  ben  ©riechen,  meiere  im  10.  3a^r« 
bunbert  auf  Rapier  gefc^rieben  unb  im 
13.  ben  ®ebraud^  be^  pergamenten  über« 
bolt  l)aben  foüen,  3)en  Dramen  be!am 
bcr  neue  ©(i)rcibfioff  »om  altern  SJiilpapicr, 
Charta  unb  papyrus,  auc^  charta  bom- 
bycina.  Urfprünglic^  foü  bie  robe  ©aum» 
moüe  5ur  iJBapierbereitung  »ermenbet  mor* 
ben  fein,  Lumpenpapier  mirb  jucrfi  im 
12.  3a^rbunbert  ermähnt;  ia  in  ben 
öumpen  freier  aut^  oft,  ja  oft  üor£)errs 
fd)enb  linnene  Sumpen  maren,  fo  ner« 
änbertc  fid^  bamit  üon  felber  baä  aJlateriat 
be^  ^ßapierö;  boc^  ijl  möglich,  ta^  fcbon 
bie  alten  5tgl)pter  aucb  fiinnenpapier  be« 
reitetcn.  35on  ben  Arabern  lernten  tit 
Spanier  unb  Stalitn^i^  ^'f  ^apierfabri« 
fation.  Son  93enebig  unb  SWailanb  mürbe 
anfangt  ©übbeutfcfjlanb,  toon  ^ranfreic^ 
unb  Surgunb  ta^  \vt\tliä)i  unb  nörblidie 
S:'eutfcf)lanb  mit  *tJaptcr  iierforgt.  3?ie 
crften  beutfc^en  g-abriten  befanben  ftcb 
jmifcfeen  Söln  unb  SWains,  um  1320  bei 
iUiainj.  3"  SJiürnberg,  rcelc^eö  mit  QSencs 
big  in  Icbtiaftcm  |)anbeUuiertel)r  ftanb,  er« 
rid)tete  Ulman  Stromer  1390  eine  Rapier* 
müble  mit  Senuftung  fon  SBafferfraft, 
moju  er  fxd)  italienifcf)e  Itrbeiter  »erfc^affte. 
3n  Diauenöburg.  mürbe  1407  ein  Papirhüs 
erbaut,  au^  melcfeem  ba«  *^Japier  mit  bem 
Oc^fcnfopf  (berfelbe  mirb  al^  3^*^^"  ^«^ 
beiligen  ßufaö,  bee  ^atronö  ber  90taler= 
gilben,  erflärt)  l)err>orging,  so  man  gar 
gern  in  den  kanzleien  nutzt.  2Bäbrenb 
man  jebo(^  feinere  Rapiere  nod^  lange  nu^ 
Stauen  bejog,  hatte  bie  gro§e  jRaocn^« 
burger  .5>'^"belögefellfd)aft  umgefe^rt  im 
15.  3abrbunbert  ibre  |)äufer  in  Valencia, 
<}Uicante  unb  3^^'^ii905Ci.  ®ine  Sanier 
^abrit  liefe  1470  jur  ^öerooQfommnung 
bcr  IJJapierbereitung  fpanifcfte  Qlrbcitcr  au^ 
©alijien  tommen.  93on  ben  ^Irabern  mürbe 
aud^   bai  2Bort  razmah  =:  Sünbcl,   mit 


*ßarjit)al. 


543 


•■ftem  Rapier  iibernommeit,  fpan.  resma, 
ttol.  risma,  franj.  rame,  engl,  ream,  bcutfc^ 
ries,  riesz  =  20  93u(f)  ju  25  fßogen. 

Da«  ältefie  ficf)cre  ©eifpiet  einer  Ur« 
funbe  auf  Söaumhjoüenpapict  ip  eine  Ur« 
funbc  iii  Äönig«  (Roger  ton  Sicilien  t>om 
3a^t  1102,  baö  ältcftc  bcfannte  faifer= 
lic&c  ©d^rciben  auf  biefem  ©toffe  ifi  Don 
^riebrid^  II.  1228  a\xi  »arletta  an  ein 
S^onnenflojler  in  ©tciermarf  t3erid)tet  unb 
no(f)  in  aBicn  tiorf)anben;  boci)  »erbot 
berfclbe  Äaifer  1231  bic  ^Inwenbung  beö 
Rapier«!  ju  Urfunbcn,  rocil  e^ei  ju  t>er= 
gänglic^  fei.  5talienif(ie  D^otarc  mußten 
nodfe  in  fpäterer  3^*^  ^"  ibrem  *}lmt«5 
Antritte  ferfpred)en,  fein  Rapier  ju  Ux- 
funbcn  ju  üerro'enben;  boc^  gebrauchte  man 
ii  JU  *ßrotofotIs,  .Ronjeptbii(^ern,  9Jegiftern 
u.  bgl.  SIBattenbacfe,  ©cbriftroefcn  im 
SDIittetalter. 

^Parjitial  ifi  ber  ^etb  beö  großen 
t)öfif(^cn  Oiitterepoö  pon  SBoIfram  »on 
<5fdbcnba(i),  tai  nad)  it)m  felber  'IJarji* 
»al  bei§t  unb  jmifcfecn  1200-1207 
entjlanben  ifi.  2)ie  ©eftalt  be«  iparjioal 
gebort  ber  ®ralfage  an;  hoi)  haben  f(^on 
bie  franjöfifd)cn  Ducüen  beä  beutf(^en 
®ebi(J)teö  3üge  ber  2lrtuöfage  bamit  üer= 
flod^ten.  2)er  ©etialt  beä  *Pariir>aI=®ebicbteä 
ifi  ein  n)efentli(^  ctt)ifcber;  „^arjiöal  ifi 
iai  <Sl)mbot  beei  ÜWenfdben,  ber  (Sott  fucbt, 
aber  in  Jrrtum  unb  auf  Slbmcgc  gerät, 
»on  ©Ott  fi^  entfernt,  ber  an  ©ott  in 
bem  ®Iauben  irre  wirb  unb  jur  23erjrocif= 
lung  gelangt.  'Jlbcr  üor  ber  SBerjWeiflung 
finbet  er  ©enefung,  bic  5Reue  ern,iad)t,  er 
beftegt  ben  eigenen  Jroh  unb  ^oi^mut, 
er  mirb  bemütig,  unb  nun  erfi  ifi  er  Dod« 
fommen  mürbig,  tai  geifilid^e  .Königtum 
ju  erlangen,  (jr  batte  e^  gefunben,  ot)ne 
e^  ju  fudben,  in  ber|»erjen^einfaU  unbSRein= 
feeit  ber  ^ugenb,  aber  eben  in  biefer  (Sin» 
falt  ben  Seft^  be^  bödf)ftcn  ©utc«  oer« 
fdberjt.  2)00  reine  ®emüt  ber  Jugenb  be* 
fä^igt  i^n  jum  ^öcftfien  Seft^e;  bat)er 
»ermag  ®awein,  ber  biefe  .^er^enäreinbeit 
nid^t  t)at,  wenn  er  auc^  in  meltlic^cm 
Sinne  al§  ein  ^ttal  be«  JRittertumö  be= 
jeid^net  rcerben  tann,  ben  ®ral  ni(^t  ju 
erringen,  bie  ®ralburg  nicbt  aufjufinben. 
^ber  erfi  menn  ber  OJlenfi)  burd)  t>ai 
iJcuer  beö  ßcib^,  burc^  innere  Irübfal, 
burcb  bic  Stacbt  beö  ßtt'ciffl^  fjinburc^ge» 
gangen  ifi,  gelangt  er  nac^  öefiegung  be« 
3tt)eifel«  in  ben  bauernben  Seft^.  Sünbig 
Wie  er  ifi,  mu§  er  in  .^oc^mut,  in  Ser^ 
ättjeiflung  an  ®ott  unb  an  fict)  fclbfi 
faflen;  aber  gereinigt  gebt   er  au«  biefen 


kämpfen  i)txx>ox  jum  erfe^nten  Äönigtum." 
SBartfdb,  Sinlcit.  2)ic  »Jlufgabe,  einen 
etf)ifd^en  3n^alt  oon  fo  umfaffenbem  ®e» 
balt  in  bie  ^orm  romantifc^  =  böfifc^et 
iRittcraoentüren  ju  gießen,  »ar  febr 
fd)rt)ierig,  unb  f(^on  SBolfram^  3eitge= 
noffen  laben  baber  bie  bunfle  SBeiäbeit 
getabelt,  ja  »ert)öf)nt.  9tad)bcm  über  bie 
®ebeutung  ber  ®ratfage  fc^on  im  Qtrt. 
®ral  gefprocben  morbcn,  gilt  eö  bier  nur 
eine  furje  S)arficüung  ber  .^anblung  bed 
beutfd)en  ®cbi(f)te3  ju  geben : 

*ParjiDat,  mbb.  Parziväl,  altfran?. 
Perceval,  brctonifdb  Peredur  (IJJarftfal  ifi 
ortbograpf)ifd)e  2!BiQfüt)r)  ifi  ber  @obn 
®  a  m  u  r  e  t «  au«  bem  f öniglic^en  ©efcfctecfete 
r>on  ülnjou  unb  ber  au^bem^önigäfiamme 
ber  ®ral«t)üter  entfproffenen  ^erjeloibe. 
yiai)  iii  *ßater§  frübem  Sobe  roirb  er 
oon  ber  bcforgten  5Jtutter,  fern  Don  ber 
Sßelt,  in  ber  (Sinöbe  ©oltane  erlogen, 
bamit  ibn  ni^t,  wie  e^  bei  feinem  93ater 
gefcf)eben,  ein  frü{)er  lob  im  .^ampf  erreicfce. 
3)a  laufdbt  er  nun  in  finbUcber  Unfdbulb 
bem  ®efang  ber  23ögel.  'i\H  er  jum 
3üngling  bei^angcwai^fen,  jiet)en  brei  ge= 
mappnete  iRitter  tnxi)  ben  2Balb ,  bie  ber 
Jüngling,  in  (Erinnerung  an  ein  Sßort 
ber  SIRutter,  „®ott  fei  Hinter  al«  ber  flare 
lag,"  jebcn  für  ®ott  bält;  er  erfäbrt  aber 
oon  i^nen,  fte  feien  3Ritter,  unb  Qlrtu«  fei 
e«,  ber  SRitterfc^aft  ücrleibc.  ©ofort  cr= 
rva(i)t  ba«  un»iberftel)licf)e  SBerlangen  in 
ibm,  oom  Äönig  5lrtu^  9titterf(i)aft  ^u 
erlangen,  ^''^ax  lägt  iljm  bie  ÜRutter  fiatt 
einer  SRüfiung  eine^  iboren  ©eroanb  an* 
legen,  auä  ©acftud)  unb  Äälberfeü  genäbt, 
unb  fo,  aU  ein  tumper,  jiet)t  er  binau» 
in  bie  SBelt,  bie  'IRutter  fällt  oor  ®ram 
tot  jur  Srbc.  *^Jarjioal  aber  gelangt  nadb 
SRante«  an  ben  .^of  be^  Äönig^  21rtuä,  reo 
er  buri^  feinen  ^tufjug  folcbe«  äuffeben  er« 
regt,  t>a^  eine  ^ürfim,  bie  nod)  niemal« 
gelacht,  burcf)  ilin  jum  erfien  *Muflad)€n 
behjogen  mirb.  5lud)  feine  raube  unb 
ungefüge  Sapferfeit  errregt  2tuffeben.  S>te 
crfie  Zi)at,  bic  er  nun  aueifübtt ,  ift  ber 
Äampf  für  bie  oon  übermütigen  freiem 
bebrängte  Äonbuiramur;  biefelbc  roirb 
feine  ©cmablin,  bod)  laffcn  ibn  ^iimau 
fe^nfuc^t  unb  SBanbcrtrieb  nic^t  lange  bei 
ii)x  rut)en;  er  jicbt  aue,  na*  feiner  'Diutter 
JU  fct)eti.  Qluf  biefer  i^abxt  gelangt  er 
nun,  ohne  ee  ju  abnen,  auf  bie  ©ralä« 
bürg  SlRunfalroäf d)c,  blcnbcnbe 'l?rad)t 
unb  .^errlid)feit  empfängt  ibn  im  öurg« 
faate.  (Sin  Änappe  bringt  eine  blutenöe 
ßanje  berein,  bei  beren*}lnbUd  alle  iammern, 
35* 


544 


(Pafftonol  —  <Patronat. 


Sungfrauen  trogen  Seuc^ter,  jilbctne  ÜWeffer 
«nb  betglcic^tn,  cnbli(^  bie  Äönigin  3t  c* 
panfe  ben  ®ral,  ber  oQe«  SBünfd^bare, 
au*  ©peife  unb  Jranf  in  ^Mt  gibt. 
I>er  aBirt  f^enft  feinem  ®afic  ein  @*»ert; 
ia  abci  fPatjiöal  eingeben!  ber  ße^re  eine« 
alten  JRittetö,  ba^  er  nid)t  aüjuDicI  fragen 
möge,  au*  ^ier  bie  iJroge  na*  ber  Se» 
beutung  biefer  S)inge  unterläßt,  ftnbet 
er  am  nä*jien  SWorgen  iai  ®*Io§  öbc 
unb  »erlaffen  unb  fein  ^Pferb  gefattelt 
auf  bem  ^ofe  fieljen.  Salb  trifft  er  nun 
auf  Qtrtuä,  ber  mit  feiner  9iittcrf*aft  ben 
roten  (Ritter  fu*t,  um  i^n  in  feine  lafel* 
runbc  aufzunehmen,  ^a  fi*  5Parjit)aI  im 
Äampf  mit  5lrtu§'  Olittern  aU  ber  fiärffie 
iemä^rt,  erflären  i^n  balb  alle  aU  ber 
Safelrunbc  ȟrbig;  man  nimmt  it)n  auf, 
aber  mitten  im  $Jeftc  erf*eint  »om  ®rale 
f  ommenb  bie  3ouberin  6.  u  n  b  r  i  c ,  t)er^u*t 
^aräiBal,  meil  er  bie  ^Jrage  ni*t  get^an 
I)abe  unb  erfldrt  bie  Safelrunbe  bur* 
feine  ®cnoffcnf*aft  für  entehrt,  S>arauf 
f*eibet  ^arjiual  aui  ber  Jafelrunbe,  beren 
er  fi*  unmürbig  bünft,  unb  jie^t,  an  ®ott 
»crjmeifelnb,  »on  bannen,  ben  ®ral  ju 
fu*en. 

Über  »ier  ^a})xt  irrt  er  nun,  fern  »on 
®ott  unb  ber  ^eimat,  tro^ig  unb  »er« 
jagt,  jweifclnb  um^er;  tai  @ebi*t 
rerliert  i^n  ganj  au^  ben  5tugen,  um  in 
langer  Qluöfüfirung  bie  |)errli*feit  bti 
wcltli*en  (Rittertum^,  beren  ^elb  ®  am  ein 
ifi,  jU  f*ilbern.  Sta*  Pier  5a^t«n  enbli*, 
on  einem  Äarfreitag,  bejfcn  ^eiligfeit 
er  bur*  2Baffentragen  oerunc^rt  f)at,  meifi 
ein  SRitter  im  grauem  ®e»t)anbe  <parjit)al 
gum  erjienmal  »ieber  auf  ba^  p|ere  S^ü 
feinet  ßebenö  t)in,  inbem  er  iljn  an  bie 
Sreue  ®otte8  maftnt.  ©in  (Einjicbler,  e^ 
i^  fein  eigener  Df)eim  S^rctrijent,  be« 
le^rt  i^n  über  bie  ®e^eimniffe  be^  ®ralö; 
fein  Sruber  5tnfortaö,  ber  ®ralfönig, 
i)abe  einft  au*  ba^  5*Ibgef*rei  2lmur 
»or  fi*  ^ergetragen,  barum  ^abc  er  im 
«Streit  unterliegen  muffen,  fei  mit  jenem 
tergiftcten  Speer  »crmunbet  morben  unb 
baber  fie*,  obglei*  ber  iHnblid  ber  ®ral^ 
fein  ßeben  frifte;  |)eilung  merbe  er  erji 
erlangen,  menn  ein  (Ritter  ouf  bie  @ral« 
bürg  tommc  unb  freimiUig  na*  bem 
Seiben  be^  Äönigö  unb  na*  bem  ®ral 
fragen  mcrbe;  biefem  tnerbe  bann  5tnforta« 
ba«  ©ralfönigtum  übergeben;  er  fclber 
aber,  qSat^inal,  fei  bafür  bejlimmt.  SfJacJ^bcm 
er  nun  no*  jablrei*e  a;f)atcn  »ollfü^rt, 
unb  in  ^clge  bopon  in  bie  lafelrunbe  be« 
Slrtue  oufgenommcn   reorben,   mirb   i^m 


bur*  biefelbe  ®raI^botin,  in  i^n  einjl' 
»erflu*t  fjatte,  feine  SePimmung  jum' 
Äönig  beß  ®ralg  angcJünbigt;  er  jic^t 
auf  bie  SBurg,  t^ut  bie  ^Jragc,  erlöji  feinen 
OI)eim  pon  feinen  (S*merjen,  nimmt  »on 
bem  Königtum  SBeft^  unb  finbet  jule^t 
feine  ®attin  mit  feinen  beiben  (Söhnen. 
Äarbei^  unb  So^erangrin  »ieber;. 
biefer  foÖ  i^m  im  ®ralfönigtum,  jener  in 
ben  meltlt*en  !Rei*en  feineö  Söater^  na*« 
folgen.  —  35ie  neuefie  Qtuögabe  beÄ  *Pars 
jioal  pon  Äarl  Sartf*,  Sffiolfram  Pon 
ef*enba*,  *lJar§iPal  unb  liturel.  3  g3be. 
ßeipjig  1870. 

^afftonal,  fu^e  öegenben. 

^Pflffionöf^Jtek,  ftel^e  Drama. 

^Paftoureße,  ^aftorcttc,  ^eift  in  ber 
propenjaUf*en  öijrif  eine  S)i*tart,  mel_*c 
ben  25i*tcr  in  Serüf)rung  mit  @*äferins 
nen  unb  (S*äfern  jeigt  unb  e^  nament* 
li*  liebt,  @tücfe  Pon  2JoIfäliebern  in  ber 
5lrt  etneö  (Refrain^  anjupngen. 

5m  17.  3<i^i^unbert  tragen  benfelben 
9iamen  na*  italienif*em  SDiufier  obgefa^te 
@*äferfpiele.  SWit  Sluäna^mc  einiget 
It)rif*er  Jeile,  mie  ber  „muftfalif*en  IBors 
bereitung"  ju  51nfang  unb  ber  „mujtEaIif*en 
5tppIicatton"  ju  (5nbc  ftnb  fte  in  5tleyans 
brinern  abgefaßt.  (5«  gab  au*  (Pa|ioreIIen 
in  $rofa  mit  eingelegten  ®efang«jiü(fen 
unb  ganj  gefungene  (pajiorellen. 

^atronot  über  Sirenen.  ©*on  im 
römif*en  SRei*e  maren  ben  Erbauern 
einer  Äir*e  gemiffc  SRe*te  gcp*crt,  S^ren« 
re*te,  ©rmäbnung  be§  JRamen«  im  Äir*ens 
gcbcte,  (Smpfang  mit  2Bci^rau*  beim 
Eintritt,  befonberä  aber  ®influ§  auf  bie 
5ln1ieIIung  bc«  ®ei|}Ii*en.  Qtuf  germa» 
nif*em  Soben  bilbete  jt*  biefe^  9Ser= 
l^ältnid  babur*  weiter  au«,  t>a^  überhaupt 
eine  Äir*c  mit  i^ren  (Rc*ten,  ®ütern, 
©infünften  unb  i^rem  ^erfonal  a\i  ein 
Sßeffl  galt.  Äarl  ber  ®roge  räumte  ba^et 
oI)ne  meitereö  ein,  ha^  ber  freie  2Rann, 
ber  eine  Äir*e  baue,  i>ai  (Re*t  ^abe 
biefelbe  ju  pergeben  unb  ju  perfaufen, 
fobalb  nur  bie  (Jr^altung  beS  ®ebäube« 
unb  be«  Äultu«  barin  geft*crt  bleibe. 
Qlu*  an  ein  Älofter  ober  an  einen 
bif*öfU*en  ©i^  fonnte  eine  Äir*e  in* 
forperieit  «erben,  maö  mic  bei  anbern 
®*cnfungcn  Pon  ©runbbeft^  unter  fpmboä^ 
Iif*en  ^Jormen  gef*a^,  gcmö^nli*  bur* 
©inmicflung  ber  ®*enfung«urfunbe  in 
baä  Qlltartu*  ober  mittelfi  beö  ®IotfenfeiI«. 
5Dem  Seft^er  ber  Äir*e  Panb  in  erfier 
ßinie  iai  (Rc*t  ju,  ben  ®eifili*en  anju* 
fieflen,    eineJBcfugni«,   bie  frü^  mit  ber 


(Pegniöfc^dfer  —  ^Pergament. 


545 


bifc^öflic^en  ®ett)att  in  Äonflitt  geriet 
unb  oft  SttcitigEeitcn  oeranlaftc;  eine 
Slu^funft  voax  u.  a.  bie,  M^  man  ben 
^Patronen  blo§  bie  i^räfentation  geeigneter 
©ubjefte  jufprad^ ,  bem  i8i[($of  aber  bie 
eigentlict)e  (Erteilung  be«  5lnitee  jugleid^ 
mit  ber  Drbination.  3)aä  Ote^t  be^ 
•^Patrons  ging  aber  noc^  njeitcr,  ber  Patron 
machte  *Unfpru(^  auf  iai  (Sinfommen  ber 
Äird)e,  manchmal  ocrlangte  er  fogar  Don 
ben  auf  bem  'illtar  geopferten  ®aben  bie 
|>älfte.  Dbgleic^  bie  ©pnoben  fid)  gegen 
biefeö  ^rinjip  iüet)rten,  blieb  für  ben 
^Jatron  bai  iRccftt  auf  benjenigcn  Seil  be^ 
Äird)eneintommenö  befietien,  ber  nad)  ber 
IBejlreitung  bee  geifilicben  S)ienfte«  übrig 
blieb.  Snfolge  ber  ftdrfern  Betonung 
beä  Äird^enrec^teä  im  11.  unb  12.  ^abi' 
l^unbert  mürbe  paraücl  mit  ben  Streitig* 
feiten  um  bie  Snueftitur  ber  iöifcfcöfe  ben 
Stiftern  tai  (Sigentumöred^t  abgcfproct)en 
unb  bafür  bai  9icd)t  ber  Äirc^e  in  ben 
Sorbergrunb  gejicüt;  bem  ©runbfjerrn 
blieb  nur  cinerfeite  haii  Diec^t  iii  Sc^u^eö 
unb  ber  "üufftc^t  über  tai^  .Rirc^engut, 
•anberfeitä  bie  *l5räfentation  ju  bem  er= 
lebigten  *Mmte. 

5Pegm^f(|)äfct,  [\ti)t  Slumenorben. 

^clj.  '.üue  ben  i^tütn  ein^eimifd)er 
Jiere  nerfertigten  fic^  fc^)on  bie  ©ermanen 
il)re  notbürftige  iöefleibung.  6«  »irb 
<iber  aud^  gemelbet,  ha^  fic  if)re  $elje  auf 
ber  äußern,  raul)en  tocite  mit  föfllid)en 
«Peljfiücfen  gejicrt,  bie  |le  i^rcn  nörbliii)en 
IRad^barnöltern  abgebanbelt.  Sefannt  ift, 
tt)ie  ju  Äarl  beö  ®ro§cn  ^iit  fxi)  bie 
^ofleutc  in  ber  Sefc^affung  töfilicöer  ^elä= 
mäntel  überboten,  unb  jmar  mcrben  al^ 
foI(^c  ÜJJarber«  unb  |)ermelinfellc  genannt. 
Scanbinatifcf)e  unb  ruffrfc^e  ^Jel.^e  get)örten 
balb  ju  (5l)rengefd)enfen,  „beren  2>uft" 
—  mie  5lbam  fon  Srcmen  im  11.  ^ai)X' 
^unbert  flagi  —  „unferer  Sßelt  bae  tob« 
licöe  ®ift  ber  jpoffabrt  unb  (Sitelfeit  ein* 
geflößt  ^at.  Unb  fc^a^cn  jene  norbif(i)en 
2Jölfer  bie  ^iüe  nici)t  ^öbcr  benn  äJMft, 
unb  bamit  ift  un^^  »obl  baä  Urteil  ge= 
fprocf)en,  ta  eben  mir  mit  jeglichen  DJJitteln, 
teerten  ober  unred^ten,  nac{)  einem  fofi* 
baren  SPJarberfleib  rcie  nac^  ber  böcbfien 
(Seligfeit  trachten".  2öof)l  tom  'ilnfang 
be^  1 2.  3at)r6unbertö  an  unterfdjieb  man 
bie  jarten  Sälge  ber  3ifelm*iu^  alä  öunt- 
mert,  tai  %tU  ber  grauen  ©ic^fä^c^en  aU 
©raumerf  unb  eine  ÜJlifd^ung  beiber  aU 
öuntgrau.  ©cfc^ä^t  waren  S'^id,  23iber 
unb  |>ermelin.  2)ie  (JJelämäntel  mürben 
»on  beiben  ©efc^lei^tern  getragen,  unge* 


fct^r  in  knielange,  Don  aJiänncrn  mit, 
Don  grauen  au(^  o^ne  ?trmpü(f,  aber  mit 
Äapuje,  Don  Kriegern  auc^  über  ber 
Srünne.  ^ai  ©efagte  ^at  jebodj  nur 
auf  ixt  i)'6i)txn  Stäube  'Seäug ;  ben  niebern, 
fomie  bem  '3ürgcrfianbe,  mar  iai  fragen 
Don  (Peljen  biä  ju  (Snbe  beö  SWittelalter^ 
gdnjlid)  unterfagt,  mät^renb  ber  iRitter= 
flanb ,  bem  Don  SHeii^ömegen  ebenfall« 
SSorfd)riften  gemad^t  mürben,  in  biefem 
ßufus  ftdt)  nid|it  einfc^ränfen  lie§.  2)er  <Pelj 
roirb  immer  meiter,  fd^lie§t  ftc^  Dorn  unb 
er|^ält  namentlid^  bei  ben  grauen  foldbe 
Sänge,  öaf  jum  fragen  ber  Schleppe  eine 
bienenbc  ^anb  nötig  mürbe,  ^m  15.  3abr= 
bunbert  mirb  ber  *Pelä  mieber  enger  unb 
Derf^minbet  au^  beim  rceibli(^en  ©e» 
fcl)Ied)te  fo,  ba§  au^er  bem  5<^ultcrfragen 
nur  noc^  eine  föftlid)e  *)3eljgarnitur  be« 
Dbcrfleibeö  '^la^  greift.  2luc^  bei  ben 
iDlännern  mitb  er  in  ber  jmeiten  ^älfte 
bee  genannten  3i^r^un^ert*  a^^  «incm 
einfachen  Überrod,  mä^renb  er  im  16, 
5ai)r^unbert  ftdb  mieber  Derlängert  unb 
ermeitert. 

2ßei§,  Äofiümfunbe;  Dergl.  SB  eins 
l)olb,  beutfc^e  grauen,  2tbf^n.  IX. 

tJJentagtamm,  fre^e  5Drubenfup. 

Pergament  loü  feinen  Dramen  folgenbcr 
Gegebenheit  Derbanfen:  21lö  Äönig  6umc= 
neö  n.  in  pergamu«  eine  iSibliot^ef  an* 
legte  unb  fo  alö  9iebenbu|)ler  ber  Q3tole« 
mäer  in  QUejanbrien  auftrat,  oerboten 
biefe  auä  (Jiferfuc^t  bie  51u«fu^r  be« 
$apprus  unb  jmangen  baburc^  bie  ®e- 
letjrten  Don  (pergamuä,  ft^  mieber  bem 
altaftatifd^en  Sd^reibftoff,  ben  Jier^iäuten, 
jujumenben;  J>a  ftdb  infolge  baDon  bie 
Subereitung  ber  le^tern  fe^r  oerbcfferte, 
mürben  fie  feitbcm  als  charta  Pergamena 
bejeicl)net.  Scitbem  blieb  ta^  ^Pergament 
neben  bem  ^appru«  ein  beliebter  Sdireib* 
fioff.  ^m  iDJittelalter  unterfcf)ieb  man 
baä  italienifc^jfpanifd^e  unb  bae  beutfd^= 
franjöftf(^e  ^Pergament;  bei  fenem  finb 
bie  beiben  Seiten  oerfdbieben,  bei  biefem 
meift  gleidf)  bearbeitet.  2)aö  feinfie  ^erga« 
ment  gaben  bie  ^äute  ungeborener  ßämmer; 
ce  if!  fet)r  bünn,  mei§  unb  glatt,  fonnte 
aber  nur  ju  ganj  fleinen  .panbfc^rtften 
biencn;  eä  bei^tfcfion  im  SDiittelalter  3ung= 
fernpergaraent;  tai  gcmöl)nlicf)e  i^ergament 
mar  Don  ber  .paut  bc^  gammele,  ber 
3icge  unb  beö  5?albe^.  2)a^  QJergameni 
mar  ein  .yanbelsartifet ,  mürbe  aber  in 
abgelegenen  ®cgenben,  Älöfiern  unb  bgt. 
oft  rccfct  lö(^erig  unb  rot)  jum  eigenen 
^öebarf  jubereitet.  dUä)  unb  nad)  cntftanb 


546 


!Cerlen  —  *)8enü(fen. 


ein  ©ettetbe  bcr  «Pcrgatnentma^er ,  m^b. 
pergamenter,  berin  enter,  penn  unter,  pir- 
meter,  'bnoclifeller ;  fie  »cttauftcn  i^tc 
SGßoarc  nod)  ©tücfen,  |)äutcn  unb  Ciuas 
leinen. 

©4on  in  alter  3«^^  fäibte  man  tai 
^Pergament  purpurn,  juerfi  nio^I  nur  für 
ben  Umfc^lag  ber  SRoDen  ober  für  ia^ 
am  obern  Otanbc  ber  SRoüe  angebrachte 
Jitelblättc^en.  3m  3.  3a^r^unbeit  aber 
war  f^on  bic  ÜRobe  Ijerrfc^cnb,  ganjsc 
SBcrfe  auf  purpurnem  Pergament  mit 
®oIb  unb  Silber  ju  f(^ieibcn ;  ^ieronpmu« 
unb  fö^rpfoRomu^  eiferten  bagegen;  bie 
mcrfft)ürbigfie  unb  nieüci^t  ältere  biefer 
^anbf<iriften  ifi  ber  Codex  argenteus  ber 
gotif^cn  39ibclübcrfe|ung  ju  Upfala.  33on 
Italien  fam  bicfc  Äunj?  ju  ben  51ngels 
fad)fcn;  aucb  Äarl  ber  ®ro|e  I)atte  eine 
ißorliebe  bafür;  meifi  ttjoren  eö  Söibel» 
t)anbfc^riften,  benen  biefe  St)re  ju  leil 
»urbc,  iflai)  bem  9.  3a,^t^u"^"t  f(f)rieb 
man  bloa  noc^  einzelne  93Idtter  auf  biefe  21rt. 
ffl  atten  ba^ ,  ©d^riftwefen  im  TlxtUU 
alter. 

perlen  »erben  aU  befonber^  tofibarer 
€d)mu(f  neben  6beipeinen  njol)!  fc^on 
fiüi)  im  ÜJlittelalter  eraabnt,  bagegen 
al«  ^alöbünber  unb  gewöbnlic^er  ^ul=, 
|)aubens,  fragen*,  Oirmel*  unb  ^anbf^u^' 
befü^  ber  ^Dornen  erft  eigcntlicfc  im  16. 
3al)r^unbcrt.  2ln  ben  ^öfen  ^ielt  man 
jur  Qlnfertigung  foId)er  iUrbeiten  eigene 
„$erlcnl)efter". 

^eilmutter«  2)ie  Perlmutter  mar  f^on 
ben  fÖlei^ern  tti  früheren  SWittcI altera 
befannt  unb  namcntli^  ju  eingelegten 
*Mrbeiten  unb  Jabletterien  gerne  toerreenbet. 

^Ctrüdcn  maren  fcion  in  SRom  in  ber 
fpdteren  Äaiferjeit  gebräu(^li^;  fie  cer? 
fd)n)inben  jebod^  —  menigjien«  im  2tbcnb  = 
ianbe  —  com  ©cfeaupla^c,  bi^  fie  im 
15.  3fl^t^""^f^t  o'"  burgunbifc^cn  Jpofe 
auftauchen.  I)a«  Sefireben,  lange  ^aare 
ju  tragen  unb  biefe  burc^  Sffiictcl,  ©rennen 
unb  ©inÖlen  jierlicb  ju  träufeln,  liefe  bie= 
jenigen,  benen  bie  iRatur  ben  jiarfen  ^aars 
rvüäfi  Dcrfagt  ^atte,  auf  ben  ©ebonfen 
fommen,  bai  ^t\)Uni)t  fünfilicb  ju  erfegen. 
i£o  nat)men  fic  ju  bem  „falfc^en  ^aare" 
3uflucJ)t.  J)er  3iamc  „$errücfc",  frj. 
perruque,  engl,  periwig,  finbet  ftc^  jucrfi 
bei  Sßrantöme  um  1570.  Ulm  belicbtefien 
»raren  bic  blonben  *Perrücfen,  rcie  benn 
übertiaupt  bic  blonben  Jlcc^ten  für  bie 
fchönflcn  galten ,  meiere  2lnnaf)me  r>on 
ben  Pcnejianifchcn  flauen  ausgegangen  fein 
feil  unb  für  lange  3cit  im  ganjcn  21bcnt= 


Ianbe  unangefochten  blieb.  2)ic  ^aaic 
mürben  bo^er  nötigenfatlö  gefärbt  un^ 
gebeijt.  51ber  au^  bie  ÜJlänner  fugten 
f\ä)  auf  ähnliche  SGBeife  ju  fd)mü(fen.  Tla^' 
einem  Sriefc  bce  italienifcften  Richtet* 
SDJariano  trugen  um  1615  in  ^axii  auc^ 
bie  SlRänner  „auf  bem  ^opfc  einen  falfc^en, 
au«  .^aare  nachgemachten  Äopf"  unb  balb 
mar  auch  ber  fc^önftc  natürliche  ^aars 
much«  nicht  mehr  gut  genug;  bie  (Perrücfc 
mar  jur  ÜJJobefache  unb  fo  für  bic  Seute 
Don  ®tanb  jum  ©ebürfni*  gcmorbcn,  ba§; 
um  bie  3Witte  ber  fünfj^igcr  ^ahxi  ba# 
^actotum  feiner  ^tit,  ßubmig  XIV.,  nid)t 
nur  felbft  jur  *Perrücfc  griff,  fonbern  aud^ 
glei^jeitig  48  ^ofperrücfenmacher  ernannte 
unb  für  *Cari«  unb  bie  ißorfiäbtc  eine 
eigene  Äörperfchaft  oon  200  Perrnquiers 
ernannte,  »on  melcher  bie  burc^  beSÄönigö 
Seib  s  perrnquier  SBinette  um  1670  er* 
funbene  „binette  (grand  in-folio)"  ge« 
treulich  nad)geal)mt  mürbe.  Sie  foficte 
bis  1000  2.t)alfi  "nb  mar  alfo  nid)t  jeber» 
mannö  Äauf;  aber  mcr  fie  nid)t  fo  föfilich 
auö  SlWenfchenhaaren  tonnte  Perfertigen 
laffen,  ber  begnügte  ftch  mit  einer  fleineren» 
bie  auch  nötigenfalls  aus  gefottenen  *Pferbe* 
ober  3*^9«"^'"*'^^"  h«9Efi«Wt  fein  burftc. 
33ei  ber  Oiachabniungäfudit  ber  S^ia^bar* 
itolfcr  fehlte  ti  nicht,  bafe  in  furjer  Qtxt 
ber  franjöftfchc  ©efchmacf  auch  ^ieiin  ring«* 
um  ^Intlang  fanb. 

QU«  Qlmtetracht  erfcheint  bie  (ßcrrücfe 
befonber«  bei  ben  aboofaten;  boch  fuchten 
fleh  auch  JU  micbcrl)olten  malen  unb  ni^t 
ganj  ohne  ©rfolg  ©eif^Iiche  tai  iReci)t 
be«  SragenS  einer  „bcfcheibencn  (Perrücfe" 
auäjumirfen,  mic  fcbr  oud)  eben  ihre 
(gpnoben  bie  neue  3)Jobc  al«  lächerlich' 
ober  fünbhaft  ertldrten  unb  mit  fcharfen 
Srlaffen  gegen  biefelbc  anfämpftcn.  5luch 
Schriftfietler  leifteten  baö  aWenfchcnmög« 
liehe,  aber  nicht  mit  me^r  ©rfolg.  Bo  f^reibt 
SDJichael  greunb  in  feinem  „Alamode- 
Tenffel"  um  1682:  „heutige«  logeS  regieret 
auch  ein  befonbcrer  ^aarsleuffel  bep  ben 
SOlann»  unb  SOßeibeperfonen ,  fie  führen 
bamit  einen  fonberlichen  $ra^t,  laffcn 
biefelben  rceife,  gelb,  bleid^,  rot^,  braun 
färben,  mit  befonberen  3'>"flfn  f raufen, 
auffreihcn  unb  puffen.  Sffiie  oiel  taufenb 
unb  aber  SKeichöthaler  merben  por  Paru- 
qven  bejahlct?  bie  mancher  gar  mo^t 
entrathen  fönnte,  meil  er  fonft  paax  genug 
auff  feinem  Jlopffe  h^t.  2ßie  »iel  hunbert 
üDufaten  perfiieben  mit  bem  ^aarpouber? 
bie  fiintenbe  (feriücfc  befireuet  mancher 
mit  fcitlict)em  Pondre  de  Cypre,  alfo  ta^ 


^^crfoncn^  unb  Familiennamen. 


547 


et  cince  iWüüct^  So^n  nid)t  ungicid) 
jie^et;  ober  man  boc^  jum  roeniflften  rcr^ 
meinen  i'ollte,  boB  et  ben  Äopff  ™  ®?cel= 
farfc  gehabt  I;ätte.  93or  anbern  bat  ber 
2llamobi[cbe  ^aar^lcuffel  [ein  ©piel  mit 
ben  aiamobifc^en  Socfen,  [o  man  über 
bie  €tirn  unb  ®eftd)i  ^etuntet^angcn 
läffct,  mtc  bie  locfcte  2BQffcrl)unb ,  mit 
fonbcibaren  $aarl;auben,  fc  pon  ftembben 
.^aat  gemutet,  unb  auff  taz  ^aupt,  ale 
manns  natürlid)  ^aat ,  gefe^et  metben, 
loffen  iljncn  gülbenc  ^^ci^'P'iif  bavein 
flieucn,  auct)  mol  gar  ®olb  barcin 
fled^ten ;"  u.  f.  m. 

'Jiaä)  2ßeiB.  Äoiiümfunbe. 
'4>"ertoncn=  unb  ^antiliennamcn.  1.  $  c  t » 
f  0  n  e  n  n  a  m  e  u. 

iSei  ben  (Sermanen  gci'cf)a^  bie 
DJamengebung  ber  Äinber,  altnorbifc^ 
nafnfesti  =  SKamenfeftigung,  in  fcietUdjer 
SOeife  naä)  ber  ®cburt:  na^bem  hai  5{inb 
tuxä)  ben  Ü3ater  riom  Soben  aufgeljobcn, 
gebabci  unb  mit  2ßaf[er  begoffen  mar, 
mürbe  i^m  nom  SSater,  oft  aber  aud)  »om 
®rc§r»ater  ober  i^om  müttevli^en  D^eim 
ber  D^iame  jugeteilt  unb  babei  ein  ©ef^enf 
übergeben.  I)er  9Jame  mürbe  aber  t)aupt= 
fäd)licf)  mit  iRücffic^t  borauf  gemäl)lt,  ba§ 
berfelbc  bie  permanbtf^aftlidjen  S3eäiet)un= 
gen  angeben  foüte,  unb  jmar  auf  ner= 
fd)iebene  'Jlrt.  Sntmeber  gefcbat)  bie  Qlb= 
manblung  ber  iJJamen  burc^  ^Iblaut  ober 
Sautjieigerung:  Ada  unb  Uota,  Adalhilt 
unb  Uodalhilt,  ober  butc^  ben  Stabreim: 
Sigelint ,  Sigemunt ,  Sigefrit ;  Dietwart, 
Dietmar,  Dieterich;  Wolfhart.Wolfbrant; 
Liudger,  Liudgart;  Hildebrant,  Hadu- 
brant;  Günther,  Gernot,  Giselher,  mobei 
mcijl  ber  ganje  erjtc  Icil  ber  Äompofition 
bemat)rt  motben  ift;  auc^i  ber  jmeite  leil 
ber  iZL'ortjufammenfe^ung  mürbe  jur  2in= 
beutung  ber  33ermanbtfd)aft  gcbraudbt,  j.  95. 
in  @i.  ©aüifd^en  Urfunben  bie  Stüber 
Erinpert  unb  Amalpert;  Tintulf,  Merolf 
unb  Piscolf;  Hnpert  unb  Isambert;  gern 
mürbe  bem  neugeborenen  Äinbe  aud^  ber 
3Jame  bcs  ®ro§t>atcre  ober  be«  Oheime 
gegeben,  %üi)  tai,  tarn  por ,  bafe  man 
bem  Äinbe  einen  ^Jiamen  aue  ben  OJanun 
ron  Sater  unb  SWutter  jurec^tmac^te. 

Qibgefe^en  bon  ben  genannten  ber= 
manbtf(f)aftli^en  fRücffrc^ten  »aten  bie 
2)eutfc^en  gemof)nt,  Sinn  unb  ißebeutung 
auf  ben  Dramen  ju  legen;  eö  foüte  eine 
beilfam  meiffagenbc  Äraft,  bie  im  9Jamen 
lag,  bem  Sräger  jugute  fommcn.  öinfac^e 
f^amen  frnb  rcenige  auf  un«  gefommen; 
ce  geliören  ba^u  Ernst,  at)b.  Ernnst,  ber 


jum  Äampfe  entfd^loffene,  Karl,  Linpösta, 
Traganta,  Wahsanta  fbie  Sragenbc  unb 
fflacfefenbe),  Perahta  =  Bertha,  Ida,  Ava, 
Swabin,  Cristinna.  iffieit  [läufiger  finb 
bie  jufammengefe^ten  i)iamcn ,  in  benen 
bie  einfact)en  9'Jamenäjlämme  in  aUcn  mög= 
liefen  Kombinationen  fi^  oerbinben.  3{)re 
%üüt  unb  ÜJlannigfaltigfeit  fefet  in  Sr^ 
jtaunen,  unb  jmar  ift  es  namentlid)  jmeier= 
iei,  mae  fid}  in  il)nen  jumeifi  mieberfpiegelt: 
3)ie  i8ejiet)ungen  be«  5Dicnfcften  jur  ©Ott:; 
^eit  unb  bie  ^äufigfie  unb  rut)mPo[(fic  93e= 
fc^äftigung,  ber  Äampf. 

2)aä  beutfd)e  SBort  ®ott  finben  mir 
in  ben  Dramen  Gotleib,  motau«  ©ottlieb 
entftanben  ift,  er  bebeutet  aber  urfprüng= 
üi)  gottgeboren;  ferner  in  Godefrid, 
Godascalc  (®otteefned)t),  Godwin  (®otteäs 
freunb),  Gotahart,  Goderam  (®otte^  SRabe). 
2Bdt)tenb  bann  freili^  bie  SRamcn  ber  t)obcn 
©Otter  unb  ©öttinnen  felbjl,  mie  Wnotan, 
Donar,  Zin,  Fro,  Frigg  in  S^amenjufams 
mcnfe^ungen,  mo_I)l  auö  religiöfer  Sdjeu, 
nur  ausnatjmemeife  permaubt  merben,  fmb 
bagegen  bie  untergeorbnetcn  ©öttermefen 
fel;r  t)äufig,  fo  namentlich  bie  Äsen  ober 
Ansen,  in  Anshelm,  Ansbert,  Ansfred 
unb  in  angelfäd)rtf(f)er  gorm  Oskar,  Os- 
wald. *lln  bie  'Gliben  ober  ©Ifcn  erin- 
nern Alberich,  Albnin  (Albwin  =^  ölfens 
freunb),  Alfred  ==  Slfenrat,  Alpger,  Alb- 
sind, ^m  ©egcnfa^e  ju  i^ncn  fielen  bie 
atiefen,  ^ünen  unb  Ibürfcn,  beren  ®e« 
fd)lec^t  in  Hnnibald,  Hunipreht  (franj. 
Umbert,  ital.  Umberto),  Hunfrid,  Hum- 
bold, Thnrismund  niebergelegt  ifl.  ^eilige 
liere,  bie  in  ber  iRamengebung  biel  Der? 
manbt  mürben,  finb  ÜBolf  unb  SRabc,  at)b. 
ram.  Jßolf  legt  ftcf)  in  ber  55crm  ulf  ober 
olf  faP  an  jeben  anbetn  Stamm,  unb  es 
finben  [xä)  j.  93.  Adolf,  Arnulf,  Gerolf, 
Gundolf,  Hildolf,  Meginolf,  Rudolf,  Re- 
ginolf,  Thiudolf,  Wigolf;  görPcmannjäljU 
ihrer  ctma  370;  aud)  an  crfier  Steüe  beä 
SJiamene  erfd)eint  bae  9Bort,  mie  in  Wolf- 
rat, Wolfger,  Wolfart.  Jßie  ber  iffiolf, 
fo  ifi  aud)  ber  JRabc  Wuotan  alä  bem 
oberften  8d)lad)tenlenfcr  heilig:  fein  SJiame 
liegt  in  Hiltiram,  Guntram,  Sigiram, 
Wolfhraban,  Waldram,  Bertram,  Rambert, 
Wichram,  Aldram,  Engelram. 

I)ie  Jiernamen  [)aben  aud)  eine  äuge» 
meinere  93ejiet)ung  jum  ÜJJut,  jur  Äampfeö« 
lufi  ber  ©ermanen;  in  biefem  Sinne  ert)ielt 
u.  a.  ber  Änabe  ben  Dtamen  Eberwin  ober 
Wolfwin,  Sber»  ober  SBoIföfreunb.  Qluf 
ben  93ären  meifen  iifamen  mie  Bernhart 
Bernwart,   Bernold,  Beringar,   Isanpero 


548 


^erfoncn^  unb  Familiennamen. 


auf  ben  'iiax  Arnolf  unb  Arnold,  auf 
ben  Sber  Eberhart,  Ebenvart,  Eberswind. 
Lint=  Schlange  unb  S'wana  =  (5(^tt5an 
biencn  ju  weiblid^er  ^lamengebung:  Ger- 
lint,  Burglint,  Rihlint,  Swanahild,  Swana- 
burg,  Swanagart. 

^oä)  lüitffamer  für  bic  Sfiamengebung 
ber  aJJdnner  rtic  ber  grauen  ftnb  0iamen  beö 
.^riegcö,  beö  fltufjmcä,  ber  (S^re;  bie  ^ici* 
^cr  0cf)örenben  SBortc  ftnb  namentUcf) 
gund,  hild,  hadu,  wig.  25on  gund 
tommt  j.  93.  Guntram,  Ganthelm,  Gnndbert, 
Gunthari  =  Günther,  Gantolf,  Gundobert, 
Gondemar ;  Hildegunde,  Adelgunde,  Kuni- 
gunde,  Fredegunde.  Uto^  jalitreii^cr  fmb 
bic  3ufanimcnfc|ungcn  mit  hild:  Hilde- 
brand, Hilderich,  Hildebert,  Hildefons, 
Hildebald,  Hildolf,  rt)eibIic^eS«ameu  Hilde- 
burg, Hildegard,  Hiltrud,  Machtild,  Brun- 
hilde,  Grimhilde,  Clothilde.  Sa^  aBort 
hadu  begegnet  in  Hadubrant,  Hadnmar, 
Hadolt,  Hadolf,  Haduwig;  im  te|tercn 
fRamtn  erfcf)eint  hadu  mit  bem  Äriegemort 
wig  Derbunben,  tai  [xä)  u.  a.  aud)  in 
Wigbold ,  Wigbert ,  Wichman  ,  Wiclef, 
Lludowig  =  SRu^meöfampf ,  Hartwig 
unb  Herwig  Dorfinbet.  2tn  ben  ©treit 
fc^Iie§t  fid^  ber  @ieg;  ba^er  Sigwart, 
Sigfrid,  Sigmund,  Sigibald,  Sigbert,  Sig- 
hart,  Sigimar,  Sigihelm,  Sigilind.  %ü(i) 
bie  2B äffen  ber  gelben  tlingen  auö  ben 
UfJamen  rcieber,  junäc^fi  tai  ©ifen:  Isin- 
grim,  Isenhart,  Isenbold.  iJllö  ^auptfäc^» 
Iid)e  Sru^ttjaffe  crfd)eint  bic  furje  fianjc, 
ger  ober  ker,  rvelc^cö  in  Garibald,  Ger- 
hard, Gerold,  Gerlach,  Gerwin,  Gerbert, 
in  Notker,  Berengar,  Edgar,  Wolfger,  An- 
sigar =  altfäcfjftfd)  Osgar,  ixt  2Be|)r  ber 
Qlnfen,  üorfommt;  cbenfo  finbct  ftdt)  gisal 
=  *Peitf^e,  grima=  ^elm,  unb  heim 
fetbji  in  IRamen  roie  Giselbrecht  unb 
Giselher;  Isengrim  unb  Lohengrim; 
Helmold  unb  Helmger;  Wilhelm  (3BiIIenä= 
f(^u|J  unb  Anshelm  (ülfenf^u^),  Diet- 
helm=  93oIfäfd^u^.  3n  Eckehart,  Egbert, 
Eginolf  Pecft  eg  ober  egin  =z  e^wcrt. 

Unter  ben  frtcgcrifc^en  (Sigenfci)aften  ift 
Dor  aOem  ilraft  unb  ©tdrfe,  eil  an  unb 
magan  betooräubeben,  baber  EUanhart 
unb  EUentnid;  Meginrat  ober  Meinrad 
unb  Meinhart,  Meinhold,  Meginhold  unb 
Meginbreht.  3)er  Scgriff  ber  Äübnl)eit 
liegt  in  ben  mit  nand  unb  bald  ge« 
bilbeten  iJiamen:  Nandalf  (fü^ner  SBolf), 
Siginand(ftegcäfübn);  Baldwin,  Balderich, 
Theobald  =  ber  mit  tapferem  iBoIf,  Liut- 
bold  ober  Leopold,  Willibald,  Sigibald 
unb     Heribald.      Unfcr     bt'utigeä     SBort 


Kühn  finbct  man  in  Kuono  unb  Kaonrat 
^  ,^übn  im  SRat.  Hart  bcaeidjnct  fircngen 
ÜJJut  unb  aue^arrenbe  Äraft,  baoon  Hart- 
man, Hartmuot,  Hartbert,  Nithart  =  fiarf 
im  S*"^"»  Gerhart,  Gebhart,  Bernhart  = 
ber  mit  93ärenfraft,  Eberhart,  Wolfhart, 
Burchart,  Richhart,  Regln  =  ober  Eein- 
hart,  Megin  =  ober  Meinhart,  Gothart, 
Erhart,  Eckehart.  SCfJit  mar  =  berühmt, 
fomraen  nor  Adalmar,  Dancmar,  Walde- 
mar,  Volcmar,  Radmar.  ß**^^"^  f^^b 
bic  9^amen,  bie  mit  peraht  ober  preht 
=  glänjenb  gcbilbet  ftnb:  Albreht  a\xi 
Adalperaht,  ber  burc^  5tbel  gldnjcnbe 
Hildebreht,  morauä  fpdter  Hildebrant 
Haduberaht,  Meginberaht.  ^errfc^aft  unb 
©cmalt  finb  auägebrücft  in  rieh:  Rieh 
bert,  Richwin,  Richbald,  Priderich,  Hein 
rieh ,  Theoderich ,  Hilderich ,  Richlint 
Richdrut,  Äoücftiübcgriffc,  auä  bcnctx 
ftc^  ^erfonennamcn  bilben,  ftnb  ^ecr,  af)t). 
hari,  heri:  Hermann,  Heribert,  Gunta- 
char  -  Günther ,  Chlothachar  -  Lothar  -  La- 
thar,  Giselher,  Sigeher,  Merilint,  Heris- 
wind,  volc  in  Folcwin,  Folcrat;  ai)t. 
diot,  m^b.  diet  in  Dietrich,  Dietbold, 
Dietpert,  Diethelm,  Thietmar,  Diether, 
Dietlinde,  Theoderada,  unb  m^b.  Hut, 
al)i.  ßcut,  in  Liutpold,  Liatprand,  Liut- 
per  u.  a.  ^tt)nlid)er  fRatur  ftnb  iJJamcn, 
in  bcnen  laut  unb  marc  ficcfen,  voxt 
Lantfrid  unb  Marcwart,  ©eburt  unb 
Stellung,  S)ienfipcrbdltniffe  unb  «Staub 
bejci(^nen  Segriffe  mie  schalk  =  ,^nec^t, 
diu  ober  deo,  ber  ober  bie  2)icnenbe,  in 
Engildeo,  Irmindeo,  Adaldeo;  fobann 
degan  (Degenhart),  erl  unb  karl  in 
ErlebaldunbKarlman;  kuni=@efc^lcc^t, 
in  Kunigunde;  fara  t)on  bcrfetben  93c* 
beutung  in  Bargandofara,  Adal  in  jabi« 
reidben  Stamen.  SBieber  eine  anberc  ©ruppe 
fd)lic§t  ben  93cgriff  beö  ©cbü^enbcn, 
93crgcnben  in  ftdb;  baf)in  gehören  bie 
mit  berga,  birg,  bürg,  jufammcnge* 
festen  SJiamen;  fte  werben  meifi  für  ^cr* 
fönen  »eiblicbcn  ©efdblecbtcö,  mic  Hilt- 
Ijurg,  Frideburc,  Gundisberga,  riermcnbet, 
mäbrenb  umgefebrt  aith.  munt  =  S^u^, 
iBormunbf^aft,  feiner  93ebeutung  gemag 
faft  außfci)tie|licb  äur93ilbung  DonÜJJdnncrs 
namcn  gcbraucbt  roirb:  Sigmund,  Fara- 
mund,  Ratmund.  9iuci)  ba^  2Ö ort  fride 
bebeutete  urfprüngltc^  Sc^u^  unb  Sicber* 
beit  unb  toarb  mic  wart  unbwalt  einfi 
gerne  ju  JRamen  werroenbet:  Fridehelm, 
Marcwart,  Walt  hari ,  Waltfrid,  Oswald; 
tai  le^tere  2Bort  walt  unrb  bann  ju  oald 
—  Rodoald,  Wulfoald  —  unb  julc^t  ju 


*)3etfonen*  unb  ^'^ti^itit""'*'"«"- 


549 


old,  Reinold,  Gerold,  Arnold,  Bernold. 
3tt)ei  ©tdmme  \)abtn  bic  Sebcutunfl  t»ou 
gtat:  tiai  ältere  ragin  ober  regln  in 
Beginwald,  Reginbald,  Reginswind,  unb 
iai  iffiort  rat  felber,  tai  j.  S.  bei  ben 
Siamen  Ratmund  unb  Radegunde  üer= 
treten  ifi. 

2lu«  fold^en  unb  »lelen  anbern  SBort* 
bilbungen  —  eä  ifl  ^ier  blo^  eine  Qluä- 
roai)[  jur  23e[predt)ung  gelangt  —  fe^te 
fxcf)  ber  alte  6c^a^  bcr  beutfdt)en  '^er» 
fonennamen  jufammcn  unb  blieb  im 
(Sanken  bi^  gegen  tai  6nbc  be^  ÜJJitteU 
altera  ju  [Rec^t  befieben,  wobei  ®tamnie6= 

unb  55^'^*l^£n"^^'^^^^f"""9^"  ''f*  '"'" 
(äinflu§  waren;  fo  fommen  5"^ri^,  9iu; 
bolf  unb  Gilbert  forwiegenb  in  öc^iuaben, 
Suitpolb  unb  3)ictpolb  bei  ben  Sapern, 
^einrid),  Jöubwig  unb  Äuonrat  bei  ben 
tR^einfranfen  r^or.  3m  farlin9ifd)en  ®e- 
fc|)Ied)t  waren  Äarl,  üubmig  unb  Cot^ar 
p  ^aufe,  bei  ben  ^o^enflaufen  ^ncbrid), 
bei  ben  3äf)iingern  bic  93ettt)olbe,  bei  ben 
gürjienbergern  6gino,  bei  ben  |»ab8burgern 
5llbred)t,  Olubolf,  ßcopolb  unb  gtiebri^, 
bei  ben  Sßittelöbadjern  Dtto.  ^eiligen= 
namen  famen  für  geijllic^e  5J«rfonen  feit 
bem  7.  unb  8.  S^ibi^-,  aber  nur  pereinjelt 
tjor;  bic  l)öfifd)c  [Romantif  bcüorjugtc  eine 
3eit  lang,  boc^  mit  ni(^t  n3cfentlid)cm 
(Srfolg,  Dtamen  be«  ^öfifc^en  (Spoö,  wie 
iParjioal,  Sriflan.  ^n  berfelben  ^ät  na^m 
bic  3^1)1  ber  tirc^U^en  3tamen  ju,  nament= 
lic^  Johannes ,  Petras ,  Paulus,  Jacobus, 
Philippns,  Michael,  Christoph,  Martin, 
Georg,  Judith,  Elisabeth,  Maria,  bie  jum 
Seil  befonbcrs  ba  ftc^  Perbreiteten,  wo  ber 
<g»eilige  befonberer  ißere^rung  geno§.  3)ie 
Häufung  mel)rerer  'Bornamen  fommt  feit 
bcm  14.  ^a\)ii).  auf. 

6eit  ber  ^Reformation  würben  in  pro^ 
tefiantif($cn  ilcinbern  biblifcf)e  iRamen  unb 
im  ®egenfa^c  baju  in  golge  bcr  ©egcn- 
reformation  in  Üat^olifd^en  (Segenben  bie 
^eiligcnnamen  fcl)r  geläufig,  fo  ia^  feits 
bem  pon  ben  alten  beutfd)cn  tRamen  nur 
ein  tleincr  23ruc^tcil  übrig  blieb,  fold)c, 
weld^e  ebenfaüä  l)eilige  'Patrone  aufju* 
weifen  |)atten,  unb  fol(^e,  wel^c  bcfonber^ 
unter  bem  Öanboolf  al^  ftetö  wieber= 
feörenbe  Dtufnamen  fejlwurjclten,  wie  Äarl, 
gri|,  ^einj,  Äun,. 

II.    5  «  w  i  l  i  c  n  n  a  m  c  n. 

ijamilicnnamen  treten  um  bic  SRittc 
bcö  11.  3al)rt;.  juerp  beim  5lbel  auf  unb 
bcjicl)en  f\<i)  auf  ©üter  ober  Sc^löffer, 
bic  ber  gawilic  angeboren.  S)od)  wec^fcln 
fte  noc^  in  ben  folgenben  (Generationen, 


fmb  auc^  etwa  bei  23rübern  nac^  beren 
oerfc^iebencm  iScfi^  t»erf^iebcn.  digcnt» 
Iid)e,  fiebcnbc  (Sefd)lec^t«namen  finbct  man 
juer^  in  33enebig,  wo  f^on  809  eine 
'Familie  Particiacus,  bann  836  Tardonicns, 
887  Candianus  potfommt.  Wie  man  Per« 
mutet,  nad^  einem  Pon  Äonftantinopel  ^cr 
cingefül)rten  Sraudie;  Pon  Senebig  Pcr^ 
breitete  fic^  bie  Sitte  in  anbern  italienifc^en 
6täbten,  in  DJtailanb  feit  882,  in  SScrona 
feit  905,  ^lorenj  973,  unb  trat  im  la.Jal^rt). 
bei  unö  auf,  in  Äöln  j.  '-Ö.  feit  1106,  in 
3ürid)  feit  1145,  in  33afel  feit  1168. 
Überall  finbet  man  bie  (Sefcfclec^tdnamen 
jucrj^  in  ben  grö§eren  ©täbten  unb  jwar 
bei  ben  oornebmcrn  Sürgern,  iDiinifter* 
iaien  unb  ^atrijicrn.  iffia«  an  iRang  über 
unb  waä  unter  biefem  ©tanbc  ift,  bcr 
Ijobe  ^bel  unb  bic  ©eiftlic^feit,  bcr  j£)anb« 
Werfer  unb  porige  iöaucr,  b^lt  porläufig 
nod)  an  bem  alten  93rau(^  bcr  einfachen 
SRamengebung  fcfi;  erjl  in  ^olge  größerer 
bürgerlicf)er  unb  fiaatlicfeer  Jteibcit  net)mcn 
bie  le^tern  mit  ber  3cit  auc^  (Sefd)lc(^ter= 
namen  an,  wie  benn  unter  ben  freien  ßanb; 
leutcn  Don  Uri  fc^on  im  13.  ^a\)il).  folc^c 
ju  Sage  treten. 

3nbejug  auf  bie  iScbeutung  bct 
Familiennamen  laffen  fr^  etwa  folg* 
enbc  ©ruppen  unterfd^eiben : 

1)  ^erfonennamen  als  (Sc* 
fdjlccfctfänamcn  fmb  babur^  entj^anben, 
t)a%  f\.d}  ein  (Scf^Iecbt  al^  JRa^fommen 
einc^  angefcl)cnen  'ilt)nen  benannt  bat, 
wobei  Einfang«  bcr  noUpänbige  ?luebrucf 
lautete  mit  j.  ö.  ^einrid^,  ®of)n  bee 
'Jlrnolb.  (£ö  ifi  aber  auffaüenb,  ba§  bie 
überwiegenbe  ÜRcbrjal)l  biefer  SRamcn 
nic^t  im  ®enetiP  fonbern  in  iRominatio 
auftritt,  j.  93.  fc^on  im  8.  '^A\)xi}.  ein 
Sigifridus  filius  Sigimundus,  im  11. 
3at)rb.  Uquo  Folcaldns,  eine  (Srfd)cinung, 
bie  man  au^  einer  gcwiffen  erjiarrung 
ber  ©ptad^e  erflärt.  ^m  befonbern  wanbte 
man  jur  i8c5eicf)nung  ber  patronljmifi^en 
^Ibjlammung  folgenbe  Stittcl  an: 

a)  3)ic  !ßerf  Icinerung«*  ob.  Äofes 
form  be^  'IJerfonennamenö;  bicfelbc 
wirft  natürlich  in  erjier  ßmic  in  ben  QJers 
fonennamen  alö  folc^en,  wie  benn  in  einer 
Urfunbe  beä  10.  Jabrb.  bic  «Rotij  fiebt: 
Uodalcicum  ob  leporem  vocaverunt  Uo- 
zonem,  ben  Ultid)  nannte  man  in  fofcn* 
ber  2Bcifc  U|.  2)ie  2lnwenbung  ber  Äofe« 
form  aber  auf  ben  Familiennamen  ober 
bie  in  Folge  bcr  (Scfd)lec^tö=3lnwcnbung 
erfolgte  'Serfleineiung  unb  Scrjlümmelung 
bc^    Pollen     ^Perfonennamenä     lä^t    fid) 


550 


(CftfonfriJ  unb  ^aiiili«"""'"*"' 


giö^tcnteile  bataue  erflären,  baf  bie  innere 
^ebeutung  bc«  IWomen^  im  ^Familiennamen 
frü^  retf cfcmanb  unb  bei  iRame  ^iet  bloe  nod? 
alä  3«i*f"  '^^^  ©ei'dilcc^tjijufammengcs 
ftötigfeit  bicnte.  I)ie  dltcj^e  31it  bc^  Äofe= 
namens  entfiet)t  baburd) ,  ta^  bie  eine 
^älfte  beö  iRamen*,  meift  bie  üttieite,  »eg» 
fällt  unb  bet  SRcfi  ein  abf^lieienbeö  o  er= 
tidlt :  Burchart  Burco,  Dankmar  Danco, 
Fridrich  Frido,  Garibald  Garo,  Heribert 
Hero,  Otmar  Otto,  Eeginhart  Regino. 
(Sigentlicfte  Sctfleinerungefilben,  bie  fobann 
mit  "JlbfioBung  bee  o  an  bie[c  9i^amen 
lieten,  fmb  i  (Sigi.  Kuni),  iko,  ilo  unb  izo. 
Sigiko,  Sigilo  unb  Sigizo.  3)ie  I)iminutip5 
cnbung  iko  liegt  bei  niebetbeutf($cn  ^0= 
milicnnamenbilbung  ju  ®runbe ,  beien 
befonbcre  formen  fpdlei  auf  ke,  k,  ch, 
ken,  eben  au«gef)en;  an  bie  ©nbung  ilo 
fc^lieBen  fid)  bie  oberbeutfc^en  goimen  mit 
el,  1,  le,  lei,  lin,  len,  lein;  ausgiebiger 
abet  alß  33eibe  mar  bie  önbungizo,  meld}e 
teil«!  für  fi^,  teile  mit  ben  anbein  beiben 
fönbungen  unb  i^ren  ülueläufern  »er^ 
mifc^t,  einen  überaus  reichen  9Jamcnfc^a^ 
lierüotgcrufen  ^at. 

b.  ^au«5  unb  ^ofnamen.  9Bic 
fi^  ber  5lbel  nad)  feiner  93urg  benannte, 
fo  ber  angefet)ene  ißürger  nac^  feinem 
fldbtifd^en  ffiBobnft^e,  vom  Neumarkt,  de 
foro  =  t>om  SDJaifte,  zer  Linden,  am 
Tor,  im  Turn.  3"  ^f"  genannten  SSei* 
fpielcn  ift  ee  bie  Sage  be«  ^aufce,  meld)c 
ben  Dramen  l)er»orruft,  ein  onbereämal  mirb 
ber  Stame  ber  ^dufer  tüi  Sefiimmenbc; 
bat)cr  J^ianffurtct  Dramen  jum  Äranic^, 
jum  Körner,  jum  ^arabieö,  jum 
i&d)nabel,  jum  SRebftücf,  jum  SBet« 
ter^aljn,  jum  Älobelaud^.  S)a  nun 
aüc  möglid)en  ©egcnfidnbe ,  namentlich 
aber  iiere,  <PfIanäen  unb  Drtf^aften,  il)ren 
ildamen  an  ^dufer  ab,(ugcben  pflegten,  fo 
fonntcn  aud)  fol^e  ®efd)led)t0namen  ben 
manmgfaltigften  Jn^alt  erhalten:  93iber, 
ginf,  (£d)afli,  2ud)8(,  ^aae,  Äreb«, 
<£cetiogcl,  ^irf4),  ©embe,  Äinfc» 
lin  (Äaninc^cn),  ßdmmli,  Ded)6li, 
(Sd)tt)an.  ?iuf  bem  ßanbe  tonnte  in  dtjns 
lid)er  Söeife  ber  ^of  namcngebenb  fein, 
m  beiben  gdüen  aber  fc^minbet  meifi  bie 
roUc  Drtäbcjcic^nung ,  ber  paui '  unb 
^ofname  bü§t  feine  ^rdpofition  ein  unb 
mirb  unter  Umftdnben  imi)  eine  93ilbung 
auf  er  eifert:  «Stalber,  ©tuber,  ©tu» 
ber,  ©runncr,  3clin5eger,  ©onber  = 
egger,  ^übler,  SßJegfdjciber,  iUuf' 
baumer,  Sinber. 

c.  3'iamennue'iMmt  unb  SBürbcn 


enifprungen.  2)a8  SOiittetalter  bat  ben 
großen  iRei(^tum  feinet  meifi  jut  (Jrbli(^- 
feit  gebrauten  «jimter  »enigften«  in  ®e^ 
fc^Iedbtcnamen  ber  fpdtern  3eit  ^)interlaffcn;. 
@efd)Ied)tenamen  fmb  j.  S.  bie  Stamcn 
ber  obern  |)ofdmter,  ©^cnf,  Jrudjfef, 
SDUrfdjalf,  Äämmerer;  fobann 
©^ult^ei^  ober  ®d)ulje,  Sogt, 
llmmann,  iTieicr,  Äcller,  ^olUx, 
3öllner,3f^ntner,3[Rünjcr,J^eroIb, 
ÜJenner,  IZBaibel,  |»cimtid)er  C^SliU 
glieb  bee  ®et)eimen  SRateä),  $ortner, 
Äüfier,  ©lödner,  ÜUe^ner,  ©igrifi, 
6 1 0  d  e  r  unb  6  u  l  j  e  r  (® efängniärcdrter), 
aiJ  e i ft  er,  «Pfanb er,  gelter,  Raunet,, 
^oljmart,  SD^arfmart,  ^agmann. 

d.  9^amen  aus  ©efc^dft,  ©emerbc 
unb  ^anbrcerf  cntfianben  bieten  in 
i^rer  iJJJannigfaltigfeit  ein  bö^fi  anfd)au<= 
lid)cö  ißilb  ber  mittelalterlichen  ®emerb= 
r>er^dltni[fe;  neben  ben  no(^  befte^enben 
^anbmerten,  mie  SDJülIcr,  ©c^neiber, 
©c^mieb,  ÄeBler  erinnern  anbere  wie 
©djmertfeger,  ©d)after,  Soljet, 
Qlrmbtufier,  ^arnifler  an  fpdtct  auö* 
gefiorbene  5lrbeitöleiftungen. 

e.  IRamen  con  ber  ^eimot,  mobei 
balb  ber  SSoIfäflamm,  ©d)mab,  Sßaper, 
©ad)e,  balb  ber  Heimatort  ben  fWamen 
beflimmt;  im  le^tein  galle  tritt  entmeber 
bie  *|8rdpofttion  an,  ton  ©peier,  »on 
S[)Jed)el,  ober  ber  Drtäncme  fic^t  nadtr 
^agenbac^i,  Äe^Iftabt,  Sffiert^,  ober 
bie  ©nbung  er  tritt  ^)inju:  ©d)aff= 
l)aufer,  Hamburger,  *llppenjellcr. 

f)  *Perfönlici^e  Umftdnbe  anberer 
51rt  treten  t)inju ,  namentlich  Qlbjeftiüe, 
fei'e  ba^  biefe  allein  fielen,  mie  2öei§, 
©d)marü,  (Rot,  5llt,  Jung,  ®to§, 
Älcin,  SReic^,  mobei  bie  dlterc  ^otm 
ben  <yrtitel  ^at,  der  Jung,  der  Rot;  fei'* 
i>a^  biefe  2öörter  ft^  mit  anbern  Dramen 
jufammenfe^en:  Älcinmi4el,  Äleins 
paul,  Sung^ane,  Äleintnec^t, 
®  t  0  §  t  n  e  d)  t. 

g)  Übernamen  t)umoriflifc^er 
DiJatur,  meiere  necfifc^er  fiaune,  bem 
2öi^,  bem  ©pott  unb  ^o^n  i^r  S)afcin 
üerbanten.  3"  unterfcf)eiben  ftnb  gmei 
©^ic^ten  biefer  SRamen,  eine  dltere  »or- 
jugämeife  bem  12.  unb  13.  ^a^r^unbert, 
unb  eine  jüngere,  bem  14.  unb  15.  ^affx» 
Öunbert  ange^örenbe  ©d^ic^t.  S5er  ditern 
©d>i(^t  gepren  an  SJiamen  »on  Äörper- 
g  l  i  e  b  e  r  n ,  mit  dem  Dumen ,  Barfnoz, 
Buntebart,  Hardevust;  fubftantioifc^e 
ilfiamen,  bie  eine  ^arafterifiifd^e  I^dtig* 
feit  bejeicf)nen:   Fraz,  Slevere  (©d^ldfcr) 


Tftfr^pfennia  —  Tt'off. 


551 


SchecheriSRdutier),  Schad.  Manesse  (SWcn* 
fc^cnfieffet),  Boneze  (SBotmcneffcr);  bann 
iMbjeftiDnamen  tt>ie  Overstolz,  Ungestome, 
Unverzagt,  Kleingedank,  Wolgemnt,  Frei- 
dank, Früe;  Jiexnanicn,  fofern  ftc  nicfet 
»on  ^auanamcn  flammen ,  »aren  beim 
fianbabcl  beliebt,  »iciödr,  2öoIf,  gud^«, 
®cier,  Unfe.  Überauö  reid)  finb  cnblic^ 
bieSa^namen  ausgefiatlet, bie  aleS>ieben= 
nomen  fcfeon  fiüber  in  3talien  unb  granf» 
icicfc  nadjgewiefcn  recrben,  in  I)eutfd)Ianb 
freiliefe  bloö  beim  niebern  ^bel  »or  bcm 
12.  3al}rt)unbcit  rorfommen;  ibre  SBlütc^ 
jcit  iji  büß  14.  unb  15.  Sa^iijunbert. 

3n  bet  Jüngern  ®(feid)t  fpiegelt  ficfe 
crfi  ted)t  ba«  hjilbloufenbe  jveiben  ber 
legten  mittelalterlichen  '^Jeriobe  ab,  mo  bie 
ißanbe  ber  t)öfifd)en,  tii^licfeen,  fiaatlid)en 
3ucfet  gefprcngtunb  betJBiüfüt,  ber  Saune, 
bem  SDiutroiUen,  bem  Übermut,  ber  ä\ii)U 
loftgtcit  jeber  *31tt  bie  SBeli  offen  fianb. 
(4ntf}anben  ftnb  bie  SJlamen  biefer  3«it  '^ 
Säger  bet  ?anb«tnecfetc,  auf  ben  iRaub; 
unb  iBcrttiüPungäjügen  ber  gütjicn  unb 
6täbte,  im  ©elagc  ber  Verberge,  ber  3u"ft' 
flube,  ber  „ißauernfilbi".  Sine  cexflänbige 
iBeranlaffung  ju  fe^r  üielen  biefer  Dfiamen 
iji  gar  nid)t  abjufelien,  mar  aud)  nie  Por= 
banben;  ftc  »eibanfen  offenbar  meift  it)t 
©afein  einem  plö^Ucbcn  Sinfaü,  um  bann, 
mcnn  ba«  Sd)icf)al  e«  rcoüte,  am  Dpfer 
fced  ©infaüö  tiangen  ju  bleiben.  Tlan  fann 
unterfdjeiben  Kriegen  amen,  mie  Iselin, 
Stähelin,  Eisenhu*,  namentlich  leicfe  in 
ea^namcn  repräfentieit;  Dnrchdenkopf, 
Schlagintweit ,  Eilinvelt ,  Findenfnnd, 
Füllsack,  Fürdenschild,  Schlaginhaufen, 
Fürd en spitz  ,  Greifdrauf,  Hawinboden, 
Hebdenstreit ,  Leichenwürfel ,  Ranmen- 
sattel,  Raumsglas,  Schutt enhelm,  Suchen- 
wirt ,  Zerrenmantel.  —  ^anbWetfss 
n  amen  bumorijlifcfeer  2ltt,  Pfenningspeck, 
Swinpeck ,  Grillensmid,  Gareisen,  Gerb- 
eisen; JJamen  oon  3£itfn  mie  Ostertag, 
Sonntag;  fRamen  Pon  8peifen  unb  ®e» 
richten;  Schweinefleisch,  Kalbfleisch, 
Wurst,  Schnnken,  Altwegg,  Sanerwein, 
Kindelbier;  t>on  üfJünjen:  Schilling, 
Hälbling,  Grosch,  Heller ;  t)on*PfIanjen, 
befonbere  iBIumen:  Wolgemnt,  Lnzei, 
Wegetritt,  Grünlanb ,  Hölderlin,  Bonen- 
bluest,  Wachholder,  Hagebutte;  iJlamttt, 
bie  einet  SRebenöart  itjr  3)afein  cetbans 
tcn :  Helfgott,  Gothelf,  Gotseigeert,  Gotz- 
zorn,  Hallo,  Warlich.  Hotop  (^ut  auf!) 
Über  bie  latcinififeen  fRanien  beö  ^u ma- 
tt i «  m  u  «  ftebe  biefen  2lttif cl.  £ic  ßitteiatur 
uber  biefen  ®egenflanb  ifi  jum  giofer  2eil 


totaler  D'iatur;  bae^auptmctt  übet  bie  alt* 
beutfdbcn 9?amen  i|l§ötftemann,  3lltbeut* 
fd)e«  iTJamenbucfe.  SBb.  I.  qßetfonennamen. 
SfJorbtjaufen,  1856.  Qlnbete  Qhbeiten  ftnb  O. 
Ol  bei,  2)ie  beutfcfeen  "IJetfoncnnamen,  Ser« 
lin,  1853;  S.  ®teub,  ©ie  oberbetitfcfeen 
Familiennamen,  ÜWüncfeen,  1870;  ißilmar, 
5r)eutfd)c«!  D^amenbüdilcin ;  ®tatf,  Äofe« 
namenbet®etmanen,2[öien,  18G8;  ^ein^c, 
5Die  bcutfcfecn  Familiennamen,  ^aüc,  1882; 
ffleinbolb,  2>ie  beutfcfeen  Ji^^wf"  ^^ 
2«ittclalter,  Jßien,  1882,  2.  <«ufl.  Qlbfcfcn.I. 
gut  bie  Familiennamen  ifi  fon  un«  nament- 
lid)  benu^t  Secfer,  2)ic  beutfcfccn  ®c* 
f^lcd)tenamen,  ibte  Sntftebung  unb  iBi^ 
bung,  ^rogtamm  ber  ®emetbcfd)ule  ju 
SBafel    1864. 

^cter^^jfcnnig  ^ie§  eine  utfptüngli* 
fteirciüige  *21bgabc,  bie  in  (änglanb  feit 
bem  8.  3öf)tl)unbcrt  für  ben  $apfi,  jebocfe 
mit  häufigen  Unterbrechungen,  erboben 
mutbe.  iHadi  bem  Vorgänge  ßnglanb^ 
mürbe  biefe  2lbgabc  aucb  in  anbern  ßän* 
bem  üblicfe,  nämli(fe  in  I)änemarE.  ilßolcn, 
bem  Dtbenslanb  Qßteu^en,  ©cfemebcn  unb 
9'?otmcgen.  3"  Ffon^i^"^  ""^  Spanien 
gelang  c«  nicfet,  bie  ©teuer  einjufüliren, 
ÜWit  ber  3fit  »ar  bie  fieimiliige  iMbgabc 
an  manchen  Orten  in  eine  notrcenbigc 
©tcuet  übergegangen. 

^faff.  t>Qi  ffiott  tommt  uon  lat. 
papa  =  33atei,  momit  bei  ben  Äircfeen- 
oätetn  ein  böbeicr  ©eifilicber,  ein  Sifdbof 
genannt  mürbe;  ti  ifi  fcfcon  in«  ©otifcfec 
aufgenommen  unb  et^ält  fpätet  im  2lt)b. 
bie  Foict"  pfaffo ,  m^b.  phaffe,  pfaffe  mit 
bei  33ebeutung  ber  Jßeltgcifilicben  über* 
^aupt.  5lu6  tu  gtiecfeifcfeen  Foini  jenc^ 
lat.  papa,  au^  papas,  mel(fecö  in  tn 
Äit(feenfpra(fee  ein  iJiamc  bee  l)öci)jien 
*)3tief}ei^  mar,  entfianb  ai)t>.  unb  mbb. 
bäbes,  bähest,  nl)b.  *lBapfi.  ?5faffcn  met* 
ben  im  SJüttetalter  ben  Saien  unb  ben 
5)?öncfeen  entgcgenfe^t;  leien  nnde  pfaffen 
ifi  fooiel  al«  jcbermann.  2)ie  geifllicfecn 
®efd)äftc  bet  Pfaffen  ftnb  namentlich  ®be* 
einfe|ungen,  €eelenmeffen,  93egräbnif[c 
unb  93cicfete.  2öenn  jmar  an  unjä^Iigcn 
Crten  pon  fünb^aftem  Ibun  bei  Pfaffen 
erjä{)lt  mirb,  fo  mitb  bocfc  oft  eingcfdbaift, 
boB  i^t  I)eiligeö  ?lmt  con  i^tem  peifön» 
liehen  ßebcnämanbcl  ju  untctfcfeeiben  fei 
unb  untet  le^terem  nicfet  einfili^  leibe, 
ötfi  um  bie  3«'*  bei  [Reformation  oeilot 
tau  SBoit  feine  utfpiünglicbc  müibcüoüe 
Sebeutung,  bocfe  bemettt  fdbon  ^luentin 
eimafi!  fiübct,  bei  yiamt  «Pfaff  fei  ein  „un* 
el)rlicf)eö    unb  «:d)macf)tt)üit".     ®iel)e  bie 


552 


«Pfahlbauten. 


SBörtetbüc^cr    ßon    üKüüer  *  3fl^"<f ^    ""^ 
®d)mcllcr. 

^fal)lbttutcu  ^ei§cn  bie  ouf  qBfä^Ien  in 
©ecn  unb  Rümpfen  erbauten  mcnfc^Iic^en 
Kieberlaffungcn ,  auf  bie  man  juerfi  im 
SBiniet  Don  1853  auf  1854  im  3üric^erfce 
aufmertfam  würbe;  man  terbantt  bie  erjte 
tt)iffcnfd)aftlic^e  Untcrfucfiung  berfelben 
unb  ben  babur^  betbcigefüfirten  5injio§ 
ju  dt)nli^en  Unterfu^ungen  in  ja^lreid)en 
anbern  Seen  ber  «Sd^reeij  namentlid^  bem 
Dr.  gcr^inanb  ÄeKer  in  3üri*,  geji. 
1881;  feitbcm  ftnb  ät)nlid)e  9lnftcbelungen 
im  ÜWecElcnburgifcben,  in  «Pommern,  «Pofen, 
SDU^rcn,  in  ben  baprif^en  unb  öficrrei* 
d)ifc^en  Stlpenfeen  unb  in  ben  ©een  Ober« 
italienö  gefunben  werben.  «Ü^nlid^e  SJiie* 
berlüffungen  befd^reibt  aud^  jg>erobot :  „I>ics 
jenigen  «päonier,  »elci^e  auf  bem  ®ee 
♦Prafiaji  in  SDiafebonien  auf  !Pfa:^lbauten 
leben,  rammen  bei  ber  erfien  Slnlage  auf 
Sofien  ber  ©emcinbc  $fa^le  in  ben  ®runb 
unb  befe^igen  bie  barüber  gelegten  Stielen 
aneinanber.  (Sine  einjige  formale  «rücfe 
fü^rt  rom  Ufer  ^cr  auf  ta^  ®erü|i.  5luf 
bemfelben  l)at  ein  jegli^er  eine  ^ütte  jur 
SBo^nung,  in  ber  eine  gaUt^üre  burc^  bie 
2)ielen  abwärtö  in  ben  ©ee  fü^rt.  Sa» 
mit  bie  Äinber  ni*t  in«  SZÖajfer  faüen, 
Werben  fte  am  gu§e  mit  einem  ©tritfe 
angcbunben.  3N  ^ferbe  unb  anbered 
93iet)  füttern  fte.  mit  gifd^en,  woran  fte 
einen  folgen  Überflu|  ^aben,  ta%  fte 
einen  Äorb,  ben  fte  an  einem  ©triefe 
burd)  bie  gaütpre  in  ben  «See  l)erab« 
laffen,  nad)  furjer  Seit  »oU  t)on  %ii(i)tn 
l)eraufjiel)en."  5lnbere  ©c^riftfieüer  er* 
wähnen  fold)er  5lnjteblungen  am  fc^War* 
jen  ÜJieer,  in  ©prien,  unb  ebenfo  finbet 
man  fie  noc^  ll)eute  bei  wilben  ißölfern, 
j.  93.  in  SHeuguinea,  auf  ben  ©unbainfeln, 
in  ^intcrinbien,  am  (Supt)rat,  in  3nnei'' 
2lfrifa,  bei  Snbianerfiämmen  ©übamerifas. 
3n  ben  'J3fal)lbauten  ber  ©d^weij  würbe 
je  nad)  ber  93 efd) Offenheit  be«  ©eegrunbe« 
ber  Unterbau  üerfd^icbcn  ^ergcfteHt.  3n 
fleinen  ©ewäffern  mit  tt)onigem  93oben 
f(^id)tete  man  Änittel  unb  SReiftg  ab= 
wed)fclnb  mit  8e^m  unb  Äied  aufeinanbev; 
meifien*  aber  trieb  man  eine  9lnjabl  ju- 
gefpi|ter  *Pfä|)le  aui  jungem  Saum* 
Rammen  fo  tief  in  ben  ®runb,  ba^  fte 
tragfdbig  würben,  unb  legte  auf  bie  Äöpfe 
ben  SBobnboben.  2Bo  biefe«  SÖJittel  nid)t 
auörei^tc,  wurten  bie  $fäble  mit  fc^weren 
©teincn  umjlellt  ober  in  wagrecl)t  liegen« 
ben  ®d)Wellen  Don  6ict)ent)olj  befefiigt, 
bie  einen  Dioft  bilben  mußten.   3)ie  glitten 


Waren  einfiöüg,  unb  enthielten  9taum  für 
eine  jjamilie  unb  ben  SBie^fianb.  ^üi 
SSJdnbe  unb  ©d^er  würbe  ©tammt)olj, 
SRinbe,  9teijtg,  ©c^ilf  ober  ©tro^  r>er« 
wenbet.  SDie  93erbinbung  mit  bem  trode« 
nen  ßanbe  bitbete  ein  ©teg,  ber  ji(^  lei(^t 
jurücfjiel)en  lie§.  5"  i^ber  ^üttc  ftanb 
ein  geuertjcrb;  jur  9tufbewabrung  oon 
ßebcnömitteln  bienten  iöpfe  oon  f^wa(^ 
gebranntem  S;f)on.  ©erdte  jur  3a9b  unb 
§ifc^erei,  jum  ©c^lac^ten  ber  Slicre,  jur 
Bearbeitung  Don  ^olj  unb  ©tein,  Änoc^en 
unb  ^orn  ober  gellen  unb  ©eweben,  fo» 
wie  jur  Bereitung  ber  ©peifen  waren  rei(^« 
lid)  Dorl)anben.  3lugcnfd^einlid^  erndbrten 
ftc^  bie  5ßfat)lbaubewol)ner  nic^t  blöd  bur<^ 
3agb  unb  gifc^erei,  fonbern  in  immer 
jieigenbem  ^a§e  burc^  iBie^jud^t  unb 
9lcferbau.  3^re  Sebürfniffe  Derjianben  fte 
faft  ot)nc  üluäna^mc  felbfi  ju  bcfricbigen; 
bod^  erwarben  fie  au^  (Sinigeä  burc^ 
laufclj^anbel,  wie  ÜJletalle,  SernPein  unb 
©lad.  ^m.  ©d^lamm  unb  auf  bem  ©runbe 
ber  ©een  jtnb  SRcjic  oon  Landtieren,  Don 
iRinbDiet),  ^unbcn,  ©d^weinen  unb  B^^Ö^"' 
Don  ©ewilb,  »on  ilBeijcn,  ©erfie  unb  ^irfe, 
ja  Don  93rob  unb  93rei,  Don  Dtüffen,  QSeeren 
unb  Dbjl  gefunben  worben;  bancben  ©troö» 
gefleckte  unb  ©ewebe,  ©c^nüre  unb  ^äinn 
Don  gladf)d.  9ln  ®efd§en  fommen  Äod&s 
topfe,  Seiler,  Sedier  unb  Ärüge,  an  SBerf» 
i^cugen  ©eile,  ^dmmer,  ü)lei§el,  Äorn« 
quetfc^er,  ßanjen  unb  anbere  SBaffen  aud 
©tein;  9iabeln  unb  *Pfeilfpi|en  audÄnod^en 
Dor,  Weld^e  nur  mit  |)ülfe  Don  jleinetnen 
©erdten  l)ergcPellt  werben  fonntcn;  benn 
bie  meijien  fd()Weijerifd^en  <Pfal)lbauten  Een* 
nen  nod^  fein  SWetatt.  S)o4  fd&eint  immer« 
^in  bie  söronce  fd^on  früher  Derwenbet 
worben  ju  fein,  o^ne  ia^  ed  bid  je^t  ge« 
lungen  wdre,  bie  tJrage  nadf)  ber  |ietfunft 
biefed  ÜJJateriald  für  biefe  Äulturj^dtten  jU 
löfen.  S)ie  jüngfien  ^Pfahlbauten  ftnb  o^ne 
3weifel  biejenigen,  in  benen  bad  (äifen  jur 
ißerwertung  gelangt;  immcrl)in  ifi  ed  nidbt 
möglidf),  biefe  ^^unbjldtten  audf^Ue§lic^ 
nac^  bem  ©tein«,  Sronce»  unb  ©ifenma« 
terial  ju  fonbern,  ba  bie  genannten  ©toffe 
faji  nirgenbö  in  ganjer  ^cinl)eit,  fonbern 
gemifd^t,  Dorliegen. 

Über  bie  Drnamcntif  auf  tcn  gunb« 
gegenfldnben  ber  ^fablbauten  brüdCt  ft* 
;R  a  b  n  ,  fd)Weijerifdl)e  Äunfigefä)idt)ie, 
©.  26  ff.,  folgenbcrma§en  aud:  5tn  ben 
dlteflen  t^unbgegenfidnben  aud  ber  foge* 
nannten  ©teinjeit  befc^rdnft  ftdb  bie  3i«rat 
auf  ein  einfadbed,  bcinal)e  jufäHiged  ßinien» 
fpiel.    5Die  berbe,  me^r  an  ben  Äampf  unb 


«Pfa^Ibütget  —  «Pfaljgtaf. 


553 


i)ie  ÜWü^falc  ber  3agb  gewöhnte  |)anb  übt 
ft*  in  lofen  unb  unfid^eren  ©trid^en,  bie 
taum  butc^  i^rc  parallele  ßage  einigen  3»- 
fammen^ang  »erraten,  ober  eö  ftnb  aud^ 
einfache  Dupfen,  weldje  regellos  bie  ^Vää^t 
bebecfen.  3ul«^t  fommt  bann  nod^  bie 
Ärei^tinic  ^inju,  unb  auö  biefen  brei  Ele- 
menten entroicEelt  jtd^  nun  bie  ganje  Orna= 
mcntif  ber  $fa^Ibauer.  S)ie  ßinien  werben 
jum  3i*ä<'*'  i^^  »erbinbcn  jtc^  jum  auf* 
rcd)ten  ober  über  6d  gej^eüten  Quabratc, 
ber  Ärciö  tt)irb  mit  fon5entrif(f)en  dingen 
gefüllt  ober  burc^  ®eineögleid)en  gefreujt. 
©obann  erwacht  tai  ©treben  nac^  rt)t)tl)= 
mifcf)em  SBetf)feI,  nad^  ber  ©lieberung  »er? 
fdE)iebener  DWotitc  in  regelmäßiger  SCßiebers 
te|r.  25er  S^d^<^d  wirb  tinä)  SSertifal- 
linien  unterbrodf)en,  bie  einjeln  »orberr« 
fd^cnb  biagonal  fomponierten  3ifi^^Änber 
an  ©efäfen  unb  ©pangen  »erben  burc^ 
^^orijontate  3tt'if^«ntf'If  getrennt ,  bie 
Greife  leer  unb  gefüüt  treten  in  ein  bc* 
jiimmtc«  SBed^feIüerl)äItni^  unter  jtd^,  ober 
fie  Sterben  mit  anbern  Kombinationen  oer* 
fc|t.  ®ie  ^orijontallinie  mirb  gcbrodben, 
jiel^t  [xä)  red^tn)inflig  ober  mit  Ärümmun« 
gen  ein  unb  fe^t  |td^  auf  biefe  25ßeife  fort; 
jtc  tt)irb  bem  Ornamente  äbnlid^,  melc&cä 
bie  3llten  nadf)  jenem  oietfadb  ftc^  f^längeln« 
ben  gluffc  Äleinaften^  aU  TOäanbcr  be« 
jcidbneten.  Sieben  biefen  mannigfaltigen  unb 
entfprcd^enben  5iuferungen  etner  tinbtid& 
fd^altenben  fp^antajte  mad)t  fid^  fd^on  früb 
ber  (5inf[u§  anbercr  gf'^t'fl^f'ten  auf  bie 
Drnamentif  geltenb.  ^al)Ut\ä)i  Kombi* 
nationen  j.  ©.  meifcn  unjmeibeutig  auf 
ben  Urfprung  auä  ber  2.eppicf)mirferei, 
bem  gledbt=  unb  Stejtelwerfe  jurüd.  35odt) 
ftnb  biefe  Ornamente  obnc  SRüdfjtdbt  auf 
ibre  ^erfunft  unb  i^re  firufturfpmbolifdbc 
SJebeutung  auf  aüe  möglidben  ©toffe  unb 
formen  angcmenbet,  ein  ®cmeiö,  ba|  ein 
Serfiänbniö  ber  ^ofmcnfpradbe  fcbüe,  unb 
baß  e«i  nur  barauf  anfam,  bie  ^liantafte 
burdf)  ein  anmutige^  ©piel  ber  ßinien  ju 
Jefd^äftigen.  (5r|i  jule^t  erireitert  ftcb  ba^ 
gormenmefen  berart,  baß  bie  umgebenbe 
SRatur,  inöbefonDcre  bie  ^ßflanjenmelt,  jur 
■Kadba^mung  aufforbert.  5tm  reidbjicn  ent* 
faltet  fidb  biefe  Drnamentif  an  ben  ^^U"^' 
gegenjtdnben  be^  fogenannten  ©ifenalterä, 
fo  namentlidf)  an  ben  bei  ÜJtarin  am 
Stcucnburgerfee  gefunbcnen  ©dbmcrtern. 
^ier  ftnb  aud^  mebrfadb  Sonfiguren,  SSögcl, 
6int)örner  u.  bgl.  gum  SBorfdbein  gefom» 
men,  bann  aucb  eigcntümlidbc  jangenför* 
mtge  Ornamente,  mie  jte  unter  aüen  bi^= 
^erigen  ^unben  neu,  bagegcn  mo^I  mcbr* 


fa^  auf  ojigotifcben  unb  alamannifdben 
©enfmälern  nac^gewiefen  morben  ftnb.  (5ä 
ip  tnbeffen  ma^fdbeinlidbcr ,  baß  biefe 
©dbmerter  fd^on  nt(^t  mebr  ali  ^robufte 
einbeimif^cr  Kunfiinbufirie ,  fonbern  ali 
importierte  SBerfe  gaüif*er  ^erfunft,  etwa 
auö  ben  SOßerffidttcn  ber  ^rowinj  SBctgien 
ju  betrachten  ftnb. 

2)a8  (Snbe  ber  !]8fablbautenfultur  ifi 
nidbt  minber  rätfel^aft  mie  ibr  5lnfang. 
SDßabrfdbeintidb  fanb  ein  aümä^Iidbe«  unb 
friebli^eö  93ertajfcn  fiatt,  nadbbem  bie  ißcr-- 
bältniffe  ein  SBobnen  auf  bem  trocfenen 
ßanbe  tt)ünfdbenön?erter  gemadbt  Ratten. 

©änjlicb  im  Dunfeln  liegt  bie  et^no* 
grap^ifc^e  Kenntnis  beö  ^fablbauten» 
Sotfeö.  3Jlan  meiß  Weber  mie  meit  bie 
fogenannten  ©tein*,  33roncc=  unb  ®ifen=^ 
jiationen  auäeinaberliegen,  nodb  »eldbcm 
23otf  überl)aupt  biefe  Qtnjteblungen  ange* 
boren;  barf  man  für  bie  jüngficn  berfclben 
auf  Kelten  fdblicßen,  fo  iji  bodE)  bödbft  auf* 
falienb,  ia^  fein  einjigcr  römifdbcr  ©dbrift* 
fieüer  ibrer  erwäbnt,  jumal  ia  in  Oberitalien 
felber  fold^e  Stieberlaffungen  nac^gewiefen 
morben  ftnb.  3)ie  ^auptqueOe  für  biefe 
©rfdbeinung  finb  bie  jablreic^en,  in  ben 
iKitteilungen  ber  3üricber  antiquarifdben 
®efellf(^aft  crfc^ienenen  ©erid^te  Dr.  ^er* 
binanb  Kellerö;  bie  ^auptfammlung 
»on  ©egenjiänbcn  ebenfalls  biejenige  ber* 
fclben  ®efellfd)aft  in  Süridf).  95gl.  bie 
3ufammenftenung  in  93aer  unb  ^ell» 
malb,  5Der  Dorgef(^idf)tlicbe  SDtcnfdb,  Selp« 
jig,  1S74,  @.  210-260. 

^fafllbürgcr,  m^b.  phälbnrgaere ,  jtnb 
außer  ber  ©tabt  auf  bem  ßanbe  Icbenbe 
|)errcn,  JRittcr,  «ßrälaten  ober  gemeine  gteie, 
meldbe  i>ai  93ürgerrecbt  einer  ©tabt  erbal« 
ten  baben;  fte  mußten  ber  le^tern  burdb  93ei* 
^ülfc  in  ibren  gebben,  burc^  Seberbergung 
ibrer  reifenben  93oten  u.  bergl.  bcifieben, 
genoffen  aber  bafür  ben  ©dbu^  ber  ©tabt, 
ben  ©eridbt^jianb  in  berfclben,  ben  freien 
9tbfa^  ibrer  ©rjeugniffe  unb  anbcre  ißor* 
teile.  Srji  im  15.  ^abi^unbert  gelang  e^ 
ben  burd^  tai  ^fablbürgcrtum  gef(^äbigten 
ßanbe^b^tn,  unter  ^Diitbülfc  ber  !Rei(^^ge* 
fe|e  biefe  ©inridbtung  ju  unterbrüdten. 

^faljgraf,  comes  palatü,  ®raf  iti 
fönigli(^en  $alafie^  ober  ber  fönigli^en 
<Pfalj,  ifi  f(^on  unter  ben  aJJerooingern 
bem  Könige  bei  ber  Qluöübung  feiner 
böbern  ®eridE)t^barfeit  jugeorbnet.  Unter 
Karl  unb  feinen  iWacbfolgern  battc  er  bie 
obere  Seitung  alle*  bcffen,  toaö  mit  ber 
föniglidben  (Seridbtäbarfeit  jufammenbing; 
©ad^en  geringerer  *Pcrfonen  madf)tc  er  für 


554 


<8farrer  —  «Pferö. 


fic^  ab,  tt)ät)icnb  'Ilngelcgcnbeit  angcfcficner 
ÜJJänner  bem  Könige  Dorbe^alten  blieben. 
2!Bat)tf(i)einlicfe  lag  if)m  aüä)  bie  Soü« 
firedung  bet  ©crid^tSutteile  bc*  föniglidien 
©etic^tä^ofc^  ob.  9la^  bem  Sluöjierben 
bet  ÄoroUngct  fd^cint  biefea  ältere  3lmt 
aufge^iört  ju  l)aben;  bagegen  »erben  feit 
Dtto  I.  neuerbing«  $faljgrafen,  comites 
palatini,  in  anberer  Stellung  genannt, 
beren  *ebeutung  fet)r  im  2>unfein  liegt. 
SD^an  finbet  fie  in  Sapcrn,  ®Q(i)fen,  Sotb= 
ringen  unb  <g(ä)mabcn,  tt)o  fte  überall  ju 
ben  ©rafen  gered)net  trcrben ,  anii  eine 
bejiimmte  ^errfc^aft  inne  l)aben;  anbere 
^faljgrafcn  aU  biefe  Pier  genannten,  bie 
ben  alten  ©tammejilierjogtümern  mU 
fpred^en,  bat  eä  nie  gegeben.  Db  e^  jtd) 
bei  ihrer  (Sinfe^ung  barum  Ijanbelte,  ben 
.^crjogen  ein  gewiffeö  @egengett3i(ä)t  ju 
geben  unb  burd^  fte  bie  eigentlich  fönigs 
liefen  3nt«i^ffffn  i»al)rne^men  jn  laffen, 
ifl  nic^t  auögcmad)t.  3"  Sägern  fcbeint 
bie  Söürbe  ber  ^faljgrafen  an  bie  $falj  in 
JRegenöburg  gefnüpft,  in  fiot^ringcn  gab 
bie  93ebeutung  2lac^en^  bem  QJmt  eine 
befonbere  ©ebeutung,  roetd^e  biefcm  fpäter 
ben  erfien  *Vla^  unter  ben  ^faljgrafen  »er- 
fc^affte;  bod)  trat  bie  33eäiet)ung  jur  alten 
.Raiferpfali  fpater  fo  in  ben  ^mtcrgtunb, 
ta^  fein  fpäterer  DJame  [pfaljgraf  »om 
üt^einc  rcurbe;  er  galt  aU  ber  erjie  unter 
ben  fränfifd)en  dürften.  9^adb  bem  6adt)fen- 
fpiegel  war  e^  aU  ein  SRec&t  ber  ^^ütjien 
anertannt,  ba^  fie  bei  bem  *)8fal5grafen  bei 
SRliein,  al«  beö  Äaiferö  oberftem  fteüncr^ 
tretenbcn  iHict)ter,  Älage  gegen  ben  Äaifer 
füt)ren  fonnten.  ^ür  ben  %aü.  feiner  Qlb^ 
iDefenbeit  »on  2)eutfcE)lanb  fonnte  ber^önig 
t>ai  Stic^teramt  über  bie  gürflen  bemfelben 
'jpfaljgrafen  übertragen,  ber  aud^  ben  Söorft^ 
im  gürjiengeric^t,  bai  ©rjtrui^fe^amt,  ba^ 
Dflei^^fitanat  unb  bie  Äurmürbe  befa§. 
2ßic  anbere  gür^entümer,  fo  routben  ou^ 
bie  mit  ber  *)3faljgraffct)aft  uerbunbenen  ^crr= 
f(^aften  mit  ber  ^nt  erblid)  unb  ber  2öert= 
meffer  für  baei  'Unfe^en  unb  bie  93ebeutung 
\i)m  Sräger.  35er  le^ie  iRcfi  bii  'JBfalj' 
grafcnamte«  f(i)eint  in  ben  »on  ^arl  IV. 
ernannten  ^ofpfaljgrafcn ,  comites  sacri 
palatii,  ju  liegen,  reelle  namentlid)  2)of= 
torcn,  Sicentiaten,  gefrönte  ^oeten,  faifer^ 
licf)e  !)fotatien  freiren ,  une^elidt)e  Äinber 
legitimieren  unb  bau  (Re^t  ber  Ißolljäbrig 
!eit  erteilen  tonnten. 

Pfarrer;  bai  2!ßort  iji  eine  Qlbleitung 
t)on  „bie  'iifarre,  Pfarrei",  melcbed  feiner= 
feitö  oon  fir*l.=lat.  parochia  =  Sprengel 
eine«  j  iöifi^of«^    fommt;    ber    griec^if^e 


@tamm  naQoixia  bebeutet  utfprüngli*  ba^ 
aBot)nen  an  einem  Drt  aH  ^tember,  fpäter 
äifc^of^fprengel,  gleid^fam  Sei«  ober  Um^ 
n)ol)nung  eineö  Sifdbof«.  5Die  6ntftel)ung 
bti  Pfarramtes  liegt  in  ber  ©rrtd^tung 
(^rifilid)cr  ©emeinben  auf  bem  fianbe,  über 
meldte  uon  bem  in  ber  ©tabt  mirfenben 
©ifd^of  fiäbtifdt)c  ^resbpter  gefegt  würben. 
35er  Siame  biefer  Älcrifer  tt>ar  presbyter, 
j.  %.  mit  bem  3"f<'^«  parocManus  ober 
parochialis;  alö  Sor^e^cr  einer  Ocmeinbe. 
plebs,  f)ei§t  er  plebanus,  mf)b.  liutpriester. 
meldber  iJiame  jmar  meifi  nur  ben  ülrdbis 
preöbi)tern  jufommt,  beren  Äirdben  ba^ 
Jaufredjt  befi^en;  anbere  Dflamen  finb 
rector  (ecclesiae),  pastor,  cnratus,  b.  b. 
mit  einem  Sßenepjium  oerfeben,  persona 
ecclesiae.  3"  ^6"  altern  $aro(^ialfitdben 
ober  Sauffircben  traten  im  9[Rittclalter 
*Prit>atfircben  auf  ben  ©ütern  ber  (Srunb* 
berrn,  oratoria,  capellae,  in  »eldbcn  bloS 
SOJeffe  gelcfen,  aber  ni^t  getauft  »urbe; 
bod)  erboben  ftdb  üiele  berfelben  mit  ber 
3eit  JU  »irflidben  *t5farrfirci)en. 

Pciffcrgcrii^t,  f.  Äönig  ber  Spiel* 
l  e  u  t  e. 

Pfennig,  fxcbc  ÜWünjen. 

^ferb.  35ie  9tacc  ber  alten  gaüifdben 
unb  germanifdben  ^ferbe  fdbilbert  ßäfar 
a\i  bäglidb  unb  Hein,  bodb  bauertjaft.  @r 
bcmerft  bierbei  aucb,  ba'^  fte  obne  Sattel 
unb  oft  nidbt  im  ®efedbt  felbfi  geritten 
»orbcn;  bie  (Reiter  fprangen  ab,  tämpften 
JU  gu§  unb  febrten  bann  ju  ben  SRoffen 
jurücf,  bie  gewobnt  »aren,  injmif^en  am 
*pia^e  jiitl  JU  ^eben.  2)ieS  änberte  ftdb 
jebocb  balb  unb  jmar  in  bem  50ta§e,  als 
bie  93ebeutung  berijteiterei  imÄriege  mudbe. 
Sd)on  im  5.  ^ab^bunbert  ftnb  bie  *Pferbe 
bei  ben  Surgunbern  unb  Jbüringern  febr 
oerebelt  unb  bie  Qldbtung,  bie  bai  $ferb 
geno§  unb  fein  üßcrt  erbeüen  auS  mancfcer 
2^erorbnung.  fpferbebiebfiabl  mürbe  bei 
ben  ^acbfen  mit-  bem  3;oBe  befiraft.  S)ie 
meinen  Q3ferbe  maren  bie  gefcbä^tefien. 
.Könige  jogcn  auf  folcben  ein  unb  teilten 
auf  biefen  ft^enb  bie  ßeben  auS.  ffleif 
wie  ein  Sdbtnan,  wie  Sdbnee,  mie  ^erme= 
lin  (harmblanc)  ftnb  oft  micberfeörenbe 
*}luSbrüdEe.  5ludb  rabenfdbmarje  ^Pferbe 
waren  beliebt. 

35te  attgemeinc  Sejeidbnung  für  (Pferb 
ift  SRo§  a^b.  hros,  ros,  equus,  caballus, 
jamentum,  marah;  notb.  mar,  meri,  agf. 
maere,  mere,  eqna;  ober  aucb  pberit, 
poledrns,  vilis  equus,  parafrid,  para- 
fredns,  paraveredas,  veredarius;  mbb. 
ros,  ors,   march,  marc,   pfaerit,   phaerit, 


^Jfetbetüfiurtj. 


555 


pfaert,  merhe,  meriche,  equa.  S)ie  «Sprat^e 
ifi  nid)t  fonfequcnt  in  biefen  i8cjcid)nungcn. 
3m  Solföepod  überroiegt  bct  5lu«btu<J 
marc  im  ©inne  Bon  ©trcitro§,  ba<J  fonjl 
in  ber  SRcgel  ors  ober  kastelän  genannt 
wirb,  momit  öieücid^t  anfänglich  bic  flaf« 
fif(f)e  Sdacc,  fpäter  aber  überl)aupt  baö  cble 
®treitro§  benannt  wirb  im  (Scgenfa^  sum 
f(ä)drf,  Klepper,  bcm  SJJebcnpferb.  Zelter, 
^iSa^giinger,  I)ie§  ein  *]3fcrb  mit  fanftcr 
Gangart,  ein  ^rauenpferb.  S)ag  runzit 
iji  ein  Älepper  non  geringerer  Qualität, 
ber  pd)|lenö  üon  25ienern  unb  knappen 
jum  SHeiten  benu^t  mirb.  Der  ütenner 
l)ei§t  ravit,  ein  fraftlofeä,  jlolpernbc?,  liin= 
fcnbeö  ipferb  Ärarfe  ober  gurre.  2)ie 
jnmente,  «Stute,  ifi  ein  »eniggefc^öhteä 
Safttier,  tat,  nur  von  acuten  geringen 
©tanbcä  geritten,  nieift  aber  für  ben  Darren 
ycrmenbet  roirb.  S)ie  sonmaere,  at;b.  san- 
mari,  soumari,  sonmare,  somare,  somere, 
soumar,  burdo  trug  auf  ben  fc^lec^ten 
©aumpfabcn  bie  souroschrin,  leitschrin, 
worin  bie  (äffeften  »erpacft  waren,  in 
meiere  Qlrbeit  ftd)  aud)  ber  SWaulefel, 
mül,  tat.  malus,  at)b.  mül,  mulas,  mülin, 
mnla,  teilte,  ber  böd)Penä  non  ^riePern 
unb  ^'^öiifn  jui"  ^Reiten  benu^t  mürbe. 
93gl.  l)eilige  Jiere  unb  Opfer. 
yiaä)  San-Marte,  SBaffenfunbe. 
?ßferbcriiftung.  I)ie  lauärüjlung  be« 
©treitroffe«  bält  ungefät)r  gleichen  ©cbritt 
mit  ber  "Musrüjtung  beä  SOianneö.  ÜDaö 
|)ufeifen,  ber  iserkolzen  be«  ^ferbeö  ift 
lange  3^^^  ff'"  cinjiger  @d)U^;  biefe^ 
bagcgen  ifi  naä)  gcmacbten  j^""^«"  h^ 
fc^lie§en  fcf)ou  recftt  alt.  ißon  einer  Q3e= 
panjerung  beö  ganjen  2:iere§  mei^  t>ai 
Beownlfslied  noct)  nicE)tö  unb  auf  berlapete 
»on  Beyeux  nod)  treten  fdmtlid^e  $ferbe 
bloö  auf.  ^Dagegen  ermähnen  anbere®(^rifti 
fieOer  beö  ^ferbepanjer^  fd)on  im  9.  ^a\)X' 
f)unbert. 

2)ie  kovertinre,  daz  pfertkleit,  bie 
S)ecfe,  mar  entmeber  eine  ©taatäbecfe  ßon 
foftbaren  S^US^"  ^^^^  f^"^  iJBaffenbedfe. 
^uf  ben  Silbern  finben  mir  in  ber  iRegel 
junäd)fi  unter  bem  ©attel  ober  fo  über 
bem  Sattel,  ta'^  bie  «Sattelbogen  burd) 
Öffnungen  frei  ^er»orfiel)en,  eine  Heinere 
5)ecfe,  unferer  t)eutigen  <S(^abracfe  ent« 
fpredjenb.  Sei  bem  SBcgfatI  genügte,  5U= 
mal  bei  Jrauenpferben,  eine  gro§e,  fofi» 
bare,  faft  baö  ganje  ^ferb  um£)üüenbe 
iDede.  aBar  tai  9io§  nod)  mit  einer  ^anjer; 
bede  bemebrt,  fo  lag  biefe  2Bappenbede 
»on  cblen  «Stoffen  über  jener  unb  bebedte 
^alö  unb  ^opf,  bod)  mit  au^gefd&nittcnen 


Qtugenlödiern  unb  j^rcilaffung  be«  ÜJlaule*, 
ferner  ben  ganjen  Äörper  bc«  Jtoffe«  bi^ 
ju  ben  Äniecn,  ja  bxi  jum  ^uf  unb  über 
bic  Äruppe  l)inmegTeid)enb.  S)iefe  25ecfen 
trugen  reichen  @d)mud,  oft  tai  oielfadi 
aufgetragene  ffiappen  be*  J^errn. 

üDic  eigentliche  'Panjerbedc  be^  ^ferbe«, 
bie  kovertinre,  ifi  jüngerer  Qiit;  fie  be» 
\tii}t  erjtlid)  aus  JRingen  unb  in  ber  55olge; 
jeit  fo  meit  tt)unlid)  ouä  6d)ienen  unb 
platten,  ^m  11.  ^''t'iff'unbert  gebt  fte 
über  ia^  ganjc  9io§  unb  lä^t  nur  bie 
©eine  frei;  im  12.  unb  13.  bebedt  fte 
aui)  biefe  unb  mirb  oft  fefer  fd)VPcr,  foba§ 
fte  mo^l  mel)r  bem  Surnier  als  ber  ^elbs 
fd)lac6t  gebient  baben  mag.  S)en  ^opf* 
fd)U^  bilbet  ba^  tehtier,  afr.  testiere, 
tetiere,  amure  de  fer,  proo.  unb  it.  testiera, 
frontalia,  testina.  Sie  befianö  aus  Gifen« 
blcd)cn,  mel^e  ben  S^äbel  beö  'Jiferbe« 
belmartig  bebedten,  boi^  ßö^er  für  bic 
klugen  unb  Obren  Ratten  unb  benen  ftd) 
bie  ^alö  unb  'Jiaden  fd)ü^enben  'Platten 
anfc^loffen.  3m  ©tirnble^  tledten  Dicit)er* 
febern  ober  anbere  ©d)mudgegenfiänbe.  Die 
©ruf!  bedtc  bn^  Sßruflfiüd,  bie  Sorberbüge 
unb  nad^  t)inten  folgten  bie  55l«Jntenflüdc, 
bie  ©ruppen»  ober  Öcubenpanjcr,  ^inter^ 
teilj!üd  unb  Scfcmanjrtemenpanäcr,  nad) 
unten  bie  gegtieberten  ©einfd)ienen.  ^lÜeä 
mar  burd^  oicle  JRiemen  unb  ©(^naüen 
3ufammengcl)alten  unb  im  furnier  mit  ber 
biö  auf  bic  ^ufe  beä  Siercs  reid)enbcn 
@tcd)bedcn  belegt.  (S«  galt  übrigen« 
allgemein  aU  unritterlid^ ,  im  lurniere 
ba'^  *?ferb  bc^  ®egner^  ju  nerle^en,  mcs« 
Wegen  bic  ganjc  foftbarc  5lu3rüftung  ber= 
felben  mcbr  jur  ^rad)t,  aU  jum  Scftufe 
gcfc^al). 

yiaä)  San-Marte,  SBaffcnfunbc. 

SReitjeug  ober  (Sereite  ijl  ber  atl= 
gemeine  lluäbrud  für  tai  gefamtc  «Sat« 
tel=,  3>^'™=  ^^^  SRicmenjeug,  t>a9  jur 
^luärüjiung  eine«  SReitpferbe«!  gebort;  bod) 
mirb  im  engeren  Sinne  aud)  ein  einzelner 
leil  fo  benannt. 

(Sineä  Sattclä  bebienten  bie  alten 
(Scrmancn  ftd)  nid)t;  fte  fprangen  Por  Sc« 
ginn  be^  Äampfe«  oom  *Pferbe  unb  tämpf* 
ten  ju  %ü^,  maö  überhaupt  bcutfd)c  Sitte 
blieb  bi^  auf  Äarl  b.  ®.,  ber  bie  Steiterei 
bob  unb  uon  ii>x  Dcrlangte,  ta^  fte  „nad& 
Sitte  ber  ^rnnfen"  ju  $fcrbc  fämpfen  foH. 
35od)  mar  Der  Sattel  (sedilia)  fc^on  unter 
ben  ÜRcromingcrn  allgemein  in  (Sebraud). 
3)a«  Beownlfslied  nennt  ibn  ^eerfefTet 
unb  rebct  oon  funfireicfeem  unb  präd)tigem 


556 


$f)i)ftoIo9ug  —  (l?Iapfart. 


©d^mucfreerf  an  Sattel,  3auin  unt'  9^'«* 
mcnjeug. 

SBie  für  bic  (5ntn)t(flung  bcr  SBaffcn 
unb  Qlu^rüfiungen,  fo  anä)  für  bic  ber 
Sattel,  roat  tai  Surnier  fon  größtem 
©inftu^.  jDxc  bcibcn  Sattelbogen  würben 
bctrdd^tli^  »crgrö^ert,  teilweife  jur  (S-x- 
jielung  eineö  fefien  Si^eö,  rae^r  aber  jum 
@^u^  gegen  ben  Sto^  ber  öanjc.  (5^ 
gcf^a^  tai  jwar  meiji  auf  hoffen  ber 
freien  iBcrcegung.  3"^  15-  S^^i^un^ert 
erreid)tcn  bie  Slurnierfättel  i^ren  ^ö^ipxxnÜ 
unb  arteten  faji  in  fleine  Teilungen  au^. 
3m  germanifc^cn  löJufeum  ju  0Jürnberg 
mi§t  ein  folti^er  Sattel  3  gu§  in  bie 
^ö|e  unb  iji  mit  befonbcrem  @cf)u^  für 
bie  Seine  cerfe^en.  Unter  bem  Sattel  ifi 
ia^  panel,  tai  Satt  elf  iffen,  ia^  biefcr 
i'üi  (Pferb  nic^t  brüctt  (daz  ez  daz  phaert 
niht  zebrach).  S)er  SBrujiriemen,  bic 
ftirbuoge,  wirb  aud)  antena,  antela,  an- 
tella  genannt,  welcf)c  Benennung  bei  an« 
bem  ben  Sattelbogen,  ^ßaufd^en,  jufommt. 
(Sr  mufte  ben  Sattel  in  I)orijontalcr  9iic^» 
tung  fcji^altcn  unb  war  ba|er  fef)r  fiarf, 
um  bem  JHitter  bei  jeglicf)em  QtnpraH  bie 
nötige  Stü^c  ju  gewähren.  SDcrSnud)* 
ricmen,  SJarmgürtel,  darmgnrtele,  ^ielt 
ben  Sattel  nad)  unten  fefi.  t)8la^tc  er, 
fo  flogen  beim  ßanjcnrennen  2Rann  unb 
Sattel  rüdwärtö  in  ben  Sanb.  Der 
Sdiwanjricmen  (5tfterreif)  entfprid^t 
bem  Srufiriemen,  fobaf  biefcr  ben  Sattel 
gegen  i>a%  iBor«,  ber  anbere  gegen  't)ai 
9flü(fwärtörutfd)en  fcf)ü^t.  SDie  Steig« 
Bügel  gaben  bem  SReiter  beim  Si^en 
einen  fcjiern  ^alt  unb  bienten  jugleid^ 
beim  Slb^  unb  3luf|leigen  jur  33equemlicb= 
feit.  SWan  unterfd)eibet  ben  93ügel  felbfi, 
ben  Stegreif,  unb  tai  Steigleber,  ben 
Stiemen,  an  bem  crfierer  f)ängt.  ^Jrauen 
bcbienten  ftd)  jum  5luffieigcn  eine^  Sc^e« 
mel^  ober  |>ebeeifen^. 

Daz  hebisen  ich  dar  truoc. 
Si  sprach,  ir  sit  niht  starc  gennoc, 
Ir  mügt  mich  abe  geheben  niht. 
S)ie  Sßügel  ftnb  oft  fel)r  föftlid)  naä) 
Stoff   unb    Qtrbeit.     S)em    auffieigcnben 
^errn  bie  Steigbügel  \)alkn  ifi  ein  3eic^en 
fc^ulbiger  Unterwürfigfeit,  ffc  füffcn,  »on 
friccfienbcr  Demut. 

Daei  ßflumjeug  ber  Otiten  War  in 
feinen  Seilen  bem  jc^igen  jiemli(J)  gleicf). 
©loffen  bee  12.  3al)t^unbertö  i'd^Un  auf: 
Frenum,  britel,  ß^um;  chamus,  cham- 
britel,  OTaulf orb ;  salivare,  gebiz,  Jrenfc; 
submentile,  chinneraif,  Äinnfcttc;  capi- 
strum,  helftera,  halftra,  halfeter,  §  a  l  f  t  c  r. 


Settern  ifi  i>ai  JHiemenjeug  um  Stirn, 
Obren,  iBatfen  unb  ÜJiaul  beö  fpferbeä,  bie 
Irenfe  ifi  con  (Sifcn,  Staf)l  ober  nac^ 
Dichtern  aud^  non  Silber,  ber  3<ium, 
ani  einfai^cn  JRicmcn  befie^cnb,  perwan» 
belt  fic^  bei  feierlid^en  Olnlöffen  in  breite, 
fofibare  Sorten  mit  S(Retallfcf)eiben,  fofis 
barem  S^mud  unb  flingenben  Sd^ellen. 
Oft  wirb  aud^  bic  Ranbare  erwähnt, 
bic  furjc  JRcitfiange  am  ®ebi^,  mit  gc* 
bogenen  ober  geraben  Sd^enfcln,  wcl^c 
burcf)  empfinbli eueren  Drud  auf  bie  S^n%t 
auä)  unlenffamere  Siere  jum  ®el)orfam 
jWang.    {^taä)  San-Marte,  Sffiaffenfunbe.) 

5Pöl)fiologu§  ^eitt  eine  im  3Diitteloltcr 
latcinifc^  unb  beutf^,  in  $rofa  unb  in  93er= 
fen  mebrfad)  bearbeitete  Deutung  mpt^ifd^et 
Jierc  auf  ßfirifiu^  unb  ben  j'cufel. 

^Pitfclöcring,  au^  qsidelliäring  gefd)rics 
ben,  cigentlid)  ein  in  ^öM  liegenber  ober 
gelegener  ficring  ifi  aU  fRame  be^  ßufiig«^ 
mac^cr^  in  ber  Äomöbic  burc^  bie  eng? 
lifd)en  ©d)aufpicler  im  erfien  SSiertel  be^ 
17.  3a^i^un^ertä  bei  un^  eingeführt,  aui 
englifd)  pickleherring  pon  ber  oben  an» 
gegebenen  Sebeutung.  Da§  SBort  bürftc 
ben  magern  Starren  gegenüber  |>anöwur^ 
bem  geilten  bejeid)nen. 

^Piftolcn  Witt  man  al^  „Sd)lüffelbüd)fcn" 
»on  einer  Spanne  Ödngc  bereite  um  1364 
in  Italien  gefannt  ^aben,  bie  ju  (Snbe 
beö  15.  3fll'i^f'un''ertö  in  Pistoja  bur^ 
Einbringung  eineö  8untenf(^loffeö  bebeu« 
tcnbe  Serbefferungen  erfahren  ^aben  follcn. 
Die  genannte  Stabt  will  ber  fpdter  nament* 
lid)  bei  bcr  (Reiterei  beliebten  SZÖaffc  ben 
SRamen  gegeben  ^abcn.  3m  ÜRufcum  ju 
Sigmaringen  wirb  eine  ficbenldufige  $ifiolc 
gejeigt,  bie  bem  16.  3al)r^unbert  angehören 
foü.  5m  17.  3t^^i^^unt>ert  mad)te  man 
SÜRörferpifiolen  mit  fe^r  weitem  Sauf. 

?IaMart,  qSlapfarter,  qsiappert,  ^ci^t 
ein  ebcmaligcr  urfprünglid)  auölänbij^($er 
Ditfpfennig  ober  ©rofc^  t>on  ni^t  öötlig 
3  Äreujcrn;  eö  werben  genannt  alte  *piapps 
farter  ober  be^cimif(^e  ®rofd),  gute  *pi., 
.Rreujpl.,Äreuäcrpl. ;  ber  gcjiempft  Selieimfc^, 
ber  befie,  ber  mitterc  unb  ber  le^er  '^l., 
ber  18et)eimifd)  in  bcr  ©emeinc  (96  Stücf 
auö  8V2  80t  2  gl.  fein  Silber)  ju  93/33  dn. 
fd^warä;  bann  iD^aptanber  Sd)langcn=*pi., 
®roffcn=!]3l.,  SRüni^ncr,  Saljburger,  des 
genöburger  unb  äjJontforter  (piapfarte, 
94  Stüd  au^  7  Sot  3  gl.  dn.  fein  Silber 
gcprdgt;  3?appen  =  *t!l.  Der  9?ame  fc^eint 
auö  franj.  blafard  =  bleid)  entficKt,  wcl« 
d)e^  feincrfeitö  auö  abi.  pleihfaro,  b.  i. 
bleid)farben  fiammen  foU;  bic  SPiünjc  wäre 


^platte  —  oranger. 


557 


alfo,  wie  hex  SBeifpfennig,  »on  ber  %axii 
bcö  ©ilberä  benannt.  (23erir[}tigung:  «Statt 
^Plapfart,  «piapfarter  licö:  ^lapi^axt,  qjla* 
pl)axtix  :c.) 

platte,  5ßlnttcnrüftunß.  ©ie^c  b.  5lit. 
^arnifc^. 

^oiteraficnö,  b.  t.  eine  Sorfeier  ber 
^oc^jeit  am  Sorabenbe  berfelben,  mirb  erjt 
fett  bcm  ©nbe  beö  SfJiittelaltevö  ctmii^nt; 
in  ßeipjig  Ijeift  fte  bie  9'{ammelnad)t.  3n 
manchen  ©egenben  f)ei§t  eine  ä^nlic^c  93or« 
feier  Äranjclabenb  ober  Äranjelbinbabcnb. 

5)5iinitcnttflI6ü^er*  S)aö  «uiraefen  ift 
auf  griedf)ifd}er  ©runbtage  junai^ft  in  ber 
britifd)en  unb  irifctien  Äird^c  auägebilbet 
rcorben,  baf)er  a\i^  fiier  bie  erften  5(n= 
Reifungen  jur  SSeriraltung  beäfelben  ent? 
ftanben  ftnb,  libri  poenitentiales,  poeni- 
tentialia.  3i^iff^£  SDMfftonare,  tt)ie  Votums 
ban,  »erpfianjten  bicfeö  3"fiitut  in  bie 
fränfifd^e  Äirc^e.  ^Daneben  rcurbe  t>ai^ 
felbe  lebhaft  in  ber  angel[ä(^fif(^en  5lircf)e 
gepflegt,  voo  unter  ben  Sfiamen  be§  'ideta 
ißcnerabiliö,  gej!.  735,  unb  bcö  Sgbert 
non  2)orf ,  geft.  767,  verfaßte  93cic^tbüdE)er 
im  ©cbraudbe  h)aren.  2(ud)  eon  l)icr  auä 
ttjurbc  bie  23u§biäjiplin  im  granfenreicE) 
beeinflußt;  befannt  unter  ben  fränEifd)en 
93upü(f)ern  ifi  befonberö  baöjenige  bcö 
Ehabanus. 

5PortUmcitIa=9l6Ifl^  beift  ber  SIblaß,  ben 
*Papp  ^onoriuä  m.  1233  bem  ^ranji^^ 
fanerorben  für  aKe  bicjcnigen  erteilte,  welcfje 
am  2.  Slugull:  in  ber  ^irc^e  ju  ^Portiuncula 
i^re  Slnbac^t  »errichten  würben.  Q3ei 
bicfer  ^ircbe  §atte  f\ä)  nämlid^  O^ranj 
»on  51ffift  mit  feinen  Drbenöbrübern  nie- 
bcrgelaffen,  unb  in  biefer  Äircbe  fei  i^m 
ber  $err  erfdbienen  unb  l)ahi  i^m  erlaubt, 
ftd)  jum  SBcfien  ber  3!Kenfd)t)eit  eine  ©nabe 
ju  erbitten;  ttjorauf  '^xan^  eben  ben  51bla§ 
ftä)  erbeten,  2)er  5lbla§  njurbe  fpäter  nac^ 
Derfc^iebcnen  Seiten  t)in  ermeitcrt  unb  ift 
nodb  in  Übung. 

«ßrämonftratcnfcr  ^eißt  ber  »on  «Nor- 
bert im  12.  3at)r^unbert  gefiiftete  Drben 
Don  6|)or^errn,  welcher  unter  bie  refor^ 
mierten  jtlojterfliftungen  beö  11.  unb 
12.  3a^r^unbertä  geprt.  9torbert  )t)ar 
ein  Äanonifer  »on  »ornepmer  iMbfunft, 
geboren  in  3Eanten,  ber  in  angcfe^ener 
©teüung  am  ^ofe  lebte,  »ertraubt  mit 
^einrid^  V.  ^lö^lic^  entfc^Iof  er  fid) 
(1115)  ber  2Belt  ju  cntfagen;  ein  93Ii^» 
jiral)l,  ber  i{)n  betäubte,  befiärfte  i^n  in 
feinem  93orfa^,  unb  er  nal)m  ju  ©icgburg 
bog  üJJöndbötleib  an,  of)ne  boc^  eigentlich 
in  ben  Drben  einäutreten.    SSielmc^r  ging 


er  um^er  unb  prebigte,  «»o^u  er  fi(^  t»om 
$apfie  ©elaftuä  eine  förmliche  33o[Imad)t 
auömirfte;  befonberö  ließ  er  eö  fi^  anges 
legen  fein,  bie  5a[)nofen  ^tbben,  »eldje 
bamalö  ^wnfreid)  lüie  SDeutfd^lanb  erfüll* 
ten,  beijölegen  unb  ^rieben  ju  fiiften. 
3m  folgenben  Ja^re  ließ  er  ftc^  »on 
feinem  §reunbc,  bem  SSifd^of  t>on  8aon 
bewegen,  bauernb  in  bef|"eu  «Sprengel  ftd) 
nieberjulaffcn;  in  unwirtlicher,  fumpfiger 
®egenb  grünbete  er  1121  haii  Älojler 
$remontre  (Praemonstratum)  nac^  ber 
JHeget  beö  l)eiligen  ?tugufiinuö  (ftebc  Äa= 
nonifer),  bie  er  burd^  prengere  33efiim= 
mungen  f(ä)ärfte.  2>ie  Erwerbung  »on 
Äappenberg  in  SBeftfalen  für  ben  Drben 
füt)rte  9'iorbert  wiebcr  häufiger  na^  2)eutfc^= 
lanb;  mit  bemSrjbifc^of  griebric^  »onÄöln, 
ber  i^n  jum  $riefter  gemeiljt  |atte,  war 
er  na^e  befreunbet.  Salb  gewann  er  aucft 
großen  (Einfluß  auf  Äaifer  ßotbar,  ber 
ijJorbertö  SBa^l  jum  ©rjbifc^of  ber  fe^r 
»cvwilberten  unb  oerwa^rlojien  ÜJlagbe» 
burger  .$?ird)e  bewirfte,  eine  Stellung,  jü 
ber  feine  übertriebene  mönc^ifcfje  5läfefe 
il)n  feineöWegö  geeignet  machte.  (£r  crfuljr 
bort  ben  Ijartnacfigfien  SBiberfianb  unb 
fonnte  ju  feiner  bebeutenben  SBirffamfeit 
gelangen.  6rfl  nac^  feinem  £obe  (1134) 
breitete  ftd^  ber  *Prämonfiratenfer=Drben  in 
biefen  ©egenben  weiter  auö  unb  leifiete  »iel 
für  ben  5lnbau  unb  bie  ©ermaniflerung 
ber  flaüifdben  fianbe. 

2)er  Drben  ber  !|}rämonfiratcnfer  um* 
faßte  30  *Pro»in5en  ober  (Sircarien,  benen 
jebeömal  ein  (£ircator  »orfianb.  ^Daneben 
übte  hai  9J{utterflo[ter  gewiffe  SHecf)te  über 
bie  »on  itjm  abgeleiteten  Stiftungen.  S)a^ 
pc£)fie  Qlnfe^n  fiatten  tk  »ier  älteften 
Stiftungen  ^remontre,  St.  9)tartin,  »^toreff 
unb  Guifft),  bie  ba«  iHecl)t  ber  Sifitation 
fämmtlidier  Älöfier  befaßen.  SDer  2lbt 
»on  *Premontre  ^atte  bie  Dbcrieitung  be^ 
Drbenö.  6inc  gewiffe  unabljängige  @tel* 
lung  na^m  bie  fäcf)ftf($e  ßircarie  unter  bem 
?Prob(l  »on  SWagbeburg  unb  bie  fpanifd)c 
Gircarie  ein.  S)ie  Srac^t  beö  Drben«  ifi  weiß 
unb  befief)t  in  Sunica,  Sfapulier,  Äappe 
unb  Saret.  6ö  giebt  auc6  g^rauenflöfier  be^ 
Drbenä.  25ogel  in  §erjogä  OieaUGncpä 
flopäbie;  äßattenbac^,  @efc[)i($töquetlen. 
V,  §.  3;  ^^r.  Söinter,  Sie  «Prämonjira* 
tenfer  beö  12.  3al)rl)unbertä  unb  i&re  Q3e= 
beutung  für  iai  norböfilid^c  SDeutf(^lanb. 
Scriin,   1865. 

^Pranger  nannte  man  ben  Sd^anbpfa^I, 
bie  Staupfäule  ober  ben  Pfeiler,  an  bem 
bie  aSerbrci^er  jur  öffentlichen  33efc^äniung 
36 


558 


qSrcbigt. 


au^geficQt  mutben.  Statt  betfclben  errief« 
tcte  man  au(^  an  einer  ©trafencdEc,  am 
liebficn  beim  9f?at^auö  fclbfi,  ober  autfe  in 
bet  Äircfce  eigene  ^äuSc^en,  ©taup^auö^ 
c^en,  9tarrcn^ug*en  (ftef)e  bort),  wo  bie 
Verurteilten  toermittelji  beö  ^alöeifenö  feft= 
gcbunben  unb  jur6cf)au  auägeftetlt würben, 
oft  mit  einer  Diute  in  ber  ^anb,  beren 
©ebrau^  jebem  SBorüberge^enben  freiftanb. 
^rcbtgt,  beutfci)e.  ©ine  eigentlii^e  *Pre= 
bigt  in  Der  gorm  einer  (Rebe  geiftlid^en 
Sn^altö  gab  eö  im  altbeutfc^en  ßeitraumc 
no^  ni*t;  »ifc^öfe  unb  qBriejler  begnügten 
ftc^,  bcm  23oIfe  beutfc^  abgefaßte  fircf)Iic^e 
Formulare,  «gtüde  beö  bamaligen  Äate  = 
(^i^mug  Borjutragen;  eö  ftnb  mehrere 
für  biefen  3med  »erfaßte  f atect)eti[^e  ^anb^ 
büc^er  auf  unö  gefommen,  j.  93.  auö 
2ßei§enbuTg  unb  ®t.  ©allen,  melcf)e  hai 
SBaterunfer,  hai  apoftolif^c  ©laubenö* 
befenntniö,  ben  fiijmnuö  Sadiariö  (Bene- 
dictus)  am  er».  8uc.  1,  iai  Äantifum 
SWarid  (Magnificat),  t>ai  ?lt^anafrfc^e 
©lauben^beEenntniä,  ein  S8eict)tformuIar 
unb  bie  Jeufelöentfagung,  balb  me^r  balb 
Weniger  tonjldnbig,  entt)alten,  balb  o^ne, 
Balb  miteingeftreuten  furjenörlduterungen. 
2Ö0  fold)c  2luölegungen  be^  ©tauben^  unb 
beö  ©ebeteö  jum  Diu^en  ber  ©emeinbe 
etmaö  breiter  mürben,  galt  eö  fc^on  für 
eine  *]ßrebigt.  fRoc^  bie  faroUngifc^en 
Kapitularien  »erlangen  üon  ben  *Pfarrern 
nidjtä  als  foIc^e©IaubenÖ5unbq3aternofier' 
rcbcn;  bie  Exhortatio  ad  plebem  Chris- 
tianam  (ftcljc  biefen  Qtrt.)  ijt  ein  Syempcl 
boBon.  j)cr  Iateinif(i)e  Ülusbrucf  iji  prae- 
dicare,  altbeutfc^  brediga,  bredigon,  bre- 
digäri,  maä  urfprünglicft  jegli^c  2nittei= 
tung  über  ©ott  unb  göttliche  5Dingc  be* 
jetc^net,  bie  ftcf>  münbUd^  an  eine  gröfere 
üKenge  ricf)tet. 

SDanebcn  |^abcn  ftd^  »ereinjelte  Scifpiele 
ber  in  ber  älteren  Äirc^e  ^oc^gefc^a^ten 
ctgent[id)en  SReben  ert)alten,  für  beren 
^Betrieb  ©regor  b.  ®r.  ein  eigene^  ®efe|= 
bucf),  ben  Liber  pastoralis,  »erfaßt  l)atte. 
3)er  9iame  biefer  ^Prebigt  im  engern  ©inne 
War  sermo,  tractatas,  gried^.  homilia,  ho- 
melia,  omelia;  je  nad)bem  bicfc  it)r  S^ema 
au«  ben  öBangelien,  (Spiftcln  unb  «P[almcn 
nahmen,  für  bie  man  fc^on  frü^  in  ben 
fogenannten  Lectionarien  eine  bcfiimmte 
2öal)l  unb  0{ci^enfoIgc  feftgefe^t  fjatte, 
ober  aus  ben  Heiligenleben  fd)öpften,  unter* 
fd)ieb  man  sermones  de  tempore  unb  ser- 
mones  de  sanctis.  daneben  fd)rieben 
fomo^l  bie  93cnebiftinerregel  als  Stjrobe* 
gangä   regula  canonica  (fxe^e  Äanonifcr) 


nad^   ber  gemeinfamen  9Ra^Ijeit  prcbigt* 
artige  3lnfpra(i)cn   Bor;   ber  !?iame   bafüt 
ift  collatio,  m^b.  coUäzje.     ißon  Sonifaj 
ftnb    nur    15    ©ermoneö    in   lateinifc()er 
©prad)e  erhalten,   Bon  bcnen  jebocft  ac^t 
Weiter  nid)t8  aU  ©laubens*  unb  Seicht' 
reben  frnb;    auc^   bie   übrigen   ftnb  fel)r 
einfach  unb  furj  unb  entlialten  wenig  me^t 
aU  erbauliche  ^arap^rafen  biblifc^er@tüde. 
SRun  war  aber  bas  Stecht  ber  ^ßrebigt  auf 
bie  93ifcf)öfe  eingefc^ränft  worben  unb  ber 
niebern  ©eifllid)feit   nur  gefiattet,   altere 
lateinifc^e  |)omilien  Borjulefen  ober  l)er*    i 
jufagen.    %nx  bie  Sifc^öfe  lief  Karl  b.  ©r.    1 
782  burd)  (Paulus  SJiaconu«  eine  ©amm*    ■ 
tung  Bon  lateinif($en  ißrebigten,  tractatns 
atque    sermones,    auf    alle  @onn«    unb     . 
^ejitage  fertigen,  unb  jieüte  if)ncn  biefelbe    I 
mit    einem    empfe^lenbcn    Otunbfd^rciben    1 
jum  ®ebrau(^c  ju;  fte  enthält  200  «Pre» 
bigten  ber  Äiri^enBäter;  SR^abanu*  SDiau« 
ru^  unb  ^aimo  Bon  Halberjlabt  Beranjials 
teten  balb  nac^^er  ä^nli^e  ©ammelwerfc; 
aber  erft  813   befalil  Äarl  ben  93ifd)öfen, 
bie  ^omilien  Bon  je^t  an  in  ber  SSolf^« 
fprad)e  Borjutragen,  eine  Sßerorbnung,  bie 
jwar   mc^^rmal«   erneuert,    boc^  bi^  jum 
10.  3i^i^unbert  wenig  Sea^tung  fanb. 
(Sine  5tuäna^me  maä)t  eine  in  fäd^ftf(^cr 
©prad^e  erhaltene  ^omilie  93eba'^. 

S)ieienige  ^rebigtform,  bie  Biclme^r 
Borläufig  ber  93ilbung  beö  23olEe«  am 
meiften  entfpra^,  war  biejcnige  ber  3)i(i^« 
tung;  eine  5lrt  $rebigt  iji  ba«  aüiterie* 
renbe  ©ebicfet  iCTufpitli  (fte^e  biefen  5lrt.), 
an  ^rebigten  erinnern  bie  epifc^en  fiieber, 
au5  benen  Dtfrieb^  (SBangelienl)armonic 
beftel)t.  Srft  im  11.  Jabr^unbert  finben 
ftc^  bie  5lnfänge  einer  wirfli^  beutfc^en 
$rebigt,  um  Bon  ta  an  nie  mcl)r  ju  Ber« 
fd)Winben.  @d^on  IRotfer«  Überfc^ung 
unb  Srflärung  ber  *Pfalmen  ftnb  jum 
Seil  beim  ©otteöbienfl  in  bet  Klofierfirc^e 
Borgetragen  worben,  wenn  fte  gleich  in 
einem  fe^r  nü(^tcrncn,  fc^ulmä^igen  ®tt)le 
gehalten  ftnb;  bagcgcn  jeigt  bie  fogenannte 
Samberger  ißeic^trebe,  welcl)e  eine 
(gcbilberung  beö  ^immels  unb  ber  J^öDe 
enthält,  fd^'on  eine  poctifcb  gehobene  2)ars 
jiellungsart,  unb  au^  bemfelben  ll.^a^v 
^unbert,  bcm  biefeö  genannte  ©tücE  angc« 
l;ört,  bat  man  auc^  bie  er|ie  ©ammlung 
beutfd^er  $rebigtcn,  bie  fogenannten  5tm» 
brafer  qjrebtgten  (ÜRüHen^off  unb 
©c^eerer,  2)enfmäler,  0Jro.  86);  fte  ftnb 
bem  ©ebanfengel)alte  nac^  auö  ©rcgot^ 
b.  ©r.  ^omilien  entnommen;  in  gemäßigt 
einfacher  Haltung    ber  SRebe   begleiten  fc 


qSrebigt. 


559 


bie  3;ejte  t>on  @d;ntt  ju  «Schritt  mit  er* 
baulid^er  Qlu^Icgung,  wobii  bie  S!)?etl^obe 
burdjgangig  bie  feit  ben  ^ir^entiätern 
üblid^e  atlegorifci^e  ijJ.  SDie  con  je^t  an 
immer  neu  entfie^enben$rebigt[ammlungen 
ftnb  junä(i)fi  ^anbbücber  für  $riefler,  jum 
Seil  gerabeju  *13rebigtformulare,  unb  fdimers 
lic^  in  if)rer  ®cfamtl;eit  »virflic^  ge^ialtene 
$rebigtcn.  SBon  großer  SZBirfung  voax  auf 
biefem  ©ebicte  namentlich  bie  lateinifc^c 
*ßrebigtfammlung,  Speculum  ecclesiae,  be^ 
Honorius  Augustodunensis  (oon  Autan), 
ainfang  beö  12.  3a{)r^unbertö,  bie  nielfad) 
für  beutfcE)e  ^rebigtcn  üJJuficr  geliefert  ^at. 
a3orIäufig  bleibt  noc^  bie  in  ben  alten 
Sermonen  ju  DJecfjt  befle^enbe  ^rebigtnjeife 
in  Äraft ;  bie  Sermones  de  sanctis  pflegen 
aug  einer  furjenerjü^iung  mit  angehängter 
erbaulicher  Srma^nung  ju  be)lel)en;  an 
ber  ©pi^e  ber  Sermones  de  tempore  fte^t 
in  ber  JRegel  bie  «Perifope,  juerji  lateinif^, 
bann  in  beutfdE)er  llmf(^reibung;  biefcr 
Slejrt  mirb  bann  in  ber  Söeife  ber  |iomilie, 
olme  ta^  juerjl  ein  einheitliche«  ©d)cma 
barauö  abgeleitet  mürbe,  ©lieb  für  ®lieb 
belef)renb  unb  erbaulich  aufgelegt  unb  an* 
gemenbet.  2)en  ®d)lu§  bilbet  eine  aüge* 
mein  gehaltene  (Ermahnung  unb  ein  fur^er 
®ebetruf  um  ben  ©egen  ©otteö.  3n  ber 
allegorifc^en  aWetl;obe  ijl  nunmel;r  gegen 
früher  bie  SBeränberung  eingetreten,  ta^ 
bie  S^atfac^en  ber  et>angelifd)en  ®efd)ic^tc 
felbfi  nicf)t  mc^r  ftjmboUfd^  gemenbet 
werben;  t)iclmel)r  bleiben  fte  in  i^rcr  erfien 
unb  eigentlidien  Sebeutung  jle^cn,  eä  ttjirb 
it)nen  aber  etma«  anbcreö  als  fte  abfpie* 
gclnbcö  Spmbol  anbie©eite  gefieüt;  biefe 
©innbilber  aber  ftnb  entmeber  natürlid^e 
SDinge  ober  Sreigniffe  unb  qSerfonen  beS 
alten  Sejiomenteä,  meiere«  al«2t)puö  unb 
S3oral)nung  beä  neuen  Sej^amenteä  aufge* 
fü^rt  ju  merben  pflegte.  SWebr  aU  bie 
bogmatifc^e  Seite  liegt  biefen  *Prebigten  bie 
Set^ätigung  be«  ©laubenä  burc^  SBanbel 
unb  aBerte  am  |)erjen,  mobei  bie  et^ifc^en 
gorberungen  fe^r  ben  ®eijt  alttefiament* 
lieber  ®efe^e«firenge  tragen.  6inb  bie  *Pre' 
bigten  überhaupt  mit  ber  3eit  auöfü^rlic^er 
geworben,  fo  gemö^nt  man  fid^  feit  bem 
12.  3atn"^unbert  an  bie  ®infc^altung  turjer 
®efd)id)ten,  ßegenbcn,  Qlnefboten,  nament* 
li^  bc«  norc^rtplic^cn  «Hltertumä. 

©inen  neuen  5luffd^mung  nimmt  bie 
^Urcbigtmeife  in  $Deutf^lanb  babur«^,  i>a^ 
bie  namentlid^  gegen  bie  Äe|er  geftifteten 
Settelorbcnber  §ranjiöfancr  unb  De* 
Ulifan  er  fid;  um  eine  im  :^öl)ern  Sinne 
k'olfsgemä^e  ^ßrebigtmeife  bemühen;   man 


erfcnnt  ben  (Sinf(u§  ber  Drben  fofort 
au^  baran,  ba'$  je^t  jum  crjlcnmal  5lutor* 
namcn  auf  biefem  3weig  ber  Üitteratur 
auftreten,  mie  benn  überhaupt  erfi  jc^t  bie 
*Perft)nli(i^feit  be«  JRebnerö  jum  5Dur(^* 
brud)e  äu  fommen  beginnt. 

SÖorldufig  finb  eö,  im  13.  Jabr^.,  bie 
^ranjiöfaner,  ton  benen  biefe  Söirfung 
auögc^t.  3)ie  Vertreter  biefe«  Drben«  ftnb 
f)ier  SDaoib  oon  *}tug«burg  unb 
99ertl)olb  oon  9{egen«burg;  ßon 
jenem,  ber  1271  ju  5lug«burg  ftarb,  ftnb 
jmar  feine  beutfd)en  ^rebigten,  fonbern 
blo«  beutfctie  geijllidje  5lb^anblungen,  93e* 
trad)tungen  unb  ®ebete  erhalten,  meldte 
überall  eine  erji  au«  bem  lateinifc^en  5lu«* 
brucf  ftd)  müi)felig  entwinbenbc  beutfc^e 
@prcd)art  verraten.  ÜDcfio  felbfianbiger 
ijl  I)ar>ib«  @d)üler,  93ertl)olb  »on  SRegen«« 
bürg;  feine  (Prebigten  ftnb  1824  unooH* 
fiünbig  eon  Äling  unb  1862,  aber  blo8 
in  einem  er^en  STeile,  »on  ijranj 
^Pfeiffer  erfc^icnen.  Sert^olb  geprtc  bem 
1221  gegrünbeten  Drben«^aufc  ber  ^Jran* 
ji«faner  ju  iRegen«burg  an  unb  fiarb  tat 
felbp  1272.  33on  1250  bi«  1265  burd^jog 
er  al«  ßanbprebiger  bie  beutf(^cn  ßänbcr, 
aud)  Ungarn  unb  flanifc^e  ®ebiete,  wo 
i|m  ein  ®olmetf<^cr  jur  Seite  fianb.  ©ic 
3af)l  feiner  3ul)örer  fiieg  in«  Unglaub* 
lid)e,  fo  ha^  er  auf  freiem  %dtt,  im  Sßalbe 
ober  r>on  SOiauertl)ürmen  herunter  prebigen 
mu^te.  Seine  jal)lreid^  auf  un«  gef  ommenen 
*Prebigten  ftnb  o^ne  3"'^'f<!^  ^'^^  gebäd)t* 
ni«fiarfen  Sängern  aufgcjei(^net  morben. 
Seine  Spfianier  ifi  burci^au«  öon  feiner 
^erfon  getragen,  er  mill  an«  ®emiffcn 
be«  Sinjelnen  fprec&en,  er  befi^t  ^o^c 
iöorjügc  r^etorif^er  .$?unj^,  of)nc  e«  ju 
miffen,  er  arbeitet  mel;r  mit  bem  ®emüt 
unb  ber  ^^antafte  al«  bem  Serfianb,  unb 
c«  iji  i^m  mel)r  um  bie  ftttlic^e  Set^ätigung 
be«  ®lauben«  al«  um  tta  ®lauben  felber 
JU  t^un;  feine  2öirfung  mar  fo  gro§,  ta^ 
»tele  ßl^ronifen  ber  3e"it  feine«  Qluftretcn« 
unb  feine«  iobe«  al«  eine«  grofen  ©r* 
cigniffe«  ermähnen.  Sertljolb«  qjrebigt* 
meife,  bie  bod^  auc^  nid)t  ol)ne  norbc* 
reitenbe  Qlnfänger  mar,  gaben  ben  5tnflo§ 
ju  manigfacben  ä^nlid^en  Scrfud^en  unb 
Sammlungen,  unter  benen  befonbcr«  bie* 
jenige  tieroorragt,  bie  ton  ®rie«^aber 
„S)eutfd)e  ^ßrebigtcn  be«  13.  3a^r^.  Stuttg. 
1844"  ^erau«gegeben  morben  ifl. 

3m   14.  3a^rl)unbert  ift  e«  ber  (ßrc* 

bigerorben,   ber,    ol)ne  ba§  ba^ei  ber 

Fortgang  ber  altern  3tid)tung  ber  SDtinbcr* 

brübcr  aufhört,  ber  (Prebigtmeifc  eine  neue 

36* 


560 


QJriamcI  —  *Prief!cr. 


93a;^n  bricf)t.  ©ic  cntiuldelt  ftcE)  junäd^fi 
ntc^t  auf  ber  Äanjel,  fonbern  auf  bem 
fie^rjlut)!  tti  ße^rmetficrä  ober  ßcctorö  im 
Drbenöf)aufc.  I)aö  Studium  generale  beö 
(Prebigcrorbcnä  ju  Äöln  unb  baö  Studium 
sententiarum  ju  ©traPurg  trurben  bic 
^auptjt^c  ber  mt)tit[d^  en  ^rebigtmcifc. 
S)ief£li)e  richtete  fxi)  jundc^fi  an  bie  Se» 
iDo^ner  ber  ^rebigerflöfler  felbfi  unb  an 
biejenigen  Älöfler,  bie  ftc^  feinem  Sinfluffe 
öffneten,  namentlich  an  grauenftöj^er.  £)ie 
l^auptföc^Iic^en  Vertreter  biefer  SRic^tung 
ftnb  junäc^ft  bic  anonyme,  bei  SBacfernagel 
abgebrucfte  ißrebigtfammlung,  S'lifolauä 
t»on  Strasburg,  ßeftor  ju  Äöln  unb 
®  (J  a  r  b ;  ber  leitete  gebürtig  auö  X^üringen, 
iPrior  be^  $rebigetfIofierä  ju  Srfurt,  tt»irfte 
aU  ße^rer  p  $ariä,  Strasburg,  Min;  fiarb 
ju  Äöln  1327;  er  iuar  ber  Äe^erei  angeflagt 
getüefen  unb  eine  päpjilicf)e  SSuHe  bejeic^s 
ncte  aWei  3a|re  nac^  feinem  Sobe  ac^tunb* 
jitianjig  feiner  Öe^rfd^e,  teilä  al^  fe^erifc^, 
teil«  al^  übelHingenb  unb  ber  Äe^erei 
öerbdc^tig.  öcfarb  ifi  ber  fpefulatit)  ^er« 
»orragcnbfie  unter  ben  beutf(i)en  SKpjlifern 
bc8  14.  3a^r^.;  alö  5ßrebiger  aber  tt)irb 
er  »on  So^anneö  Jauler  übertroffen; 
biefer  »ar  (ScEarbg  <Bä)üUx,  fiefemeijier 
unb  «prebiger  ju  ©tra^urg;  me^r  alä 
»ielgelefener  «Sd^riftfieKer ,  benn  al^  (ßre« 
biger,  erlangte  ^einric^  @ufe  (tat. 
®ufo)  SBebeutung,  geji.  1365  im  SDomi» 
nifanerflolier  ju  Ulm. 

(Segen  tai  ©nbe  beö  14.  ^ja^xl).  fanb 
bie  Slüte  ber  mt)Pifö)en  iprebigt  i^ren 
%b\ä)m  (i'gl-  iin  2trtifel  SUit)  jiüer); 
iai  15.  ^ai)X^.  jeigt  in  ber  $rebigt  einen 
meiji  »erborbenen  (Sefc^mad,  fotüo^I  tvai 
bie  51uöfü^rung  ber  5i3rebigtteile,  alä  toai 
bie  S8el)anblung  ber  Olüegorie  betrifft; 
namentlich  h)urbe  je^t  auc^  tai  maerlin, 
tai  früher  nur  fpdrlid)  jur  25eranfcf)au= 
lic^ung  ber  ße|)re  gebient  ^atte,  im 
Übermaß  unb  poffen^ft  bermenbet;  man 
legte  je^t  fogar  fßrebigtmaerlein  an. 
S)cr  cinjige  bebeutenbe  $rebiger  biefcö 
Sa^r^unbertö  ift  3o^anne^  ©eiler 
»on  Äaiferöberg,  geb.  1440  ju  ©d^aff* 
Raufen  (auf  ber  5Durd^reife  feiner  Altern), 
^ricjler  unb  öe^rcr,  ni(^t  S!Jiön^,  an  ben 
\)o\)in  ©(i)ulen  gu  Safel  unb  greiburg  im 
Sreisgau,  5ulc|t  ißrebiger  am  ÜWünfier  ju 
Strasburg,  gejI.  1510;  er  jeigt  fc[)on  ben 
(Sinfluf  beö  ^umaniömuö,  maö  ftc^ 
namentli(i)  in  ber  Qlbroerfung  iii  aber- 
gldubifc^en  (glementeö  äcigt.  ®t  pflegte 
über  ganje  SBerfe  ju  prebigen,  hjie  über 
beä  Qllbertu«  iDtagnuö  93a(|  de  virtutibus 


unb  über  tai  D'Jarrenfdjiff.  (Er  felber  fc^rieb 
nur  lateinifc^e  (Sntttjürfc  unb  überlief  bie 
5Iugfü^rung  bem  aJiomente  unb  bie  Ueber« 
lieferung  ber  gehaltenen  *Prebigt  greunben 
unb  Sere^rern.  9^ac^  2ß.  SBacfcrnagel, 
Ülltbeutfc^e  qSrebigten  unb  ©ebete,  Safel, 
1876.  Sßgl.  SÖiarba^,  ®e)d)id)te  ber 
beutf^en  5ßrebigt  üor  Sut^er,  unb  (£ruel, 
®efd)ic^te  ber  beutfc^en  ^rebigt  im  QRittel* 
alter,  SDetmoIb,  1879. 

^riamcl,  auä  mitteilet,  praeambulnm 
=  Sßorgang,  Sßorlaut,  33orrcbe,©prid^tt)ort, 
ju  ambulare  =  ge^en,  »anbeln,  l)t\^t 
ein  einem  SRdtfel  vergleichbarer  Oteimfptuc^, 
beffen  einzelne  ®ä^e  aU  23orfpieI  ber  ben 
©cf)Iu^  bilbenben  ßöfung  erfd^einen.  ®ie 
!ommen  fc^on  im  13.  'Saf)xf).  j.  95.  bei 
t^reibanf,  »or  unb  ftnb  im  »eitern  SScr* 
lauf  ber  öolfötümlic^en  ßiteratur  fe^r  be* 
liebt,  fltamcntlic^  |)aben  bie  S^iürnberger 
$ang  SRüfcnblut  unb  ^ani  golj  (15. 
3a^r^.)  fold^e  ©prüc^e,  jum  leil  mit  un- 
fauberm  ^ni)aU  »erfertigt.  Sögt.  5tb.  üon 
Ä eller.  Ütlte  gute  ©(|tt)änfe.  2.  3tufl. 
^eilbronn, 

^JJricfter  aU  eigentlichen  ©tanb  fannten 
bie  ©ermanen  nid^t;  für  fein  eigeneö  |>auÄ 
beforgtc  ber  |)auöDater  bie  gotteöbienj^Ud)en 
j^anblungen,  Opfer  unb  ©ebete  felbjl;  für  bie 
©emcinbe  t^at  e^  ber  %üx^,  princeps. 
Smmer^in  crtüd^nen  römifcf)c  ©c^riftfieüer 
(u.  a.  Sacituö  ©erm.  7.  10.  11.  40.  43.) 
etne^  '^riejlerö  bei  ben  ©ermanen,  alö  be» 
teiligt  bei  ber  Sofung  in  öffcntlid^en  51n=: 
Icgenfieiten,  al^  ßeiter  ber  ©träfe  ober  bc^ 
©ü^nopfer^;  man  ertidrt  t>ai  entwebet 
barauä,  ia^  |ier  immer  üon  ^ürjlen  im 
priefietlic^en  51mte  bie  SJlebe  fei,  ober  baf 
£Ö  befümmtc  ^^amilien  gegeben  ^abe,  benen 
baö  yttä)t  bcg  qSriejiertumö  jujianb.  5tufer 
ber  ^anb^abung  ber  Dpfer»©ebete  hatten 
fte  namentlich  ben  SBiUen  ber  ©ötter  »or 
allen  wichtigen  ^anblungen  ju  erfunbigen, 
»aö  burc^  aSeobacfjtung  be«  33ogeIfIug«, 
ber  Segegnung  t)erfct)iebcner  Siere,  be^ 
Söaffcrjlrubclö  ber  glüffe,  be«  2Bie^ernö 
l^eiliger  ©d^immel,  burd^  ben  S^fif'ii^Pf 
eine«  ©efangenen  mit  einem  Ärieger  be3 
eigenen  33oIfeä  unb  cnblidb  burc^  bie- 
SZBeiffagung  aug  ßoä  unb  JRunen  gefc^a^. 
iaite  beutfd)e  SRamen  für  (ßriejier  finb  got. 
gndja,  nod^  im  oberbeutfd^cn  ©ötti  unb 
©otte  =  *Pate  unb  iJJatin,  erhalten;  af)b. 
ewarto  =  ©efe^eöbeobac^tcr;  harugari 
unb  paruwari  »on  harug  unb  paro  = 
2empcl.  5tuc^  «priej^erinnen  fann  ti 
bemnad^  nic£)t  gegeben  ^aben,  unb  Wenn 
alte  D'iac^rid^ten  üon  germanifc^en  {grauen 


^ntfd^cnmeijlcr  —  $uppenfpiclc. 


561 


berichten,  bic  aU  ©cuterinncn  unb  33ers 
fünberinnen  bcö  göttlichen  SBitlen  galten, 
fo  berulpt  ta^  immer  nur  auf  ber  befon* 
bcrcn  perfönlicf)en  ^oc£)a(f)tung  unb  5Bcr« 
el)rung,  bie  man  einzelnen  ^'^'^u^n  joHte. 
^Pritft^cnmciftcr,  ^ief  ber  jenige,  ber 
bei  ben  <Sct)ü^enfefien  bie  Drbnung  auf 
bcm  (S(f)ie^pla^e  ju  ^anb^aben  ^atte;  er 
bebiente  fic^  ju  bcm  6nbe  ber  $ritfd^e, 
cine^  f[ad)cn,  in  mehrere  bünnc  Sßrettc^en 
gefpaltenen  SBerfjeugeö,  iromit  er  bic  Ün- 
folgfamcn  fc^lug.  6r  mar  jugicicf)  ßuftig* 
ma^cr  ber  ©cfellfc^aft  unb  l)atte  auf  bic 
gcf^lid^fciten  ©pru^gebic^tc  ansufertigcn. 
©ic  befianben  mit  eigener  Slracf)t  an 
manchen  ^öfen  biä  in  ben  5tnfang  bcS 
18.  2af)r^. 

^rofienäci^tc  nennt  man  bic  burc^  jmei 
©d)meijer  Jßeiötümcr  beä  16.  3aÖit)unbertö 
belegte  <6ittc  ober  üielme^r  ia^  Stecht  eine^ 
^errn  über  bie  erfie  JRac^t  einer  ®I;e,  bie 
fein  ^öliger  mit  einer  porigen  eingebt, 
jns  primae  noctis,  yiad)  ber  ncuefien 
llntcrfu(ä)ung  t)on  Äarl  ®($mibt ,  jus 
primae  noctis,  grciburg  i.  Sr.,  1881,  iji 
bicfcö  ncrmcintlidöe  [Rcc^t  ein  gelehrter 
5lberglaubc,  ber  ftd)  feit  bcm  16.  3at)r* 
lunbert  verbreitet  t)at. 

5Pfcui)oifiöortfd^e  Scfrctalien»  Um  bai 
3ai)r  850,  alfo  etma  um  bie  3^*^  beö 
Vertrags  fon  SBerbun,  entfianb,  mat)rfcf)eins 
lid)  in  SDiainj  ober  in  JReimjS,  eine  unter 
bcm  9'Jamen  beö  t)eiligcn  Sf^^oruö 
get)enbe  nerfälfd)te  SDcErctalicnfammlung 
(ftct)e  ben  5trt.  Äanonifcf)cg  !Rec^tö  = 
bu^),  ju  bcm  Stt^ecfe,  anfc^einenb  auö 
ben  älteften  Quellen  beö  ^irc^enmefenä 
alle  bie  SBefugniffe  f)crjutciten  unb  aU 
fd)on  tcrlic^en  baräuftcüen,  naä)  bcrcn 
93eft^  bie  J^ird^e  trad)tete,  um  ©clbfiänbigs 
feit  unb  eine  i^rer  |)ot)en  51ufgabc  mür* 
bigcrc  Stellung  bem  ©taate  gegenüber  ju 
erlangen.  I>ic  j^orm  bicfe«  trügerifcf) 
erfunbcnen  ü}tad)mcrfeö  ftnb  (b(i)reiben  ber 
römifc^cn  Sif^öfe  auö  ben  crficn  ^aliX' 
l^unbcrten  bcö  fö^rifientumö ;  bie  |»aupt; 
abfilmt  ber  «Sammlung  aber  ift,  bic  Rnä)t 
iiuxä)  engcrcö  3w[öi"™fnf'i)ii6§en  bcr= 
fclbcn  unter  bem  ^Primate  $etri  un= 
abl)ängigcr  iiom  Staate  unb  feinen 
liemmcnben  ©inric^tungcn  ju  mad)en  unb 
fic  baburd)  aui  bem  3wftanbc  ber  Unfid^er* 
^eit  unb  (Srnicbrigung  ju  retten,  in  meli^e 
fte  \\)xi:  Untcrorbnung  unter  bcm  Staat  unb 
bie  ßeiben  bcö  Sürgerfricgcö  unter  ßubmig 
bem  i5rommen  unb  feinen  Sötjncn  geflürjt 
'Ratten.  SReben  biefer  $auptabrtc[)t  fd^cint 
bie  JJcbcnabftd)!  gcmaltet  ju  |)aben,   auf 


bic  (Srl)of)ung  einer  gemiffcn  SWctropolc  im 
frdnfifc^en  SRcid^c  —  iKainj  ober  {Reim^  — 
JU  einer  erhabeneren  Stellung  ^injumirfen. 
Die  ^feuboifiborifc^c  Sammlung  bietet 
eine  Qlrt  ©cgcnfiücf  ju  bcm  Sßertragc  »on 
SSerbun;  mä^renb  biefer  o^ne  jcbc  SRücfs 
fi^t  auf  bie  Sntcrcffcn  ber  Äirc^e  ben 
SD^etropoUtannerbanb  an  mehreren  Stellen 
burd^fcf)nitt,  bic  Seft^ungcn  ber  Sßietümcr 
unb  Älöftcr  miHfürli^  für  bic  Äoflcn  iti 
SSürgerEriegeö  in  ^nfpru^  nat)m,  a3if(f)öfc 
unb  5ibte  burc^  cinfeitigc  Ißerfügung  ber 
mcltlic^cn  ®emalt  »on  ilpren  Si^en  »er* 
jagte,  fo  erflärtc  bic  2)cfrctalien=Sammlung 
bie  !8eft^re(i)te  ber  Äircf)c  für  heilig  unb 
untaj^bar,  eyimierte  bie  ®eijllict)en  bom 
meltli($cn  (Serid^te  unb  lief  fic  in  le^ter 
Snjlanj  nur  non  bcm  fclbfi  unabfeparen 
^apfie  gericf)tct  merben.  (Srmdlint  mirb 
bic  Sammlung  jum  crftenmal  im  ^a.\)i 
857  auf  bem  iRcic^ätagc  Don  G^icrft),  unb 
balb  barauf  il)rc  ®ü(tigfeit  »on  $apfi 
9iicolauö  I.  auöbrüdlicf)  ben  fran,;öftf^cn 
93ifd)öfen gegenüber bct)auptct.  3nil5,3a^r* 
l)unbert  ermatte  bic  5lt)nung  beö  Sctrugcd, 
im  16.  3at)rl)unbcrt  mürbe  biefer  burc^ 
protcfiantifd^c  ©elc^rte  jur  ©cmig^eit 
gebrockt. 

^5u:pt)en;  mit  fol(^cn  fpiclten  mie  cinfi 
bie  römifc^en,  fo  bic  jungen  9J?äbd&en 
bcö  SJittclalterä;  bie  tocken  :ftnb  im  9. 
unb  10.  ^aljxl).  allgemein  befannt;  anä) 
ber  QJuppenmiege  gefc^ic^t  (irmät)nung. 

^JJulii^enf^jicIc,  b.  i).  bramatif^c  Spiele 
mit  fünjlUct)  ^ergcficllten  Figuren,  fennt 
man  in  ©eutf^lanb  feit  bem  12.  ^a^x^. ; 
ber  D^amc  für  bie  ani  -^olj,  Sappen 
ober  Slöad)^  verfertigten  ^Puppen  ifi 
tocke,  aud)  kobolt,  wichtel  unb  ta- 
terman,  ba^cr  man  auf  3ufammcns 
^ang  biefer  Spiele  mit  bcm  t)eibnif(^en 
©ötterbicnfie  gcfc^loffen  ^at.  2)er  Hortus 
deliciarum  ber  ^crrab  von  ßanböberg 
enthält  ein  93ilb,  tai  jmet  junge  ßeutc 
barjicllt,  mcld)e  über  einen  lif^  bin  jtt>« 
get)armfc^te  ®liebcr=*puppen  mit  S($nüren 
bcmcgcn  unb  mit  einanber  festen  laiJen. 
ytä^txt  3ia(^rid)t  i^at  man  über  biefe 
Spiele  ni^t. 

3u  meiterer  9luöbilbung  gelangten  hk 
*Puppenfpiclc  in  ben  ßänbern  romanifd^cr 
3ungc,  namentlich  in  Stt^Ii^n  unb  ^ranf« 
reic^.  5n  Stallen  fd)einen  ftd^  Spiele  mit 
automatifd^en  $uppen  Don  ber  SRömcrjeit 
f)er  erhalten  ju  ^abcn;  im  16.  ^a))x^. 
waren  fie  ^ier  allgemein  beliebt  unb  e^ 
gab  fle^cnbc  l^uppentbeater  fomo|l  al« 
manbernbc  Suben   mit  ÜJlarionetten ,   bu- 


562 


Purpur  —  IRapicr. 


rattini.  ßntweber  hjutben  fidnerc  puppen 
mit  bct  ^anb  birigiett  unb  baju  rcjitiert, 
übet  leien^grogc  puppen  njurben  bur^ 
gilben,  JDtd^tc  ober  ^itnn  in  SSettJcgung 
gefegt.  QIuö  Stauen  [ollen  biefe  ©pielc 
i^ren  2Beg  nac^  ^xanhtiij  gefunben 
^aben,  tro  auc^  ber  Slame  SWarionettcn 
auffant;  man  beutet  i|n  aU  ©eminutiü 
»on  ÜJJaria,  moiei  man  erftä^nt,  ia^ 
aucf)  ju  religiöfen  3*i^fcfen  in  hm  fran« 
jöfifc^en  Äirc^en  bcä  S!)littelaltetä  ä^nlid^e 
Betticglici^e  puppen,  namentlid)  am  J^efte 
Tlaiiä  Himmelfahrt,  5(nmenbung  fanben, 
aU  Srfa^  für  bie  früher  öon  lebenben 
(Perfonen  gefpielten  Süi^perien  ober  geiji* 
Iid)cn  ©pielc.  3n  bem  Sinne  eineö 
a3oIföt:^eaterö  erfcf)eint  ber  Oluöbrud 
marionettes  jucrft  um  1600.  3^re  jici^ens 
ben  ß^araftere  empfing  biefe  $uppen* 
fomijbie  com  mirflic^en  33oIf3t^eater, 
namentlitJ)  um  itai  ^aix  1630  ben  fran» 
jöftfd)en  lianemurji.  Ser  berü^mtefie  unb 
genialfie  franäöftf(i)e  üJJarionettenfpielcr 
mar  ^ian  SBriod^e,  feineö  Serufeö  3^^"- 
irecfier  unb  $uppenfpieler. 

iRüä)  ©eutf^Ianb  brachten  ^erum« 
jic^enbe  frembe  iWarionettenfpieler  auä 
©nglanb,  granfreic^,  ^oKanb,  ptalien  unb 
Spanien  jut  3«*^  be^  brei^igjä^rigen 
^rieg§  biefe  ißolEäbelufiigung;  im  Ja^r 
1657  finbet  man  fte  in  granffurt  a/OR.; 
in  SBien  etablierte  fic^  1667  ein  fierjig 
3al)re  lang  befteljenbeö  italienifcf)e^  $up» 
pent^eater;  auc^  in  J^amburg  finb  foIcf)e 
Spiele  feit  berfelbcn  3^^  nadjgemiefen; 
fie  jiellten  ^ier  u.  a.  aU  Äomöbie 
SDtaria  Stuart,  Königin  ber  ^ranjofen  unb 
Sd^otten,  bar,  mobei  ber  ^anöttjurji  ftc^ 
a\i  lujiigcr  ^^^anjmann  jeigte;  bänifc^e 
prifilcgierte  |)ofacteurö  gaben  ebcnfaUä  in 
Hamburg  baö  geifllic^e  Stücf  „bie  öffent* 
lic^e  Enthauptung  beö  gräulein  Dorothea", 


bag  urfprüngli^  ein  Indus  gertjefen  mar 
(fie^e  SDrama).  Sin  ^aupteffeft  barin  mar 
ber,  t)a^,  menn  bie  J)orott)ea  enthauptet  hjor« 
ben  mar  unb  bie  3ufd)auer  ia.  Sapo  fd^riecn, 
ber  ©ireftor  ber  ^uppe  ben  abgel)aucnen 
Äopf  noct)maIg  auffegte  unb  ifir  bann 
benfelben  jum  smeiten  Tlal  abbauen  Iie§. 
51u(j^  Dpern  unb  Singfpiele  mürben  burc^ 
automatif^e  puppen  bargeftetit.  I)a3 
^auptfiücf  ber  beutfc^en  ^^uppent^eater 
mar  ber  Dr.  ^Jaufi;  anbere  Stücfe  maren: 
SDer  ütaubritter,  2)cr  fcE)marje  (Ritter,  SDlebea, 
51Icejie,  2wi>it^  unb  ^oloferneö,  ^aman 
unb  (Silber,  ^Der  verlorene  So^n,  ©enooeoa, 
^räulein  Qlntonie,  !Harianna  ober  ber 
meiblic^e  Straf enräuber,  2)on  ^uan,  Zxa' 
januä  unb  SDomitianuö,  J)ie  3Worbna(i)t  in 
iät^iopien,  ^annt)  unb  2>urmann;  ber 
^anömurfi,  ber  babei  feine. fle^enben (Rolle 
latte',  ^iei  feit  ber  «mitte  beö  18.  3a{)r* 
lunbertä  .^afperle.  J^ögel'^  ®ef^icf)te 
beö  ®roteöf=^omifc^en,  neu  Bearbeitet  toon 
$5r.  SB.  (Sbeling,  Seipjig  1862. —  ®  rufe, 
3ur  ®efcf)ic^te  beö  !|5uppenfpield  unb  ber 
Qlutomaten,  1856.  —  2)eutfd6e  puppen* 
fomöbien,  herausgegeben  »on  Äarl  (Sngel. 
Olbenburg,  1875. 

^Pur^Jiir.  Sie  föfilicfien  «purpurfleibcr 
jiammen  auä  bem  entarteten  (Rom  unb 
mürben  in  ®eutfdE)Ianb  faum  cor  bem 
13.  3a^r^unbert  eingeführt.  SRoc^  im 
10.  3<i^r^unbert  burften  in  äBtjjans  nur 
bie  ^ofleute  (Purpur  tragen,  ma^renb  er 
in  Statten  fo  oerbreitet  mar ,  ha^  Sßeiber 
unb  ÜRönd^e  fid^  feiner  bebienten.  Seine 
^arbe  mar  übrigen^  nic^t  'bai  heutige 
2)unfeIrot,  fonbern  ein  SSioIettrot.  fRoc^ 
um  1100  mar  bei  unS  ber  93efi^  eineS 
(Purpura  an  biptomatifcf)e  5tbmad)ungen 
gcfnüpft ,  fo  ba^  5llef iug  I.  jufolge  einer 
Übereinfunft  ben  beutfcf)en  ^of  mit  ge» 
färbten  35USfn  ju  öerfc^en  l^atte. 


». 


IRaktifti^Ifld^t,  fre^e  ^elbenfage. 

9?ab  unb  räiern,  fte^c  Strafen. 

Stamme»  Die  SBoctramme  ober  ^otje 
biente  im  SOlittelalter  —  mie  ^eute  nod^ 
bei  93rücfcn=  unb  ÜBaffcrbauten  —  jum 
einrammen  ber  (pfci^Ie.  Sie  beftanb  in 
bet  9tegcl  aui  einer  fcf)meren  |>oIjart  unb 


mar  an  ber  Stirne  mit  einem  SIRetallbe* 
f(J)Iag  oerfc^en.  ^i)xt  ^äufigfie  (Berhjenbung 
fanb  fte  im  SelagerungäbienP,  bei  ber  (Sr* 
ric^tung  »on  S^anjmerfen. 

dta^kt,  SRappier.  3m  a^tcn  3al)rje^nt 
beä  16.  3a^rl)unbertä  fam  unter  biefem 
SRamen  juerft  in  Spanten,  bann  in  ^ranf^ 


Otaffelfarren  —  (Rätfcl. 


563 


teic^  unb  ben  übrigen  curopäifcf)en  «Staaten, 
ein  ©to^begcn  auf,  bet  im  au^crfricgetiä 
fc^cn  ©ebrau^e  baö  Schwert  ücrbrängtc. 
er  war  bem  alt^erfömmlid)en  ^anjcr* 
fied^er  jiemlic^  ä^nlic^,  bie  .Klinge  0,75  m 
lang,  fd^mal,  öierfantig.  S)er  Oriff  »ar 
Mgelloö  ober  f)attc  I)öc^ftcnö  einen  bünnen 
^aujibügel,  bagegen  eine  gcrabe  Quer* 
parierftange  unb  über  berfetben  eine 
„®Io(Je"  aU  Stid)blatt.  ©aöfelbc  war 
au^  ju  einem  ne^*  ober  ftcbartigen  Äorbe 
auögejiert. 

9iaffelfarrcn  mürben  öielcrort«  mit 
©d^narren  »erfe^en  oom  (SrünbonncrStag 
biä  Dfiern  burc()  bie  ©trafen  ber  ©tabt 
geführt,  um  ben  toerflummten  ®Ioden!Iang 
ju  crfe^cn. 

mm  unb  JRätfellicbcr.  (Rätfei,  a^b. 
rätissa,  rätisca,  m^b.  rätisclie,  raetsche, 
raetersche,  rätsal,  raetsel,  mit  Dielen 
anbern  SJiebenformcn ,  fmb  eine  uralte 
©attung  ber  SBolfäpoefte,  namentlid)  in 
ber  altnorbif(^en  unb  ber  angelfäd)ftf^en 
SDic^tung  in  rcidjer  ^üllc  erhalten;  iai 
S)unflc  barin  unb  iai  g^mben  unb  SBinben 
berfelbcn  jcigt  ftcf)  iitjnlic^  in  ben  mi)t^o= 
logifd^en  5lnfc^auungen,  in  alten  SRec^tö* 
gebrauchen,  in  ber  5trt  be^  menfd^lid&cn 
ißcrfe^rö  ber  ältefien  S^'ten.  ®($on  febr 
frü^  würben  gerciffe  SRätfelgruppen  ju  !Rät= 
felliebern  jufammengcorbnet,  bcren  eine 
^auptform  bie  ifi,  tfa^  ber  Sffiirt  unb  ber 
anfommenbe  ®afi  fxi)  in  2Bect)feIrebe 
prüfen ;  ber  le^tere  foütc  burd^  fein  eigeneä 
2Bort  »on  feinen  SBefen  jeugen;  er  mirb 
junäc^fi  um  Dramen,  J^erfunft,  Sßeg  unb 
barum  befragt,  tt)o  er  bie  le^tc  9'iact)t  ge= 
bcrbergt  ^abe,  ^'^'^S^"/  benen  er  feiner* 
feitö  mit  boppelfmnigen  örmiberungen  unb 
SCBortfpielen  auöbeugt,  worauf  fic^  bann 
ein  2öe(i)fel  »on  ö'rage  unb  QIntwort  ent* 
fpinnt.  9tud)  um  SSöIfer,  Könige  unb 
ßänber  njirb  ber  2Banberer  befragt,  unb 
ni(i)t  minber  gilt  eä  im  SBettfpicI  mit 
i^m  ben  allgemeinen  3uf<ii^nicnöang  unb 
tiefern  ©runb  ber  2)inge  ju  erfaffen,  bie 
Duetten  geiftiger  (Jrfcnntmö  aufjufpüren, 
®o  läft  fct)on  bie  (S-ita  ben  5lfenfater 
Dbin  n)i§begierig  auöfa^ren,  bie  20ciät)eit 
ber  SRiefen  ju  prüfen  unb  über  Drbnung, 
Urfprung,  Untergang  unb  üöiebcrgeburt 
ber  SBelt  fic^  ju  meffen;  gegcnfeitig  hjirb 
babei  iai  ^aupt  jur  2ßettc  gefegt. 

S)eutfcbe  Solförätfel  finben  ftc^  juerfi 
in  einem  Sü^Iein  »on  1505  gcfammelt, 
welc^eö  ton  ba  an  f(ei§ig  unb  unter  uer* 
fc^iebenen  Sitein,  mie  Staet  erf  d)büc^  = 
lein,  SReterbüd)Icin,  nnc^gebrucft  unb 


überarbeitet  ujurbc.  @iel)e  ©trafbur« 
ger  IRatfelbud),  neu  betauögegcben  »on 
5t.  5.  93utfc^,  @tra§burg,  1876,  unb 
©imrocf,  S)aö  beutfcf)e  SRätfcUSud). 
3.  <MufI.   granffurt  a/SDl.  1874. 

Unter  ben  beutfc^en  SRätfelliebern, 
benen  ber  altertümlidje  SRamcn  ber  Prüfung 
beö  anfommenben  ®afteä  eigen  ift,  ifi  hai 
ältefie  t>ai  Sraugemunbeälicb,  hai 
man  in  feiner  erhaltenen  ^orm  inö  I2.3al)r* 
^unbert  fe^t.  ©in  fa^^renber  ÜJIann,  ÜReifier 
trougemunt,  b.  ^.  3)ragoman  =  SDoI* 
metfc^er,  bem  72  öanbe  funb  ftnb,  mirb 
beföitlfommt  unb  gefragt,  njo  er  bie  iRad^t 
gelegen,  womit  er  bebecft  War,  wie  er 
Äleiber  unb  ©peife  gewinne?  „3!Rit  bem 
|)immel  war  id)  bebecft,  mit  SRofen  um* 
^ccft,  in  eineä  ftoljen  knappen  2Bcife  be» 
jage  icf)  Äleiber  unb  ©peife";  worauf 
bann  nad^  ber  wieberfe^renben  gormel: 
SRun  fage  mir,  SlReifier  Sraugemunb,  jwei* 
unbfiebenjig  ßanbe  bie  fmb  2)ir  funb,  bie 
aiätfel  unb  i^rc  Qtntworten  folgen.  SDie* 
felben  bejie^en  fic^  junad)ft  auf  ©igen* 
fc^aftöwörter,  bcfonber«  ber  "i^axhi,  unb 
fu^en  ben  ©egenfianb,  bem  biefelben  in 
üoüftcm  gRaf  ^ufommen,  j.  33.  2Baö  ifi 
weiter  aU  ber  ©df)nee,  waö  ifi  fd)neller 
alö  iai  SRel),  wa^  iji  p^er  aU  ber  93erg, 
voai  iji  flnjierer  al«  bie  SRact)t?  QIntwort: 
©onne,  iffiinb,  iöaum  unb  iRabe. 

5tnbercr  5Irt,  aber  cbenfaltö  [Rdtfel* 
bic^tungen,  fmb  bie  .^anbwerfggrü^c, 
bie  jur  ßofung  unter  ben  Qlngeprigen 
berfelben  ©enoffenfc^aftbicnten,  (Smpfangä* 
gcfprdc^e  äWif(J)en  bem  SBanbergefellen  unb 
bem  5IItgefetIen  ber  3ii"f^  ^'^  i"  S^^ten, 
Wo  eä  noc^  feine  SBanberbüc^er  gab,  ben 
5Iuöweiä  bcö  grcmbcn  üertraten.  Siefer wirb 
gefragt,  wo  er  I)erfäme?  wie  er  ftcf)  nenne? 
wo  er  gelernt?  wo  er  feinen  ©efeüennamen 
befommen  unb  wer  babei  gewcfen?  2)iefe 
©rufe,  in  gereimter  *|3rofa  gehalten,  reichen 
in  ipen  Slufäei^nungen  jwar  nic^t  über 
iai  18.  3appnbert  binauf,  jeigen  baber 
aucf)  ben  »erborbenen  ©efdimad  beö  35oIfeä, 
ope  boc^  bie  ©puren  älteren, Urfprunge^ 
ganj  nermiffen  ju  laffen.  Filter  in  ber 
Qlufäeicbnung  unb  frtfct)cr  in  ber  Haltung 
fmb  bie  Sßeibfprü^c,  „woburdb  ein 
3äger  ben  anbern  geprüft  bat  unb  wo* 
burd)  fie  ficb  ju  beluftigen  pflegen."  ©ie 
betreffen  gro§enteilä  bie  genaue  .Kenntnis 
ber  gä^rten  unb  3^'df)en  bC'S  SDBalbc^,  fo* 
wie  itirer  funftmäfigen  Benennungen; 
mancbe  ftnb  äd)tc  SRätfelaufgaben,  aber 
mit  weibmännifd)er  ©c^lufwenbung,   bie 


564 


!Raud^gefä§e  —  JRed^täfpmBoIc 


cigmtümlid)ften  aber  bcfcf)äftigen  fi($  mit 
i>m  ^irf^c.    Sgl.  ben  5trt.  Sagt». 

2tm  forgfältigftcn  au^gcbilbet  ift  bic 
Übung  bee  JRätfel^Srü^cns  in  bet  (ging^ 
f^ule;  f(^on  in  ber  elften  ^älfte  bcö 
13.  3a^ibunbertö  erf(i)eint,  no^  [parfam 
unb  »ereinjelt,  ia^  SRätfel  in  ber  fitjrif, 
fo  jtüar,  ba§  ber  ©ängcr  bie  QtntttDort 
dneä  anbern  ©ängers  verlangt.  S)ieö 
gefc^a^  namentlidE),  feitbem  ber  t>on  ben 
^öfen  äum  93ürgerftanb  übergefubelte  ®e* 
fang  in  ben  (Sekimniffen  bcö  ©laubenö 
feinen  fiöcdflen  unb  bcliebtefien  ©egcnj^anb 
gefunben  batte.  jDiefe  Otätfel  jinb  nun 
freilief)  nicf)t  mefir  für, ,  fonbern  fpi^» 
finbig  auisc^efonnen,  h)eitläufig  aufgeführt 
unb  fünftlicE)  gebaut,  ©iefer  2lrt  ift  ber 
fog.  SBartburgfrieg,  bann  lieber,  in 
benen  SRegenbogen  mit  ^rauenlob 
unb  beibe  einanber  namentlidbe  geifilicf)e 
SRätfel  ju  erraten  geben.  Dft  tt»irb  babei 
bilblic^  eine«  SBerbens  um  einen  SHofen^ 
franj  geba(^t,  ifiofen  jum  ^ranje  bred^en 
bebeutet  bie  Äunftwerbung,  unb  aus  fteben 
cbeln  SRofen,  b.  f).  ben  freien  Mnjlen, 
foE  t>ai  Äränjiein  gemacE)t  fein,  ©aneben 
aber  tt)irb  rom  5lusbängen  beö  Äranjce, 
»om  €d^n)enfen  an  ber  ©tauge,  »om  kh' 
gewinnen  unb  Qtuffe^en  berfelben  auf  eine 
Söeifc  gefungcn,  bie  nid)t  beätt)eifeln  läft, 
ta^  bem  bilblicf)en  ^(uäbrucfe  bie  5ln= 
fc^auung  eine«  tt)irfli(i)en  ^erfommenä, 
be^  2Bettgefang3  um  einen  ausfeangenben 
fRofenfranj,  ju  ©runbe  liege.  SffiirEIic^  ftnb 
aud^  foIct)e  folfetümlicbe  .Rranjiieber 
crbalten,  beren  3"^olt  roieberum  SBolfä« 
rätfei  finb,  ful)c  ben  2lrt,  Ar  an,  unb 
Äranjlieber.  Ublanbs  ®d)riften. 
«Bb.  III,  181  ff, 

Oiaildjgcfii^C ,  thuribulum,  tnrabulam, 
thymiaterium ,  roaren  fc^on  in  ber  t>ors 
ä)rifilicf)en  3^**  o^^  C)pfergefäf|e  im  ®e= 
brau($.  S)cr  2öcif)rau(^  ferfinnbilblicf)t  bie 
jum  J^immel  auffleigenben  (Sebete.  S)ic 
Äirc^e  unterfc^cibet  f(i)on  frü^,  »enigflenö 
»om  11.  3af)r^unbert  an  iai  gxoBe,  meiji 
jur  Seite  beö  Slltarö  fejijle^enbe  unb 
iai  f leine,  tragbare  9iaucf)gefä§.  23eibe 
fnb  metallen,  üon  Silber,  Äupfet,  fpäter 
au^  »on  SWefftng  ober  (Sifen,  mit  ober 
ol)ne  aSergolbung.  S)er  I)e(fel  ifi  burcE)= 
brocken,  um  bem  SRaucl)  ben  2)urc^gang 
ju  gefiatten.  3"  ^^^^^  ^^orm  roeid}en  fie 
fetir  pon  einanber  ab.  aBät)renb  baö 
iebtere  burd)meg  bie  tiefe  Sedengeftalt 
beibebielt,  wie  ticrfcf)ieben  auä)  fein  3ietiiJt 
fein  mod)le,  riditete  fici)  bic  ©eftalt  be« 
crfteren  na^  bem  jeweiligen  ®ef(i)mad  bc^ 


Äünpiers  ober  nad)  bem  l^errfcfeenbcn  StiU 
gefd^macf  ober  Saujiil  überl)aupt.  2)ie 
urfprünglic^e  Äugelform  madf)te  einem 
turmartigen  ©ebilbe  (pia|,  tai  oft  in 
fünülerif(f)er  3lrbeit  bie  »erft^iebcnficn 
6cftürmdE)en ,  ®iebclmänb(^en ,  Strebe« 
Pfeiler ,  Spi|itürm(i)en ,  gialen  -  unb 
3'iif(f)enmert  in  ftc^  »creinigte  unb  mit 
allerlei  auögefd)ni^tcn  ^^iguren  gegiert 
mar.  5tber  aud)  »erfc^iebene  Siere  lie^n 
bem  Äünfller  i{)re  formen  jur  2)arficllung 
biefeö  ©efä^e«.  So  foK  Willigis,  ber 
(Srjbifcfcof  ber  S)omfirc^e  ju  IDJainä,  jmci 
filberne  SRaucbgefäffe  gefc^enft  tiaben,  bic 
einen  Ärani(f)  in  natürlid)er  ®röBe  bar« 
gepeüt  l)aben.  2)er  SRauc^  flieg  auä  bem 
geöffneten  Schnabel  ber  23ögel. 

9?auf(^.  Sruber  JRaufd^  ^ift  ein  auf 
altem  Sagengrunbc  ru^enbeä  ®ebicht,  hai 
in  feiner  älteften ,  einer  nieberbeutfd^en 
Raffung,  bem  15.  3al)rt)unbert  angeprt, 
unb  hai  ganje  16.  3af)tl)unbert  l)inburd) 
in  bodibeutfd^er  ^Bearbeitung  cineä  ber 
gelefenfien  SBolf«büd)er  mar;  ber  dltcjie 
^oc^beutfc^e  ^xüd  erfi^ien  1515  ju  Stra§= 
bürg.  S)er  3nt)alt  ifi  in  Äürje  folgcnber: 
5n  einem  Älofier  führen  bie  jungen  SJiönc^e 
ein  lieberliches  ßeben,  fobaf  ber  Seufel  fic^ 
Pornimmt,  fie  gauj  ju  üerberben.  Sn  ®c» 
ftalt  eine«  jungen  SDJenfc^en,  ytau\i)  ge= 
nannt,  perbingt  er  ftcf)  bei  i^nen  al^ 
Äüd)enfnecl)t  unb  mu§  bem  5ibt  unb  ben 
übrigen  3[}iönd)en  auö  ©efaüigfcit  je  am 
Qlbcnb  ein  jungeö  2Beib  fd)affen.  2)a  er 
ftd)  babei  einmal  Perfäumt  unb  ber  Roä) 
il)n  barum  jü^tigen  miH,  wirft  er  biefcn 
in  ben  Äeffel,  ert)ält  barauf  bic  erlebigtc 
Stelle  beä  SWeifterEoAe  unb  fübrt  fte 
fteben  ^abxt  jur  3uftiebent)eit  ber  üJlönc^e, 
bocf)  bemül)t  et  fid)  babei,  bur(^  tolle 
Streid)e  bie  SWöncfje  unter  ftc^  ju  »erun» 
einigen;  ein  Sauer  cntbedt  aber  bei  einer 
pon  ibm  belaufd)ten  Seufelisjufammenfunft 
im  aSalbe,  an  weld)er  ©ruber  SRaufd^  teil« 
nimmt,  ben  Staub  bee  ®efellen,  unb  mac^t 
bapon  bem  Qlbte  üDtitteilung.  SDiefcr 
jwingt  itrn  bur_^  bie  Ijeilige  SÖ^effc,  tai 
Älofter  ju  Petlaffen,  worauf  ©ruber  SRaufc^ 
fxä)  nad)  Gnglanb  bcgiebt  unb  in  beö 
Äonigä  Soc^ter  fä^rt.  %ui)  auä  biefer 
Pertreibt  il)n  ber  l)erbeige^olte  5lbt  unb 
bcipt  ben  2;eufel  enblid)  in  einen  SSerg 
nal)e  feinem  Älofier  fahren,  tV'O  er  bie 
jum  jüngften  Sage  bleiben  wirb.  Sicf)e 
©ruber  SRaufd)  pon  Döfar  Sdbabe  im 
SBeimarer  Sabrbud),  ©b.  V,  S.  357—412. 

9Jcc$t?fl)mlioIe,  b.  b.  bilblid^e  ©oQ« 
bringung   eincö  @efd)äfte0  im  ®ciiie  beä 


9fled^töft)mbotc. 


565 


alten  !Rccf)t«,  i)eäict)en  ftcE)  getüö^nlid)  auf 
@runb  unb  Soben  ober  auf  pcrfönlic^e 
Ser^ältniffe  unb  j»ar  fo,  ba§  @ad}e  ober 
«Perfon  babei  felbfi  ftnnlid)  unb  Iciblt(^ 
üergegentüärtigt  hjerben  muffen;  bod^  ifl 
bei  man(ä)cn  ®t)mboIen  ber  Seäug  bcö 
3cicf)enö  auf  bie  @a(ä)e  ttcrbunfelt.  SBenn 
tai  ©^mbol  aufbema^rt  unb  gcricfetlid) 
t)orgejeigt  wirb ,  ftef)t  if)m  ber  SRame 
2Baf)r5eid)en  ju,  ®ie  folgenbe  Süifs 
jeid^nung  ijl  ben  9tecf)töaltertümcrn  3«f  ob 
©rimmö  entnommen. 

1.  @rbe,  ®ra^;  biefcö  hjurbe  auöge» 
tttorfen  foniobi  t>on  bem,  ber  üon  feinem 
®runb  unb  ©oben  fc^ieb,  '!:iai  Öanb  räumte, 
wie  Bon  bem,  ber  ein  cinjcincä  ©runbfiücf 
auf  einen  anbern  ju  eigen  ober  ^t^fanb 
übertragen  uioUte;  leiftete  ber  (Sd)ulbner 
feine  3af'Iwn9,  fo  ff|;te  ber  iRic^ter  burcf) 
biefeg  (gpmbol  ben  ©laubiger  in  ben  ^eft^ 
beö  @uteä;  baäfelbe  würbe  alfo  bur^ 
5tuöfc^neiben  unb  S)arreid)en  ber  &xai' 
erbe  aufgelaffen,  burd)  5lnnal)me  berfelben 
in  (Smpfang  genommen.  2)ie  befonbern 
beutfc^en  Flamen  für  bie  ®raßerbe  fmb 
(Jrbfd)one,  SRafen;  in  fäd)fifd)er  unb 
nieberbeutfd)er  @prad}e  Sorf.  Sei  einem 
Orcnjfireit  festen  bie  Ädmpfenben  it)re 
©cf)ft)erter  an  iai  in  einem  jud)  f  or  ben 
(Srafen  gcbrad)te  JRafcnfiüd  unb  f^muren; 
etmaö  5i[t)nlid)eö  fd)eint  eö  ju  bebeuten, 
Wenn  in  alten  «Sagen  unb  Siebern  fd)n)ös 
rcnbe  j^etben  ta^  ©d^mert  biö  an  ben 
©riff  in  ben  ©rbboben  fteden. 

2.  ^alm;  fiet)e  ben  befonbern  2trtifel. 

3.  2t  ft.  2Benn  ein  SBaumgarten,  Sßalb- 
grunb  ober  Söeinberg  übertragen  nnirbe, 
fo  ppegte  man  einen  ßaubjmeig,  eine  iRebe 
ju  breclen,  in  bie  (Sd)o[le  ju  jlecfen  ober 
allein  barjureid}en,  wobei  fid}  bie  Qlrt  ber 
3weige  nad)  bem  ©runbfiüd  richtete;  auä 
®drten  nal;m  man  fte  fon  2tpfelbäumen, 
in  ©cbüfd)  unb  SBalb  i?on  ^afeln  unb 
Öirfen. 

4.  ©tab  bient  a)  aU  3^^*^^"  '^^^ 
©üterabtretung  unb  jmar  meip  für  größere 
ßanbf^aften.  b)  alö  3«<^en  ber  ßanb^ 
ftücfetigfeit,  ©rniebrigung  unb  Änec^t« 
fd)aft  für  ben,  ber  if)n  in  ber  |)anb  trägt. 
2)ie  ftd)  auf  @nabe  unb  Ungnabe  ergeben 
tiaben,  tragen  weife  ©täbe  in  ^änben. 
3ir  ^oüanb  ge^en  bienftlofe  ÜJJägbe  mit 
weisen  ©toben,  c)  aU  Sä(i)tn  böd)fier 
©ewalt;  Könige,  gürfieu  unb  Otid^ter 
tragen  it)n  in  ber  ^anb,  ebenfo  bie  Soten 
unb  ^erolbe  be«!  .Königä  unb  5Rid)terö; 
t»on  Sittcnten,  ©elobenben  unb  ©d)mören= 
ben  würbe  biefer  ©tab  angerüf)rt.    d)  aU 


©tjmbol  beö  Sobeöurteilä;  benn  über  bem 
^aupt  beö  iBerurteitten  würbe  ber  ©tab 
gebrod)cn  unb  it)m  t»or  bie  ^üfe  geworfen; 
eö  brüdt  auä,  ia^  ber  SJHffettjäter  nic^tä 
weiter  ju  ^offen  t)at  unb  auf  fein  ßeben 
ferjicfttet. 

5.  ^anb  unb  Ringer,  fre^e  ben 
befonbern  Qtrtifel. 

6.  ^üfe.  (Sä  fd)eint  aUgemein  ©itte 
ber  33orjeit  gewefen  ju  fein,  ia^  ber  ©ieger 
ben  ^uf  auf  ben  ju  Sßoben  geftrecften 
geinb  fe^te,  §um  3^^^)^"  »oKenbeter  93e= 
jwingung;  Wenn  liegenbeö  ®ut  ange= 
fprod}en  würbe ,  mufte  ber  red)tc  ^Juf 
aufgefeilt  werben. 

7.  SDJunb.  93ei  Sele^nungen  iji  ber 
füffenbe  SDhmb  ©ijmbol,  voai  aui)  mit 
ber  formet  „mit  ^anb  unb  SDJunb  be« 
Iel)nen"  gefügt  fein  witl.  S)cn  Auf  gab 
ber  2el)n0t)err  bem  SBafaüen. 

8.  Obr.  Ulod)  im  18.  3a^r^unbcrt 
lierrfc^te  in  met)reren  ©egenben  S5eutfc^« 
lanbs  bie  ©itte,  bei  wid)tigen  ^nläffen, 
al^  ber  ßegung  eines  ©runbfieinä,  ©e^ung 
cineö  ©renjjieinö,  ^inbung  eineö  ©c^a^es 
u.  bgl.  Änaben  jujujietjen  unb  fie  unoer» 
fel;en3  in  bie  Dl)rlappcn  ju  pfeifen  ober 
il^nen  D^rfeigen  ju  peden,  bamit  fte  ftd^ 
beö  Sßorgangä  it)r  ganjeä  ßeben  erinnern 
foUten;  Dabei  cmpfiengen  fie  f leine  ®t' 
fd)enfe.  9JamcntItd)  in  Sägern  war  bicfc 
©itte  feit  ben  ältejlen  3eitcn  üblid),  wo  aber 
nid)t  bloö  .Kinber,  fonbern  bie  erwad)fcnen 
eigentlid)en  3£"9fn  f^^^l^  ^"  ^^^  Dt)ren 
gcjupft  ^u  werben  pflegten. 

9.  93art  unb  Apaar  waren  S^^^^^ 
unb  2;rad^t  bcö  ©tanbeö  würbiger  -Jreier. 
^bfd^neiben  bes  ^auptt)aarcö,  bei  (Srwac^» 
fenen  beä  Sarteö,  war  ®oten,  granfen 
unb  ßangobarben  ©t)mboI  ber  5lnnat)mc 
an  ÄinbeöPati.  ©in  %xdn  fonnte  fxä) 
burd)  Übergabe  feinet  abgcf^nittenen^aarö 
in  bie  Äned)tfd)aft  cineö  *Hnbern  begeben. 
(Stwaö  anbereö  war  eö,  wenn  jemanb  ftc^ 
bie  ^aare  abfc^nitt  unb  fie  bem,  beJTen 
Seijlanb  er  anflebte,  jum  3eic^en  brin= 
genber  unb  unoerfieUter  9Jot  überfenbete. 
@d)Wörenbe  DJJänner  rü[;rten  Sart  unb 
^aai  an,  fd)Wörenbe  grauen  legten  bie 
ginger  ber  rechten  ^anb  auf  i^rc  ^aax' 
fle(^ten. 

10  unb  11.  ^ut  unb  |)anbf($u:^, 
fie^e  bie  befonbern  Qtrtifel. 

12.  ©c^ut).  3m  ültnorbifd^en  SRed^t 
fam  baö  ©pmbol  beä  ©ct)ul;ö  iti  ber 
ütboption  unb  ßegitimation  oor.  S)er 
iBater  foU  ein  ÜRabl  anbellen,  einen  brei= 
jährigen  Dd)fcn  fc^lai^ten,  beffen  rechtem 


566 


SRed^tgfpmboIe. 


gufe  bie  ^aut  ablöfen  unb  barauä  einen 
©c^u^  niad)en;  biefen  <Scf)U^  jie^t  er 
bann  juerji  an,  nacE)  i{)m  bcr  abopttcrte 
unb  legitimierte  ©o^n,  |)ierauf  bie  (Srbcn 
unb  ^reunbe;  man  ^eift  iai:  mit  einem 
in  bcn  ®ct)U^  feigen,  dlaä)  altbeutf^er 
@itte  würbe  ber  @d)u5  and)  bei  bem 
33erlöbniö  gebraud)t;  ber  Sßräutigam  bringt 
i^n  bcr  93raut;  fobalb  bie[e  ii^n  an  ben 
5ut  gelegt  ^at,  n?irb  fte  aU  feiner  ©ewalt 
unterworfen  betracf)tet.  ^aä)^ix  würbe  e^ 
üblich,  ber  Sraut  neue  ©c^u^e  barju» 
bringen.  S!J?äci)tigcre  Könige  fanbten  ge= 
tingeren  i^re  ©cfju^e  ju,  welcl)e  bicfe 
jum  3«'^f"  iiet  Unterwerfung  tragen 
fonnten. 

13.  ®ürtcl,  unb  jwar  berjenige,  ber 
bie  innerfie  93efleibung,  iai  ^embc,  über 
ben  |)üften  5ufammenf)(ilt.  2)ie  ftjmbo* 
lifd^e  ißebeutung  beöfelben  iji  eine  »ier= 
fad)e:  a)  lanbvöumige,  auf  ®nabc  unb 
Ungnabe  frc^  untcrwerfenbe  Scanner  mußten 
ben  ®ürtel,  wie  bie  @d^u§e,  ablegen;  b)  bei 
ber  .^lauöfuc^ung  mu§ten  bie  ©intretcnben 
im  $emb  unb  entgürtet  gefien ;  c)  J^rauen, 
bie  auf  bie  6rbfd)aft  i^re^  üerjlorbenen 
IKanneö  üeräicf)teten,  warfen  entWeber  gleich 
Bei  ber  Seerbigung  auf  fein  ®rab  ober 
löften  lernad)  vor  JRid^ter  unb  3ß"9^" 
ben  ®ürtel;  »ermutlic^  genügte  eö  balb, 
i^n  blo^  barjureicEien;  d)  mit  bem  ©ürtel 
gcf(^a^  aucf)  bie  feierliche  Seräu^erung 
eine«  einzelnen  ®uteä. 

14.  SRocffc^oi,  ml)b.  gere,  b.  i.  ber 
gefältelte  Seil  bc«  ßeibgewanbeg.  S)aö 
Qlbne^men  unb  |)inwerfen  beöfelbcn  war 
Wieber  ©pmbol  ber  Qluflaffung  eineö 
®uteö.  SDurd)  ®rcifen  an  ben  SHocffdio^ 
überliefert  ber  gorberer  ben  ®eforberten, 
bcr  ©laubiger  ben  ©cf)ulbner  rec^tlic^. 
Qlucft  bei  einigen  ßibf^würcn  Würbe  t>cr* 
mutlid)  ixt  ^ani)  auf  ben  ®ercn  gelegt. 

15.  5D?antel  ifi  ein  S^^en  beö 
©d^u^ed,  befonberö  ber  iion  ^ürjlen  gc* 
tragenc.  SD^Jantclfinbcr  beiden  bie  abop= 
tierten  Äinber,  weil  fte  unter  ben  ÜJJantel 
genommen  würben.  3u  ^ranffurt,  wenn 
eine  ^rau  i^ren  SDkntel  auf  beä  ÜJJanneö 
®rab  fallen  lieg  unb  nic^t  mcl)r  aU  ein 
ÄIcib  behielt,  War  fxe  nic^t  fcf)ulbig,  für 
beffen  @cf)ulben  einjufielin. 

16.  ^abne;  mit  ber  ^lufri($tung  bcr 
gabne  wie  bc^  ^uteä  würbe  tai  SBolf 
aufgeboten  unb  pcrfammelt.  3n  ber 
©cbwcij  rief  bie  in  einen  Srunncn  gc= 
taucbtc  g^abne  alle  S[«annf^aft  ju  ben 
aOöaffen;  man  taud^tc  bie  ^abne  ine  üBaffer 
unb  fd)Wur  nid)t  äurürfjufcbrcn,  e«  wäre 


benn  bcr  ^^cinb  gefdblagcn  ober  bie  ^abne 
an  bcr  ßuft  getrocfnct.  9!Jlit  bcr  %ai)nt 
gcfcbab  bie  Selebnung,  wobei  ber  Safall 
bicfclbe  bem  $errn  barbra^tc  unb  biefer 
ixe  ibm  b«na^  wieberbot,  fflad)  bcr  SSe« 
lebnung  würben  bie  großen  Sanncr  ber 
D^ei^öfürjicn  oom  Äönigöfiubl  i>ixab%t' 
worfen  unb  bcn  Äriegäfncd)ten  preiöge^ 
geben.  SSei  SKärften  jiccttc  man  jum 
3cicbcn  ber  9J?arfifrcibeit  gähnen  auf. 

17.  !pfeil.  31"  S'iorben  würbe.  Wenn 
ber  j^ein^  i"^  Sa^b  iiaä),  ein  9iaub  ober 
aWorb  gefcbab,  fcbncH  ein  $fcil  betumges 
fcbicft  unb  allem  SBolf  entboten,  ftd^  ju  öcr» 
fammeln  unb  bem  Später  na($jueilcn;  bie^ 
War  bcr  ^ecrpfeil,  herör.  2)cn  ßango« 
barben  War  ber  (Pfeil  ©pmbol  ber  grci- 
laffung. 

18.  Jammer,  ftebc  ben  befonbcrn 
Qlrtifel. 

19.  ©pecr  bebeutet  in  ber  älteren 
unb  gefe^li($en  ©pracbe  SJlann  unb 
SD^anneijlamm,  im  ©egenfa^  ju  ©pinbcl 
ober  Äunfel;  babcr  bie  5luöbrücfe  sper- 
mäge,  germäge,  swertmäge  =  25crwanbt= 
fdbaft  üon  ©eite  beä  SD^anne^,  unb  spindel- 
mäge,  spillmäge ,  kankelmäge  =  93er« 
Wanbtfdbaft  non  ©eiten  beä  SBcibeg. 
®lci(i)  'Btab  unb  ^aiim  war  ber  ©pecr 
für  Äönigc  ein  ©pmbol  ber  Übergabe  »on 
IRcicb  unb  fianb.  ©r  biente  aber  aud) 
wie  |>ut  unb  *pfcil  jur  Qlnfagc  be^  .^riegeä. 
3n  ©fanbinabien  würbe  neben  bem  ^eer» 
Pfeil  in  nielcn  ®egenbcn  au(^  ein  ange= 
branntcr  ©todf  bctumgefanbt,  ber  Äricgä« 
gefabr  wegen  ta^  23olf  jufammenjube« 
rufen. 

20.  ©cbwert;  auf  bcn  ®riff  bc« 
©(i)werteg  mit  in  bie  (5rbe  geficcftcr  ©pi^c 
Würbe  bei  ©cbwüren  unb  ®elübben  bie|)anb 
gelegt,  in  ältcfter  3^^*  ^'^^^  ^^^  ^^^^ 
blogeä  Qluäüeben  beä  ©cbwcrtg  gcfdbworcn. 
S)ie  5ireifd)öffen  bei  bcr  J^abne  legten  if)re 
Ringer  aufö  breite  ©c^wert  unb  fcbwuren. 
3)ie  fic^  ergaben,  gingen  entWeber  obne 
@cf)Wert  ober  faxten  ba^  ©c^wcrt  an  ber 
©pi^c,  ibrcm  ©iegcr  bcn  ®riff  rci(f)enb. 
2)urd)  baä  ©cbwert  gcfcbab  aud)  Übergabe 
von  Sanb;  c^  war  ©pmbol  ber  ®cri^tö= 
barfeit ,  befonberö  ber  peinlicbcn  über 
ßcben  unb  Job,  2)ic  ^riefen  trugen  ber 
Sraut  bei  ber  Srautfübrung  ein  ©djWert 
oor,  jum  Qää)ir\,  ba§  ber  OTann  ®ewalt 
über  ibr  ßeben  babc.  tibcrfenbung  unb 
9lnnabme  beä  ©d)Werteä  beäcicbnet  bie  ju 
»oüäiebenbe  $inrid)tung.  Sä  war  enblidb 
©itte,  wenn  ein  SDknn  bei  einer  ^xan 
fcblief,  bie  er  ni(i)t  berübren  wollte,  ta^ 


*Hccf)täft)mboIc. 


567 


er  ein  ®d)>t>ert  jtrifc^en  fic^  unb  fic  legte; 
naä)  ber  ©age  gcfcfta^  bieö  j.  S.  jttjif^en 
©igutb  unb  23runf)ilb;  in  beutf(^cn  2)icf)« 
tungen  ^rcifc^en  Jrifian  unb  3folbe,  iVoU 
fc^en  Sßolfbietri^  unb  bcr  ^eibcntod^ter, 
Drenbcl  unb  ^xa\i  93reibe  unb  in  »ielen 
anbern  Sagen. 

21.  SD^effer  Be^eid^netc  njiebcrum  bie 
Übergabe  oon  liegenben  ®ütern.  SBenn 
bie  ^ifiWöjfen  einen  geridjtet  unb  im 
Söalb  aufgcl)ängt  :^attcn,  ftecften  fic  ein 
SOteffer  in  bcn  Saum.  5{^nli^  flecfen  im 
IDtärc^en  jnsei  fcfteibenbe  Q^reunbe  ein 
SJJeffcr  in  ben  93aum:  auf  ttjeffen  Seite 
ii  rojiet,  beö  ßeben  ijl  norbei. 

22.  ©pinbel  iji  Spmbol  ber  t^rau 
unb  J^auäfrau,  t)gl.  9^r.  19.  2>er  (ä^e* 
mann  butftc  bie  e^ebrec^erifc^c  |)auäfrau 
mit  ber  Äunfct  unb  t)ier  Pfennigen  auö 
bem  ^aufe  meifen  unb  mar  i^r  meitcr 
md)tö  fc^utbig,  menn  fie  il;m  aud)  nocf) 
fo  »iel  Out  5ugebra(i)t  f)atte. 

23.  ®(^ecre  bebeutet  5lbfcf)neiben  ber 
^aare,  atfo  Serlufi  bcr  ^rei^eit.  ^ui  be« 
fd^impfenben  Strafe  mürbe  ®cf)eere  unb 
93efen  getragen,  ein  3^**^^"  nermirften 
^aarfcf)nittä  unb  SRutenfd^Iagö ;  an  ®e« 
ringen  mürbe  nämli^  bie  Strafe  felber 
»oüfirccft,  iBorncf)me  famen  mit  bem  bIo§en 
St)mboI  baoon. 

24.  Äreuj.  ^ier  ftnb  fotgcnbe  ft^m^ 
bolifdje  5lnmenbungen  ju  unterfcf)eibcn: 
a)  S)a^  S^i'i'«"  ^«^  Äreuje^  mar  bei  ben 
©renjen  in  rec^tli($em  ©ebrauc^,  bcrgeftalt 
ba§  in  bie  ©renjbäume  Äreuje  einge^auen 
unb  SJJägel  eingef(J)Iagen  mürben,  b)  (Sin 
Äreuü  bebeutet  5Dtarftgerecf)tig!eit  unb 
SCßeic^bilb^frieben,  gleicf)  bem  ^anbfcf)u^; 
oft  fommen  beibe  fo  »erbunben  r>or,  ta^ 
an  bem  Äreuj  ein  ^anbfc^uf)  ^ängt. 
c)  SDcr  Äläger  ober  ©eric^töbote  fiecft  ein 
Äreuj  an  ha^  ^ouä  ober  auf  bie  @ac6e 
beö  oerflagten  unb  oerurteilten  Sc^ulbnerö. 

25.  Span.  ®erid^tlid)e Übergabe  eineö 
^aufeö  mürbe  ft)mbotifd)  baburd)  bemerf* 
^elligt,  ia^  ber  ^ronbote  einen  Span  auö 
bem  Sprpfofien  l)ieb  unb  bem  neuen  93e= 
ft|er  einfeanbigte.  S)er  ®antfnecf)t  jeigt 
einen  Span  nor,  aud)  auö  bem  ©algen 
fc^nitt  man  if)n  jum  Söabräeid&en. 

26.  3;{)ürc.  Der  Seft^  eineö  ^aufe« 
mürbe  angetreten,  inbem  ber  (Srmerbenbe 
in  bie  Sbüre  einging,  feinen  red)ten  gu§ 
auf  bie  Stjütfcfcmeüe  fe^te  ober  mit  ber 
rechten  ^anb  Iprpfoften  ot'er  Sbürring 
ober  J^ürangel  fa^tc  ober  aud)  bloö  bie 
Jbüre  auf=  unb  ju  tbat.  *ltud)  (Sibc  mur= 
ben  mit  auf  bie  I^ür  gelegter  Apanb  ab' 


gelegt;  ein  Sd)Iag  mit  ber  ^anb  an  bie 
^ird^entf)üre  mar  bei  ben  ^Ripuariern  fcier» 
Iid)er  öinfprud)  gegen  ben  in  ber  Äird)e 
abjulegenben  Sib.  Über  bie  2;bürfd)meüe 
burfte  man  nic^t  ben  8eid)nam  eine«  SOtiffe« 
t^äterä  fd)Ieifen,  man  mu§te  fie  burd)  ein 
unter  i^r  gegrabene^  2od)  jie^en. 

27.  Scfelüffel  ftnb  baöSt)mboI  jung« 
fraulicher  ©emalt;  bei  bcr  fcierlid)en  Sin* 
fegnung  erfc^eint  bie  Sraut  mit  Sc^Iüffeln 
gef^mücft,  bie  am  Oürtcl  fingen;  ftc 
mußten  bei  ber  Sc^eibung  bem  9Dknne 
jurüdgcPeüt  merben. 

28.  SRing.  2)er  53räutigam  pflegte 
ber  33raut  jum  S^ii^stt  beä  gcfc^Ioffenen 
(ä^eoerlöbniffcä  einen  SRing  an  ben  ginger 
ju  fieden,  bocE)  mar  bicfe  Sitte  auö  ben 
romantfc^cn  ßdnbcrn,  mo  fie  g^ortfc^ung 
beö  römifc^en  ^ciratöringe^  mar,  nac^ 
Deutfd)Ianb  gefommen.  Ul<x<i)  ben  ®e» 
bid)ten  bcä  13.  S^^iöunbertä  empfingen 
bie  ßicb^aber  SRinge  oon  if)ren  2)amen. 

29.  SUtünjc.  Sei  bcn  faUfd)en  unb 
ripuarifc^en  g'^an^'^n  gnlt  folgenbe  eigen* 
tümlic^c  Slöeifc  ber  gif^i^^iffung:  ber  |»ecr 
marf,  fd)Iug  ober  jiie§  fon  ber  J^anb 
feinet  Äned^teö  eine  fleine  SKünjc  berunter, 
moburd^  biefer  in  ben  Stanb  ber  J^reien 
überging.  ®rimm  oermutet,  ta^  ber  Änecbt 
bie  ^ünje  gleic^fam  jum  Äaufprei^  gab, 
ben  ber  ^err,  fte  ju  Soben  fc^neücnb, 
üerfd)mä{)te. 

30.  Stein,  kleine  Steine,  nermutliii^ 
Äiefel,  ftnb  ein  3"<i;en  ber  Übergabe, 

31.  gaben;  ein  3tt>ii^"'  ot>iX  Seiben* 
faben  rei($te  l)in,  f^mbolifcf)  ju  binben, 
fogar  bei  ber  3tilicferung  fd)äbUc^er  SlJlen* 
fd)en,  Sßagabunben.  5tud)  gebannte  ®runb* 
jlüde  mürben  burd)  einen  barum  gcjogenen 
Seibenfaben  gcfjcgt,  mic  aud)  bie  JRofen* 
gärten  ber  Sage  mit  fcibencn  gäben  um* 
geben  ftnb.  3"  t)en  bänifd)en  iBoIfötiebcrn 
binben  bie  |>elben,  um  ftd)  fefijumac^cn, 
rote  Seibenfäben  um  ibrc  $elme. 

32.  Seil;  mit  bem  ©lodenfeil  merben 
Äirc^engütcr  übergeben.  Gin  i&eil  um  ben 
^alö  trugen  fomot)t  foldje,  bie  ftc^  auf 
Sob  unb'?eben  ergaben,  aU  an  gemiffen 
Orten  bie  greibauern  jum  3«^cn  ge* 
ringcrcr  Äned)tfd)aft  ober  >f)örigfeit. 

33.  Söagen.  (Sin  8anb  mit  bem 
Sßagen  befabrcn  ifi  3ficb<^"  ^fv  Seft^* 
nabme;  ^einrid)  ber  2ßclf  Iic§  ftc^  bcr 
Sage  nadö  oon  ßubmig  bem  grommcn  fo 
Diel  Sanbc^  ocrIeif)cn,  ali  er,  folange  ber 
j^önig  JU  ©Mittag  fd)liefe,  mit  einem  gol^^ 
ncn  '$flug  umadern  ober  mit  einem  golb* 
nen  Söagen  umjicfjen  fönnte. 


568 


SRcgalien  —  JRcgenbogcnfc^üfydd^cn. 


34,  iPflug;  aui)  mit  i^m  wirb  neu» 
ettDorbcneä  ßonb  befahren.    ©icf)e  Uli.  33. 

35,  (Stu^I  unb  Jifc^.  Qlls  (Rec^tö- 
ftjmbol  I)at  bei  lifc^  immer  brei  Seine; 
ber  geringjle  ©utebcfi^  njiib  burd)  bcn 
{Raum  bejei(f)nct,  njorauf  ein  brcibeiniger 
8tu^I  fielit;  ein  Stücf,  tai  feinen  ©tu^l 
fa^t,  iji  beö  ©lunbeigentum«  unfähig. 
2)urc^  einen  breibeinigen  (gtubl  tt)irb  aber 
auc^  ber  Scft^  jebes  anbern  ©runbfiücfeö 
angetreten,  2öeigert  ftc^  ber  (Richter  einer 
»orjunet)menben  a3ele^nung  ober  (Snt- 
fe^ung,  fo  tann  mer  ein  5Recf)t  ^at,  fie  ju 
forbern,  mit  einem  folc^en  €tu^l  bie 
feierliche  ^anblung  fclbfi  begeben,  muf 
aber  bie  fc^ulbige  ©elbabgabe  barauf 
legen;  fiatt  bee  €tu^Ieä  fommt  etroa  auc^ 
ein  breibeiniger  Sifd)  »or.  Qtuc^  taS^ 
6pri($rt)ort:  einem  ben  @tu^I  üor  bie 
S:^ür  fe^en,  b,  ^.  einen  bietier  ju  ©i^ 
bere^tigten  auö  bem  ^aufc  Weifen,  fc^eint 
einer  früher  »orgenommenen  fpmbolifc^en 
^anblung  fein  2>afein  ju  »erbanfen. 

36.  SBaffer;  ein  Zimt  Söafferö  tüar 
3ei(^en  ber  (jntfagung;  fonfi  ifi  auffaüenb, 
ia^  aufer  bem  Sieben  ber  ^ai)ni.  in 
SBrunnenmaffer  (fte^e  9^r.  16)  ein  fonft 
fo  einfaches,  naf)eliegenbe«  (2t)mboI  feine 
meitern  3ß"9niff'e  feiner  5tnmenbung  auf 
beutfc^em  93oben  ^interlaffen  iiat 

37.  2Bein,  iSier  ober  IJRet  mürbe  eon 
alterä^er  in  2)eutfc^tanb  jur  Sefräftigung 
feierlicl)er  Verträge  unb  Sünbniffe  ge* 
trunfen,  ja  unter  cielen  Teilnehmern  unb 
Beugen  förmli(ä)e6  @elag  unb  2RabI  ge= 
l)alten.  iRamentlid^  mar  biefe^  «Sitte  bei 
gricbenöf^lüffen,  Qtusfö^nungen,  (Sibs 
fc^aftsteilungen  unb  ^odE)jeiten;  bocf)  ifi 
biefer  Sraud^  faum  auä  einer  fpmbolifc^en 
SBcbeutung  beö  Sßeineö  ober  bgl,  f)ers 
juleiten,  i>a  fein  @efe^  bcn  2ßeintrunf 
jur  ®ingef)ung  irgenb  eineö  [Reci^tögc» 
f(!)äfteö  forbert.  2m  ÜJJittelalter  fcf)eint 
bie  allgemein  unb  meitferbreitete  fijmbo- 
Iifd)e  Stnmenbung  beä  SBetntrunf«  jur 
geier  eingegangener  Ääufe,  mt)b.  litkouf, 
winkouf,  non  ml)b,  lit  =  Obp  unb  @e» 
mürjmein,  geipigcö  ©etrdnfe  überhaupt, 
aufgefommen  ju  fein. 

38.  33Iut;  nac^  fRac^ric^ten  auö  ber 
altepen  I)eibnifcf)en  3ßit  unb  nad^  Sagen 
mürben  feierlidt)e  Sibe,  ©elübbe  unb  Sünb» 
niffc  mit  23Iut  befräftiget,  SDiefe«  gefd^ab 
bei  Eingebung  ber  JBrübcrfc^aft,  mo  beibe 
greunbe  if)r  SSIut  in  eine  (Stube  jufam^ 
menrinnen  liefen,  ha^  es  fxä)  mit  ber 
(Srbe  t>ermifcf)e. 

39,  5 euer;   3ünbung   unb  IRä^rung 


beäfelben  auf  einem  ©runbfiücf  mar  Qt\i)in 
nä)tl\ä)n  SBeft|na|mc  unb  ^n^obung;  bem 
SRec^tlofcn  mürbe  iati  SBaffer  gejiopft  unb 
tai  ^tun  gelöfi^t,  unb  noc^  biä  auf  bie 
neuere  3^'*  %^^^  i"  einigen  ©egenben 
3)eutfdblanbö  bie  Sitte,  bei  ©utäüber« 
gaben  ba«  alte  ^euer  ju  löfcben  unb  ein 
neues  anjujünben.  5tngcjünbetc  ^^eucr 
geben  in  ber  Sd^meij  unb  in  grieölanb 
in  Äriegsnot  unb  ßanbeöaufru^r  ein 
3eid^en  jur  SBerfammlung. 

40.  StroI)tt)if(i)e  werben  an  Stangen 
auf  SBicfen  unb  gelber  gefiecft,  um  fie  ju 
legen,  ba|er  hegewisch,  ober  bcn  Söcg 
JU  fpcrrcn;  fte  bejcic[)nen  aucf)  etmaä  feilet, 
j.  33.  ein  gerid)ttid^  ju  ocrfaufenbeö  ®runb« 
ftücf.  (Snbli(^  bejeicf)net  bie  umgebref)te, 
umgefe^rte  unb  angebrannte  ©c^aubc 
bie  SSeft^na^mc,  maä  maf)rfd^cinlic^  ber 
fr)mboIifd)cn  Äraft  bcä  ijcuerö  gilt. 
®rimm,  SRec^täaltertümer,  ®.  109—207. 

^Regalien.  2)a3  2Bort  regalia  in  ber 
Sebeutung  oon  bem  Könige  jujic^cnbcn 
^o^eitsrcditen  finbet  man  nict)t  oor  bem 
12.  3i|r|unbert;  maä  bamit  jufammcn* 
pngt,  ta^  im  ftüfjcren  ÜRittelalter  ©in« 
fünfte  be^  Clcic^eö  unb  beö  Äönigö  ni(^t 
getrennt,  fonbern  aU  ein  unb  baäfetbe 
gcbac£)t  mürben.  So  gcl)örten  non  alter 
3eit  Söüt  unb  SBeggcIber,  tai  SRünj« 
rec^t,  tai  SRcc^t  auf  ©eminnung  ber 
ÜRetaHe  bem  [Reid^e,  unb  crji  alö  im  aSer« 
laufe  beö  SDMttelalterö  ber  Äaifer  biefe 
9ie(^te  unb  SBefugniffe  einjelnen  ^iJ^P^i^ 
unb  Ferren  ju  ße^cn  übertrug,  nahmen 
fte  ben  S^arafter  oon  ^o^eitärec^ten  an 
unb  mürben  aU  folcbe  roeiter  auäge= 
bilbet,  ©ö  gehörten  baju  3öüCf  2lb* 
gaben  oon  Innungen,  Stanbgelber  ton 
ben  3a|rmärften,  SlRünjre^t,  ^oi^P-  ""^ 
3agbrec^t,  ^ifdjerci,  5'i^'-'  unb  üRü^lcn« 
gerccbtigfcit,  Sergmctfe,  Su^tnfc^ulgclber, 
einfünfte  aui  bem  ©elcitsrc^t.  Später 
ifi  burdf)  Ginfluf  ber  Jürfien  manc^eö,  maö 
früljer  ©emeingut  mar,  j.  93.  bie  ©aljgc» 
minnung,  als  SRcgal  crflärt  morben. 

9tegcni)ogcnfc^üffeI(^cn,  na^  ber  5IRcin« 
ung  litii  !l!anboolteö  ta  anjutreffen,  mo 
ber  SRegenbogen  auf  bie  (Srbe  ^o^t,  ftnb 
ÜRünjen  fcltif(^en  Urfprungö,  mit  einer 
fc^üffelförmigen  ©cftalt  unb  fel)r  ro^cr 
5lrbcit,  obne  S^rift,  aber  mit  »erfd^iebenen 
Stempeln  ncrfel)en;  man  t)at  fol(^e  jum 
teil  in  fcl}r  großer  ilnjafjl  im  fübrocfi* 
licf)en  2)eutfd)lanb  gefunben,  befonbcrä 
ämif(f)cn  23obenfee,  Qnn  unb  2)onau, 
jmifc^en  2)onau  unb  'JRain ,  fomie  in 
Söimen,  SR^einbatjcrn   unb   SR^ein^effen, 


JRcgenfrf)!«!  —  !Rci(i)äocrfammIung. 


569 


3llö  *Pcnobc  i^rer  (Prägung  »oitb  hai 
jnjeitc  unb  erfie  S^^J^^wn^^rt  üor  &[;r. 
angenommen,  alö  feltif(ie  iBöIfer  noc^  in 
biefcn  ©egenben  tt)ot)nten,  unb  tai  Don 
i^nen  im  ßanbe  gehjonncne  ®olb  auf  biefe 
SBeife  auömünjten;  benn  man  mei§,  ha^ 
früher  in  ben  bö^mifc^cn  glüffen  unb 
ä8ä(i)cnunbin  ben  norifdtienQnpen  eielöotb 
getnonnen  mürbe,  ©ie^e  Sontbecr,  S3ci* 
träge  jur  ©efc^ic^te  beö  ®elb=  unb  SlJJünj« 
h)cfenö  in  Deutf^Ianb,  in  ben  %ox\6)' 
ungen  jur  beutf^en  ©efc^ic^te  I,  244  ff. 

Sßegenfdittnt.  (5rmäf)nt  mirb  ber  Stegen* 
f(i)irm  juerft  im  11.  S^ifii^^u^^ert,  »o  er 
burdf)  bie  Siormannen  in  (Snglanb  einge- 
führt morben.  2)o(J)  mar  er  im  ganjen 
SWittelalter ,  ja  nod)  in  ber  SRenaiffance= 
jeit  nie  allgemein.  3"^  16-  3'^^^^""^«'^* 
fpannten  namentlid^  grauen  jum  beffcren 
©c^u^e  beö  Äopfeö  i^re  iKantelfapujen  mit 
gifc^bein  ober  2)ra|)t  über  bemfelben  auö. 

9?et^öa))fel ,  fie|)e  Ä  r  ö  n  u  n  g  « i  n  * 
f  igni  cn. 

Dici^öbörfer  Reifen  geföiffc  2)örfer, 
gledert  unb  freien  ßanbgemeinben,  bie 
tcilö  Überrefie  e£)ematiger  SHcicfj^güter,  teilö 
(§ütei  ehemaliger  SDt)najien  maren,  melci)e 
nic^t  mieber  ju  fielen  gegeben  morben 
waren.  ®ie  f^anben  nur  unter  bem  Äaifer 
unb  regierten  ftct)  fonfi  felbjt.  Man  i)at 
i^rer  an  120  na(J)gcn)iefen,  bie  meift  eon 
ben  Königen  mieber  eerpfänbet,  cerfauft,  ju 
Se^en  gegeben  mürben  u.  bgl.  3"^^^^,  als 
man  fte  1803  mebiatiftertc,  traren  blo^ 
uoct)  5  übrig. 

SReit^gfamntergmt^t,  fte^e  lammet» 
g  e  r  i  (^  t  e. 

9?et($ÖfIcinoliicn,  fte^e  Ätönungö* 
i  n  f  i  g  n  i  e  n. 

9tct(!öÖftäbtc,  fie^e  @  t  ä  b  t  e  m  c  f  e  n. 

9texc^§öcrfamnilung,  iRetc^ötag.  ®d)on 
unter  ben  ÄaroUngern  galt  eä  alö  <Pfli(J)t 
ber  geijitid^en  unb  meItli(|en2ßürbentTäger, 
ftd)  an  ben  f)o^cn  gcfien  beö  3af)rcö, 
Dfiern,  (Pfingfien,  2ßeif)nad)ten  unb  SWariä 
®eburt  am  J^oflager  einjufinben,  bie  tixä)' 
Ii(f)e  ^eicr  mit  if)m  ju  begcf)en  unb  bann 
in  geifili(^en  unb  anbern  3lngelegen^eiten 
mit  i^m  t^ättg  ju  fein.  ®ö  ergingen 
förmlicf)e  (Sinlabungen  baju,  fo  ba§  biefe 
SSerfammlungen  feit  ben  fränfifc^en  Äai* 
fern  ben  (5.1)arafter  »on  ^of*  unb  SHeic^ö* 
tagen  annahmen.  S)er  ?iame  ifi  curia, 
concilium,  conventus,  placitum,  am  itäw 
ftgfien  aber  colloquium,  m{)b.  spräche, 
älnlid)  bem  in  (Snglanb  gebrduc^lid)  ge= 
tüorbcnen  ÜBoit  Parlament,  hieben  bicfen 
tegelmä^igen  |ioftagen  gab  eä  au^  anbere, 


äu  benen  berÄönig  bie  ®ro§en  beä  !Reicf)eS 
übcr(;aupt  ober  biejenigen  cinjclner  $ro» 
Pinjen  berief.  Sä  mürbe  me^r  alö  $flici)t, 
benn  aU  ein  Ote(f)t  betrautet,  bie  ^of« 
unb  SReicfeätage  ju  befud)en.  2)ie  ©rofen 
famen  oft  in  5a{)Ireii)cr  Segleitung,  fo 
ban  man  gejmungen  mar,  [\d)  unter 
freiem  .f)immel  ju  lagern  unb  ju  tagen. 
3eber  tjatte  babci  5unä(i)jl  für  feinen 
llnterf)alt  felbfi  ju  forgen,  ba^er  bei  län* 
gerem  21ufent£)alt  bebeutenbe  Soften  auf* 
laufen  fonnten.  I>a  ber  3"S  '•^^f  ^^n 
iReid)0tag  aU  JReidjäbien)!  galt,  erfcf)ien 
eö  alei  ein  iRecf)t  beä  gürften,  ftc^  bafür 
öon  i^rcn  Untergebenen  eine  Seifieuer 
jaulen  }u  taffen.  S)ie  ®ef(^dfte  beä  SReic^ä* 
tage«  fonnten  fel)r  üerfc^ieben  fein.  33e* 
ratung  über  Eirct)Ucf)e  mie  über  meltli^e, 
äußere  unb  innere  2(ngelegen^eiten,  33e» 
flimmungen  über  hai  SRed)t,  ®cf)enfungen, 
SBerlobungen,  25etlcif)ung  ber  ^ö^ern  SSür« 
ben  in  ©taat  unb  Äirc^e,  ^rioilegien  unb 
©nabenbejeugungen.  3m  15.  3af)r^unbett 
fübrte  bie  l;erüorragenbe  Stellung  berÄur* 
fürfien  baju,  bag  btefelben  nad)  25orlegung 
ber  faiferlic^en  (propofxtion  ju  einer  abge? 
fonberten Beratung  unb Sef^lugna^me bar* 
überäufammentraten,  ein  Vorgang,  bem  ju* 
erj!  bie  übrigen  dürften  unb  Vetren,  bann  bie 
gfleid^äPäbte  folgten,  fo  ia^  ber  Oteidjötag 
nunmehr  in  brei  Kollegien  itx^il,  in  ha^t 
jenige  ber  Äurfürjten,  in  ben  SReic^sfürften* 
rat  unb  in  \)ai  Kollegium  Der  iReic^ö* 
jiabte,  meld^  le^tere  SBill^elm  Don  ^oUanb 
1225  juerft  jum  Sleic^ätage  jugelaffen  ^atte. 
Sine  gemeinfame  25erfammlung  ber  brei 
.^oQegien  fanb  nur  bei  befonberen  gefi« 
li^Eeiten  fiatt.  S)er  ®ang  ber  ißeit)anb» 
lungen  mar  folgenber:  biefaiferlic^en  (Pro* 
pofitionen,  mel(f)e  an  ben  SReic^ötag  ge» 
langten,  würben  gleichzeitig  an  baö  Äur* 
fütftenfollegium  unb  an  ben  ^ürficnrat 
jur  iBeratung  abgegeben;  jiimmten  bie  Se* 
fc^lüffe biefer  beiben,  SRelation  unb  dor* 
relation  genannt,  überein,  fo  fam  bie 
Sacf)e  an  hai  Kollegium  ber  @täbte; 
fonp  mar  fte  fc^on  Dcrmoxfen.  traten  bie 
Stäbte  bei,  fo  (lie^  ber  SefcE)luB  JReid)^* 
gu tackten;  menn  er  Dom  .ßaifer  bie 
©anftion  erhalten  ^atte,  ^ie§  er  (R  e  i  cf)  ä  * 
fc^luf.  3n  ben  Äoüegien  felbft  entfcl)ieb 
©timmcnme^rtieit.  5Dic  0teict)öfc^lülie  mut* 
ben  erfi  am  ®dl)luffe  eineö  SReic^stagcä  ju« 
fammen  Derfünbet,  unb  ber  D^ame  bafüt 
mar  [R  e  i  d^  {!  a  b  f  (J)  i  e  b.  (Seit  grieb* 
ric^  III.  natim  ber  !Rci(f)ätag  ben  6^a* 
raftet  eineä  ®efanbtcnfongreffeö  an,  in« 
bem  bie  metjien  güijien  nid^t  me^i  in  ^tx" 


570 


Oteifröde  —  SRcim. 


fon  erf(^ienen;  bct  ^aifer  lie^  ficf)  babei 
burcf)  einen  auä  bem  ^^ürfienfianbe  ge« 
nommenen  ^rinjipalfonmiipr  pertreten. 
S)aö  $räfibium  auf  bem  (Retc^iötage  fü^irtc 
SOJain j  alö  D'ieict)ö«6r5f anjier.  2tn  \^ü  r  ft  e  n  - 
rate  präfibierten  abtt)e($felnb  Dfterreidt) 
unb  ©aljburg.  UrfprüngUd^  ttiurben  bie 
©timmen  nad)  köpfen  gefüt)rt;  fpäter 
hafteten  fte  auf  ben  Sänbern  unb  ivoax  voax 
aU  9tormaIjal)r  für  bie  ©timmgebung  im 
5Rcid^0tage  ha»  ^a^x  1582  angenommen, 
5Die  ©rafen  unb  Ferren  Ratten  nur  ®e= 
fammtjiimmen,  b,  §.  Guriatjlimmen,  unb 
iwax  I)atten  bie  Orafen  anfänglich  jrtiei 
ßurien,  bie  tt^ettcrauifi^e  unb  bie  f($mäs 
bifc^e  ©rafenbanf,  fpäter  fam  eine  frän« 
fifc^e  unb  eine  tttcftfälifc^c  ©rafenbanf 
i^inju.  2;ie  Prälaten  verfielen  bei  il)ren 
jnjei  Äuriatfiimmen  in  bie  rl)einifd)e  unb 
f(i)mabifdE)e  ^rälatenbanf.  S)ie  SRci^ö« 
fiäbte  teilten  f\6)  feit  1474  in  bie  r^cini* 
fd)e  unb  in  bie  fc^ifäbifd^e  ©täbtebanf. 

Dieifrööc  trugen  bie  Spanierinnen  äu= 
erft  unb  jmar  im  16.  3a^rf)unbert;  unter 
bem  Dtamen  vertugalles  ober  vertngadins, 
„Jugenbttjorbeinen".  23on  ia  aus  fanbcn 
fte  in  granfreic^  (Eingang,  nselc^eö  fie  in 
furjer  Seit  auc^  in  ben  übrigen  europä= 
ifd)en  Staaten  jur  SWobefac^e  machte,  rtjie 
läd^crlic^  unb  unbequem  fu  aucE)  erfci^einen 
mußten,  hieben  ben  eiferncnSReifen,  „@prin= 
ger" ,  famen  5Dra^tgef(ed)te  unb  geigen* 
förbe  äur  Sermenbung  unb  liefen  bie  (Röcfe 
in  faltenlofer  ©lodenform  erfct)einen.  Sorn 
»raren  biefc  balb  offen,  bamit  ba«  Untere 
üeib  burci^f^eine,  balb  gefd)Ioffen ;  balb 
ftnb  fre  länger,  balb  fürjer.  3m  Sommer 
trug  man  fie  otine  ®ürtel,  foba^  fie  nur 
am  $alfe  ben  Seib  berüf)rten;  im  SBinter 
mürben  fie  um  bie  $üfte  gegürtet.  3t)re 
größte  Sebeutung  unb  Verbreitung  Ratten 
fte  um  1730,  tüä^irenb  fte  fcf)on  jur  3eit 
ßubwigö  XV.  am  $ofe  aufgegeben  unb 
erfi  miebcr  bur^  SD^aria  iHntoinette  in 
Sd)h)ung  famen,  biesmat  platt  »on  üorn 
nad)  hinten,  an  ben  Ruften  aber  breit.  Sie 
Dcrfd^manben  aber  balb  mieber,  um  nad) 
einer  furjen  $aufe  ber  „culs  de  Paris" 
$Ici^  äu  mad)en,  bie  aber  ebenfalls  nur 
furje  3eit  ft^  galten  fonnte.  mit  bem 
beginne  ber  jmeiten  ^alfte  unfereä  5a^r* 
t)unbertä  fam  ber  Oieifrod  alä  „Srinoline" 
»tiicber  auf,  frctlid^  aud)  bie^mal  nur  für 
furje  2)auer.  'S)er  „gute  ©ef^mad"  wirb 
ibn  aber  o^ne  3*^cife^  mieber  auf  bie 
Sßettbü^ne  rufen. 

9icim.  ©erfelbe  ifi  im  9.  ^a^r^unbert 
aui  ber  lateinifd^en  iReimpocfie  ber  Äird^e, 


tt)o  er  feit  bem  3.  Jabr^unbert  gefunben 
tt)irb,  in  bie  beutfi^e  I)i(^tung  gebrungcn, 
auö  ber  er  fd)neü  bie  ältere  5lüiteratiott 
»erbrängte;  namentlich  toax  eö  Dtfrieb^ 
(Sinflu§,  ber  ^ier  mirffam  mar.  9J?it  ber 
5lufna^me  beä  SReimö  in  engfter  Seäief)* 
ung  fie^t  ebenfalls  auö  ber  ^rifilid^4a' 
teinifd)cn  Sichtung  :^er  bie  Qlufna^me  ber 
Strophe,  bie  i^rerfeitö  mieber  mit  ber  ©nt« 
midlung  beö  ©efangeö  in  biefer  (Periobe 
jufamment)ängt.  i 

5Das  2ßort  SReim,  mt)b.  rim,  i)at  a^b.  I 
aU  rim  unb  hiim  bie  SSebeutung  »on  1 
3al)l,  S3iell)eit,  eine  Sebeutung,  njeld)e 
erjl  im  3!}littel^o($bcutfd)en  in  bie  beö  burc^ 
©Icicblaut  mit  einem  anbcrn  gebunbenen 
23erögliebeg  übergegangen  ifi.  Qtlle  alt« 
|o(^beutfc^en  ©cbic^te  mit  ßnbreimen,  bie 
vor  bem  11.  S^i^t^unbert  entjianben  finb, 
befief)en  auö  Stropben,  bie  älteften  ber« 
felben,  in  benen  auc^  Dtfrieb  feine  ßiebcr 
fd)rieb,  au^  bier  S^'^^";  baneben  finben 
ftd^  in  ben  älteften  SReimgcbic^ten  brei« 
jcilige  Strophen;  Stropt)en  »on  me^r  aU 
t>ier  Werfen  finben  ftd)  üorläufig  blog  in 
©ebid)ten  gemif^ter  ©tropbcnarten,  ben 
fogen.  Seiten,  ^xn  11.  3at)rl)unbert  tritt 
eine  aüfeitige  Sßermilberung  ber  Dileim«  unb 
aSeröfunP  ein,  tcilö  in  %o\%i  ber  in  biefer 
3eit  eintrctenben  Serbünnung  unb  5lb« 
fc^leifung  ber  (Snbftlben,  teil^  in  ^ol%t 
barion,  "da^  je^t  ®ebid)te  auffommen,  bie 
btoö  jum  Sefen  bejlimmt  waren,  benen 
ba^er  tai  firengerc  muftfalif^e  93anb  ab« 
ging,  S)ie  jum  ßefen  befiimmten  ©ebic^te 
bebicnten  ftd^  beö  au§  bem  aüittericrenben 
ßangüerfe ^eroorgegangenen  SReimpaareg, 
baä  anfangö,  jum  Seil  a\xä)  in  ^Inle^nung 
an  lateinifd)e  SBorbilber,  fcl)r  ungeregelt 
mar  unb  bal)er  ben  SRamen  SReimprofa 
er{)alten  fiat.  .Künfilic^  üerfc^lungene  SReim« 
gebäubc  ftnb  äucrjl  in  ber  ßprif  aufge« 
tommen;  anfangt  bejianben  biefe  Stro« 
pl)en  blo^  auö  smei,  brei  ober  me^r  mit 
einanber  üerbunbenen  ^Reimpaaren,  auö  ben 
gemöl)nUd)en  furjcn  SBerfen  ber  erjagten« 
ben  ©attung;  fpäter  »erbanb  man  Sang« 
üerfe  ebenfalls  paarwciö,  unb  jWar  iüenig« 
ften^  i^rer  nier,  ju  einem  j!ropl)ifc^en 
{Rcimgcbäube,  beren  merfmürbigj^eö  bie 
Strophe  Äürenbergcrö  ober  biefRibe« 
lungenjirop^c  ifi.  2llt  ijl  auc^  bie 
©rmeiterung  ber  auö  jmei  furjen  SReim« 
paaren  befte^enben  Strophe  burd^  (Sin« 
fc^iebung  einer  reimlofen  QäU  jmifi^en 
ba^  jmeite  ^aax,  nac^  bem  Schema 
a  a  b  X  b.  SWit  bem  gortfd)ritte  ber 
Iprifc^cn  Äunfi   tt)äc^fi   bann   fd)netl    bie 


SReimd^ronifen  —  SReliquien. 


571 


Äunfi,  ©tropfen  ju  bauen.  3m  ©anjcn 
tvalttt  bei  ben  initteI[)od)beut[cf)en  @tto= 
pt)en  iai  ®cfeh  ber  2>i"eiteili9fett, 
fte^c  ben  ?lrt.  fiieb;  alle«  bieö  bebingt 
burd^  ben  ß^araftcv  ber  Tlnfit  biefe^  S*^**' 
altera.  3n  ^öejug  auf  bie  SReinl^eit  ber 
[Reime  gelingt  ee  anfangt  bloö,  ben  [Reim« 
tlang  annä^ernb  ju  treffen,  fo  ta^  biefer 
oft  me^r  einer  5lffonanj  aU  einem  Vüirf» 
liefen  (Reime  gleid^t  in  n3el(l)em  SBofal 
unb  ©d)lu§fonfDnan5  fxä)  ju  beden  be^ 
fiimmt  finb;  erjl  bie  53Iüteäeit  ber  pfifd)en 
Äunft  :^at  bie  SRcintieit  beä  iReime«  ju 
einer  faji  fet)IerIofen,  bis  £)eutc  nie  me!)r 
errei(^ten  SSoüenbung  gebracht;  namentUd^ 
jeici^net  ftc^  ^artmann  »on  5tue  in  biefer 
Sejie^ung  auö. 

S)er  S^x^aU   ber   l;öfif(i^en  Äunfi   feit 

ber  ÜRittc  beä  13.  3a§r^unbertö  galt  au^ 

bei   Äunji   beö   [Reimes;    berfclbe   tnutbe 

mieber  unrein,  fomol)!  in  ^Jolge  mangeln« 

ber  Äunjlbilbung,    aU   beö   einbringend 

lanbfc^aftlict)er    formen    in    bie   ®ct)tift= 

fpra^e;  er  tüurbc  aber  auä)  gefünjielt  unb 

unnatürlid^ ,  unb   namentlid)  famen  je^t 

©tropftenungetüme  auf,  ttelcfje  tai  Tla^ 

be§  €(J)Dnen  weit  überfd)rittcn.    3)a^  alte 

[Reimpaar,  je^t   feiner  jerfnittertcn  Sßerfe 

wegen  Änittelnerö  genannt,  blieb  nic^t 

bloö  für  bie   erjäljlenbe  unb  bie  ©prud)« 

poefte  ber  tt)pifd)e  SBerö,   csi  würbe  aud^ 

für  bie  neu  auffommenbe  brcimatif^e  3)icf)= 

tung   bie   übliche   poetifd^e  gorm.     2Ba^ 

flropI)ifc£)e  JDi^tung  betrifft,  fo  erhielten 

fid)  in  ben  ©ingfd)ulen  ber  SDieifierfänger 

wo\)\.  einige  alte  t>on   ben  SDJinnefängern 

überfommenc   Jone;    baju    aber    würben 

jtetö  neue,  meiji  red^t  abenteuerIidE)e  SEöne 

erfunben,    oft   pc^fi   iictwidelt   unb   ge* 

fc^madloö,    mand^mal    über    100    SBerfe 

lang,  bencn  aud^  i>ai  beibehaltene  ®cfe^ 

ber  SJrciteiligfeit  nid)t  mel)r  jur  anf(^au' 

lid)en  (Slieberung  ju  oer^elfen  nermod^te. 

S)aneben   |)crrfd^en   im   SBotföIiebe   altere 

unb  neuere  einfachere  ©trop^enformen,  üon 

»ier,   fünf  ober  fecf)ä  Seröäeilen,  weld^c 

pon    ber    einfachen    Sßolfsweife    getragen 

ftnb.    ©er  feit  3<Jf)i^^unbcrten  bauernben 

[Reim»ertt)ilberung  mact)t  enblidf)  Dpi^  ein 

(Snbe;  bod^  ifi  e^  Weniger  ber  [Reim,  aU 

Biclmel^r    bie    SScrömeffung,    weld)e    bie 

©runblage  »on  Dpi^enö  [Reform  ifi  unb 

Welche  bann  audb  ben  [Reim  jwingt,  ftd^ 

in  rl)ptf)mifd^cr  SBejic^ung  fircngeren  ®e= 

fe^en  ju  unterwerfen.    S)ie  auf  bem  Son 

ber   aSofale   unb  donfonanten   berul;enbe 

Soüfommeni^eit  beö  [Reimet  war  innerhalb 

ber  t)ocf)beutfc£)en  @prad)e  faum  me^r  ^er« 


jujieücn,  ba  bie  5tuöfprad)e  ber  cinjcincn 
ßaute  je^t  ungleid)  met)r  Ianbfd)aftUc^en 
[Rüanjierungen  unterlag  al^  bieö  in   ber 
©pra(^e  ber  f)öfifcf)en  2)id}tcr  ber  ^aü.  ge« 
wefen    war;    ba^er    pflegte    bie    beutfc^c 
[poetif  biö  ©d)itler  ber  lautlid^en  SRein&eit 
beö  [Reimet  nur  ein  mäfigeö  ^ntereffe  ju» 
juwenben.      S)ie    5lufna^me    romanifd)ct 
ißer«-  unb  ©trop^engattungen  burcl)  Dpi^ 
unb   feine   [Rac^folger   fonnte,    'mai   ben 
[Reim  betrifft,  feinerlei  ©d)Wierigfeiten  be« 
gegnen;    bie   l)öfifd)e  ^unji   I)atte   langfi 
Diel  gvö§ere  überwunben. 
aicimdjronWcn,  fut)e  ®efcf)idf)tfd)rcibung. 
SReliquieu  ber  ^eiligen  al^  Oegcnjldnbe 
gläubiger   Sere^rung   ftnb   jur   3eit   ber 
6;t)rijienüerfolgungen    ber    erjien     Sa^r^ 
I)unbcrtc  aufgefommen,  anfangt  unter  teil* 
Weifem2BiberfprudE)eeinjelnerÄirc^enle^rer; 
bod)  fprad^en  fid^  gerabe  bie  angefcl^enfien 
SBäter    ber    Äird)e ,    wie    eppfojlomuä, 
^ierontjmuö,  SImbroftuä  unb  ülugufiinu'ä, 
ju  ©unjien  ber  [Reliquiennere^rung  au^. 
Dl^ne  Bweifcl  al)mte  man  bamit  jum  teil 
ben  Äultuö  nad^,  ben  bie  Reiben  mit  ben 
©räbern  if)rer  |)eroen  ju  treiben  pflegten. 
2ßie   biefe   auf   fold)en  ®räbcrn   Sempel 
bauten ,  fo  bie  6,t)rij!en  über  ben  ®räbern 
ber  5lpoftel  unb  SOJart^rer;   waren  feine 
®räber  >:)or:^anben,  fo  erwarb  man   [Rc* 
liquien ,  wobei  namentlid)   bie  römifd^en 
Äatafomben  unerfd)öpf[id)en  SBorrat  boten. 
Die  2ßanfaf)rten  nad)  bem  gelobten  Sanbc 
brad)ten  neue  [Reliquienfct)d^e  in  Umlauf, 
[Reliquien   ß^rifii  unb   ber  5lpoftel,   unb 
neu  baran  fic^   fnüpfenbe  SBunber.     (g« 
Waren   aber  ni^t    bloö    bie  Körper   bei 
^eiligen ,    einzelne    Sleilc    berfelben    ober 
Sleild^en,  [ßartifeln,  fonbern  aud^  2)inge, 
bie  mit  ben  ^eiligen  in  ©erü^rung   ge* 
fianben   iiatkn.     ©d)on   luguftin   flagt, 
'üa^  müßige  2Röncf)e  mit   ben  [Reliquien, 
weld)e  aud}  aU  ©d)u^=  unb   ^eilmitttcl 
bienten,  ^anbel  trieben,    ©d^on  ju  Äarl 
beö  ®ro§en  Bett  famen  fe^r  abenteuerlid^e 
[Reliquien    auf;    wäl;rcnb    ber  Äreujjüge 
mehrten   fte   ftc^    no^    me^r;    eö   famen 
j.  93.  t)om  Scibe  G^rifii  ein  3a^n,  |>aare, 
©tüdfe  »om  [Rabel  jum  iBorfc^ein;   Sin» 
wenbungen  frommer  SiRänner,  aud^  ©ottcg« 
urteile,  bie  jur  Untcrfd)eibung  achter  unb 
unä<^ter    [Reliquien    angeorbnet    würben, 
fruchteten  nid^t^.   S)er  SDom  ju  |»allc  a.  @. 
befa§  öor  ber  [Reformation  8133  ^artifel, 
baruntcr  in  einem  ©arge  1243,  unb  42 
ganje  Äörper,  in  me^r  üU   200  SBe^ölt* 
niffen ,    beren    SSorjeigung    jü^rlid^    am 
©onntag   nad^   SUiaria  ®eburt   fiattfanb. 


572 


ffteliquicn. 


S)ic  Sßorjcigung  gcfc^a^  in  einjelnen  916; 
tcilungcn,  entwcbcr  üor  einem  2Utare  in 
ber  ^irc^e,  ober  »on  5tltanen  ober  ©alcrien, 
fog.  |)eiligtumäfiüf)fett,  {)erab  an  iai  im 
freien  üetfammelte  93oIE.  5tuf  SReliquien, 
ml)b.  heiltaom  ober  heilectuom  ftiurben 
im  ÜJlittclaltcr  ©ibe  gcfd^woren. 

SBon  nad^^altiger  SBebeutung  n^urbe  bie 
SReliquienoere^rung  für  bie  bilbenbe  Äunfi 
unb  baö  Äunfl|anbn)erE,  rttelc^c  eine  un« 
ääf)lige  SD^enge  »on  9fietiquicnbe6dltern  in 
®oIb  ,  Silber ,  (Slfenbein  ,  ©betfieinen, 
^xt)fta{i,  feinen  |»ol5artcn  u.  bgl.  fcf)ufen. 
i)ie  ältefie  ©teile  ber  ^Reliquie  rcar  eine  oer« 
fc^Ioffene  Vertiefung  unter  ber  5tltarplatte, 
sepnlchrnm,  jur  5lufnat)mc  eineö  bleiernen 
Ääfi^enä  mit  ber  SBei^ungöurfunbe  unb 
ber  «Reliquie  bej^immt;  biefe  burften  bei 
feinem  2lltare  fe|)Ien,  ia  feber  Qlltar,  im 
5lnfc^Iuffe  an  bie  altc^rijilid)e  9lbenbma^Iä* 
feier  über  ben  Oräbern  ber  ÜJJärttjrer,  i>ai 
®rab  eine^  ^eiligen  Dorfieüt.  3^^  23er* 
laufe  ber  3eit  entjtanben  äat)Ireid)e  befon« 
berc  formen  eon  SHeliquienbepItern,  bie 
Dtte,  fircf)Iicf)e  Äunfi^^trc^aologie,  §  38, 
auf  folgcnbe  klaffen  jurücffü^rt. 

1.  «ReliquienBepIter  in  ber  ^orm  eine« 
üierecfigen  Äafienö,  ©arge,  Ädfic^en, 
^ulte,  33üc£)cr,  ©cf)ac^teln.  ^ii)ä\U 
niffe  für  einen  ober  für  einige  ganje 
Körper  I)eifen  Äajien,  capsa,  mbb.  chafsa, 
kafs,  kaps,  chefsa  unb  ät)nlid^;  cista, 
Äific,  ßabe,  ®(ä)rein,  ©arg.  9^acb  5lrt 
antifer  Särge  f)aUn  fte  einen  badfiartigen 
Oberteil,  alfo  bie  ^orm  eineä  ^aufeä  ober 
einer  fiird)e,  felb)^  mit  ©eiten»  unb  Duer= 
fd^iffen,  analog  bem  jebesmaligen  93au= 
fiile.  2)er  haften  bePet)t  au«  |)oIj,  mit 
Bcrgolbetem  SDIetaüblec^,  ©itbcr  ober  Äupfer 
überf leibet,  iai  mit  getriebenen  SReliefä 
auö  ber  biblifd)en  ober  ^eiligen  ®e= 
fcf)icf)te  reic^  »erjiert  erf*eint;  berart  ifi 
ber  Äajien  mit  ben  ©ebcinen  .^arlö  beö 
®ro§en  im  aRünfter  ju  Olafen  unb  ber 
Äa^en  ber  ^eit.  brei  Könige  im  Kölner 
^om.  ®er  ®ebrau(^,  foI(f)e  ©arge  auf 
«Bahren  inbenqSrojeffionen  feerumjutragen, 
gab  aSeranlaffung,  fold)e  ©cf)reine  anjU:= 
fertigen,  tf>i\i)t,  auf  ben  ©(iiuttern  oon 
Äteriferfiguren  ru^enb,  »on  biefen  f(^ein:= 
bar  getragen  »erben.  3ur  5tufna^me  »on 
qSartifeln  bienten  Ääjl(i)en  ober  ©arg* 
^en  dl)nlic^er  ®ejtatt,  beren  nod)  fef)r 
eiele  nor^anben  ftnb,  jum  teil  au«  ©Ifen* 
bcin  ober  au«  ^olj,  n)elcf)eä  mit  (Slfenbcin* 
platten  überjogen  ift.  Stnbere  SSe^dlter 
|)aben  bie  ^^orm  eine«  ©c|puUc«,  mic 


fte  auf  5(Itdven  jum   9luf(egen  be«  3Jicf= 
bud)e«  gebräuc^Ii(^  maren, 

2.  (St)linbrifcf)e  93et)ältnif[e  |^atten 
bie  befonbere  ®efiatt  einer  SBüc^fe, 
eine«  JEurmeä  ober  eine«  Jaber* 
nafel«,  ®efäBe,  bie  ebenfaü«  jur  üluf* 
bema^rung  ber  (Suc^ariftic  bienten.  I)a« 
Sabcrnafel  mar  ein  au«  einem  Sßalbc  »on 
©trebepfeilern  fomponierte«,  »iclfaci)  burcf)= 
brod)ene«  JReliquiarium,  in  beffcn  ©ocEel 
bie  Oieliquie  aufben)a{)rt  mürbe. 

3.  Jafc^en,  im  Orient  am  ®ürtel 
getragen  unb  burc^  Pilger  unb  Äreuj* 
faf)rcr  im  5lbenblanbe  »erbreitet. 

4.  SBe^dltniffe  für  bejiimmte  Körper* 
teile  in  gorm  ber  legieren,  meifl  au«  »er* 
golbetem  ©über.  2)a^in  gel)ören  Sruj!* 
bilber  jur  Qlufnabme  be«  ©d^dbcl«  ber 
^eiligen  im  Äopfe  ber  SBüjie,  barunter  ba« 
Sruftbilb  ^arl«  b.  ®r.  im  5tac^ener  S)om; 
5Irme,  bie  9?ö^rfno(^en  be«  ^eiligen* 
SIrme«  cntf)altenb;  aui)  biefe  ^Joti"  fommt 
in  ütac^en  für  ben  9(rm  Äarl«  b.  ®r.  »or; 
ginger;  %ü^i]  einzelne  größere  ®c* 
beine,  ^Rippen,  2öirbeIfnoc&en  u.  bgl.,  in 
3!J?etatt  gefaxt:  93ilber,  ©tatuettcn  ber 
|)eiligen  jur  5lufna^me  ber  iRetiquien,  ou« 
äRetaE  getrieben  ober  l^o^I  gegoffen,  auch 
au«  $olj  gefcbni^t. 

5.  Se^dltniffe,  meIcE)e  burd^  i^re  gorm 
auf  bie  in  benfelben  enthaltenen  (Reliquien 
ober  auf  bie  ßegenbe  ber  ^eiligen  beuten, 
©erart  ftnb  Ärcuje  ober  Ärucififc 
al«  S8el)dltniffe  »on  *partifeln  be«  magren 
^reuje«,  in  unjdf)Iigen  formen  unb  ©rö^en 
erhalten,  ©eitbem  bie  Äaiferin  |)elena 
^artüetn  be«  ^eil.  Äreuje«  genommen 
Iiatte,  »erme^rten  ftc^  biefe  bergepalt,  ia^ 
fd£)on  30  3af)re  nad^^er  ei^rillu«  bejeugte, 
bie  ganjc  2ßelt  fei  mit  ^^artifeln  be« 
Äreuj^olje«  evfüUt.  3u  ben  93ef)dltniffen, 
meld)e  in  gorm  ber  2lttributc  ober 
©pmbole  ber  betreffenben  ^eiligen  »er* 
fertigt  ftnb,  geboren  ein  ftlber»etgoIbeter 
jüngelnber  ©rad^e,  al«  9lttribut  ber  :^etl. 
ÜRargaret^e ,  eine  ga^nc,  mit  fpericn 
burc^itictt,  für  ©t.  SDJori^  unb  @t.  ©regor, 
eine  tijönerne  Sampe  ber  ^eil.  Stifabetö, 
ein  geflügelter  Söme  be«  ©»angclifien  SÜRar* 
fu«,  ein  filberner  <)3  f)  ö  n  i y  auf  bcm  ©c^ei* 
tertjaufcn,  al«  ©tjmbol  ber  Unfierblic^feit, 
mit  16  *partifeln  ber  ^eit.  Jungfrauen, 
ein  ©d)iff  ber  ^eil.  Urfula,  ein  ©d^ wert 
al«  S[Rartermerfjeug  oieler  ^eiligen,  eine 
ftiberne  2Biege  mit  .^eiligtum  »on  ben 
unfd^ulbigen  Äinblein. 

6.  (Rcliquientafeln,  tabulae,  feien 
e«  mit   glactimalereien   ober   Stelief«   ge* 


iRenaif[ance=StiI. 


573 


f(f)niüdtc  Safelbilfccr  ober  o,xö^iU  unb 
fleincre  ^^lügclfcfercine.  Sabin  jäblcn  au(^ 
tu  fog.  ,RuBtäfeld)en  ober  *Paccmö, 
ittclci)c,  [citbem  ber  cigcntlicf-ie  gii^benefu^ 
nic^t  met)r  üblidi  war,  bcn  ©laubigen, 
befonberö  ben  ®eij^li($en,  oor  ber  Äom= 
munion  »iibrenb  beö  Qlgnuä  S)ei  jum 
Äüffen  bargereid)t  lüurben  unb  gewöbn^ 
lief)  iReliquien  entt)ielten.  ®ie  befieben 
auä  (Elfenbein  ober  SWarmor ,  tieredig 
ober  geiüölbt,  mit  SReliefö  au^  ber  t)cil. 
®e[d)icbte. 

7.  DJ^onjlranjcn;  ^icr  finbct  jtd)  baä 
ftcbtbare  ^etliptum  in  einem  fcnfredjt  ge= 
jieüten  Äri)jlaii=(Si}Iinber,  ber  ron  einem 
gotifcf)en  Äelc^fu^e  getragen  mirb  unb 
oben  mit  einem  jjabernat'cl  in  ben  manig» 
faltigen  goif"!^"  ber  gotifd)en  §(rd)iteftur 
gehont  ifi.  SoIct)e  (Sefape  fmb  erfl  feit 
bem  14.  3abtt)unbert  in  ©cbrauc^. 

8.  9tüerlci  ©efäfe,  ®eräte  unb  ®c= 
fc&irre  au^  ©tcin,  ©lae  unb  ^Hetatt,  bie 
fonfi  im  fircblicben  unb  bauelidjen  ®es 
braudic  jur  5lutnal)me  »on  g'üffigfeiten 
bienen,  mic  ®  dialen,  SBecfen,  ®läfer, 
S8ccf)cr,  Äeld)e,  Äannen,  unb  bic 
jum  ßtvtdt  ber  SReliquieu-^lufbewabrung 
mit  2)ecfeln  oerfebcn  würben,  ^ni)  93laö  = 
f) inner  fmb  ju  biefcm  ®ebrauc^e  »et^ 
menbet  morbcn. 

9.  Äleinobien  ber  »erfcbiebenfien  5lrt; 
mit  i^nen  würben  in  bcn  ^jicliquicnfctjä^en 
ber  SDome  oft  Äuriofa  unb  Diaritiiten 
aufbewa{)rt,  bie  nad)  Umfiänben  aud)  alö 
SWeliquienbebälter,  ober  aber  fonfi  aU 
©(^augegenftänbe  ober  als  Erinnerung 
an  eine  ^itgerfabrt  bienten.  SJaju  ge? 
^ören  feit  bem  9.  3al)i[f)unbert  (Straußen« 
eier,Äofoönüffc,€imaragb  =  ®efä^e, 
®  reif  entlauen,  b.  I).  meift  mit  Jier* 
füfen  oerfeI)ene  ^örner,  Porfünbflut« 
Iid)e  Änod)en,  SBalfif  d)ripven, 
®  ^  i  I  b  f  r  ö  t  e  n  f  d)  a  I  e  n ,  iW  e  t  e  0  r  fi  e  in  e, 
Qllraunwurjcln. 

iRcnaiffancc=©tiL  ®cf)on  um  ba(i  3af}r 
1420  griffen  bic  italicnifd)en  51rcbiteE= 
tcn,  bie  ben  gotifc^cn  Stil  nur  anders 
lic^  aufgenommen  unb  felbfi  inncrl)alb 
feiner  Srabition  ftd)  balb  bem  SHunbbogen 
wicber  jugcwcnbct  Ratten,  mit  Sewu^tfein 
äu  ben  antifcn  got"!^"  jurütf,  um  eine 
„SBicbergcburt"  ber  SBaufunfi  cinäufü^rcn. 
S)iefe  ülenaiffance  ging  con  einem  forg* 
fältigen  ©tubium  ber  antifen  Überrede 
QUd ,  weldje  lai  alte  SRom  t)interlaffen 
batte. 

1.  31  n  fange  bet  SRcnaiffance 
bei  ÜJioUrn  unb  93ilbl)auern.  [2Ba^s 


renb  biefc  Umgefialtung  fid)  im  Süben  ooU* 
jog,  brad)  ber  D^orben  ni(^t  minber  eiit- 
fdiieben,  wenn  aud)  in  anberer  SBeife  mit 
bcn  Srabitionen  bcä  ÜDJittclalterö.  J^ier 
war  cö  bic  iJJatur,  au«  ber  bie  Äunfi  fid^ 
verjüngen  foütc.  S)icfer  3ug  nad)  größerer 
?Jaturwa{)rt)cit,  wcld)c  ber  traumhafte 
3bealismu(3  bcö  üJJittclattcrs  nid)t  gefannt 
batte,  jcigt  [xd)  jucrfi  in  ber  SlJlalerci. 
Hubert  unb  3an  oan  6pcf  finb  bie  er^cn 
©ü^nbredbcr  einer  neuen  6pocf)e,  aber  balb 
üerbreitet  fid)  ber  ßinflu^  ber  oon  i^ncn 
gegrünbeten  flanbrifd)en  Sd)ule  über  alit 
®ebiete  2)eutf4Ianbö.  2)abur^  aber  eni* 
fianb  ein  fd)arfcr  Äontrafi  mit  ber  ^err* 
fcftenben  5lrd)iteftur,  welche  oötlig  in  hm 
3)ienft  eineä  banbwerflidien  Sd)cmatiämu^ 
gefommen  war,  aber  gcrabe  in  bem  in  ber 
Oioutine  ergrauten  |)anbwerE  eine  ®tü5e 
fanb,  weld)e  ben  gotifd)en  @til  biä  iu^ 
IT.  3al)r()unbert  hinein  neben  ber  oon 
3tulicn  einbrec^enben  9^enaiffance ,  burc^ 
3at)Ireid)e.^anbelSocrbinbungen  unb  wiffen« 
fd)aftlid)e  Sejiel^ungen  geforbert,  aufredjt 
erhielt. 

Unter  ben  Äunfiwerfen  ber  Übergang^» 
epod)e  ifi  oieüeic^t  fcineö,  wcld)cö  ben 
Übergang  fo  oielfeitig  ocranfd)auli(^t,  wie 
bic  S^ronif  oon  .^»artmann  ©cftebcl  (1493) 
mit  i()rcn  oon  3[IJicf)ael  SBoljlgemutb  unb 
*)3leibenwurff  entworfenen  .^oljfc^nitten. 
2Bät;renb  ftd)  einerfcitö  barin  bic  mittelaltcr* 
Iid)c  2lnfc()auung  mit  i^rer  ®leid)gültigfeit 
gegen  iaii  iRcale,  iljrem  $angc  ju  pljaus 
taftifd)cr  SBitlfür  in  oielen  ©tiibtebilDeru 
^eigt  (D^iniue,  JDamasfuö,  93abt)lon,  *}lt^en 
fcljcn  auä  wie  mittelalterliche  6täbte  unb 
Sfinioc  genau  fo  wie  Äorintl),  ©amaäfuij 
wie  9icapcl,  »Perugia,  SScrona,  (Siena, 
9D^antua,  gerrara),  fo  bewerft  man  boc^ 
in  anbcrn  einen  gewiffen  ®inn  für  JBirf* 
licbfctt,  wie  in  ben  Silbern  oon  ijfürnberg, 
aSürjburg,  SBcncbig,  ^^lorcnj  k-,  nament* 
lid)  aber  bie  Steigung,  bie  bargcfieütett 
®ebaubc  in  Dienaiffanccformcn  ju  fleibcn. 

SDJit  bem  23eginn  beö  16.  3abrl)un« 
bertö  tritt  eine  neue  ®cneration  oon 
Äünfilern  auf  ben  iSd)au|.'>la^,  wcld)c  ibrc 
5tnregungcn  bireft  auö  3t^iii^"  b^lt  unb 
ber  Sienaiffance  ben  Gingang  in  bic  beut* 
fd)e  Äunfl  babnt.  Der  SBorrang  gebührt 
iier  ber  21ug(3burgerfd)ulc ,  wo  $an^ 
33urgfmair  einer  ber  erfien  ifi,  welcher 
bic  .^unfi  beä  ©ubcnö  nad)  Dtorben  ju 
oerpflanäcn  fud)t.  S^m  fd)lic^t  ftc^  bie 
gamilie  .polbein  an,  forcrft  mit  .^an^ 
^olbcin  bem  altern,  namentlich  aber  mit 
^olbcin  bem  jungem,  ber  ooUjiänbig  mit 
37 


574 


JRcnaiffance^Stil. 


bem  90?ittelattet  bticf)t  unb  ftd^  bem  neuen 
«Stile  mit  ©ntfd^iebenfieit  juwenbet,  nid)t 
nur  in  jofilreid^en  ©emälben  feiner  §anb, 
fonbern  aud^  in  ben  bcfannten  ^opabe^ 
malereien,  aber  aucf)  in  gntttiürfen  ju 
©laögemälbenunb  ©egenjlanbcn  beä  Äunp- 
gewerbe«.  ©anj  anberä  gehaltet  f\i)  tai 
Ser^Qltniö  äur  italienifd()en  SRenaiffance 
bei  bem  ^auptüertreter  ber  fränfifd)en 
Schule:  QUbred^t  5Dürcr.  (Sr  <lrcbt  njcniger 
aU  ^olbein,  ftcf)  bie  ijormcnttielt  ber  ita» 
Iieni[d)en  SHenaiffance  ju  eigen  }u  machen. 
2)te  ^auptfac^e  ifi  bei  if)m  getreue  9^ac^= 
abmung  ber  9?atur.  S)q§  er  aber,  ttjo 
e«  töm  barauf  anfam,  bie  antifen  ^^ormen 
JU  beberrfd)en  hju^te,  crfennen  mir  au« 
feiner  berrlic^en  ^anb^ei^nung  beä  33aöler 
SDJufeumö  »on  15U9,  »elc^e  bie  SO^iabonna 
mit  bem  Äinbe,  ft^enb  in  einer  prac^t« 
coüen  |)aüe  mit  forintf)ifc^en  Säulen, 
barjleüt. 

Snjroifdben  mirb  bie  Strömung  ber 
JRenaiffance  immer  mächtiger  unb  bie  ßuj^ 
am  reijenben  Spiel  il^rer  ^ormenmelt  »er* 
breitet  ftd)  unter  ben  beutf^cn  ^iinjllern 
balb  fo  allgemein ,  ta^  bie  ©emälbe, 
Äupfcrfttä)e  unb  ^oljfd)nittc  etwa  feit 
1520  ton  ©etailö  biefcr  <Mrt  mabr^aft 
überprömen.  ^Ubegrefer,  «Hltborfer,  *Pencj, 
©d^äuffelin ,  ^anä  Sebalb  Sel)am  ftnb 
Mc  Vertreter  biefer  (Spod^e. 

®leid)äeitig  mit  ber  ÜJialerei  mcnbet 
ftd)  au^  bie  ^laftif  bem  neuen  Stile  ju 
unb  gerabe  an  einem  ber  größten  SDtcifter 
läfet  ftc^  ber  Umformung  ber  <Mnfcbauungen 
bcutlid)  na(f)meifen.  öö  ifi  «ßeter  93ifcf)er 
Bon  fRürnberg  mit  feinem  ^auptwerf  bem 
©cbalbuägrab  in  St.  Sebalb ,  »el^eö 
fo  Dotlitänbig  wie  fein  anberc«  bie  Sßer* 
fAmeljung  beö  neuen  Stilö  mit  ber  ©otbif 
jeigt.  «Zßäbrenb  bie  (Srjarbeit  burc^  biefeä 
5Kcifiermerf  rafd^  unb  entfd)icben  bem  neuen 
Stile  äugefüt)rt  wirb,  »erharrt  bie  Steine 
ffulptur  unb  me|E)r  nocb  bie  f olfött).  ^olj* 
fc^ni^eret  bis  tief  in«  16.  3abrl)unbert 
bei  ben  formen  ber  ©ot^tf.  5Dic  ^aupt= 
meifier  biefcr  ÄunfijWeige,  3otg  Sprlin 
»on  Ulm,  23eit  Sto^  unb  Ülbam  Äraft 
bleiben  unentwegt  auf  ben  ißabnen  beö 
3Wittelalterä ,  wenn  f\ä)  aui)  in  i^ren 
2l<erfen  ein  erfrculicf)cä  SRingen  nad)  Jiaturs 
tt)abrf)eit  beutlic^  jeigt.  ©eringen  Serfucl) 
in  *Unmenbung  ber  SRenaifCanceformen  mac^t 
Slilmann  !Riemenfd)neiber  non  aBürjburg. 
5lm  entfcbiebenften  bringt  ber  neue  Stil 
an  ©rabmälern  nor,  bie  in  2  formen 
auftreten,  cntweber  aU  Sffianbgrab,  »on 
einer  reiben  unb  fräftigen  5lrdbiteftur  ein* 


gerabmt,  mit  jiebenben  ©eftalten  ber  Ser« 
jiorbenen  ober  aU  greigrab,  mcld)e«  ben 
Soten  auf  prac^tooü  gefd^mücftem  Sarto« 
pl)agc  licgenb  bar^ellt. 

S)ie  d-^öre  ber  Äird^en  ju  SBert^eim, 
!Pforjt)eim,  Slübingen,  Stuttgart,  g^eibeig 
bergen  eine  SDtenge  berfelben.  Jiamentli^ 
baö  pracbtDolle  SDionument  be«  S^urfürjien 
aWori^  üon  Sac^fcn  in  ^reiberg  gehört  ju 
ben  bebeutenbficn  Oeiftungen  ber  (Renaif* 
fance.  Sereitö  ganj  felbfiänbig  tritt  btc 
(piajiif  an  bem  ©rabmonument  beä  Äaifer« 
SD'iaj:  JU  3nöbrucf  auf. 

2.  JRenaiffance  in  ber  5lrd^itef* 
tur.  aSäferenb  fo  in  ben  bilbenben  fünften 
bie  SRcnaijfance  bereit«  fefien  ^uf  gefaxt 
^attc,  eineöteil«  angeregt  burcb  i>ai  Streben 
nad^  SRaturma^ri^cit ,  anbernt^eil«  burc^ 
®influ§  Stallen«,  mar  tai  ÜJtittelalter  in 
ber  Qlrc^iteftur  ju  5lnfang  be«  16.  ^a^xt 
i^unbert«  nod)  feinc«meg«  abgetf)an. 
9?nmentlic^  beim  .Kird^enbau  begnügte  man 
ftct)  nod^  lange  mit  gotifdE)en  Äonfiruftionen 
unb  formen  unb  felbfi  im  17.  5at)r^uns 
bert  laffen  [xi)  nodf)  gotifd^e  ©injel^eitcn, 
namentlich  (portale  nad^meifen. 

Tlit  Tlaä^t  beginnt  etwa  feit  ber 
SDJitte  be«  Sa^r^unbert«  bie  Otenaiffancc 
ftd^  aller  Orte  in  S)eutf(^lanb  aud^  in  ber 
2lrd^iteftur  auöjubreitcn.  Seit  bem  ülug«« 
burger  SReligion«frieben  (1555)  begann  t>ai 
JRei^  ftd^  pon  ben  Oteligion«Eämpfen  ju 
berul)igen,  meldte  SRuf)e  erft  burd^  ben 
5lu«bru(^  be«  30  jährigen  Kriege«  i^r  Snbe 
finben  foOte.  3n  biefen  60  3al)rcn  eine« 
fafi  ununtcrbrodbenen  ^lif^^n«,  wo  ^anbel 
unb  Sßerfeljr  blütjte,  ein  neue«  geiftige« 
ßeben  ftd^  überaß  regte,  entmidelte  fic^ 
nun  au(ft  bie  bcutfdbe  SRenaiffance  in  i^iret 
ganzen  ^^üUe.  ^ätte  £)eutfd^lanb  einen 
bominiercnbcn  Äönig«^of  befeffcn,  wie 
JVranfreid^,  fo  mürbe  ber  ©ang  feiner 
Sienaiffance  ebenfo  eiitfad^  überftc^tlidl)  fein, 
roie  bort.  2Bäf)renb  bort  ftcb  bie  einzelnen 
(Spod^en  nadb  ben  SHegierung«jeiten  ber 
cinjelnen  Könige  gliebern,  ifi  bii  Sc* 
megung  in  I)eutfd)lanb  eine  niel  manig* 
faltigere  unb  fomplijiertere. 

SDie  gcifiige  (Sonfiguration  bc«  beut* 
fd^en  .Kulturleben«  befiel)t  auc^  je^t  au« 
einer  5lnjal)l  gefonberter  proninjteller  ©e* 
biete,  bie  fafi  bi«  jum  ©igenfmn  t^re 
Originalität  unbSelbfiänbigfeit  behaupten. 

a3on  einer  fietig  fortfd^reitenben  ^ifio* 
rifd^en  (Sntmicflung  ifi  fdbon  be«^alb  bei 
ber  beutfd^en  Dienniffance  wenig  ju  fpüren, 
wenn  fidb  aud)  etwa  3  uerfc^iebcne  ©tabien 
in  ber  Öhianjierung  biefe«  Stile«  unter* 


iRenaiffanc«5<gtiI. 


575 


[cf)eibcn.  2)ic  crjic  Spo(^c  umfaft  bie 
frütiefien  Q3erfuc^c,  bie  neue  Sauroeife  auf 
bcutfcöen  ©oben  ju  übertragen.  J^iert)er 
get)ören  bie  S)enfmä[er,  bie  jirifcfeen  1520 
unb  1550  entftanben  ftnb.  S>er  6.t)aratter 
berfelben  fu§t  auf  einer  naiven  ^Ineignung 
ber  ijrü^renaiffance  Oberitalienö,  nament' 
lid)  iBenebigö.  2)aä  S)eforatiüc  waltet 
»or  unb  iwax  in  bem  leidsten  jietlidjcn  ®i' 
präge  eineö  übcrtniegenb  üegetatioen  Dx' 
namentö  üon  Slumenranfen,  burd)Webt 
mit  Ü)fa0fen  unb  anbcrcm  figürlichen, 
bcffen  3iu0füf)rung  inbeffen  ben  beutf(i)en 
Steinmc^en  feiten  rcd)t  gelingen  iviü. 
2)ie  felbftänbigen  ©lieber  ber  Qird^iteftut 
namentlich  bie  Säulen  mit  i^rem  3ubet)ör 
«erben  o£)ne  genauere«  Sßerjiänbni^,  un= 
ftct)er  unb  fii)tt3anfenb  gebanbt)abt.  iDa= 
neben  fpielt  iai  ®otbifct)c  in  ©lieberungen 
unb  ©etailö,  in  £l)ür  unb  genftergemänbcn, 
Steppen  unb  bcrql.  immer  noc^  eine  gro^e 
SRoüe. 

2)ie  2.  ^{)afe  ber  Sntmicflung  beginnt 
um  bie  SUiitte  be^  Jalirbunbert«.  *JJJan 
l)at  inxd)  Scbrbü(^er  bie  antifen  formen 
bcffer  fennen  gelernt.  jDie  fcfcmanfenbe 
Unfid^erbeit  tritt  jurücf,  aber  für  eine  mat)re 
Stuebilbung  ber  *3lrci)itcftur  fel)lten  be= 
beutenbe,  tonangebenbe,  füf)renbe  SDieifier. 
(Sin  jeber  fuc^te  in  feiner  Sßeife  in  bem 
dbaoi  terfcl)iebencr  formen  ft^  }ured)ts 
jufinben.  Dieben  ben  Elementen  ber 
flafftfct)en  2lrc{)iteftur  unb  ben  !Reminiö= 
jcnjen-  ber  ©ot^if  jleüen  fi^  ^uglcid^ 
bie  frül)en  Sorbeten  beä  beginnenben 
33aro!flilö  ein.  2)ieä  ilUeö  bebingt  eine 
SDiifd^ung,  wdi)t  nic^t  immer  glücflic^ 
ausfiel,  gleicf)roo^l  aber  boc^  in  einigen 
ü)Jeifterfd)öpfungen,  mic  in  bem  Dtto  |>ein= 
ric^sbau  in  Reibet berg  jtc^  bebcutfam  aus- 
geprägt liat. 

25iefe  ©tilentraicflung  gel)t  bann  un« 
merflid)  in  bie  3.  6tufe  über.  3n  ibr 
gewinnt  QlQeö  einen  berberen  Qluöbrucf, 
bie  formen  Raufen  fii)  nid)t  feiten  biö 
jur  Überlabung,  Sarofee  unb  SBitlfürli^cä 
mifd^t  fic^  ein,  befonberö  bie  Drnamentif 
PerläBt  ben  feinen  ©runbjug  ber  frül)ern 
Seit  unb  wcnbet  frei)  roieber  einem  Spiel 
mit  gcometrifcf)en  formen  unb  einer  ^ai)' 
al)mung  frembartiger  Ornamente,  nament= 
li<i)  au«  bem  93ercic^e  ber  ©cbmiebearbcit, 
ju.  yjlxt  bem  5lu«bTUi$  be«  30.  jäl)rigen 
-Kriege«  finbet  aucfe  biefe  (äntmidlung  i^r 
6nbc  unb  nad^l)cr  tritt  ber  franjöfifc^e 
Stil  ßoui«  XIV.  in  bie  Sücfe  ein. 

a)  2)ie  "©etailf ormen.  Um  nun 
im  gin^elnen  ben  G.barafter  ber  beutfdien 


JRenaiffance  ju  f^ilbern,  ifi  t>orab  mit 
ber  33el)anbtung  ber  I)etailö  jU  beginnen. 
SBa«  junäd)fi  ben  Säulen  bau  betrifft, 
giebt  e«  feine  größere  5lnjal)l  eon  93arie' 
täten  al«  bie  beutfct)e  Dtenaiffance  fie  bietet; 
e«  mimmclt,  namentUd)  in  S^i^^^^fiS^'^ 
unb  $oljfd)nitten  üon  einer  fafl  unab= 
fel)baren  'JJJannigfaltigfeit  ber  ^oi'r"^",  fo 
ootl  oon  ilBillfür,  ta^  c«  ftd)  einer  fpfiema« 
tifc^en  »ilnalpfe  oollflänbig  ent^icljt.  'ilber 
bie  iDieifter  f)ieltcn  alle  biefe  oft  munbcrli^ 
angetlianen  %oxxntn  für  wirtUdje  9ie* 
naiffance  unb  manche«  brang  in  bie 
monumentale  Qlrc^iteftur  ein,  fo  nament^ 
lid)  jene  pflanjenl)afte  !öeö_anblung  ber 
Säule,  tt)eld)e  bem  Sd)aft  in  feinem 
untern  Seile  eine  ^luebaud^ung  giebt  unb 
biefelbe  mit  gcjacftem  93lattmerf  umfleibet, 
bie  Saft«  ebcnfo  reilltürlic^  au«  fnotlig 
gefc^nelltcn  ©liebem  jufammenfe^t  unb 
auc^  ba«  Kapital  in  einer  ü)iifd^ung  üon 
mittelalterlichen  unb  unflar  aufgefaßten 
antifen  SDJotipen  bel)anbelt  («ie  j.  SB. 
am  @rfer  tom  ©c^log  ^artenfclö  ju 
Jorgauj.  Sieben  biefen  unflar  fpielenben 
formen  erfctieincn  inbeffen  aud)  anbere, 
welche  mit  größerer  @ic^erl)eit  bie  Slemente 
ber  JRenaiffance  jur  Srfc^cinung  bringen, 
wenn  aud)  bei  il)nen  ein  jlarfer  ^ang  ju 
ornamentaler  jyctianblung  pormiegenb  ifi. 
S)em  untern  Seil  be«  Si^aftcS,  ber  bur^ 
einen  Oiing  begrenjt  ifi,  giebt  man  beätialb 
in  ber  Otegcl  reic^eö  plaiiifcf)e3  Ornament, 
aui  meli^em  bann  mol)t  ßöroenföpfe  unb 
bcrgleid)cn  au«  ber  ÜJiitte  t>orfpringcn. 
3)ergleid)en  Säulen  jeigt  ein  portal  an 
ber  Äanjleiftra§e  ju  Stuttgart,  bcyi  (Portal 
beS  ^anjlcigebäuöeä  in  Überlingen  unb 
tafi  (Portal  beS  Schlöffe«  ju  Tübingen. 
2)ie  fpätere  3^*^  mcnbet  \\d)  mit  ißorliebc 
ben  einfad)crn  Säulenorbnungen,  nament* 
li^  ber  borifc^en  unb  to«fanifd)en  ju. 

3n  ganj  anberer  3Beife,  al«  bei  ^ot* 
talen,  (Srabmälern,  Srunnen  :c.  wirb  bie 
Säule  ba  bel)anbelt,  mo  fte  eine  ernft» 
^aftere  gunftion  ju  erfüüen  l)at,  befonberö 
alfo  bei  »ilrfaben,  wie  fte  namentlid)  in 
Scf)loi3l)öfen  uorfommen.  ^öebingt  burc^ 
bie  niebrige  Stocfmerfßhö^c  wirb  bie 
Säule  fiämmig  unb  gebrungen  gebilbct, 
mit  freier  Umgeftaltung  ber  antifen  23er« 
l)ältniffe.  ©erabe  baburd)  aber  gewinnt 
fte  oft  ben  (SöaraEter  einer  eigentümlid^en 
fraftiwKen  Sd)önl)eit,  fo  in  treffli^er  SÖeife 
im  Sd)loBl)ofe  ju  Stuttgart,  iloi)  berber 
\\t  bie  33e^anMung  ber  Säulen  im  alten 
(Dlün^l^of  in  SOtünd^eu. 
.;  (SnMic^  ftnb  noc^  jene  gälte  ju  nennen, 
37* 


576 


Olenaiffance*®tit. 


tt>o  bie  ©äulc  ücreinjelt  jur  Qtntrcnbung 
fommt,  namentlidf)  bei  93runncn,  aber  aui) 
bei  iüfarienfaulcn  k.  ^ier  wirb  fie  frei 
nai)  bem  @ci)ön^eitägefüt)I  beö  Äünjilcrg 
gefialtet,  fo  an  bcm  fcfcönen  Srunen  in 
Safel,  einem  Srunnen  ju  (Stnünb  unb 
SRotbenburg.  Streng  flaffifd)  ifi  bie  9)tarien= 
fdulc  in  ÜJJünc^en  bet)anbelt,  originell  bie 
Säule  an  ber  alten  ^anjlei  in  Stuttgart, 
ttielc^e  eine  SBcnbeltreppe  birgt. 

35ie  Se^anblung  ber(Pilafter  fd)Iie§t 
ficf)  in  ber  9icgel  berjenigen  ber  entfprcd^enben 
Sdulenfteflungcn  an.  SKetftenä  fanettirt 
man  fie,  aber  eben  fo  oft  roerben  fie  mit 
einem  9iat)men  umgeben.  2)ie  ^lädien 
erhalten  Ornamente  non  Sßldttern,  in  bercn 
SRanfenmcrf  ft^  ^^SÜrlic^e^  mifdit.  Sei« 
fpiele  bicfer  5lrt  jeigt  bie  gapabe  beä 
Otto  |)einric^baue^  in  ^eibelberg.  Oegen 
2luägang  ber  (Spoc&e  mirb  e^  beliebt,  bie 
^pila'Per  entnjeber  k  la  SHuflica  mit  93offagen 
ju  be^anbeln,  ober  fu  nac^  unten  tierjüngt 
alö  J^ermen,  ^äufig  mit  f($uppenartiger 
Se^anblung  aufjufaffen.  9loc^  öfter  bf 
fleibet  man  ben  untern  Jeil  beö  ®cbaftc§ 
ä^nlic^  roie  bie  Säulen  mit  fpielenbem, 
S[Retatlbefcf)lägen  äl)nclnbem,  Ornament. 
SDas  S3arofPe  ifi,  menn  ptöMicb  in  ber 
SDJitte  beö  S($afteö  fic^  ein  Jeil  beöfelben 
»om  ©runbc  ju  löfen  beginnt  unb  in 
ftarfer  9lu0baud)ung  ttorfpringt,  mn  ftc^ 
bann  »olutenartig  bem  Scf)afte  mieber 
anjufdbliefen.  93cifpiele  berart  jeigt  bie 
Äapelle  in  Siebenftein.  S5aneben  mac^t  bie 
Spätjcit  befonber«  ungemein  au^fc^weifen^ 
ben  ®ebrau($  oon  ^ermen  unb  Äartjatiben, 
unb  ymax  ni<^t  bloö  mit  nad)  unten  oer^ 
jüngtem  S^aft,  fonbern  au*  mit  alters 
lei  pljantaftifcfeen  QBcrjicrungen.  dagegen 
mac^t  fic^  julefet  eine  SRcaftion  geltenb, 
rüt\ä)t  ben  ^ilafter  in  ftrengercr  Sfficife 
al^  jiruftioes  ©lieD  mit  ftraffer,  mcifi  etmaö 
verjüngter  93ilbung  bed  Sc^afte^  auffaßt. 

2)er  felbpänbige  ^feilerbau  finbet  ftc^ 
t)auptfäd)lic^  bei  ben  5lrfaben  ber  ^öfe 
angemenbet,  rok  in  ber  SRefibenj  in  ^i^eiftng, 
bem  *t5eller^au^  in  SWürnberg  unb  in  ber 
Srauöni^  bei  ßanbäl)ut. 

5Die  93el)anblung  be§  93ogenö,  mag 
berfelbe  mit  Säulen  ober  «Pfeilern  »er« 
bunben  fein,  flingt  no*  in  mannen  Seilen 
an^  0}Jittelalter  an.  Qvoax  cerbrängt  ber 
IRunb«  unb  glac^bogen  allmälig  ben  Spi|i* 
bogen,  allein  bie  $rofilierungen  finb  nocf) 
ganj  im  Sinne  beö  SWittelalter«2lbfaffungen 
unb  Sluöfe^lungen.  Jnbeffen  gewinnt  aud^ 
f)ier  bie  QlntlFe  mit  ibren  recbtminfligen 
ar(f)itrar'tertcn  formen,   i>ai  Überge»id)t, 


fei  cö,  i)a%  man  biefelben  bloä  burcb  *profiI 
mirfen  lä§t  ober  ta^  man  aud)  ben  Q3ogen 
üöüig  mit  Ornamenten  befleibet,  mie  auf 
ber  $leffenburg. 

S)er  «Portalbau  nimmt  an  ben  üßanb» 
lungen  Seil,  tt)el(f)e  ber  Sogenbau  im 
allgemeinen  burcfcmac^t.  «Portale  mit 
gerabem  Stur^,  geboren  ^u  ben  Qlusnat)men, 
Siegel  ifi  ber  (Runbbogen,  obmoljl  biömeilcn, 
mie  am  iRatbauö  in  ajlübl^aufen  ber 
Spigbogen  ober  ttio^l  aui^  ber  glac^bogcn 
oorfommt,  2lnfang{S  obne  oiel  3i£i^<it,  um« 
ralimt  ftd)  iai  «Portal  nac^  ber  «DJitte  beö 
3al)tt)unbert0  mit  ben  antifen,,  Säulen* 
orbnungen,  mie  hai  ^Portal  ju  Überlingen 
ju  Stuttgart,  ju  S^anjig,  SRotbcnburg.  (Sine 
fräfttge,  oft  reic^  gefc^mücfte  .Sonfole  be* 
jcid^net  ben  Sd)lu§fiein  be^  Sogen«,  Oma« 
mente  »egetabilifdjer  unb  figürli(i)er  2lrt 
f(imücf en  bie  3wicf el  unb  bie  i^läc^en  ber 
«Mrcfeioolte,  wie  aucfe  be3  ^riefee.  ^^ür  bie 
obere  Sefrönung  begnügt  man  fic6  oorerft 
mit  bem  einfad)en  (Siebel,  fpäter  jebod^  wirb 
berfelbe  oft  in  barofer  Sffieife  burdjbrodjcn, 
ober  eö  wirb  —  befonberö  wo  ein  ^enfiers 
ft)iiem  mit  bem  «Portal  oerbunbcn  werben 
foU  —  ein  attifaortiger  5luffa|  mit  «pila« 
jlern  unb  Seitennoluten  unb  nic^t  feiten 
mit  reid}er  Sefrönung  angebracht.  «Wit 
biefer  gorm  be^  «Portale  fam  man  bei 
allen  (Scbäuben,  t\xä)Uä)tn  unb  profanen 
auö;  al«  eine  Sluönai^me  crf<f)cint  e«,  wenn 
bem  .^auptportal  ein  fleinere«  für  5u§« 
ganger  beigegeben  iji,  »ielleicbt  ein  6influ§ 
beö  franjö'fifc^en  Sc^lopaue«.  2)ie  2ln« 
orbnung  finbet  man  an  ben  @d)löffern 
ju  Stuttgart  unb  Tübingen,  bem  «piajien» 
fd)lo§  JU  Srieq. 

®ie  93el)anblung  ber  genfer  i)at 
manct)e  35erwanbtfd)aft  mit  bem  «portalbau, 
jeigt  aber  eine  größere  «Dlannigfaltigfett 
in  Sßermifc^ung  mittelalterlicf)cr  formen 
mit  benen  be«  neuen  Stil^.  Spi^bogen, 
i5lacf)bogen,  SRunbbogen  unb  geraber  Sturj 
tommen  gleid)mä§ig  oor.  Qlucf)  bier  jtnb 
jucrft  bie  mittelalterli(i)en  «Pro^le  beliebt, 
wie  am  Sudberbauä  in  «Itürnberg.  Slntifi* 
fierenbe  ©infaffung  mit  Qlrd^itracprofilen 
ieigt  iai  «Piafienfci)lof  ju  Srieg.  SWeifleng 
finb  bie  ^^"fi«!^  ungeteilt,  fo  ta^  bie 
fleinen  runben  in  SSlei  gefaxten  Scheiben, 
bloä  burd)  ^öljerne  [Rahmen  gehalten 
würben.  Sei  fiattlid^ern  Einlagen  wirb 
aber  i>a^  ^^enflcr  burc^  einen  mittlem 
Steinpfofien  geteilt,  ber  ^äufig  einen 
Scbmucf  Don  ^ermen  ober  Äarpatibcn 
erl)ält,  wie  am  .^eibelbergerfd)lopau.  3)ie 
gricfc   ert)alten   reid^en   Ornamcntf(f)mu(f 


Otcnaiffances^tit. 


577 


unb  übet  bem  Ocjtmö  wirb  entwcber  eine 
freie  plafiifcfce  Sefrönung  ober  ein  ein» 
fad)er  tt)o|)l  mit  SWaöfen  gefc^müdtcr  Oicbel 
angeorbnet.  5(ucf)  burc^broc^ene  ®iebel 
fommen  in  ber  ©pätjeit  auf.  9?eben 
biefen  5DoppcIfenfiern  begegnet  man  auc^ 
3fa^en  mit  erb()l)tem  Sölittelfenfier ,  ja 
biämeilen  fommen  gruppierte  SRunbbogen* 
fenfter  cor,  njic  am  JRatbau«  in  Sonftanj. 

öefonberö  beieicf)ncnb  für  bie  gefammte' 
beutf(f)e  SRenaiffance  ift  bie  SBilbung  beä 
Drnamentö.  iMuögcbcnb  öon  ber  Drnas 
mentiE  ber  italienifilien  55'^üf)'^f""^ff'''"^^' 
ntel(^e  burc^  rbptbmifd^en  6($»-Dung  unb 
flaren  ,^Iu§  ber  Sinien,  fomie  burd)  an= 
mutige  33erteilung  im  SRaume  fic^  auö= 
jeicf)net,  trirb  biefe  grajicfe  Drnamentif 
gegen  iDMtte  beö  3af)r^unbcrt^  immer  mebr 
jurücfgebrängt  unb  fc^Iie§lid()  ganj  be= 
feitigt.  5tu"(^  bem  italienifd^en  Sarocco 
bringt  forerft  fcf)on  früb  hai  fog.  6ar« 
toucbenrocrf  nad)  SJcutfdblanb :  aufgerollte, 
cbgefci^nittene ,  mit  ibren  (Snben  fcbatf 
berauägebogene  unb  frei  üorfpringenbe 
93dnber,  bie  einer  biegfamen  SDtaffe  nad)' 
gebilbet  finb  unb  ibre  (Sntfiebung  mabt- 
f^einlicb  Qtugenblicföbeforationen  nerban* 
fen.  3"  3)eutf(^tanb  befonberö  »erbinbet 
fxd)  nun  bicö  Ornament  mit  einer  ^lacben« 
beforation,  bie  ibre  DJfotine  auö  ber  glän* 
jenb  betriebenen  ©dbloffers  unb  Sdbmiebe* 
fünft  b^il^it^t  unb  aufö  ©enauefte  ben 
@til  pon  SWetaUbefi^Iägen  nacf)abmt,  fogar 
bie  SRieten  unb  3JägeI  werben  getreuUcbfl 
«iebergegeben.  2)aä  figürtic^c  SIement 
aber  mad)t  fxi)  namentlich  in  köpfen  unb 
ÜJtaöfen  bnufig  geltenb.  2Bie  üppig  biefe 
Drnamentif  aud)  bei  ftcineren  *^racbt' 
fiücfen  nom  ^oljfdmi^er  uermenbet  mürbe, 
jeigt  bie  Säule  con  einem  Qlltar  ju 
Ueberlingen. 

2)ie  Drnamentif  ifi  bie  ®tärfe  unb 
@cbtttäd)c  ber  beutfcben  SRenaiffancc.  (äiner^ 
feit«  fpric^t  ftcf)  in  ibr  eine  %\iüt  t>on 
'^biintiiftc,  Originalität,  eine  gemiffc  Äraft 
unb  fedEe  $Derbbeit  auä,  anbernteilä  aber 
jeigt  fte  aud),  Wie  tief  ber  ^ang  ju  geo* 
metrifcften  gonnfpielen  unb  Äünftcleicn  im 
beutfd)en  ®ei|ie  fiecft.  S)erfelbe  3ug  batte 
in  ber  gotif^en  ^nt  jute^t  aüeä  in 
SO?a§merf  aufgetöft,  berfelbe  ®inn  bringt 
bie  5lrd)iteftur  unter  bie  $errfd)aft  beö 
SWetatlfiileö. 

S)od)  »erbrängt  er  tai  freiere  Dr= 
nament  nid)t  ganj.  Sefonberä  in  ber 
"Stufbeforation  unb  bcn  gemalten  l^er^ 
jtcrungeu  bebält  baö  Segctatife,  gemifcbt 
mit  '^igürliiiem  bie  Dberbanb,  aber  audb 


biet  Wirb  bie  jierlidbe  95ortragäweife  ber 
crjlen  Qäi  »erlaffen  unb  bie  ^^inicn 
größer  unb  breiter  gemacht,  ©a^u  gefeilt 
fid)  eine  mannigfadje  Qlnwenbung  »on 
SBoluten  unb  äbnlicben  gef(^wungenen 
fiinien,  in  welcben  wieberum  ber  ^an% 
jum  ®eometrifc^en  b^Pottritt.  (iReftbenj 
in  SWüncbcn). 

b)  gagabenentwidlung.  9^oc^ 
f^ärfer  prägt  ftcb  t)ii  bcutfd)e  Eigentum* 
lid)feit  auö  in  ber  Äompofttion  ber  ^^a* 
paben.  SBäbrenb  in  Stauen  ^«t  ^orijon« 
taliMuä  ber  allgemein  berrfcbenbc  war, 
gebt  in  S)eutfd)lanb  ber  ^a^abenbau  auf 
bie  \5orm  "Dti  mittelaltcrlid^en  Sütger* 
baufeä  jurüd.  ^ocb  unb  fd)mal  auf« 
ragcnb  febrt  tai  |>auö  in  ber  iRegel  feinen 
fieilen,  meiflenö  abgetreppten  ©iebel  ber 
®tra§e  ju.  S)aburc^  bleibt  ber  ^od)bau 
mit  auögefprod)ener  QJertifaltenbej  baä 
^rinjip  ber  beutfd)en  SRenaiffance.  3"  ^^^ 
©lieberung  ber  J5a9aben  überwiegt  anfangt 
nocE)  baö  mittelalterlid)e  ^^Jrinäip  rubiger 
55läd)en,  weld)e  burd)  jablreidie  meiji 
gotifdb  profilierte  genjier  burd)brodben 
werben ,  weli^c  ju  jweien  ober  breien 
gruppiert  nur  burcft  tai  Äaffgefimfe  mits 
einanber  »erbunben  werben.  S3alb  aber 
werben  bie  antifen  Orbnungen  jur  ®lic* 
berung  ber  Q^agabe  Dcrwenbet,  wenn  aucb 
meifi,  wegen  ber  fliiiebrigfeit  ber  ©todwetfe 
in  iierfrüppelter  ©efialt.  3"  ^«  3^«S^^ 
begnügt  man  ftdb  mit  <pila(lerjlellungen, 
wobei  man  in  ber  5lnwenbung  ber  ein* 
jelnen  ©pfteme  mit  großer  ffißiUfür  oerfäbrt. 

5lm  widbtigfien  für  bie  Sßirfung  ber 
^a<^ati  ifl  bie  öebanblung  beö  ®iebeU. 
3n  freier  Umbilbung  ber  abgetreppten 
gorm  wirb  er  mit  iBoluten,  bornartigen 
©cbwcifen  unb  anbern  pbantafiifdben  gor« 
men  umfleibet,  wobei  namentlid)  wieber 
bie  9'iadbabmung  Don  3!Jietanbefd)Iägen  eine 
gro§e  SRofle  fpielt.  SDie  ®iebelwanb  wirb 
in  ber  Siegel  mit  fßilaflerfieHungen  ge« 
gliebert  unb  burd)  frdftige  ®cftmfe  in 
mebrere  ®efd)offe  geteilt.  Qluf  bie  cor« 
fpringenbcn  (Sden  werben,  in  freier  Um« 
bilbung  gotifcber  gialen,  Dbeliöfen,  ober 
audb  Wobl  Äugeln  gebellt.  2)ie  ÜJJannig« 
faltigfeit  in  «Muöbilbung  fold)er  ®iebel  ijl 
überaus  gro^,  ja  man  fe^te  fogar,  oder« 
bing^  nur  auönabmöweife  fleine  ©iebel 
auf,  wenn  hai  ^aui  mit  ber  Cängöfa^abe 
an  ber  »Strafe  lag,  bie  [Regel  war  aber 
pielmebr  bae  2)ad)  unmaefiert  ju  jeigcn 
unb  eö  etwa  burd)  buntfarbige  Siegel  ju 
beforieren,  wie  am  iRatbauä  ju  SDtü^l« 
l)aufen. 


578 


SRenaiffance*®tiI. 


SDcn  |>QUptTeij  erhalten  bie  ^apabcn 
burd)  bie  ebcnfatlä  ec^t  norbif^e  ©tgen- 
tümlid^fcit  be^  ®rf  erö.  SBcnn  cö  irgcnb 
angebt,  legt  man  benfelbcn  in  bie  SD'Jittc 
ber  5<"?''^^  ^f<^  fommt  er  aui)  häufig 
in  unfpmetrifcfeer  Sage  t»or,  wie  am  ^aufe 
jum  iHitter  in  ^eibclberg.  2ßo  aber  ein  ©e* 
bäube  eine  frei  b«au§tretenbe6cEe  bilbet,  ha 
toirb  biefe  fid)crlid^  jur  5JnlQge  beä  ßrferö 
auöerfe^en  unb  ttiirb  berfeibc  entmebcr 
in  recfethjinfliger  ^orm  überccfä  vorgelegt 
ober  freiäförmig  ober  nod)  I;dufiger  polijgon 
entmidelt.  5Die  5tusfragung  mirb  ftetä 
burdb  me^T  ober  minber  reicbc  antife 
©efimfc  gegliebert ,  ttield)e  unten  auf 
einer  ۊuic  ru^en. 

3n  ben  norbbeutfc^en  S'iieberungen  »ar 
f(^on  äu  gotifc^er  3eit  ber  33  a  dfi  ein  bau 
weit  verbreitet  unb  bort  bleibt,  irenn  auc^ 
ni^t  me^r  in  ber  5tusbe6nung  mie  im 
SWittelalter,  in  ber  3^^*  ^«r,,  iRenaiffance 
fein  .^auptji^  Son  einem  Übcrgangäpit 
ifi  bei  biefcn  Sauten  tuenig  ju  »erfpüren. 
2)ie  fdiulgemöfe  Sßertnenbung  ber  antifen 
gronnen  'i)atti  fxä)  bereite  rt)eit  »erbreitet, 
aU  biefe  Oegenben  bie  SRenaiffance  auf= 
nabmen.  >Da  biefelben  aber  vom  Duaber* 
bau  ausgegangen  Waren,  »erfiel  man  in 
lleinarmen  ©egenben  auf  ?Ja4biIbung  ber^ 
felben  in  6tud,  menn  man  fic^  nic^t  ju 
bem  Sufug  »crfiieg,  Steine  »on  fernher 
fommen  ju  laffen.  35er  ^eimifd)en  39au* 
hjeife  blieb  man  einjig  in  fDJetfIcnburg 
treu  unb  errichtete  eine  5lnja^I  präcfetiger 
®ebäube,  bei  mel(i)en  man  bie  gläd)en 
jmar  mit  !Cu^  »ertleibete,  aber  bie  portale 
unb  genflcr  mit  ifiren  ©infaffungen,  bie 
©cftmfe  unb  Briefe  unb  bie  übrigen  orna* 
mentalen  leite  in  gebrannten  Steinen  auö« 
fübtte.  Daö  ^auptrcerf  biefer  5trc^itcftur 
ifi  ber  ^ürftenbof  in  ÜBiömar. 

3ierli(^e  ißaumerfc  entjianben  fobann 
aus  33erbinbung  beS  SacfjieinroPauö  mit 
bem  Quaberbau,  mobei  bie  gläc^en  a\xi 
unoerpu^tem  Sadftein  bejietjen,  bie  fon» 
firufti»en  ©lieber  aber  in  ^aujiein  ge« 
bilbet  Werben.  I)ie  .^»«iinat  biefeS  ®tiIS 
ifi  in  ben  3?ieberlanben,  aUein  »erbreitete 
ficf)  berfelbe  rafc^  nac^  0iorbbeutf(^lanb, 
(Snglanb  unb  I)änematf. 

yioä)  größere  Sluöbe^nung  ^at  eine 
britte  5lrt  aicbiteftonifc^er  Sefianblung, 
Welche  in  ticroorragenber  Sffieife  einen 
beut|cf)cn  S^arafter  trägt:  bie  Sermenbung 
ber  ^oli^fonfiruftion  in  Sßerbinbung  mit 
©tein,  im  ^^adjmerESbau  (fuf)e  2trtiEel: 
^ol^arcfiiteftur)  gefunben.  Dfiamentlic^  finb 
in  ben  6tabten  wie  93raunfcf)h)eig,  ^ilbeS= 


^eim,  ©oSlar  u.  a.  noc6  jatjlreic^e  Q3eifpielc 
öorl)anben. 

Gnblicft  ifi  nocft  einer  anbern  ©attung 
»on  ^oQiii'fn  JU  gebenden,  ber  gemalten 
gaQaben.  3"  ^f"  erfien,  meldte  biefe 
Sitte  fünfilerifdb  ausgeprägt  {)aben,  ge* 
bött  |)anS  ^olbein.  3"  "^^^  meifien 
gäüen  batte  hit  ^apabenmalerei  bie  5lufs 
gäbe,  bie  Unregelmöfigfeiten  beS  5(ufbauS 
JU  »erbeden,  inbem  fte  baS  ©erüfi  einer 
ibealen  Qtrdbiteftur  über  bie  %läi)t  Warf, 
unb  baSfelbe  ni^t  bloS  mit  ornamentalen 
©ebilben,  fonbern  auc^  mit  figürlid)en 
Äompofitionen  auefütltc.  ©er  fünfilerifcbe 
ß^arafter  biefer  ©arfiellungen  murjelt  in 
einer  fräftigen  !PoIt)d)romie.  Daju  fom» 
men  allerlei  perfpefti»ifc^e  Säuf^ungen, 
gemalte  ©aüerien  mit  neugierigen  3u= 
fd^auern,  weite  Sogen^aüen  mit  lanb* 
fd)aftlic^en  ^intergrünben  k.  ,  foba§  biefe 
5a<?aben  baS  ©epröge  eineS  Reitern  ßebenS 
erhalten,  ßciber  ifi  wenig  »on  biefen 
SZßerfen  auf  unS  gefommen.  SinS  ber 
»oüftänbigfien  unb  reiAfien  $ra(f)tfiücfe 
bietet  baS  ^auS  jum  SRitter  in  Schaff« 
Raufen. 

c)  ©runbrif  anlagen.  2)er©d^Io§« 
bau.  SBöbrcnb  ber  italienifcf)e  (Palafibau 
ber  SRcnaiffance  f\i)  »on  aller  mittelalter» 
lid)en  Srabition  ju  löfen  fuc^t  unb  ju 
regelmäßigen  flar  geglieberten  Einlagen 
burdfebringt,  behalten  bie  beutfdben  unb 
franjüfifc^en  Sc^Iofbauten  aud)  fernerhin 
baS  malerifd)e  ©epräge  mittelalterlidier 
SBurgcn:  eine  unregelmäßige  Einlage,  bis« 
weilen  bie  runben  6dtütmcn,  bie  felbfi« 
fiänbigen  Sööenbeltreppen  mit  i^ren  Stiegen« 
bäufern.  ©ic  einzelnen  ^^Wgel  beS 
Sc^loffcS  gruppieren  ftcfe  um  einen  in  ber 
fRegel  unregelmäßigen  ^of,  ber  bisweilen 
mit  5lrcaben  umjogen  würbe  (Sd)loß  i^u 
Stuttgart  unb  i]8leffenburg) ,  wcld)e  teils 
ber  23erbinbung  ber  innern  JRäume,  teils 
aber  auc^  alS  Sd)auplä^e  für  bie  ^err* 
fc^aften  bienten,  bei  ©elegenbeit  ber 
SRingelrennen  unb  anberer  ©rgö^licfefeiten, 
bie  man  in  ben  Sd)IoB^öfen  abjubaltcn 
pflegte.  2w  Snnern  beS  Sd)IoffeS  bilbet 
ber  große  iRitterfaal,  bie  lürni^  ben  ^ern* 
punf't  ber  Einlage.  2)ic  beutf^e  ißorliebe 
für'S  iBanfettiercn  ließ  biefe  großen  Säle, 
bie  gewöf)nlid)  einen  ganjen  J^ügel  ein« 
nQl)mcn,  alS  ben  wid)tigfien  leil  ber 
Einlagen  evi'd)einen.  3n  ber  fRälje  beS 
SaaleS  war  bie  Äapelle  angeorbnet,  in 
ber  iHegcI  in  gotl)ifd)en  formen  gebalten. 
D^amentlid)  fmb  bie  Sffienbelfiiegen  ber 
Stolä  ber  alten  SBerfmeifter.     ÜRan  legt 


SRenaiffancesStil. 


579 


fie  in  bcn  (Scfen  be^  @(^Io§^ofe^  in  Dor« 
fpringcnben  Sürmcn  an.  (Pracbtfiücfe  ftnb 
bic  Steppen  im  @cf)Io§  ju  SDlergentlieim 
unb  jU  ©öppingen.  ©cgcn  ^luögang  ber 
Spoc^c  greift  ber  ©c^IoBbau  mand)e  feiner 
mittelaltetlid^en  ®igen|eiten  ab.  5)ic 
tunben  ©cEtürme  fallen  fort  unb  man  liebt 
eö  jiatt  beffen  jene  ^o^cn  (Siebet  anju» 
bringen,  h)eld)c  ber  ©tolj  ber  beutfd^cn 
Strc^iteftur  ftnb  wie  am  @(i)loPau  ju 
Qtfc^affenburg. 

JJeben  bem  ®cf)loPau  fie^t  in  jWeitet 
ßinie  ta^  bürgerlid^e  SBo^n^auö. 
2)er  ®runbri§  ifi  fct)mal  unb  in  bic  Siefe 
gefirecft,  ganj  nac^  5lrt  beö  SIRittelalterö. 
Sin  $of  Derbinbet  in  ber  5RcgeI  ia^  35or* 
berfiauö  mit  ben  ^intergebäuben.  ^öljerne 
©aüerien  tiermitteln  bic  Sßerbinbung,  an 
beren  ©teile  biöwcilen  fieinetne  Qircabcn 
treten  (*PetIer^auö  in  D'iürnbcrg).  3)ic 
Ireppcn  ftnb  jtetä  alä  fieinernc  SBenbel* 
jiiegen  in  ben  Scfen  ber  ^öfe  angebracht 
unb  mit  ben  ©aüerien  in  SSerbinbung  ge= 
fe^t.  3«  iie«  meijicn  %'äü.tn  bleiben  biefe 
bcutfc^en  |)ofantagen  eng  unb  fc^mal. 

25on  bcn  fiäbtifc^en  ©ebäuben  jlcben 
bie  9t at Käufer  in  erPer  ßinie.  2m 
©egenfa^  ju  ben  italienifc^en,  werben  bie 
^agaben  gcfd^loffen  bcf)anbelt  unb  nur 
burd^  gro§c  Freitreppen,  wie  in  ^eil« 
btonn  auögcjeicf)net.  3n  foIc£)en  ^^äüen 
tt)trb  baö  Srbgef^op  genjöljnlic^  mit 
Sogen^aüen  auf  (Pfeilern  angelegt  unb 
aU  üßaarenlager  unb  ju  ä^nlic^cn  3tt)eden 
ocrhjcnbet.  3m  -^auptgefc^o^  jic^t  fict) 
üor  bem  ^ati'  unb  ®erict)täfaal  in  ber 
3fiegel  ein  gro§cr  95orpIa^  ^in.  %in 
33üreauj:  unb  ©cfcreiberänjecEc  waren  nur 
wenige  Siäume  erforberlic^.  5Deöt)aIb  wirft 
hai  3nnere  burc^  bie  (Paar  gro§en  {Räume, 
ben  Sßorpla^  unb  ben  |)auptfaal,  pc^ji 
bebeutenb.  2)ie  Ireppe  liegt  in  ber  Sieget 
ali  2Denbetftiege  in  einem  tiorfpringenben 
Sutm.  Srjl  "fpdter  werben  bie  Steppen 
ing3n"£'^f  flfjogen  unb  mit  gcraben  Saufen 
unb  (PoDejien  angelegt.  2öo  aber  bie 
Sreppentütme  bleiben,  ert)alten  fte  eine 
meift  fuppetartige  a9cbacf)ung  — ,  weld^e 
ben  fdjlanfen  mittclalterlidjen  Reimen 
f(f)nurfirocfö  entgegengefe^t  ftnb  unb  oft 
burcf)  orgineü  gef<iwungenen  Umri§  eine 
malerif(^  pifante  SBirfung  gewinnen. 

d)  3nnenbefotation.  2)ie  fünfis 
Icrifct)e  5tu^bilbung  beö  3nnetn  bewegt 
ft(i)  bei  allen  (Profanbauten  ber  SRenaiffance 
in  jiemlic^  übeteinjlimmenbet  aiic^tung. 
Sßas  juna^jl  bie  S)ecfcnbilbung  betrifft, 
fo  iji  bie  Qlnwcnbung  üon  ©ewölben  be* 


fonberä  im  Srbgefc^of,  ben  Sreppenräumen 
unb  ben  (£orriboren  überwiegenb  unb 
jWat  beinahe  immer  in  gotifd)cr  gorm. 
S)ie  meiften  iRäume  jcboc^  ermatten  flad)i 
Werfen,  junäct)ft  einfad)e  mittelalterliche 
Salfenbecfen.  23alb  bringt  inbe§  au^  ^ier 
bic  antife  JJormbilbung  ein  unb  man  giebt 
ben  ©älcn  unb  3'ni"i2rn  gefd^ni^te 
Safettenbecfcn,  oft  mit  farbigen  3ntarftcn 
gefc^müdt.  ®amit  »crbinbct  jtd)  eine  nid^t 
minber  reiche  Täfelung  ber  SBänbe. 
@cl)lie§li(^  fommt  bie  (Jluöfc^mücfung  bct 
©ecfen  in  bie  ^änbc  ber  DJJaler  unb 
©tufatoren.  3)en  Übergang  ju  ben 
SBänben  mit  il)xtx  Seppic^befleibung  bilbet 
bann  eine  gro^e  ^o^lfe^le  mit  ©tucfreltefö. 
Oft  prangen  biefe  S)ecfen  in  grogartiget 
Farbenpracht,  oft  aber  blieben  fte  aud^ 
Wei§  unb  bejeic^nen  itn  libergang  ton 
ber  mittelaltetlid()en  *Polt)(^romie  ju  bet 
nüd)ternen  Sinfarbigfeit  beö  Sarocco. 

e)  2Serfcf)iebene  33auwerfe.  SDen 
fünftlerif^en  trieb  bet  Seit  vergegenwärtigt 
bicllei(i)t  nic^tö  fo  beutlic^,  wie  bie  5luös 
fübrung  ber  ja^lreic^en  Sßrunnen  auf 
öffentlicf)en  (Plänen.  Diefelben  fc^eiben 
ftcf)  in  3ie^*  U"^  !Röt)renbrunnen.  S)er 
erjtere  »erlangt  in  ber  JRegel  ein  fteinerneg 
©erüft  äum  Qluf^ängen  ber  SRotte,  bei 
le^terem  ergiegt  ft^  ba«  2Baffer  in  ein 
grofeä  Saffin.  2)ic  iRenaiffance  bilbet 
biefelben  in  bet  SRegel  fo,  ia^  ftc^  in  ber 
ÜJJitte  beö  Secfenä  eine  6äule  et^ebt,  auf 
beten  Kapital  man  eine  Fiöiit  J"  fietlen 
liebt,  gaft  alle  alten  ©tdbte  ^aben  noc^ 
al^  fd^önfien  6d)mudE  i^rer  ©tragen  unb 
(Plä^e  folc^e  93runnen  bewahrt,  wie  Safel, 
©münb,  (Rotl^enburg,  SRottWeil,  SRürnberg, 
(Jlugäburg  unb  ilRünd^en.  33on  ttn 
jiäbtifct)en  Sauten  p  ©c^u^  unb  Jru^ 
ifi  no^  mandbeö  erhalten,  obfct)on  bie 
gewaltigen aBülle  oon  unferer  niocllierenbcn 
3cit  mit  Sifer  befeitigt  Werben,  wie  bie 
unt)ergleid)li(^  großartigen  (Kauern  t>on 
(Rürnberg. 

Otoc^  wären  fdf)lieglic^  mehrere  ßebt*' 
anftalten,  namentlich  3ef"'t«nfo[legien 
anjufü^ten,  fetner  »erfc^iebene  ©pitäler, 
Äanjleien,  gleifc^^aücn,  3eugf)äufet  unb 
©ebäube  für  j^öfifdje  gefilid)feiten ,  unter 
weld)en  tai  in  unferm  3a^tf)wn'5«tt  jer« 
jiörte  ßujibauä  in  (Stuttgart  ein  Unicum 
bilbete,  inteffen  tragen  alle  biefe  Sauten 
im  'Jlllgemeinen  in  ber  Se^anblung^weife 
bic  bereite  gefc^ilberten  3üge  in  äiemlic^et 
Übeteinftimmung  an  bet  ©tirn. 

f)  ©artcnanlagcn.  dJJit  ben 
©(^löffern    unb    fütpiid)en    Sufipufcrn,. 


580 


SRcnaiffance^Stil. 


aber  anä)  mit  rcid^en  93ürger^äufern, 
fianben  fafi  immer  ©artenanlat^en  in  Ser* 
binbung,  nüerbingö  l)cute  fafl  nirgenbö 
meör  erfjalten.  S)en  üoDfianbigfien  Segriff 
einc^  ©artend  bcr  Dtenniffance  giebt  uniS 
bic  bei  SKerian  auö  ber  a?ogelfcf)au  ge* 
nommene  ©arfieOung  iDeö  «SÄIo^garten^ 
gu  ^eibelberg.  S)a^  ®anje  mac^t  mit 
feinen  regelmäßig  abgeteilten  Slumen* 
beeten,  eingefaßt  »on  fteinen  runbgefiu^ten 
93ciumd^cn,  burdijogen  öon  2;ayuöbeden  unb 
überrtJÖlbten  Saubgiingen,  äh?ifd^en  ©pring^ 
brunnen,  Statuen  unb  ®artenf)auöd^en, 
mit  feinen  ©rotten,  ßabprint^ien  unb 
anbern  jierlid^en  Spielereien  ben  ©inbrucE 
einer  jlreng  mit  ßineal  unb  3irfel  bc- 
l^anbelten  Einlage. 

g)  2) er  Äirc^enbau.  2)er  ^irc^en« 
bau  iriegt  in  ber  beutfcf)en  Ofienaiffance 
nid)t  fcf)mer.  Sistiefinö  16.  Ja^rbunbert 
bleibt  berfelbe  ber  (Sotif  treu,  ©rfi  in 
ber  2.  ^älfte  bes  16.  Ja^r^unbertö  bringen 
oKmälig  bie  formen  be?  neuen  Stilö  ein, 
inbeffen  mirb  hai  gotljifcbe  SRippengewöIbc 
auc^  je|t  nocb  in  ben  fompli^ierten  yit^ 
unb  ©ternöcrbinbungen  fej^gcbalten.  5Iuc^ 
bie  gfttfter  ftiurbcn  übereinfiimmenD  nodb 
mit  S[)Ja§»erE  bebanbelt.  «Scibfi  ber  ®runb- 
ri§  folgt  nacf)  ber  got^ifd^en  Überlieferung 
unb  fc^Iießt  hai  Sang^au^  mit  poIr)gonem 
(5t)or.  2)ie  SRenaiffance  mit  ibren  antiten 
gormbilbungen  fommt  t)autfdd)Iicb  ben 
freien  Stufen,  ben  (Smporcn  unb  ben 
5ßortaIen  ju  ®utc.  (Jin  »oüfommeneö 
©ppem  oon  SSogenfjallen,  mit  aücn  ete* 
menten  ber  3  antifcn  Drbnungen  um» 
tieibet,  umjief)t  ba^  innere  ber  Uniüerfttätö- 
firc^e  ju  Sffiürjburg. 

2öic  alles  Übrige  trägt  au^  ber  Surm» 
Bau  biefelben  ©puren  öon  ®tilmifc[)ung 
an  fid).  3)er  ooüflänbige  Srud)  mit  bem 
SDHttelalter  »oü^ie^t  ftd)  an  ber  9[)?id)ael^- 
i^offirc^e  in  S!}Jünd)en  unb  bem  mit  foüo; 
falem  3nnengemc>lbe  überbauten  Sau  ber 
2)reifaltigfeit8fird)e  ju  SRegensburg. 

S)ie  innere  5tuöftattung  biefer  ^irdben 
fe^te  alle  fünftlerifdien  Gräfte  in  93ett>egung. 
Äunfireic^e  (äifengitter,  präi^tige  ©rab» 
mäler,  reicb  gefd)ni^te  (iborftüble  unb 
Slltäre,  beren  ^auptftücf  nun  'baii  nom 
SWalcr  angefertigte  ^lltarbilb  tt>urbe,  tt)eld)eö 
»on  einer  in  mehreren  ©todnierfen  fid)  auf- 
bauenben  ^Irdiitef  tur  mit  Säulcnorbnungen, 
obgebrod)enen  ©iebeln,  Soluten  unb  allen 
Qtuögeburten  beö  Sarocco  nerfeben,  um= 
tabmt  njurbe;  SabernaW  unb  ®ahamentö= 
l)auiä)m  :c.  jc.  fmb  bemüht,   i[;r  S[Rög= 


Udf)jieä   jut    Slugfc^müdung   be^   ©otteä« 
^aufeö  ju  tbun. 

3.  atcnaiffance  in  ben  Äunfi« 
gettjerben.  ®ro§c  Sebeutung  gensinnt 
ber  neue  ©til  ber  SRenaiffancc  namentlid^ 
in  bem  ttieitcn  ®cbiete  beö  Äunfi^anb^ 
merfö.  2ßaö  jur  5luöjlattung  ber  SBofins 
räume,  roaä  im  engern  unb  weitern  Sinne 
jum  Äoftüm  gehört,  erfreute  ftcb  in  S)eutfcb* 
lanb  einer  um  fo  lebenbigercn  Pflege,  <xU 
f)ier  ber  Sinn  für  ^äu0lid)e«  Sebagen 
üorjugsmeifc  auögebilbet  mar.  Selbji  bie 
großen  ÜJJeijler,  mie  5Dürcr  unb  ^olbcin 
oerfd)mäbten  nid)t,  bem  Äunftgettierbc  Soor* 
bilber  ju  fd)affen.  51uc^  l^ier  mirfen  bic 
mittelaltcrli^en  formen  nod)  lange  nac^ 
unb  erP  feit  DJlitte  beä  16.  3af)rt)unbertg 
menbet  man  fid)  bem  neuen  Stile  ju,  aber 
biö  äum  (Snbc  ber  (Epoche  mifd)t  [lä) 
immer  noc^  mand)e^  ÜJlittelalterli^c  ba* 
bei  ein. 

a)  ^oljarbeit.  Sie  ^loljarbcit 
bat  i^re  glänjenbe  ?luäbilbung  in  erjler 
ßinie  im  S)ienfte  ber  Äir<^e  gewonnen. 
*Jiid)t  bloö  bie  jaf)trcidKn  Sdjni^altäre, 
fonbern  namenttid)  aud^  bie  ßborPü^le 
gaben  reid)e  ®elegen§eit  jur  Entfaltung. 
S)ic  (formen  ber  (Kenaiffance  erfd)cincn 
erft  1550,  bann  aber  f^on  mit  barocfcn 
(SIementen  gemif(^t,  mie  an  bem  (5,^or= 
gefiübl  ber  ^Älofierfirdbc  ju  ©anjig  unb 
SBettingen.  iOJit  aüer  (Energie  wirft  ftc^ 
bann  biefe  2;ed)niE  auf  bie  51uöfiattung 
berSIÖobnräume.  S^^näd^fi  fmb  eä  bic 
SBänbe  unb  25ecfen  ber  3i"i"iei^'  welcbe 
in  gcbiegenfier  2öeife  mit  Säfelwerf  auä* 
gejlcittet  werben,  erficre  mit  einem  Spjiem 
»on  '^ilaflern  ober  ^albfäulen  unb  farbig 
eingelegtem  Ornament,  le^terc  mit  reict)em 
ÄafettenwerE  nad)  antifer  ülrt.  ®in  l)üb= 
fd)eö  Seifpiet  bietet  ein  3immcr  beö  alten 
Seibenbofe  in  3üric^,  jum  ^öd)^en  $runf 
aber  ficigert  fid)  bic  Scbanblung  im  gol» 
benen  Saale  beä  iRatt)aufeö  ju  «Jlugöburg. 

Sieben  bicfen  großen  ^rad)tfiücfen  bringt 
bic  Äunjltifd)Ierei  alle  jene  in  i^r  ®e= 
biet  faüenben  ®egenpänbe,  wetcbc  jum 
9J^o biliar  ber  tamaligen  Sürgerbäufer 
unb  Sd)lt)f[er  geboren  in  mannigfaltigPer 
2ßcifc  bervor.  I)aju  »erwenbct  man  bann 
nid)t  nur  einf)eimifd)e  ^oljarten,  fonbern 
aud)  (SbenI)oIä  unb  Slfenbcin,  *l<erlmutter, 
@d)ilbplatt,  Lapislazuli  k.,  ^a^  ben  2Bcr= 
fen  jener  3cit  bie  reid)c  garbcnpracbt  einer 
burct)gebilbeten  *PoU)cbromic  »crleiljt.  5tm 
einfadiPen  geüalten  fxä)  in  bcr  iRcgct  bic 
großen  Sdiränfc  für  .Jlleiber,  bic  2ruf)cn 
für  ßcincujeug,  bie  Süffetö  unb  Ärebenjcn. 


9flenaijyancc«©til. 


581 


jDie  JRcnaiffancc  fü^rt  bicfclbcn  aU  Eleinc 
Söauwetfc  auf,  bic  mit  (jSilajlcr  unb  Säulen^ 
fietlungcn  eingerahmt  unb  fclbfi  mit  ^ox' 
talbilbungen  Pcrfeljcn  werben.  Sinen 
^ö^ern  5lnlauf  nimmt  bie  .Kunfitifc^Ierei, 
tpo  c^  gilt  ^rad)tgegenPänbe  ju  frf)affen, 
feien  eä  einzelne  Set t laben  ober  aber 
namentlict)  fogenannte  Äunfifdjränfe, 
bie,  auf  prac^tpoüen  Sifc^en  aufgefteflt, 
in  if)ren  jaI)lrci(J)en ,  teilö  ge^cimniöüoü 
üerjiedten  ^iic^crn  unb  ®d)ublaben  jur 
Qtufbettta{)rung  V)on  otlerlei  Äojlbarfeiten 
unb  SRaritäten  beftimmt,  oft  aber  audf) 
lebiglid)  ju  ©c^reibtifd)en  bienenb ,  burc^ 
bcn  crbenf lic^fien  ^lufiuanb  an  prac^tooüem 
ÜJtatcrial  unb  finnreid^er  Qlrbeit  fietö  einen 
^o^en  SBert  gewinnen.  2>ie  ©cfamtform 
biefer  ©djränfe  bilbet  einen  5luffa^  in 
©efialt  fleincr  palajlartigev  *^rad)tbauten, 
reii)  gegliebert,  in  mcbreren  StotfwcrEen 
burc^  reid)t>erjiertc  ©äulen,  ilarpatiben 
unb  Atlanten  in  .^crmenform  auf  ge= 
fd^mücften  *t!ofiamenten,  bajmifdien  ©ta= 
tuetten  unb  iRcUefs  in  reid)em  Üiabmen, 
tai  ©anje  befrönt  t>on  bur(f)brod)enen 
©aüujlraben.  ®er  SWittelbau  if!  öfter 
eingebogen,  jiet^  aber  mit  einem  $rad)t' 
portal  unb  barüber  mit  einer  offenen 
ßoggia  auf  ©äulen  auögeftattet. 

b)  ®lfenbeinfd}ni|creiunb  ©olb» 
fci^miebefunft.  5ln  biefc  funfipoHen 
$l.ifci)Ierarbeitcn  fc&lieBt  fid)  bic  (Slfenbein* 
fc&ni^erei  unb  ©olbfdjmiebefunjl.  3uniJ<^f^ 
bebarf  bie  genuffrobe  3-*^  cineä  außer^ 
orbentlid)en  Sorratö  von  Srinfgefc^ir* 
ren  aüer  Qlrt.  .^olbcin  unb  2)itrer  waren 
mit  Qlnfertigung  »on  3"^"""gctt  ju 
prad^tDoüen  ^ofalcn  befdjäftigt.  QIEein 
bie  DJeigung  jum  ©eltfamen  unb  *p^an=: 
tajtifc^en,  »crleitcte  anberc  ÜJieifier  ju  ben 
wunberlic^jien  ©rfinbungen.  3"  ©efialt 
»on  ©runnen  unb  2)reifü§en,  »on  Surgen, 
©cfeiffen  u.  bgl.,  non  ©amen  mit  aufgc- 
baufd)tcm  SRcifrod,  würben  bie  ®efä§e 
mit  Vorliebe  bargcjleüt.  Unerme§lid^  ift 
bcr  ©(^mucf,  mit  weld^em  man  biefe  ®e= 
täte  auöjiattete.  ®ae  ganjc  SReid)  ber 
SWt)tl)ologie  unb  Qlüegorie  würbe  in  Gon^ 
tribution  gefegt  unb  baju  nod^  üppiger 
tpflanäenfd)mucf  gefügt.  (Sinö  ber  glanj* 
iioUjten  unter  allen  erl)altenen  SBerfen  ifi 
ber  berübmte  Safelauffa^  üon  SBcnäel 
Samni^er  gegenwärtig  im  germanifd)en 
5)^ufeum  ju  9türnberg.  Qlber  bie  Sbatig» 
leit  beö  ©olbfdimiebä  erjlrcdte  ftd)  nocfe 
Weiter  über  alle  ®ebiete  beö  ©dimudeö 
unb  jwar  nidjt  bloö  ber  fd)müdcnben  ®es 
rate,  im  engern  Sinne,  fielmcbr  bic  ganje 


.RIeibung  würbe  ©egenfianb  präd)tiget 
5lusfiattung.  Diicftt  allein  SRinge,  Äettcn 
unb  ©ürtel,  ©pangen  unb  Qlgraffen  gaben 
2lnlaf  }U  fünfilerifd^cr  33el)anblung,  fon« 
bern  aud)  SRöde,  3[JJäntel  unb  ^üte  würben 
oft  reid)  mit  3ifi^iatl)en  bebedt,  }u  beren 
(Jrfinbung  felbft  .^olbein  .^opf  unb  Spanh 
ju  bieten  nid)t  t)crfc^mät)te.  %ixna  iji 
aud)  an  bcn  ffiaffen  bic  fünpierifd)e  ^uö» 
jlattung  eine  wabrl)aft  bcwunbcrnäwertc. 
5)aran  fd)lie§t  ftd)  bic  nid)t  minbcr  glanj^ 
üoUe  5lrbcit  ber  ^arnifc^mac^er  ober 
q3lattncr. 

93ei  allebcm  ftnb  bie  Pcrfdjiebcncn  9iid)5 
tungen  ber  ÜJfetatlarbcit  biefer  3^^^  ""'fe 
nic^t  erfi^öpft.  9icid)eö_2;afelgefd)irr  au^ 
eblcm  SDJctaü,  platten,  <öd)üffein,  ©egalen, 
2;eüer,  9Jäpfe,  .Ronfefttriigcr  unb  Äü^lgc* 
fäge  inuiircii  in  ben  mannigfaltigflen  fünfi* 
lerifc^cn  formen  unb  werben  mit  gctric= 
bcnen  ober  flac^  gradierten  Drnamcntcn 
unb  figürlid)en  2)ar)icllungen  bebedt.  'ilud^ 
bic  Ööffcl  unb  'JDJcffcr  werben  beliebte 
©egcnjlänbc  für  bie  erfinbungereic^e  S^ä» 
tigfeit  beö  ©olbfd^miebe«.  (Jnblid^  ftnb 
nod)  bie  ©tanbubren  ju  crwäbnen,  wel(^e 
namentlid)  in  5lugöbutg  unb  D^ürnberg 
»erfertigt  würben. 

c)  ©(^miebcarbeiten.  Sefc^eibcnerc 
Qlrbeiten  lieferten  bie  ®ifcnfd)miebe ,  aber 
5lrbciten,  bie  burd)  t)ö$fie  tc^nifc^c  2}oll= 
cnbung  unb  finnreid)c  Srfinbung  ftd)  jum 
aBert  t»on  Äunfiwerfcn  er|ioben.  2)ie 
©dilöffer  unb  3;i)ürbefd)liigt  ("Wic 
bie  S;|)ürEI Opfer  erfreuen  ftc^  bcr  rei^fien 
2luäbilbung  unb  werben  in  il)ren  gldd)cn 
baufig  burd)  eingegrabene  unb  geä^tc  Dma» 
mente,  bisweilen  felbfl  burc^  Sergolbung 
unb  2;oufd)irarbeit  gefc^müdt.  iöefonber« 
aber  gldnjt  bie  ©vfinbung  unb  Äunfi* 
fertigfeit  ber  ÜReif^cr  in  J^crftellung  ber 
fd^miebeeifernen  ®itter.  ©aö^^riujip 
berfelben  bcfiebt  barin,  runbc  totäbe  in 
mannigfaltigen iBerfd)lingungcn unb  2)urd^= 
f^neibungcn  fo  miteinanber  ju  rcrbinben, 
ta^  tai  ®anje  einen  feflen  3ufammcnl)alt 
bilbet.  SDicfcr  wirb  ni^t  bloö  baburd) 
l)crgcfiellt,  ba^  an  bcn  burd)fd)neibcnben 
©teilen  23änber  angebrad)t  werben,  fonbern 
nod)  t)äufigcr  baburd},  ta^  man  tai  ©tab* 
eifen  burdteinanberfiedt,  inbem  man  an 
ben  Ärcujpunftcn  ein  fog.  gef^wcUteö 
5tuge  anfd)miebet,  eine  wal)re  ®ebulbS= 
probe  für  ben  auöfül)renben  ü)tei|ler.  2)a= 
neben  erhalten  bie  untergcorbnctcn  (5nbun= 
gen  oft  freiee  Slattwcrf  ober  feltfame 
graben,  9J?enfd)en  ober  Jicrföpfc.  9lcbcn 
biefen  ©ittern  aber  fc^uf  bie  ©cfcmicbcfunji 


582 


IRenaiffance«@tiI. 


ttoc^  tTeffli(fic«  atler  QIrt:  ßcuc^ter,  SZBettet* 
fa^nen,  Ärcujc,  ficine  Ääjic^en  2C.  k. 

d)  Töpferarbeiten.  Qn  ben  n)i(^* 
tigjicn  Äunftgetterben  bcr  ßnt  gehört  ferner 
bie  Töpferei,  tt)eld)e  nic^t  nur  bie  geftöbn« 
liefen  ®efä§e  beö  ^auif)alM  mit  »er« 
f^iebenfarbiger  ©lafur  unb  taufcnbfac^ 
»ariirten  Ornamenten  f(f)afft.  fonbern  a\xä) 
bie  j^Iie§en  ju  ^u'^böbm,  namentli^  aber 
ju  Dfen  lieferte.  2)er  Ofen  befielt  in 
bcr  JRegel  auä  einem  Unterbau,  ber  auf 
mcifi  piafüfd^  gejialteten  gü§en  ru^t,  unb 
aus  h)cldbem  ein  fcftmalerer  Oberbau  auf» 
fieigt.  ©er  ganje  Qtufbau  mirb  arc^itef= 
tonifcb  burcfcgebilbet,  mit  fräftigem  ^u^* 
unb  2)ecfgtfimfcn  eerfebcn.  i)ermen  unb 
Äartjatiben,  ft>obI  au^  ^ßilaper  betonen 
bie  oertifale  ©tieberung  unb  bie  einjelnen 
gelber  tt>erben  alö  Sogcnnifc^en  gebilbet, 
meiere  man  mit  figürlicben  SRelief^  fcf)müdt. 
®ie  meifien  SBerfe  biefer  QIrt  ftnb  mit 
einer  fcböncn  grünen,  anbere  mit  einer 
fdE)n)arjen  ©lafur  übcrjogcn.  Sefonberö 
öielfeittg  unb  lang  anbauernb  bat  bie 
Sc^Wcij  bie  OfenfabriEation  gepflegt.  2)er 
^auptfi^  mar  a!Bintertf)ur,  »o  bie'^amilie 
$fau  unb  Srbart  eine  Qlnäabl  gefct)idtet 
^afnermeiPer  unb  Ofenmaler  lieferte.  3" 
bcr  SRcgel  mirb  neben  bcm  Ofen  in  ber 
(Scfe  bei  3™"i«r0  ein  bequemer  ®i0  mit 
(Rüden»  unb  ^trmlebnc  ebenfalls  mit  Äa(^cln 
aufgebaut.  —  ©ebr  balb  tritt  an  bie  ©teile 
beä  einfarbig  grünen  Ofenö  mit  feiner 
plaftifc{)en  i)ur($bilbung  ber  »ielfarbige 
mit  übermiegenb  malerifc^er  SöcbanMung. 
5Die  ^Jarben  mcrben  bünn  unb  leid)tf(üfftg 
aufgetragen,  3)icfc  $oIi)_(i)romic  bcbalten 
bie  Ofen  bi«  in  bie  2.  ^älftc  bcö  17.  Jabr* 
I)unbert*,  bann  merben  fre  matter  unb 
matter,  biä  fie  f^lie§lic^  ganj  in^  SBci^c 
crblaffen. 

e)  ®I Ölmalerei.  IJiicbt  in  glei^em 
Umfang,  aber  bocf)  in  anfebnlicbem  Sc« 
triebe  mirb  bie  ©lasmalcvei  gepflegt.  Sleilö 
öerrocnbet  man  fte  jur  ^erfteüung  fon 
Irinfgläfern  unb  S8e(I)ern,  teil«  jur  ^er= 
jieOung  farbiger  ^^"fift-  5lut^  ^^  ''^^^ 
eö  namentlidb  bie  ©cbmeij,  meiere  biefen 
Äunftjftieig  biß  in«  18.  3at)rl)unbcrt  hinein 
mit  großem  (Sifer  pflegte. 

f)  lejtilc  ^un%  @cf)lie§ticf)  ifi 
nod)  ein  33Ii(f  auf  bie  tertilen  fünfte  ju 
Werfen,  bie  in  biefer  ^nt  im  Sßettcifer 
mit  ber  gefamten  fünfilcrifi^en  93e* 
»egung  ibre  SDJeiflerfcböpfungcn  ^nvox' 
brad)ten.  ^^an^f^n  mar  es  t>or  allem, 
wo  bie  Jeppicbfticferei  aufblühte,  bie  in 
bcr  Doüen  2lnrt>enbung  unb   rcicf)en  Slb» 


fiufung  ber  ^"if^^n  ^^^  ^"^  -^erbcijie^en 
beö  ©olbcö  bie  monumentale  ÜJJalerei  ju 
überbieten  fudjtc.  5tufer  biefen  Seppi^cn, 
mit  mclcf)en  bie  SBänbe  bebedt  ju  merbcn 
pflegten,  fertigte  man  namentlid[)  bie  .Riffen 
unb  $oIfier  für  <S>tüi)U  unb  SSänfe.  2Iu^ 
tai  Sßctt  mirb  oft  pröcfetig  mit  ©ticfereien 
auögcjiattet.  SBorpgli^  aber  mcnbet  man 
bie  ©tiefereien  an  ©cmänbern  an.  |iicrbcr 
gcf)ören  cnblid^  auc^  bie  arbeiten  in  ge« 
pre^tem  ßeber,  metc^cö  feine  33erwenbung 
namentlich  ju  93üd)crcinbänbcn  fanb  unb 
bcnfelben  ein  unüergtcic^Iid^  jiiltoücö  Oe« 
präge  oerleibt-  @o  jcigt  tai  Älcinfie  mie 
hai  ®rö^te  fi*  üon  bcrfelbcn  fünfllcrifd)en 
Strömung  ergriffen. 

4.  2;l)coretifer  unb  Slrc^itcftcn. 
Über  bie  ©tubien  unb  ©tcüung  bcr  ba« 
maligen  5trct)(tcften  liegen  nur  fpärlicbc 
Stotiäcn  üor.  dö  maren  anfangt  fcblicbte 
banbmcrflic^e  SDJcificr,  bie  ibrer  Sebcn^s 
jicHung  unb  ibrem  Silbungögangc  nac^ 
fid)  nirgenb^  über  bie  ©dbranfen  bcr  berge» 
brachten  Qlnfdjauung  erhoben,  im  ©cgcn» 
fa^e  ju  bcn  italicnifc^cn  unb  franjöfifdben 
5lrdbiteften,  noll  |öf)ercr  SBilbung  unb  »oll 
fiol^em  Semu^tfein  beeifelben.  3"  i'er 
2.  |iälfte  bes  16.  3abrbunbertä  fangen 
jmar  allmäblid)  bie  2öerEc  an,  frdb  flaf» 
ftfcbcr  ju  gejlalten,  aber  eijl  gegen  5tuÖ5 
gang  bcr  gpocbc  trifft  man  unter  ibnen 
folcbc  bie  auf  ©tubicn  in  Stauen  beuten. 
Sic  bamaligen  bcutfcfecn  ÜJJciflcr  fcbeinen 
nur  auenabmämeife  ©tubienreifen  nacb 
3talien  unternommen  ju  baben.  ^i)xt 
Kenntnis  ber  antifen  5lr(^iteftur  f(i)öpften 
fic  jumeijl  au«  bcn  jablreicbcn  tbcorctifdben 
©cbriften.  SDcr  erften  einer,  welcher  folcbc 
bcrauögab,  mar  3llbred)t  Jiürcr.  35ic 
iRefultate  feines  SRacbbenfen«  unb  bie  ©r» 
fabrungen  feine«  gefamten  ßeben«  beab* 
ftcbtigte  er  in  einem  umfaffcnben  SBerfc 
nicberjulegen,  oon  melc^em  nur  ein  Jeil 
jur  5tusfübrung  gelangt  ift,  bie  Unter» 
meifung  ber  iüieffung  mit  QixUl  unb 
9fli(^tfcbett  unb  bie  23ier  93ücbcr  uon 
menf(i)lid)er  Proportion,  ©eine  Unter» 
meifungen  giebt  er  mit  fieter  O^ücffictit 
auf  ®rö§cn  unb  S'ifj'encerbältniffc,  auf 
bie  ©eometric  unb  fu§t  einerfeit«  auf 
bcn  überall  nod)  in  Äraft  bcfinblid)cn 
Überlieferungen  bes  SKittclaltcr«,  anber* 
feit«  fud)t  er  ficb  an  SBitruo  anjulebncn. 
Sejeidbnenb  ift  feine  ißemerfung,  ia's  jeber 
jlrcbcn  folle,  etrcas  2Beitere«  unb  gtembe« 
ju  finbcn,  benn  menn  aucf)  ber  bodbbc» 
rübmte  iBitruniu«  unb  anbete  gefud)t  unb 
gute  Dinge  gefunben  bitten,  fo  fei  bamit 


IRcnaiffancesiStil. 


583 


n\d)t  aufgehoben,  ta^  nic^tö  9tnbcreö,  tai 
gut  [ei,  möge  gefunben  «erben.  2)iefen 
|)ang  ju  n)iüfürlid)er  ^^if^it  ^«  Srfin« 
bung,  erfcnnt  man  benn  aud)  in  nianci)cn 
[einer  Äompofitioncn,  benn,  obnjot)!  et  bic 
kntih  im  5luge  i)at,  mi[cf)t  er  bie  einjelnen 
DrnamcnteinungcbunbcnPer2Bei[e.  ©igen- 
tümlid)  genug  ftnb  bie  (Sntiüürfc  ju  3  @e» 
b(ic^tni«[äulen,  tt)obei  eö  fic^  bei  einer  um 
einen  Sieg  über  aufjlänbi[($e  SBaucrn  f)an» 
belt  unb  bie  ber  ©onberbarfeit  I)alber  biet 
be[cf)rieben  [ei.  S)ic  [ebt  gut  gejcic^neten 
(Sruppen  gcfef[elten  95ie^eö,  tt)el(f)e  et  auf 
bie  unterfte  (Stufen  ber  ^afxi  legt:  „Äü^e, 
©cf)afe,  ®cf)tt)eine  unb  atletlei"  fann  man 
fid)  nod^  gefallen  laffen.  5(bet  auf  bie 
6cfen  be^  $oftamentö  rät  et  Äötbe  mit 
Äafe,  Suttet,  ßiet,  3*^^f^^ltt.  Ätäutern 
ober  voa^  bit  einfällt,  gu  fieUcn.  2luf 
biefen  Unterbau  fe^t  et  allen  Stnfieö 
einen  .^aferfafien  unb  (lütjt  barübet  einen 
Äeffel,  auf  tüelc^en  et  einen  Ääfenapf  jieHt, 
bet  mit  einem  jiarfen  Jellet  jugebcdt  wirb. 
Qtuf  bcnfelben  fe^t  er  ein  iSuttetfa^,  auf 
biefe^  tüiebei  einen  OJJilcbEiug.  2)ie[er 
trägt  eine  J?orngarbe,  in  n)elcbe  Schaufeln, 
^auen,  Warfen,  3Wijlgabeln,  Drefc^flcgel  u. 
bgl.  eingebunben  ftnb.  S)arübet  folgt 
ein  |)übnerfotb  unb  auf  biefem  ein 
<£c^maljt)afen,  auf  tt)eld)em  ein  trauernber 
SBauer  fi|t,  beffen  iRüden  mit  einem  ©Ainert 
burct)floc|en  ift.  I)ie^  eine  93eifpiel  mag 
genügen,  ju  ^ti^tn,  tt)ic  [e^r  SDüret  swar 
bem  SJlatutali^muö  ^ulbigte,  abet  auc^  ju« 
gleicb,  tt)ie  wenig  et  im  Staube  tioar  ju 
reinen  ardiiteftonifcöen  *)ßrinjipien  burc^ju« 
bringen.  93alb  nacf)  S)ürer«  Jobe  etfc^ien 
eine  t)erflänblicf)ere  SJarfteüung  ber  „Äunfi 
bet  SWeffenö"  Pon  ^ieronpmuö  SRobler, 
ber  »on  ben  2)ürer[cben  Südbern  meint, 
fie  [eicn  nur  für  bic,  fo  cineö  großen  a3et= 
Panbeö,  toietleic^t  bienlid).  3n  bet  %\)at 
gel)t  SRoblet  einfad)  praftifc^  ju  iffieife 
unb  btingt  eine  Jieibe  con  Scifpielen,  an 
n3eld)en  et  bie  perfpeftiDifd)e  (Srfd^einung 
unb  S)arPetlung  ber  5Dinge  nacbmeift. 
Überall  bemcrft  man  in  feinen  3eicbnungen 
eine  fieigenbe  8ujl  jur  Qlnftenbung  oon 
SRenaiffanceformen ,  bic  aber  glei(|n)ol)l 
üon  einem  lüirflid^en  93erpänbniö  mcit 
entfernt  ftnb. 

9^ict)t  lange  barauf  gab  in  SRürnberg 
2Balt^er  SKiüiuö  feine  umfangreichen  2öerfe 
berauö,  1547  bie  „SReue  ^erfpeftioe"  unb 
154S  ben  „S)eutfcf)cn  Sitruö",  ben  er 
nad)  ber  1521  ju  Gomo  erfdiicnenen  Qlu3= 
gäbe  unb  bem  Äommentar  beä  Gefariano 
bearbeitete;    aud)    bie   ^tluflrationen  ftnb 


mei(^  nad)  Gefariano.  Übcrfjaupt  ifl  bie 
Qluffaffung  beö  51utor0  butcfe  bie  feiner 
italienifd)en  33otgänget  bcberrf^t.  ©eine 
©Triften  bejeicbnen  offenbar  ben  SlHomcnt, 
mo  bie  italienifcf)e  93el)anblung  ber  formen 
in  I)eutfd)lanb  einbrang.  23on  ®i)mpatl)ie 
für  bie  Äunfi  beä  iOtittclalter«  ij^  njcnig 
mcl)r  JU  [puren,  menn  er  aud)  ben  üJJai» 
Idnber  S)om  in  ©runb  unb  51ufri§  btingt. 
2)ie  atd)iteftoni[dben  detail«,  bie  et  ab* 
bilbet  finb  fotteft  nad)  bem  Stuftet  ber 
3taliener  tt)iebergegcben  unb  er  rät,  bie 
Drbnungen  nid)t  ju  »crmifd)en.  "Sioä) 
[pudt  auc^  bei  i^m  bie  9'ieucrungä[ud)t  ber 
3eit  in  mand)erlei  iBor[d^lägen  ju  „5Ber» 
cnberung  ber  93o[fen,  fo  ein  tietfienbiget 
93aumeiiict  mcitet  nad)  feinem  ©efatlcn  in 
man($erlei  SBerf  bringen  möge."  2öenn 
fc^on  ^ier  Diel  Satodeä  mit  unterläuft, 
[o  bringt  er  benn  bod)  tai  barod^e  3cug 
unter  ben  fünjilid)en  ©äulen  üon  23ilbs 
tt)erf,  mie  [olc^c  bic[er  3cit  bei  ben  iBel* 
[c^en  in  Srauc^."  Sffiaö  SRiüiu^  con  21nj 
läge  unb  ®e[amt[orm  antifer  ©ebäube  »or« 
bringt,  iji  begreiflicbetwcifc  nac^  ßefarino 
unb  nimmt  fxä)  munberlid)  genug  au«. 
©0  giebt  et  bie  ®runbfotmen  bet  grie* 
c^ifd)en  lempel  ganj  nad)  bem  ©c^ema 
me^rf^iffiger  Äirdben.  ffiie  ernjil)aft  man 
c^  aber  nafim,  erfeben  mit  au^  bet  ©teile, 
mo  et  ben  5ltd)iteften  nid)t  blog  etmabnt, 
bafe  er  „fo  et  bei  ©pmmetrie  belicnbc  unb 
»o|l  et  fabten  fein  nolle,  ftc^  bet  geome» 
ttifd)en  SKeffung  l)cfftig  üben  muffe",  fon* 
betn  aud)  nacb  SßitruD  bic  Unterf(^iebc 
bet  lempel  nad)  »etfd)icbenen  ©ott^eitcn, 
befonbeti  männlicben  unb  rt)eiblicbcn,  em^ 
fdjärft.  3"  ^iintx  2.  ©cferift,  ber  neuen 
^crfpcftiüc  fommt  er  überall  auf  bie 
„munberbarli^e  5lrt,  dpgenfe^afft  unb 
©crccibtigfeit  be^  3irfeU"  jurüd  unb  giebt 
umjlänbii($e  Qlnlcitung,  mie  aüe  mög» 
li^en  (formen  mit  3"fcff<^''J9fn  i^  f''"' 
jlruiercn  feien. 

3m  meitern  Sßetlaufe  be^  16.  ^ai)x^ 
bunbert^  j^eigert  ftd)  bie  Sujl  unb  tai 
Sebürfniä  nad)  tbcoretifd)en  ©d)riften, 
namentlid)  erfreut  ftd)  bie  ^cifpcfticie 
erneuter  Sebanblung,  h)ie  non  @rt)arb 
©diön,  9irfd)üogel,  ©tocr,  3^'""'^«^, 
Sender  :c.,  baneben  aud)  bie  "ilnatomic, 
mic  in  ber  beut[d)en  Überfe^uug  ber  'ilna* 
tomic  iBefalö  non  3obann  Naumann. 

3n  ber  fpätern  3cit  be^  S^lT^iinbeTt« 
ncbmen  bic  ard)iteEtünifc^en  2et)rbüd)et 
übermiegenb  ben  Gbarafter  eineö  aue» 
[c^fticifenben  Sarodfülä  an.  3"it"6i^  aber 
miffen  bie  Herausgeber  ftd)  babei  viel  mit 


584 


9lcnner  —  3fling. 


bcr  Sct)re  iBittuüä  ju  befd^äftigen,  vot\ä)i. 
ftc  noc^  in  i^ren  toEjlen  ^fiantafieges 
Bilbcn  treu  ju  befolgen  glauben.  2)erart 
if!  bic  2trd)iteftura  beö  „»itruDianif(f)en 
Slrd^iteften  9lutger  Ääfmann,  Silbbamer 
unb  (Schreiner".  3"  cii^  tioüftänbigeö 
©l)f!em  trüb  aber  bie  toüc  2Biüfür  bcr 
3eit  burd)  i>ai  „©c^rtjetpücfilcin"  (Sabriel 
Äramerä  gebraä)t.  2)a«  äßerf  ijl  ein 
Äompenbium  barocfer  SDetaitformen.  Iro^ 
aüebcm  ifi  aber  bod)  5[Tietf)obe  in  biefcm 
SBa^nfinn,  ha  alle  biefc  5luegeburten  ber 
$f)antafiif  fireng  mä)  ben  oerfc^iebenen 
©äutenorbnungen  burc^gefüf)rt  ftnb,  fo 
ia^  für  jebe  berfetben  eine  befiimmtc  Qtrt  ber 
Sßcrfd^nörfelung  jum  ®efe^  crbobcn  mirb. 
SWa^ootler  iji  eine  anbere  Sammlung, 
tt)eld)e  hmii)  ©eorgen  ^aafen,  ^oftifd^Ier 
unb  Sßürgcr  in  2öien  1583  perauögcgebcn 
ttjurbc.  Qille  B^itgenoffen  übertrifft  aber 
an  Üppigfeit  bcr  drfinbung  unb  barocfcm 
®cE)tt)ulft  bcr  <Stra§burger  Saumeijicr  unb 
TiaUx  aiBenbel  2)ietterlein  in  feinem  SBerf : 
„5ir(i)iteftura  unb  2lu6teilung  ber  fünf 
©euln."  3im  ungebunbenjlcn  bemegt  ftd^ 
feine  ?|3I)antafte  in  ben  ^ilajicr^ermen, 
n)cl(ä)c  er  jcbcr  @dulenorbnung  beigiebt. 
Sei  ber  toefanifc^cn,  bie  er  einem  groben 
®aucrn  t)crgleict)t,  äcigt  ber  *pilaflcr  ttjirf» 
lid)  bie  ©efialt  eincö  folc^en.  ©in  anber- 
mal  terwenbet  er  einen  feifien  Äod)  aU 
Sltlanten,  auf  bem  Äopf  2  ©c^üjfcln,  am 
©ürtel  2  Söünbel  Schnepfen  unb  ein 
Äü(f)enmefyer,  in  ber  ^anb  einen  ©c^öpf« 
löffcl.  $raftifd)e  ^Ja^folge  ^aben  biefc 
S>ingc  glüdli(i)er»eife  nur  an  Elitären 
unb  (5pitapf)icn  gcfunben,  ber  ^rofanbau 
ifiih  fxä)  im  5ltlgemeincn  rein  baoon, 
ttjä^renb  bie  Äirc^e  tai  toHfic  Qw%  nid^t 
»crfcf)mä^tc. 

SDic  bur^  fold)c  «Schriften  nun  ge= 
bilbetcn  5irct)iteften  gewannen  benn  aud) 
im  S)ienft  ber  güi^Pf"  aügemac^  eine  an^ 
gcfe^enere  Cebenäfteüung  Über  einen 
berfetben,  ^einrieb  @d)icft)art,  fmb  näijcrc 
S8erid)te  auf  unö  gefommcn,  tt)cld)e  tau 
Scben  unb  ©tubium  eineö  bamaligcn 
9lrd)iteftcn  ticranfd)aulid)en  unb  tt>eld)e  in 
ber  öffentlidicn  ©ibliottjcf  ju  Stuttgart 
aufbewahrt  ftnb.  aBenn  er  aud^  2  ®tubicn= 
reifen  na^  Stalicn  mad)te,  fo  get)t  im 
®anjen  auö  feinem  Ccbensbilbc  bo^  b«r* 
»or,  ha^  bie  bamaligcn  ©aumeiPer  mcifi 
auf  Iitterarifd)e  Qucüen  für  tai  ©tubium 
bcr  antifen  Äunft  angcwiefen  waren,  ßü' 
gicid)  aber  gaben  ftd)  bie  bamaligcn 
Qtrdntcften  and)  alle  S!)Jü£)e,  über  bie 
gleid)5eitig     aufgeführten     Sauten     fid) 


Äenntniö  ju  bcrfdiaffen  unb  fopiertcn 
einjelnc  Seile  bcrfelbcn  in  eigenen  @nt« 
würfen  oft  ganj  genau.  Ulai)  ßübfc,  Oe* 
fd)id)te  bcr  beutfc^cn  SRcnaiffancc,  5ttlg. 
Seil.  5t.  ^. 

Dienncr  ifi  ber  ^iamc  cincö  auägebe^ntcn 
beutfd)en  ße^rgebid)teö  bcö  ^ugo  »on 
Srimbcrg ,  auä  bem  Söürjburgifc^en, 
1260—1309  ©d^ulmeijlcr  am  eotlcgiat= 
ftift  an  ber  S^eurftabt  Por  SBambcrg. 
SDaä  über  24000  Serfe  fiarfe  ©cbic^t  ent* 
bcbrt  eineä  fefien  $laneö  unb  ifi  mc^r 
eine  allgemeine  ©trafprcbigt,  aber  Ieb{)aft 
gefc^rieben  unb  burd)  eingefireute  ^Jabctn 
unb  Srääblungcn  belebt.  Sä  War  neben 
bem  ^rcibanf  iai  gead)tct(le  ßc^rgcbii^t 
beö  SDJittclalterä  unb  würbe  in  einer  ©r« 
neucrung  fd^on  1549  gcbrudt.  Dfieue^tuög. 
Sambcrg  1833.  Dlenncr  |ici^t  cö,  Weil  eä 
burd)  alte  ßanbc  ju  rennen  ft(^  »orgc* 
nommcn  l)at. 

Üti^tftcig  ßanbred)tö  unb  3fiid)tpetg 
Sebnrec^tä  ftnb  bie  Dramen  fpjiematif^er 
Sfficrfc  über  ben  ^roje^,  auö  bem  ©aä)fcn« 
fpicget  gebogen,  um  beffen  9tnwenbung  ju 
erteiltem.  Sßerfaffer  beä  SRidjtjicig  ßanb« 
rc^ta  iji  3obcinn  non  Sud),  ber  auc^  \>k 
crfie  ®loffc  jum  ßanbrcd)t  »erfaßt  l^at 
(ftel)c  @ad)fenfpicgel).  3?amenttid^  biefcr 
Cflid^tftcig  war  fcl)r  terbreitet  unb  würbe 
im  15.  unb  16.  3a6r6unbert  öftere  mit 
bem  fä($fifd)cn  ßanbred)t  jufammcn  bcrauö» 
gegeben,  jucrfi  Safcl  1474;  bie  üorjüg* 
iic^fte  9tuögabc  »on  dornet) er,  Ser^ 
lin  1857. 

Oiing.  5trmringc,  Saugen,  abb.  unb 
m^ib.  bonc,  werben  in  ben  älteren  S)ic^* 
tungen  fef)r  oft  erwähnt  unb  ftnb  cineö 
bcr  ja^lreic^ften  ©räberfunbftüdc;  ftc  biencn 
nic^t  bloö  alö  ©c^mud,  fohbern  fte  »er* 
treten  jugteic^  baö  gcmünjte  ©elb  (fte^c 
ben  Qtrt.  üJiüuäcn);  Saugenoertciler  unb 
Saugenbrec^er  ift  (Sl)renname  beö  Äönigö  ; 
in  ben  ©dba^fammern  ber  Könige  lag  tai 
eble  TlitaU  in  (Ringform  aufget)auft.  2)ic 
©toffc  waren  ®rj  unb  ©olb,  @ifcn  unb 
©ilbcr,  audb  ®taö.  S)ic  f)äuf[gflen  for- 
men ftnb  bie  t)alb=  ober  ganjrunben  ge* 
fd^loffencn  ober  t)atboffenen  cigcntlid)ett 
Saugen  unb  bie  fpiralifd)en  S)rat)tringc. 
3n  böfif^er  ßeit  famen  bie  2trmringe  bcr 
Scanner  au^cr  »UJobc  unb  blieben  fortan 
btoö  ein  ©(l)mud  für  tai  weiblicbe  ®c« 
f(^ledit.  Fingerringe  ftnben  fid)  oft; 
fte  l)ei§en  mt)b.  fingerlin.  ©ie  jcigcn  in 
alter  3«it  bie  cinfad)e  iReifform  ober  bie 
fpiratförmige,  in  nicropingifd)cr  3eit  bäufig 
bie  bcö  römifd}cn  ©iegelringö;  bie  platte 


IRife  —  Olitterorbcn. 


585 


ifi  mit  barbarifci)en  Ornamenten,  Äreujen, 
3nf(i)riften  unb  9?ad)bilbungcn  römifc^er 
iDJünäcn  gcfcfemüdt.  Durd)  eble  steine 
erf)ielten  bic  Diinge  nad)  bem  ©lauben  beö 
«Dtittelaltetö  SBunbeifraft.  2)cr  Stoff  wax 
®oIb,  ©über,  Äupfermifcbung,  3*""  ""l* 
®Iq«.  ^alöringe  ober  ^alöbauge 
n)aren  Stacfcbilbungen  römifc^er  unb  gaU 
Iif($er  @itte.  Of)r ringe  ou«  ©ronce« 
ober  ©ilberbra^t  werben  in  ben  bcibnifd)en 
Oräbern  ebenfalls  piel  gefunben,  marcn 
aucf)  in  bcr  böfifAen  '!|3eriobe  mit  ben  *2lrm5 
fpangen  l)äufig  aU  beliebter  ^rauenfdimucE 
genannt.  @ie  befie{)en  juttieilen  auö  me^re= 
ren  in  einanber  geflochtenen  ©ragten. 

2(1«  Qäd)m  ber  Sertobung  flammt  ber 
JRing  auö  ben  romanifc&en  Sänbern,  roo 
er  ^ortfe^ung  beö  römifc^en  ^ciratringcö 
tüar.  (Sinen  9iingtt)ed^fel  beö  Srautpaareö 
fennt  baf)er  t>ai  frühere  9WitteIaIter  nict)t, 
fonbern  nur  bcr  Sräutigam  übergiebt  einen 
fRing  ber  Sraut.  @r  verbreitete  ftcf)  burd^ 
^ilfe  ber  Äirc^e.  ®ie§e  SBcin^oIb, 
bcutfc[)e  i^rauen. 

2)ie  Siegelringe  würben  rool)I 
»Dcniger  an  bem  i^inger  getragen,  als  unter 
ben  5lmtöinftgnien  mitgefülnt;  fte  maren 
jeboc^  ni($t  bie  eigentlicf)en  ^ontififal* 
ringe,  bie  einen  »efentlicfeen  Sefianbteil 
bcr  2ßei|=  unb  Ärönungöinfignien  auös 
macf)ten.  S)iefe  n)urben  feit  bem  9.  Sa^r* 
^unbert  r»orfd)riftögcmii§  am  iRingfinger 
bcr  rechten  ^anb  getragen,  früher  am  ßcigc* 
pngcr.  S)er  JRing  iji  auc^  ^ier  (Sl;ering, 
iai  Qdä)in  ber  geifligen  iBermä^Iung  be« 
Sifcf)ofö  mit  feiner  2)iöcefe,  be«  Jlönigö 
mit  feinem  ?anbe.  93om  13.  Jabrbunbcrt 
an  mürben  namentlid)  bic  93ifcf)oferinge 
immer  reicfier  mit  (Sbelfteinen  au^gefdjmücft, 
foba§  bcren  obere  %Vai)i  fi*  oft  türm« 
artig  crböl;te  unb  baei  Sragen  —  nament* 
\\ä)  im  15.  unb  16.  3al)tf)unbert  —  fd)mic* 
rig  mürbe.  Of^inge  biefer  2lrt  mürben  über 
bem  ^anbfcfcul)  an  ben  ^^inger  gefiectt. 

9ttfc,  ftebe  ^opfbebecfung. 

9ttttcrort)cn ,  geiftlic^e,  ftnb  mä^renb 
bcr  Ärcujjügc  im  gelobten  ßanbe  urfprüng« 
lid)  non  franäöftfä)en  Drittem  ausgegangen 
unb  maren  baju  beftimmt,  bie  SRegcl  beö 
h)cltlicf)cn  Dlittcrtumö  mit  bcrjenigen  beö 
Ü}Jönct)ötumö  ju  berbinben;  anfangö  ol)ne 
3tt)eifcl  fel)r  pcrfönlicfjen  Stimmungen 
cinjciner  3n^i*'if'i'e"  if)i^  ßeben  »ctban« 
f cnb ,  I;abcn  fte  ftd) ,  burcJ)  ben  ®cifi  bcr 
Seit  getragen  unb  auö  it)m  entfprungcn, 
mit  ber  3eit  ju  einflußreichen  3njlitutioncn 
beö  Staate«  unb  ber  Äirc^e  I)erangebilbct. 
1.  Scmpeltierrn,  Jcmpicr,  Fratres 


miiitiae     templi ,     milites     sive    equites 
Templarii,  Riefen  bie  ficbcn  SRitter,  meiere 
juerfi  1119,   jmansig  ^afirc  nad)  ber  (ix» 
oberung  3erufalcm«   unb  ber  ©rimbung 
be«    Äönigreid)«    3erufalcni,    unter    ber 
Leitung    üon   |)ugo   oon  ^a^cn«   unb 
©ottfrieb   üon  Dmer  jufammcntraten 
unb    in    bic   |>anb    bcr    *Patriard)en    non 
3erufalcm  bic  ®elübbc  ber  Äeufcfibcit,  bcr 
51rmut  unb  be«  ©eborfam«  ablegten;  ta» 
mit  t>erbanbcn   fte  ben  @d)mur,   Straßen 
j^u   fd^ü^cn,  SBaöbrüber  ju  ben  ^eiligen 
Stätten  ju  geleiten  unb  gegen  Überfall  jU 
»ertcibigen  unb  §ur  93efd)irmung  be«  gc« 
lobten    ßanbeö    mibcr    bic    Ungläubigen 
ritterlid)  i^r  Seben  bran  ju  fcj^en.    2)cn 
9'iamen   erhielten  fte  von  bem  il)nen  vom 
Äonig   eingeräumten,   an  bic  SDforgenfeite 
bc«    falomonifdien    Sempclö    anftoßenben 
*Patafte.     Qlnfängli(^   lebten   fie  in  mtrf« 
lieber  2)üvftigfcit,  il)ren  l)ciligcn  *Pf[id)ten 
nacbfommenb;  nad)  neun  3"t)tfn  erjl  nab^ 
men   fte  auf  beä  .^önigö  *Borfd)Iag  neue 
ÜRitglicber  an;   33crnt)arb  üon  ß.Iair  = 
oeauf,   berfelbc,    bcr   bem    ßiflcrjicnfcrs 
Orben   fo   juget^an  mar,   na^m  ftd)  aud^ 
ber  Scmplcr  marm  an,  fd^rieb  aucft  eine 
eigene  Sd)rtft  für  fie:  de  laude  Miiitiae 
ad  Milites  Templi;    morauf  *Papji  ^ono* 
riu«  auf  ber  Äirc^enDcrfammlung  ju  Jrope« 
1128  ben  Drben  bejiätigtc  unb  ben  ©rü* 
bem  aU  OrbcnöHcib  einen  »cißcn  iFfantel 
berDiüigte,  bem  fpäter  öugen  III.  ein  ein« 
fad)e«  rote«  Äreuj  auf  bemfelbcn   t)inju« 
fügte.    5luc^  bie  [Regel  be«  neuen  Drben« 
ift  o^ne  3meifcl  Qlbt  «ern^arb«  2ßcrf;  t^t 
liegt  bie  JRcgcl  be«  I)ciligcn  Senebift  p 
®runbc.     3cbcr  93rubcr  fommt  Sag  unb 
yiai)t   feinem  ©clübbc   na^;    hai  jcbnte 
Srot  fott  ben  Firmen  übergeben  merben; 
bic  .ß'Ieibung   ber  Srüber   foK   ftct«  Don 
(Sincr  garbc  fein;   bie  Wiener  tragen  fie 
fd)marä.      |)aarc    unb    Sart    übermäßig 
tüad^fen  ^n  laffcn  ifi  ni*t  erlaubt,  cbcnfo« 
hjcnig  bie  .Kleiber  ju  fd^müden  ober  am 
Sflcitjcugc    ®olb    unb    Silber   ju    tragen. 
3cbcr  Scmplcr  barf  blo«  brei  $fcrbc  baltcn 
unb   nur   einen  25iener.    5lllc  23ebürfniffc 
giebt  bcr  Drben;  bem  9!Rcifter  ifi  firengcr 
®el)orfam    jU    leijien ,    aud^    in   .Rlcinig* 
feiten;  bic  ^a^t  mit  Ralfen  ifi  bem  lemplcr 
unterfagt,  nur  ßömen  ju  jagen  ift  feiner 
mürbig.   SSer^ciratcte  33rüber  ftnb  gefiattct, 
bod^  bürfen  fte  ba«  meiße  Äleib  nid^t  tragen. 
2)ie  ^üffe  eine«  SBcibe«,  felbfi  ber  ÜRuttcr, 
Jante  ober  Sdbmefier,  ftnb  ju  mcibcn  unb 
bergleid)en.   23on  ber  Äirc^enöcrfammlung 
äu  Srope«  reifte  ^ugo   non  ^at)en«, 


586 


JRittcrotben. 


nac^bem  er  in  bet  SBürbc  a\i  ®ro§meijier 
betätigt  trorbcn  war,  jur  Qlufna^mc  feinet 
Dtbenä  an  bcn  ^öfcn  umficr,  warb  überall 
neue  SWitglieber  unb  nabm  ^u  ^lanben  bee 
Drbenä  reidic  ®ütcr  unb  ßänbcreien  ali 
®efd)enf  entgegen;  bicö  gcfclial)  namcnt= 
lief)  in  Snglanb,  aber  aud)  in  S)eutfd)lanb, 
ben  9'Jieberlanben,  Spanien  unb  Portugal; 
mit  300  SRittern  febrte  er  ins  beilige  00"^ 
jurücf.  Um  tai  friegeri[*e  öeben ,  iai 
in  ber  erflen  SHegel  nur  ttjenig  berücffK^« 
tigt  tnar,  bclJcr  ju  orbnen,  mürben  aU' 
mäf)lict)  genauere  Drbenö=<Statuten  aufge- 
i^eat,  bie  ämif(i)en  1227  biö  1266  gefam* 
melt  unb  in  propenjalifc^er  ©prac^c  ah' 
gefaxt  mürben. 

liefen  Statuten  gemdf  bilbeten  ben 
^ern  beä  Semplctorbenö  bie  SRitter, 
beren  ülufnabme  mit  feierlid)en  ßeremonien 
uerbunben  mar;  fie  mußten  abeligen  ©tan* 
beä  fein.  36nen  fianben  auö  bürgerlici)cm 
©tanbe  bie  bienenben  93rüber  jur  ©eite 
(fratres  servientes),  bie  mieberum  in  bie 
SBaffenbrüber  (armigeri)unbbie  |)anbs 
merfsbrüber  (famuli)  jerjielen.  Jene 
bilbeten  eigene  ©c^aren  im  Äriege  unb 
l)atten  gemiffe  ei)renred)te  mit  ben  Oftittern 
gemeinfam;  biefe  betrieben  bie  ©emerbe 
unb  f)au0mirtfc^aftlid^en  ©efc^äfte  bes 
Drben«;  in  ber  golge  fi^loffen  ftd)  aud^ 
rceltlicl)e  *Perfonen  bem  Drben  alö  3lffi* 
lierte  an.  ©eitbem  ftcb  bie  Templer  pon 
ber  ©eri^töbarfeit  ber  qSatriar^en  ju  3eru= 
falem  befreit  batten,  erhielten  fie  eigene, 
ebenfalls  abelige  ©eifilic^e  unb  Äaplane, 
mcld)e  unmittelbar  unter  bem  Zapfte  jian- 
ben.  Dbcrbaupt  bes  Orbenö  mar  ber 
©rofmeifier,  mit  fürftlic^em  SRang;  it)m 
jur  ©cite  ftanb  hai  ©eneralf apitel 
ober,  ba  biefe«  nur  feiten  jufammen  fom= 
men  fonnte,  ber  Äonnent  ju  ^erufalem. 
2)te  übrigen  Drbenäobere  maren  ber  ®rof!  = 
tomtt)ur  ober  ®ro^prior,  ber  ©ene= 
fd)all,  ber  ajiarfc^all,  ber  bem  Äriege« 
mefen  »orfianb,  ber  ® ro^präceptor  ober 
Äomtt)ur  beö  Äönigrei(^^  3erufalem,  ber 
2>rapier,  ber  über  bie  Äleiber  »erfügte, 
ber  Surfopolier,  ©efe^lötjaber  ber  leicf)= 
ten  SReiterei,  unb  bie  ® encralfifitas 
toren.  eine  ä^nlii^e  Drbnung  beftanb 
in  bcn  ^rooinjen. 

3)er  Drben  nal)m  nun  gewaltig  ju; 
er  erbielt  tion  ben  (ßäpften  au^erorbent* 
UdK  grcil)eitcn  unb  SBegünjligungen,  mie 
Sebntenfreibcit  üon  feinen  ®ütern;  (Jr» 
oberungcn  unb  Sermadbtniffe  iicrme^rten 
feinen  Dieicbtum;  150  Jabre  nacb  feiner 
©rünbung  jäblte  er  gegen  20000  SRitter 


unb  befa§  9000  Äomt^ureien  (m^b. 
kommentier,  commendur  aus  mittellat. 
commendator,  511  commendare  =  bc« 
feblen),  Sali  ei  en  (auö  mittellat.  balius, 
bajnlns  =  Iräger,  ®efcbäft«träget,  iBor* 
munb)  unb  a\xi  'P  r  i  0  r  a  t  e  n ,  beren  jä|)rlid)e 
(Sinfünfte  gegen  54  ÜRiHionen  ^tanfen  be= 
trugen;  bie  befannten  ^rooinjen  beöDrben^ 
ftnb  im  SDtorgenlanbe  3erufalem,  Iripoli^, 
2lntio(iien  unb  (Eppern;  im  5lbenblanbc 
(Portugal,  ßaüilien  unb  ßeon,  Siragonien, 
l^ranfreici  unb  Qluoergne,  ^quitanien  unb 
?Poitou,  ^rooence,  ©nglanb,  2)eutfd)lanb, 
Ober«  unb  aRittelitalien ,  *}lpulien  unb 
©icilien.  5lnfangs  mar  ^eiufalem  ber 
^ouptft^,  fpäter  ©ppern,  jule^t  ^ranfreid^. 
|iier  er^ob  ftd)  im  beginne  beö  14.  ^al)Xt 
^unbertÄ  ein  abfd)eulid^eö  ®crid^t  über 
ben  Drben,  bem  er  balb  gdnjli^  jum 
Dpfer  fiel.  S>ie  Urjacfcen  ber  ^einbfd^aft 
gegen  fie  maren  jum  Jeil  mirElid)e  2lu^« 
Ortungen,  bie  hinflöge,  iia^  fte  in  treu* 
lofem  einoerfiänbni«  mit  ben  ©aracenen 
geftanben  I)ätten  unb  ber  fc^timme  Qluö« 
gang  ber  Äteuj^üge  i^ncn  am  meijlen  jur 
ßaji  falle;  bie  (£iferfud)t  ber  3ot)anniter; 
bie  Abneigung  ber  S8ifd)öfe  unb  2öelt* 
geijilicben,  ton  beren  ®erid)t  ber  Drben 
gänjlic^  emanzipiert  rcorben  mar;  am 
meifien  aber  bie  oon  ben  SReid)tümern  beö 
Drben^  gereijte  ^abfuc^t  be^  ^önig^ 
*]3bilipp  IV.  unb  bie  ©d)mäd)e  beö  ^apjleö 
Slemenö  V.  ^m  ^a\)u  1306  erfolgte  burc^ 
königlichen  Q3efebl  bie  gleid)jeitigc  23er* 
Haftung  aller  in  granfreidb  lebenben  Stempel* 
ritter  unb  ©injiebung  i^rer  ®üter.  2)ie  2lns 
tlagepunfte  maren  »orne^mlic^  auf  bie 
iBerlaugnung  Sbrifii,  bie  Sßerebrung  beg 
©ö^enbilbes  SBaftomet  unb  auf  unnatür« 
lic^e  2öolluji  gerietet;  auperbem  foüten 
fie  bog  Äreuj  befpeien,  mit  bem  leufel 
im  Sunbe  jlel)en ,  einen  fd)tt)arjen  Äater 
anbeten  unb  füffen,  Äinbct  opfern  unb 
ber3leid)en.  Qln  ber  ©pi^e  ber  föniglid^en 
Unterfucftungöfommiffton  jianb  ber  2)omi* 
nifancr  SZBilbelm.  2)ie  Unterfud)ung  mürbe 
t)öd)ft  graufam  unb  millfüt)rli(^  gefübrt; 
üiele  fianbt)afte  SRitter  erlitten  ben  jeuer* 
tob.  5m  3Q^re  1312  erflörte  ber  qSapji 
ben  Drben  für  aufgct^oben,  inbem  er  bie 
$erfonen  unb  bie  ®üter  beö  Drbenö  feiner 
unb  ber  Äirc^e  Söerfügung  forbe^ielt;  bie 
le^tern  foüten  bem  Sob^nniterorben  ju« 
fallen.  Slrohbem  eignete  fid)  $^ilipp  IV, 
ungeheure  ©d)ät}e  ju;  in  anbern  fiänbern 
mürben  bie  ®üter  ber  Ärone  juteil ,  ober 
bem  3obcinniterorben,  ober,  mie  in  5lra* 
gonien  unb  *portngal,  einl;eimifd)en  SRitter* 


Oiittcrorben. 


587 


orben.  ^Sgt.  ^at>emann,  ®efd)ic^tc  bcö 
Slu^gangö  bc^  Scmpel^errcnorbene,  <BtütU 
gort  1846. 

2.  2)er  3of)annitctorbcn,  aud)  !R^o« 
bifer  unb  ÜHaltbcferrtttcr  genannt, 
Johannitae ,  Fratres  hospitales  St.  Jo- 
hannis,  Milites  hospitales  St.  Joannis 
Hierosolymitani,  Hospitalarii.  S)ic  ®tif* 
tung  bicfeö  Dtbcnö  fnüpft  ftc^  an  iai' 
jenige  ber  8a^treid)cn,  ju  Jc'^wfaltm  fd^on 
tox  ben  Äreujjügen  jur  5tufnaf)mc  bcr 
$ilgcr  gepiftcten  ^ofpitälcr,  »c^c^c^  bem 
^eiligen  S"^"""«^  ^on  ?lleyanbrien  gc^ 
tt)ci^t  rt)ar.  S)en  93cn3ot)ncrn  biefcö  ©otteö* 
I)aufeö,  njelc^e  ftcf)  bct  iRegel  beö  l)ciligen 
93encbift  unterworfen  l)atten,  jianb  jur 
3cit  ber  Eroberung  S^tufaletnö  ber  ^xo' 
»cnjalc  ®erl)arb  aU  *J3rofurator  oor. 
93alb  nac^  biefem  ©reigniffe  gaben  fi($ 
bie  ^ofpitalitet  öon  ©t.  3of)ann,  ol)ne 
ftd^  ibrer  urfprünglid)en  *Hufgabe,  ber 
^Jjicge  üon  5trmen  unb  Äranfen,  ju  ent* 
fremben,  eine  eigene  iReget,  beren  23e= 
folgung  ftc  bcm  ^Patriarchen  gelobten. 
(Sin  f^ttjarje^  mit  einem  weisen  Äreujc 
auf  ber  SSruji  gcjierte^  ©etranb  jeic^nctc 
bie  93rüber  au^.  (Sleid^jeitig  mit  ber 
neuen  SRegel  (1113)  crmarb  ftcf)  ber  Drben 
burdt)  »Papfi  «Pafdjaliö  II.  bie  Befreiung 
»on  bem  an  ben  ^atriarcf)en  ju  entric^- 
tenben  ßc^nten  unb  tai  giec^t  ftc^  feine 
25orftef)er  felbfiänbig  ju  tt)äl)ten.  2)er  erftc 
berfelben  mar  ®erbarb,  beffen  iJlact)foIger 
feit  1118  iRapmunb  bu  (put),  unter  bem 
crjl  burc^  eine  ^nja^I  neuer  JRegeln  ber 
Drben  eine  fefiere  ©ejialtung  gewann. 
(So  rourbe  nämlid)  ju  ben  ÄloPergclübben 
bie  93erf[i(i)tung  gefügt,  gegen  bie  Uns 
gläubigen  ju  fämpfen;  ju  bem  Snbe  mar 
bie  ganje  ®efcnfd)aft  in  bie  brei  .Klaffen 
ber  SRitter,  ^riefier  ober  Kapellane  (®es 
i^orfamöbrüber)  unb  bienenben  ©ruber 
geteilt,  t>on  benen  bie  crfic  für  ben  Ärieg, 
bie  jmcite  für  ben  geijilici^en  SDienjl,  bie 
britte  für  bie  pflege  ber  ffiaüfalircr  bc= 
fiimmt  mar.  S)ic  friegcrifcf)e  3;i;atigfeit  beä 
Drben«  mar  ti  t>ornebmlic^,  bie  it)m  fct)nell 
bie  ®un^  be«  ^Papfteö  unb  ber  meltlid^en 
gürjlen  cerfc^afften;  boc^  artete  infolge 
ber  ungel)euren  «Reichtümer  auc^  biefc 
®efenfd)aft  fcf)on  frü^  auä.  üiai)  bem 
Serlufie  Jerufalcm«  »erlegte  ber  Drben 
feinen  ®i^  juerft  nad^  ^tolemai«,  bann 
nad^  ötmiffo  auf  (Sijpern,  »on  mo  auä  er 
ftcf)  1309  ber  3nfel  SR^obuö  bemächtigte; 
nac^  langen  93elagerungen  bemäd^tigten 
fic^  1522  bie  Surfen  bcr  Jnfel  SR^obuä, 
morauf  ftc^  bie  3ol)anniter  balb  ta  balb 


bort  auft)iclten,  in  (Sanbia,  ©icilien,  SRom, 
big  (Sari  V.  it)ncn  1530  bie  Snfeln  ÜRalta, 
®oj50  unb  (Somino  mit  Stripoli«!  unter 
ber  33ebingung  ju  ßel)en  gab,  i>a^  fie  bie 
Surfen  unb  Seeräuber  befämpften,  Sri* 
poliö  befc^ü^ten  u.  a.  Stacfebcm  fdjon  bie 
(Reformation  bem  Drben  gro§e  iöerluftc 
gebracht,  erlag  er  bcr  iReoclution 
gänjlic^. 

3ur  S^it  feiner  ©lüte  beftanb  ber  Drben 
auö  7  Stationen  ober  ßung«"-  meldte  ^b* 
georbnetc  jum  Äapitel  fdjicften:  1)  2)ie 
^rooence  mit  bem  ®rofifomtur  be«  Drbcnö, 
al«  *J!räftbentcn  beö  ®d)a|e«;  2)  Qluüergnc 
mit  bem  bie  fionbtruppen  befet)ligenbcn 
Drbenömarfc^all ;  3)  J^ranfrcidb  mit  bem 
®roPofpitalmeifter;  4)  Italien  mit  bem 
ijlbmiral  ober  ®eneral  bcr  ©alecren;  5) 
2lragonicn,  SRatarra  unb  Katalonien  mit 
bem'®ro§fonferüator;  6)  3)cutfd)lanb  mit 
bcm  ©roPaiüi;  7)  Äa^ilien  unb  «portu- 
gal  mit  bcm  ©ro^anjlcr;  8)  (Snglanb  mit 
bem  Surf 0 «polier,  bem  ^ommanbantcn 
bcr  9Bact)en  unb  ber  S^eiterei.  S^be  3""S« 
jcrficl  miebcr  in  ^rioreien,  53allcien  unb 
Äomtureien.  5Dic  l^öd^fte  Drbenämürbc 
mar  bie  be«  ®ro§meiftcr«  bc«  l^ciligen 
|)ofpitalä  JU  3erufalem  unb  ©uarbian  ber 
2lrmcn  Jcfu  S^rijli;  er  mürbe  auö  bcm 
Äapttcl  gemault,  baö  fici)  auä  ben  Qlbgc* 
orbneten  jeber  S^n%t  fonftituierte.  ©ie 
91ufnai)me  ber  »on  4  ®liebcrn  »äterli^er 
unb  mütterlic^erfeitöt)cr  abcligcn  SKit* 
gliebcr  fonntc  mit  bcm  16.  3af)re  erfolgen, 
mit  bem  17.  begann  bai  iRooijiat,  mit 
bem  18.  mürben  bie  ®elübbc  abgelegt. 
2)0«  Drbenämappen  befianb  in  einem 
ftlberncn  ad)tecfigcn  Äreujc  in  rotem  ^elbe 
mit  einer  »on  einem  [Rofenfranje  um« 
gebenen  Ärone,  unten  mit  einem  f leinen 
ÜRalt^efcrfrcuäc  unb  ber  Unterfd^rift  Pro 
fide.  3)ic  Dtitter  trugen  im  f^rieben  einen 
langen  fd^marjen  SWantcl,  auf  bemfelbcn 
unb  auf  ber  93ruji  t>a^  meigc  ad)tedi9c 
Ärcuj;  im  5^riege  foüte  bie  Drbeneitra^t 
in  einem  meinen  Sßaffenrodc  mit  einem 
einfad^cn  Äreujc  auf  ber  aSrufl  unb  auf 
bem  SRüdfen  befielen.  fReubedfer  in  ^erjogä 
SRcaUenctjfl.  — 

3)  S)cutfd)orbcn.  Qllö  bei  5lnlaf  bct 
«Belagerung  »on  «Jlffon  »ielc  bcutfd)e 
^Pilgrime  in  bem  bur^  Seu^cn  unb  junger«« 
not  l)eimgefud)tcn  ßagcr  t)infiarben,  fdblugcn 
einige  Sörcmcr  unb  Sübecfcr  üöürger,  bie 
unter  ber  gülining  beö  ©rafen  «Ubolf  »on 
^olficin  in«  gelobte  öanb  gcfegclt  marcn, 
»ermittelft  ibrcr  ®d)ifffegcl  S^lte  jur  «Pflege 
jener  «Pilger   auf;   mit   i^ncn   »crbanben 


588 


SRitterorben. 


fid^  um  1190  a3rüber  beö  beutfcf)cn  ^oö= 
pitalö  ju  3ei^"faleni.  ^nwefenbe  i^ürfien 
unb  namentlich)  ber  junge  ^erjog  griebrici^ 
con  @(i)tt>aben  faxten  barauf  ben  (Snt= 
fcf)Iu^,  biefe^  Sn^itut  ju  einem  iRittets 
orben  nad&  bem  SBorbilbe  ber  3o^annitct 
unb  Stemple:  ju  geftalten;  bie  beiben 
ÜWcifier  biefer  Drben  entwarfen  nun  gc« 
meinfam  mit  bem  *Patriard)en  unb  anbern 
Soften  ®eijllicf)en  eine  neue  Otegel,  fojmar, 
ta^  man  bie  ®cfef.e  für  bie  ritterlid^e 
Iptigfeit  Don  bem  lempetorben,  bie 
^Pflege  (^rifllicf)er  iKilbt^iitigfeit  ober  fon 
ben  Jobannitern  entlehnte.  I)ie  neue  @t' 
meinfcf)aft  I;ieB  „Drben  bcö  beutf(i)en 
^aufcö  unfrer  lieben  ^xau  ju  Seiufalcm" 
unb  erl)ielt  1191  bie  Sejiatigung  be§ 
$ap)^cg  SIemenö  III.  5Daö  Drbenäficib 
ber  Otitter  «urbe  ein  »ei^e^  ©emanb  mit 
einem  ((^»arjen  Äreuje;  ber  erfie  ^oc^s 
meijter  mar  |)einric^  2Balpott  »on  5Baffcn» 
leim  in  ben  iR^einlanben.  2>ie  93rüber 
jerfielen  in  äWei  Ätaffen,  in  SRitter  unb 
^ranfenpflegcr;  bie  ^riejier,  bie  ben 
©otteöbienfi  ju  beforgen  Ratten,  mürben 
crfi  fpäter  bem  Drben  alä  eigentlidie  ÜRit^ 
glieber  eingeorbnet.  S)ic  erfte  bebcutenbe 
©d)entun9  fam  bem  Drben  burd)  ^aifer 
^einrid)  VI.  ju,  ein  ßiilerjienferflofier  ju 
«Palermo,  beffen  SBeftfier  megen  wiber» 
fpcnfiigen  39ene6menö  oertrieben  U)orben 
tt>aren.  ®d)neüeren  Qtuffcbmung  na^m 
aber  ber  Drben  evji  feit  1210,  unter  bem 
.g)oc&meifter  ^ermann  »on  ®at^a,  ber  feiner 
großen  Serbienfie  megen  fiit  ftd)  unb  feine 
^mtsinacf)foIger  jur  iReid)eifürPenmürbe 
erhoben  mürbe  unb  bie  Erlaubnis  ertjielt, 
auf  feinem  ©d)ilbe  unb  in  feiner  Drbenös 
fa{)ne  ben  fd)marjen  *}lbler  füi)ren  ju  bürfen. 
2)aö  folgenreid)fte  ©reigni«  für  bie  3u* 
fünft  beö  Drbenä  mar  feine  Berufung 
nadb  «Preufen.  2)er  Sifcfeof  ßbrijlian  üon 
Äulmerlanb  unb  ber  -^lerjog  Äonrab  ton 
SWafoeien,  au^erj^anbe,  fid)  ber  beftänbigen 
ßinfäüc  unb  «ßerl)eerungen  ber  I)eibnif^en 
*Preufen  ju  erme^rcn,  famen  nac|  SÖe- 
fpred)ung  mit  ben  mafooifc^en  ®ro^cn 
überein,  bem  ^od^meifter  beö  J>eutfc^orbenö, 
ber  bamalä  in  SBenebig  rcfibierte,  eine  ®d)ens 
fung  bes  Äulmerlanbe^  unb  eincä  anbern 
©ebieteä  an  ber  (ärenje  «ßreu^enö  anju« 
bieten,  menn  er  ftd)  entfd^lie^e,  einen  ieil 
feiner  Drbenörittcr  I)erbeijufenben.  Ulaä)> 
bem  ^aifer  griebrid)  II.  bem  J^od)mcijicr 
5Bo[lmad)t  erteilt,  mit  ber  ganjen  iDiac^t 
feinet  Drbenä  in  ^reu§en  einjubringen 
unb  jugleid)  bemiüigt  l^atte,  i>a^  ber  Drben 
fotüol)!  ta^  oer^ei^ene  unb  iai  fonji  noc^ 


an  if)n  ju  oerleifcenbe  als  baä  fonfi  ju 
ermerbenbe  8anb  frei,  obne  2)icnftlaji  unb 
®teuerpfli(^t ,  befefeen  fottte,  fc^idte  ^er- 
mann Pon  (Saija  eine  Bäiax  Drben«= 
rttter  unter  5lnfül)rung  beö  ®eutfd)meiftcr^ 
J^ermann  93alf  unb  beä  ÜRarfd)aüä  SJict* 
rid)  üon  Sernbeim  nac^  $reuBen  ab.  ©aä 
ßanb  mürbe  eingenommen,  SBurgen  unb 
©tabte  gegrünbet,  aud)  Bereinigte  fii^  ber 
Drben  mit  ben  fd)on  früljer  bejianbencn 
Drben  ber  2)obriner  Dtitterbrüber 
unb  bem  iRitterorben  ber  ®d)mcrts 
brüber  in  Siülanb.  2)ie  erjien  ißeamten 
maren  aufer  bem  auf  ßebensbauer  geroäbl« 
ten  ^od)meijier  ber  Oro^Eomptur ,  ber 
DberfiiSpittler,  ber  DberftsJrapier,  ber 
Kregler  ober  (5d)a^meifier;  bie  Oflcftbenj 
beö  ^oc^meijierö  unb  feiner  SBürbenträger 
mar  Qlffon,  mo  auc^  hai  ©eneralfapiiel 
gef)alten  mürbe,  gür  bie  einjelnen  ßdnber 
mürben  ©teClr'ertreter  ernannt;  ber  @tatt= 
Ijalter  ton  jDeutfd)Ianb  bie§  S)eutfd)meiftcr, 
ber  fon  ßiolanb  ^eermeifter ,  ber  oon 
$reu^en  fianbmeificr.  2)en  einzelnen  SBe» 
äirten,  beren  eä  in  5Deutfc^tanb  elf  gab, 
fianben  Äomture  cor,  neben  mcl(f)cn  eä 
in  *|3reu^en  Drbenäoögte  gab.  «Seit  13ü9 
mar  ber®iß  bes  ^oi^meifierö  in  SIRarien* 
bürg.  2)aö  14.  3<'f'i^('unbert  mar  bie 
a3Iüte8eit  bcöDrbenö;  ben  erfien  fd)meren 
©to^  erlitt  er,  als  in  ber  6d)Iad)t  bei 
Sannenbevg  1410  bie  33lüte  beö  Drbene 
oon  bem  vereinigten  polnifd)4ittt)auifd)en 
^eere  t)ernid)tct  mürbe;  burd)  ben  (^rieben 
oon  2;f)orn,  1460,  geriet  hai  Drbenälanb 
in  poInifd)c  gebenöab^ängigteit,  iaii  ^uU 
mer  ßanb,  ©Ibing  unb  DJJarienburg  gingen 
ganj  oerloren.  SDer  Drbensftaat  mar  in 
»öUiger  51uf[öfung  begriffen,  alö  auf  ben 
IRat  ßutt)erö  ber  |)od)mcij!er  SDlartgraf 
51lbred)t  fon  Sranbcnburg  bie 
©äEuralifation  beö  Drbenej^aateß  unb 
bie  ©infübrung  ber  [Reformation  inä  SffierE 
fc|tc.  2)ie  in  3)eutfd)Ianb  befinblid)en 
SRefie  beä  Drbenö  mahlten  einen  neuen 
^ofmeifter,  ber  feinen  ®i|i  ju  SDJergent^eim 
nai)m.  .Jllüpfel  in  4Jerj09^  SReal^Sncp^ 
ftopäbie.  —  25 0 igt,  ©efcfeic^te  beö  beut^ 
fd)en  SRitterorbenö ,  2  ^ßänbe.  93erlin, 
1857  —  59. 

31u§cr  ben  genannten  tRittcrorben  ents 
jlanben  ju  berfelben  ^iit  nod^  ja^Ireid)e 
anbere,  bie  meijr  ober  minber  gro^e  ©e« 
beutung  gemannen,  ©oju  gef)ören  u.  a. 
ber  Drben  oon  ©t.  Sog",  um  1170 
in  ©panien  ^m  Sertilgung  ber  SRauren 
unb  jur  ©efi^ü^ung  ber  Safobefa^rer  ge« 
grünbet;  ber   föalatraoa'Drben,  Pon 


aiittcrorben  —  iRittettum. 


589 


ber  fajiili[d)en  €tabt  (Salatraua  benannt, 
um  1158  gegen  bic  ©arajcnen  gegiftet; 
ber  Orbcn  fon  ^MHantara,  um  1156 
gcftiftet;  er  befa§  bie  Megel  ber  Sificrjienfer 
unb  mibmete  fid)  namentlich  ber  Äranfcn* 
pfleiie  unb  bcm  @d)u0  ber  Äirc^e  unb 
ber  Pilger. 

düttixotbtn,  ttcUli^c*  9^ac^  bcm  Cor* 
bilbe  bet  gei|iUcf)en  9fiittcrorbcn  entjianben 
feit  bem  ®nbe  htü  12.  3at)rt)unbertö  SRitters 
ge[cUfcf)aften  meltlic^cr  3iatur ,  93riiber= 
[(^aften  ober  Sünbc,  bie  je  nac^  Srmcffen 
geifiliAc  ober  irieltlicbe  ®efci^äfte  oerban^ 
ben.  33on  'Jlnfang  an  forjugömcife  oon 
0ürpen  unb  bem  t)öd)Pen  5lbel  gegrünbet, 
ging  tai  SRec^t  ibrcr  Stiftung  früf)  ein- 
fettig  auf  bic  ^crrfc^er  über,  bie  fid)  biefer 
Stiftungen  für  ibre  b^naflifcben  3wecfe  be- 
bienten.  3"  ^<^"  frülieften  Drben  biefer 
9lrt  gefjört  ber  1190  pom  2)änenfönig 
Äanut  IV.  begrünbete  (Stefan  ten^Orbcn, 
unb  ber  1219  ebenfaüö  in  SDäncmarf  Dom 
.Rönig  iffialbemar  II.  geftiftete  Drben  Dorn 
5D  a  n  c  b  r  0  g.  3n  bie  re(i)te  33Iüte  alö  einer 
jum  weltlichen  ^ürPenpaat  gcbörenben  3"= 
^itution  famen  biefe  Dvben  ni^t  uor  bem 
14.  3a^rbunbert,  mo  il;r  ^tvtd  33erf)errs 
Ucftung  bcö  .^ofejt ,  QluöÄcicf)nung  unb 
^eranäie[)ung  ber  geeignetfien  *PcrfönIic^5 
feiten  in  .f-'of^  Äriegß'  unb  ©taatebienfi 
»urbe.  S?iefe  i)lid)tung  ift  tior{)anben  in 
bem  rion  ^I)tti|.ip  Don  Surgunb  1430  ges 
fiiftetcn  O r b e n  oomgotbcncniBIiete, 
im  englifdien  i) o fen b an b orbcn  (1454), 
im  franjöftfd)en  Orbcn  beä  l)eil.  ÜRi« 
^aet  (l-l*^-')  u"''  "''"^  hiil  ®eift 
(1578);  be«gteicf)en  in  bcm  bcö  ticil. 
Subnng  (lö93). 

Stittcrtiint.  2^ie  (Sntfieliung  beö  SRitter» 
ftanbeä  liegt  in  ber  junebmcnbcn  ©ebcu- 
tung  bcö  Dioffebienjleö;  inbem  fid)  au§er= 
t)alb  ber  txxxd)  t>a^  ®cburt?rcd)t  bcbingtcn 
©tänbeuntcrfcf)iebe  bic  5Ut  beö  Äriegös 
bienjicß  in  ben  iöorbcrgrunb  brängte,  er= 
gab  frd)  ein  93anb,  bao  namentlid)  bie  bi« 
je^t  getrennten  ®tänbe  beö  ^ot)cn  *Jlbele 
unb  ber  ÜJtinijicrialcn  unter  einer  neuen 
©intieit  pereinigte;  ber  latcinif($c  9tame 
ifi  miles,  auö  bem  beutfd)en  Slßott  riter 
jrtjcigt  ftc^  baß  ÜBort  ritter  ab.  ÜRan 
Pnbet  auf  beutfd)em  ©oben  biefe  9tamcn 
äuerfi  in  ßot^ringen ,  ba«  fi<^  in  feiner 
SntniicElung  bem  benad}barten  J^franfreid) 
anfc^lo§,  in  Eömglid)en  Urfunben  juerfi 
unter.  Öotfiar  1125—1137.  3m  SSerlauf 
beö  12,  3at)r^unbertö  bilbcte  fid)  bic  3ln^ 
ft(|)t  immer  fefier  auö ,  mornad)  alle  jum 
SRitterbienfi  bered)tigte  unb  öcrpflid)tete  5ßer= 


foncn  aU  eine  gcfc^loffcne  Oefcttfc^aft,  tai 
Schildes  ampt,  ordo  militaris,  eqnestris, 
vereinigt  gebad)t  mürben.  Sic  bilbcten 
einen  eigenen  ©taub,  bef|cn  (Sr^altung 
namentlid)  auf  ber  jianbc^mä^igcn  @r» 
5ie()ung  ber  ©öl^nc  beruhte.  5^eie  etjc« 
lid)c  ®eburt  unb  2ßat)l  ber  Ericgerifcf)cn 
ßebeui^art  maren  bic  33orbcbingungen,  um 
bicfem  ©tanbe  anjugel)örcn;  fonll  fonnte 
jebcr,  er  moditc  gürjl  ober  2)tenftmann 
fein,  SRitter  werben;  bennod)  bilbcte  frd? 
mi)  biefer  feiner  SRatur  nad)  auf  bet  ^er« 
fönlidiEcit  ber  (Sinjclnen  beru^cnbe  ©tanb 
bem  ®ciftc  ber  3cit  gemd§  früb  miebet 
in  einen  erbli<^en  6tanb,  ben  bet  SRitter« 
bürtigen  au«,  bem  aUe  biejenigen  an* 
gcf)örtcn,  bereu  iBater  unb  ©ro^oatct  ÜJittet 
gemefen  waren;  bem  Äaifer  blieb  babei  bic 
©efugniö,  um  befonberer  ißerbienjie  willen 
aud)  Äne(^te  ä"  SRittern  ju  madien;  boc^ 
War  ia^  gegen  bic  allgemeine  iRegel  unb 
ungern  gcfe^en.  2)a0  ©pmbol  bcö  SRittet* 
tumö  iji  ta^  ©d)ilb,  ^aI)ct  bet  ükmc 
Schildes  ampt,  baß  fooiel  al«  Of^itterbienfi 
bebeutet.  iRittet  iß  in  bet  l)öfifd)cn  '^etiobc 
bet  oetbreitetfie  ÜJame  für  ben  *Jlnget)örigen 
be«  liöfifc^cn  ©tanbcä,  ba  er  allein  aüc 
bcfonbcrn  *Mbteilungen  unb  *Jlrten  bcöfelben 
umfa§t;  fo  l)ei§t  eß  5.  53.:  der  keiser,  die 
künige,  der  fürsten  schar,  gräven,  frien, 
dienstman,  —  waz  werder  rittere  hat 
der  plan  etc. 

(£^ataftctifiifd)e«  3eid)cn  bet  ^itttX' 
würbe  i)l  bic  s wertleite,  bie  Umgür« 
tung  mit  bem  ©d)Wert,  bas  2öcrt  ritter- 
slac  fommt  mittelboc^beutfd)  nur  »etcinjelt 
oot;  bie  ßcremonie  fiammt  au^  ber  uts 
alten  äöebrbaftmai^ung  ber  (Sermanen 
(fiel)e  ben  *}lrt.  ßr^iebung)  unb  ^atte  frd^ 
obnc  befonbereö  5ruffet)en  alö  ©ewo^n^cit 
unb  iRed)t  bet  ^teien  bi*  jefet  etl)alten. 
S)ie  l)äufigßcn  ®elegenl)citen  jut  swert- 
leite  boten  bie  botien  ÄirAcnfefle,  namcnt* 
\xä)  tai  !J}ftngßfcft ,  58etfünbigung  eine« 
^tiebenö,  iReid)ätage,  Ärönungßfefic,  55ct* 
mäblungcn  unb  betgleid)en,  fobann  be* 
nu^te  man  mit  SotUebe  ben  'DJomcnt  00t 
obc^r  nad)  einer  (£d)lad)t  ober  fonfiigen 
fricgcrifcfien  SBegebenlieit,  ben  *3luäbtuc^ 
eineß  Äricgcö.  3u  ben  a3otted)ten  ber 
iRittetbüttigen  gebiJrte  aud)  ^'li  9ied)t,  bic 
Ißürbe  anbern  ju  erteilen,  unb  eö  fam 
por,  ta%  gerabe  bicfeß  ber  crfie  *Jlft  eine« 
JÖebrbaftgemac^tcn  war;  aU  ^^ilipp, 
6obn  *i3^ilipp«  beö  ©d)üncn,  an  einem 
Q3fingftfcil  feine  brei  ©öbne  ju  SRittetn  ge« 
fcblagen  l)atte,  mad)ten  biefe  jungen  JJüt* 
Pen  fofott  400  5lnbtc  ju  SRittetn. 
38 


590 


atittertum. 


S)ie  tütcrlic^e  Srjie^ung  bauertc  in 
bcr  SRegel  iii  jum  21.  ^ai)x.  93i^  jum 
7.  Jo^r  blieb  bcr  Änabc  bei  bct  ÜJJuttcr; 
bann  fam  et  an  einen  fremben  $of  ober 
ju  einem  fremben  9flittev,  um  ftd^  ^ier  ge^ 
meinfam  mit  anbern  Änaben  in  t)öfifc^er 
©itte  untcrricf)ten  unb  üben  ju  kffcn; 
fein  ^amt  ip  je^t  kint,  jtincherre,  junc- 
herrelin.  ©ein  S)ienji  galt  befonberö  ber 
5Dame,  an  beren  ^of  er  ftdf)  befanb;  er 
mu^te  fie  bei  lifct)  bebienen,  i|re  51ufträge 
unb  SBefeftlc  »oüjieben,  ben  iBoten  mad^en, 
fie  auf  Diieifen,  auf  Spaziergängen  unb 
auf  ber  Jagb  begleiten,  il)reö  Söinfcö  ge- 
irärtig  fein;  eö  hjar  bie  Vorbereitung  jum 
fpätcrn  ritterlichen  grauenbicnfi.  S)aneben 
tpurbe  er  in  mand)erlei  Äenntniffen  unb 
gertigfeiten  »on  „ttjeifen  SDMnnern"  unter* 
xiäjttt.  meifi  ®eipitd)en  ober  fa^renben 
©ängern;  ba  fianben  fte  bcnn  »oI)l  unter 
bet  3lufftd)t  eineö,befonbern  zuclitmeisters. 
«Muc^  förperlid)e  Übungen  unb  fünfte  vom' 
ben  getrieben:  Saufen,  Springen,  ableiten, 
©(I)»ioimmen,  mit  93ogen  unb  Qtrmbrufi 
fc^ie^en,  ©teinwerfen,  ®($tt)ert,  ßanjc  unb 
©d^ilb  ^anb^aben. 

SDtit  bem  »ierjetinten  3a^re  würbe  ta^ 
kint  jum  knappen,  famnlus,  armiger,  be* 
förbert;  aud)  ta^  SBort  knecht  mir  betwa 
9ebraud)t.  ©r  ert)ielt  je^t  ein  6c^mert 
umgepngt  unb  trat  in  bie  I)ienj^c  beö 
Qtitter«.  3e|t  ^atte  er  für  (Reintjaltung 
bei  SBaffen,  für  bie  *13ferbe  ju  forgen,  ben 
^errn  jur  3agb,  Jum  Jurnier,  in  ben  ^Rricg 
JU  begleiten,  mobei  er  beö  ^nxn  ßanje 
trug  unb  tai  ©treitro^  beöfelben  am 
3ügel  neben  fid)  führte.  3n  ber  ©d^lac^t 
blieben  bie  knappen  in  unmittelbarer  9tä|)e 
bcr  ritterlichen  ©d^la(^treif)e.  ©eine  2ße^r 
iefianb  in  einer  leicf)ten  33lccl)^aube,  einem 
©(I)ilb  unb  einem  ©c^merte;  fiatt  cincö 
©treitroffeö  I)atte  er  einen  Älepper.  e^re 
unb  5lnftanb  gebot,  ia^  fein  ^crr,  meift 
ber  ße^nöt)err,  il)n  jicrlic^  fleibete,  in  ber 
(Regel  in  ben  färben  feine«  SBappen«. 
5lm  |)of  ^atte  bcr  knappe  bie  perfönli(i)e 
Sebienung  beö  ^crrn,  in  ber  ©c^laf- 
fammcr,  bei  Sifc^e,  in  Äücf)e  unb  ÄeQer, 
im  ©tati,  fo  jwar,  taf  an  grö§crn  ^öfen 
biefe  üerf(f)iebenen  Dbliegenf)eiten  unter  bie 
knappen  unter  bcr  5lufftc^t,ber  obern  ^of= 
bcamten  oerteilt  maren.  Überhaupt  aber 
ioar  cö  in  ber  93lütc  beä  iRittertumö  bem 
^errn  baran  gelegen,  ben  knappen  ni(i)t 
bloä  förperlic^,  fonbern  geijiig  unb  ftttlicf) 
JU  einem  recf)ten  vrumen,  b.  \).  trcffli<^en 
SRitter  ju  machen;  ba^cr  ftd)  in  ?Profa  unb 
unb  SScrfcn  eine  eigene  B^'^t«  unb  3ln« 


ftanb^tc^re  für  junge  ^Knappen  auäbilbete, 
bie  namentlid^  in  bem  ®cbicf)t  „2öinöbefc" 
erf)alten  ift. 

SJJit  bem  21.  öeben^ja^re  mar  bie 
Änappenjeit  abgelaufen  unb  burfte  ber 
SRittcrfcf)lag  erteilt  ttierbcn;  bie  Qluöbrücfc 
ftub  daz  swert  nemen,  swert  leiten,  daz 
swert  geben,  diu  swertleite;  biefe  ju  er* 
merben  mar  feber  oerpflic^tet,  »om  Äaifer 
biä  jum  abeligcn  2)icnftmann ;  boc^  mu§» 
ten  fre  Sl)rifien  fein  unb  e«  mar  gegen 
bie  SRegel,  menn  !Ricf)arb  ßöment)erj  unb 
^riebrid)  II.  cbeln  ©arajcnen  ben  9flitter= 
fc^lag  erteilten.  (Sin  ein^eitlid)c§  (Ecrc* 
monicl  gab  cö  anfangt  ni(i)t;  aud)  be* 
bingten  Drt  unb  3cit  mefentlid^e  ^Inbcrung ; 
toor  ober  nac^  ber  ©c^ladbt  begnügte  man 
ftc^  mit  bem  einfad)ften  ©cfclag  oermitteljl 
ber  %Väd)t  beä  ©diroerteö  unb  fe^te  nur 
bie  ©orte  ^inju:  3m  JRamen  ©ottcö,  bc3 
^eiligen  ^iä)ad  unb  bcö  tieiligen  ®eorg 
mad^e  iä)  bi(^  jum  SRitter,  ober  ä^nlid)e«. 
2)aö  franjöftfd^e  Otitual  mar  auggcbilbetcr 
alä  baä  beutfc^c,  unb  bie  fpätcre  ^tit  ge» 
fiel  ftd)  um  fo  me^r  in  Zeremonien,  je 
me^r  ber  t^ätige  ®eifi  beö  fricgerifd^cn 
SRittertumö  gemi^en  mar.  Smmer  ging 
ein  ©otteöbicnji  Porauö,  mobei  ber  Änappc 
beid^tetc  unb  ta^  Qlbenbma^l  empfing. 
9'Jacl)bem  er  bann  fnienb  bie  (5rmal)nungcn 
angel)ört  unb  ba«  ©elübbc  mit  einem  @ib» 
fd^mur  abgelegt,  empfing  er  mit  ber  ^lädie 
be^  ©c^merte«  brei  ©cbläge  über  bie  ©d)ul- 
tcr  ober  ben  SRüden,  ober  einen  leifen 
©c^lag  an  ben  ^aU,  jum  Qt\ä)in,  ta^ 
bieö  nunmehr  ber  le^te  fei,  ben  er  ftd^ 
muffe  gefallen  laffen;  fpäter  mar  ber 
93adenfireicf)  bie  (Zeremonie,  mcld)e  ben 
©bclfnaben  jum  knappen  njcid)te.  ©o« 
bann  mürbe  il^m  mit  bem  rittcrli^cn 
®ürtcl  iai  ©c^mert  um  ben  ßeib  gc* 
gürtet  unb  barauf  bie  golbencn  ©poren 
unb  bie  einjclncn  ©tüde  ber  9lüfiung  nad^ 
einanber  angetban,  enbli^  baö  SRitterpfcrb 
tiorgefü^rt,  auf  bem  er  ftd^  fofort  in  bem 
nun  folgenben  Surnicr  in  feiner  SBürbc  bc* 
mähren  fonnte. 

Serü^mt  ift  namcntlid)  bie  in  einer 
belgifd^en  (S^roniE  enthaltene  Sefd^reibung 
ber  jum  Seil  franjöftfdE)en  Zeremonien,  mo« 
burd)  ber  jum  .^önig  ernannte  2ßill)clm 
»on  ^ollanb  1247  ju  ,Köln  jum  SRitter 
gefd)lagen  mürbe,  ^ier  fpracfc  nac6  bcr 
feierlidt)en  SDJcffc  bcr  anmcfcnbc  Äarbinal 
folgcnbcö  JU  bem  Jüngling:  „®ä  jicmt 
ftct),  ba§  ein  jeber,  ber  $Rittcrfd[)aft  treiben 
miH,  ^od^gemut  (magnanimnm),  abiig  (in- 
genuum),    freigebig    (largifluum,    mute), 


SRittertum. 


591 


l^öfifd)  (egregiam)  unb  tapfer  (strennum) 
fei,  unb  iwai  l)oc^gemut  im  Unglürf,  ablig 
(von  arde)  in  bet  Semanbtfc^aft,  freigebig 
in  ber  SBürbe,  t)öfifcf)  in  feinem  Senefmcn 
unb  feji  in  männli^er  Sapferfeit.  @^c 
bu  jebo*  bein  ®elübbe  ablegfi,  fo  ^öre 
mit  reipidier  Überlegung  erfi  bie  iRegeln 
an.  2)aö  aber  ifi  bie  SRegel  beö  iRitter= 
tumö:  „3ucörberP  mit  frommer  Sammlung 
täglicf)  bie  SJJeffc  ^Ören,  für  ben  fattio- 
Uferen  ©tauben  füfin  tai  ßeben  einfe^en, 
bie  ^eilige  Äirc^e  mit  if)ren  Wienern  »on 
allen  Sebrängcrn  befreien,  Sffiitwen,  Äin« 
ber  unb  SBaifen  in  i^rer  iJtot  befc^ü^en, 
ungeredjte  Äriege  termeiben ,  unbiüige 
^ienfie  üermeigern,  für  bie  JRettung  eineö 
jeben  Unfc^ulbigen  ben  ß^'fif'iiiPf  ^^' 
nebmen,  3;urniere  aüein  ber  friegerif(^cn 
Übung  Wegen  befugen,  bem  römifi^en 
Äaifer  ober  befl'en  ©tedwertreter  (patricio) 
in  äeitlict)en  2)ingen  ef)tfur(J)tööon  ge^or= 
c^en,  ta^  JReid)  mit  aüer  feiner  Äraft  un« 
ttcrfef)rt  erhalten,  bie  Se^en  beö  iReid)^ 
ober  Äaiferö  in  feiner  Söeifc  üeräu§ern 
unb  unjträfUc^  cor  ®ott  unb  *D^enf(J)en 
in  biefer  Sffiett  leben."  2)arauf  folgte  t)a^ 
©clübbe  unb  ber  9litterfcf)lag  burd)  ben 
,^önig  üon  Söljmen. 

S)ie  mit  bem  9iittcrfcf)lage  eollenbetc 
ritterlicf)e  Sr5iel)ung  bilbete  nun  bie  (Srunb« 
läge  be^rittcrlic^en  Oeijteö,  berrit« 
tcrlic^en  33ilbung,  welct)e  bie  eigent« 
Iicf)e  Slüte  beö  mittelalterlichen  ©eifieö  ge= 
tDorben  ijt.  5Der  .Rem  biefeö  SRittertumei 
ift  feiner  innern  SRatur  nac^  ein  ^icd, 
ein  ©eift,  eine  Äraft;  ein  Segriff,  ber  [xä) 
im  cinjelnen  SRitter  nie  üoüjtänbig  oer* 
mtrflidien  fonnte,  ber  aber  für  bie  ganjeSil* 
bung  beö  ©tanbeö  t>on  auferorbcntlic^en 
i^olgen  mar.  (So  n)irb  nie  gelingen,  aui 
ben  üorftanbencn  Siegeln  beö  iRittertumö 
tai  ganjc  Silb  ber  ©rfd^einung  ju  ge= 
tt)innen;  am  e^eftcn  iji  iai  au«  ben  »on 
beö  ©id^terä  Qluge  erf^auten  !Ritter= 
gefialten  möglich ,  namentlid^  auö  ben 
Qlrtuögebid)ten,  Irijlan  unb  3folbe, 
3>t)ein,  fParjiüal.  S)ie  üier  -^auptrid)* 
tungen  ber  ritterlichen  ßebenö« 
füf)rung  ftnb  aber  preiömürbiger  coll- 
fommener  SBaffenbienfi,  (5{)re,  l)ö  = 
fifd)e  3"(^t  unb  ^raucnbienft,  üon 
melc£)en  bie  beiben  erftern  me{)r  auä  ber 
altern  ßiit  tierübergenommen,  aber  '^öfif(^ 
auögebilbet,  bie  beiben  le^tern  neu  fmb. 
S)eö  [Ritterö  SBaffenbicnjl  fd)lie^t, 
roai  früher  nicf)t  ber  %aü  mar,  jeben 
anbern  ßebcnöbetuf  aU  beö  Slitterö  un* 
»ürbig  au«;  er  bejleUt  ni(f)t  einmal  fein 


eigene«  ^ofgut,  ou«  bem  et  bod^  ^eraue» 

gctüac^fcn  i^;  nod)  niel  weniger  barf  et 

|)anbel  unb  ©emerbc  treiben.    2>cr  SRittet 

ift  gebotner  Ärieg«mann;  auf  ben  SBaffen* 

bienjl  fmb  in  erjter  ßinie  SBo^nung,  Älei« 

bung,  Unterl)altung,  Spiel  unb  (Srjiel)ung 

gebaut;   fo  eng  ifi  ber  ©ienft   mit   bem 

iffiefcn  be«  SRitter«  cerftoc^ten,  ba§  biefer 

traft  feine«  ©tanbe«  nidjt  blo«  im  etnften 

SBaffenbienfi    bem    geinbe    gegenüber    ju 

fämpfen   ^at,  fonbern  ia^  er  al«   iRittet 

verpflichtet  ijt,    immer   unb    überall  frei* 

miüig  friegerifd^en  Äampf  aufjufuc^en  unb 

ftd)   baran  ju   betl)ätigen;   ba^er   iji   bet 

2Baffenfampf    nic^t    blo«    eine     tägli^c 

Übung  be«  SRitter«  auf  feinem  $ofe,  fon* 

bem  er  ^at  an  fremben  ^öfen,  in  fremben 

ßönbern,  in  ber  SRä^e  unb  in  ber  Jerne 

feinem  93erufe  nac^äugcljen,  er  suocht  fre- 

mediu  lant.    Überbie«  t)at  ftct)  ber  ritter* 

lid)e  aSaffenbienji  ju  einer  befonbcm  Äunji 

unb  ®rfc^einung  au«gebilbet,  bie  im  ernjien 

Ärieg«fampfe  foroot)l  al«  im  iRitterfpiel,  in 

ber5ormbe«tjost,  buhurtunb  turnier 

i^ren  eigenen,  fireng  üorgefd)tiebenen  ®e» 

fe^en  folgt,    ©ie^e  bie  bcfonbem  Qlrtifel. 

^üd)   bie  ®bte  ift   gen.n§  etwa«  Weit 

ältere«  al«  hai  gtittertum;  fie  eignet  i^ret 

iRatur  nad^  jebem  t)öt)er  gefiellten  SBefen, 

fte  eignet  ®ott,   bem  Äönig,   bem  ^errn, 

bem   freien,   unb    bie   S)eutfd)en    jumat 

übten  »on  alter«^er  bie  ®l)re  be«  S)ienfi* 

manne«,   meldte   man    Jlreue   ^ei§t;   ia 

gerabe  bie  Jrcue  fd^eint  ftc^  il)m  fc^on 

|et)r   frü^    ju  einem  ßeben«ibeal    gcfialtct 

ju  f)aben,  meldE)e«  mefentlic^  jur  (SntmicE* 

lung  be«  fpätem  Segriffe«  ber  ritterlichen 

®^re   beitrug.    2)od)    ifi    biefe   mefer  al« 

Sreue;   fie   ifi  ber  ftttlid)e  Jnbegriff  aüe« 

beffen,  ma«  il)n  ber  ®efetlfci)aft  gegenübet 

jum  Ctittct  maä)t,  fte  ifi  je^t  ein  fpcjipfd^ 

titterli^er  Segriff,  ber  ^Mbglanj  be«  ritter« 

lict)en   Qlmte«,    traft  totlä)ti    fomobl   bie 

2>rittperfon,  fei  fte  f)öfif(i)en  ©tanbe«  ober 

nid)t,  i|)m,  bem  SRitter,  bie  iljm  gebü^rcnbe 

äußere   unb    innere   lli^tung   entgegenju* 

bringen  ^at,  al«  er  felbfi  ju  l)anbeln,  ju 

fpre^en,  ju  empfinben  ticrpfti(^tet  ifi.    6« 

giebt   mo^l   aud)   iRegeln   bet  (5t)re;   boc^ 

ifi  biefe  ni^t  blo«  äuBerlid)  erfennbar;  benn 

aucb  fte  ifi  eine  .Kraft,  eine  3bee,  bie  im 

®emüte  wurjelt  unb  t)on  'öa  au«  tai  ganjc 

ßeben  burc^bringen  mu§.    SBeife,  b,  |. 

erfahrene,  altere  51Ränner,  ftnb  c«,  »eld^e 

ber  3ugenb,  ber  tampheit,  ju  fagen  miffen, 

«a«  ere  fei;   benn  ö^te  miü  ©rfa^rung. 

2)a«  3beal  ber  ölire  tonnte  ftc^  am  aüer» 

menigfien  in  einem   SRitter   t)erroirflid^en, 

35* 


592 


SRittertum. 


bie  S'Jatur  bcö  SD?enf($en  trägt  «ucfe  Uns 
c^re  an  ftcfc.  93c[onbcrö  gefäftrlic^  rcax 
biefer  Segriff  für  bie  SBertfc^äliung  beä 
SRittcr«  nad)  ÜJJafgabe  feiner  geifiigen  in= 
tctleftuellen  (Saben  unb  feine«  tt>eltlict)en 
93cfi^eö;  Pon  beni  le^tern,  bem  iKeiAtum, 
War  bie  6^re  bcö  Üiiitterö  unabhängig, 
ein  Umftanb,  ber  cö  aüein  bem  befi|lofen 
©beling  ermöglicfitc,  in  ben  Äreie  ber 
pl)ern  böfifcben  ©efeüfctjaft  einzutreten; 
aber  biefelbe  iBerac^tung  beß  3?cicf)tum0 
»erlangte  non  bem,  ber  it)n  befa^,  fiets 
unb  übcroll  fo  ^u  ^anbeln,  alö  ob  eß 
für  it)n  gleicfigültig  fei,  mie  t)iel  unb  mic 
oft  er  ju  geben  babe;  barau«  fliegt  bie 
ritterlid)e  Jugcnb  ber  milte,  ber  %xii' 
gcbigfeit,  melcbe  eine  gro^e  @(f)ulb  am 
fpätern  öfonomifd)en  SRuin  bcö  9lbelö  auf 
fic^  getragen  bat.  SBcniger  gefäl)rlicf)  mag 
ber  Umftanb  getrefen  fein,  ba^  aud)  bie 
inteUeftueße  2Bertfcba^ung  au^er  bem  58e= 
griff  ber  Sbre  lag;  benn  ha^  Sieblingö^ 
gebiet  bes  Talentes,  bie  SBiffenfcbaft,  lag 
gänjlid)  au^er  ber  ©pbäre  bcs  SRittertums, 
wel(|eä  nid)t  einmal  ber  ©cftreibefunji  be= 
bürftig  n?ar:  nidit  Icfen  unb  fd)reiben  ju 
fönnen,  t>erf^ö|t  nicf)t  gegen  bie  (Sbre  beä 
SRitterö ,  aber  Dfiarrfieiten ,  6ünben  gegen 
bie  Sßernunft  ju  begeben  eben  aud)  nid)t, 
unb  n?enn  in  ber  ^lüte  ber  I)öfifd)en 
SBitbung  bie  S^rc  fiarf  genug  geroefen 
fein  mag,  aud)  bier  nermittelnb  einju= 
greifen,  fd)IiefUd)  I)at  [xä)  bod)  auö  bem 
böfifdien  9iittertum  ein  ^on  Duiyote 
entwidelt. 

SBefentlid)  neu  unb  erjl  ber  Silbung 
be«  t)öfifdben  Ceben^  ange^örenb  ip  bie 
I)öfifd)e  3""^^'  ^i^  hövescheit,  bie 
conrtoisie,  bie  man  jrt'ar  auc^  unter  ben 
SBegriff  ber  (S^rc  unterorbnen  bürfte,  Se 
iji  ba«  ©ebabren  beß  iRittcr^  in  ber  böfi= 
f4cn  ®cfellfd)aft.  ®ett>i§  batte  ftc^  fd)on 
lange,  namentlich  am  föniglid)en  ^ofe, 
eine  JRegel  be«  bofmäfigen  93enebmene 
I)erangebilbet ,  aber  jur  lebenbigen  ben 
ganzen  Stanb  umfaffenben  Sebenefübrung 
ifi  bie  böfifd)e  3u<^t  erfi  je^t  gemorben. 
^uä)  fie  ifi  it)rem  Sffiefen  nacfe  innerli^, 
geifiig,  ibeal;  aber  bie  ®efeüfd)aft  bemübt 
ftc^,  fie  leiblidb  inö  Üeben  einjufütiren. 
3ud)t  ift  iai  ©efü^I  für  2öobtanj!änbig= 
teit,  fte  ift  fo  notmenbig,  baft  fie  fogar 
®ott  felbft  beigelegt  mirb.  ßeiblid)  aber 
ifi  fte  eile  'Jlnftänbigfeit  im  betragen,  ©e^ 
bcrbe,  Äleibung;  fte  bemä^rt  ftd)  befon= 
ber«  beim  (Empfange,  <3lbfc^ieb,  in 
ber  ®efellfd)aft,  namentlidb  in  ber 
aufmcrtfamcn  unb    feinen    53ebicnung  bei 


Safel.  2)aä  fc^idlidje  ©ort  in  f(^icf* 
Itd)er  5^orm  bei  ber  Begegnung  unb  in  ber 
Untcrbaltung  ju  finben  unb  ju  gebrauchen, 
ifi  jletö  ein  Semeiö  ber  3ud}t.  5Da« 
ßebenselement  ber  zucht  tfi  aber  iai 
aRaf,  bie  mäze,  i)a^  gemeffene  ^anbeln, 
bie  giiüdftdjt  auf  bie  Umflänbe,  bie  SSer* 
meibung  beö  3uöiflf  ^^^  3""'2"^S'  ^^^ 
ißänbigung  beö  lcibenfcbaftUd)en  Scnef)* 
men^,  unb  bocb  eine  93emcglic^feit,  h)etd)e 
bie  (Sd)eu  unb  bie  Unbet)oIfenf)eit  über* 
minbet.  S5ie  gorberung  t)öfifd)er  3"^^^^  ^*t 
Untcrorbnung  bcs  ü)?anneö  unter  eine  ge» 
botene  ®efeUfd)aftöregeI  giebt  bem  mittelat« 
terlid)en  JRitteribeal  etmag  tDeid)lic^e«  unb 
tt3eibIid)cS,  mie  ftd)  aui$  bie  *Poefte  mit  S5ors 
liebe  ber  frtfd)en,  aufblü^enben  3ugenb  ju* 
roenbet,  menn  nodb  bai  9flot  unb  SBeit  ber 
2Bangen  jart  erglü{)t.  ©elbfi  bieÄleibung 
beö  SRitterg  ifi  nid)t  o^ne  mcibUd)en  3^9. 
S)ie  l)öfif^e  Sitte  »erlangt  junäd^ji  ein 
bartlofeß  ®eftd)t,  fon  meldiem  bloö  t)ol)e 
fürfilic^e  $erfonen  unb  mürbige  Qlltc  5luö= 
nabme  mad)ten.  dagegen  gemattete  man 
bem  ^auptbaar  mebr  Spielraum  unb  lic§ 
eö  in  fanften  meüigen  Coden  ju  beiben 
Seiten  bcö  ®eftd)tee  am  ftets  freigetragenen 
^alfe  berabfaüen,  bod)  nid)t  fo  lang,  ia^ 
es  bie  Sd)ultern  errcicbte.  S)er  lange 
9iod  beet  SRitterä  ging  biö  über  bie  Änic, 
ja  felbfi  bis  auf  bie  ?füge  l)erab;  er  mar 
ringö  gcfd)loffen,  am  Oberteile  naä)  bem 
SBudifc  gpfd)nitten  unb  in  jiemlicber  Gngc 
an  ben  Körper  fd)lic§enb ,  mii^renb  er 
unten  weit  bie  Seine  ummaüte;  aud)  tt)ar 
er  mit  einem  meifi  fofibaren  ®ürtel  ge^ 
gürtet.  Um  bie  S^ultern  legte  ftc^  jur 
Sernollfiänbigung  ber  ritterlidien  Äicibung 
ein  meiter  maüenber  SRantcl,  ber  auf  bct 
Sruft  burd)  eine  'JIgraffe  gebalten  mürbe: 
bie  SRüfiung  legte  ber  SRitter  nur  an,  menn 
er  fte  braud)te;  in  ber  ®efetlfd)aft  unb 
fogar  auf  bem  Äriegäjug,  ?lbcnb?  in  ber 
Verberge  trug  er  bie  gemö^nlid)e  Äleibung. 
2)ie  JRüftung  befianb  auö  bem  Äetten^emb 
unb  äl)nlid)cn  auä  (Ringen  geflod^tcncn 
93efleibungen,^eö  Äopfeä,  ber  ^anb  unb 
ber  Seine.  Über  ben  SRingen  lag  lang 
unb  weit  unb  flatternb  ein  prad)t»oner 
SBaffenrod,  ber  in  ^^arbcn  leud)tetc  unb 
mit  ben  3<!'<^fn  "nb  Silbern  beö  ritter» 
Iid)en  Höappens  bebcdt  mar. 

Die  böfifd)e  3ud)t,  alä  eine  eigen* 
artige,  auf  einen  boben  ®rab  t»on  ®e= 
fübi  für  hati  Sble  unb  Sd)öne  gebaute 
£eben?fübrung,  bie  nid)t  bloö  in  ber 
*Pbantafte  uorbanben  mar ,  obgleich  fte 
^ier  bie  pd>fie  Qluöbilbung  erreid)t  l)aben 


ütittertum. 


593 


mag,  Pc{)t  nun  im  cngfien  3ufanimen^ang 
mit'  bem  ^raucnbienft,  ber  baei  (äigen= 
tümlicf)fle  ifi,  watJ  bie  ^öfifc^c  Silbung 
^ert>orgebrad)t ;  im  2)ienfie  ber  g^ciu  Pet)t 
jugleid)  beö  iRittetö  SBaffe ,  e^re  unb 
3ud)t.  3)ie  ©tellung  htü  SBeibcä  war 
bei  ben  ®crmaiien  mic  bei  allen  anbcrn 
Sßölfcrn  urfpiünglid)  eine  fc^r  niebvigc. 
S)aö  SBeib  mu§tc  ftc^  mit  bem  toten 
SDJanne  Derbrennen  laffen,  ber  ÜJtann  ^attc 
t>ai  ^iilt,  eö  ju  üevfaufen  ober  ju  iier= 
fcf)enfen.  3Jur  burc^  bie  ®nabe  beö  SSatere 
iüurbe  il;m  ju  leben  erlaubt,  burcft  Oelb 
mürbe  eö  oon  einem  Q^remben  bem  23ater 
übgefauft;  auf  bem  SBeibe  allein  lag  bie 
SßePcüung  üon  ^auö  unb  ^dt>.  Diefe 
öltef^en  garten  SJer^ältniffe  maren  nun 
frcilid)  fcl)on  frü^ ,  lange  bcüor  i>a^ 
Gbrifientum  bei  ben  ®ermanen  l)en[^enb 
lt)urbe,  teiU  bmi)  ba«  51uffommen  eine« 
milberen  JRed^teö  ober  menigfienö  einer 
milderen  ®emol)nt)eit,  teils  hmä)  bie  2ßir« 
hingen  religiöfcr  *3lnfd)auungen  uerebclt. 
S5od)  blieb  baö  ganje  SWittelalter  I)in= 
burc^  ber  ®runbfa^,  ba§  bie  ^xan  fein 
eigene«  öied)!  be[a§,  fte  jianb  unter  ber 
Q3ormunb[(iaft  unb  bem  @d)ut3e  be^ 
ÜJknneö,  unb  menn  fic^  au6)  im  praf= 
tifd)en  fomol)!  aU  im  fittlidjen  religiöfen 
ßeben  5ln[d)auungen  geltenb  machten,  melc!^e 
ber  Stellung  ber  ^rau  fel;r  äugutc  famen, 
b ergepalt,  ba§  fte  beä  SjJlanneö  ©enoffm 
in  greub  unb  öeib  mar ,  bem  ®eftnbc 
gegenüber  bie  ^errin  be«  ^aufe«,  fo 
blieb  bod)  it)r  Stanb  ein  gebrüdtcr;  benn 
ber  freie  ®ermane  fat)  ja  bie  Seilna^me 
an  ber  SBoU'ögemeinbe  unb  am  öffcntlii^en 
ßeben  al«  feine  erfie  unb  oberfte  !Pf[id)t 
an,  an  meld^er  bie  grau  feinen  Qlntcil 
nal)m;  mar  fte  ja  fogar  auf  bem  eigenen 
|)ofe  mit  ibren  Jöd^tern  unb  2)ienerinnen 
in  ein  befonbercö  grauengemad)  üer= 
»riefen.  ßiebe«DerI)dltniffe  fonnten  ber 
6f)c  nid)t  »orauägelien ,  treil  tai  ®efe^ 
ben  SBerber  jum  95ater  unb  nid)t  jur 
2:od)ter  t)inmieö.  S)ie  Siebe  entfprang 
in  bem  33ufcn  beö  SlBcibcö  unb  ber  Mann 
naiim  fte  bin  aU  21nerfennung  feiner 
Sücbtigfeit,  bie  er  forbern  fonnte  unb  bie 
er  mit  el)elid)er  3uneigung  belohnte.  $atte 
ber  SWann  aud)  5td)tung  oor  ber  einjelnen 
^^rau,  bem  ®efc^ leckte  eerfagtc  er  eine 
i^m  ebenbürtige  «Stellung.  2)ie  alten 
|>elbenfagcn  ber  ®ermanen  fennen  mo^l 
leibenfd)aftlid)e,  ben  aJJdnnern  fogar  über» 
legene  einzelne  ^elbinnen ,  aber  ßieber 
ber  Siebe  ftnb  eö  nie  unb  nimmer  gemefen. 
S)aö  änbert  ftd)  je^t  fafi  plö^lid),  obne 


ba§  man  genau  fagen  fönnte  marum;  mir 
erfennen  blo^,  bag  eine  Serän&erung 
eingetreten  ifi,  jufolge  meldicr  m  e  i  b  I  i  d)  e 
Ädbönbeit  an  Steile  ber  männlichen 
aücbtigfeit  jur  Duelle  ber  Siebe  gemad)t 
ifi.  ©ine  J^aupturfad)e  biefer  (5rfd)einung 
mar  gemi§  bie,  bo§  bie  fojiale  21uöbilbung 
beö  [Rittetfianbcö  al«  eine«  Don  ber  nid^t* 
ritterlid)en  Jöelt  getrennten  Don  felbfi  auc^ 
bie  meiblidbe  33eDölferung  beö  Stanbe«  in 
bie  Sphäre  beö  abgcfonberten  Stanteö« 
lebend  jog;  bie  (Sbie  beä  iRitter«  jog  bie 
(Sbre  feine«  iffieibeü  nacb  ftd).  ^m  Orient 
tbat  ftd)  für  bie  Ärcujfabrer  ba^  'öilb 
eineö  Derfeinerten ,  ausgebilbeten ,  burd) 
*^ocfte  unb  Äunfi  gefcbmüdtcn  Staube«* 
lebend  auf,  morin  tai  2Betb  eine  mefent* 
liebe  JRolle  fpielte;  bie  'Jluöbilbung  be^ 
*ükricnfultu«  jieHte  für  ben  gläubigen 
Sbrifien  ein  jungfräulidjeö  2öeib  in  bie 
näcbfie  D^äbe  ®otteö  unb  gab  ben  Jung« 
fvauen  unb  grauen  ber  ®egenmart  ein 
ermünfd}te«,  burcb  bie  Äird)e  gebeiligteä 
3beal.  Unb  ein  3beal  ifi  tai  Sßeib  ber 
böfifd)en  3«it  *"  «f^«  Sinie,  fogut  mie 
ta^  ganje  Diiittertum;  mer  bie  böftfi^c 
25ame  fennen  lernen  mill,  mag  bie  2)ic^tet 
ber  3tit  barum  fragen.  2lber  bicfe«  5b«al 
mar  bod)  aud)  Sßirflic^feit,  bie  böfif^e 
l)ame  fttebte  barnadb,  ibr  23orbilb  im 
Seben  ju  erreicben,  bie  Srjiebungber  löc^ter 
hatte  basfelbe  ^kl  im  5luge;  tai  Der* 
feinerte  ®efübl  für  hai  5tnftänbige, 
Sc^idlidbe,  S^öne  mitfte  in  Sbat  unb 
iJBabrbeit,  unb  aud)  ber  grauenbien)!  ber 
2)Jänner  märe  bod)  faum  Derfiänblid),  menn 
er  nidit  Don  einer  erböbten  nuBern  unb 
Innern  33ilbung  ber  grauen  getragen  märe. 
5lud)  bie  erbaltenen  bilblid)en  2)arftels 
lungen  in  ben  SDJiniaturen  laffen  tro| 
ibrer  fünfilerifd)en  Unbebolfenbeit  auf  bie 
9Beicbbeit,  bie  D^atürlicbfeit,  bie  "Hnmut 
ber  meiblid)en  Öemegungen  unleugbar 
fd)lie^en.  SUJit  bemühter  21bftdbt  fitebtc 
bie  rittetlid)e  SBelt  nac^  ber  ©d)önbeit 
unb  Qlnntut  be«  2lu§ern.  I)ie  Sdjonbeitä* 
lebre  tuar  Stüd  für  StücE  burdjgefacbt, 
unb  märe  Diel  baDon  ju  fagen,  Dom  langen 
blonben  ^aax,  Don  ber  auö  rot  unb  meip 
gemifd)teu  @eficbt«farbe ,  bem  roten  unb 
mie  eine  33Iüte  bur(^f^einenbcn  3}^unb, 
bem  f leinen  unb  fef}gefd)loffnen ;  ben 
meinen  3äbn'^"/  ben  gebogenen  ^tugen- 
brauen,  ber  geraben  unb  laugen,  meber 
ju  flumpfen  nocb  ju  fpi^igen  iJiafe,  bem 
gerunbeten  Äinn  mit  einem  meinen  ©rüb« 
d)en.  SDaf  bie  Äleibung  ber  >Damen  ber« 
jenigen   ber  SOJänner    an   mirfli^   cbelm 


594 


O^ittcrtuni. 


©cfc^macfe  ni(^t  naä)%ab ,  »crfiebl  fid)  in 
biefcr  3fit  »on  felbfi. 

S)tefcm  ®efd)Icd)te  alfo  »ibmcte  ber 
[Ritter  feinen  ©ienfi,  ben  *Kinne=  ober 
j^rauenbienjl  unb  bamit  ifi  freiließ  eine 
©eite  beö  ^öpfd^en  Sebenä  ertt>a6nt,  »o 
eine  befriebigenbe  Tiecfung  jnjifcfjen  ^tn 
nnb  SBirf lief) feit  faum  mef)r  möglief)  ift. 
,0b  ber  franjöftfcfje  SRitter,  benn  in  Süb= 
franfreicö  ifi  ber  ^^rauenbienP  entjlanben, 
burd)  bae  plö^li($c  Srttia(^en  feiner  g^rauen= 
iuclt  aus  einem  langen  (gd&Iummer  auö 
ber  8al)n  bcö  ^ergebrad^ten  ftttli(^en  Sebeno 
getDorfen  h?urbc,  ob  bei  i^m  biefeä  fttt^ 
lid^e  ßebcn  etwa  gor  nid)t  befianbcn,  ob 
er  ft(ft  buidi  Silber  beö  Oriente  »er* 
jaubern  Iie§,  furj,  er  begann  ber  %xau 
einen  S)ienfi  jn  iribmen,  äf)nlicf)  unb 
na^gebilbet  bem  Steubienji ,  ben  ber 
SßafatI  feinem  ßebnäfierrn  fcf)ulbig  iji.  ®r 
tt)äf)Ite  ficb  efnc  S5ame,  e?  burfte  aud)  für 
ben  Dritter  niebriger  ^erfunft  eine  ^od)« 
geborne  fein,  ber  er  feinen  £)ienjl  ftibmete, 
modelten  fie  unb  er  »erficiratet  fein  ober 
nici)t;  nur  bie  eigene  ^rau  hsar  jur  ®ame 
bcö  (Ritterö  untaugli^.  yiai)m  fte  feinen 
SDienji  tiorläupg  an,  fo  gett)ä^rte  fte  if)m 
eine  mefjrjäfirige  ^rüfungejcit;  erfi  nacb- 
bcm  er  biefe  befianben,  tt)urbe  er  ber 
Sßafaü  feiner  ^er^enefönigin  unb  förmlicb 
»on  i^r  belohnt,  unb  ivoax  »renigflen^  in 
^ranfrei^  mit  ben  gleichen  ft)mbolif(^en 
3ci($en  flaatlid)er  Sele^nung-,  Änien, 
^änbefalten,  Äu§  unb  3iing.  ©er  Ctitter 
trug  nun  an  <Sd)ilb  unb  ßanje  bie  ^^arben 
ber  g^rau  unb  ein  »on  if)r  erteilte«  ffiappens 
jci(i)en,  iRing,  Oürtel,  jgiaarbanb,  ©c^Icier 
ober  ^irmel.  I)ie  ^^rauen  verlangten  au^er 
allgemeinen  Schweifen  ber  Siebe  biefe  ober 
jene  i^at  beö  ©eborfams,  oft  auf  fef)r 
launenfiaftc  5trt ,  mand)e  SRittcr  fmb  Pon 
i^rer  2)amc  gejiuungen  toorbcn,  einen 
Äreujjug  mitjumac^en.  Übcrbaupt  aber 
foütc  ber  SBaffcnbienjl  be«  SRitters  ber 
iJrau  getüibmet  fein.  (Ja  braucht  ber  ht- 
fonbcrn  93ett>eife  uicf)t,  um  einesteils  ba« 
■Unfittli(^e ,  anberteilS  bai  Unmännlid)e 
eineö  folc^cn  ©ienjicö  nacfejutticifen ;  aber 
eö  ifi  eben  fo  fid)er,  ta^,  obgleidf)  manche 
(Ritter  biefem  2)icnjle  bulbigten,  berfelbe 
boc^  mehr  in  it)ren  Äöpfen  unb  it)rer 
(Pbflntafic,  namcntli^  aber  in  i^ren  fiebern 
toorf)anben  mar,  aU  auf  i^rcn  Surgen, 
unb  in  Deutf(f)Ianb  jumal  ifi  eö  mcbr 
ber  gefcllfd)aftlic^e  unb  poetifc^e  Otefley, 
ber  aui  ber  ()3rooence  nad)  jDeutfc^Ianb 
^erüberfc^eint,  aU  bie  ®ad)e  fclber. 
Sßürbigcr  eine«  tugenb^aften  SRitterö,  unb 


Jugcnb  ftanb  bei  ber  SBürbigung  beä 
SRittere  ftetä  obenan,  mar  ber  3"9  ber 
3cit  ju  treuer  unb  reifer  Siebe,  bie  fid^ 
jcbo^  aud^  in  ben  gotmen  ritterli«ier 
Oalanterie  bemegt.  90^it  ber  fonoentio* 
neuen  ^rauenminne  ober  bem  gi^'iufn* 
bienfie  mar  im  aufgefc^Ioffenen  (Semüte 
biefer  ^t\t  natürlid)  aud)  ma^re  Siebe 
ermac^t,  bie  ben  Jüngling  jur  Jungfrau 
f)injie^t. 

2)iefe  SlRinneträger  ftnb  ni^t  mc^r 
frouwe  unb  herr,  fonbern  man  unb  wip, 
unb  ber  beliebte  Streit,  mag  cblcr  unb 
beffer  fei,  froa-we  ober  wip,  berufit  »efent» 
lii)  auf  ber  ^Jragc  na^  l)öftfd)  fonnentio» 
neOer  9Winne  ober  nad)  ber  tiefer  ge« 
grünbeten  Siebe.  S)ic  menigen  tiefem» 
pfunbenen  Sieber  unter  ber  Unjat)!  ber 
SWinnelieber  ftnb  Sieber  ber  Siebe,  bie 
Siebe  ift  e«  au4,  bie  immerhin  an  ben 
ritterlid)en  ^Jrauenfult  erinnernb,  baö 
SRibelungenIteb  unb  bie  ©ubrun  in  ftd^ 
aufgenommen  ^abcn: 

soltu  immer  herzenliche  zer  werlte 

werden  fro, 
daz    kämt  von    frowen   minne,    da 

wirst  ein  schoene  wip, 
ob    dir    got    gefüeget    eins    rechte 

guoten  ritters  lip. 

2)arin  Hingt  nod)  tief  unb  coü  bie 
altere  5luffaffung  com  23erf)ältniö  be« 
ÜRanneö  jum  Sffieibe,  unb  ebenfo  in  bem 
jmeiten  ©runb  ber  2tbmeifung.^ricmf)ilbeng 
(ber  erjle  iji,  ia^  fte  i^rer  jungfräulid)en 
6d)önf)eit  nid)t  ferlufiig  geben  miü),  ia^ 
liebe  mit  leide  ze  jungest  Ionen  kann, 
S)enn  mä^renb  ber  9?amc  üRinne  in 
feinem  urfprünglici^cn  SBorte  längfi  »er« 
bunfelt,  jum  foneentioneü  f)öpf(^en  Siebed* 
auöbrud  gcmorben  mar,  gab  bai  2Bort 
liebe  eben  burcb  feinen  ©egenpart,  tai 
leit,  bem  Segriffe  neueö,  unmittelbare« 
Scbcn,  bae  auger^alb  ber  pfifc^cn  ©efett* 
fc^aft,  in  bem  S($idfal  be«  ^erjen«  felber, 
feinen  ©runb  ^attc. 

3ur  ritterlid^cn  ©efeQfdbaft  gehört 
bur^au«  ber  Sänger.  @«  ifi  fein 
3»t)eifcl,  i>ai  D?ittelaltcr  batte  auci  unter 
anbern  Sebenöbebingungen  al«  benjenigen 
be«  Sef)enmefen«  eine  Stjrif  unb  ba^cr 
audb  einen  ©tanb  ber  Stjrifer  ^cröor* 
gebrad)t;  ba  nun  aber  in  ber  %oim  ber 
ritterlid)en  ®efellfd)aft  feine  Slüte  auf» 
ging,  fo  mufte  auc^  ber  ©änger  ein  ©lieb 
be«  [Rittertum«  fein.  S)a  mo  ^artmann 
Don  2tue  ein  Silb  feine«  ritterlid)en  gelben, 
be«    armen  ^einrid),    giebt   unb   crjä^lt. 


yiod  —  dornan. 


595 


wie  ^crrlid^  cö  um  iljn  gcftanben  an  ere, 
zuht,  milte,  tugent,  triuwe,  jngent,  ba 
fd^lie§t  er  fein  93ilb  mit  ben  ÜBorten: 
er  sanc  vil  wol  von  minnen,  unb  fjier 
ifi  nun  bie  größere  Äraft  einmal  auf  bet 
6citc  ber  Sffiirflic^feit,  nic^t  auf  bcr  ^ttt; 
bcr  (Sefang  »erlangte  (^orm  unb  ®cf)alt, 
SBort  unb' 2Bol)IIaut.  iißie  bcr  iRitter  mit 
ßanje  unb  ®d)tt)ert  ber  ^xaa  biente,  toa^ 
bod)  auö)  ^ätte  unterbleiben  fönnen ,  fo 
bicntc  mit  mef)r  SJie(ä)t  unb  93iUig!cit  ber 
2)ic^tcr  feiner  ^errin  mit  bem  Ciebc.  3luc^ 
i^m  muftc  fi^  nac^  ber  Sitte  ber  ^ät 
bie  S)ame  erfcnntlic^  crtrcifen,  ja  fie  naf)m 
i^n,  »enigftcnö  in  %xar\hää)  unb  3talicn, 
förmlich  in  i^ren  I>ienft.  SRod)  met)r  alö 
SBaffenfunji  fieüte  bie  ©ic^tfunfl  ben 
länger,  auc&  ben  llrmen,  ben  ^-«otjen  unb 
gürjien  glei<^.  Q.^  fonnten  natürlich  ni^t 
alle  fingen,  toä)  \)at  jebcr  Stanb  be^ 
(Rittertum^,  bü  ju  ben  ^aifern  hinauf, 
feine  Sänger  gef)aibt,  unb  votx  non  ben 
gürfien  nid^t  felber  fingen  fonntc,  ber 
njurbe  ©önner  unb  greunb  ber  ©dnger. 
^at  bod)  fogar  bie  Sage  ben  funjlticben» 
ben  ^of  bcö  Sanbgrafen  ^errmann  üon 
J^üringen  ju  ßifenad)  bleibenb  berftärt. 
S)er  SRitterftanb  tcax  alfo  in  feiner 
(Sntjie^ung  unb  ^ö($(ien  ^luöbilbung  mef)r 
eine  Sffiürbe,  eine  6t)re,  bie  auf  bcr  ^erfon 
tu^tc,  »on  i^r  eriücrben  trcrbcn  mu^te,  mit 
i^r  fiarb  unb  »on  jebem  So^n  neuerbingö 
genommen  werben  mu§tc,  aU  ein  ©c-- 
burt^fianb  mit  gctt)iffen  jlaatIi(J)cn  iRe(f)tcn; 
bcnn  auc^  bie  S^ec^te,  tt>clcf)e  bie  Slitter* 
Jrürbc  gab,  haaren  bloö  6f)renrcc^te  bcr 
!^öftfd)en  ©efcüfdjaft,  ©emeinfamfcit  be« 
^ampfe^,  ber  jafcl,  ber  Äleibung,  ber 
©räie^ung,  unb  nic^t  ber  fiaatlic^cn  Ober« 
unb  Unterorbnung ,  beö  ®crid)tös  unb 
©igcntumärDefen«.  %ü.x  ben  ^od^gefieüten 
2Rann,  ben  Äönig,  ^erjog,  gütfien,  ®rafen, 
Blieb  ba^cr  tai  [Rittertum  ein  Sc^mud, 
eine  ©runblagc  ber  ©cfcüigfcit,  fpäter 
eine  ©rinnetung  an  eine  glänjcnbc  ißcrj 
gangen{)eit,  tt)ic  bcnn  iWafimilian  bcr  le^te 
bitter  genannt  njurbc.  ^Dagegen  für  bie 
untern  Sd)id^tcn  beö  ^öfifcfcen  Staubet, 
bie  JJienjimannen  unb  bie  ßc^nsmannen 
Wax  bie  *iingc^örig!eit  jum  SRitterfianb 
nic^t  bloö  eine  Srücfe  jur  gcfeUigcn  2?cr; 
cinigung  mit  ben  fiöc^fien  öebcnefreifcn, 
fonbcrn  jugteic^  ein  ÜRittel  ju  felbfidn» 
bigct  red()tlic^er  Stellung.  Slux  biefc 
(Ritter  nicbcren  5lbclö  ftnb  e^ ,  welche 
1t(^  ju  einem  ©eburtöfianbe  cnthjidcln, 
bcr  fxä)  auf  Öel)nfät)igfeit  unb  Scbnfolgc« 
fä^ig!eit  grünbet;  jiatt  lef)nfa^ig  l)ci§t 


cd  nun,  oorncl)mcr  flingenb,  »on  rittersart, 
rittennaezec ,  ritterbürtig.  ÜRit  biefem 
|>auptrccf)tc  ber  ßet)nöfä^igfeit  »erbanben 
fxd)  bann  aümä^lic^  noc^  anberc  93orjüge, 
wie  SBappcnfd^igfeit,  lurnicr^  unb  Stifte« 
fä^igfeit,  ^op|t)igPeit,  aud)  @teuerfteil)eit 
unb  2anbtagdfät)igEeit,  bie  gdtiigfeit,  im 
ße^ngeric^te  aU  Diid)tcr  unb  Sd)öffc  auf* 
jutrcten.  Sei  ber  ißorliebc  beä  Sliittels 
altera  für  junftmägige  ^Bereinigungen 
fonntc  eö  fobann  nic^t  fcf)len,  ba§  nid)t 
au^  bie  aRitglicbcr  beö  SRitterPanbcd  ju 
dbnlic^cn  iBerbinbungen  jufammentratcn. 
S)a^in  gel)ören  alö  natürlid)e  ®enof» 
fcnfd)aftcn  cinerfeitd  bie  ritterlid)cn  Seilen« 
bcji^cr  eon  SReid^ögütern,  bie  fog.  SReid)^« 
bicnfileutc,  Ctci^dritterfdiaft  genannt, 
unb  anberfcitö  bie  ritterbürtigcn  ßeute  einer 
gewiffcn  ßanbfc^aft,  ßanbcärittcrfd)aft 
genannt;  fobann  bilbeten  ftc^  auc^  freie 
ritterlid)C  ®enoffenfd)aften  mit  eigenen 
Statuten  unb  Drbnungen  aud,  bie  fog. 
SRitterorbcn.  —  ®an  =  3)?artc,  bie  ®cs 
genfä^c  bed  ^eiligen  ®raled  unb  von  ritters 
orden.  ^aUi,  1862.  —  Sc^ul^,  ^öft* 
fdbcö  ßeben.  —  %aUt,  bie  rittcrli^e  ®cs 
fcUfdiaft  im  3eitalter  be«  ^i^tJU^nfutt"^« 
—  2Beinl)olb,  bie  beutfc^cn  j^raucn. 

SRot!,  fte^c  Zxaä)t. 

atolanö^licb,  fte^e  ÄarUfagc. 

ütontoiu  Sd)on  bcr  Dtame  biefcr  S)ic^s 
tung«art  erinnert  an  bie  franjöftfcfte  Siuetlc; 
roman  bebeutetc  im  'UUfranäöftfd)en  jucrji 
bie  SBolföfprai^e  gegenüber  bem  Satcin, 
bann  bie  in  folc^et  ©prac^e  gefd)ricbenc 
Di^tung  unb  fofort  eingcfd)ränfter  bie  in 
^rofa  crjä^lte®efd)ic^tdbic^tung,  bcjonbcrd 
bie  in  $rofa  erjäljltc  unb  erbid)tete  Siebcö« 
ober  abenteuerliche  ®efd)ic^tc.  Sei  ben 
^ranjofen  entftanbcn  fc^on  im  12.  unb 
13.  3'>l)t()un^fi^t  profaifc^e  Bearbeitungen 
ber  furj  eor^er  in  poetifd)er  Jorm  be* 
^anbellen  mittelalterli(^=ritterlic^en  Sagen« 
jioffe;  in  3)eutfc^lanb  gef^a^  basfelbe 
na^  bem  5lbjierbcn  ber  bid^terifd)en  ijjro« 
buftiüität  im  14.  3a^rt)unbert,  nur  ba§ 
man  ^ier  vorläufig  mit  iBorliebe  frcmbe 
iRomane  auö  franjöfifc^en,  italienifc^en  unb 
lateinifd)cn  Quellen  übcrfe^te;  immer  noc^ 
jtnb  cö  abelige  Greife,  für  ttield)c  bicfe 
Qlrbeiten  benimmt  ftnb,  unb  abelige  J)amcn 
nahmen  mit  Vorliebe  2lnteil  baran;  auc^ 
wo  bürgerliche  Überfe^er  genannt  merben, 
fianben  biefe  im  2)ienPe  abeligcr  ®önncr. 
3u  biefen  älteren  (Romanen  in  beutfc^er 
Sprache  gehören  5lleyanber  bcr  ®ro|c, 
Satomon  unb  aJiarfolf,  ^lore  unb  Slan« 
fd^cflur,    QlpoHoniu«,   bie   ftebcn    weifen 


596 


SRomanifc^c  ^Saufunfl. 


2Kcifier,  5lmicuö  unb  "Mmeliud,  5ltf)i0  unb 
^rop^iliaö,  ^ug  «Sc^apler  (ciqentli(4  ^jugo 
(Sapet),  ^ottunat  mit  bem  2Bünfd)[iütletn; 
mand)eö  baruntcr  berührt  ftcE)  mit  bcr 
S^Joücüenbic^tung,  fielic  ben  befonbern  ^r^ 
tifel.  ^mai  nic^t  eigentlid)  Original,  aber 
bod)  ganj  freie,  fon  bemunberncroürbiger 
©pra^gewali  jeugcnbe  Qlrbeit  ijl  i^ifcfe^ 
artö,  juerfl  1575  gebrudte,  bem  crfien 
Su<ie  üoniRabelaiä  ©argantua  entnommene 
®c[d)ic£)t0flitterung  ober  ©argantua; 
im  16.  5-f)rbunbert  wucf)«  biefe  ßitte= 
tatur  anfebntii^ ;  aus  ^ranfreic^  famen 
gicrabraö,  bic  »ier  ^aimonefinber,  ^aifer 
Dftainan,  bic  [c()öne  SDkgelone  unb  SRitter 
®almp.  ^eutfctie  <£toffe  ftnb  ber  (5ulcn= 
fpiegel,  bie  ®d)ilbbürger  unb  3)oftor  Q'aufi, 
afle  brci  burc^  Äonjentration  gangbarer 
23oIf^gef(^id)ten  auf  einen  gelben  ober 
auf  einen  Ort  cntftanben.  3tlä  ßrftnber 
t>on  [Romanen  tüirb  im  16.  3a^r^unbert 
blo§  3örg  SßicEram  auöÄoImar  genannt, 
ber  in  ben  Jahren  1551  —  1556  üier  SRo^ 
manc  fd)rieb,  ©abriotto  unb  iRein^arb,  ben 
©olbfaben ,  ben  Änabenfpiegel  unb  bie 
bie  guten  unb  bofen  JJac^barn;  feine  SJRujler 
ftnb  bie  SBoItölomane,  fein  !i?ublifum  bie 
beutfd)e  3»3cnb.  2)aneben  ^örte  bie  (Sin= 
fut)r  ftanjöfifcfcer  Üeberfe^ungen  nicf)tä 
Weniger  al«  auf,  namentlich  ttiurbe  ber 
tneitldupge  SRoman  bcö  „gelben  Stmabis 
auö  grantretd)"  bie  ßieblingäleftürc  beö 
beutfc^en  *ilbel«,  er  mud)ä  oon  1569  biö 
1594  aümäblic^  auf  24  Sänbe  an  unb 
erhielt  fid)  lange  bie  ©unjl  feineö  f)3ubli- 
fumö,  aud^  nad)bem  »icl  anbereä  9;)kterial 
auf  benüRarft  eingeführt  rt)ar.  £)onDuifote, 
1621  jum  crftcn  mal  ins  jDeutfd)e  übers 
tragen,  mad)te  menig  i}Uiffet)en;  bagegen 
trat  ber  ©d)äferroman ,  tiod)  me^r  ober 
bcr  Reibens  unb  fitebesroman  naii  fran- 
jöfifct)cm  5)iufter  auf,  fo  jmar,  ta^  fid) 
unter  bcr  ^üüe  bcö  ®cl)äfer=  unb  $elben= 
tumö  tt>ittlic^e  (Jrlebniffc,  ^ßerfonenge^ 
f(i)i($tcn  unb  poIitii"d)c  Srcigniffc  ber 
neueren  3*^*^  "^^^  ©rfunbcnem  oermifdit, 
ju  oerbcrgen  pflegten;  aua  bem  ©panifdjen 
ert)ielt  man  bie  ®d)eImenromane,  ßeben«= 
befdireibungen  non  ßanbfiteic^ern  unb 
5lbenteurern  geringer  ^crfunft.  ÜRitten 
unter  bicfen  mcift  gcfd)modlofen  ÜRac^- 
werfen  begegnet  man  brci  frönen  altern 
a3olf0büd)ern,  bic  bcr  ^apujincr  *13ater 
ÜRartin  oon  Äod)em  auö  einem  franjöftfc^en 
3efuitcn  f(^öpftc,  ©rifclbie,  ©cnocefa  unb 
|)irlanba.  5lu0  ber  gfübelungenfagc  taucht 
crji  jc^t  als  Ic^te  Srinnerung  iai  ^ni) 
toom  gef;örntcn  ©iegfrieb  auf.   S)oc^  fef)lt 


eö  auc&  nic^t  an  [Romanen,  bic  2)cutfd)c 
äu  iBcrfaffern  Ijaben,  unb  jmar  legte  man, 
bem  S^arafter  bcr  Sßilbung  bcö  17.  3a^r' 
^unbcrte  gcmä§,  bie  mc^r  inö  iörcitc  ali 
in  bic  Jiefe  ging  unb  bereu  f>auptquetle 
hai  [Reifen  mar,  in  bic  [Romane  ganjc 
8et)rbüd)cr  bcö  ffliffenömcrtcn  niebcr,  ®e* 
fd)id)te,  i'änbcr=  unb  S8ölfer!unbe,  Filter« 
tümer,  fiitteraturgcfd^id)tc,  [Religion««  unb 
Sittenlehre,  [Rcifcbefd^reibungen ,  2lftros 
logie  unb  51berglaube;  man  fügte  auc^ 
poetifc^e  ©tücfe,  S)ramcn,  @d>äfei^=  unb 
laniifpiele  ein.  ©olc^c  bcutfd)c  [Roman= 
fc^riftjleüer  ftnb  2)ietrid)  ».  b.  aBerber, 
q3  t)i  li  p  p  0  0  n  3  ef  en,  5t.  ®.  i8  ud)  t)  0  Ij , 
ber  •^»erjog  QlntonUlrid)  oonSrauns 
fc^Weig,  |)einri^  51nfclm  »on 
3iegler  mit  ber  oft  aufgelegten  „afta« 
tifd)en  ©anife"  unb  So^enficin  mit  bem 
*2lrminiu^.  ®elbfiänbigcr  unb  bcbeutcnbcr 
aber  ftnb  bie  fpanifd^en  DWuftcrn  nac^gc« 
bilbctcn  [Romane  bc^  SERofd^crofc^ 
„®eftd)te",  unb  ber  ©impliciffimuä 
bcö  ©btijloffel  t)on  ®rimmcH  = 
t)aufen,  1625-1676.  5^r  [Rac^folgcr 
ift  S^rifiian  üßeifc:  „bic  brci  drgPcn 
©rjnarren",  „bic  brci  flügfien  Scutc"  unb 
„bcr  poIitifd)c  [Räfd)er".  2)ic  balb  nai)\)tx 
auftretcnben  [Robin fonaben  unb  beren 
iRa(^al)mungen,  bic  5lt>entüricrä,  führen 
fc^on  auf  ben  englifdjcn  (£influ§,  unter 
bem  in  ®entcinfd)aft  mit  franjöftfdjcn 
[IRufiern  ber  mobernc  [Roman  crmac^fcn 
iü.  ©icfie  bie  ßitteraturgefd)id)ten  »on 
aöadcrnagcl,  Äobcrficin  unb 
^  d)  e  r  c  r. 

JHontonif d)c  58aitf unft  l.QllIgcmei» 
neö.  [)tad)bem  baö  farolingifd)e  [Reid^ 
jerfaüen  mar,  brac^  über  bie  norbif<^cn 
*ßölfer  Porerji  eine  traurige  3^'^  {)ercin. 
3nnere  [parteiungen  jcrpcif^ten  baä  [Reid^, 
bic  räubcrifc^cn  ©d^aren  bcr  Ungarn,  iffieit« 
ben  unb  [Rormannen  üer^eertcn  bic  Sanber 
unb  bie  iBölfer  crmartctcn  mit  banger  @r» 
Wartung  i>a^  5a^r  Saufenb,  mit  mcld)em 
baö  Snbe  ber  2Bclt  hereinbrechen  foütc. 
2)a0  3abr  Saufenb  aber  foüte  fiatt  beffen 
ber  Qlusgangcpunft  einer  neuen  (Spod^e 
merben.  [Rid)t  nur  folgte,  al^  hai  gc« 
fürd^tetc  3a^t  ol;ne  Störung  ju  Snbc  ge» 
gangen  mar,  ber  bangen  3^rfnirfc^ung 
jäl)Ung^  ein  ungeflümer  Feuereifer,  bcr 
fidf)  in  frommen  Sßerfen,  im  [Ricberrei^en 
alter  Äircf)cn  unb  [ffiieberaufbau  neuer 
pradtjttoücrer,  nid^t  genugt^un  fonnte,  fon= 
bem  bie  fc^limmilen  inncrn  unb  äu§ertt 
Stürme  Ratten  ftd)  mittlerweile  ausgetobt, 
bie  fiaatlid)en  iBerbältniffc  begannen  fid^ 


[Romanifd)e  Söaufunfi. 


597 


ju  fefüflcn  unb  bev  germanifcf)c  93olfögeifi 
i}ütk  biejcnige  Stufe  ber  öntttticflung  er^ 
reicht,  ta^  et  [elbjl  beflimmenb  ftd)  aud^ 
in  formen,  iDeld)e  ben  ©cbanEen  jiir  @r- 
fc^einung  bringen,  auöfprcd)cn,  ha^  er 
namentlich  auf  bie  njeitcre  ®efta(tung  ber 
Äunfl:  feinen  (Einfluß  ausüben  fonnte. 
g3iöl)er  Ratten  für  bie  Äunfi  jene  alt? 
(^rifiii<$=römifd)en  ober  bi)iantinifcf)£n  5or= 
mcn  ben  aEgemeincn  Ippuä  gegeben.  3^^^ 
begann  ein  felbflänbigeä  freicö  Umgefialten 
ber  alten  iJo'^nicn,  auä  ttielcfcer  UmgejlaU 
tung  fd)lie§Iic^  jener  Stil  t)ert)orging,  ben 
man  mit  bcm  9?amen  bcä  romanif  ci)cn  be= 
jcic^net,  nad)  bem  iüorgange  ber  (&prad)= 
tt)iffenfd)Qft,  ft)elc^e  bie  Jbiome,  bie  fid) 
gleid^jeitig  unb  unter  entfprec^enben  23er= 
pltniffen  au«  ber  alten  9{ömcrfprad)e  bil= 
beten,  mit  bcmfelben  2Borte  benennt.  2)ie 
auefd)lie§lid;e  irägetin  ber  Silbung  mar 
in  biefer  (Spo^e  bie  Äird)e  un&  e«  ift 
nic^t  ju  öermunbern,  rcenn  ber  (ibarafter, 
ben  bie  53aumcrfe  biefer  (Spod)e  tragen, 
ein  l)icratifc^er  ijl.  IBorab  maren  eö  bie 
fStönifC,  in  öcrcn  Rauben  ftd)  bie  33au= 
funfi  befanb.  toie  entwarfen  für  i^re 
Äird)cn=  unb  .Klofieranlagni  bie  Jtiffe  unb 
leiteten  ben  33au.  jjejle  e:d)ultrabitioncn 
entfprangen  barauö  unb  fnüpften  ibre 
aSerbinbungen  uon  Älofier  ju  ^loftcr. 
®lcid)crma§en  ücrbanben  ftc^  aber  aui^ 
bie  mcltlid)cn  ^anbmerfer,  meld)c  ben 
9D^önd)en  bei  QUiöfübrung  ber  Sauten 
bleuten,  ju  genoffenfd)aftlii^en  a3erbinbun= 
gen,  auö  benen  in  ber  j^olge  ol)ne  3*^^fiifct 
bie  Sau^ütten  t)ertiüvgingen.  SDer  ®eift 
beö  Sürgertume  aber  bringt  erjl  gegen 
Qluögang  ber  romanifd)en  (SpLid)e  roirflid; 
felbftänbig  in  biefen  Stil  ein. 

2.  5Da^  romanifd)c  23aufl)flem. 
a)  Sie  Safilifa.  Sic  altc^riftlid)e 
Safilifa  ift  ber  5luögangspunft  für  bie 
mittelalterlid)e  ^Hn^tteftur.  S)aö  ßangbauö 
crfiredt  f:d)  als  breitet  t)ol)eö  3Kittelfd)iff 
gmifc^en  jmei  nur  l)alb  fo  ^o^en  unb 
breiten  ©eitenfc^iffen.  'Um  (Snbc  bcäfelben 
((Reibet  gelüöljnlid^  ein  Eräftig  porfpvingen^ 
beä  Duerl)au§  pon  ber  |)öl)e  unb  33reite 
bcä  ßangl)aufes  baöfelbe  üom  (Sl;ore,  bie 
.^reujeägeilalt  ber  Äirc^e  flar  auäpriigenb. 
SBiötticilen  tritt  aücrbingö  tai  Duerfd^iff 
nid^t  über  bie  Seitenfdjiffe  uor,  oft  bleibt 
ee  fogar  ganj  meg.  35ie  mefentlid)|le  llm= 
geftaltung  erfuhr  nun  üorerfi  ber  (Jlior« 
laum.  3n  ber  altd)rijtlid}cn  23artlit'a 
f(^Io§  berfelbe  al^  eine  ^albrunbe  9^ifd)e 
unmittelbar  an  ia^  Querf)auö  an.  S)ie 
größere   Qa^l   ber   ®eifilid)Ecit    »erlangte 


nun  »orerfi  eine  53ergrö^erung  biefeä 
9iaumeä ,  meiere  baburd)  bemerfftetligt 
mürbe,  ha^  man  bem  (£l;or  nod)  ein  ber 
fogcnannten  53ierung,  b.  t).  ber  Durc^- 
fd)neibung  oon  Duer=  unb  ßangt)auö  ents 
fpred)enbeö  Duabrat  »erlegte.  3"  gleic&er 
aSeife  üerlängerte  man  tai^  Ciuerl)au«!  nad^ 
red)tö  unb  UnU,  moburc^  ber  mittlere 
Jcil  besfelben,  bie  fogenannte  55ierung 
ein  nad)  allen  Seiten  freiliegenber,  fon 
oier  früftigen  ^Pfeilern  unb  cbenfo  fielen 
l)o^en  ©urtbogen  abgegrenzter  iRaum  mürbe, 
ben  man  gert)öt)nlid)  jum  diiox  ^injujog 
unb  mit  fteinernen  Sd}ranfcn  gegen  baä 
8angl)auö  bie  Duert)au«flügel  abfd)lo§. 
®egen  ba^i  Sd^iff  ju  trurbe  biefe  Sd)ranfe 
oft  tribünenmä^ig  erhöbt  unb  biente  al^ 
lectorium  (ß  et  tu  er)  »on  mo  auö  bem 
aSolfe  baö  (Soangelium  uerlefen  mürbe. 
2)er  ganje  ©tjorraum  aber  mar  über  ia^ 
\iangl)auö  um  mehrere  Stufen  erl)ö()t  unb 
barg  unter  fid)  f!etä  eine  ®ruftfapetle,  mit, 
auf  f urjen ,  fiammigen  Säulen  rutjenben 
Äreujgcwölben  überbedt.  Diefe  Äapeüe, 
bie  i?rl}pta,  biente  alö  Segräbniöpla^ 
für  angefel}enc  ^crfonen  unb  batte  ibren 
eigenen  ailtar.  3"  ber  räumlichen  Slue= 
beljnuug  beä  Cboreä  entmidelte  ftdi  inbeffen 
im  Saufe  ber  Si^it  noc^  Qi^i-ige  ü)?annigs 
faltigfeit.  S^eilö  lie§  man  bie  Seiten^ 
fd)iffe  fcnfeitä  be«  Duerbaufe^,  ät)nlid)  bem 
SOlittelfc^iffe  mit  5lbftben  ober  (£ond)en 
enbigen,  teil«  lie§  man  biefelben  um  ben 
ganjen  S^or  Ijerumlaufen,  teilö  aber  manbte 
man  fid)  aud)  einfad)ern  Einlagen  ju  unb 
fd)lo^  fomopl  *Wittclfc^iff  als  Seitcnfd)iff 
einfad)  gerablinig  ab.  S)ic  reid)fte  Einlage 
jetgt  ftd)  ha,  mo  an  baö  um  ben  (Sbor 
l)erumgefübrtc  Scitenfd)iff  fii^  in  rabiater 
Stellung  i)albrunbe  "Kltarnifc^en  anfd)lie= 
§en.  ilud)  t)ier  rid^tetc  frd)  bie  ©efialtung 
beö  ®runbplaneä  fietö  nad)  bem  !Bcbürf= 
niä,  nad)  ber  ^aljl  ber  ®eifllil)eu,  ber 
erforberlid^en  'llltäre  2c. 

ilßäl)renb  fo  bie  öjilidje  Partie  (man 
legte  ben  ß^or  jletö  naä)  Djien  ju)  eine 
Q3creid)erung  erfuhr,  vereinfachte  man  in 
gemiffer  "öejiebung  bie  meillidben  Seile  bet 
altd^rifilid)cn  Safilifa.  Dort  l)atte  ftd;  ber 
SJlartlKf  unb  tai  'Jltrium  auisgebelint,  in 
)xield)em  fid)  gcmiffc  Stufen  ber  Saienmelt 
mäl)renb  beö  ®ottc^bienfteö  IjatUn  aufl)alten 
muffen,  ^t^t  ge)t>ann  bie  ganje  ®emeinbe 
3utritt  jum  ®otteöbaufe  unb  fo  lie§  man 
^öd)fienö  no^  eine  tleine  a5orl)alle,  hai  fo» 
genannte  *Parabieö  ftcl)en  unb  ber  im 
'iltrium  jiel)enbe  Sant^aruö  fd^rumpfte  jum 
äöei^mafferbeden  äufammen. 


598 


SRomanifc^e  Saufunfi. 


ÜJlaiK^tnal  forbette  inbeffen  iai  fircfe« 
Iicf)c  Sebürfniö  auä)  eine  ieid)ere  Otuö* 
bilbung  beö  h)e|ili($en  S^eiteö.  SKamentlic^ 
in  großen  5lbteicn  roaxt  bie  Einlage  eineö 
jn)citen  S^oreä,  bem  öplic^en  ent= 
fprect)cnb  beliebt,  ja  oft  legte  man  bem= 
felben  ein  jweiteö  Quet^auö  cor. 

3n  bcr  iRegel  aber  öffnete  jic^  am  3Ötp 
cnbe  ber  Äirc^e  bog  grofe  portal,  »on  jwei 
mäcf)tigen  türmen  eingefd^loffen,  it»el(^e 
nun  nicf)t  me^r  freifiebenb  aufgeführt, 
fonbern  mit  bem  übrigen  ^auwcrf  Der* 
bunben  »erben. 

Sei  9^onnenfIößern  mirb  au§erbem  meiji 
über  bem  tt)efili(i)en  Jeile  beö  Süfittelfc^iffeö 
eine  Smporc  auf  «Säulen  eingebaut,  ber 
fogenannte  Jionnencfjor. 

5Die  Sebedung  bcr  SRdume  erfolgte 
»orcrji  mit  *Jlu^nat)me  ber  ^rppta  beinafie 
au^fd)lieflid)  mit  einer  flachen  ^olj« 
becfe,  ent[precf)enb  bcnjenigen  bcr  alt^ 
d^rifilicfcen  Saftlifen,  allein  erfahren  bie 
tragenben  ©lieber  bod)  fc^on  tox  ®in= 
fül)rung  beä  ©ewölbebaueö  eine  burc^= 
greifcnbe  Seränberung.  25or  3inem  bie 
©tü^en,  meldte  bie  auf  Qlrcaben  rul)enbe 
Dberwanb  beö  SOJittelfcfciffeö  tragen.  Statt 
ber  Säulen  mifd^cn  ficfe  öftere  '^jßfciler  ein, 
cnth)eber  abmed&felnb  ober  je  iai  britte 
©dulenpaar  Derbrängenb  ober  gerabeju 
auöfc^lie^lid) ,  tnoburc^  bie  uifprünglidie 
©äulenbaftlifa  eine  Pfeiler baftlifa  »irb. 
S)ie  bo^c  Dbetmauer  be^  SDJittelfc^iffeö 
aber  _fuc^t  man  ju  beleben,  inbem  man 
mit  iiberf(f)lagung  einer  @äule  ober  eineö 
^feilerg  je  ämei  5trcabenbögen  mit  einem 
größeren  93ogen  ratjmcnartig  umfpannt. 
2)arüber  öffnen  ftd)  alöbann  bie  fleinen, 
mit  flarf  abgef($rägter  ßeibung  »erfebcnen 
genfer,  melcbe  regclmäfig  im  |)albfreiö  gc= 
fd^loffen  ftnb.  2if)nlt(te  enthalten  bie 
Sßänbe   ber  Seitenfdiiffe  unb  bie  *Spftben. 

Die  burc^  flache  •^oljbecEe  abgebecfte 
SBaftlifa  marb  injmifd^en  balb  burc^  ben 
©creölbebau  nerbrängt,  ber  aU  ein  93c' 
bürfniö  fid^  gcltenb  machte,  benn  bie 
häufigen  Sränbe,  bie  ben  3)ad)jiuf)l  er« 
griffen,  jerftörten  nic^t  nur  biefen,  fonbern 
audE),  ba  bie  pljernen  Ifccfen  f)erunter= 
jiürjten  ben  ganjcn  Jnnenraum  ber  Äird^en. 
SSorerfi  griff  man  jum  Sonnen  gern ölbe 
unb  überwölbte  nur  bie  ©eitcnfcfciffe ,  ba 
bei  bem  böf)er  liegenben  [ÜJittelfc^iff  ber 
©eitenbrucf  nur  fd)tt)cr  aufzubeben  gewcfen 
Wäre.  Qlucf)  mit  ber  Äuppcl  ocrfucbtc 
man  auöjufommen,  inbeffen  war  aud)  bei 
bicfcr  ©emölbeform  bie  <S(i)mierigfeit,  bem 
®eitenfd)ube  ju  begegnen,   md)t  »»obl  ju 


überminben.  £)ie  beffere,  freiere,  lebenbt* 
gcre  ßöfung  »erfüllte  man  erjl  jule^t,  ob« 
fcf)on  man  bei  untergeorbneten  Ctäumen 
befonber^  bei  Ärt)pten,  biefelbe  fc^on  längji 
praftifd)  angcwenbet  ^atte,  baöÄreujgcs 
mölbc.  SDaöfelbe  befielt  auä  jmei  ftd^ 
recl)ttt)inflig  burcf)fc^ncibenbcn  balbfreiö« 
förmigen  Sonnengewölben  unb  bebarf,  ia 
ber  aSertitalbruct  unb  Seitenfc^ub  bur^ 
bie  entpebcnben  SDiagonalrippen  wefentlid^ 
auf  bie  Dier  im  Duabrat  liegenben  6df? 
punfte  geleitet  Wirb,  nur  an  jenen  Stellen 
einer  entgegenwirfenben  wuchtigen  ÜKauer« 
maffe.  Sw^'^fi  begann  man  auc^  ^ier  bamit, 
bie  "Seitenfc^iffc  ju  überwölben,  wa^  um 
fo  leichter  war,  ia  bie  Sreite  berfelben  un* 
gefäbr  bem  5lbftanbe  ber  fßfeiler  entfprac^, 
alfo  quabratifc^e  gelber  fti^  ergaben.  S)et 
burd)  bie  SBöIbung  erhaltene  fejiere  Unter* 
bau  ermutigte  aber  jugleid)  jur  *Jlnbringung 
öon  ©mporen  über  ben  Seitenfd)iffen, 
Welche  ftcb  gegen  ha^  9D'}ittclfd)iff  ju  arcaben« 
artig  öffneten  unb  bie  fable  Dberwanb  tti 
SD'Jittelfd)iffe§  in  angenehmer  ffieife  glic* 
berten.  ÜWan  bctiiclt  biefc  51rcaben  benn 
aud)  fpäter  noc^  bei,  aU  man  oon  ben 
(Smporen  wieber  abfam,  e^  bilbcten  |t^ 
baraug   bie   fogenannten  Sriforien. 

2)aö  Äreujgewölbe  »erlangte,  fo  lange 
eö  au^  bem  SRunbbogen  fonftruirt  würbe, 
jictö  quabratifc^e  g^^^«'^-  2)a  nun  bie 
^Pfeiler  in  5lbftänbcn  gleich  bcr  ©eitcn* 
fc^tpreite,  Wcld^c  ^alb  fo  gro§  aU  bie 
beö  !Dlittelfd)iffe^  War,  fianben,  fo  mu^te 
bei  Überwölbung  be^  legieren  jiet^  ein 
Pfeiler  überfd)lagen  werben.  S)aburd^  er« 
bielt  bie  Sajilifa  ein  ganj  ncueä  ®cprägc, 
benn  ii  fc^ien  nun  angcjeigt,  biejenigcn 
©tü^cn,  wcld)c  bie  Ourtbogen  beö  iJlittel« 
fd)iffeö  aufjunebmen  beftimmt  waren,  fiärfer 
ju  gliebcrn  alö  bie  anbetn.  3Wan  brachte 
?}feilcrt)orfprünge  in  g^orm  oon  ^albfäulcn 
unb  bergleic^en  an  unb  gab  baburd)  bem 
ganjcn  eine  l)C)\)txt  rt)tf)mifd)e  ©licberung, 
wel^e  fic^  in  reicher  9lbwed)«lung  oom 
?!feilcr  unb  Säule  in  ongencbmer  2Bcifc 
funbgab. 

3n  ber  I)eta  ilbilbung  ging  man 
naturgemäß  ganj  »on  bcr  5lntifc  auä,  wie 
biefelbe  »on  ber  att^riftli(^en  Äunjl  über* 
liefert  Worbcn  war,  o^nc  fid)  inbeffen  an 
bie  jlrengen  äj!betifc^cn  ©efe^e  berfelben 
irgenbwic  ju  ballen.  iBorab  erfährt  bie 
Säule  eine  umfaffcnbe,  freiere  Umbilbung. 
I)er  ©tamm  berfelben  wirb  je  nad)  bem 
iöebürfni^  balb  berb  gebrungen,  balb 
fd)lanf,  ol)ne  Schwellung,  ja  in  ber  SRegcI 
au^   oline  ^njug,   einfad)  cplinbrifd)   gc« 


JHomanifc^c  95au!unft. 


599 


bilbct.  3)ic  iöafiei  I)at  geroöljnli^  bic 
gorm  bcr  attifc^cn,  tt)enn  aucE)  nur  in  bei 
®e[ammtform  beö  ißrofilö,  feincäwcgö  aber 
in  ben  SBertjältniffen.  'iiU  dc)axatkx\^\\ä)ii 
3dci;en  M  romanifc^en  etileö  aber  er« 
f(f)eint  baö  fogenanntc  (S  d  b  l  a  1 1 ,  ba^ 
über  ben  untern  2Buip  bcr  93aftö  binrocg 
auf  bie  quabratifcbe  ipiint^e  [xiS)  t)erabnei9t 
unb  fo  bie  leeren  ©den  ber  ^platte  auf- 
füllt. SDaöfelbe  fommt  in  nianni9fa(i)cr 
®epalt,  atö  qßfianjcnblatt,  aU  Sierßefialt, 
aU  Heiner  $fIocf,  oft  aber  in  ganj  pl)an' 
tafiifc&cn  ^^if'^^n  "'"r,  njobei  befonbere 
eine  *Hbn)edbäIung  fetbji  bei  ©äuten  ber= 
felbcn  ?trcabcnrei^c  äu^erfi  beliebt  ijt.  3" 
fpätercr  Qixt  übcrfleibete  man  an6)  ben 
€äulenfd)aft  mit  gefälligen  linearen  '^ito- 
rationöformen.  2lm  »i($tigften  ift  bie 
ijluöbilbung  beö^apitäU.  5U?an  unter= 
fcf)cibct  babei  ^^njcierlei  formen.  (Sinmal 
t)erfud)te  man  cö,  baö  überlieferte  forin= 
tftifcbe  Kapital  frei  nacl)jubilben,  freilidb 
meifi  rot)  unb  unbe^ülflic^,  anbcrntcilei 
fc^uf  bie  romanifc^e  Saufunfi  eine  eigene 
?lrt  be^  Kapital«,  tt)eld)e  für  biefen  Stil 
gerabciiU  (^arafterifc^  tt)urbe ,  ba^  foge= 
nannte  f  u  b  i  f  c^  e  ober  SBürfelfapidl. 
3n  feinem  obern  Seile  quabratif(f)  cr^ 
plt  eö  an  ben  oier  gläc^en  nac^  unten 
eine  ^albfreiäförmige  Segrenjung,  um  uon 
bort  auö  in  bic  runbc  JJo'^'ii  ^^^  ©aulcn« 
fd^aftcö  überjuge^cn.  5Die  2)c(fplattc  be= 
Pebt  entrt)ebcr  auö  einer  *piint^e  ober  einer 
2Ibfct)rdgung  ober  au^  einer  ©ompofition 
»on  antifcn  ©liebern.  Die  51acf)en  bc^ 
gCßürfelfapitälö  crbalten  oft  reichen  plafti« 
fd^en  ©c^mucE  unb  bergen  oft  ganje  l)ijlo« 
rifdbc  S^arPeUungen  in  fid). 

Sfieben  bicfem  ÜBürfelfapitÜl  gehaltet 
jtd)  bcr  antife  forintbif(^c  jum  Äeld)^ 
fapitäl  au«,  baö  roicbcrum  in  mancher« 
Ici  25arianten  ftd)  mit  bem  SEßürfelfapitäl 
»crbinbct  ober  in  53erbinbung  mit  reichem 
plaPifct)en  ®cf)muct  öu^erfi  jietlic^c  ®e« 
Paltungen  jeigt,  in  benen  ftd)  ber  pf)an= 
tafiifc^c  3"9  ber  3^^*  •"  93erfc^lingung 
Bon  Jier  unb  SWenfcbengcfialten  ni<^t  ge^ 
nug  tbun  fann. 

D^ieben  bcr  Säule  ifi  ber  *pfeiler 
Borab  ju  betrachten.  Seine  ©runbform 
iji  oicrcdlig ,  meiji  quabratifd^.  Unten 
fcf)licBt  er  in  ber  Siegel  burd)  eine  attif<^c 
a3ap  ab,  bic  ftd)  oben  oft  in  Bcrfct)rtcr 
gorm  n)icbcrt)olt.  ^m  übrigen  treten  bie 
mannigfaltigjlen  ©efimöbilbungen  auf; 
^oblfe^lcn,  SBulfic  unb  q8lättd)en  ftnb  in 
üöüiger  5reif)eit  jufamcngefieHt.  Oft  fudbt 
man  bem  etmaö  fd^weren  Pfeiler  baburdj 


eine  leici)tere  J^"'""  J"  geben,  ba§  man 
i^n  an  ben  ®den  abfafi  ober  aber  bie 
6cfcn  rcAtminflig  auöf(f)neibct  unb  fdjlanfe 
frcifiel)enbc  Säuld)en  t)incinjleüt,  tt)eld)e 
fxd)  am  5"^  U"'"  .Kapital  mit  ben  ®c* 
ftmfen  bc«  ^feilcrö  oerbinbcn.  ©icfet 
rcict)ern  ©cflaltung  bc«  ^feilerei  folgt  bann 
auc^  eine  rei(^ere  beö  auf  benfelbcn  aufs 
ft^enben  Sogenö,  ben  man  an  ben  Äan« 
ten  l)äufig  mit  großen  Sßülficn  fcrftebt, 
unb  im  $rofil  nai^  bem  ©entrum  ju  in 
treppenartigen  'Jlbfä^en  ücrjüngt. 

5Daö  5i[u§erc  ber  romanifc^cn  Äird^en 
baut  jtc^  in  ernfien  rut)igcn  SUJaffen  traf« 
tig  auf.  3)ic  ®cftmfc  erinnern  im  'JlUgc« 
meinen  an  antife  iBorbilbcr.  ^ür  bic 
Teilung  ber  2Banbfläc{)en  fcrmcnbct  man 
fdimale  pilaPcrartigc  Streifen,  fogenannte 
Cifenen,  bie  gcmö^nlid)  oben  in  einen 
grieö  auslaufen,  bcr  auö  f leinen  SRunb* 
bogen  äufammengefc^t  i^.  2)iefcr  58 o gen* 
frieö  ifi  ein  untrügliches  9Wcrfmal  romani« 
fcbcr  Sauten  unb  tt)irb  oft  mit  Äonfolen 
rcici)cr  au«gcbilbet.  Über  ibm  fd)lic§t  tai 
2)acf)gcftmö  an,  lai  cielfac^  »on  banb* 
artigen  griefen  begleitet  wirb,  namentlid^ 
ftnb  bie  fog.  Stromf(i)ict)tcn  (über* 
cd gcfictltcr  Steine)  unb  bcr  S  c^  a  c^  b  r  e  1 1« 
fric^  (mehrere  dit\l)ixi  ertjö^ter  unb  ocr<= 
tiefter  Steine)  fet)r  beliebt 

Sei  reichern  'Anlagen  tritt  an  Steüc 
ber  f(i)ft)ac^  Dortretenben  ßifenen,  nament* 
licö  an  ben  ßl)orabfiben  eine  ©Ucberung 
mit  fc^lanfcn  ^albfäulcn.  (Jinc  befonbere 
Stuöjcic^nung  aber  crljaltcn  bic  Qlbfibcn  in 
man($cn  ©cgcnbcn  burc^  freie  auf  tlcincn 
Säulen  rut)cnbe  ©alerien,  meldte  ftd^ 
unmittelbar  unter  bem  Dad^geftmfe  a\i 
ßaufgängc  äbnlid)  mie  bie  Jriforien  im 
3nnern  liinjiebcn. 

5luf  bie  ©eftaltung  ber  tt»cfilid()cn 
ga^abc  ttjirft  namentlid)  bcr  Surmbau 
ein.  3n  frübefier  3eit  ftnb  bic  [xä)  »ot 
bic  ®eitenfd)iffc  legcnben  jmci  Sürmc  in 
ber  Cftcgcl  runb,  fpäter  »erben  fic  oierecfig, 
ber  beffern  iBcrbinbung  mit  bem  übrigen 
Söautücrfc  wegen.  2)ic  ©licbcrung  bcr 
Sürme  ift  äuferft  einfad)  unb  wirb  in 
bcr  SRegel  bur^  fd)ma(f)  Dotfpringcnbc  8i« 
fenen  unb  (Runbbogcngeftmfe ,  votld)t  ben 
Surm  in  mebrere  ®cf(|o§e  teilen,  bcmerf« 
fieüigt.  S5ic  obern  ®cfd)of[c  erl)altcn 
Scb  all  Öffnungen,  parwcifc  unb  ju 
breien  gruppierte  unb  burd)  Säuld^cn  gc= 
teilte  fenfierartige  2)ur($bred^ungen  bcr 
üJiaucr,  bic  nad)  oben  größer  unb  jaf)l* 
reicher  werben.  Oft  gcljt  ber  Jurm  oben 
ing  5ld)ted  über.    S)ie  Vermittlung  Bom 


600 


SRomanifd^c  Saufuufi. 


S5terccE  inö  ^c^tedf  gcfdjic^t  mittelji  ein« 
fad)cr  f($rdger  5tbbact)ungcn.  iUbgebedt 
tt)irb  bev  Jurm  in  ber  ategel  buvd) 
einen  einfa(i)en  etttjaö  niebrigen  unb  gc= 
btücften  ^elm. 

2)en  ajtittelpunft  ber  SZßejlfaQabe  bilbct 
ia^  ^auptportal,  beffen  SBanbe  auf 
ibciben  ©eitcn  ftci^  t)on  innen  nacf)  au§en 
crireitern  unb  me^rfad)  rec^tminflig  ein* 
gcfc^nitten  ftnb ,  in  meiere  ®in[d:)nitte 
gleichwie  bei  ben  *t?feilein  fd)lanfc  €'äüh 
dien  gefieClt  tueiben.  5lbgebedt  ifi  ta^ 
^Portal  jletö  burdi  eine  reiche  QU'c|iDoUe, 
beten  ©lieberung  fid)  berjcnigen  ber  «sieitens 
hDÜnbc  anfd)lie§t,  unb  bie  oft  uon  einem 
f[ad)en  ©iebcl  überbeut  wirb.  5S)ic  eigent« 
lic^e  ©ingangßoffnung  wirb  meijt  borijon» 
tal  obgebedt'unb  bilbct  ftc^  bort  boburi^  eine 
^albfreiöförmige  f^^iidie,  tai  fog.  Jipm? 
panon,  auf  bem  t)äuftg  JReliefbarfteÜun« 
gen  auögefütirt  würben.  Überhaupt  ent= 
faltet  ftd)  an  ben  *CortnIen  bie  ooHe  $rad^t 
ber  Dvnamentation.  Über  bem  portale 
öffnet  ftdi  mand)mal  ein  gro§e^  freiö* 
förmigem  5'C"fifi^-  ^<^^  burcfe  nad)  bem 
(Zentrum  laufenbe  ©eftmsfiabe  gegliebert 
iji  unb  wegen  feinet  rabä|)nUd)en  ©e^alt 
ben  9t amen  SRabfenfier  erhalten  batte. 
S)ic  wa[)ve  *}tuöbilbung  follte  baöfelbc  ctfi 
im  gotifd)en  Stil  ert)atten.  Oben  fd)tie§t 
bie  Sßefifagabe  entweder  mit  bem  ©iebel, 
ber  burd)  iai  "^ad)  bee  SWittcIfd)iffeö  be= 
bingt  ifi,  ober  es  legt  fid)  ein  ^od)* 
aufragenber  Duerbau  aU  SBerbinbung 
^wifc^en  bie  stürme.  Sieben  ber  einfad)en 
Slnlage  bev  jwei  2Befitütme  finbet  man 
Bei  romanifd)en  Äird)en  aber  anä)  nod) 
anbete  mannigfaltige  21norbnungen  oon 
Slürnun,  welcfce  ben  bebeutenberen  Olbtei« 
unliJ?atf)ebralEird^en  eine  großartige  pradbt» 
»üüc  ©ruppicrung  üerieiben.  SBcfonberä 
crf)ebt  fid)  oft  über  ber  2)urd)fd)neibung 
»om  ßangs  unb  Eiucr^auß,  auf  ber  fog. 
SSicrung  ein  mäditigcr  turmartiger,  meifi 
ad^tecfiget  Äötper  au^  ber  ÜJtaffc  bcö  ®c= 
Mubeö,  ber  bejiimmt  ifi,  in  feinem  Innern 
bie  .Kuppel  aufjunel)men,  bie  man  ob  ber 
iBierung  bei  llufna^me  beä  ©ewölbebauö 
au«äufü^ren  pflegte.  3n  feinem  ijiiußern 
ifi  berfelbe  oft  rcid)  mit  Qlrcaben  geglie« 
bcrt  unb  fdilie^t  mit  einem  polijgonen 
^pramibenbad)  ab.  Qu  biefen  fuppelartigen 
iütmen  treten  bann  oft  ju  beibcn  «Seiten 
tti  (iljorc^  ober  am  6nbc  ber  9tebcnfd)iffc 
fd;lanfe  Sürme  t)inju,  ja  manchmal  wie« 
berf)olt  fid)  bie  Äuppcl  auf  einem  jWeiten 
Äreujfd)iff  unb  ocrbinbet  ftd)  aud)  ^iet 
mit    jWei    Jürmcn,    wobuid)    bie    ganjc 


'llnlagc  einen  ungemein  fiattlid^cn  ©in* 
btud  gewinnt.  5lud)  in  bet  5tbbedung, 
fei  bicfclbc  maffte  obet  auä  ^olj  fon» 
fituiett,  jeigt  ftd)  «ine  mannigfad^e  SSet« 
fi^ieben^eit  in  Rümpfen  unb  fd)Ianfen 
|)elmen,  in  ^ädictbäc^ern  :c.  jc. 

Wit  au  biefen  ©liebern  beö  Saueä 
oetbinbct  fid^  nun  eine  reid)e  Drna* 
mentif.  Welche  teilö  bem  oegetatioen 
ßeben  angeprt,  jebod)  niemals  bcfiimmtcn 
Dhtturformcn  nac^gebilbet  ifi,  fonbern  nur 
in  fräftigen  QÜQtn  ein  mebr  ftilifiifc^e^ 
allgemeine^  ©efe^  ju  erfennen  gicbt,  teitä 
ibre  SDJotioc  auä  oerfdjlungenen  unb  oer« 
Enotetcn  93änbern,  SRaaubcrn,  weUenföt« 
migen,  jidjadattigen,  gebtod)enen  öinien, 
6d)uppen,  Sd)ad)btetmufietn  u.  betgl.  ju* 
fammenfe^t,  teill  enblid)  ju  biefen  %ox' 
mcn  Siet«  unb  SDlenfc^enleibet,  monfitöfe 
©ebilbc  allet  21tt,  oft  »on  tief  fpmbolis 
fd)em  ©ebalt,  oft  lebiglic^  5tuöflüffe  not» 
bifd)er  «pt)antafiif,  gefeüt. 

9Wit  ber  reichen  ©lieberung  unb  S)efos 
ration  t)ing  aufä  Snnigfte  ber  färben« 
fd)mud  jufammen.  2)erfelbe  befianb  nic^t 
afletn  in  ©arfieüung  {)etUger  $erfonen  unb 
®efd)id)ten  an  ben  breiten  SBanbfldc^en, 
fonbern  aud)  auö  einer  Semalung  bet 
©lieber  unb  Ornamente,  ber  Säulen, 
©eftmfe ,  ©ewölbrippen  k.  3n  biefcr 
polt)d)romen  Qluöfiettung  beobachtet  bie 
bie  romauifd)e  Äunfi  ein  befiimmteä  ©efe^ 
rf)t)t^mifd)en  2Bed)feli3.  2)ie  ^auptfarbcn 
fmb  rot  unb  blau  mit  binjugefügter  SBcr« 
golbung.  'ün  bem  einen  ^ünbelpfeilet 
t)aben  bann  oft  bie  Säülenfapitdlc  blaue 
Dtnamentc  auf  totem  ©tunbe,  wät)teiib 
am  gegcnübetliegenben  tai  95et^ältni^ 
getabe  umge!el)tt  ifi. 

3n  ben  bejeidjneten  ©tunbäügen  be= 
battte  bet  tomanifd)c  Stil  biö  weit  übet 
^ie  ODiitte  bee  12.  3a^tt)unbettä.  Um  bicfe 
3eit  abet  madien  ftd)  innet^alb  beö  lo« 
manifdien  ^otmgebieteö  Stfd)einungen  bc» 
merfli^,  bie  in  gewiffem  ©rabe  bie  {Rein* 
beit.  unb  Strenge  beä  Stileö  oerwifd^en 
unb  an  bie  Stelle  feiner  bei  aQer  ÜHannig« 
faltigfeit  im  (Sinjelnen  boc^  impofanten 
Diul;e  ein  unrul)igeö  S($wanfen  unb  felbfi 
ein  jwedlofeö  Spiel  mit  ©lieberungcn 
unb  .Ronfiruftionei=@lementen  fefeen. 

©runbanlage.  2Iufbau  unb  Einteilung 
ber  iRäume  bleiben  jwar  im  üöefentlicben 
bicfelben,  allein  eö  madbt  ftd)  t)ai  Se* 
fireben  nod)  größerer  Seid^tigfeit  unb 
Sd)lanf^eit  geltenb  unb  jU  ben  auf  ben 
böc^fien  ©rab  beö  SReicbtumö  unb  ber 
3ierlidl)feit  entwidelten  Q^ormen  bcö  alten 


Dtomani[d)c  Saufunfi. 


601 


©titö   gc[e(It    ji^   aU   frembattig   neueä 
(SUment  noc^  bct  ©pi^bogcn. 

SÖfan  nennt  bicfc  ©ntnncflung^fiufe 
ttJeil  fte  jnjtfcfien  ftreng  romanifc^cm  @til 
unb  ©ot^if  bic  SWittc  {)ält,  ben  Übcr  = 
gangöfiil.  3"  J^ranfreid)  Um  bcr= 
fclbe  nie  jiit  ©eltiing.  3"  furjer  i^rifi 
^atte  ftc^  bort  bcr  gotl)i[(i)c  ®til  gebilbct. 
©eine  Slütcjett  [anb  bet  Übergangöj^il 
in  2)cutfd)Ianb,  baä  mit  jabcm  gcft^attcii 
am  Übcriiefetten  fid)  no($  lange  gegen  ben 
fon  ^ranfvcid)  einbrecf)enbcn  äuögcbilbeten 
goti[d)en  ®tit  firäubtc. 

2)aö  ^erforftec^enbfte  ÜJ'Jcrfmal  be« 
Uebergang^pilö  ifi  wie  fcf)on  betont  bev 
igpi^bogen,  bet  jucrj^  eine  »ormiegenb 
befotiitioc  ©tcKung  im  Jnnern  ber  Äircfte 
einnimmt,  balb  aber  [xi)  beim  ®ettiölbe= 
bau  einbrängt,  ba  burdb  *2lnmenbung  bcö^ 
fclben  baö  Übernuilbcn  nicfet  quabratifcber 
9^elber,  mittelfi  Ärcusgemölben  bebeutcnb 
erlei(i)tert  mürbe,  benn  beim  «Spitzbogen 
fonnte  über  gegebener  Sprengmeite  eine 
beliebige  ®^eitell)öt)e  erlangt  »erben, 
mäbrenb  biefelbe  beim  O^unbbogcn  ein  für 
aüe  mal  gegeben  nmr  unb  bem  Übeljianbe 
nur  burd)  unnatürlidjeö  Srpben  bcr 
Ärciöbogen  über  ben  *IRitteIpunft,  burcf) 
fogenannteö  ©teljcn  abgel)olfcn  merben 
tonnte.  3nbejTen  bcbält  bcr  Spi^bogen 
im  Übergangäjlil  bod)  immer  no^  eine 
[ebr  gebrücfte  ®ejialt.  Dagegen  fam  es 
immer  met)r  in  ©ebraud)  bic  ©Beitel  ber 
Ärcujgen^ölbc  in  bic  $öf)c  ju  jiebcn,  fo 
ia^  berfelbc  bebeutcnb  £)öber  lag,  al^  bic 
©d)eitel  ber  äugebörigcn  ©urtbogen.  2)a«i 
Streben  nad)  jicrlidicn  aSerbättniffen  gibt 
ftc^i  aber  namentlid)  aud)  an  ben  $rofc= 
lierungen  ^n  crfennen,  5ln  ©teile  ber 
einfadien  SBuIfie  treten  |)obIfebIen  u.  bgl. 
SBabrfdieinlid)  angeregt  burd)  baö  iBorbilb 
be^  franjöfifdicn  gotbi[d)en  ©tileä  mürber 
bie  Äanten  beö  ©cmölbes  (an  ben  ®iago= 
naicn)  mit  runbprofHierten  Ärcujrippen 
auögefiattet,  fo  ha^  bic  großen  gl^'cben 
bcr  ©cmölbc  eine  uiel  fiftärfer  marfierte 
Einteilung  jeigen.  Der  ^iueibilbung  bcö 
©cmölbcbauö  entfprid)t  bie  be^  *l>feilerö, 
bcr  oft  eine  ÜJtengc  oon  Sdfirul^en  unb 
^albfäuld)en  crt)ält.  itbcrbaupt  merbcn  in 
iicrfd)n)enberifdier  SBcifc  fd)Ianfe  ©auld)en 
an  SBänben  unb  SDJaucrcdcn,  ober  in  ben 
5lrcabcn  ber  Äreu^gänje,  einjeln,  paarmeifc 
ober  JU  mehreren  iierbunbcn,  Yocii  oft, 
namcntli<^  in  Ärcujgängcn  ju  glänäcnber 
entmidlung  bcr  Qlrdnteftur  fü^rt. 

53e5tt)edtcn  aüe   biefc  Steuerungen  eine 
Icbenbigere  ©licbcrung  ber  SEHaffen,  fo  mar 


e^  natürlid^,  ta^  baefelbe  ©trebcn  fic^ 
auc^  am  ®runbri|  fclbj^  burc^fet5te.  Die 
balbrunbc  (£t)ornifc^e  geriet  mit  if)rcr 
rubigen  ßinie  in  ©cgenfa^  gegen  bie 
9lid)tung  ber  neuen  Saufunfl:  unb  brad) 
man  beöfjatb  bic  iRunbung  in  ein  ^oltjgon. 
?lber  audb  bie  niebrige  bunflc  ®ruftfird)e 
fiimmtc  nicftt  me^r  ju  bcr  nad)  ßicbt  unb 
Freiheit  jlrebenben  SRicbtung.  SD^rn  tie§ 
jic  beöbatb  bei  neuem  ©auten  ftetä  fort. 

Der  Umgefialtung  beö  3""ei^"  folgte 
balb  aucb  bie  beö  Qlutern.  "Jim  erfolg« 
rcid^jten  ermieö  ftcö  ^ier  bie  '■Jlusbilbung 
ber  j^enfter.  Qtuögefienb  uon  ben  ^enfter* 
gruppen,  mie  fte  fd)on  bcr  romanifd)e  ©til 
gefd)affen,  fam  man  balb  baju,  biefc  meifi 
äu  breicn  angeorbneten  ^cnjter  in  ein 
genftcr  jufammcnjufaffcn  unb  bie  frühere 
teilenbe  'ißanbfläd)c  bur^  fd^lanfc  ©äul« 
d)cn,  bie  in  ber  SDiitte  meift  einen  SRing 
erbietten,  ju  crfe^en  unb  benfelbcn  fiatt 
bee  JRunbbogenä  ben  ©pi^ogeu  ju  geben. 
9? od)  freier  oerfäbrt  man  ta,  mo  ämei 
^cnfter  jufammengeorbnet  merben,  tv»o 
bann  bie  obere  gläd^e  burd)  ein  fleine^ 
Dreiblatt,  ober  9'lunbfenfier  burd)brod)en 
mitb.  <Mud)  bie  frühem  iPaibfenficr  ent« 
midelten  ftd)  ju  brillanten  9tofenfcnftern. 

Oft  finbet  man  aud^  felbfi  balbierte  ^at' 
fenjler,  ^cnfter  in  5äd)erform  unb  nod> 
anbere  auffaticnbc  ©ilbungen. 

Die  *1}ortaIc  bebaltcn  im  mefent* 
Iid)en  bie  reid)c  ©cftalt,  bcr  romanif^en 
Spod)e,  inbeffen  tritt  aud)  f)icr  an  ©teile 
bcö  SRunbbogen^  ber  ©pi^bogen  ober  bcr 
Dreiblatts  ober  Ätecblattbogen,  wobei  bie 
*-8ogcnIinic  gebrod)en  unb  aus  brei  .Rrciö« 
teilen  jufammengefc^t  mirb.  Ja  fogar  bcr 
maurifdbe  ^ufeifcnbogen  mirb  angemenbet. 
Dem  entfpred)cnb  roetbcn  aud^  bie  ®c= 
ftmfc,  namentlid)  bic  fo  d)arafteriftifd)en 
SRunbbogenfriefe  umgefialtet,  mobei  ftd)  bic 
SRunbbogen  bann,  oft  in  cinanbcr  Per« 
fd)lingen.  3m  Übrigen  bleibt  für  bic 
©licbcrung  be^  «JUifern  baö  ®efe^  be« 
romanifcbcn  ©tites.  9Zur  an  bcii  türmen 
bemerft  man  ein  fc^Ianfereö  '}lufitrebcn, 
maö  ftc^  namentlich  in  ben  fteilern  Da^« 
bclmen  funbgiebt. 

Das  ©trebcn  nad)  fräftigerer  SBirfung 
burd)bringt  nun  aud)  aüt  Dctail'3.  *2ln 
©äulenbafen,  Dedplattcn  unb  ©cftmfcn 
mirb  burd)  tiefe  *.HuöfebIung  unb  Unter« 
fd)neibung ,  fomie  burd)  fcbarfeö  SSor« 
fpringen  ber  rnelfad)  gebäuftcn  ©lieber 
eine  fd)I(igenbe  ißirfung  erjicit.  Daö  Or« 
nament  errcid)t  oft  ben  böd)flen  ©rab  an 
©d»önl)cit  unb  (Sleganj.    5ln  bi-n  Kapitalen 


602 


SRomanifc^e  Saufunfi. 


irtrb  bie  fcfttanfcrc  Äe^Iform  übeririegenb 
gebraudE)t  unb  namentlid^  mit  fnoepen* 
artigen,  an  langen  Stengeln  fi^enben 
Stättern  auögcftattet.  2)cr  Schaft  ber 
langen  bünnen  ©äulen  erhält  I)äufig  in 
ber  nJiitte  einen  (Ring.  Oft  brtd)t  auc^ 
bie  Säule  in  fialber  |)öt)e  plö^Iic^  ab  unt» 
t)e5cid)net  bie  ©teile  it)reö  ^uftjörcnö  burc^ 
teicftgejierte  fonfolenartige  ©lieber,  tt)at)r* 
f(^einlicb  ein  SWittel  um  iRaum  ju  ge= 
ttinnen. 

(Segen  bie  3!J?itte  bes  13.  ^aör^unbertö 
mu§te  ber  Übergangefiil  bem  tion  ^ranf^ 
teicfc  einbrecf)cnben  gotf)ifcE)en  iai  ^di 
räumen. 

b)  iUbtt)eid)enbeÄir^en-5tnIagen 
unb  anbere  Sauten.  Qu  ben  eon  ber 
Saftlifaform  abrt»eid)enben  ^^ormen  gc 
I)ören  »orcrft  bie  einfa(^en  ©orffirc^en,  bie 
meifienteile  nur  einfct)iffig  jtnb  unb  beö 
Duerfäjiffeö  entbeljren.  daneben  trifft  man 
aber  auc^  jmetfc^iffige  Einlagen  mit 
jtt)ci  gleid)  hoben  unb  breiten  ©d^iffen. 
5(u^erbem  giebt  eö  eine  Heine  S<xi)l  tixä)' 
lieber  Sauttjerfe,  n^eld^e  auf  bie  freiö^ 
runbe  ober  polijgone  ^orm  jurücf« 
gc^en,  beren  ^nnenraum  entweber  ungeteilt 
be^anbelt  unb  mit  einer  Äuppet  bebcdt 
ttiurbc  ober  einen  burcf)  ©äulen  ge* 
trennten  niebrigern  Umgang  erf)ielt.  Se* 
liebt  roar  biefe  ^oi^"^  befonbcrö  für  Sauf- 
unb  Jotenfapeüen. 

(Jine  fet)r  originelle  Sauanlage  treffen 
tüirin  ben  fogenannten  ®  oppetfapellen, 
bie  man  namentlid)  auf  Surgen  finbet. 
hierbei  ftnb  ^mei  Äapeüen  »on  berfelben 
©runbform  aufeinanber  angelegt  unb  Dcr= 
bunben  burcf)  eine  in  bem  ®ewölbe  ber 
untern  Äapeüe  gelaffene  meite  Öffnung, 
tt)et(i)C  ben  oben  SBeilenben  geftattete,  an 
bem  in  ber  unteren  .ftapeüe  gehaltenen 
©ottcöbienfie  leil  äu  net)men. 

JRicf)t  fo  fel)r  im  ©runbplane,  aber 
bafür  befio  entfc&iebener  im  Qlufbau  meieren 
bie  fogenannten  ^allenfirc^en  üon  ber 
!^errfd)enben  Saftlifenform  ah,  bei  melcf)en 
bie  brei  ©d^iffe  gleid)  i>oä)  unb  oft  auct) 
beinahe  gleicf)  breit  gemacht  mürben. 

35ie  Äirc^cn  maren  meifi  mit  fl  öftere 
ticken  ©tiftungen  oerbunben ,  beren 
umfangreicf)e  ©ebäube  fid)  an  biefelben  an- 
fcf)Ioffen.  3"^^  Serbinbung  ber  eiujelnen 
®ebäube  bientc  ber  Äreujgang.  2tn  if)n 
fc^Io§  fid)  ber  Äapitelfaal  unb  tai  SRefef» 
torium,  fomic  bie  anbcren  iRäiime  an.  3)er 
ganje  Sejirf  mürbe  mit  «Wauern  umjogen 
(fre()e  5trtifcl  Älofteranlagcn.) 

SDic    ^rofanarcfiiteftur    ifi    nod^ 


oormiegenb  einfach),  unb  einjig  macf)t  etma 
bie  ©(J)Io§arc£)itef tur  5Infprud)  auf 
fünftlerifc^e  ©ejialtung,  fo  j.  S.  bie 
SBartburg.  £)ie  bürgerlict)e  ^Ircbiteftur 
aber  ifi  nur  äufcrjl  auönabmömeife  in 
biefer  ©poc^e  fcf)on  ju  monumentaler  fünfi« 
lerifc^cr  Qluöprägung  gelangt.  Singetnc 
romanifc^e  Käufer  I)aben  ftd)  in  Jricr  unb 
^bin  erf)alten,  einen  fcitenen  Oteid^tum 
frübmittelaltcrlic^er  5tr^iteftur  bema^rt 
®oöIar. 

3)  ^ijiorifd^cr  2tbri^.  5Die  arcf)i« 
teftoni[cf)e  Scmegung  fcf)reitel  mä{)renb  ber 
romanifdben  (5pocI)c  in  ben  einjelnen  Öän«  . 
bem  fo  öerfd^iebenartig  oor,  ta^  eö  bei*  l 
na^e  unmögti*  ifi,  eine  fejle  gefd&id^tlid^c  ' 
(Sinteilung  aufäufieöen.  ülnx  fo  Diel  Iä|t 
fid)  im  ^itlgemeinen  »orauäfc^icfen ,  t>a^ 
ber  Saujtil  mäf)renb  be^  11.  Jafir^unbertö 
burci)meg  eine  gemiffe  ©trenge  unb  ©in* 
fad^tieit  at^met,  ta^  er  im  Saufe  beö  12. 
3abr^unbertö  feine  reicbfie  unb  ebelj^c 
Slüte  entfaltet  unb  gegen  (Snbe  biefeö  unb 
im  erftcn  Siertel  beä  13.  S'Jf'i^^unbertg 
jum  Seil  ausartet,  jum  Seil  fid)  mit  ge« 
miffen  neuen  formen  »erbinbet  unb  ein 
bunte«  ©emifd^  »erfd^iebenartigcr  Elemente 
barbietet. 

J^lac^gebccfteSafilifen  »on  großer 
©trenge  unb  ©infac^^ett  ber  Se^anblung 
finben  [\ä)  namentlich  in  ben  fäc^ftfc^cn 
©egenben.  Überaus  altertümlid^  unb  fireng 
erfd^eint  bie  Äirc^e  ju  ©ernerobe  (ge* 
grünbet  961.)  ^xmx  unb  ebler  gejialten 
frd)  bie  antifcn  SRem.iniäjenjen  in  ber 
©dilopirc^e  in  Duebtinburg.  3luö  bem 
Qlnfange  beö  12.  Ji^^i^^unbertö  batircn  bie 
glänjenben  2Berfe  in  Isilbeö^eim,  mic  bie 
®ert)arböfir(i)e  (1146)  unb  bie  SRic^aeliä* 
firct)e  beg.  1033  erneuert  1186),  mit  i\)xtx 
boppclä)örigen  Einlage,  S^orumgang  unb 
reid)er  Surmanlage. 

(JinfadE)ere  2lnlagen  Don  firenger  2)urd^« 
füt)rung  beö  ©emölbcbaueö  ftnb  bie  Sifier* 
jienferfirc^cn  ju  Socuum  unb  Dlibbagliaufen, 
bcibc  mit  gerabem  6borfc^Iu§  bei  le^terer 
aber  mit  Umgang  unb  Äapeüenftanj. 

Qlm  9ll)ein  ifi  eine  ber  mäd^tigfien 
©äuIenbaftUfen,  bie  1030  gegrünbete  Älo* 
fierfirdie  ju  Simburg;  ferner  ber  1047  bc« 
enbete  2)om  ju  Srier. 

5lnbere  ©äulenbaftlifcn  I)aben  ftc^  ju 
^eröfelb  ( 1 047)  ^irfc&au  (1071)  ©c^maräad), 
Äonfianä,  ©d)aff[)aufen  erhalten.  5llä  Sei* 
fpiele  für  *PfetIerbafilifcn  mögen  bie  2)ome 
Don  ffiürjburg  unb  'ilugöburg,  mehrere 
Sauten   in   Ctegenäburg,    ber   2)om    Don 


SHomanifcf)c  iSitöncrei. 


603 


©aljburg  (1127),  ber  2)om  tion  ®urf  unb 
^ünffirc^cn  angefül;rt  fein. 

2)er  ©cnjölbebau  trug  in  I)eutf(f)s 
lanb  ^uerft  in  bcn  r^einifc^cn  ©cgenben 
bcn  @icg  über  bie  flad^gcbedtc  ©oftlifa 
baoon.  liierter  gcprt  bcr  boppeI($örige 
3)om  }u  ÜJJdnj  (nacf)  einem  ®ranbe  1081 
begonnen),  ber  2>om  ju  ©peier  (1030 
gegrünbet),  ber  5Dom  ju  2ßormö  (1181 
eingcweit)t),  bie  Qlbteifirct)e  ju  öaad)  (1156 
»oüenbet).  Qtfle  biefe  SBautcn  jeigen  auc^ 
bereite  bie  reid)e  lurmanlage  mit  iBierung«= 
türm  unb  mefirercn  Ireppentürmc^en. 

Sine  originelle  Einlage  iji  bcr  jierlicbe 
3entralbau  ber  £)oppelfirc£)e  ju  ©cfimarj* 
rt)einborf. 

3n  mcfentlic^  tterfd^iebener,  aber  eben* 
follö  in  fünftlerifd^  bebcutfamer  SBeife  ent- 
mictelt  baö  alte  Äöln  feinen  Äird}cnbau. 
(Sinö  bev  frü{)ef!en  3?enfmaler  ift  (gf.  SDJaria 
im  Äapitol  (1049  geweilit).  Der  Sau  iji 
Bon  origineller  JiiSpofttion.  ©ottjof)!  ber 
(5,t)or,  alö  aud)  bie  beiben  Ärcujarme  fmb 
im  ^albfreiö  gefd)Ioffen,  aber  iioüfldnbig 
öon  niebrigen  Umgängen  umjogen.  3)iefe 
jentralifiercnbe  23ebanblung  ber  6,t)orpartie 
fanb  im  ßaufe  beö  12.  3«^tbunbertö  an 
©t.  5lpopeln  unb  ®ro^.  ®t.  SWartin  eine 
mcitere  51u^bilbung.  SBei  le^terer  Äird^e 
namentlid)  in  bem  impofanten  S8ierung^= 
türm,  auf  beffen  (Sden  üier  fd)Ianfe  Sürm* 
d^en  üortreten.  2)aä  Gepräge  beö  Über« 
gangöjliiä  jeigt  ®t.  ©ereon  (1212— 1227). 

3n  ber  tüeitern  Umgegenb  Äölnö  er? 
fctieint  bie  iRuine  ber  5tbtciftrdt)e  ju  ^jctfier* 
iaä)  befonberü  burc^  bie  Sborbautc,,  al^ 
originelle  Äompofttion  im  Stile  beö  Über« 
gangö.  2)erfclbcn  ^ät  get)ört  hai  nic^t 
minber  prad^tige  ÜJJünfier  in  33onn  an. 

51m  9Wittehf)ein  crfd)eint  ber  Über= 
gang^Pil  an  bcr  mit  fla(i)gebecttem  8ang= 
^aug  t)erfet)enen  $farrfird^e  ju  ®elnt)aufen 
(1235  eingeweiht),  üorjüglid^  aber  am  S)om 
ju  ßimburg  an  ber  ßaf)n. 

Ungleid^  firenger  unb  fd)li(^ter  tritt 
ber  (Semölbebau  in  ben  mefifälifd^cn  unb 
fä^ftfc^en  ©cgenben  auf,  fo  am  2)om  ju 
©oeft.  3)ie  Übergangöepod^c  ifi  burc^  ben 
S)om  JU  SRünfier  vertreten.  SRamentli^ 
flnben  ftd)  in  2BefifaIen  einige  |)aüenfird)en, 
»nie  JU  ^erforb,  <Caberborn  unb  9Wett)Ier. 

3n  ben  fdcbftfc£)en  ©egenbcn  tritt  bie 
SBölbung  in  SBerbinbung  mit  bem  alten 
firengen  Saftlifenftil  be§  8anbe8  juerjl  U- 
beutfam  am  2)om  ju  23raunfd)tt3eig  (1171) 
auf-  S^m  folgt  bie  Äir^e  ju  'Äönigö« 
lutter.  2)en  Übcrgangöfiil  bejeic!^net  ber 
1242  gemcif)tc  Dom  ju  P^aumburg.    S)cn 


®ipfel  erreicht   aber  berfelbe  im  3)om  ju 
Samberg. 

Unter  ben  gemölbten  Sauten  beö  füb= 
lidt)en  5Deutfd)lanbg  unb  ber  beutf^en 
Sc^meij  ftnb  bcr  Dom  ju  grciftng,  bie 
(gtiftöfir^ie  ju  (Söwangen  unb  ber  ®ro§< 
münfier  in  ^üxid)  I^eröorjulicben. 

%xüi)  unb  bebeutenb  tritt  bcr  ®ctx)ölbe= 
bau  im  (£lfa§  auf.  3m  firengen  <Stil  be« 
11.  3ö^'^^""^«'^*^  crf(i)cint  bie  Äirct)c  ju 
Dttmare^eim,  eine  tt)o^Iert)altene  9tad)bits 
bung  beä  farolingifc^cn  SOtünftcrö  ju 
'■Mact)en.  Qluö  bcr  f^rü^jeit  bcö  12  3af"^' 
I)unbcrt^  fiammt  bie  21bteifir^e  SWurbad), 
bie  ^n^t  JU  ®ebmeiler,  bie  öpiid)cn  leite 
unb  tai  mäcf)tigc  Q.uerfc^iff  bc«  ®tra§s 
burgcrmünfler^. 

Überauö  reic^  unb  glönjenb  l)at  ftd^ 
gerabe  bie  le^te  Gpodf)c  beö  iRomaniömuö 
in  bcn  öjicrreic^ifd)cn  ßänbcrn  ausgeprägt. 
3n  SDien  jäblt  bie  ^apabe  bcr  ©tep^anä- 
fircfec,  fomie  ber  eble  Schiffbau  ber  *DJicf)aelä= 
firc^e  i)ier{)er.  Dem  Übcrgangsfiil  gepren 
bie  (I.ifierjicnferf treten  ju  |)eiligenfreuj, 
ßilienfeib  unb  3tt)ctl  an. 

Siö  tief  nac^  Ungarn  unb  (Sieben- 
bürgen binein  flnben  mir  biefen  prächtigen 
®til  verbreitet.  "S^ai  ^auptmcrf  ungari« 
fd^er   51rc^itcftur  ifi  bie  Äirc^e  @t.  3äcf. 

®inc  für  fic^  burdbauö  gefonbertc  ®ruppc 
bilbcn  bie  Saumerfe  bcr  SJJorbofilanbe, 
meiere  meiji  in  3ifgelj^.ein  aufgeführt  mcr« 
bcn  mußten  unb  im  ?tu§ern,  ha  ftc  un= 
ücrpu^t  blieben,  eine  malcrifcbc  SBirfung 
erjeugtcn.  Piamentlic^  ergab  ftd^  für  bie 
Dctailbilbung  mandf^c  Umgcftaltung.  Die 
Safen  mürben  r»ercinfa(^t  unb  bie  Äapitälc 
auö  ber  2BürfeIform  in  ben  maffigern 
23adfftcindt)araftcr  übcrfe^t.  Dft  aücrbingö 
natim  man  für  biefc  Detailö  aud^  ben 
^auftcin  ju  ^ilfe.  Unter  ben  üor^anbenen 
DenEmalen  fte^t  bicÄloPcrfirc£)e  ju  3ericf)ot) 
in  ber  5lltmarf,  eine  f(ad)gebedEtc  ©äulen« 
bafilifa,  aU  einä  ber  bcbeutcnbfien  93ci» 
fpiele  i)a. 

3n  gleicher  5fJ?annigfaltigfeit  unb  !)3racf)t, 
mic  in  Deutfdblanb  bilbcte  ftd^  ber  roma« 
nif(f)c  Saufiil  and)  in  ben  übrigen  üm- 
bern,  in  S^iJ^i^"-  jjvanheic^,  Snglanb, 
©fanbinapien  unb  Spanien  auö. 

9?i)manif^c  SBilbnerci  2öie  bie  romani» 
fdE)e  "Mrc^itcftur,  na^m  bie  romanifi^e  Silb» 
ncrei  junädf)ji  bie  (Elemente  bcr  altdf)rifis 
licf)en  Äunft  unmittelbar  auf,  unb  leimte 
ftc^  in  Scd^uiE,  Sc^anblungömcifc,  ©til 
unb  ®ebanfcnricl)tung  ganj  an  bie  S^jans 
tincr  an,  bie  allein  nocf)  im  Sefi^  einer 
gewiffcn  Äunjibilbung  waren,   ^nht^  jcigt 


604 


5Romanifd^c  Sitbncrei. 


fic^  t)oi)  [cf)on  \xüi)  bas  Streben  beä  felbs 
fiänbig  ettt)ad)ten  ®ei|leö,  tüa«  f\i)  naments 
iic^  an  ber  weitem  5lusbilbung  ber  »on 
bcn  i8t)jantincrn  übetfornmenen  altdfjtift:; 
lieben  Spmbolif  ju  erfennen  giebt.  51ber 
aui)  in  ber  äufern  93ef)anblung  jeigt  ftc^ 
nac^  unb  nadb  eine  gewiffe  Strenge  unb 
93ejlimmt{)eit  beö  «Sinneä ,  bie  uon  ber 
in^attlofcn  Srocfenbeit  unb  Starrheit  ber 
bpjantinifcfien  ÜBerfe  tvefentlid)  abweid)!. 
3u  üoüer  Selbfiänbigfcit  entfaltet  jtdf)  bie 
tomanifcfee  ©ilbncrei  erjt  gegen  bcn  (£cf)Iu§ 
ber  ^^criobc.  I)eutfcbtanb  »ornefimlic^  ge^ 
Bü^rt  ha^  93erbienft ,  bas  Sebeutenbjie 
geleitet  ju  ^aben.  Italien  eif^eint  nod) 
ju  unfähig  ju  eigcnttid)en  fünfllerifd^en 
Seiflungen  unb  erfi  am  Sc^Iuffe  ber  Spocbe 
jeigt  ftcft  auc^  bort  ein  gro§artigcä  unb 
bebeutfamcs  Streben  im  SBereid^e  berÄunfi 

jDie  (ßlaflif  iji  ä^nüc^fi  burc^  maniic 
SBerfe  ber  ^leinhinfi ,  namentlich  ber 
(5If enbeinfc^ni^erei  vertreten,  rt)elct)e 
ttä^rcnb  ber  ganjen  romantfchen  (Spod^e 
mit  befonberer  ißorlicbe  geübt  würbe,  '^bn 
(Srgebniffe  bitbeten  einen  anfe^nli($)en  33e= 
jianbtetl  jener  t>ielt3ejialtigen  ^runfgeräte, 
93ü($erbccfel,  tragbaren  Elitäre,  S^S^*  ""b 
Irinffiörner  :c.  Sine  gro§e  ^a\)l  fol&er 
5lrbciten  ^at  fid)  in  Sibhotbefen  unbÄunf}= 
fammlungen  erbalten.  Sie  ju  welcher 
SRobbeit  bie  33ilbnerei  berabgefunfen  war, 
bcweifi  bev  angebliche  SRetiquienfaften 
^cinri(ä)S  I.  in  ber  @d)Io^fircf)e  ju  Queblin= 
bürg,  ju  welcher  5lrbett  ein  2)iptt)ct)on  in 
ber  Sammlung  beä  .^otet  (Jlunp  in  ^ariö, 
infci)riftltc6  auä  ber  ^ät  Dtto  I. ,  einen 
angenefimen  ®egenfa|  bilbet  unb  auf 
Bpäantinifcbc  ©inpüffe  f^Iiefen  läft.  9Son 
bcm  lebenbigen  SRei?,  welchen  bie  fp^am 
taftefüüe  jener  3^^'  "ber  bie  *J3rofangeräte 
in  reicbbaltigcn  33ilbwerfen  ausjugiepen 
liebte,  giebt  ein  im  Il'omfc^a^  ;(u  *Prag 
aufbcwa|)rteö  3«ifl^^orn  eine  Sßorjlellung. 

33on  großer  Sebeutung  ftnb  ferner  bie 
5lrbeiten  beö  (Srjguffe«,  beren  ^crror^ 
tagenbjlc  in  I)cutfd)lanb  fi^  an  bie  *Per= 
fönlidbfcit  bcö  33if(^of0  Sernwarb  üon  ^iU 
besbeim  (t'023)  anfnüpfen.  Sein  crfie« 
2ßert  ijl  bie  ef)erne  2£)ür  bee  S)om^  ju 
|)ilbcef)eim ,  beren  Stil  aüerbing«  nod) 
äu^erfi  primitio  ifi  unb  beren  ®ef!alten 
ton  fettfamem  Ungefd)icf  scugen.  ®ben= 
falls  oon  Sernwarb  fiammt  eine  eberne 
Säule,  bie  cf)emals  im  6l)or  bes  2)ome^ 
JU  ^ilbcsbeim  ein  Ärujifif  trug  unb  weld^c 
na^  Qlrt  antifer  93ilbfaulcn  fpiralförmig 
ganj  mit  iRclief  überbecft  ifi  Sclbfi  fc^on 
©rabplatten  r>erfu(i)te  man  in  biefer  früfien 


3eit  auö  ßrj  ju  bilbcn.  35ie  ältejie  ber* 
felben  befinbct  ftc^  im  2)om  ju  SDtagbc» 
bürg.  £)erfelben  ^ixt  enbtid)  gehört  auc^ 
eine  Sronjefigur  eineö  leucfetertragenben 
SOJannes  im  Dom  ju  Erfurt  an.  Qlu^  einer 
riorgef(i)rittenern  Spoc^e  fiammt  fobann 
ein  gro§eö  Saufbecfen  im  St.  Sart^etcmi) 
in  Süttic^,  tai  tJon  ÜJieifier  ßambert 
«Patraö  t>on  35inant  1112  gegoffcn  würbe. 
Sin  anbere^  2BerE  berfelben  Spod)c  be* 
wa^rt  ber  2)om  ju  Dsnabrüd.  ?luö  bcm 
13.  3abr^unbert  fiammt  bas  Saufbccfcn 
beä  2)oms  ju  ^ilbes^eim,  bei  beffen  (Re* 
liefbarfietlungen  bereits  ein  frifcbes  iRatut* 
gefül)l  unb  bas  33ebürfnis  nad^  bramati* 
fct)em  Seben  glücflii^  bie  fiarre  br)jans 
tbinifdbe  ^^orm  burc^brtc^t.  hieben  biefen 
größeren  SBerfcn  aber  fd)uf  man  in  (5rjgu§ 
tiocf)  eine  SD'Jcnge  ®eräte  für  ben  fird)lic|cn 
ßultuä ,  namenlid)  Scud^tcr ,  wie  bens 
jenigen  in  ber  Stiftöfirc^c  ju  (Sffcn,  im 
ÜRünfter  ju  5lac[)en,  ju  ^ilbes^eim  unb 
Somburg. 

gut  bie  Sfulpturcn  in  Stein  ober 
Stucf  boten  bie  ^Portale,  S^orfc^ranfen 
unb  Seltner  forjüglicbe  ®clcgent)eit.  2)a^ 
10.  unb  1 1. 3dftrl)unbcrt  probuäiertc  in  biefcm 
ÜRatcrial  jwar  nodb  fefir  wenigeö,  erfi  in 
ber  Spätjeit  bes  romanifc^en  Stileö  im 
12.  3af)i^^uni'£ii  gelangt  aud)  bie  Steins 
ffulptur  jur  umfaffenberen  95erwenbung. 
3u  ben  iiltcfien  jäblcn  jWei  Steinreliefg 
im  ÜRünfier  ju  Safet;  in  bie  grübjeit  beä 
12.  3a^r^unberts  fällt  hai  folofTalc  JRelief 
ber  ©fternfieine  in  SBefifaten,  an  einet 
^elöwanb  aufgearbeitet,  bie^rcujabna^me 
barficHenb. 

Sine  ganjc  3lci^c  »on  iRcIicffompos 
fttionen  unb  in  ibncn  eine  fonfcquent  fort* 
fd^reitcnbe  Gntwicflung  lä§t  fxd)  in  ben 
fäcbftf(f)en  Safilifen  nod)Weifen.  3"  ^^n 
ältefien,  nod)  gan^j  firengen  gef)brcn  bie 
in  Stucf  ausgefül)rten  ®efialten  ß^rifti 
unb  ber  *3lpojlel  in  ber  ^ird^e  ^u  ®rönin- 
gen  bei  ^alberftabt.  '^xäa  unb  cntwidel^ 
ter  äeigen  ftcb  bie  Stuctreliefö  an  ben  S^or* 
fd)rant'cn  ber  öiebfrauenfird)e  ju  ^albers 
fiabt.  D[Rinber  cbel,  aber  lebhafter  bewegt 
ftnb  bie  SReliefgefialten  an  bcn  (S^or» 
fdirant'cn  f  on  St.  llJidjael  in  ^ilbcÄf)eim. 
93emerfenäwcrt  ifi  ber  freie  fünjilerifd)c 
|»umor,  ber  fxä)  in  ben  Söcrfcn  ber  fädi)= 
fifd)en  ®d)ulc  Sabn  brid)t,  wie  j.  ©.  an 
ben  Oielicfö  am  (If)or  ju  ÄönigöUittcr,  wo 
bie  SO?omentc  einer  fröblidjcn  |)afeniagb 
bargefieflt  ftnb.  3u  einer  in  bicfcr  (Spocfee 
pd)(i  feltenen  aBoüenbung,  ju  fafi  flafft» 
fd)cr  Qlnmut  cr!)ebt  fic^  bie  Stulptur  an 


Dlofengarten  —  SRofenfranj, 


605 


ben  Äirc^en  ju  2öecf)felburg  unb  greiberg, 
in  erftercr,  junäc^p  an  ben  iHelief«  bet 
Äanjcl  unb  be^  *2lltart%  in  Unterer  an  ber 
fogenanntcn  golbenen  Pforte.  (Sin  üer= 
raanbtcö  auf  lautere  ®c^DnI}eit  unb  freiere 
93en)egunt3  gerichtetem  Streben  erfennt 
man  in  ben  öfilic^en  (I^orfd)ranfen  im 
®om  ju  ^Bamberg. 

!I>ie  mittelalterlid)e  *P^antailiE  unb 
ber  ^ang  ju  fpmbolifi^en  3f'<i}fri  pi^^gt 
ficf)  in  mehreren  portalen,  tt)ie  bemjenigen 
von  @t.  ^aiob  in  SRegenöburg,  namcntlicf) 
aber  in  einer  6äule  in  ber  Jlrijpta  beä 
2)omö  ju  i5reifing  au^.  !Bom  Qu^e  bi^ 
jum  Kapital  ift  baä  ®anje  in  ein  (Sertjirr 
oon  menfc!^Ii(i)en  ©efiatten,  2)rad^en  unb 
anberen  unge^cuerlid^cn  3ufammenfe^ungcn 
aufgelöjl  —  eine  n)abre  Warterfiiule  für 
bie  gelehrte  5(ufllegung.  %ü<i)  €d)«aben 
birgt  eine  SOJenge  bergleii^en  2lrbeiten. 
S^iamentlid)  jeigt  bic  3of)^inniöEirc&e  in 
®münb  neben  unglaublid)  puppenbaften 
(Seflalten  (£l}rifti  unb  ber  J^eiligen  frö{)tict)e 
3agbf5enen  in  erfreulid)er  J'^M^ft^- 

S)en  Übergang  t»on  ber  Sfulptur 
jur  SDJalerei  mad)en  gen)iffe  2Berfc  ber 
beforatioen  Äunfi,  bie  nid)t  bloä  burdf) 
25erbinbung  ber  perfcfeiebenjlcn  Eoftbarcn 
Stoffe,  fonbcrn  auc^  burd)  23crfd)meljung 
ber  plafiifdien  unb  maictifcften  2;ed)niE  ber 
lebbaften  ^runEliebc  ber  3eit  jU  genügen 
fu^en.  SOfeiflenö  würben  üU  ®runblage 
SWetaQptatten  angenommen,  beren  gUii^en 
mit  jierlii^cn  Filigranarbeiten,  mit  bunter 
©maitma  lerei,  mit  foftbaren  ßbelfteinen 
unb  befonberä  mit  antifen  ®emmen  unb 
Kameen  bcbedt  »erben.  Sefonberö  rcic^tig 
unb  aügemein  beliebt  n>ar  bic  2tntt)enbung 
ber  ßmailarbeit,  in  n3eld)cr  r>or  allen  bie 
Äun(lfct)ulen  am  SH^cin,  namentlid)  Äöln 
unb  (Siegburg  QBebeutenbeö  leiileten.  *]3rä(^; 
tigc  SBerfe  fold)er  'Urt  ftnben  f\i)  in  ben 
Äirc^enfd)ä|en  ju  ^ilbe«l)eim,  offen,  Siegs 
bürg,  Dönabrücf  :c. 

3n  ber  SDJaterei  geiüii^rcn  nor  allem 
bie  DJiiniaturen  bic  auögiebigjl:c  Quelle 
für  bie  llnfd^auung  ber  fcrfc^tebenen  Stabtcn 
ber  SnthjicElung.  (Sic^c  Qtrtifcl  SD^iniatur- 
malcrei). 

3u  großartiger,  räumlicber  Jßirfung 
aber  entfaltete  f\6)  bic  SOJalcrci  erft  in  ben 
großen  aBanbgemälbcn  ber  ^ircf)en. 
(Sie^e  5trtifel  OWalerei). 

ülaä)  ßübfe,  ©runbriß  ber  Äunj!ge= 
gcfd)ic^te. 

(aScrgl.  Dtte:  ®cfd)i*tc  ber  beutfd^en 
Saufunp.    Äugler,  ©efc^ic^te  ber  93au= 


funfi.  Sc^naafe,  ®efd)id)te  ber  bilbenbcn 
Äünfie  beä  DKittelalterei.)  5t.  ^. 

Slofeugartcii,  frebe  ^clbenfage. 

Dioieiiifrans,  rosarium,  qßaternoficr, 
beißt  bie  burc^  eine  SRcif)c  perlen  gezogene 
Scbnur,  beren  man  ftd)  in  ber  römifdjen 
.^irc^c  bebient,  um  eine  beilimmtc  ^In^af)! 
Don  iBaterunfern  ober  'ilüe-SJJaria'e  ju 
beten.  2)ic  Sitte,  tai  iBaterunfcr  mefir« 
malm  JU  mieberbolen,  mirb  im  ©inrieblcrs 
unb  SO?ünd)öleben  fc^on  bcs  5.3at;rbunbertä 
ern.iät)nt;  ju  bicfer  3«^t  bat  ein  Qlbt 
^auluä  in  ber  ÜBüflc  »Pbcrmc  hai  iöaters 
unfer  300  mal  bintercinanber  gebetet, 
irobei  er  fxä)  300  gejät^ltcr  Steind)en  bes 
bicnte.  S)er  eigentliche  SRofenfranj  ttjurbc 
aber  er]!  oon  ben  S)ominifanern  gcbraud)t; 
eä  ip  möglid),  i>a$  bie  .ffreuiiüge  ben 
®ebrau(^  beö  SRofenfranjcs  beel)alb  be» 
günfligten,  mcil  auc^  bie  Sraminen  unb 
iWoijamebaner  fic^  beöfelben  beöienen.  S)er 
9tame  SRofenfranj  iji  obne  3tt)«'fet  ^fi^  "um 
Diofen  f)ctgei^ttlten  Ärone  nad)gebilbet; 
bie  mitteU;od)beutf(^en  Ißorterbüdjer  fennen 
has  SBort  in  bicfer  Sebeutung  nod)  nid)t; 
nac&  2Seiganb  fotl  eä  im  15.  3al)rl)unbert 
aufgefommen  fein.  üDolfömäBig  >üurbc 
ber  ®ebrauc^  bcs  DRofenfranjeä  fcbenfatim 
crfi  nad)  ber  SRcformation,  alä  beutlicftcm 
Unterfd)eibungei3eid)en  ben  ^Prote^anten 
gegenüber.  Unter  ben  SRofcnfranjanbaditen 
ilnb  bie  befanntefien:  1)  2)er  Dotlfiänbige 
ober  SJominifanersMofcnEranj,  bejlcfjt  auö 
15  I)efaben  flctner  SÜJarienperlcn,  Wildbi 
hmd)  15  größere  $atcrnofier='5erIen  gc« 
trennt  fmb,  jum  5lbjäl)len  fon  je  10 
englifd)en  ©rußen  5mifd)en  jmei  Söatcr* 
unfern.  2)  I)er  gc\t)öt)nlidbe  SRofenfranj  um^ 
faßt  5  2)efabcn  ÜJtarienperlen  unb  5  ^Ja* 
ternofierperlen;  breimal  n)ieberl)olt  bilbet 
er  ben  ÜJlarienpfaltcr.  3)  2)er  mittlere 
SRofenfranä  mit  63  ÜJiarien?  unb  7  «Pater* 
nojlcrperlen,  jur  Einbeulung  ber  63  Sebenm* 
iat)rc,  mcld)c  bie  ßegenbe  ber  Jungfrau 
SD^aria  beilegt.  4)  2)er  Elcine  SRofenfran, 
^at  jur  Erinnerung  an  bie  33  2ebenöjal)re 
Sf)rifii  3  I)efaben  ü)kricnpcrlen  unb  3 
!Paternoj!erperlen.  5)  Der  englifc^e  SHofcn* 
fran;,  rosarium  angelicum,  bat  ebenfooiel 
^Perlen  mie  ber  uorige;  boc^  rcirb  bei  jtber 
3)cfabe  ber  OJJarienperIcn  nur  ju  ber  erjlen 
iKarienperle  ber  englifcbe  ©ruß  gefproc^en, 
JU  ben  folgenben  nur  hai  Sanftuö  mit 
ber  fleincn  S)ojoIogie.  6)  Die  Ärone,  befielt 
a\ii  33  (Paternofier  jum  ©eböc^tnim  ber 
33  ßcbcnefabrc  ß^rifii  unb  auö  5  2lt)c» 
TOaria  jur  ^eier  ber  5  SBunbcn  bemfelben. 

Die  crfie  Dio  f  cnf  lanjbrub  crfc^aft 
39 


606 


SRofenfreujcr  —  SHunen. 


tiiftctc  1475  in  ber  ©ominifanerfirc^e  ju 
Äötn  bcr  I)ominifaner  ^atob  ©prenget, 
bcrfelbe,  ber  fx(^  mit  bcr  ^cyenferfolgung 
berühmt  gemacht  I)at  unb  SlJJitüerfaffet  bcö 
im  3a^t  1489  eif^ienenen  J^eyenf)ammerö 
gewefcn  ift.  ©iftuö  IV.,  in  bic  ©ruber« 
fc^aft  mit  einem  QlbtaB  prioilegiertc, 
forbcttc  jur  Verbreitung  berfetben  unter 
Scannern  unb  grauen  auf.  @tei^in|>ers 
jogö  (Rca^enctjfl. 

iRofcnfreuset  foflten  bic  2;cilncf)mcr 
einer  gct)eimen  ©cfcQf^aft  ftc^  genannt 
fcaben,  t>on  bcnen  bic  in  Äa[fel  1604  er* 
fc^ienenc  anonr)mc  Schrift:  „Fama  Fra- 
ternitatis  be^  löbli(i)en  Drbcnö  ber  IRofen» 
freujer*,  bic  ©c^rift  com  ^a^x  1615: 
„Confession  ober  SBefanbtniö  ber  Societat 
unb  SBrüberfc^aft  R.  C.  Qtn  bic  Oclc^rtcn 
Enropae"  unb  bie  ©d^rift  com  ^a\)x  1618: 
„ß^pmif^e  ^od^jcit.  (S^riftian  JRofen= 
ttcu^"  Äunbe  gaben.  ©^  war  barin  »on 
einer  geheimen  ®efellj"d)aft  berichtet,  bie 
ein  geh)if)'cr  (J^rijiian  SRofenfreu^  »or  etn^a 
200  Sauren  errichtet  paU.  S)crfelbc,  1388 
geboren,  fei  im  Orient  gewcfcn,  fei  üon 
ben  5lrabern  in  bic  ©e^eimniffe  ber  $t)pftf 
unb  SOkt^ematif  einge»cit)t  morbcn  unb 
l^obc,  na($  2)cutfd^Ianb  jurüdgefc^rt,  mit 
»cnigen  greunben  einen  gel)eimcn  Drben 
gelüftet,  ber  ^auptfäd^Iid^  ber  unentgelts 
lii^en  ^eilung  bcr  Äranfen  gewibmet 
n)orben  fei;  übrigenö  feien  bic  Srüber 
im  ©eft^  ber  ^öc^jien  Söiffenf^aft  unb 
bei  mafellofem  Scbcn^njanbcl  frei  »on 
Äranf^cit  unb  ©^merj,  jeboc^  tt)ic  anberc 
bcm  Job  unternjorfen.  S)a  eä  ber  9taifd^Iui 
®otte«  fei,  ta^  je^t  um  ber  äöclt  ®Iüct* 
fcligfeit  njiKen  bie  Srüberfd^aft  ecrmefjrt 
unb  ausgebreitet  merbe  unter  aüenStänbcn, 
dürften  unb  Untert^anen,  3teicE)en  unb 
Sitmen,  fo  njurbe  burc^  biefe  Schriften 
jum  öffentlichen  Seitritt  cingelabcn.  QlU 
aSerfaffcr  galt  fcf)on  frü^  3ol^.  Valentin 
Qtnbrcä,  ein  SBürttembergifcf)er  S^colog 
1528—1654,  ber  bamit  bic  ®e:^eimni6= 
fuc^t  unb  bie  aSorlicbe  für  mpftifc^e  S^or» 
Reiten  geifeln  moHte.  6ö  entroicfette  fid^ 
aber  balb  eine  ßitteratur,  bie  für  unb  min 
ben  »ermeintlic^en  Drben  *Partei  naf)m. 
(Sine  umö  ^a\)x  1622  im  ^aag  enfianbene 
unb  üon  ia  meitcr  »erbreitete  (SefeUfc^aft 
Bon  Qlld^^miftcn  nannte  fict)  SRofenfreujer, 
äl)nli(^  tt)ic  im  18.  3a|)rl)unbert  ein  Stetig 
ber  Freimaurer  fid;  mit  bemfelben  mpfiifd^en 
Uiamen  ju  bccfen  beliebte.  Ä'Iüpfel  in 
^erjogS  SRcaUencpfl. 

i){otöer,  Äönig,  Ijcigt  ein  epifd^cö 
©ebic^t  etncö  unbekannten  ADic^ter«,   iai, 


in  ben  (R^einlanben  cntfianben,  ber  95or« 
bereitungSjeit  ber  l)öfifdE)en  ßitteratut  an* 
gebort  unb  jur  bt)5antinifc^=paldfiinifd^en 
S)i(i)tung  gesafjlt  wirb.  Äönig  SRotbct 
i)ixx\ii)t  JU  Sari  in  Slpulien  unb  fenbct, 
ia  er  ftcft  ju  oermä^lcn  befdjioffcn  ^at, 
jwölf  Scannen  nad)  Äonfiantinopel  ju 
Äaifer  Äonftantin,  um  SBcrbung  anju» 
fieüen  um  beffen  2;oci)tcr;  bie  Soten  »er« 
ben  aber  gefangen  genommen  unb  in  ben 
Äerfer  gejtecft;  Worauf  !Rott)er  felbet  unter 
frcmbcn  9?amen  nad)  Äonjiantinopcl  fd^rt 
unb  bie  Äönigstoctiter  cntfüt)rt;  J^onjiantin 
aber  Iä§t  biefelbe  burd^  einen  ©pielmann, 
ber  fte  auf  fein  ©c^iff  locEt,  bem  fftot^cr 
»ieber  entreißen.  3)arauf  jie^t  JRot^er  mit 
einem  großen  ^ecre  »or  Äon^antinopel 
unb  äWingt  ben  Äaifer,  il)m  feine  %xau 
»icbcr  l^crauö  gugeben.  ®rfi  in  %ol%t 
fpäter  (Srfinbung  iji  biefe  namcnlofe  %xa\x 
lüx  5l|)nmutter  Äarlö  bcö  ®ro§cn  gcmad^t 
worben.  Sluägabe  mit  (Einleitung  »on 
j^ einrief)  SJlücfcrt,  Äönig  [Rotier,  ßeip» 
jig,  1872. 

9!ottt)cIfc^,  fic^e  ©auncr. 

9iuJ)0lf,  maU  iji  ein  epifc^cö  ©cbid^t 
au^  bcr  iBorbereitung^periobe  ber  !^öfifd)en 
Äunjiepif,  ums  3a^r  1170  entpanben,  iai 
einen  flanbrif(i)en  ©rafcn  9iubolf  ju  ^txixt 
falcm,  2lSfalon  unb  Äonjiantinopel  im 
Kriege  mit  Reiben  unb  ß^rifien  unb  im 
ßiebeöbunbc  mit  einer  ^eibnifc^en  Äönig^» 
tocf)ter  jcigt.  5luögabc  oon  SBil^elm  ©rimm, 
©öttingen,  1844. 

9hincit  Reifen  bic  »on  ben  ©ermanen 
angcmcnbcten  ©d^riftäcidjcn;  ber  Sebcutung 
beö  2BorteS  g«nid§,  got.  runa,  a^i.  rüna 
:=  ©cl)eimni^,  gel)cimer  iRatfci()Iag,  njurbc 
biefe  ©(i)rift  nid^t  für  jufammenbängcnbe 
fd^riftlid^c  51ufjeict)nung  beä  gcmö^nlid^en 
ßebenö,  fonbern  jur  ßofung  unb  SBciö* 
fagung,  ju  ©egcnö=  unb  93ertt)ünfd)ung^s 
formein  angemenbet.  ©ic  SRuncnjeid^en 
flammen  auö  bem  gried)ifd^  *  p|)önifif(ien 
5llpl)abet;  «Die  unb  mann  fre  ben  ©ermanen 
jufamcn,  ift  nic^t  befannt;  ma^rfd)einlic^ 
gef^al)  c^  auf  bem  alten  ^anbelömege  »on 
®ried)en(anb  unb  bem  fi^Warjen  ifiecre 
l)er.  SDie  Slnmenbung  ber  (Runen  jur 
ßofung  gefcf)a|)  bergefialt,  ia^  man  ©täb(i)cn 
auö  bcu  3>^ei9en  »on  fruc^ttragenbcm 
^ürtl)oläe,  bcfonberg  »on  ber  Söud^e  (ba^^cr 
a[)i.  buochstab,  Söu(i)jlabe,  in  ber  Sebeus 
tung  r>on  ßautjcic[)en  unb  baei  SBort  buoch 
=:  iai  Sud^,  auö  bie  bucche,  al;b.  puocha) 
fd)nitt,  in  jebeö  ©tabc^en  eine  SRune  ri^tc 
unb  aus  ben  aufS  ©eratercot)!  I)erau0» 
gegriffenen   $Runen|idbdt)en   eine   SDcutung 


SRuoblieb  —  ©ac^fcnfpiegcl 


607 


ju  gewinnen  fucbte;  babei  vertraten  bie 
iHunen  nid)t  [ott)o|)I  cinjelnc  ßaute,  alö 
Segrijfe,  mpflifc^e  3fi<^f"/  ^'^  ti^P  tuxä) 
tai  gefungene  ßieb,  tttorin  bie  SRunen  al^ 
31nlaute  genjijjer  |)auptn)orte  aUiterierenb 
wicbcrfe^tten,  \\)xt  93ebeutung  erl)icltcn. 
3)af)er  bie  SRunc  aud)  €tab  t)ie^,  »ie  bie 
ottitetierenben  JBegriffsirörter  beö  fiab* 
teimenben  93erfeö.  ®er  tecf)nifcf)e  3tuöbrucf 
für  tai  (£in[d)nciben  ober  (jinritien  ber 
JRunen  mar  a^t).  rizan  (altfäc^f.  unb 
angelfcic^f.  writan,  in  engl,  write,  erf)alten 
unb  nf)b.  3(bri§,  SReiprett;  hai  2ßort 
würbe  burcf)  baö  tat.  scribere  nerbrängt, 
Qbb.  scriban,  n\)h.  fd)reiben.  (£rji  mit  ber 
3eit  lernte  man  bie  SRunen  al«  blo^e 
fiautjeic^cn  üenuenben.  S)aö  erfte  SRunen» 
alptjabet  enthielt  urfprünglid^  bloei  15 
ober  16  3ci^£n,  fpäter  ert)ie[t  eö  eine  (Sr- 
Weiterung  biö  ju  22,  bei  ben  5tngel= 
fad^fen  fogar  btö  ju  33  3«t<i)en-  2)er 
@ebrau(^  ber  beutfd;en  SRunen  ^örtc  mit 
ber  einfiibrung  ber  lateinifc^en  ©djrift 
burd)  d^rifiUd)e  2el)rer  [d)ne[l  auf;  bei  ben 
2tngel[ad)fen  unb  ben  ©tanbinanen  cr|)ielt 
ftc^  bie  JRunenfd^rift  biß  tief  in  bie  c^rift^ 
lic^c   3eit.    5iuö    einer   23ermifd)ung   beö 


SRunenalpljabeteÄ  mit  bem  gried^ifdien  fc^uf 
Ulfila^  fein  gotifc^eö *i(Ipt)abet.  2ß.  ®  r im m , 
über  bcutfc^e  JRunen,  ®öttingen  1821. 
2ß.  ßilienf  r  on  unb  *ÖJü  11  en  t)  of  f, 
jur  SRuncnleljre.  3roci  5lbbanblungen.  ^atte 
1852.  3a^er,  baä  gotifc^e  *3ilpt)abet  23ul= 
filaö  unb  i>ai  [Runenalp|)abet.  ßeipjig 
1855.  Ueber  bie  in  ber  legten  3eit  gefun» 
benen  unb  erflärten  Stunen  »gl.  nament= 
lic^  S)  i  e  t  r  i  d)  in  $auptä  3eitfd)rift  für 
beutfc^.  mkxti).  SBanb.  XIII,  1867  unb 
q3feifferö  ®ermania  X,  1865. 

9{uobltcl)  ^ei§t  ein  üon  einem  unbe« 
fannten  ÄIojiergeifiIid)en ,  roabrf^einlid) 
in  33apern,  umö  ^ai)X  1050  in  ^eyametern 
Derfa§te^  epifd)e^  @ebid)t,  baä  jmar  'ilnfläge 
an  bie  überlieferte  «Sage  tiat,  fonji  aber  nac^ 
2trt  be'ä  Oiomanö  feinen  Stoff  frei  erfinbet. 
S)aö  ©ebic^t  ift  nur  93rud)flüdroeife  er= 
baltcn.  e«  finbet  ftd)  abgebrutft  in 
©rimm'ö  unb  ©c^meücrö  lat.  ©ebid^ten 
be«  10.  unb  11.  ^al)xi).    ©öttingen  1838. 

Diiiftung.  3t"  weiteren  Sinne  üerfie|)t 
man  unter  ber  SRüftung  ixt  »oHfiänbige 
Bewaffnung  eineä  Ärieger^,  im  engeren 
©inne  nur  bie  S(^u^waffen.  Siegle  bie 
5lrt.    ^arnif(^  unb  ^eltn. 


S. 


©äfiel.  2)aä  2Bort  flammt  auä  bem 
Slauonifcben  (sabla),  weld^eö  eine  ein- 
fd)neibigc,  gcfvümmte  Hiebwaffe  be&eutet. 
2)er  Säbfl  war  al^  foli^e  fd)on  ben  alten 
Werfern  unb  ^beriern,  fowie  ben  Siömern 
5U  Srajanö  3eit  bcfannt.  3n  Seutfc^lanb 
crfc^cint  er  fdion  im  4.  3al;rt).  neben  bem 
cigentlid)en  Sdjwert,  fommt  aber  in  eigent= 
li*en  ©ebraud)   erp  im  17.  3af)rl;unbert. 

©a^fcnUjiegcI  ifi  ber  erpe  Serfud),  i>ai> 
gefamte  beutfdje  SHed)t  wiffenfc^afttid^ 
baräuileüen;  bie  alten  23olf0re($te  waren 
in  *Bergeffenf)eit  geraten;  bie  Oici^ögefei- 
gebung  war  fpdrlid}  unb  bcfd^äftigte  fic^ 
meijl  bloß  mit  bem  ©trafred)t  unb  ber 
5lufrid)tung  oom  ßanbfricben;  bie  übrigen 
Üied)tflqueaen  waren  lofalcr  *Jtrt,  Stabt*, 
SDorfs  ^of=  unb  2)ienjtred)te;  er^  im  <3ln« 
fang  bee  13.  ^al)xl).  unternaijmen  eö 
$rii->atleutc,  bie  aügcmeinen  JRec^tßgrunb» 
fd^e  in  größeren  *ilrbeiten  jufammenjus 
flelien,  wobei  fte  nidjt  bloß  bae  Sebürfniö 


ber  Sd)öffen  im  5(uge  Ratten,  fonbcrn  jUs 
gleid)  üerfud)ten,  tai  gefamte  SRec^t  bar» 
äufleüen,  ^Jßrit)atred)t,  Strafred)t  unb  ®e* 
rid^töwefen,  Staatsrecht  unb  SRed^t  ber 
Äir(^e,  fowcit  eö  Bon  praftifd)em  ^ntereffe 
fein  fonnte.  S)aö  wid)tigfie  Diefer  ütec^tö» 
büc^er  ijt  ber  in  nieberbeutfd)cr  Sprad)e 
ocrfaftc  ©ad) fen  fpiegcl.  ©erfelbe  ijl 
Don  (Sibe  t>on  JRepgowe  »erfaßt, 
einem  Wanne  auß  ritterbürtigem  ®ef^Ied)t, 
baö  fxd)  nad;  bem  jwifd)en  S)effau  unb 
Äöt^en  liegenben  5Dorfc  iReppic^au  nannte, 
er  wirb  in  ben  Jahren  1209  —  1233  alß 
Schöffe  in  ber  ®raffc^aft  öiCIingßtiö^e  in 
ber  Diä^e  bcS  ^arjeö  genannt.  Sr  f^rieb 
fein  9ted;töbud)  matjrfc^einlic^  jwifc^en 
1226  unb  1238  juerfi  in  lateinifd)er  Sprad^e 
unb  überfefete  baffelbe  erfl  auf  Seranlaffung 
be«  ®rafen  .<joier  fon  gallenfiein  inß 
©äcf)fif(^e.  Spiegel  nannte  er  eö  na^ 
ber  literarifd^en  SOtobe  feiner  3eit,  ta  bai 
*Red)t  feincß  Solfcä  gewiiJerma^en  in  einem 
39' 


608 


©ac^fenfpicgcT. 


Spiegel   jur  ^(nfc^auung  gebracht  »erben 
foQtc.  5Daö  ^uä)  jcrfäüt  in  baö  ©äcf)[ifc^c 
ß  anbrecht     unb     hai    ®dd)fifcöe 
Sel^ntec^t,    8anbred)t  ijl  l^ier  baö  SRec^t, 
tt)ie  cä  in  ben  ßanbgcri(i)ten,  n)el(f)cn  bie 
freien  untertüotfcn  ftnb,  ge^anb^abt  tt)itb; 
nur  bcm  SRed)t  beö  freien  SRitter^  unb  beä 
freien  öauern  ift  alfo  baö  S8uc^  gehjibmet; 
bie   ©tobte   mcrben    nur    gelegentlich    tx- 
wä^nt    unb    tai  J^of*    unb    ©ienftrec^t 
au^brüdlic^    auögefd^Ioffen.     ©efd^rtebene 
Duellen  finb  im  Sanbred^t  fe^r  nienigc  be» 
nü^t,    üom    römifcf)en    SRedEit    fajl    feine 
©puren,     (äinjelne   Sefiimmungen   l;aben 
einen   fe^r   altertümlid)en   (5f)atacter,    ber 
bem   12. -Sa^r^.   ober  nocö  früherer  3<^it 
angehört;   fo    entfpric^t   bie   ©d^ilberung 
ber  ftänbi[cE)en  SSer^ältniffe  wenig  bem  im 
13.  3a^t^unbert  fd^on  allgemein  i^crrfc^en^ 
ben  üe^nmefcn:  bie  fünf  fä(i)fi[c&en  Äönigö^ 
pfaljen    entfprecf)en    moI)I   bem   11.   aber 
nid^t   bem   13.    ^a^r^unbert,   fo   ba^   eä 
f($eint,   ber  Serfaffer  l)ait  f\ä)  biömeilen 
an   alt^erfömmlid^e  SErabitionen  gel)alten, 
bcren  praftifd)e  93ebeutung  längji  ab^anben 
gefommcn   mar.     Urfprünglid^    mar   baö 
ßanbre^t  bloö  in  einjelne  Qlrtifel   einge» 
teilt,  erfi  »on  fpäteren  Qlbfcf)reibern  flammt 
bie  ©lieberung  in  3  Sücber,   moju  bann 
aU   »ierteä    iai    8e^nrccf)t   fommt.     SDie 
3a^l  ber  ^anbfc^riften  iji  eine  fe^r  grofe. 
51U  bem   fäd)ftfcf)cn  ßanbred^t  eigen* 
tümli($c  Qluffaffungen  |cbt  ©tobbe,  I, 
@.  301,   folgenbe   \)mui:    „«ßor  ®ott, 
»elcf)er  ben  9)?enfd^en  naä)  feinem  93ilbe 
fc^uf,   ftnb    alle  3!Renfd)en  gleid^   unb  in 
ber  3^it/   ^^^  bie  ©ai^fen  iai  Sanb   er» 
obcrten,   gab    ti  feine  Änec^te,   fonbern 
aBe  maren  frei;  überhaupt  giebt  eä  feinen 
®runb,  marum  einer  ber  Oemalt  beö  an^ 
bcm  untermorfen  fein  foK.    2)er  Tlm\ä), 
©otteä  93ilb,  foü   nur  ®ott   angehören, 
unb   mer  i^n  einem  anbern  untcrmerfen 
miü,  ber  f)anbelt  miber  ®ott.   3n  Söa^r* 
^eit  ^at  bie  Änec^tfc^aft  i^ren  Urfprung 
in  3^<i"8'  ©cfangcnfc^aft  unb  unrechter 
®cmalt,   unb   maä   jucrfi   burc^  Unred)t 
feinen  5lnfang  na^m,  fud^t  man  je^t  megen 
ber  langen  ®emol)n^cit  aU  iRed^t  ju  be* 
Raupten.    Qllö  ®ott  ben  aRenfd^en  fd^uf, 
gab  er  i^m   ®emalt  über  %i\ä)t,  58ögel 
unb   milbe   Sicre,    ba^er    fann   niemanb 
feinen  fieib  an   biefen  2)ingen  »ermirfcn, 
aber  ber  Äönig  giebt  ben  »ilben  Stieren 
an  beilimmten  Orten  burd^  feinen  93ann 
^rieben.    2)ie  SBelt  mirb  burd^  jmei  ®e» 
»alten  regiert,  bie  »cltlid^e  unb  bie  gcifi= 
lid^c:   non  ben  jmei  ©^mertern,   meldte 


ß^rijiuä  auf  ber  Srbc  jurüdflie^,  um  bie 
ß^rifienl^cit  ju  befdt)irmen,  gehört  bem 
$apfi  hai  geifilic^c  unb  bem  Äaifer  baö 
meltlic^e.  5Der  <Papft  reitet  ju  gemiffen 
3eiten  auf  einem  ©dbimmel  unb  ber  Äaifer 
foü  ibm  ben  Steigbügel  f)alten,  bamit  fiel) 
ber  ©attel  nic^t  »erfä)iebe.  3)ag  ifi  ein 
3ci(^en  bafür,  ia%  menn  fic^  ein  SBiber* 
f!anb  gegen  ben  *^apfi  ergebt,  unb  er  ibn 
mit  bem  geijilic^cn  SRec^t  nidl)t  ju  beben 
t>ermag,  ber  .^aifer  mit  feinem  meltlid^en 
SRe^t  i^m  ben  ©e^orfam  erjminge.  Unb 
ebenfo  foll  aud^  bie  geipiic^e  ®e'malt  ber 
»eltiic^en  f)elfen.  Seibe  ©emalten  foKcn 
alfo  in  6intract)t  neben  einanber  be^e^en, 
jebe  ^at  i^ren  eigenen  Äreiä  unb  feine 
ijl  ber  anbern  übergeorbnet.  2)a^er  barf 
ber  $apfi  mit  feinen  ©eboten  ni($t  i>a^ 
meltlic^e  SRec^t  umänbern  unb  fann  ben 
Sann  gegen  Äaifer  nur  auöfprect)cn,  menn 
er  an  bem  rechten  ®lauben  jmeifelt,  fein 
el)elic^eö  SBeib  oerlä§t  ober  ®otteäl^aufer 
jerjlört.  SDer  Äönig  ift  ber  gemeine  !Ri(f)ter 
überall  unb  ridE)tet  auct)  über  ßeib  unb 
ßeben  ber  ^Jürften;  aber  er  ifi  nic^t  ^err 
aüeö  !Recf)tä,  fonbern  felbfi  bem  ®efe^ 
untermorfen  unb  oerantmortli^;  er  mu§ 
cor  bem  *Pfaljgrafen  ju  flled^t  fielen  unb 
fann  feinen  ßeib  termirfen,  nacbbem  i^m 
tai  (Reic^  burcl)  Urteil  aberfannt  ift.  2)a 
er  nid^t  überaü  in  feinem  (Reii^  fein  unb 
nidf)t  jebeä  Urteil  rid^ten  fann,  fo  fe^t  er 
®rafen  unb  @d^ult^ei§en  ein,  mel(^e  oon 
i^m  i^re  ®emalt  f)aben." 

S5er  6ac^fenfpiegel  erlangte  fdf)nell  eine 
meitauögebeljnte  Verbreitung  namentlid^  in 
ben  nörblicl)en  ®egenben  SJeutfd^lanbö;  er 
galt  nic^t  bloä  aU  SRedt)töbu^,  fonbern 
bei  ben  ®eride)ten  fogar  üU  ®efe^bud^; 
moju  unter  anbern  ik  aüma^lidt)  entfian» 
bene  3lnftä)t  beitrug,  ta^  ber  ©ad^fen- 
fpiegel  auf  einem  iprioileg  Äarlö  beä 
®ro§en  unb  auf;  anbern  Äaifergefe^en 
berui^e.  5luc^  bei  anbern  SBolfeiftämmcn 
^at  ber  ©piegel  Sßerbreitung  gefunben  unb 
ift  bie  Quelle  einer  großen  3a^l  »on  JRed^tö* 
büdf)ern  gemorben,  bie  mittelbar  ober  un* 
mittelbar  Don  i^m  abftammen.  2)ajU  ge« 
^ören  ber  S)eutfdf)enfpiegel  unb  ber 
©^mabenfpiegel  für  ganj  ©übbeutfdf)* 
lanb;  bannbaö  S!Ragbeburgifd^e3Bcid^  = 
bilbred^t,  iai  [xd)  über  ganj  @ad§fen 
ausbreitete,  ber  fogenannte  Dermc^rte 
©ad^fcnfpiegcl  ober  baS  SRed^tSbud^ 
nad^  S)ifiinftionen,  baö  in  S^üringen 
entjlanb,  ber  !Ridf)tfteig  ßanbrec^t«, 
ein  aRarfifc^eS  fie^rbud^  beö  <Projeffe«, 
unb   ber  (Ric^tfieig  ße^nred^t«.    jür 


©age  —  «Särge. 


609 


SBreöIau  unb  ^olen  wirb  ber  ©ac^fen* 
fpicgcl  inö  fiatcinifd)c,  für  ^oUn  a\x<i)  in* 
^oInif(f)e  überfc^t,  für  tai  ^erjogtum 
®reälau  aU  iCanbrccf)t  publijiert,  für  @ör< 
li^  unb  ^oHanb  bcfonberö  bearbeitet, 
(änblic^  entnaf)nun  eine  gro§e  ^Injat)! 
@tabtrecf)te  einjelne  ®ät5e  unb  ganje 
größere  ^Partien  bem  ®Q(^fenfpicgeI,  j.  93. 
biejenigen  fon  Hamburg,  ßübecf,  ©tabe, 
Söremen,  SSerlin,  ®o§Iar;  anbcre  ©täbte 
unb  ©eridtite,  wie  Ärafau  unb  Söraun* 
fct)»eig,  laffen  ben  ©ac^fenfpiegel  abfc^rei« 
bcn,  um  it)n  beim  9ied)t[pred;en  }u  ©runbe 
ju  legen;  ber  britte  Seil  SDcutfc^Ianbö, 
|ie§  e*  nod)  am  önbe  beä  ÜJJittelalter* 
auf  einem  beutf($en  JReicf)«!tage,  lebe  nac^ 
bem  ©ad^fcnfpiegel,  ja  eö  bilbete  ftc^  aU' 
mii^lid^  bie  51up^t,  ia^  ber  ©ac^fenfpiegel 
gemeine*  Stecht  fei. 

I)er  @ad)fenfpiegcl  regte  aud)  jucrft 
bie  Sbatigfeit  beutfcfcer  *^ec^t0le()rer  ju 
tt3ifj'enfd)aftlicftcr  Bearbeitung  ber  iRed)t*s 
quefleu  auf,  offenbar  in  9ia(^af)mung  ita* 
lienifd^er  S}ied)t*Ief)rer  unb  jwar  rtJar  e* 
Pornetjmlid)  ber  ©egenfa^  beutf($er  unb 
römifd^er  SKecfjtägrunbfä^e,  ber  biefe  Qtr» 
beiten  Peranlagte.  2>iefe  ©c^riftcn  leiten 
©loffen  jum  ©ac^fenfpiegel ,  beten 
ättefie  bem  märfifc&en  Oiitter  3  o  fi  a  n  n 
Pon  93uci),  in  Urfunben  1321  —  1355 
genannt,  angeprte;  fein  Sffierf  ifi  wie  ber 
©pieget  felber  in  nieberbeutf^er  ©prac^e 
gefc^rieben.  (Snblic^  bat  man  aud)  ben 
Sejt  be*  ©ad)fcnfpiegel*  burd)  Silber 
ju  erläutern  »erfudit,  bie  man  in  mehreren 
^anbfd)riften  finbet;  biejenigen  ber  J^eibel* 
berger  ^anbfc^rift,  beren  Originale  bem 
13.  3if)r^unberi  anjugel)ören  fc^einen, 
ftnb  in  5luätt)abl  ^eraulgegeben  »onÄopp, 
Silber  unb  ©d^riften  ber  Borjeit,  1819; 
Potljlänbig  in:  2;eutfd)c  ©enfmäler,  ^erauä* 
gegeben  unb  erläutert  Pon  Satt,  p.  Sabo, 
©itenbenj,  DJfone  unb  SBeber,  erfie 
Lieferung  ^eibelberg  182Ü.  —  S)ie  dltejte 
gebrudte  unb  batierte  5tuögabe  be*  ©ad)fen* 
fpicgelö  erfd)ien  1474  ju  Safel.  Olaä) 
©tobbe,  ®efd)id)te  ber  beutfd)en  SRed^t*« 
quellen,  Sraunfd)tt)eig  1860.  5Die  bcbeu= 
tenbjle  Qluögabe  beö  ©ac^fenfpiegel*  ifi 
bie  Pon  ^  0  m  e  p  e  r ,  2.  5lu*gabe.  Ser* 
lin  1835. 

©agc,  fiebe  ^  e  I  b  e  n  f  a  g  c. 

©aUj^C§@CJC^,  ftebeLeges  barbarorum. 

©alomon  unb  9)Jatfolf  t)eiBen  eine  Oieibe 
älterer  beutfc^er  3)ic^tungen.  2)ie  erfte 
berfelben,  ber  t)öfifd)en  (Jpit  porau^gcbenb, 
fon  einem  fabtenben  ©änger  ftropf)ifd)  ge= 
bi(^tet,   entt)äU   ein  ©ewebe  Pon  ßntfü^= 


rung*gefd)ic^ten,  bie  jtt>ifd)en  ©alomo,  Äö« 
nig  Pon  S^i^ufalft"»  uni»  ben  ^eibnifc^en 
Königen  $^arao  unb  ^rincian  um  ©alo« 
mono  2Beib  ©alome  beflanben  werben; 
©alomonö  Sruber  SOJorolf  etfd)eint  babei 
al*  Upiger  Diener,  ber  jenem  bie  jmeimal 
burcö  fiifi  geraubte  ®emat)Un  äweimal 
burd)  gröfete  8ifi  wiebergewinnt.  ©in 
jüngere«,  bem  14. 3al)rf)unbert  angef)örigeö 
©ebid^t,  ©alomon  unb  üJlarfoIf,  ba*  im 
15.  S^^rbunbert  überarbeitet  würbe,  ftellt 
bem  weifeften  Könige  ben  l)ä§Iidf)en  unb 
tölpelhaften  Sauern  üJiarfoIf  gegenüber, 
ber  jur  SBerfpottung  ber  Sffieiö^eit  allerlei 
SRartenjlreidbe  begebt.  S)erfelbe  ©toff,  ber 
auc^  in  lateinif^er  Searbeitung  porliegt, 
wirb  fcf)Iie§li(^  ju  einem  weit  Perbreiteten 
profaifd)en  Solföbuc^  Perarbeitet,  baö  ju= 
erfi  1487  ju  UJürnberg  erfc^icn  unb  ben 
Jitcl  fübtt:  i^xai^t  unb  QlntWort  ©alo^ 
mono  unb  ÜJ?arfoIft.  ©ie^e  bie  beutfc^en 
I)id)tungen  Pon  ©alomon  unb  ÜJJarfolf, 
berauögegeben  Pon  f^riebric^  Söogt. 
I.  Sanb.    .f)ane  1880. 

©aljfa^,  SJJeben  ben  tönernen  ©alj* 
fäffern  be*  Sürgerfianbeö  finbet  man  auf 
ttn  lafeln  ber  Sornef)mcn  für  bicfen 
3wed  ©olb*  unb  ©ilbergefä^e,  bie  oft 
auf  SRäbi^en  laufen,  bamit  bie  Sifc^ge* 
noffen  biefelben  ftd)  leii^ter  jufc^ieben 
fönnen.  Sorf)anben  ifi  im  Mus6e  de 
Cluny  ein  jinnerne*  auö  bem  13,  ^a^X' 
bunbert,  auf  beffen  ©edel  bie  Serfün« 
bigung  bargefieHt  ifi.  35a*  befanntefte 
aber  ifi  tai  golbene  ©aljfa§  %X(ini  I., 
gefertigt  burcb  S3enPenuto  Seüini,  gegen^ 
wärtig  im  SDJünj«  unb  3tntifcnfabinet  in 
2Bien  jU  fe^en.  ©*  i^  freilid)  mc^r  ein 
©(^aujlüd,  bai  feinem  ^wtd  entfrembet 
iji.  S)er  Unterbau  ifi  oPal,  nac^  oben 
mä§ig  perjüngt,  fiellt  ^clsgefiein  bar,  Pon 
©cc«  unb  Öanbtieren,  ©cE)IingpfIansen, 
Slumen  unb  5'^üdf)ten  umgeben.  2Iuf 
biefem  ruljt  einerfeit*  9ieptun  mit  bem 
S)reijad,  ber  ©Ott  bc*  SWeere*,  ber  t>ai 
©alä  fpcnbet.  ©t  neigt  fic^  etwa*  rüd» 
wärt*,  bie  ^anb  auf  ein  Heine*  ©d)iff(^en 
legenb,  ba*  jur  5lufnal;me  be*  ©alje*  be= 
fiimmt  ifi.  Qluf  ber  entgegengef'e^tcn  ©eite 
fi^t  ©i)bele  al*  bie  fruct)tbare  ©rbe,  bie 
ben  ^Pfeffer  erjeugt,  beffen  Se^dltni*  le^nt 
fid)  an  einen  äierli<^en  Sempel.  Scibe 
Figuren  fmb  nadt  unb  wie  aüe*  übrige 
Pon  reinjiem  ©olbe. 

©ätgc  machten  bie  3)eutfd)en  in  por» 
d)riflU^er  3<!it  einfach  au*  einem  Saum« 
fiamm,  inbem  fie  ibn  burcbfägten,  bie  eine 
Apälfte    au*bö^lten    unb    bie    anbete    al* 


610 


©attel  —  ©c^amfapfel. 


2)ecfel  Benu^ten.  2)a^  tvaxm  tu  eigctit» 
lid)cn  Saumfärgc  ober  Sotcnbäumc, 
itelcf)  Unterer  Qluöbrucf  fid^  biä  in  unferc 
3eit  erhalten  ^at.  2;ic  Särge  ir>aren  jinar 
nod^  feiten ;  ettt)aö  I)äufiger  ttturben  fie 
mit  ber  6infüt)rung  beö  ß^riftentximö, 
imb  jitiar  »raren  es  im  9.  unb  10.  5a^r= 
lunbert  SBc^älter  t)on  ^olj  ober  Stein, 
im  erfieren  %aüt  Ä  ä  ft  e  n  ober  Sonnen. 
2)ie  iru^en  erl)ielten  auf  bem  jDecEel  ettt»a 
eine  fägebkttartige  «Stabüerjierung,  bie  — 
n?ie  man  »ermutet  —  eine  «Schlange  bar= 
ileüen  foO.  ®ie  Ginfüljrung  beö  6|rijien:= 
tum«  fe^te  an  beren  ©teile  tai  Äreuj. 

Sie  ©tetnfärge  ober  ©arfo« 
p  ^  a  g  e  njaren  fc^on  im  ^Htertum  befannt. 
2)cr  le^tere  flame  bejeicfenete  anfangt  ben 
©argfiein,  einen  tleinafiatifc^en  .^alt^ein, 
ber  bie  SBeritjefung  ber  Soten  beförbert 
ftaben  foü  unb  ben  bie  ®ried)en  unb 
Sö^jantiner  barum.  mit  Sorliebc  jum  5Iuö= 
legen  ber  ©arge  benufiten.  ©päter  »er» 
jianb  man  barunter  einfach  einen  jleiner« 
nen  «prunffarg.  2)aö  IDtateriat  War  @anb* 
fiein,  IWarmor,  ^oxp^\)x,  ©ranit,  99a[alt 
unb  bcrglei(f)en.  ?iuc^  in  beutfd^en  ©cgenben 
ttiaren  biefe  Särge  befannt.  So  berid^tet 
ba«  Stibelungenlieb  über  Siegfriebö  a3e* 
erbigung: 

„Smide  hiez  man  gäben,  bewürken 
einen  sark, 

von  edelm  mermelsteine  yil  micbel 
nnde  stark, 

man  hiez  in  vaste  binden  mit  ge- 
spenge  gnot." 

Qluc^  biefe  Steinfärgc  Waren  tiftenför« 
mig,  unb  fic  juerji  tjatten  einen  giebel* 
förmigen  2>ecfel.  I)ie  Seitenf(ä(ä)en  mur« 
ben  balb  arc^iteftonifci)  gegliebert  unb  ber 
SDcdel  mit  ber  in  Stein  gehauenen  $or» 
trätfigur  bcä  SBerjiorbenen  gejiert.  SDa» 
neben  ftnb  namentlid)  einige  auf  unä 
gefommene  alt(^riflli(f)e  Särge  (iHom,  $Ra= 
üenna,  ÜHailanb,  Spalato),  mit  biblifd)en 
©arfictlungen  gefcf)müdt,  fe^t  fe^enöwcrt. 

©Ottcl,  ftel)e  ?!  f  e  r  b. 

©aufänger  nannte  man  einen  im  fpäte» 
rcn  2nittelaltcr  bei  ber  (Sberjagb  gebrauch* 
tcn  Spie§  mit  mefferförmigcr  Älinge  unb 
faft  meterlangem  Sc£)aft. 

©ay  (scramasax).  ©in  einf(f)neibigc« 
Stu^fcfcwert,  semispatnm.  Siel)e  Schwert. 

©ce:|)ter,  ©aöScepter  berbijjantinifdien 
5?aifcr  mar  ein  oben  gefrümmtcr  Stab 
oon  60 — 70  cm  ßängc,  baejenige  ber  .Karo' 
linger  unb  it)rer  ?{aä)foIger  ein  golbener 
Stab  mit  einem  Olblcr,  -^reuä,  einer  Äugel 


ober  Silie.  2)aö  urfprünglic^c  SReic&öfcepter 
ging  frül)  »erloren,  mat)rf(^einlic^  um  1270 ; 
hai  ältefie  ber  brei  fortianbenen  fiammt 
—  mic  man  »ermutet  —  au«  bem  13. 
2al)r|)unbert.  Sie^e  ben  3lrtifel  ^rönungös 
infignien. 

©d)at^f:>)tcl.  2)aöfelbe  mar  alö  Äriegä» 
fpiel  in  Sn^'f"  '"^  6-  5a^rl)unbert  er* 
funben,  t>on  ta  nac^  (Perfun  gefommen 
unb  ^atte  in  5lrabien  feine  5tuöbilbung 
gefunben.  (Bon  I)ier  fam  eö  nad)  bem 
Qlbenblanbc,  wo  cö  (feter  SDamani,  ber 
^reunb  ©regor  VII.,  aU  Ieibenfct)aftlic^eä 
Spiel  ber  q3rieper  oerflagt,  ajlittc  be« 
11.  Sa^rbunbertö.  Seit  bem  12.  3a^r« 
Ipunbert  finbet  man  bie  Spuren  be«  Spielä 
in  ben  2)id^tungen  ber  ^öfifcf)en  (Periobc 
weit  verbreitet;  fein  mbb.  Otame  ifi 
scbächzabel,  beffen  zabel  baö  lat.  tabula 
=  Safel,  93rett  ifi;  entflcUte  g^ormen 
fmb  scbäfzabel,  scbäfzapel,  scbachttapel ; 
Sc^a^  fpielen  ^ci^t  scbächzabel  ziehen, 
spilen,  fid^  baran  setzen;  ber  unb  tai 
schäch  bebeutet  ben  ^önig  im  Scf)a(^fptel, 
tai  Srett  unb  iai  Spiel.  SDic  ältefien 
erl)altenen  Scf)a(ä)figuren  gel)ören  bem  12. 
3a^rbunbert  an,  fcfimere  fauftgro§c  ©tüde 
au8  ©Ifenbein,  ^irfd)|)orn  ober  ^olj.  S)ie 
mittellateintfcl)en  9'iamen  ber  scbächzabel- 
gesteine  finb  rex,  domina  ober  femina 
ober  regina,  eques,  alficus  ober  senex, 
rochns,  pedites,  bie  altfranjöftfcfeen  roy, 
roine  ober  fierge,  chevalier,  aupbin,  roch, 
peons,  bie  beutfc^en  künec,  küneginne, 
rittet,  alte,  roch,  venden  ober  vuoz- 
gengen.  S)er  2)ominiEaner  Si'o^u^  t)e 
ßeffoleä,  1250—1300,  bielt  eine  [«ei^e 
(Prebigten  über  iai  S^ad^fpiel,  Worin  er 
baöfelbc  fpmboIifc^saHegorifd^  auölegtc; 
biefelben  fanben  lateinifc^  unb  übertragen 
bie  Weitejlc  (Berbreitung;  auc^  inä  S)cutfcl)e 
waren  fte  übcrfe^t.  3tu§erbem  gicbt  e« 
in  beutf(f)er  Sprad^e  üier  jum  leil  fon 
©cffoleö  abhängige  aüegorifc^e  Sct)a(!^ge= 
bid)te,  beren  befanntefteö  oon  Äonrab  »on 
(Mmmenl;ufcn,  ßeutpriefter  ju  Stein  am 
SRtjein,  ftammt.  2B  e  i  n  I)  o  I  b  ,  beutfc^e 
grauen.  2.  Sluflagc  I,  116  ff.;  S^ul^, 
^öfifcl)c«  ßeben,  I,  415  ff.;  SDt  a  §  m  a  n  n, 
®ef(i)id)tcbedmittcIaIterIicbenScf)ac^fpieIcg, 
Queblinburg  1839.  51.  o.  b.  S  i  n  b  e ,  ®e= 
fd^i(i)te  unb  ßitteratur  beö  Sd^ac^fpielc«, 
Serlin  1874.  ©benberfelbe,  Duellenjlubien 
jur  ®efcf)i(^te  beö  Sd^ac^fpielö,  Serlin  1881. 

©cfiomfcipfel  nannte  man  bcnjenigen  Seil 
ber  (piattenrüjlung,  ber  bie  ®ef(ä)lec^tgtcile 
beö  ÜJJanneä  fapte  unb  fcf)ü^te.  ®aä  SIDort 
begreift  im  weiteren  Sinne  aud^  iai  »or« 


©c^anb6ilbcr  —  ©d)ilb. 


611 


genähte  ©ddd^en  ober  ßä^c^en  in  [xd), 
baö  bie  fnappe  $ofc  bcä  15.  2al)rf)unbertä 
nötig  machte  unb  bnö  aüä)  bei  bcr  njeiten 
<)BIubcrt;ofe  bcibetjalten  toai. 

©C^onbtiiHJer  marcn  bie  gcbräud^Iidjcn 
Begleiter  ber  @(^anbb riefe,  bie  ungc- 
bulbig  gen)orbcne  ©laubiger  i^ren  Sd^ulb* 
ntrn  jufienten  ober  an  öjfcntlic^en  ^l^löijcn 
anf^Iugcn.  ©ie  erflärtcn  ben  35argejlctlten 
aU  et)rIo^.  Setiebt  waren:  fangen,  OfJii* 
bern,  Stäupen,  ^Prangerftc^en,  Sfelä=  unb 
©auiitt  K.,  überhaupt  ©arjieUung  bcr= 
jenigen  ©trafmet^oben,  bie  gegen  öffent» 
lid^e  Scrgc^en  tt)at[äcf)lid^  auägefü^rt  ju 
njerben  pflegten. 

©d^a^jei,  fie^e  ÄopfbcbecEung. 

©^ätpe,  ©ic  ifi  ein  breitgefiicfteö  Sanb, 
baö  pom  13.  3«^i^f)un^crt  an  »on  ben 
SRittern  aU  ©tanbeöabjeid^en  getragen 
murbc  unb  jtrar  um  ben  Seib  gebunben 
ober  über  bie  rechte  ©cf)ulter  nacE)  ber 
linfen  ^üfte. 

©t^arttiat^t  nannte  man  im  Äriegöbienjl 
bie  patroullicrenbe  2Bac^t.  2)er  SRame  f)at 
fic^  aud)  auf  bie  üeinen  aBac^ttürmd)en 
an  ben  (Sdfen  ber  SBäüe  übertragen  unb 
lebt  beute  nod^  man(^erortö  im  SWunbe 
beö  Solf'eö  fort  in  bem  au§erorbentIid)en 
9ia(^tmad;ebienfi  i;ur  Seaufft^tigung  unb 
llntcrjlü^ung  ber  Jiadjtiüäcbter  bei  er^öl)ter 
^cuerägefa^r,  j.  93.  bei  flarfcm  gö^n  in 
ben  Sergtälern  bcr  511pen. 

©^auk,   ftclje  SlJJantel  unb  3;racf)t, 

©djenf,  fut)e  J^ofämter. 

©^ere.  2)ie  ©d)ere  fommt  annäbernb 
in  i^rcr  ie^igen  gorm  fcbon  auf  93ilbern 
bcö  10.  So^v^unbertä  üor,  am  bäufigPen 
bat  fu  aber  burdt)  baö  ganje  OJJittelalter 
bie  i?orm  unferer  ©($affd)eren. 

©^iffart,  ftebe  ©eewefen. 

©c^ilb.  Unter  ben  ©(^u^maffen  ber 
©crmoncn  ifi  bie  am  allermeifien  verbreitete 
unb  ältefie  unzweifelhaft  bcr  ©c^ilb  (af)b. 
skilt,  agf.  scild,  got.  skildus,  norb.  skyla, 
angdf.  scildan).  S)ie  ©d)ilte  ber  gcrma* 
nifc^cn  Sßölfcr,  wie  ftc  in  93efd)reibungcn 
unb  Originalbcnfmälcrn  etbalten  fmb, 
jerfaüen  fd)on  in  ben  älteften  3eitcn  in 
jroei  ganj  »on  einanber  üetf^iebene  51rtcn, 
in  bie  manbartigen  unb  mit  grellen  ??arben 
bemalten  ®ejleflc  unb  bie  bronjencn  Dtunb^ 
[(Jilbe.  2)ie  erfteven  maren  ftarfe  ^olj= 
ta^mcn,  auögcfüUt  mit  fcftem  5led)tmcrf, 
auf  ber  iRüdfeitc  mit  einer  $anb{)abe  oer« 
fe{)cn  unb  fonfiigen  Q5orrid)tung  jur  23e* 
f^fiigung  am  linfen  Sorberarm.  SDiefe 
©c^ilbe  marcn  üon  mäd)tigem  Umfange 
unb   h)at)rfc^einlid)  mit  Sierl;äuten  über» 


jogen.  Süif  i^nen  fc^iffte  man  fogar  übet 
©ttöme.  S)ie  93ronjefd)ilbe  maren  fleinet, 
mcift  runb  ober  ooal,  nad)  au§en  üxvai 
au^gebaud)t  unb  gefd)mücf  t,  mit  einer  ©pi^e 
auf  ber  aJJitte;  auf  ber  ^nnenfeite  ijl 
miebcr  iaii  nötbige  SRiemenmerf  für  ^anb 
unb  'Mrm.  ©tatt  ber  ©pi^e  fommt  nid)t 
feiten  aud)  eine  ^öblung  in  ber  ÜTiitte  oor, 
bie  nad)  au^en  alö  Sudel  l)en)ortritt,  innen 
aber  für  bie  ^anh  JRaum  lä^t  unb  mit  ber 
^anb^abc  überfpannt  i(i.  IRingäberum 
gebt  ein  fiarfer  Söronjcreif.  dergleichen 
©c^ilbe  finben  fic^  üornebmiid)  bei  ben 
norbifcben  SBölfern,  waö  in  bem  2Hetall» 
rei(^tum  i[)rctJ  ßanbeä  feine  (Srflärung 
finbet.  iMbcr  auc^  oon  bem  trefflichen 
©d)u^  ber  ©cfieüe  meiB  Safari  Seric^t 
über  bie  ©d)lad)t  gegen  5lriot)ifi  ju  mclbcn. 
^ier  bedte  fid)  bie  'Diaffe  mit  6  J^u§  bo^cn, 
4  gu§  breiten  ©c^ilben  berart,  ia^  bie 
üorbern  ©lieber  ben  ©d)Ub  cor  fid),  bie 
innere  SWaffe  bagegen  benfelben  über  fic^ 
^ielt,  bat)cr  bie  römifd)cn  $feilfcf)ü^cn 
i^nen  nid)t^  angaben  tonnten,  bi^  bie 
fübnftcn  auf  hai  ©d)Ubbad)  fprangen  unb 
cei  burd)bra(^cn.  S)a  folc^e  ©(^ilbe  au^cr« 
orbentUc^  fd)tt)er  ju  fübren  waren,  famcn 
atlmäblig  fleinere  in  ©ebraud)  non  3  big 
4  5u§  ^ö^e  unb  IV2  —  2  gug  ©reite, 
bie  entmeber  auä  SBuräcIn  geflod^tcn  unb 
mit  2ebcr  überfpannt,  ober  auö  Srettetn 
gefc^nitten  waren;  am  liebfien  fd)cint  man 
tai  Weiche  unb  lcid)te  Sinbenf)olj  bafüt 
ücrwcnbct  ju  f)aben,  weswegen  ber  ©cbilb 
aud)  gerabcju  ßinbe  genannt  wirb  (^ilbe* 
branbälieb).  S)ie  ©d^ilbc  waren  bemalt, 
baber  schiltaere,  scliilteraere,  ©c^ilbmalcr, 
©^ilbmacber.  2Baf)rfc^einlitft  gab  c^  be« 
reitö  ©tammeöfarben;  wenigftenö  erwähnt 
Sacitu^  »on  bem  ©tamme  bcr  Girier  aui' 
brüdlic^,  ia's  er  an  feinen  fcbwarjen 
©c^ilben  fenntlicb  gewefen  fei.  Sic  alt* 
frieftfdben  ©efe^e  fpred)en  t)on  braunen 
©dbilben  alö  ben  eigenen  unb  eon  roten 
fäc^fifi^en.  S)ie  fränfifc^en  ©cbilbe  bc= 
fd)reibt  5lpoIlinariug  im  5.  3a^r^unbett 
alä  in  ber  93Jitte  golbgelb,  nad)  bem  Sftanbe 
JU  wei§  bemalt.  3m  9^or^cn  galt  ber 
rote  ©dbilb  aU  3eid)en  bed  Äriegeä,  ber 
weiBe  alö  ein  fold)cö  bcä  gricbcU'S, 

(Sifcrnc  ©d&ilbbudel  hatten  nur  bie 
©c^ilbe  ber  ißorneljmen.  Sie  gtö§te  Qal)l 
berfelben  l)at  ftcb  in  ben  ©räbern  bc^ 
SRf)einlanbcä  gefunben.  ©ic  Sudel  (nmbo), 
aud)  fRabel  genannt,  Waren  mit  fiarfen 
eifcrnen  DMgeln  unb  ©pangen  an  ben 
©d)ilb  bcfcjiigt.  Der  ©d)ilbbefd)lag  reid)er 
(Sbler  unb  gürften  War  nergolbet  unb  oft 


612 


©d^ilb. 


mit  ebcljieincn  befefet.  2>tefe  Ratten  ju* 
im  ii)xt  @c^tlbträger,  ta  fie  für  ben  üloU 
faß  mehrere  (Sct)ilbe  mit  ftcf)  führten. 

3m  11.  unb  12.  3a6rliunbert  ^errfc^t 
ber  manbclförmige,  nabeüofe  ^0($[^ilb 
tior,  ber  an  ber  „®cf)itbfef[el"  über  ben 
Schultern  f)ing  unb  ben  ber  Krieger,  ttienn 
er  if)n  nicf)t  brauste,  auf  bcm  SRücfen  trug, 
©enabcitc  SRunbfdbilbe  trifft  man  nur  bei 
Icic[)tgerüpcten  guffämpfern.  ifflä^renb 
be«  12.  3a^rl;unbertä  nimmt  Bei  fajl:  allen 
europäif^en  Sölfern  bie  ©röf e  beö  Sd^ilbe« 
atlmä^Iid)  ob.  2n  granfreic^  ge£)t  man 
fpgar  ju  ben  fleinen  D^aU  unb  Ärei^s 
fcfeilben  über,  «jä^rcnb  freilief)  in  Spanien 
ber  fpi^e  ßangfcfjtlb  feine  t)öc^fte  dnU 
tt)idlung  erreid)t.  2)et  fleine  S)reifpi^ 
in  ^ranfrci(^  unb  ber  ebenfalls  breiecfige 
rbeinifcf)c  ©d^ilb  hjurbe  an  einem  ^änge* 
banbe  an  bem  ^alö  getragen,  bamit  ber 
IReiter  bie  linfe  ^anb  für  ben  3ügel  bii 
$ferbeö  ober  für  ta^  jnieifianbige  (gdbinert 
frei  ^aben  fotlte,  toaä  bei  ber  tterbefferten 
SDlafd^enrüftung,  bie  ficE)  bereite  über  ben 
ganjen  .Körper  auöbe^nte,  vool)\  o^m  ju 
gro^e  Oefa^r  gen^agt  merben  burfte. 

3n  ber  iRcgel  bilbet  eine  ^oljtafel  ben 
Äern  beö  (gc^ilbeö.  ©er  tiberjug  befielt 
beim  gemeinen  au§  leimgetränfter  Sein» 
hjanb,  bei  fcl)bnen  Gjemplaren  auö  ßeber 
ober  «Pergament;  auf  erßeren  hjurbe  i>ai 
SBappenbilb  gemalt,  auf  le^teren  au«ge= 
fd)nitten,  ober  in  foftbarem  außgef(f)ni^tem 
qSeljVüerf  aufgenagelt.  Qluö  9Kctan  »urben 
bie  6(f)ilbe  bei  ber  iBerbefferung  ber  übri« 
gen  Qluerüftung  unb  tro^  berfelben  immer 
weniger  gemalt,  ta  fie  nid^t  fo  f(i)tt?er 
fein  burften.  2)ie  £)icf)ter  berid)ten  ba^er 
öiel,  ta^  €d)ilbe  in  (Splittern  ben  Äampf» 
pla^  berften,  ober  ta%  bie  iCauäen  in  bens 
felben  ftecfen  blieben,  bis  ber  ©c^ilb  für 
ben  9(rm  ju  f(f)nier  gemorben. 

®ie  Qttmbruftfc^ühen  bebienten  ftä)  in 
ber  t^otgejeit  mit  33orliebe  beö  ©e^fcbilbeö, 
ber  ©turmttJanb,  eincS  großen,  gerunbeten 
ober  nact)  ber  SDJitte  in  eine  fenfrcd)te 
^ante  oerlaufenbeö  (Serätee;,  iai  unten  in 
einer  geraben  üinie  abgefc&nitten  unb  mit 
f(ima(^en  ®pit5en  rerfe^en  mar,  bie  fid) 
Ieict)t  in  ben  SÖoben  jlecfen  liefen,  fo  ta^ 
ber  ®(f)ilb  auf  bemfclben  fejlftanb.  ©er 
®(i)ü^e  trug  ben  @d)ilb  auf  bem  9tücfen 
an  Crt  unb  ©teüe  unb  benu^tc  \i)n 
n)ä[)renb  beö  .Rampfet^  aU  Sc^u^ni^nll,  in» 
bcm  er  I;inter  bemfelben  feinen  Sogen 
fpannte,  maß  menigftene  eine  SRinute  3eit 
unb  feine  gan^e  9lufmerffamfeit  erforberte. 

Der   ritterlid)e  ecf)ilb    (ecu)    bcö    14. 


3a^rbunbertö  ift  jiemlic^  Hein,  jumal  in 
^ranfreict).  ^m  Qtügemeinen  ift  er  brei* 
ecfig,  im  obern  SRanb  baib  gefc^föeift,  balb 
gerablinig,  aud^  cerfc£)iebcn  in  ber  ©tärfe 
feiner  5luöbiegung  auf  ber  2;ru^feitc. 
®d)ilbe,  meldie  ron  ber  breiecfigen  ©efialf 
abmeieren,  tncrben  je^t  Sartfc^en  (targes) 
genannt,  n^el^e^  SiBort  »on  ben  ©inen 
aue  bem  arabif(f)en  tarcha  ober  dardy 
hergeleitet  mirb,  aU  märe  baäfelbe  jur 
3eit  ber  Jlreujjügc  entjianben.  S)iej  aber 
meifi  nad),  ha^  Sartfi^e  beutfctienUrfprung^ 
\\i  unb  ©c^u^me^r  f)eift  (angelf.  targe, 
altn.  targa,  aift.  zarga).  ®ol(f)e  2;aitfct)en 
I)abcn  oben  xcä)ii  I)äufig  einen  Otu^fi^nitt 
um  bie  eingelegte  ßanjc  burd)äulaffen. 
3nnen  maren  fie  meift  gcpolftert  unb  mit 
Sc^ilbfeffel  t>erfeben.  Pavese,  franj. 
pavois,  pavart ;  itl.  pavese,  palvese,  nennt 
man  bie  lartfc^e  beö  ^uftolfeä  im  Unter* 
fdjieb  jur  Sfienntartfc^e.  Srfterc  ifi  ein 
großer  ©d^ilb  »on  ooaler  ober  reä)tedigct 
©eftalt,  in«befonberc  fon  Sogenfd^ü^en 
gebraucht  feit  (Snbc  beö  13.  2af)r^unbcrtä. 
5Diefe  ©dbu^maffe  ift  meift  1  m  ^oct)  unb 
0,40  —  0,60  m  breit.  5n  ber  aJlittc 
^t  fic  eine  tiefe  SRinne,  meiere  nac^  au|en 
alö  [Rippe  erfd)eint  unb  bem  (Sc^ilb  ni(J)t 
nur  eine  größere  ^efligfcit  gibt,  fonbern 
eä  auc^  crmöglidit,  H)n  an  einen  in  ben 
©oben  getriebenen  $fa^I  anjule^nen.  2)ag 
3nftrumcnt  gleid)t  in  ber  5lrt  feineä  ®e« 
brau(ieö  ber  fd)mcren  ©e^tartfd)e  (@e^» 
fd)ilb). 

Seit  ber  2J?ittc  be«  15.  3af)rl)unbctt« 
:^ort  ber  Sd)ilb  auf.  ben  «Rittern  im  ©c« 
fechte  ju  bicnen  unb  ertjält  fid)  nur  nod^ 
auf  bem  Surnierpla^e,  benn  feit  bie  platten» 
rüjiung  für  ben  gelbgebraud)  (fo  febr  »er» 
eoüfommnet  bur^  @d)ulterftüd  unb  bop= 
pelten  SBruftpanjcr)  »ar,  gemährte  fic  mef)r 
®d)u^,  aU  ber  lei(^te  €^ilb  unb  mar 
biefer  fomit  mefir  binberlid)  aU  förberlid). 
511«  auägejeid)nctfte  Söerffiätten  jur  ^er* 
fteOung  biefer  ©(^u^maffe  galten  bie  ju 
2Bien,  "iRürnberg,  ®enf, «Paris  unb3?ouen.— 

S)et  l)eutige  Sprad^gebraud)  meifi  me^t= 
fad)  barauf  bin,  ba§  ber  ©d^ilb  audb  feine 
ft)mbolifd)e  93ebeutung  ^atte.  „©c^ilbeä* 
«3lmt"  ifi  fo  iiiel  als  SRitterWürbe,  „©diilbeö* 
5lmt  t)aben"  t)eift  (Ritter  fein.  ®dt)on 
bei  ben  alten  ©crmanen  mad)te  na^  Jacitu« 
ber  ©d)ilb  ben  bevanmadjfenben  5lnaben 
mcfirbaft.  ©diilb  unb  Speer  maren  bie 
SSegleitcr  be«  «Dknne«  in  bie  «ßolfe»  unb 
®erid)t0r)erfammlungen.  2)ie  Qahl  ber 
ftreitbarcn  ÜRcinner  mürbe  mie  nad)  Oioffcn, 
Reimen  unb  Speeren,  fo  aud)  nad)  Sc^ilbcn 


©(f)ilbbürger  —  ©d^mucffa(^cn. 


613 


befiimmt.  Der  Sctiilb  voax  bcr  ^aupträger 
beö  für|ilicf)en  ober  ritterlid}en  Sffiappenä 
unb  gewann  in  bcm  ganjen  SRitterwefen, 
bcfonberö  in  ber  ^»eralbif,  bic  weitgreifcnbjle 
93ebeutung.  „Den  ©cfeilb  terune^rt  ju 
^aben"  ift  ber  fcf)impflic^fle  Soriüurf,  ber 
einen  SWann  treffen  fann.  Daö  ®efe^  bc 
firaft  biefen  ®d^impf,  wenn  er  ein  unt>er= 
bicnter  iji,  mit  ben  börtefien  «Strafen. 
2)ie  großen  S^ilbe  bientcn  nac^  beenbetem 
Äampf  jum  J^eben  unb  fragen  ber  foft« 
baren  IBcute  fott)of)I  aU  ber  lobten.  Der 
neue  Äönig  aiic^  (ber  getriät)Ite  fouiot)! 
wie  bcr  erblicbc)  nnirbe  auf  einem  €($ilbe 
breimal  im  Äreifc  bcö  nerfammclten  SBoIfe« 
betumgetragen,  bn^  Je^^iia""  i^n  fft)en 
fönne.  Die  SRipuarier  gaben  it)re  3"= 
fiimmung  ju  ben  iBorfcblägen  Clodovechs 
burcf)  3uf<ininienfd)Iagen  i'brer  ©cbilbc  ju 
erfennen  unb  übertrugen  il}m  bie  ^errf^aft 
bei  feiner  ^önigömobl  burd)  (Srbebung 
auf  ben  ©cbilb.  'SRa(I)'3äI)nö,  ®efcf)id^te 
beö  Ärieg^trefens  unb  ©  a  n  =  ü)i  a  r  t  e , 
SBaffenfunbe. 

©t^tlDtiiirger  I)ei^t  tai  befannte,  auS 
@tid)elfcf}miinfen  über  Stdbte  unb  ©tabt« 
eben  jufammergefieüte  SBoIfebucf)  eineö  uns 
bcf  annten  Serfaffers ;  bie  erfte  Qlui^gabe 
fü^rt  ben  Sitel :  Die  €cbilbbürger. 
SBunberfeltjamc  Qlbenbtbeurlid^e,  uner» 
hörte,  unb  biäber  unbefc^riebene  ®e« 
fd)id)ten  unb  Staaten  ber  obgemelten 
©cbilbbürger  in  SDJifnopotamia  binber 
lltopia  gelegen.  ^^\xni>  alfo  frif^)  ju* 
fammengetragcn  unb  au§  lUopifc^er  unb 
9iotbtt)eifc^er  in  Deutfcbe  ©prad)  gefegt. 
DuT^  Tl.  5llep^,  93etl),  ©irnel.  SWifno» 
potamia  1598.  (Sin  anberer  S^ame  ift: 
Daö  Salenbud),  gcbrudt  ju  ßalenburg. 
23gl.  ben  5lrtitel  9Jarrentum. 

©t^itmfioflt,  ful)e  «Bogt. 

©(^laraffc'nlanÖ.  Tllji.  Slüderafife,  slür- 
affe,  ip  jufammengefe^t  auö  slüder,  slüder« 
i^aulenjet,  tröget  ®efd)opf,  unb  äffe  aU 
©ejeidbnung  für  ben  Starren,  fie^c  ben 
Sirtifel  S^arrentum.  Der  91amc  ®d)Iau= 
raffe  ijl  im  15.  ^a^r^unbert  ein  gewöhn* 
li^eö  €ä)impfn?ort ;  ©ebaflian  ©rant 
f^ilbert  im  108.  .Kapitel  be«  9]arrenfdiiffeä 
tai  Schluraffenschiff.  Daö  obne  3meifel 
burd)  SBrant  beeinflußte  ®ebicbt  ^and 
©ad)fenö  ftammt  aus  bcm  3abr  1530; 
feitbem  ift  ber  €<$n.ianf  nod)  öftere  in 
Q)rofa  unb  2?crfen  be^anbelt  iDorben. 
SSgl.  3  a  r  n  d  e ,  Srantö  9tarrenf^iff. 
©.  455  ff. 

©^Icicr,  fiebe  Äopfbebedung. 

©(^Icuöcr,     Die     ©d)Ieuber     ift    alö 


.ftrieg«^anbnierfjeug  fd)on  auö  DambÄ 
3eit  befannt  unb  o{;ne  3mcifel  »on 
älteren  3eiten  ber  eicl  gebraud)t  n^orben. 
Die  Dichter  erjät)Ien  uns  aber  «enig  non 
ibr,  ta  fie  nur  eine  ÜÖaffe  beö  gemeinen 
Äriegäüolfeö  ift  unb  aU  ^anbmaffe  an 
iöebeutung  verliert,  fobalb  bie  93epanje< 
tung  beö  SOknneö  fefter  h?irb.  Die 
©cbleubcr  befianb  entmeber  aus  einem 
©trid  ober  SRiemcn,  beffen  (Snbe  ben  ju 
rocrfenben  ©tein  in  einer  ©d)Unge  faßte. 
2Bar  ber  iRiemcn  an  einem  ©tabe  befefiigt, 
fo  entftanb  bie  ©tabfd)lingc,  stapaslinga 
im  ©egenfa^  jur  slinga,  funda,  fundi- 
bula.  Die  ©c^Ieuberer  f)ießen  slingaere. 
Die  Sragrreite  erjlrcdte  [x<i)  auf  300—350 
©cbrittc;  auf  bie  Entfernung  von  100 — 150 
©d)rttte  roar  bie  SBirfung  eine  mörberifc^c, 
namentlich  al^  in  ber  ^olgcjeit  auc^ 
pla^enbe  ©ranaten  geworfen  rourben. 
Über  ©^leubermafc^inen  fiel)e  ben  5lrtifel 
2Burfmafd)inen. 

©^mudfai^cn.  Daß  bie  Verarbeitung 
beö  ü)letaÜ0  bei  ben  ©ermanen,  benen  fonji 
^anbarbeit  alö  eineö  freien  iKannecs  unwüt« 
big  vorfam,  in  bol;em  Qlnfeben  fianb,  be» 
jeugt  ber  Umftanb,  ia'^  mand)e  Halbgott« 
gleiten  unter  ber  ©eflalt  non  ©^miebcn 
gebad)t  mürben,  foSBielanb  unb  bie3werge. 
Die  erflc  (Sbrc  ber  ©(^miebefunjl  betraf 
jmar  baä  ©d)raert  unb  ben  $flug,  baneben 
aber  aucb  mannigfachen  ©($mud,  mic 
benn  «ffiielonb  bem  Äonig  9?eit^att 
©dimerter  unb  Sauge,  Söruftfpangen  unb 
(Ringe  fd)mieben  muß.  Die  erjte  ©teile 
unter  bem  ®efd)meibe  nebmen  bieSauge 
ein,  bann  bie  JJinöer^unb  2lrmringe 
(ftebe  ben  5lrti!el  Ofiing),  ^aläringe 
unb  anberer  .^alöfdjmud ,  ©tcinc^en, 
3;f)onfugcld)en,  SBein^üdcben ,  2JJuf^eIs 
fdbalfcbeiben,  Sd^m  unb  ©laäflußperlen, 
bie  aufhöben  gereil)t  ftnb;  aucb  SBcrnfiein 
Wirb  baju  »ermanbt.  3n  ©fanbinacien 
Werben  e^te  ober  nad)gemad)te  btjjantinifc^c 
SWebaillen  unb  ©olbmünjen  mit  D^rcn 
am  |)alfe  getragen,  ^albmonbförmigeö 
®efd)meibe  fommt  au3  ®olb,  ©ilber 
unb  SBronje  r>or.  Äctten  finb  in  frübcrct 
3cit  feiten,  erft  im  fpdtern  ÜRittelaltcr 
fmb  jierlic^e  ^alö!ettd)en  beliebt.  Der 
Qln^ang  am  ^alöbanb  erweitert  ftc^  jum 
93r  uftgefdinieibe,  hai  fel)r  mannigfad)c 
jyormen  aufweift,  bic  ©cwanbnabeln 
ober  S'it'fln'  9iüfd)e,  SSrofc^en ,  mbb. 
bratsche  ober  bretse  auö  franj.  breche, 
fürspan:  c^  fmb  entwcbcr  bcm  Dorn  nac^* 
gebilbcte  JJabeln  mit  2Biberf)afcn,  ober 
©i^crl)citönabeln  mit  SSügeln,  biefe  Ic^tcrn 


614 


©c^nabelf(^ut)c  —  ©d^otafiif. 


oft  aU  ro^eö  f^antafiifd^cö  Sierbilb  bc* 
fianbelt;  feltcner  ifi  bie  ©c^ilbs  ober  otalc 
(gdbatcnform.  Statt  bcr  9iabeln  fommcn 
aud)  ©cf)eibcnfibeln  Bor,  bte  auö  einer 
runben  metallenen  platte  mit  binten  bc» 
fefiigtem  Dorn  bcfief)en.  3n  ^«i^  pfifdjen 
3cit  jlcdtc  tai  fürspan  am  |)emb  ober 
am  SRodf,  al^  Scheibe  ober  25ierblatt  ober 
[Rofcttc,  SRaute  unb  ©dbilbform  gebilbet. 
2lnbere  ©cbmucf fachen  finb  Df)r ringe. 
3um  |)aarfcbmucE  gel)ört  ber  Äamm 
(fie^c  ben  bef.  5trtifel),  ^ aarnabeln 
au^  ®oIb,  Silber  unb  (Srj.  3ur  gefi^^ 
baltung  ber  ®(i)eitclung  unb  beä  ^^aare^, 
auf  tt)elcbc  bic  böfifcbt  SWobe  »iet  gab, 
tüurbe  ein  ©tirnfireif en  um  bic  ^aare 
gelegt,  mbb .  un  dirbant,  scregibant,  scbeitel- 
bant,  härbant,  oft  aud)  scbapel,  tromit 
man  fonfi  aucf)  ben  Äranj  benennt.  SB  ein* 
bolb,  beutfdje  grauen,  2.  5tuf[.  H  ©.  298 
ff.  Sgl.  ®  d^  u  I  fi,  $öfifcl)cö  Scben,  Sb.  I, 
5tbf*nitt  III. 

©d^nafidf^u^e,  ftel)e  guPefleibung. 

©C^Dlaftif  »on  scholasticus,  b.  f).  ße^rcr 
an  einer  Älofler«  ober  ©tiftöfcbulc,  Iiei^t 
bie  auögebilbete  t^cologifcbc  aBif[enf(i)aft 
beä  2)JittcIaIterö.  2)ic  farolingif^e  <Periobc, 
welcher  eine  innere  notwenbige  Trennung 
nnb  Unoereinbarfeit  be^  natürlichen 
Seben^  unb  ber  ^Religion  noc^  frcmb  n?ar, 
begnügte  fic^  in  ibren  t^eologifc^en  5tr* 
bciten  an  ber  iReprobuftion  be^  fon  ben 
Äiri^entiatern  ber  überlieferten  t^eolo9ifd)en 
S!}iaterialc.  6rj^  im  11.  3<^br^unbert,  aU 
fidb  ber  innere  Äern  beö  SÖUttelalterä  ju 
feinen  d^arafterijlifc^en  formen  entroicfelte, 
tt)oju  nomentlidb  bie  gänjlictic  Trennung 
bcö  natürli(^en  unb  be^  religiöfcn  ßeben* 
get)örtc,  entfticfelte  fxä)  bic  blo§  beni 
ÖJJittelaltcr  eigene  f^oiapifd)c  5lrbeit;  fte 
klängt  äufammen  mit  ben  Älojlerreforma* 
tioncn  unb  ben  fRtugrünbungen  ber  Gifiers 
jienfcr»  Äluniaäcnfer»  unb  93cttclorben; 
mit  bcr  Qluöbilbung  ber  ^öfifdben  Stlbung 
infofern  ald  bie  %änilxä)i  Trennung  ber 
ritterlicf)cn  SSilbung  unb  Silbungöbebürf* 
niffc  Bon  berjenigen  ber  Äitdie  biefe 
le^terc  bem  natürli^cn  Scben  entfremben 
l)Qlf  unb  ftc  einem  einfeitigen  93üd)cr« 
unb  33erfianbeälebcn  überantwortete,  tai 
jebocf)  fo  n?cnig  al3  fein  ©egenpart,  tai 
SRittcrtum,  romantifcfccr  Sü%i  entbehrte. 
SDic  3;f)atfac^e,  ba§  bie  ganjc  europäifcbc 
SBelt,  fofern  ftc  ft(^  überhaupt  um  l)ö^ere 
»iffenfc^aftlic^c  Ißilbung  bemübte ,  ber 
©c^olaftiE  angef)ötte  unb  ba§  Wirflid)  ori* 
ginellc  *D?eiftet  in  ibr  auftraten,  lä§t  er= 
fcnnen ,    ta'^  fte   eine  nothjenbigc  gruc^t 


ber  curopäifd^ensmittelalterlic^en  (Snthjicfe? 
lung  geftefen  fein  mu§;  ftc  mar  bic  Ic^tc 
grudbt;  i^r  namentlidb  galt  bcr  Äampf 
bcr  I)umanijiifct)cn  S)enfart,  mit  bcr  bag 
ÜJ^ittelalter  aufprt  unb  eine  neue  ßdt 
:^eranbricbt.  3"  unterfdbciben  ifi  übrigen« 
con  Born^erein  bic  ©dbolafiif  im  engern 
©inne  unb  bie  fc^olajiifcbc  ÜÄctbobc  bc« 
SOMttelaltcrö ,  bic  ftcb  nic^t  allein  auf 
2.l)eologie  unb  $^ilofopbie,  fonbern  auf 
iiai  ganjc  Ocbiet  ber  SBiffcnfcbaftcn  er« 
jlrccftc;  in  ^umaniftcn!reifen  pflegte  man 
bie  Schriollerer  von  Paris  und  die 
Juristen  von  Bononi  (Sologna)  alö  eine 
gcmeinfame  Srf^einung  anjufet)cn.  ÜJian 
unterfcbeibet  brei  ^^eriobcn  öcr  ®cf)olafiif. 
5n  ber  erfien  ^criobc  begnügten  ftd^ 
bic  Itjcotogcn  mit  einer  blo«  bialcftifdbcn 
Bearbeitung  beä  augufiinifc^sfir^licf)cn 
ße^rbegriffcö.  Qlnfelm  Bon  Ganter* 
burp,  geft.  1109,  fuct)tc  Bor  Willem  bod^ 
ben  ®lauben  Bon  allen  pl)ilofop^ifd^cn 
Unterfuc^ungen  ungcfa^rbct  ju  bemabren, 
unb  aU  (Rofccllinuö,  Äanonifuä  ju 
Gompiegne,  burc^  fü^ne  93el)auptungen 
über  bic  3;rinitätölcl)re  bcnfelben  ju  hi' 
bro^cn  f(^ien,  bcfämpfte  i^n  Qtnfelmu« 
unb  nötigte  i^n  jum  SBibcrufc.  S)ic  mit 
biefem  «Streite  Bermicfeltc  pl)ilofop^ifd^e 
Streitfrage  über  bie  Sebcutung  bcr  Uni* 
Bcrfalien  gab  ben  «Corteinamen  ber  [Rea* 
lifien  unb  SRominalijlen  ibrcn  Urfprung; 
ber  JRominaliömuö  erflnrtc  bie  atlgc* 
meinen  Begriffe  für  blo§c  Qlbflraftionen 
tti  aSerjianbeJS  ani  ben  gegebenen  ®egcn= 
fiänben;  ber  JRcaliömuä  erftarte  bie  all* 
gemeinen  Segriffc  für  tai  Urfprünglicbc 
im  göttli(^en  unb  menfcbl'cben  ©eific. 
Seit  bem  Qlnfangc  beö  13.  Jöbt^unbcrtä 
murbc  $ariö  ber  §auptfi^  ber  fd)olajlifc^en 
S^eologie-,  »ä^renb  nämlidf)  biö  bal)in  in 
ben  Spulen  nur  ba^  Trivium  unb  taä 
Quadrivium  gelcbrt  maren,  traten  je^t  ^ier 
juerft  ßebrer  für  bie  !)3t)ilofop^ie  unb  S^eo« 
logic  auf.  (Sictie  ben  Qlrtifel  UniBcrfi* 
tüten.)  JRäcf)fl  «Cariö  erhielt  Dyforb  für 
bie  f^olafiifdie  j^cologic  am  meijien  S9cs 
beutung.  2n  $ati«  l)attc  juerft  21  b  ä  l  a  r  b , 
gcfi.  1108,  baä  meifie  Qlnfcbcn ;  gegen 
i^n  traten  Sern^arb  Bon  ©lairBauf 
unb  SJJorbcrt  auf,  welche  jcbc  2lbmei^ung 
Bon  ber  überlieferten  5luffaffungS»eife 
mißbilligten  unb  5lbälarb  eine  SBcrurtei* 
lung  burd)  ben  ^Papp  jujogen.  ©citbem 
fingen  bic  2;f)eologen  an,  ibre  bialeftifc^en 
Erörterungen  burd)  5luticitiiten  ber  b«i- 
ligcn  Schrift  unb  bcr  Säter  ju  fiebern; 
bieß    t^at    namentlich    bcr   3<J^i^unberte 


®(f)reibfunfi. 


615 


binburd^   gelcfcnc  Magister  sententiarum 
*Pctru  ö  ßombarb  uö. 

I)ic  jwcitc  $eriobe  bcr  ©d^otafiif 
»irb  babur(6  eingeleitet,  bog  man  auf 
ben  mautifd^en  €d)ulen  in  Spanien  bie 
©c^riften  beö  51rijioteIeö  fennen  lernte. 
9luö  bem  9Irabi[(%en,  batb  barauf  aud^ 
am  ber  griediifcfcen  Urfpracfce  tt)urben  jene 
nun  für  baö  31benblanb  inö  ßateinifd)e 
überfe^t  unb  namentlicE)  üon  ben  Storni» 
nifanern  unb  ^^'^''"ä^^f''"''^"  ä"'^  tSrwei« 
fung  ber  $rifilidf)cn  2öa^rf)eiten  bcnu^t. 
3n  biefe  !|?criobe  gehören  ber  granäi^faner 
5l(efanber  Don  ^aleö,  Doctor  irre- 
fragabilis,  gefi.  1245;  ber  jE)ominifaner 
?llbertu§  aJiagnuö,  gep.  1280;  unb 
beffen  Sd)üler  2.f)omaö  oon  Qlquino, 
Doctor  angelicns,  gej!.  1274.  ^m  ®cgen« 
fa^  ju  biefem  l)ob  ber  ^ranjiötancr  S  os 
naticntura,  Doctor  seraphicus,  gcft. 
1274,  bie  SD'Jt)flif  »ieber  l)ervor;  bemfciben 
Drbcn  gel)ört  ber  Doctor  snbtilis  3  "- 
banncfii  I)un«©cotu^  an,  gefi.  1308, 
ben  bie  ^tanäiäfanet  bem  Z^omai  gegen« 
überjufiellen  pflegten.  2)ie  ()3oIemif  ber 
bciben  Drbcn  unb  i^rcr  tf)eoIogif4en  iBcr* 
treter,  ber  S^omiften  unb  ©cotificn,  füllt 
bie  britte  fPcriobc  ber  «S^olaftif,  bie  fic^ 
nun  in  unfruchtbarer  *poIemif  über  baä 
Tla^  ber  ö'i^eibeit ,  bcr  ©cnugt^uung 
Gbrifti  unb  über  bie  unbeflectte  (Sm« 
pfängniö  SD'Iariä  gefielen.  Qllä  bcr  ^u« 
maniömuä  auftrat,  ftjar  bie  ©d^olajtit 
f(^on  am  Untergeben. 

©c^rciMunft  unb  ©(^rift  I.  3 übe* 
rcttung  beö  ® toffeö.  Über  ben  ©toff 
Berglcid)c  man  bie  QlrtiEcI  Pergament  unb 
$apicr.  Die  erftc  Jptigfeit  beä  abenb* 
länbifc^cn  6df)reibcrö  bcjianb  in  ber  3"= 
fianbfe^ung  bc3  nur  fe^r  ro^  gearbeiteten 
^crgamentcä,  bamit  cö  überaü  bie  Jinte 
annehme;  cä  tt»urbc  abgefcf)abt,  bann  mit 
Simöjlcin  geglättet,  IRijyc  unb  ßöd^cr  ncrs 
flebt  ober  äufammengcnö^t.  S5ann  rt>urbc 
ia^  (Pergament  liniert,  ttjoju  man  il)m  jucrft 
mit  bem  Qixhl  eine  Olnjalil  genau  abge= 
mcffener  ©tic^c  beibra^tc.  I)aö  in  aüge= 
mcinjtcm  ©ebraud^  be^  Qlltcrtum«  fiebenbc 
©dfjreibttjcrfäcug  voax  tai  ®c^reibrof)r,  cala- 
mus ;  eö  tt)urbc  aucb  im  SDiittelaltcr  angcrticn= 
bet  unb  war  au*  3t<ilien  ju  bcjiclien;  boc^ 
fommt  feit  bem  5.  3al)rl)unbcrt  bie  ^ebcr 
me^r  unb  mc^r  auf;  scribmezer  ober  scrip- 
tral  ^ei^t  baä  ^ebermeffer;  neben  ben  cdE)ten 
gebern  fommen  auct)  folc^e  fon  SD^etaü 
nor ;  m<i)  33  l  e  i  ft  i  f  t  e  hjcrben  für  bie 
Schrift  auf  Safein  ermähnt.  2>ie  3;inte 
ifl  in  ben  alten  ^anbfct)riften  fon   for» 


jügliiiier  93efcf)affenbeit;  fpäter,  alö  man 
feit  bem  13.  3af)rt)unbcrt  mefir  fc^ricb, 
n?irb  fte  fc6le(iter;  an  lintenrcjcpten,  ujos 
bei  immer  ©allöpfct  unb  SBitriol  bie^aupt^ 
fadt)e  ftnb,  mangelt  eö  in  mittelalterlichen 
DucHen  nicf)t;  gen5Öl)nli(f)  untb  iffiein  ba,;u 
genommen.  i>a*  2;intcnfa§  mar  ^äuftg 
ein  einfacl)e3  ^orn,  rDeld)eä  bur^  eine 
Öffnung  bcö  (Sd)reibpultcö  gcjicdt  mürbe; 
baö  iSdl)tcibjcug,  schripziuc ,  mar 
^äufig  baju  cingerict)tct,  anä)  9iol)re  unb 
unb  ^ebern  aufjune^men.  JRote  ^arbe 
jur  ^eroor^ebung  ber  Qtbfd^nitte  mar  fc^on 
ben  alten  (Sgpptern  befannt;  im  SWittds 
alter  mar  bie  Sitte  allgemein  oerbreitct, 
nidt)t  nur  bie  5lbfdl)nitte  burd^  rote  Diub« 
tifen  lerüorju^eben,  fonbern  oft  aud)  jebe^ 
irgenb  bebeutenberc  2Bort  mit  einem  roten 
©trief)  ju  bejeidt)nen;  eö  giebt  ^anbfd^riften, 
mo  bie  S)aten  rot  gefc^rieben  fmb;  oft 
bcr  Scft  neben  bem  fd&marjcn  Kommentar; 
fom  13.  3af)r^unbcrt  an  ftnb  rote  unb 
blaue  %axbi  regelmäßig  für  bie  Anfang*« 
budf)jlaben  unb  fonfiigc  iBcräicrungen  in 
©ebraud^,  ©olbfc^rift  mar  namcnt=< 
lief)  im  bt)jantinif(^en  $Reic^e,  aber  aud^ 
im  Qlbenblanbe  beliebt;  balb  fcf)rieb  man 
ganjc  ^anbfd^riften  in  ®olb,  balb  nur 
bie  erfien  ©eiten  ober  bie  Übcrfdiriften, 
ben  übrigen  Jcyt  bäufig  in  ©ilber.  ®crn 
erljö^te  man  ben  ©lanj  tti  ©olbeö  burd^ 
purpurneö  Pergament. 

II.  Da*  ©  d^  r  c  i  b  e  n  ;  ber  altger« 
manifd&e  5lu^bru(J  bafür  ifl  got.  vreitan, 
a{)b.  rizan,  angelf.  vritan,  cnglif^  to 
write,  in  SReiPrett,  iRciplei,  SHi§  crf)alten; 
eö  mürbe  terbrängt  bur^  iai  lat.  scribere, 
at)b.  scriban.  S)er  ©df)reiber  ft^t  auf  ber 
cathedra,  bem  schribstuol ;  tai  93rett 
beöfelben  ^ei§t  schribbret.  93or  ftdl)  !^at 
ber  ©d^reibcr  iai  exemplar.  Um  bie 
3eilen  nicf)t  ju  ferfelilen  ober  mit  bem 
©ucf)en  bie  S^xt  tti(f)t  ju  oerlieren,  I)atte 
ber  ©d^reiber  bie  cavilla,  ben  durlnog; 
oft  |dlt  er  nermittelfi  eine*  gefrümmtcn, 
ton  ber  linEen  ^anb  gel)altenen  SWefferö, 
ba*  Pergament  fefl.  ©et)r  l)äufig  ftnb  in 
ben  Unierfd)riften  ber  ©dt)reiber  Semer« 
fungen  über  bie  große  2T}üt)fal  il)rer  5lrbeit, 
mobei  ber  iöergleic^  mit  bem  ©rreid^en  bei 
.^afenö  am  Snbe  ber  5lrbcit  namentlid^ 
beliebt  tjl.    Oft  lieißt  e«: 

Scribere  qui  nescit,  nnllum  putat  esse 
laborem , 

Tres  digiti  scribnnt  totnm  corpusqne 
laborat. 

(Sin  ©t.  ©aller  fdf)reibt:  Sicut  aegro- 


616 


©c^rcibfunjl. 


tus  desiderat  sanitatem,  ita  desiderat 
scriptor  finem  libri.  2)ct  ©(f)rt)äd)c  bot 
2lugcn  tnurbe  feit  bcm  14.  ^ofirbunbert 
burd)  SS  r  i  U  c  n  nacf)gc^oIfen.  2)ic3eit 
einer  5tbfc^rift  ^ing  natütlid^  con  ber  ®e* 
übt^eit  bcö  ©c^reiberä  unb  ber  QIrt  ber 
<Bä)X\\t  ab;  9iotferä  fPfalmenübcrfe^ung 
ȟurbc  einmal  in  14  Sagen  abgefcbrieben; 
ein  vrä(i)tigeö  ncueö  Sefiament  eon  278 
ÜSldttern  in  grog  ^o^i"  i"  6  SWonaten. 
2)ie  Jlojibarfeit  be^  ®df)reibmaterialö  füfirte 
juSUbfürjungen,  beren  Übermaß  oft 
iai  Sefen  fc^r  erfc^tttert ;  3o|)ann  »on 
Jilbutp  nerfu^te  im  12.  3a^tbunbcit  eine 
3ci(^enfc6rift  ju  crfinbcn,  mittel^  beren 
man  im  @tanbe  fein  foQte  alle  Sßorlefungen 
nadjjufc&rciben  unb  ftc^  fo  alle  SBeiö^eit 
anzueignen;  er  fam  aber  nid^t  bamit  ju 
©tanbe. 

III.  @cf)reiber.  3"  i'ft  römifc^cn 
fPeriobe  pflegten  profeffioneüe  Äaüigroplien 
bie  93ü(i)er  ju  fd)reiben,  im  ÜJJittelalter  tüur« 
ben  bie  TO  ö  n  d^  c  bie  eigentlichen  Sudlers 
abfc^reiber,  it)elä)e  me^r  unb  me^r  barin 
einen  trefentli(i)en  Seit  i^reä  Scrufeg 
fanben.  «Sd^on  ^ierontjmu«  empfiehlt  ben 
2Wönc&en:  scribantur  libri;  aber  erfi 
ßaffiobor  führte  grunbfa^Iid^  in  bie 
Älöficr  bie  i|)nen  bis  bat)in  fremben  gc» 
lehrten  ©tubien  ein  (fte|e  ©efc^ic^tfc^rci* 
bung);  er  gab  ju  bem  ^wtät  feinen  SDJön« 
eben  eine  Sammlung  Don  ®(i)riften  über 
Drt|ograpl)ie,  bie  er  93  jährig  ju  i^rem 
Oebraucf)  ejcerpierte,  i^ugleid^  93ud)binber 
unb  IDiufierbänbe.  ®t.  SBenebiftö  SRegel  fe|t 
bie  (Sfiftenj  einer  SBibliotlief  im  Älofier 
»orau«,  auä  »ucli^er  jeber  ÜJJönd^  58üdE)er 
jum  ©tubium  erl)ält.  eine  eigentlich  ge« 
lel)rte  S^ätigfcit  entttjidelt  fi^  jeboc^  erji 
in  ben  .Rlöfiern  neubefel)rter  ßänber,  xvo 
auf  ben  SOJönc^en  bie  ganje  ßafi  ber  »ors 
^anbenen  33ilbung  rufete,  junäc^p  in  Jr» 
lanb  unb  ©nglanb  h)o  maffen^aft  unb 
fc^r  f^ön  gefd)ricben  wirb.  5lbe"r  au(!) 
bie  @($ottenmön(ie  teilten  »ielfad^  bie 
barbarifc^e  Söertüilbcrung  ber  ^üt,  unb 
erji  Äarl  ber  ®ro§e  brai^te  eine  bleibenbe 
Sefferung  juroeg;  feit  jener  3cit  fehlte  eö 
in  feinem  gut  eingerichteten  Äloj^er  an 
einer  ©c^reibßube,  Scriptorinm;  immer 
trenn  ein  Älofter  einen  neuen  5luffcf)mung 
nimmt,  erfennt  man  biefen  au^  auö  ben 
Qtrbeiten  feiner  €(f^reiber;  hai  ift  auc^ 
noc^  bei  ben  .Kluniajenfern  unb  ben 
^artf)äufern  ber  gall;  aud)  9Jonnen  übten 
bie  Äunft,  bagegen  wax  fte  in  einigen 
alten  SenebiftinertUijlern  im  13.  3a£)r5 
l)unbett  fo  gut  ttiie   auögeftorben,  fo  in 


©t.  ©aüen  unb  SWurbac^.  5Die  SBettel« 
orben  »erlegten  ft^  me^r  auf  5lbfd^riften 
il)rer  eigenen  Kompilationen  unb  fcf)ola* 
jiif($er  ©d^riften  aU  auf  bie  Söerttielfäl« 
tigung  älterer  SBerfe;  manche  »or^er  »er* 
faHenen  S8encbiftincrflö|!er  erlebten  um 
bie  SWitte  beö  15.  ^o^t^unbertg  einen 
neuen  5luffcf)tt)ung  ber  gelehrten  ©tubien. 
S)ie  Srüber  »om  gemeinfamen 
ß  e  b  e  n  maci;ten  auS  bem  9lbfd)rciben 
ein  ©emerbe,  unterfc^ieben  ftd^  aber  toon 
ben  öo^nfd&reibern  burc^  ibre  genoffen« 
fc^aftlic^e  Drganifation  unb  burcf)  i^rc 
Sefirebungen  für  Unterrici^t,  ®elel)rfamfeit 
unb  ©rbauung. 

eine  «eitere  ©c^reiberflaffe  beä  ÜJlittel« 
alters  ftnb  bie  Äanjlcibeamten.  5luS 
Stalten,  wo  fie  itd^  auS  ber  alten  3"* 
erhalten  Ratten,  »erbreitete  ftc^  ber  ©tanb 
ber  Weltlichen  9'iotare  naä)  bem  13.  Ja^t* 
^unbert  aud^  in  anberc  ßdnber.  S''^ax 
latten  bie  (Dlerocinger  noc^  weltli^e  Äanj* 
leibeamte  gehabt;  aber  unter  ben  Äaro* 
lingern  fielen  ÄapeUe  unb  Äanjlci  gu» 
fammen  unb  »tele  S^^'^^u"^"**  ^i"* 
burd^  würben  feitbem  oufer^alb  Stalten« 
alle  Urfunben  »on  ®eifilid)en  gefd^rieben; 
ganj  befonberS  war  auci)  aüe  Äorrc* 
fponbenj  in  geiftli^en  ^änben.  Sebet 
SD^ann  oon  einiger  Sebeutung  mu§te  feinen 
clericus,  pfaff  t)aben,  ber  feine  Sriefe  \ai 
unb  fct)rieb;  ti  war  bieS  für  bie  Älerifet 
gugleidf)  ber  SZBeg  ju  51nfe^en  unb  ef)re; 
bie  SBorfte^er  ber  föniglici)en  Äanjlei  (fte^e 
ben  5lrtitel  Kapelle)  würben  Sßifd^öfe, 
ben  übrigen  fielen  geringere  "l^frünben  ju. 
Die  Qlnleitung  jum  QSrieffd^reiben  bil« 
bete  beS^alb  feit  alter  3«t  einen  willigen 
Seil  beS  Unterridf)tS,  man  nannte  ti  dic- 
tare,  einen  brief  dihten. 

ßo^nfc^reiber  gab  ti  in  Stauen 
ebenfalls  feit  alter  3eit,  fte  erhielten  ftd^ 
^ier  burd^  iai  ganje  SlRittelalter  unb 
würben  fpäter  »on  ben  Unicerfttäten  alS 
3uge^örige  unter  il)re  3ii"äbiftion  unb 
iferen  ©d^u^  aufgenommen.  3m  frdnfi* 
fd^en  SHeid^e  gab  eS  ol)ne  3^eifel  »tele 
®eipiid[)e,  weidf)e  als  ßo^nf^reiber  i^rcn 
ßebenSuntcrpalt  fanben,  bod^  werben  fie 
feiten  erwäl)nt.  2lud^  fdt)rieben  wo^I 
iWöndf)e  für  einen  auswärtigen  iöejteHer 
um  ßoljn  ab,  wälirenb  fte  natürlidf)  für 
bie  eigene  ©ibliot^ef  umfonfi  fd^rieben. 
Dle(itSt)anbfdf)riften  würben  auf  beutfd^em 
®oben  frül)  non  ßaien  abgefd)rieben ;  Dom 
13.  Sft^t^^i'n^ert  an  werben  eigentlid^e 
gewerbsmäßige  ©(^teiber  auS  bem  ßaien« 
fianbe  häufiger  unb  übertreffen  an  3a^I 


@(f)rift. 


617 


bic  geifilic^en;  ftc  ^ci^en  cathedrales  ober 
staolschriber.  5tud)  grauen  fcnnt  man, 
bie  um  8o^n  Qbf(i)Tctben,  unD  «Sc^ulmcij^er; 
Oraf  ^iiflo  üon  SKontfovt  (gefl.  1423) 
Iie§  feine  3[)]innelieber  butcb  feinen  knappen 
nieberfc^reiben  unb  mit  Sßeifen  »erfeljen. 
SSürgerlidje  ©c^teiber  befc^äftigten  [xä) 
Dotjüglid^  mit  Suchern  in  bcn  Solfä^ 
fprac^cn;  firc()Iic^c  unb  geklärte  SBüc^cr 
fielen  noc^  immer  üorjugöweife  bcr  (Seifis 
Ii(^feit  unb  bem  entflel)enben  ®elet)rtcn= 
Ranb  ju.  3)ie  erfic  gebrudte  ®d)reibe' 
funfi  »erfaßte  ber  'iJfüinbergcr  5tnton 
Sfieubörffcr. 

IV.  (Sntwicfelung  ber  ©c^rift. 
I)ie  ^auptgattungen  ber  lateinifc^en 
©c^rift  fmb: 

1.  Äapitalfcf)rift^ei§tbie3[«aiugfcl= 
fc^rift  in  ben  Pollen  fct)önen  formen  beö 
iateinif^en  5npl)abeteö,  wo  jeber  3"9/  f^i 
er  gerablinig  ober  runb ,  tttefentlid^  ift. 
3n  ganzen  ^anbfcfiriften  erfd)eint  bie  fonfi 
ber  römifc^en  SBilbung  angeprige  ©^rift 
bi^  inö  6.  ^a^rpnbert;  fpäter  behielt 
man  fic  nur  noc^  für  Überfcferiften  unb 
für  bie  erfien  ©eiten  r>on  (prad)t^anb; 
fd^riften  bei,  »orjügltc^  in  farolingif^er 
Seit. 

2.  UnciaIfc^rift,iPauö  ber  Kapital« 
fc^rift  hervorgegangen,  beren  gerabe  geo* 
metrifci^e  SH^  »a^  Sequemlic^feit  bei 
il)x  bur(f)  runbe  erfe^t  ftnb;  einjelne  SBuc^« 
fiaben  reichen  fcf)on  über  unb  unter  bie 
3eilen.  S)iefc  ©c^rift  beftanb  ^a\)x^\xn' 
berte  lang  tibllig  auögebilbct  neben  ber 
^apttalf($rift.  Man  fann  in  ben  ^anb* 
fd^riften  biefe  ©cfirift  mit  june^menber 
Entartung  »om  4.  bi^  in«  8.  3al^rl)unbcrt 
»erfolgen. 

3.  ®ie  altrömifc^ej?urfiü-©c^rift 
i|l  au^  bcr  Uncialfc^rift  berüorgegangen; 
bie  Suc^jtaben  l)ängen  jufammen  unb 
tocrben  ineinanber  gejogen ;  einjcine  3ügc 
treten  über  unb  unter  bie  ßinie;  biefe 
©d^rift  reprdfentiert  jugleict)  bie  Q,nU 
Pef)ung  ber  ÜJlinuöfel.  Qlnfänglid^ 
für  ben  ©c^ulgebrauc^  unb  i>ai  bürger* 
liebe  ßeben  benimmt,  wirb  biefe  ©d)rift 
»om  4.  3a^r^unbert  an  aud^  ju  neu  öer» 
faxten  ^anbfd^riften  angeft)enbet. 

4.  SDie  9?ationoIfd^riften.  Qluf 
ber  gemeinfc^aftlidE)en  ©runblage  ber  rös 
mifd&en  Äurftüe,  »erbunben  mit  (Elementen 
ber  Uncialfd^rift,  l)aben  fid)  nun  »erfct)ic- 
bene  Dtationalfd^riften  enttnicf elt ;  anfangt 
bem  ß^arafter  ber  Sölferwanberung  gemö§ 
augerorbentlicf)  »ernjitbert ,  würben  fte  mit 
ber  3eit  laKigrap^if^  iuieber  audgebilbet.  | 


So  getjören  baber  bie  langobarbifc^e; 
bie  meftgotifd)  e  unb  bie  mero« 
wingifd^e  ©d^tift. 

5.  Die  irifcf)e  ©d)rift.  2)aö  J^auüt« 
lanb  ber  Äaüigrapbic  war  com  6.  ^ai)x* 
^unbert  an  3rlanb,  eö  bilbeten  ftc^  f)ier 
mehrere  größere  unb  Heinere  ©d^tiftgat* 
tungen  auä.  ißorjüglic^  liebten  bie  ^xtn 
ben  reid^fien  iJarbenfd^mucE  unb  »erjicrten 
bie  3nifiale"  unb  ganje  ©eiten  mit  ber 
fünpiic^ften  23erf(ec^tung  oon  ©piralen 
unb  fd)malen  farbigen  Sänbern.  SWin* 
befienö  rourbcn  bie  großen  99uc^ftaben  mit 
(Reihen  roter  fünfte"  umgeben,  namentUdf) 
(^arafterijlifdf)  aber  fmb  bie  überall  ange- 
brachten ©dt)Iangen=  unb  Sogelföpfe. 
3rifdbc  Tlbnä)i,  bie  man  in  >Deutfdt)Ianb 
©dt)ottenmönd)e  f)ei^t,  oerbreiteten  if)re 
©(^rift  über  ben  ganjen  kontinent. 

6.  I)ie  angelfä(tfifc^e  ©^rift 
empfing  öinflüffe  teilö  üon  ber  irifd)en, 
teils!  oon  ber  römifd^en  unb  mirfte  wie  bie 
irifd)e  ebenfalls  auf  tai  frdnfifd^e  ©cf)rifts 
wefen  ein. 

7.  2)ie  farolingifdje  ü)Hnu«feI. 
£)ie  Semüfiungen  Äarlö  beä  ©rofcn  um 
bie  Dteorganifation  ber  c)ffentlid)cn  Silbung 
rid^teten  ftd^  au§er  bcr  »ermilbertcn  Drtf)o« 
grap^ie  unb  3nterpunftion  au&)  auf  bie 
Pflege  bcr  ^anbfd^rift.  ^ür  q3rad^tfiücCc 
fc^rte  man  jur  alten  Uncialfdf)rift  jurücf; 
für  ben  gewöhnlichen  ©ebraud^  würbe  eine 
(Dlinuöfel  auögebilbet,  bie  wcfcntlicf)  eine 
Sleform  ber  merowingifct)en  ©d^rift  barjiellt; 
i^r  3luägangöpunft  ift  Sllfuin^  berühmte 
®(^ulc  im  Sb^artinöflojler  ju  3;ourö;  eon 
^ier  würbe  bie  neue  ©c^reibart  hmä)  t>a§ 
ganje  J^ranfenreid^  oerbreitet.  2)ie  faro^ 
lingifd^e  ©djrift  ifi  runblid^,  jlarf  mit 
fur'ftccn  (Elementen  unb  einjclnen  Uncial» 
bud^fiabcn  gemifcf)t;  dbarafterijlifd^  ftnb 
befonberö  bie  feulenförmig  nad^  oben  »ers 
bidten  8angjlric{)c.  hieben  ber  ätrbeit  für 
ben  täglid^cn  ®ebraud^  war  bie  SRid^tung 
biefer  3eit  »orjüglid)  bcr  35erfertigung  »on 
!Pradt)tflücfen  jugewanbt;  ^urpurneö  $er* 
gament,  ®olb,  ©ilber,  Äapitalfd^rift,  na^ 
ben  befien  alten  3nf<^tiftcn  fopiert,  Per* 
fc^iebene  Uncialformen,  Ornamente  unb 
Silber  nac^  antifen  unb  bijjantinifc^en 
QJlujlern  auögcwd^lt,  vereinigte  fid)  jur 
^erflctlung  fiaunenäwerter  Äunftwcrfe. 

8.  2)ie  au^gcbilbete  aJiinuäfel. 
S)ie  fränfif(^e  ©cbrift  fam  mit  ber  3'** 
jur  5ineini)errfc^aft.  3^r  (Jntwicflung«» 
gang  befielt  barin,  ia^  fie  bi«  jum  12. 
3a^r:^unbert  ju  immer  größerer  SKcgel« 
mäfigfeit  fortfc^reitet;  jeber  Sud^fiabe  ^at 


618 


®c^ul)  —  ©^uliücfen. 


feine  bePimmtc  gotm  imb  jicfjt  unab* 
bängig  neben  bcm  anöern,  bie  ®tid)c  ftnb 
[cfcarf  unb  gerabe,  bie  SBotte  Doüfldnbig 
getrennt.  ®egen  ben  5lusgang  bes  12. 
3a^r|)unbcrt«  beginnen  an  ben  früf)et  ge* 
rabe  abgefcfinittenen  untern  Snben  ber 
Suc^fiaben  fiarfe  5lbfc^nittstinien  bemert^ 
lid)  ju  »erben;  bann  biegen  jt(^  bic 
©tri(f)e  [elbft  unten  nacf)  Dorn  inbic^ö^e 
unb  geben  baburd)  ber  ganzen  Schrift  ein 
reranberteö  ^uüfefien;  man  fd^reibt  oiel 
mebr  unb  beebalb  t)iel  rafd)er  unb  nad)» 
läfftger.  Um  (jßla|  für  i£)re  ungef)euer  um^ 
fänglicben  ^robutte  ju  fc^affen,  treiben 
namentlich  bie  i8ettelmönct)c  ben  ®ebrau(^ 
ber  5lbfürjungen  auf  bic  ©pij^e.  3"^  SSers 
laufe  beö  14.  3a^rt)unbert^  wirb  bie  ©c^rift 
immer  ecfiger  unb  eä  bilbet  ftd)  bie  gitter- 
artige ©c^rift  auö,  iit  man  gotifc^  ober 
SDiön^öfdirift  nennt.  5"  t>en  SScr« 
jierungen  f)errfc6en  bie  im  13.  3ci^Tf)unbert 
auff  ommenben  abtt)e(l)felnb  roten  unb  blauen 
t)or.  2)aju  fommen  bic  reichen  33IattDers 
jierungcn,  namentlich  tai  ©ornblattmuficr, 
im  15.  3'i()t|i"i^^£rt  ganje  $f[anjcn, 
SBlumcn  unb  grüc^tc,  mit  Käfern  unb 
(Sct)mettcrlingen  auf  ®oIbblattgrunb.  S)ie 
^umanifien  teerten  cnblic^  jur  reinen  ^u 
nus!el  beö  12.  3af)r^unbert^  jurüd.  9'Jac^ 
SZBattenbacf),  ba^  ©d)rift»tfen  im  ÜJtittcU 
alter,  ätt>eite  ülufl.,  Seipjig  1875  unb  ebcn= 
berfelbe,  Einleitung  jur  lateinif(J)en  *t5aläos 
grap^ic,  jreeite  ^ufl.     ßeipjig  1S72. 

BtÜiVÜ),  fiebe  Seinbetleibung. 

©d^iiler  fa^renJic,  fie^e  fa^renbe 
@cf)üler. 

©d)Ult|ei^,  mittetlat.  scultetus,  al^b. 
scultheizeo,  scultheizzo,  m|b.  scultheize, 
tton  ai)t.  scult  =  ju  leifienbe  Serpflic^s 
tung,  ju  leifienbe  SBerbinblic^feit,  unb 
heizan  =  I)ci^en,  befehlen,  ©iefer  fc^on 
im  8.  3<Jf'i^"i^bert  nicf)t  feltene  SRame 
bejeic^nete  nacf)  ©o^m  fräntifc^c  SKei^ös 
unb  ©eric^teoerfaffung,  SBeimar  1871,  §  9, 
®.  213  ff,  ben  (Eentenar  nid)t.  Sr  wirb 
in  ber  SRcgel  com  ®rafen,  auäna^mömeife 
oom  Äönig  ernannt;  er  iji  alfo  ein  grdf» 
lieber,  fein  unmittelbar  fönigli(i)er  Seamter. 
©eine  2lmtofunftion  ifi  bie  (Syefution  beö 
bur(^  ben  ®rafcn  alö  SHici)tcr  auegefpro« 
djcncn  Urteil«,  mag  bieei  nun  ein  pein« 
liebes  ©trafurteil  oDer  ein  ßioilerfenntniö 
fein;  juglcic^  ifi  er  ber  Unterbeamte  befli 
®rafenfürbie6intreibungberau(^auföffent= 
lic^  rccl)tlid)em  Sitel  rul)enben  ©infiinfte 
bcö  Äönige.  (Sr  l;at  ferner  bie  gü()rerj 
fd)aft  über  bie  Süttel  ber  öffentlicf)en 
^olijci  unb  (Syefutiiigemalt.    ©eitbem   an 


»iclen  Orten  bic  gräfliche  ©einalt  an  ein« 
jclne  ©runb^errn  übergebt,  tritt  bei 
©cf)ultf)ei§  bem  ©runb^errn  gegenüber  in 
bie  ©teüung,  bie  er  frül)er  jum  ©rafen 
f)atte;  il)m  fiel)t  je^t  bie  ©r^ebung  ber 
3infen  unb  Ginfünfte  aui  ben  grunb^err* 
lid)en,  meifi  geifilicf)en  ©ütern  jU;  fein 
5lmt  nähert  fid^  balb  bem  beä  95ogteö, 
balö  bem  beö  Skiern ;  er  rcirb  je^t  nic^t 
mebr,  mie  wa^rfcfjeinlicl)  früher  immer  ber 
%aU  mar,  auä  ber  ^a\)l  ber  %xikn  gc^ 
nommen,  fonbern  fann  felber  unfrei  fein. 
5luä  ben  genannten  Urfad)en  ifi  feine 
©teQung  jin  ber  grunb^errlid)en  Serfaffung 
überall  t»crfcl)ieben. 

©c^ultoefen.  ©^ule  entfielt  überall  ba, 
wo  frcf)  gemiffe  Äenntniffe  unb  jj^tisfeüen 
auögcbilbet  i)aben,  meiere  ber  3"3«"i>  J" 
überliefern  allgemeine^  Sebürfniö  geworben 
ifi  unb  JU  beren  Überlieferung  eö  be» 
fiimmter  ßef)rer  bebarf,  in  crfier  ßinic  alfo 
ba,  roo  bic  Äunfi  beö  Sefenö  unb  ©cfirci» 
benö  bcfannt  unb  jum  Sebürfniö  geworben 
ifi.  2)ic  ©c^ule  erweitert  fobann  ben 
Umfang  i^ret  ße^rjielc,  wenn  fte  bic  weitere 
5lufgabe  erbält,  ein  gewiffeö  üJla^  I)ö^erer 
S'enntniffe,  frcmbc  ©prai^en,  f<^riftpelierifcf)c 
erjeugniffe,  überhaupt  tai,  roai  ju  einer 
iis)i}ntn  literarif^en  SSilbung  gejäf)lt  wirb, 
JU  überliefern  übernimmt,  unb  fte  ficigt  noi^ 
\)oi)ix,  Wenn  fie  ft^  bafür  cinricl)tct,  jum 
ße^rinfiitut  für  fold^c  ju  Werben,  beren 
5lmt  unb  Seruf  felber  auf  ber  Elncignung 
folc^er  ^ö^ercn  Silbung  beruf)t. 

S)ie  ©ermanen  f)atten  oor  ber  d^rifi* 
liefen  3fit  feine  ©c^ulc  cntwicfelt;  bal^er 
»erfianb  eö  fx^  Don  felbfi,  ha^  ber  cf)rifi5 
liefen  Äirc^e,  wcl($e  neben  i^rem  ®lauben 
auc^  eine  eigene  frembe  ©prac^c  unb  ein 
fe^r  at)nfc^nlid)cö  ®ebict  ^öljern  Sßiffen« 
mitbrachte,  oorläufig  bie  ©tiftung  unb 
öeitung  oon  ©^ulen  jufallen  mu^tc. 
%üi  ben  ®temcntarunterric|t  im  Öefen  unb 
©cf)reiben  ber  lateinifcben  ©prad)e  war 
bie  notwenbige  Sebrmetbobc  in  ber  latei« 
nifcftcn  ©rammatif  längfi  gegeben;  bie 
©c^ulfenntniffe  p^erer  51rt  famen  in  ber» 
jenigen  ^orm  unb  2luöbe^nung  ins  SWittel« 
alter,  in  welct)er  bic  fpätere  römifc^e  S^xt 
nad)  bem  Vorgänge  beö  23oetl)iuö  unb 
Gaffioboruö  ben  Unterri(^t  ju  faffen  pflegte, 
in  bcrjcnigen  ber  fiebcn  freien  Äünfie, 
be«  auö  ©rammatif,  SRl)etorif,  >DiaIcf  tif  unb 
5lritt)metiE  bcfte^enben  Duabrir»iumä 
unb  bc§  aus  'JDJuftf,  ®eometrie  unb  Qlfiro* 
nomie  bejiebenben  Srioiumö,  alles  in 
febr  enger  unb  einfeitiger  2Beifc  an  tbcolo» 
gifd)e  ©toffc  angelehnt.    2Bic  wenig  jebod^ 


(Sc^ulttcfen. 


619 


im  ®eific  bcr  Äirc^e  anfängli^  ber  ®cf)ul» 
untcrricfjt  ju  bebcutcn  ^atte,  jcigt  bet  Um* 
fianb,  ba§  bie  Senebiftinetrcgcl  nid)t^  auf 
©^uluntenid^t  bejügli(^eö  enthält,  ©ie 
etfic  SSeranlaffung  jut  Einrichtung  eine« 
folc^en  l;aben  in  ben  Ä'Iöficrn  o^ne  Btt'eiftl 
bie  pueri  oblati  gegeben,  Änaben,  bie  t>on 
il^rcn  (SItcrn  frü|  jum  gcifilic^cn  2)ienfi 
Bejlimmt  unb  beöwegen  bem  Älojlcr  über* 
geben  würben;  am  !öniglid)  fränfi[<^en 
^of  bejianb  frü^  in  9iaä)at)mung  älterer 
römifc^er  ©itte  für  bie  $rinjen  eine  j£>  o  f* 
f(i)ule;  fonfi  tt)uä)^  bie  SKe^rjat)!  felbji 
ber  ©rogen  unb  SSorne^men,  fonjie  bie 
gefammte  übrige  Sefölferung  of)ne  jeglichen 
llnterri(i)t  auf,  abgefe^en  etwa  »on  ber 
©ebäc^tni^einprägung  Iateinifd)er  ©ebets* 
formein  unb  c^riplic^er  Zeremonien.  Äarl 
ber  ®ro§e  war  e^,  bem  juerfi  iai  93es 
bürfni^  einer  l)öf)ern  unb  allgemeinen 
Silbung  aufging;  italienifcf)e  unb  angcl* 
fä(^frfcf)c  Sujiänbc  bienten  i^m  babei  jum 
Seifpiel  unb  ©porn.  (Sr  erneuerte  bie 
^o(i)f(i^uIe,  an  bercn  Unterricht  er  felbji, 
feine  Ä'inber  unb  ^ofteute  teilnahmen, 
er  befat)!  in  einem  Äapitutar  üon  789, 
ii  foüen  mit  allen  93if(i)oföfir(i^en  unb 
Älöfiern  ©c^ulen  »erbunben  werben,  in 
benen  nic^t  blog  t>k  Äinber  ber  ßeibeigenen 
(au«  benen  fidf)  ber  Äleru^  gcwö^nli^  er* 
gänäte),  fonbern  auc!^  bie  Äinber  ber  ^^reien 
unb  (äbeln  unterrichtet  werben  foUten,  unb 
5War  in  $fatmen,  9ioten,  ®efang,Äomputuä 
(9'led)ncn)  unb  ©rammatif.  3n  einem 
anbern  Äapitular  »om  5a|>r  801  wirb  ge* 
rabeju  geforbert,  ta^  ein  S^ber  feinen 
®ol)n  im  (Erlernung  beö  ßefenö  in  bie 
©c^ule  fc^icte  unb  it)n  bi^  jur  SBoQenbung 
beö  Unterrichte  bort  »erweilen  laffe. 
S^eobulf  üon  Drtean^,  einer  ber  ©enoffen 
Äarie,  legte  feinen  ©eifilid^en  fogar  aui> 
brüdlid^  bie  Unentgeltlic^teit  biefeö  Unter* 
ric^teö  ani  ^erj,  bamit  ftd)  anä)  bcr  ÜÜrmPe 
bie  im  bürgcrlidt)en  Sebcn  notwenbigen 
Äenntniffc  erwerben  fönne  (794),  ©d^nell 
blüt)ten  nun  bie  Älofier«  unb  ©tiftöfd^ulen 
empor,  ^iwt  jerficlen  in  bie  schola  in- 
terior  für  bie  oblati,  welche  »on  5lnfang 
an  bem  Äloficrlebcn  geweit)t  waren,  unb 
in  bie  schola  exterior  für  3öfllinge  weit* 
lid)en  ©tanbeö.  S)en  Unterrici)t  leitete  ein 
gewöhnlicher  ÜJiönc^  ober  ein  scholasticns ; 
in  großem  Älöftern  waren  für  bie  einjelnen 
2)i«jipUnen  Magistri  angefiellt,  bie  oft 
weitt)er  auö  anbern  Älöfiern  berufen 
Worben  Waren;  ße^rlup  unb  ßel;rgabe 
fpieltcn  natürlich  I)ier  f^on  eine  gro^e 
SRoKe.    grauenflöfter  bcfafen  äl)nlic^  .ein* 


gerichtete  ©(^ulen  für  SWäbc^en,  etwa  aucf) 
für  jüngere  Änaben.  SRotJ)  meljr  alö  bie 
Äto|lerfä)ulen  bienten  bie  in  ben  ©täbten 
gelegenen  2)oms,  ©tiftö*  ober  bifcf)öf[ic^en 
®d)ulen  ben  <Böi)mn  weltlichen  Staube«. 
3n  Sejug  auf  hin  Umfang  be^  Unterri^ted 
l)atten  bie  niebrigen  @ct)ulen  ober  klaffen 
üorne^mlic^  baö  8 efen  im  5luge;  .^ird)en* 
gefang,  iRed^nen  unb  lateinifct)e  ©rammatif 
bilbcten  bie  erfie (St Weiterung  beöSlementar* 
unterrid)te2i ;  nur  an  ben  großen  ®elet)rten* 
fd)ulen  trat  iai  Quabrioium  baju.  S)er 
grammatifd)e  Unterricht  (nad^  3)onat, 
^ri^cian,  SSeba,  "iUfuin  u.  a.)  war  wie 
überhaupt  aller  Unterricht  mü()fam  unb 
auf  (Sinübung  oon  iRcgeln,  SBörtern  unb 
*l}l)rafen  befcferänft;  oon  alten  5)id^tern 
famen  bcfonber^  93irgil,  bann  Doib  unb 
^oraj,  ßucian  unb  ©tatiuä,  feltener  Jerenj 
jur  ©e^anblung;  auf  Serfemad^en  würbe 
gro§eö  ©ewic^t  gelegt.  SDieÄenntni^  ber 
lateinif(f)en  $rofaifer  war  eine  fe^r  be« 
f(f)ränfte.  ßioiu«,  (Safer,  (Sicero  waren 
feiten,  pupger  ©encca,  ©allufi  unb  @ueton. 
Die  Äenntni§  be^  ©riedjifc^en  war  nur 
ganj  fporabif^  t)ort)anben.  ®ie  f(J)ul* 
müßige  Se^anblung  beö  5E)eutfd£)en  war 
febenfalie  feiten  unb  r»on  ber  befonbern 
5Denfweife  eineö  ßet)rerö  abhängig;  iJiotfer 
ßabeo,  ber  ©t.  (Sauer,  bewerft  in  einem 
Srief,  er  I^abe,  um  feine  ©cfeüler  in  ba^ 
iBerjlänbnie  ber  Älafftfer  einjufüf)ren,  etwa^ 
ungewö^nli^e^  get^an  unb  bie  lateinifc^en 
©c^riftjicHer  in  bie  ÜJJutterfpradje  überfe^t 
unb  in  biefer  erläutert,  benn  in  ber  ^eimi* 
fd)en  ©prac^e  werbe  leidet  gefaxt,  wai  in 
einer  fremben  Eaum  ober  nid^t  ganj  be* 
griffen  werben  fann.  S3iel  ©ewic^t  legte 
man  auf  ©efang  unb  ©cf)önfd^reiben.  2)ie 
©dl)uljud^t  war  fireng  unb  tk  SRute  §äufig 
gel)anbl)abt.  2llö  5luffe^er  waren  circatores 
befteßt.  5Docf)  fehlte  e^  nid^t  an  erlaubten 
(Srgö^lid)feiten :  SBürfelfpiel,  Sffiettlauf, 
(Hingen  mit  gefalbten  ^änben,  ©tocffpiel, 
©teinwurf.  ^n  ©t.  ©allen  i^atten  bie 
©c^üler  bereit«  ha^  festum  sanctorum 
innocentium,  an  welchem  fre  ber  S^d^t 
entbunbeu  waren  unb  jeben  bei  i^nen 
eintretenben  g'^^'"'^^"  feftne^men ,  a\i 
©d^ulabt  auf  tai  Äat^eber  führen  unb 
ju  einer  ßosfaufung  nötigen  fonntcn.  5)ie 
ßel)rmett)obc  ifi  am  ebefien  au«  ben  8el)r* 
büd^ern  'Jllfuinö  crfic^tlic^;  in  feiner 
©rammatif  tritt  nad)  angelfäd^rtfd£)em*I)JuPer 
bcfonber«  ber  ©ialog  l^eroor;  ber  Sernenbe 
fragt  unb  ber  2cl)venbe  antwortet,  mani^« 
mal  reben  aud^  jWei  ©dt)üler  miteinanber 
unb   mit   bem  ße^rer;  öfter«   Werben  bie 


620 


©c^ulwefen. 


SRoOcn  t)ertau[d)t.  S)ic  disputatio  Pippini 
cum  Albino  Scholastico  ijl  ein  berats 
tigcä  $anbbücf)Iein  für  SJenfübungen  in 
biaIo9ifcf)ct  ^'''^"i-  2)arin  fmb  2)eftni= 
tioncn  tion  ücrfc^iebcnen,  bem  ÜJlmfcfecn 
na^eliegenben  Dbjeften  unb  Gegriffen  ge^ 
geben,  am  liebfien  in  SKetapfiern;  j.  '3. 
trag  ifi  bie  B^nge?  (Sine  ®ei§el  ber  8uft. 
aCÖaö  ifi  ber  SRebel?  ®ie  9^ad)t  am  Sage, 
bie  mü^t  ber  Qtugen.  2Baä  ifi  ber  lag? 
S)ic  Qlnregung  ber  5trbeit,  (Jrinnern  [d)on 
biefe  iJragen  unb  *ilnttt3orten  an  hai 
dätfel,  fo  Iä§t  ein  jwciter  Jeil  biefeö 
f8üä)Uini  bem  ©c^üler  reirftic^e  SRätfel 
aufgeben. 

Sie  93Iüte  bc8  faroUngif^en  'S^uh 
h)cfenö  bauertc  etiüa  biö  in  bie  SRitte  beä 
1 1.  3a^rf)unbertä,  fo  jtt)ar,  ba§  man  inner* 
:^alb  biefeö  3^itraumeö  i'mti  ^ö^epunfte, 
im  9.  unb  am  (Snbe  beö  10.  3a^rf)unbcrtö 
unterfc^eiben  fann;  nac^  1050  führen  jum 
Seil  längfi  vorbereitete  innere  unb  äußere 
Urfac^en  einen  fc^ncHen  SöerfaU  btefeS 
©ci)ultt)efen«  ^^erbei.  S)a^in  gepren  bie 
SBerwcttlid^ung  ber  großen  5lbteien  unb 
S)omfiifter,  bie  5luöbilbung  bcä  pfifc^en 
©tanbeg  unb  ber  bur(^  felbcn  bebingten 
^öpfd)-tt»elttic^en  Silbung,  iai  ^tuftreten 
ber  jtrengen  reformierten  ü}Jönd)öorben, 
ttjic  ber  .Kluniacenfer  unb  ß,ifierjienfcr, 
beren  fiidili^-afcctifc^e  Sidt  tt>iffenfd)aft- 
lic^e  ©tubien  »enig  ober  gar  nic^t  för* 
bcrten.  ^^ür  bcn  5lbcl  unb  hai  iRittcrtum 
■bilbete  M  e*ne  l)öfifc^5ritterlid^e  (ärsie^ung 
ani,  bie  auf  abelige  Äünfie  unb  fertig* 
feiten,  auf  roettmännifc^eg  Sßene^men,  auf 
bie  Äenntniä  ber  franjöftfcEjen  ©pract)c  93e= 
bac^t  na^m  unb  nur  auöna^mötoeife  {^axU 
mann  con  2lue)  eigcntti(f)en  fc^ulmä|igen 
©tubien  fxä)  juroanbtc.  (2SgI.  Diitter* 
tum  unb  ©rjie^ung).  2öaö  man  an 
ben  -^jöfen  an  ßetjrern  ctroa  beburfte,  be» 
forgten  frembeSpielleute,  fa^renbe^lerifer 
unb  bergleidf)en  aU  $vioatIe^rer.  9iur 
oereinjelt  erl)iclten  fxä),  burd)  bie  ®unfi 
einäciner  (Perfönlic^feiten  getragen,  größere 
Älofier*  unb  ©tiftsft^ulen  unter  angeficß* 
ten  Se^rern. 

eine  (Srneuerung  beö  @cf)ultucfen3 
h)irb  erfi  im  12.  3a^r£)unbert  ftc^tbar, 
unb  itvai  in  jtreierict  ©efialt,  in  ber  SU* 
bung  elementarer  ©tabtfc^ulen  unb  ber« 
jcnigen  ber  UniDerfitdten;  über  bie 
Ic^tern  ftctjc  ben  befonbern  Qlrtifel.  2ßad 
bie  Stabtf^ulen  betrifft,  fo  ftnben  ftc^ 
folc^e  juerfi  in  ben  frü|enttt)icEeIten  ita* 
licmf(f)en  (Stdbten.  ^m  12.  Ja^r^unbert 
cntflanben  bann  in  ben  ©tobten  nörblic^ 


toon  ben  5tlpcn,  namentlich  früt)  in  bcn  norb» 
bcutfc^en  unb  nieberlänbif(f)en,  b  e  u  t  f  c^  e 
ober  ©(i)reibf(ä)ulen,  bie  teil«  bie 
notwenbige  bürgerlii)e  (slemcntarbilbung 
in  ber  ßanbeöfprac^e  barboten,  teilä  al« 
SBorfdjule  für  bie  latcinif($e  <Bä)\xU  bientcn. 
®ie  l)abtn  befonbern  anfangt  mancf)e  Äom« 
petenjftreitigfeiten  mit  ben  geifilicften  Obrig= 
feiten  ju  beficfien,  welche  bie  ©C^ule,  für 
tt>elct)e  bie.Kir(^e  iod)  feiten  metir  ettt>aä  t^at, 
für  i^r  SDJonopol  anfa^en;  namentlid)  fuc^tc 
bie  kixä)t  ju  vergüten,  i)A^  ftd)  biefe 
(Schulen  bem  ^n%t  ber  3«it  gcmä^  in 
lateinifc^e  ©c^ulen  umtranbelten.  S)ie 
Unterric^tämctt)obe  untcrfc^ieb  [\ä)  nicf)tüon 
berjenigen  in  ben  fird^lic^en  ©(^uten,  ge- 
biet auii)  nirgenbg  ju  einem  bur(^greifenbcn 
allgemeinen  ©c^ulftjfiem.  ©cf)ulbüc^er,  felbfi 
^Papier  für  bcn  ©ebrauct)  ber  Äinbcr  mar 
äu  teuer;  baber  bcfianb  ber  Unterricht  jum 
großen  ileil  in  ^tuämcnbiglernen  unb  Qliuf= 
fagen.  ^oä)  fpicltc  in  ber  ADiäciplin  bie 
SRutc  eincgro^eSRoHe.  S)anebencrfrf)eintin 
ben  lateinif(^en  ©(^ulen  feit  bem  16.  ^a\)X' 
|)unbert  ber  Asinus,  ein  in  ber  6^ul^ 
fiubc  fiel)enber  ^öljerncr  (Sfel,  ben  ber 
firaffällig  gemorbene  ©d^üler  am  ßnbe 
ber  8ef)rfiunbe  befieigen  mu§tc.  2)ic  33er= 
faffung  ber  fiäbtifc^en  ©cfculcn  mar  äunft= 
unb  ^anbmerfögemd§,  2)cr  [Reftor  ober 
©c^ulmeijier  würbe  üon  ber  Dbrigfcit  auf 
ein  3^^'^  gemietet;  bie  ^ilf'Slefirer,  feine 
©efellen,  mäblte  er  fclbji;  Silbung  unb 
ßo^n  bcrfelbcn  »ar  gering.  ÜJicifi  f)attc 
nur  ber  SReftor  feften  ©e^alt,  ber  jeboct) 
jäljrlid)  fiö^fienö  40  Oulbcn  betrug,  moju 
bann  allerlei  anbcre  Smolumenta,  nament« 
li^  ©efcftenfc  famen:  Djiereicr,  gafinacf)t= 
f  ud^cn,  Äird)tt)eil)gef^enfe,  iJafinacl)ti)ül)ner, 
®utiai)r.  3n  flcinern  Drtfc^af^ten  mar  ber 
Pfarrer  ©c^ul^err,  ber  bann  für  baä  öe^r= 
amt  gemö^nli(^  einen  ®el)ilfen,  ben  Äin= 
bermeificr,  annahm,  melc^cr  neben  bcn 
6d)ulDerricf)tungcn  wie  ber  Pfarrer  felbfi 
butd)  firc^lic^c  ©ienfte  feinen  öebenöunter= 
^alt  aufbrad)te.  Da  fefte  unb  bleibcnbc 
QlnftcQungcn  fehlten,  bilbete  [xd)  ein  >t»an= 
bernber  S^e^rftanb.  S5ic  altern  ®efctlcn, 
scholares  vagantes,  Sßacc^anten,  nahmen 
babei  bie  3)ienfic  jüngerer  6ct)üler  in  ^In* 
fpruc^,  bie  ebenfalls,  um  ber  SBiffcnfc^aft 
nac^juget)cn,  bie  .^cimat  »crlaffen  Ratten. 
Tlit  Söetteln  unb  ©tet)lcn  mußten  biefe 
„6(I)ü^en"if)rcSacct)antcn  auf  i^renÄreuj= 
unb  Duerjügen  begleiten;  »iele  gingen  bei 
biefem  Umticrwanbcrn  ju  ©runbe.  ©oldbc 
fatircnbc  ©<f)üler  (t>gl.  ben  befon* 
bem   Qlrtifel)   bilbeten   nun   ba«  ^aupU 


6d)ultt>efcn. 


621 


fontingent  für  bcn  ©d)ulbien|i;  toä)  nai)= 
nun  auä)  onbcre  Wmmx,  bic  be^  ßefcnä 
unb  ©d^reibenö  funbig  »arcn,  bte  <S(i)uI= 
Haltung  auf  firf);  bcfaßcn  ftc  wirfUd) 
Äenntniffe,  fo  fanben  fte  gleic^jeittg  anbete 
aScrwenbung,  j.  23.  alö  Schreiber  im  2)ienjle 
ber  ©tabt  ober  Drtfc^aft,  unb  bicfe  bc? 
loiink  unter  Umftänben  treue  unb  ani' 
baucrnbe  S)ienfic  mit  bem  93ürgcrred)t. 
©ine  @(J)uIpf(id)t  für  bie  ^inber  bcftanb 
in  feinem  ^aü,  um  fo  weniger,  aU  man= 
d^erortö  ber  @cf)ulIof)n  au«fcf)Ue§lic^  aus 
bem  ©c^ulgelb  ber  Äinber  befianb;  eben= 
fowcnig  eine  fefigefefete  Scftulbauer;  bod) 
mag  bie  urfprünglicf)e  ißcbeutung  beö  6. 
ober  7.— 12.  ßebenäiat)re^  aud)  ^ier  meijl 
mafgebenb  gewefen  fein,  ülud)  fiabtifcfje 
SD'?db^enfd)ulen  ^at  e*  cor  ber  !Refor= 
mation  gegeben. 

©e^r  alt  »ar  baä  3nfiitut  ber  S^or* 
fd)ulet;  5ft»ar  naf)m  bie  ganje  ©c^ule 
am  Äirc^cngefange  teil;  für  au^erorbent« 
lic&e  Seijiungen  aber,  iä  Trauungen  SBe* 
erbigungen  unb  bergleic^en,  genügte  ein 
auö  ben  armem  ©(^ülern  gebilbeter  Sf)or, 
in  ben  ©tiftöfc^ulen  teils  Pannenses  ober 
SBrotfc^üIer  genannt,  b.  b.  folcfee,  bie 
regelmäfig  bloö  Srot  erf)ielten ,  unb 
scolares  ad  mappam  ober  ad  scntellam, 
b.  ^.  folc^e,  benen  baö  ©tift  regelmäßig 
bie  ganje  ^ofi  gab;  übrigen^  benu^ten 
bie  (|^orf(f)üIer  i^re  ©ing!un<i,  um  ftd) 
au^  außerhalb  beö  ©otteöbienfteä  ®elb 
ju  üerbienen,  j.  93.  bei  ben  gafinad^ten 
if)C8  ütateö  ober  »or  ber  Verberge  einer 
burd)reifenben  fürj!li^en  <Perfon.  2ln 
mandien  Orten  rcicf)tc  it)nen  ta^  ©pitat 
beniiberrefi  com  (Seflnbeeffen,  ba^cr  jebcr 
»on  it)ncn  am  ©ürtel  ein  t)öljerne«i  ®efä§ 
befefiigt  ^atte,  t>ai  ibnen  ben  9?amen 
^äf efeinbubcn  eintrug. 

3n  aüen  ?ateinfc^ulen  tt)urbe  ber 
Unterri^t  in  Iateinifd)er  ©prad^e  erteilt, 
unb  bie  ©c^üIer  foüten  aud)  untereinanbet 
nur  fiatein  fpre^en.  S>ie  tägliche  ^al)i 
ber  fie^rfiunben  ober  fieftionen  trat  an 
ben  meifien  ©d)ulcn  »ier,  fettener  brei 
ober  fünf.  93otmittag^  begann  bet  Unter« 
tid^t  ©ommeräjeit  um  6  ober  7,  fogat 
um  5  U^t,  im  SEßintet  eine  ©tunbe  fpätet. 
©d^ulptüfungen  fennt  ba^  SO^ittelaltet 
nic^t;  biefe  fowo^I  aU  bie  ©d^ulptümien 
famcn  et|^  in  im  SRcfotmationäjeit  auf. 
5lud^  Don  ©(f)ulferien  wußte  man 
nic^t^;  fogat  an  ben  auf  SBoc^entage 
faHenben  fitcf)Iid)en  i^fiettagen  fanb  j.  58. 
in  Stüinbetg  tegclmä§ig  ©c^uluntcttic^t 
^att.    S)agegen  ^atte  ber  fie^rer  fofi  über» 


aü  iai  üted)t,  ben  ©d)ülern  einmal  einen 
ober  mef)tetc  fteie  Söod^entage  „burc^  lufl 
unb  fpilä  tt)iüen  item  libe  ^u  trofi"  ju 
gett)äl)Ten  ;  mandf)mal  Iie§  ftc^  ber 
fie^rer  bafür  oon  ben  ©cf)ülern  be» 
jaulen.  S)cPo  größet  roax  bie  Sebeutung 
ber  ©c^ulfefie;  eä  waren  iai  nament* 
Ii(^  iia^  ©regoriuäfeji  (fte^c  bcn  bef. 
5lrtifcl),  bie  ©djulf omöbien  unb  tai 
iöirgatum  =  ®ef)en.  3"  manc&cn 
©tdbten  tüat  eä  nämli*  con  altet  Seit 
f)er  gebräudiUd),  ta^  an  einem  Sommer- 
tage  bie  ganje  ©c^uljugenb  in  ben  2Batb 
jog,  um  bie  nötigen  iHuten  :^erbeiäus 
fd^affen;  biefe^  {)eiß"t  ber  SRutenjug  ober 
tai  aSirgatum  =  ®et)en  unb  mar  ein  ^ejt 
ber  5reube;  bie  Jugcnb  führte  babci  allerlei 
©piele  auf  unb  ließ  ftd^  »on  ©Item  unb 
fiel)retn  bewitten. 

2öaö  bie  fie^tbüc^et  bettifft,  fo 
ttat  an  bie  ©teßc  bet  alten  ©tammatifet 
etrtja  feit  1240  iai  Doctrinale  puerorum 
be«  üllejanbct  üon  Sillebicu,  (de 
Villa  Dei)  eine  ©tammatif  in  iBctfen  unb 
SReimcn  xicn  üblet  23 efcf) äffen t)eit;  ein  Sud^, 
Don  bem  im  15.  3af)tt)unbett  mel)t  aU 
50  2luflagcn  etf(i)ienen  ftnb ;  ti  jetfiel  in 
btei  leile,  (St^mologie,  ©pntaj  unb  <pto» 
nunciation.  2lnbete  fief)tbü(^er  für  ben 
lateinifc^en  Unterricht  maren  bie  Gemma 
Gemmarum ,  tai  Catholicon  (üon  bem 
S)ominifaner  beä  14.  3al)rt)unbertä  3o^. 
be  93albiö),  ber  Modus  latinitatis.  (5in 
©d)ulbud^  biefet  Seit  ifi  au^  bet  Cisio 
—  Janns,  ein  auö  24  lateinifc^en  Serfen 
be|iet)enber  ^efifalenber,  ber  oieüeic^t  fdE)on 
im  10.  ober  U.  Ja^r^unbcrt  entjianben  ip. 
ein  »icl  umfaffenbe«  ©(f)ulbud^  war  bie 
Margaritha  pWlosopliica  be^  Äart^äufer^ 
©regor  SReifd),  (Snbe  beö  15.  3at)r^ 
^unbertö,  bie  in  12  93ü^ctn  grammaticae 
rndimenta  (in  Setfen),  dialecticae  prin- 
cipia,  rhetoricae  partes,  arithmeticae 
species,  musicae  principia  (mit  SWoten), 
geometriae  elementa,  astronomiae  theo- 
rematica,  naturalis  pMlosophicae  prin- 
cipia, alcMmiae  principia,  einiget  de 
anima  unb  de  principiis  pMlosopMae 
batbot.  2)ie  SuAbtucfetfunfi  matf  ftc^ 
fd&nett  auf  bie  Sßetbteitung  biefet  Sucher. 

3u  einer  rationellen  SBerooHtomms 
nung  er^ob  frc^  enblicf)  baä  ©d^ulwefcn 
bur(^  ben  ^umaniämuö;  ^ier  etfi 
mürbe  ti  jugleif^  f)öt)ere  ©rjie^ung.  3« 
3talien  jtnb  eö  namentlid^  jmei  oortreff* 
lid^e  ÜJiänner ,  Vittorino  da  Peltre  unb 
Guarino  von  Verona,,  meld)e  biefcn  3^9 
beö  ^umaniämus  mirtlict)  f<^ön  auöge« 
40 


622 


©d^ürjc  —  ©cf)ü^cnfcfie. 


prägt  f)aitn.  9tuf  beutf^em  SBoben  bc* 
mä^tigtcn  [\ä)  jucrji  unb  mit  gtofcm 
gifolg  bic  Sötüber  eont  gcmetnfamcn 
ßcben  (ftet)e  ben  befonberen  'JlrtiW)  ober 
bic  ^icronpmianer  biefer  5lufgabe;  i|nen 
folgen  anbere  ^umaniftenfreife,  namcntli^ 
in  ben  JRbcinlanben,  n)o  u.  a.  bic  ©cfelctt« 
fiabter  ®cf)ule  eine  B^it  lang  ju  boi)tx 
Slütc  gebiet).  5Dic  2öirf[amfcit  ber  |»u* 
ntonificn  iüurbc  jeboc^  in  2)eutfc^tanb 
fd)nen  burd^  bic  SReformation  gehemmt 
ober  wcnigjienä  in  nief)r  firc^Iic^e  Sahnen 
gcjogcn.  (So  ift  bcfannt,  tt)ic  Cutter 
unb  ÜJlela nerton  bic  9teubegrünber  ber 
bcutfd^en  ©d^ule  geworben  ftnb,  jener 
mel)r  für  bic  Solföfc^ule,  biefer,  auf  bem 
©oben  bcö  ^umaniMuö  weiter  baucnb, 
me^r  für  bic  ®r)mnaften  unb  ben  t)ö^eren 
Unterrid^t.  IWit  Senu^ung  »on  Äämmel, 
Qlrtifel  iWitelalt  erli^c«  ©c^ulroefcn 
in  ®(i)mib'ö  @nci)ftopäbie  beö  @rjic^* 
ungäwefcn«,  »b.  IV,  ®.  766—816; 
^unjifer,  ®efd)id)tc  ber  fc^weiserifctien 
gSolföfc^ule,  3üri(i)  1881,  23orgefd^i4te 
unb  Äriegf,  2)eutfd)eö  93ürgertum ,  II. 
5lbf*n.  4. 

©t^Ürjc.  Qtlö  ©d)u^niittel  bei  ber 
Qtrbeit  ift  bie  ©dbürse  fc^on  auö  bem 
frül)eren  SWittcIalter  befannt;  aU  Älei= 
bung^fiüd  ber  grauen  unb  Jungfrauen 
tritt  fte  um  bic  SUlitte  bcS  16.  3af)r^un» 
bertä  auf. 

©c^iiffcln  »erlangten  i^rem  S^td  gc= 
mä§  eine  mc^r  ober  minbcr  tiefe 
©dialcnform.  *Hlö  Sifc^gefüfe  waren  fte 
fcfeon  in  früfierer  3^'*  irbcn,  aU  fircb* 
li^e  ®efä§c  metallen  unb  jwar  je  nad^ 
aSermögcn  unb  Qmä  eon  ®oIb  ,  ©über, 
3inn  ober  Äupfcr,  le^tcrc  bienten  entweber 
jur  51ufna^mc  ber  ^ofiic  ober  bann  cinfa^ 
aU  2Baf(i)beden  für  bic  (Priefter. 

©P^cnfeftc,  früt)er  ®(f)icfcn,  grei» 
fc^ie^cn,  ® efeUenfc^ie§cn  genannt, 
ftnb  gegen  ®nbc  be«  14.3af)r^unbertg  naä)> 
mcigbar;  fte  l)ängen  teilö  mit  ber  51uf= 
nal^mc  ber  51rmbrufi,  teil«  mit  bem  in 
ben  ©täbten  erwac^enben  Solfögeifi  unb 
ber  greube  an  gemeinfamer  5«^^"^'  t^i^^ 
mit  ben  altern  2;urnieren  jufammcn,  »on 
bencn  einjclnc  ted^nifd^c  QluöbrücEe,  wie 
„rennen",  „fiec^en"  in  bic  ®pract)c  ber 
©efcUenfc^icBcn  übergeben,  ©d^üj^engc« 
fenfd)aften  ober  ©d^ü^engilbcn  mit  ge» 
meinfamem  @cf)ü^enf)auö  Waren  um 
1300  cntftanbcn;  aU  <8rüberfcf)aft  bc= 
faßen  fte  einen  eigenen  Qlltar  ober  eine 
eigene  Ifapcüc,  bic  bem  1)1.  ©ebafiian 
gcweit)t   ifi.     2Iu^   bem   Ja^r  1387  wirb 


cincg  grcifc^iefenö  ju  9Jlagbcburg,  1394 
cine§  folc^en  ju  Zomnat)  in  ben  Sticbcr» 
lanben  erwähnt.  SBon  ia  an  ftnb  fte 
au(^  in  ©übbcutfd^lanb  ganj  gcwöl^n* 
lic^;  um  1500  erretten  fic  it)ren  $ö^c« 
punft  unb  äcigcn  tor  bem  SOfö^rigcn  Äricg 
(Spuren  beö  SerfaKö.  5Dic  Sd^icien  Waren 
ein  beliebtet  2JJittel,  ber  ^ßolitif  nad^ju« 
Reifen  unb  ibr  JRac^brucE  ju  »erfd)affen; 
gemeinfamc  3nt«ffffn  würben  auferbcm 
©d^icPanb  befprod^en,  Otcbcn  gehalten; 
nad^  einem  Ärieg  fanben  jtd^  bk  greunbc 
am  cl)eficn  wieber  auf  bem  @d&ü^cnpla|. 
Oft  War  bie  3a^l  ber  cingelabencn  Orte 
febr  gro|,  biö  200,  unb  bem  ein  bcfonbcrer 
^rciö  auögcjieHt,  der  am  witesten  har 
zum  schiessen  kommen  was.  Sei  bem 
5luäfd^rciben  Warb  bei  ber  Qtrmbrufi  ber 
Umfang  beä  Söoljen^,  beim  9lol)r  bie 
©d^were  ber  Äugcl  »orauö  bejiimmt,  ebenfo 
bic  Entfernung  beö  ©dbü^cnfianbeö  t>on 
ber  Scheibe,  Wobei  bic  ßänge  bc3  üblichen 
üJJaf  eö  in  fd)Warjer  ßinic  bem  S3ricfc  auf« 
gcbructt  war;  bito  bie  5lnäa^l  ber  abjugc* 
benbcn  ®(^üffc,  bie  Don  12  bii  etwa  40 
pariieren.  3"  it"«^  ältcrm  ®ebraud^  ali 
bic  Slrmbrufl  ftcl)t  ber  ^anbbogcn  mit  $fcil; 
bann  fommt  feit  1400  bie  Qlrmbruji ;  balb 
naä)^ix  tritt  bie  93üdf)fe  auf,  weld^e  aber 
an  SBornebm^cit  nodE)  lange  ber  5lrmbruji 
nac^flanb;  in  ber  ®(^Weij  namentlid^  wirb 
bic  Süd^fc  beüorjugt  unb  i^ier  1472  ba^ 
gro^c  grcifd^ic^cn  ju  3ütic^  nur  für  bie 
Sü^fc  auögefd^rieben.  Uralt  War  aU 
3icl  ber  ißogcl  auf  ber  Stange;  il)n  »er* 
brängte  jcboc^  im  größten  Seile S)eutfd^lanb3 
bic  ©df)ieBmaucr  ober  fd^webenbe  ©d^eibc, 
35ic  Entfernung  beö  S^thi  betrug  für  bie 
«Mrmbruft  340,  fpater  300  %\x^,  für  bie 
SBüd^fe  burd^fcf)nittlid^  600  m  750  5u§. 
I)ie  3i«ljlatt  war  namentlich  für  bie  5lrm* 
bru|ifcf)ü^en  üielfadf)  gefcf)müctt,  alö  ^oljs 
bau  mit  2;i)üren  unb  ©todwerfen,  mit 
S^viumpPogen,  einem  Jcmpel  mit  Äuppel« 
türmi^en,  mit  Söappen  unb  giguren  »er« 
jicrt  bargefteüt;  ju  oberft  ein  fünjtlidöcÄ 
Ubrwcrf,  barauf  eine  bewegliche  gcfc^ni|te 
gigur,  oft  gortuna  auf  einer  Äuppcl. 
<&ebr  wid^tig  waren  bei  jebem  J^ejte  bie 
'$rit[d)mcifter ,  weld)e  ba«  5lmt  beö  2luä« 
ruferö,  ©tegreifbii^terö,  fpolijcibcamten  unb 
^offcnreifferS  in  ftc^  »ercinigten;  fte  würben 
oft  »on  ber  g^rembc,  namcntlid^  auö  fRürn* 
berg  ober  5tugöburg,  »crfcf)rieben.  ©icbnct 
unb  ^leuner  l)ei§cn  bie  obcrftcn  SRid^ter 
naä)  bem  ©d&ie§rcdbt,  meldten  aud^  bie 
^Prüfung  ber  äBüffen  obliegt.  So  war 
ta^  SSejiteben,  fo  »ielc  ©c^ü^en  alä  möglid^ 


©d^mabenfpiegel. 


623 


mit  greifen  ju  toetfc^en;  fo  erfjielt  bcr  befic 
@*uf  jebcö  [Rcnnenö,  bcr  „Swcdtf^ug" 
feinen  $teiä;  bann  »er  bie  meinen  ©c^üffe 
junäc^fi  am  Slagcl  9ett)an;  bie  ^auptge« 
minne  aber  maren  für  biejenigen  Sc^ü^cn, 
bcnen  am  (gnbc  beö  ©d)ieienö  bie  meifien 
3irfclfct)üffc  jufammenabbicrt  njurben. 
9littcrf^ü^en  I)eifenbic,  tt>cl^e,  meilftebic 
gleiten  ®^üffc  gct^an,  mit  einanber  jicc^en 
müjfen.  S^bcr  ©c^ü^c  mu§te  beim  Seginn 
beö  5efic^  einen  ©elbbeitrag,  ben  2)oppeI, 
einlegen,  beffen  93etrag  t»on  anfangt  2 
©ulben  biö  auf  12  3fleic^ött)alcr  fiieg. 
®ro§e  unb  flcine  5al)nen  gehörten  ju  aüen 
greifen  beö  $auptf(ä)ie^enö.  5Der  *|3reiä 
^ci§t  5tbcnteuer;  ^auptpreife  ftnb  ein 
SBibbev,  ein  Dd)ä,  *Pfcrb,  in  ber  ®c()tt>eij 
ein  „ÜJluni",  oft  mit  mertüoüem  lud)  bi> 
becft;  9tebenpreife  ftnb  ein  Heiner  8ect)er, 
®ilberfd)ale,  ©ürtel,  Slrmbrüfte,  ©d)mert 
unb  namentiid)  6toff  ju  einem  paar  |)ofen ; 
balb  fommen  aud)  ©clbpreifc  auf,  um 
1500  ftnb  101  ®ulben  tai  Sefte,  bann 
abwarte  biä  auf  1  (Sulben.  i)ie  ®elb« 
betrage  werben  t)äufig  in  befonbern  ^ip 
münjen  unb  ÜKebaiHen  gejault,  bcren  eö 
gro^e,  ficine,  nergotbctc,  häufig  brei«  unb 
»ieredigc  gab,  f.  g.  Älippen.  35er  le^te 
®c^ü^,  ber  auf  einen  ®eminn  Qlnfpruc^ 
machen  fonnte,  ert)ielt  unter  vielen  ®ratu= 
ktioncn  beä  *t5ritfd)meifterö  au§er  ber  flein« 
fien  ©etbprämic  eine  ®au,  mit  einer  ga^ne, 
auf  ber  biefes  Zl)m  abgebilbct  mar.  üttbin 
bem  SIßettf(J)ie§en  maren  „offene  ©piete" 
eingerid)tet,  ®teinfio§en,  ©pringen,  Üaufen, 
ta^  testete  befonberö  für  bie  ©cfeQen  unb 
für  bie  „grauen";  aud)  iRofferennen  famen 
üor,  fogar  SRingen  unb  2:anjen  ert)ieltcn 
moi)l  (greife;  in  Slugöburg  erl)ieU  1508 
aud)  ber  einen  ^xäi,  ber  bem  33oIf  bie 
größte  ßüi^e  erjä^Ien  fonnte.  %xüi)  fpiclte 
bei  ben  gf^'WifB«"  ^«  ©lüd'ötopf  ober 
®lüdät)afen,  b.  \).  hai  ßotto,  eine  JRoüe; 
eö  crfd^eint  fc^on  1467  auf  bem  ?Irmbruß» 
fc^iegen  5u!D]ünd)en.  ÜJJeijt nad)  ®.%i ei  tag, 
58ilber  auö  ber  beutf(^en  23ergangcnt)eit, 
II,  2,  auö  bem  3<i^i^^"nbert  ber  SRefors 
mation,  Slbfc^nitt  10,  bie  SBaffenfejie  be« 
93ürgerg. 

©c^tDafienf^JtegeU  S)ie  93ebeutung,  meiere 
ber  ©ad^fenfpicgel  fd^neü  in  S^lorbbeutfc^j 
lanb  gewann,  Beranla§te  au(^  fübbeutf^e 
Bearbeitungen  biefcö  SRec^t2ibud)eö.  S)eren 
erfte  i|i  bcr  S)eutf^enfpic  gel  ober  ber 
©ptegcl  beutfct)er  Scute,  unooüeubet 
unb  jum  teil  bloö  eine  oberbeutfcfee  libcr* 
fe^ung  be^  nieberbeutfc^en  «öorbilbeö;  an 
tirtjelncn  ©teilen  ftnb  anbere  Quellen  bes 


nu^t,  römifd)cä  unb  fanonifd^c^  3lec^t,  bie 
Lex  Alamannorum,  tai  '\^xt\büxa^ix  ©tabt« 
red)t,  bie  Sibel,  bie  Äaiferd)roniE  u.  51.; 
e^  ijl  ma^rfd)cinli(^,  ba§  er  um  bie  ÜRitte 
beö  13.  3ö^i^f)unbertg  in  51ugöburg  ent« 
ftanben  iji.  5tuögabe  üon^ider,  1859. 
5ßäl)renb  bicfer  jDeutfd)enfpicget  balb  ter* 
geffen  rourbe,  erlangte  eine  jmeite  ober« 
beutfc^e  Bearbeitung  beö  ©a^fenfpiegel«, 
ber  ©c^mabenfpicgel,  in  aÜen  Seilen 
©übbcutfc^lanb^  eine  weite  Sßerbreitung 
unb  gro^c^  Qtnfc^en  in  ben  ®erid)ten. 
Sr  jerfäÖt  wie  ber  ©ac^fen=  unb  ber 
S)eutfd)enfpiegel  in  ßanbrcc^t  unb  ßetinrcc^t. 
S)er  ©d)Wabenfpiegel  wirb  t)on  bem  Sßers 
faffer  fclbji  lantrechtbuoch  genannt,  in 
ben  ^anbfc^riften  ßanbs  unb  ße^nred^  t= 
bud^,  Äaifer  ÄarU  SRec^t  (für  iai 
ßanbrcc^t),  Äaifer  griebrid^«  [Rcdt)t 
(für  baö  ßel)nred)t),  Äaiferred)t,  in  ben 
ältcflcn  5lu^gabcn  ©picgel  faifcr» 
Iid)en  unb  gemeinen  ßanbrcd^t^; 
ber  SRame  Schwaben fpiegcl  fiammt 
üon  ®oIbaft,  bcr  baö  33uc^  jwar  in  bcr 
^tuögabc  »on  1609  Äaiferlic^cö  ßanbsunb 
ß  e  ^  n  r  e  d^  t  nannte,  am  üianbe  aber 
©d)Wabenfpicgel  ^injufügte.  —  S)cr 
ißerfaffer  be^  ©dt)Wabenfpiegel^  fanntc  ben 
©aci)fenfpiegel  felbji  nid)t;  er  benu^te  i^n 
Dielmcl)r  blog  in  bcrjenigen  ®efialt,  welche 
er  im  ©eutfc^cnfpiegel  burc^  33e« 
arbeitung  unb  Berbinbung  mit  anbcrn 
QucQcn ,  gewonnen  ^atte;  au^er  ben 
Duellen,  weld^c  fd^on  ber  SDeutfd^enfpiegel 
neu  ^erangejogen  ^attc,  ftnb  ^ier  nod) 
anbere  felbjiänbig  benu^t ,  bie  Lex 
Bajuvariorom  (fie^e  Leges  Barbarorum), 
bie  Kapitularien,  iReic^^gefe^e,  tai  5lugä* 
burger  ©tabtrecit,  ^iporift^e  @d)riften, 
bet  greibanf,  ^rebigten.  S)ic  Senbenj  beö 
33erfafferö  ifi,  hai  atigemeine  beutfd^e 
aied^t  barjujieücn,  ba^  er  aber  weniger 
im  ®ewot)n^eit^red^t  eineö  beftimmten 
23olfc^,  atö  Dielmc^r  im  mofaifd^en  ®ebot, 
im  römif^ien  S^cd^t  unb  bem  iRed^t  Äarl^ 
be^  ®ro§en,  im  2)ehet  unb  ben  S)efrc* 
talcn  finbet.  ©o  ijl  benn  feine  Qlrbcit 
me^r  eine  gclebrtc,  auö  33ü(^ern  gefd^öpfte, 
Weldf)c  ber  jRec^tabilbung  ber  3eit  gemä^ 
üoü  Don  Söiberfprüd^en  unb  SDU^ücrjiänbs 
niffen  fein  mu|tc.  ®egenüber  ber  freieren 
weltli^en  5luffaffung  (Siteö  üon  JRcpgau 
ifl  bcr  Sßerfajfer  beö  ©d^wabenfpiegcl^ 
mebr  ber  päpfilid^en  ^Partei  jugewanbi. 
2Bie  ber  ©ad^fenfpicgcl,  jerfäüt  aud^  ber 
©dt)WabenfpiegcI  nur  in  5lrtifel  ober  Äa^ 
pitel,  nid^t  in  Büdner,  ©ie  6ntfiel)ung 
wirb  jWif(^cn  1273—1282  gefegt.  S)er 
40* 


624 


©d^manjungfrauen  —  ©dbrnett. 


SJerfaffcr  iji  unbefannt;  er  lebte  in 
©c^trabcn  ober  Q3aicrn,  meücid)!  tute  bcr 
Bearbeiter  beä  ADeutfd^enfpicgelö  in  ^ugä!^ 
bürg.  5Der  ©d^wabenfpieget  ifi  in  t)er= 
fc^iebencn  ÜJiunbarten  überliefert ,  übcr^ 
h)iegenb  jeboci)  in  mittele  unb  ober» 
beutfcben  S^'omen,  bod^  fliegt,,  ^^  <^^^ 
nieberbeutfd^e  $anbfd)riften.  Überhaupt 
aber  ifi  bie  S'^^^  ^^"^  ^anbf<f)tiften  eine 
febr  grofe  unb  i^r  Seyt  ein  überauö  öer= 
fdE)iebener;  ^omeper  jäfilt  220  befannte 
^anbfc()riftcn  auf.  Qtltefie  batiertc  5tuö= 
gäbe  ©tra^urg  1440.  5tuögaben  bee 
ßanbred)tö  eon  Safbcrg,  1840;  3B. 
ffiacf  ernagcl,  1840,  ©engler,  1851. 
^aä)  ©  t  0  b  b  e ,  ®ef(f)ic^te  ber  beutfc^cn 
SRecbtäquetten.     93b.  I. 

©dötDanjunafroncn,  fte|e  SBalfüren. 

©c^tpci^tucp  ßönfti  galt  ali  eine  ber 
»erttioUfien  O^eliquien;  bie  ^.  Seronifa 
begleitete  nact)  ber  ßegcnbc  ^t\\im  jur 
5Ricf)tfiatte  unb  reiä)te  xi)m,  ta  fte  i^n 
fc^h)i^en  unb  bluten  fo|),  ein  breimal  ju« 
fammengefe|teö  Zu<i)  bar,  in  ba^  er,  aU 
er  fic^  abtrocfnetc,  auä  ©anf barfeit  brei* 
mal  fein  Silbniö  abbrücEte.  Tlit  einem 
biefer  iilbbrücfe  feilte  93eronifa  ben  Äaifer 
Jiberiuö  »on  einer  fc&tüercn  Äranfbeit; 
fpäter  fam  er  in  bie  ^änbe  cineö  ^apjieä 
unb  jule^t  burc^  Äonfiantin  ben  ©ro^en 
an  bie  Äircf)e  beö  b.  $etruä  ju  SRom; 
ein  jmeiter  iÜbbrucf  blieb  in  3£i-iif<il«i^/ 
ein  britter  fam  nad)  Spanien.  5lud)  Surin 
unb  Sefanpon  Jt)oüten  biefclbc  [Reliquie 
befi^en. 

©(^»crt.  äste  au«  ber  iRömerjeit,  fo 
finb  au«  ben  meroöingifd^en  gunben 
längere  unb  fürjere,  ein«  unb  jweifc^nci« 
bige  ©^werter  ju  ^ieb  unb  ©ti(^  ju 
unterfcf)ciben,  bie  einen  mit  langer  lYotu 
f(J)neibiger  Älinge  unb  fur§em  ©riff,  bie 
onbern  mit  furjer  einfc^neibiger  Älinge 
unb  langem  ©riff. 

S)a«  lange  ©c^wert  ifi  nad)  grie* 
ä)\\ä)in  unb  römifc^en  QSerid^ten  bie  ©äffe 
ber  SBölfer  be«  SBefienä  unb  fRorben«.  S« 
ifi  oft  üon  ber  ungefügigften  ßange  unb 
für  ben  ©to§  jU  »enig  »ibcrfianböfäl^ig, 
bcnn  e«  biegt  fxä).  3"  ^f"  mcrooingif(f)en 
©rdbern  trifft  man  bie  spata  feiten,  t>a 
fie  al«  ein  föfilidl)c«  örbfiücE  ^ocf)  gefd)ä^t 
tDurbc.  @ie  ^attc  eine  Sänge  non  2^% 
bi«  3'/2  ijul  bei  einer  ©reite  »on  2  bi« 
3  Soüen. 

2)a«  furjc  ©dt)njert  (scramasaxns 
ober  semispata)  ifi  cinfd)neibig ,  fc^mal, 
mcfferartig,  bi«  2  ju§  lang  unb  IV2  Soü 
breit   mit  4  ßinien  breitem  (Rücfen,    bem 


heutigen  SBcibmeffcr  ober  ^irfc^fdnget  nid^t 
unälinlidt).  S)a«  ßangfd^njert  »uurbe  an 
einem  ©ürtel  an  ber  linfen  ©citc  ge» 
tragen,  ta^  ^albfc^wcrt  (@aj)  an  bei 
redbten,  in  ber  SRegel  mit  Letten  am  SRing« 
^emb  befeftigt. 

ÜJJit  93eginn  ber  eigentlid^en  SRittcr* 
äeit  oerf(^n:)inbet  bie  ^Jü^runs  jwiefacfcer 
©dbttjerter  unb  an  bie  ©teile  be«  €iaiiii 
tritt  öfter«  nur  ein  2)old^  ober  ü)leffer. 
©leid^wol^l  erhielt  ftd^  ber  <2lu«brucE  sahs 
nod^  längere  3fit  bei  ben  älteren  2)idf)tcrn, 
bi«  er  ftd^  bei  ben  jungem  auf  bie  ®e« 
beutung  SRcffer  befd£)ränft.  2)idt)ter  über« 
treiben  bie  ©truftur  unb  ©rö^c  bet 
©dbtt)crter  oft  unb  lafen  fte  auf  bie  ftun« 
berlid^fie  3lrt  entfielen,  ©laublidb  aber 
ifi,  ta^  ein  jiarfcr  2Irm,  berbunben  mit 
einer  auf«  pd^fie  gefieigerten  Äampfwut 
mand^cn  „©d^wabenfireidf)"  au«gefü^tt, 
bcr  ©rfiaunen  erregte  unb  befungcn  ju 
»erben  »erbiente.  2)ie  ^aupttugenben  be« 
@df)tt)ertc«  finb  ©cf)ärfe,  ^ärte  unb  ©tärfc. 
S)ie  ©d^ncibc  ^ei§t  ecke,  egge;  bie 
Slutrtnne  iuxä)  bie  ÜJJitte  ^ei|t  valz; 
ber  ©riff  f)ei|t  a\)'D.  helza,  agf.  helt, 
hielt,  altn.  Malt,  mf)'i>.  heize,  gehilze, 
helza,  gr  ifi  balb  länger,  balb  fürjer 
unb  oft  mit  ©olb,  <)3crlcn  unb  Sbelfieinen 
gefdf)müdft.  93eim  Seginn  be«  ©riffe«  ocr* 
hjanbelt  fid^  bie  5?lingc  in  einen  fefien, 
fiarfcn  ©tab,  ber  in  einem  Änopf  oon 
eifen  ober  anbern  SWetallen  ftd^  fcf)liett, 
»ä^renb  ber  ©tab  oft  mit  ßebcr  ober 
ßeinwanb  überjogen  ifi.  ®ie  scramasaxe 
^aben  fiatt  be«  Änopfe«  oft  eine  ^öd^ji 
einfadf)e  ©efefiigung  ber  Älinge  an  bem 
©riff,  inbem  bie  5lngel  einfat^  burdb  bie 
^oläplfe  gefdf)oben  unb  umgenietet  wirb. 
<Parierfiangcn  (jum  Sdf)U^  ber  |>anb) 
flnben  ftd^  meber  am  Änauf  ber  spata, 
noct)  be«  scramax,  »tiof)l  aber  am  SRitter* 
fd^roert  unb  jrtar  fieben  fte  fenfrcä)t  jum 
©riff  unb  bilben  mit  biefcm  ein  Äreuj, 
ober  fte  finb  ethJa«  gegen  bie  ©d^ncibe 
gebogen,  oft  aud^  s  förmig.  35ie©dt)eibe 
toax  auä)  fc^on  früher  ein  notreenbige« 
3ube^ör.  ©ie  befianb  au«  ^olj  mit 
ßeinen«  ober  öeberüberjug.  SWctallenc 
@d)eiben  Waren  tmd)  ba«  ganje  SWittel« 
alter  fe^r  feiten.  3)ie  ©d^mertfcffcl 
(swertvezzel)  iji  ber  um  bie  Ruften  ge* 
fd)lungene  ©ürtel,  an  n)eldl)em  tai  ©(f)tt)ert 
getragen  nsirb,  i>ai  eigentlidbe  cingulum 
militare,  beffen  Umgürtung  beim  Sfütter« 
fd^lag  feierlich  gefd^a^.  S«  mar  »on  ßeber, 
boc^  mit  ©ammet,  SBorten  unb  ©belficinen 
oft  reidf)  »erjiert. 


©d)lt)ettmag  —  ©ectucfen. 


625 


S)er  Püsch  (büsch)  fd)eint  ein  f)öljerne§ 
<Bä))POtxt  ober  ein  Stocf  gewefen  ju  fein, 
beffen  fxä)  bie  Jugenb  bei  ben  gec^tübungen 
(©tedcnfpicle)  bebiente. 

ajianigfaci)  iji  bie  ft)mbolifcit)C  Sebcu* 
tung  beö  ©(i)tt)crtcö.  Q,i  ijt  ber  unjer= 
trennlic^c  Segleiter  ber  $erfon  unb  ^at 
feinen  eigenen  Stamen  unb  feine  eigene 
®efd)icf)tc;  aU  j^amilienerbfiücE  gcf)t  eö 
»on  ©efdjlec^t  p  ©efcfelec^t.  3"  "or* 
bifi^cn  ßicbern  ifi  eö  eine  ©erlange,  bie 
jifd)enb  unter  bie  5«'"^«  ^ä\)xt.  2)ie 
©c^njcrtfage  ifi  in  erfier  Sebeutung 
ber  2Bei{)C'  unb  @egenöfpru(^,  roel($er  bei 
Umgürtung  bcö  ©ct)n)erteö  über  ben  jungen 
JRitter  auögefproc^en  tt)irb  »om  ^riefier 
ober  gürflen.  3n  jttteiter  39ebeutung  ip 
e«i  ber  auf  ber  klinge  ober  am  ®riff  ein= 
gegrabene  ober  in  ®olbfct)rift  angebract)tc 
©egenöfprud),  rcoburcö  man  glaubte,  bem 
©(^ttjcrt  bcfonberö  mt)ftif(i)c  Äräfte  ju  üer= 
leiten,  ober  burc^  ben  ber  5üf)ter  beö^ 
felben  an  feine  '^fiic^ten  gemannt  werben 
foütc.  ^n  brittcr  Sebcutung  iji  bie 
S^wertfage  bie  33ef(^tt)örungöformcI, 
tüeldtte  ben  SSefproc^enen  gegen  Serle^ung 
burc^  baä  ©d^wert  ftd^er  fieücn  foH. 
Seim  Äreuj  {tai  ®riff  unb  ^arierjiange 
bilbeten)  würbe  gefc^moren  unb  gebetet. 
SBoIfbietric^  legt  t)ai  Schwert  jwifc^en  fi($ 
unb  bie  jaubcrifi^e  $eibcntoc£)ter  in'^  Seite, 
ta^  fte  i^n  nii^t  r)erfü£)ren  fann:  wer 
gumpt  und  ruet  niete,  der  selb  ver- 
schneidet sich.  —  2Ber  ftc^  bem  ©ieger 
ergab,  ber  ging  entmeber  o^ne  ©c^wert 
auf  benfclben  ju  ober  er  fa^te  eö  bei  ber 
©pi^e  unb  reid)te  bemfelben  ben  Änauf. 
Sei  ben  ®oten  fd^eint  3lboption  burd)  iai 
©d)h3ert  jiattgefunben  ju  ^aben.  S)aös 
fclbe  war  aud^  @t)mboI  ber  ©eric^töbarfeit, 
jumal  ber  peinlid)en  ©ewalt  über  ßeben 
unb  2ob. 

SJIad)  San-Marte,  SBaffenfunbe. 

S^tiJcrtmag,  fte^e  Familie. 

©eelgeröt,  ©celljaug,  ©eelbab,  SD?^b.  sel- 
geraete,  ju  fcaö  geraete,  bem  Äoüeftiü  ju  rät 
=  Sorforgc,  «Uusrüfiung,  Vorrat,  iß,  waö 
man  jum  ^eil  ber  ©eele  (feiner  ober  anberer) 
einer  geijilidien  Sinfialt  für  ©eelenmeffen 
unb  bergleid)en  oermad)t.  30Jf)b.  selhüs 
ifi  ein  ^auö  ober  eine  SBo^nung,  bie  je^ 
manb  jum  .^»eil  ber  ©eele  für  ärmere,  un^ 
t)eret)eUd)te  $erfoncn  wcibli^en  ®ef4»lcc^s 
M  gcfiiftet  ^at,  bie  unter  bem  9iamen 
selnunnen,  selswestern,  selfrowen,  sel- 
wiber  in  ©emeinfc^aft  barin  lebenb,  für 
bie  5tbgcfc^iebenen  ju  beten  l)atten.  ©o 
I)ci^t©eelbab  bal  $8ab,  weld^e«  jemanb 


jum  ^cil  ber  ©eele  für  5trme  gefiiftet  ^at, 
entwcber  ein  cinjelneä  am  Jahrestag  fcined 
lobe^  ju  befireitenbeö,  ober  eine  fortwäb» 
renbe  Qlnjialt. 

©ccaefen.  2)ie  entwidelung  ber  SWa* 
rine  beö  aJlittelalterö  fonbert  jtd)  in  jwei 
gro§e  ^auptgruppen,  in  bie  ben  antifen 
ärabitionen  folgenbc  S01ittelmeer= 
gruppc  unb  in  bie  Ojeangruppe,  ber 
bie  germanifd^en  unb  romanifd)'feItifd^en 
Sölfer  angehören.  S)er  iWatur  beö  jiiQercn, 
buc^tenrcidjen  S!}Jittelmeereö  gemäf  beoor« 
jugt  bie  erjie  ©ruppc  bie  9f{uberfd^iff« 
fat)rt,  bie  jweite  ber  3iatur  be^  Djean^ 
gemdf  bie  ©cgetfc^  iffat)  rt  mit  |>0(i^« 
borbfc^iffen  üon  fejier  ^ügung.  2)ie  Äreuj* 
jüge  bebienen  fr^  beö  Dtuberö;  iai  S^iU 
alter  ber  (Jntbecfungcn  lägt  baöfclbe  bem 
©egel  weichen. 

3ur  aWi  ttelmeergr  uppe  jä{)Icn: 

1.  bie  St)jantiner,  beren  flotte  »om 
4.  biö  10.  3a^rl)unbert  bie  erfie  beö  SFlittcl» 
meereö  war;  it)re  Äriegöfd^iffe  feigen 
3)  r  0  m  0  n  e  n  ,  eine  tleinere  ©attung 
©aleren,  yaldai,  'üa^  l)eigt  |)aifif(^ 
(nad^  anberer  ©rflärung  fiammt  ber  SJiame 
auö  einem  arabifd^cn  ©ort,  ^ai  Siencn« 
forb  bebeutet,  fielje  SBeiganb). 

2.  bie  Qlraber  erfd)einen  feit  bem  7. 
3al)r^unbert  im  ÜJiittelmeer;  i^r  ©inftuf  ifi 
in  einigen  ouä  bem  *2lrabifd)en  fiammenben 
©eewörtern  nod^  ert)alten:  2lbmiral, 
Don  5lmpr  =  5ürfi;  Äabel,  ßon  kabl, 
=  5lnfertau;  Ol  r  f  e  n  a  l ,  italienifd^  dar- 
sena  auö  där-azzan'a  =  S$<Mi  ber  Setrieb» 
famf  eit ;  kalfatern  üon  qalafa  ^  ein 
©d^iff  üerfitten ,  unb  Ä  o  r »  e  1 1  c  »on 
ghoräb  =  iJtabe. 

3.  SDieStalicner,  namentlidö  S  en  e« 
big,  ©enua,  ißifa  unb  Ql  m  a  1  f  i. 
3m  ®egcnfa|  ju  ben  Späantincrn  unb 
ben  ©enuefcn  fd^einen  bie  *ienetianer  feine 
Äriegöfd^iffe  oon  mehreren  übereinanber 
liegenben  Otuberrei^en  gebaut  ju  ^aben; 
»ielmc^r  entwicEelt  frdf)  bei  ibncn  bie  aug 
bem  antifen  langen  JJlad^fd^iffe,  bem  Jünf* 
jigruberer,  abgeleitete  J^orm  ber  ®  a  l  e  e  r  e 
ju  ber  Sebeutung  unb  ®efiaU ,  bie  i^r 
biö  inö  18.  ^a'^r^unbert  geblieben  ifi. 
©ine  befonberö  groge govm  t)ief  ®  a l  e a  y  e. 
Die  ®aleeren  waren  bebedt  unb  auf  bem 
3)ede  fagen  bie  ütubcrer,  burcb  einen 
ÜRittelgang  getrennt;  auf  eine  Sanf  famen 
2,3,  fogar  4  Otuber,  jU  weld^em  ^xotd 
bie  Sänfe  fc^räg  gegen  ben  Sorb  fianbcn. 
©päter  jog  man  es  Bor,  bie  Sänfe  gerabe 
gegen  ben  Sorb  ju  fieücn  unb  2  biö  5 
Sanfgenoffen  an  einem   fd^weren,   mcifi 


626 


®cett)e[cn. 


50  ^ut  langen  SHubcr  arbeiten  ju  laffen, 
fo  jrtjar,  baf  baö  innere  13  Juf  lange 
@tücf,  baö  mit  93tei  auögegoffen  war,  im 
©leic^gewic^te  mit  bcm  äuferen  37  %vi^ 
langen  jlanb.  5Dic  gehjö^nlic[)e  ©aleere 
^attc  auf  jeber  ©eite  25—26  SRuber,  bie 
JRubercr  waren  mcift  »erurteiltc  Sßerbrec^er. 
^ür  bie  f.  g.  I  a  t  e  i  n  i  f  d^  c  n  ober  brcis 
edigen  Segel  waren  1  biö  2,  feltcner 
3  löiafie  toor^anben;  ber  ^auptmafi  flanb 
in  ber  ÜJJitte.  2)ie  Steuerung  gefdial^  big 
jum  13.  3a^r:^unbert  burd^  ein  ober  jwei 
grobe,  »om  ^intcrtcitc  be«  ©d)iffeö  auö 
regierte  SRuber,  iai  moberne  ©teuerruber 
erfc^eint  nid)t  eor  bem  (5nbe  beö  12.  ^a^r^ 
^unbertg;  e«  iji  baä  am  ^interjieoen  burc^ 
ftarfe  ^ahn  unb  gringcriinge  beweglid^  be« 
fejiigte,  meiji  auö  3  ©tücfen  äufammen» 
gefegte  SRubcr^oIä.  (Sine  Srujiwe^r,  bie 
ben  Sorb  umjog,  betftc  bie  SRuberer;  au^er^ 
bem  errichtete  man  auf  bem  ©c^iffe  turm= 
artige  ©(^an^en  ober  Äaftetle. 

4.  5Die  Katalanen;  i^nen  »er» 
banft  baö  iKittelalter  tai  in  ^Barcelona  ents 
fianbene  Libro  del  Consulado,  eine  ©amm« 
lung  ber  ©ecgewo^n^eiten,  iai  erjle  ge- 
meine ©eerec^t  beö  3WitteIaIterö  ent^attenb ; 
auc^  bie  ©eeoerfic^  erung  iji  l)icr  ju= 
erfi  in  QInwenbung  gefommen.  ©egen 
6nbe  beä  15. 3af)rbunbert«  na^m  bie  33e* 
beutung  ber  fatalonifd^en  90?arine  fcbneK  ah. 
93ei  ben  Djcan=S5öIfern  unter[^eibet3äl)n«: 

1.  bic@übgermanen  bi^  aufÄarl 
ben  ®ro^en. 

5Die  erfien  SRad^ric^ten  über  bie  ©d)iffs 
fa^rt  beutfd^er  ©tämme  bejiel)en  jic^  auf 
a3innenf(^iffaf)rt.  9to|  auöge^ölte  Saum« 
ftämme,  befonbcr«  efc^enc,  »ermod^ten  30 
big  40  ÜJJenfd^en  ju  tragen.  I)ennoc^ 
fieüten  fic^  bie  ©ermanen  ben  römif(f)en 
glotten  entgegen  unb  wagten  SRaub^üge 
über  iai  SOteer  ^in,  namentti^  werben 
bie  5  riefen  alg  ©ecfa^rer  gerühmt. 
S)ie  bataeifd^e  5]fIotte  bejianb  übcrwicgenb 
auö  ©Griffen  mit  1  ober  2  Otubcrbänfen, 
jablreid)en  Ää^ncn  unb  Ieicf)ten  SRenn= 
fd)iffen.  SDJannigfad^e  buntfarbige  ©eget 
Waren  aufgejogen.  ^m  3.  3<it)r^unbert 
befa^en  bie  ®  o  t  e  n  auf  bcm  SWittel« 
meer  eine  anfcf)nli^c  g^Iotte.  ©päter 
traten  ^^i^^nfen  unb  ©ad^fen  aU  ©ee= 
fairer  in  ben  SBorbergrunb.  Die  ^aupt« 
arten  itjrer  Ärieggfa^rjcuge  ftnb  bie  »on 
ben  SRömern  ÜJit)oparen  genannten  ©d^iffe 
unb  bie  Äiele.  2)ie  3Wt)oparcn  waren 
leid^teÄriegäbarfen,  bie  aug  ffieiben^gled^t« 
wer!  ^ergefteüt  unb  mit  ßcber  überjogen 
würben  ;  S)ie  «ritten  foUen  nac^  ^liniuä 


auf  foldben  ©c^iffen  big  nad^  SJlorWegen 
unb  S^Ianb  gefahren  fein.  S)ie  Ä  i  e  1  c 
waren  größere  öangfd^iffe  Wcl^e  ein 
©egel  führten;  auf  folc^en  fuhren  Säfar 
unb  (Elaubiuö,  fpätcr  bie  erfien  ©a^fen 
nadt»  Britannien,  ^ud^  bem  neuen  ^xanU 
reid^  mangelte  cö  nid^t  an  ©d^iffen,  Äarl 
ajlarteü  fud^te  bie  iJricfen  ju  ©c^iffe  auf, 
unb  Äarl  ber  ©rofe  erlief  wieber^olte 
Befehle,  ©(^iffe  ju  bauen  unb  ju  bc= 
mannen,  bod^  fdt)eint  eö  nid^t  ju  genügen« 
ben  Qlnorbnungen  über  ©emannung  unb 
^ü^rung    ber  ©d^iffe    gefommen  ju  fein. 

2.  S)ic®fanbtnaüier.  Sfiad^  lacitug 
®erm.  44  waren  bie  ©uinoncn,  b.  t).  bie 
Sewobner  ©fanbinawieng,  madt)tig  burd^ 
i^^re  gtottcn.  ^\)xt  ©(^iffe  waren  auf 
beiben  ©eiten  fpi^  unb  baburd^  geeignet, 
beliebig  mit  ber  einen  ober  ber  anbcrn 
ben  ©tranb  anjulaufen.  ®ie  bebienten 
fidt)  Weber  ber  ©egel,  no(^  oerfa^en  jte  bag 
©d^iff  mit  fejien  SRuberbdnfen.  25ag  ©teuer 
befianb  aug  jwei  großen  beweglichen 
©d^aufelrubern.  Qtuggiebiger  werben  bie 
i)iad^rid)ten  erfi  für  bie  Jiormannen« 
jeit;  bie  gröpte  5lrt  ber  normannifc^en 
Ärieggfd^iffe  ^ie§  S)rad^cn,  wa^rfd^einlid^ 
Weil  am  33orberteil  ein  gefdt)ni^tcr  5Drac^en« 
fopf  angebradt)t  war,  ber  baju  biente,  bie 
^einbe  ju  fcfiredfen  unb  beren  ©d^u^geijier 
JU  cerjd^eud^en.  @in  befonber«  großer 
2>rad^e  wirb  erwähnt,  ber  auf  jeber  ©eite 
34  Dtuber  füt)rte ;  anbere  Riefen  ©  d^  n  e  dE  e  n, 
urfprünglidf)  =  ©d^ilbfröte  ober  ©d^alticr, 
baneben  gab  cg  »ielc  ©attungen  fleinerer 
gatirjeuge.  ^aä)  alten  Silbern  auf  Sa« 
peten  unb  ©iegeln  ftnb  aüe  normannif^cn 
©dt)iffe  oorn  unb  hinten  ganj  äl^nlic^  ge« 
baut,  größere  |»atlen  im5DedE,  unter  bem 
bie  ©täUe  unb  Äammcrn  lagen;  gern  ent« 
falteten  bie  ©eefönige  an  i^ren  5at)i}cus^" 
grofe  $radt)t:  tjcrgolbete  unb  bemalte 
2)ra^en«  unb  iRoiläuptcr,  in  d^rijilidber 
3cit  ©pmbole.  S)ie  ©teurung  gefd^a^ 
tmä)  ein  an  ber  red)ten  ©eite  beg  i^abr« 
jcugeg  angebra(ä)teg  ©d^aufelruber.  SDie 
©d)iffe  Ratten  nur  einen  SJiafi  unb  ein 
grofeg  öieredtigeg  ©egel ,  bag  Jafelwerf 
war  fe^r  einfach,  an  ber  aWajifpi^e  we^tc 
eine  ijlagge;  bie  ©egel  waren  oft,  namcnt« 
lic^  mit  SffiapDenfiguren,  bemalt.  Übrigeng 
^aben  bie  ©eefalirtcn  ber  SRormannen  bie 
iJlautif  faum  wefentlid^beförbert;  eg  f^eint, 
ia^  fte  nic^t  einmal  biejenige  ©tufe  ber 
nautifd^en  Äenntniffe  erreidbten,  wel^e  bie 
©ad^fen  fdf)on  im  5.  3af)vt)unbcrt  erjiiegen 
l)atten. 

3.  2)ie  JDeutfd^cn.    I.  bie  »or^an« 


«Secwefen. 


627 


fifc^e  Seit.  (Stft  im  11.  5a{)rt)unbert, 
rad^bcm  bie  GinfäKe  bcr  D^Jotmanncn  auf 
ieutf^cö  iSebiet  aufgefiört  Ratten,  begann 
fic^  ber  maritime  ©eifi  ber  norbbcutfc^en 
Äüfienjlämmc  ju  regen.  ®ic  93 rem  er 
Wagten  ftci)  aU  Äauffa^rcr  unb  Freibeuter 
ouf  bie  Dfifce,  bie  Äölncr  fuhren  nad) 
englanb,  bie  ^riefen  brangen  at^  @ee« 
unb  Äüfienröuber  inö,  SWittelmeer;  an  ber 
DPfcc  entmictelte  [li)  eine  mcnbifi^e 
6eema(i)t,  beren  SWittelpunft  iRügen  tttar; 
jte  erlag  fd)on  im  12.  3a^rf)unbcrt  ben 
©änen.  S)ie  erjle  gro|e  Seeuntcrne^mung, 
on  meld)er  frd)  bie  S)eutfc^cn  beteiligten, 
toax  ber  britte  Äreujjug;  93rcmcr,  Äölner, 
glanbrer,  S)änen  unb  5"efen  jogen  mit 
94  @cf)iffen  an  bie  Äüj^c  beö  gelobten 
Sanbeö;  am  fünften  Äreujäugc  »ar  bie 
93eteiligung  ber  beutfcl)en  «Seemadbt  no(ä) 
»iel  beträd)tlid)er;  50000  jjriefen  nahmen 
baran  Qlnteil,  für  bie  allein  bie  ©ebiete 
be«  Äölnifc^en  Sprengel«  300  5UJeerfcf)iffe 
auörüpeten.  ^\x  gleicf)er  3eit  jogen  3Jiebcr- 
fad^fcn  Don  ßübecf  au^  gegen  bie  beit'ni« 
fi^en  ßiölänber,  festen  ft(^  in  iRiga  fcj^ 
unb  befreiten  ßübecf  für  immer  oon  ber 
bänifc^en  Dbert)obeit  (1234). 

3)ie  in  biefer  3eit  in  beutfc^cn  ®d)riften 
ermähnten  5af)icse"9e  f^nb: 

SDer  Äiel,  im  ©eömulf  ein  allgemeiner 
Qlu^brucE  für  Schiff  überf)aupt;  bei  mittel* 
^od^beutfc^en  2)id)tern  bebeutet  Äicl  fooiel 
aU  Öangfd^iff. 

Ä  0  cf  e,  ai)i.  kocho,  m^b.  kocke,  altfjoüb. 
kogghe ,  nieberb.  kogge,  bejeic^net  ba« 
maffiD  gebaute,  l)ocf)borbige,  toübducbige 
gaiirgeug.  <5eit  bem  «Mu^gang  beö  13. 
3a^vl)unbertö  mar  bie  Äogge  in  ben  nörb* 
lid)en  ©cwaffern  bai^  eigentli(f)e  ®d)Ia(^t* 
fd^iff;  »orn  unb  hinten  trug  fte  fajieHar* 
tigc  6rl)ö^ungen,  meiere  glei^  bem,  einem 
fleinen  bejinntcn  Surme  nadjgebilbetcn 
ORapforbc,  mit  ber  (Slite  ber  SWannfc^aft 
bcfc^t  mürben.  3n  ber  SfJJitte  fianben 
bie  SBleiben  unb  treibenben  SBcrfe.  3n 
grantreic^  entfprid)t  ber  Äogge  la  coque 
unb  la  nef.  SSeibeö  maren  reine  @egel= 
f^iffe  o^ne  Ütuber.  S)ie  *«efä  Ratten  1 
biö  3  SDecfe,  il)r  iRumpf  lub  com  Äiel  ^er 
mcit  auö  unb  flieg  |)od^  auf. 

©^netfe,  sniggi,  iji  bie  norbif^e 
fleinere  ©d^mefier  ber  ©alcere,  auf  Segel 
unb  CfJuber  eingeri^tet,  lang  unb  fd^mal, 
offen  unb  feit  alter  3eit  in  jietem  ®e= 
Braud^c. 

2)ie  @(f)ute,  nieberl.  schult,  ifi  ein 
6egelfd)iff  mit  53erbecf  alä  einmafiige  3a<i^t 
getadelt,  mit  einer  Sragfäl^igfeit   üon  12 


bi«  15  ßafi,  für  ben  fleinen  ÄüfienPcr« 
fe^r  an  ber  9Jorb=  unb  Dfifee  noc^  im 
(Sebraud).  ®er  S^iame  ©d)ute,  ein«  mit 
„®^u§",  beutet  auf  bie®ef4minbigfcit  ^in. 
i)ic  ®  a  l  e  e  r  e ,  mt)b.  galie,  galee,  galine, 
galeide,  mittellat.  galea,  engl,  galley, 
altfranj  galee  iji  oben  befd)rieben  morbcn. 
5lnbere  in  nieberbeutfd^en  ®d)riften  »or* 
fommenbe  D^iamen  ftnb  Bording,  Busen, 
Einer  und  Esping  für  ©eefa^rjeuge; 
Kunkel,  Bolscip,  Prahm,  (promptuariom), 
Tungetship,  Nankan,  Envar,  Ketze  für 
glu§fat)rjcuge. 

33on  mt)b  5Dic^tern  merbcn  ferner  eine 
3Injat)l  frember,  meift  franjöftfc^er  <Sd)ip« 
namen  gebrauci)t: 

S)ie  U  s  s  i e r  e,  ßajifc^iff  jum  ÄaPaQeric» 
tran^port.  .^icr  lag  bcr  huis,  b.  ^.  bie 
(Pforte  äum  einfd)iffen  ber  $ferbe,  am 
J^interteile  be«  S^iffeö  unb  jmar  unter 
bcr  Söafferlinie,  mürbe  baf)er  nad)  üoücn« 
beter  ©infc^iffung  rcaf[erbid)t  Dcrfd)lof[cn. 
©emö^nlicf)  nahmen  fte  25  «Pferbc  mit 
ooller  gouragc  auf. 

Treimunde,  Tragamnnde,  mar- 
fc^cinli^  iai  franj.  Dromon,  aug  jenem 
altern  bpjantinifc^en  »SAipnamen  ent:= 
jianben. 

II.  5Die^anfifd)c3eit.  ©(^onl254 
beftätigte  Äönig  2Bill)elm  »on  ^ollanb 
ben  rbeinifc^en  93unb,  ber  non  mc^r 
aU  70  Stabtcn  oon  ©afel  abmärtä  big 
Äoblenj  gcfd)loffen  worben  mar  unb  eine 
bebeutenbe©d)ifföjircitma*t  auf  bem  Kleine 
cntmidclte.  J)aucrt)after  alö  biefer  frül) 
DerfaUcnbe  93unb  mar  bie  ^anfa.  5Dag 
2ßort  bebeutet  im  got.  unb  a^b.  eine  ftreit' 
bare  @c^ar,  agf.  hos  gilt  Don  einer 
@c^ar,  einer  gefcl)loffenen  (Bereinigung 
überljaupt;  alö  faufmännifc^e  (Bereinigung 
mit  befiimmten  rid^tcrlidjen  (Befugniffen  er= 
fd)eint  hans,  hanse  in  fübbeutf($en  |>an* 
bel^plö^en,  in  (Regenöburg  feit  799. 
„Raufen"  t)aben  im  erften  ©rittet  beö  12. 
3af)r^unbert  i^x  hanshüs  in  ßonbon.  ^ui 
bem  gemeinfamen  9'le<^te  beutfc^er  J^anbel«« 
i^erren  im  (Huölanbe  nun  unb  au«  bem 
(Bünbniffe  beutfi^er  Stäbte  in  ber  ^eimat 
crmuc^«  na^  unb  nac^  ber  ^anf  abunb. 
5Dem  beDorred)tetcn  ,.<Btai)ü)oh"  ber  .Kölner 
Äaufleute  ju  ßonbon  fc^lo^  ftc^  ßübed  an; 
fiübeder  unb  Hamburger  J^iiufer  gemannen 
(PriDilegien  ju  (Brügge;  mit  ben  menbifd)en 
Seeftdbten  (Rofiod,  (ffiiömar ,  ©tralfunb 
unb  ®reif«malb  fd^log  fxc^  Mbid.  mit  ben 
©tobten  (JJieberfad)fen3 Hamburg  jufammen. 
3u  dlnfang  be«  14.  3a^rl)unbert«  Derci= 
nigten  fic^  beibe   ©ruppen,    morauf   balb 


628 


©egcnöfpiüc^e. 


bie  wejifälifd^cn  mit  bcncn  $reufenö  in 
25ercin  traten.  Diefcn  ^anbeläbünbniffen 
jur  6eitc  gingen  bie  grofcn  ßanbfriebenä« 
bünbniffe  »on  »ormiegenb  militari fd) er 
®cbcutung,  ein  ©l)Pem  oon  ©ünben,  au8 
bcncn  ftc^  um  bie  SJtittc  bcä  14.  3a^r^un» 
bcrtg  ber  Drganiömuö  ber  großen  |)an[a 
barjiente.  5Die  ®c^ipmannfci)aft  bcr^anfa» 
flotte  fc|t  ftc^  fafi  auöfd)Iic§Ii(i)  auä  bürgern 
jufammen;  bie  ©dimerbemaffneten  bagegen 
ftaren  meiji  ©olbtruppen,  SRittcrbürtige  mit 
knappen  unb  Änecf)tcn.  3llg  ßeiä)tbc* 
toajfnetc  mürben  ficute  beö  gemeinen  SSolfcS 
angemorbcn.  S)ie  ^ü^tung  I'ig  in  ben 
|)anben  üon  SHatmanncn.  S'ieben  ber  ge« 
orbneten  ^eerei^mac^t  gel)t  bie  .Kaperei  ^er, 
meld)e  bie  ^anfen  jebeämal  bann  begünfiig* 
ten,  wenn  jiefelbfi  nid)t  me^r  Tecl)t  leijiungö« 
fätjig  waren.  3cbeö  Äauffarteifd)ijf  mar 
fclbpüerfiänblid)  ju  jener  3eit  me^rli^ 
gerüfiet.  Utaä)  ^ä^n^,  ®ef(^iä)te  bcö 
Äricgömefcnö,  ©.  1229—1266,  mo  Seite 
1266  —  1288  aud)  tu  ^ranjofen,  ©ng« 
länber,  $ortugiefen  unb  ©panier  be^an* 
belt  ftnb.  33gl.  @an  2« arte,  Söaffen* 
funbe,  Jeil 1, 5tbfc^nitt  2, ©c^iffömcfen 
unb  ©c^uli,  ppfc^eö  ßebcn,  II,  Aap.  V. 
©egcnöf^jrüd^c,  9?ac^  bem  ältejten  mie 
bem  neucj^en  Solföglauben  [oü  in  bem 
auögefproc^enen  ©egen  ober  JJIuc^  eine  un* 
mittelbare,  magifc^e  üBirfung  liegen,  bie  ftc^ 
aber  nie  auf  allgemeine,  ftttlic^c  S)inge,  fon« 
bem  auf  bie  jeitlid^en  «Borteile  beä  ,9Wcn» 
f(i)en,  auf  5lbme^r  fon  äeitlicf)cn  Übeln, 
Erlangung  irbifdl)er  ®üter  unb  Sottbring« 
ung  beö  perfönliä)en  .giaffeö  be^^iebt.  S)ie 
ältefiegorm  beö  Sefegnenö  oberSefprecfieng 
iji  bie  Sinne  ober  i)ai  Sieb:  biefe  fönnen 
töten  unb  üom  Slobc  mecfen  mie  gegen 
ben  2ob  ftcfcern;  feilen  unb  franfmad)en, 
2ßunben  binben,  «lut  ftiQen,  ©c^merjen 
milbern,  ©(i)laf  erregen,  geuer  löfd^en, 
ajleerpürme  fdnftigen,  SRegen  unb  i)agel 
fd)i(ten,  Sanbc  fprcngen,  ^effeln  jcrrei§en, 
iRiegel  abflogen,  Serge  öffnen  «nb  fd)lieien, 
©c^ä^e  auft^un,  .ßreigenbc  entbinben  ober 
»erf(^liefen,  Sffiaffen  fefi  ober  meid), 
©(f)merter  taub  machen;  Änoten  f(i)ürjen, 
bie  üiiinbe  oom  Söaum  löfen,  @aat  oerberben, 
böfe  ©eifier  rufen  unb  bannen,  S)iebe 
binben.  Ulaä)  ^eibnifc^em  Sraudt)e  mürben 
ouf  Soten^ügeln  unb  ®räbern  ßieber  an^' 
gcfpro^en,  bamit  ein  Joter  JRebe  ftet)e  ober 
etmaö  l)erauegebe.  ®ie  ältelie  ^orm  ber 
©egen  ifi  bie  erjät)lenbe,  fo  jmar,  ta^ 
immer  etmaö  erjäblt  mirb,  maä  mit  bem 
i\i  befpred^enbcn  in  einer  gemiffen  gleich« 
laufenben  99ejiel)ung  fie^t,  urfprünglic^  bem 


„Greife  bcö  ÜJJpt^uö,  fpäter  bem  ber  Ijeiligen 
®efd)id)te  unb  ©age  ober  bem  ®ebiete  bet 
natürlid)en2ßirflic^feit.  (SDlonb  nimmt  ju, 
aßarje  nimmt  ab),  ober  ber  bic^tenben 
*P^antafie  entnommen;  auf  bie  (Srää^lunj 
Eann  ber  Sefe^l  fommen,  ber  in  fpdtetn 
©cgenöformeln  oft  allein  ^errfe^t,  inbem 
einfacf)  bie  Äranftieit,  ber  2)teb,  S)dmon 
unb  bcrgl.  angercbet  unb  befd)moren  mirb 
ju  weicf)en.  Urfprünglid)  ifi  ber  93efc^mörj 
ungäfprud)  in  atiiterierenber^^orm gehalten; 
feit  bem  Untergang  biefer  (Reimart  !^at  er 
fiel)  in  profaifc^er  gotm  erhalten  ober  ftc^ 
bem  SRad)folger  beä  ©tabrcime«,  bem  Steims 
paar  ober  Änitteloerö  anbequemt.  S)ie 
ältejien  cr^ltenen  ©egen,  meiere  jum 
Seil  an  inbifc^e  ©egenöfprüd^e  erinnern 
finb  bie  beiben  f.  g.  üRerfeburger  Qauiix- 
fprüct)e  auf  ben  »errenften  JJwf  «in«^ 
*Pferbe0  unb  auf  bie  iJeffcln  cineä  Äriegö* 
gefangenen;  e«  folgen  bann  ber  UBiener 
|)unbfegen,  SBurm«  93luts  unb  SRcifefegcn 
u.  a.,  abgcbrucft  bei  SRüllen^off  unb 
©d^erer  3)enfmdler.  S)arnact)  foH  bie 
@ntjiel)ung  ber  meiften  d)rifilid)en  ©egen 
mit  SBa^rfc^einli^feit  in  bie  3«it  fallen, 
mo  mit  ber  i^mciten  ^älftc  beö  11.  Sal^r* 
bunbertä  bie  geifilic|e  2)id)tung  in  ber 
iöolföfpra^e  einen  neuen  Qluffc^mung  na^m 
unb  bann  biö  gegen  ben  9luggang  beö  12. 
Ja^rftunbertg  mit  Sifer  gepflegt  murbc. 
Oft  ftnb  in  cf)ri|ilid)  geformten  ©egen  bie 
l)cibnifc^en  ®runblagen  noc^  unuerf cnnbar; 
an  ©tcKc  aBobfin^,  2)onarö,  ber  i^rigg,  traten 
6,btijiuö,  ^Petruö  unb  3Waria.  ©o  ifi  bie 
t)dufige  ^ormel:  „S^rifiuö  unb  ^etruö  gin« 
gen  über  ßanb",  ben  Söanbcrungcn  Sßoban« 
mit  anbern  ®öttern  entnommen;  in  böf)* 
mifd)en  i8efprecl)ungen  ber  Sßürmcr  ^ei§t 
e^:  „(53  mar  eine  mafeHofe  Jungfrau 
ÜJiaria,  bie  ^atte  brei  eigene  ©c^mefiern: 
bie  eine  fpann,  bie  anbere  mideltc  auf, 
bie  britte  fegnete  bie  Söürmer",  ober:  „bie 
t)eilige  Sucia  ^atte  brei  Söc^ter:  bie  crfie 
fpann,  bie  jmeite  micfclte  auf,  bie  britte 
meifte",  eö  ftnb  5Jrigg  mit  ben  brei  9'iorncn. 
(Sinjclnc  ^Jormeln  foUten  »on  ben  iÜgpptern, 
ton  ©alomon,  ben  ^trabern  flammen,  bei 
einigen  ^oi^mcln  jum  ^efimad^en  mirb  ge* 
fagt,  fic  feien  t>om  Äönig  Äorl  b.  ®r,  gc* 
braud)t,  Suttfc  ^at  u.  a.  SBeifpielc  äU« 
fammcngcficKt  gegen  iai  ^iebcr,  gegen 
5yricfel,  ©c^laffofigfcit,  @cf)minben,  ®i3)t, 
ißerrenfung,  gegen  ein  ^ett  auf  ben  5lugcn, 
gegen  Blutungen,  S^\)n\i^mix^,  SQöürmer 
im  ßeibe,  Äolif,  bie  SRofe,  Sntjünbungen, 
gegen  üJlunbfdulc,  gegen  Söarjcn,  ben 
©^langenbig,  gegen  Sffiunbcn,  93ranbmun* 


©emperfreic  —  Sieget. 


629 


ben,  gegen  SJerfengungcn  überhaupt,  tvtnn 
man  »on  einem  ^unbe  angefallen  \\i,  gegen 
3lufblä^ung  beö  Stinboie^ö,  ^cuerfegen,  um 
pd)  fugeifcfi  ju  machen,  iuenn  man  Dor 
©erici^t  gei^t,  gegen  SDiebe.  ®rimm, 
SWl)t^oIogic,  Aap.  38,  bie  ©ammlung  Don 
©egen,  bte  aU  5tn^ang  ber  erfien  3luögabe 
beigegeben  njat,  ift  in  ber  äWeiten  5luögabe 
weggeblieben;  Slßuttfe,  3tberglauben, 
§.  221   —  242. 

©COUierftCtC,  m^^b.  sentbaere,  sempaere 
vrie  finb  [oI(J)e,  Welche  am  sendt  (au^ 
synodns)  b,  1^.  ®rafcngeri(i)tc  teilnehmen 
bürfcn. 

©eijiicnj  {)ief  berjenige  2;eil  beö  Tltp 
gefangeä,  ber  bie  le^te  ©übe  be^  ^aEe= 
lujal^  in  langen  üJlobulationen  fortfallen 
Iie|;  er  \)it^  aud)  jubila  ober  jubilatio. 
IRotfer  SBalbuluö  (gefi.  912)  in  ©t. 
®aüen  war  eä  nun,  ber  biefen  ionrei^en 
felbftdnbigc  2öorte  unterlegte  unb  jugleic^ 
neue  Sonrei^cn  ju  ebenbemfelben  ©ebrauc^ 
fomponiertc.  'Jlnfänglic^  immer  nod)  al^ 
Jeil  be^  SWe^gefangeö  »orgetragcn,  lö(!cn 
fie  fxä)  mit  ber  3^'^  baüon  ah  unb  traten 
felbfiänbig  auf.  3"  ^^n  SWcpüc^ern  beä 
ajJittelalter^  mel)rte  ftc^  bie  Qa^^i  ber  ©e= 
quenjen  big  auf  100;  fpäter  famen  bie 
meiften  Wicber  inQlbgang;  ©equenjen  ftnb 
u.  a.  Veni  sancte  spiritus,  Lauda  Zion 
salvatorem,  Stabat  mater  unb  Dies  irae. 
SWan  nimmt  an,  t>a^  bie  ©equenj  non 
wefentlic^er  2Birfung  auf  ben  weltlich 
beutfcf)en  ©efang,  namentlid)  auf  ben  !Öcid^, 
gewcfen  fei.  i^erb.  SBolf,  über  bie  8aiö, 
©equenjen  unb  ßeici^e,  ^»eibelberg,  1841, 
®c()ubiger,  ©t.  ©aüif^e  ©angerfc^ule; 
1858.  Sartfd) ,  bie  lateini[cf)en©equenjen 
beö  ÜJJittelalterö  in  mufrfalifd)cr  unb  x\;)\)t^' 
mifd)er  «eäie^ung,  SRoftocf,  1868. 

©ertiictten  braud)te  man  fcf)on  in  (Rom 
in  ber  fpäteren  Äaiferjeit;  fte  würben  burc^ 
tai  ganje  SWittelalter,  jebod)  nur  üon  93or= 
nehmen,  benu^t.  Sei  Sürgeröleuten  famen 
fie  äu  gnbe  bcö  16.  ^a^^r^unbertö  in  @e= 
brauc^. 

©icfien  freie  fünfte,  ftel)e  f  r  e i  e  ä ün  ji  e. 

©iegel,  auä  lat.  sigillam,  m^b.  sigel, 
Siegel,  sigille,  insigele,  war  im  SDIitteU 
alter,  alö  bie  llnterfd)rift  no(^  fet)lte,  ta^ 
gewöf)nli(^fie  Seglaubigunömittel  einer 
Urfunbe;  alö  bie  Unterf^rift  allgemeiner 
würbe,  trat  iai  ©iegel  jurüd;  allgemein 
wirb  fein  ©ebraud^  etwa  feit  900.  ffla« 
iai  SDiaterial  angebt,  fo  ifi  baöfelbe  ents 
Weber  ÜJtetall;  bann  ^ei§t  ha^  ©iegel. 
Wie  bie  Urfunbe  felbfi  bulla;  hai  mitaU 
iji    ®olb   ober  Solei,   unb   jwar   ifi   tai 


golbene  ©iegel  in  ber  altern  ^iit  nur  bei 
ben  gricc^ifcfeen  Äaifern,  im  5lbenblanbe 
feit  Otto  III.  in  ®ebrauc^;  e^  wirb  aU 
ein  Sorrec^t  ber  beutfd)en  ^aifer  für  ^^ürficn« 
briefe,  Erteilung  »on  Herzogtümern  unb 
bergl.,  fpäter  für  (5rl)ebungen  in  ben®rafen* 
ftanb  angefe^en;  jule^t  fonnte  jeber,  ber 
aui  ber  faiferlid^en  Ä'anjlei  eine  "Mu^fer* 
tigung  befam,  für  bie  SEaye  ein  golbeneö 
toiegel  bcfommen.  ÜJJeiftenä  ftnb  fte  ^o^l 
unb  befielen  nur  auä  ®olbbled^,  baö  mit 
Waä)^  auögefüKt  ift.  Sleierne  Süllen 
jlnb  tai  .^auptftegel  ber  ®eifili(^feit,  ber 
•JJdpfie  feit  bem  8.  3a^tl)unbert,  ber  geip= 
liefen  ijürjien  biä  jum  33ifc^of  unb  bem 
reid)äfreien  5lbtc  big  etwa  1300;  aud^  bie 
Äonjilien  eon  5?on(ianj  unb  33afel  ftegelten 
bamit;  Äaifcr  nur  feiten.  35ag  pufigjie 
SDlaterial  i^  SBac^g,  bem  man  anfangt 
alle  möglid^en  gtitben  gab,  big  feit  bem 
12.  Sö^f^wnbert  bie  "natürlid^e  ^arbe 
für  gcwöl)nlid)e  3^ßctt  ^'^  Dber^anb  er« 
l)ielt.  iRote  ©iegel  famen  juerfi  bei 
Äaifern  unb  Sifd^öfen  nor,  bann  ftegelten 
feit  bem  13.  3at)rl)unbert  rcid)gfreie  gürften 
bamit  unb  eg  galt  alg  ein  faiferltd)eg 
SRed)t,  bog  ^rioileg  beg  roten  ©iegclg  ju 
erteilen.  @rünc  ©iegel  ftnb  feit  bem  13. 
3al)r^unbert  gcbräuc^lid)  unb  feit  bem  15. 
allgemein;  bamit  ftegelte  befonberg,  wer 
ni^t  rot  ftegeln  burfte,  niebere  ©tifte, 
nieberer  2lbel,  oiele  ©täbte;  fd)Warje 
©iegel  fommen  bei  ben  geiftlic^en  JRitters 
orben  »or.  2)en  ®ebrauc^  »on  ^arj  ober 
to  iegel  lad  fennt  man  feit  bem  ®nbe 
beg  16.  3<il)i^()unbertg;  aug  berfelben  3^it 
ben  ber  Oblaten.  2Bag  bie  Sefejii* 
gung  ber  ©iegel  betrifft,  fo  würben  fie 
anfange  auf  bie  Urfunben  aufgebrüdt, 
fpäter  §ing  man  fte  an  bie  Urfunben,  unb 
jWar  mit  ©djnüren  ober  $crgamcntfireifen ; 
bie  ©c^nüre  ftnb  bei  ben  päpjilid)en  Ur« 
funbcn  oon  ungefärbtem  >^anf ;  feibene  »on 
gelb  unb  roter  %axhi  ftnb  feierlid)er  3trt. 
.J^aiferlid^e  Urfunben  'l)aben  big  jum  15. 
Sa^r^unbert  wiKfürli^e  ^J'»^^^"'  f^*^ 
^riebrid)  III,  fc^warjgelbe  ober  gelbe 
©^nüre.  2)ie  ältefie  gorm  ber  ©iegel 
iji  bie  runbe;  fpäter  wirb  fte  länglich  ober 
eiförmig;  brciedig  waren  bie  ©iegel  ber 
niebern  5tbeligen,  bag  Silb  beg  ©c^ilbee. 
3ebeg  ©iegel  entbält  ein  Silb,  Signum, 
bag  anfangg  wiflfürlicb  angenommen  war, 
erft  feit  bem  12.  3a|tl;unbert  non  ganzen 
(Familien  fcPgeljalten  würbe;  immer  war 
bie  Sebeutung  beg  Silbeg  burd)  eine  Um« 
fd)rift  erflärt.  Jm  befonbern  fann  man 
unterfd)eiben:  Äai f er f iegel.   S)ie  Äaro? 


630 


©fapuUcr  —  ©ommer. 


linger  ^abcn  einen  Äopf  ober  t)öc&jicnö 
ein  iSruftbilb  mit  Umfd^rift;  feit  9lrnulf 
tarn  bcr  0'leid)öapfel  baju;  bic  Dttonen 
^aben  ein  ^albcß  ßeibpücf  mit  2)iabem, 
@(i)ilb  unb  Sanje;  feit  Dtto  III  liefen 
ftc^  bie  Äaifer  a\i  ganjc  ^igur  abbilben, 
auf  bem  5l^rone  ft|enb,  mit  iReid^^apfel  unb 
©jepter ;  biefe^  ©iegel  blieb  aU  ÜJlajeftdtö« 
ftcgel  feitbem  bie  JRegel.  5llö  Äanjleiftegel 
bientc  bcr  Df^eic^öabler.  jjür^en  unb 
©rafen  liefen  ftd^  ju  (Pferbe  mit  @^ilb 
unb  ^a^ne  abbilben,  mobei  tai  6(^itb 
oft  ein  Signum  trug,  ober  fic  füt)rten  hai 
@cf)h)ert;  t>ai  fmb  bie  f.  g.  SR citerf iegel; 
^ufficgel  fmb  fetten,  bann  aber  jietß 
9C^arnif(f)t  mit  bem  6(^ilb  aU  Signum. 
2)er  niebcre  5IbeI  trägt  erjl  nac^  bem  14. 
Sa^rl^unbcrt  einen  -f)elm  in  ben  Siegeln. 
S)ie  ©täbtcfieget  äeigen  hai  93itb  be« 
©c^u^^eiligen,  ein  ©tabt^or,  SRat^au^, 
©tabtfird^e  unb  bergt.  Über  bie  päpfili^en 
S8utt,enficl)eben5trtifetQ3utte.  Sifct^öfc 
unb  Qibte,  tiefen  ftc^  biä  jum  11.  5at)i= 
I)unbcrt  in  runbem  ©ieget  mit  falbem  ßeibs 
pd,  ben  |)irtenfiab  unb  ein  5ßuc^  in  ber 
^anb,  mit  einer  ben  SRamen  tragenben 
Ueberfct)rift,  bann  |i|enb  auf  einem  J^rone 
abbilben.  S)ae  Äircf)en*  ober  Äonoentäs 
frcgct  trägt  ben  6(^u^t)ciligcn.  Qln  roelt* 
ticken  Urfunben  t)ängen  foDicI  ©iegel,  alö 
*Pcrfonen  bei  bem  iRecf)tögef(^äftc  beteiligt 
ftnb,  ba^er  man  Urfunben  oon  300  unb 
mef)r  ©iegeln  t)at;  S^Uflcn  Rängen  crfi  feit 
bem  15.  3i^i^uribert  bie  ©teget  mit  an. 

©fa^pulier  nannte  man  ein  mönct)ifc^eö 
Äleibungöfiücf,  ia^  einer  Sunifa  ät)ntic^ 
fa^,  ctma^  fürjer  atä  bicfe,  Dorn  gef($toffen, 
fiatt  ber  5trmet  mit  weiten  airmf(i)li^en 
»erfetjen.  2)aä  ©faputier  mürbe  fpätcr 
Borjugämeife  nur  nocb  bei  förperlic^er 
5trbeit  getragen  unb  ba^er  auf  beiben 
©eiten  meit  aufgefcfitiM.  ©eit  bem  12. 
3at)rt)unbert  ftnb  95orber=  unb  SRüden- 
jireifen  burc^  ein  Duerbanb  oerbunben, 
bic  ©eiten  aber  für  ben  5lrm  ganj  frei. 

©onnner  unb  Sinter.  ^Diejenige  iRatur= 
erfdjcinung,  mct^e  mie  feine  anbere  jur 
SDJpt^cnbitbung  beigetragen  t)at,  fpicit  nocf) 
tt)ät)renb  bcä  ganjen  SD'littelalter^ ,  batb 
mebr  mptbifd),  batb  me^r  attegorifcJE),  eine 
mefentli(i)c  Siollc  in  ©itte  unb  Dcnfart 
bcö  Sßolfeö.  5lm  ©onntag  ßätare,  ju 
SKitfaften,  murbc  namentU»^  am  SR^cin 
ein  SRingfampf  {mifc^cn  ©ommer  unb 
Sßinter  aufgefüt)rt,  wobei  jener  in  ßaub« 
merf,  bicfer  in  ©trot)  unb  SWooö  gefteibet 
mar;  bcr  SBinter  untertag  unb  mürbe 
feiner  ^ütle  beraubt.    S>ie  babci  »erfam* 


mette  mit  meinen  ©täbcn  ttcrfe^cnc  Sugenb 
fang  babei:  ftab  auö,  fiab  au«!  (jiaub* 
aue!)  jiecbt  bem  SZBinter  bic  Qtugen  auö! 
©(^on  früb  entwicfette  ftd^  bicfer  2tufjug 
jum  aufgeführten  ©cfpräcf) ,  in  meld^em 
in  ßiebform  beibe  ©treitenbc  bie  ©rünbe 
jur  SBcrcc^tigung  t|reä  2)afeinä  im  mo^I« 
gcorbneten  ^al)itilau^i  bartt)aten.  S)cr 
ättefie  erl)attene  ootfömäfigc  Scyt  auö  bem 
dnbe  beä  16,  3a^r^unbertö,  beginnt: 

©ommer. 
^eut  ifi  auc^  ein  jxb\)liä)ii  Jag, 
baf  man  ben  ©ommer  gewinnen  mag; 

alle  ir  Ferren  mein, 

ber  ©ommer  iji  fein! 

2Ö  t  n  t  e  r. 
©0  bin  i^  bcr  2Bintcr,  ic^  gib  birö  nit  redfet, 
0  lieber  ©ommer,  bu  bijl  mein  fned^t! 

alle  ir  Ferren  mein, 

ber  aCßinter  ifi  fein! 

©ommer. 
©0  bin  ic^  ber  ©ommer  atfo  fein, 
ju  meinen  äciten  ta  wec^fi  bcr  Wein; 

aÜe  ir  Ferren  mein, 

ber  ©ommer  ifi  fein!  u.  f.  w. 

S)te  brei  testen  ©tropfen  feigen: 

2Ö  i  n  t  c  r. 
0  lieber  ©ommer,  beut  mir  bein  ^anb, 
wir  Wollen  jie^cn  in  frembbe  lanb! 

alle  ir  Ferren  mein, 

ber  ©ommer  ijl  fein! 

©ommer. 
5ttfo  ifi  unfer  frieg  »olIbracf)t, 
gott  geb  euc^  allen  ein  gute  nad^t! 

alle  ir  ficrren  mein, 

ber  SIßinter  ifi  fein! 

2ß  i  n  t  e  r. 
3r  f)erren,  ir  fott  mi(^  xtä)t  ocrfian, 
ber  ©ommer  bat  has  befi  getan; 

alte  ir  f)crrcn  mein, 

bcr  ©ommer  ifi  fein! 

SDJan  ^at  aud)  Dcrfdji ebene,  me^r  funfi« 
mäßige  Bearbeitungen  beS  Zi^tmai,  tatei« 
nifd)e  auä  Äarl^  b.  ®r.  Qät,  altfranjö» 
fifc^e,  mittett)oc^bcutfd^e,  nicberbcutf(|e, 
au*  eine  »on  $anö  'Bai^i;  in  einer  ©t. 
©allifd^cn  Urfunbe  »om  5a^r  858  ftnb 
Söintcr  unb  ©ommer  bie  9iamen  jmeier 
Srüber.  Ginc  fpätcre  ^orm  biefeö  iffietts 
fireiteä  ifi  bic,  t>a^  bic  ©cwäc^fc,  wetd^c 
fonfl  nur  iai  bejeidE)ncnbe  Seiwert  ^er« 
Icif)en,  fctbft  unb  perfönlicE)  bic  Oegner 
ftnb;  fo  fielen  in  einem  engtifd^cn  ßieb 
©tcc^palmc  unb  (Sp^cu,  in  bem  befanntcn 


©onctt  —  ©pictc 


631 


feit  bcm  16.  3af)rl)unbcrt  »erbtciteten  bcut= 
fdt)cn  ßiebc  Suc^^baum  unb  gelbingct 
(SBcibe)  cinanber  gegenüber.  U  ^  I  a  n  b  ö 
©cferiften,  HI,  17  ff. 

©owctt,  flammt  auä  Stauen,  mo  bic 
älteficn  biefer  ©tropfen  »ermutlic^  um 
1200  entfianben  finb;  c«  befielt  auö  jmci 
»ier*  unb  jtDci  brciäciligen  «Strophen;  bie 
»tctjeiligcn  l^abcn  benfclben  iRcim,  fo  jttjat, 
ia^  bic  bciben  inncrn  3^'^«"  """  ^f" 
■beibcn  äußern  umrahmt  werben;  bic  brci* 
jeiligen  Strophen  jtnb  in  bcr  Sflcgel  Zn> 
jincn.  ?Jad)bcm  S)ante  unb  Petrarca  biefc 
^orm  jut  f)öc^ften  SSoQcnbung  gebtad)t, 
tarn  fic  nad)  gronfrcicfe,  (Snglanb,  Spanien 
unb  Portugal,  unb  burcf)  2Be(f{)erIin  unb 
Dpi^  nad^  5Dcutf(ä)Ianb ,  mo  man  fte 
^linggebtt^t  pie|  unb  alö  iBer^  bcn 
Sllcyanbtiner  tt)ä^Itc;  bcfonberg  ^a\xl 
^lemming  t)at  fcftöne  ©onctte  gcbiditct. 
6eit  bcm  Untergang  bcr  fct)lcftfd)cn  2)id)= 
tctfd^ulcn  {)örtc  bie  Sorlicbe  für  baö 
6onett  für  einige  Qdt  mieber  auf,  biä 
93ürger  unb  bie  SRomantifer  fie  neu  belebten. 

©^)cer,  ftet)e  ßanje. 

S^jicgcl ,  au^  tat.  specnlum ,  Don 
®laö  fannte  baä  ^Utertum  nic&t,  mo^I 
aber  foId)e  auö  blanf  polirtem  Wctall, 
JBronce,  @tat)I  ober  Silber.  35aei  ®laö, 
in  feiner  ißermenbung  ^u  %tn^ix\d)iibm 
f(i^on  Idngft  befannt,  fam  in  biefer  (gigens 
fd^aft  nic^t  x>ox  bem  12.  ober  13.  Sat)^' 
^unbert  jur  ^Inmenbung  unb  jmar  in 
fleinen  mcifi  runben,  jicrlid)  gefaxten 
^anbfpiegeln,  bic  namentlich  oon  J^raucn 
um  bcn  ^ali  ober  am  ©ürtel  getragen 
tt)urben.  Qln  bcr  ©teüc  beä  Quedftlbcrs 
beleget  finbet  ftd)  ein  5lufgu§  »on  SIci, 
3inn  ober  ^arj.  ©a^  D-uerfftlbcramalgam 
fam  ju  (Snbe  be^  16.  3a^r[;unbertä  auf, 
unb  babur(^  erhielt  bcr  ©laäfpicget  erft 
feine  33orjüge,  burd)  mei(ä)e  er  bcn  3Dte- 
taüfptegcl  »erbrängte.  2)od)  ^ielt  er  ftd), 
»aö  feine  Qluöbetjnung  anbelangt,  nod) 
immer  in  fe^r  bef(i)eibencm  üJlagc,  benn 
©laötafcln  »on  mebr  aU  2  ^uf  ©eitc 
gu  ma(^en  njar  noc^  eine  Unmöglicftfeit. 
Qln  bcr  Umrahmung  aber  mürbe  nicfttö 
gefpart,  in  @(f)ni^erei,  SD^iarqueterie ,  2Re= 
taüarbeit,  Semalung,  23ergoIbung  unb 
Einfügung  t»on  föfilic^en  Steinen. 

2)er  Spiegel  ifi  ta^  ©pmbol  bcr 
Sclbfiprüfung,  be^  Oemiffenö,  baf)er  bic 
Sittenprebiger  i^re  Söerfe  gern  nad)  bcm» 
felben  benannten:  Sac^fcnfpicgel,  @d)ma* 
benfpiegel,  ßaienfpiegel,  ^eilöfpieget,  Spie» 
gel  beutf^er  ßeute,  Ätagfpiegcl ,  Spiegel 
ber  iRf)ctorif,  IHittcrfpiegel,  Specnlum  hu- 


manae  salvationis ,  Speculnm  morum, 
Specnlum  puerorum,  Speculnm  univer- 
sale. 3n  ber  SRcnaiftancc  mirb  ber  Spie» 
gel  ba^  (Smblem  ber  a[Bat)rt)eit.  9}gl. 
Sffiacfernagel,  fl.  Sd)riften,  93b.  1. 
Ueber  bie  Spiegel  im  *KitteIalter. 

©^Jtcle  fmb  ntc^t  minber  aU  SBobnung, 
Sfia^rung,  .RIeibung,  !Recf)t,  ©räic^ung, 
Äampfmcife  u.  f.  m.  ein  natürlid^cr  unb 
mit  ber  (intmicfclung  ber  ÜJJenfe^en  unb 
93ötfer  med^felnber  Qlu^brud  bcö  niebern 
unb  ^öfjern  ßeben^  unb  cö  märe  »on 
I)o^em  Sntereffe,  bie  ©ntmicfelung  cineS 
SSoIfeg  im  ßiditc  feiner  Spiele  nad)äus 
meifen.  I>a  bic  Stac^ricöten  über  biefen 
Stoff  nur  fpärlid)  fein  fönnen,  muf  man 
ficf)  t)icr  mit  menigen  Jtotisen  unb  51n* 
beutungen  begnügen.  Sor  51C(em  ifi  im 
*Muge  ju  behalten,  ba^  ber  SRatur  bcr 
Sad)e  nac^  Spiele  ber  2wgenb  unb  ber 
®rmad)fenen,  ber  Scanner  unb  bcr  grauen 
ju  untcrfcf)eiben  ftnb;  erfi  menn  fid)  ge» 
miffe  Stäube  auö  bcr  5ingemeinl)eit  bcr 
SeüölEerung  auöfd)eiben,  tann  man  eon 
befonberen  Spielen  foldier  engern  Greife 
fprec^en,  roie  eon  Spielen  ber  SRittcr,  ber 
Stäbter,  ber  ßanbefncd^te,  ber  Stubenten, 
ber  Scf)ultinber,  bcr  Sauern.  3"  unter» 
f(^eiben  ftnb  bann  Spiele  im  ^yreien, 
meldte  bcm  SBec&fel  bcr  So^'^f^ä^it  angc» 
l)ören,  namentlid)  gi^üfilingöfpielc ,  bic 
größere  Ärcife  t>on  3;cilnef)mcrn  umfaffen, 
unb  Spiele  beö  ^aufeö,  bcren  2;^cilnet)mer 
biö  jur  3it)l  itt>ei  ftnfen  fann,  jene  bc» 
fd}äftigcn  mebr  bcn  Äörper ,  biefe  bcn 
iBerfianb.  9?ur  im  meitern  Sinne,  obglcid^ 
fic  mit  SRcc^t  benfclben  SRamen  Spiel 
tragen,  gef)ören  ju  bcn  Spielen,  bicienigen 
Spiclbcfc^äftigungen,  beren  Übung  ftc^ 
mit  ber  3«it  äu  einem  eigentlidien  Serufe 
auägebilbet  ^at,  moju  bie  ü)?uftf,  tai 
©(^aufpicl  unb  bic  niebercn  Spiele  bcr 
Seiltänjcr  u.  bgl.  jäblen ;  ba^cr  ber 
im  SOiittelalter  fo  öiel  oerbreitete  Stanb 
bcr  Spielleute,  »ergl.  fat)rcnbcö 
95  0  l  f . 

*}luö  altgermanifc^er  3eit  ermähnt 
2:acitug  (Sermania  24  be«  Sc^mert* 
tan  je«:  Städte,  junge  iülänncr,  fagt  er, 
fülnen  biefei^  Spiel  auö,  inbem  fte  tanjenb 
jmifc^en  Sd)merter  unb  brol)enbe  Speere 
bringen.  Sicher  ifi,  bafi  auc^  anbcrcr 
Sanj  ben  ©ermancn  nid)t  fremb  mar; 
il)m  fam  aui^  eine  mefentlic^e  JRoKc  bei 
ibren  ©otteöbienftcn  ju.  Spiele  bcr 
üJJänner  maren  tai  Steinfto§en ,  Speer» 
fd)ie§en,  iffietttaufen;  bie  (Erinnerung  an 
fte  ifi  im  SBcttfampfe   jmifc^cn  93run^ilb 


632 


©piclfarten. 


unb  ©untrer  erbalten,  Qluc^  ia^  Äc* 
9  e  l  n  (fic^e  tiefen  5lrtifel)  fd^eint  fe^r 
alt  ju  fein.  5lu§erbem  eth3al)nt  Slacituö 
an  bem  genannten  Orte  baö  ÜBürfel« 
fpiel;  ber  ©crmane  betrieb  bagfelbe  bei 
Böüiger  3iüc^tern^eit  aU  ein  crnfi^afteji 
®efc^äft  mit  folcfjer  ßeibenfd^aftlicftfeit 
bei  ®ett)inn  unb  Serlufi,  ta^  er,  wenn 
fonfi  atleä  eerloren  fei,  ^reif)eit  unb  ^er« 
fon  auf  ben  leisten  SBurf  fe^te. 

211^  mit  ber  Sölfermanberung  bie  alt= 
germanifd^e  Sitte  aümälic^  in  bie  beö 
SWittelalter^  überging,  teilten  ftd^  bie 
©piele  in  bicjenigen  bc§  ßanboolfcö  unb 
biejcnigen  ber  t)öpfä)en  Äreife ;  ia^  ßanb« 
Bolf  t)ielt  metjr  an  ben  offenen  (Spielen 
feji  unb  an  benjenigen,  meldte  ber  SBanbel 
ber  Soflte^icit  mit  fii^  braute:  ©tein= 
fielen,  ©pringen,  Regeln,  Steigentanjen; 
ben  gro§en  unb  tleinen  ^öfen  fielen  bie, 
in  i^rer  Qlrt  umgemanbelten  Äampffpiele 
ju,  bie  ftdb  mit  ber  3eit  ju  ben  eigent» 
ticken  (Rittcrfpielcn,  S^jofi,  33ul)urt,  furnier 
entmictelten ;  aud)  bie  galfenjagb  erhalt 
ben  Dramen  vederspil.  2)ie  Qluebilbung, 
jum  Seil  auc^  bie  SJZamengebung  biefer 
©pielc  jeigcn  franjöfifdE)en  ®influ§,  maö 
namentUd)  auc^  com  |öfifcben  San  je 
(ftebe  biefcn  Qlrtifel)  gilt.  ^\xä)  bie  erft 
je^t  auftrctenbe  klaffe  ber  ©pielleute  ifi 
unbeutfd^en  Urfprungö.  Unter  ben  offenen 
©pielen  namentlid^  ber  weiblichen  Sugenb 
bürgerlicher  Greife  erfci)eint  im  SOJittel» 
alter  juerfi  unb  bann  fe^r  oft  baö  ö  a  1 1  fp  i  e  l 
(fte^e  ben  bef.  ^Irtifel),  auö  bem  4.  3at)r» 
^unbert  pammt  bie  erfie  9'Jacf)rict)t  com 
IB  r  et  t  fpiel,  welc^eö  feit  bem  U. 
Sa^r^unbert  mit  bem  ©(i)a(i)fpiel 
t>ai  beliebtejte  Sßerftanböfpiel  pfifc^er 
Ärcife  mar.  2)aneben  ging,  niebriger 
©pielteibenfd)aft  am  meifien  genügenb,  baö 
alte  SBürfelfpicl,  ia^  freilid^  »on 
geij^lid)en  unb  meltti(ä)en  Obrigfeiten  Diel 
»erfolgt  mürbe ;  Otto  ber  ®ro§c  »erbot 
c^  ben  ®eifili(i)en ,  ^ricbric^  IL  feinen 
93eamten. 

2)er  S^arafter  beö  ©pieleö  in  ber, 
ber  ^öfifc^en  ßäi  nac^folgenben  $eriobe 
mttb  befiimmt  einerfeitö  burd)  bie  auc^ 
im  Spiele  mirffame  ^ffojiation,  anbern* 
teils  bur^  bie  milbe  auögelaffene  unb 
raffinirte  3lrt,  mie  man  ba«  ©piel  betreibt. 
2Bäbrenb  bie  länblic^en  ©piele  ot)ne 
3n3cifel  bie  ältere  5lrt  beibehielten,  trat 
namentlid^  in  ben  fidbtifc^en  ©pielen  ta^ 
©pielen  um  ®clb  in  ben  ißorbergrunb, 
wie  man  auS  jat)lreic^en  bagegen  gerid^* 
tcten  9flatö»erorbnungen  erfennt;  eä  mürbe 


um  (Selb  geregelt;  in  g^anffurt  a.  ÜÄ* 
beftanb  »on  1390  big  1493  eine  SZBürfeU 
©pielbanf,  bie  t>on  ber  ©tabtbe^örbc 
felber  betrieben  mürbe,  mie  benn  über« 
i)aupt  tai  15. 3at)r|)unbert  aU  bie  ©lüte» 
jeit  leibenfcl)aftlidben  ©lücföfpiele«  gilt; 
ber  fprebiger  (Sapifiranu^,  ber  öffentUd^  bie 
©pieler  ermahnte,  t^m  Äarten»  unb  ©piel* 
breiter  jum  SBerbrennen  ju  übergeben,  foü 
allein  in  Dtürnberg  3640  Spielbretter,  über 
40000  2öurf  el  unb  „Äartenfpiele  of)ne  3a^l" 
uernict)tet  ^aben;  Äartenfpiele  bilbetcn 
fe^t  einen  bebeutenben  ^anbelSartifel. 
^örmlid^e  ®piel|iuben  mürben  einge« 
richtet,  beren  S3eft^er  ®df)olberer  ^ie^en ; 
auc^  an  55alfdl)fpielern  fehlte  e*  nid^t. 
SJiefem  nieberen  ©picljuge  geprt  auc^ 
taii  8otteries©pieI  an;  baSfelbe  fam 
in  Stallen  auf,  mo  eö  barauS  entfianb, 
ha^  Äaufleute,  um  fdt)nell  unb  mit  33or« 
teil  ju  »erfaufen,  jebermann  gegen  ein 
fleincS  ©tücE  (Selb  eine  il^rer  DiJummern 
jiel)en  liefen,  auf  benen  il)rc  SBaaren  ücr* 
jeid^net  maren.  3"  3)eutf(i)lanb  i)ii^  man 
tai  Spiel  ben  ©lüct^bifen  ober 
®  lücEStopf;  in  Statten  mürbe  eö  ßotto 
(ßooS)  unb  feit  1522  ßoteria  genannt. 
*itnfänglicb  maren  ti  immer  Sßaaren, 
melcf)e  auf  biefe  5trt  auägefpielt  mürben; 
fpäter  mürben  ©elbpreife  barauö.  3n 
2)eutfdt)lanb  mar  ber  (SlüdEö^afen  f^it  «t""^ 
1470  an  ben  Sct)ü^enfeften  gebräud^lic^, 
mo  auä)  bie  uralten  SBolEöfpiele  Stein« 
fto|en.  Springen  unb  SBettrcnnen  gegen 
*Preifc  geübt  mürben.  Sonfi  mürbe  biefeö 
Spiel  lange  blo§  für  milbtt)diige  S^cdte 
gemattet  unb  ausgeübt.  Siebe  Sc^ul^, 
böfifcf)eg  ßeben  I,  5lbfc^nitt  VI;  2Bein« 
bolb,  beutfc^e  ^^rauen,  2.  a.ufl.  I,  107  ff. 
^riegf,  Sürgerlcben  I,  <abfdt)nitt  19: 
bie  öffentlichen  SBergnügungen  unb  ßuji« 
barfeiten,  unb  bie  befonbercn  3trtifel  93rett« 
fpiel,  .Regeln,  Äinberfpielc,  Sd^ac^*,  Stanj«, 
unb  Sffiürfelfpiel. 

©^)iclfttrtcn,  fennt  man  bei  uni  feit 
bem  14.  3abrbunbert,  mo  jtc  juerfi  in 
einer  b'tnbfdjriftlicben  6,bronif  beä  3^i?o« 
lauö  üon  Saüelluäjo  ermähnt  merben,  mit 
ber  Semerfung,  ta^  fle  1379  in  Söiterbo 
eingeführt  morben  unb  jmar  ani  bem 
ßanbc  ber  Sarazenen.  Sie  flammen  mabr« 
fdbeinlid)  auö  (j.l;ina  unb  3nbien,  mie  baö 
Sdbad)fpiel,  ia  fxe  fc^einen  au«  biefem 
beruorgegangen  ju  fein  burdb  Uebertragung 
ber  Figuren  auf  einzelne  iölätter  ober 
3:äfelcf)en.  2)ie  ?lraber  fannten  tai  Spiel 
fc^on  im  12.  3abrbunbert  unb  con  bort* 
ber    bradbten     eö    bie   Äreujfabrer   in'ä 


©picticute  —  ©poren. 


633 


Qlbcnblanb,  junäc^fi  nad)  Stallen,  wo  eö 
längere  Seit  ni(i)t  rec^t  auffommen  tt)oEte. 
«Mbcr  f(^on  1387  crlieB  Johann  üon 
©oftilien  eine  93crorbnung ,  mortn  er  bie 
Sßürfel,  tai  ©d^acf)  unb  bie  harten 
(naypes,  oon  bem  arabifcf)en  naib,  b.  !)• 
Dffijter,  Jgjauptmann  abjiammenb)  unter= 
fagtc,  unb  10  ^ai)n  fpätcr  »erbietet  aucb 
bcr  iPreuot  oon  $ariä  ben  ^anbnjcrfern 
iai  SJßiirfcI*,  Saü^,  ^ugel^  unb  Äegel. 
unb  cnbli^  auc^  baö  Äartenfpiel.  (Sr^ 
laubt  bleibt  eö  nur  an  Feiertagen.  *21n= 
fänglic^  I)ielt  man  fid^  tt>ofiI  an  bie  ur= 
fprünglicbcn  orientalifdben  f^iflui^fn  unb 
Benennungen ,  biä  in  ^ariö  jur  Erwei- 
terung bcö  gcijicöfranfen  Äönigä  Äart  VI, 
ein  bcfonbereö  ^artenfpiel  gemalt  njurbe, 
worauf  iii  gegen  bie  SWitte  be^  15. 
3al)rt)unbcrtö  in  %xanhiiä),  Spanien, 
3talicn  unb  S)eut[(|lanb  bie  Äunfi  beö 
„Sriefmalcnö"  Pc&  eigene  SBcge  gebrod^en 
^attc  unb  baburd^  iai  ©picl  ntcbt  blo§ 
in  allen  feinen  95ejiel)ungen  erweitert, 
fonbern  audb  jum  beliebteren  ®efellf^aftö= 
fpicle  würbe,  tai  alle  obrigfeitli(I)en  ßr« 
iaffe  nic^t  mcl)r  ju  entfernen  eermocf)ten. 
fWad)  i^ren  i^arben  unb  5'9urfn  teilen 
ftd^  bie  ©pielfartcn  in  brei  ©ruppen. 
1.  SDie  franjöftfc^c  mit  ben  jjarben  couleur 
(englifc^  heart),  tr^fle  (englif<^  clab), 
carreau  (englifdl)  diamond),  pique  (cnglifd) 
spak);  2.  bie  italienif^en  unb  fpanifcf)en 
mit  ben  Pier  iJarbcnamen  cupi  (93ecl)er, 
coeur),  denari,  (SWünjen,  trefle),  bastoni 
(«Stöde,  Stäbe,  carrean),  spadi  (S)egcn, 
piqne);  3.  bie  beutfc^en  unb  bie  nor= 
Eiferen,  beren  »ier  ^ai^ten  SHot  ober^erj, 
@rün  ober  33lätter  (Spaten,  @(i)ippen), 
6i(f)eln  ober  Äreuj  unb  Schellen  ftnb. 
Sßrgl.  Äriegf,  5Deutfcf)cä  ©ürgertum,  I. 
432  unb  Sitclbcrger  in  ben  HHtteis 
lungen  ber  f.  t.  Sentralfommiffion,  SlUen, 
1860,  V,  93—102.  140—147, 

©^jiellcittc,  ftebe  fa^renbeä  23olf. 

©Jpinnrökr  fcnnt  man  feit  1530,  in 
rocld^cm  3«l)te  fic  burc^  ben  93ilbfc^ni^er 
Sodann  Jürgeö  in  Söatcnbüttel  erfunben 
würben,  ©efponnen  würbe  jwar  fc^on 
im  Qlltertum,  jebod)  nermitteljl  ber  Spin  = 
bei,  bie  erfi  ju  ber  oben  genannten  ^iit 
burd)  bie  Spule  erfe^t  würbe. 

S^ji^en  alä  Selben^,  Baumwollen*  ober 
ficinengewirfe  Waren  im  frül)eren  3ö?ittel= 
alter  fe^r  feiten.  3Me  Äunfi  beö  Spi|en= 
flöppclnö  würbe  um  1536  Pon  Sencbig 
aui  nacl)  ber  Sd^wcij  unb  naä)  SJeutfc^« 
lanb  ferpflanjt,  unb  bamit  fanb  au^  bai 
(Probuft  balb  eine  allgemeine  Verbreitung. 


Gpottn*  6in  ritterlic^eö  notwenbigeä 
unb  allgemeine^  JRüfipcf  fdf)cinen  bie 
Sporen  (altl)b.  sporo ,  sporon;  angelf. 
spora,  spura;  norb.  spori ;  franj.  eperon, 
engl,  spur)  crjl  im  12.  ^a^rljunbert 
geworben  ju  fein,  obfct)on  pe  fic^  in 
Siebern,  Silbern  unb  SBappcn  oiel  Weiter 
l)inauf  nad^Weifen  laffen  unb  fol(ä)e  au^ 
ben  ältejien  frän!ifcf)cn  unb  burgunibifc^en 
©räbern  3)cutfdf)lanbö  unb  ber  Scf)Weij 
ausgegraben  werben.  3)er  SRitter  trug 
einen  Sporn  unb  jwar  am  linfcn  ^^u^i, 
Wol)l  um  bem  3io§  ben  2)rud  nai)  rccf)tä 
jur  bewaffneten  ^anb  be«  Ocgnerö  ju 
geben.  3)ie  Silber  jum  SRolanbelieb  jeigen 
boppeltgefpornte  SRitter,  niele  SRciterfpicgcl 
einfad)gefpornte  unb  bie  mebrfad)  genann* 
ten  Seppic^e  »on  Sßapeuj;  laffen  bie  Tlti)X' 
jaljl  ber  SRitter  o^ne  Sporen  auftreten. 
2Bo  aber  folcf)c  »orfommcn,  ba  ftnb  ti 
einfac[)e.  Wenig  auä  bem  ißügel  ^eröor« 
ragenbe  StadE)eln  »on  nicf)t  fe^r  fiarfem 
ßifen.  S)icfe  Sta(i)elfporen  baucrn  fort 
bis  inö  15.  3«l)vWunbcrt,  Wenn  and)  me^r 
auSna^möWeife ,  benn  bie  SRäberfporen 
Ratten  fte  auä  bem  allgemeinen  ©ebraud^ 
»erbrängt,  ©iefe  würben  mit  jicrlid^cn 
Sorten  über  ben  Sifenfd^u^  gefdjnatlt  ober 
gebunben  unb  waren,  jumal  wenn  tai 
^fcrb  in  einen  Sifcnpanjer  gel)ütlt  war, 
»on  beträd^tlid&er  ßänge  (bis  ein  %\x^). 
3ur  Qiit  bcr  l^lattenrüfiung  würbe  ber 
Sporn  unter  ben  ,5u^fdl)ienen  getragen  unb 
ragte  auS  einer  Spalte  ^er»or. 

3n  bcr  Slütcjcit  beS  JRittertumS  Ratten 
bie  Sporen  wie  ber  ^anbfd^ub  aud^  i^re 
ft)mbolifcf)e  Sebcutung.  S)er  Übcrwunbcnc 
gab  bem  Sieger  nebji  feinem  regten  ^anb? 
fc^u^  aud^  ben  reci)ten  Sporn,  jur  Söcr« 
ft(^erung,  ba^  er  bie  ferfprod^cnen  ©c= 
bingungcn  crfüUen  wolle.  ^ontuS  .Reuter 
erjäl)lt,  ta^  nod)  im  ^a\)x  1382  in  ber 
Dberfirc^e  gu  6,ortrt)dWt  500  ^aar  golbcne 
Sporen  gelegen  pttcn,  bie  man  1302 
ben  granjofen  bei  ©röningen  abgenommen, 
knappen  trugen  l)öd[)|ienS  füberne  Sporen; 
bie  golbenen  jcicfencten  ben  JRittcr  auS. 
Sie  würben  i^m  bei  ©rteitung  bcr  9f?itters 
würbe  non  einem  anbern  SRitter  ober  »on 
einer  S>amc  umgcbunben,  juerji  ber  linfe, 
bann  bcr  redt)tc.  ®ic  2)amc  erteilte  i^m 
babci  bie  ©rmabnung,  ta^  bie  Sporen 
it)m  nic^t  bto«  baju  bienen  folltcn,  bai 
*Pferb  anjutreiben,  fonbern  fte  follcn  ibn 
liauptfäd^lict)  erinnern,  ta^  Sapfcrfeit  unb 
ei)re  bcr  cinjige  Sporn  ju  eblcn  I^atcn 
für  i^n  fein  foUen.  S  a  n  » ÜR  a  r  t  c , 
SBaffcnfunbc. 


634 


©ptic^iDöitet  —  ©tabtbcfcftigung. 


©^Jrit^tDJJrter,  m^b.  ein  altsprochen 
wort,  aldez  wort ,  alter  sprach ,  Sprich- 
wort, altez  Sprichwort,  unb  bergicicfjen, 
ftnb  uralte  ^orm  ber  Sßolfötüeiö^eit,  ur= 
fptüngli^  in  anitcrierenbcr  ©efialt,  bie 
ft(f)  in  »iclen  gällen  erhalten  f)at,  fpäter 
in  ^rofa  ober  mit  (Snbreim;  fd)on  frül) 
gefammelt ,  bilben  jte  unter  anbcrem 
einen  lucfentlic^en  Q3efianbteil  »on  5rei= 
bonf^  i8efd)eiben^eit;  fleinere  ©ammlun* 
gen  jlammen  quo  bem  15.,  umfaffenbere 
a\xi  beml6.3at)rl)unbert.  SDie bebeutenbften 
unter  ben  fetjr  jat)Ireic^en  «Sammlungen 
jtnb:  Sofianncä  2lgricoIa  »on  ©iö^ 
leben,  1492—1566,  juerji  nieberbcutfd) 
1528,  bann  1529  fjo^beutf*  unter 
bem  iitel:  S)ret)t)unbert  ®emet)ncr  6pric^s 
Wörter,  fpäter  auf  750  »erme^rt,  mit 
Qluölegungen  „bie  meifien«  fe^r  neben  bem 
©inne  ^erge^en."  —  ©ebajiiangrand 
Bon  I)onautt)ört^,  etnja  1500 — 1565,  geijis 
üoUcr  in  ber  ?luölegung  ber  ©pric^wörtcr 
unb  reichhaltiger;  feine  ©pric^iüörter  er« 
f^einen  juerfi  1541.  ©öbefe,  (Srunb- 
ri§  I,  §  103,  ^ini^txlt,  bie  bcutf(i)en 
©pridjwörter  im  ÜHittelalter.    2Bien,  1864. 

©<)tU(5-  3n  ber  pfifd)en  2prif  be- 
nennt man  mit  biefen  S^tamen  feit  ©im« 
rocf  im  ®egenfa^  ju  Sieb  unb  Seid)  bie 
cinjeln  jie^enbc,  meifi  größere,  auö 
langen  23erfen  bejiel^enbe,  mand^mal  bem 
®efe^  ber  S)reiteiligfeit  nic^t  unterworfene 
©tropf)c,  bie  mel)r  gefagt  aU  gefungen 
würbe;  wenigfienö  unrb  bei  i^r  nir« 
genbö  muftfalifc^er  Söegleitung  erwälint; 
ber  (Spru(^,  ber  ftc^  erjl  aüma^Iid)  com 
gefungenen  Siebe  löft ,  bient  befonber^ 
potitifci)em,  gnomifdiemunb  fatirif(i)em3n« 
^alt  unb  nimmt  ba^er  um  fo  me^r  ju,  al^ 
bie  l)oc[)gefpannte ,  religiöfe  unb  bem 
^rauenbienjl  gcwibmetc  Smpfinbung  ab^ 
nimmt.  25ic  bebeutenbfienSprüdje  flammen 
Don  2ßaltf)er  »on  ber  SSogcIweibe. 

3n  anbercr  Sebeutung  erf^eint 
©  p  r  u  d^  ale  ^amt  einee  gcfproct)enen 
©ebic^teä  bele{)renben  3nt)alte0,  unter 
Umflänben  eineä  ©ebic^tee  in  [Heimpaaren 
übert)QUpt.  Sol^e  2)icf)tungen  löfcn  fic^ 
langfam  feit  bem  12.  3''l)i^unbert  Don 
ben  epifct)en  Dichtungen  ah;  im  13.  5a^r« 
^unbcrt  am  2lbfd)lu§  ber  Sßlütejeit  ber 
^öfif^en  Dichtung  fielen  bie  brei  be= 
rüi)mten  ®prucf)gebi^tc  ^leibanfö  93  c« 
fct)eibent)eit,  ber  2öelfc^e  ®ap 
be«  3:t)omaftu0  üon  3trflar  unb  ber 
SR  e  n  n  c  r  be«  ^ugo  »on  Srimberg. 
Söon  biefer  3eit  nimmt  mit  ber  21bna^me 
ber  erjä()lenbcn  Dichtungen  biefe  gereimte 


©pruc^weiö^eit  bi«  anö  (Snbc  be«  ÜJiittel« 
altera  fietig  ju ;  ber  SB  i  n  ^  b  e  f  c  unb 
bieSßinöbcfin,  Se^rcn  u.  Ermahnungen 
cineö  abeligen  SBater^  unb  einer  abeligcn 
SWuttcr  an  ®o^n  unb  Doc^ter  entl)altenb, 
gef)ören  noii)  ber  guten  3£it  an.  So  treten 
bann  S^ierfabeln ,  fleine  tt)cltli(f)e  unb 
geifilid)e,  mdrc^enfiafte  unb  aüegorifd^c 
©rjä^lungen  in  biefen  Äreiö;  nad|  einer 
5ßaufe  erfc^eint  am  ®nbe  iti  15.  ^a\)X' 
f)unberts  ©ebajlian  Sranbs  9?  a  r  r  c  n  « 
fc^iff,  mit  feinen  SJiad^al)mungen  (urgl. 
ben  2lrtifel  SR  a  r  r  c  n  t  u  m) ,  biö  enblic^ 
bei^an^  6a^g  aüe«  <Spru(^  ^eift, 
Was  Weber  gefungenes  Sieb  noc^  gefpielte« 
Drama  ift ,  mag  e^  nun  im  befonberen 
ber  (Srjät)Iung ,  ber  ^lUegoric ,  bem  Sob« 
fpruc^,  bem  ©d^wanf,  bem  ®efprac^, 
bem  jraum  :c.  angef)ören.  3n  biefelbc 
Äatcgoric  gct)ören  cnblic^  bie  ja^Ilofe 
SQJenge  »on  Sinjelfprüc^en,  welche  in 
biefen  3<i^i^^un^«ten  ber  Se^r^aftigfeit 
überaQ  angebratit  würben ,  an  Käufern, 
SBrüden  ,  auf  ©d^Wertern,  Jru^en ,  auf 
SBappen,  ®Iaäs,  unb  anberen  ©emdlben, 
®Iäfern,  pumpen  ,  trügen,  Saljgefä^en, 
Öfen ,  K. 

©tob.  Ülbtfiab,  g3if(^oföflab,  Ärumm« 
jiab ,  ftnb  Qlbjei^en  fird^Iicfcer  üümter. 
21ber  aucf)  untergeorbnete  Äird^enbiener 
trugen  i^n,  fo  ber  95orfängcr  ben  .Kantor« 
fiab  unb  ber  Äirt^enbiener  ben  bäton  de 
bedeau.  2luci)  bie  weltlicbc  ^errfc^aft  be« 
bicnte  fic^  neben  bem  ©cepter  bcö  (Stabc^. 
©tabtficfeftigung.  Über  bie  ältefien  ©tabt« 
befcüigungen  in  Deutfc^Ianb  fmb  nur 
wenige  ?iotijen  enthalten,  einjelne  Daten 
fmb:  fürSDiaina  712  unb730;  SRegen«« 
bürg  734;  Äöln  716,  bie  Srücfe  789; 
SBorme  897;  985  wirb  eine  fepe  Surg 
im  3nnern  ber  ©tabt  erwähnt;  ^xant- 
fürt  a.Tt.  jiammt  aus  ber  3eit  Subwig^ 
Deö  gf ommen ;  Strasburg  wirb  'iln« 
fangä  i>ti  8.  3af)r^unbertö  jum  erfien  ÜJJal 
erweitert,  jum  jweitenmal  im  13.  ^ai}Xf 
^unbert;  Slug^burg  l)at  jur  3cit  ber 
Ungarnfd)Iac^t  955  eine  SJiingmauer; 
Stürme  erl)ält  eo  erji  na^  ber  ©d^Iad)t; 
©t.  ®  a  1 1  c  n  wirb  953  befepigt  unb  foH 
13  Sürmebefommen^aben;  ^ilbeö^eim, 
wirb  993  mit  3Wauern  unb  lürmen  Der« 
fc{)cn;  über  bie  Don  ben  fäd^pf^en  Äaifern 
befePigten,  Orte,  jte^e  ben  Qlrtifel  99  u  r  g. 
99aulid)e  Überrcfie  ftnb  öor  bemU.  3a^r« 
^unbert  feine  ert)alten  ;  eö  fd^cint,  ta^  ben 
meinen  ©tobten  eine  mä§ig  bide  unb 
t)ot)e  in  ©tein  erbaute  SHingmauer,  hinter 
einem   breiten,   womöglich    9Baffcrgraben 


Stabtbefefiigung. 


635 


genügte.  2)ie  Sewac^ung  unb  a5ertcibi= 
gung  war  fo  unter  bic  »erfc^iebenen 
Älaffen  ber  Sefto^ner  »erteilt ,  ia'^  bcn 
(ginjelnen  be^immte  ©trecfen  ober  getüiffe 
Sürme  jugcJniefen  rcaren.  ^m  11. 
3a^r^unbert  war  bie  Sebcutung  ber 
©täbte  alö  fejtc  *piä^e  eine  wefentlid^ 
erl)ö^tere ;  ftc  bienten  aU  ©ammelplä^e 
ber  |>eere,  auä)  ber  Äird)en=  unb  SRei^ö« 
»erfammlungen ;  bie  Belagerungen,  t>on 
benen  berichtet  wirb,  Sffiürjburg  1077  unb 
1086,  2tug«burg  1081  unb  1087,  Olegenä» 
bürg  1086,  SDJarburg  1105,  Äöln  1116) 
waren  meiji  »ergeblii^.  Qluc^  a\xi  bem 
12.  Sa^r^unbcrt  ftnb  bie  Überrefic  pbtis 
fdper  Sbefefligungöbauten  noc^  [pärli^ ; 
i^re  Elemente  finb  ©raben,  SRingmauern, 
Sürme  unb  SBor^öfe.  5£)er  2iuffcl)Wung, 
bcn  im  12.  unb  13.  3al)r^unbert  ber 
SBurgcnbau  in  ^Jolge  ber  Äreujjüge  nat)m, 
tarn  halb  auc^  ben  beutfd)en  ®täbten  ju 
gute;  er  ging  ^anb  in  ^anb  mit  bem 
fi^  entwiäelnben  93ürgertum  unb  ben 
3ünften  unb  bie  legieren  bientm  juglei(^ 
olä  militärifc^e  ©lieberungen,  fowol)l  jur 
Sefe^ung,  al^  jur  Untertialtung  unb  ©r» 
neuerung  bcpimmter  Seile  ber  UmWatlung. 
5Da  baute  unb  fcf)mücftc  benn  jcbe  3""ft 
nad)  i|)rem  Sinne,  toai  manche  fcitfame 
Qlnlage  ergab;  auä)  il)re  Stamen  befamen 
gewijjc  Seile  beö  SUJauergürtelä  con  iörcn 
3nnungen,  wie  Säcfert^or ,  Sc^neiber^ 
brüde.  iÖefonbereOlufmerffamfeit  cerwanbte 
man  auf  bie  S^orburg,  baöPropugna- 
culnm,  iai  übrigen^  nicfet  bloß  Der= 
teibigen,  fonbere  auc^  bie  ilJiac^t  unb  hai 
5ln[e^en  ber  ©tabt  repräfentieren  foüte. 

3n  golge  beö  feit  bem  13.  3a|)rt)uns 
bert  junel)menben  5ef)bewefenö  »erfa^  man 
in  üielen  (Segenben  fogar  bie  2)örfer  mit 
einer  Sefeftigung ,  bie  in  ^i^anfen  ^ain* 
graben  ^ie^.  2)iefelbe  bejtanb  auö 
breiten  ®räben,  fiarfen  ß^unen  unb  (Srbs 
aufwürfen,  bie  mit  ^ecfen  bepflanjt  waren, 
glügelt^ore,  weit  genug,  um  einen  ©rnte« 
Wagen  burd^julaffen,  öffneten  fic^  meifi 
nur  jwci  2Bcgen  gegenüber.  SDie  ^aupt^ 
öertctbigung  beö  2)orfeä  lag  im  Äir^  = 
|ofe  mit  ber  Äir^e,  fiel)e  5i^iebl)of. 
9i[t)nU(^e  Söer^ältniffe  traten  bei  einem 
Seile  ber  beutfd)en  «Stäbte  ein,  c^  ftnb  bie 
fogenannten  S)orfftäbte,  bie  für  i^re 
Sefepigungen  lange  Qüt  inxä)  auf  |>olä 
unb  Srbe  angewiefen  blieben;  aud)  wo 
bie  eigentliche  ©tabt  mit  OWauern  einge^ 
fc^loffen  war,  blieben  bie  iBorftabte  meiji 
auf  bie  alte  Sefeftigung  mit  ®raben  unb 
(Pfd^len   angewiefen.     S)ie  (Elemente   ber 


©tabtbefeftigungen  aber  waren  je^t 
bie  meift  neu  angelegten  3!Rauern  in 
einer  $öf)e  non  30—50  unb  einer  jDicfe 
üon  5—7  gu^.  Der  2öel)rgang  lag  an» 
fang^  oben,  fpäter  oft  in  falber  ^öt)c; 
in  ber  ÜRauer  waren  für  bie  5lrmbru|i 
3  %u^  breite  mit  Saben  tierf^licpare 
genjler  ober  freujförmige  ©d)arten,  für 
ben  Sogen  ocrtifaie  unb  für  bie  g^eucr^ 
Waffen  runbe  ©cl)arten  angebrad)t.  3" 
allgemeinem  ®ebraud)e  ijl  aud;  eine  au^en 
t)erumge^enbe ,  auf  Sragfieinen  ru^enbe 
©allerie  mit  burd^brod^enem  J^u^boben, 
üon  wo  auö  man  ftebenbeö  QBaffer,  bren- 
nenbeS  *Ped)  u.  bgl.  tjerabgie^en  fonnte.  — 
I)ie  Sürme  waren  40—70  gug  ^oc^; 
fie  fpringen  biä  jum  beginne  beö  14. 
3a^r^unbert^  in  SDeutfcfelanb  feiten  über 
ben  iDkuerjug  uor;  fpäter  ru^en  fte  ju^ 
weilen  alß  ^albtürme  erferartig  auf  ber 
2Rauer;  erP  im  15.  3a^if)un^fit  werben 
fte  jur  <SeitcnbePreid)ung  beö  3>^i"3£^^ 
über  bie  DJJauer  ^inauägcrüdt.  S)ie  ^orm 
ber  beutfd)en  Sürme  ift  meifi  »ieredig, 
nad)  l)inten  jumeifi  offen;  in  ^ranhei^ 
bie  ^orm  gefc^loffener  (E^linbcr.  Sei  ber 
*}lrmierung  na^m  man  bie  -äpi^bd^er  ab 
unb  fieüte  auf  ben  Plattformen  2Bagarm= 
brüfie,  fpäter  33üd)fen  auf.  —  Sie  S^ore, 
welche  fietö  mit  ber  93rüde  über  bcn 
©raben  unb  bem  jenfeitö  liegenbcn  Srüden* 
fopfe  jufammenget)örigc  Sefei^igungen  bil* 
beten,  crfdjeinen  alö  fclbftänbige  Sßcrtc 
inneii)alb  ber  Umfaffung,  bal)er  mand)mal 
gerabcju  ©urgen  genannt.  Sei  einer  unb 
berfelben  ®tabt  fann  il;rc  'Mnorbnung  fe^r 
mannigfaltig  fein.  Die  St)oröffnungcn 
ftnb,  offenbar  um  bcn  fc^wcrcn  ßanjen* 
reitern  bei  Qluöfäüen  ben  nötigen  (Raum 
ju  bieten,  auffatienb  i)oä)  unb  breit,  weö« 
t)alb  fte  fpäter  wieber^olt  eingebaut  wer^ 
bcn  mußten.  9Sor  bem  Sl)or  war  eine 
Sarbigan  angebracht,  ein  Qlufenwcrf, 
ba^  bic  Qluöfaüpfortc  bedte  unb  ber  Sc* 
fa^ung  gefiattetc,  ftc^  üor  ber  SRingmauer 
gcfc^ü^t  äu  fammcln;  fte  war  üon  ^olj 
ober  (Srbc  ^ergcfieüt,  feltener  ani  Stein, 
unb  mit  3"gl^tüdc,  breitem  ©raben  unb 
äußern  *Pa[li'fabcn  nerfel)cn.  —  2)ic®rää 
ben  waren  anfangt  fel)r  fd)mal  unb  feid^t; 
ju  (Snbc  bcö  14.  3«^rbunbcrtö  unb  ju 
'ilnfang  tiS  15.  wirb  in  Dielen  Stäbten 
ein  jwcitcr  ®raben  angelegt.  2Rit 
bem  jenfcitigcn  ®rabenranbc  waren  bic 
Sl)ore  burd)  S rüden  oetbunben,  bie  nad^ 
au^cn  fo  fiarf  wie  möglich,  nad^  ber  Stabt 
ju  ganj  fc^u^loö  ^ergcfieüt  würben.  2)a3 
Stüd    ber   Srüdc    unmittelbar    cor   bem 


636 


©täbte. 


J^ore  war  jictö  eine  betneglic^e  Sugbrücfe. 
SÜJeift  liefen  bic  Srücfen  fefträg  auf  baö 
Zi)ox  ju;  t^r  aO'iaterial  mar  getttöfinUd) 
^elj;  SrücEen  mit  fieinerncm  Unterbau 
waren  wieber  mit  2;ürmen  befe^t.  3en< 
feitä  beö  ©rabenö  lagen  bie  Sarbigancn, 
welcfie  feit  bem  15.  3a^rf)unbert  gewö^n= 
lief)  iBoltWerfe  ober  Sftajieien  genannt 
werben;  Weiter  ^inauä  3äutie  (?Jaliffaben- 
rei^en)  unb  ©d^ütten  (®rbwaüe),  wclcf)c 
eine  ^rt  gebecften  Sffiegeö  bilbeten. 

OlKgemein  in  guropa  War  bte  iß  er« 
binbung  t>on  SBurg  unb  ©tabt,  feiö 
ta^  ftdf)  an  unb  um  bie  Surg  bie  ©tabt 
angeftebelt,  fei^  ia^  in  bie  fertige  ©tabt 
eine  33urg  gebaut  worbcn  war.  3" 
5Dcutf.^Ianb  iji  ber  etile  ^^aß  namentlich 
in  bcn  preu§ifcf)en  ©tobten  mit  ben  Orbenö^ 
bürgen  eingetreten;  bod)  fommt  biefclbe 
©rf^einung  anä)  in  altern  ©tobten  »or, 
in  SKünjier,  Bamberg,  Seipjig,  ffiürjburg, 
Dlürnberg,  Sanbö^ut,  6icf)jlabt,  Kempten, 
^aüe,  aWei^en.  ßag  bie  99urg  t)ö|)er  aU 
bie  ©tabt,  fo  Bcrbanb  man  Surg  unb 
©tabt  burc^  eine  SKauer,  bte  ben  Serg 
^erablicf  unb  fic^  an  bie  ©tabtmauer 
anf(^Ie§. 

©utc^  hai  Qluftretcn  ber  geuerfd)Iünbe 
War  tai  im  14.  3af)t|)iinbcrt  ^errfd)enbe 
gortififation^s©l)fiem  in  Unorbnung  ge- 
fommen,  unb  bie  93erfu(i^e,  eä  ^eräufieüen, 
geben  ton  ber  ilJiitte  be«  15.  biö  in^  17. 
3a^rf)unbcrt.  SDaä  «Problem  ber  Äriegö» 
baumeifter  ifi  nunmef)r:  SUiöglid^feit  rafan» 
ter  ®efcf)ü^wirfung  bei  iHufrecb^attung 
»oüer  ©icE)erbeit  gegen  Seitererfieigung. 
3n  ^olge  baüon  fam  man  üon  ber 
©itte,  tai  ®efd)ü|  auf  ben  türmen  auf= 
jujietlen,  ah,  fd^üttete  ben  2Öef)rgang  ber 
SDtauer  mit  ©rbe  an  unb  fc^uf  fo  einen 
ffiaügang  hinter  ber  ÜJlauer,  »on  bem  auö 
tai  ©efcftü^  feuern  fonntc;  ba^er  ber 
Stamc  «Schütte,  franj.  rempart,  con 
remparer  =  parer  a  nouveau.  2)a  jeboc^ 
ber  ©turj  ber  gebrocf)enen  SWauer  in  biefem 
%aüt  unbebingt  ben  ber  Srbmaffe  mä)  fxä) 
jog,  wenbete  man  lieber  eine  äußere 
©c^üttung  an  unb  fc^uf  einen  äußern 
fRieberwall,  ben  man  mit  ben  be= 
jiefienben  SÜflauern  unb  Sürmen  »erbinben 
fonnte  unb  ber  bie  Sßeibe^attung  beö 
altern  ©pftemeö  gejiattete.  illu§erf)atb  ber 
2;f)ore  baute  man  jiatt  ber  alten  Sarbi* 
gane  größere  SoHwerfc,  bie  iai  ®efd)ü^ 
aufnahmen  unb  wieberum  mit  ©rdben 
»crfetien  würben,  ©ine  bebeutcnbe  (Rode 
fpielten  nunmcl)r  aud)  breite  unb  tiefe 
(Sröben;   um   biefe   felbji   ju  nerteibigen, 


errichtete  man  an  ben  (äcten  ber  Umwaüung 
im  ®raben  felbfi  auötretenbe@treid^we^rcn. 
2)ie  genannten  neueren  Sauten,  bei 
benen  ber  SrbwaH  eine  grofe  SRoüe  fpielt, 
würben  bloö  al^  ©rgänsungöbauten 
ber  mittelalterlid)en  SBe^rcinric^tungen  ^ers 
gefiellt.  5tnberer  D^atur  ftnb  bic  funba« 
mentalen  JReubauten,  bei  wcld^cn  ber 
ajlauerbau  ju  fü{)ner  Qluägcjialtung  unb 
granbiofen  SDimenflonen  gelangt.  5Die  5lbs 
ft(f)t  babci  ifi,  bie  SDJauer  ber  gefieigerten 
Sfrtinctiewirfung  falber  ju  »erfiärfen  unb 
in  ben  untern  ®ef(^offen  ber  SBerfe  $ot)l* 
räume  ju  gewinnen,  bie  bem  bort  auf* 
gefieüten  ®efcbü^  einen  rafanten  ©c^u§ 
fieberten.  2)ie  SßerPärfung  ber  SD^auer 
gef(ftab  burd^  in  bie  2Rauer  eingefül)rte 
(Sntlafiungöbogen,  burc^  ©trebepfeilet  nac^ 
3nnen  unb  burc^  au^erorbentUd^e  ©tärfen. 
^ol)lräume  würben  gewölbt;  ältere 
ffl^aueröffnungen  würben  nad)  »erfd^iebenen 
aJJetfioben  ju  ®efd)ü|fd)arten  umge* 
wanbelt.  S)ie  Sürme  würben  niebriger 
unb  mit  größerem  ©urdbmeffer  angelegt, 
auc^  melr  nad)  9lu§en  ßorgef(f)oben  unb 
bie  2a\)l  ber  ©Charten  »erme^rt.  S)ic 
Sßatterie  I)inter  ben  Binn^"  würbe  ge« 
blenbet  unb  bann  unmittelbar  an  ben 
JRanb  ber  Slurmplattform  »orgerüdt. 
9?amentlic^  bic  Qlnlagc  unb  ©inridjtung 
ber  93afieien  waren  ein  ®egenftanb  un* 
abläfftger  S3erfud)c  für  alle  europäifd^en 
aSölfer;  im  Qlügemcinen  Ratten  um  i>ai 
3abr  1500  bic  SJieucrungen  im  93efcfiigung«s 
wefen  nod^  »orwiegenb  lofalen  Sl)aratter 
unb  eigentlid^c  iWilitär*3"96"i«ure  gab 
eä  noc^  nid)t. 

eine  allgemein  anerfannte  Sefeftigungö* 
funji  entwidelte  fid)  juerji  auf  bem  Soben 
ber  italienifdien  JRcnaiffance;  i^icr  cnt* 
fianb  bie  balb  überall  angenommene  5llt« 
italienifd)eS3efefiigung«weife  ober 
bie  bafiionierte  Sefejiigung,  bie 
man  angcmeffener  ^Jortififation  mit 
93aftionen  ober  ^olpgonalbefefii* 
gung  beiden  foKte.  ^laä)  5ä^nö,  ®e* 
fd)id^tc  beö  .Rriegdwefen, 

©tobte.  SDa«  got.  äffiort  ber  staths  be» 
beutet  blo§  ©tätte,  ©teile,  iRaum,  ®egenb; 
bie  Sebeuiung  ber  ©tabt  wirb  im  ®otifd^en 
burc^  bonrgs  auögebrüdt;  erjt  im  Qlltbb.  be» 
ginnt  ftd)  für  iai  SBort  bie  stat  bie  Sebeu* 
tung  Drtfd)aft  ju  entwideln,  biö  im  Tlf)t). 
stat  neben  ber  alten*  SBebeutung  biejenige 
einer  über  anbere  im  SRange  gejtellten  Drtfc^aft 
^at.  Urfprünglid)  fennen  bie  S)eutf<^cn  feine 
©d^eibung  ber  t>erfd)iebcncn  Sffio^nfi^e; 
voai  in  ben  eroberten  f]8ro»injen  »on  römi« 


©täbte. 


637 


feigen  unb  gaflif(^en  ©tobten  bem  frän* 
fifd^cm  (Sebiete  einocrteibt  würbe,  würbe 
nic^t  anberö  aU  bie  öcimifd^en  SJörfcr  be* 
^anbclt;  boc^  erlangten  manche  jtärfer  bc 
cölferte  Drtfc^aften  immerhin  eine  erf)öf)te 
aSic^tigfeit  aH  33ifc^of«rt^,  iölittelpunft 
eineä  ®aue^,  2Bol)nft^  eineä  ®rafen,  aU 
fefier  $la^,  wo  Ocwerbe  unb  ^anbet  3"' 
flu(^t  fanben,  aU  ®i^e  Don  Älöfiern, 
^faljcn  ber  Könige  unb  J^ürficn,  als  Drte, 
beren  günftige  35cr^ältnif[e  einen  Iebt)afä 
teten  23crfe^r  beförberten.  ®ö  ifl  betannt, 
ia'^  |)einric^  I.  Älöfier  unb  anbcre  größere 
Söo^nplä^c  mit  SDtaucrn  unb  ©raben  um« 
jiel)en  unb  mit  regelmäßiger  Sefa^ung 
Derfe^cn  tie§  (ngl.  ben  5lrtifcl  Surg). 
3cber  befefiigtc  Drt,  aber  auc^  jebc  größere 
jufammentiängenbe  Drtfdjaft  l)ieß  Surg. 
Sntfc^eibenb  für  bie  Sntfietiung  einer  Stabt 
mar  aber  nic^t  bie  Ummauerung,  bie  man 
auc^  bei  Surgen  unb  Ätöjlcrn  ^nbet,  aud) 
nic^t  hai  23orf;anben[cin  einer  febjlänbigen 
®emeinbencrmattung;  fonbern  bie  33erlei= 
t)ungbeö9!Jiarftrec^teö  nifob  eineSJiieber* 
laffung  jur  ©tabt  unb  bot  für  bie  ^olge« 
seit  bie  ©runbtagc,  auf  ber  fid)  jläbtifc^e« 
2öefen  im  ©inn  beö  HWittclalterS  auö= 
bitbetc.  Qlnlaß  aber  ju  gefteigertem  ÜJiarft* 
r)tih])x  bot  bcfonberö  ber  Sefuc^  »on 
^ird)en;  I)ier  fauftc  man  ein,  maö  frembe 
^dnbler  ober  bie  ^anbmerfer  beö  Drteö 
barbradjtcn,  unb  bot  bagegen  ben  (Ertrag 
ber  eigenen  2Birtfc^aft.  äJlit  bem  TlaxiU 
rechte  mar  für  bie  SBcfu^er  beö  SUJarfteö 
fomo^I  alö  für  bie  gefamte  jidbtifcfie 
@inmo[)nerfc^aft  ein  befonberer  föniglidt)er 
g rieben  oerbunben  (oergl.  ben  5lrtifel 
triebe),  auf  beffcn  iBerle^ung  bie 
©träfe  bcö  Äönigöbanneö  jlanb;  er  bejog 
M  jundd^ft  auf  bie,  »eld^c  ben  SKarJt 
befu4)ten,  fomo^t  auf  biefem  felbfi  alä  auf 
bem  ^in=  unb  Stücfincge.  ^tii)tn  bcö 
Äönigöfriebenö  mar  ta^  auf  bem  ^axtU 
pla^e  errid)tcte  Äreuj.  Merkatus  unb  forum 
finb  anfänglich  gleid)bebeutenb  mit  oppi- 
dum  unb  civitas.  ^ür  bie  SWarft^errn 
lag  in  ber  SBerlei^ung  beö  SWarfteö  ta^ 
«Prioileg  jur  (Srt)ebung  »on  SoH*  ober 
Slarftgelbern,  für  bie  jldbtif(^e  ©emeinbe 
aber  mar  üielfa^  f(i)on  mit  ber  Sßerlei^ung 
beö  5)?arEte0  bie  Immunität  nerbunben, 
b.  l).  bie  Soälöfung  oon  ber  grdf(i(J)en  unb 
bie  Sluffieüung  einer  eigenen  ©eric^töbars 
feit  über  aüeSac^en,  bie  fxd^  auf  SBerle^ung 
bcrfelben  belogen,  über  aüe  *|Jerfonen,  bie 
an  bem  Drte  mobntcn.  S)ie  iBerleibung 
beö  SWarfttec^teö  ging  urfprünglid)  nur 
r>om  Könige  ouö.    93on  it)m  erl)ielten  cö. 


jiet«  nur  für  einen  beftimmten  Drt,  bie 
Söifc&öfe,  jundd^fi  für  t^re  ^aupfidbte, 
bann  mo^l  auc^  für  einjetne  anbere  9tiebct» 
taffungen;  cbenfo  erlangten  eö  einjelnc 
®rafen  unb  Älöfier  für  i^re  ©i^e.  Dft 
mürbe  bd  ber  SBerlei^ung  beä  SDlarftredbtg 
auf  ia^  Sorbilb  anberer  ÜJldrfte  SRücfftc^t 
genommen,  im  ©üben  auf SRegenöbutg, 
ätugöburg,  Äonjlanj,  Sa  fei  unb 
3üricf);  in  granfen  auf  a33ürjburg 
unb  Sambcrg;  am  [R^ein  aufSBorm«, 
9(Rainj  unbÄöIn;  weiter  im  SBefien  auf 
2;rier  unb  (Jambrai;  im  nörblic^cn 
SDeutfc^Ianb  auf  2)ortmunb,  ©oölat 
unb  iUlagbcburg.  ©o  bilbetc  fi^  eine 
gewiffe  gleicfimdßige  Drbnung,  ein  9ted)t 
ber  Äaufteute  unb  be«  üJiarfte«.  2)ie  be» 
Willigten  ÜJJdrftc  finb  entmeber  ^ai)Xi 
mdrfte,  bie  o^ne  3>''^6ifßt  "lit  bem  %t^t 
bcö  Äirc^ent)eiligen  jufammenfielen,  ober 
au(^  aSodienmdrfte;  bie  3«itt'iuer  be^ 
3a^rmarfteö  we<^felt  con  jmei  biä  ju  ac^t 
Sagen,  am  t)dufigfien  ftnb  eä  brei;  aud^ 
metircre  3}JdrEtc  werben  in  einem  3at)r  ge* 
jtattet.  SOd^renb  anfänglich  bloö  ber  Äönig 
33larftrec^t  oerliet) ,  erri(i)tetcn  fpdter,  an= 
fangö  menigfienö  mit  ®enct)migung  beö 
Äönigö,  geiftli(i)C  unb  melttid)e  ®roße  ifircr» 
feitö  DtRdrfte.  3)ie  (5rrid)tung  einei^  iDiarEte« 
unb  ber  babur(^  bebingte  iftuffc^wung  con 
^anbel  unb  23erfe^r  gaben  Qlnlaf,  ben 
8ewof)nern  ber  ©tabt  ober  fpejieß  ben 
Äaufteuten  noc^  mancherlei  anbere  25er= 
günftigungen  juEommen  ju  laffen:  25er= 
l;dngung  ftrenger  ©trafen  wegen  ©e« 
brauet)  »on  SBaffen  innerhalb  ber  ©tabt, 
Sejiimmungcn  über  SWarftbiebfia^I,  33er« 
günfiigung  betrep  Erwerbung  oon  ®runb« 
eigentum  be^uf^  ftdbtifcE)cr  SBo^njldtten, 
(Srlaubniö,  5tngeprige  anberer  ^errfd)aften 
bei  fid^  aufjune^men,  ^reitieit  oon  3ölien, 
bie  grei^eit,  fein  Söogtgcric^t  außerhalb 
ber  ©tabt  ju  befucf)en. 

fflaö  bie  Seamten  ber  ©tabt  in  ber 
erficn  3"t  betrifft,  fo  fmb  biefelben  burct)« 
au«  au«i  ben  ditereu  3lei^öbeamten  ^cr« 
oorgegangen;  bie  grdf(ict)e  ober  ®au5®c* 
ricfetöbarfeit  ^at  ein  Surggraf  (ngl.  ben 
befonbern  5lrtifel)  ober  ein  bifd)  öf  lic^  er 
mit  grdflid)er  ®ewalt  au^gerüfteter  iBogt. 
2)er  Surggraf  fc^eint  urfprünglic^  ni(^t« 
anberö  aU  ein  auf  bie  ©tabt  bcfdjrdnfter 
®rafgewefen  ju  fein;  wo  ber  33ifcf)of  mit 
ber  ^dt  bie  grdf[ic£)en  Dfled^te  an  feine 
Äir(^e  brad)te,  tritt  bafür  ein  mit  9rdf[id)en 
SRed)tcn  ausSgefiatteter  »om  ©tfcfiof  ernannter 
Sogt  ein,  ber  aber  wie  bie  ddjten  ®rafen 
ben  oornelimfien  ®efd)Iect)tern  be3  ßanbeä 
41 


638 


©täbte. 


entnommen  unb  bifdjöfli^er  ße^nämann 
ifi.  Unter  bem  Sutggrafen  ober  Sogt 
jie^t  bcr  aSertretei  bc^  alten  Sentenar«, 
ber  @c^ult^ei§  (fte^e  bicfen  5tttifel); 
et  iji  ber  ©yefutor  bc^  ®rafen,  unb 
Berhjaltct  jugleid^  bie  Sr^ebung  ber  3'"= 
fen  unb  ©infünfte  auö  ben  bifi^öfli^en 
©ütern ;  a\xä)  er  iji  njie  meifi  ber  SSogt 
auä  ben  !Ktnij!eriaIen  beö  ©ifc^ofö  I)er»or« 
gegangen  unb  oft  |at  [xi)  mit  feinem  2lmt 
baöjenige  beäOJieierö  oerbunben.  Sifc^öf» 
Iic£)e  ©eamtungen  untergeorbneter  5ttt  ftnb 
ber  3önncr  unb  ber  ÜJiünjmeifier. 
2)er  Surggraf  ober  Sogt  fianb  auc^  »ie 
»on  alters^er  an  ber  ©pi^e  beö  ^cetbannö; 
bie  6intt)of)ner  unb  bie  ber  Umgegenb 
mußten  nac^  alter  SBeife  jum  Unterfialt 
ber  aWauern  unb  Jürmc  mitf)clfen,  Waä)U 
unb  aSartbienfie  t^un;  oiele  ©tabter  mürben 
Wxä)  fortgefe^te  friegcrifc^e  ßebenöart 
n)ir!Iicf)e  Otitteröleute;  überhaupt  fo  ber 
(Srunb  ju  ber  fpäter  fo  bebeutenben  Äriegö^ 
ma($t  ber  ©täbte  gelegt. 

S)ie  (Sinwo^nerfc^aft  bcfianb  auö 
freien,  ^  albfreien  3inöleuten  unb  Äne(f)ten. 
3ene,  bie  ^tcicn,  bilbeten  i^rer  auöf(^lie^= 
li^en  ®(i)öffenbarfeit  ftegen  einen  engern 
Äreiö,  bie  cives  ober  burgenses;  fie  bc 
fc^dftigten  Jtd)  mit  ^anbcl  unb  p^etn  ®e= 
»erben  unb  maren  meifi  aud^  auf  bem 
ßanbe  begütert;  bie  milites  bilbeten  bie 
böc^fie  Älaffe  berfelben ;  auc^  freie  ^anb= 
Werfer  trifft  man  in  ben  ©tobten.  ®ine 
jweitc  ©inwo^nerflaffe  waren  bie  SDßelt» 
unb  Drbenögeijilic^Ecit  unb  bie  bifc^öflic^en 
SWiniPcriaten ,  in  beren  ^anben  bo^  9le* 
giment  rut)te  unb  wclct)e  aIlmä§U(^  ben 
freien  rittermä§igen  ©cfc^Ie^tern  gleich 
würben;  bie  t)albfreien  S'^^^^ut«  ^^^ 
Stiftet  unb  bie  prigen  Äne(^te  beö  ©tifted 
fowo()I  wie  anberer  in  ber  ©tabt  befinb* 
liefen  geifilid)en  5tnjialten  trieben  ^anbs 
werfe,  5tcfer=,  ©artenbau  unb  bgl. ;  fie 
ftanben  unter  ^ofred^t  unb  waren  ben  ge= 
wö^nlictjen  ßajien  biefer  ©tdnbe  unter* 
werfen,  2Bic  aber  ber  ältere  freie  unb  ber 
jüngere  unfreie  Qlbcl  mit  ber  3^it  jum 
3tittetfianbc,  unb  bie  freien,  Ijatbfreien  unb 
unfreien  Scwo^ner  beä  fianbeö  mit  ber 
3eit  jum  ein^eitlicl)en  93aucrnPonb  ju* 
fammen  Wucf)fen ,  fo  würben  bie  »er* 
f(^iebenen  ©inwo^nertlaffen  ber  ©tobte 
mit  ber  3«it  Söürgcr,  unb  bie  frü()ern 
Unterfc^iebe  oetmifc^ten  jtd^. 

©ie  Seijiet)ung  ber  päbtifd^en  Sin- 
wobnerf^aft  jum  iRcgimcnt  fnüpft  fid^ 
an  bie  SBeift^er  bed  iBogtgeric^t^,  bie 
@d^ offen,   Weld)e    aümä^li^   ju   einem 


jiäbtif(^en  IRatöfoUegium  würben,  oft 
fo,  ba§  ebenbiefelben  !DJänner  unter  Sor« 
fi^  bed  93ogteä  ju  ©eri^t  fa§en,  unter 
SSorfi^  bed  Sürgermcifierö,  ben  fte  mit  ber 
3eit  [xä)  erworben  f)atten,  alä  fiäbtifd^cÄ 
SRatöfoHegium  fungierten.  3ut  SBa^rung 
ber  gemeinfc^oftUd^en  ^ntercffen  entfianben 
nun  in  ben  ©tobten  engere  23erbinbungen, 
welche  eö  mit  ber  Qtit  bat)in  brachten» 
neben  ben  ©(^öffcn  noc^  anbere  iülünncr 
in  ben  SRat  ju  wäblen,  bie  balb  SJtat* 
mannen,  balb  Äonfuln  u.  f.  w.  Ijie^en. 
5n  i'anbern  ©täbten  jog  bie  ©efetlfd^aft 
ber  ÜJJünjer  ober  ^auögenoffen  unter  bem 
Sütünjmeijier  bie  Sefe^ung  beö  IRatcä  an 
fxi).  Iro^  ber  Verbote  ber  Äaifer  bilbeten 
jicf)  nad^  ben  ©ewcrben  Fraternitäten,  bie 
ifjre  iKeifier  felbfi  wät)Iten;  bod^  blieb 
jwif($en  it)nen  unb  ben  alten  ratäfä^igcn 
®efct)Ic(^tern  ein  fct)arfer  Unterf(^ieb. 

ÜJJanunterfcfteibet  ©täbtebcö  iReic^g 
unb  ©tdbte  ber  ?5ür)len;  jene  Werben 
unmittelbar  burcf)  töniglid)e  Söcamten  »et* 
Waltet,   in  biefen  übt  ber  Sanbeä^err  bie 
öffentliche  ©ewalt  auä.    3"  ^^^  ©täbten 
beä  SReid^ö   ober  Äönigöfiäbten ,  civitates 
regiae,  imperiales,  Werben  aber  ununter* 
fc^ieben  gejault  fowoljl  bie  (Pfaljfiäbte 
alö  bie© täbte ber  gcijilid^en  dürften, 
bie  legieren  barum,  weil  ber  SBurggraf  ober 
35ogt  ^ier  mit  bem  Slutbann  »om  Äönig 
belehnt  wirb  unb  fo  ben  d^arafter  eineö 
Eöniglic^en  93eamtcn  erl)ält.  @eit  Äarlö  IV. 
(1346—1378)  3eit   bereitet  ftd^  aber  eine 
Qtnberung  cor,   beren  SRefultat  bie  21u8s 
f^eibung  oon  ^rciftäbten  auö  ben  SReid^äs 
fiäbten  ift.    greifiäbte  fmb  feitbcm  bie* 
jenigen  ©täbte,  weld)e  ber  lanbeei^errli(^en 
aSogtei  entwacbfen,  bennod)  a6ernid)tinba« 
enge  *PPicf)tDer^ältniä  jum  Uleid^  jurüdtge* 
treten  fmb,  in  Welct)en  bie  fjöfalj*,  nunme()r 
SReidt)öfiäbte   jianben,   fd^wören   fie   jwar 
ibren  alten  |>errn  ben  Sib  blo^  no*  pro 
forma,  nid^t  aU  ^ulbigung«*  unb  Ireu* 
eib    ber   Untertanen    gegen    ben    JürPen, 
fonbern  ali  Sunbeöeib  beö  ®leidt)fiel)enben 
gegen  ben  ^'einb,  fo  f(^wören  fte  benfelben 
ebenfowenig  bem  Äönig  alö  i^rem  ^errn; 
bem   ßanbcs^errn    gegenüber   crflären   fte 
unter   bem  Dteic^  ju  fietien,    bem  Äönig 
gegenüber  berufen  fte  fii^  barauf,  ba^  er 
fxä)  felbfi  feineei  iRec^tö  über  fte  entäußert 
^abe;  baburd^   erbielten   fte  beim  ©rwerb 
ber  öffcntlid^en  ©ewalt  freiere  ^anb,  i^r 
Ser^ältniö  jum  SReid^   in  einem  il)r  ju* 
fagenben  ©inne    ju  orbnen.     ©er  Ärei^ 
ber  ^reifiäbte  War  aber  ni^t  offijietl  be* 
fiimmt   unb   abgefc^loffen ;    unzweifelhaft 


©tdbte. 


63Ö 


ali  fol(^e  galten  blo«  bic  jtebcn  alten 
i8if(I)of«Häbte  Äöln,  SDlainj,  SBormä, 
@lpeier,  ©trapurg,  SBafel  unb 
(Rcgcngburg;  bei  Stier  ftie§  ber 
©ebrau^  beö  Sitelö  auf  SBibcrfpruc^, 
nodö  me^r  bei  Sraunfd^mcig  unb  ^reiburg 
i/93r.  3ene  ftcben  alten  Sßifc^ofäjlabte 
aber  füt)ren  big  in  bie  jTOeite  ^ätftc  beö 
15.  3af)r{)unbertö  ben  Don  ber  Eaifertic^cn 
Äanjtei  anerfannten  S^Jamen  ^reifiabt  unb 
bejänicren  biefen  jletö  bat)in:  1.  gegen^ 
über  bem  Sifc^of,  »eil  jte  i|)m  aU  ßanb« 
jiabt  nicf)t  gctjörcn;  2.  gegenüber  bem 
Äönig,  Weit  fte  »on  ber  5Rciä)öpeucr  unb 
bem  SRei^öbienjie  ber  iReid)öjiabtc  frei 
feien  unb  nur  ücrpflicf)tet  jum  SDienji  über 
93erg  (jur  Äaifetfrönung)  unb  jum  Ärieg 
»ibet  bie  Ungläubigen.  S)ie  übrigen  bifd)öfs 
lid^en  ©tabte,  atfo  bie  gro§e  SlHebräal)!, 
ttjurben  nid)t  ^^reifiabte,  fonbern  fte  rcurbcn 
entweber  jubifct)öfli(i)cnfianbftäbten 
ober,  üom  Äönig  mieber  an  1>ai  SReic^  gc= 
sogen,  ju  9fteid)äfidbten,  ä.  28.  5lugä* 
bürg  unb  Äonjianj.  5lucE)  bic  5tbtei* 
ftäbte  rt)urben  teilä  ber  8anbeö^of)eit  ber 
Sibte  unterworfen,  tcilö,  mie3üiiä;,  »iebet 
an  t>aii  !Rcic^  gebogen;  auc^  einige  urfprüngs 
lic^  ber  8anbeöi)o£)eit  »on  gürjlcn  untere 
tt)orfene  ©täbte,  tt)ie  Sübecf  unb  Hamburg, 
finb  im  ßaufe  ber  ^tit  bem  SReicf)e  njieber 
gewonnen  worben.  ©0  ergiebt  ft(^  nun 
für  bie  ^J^itte  tti  15.  Sfl^'^fjunbertö  ber 
Unterfcf)ieb  »on  ^i^^^päbtcn,  iRei4)g  = 
ftdbtcn  unb  öanbftäbten,  jugleic^  aber 
ba^nt  ftc^  jc^t  eine  25ermifd)ung  ber 
5rei=  unb  iRcic^öjiabte  an.  2>ie  ^^rei« 
jfäbte  nämlid),  bie  auc^  auf  ben  Cteic^ö= 
tagen  erf(^ienen,  voo  fte  mit  ben  SRcid)^^ 
fidbtcn  bie  ©täbtebanf  teilten,  nabertcn 
fic^  mel)r  unb  nief)r  ben  SReic^öftäbten, 
nahmen  etwa  auc^  biefen  Sitcl  an,  wd^renb 
umgefebrt  SReid^äfidbte  fic^  beä  Sitelö  %xt\' 
jiäbte  bebienten;  f^tieilid)  nannten  fxä) 
bie  greifiäbte  freie  Steicfeöftäbte.  -^s 
^ur^  jg)anbcl  unb  SReid^tum  l)ob  [\i) 
bie  2)lad)t  ber  ©tdbte  me^r  unb  me^r; 
unfreie  ßeute  nom  ßanbe,  »cl(^c  in  ben 
©tobten  3"P"§  ^"^  Sefc^äftigung  fanben, 
unb  nad)  3ol)r  unb  Sag  öon  ber  ßeibs 
eigenf(^aft  frei  mürben,  t)ermct)rten  bie 
58coöIferung :  nod)  mel)r  bie5tuöbürger 
ober  Pfahlbürger,  b.  l).  ^errn,  SRittcr, 
Prälaten,  Älöfier  unb  gemeine  i^xm,  bie 
auf  bem  ßanbc  mol)n&aft,  toä)  in  iia^ 
Sürgcrred)t  ber  ©tabt  traten;  jte  ecr« 
pfLid^teten  fi^,  ber  ©tabt  burc^  33eif)ilfe  in 
ibren  gct)ben ,  burc^  Beherbergung  it)rer 
58oten  unb  bgl.  beiäufie^en,  unb  waren  bafür 


be«  ©dbu^e^  ber  ©tabt,  bcö  ©eric^täftan* 
bcg  in  betfelben,  be^  freien  5lbfa^e0  it)rer 
©rjeugniffe  teilt)aftig.  ©c^lie^lic^  gingen 
einjelne  mädjtigcre  ©tdbte  jur  Erwerbung 
eigentlicf)cr  Üntertanengebiete  über,  beren 
SOJittel  meijl  bie  23erpfdnbung  fo(d)er  ©e* 
biete  t)on  ©eite  gelbbebütftiger  2)i)naPen 
War;  ben  meiüen  ©rfolg  i)atten  in  biefet 
(Riditung  bic  f(i)Wcijcrifcf)cn  3Fleid)öftdbte 
Sern  unb  Sürid).  ©0  erwarben  [xi)  bie 
©tdbte  mit  ber  3eit  aud)  bie  oerfcf)iebenen 
^obcit«re(i)tc,  mit  tai  3oü=  unb  DUlünj* 
red)t,  enblic^  aud)  bie  ®erid)t'gbarfeit,  bie 
23ogtei  unb  tai  @c^ultt)ei§cnamt,  fei  eg 
unmittelbar,  fei  c^  au^  ber  ^anb  eine« 
2tnbcrn,  an  weld)en  biefelben  bereite  »er* 
du^ett  ober  Dcrpfdnbet  wotben  waren; 
wo  tai  gcf^af),  würbe  bie  ©cridjt^barfeit 
burc^  einen  jldbtifdien  Sogt  ober  ©*ult* 
^ei§  ausgeübt.  S3on  großem  ©influffe 
würben  bie  feit  bem  13. 3at)tf)unbcrt  auf» 
trctenben  ©tdbtebünbniffe;  ba^ienige, 
au«  welchem  feit  1241  ber  ^anfabunb 
bcroorqegangen,  umfaßte  an  80  ©tdbte; 
über  60  ©tdbte  am  5if)ein  traten  bem 
23unbc  bei,  ber  1254  einen  großen  ßanb= 
frieben  ertid)tete.  Son  bleibenbcr  93e* 
beutung  für  bic  5(ueibilbung  ber  ©taatäs 
gcwalt  war  bloö  bie  ©ibgenoffenfcfiaft  ber 
fd)Weijcrifd)en  ©tdbte,  welche  außer  ben 
©tdbten  Idnblid)e  Setritorien  ober  fo« 
genannte  ßdnber  umfaßte. 

Tlit  ber  junebmenben  Sebeutung  bet 
©tdbte  entwidelte  ftd)  bie  SB  crfaffung.  5tn 
ber  ©pi^e  jtanben  meij^  jwei  crwdf)lte  93ür= 
gcrmeifter,  beren  einer  urfprüngti^  bem  SRat 
aU  ©eric^t,  ber  anbere  bem  9Rat  aU  ber 
Dbtigfeit  üorjianb,  unb  ber  9flat  felbcr,  wel* 
c^cr  auö  ben  ©d^öffcn  unb  ben  SRatmannen 
befianb,  wo  beibe  jufammen  potfamen. 
Um  bic  mai)t  beö  SRate«  ju  md^igen, 
würbe  oft  feit  bem  12.  Ja^r^unbert  bem 
f leinen  ober  engeren  SRat  ein  großer  SRat 
obgeorbnet,  an  anbern  Drten  würben  bie 
©d)öffen  gdnjiid)  auä  bem  JRate  Pcrbrangt 
unb  bic  obrigfeitlid)cn  gunftionen  ben 
Statmannen  allein  übertragen,  fo  jwar, 
i>a^  manchmal  in  wii^tigen  gdCen  ber 
SRat  beö  ?tiorigen,  in  nod)  wid^tigcrn 
aud)  bcrjcnigc  beö  ooroorigen  ^al^ui  ju» 
gcjogen  würbe.  ®ie  Scbingungcn  bei 
2Bdt)lbarfeit,  bie  5lmtäbauer  unb  bie  Qlrt 
ber  Erneuerung  ftnb  überall  nerfc^ieben. 
©eit  bem  12.  3abrl)unbert  erwarben  ftcö, 
oft  butc^  blutige  Ädmpfc,  bie^anbw  erfet 
5lnteil  am  ^Regiment,  woburc^  oft  eine 
ganj  neue  Söerfaffung  nötig  würbe.  3" 
Äöln  erlangten  1370  bie  ^anbwerfer  ju- 
41* 


640 


©tabtte^te. 


näc^fi  nur,  bag  neben  bem  engen  5lat 
»on  50  aui  ben  ©efd^Icd^tern  ein  rociterer 
SRot  »on  50  auä  ben  ^anbrtJerfetn  ange= 
orbnet  hjurbe;  ctfi  1396  würbe  bic  ganje 
SSürgerfcbaft  in  22  3ünftc  unter  ben 
Dtamcn  «Ümter  unb  Raffeln  eingeteilt, 
TOobon  5  ebte  ®efd)le(^tcr  enthielten;  iai 
©d)üffengerid)t  würbe  oom  engern  3iate 
getrennt  unb  jlatt  beiber  SRdte  ein  neuer 
»on  49  ÜJJitglicbern  eingcfc^t,  bercn  36 
bon  ben  Jg^afcln,  bie  übrigen  13  üon  ben 
36  gert)äl)lt  würben;  für  befonber^  wid^« 
tige  Scrbanblungen  War  bejlimmt,  ia^  bie 
©ac^e  Dörfer  ben  22  ^Imtcrn  unb  Raffeln 
funbget^an  unb  auö  jeber  jwci  SDlitglieber 
aBgcorbnet  würben,  welcf)e  gemeinfc^aftlic^ 
mit  bem  SRate  berieten;  anberä  war  ber 
5luögang  ber  3unft*^^ifi^^n  ^n  anbcren 
©tobten,  ügl.  ben  «Mrtifcl  3unf triefen. 
Um  ein  ricf)tigeä  33ilb  unb  aotaaß  üon 
ber  Scbeutung  ber  ©tabte  für  bie  brei  legten 
Sa^r^unberte  bc«  SWittelalter^  ju  erhalten, 
gälte  cö,  ben  ®inf[u§  ber  ©täbte  auf  bic 
t)crfd)iebenßen  ßweifle  ^^^  Äulturlebenö 
unb  umgcfe^rt  aüfeitig  inö  5luge  ju  faffen ; 
ftnb  in  ber  farolingifd^en  3fit  bie  ©tifter 
unb  Älöfier  neben  ben  föniglid^en  ^faljen 
bie  36"tren  ber  Sßilbung,  unb  werben 
biefc  feit  bem  11.  S^^i^^un^^i^t  *""^  ^f" 
ja^lrei(f)en  ^öfen  ber  (Ebeln  barin  abgelöji, 
fo  ftnb  cö  jc^t  bie  ©täbte ,  auf  weld^c 
nid^t  bloä  bie  Hauptaufgaben  jener  älteren 
Äulturpcrioben  übergefien,  fonbcrn  auf 
Weld)en,  immerhin  neben  anbcren  Snjtis 
tuten,  bic  [xiS)  bod)  meijt  wiebcr  an  bic 
©täbtc  anfc^licBen,  bie  neuen  5lufgaben 
be«  Äulturlcbenö  liegen:  ©ro^^anbel  unb 
Älein^anbel,  iSinnen«  unb  5lu§cn^anbcl, 
©c^ifffaf)rt  unb  Ärieg«funji,  Hfünj^  unb 
93anfwefcn,  Jubentum,  ©auwefcn,  öffent« 
Iicf)e  ®cfunbl)eit0pflegc,  5lrmcn=unbÄranfcn 
wefen,  ®cnoffcnfcf)aftöwefcn  aller  5lrt, 
Srüberfdjaften ,  ^löfter,  namentlicE)  ber 
Jßcttelorben,  Hanbwerf=  unb  iDtarftwefcn, 
toai  jur  Belebung  ber  ©efcüigteit  gct)örtc, 
©pielc,  ©c^ü^enwcfen  unb  ©c^ü^cnfcfte, 
^ccfctfcijulen  ,  |ioc^jcitcn ,  STifd^orbnungen, 
jläbtifcbc  Zia^U  unb  ^Iciberorbnungen, 
3unftfcjtc  unb  3unftgelase-  93Jcifterfd)ulen 
unb  ÜKcijtcrfänger,  Sl'Jpfiericn  nnb  gafi^ 
nac^tfpielc,  öffentli^e  Unjuc^t,  ©i)ulwefcn, 
Unioerfttäten ,  Sßibliotfjcfwcfen,  ®t\i)\ä)t' 
f(f)reibung,  tai  Äunfi[)anbwerf  nad^  feinen 
öerfd)ieben{ien  ©eiten,  Qlrc^itcftur,  9}talcrei, 
^oläfd^nitt,  »ud)brucfertun|t :  5iacö  bie« 
unb  nod)  t»iet  5lnbere«  Ijat  fid)  crji  cnt= 
Wicfcln  fönncn,,  alö  ber  bürgerlidjc  ®ei11 
in  unabläfftgcm  Dringen  nad)  innerer  unb 


äußerer  ^rei^eit  unb  ©clbfiänbtgfcit  tn 
©toat,  ®cfcüf^aft,  Äunfi,  Silbung,  ®e* 
Werbe  ben  SSoben  baju  bedeute.  2)iefe 
allgemeine  ©ebeutung  bc3  ©täbtcwcfcn« 
beliebt  biö  ^eute,  wa^renb  freilid^  bie 
Qluöbilbung  ober  el;er  bic  Sr^altung  freier 
®emcinbeöerfaffungeit  weniger  lebcnähäfti^ 
gewefen  ifi;  bie  äJic^rja^l  ber  beutfd^cn 
©täbtc  hielten  in  ber  5luöbilbung  i^rer  re« 
publiEanifd)cn  23erfaffung  unb  ©elbjiänbigs 
feit  ber  5luöbilbung  ber  lanbcö^crrlicö« 
monarc^ifc^cn  SBcrfaJtung  ni^t  ©tanb,  fo 
baf  eä  in  neuerer  3eit  oft  fc^wcr  ^iclt,  bic 
fa^  erworbenen  Äcime  bc^  e^emalg  fo 
fräftigen  Sürgergeij^c^  ju  neuem  ßcben  ju 
werben.  SBaitj,  2Serf.  ®cfd).  VII.,  m» 
fd^nitt  12;  5trnolb,  SBcrfaffungögcfd^id^te 
ber  bcutfd()cn  jjtcifiäbtc,  Hamburg,  1854. 
2  Seile,  ^cuälcr,  Urfprung  ber  beutfd^en 
©täbtcöerfaffung, gScimar,  1 872.  2Ö  a 1 1  c r , 
IRcd^tögcfc^ic^tc,  ©.  230—246.  S)aö  ältere 
Hauptwerf,  ba^  für  bie  Äulturgcfc^id^te 
»iel  Qluöbeutc  gicbt,  iji  HüHmonn, 
©täbtcwefcn  bcö  ÜJJittelalterö,  4  Seile,  Sonn, 
1826;  auö  neuerer  3£it  ifi  in  bicfcr  Sc* 
jiel)ung  befonberä  bebeutcnb  Äriegf, 
2)eutf^e«  93ürgcrtum  im  SKittelaltcr, 
2  Sänbc  g^ranffurt  a.  Tl.  1868  unb  1871. 
33gl.  ben  5Jrtifel  ©tabtbefcjiigung. 

©taötrcc^tc  S)ie  inbioibueHe  ©ntwicf lung 
ber  ©täbtc  brad^tc  cö  mit  ftc^,  ba§  im  ®c= 
genfa^  jU  ben,  größere  Territorien  umfaffen« 
ben  aügemcinen  9ied[)ten  jebe  ©tobt  it)r  be= 
fonbcrcö  SRecbt  l)cranbilbete;  bie  Qlufjeic^« 
nun(\en  bcrfelben  ftnb  nad^  ben  üerfc^iebenen 
©tufen  ber  ftäbtifd)en  ©elbfiänbigfeit  »er« 
fct)iebene.  ©ic  beginnen  mit  <i3rieilcgicn, 
beren  ältefte  bie  bem  ^txxn  ber  ©tabt  cr= 
teilten  Snii^unitätöpriüilcgicn  ftnb,  burc^ 
wcld^c  ber  bifd)öf[id^e  Drt  t»on  ber  ®raf« 
fd^aft  eyimictt  unb  bic  gräflicf)e  ®cwalt 
auf  ben  *Bogt  übertragen  wirb;  feit  bem 
9lnfange  beö  12.  3a^r^unbcrt  fommen 
^riinlcgien  jum  '•8c|tcit  ßcr  ©täbtc  unb 
i^rer  ©inwobncr  l)inju,  wcldf)c  ftd^  mcijl 
blog  auf  einzelne  SRcdbtöbejlimmungcn  be« 
jtel)en,  wie  MaxtU  unb  3oüoerbältniffe, 
Hörigfeit,  (Srbredjt  u.  a.  SIBeitauö  bic 
mcijlcn  biefer  Urfunben  ftnb  Sefiätigungäs 
urfunbcn.  9^ur  fiäbtif($e  iReugrünbungcn 
er^Uen,  tvai  ältere  Orte  burd^  eine  3lci^e 
Urfunben  befommen  Ratten,  burcb  ein  ein* 
maligeö  (pritiilegium.  Qlnbcrcr  9^atur  finb 
fold)e  5luf5cicl)nungen,  welche  in  golgc  üon 
©treitigf eiten  jwif^en  ber  Sürgcrfcfeaft  unb 
bem  ^tnn  ber  ©tabt  ober  jwifd^en  ben 
einjelnen  Älaffen  ber  (£inwot)ncr  alö  cnb« 
giltige  5tncrfcnnung  ber  ftäbtifc^cn  (Redete, 


©tabtfd^teibet  —  ©taud^en. 


641 


oft  unter  faifetlid^er  IBcrmittlung  entfianben, 
jte  Reifen  |>onbfcftcn.  S)a  neu  gcgtün* 
httt  ©täbte  »on  tf)rcm  ßanbeät)cnn  iai 
JRccfet  einer  anbcrn  ©tobt  crf)ielten,  fam 
e#  oor,  ba§  eine  folc^e  SWutter^abt  crft 
burd)  ^Ibforberung  i^re^  SRecfite^  üon  ©eitc 
einer  2;o(i)terftabt  jur  ^lufjeic^nung  i^reä 
SRcdbteä  nerantaft  würbe.  23on  ber  ©tabt 
felbft  ausgegangene  [Re^töbe|timmungen 
f)ei§en  Küren,  Buerkören,  Willkören,  Ei- 
nungen, Skraa  (in  [d^ftfcf)en  ©egenben), 
Recht;  foI(i)c  SRed)tSbcfiimmungen  meift 
poIijeilicf)er  SJlatur  pflegte  man  mit  ben 
^anbfefien  unb  $riüilegicn  in  bem  f.  g. 
©tabtbuc^e  ju  oereini'gen,  baö  auc^  Dr= 
beelbucf),  roteö  unb  fd)ft>arjeö  93u(f) 
l^eipt.  ^aju  famen  oft  Urteile  beö  ©tabt= 
gcri(f)teö,  bie  jugteiiä)  einen  aflgcmcin 
giltigen  5Re(^tsfa0  enttiielten.  Um  foI(i)cn 
mcift  [el)r  nerfitiebenen  iRecf)töjtoff  ein{)eits 
lid)  ju  »erarbeiten,  ftturbcn  feit  ber  SO^itte 
beö  13.  3'i'^'^fe"nbert3  in  manci)en  norbs 
unb  fübbeutfd)en  ©tobten  ,$?ommifftonen 
niebcrgefe^t,  bie  nun  ta^  gcfamte  öffcnts 
\\ä)t  unb  $ritiatrec()t  ju  einem  ©tabts 
rechte  äufammenfteüten;  tai  gefc()a^  j.  93. 
in  5tuggburg  unter  ©ejlattung  ,^önig 
SRuboIfS  im  3abr  1276,  in  Strasburg 
1322.  9'ieben  ben  eigentlichen  ©tabtrec^tcn 
gab  eö  in  manci)en  norbbeutfct)en  ©täbten, 
»ie  Sremen,  Hamburg,  ßübecf,  Sffiiömar, 
©tcnbal,  fogenanntc  Sauer [pracf)en, 
n)el(^e  biejenigen  polijeiIid)cn  *yor[d)riftcn 
entl)ielten,  na^  benen  ftd)  jeber  Sürger 
JU  rid)ten  ^atte  unb  bie  iä[)rUc^  jur  ^ai)' 
aci)tung  üerfünbet  njurben.  ©eit  ben 
3eiten  ber  3i'nftunrul)en  »urben  fogenannte 
triebe  nsbüd^  er  ferfa^t.  ©tobbe, 
beut[d)c  SRec^tsqueüen  I,  §  50. 

©tabtf{!^rettier,  Syndlcl,  famen  feit  bem 
©nbc-beö  14.  ^abrbunbertö  baburd)  auf, 
ia^  bie  ©tobte  eigentlid)e  iRed)töfonfulen= 
ten  in  ibren  35ienfi  na{)men,  tt)eld)e  anä) 
jugleid)  Scifiljer  beö  ©tabtgerid)teS  tvaxm. 
©ie  brachten  baä  römifc^e  5led)t  ni^t  bloö 
in  bie  Urteilöfprüd)c  f)inein,  [onbern  »er^ 
mitteilen  auc^  feine  51ufnabme  in  ta^ 
©tabtrcd)t,  beffen  Otcbaftion  l)auptfäd)Iic^ 
i^nen  überlaffen  war.  3Wand)mal  gefc^a^ 
eö,  ba^  SDiänner,  bie  biä^cr  auf  Uniüerfts 
täten  bociert  batten,  jU  bem  'llmte  beö 
©pnbifuei  berufen  würben;  nameutli(^  gab 
ftcb  9Jürnbcrg  SKütje,  berüf)mie  SWänner 
aU  JRcd)t0bcittanb  ju  erbalten. 

StO^I,  lat.  azarum,  stalum,  oerWcnbeten 
unb  fannten  fd^on  bie  'Jllten  unter  ben 
9lamcn  „d)alt)bbifd)cö  (Srj".  ®ie  !8erei= 
tung    beäfelben   mar   jebo(^   ber  bcutfc^cn 


Sffierffiätte,  obmobi  ftc  i^n  fannte,  ju  um* 
fidnblicb.  Utoi)  im  12.  3a()r^unbert  bejog 
ftc  i^n  jum  größten  Seil  auö  Jnbien. 

©tänbc,  SJonbftänbc,  Sieben  ben  gro§en 
©eric^tf^nerfammlungcn,  ben  lanttädingen 
ober  lanttagen,  bie  fxdt)  hxi  xni  13.  3a^r* 
^unbcrt  erl;ielten  unb  regelmäßig  auc^ 
üon  ben  ßanbeöfjerrn  benu^t  mürben,  um 
mit  ben  ßanbfagen  über  Canbeäangelegen* 
l)eiten  ju  oer^anbeln ,  finbcn  fid)  in  ben 
großem  Territorien,  ben  .^erjogtümern  unb 
^^ürfientümern,  in  meld)en  93if(^öfe,  ®rafcn 
unb  anbere  8anbe0l)errn  faßen,  in  SJla^^ 
bilbung  ber  SRei^ötagc  |)oftage,  burc^ 
ben  ^errn  berufene  Serfammlungen  bet 
©roßen  bcö  ßanbcö,  auf  meiere  ber  9?ame 
ßanbtag  Don  jenen  aHmatjlic^  auSfter« 
benben  (Seriditöoerfammlungen  überging. 
S)ic  l)auptfäd)li(^ften  SDer^anblungägegcn« 
fidnbc  Waren,  außer  ben  cor  biefclben 
gel)örigen,  8e^nrcd)tfad)en,  5tnorbnungen 
unb  einrid)tungen ,  bie  jum  ißoUjugc 
ber  9^eid)öfd)Iüffe  notwenbig  waren,  Qluf« 
bringung  ber  linannfd)aften  unb  Soften  ber 
SReid)sEriegc ,  fowic  überl)aupt  bie  Äofien 
ber  ßanbesregicrung.  'i)cnn  ha  ber  (Ertrag 
ber  l)errfd)aftlid)cn  ®üter  unb  ber  iRegalien 
ni(i)t  mel)r  wie  früber  jur  93efireitung  beö 
iRegimenteö  ausreichte,  galt  e«  allerlei, 
anfangs  außerorbentli(ie  Seit)ilfen,  fpäter 
regelmäßig  wieberfebrcnbe  ©teuern  ^u  be* 
willigen,  bereu  ®röße  ober  5lrt  ber  ^erbei^ 
fd)affung  ©egenftanb  ber  95ert)anblung 
würbe,  ©eit  bem  14.  ^a^rbunbert  fingen 
bie  ßanbfiänbc  (ber  iJiame  erfd)etnt  im 
SDibb.  noc^  nid^t  unb  mag  wot)l  erft  fpäter 
aus  bem  franj.  6tats  überfc^t  worbcn 
fein;  ber  alte  SRame  ifi  lantherren)  an, 
fict)  über  it)re  SRed)tc  unb  greibeiten  Don 
ben  SanbeSberrn  urfunblicbc  3uri^frun9«n 
erteilen  ju  laffen;  fd)lo[fen  aucb  unter  ein« 
anber  jur  üBabrung  it)rer  SRcd)te  unb  %xtu 
bciten  Sünbniffe.  ®ewöl)nlid)  teilten  fte 
fid)  in  brci  Kurien:  *)3rälaten,  3?itterfd)aft 
unb  ©täbte;  in  lirol  unb  Sßürtemberg 
famen  no^  ^Ibgeorbnete  beS  Sauernftan* 
beS  nai^  5initern  liinju.  3fbcr  ©taub  be* 
riet  unb  bcf^loß  für  ftdb,  unb  es  braud)te 
erfl  gcgenfeitiger  ißerbanblungen,  um  ju 
einem  gemeinfamen  @d)luffc  ^u  gelangen, 
©eit  bem  17.  Jabrbunbert  behaupteten  fte 
ftd)  nur  in  wenigen  Territorien  in  DoQer 
93ebeutung.  Ungcr,  ©efcbic^te  ber  beut= 
fc^en  Sanbfiänbe.    .^annooer  1844. 

©tauchen  trugen  bie  ^i^auen  beS  15. 
SabrbunbertS  bei  ibren  ^äuSlidicn  wirbelten 
über  ben  üblid)en  foftbaren  Kleibern,    ©ie 


642 


©taup  —  ©tcin=,  ©rj«  unb  ©ifcnaltcr. 


bcbedten  bcfonberö  bie  %xmt  aU  eine  üttt 
Überärmel. 

S)cr  fRamc  bejeid)nct  ani)  ben  iSrec^s 
fragen  ober  ©tofEragen  an  ben  Qtd^fcl« 
jiücfcn  bcr  «piattenrüjiung. 

©taU^J  ober  ©tauf,  lat.  staupns,  stopns, 
stoupus.  2)er  ©taup  iji  ein  Irinfgefä^, 
baä  im  früheren  ÜWittelalter  neben  bem 
33e4er  (bikarar),  Äeld)  (kalkir),  ber  3ufta, 
%üU,  Äer  ober  ^ar  unb  ben  |)örncrn  cicl 
gebraucht  mürbe.  S)aneben  fül)rten  nament« 
lid^  JReifenbc bicßeberflaf^e (ledrflaska) 
mit  ft^.  ©treitbare  SWänner  bereiteten  fid^ 
(im  S^orben)  nacb  ^eibnifc^em  Sraud^  roof)! 
aucf)  no($  eine  Srinf fetale  au^  bem  'Sd^a.t 
belfnocben    cineä  erfctilagenen  ^cinbeö. 

©toiHJfäitle,  ©d)anbpfa^C  oranger,  ^ie| 
bie  Säule,  an  bcr  gemeine  23erbrec^er  auö« 
gefteüt  unb  geftäupt,  b.  ^.  mit  Stuten  ge» 
gei§elt  mürben. 

Stecher  jur  leid^tcren  ßöfung  beö  ©(^nep« 
per^  im  ©cf)Io§  ber  ^^euerroaffen  fennt 
man  feit  1543.  ©ie  mürben  in  ÜJlünc£)en 
erfunben. 

<Btm-,  6r5=  unb  eifcnalter»  Um 
bie  iPlitte  ber  brei^iger  ^aiin  tarn  in 
5Deutf(^Ianb  unb  noä)  me^r  in  2)änemarf, 
l)icr  namentlid)  bur^  ß,.  3-  3;f)omfen,  ben 
2)ire!tor  beg  üJJufeumö  für  norbifd^e  ^Iter« 
tümer  in  Äopcnt)agen,  bie  2lnft(f)t  auf, 
ta^  ft(^  bie  germanifcften  Qlltertümer  t>or* 
(ftriftlidier  3eit  in-  brei  gro§e  jlrenggefc^ie= 
bene  ©ruppen  abteilen  liefen,  bercn  be- 
fiimmenbe  SDkrfmale  in  bem  »erfdtjiebenen 
SOJaterial  ber  SBaffen  unb  2Berfjeuge  au^ 
©tcin,  Srj  unb  (Sifen  ju  erfennen  feien; 
biefen  brei  ^ulturperioben  foüten  menig« 
fieng  für  baö  iJJorbs  unb  Dflfeegebiet  ein 
brcimaliger  SlBe^fel  ber  SBalbuegetation 
(Sonne,  ®i^e  unb  Suc^e)  unb  brei  Der« 
fd^iebene  SBölfer  mit  ebenfo  »iclen  ^auö^ 
tieren  entfpreci)en.  fflkn  ifi  feitbem  ju 
bcr  Übcrjeugung  gelangt,  ba^  bicfeö  ©rei* 
pcriobenfr)f}cm  nur  mit  gro§cr  SSorfid)t  Qn= 
june^mcn  fei;  mit  bcr  ©ntmicflung  üon 
einjelfölfcrn  ftef)t  es  nur  infomcit  im 
3ufammcnt)ang,  ali  ®crätc  auö  Änod^en 
unb  ©tein  eben  eine  buri^igetienbe  ©runb^ 
läge  beö  gefamten  »orgefd)i^tli^cn  Äultur* 
ftanbeä  finb  unb  ebenfo  überall  ber  Über« 
gang  oon  ©tcin  jum  Sifen  burcfe  bie 
2JJittclfiufe  bcr  iBronce  gel)t;  c^  fönncn 
alfo  fcf)r  öcrfd)iebene  SBölfcr  ftd)  gleich« 
jcitig  beäfclbcn  ÜWatcrialö  unb  umgcfebrt 
2lbtcilungcn  bcßfclben  Sßolfcö  je  nad)  be* 
fonbern  Umfiänben  \xä)  glcicftjeitig  cineä 
»erfcf)iebenen  a}Jaterialö  für  i^re  SBaffen 
unb  (Seräte  bebicnt  l)aben;  um  bie  Dbjefte, 


meldte  B^us^n  ^i^f"  ältejien  ^ät  ftnb, 
in  i^rem  3"f'>ni'"£n'^<i"9  i"  beurteilen, 
genügt  cö  nid^t  allein  auf  ben  ©toff  ju 
fe^en;  auc^  ber  ^^unbort,  bie  gorm,  be« 
gleitenbe  Überrefie  bcr  IjSflanjen  unb  Sicr« 
melt  muffen  mit  ^erbeigcjogen  merben. 
5Dcnnod^  iji  eö  Bon  Söert,  im  ÜJlateriat 
ein  bcqucmeä ,  lei(ä)t  erfennbareö  Unter« 
fdt)eibungämittet  ju  beft^en. 

I.  ©  t  e  i  n  j  e  i  t.  5lm  aücrwenig jicn  Id^t 
f\i)  über  jene  SDtcnfd^en  etmaö  gefc^ic^t« 
iici)eö  oermuten,  beren  ©teingcräte  ben 
Bcitaltern  be^  üJiammut  unb  beä  SRenn» 
tiereö  angehören;  mcnfc^Iic^c  ®cräte  ber 
ÜJJ  a  m  m  u  1 5  e  i  t  ^at  man  namentlidE)  im 
J^ale  ber  ©omme  (^icarbie)  unb  in  ^ö^Ien 
Jfranfreid^ö,  Selgienö  unb  ©teiermarfö  ent« 
bedt;  reidöer  finb  ixt  Überrejic  ber  iR  e  n  n « 
t  i  e  r  j  c  i  t  »ertreten  unb  jmar  ebenfalls 
in  ©übs^^ranfreidt),  Selgien  unb  au^erbem 
in  ©d^maben,  ber  ©(^meij,  93aiern,  SBefi* 
falen  unb  9)?ät;ren;  ber  benu^te  ©tein  i)l 
meift  ber  Jeucrficin  ober  iJlint;  üermittcl(i 
feiner  mürben  fogar  Sierbilber  in  ©d^iefer« 
platten,  auf  SRenntierfnod^cn,  auf  @e»ci^= 
jiüdEe  eingeri^t;  boc^  finbet  man  aud^  an« 
bere  ©teine  benu^t,  ®neiö,  2)iorit,  ©er« 
pentin,  9icp^rit,  ^artc  SRoüfiefel  u.  a.  Sic 
©cgenfiänbe  bejteljcn  auö  ro^  jugcfdblagencn 
©teinen,  oline  jcben  SSerfud^  cineä  ©c^lip, 
ober  aui  eben  fo  ro^  bearbeiteten  ^orn= 
unb  Änod^cnftücfcn.  S)od^  erfcnnt  man 
bereite  ©teinäyte,  ©teinmeffcr,  ficinernc 
ßanjenfpi^cn  unb  *Pfeilfpi^en. 

eine  jüngere  ©teinjeit,  beren  gc« 
fd^id^tlid)cr  3i*f«"^"i^"^«nS  ^^^^^  "i"fi 
ebenfalls  fcfir  bunfel  ifi,  d^arafteriftert  frei) 
burc^  geglättete  ober  gef cJ)Iiffene 
©teingcräte. 

3n  biefc  ^eriobe  gehören:  a)  ber  fo» 
genannte  Äjöffcnmöb binger,  p.  l). 
Äüdf)enmober  auö  S)änemarf.  ©4  ftnb 
tai  terraffcnförmigc  iöönfe  an  bcr  2Rccreö= 
!üfie  üon  30  bi«  500  m  Sänge,  6  m  Sreite 
unb  1  biä  2  m  ^ö^e.  ©ic  befieljcn  unter 
einer  2)edEc  oon  SRafcn  unb  iRoUjicin  auö 
SWufd^cIf^alen,  ®räten,  Änocfjcn,  5tf^c, 
Äof)len  unb  (Scrätcn  uon  .^iefeipein,  ^orn 
unb  Änoc^en.  21u§er  in  SDänemarf  finbet 
man  ä^nlid£)en  3lbl)ub  an  ber  iRl)onemün« 
bang,  am  ®olf  non  ®cnua,  an  ben  Äüjicn 
©übamerita^.  —  b)  Storfmoorc  in 
S)änemarf,  ©ct)mcben,  im  2£)al  bcr  ©omme. 
—  c)  bie  Pfahlbauten,  fic^c  ben  be= 
fonbern  51rtifel.  —  d)  ©tcin bauten. 
SDa^in  geljörcn  bie  fogcnannten  Dolmen 
ober  ©teintif(^e,  auc6  Äromlc^  ober 
SKcnfir  genannt,  grof c  aufgerid^tetc  ©teine, 


©tetns,  ©tj*  unb  (Sifenaltct. 


643 


bic  jum  Seil  in  Greife  äufai"ni«nge|iellt 
ftnb  unb  auf  benen  ein  riejtger  Stein 
gleich  einer  iifd^plattc  tu6t.  ^i)X  Ur« 
fprung  liegt  gänjli^  im  ©unfein;  ta^ 
«ö  feine  S)tuibena(tarc  ftnb,  iji  cmiefen; 
»0  man  Steingeräte  barin  finbet,  gehören 
bicfelben  ben  polierten  Steinen  an.  SDtan 
finbet  fie  über  ben  ganjen  SBeften  unb 
©übnjejlen  eon  ^^onfreic^,  unb  biö  an  bie 
Ofifee,  in  ©änemarf,  Schonen  unb  Slßefis 
gotlanb,  füblic^  biö  jfjüringcn  unb  ©cf)Ie= 
fien,  aud)  bie  britifd)en  Snffln  Pnb  reict) 
baran.  Sie  fc^einen  in  3i'['^ninic"^ong 
ju  fielen  mit  ben  bdnifd^  *  fc{)tticbif(^en 
©anggtäbern  ober  SRicfenf ammern, 
in  njel^cn  bie  Sotcn  ft^enb  ober  liegenb 
beigefe^t  tt)urben. 

S)ie  aSaffen  ber  jtticiten  Stcinpcriobe 
finb  bie  51  yt,  tt»eld)e  mel)r  Äeilform  fiat 
unb  jum  Spalten  bient,  baä  93 eil,  an 
ber  Sd^neibe  minber  breit  unb  nur  an 
einer  Seite  fc^räg  angefc^Iiffen,  t>a  eö  jum 
SSe^auen  bient;  S)ot(J)e  unb  ÜJleffer, 
?PfciIfpi^en,  SDlei^el.  S)ie  Sefeftigung 
ber  Steinflingen  am  ®riffe  gefd^ab  teilö 
burc^  5^P''^"'^^n  mit  Se^ne  ober  SSaji, 
teilö  burc^  (Sinficbcn  mit  (Srbpcd)  unb 
ä^nlic^en  Stoffen,  teitö  burc^  ©inficmmen. 

n.  »roncejeit.  5Da«  erjlc  2RetatJ, 
iai  bie  9[fJenfd)cn  in  i^ren  ©cbrauc^  äogen, 
irar  unftreitig  ba^  gebiegen  üorfommenbe 
®otb.  3"  jweiter  ßtnie  jlel)t  baö  eben« 
faüö  gebiegen  tjorfommenbe  Äupf  er,  bai 
fid^  burd)  Sd)Iagen  mit  Steinen  in  jcbe 
gemünfc^te  f^orm  bringen  Iie|,  e«  gab 
25ölEer,  j.  iö.  in  SRefopotamien  unb  am 
9iil,  roelc^e  Pom  ®ebraud)e  ber  Steine 
Waffen  ju  ben  Äupfermaffen  übergingen; 
häufiger  ifi  aber  bie  "Jlnnjcnbung  ber  burc^ 
Sc^meljung  gewonnenen,  au^  90  Seilen 
Äupfer  unb  10  Seilen  3*1"  beftcbenben 
Sronce.  2)ie  *Mnmenbung  biefeä  SRetaHä 
l)attc  in  üerf(^icbenen  ®cgenben  ot)ne 
3»eifel  fet)r  üerfdjiebenc  2)auer.  2Baf)rs 
f^einlic^  fam  bie  ^enntniö  ber  93roncc 
fortjo^l  burd)  eingemanbertc,  erobernbe 
Stämme,  aU  burd)  ^anbelöüerbinbungen 
naä)  ©uropa;  bie  ^orm  ber  Serjierungen, 
bie  J^ürje  ber  Sd)tt)ertgriffe  mand)er  Sronce' 
gegenftänbe  laffen  vermuten,  ha^  u.  a. 
pt)önijif^e  ^änbler  if)re  2öaare  nac^  ©u» 
ropa  brad)ten.  ©od)  mangelte  eö  ^ier 
nid)t,  wie  bie  äa^lrei(^  »orgefunbenen  ®ü'B' 
formen  beweifen,  an  eigenen  93roncert>erfä 
ptten.  9lm  retc^fien  trat  biefe  ^nbufiric 
in  ben  nörblid)en  ©ebieten  auf,  welche  xi)x 
3inn  unb  jum  Seil  ibr  Tupfer  leicht  »on 
ben  Sciltt)=3nfeln   unb   ber   bcnad)barten 


Äüftc  üon  Sornmoü  befommen  fonnten, 
in  2)änemarf,  ®d)tt)eben,  iWorbbeutfc^lanb ; 
anbere  ^unb^dtten  minberen  iReid)tumS 
ftnb  bie  ^fal)lbauten ,  bie  fogenannteit 
Sflramaren,  b.  t).  au^getrocfnete  fünp* 
lic^c  Söafferbeden  in  ben  ^roöinjcn  "Parma, 
SDtobena  unb  SReggio. 

2>ie  Slafiicität  ber  93ronce  roar  ba« 
mala  auf  einen  ®rab  gelangt,  ber  feitbem 
nid^t  me^r  erreicht  morben  ift.  Überall 
bauert  ber  ©ebraud^  ber  Steinroaffen  wä^* 
renb  ber  iSroncejeit  fort  unb  ragt  noc^ 
tief  in  bie  (Sifenjeit  t)inein;  ®eh)ol)nl)eit, 
ererbte  gertigfeit,  ba«  Seifpiel  ber  Cor« 
fahren,  !D?t)tt)uö  unb  5lberglaube  marcn 
babei  wirffam.  Sei  ^afiingä  fochten  im 
11.  3al)r^unbcrt  5Däncn  unb  ©ad^fen 
au§er  mit  eifernen  SBaffen  mit  folgen 
Don  Stein,  no(^  fpäter  bie  ^eibnifc^en 
(Preu§en  gegen  bie  beutfc^en  Drbenörttter. 
ilud^  erfennt  man  ben  ©influg  metaüenet 
®erätc  beutlid^  an  ber  funftüotleren  ©r* 
f^etlung  ber  metallenen  ißorbilber. 

Sie  eberne  Strcitajt  fommt  al^ 
Seit,  ali  «paaljiab  unb  aU  eigentliche  5ljt 
cor.  Die  Seite  bienten  fottjoljl  jum 
9tabfampf  alö  jum  iffiurf;  fic  f)aben  bie 
t^orm  eineä  Äeilö,  ftnb  aber  nac^  bcm 
gtücfen  f)in  gcrunbct  unb  jur  *}lufnaf)me 
eincö  ©c^afteä  auögc^öblt;  bie  itnai 
breiter  »erbenbe  Sdbncibe  ift  fc^arf  juge» 
fdUiffen.  Sßiele  ftnb  mit  einer  Dfe  »er« 
febcn,  burc^  bie  man  einen  iRiemen  fnüpfte, 
mit  meinem  man  bie  Älinge  bem  Stiele 
ftd)er  oerbanb.  ®ic  Älingen  ber  f^aal* 
ftäbe  jeigen  bie  ©ejlalt  beä  iKeifelä,  ber 
nad)  ber  Sdbneibe  ju  breiter  wirb;  rüd» 
märtö  befinben  ftd^  äWei  S^aftlappen  jut 
93efe|iigung  an  ben  ^oläjlab,  mit  bcm  fte 
burd)  eine  Scl)nürung  üerbunben  finb. 
Unter  bem  S'iamen  framea  ifi  tai  bie 
ältejle  JJationalwaffc  ber  ©ermanen.  3)ie 
eigentlichen  Streitäyte  jerfaücn  in  folc^e 
mit  einfad^em  Sd^aftlod^,  in  fold^e,  weld^c 
mit  Sd)aftröbren  »erfebcn  ftnb  unb  in 
SDoppeläytc;  bie  berübmtefie  ^orm  ber  ein« 
fad)en  *Myt  ifi  bie  ber  francisca,  bie  jmei* 
fdjneibig  unb  furjflielig  ftd)  fowo^l  jum 
©ebrau^c  in  ber  gauji  alö  jum  ©urfe 
eignete.  Streitfolben  unb  Stadt) cl* 
tnöpfe  üon  Sronce  baben  auf  einer  ge» 
goffenen,  über  einen  ^oljfd^aft  gef^obenen 
|)ol)ltt)alje  mebrere  SReil)en  non  Stadt)eln. 
2)ic  ßanjenfpi^en  ber  ©roncejeit  ^aben 
gewö^nlicf)  bie  go'^'i^  ^^^^^  SBeibenblatte^ 
mit  flarfcm  Ü)?ittelrüden  unb  ftnb  jur  93e* 
fcfiigung  mit  Sd)aftröbre  ober  mit  5lngeln 
iierfel)en.     Sronjenc   ipfeilfpi|en    ftnb 


644 


©teljfc^u^e  —  ©teuemefcn. 


feiten,  ber  ^Jlintfiein  genügte  ^ier  üoH« 
jiänbig;  bie  (Srsmcffer  jinb  im  ©egcn^ 
fa^  jU  ben  jtcinernen  iDiefTern  etn[cE)neibig. 
%U  eine  ganj  neue  SBaffe  erfcf)eint  je^t 
bog  ©Aweit,  beffen  urfprüngli^e  ^Jotm 
ttja^rf^eintict)  bie  einfc^neibige  ifi,  xva\)X' 
fcf)einlicf)  biefetbe  SBaffc,  bie  bei  ben  Oer» 
manen  scramasax  f)ie§.  Später  entfticfclt 
jtc^  bie  fc^Ianfe  ^ttieif^neibige  j^otm  beö 
eigentlid)en  @ct)n5erteö;  feine  Älingc  l)at 
bie  ©eftalt  cineö  ©(i)ilfblatte^ ,  nimmt 
alfo  nad)  ber  SWitte  an  Sreite  ju  unb 
läuft  fpi^  auö;  ber  Oriff  ijl  nie  länger 
aU  2,5  30II  unb  in  ber  SRcgel  mit  ©piral* 
unb  3icf*acf»erjierungen  gefä)mü(ft.  ^aum 
com  ©d^mert  ju  trennen  ifi  ber  jmeis 
fc^neibige  jDoId^.  ©citcncr  aU  bie  5tns 
grtffömaffen  ftnb  ©c^ulwaffen  au§  Sroncc: 
^elm,  €(f)ilb  unb  ^anjer.  Qlud)  6d)alen 
eon  Sronceblec^  finb  jafilreic^  unb  meit^ 
perbreitet  gefunben  morben,  bann  ^ängc* 
urnen  mit  glotfenförmigem  ober  plattem 
S)e(fel. 

(Stjl:  baö  TlttaU  gab  fobann  33eran« 
laffung,  bie  Äunji,  meldte  ©äffen  ^erftellt, 
jugleid^  äu  ©egenjtänben  für  bie  grauen« 
arb eit  unb  namentlich  für  @  cf)  m  u  d  f  a  ($  e  n 
ju  verarbeiten.  Überaß  erfc^einen  9^ä^= 
nabeln,  5trm=  unb  gingerringe,  Änöpfe, 
^aarnabeln  unb  .Kämme;  um  »ieleö  reid^* 
faltiger  iji  ber  Sroncefd^mud  ber  nor? 
bif(ä)en  ßänber;  t)ier  erfci)einen  SDiabeme, 
.Ropfs,  ^als«,  Ölrms  unb  gingerringe, 
2lgraffen,  gibein,  ©cmanbnabeln. 

ni.  (Sifenjeit.  ^uä)  ber  Einfang  be§ 
eif enä  bleibt  in I>unfel^eit  gebüüt.  2)a§ 
bie  alten  ©ermanen  bie  5lnmenbung  biefel 
SD'letalleg  gefannt,  bation  jeugt  bie  ©ebeutung 
unb  (Sf)re,  rt)elct)e  bie  Sdimiebefunfi  unb  bie 
©^miebe  bei  it)nen  l)atten;  eä  ijl  bie  ein* 
jige  Jg)anbarbeit,  bie  Pon  Einfang  an  eineö 
freien  SRanne^  mürbig  eracf)tet  mürbe;  auf 
bie  frü^c  ©tal)lbereitung  beutet  bie  ©age 
»om  ©(^mieb  Sßielanb,  ber  fein  ©d^mcrt 
jerfeilte,  bie  Gifenfeilfpätjne  mit  bem  Tlil)U 
brei  feinen  Oänfen  ju  freffen  gab,  ben 
®änfefot  auäglü()te  unb  »on  bem  jurücfs 
bleibenben  Sifenjiaube  baö  f(^ärfere 
©d)mert  fd^miebete;  in  ben  tierifc&en  Gy- 
crementen  ifi,  mie  audb  anbern  *Bölfern 
frü^  befannt  mürbe,  ©täl)lung  mirfenber 
Äo^lenfioff  enthalten.  Tlit  ber  örfinbung 
bess  (Sifene  mirb  baö  ©cf)mert  bie  .^aupt« 
njaffc.  3torbifdf)e  3lItertum«forfc^er  moKen 
jmei,  einjelne  fogar  brci  ^Perioben  beö 
difcnjeitalter« unterfcf)ieben  baben.  2  ä  t)  n ä, 
""  "pid^te  beö  Äriegömefenä,  ©.  1—14.— 


Saer  unb  ^ellmalb,   ber  »orgefc^i^t» 
Iidf)c  Smenf*,  fieipjig  1874, 

©teljf^U^c  mürben  namentlict)  »on  öcu* 
ten  fteiner  ©tatur  im  15.  unb  16.  ^af)X' 
^unbert  ßiel  getragen  unb  jWar  bie  ju 
jmci  gu§  ^ö{)c.  Sie  er|)ielten  fic^  bei 
ben  Sßorne^men  weniger  lang,  weit  ber 
SBürgerfianb  fi^i  i^i^ei^  6ali>  bebicnte  unb 
fielen  bann  aucb  um  bie  SOf^itte  beö  16. 
3af)rf)unbertä  jum  äWeitenmal  auö  aller 
@unft  burct)  bie  Courtisane,  bie  fte  über 
alleä  Tla^  aufbaufd)ten. 

©tcuertnefen»  S)ie  alten  (Sermanen  wufs 
ten  t)on  Steuern  nicbts;  bagegen  mar  ©itte, 
ta'B  fte  il)ten  ^^ürfien  ®efdl)ente  bar« 
brachten  aU  S^iä)tn  ber  (SI)rfurc^t  unb 
beä  Sanfeö.  ©old^e  ©efc^enfe  bauerten 
in  mel)rfad)er  ^nmenbung  nocb  lange  fort; 
entmeber  macfjte  man  fte  bcmÄönig  auö  per= 
fönlict)en  ©rünben,  jur  Unterfiü^ung  einet 
Sitte,  jur  ©rlangung  eineö  ^2lmtcä,  bei 
®elegen£)eit  einer  in  ber  föniglii$en  gamis 
lie  gefeierten  ^oA^eit;  ober  eä  waren  iät)rj 
licf)e,  fefi  beftimmte  ober  frei  gewäbltc 
®aben ,  bie  man  anfangt  an  bie  ÜWarj* 
üerfammlungen  brachte,  fpäter  bei  anbern 
Serminen,  an  2Bcil)nact)t  ober  iJieujafir; 
namcntlici)  würben  geijilic^en  ©tiftern 
foldje  ©efc^enfe,  in  SHoffen  unb  SQöaffen 
befie^enb,  alä  Seifiung  auferlegt,  ©efd^en* 
fen  le^terer  Qlrt  ätjnüc^  ftnb  bie  Jribute, 
welche  ein  unterworfener  Solfefiamm  ober 
gürft  bem  -^errn  ju  bejafjlen  l)atte.  2)iefe 
ßeijlung  t)ieB  sleora,  ©teuer,  ober 
stuofa  unb  befianb  ebenfaüe  aus  Sfiatu* 
ralien:  SJinbern ,  ^fetben ,  Lämmern, 
.^»üfincrn,  (Siern,  ^onig,  ©ewänbern,  -^olj, 
teilweife  auc^  in  ®elb;  oh  aber  ju  btefet 
©teuer  ade,  5.  93.  bie  jfjüringer,  ©ac^fen, 
Qllamannen  »erpflid^tet  waren ,  iß  ni^t 
beutlicf).  93ei  einer  Sanbeenot  würben  auf 
bie  ©tifte,  Älöfier,  ®rafen  unb  foniglic^en 
iBafaüen  ein  Sribut  au«gefd)rieben,  fraft 
befien  fte  fon  febem  i^rer  .^aupt«  unb 
SfJebenpfe  ein  befiimmteä  ju  sabten  fjattcn; 
3uben  mußten  bann  einen  3El)nten,  ^an' 
belöleute  ein  (Slftel  entridjten;  fonfi  aber 
befianb  noc^  in  ber  Qnt  ber  Karolinger 
ber  altgermanifdEje  ®runbfa^  ,  ta^  ber 
greie  weber  i^on  feinem  Sanbe  nocf)  t>on 
feiner  $erfon  eine  'Jlbgabe  ju  entricf)ten 
^abc.  2)ie  (Sinfünfte  be«  .Königs,  welcfcc 
einä  Waren  mit  benjenigen  bee  (Reidf)cä, 
bcfianben  im  Srtrage  ber  föniglidien  ®üter, 
ber  griebcnögelber  unb  Sannbufeen,  auö 
ben  l)äufigen  jlonpefationen,  ber  (jinjie* 
f)ung  erblofer  ®üter,  bem  Jribut  frember 
23ölfer,  ber  Kriegsbeute;  baju  famen  ßöHe, 


Strafen, 


645 


SBcg«,  93rü(fcns  unb  55Ql)r(^eIber  auf  bcn 
öffentli(i)en  aScgen  unb  glüffcn,  ber  ©rtrag 
be^  2)Jünätt>efenä  unb  jal)lreicf)e  9^atural= 
leifiunt^cn  bcä  Solfcß  für  befonbere  öffent= 
Ii(^c3ft'e<*e.  S)al)in  jaulten  ber  Untcrtjalt  ber 
ötfentlici)cn  SBetjc,  ©c^leufen  unb  SBrücfen, 
ber  iMufentt)Qlt,  ben  man  föniglic^en  ®c= 
fanbten  ju  Iei)len  \)atti,  Öeil)un9  Don  ^fer^ 
bcn  unb  5"l)i^cn  berfelben,  ia\)lxäii)i  'Jla' 
turallciftungen ,  bie  iai  ^riegäwefen  mit 
ftc^  brachte. 

5tuf  erorbentlic^e  Seiträge ,  S3eit)ilfcn 
für  Derfd)iebene  befonbere  ^Jtnläffe  maren 
cö,  aüi  bencn  fic^  anmät)lic^  ber  93egriff 
ber  öffentlid)en  ©teuer  entmicfette.  Solcher 
0iatur  maren  bie  3«^Iungen  abhängiger 
ßeutc  an  i^ren  ^errn  Jücgcn  nic^t  geleiftc= 
ten  Äriegöbienfte«,  bie  ^ecrfteuer,  ot)b. 
lieristiura,  ml)b.  lierstiure,  fiefje  ben  ülrt. 
^ecrmefen.  SÜ^nlic^er  2lrt  ftnb  in 
Sifci)ofaflabtcn  3ii^Iun9cn  iin  bcn  ^crrn 
ckU  ©eibilfon  jur  ^eer=  unb  ^ofj5at)rt. 
Qlnbcrc  Scil^ilfen  ftnb  jWar  bcm  iRamen 
nac^  freiunütg,  »erben  auf  Sitten  gegeben, 
ba^er  bie  9'Jamen  (petitio,  precaria,  betta, 
bete,  bede),  aber  bie  Sitte  rcurbe  oft 
ftrengc  g-orbcrung  unb  burd)au«  regel- 
mäßig. *3lbt)ängigc  Seute  ücrfcf)iebcnen 
Staubet  unterliegen  biefen  ^'^'■^^'^""9^". 
in  bcn  gciftlid)en  (Stiftern  regelmäßig  üon 
Seiten  ber  35ögte;  ^rcic  unterlagen  folc^en 
gorbcrungen  in  ber  Üiegel  nic^t.  Qluc^ 
bie  Könige  bradE)ten  e«  üorber^anb  nur 
;u  auBcrorbcntlicf)en  Scit)ilfen;  alö  iaiu 
Derpflid)tct  galten  »or  allem  bie  r>on 
*lllterö  t)er  ju  folct)cn  Seiftungen  ücrpftic!^= 
tctcn  geifili^cn  Stifter;  neu  famcn  je^t 
bie  Stäbte  Ijinju,  unb  jmar  mußte  ein 
fold^er  Scitrag,  bem  Dt)ne  Si^eifel  anbcre 
5ur  Seftrcitung  gemcinfamcr  Sebürfniffc 
jur  Seite  gingen,  ron  ben  2lngcl)örigen  ber 
Stabt  aufgebracf)t  nierben.  (Sine  eigentüm= 
lic^e  Qlbgabe  ift  baö  in  bcn  Stäbten  aufge= 
fommenc  nngelt,  eine  lUbgabe  »on  (5in= 
iü\)X  unb  SBerfauf  ber  Sebenömittel,  eine 
3ef)r5  unb  ißcrbrau(4öfteucr ;  bie  Sürger 
nannten  fie,  meil  cö  bafür  feinen  iRe(i)t«= 
grunb  gab,  ungelt,  b.  l).  wai  man  nic^t 
fc^ulbig  ift,  indebitum;  fpätcr  mürbe  baß 
SBort  cntpcHt  ,^u  umbgelt,  nod)  in  ber 
Sc^meij  ale  D^mgelt  ert)alten.  ©es 
mürbe  anfangö,  bo^  ot)ne  Srfolg,  »on 
iHeicf)0roegen  »erboten.  Seit  bem  14.  '^a\)x- 
bunbcrt  ahmten  8anbeöt)errn  in  il)ren 
Serritotien  biefe  Steuer  na^. 

2n  bcn  Stäbten  nun  unb  in  ben  lan» 
bc0^)ertlid)en  Territorien  cntmicfelten  fut 
bie     eigentlid)cn     regelmäßigen     Steuern. 


2Bie  bie  Umlage  »erteilt  mürbe,  mar  »ers 
fcf)icbcn;  an  einigen  Orten  nacf)  bem  Sin» 
fommen,  an  anbern  nad)  bem  ÄapitaU 
»ermögen,  in  bcn  Stäbten  nac^  bcn  Käufern 
unb  bcm  bcmcglict)cn  Vermögen;  aud)  ein 
©runbjine  »on  jeber  übcrlaffcnen  Sauficlle 
fam  t)äufig  »or.  Daneben  blieb,  mie 
früljcr  bcm  .König,  fo  je^t  bcm  Canbe«* 
i)errn  »orbel)alten,  ju  außcrorbcntlidien 
Scbürfniffen  eine  nötbete  ju  »erlangen, 
bei  brängenber  itricgsnot,  jur  'Jtuölöfung 
auä  ber  fcinblic^en  ®efangenf(±)aft,  jur 
Tilgung  »on  Scfeulbcn,  jum  Sefud)e  ber 
SReid)etagc  unb  bee  ^oflagerä,  ju  einem 
Sfiömerjug,  jur  2lußf:attung  einer  3;oct)ter, 
ju  ben  geftlic^feiten  be«!  SHitterf^lagcö  ber 
<ööt)nc.  Seit  bcm  15.  3al)tt)unbert  mar 
bie  (Sinfüt;rung  neuer  ober  bie  (Srbebung 
bejlcljcnber  Steuern  an  bcn  Seirat  ober 
bie  SemiÜigung  ber  ßanbfiänbe  gebunben; 
biefcö  gefd)a^  bann  auf  gemiffe  ^ai)Xi  ober 
auf  unbeilimmte  3«it  unter  ben  iJJamcn 
Sd)a|}ung,  ©cfd^oß.  Kontribution, 
unb  eö  mürben  entmeber  bie  fteuevpflid)« 
tigen  '^Jerfonen  ober  ®üter  unmittelbar 
nad^  i^rem  Scrmögen  ober  (Srtragc  bc= 
ficuert  ober  bie  ganje  Summe  nad)  bc« 
ftimmten  Quoten  auf  bie  »Prälaten,  *Jiitters 
fd)aft ,  Stäbte  unb  gemeine  l'anbfc^aft 
»erlegt. 

Diac^bem  mit  ber  3cit  bie  urfprüng« 
liefen  9icic^öeinfünftc  iait  gan,  aufgehört 
l)attcn,  famen  im  15.  Siit'il'iinbcrt  für 
»orübergebenbe  außcrorbcntlic^c  Scbürf« 
niffe  Üteicböfieuern  auf.  S)ic  eine  gorm 
berfelben  mar  bie  'Jlu0fd)reibuiig  eince  gc» 
meinen  *Pfennigö  auf  alle  ßinmotjuer  bcäi 
iReid)«,  nad)  bem  Serl)ältnie  il^rce  Ser* 
mögen«,  bie  anberc  ein  ben  Oieic^öftänben' 
auferlegter  21nfd)lag,  ber  bcm  .Rontingent 
febeö  Stanbes  entfptacfe;  feit  1535  gefd)af) 
ber  '2lnfd)lag  fo,  ba^  bie  ;;u  2Borme  1521 
für  ben  beabftdbtigten  9ftömcrjug  entmor= 
fene  SDfannfc^aftismatrifcl  ju  ©runbc  gelegt 
rourbe,  mornad)  ber  ^ußfned)t  ju  4,  ber 
SHeifige  ju  10  ©ulben  monatlid)  ange» 
fc^tagen  mar;  baö  ©clbfontingcnt  für  eine 
monutlid^e  Cöfung  t)ieß  !Röm  er  m  onat. 
2)ie  einjigc  ft  e  t)  c  n  b  c  SHcic^efteuer  mar 
bie  »on  ben  JReid)öftänben  feit  1548  jum 
Unterl)alte  bea  Oicii^^fammergerid^tca  über» 
nommenc.  S)ic  Stömermonate  unb  bie  le^t* 
genannte  Steuer  mürbe  in  bcn  einjelnen 
Territorien  auf  bie  Untcrll)anen  »erlegt. 
230  a i ^ ,  Serfaffungögefd)id^tc  unb  SB  a 1 1  er , 
iHed)tögefd)ic^te. 

©trofen.    3"  altgcrmanifdjer  3«it  ging 
bie  5lu0übung  ber  StrafgcmaItj»om  obcrs 


646 


©trafen. 


ficn  ®cTi(St,  ber  ©auoetfammlung  aui; 
bo^  würben  nur  bie  fd^meren  33erbrec^en, 
wie  33errat ,  Übergang  jum  5«^"^  <  5fi9* 
^eit  ober  }^\vi(i)t,  mit  bem  lobe  bcfiraft, 
aüe  übrigen  burc6  !ßermögen«bu§en 
gefübnt,  unb  neben  ber  ©trafgewalt  ber 
©emeinbe  fianb  tai  ^e^b credit  ber 
g^amilie,  beffen  !räftigfter  QluöbrucE  bie 
SIutra(i)c  war.  Son  ben  Sermögenö- 
bu§en  fiel  ein  leil,  Äompofition  ober 
93u§e  genannt,  an  ben  SBerlc^ten  jur  ®e- 
nugt^uung  für  iai  erlittene  Unrecht,  ber 
anbere  Seil,  ber  ^icbum  ober  Söette 
^ie§,  an  tai  ©emeinwefen  jur  Sü^ne  beö 
»erlebten  g'^ie^^ns.  fpäter  trat  nod?  ber 
Sann  als  ©ü^ne  be«  »erlebten  .Rönigö« 
friebenö  baju.  29efa§  ber  ju  Süfenbe  fein 
Vermögen ,  fo  bü§te  er  bur^  förperlicfte 
3üc^tigung  ober  mu§te  bem  anbern  feinen 
Öeib  für  bie  ©c^ulb  oerpfänben  ober  fi^ 
i^m  in  Änec^tf($aft  ergeben  ober  enbli(^, 
wenn  nicht  Sjerwanbte  unb  ^Jrcunbc  für 
il)n  eintraten,  mit  bem  ßeben  l)erl)alten. 
©flauen  ober  leibeigene  Äned^te  lagen 
burebaue  in  ber  ©ewalt  be«  ^errn. 

SDHt  ber  3eit  na^m  hai  ©trafrei^t  eine 
anbere  !Hic£)tung  an.  %ür  bie  römifj^e 
SBeüölEerung  ber  germanifc^en  $Reic^e  blieb 
iai  römifd)e  ©trafrec^t  in  5lnwenbung; 
tai  (S.t)ri)lentum,  ta^  ben  ®runb  ber 
©träfe  auf  ben  Segriff  ber  ©ercd^tigfeit 
unb  beffen  3"f<i'""^enf'ang  mit  ber  fttt» 
liefen  Süeltorbnung  jurüdfü^rte  unb  jum 
Seil  tai  mofaifc^e  SRec^t  aneifannte,  bann 
bie  ^öbcre  S3orfteQung  tion  ben  *t'fli(^ten 
beö  föniglic^en  Qlmte^,  enblicS  hai  Se= 
bürfniä ,  bie  allgemeine  Drbnung  unb 
©id^erbeit  burc^  ©trafen  ju  fidrfcn,  atleä 
bieö  rief  ein  auf  bartc  2ebenö=  unb  Seibeä« 
jlrafen  gebaute«  ©trafre^t  fieroor.  25a^= 
felbe  bilbetc  ftdj  Dorberrfd)enb  lofal  unb 
jum  Seil  willfürlicfe  auä ,  unb  erfi  feit 
bem  15.  3i>^i^^unbert  würben  in  Seutfc^s 
lanb ,  beeinffuft  ton  ber  italienifc^en 
Surieprubenj,  jufammen^ängenbe  ©^lleme 
Derfu(i)t. 

SBaö  bie  befonbern  ©trafen  be* 
trifft,  fo  fmb  JU  unterfcbeiben: 

A.  33ermögenöfirafcn. 

1.  Äompofition  ober  2Bcrgelb, 
cgi.  ben  ^Mrt.  fficrgelb. 

2.  3)0«  jyrebum  ober  bie  2Bette  war 
iM  ©trafgelb,  bae  jur  ©ü^ne  be«  fer^ 
legten  ^rieben«  urfprüngli^  an  baä  Solf, 
fpäter  an  ben  Äönig  entrid)tet  würbe. 
Äompofttion  unb  grebum  gepren  jufam« 
men,  fo  jwar,  ba|  in  jener  ber  SBegriff 
ber  perfönlic^en  ®enugtl)uung,  in  biefem 


ber  Segriff  oon  ©träfe  Dor^errf^t.  2)ie 
®rö§e  be^  grebum  betrug  9ewö^nli(!^  ein 
3)rittel  ber  Äompofttion. 

3.  S)cr  Sann  ifi  bie  Sufe,  weld^e 
wegen  be^  Ungeborfamö  gegen  ein  fönig* 
lic^ed  Sanngebot  ju  entridjten  war;  ^e 
betrug  regelmäfig  60  ©olibi.  2öer  bie 
SannbuBe  m<i)t  jaulen  fonnte,  erhielt 
60  .^iebe. 

4.  ÄonfiöEation  beä  Sermögen«  War 
urfprünglic^  immer  mit  ber  {Jiisblofigfeit 
oerbunben ,  fpäter  fam  fre  in  Serbinbung 
mit  ber  Serbannung  ober  ber  Jobeäjirafc 
ober  and)  felbfidnbig  t>or. 

B.  ßebenä*  unb  ßeibeäfirafen. 

I.  2)ie  Jobesfirafe.  lacituä  ®erm. 
12  erwähnt  jweier  bei  ben  ©ermanen  an* 
gemenbeter  2obe«firafen,  beö  ^ufbängenä 
unb  tti  SerfenEenö  in  ÜJ^oor  unb  ©umpf; 
es  ifi  fein  3tt'ciftl.  t^Jf  noc^  anbere  lobe^* 
firafen  baneben  befianbcn  l)aben,  wel^e 
aber.  Wie  bies  aud^  fpäter  »orEam,  na(^ 
jeweiliger  JRcditöanfcfiauung  unb  ber  be« 
fonbern  ©itte  eines  Solfsfiammeö  »er« 
fc^teben  waren.  ^ant>  aui)  eine  gewiffe 
Sejieliung  fiatt  jwifcfeen  ber  Uiatur  bed 
Serbrecfeenö  unb  ber  Qlrt  ber  ju  wählen» 
ben  Sobesfirafe,  fo  war  bocf)  ber  ©itte 
unb  SBillEür  in  biefcn  3^^*^"  ^^^^  ^^" 
großer  ©pielraum  gelaffen. 

1.  (Sntl)aupten  fd^eint  bie  gewöhn* 
lic^jle  Sobeöflrafe  gewefen  ju  fein;  bie 
(Sntf)auptung  gefc^ab  mit  Sarte  unb 
©erleget:  ber  Verurteilte  legte  feinen  ^alg 
auf  einen  Stocf,  bie  Sarte  (Seil)  würbe 
barüber  gehalten  unb  mit  bem  ©d^legel 
ein  ©d^lag  getl)an.  SDie  Qlnwenbung  beä 
©^wertes  fd)eint  ebler  unb  friegerifc^er. 
2llte  ©itte  fcf)eint  es,  baf  baö  gefaüene 
|)aupt  in  bie  ^ö^e  gehoben  unb  gejeigt 
ober  auf  einem  ©peer  um^ergetragen  würbe. 
Qltle  übrigen  ©trafen  fc^etnen  me^r  al^ 
qualifizierte  gegolten  ju  l)aben,  bie  bei 
folc^cn  Serbredjen  jur  ^nwcnbung  famen, 
wo  neben  ber  unre(^tcn  ®ewalt  aud)  eine 
böfe  unb  niebrtge  ®efinnung  oorban* 
ben  War. 

2.  Die  weitpcrbreitetfie,  am  meifien 
übliche  pon  biefen  fc^eint  bas  .Rängen 
gewefen  ju  fein,  na^  alten  Formeln:  in 
ber  Ü3uft  reiten,  bie  8uft  über  fict)  jufam* 
menf(f)lagen  laffen,  ben  ^ft  bauen,  ben 
bürren  Saum  reiten.  Uralt  ifi  unb  in 
alten  beutfc^en  ÜJJunbarten  verbreitet  tai 
SBort  a\)t.  galgo,  ®algen;  aufer  bem 
®a(gcn  benu|.te  man  bcfiimmte  laublofe 
Säume  ober,  wenn  bicfe  ausfiarben,  ein« 
gerammelte  ©tämme   unb  $fäl)le.    ©tatt 


©trafen. 


647 


bcr  pnfencn  Seile  bref)te  ba«  einfache 
5tltettum  3^f^9«  ^o"  fttfc^em ,  jä{)em 
gießen»  über  SIBeiben^oIj,  mt)b.  ris,  wit 
(^ol})  unb  Wide.  Uralte  ©itte  [c^eint 
23ert)üflun9  bcö  iJlntli^eö,  oft  mit  einem 
f(f)h)arjcn  %uä).  5Da^  ®efic^t  beö  iBer= 
brec^er^  würbe  nad^  9'iorbcn  geri(f)tet.  3)ie 
Strafe  mürbe  meijt  in  ber  5lrt  üoUjogen, 
ta^  bet  Sob  fogicid)  beim  Qluffnüpfen 
felbji  erfolgte.  3n  i^^t  ©c^auPetlung  beö 
ä)Uftet{)iitcr«i  lag  ein  crfc^njerenbc^  SOJomcnt 
biefer  ©träfe,  bat)er  ber  ©algen  an  offener 
^eerfira^c  ober  bei  einem  (Sci)eibeweg  auf* 
gefleüt  rourbe;  ^bhtx  f)ängen  mar  nod^  eine 
befonbere  (Srfd)ttterung.  6ine  altertümlid^c 
©rfc^reerung  ber  ©atgenfirafe  »ar  eö  au^, 
ba§  SBöIfe  ober  ^unbc  neben  bem  93erur= 
teilten  aufgehängt  »nurben.  Rängen  roar 
bic  eigentlid)e  I>ieb|laI)Bflrafe.  ,^rauen 
foHten  nic^t  get)ängt  werben,  fonbern  ftatt 
bejfen  bem  25erbrenncn,  Srtränten  unb 
ii^steinigen  unterliegen,  (gonjl  gilt  Rängen 
nä(i)fi  ber  ^inrid^tung  im  23ert)ältniä  ju 
ben  anbcrn  üblid^en  Jobcöarten  aU  min* 
ber  t)arte  ©träfe. 

3.  iHäbern  ober  9tabebrcd^cn,  auf^ 
0tab  legen,  fommt  ebenfaüä  fef)r  früt)  Dor. 
S)ie  ©träfe  befianb  barin,  ta^  bie  ©lieber 
beö  SDJiffet^äter^  mit  einem  iRabe  jerfio^en, 
ber  Verurteilte  mit  verbrochenen  ®licbern 
aufg  ytah  geflochten  unb  fo  auf  einem 
*Cfaf)I  ober  ®algen  auägefteüt  rourbe. 
®rimm  nermutet,  ta^  t>ai  3«rfto^en  ber 
Olicbcr  mit  bem  „neun*  ober  äef)nfpci($igen 
SRabe"  crji  fpäter  entpanben  unb  man  ftatt 
beffen  früfier  mit  einem  SBagcn  über  ben 
9Jiiffett)dtcr  l)ergefa^ren  fei. 

4.  2)aö  Verbrennen  ijl  eine  fcf)on 
bei  ben  f)eibnifd)en  ©ad)fen  unb  ^raufen 
beäcugtc  Jobeöart,  namentli^  für  Sou^^crer 
unb  ©iftmifd^cr,  fpäter  für  Äe^er.  93e* 
fonberö  nai)e  lag  c« ,  bic  2)^orbbrenner 
felbft  biefer  S-obeäart  ju  meit)cn;  auc^  beim 
®t)ebru(i)  war  biefc  ©träfe  übU(^. 

5.  ©teinigen  wirb  in  norbif($en  unb 
frdnfifd^en  Dueflen  ermät)nt.  S5er  SWiffe* 
t^ater  würbe  an  einen  ©tamm  ober  $fa^I 
gebunben  unb  mit  ©teinen  nac^  i^m  ge* 
worfen. 

6.  ßebenbigbegraBctt  erwähnt 
S;acituö  ®erm.  12.  ©päter  galt  aU 
SRegcl,  wenn  Scanner  gctiängt  unb  ge* 
räbert  werben  follten,  foüe  man  SBeibcr 
„ber  Weiblichen  ©bre  wiüen"  Icbenbig  be* 
graben.  SÜUt  biefer  ©träfe  würbe  noci) 
fpäter  oftmals  baä  treiben  eineö 
^fat)Icö  bur^  ben  ßeib,  befonberä 
bei  Äinbeämörberinnen,  oerbunben.    2)aö 


Scrfenfcn  in  2Roor  unb  Vfü^en,  ba^ 
ßebenbigbegraben  unb  felbjl  tai  ©rtränfcn 
fcf)eincn  oEe  faft  nur  oerfd^iebene  formen 
einer  unb  berfelben  ©trafart  gewefen  ju 
fein,  wobei  oorjüglid)  baö  l)eimUc^e  ilöeg* 
t^un,  iai  (Sntjie^en  eineö  ctjrlic^en  93e* 
gräbnijfeö  in  iBetrac^t  fam. 

7.  ©rtränfen  war  »orjügti(^  ©träfe 
ber  5'^''"^"  ""^  S'iu^srinncn.  2)08 
©(^wimmen  ber  Srtrdnften  jU  tiert)inbern, 
banb  man  il)nen  ©teine,  3Qlüf)ljieine  um 
ben  ^alö;  erfcf)Wert  würbe  bie  ©träfe  ba* 
burc^,  ha^  man  bie  üJJiffet^ätcrin  in  einem 
©acf  mit  |)unb,  Äa^c  unb  ©i^Iange  jU* 
fammen  ertränftc. 

S)ic  übrigen  Sobcöi^rafen  ftnb  fcltenct 
erwäf)nt  unb  nicf)t  allgemein  angewenbet 
worben: 

8.  Qluöbärmen  galt  für  Söaumfd^älet 
unb  *)3f(ugräuber. 

9.  5Ieifc^fd)neiben  au^bcrSBtufi 
iji  ©träfe  beä  böfen  @d)ulbnerä. 

10.  Vierteilen,  mt)b.  zerliden;  oft 
gefcbat)  hai  fo,  ha^  einzelne  ©lieber  bcjt 
ÜJJiffct^äteräi  an  ben  ©cI)Weif  eineö  wilben 
SRoffe«  gebunben  unb  jerfcf)leift  ober  t>a^ 
2lrme  unb  %ü^t  an  mehrere  *Pferbe  be« 
fcfiigt  unb  biefe  nacf)  üerff^iebenen  ©eiten 
i)in  getrieben  würben.  Dft  wirb  biefe 
©träfe  in  ben  ©ebiditen  be^  farolingifct)en 
©agenfreifeö  r»erl)ängt. 

11.  3^i^treten  oon  *Pfcrben  wirb 
in  norbifc^en  ©agen  erwähnt,  unb  ifi  bem 
Berjlo^en  ber  ©lieber  burci)  SIBagen  ju 
üergleid)en;  fie^e  oben  3.  SRäbern. 

12.  ©leben,  in  ftebenbem  SBaffer 
töten,  fc^eint  an  Äe^ern  rtolipredt  worben 
ju  fein. 

13.  3n  ein  jleuerlofc^,  lecfeä 
©4)iff  fe^en,  fommt  bloö  in  Siebern 
unb  ©agen  »or. 

14.  Sieren  »orwcrfen  erfc^eint  auf 
beutfd)cm  3Boben  ebenfafl^  bloö  in  bcr  ©agc. 

II.  ßeibeöjirafcn.  *Mud^  bie  5ln* 
wenbung  biefer  ober  jener  ßcibeöflrafe 
jianb  oft  in  ber  ffiiHfür  iti  $Ric^ter«, 
wobei  neben  ber  ©ere^tigfeit  auc^  Üiücf* 
flehten  auf  bie  *Perfon,  beren  ©tanb,  ®c« 
fä^rlid^feit  u.  a.  leiteten.  9JJand^e  biefer 
©trafen  fonnten,  gleic^fam  ali  ©c^är* 
fungen,  mit  ber  ^obeöfirafe  ccrbunben 
werben. 

1.  Verfiümmelnbe  ©trafen.  Wo« 
burc^  ber  SÜJiffetbäter  eine^  ©liebet  ober 
©inneöwerfjeugcö  beraubt  würbe.  35a^in 
gct)ören: 

a)  ^anb  unb  g"^  abljauen,  wobei 
redete  ^anb  unb  lin!er  0u§  mel)r  galten 


648 


©trafen. 


ali  bic  anbern;  jene  fü^tt  baä  ©d^toert 
unb  fd^wingt  ben  ©peer,  mit  biefem  tritt 
ber  aJJann  in  ben  ©tcigbügel.  3n  Sßalbs 
»eiötümern  fommt  oft  ^b^auen  bci§  SDau* 
men^  oor. 

b)  Slenbcn,  fei  eö  blog  eine^,  fei 
eö  beiber  Slugcn. 

c)  Stbfcbneiben  ber  S'iafe,  eineö 
ober  beiber  D^ren  ober  fto^l  oon  ?iafe 
unb  O^ren  jugleid).  Sefonbcrö  ©Hawen 
mögen  mit  bicfer  ©träfe  belegt  tt>orben 
fein,  »eil  baburd^  i^xn  5trbeitfa^igfeit 
tticniger  gef(f)abet  njurbe. 

d)  Entmannung,  ©ei^cl^iebe  unb 
Entmannung  maren  bei  ben  falifcf)cn 
i^ranfen  bie  bciben  ©trafen  für  Unfreie; 
mer  bei  ben  g^^iefen  •§)ciligtümer  entrcei^t 
^atte ,  foHtc  Dor  ber  ^inri^tung  jucor 
entmannt  merben. 

2Beniger  allgemeine  unb  häufige  ©tra« 
fcn  berart  fc^einen  gen)efen  ju  fein:  5iu0* 
fc^neiben  ber  3""S^  bcfonber«  für 
23crläumber  unb  ißerrater,  5tbfc^neiben 
ber  Oberlippe  mit  ber  SJJafe,  5luÖ5 
brcd)cn  ber  SJorber jät)ne  bem  gegen* 
über  ber  ben  anbern  bei§t;  5lbfc^nciben 
ober  5tbf)aucn  einzelner  ginger. 

2.  ®  ei§lung  ober  ©läupung,  2luäs 
bauen  bc«  ÜRalefifanten,  ber  babci  an 
einen  ^fa^l  gebunben  ober  auf  eine  53anf 
^ingcftvectt  mürbe,  mit  SRuten,  SRiemen 
ober  ©triden  auf  bloßem  Qtücfen.  I)a= 
burd) ,  ba^  biefe  ©träfe  nad)  erfolgtem 
SRecbtöfpruct) ,  unter  5liiffi*t  hii  ®erict)tä, 
öffentlich  gefcl)a^,  unterfc^ieb  fie  ftd)  oon 
ber  blopen  3ü<^tigung,  mie  fte  bem  $errn 
gegen  feine  porigen  unb  felbji  gegen  bie 
in  feiner  SDJunbf^aft  ftcl)enben  gamilien« 
glieber  erlaubt  mar.  ®ie  Qai)l  ber  ^iebe 
roirb  in  alten  Solfärecftten  oon  40  big 
300  gebellt.  9?amcntli(^  Unfreie  muften 
ibrc  3Kiffetf)at  mit  i^rer  ^aut  bü^cn ; 
greie  mürben  nur  bann  biefer  ©träfe 
untermorfcn ,  menn  fie  nicfct  im  ©tanbc 
maren  bic  2?upc  ^u  bejal;lcn ;  erft  mit  ber 
Seit  mürben  unbcbingt  gcmiffe  9Wiffett)aten 
mit  förpcrlicbcv  3ü<i)ttgung  bebro^t.  S)ie 
törperlid^e  3üc^t'9unS  jog ,  menn  ein 
i^rcier  fte  erlitt,  ben  ißcrluft  ber  grei^eit 
teincömegs  nai)  fttf);  bagegcn  fd)eint, 
gleicbfam  aU  ein  SSePanbteil  ber  ©träfe 
felbfi,  hai  2lbf^ercn  ber  ^aare  bamit 
uerbunben  gctvefen  ju  fein. 

3.  ©c^inben,  Slbjieben  ber  ^aut  mit 
ben  paaren,  eine  ©träfe,  bie  für  fe^r 
fcf)impf[td)  galt;  aupcrbem  mar  im  5llterä 
tum  iiüd)  ein  befonbevci?  Diiemenfcfcnci* 
ben  au«  ber  ^aut  alö  ©träfe  betannt. 


4.  Sranbmarfen  mar  nid^t  blöd 
©träfe  megen  bcS  ©t^merjeö  unb  ©d)tm« 
pfeö,  fonbern  biente  auc^  baju,  ben  einmal 
SBerurteilten  unb  noc^  anbcrmeitig  93ejirafä 
ten  mieber  ju  erfennen;  eö  gefd^a^  meiji 
burc^  Einbrennen  eine^  ©c^lüffelö  in 
2ßange  ober  ©tirn. 

5.  2Ber  jemanben  mit  einen  SDteffer 
gefiodicn  liatte,  bem  foUte  baöfelbe  ÜJlcffer 
üor  ®erid)t  burc^  bie  ^anb  gefc^la« 
gen  merben. 

6.  Unt)orfä^licf)e  üJiörber  mürben  im 
SKittelalter  fird)lid^  anget)alten,  mit  fdjmes 
ren  Äetten  ober  ^Ringen  um  ben  8eib  ober 
bie  5lrme  belai^et,  SBaKfalirten  ju  tl)un. 
3n  leid)teren  gäüen  mu§te  ber  SWörber 
menigpcnä  an  l^oben  %i^tn  cntEleibet  unb 
nacft  biä  jum  ®ürtel  cor  ber  *}}roceffion 
jiel)cn,  in  jeber  ^anb  eine  gebunbene  SRute, 
unb  ftc^  felbji  fc^lagen,  ia^  eö  blutete, 
unb  bie  93anbe  tragen,  biö  fte  abfielen. 

III.  grei^eitöürafen.  1.  ©fla* 
»er ei.  SBer  in  alter  3eit  einen  ^^riebcnö* 
brucf)  mit  ®elb  ju  füt)nen  unoermögenb 
mar,  mürbe  ©flaoe  ober  poriger  feineö 
©d)utbnerö ;  ja  nad)  einigen  ©efe^en  mar 
eö  ibm  fogar  gejiattet,  x^iaM  unb  ^inber 
in  bie  ^örigfeit  ju  geben,  um  für  i^n  bic 
©d)ulb  mit  abjuocrbienen.  Dlad^  anbern 
©cfe^en  Eonnte  ein  9D^iffett)äter  überl)aupt 
bem  SBerle^ten  ober  9'cad)ftbeteiligten  in 
beftänbigc  Äneditfc^aft  Eingegeben  merben. 
S)em  ®rab  nad)  fd)eint  bie  Eingabe  in 
®flat)erei  ber  Sobeöfirafe  am  näd)fien  ge* 
fianben  ju  baben.  2n  beutfd^en  t>on  ber 
Äiri^e  beeinf(u|ten  93olföred^tcn  mirb  auc^ 
©onntagsentljeiligung  unb  El^ebruc^  mit 
biefer  ©träfe  belegt. 

2.  *Berbannung.  SBa^renb  bie  ^^lud^t 
auö  bem  ßanbe  früber  eine  notmenbige 
golgc  beä  griebeneocrluileö  mar,  um  ta' 
bur(^  ber  Derl)ängten  ftraflofen  Rötung 
ober  ber  ^inrid)tung  ju  cntgel)cn,  mürbe 
bic  Verbannung  fpiiter  i^u  einer  befonbern 
greil)eitöftrafe.  ©ie  erfc^eint  aber  in  ben 
Jicc^tequellen  mel)r  eine  »on  bem  Äönig 
ober  ^erjog  als  l)öä)ftcm  JRi^ter  in  ben 
il)m  geeignet  fd)einenben  fallen  millfür= 
lid),  oft  an  ©teile  anbcrer  ©trafarten 
auferlegte  ©träfe  gemefcn  ju  fein.  S)ocE 
fommt  bic  Setbannung  aud)  in  anbern 
SSerbaltniffcn  cor.  Sfficnn  bie  ÜJtarfge« 
noffcn  ober  ©aubcmobner  einen  23erbrc(^er 
aus  ibrer  ®emein[d)aft  fc^lic^cn  moEten, 
jerfiörten  fte  i^m  fein  .^»auö:  hai  "i^cnS) 
mürbe  abgetragen,  hai  2;i;)or  cerpfäblt,  ber 
©runnen  mit  Erbe  jugebecft,  ber  Ofen 
eingefc^lagcn.    •päufig  mürben  im  2)Jittel= 


©trafen. 


649 


alter  bic  2Bo^nungcn  Don  Äapitabers 
bred^crn  jcrjiört,  abgcfe^en  ton  ber  fonft 
über  pe  »erhängten  ©träfe.  3"  bie  SBurg 
Dcrurteiltet  3flitter  rourbe  ein  Ä reu j  ge- 
riffen,  b.  ft.  bie  SOJauer  üon  »ier  ©citen 
^er  bur(f)brod)en.  2)er  non  ber  ®cnoffcn= 
fc^aft  freier  Scanner  5luögefct)Iof['cne  burftc 
fortan  feinen  Umgang  mit  it)nen  feaben, 
ben  Sßerfammlungen ,  ©cric^ten  unb  im 
^eibentum  ben  Dpfern  nic^t  beiwohnen, 
mu^te,  tttenn  er  i^nen  auf  bem  SBeg  be- 
gegnete, auött>eid^en.  3!)littelalterli^c  ^ot* 
mein  bafür  finb  einen  erlös  und  recht- 
los sagen,  künden,  bannen,  verbannen, 
verfesten ,  verweisen ,  verschalten ,  ver- 
femen ,  verzelen ,  aechten ,  einen  aller- 
menniglichen  erlonben.  2BaIbgang  ^ie^ 
in  ältejier  3eit  ber  ^ärtejle  ©rab  ber  23er* 
bannung,  ber  Verbannte  SB  albmann, 
SBalbgänger,  aud)  wargus  =  2Bolf 
unb  [Räuber,  njeil  ber  iBcrbannte  gleich 
bem  9taubtier  ein  93ett?oI)ner  beö  SBalbe^ 
iji  unb  gleich  bem  Sffiolf  ungejiraft  erlegt 
»erben  barf.  5Bermicfene  räumten  bar« 
fu^,  entgürtet,  unb  einen  ©tab  tra* 
genb  ta^  Sanb;  i^n  foüte  niemanb  be= 
Verbergen  unb  fpeifen.  !Die  ^luöj^lie^ung 
auö  ber  ©cmcinfd^aft  ging  junäc^fi  nur 
ba«  engere  iBerf)äItniö  an,  bie  ÜJtarf,  ben 
®au,  fpäter  anä)  bie  ©tabt;  e8  gab 
aber  aud^  ißert)ältniffe,  Wo  ber  SSerbre^er 
beä  grieben^  im  ganzen  SSoIf  »erlu^ig 
h)urbe.  2)ie  Äircfce  [e^te  fpäter  oft  an 
©teüe  beg  weltlichen  Sänne«  bie  aBall« 
fa^rt  an  beilige  Drter,  wobei  ber  SBer* 
Brecher  93anbe  unb  ,Kettc  trug,  grauen 
unterlagen  beö^alb  ber  a3erbannung  nid^t, 
Weil  fte  nic^t  in  ber  ®emeinf(f)aft  ber 
freien  ÜWänner  fianben.  SanbeöDermiefcne 
burften,  wenn  fte  ftc^  bei  feierlictiem  ©in? 
jug  ber  gürjien  an  beffen  SBagen  ober 
$ferb  hielten,  ftc^er  jurücffeljren. 

3.  ©efängniöfirafe,  äeitweilige  unb 
Iebenölänglici)e,  wirb  juweilen  erwähnt; 
fte  fam  au«  ben  römif^en  eroberten  San« 
bem,  unb  wenn  gleidb  Äarl  b.  ®r.  befaf)l, 
ba§  jeber  ®raf  in  feiner  ®raffd)aft  für 
ein  gehörige«  ®efängni«  forgcn  foüte,  fo 
fehlte  c«  boc^  no(6  fpäter  oft  an  Qlufbe« 
wa^rungöorten  für  Verurteilte. 

IV.  S^renjirafen.  S)iefe  ftnb  in 
ber  frü{)eren  3fit  minbejlen«  feiten  gewcfen 
unb  fct)cinen  erji  mit  ber  befiimmteren  Itu«« 
bilbung  eine«  ©tanbe«,  ber  auf  beoorjugte 
6t)re  Qlnfprud)  machte,  auögebilbct  unb 
üblicher  geworben  ju  fein. 

1.  Jßiberruf  unb  Qlbbitte.  SBct 
ben  anbern  ^efd^olten,  i^m  ein  Scrbre^en 


üorgeWorfen  t)atte,  oI)ne  e«  bewäbren  ju 
fönncn,  muf te  ftd^  öffcntlid)  auf  ben  ^vmi 
fdblagen  unb  fagen:  ÜJJunb,  ba  bu  tai 
SBort  rebete)^,  logefi  bu! 

2.  ©d)impfli(i)e  Srad^t,  wie  ba« 
Qlbfd^neiben  be«  ^aare«,  ba«  Mrjen  be« 
langen  ®ewanbe«,  beibe«  befonber«  bei 
grauen,  bie  il)re  Unfd)ulb  nid^t  beweifen 
fonnten. 

3Unterfagung  berSBaffcnunb 
ritterlichen  ®erätc«.  Sin  e^rlofer 
SRitter  foüte  ©tiefel  o^ne  ©porn  tragen, 
ein  $ferb  ot)ne  ^ufeifen,  o^ne  ©attel  unb 
mit  bajienem  Qanm  reiten ;  iai  ^ie^  ml)b. 
einen  von  Schildes  ambet  scheiden  und 
rechtlos  sagen.  Sbelleuten,  bie  [xd)  »er« 
gangen  I)atten,  Würbe  tai  %\\ä)tuä)  jer« 
f(f)nitten  unb  bai  Srot  terfc^tt 
gelegt. 

4.  ©t)mbolifc^e  ^Projeffion.  2)ie 
SRiffetljäter  mu§ten  in  bemütigenbem  3ln« 
jug,  ein  3^^^^"  ^^'^  cerwirften  ©träfe 
auf  il)rem  ^al«  ober  (Rüden  tragenb,  Dor 
i^rem  ^errn  erf(f)einen  unb  eine  norge« 
f^riebene  ©trede,  9ewöt)nlicf)  bi«  jur 
®rcnje  be«  ®au«  burdoWanbern ,  glei*« 
fam  bamit  i^re  (Entehrung  jebermann  im 
ßanbe  befannt  würbe.  6ble  unb  greic 
trugen  ein  blo^c«  ©c&wert.  Unfreie  ben 
©trang  um  i^ren  ^al«,  jum  ©pmbol, 
i>a^  fte  »erbient  ptten  entbauptet  ober  ge« 
fangen  ju  werben.  5IRiffetbäter  trugen 
auc^  SRuten  ober  Sefcn  in  ber  ^anb, 
jum  3cic^en  be«  »erwirften  ©taupenfc^lag«, 
wie  bem  ergriffenen,  oor  ®eric^t  gefc^lepp« 
ten  2)ieb  ©^ere  unb  33efen  auf  ben 
SRüden  gebunben  würbe,  ©bie  ißcrbrec^er 
trugen  |)unbc,  wot)l  um  anjubeutcn, 
ba§  fte  wert  wären,  glei^  einem  |)unb 
erfc^lagen  unb  aufgepngt,  an  ber  ©eitc 
eine«  |)unbe«  aufgehängt  ju  werben. 
a3lo§e  greie  ober  S)icnjimannen  trugen 
©ättel.  Unfreie  ein  *Pflu grab,  grauen 
trugen  ©teine  um  ben  ^al«. 

5.  (Sfelritt.  (Sine  grau,  bic  i^ren 
ORann  gefd^lagen  ^atte,  mufte  rücf  wärt« 
auf  einem  Sfel  reiten  unb  beffen 
©c^wanj  ^altenb  buxä)  ben  ganjen  Drt 
sieben.  5i^nlicl)e  (J^renPrafen  ftnb,  l)inter* 
rüd«  auf  einen  weisen  ®aul,  ober  auf 
einen  fc&warjen  2Bibber  gefegt  ju  werben. 

6.  2)a(|)abbecEung  ifl  ebenfaü« 
eine  ©träfe  für  ben  Seemann,  ber  ft^ 
oon  feiner  eigenen  grau  ^at  raufen,  fc^Iagen 
unb  fc!^elten  laffen. 

7.  ÜRit^ec^  befireic^en  unb 
in  gebern  wäljen. 

8.  oranger;   ber  Verbrecher   wirb 


650 


©traföetfa^ten. 


an  einen  auf  bcm  ®tüä)tipla^  ober  fonfi 
öffentlii^  fic^enben  *P  f  a  ^  1 ,  93  I  o  d  ober 
Stein  gebunben,  angefd^Ioffen  ober  ein« 
gcfpannt  unb  ben  93Iic[en  be^  SBolfe^  auö* 
gefieüt;  bicfer  @d)anbpfa^I  ^ei^t  in  9?te= 
berbeutfd^Ianb  ^ati,  in  ©c^njaben  bie 
®  (f)  r  a  i  a  t ,  in  Saiern  bie  ^  r  c  d)  e ,  m 
9torbbcutf(i)Ianb  bie  ^f  i  e  b  e  I ,  in  ©c^wa* 
ben  bie  0  e  i  g  e.  pariere  ©träfe  ift  ber 
6  d&  a  n  b  f  0  r  b  ,  ber  für  Oartenbiebc, 
jäntifc^e  SJÖeiber  unb  @|ebrcci)cr  gebraucht 
würbe,  unb  baö  2lufi^ängen  im  Äefid^- 

9,  ,  U  n  e  b  t  H  c^  e  ä  93  e  g  r  ä  b  n  i  g. 
Sotc  Übeltäter  unb  93erbrec^er  tt)urbcn 
auf  ben  Ä  r  e  u  j  tt)  e  g  begraben,  unb  nicf)t 
über  bie  ©  c^  tt>  e  1 1  e ,  bereu  ^eiligfeit 
nid^t  entweiht  njerben  burfte,  auö  bem 
j^au^  getragen,  fonbern  buni)  ein  fiod^ 
unter  ber  ©(^njelle  ^^ergefc^Ictft;  fo  ber 
beim  Sinbruct)  erfc£)lagene  9ia^tbieb  unb 
ber  Äe^er,  namentlich  aber  ber  ©elbfi= 
mörbcr. 

Utaä)  gßilba,  ©trafrcc^t  ber  ®er* 
manen,  ^aHe  1842 ;  3.  ®  r  t  m  m  ,  SReditö^ 
altertümcr,  680—744 ;  2ß  a  1 1  e  r ,  9iec^tö* 
gefc^id)te.  SBgt.  25  r  e  p  e  r ,  antiquari[d)e 
änmerfungen  über  einige  in  bem  mittleren 
3eitalter  in  Seutfd^Ianb  unb  bem  Sfiorben 
übliä)  gemefene  ßeben§=,  ßeibeö*  unb(5bren= 
ftrafcn,  Cübecf  1792  unb  Ä  r  i  e  g  f ,  S)eut« 
fd^eö  93ürgertum,  I.  9lbfc^n.  XI,  Äriminal^ 
jufiij  unb  9lb[c^n.  xn,  2>ie  kriminal» 
firafen;  ©  cf)  u  I  ^  ,  pfifd^e^  ßeben,  H, 
149—157. 

©trafticrfa^tcn.  3n  biefem  9trtiEeI  foKen 
alö  ©rgänjung  namentlid)  beß  2lrtifelg 
Ding  einige  ©eric^töattertümer  befpro^ 
d^en  tt)erben,  ttiobei  befonberg  ©rimmä 
SRed^töaltertümer  93ud)  VI,  Aap.  V 
unb  VI  unb  2ß  a  1 1  e  r  «  Gtec^tögefc^ic^te 
al^  DueÜen  bienen. 

1.  ßabung.  ©d^on  früt)  im  SDlittel* 
olter  ttjurbe  tai  gebotene  ®eriä)t  be> 
läutet  unb  befdjreit.  S)ie  ®Iode 
rief  alle  ^^rcien  unb  bie  Urteler  inöbefon= 
bere  ju  il)rem  SRcc^te,  njie  bie  Äirc^englode 
jum  ®otteöbienjt ,  bie  ©turmglocte  gegen 
^einb,  S!}Jörber  unb  treuer  aufrief.  jDer 
®  e  g  n  e  r  bagcgen  mürbe  in  ber  dltefien 
3eit  o^ne(Jinmif(i)ung  beö  JRic^terö  gerufen; 
ber  Kläger  fclbfi  forberte  feinen  ©c^ulbner, 
in  Seifein  t>on  S^ufif"'  ^""^  ®eri4t;  ber 
5lu«brud  bafür  ifi  a^b.  manön,  nfeb, 
mal)  neu.  3u  bcm  (Snbc  »erfügte  ftd) 
ber  klüger,  »on  3^U9f"  begleitet,  ju  ber 
SEßoljnung  beö  ©d^ulbnerö,  forberte  it)n 
noc^malSi  feine  SöetbinbUc^teit  ju  erfüllen 
auf  unb   beflimmte    bcm  2Beigcrnbcn  ein 


®eri(^t.  SBurbe  bie  ßabung,  wai  fpäter 
auffam,  toon  bem  IRid^ter  ober  beffen  93oten 
üorgenommen,  fo  ^ie§  jte  93ann;  biefer 
gcf^al)  münblic^,  ober  fpäter  au^  fc^iift« 
li^,  burc^  ben  ®crict)t^boten ,  ber  unter 
Umjlänben  bie  ßabung  an  bie  %'^üxt  jiecEen 
unb  ftenfen  burfte.  ®emaltfam  fonnte  in 
ber  SRcgel  fein  freier  »or  ®eric^t  gebracht 
merben,  am  wenigPen  nac^  ber  erjien 
ßabung;  fold)er  ßabungen  aber  maren  in 
ben  alten  SBolE^red^ten  brei  biä  fteben  öor= 
gefc&rieben.  93ei  ben  böl)crn  ©täuben 
mußten  big  in§  15.  3i|it^un^«t  jur 
ßabung  Ebenbürtige  gebraui^t  merben. 
Über  bie  gefe^lic^  geftattetcn  Cntfc^ulbi* 
gungägrünbe    fte^e  ben  31rt.  ehaftiu  not. 

2.  Regung  beä®eri(^teö.  Die 
feierli($e  ^ufPeüung  beö  ®erid^tcö  l)ic§ 
gerihte  hegen,  eigentlich  mit  einem  ^ag 
abfct)licBen.  (So  fd)eint,  ta^  beim  ©i^e 
beg  5Ri(I)terö  ein  ©  c^  i  1  b  aufgehängt 
mürbe,  »ietleid^t  an  einem  in  bie  (Srbe 
gefiecften  ©peer;  bie  gewöhnlichen  ®eric^te 
mürben  aber  feit  bem  STcittelalter  blo« 
burcb  ©pannung  ber  93anf  unb 
mit  bem  ©tab  gehegt;  am  ©d)luffe  beö 
®erid)teö  pflegten  bteöänfegcjiürät 
(jufammengemorfen)  ju  werben.  (Jrfie^ 
©efc^äft  be«  9iid)tcr0  ifi,  ©tille  ju 
gebieten,  ®  er  i  c^  t  ^  f  ri  c  b  e  n  jU 
bannen,  ban  und  frid  gebieten.  Sig 
wieweit  ber  Umftanb  (bie  Umftcbenben) 
bem  gehegten  ©eridit  na^en  burfte,  be* 
fiimmte  entWeber  ©eil  unb  ©c^ranfen  ober 
befonbere  Sßerfügung.  g'^^^'^e  rnupten  ftd) 
in  noc^  weiterer  gerne  tjalten;  Überfd^rei* 
tung  ber  gefegten  ©d)ranfe  würbe  l^art 
gebüßt. 

3.  ©  t  r  e  i  t.  Der  ^rojc|  Würbe  aU 
ein  Äampf  gebadE)t;  ber  Kläger  greift  an, 
ber  93eElagte  wef)rt  fic^;  bie  ßabung  ifi 
eine  Äriegöanfünbigung,  bie  ®emeinbc 
fc^aut  JU  unb  urteilt,  wer  unterlegen  fei; 
3eugen  unb  ÜJJitf^wörenbe  belfeu  auf 
beiben  ©eiten;  juweilen  löfi  fid^  iaii  gauäc 
SSerfa^iren  in  baei  ©otteöurteil  cinc^  leib« 
lid^en  3>üeitampfeg  auf.  Älage  unb  9lnt^ 
wort  unb  ta^  übrige  23erl)alten  cor  ®e= 
rid^t  War  an  genau  abgemeffene  91uöbrüde 
gebunben.  Der  ®ang  ber  Sßer^anblung 
war  ängfilid^  abgemeffen  unb  bie  %ui= 
brüde  für  t>a^  (Sinjelne  fo  genau  »orge» 
jeid^nct,  ba§  bie  fleinfte  9lbweict)ung  dladj^ 
teil  unb  ®efat)r  mit  fic^  füt;rte. 

Ä  1  a  g  e  ifi  urfprünglid^  tai  ®cfd)rei, 
mit  bem  man  feinen  Qlnfläger  befc^ulbtgt, 
ba§  eö  möglid)ft  aüe  l)ören,  unb  bie  ^ilfe 
bed  SRic^terä  anruft.    91Birtlic^  war  eö  im 


©traföetfa^rcn. 


651 


SWittelalter  6itte,  baf  ber jenige,  ber  bcn 
SJerbred^et  auf  ber  Z^at  ertappte  ober  [elb|i 
»ergensaltigt  »rorben  wax,  bai  (Sefc^rci, 
m^b.  baögerüefte,  ben  wuof  ober  wuoft, 
er^ob;  biefem  SBaffenruf,  woju  no^  Um» 
fittitbcn   baö  ßärml)orn   geblafen  unb  bie 
©turmglocfe    geläutet   tüurbe,   voax   jeber 
®rtt)ad)fene  bei  Strafe  ju  folgen  »erbun* 
ben.    ^atte  man  ben  iBcrbrec^er  eingefan» 
gen,  fo  50g  man  jum  SRic^ter,  ber  aläbalb 
baö  ®erid)t  »erfammelte.    S)cr  ßcidbnam, 
bie    gefiot)Ienc  ©act)e   ober  anbere  SBaf)r= 
jei^en    ber  Z^at  mußten  »or  ®crid)t  ge» 
bra(f)t  hjcrben,    tvai  ber  blickende  schin 
ober  scMb  ^ie^ ;  fpdter  mu§te  tt»enigftenö 
bie   abgelcfie   lianb   alä   ß  e  i  b  j  c  i  d)  e  n 
»orgelegt  n)erbcn,   biö  jule^t  bie  Seft(^= 
tigung    ber  6ct)öffen   unb   haii  ^rotoEoü 
ber  ©eftion  auffam.    'Und)  »or  bem  »er- 
fammclten  ©eric^t    mürbe   bie  ^lage  mit 
©erüfte    ert)oben,    ttielc^e«    aud)    bei 
Älage    auf    übernä(l;ti9e    Zi^at    eintrat. 
3n    biefem    %aU    fonnte    nac^    uraltem 
Sßrauc^    ber  Seflagte   umringt   t>on  iöer^ 
hjanbten  unb  greunbcn  cor  ®erid)t  treten, 
bocf)   war  im  SWittelalter  bie  Sa))l  bcrfel* 
ben    auf    breifig    ^öd)fienö    mit    einem 
©c^merte   Semaffnete   eingefd)ränft.     93c« 
fonberei  auögcbitbet  mar  bie  ^lage  megen 
Sobfcfclag  unb  SBunbcn.   ^uä)  \)in  mufte 
ber    Sote    mitgebracht    merbcn;    ja    nad) 
einigen  SRed^ten  mürbe,  menn  ein  ®erid)t 
nic^t  gleid)  ju   Ijaben  mar,    bie  ßeid)e  in 
einem  %a^  mit  Äalf  unter  ©iegel  aufbe= 
mabrt  unb  bamit  geflagt.    Soor  bem  ner« 
fammeltcn    ©erid^t    ert)oben    ber   Äliiger, 
feine  iBermanbten   unb   greunbe   mit  ge« 
jogenen   ®d)mertern   baö   breimalige  ®e* 
fc^rei,  fte  t>  e  r  f  c^  r  i  e  e  n  bcn  SDJörber,  in* 
bem  fte  icbeömal  ben  loten  ctma^  nät)cr 
brachten.    Dfiadjbem   ein  Urteil  il)nen   bie 
©^merter    einjut^un    geboten    unb    ber 
©d^ult^eiB   mit   ben  ©(|öffcn  ben  ü)Jorb 
befeftcn   Ratten,    rief  ber  ©d)ultl)ei§   ben 
33erftagtcn  breimal  mit  SRamen  auf,  unb 
menn  berfelbe  nid)t  anmcfcnb  mar,  mürbe 
ein  Termin   über   14  D^ac^te  gefegt,   unb 
baö  ®eri^t  gab  Urlaub  ben  Joten  ju  be* 
graben;  bod)  mürbe  an  einigen  Orten  hai 
Mutige  ®emanb  ober  bie  rcd)te  |>anb  ju* 
tüdbe^alten,  mand)mal  aber  fiatt  ber  le^« 
tcrn  eine  mäi^ferne^anb  gugelaffen. 
931ieb   ber  33erElagtc   im   brüten  Termine 
auö,,fo  mürbe  er  in  bie  ÜJIorbadjt  erflärt. 
Über  bie  93emei^mittel  (5ibmit(£ibeö  = 
Iielfern,  ®otte0urteile,  3meifampf , 
fpäter  Tortur  ftef)e  bie  befonbern  5lrtiEel. 
4.  aSerurteilung.    Urteil  mar  tiie 


5lntmort  ber  ©cfeöffen  auf  bie  ibnen  oom 
{Rid)tcr  gefieüte  ^rage.  5tbftimmenbc  Ur» 
teuer  pflegten  mol)l  mit  einer  ^otmel  ju 
fd)lie§en ;  ;\.  93. :  kunne  anders  ieman  iht 
gesagen,  der  spreche  sunder  minen  zom. 
®emöt)nlid)  galt  ©timmcnme^rl)eit.  ^J  0 1 g  e 
^ei§t,  menn  bem  Urteilenben  bie  übrigen 
©c^öffen  ober  auc^  bie  umjle^enben  freien 
Scanner  beipfli(^ten :  „ein  unerfolgtcÄ 
Urteil  ifi  fein  Urteil",  ©in  gefunbened 
Urteil  anfechten,  ^ie^  eä  fc^elten  ober 
trafen,  ma^  urfprünglid)  burc^  ein 
®otteöurteil  gefd)ef)en  fonnte.  ©päter  mar 
bie  gemöl)nlid)c  SIßirfung  beö  ©^clten^, 
ba|  ber  ©treit  for  anbere  Urteiler  ge» 
brad^t  mürbe,  cntmeber  unter  95orft^  bee» 
felben  JRi^terä  ober  bei  einem  l)öl)ern  ®e» 
rid)t.  föinem  93erbrcd)er  fc^mere  ©träfe 
juerfennen,  t)ie§  il)n  tierjät)len,  al)b. 
firzellan  ober  firtuoman,  firtuon,  firwäzan ; 
bie  ©cfcöffen  l)oben  babci  it)re  t^inger  auf. 
©ine  93erurteilungöformel  ber  SUerban* 
nung  unb  23erfebmung  lautet  3.  93.: 
„beö  urteilen  unb  ächten  mir  bid)  unb 
nel)men  bid)  »on  un^  auä  allen  red)ten 
unb  fe^en  bic^  in  aüeö  unrecht,  unb  mir 
teilen  beine  mirtin  ju  einer  mi§enbaften 
mitemen  unb  beine  finbcr  ju  ebe^aften 
maifen,  beine  lcl)en  bem  berren,  üon  bem 
fie  rühren,  bcin  erb  unb  eigen  bcincn 
finbern,  bein  leib  unb  fleifc^  ben  tieren 
in  ben  mälbern,  ben  Bögcln  in  bcn  lüften, 
ben  fifd^cn  in  ben  mögen;  mir  erlauben 
bic^  anä)  männiglic^  allen  fira§en,  unb 
mo  ein  ieglid^  man  frib  unb  gelcit  l)at, 
foltu  feinö  ^aben  unb  mcifen  bi^  in  bie 
öier  fira^en  ber  mclt."    Ober: 

„ber  f  d)  a  r  f  r  i  d)  t  e  r  foU  x\)n  führen 
auf  freien  pla^ ,  ba  am  meifien  oolf  i|i, 
unb  mit  bem  fdi)mert  feinen  leib  in  jmei 
jlücf  fd)lagcn,  ta^  ber  leib  hai  größte  unb 
ber  fopf  hai  fleinfie  teil  bleibe;  [ip  einer 
jum  ©trid  ocrurteilt:]  foU  ibn  führen  bei 
einen  grünen  bäum,  i>a  foU  er  it)n  an* 
fnüpfcn  mit  feinem  beften  b^lä,  ba|  ber 
minb  unber  unb  über  ibn  äufammcnfdilägt; 
auc^  foU  ibn  ber  tag  unb  bie  fonne  an« 
f(^cinen  btei  tage,  alsbann  foü  er  abgelöfi 
unb, begraben  merben." 

Über  einen  jum  lob  SSerurteilten  mürbe 
ber  ©tab  gebrochen. 

5.  .^  i  n  r  i  d)  t  u  n  g.  ©trafen  ju  ootl* 
jireden  fc^eint  urfprünglid)  nid)t  baß  9lmt 
bcftimmterßeute  gemefen  jufein;  miebie®e= 
meinbe  felbft  baä  Urteil  fanb,  mu§te  jte  auc^ 
an  beffen  93otljicl)ung  .^»anb  legen  ober  jte 
etma  bem  Kläger  unb  feinem  Qln^ang  über* 
laffen.    Sninid^in  beforgte  fc^on  fe^r  früb 


652 


©tricfcrci  —  ©tjnobcn. 


meificnteil«  ber  ©erid^täbotc  bie  ^intidjtung. 
©d)crgc  unb  ^ronbotc  waren  anjcfcliene 
ßeute.  5lltc  IRatncn  berfelbm  ftnb'scarjo, 
■wizinari ,  wiziscalh ,  jüngere :  genfer, 
9?a4rid)ter,  @d)arfri^ter,  ®toder, 
aWetficr,  «Unglimann.  SBeil  aber  ju 
©c^ergen  unb  ®crtcf)töbienern  unfreie 
ßeute  genommen  werben  fonnten,  alfo  bie 
Einrichtung  in  fnecf)ti[c^e  ^dnbc  ju  faflcn 
pflegte;  roeil  e^  bem  natürlichen  ®efül)l 
wiberftrebtc,  ha'e  ficf)  ein  TOenfc^  baju 
Vergab  unb  glei(|fam  fein  ©efc^äft  barau^ 
ma^te,  anbere  umä  Seben  ju  bringen,  fo 
trennte  fict)  mit  ber  3fit  ^»"^  ^mt  i'cö 
^enferö  oon  bem  beö  ®crid)töbotcn  unb 
jencö  fanf  in  SBcracf)tung,  3ebe  Strafe, 
bie  ber  genfer  üoüjog,  Peruncfirte ;  jebe 
a3erüf)rung  »on  feiner  ^anb  befdbimpfte. 
!inan  mieb  feinen  Umgang,  bei  ber  *lluö* 
teilung  be^  5lbenbma^lö  mu§te  er  es  ju 
aüerle^t  nebmen.  9^ur  in  Stotfäüen,  wenn 
ber  ©(^arfrid^ter  mangelte  ober  nid^t  allein 
fertig  werben  fonntc,  "trat  bie  SBerbinblid^» 
feit  ber  ©emeinbe  I)eroor,  $ilfe  ju  leifien, 
unb  fie  mufte  aläbann  förmlid^  »on  i^rem 
JRid&ter  aufgcforbert  werben,  ^n  einigen 
Drten  (j.  93.  in  ^Reutlingen)  würbe  bem 
unterfien  Schöffen,  an  anbern  (j.  iß.  in 
frdnfifc^en  ©egenben)  bem  jüngjlen  e^c* 
manne  bie  Einrichtung  aufgetragen.  (Sigcns 
tümlid)  war  ber  ©ebrauc^,  mehrere  ^cr» 
urteilte  an  einanber  felbfi  bie  ©träfe  öoHs 
firecfen  ju  laffen. 

©triderei.  (Srfunben  würbe  fte  um  1550, 
wabrfcbeinlid)  in  Spanien  unb  befaßte  ftc^ 
anfängli^  mit  ber  llnfertigung  mannlid^er 
Sßeinf leiber ,  ber  „2ricot",  bie  biä  babin 
aui  mehreren  ©tücfen  jufammengenä^t 
Waren.  SRamentlic^  bie  feibenen  Iricotg 
Waren  febr  gefcbä^t.  E^inrid)  VIII.  »on 
®nglanb  lief  ftc^  1547  hai  erjie  ^iaax 
aue  ©panien  fommen.  E^im^ic^  H-  oon 
^ranfreid)  erfc^ien  1559  ebenfaüö  .in 
STricot«.  aBiüiam  See  erfanb  1589  bcn 
©trumpffiridiiubl  SU  dambribge;  ba  aber 
bie  E'>"^l^'^i*er  beffen  Äonfurrenj  fürd)« 
teten  unb  ber  Äönig  ibnen  bcifiimmte,  f[of) 
ber  (Jrpnber  nac^  *Pariö  unb  lie§  ftd)  bann 
in  iRoucn  nieber. 

©trüm^jfc  Waren  anfangt  t>on  ficber 
ober  SBoÜcnjeug  genät)t  unb  mit  ben  ^ofen 
üerbunben.  (©trumpfljofcn.)  Um  1550 
!am  bie  ©trieferei  auf  unb  jwar  bie 
©trumpffiricfcrei  burd)  (Slifabetf)  üon  (5ng= 
tanb.  2)ic  ©trumpfe  würben  fortan  ge« 
trennt  con  ben  ^ofen  getragen  unb  aui 
SBoüe,  Saumwoüe  ober  ©eibe  ^ergefteüt. 
3)er  ©trumpf  war  faltenlo«  an  ben  Unter* 


fc^enfel  gepaßt  „wie  baö  ^eü  einer  Itom» 
mel",  unb  balb  würbe  er  mit  oerjierten 
3wideln  unb  föfilid^en  ©trumpfbönbern 
bcrart  au^geftattet,  ta%  bie  ©ittenrid^tet 
i^m  ben  Ärieg  crftdrten.  ©efonber^  be« 
liebt  waren  bie  weisen  ©trumpfe  a\xi 
Filet  de  Florence.  3)ic  ©trumpfe  jd^I« 
ten  auc^  ju  bcn  Ärönungöinftgnicn. 
©iebe  bort, 

©tu^I.  2Bic  anbere  je^t  notwcnbige 
3immcrgerdte  f  ommt  ber  ©tubt  im  früfieren 
SDiittelalter  no^  feiten  oor,  eigentlich  nur 
alä  ^xadjU  unb  S^ronjiu^l  für  ^o^e 
ÜBürbcntrdger,  etwa  auc^  alö  (J^rcnft^ 
für  ben  Eau^oa^ei^  "ni»  für  grembe.  I)ic 
gamilic  fe^te  fi(^  auf  ©c^emel,  ißdnte, 
Sru^en  ober  Eütfc^en,  Älappjlüble  unb 
©effel.  Qlm  ©d^luffe  be«  11.  Jafir^un* 
bertö  finbet  man,  jwar  immer  noc^  nur 
bei  ißornebmen,  ©d^emel  mit  SRüdcnle^nen, 
alfo  Eoläjiü^le,  im  täglichen  ©ebrauc^. 
3nr  13.  3a^i^f)unbert  wirb  bie  @i|plattc 
fcc^ö=  bi^  ad^tedig  unb  tai  ®erdt  ^at  ent» 
fpred)enb  bie  gletd)e  ^al)l  oon  ©tü^en 
ober  Seinen.  %üi  ben  SRi^terfiubl  ia» 
gegen  be|iet)t  auö  ber  gleichen  3^*^  bie 
$orfd)rift,  ta%  er  vierbeinig  fein  fotl,  unb 
ebenfallei  im  13.  3*i^t^unbert  fertigte  man 
aud)  fd)on  ©tül)le  a\xi  bünnen  (Jifenlldben, 
bereitete  ben  ©ib  auö  iRiemen  ober  ®ur« 
ten  unb  legte  Ätffen  auf  biefelbcn.  Über* 
au^  fofibar  waren  fd)on  bie  bt)5antinifd)cn 
unb  römifc^en  fprad)tflül)lc,  unb  fie  btie* 
ben  eö  burd^  iai  ganje  SWittelalter.  S)ie 
SRüdle^nen  waren  bcfonberö  l;od)  unb  mit 
föjllic^en  ©c^ni^ercien  gejiert,  it)re  ©dulcn 
fowof)l  wie  bie  5ü§e  mebr  ober  minber 
gefc^madPoH  gef^weift  unb  gebred^felt. 
2Bar  ia^  ^oläwerf  weniger  foftbar,  fo 
überbedte  man  eä  »on  oben  biä  unten 
mit  einem  geftidten  ober  gewirften  Über» 
jug.  2)er  *Prad)tfiubl  ßanb  nie  frei,  fon» 
bem  meifi  üor  ber  üJiittc  einer  2Banb. 

©ittane,  lat.  sutana,  nennt  man  tai 
au§erbienftUd^e  Äleib  ber  fat^olifc^en  ®eifi* 
lic^feit.  ®ä  ifi  bei  Äarbindlen  ^od^rot, 
bei  Sßif^öfen  unb  ^au^pi^älaten  beö  ^ap* 
fieä  »iolett,  beim  *Papfte  felbfi  wei^woHen, 
bei  ber  ganzen  übrigen  *^3riefterfc^aft  f^warj. 

©Qnoiien*  Scrfammlungcn  ber  Sif(^öfc 
fommen  fc^on  in  ben  erften  Sti^rfiunberten 
ber  Äird)e  üor;  anfangt  auf  engere  burc^ 
SJationalität  unb  @prad)e  nerbunbene 
Äreife  befc^rdnft,  umf äffen  fie  feit  .Ron» 
ftantin  b.  ®r.  iai  gauije  römifd^e  SReic^, 
bie  ganje  S^rifien^eit.  ©ig  in  bie  Söiittc 
bed  9.  3«bi^^unbertä  würben  folc^e  öfu« 
menifd)c    ©pnoben    nur    im  Ügriec^ifii^en 


SEabernafel  —  3;ageliebct. 


653 


Sprachgebiet,  unb  jtrar  in  Äleinafien  ober 
Äonfiantinopel  gebalten;  eö  jtnb  iai  bic 
@t)noben  1.  üon  9?icäa  325,  2.  Don  Äon= 
fiantinopel  381,  3.  »on  (äp^efuö  431, 
4.  Don  ß^alcebon  451 ,  5.  »on  Äonjian« 
tinopel  553,  6.  oon  Äonftantinopel  680, 
7.  t>on  SRicäa  787, 8.  »on  ÄonPantinopel  869. 
daneben  giebt  e^  jabircid&e  <13rot)injiaIf 
unb  3Wetropolitanft)noben.  ^^ür  biejcnigcn 
©tjnoben,  bie  im  fränfifc^en  SReid)e 
abgehalten  h)urben,  nabtncn  bie  Könige  üon 
jclfer  bic  Sefugniä  in  5tn[prucf),  ba^u  ibte 
3u(iimmung  ju  erteilen  ober  gcrabeju  ^ät 
unb  Ort  ber  @t)nobe  ju  beftimmen;  batte 
ber  Äönig  felbfi  bie  93i[cf)öfe  jur  35er» 
fammlung  eingclaben,  fo  pflegte  er  roobi 
audb  pcrföntict)  ftdb  baju  einjuftnben  unb  bie 
tt)eItU($en  ©ro^en  mit  ju  berufen,  njobei 
bann  bic  ®cipiid)cn  balb  für  fi^  allein, 
balb  mit  ben  tt)cltUd)cn  ®ro§cn  jufammcn 
berieten;  din^d  wax,  ha^  bicfe  @t)noben 
mit  ben  Otcic^öücrfammlungcn  jum  Seil 
jufammenfielen ,  babcr  bie  SReid)äfpnobcn 
gcrabcju  als  SRcid)ötage  betracbtct  mürben; 
fo  blieb  c§  biö  in^  11.  3abrbunbert.  Seit 
ber  3tuöbilbung  bcö  $rimateä  unb  bcr 
affctifcb-firc^Iicbcn  SRcform  ber  Sffielts  unb 
Älofiergeifilicibfeit  oerlorcn  bie  beutfcben 
®t)nobcn  ibren  fteltlicb'fiaatli^en  ^l)axat' 
ter  unb  päpfilid)e  ßegatcn  Icnften  je^t  ben 
®ang  unb  ©ciji  bcr  aScrfammlungen ;  nacf)= 


cinanbcr  traten  nun  auf  ©cfebl  bee  '^apjieö 
meiji  in  feiner  eigenen  ^Pfarrfircbe,  bem 
ßateran,  gro^c  abenblänbifd)e  ©tjnoben 
auf,  bic  crfie  im  3abr  1123  jur  ®c» 
ncbmigung  bcö  SBormfer^Äonforbate«,  bic 
jrtieite  1139,  bic  brittc  1179,  bie  oicrtc 
unb  jugteid)  bic  glänjenbfic  im  3abt  '215, 
oon  3"npcenj  III.  ücranflaltct,  an  ber 
412  93ifcböfe,  800  2ibtc  unb  qßnoren  nebfi 
5lbgeorbncten  ber  morgenlänbifcben  !)3atri= 
arcbalfird^cn  unb  jabircicbc  ®cfanbte  oon 
gürflcn  unb  Ferren  tcilnabmcn;  ^in 
würbe  bai  2)ogma  oon  ber  SBanblung 
fanftioniert,  bie  Dbrcnbeicbtc  gcfe^Ud)  fcfi» 
gcfietit  unb  Sßerorbnungen  über  3nqui= 
fttion  unb  Äe^crgeridjtc  crlaffen.  2)iefen 
öateranfonjilien  fd)Iie§en  fid)  an  bic  bei= 
ben  2t)oner  Sijnoben  1245  unb  1274 
unb  tae^  Ä'onjil  oon  ißicnne  1311,  ba^ 
ben  Jempelor&cn  aufbob.  ©egcnüber  bie= 
fen  päp)llid)en  Spnobcn,  bic  mebr  appro« 
bierenbc  SBcrfammtungen  für  pdpjilic^e  Sc* 
fcblüffc  roarcn,  folgen  bic  reformatori* 
fd)en  Äonjilien  beö  15.  Sab^bunbcrtö, 
hjclc^c  bic  Äircbc  an  ^aupt  unb  ®licbcrn 
ju  reformieren  bcabftcbtigten.  S)a^in  ge« 
bort  baöÄonjit  non  $ifa  1409,  Äon* 
fianj  1414—1418,  QSafcI  1431—1443, 
^crrara  unb  ^lorcnj  1438  —  1439. 
2)er  SRefiitution  bc«  'JJapfitumö  bientc  cnb« 
lid)  1545—1563  baö Äo  njil  oon  Sri  en  t 


S. 


SaticrnflfcL  51nfang^  tourbc  bie  Sud)a= 
riftie  über  bem  5(ltare  am  iBalbadbin  beö* 
feiben  aufgebängt;  na(^bem  ber  Qlltar= 
balba^in  roeggcfaüen  mar ,  fübrtc  tai 
Ißebürfniö  6cr  liufbemabrung  beei  (Sibo» 
riumö  jur  5rrid)tung  bcfonberer  fiebcnber 
®efäfe,  beten  Flamen  Sab  er  na  Ecl  (b.  i. 
^äuöd^en),  ®aframentbäuöd)en,^crrs 
gottöbauöcben,  ®otte^büttc^cn, 
Fronwalme  ift.  ®ö  ftnb  brei  ocrfd^ie» 
bcnc  Wirten  bcöfelben  befannt:  1)  Sßanbs 
fdbrünfe  in  5örufil)öbc  über  ber  6rbe, 
gewöbnlicb  mit  einer  etferncn  ®ittertbür 
gcfcbloffen.  2)  ^i^^^fi^^fttbc  Saber» 
natel  in  ^oiftn  fine^  3;urmcö,  monu? 
mentale  ÜJlonj^ranjcn  in  großem  ü)k^fiabe, 
feit  bem  14.  Jabrbunbert  unb  namcntlid) 
infolge    bcr    (äinfübrung    be^    gronlei(^=' 


namfcjicö  in  ®ebraud).  2luf  einem  boben 
Sodel  rubt  bcr  ring«  oon  burcbficbtigem 
®ittermcrfe  umfcbloffene  @  ^  r  c  i  n  ,  über 
tt)el(^em  fidb  eine  gotifd)c,  oft  bis  jum 
®e»ölb  reicfeenbc  *pt)ramibc  erbebt;  bai 
Sabernafel  im  STiünfier  ju  Ulm  ifi  90  J-up 
bo(^.  3)  lürme.  Die  an  einer 
>5citc  mit  bcr  2Banb  oerbunben 
f  i  n  b.    D  1 1  e ,  fird)l.  ^Ircfeäol.  §  45. 

SugdicÖer,  mbb.  tageliet,  tagewise,  finb 
eine  tieliebtc  ©attung  ber  böfifdjcn  öprif 
fomobi  in  bcr  franjöfifcben  alö  in  bcr 
bcutfd)cn  ßitteratur.  »Sie  bcfieben  aug 
einem  an  ben  31nbruc6  beö  SWorgcnö,  ben 
5lufgang  i>i^  OWorgcnilcrneä  anfnüpfenbcn 
®efpräcb  jmifcben  bem  ®clicbten  unb  ber 
®eliebten,  morin  bie  mc^mütigc  (5mpfin= 
bung  bcä  nötig  geworbenen  ©Reiben«  jum 
42 


654 


Sagc^bejei^nung. 


I^rifdjcn  5(uäbrucfc  fomrat.  S)tc  ©itua» 
tion  ip  urfprünglic^  o^nc  3>^eife^  ^^i  iQ* 
gemein  über  (Suropa  ücrbrcitete  Sitte  bcö 
toersclien  biligen,  ber  tton  Seite  ber  ®c« 
liebten  gefiatteten  ^robenä^tc  ber  (S.ntl)alU 
famfeit,  «obei  au§cr  Äu§  unb  Umarmung 
mct)tö  rcciter  gemattet  Yoax,  berfelben  (Sitte, 
bie  l^eute  noc^  unter  ben  9'iamen  juÄilt 
ge^en,  filtcn,  ©affel  gef)n,  gaf* 
fein,  fenf!ern,  branteln,  [c^nur- 
ren  u.  a.  in  »erfd^iebenen  ©egenben  ju 
Olcd^t  befielt.  2)ie  nadiwciebarcn  Sieber 
biefeö  5nl)aUeä  beginnen  aber  erfi  mit  bem 
Eintritte  ber  St)rif  in  bie  ßitteratur;  fte 
l^ci^en  bei  ben  ^ronenjalen  albas,  Don 
alba,  OJJorgenPern,  bei  ben  granjofen  aubes. 
5Die  beutf(i)cn  Sagelieber  fieüen  entmeber 
bie  einfa^ere  Sjene  bar,  wenn  bie  %iaü 
erwactit,  ben  Siebenben  mecft  unb  bcibc 
fc^eiben,  ober  bie  Sjene  gehaltet  jtc^  burc^ 
bie  ®infü:^rung  be^  2Bää)terö  belebter,  in; 
bem  biefer  Don  ber  3^""^  ^^^  Surgturmeö 
bei  bem  erjien  Scheine  ber  2Jiorgenröte  ein 
»arnenbeö  Sieb  anfiimmt.  2lucf)  biefer 
3ug  bürfte  auf  ber  wirflicf)cn  Sitte  be-- 
tu^en,  ta^  ber  «Rac^tirä^ter ,  tt)ie  e«  biö 
in  neuerer  3eit  gefd)at) ,  au|er  bem  ge* 
tt)ölt)nli($cn  Stunbenrufe  regelmäßig  nocf) 
einen  *Hbcnb=  unb  einen  iUJorgenruf  ftngt. 
SBolfram  Don  efcf)enbacf)  ^at  ben  SBäc^ter 
juerji  in  baö  Sagelicb  eingeführt.  Sffiieber 
eine  Sßariation  iji  eö,  roenn  fiatt  be«  2Bäd^= 
lerö  ein  greunb  beö  Olitter^  bie  fflac^e 
t»erjrel)t;  nie  aber  bat  man  in  ben  jat)lrcic^ 
»or^anbenen  SagcUebcrn,  »el^e  jum  Jcil 
ben  befien  aJJinnefängern,  SBaltber  v.  b.  23. 
unb  ifflolfram  anget)ören,  erlebte  Siebeä* 
eteigniffe  ju  erfennen,  fonbern  fletö  bloö 
ßicber  ber  Siebe,  tt)el(i)e  bem  ©ef^macfe 
ber  3eit  jufolge  mit  iBorliebe  biefe  J^orm 
annahmen;  bal)er  auc^  ni^t  aüju^iod)  ju 
öcrwunbern,  rt)enn  berid)tet  mirb,  ein  5lbt 
»on  St.  ©aüen  l)abe  Xagelieber  gefungen. 
SWit  bem  aiuSfierben  ber  tjöfif^cn  Sprif 
ctf*eint  iai  Sagelieb  in  ber  gorm  be« 
aSoIföIiebeä,  wie  benn  j.  33.  Mi  befannte 
ßieb:  „m  fielen  brei  Sterne  am  Fimmel, 
bie  geben  ber  Sieb  ibren  S^ein"  urfprüng* 
lic^  ein  lagelieb  ijl.  3m  l«.  3a^rt)un» 
bert  föurben  Sageliebcr  auf  piegenbe  Slät' 
ter  gebrudt,  n)elc£)e  an  bem  Sitel  in  gro» 
bem  $ol}fd)nittc  ben  2Bäct)ter  mit  bem 
^orn  auf  ber  3^""^  h^W^-  ^"*  9«*fi' 
lid^e  Umbicf)tungen  biefer  ßicbgattungen 
Waren  frül)  beliebt;  bie  befanntefte  ber« 
felben  ifi  tiai  Sieb  Don  ^WW  S^icolai, 
„2Bie  f(i)ön  leuchtet  ber  ü)?orgenftern"; 
baffelbe  xoax  namentlid)   als  ^ocftjeitdlieb 


»erbreitet.  SBcin^oIb,  SJeutfc^e  grauen, 
jweite  3luf[.  I,  261  ff.  iSartf^,  im  511* 
bum  beö  litt,  ißereinö  ju  Sfiürnberg,  1865, 
S.  1—75. 

Sagcgbcjeiti^nung.  S)ie  aage«bejeid&s 
nung  im  *Diittelalter  ifi  eine  fünffach  »et* 
f(f)iebene;  bie  ältefte  ifi: 

1.  2)ie  altrömifcf)e  Datierung 
naä)  Äalenben ,  (21nfang  bc^  SKonatö), 
3ben  (OJiitte  beö  SDlonatä)  unb  fronen  (9. 
Sag  »or  ben  3ben,  biefen  unb  ben  lag 
ber  3ben  mitgerechnet) ;  nur  ber  fprac^lid^e 
51uöbrud  biefer  ^Datierung  ifi  ettt)ae  anber^ 
geworben. 

2.  2)ic  l)eutige  Jagbcjeic^nung, 
öom  1.  bii  28.,  29.,  30.  ober  31. 

3.  I)ie  consuetudo  Bononien- 
sis,  feit  bem  11.  S^'^r^unbert  Dorfom* 
menb ;  barnad^  ^eißt  ber  erjie  Seil  bed 
SWonat^  mensis  intrans  unb  wirb  corwärtd 
gejäblt ,  ber  äWeite  Seil  beö  ÜJionatö  biä 
jum  Sc^luffe  mensis  stans,  astans,  exi- 
ens  unb  wirb  rücflaufenb  gejdblt.  3n 
I)eutfc^lanb  ftnbet  ftcb  biefe  SRed^nung 
feiten  unb  erfi  feit  ber  iülitte  bc«  13.  Sa^r« 
t)unbertö. 

4.  S)ie  Sageöbcjeic^nung  nac^ 
g^efien  unb  ^eiligentagen,  fei  eö, 
ta^  bie  Datierung  bireft  bem  Jefie  ober 
^eiligentage  fclbfi  entnommen,  fei  e^,  baß 
fte  burd)  Sejeic^nung  ber  2Bocf)entage  »or 
ober  nad^  einem  foIcf)en  Sage  befd^afft 
würbe. 

25ie  mittelalterlichen  SBod^entagö* 
bejeifftnungen  (über  it)re  öebeutung  unb 
®ntficl)ung  fie^e  ben  befonberen  ^Irtifel) 
ftnb: 

Sonntag:  feria  dominica ,  feria 
prima,  dies  Solls,  Inx  Del,  Frontag,  Sun- 
netac. 

ÜJiontag:  feries  secunda,  dies  Lu- 
nae,  Montac. 

S)ienftag:  feria  tertia,  dies  Martis, 
Eritag,  Erchtag,  Zistag,  Zinstag  u.  f.  W., 
21ftermontag. 

3Wi  1 1  w  0  d^ :  feria  quarta,  dies  Mer- 
cnrii,  Wodenstag,  media  septimana,  Mitt- 
wochen. 

3)onnerötag:  feria  quinta ,  dies 
Jovis,  Donnerstag,  Phinstag. 

greitag,  feria  sexta,  dies  Veneris, 
Fro  Venusdag,  Fridach. 

Sonnabenb:  dies  Saturni,  Sam- 
bestag,  Sunnabend. 

©ei  ber  ^eftbejeid^nung  ftnb  fol« 
genbe  fie^enbe  5luöbrütfe  erwähnenswert: 

Festum,  beutf(^  fest,  hohgezite,  dult, 
wirb  jcber  größere  ^fi^tog  genannt. 


S^ageöeinteilung. 


655 


Vigilia  ,  pervigilinm ,  bcutfc^  abend, 
Vorabend ,  bannfasten ;  dies  pro  festo, 
profestum ,  bcutfd)  vorfest ,  vorfir ,  vor- 
hochtid,  der  foddere  tagh  bebeutet  bcn 
Sag  Dor  einem  ^ejlc.  Vigilia  vi- 
giliae,  praevigilia,  vorfirabend  fommt 
regelmäßig  bei  SBei^nac^ten,  ^fingflen  unb 
5lfiett)eiUgen ,  einjctn  bei  anbern  großem 
tieften  üor.  Die  er  astin  o,  sequenti 
die ,  proximo  die,  am  lateren  dage,  mor- 
gens, mornentz  ^ei^t  immer  am  unmittel* 
bar  folgenben  läge  naä)  bem  ^e^e.  Oc- 
tava,  der  achte  tag  ifi  infofern  bcr 
ac^te  jag  nad)  einem  '^i^i,  aU  fict^  5ln= 
fangä*  unb  ©nbtermine  mitgejät)lt  »erben. 

@ine  feit  bem  14.  3'J^'^l)i'"^£'^t  oi^t 
»erbreitete  5trt  bcr  Datierung  nac^  ^^t^tn 
unb  .^ciligentagen  gcfc^ief)t  mit  ^ilfe  beö 
Cisiojanns,  b.  ^.  auö  ben  Anfang«« 
ftibcn  ber  größern  ^efitage  unb  tt3iafüt)r= 
liefen  (Sinfc^iebfeln  ^ufammenge^oppclter 
ÜJtemorierüerfe.  Sr  wirb  me^rfad^  al^  Un* 
terrid^tögegen^anb  ermät)nt  unb  fanb  Sluf* 
nal)me  in  gemeinnü^ige  Schriften.  Ser 
93erö  bcö  3a""ttr  lautet: 

Cisio  Janns  Epi  sibi  vendicat  Oc  Feli 

Mar  An 
Prisca    Fab    Ag    Vincen    Ti  Pau    Po 
nobile  lamen. 

Daä  tt>inf)eißen:  ®er  Januar  mad)t 
Qlnfpruc^  auf  baö  cble  ßid)t  ber  93cf(i)nei- 
bung  (El)rifti,  circnmcisio,  (1),  auf 
Spi Planta  (6),  Octava  Domini,  b.  l). 
Sffiei^na^töoftat>e  (1),  St.  Felix  (14),  St. 
Marcellus  (16),  St.  Anton  eremita  (17), 
St,  Prisca  (18),  St.  Fabianus  et  Se- 
bastia-nus  (20',  St.  Agnes  (21) ,  St.  Vin- 
centius  levita  (22),  St.  Timothens  (24), 
St.  Pauli  conversio  (15)  ,  St.  Poly- 
carpus  (26).  ^ad)  ©rotefenb,  J^anb« 
buc^  ber  ^iflorifctien  ß^ronologic,  ^an^ 
noDer  1872,  §  14—17. 

S^agcöeintcilung.  £)er  lag  beö  beut- 
fd)en  'JJiittelaltere  mäl)rte,  gegenüber  bem 
»on  ÜJUtternad^t  ju  3Dtittcrnad)t  gejdtilten 
tömifd)en  Sage,  i'on  Sonnenuntergang  ju 
Sonnenuntergang.  3^^  '^^^  oerfc^iebenen 
(Sinteilungömeife  mirften  römif(i)e,  germa« 
nifd)e  unb  fpejififc^  cl)ripUc^c  Slementc 
jufammen. 

iJiömifcben  Urfprungö  ftnb  bie  popu* 
lären  a3ejeid)nungen  media  nox,  SWitter« 
nac^t;  gallicinium,  ber  er|ie  ^al)nenfc^rei, 
diluculnm ,  SD^orgenbämmerung,  primo 
mane,  früljmorgen^ ,  mane,  morgenö,  ad 
meridiem,  am  Sormittag,  meridies,  TliU 
tag,  de  meridie,  am  91ac^mittag,  solis 
occasus,  (Sonnenuntergang,  vespera,?lbenb, 


crepiuscnlum ,  *Ubenbbnmmerung,  Inmini- 
bns  accensis,  bie  Seit  bcö  ßi^ltan^ünbend, 
concnbia,  bcr  erfie  Schlaf,  intmepesta  nox, 
ad  mediam  noctem,  cor  3[)Jitternad)t. 

2)em  d)rifilicf)cn  ©otteäbienPc  gct)ört 
bie  Einteilung  in  vigiliae  unb  borae 
canonicae. 

Vigiliae  jinb  infolge  ber  ju  got» 
teöbicnfilic^en  S^'^«*«"  bienenben  flöficr» 
licf)cn  JRad)tmad)en  entftanbcn  ;  man  teilte, 
ber  militärifd)en  35igilicncinteilung  ber 
Otömcr  analog ,  bie  ^a<i)t  in  4  gleict)e 
Seile,  bie  üon  6—9,  9—12,  12—3  unb 
3 — 6  »d^rten. 

Horae  canonicae  ftnb  für  tai 
ÜJJittelalter  bie  eigentliche  Einteilung  be^ 
licl)ten  Jageö;  ftc  beginnen  ungefät)r  um 
3  U^r  SlJJorgenö  unb  rcid)cn  bi«  6  ober  7 
Ul)r  5lbenb^.  Sic  bilbcn  bie  Jiypunfte 
für  bie  mcifi  äße  brci  Stunben  t)orjunc|)!= 
mcnbcn  Stunbcngcbctc  (lag^icitcn)  bcr 
©cijlli^en  unb  recrbcn  in  aüen  Älöficrn 
burd^  ©eldutc  ocrfünbigt,  mel^eö  ficb  je 
naä)  bcr  3a^ieöjcit  t>erfrü^te  ober  eer« 
fpätetc. 

1.  Matatina  (hora) ,  2)?ette,  jjrü^* 
mcttc,  begann  in  Älöficrn  in  ber  Siegel 
um  3  U^r  ÜJiorgcnö,  wäfirenb  bie  ißclt* 
gcijtlid^feit  bcn  3lnfang  nod)  weiter  in 
bcn  £ag  l)incin  oerjog ,  ja  cnblid^  bie 
ganjcüJJettc  am  Sage  »or^cr  r>orau^  na^m. 
Streng  genommen  mährte  bie  hora  matu- 
tina  öon  ber  3D^ittcrnact)t   biö  jur  Prima. 

2.  Prima,  zur  preim  zit ,  nmb  prim 
zit,  Don  5,  refp.  6  U^r  SWorgcnö  biö  jur 
Sertia. 

3.  Tertia,  zu  terzen  zit,  oon  8,  refp. 
9  Ul)r  SOtorgenö  biö  jur  Seyta.  3u  bicfcr 
Stunbc  begann  bcr  Sag  bcö  öffcntlid)en 
fiebenö. 

4.  Sexta,  nm  sexte  zit,  za  sexten  zit, 
t>on  11,  refp.  12  ]X\)x  iUlittagö  biö  jur 
9tona. 

5.  Nona,  zu  nonen  zit ,  oon  2  ober 
brci  lll)r  SJiac^mittagg  biö  jur  SSefper. 

6.  Vespera  ,  hora  vesperarnm  ober 
vesperornm,  hora  vespertina,  zu  vesper 
zit,  üon  4,  refp.  5  Uljr  biö  jur  jmcitcn 
Sefpcr. 

7.  Completorium,  hora  completa,  um 
complete  zit,  ßomplet,  feiten  jmcitc  23 ef* 
per  genannt,  glcid)  nac^  Sonnenuntcr« 
9>J"9-  3"  i>^i\^i  3^it  finbet  tai  31  »e- 
*naria»ßäutcn  ftatt,  am  5lbenb  gleich 
nad^  Sonnenuntergang,  meld^cö  aud)  bcn 
DiJamen  „bie  legten  ©locfcn"  tragt. 

(5nbli(|  tcnnt  hai  ajlittclalter  aud^  eine 
(Einteilung  in  Stunben,  t>on   1  biö  24 
42* 


656 


lann^ufct  —  Sanj. 


fottlaufcnb  unt)  Don  2lbenbö  6  Uf)r  unfctet 
3eitredt)nung  ab  gcjäfilt.  Qtn  ben  ^itd)= 
türmen  unb  an  fon^igcn  lerDorragenben 
Drten  anflebxac^tc  (Sonnenuhren  regulier: 
tcn  bie  3df)lung»  ®er  Uebergang  pon 
ber  ganzen  jur  je^igcn  balben  )Xi)x  »odjog 
ftcf)  im  ßaufe  beö  15.  5at)röunbert«,  fpäte^ 
jien«  beö  erfien  93iertclö  beä  16.  3a^r« 
^unbcrtö.  SJtad)  ©rotcfenb,  §  18,  fte^e 
ben  oorjlcbenben  2lrtifet. 

2!annftiiufcr.  S)cr  f)iPori[c^c  Sann^äufer 
ifi  ein  beutfc^er  SDUnnefänger,  ber  t)ermut= 
li^  ju  bem  bairi[^söjierrei($ifcf)cn  ®e« 
f(J)Ie(ä)te  ber  freien  ^errn  üon  San^ufen 
gctiörte  unb  neben  O^itfjart  ber  bcfie  \Rt' 
präfentant  ber  ^öfifd)en  S)orfpocfie  (fte^c 
biefen  2lrtifcl)  ifi.  @r  fam  Weit  in  ber 
2BeIt  I)erum,  machte  eine  Äreujfafert  unb 
anbere  gro§e  IReifen,  lebte  gern  fröl)li^ 
unb  luftig,  liebte  f^Öne  SBeiber,  guten 
Sein  unb  fcbmacffiafte  93iffen,  um  beren 
»inen  er  cor  SBerpfänbung  feiner  |>abe 
md)t  äurüdf^redt.  ®ie  »on  i^m  er^al» 
tenen  ®ebid)te  ftnb  meijt  SanjUeber.  51u§er 
biefem  f)ifiorif^en  Sanntidufer  beö  13. 
3a|)rf)unbertö  fennt  bie  ©age  nocfe  einen, 
ot)ne  baf  eö  hii  je^t  gelungen  wäre,  ben 
3ufammenf)ang  beibcr  beutlic^  ju  erfennen. 
®in  Solfetieb  ersäf)It  »on  i^m:  3;ann= 
l)(iufer  im  SBcnuebcrg  fc^nt  jtc^  »on  bannen 
unb  wirb  »ergeben«  »on  %xau  33cnuö  ju- 
rü(fjut)alten  gefucfet;  aU  er  bie  Jungfrau 
SD'Jaria  anruft,  lä^t  tai  SDöeib  it)n  fc^eiben. 
er  gef)t  jum  $apjt  Urban,  »on  i^m  S3er= 
gebung  feiner  ®ünben  ju  erlangen;  ber 
^apfi  aber  weift  auf  ben  bürren  ®tab, 
ben  er  in  ber  ^anb  bdit,  unb  fpri(i)t:  fo 
Wenig  ber  grünen  werbe,  fo  wenig  werbe 
2;annt)äufer  iBergebung  feiner  Sünben  er« 
werben.  Sraurig  gebt  lanntjdufer  wieber 
in  ben  SSerg.  i)a  fängt  am  britten  Sage 
ber  <6tab  an  ju  grünen,  ©er  $apft  fc^idt 
in  aüe  2anbe  au«,  wo  Sann^äufer  t)in= 
gefommen?  25er  aber  war  wieber  im  öerge 
unb  t)atte  fein  l'ieb  erforen.  2)e«balb 
mu§  ber  vierte  $apfi  Urban  ewig  Dct^ 
loren  fein.  3m  (Einjelnen  weichen  bie 
bcfonbern  formen  be«  Sannbduferliebc« 
»on  einanber  ab.  %xa\x  33enuö  im  QSenuäs 
"berg  ifi  niemanb  anbers  alä  ^xi\)a  (ftebe 
biefen  5(rtifel);  tvaii  für  anbere  93ejügc 
aber  in  bem  ßiebe  fieden,  ifi  oorldu^g 
©ad)e  ber  5Jermutung.  Qlb^anblungen 
über  ben  Sannbdufer  oon  ®rdffc,  1846 
unb  1861,  unb  fon  3anber,  1858. 

^rtiij  war,  je  weiter  jurüd  in  tai  QKter« 
tum  man  it)n  octfolgt,  eine  um  fo  wid)= 
tigere   gefeUigere  55re"be,    eines   be«  t>er« 


breitetften  Spiele  beä  l'eibc^.  ©t  wirb 
urfprünglid^  ßon  bem  Oefange,  bem  ßieb 
getragen  unb  trat  bei  jcber  fefilic^en  |)anb5 
lung,  auc^  bei  ber  religiöfen,  at«  notwen* 
biger  Seit  be«  ©anjen  auf.  Slacitu«  er« 
wät)nt  ©crmania  24  be«  ©d^werttanje«, 
au«gefüt)rt  öon  nadten  Jünglingen,  bie 
tanjenb  jwifd^en  ®c£)Werter  unb  bro^enbe 
Speere  fpringcn  ;  Qlu«ldufer  beöfelben  ftnb 
bi«  in  bie  neuere  ,3^^  i"  ©tdbten  unb 
auf  bem  ßanbc  in  Übung  geblieben.  Ur* 
alt  ifi  ferner  bie  Sebeutung  be«  Sanjc« 
bei  ber  ^oc^jeit,  wo  i^m  eine  ^üHc 
ft)mbolifcE)er  Sejtebungen  eignet,  fobann 
Jdnje  um  bie  ^eiligen  i^euer,  wie  Öfter* 
feuer,  €onnWenbfeuer ,  »ieüeicbt  auc^  bie 
überall  verbreiteten  ^irct)Wcil)tdnje  unb 
bie  ja^lreicften  Säuje,  welche  tai  Äinbcr* 
fpiel  erhalten  ^at.  ^ui)  3auberfraft  wirb 
bem  lanjc,  fei  e«  ein  wirflic^er  Janj,  fei 
e«  blo«  ein  |>erumgef)en  um  ben  ©egen« 
fianb.  Wie  bei  aÜen  inbogcrmanifc^cn 
Sölfern,  fo  auc^  bei  unö  jugefcftrieben ; 
man  fpinnt  baburd)  gewifferma^en  einen 
©egenftanb  in  ben  eigenen  2Rad)tbereid& 
l)inein;  fo  get)t  man  breimal  um  bie  Äird)e, 
um  ben  ^erb,  um  ein  brennenbe«  paxii, 
um  ha^  ^tlt,  um  93äume,  um  ücrbdc^ttgc 
ÜJienfc^en. 

i)er  alte  9tame  für  ben  2anj  ifi  got. 
laikan,  al)b.  unb  mbb.  ber  leich;  leicüen 
=  l)üpfen.  *Mnbere  aiuäbrüde  für  tanjen 
Waren  a^b.  salzön,  au«  bem  gleic^bebeus 
tenben  lat.  saltare,  plinsjan  au«  bem 
@lat)ifd)en,  spüon  =  fpielcn,  unb  tumb- 
jan;  au^  a^b.  dinsan  unb  danson  fc^cint 
ta^  ^ü^ren  unb  |)in«  unb  ^erjie^en  ber 
*Paare  bejeid)net  ju  ^aben;  benn  au«  bem 
«Stamme  biefer  Serben  ifi  iai  romanifc^e 
danse  gebilbet,  Welc&c«  bie  S)eutfdben  feit 
I  bem  (Snbe  be«  12.  3al)rt)unbert«  »on  ben 
granjofen  jurüdnabmen. 

3n  ber  böfif<^en  «Pcriobe  unterfc^ieb 
man  al«  bie  beiben  ^auptarten  be«  San^e« 
ben  San  j  im  engem  Sinne,  ber  getreten 
würbe  unb  ben  3{eif)en,  ber  gefprun* 
gen  würbe,  danser  unb  caroler.  S)er 
blo«  getretene  ober  gegangene  Sanj  war 
r>or}U9«weif^e  in  pfiffen  .^reifen  ju^aufe; 
e«  würbe  eine  SHeil)e  gebilbet,  jeber  SDiann 
nahm  eine  %xau  ober  auc^  äwei  bei  ber 
|)anb  unb  unter  bem  Saitenfpiete  be« 
riorau«fc^reitenben  epielmann«  unb  unter 
©efang  hielten  bie  Jdnjer  mit  fc^leifenben 
leifen  Schritten  ibre  Umgänge.  Ober  bie 
©cfeüfdiaft  fd)loB  einen  Äret«  unb  mit 
fanfter  Bewegung  gingen  fte  ftngenb  in 
ber  SRunbc  t)«i"m,  inbem  ber  Jn^alt  be« 


lanj. 


657 


©efangcä  burd)  5DiicnenfpicI  unb  einfädle 
SettJcgungen  äu^crlic^)  bargcftellt  niurbc. 
9(u($  bcn  Sauern  toaun  biefe  ruljigcren 
Sänjc  nic^t  unbefannt,  fie  würben  aber 
wefcntlid)  jur  Sßinteröjeit  in  ben  Stuben 
getanjt;  befonbere  Dtamen  bafür  jänb  bie 
(Stabelweife,  ber  SRibewanj,  bcr 
girgganbrap,  ber  ÜJ?ürmum,  ber 
Jri)potep.  Snfi'^uttifntalmuftf  unb  ®c= 
fang  war  fowo^l  bem  Sanj  alö  bem 
Oleigen  eigen;  ein  Sßorfänger  ober  eine 
SSorfängcrin  leitete  i^n;  bie  'grauen  gingen 
red)tö  üon  ben  Scannern  unb  mürben  ent= 
h)cber  bei  ber  ^anb  ober  am  Qtrmel  ge- 
führt; t)erumgetanjt  warb  nac^  linf^. 

2)ie  Steigen  waren  gefprungene  Janje 
unb  namentlich  non  alter  ßf^it  ^)^^  teim 
fianbüolfc  in  (äebraud^.  «Sie  würben  feit 
bem  14.  3a^rl)unbert  immer  wtlber.  SBe» 
fonberc  SReigcnnamen  ftnb  ber  frumme 
9lcier,  bcr  ^oppalbei,  ber  ^eierlei^, 
girlei,  girlcfci  unb  ^irlcfanj; 
manche  biefer  SJiamen  fd)eincn  bem  @Ia« 
»ifc^cn,  ^lämifc^en  ober  granjöftfc^eu  an= 
jugebören,  anbere  erflären  ftcf)  burct)  munb- 
artlicbe  Qluöbrüde  unb  bcr  Eccfcn  ©prad)» 
bilbungäluji  beö  auögcfjcnben  ü}iittelalterö. 
Oiicibcn  werben  wo^l  auc^  bie  ^ron- 
tänje  gewefcn  fein,  bie  urfprünglid)  bcn 
3wccf  gehabt  ju  t)aben  fcfjcinen,  bie  (Srunb^ 
i)errfc^aft  ju  unterl)alten  unb  fpäter  alö 
eine  ftjmbolifc^c  Qlnerfcnnung  bcr  ^err* 
f(I)aft  bicntcn;  man  finbct  fte  in  I^üringcn 
unb  in  ber  iRl)einpfalj.  3"  Sangenbcrg 
im  ®craifci)en  mußten  j.  33.  jebeö  3al)r 
am  britten  *Pfing|lfciertagc  bie  Säuern  t>on 
md)x  aU  a(i)t  S)örfern  paarweife  unge« 
boten  jufammenfommcn,  um  unter  einer 
ßinbc  in  ©cgcnwart  i^rer  ^errfc^aft  einen 
Sanj  auf jufii^rcn ;  »on  ber  ^crrfd)aft  er- 
l)ielten  fte  23icr  unb  Äud^en;  man  nannte 
biefe  Sänjc  aud^  (Pfing^*  ober  S)icnfi» 
tänjc. 

51tler  Sanj  würbe  entwebcr  burd^  ®e< 
fang  ober  bur*  50Jufif,  ©eigen,  (Pfeifen, 
glöten,  Sit^«"'  frömmeln  ober  Tamburin 
begleitet,  ©ae  Janjlieb  würbe  gewöl)nlic^ 
Don  einem  93orfänger  ober  einer  Sor« 
fängerin  vorgetragen  unb  bie  SOJengc 
jiimmte  nur  in  bcn  (Refrain  ein  ober  fang 
bie  einjclnen  iöerfc  nad).  2)cr  Jn^alt  ber 
Sanjliebcr  war  ein  fef)r  »erfc^iebener: 
fiiebeäliebcr,  politifd^c  unb  SRügeliebcr, 
6d)erjlicber,  am  ^dufigfien  natürlich  tai 
ßiebeölieb;  bod)  fmb  aud)  ^ijiorifd^e  Sanj* 
lieber  tcid)lid)  ocrtrcten,  unb  man  barf 
annehmen,  ta^  bie  alten  ^clbenliebcr  in 
älteji«  3cit  JU  ben  Slanjen  gcfungen  wur« 


ben;  tai'  nalje  ÜScrbaltnie  beö  lanjcö 
jum  erjät)lcnben  ®cbid)t  bat  frc^  im  ro» 
manifcben  9Jamen  beä  2anjliebe^,  ballata, 
erbalten.  3n  Sejug  auf  bie  ^orni  gebort 
ber  8  c  i  d^  (ftebe  biefen  Qlrtifcl)  mit  feinen 
wcdt)felnben  Oibptbwcn  mebr  bem  fpringcn» 
ben  SRcigcn,  hai  propbifd)e  Sieb  bem  treten^ 
bcn  Janjc.  Oft  oerbanb  ftcb  mit  bem  2anjc 
bai  SaUfpiel. 

SDer  Sanj  fommt  jwar  ju  jcbcr  3eit 
Dor,  toä)  ift  er  oorjugöweifc  Spiel  beä 
f^tübtingö,  wo  tai  iBoU  ganje  Sage  oer* 
tanjte.  Soujl  wäbltc  man  am  licbjtcn, 
bem  jtets  wieberboUen  Äir(^enoerbote  jum 
Jro^,  Sonn-  unb  ^eiwtagc-  S^^  Scbmude 
ber  SÖciber,  wenn  cö  jum  Sanjc  ging, 
geborte  »or  Willem  ber  Äranj  auf  bem 
Raupte,  ber  juweilcn  au^  bcr  (preiö  war, 
um  bcn  bei  bem  SRingcltan^  oon  ben  ®e« 
feüen  gcfungen  würbe.  Siebe  bcn  5lrtifel 
Äranj;  aud)  ein  Eleincr  ©picgel  war  bc» 
liebt;  er  würbe  in  ber  .^anb  getragen  ober 
bing  an  einer  feibcnen,  um  bcn  ^aii  gc* 
wunbenen  @d)nur;  ÜJJänncr  famen  wof)t 
mit  bem  Sd}Wcrt  bewaffnet  jum  lanje. 

2)aß  23olf  tanjte  am  Itebfien  unter 
freiem  |)immel,  unb  eö  gab  baber  an  »iclen 
Drten  jum  Sanjen  beftimmte,  befonbere 
SRäumc  im  J^rcien,  tanzbühel,  Sanj« 
plan  ober  Jlanärain;  babin  fübrenbe 
2ßegc  beiden  Sanjwegc  unb  Sanjgaffen. 
^ier  nun  würbe  um  eine  ßinbc  bcrum 
getanjt,  ober  man  erricbtete  für  bie  .!^ircb* 
weib  ober  anbere  ^i^i  einen  bebccftcn, 
mit  3D?aien  gef^müdten  Janjboben,  ber 
Janjbau«-  Sanjbütte  ober  Sanj* 
laubc  bief-  2)ic  ^öfifd^c  ®efellfd)aft 
tanjte  im  gefi^loffcncn  Otaum,  im  Saal 
ober  $alaö,  unter  Umjlänben  aber  auc^ 
oor  ber  23urg.  ^n  ttn  Stäbten  gab  e^ 
wobl  eigene  Sanjbäufcr,  in  bcn  ©örfcrn 
Spielbäufer,  welcbe  cbenfaüö  jum  San* 
jen  bienten.  ^n  manchen  Stäbten  be= 
nu^tcn  bie  ^atrijier  bie  9latöjlubc  jum 
Sanjen,  ober  ein  anbcrcö  öffcntlicbe^  ®es 
bäube,  befonberä  aber  bie  ^unftjluben. 
'}l\i)t  bloö  bie  Äird^e  eiferte  gegen  i>ai 
Sanjen:  ba^fclbe  fiammc  com  Scufel  ab 
unb  ber  erfie  £anj  fei  bcr  2;anj  ber  '^ntm 
um  t>a^  golbcne  Äalb  gewefcn;  fonbern 
auc^  bie  weltlid^en  Dbrigfcitcn  erliefen 
SBerbotc  gegen  Sanjüberfd^reitungcn. 

©ine  eigentümlicbc  Sitte  war  am  üt^^än 
iai  SDJaisÖcbcn.  SDa^felbc  bejianb  barin, 
ba§  am  Dflermontag  ober  am  SBorabenb 
tti  1.  Tlai  unter  bie  Berfammcltcn  S3ur» 
fdt)cn  eineö  Drteä  bie  Sunflftaufn  beöfelbeu 
nerfieigert  würben,   »on  weld^en  Unteren 


658 


Saf^cntüdbct  —  Scücr. 


bann  eine  jebe  baö  ^a^x  ^inburd^  nur 
mit  if)rcm  ©rPeigerct  tanjcn  burftc.  Da* 
erlöfie  ®elb  rourbc  für  bie  2;anjmuftf  unb 
für  bie  ^Bewirtung  bcr  ÜWaifraucn,  b.  l). 
eben  ber  erfteigertcn  SJtäbc^cn  t?ertt>enbct. 
3n  @t.  ®oar  aber  gcfc^af)  bie  Serfteigcrung 
auf  bcm  !HatE)aufe  unb  ber  ©rlöä  ^o§  in 
bie  ©tabtfaffe. 

5luc^  ein  ^a^ncntanj  njirb  aU  ein 
„fremblänbifd&er"  unb  „^eibnifd^er"  Slanj 
crrt3äf)nt;  er  beftanb  barin,  ba^  bie  ^aaxi 
um  eine  Stange  tanjten,  auf  beffcn  ©pi^e 
ein  ^A^n  befefiigt  »ar,  unb  ba§  babei  bcr 
Sänjcr  fpringcnb  tai  Snbe  eine*  an  ber 
©tange  quer  angebrachten  3lrme*  ju  be= 
rüf)ren  fuc^tc,  auf  bem  ein  gefüUteö  ®laö 
fianb.  ©clang  el  i^m,  biefeö  baburc^ 
jum  UmfaUen  ju  bringen,  fo  tiatte  er 
einen  ber  aufgefegten  (jSreifc  gcmonnen. 
SBcinl^oIb,  beutfdE)e  iJtauen,  2.  »Auflage, 
I,  389—391;  II,  157  —  182.  Äriegf, 
beutfd^eö  iöürgertum,  I,  415—423;  »gl. 
©d)röber.  bie  f)öfifd)e  S^orfüoejte,  in 
®ofc^c«  Safjrb.  f-  Sit.  ®efc^.  I,  93er= 
lin  1865. 

Saf^cntii^cr  fennt  man  bei  un«  feit  bcr 
jtueiten  ^älfte  bc*  16.  Sobt^unbcrte,  wo 
ftc  eon  Italien  f)cr  in  ©ebraud)  famen. 
@ic  Waren  nid^t  mit  Unrecht  aU  cinßufus» 
artifcl  ocrf(^rien,  benn  nic^t  nur  maren 
fte  aue  feinfter  ßeinmanb  ober  aui  Äam= 
mertucö  gefertigt,  fonbern  aud^  mit  @ticte= 
reien,  f ojlbaren  ©pi^en  unb  feinen  Duajtcn 
gejicrt,  fogar  mit  ®oIb,  ©über  unb  <PerIen 
üerbrämt.  6d)on  im  I6.3a6r^unbcrtfeu^« 
tcten  5Damcn  i^re  laf^entüc^cr  mit  rtiof)!- 
riectjcnben  Sßäffern  an  unb  meinten  bamit 
nic^t  nur  i^re  SRad^barfdjaft  ju  erfreuen, 
fonbern  aud^  jugleid^  bcn  Scint  ju  fon= 
fcroicren. 

2!affeti  »on  Ion  unb  SWetatl  finb  au* 
ber  SronjCjcit  noii  erhalten.  5tlö  lifcfe* 
gefä^e  jum  täglichen  ®ebrauc^  fmb  fu 
fpötefienö  in'ö  13.  3il)r()unbert  'jurüdju^ 
fül)rcn  unb  itoax  fmb  fic  meijt  au*  SDtetaÜ 
gemalt,  mit  2  J^enfeln  unb  einer  Unter= 
taffe  ocrfc^en. 

^OUfgcIÖIintffc,  b.  ^.  firdf)Iicf)e,  bem  ®lau= 
ben*befenntnif[e  »orancje^enbc  gp'^n^^t"' 
meldte  bie  Qlbfct)mörung  beö  ®Iauben*  an 
^eibnifcf)e  ®ötter  unb  ®ö^enbienfi  cnt^ 
galten ,  ftnb  in  bcr  beutfc^en  ©practie 
met)rere  entf)altcn ;  baeijenige  in  fdd)fifc^cr 
Sprache  ijl  namcntlidt)  beö^alb  merfmür^ 
big ,  »eil  barin  bie  iJJamen  ber  obcrfien 
gcrmanifd)cn  ®ottt)eiten  angeführt  ftnb, 
5Donar,  SBoban  unb  ©aynot,  b.  i.  3iu. 
SWit  Äommentar  fmb  frc  u.  a.  abgebrudtt 


bei  SWüllen^off  unb  Sd^ercr,    S)cnf« 
mdler,  SRro    51,  52  unb  53. 

2!aufftetnc.  Sä^renb  man  in  bcn 
erficn  c^rifili(f)en  3ot)r^unbertcn  in  jcbem 
beliebigen  SÖaffer  taufte,  famen  feit  Äon« 
^antin  eigene  iauf Käufer,  93  a  ptijtcricn, 
in  ®ebraud^,  bie  in  ber  ülä^t  ber  bif^öfs 
lidben  Äirc^cn  errichtet  maren;  benn  in 
älterer  ^ät  Ratten  blo*  bie  93ifd^öfe  ba* 
3lecf)t,  bie  Saufe  ju  nolljie^en.  5Den  SWit» 
telpunft  ber  Söaptifterien  bilbetc  tai  5;aufs 
baffm ,  in  rt)elct)c*  ber  Jäufling  untergc» 
taudfjt  rourbc;  barübcr  cr^ob  ftd^  tai  ®c* 
bäube  in  gotm  ber  iHotunbe ,  f\t\)t  ben 
5lrt.  Aap  eile.  2)03  Söaffm  mar  runb 
ober  a^tccfig  unb  reic^  auögciiattet  SÖ^it 
ber  ®infü^rung  ber  Äinbcrtaufe  mu§te 
man  bie  Saufe  auc^  anbern  al*  bifd^öf« 
lid^cn  Äir^en  geftatten,  maö  bi*  jum  13. 
3at)r^unbert  burci)gefü^rt  mar;  au*  bcm 
ndmlid^cn  ®runbe  »erlegte  man  bcn  Sauf* 
räum  in  bie  Äird^c  felbji  unb  gmar  an 
bie  nörblid^e  @eite  bcr  iöor^allc;  cnbli^ 
famen,,  ta  jlatt  bc*  altern  Untertaudl)cn* 
ba*  Übcrfprcngcn  mit  Söaffer  ©cbrauc^ 
mürbe,  fiatt  be«  Saufbafftn*  feit  bem  9. 
3a^r^unbert  bie  Saufficine  auf,  bcnen 
man  mit  SBorliebe  in  Erinnerung  an  bie 
tJorm  bc*  Sßafftn*  cbenfaH*  runbc  ober 
ac^tecfige  ^^orm  gab.  Jbrer  bcfonbercn 
®efialt  nac^  unterfd^cibet  man  mc^r  trog« 
artige  ober  me^r  pofal^  ober fcffclartige, 
auf  einem  «Sd^aft  ober  «Stengel  ru^cnbc 
«Steine.  Sffio  i>C[i  ©tcinmatcrial  fehlte, 
mcnbcte  man  bie  fogenannten  Sauf» 
g  r  a  p  c  n  an,  b.  ^.  au*  SWetaü  gegoffenc 
SaufPeine,  i>it  auf  5ü§en  ftanben,  meldte 
gemöt)nlic^  mcnfc^lid^e  ober  Sierfigurcn  bar» 
ffeüten.  6ct)lie|licl)  »urbe  ber  Saufjlein  jum 
blo§cn  Saufftänber  für  bie  flache  Sauf« 
fd^üffcl;  äur  le^tern  gct)örtc  no^  ein  be« 
fonbere*  ®ie§gef(i§,  ein  Äännd^cn,  au* 
bem  tai  Sßafl'er  über  bcn  Säufitng  au** 
gegoffen  mürbe,  ß.  ©rodf^au*  in  ^cr» 
jog*  SReal=(Snct)fl.  2.  5lufl.  Qlrt.  8ap» 
tijlerium.  9}gl.  Dtte,  fircf)l.  ^Ird^äol. 
§  49. 

Scücr  r»on  Son,  ÜJlctall  unb  ^olj  fom» 
men  auc^  bii  ben  beutfd^cn  Sölfern  fd^on 
in  ältejicr  3«it  »or;  bo(^  mürben  barin 
blo*  bie  ©peifen  aufgetragen,  morauf  j|cbct 
Sifd^gcnoffe  fein  ©tüdE  auf  eine  93rob« 
fc^nittc  gelegt  erhielt  unb  mit  bem  SOteffer 
jcrflcinerte.  ©rj!  im  12.  3al)r^unbcrt  fc^te 
man  ben  ®d|len  noc^  befonbere  Scücr  cor 
unb  jmar  anfänglid^  je  einen  für  ivod 
Sifc^gcnoffen.  2>ie  Seiler  bcr  2lrmcn  marcn 
»on  |)olj,   fcltcncr  oon  Son,   biejcnigen 


Icppid^e  —  leufcl. 


659 


bct  9Bof)I^abenben  oon  3*""  ^^^  i'it  ^fi 
IRcid^en  »on  ©über.  ®ie  Jeüer  biefcr 
3eit  waten  ctwaö  flcin,  im  Uebrigen  aber 
»on  gleitet  iJorm  ,  wie  bie  unftigcn,  bic 
einen  mti)x  flad),  bic  anbern  »ertieft, 

!^e<)))tt^c  ecrwenbete  man  im  SDJittelalter 
fd^on  red^t  l)äufig  jur  93clegung  bcr  %ü^' 
böben  unb  (Sängen  in  Äircfeen  unb  SBobns 
Rufern ,  [otüie  aud)  aU  SBorbängc  für 
Sßänbc,  Z^nx'  unb  ^cnfteröffnungcn.  95on 
ganj  befonbcrö  tojibaren  leppicfcen  ifi  [(t)on 
in  ber  alten  orientalifc^en  ®ef($i(i)tc  bie 
SRebe.  @o  foflen  bic  Olrabcr  bei  (Srobe= 
rung  bc^  ^crferrciAcö  in  Ät)o«ru'ö  ^alafl 
einen  Jeppid^  »orgefunben  babcn,  ber  fed)' 
jig  Stlen  im  ©coicrt  gcmcffen,  auö€eibe 
gcwirft  unb  mit  ®oIb  ,  Silber  unb  far= 
bigen  (Sbcljlcinen  gejiert  njar ,  bie  einen 
in  Slüten  unb  ^rüdfiten  prangenben  Dbft^ 
garten  barfictlten.  Omar  »erteilte  ben 
äeppicf)  unter  feine  grcunbc  ,  beren  ^apl 
nid^t  angegeben  tt)irb;  bod)  foü  ein  ©tücf 
Bon  Olli  mit  20,000  ©ilberpcfen  beja^It 
njorbcn  fein. 

S)ie  2;eppi(i)e  be^  frül)crcn  IDJittelalter^ 
fiammen  meifi  auö  bem  Orient.  23om  11. 
Sa^r^unbert  an  meben  bic  ßaicnbrübcr  ber 
Älöfter  Steppid^c  in  ßcinmanb  unb  bie  yiorx' 
nen  at)men  bie  norlicgenbcn  orientalifc^en 
SDtufier  nacf).  S)ic  Sobentcppic^c  «erben 
nur  mit  geometrifd)en  t^is^ren  ober  mit 
Ornomenten  gejiert ,  aücrliöc^jicnö  mit 
Silbern  auö  ben  niebcrn  Sictflaffcn,  „mit 
böfcm  ®ett)ürm" ;  bie  93orl)angtcppi(f)e  aber, 
fowie  bic  jum  SDccfen  ber  SOJöbcl  »ermcn« 
beten  merbcn  namentlid^  oom  13.  3if)r« 
I)unbert  on  ju  eigcntlid)cn  8uyu«gcgen« 
jiänben.  SDic  Eird^Iid^cn  erl)altcn  fird^licf)c 
Silber,  biejenigcn  für  ben  ^rioatgcbraud) 
jum  Seil  tt)cltlid)c.  93erül)mt  ifi  bic  äu§crft 
ttjcrtootlc  „lapetc  »on  SBatjcuy",  bie  für 
bic  Äofiümfunbc  i^rcr  ßeit  mid^tigc  ^uf» 
f^lüffc  gibt.  51uf  einer  ßeinmanbflä($c 
»on  63  m  Cänge  unb  0,46  m  ^ö^c  f($il= 
bertc  ftc  in  72  ©jenen  mit  530  ^iflui^en 
bie  Eroberung  »on  ©nglanb  burd^  SBiU 
l^elm  ben  Srobcrcr.  2)ie  ©tiderei  iji  im 
^lattjiic^  auögefü^rt  unb  mit  »ielen  3n= 
fdiriftcn  »crfetjen.  2)ic  5lrbcit  flammt 
h)a^rfd)cinlic^  au«  ber  2.  ^dlftc  tti  12. 
Sa^r^unbert«  unb  h)irb  »on  ben  einen  ber 
©cma^lin  Sßil^clmö ,  bcr  Königin  iWa» 
tljilbe,  »on  ben  anbern  bcr  lodljter  ^cin* 
x\i)i  I.  »on  Snglanb  jugefc^riebcn. 

©e^r  fe^cnömert^  ftnb  au*  bie  S^It' 
teppid)c  Äarlö  beö  Äübnen,  bie  er  bei 
®ranfon  »erlor.  ©ic  ficüten  bie  Äricgö« 
traten  3"Iiu^  Safar'ö  bar  unb  ftnb  o|)nc 


Swcifel  eine  nicberldnbifd)e  *Mrbcit ,  tnie 
benn  überljaupt  bie  ??iebcrlänber  ftc^  im 
fpatcren  ÜJiittelaltcr  auc^  in  ber  Icppid^« 
fliderei  befonberä  ^eruorgetan  ^aben. 

^crjinc,  bie  breijeiligc  ©tropt)c,  in  bct 
3>antc  feine  göttlid)eÄomöbie  bietete  unb 
beren  äußere  3eüen  mit  einanbcr  reimen, 
mä^renb  bie  DJJitteljcilc  ben  iReim  für  bie 
folgcnbe  2;crjine  anfc^lägt ,  mürbe  burd^ 
qSauI  ÜJteliffuö  1572  jucrji,  aber  nur 
ganj  »ereinjelt,  inä  I)cutfd)e  eingeführt; 
bic  Dpi^ianer  nal)men  bicfe  ^Jorm  nid^t 
an,  fo  ba§  ftc  erjl  am  ©nbe  bcö  18.  3a^r* 
^unbcrt^  bcfanntcr  mürbe. 

S^cucröanf  Ijei^t  ein  aUegorifc^e«,  ^öc^fi 
unbct)ülflic^c*  SReimmerE  Äaifer  ÜRayimi* 
lian^,  morin  beö  Äaifer^  3"9ent>f*icffale 
unter  bem  allgemeinen  Silbe  einer  Sraut» 
fatirt  be^  Seucrbanf  (SDJajimilian)  nad^ 
S^renreid)  (ÜRaria  »on  Surgunb),  Äö« 
nig  SRu^mreidf)^  (RaxU  beö  Äü^ncn) 
5tod^tcr  erjät)lt  merben.  51uf  biefcr  ^a^xt 
fommt  bcr  ^elb  an  brci  ©ngpäffc,  an  be* 
ren  jcbcm  il)n  ein  ^einb  ermartet:  iJ  ü  r « 
m  i  t  t  i  g  ,  b.  i.  Unbcfonnenbeit  ber  3u* 
genb,  U  n  f  a  I  o  ,  b.  f.  Unglüdäfaüc  unb 
3i  c  i  b  c  l  M  r  b  ,  b.  f.  bic  politifdt)en 
^^cinbe.  ©d^lic|lid^  beftegt  leucrbanf  feine 
®cgncr  unb  ftc  merbcn  aU  93crbre(^er  gc* 
ticktet.  2)aö  «ffierf,  bcffen  JRebaftion  bem 
Äaplan  bcö  Äaifer«,  2Jleldt)ior  *|8ftnjing, 
übertragen  mar ,  murbc  mit  »crfd^rccnbe« 
rifd^er  ^radl)t  unb  »iclen  Silbern  in  »icr« 
jig  ©ycmplarcn  auf  Pergament,  jugtcid^ 
aber  auf  Rapier  gcbrudt  unb  erhielt  fpd« 
ter  nod^  »icle  Qluflagen.  2>cr  Sitel  bcr 
erfien  5luögabc  lautet:  „jDic  gcucrlif^itcn 
unb  cin^  tcilö  bcr  gefd^id^tcn  bc«  löbUdf)en 
flreitbaren  unb  ^o^becümtcn  f»elbg  unb 
SRittcrö  Jcwrbannd^ö.  ®cbr.  S^Jürnberg 
burd^  ben  (Sltern  ^annfcn  ©d^önfpcrgcr 
Surger  ju  5lugöpurg,  1517. 

Scufcl»  e^  ifi  bloä  bie  mittelalterlid^c, 
»erEörpcrtc  ®efialt  be«  leufelö,  bcr  Icufcl 
iii  Solfäglauben«,  ber  unter  bic  bcutfdf)en 
5lltertümer  gefiört,  unb  nidit  bcr  ältere 
Jcufcl  bcr  biblifd^en  unb  fird^li^cn  Öe^re. 
Jiur  tai  fei  in  Scjug  auf  ben  te^tern  ^icr 
bcmerft,  ba^  bcr  ältere  Seil  bc«  alten  Jefia* 
menteä  ben  Icufel  nod&  nid^t  fennt;  erfi  im 
6yil,  nimmt  man  an,  Ratten  bic  ^uttn  »on 
ber  3<"^''ajlrifd)en  SRcligion  bcr  ^erfet, 
meldbe  jmifd^en  Otmujb  unb  5l^riman, 
bem  guten  unb  böfen  ®eifi,  untetfc^icben, 
ben  Setfud^ct  fennen  gelernt,  ber  bann 
mef)r  unb  mc^r  in  i^r  SolEöbemu§tfcin 
überging,  aber  nod)  lange  nid)t  alä  Eör* 
perlidt)   gebaut   mürbe,     ©o   tritt  et   im 


660 


Jcufet. 


Ultum  Icfiament  auf.  «Später  trug  namcnt« 
\\i)  bie  93etüf)rung  mit  einigen  eetten, 
ben  ©noflifern  unb  iUlanicfeäern,  jut  bog= 
matifc^en  5lusbilbung  beö  5j;eufeI«sS)ogmaä 
bei  unb  eö  bilbete  fic^  aus  fe^t  üet* 
((^iebcncn  (SIementen  im  ©egenfa^  jur 
2BeIt  bcr  ©ngel  eine  SBelt  böfer  ®eij!er 
auö,  bie  jum  Seil  aU  t>on  (Sott  abgc= 
fatlene  Gngcl  bctiac^tct  mürben  unb  beren 
Dberbaupt  ber  Seufel  ift.  S)ie  ^errfcf)enbe 
aSorfieüung  üon  bem  Seufel  mürbe  um 
mefentli(i)ee  baburd)  ermeitert,  ha^  bie  ab' 
ficrbenben  beibnif^cn  (Sötter  jmar  für  be= 
ftegt  unb  of)nmäc^tig,  aber  nid)t  ganj  für 
machtlos  ertlart,  fonbern  in  tai  (Sebiet 
ber  teuflifdjen  SWäd^te  fcrmiefen  mürben, 
unb  jmar  gef*Q^  bies  in  crfier  ßinie  mit 
benjenigen  beibnifAen  (Sottf)eiten,  mcl^e 
»on  *Ratur  übeltt)ätig  unb  finjier  maren, 
mic  bie  beutfdien  (Sotter  ßofi  unb  $el; 
bann  aber  auc^  mit  ben  übrigen,  fonji 
aU  gut  9ebacf)ten  (Sottbeiten,  fofcrn  nid)t 
bie  fortfd)affenbe  ^fjantafie  tfire  3üge  an= 
bem  guten  (Seflalten  beä  (Ifirifientumä, 
mie  SDJaria  unb  ben  |)ciliaen  jumie^.  So 
fagt  benn  (Srimm,  ber  2;"eufel  fei  jübif^, 
c^riillid),  beibnifc^,  abgöttifdf),  elbifc^,  rie^ 
fenbaft,  gefpen^ig,  aüee  jufammen. 

2)er  9?ame  Seufel,  a^b.  tiuval,  mbb. 
tievel,  tiufel,  iji  nicfetä  als  tai  grie*. 
Siäßokos;  es  iji  ein  internationaler  5tu«brucE 
fafi  aller  europäifc^en  iBöIfer;  jablreiiie 
Supbcmismen  beä  D^amenä  ftnb  ^ocbbeutfc^ 
S)eic^  el,  2)eif  l  u.  bgl.;  satan  mirb  m^b. 
feiten  angemanbt.  2)en  übrigen  Sßencns 
nungen  liegt  entmeber  ber  (S^arafter, 
bie  (S  e  fi  a  1 1 ,  ober  ber  '21  u  f  e  n  t  f)  a  1 1 
beä  2:eufel«  ju  (Srunbe.  ©einem  ßf)aratter 
ober  innern  ^^rinjip  nac^  t)ei^t  ber  Seufel, 
im  ©egcnfa^  jum  gütigen,  freunblid)en 
unb  milben  (Sötte,  ber  SBöfe,  ^einb* 
I  i  ^  e ,  bcr  U  n  i)  0  I  b.  Qtnbere  iUuäbrüde 
ftnb  ber  8  e  i  b  i  g  e ,  ber  Ol  1 1  f  e  i  n  b  ,  ber 
Qllte,  ml)b.  ber  välant,  ni)b.  Soüanb, 
3unfer  SSotlanb,  f^articip  ju  agf.  vaelan 
=  »erführen,  fdjrccfen.  Seiner  äußern 
®  e  jl  a  1 1  naä)  \)t\^t  ber  Scufet  ber  ^  i  n  * 
fcnbe,^infebein,berfc^marse, 
(Sraumann,  (Sraumannletn;  in 
allen  übrigen  (Sliebern  fonjl  mic  ein  SDtenfd) 
geformt,  oerrdt  il)nS8odöo^r,  ^orn, 
®^manj  ober  *Pferbcfut.  2)er 
93ocf  iji  baö  t)eilige  Sier  2)onare;  ba^cr 
er  oft  in  €(J)müren  unb  Söcrmünfd)ungen 
erfcbeint:  dass  dich  der  bock  sehend! 
2lüe  i^cfen  bQd)ten  fid)  x^xtn  iUJeijier  ale 
f^marjen  99ocf,  mie  er  in  ber  ^eycnoer* 
fammlung  erfcf)ien;  ber  Seufel  iji  eö  auc^. 


bcr  bie  3*^9^"  "ber  bie  (Semfen  erf(i^affen 
hat.  9^äd)ji  bem  Sod  iji  bcr  6 bcr  ein 
Seufclätier,  er  mar  urfprünglid^  bem  ^ro 
J)cilig  unb  gab  in  SBalbaüa  ber  gelben 
«Speife  ^er;  baf)er  er  unb  bie  @ au  Seufelä* 
ticre  ftnb.  Oft  erfd)eint  ber  Teufel  alä 
SB  0  I  f ,  met^eö  mo^I  ber  SQBoIf  SBobanä 
iji;  menn  er  bagegen  ali  f<^marjer  ^  u  n  b 
miit  ^«ucraugen  erj^c^eint,  fo  beutet  tai 
mieber  auf  ben  (Scmittergott.  (Sern  nimmt 
ber  Scufei  bie  (Sejialt  t>on  ÜBoban«  Zm, 
bee  SR  oben,  an.  5tlt  unb  verbreitet  mar 
bie (Srf^einung  be«  leufelö  alö®ct)lange, 
2Burm  unb  2)rac^e,  eine  SorjicQung, 
bie  ftd)  teilä  an  bie  ©(i)Iange  im  ^ara* 
biefe,  an  21pofaIt)pfe  20,2  unb  an  ben 
Sefiat^an,  tcilö  an  ben  ein^eimifc^en  Solfg» 
glauben  bon  feuerfpcicnben,  giftigen  SBür« 
mern,  f($a^t)ütenben  25rac^en  unb  munber* 
baren  @ci)Iangen  anfiä)Iie§t.  2tuc^  jmci 
(Seraten,  bem  Jammer  unb  bem  Spiegel 
mirb  ber  Jeufet  ncrglic^cn;  »on  mel(i)en 
ber  Jammer  j)onar,  bcr  SRiegel  öofi  ju^ 
fte^t;  ja  man  fc^rieb  ben  Sturmminb  unb 
bie  SBinböbraut  gerabeju  fpätcr  ben  SHiefen 
ober  leufeln  ju. 

23on  feinem  51  u  f  e  n  t  ^  a  1 1  in  bct 
$  b  11  e ,  aus  metc^er  er  bie  beibnifd^c 
©öttin  |)el  (ftebe  biefen  Qlrtifel)  tcrbrängt 
bat,  l)ei^t  ber  Seufel  hellewarte,  hellehirte, 
hellewirt.  Urfprünglid)  ber  Qlufent^alt 
ber  Jobcägöttin  ^el,  unb  baburcf)  bie 
2Bobnung  ber  loten,  jmar  traurig  unb 
freubcnlecr,  aber  frei  oon  jebcr  ©träfe  unb 
Q.ual  feiner  Semobner,  mürbe  bie  •^ölle 
bcr  Dtame  beö  Drteö  ber  SSerbammten,  ein 
mit  flammen  unb  *13cc^  erfüllter  ^fu^t; 
bie  alten  ©acfcfen  nannten  biefen  Ort  nod^ 
lange ,  meil  il)nen  hai  ein^eimifdbe  hellia 
nod)  JU  ^cibnif^  »orfam,  mit  bem  bibs 
lifdien  Dramen  infern  ober  »erfürjt  fern. 
(Srimm  nermutet,  ta^  bie  *^  c  d)  I)  ö  H  c 
ben  ®rie($cn  fon  ben  ©lauen  jugebrad^t 
morben  fei;  benn  in  flaDifc[)cn  Sprachen 
bebeutet  basfelbe  SBort  *|3ec^  unb  ^öllc. 
(äin  eigentümlid)  mittelalterlid^cr  Slame 
für  bie  ^öüe  ijiD^obisfrug,  a\xi  grie(^.« 
iat.  abyssns  =  2lbgrunb,  ^öüe  unb  nie» 
berbeutfc^  bcr  krog,  Ärug  =  geringe 
6d)enfe;  bie  ^öUe  iji  alfo  ^icr  als  JBirtä« 
l)aui  unb  bcr  Teufel  alö  SBirt  gebadet. 

*mie  l)cibnif(J)en  ®ötter  Dermanbelten 
jtd)  ben  neuen  S^rijien  nic^t  bloö  in 
@ö^en,  fonbern  in  Seufel.  „2ßer  ben 
alten  ®öttern  anf)ing,  iljnen  bcimli^ 
opferte,  I)ie§  Jcufelöbiener;  bie  alten 
laufgelöbniffc  fragten  einfach:  Sfflibcrfagji 
bu  bem  Seufcl;   ?lnttt)ort:   3^  »iberfage 


Scufcl. 


661 


bem  Scufet  unb  ber  2;eufelöüeref)rung  unb 
aüm  äöerfen  unb  SBortcn  beö  Scufclö, 
bem  Donar  unb  bcm  SBoban  unb  bem 
©ajnot  unb  allen  ben  Unt)oIbcn,  bic  x\)xt 
®cnoj[cn  ftnb."  Qluö  SBuotan,  bem  tt5il= 
ben  Säger,  mürbe  ein  jogenber  Seufel,  ber 
hellejager,  ber  aud)  alö  S^ger  in  grünem 
äRod  mit  ^af)nenfeber  auf  bem  ^ut  erfc^eint. 
®Ieid^  SZßuotan  unb  35onar  [ä\)xt  ber  Jeufel 
batb  auf  fc^marjem  iRoffc,  balb  in  ftatt^ 
liebem  iZßagen.  SBie  2ßuotan  alö  (Sott 
unb  (Srfinber  bcö  ®pielö,  namentlid)  beei 
2BürfeIö  galt,  fo  wirb  je^t  boä  SBürfeU 
fpiel  auf  ben  Seufel  bejogen ,  er  n:)ürfelt 
mit  ÜJJenfc^cn,  bie  it)re  Seele  auffegen. 
2ßie  2Buotan  feinen  ©c^ü^Ung  bur^  bie 
SBotfen  bringt,  fo  njerben  gelben  auö 
ferner  ©egenb  »on  bem  Seufel  ptö^tici) 
burc^  bic  ßüftc  jur  |)eimat  getragen;  tai 
ip  ber  i^aü.  bei  ^einric^  bcm  ßömcn, 
Älinfor,  Dfterbingen,  ^^auft.  2)ie  meinen 
(Jigenfc^aftcn  bcö  Seufelä  aber  ftnb  üon 
S)onar  übernommen;  er  fjaufi  im  ©ertjittcr 
unb  2ßirbelrt)inb;  er  t)intcrlä^t,  tt>cnn  er 
burcf)  ein  t)eilige^  SBort  ober  ein  t)eiUgeä 
3ci(^en  übermiefen  wirb,  immer  einen 
©d^mefclgePanf,  ber  auf  ben  iöli^  beutet. 
S)ie  S)onnerfeile  ^ei§en  auct)  Seufelöfinger; 
in  5Iü(^en  ifi  S)onner  unb  Jteufcl  oft  baä= 
fclbe.  2)onnerfinb  ifi  fooiel  wie  Seufelt^^ 
finb ;  fct)»ierige  (Sc^miebc=  unb  ®d)Ioffer= 
arbeiten  »erben  bem  Seufel  jugefd)rieben. 
2)ie  großen  feurigen  5lugen,  fein  (Srfc^cinen 
ali  fc^warjer  ^unb,  bie  rote  garbe  feiner 
■^leibung,  bie  rote  $af)nenfeber  auf  bem 
^ut  finb  bem  (Scroittergott  entnommen. 

5lu0  bem  beutfcf)en  ^eibentume  flammen 
au^  bie  2  e  u  f  e  I  i  n  n  e  n  ,  ©cfialten,  bie 
bcm  3ii^^"^umc  burdjau^  fremb  finb. 
@cf)on  Ulftla«!  übertrug  baö  gricd^ifct)c 
daimonion  burc^  ein  meiblic^eö  Sffiort;  bie 
nnhultho,  b.  i.  unl)oIbe  ^xau;  biefe  cer= 
tritt  unter  ben  D'ieubcfelirten,  tt»aä  fid)  if)rc 
aSorcltcrn  unter  .^olba  gebadet  t)attcn. 
^olba  ifi  cö  auc^  tt)al)rfct)cinlid),  bic  unter 
bem  Dtamcn  „bcö  SeufeU  ©rofmuttcr" 
befannt  ifi. 

(Sinjclnc  Dpfcr,  bic,  mcil  fic  mit  ®c* 
bräuci)cn  unb  ^efien  jufammcn{)ingcn,  nod) 
lange  Qdt  t)inbur(^,  julc^t  al^  unoerfians 
bcnc  fc^utblofc  Sitte  fortgeführt  mürben, 
tourben  bem  Scufcl  jugefcbrieben ,  fo 
Sämmcr  unb  Söcf  lein,  meifi  fd)tt)arje, 
bie  in  9torrocgen  bem  SBaffergeifi  juge» 
f(3E)ricben  würben;  bei  Sd)a^^cbungcn  febrt 
bicfcr  fd^marje,  genau  ein  3"^^  unb  einen 
ZüQ  alte  ®ci^bod  immer  wieber.  %\xä) 
fc^warjc  ^ül)ncr   fommen  »or ,   an 


benen  aber  feine  mci^e  jjeber  feine  barf; 
hoi  Opfer  eineö  C'icfjtc«  bat  ftd)  bis  je^t 
in  ber  Ütcbenäart  crf)alten:  „bcm  Scufcl 
ein  8icf)t  anfiecfen". 

93icleö  bat  ber  Teufel  von  ben  ^lämo* 

nen    unb    ©eifiern    ber   beutfcl)en   3iatur- 

religion  aufgenommen;  er  ^ei§t  bal)er  ber 

2Bid)t,   Söfemid)t,  .^ellemicfct; 

gleich  Slben  bat  er  bie  &abi.  ju  etfc^ieinen, 

ju   t)crfcl)minben  unb   ftd)  ju  nerwanbclit, 

nur  ba^  bic  me^r  necfifcfec  Scfcabenfrcubc 

bicfcr  ©eifier  bcm  Scufcl  immer  ale  bitterer 

©rnfi  angerechnet  wirb.    Scufclbcfcffen  ifi 

ber,  bcm  c^  bie  @lbc  angetljan  t)abcn;  er 

glcidlit  ber  aBol)nung,  in  mcldicr  ftd)  ^ol* 

tergeificr    feftgcfc^t    babcn.      Gutmütigen 

^auögeiftern  gleid^  trägt  ber  Jcufcl  feinen 

grcunben  unb  ©ünftlingcn  ®elb  ober  ®c= 

treibe   ju.    ®anj    befonber^   tfl  aber   ber 

Jeufcl  an   bie  ©teile  ber  alten  JRicfcn 

getreten;  bcibe,  [Riefen  unb  Scufcl,  ocrfolgt 

ber  SJonnergott  mit  feinem  .^»ammer;  wie 

ber  SRiefe  üon  Ztioxi  SRiölnir,  fo  mirb  ber 

Seufd    im   ÜRärc^en    von   bcä  ©d)micbcg 

Jammer    getroffen.     «Rieftg  erfd)cint   na^ 

mcntlid^  ber  Teufel  ha,  wo  it)m  i>ai  23olf 

ungel;eurc   ©auten    unb   ©teinwürfe 

beilegt;  ber  bummcSeufcl  gilt  wie  ber 

bumme   [Riefe.     I)ie   ©rbauung    d)rifi= 

tid)er  Äirc^cn  ifi  il;m  oer^agt,  er  fud)t  fte 

ju  jertrümmern,  f^cin  $lan  wirb  aber  jebes^ 

mal  »on  einer  i)öi)ixn  ©cwalt  ober  burc^ 

überlegene  Öifi  ber  «Jcnfd)cn,  j.  S.  einen 

fünfiU(^  gewirftcn  .^at)ncnfd)rei  ober  burcö 

etwa«  .^eilige«  uercttclt.    ®leid)  bcm  SRie^ 

fcn   äcigt  er  ftc^  felbfi  oft  aU  crfal)rencn 

Saumeifler,  wel_d)cr  eine  93urg,  Srücfc 

ober  Äirc^e  aufzuführen  übernimmt  unb 

ftcft  jum  8of)n  bie  »Seele  beffen  auöbcbingt, 

ber   ben   neuen  Sau  juerfi  betritt;    bat)er 

man  wol)lbcbäd)tig  juerfi  einen  $at)n  ober 

eine  ©cmf'e    über    bic   neue  Srüdc  laufen 

tä^t;    beim  ^irdienbau   ifi  eö  ein  SlBolf. 

Jeufcläfieinc  t)ei§en  cntwcber  bic,  wcld)e 

er  jum  Sau  tragcnb  au^  ber  ßuft  faüen 

lie§    ober  bie  er,   fein   bcgonncneö  äöerf 

jcrfiörcnb,    auf   bie  Serge   trägt  ober  bic 

er  nac^  berÄird^c  geworfen  t)at.  Scufcl^* 

mauern  crEIärt  ta^  Sßolf  fo:  ber  2eufel 

t)abc    bamit  bic  ®renje  feincö  JRcid)ö  ab- 

f^liegcn  woücn.    ^eroorragenbc  ^eleflips 

pen  Reißen  Scuf clöf an jeln,  ha  foü  ber 

böfc   gcinb    bem    oerfammeltcn   23olf    ge= 

prebigt    babcn;    eä    ftnb    oieUcic^t    alte 

Äultuöplä^c. 

Stücifcl^aft  ifi  ber  Urfprung  ber  «Sage 
oon  Pcrtrag^mäBigcn  Sünbniffcn 
mit  bem  $teufel,  wobutc^  für  bic  »on 


662 


leufcl. 


bcm  Scufel  erlangten  irbifcften  ©lücfögüter, 
bcfonbcrö  ober  für  bic  3i"6erfrQft,  bie 
eigene  @eele  ücrfauft  wirb.  3)aö  ältcjle 
Sßeifpiel  bicfer  @age  fiammt  quo  bem  4. 
3a^r^unbert,  nio  aber  noc^  feiner  iBer=^ 
f(i)rcibung  gcbac^t  hjirb;  iai  ftü^efle 
SBeifpiel  eincd  SünbniflTcö  mittelfi  23er= 
fc^reibung  an  ben  Seufel  bietet  bie  ®e= 
fd^id)te  tii  Sl^eopliluö.  SDiefcr,  ein 
überaus  frommer  SWann,  lebte  ju  Qlbana 
in  (Eilicien  aU  Dfonomuö  ober  iBice-- 
bominuö  ber  Äirc^e  jur  3tit  ^^^  ^erfer* 
einfalle  in  hai  SReid).  S'ia*  beö  93ifd)of« 
lobe  tt)urbe  er  jum  93ifd^of  ertcä^It,  lehnte 
aber  bie  iSJaf)l  aui  I)emut  ai.  5Der  l^att 
feiner  nun  geh)ä^Ite  neue  93ifd)of  entfe^t, 
burdb  93erleumbung  gcbicnbct,  ben  ^kt- 
bominuö  feineö  2imteö,  vorauf  bicfer, 
bitter  gefränft,  ftci)  an  einen  aU  gett)al» 
tigen  3aubercr  befannten  3uben  tt)enbet, 
burd)  beffen  Scifianb  ev  »icber  ju  feinem 
Qtmtc  JU  fommen  t)offt.  5Dcr  3'^"^^^«'^ 
fübrt  ben  2;^eopt)ilu^  am  näd)jien  Sage 
in  ben  (Eircu^  unb  maf)nt  i^n,  »or  feiner 
©rfd^einung  ju  erfd)recten  unb  ftcb  mit 
bem  3^''^^tt  ^^^  Äreujeö  ju  befä)ü|en. 
liort  treffen  fte  eine  SKenge  2öciber  mit 
brcnnenben  Radeln  um^ersiebenb,  ßoblieber 
ftngenb;  in  i^rer  ÜJiittc  tbront  ©atanae, 
ber  bic  ^ulbigungen  feiner  getreuen  Unter» 
t{)ancn  entgegennimmt.  5lud^  SE^eop^iluä 
fdnt  auf  bie  Änie  unb  fü§t  beö  Seufelö 
%ü^t;  ia  ©atana«  fic^  jebocf)  nic^t  erinnert, 
ben  J^eopt)iIuö  je  gefe^en  ju  ^aben,  t>er= 
wunbert  er  ftc^  über  bie  ©reiftigfeit  be«* 
(Jinbringlingö.  5tuf  bie  barfd^e  O'rage,  toai 
er  wolle?  ertttiebert  S^eopfiiluö :  beinen 
93cfet)len  get)ord^en.  5L)a  erf)ebt  f\ä)  @a= 
tanaö  ein  wenig,  ftreidtielt  bcm  Sfieop^ilu^ 
ben  93art,  fü|t  unb  begrübt  iljn  freunblid) 
aU  feinen  lieben  Untertban;  Sfjcop^ilu^ 
aber  entfagt  bierauf  3efu*  unb  ber  StRaria 
unb  überreicht  bcm  jcufel  bie  oon  i^m  fetbfi 
gcfdiriebcne  unb  mit  2Ba(i)ö  »erjicgclte  Ur= 
funbe.  9lm  folgenben  Sage  Wirb  Stjeos 
p^iluö  »om  Sifä)of  auf  bic  efirenootlfic 
SCBeifc  in  fein  3tmt  Wicbcr  cingefc^t  unb 
fü^rt  fortan  aU  beö  Scufcl^  8ct)nömann 
ein  übermütige^  ßcben.  ©o  ge^t  ti  eine 
3cit  lang ;  fpäter  aber  wirb  S^copfjiluö 
»on  iHcue  ergriffen;  40  Sage  unb  9iäd[)tc 
lang  fic^t  er  SÖfaria  in  ibrer  Äird^c  um 
SBcijtanb  an;  ffe  läft  ftd^  erweicben,  be= 
wegt  aud)  it)rcn  ©ol)n  bem  ©ünber  ju 
eer5cil)en,  fc^afft  bie  Urfunbe  wicbcr  ^erbei 
unb  legt  fte  i^m,  wäbrenb  er  in  ber  Äird)c 
cingcfd)lafcn  war,  auf  bie  93rufi.  Sr« 
Waä)cnb,   finbct   er   bic  ©d)tift,    befennt 


öffentli^  feine  ©ünbe,  »crbrennt  bie 
©d)rift  unb  jlirbt  brei  Sage  barauf  cined 
feiigen  Sobeö.  Sic  fpätcre  3"t  »erfc^te 
i^n  unter  bie  ^»eiligen.  —  5Die  Unter« 
fdnift  mit  Slut  fommt  jucrfi  im  13. 
Sabr.bunbcrt  cor. 

Über  ben  Seufcl  in  ben  ^ejcnpro« 
jcffcn  fte^e  biefen  bcfonbcrn  Qlrtifel. 

ffiaö  bie  ßittcratur  beö  Seufelö 
betrifft,  fo  ifi  biefelbc  in  ber  farolingifdben 
^Jeriobe  bei  bem  feufd)eren,  bem  Slltertum 
nid)t  wenig  jugefelrtcn  ©inn  nod)  faum 
in  befonberen  SBerfcn  ücttretcn;  ber  Srj« 
bifd)of  51gobarb  ton  ßtjon,  aui  ber  fa« 
rolingif($cn  @d)ulc  b^forgegangen,  gejior« 
ben  841 ,  trat  nod)  gegen  ben  ©tauben 
an  bie  fficttcrmadbcrei  burd)  ben  Seufel 
auf.  ?lud^  bie  pfifc^e  ©ilbung  bcüorjugt 
ben  Seufcl  nod)  in  feiner  Sßeifc,  fo  oft 
aud)  fein  SRamc  alä  böfeö  ^rincip  in  ben 
©djriftcn  bicfer  iperiobe  angetroffen  wirb, 
erft  bic  fird)li(^-Qffetifd)c  SBilbung,  bie  feit 
bem  11.  3af)rl)unbert  auftrat  unb  noment« 
lic&  in  ben  neuen  Drben  ibren  ^alt  I)atte, 
war  eö,  Weld^e  ba^  5ntereffe  am  Seufel 
wad^^iclt  unb  belebte.  5Da^er  bic  ja^lrei« 
d^en  Scufclögefcbi(^tcn  in  ben  fiegenben, 
in  ben  SBunbercrjä^Iungen  bcö  Sijierjicnfcr 
ÜKöncb*  Säfariu^  üon  ^cijlerbad^, 
13.  3a^i^^unbcrt,  bcö  glci^jcitigen  5lugu* 
fiiner=SO?önd)e«  91  Ib er ic u ö,  ba^  33ud^  be« 
wenig  fpätern  (5.ifierjienfer«9lbtcö  iJl  i  c^  a  I « 
nu^,  „33ud^  ber  Offenbarungen  über  bie 
Sflac^jicÜungcn  unb  Süden  beö  Seufelö," 
fobann  bic  Seilna^mc  ber  neuen  Drben, 
befonberö  ber  S)  o  m  i n  i  f  a  n  e  r ,  an  ben ^e^er* 
»crfolgungen ,  roo  immer  auc^  ber  Seufcl 
in'g  ©picl  gebogen  würbe,  an  ber  91uf* 
I)ebung  bc^  Scmplerorbenö,  an  ben  -^eyen« 
^rojeffen.  (Sine  cigcntümlid)e  unb  im 
fpätern  ÜJJittelaltcr  me^rfadb  bearbeitete 
©d)rif t  ifi  ber  ©  a  t  a  n  0  p  r  0  j  e  §,  processus 
Satanae,  eine  51rt  fprojc^lc^rbud),  „ein 
nü^lid)cr  ®ericbte*f)anbel  cor  ®ot  bem  all« 
mcd)tigen  unferm  Jg)errcn,  burd^  bie  glori« 
wirbigflcn  JungffraWcn  SIRariam,  fürfprc» 
d)crin  beö  menf($lid^cngefd)Iedbt«!,  am  einen, 
unb  riermalebe^ten  ©at^anam,  anwalt  ber 
^ellifd)en  fd)aldl)cit,  am  anbern  Seil  ge« 
übet ;"  bic  ©d^rift  wirb  mcifi  einem  gewiffcn 
iöartoluß,  14.  3al)r^unbcrt,  jugcfd)riebcn, 
fie  fcbeint  aber  im  13.  ^o^'^^unbert  t»on 
einem  Sui^il^en   erfunben  worben  ju  fein. 

S)cr  Seufcl  fam  cnblidf)  al^  f  omifdbe 
(Perfon  auf  bic  ©übne,  unb  im  15. 
unb  16.  3a^i-^unbert  gcl)ötte  er  in  ©panien, 
granfrcidb  unb  2)eutfcblanb  ju  ben  Sffiür« 
Jen  ber  geifilid)en  ©pielc.  ■^icr  war  er  red^t 


Siara. 


663 


wie  bcr  Seufcl  bcö  iBoIfäglaubcn«  auöge- 
jiattct,  machte  groteöfc  Sprünge  unb  länjc 
unb  tiergnügte  bie  3"f<J)''"fi  nanientlid^ 
and)  burcf)  [ein  ©c^merj*  unb  5lngflge^cul. 
3n  einem  ^u  3üric^  aufgefütjrten  Spiele 
»utbe  ber  Jeufcl  fogar  hiftiert,  worauf 
er  ein  iWaufenejl  t>on  ftdE)  c^ab.  Seine 
Stolle  im  Spiel  iji  eine  boppeltc,  aU  i8c= 
ftrafer  bcö  ßafier  unb  aU  iöoter  aüer 
Sünbc.  3"  i'£>^  "Pf"  SfloHc  ift  er  ernfl, 
man  liebte  eö,  i^m  ber  JReif)e  nacf)  aüe 
mögtid^en  Stdnbe  jujufütircn  unb  bilbete 
fo  eine  ^rt  Scufclötanj  bem  Sotentanj 
nac^.  3lm  Weitläupgfien  ifl  biefer  ©ebanfe 
in  bem  (Sebii^te  „des  tiufels  segi"  befians 
belt,  herausgegeben  unter  bem  JJamen  ,,beei 
leufelö  ?Je|"  üon  Saracf,  Stuttgart  1863, 
ou^erbem  in  mehreren  Spielen.  5llö  ißater 
ber  Sünbe  iji  ber  leufcl  jugleii^  Sater 
ber  Sl^or^eit  unb  nähert  f\i)  baburd)  bem 
Jiarrcn.  Unter  bcn  Spielen,  worin  ber 
Jeufel  eine  SRoHe  fpielt,  finbet  man  au* 
jene  oben  erwät)nte  Sage  t>on  IbeopH- 
Iu  8  wieber;  ein  anbercö  ift  tai  Spiel  t>on 
i^rau^utta,  beffen  3n^alt  bie  Sage  t>on 
ber  ^pdbftin  So^^inn«^  iP-  6i"  SD^äbc^er 
auö  ©nglanb  ifi  mit  einem  ®eiftlid)en, 
i^rem  ®eliebten,  in  SDiiannöEIeibern  nad^ 
!|3ariö  gegangen,  wirb  bafclbft  2)oftor,  in 
IRom  ©arbinal  unb  julc^t  ^apjt;  aU  fol= 
d^er  aber  wirb  fte  mit  S(^impf  cntlarct 
unb  con  ben  Teufeln  in  ber  ^öHe  empfan= 
gen,  jebod)  burd)  bie  ^^ürbittc  IKariaö  unb 
beä  I)eiligen  Siifolauä  bennoc^  befreit.  ?lud) 
in  ber^Poffe  fpielt  berScufcl  alä  fomif^e 
gigur  feine  SRolle.  Sie^e  Söein^olb  in 
©ofd^e'ö  3at)rbuc^  für  ßit.»®ef(^.  33b.  I, 
Seite  17  ff. 

iötiblidt)  fommt  ber  leufel  früf)jeitig 
bei  ber  ©arftcUung  beö  SünbenfaUeö  in 
ber  cf)riftlid^en  Äunft  cor  unter  bem  bib; 
Iifd)en  Silbe  einer  Sd^lange  mit  ober  oljne 
SDienfdjentjaupt;  fpdter  ?ommen  alö  Sinn= 
bilbcr  ber  S)rad)e  l^inju,  mit  weld^cm  Tlb 
d^ael  fämpft,  unb  ber  ßöwe,  ben  ^eilige 
unter  bie  ^üfee  treten.  iBereinjelt  crfdbcint 
er  im  9.  3a^rl)unbcrt  bei  ber  93erfuc^ung 
ß-^rifti  aU  böfcr  (Sngel  in  nacfter  SWen^ 
fd^cngejialt,  geflügelt  unb  öon  grüner  Jarbe; 
feit  bem  11.  3f'l)'^t)unbert  erf^eint  er  teilö 
in  menfd)li(^er,  teils  in  tiertfd^er  ®eftalt, 
aier  immer  t)ä§lid^,  mit  paarigem  Äörper, 
Sc^wanj,  gcfpaltenen  ^ufen,  Römern, 
ijlebcrmauöflügeln  u.  bgl.  SOtagiern  ober 
^tinben  ©ottcS  ft^t  er  alS  ein  fd)Warjcr 
©olgenoogel  auf  ber  ScE)ulter;  ben  Sefeffe^ 
nen  fahren  bie  Seufel  auS  bem  ÜJiunbe. 
3n  ber  |>ölle  tl)ront  Satan,  umgeben  »on 


feinen  93afatlen,  in  allen  möglidt)en  fd)eu§* 
Heiden  ©eftalten.  Seit  1500  überliefen 
fid^  bie  SWaler  überhaupt  bei  2)arPeQung 
ber  ^öUc  unb  i^rcr  93ewo^ner  ben  auS* 
fd)Weifenbften  $f)antaften.  6 1 1  e ,  f ir^lic^c 
51rc^äologie,  §  158.  2öcffelt),  bie  ®e« 
jialten  beS  SobeS  unb  beS  leufelS  in  ber 
barfieHenben  ^unft.    ßcipjig  1876. 

3m  15.  3abrl)unbert  fcfcien  bie  ißcbeu« 
tung  beS  Sleufele  abjunel)men;  ber  ^uma« 
niSmuS  fannte  il)n  ntd)t  mcl)r,  bie  mönct)ifc^e 
Qlnfcf)auung  war  in  ißerac^tung  geraten, 
unb  bie  plaftif($--bramatifd^e  SDarj^cUung 
biefer  ®eftalt  fprad^  beutlic^  bafür,  ba| 
man  il)n  ju  fürd^ten  verlernte.  i>a  regte 
fiutl)er  ben  leufelSglauben  oon  neuem 
auf.  93on  Statur  unb  ^'•'"i^i^  ^'^^  «t 
einem  ftarf  ftnnlid^saltertümlid)en  Jeufelö' 
glauben  geneigt  unb  trug  benfelben  Diel« 
fadf)  in  feine  9teben  unb  Sd^riften  über. 
9Jun  war  fc^on  früher  ber  Teufel  fatirifc^s 
bibaftifdf)  als  Megorie  beS  93öfen  oerwen« 
bet  worben,  unter  anberm  war  1489  ein 
lateinifd^er  Älagebrief  über  tai  ©lenb 
ber  ?!farrer  crf^ienen,  worin  bie  armen 
8anbgeiftli($en  üon  neun  leufeln,  barunter 
ber  Sifc^of,  gequält  bargcftetlt  werben. 
3)iefe  (jpiftcl  Hei  Sut^er  1540  mit  einer 
SSorrebc  begleitet  wicbcr  abbruden,  unb  nun 
entwidelte  fid^  eine  ganje  leufelSlitteratur, 
bie  150  3af)re  anbielt  unb  worin  bie  »er« 
fd^iebenen  8aftert)aften  alS  ebenfo  oiele 
SeufelSbefeffene  gegeißelt  würben,  ä^nlid^ 
wie  man  fon|i  baS  ßafter  alS  ?iarr^eit 
barjufteUen  pflegte.  Dicfe  ISeufelStraftate, 
in  $rofa,  in  Werfen,  audt)  in  bramatifd^er 
Jorm,  bringen  nun  ber  Sflei^e  nad^  einen 
^ofteufel,  liofen»,  jj^"*^*»  ^^^'>  ®nuf=, 
3agbs,  3unferä,  ®eiä»  unb  aBu^er«,  ^auh, 
^offartSo  Sf^uber«,  Sd)napSs,  $auS=,93au=, 
©cjtnbs,  lanj«,  SpieU,  ^Peftilenj«  unb  fiele 
anbere  leufel.  ^^xtx  24  finb  in  bem  gro« 
§en  Folianten  abgebrudft,  ber  1569,  1575 
unb  1587  unter  bem  Sitel  Theatrum  Dia- 
bolornm  ju  ^ranffurt  a.  DW.  erfd^ien. 

(SrP  baS  QtufflärungSjeitalter  bat  ben 
Jeufcl,  ber  bei  Ijjroteftantcn  unb  Äat^oli« 
fen  feit  ber  iReformation  aud^  in  bie  ^a» 
te^iämcn,  ®ebcte  unb  ©efangbüd^er  i5in« 
laf  gefunben  ^atte,  in  bie  5)ogmatif  üer= 
wiefen.  ®rimm,  ÜJJljtbologie,  Aap.  33; 
SButtfe,  »olESaberglauben.  iRoSfoff, 
®efdl)id^te  beS  JteufelS,  2  QSänbe.  fieipjig 
1869.  Freitag,  ȟber  auS  ber  beutfd)cn 
Q3ergangenl)eit.  51uS  bem  3a^r^unbert  ber 
SRcformation,  Qlbfd^nitt  11:  S)er  beutfd^e 
Teufel  im  16.  3af)r^unbert. 
Xiaxa   ^ei^t   bie    fronenartige  Äopfbe= 


664 


Jicrbitber  —  Iterfabcl. 


bccfung  be^  $apjie6.  iMnfänglid)  xoax  fic 
glatt,  ot)ne  Ätonranb,  bann  g^^i^fif^  ^it 
einem  ©tirnreif  ferfeben,  ^od^,  fegclfötmig 
g3omfacius  VIII.  (1294—1303)  gab  bem 
©tirnreif  bie  ©efialt  eine^  Äronreifc«!  unb 
fefite  einen  äweiten  über  benfelben,  unge= 
fäbr  in  bie  OJtittc  beö  Äegelö.  Urban  V. 
(1362—1370)  fügte  ben  britten  binju,  unb 
fo  entftanb  bie  fogenannte  breifad)e 
Ärone.  ®ie  trägt  auf  ber  ©pi^e  ben 
fReici)6apfeI  unb  ha^  ^reuj,  ju  beibcn 
Seiten  je  ein  SBanb. 

Sterbilber  in  fijmboUfdber  33ebeutung 
finb  juerft  aus  ber  antifen  SBcIt  in  bie 
d)riftli(^en  ©ilbwerfe  fiinübergenommen  unb 
^ier  jum  teil  cfcrijtlid)  umgebeutet  roorben; 
babei  Eommt  in  SSetra^t  ber  Unterfc^ieb 
jnjtfi^en  reinen  unb  unreinen  Sieren,  al« 
©pmbole  bee  Siebtes  unb  ber  ginfierni«; 
SRaubtiere  finb  JRepräfentanten  ci)riftenä 
feinblid)er  SKä(f)te,  mel)rIofe  Siere  bejeictincn 
bie  bebrangte  6.[)riftenf(iar;  Jagbfjenen 
bebeuten  bie  93efef)rung  ber  ©ünber,  bie 
gejagten  Sicrc  bie  einzelnen  ©ünben,  bie 
Sagb^unbe  bie  Su^prebiger,  bie  aufge* 
fiellten  S^Je^e  ben  (glauben  unb  bie  ©otteä- 
tiercf)rung.  ^nfangö  ^errfct)te  in  biefen 
(firijilid^cn  3;ierbtlbern  nod)  ein  ^armlofer 
Ion,  ber  namentlich  ßämmer  unb  ©djafe 
beooräugt;  feit  aber  bie  9lpofaIppfe  be= 
fannter  gettjorben  n?ar ,  traten  bie  unge? 
l)euerli(f)en  liere  ber  Offenbarung  in  ben 
Silberfreiö  ein,  um  ben  ©ieg  ber  (i)rif!lic^en 
Äirc^e  über  ben  ©atan  ju  t»erfrnnlid)en: 
ber  ©rjengel  ÜJJi(i)ael  beftegt  ben  I)rad)en, 
Stitter  ®eorg  ben  Sinbmurm;  pl)antajlifd)e 
©ejlalten  aller  Qlrt  traten  auf,  S[)Jenf(^en 
mit  Sierföpfcn,  Siere  mit  ü)Jenfc^enföpfen, 
barode  an  agpptifdje  (Sottbeiten  ers 
innernbc  SRiegejlolten,  barunter  ber  letra^ 
morp^,  ttield)er  bie  rier  Scangelifien  bar^ 
fteüt  unb  ein  auä  üJ^enfcb,  Dc^s,  51bler 
unb  ßöroe  gebilbeteö  inerlcibigee  unb  tiier^ 
föpfige«  Ungeheuer  ifi.  S)ie  ^lafiifer  beä 
11.  3a^rl)unbertö  brad)ten  biefe  ft)mbo= 
Itfcf)en  Jicre,  ju  bercn  ©ebraui^  unb  QUiö^ 
wa^I  auc^  ber  ^btjfiolo  gu«  mitrcirttc, 
in  bie  firctjli^e  Drnamentif;  junäd)fi  gab 
man  firdblic^en  ©erätcn  in  2Refring  unb 
(Smail,  ben  SOJe^fannen,  ©albflafcben, 
Sffieit)raucf)büd^fen,  bie  {Jorm  »on  ©reifen, 
©träumen,  ÄranidEjen,  ^elp^inen,  n^ii^renb 
ba^  Giborium  bie  alte  i^orm  ber  laube 
bcibef)ielt;  bie  2öeif)roafferfeffel  er{)ielten 
^tt)ci  ftd)  begegnenbe  3)rQd)en  jum  ^enfel, 
d^nlidbe  ©ehalten  befamcn  bie  ßeu** 
ter  für  it)r  Untergefteü.  2)ann  famen  bie 
glei(i^en    ^iö"!^«"    in    bie    monumentale 


2)eforation  be«  Äir(^enbau«;  anfangt  auf 
bie  Qlu«f<^mü(fung  ber  ©äulenfapitälc  bei 
3nnern  befcbränft,  Perbreiteten  fie  ftc^  im 
12. 3a^rf)unbert  auc^  über  alle  ^a^abenteilc 
ber  romanifcben  Äirc^e,  unb  jmar  in  ber 
ernften  ^Ibfrctit,  bamit  baö  93öfc  unb  feine 
unfeligen  ^^olgen  fo  abfd)recEenb  al^  mögU(!^ 
abjubilbern;  aud)  ftnb  bie  ©arfieüungen 
anfangt  nod)  fireng  unb  ber  fircfelid;en 
Irabition  getreu  gehalten;  im  13.  unb 
14.  3a{)rbunbert,  alö  meItli(J)c  Söaumeifict 
unb  ©teinme^en  auftraten,  lie§  man  ba' 
gegen  ber  perfönlic^en  ßaune  unb  ©atire 
Die  ßna,d  fc^ie^en,  unb  brad^le  bie  freieften, 
mutwiiligjien  ©c^öpfungen  auf.  (jö  giebt 
au*  lierDarjieüungen ,  meiere  bireft  bem 
beutfd^en  lierepoä  entnommen  ftnb.  5lbs 
gefebcn  Don  ber  {)äufigen  ütbbilbung  be^ 
iffiolfe^  unb  gud^feö,  ^nbet  man  an  ben 
«Pfeilerfriefen  ber  Ärppta  be^  ©aeler  Tlün> 
jierö  ben  ganjen  Sn^alt  fon  SffnS'fii"^ 
9'J  ot  (Sierfage  SRr.  5),  namentlich  bie  Äranf« 
t)eit  unb  Teilung  beö  Könige  ßömc  ab' 
gebilbet;  äbnlic^e«  auf  einem  Sleppic^  ju 
Sübecf,  ber  einfi  <xU  511tarbecEe  biente, 
Dtte,  fird^l.  91rd)äologie,  ©.  875  ff.  — 
SBadernagcl,  fl.  ©c^riften,  H,  309  ff. 
fö.  Äolloff,  biefagent)afteunbfi)mbolifc^c 
2iergefd)id)te  beö  SDiittelalterä,  in  SRaumer« 
t)iji.  lafc^enbud).  33iertc  golge,  ^a\)X%.  8, 
e>.   179—269. 

SierfabcL  2)ie  Sierfabel,  n)eld)e  im 
bleibe  einer  fc^einbar  ber  jiermclt  ent« 
nommenen  ©jene  eine  für  bie  ÜJJenfd)en» 
tuelt  berechnete  8el)re,  eine  ©rfa^rung  ober 
ffiarnung  enthält,  jiammt  auö  bem  Orient; 
bei  ben  Snbiern  ift  fte  Pertreten  burd^  bie 
*Pantfc^atantra  unb  bie  au«  biefet 
©ammlung  ^eroorgegangenen  Searbei« 
tungen  ^itopabefa  unb  93ibpai,  bei 
ben  ©riechen  bur^  5lefop  unb  bei  ben 
SRömern  namentlich  burd^  <pt)aeb  ru«. 
S)aö  a>Jittelalter  überfam  bie  fabeln  be« 
51ltertum«  oornetimUd)  au«  einer  profaifd^en 
^abclfammlung  eine«  gewiffen  [Romulu«, 
ber  auf  5lefop  beruht;  e«  giebt  aber  ba* 
neben  nod^  einige  anbere,  teil«  in  (ßrofa, 
teil«  in  ißerfen  nerfa^te  ^abelfammlungen 
be«  SWittelalter«.  SDUt  tl)nen  mifd^ten  ftd^ 
orientalifd^e  Sierfabeln,  bie  man  au«  ben 
SJiopcüenbüc^ern  fennen  lernte,  au«  ber 
Disciplina  clericalis,  ben  Gesta  Roma- 
norum,  ten  fteben  weifen  ÜJJeiftern  (ogl. 
ben  5lrtifel  Dt  o  u  e 1 1 e  n).  S)ie  beutfc^e  Sitte» 
ratur  jeigt  für  biefe  5Did^tung«art  crfi  ®e« 
fc^macf,  nacf)bem  gegen  bie  ÜJlittc  be« 
13.  3a^r|)unbert«  bie  '-Blüte  ber  ^öfif^en 
5Did^tung  porbei  war  unb  bie  frei  f^affenbc 


Sierfunbc. 


665 


^^antafic  Mc  ßeitung  bcr  ^oeite  an  bcn 
93crfianb  abgegeben  t)attc.  2>er  ältefic  'j^abel^ 
bic^ter  i|i  ber  ©triefet;  il)m  folgt  mit 
einer  ©beljiein  genannten,  um  1330  ge= 
bic^teten  ©ammlung  oon  100  5'i^fl"  ^^^ 
SBerner  ^tebigermön^  Ulrid)  Soner,  ce 
ift  baö  crjlc  in  beutf(f)cr  @pradf)e  gcbrucfte 
©ud^;  Bamberg  146t;  bann  ^cinric^ 
»on  SWüglin,  ber  feine  gabeln  in  I^rifc^er 
©trop^enform  bic^tetc,  tt»iit)renb  bie  übrigen 
gabclbic^ter  hai  %moi}nk  [Reimpaar  an^ 
ftenbeten;  aud)  in  ben  SRenner  bes  •5>ugo 
»onSrimberg  finb  oictfac^  gabeln  eingc= 
fioben.  5Der  al)b.  D'Jame  für  biefe  Ie^r= 
tiaften,  ol)ne  S^'f'fff  ''''"  ^f"  jierepen 
beinfluften  Sierfabeln,  bencn  meijl  bie 
SeJ)re  gefonbert  beigefügt  ifi,  ifi  bispel, 
ju  at)b.  unb  mf)b.  baä  spei  =  SRcbe,  (Sr-- 
jä^Iung,  ©age,  morauö  erjl  nl)b.  Scifpie'I 
»urbe.  (Srfi  im  15.  3a^r!)unbert  fefjrte 
man  ju  ber  urfprünglid)en  gorm  ber  gabel 
j^urürf,  jur  $rofa,  unb  jmar  übctfe^te  ber 
Ülmer  'ilrjt  ^c  in  rieft  ©teinbömel  fo< 
tt)ol)I  bie  gnbeln  beä  5i[fop  nl^  ben  inbifAcn 
Sibpai,  ben  le^tcrn  unter  bem  ütel 
Sud)  berSeifpiele  beratten2ßeifen, 
biefeö  auö  einer  lateinifd^en  23earbei= 
tung,  melcfte  im  13.  ^abfbunbcrt  ^o^^"" 
t>on  Sapua  unter  bem  ilitel  directorinm 
hnmanae  vitae  »erfaßt  batte.  ©teinljömel'« 
Qlefop  erfdncn  Dor  1480,  ba«  iBucft  ber 
Seifpiele  1483.  ißeibc  Sücfcer  bemiefen 
burd)  bie  ja^Ireii^en  SJieubrude,  bie  fie 
burcb  me^r  al^  ein  3<^f)r£)"nbert  l)inburd) 
erlebten,  lüie  fef)r  je^t  bie  3«'^  ber  gabel 
geneigt  mar.  5Durd)  bie  iBorliebe  unb  (Sm= 
pfcljlung  8utt)er'ä,  ber  felber  äfopifdie 
gabeln  überfe|te  unb  feröffentli^te,  gemann 
bie  ©attung  no(ft  mebr  (Sinfiuf ,  fo  ta^ 
nun  im  16.  Jabrbunbert  bie  S<^^^  i*" 
gereimten  unb  ungereimten,  furjen  unb 
au0fül)rlid)en  gabelfammlungen  fe^r  groß 
mirb.  ©0  fd^rieb  ©ebajlian  Örant 
gabeln  in  $rofa,  J^anö  ©ad)«  ale 
SJeiflergefänge  unb  in  ©prudjform.  SBeit 
»erbreitet  marcn  bie  gabeln  beö  (Sra^muö 
QUberuö,  gefi.  1553,  ber  aud^  geijllid)e 
ßieber  bietete;  ibr  SWamc  ifi  „tau  33ud) 
Don  berlugenb  unb  SBeiet^eit;"  ebenfo  ber 
„dfopuö,  ganj  neu  gemacht  unb  in 
SReimen  nerfa^t,  mit  fampt  t)unbert  neuer 
gabeln"  »on  Surft)  art  SBalbiS;  nod) 
anbere  Sammlungen  baben  ^ artmann 
©c^oppcr,SJtatban(S,t)t)iräuä,2)anicl 
^oltjmann,  ^ulbrid)  Söolgemut 
feranjlaltet.  SDJit'bem  QUifleben  bcö  Dpi^i= 
fc^en  ®efd)madc^  tierfd)n.nnbet  bie  gabel 
für  längere  ^nt  fafi  ganj  aus  bem   ©e« 


ft^tisEteife  ber  bcutfdjen  Sitteratur  unb  erji 
im  18.  3af)unl>ert  erbicit  fie  burd)  ben 
Vorgang  La  Fontaines's  unb  burd)  iai 
®emid)t,  baö  bie  3ürd)er  .Rritifer  Sobmer 
unb  Sreitinger  auf  biefe  ©attung  legten, 
erneuerte  üleilnatjme. 

Sicrfuitbc  be«  a)?ittel altera.  S)a§ 
bem  natürlid)en  2luge  bed  ^Rittclaltet'S  licr« 
beobad)tung  nid)t  fremb  mar,  bemeift  bie 
Verbreitung  unb  liebePoüc  Bearbeitung  ber 
lierfage;  bocft  murjelt  biefe  mel)r  in  ben 
ttolfsmä^igs  natürlichen  Einlagen  beä  mit 
ber  Statur  jufammenlebenben  SDlenfcften; 
maö  man  im  engern  ©inne  ®eifi  be« 
SDtittelalterä  nennt,  bie  ben  ©runblagen 
beö  natürlichen  Sebenö  abgemenbete,  bem 
6{)rif!entum  unb  feinen  iffiunbern  juge» 
manbte,  pbantafiifd)  =  romantifcfte  aBeltan* 
fd)auung,  fo  ^at  biefe  für  bie  ©egenfliinbc 
ber  Dtatur  überhaupt  mie  inäbefonbere  für 
bie  Siermelt  nur  fet)r  menig  SerPänbni«, 
unb  fomeit  fie  ftcf)  bcr  Jierwelt  nid)t  ganj 
entfd)lägt,  Met)t  fie  biefelbe  mit  Sßorliebe  in 
ben  jDienfi  ihrer  metapt)t)fifcft=ft)mbolifd)eu 
3been  r>on  ^immel  unb  ^ötle,  6l)tiiiu^ 
unb  SDJaria,  lugcnben  unb  Softer  u.  bgl., 
bergefialt,  haf\  bie  Soologie  beö  ÜJJittelalterö 
menig  anbcrä  al^  ein  ©tüd  Jbeologie 
fd)eint.  Sorgearbeitet  batte  aber  in  biefer  Se« 
trad)tungä»eife  fd)on  bie  alte  SBelt,  meld)c, 
bie  eyaftere  S8eobad)tung^-9Jtetl)obe  be^ 
5lrifiotcle«  perlaffenb,  ihre  Jfenntniö  unb 
Teilnahme  an  ber  Jiermelt  oielfacf)  mit 
milbem  21berglauben  nerquidte;  3f"S"'ff^ 
bapon  fmb  $liniuö  unb  'Helian,  beten 
SRad)ri^ten  jumSeil  in  bieSncpflopäbie  beä 
Isidor  übergegangen  finb.  t)a0  ^auptmert 
aber  ber  licrfunbe  bes  früheren  SOUttelalter« 
iji  ber  Physiologus,  beffen  au^erorbent= 
lid)e  Verbreitung  fcfton  baraue  etf)eüt,  ta^ 
man  ihn,  ptofaifcf)  obet  mettifd),  in  grie= 
d)ifd)er,  lateinifdher,  fl)Tifd)er,  armenifd)er, 
atabifdjet,  äthiopifd)ct,  althod)beutfd)cr, 
angelfäd)fifd)et,  altenglifdhet,  irlänbifd)et, 
ptooenjalifAct  unb  altftan5Öfifd)ct  Spta^e 
ethalten  finbet.  2)iefeei  l'ebtbüd)lein  ber 
mittelalterlid)en  Sffielt  fd)eint  in  ben  erften 
3ahrhunbcrten  ber  chrifiUd)en  3eitrecftnung 
non  Sehrern  orientalifdi^alejanbrinifcftcr 
Shtifiengemeinben  ferfa^t  morbcn  ju  fein; 
bie  Siere,  mel($e  barin  jut  23e)d)reibung 
famcn,  maren  bie  bibtifd)en,  ben  natura 
hifiorifd)en  ©ehalt  boten  bie  hfi^nifd)en 
Sierfabeln  unb  2;iergefd)ichten,  3"^^^  ^^^ 
93ud)cä  mar  fd)lie§lid)  fl;)mbolifd)e  2tnmen« 
bung  bet  liermelt  auf  tit  chriftlid)e  ßehre. 
(Stft  mit  bet  ^iit  etbiclt  bie  ©ammlung 
eine  fanonifd)  firiette  ©ejialt,  an  meldet 


666 


Stietfunbe. 


bann  nur  nod),  burd^  3trt  unb  ^üt  »er« 
onIa§t,  5i[u§etUd^fetten  gcänbert  luutbcn. 
^tnfangö  wax  bic  Äirc^c  bcm  ()ßf)i)rtologuä 
ni(i)t  günfiig,  feit  ©rcgot  b.  ®r.  galt  er 
aber  a\i  ancrfannte^  Scbrbud)  ber  dirifi- 
Ii(^cn  3ootogie;  feine  33ebeutung  ettifc^t 
erjl  im  14.  3al)rt)unbert.  35iele  ^anbs 
fd^riftenbcö^^i)fiotoguööberBestiariu8, 
njie  er  aud)  §ei^t,  waren  illufiricrt.  SDie 
^auptfäc^Iid)jten  Siere  bee  *p^t)ftotogu« 
finb  ber  JJöme,  ber  (Panther  ober*|Jars 
bei,  ein  £ier,  baö  nie  feineögleic^en  auf 
ber  SBcIt  i>atk,  —  fanftmütig  unb  njun« 
berfam,  baö  ^iU  rot,  blau,  gelb,  grün, 
fc^marj  unb  grau  gef(ecft,  auö  feinem 
SD^unbe  jlrömt  ein  ®ixuä),  liebli(ä)cr  aU 
ein  ganjcä  Stumenbect  ober  ©pejereige- 
wölbe,  fo  ta^  bie  Sliere  Don  aüen  Seiten 
feiner  ^axtt  folgen;  er  ifi  tai  ©innbilb 
d^rijit;  ber  eiefant  ifi  t>a^  größte  Sier 
ber  2Belt,  t)at  ßiet  SBerjtanb  unb  wenig 
©ef^Ie^tötrieb.  (Sr  fc^läft  fte^enb,  an 
einen  Saum  gelef)nt;  Jäger,  bie  il)n  fan* 
gen  wollen,  fuc^en  bie  Stellen  unb  Säume 
auöjufunbfc^aften,  wo  er  fd)Iä[t,  naci)t)er 
fägen  fte  ben  93aum  biö  auf  ein  bünne^ 
dnbe  burd),  unb  wenn  ber  (Slefant  fxä) 
baran  le^nt,  fo  fällt  er  mit  bem  Saume 
um  unb  fd)reit  erbärmlid) ;  baö  @  i  n  ^  o  r  n ; 
fein  Jgiorn  (ber  ©tof  ja^in  bcö  D^arwal  galt 
bafür)  bewahrt  ben  Seft^er  oor  Vergiftung; 
<Probierlöffeldt)en  barauö  bienen,  mit  ftlber- 
neu  Äettct)en  angelötet,  namentlid)  an  ©alj* 
fäffern  unb  Slrinfbc^ern,  um  bei  Safel 
»or  ^eimtüdif^en  5lnfc^Iägen  ju  ftc^ern. 
5Daä  (5inl)orn  felbft  ifi  ©pmbol  ber  un« 
befledtcn  (Smpfdngniä.  ©eine  ©efialt 
backte  man  ftd)  anfangt  alö  ein  Siegen* 
lamm,  fpäter  aU  iRl)inocero^  ober  ©djim* 
mcl.  5Daö  5tnt^olopä  ober  2lptolop^, 
QlptolofS,  2lntula  ifi  ein  wilbeö  fd)nea» 
fü^igeö  Z\)m  mit  ^^wei  langen  ^sörnern, 
fct)arf  wie  eine  aJJefferElinge  unb  jadig  wie 
eine  ©ägc,  fo  ta^  eä  bomit  bic  bidfien 
Säume  jerfc^neiben  ober  umfägen  fann; 
biefe  ^örncr  fmb  bic  beiben  Sefiamente 
ber  Sffialbefel  ober  SBilbefel,  bei  welchem 
^lebutabnejar  wohnte,  lebt  in  ?lfrifa  unb 
fc^reit  nur,  wenn  er  nic^tä  mel)r  ju  freffen 
^at.  3ebe^  3al)r  am  25.  SKärj  brüüt  er 
jwölf  ajtal  in  ber  D<ad)t  unb  ebenfo  oft 
am  Sage;  barauö  crfennt  man,  ta^  bie 
9täd)tc  ebenfo  lang  fmb  alä  bie  Sage. 
2)er  SBolf  ifi  fiarf  an  ben  gügen,  aber 
fc^wac^  in  ben  Dtippen  unb  fo  geartet,  ta^ 
er  ben  Äopf  ni^t  nad)  l)inten  ^inwenben 
fann;  Wenn  er  hinter  ftc^  fe^en  wiü,  muf 
■«r  fid)  beöl)alb  mit  bem  ganjen  ßeibc  umbre« 


l)en.  5Die2öölftn  Wirft  im  ÜJtonatSDtai Junge, 
unb  nur,  wenn  eö  bonnert.  33on  ben  jaf)lrei» 
c^en  Äniffen  beö  gud)feä  fiel)tim  ^^^fto« 
loguö  blo^  bic  ®cfd)i(^te,  wie  er  fxd)  fdiein* 
bar  tot  mit  bem  JRüden  auf  bic  (Srbe  legt, 
in  ber  5lbnd)t,  unbefonnene  Sögcl  als  51aö 
anjuloden  unb  fie  nac^t)er  ju  töten;  eö 
folgen  bann  ber  Sod,  ber  St  ber,  ber 
3gel,  tai  äßiefel,  ber  ^t)bruö  ober 
2)bri§,  eigentlich  t>ai  3<^neumon,  ber 
>ilbler;  wenn  er  altert,  fo  crlal)mt  bie 
Äraft  feiner  %\nq,d  unb  trübt  ftc^  bic 
^eUfid)tigfeit  feiner  Qlugen ;  bann  fliegt  er 
jur  ©onne  auf,  wärmt  ftd)  an  i^ren  ©tra^* 
len,  fenft  ftc^  nicbcr  unb  taucht  breimal 
in  einen  Srunnen,  worauf  er  Böüig  Der« 
jungt  l)erDorgcl)t;  ber  ©cier;  bcrOlabc; 
ber  ©trauf;  ber  ©tord);  ber  ^alf 
(SRei^er):  berÄranid);  ber  56tö;  ber 
|»a^n;  ber  Äalanber,  nac^  ber  beutfd^s 
mittelalterlichen  5lnf^auung  ber  2ewarf, 
bie  gro^c  |)aubcnlerd)e;  er  ifi  ein  ganj 
Weifer  unb  äuferfi  fluger  35ogcl,  beffen 
JUS  ober  abgewanbtcr  Slid  über  2eben  unb 
lob  entfd)eibet.  6rl)atnämli(^ bie  ^rt.  Wenn 
man  it)n  ju  einem  fted)en  2)Jenfd^cn  bringt, 
fo  beutet  er  an,  ob  ber  ÜRenfc^  fierben 
ober  genefen  foll.  Serfd^mä^t  er  beö  Äran* 
fen  2lntli^  unb  wenbet  feine  2lugen  Don 
i^m  ab,  fo  fiirbt  ber  Äranfe;  fe^rt  er  fic^ 
aber  ju  bem  Äranfen  l)in  unb  legt  feinen 
©d^nabcl  auf  bcffen  SCRunb,  fo  genefi  ber 
Äranfe,  bcnn  ber  SBogel  nimmt  fein  ©ied^s 
t^um  an  ftc^,  fliegt  bamit  ^od)  in  bie  ßuft 
hinauf  unb  Derbrennt  cä  an  ben  ©onnen« 
fira^len.  DerÄalanber,  auc^  ©alianbcr, 
ßalanbriu^,  (5.t)arabriuö  genannt,  ifi 
ein  ©innbilb  S^rifii.  S)ic  ®ule;  iai 
Stcbliuljn;  bic  2)rad)cn  unb  beren  iMbart, 
bic  ©crra;  bie  ©erlange;  bie  Otter; 
bie  Siper. 

3n  ber  ^öfifc^cn  S)id)tung  finbet  man 
ben  (Sinf[u|  bcd  ^^pftologuö  namentlich 
in  bemicnigen  5lbfd^nitt  Don  greibanf'ö 
S efcf) eiben^eit,  ber  von  tieren  über* 
fc^rieben  ifi. 

(Sine  (Srneucrung  feiner  Sicrfunbe  ers 
lebte  baei  aJiittelalter  erfi  baburd^,  ta^ 
im  13.  3al)rl)unbcrt  burd)  Sermittlung 
ber  5lraber  bie  joologifi^en  @cf)riften 
bcö  5trifiotcleö  im  5lbcnblanbe  bcfannt 
unb  inö  ßateinifc^c  überfe|t  würben;  bie 
beiben  Überfeger  ftnb  2Jli^aeI  ©cotu^, 
wie  erjäl)lt  wirb,  burd)  Äaifer  ^riebric^  II., 
ben  Serfaffcr  beä  Sucf)eö  über  bie  Ralfen« 
jagb,  baju  aufgeforbert,  unb  2Dil^clm 
Don  ÜJioerbcte,  Unter  Senu^ung  bed 
Qlrifiotclcä  ficüten  ftc^  barauf  brei  S)omi* 


Sierfagc. 


667 


nif  ancr  in  ber  SD^ittc  bcö  13. 3at)rt)unbctt^ 
bic  ^tufgabc,  tai  gcfammtc  joologifc^e 
aCßiffcn  ber  ^dt  in  umfaffcnbcr  Jorm  jut 
3)arfieÜung  ju  bringen;  unb  jiüar  f^ricb 
SljoTnaö 'üon  Santimpte  in  20  SBü» 
^crn  de  naturis  rerum;  33uc^  1  beginnt 
mit  bcr  men[d)lid)en  ^tnatomie,  2  t)anbelt 
Don  bcr  Seele,  3  »on  bcn  monfiröfen 
SKenfc^en  beö  Oriente,  4—9  Don  ben 
Sieren,  10  —  12  »on  ben  Säumen  unb 
trautem,  13—20  oon  ben  Quellen,  ©bei« 
j^einen,  üielen  SOJetaüen,  fteben  ©cgcnden 
unb  humores  ber  8uft,  bem  ^immelöge» 
rcölbe  unb  ben  jteben  Planeten,  bem  ®on« 
ncr  unb  ät)nli(^en  (Srfc^einungcn,  ben  »ier 
Elementen  unb  bcr  33ett)egung  ber  (Seftirne. 
S;l)omaö  i)at  au§er  bem  5lrifioteleö  bie 
ganje  biefer  ßnt  zugängliche  jooIogi[cf)e 
ßittcratur  benu^t;  au§er  bcn  ^Iten,  mie 
Sll)copf)rafiunb  '^Iiniu^,bicÄirc^cnDäter,ben 
3ftbor,  ücrfd)icbene  mittclalterlid)e  ©c^rift^ 
ftcder,  and)  bcn  $l^t)ftologuö  unb  ä^nlid^c 
feltcnere  ßet)rbüd)er,  unb  wenn  er  natürlid) 
tDcber  pon  ber  moralificrcnben  äJict^obe 
no(^  Dom  Söunbcrglaubcn  frei  ift,  fo 
bejcid^net  feine  Qlnfc^auung  jufolge  i^rcr 
größeren  DbjeftiDität  bod^  einen  mcfent« 
tiefen  ^ortfc^ritt,  ©ein  ße^rer  ifi  ^ilbtx  = 
tu«  aRagnuß,  gcji.  1280;  bcffen  2Bcrf 
über  bie  Jiere  i)!  aber  fpater  aU  baöjenige 
be«  Jljomaö  gefc^rieben,  um  1250;  cä  ent« 
plt  au^cr  bcn  19  Suchern  bcö  ?lrifio» 
teleä  nod)  fteben  mcitcrc,  in  meiern  Don 
ber  Sfiatur  ber  ticrifci)en  Körper,  Don  ben 
33oüEomment)eit«graben,  ben  Dicrfügigen 
Sieren,  33ögcln,  aBoffertieren,  @d)Iangen 
unb  bcn  tlcinen  blutlofen  Sieren  geban* 
belt  wirb;  <aibcrt  f)at  tai  2Bort  feine« 
Vorgänger«  unb  ©c^ülerö  ffei^ig  ju  [Rate 
gejogen,  jei($nct  ftcE)  aber  if)m  gegenüber 
burd^  eine  planDoüe  fijftcmatifc^e  S)ur(i)» 
arbeitung  ber  51rifiotelifd^cn  Dlaturp^ilos 
fopl)ie  au«.  2)er  britte  ©ominiEancr  ifi 
bcr  bcEannte  SSincentiu«  SelloDa* 
tcnfi«,  beffcn  speculum  quadruples 
(ftel)e  ®efc^ict)tfc^reibung)  auct)  einen  spe- 
culum naturale  enthält.  (£r  \)at  noc^ 
me^r  ©c^riftftettcr  aU  feine  beibcn  Vor- 
gänger auögcjogen,  auc^,  mie  iltlbert, 
ben  S^oma«  jlarf  bcnu^t;  fonji  ifi  if)m 
Sllbett  an  »äict)erf)eit  unb  Äonfequenä  ber 
5lnfic^ten  überlegen.  S)er  granji«» 
fanersDrben  nimmt  an  biefen  joolo- 
■gifc^cn  arbeiten  burc^  ein  SBerf  beä 
Sartl)oIom  ä  uö  51ngticuö  de  pro- 
prietatibus  rerum  Slnteil,  tai  bi«  in« 
17.  Safli-liunbert  neu  gebrudt  mürbe. 
OWit  ben  genannten  SSetfen  trat  por» 


läufig  ein  ©tiQfianb  in  ber  jooIogif(J)cn 
^orf^ung  ein;  bocf)  mürben  Don  ©ebcu* 
tung  jroeiim  14.3at)r^.cntfianbenc  53earbeis 
tungcn  bc«  St)oma0  d  on  £a  n  timpr6, 
eine  profaif^e  bcutfdjc,  iai  Sud)  ber 
D^aturDonÄonrabDonSJlcgenberg, 
berauägegeben  Don  ^ranj  "Pfeiffer, 
Stuttgart  1861,  unb  eine  ücrftfijicrte 
nicberlänbijfc^c,  bcr  „Staturen 
blocmc"  Don  Jafob  Don  SDUcrlant. 
^onrab  Don  !F?cgenberg  mar  ebenfaü« 
I>ominif aner,  um  1309  in  Sapern 
geboren,  ftarb  1374  al«  2)omI)err  ju 
9f{egen«burg ;  fein  Sud)  ber  9'iatur  war 
fet)r  Derbreitet  unb  mürbe  blo«  Dor  1500 
fcc^ömal  gebrudt.  3afob  Don  SWaerlant 
flarb  1300  al«  ©tabtf^reiber  in  Sßeft* 
Panbern. 

2)ie  *ilnfänge  ber  neuern,  auf  bie  Se« 
obac^tung  ber  ^atux  felbfi  gegrünbeten 
'JlatüX'  unb  üierfunbe  fu<^t  man  in  5ta* 
licn;  fd)on  an  S)antc  bemunbert  man  bie 
reiche  güüe  Don  ?iaturbetra<^tung ;  Sier* 
gärten  maren  in  Stauen  früf)  (Sitte  ge« 
rcorben;  fc^on  Äaifer  griebrid^  II.  ^atte  ftd^ 
einen  angelegt,  im  I5.3af)rt)unbert  get)örtcn 
fte  jum  regelmäßigen  öufu«  ber  ^ürfitcn  unb 
Stäbte.  5Dod)  mar  hai  ^auptintereffe 
bc«  ^umaniemu«  fomoj^I  al«  ber  unmittel« 
bar  folgenben  3fiiten  immer  nur  in  be* 
f^eibenem  SWafe  ber  Siermelt  jugemenbet. 
Die  Sammlungen  naturmiffenfd)aftlic^et 
(Sciienfiänbe  blieben  nod)  lange  (Raritäten 
=  Äabinete;  im  SJiittelaltcr  freilid)  marcn 
fte  ben  Steliquicnfammlungcn  in  bcn  Äir* 
c^en  angehängt  morben.  SOknd)e«  trugen 
bie  ©ntbedung  be«  neuen  2BeItteiI«  unb 
Cleifcn  na^  anbern  öänbern  jur  @r* 
forfc^ung  ber  Dtaturbeobac^tung  bei,  unb 
bcr  freiere  ^otfc^ungögeifi ,  bcr  überhaupt 
feit  bem  15,  3at)r^unbert  ermad)t  mar, 
brachte  c«  mit  ftc^,  ta^  anä)  bie  Sierfunbc 
namentli^  burd)  ein  flafftfc^c«  SBcrE  ber 
3f{eformation«jcit  mcfentlid)e  (Srneuerung 
erfuf)r,  burc^  Äonrab®e§ncr«  historia 
animalium  1551.  3-  2J.  ®aru«,  ®efc^id)tc 
ber  Boologic,  9Wünd)cn  1 872 ;  g.  Ä  o  11  o  f  f , 
bie  fagent)aftc  ft)mboIifd)e  Siergefd^ic^tc 
be«  Ü}MttclaIter« ,  in  SRaumet'«  ^ifi. 
Safc^enbud^,  IV.  Jolgc,  3a^rg.  8,  1867, 
179—269. 

2:icrfagc.  Äcin  anbcrc«  SoIE  ^at  eine 
fo  au«gebtlbctc  Sierfage  entrcicfelt  wie  ba« 
beutf(^c  unb  in  if)m  befonber«  ber  Stamm 
bcr  granfen;  benn  im  DUttelaltcr  tritt  ia^ 
Sicrepo«  in  einer  reid)en  ^üüc  Don  S)ic^tun5 
gen  fafl  in  Äonfurrcnj  jum  ^elbencpo«. 
2öät)renb  nun  3atob(Srimm  in  feinem 


668 


lierfoge. 


SBetfc  ateinbart  ^u*«,  99ctlin  1834, 
biefe  ^ic^tunt?  als  ein  uttrüdjftgeä  <)3robuft 
bc^  gcrmanifd)en  Sebcn«  unb  (Scmütee  an« 
fd^aute,  babcn  in  neuerer  3^'*  anbere 
55orfd)er  bog  liercpoö  auö  ber  äfopifd^cn 
§abel  üom  franfen  ßöften  tjcrieiten  trollen, 
ber  auf  ben  9tat  eincö  i^uchfe^  burc^  einen 
frtfd^cn  2BolföbaIg  gebeilt  hiirb;  biefc 
gabel,  fagcn  fie,  fei  auö  3n^ifn  "«* 
©riecbenlanb ,  Don  ta  nad)  Italien  unb 
t»on  ba  fpdtefiene  im  ncfiten  S^^r^unbert 
nac^  SDcutfdjIanb  gefommen.  Um  940  fei 
fte  einem  fleincn  non  einem  SDJönc^e  in 
loul  Perfa^ten  Iateinif(i)en  Spoö  eingefügt 
ttjorben,  tt)eld)eö  parabolifd)  in  ber  Jorm 
einer  2;iergefd)ic{)te  bie  ^I"**  cinee  Ü}Jön» 
4eä  au«  feinem  ^lofter  erjäf)Ite;  ttiorauf 
fpäter  bie  %abd  burd)  fiel  anbere  erweitert 
unb  ^u  n:iat)ren  Spen  aufgefd^tt>etlt  reorben 
fei.  @iet)e  ©cfeerer,  ßitteratur^Oefd&idjte, 
<B.  260.  3)iefer  5inft*t  ficl)t  SieleiS  ent< 
gegen,  bie  beutf<f)en  S'jamen  ber  Sterfjelben, 
tau  urfprünglicfee  Königtum  beö  83ären, 
bie  auffallenb  ftarfe  9Zeigung  beö  ger» 
manifchen  Sinneö  jur  ÜKitcmpftnbung  unb 
99etrad)tung  bes  Jierleben«,  bie  ftdb ,  ab; 
gefeben  Dom  eigentlichen  jierepoä,  aud^ 
in  jaljlreicfeen  23olfäliebern,  Jiermärcben, 
Äinbcrlicbern  u.  bgl.  abfpiegelt.  5luf 
biefer  ?lnrtd)t  fu^t  gegcnh)ärtigc  ßuf'iii' 
menfteüung,  bie  fid^  auf  bie  llbbanblung 
2B.  aBadcrnagel«  fiüht:  «Bon  ber  lier^ 
fage  unb  ben  Sichtungen  aus  ber  2;ierfage. 
kleinere  @d)riften,  II,  234—326. 

2)et  ÜWenfd)  ber  2?orjeit  fa^  in  ben 
lieren  ein  halb  übermenfc^lic^cö  2Befen 
unb  einen  ®tanb  näf)er  ben  (Söttern  felbfi; 
iai  i^cigt  ha9  l)ot)e  ßebenöalter,  ta^  man 
etnjelnen  Sieren  ;5ufct)rieb,  bann  bie  SRdtfeU 
I)aftigfeit  if)reö  Jobeä,  fobalb  fie  üon  fclbft 
ungemaltfam  fierben,  ber  Slufentf)alt  ber 
35ögel  i)o<i}  in  freier  ßuft,  bie  5lrt  ber 
©pracbe,  bie  bem  ü)Jenfd)cn  nur  unter  be= 
fonbern  Umfiänben  Perfldnblicb  ttjirb ,  ber 
®laubc,  ta^  eine  übernatürli^e  .^rafl 
ü)tenfcf)en  in  Jicrgefialt  üerjaubere  unb 
bie  üinna^me  einer  Seelenwanberung,  bie 
au^  bem  ©ermanen  ni(i^t  fremb  hjar,  fo= 
bann  bie  iHngeI)örigfeit  einzelner  Sliere  an 
cinjelne  ®ottbeiten,  ibre  Sebeutung  für 
Sßciöfagung,  bie  *2lnnjenbung  Don  SJJamen 
ebler  jfere,  mic  be«  *llblerö,  IRabcn,  Söolf«, 
93ärö,  alö  aJJenfcfeennamen  (fiet)e  ben  5lrtifel 
^erfoncnnamen). 

SBie  nun  t>ü^  ©ötterepoä  unb  baa 
^elbcnepoä  bie  (Sötter  unb  gelben  in 
epifc^ie  ^anblung  bringt,  fo  tat,  Sicrepoß 
feine  Jiere.    Unb    jmar   fmb   es  bloä  bie 


Jicre  beö  Sffialbcä,  bie  fid^  ber  ^errfc^aft 
unb  23crtraulid)feit  bcö  ÜWcnfe^en  cntjiet)en, 
nic^t  bie  jafimen  |)au0tiere;  biefe  geboren 
aU  93egleiter  beö  SRenf^en  XM  SOtenfdben* 
epoö.  S""!  2ierl)elben  aber  mürbe  bie 
Jiergattung  baburi^,  ta^  man  bie  le^tere 
aU  Sinjelmefen  anfd)aute,  tai  mie  ber 
SWcnfcf)  feinen  perfönli(^en  (Eigennamen 
trägt  unb  in  feinen  ^lanbtungen  lofali? 
fier't,  an  einen  {)eimatlicf)en  üßo^nort  ge« 
bunben  ifi. 

Sräger  ober  |)clben  ber  SEicrfage 
ftnb  in  erfier  ßinie  berj^üßolf  unb  ber 
%\xä)i.  5Der  2Bolf  ^ei§t  Isengrim  = 
©ifenfielm  (altnorbifcft  grima  =  Tlaih, 
^elm),  ber  ^uct)^  Raginhart,  Rein- 
hart, b.  i).  !Rat(larf,  ber  ftcb  unb  anbern 
immer  IRat  mei^;  beibcö  ftnb  aud^  menfc^« 
liebe  9?amen.  Urfprünglid)  ifi  ber  ffiolf, 
obfc^on  er  immer  bur^  ben  %uä)a  ju 
Schaben  fommt,  boc^  alö  ber  bclben^aftere 
gebadet  unb  nimmt  bie  bePorjugtere  ©tet« 
iung  ein,  mäljrenb  bet.i^ud^ö  erft  neben 
unb  nad^  i^m  fie^t.  Über  2Botf  unb 
guc^ö  fianb  alä  Äönig  cinji  ber  93är, 
Brün;  fiatt  feiner  ifi  er)l  fpäter  aug 
ber  äfopifcben  gabel  ber  ßöme  cinge« 
fü^rt  morben.  ©einen  ©igenfd^aften  nac^ 
ifi  ber  SBolf  alt,  grau,  greiö,  alter 
(ScDatter,  Dbeim,  fiarf,  ungefc^tad^t,  biet, 
plump,  bef^ränft,  gierig,  gefräßig,  uner* 
fättlic^,  fred),  fcbamlo^,  fiol|,  neibifc^, 
graufam,  mutig,  SRäuber,  SDJörber,  ungetreu, 
alter  Pcrfiocfter  93öfemidbt,  Seufcl,  $al)nrei, 
angeführt,  bcfiegt;  ber  guc^^  i>«9f9^"  1^"^ 
frifcf),  jung,  junger  ©ewatter,  Dteffe,  fc^lan!, 
glatt,  fdjmad),  fein,  fcblau,  burc^trieben, 
iifiig,  ränfeüoQ,  ®d^leidt)er,  ©cf)meid)ler, 
6c^alf,  Sctrüger,  S)ieb,  böfe,  boö^aft, 
treulos,  gottloä,  teuflifd^,  lecfer,  geil, 
3:augenicbtö,  (ät)ebred)er,  »crfdtjlagen,  üor* 
ftdbtig,  erfahren,  berebt,  «Ratgeber,  SDicifier 
unb  Sieger.  2)ie  übrigen  2ierc  ^aben 
für  bie  ®age  nuruntergeorbnete  Sebcutung. 

S)ie  ÜJlotiüe  ber  ^anblung  entfpred)en 
bem  niebrig  tierifd^en  (Jbaraftet  ber  gelben 
unb  fircifen  baljer  anö  ^omifi^e;  nament« 
lid)  ber  gucf)*  ifi  ein  argeö  Sier,  ta  er 
nid^t  einmal  baö  ^eilige  93anb  ber  (Se^ 
»atterfcl)aft,  ja  ber  näberen  <Sippfdt)aft  (er 
ifi  einmal  Sffngtitnö  9icffe)  fc^eut.  „ÜDie 
iierfage  fd)lieft  in  ftd^  ben  ®egenfa^ 
eine«  ©iarfen ,  bem  feine  2orl)eit  alle« 
^anbeln  in  ßciben  ücrfebrt,  unb  eine« 
€cf)macben,  ber  burc^  Älugbeit  alle«  Cciben 
in  ein  ^anbeln  menbet  jum  eigenen  ÜJor« 
teil  unb  jum  €d)aben  unb  bie  jum  Unter» 
gang  be«  il)n  bebrolienben  StarEen." 


Itetfage. 


669 


I)ic  ^eimat  bcr  bcutfcf)cn  lietfage 
tjl  Ji^'inf'!"'  '"1  befonbcrn  bie  9ilcbetlanbt, 
tai  nörblic^c  ^ranfteic^  unb  iai  rt)cPIi(^e 
^eutf4)lanb,  unb  cö  ip  möglich,  ba§  ge« 
rabe  biefcr  Stamm  feine  befonbcrc  in  ber 
meroüingif^en  S^xt  noc^  [e^r  rau^e  ©igen* 
art  in  ben  (Sigenfd^aften  beö  ÜBolfeä  unb 
^uc^feä  miebcrctfannte.  5iu(^  jeiii)nete 
ftd)  ©aöien  fd)on  im  frü^e^en  OTittetalter 
tmi)  feine  Vorliebe  für  bie  lierfabel 
auö,  beren  (Sinflu§  auf  bie  2icrfage 
fcfcon  bie  Setbrängung  beä  iBären  burc^ 
ben  Cömen  jeigt.  2BirfIid^  gehören  aud^ 
bie  ältejlcn  t)on  fränfifc^en  (Sc^riftjlcnern 
aufgefcferiebenen  3;iergebicf)te  me^r  bet  ^abel 
aU  ber  ©age  an.  Die  bebeutenberen  3)ic^* 
tungcn  ber  eigentlichen  2ietfage  ftnb 
folgenbe: 

1.  2)ie  Ecbasis,  aui  bcm  10.  ober 
11.  3(i^ri)unbert,  lateinifcf)  in  IBerfen  abge« 
fa§t;  i>([i  ®ebid)t  crjd&It  bie  ,5luc£)t  cineä 
Äalbcä  t>on  feiner  ^crbe;  ti  gerät  in  bie 
©ernalt  be^  ÜBoIfeö  unb  »irb  »on  biefem 
in  feine  33urg  gefc^ileppt.  SDicfe  rtjirb  {)ierauf 
im  Qtuftrage  beö  .^önigä  Söwe  unb  unter 
5lnfit()rung  be^  ^u^fe«  burc^  bie  übrigen 
Sierc  belagert  unb  erftiegen  unb  ber  2Bolf 
getötet. 

2.  Isengrimns,  tateinifi^eä  ©ebic^t 
beö  11.  ober  12.  3af)r^unbcrtä.  m  etjä^It 
juerfl  bie  Rettung  tti  franfen  ßöfficn  burc^ 
Umlegen  be«  ^eüeä,  tai  auf  SReint;artei 
Diät  bem  2BoIfc  abgejogen  ttiorbcn  ifl,  unb 
fobann  ein  (Sreigniü  auä  früherer  öebcnä« 
jeit  be«  2öoIfc«,  hai  ber  %\xi)i  erjäf)lt: 
»erfc^tebene  Siere  niimticE),  barunter  Re- 
nardus,  mac()en  eine  'Pilgerfahrt;  ta  fte 
in  einer  2BaIbt)erbergc  ra|lcn,  fc^leicf)t  Isen- 
grimus  in  rau6erifif)er,  mötbjrifdjer  5lb= 
pc^t  ^crju,  mirb  aber  bur^  Ufilge  Sor» 
fe^rungcn  beä  5i"*)feä  abgefc^recfc. 

3.  Reinardus,  Iateinifcf)c5  ®ebi(^t 
beä  12.  3af)r^unbertö,  oiel  umfangrei^cr 
alö  bie  biä^cr  genannten  ©cbid^tc,  über 
6000  3eilen  ilarf ;  jugtci^  tai  erfie  ©cbi^t 
ber  Sterfage,  beffen  Dichter  „Nivardas" 
ein  im  übrigen  unbefannter  üJiann,  il^ 
genannt  ^at.  5Daä  ©ebi^t  f)at  ben  3nf)alt 
beö  Isengrimns  jum  Zäl  mörtlic^  in  fii) 
aufgenommen  unb  ja^lreic^j  anbete  Xiev« 
abenteuer  ba^u  oerbunben;  im  ©anjen  ftnb 
e^  biefet  jwöif. 

2)iit  "Üuöna^me  be5  Isengrimus  fmb 
fc^on  biefc  X>i4tuigen  ftarf  mit  Satire 
burci)5ogcn,  unb  jttjar  ifi  biefe  teitj  perfön* 
lii^,  bestellt  fiii)  auf  ganj  bc)ltmmtc  ^ih'- 
genoffen  unb  iBert)ältniffe,  auf  bcfannte 
unb  genannte  Sifc^öfc  unb  iVoU,  teilö  be» 


jief)t  fte  ftc^  auf  ben  in  biefcr  ^eriobe  au3« 
gebrochenen  Äampf  jwifd^en  Äaifertum  unb 
^apfltum,  fo  jTOar,  bagbieSerfaffer,  obwohl 
felbcr  ®eifilic|e,  oQe  auf  Seite  be«  iReic^e« 
gegen  bie  Äitc^e  flefien,  unb  obwohl  felbet 
SWön^e,  bo^  mit  befonberer  Sorliebe  ba« 
iUJönc^ötum  perftflieren,  namentUd^  aber 
bai  reformierte  OTönc^ötum  ber  Sijlcrjienfer, 
beren  .^auptoertteter  Serntiarb  oon 
ßlairtJauy  feinen  Dtamen  Bernardus  bem 
Jßibber  unb  bem  @fcl  ^at  f)erlei^en  müjfen. 

4.  Roman  de  Renart,  umfa§t  .30362 
33erfc  unb  jerfdttt  in  27  jum  Seil  fe^r 
felbfiflänbige  iStücfe  ober  Branches  (Steige 
am  Saum  ber  «Sage);  bie  I)ic^tung  ijl  nur 
fe{)r  attmäfilic^  burc^  bie  Qlrbeit  mehrerer 
entjlanben  unb  reicht  »on  ber  jmeiten  ^dlfte 
be^  12.  biä  inö  14.  ^a^r^unbert;  Don  man« 
<i)tn  Stücfen  »erben  bie  ©t^tcr  genannt. 
jDer  3nbalt  ifi  teilä  bcm  Renardus,  teilö 
anberen  fc^riftlid^en  unb  münbli^en  Quellen 
entnommen.  —  2)ie  reii^ere  *Muöfü^rung 
jeigt  bie  ©inmirfungen  ber  ^öfifc^en  (SpiE, 
ju  ben  ^aupttieren  iji  ein  ja^lreicf)e3  Ulibtri' 
perfonat  gefommen,  beren  9'Jamen  meifl 
franjöfifc^  ift;  ber  Ööme  f)ei§t  f)ier  juerfi 
Noble,  bie  Satitc  ijl  bürftiger  unb  matter 
gcmotben;  i^r  |)auptträger,  bisher  ber 
2öolf,  ijl  je^t  ber  ^uc^^,  unb  it)re  Spi^e 
nii^t  met)r  gegen  bie  Äiri^e,  fonbern  gegen 
hai  ^ofieben  gcrid^tet.  'Jlüx  beiläufig  mö.^en 
noc^  ämei  anbere  ftanjöftfi^^e  Jiergebid^te 
bcä  13.  unb  14.  3'i^'^^ii"ö«'^f^  erroäfint 
mcrben,  bie  ganj  in  biä  ®ebiet  ber  fati» 
rifc&cn  51  Heg  orte  fetten:  Le  couronne- 
mens  Renart  ift  eine  Satire  gegen  bie 
33e  ttelmö  ni^e  unb  Renart  le  nouvel 
eine  foli^e  ge^en  bie  iRittero  rben. 

5.  fsengrimes  not  oon  pcinrid^  bem 
Glichezäre,  Glichesaere,  Glichsenaere,  b.  i. 
bem  ^iui)Ux,  ®teiBner,  einem  (5!fa§ct. 
Seine  ^auptquctte  ifi  ein  fcanjöftfc^eä  Xier-- 
epo^,  tai  nic^t  me^ir  erfiaiten  i)l,  ftv-^  aber 
in  b;n  fcanjöftf^en  iHa.nen  unö  anbeten 
Set^ältniffen  überatt  funbgiebt.  DOttn  Eann 
jmölf  'Hbcnteuer  ober  '5tancf)en  unter* 
fi^eiDen;  au^  ^iet  richtet  iii)  bie  Satire 
ootnc^mtic^  3^;^^"  ben  |>of  unb  ba-S  Oeben. 
'Bon  'i>tt  utfptüngUd)en  (Seflalt  ftnb  nur 
33tuo^ilü(fe,  Da^^  ®anje  in  cinn-  liebet« 
arbeitung  tii  13.  ^abtiiunbettÄ  ermatten, 
bie  \>in  9iamen  Reiahart  Fachs  ttii^t.  — 
"2lnbere  Si^tungen  biefet  Jltt  ^.tt  bie 
Sitteratut  De^^  öeutf^en  "J^ittelaltet^  nii^t 
&ett)3tjebta:^t;  jiatt  bet  Xicrfage  pflegte 
man  auf  b;utf^>m  333bcn  t>ict  me^r  bie 
lierfaDei,  bie  immetbtn  au:^  üeteinjelte 
3üge  ber  Sage  in  iii)  aufita^-n. 

43 


670 


Sjoji  —  Zip. 


6.  Reinaert,  ein  flämif(f)cö  ©ebtc^t  öon 
ÜB il lern,  auä  ber  jWciten  ^älfte  bcö 
13.  3a^r()unbcrtö,  meill  nacfe  ftanjcftfdjcn 
Oueüen  bearbeitet,  ßwax  in  überlieferter 
2Beife  fatirifd)  gemeint,  ifi  baä  ©ebic^t 
tod)  rein  epif^  gehalten.  So  ifi  baö  üor^ 
jüglic^fte  SBerf  unter  aüen  liercpcn  unb 
gehört  übert)aupt  ju  ben  be|ien  bid)terifcf)cn 
Srjeugniffen  bcä  ÜJiittelalterö.  (So  ent[)ält 
bic  5lnElage  beö  $5"^ff^'  ^i^  SBorlabung 
beöfclben  bur($  ben  ©ären,  ben  Äater  unb 
ben  SJac^si,  feine  Soäfprei^ung  gegen .  hai 
©eliibbe  einer  (pilgerfa^irt  unb  feine  Übet- 
traten  gegen  ben  |)afcn  unb  ben  2Bibber, 
alfo  iai,  ttjaö  ben  3n^<ilt  beö  erflen 
18u(i)eö  im  SReinecte  bilbet;  ein  2Ibfc^tu§ 
mangelt.  (5ine  Iateinifcf)e  93earbcitung 
bicfeö  Reinaert  in  2)ifti(i)en  »on  einem  ge» 
tt)if[en  Baldwinus,  Reynardus  vulpes 
«Durbe  noc^  im  13.  2ciJ)tf)unber  oerfaft  unb 
unb  im  16.  ju  Utrecht  gebrudt.  Um  1300 
erhielt  ber  Reinaert  r>on  einem  unbefannten 
jlaeming  eine  ^ortfe^ung,  gteidbfati«  auf 
®runb(age  franjöflfc^er  >Dic^tungen;  biefe 
rt)iebert)olt  in  ftörenber  9Q8eifc  ben  älteren 
Reinaert,  bie  25crfammlung  ber  liere,  bie 
Ätage  berfelben  über  ben  %\xd)i,  fein  6r= 
fc^einen  bci^ofe,  feine  lügenhafte  Srjä^Iung 
ton  ben  S($ä|en,  itlleö  nur  breiter,  ge» 
Ief)rter,  mit  äfopifc^en  ^Jabeln  bur^fireut 
unb  fef)r  flarf  in^  fatirifcfi=bibaftifd^e,  ja 
in«  atlegorifc^e  gcjogen. 

©er  flämifd)e  Reinaert  in  feiner  ganjen 
5tuöbcbnung  njurbc  nun  bie  Duelle  ja^l^ 
reid^ er  Überarbeitungen.  3nl^ 0 11  an  b  i fd)  e r 
*Ptofa  erfcf)ien  eine  folc^c  1479  unb  1495, 
auö  beren  SSerfürjung  ein  je^t  nod^  in 
^oUanb  üielgelefeneö  3?oIföbud),  Reinaert 
de  vos,  f)eroorging;  ebenbiefelbe  erfc^ien 
in  engtif(icr  (1481)  unb  in  franjöftfcfcer 
Übertragung  1566,  bie  le^tere  al^  Regnier 
le  renard.  Sieben  ber  Qluflbfung  in  f)o(Iän= 
bifc^e  $rofa  gab  eä  aber  t»om  alten  Reinaert 
au^  eine  Übcrfe^ung  in  tjolldnbifdie 
Sßerfc,  Pon  beren  3)ru(f  leiber  bloö 
7  ©lätter  Dor^anbcn  fmb;  hai  ©ebi^t 
erfd)eint  ^ier  ^uerfi  in  Äapitel  eingeteilt, 
beren  jebe^  mit  einer  oorauögefddicften 
profaifd-,en  Jn^altöangabc  unb  einer  letjr« 
|)aftcn  iRu^annrenbung  in  (Profa  »erfe^cn 
ift.  ®er  3?erfaffer  unb  Bearbeiter  ^ief 
Hinrek  van  Alkmer. 

7.  Reinke  de  vos,  in  nieberbeutf(i)et 
Sprache  juerji  1498  ju  Sübef  erfd^icnen, 
Wa^rfcheinlid^  jumXcil  ^eroorgctufcn  burc^ 
bie  ein  ^ahx  Dörfer  ebenbafelbp  erfcf)ienene 
nicberbeutfc^e  QtuägaBc  x>on  ©ebafiian 
93rant'ö  SRarrenfc^iff.   5Dicfer  Reinke  de 


vos  ifi  bloä  eine  nicberbeutfc^c  Überfc^ung 
beö  I)oDänbifc6en  (Sebi($teö  üon  |)cinrid^ 
oan  <}llfmar.  S)ie  5iueigaben  btefeä  iBoIfä* 
bu^eä  jerfallen  in  jreei  Älaffen;  beren 
erfie  bietet  ben  Z(ict  mit  ber  urfprünglicf)cn 
©cftalt  ber  ®Ioffe,  »o^in  u.  a.  bie  5tugs 
gaben  »on  Sübben,  DIbenburg  1867,  ^off* 
mann  Don  i^aUtx^Ubin,  Sreelau  1834 
unb  1852,  unb  ©(gröber,  ßeipjig  1872 
(bie  beiben  legieren  o'^ne  bie  ©(offen) 
gefjören;  bie  smeitc  klaffe  beginnt  mit 
bem  SRofiocfer  S)rucf  »on  1539,  mo  bie 
früf)ere  ©loffe  burc^  eine  tt»eitläufige  neue 
t)om  protefiantifdEien  ©tanbpunfte  erfe^t 
ift,  S)ie  au^erorbentUc^e  Seltenheit  ber 
erfien  5luögabe  rü^rt  ba^er,  ba§  fatf)oIif(^e 
unb  proteftantif(f)e  ®eiftlict)e  ba^  93uc^ 
eifrig  üerfotgten;  man  fe^te  e^  fogar  auf 
ben  3nbef.  Übertragen  n^urbe  enbltd)  ha^ 
Sud)  im  ©erlaufe  beö  16.  unb  17.  3a^r= 
bunbcrt§  in^  |)0^beutf^e,  ^ranjöftf^je, 
3)änifc^e,  ©c5ft)ebifcf)e,  3äl(inbifif)e,  (Sng^ 
Ufcf)e,  ^otIänbifct)e,  ßateinifc^c;  biefe  le^tere 
Übertragung  unter  bem  2:itcl  Speculam 
vitae  aulicae  ftebenmal  gebiucft.  I>ie  93e= 
arbeitung  ©oet^e'^  erfc^ien  1794.  ^olj« 
fcf)nitte  befa§  fct)on  bie  t)o[Iänbifd)e  5tuö= 
arbeitung  beä  ^einric^  üon  5tlfmar,  wie 
fortan  bie  fpätern  *}luägaben.  (Eigentums 
lic^  ifi  babei  bic  ^eraIbif(^=t>erjogene  'J}knier, 
in  ber  bie  liere,  für  biefen  3"'^'^  "i^t 
unpaffenb,  gehalten  ftnb. 

Sjoft,  m^b.  bie  unb  ber  tjoste,  tjust, 
joste,  schuste,  u.  bgl.,  auö  mittelfranj. 
jonste  üon  lat.  juxta,  ifi  ber  ritterlidf)e 
3tt)cifampf  mit  bem  Speere,  gegenüber  bem 
Su^urt  ober  iReif)enfampf.  £>er  Speer 
■;i  leim  Ijoji  abgejiumpft  unb  fiatt  bet 
Spi^e  mit  einer  fla(^en,  etwaä  gejacften 
*i?latte,  bem  kroenlin,  oerfe^cn.  SRitter  wie 
iRo^  maren  gepanzert,  fprengten  im  ®aIopp 
an  unb  jiürmten  bann  mit  ner^ängten 
3ügeln  auf  einanber  to3.  3^^^"  cerfuc^tc 
mit  ber  eingelegten  ßanje  ben  ®egncr  ju 
treffen,  mit  bem  @(^ilbe  ben  €to§  ju 
pariren.  2)a^  Qlufeinanbcrpraüen  ber 
Kämpfer  fieift  af)t.  puneiz.  Iraf  ber 
Speer  ben  ®egner  rid^tig,  fo  würbe  berfelbe 
entrocber  au«  bem  Sattel  gehoben,  ober 
bie  8anje  jerfplitterte  an  bem  rid)tig  parte« 
renben  Si^ilbc,  fo  i>a^  bie  Stücfe,  tranzüne, 
umi)erflogen.  Sd^ul^,  pfifc^eö  ßcben, 
II,  S.  107.  Sgl.  Su^urt  unb  Surnier. 
2!i|j,  Sippe,  fpi^e^  (Snbe  ber  SOiantel« 
fapujc,  tai  burd^  ©inlagen  oon  ^if«^^"« 
ober  !pappe  nac^  com  gebogen  wirb  unb 
kornartig  über  bie  Stirne  Ijercorragt.  2)ie 
lippe,  %\p'^tüh,  lipsJ^oife,  war  befonbet* 


zm  - 

im  9?icbcrfad^fen  im   16.  unb    ju  Qlnfang 
fceö  17.  3i'£)if)wn^fttg  beliebt. 

2;{ft$.   2^er  SRame  Ii[d)  \\i  auö  gricc^.s 
lat.  discas  =  2Buvf«,  (S^fdjeibe,  Jcfler 
enlle^nt,   eine  93cbeutung ,  bic  bag  2Bort 
in  norbcjerraanifc^en  SOJunbatten  lange  bei= 
behielt;  bcr  ecf)tbcutfc^c  D^ame  beö  ©cräteä 
ifi  got.  biuds,  ai)"!}.  piot,  biet,  urfprüng« 
lirf)  Dpfertifd),  »on  bieten  =  barlegen. 
I)ie  ©crmanen  unb  ©fanbinauier  Ratten 
fe^r   mafftfe  Speifeti[d)c  auf  t>iec  jlavfen 
$fofien,   ober  auf  einem  fügebocfartigcn, 
gefreuäten  Oej^etl,    wie   fotc^e   bitrc^  i>a^ 
ganje  iOJittelalter  üor^errfd^en.   S)ie  großen 
pietecfigen  lifi^e  würben   bei   ber  TM)U 
jeit   gewöhnlich  mit  einem   2;ifd)tuc^    be* 
bcdt.     I)aneben  ^atte  man  fleine  runbe, 
aucf)  {)albrunbe  unb  ooale  2;ifrf)e.    3«  '(»ai 
SReid^  ber  ilJJäriijcn  wirb  eä  ju  rechnen  [ein, 
wenn  SRoberi^    üon  Solebo    melbet,  la^ 
bie    5iraber    im    (Sd)a^    ber    SBeftgoten 
bei  ber  ©roberung  ©panienä  einen  großen 
Sifc^  üon  Smaragb  ober  ®Iaöf[u§  t>orge= 
funben,  ber  überbieö  mit  brei  Oteibcn  perlen 
bcfe^t  mar  unb   auf  365  golbtien  '\^ü^in 
ftanb,  fo  ha^  beffen  SBert  500  000  ©olb» 
ftücfe  betrug.     5tud^  Äarl  ber  (Svo^c   foH 
brei    ftiberne    unb    einen    golbenen   Zi^ä) 
bintcriaffen  baben,    beren   einer   auf   ber 
^platte  ben  eingegrabenen  Stabtplan   üon 
Äonftantinopel,  ein  jweiter  hk  2Inricf)t  »on 
SRom    unb    ein    britter  bie    ^^immeläfartc 
jcigte.    SDen  golbenen  Z\\<i)  [c^enfte  er  ber 
$cteröfircf)e  in  SRom  mit    einigen  $runf= 
gefäpen.    Äarl  felbjt  mu^   fülc^e  Äoftbar= 
feiten  »on  au^cn   ebenfalls  ge[(i)enf^rtieife 
erhalten  ^aben,  fo  befonberö  pon  Spjanj, 
bcnn  bie  beutf^c  Äunfi  lag  noc^  ju  febt 
in  ibrcn  5lnfängen  ia,   ali  baß  fu  fol^e 
ÜJJcipermeife   aufjumeifen  im  Staube  mar. 
S)en  vorerwähnten  golbenen  Üifc^  ^ält  man 
r^ieüeic^t   nict)t  mit  Unrecbt  für  eine   füb* 
franjöfifcf)e  Qirbeit  eine^  SDJciflerä  auö  ber 
gc^ule  beö  heiligen  (äligiu^.  Son  Otto  III. 
wirb  tabelnb  ermähnt,  ia^  er  —  entgegen 
berbeutfdhcn'yrt  —  allein  an  einer  f leinen, 
balbrunben  2afel   fpeifie.    3m   13.  3a^r» 
bunbert    erhielten    bie    hölzernen    Jifdbe 
Sargen,  eine  erp^te  Einrahmung,  mohl 
aud)    fchon    ©chublabe,     fc^räg^ehenbe 
Seine,  bie  behufä  ©rjielung  einer  größeren 
©oUbität  unb  jur  SequemUchfeit  mit  ^u^-- 
ftangen  üerfef)en  mürben.  S)ie2;ifd)e  mürben 
übrigen«  oft  oon  Steinplatten  gemacf)t  unb 
auf  ©tein  gcjlü|t. 

3n  ber  früheren  Oflenaiffancejeit  fieüte 
man  bic  gebretihfcitcn  unb  mit  großen 
iinäufen    »erfehenen    Seine   mieber   meiji 


Tortur. 


671 


I  lotrecht  unb  oerbanb  fic  in  i^ter  unteren 
^älfte  burrf)  einen  .Rreujfleg. 

Xitnxä  hei^t  ein,  bloö  \n  jwei  Srucf)^ 
ftücfen  erhaltenes,  unnoUenbet  gebliebene^ 
3ugenbmerE  Sßolframä  ron  (Sfchenbach. 
S)a«felbe  ift  ftarf  Ii^rifcf)  gehalten  unb  \n 
einer  eigen«  baju  gebicf)teten,  bcr  Äubrun^ 
ftrop^e  nadhgebidhteten  Strophe  erhalten. 
I)a«  ®ebicht  gehört  wie  ber  '^arjiüal  ber 
©ralfage  an  unb  bilbet  eine  5Ut  23orge= 
fchichte  beö  größeren  fflerfeö.  3n  ben  beibcn 
Srud)jlücfen  fmb  bie  fchönfien  Partien 
herausgegriffen  unb  behanbclt,  unb  jwar  ftnb 
im  erften  33ruchjlücfe,  bic  feimenbc  ßiebe 
©  d)  i  0  n  a  t  u  l  a  n  b  c  r  ö ,  nad)  bem  eigentlich 
bai  ganje  Oebicht  genannt  fein  foUte,  ju 
Sigune,  bann  ber  lob  ®ahmuretö,  bee 
©rjieher«  non  ©chionatulanbcr  unb  be« 
le^tern  Älage  um  ihn  behanbclt,  im  smciten 
93rud)fiücfebie*)lbenteuer,  meld)c  bieSBieber« 
erlangung  eine«  fo|lbaren,  verloren  gc* 
gangenen  93radenfeile«  bcjmeden.  S)iefe 
!8rud)ftücfe,  bie  in  ben  legten  ^a\)Xix\  be« 
12.  3c»hi^hunbert§  gebict)iet  fein  mögen,  t)at 
50  3ahtena(^h«!t*^llbred)t  oon Scharfen« 
berg,  ein  bairifd)er  Ütitter,  ju  einem  gro§en 
unb  langweiligen  ©poe  aufgearbeitet,  hai 
bcr  jüngere  Siturel  h^iBt.  ÜDasfclbe 
war  im  5J{ittelalter  fajl  berühmter  al«  ber 
*Parjiüal,  ijl  aber  ein  abgefd)madt  gelehrte« 
li)iad)werf  mit  einer  ftarfen  Hinneigung 
jum  römifch=fird)licf)en  *Partci|ianbpunft. 
Sie^c  Sartfc^  in  ber  (Einleitung  ju 
SZBolfram'«  ^arjioal  unb  Siturel,  2eip= 
äig  1570. 

S^ortur.  2)icfelbc  ftammt  au«  bem 
römifd)cn  9ied)te,  wo  fie  anfangs  nur 
gegen  Sflaocn,  wenn  fic^  ber  ^err  für 
feine  Unf^ulb  auf  ihr  3fugniö  berief, 
fpäter  aud)  gegen  ^reic  unb  jwar  äuerfi  beim 
*j)jajejiät0Derbre(^en ,  allmäl)lid)  aber  aud) 
bei  anbern  fd)wcren  iBergehen  angcwenbet 
würbe.  3"  ben  alten  beutf^en  SBolf«^ 
rechten  fommt  bie  Sortur  blo«  gegen 
Sftaoen  ror,  ocrfd)Winbet  bann  aber  wie* 
ber;  unb  hüi  eigentlid)e  SWittclalter  fennt 
al«  SWittel  be«  SBeweißiicrfahren«  bloä 
ben  9^cinigung«eib,  bie  6ibe«helfer 
unb  tM  ®otte«urteil.  Srft  im  15. 
3ahr^unbert  trat  in  ÜDeutfc^lanb  eine 
wefentliche  5lcnbcrung  im  ©erfahren  unb 
a3ewci«ft)ftem  ein.  S)ie  ®crid)te  fingen 
an,  jum  2eil  ouf  faiferlid)e  ^prinilcgien 
geflutt  unb  nadh  bem  33organge  bcr 
geiftlidhen  ©eridhte,  Qlüe«  öom  ®e|iänb  = 
niffc  ber  ülngcfchulbigtcn  oB^ängig  gu 
machen,  wcldhc«  man  nun  auf  alle  SBeife 
herbcijufü^ren  fud)t.  911«  Mittel  ^ierju 
43* 


672 


JotenElcib. 


ttjurbe,  »iebcr  nac^  bem  SSotgange  ber 
geifllic^en  ©cric^tc  unb  bet  itoUenifc^en 
^rayiö  unb  Doftrinjur  poltet  gegriffen, 
»el^e  nun  na*  unb  na<^  burc^  ßanbeö» 
gefe^e  unb  im  16.  3a^t)iiunbett  burci^  bie 
^eii^ögefe^gebung  befiätigt  mürbe;  axxä) 
iai  Sffiort  5"'*«^  flammt  auö  Stauen, 
Wo  im  mitteUateinifc^en  pöledrtis,  pöletrns, 
con  grie^.  pölos  =  g^üllen,  ein  SÜJarter« 
rt»crfjeug  bejei^net,  i>ai  ein  Oefleü  mit 
öier  %n^m  nac^  ber  Qtrt  einc^  ^ferb* 
c^cnö  barfieüt.  (Srforbcrnip  jur  5ln« 
menbung  ber  poltet  tt»aren:  ba§  hjeber 
bur^  ©cfianbniö  nod^  burc^  Seweig  bie 
fIBaf)rt)eit  bereite  entbecft  toorbcn  fei  ober 
in  ber  ^olge  cntbedt  werben  fönne;  ba§ 
bie  33efd5ulbigung  in  einem  firmeren  Ser« 
bre($en  befiele;  ta^  iai  Corpus  delicti 
eon  bemjcnigcn  25erbre(^en,  über  Voeld^eä 
bie  ^olter  erfannt  »rerben  foHte,  berichtiget 
fei;  ta^  tniber  ben  ju  ^yolternben  ttii(j)tige 
iUnjeigen  Dor£)anben  feien,  bie  einen  ftar- 
fen  Sßerbad)t  grünbeten  unb  ia^  ber  23  er« 
bre^er  bie  J^otter  auäjui)Qltcn  fätjig  unb 
nicf)t  gegen  biefelbe  priüilegiert  fei;  prioi- 
legiert  maren  aber  bo^c  Otbclö«  unb  ©e* 
ric^tsperfonen,  fürjllid^c  SRäte  unb  ©oI« 
baten.  Sie  geölter  njurbc  auf  üerfüebenc 
©rabe  erfannt,  bie  aber  nic^t  überall 
gleici  rcaren;  meifi  natim  man  i^rer  brei 
an.  ©er  erjie  ober  geringfte  ®rab 
tttar  tai  Schnüren,  toobei  bem  5tngc* 
flagten  bie  ^änbc  an  ben  ©elenfen  bis 
auf  bie  Änoc^en  mit  Seilen  ftarf  jufam» 
mengefc^nürt  unb  auf  ben  SRücfen  gebun» 
ben  würben ;  an  anbern  Drten  befianb 
ber  crfte  ®rab  in  ben  ©a  umcnfc^r  au« 
ben  ober  2)aumenfiöcf cn,  wobei  bem 
Snquifitcn  bie  S)aumen  beiber  $änbc  üu= 
fammengeprc^t  würben;  noc^  ananbernCr- 
ten  getiörten  bie  ©pani  fc^en  Stiefeln 
ober  S ein f(^ rauben  jum  erjlen  ®rabe, 
woburc^  bie  2ßaben  unb  (Schienbeine  beö 
Snquifiten  gcquetfc^t  würben.  2)er 
j weite  ®rab  befianb,  nac^  bem  fää)ft- 
f(^en  (Red)te,  barin,  ha^  ber  5tngcflagte 
auf  bie  Seit  er  gebogen,  ifim  bie  @pani= 
fd)en  Stiefeln  angelegt,  hierauf  feine 
©lieber  auf  ber  ßeiter  auögebetint  unb 
au^cinanbergejogen  würben,  welcf)er  ®rab 
nun  nodf)  baburc^  »erme^rt  Warb ,  i>a^ 
man  baö  Seil  einige  IDJale  anjog,  ober 
bem  unten  loögebunbcnen  ^nfluiftten  einige 
©ewic^te  toon  Stein  ober  ©ifen  an  bie 
%n^t  gelängt  würben,  unb  bann  an  baö 
Seil  gefcblagen  ober  i^m  an  bie  fpani« 
f(^en  Stiefeln  geflopft  würbe ;  ober  man 
bewarf  ben  5tngeflagten  mit  «S  (^  W  efel« 


faben.  9tn  anbern  Drten  befianb  ber 
jweite  ®rab  aOein  barin,  baf  ber  ^Inge* 
flagte  mit  auf  ben  {Rüden  gebunbenen 
Rauben  aufgewogen  unb  eine  3«itlö"9 
I)ängen  gelaffen  würbe.  Sffienn  enbli^ 
ber  b  r  i  1 1  e  ®  r  a  b  ber  go^^er  erfannt 
würbe,  fo  Warb,  nac^  fäc^fifd)em  Steckte, 
ber  auf  ber  Seiter  aufgefpannte  ßeib  be# 
Qlngeflagten  nodE)  Weiter  gepeinigt,  inbera 
man  l^eberfiele  in  jerlaffenen  @d)Wefel 
eintaud^te  unb  angcjünbet  bem  auf  ber 
ßeiter  liegenben  SiKluipt^n  auf  ben  ßeib 
warf,  ober  baoon  gema(^te  ^flafier  anjün» 
bete  unb  auf  ben  ßeib  flebte,  ober  einen 
Änaul  oon  einem  eine  ^albe  GHe  langem 
^olje  mit  ^anf  umwunben,  in  jerlaffencö 
^td)  eintauchte,  mit  ^anf  wieber  um* 
Wicfelte,  Wieberum  eintaud)te ,  biä  ber 
Änaul  bie  ©rö§e  einer  ^au^  erhielt,  ben 
man  f)ernac^  anjünbete  unb  bem  Sni^ui* 
ftten  auf  ben  blo§en  ßeib  warf,  jebocö 
auf  feine  eblen  leile;  ober  Wenn  man 
i^m  fpi^  gemachte  Äienpljcr  unter  bie 
yid%d  f(^Iug  unb  anjünbete.  5ln  einigen 
Drten  befianb  ber  britte  ©rab  aüein  ia» 
rin,  ta^  mit  bem  5lufjie^en  bc«  Snquiftten 
tai  S(ä)lagen  an  bie  Seile  ober  tai  Qln« 
t)ängen  oon  ©ewid^ten  oerbunben  warb. 
3n  wandten  beutfd)en  ßanben  waren  un« 
ter  ben  oben  angefübrten  brei  ®rabcn 
auc^  noc^  anbcre  5lrtcn  unb  Söerfjeuge 
jur  %oÜn  cingefülirt,  al^  iai  Sam* 
bergifc^e  Snjii^ui"«"!/  ^^"^  fpanifc^e 
iSocf  ober  iai  ÜJleflenburgif ä)e  3"* 
firument,  bie  ©panifc^e  Äappe,  ber 
SDänifd)e  SDtantel,  bie  ©nglifcbe 
Jungfrau,  ber  gefpidte  ^afe,  bie 
^euertortur,  ber  Sc^wi^fafien,  tai 
^iebeln  mit  bem  (Riemen  :c.  S^^^* 
reicf)  waren  bie  95orfcf)riften  über  2)auer, 
5lrt,  Sfefution,  SBicberliolung  ber  JJoltcr, 
unb  il)re  p§li(i)fie  unb  fdjrecflid^fie  5ln« 
wenbung  fanb  fte  in  ben  ^ejenpro» 
jeffen,  fte^c  ben  befonbern  2lrt.  9iac^» 
bem  fcC)on  im  16.  Ja^r^unbert  einige 
Stimmen  ftc^  gegen  bie  geölter  erhoben 
f)atten,  fiel  fte  enblic^  im  18.  ber  3luf* 
flärung  jum  »erbienten  Dpfer;  namentlid^ 
5lt;omaftu8,  Seccaria,  S3oltaire,  Sonnen* 
fel^  unb  3u1iu^  9Röfer  Ratten  ftd^  gegen 
fte  auögefprod)en.  griebridt)  b.  ©r.  fdiaffte 
fte  äuerft  ab,  1740  unb  1754;  bann  folgte 
S)anemarf  1770,  Deficrreic^  1784  unb  87, 
granfreic^  1789. 

S^otenllcib,  SEotenbemb.  3lac^  l^cibnifd^em 
SSraudö  würben  im  früheren  SWittelalter  bie 
ßeid^en  möglidbfi  prunfooü  beerbigt,  Arie* 
ger  in  il)rem  SBaffenfd^mude,  SBürbcnträ* 


lotcnleuc^tet  —  lotentanj. 


673 


gcr  in  i^rcm  9lmtgornat.  S)ie  (f)rif!licf)e 
kixä)i  eiferte  bagegen  unb  toer^ie§  Söerfür« 
jung  ber  Sußjeit  im  ^«öcfeuer,  njcnn  25et» 
^otbene  ftd)  im  Suffleib  beerbigen  laffen. 
©0  würbe  auü  bem  langen  Su^EIeib  tai 
übliche  ©terbcfleib,  mciP  »on  weiter  ßetn« 
wanb  gema(i)t  unb  mit  fc^njarjcm  Sßcfa^ 
»eiferen. 

3n  ber  fRcnaiffanceicit  tarn  eS  für 
furje  I)auer  in  9tbnaf)me,  er^ob  fic^  aber 
im  17. 3a^r^unbert  ju  noc^  allgemeinerem 
Oebraud). 

tottaUuäfttt ,  Äircb^ofölaternen,  Qlrm» 
feelenltdt)ter,  8id)tf;äuöd^en,  8i(^t[äulen  was 
Ten  fc^on  früt)  im  ©ebraucf).  ^cibnifc^er 
Ißolfäglaubc  ttiar  eä,  t>ermittelfi  eineö 
Seud)terä  bie  böfen  Oeijler  com  ©rabe  ber 
©einigen  fcrnju|)alten.  ®o  erl)iclt  anfängt 
li^  jebeö  ®rab  fein  befonbercö  Cämpi^en, 
Vüenigflenö  baöjcnige  eine^  ^eiligen  ober 
eineä  ^oc^gefieüten  überl)aupt.  5(uö  biefer 
©itte  cntfprang  bic  »eitere,  entweber  auf 
bem  ©otteöadcr  felbfi  auf  einer  me^r 
ober  minber  feo^cn  ©äule  ober  bann  in 
einem  crferartigcn  Sid)tt)äu0c^cn  [an  ber 
anfiofcnben  ■Rird)enmauer  ein  etnige^  ßi(^t 
ju  unter{)alten,  rt)ot>on  bic  crfic  freiere 
SWelbung  auf  tai  12.  3af)rl)unbert  jurücf* 
roeift.  3"  2)eutfd)Ianb  fmb  einige  Soten* 
leud^tcr  auö  bem  13. — 16.  3al)rt)unbert 
erhalten,  j.  S.  in  ®cf)uIpforta,  SRegensburg, 
ÄloPerncuburg,  ber  le^terc  (com  ^a])xc 
1381)  9m  {)od)  unb  mitSReliefä  ani  bcrqßaf^ 
fton^gef(i)id)te  gefd)mücft.  Qtn  ber  ®äule 
if!  oft  aud^  eine  effenartige  SScrticfung,  ein 
fleincr  ^erb,  in  ttielc^em  aU  *}lrmfcclcnli(i)t 
2ßeiI)t)oIä  (aBciben-  unb  SZÖac{)l)olbcrjtt)eige, 
am^almfonntag  gcttteil)t)  oerbranntrourbe. 
Ob  biefe^  an  mandjen  Orten  hai  eigent* 
licf)e  unb  cinjigc  3;otcnticf)t  mar,  ober  ob 
baneben  eine  eftiige  ßampc  brannte,  fann 
genau  nicf)t  ermittelt  merben.  3"  i^ranf« 
Tcict)  t)aben  einige  lotenleuc^ter  au§en  ^erum 
eine  SBenbeltreppc,  über  bie  man  jum  So» 
tenli(^t  emporf!eigen  fonnte;  in  S)cutfd)5 
lanb  ftnb  feine  fold)e  erl)alten  geblieben. 

2'Dtentanj.  Unter  bic  ^umorifiif(ä)=atIeä 
gorifct)en  Sieblingeftguren  beö  auege^enben 
ikittelalterö  jät)lt  näc^fl  bem  DIaircn  unb 
bem  Jeufel  ncimcntlid)  ber  Sob.  ©ci)on 
frü^  War  bie  *Perfonifijierung  beö  Sobcö 
uid^tö  ungcn)ö:^nli(^eö :  man  fielltc  i|)n, 
einem  biblifc^cn  Silbe  folgenb  ,  bar  ali 
5t  der  mann,  ber  ben  ©arten  beö  Sebcnä 
jätet  unb  bie  Slumen  brid^t,  ber  über 
baö  6d)la(^tfelb  fc^reitet  unb  eö  mit  Slut 
büngt,  mit  8d)mertcrn  furd)t  unb  mit 
ßciä)en  anfät;  ober  at^  ^önig,  ber  burd) 


bie  ßanbe  fafjrenb  feine  ^cerfd)aren,  bie 
(Sterbenben,  fammelt,  ber  feinen  gcinbcn, 
ben  iDlenff^cn,  Ärieg  anfünbigt,  gewappnet 
au§jief)t  unb  fie  gefangen  nimmt,  ber  fte 
in  fein  gajiUdjcä  ^au^  ober  aU  SRic^ter 
t>ot  feinen  ®erid)töfiu]t)l  labet;  Äranft)eiten 
ftnb  feine  S3oten,  Sweifdmpfc  unb  ©d)la^s 
ten  feine  ^rojeffe.  ®eit  bem  14.  ^a^X' 
^unbert  nimmt  man  bie  Silber  bee  lobe* 
mit  SBorliebe  aus  bem  niebern  itütagöleben 
nennt  ben  Äampf  ein  33eid)te^örcn,  ein  2lb= 
la^  unb  ®egen«Srte(len,  ben  Job  ein  ^eicr* 
abcnb  maä)m,  ober  man  fe^te  ben  £ob  anö 
(S(^a(^brett,  )x>o  er  ben  Figuren  besfelben, 
al^  *Päpfien,  Äaifern,  Königen,  'Bii)ai)  unb 
SWatt  bietet,  ober  man  backte  ftd),  ber  Sob 
gebe  ben  9JJenf($en  ein  ©aflma^l,  einen 
Srunf,  mit  SWufif  unb  Sana,  überl^aupt 
einen  Sanj,  ju  meld)em  ber  lob  ben  SÜRen* 
fd^en  auffpiele.  2)iefer  muftäirenbc  unb  mit 
ben  Sü?enfd)en  baton  tan^cnbe  Job  mürbe 
nun  im  Seginn  beä  14.  3a^vt)unberte  jum 
®egenflanbbramatif^erS)ic^tung 
unb  ©c^auftetlung  gemad)t,  fo^mar,  ba| 
ber  Job  eine  SReilje  r>on  SDUnfd)en  Derfc^ie* 
bener  3lrt  unb  ©tdnbe  mufijirenb  unb  tan« 
jenb  entfül)rte,  mobei  ftd)  ber  2)ialog  auf 
furje  2öortc  unb  ©egenmorte  befd)ranfte; 
ot)nc  S^^cifel  fmb  fold^c  Spiele  conSeip^ 
lid)cn  aufgeführt  morben;  ani  ^axii  ift 
eine  bcrartigc  Qluffü[)rung  ani  bem  3al)tc 
1424  befannt.  3"  5'^^^"^'^«'^  begann  man 
aud)  an  bemfelben  Ort,  tüo  man  bie  Zo' 
tentänjc  ju  fpielen  pflegte,  auf  bic  SWauer 
beö  Äir(feI)ofö  bie  Silber  be^  Sanjec  ju 
malen.  S)aöfelbe  g,efd)at)  in  ®cutf(^lanb, 
unb  ämar  ifi  baö  ciltefle  Seifpiel  ein  ®e= 
mälbe  in  ber  5D'Jatienfird)e  ju  ßübcd;  eö 
meift,  gleid)  bem  alten  «Spiele,  blog  24 
!)3crfoncn  auf,  unb  smar  ?5apft,  Äaifer, 
^aifcrin,  Äarbinal,  Äönig,  Sifdbof,  ^erjog, 
Qlbt,  IRitter,  Äartt)äufer,  Sürgermeifier, 
SDomljcrr,  ©belmann,  Qlrit,  Sßuc^erer,  Äa« 
pet(an,5lmtmann,ÄüPer,  Kaufmann, Älaus= 
ner,  Sauer,  3üngling,  3ungfrau  unb  ^inb. 
SDiefe  tanjen  in  langer  SRelöe,  je  eine  2;o= 
beögefialt  unb  eine  menfc^li^c  nebenein- 
anbcr,  alfo  einen  Dt  ei  gen;  ber  Job  ijl 
bier  nirgcnbö  ein  gänjlicfc  entftcifditeö  ©e- 
rippe,  mel(^eö  er  im  16.  3iil)vl)unbert  mirb, 
fonbern  nur  eine  eingefallene  jufammen= 
gefd)rumpfte  ßeid^e,  ein  vielfältig  um  ben 
Seib  fid)  fc^lingenbeö  unb  it)n  großenteils 
fcrbedenbee  ©rabtud)  tragenb;  ber  le^tc 
Sob  beö  ßübcdcr  Jotcntanje«  fü^rt,  ^n 
Erinnerung  an  jenen  Qldermann,  ben  Sd)nit= 
ter  Job,  eine  Senfe,  ©er  Sübeder  Joten* 
tanj  mar  lange  ein  !Rul)m  ber  Stabt  unb 


674 


Zxad^t. 


nmtdtt  vielerlei  9iac^a^mung.  SDie  dU 
teflen  oberlicutfcf)en  Sotcntän,«  finb  in 
Süc^et^anbf(f)iiftcn  ober  in  -^joIj; 
fd)nittcn  erhalten;  fte  unterfcf)eiben  ftc^ 
fon  bcr  nicbcrbeutfc^en  ©ruppc  butci)  eine 
ctftiaö  anbere  21ustt)ci{)I  ber  *Per[onen,  bann 
baburcf),  baB  eine  fur^e,  einem  (frebiger 
in  ben  [OJunb  gelegte  gereimte  ißermaf)nung 
üorous  unb  nad)  ge{)t,  unb  ia^  enblit^ 
bic  Silber  ben  ^ufammenbängenben  Dleigen 
ineinjelnelanjgruppen  auflöet.  ®o; 
wof)!  üon  ber  öübecfer  alö  loon  bcr  foebcn 
genannten  ^oljf^nittj^Jujfaffung  ablningig 
iji  ber  Sotentan;  im  ißaöler  Jllins 
gcntbal,  einem  grauenflofter  bes  2)omi= 
nifaner  =  Drben^;  er  nimmt  bie  (Perfonen 
ber  beiben  genannten  ©ruppen  äufammcn 
unb  fermebrt  fie  bur*  einige  neue  bie  ju 
39;  bcr  2;anj  ifi  ebenfaüö  in  lauter  ein» 
acinc  $aare  aufgelöft. 

3n  ben  genannten  ©cmälben  n^aren  bie 
Silber  ben  Jßorten  untergeorbnct,  biefc  i>ai 
ältere,  jene  tai  fpatere,  baraus  abgeleitete 
SIement;  feit  man  tai  Spiet  bc3  eigent» 
liefen  Jotentanjeö  nirf)t  mebr  aufführte, 
anberte  fid)  baö  Sßerbältnis,  unb  bie  Sil- 
ber ttiurben  jur  |)auptfQd)e,  bie  2öcrte  tra« 
tcn  jurücf ;  bie  Silber  «anberten  jc^t  ron 
Ort  ju  Drt,  »abrenb  bie  Scrfe  ficf)  ''anbcr- 
ten  ober  ganj  Berfcf)»anben.  2)Jufter  für 
üüefputern  Jotentänje  blieb  berÄlingen« 
tbaler  fon  Safel,  ber  juerfi  in  einem 
Sotentanj  be^  Saeler  (Prebigerfloflers 
nac^geabmt,  fünftleiifct)  aber  Don  ibm 
übertroffen  murbc.  ßrft  biefer  „Job  von 
Safel"  nmxhi  taii  aufgefu(^te  SSabtjeid)en 
ber  €tabt  unb  ein  €pri(^mort  bes  SoI« 
feö  unb  tas  näbere  Sorbilb  aller  folgen» 
ben  SarficUungen,  fo  in  bcn^rebiger» 
flöfiern  ju  Strasburg  unb  juSern, 
bie  Ic^tere  fon  SRifolauö  DJJanuel, 
tt>elcf)er  SO^aler,  2)id)ter,  Staatsmann  ju= 
gleicf)  mar  unb  feine  geniale  ßaune  in  ben 
t'inien  unb  Serfen  feines  Jotentanje«  gteid} 
ojigineli  fpielen  ju  laffen  feriJanb,  @o 
ift  ber  Saelerlob  aucb  SeranUiffung  gemor» 
ben  ju  ben  ^  0 1 3  f  c^  n  i  1 1  e  n  ^  0 1  b e i  n  ö ,  bie 
alö  Im  ag  Ines  mortis  feit  1530  erf(i)ie- 
nen.  ^ier  finb  nun  eine  beliebige  3«f)i 
ton  ^^erfoncn  ju  einer  ©ruppe  r>ereinigt 
unb  alö  gefd)loffenc  Silber  fomponiert, 
auc^  ift  bcr  San^  aufgegeben  unb  ber  Job 
fd)reitet  unb  greift  fonfi  mie  auf  bie  jebeö» 
mal  angemeffcne  SBeife  in  tai  jreiben  bcr 
SDJcnfcfccn  binein.  (Srfi  ^ia  ifl  aud)  ber  Job 
alä  üollfommcneö  ©crippe  aufgefaßt.  2)ie 
beigcgcbcncn  Scrfe  V)erfagle  lütxfi  auf  gran= 
äöfifd)  6  0  r  r  0  r  c  t,  bann,  fte  übetfeg.enb, 


auf  8ateinif(^  ©eorgiuä  ^UemiliuS. 
S)a§$olbein  aud)  benöro^baelerJotcntanj 
gemalt  babi,  mar  eine  grunblofe  ©age. 
iffi  a  der n  a  g  cl,  !l.  ®d)riften,  I,  302—375. 
Sgl.  3.  e.  SBeffelp,  bie  ©cfialtcn  bcä 
Jobeä  unb  beö  jcufdö  in  bcr  barjietten« 
ben  Äunft.  ..fieipjig  1876. 

!J'racl)t.  Über  bie  Äleibungäart  ber  alten 
©crmanen  unb  ibrer  €tammoermanbten 
ftnb  mir  burd)  bic  SRömer  genau  unter» 
ricbtet.  (Siebe  Jacituä  ©ermania  17.) 
Spärli(i  flieien  bie  Duellen  bcr  folgen» 
ben  2abrf)unbertc  bis  auf  Äarl  b.  ©.  Zi^aU 
fac^e  ift,  bap  bie  an  bie  römifcben  ??ro» 
rinjen  angren§enben  Solfsftämme  fc^on 
früb  ficb  'ri  Sitten  unb  ©ebräud)en,  fo 
aucb  in  ibrem  duBcrcn  Qluftrctcn,  in  ber 
jllcibung  becinfluffen  liefen.  (Eö  gef^a^ 
hai  aber  nic^t  mit  cincmmal  unb  nicbt 
an  allen  Crtcn  su  g!cid)er  3«^^  unb  in 
gleid)er  SSeifc.  Std)er  ifi  aber,  ha^  bic 
altgcrmanifd)e  (Sinfacbbeit  na^  unb  nac^ 
b;m  Tömifien  ^runfe  reid),  über  bic  2lrt 
unb  ÜBeifc  bes  Sfficid)ens  bcr  einen  unb 
bes  55ortfd)reitens  bcr  anberen  fmb  feine 
beftimmtcn  5lnl)altspun!te  »orbanben. 
2Benn  einzelne 9]ad)rtd)tcn  ton  cinemQJrunfc 
rcbcn,  ber  ben  römifd)en  übertrifft,  fo  ftnb 
bas  entmebcr  Sagen  ober  baben  jum  min» 
beficn  nur  auf  bie  böc^jigeftctltcn  qSerfonen, 
auf  Könige  unb  Sifd)öfe  Sejug;  miibrcnb 
man  mit  Sid^crbeit  annebmen  barf,  ta^ 
hai  gemeine  SolE  nod)  3abrbunt)erte  lang 
ben  Sitten  ber  Sätcr  in  Sejug  auf  Äleibung 
treu  blieb,  mas  ihre  eebensrccife  überbaupt 
fd)on  mebr  ober  meniger  bebingte.  5in 
lanbmirtfcbafitreibcnbcs  Sägeroolf  fann 
ftd)  faum  in  Seibe  unb  Sammet  f leiben; 
es  mitb  äu  ben  gellen  greifen,  bie  nicbt 
nur  näber  bei  ber  $anb  fmb  unb  felbfi 
jubereitct  merbcn  !önnen,  fonbern  1>u  aud) 
beffer  fd)üt.cn  unb  langer  bauern. 

SLerfrübefte  Serid)tcrftatter  über  bieÄlei» 
bung  bcr  ^raufen  ifi  Sibonius  ^Ipolli» 
naris,  ber  um  bie  SDJitte  bes  fünften  ^al)X' 
bunberts  fc^ricb:  „SSatlcnb  unb  blonb  ifi 
hai^  ^aax  ber  Jianfen,  blau  ibr  5tuge;  ibje 
großen  unb  ftarfen  ©lieber  umfd)iicBt  ein 
enganliegenbesÄleib;  fid)tbar  (uodt)  ifi  tai 
änk,  um  ben  Scib  tragen  fic  einen  ©urt; 
mit  ibren  Streitäften  bauen  fie  »eit;  ben 
S^ilb  ju  binbbabcn  ifi  ibnen  Spul,  bcm 
SBurffpecr  fommt  felbfi  ibr  5lngrin  jucor; 
fcfeon  in  ber  Äinbbeit  ifi  Ärieg  ibre  grcubc; 
übermannt  fenncn  fte  feine  gurd)t,  i^r 
lüfut  bauert  über  tai  ßcbcn  fiinauß". 

©a^  aber  aucb  in  ber  ÜUeropingerjeit 
ber  *}lufmanb  bei  fürfilidicn  *Perfonen  fc^on 


Zxaä)t. 


675 


gro^  gcwefcn  fein  mu§,  ge^t  aui  »crs 
fcf)iet)cncn  iJJacbticfjten  ^eroor.  Ulad^  bem 
lobe  beö  iüngflen  @o{)ncö  (S^ilperic^ä 
Iie§  grebegunbe,  bic  SWutter,  auö  iöetrüb» 
niä  fämmtlict)e  Äleiber,  „bic  fcibenen  unb 
bie  f  on  anbeten  Stoffen",  foft)iebie6cf)mud= 
fachen  »erbrennen  unb  brau(f)te  jum  ^oxU 
fAaffen  berfelbcn  ficr  Äarrcn.  2)ad  ®oIb 
unb  Silber  Iie§  fte  fcf)meljen  unb  tf)Qt  eä 
bei  Seite,  „bamit  ni(i)t«  in  feinet  alten 
©efiatt  f  erbliebe,  wai  tl)r  bie  Irauer  jurücf^ 
riefe".  Unb  aU  ebenbicfelbe  bie  21uö= 
flattung  it)rer  locfetcr  SRiguntfie  beforgte, 
„fügte  fte  ju  ben  nnmtjaften  ^(i)ä^m,  ftield)e 
6.1)ilperici)  baju  ^ergab,  eine  unermeßliche 
2J?engc  ®oIb,  Silber  unb  Äleibungäfiüde 
l^inju,  fo  tai  ber  Äbnig,  als  er  bieö  fa|), 
rcrmeinte,  er  behalte  nid^te  übrig.  S)a  nun 
bic  .fibnigin  ibn  jornig  anbticfte,  nmnbte 
fie  ficf)  ju  ben  ^lanfen  unb  fprad):  „©laubt 
ni(i)t,  !D?ännet,  'i>a^  xii  »on  bem  aüem 
irgenb  ttwai  aui  ben  Scf)a^fammern  ber 
früberen  Könige  genommen  babe;  aües, 
ttiaö  ibr  Ijier  erfd^auet,  ifl  oon  meinem 
(Sigentum.  So  gro§  aber  tvax  bie  SDienge 
ber  Sad)en,  ia'p  fünfjig  ßoftwagen  erforbert 
tüurben,  um  hai  ®oIb,  Silber  unb  aüe 
bie  übrigen  Sd^mucfgegenfidnbc  fortju^ 
fd)affen".  Ueber  ben  Schnitt  bicfer  bleibet 
ift  nid)te  fr($ere^  befannt. 

Seffer  unterriditet  finb  mir  über  bie 
2ra^t  ber  Karolinger.  T>ur(^  baß  auö« 
gefproc^ene,  lebenSf  rdftige  2)eutfd)tum  Äarlä 
b.  ®.  mitb  ber  Sujuä  ton  bem  .^ofe  unb 
bamit  au«  ben  oberen  Stänbcn  miebcr 
perbrängt  unb  fommt  bie  fränfifc^e 
Srac^t  ju  if)rer  (Entfaltung.  Äarl  felbfi 
bebiente  fic^  berfelben.  Ueber  fein  5luftreten 
fagtßinbarb,  fein  SBiograp^:  „Set  .Raifer 
ißarl  fleibetc  fid)  nad)  üaterlänbifc^cm, 
ftänfifd)em  33raud).  5luf  bem  £eib  trug 
er  ein  linnenee  ^erab  unb  ebenfaOä  linnene 
Unterf;ofen ,  barübcr  ein  mit  feibenen 
Streifen  nerbrämteö  ffiamä  unb  ißein* 
fleiber;  fobann  bebecfte  er  bie  Seine  mit 
Sinben  unb  bie  ^^ße  mit  Sd)u^en.  3Jur 
im  SBinter  bebiente  er  [xä)  jum  Sc^u^  ber 
©d)ultcrn  unb  ber  Sruji  noc^  eineö  eigenen, 
ous  Seet}unb0fe(l  unb  3c"tielpelj  nerfertigten 
IRoct«;  aud)  trug  er  einen  meergrünen 
ÜJJantel  unb  beftänbig  iai  Sd)mert  an  ber 
Seite,  bcffen  ^anbgriff  unb  @ef)enf  fon 
®oIb  ober  Silber  gearbeitet  hjaren.  SDiit^ 
unter  jebod),  fo  namentlich  bei  gefilid)» 
feiten  ober  n^enn  bie  ®efanbtfd)aften  frember 
S3öl!er  cor  i^m  erfdjienen,  fü{)rte  er  auc^ 
ein  nocf)  reicher  mit  ®olb  unb  Sbelfieinen 
»erjicrtcö   S(^tt)ert.    ^tuölanbif^ie   Zxaä)t 


aber  »ie«  et  jurüd,  mochte  fte  auc^  no^ 
fo  prunfenb  fein,  unb  Iie§  fxcf)  foIcf)e  nie* 
malö  anlegen,  nur  ausgenommen  smeimal 
ju  SRom,  mo  er  einmal  auf  2ßunfcf)  be^ 
*Papfieö  ^abrian  unb  ein  anbermal  auf  bie 
Sitte  t)on  beffen  iJladjfolger  8eo  bie  lange 
Junifa,  bie  Chlamys  unb  römifd^e  Sc^ul)e 
anjog.  Sinjig  bei  fepiid)en  93orfommniffen 
erfcfjien  er  in  golbburd)roirftem  Ätcibe  unb 
Sc^u^en  mit  Sbelfieinen  befc^t,  ben  ÜRantel 
burc^  eine  golbene  ^afenfpange  äufammens 
gef)alten  unb  auf  bem  Raupte  ein  2)iabem 
tion  ®olb  mit  ©belfieinen  gefcf)müdt. 
2ln  anberen  gemö^nlic^en  Sagen  inbed 
unterfd)ieb  ftc^  feine  Äleibung  nur  menig 
t>on  ber  gemeinen  33olf*trac^t".  Qluä  einet 
SDJitteilung  in  ben  „Sorfi^er  ^al)xbüä)ax{" 
betreffenb  bie  Söegräbnisfeierlid^feit  beö* 
felben  Äaiferä  iji  erftc^tlii^,  M^  er  „^eimlid^ 
auc^  unausgcfe^t  ein  l)ärneö  ®emanb  auf 
blofem  Scibe  getragen  bat".  2)ie  bleibet 
ttiuiben  »on  ben  ^tauen  felber  gemacht, 
fogar  am  ^ofe  bee  Äaiferö,  in  ben  foge= 
nannten  grauen^äufern.  Die  Kaiferin  unb 
if)re  Jüdjter  „befd)dftigten  ftd)  mit  Spinbel, 
Spinnrocfen  unbSBoüenarbeit,  bamttle^tere 
nid)t  in  Jrägbeit  ücrfielcn  unb  ftd)  an 
SDtüßiggang  gett)öl)nten".  ^wax  tonnte  ti 
nidit  fehlen,  ta^  bei  bem  lebhaften  Set« 
feljt  mit  ben  ausmärtigen  -^söfen,  fomie 
angcftc^tg  ber  tjielen  fofibartn  ©ef^enfe, 
bie  Äarl  bon  Sijjanj  unb  fogat  bon  'J!etficn 
\)tx  etbielt,  mandl)  fofilid)eö  Stücf  in  ben  ^of= 
fd^al  tam,  tai  namentlich  ben  gr^iuen  in 
bie  5lugen  ftad)  unb  fie  menigftcnö  cet- 
anla§te,  felbige  nac^juabmen.  Unb  in  ber 
Jbat  f  etmanbte  man  am  $ofe  gto§e  Sotg- 
falt  auf  ^anbatbeiten  aus  bem  Stidetei* 
fac^.  2ßie  grünblic^  aber  ber  .Kaifer  feinen 
|)ofleuten  bie  @ier  nad)  föfilict)em  (Pelj- 
merfen  terleibete,  er;äl)lt  bie  belannte 
5lnetbote  t>on  bem  ju  Sßaffer  geworbenen 
3agbiicrgnügen.  Ueber|)aupt  mar  Äarl  ein 
auögefprocfjener  ^einb  ber  fremben  Xra(^ten, 
voai  fd)on  auä  feinen  Älcibetotbnun« 
gen  ert)ellt.  Siel)e  ben  befonbctn  Qlrtifcl. 
5luf  bie  Qtit  Submig  beö  5Deutfc^en 
bat  Sejug,  rtiae  bet  „!i)iönc^  oon  St. 
®atlen"  oon  ftänfifd)et  Stacht  betteltet, 
menn  et  fagt:  „5Die  Stad^t  bet  alten 
gtanfcn  beflanb  in  Scbu^en,  außen  mit 
mit  ®olb  gcfi^müdt,  nebfi  brei  Stlen  langen 
Schnüren,  fd)arlac^nen  33inben  um  bie 
ißeine  unb  barunter  aui  linnenen  ebcnfo 
gefärbten  ^ofcn,  aber  mit  funfireid^er2lrbeit 
9efd)müdt.  Über  biefe  unb  bie  Sinben 
erjirecjfen  ftd^  in  freujraeifer  Jöinbung,  innen 
unb  außen,  »otn  unb  hinten,  jene  langen 


676 


Ita^t. 


8d^nütl)änber.  ^arn  ein  ^tmt  ton  ©lanj^ 
feineironb,  unb  laiüber  ein  Edfeftettgc^cnf. 
2)iefcä  €*>tt)cit  trutbe  junäc^|i  bui^  bie 
€cf)eibe,  bann  butc^  irgcnb  eine  5ltt  jeber 
unb  btitteng  »on  »eifer  unb  mit  feuern 
2Ba(i^fe  geflätfter  Scintnonb  fo  umgeben, 
ba§  (e  mit  feinen  in  bet  3JJitte  blin!cnbtn 
Äieujd^en  jum  iBeibetben  ber  Reiben  feji 
ct^olJcn  marb.  5Daä  le^te  6tüd  \i)Xti  ^w 
jugce  rtax  ein  grauee  ober  blaueö  ©tiranb, 
rietecfig  unb  bcfpelt,  bergcPült,  ba^  cö 
über  teite  €^ultctn  gelangt  totn  unb 
bintcn  bie  ^ü§e  bctübite,  [eiittartö  jcbcd^ 
faum  bis  jum  Änie  teicbte.  S;oju  füliitcn 
jte  in  ber  teerten  einen  ©tüb  mit  glei^* 
mäßigen  knoten  »on  einem  geraben  äBcum* 
Pamme,  fdtön,  ^axt  unb  f^rccfbar  jugleii^, 
mit  einem  ^onbgnff  ton  (Solb  ober  Silber, 
ben  fc^öne,  erf)abene  ?Hrbeit  f^müdte". 

SEie  fet)r  nun  ron  alten  Sc^riflfiellern 
biefc  Iradjt  ale  bie  alt  f  rdn  fi  [($  e  ün= 
geführt  njitb,  fo  ifi  tci)  nic^t  ju  oerfennen, 
bQ§  fte  eigentlid)  bie  altromifd^e  iji,  maä 
namentli^  bie  ertjaltenen  SJiiniaturbilber 
auö  biefer  fränfifc^en  3«it  bepötigett.  ®ie 
Scanner  etfcf)einen  auf  benfelben  in  einer 
iii  jum  Änie  reid^enben,  enganliegenben 
Junifa  mit  langen,  fnappen  5hmeln. 
S)ie  SBeinflciber  ftnb  ebenfalls  eng,  ber 
Unterf^enfel  umbunben.  SBettürjt  ft(^  bie 
Unlerf(^entelbtnbe  jur  Äniebinbc,  fo 
tritt  noc^  eine  befonbere  ^"^^lefleiburg 
baju,  bie  Socfen  ,cber  ©tiefet,  -^od)' 
gefiente  eifdjeincn  auc^  etma  in  einem 
ritrcdigen  €(I)ultcimantel,  beffcn  Gnten 
com  unb  l)intcn  tiefer  fangen,  al«  ju 
beiben  €eiten.  ^ic  grauen  tragen  mei()r 
ober  minber  reictoersierte,  lange  Unter« 
fleiber,  einen »eimittelfi  ber  üblid)en€pünge 
gcl)eftcten  Sülantel  unb  furj  jugefpi^te 
farbige  €c^ul)c.  ?llö  ein  Äönig,  ber  ber 
fremben  Zxaä)t  fefjr  jugctan  mar,  mirb 
Äarl  ber  ^a^Ie  genannt,  ber  nad)  ben 
3a^rbü^ern  auö  bcm  Älofler  ^u^^o  (^"6) 
griecbifdjen  $runf  auö  3tfllicn  Ijetüber* 
brachte,  einen  langen,  faltenreicf)en,  bal* 
matinifäjen  lalar  mit  barüber  gefd)lungenem 
(Süttel,  ber  bis  auf  bie  %ü^t  ^ing,  ben 
Äopf  in  €eibe  get)üüt  unb  mit  bem  ^iabem 
gehont.  5Daefelbe  befräftigen  bie  3a|r* 
bü(J)er  ton  €t.  JBertin,  bie  Äarl  auf  ber 
€i)notc  ju  (fontion  am  21.  2uni  S76 
„mit  einem  golbburc^mirften  ©emanbc  nac^ 
fränfifd)em  €(i)nittc"  erfc^cinen  laffen, 
njö^renb  er  am  €(i)luffe  berfclben,  am 
16.  3uli,  ein  gried)ifdt)eö  ©emanb  unb 
bie  Ärone  trägt.  S)ic  ben  {Römern  ent« 
lehnte  2racf)t  entfpracf)  aber  in  ber  ^aupt= 


facfcc  ben  Slnforbeiungen  ber  t^ranfen, 
unb  erl)ielt  fidb  bee^alb  jiemlid)  unoer« 
änbert  jmei  oollc  Jü^i^^uii^ctte  ^inburc^, 
\a  in  i^rem  ©runbc^arafter  bis  in  ben 
Slnfang  be«  14.  ^a^t^unbertö.  jDic  51bs 
änberungen  erjiredten  fi*  befonber^  auf 
bie  oerf(|iebcnartige  ißefleibung  ber  Seine. 
ÜTiit  ber  aümdlidtyen  Verbreitung  ber  mann« 
lidben  23ein!leiber  mürben  bie  S(ftenfel« 
binben  terbröngt,  wogegen  gtiefet  ober 
€ocfe  oon  gilj  unb  ßeber  häufiger  »urben 
unb  felbfi  ber  Äopf  ju  feinem  €^u^c  ^ier 
unb  ba  (j.  93.  in  Sac^fen  f($)on  im  10.  3Ql)t* 
^unbert)  ben  leid)tcn  Strof)^ut  erhielt. 
Som  12.  Sö^i^unbert  an  mürbe  auc^  baö 
Untergemanb  nod)  me^r  oerlängert  unb 
ber  Sd^ultermantel  erljielt  jumeilen  eine 
ilapuje.  I;ic  iBornet)men  trugen  Kleiber 
na^  bcmfelben  €(f;nitt,  jebod)  mit  reichen 
SRanboerjieiungen  unb  in  oetfi^iebener 
i^drbung;  ber  cinfüd)e  93unbfcf)uö  mürbe 
jum  l)ö^er  gefd)nittenen  ^albfiiefel. 
SDie  i^rauen  erfd^einen  im  11.  3a^i^unbert 
aud)  etma  in  einer  oberen  lunif'a  mit  meit« 
geöffneten  Halbärmeln  unb  gemöf)nlid^  in 
rot  ober  blau  gefärbten  €(i)uben.  ^k 
Könige  trugen  fid)  x\ad)  51rt  Äarlö  be* 
^a^Ien;  boc^  mirb  bei  ÜDibufinb  in  ber 
Sc^ilberung  ber  .Rrönungefeierlic^feit  tom 
3abre  936  "(Ctto  I.)  ausbrüdlicf)  ermähnt, 
ba§  ber  Äönig  „mit  ben  enganliegenben 
frän{ifd)en  ©emanbe  befleibet  mar"  im 
©egenfa^  ju  ber  langmaUenben,  üppigen 
gried)ifc^en  ftleibung.  S^iefer  fränüf^en 
®emef[enf)eit  in  ber  Jrac^t  entfprad)  aud) 
baöallgcmeinüblic^fursgefd^nitteneliaupt« 
l)aar,  mä^renb  man  am  gried)ifd)en  $of 
^aar  unb  Sart  lang  trug  unb  in  farbige 
feibene  3:üd)er  füllte,  ^xn  11.,  oienei(t)t 
fd)on  im  10.  3flf)t^"n^frf»  entfic()t  in  ben 
i)ö^eren  €tänben  ber  93raud),  auf  bcm 
Seibe  junädjft  ein  leineneö  ^  em  b  ju  tragen, 
meld)eö  auö  na^eliegenben  ©rünben  balb 
allgemein  angenommen  mürbe.  2ßer  fid^ 
bcjtcn  cntbielt  unb  tai  fd;on  aue  bcm 
8.  3al)r^unbert  befannte  grob^ärenc  9?ü^er« 
^emb  trug,  meinte  bamit  ben  ^immel  ju 
oerbienen.  5lllgemeiner  mürbe  auc^  in 
biefer  ^dt  fd)on  bie  ^opfbebcdung  (ful)e 
bort).  Qluö  einer  Älage  2;i)ictmarsi  oon 
SDlerfeburg  ifi  ju  fd^lie^en,  ba§  fid)  fc^on 
JU  Gnbe  bcö  11.  3«fei^^"nt«i^'ö  grauen 
gelüficn  liefen,  „bie  einjelnen  Seile  beS 
Äörpciö  auf  unanfiänbige  SBeife  ju  ent« 
blöden,  allen  üiebl)abein  offen  ju  jeigen, 
maß  an  i^nen  feil  fei,  unb  alfo,  obmol)! 
aU  ein  ©reuel  tor  @ott  unb  eine  (£d)anbe 
oor  ber  2ßelt,   oline  irgenb  meldie  €ci^am 


Sra^t. 


677 


altem  iBoIfe  jur  Sä^av.  cin^crjugc^en." 
51u0  ben  SWiniaturbilbcin  bicfcr3«it'flnicf)t 
ju  crfe^en,  wie  J^ietmar^  ffiöoitc  ju  üct» 
Pf^en  fmi.  (5*  batf  aber  angenommen 
Jrctbcn,  ba§  ni^t  »öllige  SRadt^cit  ber 
grauen  ben  5lnflägct  fo  fd&amrot  9ema(^t 
\)üt,  fonbcrn  »ielme^r  bie  fnappe  ©eroan« 
bung,  >t)cld)c  bie  Äötpctfotmen  ju  beuttic^ 
^tipottreten  Iie§. 

Tlit  bem  5luffc^h)ung,  ben  ber  ^anbel  — 
jum  großen  Seil  burd^  bie  Ären  jjüge  ecr* 
anlaßt  —  im  12.  ^a^r^unbeit  nal;m, 
brachen  fic^  quc^  bie  Perf(J)iebenen  auö« 
Idnbifc^enJrac^ten  immer  met)r  Sßa^n. 
3ur  SWettopoIe  biefe^  ^anbeU  marSßencbig 
gcttjoiben,  auf  bcffen  Tlaxttt  Spjanä, 
3nbicn,  5i[gi)pten,  SJorbafvifa  unb  «Spanien 
mit  if)rcn  Grjeugniffen  üettretcn  njaten,  unb 
jnjarbcjlanbenbiefc  »orne^mlid)in<Sd)mu(f= 
fachen,  ÄlciberPoffen  unb  fettigen  Äleibern. 
Sei  ben  $ejiet)ungen,  ftelc^c  au^  bie  beut- 
fd^en  ©tobte  mit  SSenebig  pflegten  unb  befon- 
berö  ber  beut[d)c^of,  fonnte  eä  nidE)t  fehlen, 
bog  bie  alte  ftdnfifc^e  Zxaä)t  bei  ben 
böseren  Stäuben  balb  eöQig,  beim  auf* 
firebenben  iBürgerfianbe  nac^  unb  nad)  oer» 
btöngt  fturbe.  «Setbcne  unb  föpiic^e 
baumnjoKene  2üc^er  »erbröngten  bie  ein= 
^eimif(f)en,  unb  ti  fonnte  ber  ffiettpreit 
jtvifcEjen  ben  Stauben  unb  ®efc^(ed)tern 
fic^  nac^  SBelieben  entfalten.  33iel  ermäf)nt 
mirbbei  ben2)id)tern  be«  12.  unb  13.3a^r» 
^unbert«  ©  e  i  b  e  au«  S^iniec,  auö  Sagbab, 
5llfjanbrien,  5ibramant,  3lffagauf,  Qllamans 
furo,  fpelpiuntc,  Steuticnte,  dcibemoniä, 
2lgat{)ptftentl)c,  Jabvonit,  iülo^renlanb, 
Sasamanf  u.  f.  m.  311«  Stoffe  n.ierben 
fonfi  noc^  genannt :  ber  SBaIbad)in,  SBlialt 
obcrqaiialt,  (St)clat,$almat,q3fah)in,3;riblat, 
$fet(el,  Jpraö,  2t)mit,  Jaft,  aJiarro*, 
Sintet,  bei  n3clcf)er  ®elegcnt)eit  mit  SBeit« 
f(^ft)eifigfeit  aud^  bie  Heimat  unb  S^bi' 
reitungöart  beö  betreffenben  Stoffe«  angc* 
geben  mirb,  mobei  oft  bie  h)unberlict)Pen 
SÜJären  txia\)\t  werben.  Qlm  I)öd^fien  gefd)ä^t 
war  ber  ^fellel,  bann  ber  Sß  albad^  in 
»on  Salbecf  (93agbab)  unb  ber  Sammt, 
ber  JU  (Snbebeä  i2.  ^a^r^unbert  unter  ben 
Sorne^men  fcfion  Parf  »erbreitet  war. 
^äufig  taxn  anä)  ber  Siglat  ober  ßtjglat 
in  ©ebraud),  tcn  man  oft  wie  ben  Salbac^in 
befticftc  unb  mit  ©olbfdben  burcbwirfte. 
Selbflt)etpdnblid)  wat  man  aud^  bemül)t, 
biefe  Stoffe  nad)äua^men,  b.  l).  im  eigenen 
öanbe  ju  verfertigen;  fo  wirb  bereit«  in 
biefer  3fit  ber  3ü  rd)er=Seibe  unb  be« 
JRegen6burger«3enb  alä  etn)ät)nt.  So 
würbe  auc^  bie  einl;eimifd)c  SDöeberei,    bie 


fieinwanb«unb  SD3oatu(f)Weberei,  namentlich 
»om  9^ieberrt)eine  au«  perarbeitet  unb 
üerbeffert.  «Reben  ber  fc^on  au«ÄarI«  be« 
®ro^en  ßtittn  befannten  „Friese"  famen 
je^t  burd)  aSerwenbung  cnalifc^er,  un» 
gatifd)er  unb  fpanifd)er  iKoüe  aud^  feinere 
2üc^er  auf,  <B^axlad),  Saja,  Otafc^,  5?ritf(f)al, 
Sßogram,  Sßarragan,  ßobon  unb  Äamelot. 
SDerSogram  würbe  au«  3iegenf)aaren  ge* 
woben,  ber  Äamelot  au«  Äamelt)aaren. 
5luc^  bie  ^Benennungen  3tt)illid),  SclEet 
unb  Sd)ctter  famen  in  biefer  ^tit  fd^on 
auf.  ÜJHt  ber  SIBeberei  famen  audf)  bie 
gdrberei,  SBirferei  unb  Stiderei  me^r  in 
5lufna^me,  Wie  überhaupt  ein  ©cwerbe  ba« 
anbete  unterfiü^te  unb  anregte. 

Selbfioetpänblid)  ifi,  ba§  nic^t  jebe 
Hausfrau  fic^  gettaute,  biefe  föjllidt)en  Stoffe 
felbfi  in  3ttbeit  ju  nehmen,  um  fo  mebr, 
ba  auc^  ber  Sd)nitt  ber  Kleiber  immer 
fomplijictter  würbe.  So  entfianb  im  12. 
3a^rf)unbert  ein  neue«  |>anbwetf  unb  ia* 
mit  eine  neue  ^wnft,  bie  berSniber,  in 
(liranfreid)  Jalierer  genannt,  bie  anfänglid^ 
bie  Sud^frdmer  auc^  in  ftd)  begriffen.  3m 
13,  3a^r^unbert  ^eip  man  fie  „2}?entler, 
©eWüubä  unb  glidfd)neibcr"  unb  erjl  fpdtet 
werben  |tein„ü)^ann«-unb5rauenfd)nciber" 
au«gef^ieben. 

SBa«  nun  bie  Qtrt  bet  Äleibung«Pütfe 
unb  i^te  3tit)I  bctttfft,  fo  bleibt  biefe  tro^ 
ber  »erdnberten  Ser^dltniffe  fo  ^iemli^ 
bie  gleicf)e,  —  ^emb,  obere  Sunifa,  Sein* 
fleibung  unb  SKantel  machen  in  ber  ^aupt* 
fad^e  aud^  jc^t  noc^  bie  männliche  Jrad^t 
au«.  2?a«  .^emb,  hemede,  nider-wät, 
nider-kleit,  ifi  )oßn  ßeinwanb  gemalt, 
furjdrmclig,  na^  2ltt  ber  lunifa  üorn  gc^ 
f(^loffen.  Sie  ^ofe,  caliga,  ^atte üiclfad) 
bodt)  bie  ©ejialt  bet  2rifot«,  inbem  ffe  al« 
Cangfirümpfe  bie  Seine  bi«  in  bie  Tlxtti 
ber  Dberfc^enfel  beflcibete  unb  bort  an 
bie  Sroc^e,  femoralia,  (unferer  Sd^wimm« 
^ofe  dt)nlict))  anfd)lof  ober  and)  al«  ein 
Stüd  mit  berfelben  ben  Scib  bi«  jur 
^üfte  bebedte.  Sei  ben  Firmen  tritt  eine 
cinfadf)e  ^JumpMfe  o"f»  i>if  öm  obetn 
[Ranbe  burd^  einen  eingenät)ten  JRiemen 
jufammcngejogen  wirb.  Qludf)  bie  ganjen 
Irifot«  würben  mittelft  Sd)nüren  an 
ben  J^üften  gel)cftet,  b.  f).  mcij!  mit  bem 
Dberfleibe  jufammcngenePelt,  woju  biefe 
fowol)!  wie  ber  .^üftengürtel  cntfpred)enb 
bur^lö(^ert  waren.  Jiiefe  Irifot«  würben 
au«  Seibe  ober  SBoHe  gewebt,  t)or^errfdt)enb 
einfarbig,  befonber«  rot,  bann  oft  aud^  ge» 
fireift  ober  jeber  Seinling  in  eigener  garbc. 
SDie  Sdt)u^e,  ^albjiiefeln,    würben   nac^ 


678 


Strad^t. 


irie  »or  aüi  3f"9'  %^h  "^^'^  2^^"  8^' 
gefertigt  unb  ermatten  immer  nod)  öer= 
fd)iebene  ^^arben;  bod)  I)errfc^t  bereite  bif 
[cbwarje  cor.  ©ie  tnurben  mebr  ober 
minbcr  n?eit  auögefc^nitten  unb  offen  ges 
tragen  ober  mit  iRiemen  gebunben,  fogar 
tereinäelt  aui)  gefä)nabclt,  meldte  ÜJJanier 
®raf  i^ulEo  t>on  51njou  ober  5tnger«  um 
1089  feiner  übelgebauten  gü^e  tocgen 
oufgebrac^t  f)aben  foll.  Qlm  beutli(ä)jien 
geigte  fi^i  ber  frcmbe  Sinfu^  imRoc  ober 
(R  0  cf.  !8ei  ben  bicnenben  ©täuben  bertfd)te 
aU  Untergewanb  jwar  immer  nod)  bie 
furje  ^ivmeltunifa  tox,  bei  ben  Beamten 
ober  unb  bei  ^t^erfonen  »on  $Rang  ober 
©tanb  verlängerte  biefe  fid)  berart,  ta^  fic 
oft  aufgefd)ürjt  »erben  mu§te.  SDaö  ©tuj^er= 
tum  fd)Ii^te  fte  aud)  »om  ©ürtel  abmärtg 
ganj  auf  unb  jadte  ben  unteren  Dtanb  ju 
fd)malen  Sappen  auf.  2Iud}  trug  man 
mitunter  über  biefem  einjmeitc^,  ärmellofe^ 
Untergett?anb,  hai  ungegürtet  f)erabt)ing, 
»om  13.  3abrl)unbert  analäSc^apperun, 
2ßarfuö,Äappe,  bePänbigäumr>oüenQln= 
jug  geprte  unb  je|it  eine  Äapuje  ober  Qlrmel 
ober  aud)  beibee  jugleid)  erhielt  unb  jmar 
bie  Ütmel  als  meite  ^alb^  ober  |)änge« 
örmel.  35aö  untere  (Semanb  5ie§  Sukkenie 
unb  mürbe  in  feinem  oberen  leite  febr  »er= 
engt.  Q.i  mar  hai  ^auefleib,  mä{)renb 
bie  „Äappe"  auf  (Reifen  unb  jur  ^a%h  ba= 
rüber  angezogen  mürbe.  23ornebme  trugen 
auf  ber  'j^saqh  aud)  ein  befonbereö  ,,Pirs- 
gewant",  einen  furjen  Umbang  fon  $elj= 
mcrf .  SDer  3R  a  n  t  e  l  (ftebe  bort)  batte  feine 
urfprünglid)e  ^otm,  biejenige  eineö  ])alU 
freiefötmigen,  mebr  ober  minber  meitcn 
Umbangö  nod)  immer  bema^rt,  mürbe  nun 
aber  ntd)t  mebr  au0fd)Iie§Udi  nad)  römifd)er 
©itte  auf  ber  linfen  ©c^ulter  getragen,  fon» 
bern  alö  iRüdenmantet  auf  beiben  ©d)uls 
tcrn  gugleicb.  2)ieÄopfbebedung  fommt 
noä)  feiten  t»or,  mo  fie  aber  auftritt,  t>a  ift 
e*  bie  iRunbfappe,  bie  fpifeigc  ItSetjmühe  unb 
ber  breitfrempige  ©trobt)ut.  (©iel)e  Äopfs 
bebedung.) 

S)ie  weiblicbc  Äleibung  entfpracb  ber 
eben  befprodbenen.  3""<J^f^  ^f^  ^^  ^^^ 
im  12.  3ol;)i^bun^fi^t  nur  nocb  ein  .Rleib, 
ber  SRod,  ber  auf  bloßem  ßeibe  getragen 
tt)irb.  (Sr  bleibt  aud)  längere  Stit  noä) 
tai  einjige  Äleibungöfiüd  ber  SBebienfieten 
unb  ber  ^rmen.  93ermöglid)e  tragen  balb 
iai  ^auptflcibungöpd  über  bemfelben 
unb  feit  ber  jmeiten  §iälfte  beö  12.  3abr= 
l)unbertö  aud)  fd)on  baö  britte.  5Der  ©toff 
iti  ^embe«  ifi  Seinmanb  ober©eibe;  mo 
ii   einjigcä  Äleibung^püd   bleibt  —   ein 


grober  SoHenftoff.  ®cr  SR  od  bebedte  ben 
Cberförper  febr  fnapp,  erweiterte  ficb  aber 
an  ben  Ruften  ju  einem  langen  ©(^lepp* 
f leibe,  bem  bie  meiten  ^ängeärmel  ent» 
fpracben.  S)ie  ®eifili(^feit  na^m  %n' 
fio^  an  bicfer  2;rad)t  unb  unterfagtc  fte 
auf  einem  ^onjil  um  1195  aufei  nad^' 
brüdlicbfle.  ©ie  erbielt  ful)  {ihod)  biö  in 
ben  Einfang  beö  13.  ^abrbunberts,  mo 
bie  (in  i^rem  oberen  Seile)  meitere  ärmeU 
lofe  Snggenie  ober  Suckenie  aufEam,  bie 
aud)  »on  ben  SDiännern  balb  allgemein 
getragen  mutbe.  6rmä{)nt  merben  bei  ben 
S5id)tern  „nod)  ber  für  je  Bolt,  maf)rfcbein= 
lid)  ein  Übermurf,  ber  Surkot,  ein  bem 
Skapulier  äbnlicber  Überbang,  t^orn  unb 
binten  b«flbbängenb,  an  ben  ©eiten  offen, 
oben  mit  einem  ^opflod)  »erfe^en  —  unb 
ferner  ber  Swanz  ober  iai  Swänzelin, 
oermutlicb  eine  Suckenie  mit  ©d)leppc. 
ÜRantel,  ^u^*  unb  Äopfbefleibung,  menig« 
fienö  crf^ere  jmei,  unterfd)ieben  ftd)  nicft 
üon  benjenigen  ber  ÜRänner,  mogegen  bie 
foflbarcn  fremben  ©efdiiueibe  üon  ben 
grauen  im  allgemeinen  mebr  geliebt  mer« 
ben,  alö  non  ben  ÜRännern,  mie  menig 
auc^  bie  ÜRänner,  natürlid)  bie  J^ürjien 
t»orab,  ben  glänjenben  ©vjcugniffen  ber 
®olbfcf)miebefunß  abbolb  maren.  ^m  3ns 
lanb  jcid)ncten  jldb  auf  biefem  ©ebiete  bie 
5lugöburger  unb  D^ürnberger  ©olbfcbmiebe« 
merfflätten  auö.  ^aar  unb  93 ort  mur* 
ben  immer  nodb  furj  gefc^nittcn;  ber  oolle 
Sßart  fennjeidjuete  bcn3"^cn,  bem  über= 
bieä  ein  guderbutförmiger  ^ut  mit  furjem, 
I;erabf)ängenbem  SRanb  »orgefdbriebcn  mar, 
meld)e  93efiimmungen  »on  fpäteren  Äirä)cn« 
oerfammlungen  ba^in  ermeitert  mürben, 
ta^  ber  ^ut  l)ornartig  gefrümmt  unb  i>ai 
Unterfleib  auf  ber  93ruj^  ober  bann  ber 
SRantcl  mit  einem  orangefarbenen  IRab 
bejcid)net  merben  muffe,  ©benfo  muftcn 
ftd)  bie  jübifctjen  ffieiber  unb  Äinber  auf= 
fällige  Äennjeidbnung  gefallen  laffen. 

Sßobl  aud^  gegen  ^nbc  beä  12.  3ai^r* 
^unbert^  mögen  befonberc  3lbjeidben  für 
93eamtc  aufgefommen  fein,  fei  e^  nun  ba^ 
biefe  in  einem  eigenartig  gejialteten  Ätei« 
bungäfiüd  felbft  ober  in  einer  SSerjierung 
beefclbcn  beflanben.  2)ie  erfic  juoerlafjtge 
SRadbridjt  finbet  ftd)  im  2B  i  g  a  l  o  i «,  ber 
um  1212  Don  Sffiirnt  oon  ®  ra  fenberg 
»erfaßt  morben  unb  bie  reid)t  5luefiattung 
eine«  (Ober)  Irud^fcffen  alfo  fd)ilbert, 
3886  ff.: 

„Er  reit  ein  ors  wolgetän 

Ein  vrizen  halsperc  fuorter  an, 


2ra(f»t. 


679 


Den  bedahte  ein  grüener  wäfenrock, 

Darüf  was  ein  rech  bock 

Gesniten  von  samite 

An  ietwedere  site. 

Sin  heim  der  was  riche, 

Vil  herte  höveschliche 

Mit  rüten  kein  bedecket. 

Darumbe  was  gestrecket 

Ein  Strieme  wiz  härmin. 

Obene  was  gestecket  drin 

Ein  schüzzel  von  golde, 

Da  bi  man  wizzen  solde 

Daz  er  truhsaezze  was. 

Ein  timit  grüen  alsam  ein  gras 

Was  gebunden  an  sin  sper. 

Einen  niuwen  schilt  füert  er , 

Da  was  daz  tier  gemälet  an , 

Als  ich  iu  gesaget  hän , 

Daz  in  da  leiten  solde, 

Von  läzüre  und  von  golde 

Was  ez  harte  riche 

Gefüllet  meisterliche. 

Daz  was  ir  wäfen  ze  Roymunt." 

<Jlu4)  beöStabcö  »rirb  aU  eineö  folc^en 
Qlbäcic^enö  errtiaf)nt.  (So  muffen  abtx  bicfe 
^Ifijcic^en  überlniupt  anfamjlict)  nur  bei 
befonfcevö  boben  5c|^I'(^fcitcn  getragen  voox' 
ben  fein,  irenigften^  crfd)cint  auf  einem 
23iltie  in  ber  'JJ?anejfe'fc^en  ßicberl)anb= 
fd)iift,  bic  j>xnfd:}en  1280  unb  1328  9e= 
fammelt  motben,  bcv  ^Böbmcnfönig  SBcn^ 
sei  II.  in  feinem  i^oücn  Crnate,  »äfjxenb 
feine  fiimttidjen  Segleiter  ol)ne  befonbcre 
Äcnnjeidien  bargefleüt  ftnb.  Qlu^  ift  mit 
©etrifiljeit  anjunebmcn,  i^a^  in  gleid^er 
SIßeifc  bie  ^luejeidjnung  bcr  .^lur^  ober 
2yat)Ifürfien  t'aum  for  bem  (Snbc  beö 
13.  2abrt)unberte  auffam.  2)iefe  bejlanb 
in  einem  langen,  roten  9}Jantct,  befe^t 
unb  gefüttert  mit  Hermelin  unb  einem 
Etagen  pon  bemfelben  Stoffe,  unb  in  einer 
roten  iRunbfappe  mit  ^evmelinbefa|,  bei 
ben  Pier  meltlid)cn  Süi^P^n  ^^Pit  6ammet, 
bei  ben  geijilic^cn  Pen  Sud). 

3u  eben  ber  Qdt,  als  ber  ^of  feine 
Beamten  äu^crlid)  fennjei(i)nete,  natjm 
anä)  bie  bürgerlii^e  Qlmt^tleibun  g  in 
ben  jiäbtifd)en  ©emeinwefen  ibren  5lnfang. 
2)ie  böd)jle  ©emalt  voax  bie  ricbterlic^e, 
unb  für  it)rc  Iräger  finbct  man  juerfi  — 
unb  ämar  fd)on  in  ben  i)1ed)t0büd)ern  beö 
13.  2al)if()unbcrtö  —  beftimmte  iBorfd^riften 
über  ibr  e:rfd)einen  bei  beren  Qluäübung. 
Jier  SR  i  d)  t  e  r  mu§te  auf  einem  pierbeinigen 
Stuhle  fi^en  „aU  ein  griögrimmenber 
?öroc,  ben  red)tcn  ^u^  über  ben  lin!en 
gefc^Iagen",  befleibet  mit  einem  üJiaiitel, 


ben  foüen  fie  „nppen  den  schalderen 
hebben ,  sunder  wapenen  solen  sie  sin". 
Unb  ,,swar  man  dinget  in  bi  koninges 
banne,  dar  ne  sal  noch  scepenen  (Schöffen) 
noch  richtere  kappen  hebben  an  noch 
hüdeken  noch  hnven  noch  handschuhe". 
3ubem  trägt  ber  9iid)ter  einen  meinen  (cnt« 
rinbcten)  ®tab.  ®d)ultf)eiBen  unb  ßanb« 
.grafcn  ft^en  aud),  fomie  bie  übrigen 
®d)5ppen  ober  ©d}öffen  auf  ber  Schoppens 
SBanf.  6ie  tragen  6tab  unb  SD'Jantel  unb 
übetbicö  einen  gelben  Ärempcnbut,  beffen 
©pi^e  bornartig  rüdmärti?  gebogen  er= 
fd)eint.  Untergeorbnete  Söeamte  trugen  bic 
^Jarben  ber  €tabt,  pieüeid)t  audi  bie  2ßabrs 
jeid)en  berfelbcn  in  gorm  pon  Jöappen» 
fd)ilbd)en,  mie  au^  jebe  Qnn'it  —  mancher« 
ort^;  aud)  einjelne  ®efd)lec^ter  —  iör 
eigene^  2Öabrjeid)en  fü[)rte. 

®c^on  in  ber  jmeiten  ^älfte  beä  13. 
Sabrbunbcrtö  batte  ®eutfd)Ianb  bie  %ü\)' 
rcrfd)aft  unter  ben  europäifdien  ßanben 
an  granheid)  abtreten  muffen,  iai  and) 
in  iöe^ug  auf  bie  Irad)!  eine  Potlige 
Umgcj^altung  ^erporrief,  inbem  e^  mit 
ben  altvömifcf)en  Uebcriieferungen  Pijüig 
brad)  unb  baburd)  für  tai  itoflüm  eine 
burd)au«  felbfianbige,  p(^ft  nied)fetPoae 
gortgeflaltung  Qnba{)ntc.  S)eutfd)Ianb 
miberpanb  bem  franäüfifd)en  (Sinfluffe  biä 
gegen  bie  SDJitte  beö  14.  ^a^rbunbertö  unb 
ber  (Srunbdjarafter  ber  Sefleibungöart  blieb 
biö  babin  bem  bi^bertgcn  gleid).  S)ann  aber 
brac^  mit  cinemmale  ber  ganje  2Bibcrftanb, 
unb  bic  glut  beö  SJfeuen  bra^  nun  um 
fo  fräftiger  I)erein.  '^hiU-  unb  Bürger* 
fianb  fud)ten  fid)  ju  überbieten  ,,unb  mag 
bcibc  in  äußern  ©enüffcn  nid)t  felber  er^ 
fannen  ober  Permod)ten,  erfann  unb  poü« 
fül)rtc  bie  @eifilid)teit.  ÜBie  bcftig  aui^ 
ber  ßinfprud)  niurbe,  ben  cinjelne  ge« 
ftnnungetüc^tige  SOUinner,  *j3rebicanten  unb 
SWoralifien,  unb  felbft  23ei)örben  bagegcn 
ertjoben,  unb  n^ie  wirffam  aud)  bie^  teil« 
ftieife  mar,  im  ganjen  blieb  man  fid)  getreu, 
ja  fübltc  fid)  barum  um  fo  entfdncbenct 
geneigt,  im  (Sigenreiüen  ju  bel)arren  unb 
eben  nur  fid),  bann  oft  bit^  jum  SDiut« 
mitten,  in  ungebunbenper  51rt  ju  gc* 
nügen." 

3n.nfd)en  1330  unb  1340  fam  bic 
neue  2:rad)t  in  51ufna^me,  jucrß  bei  bcr 
3ugenb,  bann  bei  ben  (£rtt)ad)fenen  mann« 
rid)en  ®efcfeled)tö,  jule^t  bei  ben  {grauen. 
3)cr  SBevfoffer  ber  fiimhurger  Gbronif 
(1349)  fagt  hierüber :  „S)ic  alten  ßeut, 
mit  3tamen  bie  ÜRanne,  trugen  meite  unb 
lange  Älcibcr,    bie   Ratten    nicf)t  Änäufc, 


680 


2;to(^t. 


allein  on  ben  5itmeln  Ratten  jie  brei 
ober  Dict  Änduft.  S5ie  Slrmcl  tuaren 
befc^eibentli^  weit,  unb  bie  (Rode  ober* 
i)alh  bei  Stüfle  gctunjet  unb  eingefranjt, 
Dorne  gcfc^Ii^et  big  an  ben  ®ürtel.  I)te 
jungen  SWannöIeute  trugen  furje  Äleiber, 
abgcfc^nitten,  auf  ben  öenben  gerunjet 
unb  gefallen,  mit  engen  firmeln,  bie 
Äogeln  gro^.  S)arnac^  jur  ^anb  trugen 
fie  SRöde  mit  »icrunbjmanäig  ober  breifig 
®irnen,  unb  lange  ^cufen,  bie  maren 
gefneuft,  Dorne  nieber  bii  auf  bie  gü§, 
unb  @tumpf-@cf)u^,  ©tlic^e  aber  trugen 
Äogeln,  bie  Ratten  Dorne  einen  Sappen, 
bie  reichten  ^erab  biö  an  bie  Änie,  bie 
Sappen  Derfd^nitten  unb  Derjufelt,  ®« 
^at  bicfe  Zxaä)t  gar  manche«  3o|r  ge* 
rcä^rt." 

„I)ie  Ferren  unb  SRitter,  tt)cnn  ftc 
^effa^rten,  f)atten  lange  Äappen  an  i^rcn 
Slermcln  iii  auf  bie  Grbe  ^erabl)dngenb, 
gefüttert  mit  Sunt  ober  fleinem  Spelt 
(grauem  ^eljmerf),  alö  toit  eä  ben  ^errn 
unb  SRitlern  gebüt)rt." 

„grauen  unb  SBeib^perfoncn  toaxtn 
gefleibet,  mann  fte  gingen  ju  ^of  ober 
äanj,  mit  $erffleibern,  barunter  JRöcte 
mit  engen  2lermeln,  unb  iai  obcrjteÄicib 
^ie§  Sorfete;  eö  mar  ju  beiben  6eiten, 
beneben,  unten  auf9efcf)Ii|t  unb  gefüttert, 
im  SBinter  mit  Sunt,  im  ©ommer  mit 
3inbel,  barnac^  eä  au^  jebem  SBeibe 
jiemli^  mar.  —  6ä  trugen  bie  gi^^ucn, 
fo  Bürgerinnen  maren,  in  ben  «Stabten 
aar  jiemblic^e  ^euEen,  bie  nannte  man 
Veelen  unb  mar  baran  beä  fleinen  ®e* 
fpenä  (©efpcnjteei)  Don  SDifielfdjit  frauö 
gefallen  unb  eng  gefallen,  bei  bem  einen 
mit  einem  «Saum  bei  nat)e  einer  ©panne 
breit,  unb  fofiet  einer  neun  ober  5ef)n 
®ulben." 

3um  ^a^xt  1350  fd^reibt  nun  berfelbe 

G^ronifi: „unb  machten  bie  Seute 

neue  Älcibung.  SRun  maren  bie  IRöcfe  un= 
ten  o^ne  ®irnen,  unb  fte  maren  aud)  nit 
getürjet,  fonbern  lang  unb  berge|talt 
enge,  ba§  ein  S!Jlann  nid^t  mot)I  barin 
fc^reiten  mod)te,  unb  gingen  eine  Spanne 
unter  bie  Änie;  ba  fingen  au^  bie  ©c^na« 
belfd)u^e  an." 

„ÜDie  grauen  trugen  neue  ^lauptfinftarn, 
fo  ba|  man  bie  93rüpc  beinahe  ^alb  fa^e. 
Sieberum  aud)  machten  bie  ilRänner  SRöde 
turj  eine  Spanne  unter  bie  ®ürtel; 
aud^  trugen  fte  ^eufen,  bie  maren  afle 
runb  unb  gonj,  bie  ^ie§e  man  ©lodfen, 
bie  maren  meit,  lang  unb  au^  furj," 
^   Unb    fcf)on  1362    mei^    ber   ß^ronifi 


eine  »eitere  Steuerung  ju  beridjten:  „3n 
biefen  Sagen  Dergingen  bie  großen  weiten 
ipiober^ofen  unb  ©tiefein;  biefe  t)atten 
oben  rot  ßeber  unb  waren  »erl)auen  (auf« 
gefd^lifet)  unb  gingen  bie  langen  ßeberfen 
an.  I>ie  maren  eng,  mit  langen  Sd^nd- 
beln,  Ratten  5?rappen,  einen  bei  bem  an* 
beren,  Don  ber  großen  3e^t  an,  hii  oben 
auä,  unb  ^inten  aufgenejlett  big  ^alb 
auf  ben  (Rücfen  l^in.  I)a^ingegen  Der« 
gingen  nun  bie  meiten  unb  furjen  ße* 
bcrfen,  bie  I)atten  oberhalb  gut  ßeber 
unb  maren  (untermdrtö)  Der^auen.  t>a 
ging  auc^  an,  ia^  bie  SDldnner  ftd)  Dorne, 
hinten  unb  neben  juncftelten  unb  gingen 
a!fo  ^art  gefpannt.  5Die  jungen  5Wdnner 
trugen  gemeinigli(^  gefndufte^ogeln,  aU 
mie  bie  grauen.  SDiefe  Äogeln  md^rten 
brei§ig  3a^r  unb  Dergingen  barnac^ 
mieber." 

SBie  eö  bei  SRa^dffereien  ju  ge« 
fdjc&en  pflegt,  maren  eö  befonberö  bie 
aupüigften  21bfonbcrli^teiten  ber  fran= 
jöftfi^en  ÜJlohi,  bie  eifrig  na(^gea^mt  unb 
überboten  merben  rooüten,  fo  bie  überaus 
meiten  ^dngedrmel  ber  iRöde,  bieSc^mdnje 
ber  .^apujen,  bie  Schnabel  ber  ®d)u^e  unb  bie 
SluäjattelungberSRdnber.  SBdbrenbbiegranj 
jofen  5.  S.  bie  engen  iRöcfe  ooüpnbig  juge- 
fnöpft  trugen,  fd^Ii^tcn  bie  2;eutf(i)en  bie- 
felben  juerjt  an  ben  ©eiten  nocf)  etmae  auf 
unb  Derfaf)en  biefe  ©c^li^en  mieber  mit 
Änöpfen  in  bic^tejler  iRci^e.  ®cn  furjen 
SRocf  nannte  man  fc^Iec^t^in  „6c£)ede" 
unb  entte{)nte  biefen  ^luäbrucf  ma^rfd^ein« 
lic^  bem  englifd)en  G^cke,  jacket),  ben 
längeren  nannte  man  SBamö,  wammesin, 
wambeson,  gambeson,  mit  meld)em  Sluä» 
brud  anfängli^  iai  ritterli^e  Unterge^ 
manb  bejeidtjnet  mürbe.  2)er  Hüftgürtel 
bet)ielt  feine  urfprünglicf)e  Stetle  bei  unä 
nod)  lange  Qtxt  bei,  inbem  nur  Dereinjelte 
©tu^er  i^)n  tiefer  ^inunterrüdten,  mie  eä 
bie  fran5Öftfd)e  SDJobe  .Dorfc^rieb,  5tlg 
Sein! leib  mar  bie  enganliegenbe  ^ofe 
jc^t  am  Derbrcitetfien,  bod^  maren  aud) 
bie  alten  Ginäelbeinlinge  nod)  üblid). 
2Ba^  aber  ber  SBerfoffer  ber  Simburger 
Q,i)Xon\t  unter  ber  „*)3lobcr^ofe"  Dcrfiel)t, 
ifl  nid^t  erftc^tlic^.  jDie  fpi{3en  ©d^nd« 
bei  ber  ©^u^e  maren  oft  eine  „(Elle 
lang  unb  bie  gleid)e  unftnnige  Über« 
treibung  bemdc^ligte  ftc^  ber  Äugeln 
(®ugeln,  Äogeln,  ®ogeIn,  lat.  cucnlus, 
Äappe),  ber  üblichen  ^opfbebedung,  bie 
mit  Sappen-  unb  3'J^^^I>^"f  unförmig 
bedangen  unb  mit  mel^r  ali  ellenlangen 
©djmdnjen  Derfe^en   mürben,      gür   bie 


Stacht. 


681 


SDtdntel  bet)ielt  man  bie  jitei  biäfjet  üb» 
li^en  formen  ber  „^tufe"  unb  „©locfc", 
ben  linfen  ©c^ultetmantet,  bet  auf  itx 
rechten  ge^efttt  »irb,  unb  ben  ärociteiligtn 
©d^utj,  ber  oben  ein  Änopflod)  beft^t, 
com  unb  hinten  »eit  ^etabfjdngt  unb  ju 
ben  ©eilen  offen  ijl. 

®leid)jeitig  mit  ber  neuen  Irac^t  fam 
bei  ben  ffitannern  aud^  baö  lange  ^aat 
unb  bet  93a tt  tt)ieber  in  5Iufna^me,  njie 
Hagecius  fd)on  um  1329  fagt:  „9Jun  auc^ 
begann  bie  SRittetfcf)aft  ibre  Sorte  lang 
h)acf)fen  ju  laffen,  ta  man  fid)  »orbem  glatt 
trug;  auc^  trugen  einige  Änebelbärte, 
gleid^  ^unben  unb  Äa^en  nact)  l)eibnifd^er 
^Irt.  ?lnbere  aber,  i|rc  SDRann^eit  »er» 
leugnenb,  nahmen  h)eibifcf)en  ©ebrau^ 
an,  trugen  lang^erab^angenbeä  ^aar, 
tämmten  unb  bleid^ten  eö  naf  an  ber 
Sonne.  Stücke,  bie  cor  aQen  anbcrn 
berufen  unb  fd^ön  erfc^einen  »oUten, 
brannten  unb  frdufelten  i^r  ^aar,  unb  je 
jierli^cr  einer  bieg  fonnte,  je  fd^öner  er 
fxä)  ju  fein  bebünfte." 

I)ie  grauen  gaben  juerfi  hai  ärmel» 
lofe  Untertleib  auf  ober  »anbelten  ti  jum 
©orfct  um,  inbem  ftc  eä  jur  rechten  unb 
jur  linfen  con  unten  berauf  jlarE  auf» 
fc^Ii|ten.  2)arauf  lieg  man  eö  mieber  unge* 
teilt,  cerengtc  eä  aber  unb  cerfa^  e^  mit 
©anjärmeln.  93alb  aber  überboten  fte 
i^re  SDJänner  im  2Betteifcr,  nad)  fronjö* 
ftf(f)er  Qlrt  fid)  ju  fleiben.  5Daö  Äleib 
mürbe  in  feinem  obern  Seile  eng,  bafür 
aber  tief  auägefc^nitten,  foba§  ^aU  unb 
©c^ultetn,  oft  auc^  ein  großer  Seil  ber 
aSruji  entbiöjl  erfcf)ienen.  Um  fo  ccrf^men» 
beriftSer  mar  man  mit  bem  faltigen  un» 
tern  Seile  beffelben,  ber  —  menn  auc^ 
ni(ä)t  in  bemfelben  SWage  mie  in  J^ranfreid) 
—  in  einer  Schleppe  enbigtc.  2)er®ürtcl 
mürbe  reic^  cerjiett  unb  imöaufe  ber3eitun« 
förmig  cerbreitcrt.  5llä  Äopfbcbedung  be» 
nu|ten  aucf)  bie  grauen  ben  ®ugel. 
^Daneben  fommt  aU  eine  bcutfc^c  Äopf» 
tracf)t  bie  ^aube  cor,  bie  Äopf  unb 
@(f)ultern  bebedt  unb  an  i^rem  äu§ern 
Dianbe,  ber  ba^  ®efid)t  umfc^Iiegt,  einen 
meieren  33efa^  con  Ä'raufen  trägt,  me§» 
megen  fte  auc^  „^uüen"  ober  „Ärufcicr" 
genannt  mcrben.  >Die  jungen  9UJäbcf)en 
tragen  noct)  ben  ©tirnreif  ober  ®d)apcl 
bei  offenem  ober  langgeflocbtenem  .^aar. 
S)er    (S(f)Icier    mürbe    immer   fiaufiger. 

5lIöüJianteI  beliebte  be-n  grauen  im« 
mer  nocb  ber  biö  anl)in  übliche  9iücfen» 
mantel,  ber  auf  beriBrufi  befejiigt  mürbe; 
feltener  trugen  fie  bie  „^eufe."    3m  übri» 


gen  i^  ju  bemerfen,  ba§  ba«,  rca«  ^iet 
auffommt,  bort  f<^on  fdüt  unb  wai  con 
einer  ©tabt  gefagt  merben  barf,  auf  eine 
anbere  nic^t  93ejug  ^at,  wenigjien«  nic^t 
in  bemfelben  ®rabe,  benn  —  mie  ein  öfter» 
reid^if^er  (Jbronifl  fagt:  „Jeber  fteibete 
fid)  na^  ®efatlen,  einige  trugen  iRöde  con 
jmeierlei  Suc^,  bei  anbern  mar  ber  linfc 
Slrmcl  betrdd^tlic^  meiter  al^  ber  rechte, 
ja  bei  mandjen  fogar  no^  meiter  aU  ber 
ganje  üiod  lang  mar.  5lnbere  bcittcn  bcibc 
Qirmel  con  berartig  gleid)er  SBeite,  unb 
mieberum  anbere  cerjterten  ben  linfen  auf 
mand^erlei  ocrfd)iebene  iffleife ,  teilä  mit 
ffldnbern  con  allerlei  garben,  teilö  mit 
ftlbernen  ^örnlein  an  feibenen  ©d^nüren. 
©inige  trugen  auf  ber  ÖruP  ein  Sud)fiüd 
con  cerfd)iebenergarbe,  mit  fitbcrnen  unb 
feibenen  Sud)ftaben  gejicrt.  9^ocb  anbere 
trugen  93ilbniffe  auf  ber  Unten  ©eite  ber 
Sßrujl:,  unb  aber  anbere  mideltcn  ftd)  bie 
©ruft  ganj  mit  feibenen  SRingcn  ein. 
Einige  liegen  fid)  bie  Äteiber  fo  eng  ma» 
d)en,  ta^  fie  folcf)e  nur  mithülfe  anbercr 
ober  cermittelfi  Ötuflöfung  einer  ÜJtengc 
flciner  „^nöpflein,  momit  bie  ^rmel  bii 
auf  bie  @d)ultern,  auf  93rufl  unb  53auc6 
gatiä  bcfe^t  maren,  mirflic^  an»  unb  auö« 
jie^en  fonnten".  :c. 

21uc^  ber  me^rmalö  genannte  fiimburgcr 
ß^ronifi  cerliert  bie  ®ebulb,  bie  jemeiligen 
Qlnberungen  in  ber  Srac^t  mit  ber  Qluö» 
füf)rli(^feit  ju  bc^anbeln,  mie  er  eä  anfangt 
getan,  ©o  fagt  er  com  3a{;re  1370  furj: 
„S^Jeue  Äleibung  ging  an  in  bem  ^al)Xt, 
Mi  maren  bie  langen  Sappertc,  bie  tru« 
gen  fomof)l  SWdnner  aU  grauen,  unb  tru» 
gen  bie  aJJdnner  bie  Raufen  furj,  meit, 
auf  beiben  ©eiten  gcfnduft ;  unb  md^rte 
nid^t  lang  in  bicfen  Öanben."  ®r  über» 
fpringt  bann  jc^n  ^a\)it  unb  bcmerft 
(1380):  „2ßer  ^euer  ein  guter  ©d^neiber 
mar,  ber  taugt  jc^t  nidl)t  nid^t  eine  gliege, 
alfo  ^at  \x<i)  ber  ©c^nitt  ccrmanbelt  in 
biefcn  ßanben  in  fo  furjer  3^'*." 

„3n  bemfelben  ^a^i"  —  erjd^lt  er 
meiter  —  „gingen  bie  SJldnner  unb  bie 
grauen,  eble  unb  uneble,  Änabcn  unb 
3ungfrauen  mit  Sapperten,  unb  Ratten  bie 
in  ber  2)iitte  gegurtet,  unb  bie  ©ürtel  ^ie§ 
man  S)uc^fing;  bie  QJidnner  trugen  fxe 
furj  unb  lang,  mie  fte  moQten,  unb  mad^» 
ten  baran  groge,  lange  unb  meite  ©tau» 
d)en,  eineöteilö  biä  auf  bie  (Srbe.  liefen 
©d^nitt  l)aben  fte  nidbt  con  S^otburft  ober 
auö  ©rob^eit  angenommen,  fonbcrn  lebig» 
lid)  con  ^offabrt." 
g„3)a  au^  fing  eä  an,  bag  man  nic^t 


682 


%xaä)t. 


me^r  bie  ^aaxlodtn  unb  ß^Pfc  trug,  fon- 
bern  bic  |>crren,  iRittcr  unb  Anette  trugen 
flcfürätcö  ^aar  ober  Ärütlen,  über  ben 
D^ren  afcgefd^nitten,  glei^  roie  bie  Con- 
versbrüder.  S)a  bieö  bie  gemeinen  iieute 
fa^en,  taten  fte  eä  ibnen  nad)." 

„(So  führten  bie  iRitter,  ^nec^te,  93ür« 
ger  unb  bic  reifigen  Seute  überhaupt,  lange 
®(^ecfen,  Sc^ecfenröcfe,  gefcf)Ii^et  Ijinten 
unb  bencben,  mit  fe^r  großen  unb  leiten 
firmeln,  bie  ^iefc^en  (SBüIfte)  an  ben 
iitrmeln  betrugen  eine  f)albc  (Süc  ober  mebr. 
^as  t)ing  ben  ßeuten  über  tit  |>änbc  unb  wo 
man  moüte,  f^Iug  man  fie  auf.  —  jDie 
^unbäfogeln  tüf)rten  SRitter  unb  Äned)te, 
Sürger  unb  aud)  reiftge  Scute.  —  ^ttm 
aucf)  trugen  bie  Scanner  5i[rmel  unb  SOßams 
fcr  of)ne  (gd)oppen  unb  anberc  Äleibung, 
bie  f)atten  Staudjen  biö  na£)  auf  bie  ßrbe, 
unb  mer  con  i{)nen  bie  aüerlängfte  trug, 
t>ai  Kai  ein  SlJJann." 

„23öf)mifcf)c  Äugeln  trugen  bietjraucn, 
bie  gingen  ba  an  in  biefen  Sanben.  2)iefc 
Äuget  ftürjte  eine  grau  auf  i^r.|auptunb 
ftanben  »ornc  auf  5U  Serge,  über  bem 
.^aupt,  als  mie  man  bie  |)eiligen  in  ber 
kixdii  malet  mit  ben  2)iabemen." 

2)er  „2  a  p  p  e  r  t",  aud)  2;rappert  ober 
2;rapp^art  genannt,  »ar  ein  iiberjief)rocf 
Don  mäßiger  SBeitc,  anfangt  biö  auf 
bie  gü^e  reicfeenb.  Dorn  »om  ©ürtel  ab^ 
tt)ärt^  aufgefc()H^t,  mit  beliebigen  Qtrmeln 
»erfe^cn.  Snlb  mürbe  er  »erfürjt  unb 
reichte  fo  nur  nod)  biä  jum  Änie.  ®e* 
gürtet  mürbe  er  mit  bem  „jDuc^jtng" 
(2)upftng,  3)ufing,  SeufinEe) ,  ber  na^ 
einer  alten,  nun  neuerfianbencn  ©ittc  mit 
Scheuen  unb  ©loderen  gejiert  mar. 

I)iefe  mürben  juerfi,  mie  cö  ^eute  noc^ 
üblic^  ift,  mit  bem  •pferbegefdjirr  in  23er« 
binbung  gebracht,  alfo  felbjltterftänbli^ 
nur  »on  ben  ^ö^ern  ©tdnben  angcmenbet; 
aU  man  fie  aber  auf  (Sürtel,  Qtrmel,  Äu* 
gel  unb  [ogar  auf  bie  €(i)ut)e  übertrug, 
ba  liefen  ft^  bie  93et)örben  bagcgen  auf. 
So  gebot  1343  ber  SRat  ju  D^ürnberg: 
„Äein  2J2ann  nod)  grau  foß  feinerlei 
©loden,  €d)etten,  no^  irgcnb  Don  Silber 
gemacht  ^angenbe  S)inge  an  einer  Äette 
nod)  an  einem  (Sürtel  trogen."  Unb  nac^ 
ber  ©öttinger  ß^ronif  erf^ienen  auf  ben 
großen  geften,  bie  ^erjog  Otto  um  1370 
unb  1376  üeranflaltete,  Diele  SRitter,  SBei- 
ber  unb  Jungfrauen  gejiert  mit  ^crrlic^en 
«IBmpurgemänbern  unb  flingenben,  filbcr* 
nen  unb  golbenen  (Sürteln  unb  Sorten, 
mit  langen  iRöden  unb  Äleibern,  bie  gin» 
gen  alle  fd)urr  fcf)urr  unb  fling  fling." 


SBie  ber  Sappcrt  felbjl  fid)  erweiterte, 
fo  mürbe  baä  Unterfleib  nad)  franjöftfc^em 
ÜRufler  immer  fürjer  unb  enger,  foba§  bie 
[Räte  allen  (Srnjleß  jur  2Bal)rung  beä  Sd^id= 
li^feitegefü^ls  bagegen  auftreten  mußten, 
fo  ber  ju  Äonftan^  im  ^abxt  1390: 
„2öer  in  einem  bloBen  ÜBamm^  jum 
janj  ober  auf  bie  Strafe  get)t,  foU  cö 
fein  el^rbarlid)  machen  unb  bie  ®d)am 
l)intcn  unb  »orne  beden,  ta^  man  bie 
nic^t  fe^en  möge." 

2)ie  grauen  f)inmieber  metteiferten 
barin,  ibre  „üeibcfjen"  auf  33ruji  unb 
SRüden  rec^t  meit  au0jufd)netben  unb  biefc 
entblöBten  leile  rec^t  doU  erfd)einen  ju 
laffeu  bur^  5lnmenbung  eineä  breiten, 
engen  ©ürtelä,  ber  bie  Saide  ntöglidifi 
lang  unb  bünn  crf(^einen  lie^.  3)er 
Sc^eHengürtel  bwg  nur  lofe  an  ben  $üf= 
ten.  Qll«  Äopfbebedung  fam  ju  ber  biö- 
lerigen  noi^  neu  binju  hai  aua  ©olb« 
unb  Silberfäben  gerlod)tcne,  mit  fleinen 
SIRetaüan^ängfeln,  *Petlen  unb  Steinen 
xdd)  gezierte  |)aarne^,  ebenfalls  ein  beut* 
fc^e^  ^robuft,  t>ai  ben  bamaU  in  granfs 
rei<^  allgemein  verbreiteten  „Atour'-  nic^t 
red)t  auffommen  lieB- 

2ßie  allgemein  aber  ju  6nbe  be^  5a^r* 
^unbert«  bie  neue  2;radbt  fd)on  mar,  b.  l). 
mie  fte  auc^  bie  tleinen  unb  tleinj^en 
Stäbte  fd)on  Dötlig  für  ftc^  eingenommen 
batte,  beroeiät  eine  9Jad)rid)t  aus  Äreuj* 
bürg:  „  3)ie  reid)en  Seute  f)atten  2euftn!c 
um,  war  ein  ftlberner  ®ürtel,  ba  fingen 
(Slödlein  an;  wenn  eineö  ging,  fcöetlte  c^ 
um  i^n  \)ix.  2)aö  SOtannäDolE  l)attc  Aap* 
pen  mit  wollenen  Irobbeln,  ellenlang  unb 
festen  fic  über  bie  Stirn.  5l)re  Sc^u^c 
waren  Dorn  fpi|ig,  faji  ellenlang,  ^a 
einige  ma($ten  an  bie  Spifien  S($ellen. 
^üä)  Ratten  bie  ÜRänner  |»ofen  ol;ne  (Se* 
fäf ,  banben  fold)c  an  bie  ^emben.  3)ie 
reid)en  3i^"9fi^ouen  l)atten  SRöde  auöges 
fd)nitten  binten  unb  Dorne,  i>a^  man  Srüfie 
unb  SRüden  fajl  entblößt  fa^.  21ud)  waren 
biefe  SRöde  geflügelt  unb  auf  ben  Seiten 
aufgefüttert.  etlid)e,  bamit  fte  fd^mal 
blieben,  fd)nürten  fic^  fo  enge  ein,  ia^ 
man  [ie  umfpannen  mod)tc.  ÜDie  abeligcn 
grauen  ^atte  gefd)Wönjte  SRöde  (Sc^Iep* 
pen),  Dier  ober  fünf  eHen  lang,  fo  bap 
fte  Änaben  nad^trugen.  S)ie  grauen  unb 
SUiabc^en  f)atten  an  SRöden  bopple  bicfe 
Säume,  f)anbbreit;  bie  reiben  SBeiber 
frlberne  Änäufen  ober  breite  ftlberne 
Schalen,  »on  oben  bi^  unten  auf  bie 
Sc^u^.  Die  ÜRägbe  trugen  ^aarbönber 
Don  Silber,  Dergolbcte  Spangen  unb  ^an* 


Iradjt. 


683 


gcnbe  ^^^^inif"  (@(i)Ieicr)  jum  ®cf($mücf 

auf  bcn  Häuptern;  bie  Sßciber  aud)  lange 

3D?äntcl  mit  i?alten,  unten  weit,  mit  jreie» 

fächern  @aum  ^anbbreit,  oben  mit  bicfem, 

gefiatftem  fragen,  anbertbalb  <Bä)ul)  lang: 

Riefen  Äragenmäntcl.      'üüd)  Ratten   bie 

ÜJJänner  2öämmfer   t>on  Sarc^ent,  mitten 

njarcn  boppclte  Äragcn  mit  laig  ^ufam» 

mcngeflcifiett,  unb  furje  SHöcfe  mit  jmei 

galten,  faum  mürbe  ber  ^interfle  bebecft." 

^oä)  mciter  ging  baä  15.  3af)rf)un- 

bert.  iRanicntticf)  bicjugenb  mar  bemübt, 

bie  gegebenen  Q'ormen  ber  biebcrigen  Jracfct 

burd)    neue  3utl)aten    nod)    aujfäüiger  ju 

mad)en,  mepmegcn  benn  aud)  Serorbnung 

über  Serorbnung  er[cf)ien,    bem  „ßoppen* 

unb  3a^^clroerf",  ber  „geteilten  Äleibung", 

ber  „®d)ellentra(^t"  unb    ben  „Sc^nabel- 

\i)ni)tn"    ben  Ärieg    ju   erElärcn.      üDod) 

|errfd)te  —   [agtc    ein   alter  6f)roni[t  — 

„anno  1400  unb    bis    man    fc^rieb  1430 

ein  [o  großer  Überfluß  an  präd)tigem  ®e- 

manb    unb    Äleibung    ber   dürften,    ber 

Orafen,  ^errn,   SRitter  unb  Äned^te,   aud) 

ber  SBeibepcrfonen,    aU  cor  niemals  ge= 

^ört  morben;    auc^  trug  man  ta  filberne 

Raffungen  ober  93änber   mit  ©loden  Don 

je^n,    ämölf,    fiinfjc^n  unb  jumeilen  üon 

jmanjig  SWarfen  (etma  itl)n  ^funb).    ®ts 

lid^e    aud^    trugen   i^einifc^e  .Retten    oon 

üier    ober    fed^ö    5D?arfen,     famt   fofibar= 

li^en    ^atöbänbern,     großen     filbernen 

Hüftgürteln    unb     man<^erlei    Qlrt    r>on 

Spangenmcrf." 

3ur  5tuöjabbclung  eignete  fic^  ber 
Jap  per  t  am  befien;  er  erhielt  ba^er  in 
biefer  3^'^  i'^f  meitefte  Verbreitung.  ?lue= 
gebabbelt  mürben  juerfl  bie  meiten  Qhmel, 
bann  aber  ber  ganje  Stanb  unb  enbli(^ 
ber  J^alsfragen  unb  felbfi  bie  ©djulter* 
fiücfe.  33alb  mar  ber  ganjc  iRod  auege» 
jabbelt,  t>a^  er  meber  ju  fdjügen,  nod) 
ju  beden  oermoditc.  £)ie  einjelnen  ^aii' 
beln  maren  fon  ungleidier  ®rö§e  unb 
0orm,  unb  oft  mit  meiteren  3öfci>«In  ber^ 
art  überlegt  unb  übernaf)t,  ta^  baä  ganje 
mirflic^  ein  „3abbetmerE'  genannt  mcr* 
ben  burfte.  5»iit  ber  OJIittc  beä  15.  3a^r* 
^unbertö  Eam  bann  neben  bem  Sappert 
auc^  bie  Sc^aube  auf,  inbem  jener  auf 
ber  Söorberfeitc  geöffnet  aKmdlid^  in  biefe 
umgeftaltet  mürbe.  2)ie  fogenannte  Sei» 
lung  ber  bleibet  ^atte  immer  no^  ju* 
meijl  auf  bie  Seinfleibet  Sejug.  2)a 
ber  lappett  alö  met)r  ober  minber  langet 
Dbergemanb  bcn  SRod  ober  iai  2ßamö 
bebecfte,  f^enfte  man  le^terem  weniger 
5lufmetffamfeit.    S)oc^  gab  e«  auc^  etmo 


einjelne  ©tu^er,    bie    ben  iHod   in    jmei 
garben,  jmei  ^dlften,  geteilt  trugen. 

23on   ber   Äicibung    ber  JJrauen   ifl 
menig  neue«  ju  meiten.     2ßdt)renb  einige 
grauen    ber    [;öd)flen    ©tänbe    fid)    burc^ 
i^r  fd)lic^teet,   mürbeüoüeä  Qluftreten  auä* 
jeid^neten  unb  barum  hm  Äünfilcrn  it)rer 
3eit  als  Sorbilber   ju  3)arfteUungcn    bct 
ÜJiaria  unb    anbcrn  ^eiligenbilbetn    bien^ 
ten,  bemül)ten  ftd)  bie  übrigen,   im  SBett* 
fireit  mit  ben  SLRdnnern    tm  ®ieg  baoon 
JU  tragen,    inbem    fte    hn^  ^atihtU    unb 
©^eUenmerf  nad;a^mten,  Sruft  unb  JRüdcn 
momögIi(^  nod)  fdiamlofer  entblö_^ten  unb 
i>ai    Sc^nürteibc^en,    „®efängniB",    noc^ 
enger  mad)ten.     "Die   freien  ^aarloden 
mieten  me^r  unb  mc()r  mieber  ben  aufge» 
bunbenen  3Ied)ten,  bie  mit  Olofetten-  unb 
ebelfletn  gezierten  ®olbflreifen,  fünfiltc^en 
Ärdnjen,  geflidten  Sdnbern,  mit  Slumen 
unb  gebern  gefd)müdt  mürben.    2Ber  bai^ 
®elb   für    einen    etften   @d)mud    erlegen 
fonnte,    ber  lien  ftd)'^  nic^t  gereuen,    un« 
glauliid)e  Summen  ju  opfern;  mer  feinen 
e^ten  bejahten  fonnte,    begnügte  fic^  mit 
einem  uned)ten,  mic  er  il)n  bei  öffentlich 
JU  JRec^t   bePet)enben  ^anbmcrföinnungen 
^aben  fonnte.    8eine  *i3lüte  aber  erreic^ite 
ia^  gtu^ertum  in  ber  jnreiten  ^dlftc  bea 
15.  3a{)r^unbertö  unb  jmar  am  burgun  = 
bifc^en^ofe,  mo  ti  ]xd)  in  betben  ®e* 
fd)tec^tern    jebmeber  geffel   entmanb   unb 
bie  toüe  ßaune  bem  2ln|ianb,  ber  @d)öni 
^eit     unb    3tt'ftf'nä§igfeit     überorbnete. 
Monstrelet   fc^reibt    jum  3a^re    1467  in 
fe^r    bejeic^nenber  SBeife:    3n  biefer  ßiit 
mad)ten    bie    OTdnner    bie    Äleibung    fo 
furj,   ha^   man    bie    genaue  gorm   \l)xn 
culs  unb  genitoires   fe^en    fonnte,    ganj 
fo,    mie  iti   ben  befleibeten  'Mffen.    2luc^ 
in  2)eutfd)Ianb  trug  man  fiatt  ber  langen 
Japperte  nun  bie    Dorn    offene  Sc^aube 
ober  t^n  furjen,  engen  «S^edenrod,  baju 
eine  ^ofe,    beten  Änappf)cit    fid)  bis  jur 
(St^amloftgfeit  geweigert  ^atte  unb  bie  eine 
®d)amfapfet  erforberli^  machte.    3lu^ 
mürbe  bie  ^adt  meit  au«gefd)nittcn ,    ber 
5lu^fc^nitt  mit   föjilid)en  Sorben   Derjiert 
unb  mit    einem  33rufila^    unterlegt,    mie 
i^n  bie  grauen  trugen.    S)ie  *}irmel  mur» 
ben  »erfürjt,  aufgefc^li^t  unb  bie  Sd^Ii^e 
unterpufft,    ^ie    unb    ba    fanben    auc^ 
fc^on  bie  franjöftfc^en,    ^od)aufgepoU 
jlertcn   Schultern    i^re    iMnmenbung. 
S)er    ÜRantel     mufte    begrcifli^ermeife 
lappenartig   üerfümmern    ober    ju  einem 
blofen  ©d)aujiüde  ftd)  verengen,   tai  — 
mit  einer  weiten  ^alööffnung  cerfe^en  — 


684 


Stacht. 


nur  etwa  ben  SRücfcn  bebccfte  unb  »otne 
auf  bct  93ru|i  butd^  eine  tunli(^fi  lange 
©d^nur  jufammcngc^alten  »utbe,  bamit 
ja  bem  Qlugc  bcö  Seoba(^tcrö  ni(^tö  eoi» 
«nt^altcn  bleibe,  »aö  berfelbe  (eben  »oute 
unb  fc^en  foüte.  2tuc^  iai  iRüdenpcf 
njurbe  jutticilcn  auögefc^nitten  voit  bie 
Sörufi  unb  bann  in  gleidjer  2Detfe  mit 
einem  Unterlaß  »etfetjcn.  2ln  toflbarcn 
Sefd^en  unb  ©tief ereien  fehlte  eö  ebenfüQä 
ni(it;  leitete  fictltcn  nic^t  feiten  einen 
Sinnfprucfe  ober  ein  6innbilb  bar  unb 
fehlten  fogar  auf  ben  Beinlingen  bcr 
^ofc  ni^t.  ^iefe  war  eigcntlicf)  auf 
tai  Sein  gefpannt,  mit  iRe^eln  gebun= 
ben.  Oft  jerfiet  fu  bcr  Sänge  nacfe  in 
jmei  «Stücfe,  inbem  ber  Unterfcfeenfel  feine 
eigene  Seficibung  batte,  bie  am  .Knie  an 
iie  obere  ^ofe  angenejielt  »urte.  3tuc^ 
trug  man  überbaupt  jnjei  ^ofen  überein« 
anber,  bie  untere  lang,  bie  obere  üon 
anberer  ^ärbuug  nur  biö  jum  Änie.  SDie 
93rujl  war  auc^  ettt)a  gefd)Ioffen  unb 
bann  weibetbufenartig  ^oc^  gepoljlert. 

^infic^lli(^  ber  „®ct)almirung" 
ober  Seilung  (miparti)  ging  man  nun 
[o  meit,  ba§  nic^t  nur  bie  ^ofc,  fonbern 
übcrt)aupt  baö  ganje  ^leib  in  jmei  »er* 
1d)iebene  |Ȋlftcn  jerfiet  nac^  iJarbe,  ^orm 
unb  Stoff,  maö  fogar  auf  bie  ^opfbe« 
becfung  unb  gufbefleibung  Sejug  f)at, 
foba^  bcr  Tlann  oon  ber  einen  «Seite 
etma  ganj  rot,  oon  bcr  anbern  ganj  blau, 
tion  oorn  unb  hinten  aber  f)alb  blau  unb 
I)alb  rot  erfc^icn.  So  fleibetc  1459  ber 
qSfaljgraf  am  9ll)cin  1300  SDknn  in  blau 
unb  roei^,  unb  bie  granffurter  (S^ronif 
trjä[)It  fon  einem  ©ernbarb  tfon  iRol)r= 
bac^,  einem  reiben  Sturer  bafelbft,  ha^ 
er  um  1464  ficf)  ein  „gebeilt  Äleit"  mad)en 
lic§,  „rot  und  wys  zu  eyn  Farbe  uff 
der  linken  Sitten  und  mitten  nff  der 
der  Gosen  als  das  Rotlie  und  wys  zu- 
sammen genegt ;  ytel  Knop  und  mit 
Gattein  rot  und  wys,  und  oben  nff  ikli- 
chem  Knop  eyn  silbern  Spang  gestegt, 
als  Perlin,  und  also  auch  Rock,  Koller 
und  Kogel."  S)ocb  beliebte  au^  bie 
5JJel)rteilung;  fo  maren  um  1473  bie 
Ärieger  ber  Stabt  Qlugäburg  brei farbig 
gcfleibet,  mei§  unb  rot,  burcf)  grün  geteilt. 
2)ic  Seilung  nacb  bcr  J^ovm  crfiretfte  fi^ 
auf  bie  5irmel  unb  Seinlingc. 

2)ie  Scf)nabelfc:bul)e  crl)icltcn  fidt) 
tro^  bcr  beftigcn  Eingriffe,  bie  fu  Pon  allen 
Seiten  erlitten  unb  tro^  bcr  augenfälligen 
Unjmccfmä^igfcit  bis  jum  3abrc  1490,  mo 
man  in'ö  anbere  (iytrem  überging,    näm= 


liefe  jum  breiten,  „entenf^nabclförmigen" 
Sd^u^.  .Jtopfbebetfungcn  waren  oorab 
ber  |)ut  in  ben  »erfcfeiebenflen  ©efialtun* 
gen,  baneben  bie  SlJlü^en,  Senbelbinben 
unb  Ougcln.  I)aö  ^aupt^aar  trug  man 
gegen  @<felu§  beö  S^^i^^unbertg  lang; 
mer  »on  Sf^atur  bicfeö  ©cfemurfeä  entbehrte, 
ber  trug  falfcfee  ^aare  (fte^e  (ßerrüde); 
ber  S3art  rcurbc  mit  menigen  9luöna^men 
immer  noc^  gefd)orcn.  5luögenommen  in 
ber  Teilung  bcr  .Rleiber  machten  bie 
grauen  aud^  in  ber  burgunbifi^cn  Iracfet 
getreuli^  mit.  25ie  ©c^leppe  mirb  big 
4  (äUen  lang,  unb  mu§  t)on  bienenber  ^anb 
getragen  merben.  J>aburc^  mirb  auc^ 
tai  Unterfleib  ftc^tbar,  mc^megen  eö  uns 
termärtö  reicfe  befe|t  mirb.  Der  ^als* 
auöfi^nitt  bleibt  weit,  ja  er  oertieft  ficfe 
nocfe  unb  nimmt  tai  foPbare,  feine  aber 
bur(^fti^tigc  Sorjiedtucfe  auf,  baö  bie 
©cjlalt  eineg  Äragcnö  ober  eincö  Srufi* 
la|eg  fiat,  barin  bie  fonfl  nötlig  freien 
SSrüjic  com  Seibcfjcn  unterfiü^t,  ruhten. 
So  fd^reibt  ber  Erfurter  S^ronifi  jum 
3at)rc  1480:  „iülöbien  unb  grauen  tru« 
gen  föftlicbe  Srufitüc^cr ,  auc^  t>orn  mit 
breiten  Säumen  gefiictt,  mit  Scibc,  mit 
perlen  ober  glitter,  unb  i^re  ^emben 
l)atten  Säcfe,  bat)inein  fic  bie  Srüjie 
ficdten,  baö  aücä  juoor  nicfet  gemefen  mar." 
Oegen  (Snbc  bcä  3flf)t^wnbertg  teilte  man 
anä)  nacf)  fran^ö^fc^er  -Dianier  t>ai  Selb« 
^cn  eon  bem  SRod  unb  gab  nun  bem 
crjlcren  noc^  freiere  ©cfJaltung.  ißcfonbere 
5lufmcrffamfeit  fd)enftcn  fte  auc^  je^t  ber 
Äopfbebectung.  Sieben  ben  »iclen  ein» 
l)cimif(^en  gormen  tritt  befonberö  ber  fran« 
jöfifd)e  „hennin"  auf,  mcifi  fcgelförmig 
geflod^tcn  unb  mit  einem  breiten,  flügel* 
artigen  SBe^ängc  t>crje^cn.  Sic  ifl  oereinjclt 
fcfeon  in  ber  erjlc  pälfte  bcä  ^al>x\)ün' 
bertö  ju  treffen,  fan  t  firf)  aber  aud^  je^t 
nod)  ni(i)t  nad)l)alt»g  einbürgern,  mie 
überl)aupt  bie  (ScfatljUc^t  in  ber  Srac^t 
am  Scfelu^  beä  15.  3a^r^unbcrtg  jene 
^öl)c  errei^t  l)atte,  bie  fic  feinen  ruhigen 
|)alt  mc^r  geminncn  li.  g. 

S)ic  crfle  J^älftc  bcä  16.  Ja^r^unbcrt« 
brachte,  maä  bie  Xxaä)t  anbelangt,  menig 
neucö.  Sö^an  begnügte  ftcfe  im  allgemeinen, 
tai  alte  in  etmaö  neränberter  gorm,  balb 
oerbeffert  unb  balb  nerfcfetcdbtert,  balb 
t)ercinfacbt  unb  balb  crmeitert,  immer 
mieber  ju  probieren.  iJJamcntlicfe  maö  bie 
Äleibung  bcr  grauen  betrifft,  trat  nac^ 
unb  nad)  eine  'Beübung  jum  Smecfmäpi* 
geren  unb  ^tnj^änbigcrn  infofern  ein,  ali 
bie  Sd^leppc  ficfe  fcrfürjtc   unb   mand^ets 


2racf)t. 


685 


ott^  ganj  ftiegficl  unb  tai  ßcibd^en  fxä) 
nai)  oben  rnttn  mcfit  f(f)Io§  ober  bei 
einem  weiten  .^alöauöfc^nitt  bet  „©otler" 
Schultern  unb  33ruji  becfte.  %nx  bic 
niännlict)e  ^Icibung  Waren  bie  8anb0  = 
fnec^te  tonangebenb.  beren  lorfereö  2ße= 
fen  felbfioerfiünblicf)  feine  burdbgreifenbc 
fficnbung  ^um  (Snten  terfprad).  *öielmebr 
gej^altete  ftc^  namentlich  bie  ^ofe  [cfeam* 
lofer,  aU  je,  foba§  fchon  ju  SDJafimilianö 
3eit  bie  ^ofleute  crnftlic^e  klagen  gegen 
bie  Äricgögefeücn  unb  i^r  5tuftreten  ^u 
führen  ft*  bemü§igt  fanbcn;  ber  Äaifer 
aber,  ber  fte  ni($t  entbe^iren  fonnte,  ant« 
wortete  aueweic^enb,  t>a^  man  ihnen  für 
i^r  „fümmerlicf)  unb  unfelig  üeben  bo(i) 
ein  wenig  %xtui)  unb  (Srgö^Ud)feit  gön» 
nen  folle."  Die  wid)tigjle  Steuerung  bicfer 
3eit  ging  mit  ber  ÄopfbebecEung  t>or,  in-- 
bem  ba^  Sarett  bie  bieder  bcfie^enben 
in  furjer  3cit  auö  bem  %t{tt  fd)iug,  unb 
jwar  bei  ÜJJänncrn  fowo{)l  ali  bei  »grauen. 
Sc^tere  bebieltcn  baneben  nur  nocf)  bie 
engcn[d)liefenbc  ^aarbaubc. 

Sffia^  ben  6toff  ber  Kleiber  anbe* 
langt  unb  bie  5lu6fiattung  mit  €cbmucfs 
fachen  unb  ©tidereien,  fo  blieb  eä  ou^ 
hierin  im  alten,  b.  I).  jebermann  wenbete 
:^iefür  auf,  tvai  feine  SWittel  erlaubten, 
Weswegen  benn  au*;^  bie  geifilic^en  unb 
wcttUd)cn  Sebötben  in  jabllofen  (Sriaffen 
gegen  bic  über^anbnebmenbc  *Pracbtliebe 
auftraten  unb  biä  inö  fleinflc  beftimmten, 
wie  fxä)  bie  fcrfcbiebcnen  (Sefcbtecbter  unb 
©tanbe  ju  tragen  b^ittcn.  S)er  Srfolg  blieb 
au^.  5lu(J)  bie  treffe  benubtc  balb  nad) 
(Srfinbung  ber  Suc^brucferfunfi  bie  günftige 
©elegenbeit,  glugfdiriften  in  bie  SBelt 
!^inau«'jufd)icfcn,  bie  baö  nerblenbete  33oIf 
belebren  foüten.  ®o  fct)iicb  ber  9Jtagifier 
SBej^pbal:  „SBcnn  man  ftd)  in  ber  weiten 
SBelt  umfiebet  unb  Qld)tung  barauf  gibt, 
fo  wirb  man  finben,  baö  fa^  alle  Sßölfer, 
ßänber  unb  9'Jationeß  ibre  eigene  befonbcre 
gewiffe  Sracbt,  Qlrt  unb  gorm  ber  Äleibung 
^aben.  'liüein  wir  beutf(J)cn  baben  nid)tö 
gewiffee,  fonbern  mengen  bie«  je^t  erjäblte 
unb  nodt)  »iel  mebr  allee  buvcbeinanber, 
tragen  Sßelfd),  ^ranjöftfd),  ^ufernifd^,  unb 
ja  nal)e  atlerbingen  Sürfifd)  baju.  2Ber 
wollte  ober  fönnte  wol)l  erääl)len  bie 
mand)erlei  wunbcrlidien  unb  feltfamen 
SWufier  unb  5lrt  ber  Äleibung,  bic  bei 
SKann^s  unb  2ßeib«perfonen  ober  25oIf  in 
breifig  3abren  ber,  auf=  unb  wicbcr  ab- 
gc!ommcn  iß,  fon  itetten,  i&d)QUben,  9Wän; 
teln,  $eljcn,  Äörfcn,  JRödcn  u.  f,  w.?  3e^t 
^at   man  ben  ®d)Wciäcr[d)nitt,    balb    bcn 


Äreu^fdt)nitt,  ben  «Pfauenfc^wonj  in  bie 
|>ofcn  gefd)nitten,  unb  eine  folc^e  fd)änb* 
U^e,  graulid)e  unb  abfd)culic^e  Irac^t 
barau«  worben,  ta^  ein  fromm  |»erj  bafüt 
erfd)ridt  unb  feinen  gropcn  Unwillen  baran 
jtebt.  I)enn  fein  ®teb  am  Oalgen  fo  l)ä|lic^ 
i)\n  unb  ^cr  bommelt,  jerlubcrt  u.  jcrlumpt 
iji  ali  bie  jc^igen  ^ofen  ber  (Sifenfreffer 
unb  OWad)tl)anfcn,  pfui  ber  ©c^anbc!" 

Um  1553  würbe  nämli(^  burd)  bic 
2  a  n  b  8  f  n  e  d)  t  c  eine  üöüige  Umgefialtung 
ber  ^ofe  ^eroorgerufen;  eö  entfianb  bic  »iel* 
genannte  unb  oielge^agte  „serlubertc,  ju^t* 
unb  c^riierwegenc  plubrige  Seufclöbofc", 
bic  fogenannte  *P  l  u  b  e  r  f)  o  f  c.  ÜJtan  fertigte 
fie  aus  einer  Ucbcrfütlc  oon  fef)r  bünnem 
Stoff,  gewöbnlid)  ani  ®eibengcwcbc,  unb 
faf  tc  biefen  burcb  mebrere  banbartigcStrcifcn 
oon  ©arnmt  ober  Suc^,  foba§  tai  ganjc 
weit  unb  fd)lotterig  oon  ben  Ruften  ^erab* 
bing.  jDic  9?ürnbergcr  (Sbronif  nennt  ba^ 
8agcr  beä  ^urfürPen  SDJori^  (ÜJiagbeburg) 
a\i  bcn  Ort,  tvo  bicfc  ^ofc  erfunbcn  worben 
fein  foQ,  wä{)renb  in  bem  ®ebid)tc:  „Ein 
new  klaglied  eines  alten  Deutschen 
Kriegsknechts  wider  die  grewliche  vnd 
vnerherte  Kleidung  der  Pluderhosen"  ba3 
„Brannschweiger  landt"  genannt  ijl  aU  ber 
Ort,  wo  erfunbcn  worben  fei  „eine  grosse 
sünd  vnd  schand".  3ft'cnfallö  ift  fic  eine 
beutfcbe  (Srfinbung,  bcnn  ^Inbreae  '))lui' 
culu^  fagt  um  1555:  „iffier  8u|t  t)ättc  oon 
SBunber^  wegen  folc^c  unflatl)igc,  bubifcf)c 
unb  unjud)tige  (piuberteufel  ju  fe^cn,  ber 
fuc^  fte  nit  unter  bem  $apfitum,  fonbern 
gebe  in  bic  €täbt  unb  ßdnbcr,  bie  je^unb 
lutl)crif^  unb  efangclifcfe  genennet  werben, 
ia  wirb  er  fie  ^äu^g  ju  fel)en  friegen,  bi^ 
auf  bcn  l)öd)j!en  (S'reucl  unb  (Sdel,  baß 
ibm  aud)  ba«  ^erj  barübcr  webe  t^uen 
unb  bafür  ala  für  bem  greulid)flcn  ü)Jeer« 
wunber  fid)  entfe^cn  unb  erfd^redcn  wirb." 
Sie  ßanb^fncd)te  muffen  it)re  g^rcubc  an 
fold)en  Eingriffen  gegen  ibr  licbfte^  Äinb 
gebabt  l)aben,  bcnn  fte  ocrlängcrtcn  bie 
|»ofc,  bie  anfdnglid)  nur  bie  jum  Änie 
reid)tc,  balb  biei  auf  bie  Änöd)el  ^erab 
unb  braud)ten  gewöbnlic^  20—40  ©Hcn 
für  eine  ^ofe,  wäbrcnb  in  einjelnen  %aüin 
100—130  (Sflcn  oerwenbet  würben.  S)ic 
gleiche  $erfd)wenbung  wenbeten  fic  auf  bie 
5lermel  ibrer  ^adt  an,  unb  ale  bann  in 
ben  fed)jiger  Jabren  ein  l)ober,  fafi  fcgcl* 
förmiger  ^ilj*  ober  ^eljbut  alö  .Kopfbe* 
bebecfung  tjinjufam,  ber  felber  wieber  ton 
i5eberbüfd)en  ober  Sänbern  ftatiertc,  t>a 
War  tiai  Äofiüm  allerbings  biö  ju  einem 
gewiffen  5lbfd)lu§  gebicijcn,  aber  für  einen 
44 


686 


%xa(i)t. 


ßricget  im  ^tlit  »icl  wemgcr  gef^icft,  alö 
für  einen  ^anätrurj!  auf  bem  Safirmorft. 
J)od^  erhielt  bie  ^ofc  au(^  unter  ber 
3iDiIbetiöIferung  in  furjer  ^ät  großen 
Qln^ang,  n)ic  fe^r  auc^  bie  Sittenrichter 
gegen  fic  auftraten.  .Rurfüril  3oact)im  n. 
ton  SBranbenburg  lieB  mebrere  Sumpen« 
\)öiUx  aufgreifen,  in  einem  Ääfig  brei  iage 
I)inburcf)  öffentlid^  auefieüen,  iÖiufifanten 
bat>or  auffpielen.  3tud^  lief  er  einigen 
(Sbeücutctt  tai  „jottige  |)ofengeIump"  auf 
offener  ©tra§e  ^eimlic^  loälofen,  fo  ba^ 
fie  allem  5BoIfe  ju  ©efpötte  mürben.  'JS)ai 
aües  ^alf  nic^t,  bie  ^ofe  erhielt  ftd)  bei 
ben  ßanbäfned^tcn  fomof)!,  als  im  SBolfe 
überhaupt,  bi^  jum  Srlöfc^en  beö  freien 
©ölbnertume,  bie  in  iaü  le|te  3öf)i^3«^nt 
beä  16.,  in  ber  ©c^mei^  biö  in  tai  17.  Sa^r« 
^unbcrt. 

Sie  „ehrbar  geftnnten"  Sürgersleute 
unb  ber  5lbel  jebod)  befreunbcten  ftc^ 
menigjicnö  mit  ber  langen  ^luber^ofe 
nie,  trugen  aber  eine  furje,  bie  menigcr 
baufc^ig  mar  unb  jmifcticn  biefer  unb  ber 
engen  Sc^li^^ofe  bie  Tlitu  hielt.  S)oc^ 
menbeten  auc^  ftc  Der^ältnismdfig  jur 
5lu«jiattung  bes  ßa^e«  ober  ber  ©d^am« 
tapfel  ^u  üiel  auf  an  allerlei  S(f)leifen= 
merf.  Uiihtn  biefer  ^ofe  ober  Dielmebr  in 
SSerbinbung  mit  berfelben  trug  man  au(^ 
je|t  nocf)  bie  enge  Äniebofe,  fomie  bie 
alte  ©trumpfbofe  mit  unb  obne  Stiefel, 
bie  lange  ^ofe  bagegen  nur  noc^  in  ben 
^öc^jicn  Stauben.  I)anebcn  famen  auct> 
bie  feibenen  geji  rief  ten  .^ofen  auf,  menn 
aud)  nod)  ni(^t  allgemein,  ta  fxe  noc^  ju 
teuer  maren.  ^Jiod)  feltener  maren  bie 
fpanifcften  unb  fpanifc^«fran;öftfd)cn  Dber« 
fd^enfell)ofen  unb  bie  glatten  ober  mit 
Sanbjtreifen  bic^t  überzogenen,  flraff  au«= 
gepoljierten  91  u  n  b  m  ü  l  fi  e  n,  bdufiger 
mieber  bie  con  ben  |)üflen  bis  5um  Änie 
rcidienben  auegepolfterten  ^umpl)ofen 
unb  bie  unten  onenc  Äniel)ofe.  HHit 
biefen  rerfölmten  '\\d)  bie  €ittenri(f)ter 
atlmäf)lid);  menn  fie  auc^  bie  fpanifd)en 
„^eerpaufen"  unb  bie  ©d^lumper^ofen  an* 
fange  nicfct  ganj  billigen  fonnten,  fo  maren 
fie  bodö  annehmbarer  als  bie„$luberhofen". 
3ft>ar  f(^reibt  3of)ann  Strauß:  S^ie^Sumps 
^ofen  jieren  mol)l,  menn  fie  o^ne  ßa^  ge= 
mac^t  merben  unb  ni^t  gar  fo  meit.  3c^t 
aber  muffen  fie  mit  ^»aar  ausgefütlet  fein, 
t>a$  einer  barin  paufet  mie  ein  QJJa^facE. 
SWan  muf  brei  Äälbert)dute  (hafi  4>aar)  ju 
einem  $aar  ^aben.  Unb  ha  fonfi  nid)t0  aue* 
gejogcne«  barin  iji,  fo  mug  boc^  b'Stoher, 
mie  fie   eä  nennen,    auegejogen    fein  unb 


unter  bie  Slugen  fe^en.  $fai  ber  ©c^anb  1 
5IRan  machet  2)iebfäd  (Saften)  brein,  baf 
man  mie  bie  ©pi^buben,  allerlei  ©attung 
balb  hineinraffen  mag." 

S5ic  ^adi,  bie  man  ju  ben  1?Iuberl)ofctt 
trug,  mar  eng,  reid^te  tom  |)alä  bxi  ju 
ben  Ruften,  hatte  ha  einen  iBorfiof  unb 
mar  mattirt  unb  gefteppt.  35ie  unentbehrliche 
®chli|e  mürbe  mit  Streifen  befe^t  ober 
mit  allerlei  Änopfmert.  Die  Qirmcl  \)atkn 
biefelben  SBerjierungen,  maren  aber  meit. 
Johann  Strauß  fcfereibt  barüber:  „©aä 
für  Üppigfeit  mit  üßame  unb  ^uffjacfen 
getrieben  mirb,  hai  flehet  man.  2)er  Seib 
am  aSamö,  ob  er  mohl  fein  unb  glatt 
angemacht  mirb,  fo  mu§  er  bo^  mit  Seiben 
burch  unb  burdh  umfiöppt  fein;  norne  feit* 
fame  .ßneuffel  bran,  Don  Stein,  ßoratlen, 
©las  ober  ^orn.  Oben  einen  Äragen  barauf, 
ber  meit  hinauäftarret,  Oirmel  baran,  bie 
einer,  megen  ber  ©rö^e  unb  2Öeite,  faum 
an  ben  Firmen  tragen  fann.  S)ie  muffen 
oorn  auch  eingefaltet  fein,  ha%  fie  Ärö§ 
geminnen.  I)ie  trägt  man  an  ben  5lrmen, 
mie  bie  ©artenfnecht  ihre  Samiöfecfel  an 
ben  Firmen  tragen."  Tlit  bem  gaQ  ber 
Q31uberhofen  mürben  menigftenö  auch  bie 
5irmcl  ber  Jacfen  einfacher,  im  übrigen 
mar  aber  gerabe  ha^  sißame  ben  fremben 
(Sinflüffen  am  meiften  untermorfen.  SÖkn 
nerfah  baefelbe  mit  Schultcrmüljien, 
polfterte  es  unter  ber  laille  ju  bem  Spi^* 
b  au  ch  aus  unb  nahm  fogar  ben  ftanjöfichen 
©dnfe bauch  an,  fo  ba§  1586  llnbreag 
Dfianber  ber  jüngere,  S)iafon  ju  Ura^, 
fich  barüber  alfo  »ernehmen  lie§:  „Ein 
gar  herrliclier  Schmuck  aber  seind  die 
hässlichen  langen  ausgefällten  Gänss- 
bäucli,  die  oben  gleich,  unter  dem  Hals 
anfangen  und  herab  bis  weiter  unter  die 
Gürtel  hangen,  wie  ein  Erker  an  ein 
Haus  hanget,  dass  er  schier  umziehen 
möchte." 

2)er  §als fragen  ober  bieÄröfc  mar 
bis  in  bie  *D?itte  biefes  S^^i^^unberts  mit 
bem  .g)embc  oerbunben  als  ein  leichtge« 
frauster  Streifen  SöeiBjeug.  95on  bo  ab 
mürbe  er  fclbftünbig  behanbelt  unb  »er« 
breitete  fich  immer  mehr,  bis  bie  „über  fi^ 
ragenbcn  ober  auf  bie  SAulter  herab« 
hängenben  2)Iühlftein=5lrägcn"  baraus  cnt« 
i^anbcn.  2)cr  mehrgenannte  Johann  Strauß 
jagt  betreffenb  ber  Äröfen:  Obmohl  hai 
^emb  t>on  ÜKatetie  nit  gar  fo  föftlich  iji 
unb  bismeilen  fon  grober  ßeinmanbt,  fo 
mu§  boch  oben  barauf  fommen  ein  Ärauf 
ober  ©efröf  Don  gar  föftUchem  ©ejeug, 
unb  baöfelbe  über  alle  ÜWafcn  meit  unb 


Srad^t. 


687 


unb  bcr  Äopf  ^crauögucfet,  njic  au^  einem 
©acfc.  2)aö  mu§  geliarfct  fein,  ba^  eö 
fiarret  iinb  ^leif  fielet.  Solche  Ävaufen 
finb  üvoa  geboppelt  unb  hinten  jugcmaclit 
(u.  f.  h).)-  Sßelfc^e  unb  [panifd)e  Ärdgcn, 
mit  »iel  ab^angenben  ®^nür(cin,  tragen 
it)rct  einö  jeil^  aucft.  2)tc  alte  Zxa6)t, 
tt)ic  man  etlra  bic  alten  f^üiflen  öon  ©ac^fcn 
mit  if)rcn  §embcn  unb  Prägen  um  bcn 
^aU  malet,  taug  nit  me^r.  SBorne  ju  ben 
5trmeln  muffen  auc^  Ävö§  berauöge^cn, 
wie  i'üi  I)öüif^c  i^euer  ju  allen  genfiern 
^crauäfciblägt." 

Über  bicDberfleiber  fagt  berfelbe: 
„Sin  ßeibrocE  mit  einem  felbfiange= 
fc^Ioffenen  @(i)urj  ober  eine  ^arjfappe 
fief)ct  et)rbarcn  Seutcn  mot)l.  Die  ^anb* 
h)erfäleut  tiaben  it)r  ©c^urjfeü,  5^1= 
l)änge  unb  Voller,  iji  ehrbar  unb  jlef)et 
rtio\)l.  Dbcrfleiber  ftnb  jc^t,  ©ottlob,  tai 
meijie  Seit  leiblich  unb  töblid^;  feine 
SBürgerröd  jU  SDintcr  unb  Sommer;  fon* 
bcrlid)  bie  feinen,  langen  unb  ebrbaren 
Äappcn  ober  SFiäntel  obne  unb  mit  5trmeln, 
bic  fleiben  unb  jicren  mo^l  alte  unb  junge 
ßcute."  5lber  balb  barauf  fagt  er:  „ÜDie 
cl)rbaren  ßcibröde  unb  ^arjfappen  getjen 
ab  unb  fommen  auf  bie  ^uffiacEcn,  bie 
finb  gar  auf  bie  Äürje  abgcrid)t,  ba^  ber 
@to§begen  hinten  cor  fann  ragen,  unb 
Dorne  muffen  fte  offen  fein,  ba§  man  bie 
Äneuffel  am  SBammö  unb  anbereö  mebr 
fct)en  mag.  35ie  Reffte  brann  muffen  gar 
gro^  unb  ungefdbaffen  fein.  2)ie  ©djtingen 
iwic  bie  ©efc^irrinfen  fo  gro§;  bie  ^afen 
tüie  bie  ©c^näbel  an  ßöffcigänfcn." 

Unter  ber  ^arjfappe  ij!  eine  »er« 
fürjte  @d)aubc  »erfianben,  bie  inie  ber 
fleine  fpanifc^e  ©cbultermantcl  je^t  ßiel 
getragen  luurbe.  SSeibe  würben  mit  einem 
breiten,  I)oc^fte{)enben  ©c^ultcrfragen  »er^ 
fel)en  ober  mit  *PeIjn)erf  reidb  verbrämt, 
unb  eö  t)errfcbte  jwifdicn  il)nen  faum  ein 
merflic^er  Untcrfcbieb,  au^er  ta'^  bie  ^arj« 
!appe  in  ''Jlnlet)nung  an  bic  @(I}aube  meift 
weite  *JlrmIöc^er  ober  au^  weite  gefÄli^te 
^albs  ober  ©anjürmel  erl)ielt.  2Burbe  fte 
biß  JU  ben  Ruften  gcfürjt,  fo  ^ief  fte 
^Pufffacfc.  —  S)ie  urfprünglid)e  lange 
@d)aube  bauertc  fort  beim  Filter,  bei  be'm 
®elcf)rtenfianbe  unb  aU  5lbjeid)cn  ber 
^öl)eren  23eomten. 

5llö  Äopfbebedung  erf)iclt  ftd)  ta^ 
Sarret  biö  in  bie  *Md)tjigerial)re  neben  bem 
fpanifdben  ^uU,  welcher  eö  bann  terbrängte. 
®ö  mar  unterbcffen  einfad)er  geworben, 
meift  ungefd)li^t,  ein  flaches,  becfelförmige^ 


Ädpplein.  2)ic  ©d^u^c  erhielten  cnbltd^ 
wieber  eine  ^^otm,  bie  bem  j^ufe  angepaßt 
war,  mußten  bagegen  immer  noc^  au^ 
Detfd)icbenen  «Stoffen  Ijergcftcnt,  gefcfili^t 
unb  unterpufft  fein,  „auf  ta^  hai  SIBaffer 
balb  wieber  l)crau6fommcn  fann,"  meint 
fcbalft)aft  3o()ann  Strauf.  2)abei  bebiente 
man  ftc^,  wie  biciber,  eince  Unterf(j)u^eä, 
ber  aber  jetjt  bic  ®efialt  ber  Pantoffeln 
erl)ält.  *ilucb  burd)  biefc  füt;lt  ftcfi  ©traup 
beleibigt;  „Qlud)  muf  man  ni(^t  aüein 
im  SBinter  (welcbeö  ettic^erma^cn  eine 
©ntfc^ulbigung  tjättc),  fonbern  auc^  mitten 
im  Sommer  auf  Pantoffeln  babcrfd^lürfen 
unb  junge  Äerl  fc^Ieifen  biefclben  an  ben 
gü^en  t)ernac^,  unb  flopfen  bamit  wie  bic 
alte  fedijigjä^rige  ober  ftebjigjäl)rige  2öei* 
ber."  Unb:  „aöaö  foü  man  fagen  »on 
ben  unget)cucr  großen  Hentzsken,  bie 
etliche  auc^  im  Sommer  tragen,  fo  weit, 
ha^  einer  ein  äiemli^  (Paar  gcrabe  5trmet 
barauö  fönnte  mad^en  laffen."  2)iefe 
^en^^fen  waren  weniger  $^ingerl)anbfcbu^e, 
aU  grof c  jiulpenartige  gäujllinge  von  bcr« 
bem  3fug  oi^cr  feinem  ßeber. 

5Die  ^  a  a  r  t  r  a  ($  t  war  weniger  beftimmt, 
ale  in  frübercn  *Pcrioben.  ^m  ganjcn 
trug  man  ftdf)  furjgefd)oren  unb  bartlog, 
tod)  firicben  einjclne  ta^  ^aax  rorn  „über 
ftc^  unb  mad^ten  gepuffte  Äolben,  barauf 
man  ftebet,  wie  ein  raul;er  38^'"  ober 
„Wann  eine  Sau  jornig  ifi,  i>a^  if)r  bie 
Sorflcn  über  fict)  ftel)en,"  D^leben  glattra* 
ftertcn  ®eft($tern  ftnbet  man  anä)  WaÜenbc 
Soübärte,  äugefpi^te  Äinn?  unb  blofc 
iüppenbärte. 

S)ic  w  e  i  b  l  i  cb  c  Älcibung  fcblug  in  iai 
©egenteil  um.  9ln  bic  Steüe  bcr  beliebten 
9^acft^eit  beö  früheren  S^^rbunberte  trat 
je^t  in  rafd^er  Qlufeinanbcrfolgc  eine  iBer* 
jlcifung.  *Ber^üÜung  con  Sruft  unb  ^aU 
würbe  jur  uncrlä§li(^en2tnflanböfoiberung. 
2)ie  ^alöfraufe  feblte  nicbt.  S)ie  Ürmcl 
würben  eng  unb  blieben  ungefcf)li^t.  2)0« 
für  erhielten  bicScbuIterjiücfc  eine  wulfiigc, 
brcitauälabenbe  (^rljöbung.  Söäbrcnb  bic 
Sittenrid)ter  nod)  r>or  furjcm  über  bie 
„unfletige,  fd)aubarlicbc"  9'ladtbcit  ftc^ 
auöliepen,  rii)teten  fie  il)rc^feile  nun  gc* 
gen  eine  übertriebene  „55ermummelung", 
bic  aus  bcr  (Sitclfeit  entfprungen,  red^t 
cbrbar  jU  fd^eincn  unb  ben  leint  ju  fdbo» 
ncn.  I)ic  Sdbleppe  war  weggefallen,  bcr 
obere  SRocE  l)ieng  in  mäpigcr  2öeite  üielfac^ 
gefaltet  f)crab,  foba§  er  and)  ben  J^uf  üöQig 
becftc.  5ludb  baß  ßeibcben  War  burAauÄ 
gcfd)loffen.  3)ancben  trug  man  and)  nacf) 
fpanif^  =  franjöfifct)er  SWobe  geöffnete 
44* 


688 


Zxa^t 


iRöcEe,  unb  jttjar  l)\e^  man  ftc  enge,  wenn 
ftc  nur  »on  ber  laifle  abh)ärt^,  meite, 
Wenn  fte  ganj  f)crauf  geöffnet  rtarcn.  9?a« 
türlic^  traten  bic  Unterleiber  in  bicfem 
%aUt  um  fo  föfiliAer.  S5aö  Dberfleib 
»urbe  buTci)  Unterfüttetnng  mit  betbem 
®toff,  5i^8  "^^'^  '^^^  metaüenen  O^eifen 
(Springer)  mehr  ober  minber  fiart  auäge^ 
[pannt.  6ö  gefcbal)  t)ai  beim  gci'djtoffencn, 
mie  beim  offenen.  Soffen  mir  miebet  ben 
eifrigen  3of''i'i"  Strau§  reben:  „®ie  Ärö^ 
fen  tragen  fte  (bie  grauen)  mit  ben  SHannäs 
pcrfonen  gemein.  I>ie  Qirmel  muffen  un* 
ter  ben  Udifen  unb  unten  am  ']Jrm  burrf)« 
ft(ä)tig  fein,  ba^  man  bie  u^ei^e  ^aut  feben 
mag.  Die  ©ruftlä^e  auf  baß  fcbönfte  ge« 
jätetet,  mit  *13ulf^erlein  fein  gefüttert,  i>a^ 
ftc  paufen,  alö  fie  reif  jum  ^anbeln  fein. 
S)ie  (gcfcmeife  unten  an  .Kleibern  muffen 
Don  Summet  unb  Seiben  fein,  unb  ift 
dtoa  iüQ  Äleib  oben  faum  Sacfleinmanb. 
Springer  barunter,  ha^  fte  mie  eine  (Slocfe 
einen  3irfel  geben  unb  meit  um  ftcb  fparr- 
ten.  2>ic  feinen  Ceibjäcfd)en  tun  fte  meg, 
nef)men  ©diaublein,  .^ar^EäppIein,  unb 
biefelben  furj  genug,  baß  man  ben  spracht 
unten  feben  mag.  S3or  ^iUtn  trug  tat!' 
grauen^immer  fein  lange  S<iauben,  je^t 
ftnb  fte  »erbauen  biä  auf  bic  ©ürtcl,  mie 
ber  «anbetncAt  Ääpplein.  SBa«  für  Un= 
fofien  aud)  an  Die  SOJäntel  gemenbet  mor? 
ben,  baä  ftel)t  man  nor  'Mugen.  5Dkn  fann 
fo  teure  ®emanbt  nicbt  befommen,  man 
braud)t  eä  barju  unb  mel^c  ^yrau  ben 
teucrften  bat,  \>a^  ifi  bic  befie.  2)ie  3""S= 
frauen  bc6i\Ieid)en.  ?luf  biefc  unb  ber^ 
glcicbcn  Stücfc  ift  nun  jefet  aller  Dichten 
unb  Irad)ten  gerichtet,  unb  mos  fte  »ers 
bienen,  ergattern  unb  erobern,  biämeilen 
aud^  iat  (Q  mobl  beffet  böcfet,  baö  men= 
ben  ftc  an  bie  leibige  ^offart.  Unb  gebt 
mandbe  Dienftmagb  bermaBcn  ^er,  ia^  ftc 
cg  mobl  einer  reicfccn  *i^ürger«toc6ter  ^u« 
Dortut.  Darnad)  menn  ftc  jur  Sbe  grei^ 
fen  foüen,  tia  ift  mcbcr  33ett,  .Riffen  noch 
^fubl,  Decfe  nod)  Strede."  S«  mar  alfo 
Icbiglid)  ber  aüi^ugro^e  '■ilufmanb,  ber  nun 
getabelt  merben  fonntc  unb  mae  ber  äuferft 
geftrenge  Sittenrichter  ^ier  bernorliebt.  Die 
SRügen  betreff«  ber  Sci)U^en  unb  burc^ftcfc* 
tigen  Qlrmcl  gc^cn  nur  nebenber  unb  töw 
ncn  mobl  nur  für  bic  erftc  3fit/  jcbenfaüö 
nid)t  allgemeine  Geltung  baben. 

Der  offene  Oberrocf  rief  ber  Sd)ürje, 
bic  aus  ffi.ei^jcug,  f^marjer  Seibc  ober 
leid)tem  S^aff'et  gemadjt  unb  mit  Sticfercien 
unb  anbcrem  33efa^  gcjiert  murbc.  5lu(^ 
Oüttcl  mit    jierlid)en   SafdjAcn,  93  c= 


ficcfcn  (Scbciben)  unb  Scblüffeln  be* 
fangen,  5ä(^er,  Sragfpicgcl,  Ufircn 
unb  ^anbfcbu^ctrug  man  nad^  fpanifc^« 
franjöftfcbem  53orbilbe,  unb  baälafc^cn^ 
tud)  würbe  ju  einem  eigentlid^cn  *j)runf» 
fiüd.  SBefonbcrc  Untcrröcfc,  mic  ftc  in 
j^ranfreicb  bereit«  üblicb  geworben,  fc^einen 
nocb  feiten  ju  fein  unb  bie  graucn^ofc 
wirb  in  beutfcfecn  SradbtbüAcrn  noi^  um 
iia^  3al)r  1600  al«  eine  93efonbcrt)cit  ber 
italicnifcfeen  ^i^^Ufn  erwdbnt.  .^tnffcf)tlic^ 
ber  ^iiP^^tfibung  ifl  wenig  neueö  ju  be» 
ricf)tcn.  Die  grauen  fc^loffcn  ffc^  bierin 
ben  Scannern  an,  trugen  alfo  ben  gc« 
f(ä)li^tcn  farbigen  Sc^ut)  unb  ben  ^antof« 
fei  ober  bie  Grippe. 

®er  ÜJJantcl  gcftaltetc  ftc^  bei  ben 
JJrauen  frei.  @r  war  balb  fürjcr,  balb 
langer,  balb  mit  einem  leichten  Umhange 
Derfet)en,  balb  föfllid)  peljoerbrämt.  ^od)» 
fte^enbe  Äragcn  würben  bei  ungünfiigcr 
ffiitrerung  auä)  etwa  aufgefcblagen  unb 
bcbccften  fo  ben  ^al«  unb  Äopf  äugteid^. 
511«  Äopfbebecfung  fommen  neben  Sarctt 
unb  .5>«iflrl)aubc  auc^  golb«  unb  ftlbcrgc« 
jicrte  SOt ü ^ c n  unb  S  (ileier  ober  Stür« 
qcn  wieber  me^r  in  Qtufnabme.  Das  ^aat 
würbe  nacb  wie  Por  am  D'iadcn  l)0(^gcbun* 
ben ;  23räute  unb  Srautjungfern  trugen  c* 
frei  ober  legten  eö  in  ^5'«^^^"  "•"  ^^^ 
Äopf.  9iacb'ben  Sed^jigeriat)rcn  lie§  man 
e«  in  jwei  3öpfen  über  ben  JRücfen  l)cr* 
unterfangen,  Wa«  ju  bem  Suyu«  ber  fal* 
f(i)en,  blonben  ßöpfe  fübrte.  93on  1585 
an  trug  man  bie  großen  .^alöfrägcn,  t)cr* 
iicbtete  um  if)retwillen  auf  bie  3öpfe  unb 
banb  haii  ^aai  ^ocbaufjlrcbcnb  mit  man* 
cticrlei  ©(imucf  ausgeftattet  nad)  franjö? 
fffcber  grifur.  Da  biefc  nicbt  feiten  mit 
Drabt  unterjlü^t  war,  r>crgli($  ftc  Dffan* 
ber  in  nicfet  fe^f  galanter  2ßeife  mit  „Sau» 
t)ägen,  ta  man  bie  SRuten  über  bic  Ire* 
mel  i^cucbt." 

gür  bie  Sracfet  bc6l7.  Jalir^un* 
bert«  blieb  granfreit^  ma^gcbcnb 
ober  würbe  c«  mcljr  aU  je.  Sct)on 
äu  Einfang  besfelben  crt)ielt  bic  furje, 
runbwulftig  gefpannte,  langftreifig  gc* 
fdjlihtc  Dbcrfd)enfel^ofe  am  ^arifer  ^ofc 
ben  33orjug  unb  gelangte  balb  ju  weitefter 
Verbreitung.  Da«  SB  a  m  m  «  erbielt  lange 
@d)ö§c,  bie  ben  Unterleib  bebedten,  bic 
2aiüe  rüdte  l;öber  ober  »erfi^wanb  ganj 
unb  würbe  blo§  burc^  ein  farbige^ 
Sd)leifcnwerf  angebeutet.  Die  türmet 
erweiterten  fid).  Den  %ü^  tleibetc  ein 
t)ot)er  SReiterftiefel ,  ber  balb  in  feinem 
Obern    Jcilc    ftdb    beträci)tli^    erweiterte. 


£racf)t. 


689 


SDer  niebete  ®c^uf)  tvax  mit  SD'iafcf)entt)crt 
gejicrt  unb  jicdte  in  einem  fc^ü^enben 
ilbctfcfeuf).  25er  i)Jf  antel  njurbe  beträchtlich 
ermeitcrt,  oft  ju  einem  fötmlid)en  Änöpf= 
rocf  umgejlaltet,  bie  2iirmel  gefürjt  ober 
jur  ^iilfte  umgefd^Iagen,  ber  iJtnnb  oft 
mit  $elä  befe^t,  ber  Äragcn  üicUjeftaltig. 
SDer  ■^  u  t  mürbe  breitfrämpig  unb  übet= 
fc^mänglic^  ä^ä't'ff'  ^'^^  ^aai  frei  unb 
maüenb. 

S)ic  »erfc^iebencn  bcutfcfien  8anbeö= 
teile  Derl^ielten  jtd)  ju  biefcm  |ranjörtfct)en 
Sinfiuffc  ungleich-  SDie  einen  erlagen 
i^m  balb,  bie  anbcvn  erfi  in  ber  jmeitcn 
J^älfte  beö  3*it)rt)unbcrtä.  8eid}t  jugäng= 
li^  maren  für  biefclbe  j.  93.  bie  |)öfe  in 
S)üffelborf,  ber  ber  5ßfalj,  oon  süatjcrn, 
®raunfcl)meig  unb  ^annooer,  am  fd^rcer« 
fJcn  berfenige  ju  9Bien  unb  unttr  ben 
iStäbten  Hamburg,  ßübecf,  93iemen, 
Ulm,  Stürnberg,  5tugöburg,  ^ranffurta.  3)t. 
unb  Strasburg.  %m  gicrigften  griff  hati 
©tu^ertum  barnai^,  unb  biefe«  verbreitete 
feine  l^ofung  „ä  la  mode"  ober  „allamode" 
(gegenüber  ftonb  „altüäterifcf)")  feit  ben 
Swanjigerjal^rcn  mit  ftc^tlid^em  (Srfolg. 
3at)lrei^  unb  Ijcftig  maren  bie  Eingriffe 
ber  ®egner.  D'iamentlict)  Pon  ben  Äanjeln 
mürbe  iaü  2Bort  (Sottet  in  unjmeibeuti« 
gem  ©inne  aufgelegt;  aber  umfonft.  S)a 
mar  eö  mieber  bie  treffe,  bie  iai  9Bort 
fefibalten  unb  bem  Qtuge  aufnötigen 
mu§tc,  menn  tai  Oi)x  nid)t  l)ören  moUtc. 
Kaplan  Johann  (Süinger  fd)rieb  im  ^a\)Xi 
1629  ben  „Allmodischen  Kleyder  Teuifel" 
unb  jierte  ben  3,itel  mit  ad)t  aümobifc^ 
gefleibeten  giguren.  Siiadibem  ber  -^err 
Äaplan  beö  ffieiten  unb  breiten  ertlart, 
maß  hai  SBort  „aümobifd)"  bcbeuten 
fönnte  unb  ju  feinem  ©ntfe^en  finbet, 
ta^  iü  fein  beutfci^c^  SBort  fei,  crflärte 
er,  für  men  er  eigentlid)  fi^reibe.  9}ic^t 
für  bie,  „meiere  Stands  vnnd  Vermögens 
halben  es  than  können  und  vermögen, 
mit  denen  will  ich  vnverworren  seyn, 
denen  gilt  auch  mein  discurs  nicht, 
sondern  nur  denjenigen,  von  welchen 
Syrach  saget:  Jch  bin  dem  Armen 
der  hoffertig  ist,  von  Herzen  feind, 
cap.  26,  denn  an  solcher  Leuth  Hoffart 
wischt  der  Teuffei  das  Gesess."  ©r 
eifert  bann:  Haben  wir  nicht  vber  sie- 
ben Jahr  Krieg,  Verheerung  und  Ver- 
störung  genugsam  gehabt,  gesehen  vnd 
erfahren,  vnd  ist  noch  kein  Ende  nicht, 
Mars  blaset  ein  weg  wie  den  andern, 
jmmerdar  lermen,  wer  achtet  aber  sol- 
ches, wer  stehet  ab  von  dem  Teufflischen 


Hoffart  V  wird  es  doch  allezeit  nur 
ärger."  2)ann  crmaf)nt  er  einbringli^ 
„dieses  Laster  derhalben  zu  fliehen 
vnned  zu  meyden,  weil  gemeiniglich  der 
stolze  Allmodisch  Kleyderteuffel,  wo 
der  einzeucht,  nit  allein  zu  kommen 
pflegt,  sondern  noch  sieben  andere 
Tenflel,  die  ärger  sind,  als  er  selbsten, 
zur  Gesellschaft  mit  sich  bringet  vnd 
nimmet,  oder  doch  ihm  gleich  uff  dem 
Fusse  nachfolgen:  Erstlich  ist  es  der 
müssiggehende,  pflastertretende  Spazier- 
teuffel,  dann  ist  das  gewiss,  zu  keinem 
anderen  endt  streichet  sich  vnseres  All- 
modisches Gesindlein  der  Gestalt  so 
Fantasirlich  heraus,  alss  nur  dass  es 
eju  Gassen  vff  die  ander  hinab  trette, 
sich  beschawen  und  begaffen  lasse.  Da 
weiss  mancher  nit  wie  Närrisch  er  nur 
sich  stellen  soll,  vnd  gucket  jhm  der 
Allmodisch  Fantast  zu  allen  Glieder- 
maassen  herauss,  vnnd  sperret  sich 
Herre  Omnes  wie  ein  Haspel  oder  Katz 
im  Carniersack.  Die  linke  wirfft  man 
in  die  Seyte,  die  rechte  spielet  mit  dem 
Allmodischen  Bärtlein.  Die  Augen 
lauffen  in  alle  Winkel,  da  speitzet  vnd 
hustet  man  jmmerdar,  dass  ja  jederman 
an  die  Fenster  falle  vnd  zuseht,  wie 
unser  Junger  Herr  und  jung  Fraw  da- 
her schwentze"  (u  f.  m.);  ,,znm  andern 
ist  es  der  leichtfertige,  vppige,  sprin- 
gende vnd  hippende  Tanzteuffel"  (u.  f.  m.); 
,,zum  dritten  ist  der  Hurenteuffel  (u.  f. 
m.);  zum  vierten  vnd  fünften  ist  es  der 
vnersättige  Frassteuflel  vnd  der  Schlem- 
merige Sauffteuffel"  (u.  f.  m.);  zum  6. 
vnd  7.  ist  es  der  ßäuberische, 
Diebische  Mordteuffel  vnd  der  Mör- 
derische Diebtenffel"  (u.  f.  m.)  Sßon 
fämmtlict)en  Teufeleien  meif  ber  mobl« 
meinenbc  ©ittcnleljrcr  bie  erfct)re(fenbfien 
ißeifpiele  anjufü^ren  unb  immer  bie  treff« 
lid)fien  golgetungen  abzuleiten.  S)iefet 
@d)rift  folgten  nod)  nielc  anbete,  ä^n« 
lid)  betitelt  unb  ähnlichen  3"l)alt«-  2Jian 
laa  fic,  lad)tc  über  bie  (Sifercr  unb  trug 
fic^  mie  juoor. 

2)em  aOßort  fam  aud)  bie  barflellenbe 
Äunft  jur  ^ülfc.  Um  1628  erfdjienen  bie 
erjien  „fliegcnben  Slqtier",  meld)c  jum 
£eil  in  ma§lofen  Übertreibungen  bie 
t)offättigen  9Jeuevungen  bilblid)  jum  ®es 
fpötte  maci^ten  unb  fie  mit  ©pottgebid^ten 
begleiteten.  ©in  fold)eö  ifi  betitelt: 
, .Monsieurisch  Alla  mode  vnd  Damische 
Bisarrie".  gin  anbercö  fül)rte  unter« 
mdrtg  bie  'Äuffc^rift:  Wie  sich  ein  deut- 


690 


Stacht. 


scher  Monsieur  in  Kleydem  halten  soll, 
er  soll  haben :  Jmmagination  —  haar, 
Patient  —  barth ,  Responsion  —  huth, 
Jndifferent  —  hutschnur,  Legation  — 
feder  —  —  —  Stnltisissimas  —  gang 
vnd  geberden"  u.  f.  vo.  im  ©anjen 
jtt)an^tg  tietf^iebene  Stüde.  Sin  anberee 
trägt  ben  bic  €a<i)e  felbft  ausfü^rlicf) 
d&arafterifterenbcnSitel:  „Kartell  stutzeri- 
schen Aufzugs  der  durchsichtigen,  hoch- 
gefiederten, wohlgespornten  und  weitge- 
stiefelten, langschwarzhärigen,  zigeuner- 
ischen, wohlvernestelten,  langlapphosigen, 
milztägischen,  wohlherausstaflfirten,  welt- 
bekannten Cavalliere.  Sammt  deren 
hochgeputzten,  hochhaargepüfften,  wohl- 
angestrichenen Büchsleinblasem ,  wie 
auch  unten,  mitten  und  oben  zerhackten, 
zerspaltenen  und  geputzten  Cortesi,  Con- 
cubin  und  mätressin  der  welschfranzö- 
sischen, Jetztmals  teutschen,  Aufzugs 
genannt." 

Die  Sei^tüttung  2)cutfcf)Ianb«  in  poU= 
tifc^er  Sejiefjung  unb  bet  mc(^feIroüe, 
aües  Derberenbe  ^rieg  hattm  namentlich 
bie  S'Jfl^"^  '»"^  SRanb  unb  23anb  gebracht 
unb  bcfonbers  bie  ermad)fene  männlicfie 
Jugenb,  bie  ni^tä  gröBereä  !annte,  al« 
bie  franjöjtfc^e  ®ro§tuerei  in  allen  Stüden 
nad^jua^men.  5Daö  erüärt  benn  aucf) 
baß  51uftreten  eine«  S^am  iDJicftael  ÜJJ  o  ^ 
fcf)eiofä)  (1600—1669),  ber  mic  fein  an= 
bercr  ©c^tiftßeüer  feiner  3^1^/  berufen 
mar,  bie  (Sntartung  feines  SSolfe«  ju  geis 
§eln.  6r  f(^rieb  als  '^Jbilanber  r»on 
Sitte  malb  1646  eine  fatirifc^e  Sd)rift : 
„Wunderliche  und  wahrhafte  Gesichte" 
unb  balb  barauf  feinen  „Alamode  Kehr- 
aus", morin  c«  unter  anberm  t)ei§t: 
„2)iefe  langen  ^aare,  alfo  öcruntetban^ 
genb,  fxnb  rechte  J)iebc0^aare,  unb  t>on 
ben  SS)eIf(^en,  melcf)e  umb  einer  ÜJJiffetf^at 
ober  2)iebeflücf«  mitten  irgenb  ein  Di}i 
abgef^nitten,  erbacf)t  morben,  bamit  fie 
mit  ben  paaren  ee  alfo  bebcden  möchten. 
Unb  ii)r  rooüt  fold}en  lafier^aften  ßeuten 
in  ibrer  Untugenb  nachäffen?  ja  oft  eurer 
eignen  beutfd)en  J^aare  cud)  fcfcdmen? 
SBoUt  hingegen  lieber  eineö  SJiebö  ober 
©algencogels  $aar  eud)  auf  ben  Äopf 
fe^cn  laffen?  5ibcr  mer  ftd)  feinet  eigenen 
J^aares  fchämt,  ber  ifi  nid)t  wertl),  ta^ 
er  einen  beutfd)en  Äopf  l)at"  (u.  f.  m.) 
„Sifi  bu  ein  I)eutfc^er?  marum  benn 
mu^t  bu  ein  iffielfc^  ^aar  tragen?  2öa= 
tumb  muB  iicii  ^aax  alfo  lang  über  bie 
©c^ultern  t)erab^angen?  marumb  miUfiu 
ti  m<i)t    furj    bef^neiben    auf    bcutfc^e 


SZBeife?"  Unb  t>om  ©art:  „2>a  beine 
23orfaf)ren  e«  für  bie  gröf  tc  3«i^be  ge^al= 
ten  t)aben,  fo  ftc  einen  rec^tfAaffcnen 
Sart  hatten,  fo  mollet  \i)X  ben  rcelf(f)en 
unbeftänbigen  Starren  nac^  alle  ÜJlonat, 
alle  2Bo(f)en  eure  93ärte  beropfcn  unb  be- 
fc^eeren,  befummeln,  be^u^en,  ja  alle 
Sag  unb  SDJorgen  mit  Sifen  unb  ^euer 
peinigen,  foltern  unb  martern,  jiefien  unb 
jerren  laffen?  jeM  mie  ein  3irfel  — 
Särtel,  je^t  mic  ein  (g^neden  —  Särtcl, 
balb  mie  ein  Su^öf'^ou^n  —  Särtel,  ein 
Setter  —  Särtel,  ein  8pi|  —  99artcl,  ein 
Smaitafer  —  Sdrtcl"  (u.  f.  m.)  „3^un  ift 
eure  meijie  €orgc,  fobalb  i^r  morgend 
aufgefianben,  mie  ii)r  ben  93art  rüfien 
unb  jufdjneiben  möget,  bamit  ihr  »or 
jungen  Siarren  unb  Sappen  fönnt  burdh* 
mifdien.  D  i^r  SBeiber^iWäuIer!  31)t  Un» 
hörigen.  3"  i"«"  ßöffelja^iren  gebt  i^r 
jU  japfcn,  ju  triücn,  ju  ropfen,  biä  bie 
®auä)ii)aax  herausmollen;  unb  mann  i^r 
burc^  (Sunfi  ber  9iatur  biefclbige  enblic^ 
erlangt  l)abt,  fo  mi^t  t^r  il)nen  nid)t 
Starter  genug,  bis  i^r  fte  mieter  »ertrei« 
bet!  3hr  ©art  =  ®d)inber!  5f)r  Sart* 
Sd)neiber!  3^r  33art=®tu^er!  3^r  93aTt= 
3maderl  3t)r  Sart^^olterer !  3^r  Sart^ 
ffiippercr!  u.  f.  m.  Unb  com  $ut  fagt 
er:  „2öic  oiele  Oattungen  t>on  ^ütcn 
i)abt  it)r  in  mcnigen  3al)ren  nid)t  nac^* 
getragen?  3e^t  ein  ^ut  mic  ein  5lnfers 
bafen,  bann  mie  ein  3uder^ut,  mic  ein 
Garbinalebut,  bann  mie  ein  @d)Iappl)ut, 
ba  ein  <Stilp  Sblen  breit,  ia  ein  €tilp 
fingere  breit;  bann  »on  ®ci§cnt)aar, 
bann  ton  ,^amecl«haiii,  bann  oon  QSibcr« 
haar,  t>on  *Jlffent)aar,  öon  9iarrcnf)aar; 
bann  ein  |)ut  als  ein  ©c^mar^mälber 
^äf,  bann  mic  ein  ^oüänbcr  Ää§,  bann 
mie  ein  DDJünfier  Ää§."  2öam«  unb 
^ofe:  „Unb  möd)te  mancher  meinen,  et 
fe^e  einen  Äramlaben  aufgethan  ober 
in  einen  ^aternoftcrsöaben,  fo  mit  man« 
cherlei  5^arben  oon  ?Je|lcln,  Sdnbeln, 
3»eifclfitiden,  Schlüpfen  unb  anbcren, 
fo  ftc  favores  (8icbe«pfänbcr)  nennen,  ftnb 
fte  an  •^»aut,  an  ^ofen  unb  2Bamd,  an 
ßcfb  unb  Seel  behentet,  blcfd)lefet,  be» 
fnöpfet  unb  belaben."  8o  bel)anbclt  er 
auc^  bie  anbern  Seile  ber  Srad)t. 

Scfonbcrer  3?eliebt^eit  erfreuten  fid) 
bic  fran^öjif^cn  ©tulpfiiefel  r>on 
au§erorbentli<^cr  Sßeite.  unten  mit  brei* 
tem  'Spornleber  unb  mit  f^meren,  raffeln» 
ben  ßeberfporen,  fomie  bie  meitfiul« 
pigen,  langbefranjtcn  ^anbfd)u^c  unb 
bic    lebcrnen    Überjic^mdmfcr,    Eurj- 


Zxaä)t 


691 


fä)0§i9,  mit  5irmcln  ober  ttJenigflcng 
mit  9lrmlöcf)crn  ücrfeben. 

Qtbcr  aud)  bie  grauen  hatten  i^rc 
6ittenricf)tcr.  ©eoxg  griebtid)  SWcffer^ 
fc^mib  [agt  in  einet  gcbrudften  ^rebigt 
(©ttapurg  1615)  über  fte:  „©o  laffet 
unö  bod)  ni^t  oon  bcr  ^Jarrt^eit  abweichen, 
ei^e  ttir  jupor  bie  (gitclfeiten  bcr  Sßeiber 
in  ben  äu^crli^cn  *ilctionen,  3;|)un,  23or* 
!^aben  unb  Soffen  entbcden  unb  offenbaren : 
aU  roie  jie  fxd)  fo  fe^r  belectiten  unb 
bclufiigen,  tiübf^  ju  fagen,  ftcf)  mit 
mand^erlei  färben  anjufireic^en  unb  fc^ön 
ju  mad&cn.  ©ie  erfül)len  hai  ^ntti^  mit 
fcrftgblü^enb  2ßaffer,  beftreictien  unb  jär= 
teln  hai  %lti\<i>  niit  ßimonenfaft,  mit 
©felömilc^.  @ic  erf)alten  fxd)  mit  9flofcn= 
»affer,  2Bein  unb  QUaun.  Sie  gebraud^en 
ftct)  ber  Sragant^Säfclein  t>on  Duitten^ 
fernen,  beö  gebranben  iBein«s,  be^  unge= 
löfcftten  ^alfe,  itincn  ein  rcdjt  öoüfommcn 
S8leiwei§=ÄäIbleiu  ju  präpariren.  —  @ie^c, 
ba  »erben  gefef)en  auöfiaffirte  Spiegeln 
|RLifcn=  unb  ©picanarbimaffer,  Sifam, 
3übet{),  3f{auct)»erfc,  fd)mäfenb  ^uber 
üon  Qlloeö,  Pipern,  ©tabmurj,  ©c^mal« 
fügelein,  iöifamfopf,  SWuöfatnüffen  —  — 
—  ha  fiet)t  man  ®träl  (Äämme) ,  Spie- 
gel, Dl)renlöffel,  ^aareifen,  ^»aarfd^ären, 
?lupfjtt)cingtein  unb  Pfriemen.  S)a  flehen 
Scfeäittilcin,  33üct)ö(ein,  irbenc  ®ef($irlein, 
gldferne  5läfd)lein,  Scfiiffelein,  Scbärb^ 
lein,  ^öfclein,  Stjerfc^aalcn,  2JJufd)eln, 
gcfpicft    unb    auögefüüt    »on    aUer^anb 

^fläftertein  unb  Sälblein. —  2)a 

tritt  bie  9U?agb  herbei,  bie  |)aarbögcn  ju 
rüfien,  if)nen  bie  ^iofen  unb  9tejlel  ju 
binben,  bie  ^aarfc^eibel  ju  machen,  bie 
^aax  re(f)t  ju  orbnen  unb  verteilen,  fte 
einäufcftmiren ,  bie  Qlc^feln  ju  jiel)en  unb 
einjutialten,  um  if)ncn  baoornen  unb  ta' 
hinten  ju  f)<!U«n .  i'ie  Pantoffeln  unb 
Steljenfchuhe  beijutragen,  bie  i^^'tten  ju 
erheben,  ben  ©chmeiff  (bie  Sd^leppe)  ju 
er  lupfen."  — 

„I)a  tritt  bann  ^xan  33enue;  herein  mit 
»ohiaufgepu^tem  Äopfe,  mit  aufgelegten 
Sßii^dhen,  mit  auf  ber  Seite  aufgebunbenen 
Jörnen,  mit  gelben,  braunen,  blauen,  grünen, 
fd)»arjen,  mei§cn^aarpedhten,  mit  gütbnen 
SBinben  unb  ^loren,  mit  iWaöfen,  mit  Samen, 
mit  iJi^^fi^^üfdjen,  mit  einem  ^uth,  ta^ 
rauf  ©tiefften,  SWebaglien,  ober  pergülbten 
ÜKün^en;  mitneugebacf)en,  fantafltfcfeen 
©offen:  mit  2lrmbanben  um  ben  51rm,  mit 
biamantnen  [Ringen  an  ben  ^Jins^'^"  >  >"'* 
Letten  um  ben  ^al§  unb  ©ehenften  an 
burcf)löd)erten  Dhrcn;    mit  IRägelöblumen 


(Steifen)  »ohl  offtcrmalen  in  ber  rechten, 
mit  SRofcn  in  ber  linfen  ^anb.  5(uf  foI(f)e 
S!)Janier,  nun  herauägepu^t,  ba  fommt  fte 
eben  recht  für,  »ic  eine  5alfd)e  unb  ange» 
firidhene  Sfabeüa.  —  Söeitercö  jur  gröferen 
3ärtIi^Eeit  trägt  fie  feibne  ober  Don  ®olb 
gepcfte  ^anbf(^uh;  ju  Sffiintet^jeit  ein 
Scf)Iuffer  Don  So^el,  ben  Sommer  burd) 
einen  äöinbfahnen  ober  S!}iücfcnfd)leid)er. 
2ßaö  motten  mir  nun  aber  oon  ihrer  ^aU^ 
jierbe  trjä[)Ien  ?  »ic  fiel  i<^  bereu  gefehen, 
melche  Äragen  tragen,  bie  oiclmehr  für 
Äarrenräber  ju  f)altenb  fet)nb?  Unb  i^ 
mei§  nid)t,  »ie  fte  ftch  bafür  jeidhnen 
(befteuäen)  fönnen.  Unb  obfd)on  bie  SadE)e 
mehrere  nid)t  »ertf)  ifi,  t^ut  eä  boch  9'lot, 
Ihüren  unb  «Pfoten  ju  crmeitern,  fonfl 
fönnen  fte  md)t  hinein.  2Iud)  ftcht  man 
j»ar,  ia^  fte  monatli^cn  fold)cr  Ärägen 
formen,  »cränbern  unb  changiren,  metche 
*Beränbcrungen  bann  offtermalen  mehr 
fofien,  aU  mo{;l  biöweilen  ein  gan),  nemcä 
Äleibe.  Unb  i^  mci§  eine  ^erfohn,  bie 
hat  für  einen  biden  Äragen  fünfjig  Äronen 
fpenbirt;  ifi  jmar  für  einmal  genug.  9^un 
fragt  ftd^,  ob  biefe«  nid)t  2Bürfimgen  ber 
3Jarrf)eit  fein,  melche  folchcn  ßeuthcn  cö 
berma^en  fo  fü§  einrebet,  ia^  fte  fic^  bürfen 
bereben,  fte  flehen  beflo  beffer,  je  mef)r  fie 
mit  bergleid)cn  parfümirten  Soffen  aufge* 
jogen  fommen." 

SWit  ju  biefcn  Sor^eiten  ȟurbcn  ben 
grauen  gercdinet  hai  fnöpfrodartig  ge« 
fialtete  Überfleib  mit  langen  Sd)öBcn 
unb  furjen  ober  langen  gefd^li^ten  firmeln, 
bie  üorn  mit  ßi^en  unb  Änöpfen  bii^t  be« 
fe^t  »aren,  bann  ber  gro§e  S  dh  l  a  p  p  h  u  t , 
»ie  fte  ihn  ben  SOf^ännern  nad)trugen,  ber 
gefältelte,  breitherabfaüenbe  fragen  unb 
bieStulphanbfchuhe,  fomie  bie^ofen, 
bie  „bie  hohen  SDtabonnen  unter  ben  SJlöden 
trugen." 

*Mu(ft  bie  hauöhälterifd)eÄurfürflin2Rag* 
balena  Sibt)lla  fon  Sad)fen  beflagt  ftc^brief* 
li^  fchmer  über  bie  Seipjiger  J^riwfn  (ihrem 
®atten  3ohann  ®eorg  II.  gegenüber)  unb 
Dr.  .^öpner  in  bort  gelangt  1641  an  ben 
Senat  megen  eineö  Sdhneiberö,  bcr  fran= 
jöftfd)e  *Pradht  unb  ^offart  oon  „thcuren 
^al§gen  unb  attcrlei  .^auptgefdimud  unb 
anberc  neue  iDioben  ju  Stärfung  bcr  oer* 
botenen  unb  »erpönten  .Rleiberboffarth  ju 
feilem  Äauf  anblaffe,  alfo  ta^  t>on  ^i^aucn 
unb  3un9fi^auen  ein  groper  Conctirsns, 
gleichfam  eine  ÜBaQfart,  ju  i^m  angejleHt 
merbc.  2)a®ott  baburdh  erjürnt,  bcr  Dbrig« 
feit  ®cbot  übertreten  unb  ber  Stabt  ein 
grofeö  Unglücf  jugejogcn  »erbe,  .  .  .  fo 


692 


Straft. 


foütc  bie  Dbrigfcit  \\)Xii  ^of)en  Slmtcö 
^anb^abcn  unb  gegen  bte  g^ötbcrer  unb 
(jortpflanjcr  ber  üermalebeitcn  Kleibers 
foffatbt  mit  cfcmplorifc^en  ©trafen  »et« 
fahren." 

Qtucf)  in  SBcrfen  »rutbc  bie  neue  SUiobc 
»iel  gegeiielt.  ^lie^^fid)  8ogau(1604— 
1659)  fd^reibt  in  feinen  (Epigrammen: 

„Diener  tragen  inögemein  i^rer  Ferren 

Siüerei: 
©oü'^  benn  fein,  ba§  jjranfreid^  |)crr, 

25eutfd)Ianb  aber  3)iencr  fei? 
iJreteä  2Deutfd)Ianb,     f(i)äm   bi^    bod) 

biefer  fcE)nöben  Äriecf)erei!" 

Unb  ein  anberer  beutfcber  ©atirifer, 
Soac^im  gftac^el  (1618—69)  fc^reibt: 

„Sin   ieglicf)  peiteö  SBort,  muf   je^t 

franäöfifcf)  fet)n; 
i^tanjöfifd)  IDJunb  unb  Sart,  franjöfifc^ 

alle  ©itten, 
^ranjöftfc^  SRocf  unb  SBamö,  franjöfifd^ 

jugefd)nitten. 
Sßaö  immer  ju  $ariö   bie  eble  ©(i)nei= 

berjunft 
$at  neulii^  aufgebracht,  auc^  miber  bie 

SBernunft , 
25a3  mad^t  ein  jDcutfd)cr  mä).    ©out 

ein  5tanäoä  eö  wagen, 
£)ic   ©poren  auf  bem  ^ut,    ©d^ul^  an 

ber  .^anb  ju  tragen, 
2)ie  ©tiefet  ouf  bem  Äopf,  ja  ©dieüen 

öor  bem  Sauc^, 
QInftatt  be«  ajejielwerfä:   ber  25eutf(i)e 

t^ät  eö  aud), 
93ei   einem  fammtnen  SRocf  bie  groben 

ßeinmanb^ofen? 
SBer  ^at  eö  fonft   erbacbt,    alä  Starren 

unb  granjofen? 
aiBenn    felber    J^eraEIit     ben    *piunber 

foüte  fet)en: 
(5r  lieg  (mit  ©unjl  gefagt)  tor  8act)en 

(Sinen  get)en." 

5n  ber  jmeiten  ^dlfte  be«  5a^r[)un- 
bcrtg  ge^t  cö  in  gleid)er  Söeife  fort.  93ei 
ben  SDJännern  iji  eä  befonber^  bie  fc^urj= 
förmige  „  Unterrocft)of  e",  bie  im 
Sßerein  mit  ber  qSerrüdfe  am  meiften  ange* 
fod)ten  mirb.  SBoIfgang  Dum,  qSaPor 
ju  glcnnsburg,  Iie§  fic^  um  1663  folgen^ 
berma§en  über  biefelben  Perne^men: 
„SBaö  finb  bie  uncrt)örte  meite  SÜJiinners 
^ofen,  bie  für  einem  3a^r  erfllic^  auffge:= 
bracht,  anberö  al«  abgetür^te  2Beiber-9iö(J, 
e«  get)en  20-30  unb  md)i  (Süen  barein, 
barauä  man  »or  biefem  jmei  unb  me^r 
Äleiber  f)at  mad^en  fonnen.    D   ber   gro^ 


gen  Üppigfeit!  !Bon  biefcn  .^ofcn  möd^te 
man  fafi  eben  baöfenige  fd^reiben,  voxi 
üor  3>j("^fn  'oon  ben  3"*^=  unb  S^roer« 
»egenen  plubrii^ten  -^lofen  Seuffel  iji  auff; 
gejeid^net  morben.  'JSfui),  tt)ie  f)at  biefer 
leuffel,  in  fo  gefdt)tt)inber  ®il,  fo  »iel 
ßdnber  unb  ©täbte  eingenommen. 

'S)u  Sßeiber  jianben  binter  i^ren 
Scannern  in  feiner  SBeife  jurüc!.  ®ie 
liegen  ftdt)  aümonatlid^  eme  SWobep  uppe 
t>on  ^axii  fommen,  um  ja  feine  Sorbett 
länger  alä  nötig  mar  ju  oerfäumen ;  jte 
fdt)icften  auc^  if)re  ©d^nciber  bort^in,  ba| 
biefe  ftcfe  bort  über  aüee  oergemiffern,  maö 
bie  Irad^t  befc^Iagen  fonnte. 

2)er  obengenannte  2BoIfgang  Dum 
fd^rieb  meiter  (1663:)  „SBoüte  jemanb  bie 
Äteibcrprad^t  ber  SBeibcr  anatomiren, 
mürbe  man  genug  ju  tt)un  friegen.  Äür|= 
li^  unb  ma^r^üfftig  fann  man  bat»on 
alfo  urteilen.  1.  SOßirb  gefünbiget  super- 
fluitate,  ha^  man  an  ©cmanb,  Kammer» 
tudt),  Sdnber  k.  mef)r  gebraud^t,  alö  bie 
S^otbburft  erforbert.  2.  Söirb  gefünbigt 
sumptaositate,  ba  man  aüertei  tt)eute 
©ai^en  auff  ben  Seib  leget,  in  ®oIb  unb 
©i[ber=©tücf,  ©eiben,  ©ammet,  Qltlo« 
unb  anbern  t^euerbabren  SJBafjren  ftd^ 
fleibet.  3.  2Birb  gefünbigt  novitate,  bag 
feine  Srad^t  fo  neu,  bunt,  fraug,  munber« 
lidf),  alamobifd),  man  narret,  äffet  unb 
alamobiret  immer  nad^,  balb  gct)et  man 
gtan^öfrfdt)!,  balb  ©nglifc^,  balb  iRiebers 
Iänbif(^,  balb  ^olnifd^,  ja  foüten  bie 
Surfen  fommen ,  man  mürbe  mol  auff 
Sürfifdt)  gefleibet  ge^en.  4.  2Birb  gcfün« 
biget  levitate  unb  scnrilitate,  ba  man 
fi^  mit  leid^tjtnniger  Äleibung  belanget, 
bie  ©lieber,  fo  (Sott  unb  bie  Statur  ju* 
bedfen  geiget,  fdt)änblic^  entblöget,  unb 
fonfi  auff  anber  SBeife  feine  8ei(f)tfinnig» 
feit  an  ben  Sag  giebet,  ober  anbere  mit 
Ä:Ieiber  baju  anrei^ete!  — 

Sßenn  Dum  fil)  ^ier  barüber  beflagt, 
ha%  nid^t  nur  i?ie  franjöftfdbe  OJJobe  na^« 
geat)mt  merbe,  fonbcrn  au^  bie  aüer  an^ 
bem  ßänber  unb  iBölfer  ©uropa'ä,  fo  iji 
eö  mol)l  met)r  ber  Unmut,  ber  biefeä 
fc^rcibt,  aU  bie  Sffiafjr^eiteliebe,  benn  menn 
auc^  ^ranfreid^  felbfi  ta^  eine  unb  anbere 
in  ä^nlid^er  gorm  bem  5tuölanb  entlehnt, 
b.  \).  üon  biefem  irgenb  eine  5lnregung 
empfangen  ^aben  modijte,  fo  jeigte  ft(^ 
je^t  ber  franjöfifd)e  Srfinbungägeifi  auf 
biefem  (Sebictc  fo  uncrfdböpflidb ,  bag  er 
aud)  bem  pu^füd)ti9fien  ©tu^ertum  ein 
»oQfiänbigeä  (genüge  leijlen  fonnte. 

hieben   ber   übermagigen  Sßermenbung 


%xaä)t. 


693 


bed  ^aatpuberö,  bet  Sc^minfc  unb 
ber  ©d)önpfläflerc^en  waren  eö  jc^t 
bie  ©c^Icppen,  bie  $8rujllä^e  unb 
„Jontanqen",  bie  am  meinen  Qtnjlog 
erregten.  2)ie  le^terc  war  ein  Äopfpui} 
unb  rührte  üon  ber  [d^önen  gontange 
l^er.  Sbre  Sntjief)ungäge[c^ic^tc  ä«*9t  fo 
red^t  bie  überreif  franEf)aftc  ÜJJobefudit  beö 
fTanjöftf(t)en  ^ofeö  *Jluf  einer  Jagbparlie 
trug  nämlid)  bie  SWaitreffe  einen  fleinen, 
mit  ^yebern  gefc^mücften  $ut.  ®in  f)ef« 
tiger  SZßinb  nötigte  fie,  ben  ^ut  ju  ent* 
fernen  unb  if)r  |)aar,  bamit  cä  nid)t  aü-- 
jufe^r  in  Unorbnung  gerate,  mit  23änbern 
aufbinbcn  ju  laffen.  2Bie  nun  berÄönig 
bie  (Snben  unb  (£c£)Ieifen  berfclben  im 
SGBinbe flattern  fat),  tuarb  er  [oentjiidt,  ba| 
er  bie  Trägerin  bat,  fo  ju  tierblciben. 
Sfiatürlict  wußten  bie  übrigen  ^ofbamen 
nid)ts  eiligere^  ju  tun,  alä  fd^leunigfi 
ben  jufäfligen  $u^  il)rcr  ilonfurrentin 
nad)juat)men,  unb  fo  fonnte  eö  nid)t 
fct)len,  ba§  ber  ÜJJobewcIt  hai  neue  ®lü(f 
in  furjcr  3«it  jugetragcn  würbe. 

3m  3al)re  1689  erfdiicn  gegen  bie  Fon- 
tange  ein  ®^riftci)en,  hai  an  S)crbl;cit 
ber  ©prad)e  nic^tö  ju  wünfc^en  übrig 
Ia§t.  Sä  ijl  betitelt:  „Der  gedoppelte 
Blasbalg  der  üppigen  Wollust,  nemlich 
die  erhöhete  Fontange  und  die  blosse 
Brust,  mit  welchem  das  alamodische  und 
die  Eitelkeit  liebende  Frauenzimmer  in 
ihrem  eigenem  und  vieler  unvorsichtigen 
Manns-Personen  sich  darin  vergaffenden 
Herzen  ein  Feuer  der  verbothenen  Liebes- 
Brunst  angezündet,  so  hernach  zu  einer 
hellleuchtenden  grossen  Flamme  einer 
bitteren  Unlust  ausschlägt  Jedermännig- 
lich,  absonderlich  dem  Tugend  und  Ehr- 
barkeit liebenden  Frauenzimmer  zu  guter 
Warnung  und  kluger  Vorsichtigkeit  vor- 
gestellet  und  zum  Druck  befördert  durch 
Emestum  Gottlieb,  bürtig  zu  Veron." 
©ine  jweite  erfd)ien  ein  3at)r  fpäter  ju 
iJranffurt:  „Die  verabgötterte  Fontange 
im  Gnadenschoss  des  Königs  von  Frank- 
reich verblichen,  jetznnd  aber  auf  den 
Häuptern  des  Frauenzimmers  in  Teutsch- 
land wider  lebendig  worden,  von  F.  L. 
von  Hohen-Uffer".  S)er  auegefprodjene 
ßifer  unb  ber  mä)t  ju  ferfennenbe  gute 
SCBifle  blieben  aud^  t)ier  ot)ne  Srfolg;  bie 
Fontange  ert)ielt  ft4  biö  um  1720,  benn 
jte  War  franjöfif«^  unb  ein  im  ^a\)x  1689  ju 
®et)er«bergf  erf4)ieneneö  ©d^riftc^en  fagt 
mit  Üfle(J)t:  „®äi  ijl  ja  leiber!  mel)r  alä  ju 
fc^r  bcfannt,  bü§,  fo  lange  ber  j^ranjofen« 
Sleuffcl  unter  un«  Xeutf<^en  regieret,   wir 


unä  am  öeben,  ©ittcn  unb  (S^ebräuc^en 
alfo  öeränbert,  hü^  wir  mit  gutem  iRed^t, 
wo  wir  nid^t  gar  naturalifute  ^ranjofen 
fetjn  unb  t)ei^en  wollen,  ben  Dtamen  eineö 
neuen,  fonberlid^en  unb  in  i^ranjofen  Der= 
Wanbelteeißolf  bcfommen  tonnen,  ©onfien 
würben  bie  granjofen  bei  ben  leutfdben 
nid^t  äfiimiret,  f)eute  ju  Sage  tonnen  wir 
nidtit  obne  fte  leben  unb  mu§  alleö  fran? 
jöftfi^fein.  ^ran?iörtfd)^@pract)e,fvan^örifd^e 
Ätciber,  franjöfifcfce  fcpeifen,  ftan^öftfiier 
^aueratt),  fran.^öfifd^  Sanjen,  franjöfifc^e 
SDiufif,  franjöftfcfee  Äranfbeiten ,  unb  ic^ 
befabre,  es  werbe  auc^  ein  franjöfifc^er 
Job  barauf  erfolgen,  weil  ja  bie  ^ieburd^ 
ticrübtcn   6ünbcn   nic^tä   anbera   progno« 

jlijiren 2)ic  meifien  bculfd)en  |)öfc 

ftnb  franjöfifdb  eingcrid)tet,  unb  wer  beut« 
jutage  an  benfelben  uerforgt  fein  will, 
mut  franjöfif^  tonnen  unb  befonberä  in 
^ariä,  welcf)ee  gleicfjfam  eine  Ünioerfität 
aüer  8etd)tfertigteit  xft,  gewefen  fepn,  wo 
nid)t,  barf  er  fid)  feine  Diec^nung  am^ofc 
mad)en.  Snbeffen  mod)te  bies  nocft  tjin« 
gcf)en  ....  *Jlllein  bieö  ifi  aud)  bi«  auf 
'4>riüalperfonen,  unb  biö  f^n  bem  $öbci 
getommcn,  unb  man  barf  fidb  nur  in  ben 
©tobten  umfel^en,  fo  wirb  man  finben; 
alleö  ift  franjöftf^." 

„*ffiill  ein  3unggefell  t)eute  ju  Sage 
bei)  einem  grauenjimmer  attresse  ()aben, 
fo  mu§  er  mit  franjöfifcf)en  gütigen,  2Befien, 
galanten  ©trumpfen  u.  f.  w.  angefiod)en 
fonimen.  2Benn  biefcä  ift,  mag  er  gleid^ 
fonj^  eine  frumme  |>abid^tö=9fJafe,  Äalbeö« 
'klugen,  33ucfel  (ober  wie  e«  anbere,  bie 
bergleid^en  »^erfonen  affectionirt  ftnb,  t)obe 
©(^ultcr  nennen),  SRaffjäl)ne,  frumme  Seine 
unb  bergleici)en  baben,  fo  fragt  man  ni^tä 
barnad);  genug,  ta^  er  fic^  nad^  langem 
Semen  a  la  mode  frans  fteüen  fann.  !}Jian 
bält  i|)n  für  einen  rcdt)t  gefdbicftcn  Äerl, 
ob  er  gleich  nidf)t  für  einer  glebetmauä 
erndition  im  fiopff,  unb  anfiatt  be«  ®e« 
^irnö  |)ecferling  bat.  6^  ift  unb  bleibt 
ein  Monsieur,  beforau«  wenn  er  etwa« 
wenige^  parliren  fann." 

Unter  fotanen  Umflanben  l)ielt  eö  fc^wer, 
ja  eö  war  ganj  unmöglidb,  burd)  eine 
dunere  ÜJJadbt  bem  Unwefen  (5int)alt  ju 
tbun.  ©elbft  bie  ^odbobrigfeitlid)en  ©rlajye 
biefer  3tit  treten  weniger  mebr  gegen  bie 
%xaä^t  felber  auf,  als  gegen  bie  25  et« 
m  i  f  db  u  n  g  b  e  r  '•£  t  ii  n  b  e.  iDicfe  foüen  auö« 
einanbergebaltcn  werben,  alfo,  i>a^  man 
fie  erfenne  in  ibrem  äußeren  5tuftreten.  2)aä 
War  ii,  wcii  ber  ^of  unb  ber  'ilbel  wollte, 
tx>ai  aber  bie  anbern  «Stäube  eben  t)atten. 


694 


Itadbt. 


S)tc  ©tanbeßunterfc^iebc  tvaxtn  bic  ^aupt« 
tricbfebern  biefer  Äonfurrenj  auf  Seben 
unb  Job,  inbem  bic  einen  ftc  mit  QÜer 
SJlübe  wiebcr^erpeücn,  bie  anbctn  »et« 
n)i[c^cn  tt)oOten. 

3n  biefem  Sinne  erldpt  ©eorg  I.  ton 
©adifen  [i^on  um  1612  eine  93etorbnung, 
bic  jebem  @tanb  biä  inö  fleinlid^jte  cot^ 
((ftreibt,  iraö  er  tragen  barf  unb  »aö  nid}t, 
tt)ie  inel  Qmq,  ju  biefem  ÄleibungöfiüdEc 
Berwenbet  nierben  bürfe  unb  wie  öiel  ju 
jenem  unb  mie  jebee!  ßeug  ju  fdineibcn,  ju 
ju  jieren  unb  ju  tragen  fei.  2)a  erhalten 
i|re  9Sorfcf)riften:  „Sie  »om  51bel  unb 
tai  abelid&e  grauen^immer;  $rofefforeö 
»nb  SDoctoreö  auff  ben  Unißerfitäten.  S)eren 
Söeiber;  ber  S)octoren  2;öd)ter;  |)offbiencr 
fo  nit  grabuiret,  3tem  ©ecretarien;  Tla- 
giPri;  ber  ^offbiener  unb  ©ecretarien 
Sßeibcr  (unb  „iljxi.  Softer");  Pfarrern, 
SBcibcr  cnb  Äinber;  ©tubioft;  ©c^löjfer, 
Oimtoögte,  SBcrmaltcr,  SBürgermeijler  onb 
SRat^gocrmanbten  (SCRannä*  r>nb  2Beibgpcr:= 
fönen);  beren  ©ö^inc;  beren  aSeibcrn,  3ung= 
frawen;  oon  ^anbclälcuten,  Ärametn  tnb 
tiermögenben  Sürgern,  fo  nicf)t  öon  jbrcm 
.^anbmcvgc,  fonbern  eon  \\)nn  ®ütern, 
(Rent^en  ober  anberm  bürgerlid)em  ©emcrb 
Ißi)  atlein  ernebren;  beren  ©öbne;  Sßeiber 
»nb  Södjter;  ®emeine  Sßürgcr,  ^anbrnergö» 
leute  onb  ©efcüen;  ©emeinen  33ürger  onb 
§anbtticrger  SBeiber  »nb  Softer;  ^anb= 
»erger  in  23orftabten;  Sorfiäbter,  fo  eigene 
Käufer  l)aben,  auc^  bie  $falbürger;  ©icnfi« 
boten,  Äned)ten  unb  SWögben;  ber  93amer§« 
mann   beneben  Söeib  fnb  Äinbern  .  .  . ." 

3m  18.  ^abrtjunbert  —  um  auct) 
biefeö  ber  Söoüfiänbigteit  millen  nod)  furj 
ju  berübren  —  blieb  grantreid)  tro^  feinet 
fittli(f)(n  3cifaQ^ö  immer  nod)  ma^gebenb. 
üioii)  unter  ber  [Regierung  ßubmig  XIV. 
trat  für  bie  mannlicbe  Äleibung  ber 
6f)araftcr  ber  ^altcnlofigfeit  ein.  jDcr 
SR  od  »urbe  balb  etwa«  enger  getragen, 
balb  weiter  unb  ganj  geöffnet,  na^  bem 
Sobe  ßubmig^  ganj  ober  iialb  jugefnöpft. 
SDie  ©tu^er  liefen  ibn  »on  ber  laiüe  ab^ 
martö  mit  berbem  ©toff  ober  mit  gifcb» 
bein  glodenförmig  auöjieifen,  mai  bii 
jum  *}lu^gang  ber  iBierjigeriat)rc  beliebte. 
3)er  Äragen  blieb  meg,  bie  iärmel  ert)ielten 
einen  breiten  Überfd)lag.  t)er  93efa^  blieb 
ein  teid)er.  5Die  SBcj^c  »etlängcrte  ftd) 
»ieber  bis  jum  .^nie.  I)ie  Ob  erfreu* 
fel^ofe  oerengte  ftd)  mieber  unb  bie 
©trumpf^ofe  beftanb  meifi  au«  meiner 
©eibe.  *illä  ^"Petleibung  griff  man 
gum  ©  d)  u  ^  mit  ©cibcnlaf^cn  unb  ©pann» 


fc^natle.  I)ie  (Per rüden  würben  bcbcu« 
tcnb  einfacher. 

2)ie  $D  amen  Welt  ocräic^tete  auf  ben 
übermäßig  aufgetürmten  Äopfpu^,  ba  1714 
ber  Äönig  an  jmei  ©nglanberinnen  ben 
„nieberen"  fo  reijcnb  gcfunbcn,  ia%  et 
ftc^  äußerte:  „2Benn  bo^  bie  franjöftf^cn 
2)amen  nur  fo  fcrftdnbig  mären,  i^re 
läd)erlid)e  Coiffure  gegen  jene  ju  »ertau» 
fcben".  Unb  eben  bur^  biefclben  fam 
aud)  ber  fleine  SReifrod  mieber  ju  ßf)ren, 
ber  balb  einen  Umfang  »on  fteben  unb 
mcfir  ^u^  erreichte.  Um  aber  bie  ©  d)  l  cp  p  e 
bod)  md)t  JU  entbehren  befefiigte  mon 
rüdlingö  jmifdben  ben  ©d^ultern  ober  an 
ber  SLaiüc  eine  cntfprec^enbe  ©toffmaffc. 
5Der  Oberleib  jiedtc  in  einem  engen  Seib* 
c^en,  ber  ^alöau^fc^nitt  mürbe  tiefer.  33e« 
grciflic^  ert)ielt  jebe«  ©tüd  einjeln  micber 
feine  befonbere  Durd^bilbung. 

2)cutfd)lanb  fu^r  fort,  tai  neuefie 
nacbjuabnien.  Unberül)rt  blieb  baoon 
pd)jien«  noc^  etwa  bie  ßanbbetölfcrung, 
bie  einesteils  bic  ÜRittel  nid)t  batte,  fol« 
d)en  „©taat"  anjufd)affen,  anbernteilS  bie 
3eit  nid)t,  ibn  ju  tragen  unb  ju  pftcgcu. 
2luc^  mar  bei  bem  5lbpngigfeitö»erbält* 
niS,  t>a^  jmifdjen  ©tabt  unb  ßanb  ju 
(Sunftcn  ber  erfteren  oiclortS  noc^  ^errfc^tc, 
bei  bem  le|tercn  bie  5lbfc^eu  cor  ber 
„fiäbtifd)en"  SDJobc  f^on  allein  ücrmögenb, 
ftc  in  S[RiPrcbit  ju  bringen,  ©o  ging  bei 
aRobe  =  „Teufel"  feinen  ®ang  tro^  ber 
immermä^renben  Eingriffe,  bic  er  aud^ 
je^t  JU  erbulben  batte,  namcntlid)  »on 
©eite  ber  frommen,  bie  an  ber  ^anb  ber 
33ibel  baarfd)arf  nacbwiefen,  ba^  biefe 
SD?obe  nor  ©ott  ein  ©reuel  fei.  @o  bic 
©dbrift:  „Inversns  DecalogüS  Mundi. 
Das  ist :  Die  verkehrte  Welt.  Oder  zehn 
Hanptlaster  der  heutigen  Welt.  Wider 
die  H.  Zehn  Gebote  Gottes,  Sehr  an- 
muthig  und  Instig  zu  lesen.  Nebst  einen 
angenehmen  Valet  der  Welt,  Vorgestellet 
von  Einen  Weltkündigen  Liebhaber  der 
Wahrheit,  Nahmens  B.  F.  H.  Gedruckt 
im  Jahr  Christi  1712."  u.  a.  m. 

2)Jet)r  unb  mcbr  wid)  aud)  in  ben  öji« 
lid)en  ©taaten  aller  2Biberftanb;  felbfl 
SZBien  erfdjlo^  fid)  nad)  bem  ?lblcbcn 
Äarl  VI.  ber  jemeiligen  SlRobc  immer  me^r, 
unb  in  ber  jmeiten  J^älfte  beS  3a^rf)un» 
bertö  mar  faum  ein  beutfd)er  ^of  ju  fin« 
ben,  ber  nic^t  nacb  franjöftfdbcm  SlRufict 
cingcrid)tet  gemcfen  märe,  ©clbfi  bai 
3ubc^ör  an  3<'9ben,  ^^t^tn,  Opern  jc. 
montc  Äciner  mct)r  entbehren.  95oran  ging 
©ad^fcn  unter  Qlugufi  I.  unb  II.  unb 


Srauerficibcr  —  Zxintböxntx. 


695 


bcm  ©ünftling  beliebteren,  bem®rafcn 
Don  93rü^I,  ber  einen  eigenen  ^^offiaat 
unterhielt  mit  jatjllofen  ^auöbeamten, 
(j.  93.  brei^ig  Äöc^en),  für  bie  er  bic  Älci* 
bungöpücfe  biö  in'ö  Äleinjle  auö  *Pari^  be« 
jog.  2)ie  Sac^fen  galten  ba^er  mit  SRed)t 
aU  „bic  ^vanjofen  in  S)eutfd)lQnb." 

2>ie  *pra<^tliebc  beö  erflenprcuf  i  f  cfeen 
Äcnigei,  ^vicbrid)  I.,  ift  betannt.  *Jtnberö 
t»etl)a[t  fid)  ^ricbri^  Sßilbelm,  ber  bei 
feinem  SRegierungöantritt  (1713)  88  5lam. 
mer^errn  unb  5at)Ireid:)c  anbere  Sebienfiete 
entließ  unb  baburd^  unjweibeutig  ju  er= 
fennen  gab,  meffen  man  fidi'ö  bei  if)m  ju 
»erfetjen  i)abi.  (5r  felbfl  trug  einen  brau= 
nen  SMocf  (^abit)  mit  englifdben  Qluffdölägen 
unb  eine  rote,  mit  Silber  borbierte  2Befte, 
Bon  1719  an  eine  fct)mu(fIofc  Uniform. 
S)ie  2Bolfenperrüde  üertaufci)te  er  i^uerft 
mit  bem  einfachen  „SDf  uff  er",  ober  „ÜJJir-- 
leton",  entfernte  aber  aud)  biefen  balb 
unb  flocht  bie  eigenen  ^aare  in  einen 
3opf,  maö  er  aud)  auf  fein  |)cer  über« 
trug.  (Sein  ganjer  ^of,  ®emal;tin  unb 
Äuiber  inbegriffen,  folgten  feinem  93eifpiel. 
^ud)  in  meiteren  Äreifcn  blieb  fein  *Bor= 
gelten  nid)t  obne  (Sinfiug,  ba  er  tlug  ge» 
nug  mar,  nid)t  burc^  ©rlaffe,  bie  bod) 
nid)t  auöjufübren  waren,  fid)  ju  blami= 
ren,  fonbcrn  bie  4>offart  felbfi  burdb  it)rc 
SDarfteüung.  <Bo  fül)rtc  er  ber  franjöfifd^en 
®efanbtfd)aft,  bie  auä  brci§ig  *Perfonen  bc= 
jianb  unb  beren  (£influ§  bei  ^ofe  er  bre= 
d)en  moüte,  bei  einer  SRceue  ganj  uner* 
märtet  bie  *Profo^en  ber  iKegimenter  in 
franjöfifd)er  Sradit  oor  mit  möglid)fier 
Übertreibung  —  in  riefigen  ^üten,  mit 
^ebern  bebedt,  in  Of^öcfen  mit  übergroßen 
5luffdilägen  unb  mit  gemaltigen  ^aarbeu^ 
teln.  I)ae  tl)at  gute  SBirfung,  um  fo  mcl)r, 
ba  ber  Äönig  balb  barauf  aucfe  allen  al^ 
„infam"  SrHärten  ben  ^aarjopf  obfc^nei« 
ben  unb  bie  ^Perrüde  auffegen  lie§.  ®o 
wählte  er  aud)  für  feine  luftigen  SRäte 
immer  baejenige  nuö,  maö  er  lä^erlid)  ma- 
(ften  moHte.  ?luf  biefe  SBeife  brachte  er 
bei  ben'fflannern  eine  folbatifd)e  Äleibung, 
ben  fnappen,  abgcfd^rägten,  blauen  %xad 
unb  ben  breiectigen  |>ut  ju  jiemlid)er 
QSerbreitung,  S)ie  große  ^errücfe  blieb 
nur  x\oi)  bei  ÜJliniftern,  SRaten,  Doftoren 
unb  ©eifilicften,  mürbe  im  übrigen  burd) 
ben  „Sltuffer"  erfe|t.  2ßcr  fic^  mit  bem 
3opfe  nid)t  befreuuDcn  fonnte,  fräufelte  bie 
^aare  über  ben  Dljren  ju  tleinen  9iunb= 
mülften  auf.  5l5orftedärmel  unb  6ct)ürjen 
würben  gebraud)t,  „3abot"  unb  ÜJianfd^et» 
ten  üon  ben  ^emben  getrennt  be^anbelt. 


überhaupt  ging  oon  "Preußen  ein  neuer 
®eip  ber  (Srnüc^terung  unb  ©parfamfeit 
auei.  2Beniger  glüdlid)  mar  ber  Äönig 
mit  feinen  SReformplcincn  bei  ben  grauen. 
2)iefe,  anfängli^  fd)üd)tcrn  na^gebenb, 
entfd)abigten  fid)  für  bie  bcjd)ränfte  (Stoff* 
füüe  burd)  bie  ^Ui^fiattung  mit  tö|llid)en 
©pi^en,  unb  als  ^riebvid)  2ßilbetm  ftarb 
unb  ^riebrid)  II.  ben  Jbron  beftieg,  ner* 
fielen  ftc  mieber  üoUftänbig  bem  •?)ang 
na^  ber  franäöftfd)en  SDJobe,  wie  aud)  bic 
ÜJIänner,  tro^  bem  militärif d)en  ©e* 
präge,  baö  if)r  Sluftretcn  behielt,  für  ben 
franj^öfifd^en  ©influß  mieber  jugänglid)er 
maren,  um  fo  metir,  ia  ber  neue  Äönig, 
menn  aud)  nid^t  ein  ^rcunb  ber  franjö* 
fifd)en  3;tad)t,  fo  bo*  ein  SSere^rer  ber 
fransöfrfd)en  Silbung  mar  unb  bie  fran« 
jüfifd)en®elel)rten  an  feinem  ^ofe  flct^  gern 
gefcben  unb  gelitten  Waren.  S^*^^"!  ^^"^ 
§riebrid)  Diel  ju  febr  mit  feinen  wcitge- 
^enbcn*piänen  bcfdjäftigt,  ale!  t>ü^  er  ben 
fteinlidien  Streit  um  ben  ,.%xad  ber  5rieb= 
rid)=2öilbelmöä5)tänner"  t)atte  aufnef)men 
unb  weiterführen  mögen.  3^  feinem  'Ml* 
ter  fprad)  er  fid)  wobl  bie  unb  ba  fd)arf 
gegen  ben  mobifd)en  Äleibcraufwanb  auä ; 
(i  gefd)al)  baö  aber  mebr  nur  in  einer 
<}lnwenbung  feiner  eigenftnnigen  ^errfd)ers 
laune  unb  blieb  barum  aud)  ol)ne  ©rfolg. 
^ranfreid)  ^attc  mit  feiner  OJiobc  ju  (Jnbc 
teei  3a^rt)unbert^  bie  3BeIt  erobert,  unb 
eö  bel)ielt  fie,  biö  c(S  il)r  mit  bem  ©d)Wertc 
in  ber  .^anb  aud)  bie  „J5reil)eit"  bringen 
wollte.  5Der  *Uuögang  be«  Kampfe«  ifi 
befannt:  S)aö  alte  (Suropa  würbe  in  fei* 
nen  ©runbfeficn  erfd)üttert.  S)ie  alten 
©taatöformen  fielen  mit  it)ren  becngenben 
iBorfc^riften  unb  33erorbnungcn  unb  mit 
biefen  fiel  aud)  ber  (äegenjianb,  ben  fte 
befämpft,  bie  franjöfif  d)e  Srad)!.  fHaä) 
SB  eiß,  Äoftümfunbe. 

Stanerllcibcr,  S)ie  Srauerfarbe  ber  <MI= 
ten  war  SBiolett.  ilBittwen  üerbüQten  um 
1350  ben  Äopf  na*  «Ronnenart,  trugen 
bunfleä  Äleib,  weißet  ©Eapulier  mit  ge= 
ftidten  ober  gemalten  fd)Warjen  J^ränen 
unb  einen  ©trid  a\i  ©ürtel.  Um  1500 
fam  bie  fd)Warje  Jrac^t  auf,  Welcfcc  bic 
ftiinbige  blieb  unb  nur  nod)  in  il)ren  3"' 
tbaten  —  23inbcn,  ü)iü^en,  ®ürteln  unb 
©^leier —  oariierte,  bie  balb  weiß,  bnlb 
fcbwarj  getragen  würben. 

Srinf^örner  waren  neben  ber  l)obIen 
^anh  wobl  bei  allen  Golfern  bie  crjien 
Srinfgefäpe.  Stuc^  bic  ©crmanen  liebten 
ftc  unb  boten  fic  bei  it)ren  ^^f^^"  fleißig 
i)crum.     3n   einer    Seipjiger    Sammlung 


696 


Srifian. 


finbet  fxd)  ein  t^öncrne^  Jiinf^otn  auö  l>er 
Sronjcjcit. 

hai  Oottfrieb  üon  ©tra^bur^  i)ins 
tertaffen  ^at.  SDie  Sage  tft  «ic  biejcnigc 
bc3  5lrtu6  eine  britanifcbe,  fcf)eint  ober 
im  ©egcnfa^e  ju  bicfer,  tt>cl(^e  einen  l)u 
ftorifi^en  ^intevgrunb  £)at,  mebr  mptbifcber 
Statur  ju  [ein;  »ie  biefelbe,  o^ne  3>i^eif«I 
burdt)  normannifdi  cn9U[d)e  ©änger,  in  bic 
norbfvanjöfiWe  ßitteratut  geriet,  ifi  nid)t 
aueigcmittelt;  ebcnfowenig  ^nb  bie  [ranjö= 
fifdren  @ebid)te  er^)alten,  aus  bcnen  (Sott; 
frieb  feiner  eigenen  5lu«fage  jufolge  feine 
@efcf)i(fttc  cntnal)m.  ©ine  SBetbinbung  ber 
Strifianfage  mit  ber  5lrtuö*  unb  ®ral= 
fage  ifi  nur  febr  ciuBertid^  ^ergejieüt  morben. 
fUucf)  baö  unterfcf)eibet  bie  Srifianfage  »on 
ber  ?lrtuöJ  unb  ©nüfage,  ta^  jene  üon 
»orn^ercin  eine  8iebe«fage  ifi,  äbnlic^ 
ben  ©agen  non  ^pramu«  unb  S^^iäbe, 
^ero  unb  Scanber,  iRomeo  unb  3ulie.  Son 
ber  Scliebtt)cit,  rcclcber  fic^  bie  Srifianfagc 
im  SOUttelalter  erfreute,  geben  namentlid) 
üerfc^icbenc  bilMid)e  Sarfteüungen  ^iu%' 
nxi,  fo  ^reefobarfieüungen  auf  bem  ©rtiloffe 
(Runfel^ein  bei  33ojcn,  ferner  mcf)rerc  Zip- 
p\ä)i,  ein  gcfd)nit3te0  (I;Ifenbeint'äftcf)en  u.  a. 
^00  ®ebid)t  ©ottfriebö  beginnt  mit  ber 
®efc^icf)tc  ber  ©ttevn  bes  gelben,  iH i »  a  li  n 
unb  Sölanfdbeflur;  »elc^  leitete  bie 
©cbmeftcr  beö  Äönigö  SJarfe  non  Äurnciüal 
ijl;  ber  SSater  ifi  i^on  einem  ^^einbe  befiegt 
fürs  Bor,  bie  Tlixttix  bei  ber  ®eburt  bea 
©öbnieinei  gefiorben,  taQ  nun  uon  bem  ge- 
treuen 9Wari'd:)an  beö  93ater^,  SRual,  alö 
beffen  eigenes  Äinb  ju  fid)  genommen  unb 
aufcrjogen  rt)irb.  fRornsegifc^c  Äaufleute 
entfüt)ren  ben  Hjabritien  Änaben,  an  beffen 
©cjtalt  unb  ©egab'ung  fte  ©efallen  gefun^ 
ben,  mit  fr*,  fe^en  \\)n  inbe«,  burct) 
einen  fd)redlid)en  ©türm  jur  Ocrfenntniö 
ibrer  JRaubtbat  gcEommen,  mieber  ane 
ßanb.  iBon  jwci'^Jilgern  begleitet,  trifft 
er  jufätlig  auf  bie  ^ü%tx  feine«  iljm  un= 
beEannten  D^eime  ÜJiarfe,  beren  ßob  er 
ft^  burd)  feine  meifterlidien  Sägerfünjie 
gewinnt;  üud)  ber  Äönig  felbft  fübtt  fic^ 
fo  ju  bem  3ü"Slin9«  ^ingejogen,  ta^  er 
it)n  ju  feinem  Si^S^^^^'P^^  ernennt,  ja 
ibm,  nad)bcm  fener  fic^  aud)jm  bö<^lien 
(ärabe  ber  ©prad)e  unb  beö  toaitenfpieleä 
funbig  ermiefen,  gerabcju  feine  5teunbfd)aft 
antragt.  93ier  3abre  fdjon  hält  fid)  Sri^an 
an  Ötartee'^of  auf,  alö  fein  ^(flegeoater 
IRual  nadb  mül)feligen  SlBanberungen,  bie 
er  um  3;rijianö  n)ilien  unternommen  bat, 
ben  ©rfebnten  finbet  unb  DorÄönig  üWarfe 


bag  (Rätfei  feiner  ©eburt  löji,  Vorauf  fi^ 
biefer  bereit  erflärt,  (Srbüater  fcineö  D'leffen 
fein  jumoüen.  ®r  folgt SriftanöSd) wert = 
leite,  bei  tt)el(f)er  ©ottfrieb  Sßcranlaffung 
nimmt,  in  einer  berühmt  geworbenen  f  laffi« 
fd)en  ©teile  fein  Urteil  über  bie  bebeutenbften 
beutfd)cn  böfifd)en  5Did)ter  au«äufpredben. 
SRac^bem  SOiarfe  feinem  iReffen  nerfproiien, 
t)a^  er  feinetmegen  unüere|)cli(^t  bleiben 
motte,  febrt  bicfer  in  feine  ^eimat  ju« 
rücf,  radbt  feinen  SBater,  übcrgiebt  aber 
fein  tttiebergewonneneö  ßanb  feinem  gc» 
liebten  9iual  unb  fe^rt  ju  feinem  Dt)eim 
tDiarfe  jurüdE.  ^ier  i(i  foeben  ÜRor  olt 
üon  3rlanb  erfcl)iencn,  um  für  feinen 
©cbmä^er  ben  feit  mehreren  3«^'^^^  ^uf' 
erlegten  3*"^  unb  brei^ig  eble  Jünglinge 
jU  b^ifd)en;  irifian  benoegt  feinen  Dbeim 
ben  ßinö  JU  weigern  unb  bejlebt  ben  in 
biefem  %a{li  auebcbungenen  ß^J^^f^mpf 
mit  SKorolt;  jmar  befiegt,  erf^lägt  et 
biefen  im  jmeiten  Sßaffengange,  nad)bem 
er  freilieb  im  crficn  aSaffengange  burci^ 
SOtoroltö  »crgifteteö  ©cbi^ert  eine  SBunbc 
erhalten,  bie  nacb  SDloroltö  eigener  5luös 
fage  bloö  burc^  beffen  ©cbmefter  3fot 
geseilt  werben  fann.  5Da  infolge  beö 
ilusgangö  biefeö  Kampfe«  3rlanb  für 
Jrijian  »erfc^loffen  iji,  frebt  er  jtcb  ge* 
nötigt,  als  ©pielmann  »crfleibet  jeneö 
ßanb  ju  betreten,  wo  e8  if)m  wirflic^ 
burdb  feine  ßiji  gelingt,  bei  ber  Äönigin 
@inla§  unb  t>on  i|r  Teilung  feiner  SBunbe 
ju  erlangen;  al«  Sntgelt  bafür  bat  er 
bie  2;od)ter  ber  Äönigin,  bie  junge  3fot, 
in  ©aitenfpiel  unb  ©pracfcen  ju  unter« 
weifen.  i)tad)bem  er  ju  SOtarEe  jurüdge* 
Eet)rt,  ftebt  ftcf)  biefer  auf  ben  SRat  »on 
Dteibern  Jriftanä  unb  auf-  beffen  eigenen 
9iat  bin,  Deranlaft,  an  eine  Serebeli^ung 
^u  benEen,  unb  jwar,  wieber  auf  Ürifian^ 
SRat  ^in,  mit  ber  jungen  3fot.  iRatürli^ 
Eann  Eein  anberer  alö  Srifian  felber  ber 
Srautwerbcr  fein,  unb  eä  gelingt  it)m  nac^ 
fielen  Qtbcnteuern,  worunter  aud)  ein 
2)ra4)enEanipf  erfd)cint,  bie  ©inwitligung 
JU  ert)alten.  ^ux  ^eimfat)rt  gicbt  bie  alte 
Königin  ber 2od)ter  ibre 3li\td '-Örangaene 
unb  juglcicft  einen  SDHnnetranE  mit, 
welcfeen  ©rangaenen,  nad)bem  ficb  Sf"* 
unb  SOJarEe  in  öiebc  »ereint  l^ätten,  biefen 
ftatt  SBeineö  fcbenEen  möge.  2öal)renb 
bie  SReifenben  einmal  Dtube  galten ,  unb 
baä  23olt  ficb  äui'  (4rlujiigung  an  baö 
ßanb  begeben  bat,  befucbt  Srijlan  bie 
Königin  unb  beget)rt  wä^renb  beö  S^^^' 
9efpräc^ö  ju  trinEen;  t>a  rcicbt  i^m  eine 
ber  anwefenben  3un9frauen  unwiffentUd^ 


Irojanifc^cr  .^tict^  —  £ruhe. 


697 


jcne^  ®cfäf;  Slriilan  bietet  c^  juerfi  ber 
Petrin,  bann  trinft  er  felber,  unb  fofort 
crwacbt  in  beiber  ^scr^en  glübenbe  Siebe 
unb  e^  nü^t  nici)t^  mii)X,  baf  bie  er= 
fc^rodenc  Srangacne  baö  ®Irtö  inö  ÜJJeer 
roirft.  JJun  foTgen  rerfcbiebene  5tbenteucr, 
hjeldbe  aüe  batauf  hinauslaufen,  ben  mit 
3fot  tictmäbltcn  Äönig  SOtarfe  wegen 
ber  Sreuc  feiner  ©attin  ju  tdufdbcn,  ttio= 
bei  au^er  bem  Könige  felbfl  balb  beffen 
3;ru($fe§,  balb  ein  S^^^erg,  ber  Setvogene 
t|i.  önMid)  überjeugt  ficf)  benno*  ber 
^önig  ber  Untreue  feinet  Steffen  unb  feiner 
®atti'n,  bod)  finb  it)m  33eibe  ju  lieb,  um 
fte  ju  töten,  er  pcrbannt  fte.  3"  ^^^ 
Sßilbniö  t)alten  fte  fiel)  in  einer  t)errli(l)en 
5D?innegrotte  auf,  roo  fie  ber  jagenbe  .tönig 
neuerbingä  finbet  unb,  burd)  eine  ßifi  t>on 
neuem  getäufcbt,  beifen  oergiebt.  SBicberum 
aber  überrafcftt  5Dtarfc  ia^  *^aar,  worauf 
Sriftan  fliel)t  unb  in  ber  ^rembc  eine 
Siebfcfeaft  mit  einer  anberen  3fot,  3fot 
2Bei§banb,  anfnüpft.  2)ie  ^Dichtung 
bricht  mit  ber  (Srjäl)Iung  ah,  mie  Jri  jlan 
biefer  neuen  ©eliebten  fcfeöne  ßieber  ge- 
bidbtct  unb  gefungen  babe. 

S)a0  unnoüenbet  bintertaffenc  ©ebic^t 
bat  jwei  i^ortfe^cr  gefunben:  Ulridb  üon 
3;ürt)cim  fcfericb  um  1240  feine  ettttaS 
fd)tt)ächere  unb  notbürftigc  üßeitcrfübrung; 
er  würbe  mefentlid)  unb  mit  ®lü(f  über« 
troffen  pon  ^einrieb  »on  ?frciberg, 
um  1300.  5lut?gabe  beö  irijlan  mit 
fämtlicbcn  ^ortfe^ungen  oon  gr.  ^.  p.  b. 
^agcn,  2  iBdnbe,'  ^öreelau  1823.  ««euefic 
Ausgabe  t>on  (Sottfriebs  Sriüan,  t>. 
[Rein  t)oIb  Seift  ein,  2  Sänbe,  Seipjig, 
1869.  3?on  ebenbemfelben  ber  Sriftan 
beö  Reinritt)  »on  ^i-'ciberg,  ßeipjig. 
Srojanifcficr  trieg  gebort  jwar  unter 
biejenigen  Stoffe  bes  böfifcf)en  Spoö,  metcbe 
ber  antifen  Sagenwelt  entnommen  ftnb, 
erfreute  fic^  aber  burcbauö  nic^t  ber  ^Jbc- 
Iiebtf)eit  wie  bie  Sagen  pon  5tenca^  unb 
5lteyanber;  eineöteil«  fehlte  eö  an  genügen^ 
ben  Süueüen,  benn  .^omer  würbe  in  biefer 
(Periobe  auf  beutfcbem  Soben  nicbt  gelefen; 
anberfeitö  an  einem  gelben,  ber  wie  5tencaö 
unb  ^lleyanber  ;;um  Stjpuä  beö  9{ittertumö 
umgebilbet  werben  tonnte.  2)ic  latei« 
nifd)en  DueÜen  ber  mittelalterlicben  Sro^ 
janer  s®cbi($te  finb  S)are0  unb  35ictt)S. 
9)on  biefen  gilt  2)arcö  $brt)giuä  ali 
93erfaffer  einer  Historia  de  excidio  Trojae, 
einer  furjgefaBten,  flüd)tig  unb  in  f(^Iect)= 
tem  ßatein  gefd)riebenen  (grjäblung  non 
ber  jWeimaligen  3"fl''rung  iroja'^,  burd) 
J^erfuleö    unb    burd)    bie    ®ricd)en,    mit 


furjer  2}erüt)rung  ber  iitrgonautenfaört, 
angeblid)  t>on  Gorneliusi  Ultpoi  ine  Öatei« 
niid)e  überfefet;  ber  33ctfaffcr,  nimmt  man 
an,  babe  etwa  im  6.  3abrt)unbert  n.  St)r. 
gelebt,  ©rgän^t  würbe  3)arc«  auä  ben  Ephe- 
meris  belli  Trojani  eine«  gewiffen  3)ictl)^ , 
unter  bem  fid)  ein  fpätcrcr  ©ramw.atifer 
Dcrbirgt.  5luä  biefen  DucUen  tjat  ber  norb? 
franjöfif(^e  S)id)ter  Senoit  be  SaintslDJore 
im  12.  3abrbunbert  ein  gro^eö  ©ebic^t 
pon  etwa  30000  Serfen  Perfa^t,  destruc- 
tion  de  Troyes,  roman  de  Troyes,  weld)e^ 
feinerfeit«  Queüc  geworben  ift  für  ein 
beutfd)e«s  6poS  beä^erbort  von^ri^« 
lär,  liet  von  Troye;  biefeä  ©ebicfet  ifi 
im  iUuftrage  bc«  funßliebenben  öanb» 
grafen  .^ermann  »on  Ibüringen  gefc^rie* 
ben,  ber  taQ  franjöftfd)e  Original  oon 
bem  fianbgrafen  t>on  Seiningen  erbalten 
hatte;  eö  fäüt  alfo  in  ben  Einfang  beö 
13.  3at)rt)unbertS.  Ungleid)  iwüfommcnet 
in  ©arpeüung  unb  5lußbrucf  atä  biefc^ 
©ebic^t  iji  ber  Srojaner  Jlrieg  beö  jlon* 
rab  »onSBüräburg,  beffen  ^auptquettc 
berfelbe  franjöfrfdje  Siebter  war;  Äonrab 
fiarb  über  bem  unfotlenbet  gebliebenen 
Söerfe,  baö  bann  ein  Unbefannter  ooü* 
enbete.  Serüf)mter  aU  bie  genannten  Se« 
arbeitungen  ber  Srojancrfage  würbe  enb* 
lid)  ber  lateinifd)e  $rofaroman  beö  ®uibo 
be  ßolumna,  9ftid)ter  in  93?cfftna: 
Historia  destructionis  Trojae,  1287  ooH* 
enbet,  ebenfaüö  unter  Senufeung  beS  fran* 
SÖftfd^en  ®cbid)te'5  aufgearbeitet.  S)er 
Ütoman  würbe  fajl  in  aüe  €prad)cn  Suro» 
paö  überfeßt  unb  in  einer  9J^affe  oon  ge« 
brudten  QUtegaben  »erbreitct;  man  bat 
liberfe^ungcn  inei  3tfllicnifd)e,  granjöftfdjc, 
@panifd)e,  6nglifd)C,  2)eutfd)c,  O^ieberfdc^* 
fifcbc,  |>o[Iänbifd)e,  !ööbmifd)e,  ®änifd)e. 
*}lu«i  il)m  entlehnte  aud)  ^Boccaccio  ben 
(Stoff  äu  feinem  Filostrato,  wcld)er  bie 
^auptqueüc  ju  Sbafefpeareö  Sroilu^ 
unb  ßreffiba  würbe.  2)ic  oerbreitetfie 
beutfd)c  Hberfe|ung  fiammt  t>on  ^ang 
2)air  ober  ^an«  ÜHair  oon  9Jörblingen, 
auö  b.  3.  1392  unb  ift  oft  gebrucft  wot« 
ben.  (Snblid)  bat  ein  unbefannter  ©i^« 
ter,  ber  fid)  betrügerifd)  Jöolfram  non 
(Sfdienbad)  nennt,  im  14.  3ahrl)unbcrt 
biefelbe  Sage  in  etwa  30  000  Werfen  bc= 
^anbelt.  ^.  2)unger,  2)ie  Sage  fem 
trojanifdjen  Äriege  in  ben  Bearbeitungen 
be«  ÜKittelalterä.     ßeipjig  1S69. 

^ruic  nannte  man  einen  red)tecfigen 
Äaften  mit  flad)em  ober  gewölbtem  ©ecfci. 
S)ie  SSorbevfeite  war  nad)  SBermögen  mit 
Sdbni^ereicn  unb  CWalereien  gegiert.    2)ic 


698 


SluniccHa  —  lurniet. 


Sltul^e  biente  jur  SBcrforgung  bcr  bleibet 
unb  !o|ibQrer  ^auögeräte,  ju^aufefowo^l, 
lüie  ttamentlicf)  beim  Sranäport. 

^uniccKa,  eine  ctwaö  fürjcrc  Sunüa, 
bie  im  früheren  SOJitteklter  pon  ber  gtic« 
ä)\\ä)m  ©ciftlii^feit  unter  bcrSalmatifa 
getragen  »urbc.  3u  Einfang  bc«  9.  ^ai)i' 
^unbert«  [cbeint  fte  audb  im  iHbenblanbe 
aufjutrcten  unb  jwar  qU  Untetfleib  aöer 
®cifiti(i)en.  S)cr  SDiafonuei  trug  bie  Junis 
ccUa  un^  bie  2)almatifa  jugleid),  bcr  ©üb« 
biafonuö  erfiere  aüein.  £)ie  SuniceHa  war 
Bio  insi  11.  3a^r()unbert  weif,  mit  oioictten 
©aumjireifen  oefe^t,  bann  mit  ©olb  eer* 
Brdmt  unb  ctma  mit  fleinen  ®ä)etlen  be- 
dangen, ©tele  auc^  ben  Qtrt.  Ärönungö« 
tnfignien. 

Sunifa,  bog  crfi  ärmeßofc,  feit  ^ugufiuö 
3eit  mit  Qirmetn  »erfc^ene  leinene  ober 
rt)onene  UnterEIcib,  ta^  auf  bloßem  Seibe 
unter  bem  SOIantel  getragen  ttiurbe. 

S^urntcr.  2)ie  2;urnicre  ftnb  neben  bcr 
pfifdien  2)i(^tung  ber  eigenartigfte  5lU(^ 
brucf  be^  mittelalterlid^en  3tittertumö.  ©ie 
entfielen  ofjne  3*^6iffl  auä  alteren  Clcis 
terfpielen,  ton  benen  ber  ®efd)ic^ts 
fc^rciber  SRitbarb,  SBicr  Sucher  ®cfd)id)5 
ten  III,  6  folgenbcg  anfc^aulicfee  Silb 
giebt:  „3ur  Seibeäübung  jieüten  ftc  —  cö 
ift  üon  ben  beiben  ©ö^nen  ßubtrig  beö 
^jjrommen,  ßubtüig  bem  S)eutf(J)en  unb  Äarl 
bem  Äat)lcn,  bie  9^cbc  —  anä)  oft  Kampfs 
fpiele  an.  2)ann  famen  fte  auf  einem  bc* 
fonberö  auöericfenen  $Ia^e  jufammen  unb 
Jnä^renb  ringö  um^er  t>a§  23oIt  fi($  fd)arte, 
fiürjten  fic^  juerp  »on  beiben  ©eiten  gleid) 
ftarfe  ©c^aren  »on  @ad)fen,  SBaefen, 
5luflraftern  unb  Srittoncn  rrie  ^um  Kampfe 
in  fcbneüem  Saufe  aufeinanber;  barauf 
tticnbctcn  bie  einen  i^re  iHoffe  unb  fuc^ten 
mit  ben  ©c^ilben  [\ä)  becfeub  »or  bem  Qln« 
griff  ber  ©cgner  burd^  bie  ^ludjt  fic^  ju  rcts 
ten,  n^ät^renb  bicfe  bie  J^üel^nben  »erfolgs 
ten;  julc|t  fiürmen  beibe  .Könige,  umge= 
ben  non  ber  ganjcn  jungen  !F(annfc^aft, 
in  gefircdtem  ßauf,  bie  Sanjen  fd)tt)ingenb, 
gegen  einanber,  unb  balb  non  biefer,  balb 
öon  jener  ©cite  jur  |^Iud)t  ftc^  wenbenb, 
a^mt  man  ben  rtJcc^felnben  Äampf  ber 
©^la^t  nac^.  Unb  eö  roar  ein  ©(f)au« 
fpiet  bewunbcrnömert  »negcn  bee  ©lanseö 
unb  berDrbnung,  bie  l^errfditen:  bcnn  aud) 
nid)t  einer  üon  biefer  fo  großen  ÜJtengc  unb 
üon  biefen  nerf^iebenen  Sölfcrn  wagte, 
ftie  c«  fclbfi  unter  SBenigen  unb  unter 
Sefannten  ju  gefc^el^en  pflegt,  einem  an- 
bcrn  eine  SBunbe  ju  fd^lagen  ober  einen 
©c^impf  anjutun," 


SDiefe  iReitfpiele  erhielten  mit  ber^uf« 
na^mc  beö  JRitterttiefcn«  in  ^ranfrcid^  i^re 
ritterlid&c  Qluöbilbung  unb  jmar  toirb  in 
ben  32itbüd&crn  bcr  §ranjofc  Godefroi 
de  Preuilly,  11.  3a^t^unbert,  alö  ber* 
jenige  genannt,  ber  baö  furnier,  torne- 
amentum,  con  Iateinifd)tornare=bre^en, 
hi}Xtn,  menben,  franjöftfd^  tournoyer,  pro» 
ccnjiaiifc^  torneiar,  mftb,  tumieren,  er= 
funben  i)ait;  eö  ifi  nidbt  unwa^rfd^einli^, 
ta'B  bie  Srpnbung  bc«  franjöftfd)en  [Ritterä 
barin  bcfianb,  ta^  er  ia^  befle^enbe  tanp 
mäßige  JReitfpicl  mit  bem  ritterlichen 
SBaffcnfampfc  »erbanb,  eine  93eränbe* 
rung,  ttjcld^e  eincrfcitö  baö  blo^e  Dflcäfpicl 
bem  ernften  Äampfc,  anberfeitg  ben  eben* 
fall^  uralten  bloßen  Sanjen^  unb  ©c^wcrt* 
fampf  bem  fc^öncn  fünfilcrifd)cn  ©piele 
näherte;  ee  mar  gleid)fam  eine  iBerbinbung 
bcö  Janjc«  mit  bem  Äampfe. 

3n  SDeutfc^Ianb  wirb  juerji  im  ^ai)t 
1127  ein  tomeamentum  ermäfjnt,  tai  Rau 
fcr  ßot^ar  bei  SBürjburg  abt)iclt.  ©citbcm 
ifi  cg  in  S)eutfd^Ianb  tt)ic  in  ^ranfrcid^ 
»öQig  l)eimif^,  mie  u.  a.  tit  mieber^oltcn 
SBerbote  ber  *päpjtc  bemeifen;  boc^  erfolgt 
bie  eigentliche  5luäbitbung  biefeö  (Ritter» 
fpieleä  auf  beutfd^em  93obcn  erfi  in  ber 
jmeiten  ^älfte  beö  12.  3afert)unbcrtö;  auf 
bem  .Kreujjuge  unter  ßonrab  IL  unb  8ub* 
iüig  VII.  mürben  bie  2)eutfd^en  noc^  megcn 
it)rcr  Ungefd)idlid^feit  im  (Reiten  »on  ben 
^ranjofcn  cert)ö^nt. 

ÜJJan  mu§  nun  burd^auö  unterfd)eibcn 
jmifci^en  ben  furnieren  ber  eigentlichen 
t)öfifd)en  3«it,  im  12.  unb  13.  ^a^i^ün- 
bert,  unb  jmifdbcn  ben  fpäteren  furnieren 
be«  14.  m  16.  3a^r^unbcrt«.  SBaö  bie 
erficren  ober  bie  ad)tcn  Surniere  betrifft, 
fo  unterfc^ciben  fi(^  bicfelbcn  üon  ben  in 
biefer  Qät  fef)r  geläufigen  ritterlidbcn 
Äampf»  unb  (Reitfpielen,  bem  tjost  unb 
bem  buhart,  baburd^,  ba^  bicfe  jcben  SCugen» 
blid  jur  Übung,  jur  Äurämeil,  auf  ben 
2ßunf(^  irgenb  einer  ^erfon  angefieüt 
werben  fönnen,  »t)äl)renb  tai  Sutnier  jtetö 
»oraler  angefagti^.  5Daö  Jurnier  fanb 
nid)t  überall  in  gleicher  Sffieifc  j^att,  bie 
granjofcn  j.  23.  galten  aU  bi^iger  alö  bie 
S)eutfd)en,  mand)e  ©tämme  l)atten  grö§erc 
Sorlicbe  für  hai  ©piel,  anbere  geringere 
^rcubc  baran.  3"  =Sejiel^ung  auf  ben 
3tt)ed  bcöSurnicrg  untcrfd)cibct  man: 

a)  turnei  durch  lernen,  mittel« 
lat.  tirocinium;  biefc  ©piele,  burdb  tt>el(^c 
.Knappen  in  bie  Sturnierfunp  eingeführt 
merben  foHten,  fanben  unter  *Huffi(|it  aU 
tcrcr  SRittcr  jiatt.    5ibcr  bloö  bie  breile|« 


furnier. 


699 


ten  3a^rc  bcr  Änappenjcit,  in  hjel^cn 
ber  Änappc  kneht  t)ie§,  berechtigten  jur 
ieilname  an  biefen  STurniercn;  e«i  »ar  bie 
3eit,  h)o  er,  aber  nur  gebulbet,  [c^on  baö 
rittctlid^e  6d^mert  fü{)rte  unb  iai  ritter- 
Ii(i)e  iKo§  ritt ;  boc^  trug  er  jene^  nod)  nid)t 
gegürtet,  fonbern  mu^te  eö  an  bcn  ©attel 
Rängen.  Sin  folc^eä  Äned)tturnier  fanb 
auä)  am  läge  »or  ber  ®($tt)ertleite  fiatt, 
jur  *)8rüfung  berÄanbibaten  beßiKittertumö. 

b)  turnei  nmbe  gnot.  ^n  jebem 
Jurniere  get)örte  bie  Clüfiung  unb  ba^ 
SRo§  be^  (befangenen  r>on  üiec^t^  föegen 
bem©iegcr,  unb  bcr  ©efangene  mu^teftd^ 
für  eine  »on  biefem  geforberte  ©umme 
au^Iöfen.  S)oct)  galt  eö  für  anfianbig,  ben 
©efangenen  freizugeben,  'über  nic^t  ade 
Surniercr  beoba^teten  biefen  ^in^anb,  na» 
mentlicft  biejenigen  nicbt,  bie  crbeloö  im 
ßanbe  ^erum  abenteuerten,  gewanbt  im 
lurnieren  nsaren  unb  fid)  lebiglid)  bur^ 
lurniere  ertjielten.  Um  foIcf)en  ßeuten 
ibre  iJrcube  ju  laffen,  fliftete  man  gerabeju 
tourniere  umbe  guot,  jurnicre,  Wo  i>ai 
Seutemac^cn  bie  ^auptfad)c  mar;  mer  bier 
fein  ßöfegelb  tjatte,  mu^te  ze  den  juden 
farn.  5tm  SRbein  fanben  foId)e  2;urniere 
iai  ganje  ^ai)x  ^att. 

c)  ber  turnei  darch  die  vrou- 
wen;  barunter  t)crPcl)t  man  fottjol)!  ben 
auf  jebem  orbnung^md^igcn  Sturnier 
fiattfinbenben  2)amenfii^,  an  metd)em 
namentlid)  bie  vrouwen  ritter  teiljunet)« 
men  f)atten,  aU  überhaupt  folcbe  Surniere, 
tt)cl($c  ju  (Sbren  unb  jur  ©elufiigung  bcr 
grauen  angcftcUt  mürben,  ^i^o"«"  ^^^' 
men  überl)aupt  bcn  lebbaftefien  5tnteil  an 
fold^en  Selupigungen;  ja  e^  mirb  erjäblt, 
Wie  fie  fogar  Sbiannerrüfiung  angelegt  unb 
jum  @d)impfc  (jur  Äur^meil)  turniert  t)ät» 
ten.  ©iefc  Surnierart  artete  leid)t  in  ein 
(Salanteriefpiel  au^. 

d)  bcr  turnei  durch  ere  ij^  baöcbelftc 
Jurnier;  ^ier  fonnten  blo^  erprobte  9f{it.- 
ter  mit  Srfolg  fämpfen,  ©cfangcnc  mur^ 
ben  fofort  freigegeben.  Sßurbcn  jttiar  bei 
biefem  Surniere,  naü  bei  ben  brei  anbern 
'ilrten  »ermutlidb  nid)t  fiattfanb,  greife 
auägcfe^t,  fo  blieb  ber  liauptlo^n  für  ben 
©ieger  bo^  immer  ber,  bcr  gcfcj^icftci^e 
Slurnierer  genannt  ju  werben.  5n  ben  bö= 
fif^en  ©efdjic^tcn  gcfcf)icht  cä  oft,  ba§  bei 
einem  foI($cn  furnier  eine  I)ame  ftd)  unb 
it)r  ßanb  bcm  Sieger  aU  ^ui^  anbietet. 

Sflacfe  ben  33  e  b  i  n  g  u  n  g  c  n ,  unter  bencn 
baä  Surnier  fiattfanb,  tann  man  unter» 
fc^eibcn : 

a)  ber  turnei  ze  ernste.  2)arunter 


war  nid)t  etwa  ein  Jurniertampf  »crjlan* 
ben,  ber,  fricbticb  begonnen,  burct)  bcn 
3orn  bcr  untcrliegcnben  Partei  in  einen 
mirflic^en  itampf  ausartete,  wobei  man 
bie  fiumpfen  ÜBaffcn  mit  fd)arfcn  oer* 
taufd^tc,  fonbern  ein  Surnier,  hai  wirf* 
Iid)e  ^einbe  nadi  gcgcnfeitigcr  Scrabrcbung 
mit  fc^arfen  Sffiaffen  abt)iclten. 

b)  bcr  turnei  ze  schimpfe  iji  ein 
lurnicr  mit  fiumpfen  Sßaffen,  bcffcn  .^laupt« 
gewid)t  auf  ben  burc^  taii  tüniiu^c  SRci* 
ten  ausgebilbctcn  ©peerfampf  fäüt;  e^ 
f ommt  l)icr  »or  Qlflem  barauf  an,  mögtidjfl 
fiele  ©cgncr  auö  bem  ©attcl  ju  heben 
unb  ftc  jur  Sicherheit,  f  iance  ju  bringen ; 
ber  93eftegte  oerlor  baburd)  feine  ^rei^eit 
unb  cö  jianb  üöüig  in  bem  Selieben  be^ 
©iegcrö,  ob  unb  wann  er  ihn  freitaffen,  ob 
unb  für  welche  ©ummc  er  ihm  fein  ^ampf= 
3eug  jurücfgcben  woütc.  ^m  Ocgcnfa^e 
ju  biefem  Jurnicr  fleht 

c)  ber  turnei  zeschimpfemit 
V  r  i  d  e ;  hier  fc^te  man  von  oornhcrcin  eine 
ßöfefummc  feft,  bie  ber  93ertcgte  an  ben 
©icger  ju  jahlcn  i)atti  unb  bie  im  Durd)« 
fdhnittöwcrt  ber  ju  i^elbc  gebrachten  Sur« 
nierrüftungen  befionb.  Unter  Umiiäuben 
war  biefc  Surnicrwcifc  gefährli^er  aU 
bie  »orhergchcnbe;  bort  fonnte  ein  ebel' 
mutiger  ©ieger  feinen  ©cfangcncn  unter 
Umflänben  freigeben;  hier  ücrftanb  e^  ftd) 
unter  aüen  Umpiinben ,  ha^  hai  f  orher 
auögemad)tc  ßöfegelb  bejahU  werben  mu§te. 

d)  S5cr  turnei  ze  schimpfe  mit 
vride  mit  kippern  iji  hai  einjige  SHittcr* 
furnier,  in  welchem  eö  bcn  Änappcn  gc* 
flattet  war  in  ben  ^ampf  einjugreifcn;  ba 
fic  inbe^  feine  ritterlichen  Söaffcn  tragen 
burften,  mußten  ftc  ftd)  mit  einem  cinfai^cn 
Änüttet  behetfeu;  audh  fonnten  fie  nid)t 
ju  [Roffe  fi^cn,  mußten  vielmehr  ihrem  ^icrrn 
ju  ^uBc  nad)gehen.  ^^n  Qlufgabc  war  bcn 
abgcfiochencn  SRitter  fo  lange  mit  prügeln 
ju  traftiren,  biö  er  ®id)crhcit  gelobte. 
Diefe  wenig  höfifch«  Äampfweife  würbe  be* 
fonber^  im  lurnicr  umbe  guot  gcbulbet ;  im 
turnei  durch  ere  f(iloB  man  ftc  gewöhn« 
lid)  auö.  2)ic  im  lurnicr  geübte  Di  c  i  t  s  u  n  b 
Äampffunfl  erhellt  am  beutlid)fien  aui 
einer  ©tcüc  im  ^aräinal,  812,  9—16: 

Fünf  Stiche  mac  turnieren  hän : 
die  sint  mit  miner  hant  getan, 
einer  ist  zem  puneiz: 
ze  treviers  ich  den  andern  weiz: 
der  dritte  ist  zen  muoten: 
ze  rehter  tjost  den  guoten 
ich  hurteclichen  hän  geriten, 
und  den  zer  volge  niht  vermiten. 


700 


Jurnier. 


5Dicfc  ©teQc  tniri»  erfldrt:  ti  gebe  fünf 
JReittouren  im  Jurnier,  in  bencn  auf  ben 
©cgner  gefloc^cn  werben  fann,  Surnicr* 
fpeerfampf;  ju  it)nen  fommt  bann  bcr 
jurnierfchrcertfampf  ober  baö  zöumen. 

$Dcr  Surnicrfpeerfampf  befielt  alfo 
auö  folgenben  Souren  ober  ®ticfcen: 

1.  I>er  ©tief)  zem  puneiz  ifi  eine 
5tttQque  fämtlicfcer  ©cfearen  t»on  üorne 
auf  ben  geinb  mit  eingelegter  öanje  unb 
hurt,  b.  b.  mit  bemjcnigen  fio^enben  5tn= 
reiten,  tai  aucE)  bem  buburt  ju  ©runbe 
liegt.  5Die  ^unft  für  ben  Sinjelncn  befiel)! 
barin,  ju  ricfttiger  3eit,  fobalb  ber  gübret 
ber  Scbaren  ben  Sefebl  „zem  puneiz",  b.  |. 
^um  S53ed)fel  beä  ®aIopp=  unb  Äarriere* 
ritt^  giebt,  biefen  aueijufül)ren,  bamit  et 
ni(f)t  hinter  ben  anberen  jurütfbleibt. 

2.  2)er  ©tid)  ze  treviers  ifi  eine 
5tttaquc  fämtlid)er  ©dbatcn  » o n  ber 
recbten  Seite  auf  ben  ^^finf»  «lit  ein= 
gelegter  Sani;e  unb  ^urt.  2)ie  Äunfi  für 
ben  (äinjelnen  beflebt  barin,  fobalb  ber 
gübrer  ba^  .Rommanbo  „ze  treviers"  giebt, 
jugleicb  auö  bem  (Salopp  in  bie  Karriere 
unb  auö  ber  geraben  in  bie  fcf)räge  SRid)= 
tung  ju  fallen,  bamit  er  nic^t  jurücfbleibt; 
fte  ifi  alfo  »iel  fci^wieriger  ale  im  ©tic^e 
ze  puneiz. 

3.  2)er  ©tic^  zen  muoten  ifi  ia^ 
©teeren  eineö  (Sinjelncn  gegen  eine  ganje 
©cbar,  roobci  ee  für  biefen  barauf  anfommt, 
mät)rcnb  er  ben  einen  aufö  3^^^  genommenen 
©egner  trifft,  ben  ©tö^en  ber  Uebrigen  ju 
entmeii^en.  3)iefer©ti(t)  ifi  ba^erfd)tt)ieriger 
aU  bie  torbergebenben,  abn  oer^ältni^» 
mä§ig  feiten  unb  mu^  besbalb  alö  eine 
5trt  Sytra^Iour  gelten. 

4.  S)er  ©ticb  ze  rehter  tjost  ifi 
©injelattaque  mit  eingelegter  fianje  auf 
ben  ^einb,  gerablinig  ober  »on  ber  redeten 
©cite  ber.  ^Die  j^unfi  beö  (Sinjelnen  ifi 
bier,  burd)  gefcbicfteß  SReiten  ftd)  bem  .^urt 
be«;  ©efamtfampfe«  ju  entjiel^en  unb 
iid)tig  äu  beurteilen,  ob  eö  im  einzelnen 
gatle  rütlicfc  fei,  gerabe  ober  f(!)räg  ben 
©egner  anjurennen,  »ann  in  bciben  %'aUtn 
in  bie  Karriere  ju  fallen  fei  unb  ob  eä 
gut  fei,  gleidb  anfang«  ze  treviers  ju  reiten 
ober  erfi,  nac^bem  man  fc^on  im  puneiz 
bie  .Rorrierc  genommen  bat,  plö^lic^  in 
bie  CJicfetung  ze  treviers  ju  faüen,  voai 
befonber«  gro^e  ©cnjanbtbcit  erforberte. 
3cbc  ijofie,  bie  alö  t'unfigemä§  „gemeffen" 
gelten  fotl,  mu^  richtig  geritten  unb 
rid)tig  gefiochen  «erben.  >Die  beiben 
tjostiare,  b.  i.  bie  tjofiierenben,  reiten 
gerablinig  auf  einanber;  ifi  bie  Sljofie  ju 


®nbe,  fo  „kerent"  fie  ober  jic  „tuont  den 
wanc",  b.  i).  fie  reiten  jum  erfien  ©tanb= 
orte  jurücf,  laffen  fidb  neue  ©peere  geben 
unb  beginnen  ben  gerabliniaen  5Ritt  »iebcr, 
fo  bap  man  alfo  non  einer  erfien,  gweiten, 
fünften  Sjofi  fpricbt.  5Die  Sjofi  beginnt 
im  (Salopp  unb  gebt  natf)ber  in  bie 
Karriere  über,  wobei  bie  Äunfi  barin 
befiel)t,  jut  reä)ten  3«*^  ben  2Bed)fel  be« 
2:empo'd  eintreten  ju  laffen.  2)abei  treten 
jmei  %'düi  ein,  entmeber  reiten  bie  beiben 
tjostiare,  tti(il)renb  fte  bie  ©peere  Der« 
fied)en,  an  einanber  vorüber,  ober  fie  treffen 
mit  ben  3fJ offen  93rufi  an  33rufi  jufam« 
men;  ber  ytamt  biefe^  3"l'""^"'^"^f""<^"^ 
mit  ben  SRofCen  ift  hurten,  ber  ober 
bie  hurt.  6^e  bie  tjostiure  jum  ©ticf)e 
aneinanber  ritten,  galt  e^  die  tjost  ziln, 
b.  l).  ©  c^  i  l  b  unb  ©  p  e  e  r  funfigere^t 
ju  halten,  ben  @(^ilb  mit  ber  linfen  ^anb 
fo,  ha^  er  ben  ganjen  Dberförpcr  oom 
^ale  bi«  ju  ben  Änien,  »on  Dorne  unb 
Don  ber  linfen  ©eitc  bebectt;  daz  sper 
under  den  arm  slahen,  daz  sper  üfdiebrast 
limen.  3ielpunfte  be^  ©peerfio^e^  ftnb  bie 
üier  DJägel  ober  ber  ^alä  beö  ©egner«; 
bie  öier  ??ägel  befanben  ftd)  auf  bemjenigen 
Seile  beö  ©cbilbeö,  mcldjer  wd^renb  bed 
Äampfeö  bie  ^anb  bedte;  eö  ftnb  ol)ne 
3tt)eifel  biefelben  SJJögel,  rceld)c  innen  bie 
j^anbriemen  fefttiielten  unb  um  ben  €d)ilbs 
budel  l)erum  lagen.  93eftegt  ifi  ber  ®egner, 
menn  er  burcb  ben  ©to§  auf  bie  oier  ytä<^t\ 
ober  auf  ben  ^alö  abgefiodben  ober  roenn 
beim  f>urt  ta^  9io§  mit  fammt  bem  SReitei 
i^u  Söoben  gefunfen  ifi;  unentfc^ieben  ifi  ber 
.Kampf  unb  bat  alfo  auf«  9Jeue  ju  beginnen, 
wenn  bie  auä  bürrem  -^olje  gefertigten 
©peere  jerfplittert  ftnb  ober  menn  beim 
hurten  iai  SRo§  ^mar  ben  ©tof  auäge« 
balten  I)at,  bie  a^ticmen  bagegen,  meiere 
ben  ©attel  balten,  burd)  ben  |»urt  gelöfi 
fmb  unb  ber  ©attel  mit  fampt  bem  (Reiter 
oom  Üioffc  berabgerutfd)t  ift. 

5.  jDer  ©tic^  zer  volge  ifi  ein  ©tid^, 
ber  nacb  ben  eigentlid)en  Surnieren  fiatt* 
finbet  unb  bloe  üon  ben  gett)anbtefien 
Dieitern  gcfiodien  mirb;  eö  ifi  nod)  mebr 
aU  ber  brüte ©ti(i  ber  fogenannte  S)amen* 
fiid);  er  h)irb  blo^  auf  auäbrüdlic^e  i^Sro« 
Dotation  unb  3uftininiung  be«  ^roDojierten 
^tn  gefiod)en  unb  ifi  im  übrigen  aud^  ein 
tjost. 

S)ie  fiebenbe  gormel  für  ben  ©d^Iu§ 
eine«  getroffenen  ©tid)eö  niar,  ia^  ber 
*llbgefiöcbene  fragte:  wer  hat  mich  über- 
wanden? worauf  ber  ©ieger  antwortete: 
ich  bin  N.  unb  ber  Seflegte:  min  sicher- 


lurnier. 


701 


heit  si  din.  2ßuri>e  aber  betn  @egner  bloä 
^elm«  ober  ©c^ilbriemen  locfcr  gcmad^t  ober 
bic  SRiemcn  beö  9lojyeö  jcrfiod^en,  fo  mar 
er  nid)t  beftcc\t,  mu^tc  aber  com  Jurnier^ 
pla^,  um  fid)  mit  ^elm,  ©(i)ilb  unb  SRo§ 
auf«  S'ieue  ju  r)erfel)en.  35eim  (Snburteil 
fam  bann  frciti^  mit  in  Sctrac^t,  wie  oft 
biefeö  le^tere  eingetreten  mar. 

Sieben  bem  ituruierfpeerfampf  bcftet)t 
ein  5lürnierf d^merüampf.  (5r  {)ei§t 
t)ai  zöumen  unb  bejlef)t  barin,  ta^  ber 
SRitter  tai  3f{of  feincö  ©egnerJS  am  SüflCi 
nimmt,  mit  i^m  ummenbet  unb  c«  nac^ 
ber  ©eite  feiner  Surniergcnojycn  I)in  »om 
Sturnierpla^  ju  jieben  fucftt.  I)a  biefeä 
jeboci^  meiji  nict)t  fo  glatt  oon  Statten 
ging,  mu§te  bic  ®emanbtl)eit  beö  9teiterö 
burc^  ben  Äampf  untcrjlüt3t  merben, 
moju  man  eben  ben  <Sd)mertfampf  bcnu^te. 
©ben  in  biefer  lurniertour  griffen  nun  in 
fet)r  unfiöfifc^er  Sfficife  jene  kipper  ein, 
bercn  oben  gebadet  ifi.  Kipper  ift  eine 
turnierunfät)ige  *Pcrfon,  meldte  fxd)  miibrenb 
beö  Äampfeö  ber  53eute  ber  Ciittcr  bemäcbtigt, 
in  erfier  ßinic  Änappen;  ibre  2Baffe  \fl 
ein  *Prügel,  mit  bem  fte  ta^  SRo§  bcö  ®egs 
mxi  ibreä  ^errn  namentlich  beim  zonmcn 
traftieren.  Sffier  gezoumt  mar,  galt  natürlid) 
alö  befiegt. 

2üa0  bie  23eranfialtung  unb  SlujSs 
ticbtung  eine«  Suvnierö  fonjl  betrifft, 
fo  i)aüi  ber,  ber  ein  Surnier  abl)alten 
motltc ,  junäc^ft  ben,  gegen  ben  er  ju 
fdmpfen  beabji(^tigtc,  baoon  in  Äcnntni^ 
ju  fe^en,  den  turnei  anbieten.  S'ial^m  eö 
biefer  an,  fo  einigte  man  fxd)  über  bie  QSe- 
biiigungen,  unter  benen  ber  Surnei  abge== 
tialten  merben  foüte,  ob  ze  ernste  ober  ze 
schimpfe,  mit  vride  ober  äne  vride,  mie  ber 
Slurnei  stän  ober  gelten  foH,  b.  l).  mie 
l)oc^  bie  5luölöfungeifumme  anjufe^en  fei, 
ob  Äippcr  juäulajfen  feien  ober  nidbt. 
t)ann  mürbe  Qixt  unb  Drt  für  ben  Zm^ 
m\  fcjlgefe^t,  maö  bie  Seit  betrifft,  immer 
im  ©ommer  unb  jmar  meifi  amäRontag. 
Surnterort  ift  ein  großer  freier  $Ia^,  in 
ber  (Regel  in  ber  ytäi)t  einer  größeren  Stabt. 
33eibe  Seile  forgten  je^t  für  bie  ^ui  = 
tünbung  beei  Sturnierä,  den  turnei 
schrien,  ma^  burd)  knappen  an  befummle 
^erfonen  ober  an  jeben  turnierfal)igen 
2Rann  gefdial) ,  ber  angetroffen  mürbe. 
SOhnbeficnö  brei  SIBodjen  bauert  eö  non  ta 
big  jum  befiimmten  Jetmin.  5£)cr  2;urnicr:= 
pla^  ift  Don  ©^ranfeu,  hämit,  umfd^loffcn 
morben,  binter  benen  fid)  hai  gestüele 
für  bie  >Damen,  alten  ^errn  unb  bie  3!)Jit= 
glieber  be«  2:urniergerid)tö  erticbt.   Die  jum 


Surnier  Srfd)ienenen  mürben  gemujiett 
unb  geprüft,  ob  jie  turnierfdbig,  b.  ^. 
iRitter  feien  unb  jur  3eit  in  feinem  unfreien 
Sßcrbältniffe  fiünben.  3eber  lurnierteiU 
neljmer  tam  allein  ober  mit  feinen  ©efellen, 
mcldie  entmeber  t)ienftmannen  ober  ^iün 
maren  bie  ftc^  ibm  freimitlig  angcfct)lof[en 
ballen  unb  bann  mie  bie  I)iciiftmannen 
mäbtenb  beö  Surnierö  baö  iZBappen  il)reö 
erforenen  I)icnjlt)erren  trugen.  2öer  ganj 
auf  eigene  ^^aufi  fam,  t)ie§  muotwillaere, 
moju  bie  lantvaraere  gel)örtcn,  bie  baö 
lurnier  beö  (Srmerbö  megen  auffuc^ten. 
gerner  mürbe  fonftatiert,  ob  jeber  im  »or* 
gefd)riebcnen lurnieraufäuge  gef ommen 
fei,  nämlii^  georset,  mit  einem  ors  = 
5treitro§,  t)erfet)en,  'i>ai  ftetä  männlicb  unb 
meifi  ein  -^cngfi  mar,  unb  gezimiert, 
b.  i).  mit  ber  zimierde,  bem  |)clmf(^mud( 
unb  bem  SBappen  auf  bem  ©d^ilbe  ocr« 
fel)en.  ©obann  muffen  bie  2Baffen 
fpiegelblanf  üuöfel)en,  ganj  neue  (Riemen 
baben  unb  bei  allen  gleid^  fein.  S)a« 
äu  gehören: 

3)aä  harn as  ober  harn asch  ,  (Ring* 
panjer,  meld^er  mieber  aue!  ber  Sebecfung 
beä  Äopfeö  bejlet)t,  bie  coife,  konfe, 
kapfe,  bie  entmeber  ben  ganzen  Äopf  um* 
fd)lic§t  unb  bloö  8öd)er  für  bie  ?lugen  lä|t 
ober  liai  (Seftt^t  ganj  frei  giebt;  au«  ber 
'•Bebecfung  beöDbertörper«:  halsperc, 
unb  aug  berjenigen  ber  Seine  unb  güfe 
iserhosen  ober  iserkolzen,  3!)aju  fommt 
^um  Sd)u^e  be«  ^alfeö:  i>ai  collier,  beä 
Äopfeä:  bie  barbier,  eine  gemölbte  platte 
bic  oon  ber  ©tirnleifte  beö  ^elmeö  bis  jum 
Äinn  t)crabreid^te  unb  oben  ßöc^cr  für  tai 
*ilugc  ^attc;  ber  33ruji;  bie  plate;  ber 
Änie:  ia^  schinnelier,  aücö  bieö  oon 
innen  befonberö  bepolftert.  SBie  ber  iRitter 
ift  tai  iR  0  §  in  eine  eiferne  3)e(f  e  gefüllt. 
®d;u|maffenftnb:2)er2;urnierl)elm, 
im  (Segenfa^  ju  bem  in  ber  ®d3tad)t  ju 
biefer  3eit  nod)  mcift  gcbraud)ten  isenhuot, 
mit  ber  zimier,  bem  ^elmfchmud  oerfcben; 
unb  ber  lurn  ierfd)ilb  in  gorm  eine«  ab« 
gerunbeten  2)reiecEö,  mit  bem  bunt  bemalten 
Sßappenbilbc.  Die  *H  n  g  r  i  f  f  «  m  a  f  f  en, 
Speer  unb6c^mert,  beibe  abgejlumpft, 
jener  momöglicb  bemalt,  ißerglei^e  bie 
befonberen  ^Irtifel. 

2)er  eigcntlid^e  lurnicrfampf  jcrfdüt 
in  bicvesperie,  ben  turnei  im  engem 
©inn,  unb  ben  25  a  m  e  n  ft  o  § ,  unb  jmar 
fo,  ta^  vesperie  unb  Damenftof,  bie 
beim  tlafftfd)en  lurnei  SRcgel  finb ,  beim 
turnei  nmbe  gaot  gemöl)nlid)  fet)lcn.  ÜDie 
vesperie  ifi  ein  Surnei  am  ißorabenb 
45 


702 


iibcrfc|ungen. 


bcä  %t^ii,  an  öem  f\^  »ortBiegcnb  jüngere 
IRittet  unb  Ättec^te  beteiligen;  für  baö  Ur* 
teil  bcö  lutniergeti^tö  fommt  biefc«  ©ptel 
ni^t  in  bettad)t.  ©er  eigentlid)c  Jurnei 
beginnt  mit  2lnbörung  einer  2Jieffe;  bonn 
orbnen  ftd)  bie  SRitter,  der  tarnei  wirt  ge- 
teilt, fo  jrcar,  ba^  föttige  Harmonie  ber 
einjelnen  ©treitgruppen  üorl)anben  fein 
muf;  jcbe  5lbteilung,  teil  ober  parte  ge« 
nannt,  f)at  ibren  ^auptfüf)rer,  jerfättt  aber 
njiebcr  in  scharn  ober  rotten  mit  ©injeU 
fübrern.  'ilm  35  a  m  e  n  fi  o  §  beteiligten  ftcf) 
nur  auögett)äf)Ite  SRitter;  bod)  beigt  eei 
erji,  n)enn  er  gej^otfeen  ijt,  nü  het  der 
turnel  ende.  91uf  ben  turnei  folgt  ber 
Urteilöfprud)  unb  bie  *t?rei«jucr  = 
fcnnung.  3)aä  3:urnierger id) t  fe^te 
fxä)  jufammen  au«!  ben  dlteften  unb  ers 
fa^renfien  5Rittcrn,  bie  nicbtfelber  turnierten 
unb  auö  il^ren  für  biefen  ©ienjl  bejtimmten, 
erprobten  unb  wappenfunbigen  knappen, 
knaben  von  den  wäpen,  benen  aüe  Äofi* 
barfeiten,  2Baffen  unb  3imifrben,  bie  auf 
bem  Jurnierplaj^e  liegen  geblieben  finb, 
aU  if)r  red)tmä§ige«  (Eigentum  jufaücn. 
(Sieger  fann  im  tarnei  durch  ere  nur 
einer  fein,  der  den  pris  ze  beiden  siten 
hat,  b.  \).  »erben  turniermäfigen  Speer» 
Scbwertf  ampf  am  gemanbetejlen  ge» 
fdmpft  unb  am  eleganteften  babei  geritten 
^at,  2)ic  greife  maren  gering.  9tacf) 
g.  9t i ebner,  2Daö  beutfdbe  furnier  im 
12.  unb  13.  3abrl)unbert.  öetlin  18S1. 
23gl.  ©c^ul^,  l)öfifc^eg  Seben,  II,  .^ap.  2. 


©egcn  bie  ÜRitte  be«  13.  3a^rf)unbertd 
verfielen  bie  Surniere  rafct)  unb  gefalteten 
ftcf)  ju  folennen,  aber  gef)altlofen  ^riuat« 
Vergnügungen  be^  ^ö^ern  51bel^.  Sine 
au«  ben  Quellen  gefcfcöpfte  S)arftetlung 
ber  Jurnierc  beö  14.  biö  16.  3abrl;unbert^ 
fcbeint  ju  mangeln.  SBa^  man  in  altern 
2Berfen  barüber  finbet,  berufet  jum  größten 
Seil  auf  einer  ber  argjien  ®  e  f  cfe  i  et)  t  g  s 
fälfdfeungen,  bie  man  fennt,  auf 
IRüynerö  Surnierbud).  S)iefei 
oeröffeutlicfete  ju  ^ranffurt  im  Safer  1530 
®eorg  Otüyner  auä  93aiern  unter  bem  £itel: 
„Anfang,  urfprung  unb  feerfommen  be^ 
ifeurntcrö  in  teutfcfecr  Station".  S)er 
iBerfaffer  füferte  barin  bie  5lnfängc  ber 
Sumiere  auf  bie  3«^^^"  -^einrid)  I.  jurücE 
unb  bracfete  jte  mit  bem  glücElicfeen  Äampfc 
gegen  bie  Ungarn  in  93erbinbung,  wobei 
er  ftcfe  auf  ein  dltereä  8üd)lein  ftü^te,  tai 
1508  über  biefelbe  ÜRaterie  ju  51ugöburg 
erfdfeienen  war.  Sä  ifi  unglaublidfe,  mit 
welcfeer  5re(^feeit  iRüyner  eineäteilä  bie 
einzelnen  Surniere  batiert  unb  aufgcjäfett, 
anberfeitä  bie  Unjafel  ton  Dtamen  abeliger 
Seilnefemer  erfunben  unb  jufammengcPetIt 
feat.  ®ie  erfien  beffern  ©cferiftfieller ,  bie 
ftcfe  burcfe  SRüyner  betrügen  liefen,  njaren 
8ebafiian  5^1"?  '"  ^^"^  SferoniE, 
unb  ^anö  Sacfeä  in  einem  ®prucfe : 
^iftoria  oom  Urfprung  unb  51nfunft  be^ 
Sfeurnierö  1541.  ©iefee  barüber  aßai|, 
^»einricfe  I.    2.  2luög.    B.  252  ff. 


«. 


Überlegungen  nefemen  bei  ber  mannigs 
fod)en  aBed^fcImirfung,  melcfee  baä  alte 
unb  mittlere  ßeitalter  unb  bie  oerfcfeiefcenen 
SinäcQitteraturen  beä  DWittelalter'S  auf  ein» 
anber  feaben,  eine  wefentlicfee  Stelle  in  ber 
ßitteratur  beä  SOJittclalterä  ein.  ^ier  Eann 
eö  ftd),  jumal  eine  gefonberte  Sefeanbtung 
biefeä  ?itteraturjtt)eigeö  mangelt,  nur  um 
eine  furje  Überftcfet  bcrfelben  banbeln.  2)a 
im  ÜJUitelatter  alle  geleferte  Silbung  unb 
6d)riftfte[lerei  öon  Der  Äircfee  auägefet, 
Weidfee  ftd)  ununtetbrod)en  ber  lateinif^en 
®prad)e  bebient,  fo  äeigt  ftcfe  ttorläufig 
faum  ein  Sebürfniä,  bie  2ßerfe  ber  antif= 
cferiftlidfeävömifd^en  Sitteratur  inö  2)eutfd)e 


ju  überfe^en.  (Sine  3luönafeme  madfeen 
bloä  firdfelicfee  ©dferiften,  beren  SOtitteilung 
an  einen  weitem  Äreiö  ber  ^Jolfögenojfen 
wünfdibar  war.  ^wax  bie  Sibel  iji  im 
altbeutfd)en  3eitraum  nie  »oüpanbig  inä 
Deutfcfee  überfe^t  worben  (flefee  ben  2lrt. 
33ibelüberfe^ungen),  jum  Seil  ofene 
3wcifel  beäfealb,  weil  bie  erfien  SWiffionare 
in  S)cutfcfelanb  ^t^länbcr,  alfo  ijrembe, 
waren;  bagegen  feat  man  jablreid)e  Über« 
fe^ungen  liturgifd)er  Äated)iömuöftücfe, 
ber  (Slaubenöbefenntniffe,  beö  Unferüaterö, 
Don  ^eicfetformeln;  etwaä  weiter  reicfet  ber 
Scrfucfe  Satianä  eoangelienfearmonie 
JU  über''e^cn,  eä  ifi  bieö  wie  bie  5"ter* 


Übetfcöungen. 


703 


lineatDcrjton  bcr  5tmbrofianif(f)en 
^pmnen  unb  bie  Übcrfc^ung  jmeicr 
©c^riftcn  tti  3fibor  »on  ©eoilla 
ein  3eu9ni8  üon  ber  imd)  ÄatI  b.  ®r. 
gemcdtcn  Scitnabme  für  bie  beutfcf)e 
ajJutter[prad)e;  biefes  3nt«effe  »crfc^roinbct 
aber  baib  rt)iebcr  unb  bie  fommcntierten 
Überfe^unftcn  beö  |»iob  unb  ßcr  ipfalmcn 
»ie  t)cr[d)iebener  aOBetfe  ber  römifc^en  ^ro« 
fanlitteratur,  bcß  Soetbiuö,  be«  SKartianu«^ 
SapeUa  unb  beä  ^rifioteleö  burc^  Dtotf  er 
ßa  bco  aus  €t.  (Sauen,  bie  ume  3af)r  lOÜO 
entjianben  fiub,  fanbcn  3fl^if)wnberte  lang 
feine  S^Jac^folge. 

DJiit  bem  QSegriffe  einer  Übcrfe^unges 
titteratur  bcrüf)rt  ftd)  eng  bie  Ibütigfeit 
ber  S^icftter  bcö  f)öfifc^en  ^unfiepoä, 
\vtld)t  bem  ^ixQt  ber  ^ät  unb  namentli^ 
bcö  Otittertum^  gernä^  bie  franjöfifc^cn 
®pen  üon  Äarl  b.  ®rof  cn,  5lcneaö,  ^leyan« 
ber,  5lrtu^,  bem  ©rat,  Jrifian  u.  brgl. 
au^  bem  granjöfifc^cn  in^  2)eut[d^e  über« 
festen;  wenn  fte  aber  aucfe  im  ©eginn  il)reö 
®ebict)teö  regelmäßig  iljre  fran^öfifc^c  Duette 
benannten  unb  bie  SSerantmortung  bcr 
Ibötfac^en  auf  jene  abfcfeobcn,  fo  galten 
unb  roirftcn  biefe  Siitungen  bod)  al^ 
Driginalfcfcriften,  i^r  fRame  ifi  getihte, 
buoch,  sage,  maere,  äventiure  unb  nie 
translation  ober  bergleic^cn;  man  »otlte 
nic^t  ta^  franjöftfcle  iBorbilb  in  feiner 
(Eigenart  beutf^  übertragen  beft^en,  fon= 
bem  matt  woütc  bcnfclben  Stoff  unb  bie= 
felbe  iJ'"^'"  ■  "'if  ii)n  bie  fronjöfifc^cn 
gitttter  befaßen,  auc^  in  2)eutfd)lanb  ju 
eigen  ^aben,  unb  bes^alb  übertrug  man 
benn  „  auä)  freier,  alö  eö  ber  eigcnt« 
lic^e  Überfe^er  ju  tfjun  gett)o{;nt  ifi;  auc^ 
ktcinifc^e  Quellen,  bie  man  etnja  für 
ßegenben  bcnu^tc,  unterlagen  ber  gleichen 
Söearbeitungäweife. 

I)ie  93earbeitung  franjöftfc^cr  @d)rift* 
werte  in  beutfd)er  J^of'"  ^ört  feit  ber 
^öfifdjcn  3£it  nicJ)t  met)r  auf  unb  näbert 
f\i)  mtt)X  unb  met)r  ber  cigenttict)en  Über^ 
fe^ung.  Th\\t  finb  cö  aud)  oorläufig  bie 
i)öf)ern  abcligen  6tänbe,  für  »el^e  fold)c 
Qlrbeiten  unternommen  mcrben.  2)aö  13. 
unb  14.  3'ibibunbert  überträgt  jat)lreid)c 
fabliaux  (^c^c  ben  %xt.  9?o  ü eilen),  bann 
fommt  ber  (Roman  (ftct)e  biefen)  an  bie 
[Reit)e,  biö  fcftließlid)  gegen  (Snbe  be«  16, 
unb  in  ben  folgenben  3abr^unbcrten  gran^ 
jöftfcf)  bie  Umganges  unb  Sefefprad^e  aüer 
berjenigcn  Seüölfemngöfreife  2)eutfd)lanbß 
wirb,  welche  'ilnfprud)  auf  Sornebmbeit 
machen. 

(Sine  anbere  (äruppe  oon  Überfe|ungejr, 


bie  ^ä)  aber  jum  leil  mit  ber  franjöftfc^en 
®ruppe  bcrül)rt,  bilben  jene  profaifd^cn 
®d)riftcn,  bie  jum  leil  fc^on  wätjrenb  ber 
^öfifdien  *Periobe,  noc^  mehr  aber  in  ben 
legten  3'>f'i^""betten  beä  üRittcIalter^  in» 
ternationaiea,  gemeinfamed  Eigentum  bcr 
europäifc^en  35öUer  weröcn;  fie  fiammen 
teil^  auä  bem  Orient  unb  gelangen  an« 
fänglicf)  meijl  burd)  Vermittlung  ber  latei« 
nifc^en  <£pra^e  in  'i>k  iBolfetittcvaturen; 
ii  ergänjt  fid)  aber  biefe  93  olf^  litt  er  a« 
tur  immer  mieber  burd)  neu  auftauc^cnbe 
Sßerfe,  oon  benen  jebe^,  wie  ein  in^  9Baffet 
geworfener  (Stein,  einen  engern  ober  wei* 
tcrn  SKing  in  baö  ®ebiet  benad)barter  ßit» 
teraturen  äietit.  Soldie  aBeltbüd)er  fmb 
bcr  '${)pfioIoguä  (fic^e  ben  5lrt.  Sier* 
funbe),  bie  f  icben  weifen  SDteijier, 
bie  Gesta  Romanoriim,  öieLegenda 
aurea,  bie  2)Je^rja^t  bcr  93  elf  ^büd)cr, 
i6cbajlian  Srantä  iRarrenf^iff, 
9f{eineEe  i5u,d)ö,  (Sulenfpiegel  u.  a. 
IXüä)  biefen  Überfe^ungen  liegt  aber  nid)t 
bie  5lbftd)t  ^u  ®runbe,  einen  frcmben 
©dirift)leller  in  feiner  (Eigenart  burd)  Daei 
ajUttcl  bcr  93olfefprad)e  näbcr  ju  bringen, 
fonbern  es  iji  immer  tai  jlofflid)c  93il« 
bungäintcreffe,  tai  ftd)  biefer  SBcltbüd^et 
bemä^tigt. 

2)ic  cigentlid}e  Überfe^ung  »on 
':|3rofünfd)riftf}ellcrn  bat  erfi  ber  ^uma» 
ni«mug  auf  bie  93at)n  gebrüd)t,  eine 
i»ebenärid)tung,  ber  juerfi  bie  ©ebcutung 
bed3nbii)ibuum0,  aud)  bc^f^riftftcüernbcn, 
jum  93ewu§tfein  gcfommcn  war.  I)od) 
wu§tc  man  oorläufig  jwifd)en  wirflic^en 
©c^riftfieüern  bes  5lltcrtumö  unb  jwifdien 
lateinifd)en  ©tribenten  ber  SReujeit  nod& 
Wenig  Unierfc^ieb  ju  mad)en,  unb  bei  ber 
aWe^rjabl  ber  ßefer,  namentlid)  ber  unge* 
bilbeten,  für  welche  biefe  "ilrbeitcn  beredinet 
waren,  überwog  nod)  lange  i>ai  fiofflid^c 
3ntcreffe.  2)er  ncuerfunbene  93ud)bru(f 
bemd*tigte  ftdi  fd)nctl  bicfe<S.,  3weige«S  ber 
ßittcratur.  (Siner  bcr  erfien  Uberfe^er  war 
SRiclaö  fon  9!Bi;le,  auä  93remgarten, 
@d)ulmeiPer  in  3ürid),  bann  *Ratf(|rciber 
ju  IRürnberg  unb  (Solingen,  jule^t  Äansler 
be^  ®rafen  r>on  ^ü^ürttcmbcrg.  (Jr  über« 
fc^te  eine  üReil)e  flcincret  <Sd)riften  bc^ 
qSoggiu^,  «llcnea«  ©ilüiue,  ^clip 
^emmcrlin  u.  a.,  bie  jum  teil  anfangt 
bcfonber^  gebrudt  unb  bann  1478,  ibrer 
ad)tjcl)n  an  bcr  S^i)\,  unter  bem  Jitel 
Translationen  ;ufammengejiellt  Wur* 
ben.  Qlnberc  forreformatorifc^e  Übcrfe^* 
ungcn,  bei  benen  bie  beigcfe^tc  3jf)'^8a^I 
ba«  S)atum  bes  erjien  batiertcn  S)tucfeö 
45* 


704 


U^ren  —  Umäügc. 


iejctd)net,  ftnb:  S)ct  ttojanifd^c  Ärteg  beä 
Guido  Colnmna  1474  (jtct)e  Irojas 
nifd^ct  Ätiec\);  Boethius  De  conso- 
latione  philosöphiae  1473;  Aesop  (t»or 
1480);  Terenz  1486;  Cicero  de  officiis 
1488;  Hyginus  1481;  Aristoteles 
Problemata  1492;  Livias  1505;  Caesar 
1507;  Plautus  1511;  Lukian  1512; 
Seneca  1507;  Plinius  lobsagung  vom 
heyligen  Keyser Trajano  1515;  Sallnst 
1513;  Vergils  Aeneis  burdfei  Dr.  Tho- 
mas Murner,  1515;  Isocrates  1517; 
Plutarch  1519. 

3laä)  ber  ^Reformation  mehren  fx*  ivoax 
bie  Überfc^uncien,  bod)  maä)t  fxä)  tai  35or* 
tüiegen  beö  jiofflictien  3ntereffcö  tiod)  lange 
geltcnb,  teilö  barin,  ta^  man  bie  alten 
Älaffrfct  in  meifi  fe^r  ungenügenber  ^orm 
überträgt  (35crgil  unb  ^omer  in  Änittel» 
»crfcn),  tcil«i  in  ber  QJorliebe  für  bie  ®e* 
fd)ictitf(f)reiber,  bie  ^raftifer,  unb  in  ber 
gänjlic^en  Übergebung  ber  Öprifer;  grie- 
ä)\\ä)t  ®c^rift|lefler,  für  bie  man  überhaupt 
nur  nod)  geringe^  Söerftänbniä  bcfa§,  mur» 
ben  oft  burc^  iBermittelung  lateinifc^er 
SSerftoncn  »crbcutfcfct.  3m  16.  5al)rbun^ 
bcrt  famen  ju  ben  fc^on  genannten  Qlutorcn, 
bie  meiji  öftere  erneut  mürben,  folgenbe 
neue  ^in;(u:  Homer  Odyssee  1537; 
Tlias  1610;  Vergil  Bucolica  1567; 
Ovids  Metamophosen  1571  —  Fla- 
vius  Josephus  1531;  unb  oon  ha  an 
in  jQ^lreicf)en  Qiuögaben;  Justin  1531; 
Herodian  1531;  Thucydides  1533; 
Herodot  1535;  Orosius  1539;  Xeno- 
phon  1540;  Demosthenes  1543; 
Euclides  1562;  Polybius  1574; 
Sueto  unb  Tacitus  1535;  Plinius 
historia  naturalis  1543;  Diodor  1554; 
Vitruvius  1548;  Frontin  1532. 

Sßon  griec^ifd)en  S)ramatifern 
crfc^ien  in  beutfcf)er  *BerboImctf4ung  juerjt 
Euripides  Iphigenia  in  Aulide  1585; 
Medea  1598;  Alcestis  1604;  Hecuba 
1615;  Sophocles  Aiax  1608  unb  Ari- 
stophanes  Nubes  1613. 

©oebedfe«  ®runbri§  I,  §  114  u.  143; 
5-  %■  Segen,  ßitteratur  ber  bcutfc^en 
liberfe^ungen  ber  iRömer,  5lltenburg 
1794—99,  3  ißbe.  unb  ßitteratur  ber  beut« 
fc^en  Überfettungen  ber®rie^en,  1797—98. 
2  «Banbe. 

U^rcn,  m^b.  üre,  6re  au^  tat.  hora, 
bebeutet  juerfl  bie  Stunbc,  örglocke,  bie 
©tunbcnglocte,  horologium.  jDaö  frühere 
ajJittcUiUer  benu^te  au0fd)lie§lic^  bie  fc^on 
bem  Rittertum  befannten  ©onnen«, 
©anb«  unb  SBafferubren,  t>on  bencn 


bie  erPe  Qirt  jumeiten  an  ben  Äird)en 
angebrad)t  ttJar.  2ßann  bie  imä)  ein 
®ett)icf)t  in  ©etüegung  gefegten  mcc^ani« 
fc^en  U^rcn  aufgefommen  ftnb,  iji  nid^t 
mit  ©cmiB^eit  befannt;  man  l)at  bie  6r« 
finbung  berfclben  balb  bem  $rteftcr  ^aci« 
flcuö  au^  Sßerona  im  9. 3<i^r^)unbcrt,  balb 
bem  «Papft  ©Uoefter  II.,  ©crbert,  gcfi.  1003, 
jugcfcferieben.  ©rroäbnt  merben  fie  jucrft  in 
um  tai  ^ai)x  1120  jufammengetragcnen 
Statuten  tti  (5,ifierjicnfer*Drben«,  mo 
bem  ©afrifian  aufgegeben  mirb,  bie  U^r 
fo  ju  regeln,  ba§  fte  fcfeldgt  unb  ihn  i>or 
bem  5rüt)gottcöbienft  mcdt.  S)a0  3'ff«i» 
biatt  war  biö  inö  16.  5i^l)tl)unbert  in 
24  ©tunben  geteilt,  rceldbeö  bie  ganje 
ober  bie  gro^e  Ufir  ftic§.  Die  erjlc 
SRäberturmu^r  befam  Qiugäburg  1364, 
Sreölau  1368,  ©traf bürg  1370,  S«ürn* 
berg  1462.  Äünfilid^c  ajironomifc^e 
Ut)rcn  erhielten  baä  9[J?ünfier  ju  ©traf* 
bürg  1352—54,  bie  2Rarienfird)e  in  Oü* 
bed  1405;  jeneö  ©traf  burger  Söetf  würbe 
burc^  ein  neueö,  »on  Sfaa*  ^abre(|t  ani 
©cf)affhaufen  in  ben  3ahren  1547  —  1574 
verfertigte«  unb  aufgejieHtcö  2öerf  crfe^t, 
ta^  für  ein  SBunber  ber  ÜJ^ec^anif  galt, 
aber  im  '^ai)x  1789  ju  geben  aufhörte. 
Um  bie  ÜKitte  beö  16.  3ahrbunbert«  wa» 
ren  SRäberu^rwerfe  mit  ©cf)lagmerf  unb 
Jßecfer  al^  ©tubenuf)ren,  ebenfo  iaf(f)en« 
ul)ren  f(f)on  »ielfai^  im  ©ebraud^.  'Uli 
ber  Srfinber  ber  le^tern  wirb  ber  ytnxn- 
berger  ^eter  ^ele  be5eid)net,  alä  iai 
3abr  ber  Srfinbung  1510. 

Umjügc  ber  gcrmanifcften  ®ötter  werben 
in  »erfdjtebener  2Beife  erwähnt.  "Jim  feier» 
lic^Pen  war  ber  Umjug  mit  bem  Silbe 
ober  bem  ©pmbol  ber  ®ottbeit,  wobei 
man  fr^  biefe  felbfi  t)on  ibrem  •öeilig'! 
tume  auä  unter  ben  'JWcnfAen  ibren  Um» 
jug  f)altenb  badjtc.  3)er  2Bagen  mit  ßcm 
Silbe  würbe  überall  feftlicfc  empfingen, 
Dpfer  unb  20eibgcfd)cnfe  i^m  bargcbracftt 
unb  gcftfricbe  gebatten.  lacituö  ®crs 
mania  40.  'Jlamrntlid)  jur  (Jrbittung 
cineö  frud)tbtiren  3-^^)"^  würben  fol^e 
Umjügc  im  J^i-"''^*"!^^  abgehalten.  Qln« 
berer  Qlrt  finb  bie  9{ad^ri^ten  oon  Um* 
,^ügcn  mit  einem  ©c^if  föwagen ,  b.  i. 
einem  mit  SRäbern  nerfc^enen  grofen 
©djiffe.  @in  folcf)cr  würbe  1133  in  einem 
JBalbc  unweit  '2lact)en  gewimmert  unb  bur^ 
bie  *JDtitglieber  ber  2öeberjunft,  bie  fi^ 
oorfpannten,  weit  im  vianbe  berumgcjogcn, 
unter  grofcm  3"t<'"f  "^1^  ®eleite  De^ 
SolE^.  3)ie  'Jlnfunfi  beö  ssdiiffe^  mar  in 
ben   ©tobten    oorauö    angefagt,    wer    bie 


Uncf)rlid^e  ßcutc. 


705 


(Stlaubniei  erbat,  bae  Sdjiff  bcrübrcn  ju 
bürfen,  muitc  bic  Äleinobe  oon  feinem 
^al\i.  ben  iffiebern  ^eben  ober  ftcf)  burd) 
eine  anberc  ®abe  löfen. 

2)ic  beut[d)e  5DJptf)oIo9ie  iji  aud)  an 
foIct)en  Umjügen  reic^,  tt)eld)c  bie  ©ötter 
o^nc  Söermittlung  bcr  ^ricfter  I)alten;  ba* 
l)in  gehört  bev  Urnjug  SBobanä  mit  bem 
ttJÜtigen  ^eere  unb  ber  Umjug  ber  ®ötter= 
mutter  %Xi\a.  SRa^mann  in  6rfd)  unb 
©ruber,  QUtifel  ©öttcrbilber ;  ©rirnm, 
2«l)tt)oI.,  ®.  237  ff. 

2)ie  (J)riftlid)c  kxxdn  crfe^tc  biefe  Um:: 
jügc  jum  leil  bur($  ©rcnjumgänge,  Sitts 
fahrten  ju  fflnüfa^rtsfirdben,  bic  ebenfaüci 
meifi  im  SSorfommer  fiattjänben  unb  ein 
frud)tbareö  3'^^''^  ^(>^  ^immcl  erbitten 
foüen.  @oId)e  ^rojeffioncn  fanbcn  unb 
finbcn  immer  noch  in  fatt)otifc^en  ®egen= 
ben  rcgelmafsig  in  ber  Äreujittoc^e,  in 
ben  Sagen  cor  unb  xiad)  bem  ^immel« 
fat)rt^fe|i  jlatt;  einzelne  an  anbern  5Eer= 
minen ,  oft  mit  iJlufwanb  großer  •pracJ)t 
unb  ®df)aufteC(ung;  in  «Scfimaben  nennt 
man  biefe  Umjüge  ®fc^=  ober  ^I^vgönge; 
bic  ganjc  ®emeinbc  umhiebt,  ben  ®eijl» 
liefen  an  ber  ®pi^e,  bie  SOJarfung;  an 
»ier  ©teüen  mad)t  man  ^alt ,  um  tai 
(Soangelium  ju  lefcn  unb  ben  jßetterfegen 
entgegcnjunet)men,  unb  Käufer,  S[Renfd)en 
unb  licre  merben  mit  2Beib»affcr  befprengt. 
aSerüömt  ifi  namentlich  ber  fog.  931utritt 
im  el)emaligcn  Älojier  ffleingarten. 

UneWi^c  2eutc.  Sürgerlid)e  ef)r=  unb 
SRed)tIoftgfeit  laflcte  im  "SWittelalter  nid)t 
btoö  auf  benfenigcn,  bie  fid)  gcttiiffer  25er= 
bred)en  fc^ulbig  gemad)t  f)atten,  fonbcrn 
auf  allen  benen,  meiere  feine  SBaffen 
tragen  burftcn,  »ie  bie  Änecf)tc,  3"ben, 
Surfen  unb  Reiben,  unb  nicfit  minber  auf 
gettjiffcn  ®etüerben  unb  5J5ienftoerbäItniffcn, 
beren  5tuöübung  ftd)  nac^  ber  *2luffaffung 
ber  Qnt  mit  ber  ooüen  S[)rent)aftigfeit 
eineä  freien  iDJanne^  nicfet  üertrug.  Ueber 
bie  le^tcrn  bat  Otto  Senefe  in  einem 
93ü(i)Iein  gebanbelt,  i>aii  ben  Sitel  fü^rt: 
SDon  unel)tlid)en  ßeuten,  Hamburg  1863. 
2)arauä  mögen  ^icr  einige  9'ia(i)ric^ten  ju« 
fammcngefteiit  werben. 

'ÜU  unebrli(^  galten^irten,  @ct)äfer 
unb  3Wüllcr.  ®ül)ne  Don  SD^JülIern  waren 
ju  Äarlä  b,  ®r.  3fit  »on  aüen  geij^= 
Iicf)en  5imtern  unb  SBürben  auögefc^loffen. 
IWanc^erortö  mar  ben  5[Rü[Icrn  bie  Lieferung 
aüer  benötigten  ®algenlcitern  aufgcbunben, 
unb  erfi  im  16.  3al)rf)unbert  mürben  burd^ 
IReic^öpolijeiorbnungen  bie  aJlüHer  mit  ben 
^irten   unb   Schäfern   »oüfidnbig   cf)rljd^ 


erflärt,  bod)  braud)te  ee  nod)  mandjet 
faiferlid)en  (grflärung,  biä  jte  3ulaffung 
ju  aüen  et)rUd)en  fünften  unb  ®ilben 
erf)ielten. 

SpieUeute  geborten  fd)on  ihrer  man« 
bernbcn  fieben^art  balbcr  feiner  bejlimmten 
®enoffenfd)aft  an;  ba§  fic  jubem  ®ut  für 
®^re  nahmen,  unb  ftd)  felb)l  für  ®elb  ju 
eigen  gaben ,  madite  fte  unet)rUd).  Unb 
jmar  mar  ^ier  mit  ber  ©brlofigfeit  eine 
Olrt  iRed)tIo[tgfeit  oerbunben,  meldic  fic^ 
auf  bie  Unfät)ig!eit  bejog,  ju  geri^ttic^ctt 
unb  anbern  (5f)renamtern  gewählt  ju 
»erben;  mar  ein  Spielmann  unoerbient 
gefränft  morben,  fo  bcftanb  feine  ganjc 
®enugtt)uung  barin,  ba§  man  if)m  ben 
®d)atten  feine«  im  ®onnenfd)cin  gegen 
bie  2öanb  gefteüten  ißelcibiger«  Q3rei3 
gab;  biefcm  @d)attcnbilbe  burfte  er  bann 
einen  ©dilag  an  ben  J^alö  geben.  Sine 
OfJei^öpolijei  ä  Drbnung  beä  16.  '^ai>X' 
bunbertö  verfügte,  bag  aüe  ®<^alf«narren, 
'iifeifer,  Spietieute,  ßanbfatjrcr,  Sänget 
unb  Dteimenfprec^er  eine  befonbere,  leid)t 
crfcnnbare  Äleibung  tragen  fotlten,  ba« 
mit  bie  e^rlid)en  ficutc  ftd)  befto  leiertet 
oor  (Ed^aben  f)üten  unb  oon  i^rcr  ®es 
meinfd)aft  abfonbern  fönnten.  Spätere 
JReid)«gefc^c  erfldrten  bie  «Pfeifer  unb 
Srommler  für  ebrlid)  unb  unt»  warfen 
bloö  nod)  bie,  „fo  fxd)  auf  Singen  unb 
iReimenfpred)en  legen"  aU  fatjrcnbe  ßeute 
in  tai  gleid)e  une^rlid)e  3ied)t  ju  ben 
Sd)alf«narren.  ?llö  im  brei^igiabrigem 
Äricg  fabrenbe  Spieüeute  in  bie  jieben* 
^enben  aSerbänbe  ber  angefet)enen  Srom* 
pcter  unb*pauEenfc^ldger  eingetreten 
waren,  erwirften  eine  'Mnjat)!  angefc^cnet 
faiferlic^er  unb  fürjllid)er  ^of--  unb  gelb* 
trompeter  unb  ^eerpaufcr  ein  faiferlid)«^ 
*Pripileg,  wonad)  ber  Äriegö=  unb  .^of* 
bienP  ben  Sürmern  unb  btafcnben  Äomö* 
bianten  jlrenge  oerfd)loffen  bleiben  foüte. 
%\xi)  bie  in  ben  Stabten  fefl  angeftebel* 
ten  "Pfeifer,  weld^e  ebenfafle  ju  Betbrübc« 
rungcn  jufammengetreten  waren,  bieÄun^t« 
Pfeifer,  Stabtpfeifer  ober  iRatemuftfantcn, 
wollten  nxä)H  fon  ben  fat)renben  Spiel« 
leuten  wiffen. 

©aber  unb  Sarbier e  fmb  fcfeon  frü^ 
ber  Une^rlid)feit  an^eim  gefallen,  offenbar 
barum,  weil  bie  Säber  mit  ber  3«it  aU 
jg)crbergen  ber  Seid)tfertigfeit  angefel)ett 
würben.  511«  Äaifer  Sßenjel  imi)  eine 
^eroifd^e  Sabcmagb  au«  ber  ®efangenf(6aft 
errettet  würbe,  belol)nte  er  1406  biefen 
I)ienji  bur^  ein  (prioilcg ,  wonach  iai 
^anbwerf  ber  93abcr  fünftig  überaU  ma* 


706 


Une^rlic^e  ßcutc. 


feOo«,  cbrli^  unb  rein  angcfcfien  werben 
foHte;  äuglei^  üerorbnete  et  ben  labern 
ein  3unfttrQppen,  nämlid^  im  gütbenen 
@cf)ilb  eine  fnotenweiä  »erfd^Iungene^bcT? 
lafbinbc,  in  bcrcn  ÜJiittc  ein  grüner  ^a? 
Paget  prangte.  5Do*  battc  iai  <l3rioiIeg 
njenig  SBirfung  unb  bie  Dorneömeren  3ünfte 
bcrfagten  noc^  lange  ben  Söhnen  »on  93a* 
bcrn  bie  5Iufna^me.  S)ic  Ur[a*c  ber  Un= 
e^rlidjfeit,  in  h)eld&er  bie  ißorbtercr  jian= 
ben,  mag  if)re  SWitmirfung  an  ber  3"* 
quirierung  unb  Jorquierung  üon  gefan* 
genen  ü}Jif[ctptern  gett>efcn  fein. 

ßcincweber  famen  mie  bie  SKüüer 
beäf)alb  in  ben  iBerruf  unehrlicher  ßeutc, 
iueil  it)r  (Sewerbe  eine  r)ielfad}c  unb  be« 
queme  93erfüf)rung  jum  Setruge  barbieten 
[otltc;  enttüebcr  fei  ia^  ®arn  ober  ber 
^'leifier  gefätfd)t  ober  tai  ßängen*  unb 
äSrcitenmaf  unridt)tig.  ©aren  an  einigen 
Drten  bie  SDJüaet  üerpfii^iet,  bie  ßeiter 
jum  ©algen  ju  liefern,  fo  war  ben  Seine* 
Webern  auferlegt,  ben  ©algcn  fclber  ju 
macf)en.  5Berfcf)iebenc  alte  Seinewebctlieber 
beftätigen  bie  ^Infid^t,  bie  man  oon  Diefem 
©cwerbc  ^cgte;  in  einem  foI(ä)cn  ßiebc 
l^eift  eä: 

5Dcr  ßcincwebet  ^6)\aä)ttt  alle  ^a\)x  jwci 
Schwein, 

2)a§  eine  ifi  gefio^Ien,  bai  anbrc  ip 
nid)t  fein. 

Übrigenä  War  bie  Une^rtid^fcit  bet 
genannten  CSeWerbe  nic^t  aügemein,  unb 
ti  gab  ßanbfcfeaften,  ©täbte,  3^'*^"-  ^^ 
SKüücr,  93arbierer  unb  ßeineweber  ftc^ 
cincä  burcfcauö  ebriicben  Dtamenö  erfreuten; 
bie  eornebmfic  3""ff  i"  ®t.  ©allen  war 
l.  !8.  biejcnigc  ber  ßeinWanbwcber,  weil 
auf  ibnen  ber  SRci($tum  unb  SRu^m  ber 
«Stabt  bcrut)te.  5ln  einigen  Orten  waren 
au(f)  biejcnigcn  ®  erber  uerrufen ,  bie 
^unbö^dute  Derarbcitctcn,  an  anbcrn  Suc^* 
mac^cr,  bie  9iaufwoQe  »erarbeiteten,  ^ie 
unb  ba  auä)  ® c^orn jicinfegcr  unb 
(Jffenfebrcr. 

SßonStaot^s  unb  ©emeinbc* 
b  i  e  n  e  r  n ,  welche  in  teilweifer  Unct)rlid)= 
!eit  fianben,  würben  bur(^  baö  SReicftägefc^ 
»on  1731  ber  Uncbrlidifeit  loö*  unb  frei* 
gefprod)cn  bie  ®  a  f  f  e  n  f  e  ^  r  e  r ,  23  a  ^  * 
feger,  |»otäs  unb  getbt)üter, 
ßcute,  bie  offenbar  burcfc  if)ren  jum  leit 
fd)mu^igen  unb  niebrigen  SScruf  jU  ber 
öffentlichen  Unehre  gefommen  Waren.  3bncn 
fd^Iicf  cn  ji(^  an  bie  3  ö  1  ^  "  «  ^  -  ^i«  2:  o  * 
tengräbct,  bie  Jürmer,  unb  jwar 
bicfe  oft  um  bcöwiUen,  weil  man  bie  Sc* 


aufftditigung  ber  aU  ^aftlofale  bienenben 
Sürmc  ben  ©d^arfric^tern  übertrug,  welche 
ben  Dienjt  burct)  einen  Änect)t  »erfe^cn 
tiefen,  bann  bie  8  e  1 1  e  I  o  ö  g  t  c.  93ott 
ben  9'ia(^twäd)tcrn  geborten  nur  bie* 
jenigen  jur  Älaffc  ber  unebrlic^en  ßeute, 
weldfee  äugleid)  jum  2)ieböfangen  gebraucfet 
würben;  bie  rid^tigen fJiad^twaiiter,  wclcbc 
mit  öanje,  ^orn  unb  ßcud^tc  »igiltcrten, 
galten  aU  e^rlid). 

©eric^t«*  unb  <p  o  I  i  5  ei  bi  c* 
n  e  r  waren  in  ältejler  3eit  burc^auä  e^r» 
lic^ ;  crfi  aU  man  bie  ®cf)crgcn  für  ©traf* 
unb  93Iutgerid)te  »on  ben  gewö^nlid^en 
gronboten  in  3i''iIf<Ji^f"  trennte  unb  für 
jene  häufig  Unfreie  na^m,  fam  ber  I)ienft 
in  ben  ®eruc^  ber  Unel)rlid^!eit ,  ber  i^m 
bis  inä  18.  ^aftr^unbert  an  mandE)en  Dr* 
ten  blieb.  Une^rli^cr  aber  aU  alle  ge« 
nannten  ©tänbc  war  ber  Stanb  beg 
@cbarfrict)terö  unb  genfer  ö. 
<}ludb  biefer  jwar  war  na$  ber  dltcjien 
(Sitte  ein  e^rltd^er  iKann,  oft  ber  jüngjie 
SRid)ter  fclbft  ober  ber  jüngfie  ©bemann  in 
ber  ©emeinbc.  jDoö  2tmt  bü^te  jWar 
fd)on  baburd^  an  bürgerlidf)cr  (5f)renbaftig« 
teit  ein,  i>a^  e«  jic^  ju  einem  Serufc  ent« 
wicfeltc,  ber  nur  »on  unfreien  ßeuten  übers 
nommen  Werben  mochte,  ta^  fiä)  mit  ber 
Sinfübrung  beö  römifdjen  SHecf)tö  bie  »er* 
^afte  Gfefution  ber  3;ortur  bamit  »erbanb 
unb  enblic^,  ia^  ber  Si^arfricbter  §ugleic^ 
21  b  b  e  d  c  r  ober  <S  c^  i  n  b  e  r  würbe.  Um 
nun  bie  »erachteten  ©cbarfric^ter  gegen  bie 
folgen  einer  »oIfötümIict)en  iBogelfrei^cit 
ju  fcfcü^en,  würben  ftc  burd)  faii'erlid)c 
ober  lanbeö^crrlid^e  (ßrioilegien  gef<$irmt, 
ba^er  i^r  0Jame  ^retmann  unb  grei* 
fncct)t.  [Dtit  ber  3«it  würbe  t>ai  »crad^tete 
©dbarfric^teramt  fafi  erblid) ,  wie  eö  bet 
Unefirlicbfeit  beö  ®efc^Ied)teö  gemäß  faum 
anberö  fein  fonntc,  jugleidt)  aber  war  e^ 
ein  red^t  einträglid^eö  5lmt  geworben. 
2öie  bei  ben  ^^ed^tmeifiern  gob  e«  @^arf* 
rid)terfamilien,  beren  Angehörige  über  eine 
ganje  ^roüinj  »erbreitet  waren;  fte  f)ie^cn 
@cf)elmenfippen.  ®rfi  im  SReidböpoIijei« 
gefc^  »on  1731  würbe  benimmt,  ta^  jTOar 
bie  Unel)rlidt)feit  bei  ben  3?act)!ommcn  beS 
®dt)inbere(  in  erfler  unb  jWeiter  ©eneration 
jiel)en  bleiben  foü,  bie  ferneren  ®enerationen 
aber  ju  allen  unb  jeben  e^rlici)en  ^anb* 
werfen  unb  (Srwerb^artcn  jugelaffen  wer* 
ben  foücn.  Durc^gteifenber  lautete  i>ai 
faiferlictje  patent  »on  1772,  wonadf)  bie 
Äinber  ber  SBafenmeifier,  welcf)e  bie  »et» 
werfiid^e  Qlrbeit  \i)xti  iBaterö  nod^  nic^t 
getrieben  ^abcn  nodt)  treiben  woüen,  »ow 


Untocrfttätcn. 


707 


bcn  ^ünbtt)crfcn  nicf)t  auäjufd^IieBen,  fon» 
b«rn  ti)x\\i)  ju  nd^ten  feien. 

(5ö  war  ©itte,  ha^  in  ber  ®^arfric^tcr= 
familie  ber  ältefie  ®ot)n  beö  33aters  SJ^eiPer; 
titel  iinb  Se^cn  erbte,  wabrcnb  bie  jungem, 
faüä  fte  nicfet  einen  eigenen  SDienfl  erbieltcn, 
^cnferöfned^tc  unb  3tbbecferleute  tt)urben, 
ju  benen  ftd)  etwa  unefirlid&e  ßeute  anbcrn 
©tanbe^,  ja  JRäuber  unb  SWörber  gefcüten. 
3nncrt)alb  einer  foI(J)en  r>om  23erfci)r  mit 
ber  übrigen  Jßelt  auägefio^encn  pcrad)teten 
unb  gefürc^tetcn  familie,  bcfianb  aber  eine 
gett)i[fc  Strenge  unb  ®e[e|mä^igfeit.  ©eine 
§rau  fanb  ber  ÜJJeiftcr  in  ber  familie 
einer  anbern  ©cbarfrid^terei,  bie  jüngeren 
®öt)ne  blieben  meifi  lebig.  2)ie  (Sd)arf= 
ti(J)terföt)ne  öatten  if)re  öe^r«  unb  2Ban= 
berjat)re  burd)juniacben ,  wobei  fte  iljren 
bcfonbern  ^anbwerfögru^  befa^en.  55a 
jebe  Sßerü^rung  eineö  ®bi^licf)cn  mit  bem 
j^enfer  be[d)impfcnb  wirfte,  war  berfelbe 
ju  einer  eigenen,  leidbt  erfcnntlidien  .Klei= 
bung  ferbunben,  er  fa§  in  ber  .Rircf)c  auf 
einem  entlegenen,  gefonberten  ^la^  unb 
geno§  bae  *ilbenbmaf)I  allein  unb  jule^t. 
6inc  oerunglüdtc  ©yefution  würbe  wo^il 
augenblidlid)  burcfc  bie  53oIEöjuPij  geatin^ 
bct,  inbem  man  ben  @d)arfrid^ter  marterte, 
jieimgte,  jerrig;  ba^cr  man  itjm  fpater, 
aU  ia^  freie  @eleit  nic^tö  mel)r  fru^tcte, 
eine  ftarfc  9D^ilitärmad)t  beigab.  ®ö 
War  anä)  Sitte  unb  ißorfc^rift,  t>a^  nad^ 
»onkogener  ©jefution  ber  ©($arfrid[)ter  vom 
®d)affot  f)erab  bcn  anwefcnben  SRid^ter  an- 
rebcte  unb  fragte,  ob  er  rcct)t  geridbtct? 
Sfiad^bem  biefcr  geantwortet:  „2)u  ^ajl  ge= 
Tid)tet,  wie  Urteil  unb  Siecht  gegeben  unb 
wie  ber  arme  8ünber  eö  üerf^ulbet  ^at", 
entgegnete  jener  fdblie^Iid):  „2)at>or  banfc 
icf)  ®ott  unb  meinem  SWeifter,  ber  mir 
bicfc  Äunfi  gelernet".  5Die  jDienfleinnal)^ 
mcn  beö  ©d^arfricbterö  befianben  au^er 
ber  2BoI)nung  in  ben  nadt)  beftimmten 
layen  geregelten  einjelnen  SSerric^tungen. 
©eringere  Strafen,  wie  ©taupenfdtilag  unb 
^ranbmarfen,  bcforgte  ber  ÜJJeifterfnedit; 
in  großen  Stäbten  peten  biefcm  üud^  bie 
©yefutioncn  mit  ®algen  unb  ^at)  an^eim, 
Wofür  er  ben  ©pcjialtitel  genfer  erhielt, 
unb  ber  Sdf)arfrid()ter  felber  f)anb^abte  blos 
tai  ®cf)Wert,  Dft  funftionicrte  er  juglcid), 
im  ®el)eimen  natürlich,  aU  5licr=  unb 
ÜJJcnfci)enarjt ,  wobei  er  üielfad^  in  ben 
ifiuf  jauberfunbiger  SWittel  geriet.  33erü^mt 
war  namentlich  ber  Sc^arfrid^ter  ju  ^affau, 
ber  1611  ben  Solbaten  bc«  ©rätierjog 
SOtatttiiag  einen  Saliämann  gegen  |»icb, 
@t^u§  unb  Stid)  uerfaufte;   tai  ©e^eim^ 


mittel  fam  fo  in  Schwung,  ba^  eö  bcn 
SfJamen  <)ßaf  faucrä.Runft  erlangte,  weld)e 
nod)  bie  9?act)fommen  beö  (Srfinbere  auä« 
beuteten.  'Jlnbere  Sdbarfrictitcr  »erlianben 
ftcf)  auf  greif ugcln,  auf«  gefimad^en,  auf 
ft)mpati)etifd)e  SlJittel  u.  bgl. 

31u§er  ber  'JJcrfon  bes  S^arfric^terö 
unb  feiner  ©efeüen  nahmen  bie  bei  feinen 
25errid^tungen  gebrauchten  (Seräte  Anteil 
an  bem  5Rufe  ber  Uneljrlictjfeit.  S^o^ju  gc* 
prt  boö  ^bbcdfermeffer,  womit  frei)  ber 
Iräger  gegen  bicjenigen  wehrte,  wel(^c, 
entgegen  bem  ibm  erteilten  $rioilege,  in 
bctrejf  ber  Sejlattung  aücö  »erlebten 
iBiebeö,  etwa  einen  ^unb,  eine  Äa^e  ober 
bgt.  auf  eigene  ^^aufi  töteten  ober  begruben. 
3n  tai  ^auö  eine«  fold)en  Diec^tänerle^erd 
unb  jwar  in  ben  Sljürpfoften  besfelben 
flie^  er  bann  fein  aübefannteö  2lbbecter« 
meJTer;  ber  an  it)m  tiaftenben  Unel)rlid)« 
feit  wegen  wagte  niemanb  eä  pixaü^\^t 
nel)men  unb  war  fein  anbcreö  Hilfsmittel, 
als  bcn  SBiifenmeijler  ju  bef(^idcn  unb 
it)m  bie  ®cbül)r  ju  jal)len.  ©cfürc^tct 
unb  gemieben  War  tai  SRidf) tfdfewcrt; 
es  ifi  ein  ma§ig  langet,  breitet,  fdf)Were« 
Älingencifen,  mit  bciben  ^änben  ju  fd^win» 
gen,  unb  ftedt  gcwö^nlid)  in  fd^warjlebcr» 
ner  Sd^eibe,  meifi  mit  einer  3nf<ä)i^ift  ijuf 
ber  Älinge,  j.  S.: 

SBenn    xd)  ta^  @df)Wert  t^u  auföcben, 

So  wünf(^  i^  bem  armen  Sünbcr  't>ai 
ewige  Seben. 

®ine  (5l)rltdt)fpred^ung  gcfd^a^  ni^t 
bloS  in  23ejug  auf  ganje  Stäube  unb  ®e« 
werbe  »on  Seite  beS  Äaiferö  unb  Üteidb^s 
tageei,  fonbern  eS  finb  aud^  einzelne  un* 
et^rlid^e  öeute,  bie  ftct)  ocrbient  gemacht 
t)atten,  »om  Äaifer  d)xli<i)  aefprocf)en 
worben. 

Uniticrfitötcn,  l.  ©rünbung.  2)ic 
?luebilbung  ber  Uniferfttäten,  einer  ge« 
fammtcuropäifc()en  ©rfc^cinung ,  gefcf)ie^t 
im  12.  3abrbunbert,  parallel  mit  ber  *Hu§* 
bilbung  beö  iRittertuniö  unb  beö  neuen 
ßijleräienfer  3Wöndf)Stumö.  2)er  Srieb  be« 
inteneftueüen  ßcbenä ,  bie  neue  SBiffcn* 
f(^aft  ber  rationalen  ober  bialeftifc^en  I^eos 
logie,  bie  S^olafiif,  welche  bie  l)eiligc 
öc^re  mit  ben  Gräften  beS  natürlichen 
Iienfcnä  innerlid^  ju  bewältigen  unb  fic^ 
anjueignen  fuc^tc,  äcitigte  baö  3"Pitut 
ber  Uniferfitätcn.  2Bic  9littertum  unb 
afcctifd^eS  SDJönd^ötum  gef)t  bie  Unirierftä 
tat  Don  granfreid^  auö.  $ariö  ifi  iai 
2Jlufier  ber  bcutfcfecn  Uniöerfitäten. 

2)ie  ^parifer  Unipcrjttät   ifi  ani  alten 


708 


Untüctfttdten. 


fircblid)cn  Schulen  {leroorgegangen,  bet 
35omfcf)ulc  unb  bcn  ^loftetfcfculen  ju  St. 
Geneviere  unb  St.  Victor.  Der  SRuf  ber 
9ro§en  ßet)rcr,  bic  £)ier  im  12.  3rt|)r^un= 
bcrt  tt)irEtcn,  jog  auö  aßen  öänbern  eine 
ja^treicfee  ®(i)ülerfc^aft  naä)  *Pariä.  2)er 
Äan;;Icr  ober  ©cfjolaflifus  beä  I)om  = 
fapitet^,  bem  bie  ^flicfct  oblag,  für  ben 
Unterricht  an  ber  ©omfc^ule  ju  forgen, 
fa^  aU  treiterc  Qlmtäpfljctit  bie  '■Jlnfieüung 
ober  Cicentierung  unb  Übeih)a(i)ung  aller 
ße^rer  ber  S)iöcefe  an.  I)arauö  t)eroorgeä 
gangcnen  3Kiöbräu(^en  entgegenzutreten, 
cntfianben  bie  Anfänge  ber  Korporationen 
ber  2et)rerfd)aft.  jnno^nj  HI-  t«gette 
1213  juerfi  tai  23er^aUniö  jwifdien  bem 
Äan;Ier  unb  ber  universitas  magi- 
strorum  et  scolarinm.  "Iltlmäfili^ 
erhielten  bie  lodern  Jntereffenoerbänbe  be- 
fiimmtere  ^oxm,  unb  man  unterfc^ieb  in 
ber  jroeitcn  4>älfte  beä  13.  3af)r{)unbert« 
üier  Stationen  ber  5lrti)tcn:  ^i^a^^of«"/ 
fRormannen,  $ifarben  unb  (Snglänber 
(fpäter  ©eut[d)e),  jebe  unter  einem  pro- 
cnrator  ober  provisor,  bie  ®c)'amt= 
^eit  unter  einem  rector.  3^  ®ad)en 
ber  Se^re  unb  ber  iCiiä^iplin  (facultas)  be- 
tteten aüe  ÜRagifier  aüer  fRationen  alä 
©cfamt^eit.  ^Daneben  befianben  aU  auto= 
nome  Äörper[d)aften  Don  etiüaö  fpdterer 
93ilbung  bie  brei  ^afultäten  ber  i^co^ 
logen,  2)cEretiften  unb  9[Rebijiner 
unter  einem  Sor^e^er,  2)cfan  genannt. 
3n  äußern  Qingelcgen^eiten  ber  ®efamts 
^eit  reurbe  oon  ber  Kongregation  biefer 
peben  antonomcn  Körperfi^aften  Sefc^lu^ 
gefaxt,  aU  ^aupt  ber  ©efamt^eit  galt  ber 
rector. 

3m  15.  5a&rl)unbert  füfirte  baö  Snjlitut 
ber  Kollegien  bie  Uniücrfttät  ju  einer 
innern  Umbilbung  25ie  Kollegien  tt)ur= 
ben  feit  bem  13.  3abrf)unbert  al«  Stifs 
tungcn  für  arme  ®d)oIaren  gegrünbet  mit 
befonberm  Sffio£)n^au0.  ^lümäbli^  jog 
ft^  ber  Unterri(^t  auö  ben  öffentlid)en 
Seftorien  in  biefe  Kollegien  jurücf  unb 
rtenigflcnö  bie  5lrtiftenfaEultät  löjlc  fid) 
in  eine  5lnjaf)l  3nt«i^"<it^f^"I«n  «uf- 

*Ülter  ali  bic  ^arifer,  aber  für  bie 
fpätern  bcutfc^en  Stiftungen  r>on  meniger 
Hinflug  waren  bie  italienif<i)en  Unioerfr^ 
töten.  Die  mebijinifc^e  ©c^utc  ju 
©alerno  befianb  fd)on  im  11.  3^^"^= 
^unbert;  feit  ber  DWitte  tti  12.  3a^rt)un- 
bert«  blül)te  bie  SRc*t«fc^ulc  ju  »o» 
logna  auf,  auö  ber  im  13.  3a^rf)unbcrt 
burcf)  eine  ^uämanberung  bie  ju  ^abua 
entfianb.     3n    Sologna    äcrfaüen    bic 


©tubierenben  in  citramontani  unb  ultra- 
montani,  bie  aus  iftrer  ^DJitte  je  einen 
SReftor  wählen.  S)ie  ©tubierenben  finb 
nid^t  Knaben,  wie  in  ben  parifer  'Ilrtifieuä 
fcbulen,  fonbern  geijilicbe  unb  weltliche 
Ferren ,  bic  bur^  ibre  fojialc  Stellung 
jur  Silbung  felbfiönbiger  Korporationen 
befähigt  fc^cinen.  2öaö  bic  ßel)rc  betraf, 
fo  lag  ^ier  alleä:  in  ber  ^anb  beö  SJoftor^ 
Eotlcgium«.  ®rji  im  13.  3al)rt)unbert  fam 
JU  ber  altern  SRec^täfd^ule  eine  universitas 
pMlosophorum  et  medicorum,  ober  ju? 
fammcn  artistarum  ^inju ;  bic  tlicologifd^e 
Scfjule  mürbe  1362  errichtet. 

Dtac^bem  nac^  bem  Silbe  Don  *Cariö 
unb  Bologna  in  ^ranfrcii^ ,  (£nglanb, 
3talien  unb  Spanien  mäl)renb  bc«  13.  unb 
14.  3al)r^unbertö  äfinlicfte  Sdl)ulen  ent« 
iianben  waren,  folgte  julc^t  Deutfc^« 
lanb.  |)ier  fc^eiben  ftc^  für  tai  ÜJiittcU 
alter  j^wei  ©rünbungöperioben:  bie  erfie 
fäHt  in  bic  jweite  ^dlfte  be^  14.,  bic 
anbere  in  bie  jweite  |)älftc  beö  15.  ^a\)Z' 
^unberts. 

2)ic  crfie  ©poc^c  folgt  ber  ^criobe 
beö  wirtfc^aftli(f)en  *Jluff(f)Wungö  jwifc^en 
1150  unb  1300;  ja^lreiAe  neue  Äanoni« 
fate  waren  gefiiftct,  Stabtfcbulen  erric&tet, 
bie  I)om«  unb  Stiftcifc^ulen  Dermocf)tcn 
mit  ben  auswärtigen  Unioerfttäten  nic^t 
met)r  ,^u  fonfurrieren. 

1.  ^rag,  1347;  gemäß  ber  Stiftung^« 
urEunbc  werben  ben  Oliebcrn  ber  UniPcrs 
fität  aüe  5ßriDilegicn ,  3"i"iunitätcn  unb 
5reil)eiten  jugcfi^ert,  bereu  bic  ©liebet 
ber  parifer  unb  bolognefer  Unioerfttät  fid^ 
erfreuen. —  2.  Sffiien,  1365  gefiiftct,  toi) 
erft  1384  rec^t  auägefütirt,  jum  teil  burc^ 
parifer  ßcbrer ,  bic  wegen  bcö  firc^lic^en 
Sd^iömaö  aui  $ariö  Dcrtricbcn  worben 
waren.  —  3.  i>eibclbcrg  1385.  — 
4,  Köln  1386,  wo  baä  t^eologifc^c  ©tu« 
bium  f(i)on  blühte  unb  eö  ftcfc  bloß  barum 
^anbcltc,  bic  in  Dcrfd^icbcnen  Klö|icrn 
unb  Stiften  Dorlianbcncn  Kurfe  jufammen« 
jufaffen,  mit  bem  SRccfct  ber  (Srteilung  ata' 
bemifcftcr  ®rabe.  —  5.  Erfurt  1389, 
eine  fiäbtifc^e  Stiftung.  —  Qtlö  Dtai^jüglct 
ber  crfien  Spoc^e  finb  ju  nennen  6.  ßcipjig 
1409,  gegrünbet  in  unmittelbarer  ?{olgc 
baDon,  ta^  ju  $rag  bic  bö^mifc^c  Jiation 
Don  ben  brei  anbern  ÜfJationcn  (Saiern, 
Sad)fen,  $olcn)  ben  95orrang  in  ben  Stim^ 
men  erhielt,  unb  7.  9lofio(f  1419. 

I)ic  ®  r  ü  n  b  u  n  g  e  n  ber  j  weiten 
Spocfec  fcbeinen  infolge  eineö  au§crs 
orbentlid^  fiarfen  ^Inbrang«  ju  ben  Stubicn 
jlattgcfunben  ju  l)abcn,  infolge  beS  ^uma- 


UntDetfitäten. 


709 


niämus,  bti  9tuffommcn«  ber  römifc^cn 
JRecf)tä9eIe^rtcn  aU  cineö  befonbern  Stan» 
bcö,  fteigenben  SDÖo^llebenö,  tt)irtfd)aftli<l)en 
5Iuf[^tt)ungö 

1.  Orcif^walb,  1456.  2.  ^rei» 
bürg,  1460  eröffnet.  3.  ©afcl,  1400. 
4.  Sngol  j!abt,  1472.  5.  Iiiet, 
1473.  6.  Smüinj,  1476.  7.  Jübingcn, 
1477.  —  51IÖ  ««acftjüqler  8.  SB  i  1 1  c  n  = 
ber 9,  1502.    9.  j^ran'tfui^t  a.  O.,  1506. 

2)ie  UnioerfUäten  finb  in  erjler  ßinie 
firc{)Iid)e  S^ulanfiatten,  ben  iiltern  tixä)' 
Iid)cn  2d)uIanfiaUen  in  S)i0,^iplin  unb 
Sinri(f)tungcn  äf)nlid).  ^l)x  3"fflni'^"!ti' 
Öang  mit  ber  Äuc^e  etroeiil  fid)  1.  barin, 
ba§  überaß  bie  päpftlid)e  SJitmirfung  bei 
ber  ©rünbung  einer  Uninerfüät  einge^iolt 
tt>irb,  roobur^  man  fid)  nidit  aüeiii  bes 
nottt)enbigen  unb  coüEommcnen  ßinoer; 
fiänbniffcö  bc6  ^aupteö  ber  dljriftenbeit 
zerflederte,  fonbern  befonberö  bie  ®rmä($5 
tigung  ju  lehren  unb  (grabe  ju  erteilen 
ert)ielt;  bie  Sernuiltung  biefer  ©efugni« 
»urbe  regelmä§ig  uon  einem  ort^anmefen= 
ben  ißertreter  ber  Äircf)e,  ber  Äanjier  bieg, 
überhjac^t,  meift  ber  Sifc^of  ober  fonfi 
ber  üorne^mjie  ®eiillic^e  am  Ort  ber  Uni* 
oerfttiit.  2.  in  ber  'Musfiattung  ber  ßel)rer 
mit  (Sinfommen  ani  ÄanoniEaten  unb 
(Pfarreien.  5Die  »eltli^e  Obrigteit  fteütc 
fid^  anfänglich  nid)t  anber^  jur  Uniüerft^ 
tat,  al«  ju  jeber  anbern  Eird)ticf)en  <£tifs 
tung,  im  15.  Jabrbunbert  betonten  ft<^ 
jcbod)  bie  lanbe0t)crrlic^en  Scfugniffe 
fel)r  am. 

n.  Organifation.  30öä|irenb  in 
*Pariö  in  unregelmäpigem  üßacfcätum  unb 
nad)  üerfc^iebenem  ^-yitbungeprinjip  oier 
fclbfiänbige  j^örpetfc^aften,  nier  iJiationen 
unb  brei  ^iifultäten  entfianben  unb  äu§er= 
lid)  ju  einer  universitas  r>erbunbcn  morben 
maren,  gingen  bie  beutfd)en  Dteugrünbungen 
umgefet)rt  Don  ber  (Sint)eit  ber  ^nfialt  au^ 
unb  glieberten  nun  biefelbc  in  ^nlcl)nung 
an  haii  fcfeematifierte  *parifer  S5orbilb  auf 
boppelte  aSeife  in  iJJationen  unb  j^^tüU 
tätcn,  einer  boppelten  gu'iftion  bet  2et)rc 
unb  ber  politif^en  ißermaltung  entfprecbenb ; 
alä  8ei)reranjlalt  f)ei^t  bie  Unioerfität 
Studium  generale  unb  teilt  fid)  in  oier 
gofuUätcn,  alö  Korporation  ^eißt  ftc  uni- 
versitas studii  Pragensis,  Viennensis 
u.  f.  vo..  foba§  jebeäf  ®Iieb  ber  Unioerfttät 
in  beiben  oorfommt. 

S>ie  Jiationen  bilben  eine  rein 
duferlic^e  ©inteitung  ber  ®cfamtbeit  fiir 
bie  ^voidi  ber  iBerrcaltung  na^  ber  geo» 
grap^if^en  Sage  bes  Heimatorten  ber  TliU 


gliebcr.  Qlue  bem  Uniöerfitäteorte  ali 
OJJittclpunft  rcirb  bie  ganje  ß^riften^cit 
in  oier  Duartiere  eingeteilt,  jebeä  nac^ 
bem  Dramen  einer  am  ^drffien  oertretenen 
Sanbfdiaft  benannt.  3ebe  iWation  mäblt 
einen  Sorftcbcr,  Procurator,  ber  bie  ÜJlits 
glieber  in  bie  giften  ber  Station,  Matri- 
cnla,  einträgt,  bie  5Jerfammlungen  beruft, 
bie  Äaffe  oerreattet.  2"  ^if  »ifi  Stationen 
gegliebcrt,  übt  bie  ®efamt^eit,  congregatio 
universitatis,  bie  gefeggebenbe  ®ett)alt,  be= 
fcfclic^t,  nad)  Stationen  ftimmenb,  Statuten 
ober  I)ieiiplinargefe^e,  ju  bereu  Haltung  alle 
©lieber  burd)  (Sib  fid)  oerpflid^teu ,  »d^lt 
^um  teil  butd)  eine  fomplijierte,  inbirefte 
ißa^l  ben  iRettor.  Xiefcr  ift  Vertreter  ber 
Unioerfität  nac^  *l(u§en  unb  fübtt  tai 
Siegel,  l)anbt)abt  bie  ber  Korporation  com 
?anbsl;errn  gegebene  ®erid)tebarfeil.  5«^«^" 
SReftor  \\t  ein  9f{at,  consüium  univer- 
sitatis beigegeben,  jU  bem  jebe  Station 
jpei  SJlitgliebcr  aborbnet.  3"  biefen 
Ämtern  tonnten  anfänglid^  forool)l  ®ras 
buierte  al^  Stid)tgrabuierte  mäblcn  unb 
gemäbtt  merben;  bod)  n^urbe  fd)on  frü^ 
bie  Stinimfäl)igfeit  auf  bie  ®rabuierten 
eingefd)ränft;  bie  paffioe  2Bal)lfdbigteit 
blieb  b^igegen  allgemein,  befonber«  ber 
OfteEtor  mar  oft  ein  Stic^tgrabuicrter.  2>ie 
Ginteilung  in  Stationen  ^atte  aber  auf 
ben  beutfc^en  Unioerfitäten  oon  Einfang 
mcnig  (5influ§;  bie  2)efane  ber  ^^lEultäten 
nal)men  oon  fclbfl  neben  ben  Stäten  bcc 
Stationen  bie  Stelle  oon  Seratern  tei 
Stcttorä  ein  unb  bie  jungem  Unioerfitäten 
begnügten  fid)  überhaupt  mit  ber  Sintei« 
lung  in  ^tiful^äten. 

2öaö  bie  ße^ranfialt  unb  biega* 
fultäten  betrifft,  fo  giebt  es  auf  einer 
mitlelaltcrlid)en  ^oc^fc^ule  »eber  eine  be« 
flimmte  3'^''^  fefter,  befolbeter  Se^rfiü^le 
für  bie  oerfd)iebenen  i)i?jiplinen ,  nod) 
einen  berufsmäßigen  ^rofefforenfianb,  noc^ 
Stubenten  im  l)cutigen  Sinne.  Se^ren 
unb  lernen  ge^t  incinanber;  man  fängt 
ben  Äurfus  lernenb  an,  gct)t  atlmäl)lic^ 
jum  l'ebren  meiter  unb  fc^ließt  it)n  blo§ 
lel)renb.  ^iht  'Jafultät  ifi  mit  '-Besiebung 
auf  bie  8el)rc  felbftänbig.  jDer  Scolaris 
fd)lie§t  fid)  alö  2el)rling  einem  beflimmten 
magister  an,  tritt  meifi  m  feinen  ^aus» 
^alt  ein,  ber  flöjlerlid)er  Statur  ift.  Stacks 
bem  er  in  etira  jmei  3iif»ien  bie  Einfangs« 
gtünbe  ber  Öel)re  erlernt,  mirb  er  bet 
oetfammelten  Üteiftcrf^aft  oorgefiellt,  »on 
it)r  geprüft  unb  jum  baccalaureus, 
©efetlen,  ernannt,  tiefer  lernt  meiter, 
mirb  jebocfe  burc^   einen   Sib  oerpflic^tet, 


710 


Umöcrfttätcn. 


unter  9lufficbt  ^e^  iUleifierä  [einerfcitö  bie 
Elemente  ber  Äunft  ju  Icbrcn.  ^lai)  etwa 
jttjei  3a&ren  mieber  geprüft  unb  Don  ber 
firc^Iicf)en  QSc^örbe  mit  ber  licentia  aui' 
geflattet,  wirb  er  burd^  öffentlichen  Qlft 
öon  feinem  SO'leijier  jum  SJicijier  gemadbt. 
2)urd)  ben  IDJeifiereib  ijl  er  eetpfli^tet, 
»enigflenö  noc^  jrnei  ^a\)xt  in  ber  Stabt 
^u  bleiben,  um  aU  9Weifter  ju  lehren,  bie 
2Reifterfcf)aft  aufrecht  ju  ermatten.  Sr 
nimmt  je^t  felbflänbig  öe^rlinge  an,  bie 
er  ^u  ©efetlen  unb  2l?eifiern  ^eranjiebt. 
3>iefer  »ollfiänbige  Äurö  ber  freien  Äün^e 
fcei^t  facultas  artium;  »erläßt  ber  SiJJagifter 
nadi  jn)eijäf)rigcr  *Uuöübung  ber  Äunjl  bie 
Stobt  nicfct,  fo  mag  er  bie  p^eren  .^ünjie 
auf  biefelbe  SZBeife  lernen :  SWcbijin,  3"^^' 
prubenj,  ^l^cologie,  unb  ju  biefem  3^)^^^ 
fann  er  in  eine  Stiftung,  collegium, 
eintreten,  tt)o  er  fflobnung  unb  einiget 
(Sinfommen  erfiält;  überbie^  erpit  er  tion 
feinen  ßctirlingen  baö  ßef)rgetb,  pastus, 
minerval.  SOtan  bleibt  bann  iDJeij^er  in 
ber  Qtrtifienjunft  unb  iji  ?ebrling  ober 
Oefefle  in  einer  ber  anbern  B^nfte;  erji 
menn  man  SOffeifter  in  einer  ber  f)öf)ern 
^afuttäten,  d  o  c  t  o  r  ,  wirb,  fc^eibet  man 
au«  ber  untern  auä.  (gr^ält  man  enbtid) 
eine  Äanonifatöpfrünbe ,  fo  mag  man 
lebenslang  aU  Sebrer  an  ber  Unicierfrtät 
bleiben.  2)ie  menigften  ma(ä)en  aber  biefen 
PoUPänbigen  «Stubiengang  burc^;  bie  3ci^l 
ber  @(f)üier  in  ben  obern  JJafuItätcn  mar 
immer  gering. 

3^ren  Unterbalt  t)ermo(i)ten  ftd^  Moi 
bie  ße^rer  ber  ?lrtifienfafultät  burd)  ben 
©cf)uno{)n  ju  ermeiben;  S)oftoren  ber 
I)öbcrn  ^afultäten  gewann  man  baburc^, 
ia^  man  eine  befiimmte  Qlnjat)!  Pon 
Äanonifaten  mit  ber  Uniöerfltät  »erbanb, 
eineötcit«  mit  einem  Äanonifat  bie  ^Pfiic^t 
ber  93orIefungen  Pereinigte  ober  anberfeitä 
ein  .^anonifat  üon  aQen  ober  einigen  geifts 
liefen  ^ppid^ten  biäpenfterte.  (5rfi  aamat)^ 
lieb  erlangte  bie  Sanbeäobrigfeit  ®inf(u§ 
auf  bie  Sefe^ung  ber  ßebrfteüen  burcf) 
©rünbung  befonberer  *Profeffuren ;  feit  bem 
15.  3abrbunbert  befehle  bie  Dbrigfeit  bie 
Sebrerfleflen  ber  obern  gafultaten  t>on  fidf) 
auö.  5Die  Qlnjabl  ber  ße^rer  ber  ^Irtiften* 
fafultdt  ^ing  ton  ber  ^requenj  ber  "Jlnftalt 
ab  unb  erft  im  16.  3'>t''^^""bert  waren 
aud)  bier  überad  eine  beftimmte  iMnja^l 
ton  Stellen  fej^gefe^t. 

S)ie'llttiftenfafultät  war  bie  !Bor= 
bereitungöanflalt  für  bie  obern  gafuttäten, 
bie  pt)iIofopf)if(f)en  ^Jrofefforen  waren 
©tubenten  in  ben  anbern  {Jafultdtcn.    ?tn 


iRang  unb  SRec^t  jtanben  bie  5lrti(icn  an 
ber  legten  ©teile.  Sor^anbene  ältere 
Stabtf(^uten  würben  oft  in  bie  Unioerjts 
tot  cintierleibt.  I>er  unterfie  ^uxi  ber 
"ilrtifien  bie§  man({)mal  paedagogium; 
\>M  Qllter  ber  Schüler  ging  oft  nicbt  über 
12  3at>re  I)inau§.  ®<i)\xUn,  bie  ftifi  bie 
Vorbereitung  jur  Unioerfitat  jur  5tufgabe 
matten,  gab  eö  im  SDJittetalter  nic^t;  erfl 
feit  bem  16.  3a^r^unbert  beginnen  bie 
iSpmnafxcn.  ©rögere  ®tabtf(J)uIen  lehrten 
unter  Umjiänben  ben  glei(f)en  Stoff  wie 
bie  *Urtiflenfcf)uIen ,  wenigfienö  in  i^rem 
erften  Äurä,  bem  fogen.  Srioium. 

3n  ber  dufern  ßebenöorbnung 
ftnb  bie  Uniperfttdtögtieber  urfprünglid^ 
ben  ?tngebörigen  ber  ^ircbe  nac^gebilbet. 
2)ie  ®efamtf)eit  ber  ÜJlitglieber  ber  2öie« 
ner  Unioerfitdt  f)ei^t  clerus  universitatis, 
bie  Uniüerfttdtäfefle  ftnb  fircblidiet  SJJatur. 
2)ie  5trtifienfafultdt  feierte  befonberö  ben 
2ag  ber  ^I.  Äatljarina.  ?lu(f)  bie  Älei« 
bung  war  bie  geiftlic^e:  langer  SRocf  oon 
einfarbig  bunflem  S^M^'  für  bie  Sd^ola» 
ren  mit  Sapuje  unb  ®ürtcl,  für  ben  SDta* 
giftcr  mit  Sarett.  Stubentenfrawaüe  rid^» 
teten  [xä)  u.  <M.  gegen  t>a^  fragen  be3 
(Sürtelö.  SDie  ©ojenten  fianben  unter 
bem  Sölibat;  »on  ber  wetttic^en  Dbrigfeit 
ber  @(J)uIe  warb  bloö  ber  SReftor  jum  So« 
libat  »erpflic^tet.  SKebijiner  bra(f)en  wol)I 
juerfi  biefe  alte  Sitte,  bann  Sui^ifif"  ""^ 
21rtij^en,  am  S^Iu§  beö  15.3a^r^unbert« 
War  ein  »erheirateter  SIRagijier  feine  Sei* 
tenf)eit  me^r. 

3m  |>aufe  beö  ßoüegiumö,  in  welchem 
aud)  bie  SRdume  für  bie  SSorlefungen  unb 
Unitierfttdt^aÜe  unb  Sffiobnungen  für  Sd)o= 
laren  ftcf)  befanben,  wohnten  bie  9Wagijlcr 
flöfierlicft  jufammen.  ^itn  trotte  feine 
Stube,  bie  5RaIjeiten  Waren  gemeinfam. 
3eber  SRagifter  l)at  einen  Sd^olaren  aH  93e« 
bienten,  famulus,  servitor.  ^eijbar 
fmb  bie  ®emd<i)er  ber  Scbotaren  regel« 
mdfig  nicf)t.  2)ie  SRaljeit  pflegte  überaus 
einfa^  ju  fein,  im  großen  Kollegium  in 
ßeipjig  gab  e«  13  mal  im  3af)r  ein  Sytra* 
geriet  nebfl  iffiein  unb  J^rüc^ten.  iDa^er 
freute  man  ftc^  fo  fetir  auf  bie  ^cPf'^niäufe. 

3bre  Unterfunft  fanben  bie  Stubenten 
entWeber  miet^weife  in  ttn  ÄoQegien,  wo 
fonfi  bie  SDkgifter  wobnten,  ober  in  be» 
fonbern  Stiftungs^dufern;  auc^  ^rioatun« 
terne^mungen  einzelner ÜRagifier  werben  er« 
wdf)nt.  Sin foIcfterÄonoift l)ieR bur s a, oon 
bem  wö^entli(^en  ©eitrag  (bursa  =  i8örfe), 
ben  bie  einjelnen  ÜRitglieber ,  combnrsa- 
les,   bursales,    domicelli  ,  socii,   leiftctcn 


Untüerfttätcn. 


711 


35er  SWagificr,  bcr  Untcrncbmer  ober  58or= 
ftcl^et  war,  f)ie^  conventor,  23ermieter,  auä) 
rector  bursae,  regens  barsam,  baber  bie 
Surfe  a\id)  regentia.  Qlu§erf)alb  ber  ÄoI= 
legten  ober  ber  approbierten  Surfen  ju 
Wonnen,  war  überall  »erboten,  ^uönab' 
men  famen  bei  üornc^mcn  ^erfonen,  ar* 
men  fieuten  in  bicnenber  Stellung  unb 
Drtäangel)örigcn  nor.  S)ie  3<if)I  ber  Sur* 
fenbewo^ner  war  oft  eine  befcf)ränfte,  8, 
10  ober  12  SWitglieber.  Sie  aUit^licber 
ber  Surfe  bilbcten  bie  8et)rlin(^fcf)aft  tti 
SWcijlerä,  fte  ^örten  feine  Sortefungen,  nab= 
tnen  an  ben  SJiöputationeübungen  'Jlnteil, 
bie  regelmäßig  nacb  bem  Qlbenöeffen  ,  oft 
auc^  nad)  bcm  SWittagcffcn  jiattfanben. 
3)aneben  hielten  fie  bie  öffentlicbcn  Sor« 
lefungcn  in  ben  Seftorien  bcr  ÄoUegicn« 
Käufer.  2)ie  Jftepetitonsifurfe  in  ben  Sur- 
fen 'gießen  resumptiones  unb  Waren  ge« 
gen  ®nbe  beö  15.  3a^r^unbertö  meifi  obli« 
gatorifcb.  S)er5Re!tor  fontrolierte  ben  Se= 
fucb  ber  Sorlcfungen  unb  bie  "Jlfte  ber 
^afultcit,  war  aud)  »erpfli^tet ,  bie  ©tu^ 
beuten  ad  latinisandam  anjut)altfn  unb 
Übertretungen  burd)  theutonisare ,  beutfdb 
reben ,  ju  firafen.  |)eimlid^  aufgefteÜte 
^lufpaffer,  lupi,  au^  bcr  SWitte  bcr  ©d^o^ 
laren  notirten  bie  gc^ilbaren.  ©ing  ber 
SOJagificr  öffcntlii^  auö,  jur  Äird)e,  ju  ben 
gafultätöflften,  fpajieren  ober  inö  Sab,  fo 
begleitete  it)n  bie  ße^rlingfc^aft.  2)ie  cin= 
jclnen  Äawniern  ber  Surfenmitgtieber,  un« 
I)eijbar,  biegen  camerae,  cellae,  commoda, 
bie  beijbare  ©peife«  unb  @d)ul^ube  stuba 
communltatis  ,  aestuarlum.  ^abfuct)t 
feilte  oft  in  eine  cinjige  Äammcr  bi^  12 
€(l)olaren. 

5Der  Sifci^  würbe  auö  ben  Seiträgen 
ber  Surfenmitgtieber  beftritten,  Äod)  war 
entWeber  ber  famulns  ober  bie  Surfalen 
fdber  in  beflimmter  >Jlbwed)ötung. 

S)aö  mittlere  *JUter  ber  ®d)olaren  beim 
3tnfang  it)rer  8tubien  war  tai  15.  ober 
1 6.  öcbcn^ial)r,  boc^  f  ommcn  aud)  jüngere 
©c^otaren  »or. 

iUlittcl  beö  Unterrid^t«  Waren  Sorle= 
fungcn  unb  I)iäputatio  nen  nad)  Sn* 
l^ialt  unb  ÜWetfiobe  bcr  Sdiolaftif,  bie  le^= 
lern  namentlidb  mit  ber  Äunft  einer  ab* 
ft^tlid)  unreblicbcn  ©optiiftit  ausgebilbet 
unb  oft  fo  bcftig  unb  erbittert  geführt, 
baf  j.  S.  an  ber  ©arbonne  in  ^axi^  ber 
$la^  be§  Opponenten  von  bem  bcö  3fic» 
fponbcnten  burd)  eine  Sretterwanb  gcfd)ie= 
ben  War,  bamit  bie  S)i^putiercnbcn  fxc^ 
nic^t  in  bie  ^aare  fahren  tonnten 

3n  Jolge  bcr  iRcformation  änbertc 


fid)  ber  ©baratter  bcr  Unioerfitäten  m  man* 
d)er  Se^ie^ung,  im  ©anjcn  aber  l)at  ftd^ 
faum  ein  mittetattcrlid)cä  3nfiitut  fo  jä^ 
gegen  bie  formen  neuer  Silbung  unb  neuer 
Scbcnöanfc^auungcn  crwicfen,  wie  bie  fjo^en 
©d)uten. 

<Jln  ©teile  ber  tird)lid)en  Dbrigteit  trat 
in  ben  protefiantifdben  ßänbern  ber  ßan* 
beöberr  ober  bie  l^anbeäobrigteit ;  Scjläti- 
gung  gab  ber  Äaifer,  bie  Qluflöfung  bcr 
Surfen  unb  ß-ottegien  mad)te  felbfi|länbige 
Sorbereitungsanftatten  notwenbig,  ®pm* 
naften  u.  bgl.,  wobur(^  ber  bi^iberigcn  5lr* 
tiftcnfatultät  ber  (5t)arafter  einer  Sorbe« 
reitung0fd)ule  genommen  unb  fie  jur  fetbft« 
ftänbigen  pt)i  1  o  fop  bifd)cn  SJatuItät 
bcranwudbö,  9ieufiiftungen  ftnb  9War* 
bürg  1527,  Äönigöbcrg  1544,  2)itlingen 
1554,  3cna  1558,  .^elmliäbt  1575, 
ilttorf  1578,  ffiürjburg  1582,  ®rä^ 
1585,  qjaberborn  1592,  (Siegen  1607, 
«Rinicln  1621,  ©tragburg  1621,  ©aljburg 
1623,  SMünjlcr  1631,  Dönabrüd  1632, 
SDuiäburg  1655,  Äicl  1665,  SnnöbrucE 
1672,  ^aüe  1694,  Sreölau  1702,  gulba 
1734,  (Söttingen  1734,  erlangen  1743, 
©tuttgart  1775,  8anböl)ut  1802.  2)cm 
®cijle  ber  nad)rcformatorifd)en  Silbung 
gemd§  mad^te  bcr  Icbcnbige,  geijlige  üluf» 
fcbwung  bcr  Üieformation^jcit  einem  ängji* 
lid)en,  breiten  unb  geiftlofen  ©d)ematiä« 
muö  '^}la^,  bcm  namcntlid)  bie  Üicinbeit 
ber  Sebre  unb  bie  "Jlbweifung  neuer  8cl)ren 
am  ^erjen  lag.  2)ic  Sorlcfungen  würben 
nur  in  lateintfd)er  ©prad)e  gebalten,  biö 
(£brijlian  Sbomaftus  ber  (Srfte  würbe,  ber 
beutfd)e  Sorlcfungen  cinri^tete.  2)ie  Seil* 
name  ber  ©tubicrenben  an  ber  Leitung  ber 
Uniüerfttäten  borte  auf,  tii  perfönli^e  Öei« 
tung  ber  ©tubicrenben  burc^  bie  Scbrcr 
trat  cbenfatlö  jurüd,  fo  ta^  eei  möglich 
war,  ta^  fic^  namentlich  feit  bcm  30jd^s 
gen  S!rieg  ein  rot)eä  ©tubentenwefen  au^= 
bilbetc,  beffen  liäBlicbßer  5luöwud)ö  bet 
tPennaliömuö  war,  eine  robe  burfc^ifofc 
ScrgeWaltignng  bcr  altern  ©tubcntcn  ober 
©d)orijicn,  b.  1).  berjenigen,  welche  bie 
*21nbcrn  fc^oren,  gegen  bie  ange^cnben 
SOUtfd)üter.  2)amal«  tarnen  bie  l^ubenti* 
fd)cn  Dtamen  Neovisti,  Vulpeculae,  ^ü^fc, 
Caeci,  Slinbe,  Vitnii,  DJutterfälbcr,  ©äug* 
tinge,  Innocentes,  Unfd)ulbige,  Imperfecti, 
GalJi  domestici,  ^auebä^nc,  Dominastri, 
3tappfd)näbel,  Sadjantcn  auf.  S)iefc3ün= 
gern  mußten  nun  ben  *M Item  bie  niebrigftcn 
2)icnjie  leifien  unb  ftd)  gleid)famjur  2Bc^r= 
tjaftmacbung  nad^  Ablauf  eineö  ^a\)ui 
bcr  ©epofition  ober  (Snttölpclung  un* 


712 


Unjucbt 


tcrjic^cn,  einer  Iä(J)crIic^cn ,  i;uni  Seil 
fc^merjUi^en  (Sercmonie  mit  einer  ÜJJengc 
it)mboIi[(!^er  J^anbtungen.  3"  berfelben 
3eit  tarn  unter  ben  ©tubenten  ba«  2) u eil 
auf,  ebenfo  bie  ßanbäman  nfc&aften 
ober  Serbin bun  gen,  bie  6tubenten- 
lieber  unb  eine  Sitteratur  fleiner  ©üc^tcin, 
»orin  ft^  ein  luftiger,  oft  auä)  Himu^u 
gcr  |>umor  jeber  3trt  geltenb  mad)te.  2)ie 
geifiige  Erneuerung  ber  beutfd}cn  Unicer^ 
^tdten  beginnt  mit  menigcn  'Husna^men 
erfi  im  18.  ^a^r^unbert.  *PauIfen,  bie 
©rünbung  ber  beutfcJ)en  Unioerfttäten  im 
SWittelalter,  in  @t)belö  I)ifiorifcl)er  S^iU 
fc^rift  1881.  Sgl.  3arncEe,  jur  ®e= 
fc^id)te  ber  beutfi^cn  Unioerfitäten;  SliO' 
lud,  Sorgefcfti^te  beä  jRationaliömuö ; 
Ä.  D.  SR  au  m  er,  ®cfct)idt)te  ber  ^'atd' 
gogif.     33b.  4. 

Unjuc^t.  (§,\)d\6:iz  Äeufd)beit  galt  bem 
Sflömer  alö  ein  ^auptmerfmal  gernianifc^cr 
Sitte.  „2)ie  ®be,  fagt  Sacituä  ®erm. 
18  unb  19,  mirb  bei  ben  ©ermancn  fireng 
gehalten  unb  tt)o£)I  in  feinem  ©tüde  |)aben 
bie  ©ermanen  mel)r  Slnfprucf)  auf  ^oä)' 
ac^tung;  benn  üon  aßen  Sarbarennölfern 
ftnb  fie  faft  bie  einzigen,  mel(J)e  [\<i)  mit 
einem  SBcibe  begnügen,  (ge^r  menige 
mad^en  baoon  eine  51uönaf)me  unb  jmar 
nid)t  üon  ©innlicfcfeit  geleitet,  fonbetn 
meil  fie  i^reö  5lnfet)enä  megen  mit  me^re= 
ten  Einträgen  angegangen  »erben.  3)ie 
^Jrauen  führen  if)r  ßeben  in  ben  @c^ran= 
fen  feufc^er  @ittlid)feit,  frei  üon  ben  93et= 
locfungen  üppiger  ©djaufpielc,  unberührt 
üon  bem  ©innentaumcl  ftttenlofer  ©elage. 
33on  get)eimen  öiebcsbriefen  mei^  meber 
ÜJJann  noc^  %xaü;  (J^ebruc^  fommt  bei 
bem  fo  ja^iheid^en  Solfe  fef)r  feiten  cor, 
unb  bie  ©träfe,  meiere  ber  SBefiimmung 
bee  ©atten  überlaffen  bleibt,  folgt  it)m 
auf  bem  ^u^e  nac^.  %nx  oerlorenc  Äeufd)= 
^eit  giebt  e^  feine  ®nabc;  meber  Bdjön- 
|eit  noc^  S^tfl^nb  nod)  SReic^tum  werben 
i^r  je  einen  ®atten  jufüljren.  S)cnn  ha 
ijl  niemanb,  ber  über  tai  ßafter  fct)erjte, 
niemanb,  ber  »erführen  unb  »etfübrtmer« 
ben  ben  l'auf  ber  2BeIt  nennte.  ®en)i§ 
jie^t  e^  mit  einem  Staate,  mo  nur  2ung= 
frauen  fxi)  üermäl)len,  unb  mo  bie  ®attin 
mit  il)rer  Hoffnung  unb  il)rem  ®elübbe 
il)r  8eben  für  immer  bejiimmt,  beffer  aU 
mit  bem  unfern,  ©inen  ®atten  erl)alt 
baö  Söeib,  «ie  fte  nur  einen  Körper  unb 
nur  ein  ßeben  empfing,  unb  fein  ®ebanfe, 
fein  ®elüß  fofl  biefe  ®ct)ranfen  übertreten, 
fte  foü  in  ii)rem  ©atten  nid^t  ben  SKann, 
fonbern  bie  (Sbe  lieben."     @d)on  Slacituä 


erwäbnt  an  biefer  Stelle  ber  politifd^eit 
SRücfftcfeten  mcgen  »orfommenben  Siel« 
m  ei  ber  ei;  biefelbe,  o^ne  3»^f'fcl  ^^^ 
früt)crn  rot)en  3uf^änben  überfommen,  n)at 
im  ®cfci)Iedbte  ber  iKeroninger  geroöt)nlic^; 
bei  ben  Dflorbgermanen  bauette  fie  noc^ 
lange  fort  unD  mar  j.  ©.  in  ©(^mebcn 
im  11.  3«^i^"n^"t  allgemein  Derbreitet, 
lud)  Äonfubinat  mar  ben  ®ermanen 
nid)t  fremb;  bie  Äebfe,  m^b.  kebese, 
kebeswip,  friandinne,  gelle,  zaowip,  bi- 
släfe ,  bislaeferinne ,  släfwip,  släffrouwe, 
mar  bem  SDknne  nid^t  »ermä^It,  lebte 
aber  in  bauernber  iBerbinbung  mit  i^m. 
Urfprünglid^  fc^einen  eä  unfreie  aSeibct 
gewefen  ju  fein,  bie  in  biefen  ©tanb  ein» 
traten;  boc^  mar  tai  23erl)ältniö  md^renb 
be^  ganzen  SKittelalterö  uon  ben  93or« 
nef)mcn  gepflegt,  o^ne  ta^  bie  öffentliche 
SD^einung  befonbere^  Sitrgetniä  baran  na^m; 
fo  Ratten  Äarl  b.  ®r.  unb  ßubmig  ber 
^Jromme  i^re  äßeifc^läferinnen.  S)ie  Äin« 
ber  ber  Äebfen  erbten  blo^  Don  ber  SDJutter 
unb  geborten  nic^t  jur  Sippe  beä  93aterö, 
maren  alfo,  mo  ber  23ater  gürfi  mar,  »Ott 
ber  S^ronfolgc  auögefci^Ioffen,  menn  nid^t 
befonberc  Umfiänbe  unb  perfönlid)e  Sor« 
jüge  i^ren  Stanb  oerbedten.  Oft  erf)iclten 
une^elid^e  Jürfienfö^ne  ^o^e  geifilid)c 
Steüen. 

Dffentlicl)e  2Beiber  finb  bagegen 
ben  S)cutfcbcn  eifi  burd)  bie  unterge^enbe 
römifd^c  2ßelt  jugefommen;  bod)  jeigt 
fd^on  bie  güUe  ber  il^nen  angeprenben 
iliamen ,  mie  biefe  OWenfdtjenflaiTe  auc^  in 
I)eutf^Ianb  um  ftd^  griff;  m.ittelpdö« 
beutfd^e  SJJamen  ftnb  j.  93.  gemeine  frowen 
fröuwelin  ober  wip ;  armia,  valschia 
boesiu  wip ,  varende  frouwen ,  veil 
fronwen;  irria,  swacbiu,  übelin  wip 
wandelbare  vrouwen ,  unwip ,  üppige 
frouwen,  wildiu  wip,  gilwerin,  hübscher- 
inne,  knaberin,  lennelin.  Qrvax  für  bie 
Slütejeit  beö  SRittertume  Wirb  man  an« 
nehmen  muffen,  ta^  ber  ibeale  3"9  ^«t 
3eit,  bie  t)ol)e  Stellung,  bie  namentUd^ 
bie  beutfdt)en  SRitler  bem  2Bcibe  ein» 
räumten,  bie  jerfiörenbe  ÜJlac^t  ber  ge« 
meinen  ©u^Ierei  befd)ränft  babt;  ber  ©eifl 
ber  l)öfifd)en  2)id)tungen  SDßalt^erä,  ^art« 
manne,  Söolframö  legt  bafür  3«ugmö  ab. 
51nberfeit^  lag  e^  in  ber  Dtatur  ber  roman« 
tif(^en  g^rauencierl)errlid)ung,  i>a^  biefelbe 
gerabeju  einem  natürlid^  berberen  SSer^dlt« 
ni^  ber  gefct)led)tlidl)en  ißerbinbungen  ju 
rufen  geeignet  mar;  bann  mar  ber  SRitter, 
feiner  ßcbcnäart  jufolge,  bie  \f)n  ^aupt« 
fä(^Ii<^    förperlict)  entmideln   lic§,   burc^ 


Urbarbüc^er  —  Urfet)bc. 


713 


Sagb,  ©picl,  Äampf,  SRcifcn,  mit  einer 
ficibe^fraft  ou^gcftattet ,  bie  gett)i§  getn 
über  bic  @ct)ranfen  bcä  Oefc^e«  ^inauä« 
langte,  unb  cnblid)  war  bie  foömDpolitifd)c 
Söeltbilbung  beö  SRitter«  unb  feine  ^tb^ 
^ängigfeit  pon  ber  ^tnU  unb  ^anbelö» 
n)cij'e  bc«  franjöfifc^en  iHittertumö  einer 
gefe(lfct)aftli($en  'ijjrüberie  nid)t  juget^an, 
ttiie  man  jum  Seil  n^ieber  auö  bcn  SJid)' 
tungen  ber  genannten  beften  böfifc^cn 
S)ict)ter  er!ennen  fann.  %U  bann  aber 
balb  nad)  bem  erj^en  33iertcl  i'ti  13.  Jabr« 
^unbertö  ber  ibeale  Sinn  ber  ritterlicf)en 
®e[enfd}aft  fd)ncü  erblaßte,  unb  eine  aus 
gemeine  *2luflö[ung  ber  gefetlfdbaftUc^en 
^flicf)ten  unb  SRücfftd)ten  eintrat,  ba  eer- 
wilberte  namentlich  aud^  \>ai  93erbdltniö 
be^  ÜJianneö  jum  ifficibe  in  aujfaQcnbem 
®rabe.  3^"9"'^  bacon  giebt  [c^on  Oott* 
frieb  Don  Strasburg,  ebenfo  9'iitt)art  Don 
SRiumental  unb  bie  anbern  t)öft[(^en  2)orfs 
bic^ter,  nod)  mehr  aber  bie  jat)lreicben 
DJooeÜen  unb  ©rjäl)lungcn ,  unter  bcnen 
nad)  biefer  Seite  t)in  namentlich  *ßon  ber 
<^agenö  (Sefamtabenteucr  ftcfc  auöjeic^nen. 
S)abei  ift  jebodj  ju  bcrüdftd)tigen ,  ba^ 
bie  *}lnft(i)t  bes  iWittelalterö  »on  @itte 
unb  ®ittlid)feit  überhaupt  eine  layerc  mar 
unb  bie  öffcntUdje  SlJeinung  »ieleä  obne 
meitereö  geftattetc,  ma^  [päter  al«  flraf= 
mürbig  ober  [d)Ied)t  galt;  ber  ißerfebr  mit 
feilen  üBeibcrn  braute  ben  ÜJtänncrn  beß 
au2get)enben  SWittel alter«  feinen  Ü)Jatel. 
@o  lieft  man  benn,  iia'B  ben  franjöfifc^en 
Sreujbeeren  ganje  @(^aren  t>on  2)irnen 
folgten,  im  3abre  1180  5.93.  1500  mitein= 
anber.  21m  fran5Öftfd)en  unb  englifdien^ofe 
gab  cä  einen  befonbern  9JJarfd)att  jut  4)e- 
aufftd^tigung  jener  ^erfonen.  '.ilud)  in 
3)cutfdblanb  jogen  bcn  Sölbnertruppen  unb 
8anbefned}ten  ganjc  @4aaren  gemeiner 
Sffieiber  nac^,  bie  einem  eigenen  2lmttnann 
untetttjorfen  waren  unb  bcmfelben  eine 
möcbcntlid)e  Qlbgabe  jafiUen.  3"  üRagbc- 
birg  fe^te  1279  ein 'Mrger  bä  einem  non 
i^m  üeranfialteten  lurnier  ein  3D'läbd)en 
aU  ©iegeäpretö  auö;  ber  Kaufmann 
»on  ©oälar,  ber  eö  gewann,  fiattete 
e^  auö  unb  brachte  eö  ju  einem  tugenb» 
Iiaftcn  äßanbel  jurücf.  2lm  Äon^il  ju 
^onjian;;  mürben  15üO  greubenmäbcben  ge= 
iäblt.  ©olc^e  maren  eö  auc^,  bie  bem 
einjiebenben  ^etrfdjer  auf  Seranfialtung 
ber  Dbrigfeiten  i?rdnäe  unb  Slumen  ju 
überreichen  pflegten,  ißon  ben  fleinen  unb 
großen  ^öfen  oetbreitete  ftd)  biefe  Unjudjt 
in  bie  .Greife  ber  |iäbtifc^cn  söeoölferungen, 
mo  bie  5rauent)äufer,  [xti>t  bcn  bcfon-- 


bern  'ilrtitel,  ju  bcn  notroenbigen  jidbtifcfecn 
5lnfiQlten  unb  Stiftungen  jäblten.  Um 
tai  93ilb  biefer  Seite  iti  fojialen  öeben^ 
ju  »erüolipänbigen,  ift  noc^  be^  iöerlial; 
tcnö  ber  (Seifilic^fcit  ju  ermdf)ncn.  ^tla« 
gen  über  Unjucbt  beö  geifllid)cn  Staubet 
beginnen  fcbon  in  ben  erften  S^bi^bunber« 
ten  beei  Mittelalter«  unb  bilben  bi^  jur 
3iicformation  eine  ununterbrochene  Äette, 
beren  3cu9"iff6  ""^  Urfunben  unjdl)lbar 
fmb;  fie  liegen  cor  in  iRatöprotoEoüen,  S^iU 
büd)ern ,  23erorbnungcn  unb  namentlich 
aud)  in  ben  ^aßnac^tfpielcn,  ^^ajctien  unb 
JioneUcn  be^  14.  unb  15.  5at)rl)unbert^, 
beren  ^nbalt  jum  allergrößten  Seile  bie 
iBerfüt)rung  einer  ^rau  burd^  einen  lieber- 
lid)cn  *Pfaffen  ifi.  „*Wan  bulbete  bie 
Sünbe  ber  ^urcrei,  aU  eine  nid)t  ju  be« 
feitigcnbe  mcnfcblidbe  Sdbwäi^e,  um  beren« 
»nillcn  ber  Setreffenbe  ftcf),  ücrmittclfi  ber 
firc^ltd)en  ©nabenmittel,  lebiglic^  mit  fflott 
unb  feinem  ©emiffen  abjufinbcn  ^abc." 
Iluf  biefem  ©ebietc  t)at  ber  (Seift  be*  j^u= 
manimuö  feine  5inberung,  üielleid)t  eber 
eine  SBerfc^limmcrung  bcrPorgcbrad)t;  benn 
nie  mar  bie  Unjui^t  auf  einen  l)öt)etn  ®rab 
geftiegen,  alö  am  (Snbe  bc«  15.  unb  am  5ln= 
fang  beö  16.  Sobrbunbert«,  unb  e«  be= 
burfte  ber  grünbli^ften  SDiaBregeln  uon 
Seite  ber  proteftantif*en  Dbrigfeiten,  um 
hier  eine  nur  langfam  mirfenbe  Umfebr  ju 
crteidjcn.  2Beini;olb,  beutfd)e  »^i^au^"/ 
IL,  Qlbfdinitt  7  unb  8.  Sd)ul^,  böfi* 
fd)eö  uneben,  I.,  Aap.  7;  Äriegf,  beutfc^cö 
Sürgertum,  II,  Qlbfdjnitt  12  biö  15.  Q3urcfs 
barb,  SHenaiffance,  Qlbfcbnitt  V. 

UrbotbÜC^cr,  i^on  mbb.  urbar,  urbor  = 
jinstragenbes  ®runbftücf,  3in«gut,  3^"* 
von  einem  fold)en,  melcbeö  jum  mbb. 
SBctb  erbern  =  ertragen  gebort,  ftnb  *Bet« 
jci^niffe  ber  Sefifeungen ,  Seben,  grunb« 
t)errlid)en  'ilbgaben  unb  ipflic^ten.  Sic 
fommen  bei  geiftUd)cn  Stiftern,  wie  bei 
tücltlid^en  ^errfd^aften  feit  bem  12.  Jabr« 
bunbert  cor;  bcfannt  ift  j.  S.  ta^  von 
(Pfeiffer  l)erauägegebene  f)aböburgifcb=öftcri 
reid)ifd)e  Utbarbud),  meld)eö  bie  t)abä* 
burgifcbcn  *-8eft^ungen  im  6lfaf,  in 
Sd)mabcn  unb  ber  S^wcij  1304—1311 
entbält. 

Urfcbbc,  mbb.  urvehe  unb  urvehede,  iji 
ein  ciblicb  gelobter  ißerjidbt  auf  SRacbe  für 
erlittene  5fi"^f*<^ft;  fi"^  Urfebbc  mürbe 
üou  @eri(it«tt)efen  freigefvnod)encn  *}lngc» 
fügten  JU  bem  3tt-'>«*c  aufgcbunben,  bamtt 
er  an  feinem  *3lnflägcr  feine  SRacbc  übe. 
•Uli  bie  Jortur  auffam,  mußten  bdufig  un= 
fcbulbig  befunbene  Sorquierte  bem  (Scripte 


714 


93aganten  —  95afaü. 


fctbfi  eine  llrfcbbe  fcf)tt)örcn,  ta^  jte  jtc^ 
»cgen  bei  iWarter  nicfet  räd)cn  rcoüten. 
SnbU(^  nannte  man  Urfebbc  aucfe  bcn  Sib, 
tt)elc^en  ein  auö  einem  ©eric^tsbejixfe  Sßcrs 
banntet    ba^in    fc^rcöten   mu§te,   i>a^   er 


tt)äf)rcnb  ber  SDauer  bei  SDerbannung  o^ne 
(Jtlaubnig  bea  OflateÄ  »eber  jurücffe^ten, 
nod)  fic^  wegen  biefer  ©träfe  unb  ber 
überjianbenen  ®cfangenf(^aft  täcf)en  rcoEe. 


H. 


SBttgantctl,  derlei  vagantes,  vagi,  |tnb 
©cifilic^e,  bie  einee  ftanbigen  Äird&enam= 
teö  aU  Dueüe  i^reö  Sebenöunter^alteä 
entbetjren  unb  bcöfialb  unfiat  t)erumjicben. 
(5cf)en  im  4.  unb  5.  3a^it)unbert  werben 
Äircfcengefe^e  gegen  tai  unorbentlid^e 
treiben  [oI(f)et  Älerifer  erlaffen,  meijl 
ot)ne  nad)()altigen  (Srfolg.  Scfonberä 
jablreii^e  Älagen  werben  im  farolingifd^en 
3eitalter  laut,  unb  Äarl  b.  ®r.  erneuerte 
in  mehreren  Kapitularien  bie  altfirc^lid)en 
Sßerbote  ber  ordinatio  vaga.  (Sin  fircl)^ 
lidber  ©chriftfieüer  beä  12.  Sabrbunbertö 
erflärt  bie  3Saganten,  weil  fie  Weber  recfcte 
Älerifer  noc^  ßaien  feien,  für  eine  ^rt 
^ippocentauren  unb  für  eine  (gpnagoge 
©atanä.  Sne^öei^bemfelben^ii^vfiunbertges 
rieten  nun  biefe  Saganten  mit  bcn  ©piel» 
leuten  in  'Serü^rung;  in  gi^^nfreic^  jo* 
gen  ganje  ©cfcaren  üon  ©polaren  burc^ 
bie  ßanbe,  auc^  beutfdie  ©enoffen  mit 
frd)  fübrenb,  unb  ha  bie  3eit  bem  ©e* 
fange  überaus  günfiig  unb  biefe  ßcute 
aU  Äleriter  beö  Sateinifc^en  funbig  waren, 
entfianb  unter  i^nen  in  9'Ja*at)mung 
ber  rittevlic^spfifdben  ©änger  eine  fiöc^jl 
c^arafteriftif(^c,  originelle  latcinifcfcc  ißa= 
gantensßprif,  namentli^  Siebeö*,  2Bein= 
unb  ©pieüieber,  ©prüdjc  fatirifd)?  per* 
fönlic^er  'Jlrt  u.  bgl.  S)ie  bebeutenbfie 
Sammlung  berfelben  finb  bie  fog.  Carmina 
burana,  fiel)e  ben  bef.  Qlrtifei;  ber  be^ 
gabtefte  S)ic^ter  biefer  iBolföflaffc  war 
Sßaltljer  ber  (Srjpoet,  Archipoeta, 
ber  mehrere  ^ai)xt  in  ber  Umgebung  beö 
(5rjbifd)ofö  i)ieinl)olb  Don  ßöln,  beä  Äanj» 
ler^  !barbaroffaö,  lebte;  er  ifi  ber  J)i(J)t£r 
Don  Mihi  est  propositum  in  taberna  mori. 
©eine  J)icfitungcn  t)at  5-  ®rimm  Deröffents 
licf)t  unter  Dem  litet :  ©ebicfcte  beö  iOlit= 
tclaltcrä  auf  ^riebric^  I.  iöerlin  1844. 
Später  oereinigten  ftrf)  bie  93aganten  mit 
ben  f'.ilirenben  «sc^ütern. 

öaüomörofa,  Drben  oon,  ifi   eine   ber 


jablreic^en  DrbendsSleugrünbungen  tti  11. 
3a^rl;unbertg.  2)er  ®rünber,  Jobanne« 
(Sualbert,  $err  Don  Q3ifioja,  foU  ber 
Drben^legenbe  jufolge  Don  feinem  SSatet 
jur  Verfolgung  eine^  ÜJJörbet^  Don  einem 
feiner  23crwanbten  auögefenbet  worben 
fein;  an  einem  ©Karfreitage  finbet  er  ben 
ü}Jörber  in  einem  ^o^lwege,  Derjei^t  iftm 
aber,  ba  it)n  jener  bei  ber  Siebe  bei  ge* 
freujigten  3efu  um  ®nabe  bittet.  S)a* 
für  nidt  i^m  t>ai  in  ber  nad)fien  Äirc^e 
befinblic^e  ßrucifif,  Dor  bem  er  betete, 
banfenb  ju,  unb  ®ualbert  fa§t  ben  ®nt* 
fc^lug,  ftd)  ber  Äirdbe  unb  bem  S)ienfi 
(Sotteä  ju  weil)en  Sr  wirb  juetfl  ÜJ?ön(^ 
eine«  fc^on  befie^enben  Älojiers,  bann 
1U39  (Sinfieblcr  in  Vallis  umbrosa  in 
ben  5lpeninnen  unweit  JJlorenj,  wo  et 
nun  anbere  Ocnoffen  um  [xä)  fammelt, 
Wellte  bie  fireng^e  SrfüUung  bet  SRcget 
ißcnebift^  geloben ,  namentlid^  in  betteff 
bet  ßlaufur,  beö  ©tiüfc^weigenä  unb  bei 
anbäc^tigcn  23etrad)tung  beä  ßebcnö  unb 
Sterbend  3cfu.  ©ualbert  fiarb  1093. 
2)a^  Drbenöfleib  war  grau,  baf)et  man 
tii  Orbenäleute  auc^  graue  SKön^e 
nannte;  feit  1500  nahmen  fxc  jebo^ 
braune  Drbcnstracfet  an.  ®er  Drben  war 
nie  befonberä  Dcrbreitet. 

5Bafaü,  mittellat.  vassus  unb  vasal- 
lus,  ein  wa^rfi^einlicf)  auö  bem  Äeltifd)en 
ju  ben  J^ranten  gewanberted  Sffiort,  iai 
anfangs  ben  unfreien  I)iencr  bebeutete,  bc« 
jeic^net  urfprünglit^  benjenigen ,  ber  in 
ben  @^u^,  in  hai  SOJunbium  eine^  an« 
bem  aufgenommen  ift;  ber  Eintritt  in 
ein  folct)ed  Sdju^Der^ältniö  trägt  bcn 
Dtamcn  Sommcnbation.  Sc^on  in  bet 
meroDingif(^en  3«it  ^atte  biefelbe  befon« 
berä  gegenüber  bem  Äönig  einen  fc()t 
Weiten  Umfang,  inbem  ganje  Klaffen  bet 
SeDölfcrung  einen  5tnfpruc^  auf  ben 
Äönig«f(l)u^  i^aittn,  namentlid^  SBittwen 
unbSBaifen.  2lu(i)  auäbrücflid^  wirbert)äus 


SBitalienbtübcr. 


715 


fia  erteilt:  ©cifilicfien  bloö  für  if)re  $er= 
fon  ober  jugleii)  für  il;rc  Äirc^c,  Äauf» 
icuten,  3uben,  grauen.  Gommenbation 
tritt  aui)  regelmäßig  bei  ben  jungen 
Scannern  ein,  bie  an  ben^of  be^  Äönig^ 
gcbrad^t  »erben,  um  ft(^  t)ier  jum 
SJienfic  norjubereiten  ober  in  ein  befiimm= 
te^  ^ofamt  cinjutreten.  ^o<i)  befrf)ränEte 
fr^  biefe^  *ßert)ättniä  nid)t  auf  ben  Äönig  ; 
au^  (Srafen,  Sifci^öfe,  geifilic^e  Stifter 
fonnten  einen  äbnli(i}en  B<i)ü^  erteilen. 
?ltle  nun,  bie  ftd)  fommenbirt  Ijaben,  mag 
e^  ein  niebererer  Sanbbeft^et  einem  @tift 
ober  einem  an^ern  .^errn  gegenüber,  ein 
Dornel)mer  2Beltlid^er  bem  Äönig  gegen- 
über fein,  tragen  ben  iRamen  vassus  ober 
vasallus,  feit  ber  ÄaroUnger  3«'*  aud) 
gasindus,  homo,  berfcnige  aber ,  ber  ben 
@d)u^  giebt,  t)ei§t  dominus  ober 
senior. 

Tlit  ber  Seit  unterfcf)ieb  man  »on  ben 
@(i)u^r>er^ältniffen  überl)aupt  alä  eine  be= 
fonberc  5lrt  berfelben  bie  'BafaUität, 
unb  jmar  erfolgte  bie  Äommenbation, 
melcl)e  bie  aSafaHität  begrünbete ,  burd) 
einen  beflimmtcn,  fi)mboUfd)en  litt,  in 
ber  SBcifc,  ha^  ber  'Bafaü  feine  ^änbe 
jufammengefaltet  in  bie  beö  ©(^u^tjerrn 
legte;  na^  ber  .^anbreid)ung  erfolgte 
regelmäßig  ein  befonbereä  I  r  e  u  t>  e  r  = 
f  pr  e  d)  e  n. 

3n  ber  Earolingtfc^en  *13eriobe  jeigt 
ftd)  nocft  eine  gro|e  33crfd)iebent)eit  in 
ben  a?erl)ältniffen  ber  »BafaQen.  ^max 
bem  ©tanbe  nad)  ftnb  eö  regelmäßig 
{5reie;  bagegen  ift  ber  Unterfd)ieb  jwifdien 
ben  53afaüen  beö  .^önigö  unb  benjenigen 
anberer  Ferren  ein  großer.  'Bkncbe  SBa= 
faüen  leben  aU  Qlutfel)er  über  bie  2)ie= 
nerfd^aft  ober  über  bie  Defonomie  im 
.^aufe  bc(^  -^errn,  anbere  ^aben  ßanb  com 
|»errn  empfangen,  oft  f)at  ber  QSafaü  tt)ic= 
ber  anbere  93afaüen  unter  fid).  Äönig= 
lic^e  iBafatlen  werben  für  fiaatlic^e  ^hu 
gelegenbeiten  in  ^nfpru^  genommen,  als 
Äönigöboten,  ^eerfü^rer,  iöeamte.  ©ie 
große  Qa^l  ber  Äöniglicicn  5ßafatlen  unb 
bie  no^  größere  berjenigen ,  bie  ju  geifi- 
lid)en  Stiftern  unb  ju  tt)eltlid)en  ®roßen 
im  33erl)ältni^  ber  .iBafaüität  Pel)en,  l)ängt 
jum  großen  Seil  bamit  jufammen,  baß 
ftd)  ber  ©runbfa^  fe(lftellte,  alle  bie,  melt^e 
33eneficium  empfingen,  Ratten  ftc^  bem 
33erleit)er  ju  fommenbircn,  fxd)  in  bie 
SSafaüität  ju  begeben,  greili^  mar  ba^ 
nic^t  bei  jeber  8anboerleil)ung  ber  %aü., 
j.  23.  ta  nid)t,  mo  ber  6d|enfer  fein  ®ut 
jum  SRicßbrauc^  mieber  erf)ielt,  unb  übcr^ 


^aupt  nicht  in  bäuerlid)en  'iJerl)ältnijj'cn  ; 
burd)  Smpfang  tion  SBeneftcien  oerfc^iebe* 
ner  |)erren  fonntc  einer  ^'iafaü  mel)rc* 
rer  Jgserren  merben.  3)a«s  ißer^ältni«  ber 
iBafatlität  roar  oon  beiben  Seiten  löä« 
bar  unb  crlofc^  jcbenfaUö  mit  bem  Üobe, 
fonntc  aber  natürlich  oon  ben  ®öbnen 
erneuert  Werben.  >Die  ißerpflif^tungen 
ber  25afatlität  waren  gegenfeitige,  unb  ber 
|)err  mar  bem  Q3afatlen  <gd)u^  ju  leiten 
üerpfli^tet;  unterließ  er  c«,  fo  fonnte  il)n 
biefer  cerlaffen.  5luc^  eine  gemiffe  ®e<= 
rid)t0barfeit  pet)t  bem  ^errn  über  feine 
SafaUen  ju,  unb  namentli^  fonnten  bie 
£ad)en  ber  55afa(len  »or  iai  Äöniglid)e 
®erid)t  gebrad)t  werben.  Sine  befonbcrc 
*llnwenbung  würbe  biefem  »BerliältniiS 
fd)on  for  Äarl  b.  ®r.  baburd)  gegeben, 
isci^  man,  um  bie  im  gvanfenreid)  aufge* 
fommenen  mächtigen  territorialen  ®e=^ 
walten  wieber  ju  unterwerfen,  bie  '^n\)a< 
ber  berfelben  jur  üaffalitifd)en  ^ulbigung 
ant)ielt.  Sbenfo  mußten  unter  .Sari  b.  ®r. 
unb  feinen  Dtac^folgern  frembe  dürften, 
bie  ftd)  bem  fränfif(^en  Äönige  unter* 
warfen,  bie  |)ulbigung  teilen,  mci^  auä« 
brücflid)  bei  faracenifd)en,  britifcfecn,  fla« 
infd)en  unb  bänifd)en  erwähnt  wirb. 

Seine  fpätere  engere  iBebeutung  erf)ielt 
nun  bie  iBafatlität  etj^,  feitbem  bie  »a« 
fatlitifd)e  ^ulbigung  mit  ber  ^lluöbilbung 
beö  ßebenwefen^  ein  wcfentli^eä  unb 
d)arafterifiifd)eö  ©rforberniö  beö  ße^cn« 
empfangt  würbe,  öe^nemann  unb  35afaCl 
wirb  fc^t  gleid)bebeutenb,  8et)n<  ober  JeubaU 
tec^t  iff  jugleic^  i)ied)t  ber  Isafatlität,  unb 
ba  ber  .^auptjWecf  ber  33elet)nung  bie 
i'erpflic^tung  ju  triegerifcfeen  ßeijlungen 
ift,  fo  nimmt  ber  ©egriff  iBafall  nunmel;r 
aud}  biefe  iRic^tung.  2)ai)er  fommen 
ie^t  auc^  vasallus,  vir,  homo,  miles 
neben  einanber  unb  in  gleid)er  ")lnwen« 
bung  oor.  25gl.  ben  Qlrt.  öe_^näwefen. 
ytai)  2Bai^,  »Berfaffungö=®efd)id)te. 

Söitalienbciilicr  beißen  (sseeräubcrbanben, 
weld)e  Dom  legten  Sßiertel  beo  14.  ^a\)X' 
f)unbert^  an  fünf  3ii^t5el)»te  ^inburc^  bie 
norbifd)en  ÜJJeere  unb  Äüjien  bcuntul)igten. 
.§)ert)orgegangen  aui  bem  altern  Seeräuber* 
tum  biefer  ©egenben,  nat)nien  bie  ißitalien* 
brüber  baburd)  i^ren  iJlnfang,  y^ü^  naä) 
ber  'Beftegung  unb  ®efangennat)me  beö 
König«  QUbrecht  oon  Sd)Weben  burc^  bie 
Äönigin  SOJargaretbe  von  2>änemarf  bie 
ißerw'anbten  beö  ®(^webenfönig«,  nämlic^ 
bie  -^erjogc  fon  ÜJiedlenburg  im  23erein 
mit  ben  Stäbten  SHoftod  unb  löi'^mar, 
Freibeuter  gegen  bie  brei  norbifd)en  iReic^e 


716 


QSogt. 


aufriefen,  bie  namentlich  auä)  ben  'J(uf; 
trag  bcitten,  baö  bem  Äönige  treu  gcblics 
bcne  ©todt)otm  mit  SSiftualicn,  über* 
^aupt  mit  3ufu^'^  ä"  bcrfor(^cn ;  bafter 
ber  S^Jame  53italicnbrübcr,  ben  fte  [xi) 
fctber  beilegten,  um  unter  biefem  c£)ren^ 
i)aftcn  SJiamcn  i^r  übrige^  unet)ren^Qfteö 
®ett>erbe  ju  nerbecfen.  *Hud)  ßiefcnbeler, 
b.  t).  ®Iei(i)teiter,  ©leictibeuter  f)iegen  fte, 
h3cil  fte  ben  gemacf)ten  JRaub  ober  ben 
barau^  gelöfien  ©ettiinn  fietä  ju  9lei(i)en 
Seilen  unter  bie  ©enoffen  einer  Jtotte 
ober  ^orbe  ju  »erteilen  pflegten.  Über 
bie  ©iöjiplin  ober  innere  iBerfaffung  biefer 
iRaubgenoffenfd)aftcn  i(i  menig  bcfannt. 
Stac^bcm  fte  einige  glücf[id)e  Srfolgc  gegen 
bie  ©(^»eben  unb  2)anen  gehabt  unb  1394 
bie  3nfcl  ©ot^Ianb  erobert,  rafften  ftd) 
enbli^  ber  bcutfc^e  Drben,  bie  Königin 
ton  2)änemarf,  Hamburg  unb  ßübecf  ge> 
meinfam  gegen  fte  auf.  Sin  leil  ber 
95italienbrüber  fe^rte  nad^  ber  ^eimat 
jurücf,  bie  größere  3"^^  ff*"^  ^«^  ^f" 
fricfifcben  |)äuptlingen  Unterfunft,  »on 
tüo  auö  fte  ncuerbingö  niel  Unheil  an- 
rid^teten.  I)ie  Hamburger  fc^lugen  fte 
enblidb  1402  entfcfeeibcnb  bei  ^elgolanb 
unb  brauten  bie  *Hnfüt)rcr  Ätau^  @törte= 
befer  unb  Sffiigman  fom  geben  jum  Sobe. 
3nt  '^ai}X  1439  brannten  bie  S5italienbrübcr 
Sergen  niebcr;  boc^  t)erfd)tt)inbet  feitbcm  itir 
SJame.  3' 35oigt  inJtaumerö  ^ijiorifc^cm 
2;afd)enbud).     I84l. 

Sßogt,  m^b.  voget,  vogt,  voit,  au« 
mitteÜat.  vocatus  für  advocatns,  ifl 
in  erfier  ßinie  ber  JJame  beöjenigen  Se^ 
amtcn,  ber  bie  einem  ©tifte  mit  ber 
Immunität  gegebenen  [Re(i)te  t)anbbabt, 
bie  5lnget)ötigcn  be«  ©tift^  »ertritt  unb 
in  Sejug  auf  fte  alle  biejenigen  Scfug= 
niffc  übt,  n)cl(i)e  Äraft  ber  Sinn^unität 
ben  föniglid)en  Beamten  entjogen  fein 
foüten.  3f)m  lag  äugteicfe  bie  *Pflid)t  ob, 
baö  @tift  ju  fc^ü^cn,  feinem  geijlUi^en 
93orftel)er  ben  ißeiftanb  ju  leiften,  befjen 
bcrfelbe  fcebürftig  roäre;  bod)  ifi  ber  ^^amc 
©^irmt)ogt,  ber  ftd)  auf  biefe  Untere 
^unftion  bejiel)t,  im  5!JtitteIt)oci)beutf(^en 
tio^  unbefannt.  Äarl  ber  Orope  ^atte 
bie  ^unftioncn  beö  Sogteö  gefe^Iid)  gere; 
gelt  unb  namentlicf)  fejigefteUt,  t>a^  ein 
©tift  ober  Älofier  in  jeber  Oraffc^aft 
einen  53ogt  t)abcn  foHe,  mo  eö  ©ütcr  be» 
fa§,  unb  i)a^  nic^t  ber  ®raf  ober  ß-ente^ 
ttar,  fonbern  ftctö  ein  in  ber  ©raffcfeaft 
begüterter  ÜJtann  jum  ißogtc  genommen 
toerben  foUte.  3n  ber  farolingifi^en  3cit 
rturbe   berfelbe    noc^    unter    »JUlitwirfung 


beö  Äönig^  unb  feiner  Seamtcn  eingefc^t, 
fpätcr  gilt  es  alä  SRec^t  beö  Sifdbofg  ober 
5lbteö,  ben  93ogt  felber  ju  trollen.  ®rün= 
ber  neuer  Älöfier  ober  Äirdicn  pflegten 
ftc6  unb  meifi  auc^  i^rcr  D^ac^fommen« 
fd^aft  bie  Sogtei  tjorjubctjalten.  Obgleid^ 
ftd)  ber  ^apfi  auäbrüdU^  bagcgen  ertlärte, 
mürbe  bie  !öogtei  nid^t  blo§  in  bem  ju« 
le^t  genannten  ^aUi  meiji  mic  anbcre 
Qimtcr  beö  SKittelalterö  etblic^,  ti  fam 
oor,  ta^  ber  eigentliche  Sogt  ©teütier' 
treter  fe|te,  bie  an  feiner  ©tatt  bie  ^t-- 
fugniffe übten,  aSicebögtcUnteroögte, 
jmeite  unb  britte35ögte,  ein  25er« 
it)altniä,  tai  bie  ©tiftungen  gern  ju  oer* 
binbern  fuct)ten.  ©rötere  ©tifter  Ratten 
mit  Olücffid^t  auf  bie  Sage  ber  ®ütcr  regele 
md^ig  met)rere  ißögte,  manchmal  auc^ 
für  einjelne  Difiriftc,  Orte  unb  @ütct 
einen  befonbern  Sogt;  bod)  mirb  im 
ßaufe  ber  3fit  immer  allgemeiner  einet 
al«  ber  eigentliche  unb  mafire  Sogt  bc* 
jeic^net.  Unter  ben  Äarolingern  mar 
auäibrücflid^  benimmt  morben,  ta^  bet 
®raf,  ben  ja  ber  Sogt  mcfentlid^  ju  oer« 
treten  ^atte,  nid)t  felber  Sogt  fein  tonne; 
iai  anberteft(^  fpäter  fo,  ba^fafi  regelmäßig 
ein  l)ö^erer  '-Beamter,  ber  ®raf  ober  ber 
^erjog,  in  ben  Scjt|  ber  Sogtei  über  bie 
JU  feinem  ^mtöbejirf  geprigen  ©tifter 
ober  bie  ^ier  belegenen  ®ütcr  anbercr 
©tifter  gelangte,  ein  Ser^ältniö,  t>üi 
jenen  mcltli^en  (Semalten  bie  i^nen  burd^ 
bie  3nimunität  früher  entriffenen  @üter 
unb  Otec^te  nur  in  anberet  ^orm  unb 
meift  bleibenb  mieber  jubrac^te.  Stament« 
lic^  bie  Älöfier  ftnb  ber  ajtetirja^l  na^ 
ber  3}laä)t  i^rer  Sögte  mit  ber  3eit  un* 
terlegen.  iJlur  bei  fold)en.  .^löfiern,  bie 
unmittelbar  unter  beö  .^önig«  ©d)u^ 
jlanben,  blieb  rcot)l  bem  Äönig  unb  bem 
Dfieicfee  bie  iüogtei  öorbebalten,  ober  et 
ließ  fie  ftd^  förmlid^  übertragen,  um  bann 
in  ber  einen  ober  anbern  Sßeife  »ieber 
über  fte  ju  tetfügen.  2Bar  aber  ber  Sogt 
aucfc  oom  Sorfie^ct  beö  ©tifteö  felbfi  ge« 
mablt,  ei  n  g  e  f  e  ^  t  mürbe  et  oon bem ^önig, 
ber  it)m  ba^  SHec^t  beö  föniglid^en  Sänne« 
iu  erteilen  l)atte.  'Dht  ber  3eit  mutbe  bie 
Sogtei  ali  ße^en  betrad^tct,  »obur^ 
ber  (Jinftug  unb  bie  ®ewalt,  bie  ber  Sogt 
über  ba«  Älofier  I)atte,  nod)  fiärfer  mürbe. 
©onftert)ielten  bieSögte  bloß  beftimmte®ü« 
ter  JU  Öet)en,  bie  als  Selopung  ober  Se* 
folbung  für  it)r  *}lmt  angcfel)en  mürben, 
®üter,  bie  mandjmal  einen  außerorbent« 
li(^en  Umfang  erreichten. 

2)ie  (Junftioncn  unb  iRed)te  beö  SogtcÄ 


SBoIföbüc^cr. 


717 


tüurben  oft  butc^  aScreinbarung  ober  ut* 
funbli^c  ^cftfe^ung  bcfiimmt.  Stac^  biefen 
[oflte  er  junäc^ft  bet  95crtreter  bcg  ©tiftä 
unb  feince  SBorfic^erö  fein;  er  BoQjog 
^ec^tögcfcf)äfte,  (Erwerbungen,  5lau[c^e  u. 
bgt.,  füt)rte  bie  SHcc^täfad^en.  p""«!'»!'' 
ber  Smmunitdt  ifi  ber  SBogt  SRi^tcr  über 
bie  ab{)angigen  ßeute  beä  ®tiftö  ober  bie, 
»etc^e  fpäter  ber  ®cri(J)töbarfett  beöfclben 
unterworfen  worbcn  ftnb.  93u§cn  unb 
anbere  ©erid^tögefäüc  erhält  er  in  bcm 
Umfange,  wie  fic  ber  ®raf  al«  iRid)tcr 
empfing.  Slucf)  biefeö  Ser^ältniö  führte 
oft  ben  SKiöbraud)  mit  fic^,  ba§  fi(i)  ber 
Sogt  aU  ben  Jn^'-''^«'^  '^^^  ©erid^ttgborfeit 
betracf)tete,  biefelbe  auf  bie  ÜJlitglieber  be« 
€tifteö  fclbcr  auöbe^nte  unb  fie  fc^Iic§Iic^ 
aU  eine  5irt  ^errfc^aft  über  bie  il)r  Unter* 
Worfencn  ausübte,  bie  bann  roie  Unter« 
tf)anen  eibU(^  rierpftic^tet  würben;  eö  fam 
BOT,  i>a^  ber  SSogt  einen  Qlbt  fogar  er- 
nannte unb  inüeftierte,  Übergriffe,  benen 
bie  ©tifter  mit  allen  i[)nen  ju  ©cbote 
fie^enben  ÜJlittetn  ju  wcl)ren  fud)ten; 
burc^  fönigti($e  *PriüiIegien ,  iRec^töent« 
fc^eibungen,  Verträge  würben  bie  (Rechte 
ber  Sßögtc  fej^gefe^t,  bei  neuen  iBerleil;uns 
gen  beftimmte  Sorbe^alte  gemad)t,  bei 
?leugrünbungen  non  oornc  I)erein  bie  23ogs 
tei  an  befcf)ränEenbe  33ebingungen  gefnüpft; 
aud^  »erfud^te  man  ii,  bie  SrbU^feit,  ja 
auc^  bie  SebenölängUc^fcit  beö  ^mteö  ju 
burcSbrec^en,  ober  man  gab  bie  33ogtei 
in  bie  ^dnbe  üon  ^Dlinifierialen,  bie 
ftd^  immer  in  größerer  5lb^ängigfeit  com 
©tifte  befanben,  ober  über{)aupt  Bon  fold^en. 
Welche  wirflic^e  93eamte  waren  unb  blieben, 
SfJieier  ober  ©d^ultf)ei§c,  wel^c  in  biefem 
^aUt  bann  auc^  93ögte  ^ie^en.  5n  man* 
cften  JJätlen  gelang  eö,  burc^  5lblöfung, 
lyerji^t  ober  ©c^enfung  be§  3nbaber8 
bie  Sogtei  ganj  ju  befeitigen;  ber  Sificr* 
iienfer=Drben  na^m  für  feine  SReugrün* 
bungcn  iai  JRec^t  ber  25ogtcifrcif)eit  in 
5tnfpruc^. 

5Iu§er  ben  geifilic^en  ©tiftern  fommen 
Sögte  auc^  in  anbcrn,  weUIii^en  33erl;älts 
niffen  Bor.  ©o  giebt  eö  föniglic^e 
SBögte,  bie  eö  meifi  nur  mit  ber  25ertrctung 
bcö  Äönigg  in  einzelnen  SRei^töfäücn  ju 
tl)un  laben,  ©paterer  ®ntfiel)ung  finb 
bie  iReic^öBögte  aU  SBorfie^er  Bon 
Sfieic^öBogteien,  b.  |.  foldjer  Serri* 
torien,  bie  bei  ber  Qluflöfung  be*  Stcid^eö 
in  Territorien  geijUic^er  ober  weltlicher 
Ferren  bem  iJleiä)e  übrig  geblieben  waren, 
fei  eö,  ba§  freie  Steidöägüter  ober  freit 
©runbeigcntümer  ftc^  erl)altcn  Ratten,  wai 


befonberö  am  iR^ein,  in  ©cbwaben,  ^xan* 

fen,  im  iRebni|gau,  in  ©übt^üringen  bet 

^all   war;    9teid)öoogt   |lcB    ber    iBot* 

fieser  einer  pdbtif^en,   ßanbBogt  einet 

länblid^en  iReic^öBogtci;  bo(i  erhielten  fi^ 

aud^   biefe  93ogteien   nid^t   lange,  teilten 

Bielmel)r  baö  ©ct)ictfal  aüer  übrigen  ßan« 

beöteile  5Deutfd^lanbg,  einjelnen  Territorien 

einoerleibt    ju    werben.     SBieber    anbere 

ftnb    Seamtc    weltli(^er     gürten* 

tümer  unb  lanbcöl)ettlid^er  Setti* 

torien;  eä  ftnb  ©teHoertreter  beö  ßanbeä» 

l)errn,  bie  baBon  ben  SJlanten  ßanbBogt 

tragen,  unb  l)anbt)aben  wie  el)emalä  ber 

@raf  bie   |o|e   ©cric^tsbarfeit.     (Snblid^ 

liaben  auc^  bie  ©tobte  regelmäßig  i^ren 

iBogt  gel)abt;  eö  ifi  urfprünglid^  niemanb 

anberö  ald  ein  ober  ber  SBogt  bc«  93ifd[)ofö, 

auf  beffen  ©ebict  bie  ©tabt  liegt  unb  in 

beffen  ^änben  bie  gräfliche  ober  l)o^e  ©e» 

ricf)tbaifeit  liegt,  bem  ©d^ult^eiß  ober  bem 

9'iad)folger  beä  ^.entenarö  gegenüber,  bem 

bie  *Muäübung  ber  niebern  ®eric()täbarfeit 

obliegt.   5Dod^  giebt  eö  ©tdbte,  j.  S.  Äöln, 

wo  jener  ben  SRamen  SButggraf  unb  biefcr 

ben  ^amtn  Sogt  trügt,    ©citbem  ftd^  bie 

©täbte  auf  eigene  %ü^t  fteüten  unb   bie 

©cric^töbarfeit  Bon  ft^  auö  an  bie  ^anb 

nahmen,   blieb  SBogt  ber  ?iame  für  ben 

aSorfteber    beä    9tateö,    wenn    bicfer    alö 

|o|eö  ®erid()t  jufammentrat;  fpdtcr  nannte 

man   i^n   in  ben    fog.  aieid^öftäbten  ben 

SReic^^Bogt.    2Bai^,  iBerf.   ®ef*.  VII, 

Qlbfcf)n.  12,  unb  ©alter,  Siec^tägefc^ic^te. 

SSolfÖbii^cr  |ei§t  man,  wie  ti  fc^eint 

erft  feit  ber  3eit  ber  SRomantifer,  iRoBetlen 

unb  (Romane,  totlä)t  feit  ben  legten  3a|t* 

l)unberten   iti  SDJittelalter^  bie  beliebtere 

ßeftüre,  anfangt  me^r  ber  abeligen,  fpäter 

ber  Bolfömäßigen  SeüölEerung  waren  unb 

feit    ber   Srfinbung    be«   Suc^brudfJ    aU 

Sü($erweit  Berbreitet  würben;  fte  nennen 

ftd^  felbetmeift  eine  ^ijiorie  ober  ein  Sud^ 

ober   ein   licbUc^cä  ßcfen   u.  bgl.,   wa^ 

baiauf  beutet,  ba§  e^  eben  nic^t  bie  Äunfi« 

form  ber  IRooeüe  ober  beö  iRomanö  war, 

waä  man  barir\  fu^te  unb  fanb,  fonbem 

ber  unter^altenbe  Sn^aU.    35erfelbe   cnt* 

jiammt   ben   aQerBerfc^iebenfien   ®ebieten, 

bcm  Orient  (jteben  weiße  QJJeifier),  bem 

üR^t^uä  (©enofeBa),  ben  pfifd)cn  ©agen« 

fteifen  ber  ^franjofen  (Äatolingifdjcr  Äreiö, 

Qlrtu«,  Sriflan),  bem  beutf(^en  ©agenErei3 

(^örnener     ©iegfrieb),     bem     Solföwi^ 

(Sulenfpiegel),  wobei  aber  aüeö  ber  naioen 

2Beife  ber  S^xt  gemäß  in  bie  'Ilnfd^auung, 

ßebenSs,  2)enf=  unb  (Smpftnbungöweife  bet 

©egenwart  gejicHt  ifi,  fo  jwar,  baß  fid^ 

46 


718 


25oIf«büd^et. 


oft  untet  bei  meifl  unf(i^ctnbaren  ^üDe 
bei  53c8ebcn^cit  große  ßcbenöroeiö^eit,  tiefe 
(Sinftc^t  in  bad  SBefen  ber  menfc^Iii^cn 
©eele  oerbirgt;  aui)  bie  ©rjä^Iung^art 
etinnett  an  _bie  ipiaiiif  ber  ^oljfc^nitte 
jener  ^dt.  Übrigen^  Idft  fic^  ber  93egriff 
ber  Sßolföbüd^cr  »eiter  ober  enger  faffen; 
im  engern  ©inne  gehören  nur  erjät)lenbc 
QSüd^cr  bflju,  im  »eitern  Sinne  aüerlei 
anbere  für  txxi  35oIf  befiimmtc  ©cbriften, 
SBoIföIieberfammtungen ,  SRätfel,  ©pri^* 
ttörter,  Sraumbüd^er,  furj  alleö,  tvai  in 
SBuc^form  auf  ben  3a^rnidrftcn  aufgeboten 
»urbe.  ©ie  23cranlaffcr  biefer  Sucher  mögen 
in  ben  meijien  füllen  Unternehmung^» 
lujiige  Sucfebrudfer  gemefen  fein,,  mand^» 
mal  nennt  ficf)  99earbciter  ober  Überfe^er, 
oon  beffen  nabern  Umftänbcn  jebo^  in 
ber  Dtegel  nicbt*  Dtäbcre«  btfannt  iji. 
Sie  crfie  Sammlung  einer  Qtnja^l  ^olH' 
büd^cr  crfc^icn  unter  bem  9tamen  ©u^ 
ber  Siebe  ju  granffurt  1578  unb  1587. 
2)te  einjelnen  SBücf)er  mürben,  mit  $otj* 
fc^nitten  ücrfeben,  auf  ben  SlJ^ärften  »er« 
fauft,  jum  Seil  mit  ber  Untcrf^rift  „ge* 
brucft  in  biefem  3i^t*»  ferloren  aber  mit 
ber  3^^t  ^^^^  ^^  ibrem  urfprünglicben 
Qluöbrud,  25ic  SRomantifer  miefen  juerji 
auf  biefen  öon  ber  gebitbetcn  iZöelt  gdnj* 
lic^  oerfannten  unb  gcringgefc^d^ten  Seil 
ber  alten  ßitteratur  ))\n;  namentlid^  b^t 
Siecf  jt(^  burc^b  feine  0ieubcarbeitungen 
unb  ©örreö  buri^  fein  Sfflerf:  „2)ie 
ieutf(icn  Solfsüc^er.  Jläbere  SBürbigung 
ber  fd^önen  J^if^orien«,  SÖetter«  unb  2lrjs 
nepbüdblein ,  meldbe  tbeilö  innerer  Söertb, 
tbeil^  Suf'iü'  Sabrbunberte  binburcb  big 
auf  unfere  3fit  ertjalten  ^at,"  ^eibelberg 
1807,  grogeö  Serbienft  erworben.  2)ie 
aSolfebücber  nacb  ben  befien  alten  Jejten 
neu  bearbeitet  p  ^abtn,  ifi  'i>a9  93erbienfl 
©imrocfö:  S)eutfcbc  33olf8bü(ä)er  nac^ 
ben  ä(^tefien  ^luögaben  bergefiedt.  Sßcrlin 
unb  granffurt  1839  ff.  SDaä  folgenbe 
SSerseidbniä  berubt  grö§tenteilg  auf®oe* 
befe'«  ®runbri§,  §  105  unb  173. 

1.  ^erjog  drnji,  gegen  Snbe  beä 
15.  S'ibtbunberte  auö  bem  altern  ©ebicibt 
profaifii  aufgelöjl.  Siebe  ^ier  mie  bei 
ben  meij!en  anbern  Stummem  ben  befon* 
beren  ^Irtifel. 

2.  Sßigaloiä,  au^  bem  altern  ®e* 
bicbte  beä  SBirnt  oon  ©rafcnberg  1472 
in  iProfa  aufgelöfi  unb  1493  in  5lug3* 
bürg  jum  erfien  SDlal  gebrucft. 

3.  Irijian,  aui  bem  überarbeiteten 
®ebicbte  beä  (Silbart  oon  Dberge,  be^ 
iBorgangerg    oon    ©ottfricb    oon  StraB* 


bürg,  in  ^rofa  aufgelöfi:  „von  der 
leut  wegen,  die  solicher  gereimter  bü- 
cher  nit  genad  habent ,  hab  ich  o  n  g  e  - 
nanter  dise  hystori  in  die  form  ge- 
pracht.     2tugöburg  1498. 

4.  SBilbclm  oon  Dfieircicii;  ti 
ijl  biefe^  eine  nur  einmal  (Qlugäburg  1481) 
gebrucfte  *profaauf[öfung  cine^  ©ebicbteö,. 
beffen  Serfaffer  3obonn  ber  Scbreiber  oon 
SBürjburg  tnxä)  D'iaiSabmung  älterer  ®e* 
bicbte  iai  öfierreicbifcbe  »Jürflen^aug  ju 
oer^errli<^en  gebacbte. 

5.  I>ie  b«iligen  brei^önige,  ur» 
fptünglicö  oon  Jobanne^  oon  ^ilbcöbeim, 
jtarb  1375,  für  Äöln  latcinifdb  bearbeitet, 
1389  beutfi)  überfe|t  unb  um  1480  ju 
Stcafburg  erfc^ienen. 

6.  Sarbaroffa:  „(Sin  »a^rbafftige 
|)ijiort)  oon  bem  Äapfer  ^nebrid^,  ber 
crji  feinet  fRamenö,  mit  einem  langen 
roten  93art,  ben  bie  SIBalfen  nennten 
Sarbaroffa,"  ßanbö^ut  unb  3lugöburg 
1519.  S)a0  Süi^lein  berichtet,  mie  öar* 
baroffa  mit  Äönig  ^^ilipp  oon  ^tanfreicb 
unb  SRicbarb  oon  ©nglanb  S^ruf'^lfw  «>^* 
obert,  wobei  ein  -S>erjog  (Scf^art  oon 
Sägern  ju  ^ülfe  fommt,  ber  feinen  93unbs 
fcbub  alö  Sanner  aufjlecft;  bei  einem 
Söabe  wirb  SBarbaroffa  burcb  SBerrat  beä 
*Papjieö  Dom  Sultan  gefangen,  nacb  einem 
3a^r  aber  micber  entlaffen,  worauf  er 
nac^  Otom  jiebt,  um  fi^  an  bem  ^apfl 
jn  räcben.  (Sä  erfolgt  aber  SBcrfö^nung 
unb  Job  beä  Äaiferö. 

7.  ©er  !]8faff  oom  Äalenbcrg, 
eine  gereimte  S^mänEcfammlung,  bie  ein 
fonft  unbcfannter  (Philipp  J^ranffurtet 
gegen  ®nbe  bcä  14.  ^'»b'^^un^^tö  ju 
2Bien  gebidbtet  ^aben  foQ,  bie  aber  erjl 
feit  bem  (Snbe  bcö  15.  S^bibunbert  nad&ju* 
weifen  ijl.    (Srfier  5Drud  Jranffurt  1550. 

8.  (Peter  ßeu  ,5ortfc^ung  beö  Äa» 
lenbergerö,  »erfaßt  oon  5tcb  illeä  3flfo" 
SB ib mann  oon  Scbwäbifcb=>^atl,  juerjt 
33locf träger  bafelbft,  fpäter  *|3faffe;  erjier 
S)rucf  granffurt  o^ne  SDatum;  9iürn» 
berg  1560. 

9.  öulenfpiegel,  Strasburg  1519. 

10.  2)ie  fieben  weifen  SDieificr, 
erjter  batierter  ©rud  iMugeburg  1473. 

11.  Salomon  unb  ÜJiarcolf, 
Stürnberg  1487,  ging  aucb  al'^  lateinif^ei 
aSolfäbud)  um  unter  bem  Sitel:  Collatio- 
nes  quas  dicuntur  fecisse  mutuo  rex 
Salomon  sapientissimns  et  Marcolphos 
facie  deformis  et  torpissimas,  tarnen, 
ut  fertur,  eloquentissimus. 

12.  ©rifelbiö,  „DiB   ijl  ain  epijiel 


Solföftant^eitcn. 


719 


^xancifci  ^dxaxd) ,  oon  großer  jiätifcit 
ainer  ftowcn  ©rifel  ge^aiffen,"  51ugös 
buig  1471. 

13.  ^IppoIIontug,  nai)  bem  fiatci« 
nifc^cn  bcä  ©ottfrieb  »on  93iterbo  „von 
latin  zu  teutsch  gemachet,"  *Jlugöä 
bürg  1471. 

14.  glorcunb  Slanfcfecftur,  nac^ 
bem  auef  bcm  t5ranjöjifd)cn  gef^öpften 
iRomane  Filicopo  beö  Boccaccio,  iüie^  1 499. 

15.  Süt^er  unb  OJiaHer,  SttaB* 
bürg  1514. 

16.  J^ortunatu^,    5tugöburg   1509. 

17.  SÖUIufin  e,  1456  oon  Sbürtng 
iion  iRingoItingen  auö  bcm  ^ranjöftf^cn 
übcrfc^t  unb  ju  «Strasburg  um  1474  jUm 
crjien  ÜJJal  gcbrucft. 

18.  2)er  Df{itier  oon  Surn,  nad) 
franjöjifc^er  Ducüe  burd)  3Warquarb  üon 
©tein  übcrfe^t,  Safel  1493. 

19.  *Pontuö  unb  Sibonia,  auä 
einem..  franjöftf($en  SRoman  burc^  (äleonore 
»on  Öjierrcict)  überfc^t,  3tugöbutg  1498. 

20.  ^ug  ©c^aplcr,  bic  fagcn^afte 
©efd^icfcte  beö  ■^ugo  dapet,  uon  bcr  ^n- 
jogin  (Slifabctl)  oon  Solljtingcn  auö  bcm 
granjöftfcicn  ocrbcutfct)!,  ©traBburg  1500. 

21.  |>crpiu,  cbcnfaüä  auü  bcm 
,5ranjöfifcf)en.    Strasburg  1514. 

22.  *ÜJagctonc,  fon  Seit  SBarbcd 
QUO  bem  ^i^iiniöfifcbcn  ins  ©cutfdje  über; 
fc^t,  ülugäburg  1535. 

23.  g-icrabraö,  eine  Oiliefengefc^idjte 
au^  bem  ÄQroIingi|d)en  ©agenfveifc,  nac^ 
fran5Öiifd)er  DueÜe,  ©icmern  1533. 

24.  ®te  Pier  |)aimonäf inbcr, 
©iemern  1535. 

25.  O  f  t  a  ui  n  n  u  ö ,  üon  aDöil^elm 
©aljmann  auö  bcm  granjöftfdicn  bear= 
beitet,  Strasburg  1535. 

26.  iRitter  ©almp,  ebenfoü^  auö 
bem  i5ranjöfifd^en,  Strasburg  1539. 

27.  I)cr  ginffnritter,  eine  3"fnin- 
menilcQung  oon  Sügenmdrd)en,  ©tra^* 
bürg  um  1560. 

28.  etauö  iJi  arr,  ®efd)id)ten  tti 
fd  d)ftfd)en  Hofnarren  ebcnbe!2ifeIben3Jamenö, 
bcr  Don  1486  biö  1532  lebte;  (Siä* 
leben  1572. 

29.  |)  a  n  g  ©lauert,  ein  jmeiter 
(Sulenfpiegel,  bcfc^riebcn  burc^  Sartf)oIo= 
mdusi  .ffrüger,  ©tabtfc^rciber  ju  Jrebbin 
in  ber  Tlaxt,  baber  baö  SBud)  aud)  ber 
mdrfif^e  (Sulenfpiegel  beipt.    ©erlin  1591. 

30.  ^  au\t.  5ranffurt  1587. 

31.  @d)  ilbbürge  r,  1589,  aud^ 
S  a  I  e  n  b  u  d)  genannt. 

32.  2)er  c  m  i  g  e  3  u  b  e ,  25anjig  1602. 


33.  D  gier,  au*  bem  3>änifd^en 
burd^  Ggenberger  üon  2ßert^eim  überfe^t, 
JJranffurt  1571. 

34.  ®  e  n  0  »  cf  a. 

35.  ^irlanba.  I)ic  beiben  testen 
S^iummern  ftnb  erji  im  17.  ^abr^unbert 
burd)  bcn  Äapujiner  *Pater  3[R  a  r  t  i  n 
Don  ßoc^cm  in  SBcrbinbung  mit  (Sri« 
fclbiö  unb  anbern  2cgcnben  unb  ®e[d)id)=: 
tcn  als  „Qlu^erlcfenca  $iftori>i8uc^"  bem 
SBcrfe  eine*  franäöftfc^cn  S^fuitcn  nad)= 
eri^di)lt  morben,  I)aben  aber  balb  ben 
äflang  ber  beliebteren  iBolf*büd)er  er« 
ttjorbcn. 

a^olföfranföcitcn,  l.  2) er  fc^marje 
2  ob,  gemeiniglich  in  ben  jcitgcnöffifd)en 
(it)ronifen  „haii  gro^c  ©tcrben"  genannt, 
iji  ienc  furd^tbare  !Peftfeud)e,  bie  1348 
in  Suropa  auftrat,  balb  eine  allgemeine 
SBcrbreitung  erlangte  unb  jat)llofe  Opfer 
^inmcgraffte.  ©ie  bcftanb  in  einem  |)i^i- 
gen  giebcr,  begleitet  Don  Slutauämurf; 
balb  erfd)ienen  iöranDbeulcn  unb  fc^maräc 
gleden  auf  ber  ^aut  (bat)cr  ber  iRame: 
fdjmarjer  Job),  bie  Spmp^brüfen  fd)»otIen 
an,  söubonen  bradben  in  ta\  5ld)fcln  unb 
5lßcid}en  IjeiDor:  in  brei  Sagen  mar  ber 
Don  ber  fdt)redlict)en  i^ranlbeit  Gefallene 
eine  8eid)c.  3uerji  mirb  it)r  5luftreten 
an  ber  ©übtüjie  (Suropa'ö  gemelbet  im 
3abre  1348,  Don  mo  auä  fie  im  Dfien 
burd)  Dbcritalien  Eingang  fanb  in  Ädrn= 
tben,  SteiermarE  unb  Djierreicfe,  im  SBejten 
bur^  büi  Dibonctbal  in  bcr  ©dbreei^  unb 
*^urgunb.  23on  Dfierreic^  griff  fic  in 
mcfilid)cr  SRid^tung  Ijinüber  nad)  SBapcrn, 
wo  um  a)iid)acli  1348  \\)x  l^eftigcs  5luf- 
treten  in  SDJütilborf,  einer  faläburgifd)cn 
enClaoe  im  iöat^tifd^en,  gemelbet  mirb; 
Dou  t)ier  ijt  il)r  iBorfd)reitcn  ein  atlmdltge*. 
SRegeneburg  mirb  erft  1350  errei^t.  3n 
ber  ©d^meij  mirb  faj^  atigemein  1349  ali 
i>ai  '^Jeftjabr  angegeben.  2)eutfd)lanb  fa^ 
fid)  alfo  juglcid^  burd^  einen  Eingriff  Don 
Söefien  t)er  bcbrobt,  unb  in  ber  2l)at  er« 
fd)eint  Mi  unheimliche  ©cfpcnft  ber  burc§ 
Surgunb  Dorgerüdtcn  Ärantlieit  in  ber 
oberrl)cinifd)cn  Siefebene  früher  aU  an 
bcn  Ufern  bcö  Sßobenfcc'ö,  bie  burd)  ba* 
Dorgelagcrte  .^oci)gebirge  Dor  ber  ^Inficdung 
gefc^ü^t  waren.  ©tra^urg  mirb  im 
2uni  1349  erreicht,  im  Qlugufi  unb  ben 
folgenben  2)Jonaten  bie  mittelr^einifdbcn 
totdbtc,  JJranffurt  fd)on  im  5lugup,  Äöln 
nic^t  Dor  ÜJUtte  ©cptember.  3m  gteid)en 
3a^re  noc^  erfd^cint  bie  ©eu^e  in  $rcu§en, 
mit  Seginn  beö  ^ai)xti  1350  in  3ütlanb, 
©^leöroig  unb^olfiein,  fo  ia%  ber  ganjc 
40* 


720 


Solföfranf^citcn. 


noibwefilid^e  Steil  SDeutfc^Ianb^  jnjifc^cn 
6Ibc  unb  !RI)ein  9lci(f)jcitig  »on  ©üben, 
Söefien  unb  ÜJlorben  bebroI)t  wirb,  unb 
übcreinfiimmenb  n^itb  für  tai  ganje  ®e» 
biet  für  bag  ^af^x  1350  ber  Qluöbruc^  ber 
(Pcfi  gemelbet.  2)ie  lanbläufige  ^nna^me 
ifi,  t}(X^  big  1350  ber  fc&ttiarjc  lob  eine 
panbemif(fte  iBcrbrcitung  in  ganj  ©uropa 
mit  2tu0naf)mc  t>on  iRu^Ianb  erlangt 
^abc  ^m  2Befentlicf)en  ftnb  e^  jeboc^ 
bie  großen  ^anbelö^  unb  23crfc^r^jira§en, 
bie  jugleidt)  ^cerfirafen  beö  fcf)tt)arjen 
Sobeö  hjurben;  abgelegene,  »om  23erfe^r 
Wenig  berührte  Drte  mögen  toerfcf)ont  ge= 
blieben  (ein.  %btx  aud^  an  großen  unb  au^s 
gebet)nten  ©ebietcn  ifi  ber  erfie  5Injlurm 
glüdlid)  üorübergegangen,  roo  burc^  t)em« 
menbe®ebirgöjüge  mit  »enig  frequentirten 
^Püffen  bem  bireftenÄontagium  eine  ®renjc 
geftedt  ttiar.  ©o  Dfifranfen,  unb  weiter 
Djihjärtö  in  gleicher  SBeifc  SBöl^men,  wo 
bie  5ßcfi  erfi  1359  unb  jrear  mdfig  unb 
fporabifc^  auftrat;  tai  traftigc  ülufbUW 
^en  biefeö  legieren  ©ebieteä  in  ben  erfien 
Sauren  üon  Äarl'g  IV.  (Regiment  wäre 
fonfi  fcf)merli^  ju  erflären,  wenn  bie 
bejien  Ärafte  beö  ßanbeä  burd)  ben  fc^war^ 
Jen  Job  üernid^tet  worben  wären.  5i^n* 
lic^  terlält  ti  f\ä)  mit  ©(Rieften;  in 
Sreälau  jcigt  f\ä)  bie(Pep  erp  1372  na^ 
einer  glaubwürbigen  SHotij,  unb  mit  ^olen, 
Wo  eine  energifd^  bur^gefüt)rte  Duaran* 
tainc  benfelben  ©(i)u^  gewät)rte,  wie  für 
Djtfranfcn  bie  natürliche  ©renje  t>on 
Dbenwalb,  ©peffart,  iR^ön  unb  S^ürin^ 
gerwalb,  unb  für  93öf)men  bie  biefeä  ßanb 
umgebenben  ©cbirgöjüge. 

(Eigentümlich  unb  interepnt  in  ©e» 
jug  auf  bie  drgrünbung  ber  Urfa($en 
einer  fo  furd^tbaren  .^eimfud^ung  iji  bie 
erjie  Wiffcnfc^aftlic^e  ©runbtage,  bie  ber« 
felben  gegeben  würbe.  3^^  i>«  SIRitte  beä 
14,  3a|r^unbertö  fanb  nämlic^  eine  SHei^e 
öon  (Srberfc^ütterungen  jiatt,  beren  SRit* 
telDunft  aSiüadf)  war,  Wo  am  25.  Januar 
1348  ein  (Srbbcben  nic^t  uner^eblicf)e  3cr= 
fiörungen  »erurfad^te;  in  unmittelbaren 
c^ronologifd^en  3ufawmenl)ang  bamitwirb 
nun  ber  auöbrud^  ber  $eP  gefegt,  inbem 
man  glaubte,  ber  ,,irbifdl)e  SDunfi"  i)aht  ftd^ 
einen  gewaltfamen  Sluäwcg  cerfd^afft,  bie 
ßuft  »ergiftet  unb  »erpefiet,  unb  in  jjolgc 
biefer  ßuftoergiftung  fei  bie  <Pefi  entfiam 
ben.  3)arin  fc^en  wir  bie  erfie  wiffen* 
fi^aftli^e  Scgrünbung  be«  bireftcn  3"' 
fammen^ang«  be^  f(|warjen  Sobeö  mit 
gleid^jcitigen  3$orgängen  im  SRaturleben. 
S)a§    übrigen«    noc^    allerlei    fonberbare 


5Dinge  mit  bem  grfd^einen  ber  Äronf^eit 
in  3"f<^"i"if"^'^"8  gebrad^t  würben,  ifi 
felbjiücrjiänblid^  bei  bem  fraffen  5ibcr« 
glauben,  ber  bie  ©cijier  im  SWittelaltei 
befangen  l^ielt.  3"»"  5°^^  ©otteö  über 
bie  !Berfd^led^terung  ber  SÜJenfc^^eit  famen 
afiralifc^e  ©inflüffe,  feltfame  .konjunfturen 
ber  ^kneten  Tlaxi,  Jupiter  unb  ©aturn ; 
je  fpätcr  bie  (Ebronifien,  bejip  mel)r  bc* 
richten  ftc  öon  Srbbeben,  Überfd^wem* 
mungen,  JRegenfluten  gemifd^t  mit  ©c^lan« 
gen  unb  Äröten,  $euf$redEcnfcf)Wärmen, 
giftigen  Diebeln,  unt)eimlic^en  J^immelö« 
jeid^en,  ^lometen,  ^euerfugeln,  woran  jtd^ 
natürlidl)  allerlei  abergläubifc^e  ©cfd^ic^ten 
tnüpfen.  ^tän'i  3tnjtd^t  ifi  gleict)fam  ber 
©d^lu§flein  biefer  S^eorie  „ber  foömifd^e 
Urfprung  bcö  fc^warjen  S^obe^  beruhe  in 
einem  unerhörten  5lufru^r  ber  (Elemente 
über  unb  unter  ber  (Erbe,  wie  er  in  glei« 
ä)tx  5lu8be^nung  nie  wiebergefet)rt  fein 
foü."  2luc^  ^aefer  iji  ber  Qlnftd^t,  „ber 
f^war^e  Job  iji  eingeleitet  unb  »or« 
bereitet  burc^  bie  ^eftigjien  (Erfc^ütterun* 
gen  ber  (Erbe  unb  beä  jte  umgebenben 
Suftfreifeä." 

2Bir  werben  wo^l  biefe  Qlnftc^ten,  bei 
benen  ber  nerpejienbe  SBinb  non  1348 
eine  bebeutenbe  SRolle  fpielt,  aU  auf  un« 
finnigen  Grfinbungen  ber  ©pätern  beru« 
benb,  in  bie  gehörigen  ^gd^ronfen  jurüdE« 
weifen  muffen,  „©ie  grofe  ^^^l  t»« 
jeitgenöffifd^en  ©^riftfieüer  wiffcn  big 
1348  fo  gut  wienic^tä  »on  au^ergewö^ns 
licf)en  Vorgängen  im  fRaturleben.  (Erfi 
mit  bem  ^cranna^en  ber  furd^tbaren 
Äranfl)eit  taud^en  aller^anb  wüjic  ®e* 
rü*te  auf:  „unter  entfe^lic^en  ©tür* 
men  feien  Kröten,  ©d)lang<!n,  (Sibci^fen, 
Sforpionen  in  giftigem  SRegen  auf  bie 
Srbe  gefallen,  barauf  ptte  33li^  unb 
^agel  unjä^lige  3!Renfd)cn  getötet  unb 
fd)lie^li(^  §euer  «nb  Dualm  »om  ^immel 
fd^lagenb  ben  JRcfi  aüeä  ßebenä  oernid^tet." 
*Jlber  alleä  fotl  nadö  bem  Qloignoner  93ricf 
öom  27.  ?lpril  1348  »or  ft^  gegangen 
fein  circa  yndiam  majorem  in  orienta- 
libas  partibus  in  quadam  provincia; 
ani)  bie  anbern  Duellen  laffcn  biefe  93or* 
gänge  in  angemeff euer  (Entfernung  pafftercn 
„ubi  zinziber  nascitur,"  bagegen  bie 
fpätern  Äompilatoren  jie^en  fic  ^eran 
unb  madf)en  fd^lieflid^  bie  ^eimat  jum 
©^aupla^,  unb  alleö  erfährt  natürlid^  bie 
feltfamften  ^Deutungen  unb  fdiredflid^fien 
$rop^ejeiungen  unb  Äombinationen. 
(Erfi  bie  neuem  ätiologifd^en  Jorfd^ungen 
laften    unö    SRüdffc^lü^c   tl)un    unb   tai 


SSoIEöftanf^citen. 


721 


tiefe  2)unfel,  tai  über  bem  fcf)tt)arjen 
Sob  in  pat^ologifc^cr  iBejie^ung  lag, 
liebten.  „2Die  heutige  mebi^inifcftc  Sßiffen* 
fc^aft  conPatiert  eine  gewiffe  (Sleic^attig* 
feit  in  bem  3Be[cn  ber  fogcnannten  3"* 
feftionä»Ärantt)eiten.  5Die  Äranf^eit  fetbji 
»irb  bei  bem  3nbioibuum  burd)  Qlufnat)me 
cigentümli($er  giftiget  ©ubfianjen  in  bem 
Drganiömuö  ceturfa^t.  S)iefc  ©ubj^anjen 
ftnb   in    i^rcm  Urfprunge   unb    in  i^rer 

^emifc^en  Sufa'^'^^nffiuttS  "^"^  ^^^^ 
tioKig  ergtünbct.  Qlber  taufcnbfa(I)c  Sr« 
fa^tungen  »reifen  immer  lieber  auf  bie 
mit  aügemeincn  fojialen  iDJi^ftänben  ge« 
gebenen3«fe^ungöt)erbc  organif^er  Stoffe 
aU  bie  gcmeinfc^aftlicf)e  Queue  hi%  Äranf* 
^eitögifteä."  -^irfc^  trcifl  nun  bie  (Snt> 
Pe^ung  ber  Äranf^eit  aufer^alb  (guropa'ä 
na^ ,  aüc  3«'^Öfnoffen  ftimmen  barin 
überein,  ha^  ber  f($tt)arje  lob  ftc^  über 
ben  mepiic^en  Seil  ^iftenö  unb  über 
(Suropa  unb  Qifrifa  üerbreitct  f)abe;  fo 
merben  tt)ir  njof)!  ^irfc^  unbcbingt  bei* 
fiimmen  fönnen ,  ba§  >t»ir  in  einigen 
notbttie)lU($en  ©cbieten  ^inboftanä,  unb 
fpejiett  in  ben  am  füblic^en  ^tb^ange  beö 
^imala^a  gclcc\enen  *I5roüinjen  bie  eigent« 
li(te  Heimat  ber  unter  bem  S^lamen  beö 
f^marjen  lobeö  befannt  geworbenen  ^tp 
epibemien  ju  fudien  bilden,  ^ludj  über  baö 
SJBefen  ber  Ärantt)ett  ftnb  mir  je^t  im 
klaren;  cg  ifi  eine  bur^  öungcnaffeftion 
mefentticf)  moMfijierte  orientalifc^c  öeulen^ 
peft,  beren  fpcjififd)e  ®igentümUd)feit  eben 
bie  fiungcnaffeftion  ijl;  eine  Äranf^eitä» 
form  bie  nad)  ^ix\^  üoüfommen  überein« 
jiimmt  mit  ber  inbifc^en  (Pejt. 

S)a^  bie  <Seucf)e  in  ben  rafcf)aufblü* 
^enben  mittclalterli(i)en  Stäbten,  mo  auf 
DerpItnisimäBig  geringem  g^äi^enraum 
gro^e  SDRenfchenmaffen  eingepfercf)t  gewe^ 
fcn  fein  muffen,  fid^  üppig  entmidetn  unb 
gro^e  Sßcrbecrungen  anrid)ten  fonnte,  ifi 
natürlict).  SUJit  biefenSD'iiöftänbeneereinigte 
\\ä)  ein  {)cftigeö  üßiberjireben  gegen  üer* 
nünftige  2JJa§regeln  ber  ^ijgieine,  abfd)eu= 
liebe  *nii§bräuc^c  in  ber  |)anb^abung  beä 
8ei(^entt)efen^;  bie  2oben  mürben  begras 
Ben  inÄird^en,  ober  bod)  innerhalb  berStabt* 
mauern,  fo  ha'^  baburd)  neue  Qtnftedungö* 
beerbe  entjlanben.  ®d)mu^,  Sicnb,  Un= 
^ttlid)feit  waren  bie  miic^tigften  Sunbeö» 
genoffen  beä  fc^marjen  Sobeä,  moju  m^ 
an  manchen  Drten  anormale  SBittcrungös 
»erpltniffe  unb  beren  Äonfequenjen  mö* 
gen  binjugefommen  fein.  i)arauä  erflärt 
fid)  bie  3ntenptät  unb  bie  anbaltenbe 
©auer    ber  ©eud^enperiobe.    -^irfd)    ^ält 


c8  „für  unsmeifet^aft,  ba§  mcnn  au^ 
nic^t  alle,  fo  bocö  »ielc  ber  in  ben  fots 
genben  3a^ren  bi^  1380  bcobad)tetcn 
^ejlepibemien  unter  ben  Srfc^einungcn 
be^  fd)tt)arjen  Sobeö  »erlaufen  ftnb." 

Ü«it3tu^gang  1351  f^eint  eine<Paufe 
in  ber  @terblid)feit  für  iDeutfd)Ianb  ein« 
getreten  ju  fein,  1356  wirb  baä  Sffiieber* 
erfd)einen  be3  fd)Waräcn  Jobe^  gemelbet, 
ber  1357  biö  an  bie  ©renjen  ber  SFiarE 
Sranbenburg  unb  füblic^  biö  Sapern 
unb  33aben  üorbrang,  1358  ba«  ganje 
fübwejllic^e  2)eutfd)lanb  überwogen  b^itte, 
unb  jwar  nad)  (Sloöner  unb  Äönigäf)ofen 
in  ber  iRic^tung  na^  9'iorb  unb  @üb 
feinen  3ug  nef)menb.  1359  unb  1360 
Wirb  bie  ganjeD'iorbs  unb  Dfifeefüfie  üon 
neuem  entoölfert ,  gleid)äeitig  Dfierreic^ 
jum  jWeiten  ÜJiale  f)eimgefud)t,  am  (5nbe 
biefe«  3af)iä6^nt^  aucf)  Sö^men,  Sc^Iepen 
unb  $oIen.  Snbe  ber  fec^jiger  unb  5ln* 
fang  ber  fiebriger  ^ai)xt  fallt  hai  brüte 
5luftreten  ber  ^efi;  unb  Stalin  be  Sinario, 
*J(rät  in  5lDignon,  fieüt  bie  JJortbauer 
ber  6eu(^enperiobe  in  *ilu3ftd)t.  Siä  jum 
Qluägang  be*  S'i^i^t)""^"^^  t)erget)t  fafl 
fein  ^ahx,  wo  nic^t  ein  „gro§eö  Sterben" 
gemelbet  wirb,  auc^  nod^  im  *Mnfang  beä 
15.  3^^'^f)un^6i^^^-  6^n  genauer  Qlb« 
f(^lu§  la§t  ftc^  erfUirlid)  nic^t  batiercn, 
wir  Werben  jeboc^  gut  t^un,  bei  Unter* 
fuc^ung  ber  folgen  nic^t  über  i>ai  14. 
3a^r^unbert  ^inauöäugef)en.  Sei'cnfaü* 
nal^m  bie  ©terblidifeit,  wo  auc^  bie 
Äranft)eit  nod)  auftrat,  in  jcbem  3tt^r 
immer  mefir  unb  mcbr  ab. 

?tac^  ben  gleid)äcitigen  Seriellen  ifl 
fein  3^^*f^^  ä^i  ^fflc"/  ^<^^  ein  beifpieU 
lofeä  ©ntfe^en  bie  ©emüter  ergriff  unb 
iöeibenf^aften  entfeffelt  würben,  bie  fid) 
rol)  unb  gewaltfam  iiugerten;  uns 
üerfennbar  fieigerten  fic^  Üppigfeit,  8uru« 
unb  33erfd)Wenbung,  jügellofe  Segierben 
nad)  ®cnu§  in  ben  testen  oielleii^t  no^ 
üergönnten  5lugenbliden.  (S^arafterifiifc^ 
fmb  baber  bie  feit  SDIitte  beö  14.  3a^r« 
i)unbcrt*  (1356)  in  2)cutfd)tanb  häufigen 
SJerorbnungen  gegen  Äleiberlufu*,  an« 
fiö^igc  Sradbten  unb  ©c^welgerei.  Sine 
bireftc  Sceinfluffung  ber  ©e^altung  po« 
litifd)er  iBer^ältniffe  burcft  ben  fc^warjen 
2ob  tritt  in  geringem  5Wa§e  ju  Sage.  I)ie 
$arteifampfe  würben  gelähmt,  bie  burd) 
bie  ©euc^e  felbfi  ober  bie  2lngfl  oor  ibr 
bert)orgerufene  allgemeine  Verwirrung  unb 
Seflürjung  mußte  einen  momentanen, 
läbmenben  ©rud  ousüben  auf  bie  öffent= 
lic^e   3;|)ätigfeit.     Scfiimmter    erfenntlit^ 


722 


SBoIfeftanf^eitcn. 


ftnb  bie  @inn)irfungen  ber  ©cuc^enpcriobc 
auf  bie  h)irtfc^aftlid)en  Scr^ältniffc. 
ffia«  jupörbetfi  ben  JWcnfc^cnticrlufi  bc* 
trifft,  fo  finb  bie  3<'^Ifni"S«t>en  bed 
beä  ajJittcIaltetä  »on  fc6r  jireifelfiaftem 
SBertc.  3)ie  überlieferten  Serluftjiffern 
für  ßübecf  f(i)tt)anfen  j.  S8.  gwifdien 
9000  unb  80  000  Umgefommcncn.  SöDtg 
Wcrtloö  ftnb  bie  allgemeinen  Serecfenun« 
gen  ber  ^ei^S^noffen,  (wie  Stalin  be 
Sinario)  bie  Serlufte  ber  erfien  Spibemie 
auf  60  %  ®ui)  be  S^auliac  auf  75  % 
ber  93eüöIEerung  angibt.  SSorjugsttieife 
Ratten,  tt)ie  natürlid),  bie  unterften  iBoIfä* 
fc^id^ten  ju  leiben,  fo  roax  j.  S.  1350 
in  Sßeftfalcn  fein  ^irt  unb  fein  6c&nitter 
gur  Srnteseit  ju  ftnben;  ä^nli^e  SBeri^te 
ftnb  in  gro§er  ^a^  ^u  finbcn.  Sine 
unausbleibliche  «irtfdjaftlicie  jjolge  njar 
eine  Steigerung  ber  5lrbeiklöbne,  tixt 
aber  «ieber  rebujiert  njurbe  burd^  eine 
bebeutenbc  SIBcrttierminberung  ber  ©cfeeibc« 
münje,  t)ernorgerufen  bur^  eine  aüge* 
meine  Scrfc^Iec^terung  ber  ^Prägung. 
(Sin  foIcf)er  3upinb  mufte  natürlich  bem 
ÄIeinl;anbet  ganj  empfinbliä)  fc^aben, 
ober  fetbfi  ÜJJünjncrorbnungen,  h)ie  bie* 
jcnige  ber  ßrjbifd^öfe  ton  Sricr  unb 
Äöln,  fonjie  bie  ißemü^ungen  Äarl'ö  IV. 
»ermoc^ten  bem  brücfenbcn  Übel  nid^t  ab» 
§u^elfen.  2)agegen  rt)u§te  frc^  ber  beutfcfte 
®ro§t)anbet  ju  fiebern  bur^  ^inübernabme 
beS  ben  ^urSf(j)iranfungen  njeniger  un« 
terliegenben  florentinif^cn  ©olbgulbenä. 
5m  atigemeinen  aber  bemerfen  roir,  nad^« 
bem  ber  atigemeine  Qluägleid)  ber  iSeföt« 
fcrungöüertjältniffe  ber  tt3irtf^aftlicf)en 
unb  gefdbäfttidt)cn  ©todfung  miebcr  Qtb« 
pife  »erfd^afft  I)atte,  in  ben  ®täbten 
befonber«!  einen  rafd^en  unb  crfreuli^en 
Stuffc^TOung  unb  gortfcferitt.  3ubem  fätit 
in  biefe  2)^\i  aud^  bie  Stiftung  ber  erfien 
beutfc^en  Uniüerfitäten,  «Ctag  134S,  iißien 
1365,  .^eibelberg  1386,  Äöln  1389,  Srfurt 
1392.  „®ie  jmeite  ^dlfte  be«  14.  3abr= 
f)unbertö  ift  bie  ^t\t,  in  ber  ber  beutfi^c 
^anbcl  ben  2BeItmarft  ju  erobern  beginnt. 
3n  immer  fteigenbem  ÜJJa^e  crblüf)t 
^anbcl  unb  Jnbuftrie,  unb  felbft  fünfte 
unb  2Bif|'cnfd)aft  gelangen  roicber  ju 
neuen  (St)ren."  5lm  allgemeinen  S^araf» 
ter  be«  14,  3ii^tt)unbert«  „biefer  »üben 
gät)renben  3eit  »oü  gewaltiger  3mpwtfe 
unb  ro^er  ßeibcnfdtjaften"  t)at  ber  fcf)»ar5e 
2ob  nidf)t«  geänbert.  S)ie  5tnard)ie  in 
ben  Sauren  1348—50  I)at  gewif  bie 
$eft  oerfc^ulbet,  unb  gewi^  jte|en  ®ei§et» 
fa()rt   unb  Sut^cnperfolgug    mit   i^r    im 


Äaufaljufammen^ang.  Stbcr  beibe  berufen 
aud^  im  ßbarafter  ber3cit  unb  ftnb  be§* 
Wegen,  weit  fte  eyplobicrenb  auögebrod&cn 
ftnb,  jügelloä  unb  ro^  geworben.  93eibc 
Bewegungen,  bie  3"^fn*'fi^f''l9ung  »on 
Sübfranf reid^ ,  gteic^jeitig  mit  ber  ^efl, 
bie  ®ei§elfa^rt  im  Djien  ©eutf^Ianb«, 
aU  *Präücntioma§regeI  ber  !Pcit  unb  jur 
93efdnftigung  beä  g6tttidf)en  3orneS,  un= 
mittelbar  »or  Qluöbrud^  be«  fc^warjen 
SobeS  auöge^enb,  eilen  in  i^rcr  rapiben 
Verbreitung  über  ©eutfdblanb  ber  *Pefl 
Porauä.  *Sn  einjelnen  Orten  faüen  fie 
jeitlic^  jufammcn ,  wie  *Pcfi  unb  ®ci§el« 
fafirt  in  ©traPurg,  in  ^tanbcrn;  juweilen 
tritt  an  einem  Orte  bie  $efi  auf,  ibr 
folgte  bie  ^ubenferfolgung ,  I)eroorge« 
rufen  burc^  bie  unfinnige  iUJär  r>on  ber 
Srunnenpergiftung  burdt)  bie  Su^'^"-  o^^i^ 
ber  ^anatismuä  ber  ®ei§lcr  fd)ürte  ben 
3ubenf)a^  wie  in  granffurt  a.  Sk.,  Äöln, 
Sreälau,  im  allgemeinen  aber  werben  bie 
3uben  rorl)er  bie  Opfer  ber  blinben  Ser? 
fotgungäwut.  25ic  ®ci§elfa^rten  erreichen 
fc^on  it)r  (Snbe,  bcüor  aud^  nurbie^alfte 
beutfcf)en  ®ebiete«  Pom  fd^warjen  Job 
überwogen  ift;  Jubenüerfolgung  unb  ®cis 
§etfat)rt  treten  aud)  t<x  auf,  wo  bie  Äranf» 
beit  bei  ibrem  erfien  23erwüfiungöjug 
burcb  2)eutfdblanb  üorbeijog. 

yio6)  ju  erwähnen  baten  wir,  "ba^  ftcb 
audb  bie  Äircftc  bie  allgemeine  Sobeöangfl 
ju  9Ju^e  ju  madben  wu§te,  wot>on  eine 
Unjabl  r>on  Jefiamcnten  unb  S^i^iun^' 
täten  berebteS  3^"8"^^  ablegen;  niemals 
war  ber  flingcnbe  Srfolg  größer  aU  1350, 
als  Giemen«  VI.  einen  Subildumöablai 
auöfcbrieb  unb  eine  ungeheure  OJienfc^cn« 
menge  in  SRom  jufammenfirömte.  gerner 
wudbö  ber  ©runbbeft^  unb  bäS  Vermögen 
ber  j^ir^en  unb  Älöfter  an,  xoai  ficb 
offenbarte  in  ber  eminenten  äöautbütigfcit 
na($  bem  Stusbrudb  ber  'JJefi. 

gaffen  wir  bie  ®ef(^ict)te  beä  14.  Jabr» 
^unbertö  jufammen:  „gür  bie  politifdbe 
©efcbidbtc  ifi  ber  fc^warje  lob  fafi  be« 
beutungötoö  geblieben.  2)er  enorme  SWen« 
fd)enperlufi  bat  au^  ben  mödbtigen  IMuf* 
fcf)Wung  non  |>anbel  unb  Snbufirie,  bie 
gldnjenbe  (Sntwicttung  ber  beutfdben  ©tobte 
nidbt  aufbalten  fönnen,  unb  xtxai  ftdb  üon 
ber  angeblidben  iöerwilberung  bcS  ÜJlen^ 
fdbengcfcf)Iec^tcö  unter  ben  ©dbreden  unb 
grePeln  ber  ^efi^eit  ju  crfennen  giebt, 
bewegt  ft(^  fotlig  in  bem  ©bataftcr  ber 
3cit,  unb  tritt  in  äbnlidber  ffieife  fcbon 
t)or  bem  QUiSbrudb  beä  fdbwarjen  ülobeä 
ju  Üagc.   Sfiirgenb« jtritt,  wenn  wir  allen* 


ajolföfrant^eiten. 


(23 


fadd  t)on  bcr  ©ntfie^ung  bet  ©anitätös 
palijci  abfcl)cn,  in  bcr  (gnttricflung  bet 
ißerbaltniftc  ein  3mpulä  ju  läge,  bet 
nic^t  fc^on  t»orf)et  »iitfam  gctt):fen  wdte, 
unb  fein  neuer  ®efid)täpunft  mad)t  fic^ 
in  bet  (Seflaltung  bet  S)inge  bcmcrfbar." 

ülaä)  Dr.  «Robert  lionigcr,  2)cr 
fcf)tt)Qtjc  lob  in  2)cutfd)Ianb.  Sin  ©eittag 
jut  ®efd)id)te  bcä  tiictjcbntcn  3«^i^f)""' 
bertä.    SetUn  1882. 

n.  Äinbctfa^tten.  |>edet  bc» 
jeic^net  fte  in  Sßetbinbung  mit  bet 
Janjftut  aU  bie  $fi;)c^opQtt)ien  beö  üJJit* 
teloltctg,  2)ie  gtofartigftc  6tfd)einung 
tiefet  Äinbetfabttcn,  bie  iljten  Utfptung 
im  teligiöfen  Gntbufiaömuö  unb  bet  ®e- 
mütäcttegung  bet  3eit  ^aben,  ift  bet  .tin« 
betfreujjug  com  Ja^tc  1212.  2)ie  3^»" 
bet  Sffiieberetobeiung  bcö  heiligen  ?anbeö, 
tai  fd)on  tt)iebet  in  bie  ^änbe  bet  ©ata^ 
jenen  gefallen  xoax,  etgtiff  bie  ©ernütet 
mit  etneutet  J^eftigfeit,  unb  bei  bet  ta- 
maligen  ©ttmmung  fonnten  übetfpanntc 
9luäbtüd)e  betfclben  niiit  ausbleiben.  3)en 
«tjien  5inPo§  gab  ein  Jf>ittenfnabe  Sticnnc, 
au^  bem  2)otfe  dloiee  bei  Senböme;  et 
hielt  fid)  füt  einen  5tbge[anbten  be«  ^ettn, 
bet  ihm  erfchienen  fei,  v>on  ihm  93rot  ge* 
nommen  unb  einen  SBrief  an  ben  Äönig 
gegeben  l)Cibi.  2)ie  ^ittenfnaben  bet  Um= 
gegenb  firömten  ihm  in  ©chaten  ju,  täg= 
lieh  ethoben  fi^  8  unb  lOjahtigc  ^tos 
pbeten  unb  fühtten  bem  jungen  ©tephanu« 
ganje  ^eete  bet  Pon  bet  33en?egung  fotts 
getijfcnen  .^inbetn^elt  ju,  beten  ganatiö« 
mu«  SRichtS  jU  bdnbigcn  im  ©tanbe  »at. 
©c  ttiaicn  balb  30000  bewaffnete  unb 
unbenjaffnete  Äinbet  beifammen,  bie  untet 
bet  ^ühtung  bcö  heiligen  ©tcpbanuä  jut 
(Stobetung  3fr"falcme  auöjogen;  feine 
Sef^mcibe  bet  <J3ilgerteife  oetmo^ite  ihte 
heilige  93tgeifietung  unb  *Mnbacht  ju  et* 
Riefen.  3n  SRatfeille  ttjutben  bie  jungen 
fpilgct  auf  fieben  ©Riffen  eingefcfjifft,  »on 
benen  jeboch  jWei  mit  ben  batauf  bcfinb« 
liehen  Äinbctn  untergingen;  bie  anbern 
fünf  lieferten  ihre  3nfaffen  f^mdhli^  ben 
©arajenen  <xU  ©flauen  in  bie  J&änbe. 
fRxä)t  fo  übel  erging  eS  ben  jungen  Äteuj* 
fahtetn  in  I)eutfchlanb,  »o  fub  bie  33e» 
Jncgung  cbenfo  mächtig  jeigte  unb  untet  ahn* 
li^en  Umjlänben  oetlief.  ^iet  jogen  smei 
■i^eeteöhaufen,  bie  an  ßfht  ben  ftanjöfifchen 
3ug  wohl  nod)  übcrfiiegen  ,  bem  iDketc 
gu,  bai,  wie  auch  fic  jucetftchtlicf)  glaubten, 
Bor  ihnen  jurücf treten  würbe,  fo  ia^  fic 
trodenen  ^u^e«  Da«  l)ii{ig^i  ßanb  erreichten. 


©er  eine  4>aufe,  unter  ber  J^ührung  eine« 
gewiffen  9iifotauö  pon  unbefannter  |)er« 
fünft,  wanbte  fid)  über  ben  SWont  Geniä 
unb  erteilte  im  ^lugufi  in  bet  3<i^t  '"'" 
noch  7000  leilnehmetn  ®enua.  ®ic 
®enuefct  öffneten  ihnen  jeboch  etfi  nach 
einigen  Unterhanblungen  bie  Shore  am 
24.  Sluguft ;  aber  fdion  waren  üiele  ber 
Äteujfahrt  mübe,  fte  fuchten  unb  fanben 
gapiid^e  «Mufnabwe  unb  blieben  in  ®enua 
^uxni.  Sie  anbern,  genötigt  nach  einigen 
lagen  bie  ©tabt  ju  ücrlaffen,  jerftreuten 
ftch  nac^  perfchiebenen  SRi^tungcn.  23iele 
»erfu^ten,  fich  nach  £)eutfchlanb  butchju« 
f^lagen,  bie  wenigen,  benen  e«  gelang, 
wutben  bott  mit  |)ohn  unb  ©pott  em« 
pfangen.  (Sin  leil  blieb  jebodh  feinem 
SSothabcn  tteu,  butchjog  in  t>etf(i)iebenen 
Raufen  Jtalicn;  eine  5lnjahl  5?nabcn  maU' 
fahttete  nach  SRom  unb  mußten  bott  bem 
qjapji  iai  ®elübbe  ablegen,  wenn  fu 
hetangewachfen  feien ,  einen  Äteujjug  ab« 
julegen.  «Bon  bem  anbetn  Äinbethcet 
haben  wit  feine  Äunbe,  a\x<i)  ben  IRamcn 
beö  Ruhtet«  fennen  wit  nicht.  So  nahm 
feinen  SBeg  übet  ben  ©t.  ©otthatb,  wutbe 
abet  in  bet  ßombatbei  mit  eiftger  Äälte 
oufgenommcn;  eiele  famen  bort  um,  bie 
©tärfjlen  unb  ©läubigjlen  gelangten  nach 
Srunbiftum,  wo  fte  ©arajenen  alä  will« 
fommene  Seute  in  bie  |)anbe  fielen. 

ein  Seiten  bet  fötregung  in  ber  ^m- 
berwelt  biefet  Seit  ip  eine  jweite  Äinbei* 
fahtt,  bie  ftd^  abet  auf  bie  ©tabt  (St fürt 
aücin  befchtänfte.  «Jim  15.  3uli  1237 
oerlie^en  gegen  1000  Äinbcr  tanjenb  unb 
fpringenb  bie  ©tabt  unb  wanbettcn  übet 
ben  ©teigcrwalb  ncch  ^rnjiabt.  5lm  fol« 
gcnben  2:age  würben  fie  oon  ihren  (Sltern, 
bie  injwifc^en  ben  «ßorgang  erfahren  hatten, 
wieber  abgeholt;  inele  foQen  noch  lange 
nacbher  franf  gewefen,  unb  namentlich  an 
3ittern  ber  ©lieber  gelitten  haben,  ©et 
ganje  Vorfall  ift  in  feinen  Urfachcn  bun- 
fel;  no4  bunfler  eine  Äinberfahrt  Pom 
Jahre  1458,  bcren  «DJotioe  offenbat  tcli« 
giöfet  «Ratut  waten,  ©ie  galt  bet  33ets 
chrung  beö  (Stjengelö  «Michael.  Tli^i  aU 
lOOÄinbet  auä^^all  in  ©ch  Waben  wan= 
betten  wibcr  SZÖiHen  ihrer  ©Item  nach  ber 
bamalö  weltberühmten,  je^t  jum  ©taat«« 
gefängni«  geworbenen  5lbtei  ©t.  «Deichet 
in  ber  «Jtotmanbie,  wo  fte  auch  Witflich 
angefommen  fein  foüen.  I>et  «D^agijitat, 
bet  bie  ^ahtt  nicht  h^ni^etn  fonnte,  gab 
ihnen  wenigjiend  einen  führet  unb  einen 
(Sfel  jum  2tagen  bcä  ©cpädg  mit.  SJÖeitcte 
D^achrichten  fehlen. 


724 


SBoIfsftanf^citen. 


m.  Sie  3;  an  5  Wut.  1.  6  t.  30» 
^annötan?.  Salb  nadf)  bem  SGBütm  beä 
fd^tüarun  Zotti  üerbreitct  ficf)  eine  neue 
Solfeftanf^eit  in  2)cutfi$Ianb ,  bie  Janj» 
tt)ut.  Scfeon  1374  famen  in  ^laä)tn 
ÜRdnner  unb  grauen  an,  bie  in  Äirc^en 
unb  ©trafen  bem  Solf  ein  feltfam  6(^au« 
fpiel  batboten,  ©tunbcnlarg  tankten  fic 
in  gcfd)IofTenen  Greifen  in  »ilter,  baccfitin« 
tifd)er  SRafetei,  bie  ^e  fot  (ärfd)öpfung 
nieberfielen.  Sann  flagten  fe  übet  Se» 
Hemmungen,  big  man  i^nen  ben  Untetleib 
mit  Süc^etn  jufc^nütte,  obet  mit  ^au^> 
(flögen  unb  guBtiit^«"  ^'on  i^tem  Selben 
fealf,  »oiauf  nac^  einit3et  ^i\t  ein  neuei 
9Infaü  fie  in  bcn  frübein  entfe|Iict)en  3^» 
ftanb  ^uiücftierfe^te.  2Bät)tcnb  b«g  lanjeä 
fcattcn  fie  (Stfcfceinungen,  einige  [a^en  ben 
^immel  offen  mit  bem  J^eilanb  unb  bet 
ffifJatia.  2)ie  Einfalle  begannen  mit  faQs 
füd)tigen  SucfunQ^n;  ^i«  ^on  biefen  Se* 
jafteten  fielen  bewuBtIoö  unb  f^naubenb, 
©d^aum  fot  bem  IRunb,  ^u  S3oben,  bann 
fptangen  fie  auf  unb  begannen  ibren  Janj 
untet  ben  fcfetedlidiflfn  Setjertungen.  2)ie 
Ätanffceit  oetbteitete  ficfi  balb  tjon  Qlad^en 
au«  übet  bie  ^liebetlanbe,  mo  bie  öetan* 
mac^fenbe  €^at  bet  3o^innietänjet  aU- 
mäbli(^  93efoTgniä  ettegte,  unb  man  an» 
fing,  ;u  Sefc^njöiungen  unb  Sittgebeten 
feine  Suflu'it  ^u  nel^men,  um  5U  oett)üten, 
baB  bie  Ätanfbeit  auc^  bie  ^ö^etn  Stäube 
etgtiff.  (Sinen  OJJonat  fpätet  als  in  Qiac&en 
iüat  bie  2anjfud)t  auA  in  Äöln,  mo  500 
2Renfcf)en  oon  if)t  befallen  mutben,  unb 
in  !We|,  tro  bie  2a\^{  fogat  auf  1100 
anfiieg.  Sanbleute,  4*anbmetfet,  5Dienft- 
toten,  Knaben  unb  ÜRäbdjen,  tetbeiiatete 
unb  unt)etf)eitatete  ^i^^u^n  fdiloffcn  fic^ 
bem  unt)eimlic6en  JHeigen  an,  bet  balb  jut 
Stutfldtte  mitbct  Scgieiben  unb  öeiben= 
fc^aften  muibe.  (Stfi  nacf)  üiet  ÜJ^onaten 
gelang  e^,  biefe^  bämonifcfcen  Steibenä  in 
ben  tbeinifc^en  ©täbten  ^ett  ju  roetben, 
ohne  jebod^  feine  gdnjlicf)e  Setnicfetung 
ju  etteic^cn.  2)ie  Sejie^ung  ^obanne« 
bee  läufetä  ;ut  lanjwut  ifl  folgenbe: 
€cit  ben  ölteften  3«**^"  feierte  man  ben 
2ot)anniätag  mit  aüetlei  fonbetbaten,  mil= 
ben,  beibnifcften  ©ebtäucfcen.  35ie  ©cut» 
fc^en  fetlcgtcn  ben  uralten  |eibnift^en 
©ebtaucf)  bee  9^otfeuet  auf  biefen  lag,  mo' 
bei  ein  milbet  baccbantif(J)et  Sanj  aufge» 
fü^tt  tt?utbe,  eine  Sif(^einung,  bie  ft^ 
auc^  bei  anbetn  Solfetn  äeigte.  (So  liegt 
nun  bie  SSetmutung  na^e,  t)a^  bie  au^^ 
gelaffcne  geiet  ton  1374  ben  5lnftog 
jum   Soljannistanj   gab,    ba    bie  lönäet 


immer  ben  Dramen  be§  ^eiligen  ^o^anneS 
im  ÜJJunbe  führten. 

2.  I)er  @t.  Seitötanj.  3m  3a^te 
1418  etf^ien  in  ©traPutg  bet  gleite 
2Baf)nftnn  mie  in  ben  t^einifc^en  unb  bei* 
gifcfccn  €täbten;  ^iet  na^m  ft<^  bet 
Söiagifitat  bet  ^tanfen  an  unb  ließ  fie  in 
einzelnen  Raufen  nad)  ben  ÄapcDcn  tti 
^eiligen  Seit  nac^  3'^^«'^"  ""^  SRotefiein 
geleiten,  mo  i^nen  butc^  ÜJ^effen  unb 
anbete  ^eilige  ®ebtäuc^e,  einen  feietlid^en 
Umjug  um  ben  ?lltat  unb  ficine  Dpfei  üon 
intern  ^Imofen  Teilung  erfleht,  werben 
fotitc;  öitle  genafen  mitüicfe.  Übet  @t. 
iBeit,  einen  bet  14  „iJlot^elfet"  get)t  fol* 
genbe  Segenbe:  et  ^abe,  e^e  et  fic^  unter 
iai  ©c^mert  gebeugt,  5U  (Sott  gebetet, 
et  möge  ade,  bie  feinen  5lbenb  fafien  unb 
feinen  lag  feiein,  t>ot  bem  Sanj  bcwa^« 
tcn,  unb  batauf  eine  ©timme  retnommen: 
„€anft  Site,  bu  biji  etbötet".  @o  iüutbe 
@t.  Seit  bet  €d)ufebeilige  bet  lan'jfüc^* 
tigcn.  Siefe  Jansfucfet  ifi  übtigens  feine 
neue  5rfcf)einung.  iSJir  »erben  nic^t  um« 
i)\n  fönnen,  jene  Äinberfa^rt  ton  r237 
in  Erfurt  aU  eine  g^orm  ber  2:an5mut  ^u 
erflären.  Sin  ä^nltcf)et  SorfaCl  ^atte  \\<i) 
eteignet  in  Utrecht  am  17.  3uni  1278, 
wo  200  Sänket  auf  bet  ÜJlofelbrücfe  ni(^t 
aufboren  moüten  ju  tanjen,  atö  bis  ein 
Sricftet  ben  Seib  (S^tifti  ^u  einem  Ätanfen 
torübertrüge;  atlein  bie  Srücfe  brac^  tor* 
bet  unb  aüe  crttanfen.  1201  mutbe  ton 
1 8  Sanbleuten  auf  bem  ^rieb^of  bet  Äloftet« 
fitere  itolbig  bei  Sernburgbutcf)8ätmcn  unb 
lanun  bet  (Sotteäbienfi  in  bet  S^tijinad^t 
gehört,  worauf  ber  ^rieflet  iRupred^t  ben 
%{\xä)  übet  fie  fiabe  ergeben  laffen,  ein 
3abr  lang  ju  fAreien  unb  tanjen.  I;iee  fei 
wirflici  in  (Erfüllung  gegangen,  bis  fie 
burd)  tai  ®ebet  jweict  ftommet  Sifd)öfe 
etlöfi  wotben  feien.  (Sin  3^^^"  mittel« 
altetlic^iet  (Rof)£)eit  ifi  auc^  ein  auf  biefen 
JIucö  Wo^l  jutürfge^enbeä,  je^t  Idngfl 
untetgegangeneö  ©piic^Wott;  „dass  dich 
Sanct  Veitstantz  ankomme."  (Sine  Ut« 
fac^e  für  biefen  San,  würbe  gefunben  in 
ber  unfräftigen  laufe  untüchtiger  *Prieftet. 
2)aB  füt  ben  .Klerus  hieraus  grcpe  ®efa^t 
entfprang,  ifi  leicfct  jU  erflären,  unb 
berfelbe  fu(i)te  jid)  gegen  ben  allgemeinen 
Unwillen  butc^  Sefcftwötungeu  },u  belfen, 
bie  abet  ebenfo  wenig  nü^ten,  wie  bie  ©e* 
bete  am  mittäte  St.  Seitä.  I)enn  ton  ber 
^eftigfeit  bet  Janjfud^t  geben  und  Se« 
fc^tcibungen  aui  bem  16.  3abtbunbett 
lautet  3«"9"i^'  "'ö  P^  eigentli(f)  fd)on 
im  ülbne^men    begtiffen   wat.     2)ic  miU 


aSoIföEranf^eitcn. 


725 


bete  gorm  War  häufiger,  fcitener  bic  ^ef» 
ticje.  jDamalö  fottcn  [ic^  t»iete  an  Gcfcn 
unb  SBänben  bie  Äöpfe  jcifc^mettert  ober 
fi^  in  JJIüffe  gefiürjt  ^aben,  wo  fte  ben 
gefuc^ten  Sob  fanben.  6ie  tonnten  ni^t 
anberö  gebänbigt  werben,  aU  ba§  man 
bie  JRafenben  mit  Jifd^en  unb  Stühlen 
umfieüte  unb  fte  fo  ju  ^oljtn  ©prüngen 
jwang,  ia^  jie  balb  in  äu^erfier  ®r» 
fci^öpfung  }u  ißoben  pürjten.  ©elbjl 
^o(I)f(i)Wangere  ^'^''"f"  f"^  ^^^  ''^"^ 
«Schaben  ber  ßeibeäfrudjt  an  bem  toüen 
2anjc  teilnehmen.  ©a§  lebhafte  QJluftf 
bie  Srregung  Weigerte,  liegt  im  SBefen 
ber  Äranff)eit.  IRagiflrate  miet{)etcn  ba« 
^cr  oft  ÜJJuftfanten,  um  bie  Olnfäfle  raf($er 
üorbeijufü^ren.  (5ä  mußten  aui)  93erbote 
ertaffen  Werben  gegen  ba^  Iragen  ber 
roten  i^^arbe,  Weld)e  bie  Sffiut  unb  SRaferei 
ber  Äranfen  auc^  ^erüorrief.  ^ümatjUd^ 
Wid^  bie  Äranf^eit  nun  bod)  jurücf,  we= 
nigPenä  famen  2Banberungcn  ,öon  iStabt 
JU  6tabt  nic^t  me^r  Dor.  9JJand)e  wur* 
ben  auc^  nur  aüjä^^rlic^  befallen.  2)en 
ganjen  3uni  ^ox  bem  3o^a"n'0fcf^  fübl* 
ten  fie  Unruhe  unb  Unbc^aglict)feit, 
©c^merjen  trieben  fte  unfidt  um^cr. 
©e^nlic^  erwarteten  fte  ben  iöorabenb, 
um  for  bem  Qtitar  beä  ^I.  2ol;cinne^ 
ober  be§  ^I.  Seit  ju  tanjen.  Qroä 
Äapeüen  beö  le^tern  Waren  befonberö  be- 
fugt, bie  eine  in  Siencn  bei  93reifac^, 
bie  anbere  in  SBafenwciler.  Jßenn  fte 
mit  einem  breiftünbigen  lanje  ben  ^ox» 
berungen  ber  Sf^atur  genüge  getrau  Ratten, 
blieben  fie  baö  ganjeSfil)!  unangefochten. 
5m  Qlnj^üng  beö  17.  3a^rt)unbertö  War 
bic  SanjWut  fcItcncr.  1623  berichtet 
man  no(|  »?on  ^'^'^"fi^  '"  3)refelbaufen 
bei  SBei^enfiein  im  Ulmer  (Sebiet,  bic  aü« 
jäfjrlid^  JU  ben  i^apetlen  beö  bl.  Seit 
linwanberten,  um  ibrc  lanjanfälle  ab* 
juwarten  unb  bann  Sag  unb  Üla6:)t  biä 
jur  @rfd}öpfun9  ju  tanjen.  ^lümäfjlid^ 
oerfd)Winbet  fte  ganj  bei  ber  june^men* 
ben  5iufflärung  ber  ®eificr.  (Sleidijeitig 
unb  in  \ii)X  na^er  Sejiebung  jum  IBeitö* 
tanj  trat  in  3t<i^'fn  ber  Saranti^muä 
auf,  ber  in  S^'^lif"  it"  1"^-  StJ^i^ftunbert 
feine  pd^fie  ^öi)t  erreichte,  alä  ber  93cit3ä 
tanj  fd)on   erIofd)cn  war. 

IV.  S)er  engUfcf)e  ©($weif  ifl  jene 
beftigc  Äranf!)eit,  bie  nai^  ber  Q(3^\aä)t  bei 
33oöwort^  im  ftegreicfien  ^eere  ^cinridb  VII. 
auöbrac^,  in  ben  erften  S'agen  beö  2lugufl 
1486.  „6ö  War  ein  überaus  ^i^igeö 
lieber,  tai  nai^  furjcm  grof^e  bic  Ärdfte 
wie  mit  einem.  @d)Iagc   fernicf)tcte,   u.nb 


wd^renb  fc^merj^after  5Qtagenbrucf ,  .^opf» 
wef)  unb  fc^Iaffü($tige  Sctdubung  ^inju« 
traten,  ben  Äörper  in  übelriedjenben  @(^wei§ 
auflöste.  35ieö  atlcö  gcfd^a^  innerhalb 
Weniger  ©tunben  unb  niemals  blieb  bie 
entfd)eibung  über  Jag  unb  D^ac^t  ani. 
Unerträglid^  war  ben  Äranfen  bie  innere 
^i^c,  bo^  braute  i^nen  febc  Q(bfüt)lung 
ben  Job."  Äaum  war  ber  Äönig  in  ßon- 
bon  angelangt,  ia  bxadi)  balb  na^^er  am 
21.  September  auc^  ^ier  bie  Äranfbeit  auf 
unb  wütete  furd)tbar  biä  (Snbc  Dftober. 
35ann  fcrfd^wanb  fte  wieber,  biö  fte  im 
©ommer  1507,  aber  o^ne  bebeutenbc  ©terb* 
lid)feit  unb  nur  oon  furjen  3)aucr  in  ßon» 
bon  wieber  auftrat.  Sei  i^rem  brüten  5lufs 
treten  in  ßonbon  im  ^^n\\  1518  forberte 
fie  ja^llofe  Opfer,  verbreitete  fic^  aud^ 
wdt)renb  bcö  ganjen  SDßinterä  in  ben  meiftcn 
engUfcf)en  Stdbten.  3"  i>cn  legten  lagen 
beö  aWai  1529  trat  fte  in  bet  ^auptflabt 
mit  berfelben  lieftigfeit  auf  wie  1518,  bie 
ilRenfdjenterlufle  laffen  ftc^  bei  i^rerrafd)en 
unb  angemeinen  Serbreitung  n\(i)t  bejiffern. 
©egen  ben  25.  3uti  erf(^ien  fic  jum  erfien 
Tlai  in  jgianiburg  unb  erregte  eine  aüge* 
meine  Sefiürjung.  ®in  ©c^iffer,  9'iamen^ 
^ermann  ©oerö  fotl  auä  Snglanb  jurücf» 
gefcl)tt  fein,  mit  jungen  fieuten,  oon  benen 
12  in  2  Sagen  ber  S^Wei^fuc^t  erlagen. 
3n  ber  Stacht  nacf)  ber  Qlnfunft  ftarben 
in  J^amburg  4  iperfonen,  bann  täglich 
40—60,  wdbrenb  ber  'J  tdgigen  35auer  bet 
.Rranf^eit.  3n  ßübecf  flar'b  am  30.  3uli 
1  grau  baron,  bann  folgte  eine  rei§enbe 
3una!^me  ber  Sobeäfdlle.  3"  ^^^  gleite 
3ctt  fdüt  i^r  aiuöbruc^  in  «Roflotf,  Soi^en» 
bürg,  3wicfau;  in  le^terem  Orte  würben 
am  14.  *Jlugufi  19  Sobte  beerbigt,  in  bei 
SJtac^t  erfranften  fcf)on  100  Hienfcften.  ®e* 
gen  (Snbc  2lugu(l  unb  Einfang  i^eptember 
tritt  bic  ©cftwei^fu^t  auf  in  Stettin 
(31.  5luguf!),  ©anjig  (1.  ©eptember),  in 
ber  9WatE  Sranbenburg,  ©cfileften,  5lugg» 
bürg  (6.  ©eptember)  Äöln,  (7.  ©eptember), 
granffurt  a.  3W. ,  »Dkrburg,  ©dttingen, 
eimbcd,  Lüneburg  u.  f.  f.  3n  ©ttaiburg 
War  fte  fc^on  am  24.  5lugufi.  3"  $reu$eit 
flatbcn  etwa  30  000  iKenf($en  bat)in,  in 
5lug0burg  in  6  lagen  800.  3n  igtra^burg 
waren  3000  franf,  aber  nur  wenige  fiats 
ben.  Der  einjige  ^ranfe  in  ÜJJarburg 
genaö.  Qluffaüenb  if!,  baf  bic  iJiicberlanbe, 
wo  ber  SerEet)r  mit  (jnglanb  ungleich  be* 
bcutcnber  war,  erfl  4  2öo($en  [päter  er« 
griffen  würben,  aud)  bier  wie  2)  eut  f  c^  la  n  b 
ifi  bic3«it  ibrer  Serweilenä  eine  bcifpiel* 
loa  furje.    3^r  "auftreten  fdtlt  in  2)dne* 


726 


S olf stieb. 


marf  in  bie  legten  Sagen  ©eptember,  »on 
ta  ftanberte  fte  a\xä)  in  bie  ffanbinatiifd^c 
^albinfel  hinüber.  5lm  fpätefien  tritt  fie 
in  ber  @d)»eij  auf,  in  Safcl  im  6pät* 
^ctbfi,  naä)^tx  »on  ^ict  ani  in  ©olotburn 
unb  93crn.  SBä^renb  bie  SSerlufie  in  Safel 
bebeutenb  tvaren,  fiarben  in  93ern  »on  300 
©rfranften  nur  3.  S)ie  ©rft^ütterung  ber 
(Semüt^er  hjor  über  alle  Se[(f)reibung  I)eftig, 
fie  würbe  noc^  erp^t  burdb  ^aarfiräubcnbe 
(5rjhI)Iungen  ton  ben  Dualen  ber  Äranfen. 
.^ierju  fam  noc^  ber  unglüdEfelige  SBa^n,  rrer 
t»on  ber  Äran!bcit  ergriffen,  entrinnen  woHe, 
muffe  24  ©tunben  unabläffig  fd^mi^cn, 
»ä^renb  gerabe  in  ©nglanb  allgemein  ber 
^at  fealf:  mäßige  (jrwärmung,  feine 
IRa^rung,  nur  milbe^  ©etränf,  feine  fiarfen 
Slrjneien,  ru^ig  24  ©tunbcn  auö^arren 
biä  jur  ©ntfcfeeibung.  Siele  be^errf(^te 
aud)  bie  (Sinbilbung,  »om  englifdjen 
@c^mci§  befallen  ju  fein,  fo  ia^  fte  unter 
einem  SSerg  Pon  Seiten,  auf  ben  fic^  nodb 
einige  ©efunbe  oft  legten,  ipen  lob  fanben. 
yt\(i)t  ju  üergeffen  ifi,  ta^  in  biefer  3fit 
ber  ©laubenäfämpfe  ber  ©eud^e  eine  be» 
fonbcre  iöebeutung  jugefd^ricben  tuurbe. 
2>ie  SBolfäfranfbeit  mürbe  aU  ©ei^el 
©otteö  Ijingefteüt,  unb  bie  päpfilic^e  ^Partei 
bemüf)te  ftä  auf  alle  SBeife,  fie  auSju« 
f(i)reten  aU  offenbare  5lbmaf)nung  t»om 
ßut^ertum ,  wobei  man  ftc^  natürlich  auc^ 
ber  Unma^rbeiten  ni($t  f(f)eute.  ©o  mürbe 
bef)auptet,  bie  3uf<in^nifnfu"ft  ber  9iefor* 
matorcn  in  SDJarburg  am  2.  Dftobcr  ^ätte 
be«t)alb  ju  Feiner  Sinigung  geführt,  meil 
bie  5urct)t  »or  ber  neuen  Äranfljeit  bie 
5?c^er  ergriffen  ^dtte. 

iffia«  bie  51crjte  biefer  3eit  betrifft,  fo 
»erorbneten  bie  unmiffenben  unb  ermerböluf« 
tigen,  ta  wo  ber  gefunbe  Sinn  beö  SBolfeä 
nid)t  bagcgen  auftommcn  fonnte,  in  einer 
^ülle  Bon  ^lugfcbriftcn  t>ai  unftnnige  24fiün« 
bige  S^mi^en,  moDurcb  bie  Äranfcn  gleid^« 
fam  tot  gcfc^mort  mürben;  unb  eine  Un« 
maffc  non  *pillcn,  ßatmergen,  linfturen, 
SlCerläffe,  Qlbfüljrungen,  I)eräf}ärtenbe  ^rjs 
neien,  gaben  bem  Q3olf  aDe  möglid^en  unb 
unmögli(^en  ©e^eimmittel,  wobei  fie  natür« 
lic^  gute  ®efd)äfte  mad^ten.  ®egen  bicfen 
Unfinn  tx\)ob  [\ä)  aber  boi)  eine  gefunbe, 
energifd^e  JReaftion,  bie  bem  englifd^en 
Serfa^ren  balb  bie  »erbiente  5lnerfennung 
ferfdiafftc  unb  ber  Äranft)eit  (Sin^alt  t^at. 

5lm  15.  «Jlpril  1557  crfcibien  ber  alte 
(Srbfcinb  ber  englifc^en  93olfg  mieber  unb 
^roar  jum  legten  iKal,  in  iSt)reWf^burt),  »er» 
breitete  [lä)  aläbalb  über  ganj  ©nglanb  bi« 
an  bie  fd^ottif^e  (Srenje,  unb  raffte,  feinen 


Staub    nerfcbonenb,   eine  fe^r  bebeutenbe 
!KenfdE)enmenge  tjinmeg. 

I)eutfc^lanb  mürbe  »erfd^ont,  unb  e« 
liegt  nabe,  bie  (Sigentümlid^fcit  ber  eng« 
lif^en  tlltmofp^äre  unb  ber  ®obenbefdöaf« 
fcn^eit  aU  ®runb  aufjufaffen.  <Seitbem  ifl 
bie  Äranfbeit  nid)t  mieber  crf^ienen.  — 
maä)  ^ecfer,  bie  großen  Bolföfranfbeiten 
be8 ÜJJittelalterä,  herausgegeben  »on^irf  d^. 
Serlin  1865.  SSgl.  ^aefer,  ße^rbudb  ber 
©efdbic^te  ber  OTebijin.  Über  ben  QluS« 
fa^  fie^e  ben  befonbern  5irtifel. 

löolfölicb.  5Der  9lame  95 olf Stieb  flammt 
erft  aus  bem  18.  3i^r{)unbcrt  unb  fom 
auf,  feitbem  ^lerber  ben  Unterf(^ieb  »on 
Äunji«  unb  5öotfSbidl)tung  atS  ben  für 
baS  aSefen  ber  <Poefic  eingreifcnbfien  ju 
betonen  begann.  2)en  Stomantifern,  na» 
mentlidb  ?lä)im  »on  Qlrnim  unb  ÄlemenS 
Srentano,  ben  Scrfaffern  »on  „2)eS  Ana« 
ben  9Bunberl)orn"  unb  ben  balb  barnadb 
auftretenben  Scgrünbcrn  ber  beutfd^en 
ßitteraturgefc^i(^te  »erbanft  man  bie  Unter« 
fudbung  über  bie  ©ntfieliung  unb  (Snt* 
midlung  beS  2)otfSIiebeS;  fo  xtiä)  nun« 
mef)r  bie  Sammlungen  eon  23oIfSliebern 
geworben  finb,  fo  fet)It  immer  nod^  eine 
eingepnbere  ÜJJonograp^ie  über  biefeS 
ßitteraturgebiet;  bie  ^errlicbcn  5tb^anb» 
lungen  UljlanbS  über  baS  ißoIfSlieb,  bie 
ben  brüten  93anb  feiner  ©dbriften  bilben, 
fmb  teiber  J^ragmcnt  geblieben. 

3n  feiner  ©ntfie^ung  fnüpft  baS  IBotfS» 
tieb  an  bie  ältefte  2)id^tung  überf)aupt  an, 
roomä)  aüe  2)idbtung  SolfSbic^tung  unb 
alle  a5otfSbidf)tung  (Scfang  ifi.  fiiebet 
mi)t^if(t)cn  3nt)altS  würben  oom  begleiten* 
ben  33olfe  bei  rctigiöfen  ^efi«  unb  Um« 
jügen  gefungen,  Sor  bem  93eginn  bei 
6^ladl)t  fangen  nad^  STacituS  ©ermania  4 
bie  ©ermanen  öon  JperfulcS,  b.  1).  non 
2)onar.  fReben  Siebern  m^tbifcben  ^atte 
man  ßieber  gefc^id^tUc^en  3n^a'tS,  wobei 
man  o^ne  Stt'fifct  f^^t  frül»  mieber  fagen« 
^afte  Sieber  unb  fotd^e  unterfd^eiben  fonnte, 
weldbe  eine  Sl^at  ber  ©egenwart  feierten, 
ßieber,  weld)e  bie  Saaten  unb  Kriege  ber 
alten  Könige  befangen,  lief  5?art  b.  ®r. 
aufzeichnen  unb  lernen  unb  Subwig  ber 
jVromme  üerbanntc  fie  wieber  auS  Sortrag 
unb  Unterridbt.  ßeiber  ifi  üon  allen  Sicbem 
mt)tt)ifd)en  jn^altS  nidbtS,  t)on  ßiebern 
ber  Sage  bloS  baS  ^ilbebranbSlieb  er* 
fialten;  eine  fd^öne  5ßrobe  beS  gefd^id^t« 
liefen  SolfSlicbeS  auS  bem  9.  3a^r^un« 
bcrt  bietet  ber  ßeid^  auf  Äönig  ßubwig  III. 
unb  bie  9'lormannenfc£)lad)t  »on  881.    2)ie 


SSoHälieb. 


72' 


cf)nfilid^c  93ilbunc<  änbertc  tüenig  an  biefcn 
ältcjicn  2)crl)ältniffen  bc^  SBolEöIicbcö,  abge= 
fct)cn  baoon,  t>af  an  ©teile  ^eibnifc&=mt)t|is 
fcf)er  öiebct  d^rifilid^e  unb  an  ©teile  bcä 
©tabreimeö  bet  (Snbreim  trat;  im  Übrigen 
jinb  bic  SDictitungen  bcr  c^riftlidfjjfird^Iic^en 
tperiobe  ttiicber  iBoIfäbidjtungen  ober  fünft* 
li^e  Sfiacfea^mungen  bcrfelben.  £>icfer  ^rt 
■ftnb  ber^elianb  unb  bie  (Soangelien* 
i)armonie  Dtfrieb^,  ber  Öeid)  auf  ben 
i^eiltgcn  ^etruö,  hai  Sieb  t?on  ber  ®ama* 
riterin,  bie  ebenfaüä  in  ßeic^form  gebi^« 
teten  ßegenbcn  vom  ^eiligen  ©eorg  unb 
»om  f)eiligen  ©afluö.  Sffiaä  jwar  bcm 
IBoIfägcfang  jc^t  n3efentlid)en  Slbbrucö 
tl^at,  roar  ber  Umftanb,  ba§  fic^  je|t  iai 
ganje  ©cbiet  ber  h)iffenfd^aftltd)en  unb 
bamit  ber  feineren  ©eifieöEultur  überhaupt 
»on  i^m  abfonberte  unb  in  bie,  i^orläufig 
lateinifdbe,  *Pro[a  überging.  2)od)  \)öxti. 
bcr  Sßolfögefang  ni(i^t  auf,  nur  »urbe  er 
feiten  burd)  bic  ©c^rift  überliefert,  ^ifio« 
Tifd)c  SSolföIieber  gcf^idbtlid)er  9iatur,  bic 
gcfungen  njorben  ftnb,  »erben  u.  a.  er* 
tt)ät)nt  auf  erjbifcfeof  ^atto  914,  auf  bie 
@c^Iaci)t  bei  |)ere«burg  915;  auf  Sifc^of 
Ulrici)  oon  <llugöburg,  auf  fierjog  Soleölat) 
ben  «Polen  1109;  reicher  no(^  waren  bic 
Sicbcr,  hjclc^c  ber  ^elbcnfagc  angehörten; 
i^r  S)afein  ift  burd^  bie  im  12.  ^a^r* 
l^unbert  ani  it)nen  entfianbenen  ©popöicn 
bcr  bcutf^cn  ^clbenfagc  bcjcugt,  bencn 
»erlorcn  gegangene  gcfungcne  93oIföIieber 
in  reicher  5lnjal)l  üorau^gegangen  fein 
muffen.  ß\i  i^ncn  gefeilten  fxd)  bie  ßegenbc 
unb  firc^Iic^e  ©age,  unb  überl)aupt  ber 
»iclfacl)c  (Srja^Iung^ftoff,  ber  feit  bcm  Sc* 
ginne  ber  Ärcujjüge  burcf)  ben  nermelirtcn 
Scrfcbr  mit  bcm  5tuölanbe  in  bie  mittel* 
aIterUc[)e  SBelt  eingefirömt  war. 

S)ie  ©dnger  biefer  Solfölieber  ftnb 
im  ®anjcn  bie  5al)rcnben,  ©iinger  con 
^ai)  unb  ®c»erbe;  fte  ftnb  »on  «Mltcrö 
^er  bie  cigcntli^en  Pfleger  ber  Äunfl  bcö 
Solfögefangcö,  fte  bewahren  in  i^rem  ®e* 
bäc^tniö  unb  in  i^rem  SBortrag  ben  j^off* 
liefen  3nt)alt  beö  35olfäliebc0 ,  fte  bilbcn 
bic  2ec^nif  bcö  I)idt)tenä,  bcä  ©ingcn« 
unb  ©agenö  weiter.  D^ne  junftmä^ige 
?lbgcfc^Ioffenf)eit,  bcft^en  unb  erben  fte 
fort  bic  l'el)rc  unb  libung  bc^  ©efangeö, 
i>eö  SBortragö,  ber  bid)tertfcf)en  led^nif. 

5m  12.  3'ibrl)unbcrt  trat  nun  bic 
I)öfifd^e  Äunfibid)tung  neben  biel5i** 
tung  bcö  aSolfcö  unb  brangt  biefc  le^tcrc 
baburdb  um  fo  weiter  »on  ibr  weg  in 
tRob^cit  unb  ©eringfc^ä^ung,  aU  jetjt  bie 
befferen  unb  aufjirebenöercn  Talente  bcr 


!BoIf«bid)tung  für  Eurje  ßtü  inä  2ager 
ber  ^öfifd^en  I)i(i^tung  übertraten,  wo  allein 
(S^re  unb  23erbienfl  ju  erholen  war.  ®a^ 
baucrt  aber  bloö  bi«  gegen  t>ai  (Snbe  bc^ 
13.  Sabtbunbert«,  wo  mit  bem  Untergang 
ber  ^öfifdE)en  Silbung  ber  Bolfämä§ige  ®c* 
fang,  fpcjicü  tai,  \r)ai  man  je^t  Soltö* 
lieb  :^ei|t,  in  reic^ficr  ^üllc  ju  tage  tritt. 
®ic  ßimburger  (S^ronif  crjal)lt  jum  ^a^xt 
1370  „ba§  am  iRl)cin  ein  auöfä^igcr  Tlöni) 
bie  bejicn  ßiebcr  unb  iReit)en  in  ber  2Bclt 
mad^tc,  Bon  ®ebic^t  unb  ÜJlelobien,  Da§ 
i^m  Stiemanb  uf  iRl)cinftrom  oöcr  fonfiwo 
gleid^en  mochte.  Unb  waä  er  fang,  tai 
fangen  bie  8eute  alle  gern,  unb  alle  SDlcijlcr 
pfiffen,  unb  anbcre  ©pielleutc  fiibrtcn  ben 
®efang  unb  t<\^  ®ebid)t."  Über  t>ai 
9lltcr  'bcr  ctnäclncn  Solfelicber  ifi  feiten 
etwaä  ®ewiffe«  jU  fagcn;  it)rc  Qlufjcic^* 
nung  beginnt  mit  bem  14.  unb  Wirb  crfi 
l)äufiger  im  15.  3ol)'[f)unbert,  wo  bann 
bcr  23ud)brucf  jucrfi  in  fliegenbcn  Slättcrn, 
fpäter  in  ßicbcrfammlungcn  ft^  mit  33or* 
liebe  biefeä  ©toffc^  bemäd)tiget.  ®cwi§ 
ift,  ta^  bie  ungebunbene,  bcm  inbioibucücn 
©emütölcbcn  fo  oiel  ^rcibcit  gönncnbc 
2)enfart  biefer  Seiten  bcm  23olfälie£)c  fiet« 
neue  9ia^rung  unb  neuen  ©toff  jufü^rt; 
ältere  ßicbcr  laffcn  ft^  jum  Jeil  an  ibrcr 
cpifc^*bramatif(^cn  S)arfte[lung  a\i  fol^c 
erfcnnen,  erjl  fpdter,  namentlich  im  16. 
3al;rbunbcrt,  tritt  bic  reinere  lt)rifc^c  33c* 
lianblung  an  totctle  ber  epifc^cn. 

QUte  "Jiamen  für  ben  begriff  beö  »olf«* 
liebeö  aU  eineä  gangbaren  fiiebc^  bcr 
Sllenge  in  ber  ßanbcöfprac^e  finb,  bem  gc* 
lefirtcn  lateinifci^cn  versus  und  carmen 
gegenüber,  carmen  barbarum,  carmen  vul- 
gare, secnlare,  triviale,  rusticum,  publi- 
cum, gentile;  bürengesang,  ein  liet,  ein 
neuw  liet,  ein  hübsch  new  lied,  ein 
Beiterliedlein ,  ein  Bergreihen,  Graslied- 
lin,  Strassenlied,  Gassengedicht,  Gassen- 
hauer, gute  Gesellenliedlein,  Reuterlied- 
lein, S)ic  ^ier  folgcnbc  ®lieberung  beö 
«BoIEöliebci^  na^  feinem  3nf)alte  folgt 
ber  Einleitung  jum  altbeutfc^cn  ßie* 
berbud)  »on  ^ranj  ü)l.  Sßö^mc,  ßeip* 
jig   1877. 

1.  Sallabcn  unb  SRomanjen,  bic 
lt)rifd)e  Jortfe^ung  beö  alten  (Spoä;  i^r 
©toff  ifi  bem  'M\)ti}Vii  unb  ber  alten  ©agc 
entnommen,  oft  auc^  bann,  wenn  iRamen 
»on  (Perfoncn  unb  Orten  fd)cinbar  ber 
^anblung  eine  fpätcre  S^it  juweifen;  voai 
biefc  jum  Jeil  uralten  3«"S«"  ber  ^olU-- 
poefie  crbaltcn  ^at,  ift  meifi  ber  allgemein 
menfc^lid)c,  bic  3fitcrcignif[e  übcrbaucrnbc 


728 


23oIföIieb. 


®e^alt.  2ctber  ijl  bic  3«^^  ^i«fet  lieber 
gegenüber  bet  ffanbinatiifd^en  unb  fc^ot* 
tifd)cn  ßitteratur  bei  unä  nur  eine  fleinc. 
93on  eigentlichen  .^clbentiebetu  fmb 
bloö  baö  ^ilbebranbölieb  (baä  jüngere), 
baö  (Srmenrid)lieb  unb  ber  Jäger  auö 
©riecbenlanb,  ber  9[Botf=S)ietricf)fage  ange« 
börenb,  ert)alten.  ÜWpt^ifc^en  Urfprungä 
finb  ßieber  com  SüBaffermann,  non  fRiyen, 
©eifiern  unb  ©efpenflcrn,  riom  Jonn^dufcr; 
auc^  einjdnc  Sicbeäbaüaben ,  ttie  bic 
Sc^wimmerfage,  ge^en  auf  mpt^ifc^en  Ur^ 
fprung  jurüd. 

2.  Sag«  ober  JBäc^terliebct;  ur* 
fprünglic^  ber  böfifcf)en  Ctjrif  ange^örenb 
(fre^e  ben  5lrt.  Ja  gelieb),  ^at  fid)  biefe 
©attung  im  SolEöUebe  fpäter  in  reicher 
güüe  erhalten. 

3.  fiiebcölicber  im  engern  Sinne, 
©ie  hjcrben  fc^on  im  8.  3a^tt)unbert  er* 
ipö^nt,  ba  93onifaciuä  (Reigen  ber  Saien 
unb  ©efänge  ber  ÜJJäbc^en  in  ben  Äircfcen 
»erbietet  unb  ein  Äapitular  Äarlö  b.  ®r. 
Don  7S9  befiimmt,  ia^  bie  SRonncn  feine 
■winileodes,  b.  ^.  gi^f^^^f^*,  ©efeüen» 
lieber ,  üon  wine  =  5^^^""^  >  [(^reiben 
ober  Quöfcbiden  [oüen.  Öeiber  ifi  üon 
folc^en  Siebesliebern  be^  alt^od^beutfcfien 
3eitraumcd  nid)tö  erf)alten;  lieber  al^n« 
lid)er  5lrt  muffen  eö  aber  gemefcn  fein, 
an  meld)e  onfnüpfenb  baä  böfif($e  SKinne« 
lieb  fid)  entfaltete;  basfetbe  trägt  aU 
3eugni^  feines  üolfsmäfigen  Urfprungö 
namentlich  ben  Umfianb,  ia^  eä  reget« 
ma^ig  an  bie  SQBanblung  ber  3a^reöjeit 
anfnüpft,  fojmar,  ba§  bic  glüdlidjc  3^*^ 
be^  gi^ütilingö  ben  5tnbrud^  ber  Siebe,  bie 
3cit  beö  ^erbfleö  unb  Söintcrg  bie  £ren« 
nung  con  ber  ®eliebtcn,  ber  Siebe  Seib 
in  fxd)  trägt.  S)iefen  3u9  trägt  anä)  tai 
fpäterc  Q?oifäIieb  no^  an  [xäi. 

4.  51bf($icbä*  unb  SEBanberlieber 
ge{)ören  ju  ben  rü^renbjten  unb  ergreifenb« 
Pen  2}oIfeitiebcrn,  bie  man  t)at;  ftc  fielen 
im  3uf«mmen^ang  mit  ber  allgemeinen 
SBanbcrIufi  beö  15.  unb  16.  Ja^rbunbertö, 
unb  mit  ber  bamit  ferEnüpftcn  93efcf)mer« 
Iid)feit  beö  SReifcnö,  ber  Unfict)er^eit  beä 
Seft^eö ,  ber  UnftätigEeit  beö  Sebenö. 
6otä)e  Sieber  fmb  „Jnnöbrucf  icö  muf 
bicft  laffen",  „^ä)  ©ott,  mie  meb  t^ut 
fc^eiben",  „3cf)  ftunb  an  einem  ü/lorgen 
ijeimlid)  an  einem  Ort". 

5.  (RätfeU,  Sffiett«,  üöunfc^«  unb 
Sügenlieber  geboren  if)rem  3ni)alte  nac^ 
ju  ben  ätteflen  liic^tungen ,  bie  in  engem 
3ufammenbang  fo»ot)f  mit  bem  ÜJipt^uä 
unb  ber  rcligiöfen  DenftBcife  aU  mit  ben 


ältej!cn  3u{iänben  bes  gefeüfd^afttic^cn 
Seben«  fielen  (23gt.  ben  «rt.  SRätfel  unb 
SRätfellicbcr).  35a«  ältcfic  SRätfellieb, 
Sugleid^  eine«  ber  dltefien  erhaltenen  93olf«= 
lieber,  ifi  tai  auö  bem  13.  3ai^r^unbert 
erf)altene  S^ragemunbc^lieb.  3^  ben 
üöcttgefpräc^en,  in  melden  jtc^  in  urgcr* 
manifcfter  3«*  äii'ei  ÜJJänner  jur  Prüfung 
i^reö  SBiffen«  bcraueforbcrtcn  unb  mobei 
ftc  auf  i^re  Qlntmort  «Sagen  üon  ber  2öelt 
unb  ben  ©öttern  mitteilen,  geboren  auc6 
bie  SBettfireitlieber  smifdien  Sommer  unb 
aSinter  (fuf)c  ben  bef.  5trt.)  unb  ba« 
biefen  nac^gemacbtc  jmifc^en  93u^äbaum 
unb  i^elbinaer.  Sic|)e  U()lanb,  Qlb^anb* 
lung  III:  jßett«  unb  fflunfcf)liebcr. 

6.  Zan^'  unb  ^tanütiebcr  iüurben 
beim  SReigen  fon  ben  Janjcnben  felbft 
gefungen,  voohti  alle  Sanjcnben  ftcf)  bei 
ben  ^änben  gefaxt  hielten  unb  langfam 
um^ettraten;  erjl  auf  biefen  crficn  Jeil 
folgte  al«  smeiter  unb  au«  bcrfclben  SÜJelo« 
bie  geformt  ber  ^lac^tanj  ober  Spring« 
tanj.  Die  .^ranjlieber  gehören  in^altlid^ 
ju  ben  (Rätfelliebern ;  tgl.  bie  5lrt.  2anj 
unb  .^ranj. 

7.  Srinf«  unb  3«(^tiebcr  giebt  e« 
erjl  feit  bem  16.  3a|tbunbert;  bie  ^öfifc^e 
3eit  unb  bie  unmittelbar  folgenbcn  ^a^x- 
bunbertc  brachten  an  Jrinftiebern  blo« 
lateinifc^e  Saganten«  unb  SDJönd^eliebet 
^enior.  üDefio  üppiger  treiben  fie  im  16. 
Sa^rbunbert,  mo  ja{)llofc  geftlidjfciten, 
Scbmäufe  unb  3e(i)9elage  jur  Qlu«übung 
folcber  $oefie  Qlnlaf  boten.  ^U  mefent« 
licbfier  3n^alt  ijl  (Ermunterung  jum  Reitern 
Seben«gcnuffe,  Sob  be«  Sffieine«  unb  3u« 
fprud)  äum  Jrinfen;  eine  befonberc  5lrt 
ber  Srinflieber  fmb  bie  9JJ  artin«  lieb  er. 

8.  ^ijiorifct)c  Sieber.  3"  i^i^et 
(Sntfle^ung  mieber^olt  frc^  bie  Sntfle^ung«« 
art  be«  gcfct)ic^tlic^en  Siebe«  oon  ältefier  3eit 
ber,  nur  i)a^  bie  befonbern  fiifiorifc^cn  9Bc« 
bingungcn,  n)eld)c  ta^  SolEölicb  be«  13.  bi« 
16.  3abr^unbert«  jeitigtcn,  i^ren  befonbern 
(5f)arafter  erhalten  burc^  ben  im  13.  ^apxb. 
bcginnenben  Äampf  ber  untern  Stäube 
gegen  ben  *}lbel.  Äaum  beginnt  biefer  Äamp| 
ber  Stäbte,  ®ibgenoffenfc^aften ,  Zi)aU 
unb  Sanbfc^aften  gegen  ibre  bi«berigen 
$errn,  ein  Äampf,  ber  re(ff)t  eigentlich  bem 
©eiflc  ber  3cit  SRidbtung  giebt,  unb  ein 
neue«  .^elbenalter  herbeiführt,  fo  erfd^einen 
auc^  bie  Sieber  Sd^Iag  auf  Sd)lag.  2öo 
überaü  auf  bcutfd)em  93obcn  tai  iBolf 
feine  JJeffeln  bri^t,  äucrfi  in  ber  ©ibge« 
noffenfc^aft,  bann  im  JfJi eb erlaub ,  bei 
ben  ©itmarfc^cn,  fpäter  allerort«  in5Dcutfd^« 


!BoIt8licb. 


729 


lanb,  ta  folgen  ben  @cf)Iad^ten,  Srobc* 
rungcn  ber  ©täbte  unb  Surgen  i^re  ßiebcr; 
ben  witfUc^en  ©reigniffen  \i)X  bleibenbeö 
Silb,  S)iefeö  iji  feine  ®c^Iacf)tbefd)reibung, 
fonbern  ein  con  gcfieigettcr  ®inbilbungä= 
traft  crfc^auteö  (Sinjelbitb,  bem  meifi,  wie 
beim  alten  (Spoö,  bie  birefte  fRebc,  tai 
3n)iegefpradf)  d^arafterifiifct)  ifi.  5Die  @amm= 
lung  ■D.  ßilienfronä,  tt)clct)e  bie  t)i|iorif(f)en 
ßieber  com  13.  bi«  16.  3at)r^unbert  um* 
fa^t,  cntl^dlt  623  Stummem,  worunter 
freiließ  mand)c  iUi  gefproc^cnc  2)ic^tun» 
gen,  fog.  Sprüche,  inbegriffen  ftnb.  ©ic 
im  jirengcrn  Sinne  I)i|iorif^en  ßiebcr 
wollen  immer  jugleid^  politifd)  Wirfcn, 
ber  spartet  bicnen,  wobei  freiließ  tai  ßieb  in 
ber  (Regel  bloö  ben  ©ieg  ju  begleiten  pfiegt. 
Tli^x  unmittelbar  birf)terifct)en  ©inbrud 
aU  bie  :^iporif(^-poIitifc^en  ßieber  machen 
biejenigen  93oIfdlicber,  in  benen  eine  jwar 
i^i(lorifd^e,  aber  in^  ©ebiet  ber  iRomantif 
Preifenbc  J^at  ftcf)  jum  ßiebe  gehaltet 
i)at,  wie  tai  »om  ßinbenfc^micb,  »om 
©ppele  »on  ©aitingen.  SBieberum  fd^eint 
ft(i)  in  anbern  ßicbern  ein  auö  früher, 
»ieüeic^t  aug  fel)r  früher  ßi\t  ^ergefom* 
mener  l)iftorifcf)er  ober  mt)t^ifd^er  3«3 
bloö  einem  l)ifiorifd^en  ober  für  I)ijiorif(^ 
geglaubten  9iamen  angepaßt  ju  t)aben,  wie 
j.  SB.  je^t  tai  alte  ^itbcbranbölieb  alö 
eine  romantifc^e  SRitterbaüabe  jum  a3or= 
fc^ein  fommt. 

9.  ßanböEnect)tö*  unb  SReiterlie« 
ber  beö  15.  unb  16.  Ja^r^unbertä  ftnb 
bie  ©olbatenlieber  ber  SSorjeit;  jtc  berü^« 
ren  ftc^  teit^  mit  bem  ^ijlorifc^en  ßieb, 
teilö  mit  bem  ßiebeälieb. 

10.  Jägcrlicber  unb^ägcrroman* 
Jen  erf^einen  feit  bem  (Snbe  beö  16.  ^apx> 
lunbert^  unb  waren  feit  ber  3«t  bi^  inö 
18.  3a^r^unbert  beliebt;  fte  ftnb  jum 
3:eil  nad^  franjöjtfc^em  Sorbilbe  gefungen 
worben. 

11.  ßiebct  auf  tocrfd^iebcnc 
©  t  ä  n  b  e  ftnb  Weber  alt  noc^  waren 
fte  je  allgemeiner  »erbreitet,  abgefcbcn  con 
ben  fd^on  genannten  2:t)pen,  worin  fi^ 
u.  a.  ber  (Seijl  ber  ©täbter,  Sauern, 
Sanbgfned^te  u.  bgl.  anbern  ©tdnben 
gegenüber  auöfpri(^t,  ^Dagegen  ftnb  ^anb« 
werföj  unb  Sunftlieber,  worin  bie  3;|ätig» 
!eit  beä  ^anbwerfd  befd^rieben  ifi,  faum 


üor  bem  16.  3a^rt)unbert  unb  nur  fpora« 
bifd^  bagewefen.  S)ie  gereimten  3ii"ft* 
lieber  waren  nac^  i^rem  3nÖnIte  fog. 
Sflu^ms,  (5t)r«  unb  ßoblieber  ber 
^anbwerfer,  mcifi  auf  eine  unb  biefelbe 
©c^abtonc  jugefc^nitten,  an  $oefte  arm 
unb  nüchtern.  Srfi  im  17.  unb  nocJ)  metir 
im  18.  3a^t^unbert  ftnb  t>on  iöolföpäba« 
gogen  unb  Qluffldrern  eine  größere  5lnjabl 
Serufögefänge  gcbii^tet  worben,  an  benen 
namentlich  baäSÖiilb^eimcrßicberbuc^,  1799, 
rcic^  war. 

12.  ©d^erä«,  ©pott«  unb®cf)anb« 
lieber  bilben  eine  befonberc  ©attung 
Bon  SBolf^liebern ;  unter  benen  befonberd 
bie  auf  Sauern  unb  Pfaffen  jal)lrcidf)  ftnb, 
aud^  auf  cinjelne  ^anbwerfet,  wie  bie 
®(^neiber  unb  ßcineweber.  2)a^in  get)ören 
©to^feufjer  geplagter  Sl)eleute,  @pottlieber 
auf  menfdjlic^c  ©ebred^en,  *Wiil)eiraten, 
j.  S.  bcg  flcinen  ÜRanneä  mit  bem  grogen 
ÜBeibe. 

13.  Äinb  er  reime,  fie^e  ben  5ltt. 
Äinberfpiele. 

14.  ®eifllidf)e  93plf«liebcr,  fte^e 
ben  Qtrt.  Äir(^enlieb.  Über  ben  Übergang 
be«  23olf8liebeö  inö  ©efellfc&aftälieb, 
ftel)c  ben  befonbern  Qlrtifel.  Sammlungen 
üon  25olföliebern  ftnb  oiele  »orl)anbcn;  ti 
feien  ^icr  erwät)nt  au§er  bem  SB  unb  er« 
i)orn  (neue  Qluögabe  oon  Sirlinger  unb 
föreccliu«,  SBieöbaben  1874),  Ublanb, 
alte  l)od^-  unb  nieberbeutf(^e  iBolfölieber, 
(Stuttgart  1844—46,  fürjlid^  unneränbert 
neu  aufgelegt;  baju  ge|iören  in  Sanb  3 
t)onUl)kni'^  Sd^riften  bie  5tbf)anblungen, 
oon  benen  bloö  folgenbe  üicr  bearbeitet 
unb  erfd&ienen  ftnb:  Sommer  unb  SBinter; 
{^abellieber;  SBett-  unb  SBunf^lieber ; 
ßiebe^lieber;  unb  bie  ^Inmerfungcn  in 
Sanb  4  ber  ©d^riften;  Simrocf,  bie 
beutfdf)en  93olEöbüd^er,  ^ranffurt  1851  unb 
1872;  erf,  beutf^d^er  ßieberl)ort,  Serlin 
1856;  »on  ßiliencron,  bie  ^ifiorifd^en 
Solf^lieber  ber  2)etitfd^cn  »om  13.  big  16. 
5al)r^unbert,  ßcipjig  1865—69.  4  »änbe; 
©oebefe  unb  Sittmann,  ßieberbud^ 
auö  bem  16.  5a'^rl}unbert,  ßcipjig  1867; 
Söljmc,  altbcutf^ed  ßicberbud^,  ßcipjig 
1877,  bcfonbcrS  für  bie  iWclobien  be* 
arbeitet. 


730 


2Öagcn  —  Söagenburg. 


1. 


SBageit  ctf^einen  ali  üierräbtigc  SBagcn* 
farren  fd)on  in  bei  iDlerot^ingcrjeit,  ia  bie 
Äönigc  t\<^  t^rct  aU  cincö  uralten  SBor* 
xtä)M  bebientcn;  biefe  Äöntgäfatten  toaren 
mit  einem  ©efpann  üon  O^fen  bcfpannt, 
bic  nac^  iBaucrnart  ein  SRinbettiirte  leitete. 
®o  blieb  eö  noc^  fet)r  lange,  unb  eö  ijt 
befannt,  wie  .Kaifet  gi^iebrii^  in.  »er« 
mittelft  eincö  Dd)fenn)agen^  feine  üänber 
bereijlc.  Unmittelbar  auf  ben  5t(^fen  rubte 
ein  Jtüei«  ober  tiierrdbriger  Äarren  mit 
pieredigem  SBagenfaficn ,  bie  $ferbe  balb 
jioei  neben«,  balb  jmei  bintereinanber  an^ 
gefpannt.  3""^  eintreiben  bebiente  man 
ft(^  ber  ®ei§el  ober  cine^  Stabes  mit 
eifernem  ©tadbel.  (Sin  gewiffer  Qlufwanb 
in  ber  äußern  5tuöf^mücfung  beö  SBagen^ 
trat  erji  im  13.  3abrf)unbert  f)auptfäcblicb 
in  ^ranfreidb  ju  ÜTage,  wo  Öubmig  ber 
®d)öne  ben  2)amen  oom  ^ofe  ben  ©ebraud^ 
Bon  2öagen  aU  ?luöjeicftnung  gemattete. 
35er  ^tufwanb  beftanb  jc|t  in  Serjierung 
ber  *Mu§en»änbe  beö  SSagenfajlenä  bur^ 
©c^ni^trerf  unb  ÜJJalerei ,  Überfpannung 
bcg  Äafienö  burc^  lücber  oermittelji  SReifen, 
5luäjiattung  ber  @i^e  burc^  ^olfier;  im 
Übrigen  jogen  bi^  über  ia^  SKittelalter 
^inauö  au(^  SDamen  ia^  JRciten  ober  bie 
iragfdnfte  bem  t)olprigen  SSöagcn  for. 
3n  ^ranfreic^  führte  man  im  16.  ^al^X' 
^unbert  eine  23erbefferung  ber  Sffiagen  ta^ 
burd)  ein ,  ta^  man  ben  .Mafien  in  ein 
atiemcngebänge  befefiigte  unb  Ütjürc  unb 
Jritt  beö  SBa'geng  feitmärtä  anbraci)te,  in« 
folge  bat)on  au^  bie  @i|c  ber  Sreite  nacb 
anorbnete.  S)ie  langfame  SerbeJTerung  beö 
(Perfonenfubrrcerf^  namcntlid)  in  2)eutf^« 
lanb  bing  ä"ni  2;cil  bamit  pfammen,  ta^ 
bie  ßanbeöb^ten  i'f"  ®ebrauc^  oon  2ßagen 
alä  nur  if)nen  jufiänbig  ober  blo^  SBeibcrn 
ju  gejlatten  erachteten;  noc^  im  16.  3a^r« 
lunbert  würben  bie  ÄutfcE)Wagen  — 
ber  9^amc  ifi  in  biefer  3^tt  au^  bem 
Ungarifc^en  nac^  JJeutfdblanb  gefommen  — 
in  Derfcfjiebenen  Staaten  »erboten  unb 
allen  benen,  bie  am  |)ofe  ctma^  ju  fcfiaffen 
bitten,  eingefd)ärft,  fie  möcbten  ju  Dioffe 
crfd)einen.  3n  ßnglanb  mürben  Äutfcfcen 
an  ©teile  ber  altern  Äarren  crji  um  1580 
con  iDeutf^lanb   au«   eingeführt.     2)oc^ 


blieb  ber  ®ebrau(^  ber  Äutfcf)en  fogat  in 
^ranfreidb  noc^  üereinjelt,  unb  eä  foü  ju: 
5ßari«  um  1540  ju  täglicher  99enu|ung 
btoä  jwei  Äutfd)en  gegeben  babcn,  eine 
für  einen  abeligen  J^errn,  ber  feiner  93e« 
leibt^eit  wegen  nid)t  reiten  fonnte,  unb 
bie  anbere  für  bie  ^erjogin  t»on  iöalcn« 
tinoi«.  ^einric^  IV.  befaß  für  fiö)  unb 
bie  .Königin  nur  einen  Sffiagen,  unb  in 
Spanien  gcj^attete  $^ilipp  II.,  bie  93c« 
nu^ung  ber  .^utfd)en  nur  benen,  bie  mit 
»ier  eigenen  $ferben  fahren  fonnten;  wer 
bieö  nicf)t  cermoc^te,  i)atte  auf  SWaultiercn 
jU  retten.  Dagegen  gab  eö  fi^on  etwa* 
früfier  reid)  aujsgeftattete  ßujuöwagen;  bei 
ber  ÄaiferErönung  SOiajimilianö  IT.,  um 
1562,  erfc^ien  ber  Äutfür)!  »on  Äöln  mit 
14,  in  ber  |)ulbigung  in  2Barfc^au  1594 
ber  ilRarfgraf  oon  Sranbcnburg  mit  36 
Äutfaen.  Um  1599  erfcbien  ber  tDlarfc^att 
Jranpoiö  be  Saffompierre  juerfi  in  einer 
.Rutfcbe  mit  ©laäfenjiern,  bie  er  au«  ^ta^ 
licn  mitgebracbt.  2)er  Äutfcfcer  fa^  big 
babin  regelmäßig  auf  bem  $ferbc.  ^n 
biefer  3^^*  famen  aucf)  bie  gefcbmüdten 
ßufu^sScblittcn  auf.  Seit  bem  ^Regierung«« 
anttitte  ßubwig«  XIV.  fiieg  in  $ari«  bic 
SKenge  ber  SBagen  fcbnetl  unb  um  1651 
würbe  fd)on  jur  einrid)tung  »on  SÜJüet« 
futfcben  gefdbritten,  welche  nac^  i()rem 
Stanbort,  bem  ^ötel  St.  5"iacre,  ben  iRamen 
Fiacre  erbielten.  3n  2)eutfc^lanb  war 
eö  ber  cerfc^icbene  ©efdjmad  ber  .pöfc, 
ber  ben  ©cbraucb  ber  SBagen  begünjiigte 
ober  jurücfbielt;  aU  in  ber  Scbweij  1671 
ber  ftanjöfifdbe  ©efanbte  feinen  ©injug  in 
93abcn  in  einer  .Rutfd)e  l)iclt,  fiel  biefe« 
ungewöbnlicbe  Sc^aufpiel  auf.  Irag« 
Stühle  ober  Porte-chaises  fanben  im 
17.  3'>bi^£)unbert  außer  wie  feitber  jum 
®ebraud^  für  Jlranfe,  wenig  ilnflang. 
9Bei§,  Äoftüm«Äunbe. 

SÖSagcnburg.  5"!  nomabijierenbc  aSölfer, 
wcld)e  auf  biefer  Stufe  ibrer  (Sntwicflung 
bie  gelbbefefiigung  nodi)  nic^t  fennen,  bietet 
bie  Söagenburg  ben  naturgemäBefien  (5r« 
fa|.  5lU(^  bic  alten  S)eutfd)en  bebienten 
jtd)  berfelben  regelmäßig  unb  manöocrierten 
bamit  oft  mit  ®efc^icf.  Sie  SBagenburg 
erhält    ft^    bei    cinjelnen    23ölEetf(f)aften 


2Bal)rjeid)cn  —  SBatfürcn. 


731 


butd)  »tele  3a^r^unbertc  unb  gelangt  in 
bcn  ^uffttenEricgcn  noc^mal^  ju  einer  gc« 
miffen  93erüt)mtbcit.  ©täbte  unb  befefiigte 
fiager  madjten  jie  anberort^  balb  entbehr« 
lid).    (®ie^e  ben  5ltt.  Ätiegönsefen.) 

SBaÖrjcid^C«.  nil)b.  warzeichen,  ju 
ml)b.  bic  war  =  2l^tfamteit,  alfo  3f'<^cn 
gut  5l(^tfonifeit,  fd^on  im  ü)^f)b.  gern  mit 
2Ö  0  r  1 5  e  i  c^  e  n  jufammengeficllt.  SÖtan  »er* 
ftel)t  barunter  gcmiffc  S)enfmale  unb  Äu* 
riofa,  bie  in  ober  an  Äirci^en  unb  anbem 
öffentlichen  Orten  einer  beftimmten  ©tabt 
ongebrad^t  pnb.  ®ie  befiet)en  entmebcr 
in  93aubenfjeid^en ,  unb  jlnb  bann  teilä 
@d)Iu§Peine,  namentlid^  an  Srüctcn,  teile 
ju  Sage  gelegte  ©runbpüdäbejeid^nungcn, 
93auamulettc,  j.  S.  bie  ^ufeifen,  5u^fol)len, 
Ärcuje,  ,^öpfc,  teilö  aber  nur  Soubütten* 
ober  ®teinme^jeid)en,  teilö  ©i^Utffel 
alter  iBaufagen,  ober  ftc  ftnb  au^  eigent« 
liefen  ßanbeögerid^töjeidjen  cntfianben,  ober 
cnblic^  au^  ben  miöDcrftanbenen  ältefien, 
urfprüngli(|en  ©täbtemappen  ^erüorgegan« 
gen.  ÜDiefe  2Ba^räei(^en  fpielten  in  ber 
©efc^ic^te  ber  ®emerböüerbanbe  eine  große 
SRoIIe ,  inbem  bie  i^umanbcrnben  ©efeüen 
ober  Äned)te  ftd)  bem  Qlltgefeücn  gegen« 
über  burc^  bic  ^cnntniö  ber  2öat)rjeid^en 
über  ben  ^ufent^alt  in  anbem  ©labten 
auömcifen  mußten.  (S^  trar  bat)er  (är« 
forberniö,  i>a^  febcr  ^anbmerfögcfctte  ober 
Äned)t,  fobalb  er  in  einet  Stabt  in  Qlr= 
beit  fam  ober  aud)  nur  ta^  ®ef(J)enf  er« 
Ijielt,  ftc^  iai  Sßa^rjeic^en  ber  ©tabt  be* 
fa^  unb  [\ä)  bie  baju  geprigcn  ©eben?» 
Bcrfe  einprägte,  bamit  er  im  gegebenen 
5?alle  tai  öyamen  bePet)en  fonnte.  2)ie 
Äenntniö  ber  Sßa^räei^en  »ertrat  bal)er 
gteid^fam  Mi  fpäterc  SBanbcrbuc^.  2ß. 
©c^äfer,  bcutfc^e  ©täbtema^rjeic^en. 
ßeip^ig  1858. 

SÖaifen^ÖUfcr,  »on  a^b.  welsi,  m^b.  weise 
=  beraubt,  entblößt,  ba^  2öort  Söaifens 
i)aui  juetfl  1618  nad^gettjiefen.  SBaifen» 
Käufer  finben  ftd)  me^ir  bei  ben  gcrma« 
nif(^en,  ^Jinbel^aufer  bei  ben  romanifcl)en 
SÖölfern.  S)a^  erjle  in  ber  ®cfc^id)te  be= 
!annte  SBaifcn^auö  ift  bie  »on  Äaifer 
Jrajan  gemachte  Stiftung  für  5000  2Baifen« 
finber;  im  ^al)X  330  n.  (Sljr.  würbe  in 
^onjlantinopel  ein  2Baifen{)auä  gegrünbet; 
tai  ältefie  franjöfifc^e  foQ  t>a^  tuxä)  bcn 
93ifcf)of  Don  5lngeiä  654  geftiftctc  fein. 
5n  jDeutf^lanb  fommt  im  9.  3at)rbunbert 
im  Äloflet  aSeißenburg  eine  fol(^e  5tnftalt 
Dor,  bürgerlicl)e  SBaifenl)äufer  f^eint  e^ 
bagegen  |ier  ni^t  Dor  bem  14.  ^aiiX' 
l)unbert    gegeben  ju    ^aben;    jte   blieben 


aud^  Don  ba  big  in^  17.  5al)t^un» 
bett  noc^  feiten,  ba  man  bie  ©orge 
für  Sßaifen  meifienä  ben  befletienben 
5lrmenanfiülten  unb  Äranfenliäufern  über» 
ließ.  5n  einzelnen  fällen  gemährte  auC^ 
bie  Obrigfeit  einen  ißeitrag,  um  einem 
elterlofen  Äinbe  ju  Reifen,  ober  man 
fe^te  ein  wöc^entlic^eö  211mofen  bafür  au« 
unb  gab  etwa  ein  Sßaifenfinb  jur  SScr* 
pflegung  auf  t>ai  ßanb.  (Sin  5^  i  n  b  e  1 1)  a  u  a 
mirb  im  7.  3at)tt)unbert  in  Irier  ertt)ät)nt; 
ju  ^lorenj  1316  unb  ju  qSariä  1362,  in 
S)eutfc^lanb  im  14.  3at)rl)unbert  ju  grci= 
bürg  der  fanden  kindlin  hüs,  unb  1386 
JU    Ulm;  1473  ju  Sßlingen. 

SBoIfÜrcn,  SBalEprien,  altnorb.  valkyrja, 
al)b.  walachuriä  jufammengefe^t  au«  alt« 
norbifc^  ber  valr  =  ©efamt^eit  ber  lobeö» 
voaifl,  b.  \).  ber  für  Slöalballa  ermäl)lten 
unb  bat)er  in  ber  ©cfclacftt  gefangenen 
.Krieger,  (Sefamttjeit  ber  oom  ©ct)la^tentob 
betroffenen,  bann  ber  Äampfpla^,  t)aQ 
©ci)lac^tfelb  felbfi;  unb  au«  einerben  ©inn 
üon  „2Bat)lcnbe,  Sluetmöblenbe,  Empfangs 
netimerin"  tragenben  'Jlbleitung  bed  *Berb« 
füren  ober  Eiefen,  tai  ©anje  alfo  ein 
au«  jttiei  ftnnnettttanbten  fflurjeln  bePel)en» 
bc«  iffiort.  S)ie  2Balfüren  t)abcn  außer 
bem  5lmtc  ber  loteniua^l  basjenige  ber 
©(^enfmabc^en  Dbt)inö  unb  ber  Sinlierier, 
fie  bienen  in  2ßal^atl,  bringen  ba«  Jrinfen 
unb  uermat)ren  tai  Sifdjjeug  unb  bie 
a)letfd)alen.  3n  beiberlei  |)inficf)t  ftnb 
fie  Seroielfiiltigungcn  ber  %n\a,  crfcfceinen 
aber  au*  al«  Soüfirederinnen  be«  ilßiUen« 
Dbl)in«.  2Bie  bie  Atomen  mirfen  fie  auf 
hai  ®ef(^icf,  aber  me^r  in  Scjug  auf  bie 
©d)lacl)t,  mic  fie  benn  aucE)  2Balmäbct)en, 
©($ilb=  unb  ^elmmabct)en  Reißen.  Sine 
ber  üßalEüren  t)eißt  Tli^  =  SRebel,  2BolEe; 
auf  Sffiolfenroffen  f(^meben  fte  über  bem 
©dölac{)tfetbc  unb  Sau  träuft  oon  bcn 
SOläbnen  ibrct  SRoffc  in  tiefe  Zi)dkx.  2Benn 
fic  Öuft  unb  SBaffer  reiten,  legen  bic  iffiaU 
füren  ©cl)mancn^emben  an  ober  manbeln 
fiel)  in  ©c^wäne,  wobei  ba«  einfügen  be« 
©d&wanengeficber«  burc^  ben  ©cfcmanring 
Dcrmittelt  wirb.  Sffiie  c«  irbifd)e  Ülorncn 
giebt,  unb  bie  @abc  ber  Sßeiffagung  unb 
be«  Sauber«  auc^  jierblid)en  grauen  über« 
tragen  werben  fann,  fo  fönnen  auc^ 
Äönigötöd^tcr  in  bcn  ©tanb  ber  2Balfüren 
treten,  wenn  fte  Äricgcrifd)e«  ©ewerbc  er* 
greifen  unb  ewige  3ungfrauf(^aft  geloben. 
@ie  Reißen  bann  ©unfd)mdbc^en,  Qlbop« 
tiotöc^tcr  Db^in«.  ©oli^c  2Balfürcn  fmb 
bie  brei  SDJeerweiber,  bie  im  SRibclungcns 
lieb    hti   ber   Überfal)rt    ber  58urgunbet 


732 


SBalt^atiUcb. 


über  ixt  2)onau  ctf^einen;  in  bcr  Oubrun 
etfc^cint  ein  trciffagenbct  Snget  in  bcr  ®c= 
fialt  eineö  fd^roimmenben  »Üben  iBogelö, 
urfprünglic^  o^ne  3tt>«ifel  eineö  (Sd^wancö; 
and)  Sßrunl^ilb  tft  urfprünglic^  eine  2Bal< 
füre.  2)er  ^ahl  ber  Söalfuren  ttiirb  cers 
((Rieben  angegeben,  jwölf,  fteben  ober  neun, 
©imroct,  SWpt^otogie. 

S93aItÖariIicb  ifi  ein  in  lateinifd^en  |)eja-- 
metern  ton  bem  [anft  galler  3Jlöni)  @tfe= 
l)axt  I.  in  ber  erfien  ^ölfte  hti  10.  3al)rs 
^unbert^  »erfa§teö  ©ebic^t,  beffen  3"^'»^* 
f  urj  folgenber  iji.  2>en  mäd)tigen  $»unnen< 
fönig  ®|el  ergreift  rt>ieber  einmal  bie 
Äriegeluft.  2)ie  granfen  will  er  bieömal 
mit  [einen  |)orben  ^eimfuc^en.  3"  SBorms 
berrf^t  über  beö  J^ranfcnlanb  Äönig 
©ibicf).  SJiicEjtö  a^nenb  »on  bem  ©emitter, 
tai  »on  Ojlen  ^er  ben  blüf)enben  ®auen 
feinet  !Heicf)cö  na^t,  ifi  er  »on  greube  er* 
füllt,  ta  ber  .^»imniel  i^m  fürjlic^  in  ©untrer 
einen  Sronfolger  gefc^enft.  2ßie  ein  ©li^ 
aus  beiterem  ^immel  fätirt  in  allen  ben  3ufeel 
am  2Bormferf)of  bie  Scbrecfenönac^rif^t, 
(S|el  ftef)e  mit  einem  ungeheueren  ^cere  an 
ben  ©renjen  beö  ßanbe«.  Unfinn  wäre  eä, 
SBiberfianb  ju  Iciften,  Sünbnis  unb  ®ei^ 
fein  ftnb  ^ier  bcffer  angebracbt  alö  g^inb« 
f(^aft  unb  j^ampf,  fo  benfen  ®ibic^  unb 
feine  SRäte.  ^Joc^  ifi  ®untl)er  ju  flein 
um  als  ®eifcl  feinem  SBaterlanbe  5Rube 
unb  ^rieben  ju  erfaufcn;  beä^alb  mirb 
beö  Äönigö  Setter  ^agen  mit  nielen 
©^ä^en  ju  6^el  gefanbt,  um  biefen  gnä* 
big  ju  flimmen,  was  and)  gelingt.  SBeiter 
wäljt  ftc^  bie  ^eereämoge  bcr  ^unnen 
gegen  baö  ßanb  ber  Surgunber,  welc^eä 
Äönig  ^crri^  mit  feiner  fefien  ^anb  re« 
giert.  3^"^  wächst  als  Jod^ter  auf  bie 
reijenbe  ^ilbegunb.  Sie  giebt  ber  95ater 
^in  aU  ©eifel,  um  wie  ber  granfenfönig 
iai  (Reic^  ju  retten  Bor  Slttilaö  ©rimm, 
UloA  ein«n  ^»errfcber  miQ  ber  ^unnenfürfi 
Icimfui^en,  nämlic^  Äönig  2llpl)cr  Don 
Qlquitanien.  2)er  ^of  Don  SBurgunb  unb 
ber  Don  5lquitanien  ^e^ien  in  freunbfd^aft* 
lieber  93ejict)ung,  wel(I)e  bur^  bie  Scr* 
ma^lung  Don  5llp|)erö  ®ü^n  SD3altl)ari 
unb  ber  fc^önen  |)ilbegunb,  bie  noc^ 
Äinber,  bod)  fc^on  für  cinanbcr  bejlimmt 
finb,  in  3ufunft  nodb  enger  werben  foütc. 
2Bie  feine  beibcn  Borgänger  bcr  granfen» 
unb  ber  Sßurgunberfönig  plt  cä  auc^ 
9llpf)cr  Don  5tquitanicn  für  bepr,  ftatt  mit 
bem  ©c^wert  buri^  ßöfcgelb  unb  ©eifel 
ftd)  ben  gefä^rltcben  geinb  Dom  ^alfe  ju 
fcfeaffen  ;  er  überliefert  feinen  6ol)n  SB  al« 
t^ari  bem  ^unnenfürficn ,  ber  nun  mit 


^agen,  ^ilbegunb  unb  SBalt^ari  ^cimwdrtS 
äie^t  an  bie  blaue  2)onau.  I)ie  Äinbet 
werben  an  bem  ^unnifc^en  ^of  feineöweg^ 
fd3led)t  gebalten.  SBo^l  unterrichtet  in  ben 
SBerf  cn  beö  .Rriegeö  unb  beö  Ji^iebenö  wad)fen 
bie  beiben  Änaben  auf,  wä^renb  .^»ilbegunb 
unter  bie  Db^ut  ber  ©emat)lin  S^elä,  ber 
Königin  Döpirin  tritt  unb  Dcrmöge  ifircr 
iücbtigfeit  unb  i^rer  Sugenben  eä  big 
jur  Qluffc^erin  be«  ^off^a^eö  bringt. 

5n  2Bormö  ifi  nac^  bem  '2lbleben  ®t« 
bic^ö  fein  ©of)n  ®unt^er  auf  ben  2ron 
gefommen.  Sr  brid^t  tai  öünbnid  mit 
ben  ^unnen  unb  Derweigcrt  ben  üblidf)en 
3inö  ju  jaulen.  2)aö  ^ört  ^agen  unb 
üerfc^winbet  bei  3^acbt  unb  S'Jebel.  ÜJJiB« 
trauifd^  gemacbt  burd^  bie  {Jludbt  .^agen^ 
will  2Ittila  SBalt^ari  enger  an  fid^  fetten 
unb  äwar  auf  ben  iRat  feincö  SZßeibeä  Däpi* 
rin  burd§  Verheiratung  mit  einer  bcr 
^unnentoc^tcr.  D^atürlicö  willfahrt  SDBat* 
t^ari  bem  üBunfc^e  S^elö  nidbt,  fönnte  er 
bodb,  wie  er  bem^unnenfönig  auöeinanber* 
fe^t,  als  g'JWiifi^n'^'itf  1^  "^t  nif^'f  «injis  unb 
üüein  fxä)  bem  I)ienfie  feineä  ^errn  wib« 
men,  nid^t  me^r  mit  berfelben  forglofcn 
Sapferfeit  ben  i^einben  S^elö  entgegen« 
treten.  G^el  la§t  ftc^  burcb  bie  SHuäflüc^tc 
ÜBalt^ari'ö  blenben,  fo  ta^  bie  93erl)eira* 
tung  unterbleibt.  5n  einem  fofort  nad^ 
biefem  3luftritt  auebred^enben  .Slriege  Der« 
richtet  SBaltbari  iJBunber  ber  Sapferfeit. 
2)er  ^einb  wirb  gefd^lagen,  frcggefrönt 
fe^rt  SBalt^ari  jurüdt  in  @|elö  ^ofburg. 
3m  Äönigöfaale  finbet  er  ^ilbegunbe  allein, 
errötenb  frebenjt  bie  ^olbe  i^rem  fdbon  in 
ber  JBiege  5lnDerlobten  einen  Se^cr  ffieing. 
®ie  wd^nt,  beö  3ünglingö  ^erj  l)abt  fid^ 
Don  il)x  abgewenbet,  berüät  »on  ber  (ßrad^t 
unb  ©cfeön^eit  einer  ber  löd^ter  beö  San? 
beö.  3)od^  ber  .^elb  beruhigt  bie  ÜJJatb 
unb  Wci^t  fie  ein  in  bai  ®e^eimniö,  wel' 
c^eö  feine  93rufi  birgt,  in  ben  f^lan,  jurüdE* 
äufet)ren  in  baö  geliebte,  ferne  ^eimatlanb. 
©ntjüdft  föKt  ^ilbegunb  i^rem  ©eliebten 
ju  ^ü^en  auörufenb: 

„2ßo^in  bu  mtd^  berufefi,  o  ^err,  id^ 
folge  bir  nad)!" 

5luf  über  fiebcn  Sage,  wo  ein  ®elage 
fiattfinbet  in  ber  .Rönigöburg,  wirb  bie 
gludbt  terabrebct.  |»ilbegunb  alö  Hüterin 
ber  ©cba^fammer  wirb  bie  ®efd^affung 
ber  5luörüfiung  antertraut,  bei  ber  jwei 
©d^rcine  mit  ©pangen  unb  ®olb,  fowie 
5lngel^acten  nid^t  fehlen  bürfcn. 

2)cr  Der^ängniöDolle  9lbenb  fommt 
^eran.  ■^od^  l)er  ge^t  eö  bei  bem  ©elage 
unb    balb    bat    beö    Sßeincö    Äraft    bie 


Söalt^attlicb. 


733 


^unncn^elben,  S^eln  an  ber  Spi^e,  bc» 
^cgt  unö  in  tiefen  Schlaf  »erfcnft.  ^t^t 
ifi  bie  ®elegen!^eit  jur  ^^ud^t  ba  unb 
balb  ttägt  baö  gewaltige  ®d)laci^tro§ 
,,9ört)e"  feinen  ^errn  unb  ^ilbegunb  famt 
ben  entttienbctcn  ©d)ä^en  t)tnauä  au^ 
Q,^iU  33urg  bcm  SBejien  ju.  ®ro§  iji  am 
anbcrn  iDIorgen  ber  23erbtu§  (S^elö  über 
tai  2}erfd)tt)inben  üßalt^ati^,  gro§  ber 
3orn  ber  Königin  Oöpirin  über  bie 
ilbttjcfenbcit  i|)rer  3oft  ■^ilbegunb.  2)ie 
reteben  Selo^nungcn,  bie  ber  Äönig  bem 
ausfegt ,  rcelc^cr  bie  5lüd)tlinge  mieber 
jurüdbringt,  bleiben  uniierbient  unb  fo 
reiten  SBatt^ari  unb  ^ilbegunb  unange= 
fochten  ttjeiter,  i()r  ßeben  mit  bem  (^I^if^e 
ber  gefnnc(encn  iBögel  unb  ber  geangelten 
gifcbe  frijienb.  3lad)  nierjig  Sagen  enblid) 
fe^en  bie  beiben  Scrlobtcn  bei  SBormö 
über  ben  9if)ein.  ^lö  Sclobnung  bietet 
2BaIt^aribem  g-ät)rmann  biele^tgefangeneu 
^ifcbe  bar  unb  reitet  weiter.  5Dod)  jefet 
na^t  ta^  23erbQngni«.  SDer  ^'^^'^n^inn 
bringt  bie  gefc^enften  ^ifAe  bcm  Äoc^  bcö 
Könige,  fte  fommcn  auf  ©untbers  Zx^i) 
unb  aufmerffam  gemacht  burcb  bie  g'^fn'b: 
artigfeit  ber  ©pcife  farfcf)t  er  nadi  beren 
@eber,  in  »el(^em  benn  aui^  ^agen  auei 
beei  bergerufenen  J^ergen  örjä^Iung  feinen 
Jugenbgefpielcn  5ffialtf)ari  mit  ^ilbegunb 
erfcnnt.  5Da  erfaßt  ^abfud)t  ta^  ^eij 
be^  5'^""f''ttfü'^flfn  /  cö  lec^jt  nad)  ben 
@oIbfd)reinen,  bie  JBalt^ari  mit  fi^  füf)rt 
unb  in  benen,  nac^  beö  Äönigö  SD?einung 
tai  ®elb  fei,  baö  fein  9?ater  aU  Qim 
nocfe  Ungarn  geliefert.  %xo^  ^agenö  Qlb- 
raten  reitet  ber  t)abgierige  Äönig  mit  jtt)clf 
augerlefenen  SReden ,  unter  benen  aud) 
^agen  fi^  befinbet,  auö  jur  SBerfoIgung 
bee  5lquitanierö,  ber  unterbeffen  lanbein« 
märt^  reitenb  in  ben  2Bafid)enn.ialb  gelangt 
unb  Qlbenb^  in  einen  Sngpaf,  beim  foge« 
nannten  ä5?aögenPein  naä)  inerjigtägigem 
JKeiten  eine  »o^Iüerbiente  9?ad)trut)e  ge- 
nießen mttl,  mät)rcnb  feine  fc^arfäugigc 
©efä^rtin  J^ilbegunb  bie  üßac^e  Ijält.  ?Jur 
ju  balb  t)at  ®untf)er  SQBaltl)ariö  ©pur 
entbedt,  nur  ju  balb  fd)rcdt  ber  SHuf 
liilbegunbä,  ia^  »^einbe  naf)cn ,  2ßalt[)ari 
au6  bem  fü§en  ©c^Iummer  auf.  2)er  .^elb 
erfennt  in  ben  ©egnern  bie  jjranfen,  ruftet 
ftd)  jum  ©efec^t,  tröfiet  bie  entfette  ^ilbe^ 
gunb  unb  flet)t  ®ott  um  einen  günfligen 
SliK^gang  be^  .^ampfeö  an.  D^i^t  lange 
lüfit  ber  5fi"b  auf  ftd)  warten.  SfJocbmalei 
jwar  miü  ^agen  ben  Äönig  beftimmen 
Don  einem  Eingriff  auf  Jöaltbori  abjufetjen. 
Sein  53itten  nü^t  nid)te:.     Sielmeljr  fenbtt 


®untf)er  ben  SamcIoPonüJlc^  SBalt^ari 
entgegen  mit  bem  ^luftrag  com  *}(quitanicr 
bie  ©(greine  ®olbc^,  t)a^  *Jioß  unb  bie 
9)?aib  ju  »erlangen.  (Samelo  tf)ut  nad) 
feineä  |»errn  iöefeljl,  wirb  aber  non  2ßal« 
ti)axi  äurüdgefc^idt  mit  bem  93efc^etb,  ba^ 
er  bem  Äönig  i)unbert  Spangen  alö  SBeg* 
gelb  geben  «oüc.  Sffiieber  crljebt  ber  er« 
fabrene  J^agen  feine  warnenbe  Stimme, 
mitb  aber  »om  Äönig  mit  ^öbnenben 
Sffiorten  ber  i^fiä^'^^t  gejieben,  fo  ha^  ber 
alfo  ®efd)mäbtc  fc^weigt  unb  fon  ^erne 
bem  beoorftebenben  .Kampfe  juäufd)auen 
gebenft.  ©ein  frütieres  SSetlangen  ju 
micbcrl)olen  wirb  Samelo  nodimalä  oon 
®untber  abgefd)idt.  (Sr  get)t  unb  nadbbem 
iffialt{)ari  oergebenö  jwcibunbert  ©pangen 
il)m  anerboten,  entfpinnt  fid)  ber  S^^^i* 
fampf,  welcher  mit  bem  Sobe  ©amcloö 
ein  blutige«  @nbe  nimmt.  ^Huffpringt 
iel3t  ber  »Jieffe  Samelo^,  .^imo,  aud)  ©f  a* 
r  am  unb  gcf)ei§en,  begierig  ben  £ob  feinet 
DI)cim^  ju  räd)en.  iöiit  jwei  Speeren 
unternimmt  er  ben  Eingriff  gegen  2BaI* 
ti)axx.  Dl)M  erfolg  fc^Icubert  er  bie  bei« 
ben  ßanjen  gegen  ben  gelben,  bcffen 
flarfer  $clm  aud)  bie  ©d)wert|ireid)e  bcä 
J^ranfen  UHfd)abIid)  mad)t.  23effer  jielt 
2Baltl)ari,  fein  ©peer  buv(^bol)tt  beö  gein« 
beä  ^alä  unb  entl)auptct  ftnft  ber  3üng* 
Itng  neben  feinem  Dl)cim  in'«  ®ra«. 
2)urcb  ^önig  ©untrer  angefeuert  wiü 
SBerinbarb  fein  ®lüd  uerfui^en,  nur  mit 
$feil  unb  iöogen  ausgerüjtet.  S)ic  Pfeile 
praUen  an  bem  ©d)ilbe  2Baltl)ari^  ab  unb 
wie  2öerinbarb  ben  ©d^wertfampf  auf« 
nehmen  Witt,  trifft  auc^  il)n  ber  tob« 
bringenbe  ©peer  beö  *Jleden  au«  bem 
^unnenlanb.  5llä  iBierter  reitet  Sffefrteb 
auf  rötlid)braunem  ©c^eden  I)eran.  2Begcn 
.filönigämorbeäi  würbe  er  au«  bem  ©ad)fen« 
lanbe  oerbannt  unb  lebt  fo  al«  glüc^tltng 
am  J^ofc  ©untrer«.  Unter  böl)nenben 
iBorten  fd)Ieubert  er  feine  Sanje  gegen  2Öal« 
tt)ari;  fte  i^crmag  nid)t  Sßaltbari«  ©d)tlb 
ju  burd)bringen,  wol)l  aber  burd)bol)rt  ber 
©toß  be«  5lquitanier«  SEfeiriet«  ©d)ilb 
unb  ©ruft.  3um  mütj^amen  ©d)wertfampf 
fteüt  [xä)  ^  a  b  w  a  r  t  aBaltt)ari  entgegen, 
be^  gelben  ©diilb  t)eifd)t  er  mit  I)erau«« 
forbernben  SBorten,  ein  5lobe«flo§  ift  bie 
•iJlntwort,  weld)c  2ßaltl)ari  auf  eine  fold)c 
3umutung  tiin  giebt.  ÜJoc^  ein  Jüngling 
an  Jahren  wiü  je^t  *]3atafrib,  be«  ^agcn 
©cbwefierfobn ,  feine  Äriifte  mit  bem  Un« 
beftegbarcn  meffen.  ©r  bort  nic^t  auf  bie 
wohlgemeinten  2Barnungen  feine«  Dl)eim«, 
ber  im  3nn«tn  bie  fc^nöbe  Habgier  feinet 
47 


734 


2[ßQltt)ariIicb. 


^enn  üerfluc^t,  bic  ic|t  fd)on  ba§  ßcbcn 
fo  fielet  (Sblcr  öernidbtet.  5tuc^  2BaIt^ati 
plt  ca  unter  feiner  SBürbe  mit  bem  un« 
erfahrenen  Jüngling  ju  preiten,  boc^  fiolje 
SCßorte  i)at  biefer  nur  für  bcö  .^»elben  yiad)' 
fid^t.  93alb  aber  f)auct)t  aucf)  fßatafrib 
fein  jungeö  ßeben  auä.  3^n  ä"  räd^en 
jjürmt  ©raf  ®ertt)ig  feeran.  9^i(^tö  nü^t 
t^n  feine  boppelfd)neibige  ©treitayt,  neben 
bcn  anbern  finft  auc^i  er  totwunb  nieber. 
3)a  fa^t  (Sntfe^en  bie  ^ranfen  t>or  bcr 
Äraft  beß  ^urditbaren  unb  eä  bebarf  fä)elten« 
bcr  2öorte  bes  Äönigö,  bis  lieber  einer 
bcr  gelben  ben  iicrbängnivöoQen  Äampf 
tt3ac3en  reiß  mit  SBaltbari.  5Diefer  ^at 
untcrbeffen  bie  *J3aufe  im  blutigen  ©piele 
benu^t  um  ben  ^elm  abjune^men  unb 
fein  t)ei§eö  ^aupt  ju  füblen.  dloä)  ^at 
er  ni(J)t  bie  fcbü^enbc  ^üüe  tt)ieber  auf= 
gefegt,  aU  fampfeägierig  JR  a  n  b  o  I  f 
ßeranfiürmt.  SBo^l  gelingt  eö  i^m  mit 
Ic^roerer  Sifenftange  2ßaltt)ari«  33rufi  ju 
treffen  unb  feine  fd^arfe  Älinge  fdjeert 
bem  Saar£)äuptigen  jmci  SocEen  ai ,  aber 
aud^  auö  biefem  (Ringen  gebt  2Battf)er 
ale  ©ieger  bcroor.  Um  bem  Unbeäming» 
baren  ben  ®cf)ilb  ju  entreißen,  fd)Ieppt 
^err  ^elmnob  einen  S)reijacf  an  einem 
©eil  ba^er.  liefen  wiU  er  in  SBaltljariä 
©(i^ilb  cin^acfen  unb  ben  J^elben  fo  feiner 
®cbu^wet)r  berauben.  2)er  I)reijacf  pacft 
aud^  wirtlid^  ben  ©d^ilb,  aber  fiärfcr  al^ 
bie  grauten,  bie  an  bem  ©eile  jietien,  ifi 
Sßalt^ari.  Unerfd^üttert  ftebt  er  ha.  plö^« 
lid^  aber  lä^t  er  ben  ©d)ilb  loe  unb  mirft 
mit  lei^ter  SRübc  bie  brei  geinbe  ^elmnob, 
Sttoguä  üon  ©tra^burg  unb  Sannafi 
»on©peierüberben  Raufen,  ©o  bleiben 
»on  ber  floljen  ©d)ar  nur  nod[)  ©untrer 
unb  ^a gen  übrig.  Aalt  bleibt  ^agen  bei 
ben  inbrünftigen  söitten  feineö  ^erin  aud) 
teiljunel)men  am  ilampfe,  eingeben!  ber 
frühem  btttcrn  2Borte  beö  Äönigö,  bic 
i|n  unb  feine  *Jll)nen  bcr  geigt)eit  befdjuU 
bigt.  (Srfi  alö  ©untrer  auf  ben  .^nien 
t>or  il)m  liegt  unb  er  ftel)t,  hoi^  bic  (St)re 
ber  granfen  auf  bem  ©piele  jlel)t,  entfcf)lie§t 
ftd^  ^agen  enblicf)  im  ß^i^ifampf  feinem 
greunbc  cntgegcnjutreten.  I)od)  nic^jt  im 
6ngpa§  miü  er  ben  ®e»»altigcn  angreifen, 
ft)o  auc^  bem  Sapferfien  ein  fid)ercr  Job 
entgegcngrinst,  nein,  er  roill  i^altber  in 
"UM  freie  gelb  jief)en  laffen  unb  bort  ben 
SBaffcntanj  beginnen.  Um  aber  2Baltf)ari 
fid^cr  ju  mad)en  unb  fo  feinen  2tbjug  ju 
Deranlaffen,  jiel)en  ftc^  bie  beiben  granfen 
jurücf.  fRod)  i^rc  legten  ©tral)len  mirft 
bic  ©onne  auf  bic  blutige  SBo^lftatt,  bann 


ma^t  jte  ber  Sommerung  ^la^,  bic  cnb* 
lidt)  bem  fampfmüben  SBalt^ari  bie  ttjo^l* 
fcrbicntc,  langerfebntc  (Ru^e  gemattet.  ÜRit 
S)ornen  unb  ©traud^wcrf  bilbct  er  an 
bem  (Singang  ber  ©dt)ludf)t  ein  Söcr^au 
unb  fällt  bann  banfcrfüüt  nicbcr  »or  ©ott 
it)n  bafür  preifenb,  iOi^  er  ibm  fo  glor» 
rcid)  beigefianben  in  beö  Äampfeä  S^Jöten, 
it)n  aber  jugleid^  aud^  bittenb  Srbarmen 
JU  üben  an  ben  Srfd^lagenen  unb  ftc  aufs 
äunel)men  in  feinen  |>immcl.  S)ann  j^ärft 
fxd)  ber  ^elb  an  ©peife  unb  Sranf  unb 
legt  ft(^  nieber  auf  feinen  treuen  ©d^ilb 
i^um  ©dE)lafe,  ftc^  aud)  |e|t  lüicber  ber 
fflad)famfcit  ^ilbegunbenö  anüertrauenb. 
©cgen  SOJorgen  ergebt  er  ft(^  auä  bem 
©d)lummer,  fd^aut  nad^  bcn  gefangenen 
iRoffen  unb  nimmt  al^  i?riegöbeutc  ben 
Seftegten  ^anjer,  ©pangen,  ©d)mcrt  unb 
iBel)rgebenE  ab.  2)ann  rüjien  fi(^  er  unb 
^ilbcgunbc  jur  2Bcitcrrcifc,  bic  mit  ber 
5öeute  belabenen  SRoffe  treibt  er  cor  fid^ 
l)cr,  alö  plö^lid^  »on  einer  *Jtnl)öl)e  ®un« 
tl)er  unb  .^»agen  tjciabfprcngcn  jum  blutigen 
®ntfd)eibungeiEampf.  Sie  t)öl)nenbc  *iln* 
rebc  ©untl^er^  nic^t  bead^tenb  fud^t  2ßal* 
tt)ari  nur  feinen  alten  greunb  ^agen  Dom 
3»cifampf  abju^alten,  inbem  er  il)m  mit 
marmen  jßorten  bic  Sage  il)rer  Jugenb« 
jeit  in  baä  ®cbäd)tniö  jurüdEruft ,  wo  ftc 
wie  Srübcr  einträd)tiglid)  fid^  bcö  ßebenä 
gefreut.  2)od)  finjter  f^lägt  ^agen  bie 
bargereidt)tc  grcunbfc^aftöl)anb  auö;  feinen 
Dteffen  i^atafrib,  weld)cr  unter  2ßaltl)ariö 
Streidjen  fein  Seben  auätiaud^te,  roill  er 
rächen  unb  fo  fpringen  alle  brei  fampf« 
gierig  r>on  il)ren  ?Pferben.  2)ur(^  feinen 
guten  ©c^ilb  wirb  2ßaltl)ari  cor  ben 
©peerroürfen  |)agen^  unb  ®untl)crä  ge= 
fd)ü^t,  fo  tia'^  bicfe  ju  bcn  fd^arfcn  ©c^»er= 
lern  greifen  muffen.  2)cm  Äönigc  gelingt 
ii  nid)t  feine  üor  2Baltl)ari  liegenbe  2anjc 
JU  crljafd^cn.  Unnü^  fd)lcubett  audt)  JßaU 
tt)ari  feinen  ©pecr  gegen  |)agen,  fo  'da^ 
aud^  er  jc^t  auf  'ixxi  ©df)rocrt  angcroiefen 
ifi,  mit  Weld^cm  er  burd^  einen  furcht* 
baren  ©c^Iag  bem  .König  ©untrer  iai 
eine  Sein  vom  Oiumpfe  trennt;  it)m  ben 
lobcöptcid)  jU  geben  gelingt  nic^t ,  'ixu 
^agen  bem  $icbe  fid)  entgegenroirft,  fo 
'hfx'^  an  feinem  eifcnljarten  ^clmc  SBal* 
tl)ariä  todiroert  roic  ©laö  jerfplittert. 
2öaltt)ari  roiH  bcn  (todjrocrtgriff  oerädjtlic^ 
roegroerfen,  'ixx  giebt  er  feiner  SRed^ten  eine 
i8lö§c  unb  mit  roo^lgcjieltcm  ©daläge 
t)aut  ftc  il)m  ^agen  ab.  ^oi)  ifi  SSaU 
tl;ari  nid)t  verloren,  mit  feiner  Sinfen  er« 
faft   er  txx^   frumme  ^unnenfd^roert   unb 


2öaUt)anUcb. 


735 


fc^tägt  bem  ^agcn  inö  ©cfic^t,  ta%  ein 
eilige  unb  fe^^  iöacfen^ätjne  ber  grimme 
^ämpc  laffen  mu§.  Jeht  l;at  hai  "iRingen 
ein  6nbe.  SScrfö&nt  fejsen  ftd)  bic  beiben 
gelben  auf  ben  SBiefengrunb.  .^^^^^fflU"^ 
fommt  hierbei,  üerbinbct  bie  flaffcnben 
ÜBunben  unb  fre^enJt  ben  !i*cd);;enben  ben 
Sabetrunf.  DJJit  ©cberj  unb  D^cdereien  über 
bie  a^genfeitigen  Serpümmclungen  ttJivb 
ber  üßcin  geioürjt,  bann  gebt  jcbcr  feiner 
Sßege 

yjiit  ^reuben  ttiirb  2BaItt)ari  in  Qlqui* 
tanien  empfangen  unb  an  bev  ©cite  feiner 
treuen  f)ilbeguiib  betierrfciit  er  nac^  feinee 
*Batcrä  Job  nod)  brei§ig  3al)ve  lang  iai 
23olf  Don  "Mquitanien  ju  beffen  @egcn  unb 
SRut)m. 

2)er  aSerfaffer  be^  SBalt^ariliebcö  ifl 
ber  ®t.  (Saaif^e  ÜJJönci)  Sfte^art,  ber 
burd^  ben  Seinamen  ber  I.  unterfd)icben 
Tüirb  Don  feinen  beiben  ^Reffen  ®ffet)art 
bem  II.  unb  III.  unb  Sffebart  bem  IV., 
öon  benen  ber  erfierc  eö  war,  ber  wegen 
feiner  funfelnben  QUuien  unb  feiner  ^err= 
liefen  ©efialt  oon  ber  |)erjogin  ^abinig 
jum  ßatcinlet)rcr  auögemäblt  würbe  unb 
yOü  aU  2)omprobfi  511  OJfainj  ftarb,  tt»äb' 
tenb  fon  ©ttebart  bem  III.  man  nur  weiB, 
ia'^  er  feinen  iJJeffcn  (Sffebart  ben  n.  aud) 
einmal  auf  ben  ^obentmiel  begleitete  unb 
««  in  <St.  @aüen  bie  jur  äßürbc  beö 
S)eEanä  gebracht,  Sffe£)art  ber  IV.  (c.  980 
biö  c.  1060)  aber  befonberä  befannt  ift  al^ 
Serfaffer  uerfd)iebener  latetnifcf)er  ®ebid)te 
unb  aU  i^ortfe^er  ber  pon  JRatpert  biß 
jum  ^a\)Xt  883  gefüt)rten  Casus  Sancti 
Galli,  bic  er  felber  mit  bem  ^ai)xt  975 
abfcfeltefet. 

9Ui^  ber  ®egcnb  Bon  ®o§au  ober 
J^eriöau ,  naä)  anbern  üon  Sonsunil  tvax 
effet)art  I.  na^  £t.  ©aCIen  in  bie  Älofier* 
mauern  eingesogen.  Sr  brachte  e«  ^u 
l)ol)en  SBürben,  inbem  er  bie  ^Steüe  eine« 
2)efanö  befleibete  unb  nacb  5lbt  ßraloijö 
Job  958  interimifiifd)  fetbfi  al«  *}lmtö< 
üerroefer  bic  ®ef($äfte  beö  Äloftcrö  leitete, 
bann  aber  auf  bie  2öürbc  eineö  5lbte« 
nerjicötete  ju  ©unfien  ^urd)arb6,  bc« 
<Bo\)mi  beä  ©rafen  Ulrid)  r>on  !8u(i)born. 
iBom  gauiicn  Älojler  tief  betrauert  ftarb 
ber  trefflidbe  Ttann  ben  14.  Januar  973. 
5Daö  @cbid)t  ift  eine  Jugenbarbeit,  benn 
al^  Älojtcrfi^üler  ücrfa^tc  e^  ©ffebart  im 
3luf trage  feine«  ßc^rerö  ©cralbuö.  3)ic 
öntftebung  hti  ©ebicbteö  fdüt  in  bic  3cit 
üon  920—940.  2)ie  unö  üorliegenben 
Scrfc  ftnb  otlcrbing«  nid)t  bie  urfprüng- 
li(^cn,  ttjclc^e  (ätfetjart  ber  I.  »crfafite.   ©ie 


fxnb  t>ielmei)t  burd)  bie  bcffernbe  |)anb  tci 
©cralbuö  gegangen  unb  haben  fpätcr  nod)= 
malö  in  dtte^art  bem  IV.,  bem  oben  er^ 
rt)iihntcn  gemanbten  ßatcincr,  einen  forg- 
fältigen  itorreftor  gefunbcn.  2Öie  t)0'i) 
fd)on  bie  S^'^Sfioffen  Sffet)art^  taii  ©c* 
bid)t  JU  fc^ä^en  mußten,  jcigt  ber  Um« 
fianb,  ha^  eö  mit  einer  SBibmung  uerfel)cn 
üon  ©cralb  bem  '■üifd)of  (Srd)enbalb  oon 
Strasburg  jugefanbt  würbe  unb  burc^ 
Sffebart  beö  IV.  Söcrmittlung  aud)  an  bem 
^ofe  be?  ®räbifd)of^i  ^Hribo  oon  DJiainj 
]\ci)  5lnfeE)cn  ju  vcrfcfcaffen  wu^te. 

UnfercmIatcinifchen2BaItt)ariliebebiente 
offenbar  atö  iBorlage  ein  altbod)beutfd)cö 
^elbentieb ,  baö  bic  2ßaltt)arifagc  bet)an= 
beltc,  unö  aber  leiber  verloren  gegangen  ifi. 
i>\i  9Baltl)arifagc  gebort  bem  ©agcn- 
frcife  ber  D^ibelungen  an,  ben  man  au(^ 
ben  t)ii""if*=^urgunbifd)cn  nennen  Eann, 
weil  eincrfeitö  (S^el  ber  mäd)tig?  |)unnenj 
fürft,  anbercvfcitö  bic  Surgunber  bie  Irägcr 
ber  ^anbtung  in  bicfcn  Sagen  ftnb. 

?Raä:)  äöadernaget  entbiilt  bic  SBal* 
tbarifagc  Wal)rfd)einlicf)  eine  93eimif<iung 
auö  ber  ©ötterfagc,  ober  wurzelt  ineüci^t 
ganj  in  le^tercr:  in  bem  ®ntfd)eibungö« 
fampfe  wirb  SÖoItbari  cinbänbig  wie  Zt)X 
unb  ^agcn  cinäuiiig  wie  ^öbbr  blinb  ift; 
.5)ilbcgunb  aber  vereinigt  in  ftd)  bic  Dramen 
^wcicr  53alf9rien  ^ilbr  unb  ®unnr. 

35ie  aSaltbarifagc  liegt  unä  in  brei  ©e^ 
flauen  nor  (»DJüÜenboff,  Sfitf^i^ift  für 
beutfd)Cö  *illtertl)um  XII.,  273): 

1.  in  einer  allcmannifc^  cn,  2.  in 
einer  frdn Eiferen,  unb  3.  in  einer  poU 
nif  (^cn. 

S>ic  at(cmannif(^c  ©cftalt  ber  ©agc  tritt 
unö  in  bem  Waltharius  manufortis  beä 
(SfEeI;art  entgegen ,  ferner  in  ben  Qlnfpic^ 
lungen  auf  bic  Slüaltbarifage  in  bem 
Diibelungenlicb  unb  im  'öitcrolf  unb  enblic^ 
nod)  in  bem  angelfadiflfc^en  ©ebid^t 
Valdere,  ta^  aui  'bem  9.  3al)rbunbert 
ftammenb  bie  iiltcfie  unö  crbaltenc  llluf« 
jeid)nung  ber  Sage  ift  unb  unö  in  jwct 
Fragmenten  erja^lt,  Xücii  in  ben  *13aufcn, 
weldK  jwifd)cn  t>itx  brei  'Jibafcn  bc^  Äam» 
pfcä  am  2öaögenftein  liegen,  gefd)eben  ift, 
inbem  in  ber  erftcn  ^ilbegunb  (ags.  Hild- 
gut)  ]>m  iöalberc  ju  mut^iger  ©egenwebr 
anfeuert,  in  bem  äweitcn  Siubepunfte  beö 
®cfed)teö  aber  halbere  unb  @untt)er  (ags. 
Guthere)  mit  einanbcr  rcbcn,  na^bcm 
iklberc  einen  *Mngriff  ^agcn«  (ags.  Hagena) 
glüdlid)  abgefd)lagen.  3n  ben  eben  an* 
geführten  ''ilufscic^nungcn  Eampft  Söaltbari 
am  SBa^gcnficin  gegen  bie  granfcn,  gtgm 
47* 


736 


Sßaltßariltcb. 


Äönig   @untt)cr   t>on   SBorm^    unb    feine 
jwölf  «Ritter. 

3n  bcr  fränfifc&en  gaffung  liegt 
uns  bie  SZBaltbarifagc  in  bet  Thidrekssaga 
t>or,  ft)o  ber  ^clb  alö  Valtari  af  Vaska- 
steini ,  beffen  iBater  niAt  genannt  trirb, 
unb  aU  <Scbtt)e|lerfobn  Srmcnrid)?  erfd)cinl. 
2)cr  Ootenfönig  ßtmenrid)  bat  mit  *3lttila 
ein  93ünbniö  gefd)Ioffen ,  @cifel  gefenbet 
unb  empfangen.  9Bei  biefen  ®elei(enf)eit 
fommt  58aUari  aU  metjäbrige^  Äinb  ju 
5lttila  unb  meilt  fteben  Sa^re  bei  if)m. 
5nfo  felbfi  nod)  ein  Änabe,  ferabtebet 
er  njcibrenb  eineö  ©elagee  mit  ber  üeben= 
jährigen  ^ilbegunb,  Jod)ter  hii  S^urs  fon 
©rieienlanb,  bie  glucbt.  «Sie  nimmt  riet 
®olb  au^  ber  <£dia|fammer  mit.  3^ölf 
JRitter  muffen  ben  beiben  nacbfe^en,  ba= 
runter  aud)  ^ögni  (.^agen)  ^llbrianä  Sobn  ; 
büB  er  greunb  unb  ©efeCIe  2?altariß  ge= 
tt>cfcn,  bat>on  boren  ttiir  nid)tö.  3?altavi 
tobtet  aüe  non  feinen  iPerfoIgern,  nur  ber 
einjige  J^ögni  entfommt  in  ben  iZöalb. 
25er  üßaegenftein  ifi  ganj  üergeffen,  ob= 
gleicf)  ber  |>elb  baüon  ben  Flamen  trägt 
Saltari  jünbet  ein  gcuer  an  unb  brät  ben 
SRücfen  eines  »üben  (Jberö,  aber  roäbrenb 
er  unb  |)ilbegunb  banon  genießen,  über» 
fätit  fie  ^ögni.  ÜDoct)  iBaltari  fcfcleubert 
ben  abgcgcffenen  Änodien  fo  gehtaltig 
gegen  ibn,  ha^  er  niebetfällt,  ein  ^luge 
»crliert  unb  fi<^  nur  aufrafft  um  ^u  Rieben. 
Saltari  langt  glücfli^  bei  ©rmenricf)  an 
(SRacb  ffiilt).  ®rimm.  ©iebeutfdbe  ^elben^ 
fage  pag.  91).  ©iefer  Srjäl)Iurg  ber 
JbibreEöfage  liegt  ein  nieberbeutfcfieö  ober 
fränfifcbeö  ©ebic^t  ju  ©runbe,  rooraue 
ficf)  auc^  etflärt,  ha's  an  Steüe  ber  oon 
ÜBaltbari  bcfiegten  ^ranfen  bie  §(unnen 
treten,  tteil  fein  55olt  ober  Stamm  gern 
t>on  feinen  eigenen  9Jieberlagen  ftngt. 
25iefer  fränfifdien  Qluffaffung  f^Iie§t  fic^ 
au^  baö  Fragment  eineä  öüerreic^ifd)en 
©ebicbteö  über  ffialt^ari  aue  ber  beflen 
3eit  ber  mittel^oAbeutfdben  (Spoö  an  unb 
bicfe^  bilbet  tt)abrfcbeinli($  ftieber  bie 
SüueHc  äu  ber  ebenfalls  öperreid)ifcben 
^it^tung:  „Von  einen  tibelen  wibe", 
worin  ein  üon  feinem  2Beibe  mi^^anbelter 
'Ulann  meint,  SÖattber  unb  ^ilbegunb 
bätten  fic^  beffer  vertragen.  5Juf  bie  Seite 
ber  ^unnen  cnbli^  fteüt  ficft  ber  ??oIe 
33ogupl)aIu^  (f  1253)  ber  in  feinem 
Chronicon  Poloniae  bie  2öaltf)arifagc 
folgenberma^en  crjä^It:  aBalgerjö  ber 
Starfe  (robustus)  beffen  Scblog  Jijniej 
bei  Ärafou  lag,  entführte  bie  Socbter  eineö 
fränfifc^en     Äönige    Dramen«    ^elgunba. 


Sie  war  anfangs  bem  <Soi)ne  eineö  aüe* 
mannifcben  ,^önig«,  ber  an  bem  ^ofe  i^re« 
SSaterä  lebte,  geneigt,  bod)  üöalgerjö  ge^ 
mann  burd)  näd)tlic^en  @efang  ii)re  Siebe. 
Jicr  Äönigöfobn,  über  biefe  ^tntanfc^ung 
aufgebrad)t,  eilt  f)eim,  nimmt  aüe  iRbein« 
jöüe  in  33efi^  unb  bef[e£)lt,  ba§  niemanb 
mit  einer  Jungfrau  übergefe^t  werbe,  ber 
nid)t  eine  SItarE  ©olbeä  erlegt  l)<xbt.  Wah 
gerjä  auf  ber  gf"«^'  "lit  ^elgunba  fügt 
iid)  bem  ®efe^,  bod)  at«  bcr  ^jäbrmann 
it)n  biö  jur  5lnEunft  feine«  ^errn  auf^u^ 
bellten  fu(^t,  nimmt  er  bie  3ungfrau  f)intcr 
ftc^  auf'ö  9flo§  unb  fe^t  über.  S)er 
Äönigöfobn  ruft  i^m  je^t  ju,  er  möge  mit 
ibm  um  ^elgunba,  ffiafjen  unb  JRüfiung 
fämpfen.  SBalgerjö  ermibert,  er  babe  bie 
2}JarE  ®oIbeö  gelegt  unb  bie  pungfrau 
nidit  geraubt,  ba  fte  ibm  freiwiüig  gefolgt 
fei.  2!od)  fommt  eß  jum  Äampf  unb  ber 
••jmemanne,  ber  bie  ^clgunba  babei  anfebcn 
unb  ftd)  burd)  ben  "*ltnblid  ermut^igcn 
fann,  bringt  ben  SBalgerjä  jum  2öeid)en, 
bis  aud)  biefer  jurüdfcbreitenb  feine  ®e« 
liebte  crfd)aut  unb  mit  frifd)er  Äraft  auf 
feinen  ®egner  einbringt.  ®r  tobtet  ibn, 
nimmt  qSferb  unb  afüfiung  unb  fübrt 
^elgunba  na*  ber  58urg  3;t)nic^  fjeim 
{dU<i)  2Bilf).  ®rimm  ©eutfdbe  ^elbenfagc 
pag.  158). 

2)iefe  nerf^iebcnen  Bearbeitungen  ber 
ÜBalt^arifage,  fowie  bie  mannigfadien  ^n-- 
fpielungen ,  roeId)e  auf  bie  ib^it^n  be^ 
gelben  pon  *}lquitanien  im  9^ibetungenlie_be, 
im  Siierotf  unb  im  iRofcngarten  ftd)  fin= 
ben,  fuib  ein  33ett)ei«  für  bie  'JJopuIarität, 
beren  fid)  biefe  Sage  im  beutfd)cn  *JlIter« 
tbum  unb  SDiittelalter  erfreute  unb  es  ifl 
barum  aud)  fein  fo  gro^eö  SDBunber,  wenn 
fic  fogar  ©ingang  fanb  in  bie  ftiüen 
Äloftermauern  Pon"6t.  ®aüen  unb  felbji 
in  ber  ®d)ute  ben  jungen  5[)]önd)en  aU 
Sbema  ju  metrifdjer  33ef)anblung  bingefteüt 
mürbe.  5lUerbingg  fiebt  bcr  raupen,  ^cib- 
nii'd)en  Sage  ta^  elegante  SWobefleib 
ber  latcinifd)en  bem  23crgil  nad)gcal^mten 
^eyamcter  etwas  eigentümlid)  unb  wenn 
aud)  im  ®ro§en  unb  ®anjen  ber  2>id)ter 
fo  für  ben  Stoff  begeijiert  oerga§,  ^a^  er 
bem  .Rtofter  angehörte ,  fo  jcigt  bod)  ber 
(^rifilidje  girniö,  bcr  über  iai  fräftige 
germanifcfec  ®emälbe  geftridben  iji,  we^ 
®eijtesÄinb  berSerfaffcr  war.  Gbriflcntum 
unb  ^eibentum  ftnb  eigentümlid)  gemifcfet 
in   bem  porliegenben  ®cbic6t. 

3um  erften  2RaIe  in  beutfcbcr  ^Joefte 
tritt  unö  im  SBaltbariliebc  bie  iBaffaüens 
treue   entgegen.     Sie    Iä§t    bie    Äricget 


SJBappcu. 


737 


@unti>txi  falten  SSIutcä  bcm  SoDe  in'« 
«Mntli^  fd)auen,  ftc  übertönt  im  |)erjen 
^agcnö  bie  Stimme  ber  grcunbfc^aft ,  fo 
ta^  er  [einem  unttiürbigen  Äönig  ju  Siebe 
bie  SWorörtJaffcn  fdjwingt  gegen  ben  greunb 
feiner  Sugc»^- 

Über  bie  Öittcratur  beä  2BaItf)arilicbeä 
»gt.  bie  iffialtljariuöauögabe  »on  ©(i)cffet 
unb  ^otber  pag.  174. 

^ap^tn,  tai  gleidjc  Söort  mit  2Ö äffen, 
mt)b.  wäfen,  tnoju  wäpen  aU  nieber= 
beutfd^c  33it^ung  gehört;  unb  i'max  beibe 
formen  wäfen  unb  wäpen  in  beiber« 
Ici  SBebeutung  tenüanbt.  2)er  Urfprung 
ber  äßappen  liegt  otjne  3>^^iffl  '"  ^cm 
■Umjtanbc,  ta^  bie  gallifdt)en  unb  ge'rma= 
nifc^en  iBölfcr  in  ber  Urjeit  buntbemalte 
®d)ilbe  trugen  unb  bie  ^elme  mit  licr« 
figuren  auöfd)mü(f ten ;  lacituö  Oerm.  6. 
35ie[c  ®ett)ot)nbeit  mu§te  baju  füt)rcn, 
bie  ^elmfigur  unb  namentlid)  bcn  bemalten 
©c^ilb  ale  Unter[(^eibungö5eid)en  ber  ^er^ 
fon  äu  benu^en.  2)ic  ältefien  fid)ern 
3eugniffe  für  baö  SSor^anbenfcin  wirf« 
licE)er  2Bappen  finb  ben  Siegeln  ber  Könige 
unb  beö  i)o\)tn  *}lbelö  auö  bcm  11.  unb  12. 
3a^r^unbert  i^u  entnel;men.  @ie  äeigen  ben 
Snöaber  entroeber  im  Ornate,  mit  ber 
Äronc  auf  bcm  Raupte,  auf  bem  5E^rone 
ft^enb,  ober,  bei  bem  l)ot)cn  'Jlbcl  unb  ju= 
tt)eilen  aucfe  bei  ben  Königen,  in  DoOer 
Üiüftung  mit  33anner  unb  ®d)ilb  auf  bem 
*Pferbe  cinf)crfprengcnb.  3)ic  SBappcnbil» 
ber  finben  [xd)  nun  l;ier  entweber  auf 
®c{)ilb,  |)elm  unb  Sanner  ber  iReiterge^alt, 
ober  für  fic^  fclbftdnbig  auf  heinen 
Siegeln,  bie  aU  f.  g.  ©egenftegel  auf  ber 
JRüctfcitc  ber  großen  2öad)efiegel  abgebrüdt 
hJurben  unb  im  SScrlaufe,  nac^bcm  fie 
lange  3fit  neben  ben  großen  «Siegeln  vor^ 
gefommen,  biefe  le^tern  föüig  iicrbriingcn. 
3)aö  ältere  befanntc  SBappenfiegel  l)ängt 
an  einer  Urfunbe  beö  ®rafen  SRobert  I. 
toon  ^lanbcrn  »om  3al)r  1072  unb  jcigt 
auf  bem  Sd)ilbe  bereit«  ben  f(anbrifd)en 
ßöttien.  3i>l}lveid)crmerbcnbie2ßappenbilber 
erfi  feit  ber  iWitte  be«  12.  3a^rl)unbert,  ja 
bie  meifien  ®cfd)led)ter  be«  l)ol)en  beutfd)cn 
5lbel«  fönnen  i^re  2Bappenbilber  nid)t  t>or 
ber  erPen  ^iilfte  be«  13.  3a^rl)unbert  nac^ 
hjeifen.  Sogar  bie  SReid^onsappen  fiyteren 
ftc^  ni^t  in  friil)ercr  3«it.  2)ic  franjöftfc^cn 
ßilien,  frül)er  auc^  anber«  mo  t)äufig  oor« 
fommenbe«  Symbol  beö  »om  Äöntg  ge= 
rta^rten  gi^if^fnö/  ^i£  cnglifd)cn  brei  8eo= 
parben,  ber  aufgerid)tcte  fd)ottifd)c  ßöwc  in 
boppclter  8iUenreit)e  erfdieinen  ali  fefl« 
jic^cnbe  IReidjöwappen  erjl  in  ber  ^weiten 


^äftc  be«  12.  3at)rf)unbert.  5Dcr  beutfcfie 
iReid)«abter  jeigt  [\i)  alä  ftänbige«  ffiappen 
crft  auf  ben  Siegeln  iRuboIfs  üon  ^abös 
bürg,  ber  SJoppelabler  erft  unter  Sigi«= 
munb.  2)ie  üiclen  Sagen  über  ben  altern 
Urfprung  einjclner  Sßappen  finb  alfo  fcimt^ 
lid)  i^abdn  unb  ein  SBappenfiegel  bee  10. 
3al)rl)unbert  ip  immer  unäi^t. 

S)ie  entflel)ung  bc«  ÜBappeng  iji  alfo 
offenbar  non  ber  Sntflel)ung  unb  9lu«bils 
bung  be«  iRitterttjef cn«  abbiingig.  2)ic 
©tl^ebung  eine«  bcfonbern  SRitterfianbe« 
verlangte  ein  äußere«*  3^'^^"  ^er  iRitter= 
«ürbe,  bie  toerl)ü[lenbe  Sifenrüfiung  ein 
befonbercöÄennjei^enbeäeinjelneniRitterß; 
bie  Staube«'  unb  ^riegere^re  oerlie^  bie» 
fen  3^^<^'"  f)ol)en  2Bcrt  unb  beftimmte  bie 
6rben,  an  bem  einmal  angenommenen 
3cid)en  feftjul)alten,  unb  bie  aufblül)enbe 
Äunjl  beeilte  fid),  ben  rt)iüfommenen  &i' 
genfianb  in  tttürbiger  iZßeife  barjufieüen. 
2)ie  <Jtu«bilbung  ber  SÖappentunbe  als  einer 
93eruf«tt:>iffenfd}aft  burd)  bie^§)erolbc  (fte^e 
biefen  Qlrt.)  fam  erft  nac^  ber  t)öfifd)en  ^nt 
auf;  Won  ben  ^crolben  aber  flammen  bie 
im  14.  3iif)tl)iinbert  fipftematifc^  entmidel« 
ten  unb  fd)riftlic^  aufge^eii^neten  iRegeln 
ber  SBnppenfunfl,  ^ er olb« fünft  ober 
^eralbif  ber.  ©er  franjöftf^e  Qluäbrud 
l'art  du  blasen  wirb  »on  bem  beutfd)en 
blasen  abgeleitet,  bem  ^ornrufc,  womit 
ber  SRitter  an  ben  Surnierfd^ranfen  bcn 
^erolb  ju  rufen  t)atte.  S)a«  gebraud^te 
|»orn  foü  bann  auf  bem  ^elm  als  3<!i"^en 
ber  gefc^e^enen  3ulaffung  bcfefligt  raorben 
fein. 

'Scflanbteil  be«  SBappcn«  bitbct 
Silb  unb  ^''i^^«  ^f^  bemalten 
Sd)ilbe«  unb  ber  bcn  ^clm  jierenbe 
Sd^mud;  üon  Sc^ilb  unb  |»clm  mürben 
bann  bie  SBappenfiguren  auf  bcn  Sßappcns 
rod,  iai  ipannier,  bie  $ferbebede  über« 
tragen,  fo  ä^ar,  t'a^  aud)  t)ier  meitl  bie 
Sc^ilbform,  oft  mit  ^Beifügung  be«  ^clme«, 
beibel)altcn  ift  unb  tai  ganje  alä  i)lad)* 
bilbung  ber  jur  lurnicrfdjau  aueigefleüten 
ober  ber  com  SRitter  fclber  ju  *13ferbe  ge« 
tragencn  SBaffcnftüde  fid)  barfieüt..  Dicifi 
ftnb  bie  alten  Jßappenabbilbungcn,  mie  in 
ber  SUlanefftfdjen  ^anbfd)rift  ber  SOiinnc= 
fänger,  oon  ber  *3lrt,  t>a^  man  obne  irgenb 
tt)cld)c  SBeränberung  ben  3iitter  felbfl  nur 
binter  bem  Sd)itb  in  bcn  ^elm  eingefügt 
jld)  äu  benfen  braudpt,  um  ba«  oolle  '^roftl* 
bilb  be«  Oiitter«  _äu  baben,  mie  er,  am 
linfcn  5lrmc  ben  to(^ilb  tragenb,  in  funfl» 
gerecbtcr  toteüung  ju  '^fcrbe  fi^t.  Sic 
Siegel  be«  13.  unb  14.  ^a^r^unbert,  welche 


738 


ffiappen. 


ilBappcn  entf)alten,  i)abm  urfprünglidf) 
tläufig  [elbft  ©c^tlbcrfotm ,  baiicben  hjirb 
bie  lunbe  iform,  bie  bcn  Scbilb  bIo§  aU 
innere^  ©icgelbitb  jctgt,  immer  gewöbits 
Ud)er.  3Dabei  pnbet  fi(^  anfangt  @d)ilb 
unb  ^elm  fetten  Bereinigt,  enticeber  blo^ 
(Sc^ilb  ober,  namentli(^  in  fleinen  ^anb= 
fxegeln,  ber  |)etm  mit  ber  ^elmjier.  (Srfi 
[pätere  3^*t  üerbinbet  regelmäfig  ©dbilb 
unb  ^elm.  3m  SBerlauf  ber  3«it  tüutben 
bie  SJBappen  auf  ©iegeln  unb  anbevn 
SDarfieüungen  immer  reifer  au^gefcfimüdt, 
Symbole  ber  Olmtämürbc  ober  5lbelöfiufe 
be^  3"f"i^^i^^.  ^^f  Äronen,  IRü^en,  ^üte. 
Stabe,  auc^  ^elmbecEen  f ommen  baju ;  ferner 
im  16.  unb  17.  3at)r^unbert  bcfonbere 
©(^ilb^alter ,  5Deüifen  aU  Äriegöruf  bce 
©efc^Iedbteä,  enblic^  f.  g.  2öappenjclte 
ober  Söapp  enmänntcl,  bie  oon  bcn 
Siittermäntetn  l)crgenommen  ftnb; 

yiüx  bie  SBappen  ber  ©tcibte, 
Äirc^en  unb  Älöfler  laffen  ftc^  nic^t 
bircft  oon  ber  SRitterrüjlung  ableiten, 
obgleich  ftc  ebenfomenig  aus  ben  altern 
Siegeln  biefer  Korporationen  abgeleitet 
»erben  fönncn.  iffiabrfc^einlid)  UX' 
banfen  ftc  it)ren  Urfprung  ben  *Pannieren, 
unter  benen  bie  5lnget)örigcn  ber  ©tabt, 
be^  93ifc^ofö  ober  5tbte«!  ju  ^elbc  jogen; 
bie  ©c^tlbeäform  ifi  alfo  ^ier  bIo§c  Ulai)- 
a^mung;  bie  SBappenfarbe  fann  nur  t>on 
ber  garbe  be«  *Pannierö  ober  ber  Äleibung 
ber  bemfclben  ju  gu§  folgenbcn  Ärieger 
'^errü^rcn.  *JlUe  2BappenroC(en  cnttialtcn 
©tdbtc*  oon  ©tiftönjappen  rcirflii^  in 
fjorm  unb  ^abnen. 

^crrfcf)aft25  unb  ßdnbcrmappcn 
finb  bur^iüegä  bem  ©efc^lecbtöniappen 
be^  ^etrn  entnommen;  erft  »o  ctma  bie 
$crrfd)aft  wec^feltc  unb  hati  ältere  Sßappen 
für  tai  2anb  blieb,  mürbe  bie  .fseticitung 
nerbunfelt;  benn  gemöf)nli(^  nat)m  nicfct 
tai  ßanb  baö  SBappen  beö  neuen  ^errn, 
fonbern  ber  neue  ^err  baö  SBappen  ber 
neu  crmorbcnen  ^errfd)aft  an. 

Urfprüngtid^  fd^cint  man  bie  Silber  jum 
Jeil  auä  ^eljmcrf  au^gefcbnitten  unb  auf 
ben  ©c^ilb  befefiigt  ju  baben;  baber  bie 
fct)marje  garbe  nocb  im  13.  ^a^rbunbert 
gcmöbnli^  mit  zobel  bejei($net  mirb :  meif; 
ifi  hermin.  2)ie  übli*en  garben  fnib 
(Silber  unb  ®oIb,  bonn  2Bei§, 
®cf)mar5,  [Rot,  Sßlau,  ®rün;  ge»öbn= 
lid)  iji  ha^  gelb  SJetaü  unb  hat,  jßappen» 
bilb  gefärbt,  ober  umgc!cbrt. 

Über  ben  ®runb,  meldber  ein  ®e* 
\ä)Uä)t,  eine  ©tabt  ober  Korporation  öeran» 
la^te,  biefeö  ober  jene«  Sffiappcnbilb  anju« 


nel:)men,  ifi  feiten  ctrt)a«  juüerläffigeö  anju« 
geben  möglid).  5tm  erfennbarjicn  liegt  er  oot 
bei  ben  f.  g.  rebenbcn  Sßappen,  bei  benen 
"•Bilb  unb  kamt:  entfpre^en  foüen,  oft 
jwar  nadö  foüflänbig  erfunbcner  ©ttjmo^ 
logie ,  fo  menn  ^elfenfiein  einen  ©lefant, 
S^affbaufen  ein  ®cbaf  (einen  SZBibber) 
im  SBappen  trägt;  bo^  ftnb  biefe  33ilbct 
oft  erfi  [päter  aboptiert.  9'iid)t  feiten  ijl 
hüi  2ÖLippenfd)ilb  ober  bie  %axbi  j^um 
itnbenfen  an  irgenb  eine  tapfere  Sßaffen« 
ti)at  üerlieben  ober  angenommen  morben. 
Unter  bcn  lierflguren  erfd)etnen  meitau« 
am  Ijäufigjlen  bie  ßörocn  unb  'ilbler, 
Symbole  ber  Kraft  unb  beä  SUiuteö,  bie 
fd)on  im  12.  S^^i^^un^^vt  oorüommen; 
urfprünglic^  ju  ben  üornebmtlen  2Bappen= 
bilbern  beö  ^o^en  Qlbel«  gebörig,  finben  ftc 
ftcb  in  50^9^  ''on  Seriei^iung  ober  ali 
Seieben  ber  *itb^ängigfeit  fi^on  früt)  auc^  in 
SBappen  be«  niebern  *Hbel« ,  ber  SWinifte» 
rialen  unb  ©täbte,  oft  fo,  tafi  tai  abge« 
leitete  il^appen  huxä)  eine  Sßeränberung 
feiner  garbe  ober  %ia,\ix  ober  burd)  einen 
3ufa^  ju  ber  Ie|tern  oon  f  iner  DucKc 
unterfd)ieben  mürbe;  fo  finben  ftd)  bie 
ßömen  ber  fdbmäbifc^en  ^crjogc  nidit  feiten 
in  ben  ®d)ilben  ti^  fcbmäbifd)en  'Jlbcl«, 
bie  fiömen  ber  ®rafen  t>on  Kiburg  in  ben 
Sffiappcn  ber  ©täbte  fflintertbur,  S)iefen^ 
bofenunb^lnbelfingen-  5lnberealteiffiQppen* 
jei^cn  ftnb  ber  öeoparb,  bie  Särens 
ta|e,  bie  milbe  ÜJJeerf  a^  e,  ber  2Ö  olf, 
ber  @bet,  ber  ^irf(^,  ber  ©teinbocE, 
ber  aSibbcr,  ber  ©reif,  ber  Sßin^s 
^unb,  ber  ©trau^,  ber  Papagei, 
gifc^c,  t>ai  ©cbiff.  %u<i)  3eidben 
iitk  in  ber  J5i"iilie  erb  liefen  *Jlmte« 
ober  ©ienfieö  fönnen  bie  Söappen  fein; 
fo  fübren  mancbe  2rucbfeffen=®cfd)lecbtcr 
einen  Keffel  ober  eine  ©ciüffel,  mancE)c 
©c^enfen  einen  Sec^er  im  ©d)ilbc;  ^äu* 
figcr  inbe«  beutet  nur  ba6  ^elmfleinob 
auf  ein  fol(^e«  23ert)ältniö  l)in,  mobci  tai 
fonfitge  ^amilienmappen  ungcftört  bleibt; 
bie  geiftlicben  ^errn,  bie  KurfürPcn  unb 
gürften  f)aben  ^üte  unb  9JJüi3eu  in  be= 
ftimmtct  ^o'^ni'  unb  oon  ibnen  abgeleitet 
mitunter  au(J)  i^rc  SBafaüen;  baneben 
fommen  biefelben  ©tücfe  aU  ©tjmbole  ber 
greibeit,  jumcilen  moljl  aud)  ganj  o^ne 
SBcbeutung  l)äufig  »or,  aU  ^elmjier  ober 
aud)  blo^  al«  Unterlage  einer  fold)en. 
Kronen  finben  ftd)  aU  f.  g.  iRangfronen 
nid)t  blo§  in  ben  SBappcn  beä  i)of)tn 
"ilbcU,  fte  fommen  fcbon  um  1350  in  ben 
©iegeln  be«  niebern  5lbcl«  oor.  2luc^  auf 
bie  !eefd)affen^cit  ber  ^clmc  felbfi  murbc 


SBartburgfriec^. 


739 


hii  gegen  bie  SWitte  15.  3a^rf)wnbert  fein 
bcfonbercä  ®ett>i($t  gelegt;  ber  gert>öf)nli(ä)e 
^elm  in  SBappen  unb  ©iegeln  toax  ber 
einfädle  gefc^loffene ;  feit  (Snbc  beä  15. 
2ai)x\).  galten  bagegcn  gefc^loffcne  ober 
f.  g.  @  te(ä)l)elme  für  3^**^1^  eineö  nic^t 
abeligen,  offene  ober  f.  g.  Surniev^elmc 
aU  S^id^en  eineö  turnierfä^igen  abeligen 
©efdiled^t«. 

2)ie  93ebcutung  bcö  eisten  üßap* 
penä  bePet)t  barin,  ba^  eö  3«*'^^"  f^"^^ 
rittermä§igen,  turnierfäbigen  unb  feit  ^luö^ 
bilbung  bc^  niebern  5lbele!  abeligen  @t' 
](i)Ud)ti  ifi.  2Bappengcno^,  wäpengenoz, 
ju  6c^ilb  unb  |»elm  geboren  unb  ritter; 
bürtig  ftnb  gteid)bebeutcnbe  5luöbrücfe. 
(Erteilung  eineö  il>appenbriefeä  fdüt  mit 
ber  Srl)ebung  in  ben  5lbcl2(Panb  jufammen. 
„@eit  (Snbe  beö  14.  Sat'il'unbertä  belintc 
ftc^  jeboc^  ber  ®ebrauc^  ber  Sßappen, 
namentlich  bei  ben  bürgern  ber  ©tobte, 
»iel  njeiter  au^.  3e  "if^i^  ^i£  tnirflicl) 
rittermä^igen  (Sefd^lec^ter  ber  33ürgerfd)aft 
mit  ben  anbern  ju  einer  ®enoffenf($aft 
jufammenf^moljen  unb  2)iüt)e  l)atten, 
i^ren  Staub  gegenüber  ber  nicfet  in  ©täbten 
niebergelaffenen  SRitterfd()aft  ju  bef)aupten, 
befto  met)r  nat)erten  ficf)  it)ncn  bie  bürgere 
lid^cn  ®cfd^le(iter,  infofern  biefe  menig^ 
fienö  fein  unrittertid^e«  ®crt)erbe  trieben; 
unb  bie  Unterfc^eibung  njurbe  um  fo  ge^ 
ringer,  alö  ja  urfprünglid)  biefe  ©tanbe^= 
toerf^iebenbeit  nur  auf  ber  Jebeneart  be- 
rul)t  unb  bie  Unterlage  pcrfönli^er  fd)öps 
penbarer  greilieit  gcrabc  in  ben  ©labten 
au*  aufer  bem  ^bel  ungefi^wäcbt  ftcf) 
erhalten  ^atte.  ^aiv.  l)alfen  bie  lUioilegien 
mit,  bie  ben  bürgern  einzelner  6täbte 
allgemeine  ße^enöfäl)igfeit  erteilten.  ®aö 
SBappen  fonnte  l)ier  um  fo  meniger  me^r 
alä  ein  3^1^^"  ^^^  2lbelö  gelten ,  üU  eä 
übcrl)aupt  bie  ©cjiebung  auf  SHitterfd)aft 
unb  Äriegömefcn  immer  mebr  terlor  unb 
bie  praftifd)e  Sebeutung  auf  ta^  6iegel= 
bilb  fr*  fonjentriertc.  3"  ^»er  @d)it)eij 
bcl)nte  ftc^  ber  ©ebraucf)  ber  Söappen  fogar 
auf  bie  Säuern  unb  auf  eiujelne  ©örfer 
ouä.  De*  unterfcf)ieb  bie  jlrcnge  ^eral= 
bif  fortttiäbrenb  jmifdjen  abeligen  unb  nid)t 
abeligen  SBappen,  unb  gab  nur  ben  erfiern 
bie  Äraft  beö  eigentlichen  SBappenö." 

Seit  ber  »oHenbeten  ^luebilbung  beö 
SBappeninfiituteä  im  14.  3at)rf)unbert  gilt 
baö  eigentlicf)e  SBappen  al«  notmenbig  unb 
unüeränberlid^.  SBappenoerleibungen  fom= 
men  erft  im  14.  3at;rl)unbcrt  »or;  bei 
I)ürgeriid)en  Familien  mürbe,  frü£)cr  mie 
fpäter,   baö  Sßappen  miUfürlic^  Don   bem 


^ierju  Serec^tigten  angenommen.  2)a^ 
aSappen  oercrbt  ftc^  nad^  ben  ©runbfa^en 
ber  ijamilienerbfolge  auf  bie  ebenbürtigen 
SRac&fommen;  es  gilt  al^  ein  mi*tigeö 
nu^bare«  SRec^t,  beffen  Serle^ung  burc^ 
ißer^öbnung,  9[Jli§brau*  ober  unbefugte 
Qlnmafung  5lnrufung  be^  ri*terli*en 
®d)u^eö  unb  ©träfe  reditfertigcn  fann; 
e^  fann  fogar  alö  Seil  be^  Sermögenä 
oeräufert  «erben,  mie  j.  33.  ber  g^eiberr 
ßeutt)olb  oon  SRegenöburg  1370  fein  ^elm* 
fleinob,  ben  Srafenfopf,  auö  ®elbnot  ben 
SBurggrafen  oon  ?fürnberg  oerfaufte.  Siel 
größer  aber  ifi  bie  fonftige  93ebeutung  bea 
fflappeng.  SRittere^re  unb  ^amilienfiolj 
oereinen  ftc^,  ben  SRubm  beö  altbergebrac^^ 
ten  Sßappenö  ju  maleren  unb  ju  erl)ö^en. 
ÜSereblung  beö  SBappcnö  burd)  faiferlicf)e 
Serlcibung  iji  f)ö(^fie  58elof)nung  bemie« 
fcner  Sapferfeit;  mäbrenb  bem  iBerbrec^er 
ber  JÖappenft^ilb  com  |)erolb  umgefiürjt 
unb  burdb  ben  Äot  gef(^lcift  mirb,  bedt 
ebel  gebliebene  Soten  noc^  im  ®rabe  ber 
Stein  mit  bem  Slöappenbilb;  fiirbt  aber 
ber  le^te  be^  ®efdbled)teä,  fo  wirb  über 
bem  ®rabe,  ta  au*  Sc^ilb  unb  ^elm 
il)n  nic^t  überleben  foü,  iai  Gl^renfpmbol 
feierlich  jerfcblagen.  ÜRei ji  nacb  5 1  i  f  b  r  i  d^ 
0.  2öt)§,  Über  Urfprung  unb  ^ebeutung 
ber  2öappen,  im  fcdbjien  Sanbe  ber  9}iit= 
teilungen  ber  3üt^er  5lntiquarifd)en  ©e« 
fetlf*aft.  ©d)ul^,  ^öfifc^e«  fieben,  n, 
2lbfc^nitt  1.  2}gl.  ÜRaper,  ß.  ü.,  ^eralb. 
Qlbc^Sud),  1857,  unb  D.  |)efner,  ^anb:= 
b\xä)  ber  tf)eoretifd)en  unb  praftifd)en 
^eralbif,  1863. 

Sartinrglricg.  ©ie  aSartburg  war 
unter  ber  ^errf^aft  be^  ßanbgrafen  ^ix- 
mann  »on  !Il)üringen  für  i>ai  ÜRittelalter, 
ma^  i>a^  benachbarte  jßeimar  unter  .Karl 
2lugu|i  für  bie  jmeite  Slütejeit  ber  beut« 
fc^en  ßitteratur  mar,  namli*  Sammelpla^ 
ber  großen  Dichter.  25a  fonnte  mobl  mand^« 
mal  bie  (Siferfud)t  unb  ber  2Betteifcr  ber 
Sänger  ein  poetifcbeö  Surnier  veranlaiTen, 
in  meld)em  fte  it)re  Äräftc  mapen.  3" 
einen  fold)en  ffiettgefang ,  ber  im  ^abxt 
12Ü6  ober  1207  auf  ber  Sßartburg  jlatt= 
gefunben  ^aben  foll,  »erben  mir  burd^ 
baö®ebicbt  „berSIßartburgfrieg"  eingeführt. 
2)ie  berüt)mtefien  Sänger  ber  bamaligen 
3eit  ftnb  baran  beteiligt:  aBaltt)et  Don 
ber  Sogelmeibe,  2Öolfram  dou 
©fd^cnbad)  unb  SReimar  ber  Qllte, 
ferner  ber  tugenbbafte  Sct)reiber, 
Siterolf  unb  ^einric^  Don  Dfter« 
bingcn,  Don  mel*  le^tercm  mir  fon|l  fo 
gut  mie  nidt)te  miffen. 


SBartbutgfrieci. 


3m  erfien  Steile  tii  ®ebi(f)te^,  im 
©trcitgebid^t,  fdmpfen  bic  ©änger  über 
bcn  QSotjug  t)on  ^ütften.  Jg)einvicf)  »on 
Dfterbingen  maä)t  ftd)  nnbeifc^ig  (einen 
^crrn  ben  |»eTjog  Seopolb  VII.  eon  D|ier= 
reic^  ju  preifen,  gegenüber  9BoIftam  üon 
©f^cnbaci)  unb  bem  tugcnb^aften  ®(f)reiber, 
tt)clcf)e  ben  Sanbgrafen  ^ermann  uon  Ibü» 
ringen  über  bcn  Djierreic^er  Pellen  unb  gegen^ 
über  Siterolf,  bcr  bie  Stimme  erbebf  jur 
iBer^errIi(i)ung  feineö  $errn,  beö  ©rafen 
»on  ^ennebcrg.  2BaItt)er  »on  ber  iPoget» 
Ipeibc  jeigt  jid)  anfang'^  ungehalten  auf 
Djierreicfe  unb  giebt  bem  .^önig  non  ^Jranf* 
xtiä)  üor  allen  anbern  ^ürfien  bcn  ^reiö; 
fpäter  bereut  er  eö  f\ä)  r>on  Dpcvrei^ 
loögefagt  ju  baben  unb  »ergleicbt  geopolb 
mit  ber  Sonne,  inbem  er  an  Dfterbingen 
bie  grage  ficüt: 

„Heinricli  von  Ofterdingen ,  sage,  wer 
mac  der  edel  sin, 

des  tugent  vor  allen  forsten  kan  der 
sunne  geliche  wesen?" 

tüorauf  Dfterbingen  antniortet: 

„Von  Osterricli  der  herre  min: 
von  siner  milte  wirt  noch  vil  gesungen 
und  gelesen." 

Qlbcr  jc^t  ruft  SBaltber  aus: 

„Ich  gihe  der  tac  hat  prises  me 
dan  sunne,  mäne,  sterneglast  als  ichz 
bescheiden  wil." 

|)einvi(^  t>on  Dfterbingen  giebt  bieö 
jiiüfc^ttieigenb  ju,  ifi  burd^  eine  unf(^öne 
ßifi  Sffialt^crö  befiegt  morben  unb  foü  nun 
bur^  ben  genfer  «älempfel  auä  Sifenad) 
Eingerichtet  tüerbcn.  3"  feiner  §ilfe  ruft 
er  ben  3aut<;i^fit  Älingöor  au^  Ungarn, 
biefcr  erfcbeint  unb  mit  feinem  5luftreten 
bebt  ber  ämeite  Seil  beä  (Sebic^teö  an, 
ben  (Simrod  paffcnb:  baö  Oflätfclf picl 
überfd)rieben  l;at.  Älingöor  giebt  nämlicö 
bem  SBolfram  ton  ©fc^enbac^  ad^t  SRätfel 
auf,  melci)c  biefer  mit  iieicbtigfeit  löfi.  ©o 
bat  ber  einfache  (Slaube  beei  9!}Jinnefängcrö  ge^ 
fiegt  über  bic  fd)tt)Qrje  Süc^crgelebrfamEeit 
beö  ungarifcben  Siiw^'^'^'^'f^-  2>iefer  wiU 
SRacbe  nehmen  für  feine  !)iieberlage  unb 
jugleicb  erfabren  mit  roelcber  überirbif^en 
Tlad)t  SBoIfram  im  *-öunbc  ftebe,  baf  er 
bie  fd)»icrigen  ^'üt\d  fo  fd^netl  getöji. 
dl  befd)trürt  ju  bicfem  ^\v(di  ben  Jeufel 
Stafton,  ber  bei  ^iaitt  SZßolfram  beimfud)t 
unb  ibn  über  bcn  Sauf  ber  ©eftirne  fragt. 
„2>crj;enige,  ber  bie  ®epirnc  gemacht  bat, 
regelt  unb  fennt  ibren  Sauf,  mid)  bcfüm- 


mert  t><x^  nid)t",  i)!  bic  ilntmort  SBolframd, 
ber  jugleid)  burc^  tai  S^i'^ß"  ^^^  Ärcujeä 
ben  3;eufel  jum  Q^Iicben  jwingt. 

iitn  bicfen  jmeiten  ^auptteil  beö  SBart» 
burgfriegeö,  ber  mit  bem  erjicn  aKcrbingö 
in  einem  äicmlid)  lofen,  aber  bod)  in  einem 
3ufammenbang  jlc^t ,  ftnb  nun  nod^  »er* 
fc^iebene  S)id)tungen  gereibt,  bie  mit  bem 
aSartburgfricg  fo  gut  mie  nid)tö  ju  fd)affen 
baben.  ®o  pnbet  fid)  in  ber  ©imrod'f^en 
Sluögabc  äuerfi  ein  ®tbic^t  betitelt: 

5luronö  Pfennig,  ©in  auä  bem 
^immel  üermiefener,  aber  ber  |>öllc  nic^t 
anheimgefallener  ©eift  mirft  bem  Älingöor, 
ber  \i)n  befi^woren  ju  b^bcn  fc^cint,  Dor 
feinem  95crfd)minben  einen  Srief  ju,  bcr 
beftige  5lnE(agen  gegen  bic  Habgier  ber 
©cipiic^en  entbält. 

51  n  3«itgen offen  übcrfdireibt  ©im» 
rod  bie  folgenben  bciben  Sieber.  S)aä  crfie 
\^  an  ©iegfrieb  oon  2Bcjierburg,  Sifc^of 
oon  Äöln  gerichtet,  meld)cr  1287  auf  bem 
Jlonjil  ju  SBürjburg  eintrat  für  tu  grci« 
beiten  unb  SRed)tc  bcr  bcutfcben  Äircbc 
gegenüber  einer  ©teuer,  bie  bcr  $app  in 
©eutfcblanb  erbeben  mollte. 

3m  fünften  5tbf(^nitt  beflagcn  bcr 
tugenbbaftc  ©c^rciber  unb  Sitcrolf  ben 
lob  be^  Sanbgrafen  ^ermann  fon  S^b"* 
ringen  unb  bcö  ©rafen  r>on  ^ennebcrg. 
S)iefelben  SDiinncfanger  b^bcn  fd)on  im 
cigcntlidien  ©ängerfrieg  gegen  ^einric^ 
toon  Dfterbingen  Partei  ergriffen  für  biefc 
bciben  Ferren.  S)er  l)in  gepriefenc  unb 
betrauerte  ^cnncbcvgcr  ifi  mabrfd)einlid^ 
^oppo  XIII.,  ben  aud^  bie  ©efcbid)tc  unter 
bem  S^iamen  bcö  TOilbcn  unb  ©trcit« 
baren  fennt. 

Stuf  biefc  Totenfeier  folgt  fed)|icnö  ein 
Sieb,  hau  SBoIfram  »on  (^fcbenbacb  unb 
^lingöor  im  SBec^fctgefcing  oortragen  unb 
baö  ben  Sitel  3«^nlon0  Sud)  fübrt. 
Q.i  mirb  bem  SBartburgfrieg  nur  cinoericibt, 
meil  es  i>a^  9Jietrum  mit  anbcrn  Seiten 
biefeö  ßieberjpfluö  gemein  bat  unb  »eil 
eö  bic  bciben  iJJamen  SBoIfram  unb 
Älingöor  aufaieift,  tt)eld)e  ja  f(ion  früher 
eine  fo  gro§e  iRofle  fpielten,  aßerbing^  in 
einem  ganj  anbern  Serbältniö  jucinanber. 
3abulon«i  93ud}  bcbanbclt  eine  böc^fi  mcrfs 
mürbigc,  ücrmorrene  unb  abentcucrlid)e 
®efcbid)tc.  (So  treten  auf  ein  Sranben 
oon  3rlanb,  ber  Sebrer  Sffiolfram^,  bem 
Älingöor  feinen  SÖfeiflcr  in  bcr  fcbmarjcn 
ÄunP,  Safiant  üon  Äonfiantinopcl,  cnt« 
gcgenftellt;  bann  3aI'nIon  »on  Sabt)lon, 
ber  oon  »atcrlid^cr  ©eite  eine  |>cibc,  »on 
müttcrlid)cr  ein  3"^»^,  in  bcn  ©lernen  gc* 


SBartburgfrieg. 


741 


Icfen  t)atk,  ha^  ein  Äinö  geboten  würbe, 

«61(^)60  ben  3ubcn  ben  Untergang  bräcf)te. 

Um  biefeö  ju  öert)inbcrn  [cf)teibt  er  mit 

aüen  fünften  ber  5lftronomie,  *JJ?agie  unb 

9?eftomanjiie  ein  93ud),  n}eld)e^  einem  in 

6rä  gcgoffenen  58ilb  in  bie  iJfafe  ge[d)oben 

tt»irb  unb  wel^eä  eben  bie  Sufien  uor  ber 

@efat)r  bctt)at)ren  foü,  mit  tt)eld)cr  fte  föbrifii 

©eburt  bebrot)t.  2>ie[cä  vereitelt  *2lrifioteleö, 

ber   feinen  teuflifdjen  (Sefeüen  Älefironiö, 

if)n  cor  ber  §öüe  ^IJein  ju  bewahren,  aU 

fliege  r>ertt)anbelt    in    ben  SRubin    eineä 

O^ingleinö  bannt,  auö  bem  er  nad^malö 

bem   Äönig   Sirol    oon   ©d)ottIanb    mit 

feinem   [Rat^e    beim   6d)ad)fpiel    bet)ülf= 

lic^  roax,  ttjeil  beö  Äönigö  S;iünpt  für  ben 

51u«gang    beä    ©pielö    ju    *Pfanbe    ftanb. 

S)aä  ©rjbilö    mit    bem    Sud^e    3<'^ii'onö 

fiebt  auf  einem  'DJagnetberg  im  Sebermeer 

umgeben  eon  Sirenen,  ÄvoEobiüen  unb 

©reifen.    (Jin  in  9iom    burd?  DJiilbe  üer= 

armtc^  ®efd)led)t  »itt  bie  <Sd)äi}e  ber  am 

SlJJagnetberg  in   großer  ßa\)l   gcjtranbeten 

6d)iffc  ^eben  unb  ermdblt  jum  jüt)rer  ber 

(Sypebition      ben     Hauptmann     gabian, 

h)äf)renb  ber  3^iuberer  *BirgiIiuö  ben  SIßeg 

jeigcn  mug.   2)ie  ©rjafjlung  fd)lie§t  bamit, 

bof    ber    ÜJJagnetberg     »ier    Dc^fen    mit 

großen   (Sifenfetten    unb    bie   *2lnfer   beö 

©d)iffeö    an    ftc^    rei§t.,    *t)Iö^Uc^    aber 

fptingt  fte  ganj   ot)ne  Übergang  auf  bie 

3rt>ergfönige  Sinnets   uon  ^alaferö   unb 

feinen    '-öruber   ßauvin    t>on    Sirol    über. 

©innclö  nnrb  üon  2)rad)en  unb  Ärofobitten 

^axt   bebrängt    unb    ruft    be«if)alb    feinen 

S3ruber  2aurin   um   ^ilfe   an,    ber   i^m 

gtüci  cSreifeneier  fc^icEt,  ttjelc^e  üon  einem 

©traute  ausgebrütet  merben.    2)ie  beiben 

©reife  befreien  Äönig  ©innelö  üon  feiner 

(Plagc.     3"If^t    mirb    im   "Jlnfc^Iu^    an 

Saurin  fon  Sirol  eine  ßpifobe  erjätjlt,  tn 

ttjeldier  2>ietric^    tjon   Sern   um   taufenb 

3at)re   nod)   ju   leben    mit   ßaurin  burcfe 

einen  feurigen  23erg  nac^  ^alaferö,  ®innel8 

Sanb,  fäbtt. 

^tn  3abuIonö  Sud;  fc^Iie§t  ftc^  noc^ 
ein  jlcbentes  ßieb  an,  tai  teimrocfö  unter 
bie  Überfd)rift:  @pred)en  unb  OJfeinen 
bringt.  2öie  ein  ^abi,  ber  um  ben  ßci(^>- 
nam  eineö  gefallenen  2luerod)fen  aüein 
freffen  ju  fönnen,  bie  anbern  Siere  uor 
bem  ©enuic  beö  Qtafcä  rttarnt,  fo  prebtgen 
auc^  bie  *Pfaffen  immer  (Snt{;altfamfeit, 
o^ne  boc^  felber  biefe  Sugenb  ju  üben. 
2)ieö  ijt  ber  ©runbgebanfc  bcö  fräftig  ge= 
l^altenen  unb  fd)arfen  ®ebid)teö. 

2ßer  ber  SSerfaffer  beö  üöartburgfriegeö 
getüefen,  ijl  nic^t  fid)er  anzugeben.    O^ne 


3roeifcl  abix  ftammt  er  nid)t  oon  einem 
cinjigen  2)id)ter.  3)ie  "tJarifer  ^anbfd)rift 
ber  SUtinnelieber,  gewötjnlid)  bie  ÜJ?anefnfd)e 
(M)  genannt,  bejeidjuet  als  ben  I)id)tcr  fflolf» 
ram  Don  (Sfd)enbad),  mäl)renb  bie  2enaifd)e 
8iebetbanbfd)rift  (I)  hm  evjten  Jeil,  alfo 
hai  'S)treitgebid)t,  bem  ^einrid)  »on  Dfter= 
bingcn,  ben  SRcitfelfampf  aber  fflolftam 
»on  ©fc^enbad)  in  ben  SDJunb  legt.  S)ie 
Überfd^rift  beö  ©ebid^teö,  n)eld)e  nac^  M. 
Klingesor  von  Ungerlant  lautet,  Rempelte 
fogar  bie  tätfdbafte  *)3erfönlid)feit  pm 
Serfaffer  beä  @ebid)tcö.  6imrocf  ifi  ge= 
neigt  ben  5lätfelfampf  alö  ein  Jßerf  $ein= 
ridjö  Don  Dfterbingen  anjuiebcn,  meieret 
feiner  ^Jlnfic^t  nad)  ein  ©djmabe,  nad) 
anbern  aber  ein  SDJainjer  non  ©eburt  märe. 
Der  fünfte  Qtbfc^nitt,  meld)er  bie  Totenfeier 
ber  dürften  ^erman  tion  Sbüringen  unb 
*Peppo  von  ^enneberg  beijanbelt,  barf  faum 
auf  bie  iDMnncfänger,  bencn  bie  Stropbcn 
äugefd)rieben  »erben,  nämlid)  auf  öiterolf 
unb  ben  tugcnbt)aften  ©djreiber  jurücfge* 
fü^rt  merben.  Qllö  ben  23erfaffer  üon 
3abutonö  Sud)  anerfennt  (Sttmüßer 
grauenlob  non  2Rainj,  oon  meinem  er 
überl;aiipt  ben  ganzen  SBartburgt'rieg  ge» 
oid)tet  glaubt. 

©imrod  lägt  i>a^  abenteuerlid^e  ©ebid^t 
auc^  in  SDJainj  entfianben  fein  oon  einem 
ber  altern  'Dieifter,  bie  am  2BartburgErieg 
teilgenommen  baben.  -Den  fiebentcn  5lbs 
fd)nitt  enblic^  möchte  ©imrocf  SDBaltt;ern 
pon  ber  Söogelireibe  jufdbreiben,  unb  in 
ber  Sbiit  tuürbe  ber  pfaffcnfcinbtid)c  2:on 
nii^t  fd)led)t  ju  ben  2lnfid)ten  beö  ÜJtinne» 
fanget^  ftimmen,  ber  oft  in  feinen  ©ebid^tcn 
mit  jornooKen  2Bortcn  bie  iBcvDerbni^  beS 
*]3apj!tt;umä  unb  ber  Älerifci  geifelt. 

2Bie  bie  einjelnen  Jeile  beö  3Bartburg= 
friegeS  ceifdiietienen  S)id)tern  angeboren, 
fo  fäEt  iljre  (äntfic^ung  aud;  in  oerfcbie- 
benc  36iten.  ©inb  bie  beiben  ©tropben 
beö  ficbcnten  *Ilbfdinittcä  nnrflid)  »on 
2BalH)cr  öon  ber  IBogelweibe,  fo  muffen 
fie  üüä)  ber  älteftc  Jeil  beß  ©ebid)te6  unb 
üor  1216  tierfagt  fein.  Der  ed)te  .Sern 
beÄi  SRätfelfpieleö ,  n)eld)er  UHi^rfd)einUc^ 
nur  baö  erfie  IRätfel  oom  fd)lafenben  Äinbe 
unb  tc[i  jet)nte  famt  beren  *Jluflöfungen 
unb  ben  SRebeu,  mctdbe  fii^  unmittelbar 
baran  anfd)lie§en  umfaßt,  nnibrenb  bie 
anbern  JRätfel,  jebenfaüä  bie,  welche  SIBoIfs 
ram  bem  Älingöor  jur  "iluflöfung  giebt, 
3ubid)tungen  einer  fpäteren  ^anb  ftnb, 
biefer  ect)tc  Äern  be«  Diätfelfpieleö  alfo 
fonnte  fcbon  ju  ülnfang  ber  breigiger 
3al)re   be«   breije^ntcn  S^f^fiunbertei  \>ox' 


742 


2BccE)äter. 


f)anben  getucfcn  fein,  ber  ^Inbnng  baju, 
5turonö  Pfennig,  aber  nid)t  vox  1233, 
tneil  in  biefem  ©cbic^t  Olnfpielungcn  »or« 
fommen  auf  ein  im  3al)rc  1233  abget)al= 
tene«    «Proinnjialfonjil   ju   2)kinj. 

S)a0  (8treitgebici)t  würbe  pon  einem  an^ 
bcrn  2)icf)ter,  nicbt  bem  bes  jweiten  Seilee, 
alä  Einleitung  jum  Olatfelfampf  gefd)rie= 
ben  um  biefen  intereffanter  ju  madjen  unb 
bas  ßrfdjcincn  Ätingßorä  ju  erklären, 
tt)elcf)er  aüerbingö  ju  einem  ganj  anbern 
3rcecf  Don  Dfterbingen,  ber  im  iRätfeljircit 
au^  PoUfldnbig  nerfdjminbet,  nac^  ber 
SZBartburg  gerufen  mürbe.  SfJacfe  ©imrocf 
tann  hai  @ireitgebi(^t  ni^t  »or  1231 
ober  1235  gcfc^rieben  fein  unb  »erbanft 
feine  ®ntfief)ung  rcabrfd)einli(ii  erjl  bem 
iobe  beä  .^»ennebergetö  1245,  meiner  auch 
bie  Sßeranlaffung  gab  jum  fünften  *Ub= 
f^nitt,  5ur  Seid)enfeier  be^  ßanbgrafen 
t»on  S^üringen  unb  beß  ©rafen  ton^enne-- 
berg.  2)ie  erfie  ®tropt)e  bes  üicrten  3lb= 
fd)nitteö,  bie  2ipofiropl)e  an  ben  Sifdtiof 
Don  ^öln,  fe^t  bae  Konsilium  ju  SBürj^ 
bürg  im  3abre  12S7  üoraus  unb  ift  mabr= 
fc^emli^  aud)  in  biefem  3«bre  entftanben. 
%in  bie  5lbfaffung  t>on  3abuIonö  ißud) 
unb  ben  eingefdbobencn  Seilen  bcä  Oiätfel* 
fpiel«  lä^t  ftd)  fein  befummlet  jDatum 
angeben,  aller  2ßal)rf(^ein!icl)fcit  nad)  fallen 
aurf)  fte  in  tai  (Snbe  beJS  13.  3at)rl)un» 
berte.  ©nt^anben  ftnb  bie  ®ebid)te  teils 
in  Sbüntigen  unb  teils  in  ^Hiainj.  — 
©er  i^orm  nad)  jerfiiüt  bas  oorliegenbe 
©ebic^t  in  jmei  Seite,  in^em  bie  einen 
Sieber  im  fogenannten  „Sbüringer  Ferren 
£on",  bie  anbern  im  „fdjroarjen  Son" 
gcbic^tct  ftnb. 

S5cr  Sbütinger  ^erren  Son 
bcfiet)t  aus  rier  nierjeiligen  <£tropben, 
fon  benen  bie  erjlen  beiben  bie  (Stollen 
bilben  unb  alfo  glei(^  gebaut  fmb.  S)cr 
erfie  SBcrs  ber  beiben  ©tollen  bePet)t  aus 
nier,  ber  jmeitc  au^  fieben,  ber  britte  aus 
fünf  unb  ber  ricrte  au^  brci  Hebungen. 
I)aä  3fleimfd}ema  ift  a  b  a  b.  2)er  Qlbge= 
fang  jerfällt  in  jmei  »erf4)ieben  gebaute 
Dierjeilige  Xlbtcilungcn.  2)er  erfie ,  jmcite 
unb  üierte  93erö  ber  crjien  Qlbteilung  bat 
fteben,  ber  britte  brci  Hebungen.  SReim^ 
fd)ema:  ab  ab.  2)ie  jmcite  Qlbteilung  bc!^ 
•Hbgefangs  i)C[t  ben  erften  unb  inerten  *Berö 
mit  fünf,  ben  jrttciten  unb  brüten  mit 
^totx  Hebungen.  S)as  SReimfdjema  iji  mie- 
ber  a  b  a  b.  Älingenbe  unb  ftumpfe  (Reime 
mcd)feln  miüfürlid)  ab.  3n  biefem  Sbü» 
linger  Ferren  Son   fmb    gefc^ricben:   bas 


6treitgebid)t    (I),    3abulonö   93ud^   (VI) 
unb  Spred)en  unb  ÜReinen  (VII). 

35er  fd)marje  Son  beficl)t  auö  jwei 
brcijeiligen  ©tollen  unb  einem  »ierftlbigen 
^bgefang.  2)cr  erfie  Cers  ber  ©tollen 
befiebt  aus  »ier,  ber  jmeite  auö  fed^s,  ber 
britte  auö  fünf  .^ebungen.  S)ie  beiben 
©tollen  baben  untereinanber  bie  SRcimöcr* 
fcblinciung  a  a  b  c  c  b.  2)er  SReim  b  ifi 
immer  flingenb,  bie  anbern  ftnb  meifteng 
fiumpf.  S)ic  erfie  Seile  bes  Qlbgefang« 
i)at  fteben,  bie  jmcite  Dier,  6ic  britte  fcd^ö, 
bie  üierte  fünf  Hebungen.  I>a^  iReimfdbema 
ifi  a  b  b  a.  2)er  5Rcim  a  ifi  immer 
meiblid),  ber  SHcim  b  immer  mdnnlic^. 
2!en  fdbmaräcn  Son,  ber  feinen  9Jamen 
bem  ©d)marjfünfiler  .Rlingöor  t»erbanft, 
baben  ba«  SRätfelfpiel  (II),  5luronö  «Pfennig 
(III),  51n  Scitgenoffen  (IV),  Sotenfeier 
bes  Sanbgrafen  üon  Sbüringcn  unb  beä 
©rafen  Don  ^enneberg  (V). 

iBon  je^cr  betraditetc  man  ben  SBart* 
burgfrieg  alä  einen  SSerfuc^  Hm  geifilicben 
£)rama  ein  meltlid)e«  entgegenjufe^en. 
S)er  I)id)ter  f*lo^  fi^  bei  biefem  Unter» 
fangen  an  hai  ©treitgebicfet  an  unb  per» 
fnüpftc  mit  biefem  einen  SRatfelfampf,  mie 
ii)n  feine  Seit  liebte,  ©treitgcbi^te  mit 
unter  ©öngern  t>erteilten  Quollen  fanb  er 
bei  ben  granjofen  nor  unter  bem  Flamen 
Jen  parti.  SBor  bem  ffiartburgfrieg  Waren 
fte  in  35eutfd)lanb  nict»t  wolfstümli«^,  ba« 
ein;ige  auegenommen,  bas  ben  ©treit 
5mifd)en  ©ommer  unb  ilBinter  bel)anbelt 
unb  alö  ältefte  Duelle  fold)er  poctifd)cr 
SBcttfämpfe  betrad)tet  werben  fann.  SRät* 
felfämpfc  ^agcgen  fommen  fd)on  in  ber 
bcutfd)en  SDJpttjologie  cor.  S)em  Jnbalte 
unb  ber  gorm  nac^  erbebt  ftd)  ber  SBart* 
burgfrieg  nun  aber  nid)t  über  ben  (5t)a= 
raftcr  bes  ©treitgebidjtes  unb  ber  erfie 
IBerfud)  rein  beutf^er  2)ramatif  mu§  fomit 
alö  miBlungcn  bejeicbnet  werben.  Qlber 
aud)  nid)t  nom  ©tanbpunft  be^  ©rama« 
turgcn  aus  betrachtet  fann  i)Ci^  ©ebic^t 
Dom  ©ängerfricg  auf  ber  ÜBartburg  im 
©rogen  unb  ©anjen  poetifd)  wertlos  ge« 
nannt  werben.  2ßobltI)ucnb  bagegcn  ifi  ber 
^aucf)  ber  (St)rfurcf)t  unb  ber  iBewunberung, 
Wcldier  baö  ganje  ©ebid)t  burcb^^ebt,  für 
ben  größten  beutfd)en  S)icf)ter  be^  ORitteU 
altera,  für  SBolfram  Don  (Sf^enbai^.  35et 
ffiartburgfrieg,  ^erausgeg.  gcorbnct,  über^ 
fe|t  unb  erläutert  Don  Ä.  ©imtodf. 
©tuttg.  1858. 

2ße^glcr.  2)ie  au§erorbentlid)c  ©er* 
wirrung  ber  TOünjDer^ältniffe  im  ÜRittel* 
alter,  bie  5lusbeutung  ber  SDiünjrcgal«  Don 


2Bcc^0(ct. 


743 


©eitc  bev  2;erritoTiaII)ertfd)aften,  überbaupt 
bic  allgemein?  Söerfc^lcd)tcrun9  ber  iDJünjcn, 
aücä  bicö  iietlangte  mit  SRotroenbigtcit  bic 
91u0bilbung  bee  ^nfiitutes  ber  2Bcd)öIer. 
Unter  biefen  fann  man  eint)eimifc{K  beutfcfee 
unb  frembc  Sßecbeler  unterf(^eiben.  3" 
ben  einbeimifd)  beutf^en  aBc^ös 
lern  gefrören  in  erfier  Sinic  bie2)icnfi: 
tnannifcfeen  ober  p  atriäifcft  en  ®e  = 
fcfelccfcter  in  einigen  ©täöten,  tt)el(^c 
eine  eigene  3i"iff'  bie  >p  a  u  3  g  c  n  o  f  [  e  n  , 
unter  bem  9!}fünjmeiiler  bilbeten;  biefe  be= 
fa^en  au§er  bem  eigentlichen  iUiünsrerfjt 
als  ßeben  i>ai  außfc^ilieBHcbe  !23otrcct)t,  in 
ben  €täbtca  ©elb  n)ec{)fctn  ju  bürfen; 
fie  t)attcn  bem  zufolge  ben  9'Jamen  camp- 
sores,  cambiatores,  2Öed)0ler.  S)aß  *Pri« 
»ilcg  hing  bamit  ^ufammen,  ta^  bie 
ü)Jünjer  ala  bie  Ü)^ün5[d)auer  baö  !Hc(^t 
unb  bic  !)ßfli(i)t  hatten,  bie  probet)altige 
iDlün^e  ju  ücrftegeln,  bie  nicf)t  probet)aItige 
ju  jerfAneiben ,  Überali  narf)  ber  föcfttbeit 
bcr  'JJiünjen  ju  fct)en  unb  alle  beträcf)t= 
Iid)en  3^^^t""Ö^"  ä"  fontrolieren.  3" 
ßittbauen  unb  *PoIen,  Ärafau  unb  iBrecs= 
lau  bcforgtcn  bagegen  lebig(icf)  ange« 
f  c  b  e  "  e  Ä  a  u  f  l  c  u  t  c  hm  ®elbmeci)fel 
bcr  großen  33eträgc  einbeimifd)er  (iJelbs 
arten,   bic    quo   btefen  (Sebieten   feit  bem 

12.  3al)vbunbert  in  Saarfenbungen  alä 
9lbgaben  an  ben  päbpiid)en  §o|'  gingen. 
95ieüeid)t  auä  ben  JpauSgenoffen  i)iXvox> 
gegangen    finbet    man    brittcnä    feit    bem 

13.  3abrt)unbcrt  ein  ^a\)[  oon  9i  e  b  c  n> 
tt)  e  d)  e  l  e  r  n,  bie,  unter  ber  *2(ufrid)t  bcr 
^auägcnofien  fie()enb  ober  unabl,)angig 
tteben  ihnen  gegen  Äaution  unb  'Jlbgaben 
ßon  ben  ftäbtifc^en  Dbrigfeiten  ©liaubs 
niö  jum  2Bed)[eln  crbalten.  Sie  betreiben 
faß  Iebigli($  tux  |)anbtt)cc^fel,  ©elbtranä« 
port  unb  taii  ^inlcit)cn  oon  2)arlet)cn 
gegen  *Pfänber,  nehmen  auch  2)epoftten 
an  unb  bcforgcn  SBechfel  auf  Scftcüung, 
inbcB  nicf)i  «iich  entfernten  3a^Iun9^ortcn. 
6ic  finbcn  fid)  befonbcrä  in  norbbeutfc^en 
6tdbten,  öübed,  Hamburg,  Sre'^lau,  in 
*PreuBen  unb  *I!oIen.  Ißieie  berfclben  be« 
fa§en  erbliche  2ße(^felbänfe,  bie  fre  nad) 
ScUebcn  por  bem  State  übertrugen  unb 
bie  meiß  nahe  bem  SRatbaufc  unb  ber 
fpätern  Söörfc  ftehen.  g^rembe  2öcd)«=: 
ier  auö  3  Valien  unb  ©üb][ranf* 
t  c  i  d)  niaren  namentlich  in  6übb'eutf  cf)  = 
lanb  anfäffig.  @d)on  feit  bem  8.  3ibr» 
^unbcrt  i)aiun  bie  itaUenifd)en  ^aupt^ 
^anbclepld^c  *2lmalfi,  'Jlnfona,  Sencbig, 
bann  franjöfifdje  ^anbelsottc  ?Jiebcr* 
laffungcn  im  Orient  jur  'iluebreitung  bcä 


^anbele  errietet  unb  bie  ©lütc  bicfet 
•Jiicbcrlaffungen  hatte  bie  il)nen  befonber^ 
nü|,lichen  .Rreuj^üge  überbauert.  2)arau« 
entftanb  nun  ber  roeitDcrjmcigtc  ©elb«  unb 
2öarenhanbel  ber  itaUenif(^'cn  Äaufleute 
unb  SBed}«ler  (33anf häufer)  über  ^ranE^ 
reich,  bic  fRicberlanbe  unb  (Snglanb.  Sie 
Äommanbiten  bcr  großen  italienifchcn 
öanfhäufer  folgten  ben  ^aufleuten  in  bic 
grembc ,  um  ihnen  bei  OReguUerung  beä 
Don  ihnen  im  ©igcnhanbel  übernommenen 
®elbeä  ertt)ünfd)te  >Dienfie  ju  Icifien.  3n 
berfelbcn  SBeife  öcrfd)afften  fie  fxd)  axxi} 
al«  Äaufleutc  lüic  alä  2ßed)0ler  (Eingang 
in  ®übbeutfd)lanb.  TUn  finbet  fie  \)in 
im  13.  3ahrhunbcrt  in  iffiorm^,  im  14. 
3ahrhunbert  in  ©iegburg  bei  Sonn, 
Singen,  Soloturn,  in  9'Jürnberg  feit  bem 
15.  3ahrhunbert.  Sie  tragen  ben  iJiamen 
ßombarben,  ßampactcr,  ßum« 
mcrtc,  SBalcn,  Ä  a  m  er  t  f  cf)  en 
(flehe  ben  befonbcrn  ?lrtiEeI).  SDercinjelt 
,;;eigen  fie  fidh  auch  in  Dtorbbeutfchlanb, 
5  93.  in  fiübecf  unb  Breslau.  (Sine  britte 
©ruppe  Don  SBe^slern  bilbcn  bic  3"^«"' 
welche  »on  eiujelncn  Sanbcäherrn  t>a^ 
$rit>ilcg  beö  SBe^felrechteö  erhalten. 

*Bon  ben  ®  c  f  d)  ä  f  t  e  n  ber  itati= 
enifd)en  2Bed)felhäufer  betreiben  bie  ©echö« 
Icr  in  ©cutfchlanb  oornehmlicl)  nur  brci, 
ben  ^anbm  ech  f  el,  ba«  Darlchn 
unb  ben  Jö  ed)  [e  l  b  etricb,  bod)  bc= 
treiben  bie  !3)cutfd)en  unb  3ubcntt3ed)ölcr 
ben  Sffied)fclbetricb  innerhalb  flcinctcr  ©nt* 
fernungcn  innerhalb  S)eutfd)lanb;  über 
I)eutfchlanb  hinauf,  namentlich  nad) 
granfrcid)  unb  3talien,  pflegen  ihn  bie 
italienifd)en  2Bed)0ler.  (Sine  gro^c  S^xbl 
bcr  2Bed)ßler  lieB  fid)  ohne  3tt)eifcl  neben 
ihrem  faufmännifd^en  ®cltierbc  an  bem 
(Seminne  be^  .^»anbnjechfelö  genügen, 
mährcnb  anbere  bie  ftete  Sereithaltung 
oon  35arlehen  meiß  in  fleiner  Summe 
unb  auf  hirje  3eit  baran  fnüpften.  Sieben 
fold)en  privaten  ©arlehnöbanfen  »urben 
mit  ber  3eit  burch  faiferlid)eö  ober  lanbcö- 
herrlid)ee  "l^rioileg  fon  ben  ftdbtif^cn 
Dbrigfeiten  fiäbtifdhc  aBc^fcl- 
bänfc    unböcihhäufei^    angelegt. 

2)a  jebod)  biefe  3nftitute,  fomeit  ftc 
nid)t  üon  3uben  betrieben  würben,  gegen 
haii  allgemeine  tird)lid)c  üßucherDcrbot  bc«i 
SOJittclalterö  waren  unb  bod)  nicht  entbehrt 
werben  fonntcn,  ridjtctc  bie  Äirche  eigene 
2)arlebn0banfcn  für  bic  gelbfud)cnben  93e= 
bürftigen  ein,  bic  ftc  berge  dermilti- 
keit,  montes  pietatis  nannte,  unb  Wo 
bem  fanonifchen  ©laubenöfa^e  getreu  gar 


744 


SBei^nadbt. 


feine  3i"ffn  Don  bcm  SDarlct)n6nel)mer  ge« 
forbertwerbenfoüten;  gciftlid^cSiittclfoüten 
jur  ^erbcifc^affung  beö  nötigen  Kapitale 
angereanbt  »erben:  SSermäditniffe,  @d^en= 
tungen  frommer  reicf)er  2eute,  JSeförberung 
ju  afabemifcfien  unb  anbern  Sffiürben,  jum 
hhtl,  für  bie,  welcbe  angemefi'cne  (Sinlagen  in 
biemontes  taten;  unelielic^  ®eborne  werben 
ber  5Jecf)te  ber  efietid)  ©eborncn  teil^aftunb 
wer  berSßerroaltung  bermontesunentgeltlid) 
®cf)ülfenbienfte  »ibmete,  bem  oerfpra^  man 
ben  ßof)n  bes  Wimmele.  2)a  jebod^  bie 
frommen  ®penben  balb  »erftegten,  fat) 
jic^  bie  Äirct)e  gejmungen  i;ur  ©edung 
ber  ©efcbäftöunfoften  unb  ber  Serlufte  einen 
geringen  33etrag  oon  jäf)rlic^  10—15  o/o 
iu  forbern;  ben  ^Begüterten  aber,  faflö  fie 
it)re  (Selber  eine  längere  befiimmtc  3^'^ 
ben  xnontes  jinsloß  überliefen,  oerfprad^ 
man  bie  ©ummen  nacf)  Qlblauf  ber  3^** 
yernielfa(i)t  jurücf jubejaf)Ien ,  unb  fo  fam 
eö  erfi  in  Stalten,  bann  auc^  in  ©cutfcf)» 
lanb  in  (Sebraud),  ba§  ein  SSatcr  nac^ 
ber  ©eburt  einer  2od)ter  bie  SDiitgift  ber 
Ie|itercn  fogleii^  in  bie  Äaffe  ber  montes 
jaulte,  um  nad)  beren  a  ^  t  j  c  f)  n  t'e  m 
ßebensja^re  ben  jet)nfact)en  Setrag  bem 
iBertobtcn  beä  5[){äbd)cnö  einäut)änbigen; 
heiratete  tai  9Wäb(J>en  früber,  fo  ging  tai 
Kapital  an  bie  jüngere  ©^»efter  über, 
unb  fiel,  roo  eine  folc^e  nic^jt  eyifiirtc,  ber 
^affe  ber  montes  an^eim. 

iDie  meitern  J^unftionen  ber  italie« 
nifc^en  SBec^öler  übernehmen  in  S)eutfct)= 
lanb  bie  ®  en offenfc^aften  ber  Ä auf« 
Icute  unb  bie  fiäbtifd)en  Sefiörbcn, 
uamentlirf)  ta^  gro§e  2)  arlel)n8*  unb 
©ep  ofitengef  d)(ift,  bie  5lffomenba 
unb  ben  Sffi  e  d)  f  e  I  u  m  l  a  u  f.  Ulad) 
Uleumann,  ©efcfcic^te  beä  2Bud)erß  in 
5£)eutf*lanb,  ^jatlc  1S65. 

SBci^na^t.  J^ier  foüen  in  8Iu0füi)rung 
beä  5trtifel0  f  ird)Iid)e  gefie  bie  nä{)crn 
Sejüge  jufammengejleüt  merben,  in  meld)en 
bie  tird)lid)e  iBeitinac^tefeier  jum  beibnifd)* 
gcrmanif^cn  ißolfeiglauben  jlel^t.  2)aö 
ffleil)nad)t6feft  cntfiammt  einem  Jiaturfefte, 
bae  bei  febr  oielen  Solfern  einbeimifc^ 
mar,  ber  freier  ber  SBinterfonnenmenbe, 
bem  nal)enben  2Biebercrrca4)en  ber  Jf^atur; 
fo  feierten  bie  ^inbu  iai  *ffiieberer* 
mad^cn  be«  in  tiefen  ®d)Iaf  »erfunfenem 
©otteö  fflifc^nu;  in  ®ried)enlanb  jeigte 
man  am  20.  jDejember  im  Jempel  ju 
S)elpt)i  hai  (S)xab  beä  2)ioni)fos  unb 
trauerte  um  ibn  mit  milben  ®ebe^rbcn, 
bid  man  ibn  ftc^  balb  barauf  mieber 
hja^enb    »orfieüte    unb    feine   SJeugcburt 


prieö.  Sbenfo  feierten  bie  iRömct  an  ben 
fieben  Jagen  Pon  17.  big  24.  Dcäem« 
ber  ba«  5^1^  ^^^  ©aturnuö,  jünbeten  in 
feinem  Sempel  alö  Qlbbilb  beä  neu  ge« 
fdienften  ©onnenlid^teä  Piele  Siebter  an, 
ergaben  fiä)  auögelaffencr  gcfifreube,  be« 
f(^enften  einanber  unb  bgl.,  fpäter  fügten 
bie  Äaifer  bem  ©aturnalienfePe  nod)  ben 
25.  S)ejember  alö  allgemeinen  gcfttag  ^in* 
ju,  jur  JJeier  ber  ^mar  »on  ben  ©Ratten 
beö  Sffiintere  befämpfteu,  aber  bennoc^ 
unbefiegten  ©onne;  an  eben  bemfelben 
Sage  mürbe  t<xi  ©eburtefeft  beö  unbefiegten 
©onnengottee  ÜJJitbra  begangen  unb  ber 
©Ott  bargefteüt,  wie  er  in  einer  ^d\m' 
grottc,  bem-libbilb  beö  näc^tU^en  ^immelä, 
geboren  mürbe,  ^ejie  ä{)nlic^er  Sebeutung 
mürben  auc^  an  anbernSnfiregjeiten gefeiert, 
mobei  ber  Perf^iebenc  Dieujatirganfang  oft 
bejiimmenb  einmirfte. 

@o  begingen  oon  ben  gcrmanifc^cn 
Sölfcrn  bie  ©fanbinaöicr  in  ben 
altern  3eiten  if)r  mit  bem  12.  3anuat 
alä  il)rem  S^eujabröanfang  beginnenbeö 
3tägigeä  gefi  ber  iKitminternac^t  ober 
taQ  Sulfefi  als  5lbfc^lu§  ber  OJiitte 
Oftobcr  beginnenben  „SBinternacfet". 
Qibnli*  mar  eg  bei  ben  5lngelfad)fen,  mo 
tai  3ulfefi  ÜRutternad)t  l)ieg.  ©cfton 
im  6.  3a^rbunbert  erjäl)lt  ber  gried)ifd)C 
©opl)ift  unb  ®efcbi^tfd)reibcr  qSrofop,  er 
Hht  get)ört,  i>a^  bie  nörblid)jien  Scmo^ncr 
oon  ©darneben  unb  Otorroegen  am  35.  Sage 
ber  langen  aQBinternad)t  35oten  auf  bie 
®ipfel  it)rer  pd)iien  33erge  fc^idten ,  um 
bie  mieberfe^renbe  Sonne  ju  erfpä^en; 
menn  fie  erblidt  mcrbe,  fo  ergebe  ftc^ 
unerme§tid)cr  Jubel,  aüeö  feiere  „tai  %tft 
ber  frol)en  Sotfc^aft".  3lug  ^urd^t,  bie 
©onne  möchte  einmal  ganj  ausbleiben, 
fc^lad)teten  fte  unaufhörlich  ben  ®öttern 
unb  böl)ern  a}(dd)tcn  ber  ßuft,  beö  ^immel«, 
ber  ®rbe  Dpfer,  jumal  bem  oornel)mjien 
oon  ^^tllen,  bem  Äriegsgott,  bem  als  ebeljic 
®abc  ein  friegögefangener  iHann  an  einem 
®algen  crtjängt  ober  in  bie  I>ornen  ge= 
morfen  merbe.  ^aä)  bem  ®lauben  ben  ®er» 
manen  fd)lief  im  SBintcr  Sffioban  mit 
feinen  ®eifierfd)aaren  oerjaubert  im  Serge, 
bie  böfen  ®eifter  trieben  il)r  JBefen;  iRicfen, 
2Öeit)nac^tebuben  ober  2öeif)nac^tömid^tc 
genannt,  fotlten  Pon  ben  Sergen  f)crab» 
tommen  unb  mit  langen  -^afen  auö 
ben  IBorratefammern  ber  Sauern  S)örr= 
f[eif^  ftet)len  ober  bie  ÜJlenfd)en  in  i^re 
finftern  $öf)len  rauben.  3n  2)dnemarE 
bilbet  man  biefe  ®efialten  nad^  unb 
ein    Äned^t    mit    gefc^märjtem    ®ejtd^t, 


ilöein. 


745 


eine  in  einen  langen  igc^manj  enbigenbe 
^ferbebecfe  über  ben  Äörper  getnorfen, 
unb  einen  mit  brennenbcn  ßic^tern  bc= 
becfien  ®tocf  im  ÜJhmbe,  ttiecbt  in  bie 
j^äufer  unb  fammelt  Gipfel  unb  Slüffe  ein, 
unb  PöBt  2)rot)un9en  auö,  iaM  er  nid)t0 
bcfomme.  @ct)on  gegen  hai  ®nbe  bcr 
langen  2Binternad)t  »ar  man  mit  ^offnung 
ber  naf)enbcn  ©onnenmenbe  erfütlt;  an 
ben  brei  2)onnerftagen  vor  2öeit)nacf)ten, 
ben  brei  !)taut)näci)ten  ober  Älöpfleine« 
nähten,  jieöen  in  ©üDbeut[ct)lanb  Änaben 
cor  bie  Käufer  i^rer  '-öefannten  un^ 
mcrfen  mit  örbfen  an  bie  ^^enjler.  9hm 
fommt  bie  3^it,  wo  JßoDan  mit  ber 
Sc^aar  ber  gefallenen  gelben  al«  iüilbe 
3agb  burc^ie  ßcnb  jiebt.  ödrmt  t>ai 
*ffiueteröl)ecr  recbt,  [o  barf  man  ein  frud)t5 
bare^  5at)r  erhoffen.  5lud)  milbe  (i^öttinncn 
ftnb  im  3"9f'  %^'^^  ®obe,  gria  ober 
^olba.  Silblid)e  S5arftetlungen  aSobane 
aue  ber  2lboent0jeit  fmb  nod)  ber  ©  c^im» 
melreiter  unb  Äne^t  SRuprcc^t, 
beibeö  urfprünglid)  i^einamen  äßobanö 
felbft,  at)b.  hruodperabt  =  rul;mglänjcnb, 
unb  in  ben  ©efc^icnfen,  bie  er  tui  Äinbern 
bringt,  an  bie  Segnungen  bcö  ©ottcs 
erinnernb;  aud)  manche  ffleit)nad)tögebacfe 
aus  üebfucbenteig  foUten  urfprimglicfe 
rol)c  Stbbilbungen  beö  ®otte^  fein.  S)a« 
breitägige  Sulf^fi  felber  leitete  in  ®Eanbi= 
naoien  ein  feierlid)eö  Opfer  um  grud)!- 
barfeit  unb  ^rieben  cui;  ^erolbe  cerf iuu 
bigten  einen  brcttt)öd)entlid)en  ^ulfricben; 
auf  ben  J^öfen  fanb  gafilidje  iBemirtung 
flatt.  Qluf  ben  gelbern  unb  Sergen  lobten 
geuer,  man  pflanjte  Tannenbaume  cor 
bie  Käufer,  bie  man  mit  23änbern  unb 
ßid)tern  bct)ing.  QUö  Sinnbtlb  beö  neuen 
ßtd)teö  brannte  in  ber  ^aCle  bes  A^aufeö  ein 
mddjtigcr  iBaumtlo^  auf  bem  |)erbe,  auf 
bem  Sifd)e  jünbete  man  brciäjiige  .Rien» 
fpäne  als  ^^'li^ter  an.  3*^^^  Seute,  aU 
Sßoban  unb  griga  gefleibet,  traten  auf, 
unb  3ünglinge  tanjtcn  um  fte  einen 
©(^merttanj;  aud)  «Sommer  unb  SBinter 
ftritten  mit  einanbcr.  311^  uralte  iycftge= 
tid)te  galten  ^afcrgrü^e  mit  geringen,  bie 
aus  bem  SRücfenjlüct  eineö  frif^  gefcblac^* 
teten  ®d)n.ieinee!  gefönte  Julfuppc,  ein 
(Jbeibratcn.  Unjal)lig  maren  bie  ®ebräuc^c, 
oermitteljl  reel(^er  man  in  ber  3"ln''<^t 
Me.  jufünftige  ®efd)icf  ju  erf(^auen  uer= 
memte.  lln  tai  eigentlid)e  3"lf«fl  fc^loffen 
ftd)  als  eine  l)eilige  3^*^  bie  S^^ölf« 
ndc^te,  bie  jc^t  genau  bie  Qni  nom 
Sffieibnad)t0tag  bio  jura  6.  3anuar,  bem 
S)reiEönigeta9,    füllen.     3lu*    ^ier    ru^te  I 


alle  Qlrbeit.  S)ie  jmölf  9?äd)te  galten  al'^ 
ein  <)lbbilb  be«  fommenbcn  Jabreä;  mie 
in  jebem  ber  12  Jage  ba«  SBetter  h>ar, 
fo  erroartete  man  e^  an  jebem  entfpred)ens 
ben  ü)?onate.  IDi  annl^arbt,  Slßei^nacftta» 
bluten  in  Sitte  unb  Sage,  Berlin  1864; 
figl.  SHeinöberg'jDüringäfelb,  ha^ 
fefmd)e  3abr,  unb  äßuttfc,  Sßoltsaber* 
glaube. 

2ßcin.  2)ic  urfprüngli^en  ©etrünfe 
ber  germanifd)en  SBölEer  ftnb  iDfet  unb 
©ier  (fiel)e  bie  befonbern  ^Irtifcl),  unb 
nur  bei  einigen  iBölfcrfd)aften  Dbftmein 
ober  lit;  im  bairif^en  Sprad)gebiet  l)eigt 
lithus  eine  Sd)enfe,  litgebe  bcr  üöirt  unb 
litkouf  ber  ©elöbniätrunf  beim  "Jlbfc^luffc 
eine«  .^anbel«.  2)od)  ermäbnt  fc^on  Jacitu^ 
©ermania  23,  ta^  bie  öemobncr  ber  rö« 
mifd)en  ©renjgebiete  von  ben  Otömern 
SBein  erl)anbelten;  ben  römifdien  Urfprung 
be;ieugen  auc^  bie  ber  römifc^en  Sprache 
entnommenen  SBörter  atjD.  win  auß 
vinmn,  at)b.  winzuril,  2ßinjcr  au0  vinitor, 
al)b.  windemun,  munbartlid)  mimmeln, 
mimmen,  aus  vindemiare;  'Preffe,  lorfel 
unb  Äeltcr  aus  pressa,  torcalar,  calcitrare; 
nur  Jrotte  ift  beutfcber  "ilbfiammung. 
grub  mürben  bie  Otebbergc  an  ber  'JJiofel 
beutfd)eet  ©igentum,  feit  bem  fi.  3iJbrl)un= 
bert  mürbe  äöcin  bei  3lnbernac^  im  Speier» 
gau  unb  am  untevn  Olidnx  gebaut.  Äarl 
b.  ®r.  menbete  bem  SBembau  feine  'iluf= 
merEfamfeit  ju,  fpäter  mar  namentlid)  Ulm 
ein  eigcntlid)er  "iüemmarEt.  2ßie  ber  »er^ 
fcinerte  ®efd)mad  bcc  l)öfifd)en  ®efetl= 
f(^aft  ttn  üöein  beoorjugte,  erEennt  man 
u.  a.  baraue,  ta^  in  ben  ®ebi^ten  beo 
11.  unb  12.  3af)r^unbert0 'JDJet  unb  JBein 
nod)  regelmäßig  als  gleid)  angefcl)ene  ®e- 
tränfc  neben  einanber  erroäbiU  merben, 
mäbrenb  bie  f)öflfc^en  Siebter  bcs  13.  ^ai)i' 
bunbertä  ben  ÜJJet  fafi  gar  nid)t  mif)x 
Eennen.  2)od)  f^eint  ber  einl)eimifc^e 
Slßein,  mt)b.  ber  lantwin,  mit  '2lu0nat)me 
berjenigen  ®egenben,  mo  ben  iReben  non 
ben  SRömern  i}ti  überlieferte  foigfamere 
'i<flege  ju  ^ilfe  Eam,  nid)t  in  befonberm 
'ilnfel)en  gejlanben  ju  l)aben,  er  galt  alü 
fauer,  unb  bie  ^drte  ber  Srauben  fotl  im 
33iittelalter  baju  genötigt  ^abcn,  bieÄelter= 
bdume  aui  ben  Idngficn  unb  bidfieu 
Stdmmen  be^  SBalbe«  ju  machen.  'Ml« 
gute  eint)eimif(^e  SBeinc  maren  oorjüglid) 
Jibeinmein,  eifaffcr,  'J3o^ener  ge- 
jd)d^t;  fonfi  tranfen  bie  a3orncl)men  mit 
"Vorliebe  au  eldnbifcbe  SBeine,  oon  benen 
man  eine  reid)e  Dtamenlifie  fennt.  3"  ^«" 
Dcrbreitetjien  gehören  bcr  iDlalDafier,  ein 


746 


Söcin. 


9ried)ifd)cr  2öein  üon  91apoIi  bi  SKaloafta 
in  bet  ü)(orca,  üteüeic^t  überhaupt  oon 
®ried)cnlanb;  wie  anberc  [übliche  Sßcine 
Bejog  man  if)n  mcift  üon  Senebig.  ©in 
anberer  füblicf)«  Jöein  ifi  berSRomanij, 
Sflomonii ,  (Rommenji,  SRominere,  SRum^ 
mcnie  u.  bgl.  genannt,  auö  Sflapoli  bi 
SRomana  bejogen,  tüenn  ber  Stame  SRecf)t 
^at.  5)icfcn  ÜBeinen  an  ^IJreiö  gleid)  ftanb 
ber  SDtuöcatellcr  ober  ÜJJujiabetle;  unter 
tt)dlfd)em  2öein  ober  vinnm  latinum 
ifi  n)at)r[d)einlicf)  italienifcfccr  ju  üerfteben; 
bcr  vinnm  Rabiole,  Riviglio ,  Reinfal 
ober  Reinfan  fiammt  aui  Sfi'^'ß"  ""^ 
h)äd)fi  ju  (Profecco  bei  Stiefi.  Serübmt 
«ar  auä)  ber  cipperwin,  (Spp.ertt)ein  oon 
ber  Onfel  6.l)pern. 

Jafi  no^  lieber  alä  bie  natürtidien 
SBeinforten  tranf  tai  SÖJittelaltcr  folc^e 
aBeine,  bie  burc^  Sinfocben  oerfüft  ober 
roie  unfer  ÜJiaiwein  burd)  Söeimifcfeung  oon 
gett3Ürät)aften  Kräutern  unb  anbern 
3utbaten  »erfiärft  waren.  ©d)on  in  ber 
mcroDingi[ct)en  ßeit  ftürjte  man  gelcgent= 
lid)  ben  SBein,  hoä)  tarn  biefe  @itte  erji  im. 
11.  Sabt^unbert  in  aflgemeineren  (Sebrau^, 
unb  jroar  fcnnt  mau  aU  ältere  -yrtcn 
biefe^  ©etranfeö  ben  moraz,  lat.  moratum, 
b.  l).  SBein  über  DJJauIbeeren  abgezogen, 
®Iüt)föein  unb  eine  9}?ifcf)ung  »on  SBein 
unb  ^onig;  jur  eigentti^en  ®itte  ben 
SBcin  5U  mürsen,  würbe  es  ober  crfi  in 
ben  3eiten  bcr  .Rreujjüt^e,  unb  j^roar  o^nc 
ßweifel  in  9^a^af)mung  ber  ^ranjofen; 
bie  beliebtefien  ©orten  gemürjter  Seine 
finb  je^t: 

2)aö  pigment,  fr.  piment;  infofern 
pigmentam  eigentlid)  ein  jiarf  unb  moi)U 
rie($eiibeö  ®eroürj,  ©pejerei,  bejeicfenet,  «ar 
pigment  anfängli^  nic^tö  anbcreö  alö  ein 
mit  ©eroürjen  »erfe^ter  äöein;  bod)  tnirb 
aud)  einer  3"tf)at  »on  ^onig  für  biefen 
2öein  (Srmäi)nung  gct^an,  woburi^  berfelbc 
bie  gleiche  SBebeutung  erhält  mic 

ber  claret,  frauj.  clares,  tat.  clara- 
tnm,  claretnm;  ti  iji  ein  guter  SRotwein, 
ber  fo  lange  mit  ©etnürjen  unb  ^onig 
gemifd)t  unb  gerüttelt  irurbc,  big  crflar 
geworben  mar. 

(Sine  mobl  befonberö  auf  arjneilic^e 
aßirfung  berec[)nete  5lrt  be^  ßlaretö  war 
ber  naä)  ^ippoErateö,  bem  fpricbwörtlid) 
berütjmtefien  5lrjtc,  genannte  Hippocras. 
(Sine  anbere  "Ilrt  (£laret  t)ie§  man  ilirer 
roten  garbe  wegen  sinopel,  »on  lat. 
cinnabaris,  beutfd)  S^i^"''«'^- 

S)er  am  t)dufigjicn  Borfommcnbc  9iamc 
für  ben  angemadjtcn  Sßein  ifi  aber  lüter- 


tranc,  ein  bem  2Bort  claret  nadbgcbilbeter 
yiamc;  boc^  fcbeint  jwifdjcn  i^nen  ein 
Unterfcf)ieb  befianbcn  s"  baben,  infofern 
man  ben  lütertranc  oorjüglid)  auä  w  e  i  B  e  m 
2öein  unb  Permittelfi  fcftarfer  unb  wobl= 
riei^enber,  frifd)gewacbfener  ober  gebörrtec 
Äräuter  bereitete. 

2)02  'JJUttelalter  fennt  übrigen«  auc^ 
fdbon  gefälfdbte  2Beine,  unb  feit  bem 
14.  Sa^r^unbert  giebt  eö  obrigfeitltdjc 
iBerorönungen,  in  benen  jebe  *änbcrung 
am  aBein  »erboten  würbe:  eö  ftebt  bartn 
mand)mal,  eß  bürfe  JJiemanb  ten  ÜBciu 
anber«  macf)en,  aU  ®ott  ber  ^err  ibn 
babe  Wa(i)fen  laffen.  2)od)  fab  man  ft^ 
gezwungen,  bie  fünfili^e  Bearbeitung  »on 
umgefcf)lngenem  SBein  ju  gejiatten;  bie 
bafür  erlaubten  ©toffe  waren  anfangt 
Gerbe  unb  5Dhld) :  feit  bem  16.  Jabr^unbert 
fam  iaii  ©cfjwefcln  auf.  5lm  (Snbe 
be«  ÜHittclalterö  famcn  »on  iReicbswegen 
aBein»erorbnungen  ju  fianbe,  unb  1487 
arbeitete  ein  ju  ^Rotenburg  an  ber  lauber 
gebaltener  9ieid)S5S)ePutationö=2:ag  nad) 
bem  ®utac^ten  ber  5trjte  eine  SBeinorbs 
nung  aui(,  weld)c  nad)ber  »on  Oteicftstage 
angenommen  unb  publiziert  unb  fpäter 
nocb,,  oft  wieberbolt  unb  »erfcbärft  würbe. 

liberauö  jal)lreid)  ftnb  bie  fiäbtifd)en 
Serorbnungen  über  ben  SBeinoeifebr, 
iffieinbanbel  unb  bgl.  25a  unfers  ÜBiffeng 
eine  ßufammenfiellung  berfelben  biö  je^t 
nid)t  »orliegt,  mag  ^ier  einige«  auö  ben 
iBerl)ältniffen  mitgeteilt  werben  wie  fte 
ÄriegE  für  granffurt  berid)tet,  wobei 
»orläufig  ju  oermuten  ifi,  ba^  bie  Einrieb* 
tungen  anberer  ätäbtc  im  ®anjen  äbnlid)e 
gewefen  fein  werben. 

3n  5ranf  fürt  0.  W,  war  ber  aBeins 
Ijanbel  innerbalb  ber  Stabt  gefe^lid)  an 
bie  obrigfeiilic^  befieüten  üöeinfiecber 
gebunben,  bie  eine  eigene  3''"f^  bilbeten. 
(Sie  l)atten  nicbt  bloß  Ääufer  unb  a3ers 
fäufer  gegen  liber»orteilung  ftcfeer  ju  ftetlen, 
fon^ern  aud)  bie  bei  jebem  äßeinoerfauf 
»orgefd)ricbene  ficibtif^c  Abgabe  ju  erbeben, 
tai  fog.  iStid)gelb,  wo»on  fie  al0i)Wafler=: 
gebühr  jwei  25ritteile  bet)ielten,  ben  britten 
Seil  aber  an  bie  ©tattfaffe  abzuliefern 
batten.  2)ie  2öeinfied)er  waren  in  »icr 
®ruppen  eingeteilt,  beren  jebe  ba^i  ®es 
fd)aft  gemeinf4)aftli(^  trieb.  'iJcim  ^ranf* 
furter  aBeinbanbel  ifi  5Wifd)en  bem  in 
unb  bem  au§er  ber  ÜJJeffe  ju  unterfd)cibcn. 
'Jlud)  55rembe  burften  au^erbalb  ber  ÜJJeffe 
aBein^anbel  treiben,  jebod)  mit  ber  öin* 
fdjrdnfung,  ha^  fie  jwar  an  ^Bürger  itbt 
beliebige  Quantität,  an  ^icmbe  aber  nur 


2öein. 


747 


größere  t>orge[d)rtebene  Saften  uerfaufen 
durften.  2Jon  auegefü^rtcm  SIßein  niu§tc 
jebctmann  einen  Sluäfui^tjOÜ,  bie  Stein* 
fu^t,  beja^Ien,  ein  D^ame,  bei"  ba^er 
tüt)rt,  ia'^  urfprünglicö  jeber,  ber  ein  i^a^ 
2öein  ani  granffurt  \ü\)x,  ber  ©labt  ein 
gubcr  Steine  für  it)re  Sauten  Ijatte  ju= 
füt)ren  muffen.  Söon  Seiten  ber  Bürger 
unb  (£init>ot)ner  burfte  ber  Sertauf  uon 
SBeinen  nur  nact)  ber  granffurter  5Udie 
gefcfce^en,  i^'^f'"^^  burften  }^a\ia  einer 
anbcrn  *iid)e  benu^en.  Äein  SBein,  ber 
nicht  eigenes  ©ewäc^ß  eines  Bürgers  war, 
burfte  nid)t  anbers  als  öffentlich"  Pcrtauft, 
b.  l).  er  mu§te  äum  SSerfauf  auf  bcn  'j^iarft 
gcbtact)t  werben.  2ßäbrenb  ber  DJfefj'ejeit 
war  auct)  bcn  fremben  aBein=  unb  i3iers 
l)änblcrn  gcjiattet,  im  Äleinen  aus^u= 
fd)entcn,  boci)  mu§ten  fte  fo  gut  wie  bie 
Sürger  von  bem  ausgefdbenften  JBein  unb 
93ier'  bie  jweifactie  *iUigabe  bes  ^lieber- 
läge  gelbes  unb  bes  Ungelbes  ent= 
tidjten;  »on  bem  felbft  gctrunfenen  SBein 
aber  jaulten  grembe  wie  'öürgcr  ben  ®  ä  f! e* 
^Pfennig,  ber  in  ber  oierten  9Jk^  bc^ 
jlanb. 

"ilu^er^alb  ber 5Weffejeit  war  bas  SB  c  i  n » 
f^enfen  von  illtcrsber  nur  einem  *öür* 
ger  geftattct.  ©s  fcfccnften  aber  nid;t 
blo§  berufsmäßige  SÖeinwirte  fflein  aai, 
fonbern  alle  Sürger,  bie  2Beinbau  trieben, 
»crjapften  ibr  felbj^gewonnenes  ©r^eugni«; 
in  anDern  ©tdbtcn  war  bas  2lusfd)enfen 
befiimmter  iöeinforten  bem  SRatc  ttorbe« 
I)alten;  bagegen  übte  bet  SRat  uon  grant* 
fürt  auf  feinen  2)iJrfetn  ba^  ansfd)lie§lict)c 
5Red)t  bcäi  JöeinccrEaufes  im  kleinen  au^, 
er  befaß  bort,  wie  es  bieB,  ben  'j^ann^ 
Wein,  ein  Oicdit,  ba^  er  etwa  für  ein 
f5aß  ober  bloß  für  bie  .Kird)Weil)e  an  eine 
©orfgemeinbe  ober  an  einen  SBirt  abtrat. 
3)aö  '2luöfd)enfen  bes  eigenen  Jßeineö  war 
notwenbig,  weil  ber  gewöbnlid)e  ßanbwcin 
alä  ^anbelöartifcl  weber  gut  noc^  bauernb 
genug  war.  ©od)  mußte  ber  ißürger  äuerfi 
bie  Erlaubnis  ijum  '2luöfd)anf  uon  ben 
Otedienmeiftern  eingeholt  tjabcn;  biefe  gaben 
i^m  bann  ein  3^''^)^" '  ^'^^  ^"^  'i"  ^^^ 
SBifterer  abgab,  bie  it)rerfeitö  bie  nötigen 
SBorbercitungen  für  Dieinl)eit  beö  ©eines 
unb  für  (Erlegung  ber  *ilbgaben  trafen, 
©tetö  War  bie  ©rlaubniä  ^um  2Beinfcf)enEcn 
auf  4  2Boc^en  bcfd)ränft.  SBer  jene  er« 
l^alten  liatte,  ließ  feinen  SBein  unb  beffen 
^reiö  in  ben  Straßen  aufrufen  unb  ftedte 
über  feine  ^auötl;üre  ein  ^Jlbjeidien  auf, 
ba^  im  (Segenfa^  ju  ben  2BirtSbausfd)ilben 
in  einem  grünen  Sufc^,  Bweig  ober 


Strobbünbel  beftanb;  folc^e  temporäre 
Sd)cnfen  bicßen  5öufd)=  ober  Strauß* 
wirtfd)aftcn.  2)as  Qlnftcd)en  jebeei  ;um 
23erjapfen  befiimmten  »paffes  gcfcf)ab  burd) 
bie  Sifierer  ober  Ungelber.  2ßein* 
f  n  ed)te  l)ießen  biejenigcn,  wcldje  ben  ÜBein 
aufriefen  unb  in  ber  ÜBobnung  be^  *3lug* 
fdjenfers  bas  '■ilbjapfen  unb  *J(uftragen  bes 
^Beines  bcforgten;  aud)  fte  flanben  im 
2)ienfte  ber  Dbrigfeit  unb  bilbeten  eine 
eigene  3unft;  fein  2Birt  burfte  me^r  als 
jwei  2BcinCned)te  in  Sienfl  nehmen,  ben 
einen  als  Sßcinjapfcr,  ben  anbern  als 
ißeinrufcr  ober  iffieinfager.  3n  ^er 
*Jtegel  burften  bie  2öeinwirte  nur  jwei 
Sorten  ober  jWei  3apfen  juglei(^  fci)cn= 
(en,  nur  ausnabmswcife  brei  ober  gar 
uier.  33eibe  3'^Pf^'^  mußten  iierfd)iebenen 
*;?iei^  t)aben,  ben  ber  iRat  feflfe^te,  oft  jum 
*üerbtuß  ber  SBirte.  23or  ber  .^austbüre 
pflegte  bcö  üßirteö  Seinfnec^t  ben  2öein 
,^um  *Berfuc^en  barjureidicn.  3^'^'^'^^^'^^ 
"ßerorbnungcn  unb  Verbote  jeugen  üon 
bem  oft  bunten  unb  wilben  treiben  in  ber 
2Birtsfiube. 

51ußcr  ben  eigentli^en  üßein*  unb 
iöier haufern,  ben  für  beftimmtc  Äreife 
bcftebenben  Irinfftuben  unb  ben  tem« 
poniren  SIßirtsbäufern  ber  weinausfd)enten* 
ben  ©ürger  gab  ed  ©afll^äufer  für 
grcmbe  ober  Verbergen.  S)ie  SriuE* 
ftuben  waren  Sffieinjluben  für  gefd)loffene 
Korporationen  ober  iBereine  unb  febr  »er* 
breitet;  es  gab  folcfee  für  bie  iRatömit* 
glieber,  bie  3ünfte  unb  anbere  f'og.  totu» 
iicngefellfd)  aftcn.  2)ic  eigentlichen 
'ißirtshäufcr ,  b.  i.  bie  bleibenben  ffiein« 
unb  Sierfd)enfen,  würben  oorjugsweife  oon 
folchen  beuten  befud)t,  Weldie  wie  bie  nid)t* 
künftigen  ^anbwerfcr,  bie  ^aiibwert'sfnechte 
unb  2)ienflboten  feine  Srinfjiube  h>3tten. 
äd)on  früh  war  eine  bcftimmte  Stunbe 
beö  Iffieggebens  feftgcfe^t  unb  in  allen 
bcutfd)en  gtäbten  bie  Q;invid)tung  getroffen, 
ta^  biefelbe  buvd)  bas  Süuten  einer  ®locf  e, 
ÜBeinglode,  le^te  ®  lo  de  ober  lange 
®lode  angefünbigt  würbe;  in  ber  beffern 
3al)reshälfte  „läutete  man  bie  legten"  um 
9,  in  ber  f^djlimmen  um  8  Uhr;  ber  2ßeci)fel 
trat  an  SWariä  «Berfünbigung  (25.  SDJärj) 
unb  an  ©attu^tag  (16.  Oft.)  ein. 

Selten  fam  man  im  SDJittelalter  ju 
einem  gemeinfchafllic^en  @efd)äfte  jufam« 
men,  ohne  babci  fflein  ^u  trinfen ;  unb  ia 
1"elbp  ftäbtifd)e  unb  Otatsgefi^äfte  nid)t 
ohne  SBein  abgehanbelt  würben,  fo  war 
es  für  bie  fläbtifdien  Obrigfeiten  geboten, 
einen    SRatsf eller   ju    f)aben:    lag   bie 


748 


QBein. 


@tabt  im  Söeinlanbc,  fo  pflegte  ber  SBcin, 
meldten  bic  6tabt  »on  i^rcn  eigenen  [Reben 
ober  alö  S^n^t  Abgabe  u.  bgl.  crf)telt,  {)ier 
abgelagert  ju  «erben;  mand)erortä  war  e^ 
aud)  ber  ©pital,  in  beffen  Getier  ber 
<!dbtifd)e  Sffiein  lag.  93ei  fefiltd^en  ©elagcn, 
93ürgermeifiertt)af)Icn,  beim  93efud)  f)ober 
55ürjiten  ober  ®efanbt[(ä)aften  föurbe  mit 
fldbtifctiem  3Beine  aufgewartet,  maä  man 
Söeinfc^enfinen  ^ie§. 

3tt>ar  bejiefit  ftd;  ber  Segriff  bcä 
Srinfeng  äugleic^  auf  bie  übrigen  ©e^ 
tränfe,  bocf)  mag  ^ier  einige«  QiUgemeinc 
über  biefe  befannte  0iarional=2eiben[(^aft 
ber  ^eutfc^en  jufammengefteüt  morben 
9[)?ptf)ologic  unb  ®ef($id)te  erjdblen  fc^on 
aa^  dltefter  3^*^  com  Srinfen  ber  ®er= 
mancn;  in  SZÖaUjatI  tranfen  Dbin  unb  bie 
Sinöericr  SD?et  unb  SBier  au^  bcn  ^irns 
fcfiäbeln  ber  übcrmunbenen  ^t'iit'c;  al^ 
®(i)enfmäb(i)en  bienen  bie  SBaltüren.  5lu0 
bem  SlranEe  eineö  göttli(^en  SO?et  erlangt 
man  nacft  ber  (^hha  2i*eiä^eit  unb  2)ic^t^ 
fünft.  @o  maren  bic  ®ermancn  aud) 
große  ^reunbc  fon  ®clagcn  ;  gcmetnfd)afts 
Iid)e  Opfer  unb  gefte,  bei  benen  ju  (S^ren 
ber  ®ötter  geroaltigc  mit  ©über  be|'(^Ia= 
gene  5luerod)fenf)örner  geleert  n?urben, 
maren  bäufig.  ©in  gatlifdjer  i8ifcf)of  beö 
6.  3a^rf)unbertei ,  SBenantiuö  5?ortunatu«i, 
ber  folc^en  ©efcUfdiaften  bcigett)ot)nt  ^atte, 
berichtet:  „©dngcr  fangen  ßieber  unb 
fpieltcn  bie  ^arfe  baju.  llmi)er  fa^en  Qiu 
börer  bei  a^ornen  93e(^ern  unb  tianfen  mie 
(Rafenbe  ®efunbl)citen  um  bie  aSctte.  Slöer 
nid)t  mitmad[)tc,  mavb  für  einen  S;t)oren 
get)atten.  Tian  mu§te  ftd)  gtüdlic^  preifen, 
nad>  bem  S;rinfcn  nod)  ju  leben."  33ünbj 
niffe  auf  l'eben  unb  Job,  *Berträge  unb 
öffentliche  J^anblungen  mürben  beim  Srunfc 
abgefc^loffen,  ber  JrunE  gel)örte  unter  bie 
gotteöbienfilid)en  ^anblungen ;  in  ben  Sem^ 
peln  mürben  bie  ®ott  gemeil)ten  93ed)er 
burd)  bie  Dpferflamme  gehoben,  unb  ber 
erfie  ju  Sßobanä,  ber  anbere  ju  Zhori  unb 
gretjaö  iBerel)rung  geleert,  ber  brittc  galt 
bem  ®ebä(^tniö  berühmter  gelben,  ber 
oicrte,  3[)^innebed)er,  bem  2lnbenten  gefc^ie^ 
bener  gi^^^'^^f-  ^"^  ^^f  ^^"  ®rdbern 
feierten  fte  ®afigelage  unb  ficHten  ben 
SSerftorbenen  ©peife  unb  2;ranf  \)m.  Äein 
JBunber,  wenn  ber  ernfie  SRömer  an  mehreren 
©teilen  feineö  ©üd^Ieinä  (Sacitu^  ®er= 
mania  22  unb  23)  ber  Srunfleibenfc^aft 
ber  ®etmanen  ßrmäbnung  tj[)ut  unb  feit^er 
eine  fafi  fortlaufenbeÄette  äl)nlid)et  9^ac^= 
rid)ten  ju  ®ebote  fiet)t;  namentlich  fpielt 
babci  t>ai  2Bett=  unb  3utiinfcn  ci"e  gi^oB<^ 


SRoüe;  basfelbe  mirb  fc^on  crmätjnt  öoti 
(Priecug  bei  ber  i8efd)reibung  eineö  2ltti» 
lafc^en  ©afigeboteö,  wobei  a\xä)  2)eutfc^e 
anmefenb  waren,  ©obalb  bic  römifdben 
®efanbten  baö  ®emad)  betreten  I)atten, 
brad)te  il)nen  ein  ©d^enf  einen  ißec^er  jum 
Irinfen  bar.  hierauf  eröffnete  ber  ßänber* 
bejwinger  bai  ®elagc  mit  einer  ®efunb? 
I)cit,  bie  er  ben  t)ornet)mjtcn  feiner  Jifc^« 
genoffen  aufbrachte  unb  bie  biefe  jicbcnb 
erwiberten;  fpdter  forbertc  er  feine  ©äjle 
m  einem  allgemeinen  Irinf  gefed)t  auf. 
5ihnlid)  flingt  bie  befanntere  ©d)ilberung 
bcö  Stttilafchen  „2Beinturnierö",  bie  Sde* 
hart  im  Sßalthariliebe  niebergelegt  hat. 
2Bieberholt  erliefen  fränfif(^e  ©pnoben 
©rlaffe  gegen  3;runffud)t  ber  ®cifiU(^feit. 
3war  Äarl  b.  ®r.  h'elt  audh  ^n  OJia^; 
er  War  fein  gi^^unb  oon  ©aftereien  unb 
fud)te  burd)  mand)erlei  SSerorbnungen  bem 
ßajter  feinet  35olfeö  entgegenjuwirfen;  ba? 
gegen  l)at  ftd)  ßubwig  ber  £)eutfd)e  im 
25ertrage  r>on  SBerbün  auöbrü(fli(^  bie  fen* 
fcitö  bet^  (Rh«u0  gelegenen  93i3tümer  ©peier, 
aSorm^  unb  Tlain^  beöhalb  auöbcbungen, 
weil  fte  ftarfen  SBeinbau  hatten.  5lud^ 
bie  Sebeutung,  welche  i>ai  ©chcnfenamt 
an  ben  $öfen  be^  SDIittelalter«  befaf ,  fprid)t 
für  bte  Sebeutung  be^  SBeingenuffe«.  2)ie 
höfifche  3ucht  jügelte  für  einige  3«**  ^'« 
wilbe  ßeibenfdiaft,  wofür  e^^  in  ben  2luö* 
fprüdjen  ber  Siebter  manche  Selegc  giebt; 
bejto  fd)Iimmer  würbe  eö  in  ben  folgenbcn 
3ahrhunberten,  jule^t  befonberö  im  15. 
unb  16.,  Welche  bie  93Uiteäeit  ber  bcutfd)en 
©auferei  ftnb.  2)ie  3eugniffc  bafür  ftnb 
unjählbar,  aüe  ©tänbe,  oorab  aber  ber 
?ibcl,  bann  bie  53ürger,  ©tubenten,  ßanbä» 
fnechte,  bie  ®cipii(^en  brauten  bem  Srunf« 
®otte  ihren  3oü.  35ie  ©hronifen,  5.  ©. 
bie  3i"if"f'^f<^^f  ©atiren ,  wie  tai  dlair^ 
renf^iff  (Aap.  16),  gaönachtfpiele ,  bie 
@d)riften  beö  ^anö  ©a^ö,  namentlich  audh 
bie  ©elbjtbiographie  beö  SRitter^  ^ani 
t>on  ©d)Weinichen  ftnb  »oü  9J?aterial 
jur  ®efd)ichte  ber  ©auferei;  ein  grolBcr 
Jrinfer  ju  fein,  war  eine  ®hte,  unb  ber 
genannte  ©d)Weinichen  erjäl)It  einmal: 
„^abc  auf  biefem  9f{itt  im  SJleich  grofe 
Äunbfchaft  befommen  unb  mir  mit  meinem 
©aufen  einen  großen  Dramen  gemad^t." 
Unter  ttn  fatirifd)<moraltfd)en  ©d)riftert 
be«  16,  Sahrhunbertö,  bie  bcn  9'Jamen 
„Seufcl"  tragen,  fehlt  natürlich  aud)  ber 
„©aufteufel"  nidht. 

@rfreulid)er  aH  biefe  bi«  inö  18.  Jahr* 
hunbcrt  bauernbe  @rfd)einung  ijt  bas  »auf* 
fommen  ber  aßeinpoefic.    5Dcr  höftfchcn 


aPeifenbc  lietc  —  SPci^funic«. 


749 


S^rif  iji  nod^  jebeö  2Bcin=  unb  Srinfmotio 
frcmb;  bie  cr^c  2Beinpoejic,  ein  ©ptud)= 
9ebi(i)t  in  SRcimpaarcn,  genannt  ber  9Bctn  = 
fcbroelg,  fiammt  fd^on  auä  ber  ^mcitcn 
^älftc  bcö  13.  Jabrbunbertö  unb  fcftilbcvt 
t)öct}fi  crgö^lid)  einen  ^Hiin'S^dfn,  ber  in 
icgclmä^igcm  J^O'^^f'^'^itt  —  dö  huob  er 
uf  nnde  tranc  —  [eine  Jlannc  mit  SBein 
leett,  bcnfclbcn  preift,  forttrinft  unb  fort= 
trinft,  biö  er  am  6(l)Iu^  beö  ®ebirf)tcö  — 
tx^  eigentlid)  anl)ebt  ju  trinfcn.  fSrft  im 
14.  3a^rt)unbcrt  tritt  mit  bcm  SBolfeilicb 
au*  baö  2rinf=  unb  (5^cfeIIfci)aftölieb  auf, 
bae  \ii)x  t)citere  93Iiitcn  getrieben  bat,  unb 
tt)enn  ber  Sprud^  „»er  nicfct  liebt  fflein, 
2öeib  unb  ®cfang"  u.  f.  tv.  nud)  nid)t 
üon  ßutbcr  l)errül;ren  [oüte,  fo  bejeid)net 
er  bocf)  ben  3nl)alt  bee  ÜSolfdliebes  feiner 
3eit,  tai  neben  ber  Siebe  unb  bem  ®cfang 
namcntlicf)  ben  Sein  bcftngt:  „^er  liebfie 
Suhlen,  ben  id)  ban,  ber  leit  beim  2öut 
im  Äeller,  er  bat  ein  böljin  Otöcflein  an 
unb  bei^t  berSDJuöfateüer."  @ä  finb  mcifi 
©c^Iemmerlieber,  bie  ein  ^anö  D^neforge 
in  bie  2öelt  binau«  ftngt,  ober  mutmiüigc 
®efeüfd)aftölieber,  ttjo ju  aud)  bie  50?  a  r  t  i  n  0= 
lieber  ge()örcn;  ügl.  Uljlanbä  SBoIföIiebcr, 
9?r.  205  ff-;  ^offmann  ü.  %.,  ©efeü^: 
fd)aft0licbcr,  Ulx.  174  —  265.  (ärgö^Ii* 
Pub  aui)  bie  auö  SWariengrüfen  pQro= 
bierten  aSeingrü^c  unb  SOcinfcgen 
beä  JJürnbcrger  SBappcnmaler«  ^ai[i  SRofen« 
t»Iüt,  genannt  ber  ©cfenepperer. 

Qln  ben  Irunf  fnüpft  fid)  enblid)  aud) 
i>ai  Jrinfgefä^  unb  tai  %a^,  in  meiterer 
ßinic  Sifd),  <Bt\i\)\  unb  ©d)enftifcf).  Daß 
ältefte  2;rinfgefd)irr  if^  hai  ^orn,  unter 
Umftäuben  mit  ©über  eingefaßt  unb  bics 
jum  12.  3a{)rbunbert  in  ®ebrau(^:  in 
51a(^en  wirb  nod)  boö  .^orn  RaxU  b.  ®r. 
unb  in  93raunfd)tt)eig  basjcnige  .^eintid)* 
be«i  Sorten  aufbewahrt.  *Muei  uralter  3eit 
wirb  t>on  ©d) ab  ein  erfd)Iagener  j^einbe 
berid^tet,  auö  bencn  bie  (Sermanen  ge= 
trunfcn  l)ättcn;  bei  ben  ßangobarben  f)ie6 
biefeö  ®efä§  schala.  Später  traten  jum 
Jeil  nad)  römifd^em  SDluftcr  ro^geformte 
®cfä^e  auö  ü^etaK,  33ronce,  ©ilber  ober 
®oIb,  auf,  bercn  ©runbformen  ber  Äeld^i 
unb  ber  iPcc^er  ftnb.  ®iehe  ben  5trt. 
®efäBe.  Qlud)  böljernc  iöed^er  Waren 
im  ©raud),  au^  5tborn^  ^idfiten*  unb  3?uf;= 
baumbol^;  aber  ber  SSorne^me  bcbiente 
ftdb  wcnigfien^  bei  5efJtid)feiten  ber  metal^ 
Icncn,  jum  Seil  mit  (jbelfieinen  gefd}müdf 
ten  $ofale,  auf  wcUte  man  feit  bem  10. 
unb  II.  3a^rhunbert  fiel  ®clb  unb  *}trbcit 
»crwcnbete.     3m  12.  unb  13.  3af)rbunbert 


Werben  Äöpfc  unb  ©dualen  al«  üblid^e 
irinfgcfäfie  genannt,  jener  ein  bem  .Retef) 
üerwanbte^  balbfugclförmige« ,  auf  einem 
5u§  ftebenbeö,  bicfe«  ein  flad)gewölbte^ 
2rinfgefä§  ot)ne  gu^.  Unmäßige  3e*er 
tranfen  auöÄannen.  iDJit  ber  3eü  pcr^ 
mel;rte  fid)  bie  ®rö^e  ber  .ftöpfe  unb 
pumpen,  d^nlid)  wie  man  eine  (Sbre 
barein  p  [c^en  anfing,  ungeheure  gaffcr 
im  j^eüer  ju  haben.  .Rurfürfi  3ohan  Äafi- 
mer  »on  ber  IJfalj  lie^  1591  ein  f^a^  oon 
132  SJubern  jimmern;  1664  Iie§  Äarl 
ßubwig  ein  grö^ereö  t>on  204  gubern  auf- 
fteücn,  biö  enblid)  Äarl  Shcobor  tai  jc^igc 
5a§  ju  |>eibelberg  non  250  Jubern  bauen 
liep;  eö  wuree  1752  am  SWartinetage  juerfi, 
fpdtcr  nod)  brei  Wal  gefüüt;  feit  1769 
lieht  eß  leer;  noc^  größer  waren  bit 
Äönigfieiner  j^äffer,  bercn  grö§tcö  1725 
erbaut  würbe,  34  5u§  lang  unb  24 
Jug  ^od)  war  unb  600  (Simer  mehr  al« 
tai:  ^eibelberger  %a%  fa§tc.  —  fflacfer« 
n  a  g  c  I ,  Mete  Bier  Win  Lutertranc  in 
ben  n.  ©d)riften  I;  Äriegf,  Sürgertum, 
I,  31bfd)nitt  16;  ©d)ul6,  pfifche» 
Sehen,  I,  Qlbfd)nitt  4-,  T)eutfd)cr  ilrunf. 
Äulturhifiorif($e  ©tiäjen.  Scipjig,  1863; 
JR.  ©d)ul^e,  ®cfd)ic^tc  iti  SBeinö  unb 
ber  Irinfgelagc,  Serlin  1 S67 ;  Uf  0  r  b  h  0  ff, 
ber  pormalige  2Beinbau  in  ffJorbbeutfdh* 
lanb,  anünfier  1877. 

SBeifcnbe  Xkn  nennt  bie  !ö?i)tpIogic 
foldhe  2;icre,  weldf)e  auf  göttli(^en  9tat= 
fdhlug  bem  SJtenfd^en,  ber  ju  irgenb  einem 
ißorhaben  ben  SBeg  ni(^t  tennt,  bie  Oiid)s 
tung  bahin  weifen,  fei^,  ta^  e^  gilt  eine 
iRieberlaffung  ju  grünben,  ©tobte,  Sßurgen, 
Äirdien  ^u  bauen,  einen  Soten,  befonber« 
einen  ^eiligen  ober  einen  ißcrbammten,  ju 
befiatten.  ©i^on  bie  Hebräer,  ®tied)en 
unb  iRömer  fcnnen  bie  weifenben  Siere; 
in  ber  beutfrfien  ©age  finb  cä  namentlich 
SRabe  unb  2Bolf,  bie  Sicblinge  Sßoban^, 
bann  ber  Sär,  ber  -^lirfch  unb  bie  ^ünbin, 
etwa  fo,  ba§  ber  |)irfd)  S'iöf^".  ^^^  ©ticr 
.^irten  unb  ber  SIBolf  .gelben  ben  ffieg 
weift.  Qlu^  in  ber  Segcnbe  be«  hl-  ®allu« 
geleiten  jwei  nod)  ungejähmte  *)3fcrbe  ben 
aSJagcn  mit  bcm  ©arge  be«  .^»^iligen;  bct 
^I.  Suciuä  oon  ©hur  fpannt  jwei  wilbc 
SDalbbüffel  in  einen  Darren  unb  fä^rt 
mit  ihnen  nach  ber  ^cimat.  ®timm, 
9J?9thologie  1093. 

SBei^fumg  hci§t  eine  t>on  .Kaifcr  aWafi= 
milian  entworfene  unb  banbfd)riftlidh  hin« 
terlaffene  aüegorifd^c  (i*efdiid)te  in  !Profa, 
bie  1775    mit  .^oljfd)nitten    ju    2Bicn    in 

4S 


750 


SBcietüract  —  Sßetgelb. 


^olio  ^erauöfara.    2)et  „Weife  Äunig"  iji 
beö  Äaiferg  ^ater. 

SBctötümcr  t)ieBen  bie  mittetaltetUcfien 
Qlufjei^nungcn  bct  |>of*  unfc  SDorfred^te. 
23crcinjclt  finben  ftc  ftct)  fd^on  [eil  bcm 
8.  3at)r^unbert,  in  gtö^eret  3«^^  t^^t  bem 
13.  3al)xt)unbett,  bi«  ftc  mit  bem  14.  3a^r* 
^unbcxt  in  fafl  unüberfet)bater  SOKiffc  in 
bcn  meificn  ®egenbcn  2)cut[c^lanbö  jum 
23ot[(i)ein  fommen.  S)a  cö  größere  Öanb= 
f(J)aften  umfnffenbc  9fted)tönormen  im 
93auernred)t  gar  ni^t  gab  unb  ieber^cin« 
jelne  ^of  [ein  tnxö)  ^etfommen  ober  Über« 
einfunft  beö  ^errn  mit  ben  Untertfianen 
cntmicfelteä  eigene^  SRec^t  be[a^,  [o  Ratten 
bie  ©auern  3ntere[[e  baran,  bie  geltenben 
tRect)tö[ä^e  immer  oon  neuem  in  (Srinne= 
rung  ju  bringen,  bamit  bem  J^crrn  bie 
3JiögIi<ä)feit  benommen  mürbe,  [ein  iRed)t 
njiüfürlic^  weiter  auöjube^nen.  S«  mar 
bat)er  Sitte,  ha^  an  beftimmten  Jagen, 
wo  bie  ganje  ©emeinbe  [xä)  Der[ammelte 
unb  bcr  |)err  ober  [ein  SSertreter  jugegen 
War,  be[onbcrä  in  ben  ungebotenen  ®i' 
richten  (jie^e  25ing),  bie  wi^tigflen  ^itditi- 
fä^e  auögc[proc£)cn  würben,  welche  fid)  [o 
»on  ®e[(^lect)t  ju  @e[c^Ie4)t  weiter  fort« 
erbten,  ©päter  »crjeic^nete  man  bie  (Re(ä)tä= 
[d^e  unb  lag  fic  in  ben  ©eric^ten  cor. 
SDag  iRed)t  »erlefen  ober  au^  ber  Srinne» 
tung  mitteilen,  f)ie§  nun  bog  SR  e  d)  t 
wei[en,  eröf[nen,  unb  bie  barüber 
aufge[e|te  Urhmbe  aBeigtum,D[[nung, 
mbb.  wistnom,  oifenange,  in  Saiern  ehaft- 
recht,  in  Dfterreid)  pantaiding.  5Die  gorm 
bcö  2Bei[en9  war  »er[(^ieben:  balb  werben 
bie  ©ct)ö[fen,  bie  ®erid)täper[onen  ober 
alle  Scanner,  wel(^e  am  beften  hai  ^et« 
fommen  fennen,  nur  im  Qiügemeinen  au[= 
geforbert,  atleg  wag  fte  »om  9fled)t  miffen, 
augju[agen;  balb  t^ut  ber  9iid)ter,  *-8e» 
amte  ober  ^err  einjelne  ^'^'■19^"  ""^  ^i^ 
Oemeinbeglieber  geben  barauf  iljre  Qlnt» 
Worten;  ift  it)nen  babei  etwa«  nic^t  tioü= 
[tdnbig  bcwugt,  [o  üer[prc(^en  fic  ju  ant* 
Worten,  [oweit  eg  fte  Sinn  unb  ffii^  te^re, 
ober  [ie  etflären,  ba^  fte  feine  Snt[<^eis 
bung  wüßten,  weil  if)nen  ein  [ol^er  ?^all 
noc^  nic^t  eorgefommen  [ei,  ober  fte  bitten 
ft(^  jur  *}(ntmort  einen  [pätern  Termin 
aug.  ÜRit  ber  ^ät  jog  man  jur  [c^ri[t= 
liefen  5lufjeid)nung  ber  ffieigtümer  iRotare 
ober  [onjiige  Schreiber  ju,  weldje  bie[elben 
in  ber  ^orm  oon  iJ'^^S^"  ""^  Qlntwortcn 
ober  in  bcrjenigen  üon  einjelnen  JRcd^tgs 
[ä^en  rebigiertcn;  man  [d^rieb  [ie  auf  ein* 
jelne  ©lätter  ober  ^ergamentfircifcn  ober 
trug  fte  in  Sucher  unb  Olegiper  ein.   SHuä) 


bie  fpät  niebcrge[c^riebcnen  Söeigtümer  ent* 
galten  meijl  [ebr  alte  9'{ecfetg[ä^e,  wcldbc 
[ci)on  [cit  3'^'f)>^^un^ßtt£n  gegolten  Ratten, 
unb  man  wu^te,  ba^  man  altbergebra^teg 
SRe^t  mitteile;  bie  Schöffen,  ^ei§t  eg, 
wei[en  bag  iRcc^t,  wie  fie  eg  Don  ben  23or* 
fal)ren  unb  ibren  ÜRitbrübern  erlernt  unb 
gel)ört  £)aben,  unb  {)alten  eg  für  (Pflid)t 
il)rer  Dfiadifommen,  eg  unangetafiet  fpdtern 
©enerationen  ju  überliefern.  SOJan  f^rieb 
bie  alten  SBeigtümer  wörtlich  »on  neuem 
wieber  ab,  felbfi  bann,  wenn  bie  oeränber* 
ten  ißerf)dltniffc  eine  iünbetung  erforberten 
unb  fügte  blog  einjelne  neue  ©d^e  ^inju. 
35er  ^n\)alt  ber  ilBeigtümer  iji  fe^r 
mannigfaltig,  je  nac^bem  bie  'Sauern  frei 
ober  unfrei  [tnb  u.  f.  w.  (Einige  2Beig« 
tümer  ftnb  blo§e  JDorforbnungen,  anberc 
^ofred)te.  Sg  giebt  ÜRarf*  unb  Jorjlroei«* 
tümer,  rneldjc  ftcb  nic^t  auf  eine  einjelne 
©emeinbe,  fonbern  auf  bie  iRec^te  mef)rercr 
S)örfer  an  ber  gemeinen  9JJarf,  auf  ÜRarf« 
freöel  u.  a.  bejiet)en;  ferner  Sergre(^tc 
für  üöeinbau  treibenbe  2)örfer,  ©renjweig* 
tümer,  3«i^I«i^re(^te,  2Baf[errecbte,  Deic^» 
unb  2)iü^)lenre(i)te ,  ^ifc^ereiweigtümer, 
gdl)rweigtümer,  gturorbnungen,  Äird^en« 
rechte,  ©en  Hauptinhalt  bilbet  bie  Stellung 
ber  ©emeinbe  jum  Öanbeg»,  ®erid)tgs,  33og* 
tci*  unb  ®runbt)erren;  bie  3i^I  "nb  33e= 
fc^affen^eit  bcr  einjelnen  ®üter  wirb  auf* 
gejeic^net,  bie  5lbgabcn,  3inff"  ""^  j^rofjn« 
bcn  aufgejd^lt,  bie  23etpflid)tungen  beg 
Herrn  genannt,  bie  ®runb[d^e  mitgeteilt 
über  bie  33crcrblic^Eeit  unb  Übertragbarfeit 
ber  ®üter,  Strafen  für  nieberc  Jreoel  u.  a. 
9^ac^  Stobbe,  gflec^tgqucaen ,  I,  585  ff. 
S)ie  bebcutenbfie  Sammlung  »on  2ßeig= 
tümern  mürbe  feit  1840  oon  3acob 
®rimm  neranfialtet  unb  nacf)  feinem 
Jobe  fottgefe^t. 

SBcrgelb,  a^b.  werigelt,  ju  al)b.  ver  = 
SDJann,  alfo  eigentli^  iDknngelt,  war  im 
altgermant[c^en  SRec^t  bie  bejümmte,  gegen 
2;ob[c^lag  an  bie  '33lutg[ieunbe  ju  ent* 
ri(^tcnbe  Sufe;  bie[elbe  würbe  alg  33e« 
friebigung  unb  @ül)ne  für  ein  "^erbrec^en 
gegeben,  unb  bcjeic^nete  ben  2öert,  woju 
jeber  na^  feinem  Staube  in  bem  ®emcin« 
wefen  ge[4)ä|st  unb  »ct[tcf)crt  war ;  ux- 
[prüngli^  enlfprac^  bag  Sffiergclb  bem  fflcrt 
ber  H"f«'  2)ie  gorberung  beg  SBergelbeg 
ging  Don  ben  Sötutgfreunbcn  beg  ©rfc^la« 
genen  aug,  bie  jcncö  aud)  unter  ftc^  Der« 
teilten,  unb  ebenfo  waren  bie  Slutgfreunbe 
beg  Ibdterg  genötigt,  ju  bem  geforberten 
■JBcrgelb  beizutragen  ober  eg  unter  Um* 
fidnben    ganj  ju  jaulen.    2Bilba  unter« 


2B«th)oIf  —  fffiielanb. 


751 


((Reibet,  Strafrec^t  ber  ©crmancn,  S.  371, 
folj^cnbc  i:'crfd[)iebene  Stufen  in  ber  (Snt» 
mictlungögefcftic^te  be^  SBergcIbeö.  1)  Sä 
iilbcte  ftc^  unb  bcflanb  neben  bcm  ältcficn 
auf  j^ricblofigf cit  gegtünbeten  ©traf- 
tecf)t  unb  voax  tt)cber  ©egenj^anb  ber  ®e- 
fe^gebung  nod)  ber  SRed)t8pf[ege.  2)  6^ 
JDurbe  eine  SHecf)töinfiitution,  bie  baju 
bientc,  bie  ^^amilien,  o£)nc  notwenbigc 
SRücffid)t  auf  bcn  Später,  lebigtic^  um  it)rcr 
felbft  wiücn  ju  oerföf)nen.  3)  So  mürbe 
ber  Familie  jur  ^pid^t  gemacht,  jum  Sßers 
gelb  beijufteuern,  bamit  ber  S^ulbige  felbfi 
ftc^  üon  weiteren  folgen  feiner  5ll)at  be= 
freien  !önne,  ohne  ta^  jener  eotigc  ®e« 
fici)täpunft  ganj  ertof*.  4)  Die  (Sefe^e 
befd^ rauften  biefe  !18f(icf)t  ber  ^ittii'icn,  bi« 
fie  babin  famen,  jebe  notwenbigc  33etei= 
iigung  aufju{)eben  unb  bcn  ©runbfa^  auf* 
jufieücn,  e^  foüe  ber  %\)'atn  aüein  für 
feine  ®(f)ulb  bü§cn,  mit  'Mu«fd)lug  jeber 
fubfibiären  |>aftung.  2)a^  2ßergclb  naljm 
nun  ganj  bie  JJatur  einer  ©träfe  an;  eö 
tt3ar,  nebfi  bem  beim  Sobfc^Iagc  ju  jol)« 
lenben  griebcnägelbe,  rein  an  bie  ©teile 
ber  ben  ©d^ulbigen  trcffenbeu  Jricblofigteit 
getreten.  5)  ßäs  war  biefeö  auc^  nid)t 
etma  nur  in  Sejici)ung  auf  bcn  Sobfc^Iag 
ber  %aü,  fonbern  eine  DJ^enge  anberer 
iDJiffettjaten  fotlten  nact)  bcn  gcfc^lid)en 
SJeftimmungcn  mit  bcm  SBcrgelbc,  unb 
jwar  balb  bcö  25erle|ten,  balb  beö  ©(^ul= 
bigen  gebüßt  werben,  of)ne  ta^  fic^  bafür, 
Wann  man  t)ai  eine  ober  anberc  gcwät)lt 
'i)Cit,  eine  fefte  iRegcl  auffinben  lägt.  3"' 
bem  man  bann  biefcö  SBcrgcIb  aucf)  oer= 
»iclfac^tc  unb  teilte,  war  ea  §u  einem  all* 
gemeinen  ©u^fo^  geworben. 

SBeröJOlf,  mt)b.  werwolf  uon  afjb.  wer 
=  Ü)Jann,  alfo  ÜJtannwolf,  ift  nad)  einer 
bei  flaoififjcn,  romanifcf)en,  fcltifi^en  unb 
germanifd)cn  Sölfern  bcrrfi^enbcn  'iln= 
fi^auung  ein  in  einen  Sffiolf  ocrwanbeltcr 
SRenfd);  bie  5lnna^me  ber  SBolfägcftalt 
Ijängt  oon  bem  Überwerfen  einc^  2öoIf; 
gürtelö  ober  3BoIft)embö  ab;  wer  btcfc^ 
anlegt,  erfäf)rt  Ummanblung  unb  barferjl 
am  jei)nten  lag  in  menfd)Iic^c  ®e|lalt 
jurüdfcl;rcn;  nac^  anbern  Sagen  mu^  er 
brei,  ftebcn  ober  neun  Jage  in  bem  SQBoIfö^ 
leib  beljarrcn;  mit  bcm  'üuöfebcn  nimmt 
er  jugteic^  SZBilb^cit  unb  beulen  beö  Sffiolfeö 
an  unb  jerfieifc^t  wäIbcrbur(^Preifenb  *illleä, 
Waö  ibm  in  ben  2öcg  Eommt.  ^n  ben 
^eyenprojeffen  fpieite  biefer  Qibergtaubc 
eine  gro§c  iRoIIc,  unb  jwar  war  l)ier  bie 
gewöhnliche  Qlnna^mc,  bie  33erwanblung 
werbe  burc^  einen  um  ben  ßeib  gebunbnen 


SRiemen  bewirft;  ber  ©ürtei  fei  nur  brei 
ginger  breit,  unb  aui  ber  .^aut  eineö 
9!JJcnfcf)en  gefc^nitten.  iBon  natürlichen 
üßölfen  foü  ein  Sßcrwolf  an  feinem  ab? 
geflumpften  ©d)Weif  ju  crfennen  fein. 
(Srimm,  5pRl)tf)oIogie  1048;  ogl.  2eu  = 
buf^cr.  Über  bie  Ißerwölfe  unb  Jicr^ 
Bcrwanblungcn  im  ÜJJittelalter.  Serlin  1 850. 

aSeffofirunnergcbct  l)ei§t  eine  auä  bem 
8.  ober  9.  3iil)tt)unbert  Rammcnbe  furje 
beutfd^e  2)i($tung  in  aüitterierenben  3Seifen, 
bie  auö  mef)rercn  urfprünglic^  nict)t  ju= 
fammengeprcnbcn  ©tücfen  fompilicrt  ifi. 
S)er  erfte  au«i  oier  iJangüerfen  befiebenbe 
Seil  ifi  ber  Singang  eine^  ^eibnifcf)en, 
urfprünglid)  altfac^fifd)cn  ®cC)icf)tcg  oon 
ber  iffieltfdiöpfung;  bie  nier  weitern  SBcrfe 
enthalten  eine  ci)viftlici)e  ©d)ilbcrun9  oon 
ber  2ßettfd)öpfung,  unb  ber  ©d)lu|  befielt 
auö  einem  c^riftlic^en  ®ebct.  I)en  ?iamen 
£;at  tai  gragment  bat)on,  ia^  cö  in  bem 
bairi|'d)en  Älojier  SBeffobrunn  aufgcfunbcn 
worben  ifi. 

SBcttcr^a^n  auf  bem  ©lodcnturme  fommt 
fi^on  im  10.  5at)r^unbert  ju  ©t.  ©allen 
t)or;  er  erinnert  an  bie  Sßac^famfcit  in 
'Beobachtung  ber  fanonif(^cn  ©tunben,  ba 
man  t»or  ber  Srfinbung  ber  Uf)ren  ben 
*Jlnfang  beei  jjrübgottesbienficä  nac^  bcm 
^atincnfc^rei  richtete,  ©tatt  beö  ^a^neä 
fommen  auc^  ÄirAcnpatronc  oor. 

SSicIaub  abb.  Wiolant,  angelfäd^f.  Ve- 
land,  altnorb.  Völundr  ^ei^t  ber  ^elb 
cinea  auö  mt)tt)ifc^er  *Unfd)auung  ^crüor« 
gegangenen  ©agenfreife^,  beffen  ^auptin- 
balt  folgcnber  ijl :  iHiefe  iJBaba,  ber  ©ol)n 
beä  2Bilfinus  unb  ber  iDJcerfrau  aBad)ilbe, 
giebt  feinen  ©obn  SBiclanb  erfi  bei  üJJimc, 
bann  bei  3tt'ergcn  in  bie  ße^re,  bie  itjn 
jum  funflreic^jlcn  ©d)mieb  mad}en.  J)arauf 
wo^nt  er  mit  feinen  Srübern  (Sigil  unb 
©lagfibr  eine  Zeitlang  in  Ufbalir,  wo  ftc 
brei  ©c^wanjungfrauen  finben  unb  mit 
i^ncn  jufammcnlebcn,  biö  biefe  nad)  fieben 
3at)ren  aU  äöalfüren  bauonfliegen.  S)ann 
fommt  2Bielanb  ju  .^önig  3?l^ung  unb 
beftegt  im  SBcttfampfc  ben  ©c^micb  ?lmi= 
liaö  mit  bcm  ©d&werte  'DUmung.  SJJibung 
ld§t  if)n  Idfjmcn,  aber  2Bietanb  räc^t  fxd), 
inbcm  er  beö  Äönigö  beibe  ©ö^ne  tötet 
unb  feine  loc^tcr  cntet)rt;  ii)r  gemeinfamer 
©oljn  ifi  ber  .^clb  SBittiÄ.  S)ann  cnt» 
fliet)t  er  in  einem  Jebcrfleib.  —  35ic  ©agc 
üom  ©d)mieb  2Bielanb  war  im  iKittelalter 
weit  verbreitet,  wie  u.  a.  oiele  mit  Jßie- 
lanb  jnfammengefe^te  Ortsnamen  bejcugcn. 
Dagegen  iji  leibcr  fein  beutf^eö  ©ebicftt 
biefe«  3n^<iltc^  erhalten  geblieben;  blo§ 
48* 


752 


äßiftaloiö  —  2ßiacf)nlm. 


ein  bcm  14.  3abrl)unDert  ange^ötigc«  ®e= 
btd)t  ^ricbttcf)  0  on  ©c^maben  etjä^It 
^Mbctiteucr  beä  .petben,  bic  cigcntlid^  bics 
jcnigen  SBielanbö  ftnb;  unter  bem  9?amcn 
SBielanb,  bci§t  eö  l^icr,  ^abc  jjrtebtic^  feine 
(geliebte  5tngelbutg,  ein  balb  geiftetbaftcä 
SlBcfen,  gcfurf)t  unb  fei  ibm  Hoffnung  ge* 
mad)t  h)orbcn,  an  eirem  be^immten  Ort 
feinen  2Bunfct)  ju  erreid)en.  *}U«  er  bort 
angelangt  ij^,  fte^t  er  bret  Jauben  ju  einet 
Duette  fliegen,  bie  ftcf)  barin  baben  nsoücn. 
3nbeni  ftc  bie  Srbc  berüf)ren,  tt)erbcn  fte 
JU  Jungfrauen,  beren  eine  3lngelburg  ilt. 
©ic  werfen  i^re  (Sewänber  ah  unb  fpringen 
in«  SCßnffer.  SBielanb,  burc^  |)ülfe  einer 
äßurjel  unfid)tfcar,  nimmt  if)nen  bie  Ätei= 
bet  weg.  5)arüber  erheben  bie  5D?öb(l)en 
gro§eei  "WefArei,  aber  SBielanb,  ftc^tbar  t)erä 
»ortretenb,  crflärt  ftd)  nur  bann  jur  3"= 
tütfgübe  ber  Äleiber  bereit,  wenn  eine  baoon 
il^n  jum  OWanne  nehmen  wolle.  Sie  ent* 
fd)Iie§en  ftcb  enbli<^  unb  übertaffen  it)m 
bie  ilßübt.  Worauf  er  bie  geliebte  2tngel- 
burg  wäf)tt,  bie  mit  greubcn  ben  ^tiebric^ 
ton  Schwaben  in  ibm  erblicft.  iReid)er 
fliegen  bie  Duellen  ber  JBielanböfage  in 
ber  altnorbifct)en  Öitteratur;  bie  SBöIun- 
barquiba,  ein  |)elbenlieb  ber  alten  ®bba 
(fte^e  unter  bem  Qlrtifel  (5bba  baö  jwei- 
unbjwanjigfte  ?ieb  ber  .gielbenfage) ,  bem 
übrigen^  nac^  SimrocE  roal)rfcf)einlic^  ein 
beutfcbeö  fiieb  jU  ©runbe  liegt  erjäblt  oon 
Sffiielanb.  9io*  beutlid)er  liegt  ber  beutfd)e 
Urfprung  in  ber'ßilfinas  ober  53ilttna  = 
©age  for,  einem  norbifc^en  *13rofaroman, 
ber  um  ba«i  3a^r  1300  auö  ÜJJitteilungen 
fäd)fifcftcr  unb  Weftfälifct)er  ü)tdnner  jufam= 
mengeftcQt  worben  ift.  'Jhic^  bie  Ji^iijofen 
fannten  bicSageoonIBielanb  ober  Galland, 
wie  er  bei  ihnen  bei^t;  ein  franjöftfchcr 
SHoman  bicfe^  ©toffeö,  *Partenopeuö  unb 
ÜWelior,  würbe  wal)rf^einltch  oon  Äonrab 
ton  üöürjburg  unter  bem  Stamen  Parti- 
nopier  unb  Meliur  inä  iDeutfdbc  übertragen. 
SBtgaloiÖ  f)eiit  ein  ber  *Jlrtuöfage  an= 
gebörigeö  t)öfif^cö  Spoö  bcö  2)ic^terö 
2Birnt  oon  ® ra nenberg,  ber  baöfclbe, 
ein  9'iacl)a^mer  ^artmannö  ton  5Uie,  im 
erften  iBiertel  beö  13.  Sabr^unbettö  nac^ 
einer  unbefannten  franjöftfcf)cn  Duette  be^ 
arbeitete.  Gin  unbcfanntet  9flitter,  ber  an 
Qlrtus  ^ofe  erfd)eint,  forbert  bie  ©enoffen 
ber  lafelrunbe  auf,  ibm  einen  Hßunber; 
QÜrtel  abjugewinnen;  nad^bem  alle  unter; 
legen  ftnb ,  fül)rt  er  bed  Äönigö  IReffen 
®'awein  gefangen  mit  |ic^  fort,  um  i^n 
mit  feiner  Dlic^te  Flörie  ju  t>ermäl)Icn. 
%U  ®awein,  nncbbcm   er  einen  ®o^n  ge« 


jeugt,  an  'Mrtuö  ^of  gurücfgefel)rt  iü,  fann 
er  ta,  weil  er  ben  jßunbergürtel  nid^t  mit* 
genommen,  hai  fianb  Plories  nid)t  wiebcr« 
pnben.  üJJit  bem  Oürtel  nun  jiefjt  fein 
Sobn  !IßigaIoiö  auf  2Ibenteuer  auö,  fommt 
an  '}lrtuö\g»of,  wirb  jum  (Rittet  gefd^lagen 
unb  f(J)lie§t  mit  feinem  55ater,  o^ne  ton 
ihm  gefannt  ju  werben,  gifUttbfd^aft.  ^m 
•iDienffc  Äönigö  "Mrtuä  beftegt  er  barauf 
ben  i^iint)  ber  Larie  von  Korntin,  Roaz 
von  Gloys,  fdmpft  mit  SRiefcn  unb  5Drad^en 
unb  wirb  ton  einem  in  ^^tnn  umge^enben 
©ciftc,  ben  er  erlöfi,  übet  feine  JP)erEunft 
unterricf)tet,  worauf  er  fid)  mit  Larie  ter* 
mäI)U  unb  Äönig  if)teö  ?anbeö  witb.  yt)X 
@ot)n  bei§t  li  fort  Gawanides,  tiJim 
51tentiure  jwar  in  wälfdier  ©prac^c  auf« 
gejeid^net,  aber  für  beö  beutfct)en  3)ichter* 
ÄunP  ju  fct)Wer  ftnb.  Sielfadbe  S8etra(^' 
tungen  erfjöben  ben  SBert  ber  fonj^  bütf« 
tigen  Stj^ablung. 

aBtl^cIm  boii  Drleang  ober  ©ourlcn« 
ift  ein  1241  gebic^teteä  ^öftfcf)eä  (Spo^  be« 
SJJubolf  ton  dm^,  baö  mit  SBil^elm  bem 
(Eroberer  beginnt  unb  mit  ®ottfrieb  ton 
Souiüon  aufbort;  SBil^elm  erfd)eint  barin 
al^  ein  Jürft  ton  33rabant  (33outllon),  ber 
in  lurnier  unb  ^rieg  bie  Äönigötoebter 
unb  tau  Äönigtum   in  (Snglanb  gewinnt. 

JüBtl^cIntttcr  beiden  bie  ÜJJön^e  etncö 
reformierten  ©(>nebift^neror^enö,  ton  beffen 
Stiftung  wenig  befannt  ift.  2)cr  ©rünber, 
ein  l)eiHget  Jöilfielm,  foH  ftd)  nac^  einem 
auäfcbweifenbcn  ßeben  befebtt  unb  auf 
ben  iRat  bcä  «papfte^  Sugen  III.  alö  (Sin« 
ftebler  in  eine  ÜBüftc  ton  Joöfana  jurücf* 
gcjogen  ^ben.  *31bet  etfi  im  (Sebiete  ton 
©iena  fanb  et  baö  öbe  fieinigc  Zi)al,  bai 
et  fu(t)te  unb  wo  et  ficfe  1155  ju  einem 
entfagungötoHen  geben  nicberlicR.  2>er 
Ort,  Stabalnm  Rhodis,  fpäter  Malavalle 
genannt,  würbe  bet  Qluögangöpunft  ton 
(Stemiten«  (Kongregationen  bic  jtd)  na^ 
bem  bl-  ffiilbelm  benannten  unb  ftdf)  imi) 
3talien,  ©eutfc^Ianb,  bie  JJiebctlanbc  unb 
gtanfreid)  terbreiteten.  2)et  Drben  war 
nie  bebeutenb. 

Siüe^alnt  bei^t  ta^  le^tc  bet  btei  bö« 
fifdben  (Spen  JÖolftamö  ton  ©fcben« 
bac^.  6ö  gebort  bem  Äatolingifcfeen 
©agenfreifc  an  unb  ge^t  wie  bie  übrigen 
(Spen  üßolframö  auf  ein  fran^öftfc^eö  93uci) 
jurücf,  baö  ber  2)ici)ter  burc^  feinen  ©ön« 
net,  ben  Sangtofcn  J^etmann  ton  I^ürins 
gen,  ett)alten  batte.  Slöitlebalm,  (Staf  ton 
Orange  in  ©übfranfreic^  (eä  ifl  eigentlich 
ber  ^eilige  aBill)eIm,  ®raf  SCßilbelm  ton 
Qlquitanien,  ber  793  gegen  bic  ©arasencn 


SÜBiafomm  —  asitree. 


753 


fod^t,  unb  obglcid)  bcfiegt,  tai  iBorbringcn 
ber  g^einbe  ^emmte),  ber  Bafaü  ßublrig 
bcö  ^"^ommen,  tiHU  in  bie  ©cfangcnfi^üft 
bea  ^cibcnfönigö  Serramer  (b.  i,  li  rois 
d'ontre  mer,  ber  Äönig  Don  Jenfcit«  bcö 
ÜKccte^)  geraten,  tüar  aber  oon  ber  ju  if)m 
in  Siebe  entbrannten  unb  üon  i^m  in  ber 
®efangenfi$aft  jum  S^riftentum  befetjrten 
2;o(J)tcr  bcö  Äönigö  5lrabel,  ber  (Semablin 
beä  Äöniöö  ipbalt,  befreit  luorbcn  unb 
mit  i^r  äuiiicf^cEeljrt.  ^nx  SRac^e  für  biefe 
5lf)at  fallen  nun  ber  33atcr  unb  ber  ©e- 
mabi  llrabelö  ober,  mie  biefe  feit  ber  Saufe 
l^ei§t,  (Spburcö,  in  SBiüetialmö  ßanb  ein; 
mit  ber  iBefdjreibung  ber  erftcn  ©c^Iacfet 
auf  bem  ^elbe  pon  ^llifcEianj  beginnt  baö 
©ebicbt;  2ßi(lel)alm  ft)ivb  gcfdjiagen  unb 
cntfd)Iiept  fid}  beöfialb,  [xä)  an  ben  ^of 
nai)  Drlanö  ju  begeben,  um  bei  Üoi;^ 
(öubmig  ber  fromme),  ber  feine  Sd^mefier 
jur  6^e  l)at,  ^ilfe  ju  fucf)en.  SOtit  bem 
^ilfs^eer,  in  bem  fxd^  namentlich)  aud^  ber 
furd&tbar  ftarfe  knappe  SRenneroart  befinbet, 
trifft  er  »or  bem  »on  ben  Reiben  bclager« 
tcn  Drange  ein.  2)ie  (5ntfd)eibung0fd)tac^t 
wirb  ^auptfadjlic;^  burd)  SRenneWartä  iapfer* 
!eit,  ber  fic^  übrigen^  alö  ber  einjige,  aU 
ttcineä  Äinb  fd)on  entfül;rte  93ruber  ber 
®r)burc  tierauöfieüt,  juOunften  berS^riften 
geroenbct;  tod)  wirb  nac^  berSd)la(^t  SRen« 
ncrcart  »ermißt,  morauf  aSitle^alm  gegen 
iai  iBerfpred)en,  il^m  bie ^tuölieferung  feinet 
|)elben  5U  bemirfen,  25  gefangene  beib= 
nifd)e  gür[len  freilägt,  ©amit  fd)Iie§t  ba^ 
®eöid)t,  bcffen  SBeiterfü^rung  Wül)rf($ein= 
lid)  burc^  tii  2)ic|iterä  Job  uer^inbert 
njurbe.  2ßie  iZßolframä  liturel,  fo  i)at 
aud)  fein  SBille^alm,  ben  bie  3fitgenoffen 
fe^r  l)oc^  fd}ä^ten,  Don  jungem  I)id)tern 
©rgänjungen  erfal;rcn,  unb  jmar  tt)urben 
fott)of)l  bie  *Borgefd}i($te  alä  ber  fd&einbar 
fel)lenbe  ®d)lu§  tiinjugebic^tet.  S>ie  (Sr* 
gänjung  beä  ©c^luffeö  unternahm  Ulrid^ 
Bon  Surf) ei m  ani  ber  ®egenb  uon 
Qlugöburg  um  1242.  3)aö  ®ebid)t  ifi  nod} 
ungebrudt;  Sßiüctjalm  unb  ®t)burc  get)en 
barin  fd)lie§lic^  inö  Älofter.  2)ie  (Srgän= 
jung  ber  a3orgefd)idbte  rüt)rt  oon  Ulrich 
con  bem  Stürlin,  einem  färnt^ifc^en 
SDic^tcr,  ^er,  ber  im  5Dienfie  Äönig  Otto; 
farö  »on  Söfimen  (1253  —  78)  arbeitete. 
Qluc^  biefe^  ®ebic^t  ifi  biö  je^t  ungebrucft. 
SBittforam  ^ie§en  bie  großen  !PofaIe 
ober  fannenartigen  pumpen,  bie  auf  ber 
ffliUfommfiube  ber  3ünfte  jum  ©mpfang 
ber  ®äjle  geleert  würben,  ©ic  Ijatten  mit 
2lnlc^nung  an  t>ai  ®ett3erbe  ber  betreffen; 
ben  3unft  bcrfd^icbenc  Jotnien,  bie  eine'g 


©d)iffeö,  eineä  ^uki,  eine^  ©tiefelö,  eine 
Sonne  ober  Äauone  2c. 

SaStnööeÖE  uiib  2Bin3beöiii  (ber  unb  bie) 
beigen  jioei  ber  guten  l)öfifd)en  3eit  an» 
gebörenbc  ßebrgebii^te  in  Propl)ifc^er  ^orm, 
morin  ein  iBater  bem  So^ne  unb  eine 
SOlutter  ber  Sodjter  Untermeifungen  in 
allen  Sugenben  beä  abeli(^en  Sebenö  geben. 
Db  ber  Dtame  „ber  SBinöbecfe"  auf  ben 
3)id)ter  ober  auf  ben  St)arafter  be«  ©e« 
bid)tes  geben  fotl,  ift  nid)t  auägcmad)t; 
einige  ^anbfi^riften  baben  bie  Ü^Jamcn  des 
vater  unb  der  muoter  lere,  23eibe  ®e= 
bid)te  geboren  ju  ben  au^gejeicbnetften  beö 
iDJittelalterä.  ?luägabe  con  |)aupt,  ßeipjig 
1845. 

SßitüJC,  got.  viduvö,  altfäd)f.  widua, 
al)b.  witawä,  mfjb.  witewe,  witwe,  fommt 
pon  bem  gleid)bcbeutenben  lat.  vidaa,  b.  ^. 
bie  (beä  ©alten)  beraubte.  9tad)  altbeut; 
fcbem  !Red)t  mugte  bie  finberlofe  Söitme 
aläbalb  nad)  bem  lobe  beö  ÜRanneö  unb 
nad)bem  fie  in  ben  Sep^  hd  H)x  red)tlidb 
3uEommenben  gefegt  mar,  'i>ai  ®ut  ibrel 
*JU}anne«  uerlaffen,  hai  feine  näcb(len  ißer* 
manbten  in  23efi^  nabmen;  bloö  menn  fie 
ficb  nad)  üorangcgangener  Unfru(^tbarfeit 
beim  Sobe  beö  iÖJanne^  für  fd^manger  er* 
Härte,  burfte  fte  biö  jur  @ntfd)eibung  ber 
iRid)tigEeit  ibter  Eingabe  im  ^aufc  bleiben. 
Sßaren  aber  .ßinber  porbanben,  fo  blieb 
bie  2Bitmc  bei  biefen,  fübrte  iai  -^auö* 
mefen  fort  unb  ftanb  babei  unter  ber 
3!Runbfcbaft  betg  näd)ften  ©^mertmagen 
iifxtx  Äinber;  im  anbern  ^aüe  fam  fie 
unter  ben  ®^u^  ibrer  nä(^ften  angebornen 
Sermanbten  jurüd.  3n  ber  älteften,  üor= 
biftorifdben  ^nt  folgte  bie  aöitme  bem 
©alten  in  ben  Job;  fo  iSrl)nl)ilb  bem 
©igurb  in  ber  norbifdben  Sage;  eö  ifi  ein 
uralter  aud)  bei  ben  3n^fr"-  Jbi^afern, 
©riecben  unb  ®lat>en  befannter  Sraudb, 
bem  bie  5luffaffung  ber  %xaü  aU  eine* 
(gigentumeö  beö  SÖIanne^  ju  ®runbe  liegt, 
tai  gleid)  $ferb  unb  Änecbten  mit  ibm 
fterben  mup.  2luf  biefe  *Periobe  folgte 
biejenige,  in  ber  jmar  bie  ÜBitme  fort« 
lebte,  ftcb  aber  ni(^t  mieber  iiermöblen 
burfte;  Sacituö  bezeugt  fie  ®ermania  19. 
jDie  nacb  ber  Söölfermanberung  aufgefieüten 
25olföredbte  ge|latten  l)inmieberum  bie  iZBie« 
bcrferbeiratung  ber  SBitme;  bocb  erbielt 
{xä),  uon  ber  äixd)i  untcrfiü^t,  nocb  lange 
eine  gemiffe  Qlbneigung  gegen  eine  Sffiiebers 
uerbeiratung  ber  »^rau;  tai  jeigt  j.  'S. 
ber  in  einigen  6täbten  für  2öittt>entrau* 
ungen  bejlimmte,  fonjl  oermiebene  !Dlitt= 
mocb;   unb   eö   ifi  nidbt  unma^rf^einli^, 


754 


aiöodbcntngc. 


ta%  bic  Äa^enmufif  »on  bcm  ^öncn= 
lärm  bei  bcrartigen  23erIo6uncien  ober 
iSrautläufen  ibrert  Urf^jnmg  gmommen 
^at.  Um  äu  rafcfjer  ÜBicbetPer^eiratung 
©c^ranfen  ju  fe^en,  gebot  bie  Äir^e 
ttienigflenö  ein  5a^r  trauernber  (5ntbalt= 
famfeit ,  lüaö  aber  feiten  inne  gebalten 
würbe.  2B  e  i  n  ^  0  I  b  ,  beutfdbe  grauen. 
5tbfcbnitt  Vn. 

SBoi^entagc.  2)a§  bie  2Bo(f)e,  b.  i.  ber 
3eitab[ct)nttt  ton  *DJonbt>ierteI  ju  5D?onb= 
fiertel,  ben  alten  ©ermancn  fd)on  üor  ber 
einfübrung  beö  S^iiflentuniö  befannt  tttar, 
jeigt  fcbon  ber  beutfcbe  9kme  bafür,  got. 
viko,  a^h.  wehhä,  m{)b.  woche  unb  wnche, 
ttielcbcö  SBort  mit  »eidjen  unb  SBecbfel, 
aud^  mit  lat.  vicis  =:  9[Bed)feI  certtJanbt 
ifi  unb  foriiel  als  3fit*^^^[ft  (OJ^onbs 
tt)ecf)fel)  bebeutet.  2)0(^  fi^eint  bei  93e= 
nennung  ber  SBocbentage,  ebenfalls  fc^on 
t)or  6infüf)rung  bes  ßbtiftentumä,  römi= 
fcber  ®inf(u§,  üieüeicbt  über  Oatlien  i)tx, 
gewaltet  ju  ^aben.  23on  ben  urfprüngtid) 
h3at)rfd)einlicf)  ägt)pti[c^cn  unb  um  ben 
€c^Iu§  beö  2.  3abtbunbert«  bei  ben  Diö= 
mern  üöüig  eingebürgerten  aftrologifcfcen 
Dtamen  ber  fieben  SIBodientage  mürben  bie 
für  Sonntag  unb  SDJontag  beibc£)alten,  bie 
übrigen  aber  burd)  bie  9^amen  ber  ent= 
fpred&enben  gcrmanifcben  ©ott^eiten  bc= 
jeic^net  T>em  römifcfeen  Mars  entfpradi 
ber  beutfdie  Ziu  ober  Er,  baber  abb. 
Ziestac,  b.  i.  Ziwestac,  oberbeutfd) 
3ijiig,  bairifd)  ©rtag,  ©rcbtag,  (äritag. 
'S^Jerfur  würbe  mit  Sffioban  übertragen, 
bafier  burc^  alle  niebcrbeutfdjcn  unb  nor= 
bifc^en  (Sprayen  bis  beute  ber  lag  Ga- 
destag,  Gudenstag,  niebert.  Woensdach, 
angelf.  Vodenes  däg,  engl.  Wednes  dag, 
altnorbifcb  Odhinsdago,  fd)Webifd)  unb 
bänifcb  Onsdag  f)ei§t,  beffen  a(tbeutfd)er 
Dtame  Wodanes  tag  gelautet  b^ben  wirb, 
wd^renb  in  Dbeibeutfcftlanb  [xi)  früf)  ein 
abpracteö,  bie  mittawecha,  fpater  ber  mitt- 
woche,  mit  ergänjenb  f)injuge&acbtcm  Sag 
jeigte,  biö  je^t  nicbt  »or  bem  10.  ^al>X' 
^unbcrt  nac^gewiefcn.  Dies  Jovis  würbe 
überaß  jum  lag  beä  ©onar,  abb.  To- 
niris  tac,  mbb.  doners-,  donres-,  dunres- 
tac,  engl,  thursdag,  altnorb.  thorsdagr, 
f(^webifd)  unb  bdnifd)  torsdag.  Dies 
Veneris  würbe  jum  Sag  ber  Fria,  nor« 
bifcö  Frigg,  ber  ®emat)lin  SBobanö,  unb 
nlc^t,  wie  man  frütjer  annal)m,  ber  ®öttin 
ber  Siebe  unb  grucbtbarfeit;  bcnn  nad)  ibr, 
ber  altnorb.  Freyja,  abb.  Frouwä  benannt, 
würbe  ber  lag  nic^t  friatac  fonbern  fron- 
wüntac    I)eigen    muffen.       53cim     legten 


3Bod)entagc  geben  bie  germanifdien  ®pra= 
dien  wieber  aueeinanber;  Den  dies  Sa- 
tttrni  bewafirte  tai  9Jieberlänbifd)e,  91n« 
gelfä^ftf(ie,  Snglifcbe  unb  SIBefifälifd^e 
(Satersdag) ,  wät)renb  fid^  im  [Rorben  ein 
laDgardagr,  b.  i.  Sabetag,  fefife^te,  unb 
in  Dberbeutfcblanb  bie  Dramen  Samftag 
ober  ©onnabenb;  tai  le^terc  9Bort 
i)tx^t  abb.  der  sunnün  äband,  m\)h.  der 
sunnen  äbent  unb  „Ia§t  bie  ©onne  an  bem 
Sorabenb  beä  i^r  geweiften  Sageö,  tti 
Sonntage«,  aU  jur  iRu^e  ge^enb  erfcfcet* 
nen,  um  bann  an  biefem,  bem  crßen  ber 
^otbi,  gleicftfam  mit  i^rem  Saufe  neu  ju 
beginnen."  S)er  ©amftag  hingegen,  al)b, 
sambaztac  unb  samiztac,  mbb.  samtez-, 
samez-,  samztac  neben  sames-,  samis-, 
samstac,  franj.  samedi,  ifl  bem  lat.  sabbati 
dies  entfprungen.  ®cmd^  itjren  alt^cib* 
nifd)en  Patronen  ^aben  bie  Jßocftentagc, 
nur  etwaä  umgebilbet  burcb  d)rifllic^e,  bc« 
fonbere!  römif(^5fatboIif(^e  Sinriditungen, 
t>ielfacb  i^re  alten  Sejie^ungen  erl)alten. 
5lügemcin  gilt  ber  ©onntag  al^  glüct« 
lidb^i^  2;ag  unb  Wirb  ba^er  bcfonberö  ju 
Trauungen  gewäblt;  ©onntagöfinbcr  finb 
©lüdefinbcr  unb  fönnen,  wie  ber  Sonne 
nid)ts  unncrborgen  i|!,  Dielet  anbcrn  SUJen* 
fdien  verborgene  feben  unb  erfennen.  S)er 
ÜJJontag  übernimmt  ebcnfo  bieSebeutung 
beö  ÜJ^onbeei,  ber  mit  ber  3?ad)t,  ber  23ers 
änbcrlic^feit,  ber  ©unfcl^eit  tierwanbt  iji; 
er  ifi  alfo  mcift  ein  Ünglücfetag;  am 
ÜJJontag  barf  man  nicbtö  unterncfjmcn, 
voai  bauernb  fein  foll,  nid)t  2Bäfc^c 
wafcben,  in  feine  neue  Sffiobnung  ),}ii)in, 
nid)t  .£)od)jeit  machen,  bieSrnte  beginnen, 
einen  S>ienfi  ober  eine  SReife.  antreten  u. 
bgl.  3"fofern  aber  ber  SD^onb,  bei  fafi 
aUen  33ölfern,  aU  görberer  ber  ^rud)tbar= 
feit  gilt,  befonberö  alö  iiunef)menber,  ifi  ber 
ÜJJontag  günfiig  für  aÜeö  rvai  wad)fen 
fotl,  alfo  jum  pflanjcn.  I)er  2)ienfiag, 
ein^  bem  ®ott  beö  Äriegeö,  beö  Scibwerteö 
unb  beö  ®erid)teö  geheiligt,  ifi  wid)tig  für 
®crid)tö=  unb  SSertragefadben ,  baf)er  er 
aucb  früber  dingstac,  b.  b-  ©cri^t^tag, 
genannt  würbe;  ba^cr  er  aud)  für 'Irauun« 
gen  unb  jum  eintreten  eince  S)ienficä  günfiig 
gea(%tet  wirb.  2)er  SO?  i  1 1  w  o  d> ,  bem  ® ott 
beö  Sturmeö  unb  Ungewitterö  ge^örenb, 
ifi  ein  Unglüdetag;  am  ^Ibcnb  faf)ren  bic 
J^cyen  auö,  nicbtö  waä  oon  ®auct  fein 
foti,  barf  angefangen  werben;  getraut  wer* 
ben  an  biefem  Sage  nur  gefallene  ÜWdb* 
d)en  unb  Sffiitwen.  23or  allen  anbern  lagen 
unbeilüotl  ifi  ber  SDonnerfiag;  mancl)c 
5lrbett  ifi  unterfagt,  weil  ber  Sag  ein  ^eib* 


Jßoban. 


755 


nifd^cr  iJefitag  war:  fein  ^olf^  batf  ge« 
I)aucn,  hin  Tli^  auß9efül)rt,  abenb«  nic^t 
gcfponncn  ttjerbcn;  man  mu§  fotgfattig 
allen  3''"^^i^f^"l  beobaditen,  benn  bic 
^ticm  galten  Umjug.  Sofern  ®onar  auc^ 
®ott  ber  re(f)tlid)en  Orbnung  ifi  unb  burd) 
feinen  Jammer  ®efc&  unb  *8etttag  fcf^igt, 
ifi  ber  2)onnerflag  früljet,  jum  Seil  aud) 
je^t  noc^  ®eri^t«stag.  ®er  ^teitag  ijt 
ber  ücr^angniöDoüftc  2ßod)cntag;  je  nad)= 
bem  aber  bie  ^eibnifc^e  ober  bie  d)rifilid)e 
Überlieferung  überttjiegt,  gilt  er  alö  ber 
glücflic^fte  ober,  aber  fcltener,  al^  ber  un^ 
gUtdlid)fie  Sag.  Sr  eignet  fid)  cor  allem 
ju  |)od)jeiten;  ^reitagöfinber,  am  Sonn« 
tag  getauft,  gelten  ben  «Sonntagöfinbern 
gleid).  ®er  ©onnabenb  gel)örte  tt)al)r* 
fd^einli*  bem  Fro  ;  an  biefem  Sag  foü  bie 
@onnc  fdjeinen,  nsenn  auc^  nur  ju  i)JHttag 
brei  QWinuten  lang;  benn  bie  HKutter 
©otte^  reill  i()r^emb  trodnen.  Qlm^tbenb 
barf  nic&t  gefponnen  njerben;  benn  rttaö 
man  ta  fpinnt,  ttiitb  in  ber  *JJad)t  njieber 
rterborben  ober  njeggenommen.  Orimm, 
SD?t)tl)ologie  111;  S'i^e'^  in  ©'^f*  ""^ 
©ruber,  Qlrt.  ©ermanicn,  ©eite  373; 
ffiuttfe,  SBolfäabevglaube,  §  66—72. 

SBobait  (at)b.  Wuotan,  agf.  Vöden, 
oltnorb.  Odhinn)  obevfiev  ®ott  ber  ger^ 
manifd)en  SDölfer.  S)ie  JRömer  glaubten 
in  Slßoban  il)rcn  SRerfur  mieber  ^u  erfen= 
ncn.  ^m  ^ratijöfifc^cn  iji  ^er  Söhttwod) 
bem  SOfierfur  gett>eit)t  Mercredi,  im  (5ng= 
lifd)en  aber  bem  SBoban  Wednesday, 
nieberl.  Woensdag,  mefifälifc^  Gudens- 
dag.  S)er  yiamt  t)ängt  jufammen  mit 
bem  al)b.  93erb  watan,  praet.  wuot,  unfer 
„tt>aten",  beffen  urfprünglidje  Sebeutung 
„bur^bringen"  ttiar,  unb  fo  bejeid}net 
benn  ber  3?ame  SIBoban,  ftie  ber  ©ott  bei 
ben  5lltfad)fen  {)ic^,  bog  aüburdibrtngcnbc 
2ßefen,  bie  at(burd)bringenbe  fcfcaffenbe  unb 
bilbenbe  .^raft.  95on  watan  ift  aber  aud) 
unfer  „2But"  abgeleitet,  unb  fo  tritt  un^ 
benn  juerfl  SBoban  entgegen  aU  iöcrtreter 
beö  alle0burd)bringenben  Slementeö,  ber 
ßuft,  bic  aufgeregt,  ober  bilbli^  gefproc^cn, 
in  2ßut  »eifert,  ^um  Sturme  wirb.  QUö 
(Sturmgott  reitet  SBoban  auf  mild)' 
h)ei|cm  *Pferbe,  in  einen  ireiten  blauen 
flcdigen  SlJlantel  gebüQt  unb  mit  einem 
breitfämpigen  ^ute  bebedt  entmeber  allein 
ober  an  ber  Spi^e  ber  roilben  3agb 
unb  bc^  roütenben  ^cereä  bur*  bie 
öüfte.  I)er  ©laube  an  bic  milbc  Sngb,  bie 
tt)ic  baö  wütcnbc  ^cer  auö  ben  al«S  ^uft- 
^aud)  bem  ßcic^nam  entpie^cnben  Seelen 
ber  SDcrfiorbcncn  befielt,  gcprt  bem  3lbX' 


ben  S)eutfd)lanb^  an,  mätjrcnb  bie  33or» 
fieHung  be^  mütcnben  ^eereö  in  Süb» 
beutfd)lanb  nolEsitümlic^  if!.  S)er  2B6bc 
jage,  ^ei§t  e«  in  *Commern,  9!JJedIenburg 
unb  ^olflein,  ber  Sffioejagcr  in  .^annoDer, 
ber  SJBöinjäger  jiclje  um  in  Dlbenburg, 
wenn  ber  Sturm  burc^  ben  Jßalb  tofi.  S)er 
tt)cite  ÜJlantel  f)at  bem  ®ott  in  einem  Seile 
SBefip^alenö,  im  ^»arj  unb  im  Sf)ürtnger* 
n>alb  ben  iJlamen  „^adelbärenb"  ober 
„^adelberg"  b.  t).  „üJJantelträger",  t>er« 
fc^afft,  tt)äf)renb  er  mieber  in  anbern  ©egcn^ 
ben  9?orbbeutf(^lanb^  wegen  feinet  meißen 
3floffe0  „S^immelreiter"  genannt  ttiirb. 
(Sine  (Sule,  Suturfel  mit  SJJamcn,  fliegt 
bem  3ufl£  »oran ,  iRaben  unb  .giunbe  mit 
ßid)tern  folgen  i^m.  9iur  menn  man  fid) 
platt  auf  ben  ißoben  mirft  mit  bem  51n* 
geftd)t,  fann  man  fid)  cor  bem  ODtitgeriffcn* 
«erben  l)üten.  Sd)aut  man  jum  Jenfier 
f)inau«!  beim  ^erannat)en  ber  milben  5agb, 
fo  erhält  man  einen  betäubenben  Sd)lag, 
ober  mirb  blinb,  ober  ttja^nftnnig.  2Bo 
2öoban  fein  iHo§  »eibet,  ia  »inbet  eö  fort« 
mäbrenb.  *Jluf  beftimmten  SBegcn  raji  bic 
tttilbc  3agb  ba^in,  befonberö  gern  burc^ 
Käufer  unb  Scheunen,  in  benen  jroei  ober 
brei  St)ürcn  l)intercinanber  liegen.  Set 
fold)en  S)urd)jügen  fommt  eö  oft  üor,  ia^ 
ber  nnlbe  309«^  einen  feiner  ^unbe,  mcl^e 
feine  Äinber  ober  Seelen  »on  Söferoic^tern 
ftnb,  im  ^aufe  jurüdlä^t  unb  überö  '^a\)x 
micber  abholt.  S)er  gcuer^erb  i(l  bic 
2Bot)njtätte  beö  ^unbeö,  5(fd}e  feine  Vtai)» 
rung.  So  jagt  Sffioban  mit  feinen  ^unben, 
benen  fic^  oft  noc^  eine  auö  Soten  gebilbetc 
Sd)ar  anfdilicft,  entmebcr  einem  Sbcr, 
ober  einem  $ferbe  ober  einem  geificrliaften 
iffieibe  nad) ,  baö  er  enblid)  nad)  fieben 
3al)ren  eint)oIt  unb  cor  fid)  t)in  quer  aufö 
SRo§  legt.  5n  SWitteIbeutfd)lanb  aber  unb 
Sirol  »erfolgt  bie  wilbe  Jagb  bie  foge= 
nannten  ü«006tt)eibd)en,  ßo^jungfern,  ^olj« 
frciulein,  melc&e  bie  *perfonififationen  bcä 
öaubwerfeö  ftnb  unb  bem  ßanbmann  bei 
feiner  51rbeit  bclfenb  jur  Seite  jlcben. 
2Ber  aufgeforbert  in  ben  3agbruf  beö  2ßobc 
unb  feiner  ©enoffen  einftimmt,  bem  fc^enft 
er  eine  ^ferbefeule,  bic  ftc^  in  ®olb  üer= 
»anbelt,  mer  aber  pbnt  auf  ben  milben 
3äger,  bem  l)eftet  er  auf  ben  SRücten  ober 
an  tai  ^aui  einen  nad)  Sd)mcfet  fünfen* 
ben  *Pferbefc^cnfcI,  ber  nid)t  mel)r  ju  cnt* 
fernen  ifi. 

2>aci  ttjütcnbc  ^ecr  iji  baöfelbc  tüte 
bic  »ilbe  ^ao,i> ,  nur  iji  cä  eben  feine 
3agb ,  b.  i).  feine  Verfolgung  irgenb 
eine«  2Bilbe«.    Die  »crfd)iebenen  9?amcn 


756 


iZöoban. 


©ucni^  |iecr  gc^cn  auf  bie  ^otni  2Buo« 
tanö  ^cer  jurücf ,  wäftrenb  reiebet  in 
anbcrn  ©cgenben  bie  uni)eimUc[)e  @rfd)ei- 
nung  unter  ben  Sejeid^nungen:  „tai 
fHaä)tt)olt" ,  „UJacötgejäge",  ober  „bie  wilbe 
5af)rc"  befannt  ij?.  5tlä  ein  3^3  "^^n 
©eifiern  in  menfdilicier  ©eftalt,  mand)= 
mal  in  einer  großen  fc[)ttiarjen  Äut[d)e 
fi^enb ,  braufi  bas  wütenbc  .^eer  bat)er 
unter  bejaubernbem  ®efang  unb  »unber* 
bar  fd^öner  SWufifbegleitung.  SBefic  bem, 
ber  bem  Sffiarnung^ruf  beä  >3orau0f($reiten= 
ben  ÜRanne«  ni($t  ge^orc^t  unb  ftd)  nicf)t 
platt  auf  bie  ®rbe  »irft.  Sntmeber  muf 
er  mit  rafen  ober  h)irb  geblenbet  ober 
fcineä  ^aupteö  beraubt,  ^m  Sernerober= 
lanb,  ©raubünbcn  unb  SBalliö  erfc^eint 
tai  mütenbc  ^cer  ali  JJaÄtoolf,  ioten« 
öotf  ober  lotenfcßar,  «elcfieö  mit  bem 
Jobe  an  ber  ®pi|e  bie  Sei^name  berer 
herumträgt,  bie  balb  ficrben  muffen,  unb 
fo  tai  Eintreten  einee  Sobeefaüeß  ter* 
fünben.  Älopft  tai  DJac^tooIf  an  eine 
I^üre,  fo  mu§  mitjiefjen  ober  fterben, 
mer  ibm  anthjortet. 

SDiefc  Sagen  beruf)en  atle  nuf  ?iatur« 
Dorgängen.  iöor  bem  ©turmwinb  wirft 
man  ftd^  auf  ben  33oben,  um  nid)t  mit» 
geriffen  ju  Serben.  2Bie  bie  ȟbe  3agb, 
fo  jiefit  aud)  ber  üßinb  bcfonberö  t)eftig 
burd)  f)intercinanberliegcnbe  Xbüren  unb 
^enfier.  S)urd)  ben  Äamin  t)eult  ber  SBinb 
unb  mirbelt  bie  ?ifc^e  bea  ^eröes  auf,  auf 
ber  5«u«Pflttc  hjinfcU  unb  t)eult  aber  ber 
©age  nad)  aud)  SBoban^  |)unb  unb  fri§t 
Otfcle.  ffiobanö  SWantel  ifi  ber  ^immel, 
fein  ^ut  bie  SBoIfe.  S)er  ®turm»inb 
fd]cu(i)t  bie  SBolfen  cor  fic^  ^er,  ber  milbe 
3ag'er  t>a^  iRo§,  ben  ©ber  ober  bie  ©eifier» 
Jungfrau.  3?er  ßuftjug  ttiet)t  iai  Saub 
»on  ben  Säumen,  tt)ic  SBoban^  ^eer  bie 
SBalbgenien  mit  fid)  rei^t.  S)er  33Ii|  iji 
e^,  ber  aU  fcfcweflige  *Pferbefcule  ben 
Spötter  trifft.  i)ic  milbe  Jagb,  tok  hai 
Wütenbe  ^ecr  werben  begleitet  üon  Sli^, 
SDonner  unb  iRegcn.  SDie  fdjmarje  ©e» 
tt)ittermolfe  ijl  bie  ©eijlerfutfdfee,  ber  2)on= 
ncr  it)r  SRoIlen.  9)iet)rfad)  fe^rt  bie  Sage 
tt)ieber,  ha^  (Seifier  beö  »ütenbcn  ^eereö 
eine  ^ui)  fcf)lac^teten  unb  oerjeljrten,  bie 
fie  bann  aus  ber  abgejogenen  |)aut  roieber 
erneuten  unb  inö  Ceben  jurücfriefen.  ©ö 
ift  bie  SBolfe  alä  Auf)  geb(id)t,  ton  ber  bie 
SGßinbgeifier  bie  Seele  ^ebrcn,  inbem  fte  ben 
iRegcn  berfelben  auf  bie  (ärbe  gießen.  SRur 
ein  fleinc«  SBölt^en,  bie  ^aut,  bleibt 
übrig   unb  auö  bicfer  erfie^t  unb   wä^fi 


bie  Äut),  mie  fie  war,  ju  neuem  ßeben.  — 
3m  Saufe  ber  3«it  tftJt  an  bie  Stelle  beä 
ffioban  aU  llnfübrer  beö  wilben  ^eered 
ein  ^elb  ber  beutfc^en  SSorseit,  fo  in  ber 
Sauft^  unb  in  Qlltenburg  S)ietric^  üon 
!Bern,  in  ©c^leämig  lierjog  5lbel,  ber  feinen 
©ruber  ermorben  lie|.  2)oct)  nid^t  nur 
ÜDeutfcf)lanb  fennt  bie  wilbe  ^ao^t  unb  baä 
wütenbe  |)eer.  3n  granfreicfe  fpuft  fte 
unter  ben  ?iamen:  Chasse  Herode,  Chasse 
de  Cain,  Chasse  Macliabee,  Chasse  da 
diable,  Chasse  galerie,  Chasse  gayere, 
Chasse  briguet.  ^i)u  5lnfül)rer  finb,  wie 
teil«  ibre  Stamen  anbeuten,  ^erobe«  unb 
Äain,  bann  in  ber  ®egcnb  Pon  Jourö 
|)ugo  Äapet,  an  anbern  Drten  St.  ^ubcrt 
unb  St.  @u^ad)iue.  Selbjl  ber.^önig  ber 
2;afelrunbe  'Jlrtuö  würbe  jum  wilben  Säger 
gema(^t.  ^n  (Snglanb  wirb  bie  wilbc 
3agb  nac^  beren  ?lnfü^rcr  Äönig  ^erla 
Herlathing  genannt. 

5luö  ber  wilben  ^a^b  ober  bem  wüten« 
ben  ^eere  entwidelten  ftdb  aHmä^lic^  an« 
bere  Sagen.  So  würbe  SBoban,  ber  an 
ber  Spi^e  feiner  ©enoffcn  hai  aUeä  in  93e* 
wegung  fe^cnbe  ©turmlicb  fingt,  jum 
funftfertigen  Spielmann,  wie  er  un^ 
alä  [Rattenfänger  oon  Hameln  in  ber  po= 
pulärften  Sffieife  entgegentritt,  ©inen  üiel 
ebleren  ©fjarafter  t)at  2Boban  in  ber  ®e« 
jialt  beö  alles  bejaubernben  Sönger^  ^o* 
rant,  ber  namcntlid)  in  ber  Äubrun  bei 
ber  (Sntfül)rung  ber  irifc^en  Äönigsto^ter 
^ilbe  eine  grofe  iRolle  fpicU. 

ytabm  ber  ^eibnifct)en  2luffafung  ju 
Jolge  bie  wilbe  ^a%t>  alle  Seelen  mit,  fo 
befc^ränfte  iiai^  ßl^rifientum  bie  Slufna^me 
baburd),  i>a^  ft«  blo^  au«  ben  (Seificrn 
oon  *3euten  beftet)enb  gebad)t  würbe,  bie 
Sonntagä  unb  fflerftagö  gejagt,  tai  ßanb* 
oolf  burc^  5rot)nfned)te  jur  Ireibba^  ge= 
trieben  unb  in  ibrer  wilben  öuji  felbfl 
ber  Saaten  unb  beö  Sc^weifeeö  ber  Sauern 
nic^t  gcfd)oni  l)ätten.  I)arum  trügen  fte 
jur  Strafe  bie  Äöpfe  unter  bem  ?lrm  unb 
ritten  auf  (Hoffen  oi)ne  Äopf. 

511«  bie  beutfd)e  9U?t)t|)ologic  einen 
immer  friegerif(^eren  Sl)arafter  annabm, 
fo  ging  bicfer  aud)  auf  bie  wilbe  ^a^b 
über,  weld)e  au«  im  .Kampfe  gefallenen 
gelben  nunmeljt  jufammengefe^t  war  unb 
burc^  i^r  ©rfc^eincn  ben  ^uebrud^  eine« 
Äriegeö  »erfünbete.  L'armee  furieuse  f)eipt 
in  ^ranlreid)  ber  Spuf.  3"!  Dbenwalb  ifi 
ber  burc6  Sd)effelö  Gaudeamas  fo  populär 
geworbene  SRobenfieinerber  iUnfü^rer 
biefer  wilben  Sd)aren,  weld)e,  fo  oft  feinb= 
lid)e  93ölfer  eä  wagen  ben  (R^ein  ju  über« 


aßoban. 


757 


fd)reiten,  a\xibxt<i)m  au«  bem  ©^neUertö« 
berge  unb  i^nen  entgegentreten  unb  erft 
tt)ieber  in  ben  S3erg  jurüdjicf)en,  wenn  bic 
fremben  €olbaten  über  ben  %{u^  jurüds 
gegangen  fmb.  3«  Dbert)effen  ip  iin  bic 
©teile  2Boban«  fogar  ein  ^elb  ber  neuern 
3eit  i?arl  V.  getreten,  ber  auc^  beim  ^eran« 
nüben  eineö  Äriegeö  mit  feinem  ®efolge 
feine  Serg^eimat  ücrtä^t. 

^u^  ben  2Bolfen  quiüt  ber  Segen, 
firömt  ber  SRegen.  *2lU(ä)  2Boban  mit  fci= 
neni  »üben  J^ecre  h)irb  fo  jum  Dtegen« 
gott,  jum  Sefruc^ter  ber  ©aaten, 
tt)eld)cm  ton  ben  frommen  ßanbicuten 
Opfer  bargebrac^t  merben.  S)iefer  i)t\t)' 
nifd^e  (Sebraud)  betrfdjte  noch  im  »origen 
3a^rt)unbcrt  in  iDJecflenburg,  roo  bei  ber 
tRoggenernte  cim  6nbe  eineö  febcn  %di>ci 
ein  Streif  (Setreibe  unabgemäbt  blieb,  mit 
ben  ©arben  jufammengeflod)ten  unb  mit 
Sier  befprcngt  »»utbe.  2)Jit  entblößten 
Häuptern  baten  bann  bie  Sauern  3B6ba 
um  eine  gute  (Srntc  für'ö  näd)fic  2a\)x. 
(Sin  tibnlid^eä  Opfer  mar  nod^  im  Qlnfang 
biefeö  3iJf)i-f)U"i^fitö  i"  8ippes®d)aumburg 
übli(^  unb  nod)  beute  t)ei§t  in  <peffen  bie 
le^te  (Sarbe  „Sffiaulroggcn".  3n  iöaiern 
»Durbc  SBoban  alä  (Srntegott  unter  bem 
fRamen  Oanötüalb,  Uanörtjalb,  5letDalb 
ober  Oömalb  tere^rt. 

2ßar  SBoban  einmal  ©turm^,  Sßoifcn* 
unb  SRegcngott,  rourbe  hai  Gelingen  ober 
SOiißUngen  ber  Srnte  alä  t>on  ibm  ab« 
gängig  betrachtet,  fo  lag  eö  nabe  il)n  über^ 
$oupt  ^um  (Sott  beö  ^immelö  unb  ber 
Suftregionen  ju  ma<^en.  (Sr  ift  aU 
fold^er  einäugig;  benn  bie  ©onne  ijl  fein 
21uge,  hau  ©ternbilb  bce!  großen  Scircn 
fein  2Bagen,  auf  n)elct)em  er  bic  Soten  in 
iai  ©eelcnreicb  fül)rt.  Da  ftd)  2Boban 
jc^t  ju  einem  ^immclögott,  ,;u  einem  mil= 
l>tn  unb  fcgenfpenbenbcn  2Befen  erI)oben 
l)atte,  fo  mürben  feine  frü!^eren  äerflörcns 
ben  Söirfungen  alö  ©turmgott  einem  (aber, 
bem  fogenannten  „Söinbeber"  äugef^ricben, 
mit  melcbcm  SBoban  fämpft.  J)er  @ott 
befiegt  baö  Untier,  fiirbt  bann  aber  felbjl; 
ber  milbc  fegncnbc  (Sott,  melcbcr  tit  golbnc 
^ruc^t  beö  5lcfcrö  fpenbet,  erfcbicn  aU  ein 
fommcriidjer,  mit  feinem  2;obe  ober  3}er= 
fd^minben  machte  er  bem  froftigen  Sßinter 
5pia^.  3m  aSolfenbergc,  in  ber  2Bolten= 
bürg,  meiere  bann  gefdjloffen  ifi  unb  nicf)t 
befrucbtenben  SRegen,  fonbern  nur  ciftgen 
©d^nee  jur  ®rbe  fenbet,  träumt  er  mit 
feinem  ganjen  ^eere  bem  55i^"blin9  «"t* 
gegen.  2Die  aU  rt»ilber  3äget,  fo  ging  al^ 
©d^Iafenber  äßoban  in  bic  ©eftaltcn  oon 


ßieblingsbelben  tei  bcutfd^en  95olfed  übet, 
^aifer  Äarl  ber  ®roBe  fdbläft  im  2)efcn- 
berge  bei  Harburg,  in  ber  93urg  ^crftaüa 
an  ber  2Befer,  in  ber  Äarlcburg  bei  Ööbr 
im  ©peffart,  im  irautberg  unb  2)onncra= 
berg  in  ber  $falj.  Otto  ber  (Sroße  fr^t 
i'cr^aubert  im  Älppäufer.  ©päter  trat 
an  ©teüe  Ottoa  ?5"«^"d)  Sarbaroffa, 
ber  fd)Iafen  muß,  fo  lange  bic  3taben  um 
bie  SBurg  herumfliegen.  3"  ©cbottlanb 
träumt  Äönig  5trtu0  mit  feiner  lafelrunbe 
in  ben  ^ügeln  non  Alderley  Edge.  *Rac^ 
einer  anbetn  ©age  irrt  SBoban  fieben 
3al)rc,  melcbe  bie  fieben  ffiintcrmonatc  be= 
beuten,  ale  ein  iöetbanntcr  ^crum,  fern 
oon  feiner  (Sattin,  um  bic  ber  Blaffe, 
mintcrlic^e  2Boban  mirbt.  'Olado  5lblauf 
ber  fteben  ^at)u  refpettiiie  fieben  Sionate 
aber  fommt  er  jurüdf,  uertreibt  feinen  iRc= 
benbut)lct  unb  ermccft  an  ber  ©eite  feiner 
(Semablin  alle«  »ieber  ju  neuem  2eben. 
SBieber  in  einer  anbern  ^'iffung  beißt  i^, 
ber  ipimmclagott  jage  fieben  S^ibrc  feinem 
2Beibc  nad),  ber  333olfengiJttin,  meld)e  oer« 
jaubert  il)m  untreu  gemorben.  (5«  ift  bicä 
bic  gcifierl;afte  3u"9fraU'  weldie  fcbon 
oben  als  Don  ber  roilbcn  S^^Sb  fcrfolgt 
ermäl)nt  rourbe. 

iöom  21.  ©cjember  ber  aBintcrfonnens 
menbc  an  werben  bie  Jage  roieber  länger 
unb  biee  betrad)tcte  man  aU  eine  iBot« 
bebcutung  für  bie  Sßiebcrfebr  be«  %xüb' 
liugä  unb  ©ommere.  ®ie  auf  hai  2ßintcr= 
folfiij  folgenbcn  „jmölf  i}Md)te",  in  (ängs 
lanb  unter  bem  SfJameu  Twelf  Nights 
wol)t  befannt ,  gelten  in  'Scjug  auf  i)cii 
JÖetter  rorbcbeutenb  für  ba«  folgenbc  3^ibr. 
Die  (Seither  ber  SBctfiorbcnen  ftcigen  m 
bicfer  3eit  jur  (Srbe  niebcr  unb  manbeln 
unter  ben  ©terblicbcn.  25ic  mütenbc  3»iäb 
burd)toft  bae  ianb.  »DUt  ben  Iknftorbenen 
mifd)en  fid)  aud;  bic  (Sötter  unter  bie 
31Rcnfd)en  unb  netlangenSeretjrung.  Jpeilige 
Jeuer  loben  auf  ben  Sergen  jur  (Sbre 
aöobanö.  3"  ben  Dörfern  aber  mürben 
bic  Ji^ultuögebräucbc  bramatifd)  bargcjtctlt. 
9tod)  je^t  repräfcntiert  in  Sraunfcbmeig, 
<5d)lcftcn,  ©d)maben  unb  aud)  in  Sng« 
lanb  ber  fogcnannte  „©d)inimelrciter"  ober 
i>aii  Woodenhorse ,  Hobbyhorse  ben  auf 
weißem  !Roß  baberbraufcnben  Sßoban.  3" 
feiner  (Sefeüfc^aft  fmb  oft  ein  ©d^mieb, 
ber  ben  (SDct)immel  befctjUigt,  ein  93är, 
melden  ein  in  Srbfenfirot)  gcbülltcr  Surfte 
fpielt,  an  beffen  ©teile  in  Ufebom  ber  Älap* 
pcrbod,  in  ©ct)meben.  ber  Julebock,  m 
ObcrfieicrmarE  bie  ^abetgaiö  tritt.  Oft 
aud)  folgt  bem  ©(^immclreiter  ^anä  (Rups 


758 


2öoban. 


led^t  ober  Änccf)tSRuprecf)t,  ireldficr  ficf) 
ja  jc^t  nod)  nicf)t  nur  auf  bcm  8anbe,  fon^ 
bern  aucb  in  ben  Stäbtcn  etf)alten  bat 
unb  mit  feinen  ®abcn  bie  braoen  Äinbcr 
bcglücft,  mit  feiner  9flute  bic  unartigen 
betraft,  ©elbfi  ©ebdcfe  mürben  um  biefe 
3eit  in  ^ferbeform  gemadit.  SRoci)  einmal 
tritt  ber  SBintcr  in  feine  SRecftte,  bann 
aber  ergreift  ber  fegenfpenbenbe  Sommer^ 
gott  mieber  bauernb  bie  .^errfi^aft  über 
bie  im  frifcfcen  i£cf)mucfe  prangenbe  (5rbe. 
3tn  Dki  fd}lägt  SBoban  in  entfcfceibenber 
©d)Iaci)t  ben  falten  ^errn  beä  2Binterö 
au^  bem  %ilhi.  3n  gnglanb  5ief)t  bann 
SRobin  J^oob  mit  feinen  fröbli(f)en  S^Sb* 
gcfctien  ein.  SBieber  fpielt  bei  ben  ^^rüb- 
iing?fejilicf)feiten ,  roie  fie  in  ben  smölf 
crften  iüJaientagcn  in  J)eutfct)Ianb ,  ®ng= 
lanb  unb  bis  nad)  ^^ranfreid)  hinein  oon 
ber  froren  SBcüölferung  gefeiert  werben, 
ber  (gcfcimmelreiter  eine  gro§e  SfioIIe.  3^)"! 
^ur  Seite  fte^t  aber  bie  ebenfo  micbtige 
^crfönlid)feit  ber  iKaifönigin  ober  be« 
SWaifönigä  in  (änglanb,  be^  3[Raigrafen  in 
f)?ieberbeulfcf)lanb ,  beä  $fingftbu^  in 
@d)maben,  bce  SiOafferoogele  in  Saiern, 
melcbe  alle  mit  ®rün  unb  SBlumen  ge= 
fcbmücft  ben  (Jin^ug  ber  marmen  ^al)Xii' 
jeit  peranfcbaulicfcen  foüen. 

Sffiie  tai  fanfre  SBeben  beö  SÖinbeä 
ik  öuft  reinigt  un^  ^vanfbeitsftoffe  r»er= 
fct)eu(^t,  fo  tritt  aud)  Sffioban  aU  ^eiU 
gott  auf,  ber,  mie  ber  stt>eite  SDierfeburqer 
3auberfprud)  jeigt,  j.  93.  bie  ^u^cerrenfung 
Don  93albers  f^oblen  beilt,  nad)bem  »er= 
gebene  bie  beilfunbii^en  2Beiber  ®intt)gunt 
unb  Sunna,  i^riia  unb  QSoÜa  tai  lier  bc= 
fprod)en. 

©em  boppelten  ßbarafter  beö  ®otte« 
gemäß,  empfing  SBoban  aud)  ^meierlei 
Opfer.  ?lle  fegenfpenbenbem  Grntegctt 
h)urben  ibm  ^etbfrüdite  bargebrad)t.  2)er 
tüilbe  .^err  be«  ©türme«  unb  ber  (5d)Iad)= 
ten  aber  ledijte  nad)  93Iut  unb  fo  fielen 
*Pferbe  unb  felbft  iütenfcben  unter  bem 
iWeffer  ober  burd)  ben  Strid  beö  opfernben 
$riefierö;  benn  namcntlidb  bic  ©celen  ber 
©ebüngten  pnb  bem  ®ottc  lieb. 

SBenn  er  nid)t  im  milben  ©turmminb 
einbcrfäbrt,  fo  meilt  SBoban  mit  feinem 
®efoIge  in  feinem  (Palajie  binter  ben 
2BoIfen.  3"  biefem  goIbleuAtenben  .^aufe 
fübrt  ein  SQBeg,  ber  mit  eblen  Steinen  ge- 
pflaflert  iji.  <}(ud)  für  ßiebe  ift  baä  |)erj 
bc«  ^immelögotte^  nid)t  unempfänglid), 
bie  Sage  meil  »on  einer  iBerlobung  200» 
ban«  mit  ber  rcijenben  Äöbleretoditer  ßili. 
ebenfo  mci§  ber  gemaltige  ®ott  bie  felbft» 


fertrauenbe  ÜJfa^t  unb  Älugbeit  bet  üWcn« 
fcben  ju  adb ten  unb  ju  mürbigen. 

S)er  ®ott,  meld)er  ben  SÖJenfcben  ben 
@ieg  nerlief),  würbe  balb  ou^  ber 
®eber  aüeö  ®Iüdeö  unb  aücr  \)ö^txtn 
®üter,  er  mürbe  ®eber  beö  Sßunfcbe^  unb 
gar  ber  2Bunfd)  felber;  benn  mit  biefem 
Söorte  beseid)neten  nod)  bie  S)id)ter  be^ 
5WitteIaItcrö  ein  gewaltige^,  fc^öpferifd)e^ 
ÜBefen. 

2ßie  bei  ben  ©riechen  unb  SRömcrn 
marcn  aud)  bei  ben  ®ermanen  bie  ^err« 
fdier  barauf  Derfeffen  oon  ®öttern  abju« 
ftammen.  Sei  ber  englifdben  Äönigäfamilie 
reid)t  ber  Stammbaum  big  auf  ÜBoban 
binauf  unb  mit  ^ilfenabme  toeibIi(^et 
3n:iifd)englieber  biä  Äönigin  Sßiftoria  berab. 

Sei  ben  SJlorbgermanen  finbcn  mir  ben 
9tamen  SBoban  in  Dbb inn  (oft  mit  oer* 
beutfcbter  @d)reibung  Dbin  gefd)rieben) 
»ermanbelt.  Seine  Sebeutung  ifi  biefelbe 
geblieben.  'Mud)  Dbbinn  ift  Sturmgott,  atg 
foId)er  fogar  früber  ol«  5lbler  abgebilbet, 
baber  ber  fRame  Arnhöfdhi  (ablerbäuptig), 
mcl(^er  an  ber  Spi^e  ber  milbcn  ^a^i>  in 
2)iinemarf  ober  bes  mütenben  J^eereö  in 
Sd)meben  unb  D^Jormcgen  fein  2Befen  treibt. 
Asgardhreidh  b.  b.  ^ai>xt  nad)  3lfgarbb, 
mit  meld)cm  Diiamen  Dbbinnö  2ßobnft^ 
bezeichnet  mirb,  nennt  man  bie  ©rfcbei* 
nung.  ®eijter  oon  Srunfenbolbcn,  <Sd^Vä' 
gern,  SfJeibem  unb  Betrügern,  bie  für  ben 
liimmel  nid)t  reif,  für  bie  J^öüe  ju  gut 
ftnb,  bilben  tai  ®efolge  be^  ®otteä  unb 
treiben  e«  ganj  gleidi  wie  ibre  sBrüber  in 
3?eutfd)lanb.  5lud)  Cbbinn  mobnt  im 
Sffiolfenberg,  if^  einäugig,  meil  bie  Sonne 
fein  Qluge  bilbet,  ficüt  burcb  feinen  Weiten 
SWantel  tai  ^immelejelt,  burd)  feinen 
breitranbigen  .^ut  bie  Jßolfen  bar  unb 
reitet  auf  weitem  JHof,  tae  SIcipnir  bei§t 
unb  ad)t  55ü|e  beft^t.  5ibnlicbe  ®ebräud)e 
wie  in  2)eutfd)Ianb  bcrrfd)en  aud)  in 
Sfanbinainen  an  ber  SBinterfonnenwenbe 
unb  im  j^TÜblingäanfang. 

®an^  anber«  aüerbingö  gefialtet  fid> 
t>ai'  Silb  Cbbinns,  Wenn  wir  bie  Sbba 
äu  JRate  jieben,  Wel^e  fic^  einen  ©ötter» 
bimmcl  gefdbaffen,  wie  bic  ®riecben  ibn 
befagen.  S)a  ifi  Dbbinn  ber  Äönig  unb 
oäterli^e  SRegierer  bet  Söelt  unb  bed 
®ötterftaate«.  (5r  wirb  baber  5tnüatet  ge« 
nonnt.  iUIä  fold)er  tbront  et  in  ber  ®ötter* 
bürg  Qlögarbbr,  weld)e  in  ibrem  ÜRauet» 
ring  oielc  berrlid)e  ^aldfte  umf(^Iie§t. 
S^er  präd)tigfte  ron  biefen  ifi  ®laböbeim 
(2Bclt  ber  ^reube),  wo  geräumig  bie  golb« 
fd)immctnbc53atIböa(2öalbaUa,  b.  b- bic 


2Boban. 


759 


Botäüi3[id)c  $nüe)  ficf)  erbebt.  3n  bicfer 
^aüe  freuen  ni)  bie  (Sinbcrier,  bie  im 
Äampfc  gefallenen  gelben ,  iljre^  Öeben«, 
effcn  tai  ^^leifd)  bc^  Sber«  Säbrimnir, 
baö  if)nen  ber  Äo4  Qlnbf)timnir  in  bem 
Äcjfet  (Slb{)rininir  jubcreitet,  laben  ficf)  an 
ber  nie  nerftegenben  iOJilcf)  ber  S'^Q^ 
^eibt{)un,  h)ät)renb  bie  bolben  ißalf^rien 
t^nen  ani  golbenen  Römern  fößUdien 
ÜRet  frebenjcn.  Dbbinn  felbj!  fi^t  auf 
auf  golbencm  Ibrone  umgeben  Don  ben 
beiben  JBöIfen  ®eri  (ber  .^ei§f)ungrige) 
unb  J^refi  (ber  ©efräfige),  umflogen  non 
ben  Siaben  ^ugin  ((Sebanfe)  unb  SDJunin 
(Erinnerung).  3"  ^f"  (Sinberiern  gel^ören 
Mo«  bie  im  Äampfe  gefaUenen  Könige, 
^erjoge,  Qlbelige  unb  reichen  -Ferren.  ®ie 
werben  au^gereäblt  auf  blutiger  Sßabiftatt 
»on  ben  iBalft)rien  unb  ein  feftlirf)er  ®m= 
pfang  wirb  ihnen  bereitet  in  SBalbaüa. 
Sinft  wirb  Dbbinn  bie  ßinherier  gebrau= 
chen:  in  ber  (Sötterbämmerung ,  wenn  es 
gilt  gegen  bie  bamonifi^en  SKäcbte,  roelcbe 
ben  Untergang  ber  SBelt  h^i^teifütjren,  ben 
(Sntfcfceibungefampf  ju  fcblagen.  Dbt)inn 
ifi  ilriegsgott.  Ja  er  fäet  fogar  3^'^= 
tract)t,  menn  gi^^fben  im  Öanbe  ifl.  Snt^ 
brennt  bie  ©Aladbt,  fo  fämpft  er  felbft 
unfid)tbar  mit.  SBon  ifjm  allein  biingt 
ber  Sieg  ab.  3^  l^ertraucn  auf  bie  -^ilfe 
5lllt)ater0  verrichteten  bie  iJJorbmännerSJÖun: 
ber  ber  lapferfcit  unb  fahen  lachenben 
ÜJ?unbeö  bem  Sob  ine  ^Jngeftdn.  Sie 
jum  iJanatiömue  begeifiert  ftürjten  fte  ficf) 
wohl  panjerloä ,  atä  Setferfir ,  in  bie 
Scharen  ber  iJeinbe  unb  biffcn  um  ftch 
wie  iffiölfe. 

Dbbinns  Dienfi  war  blutig,  SDJenfchen* 
Opfer  fielen  an  feinen  OTtären.  2ßie  in 
2)eutfchlanb  würben  aucb  in  ©fanbinatiien 
bie  jum  Dpfertobe  beftimmten  oorjug^s 
weife  gebangt. 

Iioch  nicht  nur  auf  bem  ,5ejltanbe  ifi 
Dbhinn  ^crr.  5lu(i  bie  Seefahrer  flehen 
ihn  um  aünfiigen  ,5ahrwinb  an  unb  »er« 
trauen  auf  feine  ^ülfe  in  beö  Sturmeö 
SRöten.  SRed)t  bejeichnenb  ifi  ee  für  bie 
©crmanen,  bcnen  ja  fchon  S^acituö  ßiebe 
gum  Srunfc  »orwirft,  ta^  fie  ihren  ober= 
jien  ©Ott  gleichfam  auch  aU  oberjien 
SBierbrauer  anfahen.  ^m  engfien  3ufam- 
mcnhang  bamit  fiebt  aber  auch,  ba§  Dbbinn 
SDicbtergott  ifi,  welcher  ben  Sängern  ben 
Sranf  ber  9?egeificrung  einflößt.  @r  felbfi 
ifi  ber  befie  ber  l:;id)ter  unb  ihm  werben 
fogar  eine  iReibe  non  Sinnfprüchen  in  ben 
ÜJJunb  gelegt,  bie  unter  bem  Dramen  ^a- 
t>amal,  b.  b.  Sprüche  bce  ^ohcn,  gcfam« 


mclt  finb.  (Sbenfo  gro§  wie  fein  bi(^te* 
rifches  Salent  ifi  fein  ©efchicf  iRätfel  auf^ 
^(ulöfen ,  felbft  ben  9flicfen  Saftbrubnir 
befiegt  feine  löeiäbeit  im  iRötfclfampfc. 
Dbhinn  ifi  atlwiffcnb,  benn  er  hat  au^ 
bem  Sßeiehcit  fpenbenbcn  SBrunnen  bed 
^Riefen  ORimir  gctrunfen,  wofür  er  aber 
bem  SRicfcn  jur  Selobnuug  baei  eine  "Jluge 
laffen  mu§te.  Ttit  be«  ®otteö  'Jltlwiffen* 
heit  höugt  aud)  feine  QlQmacht  jufam= 
men.  (Sr  ifi  (Srfinber  ber  JR  u  n  e  n  ,  ber 
Scböpfer  unb  Drbncr  im  SReidic  ber  SRatur 
unb  atleä  höheren  ?ebenö.  SlRit  feinen 
Srübern  iBili  (ber  SBoüenbe)  unb  93e  (ber 
^»eilige)  bat  er  au^  bem  (Shoos  ^immcl 
unb  Srbe  erhoben  unb  bie  organifdje  unb 
fittlid)e  SBeltorbnung  gcfchaffen.  'Hai 
Sciumen  l)at  er  bie  ÜRenfchen  gebilbct  unb 
if)nen  bie  Seele  eingehaud)t.  ^ort  unb 
fort  erhält  er,  aU  Äönig  bem  ©otterftaatc 
rorftchcnb ,  feine  It^eltorbnung  aufrecht, 
ßr  ifi  iBorbilb  ber  (Sefe^gebcr  unb  wad^t 
über  bie  ^eiligbaltung  beö  Sibe«.  2Iuc& 
Äinber  werben  Dbbinn  jugefcbrieben.  2Rit 
grigg  h^i  er  ben  lid)ten  Salber  er,;eugt, 
mit  ber  ßrbgöttin  Sötbh  ben  fiarfcn  I)ons 
nergott  Z\)on,  mit  JRinbr  ben  'iBali,  mit 
ber  SHieftn  ®ribbr  ben  fchweigenben  IBib» 
bnrr;  auch  t'ie  ^ampfgöttcr  Z\)x  unb 
yöbbr,  ber  I>icbtergott  Sragi,  ber  ©ötter« 
wäct)ter  ^eimbaÜr  unb  ^ermobhr,  ber  ®öt« 
tcrbote,  nannten  ben  "Münater  Dbbinn  ihren 
(Srjeuger  'Jll^  bie  ^eiligen  ber  chrifilichen 
Jlircbc  ben  beibnifcben  ®öttern  ben  Ärieg 
erflärten  unb  fte  allmählich  aus  bem  ^elbe 
fchlugen,  ba  nabmcn  boch  einige  ber  Sieger 
3üge  von  ben  Unterbrücften  an.  2)er  Srj« 
enget  SUiichaet,  biefer  ./Jahnenträger  ber 
bimmlifd)en  ^cerfcharen",  trat  an  2Boban« 
Stelle.  <31uf  beni'elben  ^la^en,  wo  SBo» 
banö  Tempel  gefianben,  erhoben  fid)  ^a' 
pellen  bee  ©rjcngelö  'DJicbael;  in  Sd)Weben 
lobern  iD?id)acläfeucr  ju  berfelbcn  3eit,  in 
ber  fonfi  bem  Dbbinn  auf  ^iefe  JBeife  iai 
93olE  feine  Serebrung  bezeugte,  ffioban 
alä  ^acfclbärenb  gin^  auf  in  bem  ^ei* 
ligen  IWartin,  ber  befanntlid)  als  iRits 
ter'  bem  in  (Sefialt  eine«  Settlerö  ihn  an* 
flebenben  |)eilanb  ein  Stücf  feinet  üRantetä 
gegeben.  2ßa^  früber  bem  SBoban  gegol« 
ten,  gefchieht  je^t  bem  ^1.  ü}}artin  ju 
(Shren.  Sr  Wirb  alö  Sd)immelreiter  bar» 
gcfietlt;  ihn  günfiig  ju  fiimmen  feiert  man 
an  SWartini  in  ber  9}?arf  örntefefie  unb 
jünbct  greubenfeuer  an.  3"  Sübbeutf($i 
lanb  jeigt  fi^  St.  SWartin  jur  2Beihnacht«= 
jeit  in  ber  iRotle  bcö  Äned^t  iRuprecht  aU 
«ßeljmärtel.    ©nblich  ^at  aucb  St.  9?ifo  = 


760 


Sffiürfelfpiel  —  Babicn. 


lau^,  ber  finberfreunblicfee  Sifct)of  oon 
Tlixa,  beffen  ^fPi^'S  (6-  J^ejcmber)  in  bic 
3cit  ber  ÜBinterfonnenwenbc  fict,  [einen 
9iamen  bem  SBoban  borgen  muffen,  ^uf 
einem  ©(^immel,  ober  aU  Äned)t  Der^ 
mummt  jie^t  er  in  ber  Siadjt  com  5.  auf 
ben  6.  ^Cijcmber  in  ben  S)örfern  ^eriim 
unb  legt  ben  ^inbern  ^pfet,  Sirnen  unb 
il^üffe  in  bie  Sc^ufje,  in  mel^i'  le^tere  üon 
ben  kleinen  ^eu  geflopft  h)irb  am  iBor* 
abenb ,  bamit  ber  ©cfeimmel  beä  freunb? 
liefen  ©ebcrä  aud)  etmaä  ju  freffen  ^abe. 
©0  lebt  aud^  beute  nod)  mcbr  ober  meni* 
ger  beutlid)  tai  QInbenfen  an  SBoban  im 
beutfc^en  33oIfe  fort. 

ytaä)  SOtann^rbt,   2)ie  ©ötter  ber 
beutfd)en  unb  norbifdjen  23ölfer. 

SBÜrfcIf^icI  wirb  fc^on  »on  Jacituö 
©ermania  24  als  eine  ßeibenfc^aft  ber 
2)eutfcf)en  gefc^ilbert,  baö  fte  [ogar  im 
nüchternen  3uf^'i»^^'  treiben,  ^aben  fte 
alleä  uerfpielt,  fo  fe^en  fie  auf  ben  legten 
2Burf  ÜJeib  unb  Jrei^eit.  S5aö  (öpiel  blieb 
baö  ganje  ü)JittelaIter  Ijinburd^  bei  ÜJldn« 
ncrn  unb  grauen  beliebt,  au4  bei  Won' 
(^en  unb  9ionnen,  unb  feineö  ber  ja^I* 
reichen  geiflUdfien  unb  meltUd^en  23erbote 
battc  naci)^altige  SffiirEung;  Dtto  ber  ©rofee 
bebrofjte  j.  S.  bie  ©eipiic^en,  bic  pom 
2öürfclfpiele  nic^t  abliefen,  mit  ber  ^tb« 
fe^ung.  Um  hai^  6piel  unf(!^ablicber  ju 
macf)en,  erfanb  ber  Sifd)of  Sffiibotb  pon 
<5ambrap  (972)  ein  befonbcrä  funftreic^eä 
unb  auf  geipiicfie  SSer^ältniffe  umgebeuteteö 
Sürfetfpiel.  2)ie  2öürfel  njaren  auö  (Sl= 
fenbein  ober  Änoc^cn,  bie  Jlummern  Riefen 
Esse,  Tns,  Drie,  Kwater,  Zinke  unb  Ses. 
ein  befonbere«  Söürfelbrett  gcprte  jum 
©piel.  ©piitcr  maren  namentlich  bie 
ßanbäfne(i)te  für  it)re  Üeibcnfci^aft  jum 
aSürfelfpiet  berüd)tigt. 

2ßurfmaf(^iucn  mürben  ^auptfä^lic^  im 
33elagerung6bienfie    angemcnbct.      ®ro§e 


«Steine  würben   an  bic  ÜJJauern  ber  bcla* 

gerten  ©tdbte,  ^^"^'^^"9^^"  ""^  allerlei 
Unrat  in  bicfelben  geworfen,  um  ißranb 
unb  <PefiiIenä  ju  erjcugen.  j)ie  SauEunfl 
ber  Ärieg^mafi^inen  entwidclte  ftc^  befon» 
berö  in  Stauen,  wo  no^  mancbe  ®rinne= 
rungen  unb  iBorrid^tungen  auö  ber  Otömerä 
jeit  fic^  erbalten  ^aben  mochten.  S)ie 
baburd)  erhielten  ®(J)reden  erregenben  25cr« 
t)crungcn  ma(^ten  bie  zweite  Iatcranifcf)e 
Äir^enPerfammlung  (1139)  auf  bie  neuen 
ÜJiafi^inen  aufmcrffam,  welcfee  bei  Strafe 
bcö  ©anneö  oerbot,  jene  tobbringcnbc  unb 
gottoerf)a§te  Äunfi  beö  Sauenä  Don  2öurf= 
unb  iPfeilgefc^ offen  fernert)in  gegen  Eatfios 
lift^e  S|)rificn  ju  üben.  3nbe^  blieb  hai 
23erbot  o^ne  j^olge,  am  metjien  in  3talicn 
fetbji.  35ocf)  auä)  bie  I)eutf(^en  fannten 
bie  Äunji  unb  bic  S)änen  lernten  fie  Pon 
ben  ®ad^fen(1134),  am  meiften  Perbreitet 
aber  würbe  fte  burc^  bie  Äreujäüge. 

35ic  gebräuct)Iici)|ien  ®cf)teubermafcbtnett 
Waren  bie  ÜJJange  (manga,  manganea),  bie 
23libc  (nit.  blida,  whlfd)  bliv,  bän.  blie) 
unb  ber  Sriboc  (trabucca,  dribokke).  Sie 
beftanben  auö  einem  fefien  ^ju^gefteü  Pon 
^olj,  auf  bem  ein  fc^werer  Salfen,  S^win* 
gel  (swenkel)  ru|)te  unb  gefpannt  (ge- 
seilt, gewunden)  merben  fonnte.  2)iefer 
Stamm  war  auf  ber  einen  Seite  mit  einer 
Sd^Iinge  ober  mit  einem  ®<^Ieuberfaficn 
fcrfc^cn,  auf  ber  anbern  war  ein  gro^c^ 
(Scwic^t  angebracht,  ha^  plö&lid)  frcige- 
laffen  bie  eine  Seite  beä  ^ebelö  in  bie 
liefe  jog  unb  bie  Sabung  auä  ber  gegen* 
überliegenben  Schlinge  ober  «Pfanne  ^er» 
auäf^teuberte. 

SKit  ber  (grfinbung  beö  ©c^ie^pulpcrä 
famen  biefe  üJlafc^inen  natürli»^  au§ct 
Äurö. 

^ai)  San-SOUrte,  2Baffenfunbe. 
Sgl.  *antwerfe. 


3. 


BttWcn.  Der  ©ebraud^  gewiffer  3a&Icn 
ifl,  abgefet)en  oon  bem  natürlid^en  3a^ien* 
wert  berfelben,  in  ft)mboIifd)er  Sebcutung 
bei  ben  meiften,  wo  nic^tbeiotteniBölfernim 
Sd)Wange:  befonbere  ^uäbilbung  \)at  bie 
Sa^ilenfpmboUf   u.  a.  bei  ben  Hebräern, 


ben  ©riechen  unb  JRömcrn  ((Ppt^agoraä), 
unb  im  SDtittelalter  erlangt;  bie  d^rifilid^e 
Spmbolif  beö  ÜJlittelaltcrö  ift  reid^  an 
folc^en  5lnfcfeauungen,  nid)t  minbcr  ber 
23olföabcrglaube ,  bie  ÜJlagie,  bic  voUi* 
mäfigc  5tnfc^auung  überhaupt;  fo  beruht 


Ballen. 


761 


baä  SRacfctttjäcbtetlicb  „^ört  i^x  ^crin  unb 
laft  cucfi  [agcn,  Unfrc  ®Iocf  i)at  je^n  gc= 
f(f)Iagcn",  Simrocf  93olföIicbcr  ««r.  379 
auf  bcr  Slnwenbung  fotgenber  ^eilii^er 
3a^Icn:  3tt)ölf  ©cbote,  (Si'lf  <MpoficI,  (5in 
©Ott,  Si^fi  ^Bcge  bcä  ÜJJcnf(^en,  ÜDrcieinig- 
feit,  33icrfac^cö  *UcferfeIb;  unb  baö  ßicb 
0  Lector  Lectorum  ober  bic  fot^olifdic 
iBefpcr  (©imrocf  ülx.  335),  n)eld)eö  aii= 
fängt:  „®utcr  ^rcunb,  ic^  frage  btd),  ®ag 
mir,  wai  ifi  ©ineö?"  unb  tt)orin  in  jcbcr 
'Strophe  eine  «eitere  ^)eilige  3<5t)t  äugffcist 
wirb,  lautet  in  ber  ©cf)Iu^flrop^e: 

®uter  J^reunb,  id)  frage  bic^, 

@uter  55i^eunb,  maö  fragft  bu  mi^? 

®ag  mir,  inaö  finb  jmölfe? 

3tt)ölf  ftnb  «Mpoßel, 

@ilf  taufenb  Sunflfrauen, 

3el)n  ®ebote  ©otteö, 

SReun  ß.t)örc  ber  ©ngel, 

ütcbt  @eligfeiten, 

©icbcn  Sahamente, 

Sed)ö  Ärüg  mit  rotem  2Bein 

^at  ber  ^err  gefcfcenfet  ein 

3u  (Sana  in  ®aliläa. 

^ünf  Jßunben  ßbrifti, 

Sier  (Soangeliften , 

!I)rei  *)3atriar(i)en, 

3tt)ei  Jafeln  aJJofie, 

6in^  unb  ©in«  ijl  ®oti  ber  |)crr, 

2)er  ba  lebt 

Unb  ba  fd)irebt 

3m  .^'ininiel  unb  auf  (Srben. 

*ji[f)nltd)    legte    nacf)   33abian    (bcutf(^e  ! 
©d^riften    III,    509,    26)    ein    pfaff   und  j 
pfarrer    zuo  Tal  bi  Rinegg,  tai  Äarten=   j 
fpicl,  t>ai  er  am  D^euja^rötag  1533  auf  bie  i 
Äanjcl    gcbrad)t    t)atte,    feinen    3"^örern  \ 
alfo  au^ :   der  küng  der  bedüte  Got  den   \ 
obristen;    der   oberbuob   unser    frouwen. 
der  underbuob  die  12    boten;    die   nüne 
die  nun   frömbden   sünd;   die   achte    die 
acht  sälikeiten ;  die  sibne  die  siben  tot- 
sünd;    die  sechse    die   sechs   werch    der 
barmherzikait ;    die  vier    die    vier  evan- 
gelisten;    die    drü    die   bälgen    drifalti- 
kait;  die  zwai  di  zwai  taflen  Moisi. 

(Sine  3"f«mmenfteIIung  firdblicf)  =  fpm; 
bolifd^er  B^ifllen  \\t  unö  unbefannt;  ngl. 
itibe^  ?eprcr  in  ^erjog«  iRealsSnct)EIo= 
pöbie,  *Mrt.  Bafilf"  bei  ben  J^cbräern;  ba= 
gegen  i)at  3-  ®rimm  in  ben  fftecfttöoltcr« 
lümern,  Aap.  5,  3ablencerf)ältniffe  aui 
bem  ©ebiete  beö  beutfcf)en  Ü^ccbtcö  ge^ 
fammelt,  non  »elcfcen  b'er  unter  Seijieljung 
bee  ®rimm'f{^cn  unb  be^  ©cfemeüer'fc^cn 
Sffiörterbucfie«    (Stnigeö    angemerft   merben 


fofl.  SWad)  ®rimmä  ^Beobachtung  jerfaflen 
im  ft)mboIifcf)en  ®ebraucf)c  beö  iRed)te« 
fd)on  bie  einjelnen  B'J^lc"  '"  5>^«'  ""- 
gleiche  3;eilc,  bergeftalt  ta^  einer  gerabcn 
Saft^  eine  ungerabe  Bug^^be,  einer  ungc» 
raben  eine  gerabe  beigefügt  ju  werben 
pflegt;  im  ®anjcn  mecben  bat)er  meift  un^ 
gerabe  3*^^'^"  gebraucf)t  unb  gcforbett, 
namentlich  brei,  freben  unb  neun. 

1)  S)reijat)l.  2)rei  bf^cid)net  bii'j 
abgefc^loffene,  ooUenbete,  ooUftänbige;  »renn 
bei  ben  ^cibnifd)en  S)eutf(^cn  bae  feicrlid)e 
ifficrfen  bcr  ßofe  ftattfanb,  um  eine  gijtt= 
lirf)e  ©ntfc^cibung  ju  erlangen,  fo  mürben 
brei  oon  ben  l)ingefd)ütteten  ?o«fiaben 
t)erau0genommen  ober  baö  ?ofen  njarb  an 
brei  Perfcf)icbenen  lagen  micbcrbolt;  in 
ißolfslieberu  finben  ftd)  brei  Siofen,  brei 
iReiter  ju  ^ferb,  brei  |»äälein,  brei  2BoIfen 
am  ^immel,  brei  ®dn«  im  ^aberftrof), 
brei  23urfd)c ,  bie  über  ben  iKbein  Rieben 
unb  Diele«!  anbre.  3brcr  etbnogonifd)en 
©oge  jufolge  flammten  bie  brei  Stämme, 
in  "meld)e  baei  ©cfamtuolf  ber  ®crmanen 
jerfiel,  bie  3"vläDonen,  .pcrmionen  unb 
3fiäüoncn ,  oon  ben  brei  Söl)ncn  beo 
ÜJJannuei.  2)ie  ^ahl  ber  ©tdnbe  ifl  brei: 
*llbcl,  gveie  unb  Äned)te.  *Mm  ®erid)te^ 
pla^  fieben  brei  Sicf)en,  breimal  roirb  et« 
maö  befannt  gemad)t,  wirb  aufgeforbert, 
angcfünbigt,  gewarnt,  geantwortet,  ein 
3ei(^en  gegeben;  brei  ifi  bic  3öhl  ber  eb- 
tiaften  SJJöte;  oon  brei  Strafen  wirb  bäufig 
bem  iBerbrec^er  bie  2ßal)l  gegeben  eine 
auejulefen;  einen  ®afi  bebält  man  brei 
Sage. 

2)  3Sicrjal)l  ifi  meift  blo§  auf  ben 
(Sinftuf  ber  oier  ^immelv<gcgenben,  auf 
bie  ülanbeeeinteilung,  Sßege  unb  ©eri^te- 
pUi^e  bejogen;  häufig  war  eine  t'anbein- 
tcilung  in  oier  ®türfe,  mit  uier  Srfen, 
Sffidnben  unb  2Begen;  auf  bem  qnadriviam, 
ber  2Begfd)eibe,  würben  l^erfd)ie^cne  3ied)te= 
feierlidifeitcn  forgcnommen ;  ein  Tlann 
woljnt  binnen  feinen  oier  *Pfäblcn;  über 
bem  Raupte  be^  jum  2obc  3?erurteilten 
werben  oier  gebrochene  Stäbe  nad)  ben 
oier  Seiten  ^in  geworfen.  Ü?ier  ^fenniiu 
ftnb  eine  l)äufige  *Jlbgabe.  'Vierer  ober 
ißiermeifier  frnb  eine  börflicbe  unb  in 
Stäbten  eine  jünftige  Set)örbe,  bie  man 
mand^mal  5Jüt)rer  gefd)rieben  finbet. 

3)  Jünfja^l  finbet  im  alten  SRcd.t 
feiten  *Berwenbung;  bagegen  grünbet  DU 
frieb  bie  (gintcilung  feiner  (äoangelien; 
l)armonie  in  fünf  6üd)er  auf  bie  fünf 
Sinne;  üiclleidit  an  bie  ^ci\)[  ber  Sinne 
ober  bcr  Ringer  benfenb  oerlangt  ®ottfrif? 


762 


Ballen. 


Bon  ©tra§burg  fünf  IDingc  Don  bcr  SOtinnc: 
3iein£)cit,  Äeufc6f)eit,  SÜJilbc,  3)cmut, 
©ebulb.  6itt  batrifc^er  «Spottauöbrucf 
SBauernfünfcr  i)at  nai)  S^mcüer  mU 
Iei($t  Sejug  auf  bic  altern  ®cf)rannen9e* 
lid^te,  bei  tt)elc^en  ircnigflenä  „fünf  erber 
man"  ober  „fünf  biber  man"  als  ge= 
fc^roorne  (Re(^tfpre(^er  fafen,  bic  auf  bem 
öanbc  auö  ^-Bauern  genommen  mürben. 

4)  (Sec^öjat}l  ifi  fe^r  feiten. 

5)  ©iebenjabl  ifi  S'^^I  ^^"^  ® 'Söffen 
bcr  S^UQ^n  (baber  bcficbncn,  überftebnen). 
23or  (beriefet  erfd)eint  jcber  '^xm,  bcr  an 
®runb  unb  93oben  fiebcn  <S^ut)  t)inter  ]\(i) 
unb  Dor  fid)  befi^t;  bcn  Sarg  nennen  bic 
S)ic6tcr  baä  ^au«  üon  fteben  gülen.  'Jim 
(Sericötäplaö  (leben  ficben  (Sieben,  ia' 
fter  bcr  Drtönamc.  |)ciufig  ftnb  fteben 
©trafen,  5.  33.  in  J^ennegau  ficben  ^cet^ 
ftra^en  beä  Äönig^,  üier  mit  rotem,  brei 
mit  fcf)»arjcm  Steine  gepflaftert;  in  §ric3' 
lanb,  hai  nod)  im  10.  Jöbrbunbcrt  in 
fteben  ßanbfd)aften  äcrflel,  ütcr  Sffiaffers  unb 
brei  ßanbfira^en-,  fteben  Pfennige,  oier  bem 
f)immlifd)en,  brei  bem  irbif(ä)en  Äönige, 
ftnb  eine  5lbgabe;  fteben  |)eetf(^ilbe  jablt 
ber  ©ac^fcnfpiegel.  (So  gicbt  fteben  ^rie* 
bcn,  für  ^au«,  2Beg,  2)ing,  Äirc^c,  2öa= 
gen,  $f[ug  unb  Seid).  Sieben  S^bte  unb 
fteben  Sage  ftnb  bauftg  friftbcflimmcnb, 
j.  S.  für  bic  ©rcnäbegebung ;  ein  slben- 
aere  i^  einer  üon  fteben  aufgcPeüten  Sac^« 
»crflänbigen  bei  Seft^tigung  t)on  Sau«, 
^lüX'  unb  ®rcn§fac^en;  bcr  ©icbner* 
gang  ifi  bic  jdbrlid)c  '•8ertd)tigung  fämt« 
lieber  ü)Iarfen  einer  glur  tnxä)  bic  Sieb? 
ner.  25cr  ©icbent,  ber  ftebcnte,  iji  bcr 
ftebente  Sag  nad)  93eife^ung  einer  ücrftor* 
bcnen  QJerfon,  an  meinem  cbemaU  bcr 
jmeite  ©ottc^bienfi  für  fic  gcf)altcn  ju 
tDcrbcn  pflegte. 

6)  ^2lc^tjal)l  ifi  ttjicbcrum  im  iRed)t 
ungcbrducfeUd);  a<$t  Sage  ftnb  ein  alter 
5lu0brucf  für  bic  2Boc^c,  inbem  man  oon 
ber  neuen  9Boc^e  bcn  erflen  Sag  mitjäl)lt. 

7)  iJlcunjabl;  neun  Äinbcr  fönnen, 
ber  Qlnnabme  beö  fricftfd)cn  ©efe^fö  nad), 
crjeugt  tnerben;  fonfl  gicbt  es  neun  Ur« 
tciler ,  neun  ^flugfc^arcn  beim  Oottcä« 
urteil  (ftcl)e  biefen  5lrt.  Ulx.S);  bic  eine 
leibeigene  ^^rau  t)abcn,  foücn  neun  Sd)rittc 
ßon  ber  ®erid)t0l)üttc  fiel)en  bleiben;  neun 
Sabrc,  neun  Sage,  neun  3l'ä6)k. 

8)  3c^n5af)l  fcfecint  im  9fle(i)t  über« 
att  au«  9  +  1  ju  crflärcn;  bcr  ße^ntc 
bebeutet  bic  Entrichtung  bc«  ©tücfcö,  iai 
auf  baS  neunte  folgt;  cbcnfo  jtnb  ^"P«"/ 


jc^n  3iad)tc,  jc^n  3a^rc  Scrbannung  ju 
crflärcn. 

9)  Silf,  gmölf  unb  breijc^n  bc= 
beuten  oft  gleid^oiel,  11  bie  Sßerminberung, 

13  bic  Scrmebrung  ber  12  um  einö;  bei 
11  Scböffcn  iß  bcr  3iid)tcr  bcr  jmölftc, 
bei  12  Sd)öffen  ber  brcijc^ntc;  oft  er« 
f^cint  ein  ^crr  mit  cilf  ober  gmölf  S)ienfi« 
mannen;  im  le^tern  JaQ  ifi  er  felbfl  mit« 
gejault.  ©Ifcr  jinb  aud)  eine  ftäDtifc^e 
ißeljörbc. 

10)  iBicrjc^n  ifi  bie  iBerbopplung 
oon  fteben,  günfäclin  ber  S^^a^  oon 
einem  ju  t)ierjcl)n,  ac^tjeltn,  JBcrboppe« 
lung  oon  neun,  bcjei^nct  j.  S.  bie  Sahire 
bcr  SDJünbigEcit. 

11)  Unter  ben  3'^'i"ii9fi^n  ifi  21, 
24  unb  27  in  ®ebrau($;  21  unb  27  iBer« 
breifad)ung  oon  7  unb  9;  24  93crboppelung 
oon  12.  Sin  ^lauägenoffc  barf  21  ^ai)x 
abmefenb  fein,  obne  fein  [Rcdbt  cinjubüfen. 

12)  S>rei§ig  3at)re  befiimmen  ben 
21blauf  ber  SBcrjäljrung,  eine  auä  römifc^cm 
!Rcd)t  f)crgelcitete  ^rifl. 

die  wisen  jehent  und  ist  ouch  war, 
daz   kein   unmäze   nie   gewerte  drizec 

jär,  ober: 
kein  unfaoc  weret  drizec  jär. 

S)er  S)rciiigfic  ifi  ber  breigigfic  Sag 
nac^  bcr  Seerbigung  eine«  23erf!orbenen, 
an  mclc^cm  el)malö  ber  le^te  Seelengoticö« 
bienfi  für  bcnfelbcn  gel)altcn  ju  werben 
pflegte,  je^t  übcr{)aupt  ber  lc|tc  Seelen« 
gotteöbicnfi. 

13)  iBicrjig  Sage  oberiRät^tc  ifi  eine 
alte  ^rijlbefiimmung,  bie  befonberä  beim 
Heerbann  galt,  bod)  aucb  in  ben  ©ebic^tcn 
beö  ÜJJittelaltcrö  oorEommt. 

14)  3rt>ciunbficbcnjig  ©ibeöfielfcr, 
b.  ^.  8x9  ober  6  X  12  fommen  in 
ben  alten  5ßolEered)ten  oor;  fonfi  trifft 
man  Strafe  um  72  ^Pfennige;  72  £>icnfi« 
leutc,  72  Ödnber,  72  Sprayen. 

15)  3ugabc«3'^^^^"-  Gntfpringcn 
fc^on  einjclnc  B'J^Jcn  für  ben  5Rec^täge« 
brauch  auä  bIo§er  Sufl'^^^»  nämlic^  oier 
auö  3  -f-  1,  odjt  auä  7  +  1,  je^n  aud 
9  +  1,  breijebn  aud  12  +  1,  fünfjC^n  aud 

14  f  1,  brei^ig  aus  27  +  3,  oicrjig  aud 
39  +  1 ;  feltener  aud  93erminberung,  mie 
fec^d  aud  7—1,  eilf  aud  12  —  1,  fec^d« 
unbjmanjig  aud  27  —  1,  fo  offenbart  ftd^ 
bicfed  ^rinjip  in  ctmeitettem  Ma^t  oor« 
äüglid)  bei  gtifi^«Pi"i'"""9^"-  ^^^  25er« 
firid^  einer  grifi  ifi  nämli^  crfi  bann  für 
ooü  ju  ad)ten,  menn  in  bic  au§er  it)r  lie« 
gcnbe  ^t\t  eingetreten  mirb,  raed()alb  no^ 


3attettt)erf  —  3''"''fr. 


763 


ein  ©tuet  biefcr  neuen  3eit  mit  baju  gc« 
fdblagen  ju  »erben  pflegt.  2)ie  ältere  3äf)lung 
ifi  bie,  ta^  einer  geitifj'cn  ^a\)l  oon  ytää)' 
ten,  j.  S.  7  ober  14,  ein  Jag  zugegeben 
tüirb,  voaö  ft«^  ti^  in  \^i)^  fpäte  3^'^  ^i^- 
liält;  fpätere  3ählung  nennt  bIo§  Sage 
unb  nimmt  ben  3ufl''^'3;ag  gteic^  in  bie 
9anje3al)I  mit  auf;  alfo  ftatt  1  +  l :  8; 
jiatt  14  +  1:  15  Sage.  Sängere  griften 
würben  auö  (Sinjelnen  jufammen'j;efe^t, 
tüobei  ficfe  bie  3u9^iben  nad)  ben  Sinjel* 
frifien  rii^teten;  fo  be^anb  eine  [ec^^- 
njöd^entli^e  ^i^'P  '^^^  45  Jagen,  b.  t). 
brei  uierje|)nnäd)tige  Jtifien  (42  Jage)  mit 
je  einem  3u3fl^  =  2;ag:  42  +  3  =  45. 
S)ie  $5"f^«'i  unb  gormein,  bie  ba3  alte 
IRe^t  fennt,  fmb  folgenbe: 

a)  breindd)tige  unb  fiebennä^tige  o|)ne 
3ugabsJag  nac^  ben  älteften  ©efe^en; 

b)  einen  dag  nnd  vierzehn  nacht; 

c)  ßicrmö(t)entlid)e  ober  monatliche  ttier^ 
ben  meifi  burd)  30  Jage  auägebrücft:  vier 
Wochen  nnd  zwei  tage; 

d)  fec^öinöc^eiitlicöe  grifi  ift  [ef;r  »er^ 
breitet  unb  beruht  auf  breimaliger  Ji'iebcr^ 
I)oIung  bcr  Dierjebntägigen  iJrifi  mit  brei 
3ugaben :  drei  tag  und  sechs  wochen, 
sechs  Wochen  nnd  dri  tag,  drei  vierzehn 
tage  und  noch  drei  tage; 

e)  bie  üotige  %ü^  üerbreifai^t  =  135 
Jage:  dreimal  sechs  wochen  und  neun 
tage; 

f)  S^^'^c^fi^ift  fj^t  ^i«  t^oi^ni^I:  jär 
und  tag,  unb  ifl  namentli(^  Öefiimmung 
für  üerjäljrenben  93eft^  unb  [ür  bie  J)auer 
bcö  'Mufentbalteä.  2>ie[e  grifi  galt  nun 
aber  nid)t  foüiel  aU  ein  3al)t  unb  ein 
notier  Jag  baju,  fonbern  fic  mürbe  feit 
3at)r^)unberten  bei  ben  ®eri(f)ten  nac^  bcr 
fec[)ämöd)entlid^en  grift  (oben  d)  geregnet 
unb  mar  foüiet  atö  ein  ^a^x  \cd)i 
2ßod)en  unb  brei  Jage; 

g)  jeön  3a{)r  unb  ein  Jag  fommt  in 
bairifi^en  Urfunben  oft  üor  unb  mirb  im 
alemannifd^en  ßanbrci^t  miebcr  gebeutet 
aU  zehen  jär,  sechs  wochen  und  drie 
tage; 

h)  aä)tii.l)n  ^c[\)x  unb  ein  Jag; 

i)  brei^ig  ^al)x  unb  ein  ^ct\)X,  eine  ur* 
alte  Sejiimmung,  bie  fc^on  im  7.  3al)r* 
l^unbert  bcjeugt  ift;  fpäter  mirb  barauö 
brei^ig  3a^r  unb  ein  J:ag,  ober  cinunb* 
btei^ig  ^a\)Xt  unb  ein  Jag; 

k)  fünfjig  ^a^x  unb  ein  Jag  benimmt 
ben  Segriff  eineö  ^agefloljen; 

1)  tjunbert  ^a\)x  unb  ein  Jag  ifl  ^OX' 
mel  für  emige  iBerbannung. 
äuttcltoeri.    SDiefeö  entjianb  bur^)  baS 


üblid^c  5luäfd)nciben  bcr  iHänber  nament* 
lic^  an  ber  münnlidjen  Äleibung ,  wie 
folc^ee  v>om  i:'..— 15.  2aI)rt)un^ert  in 
2)eutfd)lanb  übli^  war.  (Sic^e  Jract)t 
unb  Äleiberorbnung. 

3tiu6ct.  3iin''ß'^-  '^l^b.  zoupar,  m^b. 
bac*  unb  bcr>ouber  ifl  bie  fc^äblii^e  unb 
unbefugte  '-^luäübung  übernatürlid)er  Kräfte 
unb  mürbe  erft  ben  gefunEenen  »erachteten 
Oöttern  jugef'dirieben;  näc^ji  bicfcn  ben 
SWittelmefen  jmifd)en  i^nen  unb  ben  2Ren= 
f(ften,  ben  iRiefen,  SIbcn  unb  3tt)ergcn, 
jule^t  unter  Umftänben  ben  iDlenfcf)cn. 
(gegenüber  bem  2Bunber,  ber  ^eilf'amen 
unb  mit  rccf)ten  Jjingen  jugeijenben  3ßir= 
fung  übernatürlid)er  Äräftc,  gei)t  ber  ^<\u= 
ber  mit  unrechten  3)ingcn  ju.  „UnmitteU 
bar  auö  ben  l)eiligflen,  hai  gefamte  fflif'fcn 
beö  ^eibentumä  in  ficft  begreif'enben  ®c= 
fc^äften,  Ootteäbienfl  unb  J>ict)tfunf},  mu§ 
jugleici^  aller  3auberei  Urfprung  abgeleitet 
werben;  Opfern  unb  «Singen  tritt  über  in 
bie  iöorfteUung  Don  3i<u^crn;  «ßriefier 
unb  J)id^ter,  iBertraute  ber  (äötter  unb 
göttlid)er  Eingebung  teilf)aft,  grenjen  an 
SBciffager  unb  3'inberer."  iSd)on  bie 
beibnif^en  J)eutfdben  fannten  neben  bem 
Oötterfultuä  bie  3iJiit'f"i;  aber  erfl  feit 
ba^  ß^riftentum  afle  Segriffe  unb  33räud)e 
ber  Reiben  für  Jruc»  unb  fünb^afteö  Stenö; 
Werf  erflärte,  floffen  bie  beiben  ©ebiete 
jufammen.  „53alb  erzeugten  ftc^  Über= 
Ueferumjen  üon  unmittelbarem  3ufiinimen= 
I)ang  beö  böfen  g^inbeä  mit  bem  ^i'\in 
ber  3in^i-'rei;  bie  unert)öttefie  graufame 
Serwirrang  jwifdE)en  ^iiantafie  unb  SBir^ 
Ii(^fcit  ifl  barauä  t)enwrgegangen.  2)erge; 
fialt  üerfioffen  ocrübte  unb  eingebilbete 
3auberfünfie  ineinanber,  ba§  fte  Weber  in 
ber  Seflrafung  no(^  fetbfi  in  ber  Scge^ung 
gef(^ieben  werben  fonnten." 

3auberei  würbe  non  Scannern  wie 
Don  5'^^i"f"  getrieben;  bod)  f^rieb  bai 
frübeffe  Qlltertum  biefelbe  fdjon  üorjug^s 
Weife  J^rauen  ju.  3^nen  war  ba^  lluö^ 
lefen  unb  5lod)en  fräftiger  Heilmittel  an» 
gewicfen;  ©albe  fertigen,  Pinnen  Weben, 
SDunben  binben  War  iljr  ©cfc^äft,  ebenf'o 
öu^flaben  fd)reiben  unb  lef'en.  örfa^« 
rung  unb  bcbagiid^e  *Ku§e  oerlie^en  ben 
SBeibern  Öefäbigung  ju  tieimlid^er  3au« 
berei.  J)aäU  fam  i^r  wärmereö  unb  em« 
pfänglid^ereö  (Sinbilbungöüermögen;  na« 
mentlicf)  alte  2Beibcr,  bie  ber  Siebe  unb 
51rbeit  abgeftorbcn  waren,  nerlegten  wo^I 
i^r  ©innen  unb  Jrad^tcn  üor^ugäweife 
auf  geheime  fünfte.  S)a^  ifl  bcr  Urfprung 
bcr  weifen  grauen,  auö  bcnen  fpäter  bie 


764 


3e{)nte. 


^cfen  ftd)  cntmidcln,  fiebc  bcn  bcfonbern 
llrtifcl.  33on  befonbcren  Qhtcn  tti  3""' 
bernä  fotro^I  bcr  ^cjen  aU  anbetet  ^au: 
betet  tretben  ctttjä^nt  ^»ag eltn ad) en  unb 
©aatPetbetben,  wobei  fid)  jene  mand)= 
mal  einet  ÜBannc  obct  eineö  Ätut^eö  be= 
biencn;  gcttiö^nlic&c  ©diimpfmöttet  gegen 
v^efcn  wann  2Bettetma*etin,  SBettet^eje, 
SettetfafeiC,  S)onncrfü&e,  9icbeI^oje,  ®traM= 
i)t^i,  SU^fjefe,  SZßolfengüfi'e;  mandt)nial 
gebt  babei  bie  Qlbftcbt  bc«  J^'"'^^'^^  ^f- 
niget  batauf  auö,  bie  %xnä)t  ju  petttiüflen, 
ole  riielmcf)t  ftd^  i^tct  ju  bemächtigen. 
Untet  ben  ©ctätcn,  iietmittelji  n.iclcf)ct 
gejaubett  »itb,  [piclen  bati  Sieb  unb 
SBaAäbilbet  eine  iRoüe;  bcm  le^tctn 
ibut  man  untet  ^Utöfptedjung  ge^cimet 
2ßotte  etwa«  an,  um  auf  abwefenbc  ''DUn- 
i'cf)en  einjumitfen,  eä  tt>itb  in  bie  ßuft  ge= 
bangt  ober  in«  Saffet  getaucht,  am  ^euet 
gebäht  obet  mit  9JabeIn  bur(i)itocf)en  unter 
bcr  Ibür[d)tt)e[le  Petgtaben;  ein  folc^e« 
2Bac^öbilb  fieipt  ein  '21^ man;  tof)et  Wat 
bet  ©ebtauc^,  bießtbc  obet  Olafen  au0= 
juf^neiben,  auf  melcften  bet  %u^  eine« 
SD'Jen[cf)en  gejlanben  ^at,  ben  man  üet« 
betben  wiü,  Sin  anbetet  3''"J'fi^  I'^S^ 
in  bem  *ßetmögen,  Sictgcftalt  anju= 
nehmen,  toai  namentlid^  beim  2B  c  t  Wolfe 
(fiet)c  ben  befonbctn  Qtttifel)  bet  %aU 
iß;  feltenet  al«  in  einen  Sßolf,  fommt  bie 
3?etwanblung  in  einen  ©  d  t  e  n  ,  in  eine 
Äa^e,  eine  ©anö  fot.  2Bcnn  bie  abge- 
legte Äleibung  weggenommen  witb ,  iß 
feine  2öiebetf)erfletlung  ber  nctlaffenen  ®e= 
ßalt  möglief)  aufet  unter  ber  Sebingung, 
ba§  ein  unf^ulbige«  ü}?äbcf)en  fieben  ^al)xt 
lang  fiumm  unb  fcl)weigenb  ein  ^emb 
fertig  fpinne  unb  näbe,  hai'  über  ben 
35etjaubertcn  geworfen  werbe;  ein  fold)c« 
jF>emb,  im  Df^ittelaltet  St.  ®eotgenf)embe 
gebei§en,  lööt  nidjt  nut  ben  3aubet,  e« 
ma^t  aud)  fej!  unb  ftegtcicf).  3^"^"'  M^ 
aud)  möglid)  ol)ne  aQe  23etübtung  butdb 
bloßen  S8  1  i  d  ,  voai  mbb.  entsehen 
beipt;  bai  ttiefenbe  neibifc^e,  üble?luge 
bet  cinttetenben  ^cye,  gefd)weige  ibr 
-^  a  u  4  unb  ®  r  u  §  ,  fann  plö^Iid)  Der= 
le^en.  ©rimrn,  SDJptboIogie,  Aap.  34; 
rgl.  2B  u  t  1 1  e ,  Sotfeiaberglaubc. 

ßc^ntc,  abb.  zehando,  mbb.  zehende, 
zende;  ^lural  bie3f|)"*f"r  ^^^  feine 
Sntßebung  in  ben  iBorf(^riften  beö  QUtcn 
Xeßamcnt«,  wonad)  jeber  3^i^oelit  ben 
jebnten  leil  feinet  gelb=  unb  33aumftücbte 
unb  baö  jebntc  Stüd  be^  [Rinb=  unb 
Äleinttieb^  an  bie  öeoiten  ju  ibtem  Unter« 
boltc  abgaben,  bie  bann  wiebei  ben  3«^"== 


tcn  baoon  an  bie  Stießet  abliefcitcn,  33e» 
ftimmungen,  bie  fpdtet  babin  etwcitett 
würben,  baf  ein  jweitet  3«^'"^  ^"n  %det« 
ptobuften,  DI  unb  90? oß  unb  bie  ©tßlinge- 
be«  SRinb;  unb  .^leinoiebö,  ju  einet  löJabl« 
jeit  beim  3enttalbeiligtum  netwanbt  werben 
foüten.  9Iuf  biefe  Safeungen  berufen  ßcb 
im  4.  unb  5.  Jabrbunbert  bie  Äird)en': 
nätet,  wenn  fic  bie  ©laubigen  jut  (Snt« 
rid)tung  ber  3fbnten  ermabnen;  bocb  galt 
bie  Ceiffung  anfangt  nut  al^  ein  2öetf  ber 
?iebe,  unb  etß  im  6.  3öf'tb"tit)ett  btobtc 
eine  fränfifd)e  ©pnobe  mit  bem  Sänne, 
wenn  ferner  bie  Sbtißen  ben  ^tießetn  ben 
ibnen  fon  ®ott  angewiefcnen  3fbnten  oet* 
weigetn  wütben.  Dficben  biefem  f  i  t  d)  l  i  d)  e  n 
3ebnten  gab  eöabetaucb  einen  weit  lieben, 
au«  bem  römifdjen  ©efe^en  bettübtcnben; 
biefe  fannten  ndmlicb  ein  3cbntoetbdltnid 
füt  bie  93cbauet  bet  6taat«bomäne,  be* 
ager  publicas,  wel*er  butd)  (Srobetung 
in  allen  ^Ptopinjen  al^  Sigentum  beö  tö« 
mifcben  33olfe*,  fpdtet  bet  .^aifet,  etwotben 
wat;  Wer  Stüde  batauö  jut  Sebauung 
übernabm,  bejablte  al«  9lnerfennung  tti 
unüodEommnen  ©igentume«,  über  bai  ber 
©taat  untet  Umßdnben  anbetweitig  oet=- 
fügen  fonnte,  tu  jebnte  ®atbe.  Sin 
dbnlid)e«  ißetbdltni«  eine*  unooHfommenen 
33ert^e«  beßanb  bei  bem  römifdben  Äo* 
lonat  feit  .^onßantin  b.  ®t.,  wobei  pet« 
fönlid)  fteie,  jebodb  an  bie  Scboüe  gebun« 
bene  ©ebauet  oon  öanbgütetn  iai  Sigen« 
tum  be«  ®tunbbettn  gegen  Abgabe  be* 
3cbnten  bebauten,  ©iefe«  le|.tere  Set« 
bdltni*  blieb  üielfad)  and)  auf  beutfd)en 
Q3oben  namentlicb  füt  bie  nad)  tömifdiem 
SRecbt  lebenbe  Äitd)e  in  ®eltung,  fo  ^wat, 
ta%  bie  Äitcbe  »on  ben  auf  ibten  ®ütetn 
lebenben  Colonen  ben  alten,  an  ben  Jn« 
babet  bet  2)omdne  ju  entti^tenben,  butd)= 
au«  weltlicben  3fb"ten  al*  iRente  bejog. 
3ut  Sinfübtung  be*  fitd)  liefen  3«^"* 
ten«,  füt  beffen  Sinfübrung  ha^  Sol? 
lange  feine  Dbten  \:)attt,  fo  oft  unb  oiel 
bie  Äitd)e  ba^u  ermabnte,  macbten  befon^ 
bcr«  bie  ^ürßen  in  ber  SBeife  ben  'Jlnfang, 
t>a^  ftc  ben  auf  ibren  eigenen  Ärongütern 
liegenben  grunbberrlid)en  3ff'nten  an 
mancben  Orten  ber  Äircbc  überwiefen;  ein 
33orbtlb,  ba*  nun  bie  übrigen  ®runbberi6et 
^u  dbnlicben  Scbtitten  beßimmte;  füt  ba* 
©Qdbfenlanb  beßimmte  .Katl  b.  ®t.  bie 
3ebntpf[icbt  al*  allgemein  füt  alle  beß^en« 
ben  Stdnbe.  2Hit  bet  3eit  »etfd)Wanb  bet 
Untetfcbteb  beibet  3eb"ten.  ""^  i>i«  J^ird)e 
madbte  für  alle  Bfbntf"  nur  nocb  ben  ®e» 
fid)t*punft  ibre*  auf  göttlid)er  ?lnotbnung 


Leitungen  —  3'9funcr. 


765 


beru()cnbcn  SRcc^teö  gcttcnb.  gür  bie  Scr» 
toenbung  beö  bifcfiöflic^en  3el)ntcn«  galt 
aU  JRcgcl  eine  93emenbung  naii  üier  <Por= 
tionen,  beten  eine  bem  33ifc^of,  bie  anbete 
ben  i?(eiifetn,  bie  btitte  ben  Qitmen  unb 
bie  Diette  bet  Äitc^enbaufaffe  jufam;  bet 
3cf)nten  bet  *Pfatt!itcöen  folite  ju  gleichen 
Seilen  bem  ^tiefiet,  ben  Qltmen  unb  bet 
Äitd)enfabtiE  (^ircfeenbaufaffe)  jufaUen, 
etjl  fpätct  wutbe  ein  üiettet  Seil  and)  bem 
53ifd)of  oettec^net.  ©abutcf),  ta'^  bie  ^0= 
nige  unb  anbete  «eltlic^e  unb  geipiicbe 
©tunbbcft^er  hai  üon  it)nen  hn  ^itc^e 
i)etliet)ene  je^ntbate  ®ut  oielfac^  an  Öaien 
ju  Öe^en  gaben,  fam  »iel  je{)ntbatcö 
®ut  in  meltli^c  ^dnbe;  auc^  ?Jattone 
gogen  oft  bie  3et)nten  jutücf,  bie  utfptüng« 
lid)  ben  auf  i^rem  (ätunbe  etbauten  Äit= 
c^en  gesotten.  Seit  bem  11.3al)rt)unbett 
öetbot  jtt3at  bie  Äitc^e  biefcö  2Jotgeben 
unb  fprad)  jule^t  ben  Otunbfa^  au«,  ta^ 
f^on  bet  Seft§  eineö  3^''"ten  in  ben 
^änben  eineö  öaien  eine  ®ünbe  unb  ein 
2Jetfio§  gegen  bie  göttlichen  ©cfe^e  fei; 
cä  ifi  tlar,  baf  bie  Äitd)e  nidjt  übetall 
butd)btang  Suchtet,  ^itd^enteci^t;  SRett^ 
betg,  Äit^engef^t(i)te. 

Bettungen  I^ciien  anfänglid^  gebtucfte 
i8etid}te,  bie  übet  einjclne  ha^  allgemeine 
Jnteteffe  in  5lnfptud)  nel)menbe  2;t)atfad)en 
t>on  untetnebmenben  Sucfebtucfetn  feit  bem 
Seginn  be«  16.  3af)tbunbett«i  »etanjlaltet 
Wutben,  fei'«  in  *^tofa,  fei'«  in  ißetfen; 
ä^nlid)e  Sldtter  ttagen  bie  Df^amen  ,/fln« 
jcigcn,  Setic^te,  ■^iilotien,  ^Relationen", 
mit  Sotliebe  abet  „tt)a^tt)aftige  neue  Qiu 
tungen".  >Die  elfte  gebtudte  3eitung  foH 
au«  bem  ^a\)x  1505  jtammen;  fie  enll)ält 
aSeiidbte  au«  Stafilien.  3m  3abi  1566 
tt)ud)«  mit  bet  2;ütfengefal)t  bie  Qal)\  bet 
3eitungen  unb  e«  entjlanben  jum  etften 
Dfale  numetiette  plattet,  üon  1  biö  8, 
ftelcfee  ©tta^butget  unb  23aölei  Öui^btudet 
I)etau6gaben  unb  üiel  nai^gebtucft  mutben. 
25on  1591  an  btac^te  ein  Jafobuä  ^law 
iüii,  b.  i.  Äontab  Öautetobad),  bei  ^ß. 
SötaAfelb  in  gtanffutt  einen  l)albiäf)tig 
etfd)einenben  Setid^t  Relationes  historicae, 
»t)eld)et  in  monatlichen  Übetftdjten  ta^ 
•[Reuefte  mitteilte;  alö  „'Jtanffuttet  *JlRe§= 
^Relationen"  mutbe  biefe«  Untetncbmen  bi^ 
1792  fottgefe^t.  t)a^  *lluftaucf)cn  »  ö  d)  e  n  t= 
liefet  3<^if"n9«n  fäüt  in  ba«  17.  ^abx' 
lunbett,  unb  jwat  gab  bet  ^i^^inffurtct 
!8ud)l)dnblet  (Sgenolf  (gmmel  tai'  elfte  ©ci- 
fpiel  baju  160H,  ein  33tatt,  au«  bem  mit 
bet  3eit  ba«  gvanffurtet  3outnal  betiiot^ 
gegangen  ift.     Sinen  gtögetn  lUuffdjivung 


na\)m  iai  3citung«n)efen  ctfi  im  18.  5at)i* 
Öunbeit.  $tu^,  ®efd)id)te  be«  beutfc^en 
3ouinatiömu«,  unb  2B eilet,  ^ie  etften 
beutfd)cn  3ettungen,  liteiotifd)et  ißciein  in 
«Stuttgatt,  1872,  Ob.  111. 

3tgeuner  ftnb,  wu  bie  ®pta4fotfc^ung 
ernjiefen  ^at,  ein  altet,  au«  feinen  Ut= 
ft^en  au«gert)anbettet  Stamm  jnbien«; 
bet  Dtame  ©inte,  ben  fie  ftd)  felbft 
beilegen,  ta\)ix  itat.  zingano  unb  zingaro, 
beutfc^  3'9cunet,  fc^eint  auf  *2lnmol)net 
be«  ^ntüi  (obet  <Sinb)  l;injumeifen.  SZBie 
fie  nacf)  ©utopa  gcfommen  ftnb,  ifi  biö 
je^t  unauögemad^t,  tt)at)tfd)einli(^  9£fd)a^ 
eä  in  ^olg^  fintö  SWongolenftutmeä  im  13. 
3a^t^unbctt  untet  ben  ?iad)fotgetn  Dfc^in= 
gi«d)an«,  unb  ätrat  nötblicf)  bem  fdjmat^en 
9Rect  entlang  in  bie  2ßatad)ei.  35on  l)ict 
manbetten  cinjelneSanben  feit  1415  nac^ 
3Jotb<  unb  Sißejteutopa ;  auf  beutfc^em 
33obcn  pnbet  man  fie  juetjt  1417,  jui 
3eit  be«  Äonftanjei  Ifon^ilö ,  in  ben 
^anfeftäbten  an  bet  D^otb^  unb  Dftfec; 
man  nannte  fie  3:  a  t  e  t  n  ,  b.  l;.  Sattaten, 
|)eiben,  3t9eun«r,  Q3öbmen;  fie  felbet 
biegen  ficb  (Secanet  obet  SRoma.  O^nc 
.Rinbet  jaulte  bie  Sanbc  etwa  300  Äöpfe, 
an  ibtet  ©pi^e  ftanben  ein  „jF»etjog"  unb 
ein  „®taf".  @ie  wiefen  6(i)u^biiefe  beö 
.Raifetö  ©igiämunb  oot,  bie  et  i^nen  an= 
geblid)  ju  Äonftanj  obet  ßinbau  auäge- 
ftetlt  t)aben  folite  unb  laut  »el^en  fte  auö 
.Rlein=5igppten  fommen  unb  urfptünglic^ 
gute  (S^tiften  gertiefen  fein  follten,  bi« 
i^te  Sätet  abttünnig  gewotben  unb  fic^ 
jum  J^eibentum  gett)anbt;  batauf  hätten 
it)ncn  if)te  53ifi^öfe  aU  5ßu§e  aufetlegt, 
flehen  ^ai)xt  lang  bie  ilDclt  ju  butd)itten 
unb  Don  ben  Qtlmofen  bet  Shriitenl)eit  iht 
Sehen  ju  ftijten.  i)a  man  bie  faifetlid)en 
'^Ptiüilegien  füt  ed)t  anfat),  fanben  bie 
'Jlhenteuiet  in  Siinchutg,  .^ambutg,  Sübecf, 
9[Bi«mat,  Stofiocf,  ©ttalfunb  unb  ®teif«= 
malb  juuotfommenbe  '3lufnaf)me.  2)oc^ 
fonnten  fie  ihten  ßhaiaftet  nicht  lange  cet= 
laugnen  unb  touiben  au«  S^otbbeutfchlanb 
üetjagt,  wotauf  fie  fid)  1418  nach  bet 
®d)meij  wanbten,  oon  nso  fich  tt>iebei 
fleineie  Sanben  nad)  ©übfranfteich,  ©üb* 
beutf^lanb  unb  3t>Jiien  abjmeigten ;  aui 
bem  le^tetn  Sanbe  btachten  ^e  angebe 
lid)  ©d)U^htiefe  bcä  ^apjle«  5)iatttn  V, 
mit,  ttiotin  e«  hicp,  ihve  ^Ihnen  fiätten 
cinft  in  'jtgppten  bie  ajJatia  unb  ben  3ofepb, 
bet  mit  bem  3efu«finbchen  bei  ihnen  iSafi» 
frcunbfchaft  etfleht,  t>on  fid)  ge|lopen: 
bafüt  müpten  nun  fie,  bie  Otad)fommen 
3al;tt)unbette  lang  o^nc  SRafi  unb  Untetj 
49 


766 


Bimmcrauöfiattung. 


Ia§  im  (Slcnb  um^ctwanbern ;  an  anbetn 
Orten,  wie  in  ^ari^,  tt)o  fie  1427  er« 
fc^ienen,  tifd)ten  fie  wieber  anbere  ÜJiärdben 
auf;  mit  bcm  3af"^e  1433  fctieint  biefc 
er^e  ^orbc  Poüftänbig  »erfijoüen  ober 
aufgerieben  ober  in  bie  ^leimat  jurücfge= 
fe^rt  ju  fein.  I>ie  eigentlichen  größeren 
(Sinwanberungen  ber  S^S^uner  in  2Bejl= 
(Suropa  unb  ibre  S^'^i^'^^uung  über  ben 
ganjen  kontinent  batieren  t)öcf)ftenö  oom 
Satire  143S.  ?(n  ber  6pifec  ber  je^t  nad) 
taufenben  jäf)lenben  33anben  fianb  ein 
„Äönig"  ,  Sini^l  genannt.  C'ange  fcf)eincn 
jte  nun  in  2)eutf^Ianb  herumgezogen,  [xdi 
auä)  bie  unb  ba  angeftebelt  ju  ^aben,  bi« 
1500  auf  bem  *}lug3burger  Sieid^ötage  ta^ 
erjle  SBertmnnungäebüt  gegen  bie  „Spione 
be#  3;ürtifd)en  Sultanä"  publiziert  mürbe, 
bem  nun  Diele  anbere  folgten;  ä^nlidjc« 
gefc^ab  in  %xanht\ä^ ,  ia^  bie  3'Sf"ii*i^ 
mirtli^  ausrottete,  mä^renb  jte  in  S>eutfd)= 
lanb,  Spanien  unb  (Snglanb  fe§f)aft  blie« 
ben.  QJott,  bie  3^9«""^'^  ^"  ©uropa 
unb  «Mftcn,  2  Siinbe,  ^aUe  1844—45; 
Siebid),  bie  3i9f"iif^f  ß^ipjig  1863: 
^opf,  bie  ©inmanberung  ber  3i9euner  in 
Suropa.     ®ott)a  1870. 

äiinracrau'gftattitng*  2)iefe  mar  bei  ben 
©ermanen  felbfliierfiänblicf)  no($  äu§fr)l 
einfa^.  ißon  einer  t)iiu6lid)en  6inrid)tung 
na^  unferen  Segriffen  mei§  ein  nomabi^ 
fierenbee  ÜSoIf  nichts,  unb  menn  au<^  bie 
(Sermanen  fd)on  in  il)ren  aftatifc^en  2Bof)n= 
fi^en  ben  *Jlcferbau  Eennen  gelernt  unb 
mot)t  aud)  auegeübt  f)aben,  maS  ©rirnm 
auö  bem  ibn  betreffenben  SBortfc^a^e  nad)' 
gemiefen  ^at,  fo  braci^te  bod)  ber  gro^e 
3ug  naä)  bem  3iorbmeften  biefe  Sölfer^ 
fd)aftcn  notgcbrungen  micber  auS  ber 
ftiQercn  ßebenomeife  berauä  unb  lie^  fie 
bei  ben  römifd)en  a3erid)terfiattern  ben 
Äelten  gegenüber  als  ein  unjtäteß  3Joma= 
bcnoolf  erfc^einen,  Mi  bie  feflen  SBot)n= 
fi^e  eerfd)mäf)tc.  3ui"  fteinercn  Seile 
aus  !Berad)tung ,  jum  größeren  auä  !8e= 
quemlic^feit  ober  ^iuU;eit  nimmt  fid)  ber 
ÜJ?ann  ber  Sffiirtfc^aft  nidjt  im  minbeften 
an,  er  pflegt  nur  bie  SBaffc.  ^auä  unb 
gelb  bcforgt  bie  r^xan,  mas  eine  fe^r 
primitioe  Einrichtung  beS  crfieren  unb  eine 
mangcll)afte  Seficttung  beS  legieren  not- 
menbig  jur  %o\%t  l)at. 

gebaut  unb  faß  entmeber  fc^on  auf  einem 
2Bagen  ober  lie§  frd)  auc^  beim  iBeiterguge 
leicht  ganj  ober  jerlcgt  auf  benfelben 
^eben.  ©elegentlic^  benu^te  man  aucf) 
Bot^anbenc  ^öt)len  unb  baute  frd)  biefe  in 


ber  golgejeit  al^  ben  fogenannten  tunc, 
meiere  Benennung  »on  bem  S)ünget  ^ct« 
rüt)ren  fotl,  mit  ben  biefe  jum  ©cfeufsc 
gegen  bie  2Binterfälte  bebedt  mürben.  ÜJiit 
ben  feftcn  2Bot)nfi|en  famen  bann  aud^ 
bie  feftcn  üöolmjlätten  in  ©ebrauc^.  ®a| 
biefe  anfänglich  nur  au«  |>olj  gebaut 
Waren,  lä§t  ftd)  fd)on  auä  bem  Umftanb 
fd)lic§en,  ha^  biefeä  äJiatcrial  überall  oor« 
banbeii  unb  leidit  ^ü  »erarbeiten  mar. 
ÜDicfer  5tnnal)me  entfpved^en  aucfc  bie  äU 
tejien  Sluäbrücfe  für  bie  Jbätigfeit  be^ 
Sauenä:  *Jlt)b.  zimbarjan,  zimbarön,  got. 
timrjan,  alts  unb  angelfäd)fifd)  timbrjan, 
altnorbifd)  timbra.  3""fi^l)'ilt>  ber  oier 
Q3fät)le  beftanb  hai  ^am  auö  einem  ein= 
jigen  SRaum.  3^  ben  betben  Äurjfeiten 
maren  bie  ^Türöffnungen,  bie  nic^t  nur 
alä  Sin=  unb  ^iluägang  bienten,  fonbcrn 
aud)  zugleich  unfere  §enff  er  oertreten  mu§ten. 
2)ie  eine  Z\)m  feblte  auc^  mitunter,  unb 
biefc  @eite  (!nal)rfcf)einli(^  bie  nörbtic^e) 
befam  fiatt  berfelben  eine  Sröö^ung.  ©in^ 
äig  jmei  ©tü^balfen  bilbeten  im  Ji^orben 
bie  rol)e  ©lieberung  bcö  Slaumeö.  Bk 
fianben  in  ber  ÜJlitte  beäfelben.  3"'M''iien 
ibncn,  gegen  bie  Sonne  geEc|)rt,  crfiob  fic^ 
ber  ©i^  beö  ^auSl)errn.  dlada  beiben 
Seiten  ^in  »erliefen  bie  Sänfe  unb  jmifd)cn 
biefen  brannte  iai  gro§c  ^erbfeuer.  S)tc 
©rpbung  an  ber  einen  Äurjfeite  trug  im 
Storbcn  ben  grauenft^,  in  SBeftfaten  ben 
^erb.  kleinere  23erf(|täge,  bie  meift  an 
einer  Sangfeite  üngebrad)t  maren,  bitbeten 
bie  @d)lafftätten  unb  Sorratefammern. 
©ebedt  mar  ber  9flaum  unmittelbar  burd^ 
t)ai  S)ac^,  burc^  beffen  Süden  ber  Oiau^ 
feinen  ^Muögang  fud)te.  ÜJJitunter  maren 
freiließ  ju  biefem  QtPiit  and)  oierecfige 
ßüden  bereitet,  burd)  bie  nebenbei  auc^  ber 
Sag  feinen  Eingang  finben  fotlte. 

S)aö  25iel)  fanb  mancf)erortö  feinen 
®(^u^  unter  bem  gleichen  '2)ac^c;  auf 
gröpcren  -^öfen  aber  mar  eS  in  einem  ge? 
trennt  gebauten  ©taue  untergebrad)t.  3" 
Uplanb  j.  S.  gehörten  fteben  ©ebäube  ju 
einem  eoHpänbigen  ^ofe,  i>ai  Slöobnbaud 
(stuva),  bie  .Küc^e,  bie  S^eune,  bie  ^orn* 
tammer,  tai  Sorratö^auö,  baä  ®d)laf^au^ 
unb  ber  93icl)fiall.  Sin  bid^ter  Qaun  ober 
ßeb{)ag  umgürtete  fie  gemeinfam.  3n  an* 
bem  ^öfcn  bilbete  rcenigfien^  baä  grauen* 
bauä  einen  abgefonbertcn  Seil,  ber  mit 
einem  eigenen  3aune  umgeben  mar.  5)on 
eigentlid}en  ^sausgeräten,  no(^  »icl  meniger 
»on  etmaigem  3i"i'"^'^'^'""'*'  ^^  nidjt« 
befannt;  e«  ifi  aucö  fe^r  unmat)rfd)einlic^, 
ha^  in  bicfcr  ^jinfid)!  »icl  ülufroanb  ge- 


Simmerauöfiattung. 


767 


mac^t  it>uttie.  (Sin  beim  Sau  abfaUcn= 
bet  23Io(f  über  ein  in  bcr  üläl^t  licgenbcr 
Stein  war  bocf)  ein  [oliber  ©iß;  würbe  er 
mit  einem  Sciren^  ober  Jßolfepelj  über? 
bctft,  fo  mo^te  er  and)  alö  bequem  unb 
fd)ön  crfc^einen;  bie  ©anf  war  auö  einem 
bet)auenen  ®tücf  ^olj  leicht  unb  billig 
l)cr^ufteüen,  bcö  3;ifct)c^  beburfte  man  ent= 
Weber  gar  nict)t,  ober  man  bereitete  jtcf) 
Denfelben  wiebcr  auei  einem  maffttten  Slorfc; 
iai  StroI)=  ober  SWoöIager  warb  auf  bem 
93obcn  bereitet  unb  ben  2Banbfd)miicf  biU 
bete  bie  'ä>affc  bc«S  ^auäljerrn. 

@o  blieb  eä  in  ben  unteren  ®d)i($ten 
ber  93enölferung  nod)  weit  biö  in  ta^  SÜRittel« 
airer  berauf,  aud)  a\^  burd}  ha^  53eifpiet 
tiX  JRömer  angeregt,  bie  2Bobnfitje  bcr 
9tbeligen  aus  fcftcm  SJJauerwerfc  aufge= 
füfirt  würben  unb  in  ber  ^olgejeit  Älöjier 
unb  Äirdicn  ber  beutfdien  SBaufunft  ®e= 
Iegen[;eit  ju  ibrer  Sntfaltung  gaben.  SIBenn 
au<^  bie  bürgcrlid^en  üßotinfiätten  na* 
unb  nad)  etwas  bequemer  unb  ^u  Äarl 
b.  ®r.  3f't  fi^on  inelfad)  auö  Stein  auf« 
gefübrt  würben,  fo  bej^anben  ftc  bod^  iior^ 
jug^weifc  immer  nod)  aus  nur  einem 
iRaum,  ber  für  bie  ^äuälid)c  '■Jlrbeit,  für  bie 
gcfeüigcn  Sufunit^cn^ünffii .  ii^ö  ®§=  unb 
JrinEflubc  unb  jugleid)  alü  Sd&Iaf^immer 
bicnte  unb  jWar  für  beibe  ©efcblediter, 
für  bie  ^r^^uen  unb  für  bie  ÜRägbe,  für 
bie  Ferren  unb  i^re  Äned)te,  wie  eS  im 
Dtorben  »iclfad)  biö  in  unfere  S^it  9«* 
blieben  ift.  SBenn  bie  SRad)t  anbracb,  be* 
legte  man  ben  Soben  bcö  ©aalee  mit  Stroh 
unb  jebev  legte  fid)  an  jener  Stelle  unter 
ben  %i\(i),  wo  er  oorbem  feinen  ^la^  jum 
Si^en  hatte.  5ln  ben  iffianben  waren  aud) 
etwa  t)erfd)Iiepare  Sc^lafräume  (lokhvilar) 
angebra^t,  bie  jebod)  für  bie  @äfle  ober 
für  befonbcrö  iiornel)me  ^ausgenoffen  rc= 
ferfiert  blieben.  Um  Ungeptigfeiten  ju 
vermeiben,  brannten  bie  gauje  9?acbt  Ijin« 
burc^  eine  entfpred)enbe  2lnjabl  Siebter. 
3n  i)öfifd)en  5lreifen  finb  bie  Sd)Iafflätten 
nac^  (Sefcblcditern  getrennt.  3)cr  ^crr 
fchldft  bei  feinen  Äncd)ten,  bie  %xa\i  mit= 
tcn  unter  i^ren  SIßeibetn  unb  SDKibdien. 
5luc^  bie  eigentlichen  3ii^'^ti9ff''ff 
fommen  ^ier  in  2lufnabme  un^  bringen 
nadb  unb  nad)  —  in  gleid)em  DWaSe,  wie 
bie  Äultur  überhaupt  fortfd)reitet  —  aud) 
ju  ben  unteren  Sd)id)tcn  bcr  ~i*ePÖlEcrung 
t'urd).  2)icfe«  ^ortfdireiten  ifl  freiließ  ein 
febr  aümäbtidjeö  unb  nirgenbö  bcutlid) 
nad)Wciebar. 

3um  Si^cn  be^ientc  man  jic^  —  ^iet 
in   ^Ibwcidiunq    pon    bcr   römifc^en    ®c= 


wobnbcit  ber  fopliaäbnlic^cn  Oefieüe  — 
im  bcflcn  5«Wf  be^  ScffcU,  ber  bie  ®e« 
fialt  eine«  fleinen  ,?t lappfiublcä  ^at, 
wie  er  in  ben  .^üttcn  ber  ©ergbewobner 
^cutc  no*  gcfunben  wirb.  Tiod)  finbet 
biefer  in  bcr  Siegel  nur  alä  6t)rcnriÖ  feine 
5lnwenbung;  bie  J^anülie  fi'.'t  bei  Jifd)c, 
jur  Arbeit  unb  Unterljaltung  auf  langen 
Sdnfen,  bie  aue  ^otj  gejimmcrt  unb  an 
ben  SBänbcn  befefiigt,  feiten  beweglicb  f^nb. 
©epolftcrtc  unb  mit  Jeppic^en  belegte 
v!cbnf^üble  fommen  nur  in  ben  Käufern 
ber  SSorncbmflen,  unb  aud)  ba  nur  febr 
ferein;,elt  t>or.  35ic  Sifc^e  ftnb  auc^  an 
bie  SBanb  geflappt  ober  auö  fdiwercn, 
inevcdigen  Jafcln  bereitet,  bie  auf  einem 
mcift  gefreujten  ®eficüe  rubcn.  2)odj 
fommen  au^  fd)on  iRunbtifd)e  t>or,  bie 
o^ne  3tt.icifel  mehr  ^ur  3ierbe  in  ber  2)iittc 
bcö  B'wmer«  aufgcfieüt  würben,  wäbvenö 
bie  eigcntlid)cn  ^ilrbcits«  unb  (5^tifd)e  in 
einer  Sde  angebracht  Waren.  Äojlbarfeiten, 
wobi  aud)  .Kleiber  unb  fleincrc  ®eräte, 
wurDen  in  fofferartigen  Jrutjen  aufbe* 
wat)rt.  Unter  bem  2)edet  einer  foldicn 
fotltc  na*  ber  ©rjöblung  Gregors  von 
Tours  bie  wiberfpenfiigc  Rignntlie,  Chil- 
perichs  Soc^ter,  ben  ©eborfam  gegen  ibte 
TOutter  lernen,  bie  ibr,  aufgebracht  übet 
il)r  anma^enbeä  2Befen,  über  ibreunDcr« 
bienten  Sd)mäf)ungen  unb  g^auflfd)lage, 
bie  irubc  i3ffnet,  bie  Sd)muctfac^en  ibre^ 
!Batcrö  berauSjunc^mcn  erlaubt,  bann  aber 
ben  fdiarffantigen  S>cdet  fo  fct)r  auf  \>in 
yiadm  brüdt,  t>a%  itjr  bie  klugen  auä  bcnt 
^opfe  quellen  unb  nur  bie  t)crbeieilcnbc 
SO^agb  ftc  üor  bem  lobe  errettet.  J)iefe 
©rjäblung  lägt  eö  ale  unäweifelbaft  cr<= 
fc^cinen,  ta^  unter  berartigen  Srubcn  nic^t 
ein  iöd)mucffaficn  ju  ücrflcljen  fei,  fonbcrn 
eine  groge  ßabc,  wie  fte  bie  Sanbbecbl* 
ferung  beute  nod)  jur  Qlufbcwabrung  feiner 
5lfrud)toorrätc  benul}t.  3"  einem  folcficn 
einfacben  jpoljbebältni^  fanPen  fid)  m  bet 
©ruft  beei  beil.  ©aüus  tai  biirene  *ewanb 
unb  bie  ®ei§el  cor.  5br  2Scrfd)luf?  war 
ein  Sanb,  bctn  ba^  aBa^öftcgel  aufgebtüdt 
würbe.  2Baö  über  bie  öetten  biefer  3cit 
gefagt  wirb,  ergebt  ftd)  in  5)futm.iBungen. 
(So  wirb  angenommen,  ^a^  biefelben  naci^ 
'3Ut  ber  fpättömifd)en  auä  einem  oierbei* 
nigen  ®efle(l,  tcilwcifc  mit,  teilweifc  ol)ne 
.Kopf'  unb  gu^lebnc  beflanben  haben,  auf 
bae  bie  nötigen  Unterpoliter  unb  ®cden 
^u  liegen  tarnen.  2;üd)er  unb  Scppic^e 
fommen  häufig  r>or  unb  bienen  nid)t  nur 
jum  Setcgcn  ber  ÜKöbel,  fonbern  aud)  jum 
ißerfleibcn  bcr  JÖänbc  unb  2?crbängen  bcr 
49* 


768 


Btmmcrauöfiattung. 


Zf)üxt  unb  ^cnjietöffnungcn.  33icQcic^t 
aud)  rourbcn  an  großen  Käufern  bie  ©öücr 
batnit  übcrfpannt,  jur  3"^»  '^(^  man  auf 
benfelben  ju  fpcifen  pflegte.  5llö  2Banb* 
fc^mucf  fommen  metallene  Spiegel  »or, 
Bom  9,  3a^r^unbert  an  aud^  ctttia  SO^lale* 
rcien,  meifi  burci)  italienif^e  Äünjiler  auö* 
geführt.  2)ie  «Pracfctgetate  Äarl^,  »on 
benen  einige  @ä)riftfieller  fo  gerne  unb  fo 
tiel  erjciblen,  ftnb  meift  bt)jantinifc^e 
6f)rengefd)enfe  unb  fönnen  batum  ^ier 
nic^t  in  Setractit  fommen. 

»ig  um  bie  «»Jitte  beö  12.  3a^t* 
^unbertö  »ermo^te  baö  bcutfc^e  ^ant» 
voixt  in  3imraermöbeln  nic^t  »iel  ncueö  ju 
fd)affen.  5Die  fpätlid^cn  üor^anbenen  'üb^ 
bilbungen  jeigen  burcfjweg  noc^  biefelbe 
ro^e  Cprofilierung  unb  biefelbe  ®ct)tt)er* 
fäüigfcit.  Stieben  benÄlappjlü^len  erfd)eint 
alä  gett)öt)nlid^er  ®t^  jh)ar  ein  bem  rö« 
mifd^en  S5ioan  nachgeahmter  Mafien,  mit 
ober  ot)nc  ße^ne,  öftere  aud)  fattel»  ober 
fc^littenartig  geftaltet,  mit  monßröfen  Sier» 
figuren  gcjiert  ober  üerun|ialtet.  3"»" 
Sefteigen  beöfclben  würbe  bie  ^u^^^n? 
üorgefe^t.  STceben  biefet  erfd^eint  ein  brei= 
beiniger  gu^fd^cmcl.  25ie  J.ifdie  ftnb 
lalbrunbe  ober  langlid)  »ierecEige  ^platten, 
auf  unmittelbar  bamit  »erbunbenen  J^üfen 
ober  auf  einem  fagebocEartigcn  ©efiett. 
2)o(^  jeigen  bie  2tbbilbungen  au^  biefer 
3ett  aud)  fc^on  ©c^reibtifc^e  im  ®e= 
braud),  bie  einen  ^n^  unb  eine  fcf)räg* 
fiel^enbe  Jafel  t)aben,  auf  ber  hai  ©inten« 
fa§  in  ©epalt  eineä  furjen  ^ornö  befefligt 
ifi.  Der  %u^  ifi  berb  profiliert,  bie  5£afel 
jum  ©teüen  cin9crid)tet.  S)iefen  cntfpredjenb 
waren  bie  öefcpulte,  teilmeife  fefige= 
mad^t,  n3ol)l  met)r  aber  »erfe^bar.  (39c* 
jüglid)  ber  Seiten  termeifen  wir  aufben 
»Urtüel  ßagerflättcn.) 

Sßefonbere  Seac^tung  »erbicnen  bie  93  e* 
lieijungöcinrid^tungen.  Daö  ältefie 
unb  natürlic^fie  war  ba^  offene  geuer.  3e 
mebr  aber  tai  3i"i"^«^  feinen  3^ed  be^ 
@diu|eäi  gegen  bie  Unbilbcn  ber  Sfflitterung 
erfüllen  foüte  unb  je  fc^öner  man  e«  ju 
feiner  eigenen  53c^aglid)fcit  auöfiattete,.  um 
fo  me^r  würbe  hai  offene  ^euer  oerbrdngt. 
(Ja  entfianben  in  hirjer  'Jlufeinanberfolge 
Berfd)iebene  ®rfa|mittcl.  9lud)  in  ben 
2öol)nraumlid^feiten,  wie  in  ber  i?irc^c 
(biefe  iüergünfiigung  fam  in  ber  JRegel 
nur  ber  ©eifilic^feit  ju  gute)  wärmte  man 
ftc^  bie  ^änbe  an  fogenannien  Calefac- 
torien,  an  f leinen  (Sefä^d^en,  bie  bie 
ijoim  eine«  bohlen,  burc^bro^enen  Qlpfcl«; 
Ratten  unb  mit  einem  metaEenen  föinfa^ 


jur  5lufnabmc  glül)cnber  Äo^lcn  ober  cincd 
er^i^ten  Sifen^  oerfelien  waren.  Sine 
größere  5lrt  berfelben  f)atte  bie  ©eftalt 
eineö  Sifc^eö  ober  eine^  niebrigen,  »ier» 
räbrigen  Sffiagene.  2n  Sifc^gefialt  iji  ba« 
©erat  me^rfa^  abgebilbet,  j.  S.  in  ben 
ffl^iniaturgemälbcn  ju  bem  „Hortus  deli- 
ciaram"  ber  5lbtiffln  Herrad  von  Lands- 
perg,  bie  auö  ber  jweiten  |>älfte  beä  12. 
3al)r^unbert2(  flammen.  I)ic  üier  5ü§e  be6 
lifdjeö  ftnb  unterhalb  Derjiert.  *3luf  bem* 
felben  fie^t  tai  Äo^lenbeden,  ba^  bie 
gorm  einer  oieredigen,  rofiartig  burc^« 
broc^enen  ©d)üffel  l^at.  ^rül^ePenä  auä 
bem  5lnfange  beä  13.  3a^r^unbettä  fiammt 
hai  (Serät  in  feiner  äweiten  jjorm.  6^ 
ifi  auö  Sronje  ober  auö  ®ifen  gemacht 
unb  befiel)t  au^  einem  umfangreid)en,  »ier* 
edigen  Se^ältniö  für  bie  Neuerung,  beffen 
93oben  rofiartig,  beffen  aSdnbc  aber  jur 
Srjielung  eineö  möglid^fi  ftarfcn  ßuftjuge^ 
ein  geflocbteneö  ©tab*  unb  (Ranfenwerf 
bilben.  25aö  auö  einer  platte  bcflet)enbc 
Untergeftelt  ifi  mit  oier  fleinen  ©peid^en» 
räbern  unb  einer  SJeic^fel  aU  ^anb^abe 
üerfeben.  %üx  größere  JRäumlidifeiten 
reid)ten  jWar  biefe  „geuerfor^en"  nid)t  au^; 
ba  beburfte  man  bod)  wieber  be«  lebhaften 
^oljfeuerö,  baö  aber  au«  ber  5Witte  be3 
3immerö  nad)  einer  SBanb  »erlegt  unb  aui 
lcid)t  begreiflid^en  ©rünben  in  bie  iDlauer 
geborgen  würbe.  @o  entfianb  i)aii  Äa» 
min f euer.  ©Ictallenc  ^euerböde  trugen 
bie  fiarfen  .g)oljElDben.  Sie  befianben  auS 
jwei  Döüig  gleidbgefialteten  ©cfietlen,  beren 
jebeö  eine  fenfre^tfieljenbe  'Borfiange  mit 
einem  unterwärtö  rec^twinflig  baran  fefi» 
gemad)ten  ©tabe  jcigte.  Sie  waren  für 
ftc^  beweglid),  fonntcn  alfo  je  nacb  93e* 
bürfniö  weiter  au^einanber  ober  näber  ju« 
fammengerüdt  werben.  Qln  ben  iBorfiangen 
waren  Diinge  unb  |>äfd)en  angebracht,  an 
bie  geuergabelu,  Äoljlenjangen 
unb  anbere  ncbengeorbnete  ®erat|"d)nften 
angebängt  werben  fonntcn. 

©piegel  unb  Übten  geboren  auc^ 
jc^t  nod),  felbfi  in  ben  3intmern  ber  33or* 
netjmen,   ju  ben  ungewöt)nlicben  2)ingen. 

2)eutli^er  unb  entf^iebener  werben  bie 
gortf^ritte  im  13.  ^abrbunbert,  wo 
ftd)  al«  ^rucbt  ber  Ärcujjügc  unb  5ln* 
jeicben  eine^  geiftigen  erwad)enä  übet« 
baupt  in  ber  2lucfiattung  beö  3inii"er« 
ber  orientalifd)e  ®iuflu§  immer  mebr  funb 
giebt,  namcntlicb  in  ber  93efd)affenbeit  bct 
SRubebctten  unb  ©effel,  fowie  ganj 
bcfonberö  in  berjenigen  ber  IronftübU 
unb  (äbt«nf effel.   9?eben  ben  bi«i)crigen 


Simmcrau^fiattung. 


769 


g^ormen  treten  nämticf)  ganj  bcfonber^  f)o^c, 
umfangrcicf)c  6tüt)le  mit  lunber  ober 
»ielcdigcr  ©i^platte  auf,  mit  cntfprecbenj 
ber  SRücfen=  unb  ®eiten(el)ne.  I)ie[e  fteigt 
fenfrccf}t  auf  unb  umfd)Uefet  oft  ben  ganjen 
©i^,  mit  einziger  j^^cilaffung  bcr  nötigen 
©i^öffnung.  5tm  tjäufigPcn  fmb  bic  f  cc^^s 
ccfigenSi^c,  bie  in  ber  JRegcl  auf  brei, 
feltfncr  auf  fünf  Seiten  mit  einer  öetjne 
Berfe()en  ftnb.  ^m  legieren  ^aüe  finb  bie 
beiben  ßef)ncnflücfe ,  bie  ber  ©i^öffnung 
junäc^fi  fief)en,  ttvoai  niebrigcr  gebaut. 
Überhaupt  pflegte  man  bie  ßebne  nad)  Qtrt 
eine«  eins  ober  met)rreit)igen  ;5ierlicf)en  ®it= 
terh)erfeö  ju  be^anbeln  unb  il}re  fenfred)ten 
3tt)ifd)enpfofien  mit  einem  gcfcöni^ten 
Änauf  ju  nerjieren.  2)er  Slnja^l  ber  (Scfen 
unb  $fofien  entfprad)  aud)  bie  Qluial)! 
ber  «Stufen  ober  gü§e,  foba§  bcr  fecf)ö= 
ccfige  (£tul)l  bereu  ebenfaüä  fecfiö  erl)ielt; 
ber  runbe  bagegen  flutte  fic^  auf  brei  ober 
oier.  51hc^  ber  SRaum  jtt)ifcften  bicfen 
güfen  voax,  namentli^  bei  ber  ©ec^öjat)!, 
mit  äbnlic^em  [Ranfen=  unb  ©itterraerf 
auögefütlt,  unb  glei(i)fam  aU  ©tü^e  beö 
®anjen  würben  unter  tk  ^üge  Sierge= 
jialten  gefegt,  oornebmlict)  ßömen,  meifi 
in  fauernbcr  ©teUung.  Seppidje,  5"^' 
bänflein  unb  ©d)emel  fet)Iten  natürlich 
auc^  i)kx  nid)t: 

alnmbe  an  allen  sitzen 
mit  senften  plumiten 
manec  gesitz  da  wart  gelelt, 
druf  man  tiare  kultern  breit. 

■ituf  bie  iBeränberungen,  bie  in  biefer 
3eit  mit  ben  Sifd^en  vorgenommen  ttjor« 
ben ,  lä^t  fxi)  weniger  fd)lie§en ,  ha  bie 
größeren  bcrfclben  auf  ben  *ilbbilbungen 
jietö  biä  jum  ^Jußboben  herunter  mit  einem 
Steppid)  bet}angen  erfd^einen.  So  IciBt  fid) 
baber  nid)t  einmal  genau  feftflcUen,  ob  fte 
überhaupt  nod)  burc^  Bereinigung  einer 
(platte  mit  felbjlänbigcn  ©tü^en  (jergeflettt 
ober  ob  man  fte  öon  Dornt)crein  mit  ben 
nötigen  gii^en  üerfaf).  ®roge  ©peifetifc^c 
würben  ot)ne  3'^fiffl  P^itii^  a"^  ©tein 
»erfertigt.  Qlud?  würbe  eä,  entgegen  bem 
l)iöt)erigen  bcutfd)en  ®ebrauc&,  nunmel)r 
üblich,  größere  5lifd)genoffenf(^aften  nid)t 
mti)x  an  einer  großen,  fonbern  an  mti)' 
teren  tleinen  2;ifd)en  ju  bewirten,  bie  auö 
^olj  unb  ÜJletail  gearbeitet,  namentlid)  an 
ben  gü^en  me^r  ober  minbcr  fiinftlid)  >:>er= 
jiert ,  bereite  alei  wirflid)c  ^immergerätc 
angcfe^en  werben  fönnen.  2)ie  öefe^  unb 
©^reibputte  behielten  itjre  JJorm  bei. 
ße^tere    trugen    iai   Dinten^orn    oft    in 


einem  Ääpd)en,  baö  jugteic^  jur  Qlufnabme 
ber  ^tttxn  unb  bed  ÜJ^effev«  biente.  'Jluf 
bem  $ulte  lag  bie  2ßad)0tafel,  in  bie  nac^ 
römifd)er  äßeife  mit  einem  mctaüenen 
®riffel  bie  gewöt)nlid)en  ^io^jen  eingcri^t 
würben. 

S)ie  leppic^c  biefer  ßtit  fmb  fd)on 
recf)t  foftbar.  2Benn  bie  einheimifd)cn  ®e« 
wirfe  bie  orientaIifd)en  iDJuflcr  auc^  bei 
weitem  nic^t  erreid^en,  fo  j^eigt  fid)  in 
biefer  .Runfi  boc^  ein  entfc^iebcner  j^ort* 
fd)ritt,  unb  fo  fonnte  eä  ni^t  fehlen,  ha^ 
nid)t  nur  bie  SJiöbet,  fonbern  auc^  bie 
^upöben  unb  SSanbe  immer  reichlicher 
mit  ben  ©rjeugniffen  berfelben  bebangen 
würben,  wie  folgenbe  ©teüen  auö  ^arcioal 
unb  triftan  befunben: 

Manec  rückelachen 
in  dem  palas  wart  gehangen, 
aldä  wart  niht  gegangen 
wan  üf  tepichen  wol  geworcht. 
unb: 

des  herzogen  palas 
was  alum  und  nmbe  gar 
behangen  mit  sperlachen  clär 
diu  meisterliche  wären  gebriten, 
wol  geworht  und  underspriten 
mit  siden  und  mit  golde. 

2Bcr  aber  feine  5u^teppidt)e  aufjubrin« 
gen  r)ermod)te,  bebalf  fxd)  mit  geflod)tenen 
©tro^matten  ober  mit  einer  ©treu  oon 
Sinfen  ober  bei  fe^lid)en  ^MnUiffen  mi 
grünen  iRcifern,  Sldttern  unb  93lumen. 

manic  KClbe  bluomen  tolde, 
rosen  rot  und  grüenes  gras 
öf  den  estrich  gestreuet  was. 

(Tristan.) 

©cfion  im  13.,  me^r  aber  no^  im 
14.  Sabr^unbert,  grünbete  fid)  ber 
beutfd)e  .f)anbwcrferfianb  unb  fonfolibicrtc 
ftct)  in  feinen  ja^lreic^en  Sünften  ober 
3nnungcn.  2)amit  war  bie  ßofung  5U 
einer  ixwn  Sntwirflung  ber  gewerblid)en 
Äünfie  gegeben,  bie  biä  auf  bie  befagtc 
3eit  in  ber  ^anb  ber  ©eiftlidifeit  lag,  in 
ben  Älöfiern  il)ren  ©i^  battc  unb  fafi 
auöfdt)lie9lid)  ber  .Rircf)e  biente.  Die  alU 
römifd)en  plumpen  {formen  freien  unb  an 
i^re  ©tefle  troten,  aui)  was  hai  ©etäte 
felber  anbetrifft,  bie  fc^IanPcn,  germanifc^en 
Sciulen*  unb  iRanfenformen.  Tlit  ber 
.Kräftigung  biefer  ßün^it  begann  erfi  ba^ 
eigentliche  ©täbteleben  unb  grünbetc  ftcb 
ber  {»"bliebe  ©ürgerftanb,  ber  bie  cinbeis 
mifdbe  Äunfi  weit  mebr  ju  förbern  fdbig 
unb  willig  war,    ali  ti  ber  ausgeartete 


770 


ßimmetauöjiattung. 


5tbel  fonnte,  unb  ber  alte  ©^icfeten  be^' 
SceöIEcrung  tt»eit  ntc|r  jur  SJJactiafjmung 
feinet  Sdfpielcö  veijtc.  SDie  einteiligen 
SBol&npufet  genügten  nicht  me^r.  ©ie 
Jüurben  emeitcrt,  unb  in  tnef)rere  3läumc 
eingeteilt,  beren  jeber  feinen  befiimmten 
Qvoid  i)atk.  @o  cntftanben  bie  gefonber^ 
ten  aBo^n»,  ®efen[*aft«=,  *Mrbeit^=  unb 
(iS(J)lafgemäd^er.  ^a,  man  ging  nod) 
toeitcr  unb  eifieüte  in  einem  t»on  bicfen^ 
ganj  gcfonbcrten  Seil  beä  ^aufeö  noc^ 
befonbcre^ienibonjimmer.  S)ie[e  befonbev^, 
aber  aud)  bie  -Jamilienjimmer,  würben 
nun  auc^  nai)  befiimmten  ®Tunbfa|en 
auägejlattet,  je  nac^  ben  2JJittcIn,  bie  man 
bafür  jur  ^Beifügung  ^attc.  S)ic  2Bänbc 
mürben  mit  einem  glatten  ober  gefcfcni^ten 
|>oljgetäfel  oerfe^en,  mit  Seppic^cn 
ober  mit  leberncn  Sapetcn  »erf leibet, 
bie  fttomöglid)  bebilbert  mürben.  2)ie 
©onne  mürbe  burd^  Sor^änge  fern 
gel)altcn  ober  aucE)  fdion  burd)  g^enfier  = 
laben,  bie  ber  (Mrö§c  unb  Sreite  nai) 
geteilt,  oft  aber  anä)  ungeteilt  maren. 
2)ie  Wlöhil  maren  bem  entfprec^cnb  ge* 
arbeitet.  SBornebmlid)  bie  ©effel  maren 
geeignet,  baä  Serfui^öfelb  ber  jungen 
^unjl  ju  merben.  ©eiten»  unb  SRücfen= 
lel)ncn  geftaltete  man  »orerfi  nod)  ju= 
meip  gerablinig,  feltener  gebogen  unb  gab 
i^ncn  burd^gängiger,  alö  eä  biä  ba^in 
ber  ^atl  mar,  bie  ^orm  oon  me^rfad)  ge* 
glieberten  Pfeilern  ober  Säulen  mit  barauf 
ru^enben  Äarnieffen  unb  baämifc^cn  gcorb* 
netem,  erftobencm  ober  burd^brodjcnem 
„ÜJlaa^mcrf" ,  gcmeiniglid)  auci  bem  foge^ 
nannten  „^Dreiblatt"  unb  „ffiierblatt"  be= 
jicbenb.  25er  2ifd)  hingegen  oerlangte 
feinet  3^6*^^  megen  met)r  bie  !8eibel)als 
tung  ber  gegebenen  formen;  Ijöc^ften«  ha^ 
gufgeflell  erlaubte  eine  freie  ©ebanblung. 
Sie  Iru^e  blieb  ia^  gcbräud)lid;fie 
Eepositorium,  bo(^  fam  ber  ©c^rant 
ober  Äajlen  bereite  flarf  in  ^lufna^me, 
ber  bann  in  feinen  tierfd)icbenen  ®rö§en 
unb  ©cpalten  balb  ba«  foflbarfie  ^auö< 
gerate  mürbe.  ^o<i)  mar  er  großenteils 
fc^r  einfad)  gehaltet,  ein  unmittelbar  auf 
bem  Soben  ober  auf  turjen  gü§en  ßet)enber 
®rettcrt)crfd)lag  mit  mel)reren  nebencin« 
anberliegenben  unb  übereinanberfiebenben 
2lbteilungen,  beren  jcbe  i^r  cigcncö  Sür* 
^en  batte.  5luBcr  bem  ©ef^läge  ifi 
faum  eine  Seräicrung  oorbanbcn.  3una*P 
folgt  bann  t>ai  oben  aufgelegte  „SDiaa§merf ", 
ber  geftm^artige  Äranj.  SJie  2ßänbe  merben 
I)ierauf  mit  Pergament  »erflcibet  unb  bunt 
bemalt. 


25ie  2ron«  unb  (S^tcnfcffcl 
Ratten  teils  noc^  immer  bie  ©efialt  ber 
Dieredigen  .$?aften,  mit  gerabaufficigenbcn 
©dpfeilern,  teitö  biejenigen  ber  fägebotf« 
al)nli(^  ftcfe  freujenbcn  frummen  5ü§c  unb 
ßel)nen.  S)cr  Unterbau  berfelben  murbc 
erl)öbt,  um  aud)  ben  ^ußfiffen  unb  gußs 
banfd)en  eine  freiere  ©eftaltung  unb  größere 
Stuöbe^nung  ju  gejlatten.  2)arübcr  breitete 
fid)  ber  Sron^immcl  auö,  ber  äumeilen 
mit  ®eitenr>or|)ängen  ocrfe^en  mar.  Qtn 
einem  folc^en  Seffel  arbeiteten  »erfd^iebene 
.g)anbmerfe.  2)ie  erjie  5lrbeit  fiel  bem 
|)oljarbeiter  ju,  ber  ein  feiner  <B>ä)m^Ux 
fein  mußte;  bann  mürbe  ta^  ©eräte  be« 
malt,  ocrgolbet,  mit  ©Ifenbein  unb  anberen 
©toffen  aufgelegt,  aud)  mit  golbencn  ober 
filbcrfevgolbeten  3ic^i^*iten ,  mit  farbigen 
(ämaiEen  unb  fieüenmeife  felbfi  mit  Steinen 
uub  perlen  bebedt.  ©ifernc  ober  bronzene 
®erate  formte  unb  jierte  man  momög« 
lic^  nod)  fünfilid)er.  Seinen  ,  ^ußgefieHc 
unb  ©i^e  mürben  nac^  toxt  oor  gerne 
mit  Sierföpfen  ober  ganjen  Sterfigurcn 
gegiert,  namentlich  mit  öömen,  iigern, 
^unben  :c.  aU  ©innbilber  ber  ^raft 
unb  Söad^famfeit.  2)ie  Seppic^c  maren 
üon  purpurfarbiger  5eibe  ober  tonSammet 
mit  ®olb  befiidt. 

5m  bürgerlichen  ^aufc  blieb  ber  flcine 
le^nenlofe  Äl  appflul;!  immer  nod)  in 
feiner  ©eltung,  menn  aud)  felbfi  er  eine 
freiere,  leiditere  33cl)anblung  erful)r  unb 
gegentUc^  feinen  Jierfopf  barjiellen  burfte. 
35ic  großen  fd)merbemegbaren  93anf  f  äficn 
bagegen,  bie  ftc^  längä  ben  3i'^ni6twäns 
ben  i;injogcn,  famen  met)r  unb  mebr  außer 
®ebrau(^  ober  mürben  bod)  burd)  leichtere 
®eräte  berfelben  Qlrt  erfe^t,  bie  mit  ^üßen 
oerfeben,  auf  ber  »orbern  ßangfläc^c  ge= 
felbert,  mit  geraber  öel)ne,  ^ol)er  iRüdmanb, 
oft  mit  überpngenber  Sebac^ung  unb  mit 
©c^ni^s  unb  ©d)nörfclmerf  auögefiattet 
mürben.  I)ie  23er  fc^  biinfc  maren  balb 
fafienartig  gcfcbloffen,  balb  nur  oon  ijüßen 
unterftü^t,  mit  ©eiten*  ober  3tüdlel)nen, 
aud)  mit  beiben  jugleic^  üevfe^cn,  offen 
ober  gcfd)loffen,  nad)  ©i^plä^cn  abgeteilt 
ober  aud)  nic^t.  ©o  ift  um  1365  ermähnt 
„eine  93anf  au«  ©ic^enbolj  jum  iöcmcgen, 
non  jmanjig  Juß  ßiinge  nebft  SHücfenle^nc, 
um  oor  ben  großen  ©peifetifc^  tti  Äönigö 
aufgeficllt  ju  merben."  kleinere  Sdnfc 
bicfer  5lrt  geftaltete  man  balb  runb,  balb 
brciedfig  (mit  brei  Jüßen).  ©ol^e  fe()lten 
in  feinem  aud)  nur  mäßig  begüterten 
^auöftanbe.  S)ie  große  fafienartige  Sani 
mürbe    aud)    mitunter    jur    eigentlichen 


3tmmerauöf}attun8. 


771 


SDoppelbanf  »on  bctröd^tlid^er  Steile. 
3cbc  (Sdf)malfcite  trug  {ine  fenfted)taiifä 
fieigenbe  2Bnnb,  bereit  SOJitten  butd)  eine 
in  &f)arnictcn  üots  unb  tücftoärtö  betoeg^ 
Ii(f)e  gerabc  ßct)ne  oetbunbcn  waren,  foba§ 
mctjrete  Q3cr[oncn  bequem  iRücEen  gegen 
SRütfen  fi^en  tonnten,  ©old^c  ©anfc 
jleüte  man  etma  üor  ha^  Äamin  unb  legte 
fxd)  gar  brauf  fc^Iafen,  in  welchem  gaüc 
jum  ©c^u^c  gegen  bie  birefte  2ßQtme= 
ftrat)lung  ein  jeltattiget  leppid)  üütge» 
i^ängt  mutöc.  S)ancben  rourben  bie  £  r  u  f)  e  n 
aud)  aU  ®i^e  »ernjanbet. 

3;i[d)e  petfcttigte  man  auö  SJJetaO, 
au«i  Stein  unb  .^ol,^.  Oft  nrnten  bie  güf  e 
ani  biefem,  bie  '^tlatte  auö  einem  anbern 
©toffe.  ®ro§e  lafeln  behielten  meifi  tai 
gefreujte  ^u^gefteü.  2)aö  Jifct)tud)  fehlte 
nie,  bod)  war  eö  ni<iht  butd)meg  wei^, 
fonbern  oft  fatbig  unb  gemufiert. 

Unter  ben  Älcingetäten  maten  nament= 
lieh  bie  ^ietlidien  Ääftd)en  jur  ^hifnabme 
ton  ©d)mudfad)en,  SDJeffern,  SJtähjeug  u. 
bgl.  bei  ben  gtauen  beliebt.  5)ie  gtö^eren 
befianben  juweilen  auö  jWei  ober  mehreren 
neben»  unb  übeteinanber  georbneten  (£d)ub« 
laben  nebft  jmei  nerf^UeParen  (^lügels 
thürd)en.  SBaren  fie  gar  fofibar  au«  eblcn 
SWetaüen  unb  ®cfieinen  gefertigt,  fo  ftetftc 
man  fte  aud)  in  eigenö  beteitetc  ^"ttes 
rale  auä  Seber,  bie  burdh  *Preffung,  SDJa* 
lerei  unb  Söefdiläge  felber  »ieber  reidh  auö» 
gejlattet  würben.  ®ie  ©piegel  bagegen 
Waten  faft  burä)Wcg  bIo§e  |)anbfpiegei  oon 
geringem  Umfange,  aber  »on  5ierlid)fier 
Sefchaffenheit  unb  tei*fier  Qluäftattung, 
©ie  beftanben  au«  poliertem  SDJetaü,  ®ol'b, 
©itbcr,  @taht,  3"'"/  <^^^  ""^  gefd)Iiffe= 
nem  Ärtjüatl,  feiten  auö  ®Iac!.  2)ie  Qtmal* 
gamifterung  bciSfelben,  woburch  ber  ®lai> 
fpiegel  afle  anbern  auä  bem  ^elht  fd)Iug, 
würbe  erfi  im  15.  Jahrhunbett  erfunben. 
(ärwähnt  werben  j.  ©.  um  1313  „Sin 
Spiegel  t>on  Silber",  um  1372  „ein 
(Spiegel  »on  .J^rppall,  Welcihen  ein  SBeib 
in  ©efialt  einer  Sirene  »on  »crgolbetem 
Silber  hält",  um  1380  „ein  Spiegel  oon 
®oIb  mit  üier  Slubinen,  oier  Saphiren 
unb  oictunbbteifig  '^Jerlen  befc^t",  „äwci 
l^ohe  Spiegel  mit  jwei  ,^ü§en  üon  (Slfen? 
bcin,  ber  eine  größer  al«  ber  anbcre", 
„jwci  Spiegel  oon  totahl,  ber  größere  Don 
Tupfer  eingefaßt  unb  rüdwärt«  bamit  be= 
bcdt,  ber  anbere  auf  einem  |)oljgefielI 
flehenb"  unb  „ein  fleiner  Spiegel  von 
Silber,  läng«  ben  iRänbern  unb  rüdling« 
emaillitTt,  getragen  t»on  jWci  Äinbcrn  in 
SDlänteldhen  unb  langen  Äappen,  biefemit  i 


a3lümd)en  in  Smail  bcbedt,  jiehenb  auf 
einem  fClättd)cn  mit  einer  SWaefe  nebfl 
jWei  »5ü§en,  bnrunter  eine  gefimeartigc 
'JlJlatte  mit  emaillierter  SCarfieüung  einer 
^irfchjagb".  Qlu^  treten  gegen  (änb'e  tiefe« 
3eitraumä  neben  ben  längft  betannten 
Sanb=  unb  Sßafferuhrcn  gtöpere 
SBanb Uhren  mit  einer  5(rt  Diäbetwerf 
auf,  freilid)  nod)  febr  feiten  unb  einfach, 
nur  mit  einem  3ciger  cetfeben.  3)enft 
man  fid)  noch  bie  mit  foftbaren  leppidien 
oerhängten  3™ni«tt)änbe  unb  bie  eben» 
fatlö  aufS  funjlreid)  gc^idten  Südjern  ge= 
fertigten,  in  SpoU  "gerahmten  J^lügel« 
wänbe  jum  iöerfieücn  ber  Ihüf  unb 
^enjletöffnungen  hinäu,jo  fann  man  ftc^ 
einen  ungefähren  'iSegtitt  bon  einem  3im« 
met  beö  14.  ^ahrhunbett«  machen.  55teili(^ 
ctlaubte  fid)  ber  fd)licftte  93ütgetf!anb  einen 
foldien  ßufuö  nod)  nid)t.  'S)ie  fdjweten 
Sanffäfien,  einige  bewegbare  Iruhen,  ein 
ober  mehrere  ßangtifche  unb  bie  crforber» 
liehe  5lnjahl  oim  iBetten  madhte  hier  ohne 
3weifel  baö  gejamte  3Wobtliat  au«.  3n 
ben  glitten  ber  5ltmen  mad)ten  bie  Jruhen 
fogar  ben  Sifd)  entbehrlidi,  waren  alle«  in 
aQem,  höd)fien«  nod)  etwa  oon  befonbern 
Schlaffieöen  begleitet. 

3m  15.  3  ihr  hu  n  ber  t  bra($  ftch  ber 
burgunbifche  (Sinftu§  !8a!^n,  ber  in  bem 
kräftigen  beutfd)cn  f)anbwertetf^anbe  einen 
fähigen  Itäger  fanb.  S)ie  ®olbfd)miebeä 
funfi  unb  ihre  3tt>eige,  bie  (Smaillierung 
unb  Steinfchneiberei,  ha§  ^anbwerf  ber 
SAmiebc,  S^loffer,  Äupferfchmiebe,  Sron« 
jegie^er  unb  3innarbeiter  wetteiferte  mit 
bem  ber  (Jlfenbeinfchni^ler,  ber  eigcntlid)en 
fiilbfc^ni^er,  Sdhteiner,  Söpfer  u.  f.  w. 
^nx  größten,  b.  \).  ben  für  bie  ?lu«|iattung 
ber  iffiohnräume  praftifd)  cerwenbbarfien 
Schritt,  thaten  Wohl  bie  ®  lafer,  bie  nun 
neben  allerlei  nü^Iid)en  SDingen  bie  @laäs 
fenjler  erjiellten,  au«  9iunbfd)eiben  ju* 
fammengefe^t,  wie  fie  fid)  biß  in  unfer 
3ahrhunbert  erhalten  haben.  SBenn  auch 
bie  uniiermeiölid)e  Sleifaffung,  uerbunben 
mit  ber  meift  nod)  geringen  Qualität  bc« 
©lafe«,  ein  ißrobuft  entfiehen  lie^,  ta^  ber 
IBoüEommenbeit  noc^  ferne  fianb,  fo  war 
boch  bicfeö  fd^on  fon  groper  93ebeutung, 
ein  nicht  gering  ju  fdhähenber  j^ortfchritt 
gegenüber  ben  früheren  genjleroerfdjiüifen 
au«  ^orn  ober  geöltem  Rapier.  S)icfe  ge» 
langten  überhaupt  nie  ju  allgemeiner  ißer* 
breitung. 

3n  93ejug  auf  bie  2;cppid)roitf crei 
genoffen  bie  flanbrifc^en  üBerffiättcn  eine« 
hohen  9iufcö,  Dor  aücm  bur^  bie  „hodh* 


772 


Simmcrauäfiattunc?. 


fd^äftigc  SBtrfetci  mit  fcnf rechter  Äettt", 
burd^  bic  „hautelisse".  2)cr  51uftt)anb  an 
folc^cn  leppicfcen  überfticg  jumcüen  jebeö 
erbenflid)c  ^a^.  ®o  mxt>  crjä^It:  .,3lle 
man  bei  ©clcgenbcit  bcr  Sermäfilung 
RaxU  VIII.  (um  1491)  iai  @c^Io§  Am- 
boise  ausfiattetc,  öemanbtc  man  baju  an 
feibenen  unb  goIbburcf)tt)irftcn  Sffianbtcps 
i)i(^cn  nicf)t  ttjeniger  aU  mehrere  taufenb 
(SClcn.  ^Itlein  um  ben  $of  bamit  ju  be- 
beden,  bcburfte  man  inettaufenb  ^afen, 
unb  ju  einem  einzigen  ®emacf)  brcifcunbert- 
ficbenunböier^ig  SQen  üon  bem  fiärfüen 
©eibenfioff,  barauf  in  fortlaufenben  93il= 
bem  bie  ©efc^idite  SWofiä  ju  fe{)en  mar. 
2)ie  anbern  ieppid)e  entl)ielten  ©jenen  auö 
ber  ÜJipt^oIogie,  auö  ber  iilteten  unb  bet 
neueren  ®efä)i($te.  2luf  i^nen  erblicfte 
man  unter  anberm  bie  ftegreictien  2:l)aten 
be^  ^erfuleö,  bie  ©efc^iic^te  ber  @t)bi[len, 
bie  ©roberung  r>on  iroja,  bie  3cifit'rung 
Serufalemö,  Sinjelneä  auö  bcmSRoman  fon 
ber  ifiofc  unb  bie  öd)Iact)t  t»on  ^ormigni, 
in  mel(i)er  um  1450  Äarl  VII.  bie  ßng* 
länber  fc£)!ug."  3"T,  59ebecfung  ber  Q\m^ 
mergeräte  unb  jum  liberjie^en  ber  l^oljter 
mä|)lte  man  fortrciälnenb  mit  93orUcbe  bie 
gemöl)nlid&  bcjticften,  einfarbigen  ober 
buntbemujlertcn  ©toffe. 

?luct)  in  Sejug  auf  bie  Verfertigung 
»on  U^rcn  marb  ein  mic^tiger  ©chritt 
»ormörtö  getban.  Sr  ging  »on  g^nnfi^fi'^ 
au0.  Um  ha^  3a^r  1480  erfanb  bort  ein 
gemiffer  Carovage  ober  Carovagius  bie 
Spiralfprungfcter  unb  »erwanbte  beren 
Sriebfraft  jur  ^etj^eöung  r>on  fleineren 
iffianbubren,  bie  furje  3ett  ^ernac^  (1500) 
•Peter  ^ele  in  9'Jiirnberg  berart  üerPotI= 
fommnete,  ta^  er  aU  ber  eigentliche  ®r= 
finber  ber  2;af(ä)cnut)ren  ange(el)en  merben 
barf. 

3n  33cjug  auf  bie  ©eftaltungemeife  beö 
©cratö  im  iMügemeinen  bielt  man  fi* 
an  bie  „germanifcfcen"  ®runbformen,  fo= 
ba§  barüber,  namentlich  auö  ber  erftcn 
^älftc  beä  S'^Ö'^^iinbertö,  weniger  ju  be^ 
richten  ifi.  üDie  perjiercnbe  Qtusftattung 
freilid)  mürbe  immer  mannigfaltiger,  ja  in 
bem  Streben,  burcf)  immer  neue  Stftnbun: 
gen  i;u  glänjen,  oerlor  fie  gegen  Gnbe  bee 
3abri)unbevt«  ben  feineren  ©inn  für  fünfi- 
Ierifd)en  3u^''"i"^f"^""9'  f^f  führte  jur 
Überlabung  unb  jur  2Biütür  unb  in  ibrem 
Umfc^lag  jur  nüd)ternen  ßeerc,  foba§  fte 
ftd)  enblid)  teil«  in  launenhafter  23er« 
mifd^ung  eon  ftarren  ober  boc^  nur  mägig 
ornamental  belebten  gläd^en  mit  einer  ju« 
meifi  übertriebenen  güüe  oon  bunt  jufam« 


mcngcorbnetem   3'ft>^6'^f<    t«il^   i«    0"^' 
fcf)Iie§lid)er  23ermenbungbcö  le^tercn  oerlor. 

Sflcben  ben  biöber  übli(^en  oerfcftieben* 
geflalteten  öebnfeffeln  tritt  ber  ä^nlid)  au^s 
fe^ienbe  2)re^feffel  auf,  ber  'mic  ber 
'Jl  0 11  j!  u  t)  l  bauptfä^lici)  »on  Äranfen  mag 
gebraudtit  morben  fein.  ?ln  ©dbrdnten 
unb  Sirupen  fuditc  man  nun  üorjüglidfy 
bie  gefteigerte  S^üüe  baulid^er  Serjierung^s 
formen  jur  ©eltung  ju  bringen,  au(J  fom» 
men  an  benfelben  neben  fojlbaren  <S(^ni|* 
roerf  oft  ©olbrerjierungen,  fomie  $olj^  unb 
ÜJJetatI ein  lagen  oor.  S)ie  Slruben  jteQtc 
man  gern  auf  Jierföpfe;  bie  ©c^ränfe 
erbielten  größere  j^\ixfi)tn,  bamit  bie  Set* 
jierungen  reicbli^er  angebracht  merben 
fönnten.  I)ie  2;{)üren  mürben  fleiner,  beren 
Umrabmungen  aber  verbreitert,  fomie  bie 
magrec^ten  Seiften  jroifc^en  ben  5ä(6ern. 
9'lebcn  ben  größeren  ©tanb»  ober  SBanb« 
f(l)ränfen  bebiente  man  ftc^  aud)  fleinerer, 
bie  an  bie  2Banb  gebangt  merben  fonnten 
unb  eben  i^rer  Äleinbeit  megen  um  fo 
föftltd)er  gejiert  mürben. 

Unter  ben  fielen  5lrtcn  be«(  Jifcbeö 
begegnet  man  am  l^äufigfien  bem  fleinen, 
einfügigen,  mit  runber,  ooaler  unb  oiet« 
ecfiger  platte,  unb  bem  cbarnierbemeglicben 
.$llapptifd)c.  Sßeibe  fommen  mebrfad)  im 
3immer  oor  unb  jmar  il)rer  iloftbarfeit 
megen  mel)r  atö  3iertifc^.  2)ie  «platte  i|l 
iDJarmor  ober  ©erpentin,  jum  minbejlen 
eine  feltene  ^oljart,  mofaifartig  aufgelegt, 
bemalt,  auc^  mobl  am  SRanbe  jierli^  ein* 
gefaf?t.  5Die  ^^ü^e  firib  SWetaKarbeit,  aug 
Ijoljfinifemerf  über  au«  einjeln  gearbeiteten 
Drnamentftüden  jufammengefe^t.  5lucb  bie 
%ü^i  ber  mebifü§igen  Zi\<i)t  fmb  bie  Ijaupt* 
fäci)lid)jlen  Srciger  ber  SSerjierungen.  Qlu^ 
bie  ©dienfs  ober  Äreben^tifcf)e  fanben 
jiemlid)e  Verbreitung;  bie  ©^augefielle 
ober  ,,dressoirs"  unb  bie  5lnrichtcta« 
fein  ober  „bnffets"  fiellte  man  mit  ber 
3unabme  bcr  *13runfgefd)irre  (®laö* 
unb  Sonmaren,  ®olb=  unb  ©ilbergefcf)irre, 
Srunnen  [®ieMüffer],  2)rcifüge  unb©cf)iffe) 
oiel  häufiger  unb  umfangrei^er  \)n,  aH 
eei  frül)er  gefd)ab  unb  ermangelte  felbfioer« 
ftänblic^  auch  nic^t,  fie  felber  mit  aflem 
erbenflid)en  3'C'^i^it  J"  f(^mücfen.  51B 
3tmmerfc^mud  mären  enbUch  nod^  bie 
großen  Safelbilber,  auf  ^olj  gemalt 
unb  jierli^  eingefaßt,  fomie  bie  gläfernen 
Sffianbfpiegel  ju  nennen. 

SBcnn  auc^  baö  bürgerlicf) t  SBo ^n « 
t)au«f  aü  biefe  ^ra^t  nodö  m(i)t  auf  ein* 
mal  nachjualimen  oermo(^te,  fo  muc^fen 
boc^  auc^  bort  bie  Sebürfniffe  fietig.    3)ie 


Simmetauöjiattung. 


773 


SBonffäficn  blieben  nod^,  bie  3;rnt;en  ebcn= 
fo,  tod)  trerben  baneben  me^r  ober  minber 
letc^  üetjicrte  lifcfcc ,  ©tüftle ,  Sänfe, 
®d)tänfc,  Öcfepulte  u.  f.  tt).  faft  aügcmein 
angetroffen,  unb  and)  bie  nic^t  einmal 
rcid)  iBcgütertcn  erlaubten  ftc^  ju  6nbe 
be«  3"f)»'l)»"bertö  ben  öuyuö  ber  ^änge^ 
teppiAc  unb  beö  ^ol^tafelrocrfcö. 

^m  i'ai  16  3abrftunbcrt  fttirb 
Italien  tonangebenb.  2)ort  hatte  ftcfe  j^u^ 
erfi  wiebcr  hai  93ebürfniö  ber  ^uffrifcfcung 
beö  (Sefdimacfe^  an  fcem  iBorbilb  ber  eilten 
hmb  gctl)an.  3"  eingebenber  Scrroenbung 
ber  altflaffifd^en  goriiei'  juoörberfi  im 
baulichen  ^Betriebe,  mar  man  jugleicf)  be^ 
m.übt,  aucf)  bie  antife  ißcr^ierungsmcife 
mieber  aufleben  ju  lüffen,  voai  ber  ®e= 
rätebilbung  mit  ju  fiatten  fam.  ^infäng^ 
lid)  a()mte  man  bie  9JJujier  getreu  nadö, 
lernte  hai  (Sbenma§  ber  Seile  mieber 
fcftä^en  unb  bie  J^üUe  ber  3ierraten  bamit 
in  dinflang  bringen,  maa  qu^  für  bie 
neuen  Serbältniffe  nid)t  über  ®ebü^r 
fcfemer  fein  burfte.  33et)anbelten  bod)  bie 
SSorbilber  in  med^felooüPcr  S)urcf)bilbung 
unb  *Jlnorbnung  bie  blofen  ^tjantafte* 
Ornamente ,  bie  monnigfaltigfien  ®egcn= 
fldnbc  au«  bem  Iier=  unb  *l'flanjenleben 
unb  auö  ber  altrömifdbcn  SBerfebrsmcIt, 
bem  {ult(id)en ,  friegerifd)en  unb  aütäg= 
Ud)en  ßeben ,  maß  atlc«  nid^t  nur  bie 
Sinne  bilbete,  fonbern  aucf)  bie  *pi)antajie 
ju  eigenen  Kombinationen  anregen  mu§te. 

®ie  „iRenaiffance"  ging  juniid)fi  auf 
Spanien,  bann  auf  ^ranfreidE)  unb  erfi 
burd)  biefc«  auf  bie  SRieberlanbe  unb  auf 
2)eutfd)Ianb  über;  jebcö  biefer  ßiinber  ftat 
fte  in  feiner  eigenen  5lrt  empfangen  unb 
aufgegriffen,  feinem  aber  Ijat  fie  no^ 
»oüenbß  fo  ein  bcfiimmteö  ©epräge  aufs 
gebrücft,  mie  bem  le^tgenannten,  l>aü  fein 
^auö  unb  feine  ®tabt  in  einer  SBeife 
fteraueibilbete,  ha^  ber  objeftioe  tiefer= 
blicfenbe  ^rembe  mit  feinem  '-Beifaüe  nid)t 
äurüdljalten  fonntc.  So  fagt  ber  feinge= 
bilbete  Italiener,  5tneaö  SplOiu«,  $apft 
qSiue  II.  (1458— 14Ö4),  ta^  er  bie  grö» 
feren  nicberlänbifc^en,  beutfd)cn  unb 
fcftmeijerifd^en  Stäbte  iftter  befonberen 
Sjuberfeit,  Orbnung  unb  2ßot)ll)abenbeit 
nsegen,  lebiglid)  abgefeften  oon  Kunjl« 
fd)mu(f,  ben  größeren  italienifAcn  unb 
franjöfifcben  Stäbten  meit  oorjiebe  unb 
üiele,  mie  Dor  allem  ®ent,  iörügge,  Sred« 
lau,  QSrag,  ßübcd,  'Mc^en,  Sricr,  Äöln, 
Ulm,  ÜBien,  Strasburg,  Salzburg,  Safcl, 
^üxii)  u.  a.  als  iDiujlcrbiltcr,  ja  eins 
seine,  mie  llug^burg  unb  9iurnberg,  ge« 


rabcju  ale  3beale  einer  »otlfommcncn 
Stabt  bejetd)net  werben  muffen.  Unb 
äbnlicft  fprad)  fid)  in  ber  jmeiten  ^älftc 
be«  16.  3abrbunf  ta  !Dlid)el  be  ÜJlontaigne 
au0 ,  ber  aucbrürflic^  bert)orbebt,  ta^  itt 
ben  bcutfc^en  unb  fd)mei;;erifc^en  Stäbten, 
bie  Strafen  unb  öffentlid)en  'ISlä^e,  bie 
2Bol)nungcn  famt  ilirem  ^auärat,  iftren 
Jafeln  unb  jafelgcfi^irren,  meit  fd)öner 
unb  fauberer  feien,  alä  in  ^^ranfrcid). 

3n  ber  33el;anblung  ber  e  b  e  l  n  SSi  e  t  a  1 1  e 
unb  Steine  maren  unter  ben  beutfd)en 
fflJeifiern  bie  5lug«burger  unb  [Nürnberger  am 
berütimteflen,  bod^  genoffen  aud)  bie  Ülmcr, 
Äölner,  Jrantfurter  (a.  DJf.),  *13rager,  üöicnet 
unb  2)re0bener  eineö  guten  SRufeß.  SDie 
'5lfenbeinfd)ni^erci  batte  be= 
fonber^  in  Qlugeburg  ibren  ®i^.  Die 
Qlrbeit  in  |)ol5  l)atte  fd)on  im  15.  ^ai)X' 
bunbert  in  rein  ted)nif^er  mie  in  fünp* 
lcrifd)er  $inftd)t  eine  Stufe  erreid)t,  bie 
eine  bebeutenbe  2Beiterentmidtung  taum 
me^r  sulie§;  aber  ba«i  immer  fteigenbc 
Sebürfniö  für  berartige  *Jlrbeiten  ju  melt« 
lid)em,  unb  bi«S  jum  "*ilblauf  ber  breipiger 
3at)re  aud)  nod)  für  fird)lid)e  3tt)ecfe,  lie§ 
bod)  mand)erlei  Steuerungen  unb  iBerbeffe= 
rungcn  unöermerft  entfteben.  ©ine  folc^c 
mar  bie  bon  3t"licn  a"f  5'^''"^^^**  ^'"^ 
bann  aud)  auf  5)eutfd)lanbübergel)cnbe  Sieb* 
baberei  für  gcfd)ni^tc3ii"i"fi^^2'^^"' 
3n  ber  crflcn  |)cilfte  beö  3ti^it'unbcrt0  be» 
gnügt  man  ftd)  nod)  mit  einem  fid)  freu* 
scnbcn,  t\n\ad)  geglieberten  Salt'cnmcrf  mit 
SBer^ierungcn  in  55'^i^1'fft"'t3<^'^*^^''  ^"  ^^^ 
smeiien  ^älfte  aber  entmitfelt  fid)  bie  'Decfe 
burd)gängig  ju  einem  febr  üerfd)iebencn. 
oft  du^erft  fünftlid)en  .Kaffettcnmerf,  aug* 
gefüllt  mit  erhabenen  Sd)ni^ereien  unb 
(Semälben  im  SZÖed)fel,  ober  aud)  in  ihrem 
Serlaufe  lebiglid)  mit  SUtalereien.  ®oc^ 
blieb  ber  ®ei"d)mad  für  gute  Sd)ni|ar= 
beit  immer  norhanben,  ja  man  begnügte 
fic^  nid)t  mehr  bamit,  blo^  bie  gläd)en, 
bercn  CSinfaffungen  unb  ißcfrönungen  bamit 
JU  jieren ,  fonbern  fügte  noch  tiöUig  runb 
gearbeitete  (Jinjelteile  bei,  ^j^^S"^^"  ^°^ 
i)Jienfchen  unb  licren,  jumeilen  in  ®ruppen, 
Äöpfc,  lierfü^e,  Säulen,  *Cfeiler,  Stü0en 
u.  bgl.  S'ieben  ben  eirl)eimifd)cn  ^olj* 
arten,  (Stehens  unb  [Jiu^baumftolj,  gelangen 
nun  aud)  frembe  ,^ur  Scrmcnbung,  fo  be» 
fonber«  tai  aue  Ofiinbicn  belogene  ©ben« 
holj,  iaQ  anfange  feineö  hot)en  (preife^ 
wegen  nur  ju  fleincn  ®eräten  üermenbet 
merben  fonnte,  oon  ben  fiebjiger  3i5^reit 
an  aber,  in  ^olgc  eingetretener  $rci«« 
ermä^igung,  bei  ben  Dornel)mcn  gamilicn 


774 


Simmeraueflattung. 


gcrabcju  »ot^errfc^enb  rourbe.  JBeliebt 
»arcn  namentUdt)  bic  SWöbcI  mit  Slfen« 
bein«  unb  ©ilbereinlagcn.  2)ie  ®ct)rcincr 
festen  ficf)  ju  bicfem  Btt'ecfe  mit  ben  Äiinfi« 
lern  »on  §ac!^  in  33erbinbung  unb  n^aren 
ni^t  [eltcn  fclbcr  rccnigfienö  tüchtige 
Sd)ni^cr  unb  23aumcifiet. 

9?icfet  minber  rüf)rig  tt>aren  bie  SDi  c  t  a  t  h 
arbeitet,  ®cf)micbc,  @($)Io[fer,  Tupfer» 
fcf)miebe,  Sronje«  unb  3i"n9i<^fe2'^-  *31u^ 
fu  luu^ten  ju  teilen,  waö  baä  ^aubn^eif 
überfiaupt  je  ju  Icijien  t>crmoct)tc.  iRament* 
lidt)  bie  Qtvbeiten  ber  bamaligen  6cf)Iof[erei 
»ctbienen  £)eute  nod)  unfere  Scmunberung. 
@ä  finb  nit^t  nur  fun^lreid^  gearbeitete 
©d)Iö[fer  unb  Sefc^tüge,  fonbcrn  aud) 
einige  UbriDerfe,  bic  al^  Surmu^ren 
mit  einem  Sc^Iagwctf  unb  mancher« 
Ici  funfireidben  unb  ergö|lict)en  äutf'oten 
»crfefien  finb,  bancbcn  audb  afironomifd^e 
3nfirumente  unb  tier[cf)iebenartige  giguren, 
bic  burc^  einen  fünjllii^en  9Jie(ä)aniömuö 
tl)re  Sl^ätigfciten  auöfüt)ren.  S)ic  @  I  a  ^  « 
fabrifation  unb  iBerarbeitung  biefcö 
immer  rt)id)tiger  »er^enben  Stoffeö  rui)te 
befonber«  nod)  in  ber  ^anh  ber  23enejis 
oncr.  5ine  föjKid^eren  ©tücfe  famen  »on 
bort  ^er.  3"!  eigenen  öanbe  machte  man 
au^er  ben  |^enfter[d)eiben  unb  tieinen 
Spiegeln  nur  nod)  bie  fleinen  Oefä^e  für 
ben  ^auöbebarf,  aüert)öd)jlenö  etn.Hr  2)ecfels 
gläfcr  (pumpen)  mit  eingebrannten  *pin« 
ftl5eid)nungen.  *ilu(J)  bie  Söpferfunft  unb 
©tcingutfabrifation  blü{)te  in  3toUcn  ju» 
mcifi  unb  ging  »on  'i>a  nac^  grantrcid) 
über.  5llö  aßerfpätten  Unterer  2lrt  waren 
in  5Deutfc^Ianb  unb  in  ben  IRieberlanben 
bcfonberö  2)elft  unb  Äöln  befannt.  Sc|itere 
©tabt  tt)at  fid)  aud)  in  ber  2;eppid)mirfcrct 
unb  SBcrarbcitung  bc^  gepreßten  Sebcr^ 
l^erpor. 

2)er  neuen  ®e[ä)macförid)tung  folgte 
auä)  in  ®eutfct)Ianb,  mie  anberort«,  an= 
fönglid)  roenigcr  ber  ^of  unb  ber  Qlbcl 
überbaupt,  al^  ia^  »ornet)tTte  93ürgertum, 
fo  in  5lugöburg  bie  ^ugger  unb  SBclfer. 
©er  ®clet)rtc  Seatuä  iRt)cnanuö  be« 
fd^rcibt  in  einem  ©riefe  Pom  3ai)r  1531 
hai  ^aui  beä  5tnton  J^ugger  folgen* 
bermafcn:  „Sßelc^  eine  $rad)t  ifl  nid)t 
in  5lnton  ^^uggcr«  ^am.  6ö  ifi  an  ben 
meiften  Orten  gemölbt.  unb  mit  mar* 
morenen  ©äulen  unterjlü^t.  2öa^  fott  ic^ 
Pon  ben  iticitläuftigen  unb  jicrlid^en 
3immern,  ben  ©tuben,  Sälen  unb  bem 
Äabinete  beö  ^cvrn  felbfi  fagen,  mcicfeeö 
fowo^l  mcgcn  feineä  oergotbeten  ©ebälteö, 
ali  ber  übrigen  3ierraten,  unb  ber  ni(f)t 


gemeinen 3ietlicibfeit  feineä 93ctteö  tai  aller« 
f(f)önfte  i|i?  ©ä  flögt  baran  eine  bem 
i)eiligen  ©cbaftian  gcroeibte  Äapetle,  mit 
Stühlen ,  bie  auö  bem  fofibarfien  ^olje 
fcbr  fünftlid)  gcmad)t  finb.  %üii  aber 
jieren  portrefflicfie  ÜJiatereien  Pon  aufen 
unb  innen.  JHapmunb  ^uggerä  ^auä  iji 
ebenfalls  föftlid)  unb  bat  auf  aücn  Seiten 
bie  angencbmfte  *Muäftd)t  in  ©arten.  2öaä 
erjeuget  Stalten  für  *Pf[anjcn,  bic  nic^t 
barin  anjutreffen  mären,  roaö  finbet  man 
barin  für  öufttjäufer,  Blumenbeete,  Säume, 
Springbrunnen,  bic  mit  Srjbilbern  ber 
©Otter  gejiert  ftnb?  Söaä  für  ein  prädb» 
tigeä  93ab  ifi  in  bicfem  Steile  bes  ^aufeä. 
ajJir  gefielen  bie  föniglid)  franjöftfi^en 
©arten  ju  Sloiö  unb  3:ourä  nidbt  fo  gut. 
9iad)bem  mir  inä  ^auö  Ijinaufgegangen, 
beobachteten  mir  fefr  breite  Stuben,  weit* 
läuftige  Säle  unb3inrmer,  bie  mitÄamincn, 
aber  auf  fet)r  jierlidbe  9Beife,  Äufammen« 
gefügt  marcn.  Qlüe  Ibüren  geften  oufcin« 
anber  biö  in  bie  SWitte  beö  ^aufeö,  foba§ 
man  immer  Pon  einem  ßimmer  inö  anbere 
fommt.  .pier  faben  mir  bic  trefflicbficn 
©emälbe.  3ebod)  nod)  mct)r  rübttcn  unä, 
nad)bem  mir  inö  obere  Stodmerf  ge* 
fommcn,  fo  piele  unb  gro§c  ©enfmale  iti 
^Itertumö,  ha^  icb  glaube,  man  mirb  in 
Stalten  fclbfl  nicbt  mebrere  bei  einem 
ÜJiannc  finben.  3"  einem  3ininie'^  ^'^ 
ebernen  unb  gegoffenen  Silber  unb  bie 
SDiünjcn,  im  anberen  bic  ficincrnen,  einige 
üon  toloffalcr  ©röge.  üRan  crjäbltc  unä, 
biefe  ©enfmalc  iii  *Hltertumä  fetjen  faji 
auä  allen  Seilen  ber  2Belt,  pornämlidb  ani 
©tiecbenlanb  unb  Sicilien,  mit  grofen 
Äofien  jufammengebrad)t.  SRat)munb  ifi 
felbfi  fein  ungelebrter  »Kann,  Pon  cbicr 
Seele." 

einfad)cr  (bnö  reid)e  33afcl  auögenom* 
men)  mobnte  man  in  ber  Sc^mcij.  Illop« 
fxm  p.  Dreüi  fcbrcibt  jroifcben  1550  unb 
l.'575  auf^  3ürtcb,  ta^  überaü  SReinIid)feit 
bie  größte  3ierbe  fei,  bancbcn  aber  Sin* 
fad)beit  berrf^e.  ieppie^e  babc  er  nur  in 
jmei  .f)äufern  porgefunben.  S)er  corncbmiie 
Sdimud  ber  3*"inier  fei  hai  nufbaumcnc 
©etöfcl  mit  gotifd^cm  Sd)ni^merf.  S)ic 
gugbbben  ber  iZBobnjimmer  feien  Pon  ^olj, 
bie  ber  anbern  Pon  Sadfiein  gemadbt,  beren 
Pielc  obne3«i^i^at,  anbere  mit  einer  93Iume 
ober  einer  fonjiigcn  3ei<i)nung  gcjicrt  feien. 
2)ie  3immerbede  bagegen  fei  v.iclfad)  föfi« 
lieb  gefd)ni^t  unb  bemalt,  bin  unb  miebcr 
mit  maffiPem  ©tjpjimcrf  (Stud)  in  ÜBaffcn 
unb  ^arnifdben»  flu<^  ^^^^  "i**  ©"Ib  ge« 
jiert.  S)anebcn  feien  lateinifcbe  2)cnffprüdbe 


Simmerauöfiattung. 


775 


tjingemalt.  ^nt  förmdrnuuig  Der  3'ii^nifr 
bcbiene  man  ficb  großer  Dfen.  DicSrinf* 
gefä^e  feien  uon  3'"".  oft  l^cr  einjic^e 
®cf)muct  bev  bunfeln  ©tube,  ba^cr  tcic3licl) 
blanf  gcjc^cucrt.  „S)ic  ®erätfcl)aften"  — 
fc^rcibt  er  weiter  —  „fmb  auf  S)aucr  ge= 
macf)t,  njenig  jaf)Irei(f),  uiel  ttienigev  präd)= 
tig,  aber  oft  in  gutem  ©efc^matf.  %üx  bcn 
täglid^cn  ©ebraud)  finb  in  ben  SBobnjim« 
mern,  längs  ber  SBanb  unb  um  einen 
großen  Sifc^  b^rum,  longe  Sänfe  für  bie 
|)au0baltung  bingefieCIt,  luononbic  oberfte, 
für  ben  ^crrn  unb  bie  g^tau  beä  .^»''ufcä 
benimmt,  mit  Znd)  auögefcblagen  iji. 
Äömmt  ©cfeüfdjoft,  fo  lüerben  in  ben 
reichen  .^äufern  böljcrne  Stühle  bingeficQt, 
beren  ©i^  mit  ®ammet  befd^Iagen  unb 
mit  feibencn,  audt),  bocb  feiten,  mit  filber» 
neu  unb  gotbenen  granjen  gejiert  ftnb. 
iZBeniger  iReicbc  begnügen  ficb  mit  ©tüb- 
len,  mit  gefärbtem  %nä)  ober  ßebet  au^« 
gefcblagen,  ober  mit  ^olfiern  barauf,  con 
ben  grauen  unb  Jöditcrn  im  $au^  ge* 
fiicft;  mit  bergleid)en,  unb  etwa  au^  mit 
geflicftcn  Seppid^en,  ttjerben  bei  feftlid^en 
5tnläffen  bie  Sifcbe  bebecEt.  Sebnfiüble 
l^ält  bieä  rüfligc  Solf  nur  für  Äranfe  ober 
©reife  tauglid)."  ®r  rebet  bann  »on  ber 
SDlenge  filberner  unb  ecrgolbeter  Strinfge* 
fä^e,  *13ofale,  ©dbüffcln  u.  bgl.,  bie  man 
in  reidben  |)äufern  finbe  unb  mit  benen 
bei  fe|iUd)en*}lnIäffen  bie  Safe!  gebecft  unb 
gefd)mü(Jt  werbe,  aud)  uon  ber  in  ©amrnet 
gebunbenen,  mit  ©itber  unb  ®olb  gezierten 
|)au^btbel  unb  fäbrt  bann  fort :  „60  ein* 
füd)  unb  bflii'^biilterifd)  bie  ©peifen  im 
täglicben  geben  finb,  fo  einfad)  ifi  aud) 
ta^  3;ifd)geräte.  3)ie  Söffet  ftnb  burd)» 
gängig  oon  |>oIj  ober  J^orn,  nur  bei 
reicben  ^erfonen,  bie  beö  ^au^oaterä  unb 
ber  ^auömutter,  mit  ein  roenig  ©ilber  üer« 
jicrt.  Sßon  gleichem  ®ebalt  ftnb  aud)  bie 
SeKer  ber  ©emeinen,  bie  ber  SReicben  oon 
3inn,  ftenigfienö  beö  ^auöberrn  unb  ber 
Jg)auöfrau  ibre.  ©ie  ©d)ü^eln  ftnb  oon 
»erjinntem  Tupfer,  3'""  ober  gebrannter 
(Srbe;  fo  aud)  bie  Srinfgefäge.  ®{ai  gc» 
braud)t  man  nic^t  jum  täglid)en  (Sebraucfte, 
bcebcilb  ftnb  bie  ^lafdjen  uon  battgebrann= 
tem  ^bcn,  bie  9Bed)er  pljcrn  ober  oon 
3inn." 

3u  bibenfen  tft  bei  ber  Beurteilung 
biefer  beiben  »erttioüen  Stacbridbten ,  bü| 
JRbtnanu^  bcn  ^lauöbalt  beö  SürgcrfürPen, 
Dreüi  aber  abftd)tUd)  ben  ber  einfad)cn 
Sürgeröleute  befdircibt,  unb  ta^  fte  fid) 
barum  jur  Äombinierung  eincö  ©efamt* 
fcilbeä  gegenfeitig  ergänjen.    3)er  eigent* 


Iid)e  23ürget|laub  wirb  and)  in  2)eutfc^Ianb 
mebr  nad)  ber  üweitcn  ©d)ilberung  gcroobnt 
unb  gelebt  b^iben.  SBie  oiel  übrigen*  ju 
einem  mittleren  ^ausflanb  fc^on  nötig  roar, 
befd)reibt  S;>am  ©ad)*  in  bem  um  1544 
erf^ienenen  ®ebid)te  „SDer  ganje  |>au§rat 
bep  brcpbunbert  ©tüden,  fo  ungcfebrii* 
in  ein  jcbe*  ^au§  get)ört"  fotgenberma|cn : 

(Srfitid)  in  bie  fiuben  geben!, 

SWu^t    bnben  Jifd) ,    ©tut,  ©effet  unb 

Senf, 
S3anfpoIfter,  M^  unb  ein  5VauIbett, 
®ic§taltcr  unb  ein  ÄanbeUnett, 
^anbt^roebel,   3;ifd)tud),  ©diüffelring, 
Q3fannboIj,  ßöp,  Seüer,  Hüpferling, 
^    Äraufen,  *J(engfier  unb   ein  5öiergla§, 
Äuttrolff,  Irac^ter  unb  ein  ©al.^fap, 
öin  Äülfeffcl,  Äanbcl  unb  glafcben, 
ein  Sürflen,  ©läfer  mit  ju  raafd)en, 
ßeudbter,  Su^fcbcr  unb  Äerjen  oiel, 
<Sid)ad),  Harten,  ÜBürfel,  ein  ^öretfpiel, 
©in  reifenbe  Ubr,  ©(ibirm  unb  ©picget, 
6in   ©dbreibjeug,    hinten,    *Papir  unb 

©igcl, 
S)ie  93ibel  unb  anbere  23üd)cr  mc^r 
3u  Hurt3tt3cil  unb  ftttlid)er  i*ebr. 
SDarnad)  in  bie  Äud)en  fetfüg 
Äeffel,  Pfannen,  ^äfen  unb  Ärüg, 
25rifu|R,  !Bratfpie§  gro§  unb  flein, 
(Sin  Oiofi  unb  Srätcr  mu§  ba  fet)n, 
(Sin  a[Bur|bud)*  unb  ein  (Sffigfa|, 
ÜJJörfer,  ©tempffel,  aud)  über  hai 
(Sin  ßaugcnfaf,  ßaugenbäfen,  jmo©tü^en, 
3u  gemerönot  ein  meffen  ©prüfen, 
ein  i^ifdibrct  unb  ein  !Ribeifen, 
©d)üffeIforb,  ©tur^e,  ©pifnabel  preifen, 
(Sin  ^afbrett,  ^afmeffer  barju,_ 
©atjfai,  Sratpfann,  ©enfffd)üiiel  jwu, 
(Sin  güütridjter,  ein  2)urd)fd)lag  eng, 
^eimlöffl  unb  ÄocblöffI  bie  meng, 
(Sin  ©pülftanbt,  iPan^erfled  barbep, 
©d)üffel  unb  leüer  man^erlep, 
(Ple^  ficin  unb  gro§  id)  bir  nit  leug, 
©d)n)ebel,  3i'"'^«t  ""^  Scwerjeug, 
(Sin  g-cwerjnngen,  ein  Dfenf rufen, 
$Daü  geroerpöflin  jubin  fd)mufen, 
ein  legel,  23la§balg,  Dfenrobr, 
ein  Dfengabel  mupt  baben  üor 
Ht)n,  ©pän  unb  ^olj  jum  ^ervtx  frifd), 
ein  Öefen,  ©trobnufd)  unb  J^lebermifdi, 
5lud)  muBt  bu  b^iben  im  Sßorrat 
5n  ber  ©pei^fammer  früb  unb  fpat 

ein  Qlufbcbfdbüffel,  ein  3«rkgtener. 
'ölun  mu§t  aud)  baben  in  bem  Äeüer 
SBcin  unb  33ier,  je  mebr  je  beffer, 
ein  ©c^rotleiter  unb  ein  ©ambmcffer. 


776 


3tmmctauÄftattunc». 


Sin  ^a^böxix  niu§  aud)  ia  fepn, 
©in  Stören  unb  ein  Äunnetlein, 
Sin  ©tenbtlcin  unb  «uc^  ctU(i  Äanbcl, 
SBcinfd^Iaud^  unb  wai  gebort  ju  bem 

§anbel. 
Sßilt  nun  in  bic  €^Iaftammer  ge^n, 
(Sin  «Spannbett  mu§  batinnen  fiebn 
ÜJJit  ©tro^fad  unb  ein  J^f^^ibett, 
qSolj^er,  Äü§  unb  ein  5Dcdbett, 
SDecf,  (Prun^fcfccrb,  ^arngla§unb33ctttu(f) 

Unb  a\x6)  ein  Iruben  ober  jttju, 
S)arein  man  mol  befcfelie^en  tbu 
®elt.  ®ilberge[d)irr  unb  ^oicaln, 
Äleinat,  ©c&croern,  ^Porten  unb  <Bä)aln. 

Sluc^  mu^t  bu  !^aben  ein  ®ett)anb{)alter. 

3tucb    tt)ic   man  ju  bem    Owanb  mu§ 

brauchen 
Sin  Omanbbürfien  unb  ein  ®rt>anbbe[en. 

5lu($  mu^t  fünft  haben  in  gemein 
ißit  |)au0ratt  in  bem  ^aufe  bein, 
Somit  man  täglid)  flücf  unb  beffer 
Sin  Segen,  SReben«  unb  ®d)eitmeffer, 
Jammer,  Sfiegel,  SIRaifil  unb  g^^ns^"' 
|)obeI,  ^anbbeif)!,  ein  Öaiter  bangen, 
©cbaufel,  ^amen,  Qljt  nu^t  man  gern. 
Sin  SRecben,  ©c^Iegel  unb  ßatern. 
Slucft  SöerEjeug  mand)erlei  25orratb 
ßum  ^anbel  felb  in  bein  Sßcrfjlatt. 

?lud(  mu^t  bu  für  bein  Tlaih  unb  J^rawcn 
yiad)   einem  ©pinnräblein  umbfct)awen, 
iRocfen,  6pinbel  unb  ^efpa  gut, 
€d)er,  D^Jabel  Sin  unb  Fingerhut, 
Sin   fd)marjen   unb   ein  meipen  Stt'irn, 
aRarfforb,  Sragforb,  gifcfefacf,  fern  ibrn, 
5lucfc  mu§  fie  t)abtn  ju  bem  Sßafcben 
Saugen,  ©eiffen,  ^ol^  unb  3lfd)en, 
SDtuIter,  2Bafd)böcf  unb  3überlein, 
(Selten  unb  (gcbeffel,  gro§  unb  flein, 
©Töpfer,   SZÖafcbtifcf) ,  Jßafdjpleul   unb 

Stangen, 
SDatan  man  bie  Jßefd)  auf  t^ut  banftcn. 

SBenn  man  bann  \ni  33ab  miß  gan, 
Sin  Ärug  mit  Saugen  mu^  man  ban, 
Sßabmantel,  Sabbut  unb  ^aubtucb, 
SBecf,  Q3urften,  Äamp,  Sdbroammen  unb 

prud). 
®cbt  bann  bic  gram  mit  einem  fiinbel, 
€o  tradit  umb  pierunb^meinjig  SBinbel, 
Sin  gürbang  unb  ein  5RumpeIfef, 
SBed,  Ääg  unb  Dbft  ju  bem  ®cfrä§, 
Sin  Äinblbctt,  bem  Äinbt  ein  Sßicgen, 


S[Ru§t  \)abtn  SWil*.   mal  unb  mnhi» 

Pfannen, 
Sin  Äinbömaibt  unb  ein  Sübeicin. 

^annji  bu  foldbcä  atle^  nit  erfcfemingen, 
ÜRuft  in  ücrfe^ten  Ibon  bu  fingen. 

®o  iiai  id)  bir  gelt  au^gefunbctt 
S)c«  jFiauöratbsfiüd  bie  in  brepbunbert, 
SBiemol  nocb  üiel  gebort  ^u  ben  ^Dingen, 
Jrauft  bu  bir  ben  jumegen  bringen 
Unb  barj^u  ÜBeib  unb  Äinb  ernäbten, 
®o  magfi  bu  greiffen  mol  i^u  ebten, 
2)arumb  beben!  bid)  mol,  eö  liegt  an  bir." 


2)ie  ÜRöbel  nabmen  an  Umfang  i^u, 
9llä€i^e blieben  bie  ßebnfeffel,®  tu ble, 
®d)emel,  Sänfe  unb  fopbaartigc 
©eftelle  in  ©ebraud).  3)ie  SRüdlebnen 
ber  @effel  mürben  l)\t  unb  ba  etmaei  rücfs 
märtfi,  bic  51rmlebnen  etmaö  einmdrtg 
geneigt.  Dodb  blieben  im  2>urd)fd)nitt 
bie  gerabe  Sinic  unb  ber  red)te  SBinfet 
berrfdienb.  3)ie  Älappfiüblc  famen 
bebeutenb  in  5lbgang ,  mie  aud)  bie  fcfi? 
llcbenbcn  boben  ®efiüble,  allcö  mu^tc 
möglidjft  lei*t  bemegli*  fein,  ©tatt  ber 
aufgelegten  Äiffen  brachte  man  je^t  feft» 
genagelte  *)3olficr  an.  2)ie  ßebnen  marcn 
entmeber  aud)  gepolfiert  ober  auö  ©tab* 
merE  mit  reidber  iBerj^ierung  aufgebaut,  in 
ber  gmeiten  ^älfte  be«  5abrbunf>ert3  mie 
tit  ©i^c  felbcr  oft  ein  fünftlid)e^  aber 
berbeä  SHobrgeflccbt.  ÜJJctaaene 
©tüblc  mürben  feiten.  SDie  glcid)e  SBanb* 
lung  mad)ten  audb  bie  »erfcbicbenen  5trten 
ber  Sänfe  burcb,  bie  fie,  bie  ©anffäfien 
suerft,  gegen  Snbc  bee  3abrbunbcrtd  auä 
ben  2Bobnjimmern  »on  ©til  ganj  »er« 
fd)roanben  unb  bödiftene  noc^  etwa  in  hm 
iöorjimmern  unb  lanäfälen  gebulbet  marcn. 
2)ie  üßanblungen  ber  3;  i  f  ^  e  bicfer  3«it 
ftnb  nid)t  bebeutenb  unb  befd)ränfen  fi(^ 
bauptfddilid)  auf  bic  SBer^ierungen  bc^ 
gu§gefte[lee.  9leu  traten  grofe  balbrunbe, 
brcifüBige  Iif(^c  bwiiii/  bie  beliebig  ali 
3iertifcbc  an  bie  2Banb  gejlctlt  ober  je 
ju  !,meien  aucb  ale  ©pcifetifcb  benufet 
merben  fonnten.  ©ie  reid)lid))le  "S^mä)' 
bilbung  erfubren  bie©'d)reibtifd)c, 
burd)  bic  Srfinbung  ber  Sucbbrudcrfunfl 
Pcranla^t.  3)ocb  bereitete  man  audb  e^t 
fd)on  befonberc  S  ü  cfe  e  r  g  e  ft  e  1 1  c ,  bie 
mie  bic  Suff  et  e  unb  ©d)autifc^c 
ficb  äu  föpii(^cn  ©c^auftüden  betau^bils 
beten.  2)ic  J  r  u  b  e  n  unb  ©  4  r  ä  n  f  e 
fommcm  audb  i«^t  ^°^  nebencinanber  »or. 


3tu. 


777 


i>oä)  werben  bie  leiteten  f)äupger  unb 
bienen  crflerc  faji  ain^fd)lie^lic^  nur  nocf) 
jum  aJerforaen  Der  ßetbiüäfcijc  u.  bgl., 
überhaupt  üerfc^en  fxc  bcn  2>ienfi  unfctcr 
Äommoben,  roabrenb  Äleiber  unb  (ö(^mucf= 
fachen  an  bie  ®ct)ränfe  übergefjen.  2)ie 
^Toilette"  bagegen  bilbetc  nur  in  5luös 
nal)m0fällea  ein  jietli(^er  Äoffer ;  in  ber 
0tegel  mar  fic  ein  einfacftea  lucft  ober  ein 
au«  bemfclben  bereitete«  ©lieferen,  ba« 
alle«  tai  in  fic^  barg,  maö  $ur  'JJaii^tjeit 
unb  beim  iWorgenanpu^  erforberlid)  roar. 
2)ie  ^ulartung  blieb  and)  bieamal 
ni^t  au«.  23on  ben  brei§iger  3al)ren  be^ 
17.  3  a  l;  r  l;  un  b  e  r  t^  an  feattc  bie 
SBiafübr,  ber  „'Sarocffipl"  über  bie 
SHenaiffance  ben  Sieg  bauongetragen. 
Qlu(^  er  ging  non  3tiilifn  iu<*  »nb  na^m 
feinen  2Beg  über  ^^ranfreid)  ju  un«.  %xt\' 
ixd)  Dermod)te  er  auf  bcutfc^er  (Srbe  weniger 
ieict)t  '^ug  ju  faffen,  auf  ber  übert)aupt 
ber  furchtbare  söruberfrieg  alle«  fünfilerifcfce 
ßebcnfüreinige3eit  barnteberl)ielt.  sbeutfi^^ 
lanb  oerfiel  in  biefer  ^jinftc^t  me^ir  aiü 
in  jeber  anbern  fflaoif^  bem  'ilrme  granf» 
reic^«.  S)ie  3;  a  f  e  l  g  e  r  ä  t  e ,  Xrinf« 
unb  ®  i  c  §  g  e  f  ü  I  e  erlitten  freilig  neben 
einer  23ert>üUfiänbigung  einerfeit«  in  gc* 
wifftr  i8ejiel)ung  eine  Serminberung.  2)ie 
Srunnen  unbS)reifüBe  gingen  in  ben 
jwanjiger,  bie  ©d^iffe  unb  jd^iff«för« 
m  i  g  e  n  S  e  cf  e  n  in  bcn  brei^iger  3ii^ien 
ab.  'JlucI)  al«  I  r  i  n  t  g  e  f  ci  B  e  bleiben 
in  ber  ^auptfai^e  nur  noc^  befleißen  bie 
pumpen,  Äel^e,  ©e^er  unb 
>&  ^  a  l  e  n.  2)ie  3i'Ti'"^i^'"  öbcl 
verlieren  wieber  an  Umfang,  ba  e«  immer 
me^r  beliebte,  fte  nict)t  für  einen  bePimmien 
«Stanbort  feft,  fonbern  möglicf)ji  letdjt  be^ 
wegbar  berjufteüen.  ?ll«  SSerjierungcn 
baucrn  bie  Scbni^ereien  fort,  boc^  be* 
liebtcr  ftnb  bic  Einlagen  unb  aufgefegten 
aSerjierungen  üon  farbigem  (Seftein,  (Slaö, 
©c^ilbpab  unt>  befonber«  »on  SDtetaE, 
6ilber  ober  cergolbeter  iöronje.  gür  bie 
<5Di^e  erhielt  fid)  biö  ftarf  auf  bie  iüiitte 
be«  3al)rt)unbert«  bie  gcrabe  Cinic  unb 
ber  rechte  liBinfel  no(^  fa|i  burd)Weg,  wo* 
tauf  fic  aber  burc^  bie  gefd)Wungenc  oer* 
brängt  würbe,  bie  anfängltd)  auf  bie 
2lrmle^ne,  bann  auf  bie  iRü(flel)ne  unb  in 
ben  frebjiger  Jahren  auf  bie  JüBe  über» 
tragen  würbe,  worauf  fie  auc^  für  bie 
©i^platte  bur^jweg  geforbert  würbe,  3?ic 
^olficrungen  nat)mcn  an  Umfang  noch 
immer  ju.  Sic  bebnten  ficf)  nic^t  nur  übet 
ben  ©i0,  fonbern  balb  aui^  über, bie  Stücf« 
unb    5lrmle^nen    au«,     ^üxa    Überjie^en 


ber  <poIfler  öerwenbete  man  fiatt  be*  biä« 
feer  üblicben  ßeber«  unb  ©ammet«  mit 
iüorliebe  beilicfte  ©eibenfloffe.  3)ie  Sifc^e 
machten  bie  gleict)e  Öanblung  burdö. 
^u^  fte  erbieltcn  namentlid)  gezierte  unb 
gefd)wungene  5^üfte.  Die  eigentlichen  (S  e » 
brau(^«fci)rdnfe  bebielten  ihre  (5orm 
länger,  wätjrenb  bic  Äunflfcf)ränte  eine 
tleinfünftlerifd)e  *}Jrad)tard)iteftur  oon  oft 
wunberlid^et  S)urct)bilbung  etfut)ren.  3n 
ber  jweiten  ^alfte  be«  3^it)tt)unbert«  er» 
f(^eint  bann  aud)  ein  fc^rantartiger  ©e« 
l)älter  mit  ein  ober  jwei  ©djiebfaflen 
Don  burd)gel)cnbcr  Sänge  al«  Sorläufet 
ber  Äommobe,  bie  bie  Srube  ju  uerbräns 
gen  bellimmt  war  unb  gegen  (5nbe  ini 
jabr^unbert«  tarn  ein  Toiletten  =0  e* 
rate  auf,  bcjiebenb  in  einem  tifc^artigen 
©djranC  mit  fd)malcm  'Jluöjiebfafictien 
unb  baraufrubenbem  ©piegel. 

)£>(\^  18.  3i^btbunbert  enblid)  brad)te 
wieber  feine  befonbcrn*Bert)ältniffc.  iRament» 
lieh  feit  bem  jauberbaften  'ilufblüben  bei 
neuen  rufrifd)en  ^auptflabt  würben  aui^ 
in  beutfcli)en  ©tobten  bie  SJteubauten  ju 
*13alä|len,  bamit  aber  aud)  ^u  fafcrnen» 
artigen  3l}iiet«bäufern,  bie  bem  ^^^"li^ifn* 
leben  nac^  altem  ©raud)e,  überhaupt  bem 
„beutfc^en  ^aufe"  ben  Sobcsilop  gaben. 
SJiatürlid^  wirften  nocf)  üielc  anbere  Um» 
\tani>t  mit.  ÜÖa«  fpejicU  bie  *Jlu?ftattung 
ber  3it"ii£t  anbelangt,  fo  jcigte  fich  balb, 
ta^  mel)r  unb  mehr  tai  .^anDwerf  non 
ber  Äunji  fid)  trennte  unb  babuvd)  in 
!DU^frebit  fam.  ©ic  *Wafd)inen  halfen 
treulich,  ben  2Bert  einer  "itrbeit  mehr  nac^ 
ber  Quantität  ju  bemeffen,  al«  nad)_  ber 
Qualität  unb  bie  balb  aüfeitig  erötrncte 
Äonfurrenj  brad)tc  enblicf)  bic  31*!^^"^^ 
unferet  3^**. 

iJJacf)  aScinbolb,  bic  beutf^en  (Jtaucn 
unb  2Bei§,  Äo|lümfunbe. 

3iU,  got.  Tias,  angelfäd)f.  Tin,  aht.  Ziu 
unb  Zio,  altnorb.  Tyr,  war  ber  (Sott  bc* 
lid)ten  .'pimmcl«gewölbe«,  ber  'Bater  ^immel ; 
er  entfprid)t  bem  Öaut  unb  *-öcgritt  nad) 
bem  griei^ifchcn  ßmi  unb  bem  römifdjcn 
3upitcr.  'Mä)  ibm  ifi  ber  britte  iBod)en* 
tag,  abb.  Ziwestac,  2)ienHag,  ober« 
beutf^  3ieftig  genannt,  ©onft  wei^  man 
wenig  uon  ihm.  Sr  gilt  al«  ber  (Sott, 
bcn  lacitu«  (Sermania  39  al«  tin  Jiatio« 
naU(Sott  ber  ©emnoncn  nennt,  welche 
fic^  für  bie  älte|len  unb  ebelfien  ber  äueucn 
au«geben.  .,3n  einer  bellimmten  ^iit 
be«  3i'bte«  fehlten  alle  ftammoerwanbten 
Sölferfd^aften  ihre  3Scrtreter  her  m  einen 
burd)    bie  SBeibe  ber  sBorfaljrcn   unb   bai 


778 


Soff- 


mit  ß^rfuicbt  crfüüenbe  SBcfcn  ber  23 or« 
jeit  gcf)eiligten  ffialb,  unb  mit  einem  für 
ben  Staat  gebrauchten  SWenfc^en Opfer  be« 
ginnt  bie  fd)aurtgc  ^mx  nad^  barbarifcfcer 
©itte.  Tlod)  in  anberer  SBeife  seigt  f^cf) 
bie  rcligiöfe  (Sbrfurd&t,  mit  ber  bicfer  ^ain 
Berc^rt  »irb:  9Jiemanb  betritt  if)n  anbevä 
al^  ger'effelt,  um  feine  Unterwürfigfeit 
unter  bie  (Semalt  ber  ©ottbeit  ^u  beEun= 
ben.  gättt  etma  einer  ^u  ©oben,  fo  barf 
et  mcber  aufile&n  nod)  fid)  aufrichten 
laffcn;  auf  bem  3?oben  muß  er  ficfe  fiin= 
ausmären.  %üi  biefe  religiöfen  ®ebräud)t 
h)cifen  bal)in,  hai  f)ier  bie  SßJiege  beä 
SBolfe«  fei,  ba§  ^ier  ber  aües  be^errfcfeenbe 
©Ott  mobnc,  bem  aUeä  anbere  unterti)änig 
unb  bicnf!bar  fei."  9?oc^  in  ®Ioffen  bee 
9.  unb  10.  3ö&'^6unbertö  merben  bie 
©d)maben  Ziawari,  iDiänner  be^  3i"  9«' 
nannt;  Qtugäburg  i)ie§  nac^  bem  Äulte  bes 
©ottes  Ziesbnrc,  SBurg  bc^  3^"-  2)a  ber 
^immel  bie  ©traMen  beä  ßicfcteä  mie  beä 
Sli|e0  auefenbet,  bie  man  mt)tf)if(^  mit 
@cf)mert  unb  '^feit  üerglict),  fo  mürbe  3iu 
ju  einem  @c^mert=  unb  Äriegsgotte,  bai)er 
et  auci)  in  feinem  Sßoc^enlage  ben  Mars 
»erlritt.  QU«  Jtriegegott  fui)rte  er  ben 
Seinome  Arhvns ,  angelfacfcf.  Earh,  Ear, 
ai)t).  Erch,  Ir,  b.  i.  8trabl,  $feil,  got. 
hairu  :=  Sdimert ;  baber  ber  2)ienftag  in 
SSapern  aud)  (Srfiag,  ^xtaq  f)ei^t.  33on 
i^m  ^atte  bie  Stabt  Sresburg  an  ber 
SDiemel,  jc^t  Stabibergen,  ben  IRiimcn.  gür 
einen  befonberen  ??amen  beö  3iu  ^«It  man 
ben  fdc^ftfdjen  Flamen  Sahsnöt,  b.  i.  bec 
beö  ®d)merte0  genie§enbe,  »altenbe,  ber 
nur  auä  ber  fäd)ftfcf)en  'Jlbf^iworungsfor^ 
mel  beEonnt  ift.  2)ianni}arbt,  ©ötter* 
»elt,   ©.  262  ff. 

3on,  al)h.  unb  mf)b.  ber  zol,  entlelint 
auä  bem  gleiä)bebeutenben  griec^if^^mitteU 
lateinifcben  telonium  mie  ÜJJ  a  u  t ,  m^b. 
mute,  abb.  unb  mittcllat.  muta,  got.  mota, 
ju  tat.  mutare  =  üerönbern,  mec^feln,  ift 
eine  ben  I)eutfcften  urfprünglid)  frembe, 
auä  bem  römif(f)en  ^iid)  in  ta^  mero* 
»ingifd)=ftän£ifc^e  tjerübergcnommene  5tb= 
gäbe,  bie  urfprünglid)  feinen  anbern  ^wti 
^at,  alä  (Selb  aufjubringen.  2)ie  Qöüe 
finb  urfprünglicli  mebcr  ^iuafufjr-  nodi 
einful)r=3öüe,  fonbern  Jranfitjötle,  info; 
fern  fte  überaß  gezahlt  werben,  mo  eine 
2Bare  eine  beftimmte  3otIftätte  pafftert; 
biefe  le^tcrn  aber  ftnb  überall  angelegt, 
wo  ein  lebl)aftcrcr  23erfe^r  ftattfinbet,""  ni^t 
blo§  an  ben  ^äfen  ober  an  ben  (Srenjen, 
fonbern  aud)  an  allen  bebeutenben  ©tobten. 
Scfiimmte  Scßlinien  gab  e«  nid)t,  fo  wenig 


alä  c«  einen  3otl  für  ben  Ott  gab,  wo^in 
bie  SBare  benimmt  war;  pielmefir  mu^te 
biefe  einfad)  fo  oft  fte  einer  3ollftätte  be« 
gegnete,  bie  feftgefe^te  ^Ibgabe  jat)len. 
2)iefe  fdieint  ungefä&r  nad)  bem  SBert  unb 
bann  nad^  g«njen  SBagen«  ober  «Sc^ips 
ßabungen  bered)net  ju  fein.  S5ie  3'>blung 
gefd)ab  regelmäßig  nid)t  in  (Selb,  fonbern 
in  ben  ÜBareii  felbft.  SRegelmäfig  war 
mit  jebem  iWarft  eine  3oÜet^ebung  »er* 
bunbcn ,  wcld)e  erlaffen  würbe  um  einen 
neuen  5)?arft  ju  begünftigen  ober  bem« 
jenigen  ^ufiel,  bem  ber  ÜJJarft  geborte; 
beftimmten  I^Serfonen  ober  geißlid)en 
Stiftern  würbe  unter  Umfiänben  3oflfrei* 
^eit  für  alle  ober  einjetne  ©egenfiönbe 
uerliebcn.  5lbgaben  ö^nlicfeer  llrt  würben 
für  bie  (Srlaubniä  erl)oben,  gewiffe  ©trafen 
JU  ßanbe  ober  ^u  SBaffer  ju  paffteren, 
@tra§engelber,  Srücfengelber,  2l)orgeIbcr, 
5J?arftgelber ,  ßafttiergelber,  SBagcngelbct 
nad)  ben  iRäbcrn  ober  ber  S)eic^fel  be« 
rei^net  u.  a. 

S'iefe  3uf^änbe  blieben  im  ©anjcn  unb 
®ro§enwat)rcnbbeeü)httelalteräf)errfc^enb: 
eine  Qlbgabe  auf  ben  ÜJ^arften  unb  übcr^ 
^aupt  bei  allem  ^anbel,  ein  Sc^ipgetb 
in  ben  ^äfen  unb  an  ben  ^^lüffeu ,  unb 
eine  3<i^I""9  >  ^'^  §auptfäd)li(i^  an  ben 
©rüden  unb"  anbern  Übergängen,  bann 
aber  aud)  in  ©täbten  forfam.  Unter 
mand)erlei  33orwanb  würben  bie  Seiftungen 
namentli^  ber  le^tern  5lrt  nic^t  blo|  im 
SJiamen  beä  Staatä,  fonbern  auÄ,  l)äuftg 
mi§bräud)licb,  pon  ben  'Jlnwo^nern  bet 
Strafen  unb  %lü^t  unb  ben  (Erbauern 
ber  93rüden  erl)oben.  Oft  würbe  übet 
alle  biefe  "Jlbgaben  ju  ©unften  anberer 
Derfügt,  fei  eä  ta^  ber  Äönig  3oUfrcil)eiten 
erteilte,  balb  allgemein,  balb  für  bejlimmte 
iRoutcn  ober  ©ebiete,  für  eine  beftimmte 
^Inja^l  üon  iffiaren  unb  eine  beftimmte 
■Jtniabl  Don  Sd)iffcn,  fei  eä  ta^  bie  Sr« 
trdgniffe  felbft  ober  gewiffe  Duoten  an 
anbere,  namentlid)  an  geiftlid)e  Stifter  Der* 
lief)en  würben,  welche  Dann  regelmä§ig 
felbft  bie  (Srbebung  unb  ibre  eignen  Sötlnet 
battcn.  So  famen  3öüe  unb  ä^nlic^e  Qlb* 
gaben  in  bie  ^änbe  oon  ^rioaten,  ma^ 
wieberum  allerlei  2)ii|bräu(be  jur  ^Jolgc 
t)atte.  tiefte  ©runbfä^e  über  bie  ^öl)e 
ber  Qibgaben  gab  eä  ni^t. 

aUe^t  unb  mebr  war  ber3onau«  ben 
|)änben  bee  iRcid)cö  in  ben  Seft^  ber 
ßanbeäberrn  unb  ©emeinben  überge* 
gangen  unb  baburc^  bie  ebemalä  fo  ergiebige 
(äinnabmequetlebeeSReic^eäoerfiegt-,  au(^bie 
Dbetauffid)t  über  t^ai  SoDtücfen  war  feit 


3unft=  unb  ®ilbert>efcn. 


779 


grtebric^  II.  unb  feinen  S'ladjfolgcrn  an 
baö  Äurfürfienfoüegium  gefommen,  tt)eld)eä 
fxti)  jene  regelmäßig  in  ben  9!Bal)lfapitn= 
lationen  oom  ^a\\a  befräftigen  lic§.  I)a« 
SBejirebcn,  ben  lanbe^t)crrlid[)en  3otl^(^ri!3 
gegen  ben  2Bibcrfpru^  ber  Untert^anen 
unb  bie  3oü«in"'i{)nif"  tuxi)  33eftiebung 
ber  Sanbjirafen  ju  ftrf)crn,  machte  feit  bem 
14.  3nl)tbunbert  iaii  3oß*^fK"  5""i  ®egen= 
fianb  öffentlicher  5Bertrage  ober  3"^'  = 
einig un gen  jnsifcften  ben  öonbcebcrrn, 
bie  neben  ben  Sanbfrieben  fiergingen  ober 
in  benfclbcn  eingcfd)Iüffen  n?aren.  Seim 
ftäbtifrf)en  3o'I>^''ff«"  iP  ärt)ifd)cn 
Tlaitt'  unb  S)uvcf)ful)räöncn  ju  untere 
fc^eiben;  jene  tarnen  früt)er  alä  biefe  in 
ben  9Befi^  ber  Stäbte  unb  waren  untrenn= 
bar  mit  bem  30larftrect)te  nerbunben  (fgl.  ben 
2lrt.  @täbte);  fo  jmar,  ta^  beibeö  urfprüngs 
liäf  bem  ^errn  beö  S[fJarfteö  gef)örte,  non 
bem  bie  (^emeinbe  eä  erfi  gemäf  ibrer 
örtlid)  bcbingten  53erbältniffe  burd)  23er= 
pfänbung,  Äauf  ober  Selei^ung  an  fxä) 
bra(fete,  worauf  eö  erfl  ju  einem  unab; 
gängig  nermattcten  fidbtifd)en  3ollttiefcn 
umgefialtet  merben  fonnte;  biefeä  gcfd)ab 
feit  bem  (Snbc  beö  12.  Ja^rtjunbert«*. 
33erleit)ungen  oon  2öeg=  unb  Sörüdengclbcrn 
an  ©tdbte  unb  (äemeinben  werben  eben= 
faOö  t)"ufig,  unb  feit  bem  14.  3abrf)unbert 
begannen  3onerwerbungcn  burc^  einjclne 
Sürger.  3n  jeber  Stabt  geftaltete  ftd) 
übrigen^  baei  3oÜre(^t  anber^,  ftanb 
aber  ben  Ianbeöf)^rrlicben  3oütecbten  g(eid)= 
»ertig  jur  ©eite.  iBon  befonberer  SBic^tig^ 
feit  für  bie  ©tcibtc  ftnb  bie  3oltbcfjei  = 
ungen,  bie  ficb  jene  mit  *p[an  unb  Über= 
legung  an  aüen  benfcnigen  3oÜftdtten  ju 
erwerben  fud)ten,  wel(^e  auf  ben  für  bie 
©tabt  wid)tigen  ^anbclälinien  lagen. 
S)arin  liegen  bie  'Jlnfänge  einer  fiäbtifd)en 
^anbelöpolitif,  bie  ftd)  namentUd)  feit  bem 
6nbc  beä  12.  3abvt)unbettö  in  (J*egenfeitigö= 
»ertragen  manifejliertc.  2)ieicuigen  jwifd)en 
Hamburg  unb  ßübed  bilben  ben  'Üu^gang«; 
puntt  für  bie  ^anbet«potitif  ber  ^anfa. 
%\xä)  bie  Öanbeet)ei^in  richteten  feit  bem 
13,  3at)rf)unbert  äbnüc^e  ißertriige  mit  tax 
©tobten  auf;  fRürnberg  j.  S.  erwarb  fid) 
auf  foldje  SJBeifc  3'-''Qfrfit)eit  in  mct)r  alö 
10  ©täbtcn.  ©amit  aber  benno(^  hai  alte 
3o[Irc(^t  gewahrt  bleibe,  würbe  bie  3oU= 
freit)eit  immer  nur  aU  eine  freiwillig  gc= 
gebenc  23ergün|!igung  aufgefaßt,  um  weld)e 
formell  ber  Segünftigte  icibrticb  Pon  Dleuem 
nadbfud)cn  mu^te;  eä  gefdjal)  baö  burd) 
gefeftli^  bejlimmte  fr)mbolifd)c  ©efcbcnfe, 
bie  fxd)  feit  bem  15.  3J^tb"nt'f'-'t  S"  bunten 


5örmlid)teitcn,  in  granffurt  a.  2».  j.  ©. 
jum  *)3feiffergerid)t  auögefialtetcn.  t>xt 
®efdienfe  beftanben  auö  bem  3c<4c'i  ber 
urfprünglid)  fönigUd)cn  Öanbcöobrigfeit, 
ben  .f)aubfd)uben,  entwcber  einem 'iJaar 
ober  nur  bem  red)ten,  unb  jwar  o{)ne 
2)aumen.  ÜDaran  fd)Io§  fidi  baä  wei§e 
©täbicin,  bn«  ©pmbol  ber  anerfannten 
®erid)t^barfeit  ber  3oü=  unb  Bhuftberrn; 
alä  ©ijmbol  für  bie  uifprüni^Ud)  in  Sßaren 
bciabltcn  'Kbgaben  galt  ber  *t!feffer,  t>M 
ßiebling^gcwür,i  beö  Wittetaltere.  (£in 
anbereö  fi^mboUu^eä  Überblcibfel  beö 
9?aturaI,jolle^  war  ber  ^ut,  woju  an 
münd)cn  _3oüfiiitten  nocb  ^utfdinürc 
famen;  Überbleibfel  beö  alten  Jhiturats 
joUc^  »on  ^oljWaren  war  ber  wei§e 
böljerne  S8ed)er,  ber  nielleicbt  auc^  für 
ben  Söeinj^oü  luufam;  ber  2Baffenl)anbet 
bewahrte  fein  5lnbenfen  in  ber  Übergabe 
eineö  ©d) wertet  ober  iJcgenö,  ©ürtlcr* 
ober  ©attlevwaren  würben  burd)  einen 
leb  er  neu  ®ürtel,  ber  ©ifenbanbel  burd) 
ein  eifcrncö  ®efä§  ober  ein  *Pa(f 
ajdbnabeln  repräfentiert. 

2>er jenige  (Beamte,  bem  bie  "Jlufftdbt 
über  ben  ^oü  oblag,  i}k^  ber  3öltner, 
neben  Weld)em  feit  bem  13.  3abrbunbert 
ein  301^06  reib  er  erfd)eint;  mit  bem 
kirnte  be^  3'^^^"^'^^  ^'^'^''^  immer  eine  ftraf* 
red)tlid)e  ®cwalt  gegen  bie  Übertreter  ber 
3otlgefe^c  oerbunben.  3.  ^alfe,  ®e- 
fd)icbte  be^  beutfcbcn  ^oüwcfenä ,  ßeipjig 
1869;  2öai^,  !öerfaffungö=®cfd)idite. 

3nuft=  unb  ©tlbctucfen»  S)ie  (Sntwicfr: 
lung  be8  genoffenfd)aftlii^en  Iriebe^  be^ 
wcgte  fid)  urfprünglicb  in  ben  natürlich 
erwad)fcnen  ©emeinfcbaften  bee  ®efd)led)tiS, 
ber  iRad)barf($aft,  ber  Maxi,  bcö  ^aufed 
unb  beö  Solfeö ;  über  ibnen  trbobcn  fid) 
mit  ber  ?lufI5fung  namentlich  be^  ®c» 
fcbled)tiierbanbeö  bie  |)errfd)aft'^«  unb 
2)icnjloerbänbc.  35ie  le^te  ©tufe  ber  ®c= 
noffenfcbaften  bilben  enblid)  bie  freien  ober 
gewiHEürten  ©enoffenfcbaften,  welt^e  blop 
ber  gegenfeitige  Sibfi^wur,  bie  feierlid)e 
SBincnöerflärung  in^  $Dafein  rief.  3bt 
ältefter  UJame  ifl  ®ilbe,  unb  bie  3eit  ibret 
(Sntftebung  biejenigeber  beginnenbcn  *)luf< 
löfung  ber  alten  genoffenfd)aftlid)en,  be^ 
fonberö  ber  gefd)led)tögenoffcnfcbaftlid3en 
ü>erbäube;  bie  er)lc  ]xd)txt  i)iai^rid)t  folc^er 
auf  germanifd)er  ®runblage  bcrubenben 
6inungen  pnbet  man  in  einem  Äapitular 
00m  ^ahxt  779.  ©ie  erftrecfte  {xd)  auf 
aüe  ©eiten  beö  Seben^,  auf  ben  ganjcn 
S)?enfd)en,  batte  alfo  jugleid)  religiöfe,  ge« 


780 


3unft«  unb  ®ilbeh)cfcn. 


feniflc,  ftttlid)e,  ptioatrec^tlid^e  unb  potü 
tifc^c  S^^h;  Seilnabmc  an  einer  (Silbe 
fc^Io§  t>on  jcber  anbern  berattigen  ®e» 
noffcnfi^aft  auö,  unb  wenn  aud)  t)äuftg 
ein  beftimmteö  Sebürfni«  51nla§  jut  2)cr= 
einöbilbung  gab  unb  beragemö§  bct  ißerein 
üotjugöwcife  nad^  einer  befiimmten  Seite 
fortgebilbet  würbe,  fo  waren  bie  ©enoffen 
boc^  aud^  immer  jugleicE)  für  ade  anbern 
Tncnfd)Ii(f)cn  ©emeinfcfcaftejwetfc  oercint. 
%U  religio fe  ®enof[enf.cbaft,  aU  eine 
@emeinf(i)aft  be^  Äultu«,  wie  bieä  tt)al)r* 
fd)einli(J)  auc^  bie  2Bort6ebeutung  ifirc^ 
IRamcnä  anjeigt,  ^attc  bie  ®tlbe  einen 
^eiligen  aU  <Sd)U|patron ,  ber  i^r  nieiji 
ben  9^amen  gab,  unb  einen  befonbern  3(t« 
tar;  ©tiftung'»on2Bo^Ut)ätigfeit0inftituten, 
ewigen  ÜJJeffen  u.  bgl.  waren  33ereinö' 
jweä,  cbcnfo  Sorge  für  iiai  Q3egräbniä 
unb  ta^  ©eeten^eil  perfiorbener  ©enoffen. 
9icgelmä§ige  3ufammenfünfte,  teilö  in  ®rs 
innerung  i^eibnifc^er  Opfer*  unb  Soten« 
maftle,  teilö  al*  i^riftlid^c  ßiebeömat)le, 
Wahrten  einen  religiöfen  (5,()arafter  unb 
lagen  jugleii^  bcm  gefeilt  gen  Sljarafter 
ber  ®ilben  lu  ©runbe,  bie  man  ba^cr  auci) 
convivia  nannte.  5lber  auc^  fonft  Ijatte 
bie  ®ilbe,  bie  man  aud)  2ßrüberfcf)aft, 
confraternitas  \)k^,  für  ben  erfranften, 
verarmten  ober  notleibcnbcn  ©ruber  ju 
forgen,  woju  regelmäßige  Seiträge  ber 
SDtitglieber  in  ^nfprucfe  genommen  würben. 
3m  öffentlid^en  JRec^t  traten  fic  aU  Äör* 
perfd)aften  jur  Qlbwe^r  beä  Unrec^tä  auf 
unb  nahmen  aU  folc^c  ben  (5.l;arafter  üon 
Sc^u^gilben  an,  welche  burc^  gemein* 
fame  ©elbp^ilfc  ben  com  Staate  nic^t 
me^r  gewät)rten  9f{ed)töf(^u^  ju  erreidien 
fuct)ten;  fte  foEten  ba^  (Eigentum,  bie  *Per- 
fon,  i)ai  ?eben  unb  bie  Jrcibeit  jebeö  ®e* 
noffen  f^ü^en,  ihm  burcf)  36ugni«(  unb 
©ibeö^ilfe  oor  ®cri^t  beiftetjen.  Jbre 
Drganifation  ging  i^on  ber  öcrfamm- 
lung  aüer  iBotlgenoffen  auö,  bie  tcil^  ju 
tcgctmä§igen  3^*ten,  teilö  auf  befonbere 
Berufung  fiattfanb.  (Ja  befianb  ein  be* 
fonberer  ®ilbcf riebe  unb  ein  @ilbe  = 
red^t.  ®in  eiblic^eö  ®elöbniö  ober 
eine  anberweitige  (Jrüärung  banb  bie  ®c* 
noffen  i^ufammen. 

Sßä^renb  nun  aber  in  ©ngtanb  tai 
®ilbewefen  üon  feiner  (Sntficbung  an  in 
einen  organifd)en  3ufammcnl)ang  mit  bem 
Staate  gebra(^t  würbe,  traten  im  fränfi* 
fcben  unb  anfangt  aud)  im  beutfi^cn  äReid) 
Staat  unb  Äird)e  ber  freien  (äinung  auf 
tai  ©ntfc^ieöenpe  entgegen  unb  fowo^l 
föni9lid)e  Söerorbnungen  alö  firc^li^e  ®e= 


fc^c  unb  Äonjilienbefd^lüffe  fucf)ten  fic  jU 
Unterbrüden,  aber  o^ne  (Srfolg. 

grub  trat  eine  Spaltung  be^  ®ilbc* 
wefcnö  in  gewiffe  ^auptjwcige  ein ,  juerfi 
eine  Sdbeibung  ber  g  ei  filieren  unb 
weltlichen  Örüberfclaften,  ot)ne  i>a^ 
biefe  beiben  3*'^f<*f  immer  gefcfcieben 
gewefen  waren.  2)ie  gcifilid)en  Sru« 
berfd^aften  oerbreiteten  ftc^  im  fpätern 
üJiittelaltcr  fo,  ta^  in  einer  großem  Stabt 
oft  biö  ju  f)unbert  corbanben  waren,  boc^ 
ftnb  fte  fc^on  weit  früher  nai^gewiefen. 
5tud)  fie  übten  neben  religiöfen  3"'«cE«n 
fol^e  ber  ©efelligfeit  unb  be^  3^ec^teö, 
batten  ein  ®ilbet)auö,  tai  jugteidi  alä 
23erfammlungäort,  (Jefifal  unb  ärinffiube 
biente.  (Sine  befonbere  Qlrt  berfelben  ftnb 
bie  Äalanbä gilben.  Sgl.  ben  ?lrtitel 
33ruberf(i^aften.  DieweUlid)en  ®il« 
ben,  bei  bcnen  bie  religiöfe  Sebeutung 
me^r  jurüdtrat,  bilbcn  t)or  allem  bie  po« 
litifd^e  Seite  i^rer  ißereinigung,  bie 
g rieben^»  unb  SRec^tögenoffenfd^aft 
au^,  fte  würben  S  c^  u  ^  g  i  l  b  e  n ,  t>on  bcnen 
ftct)  bauptfäc^Ud^  auö  englif(^cn,  bänifcben, 
franjöftfdt)cn  unb  nieberlänbifdben  Stabten 
9tad)ri(^ten  erlialten  b^bcn.  'itu^  in 
3)eutfd)lanb  ^aben  obne  Stt'fU'ci  f<^on  »or 
(Sntfie^ung  ber  Stabtoerfaffung  äf)nlicbe 
®ilben  befianbcn;  aber  nur  »on  ber 
9lic^cräed)e  in  Äöln  t)ermag  man  mit 
93ejiimmt|)eit  ju  fagen ,  ha^  fte  eine  febr 
alte  S^u^gilbc  unter  ben  iÖlitgliebcrn  ber 
altfreien  SWarfgemeinbe  Äöln^  gewefen  ijl 
biefelbc  würbe  fpater  pm  5tuögang^punft 
ber  ältei^en  Stabtt)erfaffung  2)cutfc^lanb*. 

®enn  er ji  in  ben  S  t  ü  b  t  e  n ,  für  weld)e 
bie  ©ntwidlung  eineö  retdben  unb  felbc 
pdnbigen  genoffenfdbaftlidt)en  Öebenö  ge* 
rabeju  d)arafteriflifd)  ifl,  »oUjog  ftdb  bie 
(Sntwidlung  ber  freien  (jinungen  ju  blei« 
benben  unb  fiaatli^  böd)fi  wirtfamcn  3ns 
jlituten.  ^max  bie  urfprünglid)en  au^  ber 
»orjiäbtifd^en  (ßeriobe  b^tiütirenben  8o« 
fal=  ober  S  pejial^öemeinben,  bie 
ftdb  in  einigen  altern  unb  größern  Stäbten 
eri)ieltcn,  waren  nidt)t  gcrabe  widt)ttg;  bodt) 
Ratten  fie  l)ter  immerbin  eine  red^tlidbe, 
friegerifdbe,  religiöfe  un^  wirtfdbaftlid^c 
93ebcutung;  in  firdjlicfeer  23ejiebung  waren 
fte  *13farreien.  33cfonberö  auegebilbet  finbet 
man  fte  alei  93urgenoff enfc^aften  in 
Äöln,  wo  fte  ein  eigencei  genoffenfd)aft= 
liebe«  *J{cd)t  befaßen.  aBid)tiger  alä  biefe 
lofalen  ftnb  bie  auf  freier  2Jeteinigung  be* 
rubenben  bürgevlidben  ®enoffenfd)aften,  in 
crfler  ßinie  bie  Äörperfd)af  ten  beä  ®e* 
fdi)lec^ter(tanbe^.   (So  waren  bicä  bie pa« 


3unft«  unb  ®ilben)cfcn. 


781 


tiijif^cn  fogcnanntcn  ^lltbürgctgilben, 
bic  teil*  auö  bcn  alten  Sd^u^gilbcn  ober 
Stübctfc^aftcn  aller  üsollbürget,  kiU  auö 
neuen  im  ©egenfa^  511  ben  Äötperfd)aften 
bet  aufflrebenben  nicbcrn  ®tänbe  gefcftloffe^ 
nen  SBeretnigungcn  l)eroorgingen;  fie  l)ie^en 
^öd)jie  (Silbe,  Stä)t  bcr  JReic^cn 
ober  ©enannten,  ® tubengefell* 
fc^aften,  Qlrtuäit)  öfe,  3""f£'^f''m* 
pagnien,  Äon^affeln  (auä  consta- 
bulus,  OberfiaÜmcificr,  franv  connestable), 
@  ett)erb[(J)aften,  in  ^tiücn  unb  granf» 
reic^  fallen  ober  ßauben.  6ie  waren 
IRed^töfc^u^Dereinc  unb  übten  eine  gctt)iffe 
©eric^täbarfeit  über  ifire  SDJitglieber  aui, 
i^atten  il)ren  @d)u^patron,  i^re  Äapeüe, 
pflegten  auf  il)vev  Jrinffiube  ber  ©efeüig« 
feit,  übten  gcgenfeitige  Unterflü^ung  unb 
befa^en  benieglict)eö  unb  unbewegliche^ 
Äorporationöuermögen.  %li  ^auptbeflim* 
mung  bcr  @cnoffcn'fct)aft  aber  erfc^ien  me^r 
unb  me^r  bie  Srbaltung  unb  Qluöübung 
eincö  ber  ©efamtlieit  bcr  (Senoffen  jufie» 
^enben  poUtifcfcen  iBorrecijte«  bejüglid) 
beet  ©tabtregimenteä.  S)iefeö  93orred^t  war 
aber  »erfct)ieben:  urfprünglid)  oft  bie  Quä= 
fc^Ue^enbe  ober  nur  mit  gleici)fte'^cnben 
@cnoffenfd)aftcn  geteilte  (Sefamtregierung 
cnt^altenb,  äußerte  eö  ftd)  feit  ber  SRatö» 
üerfaffung  in  ber  aßeinigen  iRat^befe^ung 
ober  boc^  in  einem  93orred)t  bei  bicfer. 
SDie  Kölner  9iicl)erjcd^e  l)atte  ini  ani-- 
fc^lic§lid)e  9iecf)t,  anbern  ißereinen  haä 
3unft=  ober  ffiruberfc^aftöred^t,  baö  JRcc&t 
ber  eigentum0fät)igfcit  u.  f.  vo.  ju  öers 
leit)en;  fie  übte  bie  t)öc^fle  ^anbclö»  unb 
33erfet)repolijei,  l;attc  bie  Dberauffid)t  über 
ben  gefamtcn  faufmannifdjen  unb  gewerb^ 
liefen  93erfet)r  unb  ernannte  für  jebe  3"nft 
einen  Dbcrmeijler,  ber  neben  bcm  3""f'' 
meifler  einen  5lnteil  üon  ben  ®traf=  unb 
(Sintrittögclbern  bejog.  ÜJlitglieb  ber  ®c- 
noffenfdjaft  fonnte  man  nur  burcE)  bic  cr^ 
Härte  *Hbfid)t  jum  eintritt  unb  bie  5luf:= 
nal)me  feitcnö  bcr  ©enoffcn  Werben,  welche 
neben  Unbcfc^oltcnljcit  unb  ebelid^er  ®c* 
burt  flctß  Oieic^tum  unb  ^Infeben  forbcrten, 
bic  ben  neuen  ©cnoffen  in  ©tanb  festen, 
„mü^ig",  b.  f).  ol)ne  niebcre  gcwcrblidje 
2.t)ätigteit,  ju  leben;  übcrbieö  ni)oh  man 
ein  febr  ^o^eä  eintrittägclb  unb  gelangte 
jule^t  ju  einer  Doüfommenen  (^xtlie^ung 
ber  ®efeaf(i)aft.  2)cn  burd^  üe  t>erfd)ärftcn 
3unftbcwegungen  erlagen  ftc  cntwebcr  uöQig 
ober  fie  würben  il)rer  iyorrccf)tc  beraubt 
unb  bcn  übrigen  3ü"ften  gleid)gcftctlt. 

2)ic  taufmannifd)en  (Silben   ftnb 
im  11.  unb  12.  3al)ri)unbert  baburc^  ent* 


fianben,  ba^  bie  au«  Äaufleuten  befielen« 
ben  33ürgerDcrbrüberungen  baä  gemeinfame 
J^anbcläintcreffe unter  bieißerein^angclcgen* 
Reiten  aufnabmen;  im  13.  3a^rl)unbert 
erfuljren  biefe  ®ewerb«gil&cn  ober  ^anbcU^ 
Innungen  eine  reid)c  äuiere  unb  innere 
(Sntwicflung.  3unäc^fl  fmb  fold)c  in  bet 
|)eimat  unb  folc^e  im  3lu8lanbe  ju  unter* 
((Reiben. 

2)ie  ©üben  bctÄaufleute  in 
ber  Ap  e  i  ni  a  1  waren  cineö  ber  i)a\x\>u 
fäi^lidjjlen  ©lieber  ber  f!äbtifd)en  53erfafs 
fung.  ®ie  fianben  in  ber  Witk  i^wifc^cn 
ben  alten  ®d)u^gilben  ber  iBolfäbürger 
unb  bcn  ^anbwcrfcrjünftcn ,  unb  teilten 
mit  biefen  bie  gewerbltd)e  iRic^)tung  unb 
mand)e  örinnerung  einer  einji  unoofl* 
fommenen  ,^reil)cit,  wälircnb  ftc  mit  jenen 
eine  freiere  Stellung,  außgebcbnterc  Qlutos 
nomic  unb  tjielfai^c  politifd^e  iöorrcd)te  gc» 
meinfam  Ratten.  3"  i'«"  Sütgerfdbaftcn 
alteret  ^erfunft  nehmen  fic  in  bcr  Oicgel 
bic  jWeite,  in  bcn  jungem  6täbtcn  bic 
erfie  Stelle  ein,  weil  bifi  bic  ganjc  erb* 
gefeffcne  93ürgerfd)aft  auö  ilauPcutcn  ju 
beftet)en  pflegte;  bod)  entwicfelte  fid)  auc^ 
üielfac^  auö  bcn  reid)  geworbenen  Äauf« 
mannögefd)lcc^tern  ein  $atri^ier|lanb,  ber 
^anbel  unb  ©cwcrbe  r)crfc^mäl)tc  unb 
bcffcn  patrijifd^e  ©ilben  fic^  bann  übet 
bic  cigcntli(|)cn  ^^anbelögilben,  bic  ®c= 
noffenfc^aften  ber  aftioen  Äaufleute,  fieüten. 
2)ic  ^anbcl^innungen  bcfaßcn  cbcnfatl«  ein 
felbfiänbigeö  .^orporationöred)t,  ©trafge* 
Walt,  .ftaffc,  Siegel,  ebcnfo  gemeinfame 
religiöfe,  unb  gcfelligc  3wecfc  unb  bie  !öer« 
pflid)lung  ju  gegcnfeitigcr  Unterfiü^ung; 
bocb  überwog  bciil)nenbaä|)anbelöintereffe; 
unb  ba  fowol)l  ber  ©cijt  ibrer  Statuten 
al^  i^nen  erteilte  ^anbclö=^ripilegten  unb 
5rcil)citen  mit  bet  Qdt  ein  befonbere« 
^anbclörec^t  fc^ufcn ,  fo  ging  barauö  für 
ftc  al^  ©enoffenfc^aft  jugicid)  ein  ^  a  n  b  e  l «» 
monopcl  bernor,  ein  aui(fd5lic^li(f)eä 
SRe^t  auf  bcn  ^anbel  einea  Saiibcß,  einer 
©attung  ober  einet  Jßiarc.  »Jibniti)  be« 
fd^affcn  waren  bie  ®  e  n  0  f  f  c  n  f  d)  a  f  t  c  n 
ber  beutfc^en  Äaufleute  im 
51  u  ö  l  a  n  b  e;  au^  ootübcrgebenben  ober 
wanbetnben  ®cnoffcnfd)aften  waren  an 
auelänbifd)cn  ^anbclciempotien  bauetnbc 
©ilben  ober  Raufen  geworben ,  bie 
blcibenbe  23erfammlung«biiufcr  unb  Öagcr« 
fiättcn  bcfa§cn  unb  ^anbcleptinilegien 
unb  gteibciten  erwarben,  ^hn  ivciters 
gel)cnbe  (Sntwidlung  beginnt  bamit,  t>i^ 
fid)  bic  fiimtli^en  beutfc^en  (Sin^elbanfen 
einet  Stabt  ju  einer  einjigcn  ©cnoffen* 
50 


782 


3unft«  unb  ®ilbcrt)cfen. 


fd^aft  tcrbinbcn;  jitiat  bcfianben  bic  bc- 
fonberen  Äörpcrfd^aftcn  mit  eigenen  93or= 
fiebern,  (Rechten  unb  SSetmögcn  fort,  bod) 
bilbctc  bcn  i^rembcn  gegenübet  bic  ©c» 
famt^cit  eine  abgefd^loffeneö  faufman^ 
nifc^eä  ©emciniuefen.  S3on  ^ier  auö  be^nte 
ftd^  bie  (äinung  über  bic  (Silben  anberer 
©tdbte  bcsfclben  2anbe^  au^,  um  fd)lie|Iic^ 
bie  gefamte  beutfc^e  Äaufmannömett  in 
bcn  ttorbi[(i)cn  ^'^cmblänbern  ju  ergreif 
fen,  tt)dbrenb  glei(ä)äcitig  bic  notbbcutf^en 
©tdbte  ficf)  cbcnfaüö  oerbanben,  bi«  enb* 
lid)  aüi  bem  3ufanimcnmac^fen  ber  Äauf« 
mannöücreine  unb  ©täbtcbünbc  bie  gro§c 
bcutfd^c  ^  an  f  a  ^eroorging;  bie  ^aupt« 
mtttelpunfte  biefer  ®enoffenf(f)aft  waren 
Sonbon,  Söiäbp,  9?omgorob  unb  Srügge. 
2)ie  julc^t  entfianbenen  fiäbtifi^en  ©e* 
noffenfäiaften  jtnb  biejenigen  ber  ^  a  n  b  s 
m  e  r  f  c  r  ober  bic  3  ü  n  f  t  e.  ©ie  maren 
i^rem  ©runbmefen  nac^  S  i  n  u  n  g  e  n 
ober  ®  i  I  b  e  n  bcr  burc^  bie  ©emeinf^aft 
beö  SBerufö  einanber  na^e  |iel)enbcn  ©c» 
roerbtreibenben,  fomo^l  bcr  Äünfiler  unb 
ber  eigentlid)en  |)anbmcrfer,  aU  ber  nid^t 
bcn  Äaufleuten  jugcrecfjnctcn  Ärämer  unb 
^dnbter,  bcr  ^ifii^cr  unb  anberer  *|}erfoncn 
bcr  iJ^äbrfianbcö.  5110  eine  auf  frcige- 
moUter  Bereinigung  bcruf)cnbc  35erbinbung 
nannte  ftc  ftd^  33  r  ü  b  c  r  f  c^  a  f  t ,  frater- 
nitas,  confraternitas,  ©enoffcnfdiaft 
ober  ©cfellfc^aft,  consortium,  socie- 
tas,  sodalitium,  convivinm,  eine  gc  = 
fc^morene  ©inung, unio, conjuratio, 
ober  3"nun8>  ©ilbc,  ^  tä)  t  (m^b. 
zeche  =  Drbnung,  SReilcnfoIge,  2BuräeI 
nod)  nicfjt  ftc^er  erfannt),  ©  a  f  f  c  I  (angel* 
fdc^ftfc^  gefol,  engl,  gavel,  mitteüat.  ga- 
buinm,  ju  geben,  alfo  cigentlid^  ein  93erein 
ju  glcidber  5tbgabe)  ober  3ii"ft.  ml)b.  bie 
zunft,  af)b.  znmft  =:=  ißcrfammlung,  jum 
©erb  jicmcn,  alfo  urfprünglid)  mo|)I  fo^ 
Diel  alö3iemlid^fcit,  ^afli^fcit  ju  einanber. 
2)er  Qmiff.  tiefer  ©cfcüfd^aften  mar  ur* 
fprünglid)  uuf  bie  ©cmcinfc^aft  überhaupt 
gerichtet,  unb  neben  ber  gürforgc  für  iai 
glcicf)artige  ©emerbe  »erfolgte  ftc  poIitif(f)e 
unb  Ericgerifd)e,  gefeHigc  unb  rcligiöfc, 
ftttlid)e  unb  rcc^tögcnoffcnfc^aftlid^e  3tt)ecfe. 
3n  bcr  (Regel  lag  bicfcn  freien  Vereinen 
bcr  Sctrieb  eine^  gcmiffen  ^anbmcrfeö 
ober  ©emcrbeö  ob  unb  ftanb  ibncn  aU 
©cfamtre^t  ju,  fo  jmar,  ba§  bicfcö  ®c= 
famtrcc^t  ein  öffentlid^eö  5tmt 
mar  unb  ^icp,  auä)  bic  ©enoffcnfd^aft  felbfi 
batnac^  ein  2(  m  t ,  officium,  hantwerk, 
gewerk,  opus  genannt  mürbe.  SDer  auö 
Dem  «Mmtöbegriff  folgcnbe3  u  n  f  t  j  m  a  n  g 


befianb  urfprünglic^  nur  batin,  ba§  ben 
3ünftcn  baö  SRe^t  erteilt  mürbe,  jebcn, 
melier  hai  bctreffcnbe  ^anbmerf^amt 
erlangte  ober  ausübte,  jum  Eintritt  in  bic 
©enoffcnfd)aft  ju  jmingen;  benn  nur  fo 
fonntc  nad)  ber  SRcinung  bcr  3ünftc  bic 
6t)re  beö  ^anbmerfe^  unb  tai  gemeine 
Sefic  gema^rt  merben.  2)a^  ©emerbe» 
monopol  ber  3iinft  ii"  Scr^dltniä  ju  bcn 
Unjünftigcn  befc^rdnfte  fi^  beä^alb  im 
14.  unb  no(^  mefcntlic^  im  15. 3al)r^unbcrt 
auf  ben  Qluöfä)lu§  ber  nic^t  ber  3""ft= 
fontroüc  unterliegenben  5Jrtifel  Don  iBcr* 
fef)r  unb  ^anbcl.  grembc  mußten  ftc^ 
nur,  menn  ftc  i^rc  Sffiaaren  in  bie  ©tabt 
brai^tcn,  bcr  genoffcnf(i^aftlic^en  iUrbcitöpo^ 
lijci  untcrmerfen  unb  fonntcn  fonftnamcnt= 
lic^  auf  ben  regelmäßigen  ÜRdrftcn  i^rc 
Qlrbeit  abfegen.  @rfi  allmd^lic^  traten 
größere  93efi^rdnfungcn  bcr  f.  g.  ®dfic 
^inftcl)tlic^  bcr  ßtit,  be^  Drteä  unb  ber 
2trt  bc^  SDerfaufcS  ein,  bie  ftd^  aber  crfi 
fpdt  ju  Döüigcr  Qluöfci^ließung  bcr  Äonfur» 
renj  frember  ©tdbte  unb  ju  ungebührlicher 
iMuöbebnung  beä  SBannmcilcnrcc^tcä  ober 
beö  SBerboteö  be§  ^anbmerföbctriebe^  auf 
bem  umliegenbcn  ßanbe  fteigerten.  5lud^  im 
SScr^dltniä  ju  ben  übrigen  fidbtifc^en 
Äörperfc^aftcn,  Äauftcuten  unb  ^rdmern 
cinerfeitö,  üermanbtcn  3ünften  anbcrfcitö, 
über  mel^eö  fc^on  im  14.  3a^rl;unbcrt  Diel 
gcftritten  unb  oerorbnet  mürbe,  maltete 
bod)  me^r  ber  ©ebanfe,  bie  öffentliche 
Stellung  ber  3unft  ju  fc^ü^cn,  aU  bur* 
Sefi^neibung  bcr  Äonfurrenj  ben  ©eminn 
ber  einzelnen  ju  erhöben,  ©o  mar  aud> 
in  bcn  3eiten  bcr  aufficigenben  (Jntmicfs 
lung  bic  ßrteilung  beö  Dotlen  ©emetbe= 
berufet  burc^  bie  2lufna^me  in  bie  3unft 
meit  meniger  eine  5^age  bc^  iRu^en^  alä 
bcr  SD'iactjt,  beä  3lnfel)e  n^  unb  ber  S^ve 
ber  ©cnoffcnfc^aft;  Dor  allem  mürbe  ta^ 
t)er  mafctiofer  SRuf  Dcrlangt,  moju  nac^ 
mittelalterli^cr  3lnfc^auung  auc^  e^clid)e 
®eburt  erforbcrlic^  mar.  3«  ber  jmeiten 
^dlfte  bcö  14.  Ja^r^unbert  fam  in  Dielen 
3ünftcn  ^a^  (Srforberniö  eincö  beflimmtcn 
eigenen  Sermögenä  ^inju,  unb  enblic^ 
Bcrlangte  man,  ta^  ber  9Jcueintretenbe  tai 
^anbmcrf  Dcrftc^c.  SDie  gorbcrung 
einer  beftimmtenßc^rs  unb  2)icnjijeit  jcbod», 
eine  f.  g.  <Probc=  ober  SRutjcit,  unb  bgl. 
mürbe  urfprünglicf)  nid)t  Dcrlangt,  bagegen 
feit  bem  (Snbe  beö  14.  3al)r^unbertä  eine 
förmlid^c  «Prüfung  burd^  5lnfertigung  be« 
2R  e  i  ji  e  r  fi  ü  cf  e «  üblid^.  93crmoct)te  5c= 
manb  bicfc  ©rforberniffc  burc^  ein  3«"9' 
niö  feiner  3unft  ober  ©tabt  nac^jumeifcn, 


3unft*  unb  Oilbcwefcn. 


783 


fo  würbe  if)m  bic  5lufnaf)mc  ntei^t  öcrfagt; 
Sd)Iic§ung  bcr  3""ff'  ff*^  "^^^  16.  3al;rs 
bunbcrt  ihr  tiorncbmfieö  *Ptitiilcg,  galt 
utfprüngtic^  aU  gefür^teteö  SBerbot;  fo 
»ci^  audt)  bic  ftü()erc  3^^^  nicktet  t>on 
f.  g.  93  ö  n  b  a  f  e  n  ober  <Pfuf(I)ern.  2)cr 
(Sntric^tung  fon  ®ebüf)ren  an  bie  ^nn'iU 
faffe  fon  Seite  bcö  ©intrctcnben,  üon 
Sßad)«  ju  Äerjcn,  JRüftjeug  jur  3unfth)el)r, 
SBein  ober  Sier  jutr.  Irunfe,  aud)  mo^I 
einer  ganjen  93iat)Ijeit,  rt)a6  man  benÄauf 
ber  3unft  nannte,  lag  urfprünglirf)  ber 
©ebanfe  einc^  Sinfaufö  an  haii  3""ft* 
vermögen  ju  ®runbe.  S)a0  ®enofi'enre(i)t 
War  unübertragbar,  unncräu^crlict),  unteil- 
bar unb  unnererblid),  nur  ha^  ©öbnen 
»on  ©enoffcn  unb  bcnen,  weldje  bie  3;od)ter 
ober  2ßittnie  eine^  fold^en  ef)elid)ten ,  ©r* 
Ieid)terungen  unb  S3cgünpigungen  bei  ber 
Stufna^me  ju  S^eit  würben.  Qlud)  in  biefer 
93ejiel)ung  beginnen  bie  5lu0niüd)fe  bce! 
Jamilienftnneö  erp  im  16.  3a{)r{)unbert. 
2)ie  3unft  war  äugteid)  eine  (Semeinbe 
für  ft(^  unb  ein  Seit  unb  Drgan  ber 
«Stabtgemeinbe.  p"  le^ter  .giinfid)t  War 
ftc  nid)t  bloö  Trägerin  cineci  ibr  r»on  bcr 
®tabt  anücrtrauten  5lmteei,  fonbcrn  ju= 
gtcid)  ein  jläbtifd)er  2ßa[)lförpcr ,  beffen 
*Borjiänbe  in  bcn  päbtifd)cn  Äollegien  bie 
gefamte  Sürgerfdiaft  vertreten  Ralfen ,  fie 
war  Don  SÖic^tigfeit  für  bie  Steuerner- 
faffung  bcr  Stabt,  bilbcte  eine  eigene  ^\b' 
teilung  im  SDürgerbecr,  bic  unter  bcm 
3unftbanncr  fod)t  unb  im  gvicbcn  Sßaffcn 
in  Scrcitfcbaft  bielt.  3'»  Übrigen  fuAte 
man  möglid)ft  bie.^armonie5wi[d}cn(£eIbftä 
Verwaltung  unb  51ufficbtercdit,  jwifcbcn 
gcnof[cnfd)aftIid)cr  ^i^ci^'^it  "n^i  fiaatlidier 
6inf)eit  berjufteüen.  gür  bie  ©ntficliung 
einer  3""ft  mu§tc  jur  frcigcwotltcn  Gini= 
gung  "ber  Ocnoffen  bie  ©encbmigung  bcö 
9iate«  bii^juti^f^f"'  c^cnfo  jui'  Sereinigung 
biäber  getrennter  ^(mter  ju  einem.  3" 
altern  3citen  unüoOt'ommener  ,5veil)eit  wür- 
ben ben  3ii"ft'"  patrijifd)e  ober  bienfl^ 
männifcbe  23orficbcr  gegeben;  fpäter,  alö 
fte  i]E)re  93orficl)er  fclbfl  wählten,  unterlag 
wenigflenä  bic  Ernennung  ober  Sefiätigung 
ber  SKeifler  ober  Qiltcrlcute  bem  5Rat,  biö 
jule^t  bic  S^^ft  in  t'fi^  3Bal)l  ihrer  i^or= 
jiänbe  ganj  felbpiinbig  würbe.  Üibnlid;) 
uerbiett  eä  frd)  mit  bem  freien  33erfamm= 
lungöred)t  ber  3ünfte.  3"  ^f"  inncrn 
genoffcnfdjaftlidicn  Qtngelegcnbciten  war 
jur  3eit  ber  3unftfrcibeit  bie  ©clbftfcrs 
Waltung  wenig  ober  nid)t  befd)ränft.  3» 
Volitifd^er  unb  militärifd^er  ^infid)t  war 
bie  3unft  für  i^re  ©enoffen  iai  ticrflcincrtc 


5lbbilb  bcr  ®tabt,  bocb  fam  cä  nor,  baß 
mit  ber  3cit  burd)  (Sintritt  non  9?id)t* 
banbwerfern,  Teilung  bed  ©ewerbee  u.  bgl. 
neue  gewerblid)e  5"nungcn  ent« 
fianben  ,  bie  ficb  mit  ben  p  o  l  i  t  i  f  d) » 
militärifcben3ünften  uid)t  mebr 
iwUig  bedien.  3n  r  e  l  i  g  i  o  f  e  r  ^infiAt 
batte  bie  3»"ft  ci"fn  ^eiligen  als  €4ug5 
Patron,  nerfolgtc  fivd)lid)e  unb  wobltbcitige 
3wecfe,  oerfammelte  ibre  SWitglieber  ju  Ocbet 
unb  *}lnbad)t,  unteri^ielt  oft  einen  eigenen 
5lltar  ober  bod)  eigene  Äerjen  in  ber  Äird)c 
unb  lie^  für  bie  »crftorbenen  93rüber  ®eelen= 
meffen  fingen;  bod)  gcfd)ab  ee  auch  bicr, 
\>a^  aü^  ber  gefonberten  Verwaltung  be«i 
Äircbeniiermögenö  ber  3"i^ff  ""t*  ^nxi) 
^injujiebung  ber  JJraucn  unb  anberer 
SWitglicber  ftd)  julctst  auä  einer  3uin't  eine 
fclbpänbigc  geipiid)e  93rüberfd)aft  ablöfie. 
23on  großem  ßinfluf  würbe  hai  gef eilige 
ßcben  ber  3ü"ft2  -  i"  ^^f"  fi*^  f^"^  iReibe 
pofitipcr  «Sittengcbräucbe  auäbilbeic,  bie 
cbcnfowobl  i>ai  täglid)e  itbtn  auf  ben 
3unftjiubcn  unb  .^erbergen  alä  bic  ein' 
jelnen  feierlid)en  Qlfte  cor  ber  ©enoffcns 
fd)aft  mit  finnigen  ^o^^mf"  umfleibeten; 
ju  formalen  unb  jwingenben  3evemonicn 
arteten  biefc  jcbod)  erfi  fpäter  auö.  Qltö 
fittlidjc  Serbinbung  mad)tc  bic  3j"nff 
ibren  ©enoffen  eine  gcgenfeitigc  werftbätige 
Siebe  jur  *Pflid)t,  bie  fidb  in  bcr  Unter» 
^üt3ung  franfer  ober  iierarmter  ©enoffen 
unb  in  ber  iBcranflaltung  eines  ebrenroücn 
iBegrübniffeö  funb  gab',  unb  übte  eine 
Sittenpolizei  über  ibre  DJJitglieber  auö, 
namentlidj  über  bic  ©cfellen  unb  löcbrlinge. 
©ic  .f^auptpflidit  bcr  3»»ft  cileSSirt» 
f  d)  a  f  t  e  g  e  n  0  f  f  e  n  f  d)  a  f  t  war  bie 
€id)erung  ber  ©ütc  unb  i8raud)baifeit  bee 
5hbcitprobuEtö,  berbeigefübrt  bcfonbere 
bur*  bie  gcnoffenfd)aft"lid)e  Äontrote  bcr 
5hbeit;  aujf  SBer^öiictung  bcr  *}(rbeit,  auf 
Qlnfcrtigung  unb'  i^crfauf  fd^lcdjter  SBaarc 
waren  Strafen  gefeht  unb  eine  regelmäßige 
23ifitation  ber  jöcrfilättcn  unb  ber  5lrbcit 
burd)  bic  3unftiiorfiebcr,  bic  fog.  Scbau, 
eingeführt;  aud)  SKarimalpreife  würben 
oon  ben  3ünften  aufgeftetlt.  2)ie  3unft 
üerpfliditctc  ibre  DJiitglieber  ^ur  5lrbcit 
in  '^3  e  r  f  o  n  ;  in  beren  2)icnfi  foUte  bae 
Kapital  fteben;  überhaupt  aber  würbe  un» 
bebingte  ©  l  c  i  di  b  c  1 1  aller  ©enoffen  an= 
gefirebt,  baber  fam  bic  5lußfd)licBung  ber 
freien  Äonfurren«  unter  ben  ©enoffen  unb 
bic  äußcrfle  Sefd)ränfung  be«  Ginjclnen 
bei  <)3robuftion  unb  Qlbfa^  ju  ©unfien  ber 
©cfamtbcit,  *8efd)rünfungen,  bie  ^war  ber 
Entfaltung  bce  (Sinäclncn  binberlidb  waten. 
50*t    . 


784 


3unfts  unb  ffiilbmcfen. 


aber  ben©tanb  ber  ©ercctbtreibenbcn 
ftob  unb  anfangt  ni(|t  als  ^emmenbe 
^effeln  gefüllt  wutben.  S)iefc  Sef^rän* 
tungen  bcjogen  jtd)  in  cTJiet  ßinic  auf  bie 
SBefc^affung  beö  SR  o  ft  |i  o  f  f  c  ä  , 
fo  ättiar,  ba|  cnthJeber  qIIc^  SWaterial  nur 
gemcinfd)aftUd)  angcf^afft  hjerbcn  burftc 
übet  bem  ©injelnen  »erboten  war,  iKo^« 
fioffe  befiimmter  5lrt  über  ein  gcwiffcö 
Duantum  ^inauö  ober  nur  für  |td)  felbj^ 
ju  faufen,  of)nc  bie  ©etegen^eit  ^um  Äauf 
ben  93rübern  anjujcigen.  ÜJJögti^jtc  ©Icid^« 
^eit  h)Utbc  ferner  angefirebt  be^üglid^ 
i>ii  Umfange«  ber  (probuftion, 
rcorauf  namentlich  bie  gificrung  ber  ^a^i 
ber  Se^rlinge  unb  ©efellen  eineö  SÖJeijierö 
^injielt;  auc^  bie  Slrbeitöjeit  »ar  oft 
fiyiert.  5Danüt  bie  Äofien  ber  $robuf= 
tion  gleich  feien,  njurbe  ber  OlrbcitsJ* 
1 0  ^  n  t)on  ber  3""?*  reguliert  unb  foh)of)I 
Setrag  aU  Qlrt  ber  Qlrbeitäentfc^äbigung 
für  ße^rlinge  unb  ©efcflcn  genau  beftimmt, 
übert)aupt  aud)  baö  ganjc  Sertjdltni^ 
jwif^en  ÜKeifter  unb  ©e^ilfcn  Don  ber 
©enoffenfc^aft  für  QlUe  gleid^  geotbnct. 
aBejügIi(!)  be«  Stbfa^c«  war,  um  bie 
©enoffen  gleici)  ju  machen,  »erorbnet,  baf 
fein  unanftdnbigc^  ober  unreblid)eö  SDUttel, 
feine  unfd)icflid)e  (Reflame  u.  bgl.  fiatt* 
finben  foQe.  S)er  Sßerfauf  mittel^  ^au- 
ftereng  war  in  ber  SRegel  ganj  »erboten. 
Dft  foüte  jeber  nur  einen  ßaben  ober 
eine  iöerfauf^fiättc  f)alten,  Äunben  ober 
Käufer  burfte  man  ftc^  ni^t  gegenfeitig 
abwenbig  machen.  Sogar  baö  Sßermögen 
ber  3unft  biente  nii^t  blo^  ju  allgemeinen 
3unftjmecten ,  fonbern  gleid)mä§ig  burfte 
oud^  jeber  bie  3unftt)äujer  befonbcrö  bei 
iJamilienfeftcn  ju  feinem  gefeüigen  Ser^ 
gnügen  benu^en.  3"  ©tjug  auf  tai 
ütti)t  ber  3unft  gab  eö  einen  befonbern 
3unft=5tieben,  bcffen  ^anbljabung,  2Ba|)= 
rung  unb  ^erficüung  Sei  i^r  mar,  unb  ein 
3unftgeri^t,  »or  meld^eö  aüe  Streitige 
feiten  unter  ©enoffen  gebtad)t  werben 
mußten,  ct)c  man  an  ben  orbentlicfjen 
Stiftet  ging. 

2)ie  Drganifation  ber  Qixn^tt 
fieüte  an  bie  @pi^e  bie  SBerfammlung  ber 
ÜRctjler ;  biefelben  waren  auf  regel» 
mäßigen  ober  gebotenen  S)ingen  ben  eckten 
unb  gebotenen  2)ingen  ber  freien  ©e« 
meinbe  na(f)gebitbet.  Organ  ber  ©e* 
famt^eit  waren  bie  gewallten  ober  er» 
loften,  na^  3a^I  unb  5tmtöbauer  »erfd^ie* 
benen  SOleilier  ober  «MUerleute ,  bie  »er» 
eibigte  unb  »erantwortli^e  Dbrigfeit  ber 
3unft.    ©^u^gcnoffen  ber  3unft,  bie  nur 


paffiö  an  bem  ^^ieben  unb  IRec^t  ber 
Äörperfd)aft  teil  naf)men,  waren  eineötcifö 
bie  gt'iufn  unb  Äinber  ber  5lmtöbrüber, 
anbernteilö  bieße^rtingeunb  ©ef eilen, 
©iefelben  waren  anfänglich  überall  ÜJlit« 
gliebcr  beö  ^auöwefenö  i^reö  SKeifierg 
unb  ber  3unft9«ti<^töt)arfeit  unterworfen. 
@c^on  bie  ßelirjungen  beburften  einet 
förmlichen  5lufna^mc  in«  51mt,  wobei  Un* 
befd^oltenfjeit,  freie,  cf)eli(^e  unb  bcutfd^e 
©eburt  unb  bie  Entrichtung  gewiffer  din» 
trittägebü()ren  in  ©elb,  SBacbä,  SBein 
ober  93ict  gefoibett  wutben.  3)ut(5  5lb« 
folüierung  ber  Dorgcfd)riebenen  Sc^rjeit  et* 
langte  bet  Sef)tling  t)ai  iHccbt,  in  bie 
klaffe  ber  ©efeüen  aufgenommen  ju  wer* 
ben.  25ie  ©ef eilen  jianbcn  ju  intern 
SReificr  wie  ju  bet  3""f^  urfprünglic^ 
rec^tli^  in  bemfelben  23er()ältniö  wie  bie 
ße^rlinge;  auc^  ber  ©efeüe,  „Äncd^t"  ober 
„knappe",  gehörte  jum  ^au^wefen  beS 
ikeifterä,  beljen  ^auö  er  nid^t  einmal  auf 
eine  S^ad^t  oerlaffen  burfte;  junä<I)jl  war 
aud^  er  ber  ^ausgewalt  bcö  üJleijler^,  in 
Ijö^ercr  SnPanj  al'fic  ber  3""ft  unter* 
Würfen.  Ratten  fte  aber  bie  »orgefc^riebenc 
2)ienfijeit  aufgehalten  ober  ^att  beffen 
auf  bet  SJÖanbetfd^aft,  bie  jwar  erfi  im 
16.  3at)i^^un^«t  recf)tlid^eö  ©rforberni« 
würbe,  f(f)on  oor^er  aber  üblic^  war, 
unter  2Bat)rung  beä  3ufQwmen^angö  mit 
ber  S^^nft  ^i^  nötigen  ^äl)igfeiten  crwor« 
ben,  fo  Ratten  fie  einen  D^ec^töanfprud) 
auf  bie  5lufnal)me  aU  50^cifier.  ©ie  waren 
alfo  in  ber  Slüteseit  beö  3"nftwcfen* 
nichts  aU  werbenbc  SOieifter  unb  cö  gab 
feinen  befonbern  ©tanb  ber  ©efeüen,  feinen 
unftlbftänbigen  ^Irbeiterflanb,  fonbern  nur 
eine  ße^t*  unb  ©ienftjcit  alä  iöotfc^ule 
unb  ißorfiufc  für  eigene  31u«übung  beä 
Qlmteö.  S)eöbalb  war  aud&  »on  einer  be* 
fonbern  förperfi^aftlic^en  Sßerbinbung  bet 
©efeüen  urfprünglic^  ni^t  bie  SRebe,  nur 
t>a^  ju  frommen  3wedEcn  geiftlid^c  Srüber* 
fd)aften  unter  itjncn  »orfamcn.  ©obalb 
inbeö,  Kai  feit  bem  Seginn  beö  15.  3a^t* 
^unbertö  gefd)a^,  burc^  bie  ©rfd^werungen 
beö  SWeijlermerben^,  bie  Verlängerung  »on 
ße^r-  unb  2ßanberjeit  unb  bai  Sorfommen 
üon  ©efeüen,  tit  nie  ÜJleifter  würben, 
bie  ©efeüen  in  einen  gewiffen  ©egenfa^ 
ju  ben  SOieiftern  traten,  ba  traten  fte  au^ 
JU  eigenen  ®efeüf(^aften  jufammen,  nann* 
ten  ftc^  aud)  feitbem  crfi  mit  bem  9iamen 
„©efeüen",  fteüten  eigene  9toüen  unb 
«Statuten  auf,  wählten  eigene  Sßorfiänbc 
(*2tltgefellen)  unb  93camte  unb  oerwal* 
tcten  unter  5lufftd^t  eineö  i^nen  mcijl  ge» 


Sftjerge  unb  [Riefen. 


785 


(^ebenen  ÜWeiperö  (©cfellenüatcr)  iftre 
iängelegentieitcn  fclbji;  f^on  frü^  führten 
ftc  planmä§iflc  Koalitionen  unb  ?irbcitö* 
einPcüungcn  ^erbci. 

©ie  überhaupt  in  ben  ©cnoffcnfd^aftcn 
beö  ÜJiittctalter^  bcr  ülrieb  l)ettfcbtc,  jid) 
mit  9tcid)artiäen  SBcrcincn  su  großem  ®c- 
famtf)eitcn  ju  »erbinben,  fo  waren  auc^  bie 
©enoffcnfc^aften  ber  ^anbwcrfer  befirebt, 
Snnungöoerein  übet  ben  cinjclnen 
3ünftcn  ju  grünben,  unb  fonjobt  in  ein* 
jelncn  @täbten  ftanbcn  teifö  forübcrgebcnb 
tcilö  bauetnb  bie  tetfc^icbencn  3i'"ftt  i" 
mebr  ober  minbcr  organifiertcm  SBcrbanbc, 
atö  a\xä)  förmlicbc  Ärciöwetetne  aller 
3ünfte  einet  ©egcnb  ober  eineä  Sanbeä 
»orEamen.  3"  ^^^^^  aögemeinern  engen 
aSerbinbung  ber  3ünftc  trug  fobann  bie 
®ett)obn[)eit  unb  fpüter  bie  Sorfcbrift  bcä 
SOB  anbcrn^  bei;  eö  mürbe  baburc^  ge= 
rabeju  bieSBorftellung  einer  Oefamtgcnoffen* 
fctiaft  flücr  ^anbtticrfcr  beö  IRcicbeö  gewecft, 
bur*  njcicfie  [xdt)  ein  gemeiner  bcutfc^er 
^anbwetf^gcBraucf)  unb  ein  gemeine^ 
beutfd)cö  $anbttierförccf)t  auöbilbctc;  bie 
eigcntlid^en  Srägcr  biefer  ©emeinfamfeit 
ftnb  aber,  tt>eit  tttcniger  aU  bie  SÖJeijlcr,  bie 
©cfetlen,  beren  ©efeÖcnjünfte  mebr  afö  bie 
ÜHeifierjünfte  in  einen  regen  OcfamtiDerfe^r 
traten  unb  ein  gemeine^  ®efe[Ienrecf)t  unb 
gleici^artige  5lnfc^auung  unb  Sitte  ^erpor* 
bracbten. 

3m  Oewerbe  ber  ©tcinmc^en  traten 
fogar  Por  ber  ©efamtgenoffenfcbaft  bielo' 
falen  93ruber[cf)aften  in  ben  ^intcrgrunb. 
Ütnfänglicb  junä(f)fi  in  ben  cinjelnen 
©tobten  unb  (Segenben  Pereint,  föitfte  in 
i^nen  früb  bie  3bee  pon  einem  bur^  iai 
ganje  beutfcfic  SReicö  Pertretcnen  ©ruber* 
bunb.  2)urdb  trabitionett  fortgepflanzte^ 
unb  pon  ber  @age  auf  bie  ^eiligen  jurücf« 
gefübrteö  ©crttobnbeitärecbt  cntftanb  an= 
mäblicb  eine  beftimmte  23erfaffung  biefer 
Sßerbinbung,  pgl.  ben  Qlrt.  93aubütten. 

Seit  bem  16.  ^afirbunbert  jeigen  f\ä) 
im  3iinftn)efen  bie  Äeimc  beö  SBerfaüä. 
Statt  ber  freien  Sinung  ber  23erufögenoffen 
hjurbe  ta^  ,;um  *|3riPiIeg  unb  ft>omögIid) 
jum  SUtonopoI  gefialtete  IRed)t  auf  eine  be= 
fiimmte  5lrt  beö  ©enjerbetricbeä  Orunblage 
unb  3ȟecf  ber  3"tif^;  ^^^^  ^^^  '"^^'^ 
ging  ber  fttttid)e"  Jnbalt  ber  3""ft  ^^'^' 
loren  unb  bie  alten  ©enoffentugenben 
f({)Iugen  in  bie  entfprcc^enbcn  j^ebter  um. 
9llö  begcbrenöttJertcftcö  fPrinjip  erprcbte 
je^t  bie  3unft  bie  ©efdbloffenbeit,  fo 
ta^  oft  baei  ^anbmerf  aU  baö  erbli^c 
9?cftt,tum  einer  Slnjabl  Pon  iJamilien  er* 


fd)ien;  in  Pielen  Statuten  mürbe  für  ben 
i?remben  bie  Beirat  einer  ÜJJeiilermitrtie  ober 
Söflcifiertocbter  jur  unerläglid&en  QScbingung 
ber  5lufnabmc  gema({)t  unb  »crbeirateten 
iKännern  ber  (Eintritt  oerfagt.  Die  *Bor=: 
bebingungcn  be«  (Sintrittä  für  ben  ^ebr« 
ling  ttjurben  erfd)tt)ert,  bie  ©ebübren  er« 
böbt,  bie  (Sefetten  burd)  QSerlängerung  ber 
SBanberjeit  unb  burd)  befonbere  baä  Tlä' 
jierfiüdE  betreffenbeSerorbnungen  cbifaniert. 
Sine  immer  mebr  Pcrmcbrte  *J(njabl  Pon 
93efdbäftigungen  mürbe  für  unebtlid)  er« 
fUirt,  Seinmeber,  iBarbiere,  3)JütIer,  3öüner, 
Stabtfncdbte,  ©eridbtöbiener,  Surm*,  |(ol5* 
unb  ^«It'bütcr,  Totengräber,  SRacfetmäcfeter, 
33ettelPögte,  ©affenEebrer,  Sacbfeger,  Scbä« 
fer,  iKufifantcn  (fxebe  ben  QIrtifci  unebr« 
li^e  ßeute).  2Begen  ber  S(J)uIb  bcr 
^rau  fd)Io^  man  ben  (Sf)emann,  megen 
berjenigen  ber  (Sltern  bie  Äinber  au^. 
Wil)x  unb  mebr  mürben  bie  ©  c  f el  I c n  ber 
©enoffenfcbaft  bcr  ÜJJeiftcr  entfrembct.  Die 
Drganifation  ber  3u"ft  mürbe  oligard)ifcf) 
gefialtet.  S)ic  potitifcfee  Sebcutung  borte 
feit  bem  3?tebergang  ber  iHeformationsbe» 
megung  meijl  ganj  auf.  Srutale  ^anb» 
hingen  gegen  $fuf(|er  unb  Störcr,  (Sren^* 
irrungen  unb  ©emerböftreitigfciten  mit 
anbern  3""ft«"  ""^  ^rofefftoncn,  auö« 
fübriicbftc  5irbeiteircgulicrung,  ^iricrung 
ber  ^Irbciterjabt,  i8efd)ränfung  ber  H^atc« 
rialbefcbaffung,  bcrSBcrfjeugc,  be^  'Jlbfaöed 
u.  bgi.  maren  an  ber  Sageöorbnung.  '■Jin 
bie  Stelle  ber  religiö«i-'rtttlid)cn  ©enoffcn« 
pf[i({)ten  trat  ein  perfcftnörfette^  ßeremo« 
nicQ,  robc  ©elage,  gegen  ben  iJJcuting  ge= 
übte  Spä^c.  ißon  Seite  beö  Staate^ 
fucbte  man  jeht  bie  3ünfte  bem  obrigfeit* 
lieben  Softem  einjuorbnen  unb  ftc  ^u 
blogen  ^Polijeianftaltcn  ju  macf)cn.  (Snt* 
ftebung  unb  2lufbebung  bcr  Runft  mürbe 
unbcbingt  in  ben  Staatömiücn  Pcrlcgt; 
bie  Dbrigfeit  erlangte  einen  bcftimmenbcn 
Sinflug  auf  bie  3iifonimcnfe^ung  bcr3unft, 
inbem  ftc  befonbere  ^reimcificr  für  bie 
3unft  ernannte;  baä  i3ebrlingemefen  mürbe 
obrigfeitlid)  reguliert  unb  eine  0}?engc  iBers 
orbnungen  erlaffen  über  Dinge,  meldbc 
früber  bIo§  Sad)e  bcr  3""f^  gcmefen 
maren;  bocb  gaben  ftcb  bicfc  obrigfeitticben 
®rlaffe  oft  ikühe ,  cingcriffcncn  Sdiäben 
unb  ÜJ?i§|tänben  im  3unftmefen  abjubelfen. 
ülai)  ©icrf  e,  iRccbt^gef^id)te  ber  beutfdben 
Qknoffenfcbaft.  Serlin  1868.  Bgt.  2)ia  = 
fcbcr,  ®aä  bcutfc^e ©emerbcmefen.  ^^ot?- 
bam  1866. 

ättJergc  unb  [Riefen.    Die  3>^crge  ge» 
^ören  ju  ber  Klaffe  ber  (J I  b  c  n  ober  2B  i  d)  t  e. 


786 


Sitcrge  unb  JRiefcn. 


mit  n.icld)en  Dramen  man  SQSefen  bcjei(ä)nct, 
bencn  etwa«  Übctmcnfdblicfeeö,  tt)a«  fie  ben 
(Söttern  nähert,  beigemiic^t  ijl,  welche  bic 
Äraft  befitien  bem  JJJenfc^cn  ju  fcf)abcn 
unb  ju  l)elfen,  [xä)  aber  sustetc^  wicber 
for  bicfem  fd)cuen,  ftieil  fie  i()m  leiblid) 
nicfct  gema(ä)fen  ftnb,  inbem  fte  entJticbcr 
uieit  unter  meni'(^Ii(^em  2Ba(^ätum  ober 
ungcßattet  er)'d)einen ,  unb  tt)etd)en  ba§ 
Vermögen  eigen  ift,  ftd^  unfic^tbar  ju 
madjen.  ©olcfce  Slbcn  fommcn  fc^on  in 
bei  inbifii)cn  Tlt)ti)o{s}%ii  cor  unter  ben 
9?amen  SRaruts,  Sftib^u«,  iHubras.  ü)?arut 
t]l  aber  abgeleitet  ton  ber  Sffiurjel  mri, 
fterben,  unb  fo  fcl}en  mir,  ba^  urfprünglicf) 
bie  (Slben  als  bie  Seelen  r>on  SBerftorbenen 
angefcbcn  mürben.  3"  bet  germanif^en 
2J?r)tboIogie  iil  bicfc  QInfc&auung  atlerbtngö 
fe£)r  ucrmifdjt,  ftc  erfd)einen  bier  pietme^r 
ale  Halbgötter,  meiere  Vorgänge  iu  ber 
Statur  bilblt(^  barfiellen  foüen.  2"  ber 
(xhta  merben  bie  (älben  eingeteilt  in 
Giösälf  ar  (8i(i)telben)  unb  Swartalfar 
über  Döckalfar  (©c^marjs  ober  2)unfel« 
elben).  Qu.  ben  S)unfelelben  merben  nun 
aud)  bie  3ft'erge  geregnet,  bcren  SRamen 
im  ®oti[ct)en  dvairgs,  agf.  dveorg, 
abi.  tuerc,  mbb.  tverc  lautet  unb  nac^ 
©rimrn  üon  bem  ®riecf)ifd)en  &Eovoy6s 
b.  £).  übcrnatürlicf)e  S)inge  r>evrid)tenb,  bcr- 
i!ammt.  ©iefc  Qlnna[)me  befldtigen  nid)t 
nur  bie  ©cfe^e  ber  ßautoer[d)iebung,  fon- 
bern  auc^  ber  l'olfeglaube,  ber  fid)  bie 
3n)erge,  %U\&)  ben  Äljflcpen,  gern  aU  funfi« 
fertige  !gd)miebe  ^enEt,  mel(^e  in  Sergej; 
^öf)len  ilir  SBefen  treiben,  (sntpanben  ftnb 
bie  3^f'^32  fl^^  OJJabcn  in  bem  ßeid)nam 
be^  iKiefen  2)niir,  [pöter  mürbe  i^nen  23er* 
ftanb  juteil,  fo  lü^  fie  nur  ber  (Seftalt 
na^  bem  5nenf($cn  nadifte^en,  inbem  fic 
fd)on  mit  bem  britten  '^ahxt  ausgewacfefen 
unb  mit  bem  ftebenten  ©reife  ftnb.  2)ie 
SBorfieüungen  über  bie  ©röpe  ber  S^'^'^Ö^ 
fc^manfen  noc^.  SBalb  fotlen  fie  t>ai 
2öad)ätum  einec-  tierjäbvigcn  .Rinbeö  er« 
reid)en,  balb  nur  2)aumengro§  fein,  unter 
mcld}en  Umftönben  fie  bann  2)äumling 
genannt  merben,  balb,  mie  ber  fleinfie  in 
einem  bänifc^en  ßiebe,  nid)t  größer  alö  eine 
2lmeifc  fein.  3"^  'i>\t\a  Älein^eit  fommt 
in  ber  [Reget  noc^  ein  |)öder,  eine  bunfle 
@efid)täfarbe  unb  grobe  Srac^t  Ijinju. 
5(uc^  it)re  güßc  fmb  ungefialtet,  oft  bencn 
ber  Snte  g,leic^cnb,  mee^alb  fte  bicfctben 
ftctö  forgfaltig  ben  SDiJenfc^en  oerbergcn 
unb  fcbr  ungehalten  merben,  menn  Dteu» 
gierige  burd)  '2lfd)e,  mel^c  ftc  ben  3mergcn 
auf  ben  2öcg  ftrcuen,  txt  gorm  ber  J^üfe 


crforf^en  motlen.  5Die  3"'f'^9f  bttben 
unter  ftc^  ein  IBolf,  bem  ein  3 tt» er g fönig 
oorPc^t.  ÜJJanie  unter  biefcn  J^crrfc^ern 
haben  eine  93crüt)mtl)eit  erlangt.  5d  fei 
l)ier  nur  an  5llbcrid)  erinnert,  ber  in  ber 
fran5öfifd)cn  JDi^tung  al^  Dberon  cr= 
fd)cint,  bann  an  ©c^ilbung  unb 
DJibelung,  h)cld)e  im  3Jibelungcnlicbe 
eine  SRotlc  fpielcn.  ^ixmx  ftnb  ju  ermd^s 
nen  Stnnetä  »on  ^alaferö  unb  ßaurtn, 
erfterer  auö  bem  SBartburgfrieg ,  le^tcrer 
als  Herr  beä  SRofengartcnä  im  Sproler* 
gebirge  befannt.  S)ie  3™«^S6  molinen  in 
Sd)lud)ten  unb  H^^l^n  bcö  ©ebirgs,  bai 
ftc  tro^  Qlbgrünben  unb  illbl)ängcn  mit 
munberbarer  SBcljenbigfcit  unb  Std)crheit 
burd)ftreifen.  2"i  S^^t^«^"  ber  Serge  bicnen 
aber  praditige  ©emöcher  oft  ben  Q'mtxa,' 
fürfien  jur  2Sohnung,  mohin  aud)  üJicn* 
f($en  unb  Halben  oft  gelodt,  fefige^alten 
unb  bann  rcicft  begabt  entlaffen  merben. 
iibcrljaupt  braud)en  bie  3"'^'^S£  ^^^  SOten« 
fd)cn.  So  f)olen  fte  $^raucn  unb  H^ti^nn^^n, 
um  freiilenben  3^^i^9^""f"  bet!,uftehen, 
bann  menben  fte  ftc^  an  oerfiänbigc  SfJiönncr, 
menn  es  ftc^  um  Teilung  eineö  Sc^abeä 
hanbelt,  unb  enblid)  erbitten  fte  oon  ben 
2)Jenfd)cn  Diäumlid)f'ctten,  um  ibre  ^oij' 
jeiten  barin  abhalten  ^u  fönnen.  IDIit  bem 
mas  bie  Untermelt  bietet,  mit  Segen  unb 
®Iüd  fpcnbenbcn  Äleinobicn  merben  bic 
5JJenfd)en  jemeilcii  belohnt  für  it)rc  Dienjle 
unb  3uoor£ommenheit.  S)en  3tt»crgcn  ftnb 
auch  Heilfrüfte  befannt,  meld)c  ^flanjen  unb 
Steinen  inne  mohnen.  Sro^  ii)rer  geifiigcn 
Überlegenheit  haben  bic  3»erge  oor  bem 
!)Jienfd)en  bodh  eine  gemiffc  Sd)cu.  23e* 
fonbers  jumiber  ift  il)nen  als  ^eibnifd)en 
Sßefen  unb  rollen  iJtaturföhncn  bie  Qluä= 
breitung  bes  (£l)riftentumö  unb  ber  .Kultur, 
namentlid)  menn  Icfetere  in  il)r  Serei^ 
fommt,  gelber  befietl't  unb  bie  93ergc  mit 
S^ad)ten  burd)müt)lt.  2)arauö  cntfpringt 
nun  aber  aud)  ein  fcinblii^c^  iBcrl)altniö 
jmiic^cn  3wergcn  unb  ÜUenfc^en.  2)icfc 
achten  jene  nid)t  unb  fo  fd)abcn  bie  3^f'^S^ 
Xiin  9)ienfd)en  unb  neden  ftc.  S)te  Sc» 
rül)rung  ober  ber  Qlnhaud)  pon  3™8rgcn 
fann  bei  Ü}Jenfd)en  unb  Slieren  Äranf^eit 
unb  Job  nerurfa^en.  3^)1:  Sd)Icig  lä^mt 
.Körper  unb  ©eifi.  ©as  SBolf  f^reibt  ben 
(Jlben  auc^  bie  *2lfilöc^er  im  Holje  ju;  mer 
burc^  ein  fol^e«,  ober  burch  bai  2od), 
meldjcä  ber  'JJfeil  eines  3™«>^9®  ^n  ^i^  •^^wf 
eines  licress  gcfd)offen,  fdhaut,  ber  fteht 
fonft  tocrborgenc  35ingc.  ^tlen  3"5crgen 
fte^t  büS  SBermögcn  ju  fid)  unftd)tbar  ju 
machen,    teil^    rermittelfl    t^rer    Äopfbc* 


3tt)erge  unb  iRiefen. 


787 


tccfung,  ben  fogenannten  ytiitU  ober  Zain- 
tappen,  teilä  mit  .•oilfe  i^rer  ytödi  ober 
SO^äntcI.  SBer  eineö  biefer  Äleibungäfiüdc 
an  fid)  ju  reifen  oerjle^t,  gen^innt  nid)t 
nur  bie  Tlaä)t  ficf)  unfi(^tbar  ju  mad)cn, 
fonbern  mi)  größere  ^örperprfe  unb 
bie  |>errfc^aft  über  baä  Söolt  unb  baö 
(Eigentum  bcr  3^«i^9f-  2)on  i^rer  i^ä^ig* 
feit  bie  ©efialt  ju  bergen  machen  bie 
nectifd)en  ÜBic^te  oft  ©cbraud)  um  bie 
lWen[(f)en  ju  betrügen  unb  ju  täufd^en. 
Syrern  6influ§  n?irb  aucf)  eine  Äranffjeit 
jugefd)ricben ,  ttieI(J)e  eine  93erfiläung  ber 
^opff)aare  jur  ^olg^i  i)at;  QÜpjopf,  5Druten* 
jopf,  SBic^tel«  ober  a[öeicf)feljopf  wirb  biefe 
6rf(^einung  genannt,  5Da^  engU[d)e 
Serbum  „to  elf"  beißt  gerabcju  „hai  ^aax 
öerftljen".  5tIIe  Si^^isc  ""^  Stben  fmb 
biebif(f)  unb  entfüt)ren  nicf)t  nur  leblofe 
SDinge,  fonbern  auc^  SOtenfcfien,  namentlif^ 
Jungfrauen  unb  ^inber,  an  bercn  ©teüe  fie 
bann  bie  fogenannten  Sfflccfcfelbälge ,  baB= 
lic^e  fretinenartige  ©ef^öpfe  in  bie  SBiege 
legen.  QSertjinbern  fann  man  ben  Äinber« 
auötaufd),  »enn  man  einen  ©c^lüffel,  ober 
eineö  t>on  beä  55atcrö  Äleibern,  ober  6taf)l 
ober  ?Jä()nabeIn  in  bie  SBiege  legt,  ben 
äßecf)felbalg  [\i)  com  $alfe  fc^affen  aber, 
inbem  man  burd)  etwas  ©onberbarcä,  j.  S. 
burd)  2Öafferfod)en  in  (£ierfd)aten,  ibn  in 
öerrounberung  terfefet.  S'^id  ber  3un9= 
frauen»  unb  Bcr  Äinberentfübrung  i|l  ben 
ßwergcn  burc^  .Rreujung  mit  bem  2)Jcnfd)en 
\i)x  eigenes  ®efd)led)t  auf  eine  l)öt)ere 
©tufe  ber  (Sntwidlung  ju  bringen,  ©in 
untt>iberftef)Iid)er  ^ang  jur  'Diufit  unb  Jan, 
mobnt  ben  ©Ibcn  inne.  3n  iDJonbfc^ein^ 
nädjten  fröfineu  fie  auf  SBiefen  ibrer  ßuji. 
SBefie  bem,  ber  ftd)  burc^  bie  fügen  löne 
jur  Sfieugierbe  terlocfen  Ici§t,  um  ibn  iftä 
gefd)e^en.  *Mud)  bie  ®abt  ber  SZBeiöfagung 
roirb  ben  3>^crgen  jugefd)ricben,  oft  er^ 
fd)einen  fie  als  fluge  Otatgcber.  ©ie 
3nierginnen  fpinnen  unb  rceben  feine 
©toffe,  iic.  iD]ännd)en  aber  fd^mieben  funjl* 
noüe  (Seräte.  ®egcn  fleinen  ßobn  fann 
man  rot)e^  ©ifen,  baö  man  vor  bie  .pöblen 
ber  3*^^''8^  1^9^'  '^^  anbern  SKorgen  gc« 
fd)miebet  unö  verarbeitet  »ieber  abtjolen. 
Unter  ten  ©Iben  fpielen  nun  einige 
eine  befonberä  bebeutenbe  SRoUe,  fo  ber 
^ßilhji^,  beffenD^ame  in  jablreidjen  iBa* 
riationen  t)äufig  in  m^b.  ®ebid)ten  auf= 
tritt,  ör  ift  ein  böfer  2)ämon,  ber  ^aare 
nerfiljt  unb  verwirrt  unb  bem  ßanbmann 
namentlid)  baburd)  jur  großen  5ßlage  wirb, 
ta^  er,  eine  €id)el  an  ben  ^"B  gebunben, 
Jiurd)  ^ai  reifenbe  Äorn  ge^t.    SBon  bem 


Seil  bed  ©etreibefelbeä,  »eichen  er  mi 
feiner  Sid)el  bur^fd)neibet,  fliegen  alle 
Äörner  in  feine  ®(fteune,  ober  in  biejenige 
beö  93auern,  bem  er  gerabe  ale  ^ausgeifi 
bient.  Oft  reitet  er  auc^  auf  einem  33o(f 
iuxä)  bie  ©etreibefelber.  I)em  (pilmife  jur 
Seite  fie^t  ber  6crat,  ber  in  SBälbcrn 
^erumfpuft  unb  ft(^  im  Saufe  ber  3eit 
ani  ber  ernflern,  grö§ern  ©efialt  beö  Sßalb» 
fd)rat  ju  bem  fleinen,  necf ifd)en  ®  d)  r  e  1 1  e  l 
cntwidelte.  (Sr  I)at  in  feinem  SBefen  üiel 
5i[t)nUd)feit  mit  ben  ®atl)rn  unb  jjauncif 
ber  gried)ifd)en  unb  römifd)en  Tl\)i^O'- 
logie.  S)er  SBalb  mirb  nod)  üon  anbern 
fleinen  (Sefc^öpfen  be»ot)nt,  ben  fogenann* 
ten  milben  ßeutcn,  SBalbleuten, 
^oljleuten,  \vild)t  bem  ÜJJcnfcfeen  immer 
bilfrcid)  jur  «Seite  fteben  unb  beren  größter 
Si^recf  ber  wilbe  ^ä^ti  unb  ÄümmeU 
brot  ift. 

3n  3ufiiTi™fn^'>"9  ni^t  ^*n  SBalb« 
geifiern  flct)en  bie  2Baff  ergeifier, 
n3eld)e  allerbingd  oft  nid)t  ali  fleine  ®e* 
fd)öpfe  aufgefaßt  roerben,  fonbern  vielmehr 
alä  ungeheure  ©eifier,  ein  Sc^reden  be^ 
2)/eereö,  mie  bie  fJiicorcö  im  ©eomulf.  Die 
weiblichen  fflefen  ^ei§t  man  9iijen,  bie 
männlichen  DMfe,  weld)e  Dfiamen  fid)  auf 
tai  at)b.  nichns,  agf.  nicor,  juriidfüfiren 
laffen.  2)ie  männlid^en  SBaffergeifier  wer« 
ben  gewöbnli^  fd)on  ältlich  unb  lang= 
bärtig  norgefietlt.  33iel  befannter  fmb  bie 
weiblid)en  ®efd^öpfe,  bie  iRiren,  Welche  fo 
oft  von  S)i<$tern  uetf)errlic^t  werben  unb 
bercn  3aubetgcfang  mand)es  ?Wenfc6enfinb 
l}inabgelodt  Ijat  in  bie  ilöaffertiefe,  wo 
präd)tige  Äcrallcnpaläfie  bie  reijcnben  Jung» 
frauen  aufnel)men. 

Sieben  ber  Sejeic^nung  9'?ijc  fommt 
and)  ber  DJame  IDJummcl,  SDiü^mc^en, 
SBaffermubme  vor,  benen  unter  anbemt 
ber  büfterc  Ü)^ummelfee  im  mittleren 
Sc^warjwalb  feinen  Slawen  verbonft.  Sic 
bie  Oper  „Unbine"  von  Cor|}ing ,  ober 
\>ai  30?ärd)en  „O^elufine"  jeigt,  Verlanen 
bie  Diifen  oft  if)re  naffe  ^eimat  unb 
mif*en  fxd)  unter  bie  SDJenfcbenfinbcr. 
®oc^  äu  einer  bejlimmtcn  3fit  mü^en  fre 
wieber  äurüdfe^ren  in  ilir  ilöaiierreid).  2Ber 
ftc^  verfpätet,  wirb  vom  Sffiaffermann,  bem 
^crrn  ber  9iiren,  ermorbet,  einJBIutjtra^I, 
weld)cr  auö  ber  Sicfc  beä  ©ewäiier«  empor-- 
fpri^t,  äcigt  bcutli^  an,  wie  i)ai  unglüd- 
lid)c  HRäbdjcn  i^re  Serfäumniö  gebü§t. 
Überf)aupt  flnb  bie  ffiaffergcifier  viel  blut* 
bürjiiger  als  itire  Settern  in  ©ebirg  unb 
ffialb.  Sin  unfd)ulbigeg  Äinb  würbe  in 
alter  3eit  bem  SJlidiuö  geopfert  unb  noc^ 


788 


3tt)crge  unb  [Riefen. 


^en(df)t  ber  ©laube,  ba§  bcr  2öaf[erncrf 
Srtrurfene  alö  Opfer  in  tai  naffe  ®xab 
gcjogen  iiabi. 

2Dem  üJJenfd^en  am  näd)jicn  jle^cn  bie 
|>au«geijier,  bieÄoboIbe  ober^cin» 
ädmännd^en.  Sie  ftnb  pct^  männlidf)en 
®efcf)Icd^tö.  QIuö  93u(i^öboum^oIj  würben 
fleine  iindnnd&en  gcf($ni^t  unb  im  3inini«t 
Qufgefieüt.  fBai  frü{)er  ^eiliger  Srnfi  »ar, 
inbem  man  in  bicfcn  ^oljfiguren  gütige 
ßaren  t>cre{)rtc,  njurbe  fpätet  jum  ®cf)etj. 
3n  ©eftalt,  5lu^fe]^en  unb  Stadjt  fommcn 
fte  ben  S^i^ergcn  gleid^.  3^^  Äopf^aat  unb 
93art  ift  rot,  au(^  fie  tragen  bie  fpi|e  rote 
Äapuje.  €idf)  unfid^tbar  ju  mad^en  liegt 
ebcnfaü«  in  i^rer  SDlac^t.  SJJlittelfi  gefeitet 
6d)uf)e  ober  ©tiefet  ip  c^  if)nen  leicht, 
bie  hjeitejlen  SBege  mit  bet  größten  ©e« 
fdf)h)inbigEcit  jurücfjutegen.  3^re  Sffiofens 
lldtte  ift  meiPenö  Stall  ober  ©c^eune.  |)ier 
unb  in  ber  Äüdje  ifi  ber  Screid^  i^reö 
fiiüen,  unfidjtbaren  ©d^affenö  unb  2öitfenö. 
®lücf  unb  Segen  ifi  in  bem  ^aufe,  in 
welchem  ein  Heiner  .^auögeiji  fein  2Befen 
treibt.  glf^B'S^  ©ienfiboten  unterfiütet  er, 
faule  aber  baben  fon  feinen  Siiecfeteien  »iel 
ju  leiben.  Jreu  plt  er  bei  feinem  ^auä^ 
f)etrn  auö,  ja  er  »erme^rt  fogar  beffen  ®ut 
auf  Äojicn  ber  Jiac^barn.  ®r  ifi  mit  fef)r 
geringem  ßo^ne  jufrteben.  (jffen  unb 
Jrinfen  mu§  i^m  täglid^  binflcfitßt  werben, 
©ann  forbert  er  no(|,  rcenn'ö  l)o<i)  Eommt, 
einen  ^ut,  eine  rote  Äappe,  einen  bunten 
9iocf  mit  flingenben  ©gellen.  S[J?anc^mal 
aber  net)men  eö  bie  fleinen  SBtc^te  übel, 
menn  man  fte  mit  Kleibern  befcE)enft  unb 
ijieben  eon  bem  ^aufe  weg,  auö  tt)el(f)em 
bann  jugleic^  au*  aller  Sffioblfianb,  bie 
eintrad)t,  furj  iai  ®lücf  f^winbet.  S)icfe 
Äobolbe  fmb  überhaupt  fe^r  empfinblid). 
Sßerben  fie  im  ©eringfien  nernacbläffigt, 
fo  räcficn  fte  fid)  an  ben  ^auögenoffen  im 
befien  f^^ll  burcfe  fffiegjug,  ober  fte  laffen 
i^nen  unb  bem  Sieb  alä  poltet«,  $lagc=, 
ober  Duälgeifter  Sag  unb  dlai)t,  bei  9lr« 
beit  unb  Schlaf  feine  SRube.  (5^  fann 
ben  93öfcmid)ten  fogar  in  ben  ©inn  fom« 
men,  einem  einfach  ba^  ^auö  übet  bem 
^opfe  anäujünben. 

Sreffenb  ttirb  ber  (Sbataftet  bet  focben 
fur^  bcfc^riebencn  ©eifiet  butc^  ©rimm  in 
folgcnbcn  Sorten  jufammengefa^t:  „2)urd^ 
bas  ganje  SBefen  bet(5lbe,  S^iye  unbÄobolbe 
gebt  ein  leifet©runbjug  Donllnbcfticbigung 
unb  Srofiloftgfeit :  ©ie  miffen  i^te  l)nxi 
licf)en  ©aben  ni<^t  rect)t  geltenb  ju  ma(f)en 
unb  bebürfen  immer  ber  5lnlcbnung  an 
bie  SWenfdjen.    JRid^t  nur  fireben  jtc,  il)r 


©efc^ledbt  butc^  ^eirat  mit  SWenfd^en  ju 
etftij^^en,  fte  ^abcn  auä)  ju  ibren  Qtnge* 
legenbeiten  beö  SRateö  unb  be^  SSeiflanbg 
bet  3Wenfdben  t)on  ??öten.  Dbglei(^  ge* 
Reimet  ^eilftdfte  bet  ©teine  unb  Ätdutet 
in  §öbetem  ©tabe  aU  bie  SQJenfcfjen  fun« 
big,  tufen  fte  bennodb  jU  ibren  5^ranfcn 
unb  freifenben  5'f<JU«n  menfi^lic^e  |>ilfe, 
leiben  t)on  ben  SlJJenfcben  93acf=:  unb  i8rau=: 
gerate,  feiern  felbft  i^re  ^ocbi^eitcn  unb 
^efie  in  ©dien  ber  SJienfcben.  t>ai)ix  ancS) 
\\)X  3»eifel,  ob  fte  bet  dttöfung  teilhaftig 
meiben  tonnen  unb  bet  untjerbaltne 
©dbmerj,  wenn  terneincnbc  ütntwort  er» 
folgt." 

S)en  fidrffien  ©cgenfa^  ju  ben  ßwergen 
bilben  bie  SRiefen.  ©inb  bie  3tt)erge  an 
SBerftanb  bem  SKenfi^en  überlegen,  fieben 
fte  il)m  aber  nacb  in  93ejug  auf  ben  ^öt« 
per,  fo  wobnt  getabe  bei  ben  ^liefen  in 
einem  ftdftigen  Selbe  ein  befcbrdnfter  ©eifi. 
3m  iRorben  beiden  bie  SRiefen  Jötunn,  plar. 
Jötnar,  iai  ©imrocf  oon  bem  ®ot.  „itan", 
„effen"  ableitet,  fo  ia^  baburcb  ber  [Riefe 
alö  bcr  ©efrd^ige  bejeicf)nct  würbe,  wdb* 
tenb  bet  anbete  oorfommcnbe  9tame  Thurs 
mit  unferm  25utft  jufammenbdngt  unb  fo 
bem  iRiefengef4Ie(f)te  auc^  bie  Siebe  jum 
StunE  jugefc^rieben  wirb.  S^benfaüg  ifi 
ftcber,  ta^  in  bem  2Befen  ber  SRiefen  baö 
ftnnlicbe  weit  über  bem  gciftigen  fiebt,  ber 
Äötpet  weit  übet  bet  ©ccle.  3"  bet 
©cböpfungögefcbicbte  ftnb  bie  SRiefen  bie 
etftcn  lebenben  SBefen.  jDet  Uttiefe  2)titit 
ifi  ani  bem  SRiebcifcblag  bet  utweltlic^en 
©cwdffet,  ani  SReif  unb  lau  entfianben 
unb  auö  feinet  ßeibeä  unge^eutet  2Raffe 
würbe  ^ernac^  (grbe,  SBaffcr,  SBerg  unb 
SBalb  erjeugt.  2)ie  SRiefen  werben  für 
bumm  unb  einfältig  gebalten  unb  in  ber 
beutfc!)en2R9t^oiogieweni9fienö  wirb  i^nen 
Sreubetjigfeit  ^ugefd)tieben ,  wd^renb  fie 
in  anbetn  ©egenben  (Sutopaö  in  bem  SRufe 
wilber  SOUnfcbenfteffet  fieben.  35ocb  ni(f)t 
alle  SRiefen  ttifft  bet  SBorwurf  ber  ©umms 
beit.  Sänge  flreitet  im  SRdtfelEampfe  SCßo« 
ban  mit  bem  weifen  Vafthrudnir  unb  erfi 
butcb  einen  Stunf  auö  aWimitä  Duelle 
tann  SBoban  ^lüwiffen^eit  etlangen.  3""^ 
3otne  gereijt,  werben  aber  bie  SRiefen,  wie 
eä  bei  geifiig  nidbt  bocf)  begabten  2öefen 
in  bet  SRegel  bet  ^aU  ifi,  futcf)tbat  unge« 
fiüm  unb  ftnb  bann  ebcnfo  tücfifcb  unb 
plump  im  5lngtiff,  al^  fte  gutmütig  unb 
plump  in  bet  SRu^e  Waten.  J^elöblöcfe 
Werben  gegen  bie  ^einbe  gefcf)leubett, 
ganje  53dume  au^  bem  SBoben  getiffen 
unb   fo   beftis  gcfiampft,   baß  baö  SBein 


3»et9e  unb  Sliefen. 


789 


big  jum  Änie  in  bie  ®rbc  cinftnft.  3" 
ben  ©Ottern  fielen  bie  SRicfen  balb  fteunb» 
Ixd).  balb  feinblid).  3^iW«n  ber  Sßo^s 
nung  bcr  (Riefen,  Jötun^eimr,  unb  bem 
©öttetft^  2l[Q^eimr  finben  l)äufige  gecten^^ 
feitige  93cfu(^c  fiatt.  SWanc^e  ©öttcr  jtnb 
mit  SRicfentöcbtern ,  bie  ftc^  oft  burc^  be* 
äaubernbe  @d)önbeit  auöjeicinen,  burd^  bie 
©be  »crbunben.  SBoIIen  aber,  tt)ie  cö  awcf) 
gefdbiebt,  bie  9fltefen,  gleid)  bimmelftürmen^ 
ben  Juanen,  bie  ©ötter  fiürjen  unb  bie 
SBeltberrfcbaft  an  [xä)  reifen  unb  entfpinnt 
fid)  ein  Äampf,  fo  ijl  i^r  furc^tbarfier 
i^einb  %^ox ,  »etcber  mit  feinem  |)ammcr 
fc^on  mancbcö  iRebenen  ^aupt  jerfdbmettert. 
SDie  iRoKe  St^orö  aU  gemaltiger  SRiefen* 
überminber  ttjurbe  in  ber  ^rijtlidben  ©agcn« 
gefc^id^te  bem  ^cil.  Dlaf  anücrtraut.  äffiaä 
bog  SBcrbältniä  ju  ben  !rJenfcf)en  betrifft, 
fo  ifi  eö  beinahe  rü^rcnb  ju  fe^en,  mic 
ben  SRiefen  bie  (SrbbeWo^ncr  jmar  an  ^öx- 
per  clU  ni^tigc  Ääfer  ober  im  ©taube 
mü^Ienbeä  ®eh)ürm  crfc^eincn,  njic  fie 
aber  bocf)  füblen,  baf  bcr  geijtig  ©tarfe 
tro^  feiner  pbt)fif<i«n  ©(^njäd^c  bie  ^Icifcö« 
fotoffe  immer  mebr  »erbrängt  unb  ta^  fie 
fclbjl  fo  »or  bem  S3orfct)reiten  ber  Äultur 
einem  fiebern  Untergänge  entgegengehen,  mie 
bie  Urmälber  unb  bie  »üben  Sliere,  itelcbe 
in  biefen  baujlen.  2Bie  bie  (Riefen  ibre 
5tb^ängigfeit  non  ben  SD'lenfcben  füf)Ien, 
baö  jeigt  bie  meitoerbreitete  ©age  »on  bem 
ppügenben  2anbmannc  mit  feinen  3^9* 
tieren,  ben  ein  SRiefenmäbcben  in  ber 
©cbüräe  bem  SSater  aU  artig  ©pieljeug 
jutrdgt,  eon  iljm  aber  jirenge  angebalten 
mirb  bie  jappelnbcn  2)inger  mieber  an  Ort 
unb  ©teile  ju  bringen. 

„I)enn  märe  nic^t  ber  93auer,  fo  |ättefi 
S)u  fein  iBrot, 

6ä  fprieft  ber  ©tamm  ber  (Riefen  auä 
Sßauermart  ^eroor; 

5Dct  Sauet  ifi  fein  ©pieljcug:  ba  fei 
unö  (Sott   baoor." 

35ie  (Riefen  mo^nen  auf  Reifen  unb 
Sergen;  if)re  ganje  (Ratur  l)ängt  mit 
bem  ©teinreic^  ä^fammen,  fie  ftnb  ent^ 
meber  belebte  ©teinmaffen  ober  t>er= 
fieinertc,  früher  lebenbige  ®cfcf)öpfe.  Qlucb 
ibre  ©dE)U^s  unb  (Hngriffemaffen ,  ©ct)ilb 
unb  Äeule,  fmb  au^  ©tein.  2Bie  bei  ben 
3ftergen  fann  man  aber  aud)  bei  ben 
(Riefen  neben  Sergriefen  nod)  SBalb*  unb 
2Baflterriefcn  unter'fdbeiben ,  je  nacb  ib«ni 
5tufcntbaltöort.  3u  ben  dßafferriefen  ge- 
hört  j.  S.  ber  au«  bem   angelfä4)fafd)en 


epoö  ©eowulf  befannte  unb  berücfetigte 
Orcnbel.  ©puren  non  iZBalbriefcn  finben 
fi^  in  jablreicben  ©agen.  Äpftopcnmauern 
tennt  nid)t  nur  ©riecfeenlanb  fonbcrn  aucft 
I)eutfd)tanb.  5Dcn  (Riefen  mcrbcn  aud^ 
bier  Sauten  ber  Sorjeit  jugcfi^riebcn.  3n 
9liefenbergen,  (Riefcnbügeln,  ^ü» 
nen betten  backte  fid)  hai  Solf  bie  öeidj» 
name  ber  Äoloffe  rubcnb,  ober  aber  ti 
ftnb  biefe  oft  febr  bebeutcnben  Gcböbungen 
burcf)  (Riefen  bfiflctragen  morben.  3n 
(Rorbbeutfcblanb  iji  bie  ©age  mcitoerbreitct, 
ia^  ein  (Riefe  eine  Srüde  über  eine  ÜReer« 
enge  bauen  moüte,  ju  biefem  3tt>ecfe  ©tcine 
ober  ©anb  ^erbeitrug,  bann  etma«  üon 
feiner  ßafi  fallen  lief  woburcb  bcnn 
ein  Serg,  eine  ©anbbanf  ober  gar  eine 
fleine  3nM  entjianb.  2)ie  größten  ©teine 
unb  gclöblöcfc  bacf)tc  bie  ißolföpbantafte 
an  ben  bcftimmten  Drt  gefegt,  ttjeil  fie 
einft  ben  (Riefen  im  ©cf)ub  brücften,  mie 
un«  ©anbförner  ober  fleine  Äicfel.  2Rit 
ber  ®röge  jte|)t  aucf)  bie  Unempfinblicfefeit 
ber  (Riefen  gegen  Serle^ungen  im  Ser» 
bältniö.  ein  Slatt  fei  auf  ibn  berabge« 
fallen,  meint  ber  auö  bem  ©cblafe  er* 
macbenbe  ^üne  ©frpmir,  alä  Ibor  mit 
feinem  Jammer  i^m  einen  mud)tigcn©trei^ 
auf«  ^aupt  üerfe^t.  5luct)  ibr  junger 
unb  2)urfi  ift  grof.  2>er  ©argantua  t>ti 
(Rabelaiö  jiebt  mit  jcbem  5"^  auf  «in^n» 
boben  Serg  unb  trinft,  ftd)  nicberbeugenb, 
ben  baämifdienfliepenben  ©trcm  au«, 
©tarf  ftnb  bie  (Riefen  aucb  im  ©tein» 
fcbleubern,  fiet«  finbet  man  bie  gan^e 
^anb  beä  (Ißcrfcr«  auf  bem  barten  Slocfe 
abgebrücft,  ebenfo  laffen  fte  im  »atein 
guffpuren  jurücf  unb  ibre  ganje  ©cftalt 
ifi  eingeprägt  in  gelömänbcn,  an  bie  fxe 
frcb  gelernt. 

SDer  ©laube  an  (Riefen  ifi  fdbnetler  ge* 
fd)munben  al«  ber  an  bie  3«efSf-  3" 
ber  mbb.  Dicf)tung  «erben  fie  bcfonber« 
Don  böfifcben  2>i*tern,  mclcf)e  ibre  ©toffc 
au«  bem  (Romanif^en  entlet)ntcn,  nur  mit 
aUgemtinen  Bügen  gefcbilbert.  ßcbcnbiger 
unb  brafitfcber  treten  fie  in  ber  gelben* 
fage  auf,  fo  im  Äönig  (Rotber  Qtfpirian, 
©rimme  unb  Söibolt,  im  ^ürnen  ©ieg* 
frieb  Äuperan,  im  JBolfbietericb  (Rü^e 
unb  (Belle.  (D?an  finbet  benn  aucb  tjon 
Dpfcrn,  »elcbe  (Riefen,  ftie  freunblic^en 
(Slben  unb  ipauögeijiern  gebrad)t  roorben 
mären,  faum  eine  ©pur. 

(Rai):  ©rimm  unb  ©imrod,3R9t^o« 
logic. 


^acörtgifter. 


21. 

«UbBittc  649. 
9l«93.(5.Scf)ü^en  97. 
Qlbbccfcr  706. 
5tbbedctmcffer  707. 
5lbenbmct)Iöprobc  245. 
8lbentcucr  1,  623. 

abentüre  1. 
«überac^t  2. 
?(6erglaubc  1. 

SlblaBjCttcl  304. 
9lbf(i)neiben  ber  Sflafe  648. 
«Mbfeiten  25. 

mt  2. 

Qlcfcrbau  64. 
5tdctfricbe  144. 
adaling,  edeling  3. 

Stbel  3,  196. 
Vilbel,  nicberet  6. 
mUi  274,  666. 
äffe  509. 
mgibiuö  502. 
Agnus  Dei  403. 
agtstein  31. 
ütbaäreru*  95, 
«Mbnmuttcr  138. 
Sllabemie  6. 
Qlfolutbcn  361. 
Stfrofttt^on  6. 
Alamode  7,  157. 
Alba  169,  394. 
2tl(^emic  7. 
Sticyanbctfage  8. 
5llejaubriner  8. 
Megork  9,  35,  315. 
StUittcriwenber  5ßcrg  9,  88. 
SlHob  10. 
Ollmageft  174. 
SHntttiiac^  10.  Ij 

Qllmcnbc  64. 
511mofen  15. 


?lImofenfaf}«n  15. 
»HIp  71. 

mp^axti  %ot  282. 
ÜUpborn  497. 
mtax  10. 
Qlltarleu^tcr  11. 
mt^o^beutfi^  11. 

Olmabi^  596. 
^Imelungenhnö  281. 
Olmtätlcibung  679. 
«nbreaöfrcuj  116. 
Sincüicn  11. 

an9clfäcf)ft[cf}e  Schrift  617. 
Stnnalcn  12,  203. 
2tnnaten  12. 

2lnntöcrfaricnl2,  420,  514. 
«Mnfianbätegcln  252. 
<}lntboIop^  666. 
Slnttcörift  12,  333. 

Antipendium  10. 
Qlntoniuebcrren  308. 
Slntruftio  12. 
Stntoerfe  13. 

apotrppl).  Srja^Iungcn  444. 

^otmt  13. 

5lppoüoniuö  719. 
Apsis  13. 

Archlabbas    des    Archimo- 
nasterii  30. 

Slri^iütDefcn  13. 

«Urtebufc  259. 
2lrlcbufiercr  14. 
atrmfiraft  14,  622. 
arme    Gölefitner    ©remiten 

127. 
arme  Schüler  15. 
txmd  134. 
Strmen^flcgc  15. 

armiger  590. 
^Irmringc  584. 
SlrttUetie  15,  122. 
mtiPenfatultdt  710. 
iartud^öfe  781. 


Wrtugfagc  16. 
nxitt  17. 
Stfen  18. 

Asinus  620. 
iafi  565. 

mvoum  18, 334. 

«tf^I  19. 

Atlamäl  77. 

Stitgufttiter  20. 

"Äugufiinciregcl  337. 
Anrea  Gemma  425. 
5luronö  <)3fenmg  740. 
«tugfa^  20. 
Qlutobiogtapbie  209. 
mt  mana  20. 

Aventuriers  1. 
2tjt  20. 


Babacane  46. 
baccalanreus  709. 
!8a*anten  97. 
»acffleinbau  227. 
Saber  705. 

Sabcacfen  21. 

^ai)xxtä)t  245. 
»alba^in  677. 

SBalbcr  21. 

Satt  22. 

SoUabe  22. 

Saüeien  586. 

fSaUüt  23. 

iBaafpicl  632. 

SaatDcrfcn  23. 

Söann  23,  246,  646. 

Saptifterien  340,  658. 

mt  23,  456. 

23dt  274,  668. 

»arbatop  718. 

öatbietc  705. 

fBarbigan  625. 

öorbcn  23. 

Sarctt  171,  376,  685,  687. 


mtmtt  23,  126. 

Sormöetjtfic  Sriibcr  24. 
Saroöfttl  "24, 
mton  24. 
mxt  24,  565. 
'.ßartfiolomäuä  502. 
«afilifa  24,  597. 
«ajlcicn  390,  626. 
iBa^en  25. 
iBaucrn  199,  366. 
Sauern^öfe  150. 
Saucifprac^en  641. 
«auc^cn  584,  613. 
Sau^üttcn  25,  785. 

Beati  272. 
Sed)et  163. 
33c(i)tcUtaa  118. 
Seerbigung  419. 
^Bcfeftigunqcn  bcr  alten  @cr= 

ntfluen  '2(). 
Següngniö  420. 
53egöarbcn,  S3ctitiien27,  öoo. 
^öe^aimiic^  27. 
Ücbcijuna  '68. 
S3cid)tbü(iöcr  27. 
«cic^tformchi  27. 
«cid)tiger  272. 
«et^tftüölc  27. 
«eil  2ü. 
»eilagcr  278. 
Seinfldbcr  27. 
!öein|"d}icnen  263. 
Sefcnncr  272. 
Selagcrungöbienfi  384. 
Sciagerungstricg  388. 
S8ciiebiftincr=Drbcn  29. 
*.öcnefijialaic[en  3,  412. 
beneflcium  412. 
»enj  502. 
bercfrid  46. 
SBcr^ta  30. 

berge  der  miltikeit  743. 
!8ergfricb  45. 
58ergrctl)cn  31. 
5öernöaröincr  31,  53. 
söcrn^arbtncr  Don  btx  Db= 

feröans  31. 
«eniftein  31,  189. 
Seitba   137,   13*^. 
a3efdicibcnt)cit  139. 
»ejitjoupt  99. 
Bestiarias  666. 
Setglode  215. 
«cttclorbcn  31,  2(i6,  365. 
söcttelu)cfcn  31. 
33ettcn  4ul,  767. 
Scttbimmel  4U2. 
»cttlabcn  581. 


©ad)regifier. 

93ettfdiemel  403. 
33ibclübcrje^itnneii  32. 
Jöililia  pauperum  ;j3. 
S8ibaotl)efen  33. 

i^iencn  276. 
mtt  34,  534. 

«ilbcnbc  tituft  34. 
Silber,  relioiöfc  34. 

23ilbnerci,  gotifd)e  230. 
Siograplnen  209. 
Söifd^of  36,  169,  361. 
23iifcn,  gctticiljter  245. 
Sitevolf'unb   2)ictlcib  282. 
mapljatt  37,  556. 
©lasinfirumcnte  497. 
!ülau  100,  615. 
«leiöe  13. 
©leifliftc  615. 
33tonb   100. 
iHumcnorbcn  37. 
5ÖIunteHi'prad)c  37. 

Ölut   56». 
Slutbann  23. 
Sölutrai^c  38. 

■43ocf  274. 

Söötfe  38,  385. 
iöocfopfer  534. 
Sogen  38 
!l3ogenfd)ü^cngefeüfd;aften 

38. 
^ogram  677. 
Sö^mifd)e  Srüber  38. 
:^obncutönig«ife[i  71. 
33öaer  16,  i391. 
^.üoütüetf  626. 
33ombarbc  121. 
Sotenbtenft  3!). 
Sroftcatcn  3i»,  473. 
vBranbmarfeit  648. 
Sratfc^c  39. 
23iaun  100. 
Svaut  129. 
«Srautfuiu  80. 
©rauttauf  79. 
53rauifranä  80,  278. 
Srautlanf  39,  so. 
^iireibbabhf  21. 
Sretti>tcl  39,  632. 
Srcöc  40. 
Srcöicr  40. 
Sriefmoler  40. 
«riücn  616. 
'öronccjcit  643. 
Srot  426. 
Srüber  bct  fttcngen  Dbfcv= 

»ans  127. 
Srübcrbeö  freien  (SeijM 40. 
23rubcr  beaöcfc^cö  (äljniii  38, 


791 

•Dxütii  iRaufd)  564. 
j  Sriibcr   toom   gcmeinfamen 
I     Seben  41,  4:5,  :iii,  616, 
622. 

Srüber  t>om  [)1.  (Seifte  366. 

Srüberf chatten  40,  780. 

Srünne  41,  262. 

Sörunncn  579. 

2)tufiriemcn  556. 

a3ud)  bet  Siebe  718. 

Sucb  ber  ««atur  666. 

Snd)bni(fcr!unft  42. 

Südjer  43. 

33iui,  rotcö  unb   fcbrearjed 
641. 

iöücbfc  16. 

bnf  40. 

SuöUieb  44. 

Suliurt  44. 

S3«üe  44,  629. 

iöüubcn  150. 

93unbl)aube  375. 

©ünbniiTe  mit  b.  Teufel  661. 

Snnbfc^nf)  44,  155. 

ibuntmcrf  545. 

buoch  der  veter  410. 

Surg  44,  150,  634. 

Bürger  4(1. 

43ürgerU^e  {^ctlc  119. 

bürgcvlirficö  2öobnbauö  772. 

burgerfd)oft  198. 

Surgfräulcin,     Pertt>ünf(^te 
138. 

Snrggraf  4G,  637. 

33urgunbert)clm  285. 

Surgfapcdcn  341. 

Suvgftalle  45. 

mtS,  Surfe  46,  710. 

>i3iipcr  166. 

S'ojantinifd^er  Sauftil  47. 

6,  ftel)c  au<i)  Ä. 

6atanb?gilben  40. 
(Eatatraua^Diben  588. 
Campus  Madins  48. 
Campns  Martins  48- 
Canonissae  338. 
Capitularia  49. 
(Äaracolievcn  57. 
Carmina  baraua  50,  97. 
Caroccio  97. 
Carolina  50. 
Gelte  643. 
C^entenar  59,  618. 
Cento  novelle  antiche  528. 
Zentralbauten  50. 

Chansons  de  Geste  210. 
(ibaifreitag  115. 


792 


(Sa(^rcgt|ier. 


gfttromatttic  51. 
66or  51. 
g^oral  51,  485. 

(S;^ort)errcn,  regulierte  337. 
gborrocE  171. 
dftorfcbüler  621. 
g^orftii^k  51. 
etiriflftnb  138. 
(Sbriilopf)  502. 
g^riftuSBilbcr  52. 
ebronif  203. 
göronoftti^on  52. 
gifiorium  52,  10. 

Cisiojanns  655. 

giftetctenfer=Dri)cn  52, 364. 
Cithara  54. 

dar  et  746. 

Slareta  497. 

(SlariJTen  126. 

©taug  ytaxx  719. 

eiown  512. 

Sluniaccnfer  Äongrcpttoit 

54,  363,  30. 
coUatio  558. 

CoUegia  Musica  56,  6. 
dompaBfatten  175. 
Completorium  655. 
Confessores  272. 
coasuetacloBonoiiiensis654. 
Contrapnnctus  483. 
courtoisie  592. 
Srebenjbecber  164. 
(Spglat  677. 
epmbeln  499. 
Cythara  493. 

3). 

I)ad)abbccfung  649. 
2)aftUltf(^c  Sicrfe  56. 

Dalmatica  169,  393. 

2)amoft  56. 
2)antc  56. 
©ampfbaber  21. 
©edjcug  13. 
Dei  gratia  56,  370. 
SJefretalen  338. 
2)cnar  471. 
I)cporttion  711. 
^eutfcö  56. 
2)euttcf)c  Dtcitcr  57. 
S5eutfcbc  Schuten  620. 
Seutfc^enfpiegel  62i3. 
©cutfc^orben  587. 
Siafon  361. 
2)t(^tet  57. 
dienestman  4,  463. 
©icnjiag  754,  777. 
^ienile  223. 


2)icnftmanncn=9Jc(^tc  57. 

Dienjitänje  657. 
Dies  irae  dies  illa  5$. 
Dictric^ä  2)rad)cnfämpfe282. 
■Dietridiö  %lu<bt  282. 
2)ictrtt^  ö.  Sern  58. 
S)ing,  ecf)teö  unb  unedE)teS  6 1 . 
Sing,  thing  58, 
2)tngfriebe  143. 
2)ing»ogt  61. 
2)t)jttj(!^cn  61. 
Direetorium     hamanae 

Titae  62,  665. 
Disciplina  clericalis  62. 
2)iöputationen  711. 
SDobriner  SRittcrbrüber  588. 
doctor  710. 
3)oI(5  62. 
©om^crren  337. 
©omfapitfl  337,  363. 

S)om{nifancr=  oö.  ^reMgcr^ 

£rkn62,  174,  207,  324, 
365,  468,  500. 

2)onar  63,  660. 
2?onnet|tag  754. 
S;oppeI{)n<Jen  260. 
©oppclfapeücn  341,  602. 
3)orf  64. 
2)orf^ocfic,  ftöfif(!^c  65. 

2)orfnäbtc  635. 
'^xad^t  66,  275,  626. 
2)ragoncr  66. 
Srania  66. 
2)m!ömgöfeft  70. 
2)reifönigötüg  118. 
S)rei§ic(j^cr  420. 
©reija^l  761. 
S)romonen  625. 
Srubc  71. 
Srubcnfit^  71. 
2)ruibcn  71. 
Su,  Sujcn  72. 
25ubel[acf  497. 

Sufatcn  73,  474. 

S)urd)fcf)lüpfenbc  Sierc  454. 
3)ufcf,  Snfcfc,  Stfef,  2?t= 
ie!cn  73. 

(5. 

(Sben{)otj  773. 

ßbcr  274. 

eberopfer  534. 

Ecbasis  669. 

©den  «Muäfabrt  281. 

©öödrt»  t>er  getreue  74, 137. 

©bba  74. 

gbclfnate  78. 


Edicta  regam  Langobardo- 

rnm  411. 
Edictum  Theodorici  411. 
ehaftiu  not  78. 
e^C  78,  181,  367,  536. 
(Sbie  591. 
(5brenftrafen  649. 
eörfc^a^  82. 
Siebe  270. 
gib,    (SxbeS^elfer,    2:rcn= 

eib  82,  370,  414. 
ginfjorn  666. 
einigangen  27. 
(Sifen,  ^ei§cä  244 
öifen^ut  285. 
©ifenfappc  285. 
©ifentragen  244. 
fSifenjeit  644. 
elften,  (Slfen  84,  785. 
Slbf^öianenorben  85. 
(Elefant  666. 

(SIenb   unb    (£Icnbcn-§er= 

bergen  85. 
Slfenbeinarbetien  86. 

Slfenbeinfcfent|erei  581,604. 

eiifabet^  502. 

(Sübogcn=®e[dE)ü|e  16. 

Slfier  275. 

©(ucibariuö  425.  ' 

(Smail  86,  605. 

empören  224,  598, 

(Snct)fIopabien  206. 

6ngel  86. 

Snglifd^e  Äomöbianten  69. 

Snglifcfecr  ©(i^ftici§  725. 

®nfbaupten  647. 

(Entmannung  648. 

©pipbania«  70,  115. 

(S^iftelfeitc  87. 

Epistolae     obscurorum 
1     virorum  87. 

(gpopöen  88. 

eVOÖ  88. 

(Srbamt  293. 

S-rbrcc^t  89. 

(Srbfi^aftöma^t  536. 

(Srbe  565. 

Srcf  90. 

Srfcr  46. 

Sruienrit^  91. 

Srnft  529. 

©ruft,  fierjog  91. 

©rtrdnten  647. 

grsämtcr  293. 

erjMfc^of  91,  169. 

erjcn  73. 

ßrsengel  86. 
(Srsgul  92,  604. 


©rjicöung  92,  133,  589. 
etjnotar  340. 
efc^e  271. 
efel  509. 
efclritt  649. 
e^cl  94. 

e^elö  ^of^altung  282. 
eMlenf^tcgcI  94,  5ii. 
©Dangclienbud)  395. 
(Stianßeltcn^annomcn  95. 
döangcIicnfeUe  95. 
©ttigct  Sutic  95. 
Exhortatio   ad  plebem 

christianam  96. 
ejorcijien  361. 

Fabliaux  528. 

Facetiae  96. 

gaben  567. 

Fäfnismäl  75. 

gagott  497. 

%am  96,  374,  566. 

ga^nlcfeen  374. 

ga^rcnbc  ©t^iilcr  97. 

I5tt^rcnbcö  'Mit  97. 

galfen  16. 

galfcnticiic  98. 

^aü,  Xotm  99. 

gaügatter  99. 

gamilic  99. 

Familiennamen  549, 

famulus  590,  710. 

Farben  6uu. 

gorbenf^ra^c  100. 

gaf^ing  1U2. 

pffer  749. 

^fttftnac^t,  ^aSmd^t  102. 

Fafinac^tlieDer  103. 

Fafinac^tprebigten  103. 

Fafinact)töt)u^n  367. 

Fafinacfctfpiclc  67,  103. 

gauft,  Dr.  104. 

I5au(trcc^tu.g£^bcre(^tl07, 

gcc^tfimft  108. 

gebet  615. 

geberflug  453. 

Seen  110. 

ge^bctcc^t  107. 
gelbgeraeinfd^aft  64. 
gelbmarf  183. 
gclbnonnen  27. 
gelbttompetc  497. 
Scmgent^t  110. 
genfter  114,  224,  601. 
geitelopfer  534. 
ge(l  afler  Seelen  116. 
gejlbrote  534. 


@adbregi(ler. 

gcfte,  ^riftlicöe  ober  geict= 

tage  114. 
geftc,  mltüäit  117. 

gefitu^en  534. 
fendam  413. 
geuer,  ^eilige«  380. 
geucr,  öfter-,  3toö(inmg; 
unb  9Jotfeucr  119,  568. 
geuetprobe  244. 
geuertol)te  121. 
gcuertDaffcn  120. 
Fiacre  730. 
gialen  225. 
Fibel  493. 
gicrabra«  719. 
ginbel^au«  731. 
gingertinge  584. 
gtnfcnrittcr  122,  7i9. 
gifd)blafenmufter  114. 
Flagellantes  166. 

gliegenbc  «lätter  122. 
,  glo^gebit^tc  122. 
!  glore  n.  «lanfdjcflur  123, 

1       343. 
Flores  temporum  207. 
glöte  497. 
gö^re  271. 
göltet  290,  672. 

^ormdfammlungen  w.  ^ov- 

melbüt^er  12l 
gortuuat  124. 
Framea  125. 

Francisca  20. 

granji^fanerorbcn  125, 365, 

46S,   559. 
Fratres  minores  126. 

grauen  128,  73,  178,  I8i. 
gtauenbienfi  295,  593,  594. 
131. 

f^raucn^auS  135. 
gtauentlöflet  500. 
^raucustmmcr  136. 
gtebum  646. 

Freia,  Fria,  Frigg  136, 
30. 

grcibanf  139. 
greie  tünfte  140. 
freier  ©tanb  140,  5,  267. 
gteigraf  111. 
grcilcrr  141. 
gteiEned)!  706. 
gteimann  706. 
greimaurcrct  142. 
gteif*ic§en  622. 
gteifd)öffe  111. 
gteijiäbte  638. 
gtcifiül)U  111. 
gteitag  755. 


793 

Freyr  146. 
ivtia  136. 

griebe  143,  370.  637. 
gtiebendbtud)   145. 
griebpfe  145. 
gticbloftgteit  145. 
gtigg  118,  136. 
Frikka  138. 
gri^  502. 
Fr«,  FrejT  146. 
gron--  147. 
gtonbicnfle  151, 
gronööfe  147. 
gronlei(^nom#fcft  151. 
gton«  ober  J^o(i)nltat  11. 
grof^mäufcler  152. 
gruc^tbringcnbe  (Sefeüf^aft 

ober  ^^^almenorben  152. 
gtül)iabiöftiebe  144. 
gud)«  274,  666,  668. 
günfjaftl  761. 
gürft  153. 
gürftenf^ulcn  155. 

gu§  80,   .^65. 

giipcflcibnng  155. 
gitftlu^  156. 
gu^ujafdiung  156. 


©abel  156. 

gadem  45. 
(Saffel  782. 
©alontcrie  156. 
(Saleajje  625. 
©aleete  625,  627. 
©algen  157,  646. 
®aliatben  97. 
©änfebaucf)  686. 
©atbinen  403. 
©arten  157. 
gatten  31. 
®artenanlagen  579. 
®attengefea[d)aft  529. 
©affenbancr  158. 
(Saft,  (Saftfrcunbft^aft  158. 

182. 
©afi^äufet  747. 
®ait  159. 
öjaud)matte  509. 
©aunertum  161. 
©cbücf  26. 
©efängnieftrafc  649. 
(Sefäfje,  Iiöuglit^c  163. 
(Sefä^e,  ür^li^e  165. 
(V)cfoIgcü)efen  165,  179. 
®ei)aln)itung  684. 
©eige  493. 


794 

(Scißenflaöicr  495. 
©cifel  166. 
©etiler  166,  354. 
(Seiilunc?  648. 
©ctftUc^cr  Drnat  169. 

®clb  100,   136. 
(Btlb  172,  469. 
@elegcnljeitgbi(!^tcrei  172. 
©cnoöefa  173. 
©cograjpljie  174. 
®cr  408. 
©crabc  90. 
©eti^t  58,  650. 
®crt(it^altünier  650. 
©eric^tötiicner  706. 
®cncf)täfriebc  650. 
©ennania  i>c^  XadM  175. 
©ermania  nac^  ©eb.  ^ranf 

192. 
©etraanten  176. 
®erüfte  651. 
®cfangbu(^  355. 
®cfdte  423. 

©efc^tc^tft^rctöung  201. 

®cfc^rei  651. 
®ci(^ü^namcn  508. 
©cfctien  41,  784. 
®efcaenfcf)ic§en  622. 
©efcaft^apiieöcr  209,  423. 
©efprä^fpicle  66. 
Gesta,  Oeste,  Chanson 

de  Geste  209. 
Gesta  Eomanorum  210. 
®cßirne  237. 
®efungenc  93er[e  88. 
®etränE  182. 
®emtter  237. 
®c»ölbebau  598. 
©ewölberippen  223. 
®ic§9efäge  165. 
®ilbe  779. 
®ittcr  581. 
mai  774. 
®Iaäfenfier  771. 
maMaUui  211,  582. 

(BloSt  215,  419,  650,  747. 
®Iocfcnin[c^riftcn  216. 
®Ioc!ennamcn  215,  508. 
©loric  5-24. 
©loffen  216. 
®Iücföf)iifcn  632. 
©lUtf^rab  unb  ümtl  m 

©lürfg  217. 
©lücteiopf  623,  632. 
©olbeiic  mUt  218,  375. 
©olbcncö  «Ue^  218. 
®olbf(f)micbcfunp  581. 
®olbfc^rift  615. 


©ad&regifier. 

©otifc^c  SBauhinft  219. 
©otifc^c  Silbncrei  230. 

güttfd)c  ©d)tift  618. 
©Ott  mttv  234. 

®ötter  178. 

©ijtter  bcr  ©crntanen  234. 
©öttcrbämntenmg  237. 
©ijttertcnt))cl  u.  ©öttcrtil^ 
bcr  240. 

®otte^ader  146. 
©ottcöfreunbc  500. 
©ottcöfricbc  242,  108. 
©otteSurtcilc  243. 
gouch  509. 
®räbcr  415. 
©rabbügcl  417. 
©rabfapeCcn  341. 
©rabfieine  146. 
©raf  246,  58. 
©ral  ober  ©taal  247. 
©ranbmontaiicr     9Äöncö§= 

orbcn  250. 
®raä  565. 
®rau»ctf  545. 
©rcgor  üom  ©tcinc  250. 
®regoriantfcf)e    .Kalcnbevre« 

form  334. 
©tegortantfiScr  (56oraI  477. 
©regortugfcft  251. 
©rcgoriußfuu^ou  251. 
©rcnobtcre  251. 
®ric*ifd)eä  Jcucr  121. 
©rieewürtet  244. 
©rifclbc,©nfclbig252,7i8. 
©robiauuö  252. 
@rof(^en  253,  475. 
®rubenemail  86. 
®rün   100,  629. 
©rünbonnerötag  118. 
©ubruit  253. 
©ugcl  376,  680. 
©uibcn  474. 
©üttcl  134,  169,  394,  566, 

779. 
©u^löc^er  46. 


§aar  256,  133,  565,  690. 
^aarnabcln  614. 
^acfbrctt  494. 
^acfelbdrcnb  755. 
^addmxt  26. 
^ttfclcinbubcn  621. 
^afct  426. 
lag  26. 
^aga«  26. 
^agclbüc^fen  16. 


^agcftolj  256,  277. 
^a^n  274. 
^a^ncntanj  658. 
^aingraben  635. 
§atniongftnbcr  257,  719. 
^albfreie  423. 
^aüm  781. 

^aUenfiraen  227.  602. 
Saint  257. 
§alöbcrge  257.  263. 
laläfragcn  686. 
^alöringe  585. 
^alötud)  169. 

fammcr  257. 
anb  258. 
^anb  unb  ^uf  abbauen  647. 
^anbarüeitcrt  258. 
^anbbcvgc  262. 
^änbctoafcbcn  259. 
^anbfc|len  641. 
§anbfcucrö)affen  259. 
^anbfanoncn  259. 
^anbleud^ter  421. 
^anbteic^ung  414. 
|»anbro^re  260. 
|)anbfcf)lag  258. 
§anbfc^uöc  261,  170,  265, 

394,  779. 
^anbinerfcr  782. 
jg)anbtt)crfagtü§e  563. 
Iiangeleuc^tcr  421. 
fangen  646. 
^am  503. 
|)an^  Slauctt  719. 
^anfa  627. 
^anfen  78 1. 
^atiöiDurft  262. 
^arcelicten  57. 
^arfe  494. 
^orfc  137. 
^arnifcfj  262. 
^arjfappc  687. 

§atfcbtcr,  ^atft^tcrcr,  ^atU 

\d}kt  266. 
§aitbi$c  266. 
^aufni^  16. 
^auptaftionen  70. 
^auptbü^fen  16. 
j^auö  766. 

tauöntarfc  266. 
auömcier  266. 

^auptpottal  600. 

|auögcnof[en  464,  743. 

Hebamme  92. 

^ecfc  26. 

^cere,  fie^ienbe  270. 

Heerbann  267. 


^ecrfricbc  144. 
^ccrgcräte  90. 
i^m\m^  269. 
|>cerpcuer  269,  644. 
^ccrwaflcn  97. 
§ccrtt)cfcit  266* 
^eflung  beö  ©cricfete^  650. 
^eilige  »flitmc  270. 
bcilifle  bret  Äöniflc  718. 

t eilige  Spiere  273  . 
eiligenöercftrung  271« 
^etligcnbilbet  36. 
^citigenfdbcin  524. 
Iciligcr  2Bil^clm  343. 
l^ciliger  ÜJJartin  759. 
^ciligfprec^ung  272. 
fcimfricbc  144. 
^eimgortcn  157. 
^einrieb  502, 
§einri^,  armer  277. 
^einjclraannd)cn  788. 
heiraten  u.  |»Dc^jcite«  277. 

fei  279,  660. 
elfiUng  279. 
öclbcnbuc^  279,  28t. 
|»eli)enfage  279. 
äcliauö  283. 
lelleliortc  283. 
Setter  283,  474. 
$elm  283. 
§clnt6riinue  285. 
^elmnamcn  507. 
§elmäier5c  286. 
|emb  133,  677. 
lenfcr  652,  706. 
^era  137. 
|ierbfifrtebe  144. 
lerbfiopfer  535. 
herisliz  268. 
§eroIti  2m,  512. 
lerolböbic^tung  286. 
lerpin  719. 
öcrr  286  73,  99. 
$craog  287. 
|)erjog  (Srnfi  718. 
f  ejen  u.  ^cfeiiljrojeffe  287 
|)efcnbammer  299. 
^icroiitimtten  290. 
|)ilbe  138. 

§iltiebrantiöaeö  290. 
|)iIbcbranböton  291. 
|>übcn[agc  254. 
|>immctfa^rtfefi  115. 
^immelfa^rtöleiö  353. 
linric&lung  651. 
Hippocras  746. 
^irlanba  719. 
gittert  705. 


©aAtegijler. 

^irtcnfiab  170. 
^iftorifac  Silber  36. 
|)oboc  497. 
hOchgezit  118, 

.^»ocfijcit  80,  277. 

^o^jciten,  geiftlic^c  292. 

|)6be  137. 

§ofämter  292. 
|iofburgen  45. 
^ofbicnjl  5,  463. 
|>ofgendE)t,  faiferlicf)eö  336 
|>ofbaItung  148. 
|>öfifc^e  SJi^tung  294. 
|»öfifd)e(3  J?unflepoö  89. 
I;üfifcfK  3u(f)t  592. 
lioffapcÜan  341. 
Hofnarren  298. 
lofpoeten  298. 
|»ofri(!^tcr  336. 
.^offcf)ulc  619. 
loffiättc  64. 
|)oftage  641. 
^ofjrtergc  298. 
.^obltampcn  422. 
|>oIba  137. 
^oHc  138. 
Iiöfle  279,  660. 
|)Dlunberbaum  271. 
^oljarbeit  580. 
^oljart^iteftur  299. 
J^oläbecfc  598. 
|)öläerner  S8edf)er  779. 
^ol^actäfct  776. 
|)Oljft^neibe!unft  303. 
^oljfdjnitt  303. 
loljfc^ni^ctci  232. 
|)ot5tafelbrucf  42. 
Horae  canonicae  655. 
öörigicit  307,  423. 
©orn  307,  749. 
|)öntcrner  ©iegfrieb  307. 
Hortiilus       deliciariim 

308. 
$ofc677,27,jetfd)mttene28. 
©ofpitäler  366. 
öoHjttaütcr  bt§  iilMntoim^ 

308. 
|)0f^jitaliter  ober  |>of^itaI= 

trüber  308. 
hövescheit  94,  592. 
^ube  65. 
.g>ufe  65. 
|>üftgürtel  680. 
^ug  ©cbapler  719. 
|)ugbtctrid)  282. 
Hügelgräber  416. 
lulba  137, 


795 

§uraaniömu«(  308, 2  o  8, 62 1 , 

703,  68,  172. 

§uniiliateuorben  312. 
|>unb  274. 
|»unbenamen  50S. 
|>unberte  59,   160. 
§iinengral),  ^üucnbett  313, 

415. 
^üncntrittc  415. 
|»urbcn  46. 
öitfar  313. 
§ut  313,  375,  779. 
§t)mneu  313. 

3adc  686, 
3agb  314,  180. 
Sagbrcgal  314. 
3ager[d)rcie  316. 
3ai}n  512. 
äaljreöanfang  316. 
l^a^reöücjcicquuug  317. 
Saörc^eiutciluug  317. 
3abrjeit  420. 
a^aörseitbut^  318. 
3afob  503. 
3afobiner  62. 
Safob^ljrüber  318. 
^ambifdjeg  ^ttMa^  319. 

jär  nnd  tag  768. 

3böim  319. 
Sefutteuorben  319. 
3e[uitenftil  24. 
:sWn  72. 

Sfluminatcnorbcn  143. 
»tnmitnitiit  321,  4,  63 :. 
Index  librorum  proM- 

bitorum  321. 
Snbimon  322. 

ingenia  13. 
Snitidcn  323. 
3n!nnalieln  322. 
^nquifitioii  323. 
3nfignien  393. 
3nPrumentaImufif  485. 
3ntcrbift  23. 
3ntcrlincan?erüoix  217. 
äiiüeftitur  325,  37. 
3od)  Dd)fcn  454. 
3ofianne^  503. 
äfo^amtc^minue  ober^o^an^ 

nc^fcncit  325. 
3o^anmöfcucr  120. 
3o^anmstag  118. 
3o^anniterorbcn  587. 
irifc^e  ®*rift  617. 
Snntit  325. 


796 


©ad)te9t|icr. 


isengrimes  not  669. 
Isengrimus  669. 
itis  128. 
»Hbclja^r  326. 
Suben  326. 
3iibcneib  329. 
Submüerfolgungcn  330. 
pulfcfi  117,    147. 
junchherre  590. 
Sunflbrunncn  137. 
Sunicr  331. 
Sunferfompagnien  781. 
jus  primae  noctis  79. 

Sioein  331. 

Äa*eIofen  530. 
^aiferc^ronif  332,  206. 
faiferli^^  Ätönung  373. 
Saifcrfagc  332. 
Äaiferfiegcl  629. 
ÄaIanbc,toIani)g6riibcr333. 
^aknbet  666. 
Ädlcnbcr  333,  202. 
^atnalbulenfer  335. 
Äamclot  677. 
ftamm  335. 

Äammcrbüdjfen  16,  259. 
^cimTnerct  292. 
Äammcrgert^t,   faiferli^cö 

336. 
Äammctfantate  488. 
Äammetfncd)te  327. 
.^ampf  ju  5u§  384. 
Äampfgefvrndjc  67. 
^iampfurteit  243. 
tamicu  336,  163,  165. 
Äanon  338. 
Äanonc  16,  121. 
Äanonücr  337. 
Äanonif(^eö9ic(^tg6u(§338. 
ftanjcl  339. 
Äfinjlei  341,  616. 
ftanjkr  340,  293. 
ftfl^cüc,  Äöiügli^c  ta^)ctte, 

mplan  340,  658. 
ÄapcUanc  341. 
Kapitale  223. 
^apitalfd)nft  617. 
Äapitularc  337. 
.ftappe  678. 
Äapujc  676. 
Sa^ujtnct  342. 
Äatbinalöt)ut  171. 
Siaxl  504. 
Äiulmeinet  343. 
Äarlöpfunb  472. 


Äorigfaqc  342 
Ädtinclücr  343. 

farolingif^c  iDlinuöEel  617. 
Äattcnbüd^fe  16. 
ÄartQuncn  16. 
.^artöuferorben  344,  365. 
harten  632. 
Äafpat  505. 
tai^erlctdcatcr  345. 
ÄflfteuDogt  345. 
fatalanifc^c^     SBcItgcmälbe 

405. 
^atcc^iömug  558. 
tflt^arer  345,  358. 
Äat^atina  505. 
Äa^e  274. 
Äalipori  529. 
faufmännifcfte  ®ilbe  781. 
SatDcrtfc^cn  346,  743. 
Äebfc  81,  712. 
tcgcl  347. 
tegcifvicl  347,  632. 

Äeil  380. 
mHi  347,  164. 
tetter  349. 
teln^of,  Ädtiof  349. 
Äcmenotc  349,  45. 
tcrjen  u.  Sinter  349. 
jleffclfang  244. 
Äefj'elt)QUbe  284. 
teilet  350. 
tc^er  350. 
teulc  350. 
ÄieU  626. 
Äinber  181. 
^tnberfaf)rten  723. 
Äinbergebct  351. 
tiitbcrf^jielc  350. 
ÄinbeTf(i)rei  453. 
ÄinbkintiJicgcn  351. 

kint  94,  590. 

Äir(f)cnbüd)Ct  419. 

Äird)enfriebc  144. 

tirt^cnlicb  352. 

Äirc^^of  146. 

Äirc^n)cil)fefi  115. 

Ätage  650. 

Älagewcibcr  419. 

Älattic^orb  494. 

Älaüicpmbatum  494. 

Älaüicptetum  494. 

Älaoiorganum  495. 

Äicibetfarben  102. 

SIeiberotbnungcn  356. 
lÄUibung  193,  195,  592. 
I  filetug  "361. 
t^linggcbid)!  631. 

tlo^fou  361. 


^lofteranlagen  361. 

ÄloPergcifiltd^feit  101. 
Äloficrfc^ulen  93. 
Änoübücf)fcn  259. 
.knappe  94,  590. 
Snrujt  366. 

Änect;t  3  Jprccf)t  118,  745, 
758, 

tnittclücrfc  368,  57i. 

Äobolbc  788. 

miftv  368. 
Äode  627. 
Solbcit  368. 
Äoüegiatpiftcr  363. 
Äomöbie  69. 
ÄompaBfcrtcn  404. 
Äomt^urcien  586. 
Äone  128. 
Äonfiöfation  646. 
Äönig  178. 

töntg  ber  ©^icllcittc  368. 
Äönig  Dttnit  282. 
Äönigöboten  464. 
Äömgßfriebc  144. 
Äönig0t)öfc  148. 
töntgtunt  u.  taifertum  368. 
Äonrab  505. 
Äonfefration  361. 
Äonfiaffeln  781. 
Äonjiticn  653. 
to^fbcbcäungcn  375. 

Äopftuc^  376. 
^ofegartcn  157. 
tranj,  Äransfingen  377. 
^ranjlicber  564. 
Ärebä  13. 
5?rebenjtifd^e  772. 
Ärcuj  567. 
.Kreujbrübct  166. 
Ärcujcr  378. 
Äveuje^crflnbung  116. 
Äreujc«iert)öt)ung  116. 
Ärcujgeraölbe  598. 
Ärcujs  ober  löaicnaltat  11. 
Ärcujurtcil  245. 
Ärcuj,  roeiieö  388. 
Krie  380. 
Äricgöle^n  413. 
triegöiDcfcn  380. 
Äriegairefen,   fd)n)eijerifcl)e^ 

385. 
mont  391,  371. 
Äronleuc^tet  421. 
Krönung  370. 
trönitngSinrtgnten  393. 
Äröiiungemantel  394. 
Äröfe  686. 
Ärumml)orn  497. 


Sad^regifiet. 


797 


Äritsiftr  396. 

Är^pta  51,  597. 
Äü*e  45. 
Äüd^enmcificr  292. 
Äucfud  275. 
Äubrun  253. 
Äuget  bcö  @lüiSi,^^iy 
knnkelmägen  lOÖ. 
Äunftepo«  396. 
Äunfigewcrbe  580. 
Äunfifd)rän!c  581. 
^iHjfcrftec^fimft  396. 
Äüra^  400. 
Äutfürfi  374. 
Äutiofa  573. 
Äurfiü»®cf)nft  617. 
turttfan  400. 
Äuroerein  374. 
tii^  401. 
^ufioben  323. 
Äutfdbttjagen  730. 
Äutte  263. 
Kyrie  eleison  352. 

ßabung  bcä  ©erlebte«  650. 
Sagerftätten  401. 
Somm  mttt§  403. 
Campen  421. 
Campen,  evotge  422. 
8anb  bebecfcn  454. 
ßanb  umgeben  454. 
ßanbeöritterfdiaft  595. 
Sanbfricten  403,  los. 
ßanbgcricbt  61 
Sanbgrafcjt  404. 
Saitbiartcn  404,  304. 
Soniiöf«cd)te  405,  270,  385, 

685. 
ßanbfläbte  639. 
Santiftänbc  641. 

Vanbtag  60,  641. 
ßanbüogt  717. 
ßangflötc  497. 
Sanje  408. 
Sansekt  409. 
Särminfirumente  499 
ßaternc  422. 
ßa^  28,  686. 
Sauben  229,  781 
Sauf  454. 

Saufe,  gezogene  261. 
ßaufgtäbcn  389. 
ßaurin  281. 
Saute  494. 

Scbenbigbegraben  647. 
Scfierrcimc  409. 


Lectionarien  558. 
Sebcrflafcfee  642. 
Segaten  323. 
Legenda  Aurea  409. 
Segcnbc  409,  20i. 
Leges  barbarorum  410. 
SeÖHötuefcn,  S3cncfijiat»)efcn 

412. 
Se^rbüc^er  621. 
Sebrer  619. 
Sel)rtinge  784. 
Seibeäfirafcn  647. 
Seibgebinge  79. 
8eib,iucl)t  79. 
M6)  414. 

SetdicubeftattitJtg  415. 
Sci(l)engcfoIge  419. 
Sei^enmabl  419. 
8eicf)enprebigtcn  419. 
Seici)enj^ein  418. 
Seicbcnwagcn  419. 
Seit)pufer  74.3. 
Seineweber  706. 
M§  420,  353. 
Scftorcn  361. 
Scnbner  420. 
Senj  505. 

Seoitinifcöe  »erfe  420. 
Setfcii  420 
Sefebrama  70. 
Seltner  51,  339. 
Se^c  420. 
Scud)ter  420. 
Lex  Alamannorum  412. 
Lex  Angliorum  et  Werino- 

rnm  412. 
Lex  Bajuvariornm  412. 
Lex  Burgundionum  411. 
Lex  Frisionum  412. 
Lex  Ripuariornm  411. 
Lex  Salica  411. 
Lex  Saxonnm  412. 
Lex  Wisigotorum  411. 
Libri  feudorum  422. 
Siebter  349. 
Si(^tfc^crc  422. 
Siebe  594. 
Sieb  422. 
Sieber  176 
Sieber  bcr  bö^mifd)eu  ©rü= 

ber  39. 
Sieb  pom  ^I.  ^dxxii  352. 
Sinbe  65,  271. 
lint  65. 
lit  745 

Sitcn  423. 

Siturgifcbc  garben  101. 

Sijffef  423. 


So^cngrin  424. 
Sol)nfd)reibcr  616. 
Soli  424. 
Sombarben  743. 
Sog  424,  244. 
\?06bü(^er  424. 
Sci«bu(^en  425. 
Sotfter  &  Mauer  425. 
Sütterie-®piel  632. 
Sotto  623. 

Sutibariug  425. 

ladi  67. 

SiibtDigöIieb  ober  Subtotgö- 

Iei(^  425. 
Süocnmärtöcu  425. 
Smitenfc^Io^  425. 

lütertranc  746. 
St)ra  496. 
Sprif  295. 

3)?acoronifc^c  ^^joeftc  426. 

machinae  13. 

aWabrigoI  426. 
aßagelonc  426,  7I9. 

mägen  100. 
magezoge  93- 
SOJagnetnabel  175. 
Magister  140 

aWagntftcat  426. 
aJiaftljeiten  426. 

SDiaibäume  429. 
il)?ai=8el)en  657. 
ÜJkier  349. 
Majordomns  266. 
SÖJalerei  429,  231,  605. 
Malleus  maleficarum  289. 
2«altl)cferritter  587. 
iDlangc  13. 
ORampcI  109. 
gWanncö  Äraft  454. 
9KontcI443,  171,  566,678. 
2«arga  13. 
Ökrgarcta  506. 
50kria  50G,    138. 
SKaria  im  €c^nec  138. 
SOJarienbilber  445. 
5D?arienbid)tung  448. 
»faricnfcfie  115. 
3)?aricnIuUuö  444. 
'DJarionctten  562. 
Tlaxi  150,  473. 
üWarfen  451. 
a}?ärfergerid)te  451. 
ÜKarfgcnoffenf($ttft  450,  65, 

150. 

aJJorlgraf  451. 

51 


798 

fKarfoIf  511. 
Warft  473. 
SDlatttftiebe  144. 
SWarEtrecfct  637. 
üJiarfc^alf  292. 
OJ? artin  506. 

452. 

gWärtprer  272. 
SDkrttjroIogien  202,  409. 
«B^arybrübcr  109. 
aJJafonen  142. 
ma^  592. 
ma^t  453. 
2«afett)erf  114. 
Matutina  655. 
ü)tauerbred)cr  16. 
SJebrpimmiöEeit  478. 
aWcicr  454. 
2}^einett>  83. 
Smcife  275. 
meister  57. 

aJZctftcr,  ficbcn  tteifc  455. 
SKeiftergefang  455,  4SI. 

5DIeiftetftücf  782. 
mtMim  457,  719. 
SWenfdienopfer  532. 
«Wcnfuralmuftf  480. 
SDIerfeburger     BaukrlteiJcr 

457. 
SDJeffc,  erfic  292. 
3Kcffcr  457,  567. 
Wcketnanb  170. 
mtt  457. 
ÜJie^e  506. 
ÜJJe^cn  16. 
mi&)at\  506. 
3DtiId)ftra^e  279. 
mute  592. 
DJJinbcrbrüDcr  126. 
aJHniaturtnakret  457,  233, 

605. 
Minimi  fratres  462. 

2«inne  295. 
«Kinnebienj^  131,  594. 
5[JJinncgefang  481. 
9J?tuncjängcr  464. 
2)fiui)tcnalität  463,  4,  57, 

413. 
gWinoriten  174,  207,  126. 
aifinuefel  617. 
Missi  dominici  464. 

fflUt^ift  79. 

mtia  465,  170,  376. 
a)iitttt)interfcfi  536. 
SDiittmocb  754, 
«D^obiliar  580. 
^matnamtn  465. 


©ad^regiiict. 

ajlön^c  616. 
ÜJJöncbefc^rift  618. 
aKöndjgaefen  466. 
OJJonoc^orb  596. 
fflJonogramm  26. 
SDlonogramm  e^rifti  468. 
gnonftranj  469,  348,  573. 
OKontag  754.  _ 
montes  pietatis  743. 
SWorgengabc  81,  278. 
möx]n  16,  391. 
SWorgmfiern  350. 
möxttl  469. 
a«üt)lcnfpicl  40. 
TlüVitx  705. 
aWummct  787. 
3Kiimjncnt^anS  469. 
ä)Junb  565. 
iDJunbium  79,  99. 
ÜJJün§mcifter  638. 
gKünjöJGfcn  469,  567. 
9)iuftf  475. 

SWuriftnftnmicntc  493. 
göfuäfctierc  66. 

muwm  499. 

3Kü^e  375. 
mysteria  67. 
SDltjftif  500,  354,  560. 
nipjiif^c  «über  34. 

«Rac^ri^ter  652. 
«Rac^tbücf)Iein  529. 
?lad)ti9aa  275. 
?iact)ttt)äcf)tcr  706. 
m^tn  133,  258. 
SRd^nabetn  779. 
ytamt  92,  310. 
^amtn  ber  ÜJJiniftcriakn  5 
SJiamengebung  547. 
?iamcn  öon   ^crfoncn  in 

«H)öeIIattöcr   5luü)cnöung 

502. 
^iamen  tion  Sachen  507. 
giorrcn  508. 

Starren  beö  @c^aufptcl3  511. 
0larrenfeii  512. 
Dfiarrengefcüf^aftcn  513. 
SJJarreni^auötöcn  514. 
fftarrcn[d)iff  510. 
Sftafcnf^trmc  514. 
Dtattcrrceiatunimeln  57. 
Dfiaturalleiflungcn  151. 
SIcfrDlogtcit  5l4,  202. 
9ieftel  514. 
5«c^  514. 
Die^^aube  376. 


JJieuja^rtöEarten  304. 
neulateinif(^c  S)id)tung  311. 
Steumen  479. 
9iibeIungcn«.RIagc  521. 
9tüielungcnUc5  514. 

iRicotauß  506. 
9ümbug  524. 
9lifcn  525  ,  787. 
i«obiö!rug  660. 
Nonae  655. 

Üfiorncn  525,  130,  287. 
Jiotar  340. 
««otfeuer  120. 
9ioüeüc  526. 

D. 

Oblate  529,  629. 
Oblati  29,  619. 
Dbfitt3ein  745. 
Di^fenpngc  530. 
Dctaöiauuö  530,  719. 

Dbt)inn  758. 

£fcn  530. 

Pffentltd)e  Sßcibcr  712. 
Öffnung  750. 
Dgier  719. 
D^mgclt  645. 
Obx  565. 
D^rgc^ängc  531. 
Ohrringe  585. 
DÖrftcrn  531. 
DEtave  115. 

Pftatien  ober  ©tanjen  531. 
DIberge  532. 
Öllampen  422. 
£)Vcr  532,  487. 
Operette  491. 
D^fcr  532,  661. 
Opfern  130. 
Oratorien  340,  487. 
Orbalicn  243. 
Orbeelbu^  641. 
Orbcn  ber  armen  ^taucn  126. 
Orben  Don  üUEantara  589. 
Orbcn   Don  @t.  ^a%o  588. 
Orbination  361. 
Dtcnbcl  537. 
Organijlrum  496. 
Orgel  497. 
Orgeltücrf  99. 
Ornat,  geifili(!)er  169. 
Ort  537. 
Ortönomen  537. 
Oftcmcr  541,  ii8. 
Ojlerfeier   114. 
Ofterfeuer  118,  119. 
Ofierleiä  353. 


©ac^rcgifier. 


799 


Dfietn  118. 
Dflerfpiclc  67. 
Djitaricn  361. 

qSaaljldbc  643. 
*^alaö  45. 
5palafi  148. 
«Paltm^fcft  541. 
IßaltffaiJcn  541. 

Pallium   170. 

^almc  542. 

ijalmenorben  152. 
5JJaImfonntag  542. 

paner  96. 

^Panigbricf  542. 

q3antt)ev  666. 
qSantoffetn  687. 
?Ponjcr  542. 

fpapp  169. 
qjatabcbcttcn  402. 
«ßavQbie^  597. 
^^arjtöal  543,  2i7. 
q8af[auer=.^unft  707. 
qgaffional  410. 
«tJaffionÖfpiclc  67. 
qSafictcn  426. 

^aftourcttc,  ^aftorcüc  544. 
*Catriäiev  370. 
^atronat  über  tirdicit  544. 
q3auEenfd)läc3ev  705. 
pax  Dei  242. 
»Pecfcnafen  46. 
Wi  545. 
^cunaliömuö  711. 
Pentagramma  71. 
Pentalpha  71. 

*Peraament  545,  322. 
^txmi  546. 
^Perlmutter  546. 
^ßerrüden  546. 
*4>crfonen=    mit)   gamtlteii= 

nameit  547. 
qjetet  506 
$etcr  Seu  718. 
^Peterö^jfennig  551. 
^faft  551,  195. 
s^foff  uom  Äatcnbcvg  718. 
*45fal}Ibauteu  552. 
5|3fal)ll)ür9er  553.  639 
>:PfaUen  148. 
«JJfalsgraf  553,  292. 

»^fal^ftätte  638. 
i^farrcr  554. 
'^feffcr[äcfe  427. 
fpfeifer  705. 
«Pfeiferfönig  368. 


qSfeifcrtafl  368. 

qßfeit  566. 

(Pfeiler  223,  599. 

«Pfeücl  677. 

*|5ferb  554,  273. 

«ißfetbe,  gcpanjettc  263. 

(Pferbenamen  508. 

«Pferbcopfet  533. 

^ßferbcrüftung  555. 

'^Jfincjficn  115,  118. 

qgfingpleiö  353. 

«Pfinijfttctnje  657. 

(Pflug  568. 

*Pflu9fcf)arcn,  gtü^enbe  244. 

qßfunb  473. 

<Pf)ilipp  507. 

Phol  21. 

5pi)t)fi0l0p§  556,  664,  665. 

^tüiifclliering  556,  70. 

pigment  746. 
^ifeniere  66. 
(Pilwi^  787. 
^ßtftokn  556. 
Pa^jfiart  556. 
'^lafiif  230. 
(Plattenpanjcr  42,  265. 
<piubcvl;ofc  28,  685. 
*^oefte,  macavonif(J)e  122. 
'ijoUjcibicner  706. 
^olteraBcub  557,  81. 
H>'önitentialliüc^er  557. 
iiontuö  u.  ©iboiiia  719. 
'Portale  226,  6ni. 
(Portatiü  498. 
^ortiuucMla=2l6Inp  557. 
»^Jofltio  498. 
'JJraftifen  334. 
^römonftratenfer  557,  264. 
^'rauger  557,  649. 

Predella  10. 

q8rcbi9er»Drbcn62,365,559. 
^rebiflt  558. 
'^Jrcbigtglocfe  216. 
i^iebigtmaerlein  560. 
(Prebigtfiubl  340. 
?ßrtamel  560. 
^riefter  560,  361. 

Prima  655. 
*13rior  2. 

^jjritfc^ennteifter  561. 
^jjrobenüditc  561. 

Propugnaculum  46. 
*5rofad)ronifen  207. 
^falmenübcrfc^ungcn  355. 
!PfeuJ)oiriborifdie3)eIrctalten 

561. 
qßuffiacEc  687. 
«Pump^ofc  677. 


5ßu^^cn  561,  351. 
^u^^jenf^Jtelc  561. 
^uxm  562. 
Pyxis  10. 

JQ. 

quadrivium  140,  618. 
Querflöte  497. 
Ouintern  496. 

iRabe  274. 

iRabenfc^Iad)t  58,  282. 

Racketten  498. 

iRabc^arte  174. 

SRäbern  647. 

!Rabfenj!er  600. 

iRabfc^lo^  261. 

atafete  126. 

9Jaramc  562. 

iRa^jicr  562. 

iRaritätcn  573. 

9JaffcIfanen  563. 

Ütationale  171. 

!Ratl)auö  579,    230. 

SRatöfcUer  747 

Üiäte,  luftige  513. 

»tätfei  unbaiätfelUebcr  563. 

759. 
Oiattcnfänger  t>. Hameln  756 
Dläuberbanben  163. 
aiaudibccfcn  165. 
Üiaitdincfü^e  564. 
ataufcö  564. 
'Saufdipfeife  498. 
iücbcc  496. 
9Jc(^t^fQmI)0lc  564. 

Reclusi  29. 
Oicaal  49S. 
Dkgalteii  568 

iEcflcitbonenft^iiffcliöen  568. 
5)icncnfd)irm  569. 
^ci*eabf*ieb  569. 
SReid)0abel  6. 
<Rei*äapfct  394. 
9ieid)5börfer  569. 
iRcid)ebiftoriograpbic  206. 
SReid)otleinobien  373. 
aieid)öritterfd}aft  6,  595. 
iRcid)e(läbtc  639. 
JRcidiöfiabte,  freie  639. 
äieidicjj^cuor  645. 
Otet^v^öcrtantmlung,  9{etc^?= 

ta(i  569. 
iRcidiöUogteicn  717 
ateifriitfc'  570. 
51* 


800 

«Reigen  673. 
3fletf)en  656. 
9?ctm  570. 
«Reim^ronifen  207. 
3fleimpaar  89,  570. 
ßeinaert  670, 
Reinardus  669. 
Keinke  de  vos  670. 
SReiterbienfl:  269. 
JReiterä  267,  382. 
JReiterficgel  630. 
5Reitjeiuj  555. 
Reliquiare  11. 
Dtcliquien  571» 
3leliquicnbel)ältcr  572. 
afJeliquienfäfic^cn  395. 
gflcliquientafcln  572. 
9tenatffante=©m  573,  432 
9tcnncr  584. 
9lcpctierge[ct)ü^  16. 
SRcPenä  371. 
retabulum  10. 
SR^obifer  587. 
«Richter  679. 
iRid)t[d)»crt  707. 
SHditftcig  584. 
«Riefe  26. 

9fiiemen[d)neiben  648. 
Oflicfcn  661,  785,  788. 
SRinber  274. 
3tinberopfcr  534. 
Sltng  584,  170,  567,  262. 
älingcvpfcTbe  57. 
SRinggclb  470. 
aflingwaü  26. 
iRife  376. 
gflittcrbürtigc  589. 
SRitter  ®a\m\)  719. 
Sittterorben,  gciftltt^c  585. 

365. 

gHttcroröcn,  mltiiäit  589. 
SRitterfd)aft  384. 
Oflitterfc^tag  94. 
JRitterftnnb  4,5. 
9Httertum  589. 
JRittet  oon  Jurn  719. 
SRittctmefcn  737. 
iRobinfonabcn  596. 
3floct  134,  678. 
«Rodfc^ol  566. 
toben  451. 
iRobenfleiner  756. 
iRoüiragenbüc^tein  529. 
9ioman  595. 

Roman  de  Renart  669. 

9iomanifri)c  »aitfimft  597, 
9tomamfc^c  Söilbnerei  603. 

SRoBbienji  ö. 


©ad^regifier. 

iRofen  224. 
iRofengartcn  281. 
9Jofen!ranj  605. 
SRofenfranjbrubeifc^aft  605. 
Siofcnfreujer  606,  143. 

«Rot  100,  615,  629 

dtottitx  606. 

«Rotfel)l^en  275. 

»Jtotta  496. 

SRotttielfcf)c  ©rammatit  162. 

9fiuberf*tffal)rt  625. 

SRuöolf,  Oraf  606. 

«Ruffian  135. 

«Rüger  111. 

Dtuncit  606,  l3o,  759. 

moUidi  607. 

«Rupre(t)t  507. 

9{üftuitg  607. 

«Rute  620. 

Olutten  13. 

Olpbeben  496. 

©. 

Säficl  607. 
©ac^jcnf^jiegcl  607. 

©acfpfetpfe  498. 
Sage  176. 
SagenEreife  281. 
Saiteninfirumente  403. 
Salbung  370. 
®al^of  147. 
©allänbereien  150. 
Balomon  unb  SOZarfoIf  609. 

718. 
samlungen  27. 
Sammt  677. 
toamfiag  754. 
Sancti  272. 
Sänger  57.  594. 
©ärgc  609,  418. 
'«arfopt)age  417,  610. 
Satanöproje^  662. 
Sattel  550. 
©aufänger  610. 
Säule  598. 
©ay  610. 

©c^acöf^icl  610,  632. 
Sd)äbel  749. 
Sd)äfet  705. 
Scf)ale  285. 
S(J)all  453. 
Sd)almei  499. 
St^omfa^fcl  610. 
©(^anbMIbcr  611. 
Sd)anjtörbe  389. 
Sc^apel  376. 
Sc^apperun  678. 


Sd^atfme^en  16. 
Sd)arfri^ter  652,  706. 
Siii'dxpt  611. 
©(j^amad^t  611. 
Scfeaube  683. 
Sc^aufpiel  68,  182. 
S^ede  680. 
S($eere  567. 
Sc^eit^olj  496. 
Sd^elmenftppen  706. 
[ekelten  651. 
Sd)enE  292. 
Sc^enfinen  278. 
©^crc  611. 
Sc^ie^en  622. 
Sd)ieipuloer  121. 
S*iffa^rt  625. 
@d)ipnamen  508. 
Sc^ipmagen  704. 
©(^Üb  6li,  589. 
Scfcilbbutgen  381. 
©(^ilbdürgcr  613,  5ii. 
Sd)iaing  470. 
Sd)immelrciter  745. 
©diimpf  529. 
Sd)inben  648. 
Scbinber  706. 
scliirmmeister  94. 
Sd)irmtiogt  716. 
S^tac^tgei^el  350. 
Sd)lag  26. 
Solange  275,  16. 
©c^Iaraffcnlanb  613. 
Sd)leicr  133,  376. 
©c^kubcr  613. 
Sd)lcubcrfafien  13. 
S^loBbau  578. 
©cl)löffer  581. 
Sd}lü[[cl  567.' 
gd^miebeatbeiten  581. 
Scftmud  90,  581. 
©c^mucf fachen  613.  134. 
Sd)nabelfd)uf)e  156,  684 
S(^napp^al)n[cf)loB  261. 
Sdmeden  626. 
S^neüe  ^anblung  454. 
Scfeöffc  60. 
©c^olafttl  614. 

scholasticas  619. 
Scftotbeter  632. 
Sc^ön^eit  132,  593. 
Scfeorifien  711. 
Sdnänfc  580. 
©^rclbfunft «.  ©t^rift  615. 
©(^reibro[)r  615. 
Sd)teibfc^ulbcn  620. 
@d)reibjeug  615. 
©c^rettel  787. 


©ac^rcgifier. 


801 


@*U^   80,  565,  169,  393, 

677,   155. 
©djülcr,  fa^renbc  62  0. 
Schulferien  621. 
©*ulfefte  621. 
©djulpiüfungen  621. 
©cfeulterfleib  171. 
Scöultertu*  169. 
mmm^  618  61,  638. 
©dlulttcfeu  618. 
-äcftuppenwamö  263. 
©(^ürje  622. 
mmln  622,  163. 
®d)uffei-fpiel  351. 
@*utc  627. 
@d)ütten  626. 
©cbüt^en  620. 
©t^ü^cnfefte  622. 
®d)u^flilben  780. 
f^ujokitf^jicgcl  623. 
^(i)Walbt  275. 
^^voan  275. 

@d)tt)dnfefammlungen    527. 
©(i)iriarj  100. 
fd)»arjer  SoD  719. 
@(ä)tt)eiiet  499. 
©(^wcißtui^  Sftnftt  624. 
(fcct)tt3ent)i  451. 
©c^aert  624,    371,    395, 

566,  779. 
«Sd^tücrtbiübcr    in    fiiölanb 
^588. 

i&^ttiertfeite  90. 
©^rcerttanä  631,  656. 
©echter    610,    371,    374, 

394. 
scof  57. 

Scramasax  624,  644. 
©erat  787. 
©eelbab  21. 
©celflcrät,  ©ccIIjaiiS,  ©ecl= 

Üb  625. 
Sceoetftc^erung  626. 
©eetDcfen  625. 
Segetfcfeiffatjvt  625. 
©egcitgf^jrüd&e  628. 
^cibe  677. 
(Seil  567. 
©cligc  272. 
semispata  624. 
©cmperfreie  629. 
©enbboten  464. 
©cnbgertdjte  323. 
@emfct)aIE  292. 
Sepulchrum  10. 

©ciiucnj  629. 
©cröiettcjt  629. 
servitia  12. 


Sexta  655. 
Siegel  629. 

Siciicllacf  629. 

Siegelringe  585. 

fxeben  freie  Äünjlc  618. 

Siebenter  420. 

Sieben.^a^l  762. 

ftejen  73. 

Sigenot  281. 

Siglat  677. 

Signatur  323. 

Singf^ule  564. 

Singfpiele  488. 

Sinopel  746, 

Sippe  90,  100. 

S!iHJuUer  630. 

S!lat>en  183,  648. 

Snorraedda  78. 

Soden  160,  676. 

Sölbner  270,  384. 

solidns  470. 

Sommereinjug  536. 

©ontmcr  unb  Sßtnter  630, 

Sonate  487. 

Sonett  631. 

Sonnabenb  754. 

Sonnenroenbe  117. 

Sonntag  114,  754. 

Sorbet  681. 

Span  567. 

Spangen  134. 

Specht  275. 

Speculam  quadraplex  207. 

Speer  408,  566. 

spende  15. 

Sperber  275. 

©^jiegel  631. 

Spiegel  beutfdier  8eutc  623. 

Spiele  69,  631. 

Spiele,  geifilic^e  67. 

Spielen  um  ®clb  632. 

Spiele,  offene  623. 

©^Jielfarten  632. 

Spielleute  9S,  631,   705. 

Spiclftuben  632. 

52pieB  408. 

fpilbret  195. 

spilmagen  100. 

Spiüfeite  90, 

Spinbel  567. 

©pinett  496. 

Spinnen  133,  258. 

S^jtniiräöer  633,  258. 

Spiritualen  127. 

Spitdler  15. 

Spi^bauA  686. 

©^Jt^cn  633.  . 

©^jorcn  633. 


©^jrit^töörtcr  634. 
^m^  634. 

Sprucftfpredier  512. 
Staatöa!tioncn  70. 
©tab  634,    371,    565,  679. 
©täbtc  636,  180. 
©tabtbcfeftigung  634. 

StaDtbud)  641. 
Stäbtebilb  300. 
Stäbtebünbniffe  639. 
Stäbteftegel  630. 
©tabttec^te  640. 
©tabtfc^reiber  641. 
Stabtfd)ulen  620. 
©tabi  641. 
©tänbe  641. 
Stanbleud)ter  421. 
Stärfe  ber  ^ü^ner  454. 
ftattlcut  198. 
Btmd^tn  641. 

Stauf  163. 

©taiiO  642. 

©taulpföule  642. 

Stäupung  648. 

©teilet  642. 

Stcd)f)etm  285. 

Stedenpferb  351. 

Steigbügel  556. 

Stein  567. 

i2)tein  bor  SBeifen  7. 

©tetn=,  (£rj=  nitb  eifeiialtcr 

642. 
Steingräber  415. 
Steinigen  647. 
Steinme^  785. 
Steinringe  26. 
Steinfärge  610. 
Steinffutptur  604, 
©teljfc^uöe  644. 
Sternbreberlieb  71. 
©tcucmcfeit  644. 

Süden   133,  258. 
Stiefel  676. 
Stiftöberrcn  337. 
Stirnftreifen  614. 
St.  iTiiEolauö  760, 
Stoder  652. 
Stolc  169. 
Stollen  423. 
Stord)  137,  275. 
Sto^^eug  13. 
©trafen  645,  179. 
©trflfüerfabren  650. 
Straßen  229. 
Strebepfeiler  225. 
Strebebogen  225. 
Streit  650. 
®treitgebid)te  66. 


802 


Sad^tegtper. 


©triifcm  652. 

<Btxoi)W\\ci)t  568. 
©tropfen  570. 
©trop^cnbau,  breitdiiger  423 
©trümvfe  652,  169,  393. 
@tubenflefcll[ct)aftcn747,781. 
©tU^I  652,  568,  769. 
@tut)I^ctren  111. 
©tunben  655. 
©t.  25eitetan3  724. 
©ubbiafon  361. 
Suggenie  678. 
Surkot  134,  678. 
®u[anna  507. 
©utanc  652,  172. 

swanz  134,  678. 
swertleite  589. 
swertmägen  100. 
©pmbolc  34. 

SipmboUfd^c  «procefjton649. 
Syndici  641. 

©^noben  652,  48. 

Xabttnalü  653. 

Sabulatur  456. 
lafcl  428,  592. 
Safclmalcrci  233 
Sagclicbcr  653,  131. 
^tagc^bcjei^uung  654. 
2;agcgeintcihiiig  655. 
Sann^öufer  656,  137. 
Xan  657,   81,   482,  632, 

673. 
Xanjliebcr  657. 
lanätüut  724. 
läpperte  681. 
Garant  13. 
3:arraöbü(J)fe  16. 
Xartfc^e  612. 
Safc^cntü^cr  658. 
Saffen  658. 
^aufgelöbniffe  685. 
Jaufi^Tüpen  658. 
iauffapcUc  340. 
Saufftcine  658. 
leilutig  bet  Älcibet  683. 
Setter  658. 

Xtppiö^t  659,  767,  769. 
Sempcl  240. 
JcmpcU^etrn  585. 
terra  salica  148. 
Tertia  655. 
lertiarier  126. 
Serjine  659. 
Jeiiament  90. 
XeucrbanI  659. 


Seufel  659. 

Scufelinnen  661. 
Jeftilc  .Kunil  582. 
Sweater  70. 
2;[)eopl)ilu«  662. 
2;f)orburc3  46. 
Sf)ore  635. 
■J^ron  371. 
%^mU\mm  581  = 
J^üre  567. 

l^üringer  Reiten  Zon  742. 
Sbürf topfet  581. 
Xiaxa  663,  no,  377. 
SterMlber  664 
Sietfaticl  664. 
Sierfunbc  665. 
Sicrnamen  547, 
Jteropfer  533. 
Querlage  667. 
2;intenfa§  615. 
Sintinabutum  499. 
Sjoft  670,  700. 
X\p  670. 
tirades  210. 
Xi]^  671,  568,  767. 
Itf^tetatbeiten  581. 
2;i[d)rätc  513. 
£i[d)tud)  jetfd^nitten  649. 
lifc^jud^t  428. 
Xitmzl  671,  247. 
lobesjiiafe  646. 
Sonnengewölbe  598. 
lonfui  361. 
Töpferarbeiten  582. 
2;ortur  671. 
Sotenbäume  417. 
Jotenbefiattung  183,  415. 
3;otenbüd)et  420. 
Sotenfelber  145. 
Jotenglodc  216. 
Jotenbemb  418. 
2:otenIIcib  672. 
Sotenlcut^ter  672. 
lotenopfet  536. 
Sotentanj  673. 
lotfatt  99. 
Stacht  674,  180. 
Srac^t  ber  ®eijiUd)feit  171, 
Stagcleuc^tet  321,  422. 
Üragöbie  69. 
Sragfänfte  730. 
Trauer  419. 
Srauerflcüiei:  695. 
Sraugemunbe^Iieb  563. 
ireue  591. 
Ircucib  83,  370. 
treuga  Dei  242. 
Tribock  13, 


IttcotS  28,  677. 
Irifotien  224,  598. 
Srittraf  40. 
Irinfen  748. 
2:rin!prner  695,  163. 
irinfgcfc^irre  581. 
Srinffiuben  747. 
Xripper  156... 
XnUn  696;  718. 

trivium  140,  618. 

Srojantf^cr  trieg  697. 

Xrommctn. 
Jrompete  499. 
Trompeter  705. 
Xrud^fef  293,  678. 
Xmtit  697,  767. 
Irummfc^cit  496. 
Sutäfo  240. 
Jumbcn  418. 
'Eummter  16. 
Sumcetta  698. 
Xmüa  698,  393. 
lürme  13,  45,  216,   599, 

600,  635. 
Xurmbau  225. 
2;uriner  698. 
Spmpanum  499,  600. 
Ippifc^e  Silber  35. 

U. 

Übernamen  550. 
Üficrfc^mtgcn  702. 
Überfe^ungen       lateinifc^er 

Äit^enl)t)mnen  354. 
Utiren  704,  771,  772. 
U^rfcöbc  713. 
llmbi^tungen  weltlicher  ®c» 

fange  354. 
Umgange  46. 
Umsügc  704. 
Uncialfd)rift  617. 
Unefirat^c  Seutc  705,  785. 
Unebrlic^eö  Segräbni«  650. 
Unfreier  366. 
ungelt  645. 

ungenäbter  SRocf  g^rifii  537. 
Unbcrrüäten  707. 
Unterrocf=|5ofe  29. 
Unjut^t  712. 
Urbarbüt^er  713. 
Ussiere  627. 

5Baganten  714,  98. 
Jöauorabrofa  714. 
ÜJofatt  714,  4,  413. 
vederspil  98. 


Seit  507. 
95erbannung  648, 
93etbrcc^cn  145. 
iBerbrenncn  647. 
Verlobung  79,  277. 
*Bcvuvt(;ilung  651. 
a3errtianbtfd)aftl.      23cr(;äÜ= 

niffc  182. 
Vespera  655. 
vesperie  701. 
vicus  65. 
Sibel  493. 
3ikf)  469. 
Vielweiberei  712. 
Vierteilen  647. 
Sierja^I  771. 
Vigilia  655. 
Villa  65. 
SBirginal  497. 
Vita  201,  409. 

Jöitalicnbrüber  715. 

aSögel  274. 

Sßogt  716,  637. 

Vol  21. 

»olfgtiüc^er  717,  89. 

Sßolföepoö  296. 

mmttantmtm  719. 
SBoimieb  726,  423,  484. 
33olföred)tc  410. 
Völundarquidha  77. 
lBorjeid)en  178. 

3[öad)^oIber  271. 
SZÖaffen  177. 
Söaffenbienp  591. 
SBaffennamen  507. 
SSööCit  730,  568. 
aSancnburg  730,  381,  385 
Safrjetc^en  731. 
fflBatfeuljäufer  731. 
3Balbefel  666. 
Sßalbgang  649. 
2ßalbgcifter  787. 
SBalbaüa  757. 
2BaI!üren  731,  130. 
aBaÜbüdife  257. 
aSalpurgiötag  118. 
Söalferfclb  333. 
aBalt^arilicb  732. 
ißanberfc^aft  784. 
SBanbgemdlbe  605. 
IBanbleuc^ter  422. 
SBanbmalerei  233. 
Sßanbetaltärc  U. 
SBanen  18,  146. 
mmtn  737. 


Sac^rcgiftcr. 

Sßarfu«  678. 
SBartfiurßfrieg  739. 

SBafler  568. 
Ißaffcrbutgen  26. 
ifflaJTergeiPer  787. 
fflafferorgel  499. 
2ßaffcrprobe  244. 
2Baffer[peier  225. 
2Bcben  133,  258. 

mtmtx  742. 

2Beg=5türt3er  529. 
2ßebrl)aftma(i)ung  93,   179 
SBcib  128. 
2Beib  451. 

2BeibfpTÜd)e  316,  563. 
SBetönadit  744. 
2Bcil;na^töfcier  115. 
ilöcibnad)tefejl  118. 
2öeibraud)gefäf  165. 
aSeiit  745. 
SBeinpoefie  748. 
weife  SWantier  591. 
aSctfenöc  Xim  749. 
weife  SBeiber  287. 
SBeife  t>om  OKorgenlanbe  70. 
2Bei§  100. 
rtiei§e  3)ame  31. 
wci§c  ^xan  31,  138. 
wei^e  Stäbe  565,  779. 
2Bci^!untg  750. 
aSeiffagung  178,  536. 
aßciötiimcr  749. 
äBeltlicbe  gefte  117. 
2ßenbunmut  529. 
2ßenjel  507. 
gScrgdb  750. 
2BertD0lf  751. 
aBette  646. 
Jöettcrglocfe  216. 
Wttma\in  751. 
aßcffobrunncrgcbet  751. 

2öid}t  661. 
iffii^te  85,  785. 
SBibber  13. 
aSibberopfcr  534. 
2BiberIage  79. 
SBiberruf  649. 
gßtelanb  751. 
SKtgaloiS  752, 7i8. 
Wilbe  3agb  755. 
wilbc  3ägerin  137. 
Stlfielittitcr  752. 
Stlljelm  öon  DxltanS  752, 
aiüilbelm  üon D(lerreid)  7 IS. 
2BiIfina=@aga  89. 
SBiüeöfllni  752. 
SßiUfomnt  753. 


803 

ilöiüfommbed)cr  164. 
ÜBimpergen  225. 
2Binb  236. 

gBingbc(fcu.Sin8bctItn753. 
SQJinter  unb  (Sommer  66. 
2Bir^en  72. 
mtm  753. 
SSo^cntagc  754. 
aBocI}enta9«bejeicf)nungen 

654. 
SBoÖOn  755,  95,  118,  125. 
aBobnt)QU«  229,  579. 
2ßoIf  274,  666,  668. 
SUJoIfbietrid)  282. 
SColfen  unb  ülibd  236. 
Sffiunn  451. 
SBurf  453. 

aßürfelHjtcl  760,  632. 
SBurfmofdiiuc  760. 
aBurfjabel  40. 
SBurffeffel  16. 
aBürfelfpic§  183. 
wütenbe^  |>eer  755. 

Babelfpicl  39. 
3abuIonö  Su(^  740. 
BaWn  760. 
äattclttierf  763. 
Bdukr  763,  106. 
ßaumjcug  556. 
3aunfönig  275. 
3ed)e  40,  781. 
äetinte  764. 
3eitungen  765. 
3clgen  64. 
3eflencmailö  86. 
3igeuner  765. 
3immerQUöftattung  766. 
3immerbecren,gef^ni^te773. 
3ingel  45. 
3infen  499. 
3innen  46. 
3iu  777. 
3oa  778. 
Söüncr  638. 
3ugabe=3'>^Ifn  '^62. 
zuht  94. 
zuhtmeister  93. 
BuKftoefen  779. 
3roeifQmpf  243. 
3«cr4pfeifen  499. 
ätijergc  785. 

Smü\6)  677. 
3n)inger  46. 
3it)ölfnäc^te  745. 
3tt)ölfte  117. 


®rucl  bon  (ämil  JtieiTinann  sen.  in  öeipäifl- 


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